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Full text of "Das Studium des italienischen: Der Entwicklung der Litterärsprache"

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Das 



Stndiam des Italienischen 



Die Entwicklang der Litterärspraclie. 
Bibliograpliie der Httlfsmittel des 

Stadiums. 



Von 

H. Breitinger 

Professor der neueren Sprachen an der UniTersität ZilricL 



Zürich 

Druck und Verlag von F. Schulthess 



187*. .^ 



J 



Vorwort, 



Für das Studium des Englischen und des Französischen 
besitzen wir in dem encyclopädischen Werke von Bernhard 
Schmitz und dessen Fortsetzungen (Die neuesten Fortschritte 
der französisch-englischen Philologie) ein umfassendes Hülfs- 
mittel der Orientirung. Mein Leitfaden: Studium und Unter- 
richt des Französischen, Zürich, Fr. Schulthess 1877, be- 
schränkt sich auf das Gebiet dieser letzteren Sprache. Auf 
dem italienischen Gebiete dagegen ist seit Blanc's gediegenen 
Arbeiten (Einleitung der italienischen Grammatik 1844; 
^^Italienische Sprache^ und ^^Italienische Litteratur^ bei Erscb 
und Gruber 1847) meines Wissens nichts Zusammenfassendes 
geschrieben worden. Ich suche heute die empfindliche Lücke 
pro yirili parte auszufüllen. So skizzenhaft mein Versuch 
auch ausgefallen sein mag, so hoffe ich doch, allen Freun- 
den der italienischen Litteratur und Sprache durch dessen 
Fublication einen Dienst geleistet zu haben. Meine Abhand- 
lung über die Entwicklung der italienischen Litterärsprache 
will dasjenige zusammenfassen, was die italienischen Forscher 
der neuesten Zeit über den Gegenstand geschrieben haben. 
Sie enthält ferner eine eingehende Analyse der epoche- 
machenden Schriften Bembo's und Cesarotti's. — Die Biblio- 
graphie der Hülfsmittel konnte nicht die ganze Litteratur 



IV 

verzeichnen, aber ich sachte wenigstens keine Hauptsache 
zu vergessen. Allfällige Unterlassungssünden habe ich viel- 
leicht im voraus durch die Erwerbung derjenigen Bücher 
gesühnt, vor welchen ich die Kauflust meiner Leser warnen 
zu müssen glaube. 

WerthvoUe bibliographische Beiträge und Nachweise 
erhielt ich von Frl. Heim in Zürich, von Prof. Fuchs in Frauen- 
feld, von Herrn Bauer in Mailand und von Herrn Bühler in 
Florenz. Ihnen allen sage ich hiemit besten Dank. Von mehreren 
italienischen Autoren und Gelehrten empfieng ich die bereit- 
willigsten und liebenswürdigsten Aufschlüsse. Belehrungen 
meiner Recensenten und Leser sollen mit aufrichtigem Danke 
entgegengenommen und sorgfältig benutzt werden. 

Ein zweites Heft beabsichtige ich der Syntax und 
der Synonymik des „Uso vivente^, ein drittes dem gegen- 
wärtigen Stande der italienischen Litteratur zu widmen. 
Jedes Heft bildet ein Ganzes für sich. 



Ziiricli, 15. September 1878. 



B 



I. 



Ueber die Entwicklung der italienischen Litterärsprache. 



Das XJrlatein, die „prisca latinitas", hatte seit dem Ent- 
stehen einer römischen Litteratur und ihres Widerscheines, der 
vornehmen Conversationssprache, im Volksmunde fröhlich fort- 
geleht, mit dem Verfalle jener auch den G-ebildeten sich auf- 
genöthigt, durch das Eindringen germanischer Elemente und 
unter dem Einflüsse regionaler Eigenthümlichkeiten den Typen 
der modern-italischen Dialekte sich genähert. 

Wie entstand nun aus dem bunten Gemische dialektischer 
Unterschiede und localer Gegensätze eine nationale Litterär- 
sprache ? 

Der erste entscheidende Schritt zur Erreichung dieser Ein- 
heit war in Italien wie anderswo die Bildung einer einheit- 
lichen Dichtersprache. Versuchen wir es, das Werden 
derselben zu reconstruiren. *) 

Das naive Volkslied war vermuthlich auch in Italien 
die erste Form einer nationalen Poesie. Es wurde nicht gelesen, 
sondern gesungen, pflanzte sich also mündlich fort. In diesem 
Umstände liegt die Erklärung der Thatsache, dass die poetische 



^) Ich folge den neuesten italienischen Forschungen von Ascoli, Caix (Nuoya 
Antologia, XXYII und XXX, Jahrg. 1874 und 1875) und d'Ancona. 

1 



I 

~ 2 — 

Sprache in ihren Formen sowohl als in ihren Worten und Wen- 
dungen eine gemischte ward, d. h. ihre Elemente aus den ver- 
schiedensten Diale]^ten zusammensuchte. 

So sehr es alten und neuen Forschern daran liegen musste, 
Denkmäler dieser primitiven Volksdichtung zu sammeln, so ist 
es heute keinem gelungen, uns italieniche Lieder vorzulegen, 
die unzweifelhaft vor die Zeit des provengalischen Ein- 
flusses fallen. Dass solche Lieder vorhanden waren, ist wahr- 
scheinlich; dass sie spurlos verschwunden sind, dass kein Echo 
einer ursprünglichen Volkspoesie in der späteren Dichtung 
durchklingt, macht es ebenso wahrscheinlich , dass die Bedeu- 
tung derselben von jeher eine sehr geringe war. Die Geschichte 
Italiens und die Bedingungen seiner Culturentwicklung belegen 
diese Vermuthung. 

Einmal war die germanische Einwanderung nicht massen- 
haft genug, um die römischen Erinnerungen in den Quellen 
germanischer Sagen aufzulösen. Italien blieb an Sitte und an 
praktisch nüchternem Sinne ein lateinisches Land. Auch das 
frühe Mittelalter führte ihm keine Poesie zu. Spanien war 
heldenhaft und religiös und erzeugte so seine Cidromanzen, 
Italien war keines von Beiden und hatte daher auch keine Hel- 
denlieder. Niemals bildete das Eitterwesen in Italien ein natio- 
nales Moment; die früh sich entwickelnden städtischen Gemein- 
wesen pflegten die Prosa, den Sinn der Arbeit und des Erwerbes, 
wandelten auf Wegen, die weit abführten vom Feenlande der 
Dichtung. Schon im elften Jahrhundert unterrichteten jene 
ernsten Söhne der alten Kömer ihre Elinder nicht etwa in der 
schönen Litteratur ihrer classischen Ahnen, sondern im römi- 
schen Rechte. Noch am Ende des zwölften Jahrhunderts er- 
schienen sie Conrad, dem Abte von Ursperg *), „abgehärtet und 
besonnen, nüchtern und sparsam"; er nennt jene Municipien 
die einzigen Genossenschaften, welche von geschriebenen Ge- 
setzen sich regieren lassen. Diese wackeren Leute arbeiteten 



*) Bnrcliardi et Conrad! ürgpergensiam chronicon. Monnm. Germ. Script. 
XXni, p. 337 sqq. 



