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DAS
NÜRNBERGER REICHSREGIMENT.
GRÜNDUNG UND VERFALL
1500— 1502.
Em StCCK deutscher VERFASSU^'GS-GESCHICHTE AUS DEM
Zeitalter Maximilians i.
Nach archivat.fschen Quellen dargestellt
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VICTOR VON KRAUS.
(iEDRüCKT MIT Unterstützung der k. Academie der Wissenschaften.
INNSBRUCK.
VERLAG der W A O N E R SCHEN UNIVF.RS[TATS-m7CHHANnLUN0.
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DAS
NÜRNBERGER REICHSREGIMENT
GRÜNDUNG UND VERFALL
1500 — 1502.
Ein Stock DEüTSCtiER Verfassungs-Geschichte aus dem
Zeitalter Maximilians i.
Mach archivauschen Quellen daroestellt
VON
VICTOR VON KRAUS.
(gedruckt mit Unterstützun(; der k. Academie der Wissenschaften.
INNSBRUCK.
VERLAG DER W A G N E R 'SCHEN ÜNIVERStTÄTS-BÜCHHANDLUNG.
1883.
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DRUCK DER WAGNERISCHEN UNIVERSITaTS-BUCHDRUCKEREI.
Vorwort.
Der Versuch, eine Geschichte des Nürnberger ßeichsregimeutes,
dieses allerdings sehr kurzlebigen Eeichsinstitutes, zu schreiben, ist
meines Wissens bisher nicht unternommen worden. Zwar hat schon
zu Anfang des 18. Jahrhunderts Müller im „Reichstagsstaat unter
Maximilian I. '^ eine Anzahl auf dieses Institut bezugnehmender Akten-
stücke aus den Weimar'schen Archiven zum Abdruck gebracht, allein
gerade seine zersti'eut eingemischten Erklärungen zu den einzelnen
Aktenstücken machen den Mangel einer übersichtlichen Darstellung
erst recht föhlbar. Was in den zahlreichen deutschen Staats- und
Rechtsgeschichten älteren und jüngeren Datums über diesen Gegen-
stand in ziemlicher Knappheit beigebracht wird, stützt sich auf das
von Müller publicirte Material. Von den modernen Historikern hat
vor Allem unser Altmeister Ranke im ersten Band seiner Refor-
mationsgeschichte, die auch in diesem das Nürnberger Regiment be-
treifenden Theil auf selbständiger Durchforschung der Weimarer und
Frankfurter Akten beruht, in einer zwar kurzen aber glänzenden Dar-
stellung die Schicksale des Regimentes behandelt. Vieles konnte er
nur andeuten, im Ganzen aber dürfte die eingehendste Betrachtung
an der durch ihn vorgezeichueten Auffassung über Wesen und Cha-
rakter des Institutes nur Weniges ändern. Einer theilweise gegen-
IV
sätzlicljon Beurtheilung wird das Institut von Droysen iu der » Gesch.
der preuss. Politik** und von Jannsen in seiner „Geschichte des
deutschen Volkes** unterworfen. Wynecken endlich hat in sehr be-
lehrender Weise im 8. Bande der Forschungen den Zusammenhang
der alten Churvereine mit dem älteren und jüngeren Bmchsregiment
darzulegen versucht.
So dankenswerth nun die durch Müller erfolgte Publikation von
Briefschaften unserer Periode erscheint, so weist schon eine flüchtige
Durchsicht auf zahlreiche das Verständnis sehr erschwerende Lücken
hin. Es hat daher der Verfasser nicht die Mühe gescheut, das um-
fangreiche Material dieser Zeitperiode im Innsbrucker Statthalterei-
Archiv in der Voraussetzung durchzugehen, dass sich ja die Berichte
der von Maximilian zum Nürnberger EegimentskoUegium delegirten
ßäthe dort finden müssten. Die Voraussetzung erwies sich als richtig.
Nicht nur die Originale der beiden Eäthe Stadion und Neudek fanden
sich zerstreut in den verschiedensten Faszikeln auch zahlreiche Ent-
würfe und mit Marginalien versehene Concepte Maximilians kamen
zum Vorschein, die in vielen Beziehungen, da sie uns über die ersten
Eingebungen und Entschlüsse belehren, wertvoller als die ihnen ent-
sprechenden Weimarer Originalien erscheinen. Manch Neues bot
mir auch das Wiener Staatsarchiv. Auch habe ich nicht die Mühe
gescheut, der Publikation Müllers nachzugehen, iudem ich die betref-
fenden Akten der Weimarer Archive an Ort und Stelle einsah. Auch
hier bot sich Gelegenheit, manches von Müller Uebergangene zu ver-
werthen. Dankend muss ich hier der überaus freundlichen Unter-
stützung von Seite des grossherzogl. Oberarchivars Dr. C. A. H. Burk-
hardt gedenken. Ich fühle dennoch sehr gut, dass manche Lücken
übrig bleiben; das sogenannte Mainzer Archiv, wenn es für unsere
Periode nicht ganz schweigen würde, müsste in erster Linie manches
Dunkel erhellen. Da meine Darstellung sich auf dem von Eanke
so gründlich ausgeftihrten Gedanken des Zusammenhangs der Ge-
schicke der germanischen und romanischen Völker aufbaut, so wird
man die eingehendere Betrachtung der französischen Verhältnisse dieser
Periode und die Vei'werthung des von Le Glay in » Nögociations diplom.
entre la France et V Autriche'' veröffentlichten ürkundenmateriales
gerechtfertigt finden.
Ich komme nur einer ehrenvollen Pflicht nach, indem ich schliess-
lich der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien fQr ihre so
munifizente Unterstützung bei Herausgabe dieser Studie den gebührenden
Dank abstatte.
Wien im Dezember 1882.
Der Verfasser.
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Inhalt.
Seite
1. Politische Lage um 1500 1
2. I>er Beichfitag zu Augsbarg 1500 8
S. Wesen and fhar acter des Nürnberger Reicbsreginients . . . . 26
4. Geschichte der Reformidee 1 495— 1500 40
5. Anfänge des Nürnberger Reicbsregiments 16. September 1500 . . . 51
6. Die Gesandten des Nürnberger Beichsregiments am Hofe Ludwigs XIL zu
Flessis und Blois 55
7. Fortgang des Beichsregiments. Maximilians erstes Erscheinen in Nürnberg 80
8. Das verstärkte Beichsregiment. Maximilians zweites Erscheinen in Nürnberg 97
9. Der grosse Nürnberger Begimentstag 25. Juli — 14. September 1501
10. Erzherzog Philipps Vermittlung zwischen Maximilian und Ludwig XII. (Vor
trag zu Lyon 10. August 1501. Der Pi-&Iiminar?ertrag zu Trient 18. Oct
1501. Der Vertrag zu Blois 18 December 1501.)
11. Die Gesandten Lu^lwigs XII. am Hofe Maximilians zu Hall und Innsbruck
Abbruch der Verhandlungen mit Frankreich Februar— M&rz 1502
12. Verfall des Nürnberger Beichsregiments. Wachsende Opposition «los Kur
fürstenkollegiums
A «j • DOiiagen «**•••*• ••«
Verzeichnis der Beilagen.
18S
154
170
176
191
1. Instruction der Gesandten des deutschen Beiches Ar ihre Unterhandlungen
mit König Ludwig Xu. ron Frankreich. Ende 1500 . . . . 101
2. Maximilian an den Erzbischof Ton Mainz. Ueberscndet die für die Botschaft
nach Frankreich bestimmte Instruction. Steinach 16. September 1500 . 198
.?. Maximilian an Giaf Adolf ron Nassau und Heinrich fon Bflnau. Ueberson-
dang der Instruction sammt eines Beizettels. Steinach 16. September 1300 199
viir
Seite
4. Maximilians Instniction fOr seine Bäthe beim Nflrnberger Reichsregiment
Walter Ton Stadion und Dr. Georgr Yon Nendeek bezfiglich des Inhaltes der
Instmetion, welche den nach Frankreich zu entsendenden Botschaftern, Adolf
Grafen Yon Nassau und Heinrich Yon Btlnaa, mitgegeben warde. Lienz
11. Dezember 1500. Mit antogr. Zasfttzen Maximilians . . . 200
5. Vier Aufzeichnungen, deren Artikel sich anf die einzelnen Punkte der voran-
gehenden Instraction Maximilians für seine Käthe beim NQmberger Reichs-
regiment beziehen .......... 205
6. Adolf Graf Ton Nassau und Heinrich von Bönau an das Nürnberger Reichs-
regiment. Dank far erhaltene 1000 fl. Rh. Mittheilongen Aber ihren Auf-
enthalt in Frankreich Tom 17. November bis 14. Dezember. Uebersendung
des Stfllstandstraktates. Rheims 5. Januar 1501 . . . . 208
7. Dieselben an dasselbe. Weitere Mittheilungen Aber ihren Aufenthalt in Frank-
reich. Nassaus Bereitwilligkeit zur üebemahme der Kammergerichtsgeschäfte.
Rheims 5. Januar 1501. angelegte Zettel. 210
Berichte der königlichen Räthe beim Nürnberger Reichsregiment, Walter von
Stadion und Georg von Neudeck an MaximOian. 24. Dezember 1500—2. M&rz
1501.
8. 1. Georg von Xcudeik an Maximilian. Vor Erhalt des Auftrages, 500 fl. fi\r
die Gesandten, sowie die Absendnng eines Boten beim Regiment zn verlangen,
habe das Regiment bereits 1000 fl. geschickt. Ein sprachkundiger Bote sei
noch nicht gefunden. Erwartet die ihm zugesagten 100 fl. und schildert seine
verzweifelte financielle Lage. Nürnberg 24. Dezember 1500 . . . 211
9. 2. Walter von Stadion und Georg von Neudeck an Maximilian« Das Reichs-
regiment stehe in täglichen Verhandlungen bezüglich der Zulassung des Car-
dinais Raimund zur Ablassverkündigung. Maximilian sei auf den 1. oder
2. Februar, die anderen Fürsten zehn Tage spätor nach Nürnberg einberufen.
Maximilian möge bestimmt erscheinen. Anfrage wegen zu vertheilender Gelder.
Nürnberg 9. Januar 1501 . 212
10. 8. Dieselben an denselben. Sie schildern den Eindruck, welchen die Mit-
theilung des königlichen Schreibens bei den Reichsregenten machte und bitten,
ja keinen Krieg voreilig anzufangen. Nürnberg 28. Januar 1501 . . 21 S
11.4. Dieselben an denselben. Sie haben dem Reichsregimenfc die Verdächtigkoit
des französischen wie des neapolitanischen Gesandten in Nürnberg nach Maxi-
milians Befehl angezeigt. Bezüglich des ersteren schreibe das Regiment an
ihn. Von den 18 Fürsten sind nur Georg von Sachsen und die Bischöfe
von Augsborg und Eichstädt angekommen. Nürnberg 2S. Februar 1501 . 214
12. 5. Dieselben an denselben. Das Reichsregiment will die Mandate audio Eidge-
nossen, deren Entwurf Maximilian ihnen eingeschickt, nicht ausfertigen.
Drohende Rede des Erzbischofs von Mainz wogen Maximilians Fernbleiben.
Sie bitten dringend um sein Erscheinen. Nürnberg 25. Februar 1501 . 215
1?>. G. Dieselben an denselben. Bestätigen den Empfang dreier königl. Schreiben.
Probst Vergenhans sei aufgefordert worden, sich zur Leichenfeier der Pfalz-
IX
Seite
gräfin nach Heidelberg zu begeben. Das Regiment lässt das von Maximilian
gewünschte Mandat au die Eidgenossen nicht ergehen. Ansetzung einer Tag-
satzung. Erneuerte Bitte um baldiges Erscheinen. NQmberg 2* M&rz 1501 218
14. Lndwig XII. von Frankreich an das Reicbsregiment zu Nflmberg. Sein Ge-
sandter, Carl Yon Altobosto (Charles Hautbois), werde dem Regiment bereits
seine Absicht, bleibende Freundschaft mit dem römischen Reiche zu schliessen,
mitgctheilt haben. Das Rcichsreglment möge sich durch die Versuche einiger
böswilliger Menschen, das Gegentheil Yon ihm zu behaupten» nicht irre machen
lassen. Loches 27. Februar 1501. 220
15. Ludwig XII. von Frankreich an das Nürnberger Reichsregiment. Dankt für
die Uebersendung der Waffenstillstandsratiftkation und verspricht, alles zu
thuen, um den Abschluss eines bleibenden Friedens herbeizuführen. Nursia
22. Aprü 1501 221
16. Eine Art Rechtfertigungsversuch Maximilians wegen seiner schleunigen Abreise
von Nürnberg zu Händen des Reichsregiments. (Circa 21. April 1501) . 228
17. Maximilian an den König Wladislaw von Böhmen und Ungarn. Er legt die
Berechtigung seines Verhaltens gegenüber dem Papst Alexander VI. dar, nach-
dem letzterer sich darüber beschwert hatte, dass er von Maximilian unge-
rechtfertigter Weise feindseliger Absichten geziehen werde. S; loeo et dato
(vor Juli 1501) 228
18. Maximilian ladet die Unterthanen Oesterreichs unter der Enns wegen verwei-
gerter Türkenhilfe zur Rechtfertigung an seinen Hof. Innsbruck 24 Juli 1501 225
19. Cardinal Raimund, Bischof von Gurk und päpstlicher Legat, an das Nürn-
berger Reichsregiment. Inhalt einer die Nothwendigkeit eines Türkenzuges
und der Verkündigung des Ablasses darlegenden Rede» die in Nürnberg zu
halten er durch eine ihn auf der Reise befallende Krankheit verhindert
wurde. Ulm SO. Juli 1501 226
20. Bericht des Ausschusses auf dem grossen Nürnberger Regimentstag. Vor-
schläge zur Aufrechterhaltung des Reichsregimentes und zur Verlegung des
Regimentstages von Nürnberg nach Frankfurt oder Worms. Massregeln gegen
die Landfriedensbrecher, s. 1. et. d. (Erste Hälfte des August 1501) . 285
21. Maximilian bn den Kurfürsten Friedrich von Sachsen. Achtzehn Geheimartikel
zur Ergänzung der offiziellen Instruction | welche Maximilian für den grossen
Nürnberger Regimentstag an den Kurfürsten geschickt. Die Artikel enthalten
eine Darlegung der Umtriebe Ludwigs XII. gegen das römische Reich und
Bfaximilian und der Ünaufrichtigkeit der französischen Frisdensversicherungen.
Innsbruck 25. August 1501. ........ 287
22. Das NümDerger Reichsregiment an Maximilian. Bittet um Ernennung eines
Statthalters und die Absendung eines Rathes für die österreichischen Erb-
lande. Nürnberg 18. Januar 1502 . . . . . . . 248
28. Maximilian an die zu Nürnberg noch anwesenden Räthe des Reichs regiments.
Er habe bisher niemanden zur Uebernahme des Statthalterpostens bewegen können
und desshalb dem Erzbischof von Mainz das Siegel abgefordert. Sie sollen
Seite
bezQglioh des Soldrnokstandes jemandem au ihn abordnen. Innsbruck 31. März
1502 244
24. Haximilian an den Hauptmann der österreichischen Lande, Wolfsan? von
Polheim, die Hauptleute, Städte ui)d Bis$||iOfe seiner Erbländer. Das zur
Vornahme eines Törkenzuges von dem päpstlichctp Legaten Cardinal Raimund
gesammelte Cruciat- und Jubilänmsgeld wird ausschliesslich zu dem bezeich-
neten Zweck verwendet werden und sollen sie darauf achten, dass ohne Auf-
trag Maximilians über dasselbe ?on Niemandem verfügt werde. Innsbruck
12. Mai 1502 24^
^
Folitisohe Lage um ISOO.
Ein wildes Morden und Brennen erfQllte seit dem Beginne 1499
die Thäler des oberen Bheins und der Thur, das Engadin und Yeltlin,
wo der Schwabenbund im Verein mit den Tirolern gegen das ver-
hasste schweizerische Bauemvolk stritt. In der Geschichte kaum
als eine kleine Episode verzeichnet, hat dieser Schweizer- oder Schwaben-
krieg, aus kleinen An^gen entstanden, eine eminent historische Be-
deutung. Bund stand da gegen Bund im erbitterten Streite und in
Vernichtung von Wald, Flur und Leuten gab dieser Krieg den blu-
tigsten Thaten des Zeitalters an Schrecken nichts nach. ^) Mit Becht
verweisen die Schweizer auf den Ausgang dieses Kampfes als den
Beginn ihrer faktischen Unabhängigkeit. Das Glück wich im Grossen
und Ganzen nicht von den Schweizern. Zuerst überfielen sie am
Luciensteig die Fähnlein des schwäbischen Bundes, dann blieben sie
am Bruderholz bei Basel, im Schwaderloch und zu Frastenz Sieger.
Maximilian war von Geldern herbeigeeilt und stellte sich an die Spitze
der Unternehmung. Doch sein Versuch, die Schweizer Bundesleute
im Vintschgau unweit Glums zu züchtigen, misslang schmählich. Als
in denselben Tagen ein grosses eidgenössisches Heer plündernd im
Hegau einfiel, schien es einen Moment, als müsste die Erschöpfung
der Königlichen zum Frieden führen. AUein sich den Thatsachen
fugen war nicht nach der Stimmung Maximilians. Je hoffnungsloser
die allgemeine Lage, desto siegesbewusster erscheint der romantische
König. Plötzlich wider Erwarten traf er am 7. Juli 1499 bei den
schwäbischen Bundesräthen zu Ueberlingen ein und forderte von da
^) Pirkheimer, bell. suit. Jaeger, der Engsdiner Krieg. K. H. Roth, Wolfgang Graf
sa FOrstenberg (Schriften der W. Akad.). ^
Kran 8, Nflmh. Beichsreg, X
das Beich zu schleuniger Hülfe auf. VoU Siegeshofi&iung nimmt er
auch hier die Ehre des persönlichen Commando^s in Anspruch. Am
16. Juli hält er vor den Thoren Konstanz's über das versammelte
Eriegsvolk des schwäbischen Bundes und die in geringer Zahl er-
schienenen gehorsamen Beichsstände die Musterung ab. Wie er hier
zu seinem Schrecken wahrnahm, wi6 wenig von dem Feuereifer, der
ihn beseelte, auf die Soldaten und gar auf die uneinigen Eriegsräthe
übergegangen war, warf er im Gefühle seiner Ohnmacht und verbittert
seinen Blechhandsoliub hin mit den Worten: «Es ist nicht gut,
Schweizer mit Schweizern zu schlagen'*. Aus dem, Wahne, als Ober-
haupt des Beiches an der Spitze einer geschlossenen deutschen Heeres-
masse unter der fliegenden Fahne des Schenken von Limburg gegen
den Feind zu ziehen, sah or sich rasch in die nüchterne Wirklichkeit
versetzt, die ihn als Obmann an die Spitze eines vielgestaltigen Städte-
und Fürstenbundes stellte, dessen Dasein mit der Schwäche des deutschen
Beiches enge verknüpft war. Als nun wenige Tage nachher — am
22. Juli — jener Theü der Königlichen, der unter Heinrich von
Fürstenberg die Schweizer im Sundgau beschäftigen sollte, zu Domeck
bei Basel eine schimpfliche Niederlage erlitt und hiebei ihren Feld-
herm verlor, da verzweifelte Maximilian an der Möglichkeit, in diesem
Kriege Bitter-Buhm und Ehre zu ernten.
Es ist mehr als fraglich, ob nach diesen Misserfolgen Maximilian
sich noch ernstlich mit dem Gedanken der Fortfahrung des Kampfes
beschäftigte. Zwar verlangte er vom schwäbischen Bunde ünter-
stützungf um die Beste des geschlagenen Heeres im Sundgau zu retten.
Doch schon die Art der Unterhandlungen mit den Kriegsräthen legte,
wie der EssUnger Bote an seine Stadt berichtet, klar dar, dass der
König, i^n einem Vorschlag zum andern abspringend,, ein festes Ziel
nicht vor Augen hatte und der Bund kampfesmüde geworden war.
Von allen Seiten zeigte man sich dem Frieden geneigt. Schon be-
mühten sich französische und mailändische Botschafter — freilich aus
ganz anderen Motiven — die Schweizer zum friedlichen Abkonmien
zu drängen. Die Forderungen, die Maximilian in den ersten Tagen
des August stellte, erschienen allerdings den Eidgenossen, den Siegern,
nicht annehmbarer Art. Nach seiner Meinung sollten sie sich dem
Beiche ergeben, alle Neuerungen abstellen und für den ihm und den
Seinen zugefügten Schaden billigen Abtrag thuen, Forderungen, die
zu behaupten er kaum willens war, welche doch immerhin den Vortheil
boten, als feste Basis weiterer Unterhandlungen zu dienen. Des Königs
Aufinerksamkeit aber war damals auf Ereignisse viel grösserer Trag-
weite, die sich im Süden von der Schweiz vorzubereiten begannen,
gelenkt. Die Bekämpfimg eines viel mächtigeren Gegners erfflUte
plötzlich seine Seele mit hochfliegenden Plänen. Die kriegerische
Organisation des schwäbischen Bundes, so wenig Erfolge sie auch
bisher aufzuweisen vermochte, erschien Maximilian viel zu wertvoll,
um sie durch raschen Friedensabschluss mit der Schweiz ebenso raschem
Verfalle zuzufahren. Sollte sie die Grundlage zu einer kriegerischen
Büstung im grossen Massstabe bilden, so musste sie um jeden Preis
erhalten werden und dies konnte zunächst nur unter dem Scheine einer
fortgesetzten feindseligen Haltung gegen die Schweizer erreicht werden.
Der wahre Feind, mit dem sich Maximilian im Geiste sehr lebhaft
beschäftigte, war König Ludwig Xu von Prankreich. Eben hatte
sich dieser aufgemacht, das alte Erbrecht seines Hauses auf das Herzog-
thum Mailand geltend zu machen. Herr des Landes war Ludovico
Moro; als Oheim der zweiten Gemahlin Maximilians, der Bianca Maria,
mit den Interessen des habsburgischen Hauses enge verbunden. Mailand
war aber auch ein Lehen des deutschen Beiches und eine Aenderung
des Besitzverhältnisses konnte ohne Verletzung der deutschen Hoheits-
rechte, mindestens nicht ohne die Genehmigung des römischen Königs
erfolgen. Dass Ludwig auf letztere zunächst kein Gewicht legte, dafür
zeugen seine kriegerischen Büstungen sehr deutUch. Indem nun Ma-
ximilian mit viel Vorsicht und Klugheit daran gieng, seine wahren
Absichten unter dem Scheine feindseliger ünteifnehmungen gegen die
Schweizer zu verbergen, konnte er sich bei den Zeitgenossen, die seine
Absichten nicht erriethen, vor dem Vorwurf grosser Unbeständigkeit
nicht schützen. Zunächst verlangte er von den schwäbischen Bundes-
leuten die militärische Besetzung Constanzes und Beichenau's ^). Dann
erliess er alle Tage Befehle, bald dahin, bald dorthin auf den Anschlag
zu ziehen. *) Ebenso viele Beweise seiner kriegerischen Unterneh-
mungslust und doch nur Massnahmen halber Natur, die dem Esslinger
Städteboten das* Geständniss abnöthigten: „ Ein solches Kriegen muss
uns verderben und macht den König und uns zu Schanden. Es ist
1) s. Klfipfel, Urkd. d. schwäb. Bandes I. 869. >) a. a. 0. p. 872. y
r
das elendste Ding, es ist, als würfen wir das Geld in die See"". Das
freilich konnte der Städtebote mit dem beschrankten Gesichtskreise
nicht wahrnehmen, dass in diesem Augenblick die Sorge für den be-
drängten Oheim in Mailand bei Maximilian alle anderen Fragen in
den Hintergrund drängte. Der erste Schritt, den Maximilian im Sinne
seiner neuen politischen Richtung unternahm, war sein Versuch, Lu-
dovico Moro die Aufnahme in den schwäbischen Bund zu verschaffen.
Die Yertragsartikel, deren Abfassung spätestens in die ersten Tage
des August fiel, von Maximilian vielleicht selbst entworfen, bewegen
sich in ganz allgemeinen Ausdrücken. Sie bestimmen die gegen-
seitige Hülfe, welche der Bund und Mailand zu leisten haben, wenn
einer von beiden von den Schweizern oder deren « Anhängern*' ange-
griffen werde. Dass von dem faktisch erfolgten Einmarsch der Fran-
zoson in Mailand, ihrem unaufgehaltenem Siegeslaufe und der ver-
zweifelten Lage des Herzogs kaum eine bestinmite Kunde in die
oberen deutschen Lande gedrungen sein konnte, musste ja Maximi-
lians Versuch günstig sein, durch jenen Vertrag auf kurzem Wege
die Geschicke des schwäbischen Bundes mit den viel wechselvolleren
des* mailändischen Herzogs zu verflechten. Wir werden hören, wie
dieser Versuch misslang.
Wenn in irgend einem Moment Maximilian für sich an den
Nutzen eines friedlichen Abkommen mit den Schweizern dachte, so
war es jetzt der Fall. Zu Basel waren die Abgeordneten der strei-
tenden Parteien zu diesem Zwecke zusammengekommen. Maximilian
schickte dorthin den Grafen von Nassau, Faul von Liechtenstein und
Gyprian Semtein, Männer, die über die wahren Absichten seiner poli-
tischen Wege bis in's Detail unterrichtet zu sein pflegten. Zur selben
Zeit berichtet Hanns üngelter an Esslingen, wie dem Könige der Ge-
danke der Fruchtlosigkeit der Friedensverhandlungen Sorge zu bereiten
beginne. Dass sich die Dinge in Italien so rasch vollzogen und die
bedrängte Lage des Ludovico dem schwäbischen Bunde sich sofort
enthüllen musste, davon hatte Maximilian, der gute Kunde mit Mai-
land unterhielt, selbst keine Ahnung. Damit aber musste den schwä-
bischen Bundesgliedem sofort klar werden, welche Gefahren das von
dem Könige befürwortete Bündniss mit dem Herzog von Mailand in
sich berge. In der That gieng bereits Mitte August in den ober-
5
deutschen Landen die gemeine Sage, ^) Alessandria sei erobert, Mailand
verloren, das ganze Land sei umgeschlagen und der Herzog mit Weib,
Eind und Schätzen in das Gebirge oder gegen Innsbruck geflohen; es
sei zu besorgen, Lndwig Xu. werde die rOmische Erone emp&ngen.
Die Wirkung dieser Nachrichten tritt deutlich in dem ersten Artikel
des am 17. Augnst beschlossenen Stftdtetagsabscbieds zu Ulm hervor:
Die Städter weisen mit ihrer Vertröstung auf die nächste Versamm-
lung Maximilians Begehren, Mailand in den Bund aufzunehmen, ab.
Unterdessen hatten sich die Gesandten in Basel über eine Anzal
annehmbarer Funkte geeinigt und diese am 25. August in einem
Fräliminarfriedensvertrag zusammenge&ssi Die so rasch veränderte
politische Lage zwingt auch Maximilian zur Aenderung in seiner bisher
beobachteten Haltung. Gleichzeitig mit üebersendnng der Basler
Vertragspunkte an die Bundesversammlung in Ulm ergeht ein Befehl,
in Beutlingen zu erscheinen, um über die italienischen Wirren zu
berathen. Hatte der rasche Gang der Dinge Maximilian daran ge-
hindert, Ludovico ohneweiters in den schwäbischen Bund zu bringen,
so galt es jetzt durch Darstellung der drohenden Geiahren seinem
Oheim die Theilnahme des Bundes zu gewinnen: «Der Herzog von
Mailand sei ein Glied des heiligen Eeiches und die Säule, auf der
das Eaiserthum gegründet sei. Wenn Mailand, was Gott verhüten
wolle, an Frankreich verloren gienge, so werde das Kaiserthum der
deutschen Nation abhanden kommen*. Anfangs September suchen
die Abgesandten der Bundesversammlung den König zu Beutlingen
auf. Dort wird ihnen mitgetheilt, dass Ludwig XIL fast ganz Mailand
besetzt und der Fapst öffentlich erklärt habe, den französischen König
zum römischen Kaiser krönen zu wollen. In scheinbarem Widerspruche
mit diesen Darlegungen nimmt er aber zugleich den Schweizern
gegenüber eine kriegerische Haltung ein. Weil dieselben auf üeber-
lassung des Thurgauer Landgerichts und mehrerer eroberter Flätze
bestünden, könnte vom Frieden keine Bede sein. An demselben Tage
(9. September), an welchem er sieht anschickte, nach Tyrol zur Be-
grüssung des nach Innsbruck geflohenen Oheims zu ziehen, erlässt er
ein Manifest um Bundeshülfe gegen die friedstörenden Schweizer;
weil er ihnen das Landgericht, den Schwaderwald und ihre eroberten
<) Klflpfel a. a. 0. p. 875. Bänke.
n^k^u, ohne dem heiligen Seiche uneiabringlicben Schaden zuzu*
fdgian, in keinem Falle gewähren könne. ^) Demnach möge sich das
Bundesvolk nach Hüfingen im Hegau verfügen. Dieser kriegerischen
Sprache gegenüber ist es von besonderem Interesse, in die vertrau-
lichen Weisungen, die zur selben Zeit Maximilian an seine B&the zu
Basel gelangen lies, Einsicht zu nehmen. ^) Schon am 3. September
schreibt er vnn Bothenburg am Neckar dem Markgrafen Casimir von
Brandenburg nach Basel, er sei geneigt des Friedens willen auf das
Landgericht iip Thurgau derart zu verzichten, dass dasselbe bis zur
en^gflltigen Entscheidung ^u Händen des Herzogs von Mailand gestellt
^erde. Ein Auskunftsmittel, offenbar in der Absicht vorgeschlagen,
djie Schweizer durch die Aussicht auf eine ffir sie wolwollende Haltung
des Herzogs für diesen gegen Frankreich gewinnen zu können. Allein
die Schweizer verwarfen den Vorschlag. Selbst die königlichen Ge-
sandten, zur Nachgiebigkeit gestimmt, konnten es Maximilian nicht
verbergen, dass die durch Frankreich völlig gewonnene Schweiz da-
durch kaum mehr in dankbare Stimmung gegen Ludovico zu versetzen
sei. Schon 4 Tage später (13. September) eröffnete er den Baseler
Gesandten, dass er für seine Person kemeswegs auf dem Landgerichte
bestehe. Doch wolle er den Bath der vornehmsten Bundesglieder ein-
hohlen. Falle dieser einhellig oder der Mehrheit nach für üeber-
lassung aus, so mögen sie darauf mit den Schweizern beschliessen.
Endlich — am 18. September — spricht er sich von Augsburg un-
bedingt für die pfandweise üebergabe des Landgerichts aus. Nur
n^f^ge man Konstanz bei gutem Willen erhalten und die Schuld dieser
siß so schädigenden Eonzession dem schwäbischen Bunde zuschieben.
Galeazzo Visconti» Ludovico's Vertrauensmann, sparte nicht Mühe und
vor allem mailändisches Geld, um den Frieden zu Stande zu bringen.
Am 22. September 1499 ward er zu Basel von beiden Seiten besiegelt.
Noch hoffte Mailand rettende Hülfe vom schwäbischen Bunde und
mindestens strenge Neutralität der Schweiz bei dem Kampfe mit
Frankreich in einem Momente, wo Maximilian so bittere Worte über
die Thatenlosigkeit und Zerfahrenheit des Bundes an die Basler
') Klflpfel a. a. 0. p. 885.
>) 8, das ziemlich umfangreiche Aktenmateriale im Wiener Staatsarchi?.
Friedensvennittler schrieb und diese ganz offen den Eindruck der fran-
zosenfreundliclien Haitang der Schweiz empfiengen.
Zwischen jenem offiziellen kriegerischeif Aufruf an die Bundes-
macht YCHU 9. September und der zum Frieden geaeigten Gerrespon-
denz mit den Baseler Gesandten lag ein unllugbarer Widerspruch.
OffBnbar wollte Maidmilian die kriegerische Bewegung nicht eriahmen
lassen, die ihm zur DurchfDhruog anderer vom Schweizer EriegS'*
schauplaiz weit abliegender kriegerischer Aktionen fBrderiieh erschien.
So erklärt sich seine zur Schau getragene Eriegslnst Seinen Bftthen
gegenUber ist er zum Frieden geneigt, nidit um dieses selbst willen,
sondern anderer Unternehmungen wegen, in die er sich alsbald zu
sttirzen gedenkt. In jenen Tagen erschien das Wesen des Königs
dem Essfinger Boten tingelter ganz unerklftrlich: ,Er kOnne nicht
erfragen' — berichtet er an seine Stadt — «wo der König aus
wolle*. Wie die Situation lag, kann man mit Bestimmtheit sagen,
der Friede wäre gewiss zu Stande gekommen, selbst wemi der Auf-
ruf vom 9. September ein starkes Bundesheer auf die Beine gebracht
hätte. Allein dies geschah nicht und Maximilian gewann damit die
Ueberzeugung, dass der Bund überhaupt die Lust zu weiteren krie-
gerischen Unternehmungen verloren hatte. Am 24. September sdirieb
Maximilian seinen Bäthen am Ulmer Bundestag, sie sollen der un-
zweifelhaften Hoflhung des vertriebenen Ludovico Ausdruck geben, dass
der Bund ihm mit Heeresmacht bei der Wiedereriangung seines Herzog-
thume behfllflich sein w^de. Wir sehen, von Ludovico^s Aufioiahme
in den Bund war nidit mehr die Bede. Dass auch dieses neue Be-
gehren ein fruchtloses war, geht aus d^ Thatsache hervor, dass der
Bundestag sich mit dieser Firage gar nicht beschäftigte.
Auf dem Wege mit dem kriegerischen Mittel der Einung zuerst
einen seiner Natur nach mehr lokalen Krieg zu führen, dann diese
Mittel f&r Unternehmungen universellerer Bedeutung zu gewinne,
hatte Maximilian kein Glfick gehabt. Vielleicht sollte es ihm besser
gelingen, wenn er seine weitaussehenden Pläne mit den Geschicken
des Beiches in Zusammenhang brachte.
8
Der Beiohstag 2bu Augsburg 1500.^)
1498 war Karl VIII. gestorben, zum Glück fttr sein Land, dem
ein neuer gefährlicher Ansturm gegen seine mühsam erstarkende
monarchische Gestaltung drohte. Ihm folgte der Herzog von Orleans,
der als Ludwig XXL durch ein seltenes Mass von Klugheit das fran-
zösische Volk mit den zahlreichen Vergehen seiner Vergangenheit
auszusöhnen verstand. Mit einer Verminderung und gerechten Ver-
theilung der Steuern begann er seine Begierung. Dann schritt er
zur Unterwerfung der undisziplinirten Soldtruppen unter längst ver-
gessene strenge Beglements. Darauf folgte die Beschränkung der
Missbräuche der Universität und der Justizstellen. Das periodische
Landgericht der Normandie verwandelte sich unter ihm in ein stän-
diges Parlament, wie denn auch später 1501 die Provence an Stelle
seiner Landvogtei ein gleiches Bechtsinstitut empfieng. In über-
raschend kurzer Zeit war die Kraft des Landes dem Willen eines
starken Königthums dienstbar gemacht, um mit Erfolg den Weg
äusserer Erwerbungen betreten zu können.
Erinnern wir uns daran, dass Ludwig XII. ein Enkel jener Va-
lentina Visconti gewesen, die, als sie Ludwig von Orleans die Hand
reichte, ihrer Deszendenz im Falle des Aussterbens der männlichen
Linie Visconti den Besitz des Herzogthums Mailand vorbehalten hatte.
Zwar hatte Herzog Carl von Orleans, der Sohn der Valentina, nach
dem ohne legitime Erben erfolgten Tode seiner Schwäger, Johann
Maria und Philipp Maria, seine Bechte auf das Herzogthum geltend
gemacht. Doch der Versuch misslang und Franz Sforza, dn glück-
licher Hauptmann, Gemahl einer natürlichen Tochter des Philipp
Maria, ward mit Unterstützung Ludwig XI. Herzog des Landes. Von
der legitimen Linie der Sforza gieng dann die Herrschaft ebenfalls
in Form einer frevelhaften Usurpation auf Ludovico Sforza, mit Bei-
namen Moro, über. Diesem gegenüber brachte Ludwig XII. die An-
sprüche des Hauses Orleans zur Geltung. ^) August 1499 erschien
*) S. über diesen Reichstag Datt de pace poblica, Jannsen, Frankfurts Beichs-
korrespondenz und MflUer, Beichstagsstaat nnter Maximilian I.
'} 8, Ranke, Oescli. der roman. nnd german, Völker 1494 — 1514. II. Auflage
• ein stattliches jfranzösisches Heer in der mailändischen Ebene. Dem
vereinigten Angriff von drei Seiten — denn der Papst Alexander YI.
und Venedig standen im Bunde mit Frankreich — dann dem Ver-
rath im eigenen Lande erlag Ludovico Moro. Am 2. September
flüchtete er, von seinen Söhnen begleitet, nach Tyrol, wo er Schutz
und Hfllfe bei dem Gatten seiner Nichte, dem römischen König Ma-
ximilian, suchte und fand. Die Nachricht von den Eriegsereignissen
in Italien traf Maximilian noch auf schw&bischem Boden. Durch den
Gang der Baseler Friedensverhandlungen zürfickgebalten, eilte er nach
deren Abschluss anfangs October nach Tirol. Unsere Kunde von den
Abmachungen, die hier zwischen Maximilian und Ludovico stattfanden,
stützen sich nicht auf ausführliche und gleichzeitige Berichte. Der
allgemeine Gang der Dinge nur und die zerstreut erhaltenen Zeugnisse
gestatten uns einen sicheren Schluss auf die ihnen zu Grunde liegende
PolitiL Damals war von Ludovico^s Aufnahme in den schwäbischen
Bund nicht mehr die Bede, wie denn auch das Schreiben Maximilians
an den schwäbischen Bund vom 24. September hierüber nichts ent-
hält. Wie Maximilian, entmuthigt durch den Ausgang des Schweizer-
Irieges, über den Wert dieser Bundeshülfe dachte, wird er seinem
Oheim, um ihm in dieser Sichtung jede Hoffnung zu benehmen, dar-
zulegen nicht unterlassen haben. Allein ein anderes Moment wurde
von ihm bei der Feststellung eines gemeinsamen Aktionsplanes in den
Vordergrund gestellt und vom Oheim mit Freuden akzeptiri Mailand
war ein Lehen des deutschen Reiches. Als Vasall desselben stan4
Ludovico unter dem Schutze des Beiches. Ein Eingriff in seine Bechte,
eine gewaltsame Vertreibung gar aus seinem Lehensgute glich einer
Verletzung der deutschen Hoheitsrechte, zu deren Vertheidigung König
und Beich gleichmässig verpflichtet waren. Hierauf nun bauten beide
Fürsten den Plan eines Beichskrieges gegen Frankreich auf, wobei
ihnen der Abschlnss des Baseler Friedens insofern zu Statten kam,
als die nun freigewordenen Kräfte der Schweizer, soweit sie nicht im
Dienste Frankreichs standen, von Ludovico für Geld und gute Worte
zu gewinnen waren. In der That betrieb damals Galeazo Visconti
seine Werbungen im Schweizerlande mit grossem Eifer. Von Monat
zu Monat erhöhte sich Ludovico's Zuversicht, das verlorene Land
pag. 108 iE. V. HaTemanOi O^sch. der Kämpfe Franltreichs in Itälieq unter Ladwig XII,
pa?. 48 ff,
wiederzugewinnen. Seine reichen Geldmittel verfingen bei den Schwei-
zern und ermöglichten ihm die Sammlung von Truppen und Geschütz
inmitten Tirols. Dazu kam, dass die französische Herrschaft in Mai-
land nicht im Stande war, die mächtige ghibellinisch-antifranzösische
Partei auf die Dauer niederzuhalten. Maximilian gieng ganz in den
Plänen seines Oheims auf. Sonst war es nicht seine Art, an einem
Orte lange stille zu sitzen, üeberblicken wir sein Itinerar, so treffen
wir diesen unruhigen Pursten auf ewiger Wanderung begriffen. Jetzt
aber bleibt er volle fttnf Monate in Innsbruck und Umgebung. Es
ist, als schöpfte diese kriegerische Natur aus der Beobachtung in
nächster Nähe schon die nöthige Beruhigung. Aller Mittel zum Erieg-
ffihren entblösßt, erblickt er nur in einer zur Offensive geneigten
Politik des deutschen Beiches die Möglichkeit, persönlich in den Kampf
mit dem französischen Gegner zu treten. Die Interessen und Wünsche
seines Oheims mit den Absichten des Beiches in Einklang zu bringen,
ist seine vornehmste Sorge. Dies ist ungefähr die Stimmung, in
welcher er durch ein am 2* Dezember von Innsbruck erlassenes Mandat
die Stände für den 25. Februar 1500 auf den Beichstag nach Augs-
burg beruft Als Verhandlungspunkte kündigte er Prankreicks Vor-
gehen in Italien, die stets mehr als Vorwand dienende Türkengefahr
und nebenbei auch die dem Becht und Frieden dienlichen Ordnungen
an. Die Stände wurden zu umso pünktlicherem Erscheinen aufge-
fordert^ als ihr Fembleiben das heilige Beich deutscher Nation und
die Christenheit zu ewiger Schmach, Verachtung und Schaden führen
müsste.
Damit hatte der König die Entscheidung über die gegen Frank-
reich einzuschlagenden Schritte von den Entschliessungen der im Früh-
jahr zusammentretenden Beichsversammlung abhängig gemacht. Wider
Erwarten kam schon hier Maximilian trotz seiner offenen Partei-
stellung in Widerspruch mit den Absichten des Ludovico Moro. Sei
es, dass Galeazzo Visconti auf rasches Handeln drängte — in der
That war dieser schon Ende October ohne Erfolg ins Veltlin einge-
brochen — oder sei es, dass der Herzog selbst bei immer steigenden
Aussichten die Gunst des Augenblicks auszunützen gedachte, genug,
die kriegerische Aktion begann früher, als es Maximilian lieb war.
Januar 1500 dranz Gtieazzo mit den zu Ohur gesammelten zwei-
tausend Graubündnem über das Gebirge gegen Mailand vor. Je weiter
n
er kam, desto mehr Communen erklärten sich für die Sache des Herzogs.
Allenthalben zogen sich die Franzosen zurück und mit der Flucht
des französisch gesinnten Trivulzi im Februar fiel Mailand selbst der
Partei des Herzogs zu. Da war Ludovioo Moro nicht länger zu halten.
Von seinem Anhang bestürmt, sicherer gemacht durch Galeazzo's Er-
folg brach er gegen Mailand auf. Es ist nicht richtig, wie oft be-
hauptet wurde und selbst MaximiliaA zwei Jahre später im Verkehr
mit französischen Diplomaten zu seiner Rechtfertigung geltend zu
machen suchte, dass Ludovico so ganz ohne Unterstützung Maximi-
milians die kriegerische Unternehmung, die jener eben nicht zu hemmen
vermochte, in Szene gesetzt hätte. Das Geschütz, das er mitnahm,
war auf Tiroler Boden gegossen und ohne die Einwilligung des Königs
wären ihm die burgundischen Beiter des Claude de Yaudrie wie die
in Th'ol und Deutschland geworbenen Landsknechte nicht zur Ver-
^S^g gestanden. Aber mit Becht missbilligte Maximilian ein Unter-
nehmen, das seiner Ansicht nach verfrüht und mit unzulänglichen
Kräften begonnen ihm die Möglichkeit benahm, demselben durch seine
und des Beiches Intervention einen grossartigeren Charakter zu ver-
leihen. Es war allerdings, ein Siegeslauf, den Ludovico nun unter-
nahm. Allein er war von kurzer Dauer. Vor Novarra erfüllte sich
sein Geschick und die Wahrheit der einst von Maximilian in anderem
Simie gebrauchten Worte, dass es nicht gut sei, Schweizer mit
Schweizern zu schlagen. Am 10. April 1500 fiel er, von allen
Schweizern verlassen, von einem wenigstens bestimmt verrathen, in
die Hände der Franzosen, die ihn als Gefangenen nach Frankreich
führten, wo er auf dem Schloss Loches 1510 ein Leben voll wechsel-
reicher Oeschicke beschloss.
Nach der alten löblichen Sitte des Beiches, alle Listitutionen,
welche seinen Interessen dienen sollten, nur langsam und schwerfällig
in Vollzug zu setzen, verzögerte sich auch diesmal der Zusammen-
tritt des auf d^ 25. Februar anberaumten Augsburger Beichstages.
Doch traf diesmal nicht Maximilian die Schuld. Seit 4. März ^) weilte
*) Der echte Fugger (Ms. der Wiener Hofbibl.) lässt Maximilian von Lienz und
Bnmecken fiber Rosenhaim nach München kommen, wo er die Königin Blanka zurflck-
l&sst MaTimilian begibt sich hierauf nach Augsburg, wo am 12. Februar ein Tag des
schw&bischen Bundes abgehalten wird. Von da begab er sich nach Wertingen auf Jagden,
12
er in Augsburg; 14 Tage wartete er zu, bis er sich zu einem zweiten
Ausschreiben entschloss. Das Bild, das er in demselben von der all-
gemeinen Lage entwarf, ist mit starken Farben aufgetragen. Der
deutschen Nation drohe vollständige Zerrüttung und die fremden
Zungen, die bisher kein kleines Entsetzen vor den Deutschen gehabt,
bekämen jetzt leichtes Spiel, das an sich zu reissen, was die Vor-
fahren durch ritterliche Thaten und schweres Blutvergiessen erworben ;
der König von Frankreich strebe nach dem Besitze ganz Italiens und
der Kaiserkrone und suche die Könige von Ungarn und Polen wie
die Eidgenossen gegen ihn und seine Erblande aufzureizen; auch der
Tfirke drohe mit neuen EinßUen.
In den ersten Tagen des Aprils fanden sich nach und nach die
Eeichsstände in Augsburg ein. Als die Frankfurter Abgesandten
Johann Beysse und Johann zum Jungen dort eintrafen, war bereits
Erzbischof Berthold von Mainz anwesend, dem hier die schwierige
und undankbare Aufgabe zugedacht war, als Haupt der seit dem
Wormser Reichstage im Wachsen begriffenen Opposition den auf eine
kriegerische Seichspolitik zielenden Tendenzen des Königs entgegen-
zutreten. Grosse Hoffnungen knüpfte Maximilian an den Verlauf dieser
Session. Eine freudig gebrachte rückhaltslose Unterstützung seiner
Pläne erwartete er von den Ständen. Ihm schien es nicht genügend,
dass der Pßlzer Kurfürst einen Grafen mit beschränkter Vollmacht
entsendet hatte. Verletzt erklärte er diesem, wolle sein Herr nicht
wo er die Nachricht Ton der am 24. Fehruar erfolgten Geburt des Erzherzogs Carl zu
Gent empfieng. Sofort begab er sich über Rain, Thierhaupten und Dachau nach München,
wo er mit seiner Gemahlin und Schwester die Fastnacht (S. März) fröhllich beging. Nach-
her (also am 4. März) zog er wieder nach Augsburg, wo er die bischöfliche Pfalz bezog.
Am 1. April begann der Befchstag, der bis zum 25. August währte. Stetten Gesch.
Augsburg I. p. 252. lässt dagegen Maximilian schon am 2. März, die Königin Bianca am
7. April in Augsburg einreiten. Die Angaben des echten Fugger haben in jenen Fartieen,
welche sich auf Begebenheiten, die auf Augsburger Gebiet spielen, beziehen, auf volle Be-
achtung Anspruch (s. Bankers Urtheil in der Beilage zur Jubelausgabe der Geschichte der Be«
formation). Wenn Fugger erzählt, die Nachricht 7on der Greburt Karls sei ihm am 7. Fe-
bruar zugekommen, so beruht dies offenbar auf einem Schreibfehler und nicht — wie
Bänke meint — auf irriger Information, da Fugger ja in demselben Satze sagt, dass der
Erzherzog am St. Mathiastag (24. Februar) geboren wurde. Offenbar soll es statt
7. Februar 27. Februar heissen.
10
in eigener Person kommen, so bedtlrfe er auch seines Boten nicht,
getrost möge er heimreiten. Ohne Bücksicht auf die numerisch noch
schwache Ständevertretung erOfGaete Maximilian, dem es jetzt nicht
schnell genug gehen honnte, die Verhandlungen des Beichstages. Am
10. April, jenem verh&ngnissvollen Tage, an welchem mit Ludovico's
Gefangennahme die mailändische Angelegenheit zum entscheidenden
Abschluss kam, trug Eitelfritz von ZoUem im königlichen Namen bei
oifenener Versammlung den Grund ihrer Einberufung vor: Nachdem
er die Mühe geschildert, die der König bisher zur Wahrung der
deutschen und christlichen Ehre verwendet habe, dann der drohenden
Ausbreitung der Tflrkenmacht gedacht hatte, kam er auf die Umtriebe
des französischen Königs zu sprechen. Frankreichs Politik sei eine
aggressive. Zuerst habe es sich in den Besitz der Bretagne und des
Herzogthums Burgund gesetzt, dann Mailand erobert und dessen
Fürsten, einen Beichsvasallen, vertrieben. Zwar sei es Ludovico durch
Geschick und eigene Mittel gelungen, sich wieder in den Besitz seines
Landes zu setzen, doch Ludwig sinne auf dessen abermalige Vertreibung.
Unzweifelhaft werde ihm das gelingen. Denn gross sei seine Macht
und die Hülfe des Papstes, der Venetianer und eines Theiles Italiens
stünden ihm zur Seite. Die Venetianer haben dem Mailänder Herzog
mehrere Ortschaften entrissen und berauben, indem sie sich hinzu der
Hülfe der Türken bedienen, den Adler, auf den das Beich gegrflndet,
seiner Macht und Starke. Ihr Streben sei, alles unter ihr kommun-
liches Wesen zu bringen. Ludwig, im unzweifelhaften Besitz der
Kaiserkrone und des ganzen Italien, werde sich dann vereint mit den
übrigen Feinden auf die österreichischen Erblande werfen. Sie, sonst
ein Schild und eine Pforte der deutschen Nation, würden entkräftet
durch den schweren Kriegsfall dem König von Frankreich den Ein*
gang in's Beich gewähren. Damit sei aber der Bestand jedweder
Obrigkeit in Deutschland bedroht. Schwer falle dem König eine so
unheilvolle Zukunft aufs Herz, an deren Abwendung er seine besten
Kräfte gesetzt. Nie noch sei die GeMr so gross gewesen wie jetzt.
Das Beich stünde in voller Zerrüttung, allerwärts komme dem Könige
uur Ungehorsam entgegen. Nur von der weitgehendsten Anstrengung,
von besserer Handhabung des Friedens und Bechts sei Bettung zu
erwarten. Darüber zu berathen, habe sie der König berufen. Als
römischer König und als Erzherzog von Oesterreich zugleich sei er
14
f
persönlich erschienen, nm als leuchtendes Beispiel in Sachen der Ab-
wehr und der Ordnung zn dienen.
Unwillkürlich erinnern wir uns iener kriegerischen Ansprache,
mit welcher Maximilian die Nürnberger Eeichsversammlung des Jahres
1491 einleitete. Wie sich damals die Stände wie ein Mann erhoben
und sich mit der Sache und den kampfbei'eiten Gefühlen dos Ober-
haupts, wenn auch nicht mit Thaten, so doch mit glänzenden Worten
der Ergebenheit ideutifizirten, so hoffte der König auch jetzt eine
gleiche Wirkung bei der Versammlung zu erzielen. Allein es kam
anders.' Die Geschicke des Beiches ruhten im Momente in den Händen
eines ungemein geschickten zialbewussten Politikers, Berthold von
Mainz, der, indem er immer wieder Klagen über die innere Zerrüt-
tung des Beiches im Munde führte, mit Becht auf die zahlreichen
Enttäuschungen verweisen konnte, die' man bezüglich der Thatkraft
des jugendlichen Fürsten seit jenem Nürnberger Beichstag erlebt hatte.
Der trat in seinem nüchternen Sinne vor den König hin und bat ihn
zu bedenken, dass bei dem Femsein so vieler Beichsstände vor Ablauf
von 14 Tagen in die Berathuug so wichtiger Dinge nicht einzugehen
wäre. Eine Bitte, die der König, so unlieb sie ihm auch sein mochte,
füglich nicht verweigern konnte, die zugleich bewies, dass Berthold,
die Seele der Versammlung, nicht gewillt war, sich nach Maximilians
Sinn kopfüber in unabsehbare Unternehmungen zu stürzen. Zunächst
erhielt jener Antagonismus, welcher schon damals zwischen König
und Erzbischof bestand, zu Gunsten des letzteren einen Schein von
Berechtigung, als beiläufig eine Woche später die Kunde von Ludo-
vico's Unglück nach Augsburg drang. Wieder war der Gang der
kriegerischen Ereignisse in Italien gegen die Erwartungen Maximilians
ein allzn rascher gewesen ; in keinem Nomente mochte er das unzeit-
gemässe Losschlagen Ludovico^s Moro bitterer beklagen. Doch die
Beichsopposition oder deren Bepräsentant Berthold konnte daraus ein
neues Argument für die Berechtigung ihrer Taktik schöpfen.
Circa 20. April berief Maximilian die Beichßfürsten an seinen
Hof. Er erzählte ihnen, wie der Herzog durch den Verrath der
Schweizer im eigenen Heere den Händen der Franzosen überliefert
wurde, wie nach sehr verlässlicher Kundschaft Ludwig XU. eine feind-
liche Proklamation gegen ihn als österreichischen Erzherzog und die
Erblande erlassen habe. Mit dem Hinweis, dass der Waffenstillstand
1&
mit Frankreich am 1. Mai 1501 ablaufe, stellte er ihnen die dem
König imd Reiche drohende Gefahr in die unmittelbarste Nähe. Ver-
geblich suchen wir unter dem erhaltenen Aktenmaterial nach^ dieser
angeblich gegen Maximilian erlassenen Proclamation. Vielleicht ist
die Behauptung ihrer Existenz auf trflbe Berichte jener ghibellinisch-
mailfindischen Emigration zurückzuführen, die sich damals an Maxi-
milians Hofe zu sammeln begann. Doch auf die Wahrheit dieser
Behauptung kommt es hier nicht an. Maximilian war es genügend,
den Zusammenhang der Katastrophe Ludovico^s mit den künftigen
Geschicken des Kelches hier vor den Beichsfürsten durch eine blosse
Annahme klar zu legen. Die Antwort, welche der König auf seine
Eröffiiungen ?on Seite der Fürsten empfieng, war eine sehr kühle.
Wieder verwies man auf die Abwesenheit zahlreicher Stände, die
Maximilian, soweit sie nicht unterwegs wären, dringend nach Augs-
burg zitiren sollte. Maximilian gab zwar insoweit nach, als er eine
endgültige Entscheidung bis zum Eintreffen der säumigen Stände ver-
schob, zugleich aber wegen der drohenden Gefahr die Eröffnung von
Yorberathungen bezüglich des Schutzes seiner Erbländer verlangte.
Hiebei trat er selbst mit einem Vorschlag hervor. Die Beichsver-
sanunlung möge ein Schreiben an Ludwig XII. richten, in welchem
der Zweck ihrer Berathungen dargelegt und zugleich um Geleite für
eine grosse an ihn abzufertigende Botschaft gebeten werden sollte.
Natürlich kam es vor allem auf die Form dieses Schreibens an. Auch
dafür hatte Maximilian gesorgt. Er legte den Fürsten ein fertiges
Konzept vor, welches den Zweck der Versammlung mit der Darlegung
aller von Ludwig XIL begangenen Verbrechen zu begründen suchte
und dadurch unter der Maske einer harmlosen Bitte mehr einer Kriegs-
erklärung glich. Die Beichsfürsten giengen scheinbar auf diesen Vor-
schlag ein. Mit der Absendung des Schreibens erklären sie sich ein-
verstanden, doch solle sich der Lihalt auf die nach ihrem Sinne
modifizirte Bitte um Geleit für die spätere Botschaft beschränken.
Wie nun Maximilian sah, dass Bertholds Klugheit seinen fein ange-
lten Plan zu durchkreuzen drohe, zog er seinen Vorschlag zurück
und brachte einen andern vor. Zunächst wäre eine kleine Botschaft
mit Instruktionen für Verhandlungen nach Frankreich zu senden und
ein eigenes Schreiben an Ludwig XIL mit der Bitte um bessere Be-
handlung des gefangenen Ludovico zu richten. Wenn jetzt Maximi-
16
lian nur eine kleine Botschaft in Vorschlag brachte, so geschah es
offenbar in der Absicht, etwaige Friedenserfolge der Botschaft nach-
träglicji durch den Hinweis auf das geringe Gewicht der Unterhändler
illusorisch machen zu können. Mit der Erklärung, auf diesen Yor-
schlag ohne die Wohlmeinung der Beichsversammlung nicht eingehen
zu können, bereitwillig, das erste Projekt natfirlich in ganz modifi-
zirter Form unterstüzen zu wollen, zogen sich die Fürsten zurück.
Drei Tage später folgten sie abermals der Einladung des Königs zur
weiteren Berathung. Standhaft blieben die Fürsten bei ihrer Ansicht,
obwol sie der König nochmals für die Absendung einer geringen Bot-
schaft SU gewinnen suchte. Ihnen erschienen die Verhandlungen in
solcher Form für beide Theile schimpflich. Aber auch Maximilian
erklärte nicht nachgeben zu können. Es blieb nichts Anderes übrig,
als an die Vollversammlung zu appelliren, deren Votum entscheiden
sollte, ob fortan die Mehrheit des Beiches zur Politik des Königs oder
zur fürstlichen Opposition stehen sollte. Diese entschied sich für die
Sache der Opposition. Am 24. April legte Berthold den Gang der
Verhandlungen den Ständen im Bathhause vor. Die gemeine Um-
frage ergab folgendes Besultat: Ein geschickter Bote habe eine Schrift
des Beiches an den König Ludwig mit der Bitte um Geleit für eine
später abzufertigende Botschaft zu überbringen und habe sich hiebei
insgeheim über die Absichten Frankreichs zu informiren, Dass der
Beichstag zusammengekommen, um über den zwischen Ludovico Moro
und Frankreich ausgebrochenen Zwist zu berathen, soll in dem Schreiben
gar nicht berührt werden. Femer sei die Bitte bezüglich der ge-
fönglichen Haft des Herzogs Ludovico durch die spätere Botschaft
vorzubringen. Mit dieser Entscheidung begaben sich die Fürsten zu
Maximilian. Umsonst dass er bittere Beschwerde über die ihm durch
das Reich auferlegten Einschränkungen führte, schliesslich musste er
doch in die Absendung des von Berthold abgefassten Schreibens an
Ludwig XU. willigen. So viel stand fest, dass eine rückhaltslose
Unterstützung seiner kriegerischen Pläne beim Beiche nicht zu er-
warten war. Nur auf der Absenduug eines Schreibens bezüglich des
gefangenen Herzogs bestand er auch jetzt. Wenn man ihm in diesem
mehr nebensächlichen Punkt gerne Recht liess, so bot man ihm die Ge-
legenheit, sich mühsam über die Tragweite seiner Niederlage zu be-
ruhigen. In dieser Absicht wurde er auch klugerweise von den Fürsten
1?
Unterstützt, als sie am ^8. April bei der Beichsveräammlung die Ab-
sendung dieses Schreibens befürworteten. Doch mnsste sich Maxi-
milians Konzept vorher eine starke Herabminderung des angeschla-
genen Tones gefiiUen lassen. ^)
Wie sehr man sich, jedem kriegerischen Konflikt aus dem Wege
gehend, bereits im Qegensatz zu den Intentionen des Beichsoberhaupts
befugen fühlte, zeigte die Antwort des Beichstages, mit der man die
Abgesandten der St&dte Mailand, Pavia und Como abfertigte. Die
waren gekommen, um die Freude über die Wiedereroberung des Herzog-
thums durch Ludovico und ihre Hoffnungen auf die Unterstützung des
Beiches kundzugeben. Jetzt, wo ihres Herrn Sdiicksal erfüllt war
und sie bestürzt um Abschied baten, wurde er ihnen unter Vermei-
dnng jedes Versprechens und Trostes und jeder Mittheilung über die
Verhandlungen am Beichstage gewfthrt.
Es gab nur noch einen Weg, auf den Maiimilian mit seinen
gegen Frankreich gerichteten kriegerischen Absichten zum Ziele ge-
langen konnte. Der war freilich sehr langwieriger Natur und die
hiebei gebrauchte Mühe schloss nicht unbedingt die Oewfthr des Er-
folges in sich. Gelang es jetzt nämlich, der Nation eine allseitig
befriedigende Lösung der seit fünf Jahren immer dringender gefor-
derten Beichsreform zu bietheu, in einer allen partikularen Wünschen
gerecht werdenden, niemanden ungebührlich drückenden Form die
Kraft des Beiches dem gemeinen Wesen dienstbar zu machen, so
war die Hoffnung vorhanden, eine auf den Mitteln der Nation be-
ruhende militärische Organisation zu vollenden und damit die krie-
gerische Unternehmungslust, an der es den Deutschen zu keiner Zeit
fehlte, anf die vom Oberhaupt des Beiches vorgezeichnete Bahn zu
lenken. Ein Unternehmen von so weitanssehender Natur und wesent*
lieh bedingt von der inneren Uebereinstimmung aller beschUessenden
Faktoren, dass wir heute bei vorurtheiisloser Ueberschau der dama-
ligen Gesellschaftszustände seinen Vollzug für unmöglich erkmmen.
Immerhin traf Maximilian im guten Glauben an die Erreidibar-
keit seiner Bestrebungen mit den Wünschen der Beichstagsmajoritftt
zusammen. Bechnen wir hinzu, dass es vor Allem Berthold von
') I>ie Beichsst&nde an Ladwigr XII., 2. Hai 1500 (Jaonsaen Nr. 799, 800).
Kran 8, NQmb. Beichsreir* 2
Mainz war, der seit einer Bähe von Jfthr«i die Befortt des Beielis
znm Ausgangspunkt seiner Thfttiglieit auf den deutschen Beidistagen
gemadit hatte, so seiheint es natfiilich, dass Maximilian jetzt einen
Weg emschlug, auf dem er sich ungehemmt ron der so listigen Op-
position nach seinen Gedanken rasdier, als es nach der Lege der
Dinge mißlich war^ dem Ziele nahem zu ktonen glaubte. Indem
man sidi nun auf dem Augsburger Beichslage sogleich an da3 grosse
Beformwerk machte, schien es, tts mfisste die einmflthige Haltung
der zwei Faktoren, des Königs und des Reichs, notwend^ zu einem
gedeihUehen Resultat führen. Dies wird unzweifelhaft der Fall sein
bei Fisgen von untergeordneter Bedeutung, wo die Ausserliche Ueber-
einstitnmung zur Feststellung eines beiderseits genehmen Abschlusses
genfigt. Bei Institutionen aber, die berufen sind, das Leben der
Nation umzugestalten, kommt es nicht allein auf die Uebereinstim-
mung der Ziele, sondern auch auf die der Motive an, derentwegen
man nach einem Ziele drSogi Indem der K6mg oine Beihe von
Yorsdiligen, mit denen ex das gem^e Wesen zu hebM gedenkt,
vor die Bmchsversammlung bringt, so will er den Frieden nur, um
die Krtfte desselben den kriegerischen Unternehmungen dienstbar zu
machen, die Bekshsstfinde oder wenigstens der Theil, der in Berthold
seinen gewandten Sachwalter erblickt, nehmen die Vorschläge mit
IVeuden au^ doch nur wdl sie im Frieden allein die Gewähr dauernder
Ordnung erblicken. Wir begegnen verwandten Naturersch^ungen:
Es ist wie ein Sammeln der Kräfte, die man eine Zeit lang in voller
Harmonie gegenseitig fördernd sidi entblten läest^ um sie dann desto
gewaltiger auf einander platzen zu sehen.
Der erste Theil der Beichsverhandlungen hatte mit dem Siege
der Opposition Aber die kriegeris<dien Zumuthungen des K((nigs seinen
AbscUuss gefanden. Nur eine kurze Unterbrechung folgte, gleichsam
eine Erholungspause, deren man bei der FflUe der zu gewärtigenden
Erörterungen bedürftig schien. Am ö. Mai eröffioiete Berthold die
allgemeine Versammlung mit der Vorlage der von Maximilian zur
Beratbung eingebrachten, sämmtlich die Beform des Beiches berfih-
renden Anträga Die AuMehtung des Kammergerichtes, die schon
der Freiburger Beichsabschied dem nächsten Beichstag zur Behand-
lung fiberwiesen hatte, und die Feststellung strenger Massregeln
gegen die Landfriedensst^r sollten, da der bief&r in Aussicht ge-
19t
DOmmeae Woimser Tag nicht zu Stande gekommen war, in dieser
Session erfolgen. Der zweite Pnnkt der königlichen Vorlage betraf
die Form der Beichshülfe. Die Nothwendigkeit, das System der Reichs*
Umlage, die 1495 zn Worms beschlossen ward, zu verlassen und zu
dem schon am Frankfurter Erönungstage 1483 vorgeschlagenen Be-
steaeningsmodus zurflckzukehren, wurde von Maximilian durch den
Hinweis auf das Schwankende der bisherigen Einrichtung motivirt.
Ihm schien es beschwerlich, dass durch die in dieser Frage nOthigm
jährlichen Stftndeberathungen die Stftnde nie zur Buhe kommen sollten,
mid vollkommen genügend, einen st&ndigen Ausschuss mit der Hand-
habung einer dauernden Ordnung von Bechtswegen zu betrauen. Jener
Feuereifer, der Berthold in Sachen der inneren Beichsfrage von jeher
beseelte, kam auch jetzt zu Tage, wenn er gleich zu Anfang seiner
Bede die StSnde an die Pflicht gegen das Beich, zu denen er auch
Stillschweigen gegen Jedermann Ober die Yerhandlangen rechnete,
ermahnte. In , ernste und herzlicher Weise erz&hlte er ihnen, wie
das Eaiserthum an die deutsche Nation gelangt und nun von Tag
zu Tag an Qlanz verliere, vras Alles durch fremde Zungen der Nation
abhanden gekommen, und welcher Spott und Schade ihr daraus er-
wachse. An einem praktischen Beispiele, dessen Lösung bald die
Stände beschäftigen sollte, konnte er so recht das Elend des Beiches
ilkstriren. In dem unglücklichen Baseler Frieden musste sich Maxi-
milian dazu verstehen, das Landgericht in Thurgau, das der Stadt
Eonstanz gehörte, den Schweizern zu überlassen. Ludovico Sforza, der
zum raschen Abschluss des Friedens dr&ngte, hatte sich zur Zahlung
von 20,000 fl. Bh. verpflichtet, fflr welche Summe man sich die Aus-
lösung des Gerichts vertragsmässig vorbehalten hatte. Nun war
Sforza Frankreichs Gefangener geworden und damit die Aussicht der
Auslösung von seinw Seite geschwunden. Wollte das Beich hier
nicht einen neuen Abbruch seiner Hoheit erleiden, so musste es die
Zahlung selbst übernehmen. Damit beschäftigten sich auch die Stände
in der nächstfolgenden Nachmittagssitzung. Am 9. Mai konnte Maxi-
milian auf Grund eingelaufener Berichte der Versammlung noch
weitere traurige Eröffiiungen machen. Die Schweizer suchten die Stadt
Eonstanz durch das Anerbieten der Bfiekgabe des Gerichts zum An-
schluss an die Eüdgenossenschaft zu verleiten und die Stadt war nahe
daran, der verlockenden Versuchung zu erliegen. Doch war nach
2*
20
Maximilians Daf&rhalten die dem Beiche drohende OeMr durch recht-
zeitige Intervention noch abzuwenden. Daraufhin fasste am 10. Mai
der Reichstag den Beschluss, eine Botschaft an die Stadt zu schicken.
Zwei Tage später brachte Berthold die Instracktion der Abgesandten
zur Genehmigung vor. Die Stände — heisst es darin — können
nicht glauben, dass Eonstanz sich in die Schweizer Einung zu begeben
gedenke. Sie könnten dies umsoweniger zulassen, als dadurch der
Baseler Frieden gebrochen würde. Konstanz sei yerpflichtet, dem
Seiche die Orfinde seines Vorgehens anzugeben und, wenn sie etwa
im Thurgfiuer Gericht und in ihrer Armuth bestanden, lieber den Weg
zur Abhilfe bezeichnen. Wenn sie vorbrächten, in ihrem Bund sei
das römische Beich als Feind ausgeschlossen, so sei das nur eine
Phrase. Denn, da viele in der Eidgenossenschaft befindliche Städte
unzweifelhaft zum Beich gehörten, sich aber stets ungehorsam zeigen,
könnte die Stadt leicht sagen, ein Krieg sei nicht vom ganzen
deutschen Beich geführt. Das Beich könnte daher niemals Konstanzs
Verlust zugeben. Die Gesandten bekamen den Auftrag, zu berichten,
ob durch die Einlösung des Landgerichtes die Stadt beim Beiche zu
erhalten wäre. In diesem Falle soll man sie der Beichshülfe, wie
auch jenes Schutzes, über dessen wirksame Handhabung man eben
zu Augsburg berathe, versichern. Konnte es einen schlagenderen Be-
leg für die Ohnmacht des Beiches geben, dass eine Sfaidt, vor die
Alternative gestellt, ihr Heil im Bunde mit einer kleinen Einung zu
suchen oder fortan einem grossen Beichskörper anzugehören, sicli in
ihrer Entscheidung nach ersterer Seite neigte ? Vierzehn Tage mochten
die Beichsboten zu Kostanz verweilt haben. Am 1. Juni trafen sie wieder
zu Augsburg ein und berichteten zwei Tage später im Verein mit den
königlichen Abgesandten der Beichsversammlung über den Erfolg ihrer
Mission. Dass die Stände sich bei dem Beschlüsse beruhigten, die
Stadt vorzufordem, was so ziemlich einer stillschweigenden Ver-
schleppung der ganzen Angelegenheit gleichkam, darf uns ebenso
wenig Wunder nehmen, wie die Thatsache, dass bei allen späteren
Verhandlungen von der Stadt weiter nie mehr die Bede war. Einmal
war es bereits Beichssitte, die Dinge mit scheinbar vielem Kraftauf-
wand in die Hände zu nehmen, um sie dann ebenso geräuschlos fallen
zu lassen und dann stand bereits eine Frage auf der Tagesordnung,
die durch ihre Bedeutung und tiefe Theilnahme, die man ihr aller-
21
seits entgegenbrachte, alle anderen Verhandlungen so ziemlich in den
Hintergrund drängte.
Schon beschäftigte die innere Beform und die durch sie erstrebte
Umbildung des gemeinen Wesens alle Oeister. Am 14. Mai berichtet
Beysse an die Stadt Frankfurt die vollzogene Wahl eines aus fDnf
Fürsten und zwei Städten bestehenden Ausschusses, der Aber Friede,
Becht und Kammergericht Vorschläge an die Reichsversammlung zu
erstatten hatte. Als nun dieser Ausschuss mit einem aus zwei Theilen,
jeder an vier Bogen stark, bestehenden Elaborate am 3. Juni vor die
Reichsversammlung trat, da zeigte es sich, dass man schon im Schoosse
des Ausschusses die Notwendigkeit erkannt hatte, tlber jenes Ausmass
von Bestimmungen hinauszugehen, welches Maximilian durch die ge-
naue Formulirung der am 5. Mai von ihm vorgelegten Beraihungs*
punkte in Aussicht genommen hatte. Nirgends sind die Namen der
Ansschussmitglieder ersichtlich. Doch dass sich unter ihnen und zwar
sie alle bestimmend Berthold von Mainz befand, dafür spricht der
erste Theil des Elaborats, der sich mit der Errichtung eines bleibenden
auf ständischer Grundlage beruhenden, die Prärogative der Krone viel-
seitig berührenden, nicht nur legislative, sondern auch exekutive Be-
ftignisse in bedenklicher Fülle vereinigenden VerwaltungskOrpers, eines
Beichsregiments, beschäftigte. Wie ernsthaft die Verhandlungen ge*
ftihrt wurden, erhellt daraus, dass den Mitgliedern des Beichstages
strengstens untersagt wurde, von den vorgebrachten Artikeln etwas
im Wege des Hintersichbringens zu verlautbaren. Den Städtern na-
mentlich schien diese Bestimmung unbequem. Noch war man nicht
so weit gelangt, alle die Seichsordnung auf Jahre hinaus bestimmenden
Artikeln von der Beschlussfassung über die momentan zu leistende
Beichshülfe zu trennen. Den Städtern aber erschien die Frage, in
welchem Ausmasse sie zu den Beichslastei; herangezogen werden, als
die weitaus wichtigste. Schienen ihnen die Forderungen bedenklich,
so suchten sie sich gerne durch Einhohlung eines Bathes bei ihren
Mitbürgern zn decken. Auf zwei verschiedene Arten hatte man bisher
die Beichshülfe hereingebracht. Entweder man bewilligte dem KOnige
ein bestimmtes Truppenkontingent und vertheilte die Kosten für die
Aushebung und Bezahlung der Soldknechte unter die einzelnen Beichs-
stände. Hiebei hatte der Beichstag immer den Vortheil, die Höhe
der zu bewilligenden Mannschaft und ihre Dienstzeit möglichst herab-
22
zudrücken und damit die den einzelnen Ständen erwachsenden Yer^
pflichtungen zu verringern. Oder aber man half sich, wie 1495 auf
dem Wormser Beichstag, mit der Bewilligung des , gemeinen Pfennings "^
in der Art, dass von dem Yermögensansatz ein für allemal ein be-
stimmter ziemlich niedriger Perzentbetrag, zu Worms von je 1000 fl.
ein Gulden, eingehoben wurde. Dem Wesen nach die rationellste
Besteuerung, erschien sie doch, namentlich bezüglich der vermögenden
Stildtem, schwer zu handhaben, da bei noch sehr bescheidenen
fiskalischen Grundsätzen die Kunst, das Vermögen des Einzelnen zu
»erlernen* — so lautete der technische Ausdruck — sich als sehr
unentwickelt zeigte. Diesmal aber verliess man beide Systeme und
brachte die Besteuerung in unmittelbarem Zusammenhang mit der
leichter zu kontrollirenden Bevölkerungszahl. Je 400 Personen einer
Pfarre, wobei Mann, Weib und nichteigenberechtigte Kinder für eine
Einheit gehalten wurden, haben einen Knecht auszurüsten und zu erhalten.
Die sich ergebenden Bruchtheile einer Pfarre sind mit denen anderer
Pfarren bis zur Höhe von 400 Köpfen zusammenzulegen. Die gesammte
Welt- und Klostergeistlichkeit, sowie alle freien und Reichsslädte wie die
Communen haben von je 40 fl. jährlichem Einkommen einen Gulden zu
zahlen. Ausgenommen sind nur die vier Bettelorden^ von denen je fünf
Klöster einen Mann auszurüsten und zu erhalten haben. Jeder Graf oder
Herr hat von je 4000 fl. Jahresrente einen Beisigen zu erhalten.
Ziemlich hart erscheint die Judenschaft besteuert. Jeder Jude ohne
unterschied des Geschlechts oder Alters zahlt einen Gulden jährlich,
wobei die reicheren für die ärmeren aufzukommen haben. Vermögens-
lose Leute oder solche, die ohne Lohn auf Gnade dienen, werdw mit
1 Schilling Gold = V20 &• ^^' besteuert. Knechte und Mägde haben
den sechzigsten Theil jedes Lohnguldens abzugeben. Die Kurfürsten
und eine bestimmte Zal vpn Fürsten sind mit Rücksicht auf die ihnen
durch die Theilnahme an den Beichsgeschäften, namentlich an dem
Beichsregiment, erwachsenden Kosten nur zur Unterhaltung von je
500 reisigen Pferden verpflichtet, wodei der auf ihre Unterthanen ent-
fallende Anschlag mit in Anrechnung zu bringen ist. Auch diesmal
konnte sich die Beichssteuer des kirchlich-religiösen Charakters nicht
entschlagen. Wie sie formell zur Vollführung des Türkenkri^es aus-
geschrieben wurde, so schien es auch berechtigt, dass die Pfarrer ver-
pflichtet WTirden, die eingehenden Sumtneu m sammeln uud an das
Beichsregiment abzufahren. In den Kirchen sollten Qberdies Truhen
für freiwillige Spenden, zu denen von der Kanzel ermuntert wurde,
aufgestellt werden. Die Dauer dieser Steuer wurde auf 6 Jahre fest-
geseiast. Der erste Eingang sollte bis zum 2. Februar 1501 geleistet
sein. Es liegt auf der Hand, duss diese Art der Beichssteuer den
Slftdten am beschwerliohsten fallen musste. Einmal wurde die relativ
zahlreiche Stildtebevölkerung zur Stellung des Kontingents in genau
fixirter Weise harangez()geii. Ueberdies aber mussten die St&dte als
solche von ihrem Einkommen eine nicht unbedeutende Beisteuer leisten.
Geschickt wusste man die Aufrichtung der gesammten Beichsordnung
von der Leistnng dieser Hülfe abhftngig zu madhen, ja als eine wesent-
liche Obliegenheit des zu errichtenden Beichsregiments di3 Entgegen-
nahme der neuen Steuer zu bezeichnen. Beysse berichtet an den
Frankfurter Bath, so sehr sich die St&dte gegen diese Hülfe wehren»
so halten sie es doch nidit für gut, i-undweg abzuschlagen, damit es
nicht hiesse, die Stftdte hfttten des Beiches Nutzen und Begiment
varhindert. Am 24 Juni wandten sie sidi an Maximilian mit der
Bitte, das Hintersichbringen zu gestatten. Ihr Begehren wurde nicht
erfüllt. So kamen sie um die Hoffiiung, durch Verschleppen der An-
gelegenheit der drohenden Gehhr zu entgehen« Nun gaben sich die
Städteboten redlich Mühe, durch Unterhandlungen mit dem Fürsten-
koUfigium und mit einzelnen Gliedern desselben eine Herabminderung
der auf sie entfallenden Lasten zu erlangen. Es sei — heisst es in
Beysse's Bericht — kein Artikel gewesen, bei dem man nicht im
Namen der Sttdte Beschwerde gefOhrt habe. Aber das alles sollte
nidits helfen. Man entgegnete ihnen, dass die Grafen mcht minder
beschwert seien als die St&dte. Denn die Kosten eines Beisigen be-
tragen 100 fl. Bh. Dies mache bei der Voraussetzung einer Beute
von 4000 fl. ebenfalls eine Besteuerung von einem Gulden für je
vierzig Gulden Einkommen, wobei man freilich verschwieg, dass bei
einer Steuereinheit von 4000 fl. viel grössere Eentenbruchtheile un-
besteuert blieben, als bei der Benteneinheit von 40 fl. Den Vorwand
der St&dte, cbtös man dadurch die Grösse der Bevölkerung, ihren Er-
werb und ihr Vermögen , erlerne*, diesen höchst wunderlichen Ein-
wand entkräftete man mit dem Hinweis, dass dasselbe auch die Hin-
tersassen der Fürsten und Grafen und die letzteren selbst tr&fe.
Wenn die St&dter ^ch scheuen sollten, ihr Vermögen zu deklariren,
21
so könnten ja ganz gut 4 bis 10 St&dte zusammentreten mid ihr
Geld in einen gemeinsamen Seckel thuen u. s. w.
Schon in den ersten Tagen des Juli war die Ausrichtung des
Eammergerichts und des Beichsregiments, womit die oben besprochene
Beichshülfe in engem Zusammenhang gebracht war, im Fürstenkol-
legium beschlossene Sache. Schon wusste Beysse zu berichten, dass
das Beichsregiment aus 20 Personen, darunter zwei St&dteboten, be-
stehen sollte. ^). Zur selben Zeit besifirkte die Stadt Frankfurt ihren
Abgesandten zu Augsburg im Widerstände gegen die vorgeschlagene
Beichshülfe. Für Volk möge er stimmen, keinesfalls aber für Geld.
Gienge es durchaus nicht anders, so möge er für die Wormser Ord-
nung von 1495 eintreten. Die Frankfurter finden den ganzen An-
schlag für »etwas weitläufig und unerklärt" und nicht zum Yortheil
der Städte, jedermanns Beichthum oder Armuth klar legen zu lassen.
Aber unbekümmert um den Widerspruch der Städte setzten die Kur-
fürsten, Fürsten und Prälaten ihre Berathungen über das Beichs-
regiment und die Beichshülfe fort. Zwischen Maximilian und den
Fürsten war die Frage über den Sitz des Beichsregiments, dann ob
Be^mient und Kammergericht an demselben Orte amtiren sollten,
strittig. Man entschied sich für Nürnberg als Sitz beider Behörden.
Spätestens Anfangs August^) war die Begimentsordnuug von den
oberen Ständen bewilligt. Auch die Gesandten der abwesenden Fürsten
hatten bereits die schriftlichen Beitrittserklärungen ihrer Herren über-
reicht, mit einziger Ausnahme des Pfölzer Abgesandten, der seine Zu-
stinmiung von der günstigen Schlichtung eines zwischem ihm und
der Stadt Weissenburg schwebenden Zwistes abhängig machte. Nur
die Städte scheinen am längsten mit ihrem Beitritte zur Begiments-
^) Nach Banke'8 (Gesch. d. Ref. I. 109) DarstelluDg möchte man vermuthen, als
hätten die oberen Kollegien ursprünglich die Absicht gehabt, die Städte von der Tbeil-
nahme am Beichsregiment ganz auszuschliessen, offenbar mit Bficksicht auf den Bericht
Beysse's y. 17. August 1600, in dem es heisst: »und hahent gnediglichen in der Ter-
Sammlung begerret, die stede zn bedenken im richsradt* (Jannssen 660). Allein diese
SteUe kann nnr den Sinn haben, dass man sie für den Fall der Nichtbewüligung des
Anschlages yom Begiment hätte ansschliessen müssen ; dass die Ausschliessung der Städte
kaum in Betracht gezogen wurde, dafür spricht der Wormser Entwurf 1495 und Beysse,
Bericht t. 4. Juli.
*] Depnoch datirt die ^gimeqtsordmnng y, 2, Juli 1500,
2R
Ordnung gezaudert zu haben. Jetzt wo sie jeden weiteren Widerstand
für nutzlos ansahen, wo ihnen aus dem Fernbleiben von dem be-
schlossenen Begimente nur Gefahren drohten und doch keine Erleich-
terung in der Beichshfilfe zu erwarten stand, wollten sie aus der
Noth eine Tugend machen und willigten ein. Wie schwer man es
auch dann noch den StSdtem machte, erhellt daraus, dass man es
keineswegs den zur Theilnahme am Begiment bestimmten Städten
fiberliess, die nach ihrem Dafürhalten tauglichsten Vertreter zu wählen,
sondern ihnen nur die Erstattung eines Temavorschlages zugestand. ^)
Wir wollen, bevor wir in die Darlegung und Erörterung der zu
Augsburg beschlossenen Begimentsordnung eingehen, nur in Kürze
den weiteren an Ereignissen an und fttr sich nicht bedeutenden Ver-
lauf des Beichstages verfolgen. Am 10. August wies der Belchstag
eine Summe von 10.000 fl., die von der einzubringenden Beichshülfe
in Abzug zu bringen war, zur Bezahlung der Soldrückstände und zur
weiteren Erhaltung des Eammergerichtes an. So fand eine im Grunde
genommen kriegerischen Zwecken dienende Beichssteuer vorerst eine
eminent friedliche Verwendung. Drei Tage nach diesem Beschluss
(13. August) erschien MaximUian persönlich vor den versammelten
Ständen. In seinem Namen hielt Graf Eitelfritz von ZoUem eine
lange Bede, in welcher er die anwesenden Stände an die grossen Opfer
erinnerte, die der König bisher gebracht, und sie an ihre Pflicht er-
mahnte, ihren bisherigen Widerstand zu verlassen, sich an ihm zu
spiegeln und es ihm gleich zu thuen. Darauf trat Maximilian selbst
vor und hielt — wie der Berichterstatter erzählt — eine ernste Bede
an die Stände, eine Erinnerung an die Pflichten, mit denen sie dem
heiligen Beiche verbunden wären, mit den bekannten kräftigen Schluss-
worten: »Wenn man nicht 'anders thue, als es bisher geschehen, so
wolle er nicht warten, bis man ihm die Krone vom Haupte
nehme, sondern er wolle sie selbst vor seine Füsse werfen und nach
den Stücken greifen*. Es ist nicht das Gefühl freudiger Hoffhnug
') Die Städte reichten ihre Verzeichnisse beim Erzbiscbof von Mainz ein. Aus dem
Schreiben Maximilians an Frankfurt (Jannssen Nr, 815) geht hervor, dass das Roichs-
regiment selbst die Auswahl aus den drei Vorgeschlagenen machte. Denn dieses vom
20. NoFember datirte königl. Schreiben kam aus der Nürnberger Eegimentskanzlel, als
Maximilian gar nicht zu Nflmberg weilte.
26
auf das nun in Vollzug gesetzte Werk, das aus diesen Worten klang;
vielmehr eine Mischung von Aerger über das ihm Abgerungene und
von unbestimmter Furcht zugleich, mit seinen kriegerischen Absichten
doch nicht durchdringen zu können. Soviel war klar, dass es dem
König in erster Linie um die Einbringung der mit der Begisients-
ordnung eng verknüpften Beichshülfe zu thun war, als er sich bereits
Nachmittags in der Beichsversammlung zu einer Milderung des Tones
entschloss, in welchem das Edikt gegen die der B^mentsordnung
nicht beigetretenen Beichsglieder ursprünglich abgefiässt war, ja zuge-
stehen musste, dass das Edikt gegen die am Beichstage nicht an-
wesenden Stände nicht ohne vorherige Ermahnung erlassen werden
sollte. Die weitere Thätigkeit des Beichstages beschrftnkte sich auf
die Beilegung des zwischen Nürnberg und Brandenburg, zwischen der
Stadt Worms und dem Bischof Johann bestehenden Zwistes. In
beiden Fällen wurde gegen die Städte entsdüeden und der Frank-
furter Bathsbote hatte so unrecht nicht, wenn er seinem gepressten
Herzen folgendermassen Luft machte: „Also liebe Herrn! bei diesen
handeln Nürnberg, Worms und Weissenburg: merkt man das Glück
der Städte auf diesem Beichstage! Gott besseres !^
Wesen und Charakter des Nürnberger Beiclis-
regimentes. ^)
Jene tiefeingreifende Beform der Beichsverfassung , die scheu
1495 auf dem Wormser Beichstage den Ständen in Vorschlag ge-
') Wynecken in Forschungen Bd. 8. (die Begimentsordnong tod 1521 in Uireni
Zusammenhang mit dem Churrerein) hat das Wesen des Nflmberger Beginientes mit Bfick-
sieht auf die Bedeutung der kurfürstl. Einungen erörtert. Ranke (Gesch. d. Beform. L
p. 110) hebt ausdrficklich den ständischen Charakter des Beformwerkes hervor, indem er
sagt: 9 und so traten die drei CoUegien, die den Beichstag hüdeteo, aadi In dem Reichs-
rath auf, der als ein permanenter Ausschuss der Stftnde zn betrachtm ist. Der König
hatte dabei kein anderes Becht, als demselben zu pr&sidiren oder ihm ein^ii Statthalter
zo ernennen*. Im Widerspruch mit diesei Anffuanng sieht Droysen (Gesch. der prens.
Polit. II b. p. 12) in dem Begiment keinen Ausschuss der BeiobsvtiBammlnng, unter deren
2t
bracht worden, aber au dem Widerstände Maximilians gescheitert
war, fand nun Dank der Uebereinstimmong beider Faktoren hier auf
dem Augsburger Beichstage ihre Verwirklichung. Im Grunde ge-
nommen könnte man das Besultat alV der Erörterungen, die sich auf
die vitalsten Fragen des öffentlichen und Staatslebens, auf die Thei-
lung der obersten Gewalt zwischen König und Stände, auf die Yer-
ändemng der Befugnisse des EurfQrstenkoUegiums, auf eine wenn auch
bescheidene, doch immerhin bleibende Theilnahme der Städte an der
obersten gesetsgebenden und vollziehenden Gewalt beziehen, unter dem
Gesichtspunkte einer völlig neuartigen Beichsverfassung betrachten.
Wenn wir davon absehen, so Hegt der Grund darin, dass die Eodi-
fizirung in der Form eines allgemein verständlichen, umfassenden,
schriftlich fixirten und beeidigten Staatsgmndgesetzes , wie sie der
Bedeutung und. Fülle der thatsächlich auf dem Augsburger Beichstage
allseitig akzeptirten Bestimmungen entsprochen hätte und beispiels-
weise in England gewiss erfolgt wäre, lange nicht den Intentionen,
vielleicht auch nicht dem Yerständniss der in den mittelalterlichen
Ansdiauungen befangenen Nation entsprach. Suchen wir nach den
in Sachen der Beform gethanen Beschlossen des Beichstages, so finden
wir sie zum geringeren Theile im Augsburger Beichsabschied, ^) wo
sie neben Bestimmungen ganz lokaler und temporärer Bedeutung
ziemlich ungeordnet verzeichnet sind und zum grösseren TheUe in
der dem Abschied angehängten sogenannten Begimentsordnung. Dieser
Controle dasselbe nicht stand (?!) Er fährt fort: »Die grosse Reform von 1500 hatte
den Sehein ständischer Natar zu sein, sie war dem Wesen nach der erste Versuch, mit
cinigren Zugestftadniseen an die anderen Stände die fürstliche Oligarchie verfassungsmässig
festZQSteUen *. Jannssen (Gesch. d. deutschen Volkes I. p. 526) nennt die neue Verfas-
sung kurzweg eine fürstliche Oligarchie, s. überdies Moser von der deutschen Kreisyer-
4
fassung, M. Hoifmann, Ucber die deutschen Beichskreise- und die bekannten rechtsge-
schichtl. "Werke.