— 3 ^ 

vom Morgen bis Abend an der Aeuffnung ihres Wohlstandes, an der 
Ausdehnung ihres Handels, an der Ausbildung ihrer Gewerbe, 
ihrer Verfassungen und Freiheiten. „Wie ihre Vorfahren, die 
alten Eömer, leisteten sie viel und sangen wenig (operarono 
molto, cantarono poco)". Sie hatten keine Kindheit zu vertän- 
deln und damit fielen auch die Wiegenlieder und die Kinder- 
reime weg. Als sie später Zeit und Lust zum Pabuliren fanden, 
war die provengalische Muse bereits über die Landesgrenze 
eingedrungen und beherrschte die Höfe, die Schlösser und den 
Greschmack der Zeit. Man rechne noch die alte Concurrenz 
der lateinischen Kirchen-, Kriegs- und Gesellschaftslieder hinzu, 
und es klingt nicht länger unwahrscheinlich, dass dem primi- 
tiven Volksliede in Italien kein günstiger Boden zur Verfügung 
stand; es wird begreiflich, dass von jener vermutheten Volks- 
litteratur so viel als nichts gerettet ist. 

Ebenso begreiflich aber ist es, dass der italienische Patriotis- 
mus diese Litteratur von jeher um jeden Preis nachzuweisen be- 
müht war. Der berühmte Codex des Vaticans, Nro. 3793, eine 
kostbare Sammlung italienischer Lieder aus dem Xm. und XIV. 
Jahrhundert, zum ersten Male kritisch herausgegeben von den 
Professoren Comparetti und d'Ancona,^) enthält die vielbe- 
sprochene* Canzone des Sicilianers CiuUo d'Alcamo, die für das 
älteste Denkmal italienischer Dichtung gilt, ein zwischen dem 
Dichter und einem Mädchen geführtes Gespräch, in welchem 
Sultan Saladin und der Kaiser erwähnt werden. Nach diesen 
schwachen Anhaltspuncten lassen nun die Einen das fragliche 
Gedicht vor dem Todesjahre Saladin's (1193), die Andern vor 
demjenigen Priedrich's II. (1250) entstanden sein. Noch eifriger 
aber wird in Italien die Frage discutirt, ob wir hier eine urwüch- 
sige Volkspoesie, oder aber eine Nachahmung im provengalischen 
Geschmacke vor uns haben. Der Dialektforscher Caix neigt 



^) Le antiche rime yolgari secondo la lezione del Godice yaticano 3793, 
pnbblicate per cnra di A. d'Ancona e D. Comparetti. Vol. I. Bologna, Borna- 
gnoli 1873 , in der CoUezione di opere inedite o rare dei primi tre secoU deUa 
lingna pnbblicata per cura deUa Regia Commissione pe' Testi di lingna. 

1» 



— 4 — 

sich zur letzteren, die Herausgeber der „Rime antiche" zur 
ersteren Ansicht. So viel ist sicher, Ciullo's Gedicht bleibt 
für alle Zeiten kein unzweifelhaftes Denkmal des primitiven 
Volksliedes. Auch andere einfache Lieder des dreizehnten Jahr- 
hunderts werden bald als unmittelbare Erzeugnisse naiver Volks- 
dichtung, bald als höfische Reflexe derselben betrachtet, ohne 
die Frage durch ein * entscheidendes Beweismaterial lösen zu 
können. Die Lösung aber wird dadurch noch erschwert, dass 
die Abschreiber einer späteren Zeit die Originalzüge der ursprüng- 
lichen Redaction vielfach entstellt haben. So ist vielleicht auch 
Cuillo's Canzone gewissermaassen eine Uebersetzung aus dem 
Sicilischen in's Italienische. 

Es wird also die höfische Dichtung im provengalischen 
Geschmacke als das erste Denkmal italienischer Poesie zu be- 
trachten sein. Sie blühte in der ersten Hälfte des dreizehnten 
Jahrhunderts an den Höfen von Palermo und Neapel, während 
in Nord- und in Mittelitalien nicht nur in provengalischem Ge- 
schmacke, sondern auch in provengalischer Sprache gedichtet 
wurde. Erst in der zweiten Hälfte jenes Jahrhunderts taucht 
eine nationale Schule in Bologna auf, die sich auch nach Florenz 
verzweigt. Bologna, begünstigt schon durch seine annähernd 
centrale Lage zwischen den Dialekten von Nord- und Süditalien, 
als erste Universitätsstadt zugleich ein Mittelpunct des geistigen 
Verkehres und der feinen Umgangsformen, musste bedeutsam 
werden für die Entwicklung einer einheitlichen, einer nationalen 
Dichtersprache. Hier vollzog sich die Befreiung vom provengali- 
schen Einflüsse, die Rückkehr zu den lateinischen Formen der 
südlich gelegenen Dialekte. Der innige Verkehr zwischen den 
Höfen von Palermo und Neapel, die Beziehung norditalienischer 
Dichter zu Letzterem, der rege Austausch alter und neuer Lie- 
der hatte längst schon in unbewusster Weise auf jene Einheit 
hingearbeitet; die Bologneserschule nun setzte jenes Streben 
mit bewussten Zielen fort. 

So hatte sich, wie Caix sagt, das Knochengerüst der 
einheitlichen Dichtersprache, die Laute und die Formen, zu- 
sammengefunden, es fehlte noch die Ausfüllung mit Fleisch 



und Blut, die Sprachsubstaxiz mit ihren Farben und ihren 
Lichtern. 

Hier greift nun der centrale Dialekt der Toscana 
ein. Die geographische Lage dieser Provinz prädestinirte deren 
Sprache zur künftigen Herrschaft über die Schwesterdialekte, 
gerade wie in Deutschland Sachsen, in Spanien Castilien und 
in Frankreich die Isle de France ihrer centralen Lage eine 
Präponderenz wenigstens theilweise zu danken hatten. Dazu 
kam nun aber die weitere Thatsache, dass der toscanische Dia- 
lekt, dem dunklen Ideale der bisherigen Einigungsversuche, dem 
unbewussten Principe ihrer Wahl und Ausscheidung, dem 
Typus der lateinischen Litterärsprache, am nächsten stand und 
einer Anpassung an jenes Ideal die geringsten. Schwierigkeiten 
in den Weg legte; endlich auch die Klarheit, Reinheit, Lebendig- 
keit und Plastik des Toscanischen an sich. Der Boden war vor- 
bereitet, es fehlte noch die individuelle sprachbildende Thätig- 
keit eines grossen toscanischen Dichters, und der Sieg musste 
auf alle Zeiten entschieden sein. 

Dante's unmittelbare Vorläufer und Dante selbst setzen 
bewusst und methodisch jenes Wahlverfahren fort. Francesco 
da Barberino, Toscaner und Zeitgenosse Dante*s, beschreibt 
es in den Versen: 

E parlerai sol nel yolgar toscano 

e potrai mescidare 

alcnn yolgare consonante in esso 

di qnei paesi doye hai piü nsato 

pigliando i belli e i non belli lasciando. 

Neuere Forscher haben nachgewiesen, dass Dante, haupt- 
sächlich in seinen lyrischen Gedichten (Rime), nur diejenigen 
toscanischen Formen aufzunehmen pflegte, die entweder bereits 
gemein-italienisch oder dann classisch-lateinisch waren. Er spricht 
sich gegen die kritiklose Aufnahme des reinen toscanischen 
Dialektes in die Litterärsprache deutlich genug aus. Tadelt er 
doch unter anderm einen Gallo Pisano, Bonagiunta da Lucca 
und Guittone d'Arezzo, dass sie einfach und rein toscanisch ge- 
schrieben hätten. Aber das Toscanische bleibt auch bei Dante 
die Grundlage und der Grundstock der poetischen Sprache: 



— 6 — 

denn schon zu Dante^s Zeit behaupteten dessen Landsleute, ihr 
Dialekt sei das Fundament der italienischen Landessprache. 
Dante lässt sie deshalb nun allerdings hart an, aber die blosse 
, Thatsache einer solchen Behauptung ist bezeichnend, setzt ge- 
radezu das schweigende Einverständniss der übrigen Landes- 
theile voraus.*) 

Nach dem bisher Gesagten ist also das Vorhandensein 
einer relativen Spracheinheit Italiens am Ende des dreizehnten 
Jahrhunderts durchaus kein Mythus, sondern eine historische 
Thatsache. Dante selbst aber hat in seinem merkwürdigen 
Buche: „De vulgari Eloquentia^ die erste Theorie dieser 
Nationalsprache entworfen. Fassen wir deren Grund- 
gedanken zusammen. 

Dante's Schrift ist wahrscheinlich zwischen 1304 und 1306 
in Bologna entsanden. *) Am Schlüsse des ersten Buches gibt 
Dante selbst den Plan des Ganzen. Er wolle, sagt er dort, 
zunächst von der vornehmen Landessprache handeln, und zwar 
ausführen, wer würdig sei, dieselbe zu gebrauchen, für welche 
Gegenstände sie gebraucht werden solle und in welcher Weise, 
ferner wo und wann, auch an wen sie sich zu wenden habe. 



*) Caiz führt ein Zengniss ans den dreissiger Jahren des yierzehnten Jahr- 
hunderts an. Antonio da Tempo, Trattato delle rime volgari (Ed. Grion, Bologna 
1869) zieht das Toscanische aUen übrigen Dialekten vor: „qnia lingna tusca 
magis apta est ad literam siye literatnram quam aUsB lingose, et ideo magis 
est communis et intelligibilis. Non tamen propter hoc negatnr quin et aliis 
Unguis sive idiomatibus ant prolationibns uti possimus'^. 

*) Vgl. Böhmer: Ueber Dante's Schrift De vulgari Eloquentia, Halle 1868, 
welchem ich vorstehenden Auszug entlehne. Aus der Editio princeps von 
1677 ftige ich hier die Hauptstellen im Urtexte bei. Von den drei Handschriften 
befindet sich die eine in Grenoble, die zweite in Mailand, die dritte im Vatican. 
Letztere weist das Datum 1608, die beiden erstem stammen aus dem Ende des. 
XIV. Jahrhunderts. Trissino soU nach dem heutigen Mailändercodex gearbeitet 
haben, die Handschrift von Grenoble dem Texte der Edition CorbinelU's (Paris 
1677) zu Grunde liegen. 

Vulgarem locutionem asserimus quam sine omni regula, nutricem imitantes 
accipimus. — Grammatica nil aliud est quam qusedam inalterabilis locutionis 
identitas diversis temporibus atque locis (die Litterärsprache ist eine aUgemeine 
und eine bleibende). — Quare ad minus XIIJI vulgaribus sola videtur Italia 
variari, qua adhuc omnia vulgaria in sese variantur: ut puta in Tuscia, Senenses, 



— 7 — 

Nachdem dies ausgeführt worden, wolle er die nfedriger stehen- 
den Vulgärsprachen behandeln, stufenweise hinabsteigend bis zu 
derjenigen, welche einer einzelnen Eamilie eigen sei. Dante 
hat aber nicht einmal das zweite Buch dieser auf vier bis fünf 
Bücher berechneten Poetik vollendet. Er bezeichnet sich selbst 
als den Ersten, der da-s Thema der Volkssprache behandelt 
habe. Auch die Italiener, fährt. er fort, besitzen neben ihrer 
Alltagssprache eine Litterärsprache (grammatica). Wo ist nun 
aber diese zu Hause? Ist sie identisch mit diesem oder mit 
jenem Dialekte? Hat sie eine bestimmte Provinz oder eine 
Stadt zur Heimat und Wohnung ? Dante verneint es. Er mustert 
die vierzehn Dialekte Italiens, verurtheilt sie alle, auch denjeni- 
gen seiner Vaterstadt, als hässlich und roh. Das Bolognesische 
dürfte nach seiner Ansicht allerdings die erste Stelle einnehmen, 
aber identisch mit jener vornehmen Sprache (volgare illustre) 
sei es deshalb keineswegs ; sonst wäre der grösste Dichter der 
bologneser Schule, Guido Guinicelli, in seinen Liedern vom 
Dialekte seiner Heimat gewiss nicht abgewichen. „Die beson- 
ders rücksichtsvolle Behandlung Bologna's, sagt Böhmer, erklärt 
sich daraus, dass Bologna die Universitätsstadt Italiens, das 



Aretini ; in Lombardia Ferarienses et Flacentini , necnon in eadem dyitate ali- 
qnalem yariationem perpendimns. 