^) »Zweiter Theil derer Reichsabschiede 1495 — 1551* und zwar p. 68 : »Abschied
des Reichstages zu Augsburg anoo 1500 aafgericht.* Auf das Regiment beziehen sich
die Abschnitte VI (Item als wir etc.), VII (von des regiments macht ets.), XXXVI p. 82
(von des reichsregiments macht etc.), XXXVII (dass des reichs räth furo etc.),
XXXVIII -LIII (Wer die personen etc. bis incl. »vde die irrung der Session«), LVI (der
hauptniann soll etc.), LVIII (wo der hauptmann etc.), LIX (des Hauptmanns eid etc.),
LXI, LXIII, LXVI, LXXin, LXXV, LXXVI, LXXVII, LXXVm, LXXIX, LXXXI, LXXXII,
LXXXV,
28
zufällig äussere umstand der Vereinigung einer grösseren Anzal von
Beschlüssen im Bahmen der Begimentsordnung brachte es schon da-
mals mit sich, dass man die ganze Yerfassungsreform mit demselben
Objekte »der Begimentsordnung* identiflzirte, obwol doch das Wort
»Ordnung* seinem Wesen nach nicht den inneren Kern der Sache,
die Beform selbst, sondern nur den zunächst beliebten Durchftthrungs-
modus dieser Beform bezeichnet. Betrachten wir die ,» Begiments-
ordnung*, so zeigt sich wiederum, dass dieser Ausdruck för das unter
diesem Titel gehende Aktenstflck auch in dem letzteren Sinne nicht
ganz zutreffend erscheint. Die „Begimentsordnung* besteht aus
50 Paragraphen. Von diesen behandeln nur die ersten 22 Faragraphe,
dann die §§ 45 incl. 49 Bestimmungen über das Begiment im eigent-
lichen Sinne. Die §§ 23 bis incl. 44 behandeln die Erhebnngs-
modalitäten der bewilligten Beichshülfe. Der Schlussparagraph 50
enthält die Beurkundung der ganzen Ordnung durch die am Augs-
burger Beichstage anwesenden Stände.
Vor allem erscheint es nothwendig, Wesen und Charakter der
neuen Beichsinstitution, insoweit dies an der Hand der «Begiments-
ordnung* und der zahlreichen Einzelbestimmungen im Augsburger
Beichsabschiede möglich ist, einer eingehenden Erörterung zu unter-
ziehen. Als äusseres Motiv zur Errichtung der Beichsbehörde erschien
den Ständen der allgemeine Grundsatz , dass ohne vorangehende Ord-
nung im Innern des Beiches an eine erfolgreiche Machtentfaltung nach
Aussen nicht zu denken sei. Wir sehen^- jene kriegerischen Verwicke-
lungen, die den König sowol wie das Beich zur Diskussion dieser seit
fünf Jahren brennenden Beichsfrage führten, prägen dem geschaffenen
Werke, seinem Wesen nach den Zwecken^des Friedens -und der Ord-
nung in erster Linie dienend, einen hervorragend kriegerischeu Cha-
rakter auf. Konkreten Ausdnick findet diese Voraussetzung in der
Motivimng, dass gegenüber der von den Türken und anderen Beichs-
feinden drohenden Gefahr jede kriegerische Abwehr illussorisch bleibe,
solange man nicht auf ein gutes Begiment, Herstellung des Gerichtes
und strenge Handhabung desselben „ als Grundfesten aller Beiche und
Gewalten* denke. Aber noch ein zweites nicht minder wichtiges
Motiv wird von den Ständen angegeben. Als man auf dem Wormser
Beichstag 1495 denselben Plan, der jetzt VerwirkUchnng gefunden,
fallen gelassen hatte, geschah dies nicht, ohne wenigstens einen tbeil-
29
weisen Ersatz für das momentan Unerreichbare zu substituiren. Man
beschloss die periodischen Beichstage in jährlich wiederkehrende zu
verwandeln und auf diesem freilich komplizirten Wege zu einer ge-
regelten Behandlung der öffentlichen Fragen durch die Stände zu
gelangen. So gut gemeint dieser Beschluss war, so musste es sich
doch sehr bald zeigen, dass bei der ganzen Schwerfälligkeit des
deutschen Ständeapparates die Durchfahrung in^s Stocken gerathen
werde. Diesem Gedanken gibt denn auch die Begimentsordnung Aus-
druck, wenn sie als Motiv fQr die Errichtung des Begiments die Be-
schwerden, Kosten und die bei rasch zu entscheidenden Fragen unver-
meidliche Unverlässlichkeit der jährlichen Beichstage anführt. £3
genüge zunächst auf den Zusammenhang zwischen der Idee jährlicher
Beichstage und der Gründung der neuen Beichsbehörde hinzuweisen.
Wie sich in Folge dieses thatsächlichen Verhältnisses diese Behörde
a priori von dem Charakter eines an Stelle der Jahresversammlungen
substitnirten Beichstagsausschusses nicht emanzipiren konnte, soll
später erläutert werden. In der Begimentsordnung führt die Behörde
den Namen: .Unsers und des heiligen Beichs Bath*" und die Mit-
glieder nennen sich: «Unsere und des Beiches Bäthe\ Allein im
Beichsabschied wird durch einen besonderen Artikel ^) dieser Titel
mit der Bezeichnung: .Unser und des heil Beichs Begiment^ be-
ziehungsweise „Unser und des Beichs aBegenten'' vertauscht Die
Zusammensetzung des Beichsregiments geschah in der Weise, dass
alle jene Gewalten, auf deren Zusammenwirken das corporativ geglie-
derte Ständewesen beruhte, auch in diesem EoUegium zur Vertretung
gelangte. An der Spitze des Begiments stand der König, dem die
Fuid^tionen eines Präsidenten zufielen, der wol als solcher kein Stimm-
recht besass. Da die Beichsordnung die zeitweise Abwesenheit des
Königs vom Begimentssitze zur Voraussetzung nahm, so räumte sie
ihm für diesen Fall das Becht ein^ einen Stellvertreter, der mindestens
ein Graf oder Freiherr sein musste, als Vorsitzenden zu bestimmen.
Das BegimentskoUegium selbst bestand aus 20 Mitgliedern An dem-
selben participiren die sechs Kuifürsten (Böhmen erscheint von der
neuen Begimentsordnung ganz ausgeschlossen) mit sechs, die welt-
*) R. A. II. 87. p. 82. »dass des reichs rätii furo rezenten geheissen werden
sollen*.
80
liehen Fürsten mit einer, die geistlichen Fürsten ebenfalls mit einer,
die österreichischen Erbländer mit einer, die bnrgundischen Oebiete
mit einer, die Prälaten mit einer, die Grafen mit einer, die Beichs-
städte mit zwei, das gesammte Reichsgebiet, getheilt in sechs Beichs-
kreise, „ Provinzen'' genannt, mit 6 Stimmen. Eine der sechs knrffirstlicheD
Stimmen mnsste stets von einem Kurfürst persönlich vertreten sein,
der nach Ablauf der dreimonatlichen Session durch einfen anderen ab-
gelöst wurde. Während der Anwesenheit des Kurfürsten hat sein
bisher stimmführender Rath nur Sitz im Regiment. Der Kurfürst
behauptet die Stellung eines „ Vorgehers'* im Regiment, d. h. er be-
sitzt das unter Umständen werthvoUe Recht, sein Votum bei Be-
Schlussfassungen zuerst abzugeben. Sollte der zum persönlichen Er-
scheinen verpflichtete Kurfürst durch einen schriftlich zu begründenden
Verhinderungsfall von der l'heilnahme am Regiment abgehalten sein,
so betraut er einen Stellvertreter, einen Kurfürsten oder mindestens
einen geistlichen oder weltlichen Fürsten, mit den Funktionen eines
Vorgehers. Auch in diesem Falle hat sich der betreffende kurftlrst-
liche Rath der Stimmenabgabe zu enthalten. Die Bestellong des
Vertreters der österreichischen und bnrgundischen Länder erfolgte
natürlich von den Erbherm dieser Gebiete. Dadurch erhielt die könig-
liche Macht eine übrigens unbedeutende Erweiterung ihres Einflusses
beim Regiment. Die Fähigkeit zur Theilnahme am Regiment wurde
sechs Bischöfen und sechs grösseren Reichsfürsten, die namentlich
aufgezählt werden, durch den Reichsabschied zuerkannt. Diese zwei
Gruppen wählten je einen geistlichen und weltlichen Vertreter. Ebenso
wählten vier bestimmte Prälaten einen und acht bestimmte Reichs-
städte zwei Vertreter, die alle im vierteljährigen Turnus darankamen.
Dagegen fehlt eine spezielle Grafenkurie für die Wahl des gräflichen
Vertreters. Im Rahmen der Territorialeintheilung nach Provinzen
finden die ohnehin durch eine Stimme vertretenen Erblande ebenso wie
Böhmen keinen Platz. Zur Vertretung dieser Kr^se werden die
Reichsritter, Doktoren und Lizentiaten des Reiches für fähig erklärt
und sechs dem Ritterstande angehörende Personen zur Theünahme
am Regiment von dem Reichsabschied nominirt. Sehr wichtig fQr
den Charakter der neuen Institution erscheint die Kooptirungsfrage.
Ein unbedingt gesicherter Einfluss auf die Regimentsvertretung ist
von den Ständegruppen nur dem König durch Wahl seines Stellver-
81
treters und dem KurfllrstenkoUegiiuB, das seine seehs Stimmen unter
allen FUlen nach Gntdttaiken bestellen konnte, zugewiesen. Den zwölf
Forsten als soloben stand nur das Becbt zu, dass der zur persönlichen
Theilmdune bestimmte Fflrst im Y^hinderungsfialle einen anderen
aus den zwölf Ftrsten mit der Stellvertretung betrauen konnte, doch
mit dem Vorbehalt, dass im Unterlassungsfälle das Begiment befugt
ist, einen der zwölf Fürsten zu den Sitzungen einzuberufen. Das
Becht der Sessionsfheilnahme haftete nicht an einem bestimmten
Ffirstenihum als solchem, auch hatten die zwölf Fürsten als curie
nicht das Becht, eine durch Absage oder Tod erledigte Stelle ausser-
halb der curie zu ersetzen. Andererseits fiel die Befugniss der
Wahl nicht an das Beich (Beichstag), von dem doch die ursprüng-
liche Nöminirung erfolgte, zurück, sondern das Beichsregiment nahm
zwei Monate nach konstaturtem Abgang die Kooptation mit der ein-
zigen Beschrftnkong vor, dass der zu W&hlende aus dem Kreise oder
Gebiete des Abgetretenen ztt nehmen war. In gleicher Weise erfolgt
in der Beihe der zur Begimentstheilnahme bef&higten vier Prälaten
der Ersatz für jeden Abgang durch das Begiment. Bei Abgängen in
der Beihe der sechs Vertreter der sechs Beichskreise, des Vertreters
des Grafanstandes, der zwei Stftdtevertreter und merkwürdigerweise
auch der V^iareter der österreichische und burgundischen Länder
erfolgt die Kooptirung nicht von Seite jener Beichsstände, als deren
natürliche Mandatare die Begenten zu betrachten wären, sondern eben-
falls durch das Begiment mit Berücksichtigung jenes Kreises oder jener
Stadt^ der der Abgängige angehörte. Es genüge zunächst darauf hin-
zuweisen, wie sehr durch diese Befugniss des Begiments die Bedeu-
tung des Kurfürstenkollegiums weit über das Mass d^s ihm ohnehin
durch seine Vertreter eingeräumten Stimmenübergewichtes erweitert
wurda Das Becht der Urlaubsertheilung an die Begenten steht dem
Begiment tu, doch müssen mindestens vierzehn Begenten unter dem
Vorsitz des königliche Stellvertreters in Amtsthätigkeit sein. Die
Bestellung der Begimentskanzlei mit Sekretären und Schreibern ob-
liegt dem Erzbischof von Mainz in seiner Eigenschaft als Erzkanzler
des Beiches. Die Kanzlei wird vom Begiment iu Eid genommen.
Zur Erledigung der gewöhnlichen in den Wirkungskreis des
Begiments fallenden Beichsgeschäfte genügte der Zusammentritt der
zwanzig Begeten. In Fällen schwieriger Art, für deren Entscheidung
das einfache Regiment die Verantwortung zu übernehmen nicht yer-
pflichtet war, bestimmte die Begimentsordnnng die Einberufung eines
verstärkten Beichsregimentes. Dasselbe bestand aus den zwanzig
Bleuten unter Zuziehung der übrigen Eurf&rsten und der zur Ses-
sionstheilnahme beßhigten Fürsten. Der König musste zur Theil-
nahme an den Berathungen jedesmal aufgefordert werden. Doch
konnte sein Nichterscheinen nach Ablauf eines ihm vorher angekün-
digten Termines den Beginn der Berathungen nicht verhindern. Da
bei Anwesenheit der Kurfürsten die Stimmen der kurfürstlichen Bftthe
entfielen, von den zwölf Fürsten ohnehin zwei persönlich beim Be-
giment amturten, so weist das verstärkte Begiment einen Zu-
wachs von zehn Stimmen aus. Alle zur Entscheidung gelangendea
Fragen werden durch einfache Stimmenmajorität erledigt. Endlidi steht
dem Begimente, dem einfEichen sowol als dem verstärkten, das Becht
und die Pflicht zu, bei Fragen von grosser Wichtigkeit sich weiterer
Stimmen durch Einberuftmg der Beichsstände zu versichern, d. h. sich
zum allgemeinen Beichstag zu erweitem.
Als ständigen Sitz weist die Begimentsordnung dem Begimente
Nürnberg zu. Die Verlegung des Amtssitzes darf vom Begimente
nur in dringend gerechtfertigten Fällen beschlossen werden. Die
Begimentssession umfasst eine dreimonatliche Dauer. Doch konnten
durch die Bestimmung, dass die Session von Mittwoch der einen bis
Mittwoch der nächsten Fronfasten währen sollte, kleine Zeitschwan-
kungen nicht ausgeschlossen werden. Auf den 16. September löOO
war der Beginn der Thätigkeit des B^ments festgestellt und durch
die Begimentsordnung der KurfSrst von Mainz als erster Vorgeher
fQr das erste Vierteljahr bestimmt.
Was nun die dem Beichsregiment zustehende Kompetenz anlangt,
so sind wir zur Orientirung in dieser höchst wichtigen Frage in der
j, Begimentsordnung * selbst freilich nur auf ein paar allgemeine Sätze
verwiesen. In derselben heisst es: «Das Begiment hat vollkommene
Gewalt in allen des Bömischen Königs und des heiligen Beiches An-
gelegenheiten, fiMiier in Sachen des Bechts und Friedens, deren Voll-
ziehung und Handhabung in Sachen des Widerstands gegen die Un-
gläubigen und andere Anfechter der Christenheit und des Beichs zu
berathschlagen, zu beschliessen und zu handeln '. Femer wurde durch
die Begimentsordnung ausdrücklich bestimmt, dass alle obenbezeich-
neteDt Angelegenheiten äusscliliesslicii vor das Forum des Beichs«
regiments gehören. Daher steht dem Beichsregiment allein das Becht
ZQ, die Ausfertigung aller hierauf bezflglichen Beschlüsse in der Form
königlicher, unter königlichem Namen, Titel und Siegel ausgestellter
Erlässe zu besorgen. Die Erlässe haben den Zusatz: ad mandatum
domini regis in consilio imperii zu fahren und bedürfen einer aus
dem ersten Namensbuchstaben des anwesenden Kurfürsten bestehenden
Snbscription. Ausdrücklich werden alle in anderer Form in Beichs-
sachen ergehende Erlässe als rechtsunwirksam erklärt. Unwillkürlich
drängt sich hier die Frage auf nach der durch die neue Ordnung
fixirten Theilung der höchsten Machtsspfaäre zwischen den beiden
Gewalten, König und Beich. Da suchen wir aber vergeblich in der
Begimentsordnung nach Beservatf&llen zu Gunsten der königlichen
Gewalt Ist das Beichsregiment thatsächlich nichts anderes als ein
mit voller Onmipotenz des Beichstages ausgestatteter Ausschuss
(s. Beichsabsch. XXXYI. p. 82) und hielt man an dem Grandsatze fest,
dass der König nicht neben dem Beiche stand, sondern seine Macht
nur innerhalb des Ständeverbandes zur Geltung kam, so musste jetzt
naturgemäss die ungetheilte oberste Macht an das Beichsregiment
übergehen, dem der König selbst als ein durch seine Ehrenstellung
als Pdsident allerdings machtloses Mitglied angehörte. Als ganz
ausgeschlossen erscheint eine Verantwortlichkeit des Beichsregiments
gegenüber dem Königthum^ nirgends ist dem König das Becht des
Einspruchs gewahrt. Im Gegentheil ist der König dem Begiment
gegenüber so gut wie jeder andere Beichsstand verpflichtet. Kann
schon die NichttheUnahme eines zur Session verpflichteten Beichs-
standes den Fortgang der Begimentsordnung nicht verhindern (Beichs-
absch. UU § 3. p. 85.), so wird dies bezüglich des Königs mit der seiner
Ehrenstellung entsprechenden Begünstigung einer Terminsgewährung
ausdrücklich normirt. Das Beichsregiment ist dem Beiche verant-
wortlich. Diese Yerantwortlichkeit findet ihren Ausdruck in der Pflicht
des Begiments, bei wichtigen Angelegenheiten die Zuziehung der sechs
Kurfürsten und 1 2 Fürsten, unter Umständen die Einberufung sämmt-
licher Beishsstände zu veranlassen, nach Ablauf des ersten Amts-
jahres den Ständen Bechnung zu legen, endlich in der zeitlich be-
schränkten Machtdauer, insoferne die Institution nur für die nächsten
sechs Jahre in Kraft trat, nach deren Ablauf die dem Begiment über-
EraiiB, Nflmb. Reichsreg. 3
u
gebene Gewalt an das Reich zorfiekfieL [j^olgeriehtig werden die Beicks*
regentoi Ton dem Beich und nicht von dem KGuige in Eid genommen.
Der Nachweis der Uebertragong des bisher dem Bdche zu-
stehenden Wirkongskreises an dessen Oi^^an, das Beichsregiment, ist,
soweit es sich nm Bestimmungen allgemeiner Nator handelt, ans der
.Begimentsordnnng* selbst nnr lückenhaft zu liefern. Doch setzen
uns zahlreiche im Beichsabschied an^enonunene Einzelbestimmangen
in den Stand, die an das Begiment fibergebene oberste Gewalt nach
ihren verschiedenen, auf dem Gebiete der Yerwaltnng, des Bechts mid
der äasseren Politik sich äassemden Bichtnngen zn prädsiren.
Das Beichsregiment besitzt die oberste Gewalt in
allen Beichsfinanzsachen. Die Begimentsordnnng ist im
engsten Znsammenhang mit den Bestimmnngen gebracht, die sich
anf die Herbeischaffdng der ffir das Beich nöthigen Gelder besiehen.
Es wird daher durch die Begimentsordnnng ausschliesslich das Be-
giment zur Uebemahme der eingehenden Beichshlilfe doch mit der
Verpflichtung zn nachträglicher Bechnungslegung ermächtigt (Wieder-
hohlt im Beichsabsch. LI. p. 84.). Die Th&tigkeit des Begimentes in
Rnanzsachen ist auch rfickwirkend. Es wird dem Begiment die Er-
greifung der Mittel überlassen, durch welche die noch mit dem ge-
meinen Pfennig seit 1495 von Worms her in Bückstand gebliebenen
St&nde zur Nachzahlung zu verhalten wären (Beichsabsch. XIII. p. 67.).
Dem Begiment steht das Becbt zu, nach Einhohlung fachmännischer
Gutachten aller münzberechtigten Stande zur Prägung einer allge-
meinen und ausschliesslich gültigen Beichsmünze in Gold und Silber
zu schreiten. Ausdrücklich wird der etwaige Widerstand einzelner
Beichsstände als die Münzreform nicht beirrend erklärt. Das Begiment
bestimmt den Wert der gangbaren Münzen. Er erlässt Straford*
nungen in Münzsachen. (Beichsabsch. XXII.).
Das Beichsregiment besitzt die oberste Gewalt in
Sachen der inneren Politik. Dem Beichsregiment kommt es
zu, wegen Beschirmung der beschlossenen Ordnung mit der Beichs-
ritterschaft zu verhandeln (XLYIII. p. 84.). Alle Stände, welche den
Augsburger Beichsabschied und damit die Begimentsordnnng nicht
angenommen haben, müssen der Citation des Beichsregimentes Folge
leisten« Im Weigerungs&lle hat das Begiment die gegen die unge-
horsamen zu ergreifenden Massregeln zu berathen und auszuführen
(tletchsabscli. XLYIt p. 84.). Das ifeeichsregiment entscheidet Ses-
sioDSstreitigkeiten zwischen einzelnen Beichsständen nach Einhohlung
der korf&rstlichen Gutachten (Beichsabsch. LUI p. 85.)- Die Be-
fugnisse der Beichspolizei besitzt das Beichsregiment. Es erlässt eine
Beichsordnnng bezüglich des Eleiderluxus , der verschwenderischen
Hochzeiten etc. (Beichsabsch. XXIII § 11. p. 79.).
Das Beichsregiment besitzt die oberste militärische
Gewalt. In dieser Bichtung enthalten die Artikel des Beichsab-
schiedes zahlreiche zerstreute Einweisungen: Dem Beichsregiment sind
die Listen über das bereits geworbene und gerüstete Volk gleichzeitig
mit der Beichssteuer einzusenden (Beichsabsch. LH. 85.). Das Be-
giment zeigt dem Beichshauptmann die für die bewilligte Eriegshülfe
bestimmten Sammelplätze an und ertheilt ihm fQr sein ferneres Ver-
halten Instruktionen (Beichsabsch. LXXV, p. 88.). Das Beichsregi-
ment vergütet nach seinem Ermessen den Schaden ftir verdorbenes
Geschütz und Munition an die Entlehner (Beichsabsch. LXXVIII
p. 88.). Dem Beichsregiment steht das Becht zu, den Monatssold
des Beichshauptmannes zu erhöhen (Beichsabsch. LXVIII. p. 87.). Der
Beichshauptmann wird zwar von der Beichsversammlung gewählt,
erscheint aber vom Beichsregiment mehr, als es im Sinne freier
mililflrischer Aktion wünschenswerth war, vielfach abhängig : Nur das
Beichsregiment darf ohne Wissen des Beichshauptmannes einen Dienst-
mann vom Heere abfordern (Beichsabsch. LXXXI. p. 89.). Wie er
dem Beichsregiment Treue schwört, so darf er ohne Erlaubniss des-
selben niemanden feindlich überziehen (Beichsabsch. UX. p. 85. 86.).
Andererseits darf ohne des Hauptmanns Wissen kein Vertrag oder
Stillstand geschlossen werden — eine Bestimmung, deren Spitze
weniger gegen das Begiment als gegen die unberufene Einmischung
des Königs gerichtet war (Beichsabsch. LXXIV. p. 87.). Der Beichs-
hauptmann entwirft unter Mitwirkung des Beichsregiments die Feld-
ordnung (Beichsabsch. LXIII. p. 86.). Das Beichsregiment setzt eine
Ordnung bezüglich der Titel im Heere fest (Beichsabsch. LXXXIV.
p. 89.). Das Begiment entwirft die von den Bäthen des Hauptmanns
zu leistende Eidesformel (Beichsabsch. LXI. p. 86.). Das Beichs-
regiment setzt dem Hauptmanne einen Eeldkassebeamten zur Seite
(Beichsabsch. (XXIX. p. 88.). Will sich Jemand dem Beiche unter-
werfen oder Tribut leisten, so ist der Fall vom Beichshauptmann dem
8*
36
Begimente zur Entscheidung vorzulegen (Beichsabsch. LXYl. p. 87.).
Endlich steht dem verstärkten Regiment das Becht zu, dem
Beichshauptmann unter Vorbehalt einer dreimonatlichen Efindigong,
wenn er im Beiche, und einer sechsmonatlichen, wenn er ausser-
halb des Beiches weilt, seiner Stelle zu entheben (Beichsabsch.
LXXVII. p. 88.).
Das Beichsregiment besitzt die oberste Gewalt in
Sachen der äusseren Politik. Dem Beichsregiment steht im
Allgemeinen das Becht der Abfassung von Instruktionen f&r die mit
auswärtigen Mächten verhandelnden Gesandtschaften zu, jede durch
kriegerische Unternehmungen des Beichshauptmannes erzielte Macht-
erweiterung des Beiches, in Form von Gebietsabgabe oder Tribut-
leistung an's Beich, bedarf der Zustimmung des Beichsregiments
(Beichsabsch. LXYI. p. 87.). Im Besonderen verfasst das Beichs-
regiment eine Gesandtschaftsinstruktion bezüglich der beim päpstlichen
Stuhle vorzubringenden Beschwerden der deutschen Nation (Beichs-
absch. XLY § 3. p. 83.). Es beräth und beschliesst („handelt") in
dem Falle, wenn der Papst als Beichsverwandter sich weigern sollte,
die neue Ordnung zu unterstützen, dann die gegen die Türken und
andere Feinde der Christenheit und des Beiches bewilligte Hülfe (Ab-
tretung der Annaten, Indulgenzien und Cruciatgelder) auszufolgen
(Beichsabsch. XLY. § 1 u. 2. p. 83.). Das Beichsregiment ladet
Böhmen und Ungarn zur Abordnung von Botschaf ton nach Nürnberg
ein, um mit ihnen über die gegen die Türken zu leistende Abwehr
zu berathen und zu beschliessen (Beichsabsch.* XLIY. p. 83.). Das
Beichsregiment unterhandelt mit der Botschaft des deutschen Ordens
in Preussen über den Empfang der Begalien durch das Beich mnd
über eine gegenseitige, kriegerische Hülfe. Die Beschluss&ssung in
diesen Punkten steht jedoch dem verstärkten Beichsregiment zu (Beichs-
absch. XLIII. p. 83.). Der König von Polen hat dem Beichsregiment
sein angebliches Becht im Streite mit dem Hochmeister in Preussen
durch eine Gesandtschaft anzuzeigen. Die Yergleichsvermittlung
zwischen beiden behalten sich jedoch die Beichsstände vor.
Das Beichsregiment besitzt die oberste richterliche
Gewalt. Fünf Jahre waren seit der Yerkündigung des ewigen Land*
friedens auf dem Wormser Beichstage und der Errichtung des Beichs-
kammergerichtes verflossen. Jene grossen Yortheile, welche man sich
37
gleieh zu Anfang von dem neuen Gerichtshöfe versprochen hatte,
waren nun nicht in ErfQllung gegangen, weil es vor allem an einem
kräftigen Exekutivorgane gebrach, das den Beschlüssen desselben zu
rascher Durchführung verhalf. Das Eammergericht war auf dem
besten Wege zu verfallen. Jetzt wo man an die Herstellung der
inneren Beichsordnung gieng, konnte man eine Institution, deren
segensreiche Wirksamkeit von allen Beichsständen anerkannt Wurde,
nicht länger entbehren. Gleich im Anschluss an die Begimentsord-
nung beschäftigt daher den Augsburger Beichstag die Sorge um ein
thatkräftiges oberstes Gericht, das seinen Bückhalt am Beichsregiment
finden sollte. So kam es zur Erneuerung des Kammergerichts. Der
Sitz desselben wurde in guter Absicht von Frankfurt nach Nürnberg
verlegt. Wie sehr hiebei die Absicht vorlag, das Eammergericht in
enge Abhängigkeit vom Beichsregiment zu bringen, geht aus der
Stelle im Beichsabschied hervor, in welcher bestimmt wird, „dass das
Eammergericht beim Beichsregiment gehalten werden soll'* (Beichs-
absch. p. 67.). Zunächst empfangen die Gerichtsbeisitzer ihren Sold
vom Beichsregiment (Beichsabsch. p. 68.). Die erledigten Gerichts-
beisitzersstellen sollten in der Weise besetzt werden, dass jene Beichs-
stände, denen das Becht der Vertretung im Gerichte zustand, eine
Liste von 3 — 4 Personen einreichten, von denen dann das Beichs-
regiment den Tauglichsten zum Gerichte bestimmen sollte. Im Säum-
nissfalle steht dem Beichsregiment das Becht zu, die offene Stelle
ohne weiters nach eigenem Ermessen zu besetzen (Beichsabsch. p. 67.
68.). Die Stellung des Beichsregimentes zum Eammergerichte wird
im Wesentlichen präcisirt durch den Artikel XXIII des Beichsab-
schiedes, nach welchem das Beichsregiment alles das, was zur Prozess-
ordnung beim Eammergericht nöthig und in der Eammergerichts-
ordnimg nicht ausdrücklich vorgesehen wird, im Einklänge mit dem
Eammergerichte verfügen sollte (Beichsabsch. p. 72.). Dass das
Beichsregiment dem Eammergericht seine exekutive Gewalt zur Ver-
fügung stellt, geht aus mehrfachen Bestimmungen des Beichsabschiedes
hervor. Das Beichsregiment fasst Beschlüsse, wie der Eläger in den
Besitz der Güter des Geächteten zu setzen sei (Beichsabsch. IX.).
Das Beichsregiment beschliesst die Ergi-eifimg von Massnahmen gegen
die dem Spruche des Eammergerichts sich Widersetzenden (Beichs-
absch. VIL p. 66.). Das Beichsregiment führt die Exekution bei ge-
38
waltsamer Yerhinderung der üebergabe der Gflter des Oeächteten an
den Kläger (Eeichsabsch. XXXIX. XXL. p. 82.). Das Reichsregiment
erlässt eine fllr's ganze Reich bindende Ordnung bezüglich der wu-
cherischen Wiederkäufe (Reichsabsch. XXXII. p. 81.). Es verfasst
mit dem Eammergericht eine Ordnung bezOglich der für das ganze
Reich gleichartigen Appellationsformularien (Reichsabsch. X. p. 70.).
In einzelnen Fällen übt das Reichsregiment Befugnisse richterlicher
Natur aus. Das Reichsregiment kann so gut wie das Kammergericht
ex officio die des Landfriedensbruches Verdächtigen zum Purgations-
eid vorladen (Reichsabsch. p. 65.). Im Falle des Verdachts betrü-
gerischer Uebertragung des Gutes von Seite des Geächteten steht dem
Reichsregimeiit so gut wie dem Kammergerichte die Macht zu, Käufer
und Verkäufer zur Expurgation vorzuladen (Reichsabsch. XII. p. 67.).
Dem Reichsregiment und dem Kammergericht obliegt die Pflicht zur
Verfassung einer Ordnung, um die von den Obrigkeiten ungerecht-
fertigt verhängten Todesurtheile hintanzuhalten (Reichsabsch. XO.
p. 70.). In dem bestimmten Falle schweren Friedensbruches mit
Waffengewalt und Kriegszug wird die Entscheidung ausschliesslich
dem Reichsregiment vorbehalten mit der charakteristischen Motivirung,
dass das Regiment an die Stelle der jährlichen Reichsversammlungen
getreten sei (Reichsabsch. p. 65. 66.). Streitfälle zwischen geistlichen
und weltlichen Gerichten werden vom Reichsregiment entschieden
(Reichsabsch. XXI. 80—81.).
Es erübrigt noch. Einiges über die Stellung der einzelnen Re-
genten hier nachzutragen. Die Mitglieder des Regimentes sind, in-
dem sie den Eid der Treue dem König und Reich geschworen haben,
ausdrücklich aller sonst geleisteten Eide entbunden. Nur die Kur-
fürsten und Fürsten unterziehen sich der ihnen übertragenen Amts-
thätigkeit ohne jede weitere Entschädigung, sie geniessen wie alle
anderen Personen beim Reichsregiment bis zu den Boten herab ZoU-
und Ungeldsbefreiung für sich und ihr Gesinde. Alle anderen Reichs-
regenten erhalten eine Entlohnung, und zwar beträgt der Jahressold
für einen Grafen oder Herrn 1000 fl. Rh., für den Prälaten 600 fl.,
für jeden Städter 600 fl., doch in der Art, dass je vier innerhalb
eines Jahres zur Session einberufene Städtevertreter sich it einen
39
ein&chen Jahressold theilen. ^ Die Grafen und Herren hatten die
Verpflichtung sechs, alle anderen Kegenten vier gerüstete Pferde
zu halten. ^) Die Gewährleistung der dem Beichsregimente flberge
benen Vollmachten geschah durch die Schlussartikel der Begiments-
ordnung, in welchen sich der EOnig und die anwesenden Beichsst&nde
durch ihre Unterschrift und ihr Siegel an Eidesstatt zur Einhaltung
der Begimentsordnung verpflichteten.
Fassen wir das Ergebniss der obigen auf den Wirkungskreis
des Beichsregimentes Bezug nehmenden Erörterungen zusammen.
Die Beichsst&nde in ihrer Gesammtheit bilden ausschliesslich
die Träger der obersten Gewalt. Im Wege der üebertragung ge-
langt ^ese oberste Gewalt an das Beichsregiment. Diese Ge-
walt erscheint zeitlich beschränkt durch die Normirung einer sechs-
jährigen Wirkungsdauer der neuen Beichsordnung und materiell
beschränkt durch die Direktiven, welche in Einzelfällen die Beichs-
stände dem Beichsregimente von vornherein mit in seine neue Stel-
lung geben, und durch die Verpflichtung, Entscheidungen von hervor-
ragender Bedeutung vor die allgemeine Beichsversammlung zu bringen.
Die königliche Gewalt kommt nur innerhalb des allgemeinen Stände-
verbandes zur Geltung. Folgerichtig erstreckt sich der Einfiuss der
Krone nicht auf das Begiment, sondern findet in ihm nur wie bei
jedem anderen Beichsstand den ihrer ständischen Bedeutung ent-
sprechenden Ausdruck.
Eine tiefgehende Wandlung hatte sich vollzogen. Das Eönig-
thum, einst das »ganze Beich* repräsentirend , dann gleichwerthig
neben das „ Beich '^ tretend, war jetzt daran, im Begriffe des , Beiches ^
au&ugehen.
*) AuifaUender Weite ist über die Entlohniing der Vertreter des österreichischen
und bargandischen Kreises, dann derer aus den sechs Reichskreisen in der Begiments-
ordnang ausdrücklich nichts bemerkt. Müllers (d. Beichstagsst. unter Max I) Angabe
p. 16, dass ausser den Prälaten, Herren und Grafen alle Begenten 800 11. Sold erhielten,
l&sst sich nicht erweisen.
*) Der BeichsabBchied XXXVIII p. 82 enth< die Bestimmung, dass yorerst die
Kosten fßr die Besoldung der Beichsregenten durch diese selbst oder deren VoUmachtgeber
zu tragen und ron dem auf sie entfallenden gemeinen Pfennig in Abzag zu bringen sei*
40
Die Geschiolite der Reformideo.
1495—1500-
Die Beantwortung der Frage, ob das römisch-deutsche Beich am
Ende des Mittelalters, insbesondere in den Dezennien, die der Grün-
dung des Beichsregimentes vorangiengen, eine mehr monarchische oder
mehr republikanische Yerfossungsform hatte, wird den Bechtshisto-
rikem stets Verlegenheit bereiten. Das mittelalterliche Feudalwesen,
welches in dem Eönigthum die Yereinigung der höchsten Gewalten
anerkannte, hatte Jahrbiundert« hin durch die mannigfachsten Wand-
lungen erlitten, die nicht ohne Bückwirkung auf das Wesen des
Königthums blieben, Noch bedient sich^ so gut wie in der frän-
kischen Zeit, der König in Sachen der Beichsregierung des Bates
seiner Grossen. Aber diese Grossen waren jetzt die erblichen Besitzer
grosser Territorien geworden, deren Bedeutung auf der schrittweise
vollzogenen Schmälerung des Königthumes beruhte. Auf den Beichs-
tagen treten sie als enge verbundene Beichsstände dem König anfangs
als gleichartige, bald als bestimmende Macht entgegen. Noch besass
der König in der Theorie jene alte plenitudo potestatis, da während
des ganzen Mittelalters auch nicht annähernd der Versuch gemacht
wurde, der vollzogenen Machtv^rschiebung entsprechend die Stellung
des Königs den Beichsständen gegenüber und die den letzteren Ober-
lassene Hoheit zu präcisiren. In der Praxis aber war die alte ma-
jestas des Königthums auf einige wenige Bechte zusammengeschmolzen.
Aus der Schaar ergebener Vasallen, deren nicht geringer Länderbesitz
immer wieder die Königstreue zur Voraussetzung hatte, war jetzt eine
aus selbständigen Territorialmonarchien gebildete Conföderation ge-
worden, an deren Spitze der König als Haupt mit sehr schwankenden
Machtbefugnissen gestellt war. An die Stelle der ausschliesslichen
Macht des Königs, durch den eine nach Ansehen vielfach gegliederte
ünterthanenmenge Bepräsentation fand, war jetzt das sogenannte
, Beich'' getreten, und schon hatte man sich in praktischer Hand-
habung der Dinge daran gewöhnt, die volle potestas zwischen , König •
und „Beich* gleichmässig getheilt zu denken. Notwendig konnte es
da, wo der lebendige Gang der Verfassungsentwicklung so wenig oder
besser gar nicht mit einer entsprechenden formalistischen Behandlung
J
41
Schritt hielt, nicht an den mannigfachsten Widersprüchen in der Auf-
fassung Aber die Machtgrenze dieser beiden Gewalten fehlen. Es
musste dazu kommen, dass einerseits die Aeusserungen der Beichs-
thfttigkeit dem Königtum gegenüber unter den Gesichtspunkt einer
sträflichen Usurpation fieleni><^und umgekehrt die Versuche des König-
thums nach Erhaltung der theoretisch zugestandenen Gewalt einen
das .gemeine Wesen'* bedrohenden Charakter annahmen.
Ein Zustand des Unbehagens, der sich allemal der Gemflther zu
bemächtigen beginnt, wenn die alten verbrauchten Formen den Inhalt
des Lebens nicht mehr zu umÜE^sen vermögen, tritt uns in den letzten
Dezennien des Mittelalters in dem mächtig gesteigerten Yolksbewusst-
sein von der Unhaltbarkeit der bestehenden Ordnung entgegen. ^) Es
fehlt ancb nicht an jenen voraneilenden Geistern, die das Heil in Vor-
schlägen und Versuchen positiver, objektiv gutgemeinter, aber, weil
aus engem Gesichtskreis herauskonstruirt, häufig unpraktischer Ge-
staltungen suchen. Auf Nioolaus Gusanus ist der Vorschlag zurück-
zufOhren, die Einheit und Macht des Beiches durch Einrichtung jähr-
licher Beichsversammlungen und durch die Bildung einer stehenden
Trappe zu begründen. ^) Der Vorschlag eines Unbekannten v. J. 1491
fQhrt die Ideen des Cusanus in der Art weiter aus, dass vor Allem
auf eine einzige Beichsregierung und Eriegsverfiassung gedrungen wird.
Ideeen dieser Art konmien nie zur Buhe, bis ein günstiger Moment
sie den gestaltenden Händen eines durch Geist wie Macht gleich her-
vorragenden Mannes überliefert. Als solcher tritt uns auf dem Höhe-
punkt der mittelalterlichen Beichsgeschichte Berthold Graf von Henne-
berg, Erzbischof von Mainz, entgegen. ^) Man kann die Geschichte
der deutschen Beichstage von Worms 1495 bis Augsburg 1500 nicht
behandeln, ohne Schritt für Schritt der prädominirenden Stellung dieses
Fürsten, der wie keiner ^das Vaterland im Herzen trug*, gewahr zu
werden. Es kann hier selbstverständlich nicht unsere Aufgabe sein, durch
eine emgehende Würdigung dieses Mannes, seiner Verdienste sowohl
*) Wir Terweisen in dieser Richtong anf die belehrenden Aosführungen von Eber-
hard Gothein »Polit. and relig» Volksbewegongen vor der Reformation. Breslau 1878*.
>) 8. Bänke Gesch. der Reform. 5. Auflage I. p. 70.
') Uebor diesen Forsten, der noch immer keinen entsprechenden Biographen ge-
funden, 8. die in der deutschen Biographie unter dem betreffenden Artikel angegebene
Literatur, insbes. die Disssertat-Schrift Fon Waeckerle etc
42
wie seiner Fehler, *) m einer erschöpfenden Charakteristik zu gelangen.
Wir wollen ihn nur da aufsuchen, wo seine Bestrebungen im engen
Zusammenhang mit dem Nürnberger Eeichsregiment stehen. Da
kommen wir zunächst zu den Verhandlungen des Wormser Eeichs-
tages 1495, aus deren Fülle wir nur das herausgreifen, was auf die
vorliegende Verfessungsfrage Bezug nimmt. «)
Der grosse Beformplan, mit welchem Berthold in den Apriltagen
d. J. 1495 zu Worms hervortrat, nahm seinen Ausgangspunkt von
den kriegerischen Absichteri Maximilians gegen Frankreich und seiner
Theilnahme an den italienischen Kriegshftndeln. *) Seine Verwirk-
lichung fand er nach langen Berathungen in einem von Berthold aus-
gearbeiteten, aus 48 Paragraphen bestehenden Verfassungsentwurf.*)
Die wesentlichsten ^Bestimmungen desselben sind: Von der Voraus-
setzung ausgehend, dass der König als oberster Kriegsherr nicht im
Beiche weile und alle Beichsangelegenheiten nicht selbst
besorgen könne, wird ein aus 17 Bäthen bestehender Beichsrath
bestellt. Der König bestimmt den Vorsitzenden, jeder der sechs Kur-
fllrsten ein, das gesammte deutsche Beich, zerlegt in zehn Territorien,
zehn Mitglieder. ^) Ausdrücklich werden die dem König vorbehaltenen
Bechte angeführt. Sie erscheinen allerdings sehr beschränkt im Zu-
sammenhang mit der Bestimmung, dass der Beichsrath alle den König
und das Beich betreffenden Angelegenheiten nach bestem Wissen auf-
nehmen, berathen und beschliessen soll. Der Beichsrath hat seinen
^} Gothein liebt es, die Schattenseiten heryorzoheben. s. aach Maurenbrecher, Gescb«
der kathol. Beform. I. 80.
') Datt de pace pabl. p. 800.
') Datt de paoe publ. Wormser Reichstag Pkt. 22.: Maximilian lässt darch seine
R&the am 24. April in Sachen seines Bündnisses gegen Frankreich fragen, in welcher
Weise man ihm Hilfe leisten woUe. Darauf erwidern die Beichsst&nde (Fkt. 24.): an
eine .Hilfe könne nicht gedacht werden, be^or nicht Ordnung und Becht im Reiche her-
gestellt sei. Am 28. April theilt Mainz den Ständen auf dem Rathhaus mit: Maximilian
habe in die Bestellung eines Ausschusses zur Berathung der Ordnung gewilligrt (Pkt. 25).
Der neu ausgefertigte Entwurf gelangt gleichzeitig mit dem Yorachlag der EinfQhroog
eines gemeinen Pfennigs zur Kenntniss der St&nde (Fkt. 26, 27.).
*) Datt. de publ. p. 886b.
*) 1. Magdeburg, 2. Salzburg und Aquileja, 8. Besanoon und Fois, 4. Bremen und
Westfalen, 5. Niederlande unter und um die Maas, 6. Franken, 7. Baiem, 8. Schwabeo,
9. freie Städte, 10. Reichsstädte.
48
Sitz zu FrankAirt am Main und handelt im Namen des Königs und
Beiches. Der König hat das Becht, sobald er drei Tagreisen von
Frankfurt entfernt ist, den Beichsrath an seinen Hof zu beordern.
Stets muss ein KurfQrst persönlich durch ein Vierteljahr an den
Beichsrathssitzungen theilnehmen. Zur Prüfung der finanziellen Oe-
bahrung des Beichsrathes kömmt j&hrlich ein Ausschuss von 13 Per-
sonen zusammen, wobei der König und jeder der Kurfürsten durch einen
Bath vertreten sind. Der Beichsrath besorgt die Exekution der Be-
schlüsse des an demselben Orte flingirenden Beichskammergerichtes.
Er ist unter die Aufsicht des Kurfürstenkollegiums in der Art gestellt,
dass jährlich einmal die sechs Kurfürsten persönlich bei demselben
erscheinen, um sich von dem Fortgang der Ordnung zu überzeugen.
Der Beichsrath darf keine Beichssteuer ohne vorherige Einberufong
des Königs und der sechs Kurfürsten ausschreiben und einbringen.
Ueberhaupt soll er in allen wichtigen Angelegenheiten sich des Bei-
rathes des Kurfürstenkollegiums, in besonders wichtigen FUlen des
der Beichsstände bedienen. Der Beichsrath bestellt eine eigene Beichs-
kaozlei
Man sieht auf den ersten Blick, dass dieselben Tendenzen, welche
zu dem auch in Worms das erstemal in Anwendung gebrachten Steuer-
system des »gemeinen Pfennigs* führten, in diesem Verfassungsent-
wurfe Bertholds zur Geltung kommen. Wie der , gemeine Pfennig"
unmittelbar an das «Beich* üb die Gesammtheit der Beichsunterthanen
anknüpfte, so sind es hier auch nicht die Beichsstände, die ihre Ver-
treter in das oberste Beichsorgan entsenden, sondern das Gesammt-
reich nach territorialen Gruppen wählt die Beichsregierung. Schon
finden in dieser Eintheilung die Schweiz, Oesterreich und Böhmen
keinen Platz mehr. Man lasse sich nicht durch den scheinbaren
Widerspruch t&uschen, der in der ausdrücklich geforderten Vertretung
der Kurfürsten und Städte liegt. Diese repräsentiren so gut wie die
,10 Provinzen* territoriale Einheiten. Der Beichsrath erscheint als
eine mit grossen Machtbefugnissen ausgestattete Beichsbehörde, die
ihren Zwang unmittelbar von dem «Beich* erhält und in allerdings
sehr beschränktem Umfange die königliche Gewalt anerkennt
Die Stellung des vom König zu nominirenden Präsidenten ist eine
wesentlich andere als die, welche die Augsburger Ordnung v. 1500
demselben zuweist. Niemals kann der König, wie nach der Auge-
44
burger Ordnung, zum Präsidenten des Beichsregimentes herabsinken.
Allerdings ist die Beiohsregierung fast in allen Fragen
unter die Gontrolle des kurfürstlichen Kollegiums ge-
stellt.
Indem der Wormser Entwurf von der Voraussetzung ausgeht,
dass der König ein bestimmtes Mass von Seichsangelegenheiten gar
nicht zu erledigen habe, also hierin die habituelle Unfähigkeit
des Königthums annimmt, wird das erstemal der Versuch ge-
macht, in Form rechtsverbindlicher Bestimmungen die potestas im-
perii neben die potestas regis zu stellen. Der Wormser Beichsrath,
dessen Präsident vom König als Bepräsentant des deutschen Gesammt-
territoriums bestellt wird, wahrt schon dadurch den Ciharakter eines
Beichsamtes, dass der König das Becht erhält, ihn unter bestimmten
Voraussetzungen an seinen Hof zu berufen, was nach der Augsburger
Ordnung v. 1500 schon desshalb unmöglich ist, weil der König selbst
als oberster Beichsstand einen wesentlichen Theil des Begimentes
bildet. Der Wormser Entwurf kennt eine eigene Beichskanzlei, die
Augsburger Ordnung lässt die Geschäfte des Beichsregimentes durch
die reichsständische mainzische Kanzlei besorgen.
Was nun die nach dem Wormser Entwürfe dem Beichsrathe als
exekutives Organ zugewiesene Kompetenz anbelangt, so ist sie aller-
dings eine sehr grosse. Aber im Gegensatz zur Augsburger Ordnung
werden mit wohlthuender Klarheit alle Fälle präcisirK über welche
sich die Kompetenz der Behörde nicht erstreckt. So werden als Vor-
recht der königlichen Gewalt ausdrücklich bezeichnet: 1. das Becbt
der Nobilitirung (Pkt. 4.), 2. die Verleihung erlauchter Lehen (Pkt. 5.),
3. das Becht, unter bestimmten Voraussetzungen offene Stellen des
Beichsrathes zu besetzen (Pkt. 15.), 4. die Entscheidung beim Heim-
fall grösserer Lehen, doch »mit Willen der Kurfürsten* (Pkt, 21.),
5. unbedingtes Verleihungsrecht kleinerer Lehen (Pkt. 21.), 6. das
Einfordern einer neuen Hülfe unter Zuziehung des kurfürstlichen Kol-
legiums (Pkt. 39.), 7. die Befugnisse des obersten Feldhauptmannes
(Pkt. 41.).
Ausdrücklich werden folgende Angelegenheiten unter die Kom-
petenz des Beichsrathes gestellt:
1. Alle den König und das Beich betreffenden Angelegenheiten
im Allgemeinen.
3. Das tteckt der l^ermmsdrstreckung bei Belehnüngen (Pkt. 6.)*
3. Erledigung aller Reichsangelegenheiten , Ausfertigung von
Briefen unter kdnigliGhem Namen und Siegel (Pkt, 8.)-
4. Das Recht der Verlegung des Sitzes der Beichsbehörde (Pkt. 11.).
5. Das Becht der ürlanbsertheilung an den Präsidenten und die
Mitglieder.
6. Das Becht der Kooptirung bei den nichtitlrstlichen Räthen
(Pkt. 15.).
7. Die Bewahrung aller Beichsakte (Pkt. 20.).
8. Die Berathung der Mittel, um die noch nicht belehnten In*
haber grosser Lehen zur Lehenspflicht zu verhalten (Pkt. 21.).
9. Berathung der Mittel, die Schweizer, Friesen, sowie alle an-
deren der Ordnung Widerstrebenden zum Beich zu bringen (Pkt. 22. 23.).
10. Die Einnahme des Friesen-, Ferrarisohen, wie aller anderen
Beichtstribute, der PöngebOhren, erblosen Güter, des gegen die Türken
und zur Erhaltung des Beiches bewilligten Geldes, endlich die Bil-
dung einer eigenen Beichskasse (Pkt. 24.).
11. Die Handhabung der Polizei- und Luxus-Gesetze.
12. Die üeberwachung des königlichen Kammergerichtes (Pki
32. 33.).
13. Die üeberwachung des Beichsfriedens.
14. Die Zustimmung zu jedem Kriege und zum Abschlüsse
eines jeden das Beich berührenden Bündnisses mit fremden Nationen
(Pkt. 37.).
15. Die Bewilligung der TürkenhüUe in'einzelnen F&Uen (Pkt 38.).
16. Die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Beichsgliedem
(Pkt 40.).
17. Die Aufiiahme von Unterhauptleuten, Söldnern, Bestellung
von Proviant, Munition und Waffen (Pkte. 41 — 43.).
18. Die Bestellung einer Beichskanzlei.
In einzelnen Fällen erscheint die Gewalt des Beichsrathes be-
schränkt durch die Mitwirkung a) des Königs durch die Bestimmung,
dass es in das Belieben der niederen Lehensträger gestellt bleibt,
ihre Lehen vom König oder dem Beichsrath zu empfangen (Pkt 6.),
b) der Kurfürsten, sobald es sich um die Veränderung von Zöllen
Pkt. 30) und um Erledigung wichtiger Angelegenheiten im Allge-
meinen (Pkt. 7) handelt, endlich c) des Königs und der Kurfürgten
4»
bei Beschlassfassung über Entsendung von ßotschafiien an fremde
Nationen (Pkt. 36) und bei Ausschreiben neuer Auflagen (Pkt. 39.).
Die Gewalt des Beichsrathes erlischt bei sehr wichtigen Ange-
legenheiten, in Sonderheit bei beabsichtigten kriegerischen Unter-
nehmungen (Pkt. 34.), in welchen F&Uen die Beichsst&nde zu berufen
sind (Pkt. 7.), endlich bei der durch einen reichsst&ndischen Ausschuss
auszaflbenden Eontrolle über die Beichskasse (Pkt. 25.)*
Bei der Vergleichung des Wormser Entwurfes mit der Augs-
burger Ordn\ing muss man auf den Gang der Dinge in der Zeit
1495 — 1500 Bücksicht nehmen. Jener Wormser Entwurf fand be-
kanntlich den Beifall und die Zustimmung Maximilians nicht. Noch
fühlte sich das Eünigthum dtark genug, um eme so wesenitliche Be-
schränkung seiner Macht, die überdiess eine Erhöhung des kurfürst-
lichen Einflusses bedeutete, von sich zu weisen. Maximilian betrach-
tete das Beformwerk Bertholds unter dem Gesichtspunkt einer ihm
persönlich angethanen Schmach, wie dies seine späteren Worte, dass
man ihn zu Worms an Händen und Füssen gebunden an den Nagel
habe hängen wollen, und der tiefe Groll, den er von jetzt ab gegen
den Urheber des Werkes im Herzen nährte, zur Genüge beweisen.
Er schwieg eine Weile, dann trat er zu Worms mit einem Gegen-
entwurf auf, ^) der auf so grundverschiedenen Voraussetzungen ruhte,
dass es die Stände gerathener fanden, das ganze Beformwerk einst-
weilen bei Seite zu schieben und das Heil in der Institution der
jährlich wiederkehrenden Beicbstage zu suchen. Aber auch dieser
Versuch scheiterte an der Schwerfälligkeit der morschen Beichsver-
fassung. So stand man unter verwandten politischen Verhältnissen
auf dem Augsburger Beichstag 1500 abermals vor der dringend ge-
botenen Beform. Diesmal aber erhielt sie einen wesentlich veränderten
Charakter. Indem man die Hoffnung aufgab, den allerdings nicht
wegzuleugnenden Konflikt zwischen König und Beich durch scharfe
Abgrenzung beider Gewalten zu beseitigen, baute man die neue Ord-
nung auf den altehrwürdigen Formen der reichsständischen Verfassung
auf. Naturgemäss übertrugen sich dann die Unklarheiten der ber
stehenden Einrichtung auch auf die neue Institution des Nürnberger
Beichsregiments. Die Durchführung des Wormser Beschlusses, sämmt-
• ^) Datt. de pace publ. p. 854,
4?
liehe Bdchsstände jährlich zu versammeb, hatte sih als undurchführbar
erwiesen. Indem man den Gedanken doch festhielt, rersuchte man
es mit einer Beichsversammlung von grosserer Beweglichkeit. Dies
erreichte man durch eine Verringerung* der Zahl der Theilnehmer,
also durch Bildung eines Beichstagsausschusses, der den Vortheil bot,
jedes Vierteljahr erneuert werden zu kOnnen. Schlössen sich die
vierteljährlichen Sessionen enge aneinander, so konnte man leicht zu
einem beständigen Beichstagsausschuss gelangen und, wie auf den
Beichstagen das kleinste ständische Interesse seine Vertretung fand,
so musste dies auch rflcksichtlich der Zusammensetzung dieses Aus-
schusses — des Beichsregimentes — der Fall sein. Hiemit erklärt
sich die von dem Wormser Entwurf wesentlich abweichende Art der
Zusammensetzung des Beichsregiments. Weilt der KOnig nicht beim
Begiment, so ist er als oberster Beichsstand eigentlich nur beurlaubt,
daher die Bestimmung, dass das Begiment den König jeder Zeit unter
Terminssetzung nach Nürnberg laden kann. Die Annahme der Augs«
burger Begimentsordnung erscheint demnach als eine Permanenz-
erklänmg der Beichstagsthätigkeit in der praktisch allein möglichen
Form der möglichsten Beschränkung der stimmberechtigten Beichs-
stände. Nicht zu übersehen ist femer die enge Verquickung der auf
die Beichshfilfe Bezug nehmenden Bewilligung mit den Bestimmungen
der Begimentsordnung. Nicht um das Beich an sich in bessere
Verfassung zu bringen, sondern um einen Apparat zu schaffen, der
über die richtige Verwendung der bewilligten Summen wacht, kam
man zur Einsetzung des Beichsregiments. Es konnte nicht fehlen,
dass der König das neue Institut von vornherein unter dem Gesichts-
punkte eines seine Massregeln kontrollirenden und beschränkenden
Beichstagsausschusses betrachtete. Da die königliche Gewalt selbst
einen wesentlichen Bestandtheil der Begimentsgewalt bildete, so war
es überflüssig, die königliche Machtsphäre genau zu umschreiben. In-
dem man die ganze Fülle der dem Beiche innewohnenden Gewalt
scheinbar durch den König zum Ausdruck bringen Hess, indem schein-
bar er alles ausübte, verwandelte sich in Wirklichkeit das ihm
untergebene Begiment in ein seine Handlungen lästig kontrollirendes
Organ. Was immer geschah, offiziell geschah es durch um, er blieb
offiziell an der Spitze der Geschäfte; war er persönlich abwesend, so
regierte er durch seinen Vertreter. So musste er es sich gefallen
4d
lassen, dass die seinen Absickten oft feindselige Ötimmimg der Aus-
schnssmajorität nicht nur Beohtskraft erlangte, sondern sogar als
seine höchst persönliche Meinung sanktionirt wurde. Bs liegt auf der
Hand, dass sich die an sich wunderliche Bestimmung, dem König einen
Termin zum Erscheinen zu setzen, in eine die königliche Autorität
verletzende Form kleiden musste. Indem man alte Formen, denen
die Bealität der Dinge nicht entsprach, festhielt, versetzte man das
Eönigthum in eine unmögliche Position, aus der es sich nicht anders
als durch die zielbewusste Zerstörung dieser Ordnung erretten konnte.
Bevor wir die Frage beantworten, wieso sich Maximilian dazu
verstehen konnte, die Augsburger Begimentsordnung anzunehmen^
wollen wir den Gegenentwurf betrachten, den er als Antwort auf
Bertholds Entwurf auf dem Wormser Beichstag 1495 in Vorschlag
brachte. Auch der Qegenentwurf nimmt die Einsetzung eines
17gliedrigen Beichsrathes an. ^) Allein die Amtswirksamkeit der
Bäthe baut sich ausdrücklich auf der Voraussetzung der Abwesenheit
des Königs aus dem Beiche auf, sie erlischt mit der Büekkunft des
Königs. ^) Sie sind überdies verpflichtet, in wichtigen Angelegen-
heiten die Wohlmeinung des Königs und der BeichsstAnde einzuholen
(Pkt. 6.). Die Verleihung der grossen Lehen, die Verfdgung Ober
verfallenes Gut beh< sich der König ausdrücklich vor und selbst die
Verleihung kleiner Lehen darf der Beichsrath nur über königlichen
Auftrag vornehmen. Sie empfangen bezüglich der Durchführung der
zu Worms gefassten Beschlüsse vom König spezielle Instruktionen.
Sie haben über den eingebrachten Tribut dem König und dem Beiche
Bechnung zu legen. Es steht ihnen nicht das Becht zu, ohne Einwil-
ligung des Königs Veränderungen in * diem Zoll wesen zu machen. Als
^) Datt. de pace pabl. p. 854. Mfliler im Beichstagsstaat unter Max 1, p. 5 — 10
nimmt fälschlich an, dieser Entwurf sei ron den St&nden dem König: proponirt worden.
*) Die Zusammensetzung ist genau der betreffenden Bestimmung des ICainzer Ent-
wurfes nachgebildet. Nur heisst der Vorsitzende »rorgeer*. Dann werden die Vertreter
der sechs Kurf&rsten nicht durch diese bestellt, sondern (so gut wie die zehn Vertreter
der :^ Provinzen« nach des EOnigs und der Beichsst&nde Wal) aus den sechs Kurf&nten-
tbflmern genommen. Die sechs Bäthe erscheinen demnach weniger als Vertreter der Kur-
fürsten, als der betreffenden Territorien.
*) Pkt. 5 : , Sobald wir den Zug beginnen und nicht im Beiche sind, soUen sie an
einem Orte bis auf unsere Widorkunft alle Beichssachen romehmen and darin besohliessen*.
4d
wesentliche AufgaW werden dem äeichsrath die Üxekution der Kam-
mergerichtsbeschlüsse und die üeberwachung des Friedens im Beiche
Zügewiesen. ^) Aber anoh hierin sind alle schwierigen Fälle ihrer
Entscheidung entzogen. Sobald der König im Beiche erscheint, hat
er das Becht, den Beichsrath an seinen Hof zu beordern und sich
seiner Dienstleistung nach freiem Ermessen zu bedienen.
Es bedarf wohl keiner weitläufigen Auseinandersetzung, dass im
Entwurf Bertholds und diesem Gesetzentwurf der volle Gegensatz der
auf dem Wormser Beichstage vorwaltenden Anschauungen zu Tage
tritt Noch ist Maximilian ganz von dem Gedanken an die alles
umfassende königliche Macht erfüllt, neben der kein Platz üQr eine
selbständige Bethätigung der Beichsgewalt flbrig bleibt. Am wenigsten
wollte er sich den im Entwürfe scharf zu Tage tretenden kurfürst-
lichen Frätensionen unterwerfen. Wenn Maximilians Gegenentwurf
die Mitglieder des Beichsrathes aller, also auch der dem Könige ge-
leisteten Eide entbindet, so entspricht dies nicht der thatsächlichen
Stellung der Behörde, wie auch der in Punkt 23 geforderte Eid der
Treue gegen König und Beich ziemlich nichtssagend ist. Was Maxi-
milian bot, war ein königlicher Hofrath, der seinen Zwang ausschliess-
lich von dem Könige erhielt. Ein so vollständiges Ablehnen aller der
in Bertholds Entwurf sichtbaren Absichten liegt diesem Gesetzentwurf
zu Grunde, dass es aus der Divergenz der zu Worms auftauchenden
Meinungen keinen anderen Ausweg gab, als das ganze Yerfassungs-
werk auf bessere Tage zu verschieben.
Bertholds Entwurf geht von der Thatsache des Gegensatzes zweier
Gewalten aus und versucht die Lösung in ihrer möglichst scharfen
Scheidung. Das Königthum, allerdings wesentlich beschränkt durch
die dem Kurfürstenkollegium zugewiesene abnorme Stellung, gewann
und verlor zur gleichen Zeit. Es gewann dadurch, dass es in den
Stand gesetzt wurde, die ihm angewiesene Machtssphäre in schöpfe-
rischer Kraft zu erweitem. Es verlor aber, da es unter Verzicht auf
ein bisher sehr unklares Bechtsverhältniss ein grosses Mass oberster
^) Fkt. 20 wendet speziell seine Spitze gegen die Kurfürsten: Sie sollen darüber
wachen, dass das Verbot beachtet werde, dass kein Kurfürst, auch nicht Erzherzog
Philipp (!) und andere St&nde ohne unser Wissen und WiUen Krieg anfiuige, noch Bünd-
nisse mit Fronden schliesse.
Kraus, Nümb. Beichsreg. 4
5Ö
Antoritftt an das Beich abgab. W&re Bertbolds Entwurf zur Üurcli-
fOhrong gelangt, so h&tte es sich in dem auf klaren Bechtsvoraus-
setzungen entwickelnden Kampfe um Erweiterung des Machtkreises
zeigen müssen, welche der beiden Gewalten, die monarchische oder
die stfindisch-repnblikanische die stärkere war. Auf dem' Wege, die
königliche Gewalt als oberstes Glied aus der Kette des Standewesens
zu lösen, finden wir Bertholds Entwurf in Uebereinstimmung mit der
im übrigen Europa längs vollzogenen Entwickelung. Gewiss war
Maximilian im J. löOO so gut wie 1495 jeder Abgabe königlicher
Autorität im Herzen abgeneigt Wenn er dennoch in die Augsburger
Ordnung willigte, so geschah es, weil diese Ordnung mit ihren unUaren
Bestimmungen, die den mittelalterlichen Lehensstaat zur Yoraussetzimg
hatten, ihm genug Wege offen liess, sein vermeintliches Becht wieder
zurückzuerlangen. Mit der kleinsten üeberschreitung der im Wormser
Entwurf zugewiesenen Kompetenz hätte er sich sofort eines Braches
der Beichsverfassung schuldig gemacht. Gegen das Nürnberger Beichs-
regiment, dessen er sich so lange bediente, als es seinen kriegerischen
Absichten entsprach, konnte er sich ohne Schein einer flagranten
Bechtsverletzung in Widerspruch setzen, weil mit der Befestigung der
zu Augsburg beschlossenen Ordnung der Bestand des deutschen König-
fiiums üb^haupt unmöglich geworden wäre. Die Augsburger Osd-
nung an sich hätte den König weit mehr als die Wormser an Händen
und Füssen gefesselt Aber in der klaren Erkenntniss, dass das zu
Augsburg in^s Leben gerufene Beichsregiment von vornherein todtr
geboren war und desshalb leichter zu dulden sei, liegt für Maximilian
die Entschuldigung, diese Fesseln wenigstens so lange zu tragen, als
es die DurchfQhrung seiner kriegerischen Pläne verlangte. Denn wie
mit dem deutschen Ständewesen nichts Gedeihliches zu richten war,
so mussten sich auf dessen lebendigsten Ausdruck, das Nürnberger
Begiment, alle seine Fehler, seme Unbeholfenheit, sein Schwanken,
seine Interessenspaltungen gegenüber den einfachsten Beichs fragen in
gleichem Grade übertragen. Merkwürdig bleibt es da immer, dass
der Wormser Entwurf so gut wie die Augsburger Ordnung uns zu
Berthold von Mainz als geistigen Urheber führt. Gewiss gehörte
ein gutes Mass von Selbstbescheidung dazu, an die Stelle des ersten
Werkes, an das er so grosse Hoffiiungen für den Bestand des Beiches
knüpfte, das zweite in keiner Bichtung befriedigende zu setzen. Der
i
I
«
51
fiünf Jahre hindurch mit Hartnäckigkeit geführte Kampf hatte den
schaffensfreudigen Greis ermüdet.
Im Jahre 1495 wollte Berthold von Mainz dem Beiche eine
YeriasBimg geben. Im Jahre 1500 begnügte er sich, die altehrwür-
digen Formen des Beichswesens zur Errichtung eines seiner Ansicht
nach momentan nothwendigen , den verschwenderischen und unbe-
reohenbaren König l&stig beobachtenden Eontrollorganes zu miss-
braacheo.
Anfi&nge des Nürnberger Beiohsregimentes.
16. September 1500.
Am 2. JuH 1500 war die Begimentsordnung im engeren Sinne
vom Könige und den auf dem Augsburger Beichstage anwesenden
Beichsst&nden unterfertigt und besiegelt worden. ^) Itemit trat auch
') Wir Terweisen insbesondere aaf die von 0. Höfler in der Abbandlongr »Ueberdie
polit. Beformbeweping in Deutschland im XY. Jalirh.* Mftndien 1850 mitgetheilten
AktenstAcke.
*) 8. Reichsabsdiied II. bei MtUler, Seichstagsstaat unter Max I. p. 66. Durch
die Abh&ngigkeit Tom beweglichen Festkalender gestalteten sich die Begimentssessionen
za Perioden ron ungleicher Dauer. Die 1. Session wfthrte genau ein Yierte^'ahr
bis zum 16. Dezember. Die 2. Session ds gegen nur bis zum 8. M&n 1501. Die
S. Session bis zum 2. Juni 1501. Die 4. Session bis zum 15. September 1501 u. s. f.
Doch sind die Uhtersdiiede nicht gross. Thatsftchlich dflrfte der Beginn des Beichsregi-
mentes mit dem Schlnss des Beichstages (der Beichsabschied hat das Datum 10. Sep-
tember 1500) zusammengefiallen sein. Ueberhaupt nahm der Erzbischof Ton Mainz die
Erledigung der dem Begimente zugewiesenen Geschäfte noch yor dem 10. September zu
Aa^sborg in die Hand. Der Frankfurter Bote Beysse (s. Jannssen, Frankfurts Beichs-
korresp. Bd. II. p. 662 ff.) berichtet unterm 9. September, dass alle KurfQrsten und
Forsten schon Tor 2 — 8 Wochen Augsburg rerlassen h&tten. Nur der Erzbischof ron
Mainz berathe mit den zurflckgelassenen B&then weiter. Ohne Zweifel fielen diese Ver-
bandlongen schon unter die Autorit&t des Begimentes. Wann sich aber das Begiment in
Nttmberg konstituirte, ist nicht ersichtlich. Selbstrerständlich brachte die SchwerfUlig-
keit des ganzen Apparates und der Umstand, dass Berthold am 9. September noch zu
Augsburg weilte und erst am 21. September nach Nürnberg kam (s. Deichsler*s Chron.
p. 622 in^- Chron. der deutschen Städte 11). eine Verzögerung mit sich. Wie schwer
man sich an die ISnhaltung der gesetzlich bestimmten Termine gewohnte, dafOr liefern
4*
die Bestimmung des § 2 der Ordnmig in Kraft, welcke cien Anfang
der ersten vierteljährigen Begimentssession auf den nächsten Qua-
tembermittwoch, d. h. auf den 16. September festsetzte. ' Wir wissen,
dass die Idee der Gründung des Begimentes im engen Zusammen-
hange mit den äusseren Verwickelungen des Königs gestanden war.
Auf der einen Seite war Maximilian dem von den Beichsständen mit
grossem Eifer aufgenommenen Plane, ein gewichtiges Beichsorgan zu
schaffen, in der Hofihung entgegengekommen, auf diesem Wege die
Mittel zu seinen kriegerischen Unternehmungen gegen Frankreich zu
finden, während auf der anderen Seite die Stände um so leichter den
Tendenzen des Königs entgegenarbeiten zu können vermeinten« So
mnsste es kommen, dass nicht die Lösung der inneren Wirren, die
Aufrichtung von Becht und Frieden in zahlreichen grossen und klei-
neren StreitftUen, die eigentlich so dringend geforderte Yerwaltungs-
thätigkeit es waren, welche die Verhandlungen der jungen Mstitution
in erster Linie beherrschten, sondern die äussere Politik, vor Allem
die Stellung des Königs und Beiches zu den Unternehmungen Lud-
wigs XIL in Italien. Man könnte nun nicht sagen, dass dies zum
Heile der neuen Ordnung geschah. War die königliche Autorit&t
durch sie ohnehin geschmälert worden, so musste erstere den Verlust
auf dem Oebiete der äusseren Politik doppelt schwer empfinden. Es
konnte nicht fehlen, dass die Schwäche des Begimentes, welche der
langsam wachsende Zwist zwischen König und Beich zunächst bei
den Fragen der inneren Politik erzeugte, einmal grossgezogen, sich
auch bei den Verhandlungen mit Frankreich, das die Situation rasch
b^riff und auszunutzen verstand, also auf diplomatischem Gebiete
offenbaren musste. Wir erinnern uns von den Verhandlungen auf
dem Augsburger Beichstag her, dass die Anfänge der diplomatischen
Unterhandlungen zwischen Deutschlands und Ludwig XTT. in die Zeit
zwei Schreiben der Stadt Goslar an den Erzbischof 7on Mainz einen interessanten Belegf.
Am 11. Norember 1500 schreibt die Stadt, sie h&tte erfahren, dass einer der ihrigeo
bestimmt sei, Ton Johann Baptista (24. Juni 1501) bis Michaelis (6. Oktober) im Re-
giment zn sitzen. Am 80. Norember 1500 schreibt die Stadt, wahrscheinlich auf eine
Berichtigong Bertholds hin, sie werde einen Vertreter f&r die Zeit ron Ostern (11. April
1501) bis Johann Baptista (24. Joni) nach Nürnberg schicken. Man sah also in der
durch die Begimentsordnnng festgesetzten Zeitbestimmung nor eine im Allgemeinen orien-
tirende Angabe.
I
58
vor dem Beginne der Berathnngen Aber die Beichsrefonn fielen. Ganz
im Widerspruch mit Maximilians Absiebten hatte es Berthold und
die Opposition durchgesetzt, dass zun&chst nur zwei Schreiben der
Beichsstände (dto. 2. Mai 1500) an Ludwig abgeschickt wurden, von
denen das eine, den zwischen ihm und Maximilian ausgebrochenen
Zwist zum Ausgang nehmend, die Absendung einer Gesandtschaft
ankflndigt und die Bitte um Geleit fOr dieselbe enthält, das zweite
die humane Behandlung des gefangenen Ludovico Moro dem König
an's Herz legt. Noch vor Ablauf eines Monates war der nach Frank-
reich entsendete Bote nach Augsburg zurückgekehrt ^) und hatte drei
an die Beichsst&dte gerichtete Briefe (dto. Lyon 17. Mai 1500) mit-
gebracht. Die Antwort kam den Ständen ebenso gelegen, wie Maxi-
milian unbequem. Dadurch, dass Ludwig auf das Bestimmteste ver*
sicherte, er habe durchaus nichts Feindliches gegen die österreichischen
Erblande im Sinne, ^) waren die von Maximilian allerdings flbertriebenen
Beftlrchtungen vor Ludwigs Eriegsabsichten vorerst Ltlgen gestraft.
Nun schien es den Ständen doch eines Versuches werfh, auf dem
Wege persönlicher Unterhandlungen sich von der Aufrichtigkeit der
französischen Versicherungen zu überzeugen. Die beiden anderen
Schreiben gewähren einer deutschen Botschaft bis zur Stärke von
dreihundert Personen auf sechs Monate freies Geleite und erhalten
das Versprechen einer standesgemässen Behandlung des ge&ngenen
Ludovico. Thatsächlich lag es nicht in den Litentionen Ludwigs Xu.,
in Bezugnahme auf das wiedererlangte Mailand nur den Bechtstitel
des siegreichen Eroberers geltend zu machen. Zwar, von mütterlicher
Seite ein Nachkomme der einst in diesem Lande herrschenden Visconti,
glaubte er nun, da Gott ihm die Königskrone verliehen, auch sein
1) s. Jannssen, Beichsoorr. IL Nr. 808 29. Hai— S. Joni. *) Ludwig schreibt
an die Stände : Verum qnod scribitis, tos intelezisse, nos ipsi serenissimo Bomanorum
regi tanquam archidnci Aostrie, proTinciis et territoriis ad eom jare hereditario spectan-
tibus, beUam indixisse, nobis novam atqoe inauditam risum est* qnandoqaidem nihil in
proTinciis ipsi serenissimo regi et domino Austrie, quam semper Corona Frande omni
beniTolencia amplexata est, spectantes yi hostica attemptarimus nnqaam, sed nitro a se-
renitate soa et suis, qni regnnm nostrum snperiori biennio armata mann inyaserantj miris
modis proTOcati atqne lacessiti eqnissfma defensionis lege nsi beUum sascipere coacti
fuimus, qao regni nostri flnes dumtaxat tutaremur: qnemadmodam robis et ceteris Om-
nibus, qaibns aliqirid recti jadidi divina sorte largitum est, exploratum, spectam atqae
cognitom esse oonildimns (s. Jannssen Reichscorr, II. Kr« 805,).
64
gutes Erbrecht in Italien verfechten zu müssen. Aber die rechtliclie
Stellung des Beiches zu Mailand, als einem alten Beichslehen, in
irgend einem Punkte zu verletzen, war er nicht gewillt. In diesem
Sinne hatte Ludwig, noch bevor die Briefe der Beichssiände an am
gelangten, eine Botschaft, und zwar einen geistlichen und einen weltlichen
Fürsten an Maximilian und an das Beich abgeschickt. ^) Am 12. Jiuii
überreichten sie in Augsburg dem ESnig ein Missive Ludwigs, drei
Tage darauf ein gleiches den Kurfürsten und übrigen Beichssiänden.
Ihr Auftrag stand in gar keinem Zusammenhang mit dem von Seite
Deutschlands schriftlich ausgesprochenen Wunsche, eine Botschaft nach
Frankreich abschicken zu wollen. Nicht einmal die Bückberufüng
seiner schon auf der Beise nach Deutschland befindlichen Gesandten
hatte Ludwig desshalb für nöthig gehalten. Sie waren gekommen,
um auf Grund der vollzogenen Thatsache der Besitzergreifung Mai-
lands im Namen ihres Herrn die dem Beiche schuldige Obedienz zu
erweisen. Mit der Bitte um Ertheilung des Lehens verbanden sie das
Versprechen Ludwigs als treuen Beichsvasallens Hülfe gegen die
Türken zu leisten. ^) Es scheint nicht, dass man sich in lange Unter-
handlungen mit den französischen Gesandten einliess. Die nachge-
suchte Belehnung wurde zunächst nicht ertheilt, dafür gab man ihnen
als Antwort Briefe an Ludwig mit, in denen man höchst wahrschein-
lich auf die durch das Beich abzusendende Botschaft verwies. ^) Am
25. August 1500 verlies Maximilian Augsburg ^) und die Lösung
1) Beysse im Beriebt an Frankfurt (s. Jannssen, Beichscorresp. II. Nr. 810) spricht
nur im Allgemeinen yon einer französischen Botschaft. Aus der späteren Belation der
deutschen Gesandten flher ihre Verhandlungen ist zu entnehmen, dass der weltliche Färst
der Markgraf ron Bethel gewesen: wieuol im yrsach zu dem krieg gegeben were, bett
er doch ymb fridens ynd vsser gutter meinong willen fallen md ynderlassen, auch sin
botschaft einem bischof Tnd dem marggraaen ron BOttel der doch ein Tentscher wer«
mit Werbung an die ko. mt. vnd die churfursten zethun abgeuerttigt etc.
>) Beysse an Frankfurt (s. Jannssen Beichskorr. IL Nr. 810): »item des konigs
Ton Frankenrich botschalft halt . • ein beslossen missive übergeben, darinne der konig
▼on Franckrich mit fielien snssen wortten vnd erbittung gegen dem heiigen Bomischen
rieh begert das hertzthnm Meylant zu eym lehen Yom heiigen rieh zu haben, mit erbit-
tong gegen den Tnrcken die finde Cristi biestant Tnd hilff znthun za rerdriben.*
*) Es geht dies ans der in Anmerkung 1 citirten Stelle aus der Belation hervor.
*) 8. Jannssen Beichskorr. II. Nr. 814. Stimmt auch mit Zeit- nnd Ortsangaben
einer Anzahl Briefe dieser ^t| die MaximiUan eigenhändig fertigte. £r mass jedoch
55
von MaximiliBn so ungera gesehenen Friedonswerkes fiel nun dem
Beichsregimente zu. Es ist immerhin von Belang ffir die Charak-
teristik Maximilians, dass er in einem Momente, wo die neue Beichs-
institution ihre ganze Kraft an einer so hochwichtigen äusseren Frage
zn erproben hatte, es vorzog, statt kraft seines Hechtes sich selbst
an die Spitze des Unternehmens zu stellen, daheim in seinen lieben
Tiroler Bergen nach den Gemsen zu jagen. Schon war seine Seele
von Missmuth erfüllt über die gefährliche Lage, in welche ihn die zu
Augsburg ahgedmiigenen Zugesttndnisse gebracht hatten, und die
königlichen Bäthe sorgten daf&r, diese Stimmung in ihm wach zu
halt^L Als er von Augsburg wegritt, meinte einer der bm^undischen
Herren: .Majestät werden wieder bittere Erfahrungen machen. Von
den deutschen Fflrsten Thaten fQr das allgemeine Wohl des Beiches
hoffen, hdsst Trauben von Disteln erwarten.'' ^)
Wenden wir uns zunächst nach Nflmberg. Am 31. August 1500
erhielt das Beichsregiment in dem Eurfdrsten Friedrich von Sachsen
seinen nunmehrigen Präsidenten.^) Die Wahl war jedes&Us eine
glückliehe, denn EurfQrst Friedrich war der einzige unter den hervor-
ragenden Beichsf&rsten, der in dem beginnenden Kampfe zwischen
König und Beich massvoll zu vermitteln verstand. Zwei volle Monate
vergiengen, bis Friedrich die Statthalterschaft in Nflmberg antrat,^)
nochmals aaf einige Tage nach Augsburg zarflckgekehrt sein, welche Stadt er Ende Aagast
definitlT Terlftsst, um sich auf den Weg nach Tirol ta machen. Am 15. September weilt
er bereits zu Steinach an der Brennerstrasse und verbringt die zweite Hälfte des Sep-
tember ZQ Innsbruck und Umgebung. Demnach ist Staelin^s Angabe in seinem Itinerar
Maximilians (Forschungen I.)i wonach Maximilian Augsburg am 12. September yerl&sst,
zn rektiilziren. Auch der echte Fugger (Ms. Wiener Hofbibl.) gibt an, dass Maximilian
am 1. September Augsburg in der Sichtung nach NArdlingen Terliess, wo ein Tag des
schwäbischen Bundes stattfand. Von Nördlingen begab er sich nach Neuburg und zu Wasser
nach Linz, wohin er einen Landtag einberufen hatte.
*) Schreiben Grflnbecks mitgetheilt bei Jannssen, deutsche Geschichte p. 528.
*) Maximilians Bestellungsbrief fQr Friedrich von Sachsen dto. Augsburg 81. August
1500, der als Statthalter des Begiments ein Jahresgehalt von 6000 fl. Rh. durch den
Reichssdiatzmeister Hans von Lande w, erentuell aus der Hofkammer beziehen soll.
(8. MOUers Bdchstagastaat p. 18.)
*) Wenigsteos schreibt Friedrich an Max dto. Jena 26. Oktober 1500, dass er sich
an demselben Tage zum Regiment nach Nflrnberg begebe (Weimarer Archiv.). Deiohslers
Chronik p. 624 a. a. 0. meldet die Ankunft des Knrftrsten und dessen Bruders des
£rzbischof68 von Magdeburg am 26. Oktober.
B6
doch schon nach Monatsfrist zwang ihn k^Srperliche Indisposition zur
Niederlegung seines Amtes. Maximilian ersuchte hierauf den Herzog
Albrecht von Baiem um üebemahme desselben. Doch dieser leimte
entschieden ab. So sah sich Kurfürst Friedrich trotz seines Leidens
genöthigt, einer neuerlichen Aufforderung Maximilians zum Ausharren
im Amte Folge zu leisten. ^) Zunächst gieng das Beichsregiment daran,
die italienische Frage zu erörtern und bei den Berathungen über die
den Gesandten nach Frankreich mitzugebenden Instruktionen gegen*
über dem Verhalten Ludwigs XU Stellung zu nehmen. Der Gang
der Berathungen lässt sich im, Allgemeinen nur aus der fertig vor»
liegenden Instruktion entnehmen. Auch hier trat Bertholds geistige
Urheberschaft klar zu Tage. Sein Grundsatz war immer der gleiche:
Sollte die innere Beichsreform einen gedeihlichen Fortgang nehmen,
so musste man auf alle Fälle jeder kriegerischen Verwickelung mit
Frankreich aus dem Wege gehen. Wir sehen, gleich der Anfang
semer Th&tigkeit setzt das Beichsregiment in vollen Gegensatz zu den
Absichten Maximilians. Zum Ausgangspunkt der Unterhandlungen
wird die von den Türken drohende Gefahr und die Nothwendigkeit
genommen, desshalb den zwischen den beiden Königen bestehenden
Zwist vorerst zu beseitigen. Natürlich sollte das Beich seinen vollen
Anspruch auf die von Ludwig eroberten italienischen Plätze, soweit
sie Beichslehen waren, in Sonderheit auf MaUand zu behaupten suchen.
Aber die Gesandten werden angewiesen, der Widerspenstigkeit Ludwigs
keine ultima ratio entgegenzusetzen, sondern Schritt fQr Schritt bis
zum Vorschlage eines Waffenstillstandes, d. h. da doch eine kriege-
rische Verwickelung noch nicht vorlag, bis zum Hinausschieben der
Entscheidung auf einen späteren Termin zurückzuweichen. Zunächst
sollten die Gesandten die Verletzung der bestehenden Freundschafts-
verträge durch die erfolgte Wegnahme italienischen, dem Beiche zu-
gehörigen Gebietes konstatiren und die Abberufung des französischen
Eriegsvolkes verlangen. Im Weigerungsfalle sollten sie wenigstens
^) Mflllen Beichstagsst. p. 50, der jedoch Tom Briefe Friedrichs an Mazimfliaii
keine Notiz nimmt und dadurch Verwirrung in die Sache hringfc, entnimmt dies dem
Wortlaute des in den kurfOrstlichen Akten in Abschrift befindlichen Mandates Maximilians
an Friedrich dto. Wels 80. November 1500. Ob hinter der körperlichen Indispositiovi
nicht ein triftiger Grund verborgen lag, mnsa dahingestellt bleiben l
57
die Aufirechterhaltung des status quo fordern. Bezfiglich MaQands
hatten sie die Bechtlosigkeit der Vertreibung Morels zu erweisen und
die Bflckstellung des Landes an das Beich, im weiteren Verlaufe die
üeberantwortung desselben zu dritter Hand unter nachträglicher Elar-
legung der französischen Bechtsansprflche, im WeigerungsMe die Ab-
findung gegen eine bestimmte Geldsumme oder Abtretung einzelner
mailändischer Ortschaften in Vorschlag zu bringen. Ziemlich derselbe
Gang der Verhandlungen ward den Gesandten bezüglich Neapels vor-
gezeichnet. Würde alles abgeschlagen werden, so sollte man die Ver-
längerung des zwischen Maximilian und Ludwig bestehenden Waffen-
stillstandes bis zu Pfingsten kommenden Jahres oder länger zu er-
langen trachten.
Welchen Einfiuss Maximilian auf den Gang dieser Begiments-
berathungen genommen hatte, ist nicht ersichtlich. Jedesfalls nicht
im zustimmenden Sinne. Vertreten war der König als Erzherzog der
österreichischen Länder beim Begiment durch seinen Bath Dr. Georg
von Neudeck, später auch durch Walter von Stadion, Pfieger von
Yellenberg. ^) Bezeichnend für die eigenthümliche Stellung des Königs
ist der Umstand, dass der Wortlaut der Instruktion nicht eigentlich
das Beichsoberhaupt, sondern die Beichsstände als Vollmachtgeber der
Gesandtschaft erscheinen Hess. Andererseits wieder war Maximilian
durch den klaren Wortlaut der Begimentsordnung gebunden, alles was
unter der Autorität des Begiments geschah, mit seinem Namen und
seiner Zustimmung zu decken. Damit gerieth das Königthum in eine
auf die Dauer unerträgliche Situation und dieser Grundfehler der
Begimentsordnung trug nicht wenig bei, die Verbitterung des sich
schmählich getäuscht fQhlenden Maximilian zu erhöhen. Damals mag
schon in des Königs Seele der böse Verdacht entstanden sein, dass
nicht die Sorge für das Beich, sondern französische Gelder und Um-
triebe Bertholds Vorschläge zur Beichsreform auf dem Augsburger
Tage geleitet hätten. <) Von Steinach in Tirol schickte Maximilian
^ Nendeck wird im September an den Hof Maximilians berufen und Walter von
Stadion auf die Dauer seiner Abwesenheit mit der SteUrertretung beim Begiment betraut
(nach Concepten zweier Briefe s. 1. et dto. im Wiener Staatsarch. Ein drittes auf dem-
selben Bogen befindliches Briefconcept enth< das Datum Steinach 16. September 1500).
Anfangs Dezember finden wir bereits beide B&the in Nflmberg.
9) s^ Klflpfel, Url(unden zur Geschichte des schw&bischen Bundes I. 469—72 in
58
die ihm zur Einsicht zugesendete Instruktion wieder an Bertold von
Mainz zurück. Er hatte einige Verbesserungen — wie er sie nannte
— an der Instruktion vorgenommen, einen Zettel beigelegt, auf dem
die von Ludwig zu fordernden Zugeständisse verzeichnet waren; noch
war sein Eifer gross genug, um eigenhändig mehrere Sätze in das
vorliegende flüchtige Concept zu schieben. *) Einen Brief ähnlichen
Inhalts richtete er an die Gesandten, denen er besonders an's Herz
legte, sich des Beistandes der am französischen Fofe beglaubigten
Käthe seines Sohnes Philipp zu bedienen.') An&ngs war KurfDrsi
Friedrich als Führer der Botschaft auserkoren worden, doch gieng man
bald mit Bficksicht auf dessen ünentbehrlichkeit beim Begimente von
diesem Plane ab. Graf Adolf von Nassau übernahm die Führung,
ihm zur Seite sollten der Bitter Heinrich von Bünau und Dr. Gregor
Lamparter als Beichsgesandte fungiren. Jedesfalls war Graf Adolf
als Herr von Wiesbaden und Statthalter von Geldern und Zütphen
eine Person von einigem Gewichte, sein Name erscheint enge ver-
knüpft mit den Bestrebungen auf dem Augsburger Beichstage und
der Augsburger Beichsreform. Bald an die Spitze des Eammerge-
richts berufen nimmt er persönlichen Antheil an den späteren Begi-
mentstagen. Seine Absichten fallen mit denen Bertholds von Mainz
zusammen. In dem kursächsischen Bath von Bünau') kommt mehr
der von Stadm Wflrtamb. Gesch. Bd. 4 p. 45 lektifizirten Form. Es kommt rncbt
darauf an, daas Maximilian erst im Jtmi 1502 öffentlich anszaeprachen wagte: »Frank-
reich habe aUeathalben in Deotschland Unfrieden, 'Widerwärtigkeit ond Aufruhr gestiftet,
die Eidgenossen, den Bundschuh, aufgehetzt und bei den Beichsst&nden auf dem Tag za
Augsburg daran gearbeitet, dass sie dem König das Regiment des Reiches aus der Hand
wandten, wesshalb dieser nicht mehr als König zu handeln habe etc. Auch habe der
König Ton Frankreieh dem Kurfürsten Berthold von Mainz 20.000 Kronen angeboten,
winn er solches Regiment bei sich behalte. Damit habe Frankreich Uneinigkeit stifteo
wollen zwischen dem römischen König einerseits und den Kurf&rsten, Fürsten nnd Standes
des Reiches andererseits in der Absicht, die Kaiserkrone zu erlangen und ganz Deutsch-
land und Italien unter sich zu bringen.* (Nach Staelin a. a. 0.)
<) Maximilian an den Ertbischof ron Mainz, Steinach 16. September 1500. Con-
cept. lit. Clans. Innsbmcker 8tatth.-ArehiT.
*) MaximHian an den Orafen ron Nassau und Heinrich Ton Bfinao, Steinach 16. Sep-
tember 1500. Innsbrocker Statth.-Archir.
*) Heinrich Ton Bflnao zu Teuchem, genannt mit den Stelzen, ein ▼ielgereister
Mann. £r begleitete 149S den Kurfttrsten Friedrieh ron Sachsen auf dessen Maerfahrt
59
der vermittelnde Standpunkt seines Herrn, Friedrichs von Sachsen,
zur Geltung, w&hrend der schw&bische Bechtsgelehrte und würtem-
bergische Kanzler Lamparter, wenn wir anders seine späteren Be-
ziehungen zum österreichischen Fürstenhaus in^s Auge Assen dflrfen,
mehr der durch Maximilians Hofpartei vertretenen Bichtung zuneigte.
Allein auf die Differenz der Meinungen kam es hier nicht an. Der
strikte Wortlaut ihres Auftrages gab ihnen allen die gemeinsame
Sichtung.
Die GesandtBChaft des BeichsregimeiiteB am Hofe
Ludwig Xn. zu Flessis ^) und Blois.