Post hffic veniamns ad Tuscos qni propter amentiam snam infroniti, titnlnm 
sibi Vulgaris iUnstris arrogare videntur — et qnoniam Tnsci pr» aliis in hoc 
ebrietate bacchantur, dignnm, ntileqne yidetor mnnicipalia yolgaria Tascanomm 
singnlatim in aliqno depompare. Loqnantnr Florentini et dicnnt: „Manichiamo 

introqne'* Sed qnamquam fere omnes Tnsci in sno turpUoqnio sint obtnsl, 

nonnnllos ynlgaris excellentiam cognoyisse sentimns, scilicet Gnidonem Lnpnm et 
nnnm alinm, Florentinos : et Cinnm Pistoriensem. Non restat in dnbio quin aliud 
Sit yulgare quod quaerimus, quam quod attinglt populus Tuscanorum. 

In quantum ut homines latini (als Italiener) agimus, quadam babemns 
simplicissima signa et morum et habituum et locutionis quibus latinse actiones 
ponderantur et mensurantur. Quse quidem nobilissima sunt earum quse Latinomm 
sunt, actionum, hsßc nullius ciyitatis Italiae propria sunt, sed in omnibus communia 
sunt: inter quse nunc potest discerni yulgare, quod superius yenabamur: quod 
in qualibet redolet ciyitate, nee cubat in uUa: potest tarnen magis in nna quam 
in alia redolere. — Itaque adepti quod quserebamus, dicimus iUustre cardinale 
aulicum et curiale yulgare in Latio (Italien), quod omnis Lati» ciyitatis est et 



— 8 — 

geistige Centruin der Halbinsel war. Und um so mehr mnsste 
Dante zu Anfang 1305, als er dies schrieb, Pietät gegen Bologna 
hegen, da diese Stadt damals der Hort der florentiner Ver- 
bannten war". 

Das vornehme Italienisch gehöre also keiner einzelnen 
italischen Provinz ausschliesslich an. Es sei vielmehr in ganz 
Italien zu Hause. Doch könne geschehen, dass es in einem 
Theile mehr durchblicke als in einem andern. ,^Illiistre" heisse 
es, weil es selbst Licht empfange und Licht verbreite. Unter 
Zucht und Lehrmeistern habe es gestanden. „Aus sö viel rohen 
Wörtern, aus so viel verdrehten Constructionen , aus so viel 
mangelhaften Aussprachen, so viel bäurischen Lauten sehen 
wir etwas so Ausg^uchtes, so Schlichtes, so Vollkommenes 
und Gebildetes erstanden, wie Cino von Pistoja und dessen 
Freund (Dante selbst) es in ihren Canzonen zeigen". „Carrft- 
na/e" nenne er es, weil, wie die Thür um die Angel, so um 
dieses sich alle municipalen Dialekte drehen; es stehe wie 
ein Familienvater inmitten derselben. „Eodet es nicht täglich 



nallins esse yidetur, et quo nmnicipia vnlgaria omnia Latinornm mensnrantnr, 
ponderantnr et comparantnr. 

Magistratn qnidem (latinnm iUustre) snbUmatnm videtnr, cum de tot mdibas 
Latinornm vocabnlis, de tot perplexis constnictionibus , de tot defectivis prola- 
tionibns, de tot rnsticanis accentibns tam egreginm, tarn extricatnm, tarn per- 
fectnm et tam nrbannm videamns electnm, nt Cinus Pistoriensis et Amicns ejus 
ostendnnt in Cantionibns suis. 

(Vulgare cardinale). Nam sicnt totnm ostinm cardinem seqnitnr, et quo 
cardo yertitnr, yersetnr et ipsnm, sen introrsnm, siye eztrorsnm flectatnr: sie 
et nniyersns monicipalinm ynlgarinm grez yertitnr, et reyertitnr, moyetnr et 
pansat, secnndnm qnod istnd : qnod qnidem yere paterfamilias esse yidetuTf nonne 
cotidie eztirpat sentosos frnctices de Italica silya ? Nonne cotidie plantas inserit, 
yel plantaiia plantat? 

Est etiam merito CuricUe dicendnm, qnia carialitas nil alind est qnam Ubrata 
regnla eornm qnse peragenda sunt. — Falsnm esset dicere Curia carere Italos, 
qnamqnam Principe careamns: qnoniam cnriam habemns, licet corporaliter sit 
dispersa. 

Sicnt qnoddam ynlgare est inyenire qnod proprium est Cremonse, sie qnoddam 
est inyenire qnod proprium est Lombardise: et sicnt est inyenire aliqnod, qnod 
sit proprium Lombardise, sie est inyenire aliquod, qnod sit totius sinistrse Italise 
proprium. Et sicnt omnia baec est inyenire, sie est illnd qnod totius Italia est. 



— 9 — 

Knorren aus im italienischen "Walde? Nimmt es nicht täglich 
Pfropfungen oder Pflanzungen vor? Was anders treiben seine 
Ackerleute als täglich hinzuthun und hinwegthun?" Hier 
zeigt sich so recht das bewusste Vorgehen des Spraohbildners, 
die individuelle Arbeit des Wählens und Ausscheidens, deren 
Gesammtergebniss schliesslich Landessprache heisst „Aulieum'^ 
und „Curiah'^ nennt Dante seine vornehme Sprache, als diejenige 
der Kaiserburg (aula) und der Hofmänner (curia, corte). Der 
erwartete Kaiser werde sich mit den Edelsten und Gediegensten 
des ganzen- Landes umgeben und in seiner Hofburg werde mit 
diesen auch die erlauchte Sprache einziehen. Da aber diese 
Hofburg annoch fehle, so müsse die erlauchte Sprache auf der 
Wanderschaft bleiben und in bescheidenen Freistätten gasten. 
Wenn aber auch kein K!aiserhof in Italien zu finden sei, so 
fehlen wenigstens seine Glieder nicht, sie verbinde trotz ört- 
licher Trennung das Band ihrer hohen Bildung. Der Hof sei 
also vorhanden, nur nicht versammelt. — Endlich nennt Dante 
seine erlauchte Sprache auch „Vulgare latinum^^ Latium ist ihm 
Italien, mithin latinum: italienisch, national. 