Nicht früher als in den letzten Tagen des Septembers, wahr-
scheinlich erst im Verlaufe des Oktobers machte sich die Gesandt^
Schaft von Trier aus auf den Weg nach Frankreich. *) Acht Tage
weilte sie im gastlichen Paris. Am 1 1. November treffen wir sie in
Orleans. Dort ehrte man sie mit festlichen Au&flgen und hielt schöne
Beden über die Freundschaft zu Deutschland und den gemeinsamen
Kampf gegen die Türken. ^) Dann zogen die Gesandten weiter über
nach JeraHOeoi. (s. Spalaüns Beschreibcmg dieser Fahrt in der Ton Neudecker und PreUer
besorgten Ans^abe Ton Spalatins Werken I. p. 90.).
') Flessis bei Tours, auch la Bichä genannt Die Verhandlungen daselbst w&hren
bis 7. Dezember 1500 und werden am 14. Dezember zu Blois beendigt.
*) Daf&r spricht das Datum des Briefes Maximilians an die Gesandten, Steinach
16. September 1500, der bestimmt war, den Gesandten noch auf deutschem Boden in die
Hände zu kommen. MflUers Beichstagsstaat hat ron dieser Gesandtschaft nur ungenfl-
gende Notiz. Bankes Angabe in Geschichte roman. und german. Völker, Ausg. 1874,
P< 1S2: »Am 2. Juli 1500 ward dieses Regiment beschlossen; am 21. schon gieng
Ludwig XIL eine Gesandschaft desselben entgegen*, ist, wenn damit unsere Botschaft
gemeint ist und nicht der rom Augsburger Tag weggeschickte Bote, nicht richtig. Die
Angaben Aber die Reiseroute und den Empfang der Gesandtschaft entnehme ich theils der
Gesandtschafta-Belation (Wiener Staatsarch.), theUs einem Schreiben Adolfs von Nassau
und Bflnau*s an das Regiment, dto. Rheims, 5. Januar 1501 (Innsbrucker Statth.-Arch.)*
') Relation: ... die redlichsten in der etat von geystJichen gelerten rnd welt-
lichen beruft, doselbs tragedias, comedias, vnd eiglogas gespilt als zu ere ko. mt. md
dem reyeh dienent.
L.....
60
Blois und Amboise nach Tours, welche Stadt sie am 17. November
erreichten. Eine Meile weit waren ihnen die königlichen Bäthe und
städtischen Boten n^ter grosser Begleitung entgegengeritt-en und
hatten sie nach herzlicher Begrüssung nach der Herberge gebracht
Von nun an wurden sie durch nahezu einen Monat bis zu ihrem Auf-
bruche nach Paris als Oäste des Königs festlich bewirthet Ludwig XIL,
der sie frtlher erwartet hatte, war auf das Gerücht, dass sie gar nicht
mehr kommen würden, nach der Bretagne aufgebrochen. Vier Tage
harrten nun die Gesandten der Bückkunft des Königs. Am 21. No-
vember wurden sie zu ihm auf das Schloss Plessis bei Tours be-
schieden, wo sie Tags darauf in feierlicher Audienz, in Gegenwart des
Kardinals George d' Amboise und aller französischen Grosswürdentrftger
ihre Beglaubigungsschreiben überreichten. Sogleich begannen dann
die Verhandlungen, die volle vierzehn Tage in Anspruch nahmen.
Wir wollen, so wie es auch die Gesandten in ihrem nachträg-
lichen Bericht an das Begiment gethan, an der Hand der dreizehn
Artikel der Instruktion den Verlauf der Berathungen schildern. Zu-
nächst brachten die Gesandten Entschuldigungen vor, wesshalb das
Eeich trotz der schon im Mai zugeschickten Geleitsbriefe bisher mit
der Abordnung der Botschaft gezögert habe. Die vielfachen Arbeiten
auf dem Augsburger Eeichstage, die Bestellung einer guten Ordnung
in Deutschland zum Zwecke der Türkenabwehr seien vornehmlich
Schuld daran« Nur die Nothwendigkeit, die beschlossene Ordnung im
Beiche ehestens in Vollzug zu bringen, habe den zum Erscheinen am
Hofe Ludwigs designirten Kurfürsten Friedrich als unentbehrlich bei
diesem Beformwerk für diesmal zurückgehalten. Doch sei er stets
bereit, sofern es irgend dem Frieden zwischen Frankreich und Deutsch-
land dienlich wäre, sich nach Frankreich zu begeben. Die Beichs-
stände hätten schon früher Ludwig geschrieben, dass sie auf dem
jüngsten Beichstage Kenntniss von dem Zwiste zwischen ihrem König
und ihm erhalten hätten. Nun sei es ihre Meinung, dass ohne voran-
gehende Beilegung dieses Zwistes nichts Gedeihliches in der Türken-
frage vorgenommen werden könnte. Desshalb hätten sie die Botschaft
geschickt, um Friede zwischen ihrem Herrn und Ludwig zu machen,
dann über einen gemeinsamen Widerstand geg^^ die Türken, zu dem
man auch die anderen christlichen Fürsten, vo^ allen den Papst be-
wegen sollte, in Berathung zu treten. Ihnen erwiderte der königliche
61
Kanzler, ^) sein fierr sei bereit, in IVeundschaft mit dem r<$mischen
Könige und den Beichsst&nden zu leben und brenne vor Begierde,
wie er es jüngst bei Medone bewiesen, wo seine Schiffe leider zum
Entsätze zu spät kamen, den Kampf gegen die ünglftubigen im Verein
mit den anderen christlichen Fürsten aufeunehmen. Darauf erhob sich
König Ludwig, entschuldigte den Gesandten gegenüber sein bisheriges
Ausbleiben und versprach den ferneren Verhandlungen mit Theilnahme
zu folgen. Seine geheimsten B&the, von denen nie weniger als sech-
zehn anwesend waren, sollten die Verhandlungen weiterführen und ihm
über den Verlauf Bericht erstatten.
Nochmals betonten die deutschen Gesandten den Vortheil der
Einigkeit zwischen beiden Reichen. Aber diese Einigkeit — erklärten
sie — sei jetzt und zwar mit Verletzung alter, zwischen beiden Beichen
bestehender Verträge von Frankreich zuerst gestört worden. Denn
Ludwig habe in Italien Gebiete besetzt, die ohne Frage dem deutschen
Beiche unterstünden. Sie brachten die Beschwerden des Markgrafen
von Mantua, des Herzogs von Ferrara und des Grafen von Mirandula
vor nnd baten Ludwig um Bückberufimg seines in Italien liegenden
Kriegsvolkes und Nichtbehelligung der genannten Beichsstände. Sonst
sei es unmöglich, etwas Erspriessliches zu erzielen.
Hierauf erwiderten die Bäthe Ludwigs: Ihr Herr sei schon als
Herzog dem römischen Könige und Beiche stets zugeneigt gewesen;
umsomehr hege er jetzt, zur königlichen Würde gelangt, diese Ge-
fühle der Freundschaft. Und obwohl ihm manche Veranlassung zum
Kriege gegeben worden, so habe er doch des Friedens willen eine
Gesandtschaft an Maximilian und die Beichsstände geschickt. Aber
man habe sie lange hingezogen, so dass er sie unverrichteter Sache
wieder abberufen musste. Allein auch dadurch lasse er sich nicht
beirren. Hoch stünde ihm der römische König und sein Beich. Aber
das Eriegsvolk aus Italien abberufen, sei unmöglich. Denn es liege
nicht dort, um Jemandem zu schaden, sondern habe bloss die Auf-
gabe, die Leute des französischen Königs zu beschützen. Hiebei ver-
wiesen die Bäthe auf eine alte französische Ordonanz, nach welcher
der König stets eine Anzahl reisiger Leute sammt Kriegsvorrath an
den Grenzen seines Beiches zum Schutze derselben zu unterhalten
^) Gay de Bochefort.
Ö2
habe. Zu gleichem Zwecke habd ör sein Yolk in Italien liegen. Was
den Markgrafen von Mantua betreffe, so sei der Handel dem römischen
Könige nnd Beiche offenbar falsch hinterbracht worden. Der Mark-
graf habe zwar im vollen Gefühle seiner Schuld, da er in die Dienste
des Königs getreten und dann trotz seines Soldes mit den Feinden
konspirirt habe, sich erboten, ihm — Ludwig — vierzigtausend Gulden
Busse zu zahlen. Der König aber, seines Geldes nicht bedürftig, hat
die Smnme zurückgewiesen. Dennoch unterhalte der Markgraf bis
auf diesen Tag Verkehr mit den Feinden Ludwigs. Obwohl letzterer
vollkommen Becht hätte, ihn desshalb zu bestrafen, so habe er doch
gar nichts gegen um unternommen. Das böse Gewissen und die
Furcht sei es lediglich, wenn er sich durch Ludwig beschwert fOhle. ^)
Befremden müsse sie die Klage bezüglich des Herzogs von Ferrars.
Mit dem stünde Ludwig im freundlichsten Einvernehmen. Die Grafen
von Mirandula endlich hätten, da sie wehrlose ünterthanen des Königs
angegriffen, Leib und Leben verwirkt. Dennoch hätte ihr König, ob*
wohl sie einem seiner Kapitäne 5 — 7000 Dukaten gegeben, keinen
Heller von ihnen genonmieh, da er auch ihres Geldes nicht bedürfe,
er sei vielmehr gnädig mit ihnen verfahren. Es sei also keineswegs
ihres Herren Absicht, irgend etwas, das dem Beiche zustünde, an sich
zu ziehen, auch sei er sich jener alten Verträge mit Deutschland wohl
be?n]sst. Als Beweis für Ludwig's friedliche Absichten führten die
Bäthe an, es seien alle italienischen Stände ausser Venedig zu ihm
gekommen mit der unterthänigen Bitte, ihn als ihren König aner-
kennen und ihm einen namhaften jährlichen Tribut entrichten zu
dürfen. Aber Ludwig habe es ihnen eben mit Bücksicht auf sein
freundschaftliches Verhältniss zu Deutschland abgeschlagen.
Die deutschen Gesandten drückten ihre Verwunderung aus übet
den Standpunkt, den Ludwig in der Beurtheüung der Strafßllligkeit
der italienischen Fürsten einzunehmen beliebe. Da würde es — meinten
sie — ja alle Tage Ursache zum Kriegen geben, wenn er gegen jeden
von des Beiches Anverwandten, der etwas Ungebührliches gegen Frank-
') »dann im nit trowe geschehen auch dhein gelt yon ime oder den einen gefor-
dert, ob aber des marggrauen Verhandlung sorg het, were on schuld seiner ko. wirdot
hielt es dafttr, alle die ihen, so egemelt yerhandlung hören, werden darob mis&lleDi
haben* (Belation.).
63
reich nntemähme, was sie gegebenen Falles gar nicht zugestehen
wollen, sogleich mit den Waffen in der Hand einschreiten würde.
lioch sei ihr Herr, der römische König, mächtig genug, um gegen
derlei üebelthäter Bechtens zu verfahren. Der Markgraf von Mantua
habe sich stets als gehorsamer, frommer Fürst gegen das Beich und
deu römischen König gehalten, und da er ein BeichsfÜrst sei und sein
Land vom Beich zum Lehen gehe, wollten sie ihn billig entschuldigt
haben. ^) Die Debatten über diesen Punkt giengen noch lange zwischen
den Deutschen und Franzosen hin und her, in der Hauptsache aber,
der Belassung des Kriegsvolkes in Italien, blieben die Franzosen auf
ihrem Standpunkte und die Deutschen mussten nachgeben. Man be-
gnügte sich mit der Annahme der schon in ihrer Instruktion vorgesehenen
ziemlich nichts sagenden Klausel, dass das Sjriegsvolk Ludwigs weiter
ohne Schaden für das Beich und dessen ünterüianen in Italien be-
lassen werden sollte.
Nun kam die Eroberung Mailands zur Sprache. Die deutschen
Gesandten setzten des Weiten auseinander, w^e Mailand als in die
Mchskammer gehörig ein besonderes Kleinod des römischen Königs
und Reiches und ohne Zweifel deutsches Lehensgut sei Mit Zustim-
mung des Beiches habe der römische König Ludovico Sforza damit
bdehnt, nach dessen Tode jedoch sollte das Herzogthum wieder an's
Beich Men. Daher habe Ludwig gewaltthätig und widerrechtlich
gehandelt, als er den Herzog seines Landes beraubte. Vermeinte
Ludwig ein gutes Becht zu haben und es im Frieden suchen zu wollen,
der König und die Beichsstände hätten es bei gehöriger Begründung
ihm gewiss nicht versagt. So aber sei Ludwigs Vorgehen fdr Ludo-
vico Sforza schimpflich und gehe vor anderen Nationen gegen die
Ehre des römischen Königs. Ihre Bitte sei daher, er möge Mailand
wieder zu Händen des Beiches stellen.
Dagegen wurde von französischer Seite folgender Einwand er-
hoben: Das Herzogthum Mailand stünde Ludwig als sein väterliches
Erbe nach göttlichem und natürlichem Bechte, nach aller Vernunft und
Billigkeit zu. Durch die Besetzung habe er nur das Seinige an sich
genommen und keineswegs gefrevelt Johann Galeazzo vicecomes und
*) »ob er sich auch anders gehalten dann ime gepurlich, were ko. mt. sin rechter
herr za recht muglich wol mechtig* (Relation).
64
comes yirtatam habe seine erstgebome IFochter Valentine dem Hemg
Ludwig Yon Orleans, Vater des jetzigen Königs, znr Ehe gegeben mit
der Bestimnmng, dass wenn er ohne mSnnliche Leibeserben stQrbe und
dann seine Tochter Valentine noch am Leben sei, diese nnd ihre Nach-
kommen das Herzogthnm erben nnd besitzen sollen. Wenn auch
Herzog Ludwig von Orleans sein gates Becht nicht geltend machen
konnte, so sei das für den Bechtsfall ganz .irrelevant. Als der Hei-
rathsvertrag geschlossen wurde, so w&re gerade der römische Kaiser-
thron erledigt ^) gewesen. Desshalb * habe der Papst, der hiezu Macht
habe, denselben bestätigt. Uebrigens habe Ludovico Sforza gar kein
Becht auf MaUaind. Indem er als Tyrann seine ünterthanen aas-
saugte, so konnte Ludwig nicht Iftnger dem zusehen. Die Bewohner
Mailands hätten ihn auch gebeten, sich ihrer anzunehmen, und wäre
es Ludovico nicht gelungen, während der Erkrankung des französischen
Königs Einige durch baares Geld zu bestechen, so wäre er gar nicht
mehr zurQckgekommen. Ludovico habe dadurch den französischen
König an seinem väterlichen Erbe angegriffen und ihn daraus zu ver-
treiben gesucht. Er sowohl wie sein Vater habe sich stets des Wap-
pens und Titels von Mailand bedient Auch habe er an den römischen
König und die Beichsstände eine Botschaft abgefertigt mit der Bitte
um Belehnung mit Mailand. Aber man habe sie ungehört wieder
heimgeschickt. Dann habe er mehrere Male schriftlich um die Be-
lehnung gebeten. Er bitte auch jetzt darum, als treuer Beichsvasalle
wolle er den römischen König zur Kaiserkrönung nach Born geleiten
und ihm die ungehorsamen Beichsstände in Italien unterwerfen helfen.
Femer aber bestehe ein Becht, dass wenn ein Lehensmann in einem
entsprechenden Termine die nachgesuchte Belehnung vom Lehens-
herm nicht erlange, der Lehensherr sein Becht auf das Lehensgat
verwirkt habe. Wenn er auch annehmen wollte, dass Mailand, in
welchem Ludovico Moro tyrannisch regiert habe, nach dessen Ver-
treibung wieder an^s Beich gefallen, so dürfe doch nach geschriebenem
Becht das Beich Mailand nicht an sich behalten, sondern müsse es
weiter zu Lehen geben. Dann aber wäre vermöge seiner Macht wohl
keiner würdiger, dasselbe zu empfangen und als Lehensmann gegen
die Türken zu ziehen, wie der französische König. Er habe also nach
^) Wenzel war nur römischer KOnig.
65
gutem Becht Mailand besetzt und gedenke es zu behalten. Von seiner
Mutter her sei Ludwig ein deutscher Fürst und rühme sich vieler
Freundschaft bei der deutschen Nation. D'rum hoffe er, man werde
ihm die Belehnung nicht versagen.
Die deutschen Gesandten Hessen es nicht an einer gründlichen
Widerlegung der französischen Ansprüche fehlen: Eben weil Mailand
eine Kammer und ein Eigenthum des heiligen Beiches gewesen und
noch sei, habe der comes virtutum Johann Oaleazzo gar nicht das
Becht gehabt, durch pacta dotalia fremdes Out zu veräussem. Oaleazzo
sei ein vicarius generalis in Italien gewesen und es liege doch auf
der Hand, dass ein vicarius, der jederzeit seines Amtes entsetzt werden
konnte und dasselbe höchstens auf Lebensdauer innehabe, ein so merk-
liches Out nicht wider Amt und Pflicht vergeben dürfe. Aber auch
nach gemeinem Bechte seien die pacta dotalia ungültig. Nachdem
der König sich erboten habe, ihnen die bezügliche Urkunde sammt
der p&pstHchen Confirmation zu zeigen, so nehmen sie dieses Aner-
bieten hiemit an. Denn wenn der König wirklich Oerechtigkeit auf
Mailand hätte, so w&re es nicht die Absicht des römischen Königs
und Beiches, anders als nach Becht vorzugehen. Allein sie können
diese Oerechtigkeit nicht anerkennen. Nicht als Vermittler seien sie
erschienen, um einer Partei gegen die andere zu Oefallen zu reden,
um hiebei erst zu ergründen, wer Becht zum Besitze Mailands habe.
Da mm Ludwig sich vernehmen liess, dass, wenn er kein Becht auf
Mailand hätte, er sich des Landes in keinem Falle bemächtigt hätte,
so hoffen sie, dass er auch, sobald er die Bechtlosigkeit seiner Ansprüche
erfahre, von seinem Beginnen abstehen werde. Es sei nun die con-
ditio, auf die hin Ludwig seine Argumentation stützt, nicht in Er-
füllung gegangen. Denn selbst angenommen, Johann Oaleazzo habe
Macht gehabt, über Mailand frei zu verfügen, so setzen die pacta den
Erbfall der Yalentina nur beim Mangel männlicher Descendenz Oa-
leazzo's voraus. Nun habe aber Johann Oaleazzo zwei Söhne Namens
Johann und Philipp hinterlassen. Damit wäre die conditio exstinguirt
Als Philipp nadi vielen Jahren der Herrschaft ohne Hinterlassung ndnn-
licher Erben starb, so sei das Herzogthum dem Beich heimgefallen, selbst
dann, wenn Philipp damit belehnt worden wäre, was jedoch nicht der
Fall gewesen. Kaiser Friedrich lU. habe auch das Land mehrmals ein-
gefordert Aber Franz Sforza und dessen Söhne nsurpirten, ganz so
Kraus, Nflrnb. Belchsreir. 5
66
wie früher die Galeazzen, die Herrschaft und erhielten die Belehnimg
nicht, obwohl sie dem Kaiser Friedrich viermalhundert- und jedem
Kurfürsten dreissigtausend Dukaten angeboten haben. Herzog Ludovico
ward von Neuem vom römischen König mit Zustimmung der Kur-
fürsten auf Lebensdauer damit belehnt. Mit seinem Tode wäre Mai-
land wieder an^s Beich gefallen. Dass Kaiser Friedrich nach Herzog
Philipps Abgange Mailand nicht an sich gebracht, sei nicht seine
Schuld gewesen. Die Sorge für das Keich und die Gewalt der Un-
gehorsamen habe ihn daran verhindert. Aber damit sei Mailand
keineswegs vom Beiche abgekommen. Nach den Zeiten des grossen
Kaisers Karl, der zuerst Italien zum Beiche deutscher Nation gebracht,
sei zwar unter seinen Söhnen den römischen Kaisem viel Ungehorsam
in Italien begegnet. Aber Kaiser (sie) Heinrich L und Otto der
Grosse (sin sene!), dann Kaiser Friedrich L, Konrad und andere
haben es wieder zu Gehorsam gebracht. Wie es insbesondere
Kaiser Friedrich mit Mailand gehalten, sei wohl männiglich bekannt
Auch Buprecht zog nach Italien. Mailand beim Beiche zu behalten^
sei der Wille aUer römischer Kaiser und Könige gewesen. Auch aus
der Art der jüngsten Belehnung gehe diese Absicht klar hervor.
Femer sei noch zu beachten : die beiden Brüder Barnabas und Johann
Galeazzo der Aeltere haben sich nach gewaltsamer Besetzung Mai-
lands als vicarii des heiligen Beiches gehalten und geschrieben. Bar-
nabas' Tochter Johanna vermählte sich mit Johann Galeazzo's Sohn,
dem gleichnamigen Johann, auch comes virtutum genannt. Ans dieser
Ehe stammte Yalentina, die Ahnfrau des jetzigen Königs von IVank-
reich. Aber auch Johannes comes virtutum hat sich anfangs Yicar
des heiligen Beiches geschrieben. Wenn er sich später sowie sein
Sohn Philipp Herzog von Mailand nannte, so wüssten die Gesandten
doch nichts von ihrer Belehnung durch das Beich. ^) Auch wenn diese
A) Es ist nicht anzunehmen, dass die Gesandten von der am 11. Mai 1895 toU-
zogenen Belehnung des Johann Oaleazzo*s durch König Wenzel nichts gewusst h&tten. Aller-
dings geschah diesselbe ohne Wissen des Beiches. Sie meinten also offenbar, das Beich als
solches habe ihn nicht belehnt. Immerhin ist dieser Fonkt nicht ganz klar. Audi ist
in dem Diplom Ton 1895 ?on Mailand als Mannlehen keine Bede. In Wensels Diplom
(abgedr. bei Dumont corps unir. dipl. II/l p. 286.) heisst es: decementes expresse, quod
tu, heredes et sucoessores tui duces Mediolani . . . gaudere debeatis und an einer zweiten
Stelle: »quod tu, heredes, successores tui perpetno duces et principes . . . nominari . • .
63
erweisslieli wftre, so wflrde so gat^ wie alle grossen Lehen in Deutsch-
land, aaeh Mailand als Mannlehen zu betrachten sein, wenn nicht
ansdrfieklißh mit Bewilligung des Ldiensherm eine Ansnahme gemacht
wmrde. So k(mnte also Johann Oaleaszo das Maonlehen Mailand nicht
auf seine Tochter verarben. Aber auch die pftpsttiehe Gonfirmation,
von der sie, der römische Etaig und das Beich keine Eenntmiss haben,
sei ungOliig. Denn die üngflltigkeit der pacta dotaUa ziehe umso-
mehr die üngflltigkeit ihrer Gonfirmation nach sich, üebrigens habe
der Papst gar kein Beeht, wfthrend eines Interregnums ^) Lehen des
Beiches zn yergeben. AusdrfickUch bestimme die goldene Bulle
Karls lY^ dass nadi dem Tode des Kaisers dessen Nachfolger die
Belehnnngen zu ertheilen habe. Das rOmische Beich ist von
Gott gesetzt und nicht vom Papste. Daher diese Confir-
miation dem KSn%e Ludwig gar kein Becht verleihen könne. Doch
bitten die Gesandten, sie jedes&lls besichtigen zu dflrfen. Wenn König
Ludwig weiters behaupte, ex habe nach göttlichem und menschlichem
Rechte sein vUerliches Erbe recuperirt, so könnten dies die Gesandten
audi nicht verstehen. Wiedergewinnen könne man doch nur ein
Gut, das man bereits besessen. Nun habe weder dessen Ahnfrau
Yalentina, noch sein Vater, noch er Mailand je innegehabt. >) Nun
sagt das Becht sehr klar, dass wenn Jemand ein Gut, das sein ist,
mit Gewalt dem, der es iun^at, wegnimmt, dadurch sein gutes Becht
verwirkt habe. Mag dies nun bei König Ludwig noch so sehr der
Fall sein, so habe er doch den Herzog Ludovico, der im ruhigen Be-
sitze des Landes gewesen, desselben beraubt: «was penialldas vfim
trage, ist den rechtgelerten nit verborgen.« Damit soll aber durch-
aus nicht gesagt werden, Herzog Ludovico habe Mailand widerrecht-
lich besessen. Und wenn er auch angeblich kein Becht gehabt, als
Tyrann gewirthschaftet und die ünterthanen schwer bedrückt habe,
dttbeatis«. BezflgUdi der BeclitBfrage vorwoiMii wir auf Th. Lindner, Geseh. des d.
fiddiet UDier Wenzel li. p. 826 it
Die Oesandten denken hiebet immer aa die Zwischenpaose nach dem Tode eines
Herrschers bis zom Regierungsantritte des Nachfolgers. Die päpstliche Conflrmation ent-
)i41t a]>er die Clansel »racante imperio« (denn Wenxel war damals römischer König).
*) »wie mOcht dann gesagt werden ir heit die possestion wider erobert md recu-
peiiert» dieweyl doch wider Tberkomen ein Torgeends komen oder innhaben ?f sich tragen«
(Belation).
6*
68
so folgt daraus mcht, dass Mailand dem König Ludwig zustehe, er
mit wehrhafter Hand in^s Land einfallen und damit in die Obrigkeit
des Beiches eingreifen dürfe. Den Gesandten sei auch nicht erinner-
lich, dass Ludovico dem Könige, als er noch Herzog von Orleans
gewesen, Asti habe nehmen wollen, es wäre denn, dass er angegriffen
sich zur Wehre gesetzt hätte. Auch der Gebrauch des Titels und
Wappens könne unmöglich einem Dritten an seinem guten Bechte
schaden. EndUch sei es ihnen nicht bekannt, dass der Lehensherr
beim Heimfall des Lehens verpflichtet wäre, dasselbe weiter zu leihen.
Sehr oft geschehe gerade das GegentheU, wie man es am besten bei
den grossen französischen Lehen sehen könnte. Gewiss halten sie die
Person des französischen Königs für sehr wflrdig; aber es habe ihm
nicht geziemt, einen Fürsten des Beiches also ohne Becht zu ver-
treiben und gegen den Willen des Beiches dessen Eigenthum zu be-
setzen. Sie könnten nach alledem zur Zeit nicht einsehen, dass das
Becht in diesem Falle auf Seite Frankreichs stehe und müsse ihn
daher auffordern, das Herzogthum mit Bücksicht auf die alten Einig-
keitsverträge dem Beiche wieder zurückzustellen. Nochmals erneuerten
die Gesandten ihre Bitte um Einsicht in die pacta dotalia und deren
päpstliche Confirmation.
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Gesandten eine recht
energische Sprache führten, welche ihre Wirkung bei den französischen
Mthen nicht verfehlte. ^) Zunächst suchten sie mit gleicher Schärfe
zu entgegnen: Ihr König wolle nichts anderes haben, als was ihm
zustünde. Die pacta dotalia seien schon an und für sich rechtskräftig.
Auch habe der Papst die Macht der Confirmation. Im Falle einer
Thronvacanz in Deutschland habe er im Beich ebenso viel und
noch mehr Gewalt als ein römischer Kaiser und alle
seine Kurfürsten. Das sei geschriebenes Becht: das Beich komme
auch vom Papste und der Kirche und jedes Ding gehe dorthin zurück,
woher es fliesse. ^) Der römische König sei dem Papst verpflichtet,
werde von ihm approbirt und reprobirt, gekrönt und auch abgesetzt
Im römischen Beiche habe der Papst vielmehr Gewalt als in jedem
^) »ob diser vnser rede haben des EOnigs r&te nit sonder gefallen gehobt* (Relation)«
>) »loaff ynd flies ein jeglich ding bald daher es kome vnd wider in sin Trspmng*
(Belation).
69
anderen E0nigreich$, die nicht so der Kirche unterworfen sind und
als Erbe zufielen. Es sei auch die conditio in den pfictis dotalibus
zu Becht bestehend. Denn obwohl Johann Galeazzo zwei Söhne binter-
liess, von denen namentlich Philipp durch viele Jahre regierte, so spricht
doch die präsumtio juris dafOr, dass er mit Mailand belehnt gewesen,
wie es auch bei dem Vater 6aleazzo*s der Fall gewesen sein soll. ^)
Aber sie haben das Dokument mcht gesehen und gestehen, dass nur
die Yermuthung dafür spreche. Als Philipp ohne Hinterlassung
männlicher Leibeserben gestorben, sei Yalentina nach dem Ehever-
trag und dem gemeinen Bechte, das da bestimmt: «Im Falle,
dass in einem Handel eine Bestimmung ausgelassen wurde, so habe
diese Bestimmung ihre Auslegung nach dem gemeinen Bechte zu er-
halten* zur Nachfolge berechtigt. Denn da Johann Galeazzo unter
der Yoraussetzung des Mangels männlicher Erben Yalentina und ihre
Nachkommen als Nachfolgerin bestimmte, so musste er sie auch dann
woll^ als Philipp ohne m&nnliche Leibeserben gestorben. Es gelte
zwar als Begel, dass Ffirstenthtlmer und Gra&chaften fOr Mannlehen
gehalten werden, dennoch erscheinen an vielen Orten, anders als in
Deutschland, die Töchter gleich den Söhnen als erbberechtigt und dies
im Lehens- und Bestandbrief ausdrücklich bemerkt oder die Natur
des Lehens verändert. So habe ja Erzherzog Philipp Flandern geerbt
Dies zu bestätigen habe der Papst wohl vollkommene Gewalt. Zudem
müsse es ja dem Belebe gleichgültig sein, ob der König von Frank-
reich oder ein anderer das Lehen innehabe und davon nach Herkommen
diene. Der römische König könne inmierhin in Mailand, das von
altersher fOr ein Herzogthum gehalten wurde, gekrönt werden. Es
sei auch Becht, dass die dem Beiche heimgefallenen Lehen weiter
geliehen werden. Der Yergleich mit den firanzösischen Lehen sei nicht
ganz zutreffend. Denn viele dieser Lehen &llen beim Aussterben des
Mannesstapimes nicht an Frankreich. Nur jene Lehen, die man « ap-
ponda * nenne. Wenn nämlich ein König von Frankreich viele Kinder
habe und es folgt ihm der älteste Sohn als König, so erhalten die
jüngeren Söhne Fürstenthümer oder Grafschaften, die vom Königreich
ausgehen, wodurch dasselbe umsoviel weniger an Beuten und Gülten
*) Man hatte also in Frankreich keine sichere Kenntniss Ton der Belehnnng
Wenzels 1895.
70
einnehme. Wenn nun diese Lehenstr&ger ohne m&nnlidie Erben
sterben, so fallen ihre Gebiete wieder an die Krone. So vererbt sich
auch das Königreich, indem ein französischer König im Wege der
Erbschaft, nicht durch die Kur wie der römische König erhoben werde,
auch nicht die Krönung und Best&tigung vom Papste empfange und
diesem unterthan sei. Daher bleiben sie bei ihrer vorigen Meinm^
und hoffen, dass der römische König nicht zögern werde, Ludwig die
Belehnung zu ertheilen.
Die Erwiderung von Seite der deutschen Gesandten geschah in
gleich erregtem Tone: ^) Sie seien als Vermittler des deutschen Beiches
zwischen ihrem und dem französischen König geschickt worden und
nun müssen sie sehen, dass der Handel schwieriger zu schlichten sei
denn je. Sie können die dem Papst zugeschriebene Gewalt nicht
anerkennen und der französischen B&the gethane Bede sei wider die
göttliche Ordnung, Becht und menschliche Yemunfb. Dies mtissten
sie sagen, nicht um den Papst durch ihre Disputation zu schmShen,
sondern um die Ehre und Würde des Beiches zu retten. Es sei doch
seltsam, von gelehrten Leuten zu hören, dass der Papst Gewalt über
die weltlichen untm* der Obrigkeit des Beiches stehenden Gtlter be-
sitze; sei doch gerade das Gegentheil der Fall. Alles was der Papst
an weltlicher Obrigkeit besitze, sei ihm aus Gnade und Müde der
römischen Kaiser zugestanden. Ob die Gonstantinische Donation ge-
schehen oder nicht, ob dieselbe best&ndig sei oder nicht, sei im Moment
noch Streitfrage der Bechtsgelehrten. Koch viel weniger hat der
Papst Madit, über das Eigenthum des Beiches zu verfttgen. Der Papst
befinde sich unter dem Schutz des römischen Königs. Nun sei es
unerhört, dass der Schützling seines Schutzherm Eigenthum zn ver-
geben Macht hätte, vielmehr sei das Gegentheil der Fall Und wem
auch der Papst in seinen Briefen schreibe, diese Macht zu besxtsen,
so könne das an dem guten Bechte drs andern nichts alteriren.
«Damit sei eben, was unerlaubt ist, die Sichel in einen
fremden Schnitt gehängte Was die französischen B&the
^) »Uff das haben wir mit gantzem bewegtem gemüt viid werten, nachdem
wir nit biecher byhanden gehabt, auch nit souil bericht als wol notdürftig gewesen, yns
Tsser Tnter kleinen rerstentnus md etlichen hystorien, so wir, die zyt xaufirtryhen, ge-
lesen, behelfen müssen, geantwurt md geredt* (Relation).
71
meinten, könne auch nicht die Auffassung des Papstes und der Kirche
sein. Dagegen sei das wahre Yerh<niss auf dem Eostnitzer und
Basler Konzil, dann vom grossen französischen Gelehrten Gerson ganz
richtig festgestellt worden, wie es auch dem Evangelium und den
kaiserlichen und päpstlichen Ordnungen entspreche. Denn ein
römischer König ist in weltlichen Dingen ein Statt-
halter Gottes und der lebendige Brunnen seiner Obrig-
keit; er ist Yon rechtswegen ein Herr der ganzen Welt
und stets dafflr gehalten worden, ihm sind auch alle
anderen Könige unterworfen. Das beweisen die Schriften der
Bechtsgelehrten, deren Studium sie den französischen Bäthen anem-
pfehlen möchten. In einem bestimmten von den Gesandten ent-
wickelten Falle habe auch der Papst folgenden Satz im obigen Sinne
aufgestellt: ,Es hat sich der römische König nicht geschämt, sich
seines Unrechtes wegen der Kirche zu unterwerfen und dafür brüder-
liche Strafe zu empfangen, umso vielmehr müsse das auch ein König
von Frankreich und England thun*^. Damit sei ja die Erhabenheit
des römischen Königs über die anderen Könige erwiesen. Und wenn
es heisst, in geistlichen Dingen, bei Ketzerei, mag der Papst einen
römischen König strafen, so folgt daraus nicht, dass der Papst über
ihn mehr Gewalt habe, als über den französischen König. Denn
solcher Ursachen wegen habe der Papst umso grössere Macht, die
anderen christlichen Könige zu bestrafen; wie es auch zu lesen ist,
dass die Päpste Könige von Frankreich, Ungarn, England, Portugal
und Spanien abgesetzt hätten. Femer nicht durch die päpstliche
Krönung, sondern durch die Wahl der Kurfürsten habe der römische
König vollkommene Gewalt im Beich. Die Krönung will bloss sagen,
dass er als Herr über alle Beiche erklärt sei. Denn wenn die Krö-
nung den römischen König dem Papste verpflichten würde, so müsste
ja auch der Erzbischof von Bheims der Herr des französischen Königs
sein. Ebenso müsste dies vom Erzbischof von Köln gelten, der den
römischen König zuerst krönt. Die Wahl der Kurfürsten und nicht
die Zustimmung des Papstes approbirt den römischen König. Der Papst
verkündet bloss dem Erwählten die Strafen, die er im Namen Gottes
und nicht als Oberhaupt der christlichen Könige handhabe. Das finde
man alles gedruckt. Sie verwahren sich also gegen die französische
A.uffiissung von der päpstlichen Macht. Denn wenn sie richtig wäre.
72
so könnte ja der Papst oline jede Ursache nach dem Tode eines fran -
zösischen oder anderen Königs deren Länder an sich nehmen oder
nach seinem Ge&llen verschenken. Es ist auch unrichtig, dass das
heilige Seich vom Papst auf die deutsche Nation gekommen sei
Ebenso befremdlich sei es zu hören, dass>üe Gonfirmation des Papstes
bei einer Sedivacanz in Deutschland vermöchte, dem Beiche dessen
Kammer in Italien zu entziehen. Da könnte vacante imperio der
Papst lieber gleich das ganze Reich verschenken. Das sei doch gegen
jede christliche Ordnung und menschliche Vernunft. Dass Johann
Galeazzo selbst wusste, wie wenig Becht er zur Vergebung Mailands
habe, erhellt daraus, dass er es ffir nöthig fand, die Gonfirmation des
Papstes nachzusuchen. Da femer Valentma nach gemeinem Bechte
nicht lehensfllhig war, so besass sie keine Bechte, die sie auf ihre
Kinder vererben konnte. Wenn die französischen Bäthe meinten, der
römische König und die KurfQrsten hätten sehr weise gehandelt, das
Herzogthum nicht gegen Geld an Franz Sforza, Ludovico und dessen
seelige Brüder zu verleihen im guten Wissen von dem Bechte des
französischen Königs und seines Vaters, so könnten die deutschen
Gesandten dies in diesem Sinne nicht gelten lassen. Im Gegentheil
sprechen viel mehr Gründe dafür, dass Mailand beim Beiche bleibe,
als dass gewisse französische Lehen beim Aussterben des Manns-
stammes an die französische Krone heimfallen. Nach alledem sei ihre
gütliche Meinung, dass die französischen Bäthe einsehen möchten, dass
ihr König gar keine Bechtsansprüche erheben könne, und wie sehr er
zur Herausgabe Mailands verpflichtet sei.
Wie nun die französischen Bäthe merkten, dass ihre Argumen-
tation von der Macht des Papstes bei den deutschen Gesandten üble
Aufnahme fand, lenkten sie ein und baten, man möge ihre Worte
nicht ungütig aufnehmen. Es sei ja nicht dem römischen Könige
und dem deutschen Beiche zur Unehre geschehen, sondern nur zum
Beweise für das Anrecht ihres Herrn. ^) Bei der Erfolglosigkeit der
Versuche, Prankreich zur Verzichtleistung auf Mailand zu bewegen,
hielten es die deutschen Gesandten für das Beste, neue Angriffspunkte
^) »ynd nachdem vfl reden g^gen Tnd wider einander geschehen ynd der handel
mit des bapsts gewalt na rerdrosaen haben, sie den wollen ein glimpf geben etc.*
(Belation).
73
aus der Einsicht in das Original des Heirathstraktates und der Oon-
firmation zu gewinnen. Aber man zögerte von französischer Seite mit
der Vorlage derselben aus Grflnden, die später ihre Erklärung finden
werden. Die Gesandten machten nun den Vorschlag, Ludwig möge
Mailand als Beichsgut wenigstens zu dritter Hand stellen und sein
vermeintliches Becht auf einem zu vereinbarenden Beichstage erweisen
lassen. Auf diesen Vorschlag im Allgemeinen giengen die franzö-
sischen Säthe ein. Sobald aber die deutschen Gesandten, darauf ge-
stützt, dass Mailand zum Reiche gehöre, es sich also um einen Beichs-
streitfall handle, das Beich selbst, oder die Eurffirsten oder das
Kammergericht oder das Nflmberger Begiment als neutrales Entschei-
dungsorgan bezeichneten, wichen die französisdien B&the durch den
Antrag aus, den Fall durch ein gemeinsames von deutscher und fran-
zösischer Seite zu bestellendes Gericht auf neutralem Boden zu Ostern
kommenden Jahres entscheiden zu lassen. Als geeignetster Verhand-
lungsort erschien ihnen das päpstliche Avignon. Aus der Art des
Yorschlages gewannen die Gesandten bald die üeberzeugung, dass
die Franzosen den Urnen günstigen Papst zum Obmann zu bestellen
beabsichtigten. Doch Hessen sie dies nicht merken und meinten bloss,
die Sache erscheine desshalb undurchführbar, da leicht Misshellig-
keiten bei der Wahl des Obmannes und ein weiteres Hinausschieben
des Streitfalles daraus entstehen könnte. Sobald die Franzosen den
Widerstand der Gesandten merkten, Hessen sie den Vorschlag ganz
fallen und kamen in der Folge auf denselben gar nicht mehr zurück.
Dieser Ausweg war nun abgeschnitten und man sann auf andere
Mittel zur Beilegung des Streitfalles. Eine völlige Verzichtleistung
von Seite des Beiches auf Mailand hielten die Gesandten für unan-
nehmbar. Sie schlugen vor, Ludwig möge sich wenigstens durch eine
grössere Summe Geldes oder durch den Empfaug eüier jährlichen
Pension oder einiger Städte zur Herausgabe Mailands bewegen lassen.
Auch dieses Anerbieten schlugen die französischen Bäthe als undis-
kutirbar ab. Auf die Beschwerde der Gesandten, dass Ludwig auch
italienische Grafschaften und Städte, die nicht zu Mailand, aber unter
die Hoheit des Beiches gehören, erobert hätte, ertheilten sie keinen
Bescheid Nun baten die Gesandten, die Franzosen mögen selbst
Mittel und Wege angeben, wie auf eine für Deutschland annehmbare
Weise der mailändische Streitfall geschlichtet werden könnte. Gerne
74
seien sie bereit, einen bezQglichen Yorscblag unter Vorbehalt
, Hintersichbringens '^ mit ihnen zu besprechen. A-llein die franzö-
sischen Bäthe blieben bei ihrer ursprünglichen Meinung, Ludwig könne
unmöglich auf sein Eigenthum verzichten. Zugleich gaben sie der
Gesandtschaft zu verstehen, als gewänne es den Anschein, sie sei bloss
zum Studium der Verhältnisse nach Frankreich gekommen und habe
keine andere Gewalt, als nur zu hören. Man fragte sie, ob etwa eine
andere Gesandtschaft mit umfassenden Instruktionen unterwegs sei?
Gegen diesen Verdacht legten die Gesandten natürlich Verwah-
rung ein.
Unterdessen fanden sie Gelegenheit, sich dem päpstlichen Legaten
g^enüber über die verächtliche Sprache der Franzosen, und ihre Auffas-
sung von der päpstlichen Gewalt und ihr Zögern in der Vorweisung
des Heirathsbriefes der Valentine zix beschweren. Der Cardinal ver-
sprach ihnen, dass sie die gewünschte Einsicht, selbst wenn es etlichen
Leuten nicht genehm sein sollte, ihr Wort zu haltai, erlangen werden.
Nöthigenfalls werde er selbst mit dem Könige sprechen. Von fran-
zösischer Seite Hess man den Gesandten bedeuten, sie mögen vor-
bringen, was sie sonst noch üi ihrer Instruktion hätten. Denn der
König sei ihnen zu Gefallen ohnehin länger hier geblieben und habe
die Absicht, morgen aufzubrechen. Es sei genug disputirt worden,
man möge sich beiderseits kurz fassen.
Hierauf Hess sie der König zu sich üi sein Gemach zum Ab-
schied entbieten. Er hielt ihnen m Gegenwart des Cardinais d^ Am-
boise im ernsten Tone vor: „Seinem lieben Bruder, dem römischen
Könige, sei er von jeher besonders geneigt gewesen, von seiner Mutter
her sei er ein gebomer Deutscher und von Mailand her in besonderer
Freundschaft zu Maximilian und vielen Kurfürsten. Er selbst hätte
einst deutsch sprechen gekonnt, es allerdings wieder verlernt. Die
Deutschen seien ihm vom Herzen, nicht minder wie die Franzosen
lieb. Er gedenke nicht, dem Seiche etwas zu entziehen. Mailand
aber sei sein eheHches und väterliches Erbe, er wie sein Vater habe
sich des Wappens und Titels stets bedient. Ludovico Sforza sei dem
römischen König und Beich lange ungehorsam gewesen, habe tyran-
nisch regiert und ihn befehdet. Nun habe ihm Gott das Glück und
den Sieg gegeben^ um das Seine zu behaupten, wofür er dem römischen
König und Beich gern dienen wolle. Man möge ihn billig dabei be-
75
lassen. Denn bevor er aaf Mailand verzichte, wolle er lieber die
£rone von Frankreich niederlegen. Er begehre von den Gesandten,
sie möchten von ihm nicht etwas verlangen, wozu sie ihm, w&ren sie
seine B&the, gewiss nicht rathen würden. Sie möchten daher, sofern es
ihre Instruktion zulasse, andere Wege vorschlagen oder die Sache
vorerst nach Hause berichten. Er sei der Zuversicht, der römische
Etoig nnd das Beich werde ein Einsehen beztiglich seiner Geredit»
same auf Mailand haben. * Da die Gesandten nun sahen, dass Ludwig
nicht gewillt war, von seinem vermeintlichen Bechte abzulassen, be-
schränkten sie sich anf folgende Erwiderung: «Wenn sie so eingehend
verhandelt h&tten, so sei das in guter Absicht geschehen, zum Theil
auch durch die französischen Bäthe provodrt worden. Sie h&tten
nicht finden können, dass irgend StichhUtiges gegen ihre Meinung,
dass Mailand zum deutschen Reiche gehöre, vorgebracht worden. Wie
dem auc^ sei, merken sie doch, dass Ludwig auf seinem Bechte be«*
stflnde. Sie wüssten daher in dieser Sache weiter keine YorscUäge
zu machen. Wenn der König welche machen wollte, so möchten sie
dieselben gern hören und darüber zu Hause berichten. Denn Mai-
land, ein solches Kleinod der deutschen Krone, so bedingungslos an
Frankreich ausliefern erscheine ihnen unleidlich. Wolle sich der König
ihnen eröfhen, so verpflichten sie sich nach Möglichkeit zur Geheim-
haltung*. Ludwig entgegnete hierauf, dass er Mailand nicht des
Nutzes wegen behalte, koste es ihm doch dreimal soviel, als es eintrage.
Doch wolle er eine Antwort in Erwägung ziehen. Unterdessen sollten
die Gesandten mit seinen B&then weiter verhandeln, was ihm und
dem römischen Könige zum Frieden diene. Hierauf nahmen die Ge-
sandten ihren Abschied mit der Bemerkung, dass sie in der Sache
weiter zu handeln keinen Befehl h&tten.
Am 7. Dezember verliessen die Gesandten Plesais und folgten
dem Könige nach Bleis nach. Dort wurden die Verhandlungen wieder
aufgenonunen. Auf ihre wiederholte Bitten um Vorlegung des Hei-
rathsvertrages wurden sie in das Haus des Kanzlers geleitet, wo man
ihnen in Gegenwart vieler Gelehrter denselben vorlas und zur Be-
sichtigung überwies. An dem Dokument selbt, was Schrift, Siegel,
Pergamet anlangte, konnten sie nichts verd&chtiges finden. Desto
mehr bot ihnen aber der Inhalt Veranlassung zu weiteren detaillirten
76
Emwänden. i) Erstens gehe aus dem Wortlaut des Titel Johann
Galeazzo's hervor, dass derselbe nicht Herzog von Mailand gewesen.
Dann sei ja im Heirathsvertrag das Wort ,Maüand« als Erbstück gar
mcht genannt. Es beziehen sich daher Galeazzo's Vergabungen m
auf seine Eigengflter, die er allerdings auch auf eine Frau vererben
konnte. Ferner sei Clemens — vormals Petrus de Lima — gar nicht
rechter Papst, sondern ein Schismatiker gewesen, den Mos Frankreich,
Spanien und Catalonien anerkannt hätten. Zum rechtmassigen Papst
sei in Bom Urban VL gewählt worden. Clemens habe von Frank-
reichs Gftade gelebt. Welche Kraft den Handlungen, die Qemens
dem französischen König zu Lieb gethan, innewohne, sei demnach
leicht zu ermessen. Das finde man auch in vielen GeschichtsbOchenL
Nun sei zwar später auf dem Conzü zu Kostnitz beschlossen worden,
um weiteren Verwirrungen vorzubeugen, dass alles, was Urban YL
und seine Nachfolger erlassen, fttr Deutschland, Itaüen, Ungarn und
England, was Herr Clemens und seine Nachfolger erlassen, fllr Frank-
reich, Spanien, Catalonien rechtsgütig sein sollte. Nun üegt aber
*) Die Gesandten geben in ihrer Eelataon den Inhalt des Vertrages folgendermasseD
an: »Johann Galeazzo yicecomes und comes yirtutum, generalis vicarius imperii per Italüun
gibt 1886 zu PaYia seinem Marschall Macht, die Heirat zwischen Herzog Ludwig, Solm
des Königs Ton Frankreich, und seiner Tochter Valentina abzuschUessen. Dieselbe Von-
macht ertheUt Valentina dem Marschall. Derselbe schliesst den Vertrag unter Zustim-
mung des Papstes auf folgende Bedingungen ab : Der MarschaU yerhelsst als Heiratsgnt
nach erfolgtem Beischlaf dem Herzog Ludwig j&hrlich 80.000 Dukaten, Terschrieben auf
die Grafschaft Asti sammt allem Zugehör; für jeden fehlenden Dukaten sind binnen Jahres-
frist zehn andere zu entrichten. An Baargeld soll Johann Galeazzo dem Herzog Ludwig
450.000 Dukaten geben. Dagegen soU der Herzog seiner Gemahlin 60.000 Dukaten
jÄhrlicher Gfllte rerschreiben. Stirbt Valentina ohne Leibeserben Tor Ludwig, so soU aUes
bis auf 100.000 Dukaten an den , Grafen« Johann und dessen Erben fallen. Stirbt
Johann ohne männliche Leibeserben und überlebt ihn Valentina oder ihre Nachkommen-
Schaft, so sollen »gedachter her Johanns herrschaften land md gute aUes fiOleii if ge-
dachte Bin tochter Valentinam ?nd ire posteritet«. Doch behalt sich Johann Galeazzo
Tor, wenn er noch Töchter erhalten soUte, diese mit baarem Gelde auszustatten. Besiegelt
nnd beeidet Ton Johann Galeazzo dto. VL idus Mai 1887. Hierauf folgt die Confirmation
des Papstes Clemens (VIL), durch welche derselbe in Anbetracht der grossen Verdienste
des französischen Königs und vacante imperio die Vergabung yon Asti (cuius sapremum
dominium ad Imperium spectat) und aUe Bestimmungen des Vertrags confirmSrt and alle
gegentheiligen Bestimmungen für nuU und nichtig erklfcrt«. Soweit die DarsteUnng der
Gesandten. Der Wortiaut des Veriarags liegt ror in Corio istoria di Milano.
77
Mailand in Italien und gehöre überdies zum deutschen Reiche. Hie-
mit sei es Uar, dass dieser Conflrmation keine Bechtskraft innewohne.
Der französische Kanzler blieb nichtsdestowenig auf dem alten
Standpunkt stehen. BezQglich der Beschlüsse zu Eonstanz und Basel
schützte er seine Unkenntniss der dortigen Abmachungen vor und
berief sich in der Yertheidigung seines Herrn vor allem auf das
menschliche Yemunffcrecht
Tags darauf sandte Ludwig zwei angesehene Persönlichkeiten,
Präsidenten in Paris, zu den Deutschen. Schon machte man sich auf
ihrer Seite auf eine neuerliche Disputation ge&sst. Allein ihr Auf-
trag gieng wo anders hinaus. Ludwig Hess den Gesandten sagen,
aus dem Oange der Verhandlungen dürften sie entnommen haben,
dass er und sein Beich zum Frieden geneigt sei und dass er gutes Becht
auf Mailand besitze. Er hoffe, die deutschen Beichsstftnde würden es
auch so auffassen. Nun sei der Winter, wie schon lange nicht in
Frankreich, ein äusserst strenger. Er gedenke daher nach Lyon und
an die burgundische Landesgrenze zu ziehen. Wenn die deutschen
Beichsst&nde dann weiter mit ihm verhandeln wollten, so würden sie
ihn dort auch nach dem Winter treffen.
Die Oesandten verstanden diesen Wink und versprachen, diese
Mittheilung einer Verabschiedung gleichachtend, über ihre bisherigen
Verhandlungen nach Hause berichten zu wollen. Nur noch wenige
Punkte hatten sie laut ihrer Listruktion vorzubringen. Zunächst
wegen Neapels. Sie erzählten, dass Maiimilian und die Beichsstände
vernommen hätten, Ludwig liege im Zwist mit dem Könige dieses
Landes und stehe im Begriffe, die Feindseligkeiten gegen ihn zu er-
öffnen. Beharre Ludwig bei seinem Vorhaben, so könne man un-
möglich einen gemeinsamen und wirksamen Widerstand gegen die
Türken organisiren, vielmehr treibe man Neapel in die Arme der
Türken und öfhe ihnen damit den Weg nach den anderen christlichen
Staaten.
Die französischen Bäthe beschränkten sich auf folgende Erwi-
derung: Der König von Frankreich habe dem von Neapel nichts
übles zugefügt, worüber sich letzterer zu beklagen hätte. Doch
könne man aus dessen Worten sein verkehrtes unchristliches Ge
müth erkennen. Daher gehe Ludwigs Bitte ans Beich, mit ihm
gleiches MissMlen gegen den König von Neapel zu empfinden. Der
V
78
firanzösisdie König wolle sich gegen ihn, wie es einem Christen ge-
bühre, benehmen. Natürlich hatten die deutschen Gesandten so wenig
wie das fieich damals eine Ahnung, dass zwei Tage vor ihrer Ankunft
— 15. November 1500 — durch den berüchtigten geheimen Thei-
lungsvertrag von Granada zwischen Ludwig und Ferdinand dem Ka-
tholischen über das Schicksal Neapels entgültig entschieden worden.
Ahnungslos trugen die Gesandten die Yermittlung des Beiches in der
Art an, dass Neapel einen jährlichen Tribut an Ludwig zahlen solle
oder dass das Beich für Neapel eine Entschädigung leiste. Man hoffte
Neapel zur Annahme dieser Bedingungen zwingen zu können. Man
gab von französischer Seite eine ausweichend ablehnende Antvfoii
Ebenso wenig Erfolg hatte ihre Bitte um Freilassung Ludovico's und
dessen Bruders. Man begnügte sich mit der artigen Ausflucht, dass
Ludwig, wie er es schon den Beichsständen geschrieben, sie eBtenfoIl
behandeln und aus Liebe zum Beich noch ein Weiteres thun wolle.
Dag^en willfahrte man der im Namen der römischen Königin Hsria
vorgebrachten Bitte um Freilassung ihres Bruders des Markgrafen
Hermes. Ludwig versprach, da er der Gefangene eines anderen sei,
ihn mit seinem eigenen Gelde auszulösen und ihn als Zeichen der
Erkenntlichkeit der Königin Maria zusenden zu wollen. Ebenso sollte
der Sohn des Bruders der Königin ^) wohl gehalten werden.
Die Gesandten hatten hiemit den Lihalt ihrer Instruktion völlig
erschöpft. Soviel sie auch, dieselbe treu befolgend, verlangt hatten,
so war ihnen doch von französischer Seite im Ganzen gar nichts be-
willigt worden. Es blieb ihnen für diesen in der Instruktion ohnehin
vorgesehenen Fall nichts anderes übrig als — eine weitere Verlän-
gerung des bestehenden WaflenstiUstandes zu erlangen. Zwar meinten
die französischen Bäthe, ein Abschluss sei nicht nöthig, da ihr König
ohnehin keinen Krieg gegen Maximilian und das Beich führe, indess
wenn es ihnen Freude mache, — so klingt es durch — wollte man
auf eine Verlängerung für ein halbes oder ein ganzes Jahr gerne ein-
gehen. Ohne jeden Zwischenfall einigte man sich dann über eine
Verlängerung bis zum 1. Juli 1501 unter der Voraussetzung, dass
Maximilian noch vor Ablauf des bestehenden Stillstandes, d. h. vor
*) Frans Oaleazzo, Sohn des li94 Terstorbenen Bruders der Königin CUoTuii, Fnat
war bereits li99 nach Frankreich gekommen, starb daselbst 1511 im Alter Ton 21 Jahren.
79
dem 1. März 1501, denselben ratifidre. Am 13. Dezember 1500
wurden die betreffenden ürbmden ausgefertigt. ^) An demselben Tage
machten die Gesandten ihren endgültigen Abschied, speisten bei Ludwig
zu Tafel, der sie auch hier mit artigen Yersicherungen seiner spe-
ciellen liebe zu Deutschland überh&ufte. Die Gesandten können Ober-
haTq>t nicht genug Btthmens machen, wie aufmerksam man sie be-
handelt habe. Sie wurden in die Oem&cher der Königin gefflhrt, man
stellte ihnen die kleine Prinzessin vor und zeigte ihnen die Kleinode
des königlichen Schatzes. Zwei treifliche Bitter waren ihnen stets zur
Dienstleistung beigegeben und begleiteten sie nebst mehreren Bäthen
nun nach Paris. Dort ward ihnen schon auf der Herreise ein fest-
licher Empüuig zu Theil geworden. Damals ftlhrte man sie in^s Par-
lament, nach St. Denis. Man veranstaltete feierliche Hochämter, man
sprach mit ihnen von nichts als von ewigem Frieden und Freundschaft
zu Deutschland. Jetzt auf der BOckreise lud sie der Bischof von
Paris am Weihnachtstag zur Tafel, auch George d' Amboise sah sie
oft als Gäste bei sich. Als ihnen das Geld ausgieng, streckte man
ihnen vierhundert Kronen vor, die sie nachher — es sei zur Ehre des
Beichas gesagt — von Bheims aus pünktlich zurückstellten. Lam-
parter hatte sich schon von Paris allein auf den Heimweg gemacht
Die Bückkunfli der beiden anderen Gesandten verzögerte sich etwas,
einmal weü die Wage in Folge des strengen Winters sehr beschwer-
lich wurden, und dann Graf von Nassau von Krankheit befallen wurde.
Anfangs Januar 1501 passirten sie Bheims und hiemit bald die
Beichsgrenze.
XJeberblicken wir das Besultat der Verhandlungen, so müssen wir
billig gestehen, dass das Beich durch dieselben soviel wie gar
nichts gewann. Selbst die Verlängerung des Waffenstillstandes —
das einzige Zugeständniss von französischer Seite — war eher dar-
nach angethan, freilich ohne Wissen der Gesandten, Ludwig Xu. aus-
schliesslich zu Gute zu kommen. Schon hatte der Traktat von Gra-
^) dto. Blois, 18. Dezember 1600, ab gedr. bei HflIIer, Beichstagsstaat p. 62.
Gleichlaut. Gopien im fniubrnclcer Statth.-Arch. Eine Ausfertigung Jautet auf die Reichs-
gesandten, die andere auf Ludwig XU. Es ist bezeichnend, dass Ludwig sich in der
seinigen den Titel eines Königs ron Sizilien und Herzogs yon Kailand beilegt. Irgend
eine ausdrflddiche Beschrftnkung derart, dass Ludwig in Italien nichts weiter Torzunehro^n
verspricht, ist in den Dokumenten nicht enthalten.
80
nada seinen Plänen rücksichtlicli Neapels eine feste Richtung gegeben,
wobei ihm die momentane Fremidschaft mit Deutschland nur Yon
Nutzen sein konnte. Wie die Dinge lagen, war es nicht er, sondern
das deutsche Seich, das durch den Stillstand gebunden, doch zu einem
Bruche desselben veranlasst, zuerst in die fatale Lage des Friedens-
störers gerathen musste. Wie wir die deutschen Gesandten gar tapfer
mit Worten streiten sehen, ohne jegliches Gefühl, für deren Behaup-
tung auch zu muthiger That verpflichtet zu sein, werden wir an
Trithemius treffenden Ausspruch gelegentlich einer Beichstagsverhand-
lung gemahnt: «ubi multis convenientibus multa fuerunt proposita,
dicta et agitata, sed praeter verba nihil sequebatur, onmibus quae sua
sunt quaerentibus*. Zu sagen, es sei gegen die Ehre des Beiches
und könne nie und mmmer geduldet werden, dass Mailand vom Beiche
komme, sich schliesslich doch zufrieden geben mit einem Stillstand,
der weiter nichts als die Zuversicht ausdrückte, dass der Gewaltth&tige
den Beleidiger wenigstens in der nächsten Zeit in Buhe lassen werde,
dieser Vorgang war nicht geeignet, Ludwig XII. absonderlichen Be-
spekt vor der Macht des deutschen Beiches einzuflössen. ^)
Fortgang des Heichsregimentes. Maximilians erstes
Erscheinen in Nürnberg.
Schon im Oktober 1500, also ganz kurze Zeit, nachdem sich die
Gesandtschaft auf den Weg nach Frankreich gemacht hatte, waren
die Beziehungen Maximilians zum Nürnberger Beichsregimente, inso-
weit wir aus seiner verbitterten Stimmung schUessen dürfen, sehr ge-
spannte geworden. Damals schrieb einer seiner Bäthe : . Es geht ein
böser Geist um unter einigen Fürsten des Begiments und die Dinge
^) Ich kann demnach nicht finden, dass Hegewisch (Geschichte Maxim. Bd. IL 22.)
das Rechte trifft mit der auf Gniociardini und Daniel gestfltzten Behauptung, dass die
enistliche Sprache der Gesandten und die Fnrcht yor einer doch möglichen deatschen
Waffenerhehnng Ludwig zum Abschlass des Stillstandes bewogen habe. Im Gegentheü
war der ganse Gang der Verhandlungen nur darnach angethan, die Schw&che des Beiches
lu doknmentiren.
81
Schemen an manchem Orte reif zum Yerrath deutscher Länder an
Frankreich. Des Ffalzgrafen ist man am wenigsten sicher und in
Elsass darf man streng auf der Huth sein, will man nicht unerwartet
französische Gäste im Lande haben '^. ^) Wir werden nicht irre gehen,
wenn wir den Orund dieser Missstimmung in der Weise suchen, in
der das Begiment den französischen Handel zu schlichten suchte.
Dass die Gesandten anf die Intentionen Maximilians in Blois nicht
eingegangen waren, ^) beweisst zur Genfige, wie wenig es in der Ab-
sicht ihrer Vollmachtgeber, der Nürnberger Begenten, lag, denselben
irgendwie gerecht zu werden. Nun ist die Frage erlaubt: Ist der
Vorwurf des Verrathes, den man am Habsburger Hofe gegen die
Häupter der Beformpartei erhob, ein gerechtfertigter gewesen? Zwar
von dem Ffälzer ist es bekannt, dass er die Jahre über mehr, als es
seiner Stellung als Beichsfürst geziemte, freundschaftliche Beziehungen
zu Frankreich unterhielt. ^) Aber gerade dieser stand der Beform-
idee fremd, ja feindlich gegenüber. An Berthold von Mainz und den
Kurfürsten Friedrich von Sachsen wird sich wohl, soweit wir yns an akten-
mässiges Material gebunden erachten, dieser Vorwurf nicht mit Ernst
heranwagen können. Desshalb, weil sie den allerdings verunglückten
Versuch machten, an die Stelle des ohnmächtigen Eönigthums eine
starke Fürstenoligarchie zu setzen, waren sie noch nicht dahin ge-
kommen, die Freundschaft Frankreichs um jeden Preis zu suchen. In
ihrem Sinne schien ihr Beformwerk überhaupt nur durchführbar, wenn
man sich nicht von vornherein in kriegerische Verwickelungen mit
dem westlichen Nachbar stürzte und dies hat allerdings zu jenem der
Ehre des Beiches ziemlich abträglichen Frieden geführt. Allein, wo
lag denn die Gewähr — und dies wird so gerne von den Verthei-
digem Maximilians übersehen — , dass nicht auch Maximilian gegen
billige Gompensationen französischerseits, sobald sie nur ihm zu Gute,
kamen, zur Freisgebung des Beiches, zum Verzicht auf das mailän-
dische Lehen zu bewegen war? Darauf konnte es doch nicht an-
1) Aas dorn bei Jannssen, Oesch. des deutschen Volkes, I. Bd. 528. cit. Briefe
Heinrichs GrOnbeck.
>) Die Belation der Gesandten enthält gar nichts, was einer Berflcksichtigung der
von Maximilian mitgegebenen Instruktionen gleich käme.
') s. Ludewig reliqniae mss. 6. 96 — 12
Kraus, NOmb. Reichsreg. g
82
kommen, ob das Beichsoberhanpt f)lr seine Connivenz nnter dem alt-
hergebrachten Pr&texte des Si^elgeldes etliche hunderttausend Dukaten
erhielt, oder ob das Beich anf diesen Handel zunächst verzichten zu
können glaubte. Wenigstens die Entwürfe, mit denen sich Maximi-
lian in den letzten Monaten des Jahres 1500 bezüglich Mailands trug,
belehren uns, dass Maximilian nicht unbedingt an der Idee der Ver-
theidigung Mailands «bis aufs Messer' festhielt ^)
Anfangs Oktober verliess Maximilian bei Füssen die Tyroler
Grenze und schlug über Augsburg den Weg nach der Donau ein.
Wir wissen nicht, was ihn durch volle zwölf Tage in Donauwörth
und Umgebung festhielt. Thatsache ist, dass er am 22. Oktober
zu Oettingen weilte und am 24. Oktober mit grossem Gefolge seinen
festlichen Einzug in Nürnberg hielt ') Vierzehn Tage treffen wir ihn
hier am Sitze des Beichsregimentes. ^) Was er hier verhandelte, ob
die Beichsreform oder die äusseren diplomatischen Beziehungen zu
Frankreich und seine kriegerischen Pläne ihn mehr in Anspruch
nahmen, darüber schweigen die Akten leider vollständig. Nach dem
allgemeinen Gang der Dinge wird es jedoch nicht schwer sein, der
Yermuthung Baum zu geben, dass der persönliche Verkehr mit den
Häuptern der Beformpartei den vollen Gegensatz, in welchem sich
König und Beich in der französischen Frage beianden, zur Entwicke-
1) Jannssen, Gesch. des deatschen Volkes I. p. 525 ff., dann (3othein Beformbe*
strebongen ror der Beformation (eine gute Arbeit, die in meinem Bedauern mir est im
letien Momente zn Händen kam) benrtheilen meines Eracfatens die deutschen Beichsfttrsten
zu Gunsten MRTimiii^ng allzuhart. Die Beichsmisere ]Au8:nen in wollen, fiQlt wohl Nie-
mandem bei. Doch scheint es mir nicht gerechtfertigt, im gegebenen FaUe die
Torsten speciell das Begiment der hochTorr&therischen Franzosenf^undlichkeit zeihen
zn mfissen.
*) Item darnach Tor Simon Judastag am samstag umb den jaransz da kom mser
allergenedigster der rOmisch kunig gen Nflmberg, het bei Tierhundert pferden (Delchsler's
Nfimberg. Chronik a. a. 0. p. 628). Der echte Fugger (Ms. Wien) erwähnt gar nichts
ron Maximilians Anwesenheit in Nürnberg.
*) Die Angabe in Staelins Itinerar (Forschungen I.) Nfimberg 24. Oktober— 7. No-
rember ist richtig. Sie stimmt mit den Daten der unter Maximilians Mitwirkung aas-
gefertigten Briefen. Ich finde die Anwesenheit 'des Königs urknndl. das erstemal am
29. Oktober und das letztemal durch einen ron Neumarkt, also unmittelbar nach der
Abreise ron Nflmberg, am 7. NoFember gefertigten Brief festgestellt
88
Inng brachte und die schon bestehende Eluft zwischen beiden nur zu
yergrössem drohte. Genug, Maximilian verliess plötzlich — am 7. No-
vember — Ntimberg und eilt fiber Begensburg die Donau hinab nach
seinen österreichischen Erblanden. Es ist als wenn er auf einmal das
Interesse f&r die Beichssachen gänzlich verloren und auf sein Stamm-
land übertragen hätte. Ende November überschritt er die öster-
reichische Grenze, aus der er volle vier Monate bis Ende März 1601
nicht heraustrat.
Mit der so oft an ihm bewunderten Elastizität des Geistes denkt
er, wenn er schon von Begensburg aus seinen österreichischen Kanzler
Johann Waldner mit der Herbeischaflfung einer Lade voll Schweins-
spiesen und Schwertern aus der Wiener Burgkapelle beauftragt, an ein
lustiges Jägerleben, ^) beschäftigt sich mit Vorarbeiten zu einer Ver-
waltungsreform der österreichischen Erblande und schlichtet zahlreiche
Streitfälle seiner ünterthanen. An seinem Hofe zu Linz finden wir
— ein eben nicht allzu häufiger Fall — seine Gemahlin Bianca und,
was viel bedenklicher war, ihren ganzen mailändischen Anhang mit
den Söhnen des vertriebenen Ludovico an der Spitze. ^) Es bat den
Anschein, als sei hier die königliche Opposition gegen Berthold von
Mainz und seine Bestrebungen organisirt worden. Allein wir würden
sehr irren, wollten wir hiemit und seit seinem Abzüge von Nürnberg
den Faden zwischen ihm und dem Beichsregimente für gerissen er-
achten.
Unterdessen hatten sich die Gesandten der durch Ludwig XII.
bedrohten italienischen Stände in Nürnberg eingefunden. Ihre Bitte
um werkthätige Unterstützung von Seite des Beiches konnte den
kriegerischen Absichten des römischen Königs nur sehr gelegen
kommen. Allein das Begiment trat nicht aus seiner Beserve heraus.
Das einzige, was man Maximilian schriftlich zugestand, war, dass
man Abmahnungsschreiben an Frankreich, den Papst und Venedig zu
richten versprach.
Mit Becht erkannte Maidmilian darin eine Gefahr für das An-
sehen des Beiches, sobald es Bitten aussprach, hinter denen keine
^) Maximilian an Johann Waldner dto. Begensburg 11. November 1500. (innsbr.
Statth.-Aielu).
') 8. Pritz, Gesch. des Landes Oesterreich o. £., II. 191.
6*
\
\
84
Macht stfinde. Nur für den FaU, dass man nach der Beichsordnung
sofort rflste, um den Worten eventuell Thaten folgen zu lassen, er-
schien ihm der Schriftenwechsel zulässig. ^) Schon begann die Orga-.
nisation des Beichsregimentes bedenkliche Schwächen au&uweisen.
Schon ertönen die ersten Klagen über Saumseligkeit der zur NOm-
berger Session bestimmten Beichsstände und es zeugt nicht sehr f&r
die Autorität der neuen Beichsbehörde, dass Herzog Georg von Baiem
sich darch den Hinweis, dass Irrungen mit seinen Landständen seine
persönliche Intervention nötig machen, jeder Verpflichtung zum Er-
scheinen in Nürnberg überhoben glaubte. ^) Maximilian war zwar
artig genug, darüber mit dem Herzog Bücksprache zu nehmen. Doch
klingt es wie leise Schadenfreude durch, wenn er mit sichtlicher Par-
teinahme für Georg in seiner Anzeige an das Begiment mittheilt,
jener habe sich bereit erklärt, gerne mit ihm in Nürnberg zu er-
scheinen, was allerdings seiner Ansicht nach nicht sobald geschehen
dürfte. Immerhin mögen sie den Herzog. an seine Verpflichtung
. mahnen. ^) AUmählig kommt aber doch das Amtiren des Begiments
in Gang, wenn z. B. auf desselben Georgs Beschwerde dem Beichs-
^) Maximilian an das Begriment dto. Persenbeug, 9. Dezember 1500 (Weimarer
AtcMt).
') Georg Ton Baiem an Berthold Ton Mainz, Ernst, Erzbischof ron Magdeburg, und
das Reichsregiment, Landshat, 18. Norember 1500. Er habe sein Nichterscheinen in
Nfimberg Maximilian bereits angezeigt. Aach habe weder Friedrich, Burggraf yon Nflra*
berg, noch ein anderer Fflrst ihn stellrertreten wollen (Wiener Staatsarch.).
') Maximilian an Berthold ron Mainz. Yilshofen 15. November 1500. Herzog
Georg sei bei ihm in Stranbingen erschienen nnd habe ihm die Grfinde entwickelt, wess-
halb er diesmal nicht in Nürnberg erscheinen könne (Wiener Staatsarch.). Cf. die in-
teressanten Steaerverhandlnngen auf den Landtagen des Landshut-Ingolst&dter Antheils
im August nnd im Herbst 1500 mitgetheilt in Erenner, bair. Landtagsverhandlungen
Bd. 9. Herzog Albiecht von Mflnchen hatte dagegen seinen Landst&nden gegenüber leich-
teres Spiel. Auf dem Landtag zu München, 22. Mai 1500 wird sogar eine HtOfe 70D
8000 M. zur Unterstützung Maximilians im Schwabenkriege bewilligt. Ebenso yerpflichtet
sich der Münchener Landtag rom 11. NoTember 1600 zum Beitritt zur Angsburger Ord-
nung und der Leistung der Beichshülfe. Wie schwer es war, die Angelegenheiten des
Beiches auf sichere Basis zu stellen, erhellt daraus, dass sich die Landst&nde immer den
Bückweg offen halten. Ausdrücklich beschliessen die bair. Lapdst&nde, dass das zur
. Ablieferung nach Nürnberg besteUte Geld einstweilen daheim bleiben soUe, damit man es,
soUte die Beichsordnung in Verfall gerathen, an die Besteuerten surücksteUen konnte.
Wahrlich das sicherste Mittel, den Verfall zu beschleunigen! (s. Krenner a. a. 0. Bd. 9).
85
Schatzmeister von Landau der Weiterbau einer Donaubrücke bei Of-
fingen infaibirt und letzterer rQcksichtlich seiner Bechtsansprüche nach
Nfimbeifg citirt wird. ^) Das Regiment war vor allem darauf bedacht,
trotz der nun nicht wegzuleugnenden Spannung wenigstens den Schein
guten Willens Maximilian gegenüber zu retten. Desshalb wandte es
sich durch die Vermittlung des Eitelfritz von HohenzoUem, dessen
intime Beziehungen zu Maximilian bekannt waren, an den König mit
der Bitte, selbst die Wege zu bezeichnen, die man am besten in den
italienischen Händeln einschlüge. Dieser Vorschlag findet bei Ma-
ximilian günstige Aufnahme. Sofort Iftsst er sich vernehmen. Da
ist es eigenthümlich, den König im scheinbaren Widerspruche mit
seinen bisherigen Absichten mit einem Projekt hervortreten zu sehen,
das bei aller Wunderlichheit ihn der Belohnung Mailands an Ludwig Xu.
doch nicht so ganz abgeneigt zeigt. ^) Dies der wesentlichste Inhalt :
Ludwig Xn. empfingt auf Lebensdauer die Belehnung mit Mailand
durch das Beich und zahlt dafQr hunderttausend Kronen in die Reichs-
kanzlei. Ludovico Moro und dessen Bruder erhalten mit der durch
den Vertrag zu Novarra von Frankreich zugesicherten Entschädigung
die Freiheit. Der König von Neapel bleibt im Besitze seines Landes
und zahlt für den ihm von Frankreich gewährten Schutz an Ludwig XIL
durch drei Jahre je 100.000 Dukaten. Dagegen stellt er Gaeta als
Unterpfand zu Händen Maximilians. Femer zahlt der neapolitanische
König für die Vermittlung jährlich fQnfzigtausend Dukaten Türken-
steuer und ebensoviel an Benefizien dem römischen Reiche. Oder
aber Ludwig Xu. gewährt Neapel gegen Empfang von 300.000 Du-
katen in drei Jahresraten einen dreijährigen Waffenstillstand, während
gleichzeitig Gaeta dem römischen König als Unterpfand verbleibt.
^) Das Regiment an Landau. Nflrnberg, 28. Norember 1500 (Innsbrucker Statth.-
Archiy).
>) Instruktion MazimilianB fflr die Tom Nürnberger Reichsregiment nach Frankreich
geschickten Gesandten. Adolf Grafen ron Nassau und Freiherrn Ton Bfinau 11. Dezember
1500 (Concept des Innsbrncker Statth.-ArchiT mit Randbemerkungen yon Maximilians Hand.
Aach bei Möller, Reichstagsstaat p. 56 — 58 Ifickenhafb als Projekt eines Vertrages zwischen
Maximilian und Ludwig XII. mitgetheilt. Doch l&sst er gerade einen wichtigen Absatz,
mit dem er nichts anzufangen weiss, einfach weg.) Das Innsbrucker Concept ist desshalb
interessant, weil man die Genesis des endlichen Vertragsentwurfes aus den Yerschiedenen
Vorlagen heraus und aus den Correcturen Ton Maximilians Hand den lebhaften Antheil
des Königs an dieser Sache rerfolgen kann.
86
Ludwig Xn. unterstützt Maximilian im Türkenkrieg mit hundert-
tausend Kronen und fOnfbundert Beitem. Die alten Yertr^e zwischen
Frankreich und dem Hause Burgund, insonderheit der letzte zwischen
Erzherzog Philipp und Ludwig abgeschlossene, sollen bei diesem An-
lasse erneuert werden. Ludwig tritt Como, Chiavenna und das Veltlin
sammt mehreren Ortschaften am Comersee, als nicht zu Mailand ge-
hörig, an das Beich ab. Ludwig unterstützt Maximilians Bemühungen
zur Abhaltung eines Konzils. Die Beichsstände stellen die alte Einig-
keit zwischen Maximilian und Ludwig wieder her." Dies im Wesent-
lichen der Inhalt des von Maximilian entworfenen und nach mannig-
fachen Umänderungen gewordenen Projektes. Bei den ersten Ent-
würfen war man allerdings unbescheidener gewesen. Anfangs hatte
man die Integrität des neapolitanischen Königreiches ohne jede Gegen-
leistung an Frankreich verlangt, später kam erst die obige Zusatz-
klausel hinzu. Ursprünglich enthielt der Entwurf die Angabe, dass
Neapel als päpstliches Lehen dem römischen Beiche als Yogtherrn
der Kirche unterstünde, dass Neapel mit jährlich zweihundert Reisigen
oder einem Geldäquivalent dem Beiche dienen sollte. Auch war die
Geheimhaltung des Artikels betreffend die Zahlung von hunderttausend
Dukaten an das Beich verlangt worden. Im fertiggestellten Entwürfe
war von alledem keine Bede. Maximilian meinte, dass dieses Projekt
nach erlangter Approbation des Nürnberger Begiments den in Prank-
reich weilenden Beichsgesandten nachgeschickt werden sollte. Diese
sollten erklären, dass sie ausser ihrer Hauptinstruktion noch eine
zweite geheime Instruktion besässen, conform dem Inhalt der obigen
Vertragspunkte, die sie jedoch nur in geheimer Audienz, d. h. in
Gegenwart der verlässUchsten Bäthe Ludwigs vorzubringen befugt
seien. Doch sollten selbstverständlich die Gesandten mit ihrer Er-
öffiiung erst dann hervortreten, wenn ihre Bemühungen auf Grund-
lage der ersten Instruktion sich als vergebliche erwiesen hätten. ^)
So lehrreich dieser Entwurf für die Erkenntniss der nächsten
Absichten Maximilians ist, so wenig praktischen Wert sollte er haben.
^) Offenbar fasste also Maximilian die Mission der Beichsbotschaft so auf, als handle
68 sich in erster Linie darum, Ludwig XII. zum unbedingten Bücktritt ron seinen italienischen
Unternehmungen zu bewegen. Möglich auch, dass er schon durch seine E^entnaUnstruktion
einer ihm unbequemen Abmachung der Botschaft vorzubeugen dachte.
87
Genau zur selben Zeit — 11. Dezember — als der Entwurf in Ma-
ximilians Kanzlei fertiggestellt war, hatten die Beichsgesandten ihre
Mission in Frankreich beendigt und zwei Tage sp&ter — 1 3. Dezember —
fand zu Blois die Ratifikation der Stillstandsyerl&ngerung statt. Unter-
dessen wurde auch in Nürnberg das Friedensgesch&ft eifrig betrieben.
Am 17. Dezember warben Maximilians B&the beim Begiment, Walter
von Stadion und Dr. Georg Neudeck, im Sinne einer ihnen zuge-
kommenen königlichen Instruktion um thatkrftftige ünterstfltzung der
italienischen Beichsstände. Sie verlangten, das Begiment sollte die
italienischen Botschaften zum Widerstand gegen den Papst und Frank-
reich ermuntern und ihnen Unterstützung durch baldigste Absendung
eines Heeres versprechen. Zugleich schlug Maximilian die in diesem
Falle durch die Beichsordnung vorgeschriebene Einberufung des ver-
stärkten Begiments, d. h. sbnmtlicher Eurfflrsten und der zwölf geist-
lichen und weltlichen Fürsten in kürzester Frist vor. Eine Woche
zogen sich die Verhandlungen hin. Als Besultat derselben ergab sich,
wie vorauszusehen, die zahme Gollektivantwort des Begimentes, dass
man zur Einberufung der achtzehn Fürsten, die zu entscheiden h&tten,
gerne erbötig sei Dagegen die italienischen Beichsst&nde zum Kampf
zu ermuntern und dadurch das Beich zur unbedingten Hülfeleistung
zu verpflichten, schien ihnen bei der Unsicherheit, diese Hülfe auch
wirklich hereinzubringen, doch allzu geßhrlich. ^) War die Laune
Maximilians damals nicht die beste, so sollte sie durch das plötzliche
Auftauchen zweier Persönlichkeiten noch um ein Weiteres herabge-
stimmt werden. Wir wissen, dass Maximilian mit Alexander YI.,
seitdem dieser als treuer Parteigänger Ludwigs XIL in den italienischen
Wirren eine reichsfeindliche Haltung beobachtete, nicht auf dem besten
Fusse stand. >) 1500 war als grosses Jubeljahr verkündet worden.
Auch in Deutschland hofRie man auf ausgiebige Spenden zu dem so
^) Bericht Stadions und Neadecks an Ifaximüian, Nürnberg 17—24. Dezember 1600
(Wiener Staatsarch.).
*) Wir Terweisen auf jenes merkwürdige Schreiben Maximilians an den König Wladislaw
▼on Ungarn (auch an andere Fürsten gerichtet; Conoept im Innsbracker Stattiu-Archiv
s. d. et 1. abgedmckt im Anhang), in welchem er die Gründe entwickelt, wesshalb
er den Gardinallegaten Alexanders VI. yerabschiedet hAtte und Alexanders Beschwerde,
dass Maximilian ihn ferd&chtigt habe, zurückweist.
88
oft pomphaft angekflndigten Tfirkenzng! Wir treffen schon während
Maximilians erstem Aufenthalte zu Nürnberg Oktober löOO einen
Sekretär der Curie, der die Absendung eines päpstlichen Legaten zum
Zwecke der Gmziatverkündigung anzeigen sollte. In diesem Punkte
trafen persönliche Stimmung des Königs und des Regiments Abnei-
ff^^S g^g^i^ <^o römische Geldschneiderei in der peremptorischen Er-
klärung zusammen, den Oardinallegaten nicht nach Deutschland zu
lassen. Allein dieser — Cardinal Baimund von Gurk ^) — kehrte
sich nicht weiter an das Verbot. Im Dezember zog er von Verona
nach Soveredo und Trient und Maximilian sah sich genötMgt, durch
ein strenges Mandat an die Innsbrucker Begierung den Eintritt des-
selben auf [österreichisches Gebiet zu verhindern. *) Jedoch werden
wir sehen, dass es Baimund doch gelang, seinen Weg über den Hof
Maximilians nach Deutschland speziell nach Nürnberg zu finden.
Zur selben Zeit tauchte plötzlich ein französischer Gesandter —
Charles Hautbois — in Nürnberg auf, der sich in offenbarer Kennt-
niss des zwischen König und Beich bestehenden Zwistes, mit feinem
diplomatischen Instinkte die Schwächen der Beichsverfassung benützend,
enge an das Beichsregiment schloss. Mit vollem Bechte war Maximilian
empört, als er die Kunde von der Anwesenheit des Gesandten in
Nürnberg bekam. Gewiss war es bisher nicht Sitte gewesen, dass
ein fremder Fürst seinem Nachbarn ohne Wissen und ohne vorherige
Bitte um Geleit Botschaften in^s Haus schickte. Auch war es ab-
sonderlich, dass Hautbois von Nürnberg aus einfach den zu Linz
weilenden König seine Ankunft und seine Absicht, in Unterhandlungen
^) F&lschlich wird er Cardinal B. Bertrand genannt. Nach Linturius (ap. Fistor.-
Strure IL) war er ein Franzose und hiess B. Pegerandi. Sonst wird er auch PerardttS,
Perandi und nrkundl. (Uchnowsky Bd. 8. Beg. 1877) Pegraudi genannt (cf. darflber Kerns
Anmerfaing 2. zn Tncliers Jahrb. in Nürnberg, Chron. Bd. 5, p. 600). Dem gegenüber
nennt er sich in einer seiner in der Türkensache rerfassten Beden, wenn diese SteUe nicht
als captatio benerolentiae dem Beichsregiment gegenüber zu betrachten ist, selbst einen
Deutschen : Nolumns aliter sentire de natione omninm fortissima, de natione, que per quin-
gentos annoB Bomanum Imperium obtinuit, de natione, que nos mediocribus parentibus
ortos et in aliena terra educatos episcopatu decorauit et ad cardinalatum peruexit*
(s. Beilage: Oratio card. Ourc.) S. über ihn auch Gothein »Polit. Volksbewegungen Tor
der Beformation* p. 107 ff.
') Maximilian an das Innsbrucker Begiment. Linz, 22. Dezember 1500 (Inns-
brucker Statth.-Arch.).
89
zu treten, notifizirte. üeberdies hielt ihn Maximilian nicht einmal
für einen richtigen Franzosen, sondern für einen Mailänder, der auf
eigene Faust französische Politik treibe. Er verlangte desshalb vom
Begiment die Abfertigung des Gesandten nach Wörth, von wo aus ihn
Maximilian an die Grenze geleiten lassen wollte. Sollte aber wider
Vermuthen der Gesandte eine offiziell von Ludwig abgefertigte Per-
sönlichkeit sein, so mögen sie ihn nach Straubing dirigiren. ^) Wenige
Tage darauf war Maximilian schon informirt, dass Charles Hautbois,
einer der Vorsitzenden des Pariser Parlaments, in der That die Eigen-
schaften eines offiziell beglaubigten Gesandten besass. >) In Nürnberg
freilich wusste man damals schon mehr von ihm. Dort hatte er den
Erzbischöfen von Mainz und Magdeburg, dann dem Kurfürsten Friedich
seine Beglaubigungsschreiben überreicht. Schon hatten Verhandlungen
zwischen ihm und dem Begiment stattgefunden, über welche Berthold
an Maximilian schriftlichen Bericht erstattet. Hautbois bat im Namen
seines Herrn um die Belehnung mit dem Herzogthum Mailand, wo-
gegen er sich als treuer Beichsvasall zu halten versprach. Immerhin
ist es möglich, dass die fortgesetzte Geneigtheit Frankreichs, das
Lehensverhältniss anzuerkennen, anstatt das nackte Becht des Er-
oberers geltend zu machen, als Consequenz der von den Beichsge-
sandten in Prankreich gefflhrten Sprache zu betrachten war. ®)
Unter diesen Umständen kam es dem Begiment sehr gelegen,
dass Maximilian seinerseits in die Einberufung des verstärkten Beichs-
regiments gewilligt hatte, und das Begiment beeüte sich jetzt, die
Fürsten auf den 1. Februar IBOl zur Nürnberger Session einzu-
') Maximilian an das Reichsregiment. Linz 28. Dezember 1500 (Wiener Staats-
Archi?).
') Maximilian an das Beichsregiment. Linz 31. Dezember 1500 (Weimarer Arch.):
»Uebersendet dem Besriment eine dem Gesandten za fibergebende Gredenz. Man mOge
ihn seiner hohen Stellung gem&ss behandeln*. Die Unklarheit dieses neuen Befehles,
durch den die ursprüngliche Anordnung, den Gesandten, wenn er offiziellen Charakter be-
sässe, nach Straubing zu senden, nicht widerrufen wurde, trug spftter zu ärgerlichen
MissrerstAndnissen bei.
*) Berthold yon Mainz an Maximilian dto. NOrnberg, 2. Januar 1501 (Wiener und
Weimarer Staatsarch.). Berthold fCkhlt das Ungehörige der Situation, indem er es nicht
unterlässt, darauf hinzuweisen, dass Hautbois Befehl zuerst auf Maximilian und dann auf
die Nürnberger Beichsst&nde laute. Er fragt auch an, wie man sich seiner Werbung
segenfiber rerhalten soUe.
9a
laden. ^) Auch Maximilian hatte sein persönliches Erscheinen zu-
gesagt. 8)
Da trafen plötzlich Nachrichten von Frankreich ein, welche die
Mission der Beichsgesandten wenigstens im Sinne der von Maximilian
beabsichtigten Wirkung als gescheitert bezeichneten und einen yöI-
ligen Umschwung in der Haltung Maximilians veranlassten. In den
ersten Tagen des Januar war Maximilian sichere Kunde geworden,
dass Ludwig XII. allerdings in die Verlängerung des Stillstandes bis
1. Juli gewilligt hätte, dass aber in demselben die italienischen Stände
nicht mit ausdrücklichen Worten eüigeschlossen wären. Dazu kam,
dass Maximilian damals über böse Nachrichten aus Italien verfügte.
Darüber schrieb er an das Nürnberger Begiment und schilderte
Ludwigs Umtriebe, der die Fürsten von Mantua, Ferrara und Mont-
ferrat festzunehmen und ihre Gebiete bis zum definitiven Friedens-
schluss mit Deutschland zu behalten beabsichtige. Noch wollte er
nicht glauben, dass das Begiment es wagen könnte, fOr die Unge-
schicklichkeit seiner Gesandten einzustehen. ^) Zur selben Zeit traf
nun ein von Bheims an die Begenten gerichtetes Schreiben der Beichs-
gesandten in Nürnberg ein, durch welches der Abschluss des Still-
^) Ursprflnglicli beahsiclitigte man, den KOnig aaf den 1. Februar, die flbrigen
Fürsten aaf den 10. Febraar zur Session einzuberufen. Unter anderen Umständen würde
es begreiflicherer erscheinen, dass die Fflrsten den König und nicht umgekehrt erwarteten.
Wie die Beichszust&nde lagen, war es leider nicht naire Ungeschicklichkeit, wenn man
dies durch den Einweis motivirte, dass die Fürsten des guten Beispieles des Königs be-
durften. Sp&ter gieng man jedoch ron der getrennten Einladung ab (Stadion and Neu-
decks Bericht an Maximilian, Nürnberg, 9. Januar 1501. Innsbrucker Statth.-ArchiT.)