Das zweite Buch behandelt die Sprache und die Formen 
der Poesie. Da für die Prosa, bemerkt Dante, die gebundene 
Eede als Muster diene, und nicht, wie Einige annehmen, umge- 
kehrt, so wolle er zuerst von dieser gebundenen handeln. Waffen, 
Minne, Tugend seien die Gegenstände der erlauchten Dichtung. 
Die Minne habe Cino von Pistoja gesungen, die Tugend dessen 
Freund (Dante). Die Waffen aber finde er von keinem Italiener 
besungen. — Die edelste poetische Form sei die Canzone, ihr 
folge die Ballata, dieser das Sonett. Jene höchste Form der 
Poesie verlangt einen feierlich - pathetischen Stil, den Dante 
„Tragoedia" nennt. Dieser Stil fordere gewichtige Gedanken, 
stolze Verse, vornehmen Satzbau, gewählte Worte. Dante be- 
handelt nun den Gegenstand einlässlich, nach der metrischen 
und der stilischen Seite; hier bricht nun seine Arbeit ab, also 
lange vor dem Abschlüsse seines Thema's. 

Nach dem vierten Kapitel des zweiten Buches beschränkt 
Dante das erlauchte Italienisch auf den pathetischen und ge- 



— 10 — 

hobenen Stil, ihm gegenüber stellt er den niederen (inferiorem), 
den er als einen gemischten (quandoque mediocre, quandoqne 
humile) bezeichnet und im Gegensatze zur „Tragoedia" nun 
„Comoedia" nennt. „Da nun Dante sein grosses Gedicht „Com- 
media" betitelt, so hat er damit wohl auch den Stil desselben 
als einen gemischten und niederen bezeichnen wollen**. In der 
That verwendet er in jenem Gedichte sogar Florentinismen 
(z. B. introque), die er in seinem Buche als dialektische Hässlich- 
keiten ausdrücklich tadelt. 

Wenn man Dante's Theorie ihres scholastischen Gewandes 
entkleidet, so ist seine Meinung klar genug. Sie ist nicht so- 
wohl ein Programm der Zukunft als eine Constatirung histori- 
scher Thatsachen. Gleichwohl haben die italienischen Gegner 
der Einheitstheorie in ihr eine leere Abstraction, ein in der Luft 
hängendes Hirngespinnste finden wollen, gerade wie Luther's 
bestimmtes Zeugniss, dass er keine „gewisse, sonderliche, eigene 
Sprache", sondern die bereits vorhandene, allgemeine hoch- 
deutsche in seiner Bibelübersetzung verwendet habe, die un- 
gläubigsten Widersacher finden sollte. 

Den wichtigsten Dienst leistete Dante seiner Landessprache 
aber damit, dass er die persönliche Aufgabe des Sprachbildners 
in vollendeter Weise erfüllte, dem Werke der Natur den Stempel 
seines Genius aufdrückte. Nur die Schöpferkraft des Genies 
vermag eine solche Aufgabe zu lösen. Ihre glückliche Lösung 
aber wird epochemachend für die Zukunft. So ist es in Italien 
ein litterarisch künstlerisches, nicht wie in Deutsch- 
land, Frankreich und Spanien, ein politisches Moment, das 
dem centralen Dialekte das Uebergewicht verschafft hat. 

Den Inhalt von Dante's litterarischem Ideal verwirklichte 
Petrarca. 

Cardinal Bembo vergleicht Dante mit Ennius und Petrarca 
mit Virgil. Der Ehetor des sechszehnten Jahrhunderts wollte 
damit den Fortschritt und den Triumph der italienischen Vers- 
kunst bezeichnen. Petrarca's Formvollendung, die Harmonie 
seines Verses und die Prüderie seines rhetorisirenden Geschmackes 
entsprachen ja Bembo's eigenem Programme. Poetischen Inhalt 



— 11 — 

verlangte er nicht, die raffinirte Form war ihm Alles. Ein 
Humanist des fünfzehnten Jahrhunderts, Pico von Mirdndola, 
hatte Dante in diesem Sinne hereits gerichtet, wenn er meinte, 
Dante fehle die Form und Petrarca der Inhalt. Es lag indess 
in diesem Urtheile noch eine gewisse Anerkennung, die hei 
Bemho vollends verloren geht. Doch beweist uns Dante's Ah- 
handlung über die Canzone (De vulg. Eloquio, IT) wie sehr auch 
ihn die Theorie der Kunst hereits beschäftigte. Petrarca aller- 
dings war es, der Dante's Ideal vor allem durch sein Form- 
talent, dann auch durch die Gunst der vorgeschrittenen Cultur, 
d. h. die Vortheile des Späterkommenden, verwirklichte. Ihm 
war es vorbehalten, Sprache und Formen der italienischen Lyrik 
auf Jahrhunderte hinaus zu bestimmen. Verglichen mit Boccaccio's 
Prosa war Petrarca's Poesie von den Einflüssen römischer Rhe- 
torik frei, sie war national, wahrhaft italienisch und bot für 
kommende Zeiten eine feste und einheitliche Norm. Daher denn 
um 1500 eine fertige Dichtersprache, die selbst heute weder 
antiquirt noch localisirt erscheint, was man von der Prosa 
derselben Epoche keineswegs behaupten kann.*) 



Parallel mit dei* poetischen Sprache entwickelte sich die- 
jenige der Prosa. Als in den italienischen Municipien (Jes 
elften und zwölften Jahrhunderts das republicanische Leben zu 
erwachen begann, ward die vulgäre Prosa aUmälig zur Con- 
currentin der lateinischen Greschäftssprache, verdrängte diese 



^) Gino Capponi: „Fatti relativ! alla storia deUa nostra Ungna.** N. Ant. 
XI. 673: Ma si tenga a mente come tra Taso deUa poesia e qneUo della prosa 
le oose andassero in modo diyerso. La poesia Urica fa italiana dai suoi primordii 
e si mantenne : da CinUo d'Alcamo siciliano al GniniceUi bolognese ed al Petrarca 
un andamento sempre nniforme la conduceva fino al sommo della perfezione per 
una via che rimase sempre la stessa nel corso dei secoli. Emancipatasi dal latino 
prima della prosa, fn in essa piii certo Fnso dell^i lingna ed ebbe consenso che 
Taltra non ebbe: qnindi noi troviamo che in snlla fine del quattrocento v'era 
una lingua nazionale della poesia, che nulla ha per noi nh d'antiquato n^ di 
provinciale; il che non pa6 dir si dei libti di prosa! 