Dem Bericht entnehmen wir auch, dass Maximilian trotz seiner ewigen GeldFerlegenheiten
Mittel fand, die zahlreichen italienischen Unzufriedenen auf deutschem Boden unterstützen
zu lassen. Neudeck schrieb am 24. Dezember an Maximilian (Wiener Staats-Arch.), er
habe die ihm zugesagten hundert Gulden noch immer nicht erhalten und fiEihrt fort : » auch
kains hab, pin schuldig Tnd wayss kains aufzubringen, so ist mir kain hofclaid worden,
so hab ich nit gelt klaider zu kaufen vnd geen mein knecht in summerrokhen Tnd sind
dy zeither schier erfroren*. In dem früher dtirten Schreiben dagegen ist die Bede, wie
man die ron Maximilian bewiUigten tausend Gulden zu Nürnberg und achthundert
Gulden zu Innsbruck unter die Welschen rertheilen solle.
*) Maximilian an das Beichsregiment s. 1. et d. »Wenn ihn nicht Krankheit zurück-
halten würde* (Innsbrucker Statth.-Arch.).
*) Maximilian an das Beichsregiment dto. Wels, 14. Januar 1501 (Wiener Staats-
Archiv).
91
Standes angezeigt wurde. Allerdings geschah in den hierüber ausge-
fertigten und in Abschrift beigelegten Urkunden der italienischen
fieichsstände, wie wir schon an früherer Stelle zu erw&hnen Gele-
genheit hatten, insbesondere keine Erwähnung. ^) Ich weiss nicht,
ob unter dem Eindruck jenes früher erwähnten Schreibens Maxi-
milians, ^) jedenfalls ohne dessen spezielle Erwähnung und in dem
unsichem Gefühle, durch die Nachricht von dem Stillstande dem Eöng
keine absonderliche Freude zu bereiten, beeilen sich die Bdichsregenten
mit der Bitte, den Waffenstillstand umso rascher zu ratificiren, als
der bis 1. März gestellte Termin ohnehin kurz und eine Verzögerung
zu argen Missdeutungen Anlass geben könnte. ^) Wenn die Begenten
hiebei betonten, dass ja die diplomatischen Verhandlungen mit Frank-
reich auf die Anregung des Königs und der Beichsstände hin ange-
knüpft wurden, so kann man dieses Argument im allgemeinen Sinne
allenfalls noch gelten lassen. Aber nicht zutreflTend und wenig der
Wahrheit gemäss stellt sich die ausdrückliche Bemerkung, dass
diese «oratores von königl. Majestät, Kurfürsten, Fürsten und Ständen
des Reiches nach Frankreich verordnet worden seien '. Ja es musste
der verletzende Widerspruch, der in dieser Annahme und dem Wort-
laut der zu Blois ausgefertigten Urkunden lag, *) welche wie absicht-
lich nur von den Gesandten des Begiments und von Maximilian als
einer dritten Person sprechen, von der königlichen Autorität schwer
empfunden werden. Eine Zweideutigkeit überdies, die je nach der
Situation in der einen oder anderen Bichtung gegen Maximilian vei;-
wendet, diesen persönlich kränken konnte. *)
Doch hätte es dieses ümstandes nicht bedurft, um Maximilian
gegen die zu Blois geschehenen Abmachungen einzunehmen. Noch be-
*) AoffaUend ist es, dass diese AuBfertigronsen die Reichsboten nur als VoUmacht-
trifirer des Nfimberger neichsregrimeiits kennen.
') Dasselbe konnte allerdings in nenn Tagen ron Wels nach Nürnberg gelangen.
') Es brächte sonst dem Reiche »Schimpf und Nachtheil*.
*) s. MfiUer, Reichstagsstaat unter Max I. p. 62. In dem ersten Instrument:
>Nos Adolfus .... sacri Romani imperii electorum, ceterorum principum et statuum
oratores.* Im zweiten ip. 6S.): LndoTicns . . . medio oratornm carissimorum consan-
SQineorum nostromm, electorum, aliorumque principum et statuum imperii . . .*
') Das Reichsregiment an Maximilian, NOmberg, 28. Januar 1501 (Original in\
Innsbrucker, Copie im Wiener Archiy).
92
vor jenes obige Mahnungsschreiben des Begimentes an ihn abgegangen,
hatte sich Maximilian auf Grund neuer Nachrichten aus Frankreich
in der ihm eigenen hastigen Weise daran gemacht, beträchtliches
Anklagematerial gegen Ludwig zu Papier zu bringen und dem Beichs-
regiment zu übermitteln. Zunächst ein eigenhändiger Brief an Stadion
und Neudeck mit der Aufforderung, das Wesentiichste an die Be-
genten zu bringen, allenfiiUs ihn ganz zu verlesen, keineswegs aber
ihn aus der Hand zu geben. ^) Der Inhalt desselben dreht sich um
die für Maximilian feststehende Thatsache, dass Ludwig XIL durch
diesen Stillstand erst recht freies Spiel erhalte, nach Gutdünken mit
den italienischen Ständen umzuspringen. Desshalb könne er den
Stillstand nicht ratificiren. Maximilian erzählt darin weiter, er habe
von Ludwig die Mittheilung erhalten, noch nie hätte jener mit Maxi-
milian einen so vortheilhaften Stillstand, wie jetzt mit den Beichs-
gesandten, abgeschlossen. Wenn er — Ludwig — jetzt nach Italien
ziehe, so möge Maximilian darüber nicht erschrecken. AUe Besitz-
nahme von Beichsgebiet geschehe nur zur Sicherung seines nach
Neapel gerichteten Zuges. Maximilian meint, ähnlich habe es Ludwig
bei seinem ersten Unternehmen mit dem Herzog von Mailand gemacht,
als dieser noch als sein Bundesgenosse zweihunderttausend Dukaten^)
Eriegshülfe zahlte. Auch damals habe er gegen den Vertrag und
unter dem Vorwand der Freundschaft mehrere italienische Ortschaften
besetzt. Daraus sei dann der spätere Krieg entsprungen.') Ludwig
käme es gar nicht in den Sinn, bezüglich Italiens einen Stillstand
^) Der Brief lieget als Copie (W. Staatsarch.) mit der Aufschrift For: In der Born.
Kunigl. mt. etc. handtschrift wirdet diss nachberart meynang begriffen. Zum Schlass:
Tnd des briefs datom steet mit eyl am sambstag nach Yerene b. Tirginis 1500 etc. Das
Datum ist absolut falsch, da im Brief erwähnt wird, Max werde zu Wels bleiben, der König
sich dort nach dem 10. und yor dem 27. Januar 1501 aufh<, so kann man ihn, wenn
man an dem Sonnabend festh<, entweder auf den 18. oder 20. Januar setzen. Ein
▼om 18. Januar datirter Brief nimmt jedoch auf den fraglichen Bezug, so dass der
18. Januar als Ausstellungstag anzunehmen ist. Der Brief ist ganz in der, Denk- und StUweise
Maximilians geschrieben. Gleichzeitige Abschriften zu Weimar und im Wiener Gopialbuch
haben die Datirungszeile nicht. Offenbar ist schon damals der Irrtum aufgefallen.
>) In den Weimarer Akten steht 150.000 Dukaten.
') Offenbar ist hier der Feldzug Karls YIII. nach Italien 1494 gemeint, an dem
Lndwig als Herzog Ton Orleans allerdings theilnahm. Immerhin bleibt diese Motirirung
der letzten Katastrophe Moros wunderlich.
93
einzugehen. Da aber er — Maximilian — den Gesandten keine Voll-
macht gegeben habe, Italien preiszugeben, so könne er, wenn jene
wirklich in solcher Weise von Ludwig überlistet worden, den WafiFen-
stillstand nicht ratificiren. Auch bedarf es weiter nicht der Einbe-
rufimg der achtzehn Fürsten nach Nürnberg, wo man ihn nicht sobald
erwarten möge. Merkwürdig ist es, wie schlecht Maximilian über die
Beziehungen Ludwigs zu Ferdinand von Aragonien informirt war.
Jetzt, drei Monate nach Absohluss des geheimen Traktats zu Granada,
schreibt Maximilian, dass Spanien weder den italienischen Ständen,
noch Neapel helfen könne. Aus Sorge habe es sich mit Frankreich
verbimden und leiste den Yenetianem Hülfe gegen die Türken. ^)
Das zweite Yon der königlichen Eanzlei höchstens einige Tage
später ausgefertigte Schreiben an Stadion und Neudeck, eine Art In-
struktion für dieselben zur Verhandlung am Beichsregiment, theilt mit,
das? Ludwig Xu. einer Persönlichkeit, die widerum mit Maximilian
in Verkehr stünde, vertraut habe, die Beichsgesandten hätten einen
Waffenstillstand bewilligt, der ganz im Gegensatze zu den bisher
mit Maximilian abgeschlossenen Verträgen der italienischen Stände
nicht ausdrücklich Erwähnung thue. Ludwig wolle jetzt nach Italien
ziehen, die Fürsten von Mantua, Ferrara und Montferrat aus ihren
Gebieten vertreiben und sie solange als Gefangene behalten, bis er
Neapel erobert hätte. Dann wolle er sie wieder entlassen. Letzterer
Zusicherung sei aber umso weniger zu trauen, als Ludwig offenbar
nach der Kaiserkrone trachte. Die Beichsregenten werden denmach
aufgefordert, den von Frankreich erfolgten Friedensbruch zu konsta-
tiren und schleunigst die Beichshülfe in Gang zu bringen. Dann
wolle auch Maximilian mit Kriegsvolk und Geschütz sich erheben und
den Kampf gegen Frankreich eröffiien. Sollten jedoch die Begenten
wider Erwarten den casus belli nicht finden, so werde er auf eigene
Faust zur Errettung der Kaiserkrone in^s Feld ziehen. Auch möchten
die Begenten schleunigst einen Boten an Ludwig senden mit dem
*) Offenbar hat man das thats&chlich treolose Spiel Ferdinands gegen Neapel,
welcher 1501 die spanische Flotte zum ScheinmanOTer gegen die Tflrken nach Cephalonia
abgeschickt hatte, yon spanischer Seite dem deutschen KOnig als baare Mfinxe darzu-
steUen gewnsst.
94
alternativen Vorschlag, entweder von seinem Vorhaben abzustehen
oder des Krieges mit Deutschland gewärtig zu sein. ^)
Am 23. Januar hatte das Beichsregiment jenes Schreiben mit der
Bitte um Ratifikation des Stillstandes abgeschickt und am 24. Januar
spät Abends langten die obigen zwei Schreiben Maximilians in Nürn-
berg an, deren Inhalt die königlichen Eäthe tagsdarauf zur Eenntniss
des Regimentes brachten. Wir können ermessen, welch' gewaltigen
Sturm die Drohung des Königs in den Reihen der Regimentsmitglieder
hervorrufen musste ! *) Wir haben aus diesen bewegten Tagen eine
Art Protokoll, vielleicht in der Regimentssitzung selbst skizzirt, das
uns in flüchtigen Zügen die Erregung zu Nürnberg getreu wider-
spiegelt. 3) Zuerst nimmt Berthold das Wort. Er findet, dass des
Königs Mittheilung unMedlich sei. Man möge an Maximilian ent-
weder eine Botschaft oder einen Brief schicken mit der Auflfordening,
in Nürnberg zu erscheinen und die Reichsgesandten zu verhören.
Maximilian sollte sich doch durch seine und des Reichs Würde und
Ehre mehr bestimmen lassen, als durch das Drängen der italienischen
Stände. Besser sei es, anfangs ein oder zwei Städtlein zu verlieren,
als sein Wort zu brechen. Die Instruktion sei ja auf seinen Befehl
und mit seinem Wissen abgefasst worden. Wenn der König selbst
die auf dem jüngsten Reichstage gemachte Reichsordnung bräche, so
sei es ja augenscheinlich, dass bei der allerwärts zu Tage tretenden
Säumigkeit dem Reiche Zerrüttung drohe, was ja ärger wäre, als gienge
man halb Italiens verlustig. Maximilian möge auch bedenken« welch^
Schande ihm und dem Reiche drohe, wenn er auf eigene Faust und
vom Reiche getrennt den italienischen Ständen Hülfe zusage und sie
<) Cop. im Wiener Staatsarch., dto. 18. Janaar 1501. Auch im Weimarer Archir
und in einem Wiener Gopialb. ohne Datum. Nach den Weimarer Akten bei Hflller,
Reichst, st. p. 66. ff. abgedruckt.
*) Bericht Stadions und Neudecks an Maximilian, Nflrnbergr 28. Januar 1301
(Innsbr. Statth.-Archi7). Sie bitten den König, nur ja keinen Krieg anzufangen. Das
Seich würde bei einem Friedensbruch von Seite Frankreichs gewiss auf seiner Seite stehen.
Sonst drohe ihm und dem Reich unwiderbringlioher Schimpf. Man mOge wenigstens die
Rückkunft der Reichsgesandten abwarten.
*) Flüchtiges Concept im Wiener Staatsarch. s. d. et 1. Die HiehergehOrigkeit wird
durch den Inhalt sichergestellt.
95
dann nicht ordentlich leisten kffnnte. Nichtsdestowenig kOnne man
Ludwig Xn. schreiben und mit der französischen Botschaft verhan-
deln, wie es EOnig und Beich gleich unleidlich wäre, wahrzunehmen,
dass Frankreich feindliche Absichten im Schilde führe. Der Erzbischof
von Magdeburg schliesst sich diesen Ausführungen mit dem Zusatz
an, dass dem König vorzuhalten sei, wie er sich zur Erhaltung der
Augsburger Beichsordnung verpflichtet h&tte und wie ohne dieselbe
an einen Tfirkenkrieg nicht zu denken sei. Doch möchte man an
Frankreich früher nicht schreiben, bis die Beichsgesandten in Nürn-
berg eingetroffen. Auch mit der französischen Botschaft möge man
nur so reden, als geschehe es auf Antrieb der einzelnen und nicht
etwa offiziell im Namen des Regiments. Ziemlich heftig gibt Herzog
Albrecht von Baiem seine Meinung ab: Geschähe es nach der Anzeige
des Königs, so wird Krieg. Da w&re es besser gewesen, die Botschaft
gar nicht nach Frankreich zu senden. Dieselbe sei aber nicht von den
Ständen, sondern auf Befehl des Königs abgefertigt worden. Er könne
auch dem Wortlaut der Instruktion nicht entnehmen, dass Italien aus-
genommen worden, glaube auch nicht, dass die Gesandten dawider-
gehandelt. Man möge Maximilian durch die Botschaft sagen lassen,
des Beichsregiments Meinung sei es nicht, zuzulassen, dass Ludwig
Italien also bekriege. Er solle nach Nürnberg kommen und die Beichs-
ordnung in Gang bringen. Nach dem Bischof von Augsburg meint
der Abt von Schussenried: Ohne die Zustinmiung des verstärkten
Begiments handle man gegen den Eid, den man der Augsburger
Ordnung geschworen. Schliesslich erklärt der Kurfürst von Sachsen,
man könne dem Könige schriftlich oder mündlich mittheilen, dass das .
Begiment für den Fall des Friedensbruches von Seite Ludwig XII.
nicht gevdllt sei, den Stillstand zu halten. Man möge ihn bewegen,
hieherzukommen und nach der Beichsordnung zu rathschlagen. Femer
sei die Beichsgesandtschaft zum Besten der italienischen Stände ge-
schickt worden und er halte sie fQr zu weise und vernünftig, als dass
sie anders, als ihr befohlen, gehandelt hätte. Das Besultat dieser
stürmischen Aeusserungen war, dass man die vorgeschlagene Botschaft
fallen liess und sich mit der Absendung einer energisch gehaltenen
Antwort an Maximilian begnügte. Der Brief, als dessen Verfasser im
Zusanmienhalt mit dem in der Begimentssitzung abgegebenen Gut-
achten unschwer Berthold von Mainz gelten mag, gieng schon am
96
28. Januar ab. ^) Er enthält die dringende Aufforderung, sich zur
Aufrechterhaltung der Ordnung schleunigst nach Nürnberg zu ver-
fügen, ohne der Stände Wissen nichts vorzunehmen und die bestimmte
Versicherung, dass das Begiment nicht gewillt sei, Ludwig XII. im
Falle des Friedensbruches gewähren zu lassen. Auffallend erscheint
nur an zwei Stellen das offene Misstrauen gegen bestinmite Persön-
lichkeiten am Hofe des Königs, deren Einfluss man mit der reichs-
feindlichen Haltung desselben in Zusammenhang brachte. ^)
Als dieser Brief anlangte, hatte sich das heisse Blut Maximilians
schon etwas abgekühlt. Bei genauerem Zusehen mochte er doch er-
kennen, dass zur Durchführung seines kriegerischen Vorhabens seine
eigene Eraft nicht genügen würde, und so war es vor allem das
Gefühl der Furcht, die Nürnberger Begierung könnte ihm durch ihren
Zerfall die letzte Hoffnung auf die Beichshülfe benehmen, das ihn
zu einem etwas freundlicher gehaltenen Schreiben an das Beicbs-
regiment bewog. Er dankt den Begenten sogar fQr ihre offene Mei-
nung, und wenn er, was er so sehr bedauere, am Erscheinen in Nürn-
berg verhindert worden, so sei daran das Eintreffen einer ungarischen
Botschaft), die zahlreichen Geschäfte in den Erblanden etc. Schuld.
Er beschwört die Begenten, nur ja in Nürnberg beisammen zu bleiben. ^)
unterdessen wartete der französische Gesandte Hautbois noch
immer auf seine Zulassung zur ofQziellen Werbung. Da dieselbe so-
wohl auf Maximilian, ab auf das Begiment lautete, letzteres eme
neue Schmälerung der königlichen Autorität füglich nicht auf sich
') Abgedr. bei Müller, Beichstagsstaat p. 70 — 75.
*) Die Anklage richtet Bich gegen die königlichen B&the Lang, Serntein and Flaol
?. LiechtenBtein. Auch die Söhne des yertriebenen Moro und ihr Qefolge dürften nicht
ohne Einfluss auf Maximilian gewesen sein. Die stelle lautet: »md sich darin an eini-
cherlei eingeben, das rielleicht aus grund, lieber ynwillen zwischen ewer majestet dem
heiligen reiche Tnd dem Kunig zu Franckreich dann fried md einigkeit gern zu sehen,
darkumbt. nit zu keren*. Und weiter: »so habe ewer künigl. majestet dabei zu erwegen,
wo sich ewer maj., des wir doch nit glauben, auf jemand, der, als obberürt, die sacken
zu seinem willen oder yorteil meinte, hierinne bewegen liesse md von denselben ewer
maj. trost eins mercklichen volckhs ynd ander hilf getan ... * Berthold ron Mainz bat
in einem Schreiben den Grafen Heinrich Wolfgang von Fürstenberg dringend, sich der
Sache am Hofe Maximilians anzunehmen und denselben zur Beise nach Nürnberg zu be-
wegen (Wiener Staats-Archi?).
*) Wiener und Weimarer Archi?, Linz. 8. Februar 1501.
nehmen wollte, so musste sich fiautbois auf den privaten Verkehr mit
den einzelnen Begenten beschränken. In d^ stürmischen Begiments-
sitzimg vom 25. Januar hatte Erzbischof Berthold den Antrag gestellt,
Hautbois Aber die kriegerischen Absichten seines Herrn zu Interpol-
liren. Dies geschah jetzt und ganz abgesehen von den beruhigenden
Versicherungen, die Hautbois persönlich ertheilte, beeilte er sich nach
Frankreich zu schreiben, um sich von dort eine schriftliche Bestätigung
seiner Aeusserungeu zu erbitten. Wir werden hören, wie prompt man
ihm Succurs gew&hrte. Um die Mitte des Februar war Maximilian
bereits in der Lage, seine bisher ziemlich vage gehaltenen Beschul-
digungen gegen Frankreich an einem speziellen Vorgänge zu be-
gründen. ^) Als der Markgraf Wilhelm von Montferrat — so berichtet
dieser selbst an Maximilian — sich um die verflossene Weihnachts-
zeit nach einem Schlosse in seiner Grafschaft begeben, so habe er
in Er&hrung gebracht, dass der Markgraf von Salumo und Leute des
Königs von Frankreich mit Heeresmacht gegen ihn auszogen, um ihn
gefongen zu nehmen. Basch habe er sich nach Casale geflüchtet.
Hierauf sei Salumo im Einvernehmen mit dem verrätherischen Schloss-
hauptmann in das Schloss eingezogen und habe von da aus Markgraf
Wilhelm aufgefordert, sich zu einer l^nterredung mit ihm einzuflnden.
Das habe Wilhelm abgeschlagen, worauf Salumo mit Geschütz vor
Casale gerückt, aber nach Einnahme der Vorstadt wieder abgezogen
sei Allerdings habe dann Ludwig XIL dem Markgrafen Wilhelm
geschrieben, dass die Gewaltthat ohne sein Wissen und gegen seinen
Befehl geschehen, doch gehe das gemeine Landgeschrei, es sei das
G^entheil der Fall gewesen. An diese Mittheilung knüpft Maximi-
lian die Erwartung, das Beichsregiment werde wohl keines weiteren
Beweises von der Unaufrichtigkeit Ludwigs XIL benöthigen.
Das verstärkte Beichsregiment. Maximilians zweites
Erscheinen in Nürnberg.
Anfangs Februar 1501 soUten die Verhandlungen des durch die
Anwesenheit der Eurf^rsten und Fürsten verstärkten Begimentes be-
>) Maximilian an das Beichsre^ment. Linz, 15. Febraar 1601 (Weimarer Arch.),
Kraus, Nümb« Beichsref. 7
98
ginnen. Getreu der süssen Gewohnheit, in Sachen des Beiches die
Sanrnsdigkeit bis anf s ^ensserste zu treiben, verzögerten die Einbe-
mÜHien durch ihr Zuwarten, ob sich Maximilian vor ihnen nach Nürn-
berg verfflgen wolle, den Beginn der Berathungen um mehrere Wochen.
Am 23. Februar konnten Stadion und Keudeck dem Könige melden,
daas sich bisher nur drei Fürsten: Herzog Qeorg von Sachsen und
die Bischöfe von Augsburg und Eiehstädt beim Begimente eingefunden
hätten. Doch hinderte dies nicht, dass die französische Frage schon
jetzt eifrig ventilirt wurde. Auch an Berathungsmaterial war kein
Mangel. Maximilian hatte einen Mandatsentwurf ausgearbeitet, in
welchem er die Beiebsst&nde zur Erlegung der auf dem Augsburger
Beichstage bewilligten Hülfe aufforderte. Der Entwurf bedurfte der
Approbation des BegiEnentes, um dann nach dem Wunsche Maximi-
lians sofort im königlichen Namen ausgefertigt zu werden. Am
14. Februar erschienen die königlichen Bäthe beim Begiment und
verlangten im Namen Maximilians die sofortige Yerabschiedung des
Gesandten Hautbois. In^eheim theilten sie auch den EurfQrsten und
dem Erzbit^chof von Magdeburg die Motive Maximilians mit. ^) Habe
e» doch jener bisher nicht der Mühe werth gefunden, trotz geschehener
Aufforderung am königlichen Hofe zu erscheinen. Die Bäthe ver-
langten femer die Absendung eines Schreibens an Ludwig XII. in
Sachen der bedrohten italienischen Beichsstände. An demselben Tage
trafim aber die aus Frankreich zurückgekehrten Beichsgesandten in
Nürnberg ein. Endlich konnte das Begiment sich Gewissheit über
die wahren Absichten Ludwigs XII. verschaffen. Natürlich verschob
man die Erledigung der königlichen Fropositionen bis nach Entgegen-
nahme des Botschaftsberichtes. Dieser fiel, wie es auch nicht anders
zu erwarten war, ganz nach den geheimen Wünschen der Beichs-
regenten aus. Die königlichen Bäthe sowohl^) wie das Beichsregiment^)
beeilten sich, hievon Maximilian in Kenntnis zu setzen. In Nürnberg
^) Haapts&chlich glaubte Maximilian Misstranen in seine Glaubwürdigkeit setzen
zu können.
*) Bericht Stadions und Neudecks an Maximilian. NQmberg, 28. Februar 1501
(Innsbrncker Statth.-Arch.).
B) Das Reichsregiment an Maumilian. NQmberg, 18. Februar 1501 (Innsbrncker
nnd Wiener ArcbiT).
9»
fand man, dasis dk Haltung der fieichsgesandten eine durchaus kor-
rekte gewesen. In keinem Punkte läge eine Verletzung ihrer In-
struktionen vor. Auch habe ihre Relation ergeben, dass in dem Still-
stand die italienischen Beichsstftnde keinesfalls ausgeschlossen seien,
sondern ausdrücklich einbezogen wurden. Daran knüpfen die Regenten
die Bitte, nicht l&nger mit der Ratifikation des Stillstandes zu zögern.
Werde er dennoch von Ludwig XII. gebrochen, so habe weder Ma-
ximilian, noch das Reich die Verpflichtung, ihn Frankreich gegenüber
zu halten. Die Reichsgesandten hätten übrigens einen so angenehmen
Eindruck in Frankreich empfangen, dass sie sich einer solchen Hand-
lungsweise durchaus nicht zu Ludwig versehen. Auch halte es das
Rcichsregiment für unziemlich, jetzt, wo die Reichsgesandten mit
grosser Auszeichnung behandelt wurden, Hautbois ohne Rücksicht auf
seine offizielle Stellung ohne jedes Verhör zu verabschieden. Sie er-
suchen deshalb fSr den Fall, als er selbst, auf den doch die Werbung
lante, den Gesandten nicht empfangen wollte, hiezu das Reichsregiment
zu ermächtigen, damit man ihn doch mit „ glimpflichen Redensarten '
verabschieden könnte. Ebenso spricht sich unter diesen umständen
das Regiment gegen die von Maximilian verlangte Absendung eines
Schreibens an Ludwig XII. aus. Nochmals wird die dringende Bitte
emenert, in Nürnberg zu erscheinen. Man könne ja kraft der Augs-
burger Reichsordnung ohne Rücksicht auf die abwesenden Fürsten in
die Berathnng eingehen. Die Regenten, die dem Könige zu Liebe
in Nürnberg tagen und daheim soviel zu thun hätten, würden sonst
nicht länger hier beisanmien bleiben. Endlich ersuchen sie den König,
mit der Ausfertigung der Mandate zur Einbringung der Reichshülfe
bis zu seinem Eintreffen in Nürnberg warten zu dürfen. ^)
Es ist seltsam, wie genau in einem und demselben Momente
die beiden Faktoren, König und Reich, auf deren Zusammengehen
die Repräsentation der Deutschen nach Aussen beruhte, von zwei
einander feindlichen Stimmungen beherrscht werden. Am 15. Februar
schrieb Mtiimilian jene — für ihn wenigstens unzweifelhaften —
Belege von Frankreichs Verrath bezüglich Montferrats nieder. Nun
glaubt er gewonnenes Spiel zu haben und das Regiment seinen kriege-
rischen Absichten gefQgig gemacht. Schon sieht er sich an der Spitze
') Laat ein^r Copie ?on «ht* Beizetteln beim Handatsentwurf (Wiener Staatsarch.)«
7'
100
eines Beichsheeres dem verhassten Feinde entg^enziehen. In diesem
Sinne verlangte er wenige Tage darauf von den Nfimbeigem die
Ausfertigung der Mandate über die Beichshülfe und unbekfimmert,
welche Aufnahme sein Begehren in Nflmberg gefimden, schickt
er nun an das Begiment das Concept eines Ausschreibens an die
Schweizer Eidgenossen, in welchem offen vom Kriege gegen Frank-
reich gesprochen und ihre Hülfe gegen baare Bezahlung — offenbar
aus der doch noch in der Luft schwebenden Beichshülfe — in An-
spruch genonmien wird. Er ist seiner Sache so sicher — oder will
es wenigstens scheinen, — dass er mit dem üeberbringer dieses
Gonceptes gleich zwei Boten mitschickt, welche die vom Begiment
gefertigten Ausschreiben in die Schweizer Gaue austragen sollen.
Oenau an demselben Tage — 15. Februar — treffen die Beichsge-
sandten in Nürnberg ein und ihre Belation genügt, die Mitglieder des
Begiments in die friedlichste Stimmung zu versetzen. Jetzt glauben
auch sie gewonnenes Spiel zu haben, nach ihrer Ansicht könne sich
Maximilian nicht länger den unzweifelhaften Beweisen von Ludwigs
friedliebenden Absichten verschliessen. Und so fahren auch sie fort,
im Sinne des Friedens und der zu befestigenden Beichsordnung dem
Könige zu schreiben und ihn nach Nürnberg zu fordern. Welch'
Eette von fortgesetzten Missverständnissen und gegenseitiger Erbit-
terung! Das alles durch den Grundfehler einer Verfassung veran-
lasst, welche die Aeusserungen zweier einander nothwendig durch-
dringenden Gewalten sachlich getrennt für möglich hielt!
Am 24 Februar erhielten die Bäthe Stadion und Neudeck die
auf die Schweizerhülfe bezüglichen Antiige Marimilians, die Tags
darauf in der Begimentssitzung zur Verhandlung gelangten. Das
Begiment, noch ganz unter dem Einflüsse des von den Beichsge-
sandten erstatteten Berichtes, schlug die Ausfertigung der Mandate
rundweg ab. Die Begenten meinten, man wisse ja nicht, wo und wie
man das Geld aufbringen wolle, von dem in den Mandaten die Bede
seL Auch schoben sie Gründe vor, deren Angabe sie bis auf Maximi-
lians persönliche Anwesenheit verschoben. Dann erhob sich Berthold
und holte zu einer seiner beliebten Philippiken aus: ,Sie tragen dieser
und anderer Werbungen Maximilians wegen, welche die Bäthe im
offenen Widerspruch mit den Augsburger Beschlüssen an sie bringen,
gerechte Beschwerde. Sie hätten sich, um den König zu erhöhen,
101
das heilige Beich in Aufschwung zu bringen zur Ehre und zum Nutzen
des E(Snig8 und Reichs mit der Begierung beladen und die Angele-
genheiten des Reiches fleissiger als ihre eigenen häuslichen besorgt
Auf des Königs Wunsch sei ihre Botschaft nach Frankreich gegangen
und habe dort verhandelt Dennoch mflsse das Regiment erfahren,
dass neben und hinter dieser Botschaft im Namen Maximilians von
anderen gearbeitet werde, um der Gesandten Handlungen umso frucht-
loser zu gestalten. Es scheine, als ob Maximilian ihr bisheriges
Amtiren nicht mit Wohlwollen betrachte oder es so auffasse, als ob
sie sich damit dem Könige entgegenstellen wollten. Andere Personen,
die meinen, dass unter ihrer Führung das Beich besser regiert werden
könnte, scheinen Maximilian zu bestimmen, in das bestehende Regiment
Verpnmmg zu bringen. Wenn sie — die Begenten — wahrnehmen
sollten, dass dies die wirkliche Meinung Maximilians sei, so wollten
sie zu seinem Aerger nicht länger hier verweilen, sondern um Abschied
bitten und daheim besserer Zeiten harren. Allerdings sei dann zu
besorgen, dass der König sie schwer mehr zusammenbringen würde".
Die königlichen Bäthe beeilten sich, diese Drohworte zur Kenntniss
Maximilians zu bringen und hieran die eigenen Wahrnehmungen zu
knüpfen. Die Zögerungen Maximilians, in Nürnberg zu erscheinen,
werde nach ihrer Ansicht dort allgemein so gedeutet, als beabsichtige
er gar nicht zu kommen. Wenn die Begenten — was sie jetzt vor-
haben — Nürnberg verlassen, dürften sie kaum mehr zum Erscheinen
zu bewegen sein. Sie betonen auch ihrerseits die ganze Schwere der
Situation. ^) Man kann nicht sagen, dass das Schreiben, das nun die
Reichsregierung am 5. März an Maximilian schickte, sich im Tone
wesentlich von Bertholds Bede unterschied. Ganz dieselben Klagen
und Drohungen, vor allem das tiefe Misstrauen gegen die erbländischen
Rathe, « die allein ihren eigenen Yortheil suchen und sich hiebei weder
des Königs noch des Beiches Ehre vor Augen halten \ ^) In der
That hatte das Begiment allen Grund, über Maximilians beharrliches
') Bericht Stadions nnd NeodeckB an Maximilian, Nflrnberg 25. Febrnar 1501
(Innsbrncker Statth.-Arch.) den Boten Constantin Keller, der die Mandate brachte, be-
balten de bis auf weiteren Befehl in NQmberg zurflck; »damit er nit so gar 1er vnd
Tnacisgericht haimkhomb*.
*) Dai Beiehsregiment an Maximilian, Nflmberg, 5. März 1501 (Wiener und Weimarer
Archire). Die letzte E&lfte aoch bei Moller, Beichstaffsstaat p. 12^ ab(;edr.)f
102
Stillschweigen erbittert zu sein. Der Waffenstillstand war von
Ludwig XII. unter der Voraussetzung abgeschlossen worden, dass die
Batifikation desselben von Seite Maximilians bis 1. M&rz erfolge. Der
Termin war verstrichen und noch stand sie aus. In dieser Verlegen-
heit blieb dem Regiment nichts anderes übrig, als um einen Termins-
aufschub zu bitten. ^) Unterdessen hatte Maximilian genügend Zeit
gefunden, gegenüber der in allen Stücken ablehnenden Antwort des
Beichsregiments vom 18. Februar 1501 zu einem reiflichen Entschlüsse
zu gelangen. Am 6. M&rz thut er denselben in der Bückantwort dem
Begimente kund. ^). Der Weigerung des Begiments, Hautbois ohne
jede Audienz zu verabschieden, hält er entgegen, dass er bezügUch
dieses Gesandten zweimal bestimmte Weisungen an seine Bäthe in
Nürnberg habe ergehen lassen. Das erstemal, als er noch nicht über
den Charakter des Gesandten im Beinen gewesen, habe er befohlen,
derselbe soll, für den Fall als er ein Mailänder sei, in Straubing
warten, bis Maximilian nach ihm sende. ^) Das zweitemal aber, als
er erfahren, Hautbois sei ein vornehmer Franzose, habe er den Bäthen
geschrieben, ihn nach Straubing zu senden, von wo er ihn gebüh-
rend zu verabschieden gedachte. Maximilian habe nun thatsächlich
einen Sekretär und Thürhüter dorthiu geschickt, doch Hautbois sei
nicht erschienen. Desshalb habe er sich nicht veranlasst gesehen,
Hautbois nochmals einzuladen.^) Wohl aber habe er sichere Eund-
^) Das Beichsregiment an Ladwig XII., N&rnberg 6. M&rz 1501 (Müller a. a. 0.
«
p. 77.). »Man habe Ton den Gesandten mit Frende den Abschloss des Stillstandes rer-
nommen, zu dessen Batifikation man den stfindlich erwarteten römischen König mit Eifer
bewegen wolle. Ludwig möge dafür sorgen, dass Ton Seite seiner Kiiegsleute nichts gegen
die italienischen Reichsstftnde unternommen werde, damit der Friede ungestört bleibe und
man umso sicherer gegen die Türken ziehen könnte*.
') Maximilian an das Beichsregiment, Linz 6. M&rz 1501 (Orig. im Weimarer
Arch. Copialb. des Wiener Staatsarch.).
^) Auch hier zeigt sich Maximilian toU Misstrauen gegen Ludwig XII. Er fügt die
merkwürdige Ansicht bei, Ludwig habe ohne rorherige Anmeldung einen Gesandten ge-
schickt in der sicheren Voraussetzung, Maximilian werde ihn nicht gefangen nehmen.
Th&te er es doch, so wäre der Gesandte leicht durch Geld zu lösen, überdies h&tte Ludwig
ja die in Frankreich weilenden Beichsgesandten als Pfand zurückhalten können.
^) Ob bezüglich des zweiten Schreibens an die B&the nur ein durdi grobe Fahr-
lässigkeit der Kanzlei mögliches Versehen oder eine absichtliche Verdrehung der That-
sachen vorliegt, ist schwer zu entscheiden. Maximilian glaubt Grund zu haben, in dem
103
Schaft Aber ihn eingezogen, die ergaben, dass er einer der feindseligst
gesinnten Franzosen sei und Ludwig zu allen seinen bösen Anschlägen
in Italien gerathen habe. Seine Ansicht sei keineswegs, ihn ohne
jedes Verhör zu verabschieden. Die Beichsregenten mögen ihn in
seinem Namen empfangen und mit glimpflichen Worten entlassen.
Bezüglich der Belehnnng mit Mailand und aller schwierigeren Fragen
mögen sie ihn anf eine schriftlich oder durch eine Botschaft münd-
lich zu überbringende Antwort verweisen. Zur Stillstandsratifikation
erklärte er sich bereit, wenn es sich herausstelle, dass der Wortlaut
der Yertragsurkunde mit dem Geiste der den Beichsgesandten gege-
benen Instruktion übereinstimme, was ihm allerdings nicht der Fall
zu sein scheine. Der Text der Urkunde sei vielmehr so dunkel, dass
damit die Absicht Ludwigs, die italienischen Stände zur Sicherung
seines Zuges in seine Gewalt zu bringen, ohne scheinbare Verletzung
des Stillstandes erreichbar sei Sei Ludwig erst Kaiser, dann werde
er erst recht behaupten, er habe ja damit dem Beiche nichts ent-
zogen. ^) Offenbar nur um weiteren Aufschub zu erlangen, fordert er
von dem B^giment ein Gutachten über die Conformität der Instruktion
und des Stillstandes ab. üebrigens verspricht er, bald nach Nürnberg
zu kommen. Mit dem abschlägigen Bescheid des Begiments bezüg-
lich der Aussendung der Mandate in Sachen der Beichshülfe will er
sich einstweilen zufrieden geben. Nebenbei läuft die interessante, aber
immerhin naive Mittheilung unter, dass er auf eigene Faust eine Ge-
sandtschaft an Ludwig XII. abgefertigt habe, um ihn zur Abstelluug
seiner » verdeckten ** Handlungen zu bestimmen. Gleichzeitig erhielt
Hautbois ein Schreiben Maximilians, welches ihn mit allen seinen
Ausbleiben Haatbois* eine Krftnkong za erblicken und doch lautet sein zweites Schreiben,
auf welches er Terweist: »da wir euch befolen haben, mit der zu Nürnberg liegenden
französischen Botschaft zu handeln, senden wir euch eine Kredenz, auf sie lauteAd und
ihr zu flbermitteln. Und da er ein trefflicher Mann ist, wisst ihr euch wohl gegen ihn
zu haltend (Linx 31. Dezember 15C0. Nach dem Orig. im Weimarer Arch.).
^) Die betreffende SteUe butet: »aber ir ynd meniglich mugt wol gedenckhen wie
▼nd wann er anf die Franexosischen manier das, so er sich zu erlangen rndersteet, wider-
geben, wir achten wann er Neapels erobein» das er «das kajserthnmb an sich bringen vnd
sagen wurde, das die gedachten Italischen fursten ynd commun Tnder einen erbkayser
gehoreten in ansehung der ansprach, so er darczn zu haben Termeint herrurend von dem
heiligen kejier Carl, als sich dann weylend kunig Karl sein Torforder, wie euch allen
wol wissend ist, gegen meniglich in Italia auch m^rckhen lassen bat*r
104
Anliegen an das zur Verhandlung ermächtigte Beichsregiment ver-
wieg. ^)
Wieder eine Woche vergieng nnd nüt ihr die Aussicht fOr
Maximilian, durch weiteres Zögern des Regiments friedliebende Ab-
sichten zu durchkreuzen. Jetzt kamen die bösen Berichte seiner B&the
an, gleich darauf jenes energische Schreiben Bertholds, das Spiel fieng
an gef&hrlich zu werden. Diesmal schien es der ständischen Oppo-
sition bitterer Ernst mit der Drohung, Nürnberg auf Nimmerwieder-
sehen zu verlassen. Maximilians Natur, ohnehin zum jähen Abspringen
von einem zum andern Gedanken angelegt, war nicht darnach ange-
than, einen lange getriebenen Widerstand bis in die letzten Oonse-
quenzen festzuhalten. Immer gab es einen Funkt, von dem aus seine
unverwüstliche Liebenswürdigkeit wieder zum Durchbruch kam. Dem
Grundzuge seines gutmüthig angelegten Wesens entsprechend hält er
sogleich stille und lenkt sofort in friedlichere Bahnen zurück. Zu-
nächst ein Schreiben an das Begiment, worin er auseinandersetzt, wie
die Sorge fdr seine Erblande ihn gegen seinen Willen solange zurück-
gehalten habe, wie er sich nun' aber beeilen wolle, so rasch als
möglich gegen Nürnberg aufzubrechen, mit der Bitte, sein bisheriges
Zögern nicht übel deuten zu wollen. ^) Dann eine spezielle Aus-
einandersetzung an Berthold und Friedrich von Sachsen,") nicht frei
von den beliebten Entschuldigungsmittelchen. Er habe die achtzehn
Fürsten auf den 2. Februar zur Verstärkung des Begiments nach
Nürnberg geladen und doch seien viele derselben unter dem Ver-
wände, sich nach ihm zu richten, nicht erschienen. Er habe es dess-
halb für angezeigter gehalten, sich den Angelegenheiten seiner Erb-
länder, denen er sieben Jahre ferne gestanden, zuzuwenden, weil er
wisse, dass nach der Eroberung Italiens durch Ludwig dessen Kämpfe
dem Hause Oesterreich gelten. Er bitte sie daher, ihn seines Zögems
wegen beim Beichsregimente zu entschuldigen,
Sofort nach dem Eintreffen des früheren königlichen Schreibens,
*) Ans dem Weimarer Archiv bei Mflller a. a. 0. p. 88, abgedr. Die kOnigl. Kanzlei
nennt den Oesandten fälsehlich Johann'Haatbois!
*) Maximilian an das Beichsregiment und die anwesenden Fflrsten s. 1. et d. (Conc.
des Innsbracker Statth.-Arch.).
*) Maximilian an den Eorfftrsten Friedrich Ton Sachsen s. 1. et d, (Coilc» im Ions«
bmcher Statth*-Arch* mit antographen Zusätzen Maximilians),
105
welches MaximiliaiiB Zustimmung zur Zulassung Hautbois^ enthielt,
trat das Beichsregiment in offiziellen Verkehr mit dem französischen
Gesandten, Am 16. M&rz erschien er vor den Ständen, denen er im
Namen seines Herrn die Ablieben Glflckwünsche überbrachte. Dann
verlas er ein an Maximilian gerichtetes Schreiben Ludwigs, in welchem
er um die alte Freundschaft der Deutschen warb. Dagegen bat er
um die Belehnung mit Mailand gegen die Verpflichtung seiaes Königs,
als gemeiner Lehensmann des Beiches zur Bestrafung der dem Beiche
ungehorsamen nach besten Erftften mitzuhelfen. Vier Tage darauf
erschien er abermals vor dem Begiment und produzirte ein jüngst
eingetroffenes Schreiben Ludwigs, in welchem dieser auf das Ener-
gischste gegen die von einzelnen Italienern ausgestreuten Lügen und
Yerdächt^gfungen protestirte. Er habe durchaus nicht die Absicht, etwas
Feindseliges gegen Mantua, Ferrara und Montferrat vorzunehmen. Er
beschwöre die Beichsregenten, diesen Verdächtigungen verdorbener
Menschen ja keinen Glauben zu schenken, da es ihm ernstlich um die
Beachtung des Waffenstillstandes zu thun sei.^) Wir erinnem, dass Ber-
thold von Mainz seiner Zeit HautboisBesorgnisse in dieser Sichtung zu
erkennen gab, und dass dieser sich beeilt hatte, hierüber nach Hause zu
berichten. Am französischen Hofe natürlich zögerte man nicht, den
Gesandten durch die obige Antwort in seiner Werbung zu unter-
stfitzen. Hautbois erkl&rte, die Fürsten von Mantua und Montferrat
seien zwar geschworene Feinde Frankreichs. Doch werde Ludmg
gegen sie als ünterthanen des Beiches des Stillstandes wegen nichts
vornehmen. Man möge eben auf Werke und nicht auf Worte achten.
Die französischen Truppen seien zum Kampf gegen die Türken nach
Italien geschickt und Ludwig sei bereit, mit 15.000 Mann dem Beiche
gegen diesen Feind zu Hülfe zu kommen. Desshalb müsse er auf
der Batifikation des Vertrages bestehen. ')
Selbstverständlich war das Begiment nicht in der Lage, über
die von Maximilian zugestandene Antwort hinaus dem Gesandten
') Ludwig Xn. an das Beichsregiment, Loches 27. Febmar 1501 (Orig. im Wiener
Staath.-Arch.}.
>) Bericht Aber die Werbung Hautbois (Wiener Staats-Arch.). Darnach ist Mfillers
Angabe, das Regiment sei mit Hautbois nicht in Verhandinngen eingegangen, als irrig zn
korrigiren.
106
irgend welche bindende Zusagen zu machen. Jetzt wo man sichere
Sunde hatte, dass Maximilian im Aufbruch aus seinen Erblanden
begriffen war, konnte man umso leichter auf Maximilians baldiges
Eintreffen verweisen. Andererseits spricht der Umstand, dass Eaat-
bois Nürnberg nicht verliess, für dis Annahme, dass das Begiment
sich nicht der von Maximilian im Schreiben vom 6. Mftrz verlangten
Abfertigungsart anschloss. i) In der That machte sich MiaxiiliUiftn
damals auf den Weg in's Beich. Am 18w März verliess er Linz uad
begab sich zunächst nach Wels. Am 25. M&rz war ein schwäbischer
Bundestag in Augsburg angesetzt, bei dem er persönlich drscheinen
wollte. Auf dem Wege dahin hatte er eine Zusamm^konfb mit
dem Salzburger Bischof zu Tittmanning verabredet und nach Augs-
burg hatte er den Schwager Albreeht von Baiem bestellt Jedesfalls
erwartete er auf dem Augsburger Tage für die Förderung seiner
kriegerischen Pläne ausgiebige Besultate. Wenn auch nicht vor
Ostern, ^) so war doch sein Erscheinen in Nürnberg damals schon in
sichere Aussicht genommen. Mit bestimmten Entwürfen für eine krie-
gerische Heeresverfassung beschäftigt, des schwäbischen Bundes, der
Treue seiner Erbunterthanen und wie ich vermuthe, geheimer Zuge-
ständnisse des päpstlichen Stuhles bezüglich eines Antheiles an dem
grossen Ablassgeschäfte sicher ^) — gewiss genug Momente, um seine
^) Eine Antwort des Regiments liegt in den Akten nicht vor.
*) Ostersonntag fiel auf den 11. April.
3) Aus einer späteren Mittheilung Maximilians an das Begiment (Weimarer Arcbir
24. April 1501) geht klar hervor, dass er ohne Wissen des Regiments schon damals
den Cardinallegaten zur VerkOndigung des Ablasses zugelassen hatte. Trithemins (Chronic
Hirsaug. tom. II. annal. Hirsaug.) erzählt zum Jahre 1501, Cardinal Raimund habe einige
Zeit in Trient auf seine Zulassung in*s Reich gewartet und dann mehrere Monate bei
Maximilian in Innsbruck zugebracht (». . . nee ne tandem de admissione certior factus
venit in lospruck ad Maximilianum regem et mansit cum eo aliquot mensibus, anno se-
quente venit ad Nurembergam, ubi tunc erant principes*). Wir wissen, dass Raimimii
circa 1500 nach Trient kam. Damals hielt sich Maximilian bis zu seiner Abreise nach
Nflrnberg in Oberösterreich auf. Nach Tirol kam er auf längere Zeit erst Ende Mai 1501.
Andererseits weilt Raimund Anfangs August 1501 zn Heilsbronn bei Nürnberg. Die
Yerlässlichkeit der Notiz Trjtheims vorausgesetzt, konnte der Legat mit MaximiUan nar
im Juni und Juli 1501 zu Innsbruck in persönlichen Verkehr getreten sein. (Nach dem
Itinerar weilte MaximiUan in dieser Zeit thatsächUch dort). Unrichtig bleibt dann f&r
aUe Fälle die Angabe, dass Raimund im darauffolgenden Jahre beim Reichsregiment er-
107
sanguinische Seele mit kühnen Hoffiiungen zu n&hren. In einem
Briefe an einen Vertrauten klagt er, wie er über die vielen Erblands-
gesch&fte nicht zum Handeln in den «grossen Sachen* gekommen
sei Und nun nfthere sich der Sommer, allerw&rts entstehen Empö-
rungen und Widerwärtigkeiten. Frankreich und seine flbrigen Feinde
zögern nicht, ein jeder schicke sich in seinen Yortheil, da könne er
auch nicht feiern, mOsse hin und wieder wandeln und des Beiches
und seiner Erblande Nutzen suchen. ^) In den letzten Tagen des
März und in der ersten H&lfte des April treffen wir Maximilian zu
Augsburg und nordw&rts von der Donau. ') Es scheint, als wenn
mit dem Momente seines Eintreffens auf deutschem Beichsboden ^ch
die Beziehungen zu dessen Bewohnern allm&lig freundlicher zu ge-
stalten begannen.
Am 25. März nimmt er an dem Abschied des schwäbischen
Bundestages zu Augsburg persönlich Theil und drückt unverhohlen
seine Freude über die Energie der Bundesglieder aus, mit welcher
sie ihre kriegerischen Mittel dem von Feinden bedrängten Albrecht
von Baiern zur YerfQgung stellten. ^) Dann gieng der Hauptstreit-
ponkt zwischen König und Begiment, die Batifikation des Stillstandes,
einer überraschend günstigen Lösung entgegen. Das Begiment, dessen
schien. Die Thatsache steht fest, dass Maximilian schon vor seiner Ankunft in N&rnberg
dem Cardinallegaten die Zulassong zugestanden hat.
^) MaximUian an N. N. (wohl Nicolaus Firmian), Wels 19. Mars 1501 (Fragment
iDnsbrncker Statth.-Arehiy). Seine Gemahlin soll die Osterfeiertage in Passau zubringen;
sobald er nach Nfimberg komme, wolle er sie zu sich entbieten lassen. Er hoife Alles
»zum Guten* lenken zu können.
>) Theilweise abweichend von Staelins Angaben in Forschungen Bd. 1 und in dessen
würtemberg. Geschichte Bd. 4 glaube ich folgendes Itinerar mit ziemlicher Gewissheit
feststeUen zu können: 20. M&rz Abreise von Wels, 25., SO. und 81. März, 1. — 2. April
Augsburg, 8. — 12. April Donauwörth, am 12. April Weissenburg im Nordgau im Aufbruch
nach Nürnberg, wo er am 18. April (s. Deichslers Nürnberger Chronik) eintrifft. Der
echte Fugger (Ms. Wiener Hofbibl.) gibt an, dass Maximilian aus Oesterreich über Salz-
barg, Altöttingen, Freisingen, Landsberg nach Augsburg gekommen, wo er am 2S. M&rz
mit 850 Pferden einritt. Drei Tage blieb er daselbst, dann (also 1. April) sei er gegen
Nürnberg aufgebrochen, das er in den Osterfeiertagen (Ostersonntag fiel auf 11. April)
erreichte. Daselbst blieb er nicht ganz zehn Tage.
') »wöU* sich auch söIUcher gemains bundts gehorsamen und gutwilligen antwurt
bei andern jrer mi chorfürsten ynd fürsten beiümen und gemains bundts gn&diger herr
sein«, (Klüpfel Urkd. zur Gesch. des schw&b. Bundes I. p. 484).
108
AnwUte in Augsburg — wir verweisen nur auf Albrechts Anwesen-
heit daselbst — es sicherlich nicht nnterUessen, in ihm insofeme
Hoffiiungen zu erwecken, als sie die Stillstandsratifikation nur sils eine
bedingungsweise darzustellen verstanden, Md bei Maximilians san-
guinischer 6esinnungsart umso leichter Entgegenkommen, als er dorch
theilweise Williährigkeit seinen Hauptzweck umso eher erreichen zu
können glaubte. So erfolgte denn am 3. April 1501 die Batifi-
kation des StQIstandes noch vor seinem Eintreffen zu Nürnberg and
das Begiment beeilte sich, die betreffende Stillstandsurkunde sammi
einem Begleitschreiben nach Frankreich zu senden. ^) Am 12. April
konnte Maximilian von Donauwörth bereits einen sehr gut gelaunten
Brief an Nikolaus Firmian schreiben. Schneller als er gehofft, ge-
denke er jetzt nach Nürnberg zu ziehen. Doch wolle er sich dort
nur wenige Tage aufhalten. Seine Gemahlin, die er ursprünglich nach
Nürnberg bestellt, möge von Passau nach Innsbruck gehen, von wo
aus sie ihn am besten in seinem späteren Aufenthaltsorte erreichen
könne. ^) Gewiss nur unter dem Gesichtspunkte der auch von Seite
des Beichsregiments Maximilian gegenüber geübten Connivenz ist die
Abfassung des Mandates an die Beichsstände zu betrachten, durch
*) Die Batifikation Maximilians, dann das Begleitschreiben des Regiments, abgedr.
bei Mflller a. a. 0. p. 82 ff. Der Umstand, dass beide Stficke Nürnberg zam Ausstel-
lungsort haben, berechtigt keineswegs zum Schluss, dass Maximilian sohon am 3, ipril
zu Nfkmberg gewesen. Der Tag seiner Ankunft IS. April ist Töllig beglaubigt. Damit im Zusam-
menhange steht die nothwendige Thatsache, dass Abgesandte des Beichsregiments mit
Maximilian entweder in Augsburg oder in Donauwörth, wo die Unterfertigung stattfand,
zusammengetroffen sind.
>) Maximilian an Nikolaus Firmian, Wörth 12. April 1501 (Gonc. des Innsbrucker
Statth.-Arch.). Die betreffende Stelle, die viel zur Aufklärung der momentanen SitnatioD
beiträgt, lautet: »nu haben sich mitler zeit mser Sachen dermassen zu gnet geschickt,
das wir tu eylends gen Nuremberg erheben, daselbst zuhandlen vnd gar in kurezen
tagen widerumb nuem abschaid daselbst vnd etlich ander raison fQr rm nemen md za
Todrist ynser herezlieben gemahl bej ms haben wellen vnd haben vns darauf genczlicb
entslossen ir lieb herauf zu ms eryodem md das ir lieb irn weg auf Insprnkh zae neme
md fnrter auf das furderlichist Ton Inspruckh zu yns an die ende, dahin wir ir lieb be-
schsiden werden, kommen, dann irer lieb solichs der negst ynd gewissist weg zu ms
sein wirdt*. Nach den Berichten Firmians an Maximilian weilte Königin Maria am
9. Januar zu Efferding und am 5. April zu Passau. Damals hatte Ludwig XIL der
Königin die Freilassung ihres Bruders bereits schriftlich angekündigt (Berichte im Wiener
Staats-ArchiT).
109
welche bei Androhung der königlichen Ungnade die Leistung der zu
Augsburg zugesicherten Beichshülfe in Geld und die Yerzeichnung
der Mannschaft bis längstens 25. Juli gefordert wurde. ^) Ja der
Umstand, dass das Mandat dasselbe Datum wie die Waffenstillstands-
ratifikation trägt, legt die Yermuthung nahe, dass Maximilian als
Preis für seine Unterschrift die Einforderung der Seichshfllfe ange-
setzt hatte. ^) Am 8. April gab Maximilian seine Bestimmung zu
dem vom Begimente eingeschickten Mandatsentwurfe, verlangte die
sofortige Ausfertigung und behielt sich die eigenhändige Zeichnung
der Mandate in Nfimberg vor. ^)
Am 13. April ritt Maximilian in Nfimberg ein. ^) Den Kopf
^ Naeh dem Angsbarger Beichstagsabscliied sollte die Beicfashfllfe bis 2. Februar
erlegt werden. Wie die Seicbsstände in diesem Punkte ihre Pflicht auifassten, darflber
finden sich in KlQpfels Urkunden zur Gesch. des schwäb. Bundes lehrreiche Aufschlüsse.
Die Bnndesstftdte rerpflichten sich auf dem Ulmer Tage November 1500, mit dem Qelde
nur im äussersten FaUe herausznrflcken. Die stftdtischen Vertreter im Beichsregimente
sollen genau achtgeben, wie es die anderen Forsten mit der Zahlung halten. Diesem
Beschlnss treten auch die so Speyer im Januar 1501 Tersammelten Beicfasst&dte bei« Anf
dem Münchner Landtag fordert Herzog Albrecht 8. Juni 1501 die Einbringer des Beichs*
hälfsgeldes im Oberlande auf, Begister und Oeld so bald als möglich an ihn zu senden,
da er ron Nürnberg ernstlich zur Zahlung und Einlieferung der Begister bis Jakobi er-
mahnt worden sei. Sie antworten am 5. Juli» dass die Nordgauer s&umig seien. Es
werden rlele Ausstftnde ausgewiesen. Im Ganzen waren 4612 fl. eingegangen (Krenner,
bsir. Landtagshandlnngen). Das Mahnschreiben des Regiments rom April 1501 stOrt die
Begensbnrger das erstemal ans ihrer Buhe (Oemeiner, Begensb. Chron. : Die arme Bürger-
schaft mnsste auch wirklich sich angreifen ; zum wenigsten war die Beichshülfe durch die
Wachtbfitel und Schreiber angeschrieben worden und am Donnerstag nach den Pfiugst-
feiertagen ward in den Bruderschaften yerkündet, dass man aus jeder vier Büchsen und
Schützen verordnen aolle).
<) s. Jannssen Beichstagscorr. Frankfurts Nr. 817. p. 668 ff. Die Anmerkung
hiebei beruht offenbar auf einem Missrerst&ndnisse. Statt »an den Bath* muss es wohl
,Ton dem Bath* heissen. Das Mandat war einmal im Namen des Königs allein, dann
im Namen des Begimente erlassen. Der Umstand, dass ein späteres Mandat vom 19. April
Yon dem früheren so spricht, als werden diese im Anschluss fibersendet, Iftsst yermuthen,
dass das Regiment die Mandate dto. 8. April auch nicht früher hinausgegeben habe.
(8. klüpfel a. a. 0. I. p. 8i6.)
*) Maximilian an Friedrich als Statthalter des Begimente, Schwäbischwörth 8. April
1501 (Orig. Wiener Staatsarch.).
«) Deichslers Chronik (Chron. der Stftdte Bd. II. p. 688): »Item 1500 und ain
jar am driten osterreirtag da kom ümb ains gen naht unser genedigister herr Maximilian,
römischer künig, gen Nürmberg.
110
voll kriegBiischer Entwärfe und nicht ahnend, w^ch^ bösd tinttln«
schung ihm abennals bevorstehen sollte. Seine erbl&ndischen B&the
hatten alles gethan, seinen Sanguinismus zn nähren. Eine Darlegung
der durch Ludwig XII. in Italien drohenden Gefahren hatten sie un-
längst mit einem Gutachten über die dagegen zu ergreifenden Mass-
nahmen beantwortet, das den Beginn der feindlichen Aktion zur mi-
mittelbaren Voraussetzung hatte. Sie riethen darin, dem Markgrafen
von Mantua mit tausend oder etwas mehr Knechten sofort zn Hfilfe
zu kommen und ihn weiterer Unterstützung zu versichern. Der Zu-
stimmung der Erblande sollte sich Maximilian durch Einberufang eines
Generallandtages versichern, auf dem nian eine ausgiebige Rüstung
verlangen könnte. Unterhandlungen mit dem schwäbischen Bunde,
den Eidgenossen, mit Salzburg und Bäiöm, die Werbung böhnilscher
Knechte sollten in dieser Sichtung die Aktion einleiten und diese durch
Bündnisse mit Erzherzog Philipp, £!ngland, Spanien und Venedig ge-
sichert werden. Zehntausend Mann zu Fuss und Boss könnte der
König wohl selbst in Sold nehmen, das gäbe in Verbfauhmg mit der
landschaftlichen und Beichshülfe schon eine genügende Heeresi&achi
Aber auch sie halten es für nöthig, dass der König sich desshalb
mit den Kurfürsten und Fürsten in Kümberg auseinandersetze. ^)
Als jetzt Maximilian in Nürnberg erscUen, brachte er bereits
den Entwurf einer vorzugsweise auf der Kraft der Erbbinde beruhenden
Heeresverfassung mit, zu deren Durchführung eben nichts als die Ein-
willigung seiner österreichischen Erblande fehlte. Sie zu erlangen,
schickte er seine Gommissäre von Nürnberg in die Heimath. ^) Erstens
^) Bathschlag der (Tiroler?) Begiernng an Maximilian s. U et dato (Conc im
Wiener Staatsarch.). S. Beilage.
>) Instruktion für Kaspar Ton Boggendorf, Pfleger zu Steter, Hans yon Stadion und
Dr. Heinrich Hayd, kgl. R&the, für den Landtag zu Linz, Nürnberg 18. April 1501
(Druck im Weimarer Arch. Aus demselben hat Müller a. a. 0. p. 92 ff* die Darlegung
der politischen Verhältnisse abgedruckt). Es ist nicht ohne Interesse zu enfShnen, dass
sich Maximilian gerade in diesem Momente mit weitgehenden Verwaltungsreformplänen
rücksichtlich seiner Osterreichischen Erblande trug. Schon yon Angsbui*; ans hatte er am
29. Mftrz 1501 eine Instruktion für den obersten Hauptmann der 5 niederOsterr. Lande,
Wolfgang Ton Pohlheim, betreffend die Einsetzung von »etlich regiment* ausgesteUt. Das
auf die Reform bezugnehmende Dekret wurde dann unterm 21. April 1501 zu Nürnberg
ausgefertigt. Die wesentlichsten Bestimmungen sind: 1. Einsetzung eines Landregiments
über dir 5 niederösterr. Pro?inzen mit dem Sitz zu Enus als obere Verwaltangsbehöide,
iii
verlangt er von den Erbprovinzen die Leistung der zu Augsburg be-
willigten Eeichshüife und überdies eine «eilende Htllfe''. Die fünf
nieder(^teneielii8cfaen Lande sollen 10.000 Mann zu Fuss und 1200
Beiter, die Hauptleutei, Pfieger und Amtleute überdies 600 Beiter
stellen. Drei Feinde nimmt Maximilian alternativ in Aussicht Geht
68 gegen Frankreieh, so soll diese Heeresmacht durch 10.000 Mann
zu Fuss und Boss aus dem Reich und den oberösterreichischen Landen
Yerstärkt weitdon. Geht es gegen die Yenetianer, so genügen von dem
Heere Mederfeterteidis 5000 Fnssoldaten und 1800 Beiter, zu denen
dann 4000 Fnssoldaten und 200 Beiter Oberösterreichs stossen sollten.
Würden die Ungarn auch angreifen, so wären die 1800 Beiter geg^
diese zu senden und der Ausfall beim Hauptheere durch andere
1000 Beiter zu decken. In Oberösterreich wolle er schon inbegriffen
der Beichsumlage 12.000 Mann aufbringen. Zudem hoffe er, dass das
Beich und Burgund ilm nicht verlassen werden. Der Beichsanschlag
in Odd soll von den österreichischen Provinzen durch zwei Jahre,
also in doppelter Höhe gegeben werden. Ebenso rechne er auf die
von den italienischen Beichsst&nden zugesagte Geldhülfe, w&hrend der
2. Einsetzang eines Hofgerichtes fttr diese Prorinzen za W.-Neustadt als obere Jastizbe-
hOrde, 8. Einsetzimg einer Hofkammer za Wien als obere Finanzbehörde der 5 Provinzen,
4. Einsetzung einer Hanskammer als Behörde Aber alles landesfÜrsU. Gut (Gebäude, Ge-
schOzwesen, Jftgerei etc.), 5. Einsetzung eines Hofrathes als oberste den rorhergenannten
Behörden Torgesetzte Behörde. Zu Mitgliedern dieses Hofrathes wurden damals ernannt:
Heinrich Graf yon Hardegg, Niklas Graf zu Salm, Christoph ron Liechtenstein, Leonhard
TOD Franenberg Fteiherm zum Hag, Georg Neideck, Johann Waldner und Andreas Khrabat.
Doch stiesB diese neue Ordnung sofort auf Widerstand bei den österreichischen St&nden.
Baimprecht von Beichenburg, Landeshauptmann der Steiermark, berichtet am 25. Mai 1501
an Maximilian, er habe die ihm zugeschickten Ordnungen auf dem Grazer Landtag ver-
lesen, man h&tte aber gefunden, dass dieselben alte verbriefte Rechte der Steirer verletzen,
wesshalb er im Namen der Landschaft um Fallenlassen derselben bitte. In der That
fanden schon 1502 wesentliche Aenderungen statt, (s. Landtagsakten im Grazer Archiv
p. 135a — 155a und Luschin-Ebengreuth, Geschichte des älteren Gerichtswesens in Oester-
reich p. 279 if.). Es ist nicht ohne Interesse zu beobachten, wie ähnliche Bestrebungen
nach Begründung einer festen Ordnung in den reichsständischen Territorien damals einzelne
KeichsfOrsten beschäftigten. So hatte der Bischof Ludwig von Speyer schon 1500 der
Stadt Bruchsal eine neue Gewerbeordnung verliehen, 1501 schloss Bischof Berthold von
Hildesheim mit dem Herzogen von Braunschweig und mehreren Städten eine wichtige
Münzkonvention, in demselben Jahre hatte man sich auf dem Landshnter Landtage über
die Abfassung einer neuen Landesordnnng (ausgefertigt am 19. August 1501) geeinigt.
112
schwäbische Bund die Schweizer im Zaune halten werde. Auf diese
Weise könne man Ludwig XII. am besten begegnen. Um freie Hand
zu bekommen, gedenke er mit den Türken einen provisorischen Waffen-
stillstand einzugehen. In dieser bedrängten Lage rufe er auch die
Hülfe der Kurfürsten und des Erzherzogs Philipp an. Wer nun noch
ungehorsam wäre, müsste mit Becht als ein Partei^nger Ludwigs Xn.
und seiner Aspirationen nach der Kaiserkrone betrachtet werden. Eine
bis in's Detail gehende Darlegung der politischen Situation, die, wäre
sie der Sachlage gemäss gewesen, auf einen von Maximilian trefflich
organisirten politischen Agentendienst schliessen liesse, sucht den
Beweis fllr die Dringlichkeit der gestellten Forderung zu erbringen.
Sie gipfelt in der Behauptung, dass Maximilian als Erbfürst mid als
Oberhaupt des deutschen Beiches einer mächtigen Koalition &st sämmt*
lieber europäischer Staaten schutzlos gegenüberstehe. Die Führer
dieser Koalition sind Papst Alexander YL und Ludwig XIL Ale-
xander YL, der seinen Sohn Cesare Borgia zum Herrscher von Italien
machen und Ludwig XII., der naeh der Kaiserkrone strebe. Zunächst
habe Alexander den Bischof von Krakau, * Bruder der Könige von
Ungarn und Polen, durch Yerleihung des Kardinalshutes, dann mit
dessen Hülfe diese beiden Könige durch üeberlassung der Jubel-
gelder für ein Bündniss mit Yenedig zum Kampfe gegen die Türken
gewonnen. Da aber die Yenetianer Feinde Maximilians seien, so
werden deren neue Bundesgenossen auch die seinen. Wären auf diese
Weise die Yenetianer vor den Türken gerettet, dann wolle man den
jüngsten Bruder der ungarischen und polnischen Könige, Siegmnnd,
entweder zum Fürsten von Oesterreich machen oder Maximilian mit
Waffengewalt zwingen, demselben die Anwaltschaft auf Böhmen und
Ungarn abzutreten. Auf Alexanders Betreiben haben französische und
venetianische Gesandte den König Wladislaw von Ungarn f&r die
Theilnahme am Türkenkriege mehrere hunderttausend Dukaten ver-
sprochen. In der That habe Wladislaw im Sommer 1500 mit einem
schlecht gerüsteten Heere von 12.000 Mann muthwillig den Krieg
gegen die Türken eröffnet mit der Absicht, im darauffolgenden Winter
einzelne österreichische Ortschaften zu überfallen und Tabors an der
Donau zu errichten. Nun sei aber das französische und venetianische
Geld nicht gekonamen, wesshalb Wladislaw und seine Söldner gegen-
seitig und mit den Yerbündeten in Zwist geriethen. Sogleich habe
m
der t'apst die Absendung einer neuen französisclfen und venetianischen
Botschaft betrieben. Vom Neuen versprachen Frankreich und Venedig
je achtzigtausend Dukaten und der Papst überdies weitere vierzig-
tansend Dukaten Subsidiengelder. Wladislaw solle sich dagegen zum
Kampf gegen die Türken und Maximilian rüsten, während Frankreich
sich Italiens und der Kaiserkrone bemächtigen wollte. Wäre letzteres
geschehen, dann sei das erstarkte Fratbeich mächtig genug, alle
Bundesgenossen gegen die Türken zu schützen und dieselben auf die
österreichischen Erbprovinzen zu hetzen unter dem unwahren Vorgeben,
Maximilian habe es jetzt ähnlich mit den Venetianem gemacht. Ganz
perfid sei Ludwigs Vorgehen. Unter dem Vorwand, Freundschaft zu
halten, Mailand nur auf Lebensdauer besitzen, und unter dem Ver-
sprechen, Ludovico Moro freilassen und nichts gegen die italienischen
BeichssiAnde vornehmen zu wollen, schloss er mit den Gesandten
der deutschen Fürsten und Kurfürsten (!) einen bis Juli
währenden Stillstand. In Wirklichkeit handle er ganz anders. Um
in den Besitz Neapels zu gelangen, will er ganz Italien unterwerfen.
Neun italienische Beichsstände habe er zu sich entboten und ihnen
Schutz ihrer kaiserlichen Freiheiten unter ihm als künftigen Kaiser
angeboten. Nach Abschluss des Stillstandes « wollte'' er des Mark-
grafen von Montferrat Länder einnehmen und hat Truppen gegen
Faenza und Bologna geschickt. Er und die Venetianer werden die
Fürsten von Mantua und Ferrara vertreiben. Dabei meint er gar
nicht gegen den Waffenstillstand zu thun und sagt, er wolle es schon
gegen Maximilian und das Beich verantworten. Natürlich glaubt man
mit „ Worten", er aber denkt im Herzen an den Zusatz : „mit Waffen*.
Dann als Herr von Italien und als Kaiser wird er mit französischen
und schweizerischen Söldnern in Tyrol und das Gebiet des schwäbischen
Bundes einfallen, während sich gleichzeitig die Venetianer, Ungarn
und Böhmen auf die niederösterreichischen Erbländer werfen werden.
Dabei meinen es diese Bundesgenossen gegeneinander gar nicht ehrlich.
Denn wie Venedig für seine Unterstützung gegen Ludovico Moro um
den zugestandenen Preis von Frankreich betrogen wurde, so denke
auch Venedig nach Abschluss eines Traktates mit den Türken nicht
daran, die den Ungarn nachträglich zu zahlenden Subsidien zu leisten.
Doch gäbe es Leute, die sie immer wieder zu seinem Untergange
zusammenbringen werden. So sehr er sich auch nach Frieden sehne,
Kraus, Ntlmb. Beichtreg. g
114
80 müsse er sich dooh ftlr die firbaitung der ßjissrkrone und mnAi
Brbländer in die Gegenwehr schicken.
Es ist merkwürdig, wie Maximilian durch das Bestreben, seine
Länder f&r die kriegerische Aktion zu erw&rmen, verleitet wird, in
der Darlegung der politischen Coustellation Thatsächliches mit rein
Mutmasslichem zu vermengen. Bichtig ist, dass ein Bündniss aller
dieser Mächte mit Ungarn in dieser Periode zu Stande kam. Lässt
sich auch eine entschiedene Hinneigung der leitenden ungarische
Staatsmänner und des Königs selbst zu Frankreich und Alexander VI.
nicht in Abrede stellen, so war andererseits als der ostensible Zweck
dieser Allianzen keineswegs der Kampf gegen Maximilian, sondern
nur die Unterstützung Venedigs im Türkenkrieg verkündet worden.
Die Yenetianer, die seit 1499 im erneuerten Kampf mit den Osmanen
gerathen waren, suchten, da ihnen hiebei ihr auf dem Mantuaner
Congress September 1500 abgeschlossenes Bündniss mit Ludwig XXL,
Alexander YI. und Ferdinand von Arragonien (dessen Maximilian in
seinen Ergüssen absichtlich nie Erwähnung thut) im Grossen und
Ganzen nur wenig nützen konnte, Freundschaft bei den von gleicher
Gefahr bedrohten Ungarn. 1500 treffen wir ihren Gesandten Sebastian
Guistiniani zu Ofen an der Seite französischer und spanischer Bot-
schaften und wirklich brachte es Alexander YI., der den einfiussreichen
Erzbischof Bakäcs durch die Aussicht auf den Cardinalshut gewonnen
hatte, zu einem Yertrag, in welchem die Yenetianer auf die Dauer
des Krieges jährlich hunderttausend Dukaten und nach Beendigung
desselben überdies dreissigtausend Dukaten an Ungarn zu zahlen ver-
sprachen. Yierzigtausend Dukaten streckte schon damals Alexander
vor. Im Juni wurde der Yertrag mit Yenedig und dem Papste and
im Juli 1600 der mit Frankreich unterfertigt. Sogleich begannen
die Feindseligkeiten zwischen den Ungarn und Türken, die bei der
Yeste Jaitze eine kleine Schlappe erlitten. Dann aber erlahmte der
kriegerische Geist der Ungarn, Bak^s hatte seinen Gardinalshut und
die Yenetianer waren wieder auf . sich angewiesen. Dah^ sandte
Alexander gegen Ende 1500 den Cardinal Peter von Beggio nach
Ungarn, um das Bündniss zu erneuern und hinterlegte abermals vier-
zigtausend Dukaten zur Ausrüstung des ungarischen Heeres bei den
Yenetianem. Das Geld lockte zu neuen Unternehmungen und fiist zu
derselben IZeit, in welcher Maomilian seine Werbung an die Oster«
116
leichischeB tandtage brachte, erU&rteii Ungarns St&nde feierlich den
Krieg gegen die Türken (12.Mai loOl).^) Dassalle diese Yertr&ge den Ab-
sichten Maximilians feindselig entgegenstanden, dass eine auf Grundlage
derTflrkengefabr abgeschlossene Allianz seiner östlichen Nachbaren mit
Frankreich immerhin eine kriegerische Aktion Maximilians gegen diese
Macht erschweren musste, dass die schon damals begonnenen Unterhand-
lungen zwischen Ungarn und Frankreich, die 1502 zur Heirath zwischen
Wladislaw und Ludwigs Cousine, Anna von Candale, führten, das
freundschaftliche Yerhältniss dieser Mächte nothwendig befestigen
muBste, liegt klar zu Tage. Aber alle, diese Dinge waren nicht dar-
nach angethan, um von den österreichischen Landständen unter dem
Gesichtspunkte einer sie bedrohenden Oe&hr betrachtet zu werden.
Sollten diese von der Nothwendigkeit einer kriegerischen Untemeh-
mnng überzeugt werden, da musste sich Maximilian allerdings zu
dieser etwas freien Auslegung der politischen Verhältnisse entschliessen.
An der Wahrhaftigkeit seiner Angaben im subjektiven Sinne zu zweifeln,
liegt sogar kein Grund vor. Denn gerade damals, als das Bündniss
Venedigs mit der Curie und Ludwig besiegelt wurde — im Juli 1500
- gab sich Maximilian Mühe, Venedig zu einem Bündnisse gegen
die Türken zu bestimmen mit der nahegelegten Absicht, damit einen
Kampf gegen Frankreich zu verbinden. ^) Venedig schlug das Aner-
bieten ab und hielt sich zu den Gegnern. Konnte da Maximilian
nicht in sich selbst den Glauben n&hren, dass ein System, nach welchem
*) s. Fessler-Sleiii, Geschiehte Ungarns, 2. Ausg., S. Bd. pa«r. 269 ff. Im Wiener
StaatsardÜT liegt ein Bericht eines Unbekannten (Blasins Dasehitz?) Aber diese Yorgftnge
in Ungarn. Am 14. Mai sei eine allgemeine Feldordonng zwischen dem Cardinal im
Namen Alezanders VI. and KOnig Wladislaw ron Böhmen und Ungarn festgestellt worden«
Herzog Hans Gorrin soll mit der Streitmacht aus Oesterreich, K&mten, Krain, Kroatien
Qod der Windischen Lande etc. durch Kroatien in die Tfirkei einfallen. Drokfy Batok
and Josa sollen als Feldhauptleute der ungarischen Streitmacht, Oraf Peter von POsing
im Yerein mit dem Woiwoden der Moldau und Walachei ron SiebenbOrgen aus For Zendres
ziehen. Die böhmischen L&nder stellen 10.000 Beiter, der König 5000 Beiter. Der
löoig zieht selbst Tor Zendres. Am 18. Mai wurde der Vertrag in feierlicher Weise zu
Ofen beschworen. Der Cardinal legte den Schwur im Namen des Papstes, Frankreichs
und Spaniens ab. Ebenso schwuren Polen, Venedig, der König Wladislaw als » Kaiser der
Griechen« etc. Es Terpflichten sich der Papst 40.000 iL, Spanien 40.000 11. und Venedig
10Q.OOO IL, Bo UMige der XQrkenkrieg wihrt, an VHadislaw jährlich zu zahlen.
^ B. Krones, österr. Gesch. Bach XI. p. 511.
8»
116
er untei* dem Prätext der iMrkenhfllfe seine europäiscilen Händel ein-
zuleiten wusste, von den Mächten auch gegen ihn zur Anwendung
gebracht werden konnte?
Und nun versetze man sich in Gedanken nach Nürnberg, wo
der unruhige König inmitten einer Schaar höchst bedächtiger, vor
jeder äusseren Verwicklung zurückschreckender Keichsstände seine
FUliie zu verwirklichen suchte. Hatte man ihm als Gegenkonzession
die Ausfertigung der Mandate zur Einbringung der Beichshülfe be-
willigt, so konnte er auch hoffen, dass die unter der doppelten Form
der königlichen und Beichsautorität erlassenen Ermahnungen an die
Stände ihm diesmal eine gesicherte und aus^ebige Unterstützung zu-
führen werden. Ja er konnte schon jetzt dem Eegimente gegenüber
auf diese Beichshülfe ein vollständiges System seiner zukünftigen
Unternehmungen aufbauen. Die Wege, wie man Geldquellen unter
Verweisung auf die nächstfälligen Beichseingänge sich zu erschliessen
verstand, waren damals gut beMren, die der französischen Sache
feindlich gesinnten Parteien konnten zum offenen Widerstand ermuntert
und auf die baldigst eintreffende Beichshülfe vertröstet werden. Da
die damaligen Kriege bei allmählig sich steigernder Machtentwicklung
in Szene gesetzt wurden, konnte es vorerst vollkommen genügen, wenn
Maximilian mit den Streitkräften seiner Erblande in's Feld zog. Alles
kam nun auf die Haltung der Beichsstände au, ihre Zustimmung gab
ihm erst die bestimmte Gewähr für die zunächst so wichtige Bereit-
willigkeit seiner Erbländer. Wie nun Maximilian mit seinen For-
derungen an die Beichsregenten herantrat, stiess er zu seiner Ueber-
raschung auf einen unerwartet zähen Widerstand. Die Mandate hatte
man allerdings fertiggestellt, doch war man — Maximilian hatte sich
ja selbst die Unterzeichnung vorbehalten — zur Ausschickung der-
selben noch nicht gekommen. Die Einforderung der Beichshülfe hatten
sie allerdings dem Könige zugestanden. Aber sie fassten die Sache
nicht so au^ als wäre über diese schon jetzt durch präjudizirliche
Massnahmen zu verfügen. Dazu hielten sie sich aus doppeltem Grunde
für nicht kompetent. Einmal — und das war allerdings richtig —
wären viele des verstärkten Begiments, müde des langen Wartens auf
Maximilian, heimwärts gezogen, ohne die man füglich nicht beschliessen
konnte. Zweitens erklärten sie Maximilians Forderungen von so tief-
greifender Bedeutung, dass ohne die Einberufung sämmtUcher Beichs-
117
stinde Aber die YerwAndung der Beichshfllfe nicht disponirt werden
könnte. Umsonst waren alle Vorstellungen Maximilians, das Regiment
blieb bei seinem Standpunkt, ohne die Gesanuntstände nichts verfQgen
zu können. Maximilian, der damit allerdings die letzte Hofihung auf
eine ünterstfltzung des Beiches schwinden sah, gab schliesslich seine
Einwilligung, dass s&mmtliche Mandate mittelst eines doppelten Be-
gleitschreibens des Königs und des Regiments, welches die Einladung
auf einen grossen Begimentstag fllr den 25. Juli 1501 enthielt, ver-
schickt werden sollten, i)
Noch in einem anderen Funkte traten sich König und Begiment
feindselig gegenüber. Wir erinnern uns, dass noch vor wenigen Mo-
naten beide in der Ablehnung des von Bom angekündigten Ablasses
eines Sinnes waren, freilich aus verschiedenen Motiven: Maximiliai^
weil er in Alexander einen erbitterten Gegner seiner Politik erblickte,
der seine mit Venedig angestrebte Allianz zu durchkreuzen verstand ;
das Beichsrßgiment, indem es ausschliesslich die inneren Zustände des
Beiches in's Auge äisste und dasselbe vor finanzieller Ausbeutung be-
wahren wollte. Als Maximilian im November 1500 das erstemal zu
Nürnberg war, erschien dort ein Secretär des Cardinallegaten Baimund
mit der Anzeige, dass letzterer sich auf den Weg nach Deutschland
mache, um den Ablass zu verkündigen. Damals erhielt der Secretär
die einhellige Antwort, man gedenke desswegen eine eigene Botschaft
nach Bom zu senden, der Cardinal möge daher seine Beise aufgeben. Dies
hielt jedoch Baimund keineswegs ab und Ende Dezember 1500 musste
') Bas Nflinberger RdchBregiment an den Herzog Johann von Laaenbnrg dto. Nflm-
berg 19. April 1501 (W. Staatsarchiv Orig.). Die betreffende Stelle lautet: »vnd hat
▼nser aUergnedigister herr der Römisch knnig etc., als sein maiestat jecz aUhie zu
Naremberg bey vns gewesen ist, etlich mercklich treffenlich Sachen, so die Cristenhait,
heilig reiche vnd Bewtsch nacion zum höchsten bertirend, zuerkennen geben vnd darinn
rmb rate vnd hilf angesucht, darin ms aber, nachdem die Torgemelten beschriben vnd
ankörnen chnrfursten Tnd forsten diser zeit eins teils widemm anheym rerriten sein, aus
mercklicher groese ntd swere derselben den Torbemerten Ordnungen nadi euch vnerfordert
dismals zu besliessen nit wol zimlich ansehen wellen . . .* Das Schreiben Maximilians
cod. dto. weicht etwas ab (s. Jannssen, Frankf. Reichst.-Akten Bd. II. Nr. 818 an die
Stadt Frankfurt und Kl&pfel, Urkden des schw&b. Bundes I. p. 486 an die Bondesmit-
glieder) und gibt als Motiv der Einberufung sämmtlicher Stände an : nun sein aber seither
mercklich treffenlich Sachen furgefaUen, die aos guten wol bedechtlichen vrsachen hierinn
zu melden onderlassen beleiben . . .*
118
Maxiiniliaii den uns bekannten Yerhaftsbefehl gegen ihn erlassen
Damals beschäftigte sich das Nürnberger Begiment lebhaft mit der
Frage, ob der Cardinal mit dem Jubüäum zuzulassen sei ^) Maximilian
hatte das Eegiment beauftragt, eine geheime Instruktion auszuarbeiten
und diese dann zur üeberprüfung ihm zuzusenden. Doch sollte ihre
endgültige Approbation erst von dem in Aussicht genommenen ver-
stärkten Segimente erfolgen. Diesem Auftrage kam das Beichsregiment
auch nach, und schickte am 18. Januar 1501 diesen Instruktions-
entwurf an ihn. Gleichzeitig bat es Maximilian, dieser selbst möge
dem Legaten mündlich oder schriftlich bedeuten, dass bei der voraus-
sichtlichen Verzögerung im Zusammentritt des verstärkten Begiments
seine Bückkehr nach Bom das Sachgemässeste wäre. Dorthin gedenke
man seinerzeit den Beschluss des Beichsregiments zu senden. ^) Es
scheint, als hätte das Begiment schon damals Angst vor inseitigen
Abmachungen des Königs mit dem Legaten gehabt. Im Wesen ent-
hält der Instruktionsentwurf nichts als Beschwerden gegen den päpst-
lichen Stuhl : Auf dem Augsburger Beichstage hätten sie eine gemeine
Beichshülfe wegen der Türkengefahr beschlossen. Die vom Papst in
Deutschland zum Türkenkrieg bisher gesammelten Annaten, Indul-
genzien und Ablassgelder müssten, da sie gegen die Türken noch
nicht verwendet wurden, noch in Bom liegen. Davon möge er dem
Beiche eine jährliche Sunmie zum Türkenkrieg geben. Es werden
Elagen erhoben gegen die im Widerspruch mit den Baseler Eonkor-
daten erhöhten Annaten und gegen die clausulae derogatoriarum, gegen
die Belastung der Benefizien und Digniifiten durch daraufgelegte Be-
servate, Pensionen und Oommenden und durch ihre Verleihung an
Fremde und Untaugliche. Diese Fremden weigern sich auch die
Beichshülfe zu zahlen und bleibe dieselbe uneinbringlich. Femer
Klagen über Verkürzung des den Einheimischen über die Benefizien
zustehenden jus patronatus, Bitte um Abstellung aller Feindseligkeiten
in Italien und Beachtung der Privilegien des deutschen Ordens. Alle
diese Punkte sollte nach der Ansicht des Begiments Maximilian dem
^) Stadion und Neadeck an Maximilian, dto. Nflmberg 9. Jan. 1501. (Tnnsbrucker
Stattli.-ArchiT).
*) Nürnberger Beichsregiment an Maximilian, dto. Nürnberg 18. Janaar 1501 unter
BeischluBs zweier Instroktionsentwarfe (Wiener und Weimarer Archir).
119
Legaten anzeigen. Könne er sie nicht selbst abstellen, so möge er
sie so rasch als möglich an den Papst bringen.
Die Austragung dieser Angelegenheit hatte man bis zum Eintreffen
Maximilians in Nürnberg verschoben. Nun hatte sich aber Maximilian in-
zwischen mit dem Legaten in einseitige Unterhandlungen eingelassen,
die auf die Yerlrilnd^ng des Jubeljahres in Deutschland hinausliefen. ^)
Das Begiment blieb aber auch jetzt auf seinem Abweisungsbeschlusse
stehen. Da man sich nicht einigen konnte, so schob man die Aus-
tragung dieses Streitfalles ebenfldls dem im Juli zusammentretenden
Begimentstage zu.
Um das Mass des Verdrusses voll zu machen, kam nun Hautbois
und verlangte end^ltige Antwort auf seine am 16. M&rz gethane
Werbung. Schon in den Berathungen über die einhellig zu erthei-
lende Antwort giengen König und Begiment weit auseinander. Auf
die Bitte um die Belehnung mit Mailand mit einem bestimmten , Ja '^
oder «Nein* zu antworten — dieser Mflhe war man allerdings auf
Mim Seiten enthoben, da man es jetzt so bequem hatte, auf den
im Juli zusammentretenden Begimentstag zu verweisen. Aber Maxi-
milian verlangte, dass man daran die Bedingung knüpfe, Ludwig XII.
habe bis dahin weder etwas gegen Neapel noch gegen die italienischen
Reichsstftnde vorzunehmen. Nun war der neapolitanische Kriegsfall
damals schon so offenkundig, dass die Bewilligung dieser Forderung
das Medensbedürftige Beichsregiment nothwendig gezwungen hätte,
einen Vertragsbruch von Seite Ludwigs in kürzester Zeit Maximilian
zuzugestehen. Was Maximilian auf diesem Hinterwege zu erreichen
hoffte, suchte das Begiment mit allen Mitteln zu hintertreiben. Es
war Maximilian nicht möglich, die Zustimmung des Beichsregiments
fDr diesen Zusatz zu erlangen.
Es war ein banger Moment, in dem die volle Differenz zwischen
dem Beiche und seinem natürlichen Oberhaupte sich in allen Stücken
zu enthüllen drohte. In Nürnberg war die gesammte diplomatische
Welt Europas versammelt. Ausser dem ungeduldigen Hautbois warten
die Abgesandten Venedigs, Polens, Neapels und Mantua's auf Ent*
^) Ich sehüesse dies aus der Thstsaolie, dass der Probst tod Stattgart bereits am
24. April dem Nflmberger Begiment im Namen Maximilians notiüzirte, Maximilian habe
Legaten zugelassen und sich von ihm eine Yerschreibung ausstellen lassen.
120
Scheidung, neben diesen bringen Mailänder ihre Beschwerden vor —
alle diese untereinander feindlichen Elemente sollten Zeuge werden
der offeneingestandenen Ohnmacht des Reiches. Wie Maidmilian sich
zu einer persönlichen Aeusserung hinreissen liess, die sich zu einer
Anklage gegen seinen ärgsten Feind im eigenen Beiche zuspitzen
musste, da drohte der letzte Best der königlichen Autorität zu zer-
fallen. Mit dem Begiment wollte er nicht mehr gehen, da griff er
instinktiv zu dem einzig möglichen Mittel zur — Flucht. Am 21. April
in der Stille des Morgengrauens ^) bricht er plötzlich von NQmberg
auf und begnügt sich, den überraschten und rathlosen Begenten eine
ziemlich mysteriös gehaltene Bechtfertigung zu hinterlassen. Die
Knappheit des Stils und die Form des Gedankenausdruckes lassen
unschwer Maximilian als den eigentlichsten Verfasser erkennen. Sie
lautete: «Frankreich und Spanien haben sich Ober Neapel vertragen.
Das wäre gut, wenn sich der römische König sammt dem Beiche
tüchtig zur Wehre setzen würde. Der Herzog von Mailand will die
Freiheit haben laut des Traktats zu Novarra; Frankreich würde sie
bewilligen, wenn das Beich und dessen König wie oben thäten. Die
Mailänder wollen lieber dem Teufel als dem König von Frankreich
angehören. Das kann nur geschehen, wenn das Beich und der römische
König das Schwert blutig machen. Es klagt der römische König,
dass eines seiner Spomrädlein schlecht vergoldet sei. Er kann nicht
zu seinen Hasen auf der Linzer Heide gehen, da sie Spott mit ihm
treiben werden, nachdem er den Harnisch und die Sporen über sie bereits
geführt. Es wäre denn, man vergolde es ihm früher, am schönsten
und liebsten zum Kampf gegen die Türken ''. Offenbar vrill Maxi-
milian damit sagen, jetzt wo er den einen Theil seiner Macht, seine
') Deichslers Nttmberger Chron. a. a. 0.: >Item mitwochen vor sant Jorgentag
firfle 1 vor tag zog unser aUergenedigster herr künig hin weg. 9 tag hie gewest*. Nach
Deichsler rerliessen die Stadt nach Maximilian: Herzog Georg yon Baiern, der Landgraf
yon Hessen, der Bischof Ton Magdeburg und die Brflder Georg und Casimir, Söhne des
Markgrafen Friedrich. Der echte Fagger (Wiener Ms.) schildert Maximilians Abreise tod
Nürnberg folgendermassen : »ynd als sein maiestat aufgebrochen ynd zae dem thor, da
man auf Bamberg zeucht, ausgeritten, da hat sich sein maiestat gewendet md ist des-
selben tags zue marggraf Fridrich yon Brandenburg gen Schwabach geritten ynd hat sich
yolgents mit grossen tagraissen wjderumb .nach der statt Augspnrg gewandt, alda tu
forsten tentsche ynd welsche ynd zwen jnnge hertzogen yon Mailand zue seiner maiestat
kommen sindS
ial
ErbproyiBzra, bereits zum Kampfe aufgerufen, wird er von dem an-
deren Theile, dem deutschen Beiche, verlassen. Desshalb drohe ihm
daheim nur Spott und' Zaghaftigkeit. ^) Von Fürth aus, wo er noch
an demselben Tage eintraf, schrieb er dem Begiment, dass er Nürn-
berg als Versammlungsort fQr den nächsten grossen Segimentstag
bestimme und auf seinen Beschluss verharre, den päpstlichen Legaten
mit dem Jubiläum zuzulassen. Könne er nicht gegen Frankreich
ziehen, so wolle er die Türken bekriegen. Offenbar ein neuer Versuch,
auf Umwegen zum Ziele zu gelangen, ganz so, wie er im Juli des
abgelaufenen Jahres die Venetianer fQc eine AUianz mit verdecktein
Absichten zu gewinnen suchte. Wir staunen über die Elastizität seines
Geistes, die keine Widerwärtigkeit zu erdrücken vermag. ^)
Mawülian hatte damals den Stuttgarter Probst Faul Vergen-
haons als österreichischen Bath beim Beichsregiment zurückgelassen.
Ganz kurze Zeit nach Maximilians Entfernung war dieser bereits in
der Lage mitzutheilen, dass sein Herr den päpstlichen Legaten zuge-
lassen habe gegen Ausstellung einer Verschreibung, nichts ohne Wissen
des römischen Königs zu thun. Eine überraschende Nachricht und
wenig nach dem Geschmacke des Beichsregiments. Selbst das Ver-
sprechen Maximilians, den Legaten nicht vor dem nächsten Begiments-
tage seines Amtes walten zu lassen, konnte das Begiment nicht von
seinem ursprünglichen Abweäsungsbeschlusse abbringen. Im Auftrage der
Regenten bat hierauf Kurfürst Friedrich nochmals dringend den Köng,
dem Legaten das Admittitur nicht zu ertheilen. Alle Verantwortung
f&r etwaige böse Folgen wälzen sie ihm sonst zu. ^) Der allerdings
inhaltslosen Bedensart Maximilians, dass Nachrichten schlimmster Art
über Frankreichs Absichten ihn zur schleunigen Abreise gezwungen
hätten, diesem Versuche, der üblen Stimmung über sein plötzliches
Verschwinden aus Nürnberg zu begegnen, setzten die Begenten eine
kühl ironische Antwort entgegen: Sie sässen hier in des Königs und
') Ein Blatt im Weimarer Archir B. £. mit der Ueberschrift : »die hernach ge-
schribne zedel hat die konigclich mt. in irem abschied za Naremberg yerlassen Tnd dem
stathalter ynd regiment zugeschickt (auch im Wiener Gop.-B.) s. Beilage.
^ Maximilian an das Nflmberger Beichsregiment, dto. Nflrnberg 21. April (Wiener
und Weimarer Archiv).
*) Kurfürst Friedrich- an MaximUian, dto. Nflrnberg 24. April 1501 (Weimarer
nnd Wiener Archir).
m
Beichs Namen, doch führen sie im eigenen Namen über Maximilians
Abreise keine Klage, denn er sei ja ihr gnädigster Herr und ihr
rechtes Haupt und sie nur die gehorsamen ünterthanen. Er habe
ja auch nach der Augsburger Ordnung das Aecht, wegzureiten, wann
er wolle. Etwas anderes sei es aber diesmal, wo so viele Fremde in
Nürnberg gelegen, die nun nach Hause schreiben, Maximilian sei in
voller Ungnade gegen das Begiment mit dem Vorsatz, ihm entgegen-
zuhandeln und es zum Fall zu bringen, von dannen geschieden. Es
habe ihr Gemüth beschwert, dass ein solcher Vorgang nur zur Herab-
setzung des Königs bei den anderen Nationen dienen müsse. In der-
selben Begimentssitzung, in welcher diese Antwort festgestellt wurde,
kamen auch die Unterhandlungen Maximilians mit einer venetianischen
Botschaft, offenbar in Sachen der Türkenhülfe, zur Sprache. Wir er-
fahren auch, dass diese Botschaft auf Hintersichbringen heimge-
reist war. ^)
Zu Weissenburg im Nordgau — also auf der Bückreise nach
Augsburg — hatte Maximilian seinen entgültigen Beschluss gefasst,
in welcher Art der noch immer wartende Hautbois abzufertigen sei. ')
Demselben sollte eröffnet werden, dass eine genügende Antwort auf
seine Werbung bei der geringen Zahl der zu Nürnberg versammelten
Beichsstände jetzt nicht ertheüt werden könnte. Doch behalte man sich
die Weiterberathung fQr den im JuH d. J. zusammentretenden Beichs-
tag vor. Das Besultat derselben werde man Ludwig Xu. durch eine
eigene Botschaft übermitteln. Hautbois möge seinen Herrn bestimmen,
bis dahin nichts gegen Neapel und die italienischen Stände zu unter-
nehmen. Dieser vorgeschlagenen Antwort fügte Maximilian noch die
Weisung bei, dass dieselbe, wenn sie den Intentionen des Beichs-
regiments entspräche, durch den Erzbischof von Mainz in seinem und
des Begiments Namen Hautbois zu ertheilen sei. Herrsche im Be-
giment eine andere Meinung, so sei er es auch zufrieden, dass eine
andere Antwort in beider Namen dem Gesandten gegeben werde.
Weigere sich endlich Berthold, irgend etwas im Namen des Königs
erklären zu wollen, dann sollten die königlichen Bäthe Stadion und
Bericht im Wiener und Weimarer Archiv.
*) IfaTlmilfiin an den Eurf&rsten Friedrich als Statthalter des NOmberfer Reichs-
re^iments, dto, Weissenborf 28, April 1601,
m
Neadeck die obige Antwort natflrlich nur in seinem l?amen dem Ge-
sandten auf der Herberge (!) mittheilen und Kurfürst Friedrich Sorge
tragen, dass das Regiment für sich eine Antwort verfasse. Die Auf-
nahme dieser Propositionen des Königs bewies, dass der Geist der
Unversöhnlichkeit, d. h. Bertholds Einfluss bei den nun folgenden
Regimentsberathungen der vorherrschende war. Man entschloss
sich zu einer getrennten Antwort, und zwar im Sinne des von
Maximilian zuletzt angenommenen Falles. Doch suchte man auch
Maximilians Antwort durch einen Gegenvorschlag jedes Stachels zu
berauben. Das Regiment machte Maximilian die Proposition, er möge
einen aus ihrer Mitte schon jetzt bezüglich der Forderung in Sachen
Neapels und der italienischen Stände an Ludwig schickeu. Das gäbe
mehr Nachdruck, als wenn sie nur durch Hautbois an Ludwig gebracht
werde. Natürlich konnte man dann die Gesandtschaft schon in-
struiren, die Forderung in möglichst gelinder Form vorzubringen.
Abweichend von Maximilians Antwort wäre im Namen des Regiments
folgende zu ertheilen: Das Regiment hätte sowohl den Bericht der nach
Frankreich geschickten Reichsgesandten, als auch Hautbois^ Werbung
Maximilian übermittelt. Dieser habe aber in mehrfacher Beziehung
Beschwerden erhoben, über die sie bei ihrer geringen Zahl nicht ent-
scheiden konnten. Desshalb sei ein Regimentstag ftlr den Juli in
Aussicht genommen worden. Sie würden nicht unterlassen, alles zu
thun, was zur Einigkeit beider Reiche beitrage. ^) Dieser Entwurf
einer zwiespältigen Antwort wurde sogleich zur Begutachtung an
Maximilian gesendet.
Unterdessen — am 6. Mai — erschien Hautbois abermals vor
dem Regiment und übergab demselben ein eingelaufenes Schreiben
Ludwigs mit der Bitte um neuerliche Werbung und der Versicherung
des guten Willens seines Herrn in Sachen der Christenheit und des
deutschen Reiches. ') In diesem Briefe dankt Ludwig den Regenten
ftlr die üebersendung der Stillstandsratifikation und ihre bewährte
Friedensliebe. Er versichert die Fürsten des Reiches seiner unwan-
*) Karzer Beriebt sine d. im Weimarer Archiv : geratdagt wie dem Franckreichischen
orator geantwurt fnd er damit abgeferttigt werden 8ol.
*) Das Nflmberger Beichsreglment an Maximilian, dto. Nürnberg 7. Hai 1501
(Wiener StaatearchlT Cop.),
delbaren Freundschaft, wie sie auch zu Zeiten seiner Vorfahren
bestanden. Sie mögen sich durch Niemanden überreden lassen, dass
er irgend etwas gegen die Rechte des Beiches in Italien oder anders-
wo im Schilde ftthre, wie es ihnen Mher durch solche, die Uneinigkeit
suchen, wahrheitswidrig hinterbracht wurde. ^) Soweit war es also
glücklich gekommen, dass man es am Hofe Ludwigs wagen konnte,
offiziell König und Beich als zwei ganz getrennte Gewalten zu be-
handeln !
Die Antwort Maximilians auf den vom Regiment erstatteten Vor-
schlag liess nicht lange auf sich warten. Mit dem Abschiedsentwurfe,
der in seinem Namen Hautbois zu ertheilen wftre, erklärt er sich
zuirieden, keineswegs aber mit dem des Regiments. Nach seiner An-
sicht hiesse das nur Ludwig, der erkennen müsste, dass Maxim i-
milian von der Regierung im Reiche gesondert und
ausgeschlossen sei, in seinem Streben nach der Kaiserkrone
bestärken. JBr verlange also auch von Seite des Regiments eine der
königlichen conforme Antwort, dann, dass ausdrücklich gesagt werde,
dass er die Reichsstände berufen habe und nichts von der Berufung
nach der Reichsordnung und seiner Beschwerden über die Reichsge-
sandten und Hautbois Werbung erwähnt werde. Auch die Abordnung
eines besonderen Boten schien ihm zwecklos. Bereits habe er an den
Cardinal Rohan geschickt, um durch diesen Vorstellungen gegen Lud-
wigs feindselige Haltung erheben zu lassen. Doch hege er im Grossen
und Ganzen wenig Hoffnung, dass selbst die einhellige Antwort bei
Ludwig etwas vermöge. Also Maximilian genehmigte im Prinzipe
die Ertheilung zweier Antworten, insofeme sie sich nicht allzu sehr
widersprechen. Endlich erklärt er sich mit einer etwa ; bis Ende Sep-
tember reichenden Verlängerung des Stillstandes zufrieden und zeigte
sich bereit, Hautbois nochmals persönlich zu empfangen. ')
Am 15. Mai — nach dem Eintreffen des obigen Schreibens —
wurde der französische Gesandte mit der im Namen des Königs zu
*) Ludwig Xn. an das Nürnberger Beichsregiment, dto. Norsia (Bnrgnnd) 22. April
1601 (Orig. Wiener Staatsarchiv).
') Maximilian an das Nürnberger Beichsregiment, Bnchloe 10. Mai 1501 (Wiener
und Weimarer Archiv). Er habe Temommen, dass der orator mit ihm noch etwas xn
verhandeln habe. In diesem Falle möge das Regiment ihn gegen Dillingen schicken. Von
dort werde ihn der Bischof von Augsburg zu Maximilian bringen lassen.
125
ertheilenden Antwort abgefertigt. Er nahm ede hin, wie jemuid, der
auf das ihm Eröffiaete von vorneherein wenig Werth legt. Zwar —
meinte er — hätte er Besseres erwartet ; da dem nicht so sei, wolle
er sich anch zufrieden geben, umso dringlicher aber bestand er auf
einer Antwort von Seite des Begiments, d. h. er wollte die Bestätigung
der bestehenden Disharmonie schwarz auf weiss nach Hause bringen.
Das Begiment zögerte und brachte den Vorschlag einer weiteren Still-
standsverlängerung ein, unter der Voraussetzung, dass inzwischen der
neapolitanisch-italienische Eriegs&U ruhe. Nun rückte Hautbois mit
der Sprache heraus. Er wundere sich, dass man immer wieder Neapel
einbeschliessen wolle. Sein Herr habe Neapel mit dem Könige von
Spanien vertragsmässig getheilt. Die auf Spanien entfallenden Ge-
biete kommen schliesslich dem Erzherzoge Philipp, dem Sohne Ma-
ximilians, zu Oute. Zudem sei ja das französische Sri^volk über
Bom hinaus und glaube er, dass bei seiner Bückkehr nach Frankreich
Neapel schon längst in Frankreichs und Spaniens Gewalt sei Ebenso
sehr verwahrte er sich gegen die Einbeziehung der italienischen
Stände überhaupt in den Stillstand. Viele derselben seien ja der
Kirche unterthan. Gegen die italienischen Beichs stände werde
Ludwig gewiss nichts unternehmen und jede Gewaltthat sogleich ab-
stellen.
Nun wusste sich* das Beichsregiment abermals keinen Bath.
Hautbois war für eine Verlängerung selbst bis November, ja bis
Weihnachten, jedoch nur mit Ausschluss Neapels und der nicht reichs-
ständigen italienischen Gebiete. Das Begiment war sich nicht klar oder
besser wollte es sich nicht sein, ob Maximilian auf diese Modifikation ein-
zugehen gewillt sei. Es beschloss also, die weiteren Unterhandlungen hier-
über abzubrechen. Auf die Anfragen bei Hautbois, ob er noch besonders
bei Maxünilian zu werben gedenke, erhielt das Begiment eine ver-
neinende Antwort. Ein Bote verständigte sofort den König, bei dem
man eine Geneigtheit zu einer Unterredung voraussetzte. Hautbois
bat dringend um Abschied, während das Begiment ihn mit Bücksicht
auf Maximilians Wohlmeinung in Sachen des Stillstandes möglichst
hinauszuschieben suchte.
Zwei Tage darauf war Maximilian bereits über die Vorgänge in
Nürnberg informirt. Sofort ertheilte er von Augsburg die erwünschte
126
•
ABtw<»ii. ^) Mit i%r in seinem Kamen der französisehen Botechalt
ertheilten Antwort stellt er sich zufrieden. Keineswegs aber mit der
Verlängerung des Stillstandes ohne Eiuschluss yon ganz Italien.
Ludwigs Anhang hätte soeben Faenza gewonnen, auch Bologna sei
ihm zugefallen, eben sei man daran, auch die Florentiner und Colon-
nesen zum Gehorsam zu bringen. Alle diese wären sonst auf Maxi-
milians Seite gewesen und hätten ihm die Erhaltung der Kaiserkrone
gegen Ludwig zugesagt. Nur durch diesen »Waffenstillstandsbetrag'
sind sie ihm jetzt abwendig gemacht worden. Sie mögen Hautbois
sagen^ dass er bei solchen Bedingungen mit seinem Herrn gar nichts
über eine Stillstandsverlängerung zu reden brauche. Er möge nur
getrost heimziehen, wenn er keinen Auftrag habe, Besonderes bei
Maiimilian zu werben. Letzterer theilte auch dem Begimente mit,
dass er sogleich mit dem am Hofe befindlichen spanischen Gesandten
bezQglich Neapels Bficksprache genommen habe. Dieser gestand zu,
dass sich König Ferdinand allerdings mit Ludwig vertragen habe,
damit er von diesem in Buhe gelassen werde und weil die Deutschen
ihm gegen Frankreich keine Hülfe gewähren wollten. Doch ge-
wann Maximilian aus des Spaniers Bede den Eüidrocki dass dieser
Vertrag Spanien keinen Antheil an Neapel gewähre. Da Frankreich
denselben solange geheim gehalten, so werde sich Ludwig noch gün-
stigerer Stipulationen versichert habei^, woraus abermals Frankreichs
gefährliche List zu entnehmen sei. Man sieht, wie schlau dieser
neapolitanische Handel von Spanien eingeleitet und wie schlecht
Maximilian über die damaligen Vorgänge instruirt war!
Am 22. Mai^) fanden auf Grund dieser endgültigen Ent-
schliessungen Maximilians die Schlussberathungen zwischen Hautbois
und einem Ausschusse des Beichsregiments, dessen Obmann der Erz-
bischof von Mainz war, statt. ^) Der Erzbischof eröffnete im Namen
') Maximilian an das Nürnberger Reichsregiment, Augsburg 17. Mai 1501. Damals
war Walter von Stadion bereits darch Dietrich Ton Disco als BegimeBtsratb alygelOBt
(Orig. im Weimarer Arehi?, auch im Wiener Gop.-Buch).
>) Vermerkt die abfertiguDg des Franczosischen orators vnd yngeuerlich, was red
er darauf getan hat. actum sabbato ante exaudi anno etc. primo (Wiener und Weimarer
Archiy).
') Aas einem Schreiben Mazimilans an den obersten Secret&r Nidas Zieg}er, dto.
Schmyhen 22. Mai 1501 (Innsbrucker Statth.- Archiy) geht herror, dass Kurfürst Friedrich
kurze Zeit yorher Nürnberg rerlassen hatte.
127
Manmiliana dem Öesandten, dass ohne EiuschlusH Neapels imd des
übrigen Italiens yon der Yerlftngenuig des Waffenstillstandes nicht
weiter zu unterhandeln wftre und er demnach ohne Weiteres nach
Hause ziehen könne. Die Beplik Hautbois^ Hess an Frelmuth nichts
zu wQnschen fibrig: ,Es thft^ ihm herzlich leid, dass eine Anzahl
« lüderlicher, verdorbener und unyerst&ndiger Leute' es wage, ihres
eigenen Yortheiles wegen den römischen König zum Krieg und Zwist
zu bewegen, um dadurch die Einigkeit zwischen ihm und dem fran-
zösischen König zu stören, dass femer Maximilian geneigter sei,
eines Barbiers Sohn^) als König von Neapel als Ludwigs Gerech-
tigkeit auf dieses Königreich anzuerkennen. Falle doch durch
den zwischen Frankreich und Spanien geschlossenen Vertrag Gala-
brien an Ferdinand von Aragonien und von diesem an ManmiHans
Sohn Erzherzog Philipp, und könnte doch Maximilian auf diese Weise
zu seinem ihm von den Schweizern und Yenetianem genommenen
väterlichen Erbe gelangen. Allein er habe vom Hofe des römischen
Königs selbst sichere Kunde, dass Maximilian zu dieser Haltung
durch 30.000 Dukaten bestochen worden sei. >) 4000 Dukaten hätte
er bereits erhalten, 24.000 werden in den nächsten vierzehn Tagen
fällig, doch bleibe die Hälfte der ganzen Summe zwischen den Fingern
der Unterhändler hängen. Er mflsse sich auch darüber wundem, dass
Maximilian sich jener italienischen Stände annehme, die unzweifelhaft
der Kirche unterstünden und sich gegen dieselbe ungehorsam erwiesen
haben. ^) Als oberste Yogt der Kirche sei es vielmehr seine Pflicht,
sie wieder d^ Kirche zuzuwenden. Er erinnere daran, dass Frank-
reich, welches dieses Amt — die Würde des römischen Beiches —
von Griechenland flbemommen, wegen saumseliger Beschützung der
^) König Ferdinand I., ein natOrlicher Sohn Alfons L, ward karz nach seiner
Thronbesteigang 1468 ron seinen Feinden als ein unterschobener Sohn Alfons' bezeichnet.
CaUixtns III. erkannte ihn nicht als rechtmAssigen König an, in der Absicht, seinem Neffen,
dem Herzog Ton Benevent, die neapolitanische Krone zu verschaffen.
s) Offenbar meint Hantbois damit neapolitanisches Geld. Guicciardini V. p. 520
berichtet, KOnig Friedrich Ton Neapel habe Maximilian 40.000 Dukaten gegeben in der
Hoffnung, nur Frankreich zum Gegner zu haben. Weitere 15.000 Dukaten sollte Maxi-
milian whalten« wenn er ihm zu Hfllfe komme.
*) »aas dem grund d^g ine lüt zimlich ansehe, das die Ro. ku. mt. die znuertey'
dingen Tnderstee, so der Kiiohen an mittel zogehom Tnd aber der Tngehorsam sein*.
12B
Kirche an die deutsche Nation verloren habe. Florenz gehöre smt
vielen Jahren der französischen Krone, und habe es Maximilian froher
selbst dem französischen Könige gegen Ueberlassung von Gomo an-
geboten. Die Golonnesen haben in der Zeit, als aus ihrem Geschlechte
die Päpste genommen wurden, viele Schlösser und Stftdte, die der
Kirche gehören, an sich gezogen. Wenn nun Alexander TL, sie wieder
ffir die Kirche zurfickfordere, so thue er nur seine Pflicht Ludwig XII.
wolle gar nichts gegen das heilige Beich vornehmen. Wenn er
sich aber des Krieges versehen mfisste, wollte er be-
dacht sein, dem Feinde zuvorkommend in dessen Haus
zu dringen, und da die Antwort auf den Ende Juli
berufenen Beichstag verweise, inzwischen aber der
Stillstand endige, könnte sich vor Beendigung des
Beichstages allerlei begeben. An diese ErkUrung knüpfte
dann Hautbois fttr seine Person mit „schwer bekümmertem Herzen*
sein Bedauern über den bestehenden Zwist Maximilians und seines
Herrn. Dadurch werde die Hoffnung auf die Türkenabwehr und die
so dringliche Kirchenreform vereitelt, nachdem doch Maximilian selbst
Ludwig aufgefordert habe, die eingehenden Ahnaten nicht mehr nach
Bom abzuliefern, sondern für den Zug gegen die Türken zu sammehd
Müsse er wohl dafQrhalten, dass dies die Strafe des Allmächtigen
für die gemeinsamen Sünden wäre. Von Neuem kam Hautbois auf
die im Namen des Beichsregiments zu ertheilende Erklärung bezüglich
des Stillstandes zurück. Die Antwort ist wohl die wunderlichste, die
je ertheilt wurde. Mit dem Könige gemeinsame Sache zu machen,
war bei der Begenten prononzirter Friedensstimmung unmöglich. Sich
gegen den erneuerten Befehl des Königs zu einer widersprechenden
Ansicht ö£Eentlich zu bekennen, dazu fehlte es ihnen an Muth. So
wählten sie denn folgende Antwort: Dass sie jetzt nichts
antworten können, indem sie sich hinter die in Maximi-
lians Erklärung enthaltene Hinweisung auf den grossen Begimentstag
verschanzten. Am 25. Mai empfieng Hautbois, der seinen Bruder
zum Zwecke weiterer Verhandlungen und — Beobachtungen in Nürn-
berg zurückUess, vom Beichsregiment ein Becreditiv far Ludwig XII.,
in welchem seine guten Dienste und der umstand hervorgehoben
wurde, dass die Schuld der Yerzögening keineswegs auf seiner Seite
gelegen. Maximilians langes Ausbleiben, dann dessen plötzliche Ab-
129
reise von Nfimberg habe die Verhandlungen gestört. Der König habe
die Stände anf einen Tag nach Nürnberg berufen. Dort wollen sie
alles aufbieten, um im Oeiste des Friedens zu wirken, wozu sie auch
Ludwig auffordern, der inzwischen nichts gegen die Beichsst&nde
unternehmen möchte. ^) Damit finden die Beziehungen desBegiments
zum französischen StreitfoU ihren yorl&ufigen Abschluss.
Das verstärkte Beichsregiment hatte sich inzwischen schon
längst aufgelöst und die FortfQhrung der laufenden Geschäfte den zur
Sessionstheilnahme yerpflichteten Begenten übergeben. Spätestens in
die Zeit der zweiten Anwesenheit des Königs zu Nürnberg, vielleicht
einige Tage früher, fällt die Abfassung und Besiegelung des Begiments-
abschiedes, in welchem sich die Stände zum treuen Aushängen bei der
neuen Beichsverfassung verpflichten und alle Säumigen unter Ankün-
digung des auf den 25. Juli einberufenen Begimentstages zur Ein-
haltung ihrer in Augsburg übernommenen Verpflichtungen ermahnten.^)
Traurig genug, wenn da constatirt werden musste, dass viele der
Stände noch immer mit der Beitrittserklärung zur Augsburger Ord-
nung, selbstverständlich auch mit den ihnen auferl^ten Beichssteuem,
im Bfickstande waren. Und nicht der innere Widerspruch der
Verfassung, auch nicht der politische Antagonismus ihrer vorzüglichsten
Gewalten machen uns die der Beichsreform so ungünstige Stimmung
des Königs allein erklärlich, viel trug hiezu auch die durch das Beich
selbstverschuldete offenbare Schwäche der neuen Institution bei. Sehen
wir einmal zu, wie es mit der Handhabung der auf die Zusammen-
setzung des Begiments bezüglichen Bestimmungen der Augsburger
Begimentsordnung bestellt war. In den Tagen des brennendsten Gon-
flictes zwischen König und Beich, also zur Zeit, als Maximilian durch
die Verweigerung der Stillstandsverlängerung nach Ansicht der Stände
die vitalsten Interessen des Beiches zu gefährden drohte, war die
Betheiligung an den Begimentssitzungen eine überaus schwache. Ja
nach den modernen Begriffen von der Macht bindender Staatsgesetze
würde man schon aus der geringen Anzahl der versammelten Beichs-
1) BecreditiT, dto. Nflinberg 25. Mai 1501 (Wiener Staatiarchir, abgredruckt bei
lifiUer, Beichstagsstaat p. 110).
*) Wiener nnd Weimarer Archir, abgedruckt bei MflUer, Beichstagsstaat p. 124 ff.
ohne Batam.
Kraa8| NCbmb. Beiohareg« 9
180
regenten die Verbindlichkeit aller unter dem Namen des Begiments
erlassenen Akte in Frage stellen können. Die Begimentsordnung
sagt : « . . . doch also, das allweg aufs wenigst 14 personen des raths
bey yns oder dem, so wir an vnser statt sezen werden, bleiben*.
Dennoch enthUi der Begimentsabschied neben der Unterschrift des
Kurfürsten Friedrich als Statthalters die Mitfertigung von nur 13
ordentlichen BegimentsmitgUedem, wobei ausdrücklich im Texte des
Abschiedes nur die Anwesenheit dieser Unterfertigten bei den Ver-
handlungen über den Abschied konstatirt wird. Allerdings konnte der
Abschied formell den bezüglichen Bestimmungen der Begimentsord-
nung durch die beigefügten sechs Unterschriften der ausserordentlichen
Mitglieder des verstärkten Begiments gerecht werden. Aber es liegt
klar auf der Hand, dass wenn schon in Zeiten, in denen wegen dringlicher
YorAlle die Einberufung des verstärkten Begiments verfügt werden
musste, die Zahl der ordentlichen Beisitzer unter das zulässige Mi-
nimum sank, dann vor dem Erscheinen und nach der Entfernung der
ausserordentlichen Mitglieder kein Grund vorlag, eine Besserung in
diesem Stimmenverhältniss zu erwarten. Unter dieser Voraussetzung
könnten wohl mit Becht Zweifel bezüglich der Bechtsverbindlichkeit
aller Begimentsakte erhoben werden. ^) Nicht minder kläglich ist
^) Nach der Aagsbarger Ordnung besteht das Regiment aus dem Statthalter und
zwanzig Begenten (1 Karffirst, 5 karfOrstliche R&the, 1 weltlicher Fttrst, 1 geistlicher
Ffirst, 1 österreichischer Bath, 1 burgnndischer Rath, 1 Pr&lat, 1 Graf, 2 Stadter, 6
KreiSFertreter). Nach dem Beichsabschied war das Regiment beim Beginne des Begiments-
tages gebildet aus folgenden Personen: EurfOrst Friedrich (Sachsen), Berthold (Mainz),
Hanns ron Helmstadt (Pfalz. Rath), Heinrich ron Bflnaa (kmfürstl. sAchs. Rath), Dietrich
Ton Bisco, (Brandenburg. Bath), Erzbischof Ernst (Magdeburg), Oeorg Ton Neudeck (östeiT.
Bath), Bitter Wolfgang ron Aheim (Territorium : Salzburg, Begensbnrg,. Passau, Freisingen,
Baiem etc.), Günther Fon Bflnau (Territorium: Magdeburg, Bremen, Meissen, Brandenburg,
Sachsen, Thüringen, Pommern etc., Johann Schenk ron Schweinsberg (Territorium : Worms,
Speyer, Strassburg, Basel, Fulda, Lothringen, Hessen etc.), Johann Abt Ton Salmansweiler
(ftlr die Prälaten), Wolfgang Graf zu Oettingen (für die Grafen), Anton Tetzel von Nürn-
berg und Heysso Brendick (fEür die Reichsst&dte). Ueber Einladung dieser Vorgenannten
sind zur Verst&rkung des Regiments erschienen : Herrmann, Erzbischof ron KOUi, die BiscbOfe
*^hann Ton Worms, Gabriel zu Eichst&dt und Friedrich Yon Augsburg, Georg, Herzog von
^hsen, und Wilhelm, Landgraf zu Hessen. Demnach fehlten beim Regiment die zwei
fürstlichen R&the Ton KOln und Trier. (Letzterer Reichsstand Erzbischof Johann IL Ton
len hUt sich konsequent Ton allen Tagen ferne), der weltliche Fürst, der burgundische
üh and 8 KreisTertreter, d. d. die Vertretung des halben Reichsterritoriums. Durch
18&
in dieser Beziehimg der Versuch mit dem verstärkten Begiment ge-
lungen. Nicht einmal die H&lfte der einberufenen Fürsten erschien
in Nfimberg. Unter diesen ümst&nden war es kein Wunder, dass
die St&dter gar bald in ihrem Eifer für die Begimentsordnung er-
lahmten, ^) auch wird es begreiflich, dass die Thätigkeit des Beichs-
regiments nach Hautbois^ Abzug sich nicht in jenen umfiEissenden
dnrch die Begimentsordnung vorgezeichneten Fragen der Verwaltung
und des öffentlichen Lebens ftussem konnte, sich vielmehr mit
der Handhabung des Landfriedens von Fall zu Fall, also mit den
Funktionen eines exekutiven Organes des Eanunergerichts begnügen
musste. ^)
die Emberafong des Tent&rkteii Begiments, der sogen. 18 Fflrsten (6 Knr- und 18 welt-
liche und geistliche Forsten) ergibt sich thatsftchlich nnr ein Zawachs yon 10 Stimmen
(1 Statthalter and 80 Begenten). Denn w&hrend der Anwesenheit der Korftrsten haben
nach der Begimentsordnong deren R&the wohl Sitz, aber nicht Stimme, und Ton den
6 geistlichen und 6 weltlichen Forsten befinden sich ohnehin 1 geistlicher und 1 welt-
licher beim Begiment. Uebrigens ist es ein Irrtham MOUers (Beichstagsstaat p. 180),
wenn er ans der Thatsache, dass in dem Abschied des rerst&rkten Begiments neben dem
KorfOrsten Friedrich aneh ein sftchsischer Bath unterzeichnet erscheint, aof eine Aenderong
der Begimentsordnong schliesst. Friedrich unterfertigt zuerst als Statthalter und dann
durch seinen Bath als KurfOrst. Die Begimentsordnung hat den Fall, dass die Statt-
halterwflrde einem KnrfOrsten Obertragen werde, nicht Torgesehen, wenn sie im AUgemeinen
bestimmt, dass bei Anwesenheit der KurfOrsten das Mandat ihrer B&the erlischt. Im
Sinne MOUers mOsste man denn das 4nrecht des KurfOrstenthums Sachsen auf die Begi-
mentssession für die Dauer der Statthalterschaft des s&chsischen Kurftrsten negiren. Nach
der Begimentsordnung sollten der Einladung zur Theilnahme am Terst&rkten Begiment
14 Forsten (4 Kurflürsten, 6 geistliche und 5 weltliche Fürsten) Folge leisten. In Wirk-
lichkeit erschienen bloss 6 (Köln, 8 geistliche und 2 weltliche Fürsten).
^) Das Nürnberger Beichsregiment an Frankfurt, 5. Juni 1501. Befremden, dass
noch immer kein Abgeordneter der Stadt beim Begiment erschienen (Jannssen, Frankfurts
Beichstags-Akten).
*) Auftrag an den Grafen Philipp ron Kirchberg, die Brüder Stetter wegen eines
im Zorne begangenen Todschlages zu einer Busse zu rerurtheilen, dto. Nürnberg 5. Juni
1501. Vorladung des Bischofes Veit yon Bamberg und Qenossen ror das Gericht in
Nürnberg wegen nftohtlichen Ueberfalles seiner Knechte, dto. Nürnberg, 22. Juni 1501.
Aufforderung an Friedrich, Bischof yon Augsburg über Bitte eines Bitters, die Mörder
eines seiner Unterthanen peinlich fragen zu lassen, dto. Nürnberg 25. Juni 1501 (s&mmt-
lich im Innsbmcker StatÜu-Archir). Arbogast ron Botenstein wird nebst seinen Helfern
wegen Landfriedensbruches Tom Begiment ge&chtet und der Achtbrief^ dto. 18. Mai 1501
zu Augsburg angesoUagen (Stettea, Geich. der Stadt Augsburg Bd. L). In demselben
Jahre entsdieidet das Begiment einen langwierigen Ftosess swischen dem des Landfriedens-
9*
Inzwischen (circa 20. Mai) war Maximilian nach mehrwöchent-
lichem Aufenthalte zu Augsburg i) nach den Tiroler Bergen geeilt, die
er bis zum Schluss des Jahres 1501 nicht mehr verlless. Immer noch mit
kriegerischen Entwürfen beschäftigt, zu deren Ausführung er vorerst die
Kräfte seiner österreichischen Erbl&nder in Anspruch nehmen wollte. Im
Juli berief er einen Landtag nach Wien, auf dem er Geld und Truppen ver-
langt und in Voraussicht des zu erwartenden Widerstandes seine Kom-
missäre mit sehr schaden Ediktalvorladungen der Ungehorsamen versieht.
Aus denselben entnehmen wir, dass die Landschaft jede Leistung, die
4iach der Augsburger Ordnung auf sie fiel, bisher abgeschlagen hatte. *)
Auch die Berichte der Kommissäre von den Kämthner und Krainer
Landtagen, Juli— August 1501, lauteten bezüglich der Willfährigkeit
<ler Landstände nichts weniger ab rosig. ^) Des Königs Stellung zum
Reich, so gut wie diese Verhältnisse, trugen nicht wenig bei, in Ma-
ximilians Seele eine Wandlung des politischen Programmes, soweit
braches angeklagten Jörg ron Streitberg and dessen Verwandten wegen des Schlosses
Streitberg, dann in der Klage des Markgrafen Friedrich ron Brandenburg gegen Martin
Yon Egloüstein wegen Gefangennahme des Jörg von Streitberg (Citation wegen Landfriedens*
braches, 14. Jali 1502. Frozessakten im Innsbrucker Statth.- Archiv).
^) Der echte Fagger (Wiener Es.) erzählt, dass damals der König Ferdinand die
Herren von Bippagorda and Urgel and der König Friedrich yon Neapel den Fürsten von
Salmona and Grafen von Piperna als Gesandtschaft an Maximilian, am Hfilfe gegen Frank-
reich zu erlangen, geschickt haben. Als diese za Innsbruck, wohin sie 7on Triest her
gelangten, erfahren, dass Maximilian in Augsburg sei, sagten sie, sie hätten einige tausend
Dukaten und könnten in Venedig noch mehr auftreiben. Daraufhin besteUte Maximilian
den Fürsten Budolf yon Anhalt zum Feldhaoptmann, dem sich Marx Sittich von Embs
und Franz yon Schenkenstein anschlössen, welche zu Boveredo 6000 Landsknechte zu
Fnss und 1000 Pferde warben. Dieselben kamen dann zur See nach Apulien.
>) Instruktion für Maximilians Bäthe, Innsbruck 2S. Juli 1501 und Mandat wider
die ungehorsamen Unterthanen, Innsbruck 24. Juli 1501 (Wiener Staatsarchiv).
') Bericht der Kommissäre Christoph yon Niindorf und Georg yon Walenbarg^r,
Yiiedom in Kärnten, yom Kärntner Landtag, dto. St. Veit 1. August 1501 (Maximilian
übergeben zu Steinach am 6. August). Auf das Verlangen Maximilians, 10.000 11. Kh.
nnd 16.000 Fusssoldaten zu bewilligen, antworten die Stände mit Bücksicht auf ihre
Armnth ablehnend. Sie hätten ohnedies in die Beichsordnung gewilligt. Doch wollen
sie sich sonst willig zeigen (Cop. im Wiener Staatsarchiy). Bericht der Kommissäre vom
Laibacher Landtag, 29. JuU 1501. Das Besultat ihrer Unterhandlungen mit den Ständen
sei gewesen, dass diese erklärten, sie wollten in nächster Zeit Sendboten an Maximilian
schicken, am diesem ihr Unvermögen darzuthun (Cop. im Wiener Staatsarchiv).
dies Frankreich betraf, vorzubereiten. Zur Erkenntniss seiner momen-
tanen Ohnmacht kamen noch äussere von Burgund und Spanien her-
rührende Einflüsse, die wir im Zusammenhang an einer anderen Stelle
zu erörtern haben.
Der grosse Nürnberger Begimentstag,
25. Juli— 14. Sept^nber 1501.
Wollen wir nach dem Gewicht und der Menge aller einer Ent-
scheidung noch entgegenharrenden Fragen die Bedeutulig des für den
Juli in Aussicht genommenen Begimentstages bemessen, so hätten
wir allen Grund, eine Session voll der spannendsten Verwickelungen
und der folgenreichsten Erörterungen zu erwarten. Zwei Angelegen-
heiten sind es namentlich, von denen die eine die äussere Politik,
die andere das innere Staatsleben berührt, an deren glücklichen Be-
handlung sich die Kraft der neuen Seichsverfassung erproben sollte:
Die endgültige Schlichtung des französischen Streitfalles auf der einen
und die Einbringung der durch die Augsburger Ordnung den Beichs-
ständen auferlegten Beichssteuer auf der anderen Seite. Nach der
Augsburger Ordnung waren bei Vorlage schwieriger Fragen — das
war diesmal der Fall - alle Stände verpflichtet, der an sie von
Seite des Begiments ergangenen Einladung zum gemeinsamen Be-
rathen und Beschliessen Folge zu leisten. Ausgenonmien der König,
der ja ohnedies in dem Statthalter seinen natürlichen Vertreter fand.
In diesem Sinne erscheint es als eine müssig aufgeworfene Frage, ob
man die auf Grund der Augsburger Ordnung zusammentretenden
Vollversammlungen als eigentliche Beichstage oder nur als Begiments-
tage in Betracht zu ziehen habe. Vielmehr beruht die Unterschei-
dung auf der irrthümlichen Voraussetzung eines prinzipiellen Gegen-
satzes. Insofern die Initiative zum Zusammentritt von dem Beichs-
regiment und nicht von dem Könige allein ^) ausgieng, insoferne das
^) Hiebe! ist nicht zu übersehen, dass sich ja der König, der innerhalb des Regi-
ments die erste Stelle entweder persönlich oder durch Stellrertretong einnimmt, mit den
Ständen in das bisher ihm allein rorbehaltene lElecht theilt.
184
Begfiment mit bestimmten Vorlagen an die Beichsversammlung heran-
trat, beide Gewalten: Regiment und Beieb, Ansschnss und YoUver-
Sammlung, in bisher nicht bekannte enge Wechselbeziehungen traten,
kann man mit vollem Becht von einem grossen Begimentstage sprechen.
Andererseits liegt gar kein Grund vor, diesem Begimentstage, dem
alle Merkmale und alle Befugnisse eines Beichstages zukamen, Wesen
und Charakter eines solchen abzusprechen. Demnach wohl jeder Be-
gimentstag als Beichstag, aber nicht umgekehrt aufgefasst werden kann.
Es darf uns nicht überraschen, dass, so dringend auch die Beichs-
stände zum pünktlichen Erscheinen auf dem Begimentstage aufge-
fordert worden waren, die offizielle Eröfhung des Tages am 25. Juli
aus Mangel an Theilnehmem nicht stattfinden konnte. Zwar der alle
Zeit bereite Berthold von Mainz war schon vor der anberaumten Zeit
in Nürnberg eingetroffen, dagegen hatten andere Begimentsmitglieder,
unter ihnen der Erzbischof von Köln, wahrscheinlich weil ihre viertel-
jährliche Session abgelaufen, kurz vorher Nürnberg verlassen. ^) Maximi-
milian hatte anfangs sein persönliches Erscheinen, dann die Absen-
dung einer Botschaft, die den Tag seines Erscheinens ankündigen
sollte, zugesagt. Bis zum 4. August war aber weder er noch seine
Botschaft erschienen, und die wenigen anwesenden Stände ^) — im
') Deichslers Chron. a. a. 0. meldet zum 25. Juni: »und es waren za der zeit
biflchof Ton Maintz, bischof ron Worms, der Ton Köln, der Kammerrichter herre graf Ton
Nassau, bertzog Fridrich und das Parlament*. Dagegen enthält ein Brief der zu NflmbeiK
anwesenden Seichsst&nde, dto. 4. Angast (Wiener Staatsarchiv) bei namentlicher Au&ih-
Inng der Erschienenen weder Worms noch Köln. Beide mfissen daher Nflmberg fiflher
Terlassen haben.
>) Nach obigem Schreiben der Stände an Maximilian 4. Augastj 1501 waren er-
schienen: der Erzbischof von Mainz, Friedrich von Sachsen, Ludwig von Baiem an Stelle
seines Vaters des Kurfürsten Philipp ron der Pfalz, der Rath Friedrichs Ton Sachsen, die
Bäthe des Kurfürsten Joachim von Brandenburg und des Erzherzogs Ton Oesterreich (Ludwig
Yergenhanns), die Bäthe der Bischöfe Qabriel ron Eichstädt und Ludwig Yon Speyer, des
Henogs Oeorg Ton Sachsen, des Landgrafs Wilhelm zu Hessen, die Bitter Wolfgang von
Aheim, Günther von Bunan und Appel von Seckendorf fOr 8 Beichsbezirke, die Aebte tod
St. Comelien und Höfen mit Vollmacht der Aebte und Aebtissinnen ron Kempten, Bachau,
Salmansweiler, Weingarten, Elchingen« Ochsenhausen, Yssy, Au, Schassenried, Bockenbarg,
Marchthal und Both, Oraf Adolf von Nassau und Graf Beinhard ?on Zweibrflcken. Bitter
BOcklin fBr den Grafen Johann Ton Lore und Saarwerden, ein Vertreter der Städte des
sdiwäbischen Bundes und 5 Vertreter der Städte Nflmberg, Frankfurt, Goslar, Nordhaosen
npd Schweipfnr^
1S6
Ganzen 26 Vertreter — sahen sich bei der grossen Zahl der Fehlenden
ausser Stande, einen üeberschlag über die nach der Beichsordnung
eingeforderten Hfllfe zu machen und die diesbezüglichen Berathungen
zu erdfihen. In einem CoUektivschreiben an Maximilian machen die
anwesenden Beichsstände ihn wegen seines Femebleibens für den
Verfall der Beichsordnung verantwortlich und erklären , bis zum
24. August in Nürnberg bei einander bleiben zu wollen. ^) Tags-
darauf erliess die Versammlung eine energische Aufforderung an alle
abwesenden Beichsstände, bis zum 17. August zu erscheinen. ^)
Wir erinnern uns, dass die Frage über die Zulassung des Oar-
dinallegaten zur Ablassverkündigung bis jetzt eine offene geblieben,
weil einerseits Maximilian ohne Wissen des Begiments jenem bin-
dende Zusagen gemacht und andererseits eine Beihe von Beschwerde-
punkten gegen die päpstliche Curie — allerdings längst schon in die
Form eines Instruktionsentwurfes fQr Bom gebracht — wegen mangel-
hafter Besetzung des verstärkten Begiments im April nicht zur Er-
ledigung gelangten. Der Cardinal, dem also jener Bath des Begi-
ments, vorläufig nach Bom zurückzukehren, nicht zugefertigt worden
war, sich vielmehr auf den königlichen Zulassungsbrief verliess, wartete
geduldig der Dinge, die da kommen und ihm die Pforten des vorerst ver-
schlossenen Nürnbergs öffnen sollten. Als der grosse Begimentstag
seinen Anfang nahm, beeilte er sich, mit demselben in Verkehr zu
treten. Von Podagra geplagt, musste er in Ulm li^en bleiben, doch
versäumte er es nicht, vom Krankenlager aus eine Botschaft an den
Erzbischof von Mainz und wahrscheinlich mit derselben eine fulmi-
nante und recht geschickt abgefiasste Aufmunterung zur Theilnahme
an dem geplanten Türkenkrieg nach Nürnberg zu schicken. ^) In der
Einleitung schildert er die nach dem Falle Modons und dem Verlust
Morea^s der gesammten Christenheit und dem Haupte derselben, der
ewigen Stadt, drohende Gefahr. Die Deutschen, die so gute Feuer-
^) Schreiben a. a. 0.
>) Wiener StaatsarchiT, Cop.-Bach. Ein beigefftgtes Verzeichniss der Einzuladenden
zeigt uns als abwesend: die geistlichen Fürsten Köln, Trier, Magdeburg, Würzburg, Bam-
berg, Freising, Segensburg, Salzburg, Augsburg ; die weltlichen Fürsten Markgraf Friedrich,
Herzoge Jörg nnd Albrecht von Baiem, Würtenberg und Baden.
*) Rede des Gardinallegaten Baimund, Ulm 80. Juli 1501 (s. Beilagen).
136
Yorschriften besässen, sollten nicht zögern, solche auf die Erhaltung
des ganzen Beiches gerichtete Verordnungen zu erlassen. Der Türke
werde so wenig, wie einst Gyrus und Alexander der Grosse, an seinen
Eroberungen Genflge haben und wie die Landsknechte nach beendeter
Fehde die deutschen Gauen beunruhigen, so vertragen auch die lager-
gewohnten Tflrken kein Stillleben. Keine Wflste vermag sie von ihren
Feinden zu trennen, in zehn Tagen können sie vor Nürnbergs Mauern
stehen. Wollten die tapferen Germanen dann an den Nordseestrand
oder gar nach den Orkneyinseln entfliehen? In schlauer Weise geisselt
er die auch ihm nicht verborgenen Beichsschäden, deren AufzShlong
er bösen Yerläumdem in den Mund legt. Diese behaupten, unter den
Deutschen sei wenig Einigkeit. Es sei kein Heer zusammenzubringen,
da die geistlichen und weltlichen Fürsten in Hader unter einander
stünden; die Beichsstädte finden die Macht der Fürsten, diese die
Freiheit der Beichsstädte unerträglich. Die Fürsten fürchten sich vor
der Macht des Königs, dieser vor dem Trotz der Fürsten. Nichts
thun sie, als von einem Tage zum anderen ziehen. Hohnlachend
frage man sich allerwärts: Was machen die Deutschen? Sie gehen
nach Worms, Augsburg und Nürnberg. Wo sind ihre mächtigen
Erzbischöfe, die Wahlfürsten uralten Geschlechtes, die vielen Fürsten,
Markgrafen und Grafen? Sie sind auf dem Beichstag. Was beschliessen
sie in deutschen Angelegenheiten. Sie verschieben sie auf einen anderen
Tag. Diese bösen Beden seien den Türken nicht unbekannt und — ßlhrt
Baymundus, der auf einmal selbst daran glaubt, fort — , während
Ihr auf euren Tagen die Zeit und in zehn Jahren durch das Herum-
ziehen mehr Geld, als eine Türkensteuer beträgt, verliert, erstarkt die
Macht der Türken ''. Doch schnell kehrt Baymund zu einer Apotheose
der germanischen Tapferkeit, ihres trefflichen Charakters und ihrer
zahlreichen Hülfsmittel zurück. Wenn Aengstliche behaupten, es sei
kein Geld da, so befreie er sie von dieser Sorge durch die Entgegnung,
dass vielmehr viel davon vorhanden. Er bringe den Lohn in nie
geahnt reicher Ausstattung, um dessen Besitz die Gelder reichlich
fliessen werden, ünbelästigt von ihren christlichen Nachbaren, ver-
pflichtet durch die Würde des römischen Kaiserthums, stehe gar nichts
im Wege, den Kampf gegen die ungläubigen in der letzten Stunde
vor hereinbrechender Gefahr zu beginnen. Und wenn die Deutschen
etwa glauben sollten, Bom wolle sie plündern, so könne er sie auch
137
darin beruhigen. Sie selbst mögen das Geld unter ihre Obhut nehmen
und das Heer damit ausrüsten. Som, weit entfernt, ihnen das ihrige
zu nehmen, stelle ihnen seinen Schatz zur YerfQgung.
Wenn irgend etwas aus dieser Auseinandersetzung das Nürn-
berger Begiment mit der Verkündigung des Ablasses versöhnen konnte,
so war es der letzte Passus, der die finanzielle Seite de) Unternehmens
unter die ControUe des Eeiches stellte. So gut war Baymund doch
aber die damalige Stimmung in Deutschland orientirt, dass er es nicht
wagen durfte, ohne eine solche Zusicherung auf einen Erfolg seiner Bot-
schaft zu rechnen. Schon in den ersten Tagen des August besch&ftigten sich
die in Nürnberg anwesenden Beichsstände mit der Prüfung der päpst-
lichen Vollmachten ^) und der Zulassungsfrage. Propst Dr. Vergen-
hanns, der Vertreter Maximilians beim Nürnberger Begiment, unter-
stützte im Namen seines Herrn die von Baymund gestellte Forderung
und die St&nde einigten sich schliesslich über die Zulassung des
Legaten unter der Bedingung, dass derselbe vorerst eine Beihe von
Zugeständnissen an das Beich ausdrücklich anerkenne. Als Motiv für
die Zulassung wurde der umstand angeführt, dass Maximilian schon
früher dieselbe dem Legaten ertheüt habe. Die Zugeständnisse um-
fassen folgende Punkte: 1. Der Legat verpflichtet sich, von seiner
päpstlichen Gewalt in keinem Artikel einen Gebrauch ohne Wissen
und Zustimmung des Begiments und der jetzigen Beichsversammlung
zu machen, unter dieser Voraussetzung wolle man mit ihm über die
Art der Ablassverkündigung in Nürnberg verhandeln. Unbedingt
müsse das eingehende Geld beim Beichsregiment erlegt und von
diesem verwahrt werden ; 2. die in des Legaten Vollmacht enthaltene
Einhebung des geistlichen Zehents (decimation) wird mit Bücksicht
auf die durch die Augsburger Ordnung geschehene Belastung der
Geistlichkeit nicht zugestanden; 3. der Legat dürfe keine gratia re-
servata, coUationes und provisiones verleihen; 4. Dispensen und Ab-
solutionen in causis matrimonialibus soll er nicht im Widerspruch
mit dem gemeinen Becht und nur nach billigen Grundsätzen unter
Zuziehung ehrbarer Kommissäre ertheilen. ^) Mit diesen Artikeln
^) Die Bulle Alexanders VI. dto. Rom 18. Oktober 1500, dnrcli welche Raimund
TOQ Gnrk beauftragt wird, den Zwist zwischen den Fürsten beizulegen, gegen die Türken zu
predigen und das Ablassgeld nur zum Kriege gegen letztere zu sammeln (Weimarer Archi?).
*) Der Gang der Verhandlungen ist aus. dem Reichstagsabschied ersichtlich (abgedr.
138
sollte sich Propst Yergenhanns zum Cardinal begeben und ihn zur
Anerkennung derselben bestimmen. Der Cardinal hatte sich unter-
dessen von Ulm auf den Weg nach Nürnberg gemacht. Im benach-
barten Heilsbronn ^) nahm er sein vorläufiges Quartier und dort traf
ihn Yergenhanns. Als Besultat ihrer Verhandlungen liegt ein Schreiben
Baymunds an das Seichsregiment vor, durch welches er die Annahme
der gestellten Bedingungen anzeigt. ^) Am 16. August hielt er seinen
feierlichen Einzug in Nürnberg. Die ganze Geistlichkeit zog ihm
entgegen und führte ihn zum Hochamte nach der St. Sebalduskirche. ^)
Noch vor Baymunds Ankunft hatte die Frage nach dem Fort-
bestand der Augsburger Ordnung, des Beichsregiments insbesonders,
die in Nürnberg anwesenden Beichsstände lebhaft besch&fdgt Ein
zu diesem Zwecke eingesetzter Ausschuss gab sein Gutachten ab, das
Begiment nicht fallen zu lassen, sondern auf ein weiteres Jahr über
Wasser zu halten. Die Kosten sollten für diese Zeit von den ein-
zelnen Ständen und rücksichtlich der aus den sechs Kreisen zu neh-
menden Begenten von den innerhalb derselben wohnenden Fürsten
getragen werden. Schon machte man sich, da viele Stände nicht
nach Nürnberg gehen wollten, mit dem Gedanken vertraut, den Sitz
des Begiments nach Worms oder Frankfurt zu verlegen, wo man für
den Herbst ds. J. die Abhaltung eines Beichstages in Vorschlag
bei MflUer, ReiclistagBstaat p. 210 mit sehr sinnstörenden und nach dem Weimarer Orig.
zu rerbessemden Fehlern). Dort ist gewissermassen die Vorgeschichte der im Abschied
enthaltenen »Articali tractati .... inter legatum et senatum et conuentom imperii*
gegeben«
^^ 1) Ehemalige Cisterzienser-Abtei, 8 Meilen s. w. von Nürnberg.
*) Raymond an das Nflmberger Begiment, dto. ex monasterio fontis salotis 12. Augast
(Weimarer und Wiener Archiv) Beversus ad nos reverendus p. B. doctor Lndovicus Sto-
cardie prepositus portauit scripturam, quam illi dederunt ex<>i«. vestre, eamque nobis inter-
pretatus est ac significauit declaracionem, quam super ipsa scriptura fecit eidem d. pre-
posito ill. princeps et rmus. pater d. archieps. Mognntinus. visa nobis est scriptnra com
illa declaracione josta et honesta et que a tantis principibus tantoque senatn debeat ex-
pectari, ipsasqne scripturam et dedaracionem aprobamos et acceptamus nosque eas scrip'
tnram et dedaracionem tanque justas et honestas seruaturos esse promittimns*. Er
kündigt zugleich seine Ankunft in Nürnberg auf den 14. August an. Ein zweites
Schreiben dto. 14. August zeigt die Verzögerung in der Abreise und sein Eintreffen am
16. August an.
*) Deiohslers Chron. a. a. 0. p. 648.
139
brachte. >) ünteTdessen war das Ermahnongsschreiben der Beichs-
stände vom 4. Augast in die H&nde des zu Innsbruck weilenden
Maximilian gekommen. Seit seiner Entfernung von Nflmberg jeder
Hoffiiung beraubt, von dort aus eine Förderung seiner Absichten zu
erlangen, Hberdies verstimmt durch die vermittelnde Bolle, die sein
Sohn Philipp in dem Streite mit Ludwig XIL spielte, dachte er keinen
Moment daran, sich durch sein Erscheinen in Nürnberg von Neuem
in eine peinliche Situation zu begeben. Doch versprach er dem Eur-
flürsten Friedrich die üebersendung einer Instruktion, nach welcher
dieser als Statthalter im Namen des Königs bei der Beichsversamm-
lung handeln und über deren Durchführung er nach Innsbruck be-
richten sollte. ^) Unterdessen Mden sich, der Citation Folge leistend,
immer mehr Stände in Nürnberg ein und die Versammlung gewann
allmälig ein stattlicheres Aussehen. ^) Jetzt trat auch die mailän-
dische Belehnungsfrage vom Neuen in den Vordergrund. Wir wissen, .
dass Charles Hautbois zwar mit den besten Freundschaftsversicherungen
von Seite der Begenten, im Grunde genommen aber doch mit leeren
Händen nach Frankreich zurückgekehrt war. Alles hatte man auf die
Entscheidung der jetzt tagenden Versammlung verschoben. Ludwig XII.
seinerseits ermüdete nicht, sein gutes Becht auch hier vom Neuen
zu suchen. Immerhin eigenthümlich und nicht ohne Kränkung
der königlichen Autorität war die Art, mit der dies geschah. Mit
dem römischen Könige, dem Oberhaupte des Beiches, tritt Ludwig in
gar keinen offiziellen Verkehr mehr, alle seine Wünsche, Bitten und
Ergebenheitsbezeugungen sind an das Beich und dessen Führer, die
KurfOrsten, gerichtet. Frankreich und das Beich sitzen gleichsam
über den fQr beide gleich lästigen Buhestörer, den abwesenden Maxi-
milian, zu Oericht, Zuerst traf ein Schreiben Ludwigs an die Be-
genten ein^ in welchem er in herzlichen und schmeichelhaften Worten
fQr die bewiesene Friedensliebe und das dem Hautbois im Frühjahr
^) ratdage der ▼erordenten Gopi« 8. L et dato im Wiener Staatsarchiv. Offenbar
worde noch Tor Baimiinds Anknnft ein Ansschoss mit der Berathong der za ergreifenden
lÜLBsregeln betraat, der dann diesen Kathstag an das Plenum leitete (s. Beilage).
*) Maximilian an KorfOrst Friedrich, dto. Innsbruck 16. August 1501 Orig. im
Weimarer Archiv.
S) Anfangs September mfissen — nach den Unterschriften des Beichubschiedes zu
■chliessen •— mindestens 45 Stftnde in Nürnberg gewesen sein.
140
ausgestellte Wohlverhaltungszeugniss dankt. Hautbois , ^) nunmehr
durch den Bang eines maitre de requ§tes ausgezeichnet, hatte Ludwig Xn.
g^au über die Vorfälle in Nfirnberg informirt, er erschien auch jetzt
als die geeignetste FersOnlickeit, die unterbrochenen Verhandlungen
aufzunehmen und zu Ende zu f&hren. Ein zweites Schreiben Ludwigs
bittet um die Gewährung eines sicheren Geleites fQr diesen Maxi-
milian so missliebigen Botschafter. ^) Am 20. August erschien er
vor dem Begiment ^) und fibergab demselben ein Schreiben Ludwigs,
das an Deutlichkeit fiber dessen Beziehungen zu Maximilian nichts
zu wünschen fibriglässt. ^) Ludwig tritt darin als offener Ankläger
gegen Maximilian vor dem Forum des Beiches auf. Durch sichere
Kundschaft habe er in Erfahrung gebracht, dass Maximilian unter
falschen Vorspiegelungen die Schweizer aufgereizt hätte, Frankreich
aus seiner Position in Mailand und Neapel verdrängen zu helfen.
Ludwig habe genug mit dem Seinem und sei zufrieden mit seinem
Loose. Er schäme sich, alle auf jenen Eonventikeln gefallenen Schmäh-
worte zu widerlegen, deren Unwahrheit dem gesunden Sinne einleuchten
mfisse. Neapel gehe überdies weder das Beich noch Maximilian etwas
an. Bezüglich Mailands wolle er sich stets als treuer Beichsvasall
bewähren. Die Würde, der Nutzen und die Vermehrung des heiligen
Beiches und seiner Fürsten liege ihm mehr am Herzen als allen
*) Eine kurze biographische Notiz über diesen Mann entb< die Preface p. Y. zu Le
Glay Nägociations diplom.
*) Ludwig XII. an das Nflrnberger Regiment, dto. Lyon 22. Juni 1 jOI. AuffaUcod
ist die Adresse: »An die EurfQrsten des heil. Beiches und die übrigen Regenten zu Nürn-
berg*. Ludwigs Bitte um Geleit an die zu Nürnberg versammelten Reichsstftnde, dto.
Lyon 8. Juli 1501 (abgedr. bei Müller a. a. 0. p. 148 ff.). Der Druck leidet an sahi-
reichen sinnstOrenden Fehlern. Im zweiten Brief p. 147 Z. 6 ▼. o. ist zwischen die
Worte »atque* und »omnium* eine -ganze Zeile einzuschalten: »regnum nostrum christia-
nissimum verum etiam totam christianitatem atque*. Auch heisst der unterfertigende
Kanzler nicht Roblet, wie Müller beharrlich schreibt, sondern Robertet.
') Ich kann den Tag seiner Ankunft den Akten nicht entnehmen.
*) Ludwig XII. an die Nürnberger Reichsst&nde, dto. Lyon 7. Juli 1501 (abgedr.
bei Müller a. a. 0. p. 148.). Der Gesandte knüpfte daran eine Darlegung des mailftn-
dischen und neapolitanischen KriegsfaUes und eine Rechtfertigung der nicht ans Verach-
tung gegen das heilige Reich, sondern auf Grund seines Erbrechtes erfolgten Eroberung
und bat schliesslich um die Belehnung mit Mailand (nach einer Notiz im Wiener Cop.-
Bnch M. M. f. 80).
141
andere Sterblicben, besonders jenen, die zu seiner Verkleinerung so
schamlose und ungeschickte Beden ftthren. Er bitte die Beichs-
fursten, dafttr zu sorgen, dass Maximilian nicht fortfahre, solches zu
sinnen und ihm Buhe und Frieden zu verschafifen, damit er nicht
zur Wahrung des Seinigen etwas zu thun genöthigt werde, das ihnen
beiden — Maximilian und Ludwig — gleich missfallen mfisste.
Dennoch bitte er die Beichsstände um Erneuerung des alten Bünd-
nisses und Abschluss eines ewigen Freundschaftsbundes, endlich um
die Belehnung mit Mailand. Hautbois sei ermächtigt, den Lehenseid
zu leisten.
Man war von Seite des Begimentstages in Verhandlungen mit
Hautbois getreten, weil man damals noch immer hoffte, Maximilian
werde der ereuerten Aufforderung, bis zum 25. August zu erscheinen,
Folge leisten. Verstärkt wurde diese Ansicht noch durch den Um-
stand, das^ EurfQrst Friedrich nicht einmal eine königliche Listruktion
besass, nach der er als Statthalter und Vertreter des Königs auf dem
doch von Maximilian mit einberufenen Tage hätte vorgehen können.
Naturgemäss zog man die Antwort auf Hautbois* Werbung hinaus.
Als nun jenes bekannte Schreiben Maximilians eintraf, ^) das zwar
noch imm:r keine Listruktion, wohl aber das Versprechen, eine solche
nachzuschicken, enthielt, hatte man wenigstens die Gewissheit, dass
der König ferne zu bleiben gedenke. Kurfürst Friedrich wartete
wieder mehrere Tage zu, doch die versprochene Instruktion wollte
nicht kommen. Offenbar lag es in der Absicht Maximilians, durch
dieses Zögern jede weitere Verhandlung in Nfimberg illusorisch zu
machen. In der Hauptsache — in der mailändischen Frage — er-
reichte er seine Absicht. Wie so oft, sollte auch hier ein altbewährtes
Mittel aus der Noth helfen. Man verwies einfach auf Maximilians
Abwesenheit, über die hinwegzugehen, zumal in einer so wichtigen
Lehensfrage sich die neue Beichsverfassung keineswegs stark genug
fühlte, man hatte die Entschuldigung zur Hand, welche der schwache
Besuch der Beichsversammlung bot, und verschob damit die Entschei-
dung der mailändischen Frage auf den für den 25. November anberaumten
Frankfurter Beichstag. Man lud Hautbois ein, dort zu erscheinen.
^) 8. oben pag. 189 Axunerkg. 2. Da es das Datum yom 16. Augost trägt, so ist
es Jodesfalls nicht yor dem 24. August nach Nürnberg gekommen«
148
Eurftlrst Friedrich aber, verletzt dnrcli Maximilians Haltung und bloss-
gestellt in seiner Autorität als Statthalter, verliess einige Tage nach
dem 25. August Nürnberg. Ihm folgte der doch sonst so beharr-
liche Berthold. Heinrich von Bfinau und Dr. Küchenmeister blieben
als ihre Vertreter beim Begiment zurück. Unterdessen — am 25. August
hatte Maximilian die Instruktion sammt einer Anzahl geheimer Artikel
in Innsbruck glücklich fertiggestellt. Als sie in den ersten September-
tagen zu Nürnberg ankam, war Kurfürst Friedrich bereits heimwärts
gezogen. ^)
1) Im Weimarer Archi? befindet sich ein Blatt, dessen Inhalt sich oifenbar auf diese
Yorg&nge bezieht. Es führt die Aufschrift: »Ynsers allergnedigisten herm des Bom.
konigs antwort auf meins gnedigristen herm herczog Friderichs zu Sachsen churfbrsten etc.
werbnng*. Auf Friedrichs Entschuldigung, dass er neben anderen bestimmenden Gründen
heimgereist, weil er mehrere Tage nach Bartholomei noch keine Antwort fon MaTJmilian
erhalten, antwortet Maximilian, er nehme die Entschuldigung an, doch wolle er wissen,
wann Friedrich wieder nach Nürnberg kommen werde. Maximilian habe mit dem Bescheid,
was Friedrich als Statthalter zu Nürnberg handeln soUte, so lange gezOgert, weil er zuerst
sehen wollte, ob alle Beichsst&nde kommen würden, »aber so die nit kumen sein, hab
sein ku, mt. solhe instruction in gemein gestellt, sunst were die tapferlicher furgenomen*.
Auf die Anzeige Friedrichs, dass er der Absicht der St&nde, das Begiment Ton Nürnberg
an einen anderen Ort am Rhein zu rerlegen, nicht willfahrt habe, erwidert Maximilian,
dass ihm hieyon, obwohl er es wisse, keine Anzeige gemacht worden sei. Er dankt
Friedrich für den Einspruch, »dann seiner mt. were sols gancz yngelegen auch reracht-
lich*. Auf Friedrichs Beschwerde, dass Maximilian seine an den Bischof ron Brixen zur
Uebergabe an Maximilian geschickten Artikel bisher nicht beantwortet habOr erwidert
Maximilian, dass er gegen ihn keine Ungnade hege. Die Beden zwischen ihnen zn Nürn-
berg seien gefallen: »das ku. mt. des beswert hab. das man seiner mt. ein regiment ge-
korn Tnd gesetzt md sein mt. yerpunden gehabt demselben gehorsam zu sein, dann es
werde dardurch sein mt. gegen meniglichen in rerachtung fallen ynd daraus in dem heyl-
ligen reiche alle yngehorsam ynd yrrsal erwachsen, auch dem kunig yon Franekreich, der
dasselb swerlichen anfechte, dess gleichen dem Turckhen kain widerstand beschehen. ynd
dieweil sein gnad ynd ander stende der ku. mt. in solhem nie gelanben geben, hab sein
mt. mit der gemelten antwurt auch yerczogen, bis sich das alles selbs erzaige, als yecz
beschehe. nemlich sein gnad wisse die ernstlichen Mandat ynd gepotsbrieue, so die ku. mt.
auf alle stende, geen Nurmbörg zekumen, auch des reiche Ordnung mit hilff ynd gellt zu
leben, hab ausgeen lassen ynd das bisher in demselben der weniger tail gehorsanülck
erschinen ynd sunst allerlay mercklich ynd gross irrung ynd auffruen im heylUgen
reiche erwachsen sein, darumb dann die kayserlich cron in sorgen ynd als die ku. mt
wol sagen mag, in des Kunigs yon Franekreich handen steet ynd auch desshalben
gegen Franekreich ynd den Tnroken nichts mag furgenomen ynd gehandlt worden fnd
waist demnach die ku. mt. seiner gnaden in demselben ander «ntwurt nit sn geben*.
i4a
um auf den Gang der Nflmberger Verhandlungen irgend welchen
Einflnss zu üben, dazu waren die Instruktionsartikel allerdings zu spät
gekommen. Immerhin verdienen die in ihnen entwickelten Gesichts-
punkte hier Beachtung, weil sie uns das momentane Yerh<niss
des Königs zum Begiment und der Nflmberger Beichsversammlung
illustriren. ^) Eurfflrst Friedrich, der als Statthalter des Begiments
ermächtigt wird, im Namen des Königs mit der Beichsversammlung
zu verhandeln, soll zunächt den Ständen den Empüeing ihres Ermah-
nungsschreibens bestätigen. Mit Verwunderung entnehme er demselben,
dass mehrere Stände seines Ausbleibens wegen zögern, nach Nfimberg zu
gehen, und dass die daselbst Versammelten aus demselben Grunde nach
dem 25. August wieder heimwärts ziehen wollten. Dagegen stehe doch
der klare Wortlaut der Augsburger Ordnung, die bestimmt, dass in
wichtigen Angelegenheiten entweder der König oder in dessen Ab-
wesenheit der von ihm bestellte Statthalter mit den Ständen zu rathen
und zu beschliessen habe. Desshalb sei seine Anwesenheit bei dem
Beichstage nicht nöthig. Würde sich der Artikel auf seine persön-
liche Anwesenheit beziehen, hätte er nicht überdies wichtige Ange-
legenheiten in seinen Erblanden zu besorgen, so würde er gewiss auf
diesem Tage erscheinen, wie er ja- stets das Beste des Beiches mit
Darstreckung seines Leibes und Gutes gewollt. Der Beichstag ist
einberufen worden, um darüber zu berathen, wie bei dem unbilligen
Vorgehen Ludwigs gegen Italien und seinem Streben nach der Kaiser-
krone und wie den Türken Widerstand zu leisten sei Die Sache leide
weiter keinen Verzug. Schon habe Ludwig Neapel erobert, trachte
jetzt darnach, Mantua und Montferrat zu unterwerfen, worüber er ihnen
17 geheime Artikel zusende. Auch die Türken rüsten jetzt mit grosser
Macht und sei er täglich des üeberätUes seiner Erblande gewärtig.
Die Venetianer halten Truppen und Geschütz an den Grenzen Oester-
reichs zur Eroberung der Grenzorte bereit. Die Ungarn werden in
Niederösterreich einfallen und Frankreich nach völliger Unterwerfung
Italiens die Kaiserkrone erlangen. Mit der zu Augsburg beschlossenen
^) Instraktion Maximilians für den Eurf&rsten Friedrich als Statthalter des Nürn-
berger Beichsregiments, dto. Innsbruck 25. August 1501. Daran schliessen sich als Anbang
17 (18) geheime, Frankreichs Umtriebe behandelnde Artikel (beide Stücke im Wiener Staats-
arduT). Die Instruktion findet sich auch gedruckt in Georg Spalatins histor. Nachlass I.
Bd. p. 140 (Ausgabe ron Neudecker 1851). Die geheimen Artikel s. die Beilagen,
144
schwerfälligen Bdchsliülfe sei jetzt kein Auslangen mehr. Wollen
die Beichsstände das Aergste verhüten, so müssen sie jetzt über eine
schnelle mid ausgiebige Hülfe berathen. Und sobald er aus ihren
Beschlüssen ihren guten Willen wahrnehme, wollte er sich sogleich
nach Nürnberg begeben. Desshalb befiehlt er ihnen, vor endgültiger
Beschlussfassung nicht von Nürnberg wegzuziehen, da sonst die Schuld
für alle Schäden ihnen zur Last fallen müssten. üeberdies werden
dann die säumigen Stände, wenn sie sehen, dass jene tüchtig zu den
Sachen greifen, um so geneigter zum Erscheinen sein. Daran schliesst
Maximilian noch die Bitte, die Beichsstände möchten die 17 Artikel
geheim halten, da sonst Ludwig aus deren Inhalt leicht errathen
könnte, von welcher Seite Maximilian seine Nachrichten aus Frank-
reich beziehe.
Die geheimen Artikel enthalten eine Beihe von Anklagen gegen
Ludwig XII., der anders spreche, als er sinne und handle. Wenn
Ludwig so sehr seine Friedensliebe betone, so geschähe es nur dess-
halb, um die anderen zu beruhigen und sich die Wege zur Erlangung
der italienischen und kaiserlichen Erone zu ebnen. Maximilian fthrt
hiefür folgende Beweise an: In einem früher abgeschlossenen Ver-
trage ^) hatte sich Ludwig verpflichtet, keine Truppen nach Italien zn
senden. Auf die Beschwerde Maximilians, dass dies doch geschehen,
schrieb einer der ersten Bäthe Ludwigs (Cardinal d' Amboise), die
Truppen seien nur zur Verstärkung der im Mailändischen liegenden
und zur Unterstützung der Venetianer gegen die Türken geschickt
worden. Ohne Bücksicht auf dieses Schreiben und den bestehenden
Frieden hat er dennoch sein Kriegsvolk in das Innere Italiens, aller-
dings unter scheinbar päpstlichem Befehle, zur Eroberung freier Beichs-
stände und zu deren Brandschatzung geschickt. Hierin liege doch
ein klarer Beweis seines bösen Willens und seiner unersättlichen
Herrschbegier. Dann hat Ludwig sogleich nach jenem Frieden mehrere
Gesandte zu den Schweizern geschickt und diesen vorstellen lassen,
wie sie nie Gutes vom deutschen Beiche gehabt hätten. Die Ge-
sandten erklärten, es werde auch nicht lange währen, so würden die
Schweizer in grosser Schlacht ewiges Verderben von den Oesterreichem
empfangen. Sie sollen also darauf achten, dass künftig kein Deutscher
^) Offenbar der Pariser Friede y. 1498 (Du Mont t. m. p. n. p. 896).
die HerrschafI; in Italien bekomme und diese lieber den Französen
vergönnen. Darauf haben allerdings die Eidgenossen — wie Maxi-
milian durch ihre Patrizier erfahren — geantwortet: Lieber wollten
sie alle sterben, bevor sie duldeten, dass die Kaiserkrone an Frank-
reich k&me. ^) Angesehene und einflussreiche Persönlichkeiten in Italien
halten jetzt dem gemeinen Manne vor, dass Italien nie etwas Gutes
von den Deutschen erGahren. So kam es, dass man Ludwig wie einen
Messias erwartete, ihn Vater des Vaterlandes nannte, ganz wie zu
Karls Vin. Zeiten, der sich diesen Titel auf italienischeu Münzen
beilegte. Femer hat der Papst, der ganz in Frankreichs Diensten
steht, erklärt, wie das römische Reich von den Griechen auf die
Deutschen gekommen, weil erstere den christlichen Glauben lässig
beschfltzten, so sei es jetzt billig, dass dieses Reich von den Deutschen,
die nichts gegen die Türken und nichts zur Erhaltung der Kirche
thun, an die Franzosen gegeben werde. Ganz in ähnlichem Sinne
hat ja auch Hautbois vor dem Reichsregiment gesprochen. Der
ungarische König, der stets treu zu Maximilian gehalten, ist ihm jetzt
so abwendig gemacht worden, dass er besorge, von ihm angegriffen
zu werden. Ludwig hat es dahin gebracht, dass der Papst ihm •—
Maximilian — jährlich durch Briefe von der Vornahme des Römer-
znges abgerathen. Aus glaubwürdigen Berichten gehe hervor, dass
Ludwig damit umgehe, den ältesten Sohn des Herzogs von Ferrara in
Frankreich zu verheirathen, damit er, wenn dessen alter Vater mit
Tod abgienge, den Sohn bei sich habe und über das Land nach Gut-
dünken verfQgen könnte. Denn er beabsichtigt, es den Venetianem
zu schenken, um sie fDr seine weiteren Eroberungen bei gutem Willen
zu erhalten. Aehnlich haben Ludwigs Hauptleute durch grosse Ver-
sprechungen den Markgrafen von Mantua zu gewinnen gesucht, um
ihn aus dem Schutz des heiligen Reiches zu bringen. Mit genauer
Hoth ist der Markgraf von Montferrat der auf Ludwigs Geheiss er-
folgten Gewaltthat des Grafen von Saluzzo entronnen. Auch gibt
sich Ludwig aUe Mühe, den vom römischen König und vom
Land bestellten Regentschaftsrath dieser Markgrafschaft, der Maximi-
lian ergeben sei, abzusetzen. Durch Vorspiegelungen von Liebe und
*) Es ist interessant, wie die Eidgenossen als Objekt fOr die gegenseitigen Beschuldi-
gungen Kirschen Maximilian und Ludwig XII. dienen mllssen.
KranSy Nfimb. Reichsreg. ]^Q
Vtö
Freundschaft hat Ludwig diß jtjagat vom heiligeQ Bebhe zu ihm ge-
schickten Gesandten für den jüngsten Frieden gewonnen. Dennoch
handelt er ihnen entgegen in der Absicht, nach der Eroberung Italiens
offenen Weg gegen Neapel und schliesslich selbst nach Deutschland
zu haben: „Denn Deutschland und Italien stossen gelegentlich an-
einander ". So hat er bereits an sich gezogen die von Bologna, Pisa,
Florenz, Pesaro, Bimini, Faenza und Sinigaglia und andere Herr-
schaften, die von altersher imter dem Schirm des römischen Beiches
gesessen. Hiebei findet er volle Unterstützung des Papstes, der fQr
seinen Sohn, den Herzog von Yalentinois, nach Besitzthümern sucht.
Stünden auch manche dieser Gebiete unter päpstlichem Schutz, so
fliesse dieser wieder aus dem römischen Schutz, so dass kein Papst
das Becht habe, ohne Wissen des römischen Königs und Beiches
etwas zu vergeben. Selbst Kaiser Constantin habe nicht die Macht
gehabt, darüber hinaus etwas dem Papst zu verleihen. Ludwigs Zu-
sagen, in Italien nichts zu thun, beabsichtigen nur, die Fürsten des
heiligen Beiches durch Vertröstung an weiterer Vorsicht zu verhindent
Feimer sind zwischen seinen Abgesandten und denen Ludwigs und des
Erzherzogs Philipp Verhandlungen gepflogen worden, dass durch eine
Heirath zwischen dem Sohne Philipps und der Tochter Ludwigs alle ita-
lienischen Irrungen beigelegt worden. Die Franzosen haben abe^ diesen
Weg nur erdacht, um ihn zu betrügen und auf listige Weise hinzuhalten.
Denn, sobald sie ganz Italien haben, denken sie gar nicht darsqi, diese
Heirath vollziehen zu lassen. Ludwig beabsichtigt, seine Tochter mit dem
Herzog von Angoul§me, dem Dauplün, zu vermählen. Zwar soUte
dieser die Tochter de9 Herzogs von Bourbon heirathe^n. Qiese werde
aber den Herzog yoj/l Alenqon zum Mann bekopunen. Lq^wig wird
sich ein&ch damit epatschuldigen: die fr;anzösis(^en Grossen zürnen
ihn^ wegen der Ver^eirathung seiner Tochter mit dem österreichischen
ErzherzQg, weil sie besorgen, es könnte dadurch Bretagne und Mailand
an Burgund und Oesterreich kommen. Ein in Frankreich i^cht gerne
gesehener Fall. ^) Femer hat Ludwig, als er in Erfahrung brachte,
*) Die Heirath kam thatsächlich nicht zu Stande and Ludwig hat wirklich die
ohige Entschuldigung hieftlr vorgebracht. Wichtig ist es fllr die Auffassung der ganzen
Heirathsangelegenheit, dass Maximilian die kommenden . Dinge schon jetzt voraussagte.
Dadurch werden auch die S^wiedg)(eiteii klar, die Maxim^ian noch im Oktober der Be-
lehnung mit Mailand in den y^eßlegj^ obwohl die franzOsiscl^en Qesandfpn inuner mit
147
r
dass Yerhandlungen Aber eine Vermählung Margarethens, Maxiinilians
Tochter, mit dfam Hereog von Savoyen geipflogen wurden, dem Hensog
sagen lassen, er werde nie diese Heirath zugeben, es sei denn, sie
erfolge, ohne Wissen und Willen Maximilians. Die Haupüeute Lud-
wigs sprengen in ganz Italien die Meinung aus, Ludwig wolle lieber
gar keinen Frieden mit Maximilian und dem deutschen Beiche haben,
als etwas von seinen Eroberungen in Italien herausgeben oder zu
gestatten, dass hiezu des Papstes Sohn gezwungen werde. Offenbar
in der Absicht, den Papst auf seiner Seite zu behalten, um durch
ihn die Kaiserkrone zu erlangen.
Mit dem Beschluss, die Entscheidung Aber Mailand auf den im
November zusammentretenden Frankfurter Reichstag zu verschieben,
erschien die Aufgabe des Nflrnberger Begimentstages als in dem
wesentlichsten Punkte vollendet, i) Die Erwftgung, dass ohne die
Gegenwart des Königs und in Abwesenheit zahlreicher Beichsstftnde,
von denen mehrere erU&rt hatt^ Nürnberg nicht betreten zu wollen,
in den vitalsten Beichsfragen ohne Aussicht auf Erfolg verhandeln zu
müssen, wird von dem Begimentsabsdiied selbst als Motiv dieser
Massregel angefahrt. Nur in der einzigen Hauptfrage, der Zulassung
des Legaten und der Form der Ablassverkündigung kam man zu end^
gültiger BefSchluss&ssung. DafQr zeigte sich auch der Legat den
Seichsstftndem geftllig, wenn «r versprach, durch eigene Ermahnungs*
schreiben sowohl den König als die Beichsstände zum Erscheinen in
Fraiikfiirt bestimmen zu wollen. Dagegen blieb eine grosse Zahl von
Berathuiigspunkten minder brennender Natur der Entsdieiduig in
Frankflirt vorbehalten' — Fragens die in ruhigeren Zeiten aUerdinge
der gatü^n Kraft und einer ' energisdien Intervention des Beiches werth
gewesen wärai.' So war Basel auf' dem Luzemer Tage im Juni 1501
durch' seine Aufnahme als > eilfter Kanton in den Eidgenossenbund aus
der Obhut des Beiicbes geschieden. In der Beichsmatrikel mit 10
BfldLsidit aof die Heirath aof die dem Hause Oesterreich dadurch zakommenden Vortheile
Ferwieiea. Jedesf^ ist durch die obl^ Mitth^ilang das Eine Uar geleert, dass Maximi-
lian dnrch den sp&teren HinfUl des Heirathsprojektes nicht, wie man bisher annahm,
sonderlich flberrascht sein konnte.
^) Der Begimentsabschied (abgedr. bei Müller a. a. 0. p. 208) spricht auch nur ron
einer Fortsetzung der Verhandlungen zu Frankfurt: ,ynd darumb auch . . . beschlossen,
di89n gegenw&rtigetf reiehstag geft Pranokiävt smMfrrfld^eD«.
■• '' ' ^ ' • ■ ' .. .• 10*
148.
Bdtem und 180 Mann zu Foss veranschlagt, konnte der Entgang an
militärischer Eraft ftlr das Beich nicht allzu fühlbar werden« Erhöht
jedoch worde der Beichsverlnst durch die moralische Thatsache, dass
das schwankende Basel seine Interessen besser im engen Anschluss
an die Schweizer als unter dem Beichsadler zu wahren glaubte. Trotz
der scharfen LandMedensedikte von Worms und Augsburg stand den-
noch das Fanstrecht in voller Blüthe. Verlegen in der Wahl der
wirksamsten Mittel zur Bekämpfung dieses Unwesens, begütigte man
sich, bis zum Erlass einer definitiven Ordnung die Strafe der Excom-
munikation durch den Cardinallegaten über die Frevler verhängen zu
lassen. Die Klagen fiber zunehmende Münzverschlechterung konnten
auf die Dauer nicht- mehr übergangen werden. Aus Polen wie aus
dem dentschen Ordenslande in Preussen waren Botschaften in Nürn-
berg eingetroffen, die gegen einander Klage erhoben. Zwar hatte der
Angsburger Beichstag 1500 eine Aufforderung an Polen erlassen,
Preussen als deutsches Lehensland zu respectiren. Dennoch bewies
des Grossmeisters dringende Bitte um Beichshülfe, dass auch hier dem
Beiche im fernen Nordosten neue Verluste drohten. Die Thatsache,
dass es an Mitteln fehlte, die Beichsregenten und die Kammergerichts-
beisitzer zu besolden, legte die GeMr der Auflösung beider Beichs-
institute nahe. Auch in dieser Beziehung sollte der Frankfurter Tag
Bath schaffen.
Allen diesen durch den Aufschiebungsbeschluss in's Ungewisse
vertragenen Punkten gegenüber sind alle auf dem Nürnberger Tage
erfolgten Erledigungen — soweit sie nicht den Ablass betrafen —
untergeordneter Art Jene geringen Sunmien, welche auf dem Augs-
burger Beichstage zur Erhaltung des Kammergerichtes auf die Beichs- i
stände gelegt, überdies von der zu entrichtenden Beichshülfe in Abzug
gebracht werden sollte, war nicht voll eingegangen. Man raffte sich
zu dem BescMuss auf, gegen die Säumigen zuerst mit Mandaten,
zuletzt prozessualiter vorzugehen. Die Entsendung der Beichsbotschaft
nach Frankreich und die laufenden Beichsgeschäfte hatten den ver-
schwindenden Kostenaufwand von 5000 fl. Bh. verursacht Das Oeld
musste bei einzelnen Beichsständen aufgenonmien werden und der
Termin zur Bückerstattung war bereits abgelaufen. Nun wurde die
Summe auf die Stände umgelegt, die ihre Quoten auf dem Frankfiirter
Ta{[e abliefern sollten. Endlich beschloss die Nürnberger Versamm-
149
lung, Begiment und Eammergericht nach Frankfurt zu verlegen, um
nun die königlicbe Autorit&t hiebei nicht ganz beiseite zu lassen, sollte
Probst Yergenhanns die Einwilligung Maximilians von Innsbruck holen.
Bis zu deren Erlangung beUess man beide Institute in Nürnberg. Um
jede weitere Verzögerung bezflglich des Zusammentritts des Frank-
furter Beichstages zu vermeiden, einigten sich die anwesenden St&nde
dahin, auf eine spezielle schriftliche Einladung zum Erscheinen zu
verzichten«
Beztlglich des durch den allgemeinen Ablass zu erwartenden Ein-
ganges wurde als oberster Grundsatz aufgestellt, dass derselbe nur zu
Händen des Beichsregimentes hinterlegt und von diesem nur zu den
Zwecken des TOrkenkrieges verwendet werden sollte. In diesem Sinne
musste sich der Cardinallegat den St&nden schriftlich verpflichten,
wofOr wieder die St&nde ihm eine Gegenverschreibung ausstellten. ^)
Eine Anzahl Artikel erläuterte die Art des Ablassvertriebes. Demnach
ernennt das Beichsregiment zwei Beichslegaten, die dem Gardinal-
legaten beständig zugetheilt sein und in Gemeinschaft mit dem letz-
teren alles veranlassen sollten, was zur DurchfBhrung der Ablassver-
kündigung zweckdienlich erschiene. Von den Beichslegaten und dem
Cardinal werden an allen Orten unter Beirath der obersten weltlichen
ond geistlichen Ortsobrigkeit die Ablasskommissäre und Beichtiger
bestellt Die Bechnungen über die eingegangenen Jubiläums- und
Beicht-Gelder sind getrennt zu fähren. Für die Jubiläumsgelder ist
an jedem Orte eine Easse mit vierfachem Verschluss aufzustellen,
deren vier Schlüssel in den Händen des Legaten, des Beichsregiments
oder dessen Abgeordneten, des obersten Eirchengeistlichen oder eines
würdigen Stellvertreters und endlich der Ortsobrigkeit liegen sollten.
Ebenso habe eine eigene Easse zur Sanmilung der Beichtgelder mit
drei Schlössern, je eines für den Gardinallegaten, die Beichslegaten
oder deren Verordnete und die Ortsobrigkeit zu dienen. Eein Geld
darf durch die Vermittlung der Beichtiger in die beiden Eassen
wandern. Der Ablasssuchende hat dies mit eigener Hand oder durch
besondere Vertrauensleute zu besorgen. Demnach ist auch jeder Ver-
such der Eommissäre und Beichtiger, das Geld in ihre Hände zu be-
kommen oder hiezu durch üeberredung in irgend einer Weise die
Ablassempfänger zu veranlassen, bei Strafe der Excommunikation
9 Seid« stocke abgedruckt bei MQUer a. a. 0. p. 118 ff.
150
I 4
\
verboten. Die Jubilbunsgelder dflrfen y<m dem Sammelorte nur Aber
Auftrag des Königs und des Beichsregiments, oder wenn der König
abwesend wäre, seines Statthalters und des Begiments an den von
Omen verfBgten Ort abgeliefert werden. ^) Ebenso sind . die Belebt-
gelder nur Aber Anordnung des Gardinais und der Beichslegajben unter
BeifQgung der Bechnung und der Namen der Beichtkinder von den
Kommiss&ren einzuliefern. Um eine ungebührliche Bedrückung des
Ablasssuchers zu verhindernf h< es das Beichsregiment für noth-
wendig, eine Ablasstaxe aufieustellen : Des Jubiläums wird jeder theil-
haftig, der einen Betrag entrichtet^ welcher dem Werthe einer Wochen-
audgabe entspricht Hiebei können auch die Ausgaben für Weil),
Kinder und sonstige Familienangehörige eingerechnet werden. Leute
ohne selbständigen Haushalt zahlen den veranschlagten Werth, den
ihre Erhaltung in einer Woche repräsentirt. Ftlr verstorbene, deren
Seelen sich im Fegefeuer befinden, ist nach demselben Ausmasae so
zu zahlen, als wenn sie selbst am Leben wären. Für Ehedispensen
sowohl vor als nach geschlossener Ehe, fllr Veränderung und Aufhebung
von Gelübden, für Wucher, Simonie und ungeredite Aneignung fremden
Gutes ist die Taxe in Ansehung der Person und der Höhe des Yer-
gdiens von den Kommissären und Beichtigem zu bestimmen. Je drei
Beichtakte werden mit 1 fl. Bh. taxirt Von den Beictitgeldem ist
der dritte Theil dem Legaten zur. Bestreitung der täglichen Ausgaben
auszufolgen, eventuell ihm auch ein grösserer Betrag leihweise auf
sein Gesammtdrittel hinauszugeben. Da sowohl der Beichstag als das
Beichsregiment es für nothwendig hält, dass der Cardinallegat einen
seiner Botschaft würdigen Aufwand mache, so wird ihm hiemit der
dritte Theil sämmtlicher Jubiläums- und Beichtgelder zugesichert.