— 12 — 

erst aus den Acten des privaten, später ans denjenigen des 
öffentliclien Lebens , im dreizehnten Jahrhundert auch aus 
den Büchern, aber nicht ohne von Anfang an sich 
ihr anzupassen und ihrem grammatischen Typus 
sich anzuschliessen. Für Italien war die Sache weder 
schwierig noch unnatürlich. Eine Vergleichung der Volks- 
spräche mit dem claasischen Typus lag so nahe, eine Anpassung 
an diesen letzteren war so leicht, dass Schreibung und Wort- 
bildung von ihnen stark beeinflusst werden mussten; und jener 
Einfluss ward um so fühlbarer, je allgemeiner ein Dialekt als 
Schriftsprache zur Verwendung kam. So bildete sich in den 
verschiedenen Landestheilen ein Idiom, das zwischen dem classi- 
schen Typus und dem localen Vulgärtypus die Mitte hielt, das 
alt und neu zugleich war, erst in Urkunden und Büchern, dann 
in der feierlichen Eede, endlich auch im Verkehre der Ge- 
bildeten angewendet wurde. Je nach dem Dialekte, aus welchem 
sie hervorgewachsen, war diese Prosa eine verschiedene. Aber 
die Dialekte standen sich damals noch näher als heute, flössen 
vieKach ineinander, tauschten mitunter ihre Eormen und Wörter 
aus, so dass, als im Laufe des dreizehnten Jahrhunderts die 
toscanische Prosa Vorbild und Führer wurde, die Anpassung 
an diese durchaus keine unvermittelte und gewaltsame schien. 

Wo sind nun aber die Documente dieser ältesten Prosa zu 
finden? Kleine Bruchstücke italienischer Prosa führt schon 
Muratori aus lateinischen Urkunden des achten (seit 730) , des 
neunten und des zehnten Jahrhunderts auf. 

Die ältesten Urkunden sardischer und sicilianischer Prosa 
stammen aus dem zwölften Jahrhundert, venetianische und 
senesische aus dem Anfange des dreizehnten, an welche sich 
etwas später pistojesische und florentinische anschliessen. Am 
Ende des dreizehnten und im Anfange des vierzehnten folgen 
Chroniken, Statuten, Privatmemoiren und selbst didaktische 
Bücher in gereinigter Vulgärprosa. Allerdings ist die Anpassung 
hier eine langsamere gewesen als im Gebiete der gebundenen 
Bede, wo die mündliche Mittheilung eine raschere Angleichung 
bewirkte. Das entscheidende Moment des Processes war die 



— 13 — 

lateinische Tradition, welche die Prosa von jeher beherrscht 
hat ''), und das wachsende Uehergewicht der Toscaner. 

Was Dante und Petrarca für die gebundene Rede geleistet, 
das leistete Boccaccio in der Entwicklung der Prosa. Er 
ist der erste moderne Schriftsteller Italiens und Europas. Tos- 
caner, man darf wohl sagen Florentiner, war Boccaccio 1313, das 
heisst neun Jahre nach Petrarca und acht Jahre vor Dante's 
Tod, geboren. „Die Schule, sagt De Sanctis, bildete ihn weniger 
als das Leben; denn er unterbrach seine Studien, um für das 
Geschäft seines Vaters, wie wir heute sagen würden, den Com- 
mis Voyageur zu machen". So wurde denn auch sein berühmtes 
Buch vor Allem ein Bild der bunten zeitgenössischen Gesell- 
schaft. Mit dreiundzwanzig Jahren lebt er als Herr am neapoli- 
tanischen Hofe, und am siebenten April 1341 verliebt er sich 
während einer Messe in die natürliche Tochter von König 
Roberto, die er als sein Flämmchen (Fiammetta) gefeiert hat. 
Eine Frucht seiner jugendlichen Dantebegeisterung ist seine 
„Vita di Dante". Den grossen Dichter bewundert er, ohne ihn 
zu verstehen; denn Dante's Geist wohnte nicht in ihm. Nicht 
der Denker, sondern der mit classischem Wissen wohl versehene 
Gelehrte spricht aus jenem Schriftchen. Der heidnische Genius 
der Renaisance spukt hier schon, dictirt ihm eine charakteristische 
Definition der Poesie in die Feder. Nur der moderne Mann 
konnte sagen, dass Dichtung und Theologie im Grunde identisch 
seien, dass letztere eine poetische Fiction der Gottesidee (una 
poesia dTddio e poetica fizione) wäre. Auch die lateinischen 
Schriften Boccaccio's dienen belletristischen Zwecken, indem 
sie für die Bedürfnisse einer modernen Lesewelt berechnet sind. 
Boccaccio hat die Novelle zur Kunstform erhoben. Er schreibt 
für eine Welt, deren Ideal nicht mehr die asketische Tugend, 
sondern die „Gentilezza", die feine Bildung ist. Tugend und 
Laster liefern hier nicht mehr den Text zu einer Predigt, son- 



^) üebersetznDgen ans dem Lat«inischen gehören zn den ältesten Prosa- 
denkmälern und lateinische Einschiebsel finden sich selbst in Priyatbriefen und 
Familienpapieren, Caix. 



— 14 — 

dem Stoff zu Abenteuern und Scherzen, und Zufall helsst der 
Gott, der in diesem Mikrokosmos waltet. Der Gebildete aber 
hat zwei Feinde, den Priester und den Pöbel. Beide werden 
von Boccaccio dem Spotte seiner Leser ausgeliefert. 

Wir leben also hier nicht mehr in einer naiven und rohen 
Welt, nicht mehr im asketischen Dunstkreise des Scholastikers, 
sondern in einer Welt der höfischen Convenienz, der Kunst und 
des Genusses; und auch die Sprache sucht ihre Normen in 
einer entsprechenden Region der classischen Vergangenheit. 
Virgil und Livius, Ovid und Cicero werden Typen einer mecha- 
nischen, mitunter knechtischen Nachahmung. Sie passten für 
einen Schriftsteller, der viel Phantasie und wenig Herz , und 
mehr Verstand als Vernunft besass. Wie Boccaccio die metrische 
Periode, die Stanze, freilich mit ungenügendem Ohre, zu bilden 
versuchte, so hat er auch den rhythmischen Tonfall der 
oratorischen Prosa, diese mit grösserem Erfolge, zuerst 
gesucht. Seine Perioden vergleicht De Sanctis mit dem ein- 
förmigen Rauschen der Strandwellen. „War das ein Fortschritt, 
war es ein Rückschritt? Was steckte hinter alledem ? — Jener 
Gemeinplatz, den man später euphemistisch die litterarische 
Form nennt". 