Doch hat er damit alle Ausgaben für die Kommissäre, Prediger,
Läufer etc. und die Honorare für, die Beichslegaten zu be-
streiten. Durch die Kommissäre ist öffentlich zu verkünden und hieven
sind die Beiditiger zu verständigen, dass die wegen Friedjensbruch
Excommunizirten nur durch die Erzbischöfe und ^;sempteA Bischöfe
unter Zustimmung des verletzten Theiles absolvirt werden könnten.
Auch dürfe Brandstiftern und Kirchenräubem nur nach dem Gutachten
') Dadurch wurde rerhindert, dass Maximilian das Gtold fQr sich ohne Wissen des
Regiments in Anspruch nehmen konnte.
151
der Kommissäre Absolntioii erthöilt Verden. Auf die strikte BeM-
gung dieser Ablassordnung haben die Beichslegaten dem Beichsregi-
ment, die EommissSre dem Cardinal und den Beichslegaten Eid ab-
abzülegen. ^)
EiS l&sst sich nicht ISugnen, dass diese Ablassordnung, soweit
man sich überhaupt mit einer finamiell klug überlegten Behandlung
der höchsten geistigen Güter versöhnen kann, der doppelten Absieht,
auf der einen Seite eine aufrichtig gemeinte Tflrkensteuer zu bewilligen
und auf der anderen Seite der Verschleuderung deutscher Gelder in
den weiten Taschen der Curie und des Königs Maximilian vorzubeugen,
auf das Trefflichste entsprach. Wer mödhte in den scharfgegliederten
Artikeln nicht sogleich den patriotisch vorsorglichen Geist eines Ber-
thold von Mainz erblicken? Gewiss der Wille war gut Aber alles
kam auf die AusfQhrung an. Da genügt es auf zwei Thatsachen hin-
zuweisen. Der Ablass ist verkündet wordön und die Gelder flössen
reichlich. ^) Der TflrkiBnzug aber, um dessentwillen sie flössen, kam
nicht zu Stande. So niüssig gegentlber' dieser taurigen Thatsache die
Frage ist, wo die öelder stecken blieben, so ist die Beantwortung
keines&Us schwer. Durch selbständige Mandate hat es Maximilian
bald verstanden, die ihm durch die Ablassordnung gezogene l&stige
Schranke zu durchbrechen und die Curie, die von ihm mehr als das
zugewiesene Drittel bewilligt erhielt, hatte wahrlich keinen Grund, die
Äblassverkflndigung von dem patriotischen Standpunkt der deutschen
Beformpartei zu betrachten. »)
Am 16. September 1501 wurde der Abschied des Nürnberger
Begimentstages unterzeichnet. Die Schlussfertigung constatirt die
^) Articali tractati et condtisi inter reTerendissimum dominum legatam ac senatum
et conrentom ünperii (abgedr. bei MüUer a. a. 0. p. 218 ff.).
>} So fielen in Regensbnrg 2050 fl. in den Opferatock, fiberdies worden für 6S1 fl.
Beichtzettel gelOst (Gemeiner Regensbarger Chronik), In Speyer kamen 3277 fl. und
etliche Geschmeide ein (Bemling, Qesch. der Bischöfe von Speyer).
*) s. Maximilians Mandat bezflglich Baimands Zolassong als Legat des päpstlichen
Stahles zur Ablassyerkflndigang, Innsbruck 12. Mai 1502 (Wiener Staatsarchiy s. Beilagen).
Ich kann nicht leugnen, dass ich mich hier mit den Gesichtspunkten, die £. Gothein in
soiner sonst so treiflicheD Broschüre »Politische und religiöse Bewegungen yor der Befor-
mation« entwickelt, in Widerspruch befinde. Auch hier tritt der Verfasser den Beichs-
Bt&Qden xu Gunsten Maximilians sn nahe.
.152
Anwesenheit von 45 namentlich aufgef&hrten Beichsständen, die als
Vertreter und YoUmachttrSger im Ganzen 104 Stimmen r^räsentirten.
Nicht ein einziger Eurf&rst in Person hatte den Schluss des Tages
in Nürnberg abgewartet ^) Selten wohl mag das Gefühl der Unzu-
friedenheit lähmender auf den Gemüthern der eifrigsten Patrioten
gelastet haben, als in diesen Tagen, wo so recht scharf der Wider-
spruch hervortrat, der zwischen einer theoretisch schön gedachten
Beichsordnung und dem sich allerw&rts vollziehenden Zersetzungs-
prozess in Staat und Gesellschaft bestand. In der That, wohin wir
auch blicken, bei allen guten Vorsätzen nichts, als die bittersten
Erlagen. Die ausführlichen Protokolle über die Versanmilungen der
schwäbischen Bundesglieder sind voll von Berichten über schwere
FäUe des Landfriedensbruches und schwachen Versuchen zu deren
Abwehr. *) In der Gegend um Speyer herum begann sich schon da-
mals des Bauernvolkes jene tiefe Erregung zu bemächtigen, die ein
Jahr darauf festgegliedert in der Form des Bundschuhes die soziale
Ordnung bedrohte. Geidtlich und weltUch, Fürst und Stadt, Nachbar
mit Nachbar lagen sich allerwärts in den Haaren. ^) Erzbischof
Hermann stritt mit seiner Stadt Köln. ^) An dem Beispiele von
Worms konnte man ganz deutlich sehen, dass das von den Städtern
seit dem Augsburger Beichstage nie ganz erloschene Misstrauen,
im Beichsregimente die Auffinge einer sie bedrohenden Fürstenoli-
garchie mitgeschaffen zu haben, sich bis zu heftigen Anklagen
gegen die neue Beichsordnung verstieg. ^)
1) Beichsabschied bei MflUer a. a. 0. p. 201 ff.
^) 8. Elfipfel, Urkunden zur Gesch. des schwäbischen Bandes I. p. 420 ff.
*) So nimmt sich das Begiment des Bischofes Veit Ton Bamberg an in seinem
Zwist mit Georg ron Streitberg um den Theilbesitz eines Schlosses (Gitation 20. Febr. 1501).
Wiederholte Aufforderung, Veit in Besitz zu setzen, 19. Mftrz 1501. Abermalige Auffoi^
derung 21. Juni 1501 (Wiener Staatsarchiv). 1501 entscheidet das Begiment einen
langwierigen Frozess desselben Streitberg mit seinen Vettern (Gitat. Nürnberg 6. Mai 1501) ;
ebenso in der Klage des Markgrafen Friedrich Ton Brandenburg gegen Martin Ton Eglof-
stein und Genossen wegen Gefangennahme des JOrg t. Streitberg (Gitat. wegen Land-
Medensbruches, 14. Juli 1501, Innsbr. Archiv). Am 22. Juni 1501r-ermahnt das Beichs-
regiment den Bischof Friedrich Ton Augsburg, dem Bitter Güg Ton Bozberg Aber seine
Beschwerde Becht zu schaffen, dass die Mörder seines Unterthanen Klaus V^idmann trotz
der geschehenen Aufforderung Ton Seite des Beichsregiments noch immer nicht peinlich yer-
hOrt wurden (Innsbr. Statüu-Archiv). ^) s. Ennen Bd. m.
'^) Am 23, September 1501 appellirte die Stadt V^orms gegen den jfingst Tom
163
Der Streit der Nürnberger mit dem Markgrafen Friedrich von
Brandenburg hatte 1501 schon so bedenkliche Dimensionen ange-
nommen, dass Maximilian es für schicklich fand, die Intervention des
fremden päpstlichen Cardinallegaten Baimund in Anspruch zu nehmen. ^)
Doch auch dieser konnte es nicht hindern, dass es im Juni des darauf-
folgenden Jahres vor den Thoren Nürnbergs zu förmlichem Schlagen
kam. ') Wie zum Hohne prangten die Achtserklärungen des Nürn-
berger Begiments an den Städtemauem, da doch der Arm fehlte, um
die Widerspenstigen unter das Gesetz zu beugen ^). Dazu der lang-
sam fortschreitende Verlust an Beichsgebiet und ein mächtiger Feind
an den Pforten des Beiches. Fürwahr weit genug hatte die leidige
particulare Libertät die unverbesserlichen Deutschen gebracht!
Nfimberger Sdchsregiment im Streite der Stadt mit ihrem Bischof Johann erflossenen
Spruch, durch welchen sie wegen Ungehorsam in Acht and Aberacht gethan wurde, an den
KOnig^ oder den nftchsten Reichstag oder Papst Alexander VI. In der Appellationsschrift
beschwert sich die Stadt, dass seit dem Ant^erpner Sprache 1494 bei zahlreichen Yor-
ladangen nach Nürnberg gegen sie parteiisch yorgegangen wurde. Wie weit schon damals
der Gegensatz iwischen der geistlichen Fürstengewalt and dem st&dtischen Begimente za-
gespitst war, geht aus folgenden Stellen der Appellationsschrift hervor: »dann etUch der
pfaffheit Tnd nit die minsten prelaten des Rynstromes den msem zu merenmalen mder
aogen gesagt haben : Ir yon Wormbs dörfen nit gedenken, das ir mit uwerm bischof Ynd
pfafllieit allein handeln, ja ir kriegen mit allen bischofen und pfaffheit
des Beinstromes rnd als weit teutsch landt ist Tnd man wirdt Tch
Ton Wormbs nit lassen darzu. kommen, als ir meinen; Tnd hotten ir
soail rechts als alle heyligen ye gewonnen, dann so ir Ton Worms
das loch mächten, wurden andere auch dergleichen Tndersteen. dazu
lassen es wir geistlichen nit komen etc.* (Wiener Staatsarchiy). Am SO. Oktober 1501
berichtet Kurfürst Philipp an Maximilian, dass die Stadt sich gefügt und den Bischof
Johann mit allen Solemnit&ten wieder eingesetzt habe und bittet um Aufhebung der Acht.
Dieser Bitte schliesst sich auch Bischof Johann an (Wiener StaatsarchiT).
*) Maximilian an Raimund, dto. Linz 22. NoTember 1601 (Wiener StaatsarchiT).
>) s. Deichslers Chron. a. a. 0. p. 668.
*) Stetten, Gesch. t. Augsburg I. p. 252 ff.
164
Erzherzog Pbilipp vermittelt zwischen Ludwig XE
und MftTliinilia^n^
Die Verträge von Lyon (10. August 1501), Trient (13. Ok-
tober 1501), Blois (13. Dezember 1501).
Sehen wir anch ganz von Maximilians Yerhältniss zum Nfim-
bei^er B^;iment ab, so bietet uns der Gang der Ereignisse genügsame
Anhaltspunkte zum YerstSndnisse der Frage, wesshalb der König doreli
sein Fernbleiben vom Begimentstage den dortigen ünterhandlnngeii
eine beabsichtigte Feindseligkeit entgegentrag. Als es den Begenten
im April d. J. nach harter Mühe gelungen war, Maximilian zur Reise
nach Nürnberg zu bewegen, zeigte es sich sehr bald, dass er eigent-
lich doch der üeberlistete war. Indem man ihn durch das Versprechen,
die Mandate zur Einbringung der Beichshülfe auszufertigen, nach Nürn-
berg lockte, glaubte er dort fiber den yoraussichtlichen Geldeingang
für die Zwecke einer sofort in Vollzog zu setzenden Eriegsverfiissimg
TerfQgen zu können. Dass die schlaue Beichsopposition die Sache bei
seinem Erscheinen plötzlich ganz anders verstanden haben wollte.
war für ihn Gnmd genug, das so verhasste Nfimberg schleunigst zq
verlassen. Es war ihm klar geworden, dass er auf diesem Wege die
Mittel fttr seine kri^erischen Pläne nicht erlangen konnte. Noch
aber blieb ihm eine zweite Quelle. Wir haben gehört, wie plötzlich
zum Erstaunen des Beichsregiments Maximilian seine Ansichten Aber
die Zulassung des ablassspendenden Cardinallegaten ge&ndert hatte.
Im Widerspruch mit dem B^^ent blieb er nach sdnem fluchtartigen
Bückzug von Nürnberg bei seiner neuen Meinung und das Begiment
agentUch Berthold von Mainz — war klug genug, in der Sache selbst
nachzDgeb^L Der Ablassverkünder sollte also zugelassen werden.
Doch kam alles auf die Ausführung an. Noch hielt Maximilian die
letzte Hoflhung fest, dass wenigstens dieses fromme Mittel ihm der
grosse Nürnberger Begimentstag nicht kontumaziren werde. Langsam
änderte er darnach seine TaktiL Die Feindschaft gegen Ludwig XU.
musste naturgemäss der Klage über die drohende Türkengefi&hr weichen«
deren Schrecken ja auch der päpstliche Legat mit greUen Farben
ler gläubigen Christenheit zu schildern sich anschickte. Im Grunde
155
genommen war es Maximilian ganz gleichgültig, aus welchen Taschen
ihm die Mittel für seine Büstongen flössen. Waren diese yollendet,
so konnte man schon rechtzeitig die alten Klagen gegen den fran-
zösischen üebermuth zum Yorwand einer Einmischung in die ita-
lienischen Wirren hervorsuchen. Denn nichts war Maximilians Seele
verhasster als der Gedanke, durch die Zähigkeit der Kurfürsten in
einem Momente zur Bolle eines müssigen Zuschauers verurtheilt zu
bleiben, wo grosse Dinge in Italien sich abspielten. So geschah es,
dass die Einladungen zum Nürnberger Beichstage unter seinem Namen
und mit seiner Billigung erflossen. Als nun der grosse Begimentstag
begann, wurde es sofort klar, dass auch diese letzte HoflEhung Maxi-
milians eine trügerische war. Die vorsorgliche Obhut des Begiments
bemächtigte sich sofort der Mittel, durch deren Aneignung sich der
König der lästigen Bevormundung durch das Beich zu entziehen hoffte.
Man liess den Cardinallegaten gar nicht nach Nürnberg, ohne dass
er sich in klaren Vertragspunkten verpflichtete, die Entscheidung über
den Gebrauch der Ablassgelder in die Hände des Beichsregiments zu
legen. Wir zweifeln sehr, dass dies nach den ursprünglichen Inten-
tionen der Curie geschah, die, ganz abgesehen von der scharf geübten
Controle durch das Begiment, damals schon allen Grund hatte, sich
in Maximilian einen Freund gegen den gefährlich aufstrebenden
Ludwig Xn. im Hintergrund bereit zu halten. Nur weil man auf
einem anderoi Wege picht zum Ziel gelangen konnte, gab der Legat
seine Einwilligung. Es ist begreiflich, dass Maximilian bei dieser
Sachlage sich von jeder Theilnahme an der Nürnberger Beichsver-
sammlung fernhielt Ja er that noch mehr. Indem er im Wider-
spruch mit dem Nürnberger Begimentsabschiede auch fernerhin für
sich das Becht in Anspruch nahm, über die Ablassgelder nach eigenem
königlichen Ermessen zu verfügen, lehnte er damit jede Bechtsver-
bindlichkeit der Nürnberger Beschlüsse rücksichtlich seiner Person ab.
In der That nimmt er auf diese in seinen zahlreichen Mandaten gar
keine Bücksicht Wollte er nun im Widerstreit mit dem Nürnberger
Beichsregiment in der Ablassfrage zum Ziele gelangen, so war es ganz
folgerichtig, dass er vorerst ein leidliches Abkommen mit Ludwig XH.
zu vereinbaren versuchte. Wir wollen hier nicht den Werth seiner
versöhnlichen Stimmung gegen Frankreich nach dem Grade ihrer
Aufrichtigkeit bemessen, wir wissen aus zahlreichen Ausschreiben dieser
156
Zeit, z. B. an seine österreichischen LandslAnde, gut, dass neben der
Darlegung der drohenden Tfirkengefahr sehr manch' bitteres Wort
Ober Frankreich mitunterläuft. Aber auf die Gesinnung kam es nicht
an. Ihm konnte es genfigen, seine versöhnliche Haltung gegen Frank-
reich als eine Art Opfer seiner religiösen Begeisterung darzustellen
und damit die Nothwendigkeit des Ablasses nach seinem Sinne bei
den ünterthanen des Beiches und der Erblande zu bestärken. Indem
er sich nun Frankreich näherte, versetzte er sich zugleich in die Lage,
auch nach aussen hin seine volle Unabhängigkeit vom Begiment zu
demonstriren, indem er ohne jede Bficksicht auf den Nfimberger Be-
schluss, die mailändische Belehnungsfrage auf dem Frankfurter Beichs-
tag zu erledigen, in dieser Bichtung ganz selbständige Abmachungen mit
Frankreich eingieng. Unterstützt wurde er hiebei durch den umstand,
dass er den Tendenzen seines eigenen Sohnes entsprach, der bisher,
nicht gerade im Einklänge mit der väterlichen Politik, eine auffallend
freundliche Haltung Ludwig XII. gegenfiber an den Tag gelegt hatte.
Erzherzog Philipps Beziehungen zu Frankreich hatten Maximilian
genug Verdruss bereitet. Kaum hatte Ludwig von der Herrschaft
Besitz ergriffen, so schickte Philipp den Grafen von Nassau an der
Spitze einer Gesandtschaft nach Frankreich, um ihm die bündigsten
Versicherungen seiner Ergebenheit zu übermitteln. ^) Im Jahre 1500,
eben als sich Maximilian in der fibelsten Stimmung gegen Ludwig
befindet, versucht Philipp, wie er wenigstens in seiner Instruktion für
die Gesandten, den Bitter von Yiry und den Sekretär Philipp Haneton
versichert, im Zwist zwischen beiden Königen zu interveniren und eine
Stillstandserstreckung zu erlangen. ^) Januar 1501 treffen wir Bele-
ville, den französischen Gesandten, am Hofe Erzherzogs Philipp. Es
ist sehr wahrscheinlich, dass schon damals von der Befestigung der
gegenseitigen Freundschaft durch Anknüpfung eines Familienbandes
die Bede war. ^) Philipp setzte in der That durch seine Unterhändler
<) 8. Le Glay Nägociations diplomat. entre la France et Y Autriche, T. I. 1. Offentr
liehe Bede des Qesandten Philipps 1501, wo der früheren Gesandtschaft im Eingang Er-
w&hnnng geschieht.
*) s. die Instruktion für Viry and Haneton, dann die geheime Weisung f&r Haneton
(1500) bei Le Olay N^dations etc. Lp. 19.
') So erz&hlt et wenigstens Foggers Ehrenspiegel (ed. Birken) p. 1182, der wohl
ans Fontns Heatems schöpfte.
157
bei Manmilian und Ludwig SU. seine Versuche zur Beseitigung der
italienischen Streitfrage fort ^) Nach harter Mfihe war es ihm ge-
lungen, dem zögernden Vater wahrscheinlich zur Zeit seines Nürn-
berger Aufenthaltes oder kurz nachher (April 1501) die Emwilligung
zur Heirathsabrede zwischen dem Enkel Karl und Ludwigs Tochter
Claudia abzunöthigen.^) Neben einer burgundischen Botschaft war sogar
Kurfürst Friedrich von Sachsen zur Brautwerbung in Maximilians
Namen ausersehen worden, da ursprünglich der Besuch des Erzherzogs
am französischen Hofe in Aussicht genommen war. ^)
Kurfürst Triedrich erschien zwar nicht — mögen ffir ihn der Gang
der Dinge in Deutschland und seine Verpflichtung, dem im Juli zu-
sammentretenden Begimentstage zu präsidiren, oder seine üble Laune
über Maximilians schwankende Haltung massgebend gewesen sein —
aber im Juni ward zu Brüssel der Vollmachtsbrief zum Abschluss
des Heirathsvertrages fUr die burgundische Botschaft unterfertigt.*)
An die Spitze der aus sechs vornehmen Burgundern bestehenden Ge-
sandtschaft traten als eigentliche Brautwerber Herzog Peter von
Bourbon, Engelbert Graf von Cleve und Bethel und Johann Prinz
von Oranien-Chalons, denen sich Spaniens Gesandter Michael Gralla
zugesellte. Sie alle begaben sich nach Lyon, wo nach mehrtägigen
Verhandlungen, an denen Ludwig XII. und die Königin Anna durch
den Erzbischof Ludwig d' Amboise, Bruder des Cardinals, als Kanzler,
und Feter de Gi^ vicomte de Bohan als Marschall vertreten wurden,
*) Die Gesandten Philipps am französischen Hofe erzählen in der 1. öffentlichen
Bede 1501 (Le Olay N^c. I. p. 25), dass Philipp im Verlaufe der letzten 20 Monate
za diesem Zwecke den Ersbischof ron Cambray, Wilhelm von Croy, Herrn j^on Chiane,
den Probst Nikolaos de Bnter ?on Löwen, endlich Jean de Coarterille, Amtmann yon Lille,
als Gesandte an Maximilian und Ladwigr XII. benützt habe.
') s. die betreffende Stelle bei Le Glay Nägroc. I. p. 25.
') s. Le Glay a. a. 0. p. 25.
^) Der Vollmachtsbrief Erzherzogs Philipp und der Johanna, datirt 7on Brüssel
27. Jnni 1501. Er ist dem ron Le Glay a. a. 0. p. 28 ff. mitgetheilten Heirathsyertrag
inserirt. Als VoUmachtstrftger erscheinen: Franz yon Buschleyden, Erzbischof yon Besancon,
Wilhelm yon Croy, Herr yon Chieyre, Grosskomthar yon Hennegau, Philippert, Herr yon
Beyer und Conroy, Niklas yon Buter, Propst yon Löwen und erzher. maltre des requetes,
Johami yon Courteyille, Amtmann yon Lille, und Peter Archement, Sekretär der erzherzogl.
Ordonnanzen.
1^
der Heirafhsyertrag glflcUicli zu Stande kam.^) Der am 10. August
1501 abgeschlossene Vertrag zn Lyon enthält folgende
Bestimmungen:*) Die'Prinzessin Clandia erhUt, wenn ihre Mtem
ohne männliche Leibeserben blieben, alles was ihr nach Becht und
Sitte zufällt. Sind männliche Erben vorhanden, so beträgt ihre Mit-
gift 300.()00 Thaler in Gold, und zwar zwei Drittel von Ludwig Xu.
und ein Drittel von der EGnigm Anna. 100.000 Thaler sollen bei
der Hochzeit, die übrigen 200.000 Thaler zu gleichen Baten in den
drei nächsten Jahren zur Auszahlung kommen. Claudia^s Witthum
beträgt 20.000 Thaler in Gold mit Sicherstellung auf mehrere Orte,
die der Souveränität Ludwigs XIL unterstehen, zum geringen Theil
auch in Hennegau liegen sollen. Stirbt einer der hier Verbundenen
vor der Hochzeit, so wird der verstorbene Theil durch ein anderes
Eind des Königs oder Erzherzogs ersetzt. Wenn der verabredeten
Ehe männliche Leibeserben enstanmien, so fahrt der älteste Kamen
und Wappen der Bretagne. ^)
Wie wenig Maximilian im Innersten seines Herzens von dieser
Abmachung erbaut war, wie er darin nur einen glücklichen Schachzug
Ludwigs XIL erblickte, um desto ungestörter in Italien verfahren zn
können, wie gut Maximilian über die diesem Vertrage nichts wleniger
als günstige öffentliche Meinung in Frankreich, die den Verlust der
Bretagne und Mailands betrauerte und über den wahren piilsumptiven
Schwiegersohn Ludwigs XII. orientirt war, davon haben wir gelegent-
lich der Verhandlungen des Nürnberger Begimentstages Erwähnung
^) Eb bedarf wohl kaum der Erwfthnangr, dass die hier stipulirte Vermfthlang des
Herzogs Karl ron Bargund, des späteren Kaisers Karl V., später nicht zn Stande kam.
*) Johann d*Aatan hist. de Ludwig XII. 218. gibt dieses Datam an. Auch Fugger-
Birken p. 1188 zeigt sich im Wesentlichen gut nnterrichtet, doch drttckt er sich' ungenau
ans: »Der Erzherzog schickte den 12. August Aegidium Buslidium, die Herrn Ton ChieTres
und Verry zum König nach Lyon, diese Hehrath zu bestätigen.
*) Der Wortlaut des Vertrages mitgetheilt von Le Glay a. a. 0. p. 28 ff. Von
einer Belehnung mit Hailand an Karl, wie Reo und Ouicciardini berichten, kommt im
Vertrage kein Wort yor. Fast zur selben Zeit, als dieser Vertrag zum Abschlnss kam,
schickte Maximilian eine Botschaft, bestehend aus Eitelfntz von Hohenzollem, Probst roa
Hakonnang und Dr. Peter Jacobi zum Frzherzog Philipp. Leider liegen nur die Gonzepte
der Kredenzschreiben (dto. Innsbruck 2. August 1501, Wiener Staatsarchir) Tor, so dass
ich nicht entnehmen' kann, in welchem Znsammenhang diese Botschaft mit der Heiratfas-
angelegenheit stand. ■
159
geihan. ^) Aher das Alles hinderte Maximilian nicht, Frankreich
gegenüber eine versöhnlichere Haltung einzunehmen. Als September
1501 der grosse Begimentstag geschlossen wurde, stand fQr ihn die
Ablass&age bereits im Vordergründe. Seit Juni haj^te er, ganz von
den Angelegenheiten seiner Erblande in Anspruch genommen, Tirol
nicht mehr verlassen. In den Bergen dieses Landes setzte sich das
nun begonnene diplomatische Spiel fort Charles Hautbois hatte in
Nürnberg mit seinen immer erneuerten Bitten um die Belehnung mit
Mailand kein Glflck gehabt Zuletzt hatte man ihn auf den kom-
menden Frankfurter Tag vertrustet Jetzt unternahm es ein fran-
zösischer Staatsmann, ausgezeichnet durch das unbeschränkte Ver-
trauen seines Herrn, im Besitze einer Stellung und eines öffentlichen
Ansehens, welches uns an das VerhSltniss Wolsey's zu Heinrich VIII.
in England drei Dezennien später erinnert, der Cardinal George von
Amboise, Erzbischof von Bouen, ') durch seine persönliche Intervention
Maximilians Widerstand in der mailändischen Frage zu beseitigen.
Seine Mission war von überraschendem Erfolge gekrönt Am 3. Ok-
tober betritt er mit grossem Pompe die bischöfliche Stadt Trient ^)
Grosse Ehren wurden ihm zu Theii; die Konferenzen währten zehn
Tage. *) Am 13. Oktober 1501 wurde der Trienter Präliminarver-
ti-ag abgeschlossen. Maximilian, der jedesfalls dem Ende der Bera-
thungen beiwohnte, ^) willigte durch denselben prinzipiell in die Ueber-
<) Die froher erwfthnteii 17 geheimen Artikel Tom 25. Angast 1501. Bfan achte
aaf die Zeitooincidenz.
s) Er war nicht, wie MOUer angibt, dem es riete nacbaohreiben, Statthalter von
Mailand. Br wird dabei mit «einem Broder Charles d* Amboise seigneor de Chaumont
(geb. 1475, QoaTemenr Ton MaiUnd 1500, gest. 1511} rerwechselt. Leider sind wir
über den Gang der Verhandlungen za Trient nicht unterrichtet.
*) 8. Jean d^ Anton I. 258. Haremann (Gesch. der K&mpfe Frankreich unter
Ludwig XII. p. 185) meint, gestOtit anf Fngger, Guiociardini, G. de Boo, der Cardinal
babe seine Absichten doeh nicht r<Ulig erreicht. Denn abgesehen daTon, dass Maximilian
nicht bewogen werden konnte, das Herzogthom Mailand den männlichen Erben Ludwigs,
falls er solche gewinnen sollte, zu (Übertragen, konnte der Cardinal Im Einklang mit seinem
Herrn dem Verlangen Maximilians, die Gebrüder Sforza befreit zu wissen, unmöglich nach-
geben und so trat er den ROckweg nach Frankreich an, ohne etwas anderes, als die Ver-
Ungerong des bereits abgeschlossenen Waffenstillstandes erreicht zu haben.
*) s. Le Glay a. a. 0. Pr^ds. hist p. 49.
■} Maximilian weilte nach Raynaldus ann. ecdes. 1501 am 12. und 18. Oktober
zu Trient. Nach einer Archirsaufkeichnung erscheint er noch am 6. Oktober zn Nauders.
160
lassnng Mailands an Ludwig XII. Offenbar war es das Verdienst
Don Manneis, der klngen Diplomaten und spanischen Gesch&ftstr&gers
am Hofe Maximilians, dessen Namen wir auch an der Spitze des
Yertragsinstrumentes treffen, diese vorläufige Verabredung, die ja der
momentanen spanischen Politik zu Gute kam, zu Stande gebracht
zu haben. ^) Wir wiederholen, zunächst hatte man sich blos über
die Grundlage geeinigt, auf der später weitere Verhandlungen fort-
geffthrt und der Abschluss eines definitiven Vertrages zu vollziehen
wäre. Der Wortlaut des Trienter Vertrages lässt sofort den provi-
sorischen Charakter der Bestimmungen erkennen. Dieselben waren:
Erneuerung der alten Freundschaft zwischen den Vertragsschliessenden
und Einbeziehung des Erzherzogs Philipp und der Könige von Spanien.
Das Heirathsversprechen des Erzherzogs Karl mit Claudia wird er-
neuert und die Vermählung des Dauphins mit einer der Töchter des
Erzherzogs in Aussicht genommen. Ludwig verspricht Maiimilian
f&r die nächsten drei Jahre seine ünterstfitzung zu einem Tflrken-
kriege und verpflichtet sich, die Ansprüche Maximilians und seiner
Erben auf Böhmen und Ungarn und die des Erzherzogs Philipp und
seiner Erben auf Spanien zu unterstützen. Ludwig wird Maximilians
Bomzug zur Erlangung der Kaiserkrone beschirmen und nichts gegen
die Beichsunterthanen unternehmen. Ludwig erlegt ein Siegelgeld
von 80.000 Kronen. Alle früheren von Philipp im Namen Maximi-
lians mit Frankreich geschlossenen Verträge blieben aufrecht Ludovico
Moro erhält das Becht, fünf Meilen im Umkreise seines Haftortes
sich firei zu bewegen. Bezüglich seiner Versorgung und der seiner
Erben werden weitere Verhandlungen in Aussicht genommen. Sein
Bruder, Cardinais Ascanius, erhält die Freiheit und Bestitution der
Güter. Doch hat er drei Jahre in den Gebieten Maximilians oder
Philipps zu weilen. Innerhalb dieser Zeit soll Weiteres vereinbart
werden. Die gefangenen und geflüchteten Mailänder sollen zuMeden
gestellt werden, worüber das Nähere am nächsten Frankfurter Beichs-
tag zu bestimmen sei. Maximilian verspricht Ludwig XÜ.
oder dessen Bevollmächtigten die feierliche Belehnung
mit Mailand vor den Beichsfürsten auf dem nächsten
Frankfurter Tage nach vorheriger Entgegennahme des
*) Der latein. Wortlaat des Vertrags abgredr. bei Mülldr a. a. 0. p. 228 fP.
161
Lehdnseides. Maiimilian verspricht Ludwig den ungestörten Besitz
Mailands und seiner anderen L&nder, « damit die beiderseitigen Erben sich
umso ruhiger ihres Besitzes erfreuen könnten*.^) Also die Bestä-
tigung der Heirathsabrede Ton Lyon, das Versprechen
der Belehnung mit Mailand und die Zusicherung von
Ludwigs Unterstützung beim Bömerzuge erscheinen als
die hervorragendsten Punkte dieses Tractates. ^)
AeusserUch wenigstens war eine Verständigung mit Frankreich
erzielt Nun konnte Maximilian in seinen Tfirkenmaudaten sich
darauf berufen, dass er der grossen Gefahr wegen auch seinen ärgsten
Feind zufrieden zu stellen Willens sei. Auch ohne die bedächtige
Untersuchung der Beichsstände Aber die Zulassung des Lehenseides
— 80 hatte er jetzt gezeigt — konnte ein deutscher König in einer
der wichtigsten Beichsfragen abseits vom Belebe ganz selbständig
entscheiden. Ohne Widerspruch eine flagrante Verletzung der jungen
Beichsverfassung ! Allein darauf war es ja abgesehen. Doch können
wir nichi sagen, dass damit Maximilian in seinem Herzen Ludwig XIL
irgendwie näher gekommen. Wo noch vor Kurzem ein so alter tief-
sitzender Groll wohnte, da ist es übelbestellt um die brüderliche Liebe
und Einigkeit, von denen die Vertragstexte so vieles zu erzählen wissen !
Probst Vergenhanns hatte sich Ende September mit den Auf-
trägen der Nürnberger Beichsversammlung an das Hoflager Maximi-
1) Dieter Absatz scheint absichtlich etwas donkel gehalten zn sein. Es ist weder
bei der Zasichening der Belehnnng, noch der des Schatzes für den Besitzstand ron irgend
welcher Erblichkeit des mail&ndischen Lehens die Bede.
*) Die Angaben der Alteren Schriftsteller über diesen Tractat sind im allgemeinen
uDgenao« Die Angabe des Ebrenspiegels p. 1184, dass Maximilian sich geweigert
habe, in die Belehnang Mailands fQr Ludwigs erentaelle männliche Erben zu willigen
mag an und für sich richtig sein, l&sst sich jedoch aus dem Wortlaut des Vertrags-
instraments nicht erweisen. Ouicdardini Üb. V. und Boo fassen den Trienter Traotat
unrichtig als WaffenstillstandsTerlAngening auf. Jean d* Auton bist. p. 261 gibt richtig
die Verabredung bezüglich der Freilassung des Ascanio an, dagegen weiss er so gut
wie Guicdardini nichts ron den dem' Moro zugestandenen Erleichterungen, die
wieder Daniel VII. 478 richtig berichtet. Ebenso ungenau sind des Pontus Hoiiterus
Angaben. Von den neueren Darstellern h< sich Hege wisch Maximilian L an
den bei Du Mont IV. p. 1 mitgetheilten Wortlaut, w&hrend Haltaus Gesch. Maximilians L
p. 171 unter dem Titel des Trienter Vertrages eine Anzahl von Propositionen, die den
Vorrerhandlungen des Hagenaner Vertrages 1505 angehören, subsummirt und damit zu
ganz fUfchen yerwirrenden Angaben kOmmt. .;i
Kraas, Kflmb. Beichsreg. 11 ir
IM
Mim8<inaob Tirol beg^baiii • SöUi Bericht tfeienr^defi^' Gang^ dw «Mm-^
Itorger ¥€lrhaBdlongidn, vor alletta dei* BdsohluiBS, die: MailäBlev Be-
kfa&fuig^fiiage MsbAfdennäcUstenlBeiciistiBig zutersSdhiebän,>w8riiiFi6 wir
wisfliBnv nicht inehr Udl Stande, ihn^in' neineln Mtsehlos^ u&bekflmmert
vm fiagimentimid'BiBich Tor^ugeheh, ii^endwie'zwbeeitiflussfeii* Oeniia
an-demselbeik Tage/ aitL^ weMeb^die franzOsidchen^lJbtei^hftndler im
bischöflichen Palais z^ Trient ^bezflglich' Mailands' = bindende Yertrags-
punkte vatifizirten, bestätigte Maximilian dem Nürnberger Beichsregiment
die zur Kenntnis» göioimnene Berichterstattung YergeühannB'. ^) Hit
der Binbenifting' des Beichstages nach FrankAirt auf d^n '25: November
eiklUrt er sich gainz eiiit^rstanden. Er kkl&rt' sich hereit, diebdzüg-
Hchen>€itations8chreiben' ah die sätmiig6n Bei<ib9siände selbst zu be-
seigeni- Doch yon> der Yerlegmig' des Begiments und Kammer^erichts
fon'^Ntltnberg nach Frankftrrt will er nicht» wiss^; ^ Der <}i?!md liegt
aiif;4er Hand; Wenn K'önig und BeichsstShde in-Ei^i,nkftrtt''tagteD,
kennte^ das 'Beichsregiment in Nürnberg 'Aber die bescheidene Bolh
eüies Beichdamtes nicht hinauskommen, in Frankfurt ^agegeh' misste
eä'fcfich teioht an die Stelle der öberatefn Gewalt 'zusetzen. ' DerMtü-
l&hdiläcihbn Bislehntmg geschi^t in MaxiniiHatis Antwort niit< keinem
Worte Erwähnung; üiid doch war in Tiient bereits sd Entscheidendes
a^Ämacht! Ein '^& beredtes Stillschweigen zeigte *mehr} als allibis-
hef|^'VorgSAgf4, däss der Sdnig daran waH diei'^ö'lSstige'Befidts-
behStde zu den Todten zu legen.
: J||[ax|9iiUans, Antwprt.fand in Nürnberg i;Lur theilw§ise Biljigung-
Zwar bescbloss man zunächst^ bis zur EröfiGaung des Frank&rter. Tages
in Nürnberg zu verharren. Im Uebrigen hielt man an dem üeber-
siedlungsbeschlusd fest. ,Da doch Begiment und Yersammlung nicht
roh einander sein können/ so meinten sie und verrjethen damit die
VOLL Maxiniilic^n perborres^cirte Absicht, die licitung der . Beichsange-
legenheiten auish in Frankfurt in die Hand izu nehmen. In der
Zwischenzeit, d. h. vom 30. November 1501 bis 8. Januar t502 sollte
die Kammergerichtssessiön unterbrochen werden. ^) '
*) Maximilian an das, Nfirnberger Beic)isre^imei)t( dto. Trient 18. Oktolver 1501
(^Wiener Cop.-B. Staat9arch.).
*] Das Nflrnberger Beiqhsregiment an lifaximilian, dto. Nürnberg 27. Oktober 1501
(Wiener Cop.-B. Staatsarch.). Die Beisitzer des KammerKerichtes beklagen sich aacb Ober
das Alsstehea iluer Besoldong. Dass Maximilian fQr die Erhaltung dies«» so wichtigen
1«8
Haximiliaii setzte sich sofort nach Abschluds des Trienter Ver-
trages mit dem Cardinallegaten wegen der VerkOndigung des Ablasses
ohne Bflcksicht auf die Nürnberger Beschlüsse in's Einvernehmen.
Schon im Oktober treffen wir Jakob Bannissis als seinen Boten bd
Baymund, den er auch von seinen weiteren Schritten, die eingehenden
Gelder in seine Hand zu bekommen, verständigt. Die königlichen
Bäthe, die am Frankfarter Tag erscheinen sollten, waren sogar be-
auftragt, den Nürnberger Regenten eine von ihm verfasste Ablassord^
nung zu übersenden. Es war doch eine starke Zumuthung des Königs,
dass sie durch die ihnen aufgetragene Ausfertigung und Versendung
an die Beichsst&nde ihre früheren Nürnberger Beschlüsse völlig des-
avoniren sollten. ^) Trotz der von Nürnberg einlaufenden Gegenvor-
stellung trug Maximilian den Begenten neuerdings auf, bis nach Be-
endigung des Frankfurter Tages den Amtssitz nicht zu ändern. *)
Nebenbei bemerkte er, dass er die Absicht habe, das Regiment sammt
dem Eammergericht nach Begensburg zu verlegen, mit der wunder-
lichen Motivirung, dass diese Stadt wohl bald der Hort gegen die
hereinfluthenden Türkenhorden werden müsse. Schon erhebt Maximi-
lian bei verscUedenen Anttssen Klagen gegen das Begiment wegen
unbefugten AmtirMis. ^) In Nürnberg aber blieb man fest bei den
im Begimentsabschiede bezeichneten Beschlüssen. Ende Dezember
hatte der Legat aus den Eingtugen der sogenannten „ grossen * und
, kleinen* Ablasstruhe das ihm gebührende Drittel in der Höhe von
15:2 fl. Bh. gegen Bestätigung in Empfang genommen. Bischof
Friedrich von Aig d w i g eriiialt den Auftrag, sein Begehren um einen
Institutes gar nichts ihat, creht aus einem ScbraÜMB des Eammerrichter Adolf Grafen Ten
Nassau im Semtein, dto. NQmberg 7. September 1501 (Innsbroeker Statth.-Arch.) her-
vor, in welchem ersterer dringend um die Betreibung seiner Soldzahlung bei Maximilian bat.
^) Maximilian an den Cardinallegaten dto. Linz 22. November 1501 (Conc. Wiener
Staatsarcbir).
*) Maximilian an das Nflmberger Reichsregiment, dto. Braneck 25. November 15Q1
(Cop. Wiener Staatsarehir).
*) Maximilian an das Nflmberger Reichsregiment, dto. Botzen 2. Noromber 15^^
(Innsbnicker Stattb.-Archiv). Er untersagt ihnen Michael Ton Wolkenstein und Heinndi
Ton Hardeck wider aUes Recht zur Leistung des Beichsanscblages zu verhalten. Derselbe an
dasselbe, dto. Steinach 7. Dezember 1501 i Wiener Staatsarchiv). Das Regiment a^ge
darauf achten, dass in einer nicht nAher bezeichneten Sache nicht wider GebOhr weiter
Proaedirt werde und verlangt die Grflnde für das erfolgte UrtheÜ.
IV
164
grösseren Betrag entweder abzulehnen oder ihm eine weitere Summe
nur gegen Gutschreibung auf sein weiter eingehendes Ablassdrittel
darzustrecken. Hiebei benützte das Begiment die Gelegenheit, um
den ganzen Ablassvertrieb vom Neuen unter eine verschärfte Beichs-
oontrolle zu stellen. Der Legat sollte bei der Jubiläumsverkflndigong
nur nach den Nürnberger Ordnungen verfahren. Durch das ganze
Beich sollten „gemeine Gebotsbriefe ** verschickt und öffentlich von
der Kanzel verlesen werden, dass bei Strafe des höchsten Bannes
ausser den vom Legaten Autorisirten Niemand Beichtbriefe drucke.
Geschriebene Beichtbriefe sollen als « nicht gerecht *" gehalten werden.
Auch die gedruckten bedürfen ebenso wie alle Dispensationsbriefe zur
Gültigkeit der Unterschrift der Beichskommissftre. ^) Allein diesen
energischen Massregeln, die offenbar gegen Maximilians selbständiges
Vorgehen in der Ablassfrage gerichtet waren, entsprach die thatsäch-
liche Autorität des Nürnberger Beichsregimentes keinesfalls. Seit
Kurfürst Friedrich Nürnberg verlassen, glich es einem Bumpfe ohne
Haupt Monate hindurch ohne Statthalter kam sein Ansehen in be-
denkliches Schwanken. Maximilian that alles, um den Sturz des ver-
hassten Gegners zu vollenden. Im November bereits hatte er keinen
Vertreter der Erblande beim Begiment. Zwar versprach er ümen, an
Stelle des in Erblandsgeschäften thätigen Jörg von Neudeck den
Probst Vergenhanns zu schicken, aber im Januar 1002 war dieser
noch immer nicht erschienen. Dann hatte er die Absendung des
Dr. Berlin als österreichischen Begimentsrath angekündigt Bichtig
erschien dieser in Nürnberg, meldete sich aber als Beisitzer des
Kammergerichts. Eine Art verletzender Gleichgültigkeit legte der
König in allen diesen Dingen an den Tag. ^) Im Januar 1502 endlich
raffte sich das schwachbesetzte Begiment auf und bat dringend um
die Bestellung eines Statthalters. Damals fahrte Fürst Magnus von
^) Instruction des Nflmberger Reichsregiments für den Bischof Friodricb Ton Augs«
barg, dto. Nflmberg 29. Dezember 1501 (Gop.-Buch des Wiener StaatsarcbiTs). £>a
Beiohtbrief dflrfe höchstens für drei Personen gelten. Nor bei Armuth kOnne der Fami*
lienfater alle seine Kinder ohne Bücksicht auf deren Zahl, ebenso alle Eltern die im
Haashalt lebenden unTerheiratheten Kinder einsetzen lassen.
*) Anfrage Bertholds von Mainz bei Maximilian, dto. Nürnberg 29. Dezember 1501
(Innsbrucker Statth.-Archi?).
166
Anlialt 1) fflr den Kurfürsten Joachim von Brandenburg das sinkende
Wrack. ^) Gerade das, was sie mit beweglichen Worten voraussagten,
der unvermeidliche Zusammenbruch der Beichsverfassung, war ja so
recht nach dem Herzenswunsche Maximilians und f&r ihn Grund
genug, ihr Schreiben mehr als zwei Monate keiner Antwort zu wür-
digen. Man kann sagen, dass damals Maximilian Triumphe, freilich
sehr negativer Natur, zu feiern begann.
Erinnern wir uns, dass fdr Ende November der Zusammentritt
des Frankfurter Beichstages in Aussicht genommen war. Bis zum
7. Dezember hatten nur der Eurf&rst von Mainz, am Ende dieses
Monats der von Köln und von Brandenburg Herberge bestellt. ^) Der
Beichstag kam ein&ch nicht zu Stande und Maximilian gebührt wohl
hauptsächlich das Verdient, ihn vereitelt zu haben. ^)
Der Abschluss des Lyoner Heirathstractates (August 1501) bildet
nur den Eingang zu einer Beihe diplomatischer Höflichkeiten, die Erz-
herzog Philipp und Ludwig gegenseitig austauschten. Eben damals
war die Anwesenheit Philipps und seiner Gemahlin Juana in Spanien
zur Feststellung ihrer Thronfolge in Gastilien und Aragonien von
<) 8. Bänke Gesch. d. Beform. I. p. 92.
*) Nflrnberger Beiehsregiment an Maximilian, dto. Nflrnberg 18. Januar 1508
(Innsbrncker Statth.-ArdÜT).
*) 8. Jannssen Fran][fiirts Beichstagscorr. Nr. 824, 825.
^) Die französischen Gesandten am Innsbrncker Hofe schieben Maximilian ausdrfick-
lich die Schuld an dem Nichtsnstandekommen des Beichstages zu und sagen dies in ihrer
UnterredoDg mit dem spanischen Gesandten im Februar. 1502. S. Le Glay a. a. 0.
p. 89. Ob sich Maximilian schon Üh November, also wenige Wochen nach dem Abschluss
des Trienter Vertrages, mit dem Gedanken yertraut gemacht hatte, der ErfQllung des
Versprechens, den Belehnungsakt Torznnehmen, durch Vereitelung des Beichstages aus dem
Wege zu gehen, ist doch nicht erweislich. Der Umstand, dass er thats&cUich im Januar-
Februar 1508 Schwierigkeiten bezüglich der Belehnung machte, kann immerhin auf den
ISndruck zurDckgefOhrt werden, den die Abmachungen FhUipps mit Ludwig XII. im Dezember
zu Blois bewirkten. Mit grösserem Bechte könnte man Maximilians Sorge, das Beiehs-
regiment könnte trotz seines Verbotes die Leitung der Beichsangelegenheiten in Frankfurt
in die Hand nehmen, als Motiv seiner Handlungen betrachten. Consequenterweise hAtte
er auch die Bechtmftssigkeit dieses Beichstages, dessen Einberufung von dem Nürnberger
Begimentstage aus in seiner Abweienheit erfolgte, anfechten mflssen. Immerhin bleibt
es f&r Maximilians schwankendes Benehmen charakteristisch, dass er sowohl durch den
Belehnungsartikel im Trienter Vertrage, als auch durch die Bestellung eigener KommissAar
fOr den Frankfurter T^ eine Zeitlang die Abhaltung desselb«|n ii^ Aussidt^t nalun,"
166
grosser Wichtigkeit Ludwig XII. beeilte sich sofort, dem Erzherzoge
die Beise durch französisches Gebiet in der schmeichelhaftesten Form
anzubieten. Es heisst, dass selbst am burgnndischen Hofe zwei Par-
teien, eine franzosen-freundliche und eine feindliche, bei der Erörterung
der Frage, ob dies Anerbieten ohne Gefahr ffir die Person des Erz-
herzogs anzunehmen sei, in heftigen Kampf geriethen. ^) Thatsache
ist, dass die Landreise schon im September eine beschlossene Sache
war und dass Erzherzog Philipp schon damals die FortfOhrung des
Friedenswerkes zwischen Ludwig und Maximilian als hauptsächlichsten
Punkt in sein Beiseprogramm aufgenommen hatte. Zu diesem Zwecke
sandte er seinen Diener Wilhelm Pingeon nach Tirol, um Maximilian
von seinem Beiseplan zu unterrichten und sich die Autorisation zu
weiteren Unterhandlungen zu erbitten. Nur ungeme willigte ]{axi-
milian ein. Mit Becht misstraute er dem diplomatischen Geschicke
seines Sohnes. ^) Er zögerte, wie es eben seine Gewohnheit war, so
länge mit der zustimmenden Antwort, dass Philipp sich auch ohne
deren Eintreffen zur Vornahme seiner Beise fQr berechtigt hielt ')
1) 8. die ansfohrliche Erzahlong bei Pont. Heot Ber. belg. lib. XV. 254: Der
Graf Carl Ton Chimay wies aaf Ludwigs XII. Trenlosigkeit hin und befürwortete die
Heeresfahrt unter englischem Schutze. Ihm opponirte der Erzbischof Franz Ton Bnsleideo,
der auf die Nothwendigkeit, den Zwist zwischen Frankreich und Deutschland beizulegen,
Terwies und Ludwigs XII., ritterliches Benehmen pries.
*) 8. Maximilian an Erzherzog Philipp, dto. Botzen 29. Oktober 1501 (Ghmel Ur-
kunden u. Briefe p. 215): »et pour ce, tres-chier et tres-ame filz, qne par les dites in*
structions nous requerez instanment, tous Touloir faire cest honneur, et pour yotre grant
bien tous donner la Charge de traicter et appoinctier les differens estans entre nous et
le roy de France, nous tous aduertissons, que combien que ce ne feust point notre adnis,
de TOUS mettre en teile anenture, toutes uoyes puls que estes dedens le royaulme de
Fkimce, nous auons auise et conclud, pour ces causes et en oontinuant a la grant af-
feötion que auons a 1* augmentacion de Totre bien et honneur, de tous accorder la re-
queste que nous aTez faicte en ceste partye, . . . .*
") Die Zustimmung gab Maximilian durch sein Tom 29. Oktober datirtes Schreiben
und schon am 4. NoTember Terlässt Philipp Brfissel. Immerhin dürfte er sie auf seiner
üemlich Terlangsamten Beise, die ihn erst anfangs Dezember nach Blois ffihrte, erhalten
hlEkb^n. Interessant ist es, welche Schwierigkeiten Maximilian auf Philipps Yorschlaf
ina^hte; den Titel eines »Erzherzogs* mit dem eines »Prinzen Ton Spanien* Tertausdusn
j^'ddirfeti. Er erz&hlt hiebet die alte Fabel Ton dem seit Jul. Caesar und sein^ l^acb«-
Ibl^^r il^^ei^rten Oesten^ich, über die er ihm die betrelfenden Urkundenabi^äftiftoi so
fänden tl^üäiV Er proponirii, dass Philipp in allen auf Spanien und äÜ^ii^ien-
einem gmMi^G^tdii^ ia. welobwi: wir «^ Frana von Spetfi^^B
findcoH firftosek Am l&i NoMeoibur treffen MW,;i)^p zu .CaiS^y«
am :3ör NoT^mber fu Sb Deaie.j iSkide, (4fs IfoMts ;bu {faqi.
U«beraU iwitüde üim festUober Bmj^ff HQ:Tk#i Anfiujigs Qmim)^
wird:i9r v^n.IiQdiirig XIL iAfeierlicheff Aüdiem^i m Blois #mp%ga%
w6 BT.\m.vmil2, i^ Mto« Y^Nr3i^il<H:am:4aim,.d6n AbsqhjKSß i^
diplomiitisäi^ ÜQtorhall4IQSg^^f seio^ S^yolljQt^tigtep /Qberlnsp^^^T^
BüiidTviartsi 2U: zi^n« iAuh 30i: D^^fmbor T^&99</ er Togprs wd <w
Begiiift. des* Jafaie». ISOS.itr^A; wurM: beifi^itß att£ i^pam^eia
.'. Wa» Liidwig ifeoflaiigte, eine Atodifikatitoi ides Ttrienter )yi9itriieii,
dia:flF/jtb^ iseblaoemote iiu^^ Jj^mff^ü^ deflaeU^e^iiniliad^
Mt eori^tirch idenl ^miASiJOfßzwA^ IbV^l^Jihgst^lmemk.Nf^^
^jL Bkdstf)>.glDQUißh( jon^icl^. »PiinAi. odenft^fil ifUid^l d^i^QllSg
doft lUibM> eingerttimli,» jQ^ Ja)irW/|iil9 de» ^Mf-
iem iHä^^reiBfi; Gemaibtin:itl£::denJ)aiq[)llin.29( wjtbten^
duc^jWxßmaogM dei!:Ziri9clieineilit.8ieijQtfid!Mfeiliig fepdteivafte^ibd^}!
unter -Yerbel^attc dj|8^> Vitoiecfates . a«f /fr^OaßAmhß^i iSeiitii^^ ^tXiudü^ scih
^teht Marifaülait i^idieftiyajmsMts^ig dt^iXbtlllQato
JififaeiEJteBiBik fiteldes.Tibkttu^g' eiae.lJfiC ^^i^inJlCtoj^AjdiiairJ
setzen, in ^4eQ. anderen Gebietendes Abec umg^dLehtt halten sollte (s. Instruction für Pin-
if^ri ab'EWemg'^ilip-p^^^^ '^ ' ''^ ^^'"^''^'^^ '-'^
^ Dieselbe war am i^/^^vSiixltaL^W'^'^^lk^ifft'^^^ ^'%,^\h^\\x
'ÄMssa^i^füfer CMftitet^t^Ifilidiellii> i^söiketu^ ^.li^'A^: i.].-'iiA iiv..>-i-. ii-jj 'lüA
(8. C^^l Urk. z^r.OeMh...M{mmilians I.^ 2.?l)v ?Il^'^dler waren:' Wilhelm Herr
Von ^nieyre it Croy, die ^Biscfi6fe* ^einric^ ' Sei^lies Ton^ Cambray und Fi-altz'B&ä&^aen
fon Besaneon, endlich Nikolaas de Bater, Abt Ton Löwen. Mit Aosnahmg des z w eite n
wamBsüttnmIllicM Uoildeii LyäAeK.KBiJkaBdlaBgaL.Aufiisi.iöQIothfiii«^ a-j-n-yd f'
-..^ auS^ifUbo^ IMtipl^ Beiflft::hakenL!iriB.<eiD6n gfenaiten BeiiahtiouiM Thniip<ll!Mf».ya<i(iiis
Imkidag.ffACBonbaäiiBm^Jim^'lhm» AiMaBÜH a$ki;AnAiwinj.aiii|UavOCfe^Aa.do«rp»:^juliT.
diplom. da droit des gens par Bonssfet^Aoiflai N^/X AnÜftfcrMfther laidh ^hLUbmut MBui^t
..1VJ6Ba&-iBofbfl>]iDtl|all^-^J .. >7 vi'd .71 .■■[ .:•:...• .i .7: ..ir.:i::ö <....^ ;.;uy. ijü .-
:^rf^ Ssjndrflfllftiiif iiwmfc X^m » JÜJBJqMtrdnu/ eünoniid;:(iifefi]ii ümüija^Ten^DX pi»JiSI()
Hessit als Ort des FriedeDsscUmäesi. ...^. .:.>/. jjIj::: ^j^l:j.,-j^^:j -ijL ■i-jUuuiij nvi*
168
zahlbare Hilfe von 4—500.000 Frcs. zu. Lndovico Moro erhilt niclit
die Freiheit, doch eine seinem Stande angemessene Behandlung. Bonna
Sforza wird durch eine Pension von 6000 Frcs. zufriedengestellt
Hermes ^) erfährt, wenn er sich Ludwig XII. ergibt, eine wohlwollende
Aufnahme. Die vertriebenen Mailänder, welche den Eid der Treue
gegen Ludwig gebrochen, finden keine Gnade. Diejenigen jedoch, die
den Eid nicht geleistet und ihre Gfiter verloren haben, sollen auf die
Empfehlung Maximilians, wenn sie um Gnade bitten, besser behandelt
werden. Ludwig verpflichtet sich, eine Summe von 200X)00 Pres.
Alles in Allem zu zahlen, wenn letzterer im Sinne der schon zu Lyon
geschehenen Abmachungen auf den Besitz des Veitlins verzichtet, und
zwar im Gegensatz zu dem Zugeständniss, welches Cardinal d' Am-
boise in Trient mit nachträglicher Genehmigung Ludwigs gemacht
hatte, nach welchem das Yeltlin ffir drei Jahre in den Besitz des
Erzherzogs Philipp gestellt werden sollte. Doch soll Maximilian freie
Wahl haben zwischen dem obigen Vorschlag oder der älteren Trienter
Bestimmung« fQr Alles, d. h. fQr die Investitur, als Siegelgeld und
f|lr die Streitfälle, die sich aus seinem Zwist mit dem verstorbenen
wie dem gegenwärtigen König von Frankreich ergaben, die 80.000
Kronen des Trienter Vertrages (=140.000 Frcs.) zu nehmen. Für
alle Fälle erlegt Ludwig XII. 50.000 Frcs. zu Metz, die sofort nach
Empfang des Lehensbriefes für Mailand zur Auszahlung gelangen. Der
Best der von Maximilian eventuell gewählten 80.000 Kronen wird
nach Ablauf eines Jahres ß^Uig. Wählt Maximilian die 200.000 Frcs.,
so werden 50.000 Frcs. ein Jahr und die letzten 100.000 Frcs. zwei
Jahre nach vollzogener Belehnung ausbezahlt ^)
Auf den ersten Anblick möchte es fast scheinen, als wenn die
zu Blois fixirten Funkte wirklich nichts anderes als Ausf&hrungs-
bestimmungen des Trienter Vertrages enthielten. Aeusserlich an dem
Dokumente ist auch dieser Charakter insofeme ängstlich gewahrt, als
') Hennes war nicht, wie Le Glay in der pröcis. hist. p. 111 l>ei der AuftAhlaDg
der Vertragsbestimmungen angibt, der Bnider der Bonna Sforza (Tochter des Giovanni 6a-
leazzo, geb. 1491, Oemalin dea Königs Sigmund von Polen, gestorben 1558), sondern
Bruder der Maria Bianca, Gemahlin Maximilians I.
>) Du Mont Corps diplom. tV. I. part. p. 17. Die von Le Glay in der PrMs hist.
seiner Negoc. gegebene Anfefthlnng der Vertragspunkte ist etwas ungenau und bringt auch
den Charakter der Abmachungen nicht recht zum Ausdruck.
169
immer die betreffenden Anüuigss&ize der Trienter Artikel zitirt und
hernach kommentirt werden. In Wahrheit aber hatte Maximilian
schon recht, wenn er sich nachträglich von dieser Art der Interpre-
tation nicht sonderlich erbaut zeigte. Man kann nicht sagen, dass
trotz der vagen Ausdrücke im Trienter Yertrag die Frage der Mai-
ISndischen Emigration im Sinne dieses Vertrages geregelt wurde.
Bei Ludoyico's Behandlungsweise liegt der Unterschied klar zu Tage.
Auch die Maximilian zugestandene freie Wahl zwischen den 80.000
Kronen und den 200.000 Frcs. war darauf berechnet, die thatsftchlich
geschehene Modifikation der Trienter Bestimmungen geschickt zu vor*
decken. W&hlte Maximilian die 80.000 Kronen, so blieb ihm aller-
dii^ in der Theorie das Anrecht auf das Veltlin, das übrigens
Ludwig XII. damals fest in den Hftnden hielt. Und da sein Anrecht
auf einer mündlichen Zusage d' Amboise's, keines&Us auf einem Ver-
tragspunkte des Trienter Traktates basirte, so konnte er zusehen, wie
er zu seinem Bechte kam. Auch mit der verklausulirten Türkenhülfe
hatte es seine guten Wege. Es war eine offenbare Zwangslage, in
welche man Maximilian versetzte, die man durch die Lockspeise eines
Mehranbotes von 60.000 Frcs. erträglich zu machen suchte. Sicher rechnen
konnte Maximilian nur mit dem Metzer Depot von 50.000 Frcs. und
doch durfte die Trienter Bestimmung, dass als Siegelgeld 80.000
Kronen zu erlegen seien, nicht ohne Gewalt anders als auf eine so-
fortige Auszahlung gedeutet werden. Diesem Angebot gegenüber
musste Maximilian nun in die Belehnung mit Mailand, in den Ver-
zicht auf das Veltlin und der Bestitution der mailändischen Partei
willigen. Wahrlich eine nicht gleich gemessene Compensation ! Oenug,
der Vertrag kam zu Stande und zwar formell unter Zustimmung
Maximilians, der seinen Sohn in vorhinein zum Abschluss autorisirt
hatte. 1)
') Am 21. NoTember 1501 ferta^rte Maximilian aoch eine Instruction f&r den Erz-
benog and Georg d^Amboise an Lndwig XII. ans. Maximilian liess in derselben Protest
erheben gegen die Werbung des ungarischen Königs Wladislaw (Maximilian nennt ihn in
der Instruction nur König Ton Böhmen) um die Hand einer französischen Prinzessin,
Wladislaw sei rerpflichtet, sein EheTersprechen, das er der Witwe des Mathias Gorrinus,
der mannssOchtigen Beatrix, gegeben, zu halten. Aii^ könnte eine mAnnliche Descendenz
ihn, den Erzherzog Philipp und Karl um ihr gutes Recht auf Böhmen und Ungarn
bringen. Zudem kime ja dadurch auch Claudia um die Aussicht» in beiden Beichon
Vtd
Die €Fesandten Ludwigs- XU. am Hof e iManriTniliaM
zu Hall UQ d nnsbriick. Abbfüoh ' de^ YerÜandltingeii
mit KaakFeloh Febru^— IMx;^ IStpa. , ;
FrQbQätene Januar 1502 konnte Maiimilian 'sicliere Simdß Von
dan ßflscblüssen zu Bloia bab^. Französiscbe Cresandte, ^e wir bald
KAnipD zu werden '. (Quael b. a. 0. p. £16). Aub spitanm Voihuidlangen wits>m «ir,
da» iB Blois diete BsEchwerde sUeidingB rai^bracbt wurde. Aber Ertöig hatte Gie io-
'tW -^UMa-'liMm ■■■[*/ ''th^-"ii<i'--4«ihsB»\unsia--i'Vi^^ SltgalM IB.
■^.-inii-.- --^ -'-^, "■ ■■'■'■'-:> -''■■■■-'' :ii.i■.=^l;;¥;Jli '.-.l a.^dl^,V/ vil. a-yi-.-i ^jJ.,.,
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"JHV'^ae 'fraD «Maiilteb OMtiilhvtt in-Abi^ -ts ^BBbrdeh' nHiHrtSelOH^'-'^tiMle uüc 'Mr-
171
was er ihm zu seiner Ehre und zu seinem Nutzen rathe '. ^) Allein
bevor noch die Kunde von den «Interpretationen' von Blois diesen
Umschwung der Stimmung am Hofe des römischen EOmgs erzeugt
konnte, hatte sich Ludwig XII. beeilt, durch üebersendüng der (übn-
firmation des Trienter Vertrages sich der Hauptsache, der BeiAhnung
mit Mailand, zu versichern. Im November-Dezeüiber 150 t iireffeh
wir den französischen Schatzmeister Florimont Bobertet am Hefe
Maximilians, während sich gleichzeitig eine ftainzösisciie Boteohaft m
Bewegung setzte, um auf dem Frankfurter Tage 4en ILekehseid zh
leisten. Bobertet hatte offenbar die Aufgabe, das nähere Detail in
dieser Beziehung abzumachen und mag woht von Maximilian selbst
die Kunde von dem Scheitern des Beichbtages > einhalten hab^n. - So
erUSrt es sich, dass MaximiHan eittWilUfte , die Frage^ "mgei Mt
Mailänder Emigrirten, die ja zu Frankfoti rerbandilt Vetden 'sollte,
vor Ablauf eines Jahres nn^ht zur SpiUiche liifringen zu woDeii, -uiid
dass er dnrcli Bobertet — irtr iviederbolen o6ne Eenntiiiss wd 4eii
TorfUIen zu Blois ~ Ladwig XII. zur Ablegung de» Lehensddeis an
seinen Hof laden Hess. Bobertet verliess um die Ißtte dee^J«nnär
1502 Tirol, nachdem ihn nodi Maximiliui mit einer Ibri^otie» an
den Cardinal d^ Ambeise b^züglidi der BeliaMdteng^ des dhtle&zzo di
St. Severino versehen --hätte.' ') '-■ ■•"• ^ ■•.:.. :.'./_-^ :.',a^...-'
unterdessen -erwarte die IhmzOäigöhe 'Botschaft, ^» ^n Le&etiis<-
eid vordenr "i^rsanittielten Bel^sständen leisten solKid, tergeftUei äüf
Einladung 2um Erscheiiien^ auf ciem Fränl^ttdf' 1?agei- AM^s^ihnen
m latig^ wurde und sie glaubten, König "önd Bleißh hätten ihi^r ve]^^
gesseh, inaehten e$e eiob auf den -Weg bach tira&kfürt, wo s^
25. Januar ^13^^2' «intra^. Hier Hess^ sie^ sieh ind^ Sitetiigs^aal
<) MaximiliaD- ia Erthen^rlPUfflii^, Aiigilmrr 19. ▲trgtt8tl'602 (Chiöti id^k)* p. 221 )•
*) Ich entnehme 3obertefi IViritMltaheit aenfieriehten^ der^J^tisörfinäkett-Gtesaiidteii
un d'Amhöise 7ebriar«lftn 1602 (£e Glajr !V^c p. -^7 ff.). MaatliiiMti6' Aieer«di^^e
ffir Bobertet an d« Amboite, d^. HaU 9. Jänaar 1502 i«t tei Le Glay fNf. l'Sf-j^; ^),
4er Irifer trrthAttilidi Oilteirttil anninrmt^^oiirichtis' eingereiht. Eb 'gMtt eef Uit vMlb.
zwischen irr. *? und Nr.^e p; 80.- Kttth der Bectej mit %öhdier HaximSi^ta 'dHi- firiii^«-
sisehen Gesandten begrOsste (Ende Febmar 1502), war Robertet mit disrVöb^iMigttt/gr
dreier Pmkktit' T6n 'Seite' Saximdhuift' l^trant -irorden: I: BözOgHtA der Mtt^der Ver-
b&n&tett, 2: dev Theihiahme det franxMiscfaen Sriegisfltftte am TOikenzugpe tind M Zälft
der Landongsirappen und 8. der Kirchenreformation (Le Glay Ntfgoc;* i^.'M letztä^ZeUen)-;
172
filhien und nachdem sie in Gegenwart des Bfirgerineisters imd Stadt-
raths ein Protokoll Ober ihre Anwesenheit aufgenommen und einen
Protest gegen die Abwesenheit der Beichsstände ausgefertigt hatten,
folgten sie Maximilians Einladung ^) an seinen Hof nach Innsbruck. ^)
Am 15. Februar traf die französische Botschaft unter der Führung
Ludwigs von Hallevin, Herrn von Piennes zu Hall in Tirol ein. Das
Wort fahrte bei den diplomatischen Verhandlungen Oeoffroj Charles,
Präsident des Parlaments der Dauphind. Auch der uns von Nfimberg
her wohlbekannte Hautbois befand sich im Gefolge. ^) Am IC\ Fe-
bruar erfolgte die offizielle Torstellung der Gesandtschaft bei Maximi-
lian, in dessen Gefolge wir Paul von Liechtenstein und Matthäus Lang,
viele Mailänder, aber auch eine burgnndische Gesandtschaft finden.
Nachdem von französischer Seite die Erlangung der Investitur als
Hauptzweck der Beise dargelegt wurde, ward Don Manuel, Botschafter
Spaniens am Hofe Maximilians, mit der Leitung der Unterhandlungen
im Namen des römischen Königs betraut. Maximilian kehrte sofort
nach Innsbruck zurück. Gleich die ersten Unterredungen am 16. und
17. Februar zeigten, dass Maximilian, in voller Eeniitniss von den
Abmachungen zu Blois, sich zum Erstaunen der französischen Ge-
sandten hinter einen Wald von diplomatischen Ausflüchten zu ver-
schanzen begann und so der Belehnung zu entgehen versuchte. Zuerst
erklärte Manuel, die Belehnung könne wegen der hier lebenden Mai-
länder nur im Geheimen und die Abnahme des Lehenseides erst später
durch einen Bevollmächtigten bei Ludwig XII. erfolgen. Das war
aber nur die Einleitung zu dem nun beginnenden Yersteckenspielen.
Während die Gesandten sich auf die ihnen nachgeschickten Artikel
von Blois und an deren Concordanz mit dem Trienter Vertrage be-
^) Diese traf die Gesandten in Mainz (Le Glay Nägoc p. 48).
*) Le Glay Pr^is. bist. p. LIV. Doch ist die Angabe, dass ihr Protest ihm einigen
Schrecken Terarsacht und ihn zar Einladung bestimmt habe, schon wegen der raschen
Aofeinanderfolge der Ereignisse aosgesc^ossen. Die Aufforderung , sich zu ihm zu
begeben, muss lange ror dem 25. Januar (wahrscheinlich Ende Dezember) ?on Innsbruck
abgegangen sein. Denn sie setzt die Unkenntniss Maximilians bezflgb'ch des Traktates
Ton Blois Torans.
') Ausser diesen erschienen noch Etienne Petit nnd Jean Guerin (s. Le Glay Negoc ).
Die zwei Oesandtschaftsberichte an Cardinal d^Amboise (Le Glay Negoc. p. 87 IL) liegen
der DarsteUung zu Grunde.
m
riefen und gnmdsfttzlioh jede Discussion ablehnten, die zu neuen Ver-
tragsbestimmungen fahren konnte, zu deren Berathung und Annahme
ihnen jede Vollmacht fehlte, zogen im Laufe der bis in den Anfang
des März währenden Verhandlungen zuerst Don Manuel, dann Lang,
endlich Maximilian selbst eine Beschwerde nach der anderen hervor,
bis man glGcklich bei dem Punkte angelangt war, zu erklären, vor
der Beseitigung derselben durch Ludwig XIL können von der Inve-
stitur keine Bede sein. Auf das Verlangen der Franzosen, sowohl
die Belehnung als den Lehenseid im Qeheimen vollziehen zu lassen,
versprach Manuel die nöthige Bflcksprache mit Maximilian zu nehmen.
Tags darauf erschien Manuel und lud sie in des Königs Namen zur
Tafel nach Innsbruck ein. Schon beim Male (20. Febr.) sprach
Manuel von dem Schicksal Ludovico^s und der strittigen Summe von
80.000 Thaler. Die Gesandten wichen jeder Erörterung aus. Nach
Beendigung eines ihnen zu Ehren veranstalteten Scbarfrennens hielt
Geoffiroy Charles eine lange Bede vor dem gesammten Hofe, welche
in der Bitte um die Ertheilung der nachgesuchten Belehnung gipfelte.
Maximilian erwiderte ausweichend und erklärte sich betroffen Aber sein
Volk Israel, die vertriebenen Mailänder, die in der That unter der
Leitui^ des Cionstantin Galeazzo alles aufboten um Maximilian in
seinem Widerstände zu bestärken. Als die Gesandten am 25. Februar
einer in Hall herrschenden grossen Sterblichkeit wegen im Begriffe
standen, nach Innsbruck zu ziehen, empfiengen sie ein Schreiben
Maximilians, in welchem er ihnen zu verstehen gab, dass er ohne
Belastung seines Gewissens vor der ErfQllung sämmtlicher Artikel des
Trienter Vertrages durch Ludwig XII. in die Investitur nicht willigen
könne und sie auffordert, desshalb Couriere an ihren König zu schicken.
Bathlos wandten sich die Franzosen um Erklärung . dieses Verhaltens
an die burgundischen Boten. Diese, flbelgelaunt über Maximilians
schwankende Haltung, erzählten ihnen, wie Maximilian über den Ver-
trag von Blois in heftigen Zorn gerathen sei, da man ihm doch früher
die Freilassung LudovicoX dann die Zahlung von 80,000 Thalem von
einem früheren Vertrage her versprochen habe und da eine Subsidie
von 4 — 500.000 Frcs. für einen Fürsten von seinem Bange denn doch
eine zu geringfügige sei. Diese offenkundige Theilnahme der Bäthe
Philipps wurde am Hofe Maximilians übel vermerkt und ihnen bald
darauf jeder Verkehr mit der französischen Gesandtschaft strenge
174
untersagt. Am 24. Februar &nd sich Bon Manuel bei Halleyin und
Genossen ein. Nach langen Verhandlungen gab Manuel zu verstehen,
dass eigentlich keiner der vielen strittigen Punkte Maximilian so sehr
von der Vornahme der Belehnung abhalte, als die zu Blois he-
schlossene Behandlung Ludovico's, bezfiglich dessen man ihm doch
früher die bedingungslose Freilassung und eine Pension zugestanden
hatte. Dem gegenüber suchten die Gesandten aus dem Wortlaut
des Trienter und Bloiser Vertrages das Becht ihres Königs zur Fest-
haltnng Ludovico's zu begründen. Am 27. Februar findet sich Mat-
thäus Lang bei den Gesandten ein. Er erklärt, dass er seinem Könige
zum Widerstand rathe, weil aus den Artikeln zu Blois nicht jener
Geist der Freundschaft von Seite Ludwigs XIL ersichtlich sei, auf
welchen Maximilian im Sinne des Trienter Vertrages zu hofifen glaubte.
Maximilian sei aufgebracht, dass Erzherzog Philipp in Blois unter-
handelt habe, und zürne dem Cardinal d' Amboise, der Ursache sei,
dass eine schon höher stipulirte Summe für den Belehnungsakt schliess-
lich auf nur 50.000 Frcs. reducirt wurde und er das Vertrauen, das
Maximilian auf ihn durch die Zustimmung zum Trienter Vei*trag ge-
setzt habe, durch diese Ausführungsbestimmungen von Blois miss-
braucht hätte. Darauf trafen die Gesandten mit Manuel in der Kirche
zusammen, wo dieser ihnen erklärte, dass er weiter nichts aus Maxi-
milian habe herausbringen können. Doch würde er vorschlagen, dass
ein Theil der Gesandtschaft hier bleibe, der andere Tbeil zur Behe-
bung der strittigen Punkte sich zu Ludwig XIL begebe. Denn er
könne nicht finden, dass Maximilian im Prinzipe der Investitur ab-
geneigt sei. Diesen Vorschlag lehnten die Gesandten ab. Allmählig
zog sich Manuel von dem Vermittlergeschäfte zurück, indem er sich
auf kriegerische Verwickelungen berief, die eben an der neapolita-
nischen Grenze zwischen dem französischen und spanischen Heere
entstanden waren. Alle weiteren Vorschläge erschienen bald der
einen, bald der anderen Partei unannehmbar und so beschlossen denn
Anfangs März die Gesandten, ihren Abschied zu nehmen. Ganz merk-
würdig ist die Rede, mit der Maximilian dieselben entliess : Er erzählt
den Gesandten, dass er die Absicht habe, die Mailänder mit konfis-
zirtem Gute auszustatten, das er auf einem demnächst zu voUfÜh-
r^den italienischen Zuge an sich zu nehmen gedenke. Auch bezQg-
JiA des Ludovico macht er die; Eröffnung, dass er diesem vom Herzen
aV5
nie' ^It^bt 'tmd des^halb, obwohl er essebif' gtiii hltte'itluA"kOnv8iJ,:
kurz vor dessen Gefangennahme nicht geholfen habe. Hauptgmnd aber sei
der gewesen, dass Ludovico ihm die zur Tilgung seiner Sohuldeii ge-
fordert^ hünderttansiend 'Dukaten fBr die Httlfeleibtungi Bidhi; hab^
zahlen weiten. Jetzt allerdings habe Maximilian mit dem Oefangeneft
Mitleid/ Die Gesandten sN>llen dem Cardinal sagen^e^ mbge traohtenf
dass der Trienter Vertrag von seinem ' Eöhig Ludwig gehalfen Werde.
Yienmdzwan^ig Jahte' habe ät mit Frankreich Krieg gefafart .udd:
Mebei viel Ehre ferdi^t: d*rum irünsohe er den Frieden. : Denn
käme der Trientei^ Vertrag nicht zu Stande' so müsste
er sich mit den Türken aussöhnen. Und er. werde es
thtm'tnd ibnen'ltalien zni^ Beute gaben!
Oe^öhlckt antwortete der französische Gesandte: ,^Was Ihre An*
gelegenheit mit deü TQHcen anbelangt — vergeben Sie, wenn ich
etwas sage, was Ihnen missfallen könnte — so wQrde das sehr un-
recht sein und irivm Sie darin schlecht beraihen. Gatt würde darüber
zürnen und gegeA Sie und Ihre sämmtlicheu ' Angelegenheiten Partei
ergreifen*. Der Gesandte hob seine Verwunderong hervor, dass die
zwischeü deh beiden königlichen Familien beschlossenen Heiraths-
vertrSge Haximüian nibht veranlassen, in die Investitur pro liberis
utriusque s^xus et haeredibus in linea directa et collaterali bezüglich
Mailands zu willigen, da doch diese Bestimmung seinen eigenen Enkeln
zu Gute käme. Doch wollen sie, wenn ihr König in die Belehnung
{^:^.-^\nWc^li^iW;?ülige, Bofort voi; Maximilian erscheinen.
Maximilian dagegen erwiderte, er halte es doch für nothwendig,
dass sie auch In diesem letztei'en ^alle ihn von ihrer Ankunft vorher
benachrichtigen. Denn schon sei er so weit, die Schamröthe
verlaren zu hajben, wenn er dann Schwierigkeiten machen
sollte, die ihm, Ludwig und seinen Gesandten zur Schande
gereichen würden. Die Ausdehnung der Belehnung auf die Töchter
des Eöi^ werden die Kurfürsten nie bewilligen und gerade der
Heirathsabrede wegen, weil sie sagen würden, es geschähe nur zu
Gunsten des Habsburgischen Hauses. Doch wenn die Investitur pro
se et masculis bestätigt wird, wolle er schon Sorge tragen, dass einige
Zeit nachher Madame Claudia in Mailand die Erbfolge erhielte und
Ludwig bitten, dass er dem zum Wohle der Kinder des römischen
Königs beistimme. Daran schloss Maximilian die Bitte, Ludwig möge
176
Harm von Pieones als bleibenden Botschafter an seinem Hofe be-
lassen.
£s klingt &st humoristisch, wenn Geoffroy Charles rücksichtUch
dieser Bitte an d' Amboise berichtet, er habe Fiennes den Wunsch
des r^^mischen Königs mitgetheilt, jener betrachte sich aber so seht
als Diener des Cardinais, dass er nicht glauben woUe, der Cardinal
werde ihm diese Strafe zuerkennen. Allerdings der leicht-
lebige und verwöhnte Franzose &nd in dem freundlichen Bergst&dtchen
Tirols nicht das, was schon damals ein französischer Hofstaat zu
bieten vermochte. Vergleichen wir aber diese Auffassung mit den
naiven Ausdrücken der Verwunderung Aber die Pracht am Hofe
Iiudwigs XII. zu St. Denis und zu Paris in dem Berichte der Beichs-
gesandten, so mdssen wir zu unserer Beschämung schon zugestehen,
dass die Machtfalle der römischen Eönigskrone damals völlig ihrem
äusseren Glanz entsprach.
Am 9. März bestätigte Maximilian an Ludwig XII. den Empfang
mehrerer Briefe durch Herrn von Piennes und erwähnt im Allgemeinen
der sich ergebenden Schwierigkeiten. Diesen Brief haben die Ge-
sandten offenbar mit auf den Weg bekommen. ^) Am 16. März 1502
befinden sie sich bereits ausserhalb der österreichischen Grenzen. ')
Verfall des Nürnberger Beichsregiments. Wachsende
Opposition des Kurfurstenkollegiums.
Ich wfisste nicht, welche Thatsache Maximilians Verhältniss zu
den Beichsfttrsten Anfangs 1002 besser zu kennzeichnen yermöge,
als das offene Geständniss des Königs in seiner Unterredung mit
den französischen Gesandten zu Innsbruck, dass er mit den Eur-
fQrsten und Fürsten des Beiches in Hader liege, dann das Lob, das
er den Franzosen zu ertheilen sich beeilte für den Entschluss, den
Heimweg statt über Deutschland durch Oberitalien einschlagen zu
<) Le Olay Ndgroc. p. 50.
*) Zweiter Bericht des Geoffroy Charles (Le Olay Hegoc. p. 51. Als Datiningsort
ist dort statt No?arra Roreredo eijuusetsen).
17T
wollen, » Denn • — berichtet öeoffroy Charles aü den Cardiüal — »Maxi-
milian legte der EurfUrsten und Fürsten wegen grosse Furcht an den
Tag ". ^) Schon begann er ohne jede Bücksicht auf das Beich Vorbereitungen
für ein kriegerisches Unternehmen zu treffen, dessen eigentliches Ziel
trotz der vorgeschobenen Türkenfurcht nicht recht zu durchschaüeii
war. ') Im Januar erliess Maximilian an die einzelnen Beichsst&nde
Schreiben, durch welche dieselben aufgefordert werden, sp&testens bis
1. Juni mit ihrer Büstung beim König einzutreffen, um an dem
Türkenzug Theil zu nehmen. Jetzt habe er mit Frankreich endlich
Frieden geschlossen, auch mit den anderen Mächten stehe er in Unter-
handlungen zur Theilnahme an diesem grossen Vorhaben. Zugleich
kündigte er ihnen an, dass er durch den päpstlichen Legaten für
diesen Krieg das Cruciat und Jubiläum werde verkünden lassen. ^)
Berthold von Mainz war nun nicht der Mann, eine so offenbare
Verletzung der Begimentsordnung ruhig hinzunehmen. Sofort schlug
er den Kurfürsten die Abhaltung eines Tages vor, um Massnahmen
gegen dieses Vorgehen des Königs zu ergreifen ^) und die Kurfürsten
1) Le Glay Ndgoc p. 55: »Considertf qae loys en qoelqae dlssensioa avaeqoes los
ellecteun et prince de Tempire* und pag. 57: »nous sommes partis dodit seigneor en
tonte doulceor et ha fort loaa^ le chemin qae liayons prins da ooastö de Milan par les
postes, ayant grand paoor qoe paocissions par Allemagne, k caose des ellectears et prinoes*.
') Fagger-Birkens Angabe, dass Badolf Ton Anhalt am Boveredo herum Troppen
zu sammeln begann, wird durch einen Brief Maximilians Kd Niklas von Firmian dto. Imst
28. M&rz 1502 (Innsbrocker Statth.-Archi7) best&tigt, in welchem die Abordnung des sur
RüstoBg bestimmten milnnlichen HofiBtaates der Königin xnm Fürsten von Anhalt befohlen wird.
*) Maximilian an den Erzbischof ron Mainz, Innsbruck 16. Januar 1502 (Cop.
Weimarer Archiy). Ein gleichlautendes Original an den Abt von Gorrey (Wiener
StaatsarcihiT), Bas erste Schreiben enth< noch ein Postscript: »Ber Zug werde
wohl ein Jahr dauern. Bes Königs Kriegsflbung hindere ihn nicht an einem Winterfeld-
zage* Berthold möge sich daher auf eine Hfllfe fOr diese Zeitdauer bereithalten« Auf-
falend ist es, dass Maximilian am 16. Januar noch ron dem Frieden mit Ludwig XU. spricht.
Sollte er damals die Bestimmungen des Bloiser Vertrages noch nicht gekannt haben? An
Papst Alexander VI. hatte Maximilian Lucas de Baynaldis mit einer rertraulichen Mission
offenbar in Sachen des Ablassgeldes geschickt (s. Alexanders Brere r. 25. Oktober 1502
Gemeiner Begensburger Chronik Bd. IV) und als wesentliches Ergebniss w&re das Bre?e
Alexanders rom 26, Februar 1508 (Orig. im Begensburger bischöfl. Archiv) zu betrachten,
durch weiches Maximilian 10.000 fl. aus den in den östeiT. Erblanden eingebenden Ablass-
geldem wegen der gegen die Türken dort zu befestigenden Orte Überlassen werden.
^) Bertliold ron Mainz an den Kurfürsten Friedrich ron Sachsen, AschafTenburg 26. Febr.
1502 (Cop. im Weimarer Archiv).
Kraus, Nümb. Belchsreg. 12
i?8
sielleh sich ihm ohne jede Einschränkung zur Verfügung: ^) Gewiss
hatte der Ednig durch diesen Akt selbständiger Entscheidung in einer
der wichtigsten Beichsfragen es versucht, dem Nürnberger Beichs-
regiment jede Existenzberechtigung abzusprechen. Auf der anderen
Seite lässt sich nicht läugnen, dass der Versuch, die altbewährte
Macht der Eurvereine gegen den König in's Treffen zu führen, den
Sturz des Regiments umso sicherer vollenden musste. Denn nun war
es klar, dass Berthold dem Anstürme aUer der Beichsverfassung feind-
lichen Elemente nicht mehr gewachsen, seine eigene Lieblingsschdpfiuig
fallen zu lassen begann. Am 21. März 1502 erliess Maximilian an
die Bäthe, . soviel deren jetzt zu Nürnberg wären^, ein Schreiben,
welches das Ende der Thätigkeit dieses zwar kurzlebigen, aber immer-
hin in der deutschen Verfassungsgeschichte so denkwürdigen Institates
offiziell bezeichnet. ^)
Maximilian, bedauert, dass es ihm trotz aller Bemühungen nicht
gelungen sei. Jemanden zur üebemahme des Statthalteramtes zu be-
wegen. Desshalb habe er dem Erzbischof von Mainz das
Begimentssiegel abgefordert. Er ersucht sie, einen aus
ihrer Mitte zur Abrechnung über ihre ausständigen Soldforderungen
an ihn abzusenden.
Die Geschichte des Nürnberger Beichsregimentes entbehrt nicht eines
interessanten Epilogs, dessen wir der Vollständigkeit wegen kurz noch
gedenkein wollen. Allemal, wenn dem Widerstreit äusserer Verhält-
nisse die Form zum Opfer fällt, schwingen die geistigen Erregungen,
die vergeblich gerungen, der Form einen entsprechenden Inhalt zu
zu verleihen, eine gute Weile fort. So auch hier : Das Begiment war
gefallen, aber der Schöpfer desselben, Berthold von Mainz, gab sein
Spiel noch nicht verloren. Indem Berthold an Stelle des Begiments
die alte kurfürstliche Opposition zu organisiren unternimmt, erhebt
«ich ein Kampf zwischen dem Oberhaupt des Beiches und dem ersten
Fürsten desselben, der an Leidenschaftlichkeit und persönlicher 6e-
') Friedrich von Sachsen und Joachim Ton Brandenburg an den Erzbischof ron Hain?,
Nflmberg 16. U&rz 1502 (Cop. im Weimarer Archiv). Sie sind bereit, persönlich zu er>
Scheinen, um bezüglich des TQrkenzuges einhellig zu beschliessen.
*) Maximilian an das Nürnberger Reichsregiment, Innsbruck 21. März 1502 (Wiener
Staatsarchiv ).
179
reiztbeit jedes zul&ssige Mass tiberschreitet, ' vor allem das Streben
bekundet, von der Augsburger Ordnung soviel zu retten, als^maii
vermag. Der Zustimmung der übrigen EurfQrsten sicher, ladet Ber-
thold dieselben zu einer am 0. Mai anberaumten Berathüng nach
Frankfurt ein. ^) Im April 1502, also wenige Wochen nach dem
Scheitern der diplomatischen Mission Hallevin^s, hatte Maximilian Tirol
verlassen und war in Süddeutschland erschienen, um die kriegerischen
Zurüstungen bei den Qliedern des schwäbischen Bundes persönlich
zu betreiben. Ende April weilte er zu Eaufbeuem. Damals konnte
üngelter bereits an den Esslinger Bath berichten, wie schlimm es um
den Frieden zwischen Maximilian und Ludwig XII. bestellt sei. Schon
hatte sich allerwärts in Deutschland die Kunde verbreitet von dem
Falle des Begiments und der üblen Stimmung, die der König gegen
den Erzbischof von Mainz hege. >) Im Mai erlässt die Innsbrucker
Regierung im Namen Maximilians an alle Hauptleute, Städte und
Bischöfe der österreichischen Erblande ein Mandat, welches die Vor*
nähme des Türkenzuges und die Ertheilung des Ablasses durch Bai-
mund und seiner Gommissäre verkündet und die Verfügung über
die Eingänge an Ablassgeldern ohne des Königs
Wissen, von wem sie auch immer getroffen werde, mit
schwerer Strafe bedroht. 3) Es ist leicht zu errathen, gegen
wen die Spitze dieses Mandates gerichtet war. Am 30. Juni traten
die Kurfürsten zu einer inhaltsschweren Berathüng in Gellnhausen
zusammen. Die Verhandlungen, obwohl nur durch wenige Tage geftihrti
fördern wichtige Beschlüsse zu Tage. Am 3. Juli einigen sich die
Kurfürsten zu einer gemeinsamen Absage der ihnen zugedachten
Türkenhülfe. Einfach, glatt und höflich nehmen sie in ihrer Antwort
die ihnen von Maximilian geschilderte Gefahr zur Kenntniss, knüpfen
jedoch jede Erörterung der zur Abwehr dienenden Massregeln an die
Einberufung eines Beichstages, den zu besuchen sie sich gerne ver-
h Ich kann nidit entnehmen, ob dieser Frankfurter Tag zu Stande kam. Aller«
dings spricht dafür eine Aufzeichnung des am 14. Mai in Frankfurt erschienenen Car-
dinallegaten (s. Jannssen Frankf. Beichscorr. Nr. 827).
>) 8. Ungelters Bericht vom 27. April 1502 (Klüpfel Urk. zur Gesch. des Schwab*
Bandes I. 467->8).
^i Maximilian an seine Erbunterthanen, Innsbruck 12. Mai 1502.