Die Beschreibungen und Amplificationen, vor allem aber die 
rhetorische Inversion sind ein zweites Danaergeschenk, das Boc- 
caccio seiner Litteratur bot. Gedanke und Bild werden zur 
Periode ausgeweitet, und die Stelle des prägnanten Wortes droht 
die Phrase zu erobern. Boccaccio hasst die Pedanten, wie sie 
Petronius gehasst hatte, aber sein Geschmack hat nicht immer taube 
Ohren für die Verführungen eines geschickt maskirten Syllogis- 
mus. So wird er gelegentlich zu einem neumodischen Scholiasten. 
Der Ausdruck seiner Gefühle, und das ist bezeichnend für den 
Rhetor, trägt in der Regel einen Panzer von Nebensätzen und 
Conjunctionen. — Neben diesen von De Sanctis so trefflich ge- 
zeichneten Schattenseiten des „Stilo boccaccevole" dürfen aber 
dessen Lichtaeiten nicht verschwiegen werden. Wo Sinnlich- 
keit und komische Motive ins Spiel kommen, concipirt er wie 
Plautus, schreibt wie Petronius. Hier wird dann seine Stil- 



- 15 — 

mechanik zum lebendigen Organismus. Wie alle Gründer einer 
litterarischen Form, fand Boccaccio einen Schweif von unglück- 
lichen Nachahmern, die, wie das immer zu gehen pflegt, das 
Räuspern und Spucken des Meisters mit peinlicher Gewissen- 
haftigkeit copirten. Und die seit 1500 auftretenden Grammatiker 
thaten das ihrige, Boccaccio als erste Autorität des Prosastiles 
den kommenden Schulgeschlechtern feierlich aufzudrängen. So 
ist denn die künstlich invertirte Redeform des grossen Meisters 
auf Jahrhunderte hinaus ein wahres Landesunglück der ita- 
lienischen Prosa geworden, und selbst der besonnene Gino 
Gapponi muss sein Urtheil über Boccaccio in die Worte zu- 
sammenfassen : „Boccaccio hat unsere Prosa auf schlimme Pfade 
geleitet".?) Boccaccio hat in der That jene Entzweiung 
zwischen der Litterärsprache und der Umgangs- 
sprache eingeleitet, jene Spaltung, die bald zur unübersteig- 
lichen Kluft sich erweitem sollte. 



So hatte denn um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts 
die Poesie in Petrarca einen glücklichen und sichern, die 
Prosa in Boccaccio keinen ungefährlichen Führer gefunden, 



^) Gino Capponi, N. Ant. XI, 665. GU scrittori (del trecento) non ebbero, 
tanta fidncia di se stessi ne tanta snperbia. II che si dimostra in primo Inogo 
dal disputare che si fece subito intorno aUa lingna, la qnale avendo taccia di 
bassezza non era autoreyole bastantemente snlla nazione; era nn dialetto vennto 
st qnando nna spinta maravigUosa fa data agU ingegni, ma senza corredo di 
scienza bastante. Sentiano mancare aU' efScacia deUa lingna Tarte del dire: in 
qneUa etä noi cercbiamo la potenza della parola e della fräse, ma non vi' troviamo 
bastante eyidenza dei costrntti, e l'orditura dei periodi si dimostra per lo piii 
timida o intralciata. N^ avrebbe il Boccaccio al nostro idioma fatto la yiolenza 
ch'egli fece, se non abesse egli neUa prosa crednto trovarlo come giacente e da 
cercare altrove i modi e le forme a dargli grandezza. — II Boccaccio avend^ 
trovato la lingiui giä bene adulta ma inesperta, la fece andare per mala via: 
ü solo Petrarca piü degli ältri fortunato, lasciö dietro se lunga e prospera 
discendenza. 

Ebenda, pag. 680: Sentenzio il Bembo cbe l'antica lingna stava nel Boccaccio 
di cni gU piaceyano le grandi cadenze, e tntti 1 chiarissimi d'Italia per bene tre 
secoli dopo loi accettarono la sentenza, — denn : il Bembo era il solo antore di 
cni s'inalzasse non contestata Vantoritä. 



— 16 — 

die Toscana eine bleibende Hegemonie der italienischen Sprache 
erlangt. ®) 

Wenden wir uns nun drittens zur Entwicklungsgeschichte 
der Lingua parlata und ihrer Beziehungen zur Litterär- 
sprache. 

Wir haben bereits gesehen, wie sich Poesie und Prosa 
parallel, wenn auch mit ungleicher Raschheit in Italien entfalteten. 
Aus schon ganz italienisch klingenden Wörtern und Wendungen 
der römischen Vulgärsprache, aus den modernen Einschiebseln 
lateinischer Urkunden des achten und neunten Jahrhunderts 
lässt sich schliessen, dass eine relative Einheit auch der ita- 
lienischen Verkehrssprache vorhanden war, noch bevor ein 
Reflex der Litterärsprache auf sie fallen konnte. Wie diese 



^) Gino Capponi, N. Ant. pag. 674. In qnesto tempo era trovata la 
stampa, dal che la parola ayeva aqnistato come nn nnovo organo a diffondersi. 
— Qnando si cominciö a stampare qnei libri ch'erano piü cercati, ebbe il 
Petrarca la prima edizione Tanno 1470, e la ebbe U Boccaccio nel tempo mede- 
slmo, nel 1472 tre non delle maggiori cittä. d'Italia si onoravano pnbblicando 
ciascuna 11 Foema di Dante che nsciva a Napoli poi nel 1473. D'altri toscani 
antichi non ml pare che avesse edizioni in qnei primi anni altri che il Cavalca 
sparsamente per Tltalia ma per tutte quasi le varie sne opere ; e oltre lui pochi 
degli ascetici: stamparono questi perch^ erano i soll che avessero fama allora 
in Italia. — Der erste italienische Dantecommentar von Cristoforo Landino 
(1481) und desselben Plininsübersetznng (1476) verbreiteten nicht minder das 
Toscanische in ganz Italien: „Qnesta (versione di Plinio) ed il Commento io 
cr.ecLo non poco servissero agli scrittori tnttora inesperti che ebbero in qnei 
libri nn esemplare di lingna vivente ma non toscana soverchiamente , perch6 il 
Landino per antico abito disdegnava qnei modi di scrivere che a Ini sapessero 
di plebeo. Nello stesso anno 1481 nsciva il Morgante di Luigi Pulci e insieme 
1 tre libri non poco servirono a rendere meglio familiäre l'uso dello scrivere in 
liugna comnne. Imperocchö 11 Pnlci che soUevava l'ottava riraa della pesantezza 
del Boccaccio e delle bassezze degli altri, scrittore di vena copiosa e facile, ha 
in so qnalcosa quanto alla lingna, dl meglio compito alla strnttnra del discorso, 
di piü andante nei periodi, qnalcosa insomma di piü avanzato e piü universale 
di qnello che fosse generalmente negli antori del trecento e che annnnzia maggiore 
coltnra. 