12*
180
pflichten. Aber dabei bleiben sie nicht stehen. Am 4. Juli be«
siegeln sie eine jener Eurffirsteneinungen, die der kaiserlichen Gewalt
sch(m so oft gefährlich geworden. Sie verpflichten sich dordi die-
selbe, wie ein Mann zusammenzustehen, jede dem einzelnen unter
ihnen zugefQgte Unbill als Angriff des Gollegiums zu behandeln. Wenn
man sie durch beschwerliche Neuerungen und unbillige Mandate, ge-
schehe es durch wen immer, zu drflcken versuche, so wollen sie sich
emhellig zur Antwort verstehen. Es ist wie ein Bflsten zum entschei*
denden Kampfe. ') Endlich aber ziehen sie auch den thatsächlichen
Zustand des Reiches in den Ereis ihrer Erörterungen. Man gelangt
zum Beschlüsse, am 1. November abermals in Gellnhausen zusunmen-
zukommen und zur Besprechung der zahlreichen Gebrechen die anderen
Fürsten und Beichsstände einzuladen. Jeder der Eurf&rsten soll bis
dahin mit seinen namentlich aufgeführten ümsassen Berathnngen über
einzeln aufgezählte Punkte pflegen, rücksichtlich deren man theil-
weise bindende Vorbeschlüsse fassi Auch hier tritt der Geist der
Opposition gegen Maximilians Vorgehen in drei Hauptfragen scharf za
Tage: I. Massregeln zur Tflrkenabwehr der Christenheit und dem
Beiche zum Besten; 2. Aufrichtung der Ordnung «dieweil
des re^chs aufgericht regiment auch das königL camer-
gericht gefallen vnd nicht mehr in wesen sein"; 3. das
Ablassgeld darf nur nach den Normen des Nürnberger
Begimentsabschiedes erhoben und verwendet werden.')
Maximilian war nicht zu den Berathnngen der Eurfürsten geladen
worden. Allein es war so seine Art, sich auch als ungebetener Gast
einzufinden. Von Ulm aus kündigte er ihnen das Eintreffen eines
Gesandten, Hans von Stadion, an. ^) Als dieser kam, war vielleicht
absichtlich die grössere Zahl derselben bereits verschwunden. ^) Am
» »*<
*) s. das bei MflUer Beichstsgsst. p. 288, abgedr. Schreiben an Maximilian.
s> 8. Malier BeichsUgsst. p. 848 IT.
') S&mmtliche BestimmuDg^en sind abgedr. in dem Urkondenbande zu Banke*t Gesdi.
der Beformation, 4. Auflage p. 28: »Entwurf der Kurfarsten Aber die innere Beiebsord-
nung und das Becbt der Bepressalien, Qelnbansen 1502 (aus dem Weimarer Aiehir).
*) Maximilian an die KurfBrsten, Ulm 2. Juli 1502 (Weimarer Archiv).
') Die KurfQrsten schreiben an Maximilian, dass sie bei Brfaalt seines Briofo schon
.im Aufbruch gewesen sein und Berthold in Aschaifenburg zur Verhandlang mit der Botecbaft
erm&chtigt hätten, dto. Oelnhaasen 5. Juli. Darin lag allerdings viel Verletsekides fOr d«o.
König.
181
9. Juli brachte Stadion dem Erzbischof von Mainz und d^n znrflck^
gebliebenen knrffirstlichen B&then seine Werbung vor. Sie drehte sich
abermals um die Türkengefahr und enthielt die Aufforderung, zu einer
Unterredung mit Maximilian in Speyer oder in der Nähe zusammen-
zukommen. Im Meritorischen jeder Erörterung aus dem Wege gehend,
erwiderte Berthold unter Verweisung auf ein von ihnen an Maximi-
lian abgeschicktes Schreiben, dass sie einer Einberufung Maximilians
an einen gelegenen Ort im Beiche gerne Folge leisten wollen. ^) Da-^
mit hatte die Unterredung ein Ende.
Allem der mühsam verhaltene Groll liess sich bei Maximilians
sangoimschem Temperamente auf die Dauer durch glatte diplomatische
Formen nicht mehr übertünchen. In denselben Tagen, an welchem
die EurfOrsten ihre Einung gegen Maximilian beschlossen, entleerte
Maximilian seine kummervolle Seele vor den städtischen Sathsboten
zu Ulm in so masslos heftigen Worten, dass wir den Hass begreifen,
den er seinem Gegner Berthold bis über das Grab hinaus entgegen-
brachte, Worte, die uns aber auch trefflich über den Ideengang des
Königs seit dem Augsburger Beichstage orientiren. ^) Zuerst wurden
die königlichen Mandate verlesen, durch welche die Beichsuntertbanan
unter Androhung schwerer Strafe zur sofortigen Stellung des Aufge-
botes nach Bruchsal (oberhalb Speyer) aufgefordert werden. Daran
schlössen sich die uns sattsam bekannten Anklagen gegen Ludwig XII.,
der nicht nur mit allen Mächten Bündnisse gegen Maximilian ge-
schlossen, sondern auch der Urheber der Bauembewegung am Bbein
sei, um nach der Eroberung Italiens ganz Deutschland und die Kaiser-
krone zu gewinnen. Aber der Höhepunkt der Anklage gipfelte wohl
in dem Vorwurfe des Hochverrathes, den er gegen die obersten Stände
des Beiches erhob. Ludwig XIL sei der intellektuelle Urheber der
Angsburger Begimentsordnung, die geschaffen wurde, um dem römischen
Könige alle Macht zu rauben und ihn in deutschen und wälschen
Landen der Verachtung preiszugeben. Ludwig XII. habe das Beichs-
<) Bericht im Weiioarer Archir.
*) s. Tertraaliche Mittheilai« MazimUians an die Städte (Klflpfel, Urkd, zor Gesch.
des sdnr&hiBcliea Bondes I. p. 469). Doch mit der Ton Staelin (WflFtemberg. Gefech.
Vf* 4&) aagebraditen Cktrrektur des Datams. MaximiUan ritt am letsten Juni in Ulm
ein. Die Bede kann nicht vor dem 1.- Jali gehalten worden sein« Ein Theil der An*
klagen wurde Tom kgl. Geheimsecret&r Nikolaus Ziegler yorgetragen.
182
repment gegen das Reich in Schatz genommen, insbesondere dem
Erzbischof von Mainz zweimalhmiderttausend Kronen fQr die Erhal-
tung des Beichsregiments geboten und — der Erzbischof sei dieser
Versuchung unterlegen. So sei es Ludwig glücklich gelungen, durch
den Hader zwischen König und Beichsständen sich der Erlangung
der Kaiserkrone zu versichern. Er — Maximilian — habe sein
ganzes Hab und Gut dem Reiche geopfert, nun strecke er seine letzten
hunderttausend Gulden dar. Wenn man ihm — so schwur er mit
aufgehobenen Fingern — jetzt nicht folgen wtirde, so wolle er sein
Lebtag vom Tisch und Bett des Beiches geschieden sein, nichts mehr
fOr dasselbe thun und etwas in's Werk setzen, dessen man sich zu
ihm nicht versehe. *)
Wahrlich, wenn irgend ein böses WortMaximilians das patriotische
Gemfith Bertholds schwer verletzen konnte, so war es dieser arge
Versuch, dessen Lieblingsschöpfung, die Beichsordnung, unter dem
Gesichtspunkte einer hochverrätherischen Gonspiration mit dem Erb-
feinde des Beiches zu beurtheilen. Wir können es nicht läugnen,
Maximilian befand sich damals in einer Art fieberhaften Laune. ^) So
unglaublich es klingen mag, so verschmähte er bereits vierzehn Tage
nachher es nicht, „kraft der Augsburger Ordnung*, dieser Vielver-
l&sterten, die 18 Kurfürsten und Fürsten auf einen für der 15. August
in Gellnhausen anberaumten Tag zu berufen, allerdings mit der Mo-
difikation, dass er die durch die Beichsordnung bezeichneten acht
Stftdte auch hinzuzog. ^) Jetzt musste er doch ahnen, dass ihm aus
'} Was er damit meinte, wird aas der Rede Maximilians vor den französischen Ge-
sandten in Innsbruck klar, wo er mit einem Bündniss mit den TOrken drohte. . Ob Haxi-
milian wirklich — wie Jannssen Gesch. des deutschen Volkes Bd. I. p. 581 Anmerkung
andeutet ~ mit dieser mysteriösen Aeusserung auf einen Kampf gegen das deutsche Für-
stenthom und eine röUige Umgestaltung des Beiches anspielte, möchte ich sehr dahinge-
steUt sein lassen.
*) Ans einem Briefe Maximilians an den Herzog von Mecklenburg, dto. 2. Juli 150S
ist zu entnehmen, dass er damals bereits Versuche machte, sich dem alten 'Freunde
Friedrieh d. W. zu nähern (Conc. Wiener Staatsarchiv).
*) Maximilian an Frankfurt, dto. Ulm 15. Juli 1502 (s. Jannssen Reichscorr.
Xr. 886). Bin Yerzeichniss im Wiener Staatsarchiv besticht sich anf die hiebet ergan-
genen Einlndongen: 6 Kurfürsten, Speyer, Magdeburg, Würtemberg, Mflnster, Herzog AI«
breobt von Baiern, Georg von Sachsen, Bischof von Augäburg, Wfirzbarg, Markgraf fried*
rieh und Christof, Jörg vun Baiern, Wilhelm Landgraf von Hessen, Herzvge Erich und
1S3
den Trfimmem des BeichsregimeiLts im featgeeinteii EurfQrstenlolr
legiiim ein noch viel gefährlicherer Feind erstanden war! Die Jgr-
kenntniss freilich, dass er in den Beihen des verstärkten Beichsregi-
ments noch manchen guten Freund hatte, wenn es galt, der kurfQrst-
liehen üebermacht ein Ziel zu setzen, kam etwas zu spät. Den Eurr
forsten zum Trotz blieb Maximilian bei seinem froheren Entschlus^,
die neue Gellnhauser Versammlung vor die Thatsache eines besohlos*
senen Eriegszuges zu stellen. Am 20. Juli erliess er von Augsburg
ein offenes Mandat an alle Beichsunterthanen, sofort auf ein Jahr
gerüstet im Felde zu erscheinen. Allerdings zählt dieses Aktenstück
die grossen Gefahren auf, die der Christenheit durch die Osmauen
drohen, und betont die Nothwendigkeit eines Türkenzuges. Aber man
merke wohl: Der Umweg, den Maximilian bei seinem Vordringen bis
Constantinopel in Vorschlag bringt, ist ein so absonderlicher, dass
man unschwer erräth, welchem Feinde zuerst die Schärfe seines
Schwertes gilt. „ Nun stehe die Eaiserkrone leider in fremder Hand,
der sie einstens Ünthaten wegen entnommen wurde. Gieugen sie jetzt
ohne jede Gegenwehr der deiit.schen Nation verloren, so werde sie nie
mehr zu erlangen sein \ Darum will Maximilian mit seinem
Heere gegen Bom aufbrechen, die kaiserliche Erone
mit starker H^nd sich auf's Haupt setzen und von da
aus gegen die Türken ziehen!
Den EurfSrsten konnte man es jetzt nicht verargen, wenn sie die
durch ihre Einung geschaffene Situation fQr sich auszunützen suchten.
Heinrich tod Braunsohweig, JOlich. St&dte: Speyer, Augsburg, Frankfurt, Lübeck, Ulm,
Nämberg, K61n, Strassburg (Conc. mit Aufschrift : XV tag angusti zu Oeyluhaasen)« Ma-
ximilian lag sehr yw\ an dem Zustandekommen dieses Tages (die Behauptung Klüpfels
Gesch. Maxim. I. p. 185, die KnrfQrsten h&tten yergebens um Einberufung der 18 Fürsten
gebeten, ist demnach eine irrige). Dem Herzog Albrecht von Baiem schreibt er, die zu
Gellnhausen gewesenen Kurfürsten h&tten Stadion erüffhet, dass sie, wenn sie der KOnig
nach Qellnhausen bescheiden wollte, dorthin kommen werden. Desshalb möge er bestimmt
erscheinen. Allerdings hatten die Kurfürsten im Allgemeinen ihr Erscheinen zugesagt,
aber die von Maximilian beliebte Fassung weicht doch von. dem wahren Sachrerhalt ab.
Der Stadt Strassburg trügt er zugleich auf, für wöchentlich zweimal frische »miUawn* zu
sorgen! Bern Grafen Fürstenberg (dto. Rockenburg 17. Juli 1502) beauftragt er, den
Herzog Ulrich tob Würtemberg znm Erscheinen zu bestimmen (Conoepte im Wiener
StaatsarohlT).
184
Berthold suchte in diesen Tagen den König in Ulm auf ^) und nur
durch die Intervention des KurfQrsten von Sachsen und Albrechts toq
Baiem wurde der offenkundige Bruch vermieden. Dass sich unter
solchen umständen ausser Berthold auch andere Eurfflrsten weigerten,
an dem von Maximilian einberufenen Tag theilzunehmen, ist sehr be-
greiflich. Am 6. August musste sich Maximilian durch neue Schreibea
an die Einberufenen zur Absage verstehen. ^)
Aber die kriegerischen Rüstungen wurden fortgesetzt. Im August
fordert er auch seinen Sohn Philipp zur Hülfeleistung auf. Diesem
g^enüber schien es nicht nothwendig, die wahren Ziele der Unter-
nehmung zu maskiren. Er spricht von der Zuversicht, dass Philipp
ihm helfen werde, um die Beleidigung^ gut zu machen, welche
Ludwig ihnen beiden habe zufügen wollen, und ihr und ihrer Kinder
Erbe vor Verlust zu bewahren. Desshalb möge Philipp ihm seine
gentils hommes sofort zur Verfügung stellen und die nöthigen Man-
date in Flandern und Brabant erlassen. ^) Der Zwist, der damals
*) 8. Bänke, Geseh der Beformation 4. Auflage, Bd. 6 p. 25. »ko. mt. anzeigen • • .*
*) Maximilian an den Bischof Friedrich Ton Augsbarg. MotiTiri; die Absage anS'
drflcUich mit der Weigerung einiger Fürsten, erscheinen zu. wollen, dto. Aogsbnrg
6. Angnst 1602. Ein Schreiben ganz gleichen Inhalts an Ladwig, Bischof yon Speyer
(Wiener StaatsarchiT). In dem bei Jannssen Frankf. Beichscorr. Nr. 829 abgedruckten
Schreiben an die Stadt Frankfurt; eod. dat werden »Yorgefallene Dinge* als Motir an-
*) Zwei französische Schreiben Maximilians an Erzherzog Philipp (Chmel ürkd. etc.
p. 222 ff., beide Augsburg 18. August 1502). Dies der wesentliche Inhalt: Brief I:
Maximilian habe yemommen, dass Lndwig rüste, um die in Italien befindlichen, ihm, dem
Beiche, dem spanischen KOnig, Philipp und dessen Kindern gehörige Länder wider aUes Becbt
zn nehmen. Desshalb habe Maximilian eine Streitmacht gesammelt und sei nach Schwaben
gezogen. Den dortigen Beichsständon habe er alles dargelegt und sie zur AnfsteUnng
einer Heeresmacht, die er mit der seinen yereinen wolle, zur Vereitlung Ton Ludwigs Ab-
sichten aufgefordert. Obwohl sie die Entscheidung von der Zustimmung anderer Beicbi-
stftnde abhängig machten, so habe er doch ein Mandat um bewaffnete Hülfe an das Beicb
erlassen. Er werde sich bis znm Eintreffen yon Philipps Zustimmung weiter rüsten : ». . So
hoffen wir auf Gottes Hülfe, dass wir uns yon unseren Widersachern, insbesondere dem
KOnig yon Frankreich erretten mOgen, welcher es nicht wagen wird, gegen das Unsrige in
Italien yorzngehen«. Brief IL: Ludwig XIL sucht sich mit dem Papst über den Besitz
italienischer dem Beiche gehöriger Landstriche zu yerständigen. Sie schliessen einen Bond
bezüglich des Bestes yon Italien und Neapel, dem Erbe Philipps. Ludwig hat 6000
Schweizer nach Italien gezogen nnd will weitere 6000 schicken, um Maximilian zo be-
kämpfen und Philipp in Burgund anzugreifen. Auch wiU er Ferdinand yon Spanien sqb
185
zwischen Frankreich und Spanien tiber die Theilnng der neapolita-
nischen Beute aasgebrochen, stand Mitte 1502 allerdings zu Gunsten
der ersteren Macht. Kichtsdestowenig war Erzherzog Philipp keines--
wegs geneigt, seines Vaters feinddeUge Absichten gegen Frankreich
irgendwie zu unterstützen. Damals brannte ihm bereits der spanische
Boden unter den Fflssen, und um nur der unbehaglichen spanischen
Atmosph&re zu entrinnen, folgte er Ludwigs freundlicher Einladung
und zog mit Zurflcklassung seines Weibes Ober Frankreich nach seinem
burgundischen Erbe. Ja soweit giengen damals die politischen Wege
des Yaters und des Sohnes auseinander, dass dieser am 5. April 1503
zu Lyon in einem neuen Heirathsvertrag Neapel für den nnmflndigen
Erzheraog Carl zu retten suchte. Was allerdings den Schwiegervater
Ferdinand nicht hinderte, den Besitz dieses Landes ohne Bflcksicht
auf den Vertrag auf kurzem Wege, d. h. durch das Schwert Oon-
salYO^s sich allein zu sichern. ^)
Von Burgund also blieb die erwartete Unterstützung aus. Aber
auch das offene Mandat an das Beich verfehlte seine Wirkung. Ebenso
wenig entnehmen wir den Bundesakten, dass der schwäbische Bund
den gefordeten Zuzug geleistet hätte. Nicht einmal die Truppen,
welche der Anhalter in Tirol gesammelt, blieben beisammen. ^) Ende
August wandte sich zwar Maximilian von Neuem an seine öster-
reichischen Erblande um ausgiebigere Eriegshfllfe. ^) Doch wurde ihm
Calabrien und Apulien rertreiben. Dessgleichen habe er ein Heer unter dem Marqnis von
Betliel in den Quartieren Ton Ronsaillon gegen Spanien aufgestellt. Philipp soll nicht
nach den Niederlanden mrflckkehren, oder doch das Heer benfltzen, um Ludwigs Hass zu
entgehen. Aufforderung zur Bflstung.
^ Bezflglfch dieser Yertr&ge herrscht in den geläufigen Bflchem eine arge Verwir-
rung. Weber, Handbuch der Gesch. Bd. 9 p. 816 Iftsst den Vertrag von Lyon auf
Philipps Reise nach Spanien abschliessen. Haltaus Geschichte Max Lp. 175 spricht von
dem Vertrag lu Blois und s&hlt hiebei die in dem Lyoner Vertrage von 1508 stipulirten
Vertragspanhte auf. Aehnliche rerwirrende Znsammenziehungen erlaubt er sich auch bei
Angabe des Trienter Friedens p. 171. Von all' den das Zeitalter ICaximilians behandelnden
Büchern erscheint Hegewisch noch immer als das rerl&sslichste.
*) Fngger sagt, sie seien dann zur Unterstfltzung Spaniens in den neapolitanischen
Wirren rerwendet worden. Anfangs Norember schreibt Maximilian an Berthold ron Mainz
(s. Jannssen Frkf. Beichseorr. Nr.. 886), er habe seiner Notblage wegen das gesammelte
KriegBToIk wieder entlassen müssen, wesshalb er seinen Tflrkenzug nicht romehmen kOiine.
*) B. Instmetion Maximilians an seine B&the zur Unterhandlung mit den St&nden
186
diese von dem zu Neustadt zusammehtretenden Ausschtlsseii nur in
sehr reduzirtem Masse zu Theil. ^) Mit einem Worte: Maximilian
hatte seinen persönlichen Machteinfluss völlig überschätzt, und wie
zur völligen Schädigung der königlichen Autorität stand hoch jener
unglückliche vom Eurfflrstenvererein ffir den 1. November anberaumte
Oellnhauser-Tag in Aussicht. In dieser Not verfiel Maximilian auf
den Gedanken, im eigenen Namen die Beichsstände zum Erscheinen
auf dem Tage aufzufordern und damit der Versammlung von vorne-
herein die gegen ihn gerichtete Spitze zu benehmen. ^) Um jeden
Preis musste er verhindern, dass man in Gellnhausen vom Neuen an
die AuMchtung der gefallenen Ordnung oder gar an die Erneuerung
des Beichsregiments gieng. Auch dafOr fand er ein passendes Aus-
kunftsmitf el. Er griff selbst den Plan der Errichtung eines Regiments
auf, das er allerdings nach seinem Sinne, d. h. mit sehr beschränkter
Machtbefdgniss und mit seinem Gelde, in der Art, wie er es später
einmal (1505) den Beichsständen zu Eöhi vorschlug, zu organisiren
gedachte. Ein Institut, das nicht so sehr den Zwecken des Beiches,
als denen seines Oberhauptes förderlich sein sollte. Im September
spricht er von dieser Begierung, wie von einer vollendeten Thatsache
und doch war es nicht einmal zur Constituirung gekommen. Vor-
läufig glaubte Maximilian in Sachen der allgemeinen Ordnung genug
gethan zu haben, wenn er wenigstens den guten Willen zu Beformen
an den Tag legte. Für sich meinte er damit das Becht ableiten za
können, zu verlangen, dass zu Gellnhausen ausschliesslich von
den Massregeln der Türkenabwehr gehandelt werde. *) Doch
Berthold von Mainz liess sich durch dieses Manöver Maximilians
keineswegs beirren. War der Gellnhauser Tag von den Kurfürsten aus-
geschrieben worden, so konnten sie unbekünmiert um die königlichen Ein-
ladungen ihn nach eigenem Ermessen absagen oder erstrecken. Sie
der 5 niederösterr. Lande. Er verlangt gegen fVankreich eine Rflstnng top je einem
Reisigen auf 200 fl. Gölte und einem Fnssknecht aof zehn Haben. Ueberdies eine Steuer
Yon 100.000 fl. (dto, GlOsterlen 21. August. Gop. Wiener Staatsarchir).
'} 8. Krones in Beiträgen zur Kunde steierm&rk. Oesehichtsquellen 6. Jahrgang p. 7^'
*) Dies hat schon Ranke, Gesch. der Reform I. 99 (5. Auflage) bemerkt.
*) Maximilian an Frankfurt, dto. 22. September 1502. Mit bitteren Klagen wegen
dQr bisherigen Saumseligkeit des Reiches und Angabe der Gründe, wesahalb das N&ra-
berger Regiment gefallen (s. Jannssen Frankfurts Reichscorr. Nr. 881).
18?
wählten du letetere und TArschoben die Yersammlüng auf tlen 35. No»
vember nach Wfirzbnrg. Wenn sie hieven Maximilian mit der ver-*
letzenden Bemerkung rerstftndigten, dass es sich bisher ja gar nicht
um änen Beichstag gehandelt habe» so gäben sie damit nicht un-
deutlich ihr Erstaunen Aber des Königs unbefugte Sinmischung zu
verstcihen. ^) So peinlich es Maximilian fiel, er musste sich doch ge-
stehen, dass er zu schwach war, den Zusammentritt ded OeUnhausner:
Tages auf eigene Faust zu veranlassen. Es blieb ihm, um die kOnig-^
liehe Beputation zu retten, nichts anderes fibrig, jetzt auch seinerseits
den Gellnhausner Tag abzusagen. Dem Mainzer Erzbischof aber schickte
er ein sehr gBreiztes Schreiben, in welchem er die Stichhältigkeit
seiner firflheren Anschauung, auch mitthun zu dürfen, mit der Bemer-
kung motivirte,. dass mue Versammlung, zu der die trefflichsten geist-
lichen und weltlichen Fürsten und auch die St&dte geladen waren,
und in der Artikel zur Sprache komtnen sollten, die ohne Zweifel
des Königs und Beiches Obrigkeit und Begierung be-
rühren und Fragen, die billig ihm als gekrönten römi-
schen König zustehen, behandelt werden,:von jedermann
für einen Beichstag gehalten werden mflsste. Zugleich
bedeutete er Berthold, dass es nicht weiter. Noth habe, in Wflrzburg
zusammenzukommen, da er jetzt auch den Türkenzug habe
fallen gelassen und Becht und Ordnung durch seine Begierung
schon selbst besorgen wolle. Leider zu spät für die Wahrung des
königlichen Ansehens entschloss sich Maximilian zu diesem Schritte,
den er schon Angesichts des Gellnhausner Tages b&tte herzhaft thun
sollen. «) .V
Am 13. November 1502 ^) kam Maximilian von Donauwörth
nach Augsburg, um am 14. und 15. November sein l&ngst ange-
kündigtes Kammergericht und königliches Begiment auf der grossen
. ^) Dmbisehof von min; an B. VonitiiidstQr, dto, AsQhaffepburg 18, Oktober 1502.
£r sagt in der Absagte: »der ron uns and unseren MitkurfQrsten angesetzte Tag*.
*) Maximilian an Frankfort, Schw&b. Wörth 2. November 1502, und derselbe an
Berthold (Jannssen Frankfurter Reichscorr. 886, 887).
*) Maximilian weilt nicht, wie Staelin im Itinerar Maximilians (Forschungen Bd. 1)
angibt, bis zum 6. November in WOrth. Eine gleichzeitige Aufteichnung im Weimarer
Archiv mit dem Datum 1 9. November sagt : Item die ro. ku. mt« ist vor sechs tagen toi^
Werde gen Augspurg kouien etc.
188
BaUisstabe persönlicli zu inatallireiL Der Akt vollzog sich in feier-
licher Weise. Die Botschafter Spaniens und Neapels,- zwei Herzoge
von Mecklenberg, Eitelfritz von ZoUem, Philipp von Nassau und Hans
Yon Werdenberg standen bei ihm. Anwesend waren femer der Dom-
probst und der Dechant von Augsburg, Ewald von Liechtenstein,
Philipp von Seehberg und Dr. Perlein. Peutiuger als Fiskal-
anwalt erhob im Namen des Königs eine Klage in Sachen des Lfit-
ticher Bischofes. Dann wurde das Kammergericht öffentlich yerkflndet,
welches acht Tage darauf zu Begensburg seine Session begionen sollte.
Zutn Schluss wurde die Errichtung eines aus zwölf Personen
bestehenden Beichsregiments mit dem Amtssitze zu
Begensburg ausgerufen.^)
Das Beichsregiment zu Ntimberg und das Beichsregiment zn
Begensburg! Derselbe Name und doch welch' tief^erschiedener Sinn!
Das dne hervorgegangen aus dem ehrlichgemeinten Streben, es noch
einmal mit der Heranziehung aller in der ständischen Beichsgliederung
vertretenen Elemente zur Bildung einer starken Centralgewalt zu ver-
suchen. Der Versuch war misslungen, weil die Verhältnisse in Deutsch-
land nicht darnach waren, den Ausbau einer ständisch-republikanischen
Verfassung zu begflnstigen.
Das andere brachte den Keim des Todes mit auf die Welt. Vom
König abhängig und bald von ihm vergessen, vom Beiche nicht an-
erkannt, ruhmlos, wie es geworden, gieng es dahin. Wenige Wochen
nach dessen Constituirung begab sich Maximilian nach den burgnn-
dischen Ländern und fiberliess es einem raschen und geräuschlosen
Ver&lle. «)
^) An&eiolmaDgr im Weimarer Aichi? 19. NoTember 1502.
*) Die bei Bänke Gesch. der Beform 5. Aafl. I. 100 Anmerk. citirte Stelle: »An-
dorf 7. April (1508) des reichsregiments wegen der personen, so daran geordnet seiot
wir dann nit so pald erlangen haben mögen Tnd dadurch wiederum in anstand kernen
ist* bezieht sich oifenbar auf das neue Begensbnrger nnd nicht das Nflmberger Be-
giment.
Beilagen.
f" > ^ , r> -■'
/■■--
Instruction der Gesandten des deutschen Reiches für ihre Unter-
handlungen mit König Lnidiwig XU, von Frankreich, Ende 1500, ^)
Die botschaft, so gen Fram^kreich geschickt werden sol, hat nach
yberantwortung der credencz vnd gebnrlichem erbieten von wegen '
churfiirsten forsten ynd andern stende des heiligen reiches anßlng-
klich den verzugk der Schickung zu entschuldigen also: als ko. mt.
auch churfursten forsten vnd andere stende alhie in treffenlicher hand-
lang gewest, Ordnung im heiligen reiche zu handthabung fridens vnd
rechtens vnd zu widerstandt dem Thurckön vnd andern anfechtern der
Cristenheit vnd des Römischen reichs forzunemen, were von etlichen
stenden vnd geweiten mercklich vnd vnmenschlich beswerung vnd in-
bruch, so der Thurck wider dieselben vnablftsslich übet, forbracht
vnd vmb hilf vnd rettung angerufen; derhalb die notdurft erfordert
hett, der gemelten eingriffe als der nechsten forsehung zuthun; da-
rüber dann ko. mt vnd stende etlich zyt lang gesessen vnd des, souil
möglich gewest, notdurftig Ordnung vnd fursehung forgenommen hetten,
damit den eingriff des Thurcken etlicher mauss widerstandt gethan
wurde, bis man sich in die andern stattlichen hilf geschiken vnd in
*) Im Wiener geh. Staatsarchir befindet sich eine Belation der Beichsoratoren :
Wolf Graf za Nassaa, Heinrich Bitter von Bflnaa und Dr. Qregror Lamparter Aber ihre
Beise nach Frankreich 1500 — 1501 unter dem Titel: Die handlung, so wir des heiligen
Bomischen reychs oratöres . . . Tf desselben beuelhe ynd Instruction by koniklicher wirde
yon Franckreich geiebet ynd gehandelt, ist nachuolgender gestalt ergangen Tnd furgenomen
worden TngeTarlich allhie msers behalts yf das kartzest begriffen.* In dieser Belation
sind die einzelnen Instroctionspunkte wörtlich aufgeführt und die sich daraus ergebenden
Verhandlangen aosfOhrlich angeffigt. Wir beschränken uns im Obigen darauf, die Instruction
zu reproduziren. .
192
Ordnung mit hilf anderer Gristenlichen geweit bringen mdcht; das
hett etwas zyt gebracht, darumb dann die botschaft bisher verhalten
vnd verzogen wäre.
Ferrer so wirdt hertzog Fridrichs, churfdrsten von Sachsen,
vssenplyben auch zu entschuldigen sin also : wiewol gemelter hertzog
von den stenden des reichs für botschaft; zur ko. wirde gen Franck-
reich verordnet vnd ansehen auch kein ander meinung gewest dann
ine zu schicken, so were doch das durch die angezeigten des Thurcken
eingriff verhindrung zuge&Uen, also daz zu furderlichem widerstandt
vnd slewniger vfriohtung vnd yolnziehung des reichs Ordnung vnd
fumemen derselb hertzog Fridrich als ein churfdrst vnd einer der
vordersten glider des heiligen reichs mit etlichen andern verordent
vnd gesatzt die berurten Ordnung vnd Airnemen des heiligen reichs
helfen anzufahen v&urichten vnd in wesen zubringen, damit die zu
frucht vnd gutem ende erschiessen, darumb dann er dismals zukomen
verhindert were ; doch nicht destminder, wo die Sachen zwischen beiden
kinigen vnd kunigkreichen obgemelt sich zu friden vnd einigkeit
schicken vnd des gemelten hertzogen persone notdurftig sin, wurde er
zu beschluss vnd volnziehung angezeigter Sachen auch komen, in massen
er dann des von den stenden des reichs sonderlich beuelhe vnd macht
het und wurde daruf die ko« wirde zu bitten sin sollich des hertzogen
vsplyben dismals vs angezeigten redlichen verhindrungen vnd vrsachen
vnd keiner andern meynung zuuersteen mit andern derglychen ftig-
klichen fruntlichen werten vnd erbietungen, so die vernünftig botschaft
wol vnd wyslich wirdt wissen zu finden, vnd darnach zu erzelen, wie
churftirsten fursten vnd stende, alhie auf geinwurtigem reichstag ver-
samelt, der ko^n wird von Franckreich betten thun schryben, nachdem
sie vf erfordern der Bo«» ko«^ mt. alher zu geinwurtigem reichstage
von gemeynen obligenden der heiligen Cristenheit vnd des heUigon
Bo«» reichs notdurften vnd beswerungen vnd sonderlich von dem wider-
standt gegen den feind Gristi dem Turcken furzunemen zu handeln
komen weren, betten sie etlich irrung vüd mishellung zwischen der
Eon ion mt. auch der ko^^ wird von Franckreich vemomen, darumb
sie furgenomen ire botschaft zu der ko^i wirde zu fertigen vnd daruf
gebeten, inen siner kon wird gemüte in solichem zu eröffnen auch
dieselben botschaft mit. geleit zu forsehen etc. wytters inhalts sollicher
Schrift daruf sin koe . wirde den churfursten flirsten vnd andern stenden
198
«
iD Schriften frontlich antwurt geben mit anzeige, wie sin ko» wirde
soUiclier botschaft erfrowet were, auch der also wartend sin wolt.
het auch danif derselben botschaft geleyt in offner form zugeschriben.
des betten churfursten forsten vnd andere stende alhie versamelt,
guten willen vnd gefallen entpfangen vnd daruf diso botschaft zu
sinen ko^^ wirden abgeuertigt vnd in beuolhen, sinen ko^^ wirden an-
fängklich des ieczgemelten gutwilligen erzeigens fruntlichen vnd grossen
danck zu sagen mit erbietung soUichs fruntlich zuuerglychen vnd zu
verdinen. vnd darnach vemer zu erzelen dise nachuolgende meynung:
churfursten forsten vnd ander stende des reichs stelten in keinen
zwyfel, der ko^ wirde zu Franckreiche were offenbar vnd kundig wie
gar beswerlich vnd vnmenschlich der grusamlich Thurck die Gristen-
liehen geweit vnd stende lang zeit her angefochten, der etweuil vnder
sich zu seinem Thurckischen gewalt vnd glouben genötet vnd Gristen-
lich lande gewüstet vnd sunst vnmenscUicher wys gepeinigt vnd be*
schedigt bette, auch wie derselb Thurck desselben noch for vnd für
ie lenger ie mer in stettiger empsiger arbeit vnd trachtung stunde,
het sin macht in die cristgloubigen dermas erwytert vnd erstreckt,
daz wo nit in der zyt dagegen dapferlich getracht vnd widerstände
gethan wurde vnzwyfel sin mocht dermas vberhandt nemen vnd sin
fomemen also wyt wachsen, daz söUichs nit allein dem heiligen Bö-
mischen reiche vnd desselben stenden sonder allen cristgloubigen
kingkreychen vnd geweiten vnd vnserm heiligen Cristenlichen glouben
zu vnuberwundtlichem nachteile schaden vnd abbrach reichen vnd
fallen wurde, wann aber sollichem mechtigen des Thurcken gewalt
durch ein kungkreich gnugksamlich zubegegnen nicht möglich, auch
söllicher handel nit allein ein reiche sonder alle Cristenlich geweit
vnd den gemeinen Cristenlichen glouben, darumb ein ieder Grist*
gloubiger zu fechten schuldig, betreflTent were, daramb vnd damit
dem Thurckischen gewalt dester dapferer vnd stattlicher vstreglicher
widerstandt beschehen möcht, so wer durch die stende des Römischen
reichs betracht, daz zu vorderst nutz not vnd gut were, daz die irrung
vnd mishellung, so sich zwischen der Bo^ io^ mt. vnd der ko^^ wirde
zu Franckreiche hielten, zuuorderst hingelegt vnd die beide kinig vnd
kungreiche als die vordersten Cristgloubigen geweit in fride söne vnd
einigkeit gestelt, damit durch ire versampte macht dem Thurcken
dester dapferer widerstand gethan werden mochte, dauon vnd so der
KranSy Nflrnb, Beichsreg. 13
194
kon wirde gemnte zu sollichem loblichen farnemen gegen dem Thnr-
cken geneigt ynd anch gegen dem heUigen Bo^^ reiche vnd desselben
stenden zu fhmdlichem gutem willen beging vnd vrbiüg ts sinen
Schriften ynd anderm zu mermaln vermerclt, so betten sie die botschaft
zu der koi^ wirde abgeuertigt mit beuelhe anfängklicb von den irrungen
md mishellungen zwuschen der Bo^ ko» mt vnd der ko^ wirde zu
Franckreich zu handeln, dieselben zimlicher wys hin zu legen, aach
zwuschen beiden kungkreichen, nachdem die yon alter als dann die
ko<» wirde von Franckreich in eiuer missiuen an die churfnrsten des
heiligen reichs, des vordem iars vsgangen^ selbs angeregt hett, in
frintschaft vnd Vereinigung gewest wem, widerumb fruntschafb guten
willen vnd Vereinigung zu machen zuemewen vnd vfrichten zuhelfen
auch mit der ko^ wirde von Franckreiche zu betrachten zu ratschlagen,
vnd zu handeln wie vnd wöllicher mas dem Thurcken widerstand zu
thun auch nachdem sölUch fumemen den gemeinen Gristenlichen
glouben betreffent vnd aller Cnstenlicher geweit gemeyn werck sy
zu handeln wie ander Cristenlich kung vnd geweit vnd sonderlich
vnser heiliger vater der babst zu sollichem fumemen vnd werck zu
bewegen vnd wie die ding zum besten fnrzunemen syen.
Ynd aber dise sachen zu vordrest vf der freuntschaft vnd einig-
keit beider Mnig vnd konigkreyche als der wurczel vnd grundtuestin
mwe, syen churfursten, fursten vnd andere stende des reychs zu sol-
licher fruntschaft vnd einigkeit irs teil souil mer geneigt, souil sie
wisten vnd erkenten, daz der beider kinig vnd kinigkreych mysshel-
lung dem obangezaigten werck vnd dem ganczen Gristenlichen glouben
mer schedlich vnd ir fruntschaft vnd einigkeit demselben mer er-
schieslich vnd vnfruchtbar were etc, dieweyl aber in vor zyten Bomisch
keyser vnd kinig loblicher gedachtnus zwuschen dem heiligen Bo^^ reiche
vnd der cron zu Franckreich zu ere vfenthaltung vnd merung nit
allein beider reiche sonder auch des heiligen Cristenlichen globens
einigung vnd vertrege (als die stend nit zwyfelten in der cron zu
Franckreich vnd zuuor der ko^^ wirde vnuerborgen were). vfgericht vnd
gemacht haben also, daz kein teil dem andern sin gemelt stende oder
vnderthanen vnder sich ziehen, die annemen, schützen noch schirmen
solt etc. wie man dann das in den vergangen hendeln des heiligen
reichs manigfaltigklich angezeigt finde, vnd aber die cron zu Franck-
lich sich in das heUig Bomisch reiche wider angezaigt vertrege vnd
einigung getrungen vnd ettweuil eingenomen vnd noch inhabe, das
dem heiligen rych zustendig vnd zugehörig, so sy vorderst notdürftig,
damit einigkeit vnd fruntschaft zwuschen beiden kinigen vnd kunig-
reychen dester bestendiger vnd fruchtbarer sin möge, daz die ko.
wirde zu Pranckreiche des, so sie innhabe, dem Ro^» reiche zustendig,
abstee vnd das der Ro» ko^ mt. vnd dem heiligen reiche widerumb
zu banden volgen lasse vnd sonderlich daz sie ir volck vnd houptlut,
so sie in Italien zu beswerung der stende daselbst, die dann dem
heiligen TSixy^ reiche on alle mittel vnd sunst niemand zugehörig oder
vnderthan syen, ligend hab, die dieselben stende als nämlich den
marggrauen zu Mantua, herczogen zu Ferrari, den grauen zu Meren-
dula vnd andern etc. mit anfordrungen mercklicher sum gelcz ztibe-
sweren vnd der cron zu Franckrych vndertänig zu machen vndersteen,
zuuor vnd on alles verziehen abuordre vnd die gemeltön stende als
des Bß^ reichs vnderthan, darczu ein Bo>^ köüig in Italien in Sonder-
heit gekrönt werde, damit vnbelestigt lasse, wann s611ichs alter frunt-
schaft vnd einigkeit widerwertig vnd dem Bo» reiche keins wegs ley-
denlich, das sy zum vordersten mit ernst zu anden vnd zu bitten
beaolhen, wann one das, daz das volck wie obgemelt abgeuordert
werde, nichtz fmchtbars oder verfengklichs zuhandeln sein in keimen
wege, inmassen die ko^ wirde sollichs vn zwyfel selbs der billichait
vnd Botdurft zuermessen wist etc. mit andern derglychen fngklichen
freuntlichen werten vnd reden, die die botschaft wol vnd vemunftig-
klich wirdt wissen zufinden.
Daruf ist der konig von Franckreych antwurt vnd gemut zuüer-
nemen vnd wo der kunig die beswerung gegen den stenden in Italia
nit abschaffen vnd sin volck abuordern wolt, sol die botschaft doch
vlys forkem, daz der kuug mit demselben volck in Italia gegen den
stenden doselbst stillstee vnd die nit wyter beswere etc.
Ynd demnach hat die botschaft des herczogthumbs halber zu
Meylandt vf die antwurt, so dem konig nechst deshalb gethan ist,
zu erzelen, wie sie derselben sachen halber, inmassen Aem konig zu-
geschriben, beuelhe haben vnd also : diewyl der herczog von Meylandfe
mit verwilligung der churfursten des heiligen reichs durch die Römisch
konigklich mt des herczogthumbs zu Meylande, das dem heiligen
Roi^ reiche on alle mittel vnd widersprechen zustee vnd des reichs
camer von alter gewest vnd noch sin soll, sin lebenlang belehent vnd
13*
196
innestiert, so sy er desselben nach bednncken der Bo» ko^^ mt ooch
churfursten fürsten vnd andren stende des heiligen reichs vnbillicher
wys im rechten vnerfordert vnd vnerlangt mit selblicher gewalt ent-
setzt vnd spoliert vnd nit vnbeswerlich ine als einen forsten des reichs
dermas von des reichs eigenthamb geweitigt zu wissen oder zu leiden,
weiten wol, wo die konigklich wirde gerechtigkeit zu dem herczog-
thumb zuhaben vermeint, daz sie sich geburlichs rechten vnd keins
gewalts gebrucht hette, was im dann recht geben, hetten konigklich
mi vnd stend des reychs ime wol gegonnet, aber dermas der ko^^ wirde
belehnung oder des bewilligäng zu thun, zwyfelten sie nit, die k^ wirde
mocht selbs ermessen vnd versteen wie vnloblich das der kon mt
auch churfursten forsten vnd andern stenden des heiligen reichs by
andern nation erlauten vnd gemessen werden mocht vnd daz inen
söllichs dermas keins wegs foglich noch thunlich sey etc. mit der-
glychen fogklichen reden.
Daruf ist des konigs antwort vnd rede aber wyter zuuememen
vnd darnach aber verrer zu handeln vnd anfingklich zu vndersteen
die Sachen dahin zu arbeiten vnd zu bringen, daz er das herczogthmnb
als ein eigenthumb des reichs vs sinen handln in ein gemein hand
stellen vnd vmb sin vermeint gerechtigkeit recht vor der ko» mt vnd
stenden des reichs nemen wolt in einer nämlichen zyt oder mit einer
zimlichen mas, wie man dann des leydenlich wege by im finden vnd
erlangen mocht
Wurde er aber das recht abslagen vnd nit sunst einen lyden- j
liehen wege anzeigen, so ist die sach des geweitigen entsetzens durch
die botschaft zu besweren, mit anzeige wie vnlydenlich söUichs der
ko° mt vnd den stenden des reichs sye, och zu was vnrate sollichs
erwachsen vnd was gelegenheit vnd vorteil dem Thurckischen for-
nemen darus entsteen mocht, inmassen die vernünftig , botschaft sol-
lichs mit gutem grundt vnd vrsachen wol hat furzubringen vnd dem-
selben nach vf ein ander mittel zu arbeiten.
Erstlich daz der konig des hertzogthumb abstee vnd das der
ko>^ mt vnd dem heiligen reiche zu banden stelle vnd for sin ver-
meint gerechtigkeit ein zimlich sum geltz oder sin lebenlang ein
lydenlich pension oder ein statt oder zwo, wie man das finden mag,
neme. sy der botschaft zuuersicht, daz by der koi^ mt vnd stenden
197
des reichs vmb fridlebens willen, damit das fumemen gegen dem
Thurcken nit verhindert werde, auch willen zu erlangen.
Ob auch der kunig von Franckrych einen andern lydenlichen
wege vsserhalb diser instruction furschlagen, dauon die botschaft zu
handeln fugklich ansehen wurde, daruf mag die botschaft auch in
besten bis vfs ewsserst handeln, doch alles vf wider hindersich bringen.
Vnd so der konig von Franckrych mit der botschaft des Thurcken
halber zuhandeln fumemen wirdet, soll die botschaft anfängklich er-
zelen, wie nach etweuil handlungen ietz allhie allerley Ordnung zu
ynderhaltung der Gristenheit vnd B6mischen reichs desglychen auch
ein endlich hilf vnd mercklich volck zu einem steten krieg mit an-
dern etc. zu tapferm vnd vstrigenlichen widerstände dem Thurcken
vnd andern anfechtem des Bo» reichs furgenomen vnd beschlossen
vnd kein ander meynung sy, wann mit hilf der cron von Franckrych
vnd ander Oristenlichen konig vnd geweit dapfem widerstandt dem
Thurcken zuthun. diewyl'aber die ko. mt. vnd stende des rychs ver-
standen, daz die ko« wirde von Franckrych gegen dem könig zu Nea-
polis in vordrungen irungen vnd villycht in fiimemen steen, s611e sy
zuvorderst notdurftig dieselben irung vnd fiirnemen in ruw zustellen,
damit dem Oristenlichen werck, so wider die Thurcken geübt werden
sol, nit Verhinderung darus enstee, als schinlich vnd on zwyfel vor
ougen sy. wann die Bomisch ko. mt. vnd stend des reichs haben
warlich vnd glouplich bericht vnd anzeige, wo Neapolis wyter von
Franckrych trungen oder angefochten werden solt, daz er den Thur-
cken zu hilf wider in nemen vnd den Thurcken in sin kunigkreich
einlassen dardurch dem Thurcken lychter eingang in gancz Italia;
nachfolgent Franckreich, Teutsche vnd andere Gristenliche land offen
sin. zu was beswerungvnd last das reichen wurde, sylychtlich zuuersteen.
vnd darumb der ko^^ mt. auch der stende fruntlich bitt, daz die ko. wirde
söllichs betrachten vnd ir fumemen gegen Neapels abstellen w61t
Damf ist abermals Franckreichs antwurt zuhören vnd wo er
sich durch die rede von sinem fumemen bewegen lassen wölt, so
ist fartter durch die botschaft vf mittel vnd weg zu arbeiten, die
irrung hinzulegen als ndmlich daz Franckreich ein sum geltz oder
ein iirlich pension sin lebenlang oder von dem heiligen Boi^ reich ein
recompens für sein vordrang nemo oder sunst derglychen lydenlicher
wege sich settigen vnd den konig vnbemuet lasse, ist die zuuersicht
196
Nj8apolis soll sich ymb firidens willen durch die ko. mt. lydenlicheT
wege auch wysen lassen, damit die sachen zu ruw komen vnd dem
Thurcken destbas widerstand durch ir aller hilfe beschehen möge.
Als dann, so die Neapolischen sache auch vf zimlich w^e vnd
mittel gefast vnd gestelt, ist wyter vom Thurckischen handel zu
reden vnd zu handeln, wie die sachen furzunemen, wie der babst vnd
ander Cristenlich geweit auch vmb hilf zuersuchen sy, auch von mauss
einer einung im Turckischen handel zu reden, damit ieder teil wisse,
wes er sich zu dem andern versehen solle.
Vnd zuletst nach diser handlung ist auch des herczogen von
Meyland porson halber zu handeln, nachdem man dem kunig zu
Franckreich necbst seinthalb auch geschriben vnd gebeten hat, den
firpitlich bis vf zukunft der botschaft zuhalten, daruf sich Franckrycli
fnmtlicher antwurt vemiemen lassen hat. darumb zu handeln sein
wirdcit, wie sin person erledigt vnd dieselb sachen zwuschen Franck-
reich vnd dem herczogen in bericht werden muge.
Wurde aber der konig von Franckreich gancz vnschicklich im
handel begegen, also daz nichtz fruchtbars des Vertrags halber zwuschen
dem Born könig vnd dem heiligen Bömischen reiche vnd Franckieicli
zu handeln sin wurde, so soll doch die botschaft vlys haben ein gut-
lichen anstände zwuschen beiden königen vnd konigreychen zu l^eta-
digen vf ein nämlich zyt als bis pfingstn oder derglychen, wie dann
die botschaft soUiqhs zum besten erlangen mag, damit man sich in
mittler zyt destbas schicken möge.
Maanmilian an den (Erzhiachof von Mainz). Uebersendet du
für die Botschaft nach Frankreich bestimmte Instruction, Steinach
16. September 1500.
Maximilian etc.
Erwirdiger lieber neue vnd churfiirst. wir (schicken) senden deiner
lieb hiemit die Franckreichisch Instruction, darynn wir etlichs, daz
vns not vnd gut bedunckt, geendert haben, als du sehen wirdcst.
darnach begem wir an dein lieb mit ernst, du wellest dieselb in-
struction noch einmal mit der endrung, wie die beschehen ist, vber-
sehen vnd dieselben mitsambt den artigkln, so dazu gehorn vnd du
bei deinen banden hast, grafen Adolfen von Nassaw [vnd Hanrichn
von Punaw] bey disem postpoten gen Wisbaden, ob [sy aber] von
199
dannen yerrackt vnd nit daselbst wem, gen Trier, dahin wir sy be-
schaiden haben, zuschicken vnd das nit lasset, daran tut dein lieb
vnser meinung vnd gut geuallen. [wier schicken auch] deiner lieb
[hiemit zue ain zedl, wes sich sey zuuersehen, das sich der ku. van
Frankreich pebillige, aber sy ist vns gancz noch also vnleidlich]. die
solt du den gemelten von Nassaw vnd Punaw auch mit senden, sich
destpass in die handlung wissen zuschicken, datum Stainach an mit-'
boch nach des heiligen tag exaltacionis XY^^-
Lit. clauB. flOchtiges Goneept mit autographen Zasätzen Maximilians Innsbrucker
Statth.-Axchiy. Die mit nrnden Klammem Tenehenen Stellen sind dnrchstrichen, die mit
eckigen Klammern Tenehaiien tob Maximilians Hand geschrieben.
MaanmUian an Qraf Adolf von Nassau und Heinrich von
Bünau. Uebersendunff der Instruction sammt eines Beizettels. Stei-
nachy 16. September 1500.
Maximilian etc.
Wolgeborne vnd lieben getrewen. wir schicken euch hiemit die
Franckreichisch Instruction mit sampt etlichen artickeln, so darzu ge-
hom, als ir sehen werdet, vnd empfelhen euch darauf mit ernst, das
ir also von stundan ziehet ynd laut gemelter Instruction vnd artickl
handlt. auch disen poten bey euch behaltet vnd mit euch in Franck-
reich nemet, damit er wider mit ainer antwort, so euch auf ewr
Werbung gegeben wirdet, zu vns oder vnsem regiment zu Nürnberg
postir vnd reit, ir sullet auch durch vnsers suns vnd forsten erzherzog
Phüipps von Osterreich vnd Burgundi rete, so bey dem kunig von
Franckreich sein, als vndertedinger handln lassen vnd euch derselben
gebrauchen vnd mit irem rat auch darinnen handeln, damit des kunigs
von Franckrich maynung nach laut der beyzedl, so wir euch mit der
instruction schicken, muge gezeign vnd gepessert werden nach laut
ewr hawbtinstruction. ir sollet auch der sachen betreffend den bischof
von Tomay, des herm von Vilemo vnd des herm von Sicon, wie euch
dann solichs in dreyen zedeln vberantwort wirdet, bey dem kunig von
Franckreich zu handeln nit vergessen, daran tut ir vnsem willen vnd
ernstliche maynung. gegeben zu Stainach an mittwoch nach exalta-
tionis crucis anno XY^-
Dem wolgebomen ?nsem md des reichs lieben getrewen Adolfen grafii zn
Nassaw, herm zu Wisbaden Tnserm stathalter Tnser lande Geldern ynd Zntphen
▼nd Hainrichn ron Panow ynsem reten.
Ut. Claus, flflchtig gesohr. Goneept. Innsbrucker Statth .-Archir.
200
Maanmüians Instruction für seine Mäthe beim Nürnberger
Reichsregiment Walter von Stadion und Dr, Oeorg von Neudeck
bezüglich des Inhaltes der Instruktion, welche den nach Frankreich
zu entsendenden Botschaflem, Adolf Orafen von Nassau und Heinrich
von Bünauy mitgegeben wurde, Lienz 11. Dezember 1500. HU
autogr. Zusätzen Maximilians.
Maximilian etc.
Instruction, was der ersam gelert vnd vnser getrewen lieben
Walther von Stadion vnser pfleger zu Vellenburg vnd doctor Jörg von
Neydeckh, vnser rät bey vnsem vnd des heyligen reichs Statthalter
vnd r^iment zu Nurmberg handeln vnd werben sollen.
Anfängklich inen zue sagen vnsem fruentschaft genad vnd alles
guet vnd domach zuerkhennen zu geben, wie hernach volgt.
Anf&ngklich als sy vns yeczunden bey dem wolgebomen vnserm
lieben getrewen Eytlfridrichen grauen zu ZoUem vnserm rat vnd haubt-
man vnserer herschaft Hochenburg geschryben vnd in derselben
geschrift anzaigt haben, das sy der handlung halben berurendt den
khonig von Franckhreich auch das fiimemen, so yecz in Italien beson-
derlich wider die, so an mittl dem heyligen reich vnderworfen sein,
gevebt wurdt, gern allen vleyß thuen vnd vnsem guet bedunckhen
darinnen vememen vnd haben wollten.
Auf sollichs haben wir dem handl mit guetem vleyß nachgedacht vnd
achten darfuer, wo dem vorgemelten des heyligen reichs verwonten
vnd vntertanen in Italien stattlichen vnd tapferlichen geholfen werden
soll, so haben wir auf diß nachuolgend artigkhl gedacht, die die
stendt vnd reichsregiment zu Nurmberg handeln [mochten doch auff
jer beitem rat vnd guet bedunknt^]. vnd nemblichen der potschaft,
die sy fj^^^z] ui Franckhreich haben, weiter zu handeln bey dem khonig
beuolhen auf [ain] mainung [vngeuerlich], wie hemach volgt, so ver-
hoffen wir, das durch soUich handlung des heyligen reichs verwonten
vnd zugehörigen [in Italia] dest dapferlicher geholfen mog werden
[vnd pey dem reich vnd Deutscher nacion behalten].
Am ersten das den gedachten geschickhten in Franckhreich in ir
Instruction gestellt wurdt, die stendt des heyligen reichs soeben, das
ain ewiger zwittracht vnd vnlust zwischen dem Komischen khonig vnd
khonig von Franckhreich erwachsen will, dieselb zwittrecht nun allain
geschwebt ist ain zeit, darab die stendt des reichs ain mercklich be-
201
schwamuß haben, dann durch sollich zwittrecht der veindt Cristi der
Turckh allzeyt vber das Cristenlichen pluet vberhandt gewindt.
So haben die stendt verstanden, das der grundt sollicher zwit-
trecht herfleust des hertzogthmnbs Maylandt vnd ander Sachen halben
das reich belangendt auß dem das der khonig von Franckhreich ver-
maint auß ^nccession hertzog Johannsen tochter, der im dann söUich
erbschaft vbergeben hab mit derselben in heyrats fiirworten, das er
zu solher succession auß solhen vrsachen vnd proprietet khomen solle
vnd darauf von dem Bo^^ Uiayser oder khonig pillichen belehendt werde
an widersprechen.
Herwiderumb so vermaint der Bomisch khonig, das herczog Jo-
hanns nicht macht gehobt hat sölhe f&rstenthumb vnd seine regalia
zu kheren auf sein tochter, angesechen, das khain Bomischer khayser
oder khonig solhs verwilligt hat vnd er von dem heyligen reich damit
belehendt gewesen ist als ain ander fürst des reichs vnd erst auf
ainer conmiunitet als camera imperialis geredigiert in principatum.
so dann sein manlich stamm abgestorben ist vnd nach des reichs
gewonhait vnd herkhomen dhain tochter die regalia vnd lochen des
reichs empfengklich sein soll, so vall pillich dieselben camere oder
principatus imperialis zu belechen widerumb auf den Komischen khunig
vnd das heylig reich.
Vnd so nun yetzo widerumb solh furstenthumb Maylandt dem
Komischen khonig vnd dem heyligen reich zu proindiciren zuesteet
durch die täding, so hertzog Ludwig gemacht hat mit des khonigs
von Franckhreich obristen stathalter, dem von Lini, an stat seins
herm, des er dann khain macht gehebt hat, nachdem sölh fursten-
thumb an mittl dem Bo. khu. vnd dem heyligen reich zuesteet, me-
wol er darzue hochlich gedrungen ist gewest, so wollen doch die stendt
des heyligen reichs in die Sachen sehen vnd den handl mit Maylandt
vcm wegen er vnd wolfart Cristenlichens gelauben, wie dann der khonig
von Franckhreich selbst auch anzaygt, vndersteen zu messigen zwischen
dem Bomischen khonig, khonig von Franckhreich vnd hertzg Ludwigen
von Maylandt.
Ynd^ haben darauf die stendt des heyligen reichs graf Adolfen
von Nassaw, Hainrichen von Bunaw vnd doctor Lamparter zu dem
khonig von Franckreich geschickht von im zuerkhunden, was sein
mainung sey, widerumb dem Bo^^ khonig vnd dem heyligen reich ze-
202
iliuen, ob sy in belechneten mit dem furstenthumb Maylandt, anch
was er hertzogen Ludwigen thuen wollt sein lebn lang nach des khonigs
von Franckreich tod vorbehalten dem heyligen reich vnd menigklich
seins rechtens domit die yeczig zwittrecht muge aufgebebt werden vnd
den vngelaubigen dardurch forderlicher widerstand! bescheche; deßge-
leychen, wie er es halten will mit Napels, welches auch in schirm
des heyligen reichs ist als ain afterlehen des stuels zu Eom, demselben
stuel solhs durch Bomisch khayser oder khonig verlechendt vnd ver-
gunndt ist. So sy nun des khonigs von Franckreich antwurt versteen
werden nemlich also etc.
Das er wollt haben Napels vnd Maylandt behalten vnd wollt das
selbig gegen dem heyligen reich verdienen wider die Turgkhen oder
ander des heyligen reichs widerwertigen doch ausgenommen sein alt
pundtgenossen als pabst, Hungern, Venedig vnd Schweytzer, derent-
wegen sy im also sein famemen widerlegen sollen nach laut irer
vodem instruction vnd doch entlich zu letst doraufkhomen etc. als des
reichs regiment vnd rat sölhs auf diss nachvolgendt artigkl minder
oder meer schliessen werden.
Item das sein die mittel, so hoffenlich sind, das der khonig von
Franckhreich die annemen, wo man sich etwas in die gegenwer schickhen
wurde vnd die Waischen, die noch dem heyligen reich anhangig wem,
mochten mit lieb vnd hilf als vorhanden [waer wo man fuderlich dar-
czue taet] vnterhalten werden.
Am ersten, das er vom reich belehendt wurdt als herczog von
Mailandt vnd dargegen sollt er auch die gehorsam vnd ayd thuen
als sein vorfodem gethan haben, doch soll er allain belechendt werden,
für sich allain vnd nicht für sein nachkhomen vnd 90 der khonig von
Franckhreich des zufriden ist, das er als dann bemelter massen von
stundan darauf belechendt werde [sein leb^n lang vnd] er soll auch
dem heyligen reich darauf sein gepurlichen ayd thuen.
Darauf soll er hertzog Ludwigen vnd sein prueder den cardinal
ledig lassen vnd dem hertzogen recompenß thuen nach laut des trac-
tats zu Nouarra, den der khonig schuldig ist zuhalten, wiewol die
seinen sagen, das der von Lini zu derselben zeyt nit obrister istatt-
halter sey gewesen, so ist doch zeugnuß genueg vorhandten, das ers
gewesen ist.
Item so er solhen ayd vnd gehorsam dem reich gethan hat, soll
20»
er dem reich vortann fdr menigklich verwondt sein vnd helfen das
reich zu beschütten vnd dem zu dienen als des heyligen reichs fürst vnd
verwandter, wie dan ander des heyligen reichs forsten ire furstenthumb
vnd lechen von dem Eo» khonig vnd dem heyligen reich verdienen
[dan] von alter bey zeiten löblicher gedachtnuß Bomischen khaisern
vnd khonigen vnd die krön zu Franckreich, do derselbn krön vil fur-
stenthumb vom reich znegetaylt seindt gewest [hab^n sich dy kunig^n
van Frankreich auch vnterbarff^ mit den selben laud^ dem heiligen
reich].
Er solle auch KM cron oder ducaten von wegen seiner inuestitur
ausrichten vnd bezalen [in dy kanczley) von wegen der belechung
Maylandt.
Antreffendt das konigreich Napels soll der khonig von Franck-
reich still steen das zuebekriegen piß auf erkhantlikhait domit er
das nicht wider pillickhait anfocht [oder] es soll im der khonig von
Napols geben in dreyen jaren III^ ducaten vnd darumb Gaietta in
Bor Uiur xnt handt zu vnderpfandt geben vnd soll der khunig von
Franckhreich den khunig von Napols vnd sein manlich erben in dem
khunigreich vngeirrt lassen vnd in für ain sun annemen. vmb solhen
tractat soll der khonig von Napols etc. dem reich widerumb etc. thuen
alle jar zu widerstandt der Turckhen L^ ducaten vnd IM in beneuicien.
doch zaigt kho. mt. solhs allain des reichs stenden an. ^)
Item der khonig von Franckreich soll auch dem Bomischen khonig
vnd dem reich helfen wider die Turgkhen mit ICm cron all jar als-
lang der zug wert vnd VC kurusser zu V pferden von seiner ordinantz
vnd das cruciat in seinem reich lassen geen doch zu hilf dem Bo° kho-
nig als dem obristen haubt [der krist^nhait].
Es soll die alt ainigkhait zwischen der cron von Franckhreich
vnd dem heiligen reich vernewt werden.
Der khunig von Franckreich soll auch dem Bhomischen khunig
alle tractat, so vormals zwischen seiner mt. als fursten des hauß
Burgundi vnd Franckhreich gemacht ist, halten [vnd dem nachkomen] ;
*) Zu diesem Artikel hat MazlmiliaD an den Rand geschrieben: uota dy 1II<^M
gl. soUen gepot«a werden for den stUstant vnd erst den stilstand der dreien jar. Zu
dem letzten Satz dieses Artikels: »doch zaigt ... an* schrieb Maximilian »recht* um\
zeichnete eine hinweisende Hand daza.
204
derentwegen soll kho. mt. den tractat, so Franckbreich mit ertz-
hertzogen Philipsen gemacht hat [leczt] bestatten, domit aller natür-
licher vnwill angehebt werdt.
Item der khonig von Franckbreich soll dem reich [Cham] Gla-
nenna Yeltlin vnd was [stetlein] am Ghnmersee [ligen] widergeben,
angesechen das sölhs nit zu dem furstenthumb Mailandt gehört [sund^
an mytl zum reich.]
Item das er woU verhelfen dem Bomischen reich vnd Tentzer
natzion [ain] concili aafzurichten [der Grist^nhaet zn guet vnd den
Turk^nzug mit dannen zurichten] vnd das er well verhelfen alles das,
domit den Turgkhen widerstandt beschechen mng vnd das condU zu
ere vnd lobe vnd nach gevallen kho. mt. vnd des beyligen reicbs
volendet werde.
Item wann graf Adolf vnd die andern lit die erst antwart auf
ire erste Werbung haben, sollen sy sagen, inen sey noch ain instruction
nachkhomen, die etwas anders sey, dann die vorig instruction vnd
Werbung, darauf wellen sie communicieren, piß hertzog Friedrich kombt
ob sie mochten die sach weiter pringen dann vor. wie sy die dann des
reichs stenden vbergeschriben, sy warten auch auf dasselb ir vber-
schreiben antwort [aber sy versehe sich, das dyse mainung ainst für
als sey, dan herczog Fridrich, versehen sy sich, werd nicht knmen, es
sey dan hoff^lich gancz, das er nicht vmb sunst reitt].
Vnd' sollen darauf begeren ain tag [ainer gehaemen] andient
[oder verhorr] nicht mer dann drey oder vier des khonigs rat vnd im
dann fiirschlachen, das sein begeren durch die vrsachen all vngegrundt
sein vnd die anzaygen nach laut der grossen instructi [vnd dyser ge-
haimer entlicher instrukcy].
Damach im für zeschlachen : will er das heylig trewlich mainen
vnd inen in namen vnd als den stenden des beyligen reichs geloub-
lichen schein thun, das er sich nicht in das heylig reich ycz noch
khunftigklich eindringen will weyter, dann im vergundt wurdt^ so
wellen die stendt vermugen, das die Bo. ku. mt. am ersten allen ver-
gangen vnlust, den er hat geen Franckreich, ablaß vnd der Bo. kunig
vnd die stendt suUen vollen willen gelauben vnd trawen zu Franckb-
reich setzen, dann sy wol bewegen mugen, das der Cristenhait nicht
raug geholfen werden sonder das bayder khonig vnd irer reich Sachen
Bomisch vnd Franzosisch ain sach sey, das dann dem also bescheh.
205
Ynd auf soUichs alles sollen vnser rät Walther von Stadion vnd
doctor Jörg von Neydeckh allen getrewen vlejß haben vnd in obge-
melten sachen nach laat diser Instruction vnd dem beuelh, so wir
inen in sonderhait deßhalben geben haben, handeln, daran thuen sy
vnser ernstliche mainung. actum Lyntz fireitag nach vnser frawentag
concepcionis anno XY^*
Lit. Claus. Concept mit Tielfacheii CorrectareiL Die eingreklammerten Stellen sind
Ton Maximilians Hand geschrieben« Innsbrucker Statth.-ArchiT.
Vier Aufzeichnungen^ deren Artikel sich auf die einzelnen
Punkte der vorangehenden InstructUm Maanmüians für seine Mäthe
heim Nürnberger Regiment beziehen.
A.
(Diso mitl hat die kunigkL mt. gestelt).
Item das sein die mitl, so hoffenlich sind, das der kunig von
Franckhreich die annemen wurd (wo die vom reich sich daran setigen
lassen) [wo man sich etbas in dy gegen waer schicken wurdt vnd
dy Weihischen, dy noch dem heiligen reich anhengig waer, mocht mit
liebe vnd hilf vnd vnderhalten]
a. Am ersten das er vom reich belebend wurd als herczog von Mai-
land vnd dargegen suU er auch die gehorsam vnd aid thuen als
sein vorfordem getan haben.
b. Item darauf sol er hertzog Ludwigen vnd sein prueder den cardinal
ledig lassen vnd dem herczogen recompens tuen nach laut des
tractats zu Nouar (zu willfarung dem Bomischen kunig)
c. Item so er selben aid vnd gehorsam dem reich getan hat, sol er
dem reich vertan für meniklich verwandt sein vnd helfen mit (aller
seiner macht) das reich zu beschütten vnd dem zu dienen [als des
heiligen reichs fürst vnd verbauter]
d. er sol auch I^Mcron oder ducaten [fiir siglgelt] dem reich für ain
eerung beczalen von wegen der belechnen Mailand.
e. Antreffend das kunigreich Napels soll der kunig von Franckhrich
still steen das zubekriegen piss auf erkantlichait, damit er das
nicht wider pillichait anfocht [oder ain bestant].
f. Der kunig von Franckhrich sol auch dem Bomischen kunig vnd
dem reich helfen wider die Turkhen mit ICM cron alle jar aislang
der zug wert vnd V^ kurrisser zu V pherden von seiner ordinantz
206
[vnd das cruciat in seinem reich lassm geen] doch zu hilf k. mt
als dem obristen haubt.
g. Es sol die alt ainikait zwischen der krön von Franckhrich vnd dem
heiligen reich vemeut werden,
h. leer,
i. Item ku. v. F. soll dem reich Clauenna, Veltlin, Chum vnd was
am Chumersee ligt widergeben angesehen, das solhs nit zu dem
fiirstenthumb Mailand gehört.
Item^daz er well verhelfen dem Bo. reich vnd deutscher nacion
das concili au&urichten vnd daz er well verhelfen alles das, damit
den Turckken widerstant bescbehen mog.
B.
a. doch nicht für sein nachkomen.
b. nach laut des tractats zu NouaiTa, den er schuldig ist zu halten,
wiewol die seinen sagen, das der von Lini in derselben zeit nit
obrister haubtman sei gbes; n, so ist doch zeugknus gnug vorhanden,
daz ers gewesen ist.
e. von drewen jaren, damit man mitler zeit den Turckhen menig wider-
3tand thuen oder aber, wo er der konig tuen wolt weder bestant
oder erkantlich, sol im der ku. von Napels geben in drei jaren gelts
IIFM ducaten vnd darumb Gajeta in Bo. k. band zu vnderphand
geben vnd sol der ku. zu Franc, ine vnd sein mandlich erben
künftig vnuerirrt lassen vnd in fiir sein sun annemen vmb solhen
tractat sol der ku. von Napls etc. dem reich widerum etc.
h. er soll auch dem Bo. k. all tractat, so vormals zwischen seiner
mt. als fursten des haws Burgund vnd f. gemacht ist, halten, da-
entgegen sol k. mt. den tractat, so f. mit ertzh. Philipsen gemacht,
bestatten, damit aller naturlicher vnwill aufgebebt werd.
C.
Antreffend das kunigreich Napls sol dem kunig von Fr. fiirge-
slagen werden, den kunig von Napls vnd sein mandlich erben in dem
kunigreich Napls vngeirt zulassen vnd in für ainen sun antzunemen.
darentgegen sol der kunig von Napls dem ku. v. F. geben in dreien
jaren III<^ ducaten vnd darumb Gaietta in Bo. k. mt. handt zu vnder-
phandt geben, vm solhen tractat sol der der kunig von Napls etc.
dem reich widerumb thuen alle jar zu wider standt der Turkhen L^ da-
207
caten ynd Lm zu beneficien. doch zaigt k. mt. solhs allain des reichs
stenden an. wo aber der k. v. F. solhe maynung nicht annemlich sein,
sunder die absiahen wurde, sol im weiter furgeslagen werden, daz er
dann III jar still stee das berurt kunigreich Napls zubekriegen pis
auf erkantlichait, damit er das nicht wider' pillichait anfocht, vnd
sollen im vmb solhen stillstandt die vorgemelten IIKM ducaten ob-
gemelter massen in dreien jam gegeben vnd von dem k. von Napls
beczalt, auch Gaietta in des Komischen kunigs handt zu vnderphandt
gestelt werden.
D.
Das sein mitl, die dem reich Napls vnd Mailand leidenlich
weren.
a. Er sol belehent werden sein leptag vnd nach seinem tod vnd weiter
dem heiligen Bomischen reich vnd dameben seinen erben ains yeder
part an seinem rechten vnschedlich.
b. den articl mag man passer cliren. sonst guet
c. guet.
d. das sullen sein IIIOH in dreien jaren, ist ain halbe annat.
e. ain bestandt von dreyen jaren. in mitler zeit sol man an die Tur-
cken ziehen vnd versuechen, sy zuuertragen an sbertsleg auf
die VICM ducaten mit der heirat vnd gar verzigen, doch das der
^ kunig von Napls beleih in schirm vnd puntnus demselbigen hei-
ligen reich, nachdem es ain lehen ist des stuels zu Bom, darumb
dann der Komisch kunig oder kaiser ain vogtheiT ist.
f. Der kunig sol, vmb solhn bestandt zuerlangen, bezalen dem reich
alle jar in des reichs ordinantz oder armaden IF kur russer nach
Deutscher beczalung wider die Turckhen vnd das reich sol in in
schirm nemen zu des reichs erkantlichait vnd wo die rachtigung
entlich erlangt wurd, sol der dienst auf ewig zeit für sich geen
vnd das wenten auf ain titi zu ainem schierm gelt, dann der babst
hat ein schirmgelt confisciert gegen dem Bomischen vnd Neapoli-
tanischen reichen, doch die jar, als Napls Franckhreich beczalen
sol, so sol des reichs beczalung still steen. das mag man staigem
auf das höchst, auch fort mer mit dem cruciat.
g. ist guet . .
Item man sol auch mit im handeln von des concili wegen vnd
das so kurcz zubeschreiben, damit das auf das ander jar muge der
208
zug an die Turckhen bescheen vnd suUen bald kunig auf dem con-
cili sein am anfang vnd das concili sol dem Turckhen zug volgen.
Item er sol dem Bomischen kunig vnd dem reich abtreten das
Yeltlin mit dem thurm im Kumersee vnd die stadt Loda, auch am
Eumersee ist.
Item es sollen all vorig tractat an baiden Seiten bey wirden be-
leiben, wie die zwischen Bomischer k. mt. als herczogen zu Bur-
gundien gemacht ist worden, doch auch entgegen soll der tractat
auch von wirden beleiben, den zuletst anno 1498 ertzhertzog Phi-
lipp als auf die zeit regierender herr gemacht.
Item ob der Bomisch kunig aus dem Mailandischen landen ichts
auswexsln wolt in Italia zu ere dem Bomischen reich, sol zu ver-
gnuegung des kunigs von Franckhreich die Bomisch k. mt dureli
hiemit beslossnen tractat macht haben.
Auf Tier losen Blättern flüchtiges Concept. Die autographcn Zusätze Maximilituu
sind eckig, die weggestrichenen Stellen rund eingeklammert. Innsbr. Statth.-ArchiT.
Adolf Grraf von Nassau und Heinrich von Bünau an das
Nürnberger Reichsregiment Dank für erhaltene 1000 H, Mh. Hßir
theüungen über ihren Aufenthalt in Frankreich vom 17. November
bis 14. Dezember. Uebersendung des Stiüstandstraktatea. Rheim
5. Janua/r 1501.
Durchleuchtigister hochwirdigister, hochgebornen wirdigen, wolge-
bomen edlen strengen hochgelerten vesten vnd ersamen gnedigisten gnädi-
gen herm oheymen herrn vnd guten freunde, vf sontagnach dem heiligen
jarstag ist der bot, so zu ewren fürstlichen gnaden, gnaden und freunt-
schaft wir von Orliens vß vmb gelt zur zerung mit wytter anzogung
geuertigt betten, zu vns alher gen Bens vf die Scham^ania kernen
vnd vns von ewr gnaden tusend guldin Beinisch vberantwurt, des
ewm fürstlichen gnaden, gnaden vnd freuntschaft wir vndertenigklich
danck sagen vnd betten etlich gelt zu Farys entlehent, das wir von
stund von disem gelt geschickht vnd bezalt haben vnd fugen ewm
gnaden vnd freuntschaft zu wissen, das wir auf dinstag nach sandt
Martinstag gen Thorß komen sin vnd hat man vns vf dem weg zn
Pleß vnd Amboß mit entgegenrytten, schenckhen wilprets wins vnd
anders vil ere angetan vnd den tag, so wir gen Thors komen sin, hat
die ko. wird von Franckhreich etlich seiner gnaden rate vns herruß
vnder ougen geschickht, darzu die von der stat mit merklicher summ
2Ö9
volkhs ein gantze meyl wegs entgegen geritten vnd vns emphangen
mit einer schonen langen hübschen rede, des wir alles von des hei-
ligen reichs wegen, den wir die ere als pillich zugezogen, gedanckht
haben vnd also die ko<^ rate mitsampt den von der stat mit vns für
die herberg gerytten vnd haben die von Thors vns vil wilpret euch
etlich win vnd ypocras geschenckht. denselben abent hat der konig
von Franckhreych vnd fürt, so lang wir an dem hofe seyen gewesst,
nemlich bis vf montag nach sand Lncientag vast erlich vnd nach aller
notturft wol verpflegt, vf sambstag sand Elizabethentag ist die konig-
clich wird von Franckhreich gen Plessi in ein schloß by Thors ^)
komen vnd den sontag vns audientz gegeben in gegenwurtigkeit
etlicher cardinale, farsten, bischove vnd vil treiFlicher rate vnd andern,
des montags hat man die sach angefangen vnd hat der handl gewert
bis vf montag nach sand Niclaustag. des sonntags sand Lucientag
hat sin ko. gnad vns zu gast gehabt vnd an irer ko^^ wird tisch ge-
satzt vnd vil ere angetan vnd nach mittag vns vnsern abscheid ge-
geben, der also vber land nit zuschriben ist, wie ewr fürstlich gnad,
gnad vnd fruntschaft des von uns eygentlich vememen werden, vf
solichen abschid lut vnser Instruction haben wir zwischen der ko^^ mt.
vnd der konigclichen wird von Franckreich ein bestand betädingt, wie
ewr aller gnaden vnd fruntschaft vß diser eingeslossen copy vernemen
wirdi vnd so wir vns dann verschriben haben, das die ko. mt. solichen
bestand hiezwischen vnd dem ersten tag vom Mertzen ratificim sol,
so bitten ewr gnad vnd fruntschaft wir vntertenigclich vnd fruntlich
solichs zubeschehen bey der ko° mt. zu bearbeiten, hoffen wir, das es
zum handl wol dienen sol. diß alles haben ewm fürstlichen gnaden,
gnaden, vud freuntschaften, den wir vndertenigen gefälligen dinst,
fruntschaft vnd willen zu erzeigen gantz willig sin, nit wellen ver-
halten, datum Bens zinstags nach circumcisionis domini anno ejus-
dem XVcIo.
Oleiefazeitige Cop. im Innsbr. Stattb.-Archir.
^) Aus der Kelation der Keichsgesandten geht herror, dass sie dem König Ton
Plcssis nach Blois folgten, wo die Stillstnndsratifikation erfolgte. Die deutschen Qesandten
bezeichnen mit BUss cder Pless die Stadt Blois, welches nicht mit Plessi (Plessis-Ms-
ronrs =; la Rich^) zn verwechseln ist.
Kr ans, Nürnb. Kcicbsreg. |4
210
Dieselben an dasselbe. Weitere Jlßäheüungen über ihren Auf-
enthalt in lirankrekh. Nassaus BereibunlUghat zur IMemakm*'
der Kammergeriehtsgeschäße. Bheüns 5. Januar 1501. Eingelegte
Zettel
Gnedigisten gnedigen herm oheymen vnd gvten frande. die ko.
wird von Franckreich hat vns mit iren raten bis gen Parys laiisen
geleyten vnd furter yns herolt vnd boten vns zu beleyten zugeordnet ;
so wir gen Faiys komen, sin die von der stat in merckhiicher zal
?ns entgegen geritten emphangen vnd in die herberg gefurt ynd die
zeit wir zu Parys sin gelegen mit aller notdurft verpflegt haben e. g.
vnd fruntschaft wir euch nit wollen verhalten dat vt s.
Onedigisten gnedigen herm oheymen vnd guten frunde. doctor
Gregorius Lamparter Wirttembergischer cantzler ist zu Parys mit
vnserm wissen und guten willen sich den nechsten anhemisch zufügen
abgescheiden. doch so wir ine wissen lassen den tag, so wir zu Norm-
berg vor dem regiment erscheinen wollen, auch daselbs zu sein, wir
müssen kurtz tagreiß nemen. das macht das wasser vnd der wege,
der vast boß. ist. doch so wollen wir vns fiirdern, so merest wir
mögen vnd das wir yetzund etlich tag alhie zu Bens still gelegen
haben, ist vrsach, das wir zum kunig zu Gecilien durch das land wir
müssen vmb geleyt geschickht haben, dann vns sonder geleit durch
dasselb land vnd in sonder mir graue Adolfen zu ziehen nit fugt
hoffen doch vns dasselb geleit vf die fanntier von Franckreich, do wir
vns hut zu ziehen erheben, kamen soll dat. vt. s.
Der cardinal vm sand Seuerin, so zu Augspurg was, ist in der
V0rh6f, do wir audiens gehabt haben, auch gesessen, aber sunst, wann
man mit vns gehandlt hat, nit darby gewesen, dat. vt. s.
Gnedigisten gnedigen herm oheymen vnd guten frunde. als e. g.
vnd fmntschtrft mir graue Adolfen ein sondern zedi, das camergericht
ampt bemrn, geschriben haben, mögen ewr gnad vnd fruntschaft er-
messen, das ich auf angezogte zeit zu Nurmberg nit sin mag, will
mich aber, so erst ich kan, dar iurdem. dann der konigclichen mt
dem heiligen reich ewr aller gnaden vnd fmntschaften vndertemgen
gefiUigen dinst fruntschaft vnd guten willen zu beweysen, bin ich
allzyt willig, dat. vt. s.
Gleichzeitige Cop. Jnn8br. Statth.-Archiv.
211
Beruhte der königl. Räthe beim Nürnberger Reichsregiment,
WaUher von Stadion und Georg von Neudeck, an Maximilian,
24. Dezember 1500—2. März 1501.
1. Georg von Neudeck an Maximilian. Vor Erhalt des Auf-
träges, 500 /?. für die Gesandten, sowie die Absendung eines Boten
heim, Regiment zu verlangen, hohe das Regiment bereits 1000 fl.
geschickt. Ein sprachkundiger Bote sei noch nicht gefunden.
Erwartet die ihm zugesagten 100 fl. und schildert seine verzweifeUe
finanzielle Lage. Nürnberg, 24. Dezember 1500.
Allerdurchlenchtigister grosmechtigister khunig. mein yntertenig
schuldig dinst sein ewr kho. mt. alzeyt gevlissen berayt. allergnedi-
gister herr als mir ewr kho. mt. beuolhen hat pey dem regiment zw
sollicitiren, das der potschaft in Prankhreich VC gülden zw zerung
vnd ein ander pot hinein geschikht werd, fueg ich ewr kho. mt.
in aller yndtertenikhait zw vememen, das auf der potschaft sohrift,
vor vnd ee ewr. kho. mt. schreiben dem regiment der VC gülden
halben zuekhumen ist, das regiment derselben potschaft IM gülden
hinein geschikht hat. aber noch khain geschikhten pot, der dy sprach
khinn, erfiim. sobald aber solicher erfaren wierd, soll derselb auch
hinein geschikht werden, auch allergnedigster herr als yngezweifelt
ewr kho. mt. ingedenkh ist, das mich dyselb zue Begenspurg abge-
fertigt gen Nürnberg zw ziehen auf hundert gülden, so mir Jörg
Schouerl, rentmaister zw Steyr, geben solt haben, fueg ich ewr kho.
mt. in aller yndtertenikhait zu yernemen, das mir dasselb gelt nit
worden ist, ich auch khains hab. pin schuldig ynd wayss khains auf-
zubringen, so ist mir khain hofklaid worden, so hab ich nit gelt
khlaider zu khaufen ynd geen mein khnecht in summerrokhen ynd
sind dy zeither schier erfroren, ist mein yndertenigist pitt ewr kho.
mt. well mich genedigkhlich bedenkhen ynd mit gelt zw schaffen,
damit ich abzalen ynd lenger zeren mug. dann wo ewr kho. mt.
solichs in vergessen stellen wurd, so muesst ich meine pferd yer-
khaufen. ewr. kho. mi well wir auch das hofklaid auf IIII pferd als
andern oder gelt darfur schaffen, das will ich in aller yndertenigkheyt
ymb ewr kho. mt. mit meinen armen diensten alczeyt zw verdienen
geflissen sein vnd thue mich hiemit kho. mt. in aller vndtertenikhait
14*
212
heaelhen. datum sw Nurmberg. am heiligen weinacht abent anno
domini im XY^ jar.
£. kho. mt. vndtertenigister Jörg von Neydegk doctor.
Lit. elaos. pap. origr. Iniisbr. StattiL-ArchlT.
2. WvUker von Stadion und Georg von Neudeck an Ma^unüian.
Das Reichsregiment stehe in täglichen Verhandlungen bezüglich der
Zulassung des Gardinals Raimund zur Ablassverkündigung, Maxi-
müian sei auf den 1. oder 2^ Februar^ die anderen Fürsten zehn
Ta^e später nach Nürnberg einberufen. Maoßimilian möge bestimmt er-
scheinen. Anfrage wegen zu vertheUender Gelder. Nürnberg^ 9. Jor-
mmr 1501.
•
Allerdurchleuchtigister grosmachtigister khinig vnser gehorsam
schuldig gevlissen dienst sein ewr. kho. mt. in aller vndtertenikhait
berayt. allergenedigister her. als vns ewr kho. mt. beuolhen hat zw
sollicitim pey dem regiment einen ratschlag, ob der cardinal Bay-
mundus mit dem Jnbileo zwezulassen sey von ewr kho. mt. auch dy
instruciion der werwung, so an dy pabstlich heylikhayt beschehen soll,
allerg.ter herr in solicher handlung ist man teglich vnd examiniert
des cardinals gewalt vnd bullen dessgleichen ist man in arbayt der
Instruction vnd so bald etwas beslossen wird, wollen wir sollichs ewr
kho. mt. furderlich verkhunden. als vns auch ewr. kho. mt. ferrer
schreiben lasst, dyselb wissen zwlassen, auf was tag dy XYIII chur-
fursten vnd fursten erfordert und beschriben sind ; aUerg^r herr wir
sind vngczweyfelt ewr. kho. mt. sey zwekhomen derselben erfordrung
auf Brigide oder lichtmessen vnd dy ander khurfursten vnd forsten
sind eruordert X tag darnach auf mittwoch vor Yalentini vnge&rlich
vnd hat das regiment aus einer notturft und gueter maynung ewr
kho. mi etlich tag vorher beschriben damit khurfursten vnd fursten,
so dy ewr kho. mt. zwekhunffc erfarn, sich auch desfurderlichen her
fuegen. will auch vnser gaet bedunkhen sein des sich ewr kho. mt.
aufs furderlichist, her fueget vnd sich des nicht hindern lassen, als
vns auch ewr kho. maiestat beuolhen hat pey dem regiment oder den
Herwarten gelt aufzubringen vnd das vndter dy Walhen hie vnd zw
Innsprugk zw taylen, nemlich den hieigen IM gülden etc. wiewoU wir
der antwurt noch gewartend sind von den Herwarten, den ewr mt.
biger geen Augspurg zwegeschriben ist, so will vns doch ein notturft
213
bedunkhen ein wissen zw haben, wo das gelt aufbracht wurd, wem
man hy dy tausent gülden vnd zw Insbrugk dy VlUC gülden oder
wievill einen jeden geben solt werden, das alles haben wir ewr. kho.
mt. im pesten nit wellen verhalten, der wir vns in aller vndtertenik-
hayt beuelhen. datnm zw Nurmberg am neundten tag Januarii 1501.
Eur kho. mt. vndtertenigist Walther von Stadion Bitter
Jörg von Neydegk doctor.
Lit. dans. pap. orig. Innsbr. Statth.-Archiv«
3, Dieselben an denselben. Sie schildern den Andruck, welchen
die WUheilung des königlichen Schreibens bei den Reichsregenten
machte und bitten, ja keinen Krieg voreilig anzufangen. Nürnberg,
28. Januar 1501.
AUerdurchleuchtigister grosmechtigister khunig. vnser gehorsam
gevlissen vnd schuldig dienst sein ewr. kho. mt. in aller vndertenik-
hayt berayt. allerg^' herr am suntag vor conuersionis Pauli spat sind
vns ziiekhomen zway ewr. kho. mt. schreiben, ains ewr mt. hantge-
schrift, das ander durch ein secretari gefertigt, bed betreffend den
bestandt, den der khinig von Frankhreich mit des reichs geschikhten
gemacht auch etlich desselben khinigs fumemen weyters Inhalts, wie
des ewr. kho. gnaden wol ingedenkh auch in ewr kho. mt. vnd
des reichö regiment antwurt emewt vnd repetiert wirdt. allergter herr
auf denselben ewr. kho. mt. beuelich haben wir am montag darnach
des reichs regiment diselb maynung eroffent mit allem vleyss, darob
das regiment nit khlain erschrekhen empfangen aws vrsachen in des-
selben antwurt neben dyser vnser schrifk anzaygt. vnd ist das regi-
ment vber vnser werwung gesessen vnd vns auf hewt pflncztag dy
antwurt hören lassen, dy dasselb regiment schriftlich hiemit ewr kho.
mt. zwesendt. allergte' herr wir geben ewr kho. mt. in aller vndter-
temkhayt hieneben zwerkhennen, das wir nit anders merkhen oder
vememen, dann das Italia in dem bestandt nit awsgeschlossen ist,
wiewol es mit sundem werten nit ausgedruckht ist, als ewr mt., aus
abschrift des bestands, so derselben zwegeschikht, on zweyfel nun wol
vemomen hat. wier merkhen auch, wo der khinig von Frankhreich
wider den bestandt icht furgenomen hiett oder wurd, das der bestandt
von des reichs regiment nit gehalten wierdt, sunder dasselb trewlich
zw ewr mt. seczen zw behaltung ewr. kho. mt. des heiligen reichs
214
Dewtscher nadoii vnd ir selbs er vnd wierd vnd Italia ist aach vnser
gaet bedankhen ewr. kho. mt. fü^ sich aufs fnrderlichist her vnd
vach khain khrieg an, dann wier sind in vngezweyfelter hoffiinng, dy
steend des reichs werden ewr. kho. mt. dermassen raten vnd helfen,
das all sach zw goetem khomen werden, wo aber ewr kho. mt vndter-
lassen wnrd herzukhomen, besorgen wier ewr kho. mt vnd dem heiligen
reich mocht vnwiderbringlicher schimpf nachtayl vnd schaden daraus
erwagsen. man ist auch der geschikhten in Frankreich all tag her
wartend, so man derselben handlung vnd reladon vernemen wierdt,
wierdt man sich darnach ferrer in handl wissen zu schikhen. solichs
haben wir ewr kho. mt. vnserm beschehen benelich nach vnd aus
schuldiger gehorsam wellen zw erkhennen geben vnd thuen vns hie-
mit ewr kho. mt in aller vndtertenikhayt beuelchen. geben zw Nürn-
berg am pfincztag nach conuersionis Pauli anno domini 1501.
E. kho. mt vndtertenigist Walther von Stadion ritter
Jörg von Neydegk doctor.
Lit. clans. pap. oris:. Innsbr. Statth.-Archir.
4. IHeselben an denselben. Sie hohen dem Meichsregiment die
VerdächMgheit des französischen wie des neapolitanischen Gesandten
in Nürnberg nach Mammüians Befehl angezeigt Bezüglich des
ersteren schreibe das Regiment an ihn. Vvn den 18 Fürsten sind
nur Georg von Sachsen und die Bischöfe von Augsburg und JEich-
städt angekommen. Nürnberg, 23, Februar 1501.
Allerdurchleuchtigister grosmechtigister khunig vnser vndtertenig
schuldig gevlissen dienst sein ewr. kho. mt alczeyt berayt. allergt«' hen
den beuelich, so vns ewr kho. mt. der Pranczosisohen potschaft ab-
fertigung betreffend zwegeschikht, haben wir in aller vndtertenikhayt
empfangen vnd dyselb werwung an ewr kho. mt vnd des heyligen
reichs stathalter vnd regiment pracht, auch etlich anzaigen vnd be-
wegnus, dardurch ewr. kho. mt. dy Franzosisch potschaft verdechtlich
halt vnd zw solichem abschid bewegt ist, vnsern genedigisten herm
den khurfursten nemlich herczog Fridrichen von Saxen, erczbischof zw
Mencz, erczbischof zw Cöln vnd auch dem erczbischof zw Maydwurg
allayn, vnd in sunderhayt zw erkhennen geben, dadurch ir gnad dester
ee bewegt wurden, ewr kho. mt. biger zw willfaren. aber als den an-
dern tag darnach nemlich montag nach Yalentini des reichs ge-
215
schikhten zw khinikhlicher wierd von Fiankhreich herkhomen solten
vnd sein, ist uns dy antwnrt verzogen, wann das regiment derselben
geschikhten relacion vormals hat hören wellen vnd nach verhör der-
selben hat das regiment ein antwurt schriftlich verwasst, dy ewr. kho.
mt. hiemit zuegeschikht wierdt vnd man vns hewt am vaschangtag
diselb hat hören lassen, ewr mt. wierdt auch hiemit zwegeschikht auf
derselben bigeren wie der artikhel der hilf das dienstvolkh betreffend
lawt vnd verstanden soll werden, wie auch desselben Verstands vrsach.
wir haben auch dem regiment anzaigt ewr kho. mt. maynung der
verdechtlikbayt Aloysium BapoUo Neapolitanische potschaft betreffend
mit ewr mt. biger, ob derselb icht an das regiment b'^em wurd,
demselben aus vrsachen khain entlich antwurt zu geben, suuder dyselb
auf ewr. kho. mt. zwekhunft zuschieben, alsdann das regiment dasselb
zuethuen guetwillig ist derselb BapoUo ist auch hie. was aber sein
handlung oder fumemen sey, ist vns verborgen, wir geben ewr kho.
mt. auch zw erkhennen, das von den XYIII khurförsten vnd fursten
drey herkhomen sind: nemlich herczog Jörg von Saxen, bischof zw
Aystett vnd bischof zw Augspurg. solichs haben wir ewr kho. mt.
beuelich nach, auch aus schuldiger pflicht vnd gehorsam nit wellen
verhalten vnd thuen uns hiemit ewr kho. mt in aller vndtertenikhayt
beuelhen. datnm zw Nürnberg am erichtag vor inuocauit anno 4omini
im XVC vnd ersten jar.
E. kho. mt. vndiertenig Walther von Stadion ritter und
Jörg von Neydegk doctor.
Lit. clftOB. pap. orig. Innsbr. Statth.-Archiy.
5. Dieselben an denselben. Das lieicJisreffiment wiU die Mandaie
an die Eidgenossen^ deren Entwv/rf Maanmilian ihnen eingescMdi^
, nicht ausferUgen, Drohende Rede des Erzbischofs von Mainz wegen
Mcußimtlians Ihrhbleiben. Sie bitten dringend um sein Erseheinen,
Ni^rnberg, 25. Februar 1501.
AUerdurchleuchtigister grosmechtigister khunig vnser vntertenig
gehorsam schuldig dienst sein ewr kho. mt. alczeyt berayt. allerge-
nedigister herr am eschermittwoch ist vns zwekhomen ein bevelich
von ewr kho. mt. betreffend dy vertigung einer copey etlicher Schriften,
80 ewr kho. mi an all ort der aydgenossen vnd etlich ander ausgeen
zwlassen furgenomen hat vnd darin ewr mt. vns beuilicht, dyselb
"
216
copey ewr. kho. mt. vnd dds heiligen reichs regiment für zwbringen,
dyselb zw vbersehen vnd zw beratschlagen vnd darnach durch Ynsem
genedigisten herm von Mencz fertigen zwlassen vnd pey den zwayen
poten, dy ewr kho. mt. deshalben hergeschikht, an dyselben ort vnd
auch ewer kho. mt. furgenomen reten zweznschikhen weylters inhalts.
welichen beuelich wir in aller vndtertenikhayt empfangen vnd haben
alspald nach vberantwurtung desselben vns beschehen an das benannt
regiment pracht vnd dy copey obbestimpter massen zw besehen vnd
zw beratschlagen vberantwurt. darauf vns dann auf hewt pfincztag
darnach geantwurt ist dermassen: sy haben dy anzaygt copey hören
lesen, wissen vnd khinnen nit raten diselben Schriften dermassen
awsgeen zw lassen vnd zw fertigen, nachdem sy nit wissen, wo das
gelt, in derselben copey anzeigt, sey oder wie das aufzubringen wer,
auch ander merkhlichen vrsach vnd bewegnussen halben, dye sy darinn
befunden vnd ewr kho. mt., so dyselb in khurcz herkhomen wierdt,
zwerkhennen geben wellen vnd haben vns nachmals durch vnsern
genedigisten herm von Mencz zwerkhennen geben, wie sy der vnd
ander Schriften vnd werwungen durch vns aus ewr. kho. mt. beuelich
beschehen, dy der handlung vnd dem beschluss zw Augspurg furge-
nomen vnd beschlossen wider sein merkhlich beswerung empfahen aus
bewegnuß manicherlay vrsach vnd vnter andern vns zw versteen geben,
wie sy ewr kho. mt. zu erhohen, das heilig reich in merung zw
bringen vnd in erlichem wesen zubehalten sich der Ordnung aufgericht
vnd des regiments in betrachtung des, so ewr kho. mt. vnd dem
heiligen reich zw eer vnd nucz khomen mocht zw handien mit ver-
sawmnuss irer aigen sach sich beladen vnd demselben des reichs
hendlen vleyssiger obligen, dann sy iren aygen, wo sy anhaimen
weren, thetten, wie sy auch auf ewr kho. mt. ansuechen ir potschaft
zw khinikhlicher wierd von Frankhreich gefertigt mit derselben zw
handien lawt ir gegebner instmction. darnach dann diselben geschikhten
gehandlt. wierdt dennocht dasselb regiment bericht, das neben vnd
hindert derselben irer potschaft von ewr. kho. mt. wegen durch ander
gehandlt sey worden, das derselben geschikhten handlung dest vn-
fruchtper sey. wo sy nun aus irer geschikhten handlungen geen selten,
wurd in an eren vnd gelawben nachred vnd nachtayl pringen. sy haben
vns auch zw erkhennen geben, sy besorgen, das ewr. kho. mt. zw irm
thuen villeicht nit sunder naygung vnd willens hab oder ir handlung
217
verstee, als ob sy etwas ewr kho. mt. wider zw handien gedechten,
auch das villeicht ander lewt ewr kho. mt. stewren vnd bewegen
mochten ein irrmig in dem fiirgenomen regiment zw machen, dy vil-
leicht gedechten, das reich passer wissen zu regieren, wann sy dy
regenten. wo sy dann merkhen mochten, das ewr kho. mt. nit willen
zum regiment hiett, wolten sy ewr kho. mt. nit zuwider hie sein, sonnder
einen genedigen abschid bigem vnd in iren behawsungen ainer pesseren
zeyt erwartten vnd sey zw besorgen ewr kho. mt. werd sy hart wi-
derumb zwsammen bringen, allerg^r herr wir fuegen ewr kho. mt.
für vns selbs in aller vndtertenikhayt zw wissen, das verstanden will
werden von dem regiment dem Verzug nach ewr kho. mt zwe-
khunft, als ob ewr kho. mt. ausbeleiben well, wir vememen, vnd mer-
khen, wo ewr kho. mt. sich nit pald herfiiegen wierdt, dyweyl sy
ausserhalb ewr kho. mt. nichts entlichs in so grossen vnd merkh-
lichen hendlen beschliessen khinnen auch mit merkhlichen khosten
vnd versawmnus irs aygen nucz hie lang gelegen vnd sy besorgen
irer handlung sey ewr kho. mt. nit dermassen angenem, als sy sich
versehen betten, so merkhen wier, sy werden im abschid machen,
auch hie aufbrechen, als wir auch das muntlich von inen verstanden
haben, wir merkhen auch, so alle pisher beschechne arbayt vnd zerung
verloren sein soll ewr kho. mt. awsbeleiben halben, ewr mt. werd sy
nymmer vermögen zusamen zekhomen vnd werden sich mit dem
jezigen ewr kho. mt. aussenbeleiben, wo das bescheh, entschuldigen
wellen, solichs alles vnd was der khristenhayt, ewr kho. mi, vnd dem
heiligen reich aus solichem aufbrach vnratts vnd schaden erwagsen
mocht, hat ewr kho. mt. zw herczen zenemen vnd sich nyembt (das
dann das regiment besorgt) bewegen zw lassen awszubleiben oder
awsserhalb desselben ainichen khrieg anzufahen sunnder sich aufs
furderlichist herzwfuegen, sein wir in vngezweyfelter hofFnung, ewer
mt. werd pey dem benannten regiment trewen rat vnd hilf finden,
wir haben auch auf angezaigt vnd erzelt furhalten vom regiment, dy
vns erschrokhenlich sein gebesen, bigert an dasselb ewr kho. mt.
schriftlich solich ir beswarung sw verkhunden, haben vns stathalter
vnd regenten ewr kho. mt. vnd des heiligen reichs geantwurt, sy
wellen ewr kho. mt. guetter vnd getrewer maynung selbs solichs vnd
weyter dann sy gehört sind, so dyselb herkhomen werd zverkhennen
geben vnd an vns bigert allen vleyss pey ewr kho. mt. anzukherei)
218
damit diselb aufe furderlichist herkumb. solich haben wir ewr kho.
mt. aus schuldigen pflichten und gueter maynung nit wellen ver-
halteii.
Wir haben auch Constantium Eheller, den ewr. kho. mt mit
den poten her beschiden, nachdem ewr kho. mt. biger vnd fumemen
pey dem regiment nit vollzogen, beschiden hie zw verharren auf ewr.
kho. mt. zwekhunft vnd weytem beschaid, damit er nit so gar 1er
vnd vnausgericht haimkhumb dem mag ewr kho. mt. ir gemuet vnd
wes er sich verrer halten soll zw erkhennen geben, wir haben auch
dy potten wider an ewr kho. mt. hof sich zw fuegen beschiden vnd
thuen vns hiemit ewr kho. mt. in aller vndtertenikhayt beuelhen.
datum zw Nürnberg am pfincztag vor inuocauit anno domini im
XVC vnd ersten jar.
Ewr kho. mt vndtertenigist Walther von Stadion ritter vnd
Jörg von Neydegk doctor.
Ut. claas. pap. orig. Innsbr. StattK-Archiy.
6, Dieselben an denselben. Bestätigen den Empfang dreier
königl. Schreiben. Probst Vergenhans sei aufgefordert worden, sich
zur Leichenfeier der Pfalzgräfin nxich Heidelberg zu begehen, Das
Regiment lässt das von Maooimilian gewünschte Mandat an die
Eidgenossen nicht ergehen. Ansetzung einer Tagsatzung. Erneuerte
Bitte um haldiges Erscheinen. Nümherg, 2. März 1501.
Allerdurchleuchtigister grosmechtigister khinig vnser gehorsam
schuldig gevlissen dienst sein ewr kho. mt in aller vndtertenikhayt
berayt. allergter her. gestern am montag nach inuocauit sind vns
zwekhomen drey ewr kho. mt beuelich. ainer, das wir graf Wolfen
von Oetingen ewr kho. beuelich schriftlich an in lawtend sich gen
Haydelberg auf vnser gnedigisten frawen der pfalczgrafin seliger ge-
dechtnus begenkhnus von ewr. mt. wegen furderlic^ zwfuegen vber-
antwurten sollen vnd vleyss pey im ankheren, damit er sich daselbst
hin furderlich fneg vnd im zue zerung geschickt L gülden, aüergn^r
herr solichen ewr mt beuelich haben wir genanntem vnserm herm
graf Wolfen vberantwurt vnd im ewr mt. beger demselben iiachzn-
khomen entdekht, das er guetwillikhlich angenomen, soverr er erlaub-
nuss vom regiment erlangen mog. vnd darauf hewt an das regiment
yrlawb bigert, ab§r nit cnrlangen mögen aws vrsachen, dy ewr kho^i«^
219
gnaden aws des regiments schreiben, so deshalben ewr kho. int* zWd*
geschikht wierdt, zw veraemen hat, jedoch ist eylends ein pot vft
doctor Verghanns probst zw Stuegkarten geschikht, dem ewr mt. auch
beuolhen hat sich gen Haydelberg zwefuegen auf soliche begenknuss
damit sich derselb von ewr kho. mt. wegen dahin flieg.
Zwm andern allergnt«' herr. haben wir empfangen em beuelich,
wo dy copey, so ewr mt. an alle ort in aidgenossen zw fertigen an
das regiment bigeren hat lassen, gefertigt weren oder wurden, das
wir alsdann dem general ordinis humiliatorum im Herczogtumb May-
land ewr. kho. mt. schreiben an denselben general steend vnd vns
mit benannten beuelich zwegeschikht dem selben general antwirrten
sollen, wo aber die benannten copey nit gefertigt weren noch wurden,
das wir alsdann ewr kho. mt. solichs schreiben, an general ausgangen,
widerum zweschikhen sollten, allergter. herr wir haben vor fünf tagen ewr
kho. mt. schriftlich verkhundt, wie dy benannten copey nit gefertigt
sein, auch das regiment dyselben zw fertigen beswerung hat, deshalben
schikhen wir ewrn kho«!' gnaden vnser beschehen beuelich nach wider
dyselb schrift an den benannten general ausgangen.
Zwm dritten allerg*«^ herr hat vns ewr mt. beuolhen pey dem
regiment zw soUicitiren vnd zw bigeren, wo die tagsaczung zwischen
ewrer kho. mt. regenten zw Innsprugk vnd den grafen zw Sunnenburg
vnd truxessen zw Walpurg auf ewrer kho. mt. vorigen beuelich lawt
desselben nit awsgangen wer, das dann solichs noch beschech. allerg^r
herr auf solichen beuelich fliegen wir ewr kho. mt. zw wissen, das
soliche tagsaczung vormals auf ewr kho. mt. beuelich ausgangen vnd
beschehen ist vnd ist hewt der tag vnd ist herr Hanns Truxess von
Walpurg hie von sein selbs vnd der grafen von Sunnenberg wegen
vnd ist vnser gter herr von Mencz in willen auf den schriftlichen
bericht, den ewr kho. mt. sein genaden zw Augspurg vberant-
wurten hat lassen, mitsambt dem regiment morgen darinn lawt ewr .
kho. mt. beuelich zw handien, wiewol vns bedaucht, guet gewesen,
wer, das ewr kho. mt. ettwen, der des hajidls bericht wer gewesen,
darczue verordnet hiett, dywell herr Hanns Truxess mit doctor vnd
andern gevasst ist.
AUergter herr. wir geben abermals ewr kho. mt. im pesten vnd
wamungsweyss zw erkhennen, wo sich dyselb nit flirderlich herfuegen
wierdt, das khurfursten vnd fursten vnd ai^der verordent aufbrechen
220
werden, wie wir dann solichs ewr kho. mt. in vnser negsten sehrift
auch zuerkhennen geben haben, was ewr kho. mt. der Gristenhayt dem
heiligen reich erschrekhens vnd nachtayls daraus erwagsen mocht, hat
ewr mt. zw bedenkhen. solichs haben wir ewr kho. mt. vns beschehen
beuelhen nach vnd im allerpesten zverkhennen geben wellen, der wir
yns in aller vndtertenikhait pitten beuolhen zw haben, geben zw
Nürnberg am erichtag nach inuocauit anno domini im XV^ vnd
ersten jar.
E. kho. mt vndertenig Walther von Stadion ritter vnd
Jörg von Neydegk doctor.
Lit. Clans, pap. orig. Innsbr. Statth.-Archfy.
LAidwig XIL von Frankreich an das Reicharegiment zu Nüm'^
herg. Sein Gesandter^ Carl von Altohoato (Charles Haufbois)^ werde
dem Regiment bereits seine Absicht^ bleibende Freundschaft mit dem
römischen Reich zu schUessen, mitgetheilt hüben. Das Reichsregiment
möge sich durch die Versuche einiger böswilliger Menscheny das
Gegentheil von ihm zu behaupten^ nicht irre machen lassen LocheSy
27. Februar 1501 y.
Ludouicus dei gracia Prancorum, Sicilie et Jerusalemi rex, dui
Mediolani. Beverendissimi illustrissimique principes. amici et consan-
guinei nostri carissimi. que abs nobis hactenus acta sunt, queque in
futurum agere decreuimus, quo nos perpetua ac indissolubili amicicia
et pecculiari federe cum carissimo fratre nostro Eomanomm rege et
vniuerso sacro Bomano imperio racione corone nostre iungeremus et
verum ac fidelem vassallum pro nostro ducatu Mediolanensi eisdem
nos exhibcremus, ingenuo ac dilecto et fideli consiliario nostro ac se-
natus nostri Parisiensis preside magistro Karolo de Altobosto vos
eciam atque eciam intellixisse arbitramur. tametsi nonnulli Itali (vt
accepimus) impudico falso contrarium asserere ausi sint, quorum dolos
^) Müller (Reichstagsstaat unter Max I.) theilt pag. 80, U3, 146, 148 den Wort-
laut von 4 Schreiben Ludwigs XII. an das Nürnberger Eeichsregiment mit. Der Druck
ist nicht ohne sinnstörende Fehler. So ist das erste Schreiben nicht yom 28., sondern
24. März zu datiren. Daselbst hat p. 81. Z. 7 y. o. nicht anunciam, sondern ami-
ciciam und nicht absuobis, sondern abs nobis zu stehen. Im Schreiben Tom S. Jnli 1501
ist pag. 147 Z. 6 ▼. o. eine ganze Zeile nach dem Wort »atque* ausgelassen, welche
lautet: »regnum nostrum christianissimam verum etiam totam christianitatem atque*.
per Kanzler wird bei der Upterfertigung stets »Roblet« statt richtig »Boberfet* genaaoi»
artes commenta pro vestra summa prudencia vos habunde callere non
dubitamus. non enim trubuerunt hi perdicti viri asserere nos in ca-
rissimos consangoineos et beniuolos nostros Ferrarie ducem Monti-
ferrati et Mantne marchiones et eorum patrias Bomano imperio sub-
dictas multa ac multa violenter atque hostiliter egisse ipsnmque Mon-
tiferrati marchionem in ipsius Bomani imperii contemptum ex suis
finibus imperiali dictioni subdictis eis alpes in boc regnum nostrom
eo et suis reluctantibus adduxisse; quorum omnium abs nobis com-
missum ymo necquidem cogitatum est nichil, quemadmodum ex
ipsius rei euidencia constat, quo nullis ipsorum mendacium dolis et
commentis (quae multa sunt) occultari tergiuersarive potest. quamob-
rem rogamus vos magnopere et pro viribus deprecamur vt refectis
horum perditorum hominum mendaciis summam atque inauditam
nostram erga ipsum serenissimum Bomanorum regem ac vniuersum
sacrum imperium afifectipnem considerare velitis atque ante occulos
preponere, an ne federa amicicie et fidelitatis nostre sint longo plus
decoris glorie et vtilitatis ipsi Bomano imperio ac vniuerso Christiane
orbi allature, quorum ipsorum nequissimorum hominum versucie et
mendacia. quemadmodum prefatus consiliarius noster hec et cetera,
qua ad omnipotentis dei laudem Bomani imperii gloriam ac vniuersi
denique christiani orbis vtilitatem non parum pertinere putamus, nöstro
nomine explicabit, quem audire et ei indubiam fidem adhibere roga-
mus, vnde ingentes gratias vobis sumus habituri, quas totiens referre
conabimur, quociens quicquam in ipsius sacri Bomani imperii exul--
tacionem et ampliflcationem facere poterimns, ad quod re quam verbo
erimus semper prompciores maximo etemo quam auxiliante deo, qui
vos reuerendissimi illustrissimique principes, amici et consanguinei
nostri carissimi longuos ac felices perducat in annos. dato Lochis
Februarii XXVIIa.
Loys. Bobertet.
Lit. Claus, perg. orig. Wiener Staatsarchiv. Rückw: BeTerendissimis illastr.qiie
dominis electoribos et principibus sacri Bomani imperii apud Nnrembergem congregatis
amicis et consangoineis nostris carissimis.
Ijudwig XII, von Frankreich an daa Nürnberger Meichsregi'^
ment Dankt für die üeheraendung der WaffenstiUatandsratifikaUon
und veriprichtt alUs zu iht^enf um den AbecMuss eines bleibenden
IHedens, herbeizuführen. Nursia^ 22. April 1501.
Ludouicus dei gratia Francoram, Hierasalem et Sicilie rex, dux
Mediolani etc. reuerendissimis ac illustrissimis et consangoineis nostris
carissimis sacri Bomani imperii electoribus ceterisque dominis statuum
in regimine et consilio imperii Nuremburge congregatis salutem. Be-
verendissimi in Christo presentes fllustrissimi principes et consan-
guinei nostri carissimi. ^Iccepimus litteras vestras XIM huius Nurem-
berge datas cum ratificacione prorogacionis induciarüm et treuge per
oratores yestros in oppido nostro Bles firmate, quibus facile cogno-
uimus et cum affectu sincerum animi yestri ad bonum pacis deside-
rium, vnde immensas et, quas possumus, gratias habemus et agimus.
bortantes et nichilominus deprecantes toto cordis affectu ac pro
ytilitate et honestamento, quo inde sequi poterit, ecclesie sancte dei
et vniuerse religioni christianorum velint dominadones vestre anniti
et omnino curare, vt res ipse feliciter incepte ad finem deducantur
optatum ad eo, quod in futurum vacare possumus, vt debemus et te-
nemur ad tutamentum et omamentum reipublice cristiane, quam pro-
cellis yariisque tempestatibus agitari coram yidemus. per nos enim
non stetit neque stabit, quam diu Spiritus nostros reget artus, quod
perpetua et secura amicicia confederacio et intelligencia inter sacrum
Imperium, illius principes et nos innouetur augeatur et firmetur
yestigia inuictissimorum praedecessorum nostrorum regium Francie
insequentes, qui ab omni euo pacifice et quiete yixerunt cum illustris-
simis predecessoribus yestris sacri imperii principibus, quemadmodam
per oratorem nostrum istic exeuntem celsitudines yestre latius intel-
ligere potuerunt, quibus ipsa perpetue pacis firmanda foedera com-
mendamus et que sibi persuadeant, nunquam non quicquam contra
eiusdem imperii iura nee in Italia nee ybique locorum molitos esse
nee actemptare yelle quicquid per aliquos dissidium et discordias que-
rentes eisdem D. y. superioribus diebus suggestum fuerit et contra
yeritatem relatum. Ex Nursio oppido Burgundie die XXII« Aprilis.
Loys. Sobertet.
Lit. daas. per;, orig* Wiener Staatsarchiv Bflckw.: BeTerendissimis ac Ulastris-
feiinis prindpibtts et consangaineis aostrls carissimis sacri Bomani imperii electoribos cete-
risque dominis statuum in regimine et consilio Imperii Nuremberge congregatis amids
dileetis.
Eine Art Rechtfertigungwerwueh Maximilians wegen seiner
schleunigen Abreise van Nürnberg zu Händen des Reichsregiments,
(Orca 21. Aprü 1501),
Dise hemachgeschribne zedel hat die konigclich mt. in irem
abschied zu Nuremberg verlassen vnd dem stathalter vnd regimeht
zugeschickht:
Die kunig von Franckhreich Hispani vnd Neapels steen mit ein-
ander auf einer rachtung, die da gut ist, soferr sich der Komisch
kunig recht mit dem reiche in die gegenweer schickhet.
Der hertzog von Mayland, als einer der gern ledig were, begert
seinen tractat von No&ra. den wurde der kunig von Franckreich
annemen soferr vti supra. sich der Bomisch kunig recht mit dem
reiche in die gegenwere schickhet.
Die Maylander begem, das Mailand in des kunigs von Franckh-
reich banden nit beleih, dann sy weiten lieber den tewffel dann dem-
selben kunig zugehören, wo das beschehen solt, so muß der Bomisch
kunig vnd des reichs stende Ire swerter gewiß plutig machen.
Der Bomisch kunig clagt, das sein eins sporredlein nit wol ver-
guldt ist vnd dar zu seinen hasen auf Lyntzer hayd nit kumen ge-
spots halben das sy aus ime treiben wurden, nachdem vnd er das har-
nasch vnd die sporn vber sy außgefurt hat. dasselb redlein sey im
dann zuuor vergult. nemlich wider die Turgkhen. mocht das sein, wer
das schonest vnd gewissest vergulden.
Darauf mag yederman, der die zedl lesen wirdet, gedengken in
yedem stand in Erupa die solich mugen antreffen.
Cop. im Weimarer ArcliiT B. £. ebenso im Wiener Staatsarchir, Der Stil weist
snf Maximilian als Verfasser.
Maoßimüian an den König WTadislaw van Stöhmen und Ungarn»
JBr legt die Berechtigung seines Verhaltens gegenUiber dem Papst
Alexander VI, dar^ nachdem letzterer sich darfjiber beschwert hafte,
dass er van MaximxHan ungerechtfertigter Weise feindseliger Ab--
sichten geziehen werde. S. loca et data (vor Juli 1501).
Wix Maximilian etc. empieten dem durchleuchtigen fursten hem
Wladislaen zu Hungern vnd Beheim kunigen marggrafen zaMexjnß^
VBsenu lieben oheim prueder vnd churfiirsten vnser pruede^Uch lieb
224
vnd freuntschaft durchlenchtiger lieber ohelm prueder vnd charfürst
^ns gelangt glaublich an^ wie yns vnser heiliger vater der pabst be-
schuldig vnd beklag, als ob wir mn heilikait mercklich geursacht
haben suUen, daz er dem ytzigen kunig Ludwigen zu Franckreich
wider yns ynd das heilig reich beigestanten ynd sunst mer zu dem-
selben kunig zu Franckreich dann zu yns ynd dem heiligen reich,
genaigt sein muess. in ansehung, dann wir yor yerschynner zeit seinen
legaten den bischof yon Cioncordia yon yns geyrlaubt ynd darzu al-
lenthalben ausgeben ynd erlawten lassen haben, als ob er willens ynd
furnemens gewesen sei, dem berurten kunig zu Frankhreich ynser
kayserlich cron zu ybergeben ynd aufzusetzen darauf haben wir dem
pabst dis nachgeschriben maynung zu antwurt zuegeschriben ynd
fliegen deiner lieb dieselb hiemit auch gnadigklich ynd freundlich zu-
uernemen. anfengklich der ersten artigkls des bischofs yon Concordia
halben, daz wir den yon yns geurlaubt, haben wir aus der vrsach
gethan: dann wir zu derselben zeit täglich in auslegen, ybungen ynd
furnemen gewesen sein, wie wir dem päbstlichen stuel auch yns ynd
den merern tail Italien zu guet aufenthalt ynd schutzung wider den
kunig zu Frankhreich in krieg komen wurden ynd aber dabei glaub-
lich kundschaft betten, daz der pabst willens was, sich mit dem-
selben kunig zu Frankhreich wider yns ynd das heilig reich zuuer-
taydingen ynd zuuerpinten. dei^halben wir dazumall in ynserm tref-
fenlichen rat erwogen ynd beslossen haben, das yns, dem heiligen
reich, noch teutscher nacion in kainen weg thunlich, nutzlich noch
gepurlich war, ainen legaten desjhen, der sich mit dem kunig zu
Frankhreich als ynserm widerwertigen yertaydingen ynd yerpunten ime
auch in treffenlichen krieg wider yns ynd das heilig reich beisteen
wollt, bei yns zuhalten, sunder den ftirderlichen yon yns zu yrlanben.
als sich dann der pabst weiter besweret, daz wir offenlich ausgeben
ynd erlautten lassen, wie er dem kunig zu Frankhreich ynser kay-
serlich cron zu ybergeben ynd aufzusetzen willens gewesen sei, haben
wir, als yns nit zweiflt, dein lieb ynd menigklich ermessen mag,
auch nit ynpillich gethan, dieweil wir, wie yorsteet, yemomen betten,
daz er sich mit dem kunig zu Frankhreich zuuerpinden ynd zuuer-
ainigen willens was ynd yns das heilig reich an alle yrsach yon
freiem willen also ybergeben ynd dem kunig zu Frankhreich Italia
widerumb zu yberziehen ynd eingang darein zu machen raten yerhelftn
225
vnd beistann wollt, als dann beschehen ist. wer möcht danii heutigs
tags anders gedenckhen vnd darfar halten, daz er niemant anderm,
dann dem kunig zu Franckhreich als seinem puntverwanten , die
kayserlicb cron, die doch von langen jam her zu grosser eer nucz
vnd wolfort des heiligen stuels zu Born dur«h vnser vorfordern am
reich auch vnser vnd der Teutchen gross pluet vergiessen mue vnd
arbait zu Teutscher nacion gepracht vnd nu auf vnser person komen
ist, vbergeben vnd aufsetzen wurd, als auch zu derselben zeit on das
in allen landen das gemain geschray gewesen vnd noch ist. das haben
wir deiner lieb, vns damit auf des pabsts beschuldigimg vnd klag
entschuldigt vnd verantwurt zuhaben, gnSdigklich vnd freuntlich vn-
uerkunnt nit lassen wellen.
Conoept im Innsbr. Stattb.-Archi7. Auf der Rficksoite befindet sich folgende Kanzlei-
bemerkung: in solichem form zuschreiben den kunigen zu Hispaoia, Engelland, Neapls
(latein.), Hungern (latein. oder teutsch), Polan, Portugall (latein.) in siniili dem bischof
zu Maintz ?nd das reichsregiment zu Nuremberg, bischoFen zu Collen, Trier, pfaltzgrafen
Philipsen, htfrczog Fridrichen zu Sachsscn, marggraf Johann von Brandenburg, marggrafen
Fridrichen (Brandenburg), landgrafen von Hessen, hcrczog Albrechtn von Baiem, herczog
Joiigen (Baiem), bischof zu Wirtzpurg, Bamberg, Eystctt vnd andern den namhaften
fursten des reichs.
Maoßimüian ladet die Unterthanen Oesterreichs unter der
JEnns wegen verweigerter Türkenhilfe zur Rechtfertigung an seinen
Hof. Innsbruck^ 24t, JuU 1501,
Wir Maximilian von gotes gnaden Komischer kunig zu allent-
Zeiten merer des reichs, zu Hungern, Dalmatien, Croatien etc. kunig
ertzhertzog zu Osterreich, her (zog zu Burgundi, zu Brabant, vnd
phalzgraue etc. embieten allen vnsem vnderthanen vnser s fursten-
thumbs Osterreich vnder der Enns, so mit disem vnserm brief er-
suecht vnd ermant werden, vnser gnad vnd alles gut. wiewol wir
euch zu mermaln vnd auch yetz durch vnser schrift vnd potschaftn
ersuecht vnd ernstlichen beuolhen haben, des heyligen reichs Ordnung
zu Augspurg beslossen vnd daneben ain rustung vnd hilf ainer ant-
zal volkh vnd gelts zu widerstand vnser veindt vnd widerwertigen
den Turcken vnd ander vnd zu rettung vnser landt vnd lewt aufzu-
richten vnd zuuolziehen, so ist doch solhy bisher von euch nit be-
schehen sunder veracht. dardarch, wo euch solhs gestattet vnd zuge-
sehen wurde, vns vnsern landen vnd lewten mercklicher vnuberwindt-
Kraus, Nürnb. Beichsreg. 15
226
lieber schad, nachtail vnd verderben erwacbsen mocbt, das eucb ewrn
eren vnd pblicbten nacb pillicbwi zuuerbuten vnd vns vmb solb ewr
vngeborsam furzunemen gepnret. demnacb so bayscben vnd laden wir
eucb funfzeben für den ersten, fiinfzeben fiir den andern vnd ftinf-
zeben ftir den leisten recbtag, setzen vnd benennen peremptorie vor
vns oder vnseru retten an vnserm kunigclicbem bof, wo wir dann
zumal sein werden, erscbeinet. so wellen wir daselbst erkennen vnd
erlernen lassen, was ir vns vmb solb ewr « frauenlicb veracbtung vnd
vngeborsam verfallen vnd scbuldig seyt. vnd ir kumet vnd erscbeinet
alsdann oder nit, nicbtdestminder wirdet die obgemelt erkanntnuss
vnd erklerung wider eucb bescbeben vnd furgenomen, wie sieb das
gepurt, damacb wist eucb zuricbten. geben zu Innsprugg am sambs*
tag nacb sand Maria Magdalenatag nacb Cristi gepurt funfzehen-
bundert vnd im ersten, vnser reicbe des Romiseben im seebtzebenden
vnd des Hungeriscben im zwölften iaren.
Commissio domini regis propria. Serntein.
Lit. pat. pap. ori?. Wiener Staatsarchiv. Bückw. Mitte anfgredr. S.
Cardinal Raimund^ Bischof von Ourk und päpstlicher Legate
an das Nürnberger Reichsregiment Inhalt einer die NothLuendig-
keit eines Türkenzuges und der Verkündigung des Ablasses darle-
genden Rede, die in Nürnberg zu halten er durch eine ihfi auf der
Reise befallende Krankheit verhindert wurde. Ülmy 30, JuU 150 L
niustrissimi principes, reuerendissimi in Cbristo patres ac ex-
cellentissimi senatores, domini colendissimi. acceleramus, quantum
fieri potest, vt quamprimum veniamus ad illustrissimas dominationes
vestras tractaturi de rebus, propter quas beatissimo pontifice ac sede
apostolica jubente sumpsimus banc laboriosam legationem. tamen, cum
augeantur in dies populi Cbristiani calamitates, quibus uos maxime
potestis opem offerre, nosque podagra grauati cogamur bic aliquan-
tulum commorari, nullum temporis momentum in significandis Chri-
stianorum miseriis preteriri oportet, vt excellentie vestre, que Bo-
mani imperii cum caesarea majestate babenas moderantur, et immi-
nentia pericula cognoscant et de necessariis remediis prouidere stu-
deant, cum omnium Cbristianorum et presertim fortissime Qermanie
ruina sit adeo propinqua, ut nullum subsidium satis videatur posse
maturari. fleuerunt et in summo timore fuerunt Cbristiani superiore
227
anno, cum bestia crudelisaima, Turcorum tyrannus, tanta Christianorum
strage Motonum et Coronum occupauit, illico enim videbatur in Apu-
Harn aut marchiam Anconiianam traiecturus exercitum et deleto fidei
nostre sacrario, hoc est uvbe Borna, totam Europam incensurus. sed
quia astutissimum monstrum, dum res Orecie componeret, dissimu*
lauit sorbendi sanguinis nostri furorem. letali sopore grauati cuncta
negleximus at ille immanissimus draco, quanto minus timebatur, Jun-
enm, munitissimum oppidum et Motono propinquum, dolo viribusque
eripuit et, ne quid in terras suas a maritimis classibus Christianorum
metuat, Neapolim Bomanie, que sola in tota Feloponesso remanserat
Christianis, iam diu obsedit atque (ut fertur) ad hanc horam expu-
gnauit totaque orientali plaga Christianorum subiugata, cum resistat
nemOf qua parte uelit, in nos occidentales inumpere potest. heu, hen
reuerendissimi patres ac illustrissimi principes et excellentissimi se-
natores, quid iam faciet miserriroa Christianitas, quid sedes beatorum
confessorum et sanctorum martirum, Borna? quis eripiet de crudelis-
simis Turcorum flammis seruata per tot secula et labore Germanorum
imperatorum inuenta capita apostolorum Petri et Pauli? quis caput
beatissimi Andree ex Achaia ante paucos annos Bomam a despota
Peloponessi Turcos fugiente translatum? quis defendet ab incendio
caput Joannis baptiste domini precursoris, quo clamante patres nostri
co^ouerunt uenisse agnum dei toUentem peccata mundi? quis co-
lumnam, ad quam saluator noster pro nobis ligatus ac flagellatusP
quis scalas, in quibus idem saluator a Pilato morti adiudicatus Aiit?
quis lanceam illam, qua vulnerante de latere domini nostri Jesu
Christi sanguis et aqua emanauit ? hec enim omnia cum infinitis pre-
clarissimis relquiis summa diligentia sanctorum patrum Bome con-
seruata vno incendio (nisi deus prouideat) conflagrabunt. est enim
Borna ciuitas immunita, paucis habitatoribus et pugnandi insciis fre-
quentata et (quod absit) facilius quam Motonum aut Junicum capienda,
nee veremur hoc loco excellentias vestras dicturas esse, quod a non-
nullis imprudentibus aliquando dici audimus: quid ad nos de Con-
stantinopoli et Orecia? quid de ipsa Boma ac plenissima seditionum
diuisionumque Italia? nouimus enim bonitatem et prudentiam vestram,
nee possunt vlli aliquid mali habere Christiani sine summo dolore
bonorum Christianorum. preterea videtis patres ac principes et am-
plissimi senatores, iam agi de periculo vestro, quando incendium est
228
•
adeo propinquum, vt iam terra vestra arsura videatar. inter preclaras
leges, quibiia florent Germanie ciuitates, illa est de auertendis ino^n-
diis salaberrima, tot vigiles appositi, tot remedia excogitata, tanta ad
extinquendum ignem omnium promptitudo. et omnino sapienter nam
vna ardente domo (nisi subuenias) statim altera corripitur, deinde
altera, et demum tua concrematur. quam diligentiam si pro vna ci-
uitate conseruanda adhibendam censetis, inclyti Germani, cur eandem
in tota Germania ab interitu eruenda non adhibetis. nam deieta
Italia, quid de patria vestra speratis nisi forsitan putatis, seuissimum
et vigilantissimum bestem futurum spoliis Italiae contentum? qua in
re quid credere debeatis, docet vos magnus ille exercitus ad presens
in Bosnia collocatus. audimus enim, excedere viginti equitum milia
instructumque esse omni genere machinarum. si queritis, quo pergat
tantus exercitus, interrogate Germanos vestros Stiriam, Carinthiam ac
Camiolam incolentes, qui memores cladium antiquarum diceni gladios
illos a Turcis strictos esse in eorum ceruices et nunquam sine illarum
regionum pernicie fuisse in Bosnia Turcos congregatos. dicebat nobis
piissimus imperator diuus Fridericus tercius, etate sua abducta ex
terris Ulis per Turcos fuisse plusquam ducenta milia animarum. o pu-
dor, dedecus Germanici nominis sempiternum ; vo s progenies illonim
patrum, qui Reno et Danubio circumscripti tam longe lateque vltra
veteres terminos ditionem et linguam Germanicam propagarunt, vos
soboles eomm imperatomm et exercituum, qui totiens ab Italia Sara-
cenos expulerunt quique bestes Christian! nominis inuadendo in media
Asia etemam uobis famam pepererunt, toleratis crudelitatem spurcis-
sime gentis et vestrum sanguinem nobilissimum per turpes abusus
seruire seuissime genti non erubescitis? at dicitis: sunt illi in con-
finibus. non mirum est, si incursionibus fatigantur, nos eorum
uirtute muniti et delicüs afßuentes quiescemus. quiescetis ? ita : si uos
ille quietos dimittet. sed non dimittet ; credite nobis. fertar cupiditate
dominandi; quanto plus imperii habet, tanto plus habere concupiscit.
an est uobis ignotum, quod Cyrus, rex Persarum, et Alexander Ma-
cedo, quanto magis regnorum terminos propagabant, tanto maiori li-
bidine augendi regna trahebantur? et idem Alexander vnius mundi
dominatu se dicebat non esse contentum; et sicut noster crudelis-
simus inimicus plus virium, plus imperii habet, quam habuerint vel
Cyrus vel Alexander: ita verisimile est, illum teneri maiori ardore
229
regnauJi, quam teneretur uel Cyrus uel Alexander verum si aliqua
ratione tot regnis et prouinciis, tot in8ulis, quod nobis abstulit (abs-
tulit autem intra quinquaginta amios plusquam nobis in tota Europa
remansit), contentus Turcus in ocio uiuere optaret, creditis eius exer-
citum Vitra centum annos gerendis bellis et cumulandis predis exer-
citatum posse ad quietam uitam traduci? velit, nolit, necesse est, vt
illa duodecim milia peditum et quinquaginta equitum, que ordinario
progenitorum instituto semper habet in armis et sine quibus tantam
imperii molem sustinere non potest, aut aliquo occupentur exercitio
aut facta seditione domino suo perniciem machinentur. credite de ho-
minibus castra sequentibus alios principes facere, quod vos facitis?
soletis vehementer formitare, si quando bellorum turbine intermisso
hü vestri pedites lanzchnecht appellati prouinciam peruagantur. videtis
enim, eos bellis assuetos ad nuUum exercitium posse traduci, sed de
lixis et sedicionibus duntaxat meditari. idem timor tenet Turcum omnia
pauentem et suspicantem. neque est uobis speraudum, quod abstineat
a Germania uel alia Christiana natione lacessenda, quia de princi-
pibus infidelibus, qui potentissimi dicuntur, aliquem timeat. fuit, fuit
quondam hoc spes Christianis, cum alii infideles Turco propinqui
illius ambitionem metuentes de illo opprimendo coniurabant. sed pec-
cata populi Christiani adeo crudelissimi tyranni potent iam auxerunt
vt amiciciam cum illo coniungere certatim procurent. nam cum prin-
cipe Scytharum, qui Tartari nominantur, ita est amicicia coniunctus,
ut ex ea gente, quot milia equitantium velit, mercede conducat. Ca-
ramanum proauis suis formidatum pater eius deleuit et regem Per-
sarum Esoncasan appellatum ita prostrauit, ut de eius posteritate nuUa
apud nos mentio habeatur. Soldanus vero Egypti tum demum se re-
gnare fuerit arbitratus, cum a potentissimo hoste pacem impetrauit:
omnes autem terras, que in Jonium et Egeum mare ex Grecia respi-
ciunt, ita calidissimus hostis muniuit, vt nuUa Cristiana classis in
eius dominia irrumpere possit. quid ergo faciet hostis, qui neminem
timet et quiescere non potest? blandimini uobis ipsis et dicite: Itä-
liam petet et nos interea intactos reliaquet. ita profecto, quasi eodem
tempore non possit Italiam opprimere et Germaniam deuastare, et
quasi Italia intestinis seditionibus agitata possit exercitum congregare
aut vos cum instructo exercitu resistere. habet malignissimus hostis
exploratores, nouit, quo pacto se habeat misera Italia diuturnitate bei-
230
lorum attrita, audit ea, que per emulos fortissime nationis Germauice
circumferuntur, que etiam nos maximo dolore nostro interdum audi-
mus, que vera esse nuUomodo credimus et que tamen licet falsa a
multis predicantur. sunt autem huiusmodi: quod pauca sit inter vos
concordia, quod nuUus uobis ordinatus exercitus, quod principes inter
se odio contendunt, quod principibus ecclesiasticis temporales principes
aduersantur quod imperiales ciuitates principum amplitudinem, quod
ciuitatum libertatem principes non ferunt, demum quod principes ma-
gnitudinem Cesaris expauescunt, quod Oesar eorum contumaciam per-
horrescit. hec sunt, que de vestra natione ab improbis maximo nostro
merore recitantur per orbem terrarum et que Turcus non ignorai ad
hec mala aiunt fidem detractatores vestri nullum omnino adhiberi
remedium, nisi quod indicuntur frequentes conuentus, quas dietas appel*
latis iamque alienigene inuidentes glorie ac magitudini uestre inter se
iocantes huius modi sermones vsurpant: quid faciunt Germani? petunt
dietam Vuormaciensem, Augustensem aut Nurimbergensem. ybi sunt
maximi Uli archiepiscopi et episcopi Germani? vbi illi vetustisaime
originis principes Bomani imperatoris electores? vbi tot duces mar-
chiones et comites? sunt in dieta. quid statuerunt de Germanicis
rebus? distulerunt in aliam dietam. bone deus, quid sibi uolunt tot
diete, nisi quod vulgo fertur, ut vna dieta alteram pariat. sed dum
vos dietis tempus conteritis, crudelissimus inimicus inualescit. quod
si, reuerendissimi patres et illustrissimi principes ac excellentisaimi
senatores, vim pecuniarum, quam a decem annis in celebrandis dietis
consumpsistis in armando contra Turcos exercitu exposuissetis, iam
ille neque de Italia neque de Germania cogitaret, sed relicta Europa
secum bene agi putaret, si ea que tenet yltra Bosforum, possideret.
an non recordamini, quod fortissimi viri Hungari, vicini vestri, con-
corditer viriliterque pugnando illam spurcissimam gentem in sunmiam
desperationem adduxerunt et vir apud homines humillimus sed in dei
conspectu maximus frater Joannes de Gapistrano in domino confidens
bestes magna clade superauit non corporum fortitudine, non scientia
pugnandi, sed nostra nos vincunt discordia nostrisque peccatis. si anno
superiore fuissetis auxilio regi Polonie, quando illa infiuita Turcorum
multitudo Poloninni vastauit, gens illa Polonica non esset attrita pe-
nifurque consuh.pLa, sed viribus vigens vobiscum posset acerbissimum
bestem impugnare. sed dum Polonos negligitis et de cladibus Hun-
231
garorum non curatis, ille ita auctus est, vt pro arbitrio suo ad uos
perrumpere possit. sed terram vestram a dominatu Turcorum dister-
minat mare aut multorum dierum inculta regio, sicut Libye desertis
narratur fieri ? minime, minime. per continentem regionem Turcus est
uobis ita finitimus, vt si discordiam atque desidiam vestram uelit
diligenter estimare, decem diebus possit esse ad niuros Nurituberge,
hoc est in corde Germanie cum exercitu consistere. patres, principes
et senatores, libere sunt hominum cogitationes. potest vnusquisque in
mente sua opinari, quid uelit, oramus vos, opinamini hoc vnum. ty-
rannus Turcorum a septemtrione, ab Oriente, a meridie, ab Jonio et
Egeo mari securissimus indicta clam expeditione perpetuo cursu Hun-
gariam, Austriam et Bauariam penetrauit nuUoque repugnante Danu-
bium traiecit et castra (quod deus auertat) ad pulcherrimam et op-
timis legibus omatissimam Nurimbergam locauit totaque vastata re-
gione iam bombardis muros quatit. videtur vobis durum hoc opinari.
ita profecto verum, si ita contingat, nam contingere posset, quid fa-
cietis? ibitisne Lubecham ad Oceanum, vt trajiciatis in Angliara vel
Ibemiam aut Orcadas insulas? an resistere cogitabitis? profecto re-
sistere studebitis nolumus aliter sentire de natione omnium fortissima,
de natione, que per quingentos annos Bomanun\ Imperium obtinuit,
de natione, que nos modicis parentibus ortos et in aliena terra editos
episcopatu decorauit et ad cardinalatum peruexit. sed quandocunque
resistere volueritis, nonne erit iam melior Germanie pars deuastata?
non erunt cesi homines? fedate virgines, abducti in turpissimam ser-
uitutem infantes ? quanto melius est adoriri aduersarium vobis inferre
vulnus meditantem quam, postquam fueritis vulnerati, de eo sumere
vltionem! si occurritis hosti, magna spes victorie; si intra penates
expectatis, summum periculum ruine neque excusetis, o primates Ger-
manorum, negligentiam vestram ex populorum contumacia aut rebel-
lione. fuimus in hac terra ante cardinalatum apostolice sedis legati
diligent'Orque gentis conditiones inspeximus. nuUi sunt Christiani ad
defendendam religionem magis prompti. Jam tum dicebant, quod
nunc palam profitentur, se maxima alacritate optare in Turcos expe-
ditionem, si adsint ductores neque nobis per regionem Sueuie tran-
seuntibus aliquid constantius affirmarunt. nescimus quid vos de hoc
simplici et fideli popolo sentiatis; nos profecto credimus, eos libere
et ex corde loqui, quod sentiant, et omnino nescire mentiri et per
232
uüs tautum deesse, quin Turcos inuadamus. per niisericordiam dei
abolete a uobis hanc inramiam apud Germanie populos et, postquam
gens vestra ad sanctam expeditionem est prompta, nolite ocio torpere.
incitate Cesarem, qui yos excitat. sequimini ad necessarium ac püssi-
mum bellum, regem, quem elegistis, ostendite vniuersis nationibus
Christianis; sicut prndentissimi fuistis, magoanimum regem eli-
gendo, ita vos in sententia suscepta constantissimos esse eum se-
quendo, cum ille pro animi sui moderatione vestra consilia vestrainque
autoritatem non sit praetermissurus, vt nobis sepissime affirmauit,
cum ad hoc bellum sit inflammatus non modo propter defensionem
fidel Christiane, cuius propter officium a uobis Uli traditum est ad-
uocatus, sed etiam propter gloriam. nam cupit numerari inter optimos
imperatores Germanicos, qui contra infideles sepissime pugnarunt. et
insuper propter priuatam vtilitatem. nam eins Patrimonium, in quo est
nostra Gurcensis ecclesia assiduis Turcorum rapinis agitatur, et nolite
obliuisci patres, principes et primates, animas vestras in periculo ma-
nifeste uersari, nisi Christianam rempublicam ruentem erigati?. cum
enim sit ad vos iam diu translatum Bomanum Imperium et a vobis
per tot secula nuUo contradicente possessum, tum preterita mala tum
praesentia nobis solis possunt imputari. aliis enim Christianis natio-
nibus dicere licet, qnodsi apud eas fuisset Christianorum priucipatus,
ipsi pro Christianis bellum primi suscepissent et secum ceteros du-
xissent; sed noluisse ius ac potestatem Germanorum occupare. hoc
sicut est verissimum, ita in supremo iudicio uobis erit ad danmationem
etemam. nam si vos regende Bomano imperio impares iudicabatis,
hanc potestatem eligendi Bomanorum imperatorem suscipere non de-
bebatis. sed veremini ne uobis Turcorum hello occupatis vicine gentes
terram vestram inuadant. eu quo decidit generosus animus Germanorum,
gens illa, quam propinque nationes et ille victor vi'bis terramm, po-
pnlus Bomanus, timere consueaerat nuUa de causa vicinos formidat;
quis tandem de vestris vidnis vos inuadat? Polonus, Hungarus aut
Dalmata sunt enim acerrissimi bellatores, at nescitis, eos exitium a
Tnrco exspectantes aut uos in terras proprias tanquam a deo missos
esse suscepturos aul vos uel mari uel terra, quocunque duxeritis, se-
cuturos. de hiis nihil suspicamur, sed alii potentiores nos terrent. qui
tandem. Galli? aliq^iid est. homines virtute prestantes et qui diuitns
et militanai scieniia pollent, non supt coiitemnendi. sed que sunt
233
belloruni cause Gallis vobiscum? illi suis fiuibus suoque iure (vt ar-
bitramur) couteuti noü modo vos belli suspitione liberabunt, sed ad
hoc bellum ineundum federa sociabunt scimus que, sit yoluntas iu
coDciliaada uobidcum pace et amicicia iungenda Christianissimi regis,
et vos ipsi non ignoratis, venerunt ad vos ex Gallia pro pace dignis-
simi oratores, scimus, iterum venturos. non est in nobis plus ingenii
aut dexteritatis, quam in ceteris hominibus sed tantum integritatis
et (idei, quantum vos, cum faceretis nos ad cardinalatum assumi, esse
iudicastis, si nos idoneos vobiscum Gesare ordinante ad tractandam
pacem cum rege Christianissimo iudicatis, nullum ad eum accedendi
recusabimus laborem, et quam de sinceritate nostra habuistisopinionem,
vel consei-uabimus uel augebimus, et pacem (ut speramus) vtilem ac
honestam uobis reportabimus. pace autem vbique parta quid tandem
vos remorabitur ? nam audimus, de hac re seri sermones, quod prin-
cipes aut ciuitates non sunt magnis veciigalibus prediti, difficillimum
esse, aggerare pecuniam, quanta in maximum bellum opus sit, pe-
cunia autem, beUi neruo, deficiente non esse rem arduam attingendam.
liberamus vos hoc metu patres amplissimi; non deerit pecunia; licet
enim principum et ciuitatum vectigalia sint mediocria, natio tamen
est referta pecuniis. ille ut ad manus vestras deueniant, procurabimus.
attulimus enim merces, in quas populi Germanie pecuniam auidissime
commutabunt, hoc est plurimas indulgentias et amplissimum iubileum,
quäle nulla etas celebrauit. nam propter supremas fidei Christiane
necessitates, Bomanus pontifex sedesque apostolica sanctiores militantis
ecclesie thesauros aperiendos iudicauit; magis quam superiori euo fae*
tum fuerit, cum tanta necessitas non vrgebat, erogabitur tantus the-
saurus uel euntibus ad bellum vel adiuuantibus euntes. cognoscimu^i
autem fidelissimum deuotissimumque Germanie populum. nemo erit,
qui non velit terrena cum celestibus commutare. current certatim
tanteque cumulabuntur pecunie, quod in multos menses exercitus ar-
mari potent, idem speramus de serenissimo rege Dacie, qui ad nos
misit oratorem adhuc nobiscum manentem, orautem, ne illuc accedere
grauemur de eo si opus fuerit accedemus militcm inde et pecuniaip
vobis procuraturi; dum hec dcribimus, veremur, ne quispiam sanctis^
simi operis aduersarius hec a Bomano pontifice uel sacro oollegio
dicat exc<^itata fuisse, vt prouineiam pecunia exhauriamus ; a qua
suspicione, si vos non liberat certissimum JSiomane terre periculum
2S4
(pro quo auertendo sanctissimus dominus noster ac reuerendissimi
cardinales omnia, que possident, facillime exponerent) saltem vos 11-
berabit eiusdem pontificis collegüque decretum, quo cauetur, ne pe-
cunia ex iubileo aut aliis facultatibus nostris congreganda a nuUo
sedis apostolicae nuncio attractetur. nos promulgatis indulgentiis, vt
pecunia veniat, laborabimus. vos eam custodietis et custodes in toto
Romano imperio deputabitis, et cum instruendus erit exerdtus, vos
ipsi militibus Jesu Christi pecunias numerabitis. tantum igitur abest,
vt sedes apostolica aliquid de vestro habere velit, quod ipsa pro defen-
sione vestra thesauros militantis ecclesie liberaliter exponit quando
igitur imminent certa necessitas et discrimen supremum, sicut est
supra a nobis declaratum, quando in vestra potestate situm est reme-
dium, quando Cesarea maiestas vestris vsura consiliis est in bellis
promptissima, qnando non sine damnatione animarum vestrarum po-
testis aliarum nationum clades dissimulare, cum vos earum principes
sitis, quando a nuUo Christiane est de hello contra vos dubitandum, quando
de federe et amicida Christianissimi regis est uobis sperandum^ quando
pecunie non sunt defuture, quando ituris ad bellum eterna premia sunt
parata, cur tandem de piissimo hello susdpiendo non cogitatis ? moneat
vos Christianorum sanguis per tot regiones efusus, tot sacrate deo
uirgines stuprate, tot templa spoliata, tot anime non modo in abomi-
nandam seruitutem abducte, sed ad sacrilegam sectam Maometis in-
ducte, moneat vos Germanice genti imminens miseria, cum hosti cru-
delissimo liber ad vos aditus pateat per Carinthiam Stiriam et Car-
niolam, per ecclesiam nostram, a quibus non longe est Bauaria, et
Hungari non possint pro antiqua consuetudine vos protegere, cum sint
adeo debilitati ut hiis diebus tota terra quinqueclesiensis sit Turcorum
incendiis absumta, Poloni vero satis habeant, si Turcis in vos ruen-
tibus ipsi. in paludibus et siluis possint latere. tu verp piisime sal-
nator, qui neque dedignatus es humanas miserias tolerare neque ex-
horruisti pro nobis crucem subire, sicut seruo tuo Alexandre Bomano
pontifid dusque sacro coUegio inspirare voluisti, ut de hoc hello sus-
cipiendo et per eos ipsos gerendo in pleno consistorio uouerent, ita
respice super hanc familiam tuam principesque ecclesiasticos et tem-
porales liberasque ciuitates fortissime et nobilissime Grermanie ad hoc
sanctum et iustum bellum incende. concede per misericordium et pas-
sionem tuam, ut Ulis fortiter ac feliciter in bellum euntibus vilisshna
236
hec persona nostra cum ipsis procedevfl, cum eis vin« ere, cum illis
in paliiam redire possit demum, vt cum sanctis pugilibus tuis Ger-
manis ad celestem gloriam valeat peruenire. vos uero reuerendissimi
patres, illustrissimi principes et excellentissimi senatores, interea dum
nos podagre molestiis studemus liberari, priusquam istuc accedero
possiraus, tam sanctum tamque necessarium bellum vestro pruden-
tissimo consilio disponite animosque singulorum ad toUendam crucem
pro vestra pietate excitate et felicissime valete. Ylme XXX Julii
M. D. primo.
dedidissimus amicus et frater B. cardinalis Gurcensis legatus.
Lit. Claus, pap. orig. im Wiener Staatsarch. Rflckw. Adresse: Keverendissimis
iu Christo patrrbus, iUustrissiniis princlpibus ac excellentissimis senatoribus RoDianl im-
perii regentibus dominis et fratribus colendissimis 1501.
Bericht des Ausschusses auf dem grossen Nürnbergs^ Regi-
mentstag. Vorschläge zur AufrechterhaUung des Meichsregimentes
und zur Verlegung des Regimentstages von Nürnberg nach JFhank-
fürt oder Worms. Massregeln gegen die Landfriedensbrecher, s. L
et d. (Erste Hälfte des August 1501.)
Batstage der verordenten.
Anfengklich ermessen sie auß dapfem ynd mergklichen vrsachen
gut vnd nutz sein das vfgericht rcgiment in wesen zu behalten
vnd nit fallen zu lassen, wie aber oder wovon das vnderhalten wer-
den möge, davon ist geratslagt wie hemacliuolgt.
Zum ersten dweyl der babstlich legat yetzo alhie kurtz ver-
schiener zeit dem regiment alher hat thun schreyben, sie des Thur-
cken zugs ermant vnd angezeigt, wie er von der babstlichen heyligkeit
geschickt sey, zuuor fryd im heyligen reich zumachen etc. haben die
verordenten bedacht gut sein zu seiner hochwirdigkeit yemant zu-
schicken von ime zuuememen wie vnd uelicher gestalt er vermeyn
oder fiirhabe friden im heyligen reich zu machen vnd zu vnderhalten.
darnach dann seiner hochwirdigkeit antwort sein, darnach wurdet aber
ferner zu trachten vnd zu handeln sein, wes davon dem r^^ixuent vnd
Mden zu vnderhalten dienen möge.
Wo aber nichts verfengklichs vom legaten in solichem verstanden
werden mocht, alsdann haben die verordenten vf einen andern wege
236
gedacht vnd nemlich den das eine yeder churfurst seinen rathe im
regiment noch aiu jare vf seinen kosten erhalte, das auch yeder chur
fürst sein vierteyt jars personlich oder durch eynen andern forsten
lawthe der ordnunge hegitz, item daz desgleichen die erweiten zwölf
geistlich vnd weltlich fnrsten ire vierteil jars wie das in der Ordnung
außgedruckt ist, besitzen, de&gleichen die prelaten jre verordenten auch
yedes vierteyl jars schicken vnd verlegen, item die stette jre veror-
denten auch erhalten vnd schicken wie das die Ordnung vermöge.
Darnach wurdet dan zuhandeln sein die personen auß den sechs
kreißen auch zuwegen zubringen, also das mit den fiirsten derselben
kreyße gehandelt werde solich personen vß irem kreyße zuuerordnen
vnd ein jar langk vf iren kosten zu vnderhalten damit mag das
regiment noch ein jar besteen vnd pleyben.
Furter dweyl sich etlich stende alher ghein Nuremberg zukomen
beschweren vnd vngelegen achten, so bedunckt die verordenten gut,
eynen andern reycbstag an eyne andere gelegen malstatt als ghein
Wormß oder Franckfiirt, weliche am gelegensten angesehen wurdet,
vf Galli schirstkompt yetzo alhie furzunemen vnd zubestimmen, dar-
auf alle churfursten vnd fursten, so yetzo alhie personlich sein, komen.
das auch die potschaften alhie jren herren daheymen gelegenhelt des
reichs vnd vs was vrsachen dieser tag furgenomen sey zuerkennen
geben vnd jrs besten ermanen zu dem angezeigten tag vf bestympt
zeit one lenger verziehen auch personlich zukomen vnd das den jhinen
so nit alhie sein oder nit geschickt haben, von hynnen solichs ge-
schrieben werde mit höchster ermanung vf obbestympten tag auch
personlich zuerscheinen. alsdann vf bestympten tag das angelangt
regiment continuirt, auch alles das, darin dieser geinwurtiger reichs-
tag furgenommen worden ist, gehandelt geratslagt vnd beslossen
werden soll vnd sunderlich wie vnd welicher maß des reichs regiment
auch das kunigklich chamergericht vnd anders vnderhalten werden
mögen, wie dann solichs alles der abschiedt geinwurtigs reichstags
ferner in halten wurdet.
Item so solichs also beslossen vnd angenomen ist, alsdan so
soll ein zymlich schreiben an die kunigklich maiestat gestelt werden,
darin iren kunigklichen gnaden Veränderung des reichstags vnd der
malstatt des regiments mitsampt der vrsach solicher verenderung vnd
anders verkündet werde etc.
2B7
Zu letzt dweyl sich mergklich verbrechimg des vfgerichten landt-
Mden vnd suuderlich alhie vmb dieser ort begeben vnd dan der
bebstlich legat feyden zumachen vnd vfzurichten seins angebens ge-
schickt ist, ermessen die verordenten vnter andern wegen nit vn-
fnichtbar, das von des reichs stenden alhie zu dem legaten yemants
verordent wurde, sein hochwurdigkeit von wegen des Komischen stuls
vmb merer handthabung willen des landtfiiden zubitten dem vfge-
richten des reichs landtfriden ein confirmation von stuls zu Borne wegen
zugeben vnd zugem zulassen mit ernstlichen gebotten solichen fryden
bey dem höchsten bann zuhalten etc. auch in solicher confirmation
executores zudeputiren in der maß, wo yemants von frydbruchs wegen
in die acht denuncyrt wurde, das alsdan die executores, so deßhalb
angerufen wurden, solich denuncyrt frydbrecher one alles verziehen
vnd terrer erkentnyß in den höchsten bann gefallen sein declarirten,
auch succesiue aggrauirten vnd reaggrauirten auch interdict legtn cum
cessatione diuinorum vnd andern beschwerlichen processen. wie dann
in solichen zu procediren gewonlich vnd recht ist. dis sehe die ver-
ordenten dieses zeit nach gelegenheit der sachen für nutz vnd gute an.
Cop. im Wiener Staatsarchiv s. d. et. 1.
Maximilian an den Kurfürsten Friedrich von Sachsen, Ächt-
zehn Geheimartikel zur Ergänzung der offiziellen Instruktion^ welche
Maoaimilian für den grossen Nürnberger Regimentstag an den Kur-
fürsten geschickt Die Artikel enthalten eine Darlegung der Um-
triebe Jjudwigs JS^II. gegen das römische Reich und Maximilian
und der UnaufrichHgkeit der französischen Friedensversicherimgen,
Innsbruck 26, August 1501,
Aus disen hernach völgenden artikeln mag ein yegklicher wol
abnemen, ob der kunig von Franckreich redlich - handl mit dem Ko-
mischen kunig in dem tractat des fridens, den er offenbar anzeigen
tut, als ob er desselben beger. aber heimlich suecht er ganz ander
wege.
Vnd anfengklichen ist zuuoran anzusehen : dieweil in naraen dos
kunigs von Franckreich tractirt worden mittel des frides mit dem
Ro. kunig, da ist zuuor beslossen worden, das furter kein volckh aus
Franckreich in Italien geschickt werden solt noch wider das kunig-
reich Neapels, vnd aber die Ko. ko. mi bericht ward, wie newlich
238
wider des kunigs von Fianckreich volckh in Italien zöge vnd seiner
mt. nit lieb wer, das egemelt zusagen nit gehalten wurde, da schreib
einer ans dem fumemesten in Franckreich aus benelh des kunigs,
das selbes volck, so man rüste, geschickt wurde den zu trost, die in
dem hertzogthumb Mayland legen vnd allein auf dem mer, damit sy
den Venedigem zu hilf weren wider die Türken.
Nicht destmynder so hat der kunig von Franckreich das alles
vorgemelt vnd der seinigen brief, die er selbs schreiben hat lassen,
klein geacht vnd vnangesehen den angestellten Md, so er mit dem
heiligen reiche hett, ganz widerpart mit werten vnd wercken gehan-
dlet. wann sein volck hat er zu land hinein in Italien geschickt vnd
etlich stett vnd sloß vnder dem schein des babsts auch etlich frey
vnd des reichs atende zu seiner gehorsam bezwungen vnd nach seinem
willen sy vmb gelt vnd genotte hilf geschätzt, das nämlich alles
zeichen sein eins posen widerwertigen willen vnd vnersättlichen be-
girde zu herschen.
Darnach nach dem anfang des vorgemelten tractats des friden
hat der kunig von Franckreich durch seine gesandten bey etlichen
sunderlichen personen in Sweicz tractiren lassen, durch was weg er
Italien vnd die kayserlichen krön gewynnen mocht. in sunderheit mit
solchen ratsiegen : die aidgenossen haben bisher zu mermalen gesehen
vnd empfunden, das der Bomisch ku. vnd die furstenthumb des hei-
ligen reiche nu mit inen gleich vnd einig sunder allweg eins wider-
wertigen willen vnd gemüt gegen inen gewesen sein vnd nämlichen
in kurczer zeit volgen wurd, das die aidgenossen grosse schlacht vnd
verderben von den Österreichern vnd dem reich empfahen wurden,
darinnen inen großlich nutz sein wurd, das sy mit aller macht vnd
einhelligclich darob weren, damit kunftigclich kein Dewtscher fürst
die herrschaft Italien vberkeme sunder dieselben ee der den Fran-
czosen vergunden. wann das wurde also ein ewige behaltung vnd
sichcrhait den aidgenossen werden vnd im besluss daran gehengt :
auch wo die Franczosen die keyserlich krön erlangten, wurde den
aidgenossen vil nuczer vnd gelegen sein, auf weihe durstig begem
von den merem teil der aidgenossen mit der red vnd antwurt wider-
sag ist worden: sy wellen ee all sterben, dann sy leiden weiten, die
kayserlicb crou in Franckreich zu wenden.
239
Vnd das alles ist dem Romischen kunig durch die fumemisten
in aidgenossen, den man glawbiichen trawen mag, zuwissen getan.
So werden anch durch den kunig von Pranckreich etlich treffen-
lich vnd gros geacht lewt in Italia der vnser gepracht vnd darauf
gewißen, die offenlich dem gemeinen mann furhalten vud zu uersteen
geben, das nit der Römisch kunig, sunder der Franczos werde Italien
erledigen, darum piUichen yedermann des kunigs von Franckreich als
des Messias warten sol. wann kein Walch durf einich holfiiung in die
Dewtschen seczen, dhweyl Italia durch die Dewtschen nie erlost, nie
nichts guts erlangt, auch in diser gegenwurtigen not vnd widerwer-
tigkeit kein hilf von inen empfanden hat. so sey allein der kunig von
Franckreich, dem sy getrawen, sich vnd all ir heil auf in seczen vnd
im beuelhen sollen, darumb in yeczen die Franczosen gemenigklich
in Italien ein vater des lands nennen, als Karolus der acht, der den-
selben titel auf die muntz, so er drynnen slug, einschreiben ließ.
So hat auch der babst, der der Franczosen begern einhelligclich
volg thut, geredt: das Romisch reich sey von den kirchen (sie!) auf
die Dewtschen gewendt worden, darumb das die gemelten kirchen
(sie !) den Cristenlichen gelawben Ußlich beschirmbten. vnd dhweil die
Cristenlich kirch bisher kein hilf von den Dewtschen befanden hab
noch der kunftigclich wider die Turcken gewartend sey, auch kirchen-
land durch der Dewtschen schuld verlorn sey vnd yecz Poland, so
seyen die Venediger in scheinper vnuerporgner sorgueltigkeit, darumb
werde das reich pillich von den Dewtschen zu den Frantzosen ge-
wendt, von wellichen diß vnd grosser hilf zu warten ist.
So hat sich auch des kunigs von Franckreich botschaft in dem
kunigclichen vnd der fursten des reichs rete mit den werten mercken
lassen: das Romisch reich sey durch den babst aus Franckreich auf
die Dewtschen gewendet worden allein aus der vrsach, das die Fran-
czosen dem babst vnd dem heiligen Stul hilf versagten, aus welicher
red er zuuersteen hat wellen geben : als der Cristenlich glaub yez in
grosserer not vnd sorg steet vnd kein hilf von den Dewtschen be-
schicht, so mug der babst billichen die kay. crone widerumb von den
Dewtschen auf die Franczosen, die im yecz hilf thun, wenden.
Vnd das noch vil vnpillicher vnd von allem frid vnd fruntschaft
gancz frembt ist, so hat die gemelt potschaft geredt: der ku. von
Franckreich hab durch sein beschedigken vnd listigkeit souil erfunden,
240
das der kunig von Hungern, der dem Bo. kunig hoch vnd gi'oß ver-
punden ist gewesen, so gar von im gewandt ist, das der yetzmal
nichs anders gewarten ist, dann das die Franczosen an einem vnd er
am andern teil den Romischen kunig angreifen.
So hat auch bemelter ko. von Franckreich dem babst geübt, das
er offenlich dem Bo. kunig riete, damit er nicht gen Bom zug. das
auch der babst dem Komischen kunig zu raten jerlichen versucht hat.
So ist auch der Bo. kunig durch etlich gelawbwirdige lewt ge-
warnt worden, wie der kunig von Franckreich in teglicher vbung sey,
damit des herczogen von Ferrar eltister sun sich in dem kunigreich
von Franckreich verheyrat, damit er in vnder solichem schein zu im
ziehe, das er in Franckreich won vnd, wo sein vater, der vast alt
ist, mit tod abgieng, der kunig von Franckreich den herczogen von
Ferrar bey im hab vnd mit seinem landt handl nach seinem willen
vnd wolgefallen. wann er hat das land zu Ferrar den Venedigern zu
schencken zugesagt, damit er dieselben destuester bey im in pundnuß
behielt, vnd so im die andern Welschen land zu bezweyungen hilflich
sein, das doch alles der kunig von Franckreich wider all pillicheit
handlt in sunderheit, dhweil der hertzog von Ferrar ain fürst des
reichs ist vnd so manichmal dem reich gesworn vnd dauon belebend
ist, auch der kunig von Franckreich kein gerechtigkeit, sich vmb des
gemelten hertzogen sachen oder landt anzunemen oder anczugreifen, hat.
Auch haben des kunigs von Franckreich hawptlewt versucht mit
verheyssung grosser prouison, den marggrauen von Mantua zu inen
zu ziehen, hoffend vud begerend sein landt auch zu haben vnd das
nach iren wülen zugebrauchen, andere Welische land dardurch zube-
zwyngen, in also zu wenden vnd heben von dem alten schirm vnd
gehorsam des Bo. kunig vnd des heiligen reichs, darinn die yorfarn
des gemelten marggrauen bisher vnczerprochenlich belieben sein.
So hat auch der ko. von Franckreich listigclich durch sein hawpt-
lewt, so er im Welischen landen gehabt hat, versucht durch mittel
des marggrauen von Salutz den marggrauen von Monforai; zufahen,
der auch also iren listen vnd gewalt kawm entgangen ist. auch so
hat der bemelt kunig teglichen fleis für, die regenten vnd rat, so
durch die ko. mt. vnd das landt der marggrafschaft gesetoz sein,
wider zu entsetzen vnd verkeren, dhweil sy dem Bo. kunig als irem
Uerren vnd fursten anhangen, wann die marggrauen von Monfarar
241
sein von alter allwogeii dem Bomischen reich gehorsam gewesen vnd
in stetter vnd trewer vnderthenigkeit heliben vnd bemelter marggraf
hat der Bo. ku. mt. vnd hochloblichen gedechtnuss keyser Fridrichen
sein vater als ein lehensman vnd fürst des reichs geswom vnd ist
von im belehend morden.
Her hat der gemelt kunig von Franckreich des heiligen Bomi-
schen reichs potschaft, so am jüngsten zu im gesandt ist, auf sein
begem zogen vnd bewegt, also das er von inen den negsten ange-
stellten friden erlangt hat, inen zugesandt vil zuthun, damit man
klerlich erkennen mocht die lieb vnd fruntschaft, so er zu dem Bo.
kunig vnd den heiligen reich trug vnd hat doch in allen dingen
widerwertigclich gohandlt. dan in mitler zeit des angestellten friden
hat er anders nicht gedracht, dann wie er die vbrigen land in Italia
in sein gwalt bracht vnd im machte im offen vnd sichern weg das
kunigreicb zu Neaplos anczugreifen. damit, wo er alle welsche land
in sein gewalt bracht, darnach das reich in Dewtschen landen erobern
mocht. wann dewtsche land vnd Italia stossen gelegenlich aneinander,
dann in diser zeit hat er im gebor? am gemacht oder an sich ge-
czogen die von Bolone, Pisa, Florentz, Pesar, Arimin, Pauencz, Senis
vnd ander vil Welscher herrschaften, die sich allwegen der freiheit
gebraucht haben oder von alter vnder dem schirm des Bo. reichs
in friden gesessen sein, wann zu solichen seim furnemen ist im der
babst genaigt, der im alle ding zugibt vnd nach seinem willen tut,
damit sein sun herczog Valentin in Italia gewall ig werde, dann da-
mit der kunig von Franckreich die kay serlich cron vberkumon, darinn
er dann all sein gemut seczt, hilft er des babst sun etliche stend in
Italia zubezwingen vnd wiewol dieselben etlich zeit vnder der kirchen
schirm gewesen, so sein sy doch von alter von dem reich vnd Bo.
kaysern herkumen vnd alles das, so sy vberkumen haben, rurt da-
selbst her. so hat auch der babst kein macht, dioß ausserhalb B. mt.
vnd des Bo. reichs zu entsetzen, dauon dieß seinen iren grund vnd
anfang herziehen, dann er sol die allein in schuczung halten vnd ob
keyser Constantinus dem babst mer geben, so hat er doch solhs^ zu-
tun nicht macht ghapt.
Das hat der kunig dhweyl diser angestelter frid gewert hat ,mit
hilf des babsts zuthun vnderstanden, damit er ime ein sichern weg
mache, die andern Welischen landt zu bezwyngen vnangesehen seins
Kraus, Nüinb. Reichsreg. {Q
242
zusagen, darinn er sich entslosson hat, nichts weytters in Italia an-
zufahen ausserhalb wissen vnd willen des Eo. kunigs vnd ee der an-
ge&ngen friden zwischen inen beslossen wurde, vnd ist all sein zu-
sagen allein auf den grund vnd bewegnus bescheen, damit die fursten
des heiligen reichs auf solich sein Vertröstung vnd gute wort kein
ander fursichtigkeit suchen oder teten
Dartzu sein zwischen denen, die in namen des Römischen kunigs
vnd des von Franckreich auch des durchleuchtigisten ertzhertzogen
Philipsen gehandlt haben, dhweil man den friden tractirt hat, etlich
reden bescheen, die Sachen vnd spenn in Italien hinczulegen vnd zu-
richten, damit zwischen ertzhertzog Philipsen sun vnd des kunigs von
Franckreich tochter ein heyrat beschech. das doch alles, als der Eo.
kunig eigentlich bericht ist, aus keinen andern vrsach von den Fran-
tzoseu erfunden ist worden, nur all ein damit sy den Romischen kunig
betrugen vnd mit iren listen aufhielten vnd verczugen, damit er sich
weyter nit versehe das er die Waischen landt gar bezwung vnd da
er dieselben nach seinem willen erobert, hat er furgenomen seine
tochter dem jungen grauen von Angolemi, den man yetz Delpfin
nennt, zuuerheiraten wiewol vormals dem hertzogen von Borbon zu-
gesagt ist worden dem gemelten Delpfin sein tochter eelichea zuuer-
mehlen. es ist aber der gemelt hertzog sein "tochter dem jungen her-
tzogen Dalenson zuuerheiraten vnd entschuldigen sich damit also: der
kunig von Franckreich hab solichs aus denen vrsachen getan, damit
die herren seins reichs stillen mochten, die vmb des heirats willen
zwischen dem jungen ertzhertzogen etwas Widerwillen gegen im ge*
uasst betten, dann sy besorgen, die land Britania vnd Mayland wur-
den auf den gedachten ertzhertzogen vallen vnd dardurch furter auf
das haws Osterreich vnd Burgundi, die dann im kunigreich Franck-
reich nit lieb gehabt sein.
Item ein anders dardurch das bös vnd widerwertig gemut gegen
dem Ro. ku. wol erkhennt mag werden, dann als er vemomen hett,
wie etwas gehandlt wurde in dem heyrat zwischen dem hertzogen
von Safoy vnd der durchleuchtigisten Margrethen des Römischen
kunigs tochter, hat er dem hemelten hertzogen von Safoy zuentpoten,
er welle in kein weg soliche heyrat beschehen lassen, es sey dann
sach, das der genannt hertzog soliche heirat on willen vnd wissen
243
des Römischen kuiiiga besliessen well: des der Römisch kunig durch
glawbwirdig lewt eigentlich bericht ist.
Auch so last der bemelt kunig von Franckreich sein howptlewt
vud rate vberal in Welischen landen die red ausgeen, er welle ee
mit dem Romischen kunig vnd dem reich gar kein friden annemen,
ee er etwas, so er in Welischen landen zu seinen banden bracht hat,
wider geben well oder ee er leyden well, das des babsts sun etwas«
so er erobert hat, widergebe, das er als aus der bescheidigkeit thut,
damit er im den babst gunstig vnd gutwillig behalt, dann durch sein
hilf verhofft er die keyserlichen cron zu empfahen vnd zuerlangen.
Gleichzeitig Cop. Wiener Staatsarch. Rflckw. : Das ist ein absihrift der achzeheu
geheymen artii^kel von der ku. mt. hertzog Friderichen etc charfursten zugresckickt dem
regiment farbringen, doch in geheim zubehalten.
Dets Nürnberger Reichsregiment an Maooimilian. Bittet um
Ernennung eines Statthalters und die Ahsendung eines JRathes für
die Österreich, Erblande. Nürnberg 13. Jammr 1602.
AUergnedigister herr ewr kimigklichen mayestat zugehorsam sein
wir. wie wir ewer gnaden hieuor zuerkennen geben etlich zeit her in
kleiner anczal alhie beharret vnd ewer kunigklich mayestat vnd des
heiligen reichs rat vnsers vermugens vnd versteens vnderhalten vnd
gern das pesst getan, so bin seidher ich Mangnuß fürst zu Anhalt
von wegen meins herm vnd oheims marggraf Joachims von Branden-
burg churfiirsten wegen zu demselben regiment ankumen. Dweyl aber
noch zur zeit mangel eins stathalters bey vns erscheinet das nit allein
als wir dann ewr kunigklichen mayestat auch hieuor angeczaigt vns
schowch gipt ausserhalben desselben in gerichtlichen sachen zuhandlen
sonder auch mynders ansehens bringet vnd mit der zeit von etlichen
nachred vnd anfechtigung geboren mocht, haben wir deßhalben im
pessten nit vnderlassen wellen ewr. k. mt. solichs abermals zuerynnern
mit dem vnderthenigisten diemuttigklichen bittende ewr. ko. mt. welle
nochmals auf das furderlichist ein stathalter zu vns verordnen oder
so die so eylend einen ir dartzu gefeilig nit het, damit dann des-
halben nichts versawmpt werde, ob der gefalle einen aus vns bis die
ein andern schicket oder vnser herr oheim vnd gnedigister herr her-
czog Friderich von Sachsen etc. churfurst ankumet, hirinne beuelh zu
geben dartzu auch doctor Ludwigen Vergenhannsen, den ewr. mt.
16*
244
hieiior ziisv-hicken angeczaigt oder einen andern von ewr kunigklichen
gnaden als eins ertzkertzogen zu Osterreich wegen, wie sich den auf-
gerichten Ordnungen nach geburet, das regiment zu besitzen, sennden
vnd sich in solichen allem genedigklichen beweysen vnd dise vnser
manung getrewer nieinung von vns vermercken. begem wir 7usaTiipt
schuldigen pflichten gehorsamlich verdienen, geben zu Nuremberg an
pfintztag nach sand Erhartstag anno etc. secundo.
E. k. mt. vnd des heiligen reichs gehorsam verordent regi-
ment yetzo zu Nuremberg.
Lit. daus. pap. orig. Imisbr. Statth.- \rchiy.
McktimiUan an die zu Nürnberg noch anwesenden Räthe des
Meieharegimenteß, JEr habe bis niemanden jsmr üebernahane des
Statthaiterpasten bewegen können und desshatb dem JSrzbischof von
Mainz das Siegel abgefordert, Sie sollen bezüglich des Soldrück^
Standes jemanden an ihn abordnen, Innsbruck 21, Mätrz 1502,
Maximilian von gots gnaden
Röndischer kunig etc.
Ersamen gelerten vnd lieben getrewen. wir haben ewr schreiben
vns getan berurnnd ainen stathalter das wir den in vnser vnd des
heiligen reichs regiment verordnen auch verfugen sollten ewch ewer
Solde zubezalen nach der leng vernommen vnd bisher etlich ersucht,
daäselb stathalterambt änzunemen, aber noch zumal dhainen darzw
bewegen mugen vnd deshalben vnser kunigclich insigl, so vnser neue
der ertzbischoue zu Mencz bey seinen banden hat, erfordert vns das
zuzesenden. so vns dann dasselb zukumet, wellen wir euch auf solh
eWr schreiben des stathalters halben ferrer anndtwordt geben, dann
von wegen ewr sold wellet einen zu vns schicken, der vns den aus-
stand derselben solde anzaig. mit dem wellen wir auch dauon handien,
geben zu Ynnsprug am montag post Palmarum anno XVC vnd im
anderen vnsers reichs des Komischen im siben zehenden jar.
Ad mandatüm domini regis
proprium. N. Ziegler.
Lit. Claus, paj». oiig. Wiener Staatsarch. Rückw. : Den ersamen gelerten viul
vnserri lieben getreueu vDsoin geordenten reten vnsers. regiments souil der ytz zd Nurm-
berg sein.
246
Maximilian an den Hauptmann der Österreich, Lande Wolf-
gang von Polheimy die Mauptleutey Städte und Bischöfe seiner Erb-
länder. JJas zur Vornahme eines Türkenzuges von dem päpstlichen
Legaten, Cardinal Raimund, gesammelte Orudat- und Jubßäum^geld
ivird ausschliesslich zu dem bezeichneten Ztveck verwendet werden
und sollen sie darauf achten, dass ohne Auftrag Maouimilians über
dasselbe von Niemandem verfügt werde, Innsbruck 12, Mai 1602»
Wir Maximilian ete. erabieten etc. vnser gaad vnd alles guet.
du hast, als wir nit zweiueln, verstanden wie wir als Bomischer kunig
taawbt und beschirmer der balligen Ghristenhait die grawsam er-
schrocklich anfechtung der Turckben, so sy langzeit gegen die Cristen-
hait geübt, vil kunigreich vnd lande von Cristenlichen glawbn in if
gewaltsam pracht vnd ir obrikhait vnd macht bis an die greniczen
Tewtscher nation erstreckht, dardurch sy diesen mit merglichm gewalt
vbercziehn, wnestn vnd noten mugen, zu herczen gefasst vnd deshalb
got zu lob vnd vnserm hailign glauben zu rettung vnd auffenthalt
mit hilf des almechtigen vnd ander Cristglaubigen geweit auch des
balligen reichs stende vnd vndertanen ainen verfenglichen tapfern zug
wider sy in aigner person zuthun vnd zu uolfueren endtlichn fiirge-
nomen. darumb dann vnser balliger vatter babst zuuolbringung des-
selben vnsers loblichen fumemens den erwirdigen Baymunden, des
babstlichen stuels zu Born cardinal vnd diser Sachen sunderlichen
legaten, vnsern lieben frewndt, in Tewtsch nation gesanndt vnd im
volkumen gewalt vnd beuelh gebn hat, das crutiat vnd jubileum al-
lenthalben zu publicieren zauerkunden vnd zuhandln inmassen die
babstlich bull, deshalben ausgangen, clerlichen Inhalt, als dann sein
lieb und durch sich selbs vnd ander sein vndergesaczt vnd substituirt
t'ommissarien an vil orten im balligen reiche getan hat vnd bey dir
vitleicht auch beschehen sein mag. wann wir nu vöstiglich gemaint
sein, als auch aus angeborner begird vnser gemuet vnd will ist, dem
gedachten vnserm langturgeseczten furnemen volg zuthun vnd deshalbu
mit allem ernst darob zu sein vnd zuuerfuegen, daz das gelt, so aus
andacht Cristglaubiger menschen zu hilf vnd stewr solichs furnemens
geraicht vnd gegeben wurde, allein zu demselben furnemen vnd sunst
in kain andern weg nach Inhalt obberurter babstlicher bullen auch
nachuolgender bewilligung vnd zuesag vnser hailigen vatter babsts vnd
246
des gemelleu logaten, angelegt gepraucht vnd gewandt werden soll,
darumb emphelhen wir dir hiemit bey Vermeidung vnser sweren vu-
gnad vnd straf ernstlich vnd wellen, daz da allen statten vnd enden
deiner, haubtmannschaft vnd Verwaltung, wo das crutiat vnd jubileum
verkunnjit vnd gelegt ist, von vnsern wegen mit ganczem ernst vnd
vläisrs ^rob seiest vtid verfilmest, das alles vnd iglichs gelt oder
anders, so vor^esitBibter weis darcsu gegeben oder gefalln ist oder
wurde, vnczertrennt vnd vnverruckht auch vnuerendert beyainander
gelassn, behaltn vnd wol verwart, auch an vnser sunderlich wissen
verhengnuss oder beuelh ymandts, wer der sey, dauon ychts gegeben
oder zugeben oder zunemen gestattet oder verhennckht werde in dhain
weg, damit das gemelt vnser loblidi furnemen nit zerruet vnd wol-
fart der hailigen Gristenhait, als sich geburt, gefurdert werde, daran
tust^du vnser Ernstlich nn^inuiig. geben zu Innsbrugg am zwe]iften
tag des monets May samo domini XY^ vnd im andern jare eta
•
C!oiicept im Wiener StaAtsarch. mit dem EanzleiTermerk, da&s gleichlautende Man-
date an Wolfg. von Polheim, die Hauptleute ?ob Steiermark, Kämthen, Krain, Görz,
Triest, Tybein, Portenau, St. Veit und Agelsberg, an den Vogt zu Bludenz, an die St&dte
Wien, Graz, Neustadt, Krems, Stein. Radkersburg, Iiaibach, St. Veit in K&mthon, und
Chur, endlich an die Bischöfe Von Salzburg, Passau und Seckau auszufertig<en sind.
r
. «
; < »
. • 1
ff
l 5 f
i -i
Verlag der WAGNER'schen Universitäts-Buchhandlung
in Innsbruck,
Maximilians I. vertraulicher Briefwechsel
mit Sigmund PrQschenk Freiherrn zu Stettenberg,
'uebst einer Anzahl zeitgenössischer, das Leben am Hofe beleuchtender
Briefe, herausgegeben von
,1 ' '
Victor Ton Kraus.
1876. 136 S. fl. 1.60 kr.
m I • ■ .p ^ ■■ ■ ^mi^mmmmm^'^—^ — ■ ■ ■ - »^.^ —■ ■■■■■ »i^- ■ ■■-.■■■■ .— .t. ■»■■■ »* ■ ■ ■■■ ■■■■■— .--^■■_ ,,_ . ., -.,,..
Das Privilegium Kaisers Otto I,
für die Römische Kirche
erläutert von
Th. Sichel.
Mit 1 Pacsimila 1883. V u. 182 S. fl. 3.—
Oesehiehte der landständisehen Verfassung Tirols.
Von Albert Jüger,
I. Band. 1881. VIII. u. 760 S. a Bd., 1. Abthlg. 1883.
IX. u. 419 S. fl. 10.—
Der Streit des Cardinais Nicolaus von Cusa
mit dem Herzoge Sigmund von Oesterreich als Grafen von Tirol.
RIn Bnclntltk au dei Ktaifta i«r wdtll«keB ud kirthlithen Ocwtlt uek den Ctneilinni
TM Basel
2. Ausgabe. 1866. XII. u. 384 u. 440 S. fl. 3.—
Geschichte des Herzogs Rudolf lY.
TOD Oesl»rreieh.
Von Dr. Alfona Huber.
1865. IX. u. 22 J S. fl. 3.—
Geschichte der VereioiguDg Tirols mit Oesterreich
und der vorbereitenden Ereignisse.
Von Dr, Mfona Muber.
1864. XL u. 276 S. fl. 2.60 kr.
Die östlichen Alpenländer im Investiturstreite.
Von l>r. Fra/nx Martin Mayer,
1883. 250 S. fl. 2.40 kr.
Die Anlange des Handels und der Industrie
in Oesterreich und die orientalische Ooinpagnie.
Nach unbentttzten Quellen bearbeitet von
Or. Franz Martin Mayer.
1882. VIII. u. 184 S. fl. 1.—
Oesehiehte Kaiser Karls IV und seiner Zeit
von JDr. EmU Werunaliy.
I. Band 1880. XVI. o. 462 S. und II. Band, 1. Abthlg. 1882.
X. u. 324 S. fl. 8.50 kr.
Der erste ROmerzug Kaiser Karls lY.
Von Dr. Emil Werunsky.
1878. 339 S. fl. 3.60 kr.
Karl's IV.
private und politische Beziehungen zu Frankreich
Tou Adolf Gottlob.
188«. 146 S. fl. 1.25 kr.
Die streitige Papst wähl des Jahres 1130.
Von l>r. H. Mühlbeicfier.
1876. VII. u. 211 S. fl. 2.80 kr.
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