Ebenda pag. 677: Um 1500 beginnt man ausserhalb der Toscana nach tos- 
canischen Mustern zu schreiben. L'istoria di Bernardlno Corio milanese che 
finisce al primo entrar del cinque cento e Tistoria napolitana di Pandolfo 
CoUenuccio da P^saro credo sieno i primi libri dove il toscano fosse cercato 
da scrittori non toscani. 



— 17 — 

* 

Einheit aus der Dialektverschiedenheit herauswuchs , lehren 
uns Beispiele anderer Sprachen und das von den Sprach- 
forschern aus jenen Analogien ahstrahirte Gesetz der vom' 
Sprachinstincte des Volkes vollzogenen Wahl und Aus- 
scheidung. 

Jenes Eliminationsverfahren heruht aber auf einer Combi- 
nation der individuellen und der collectiven Thätigkeit der Na- 
tion, fällt weder ganz in das Grebiet der Natur, noch ganz in 
dasjenige der Kunst. Das Princip jenes Wahlverfahrens ist 
kein anderes als Behagen und MissboJiagen, Lust und Unlust. 
Je nachdem ein Wort der Mehrheit gefällt oder missfällt, nimmt' 
sie es an oder weist es zurück. Das Individuum hat gleich- 
sam das Torschlagsrecht, aber der Entscheid ruht beim sou- 
veränen Volke. In der litterarischen Welt wiederholt sich 
derselbe Process, wenn auch mit bewussterer Initiative; aber 
auch hier entscheidet in letzter Linie der Grenius der Nation; 
denn nur diejenigen Schriftsteller, welche jenen Genius in sich 
tragen und mit ihrer Eigenart am glüc^ichsten zu verbinden 
wissen, erreichen die neidenswerthe Höhe des nationalen Classi- 
kers.' Dante's packender Realismus, Tasso's melodische Lyrik 
und Ariosto's heitere Objectivität wurzeln alle in einer Seite 
des italienischen Geistes : sie bleiben deshalb mit allem Eechte 
die Auserwählten ihres Volkes. Und .nicht anders verhält es 
sich mit dem Principate des herrschenden Dialektes. Diese 
Führerschaft wird demjenigen Dialekte zu Theil, der durch 
Eeinheit, Klarheit, Anmuth und die Erzeugnisse seiner Litteratur 
eine stillschweigende Majorität sich erobert hat. 

Schon im dreizehnten Jahrhundert besass in Italien das 
Toscanische jene Führerschaft. Um sich ein ungefähres 
Bild seiner Lingua parlata in jener Zeit zu machen, muss man 
der heutigen Sprache der toscanischen' Land- besonders seiner 
Gebirgsbevölkerung und den sprachlichen Eigenthümlichkeiten 
der ältesten toscanischen Volkslitteratur nachgehen. Diese Prü- 
fung ist mit wissenschaftlichem Ernste erst in neuerer Zeit 
von den italienischen Dialektforschern vorgenommen worden. 
Es ergibt sich aus ihren Untersuchungen, dass noch zu Dante's 

Breitingrer, Jtal. Littträraprache, 2 



— 18 — 

4 

Zeit die drei toscanischen Gruppen: Pisa-Lucca, Arezzo-Siena 
und Florenz-Pistoia einander ebenbürtig gegenüberstanden. Die 
nördliche und die südliche flössen in die nördlichen und süd- 
lichen Dialekte Italiens hinüber. Da seither die Dialekte sich 
mehr und mehr localisirt und gegeneinander abgegrenzt haben, 
überhaupt gegenüber der wachsenden Einheit der nationalen 
Sprache den umgekehrten Weg zunehmender Verschiedenheit 
einschlugen, so darf es nicht wundern, wenn wir heute Wörter, 
die einst toscanische waren, nicht mehr in der Toscana selbst, 
sondern theils in Nord- und theils in Süditalien treffen. Mit 
dem Aufkommen einer Litteratur und einer gebildeten G-esell- 
schaft in Florenz, mit dem wachsenden Relchthume und dem 
politischen Uebergewichte jener Republik entwickelte sich auch 
eine städtische Umgangssprache, die, wie überall, wo eine 
Litteratur ersteht , von dieser viel empfieng , ohne ihr viel zu 
geben, in ihrem Wesen mehr und mehr ein Reflex der Litter är- 
sprache wurde. Auf diesem Umwege gelangte der municipale 
florentiner Usus zu Geltung und Einfluss in der Umgangsprache 
der Provinz und nachgerade auch Italiens. Er besiegte den- 
jenigen des benachbarten Siena meist in solchen Fällen, wo 
die florentiner Form dem classisch-lateinischen Typus entsprach, 
doch zuweilen auch* mit Yerleugnung jenes Vorbildes („lungo" 
statt des senesischen „longo"). Das classische Latein veranlasste 
ferner die Einführung gelehrter Scheideformen, die sich durch 
untoscanische oder unflorentinische Lautcombinationen kenn- 
zeichnen und heute bald dem poetischen Stile angehören, bald 
Begriffsunterscheidungen , bald Begriffswiederholungen consti- 
tuiren. Um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts gab es also 

« 

in Florenz bereits eine Lingua parlata der Gebildeten neben 
derjenigen des Volkes und über Beiden eine italienische Litterär- 
sprache, die sich mehr und mehr von der gesprochenen ent- 
fernte. 

In dieser Letztern nun beginnt schon frühe eine Spaltung, 
je nachdem die Einen der Lingua parlata sich nähern, die 
Andern zu derselben in bewussten und feindlichen Gegensatz 
treten. Betrachten wir hier den Stammbaum der vulgären üb- 



— 19 — 

servanz. *®) Nach den schlichten, vielleicht künstlich volksmässi- 
gen Mustern der „Eime antiche", nach den unsicheren Tastungen 
der ältesten Chroniken, nach den absichtlich vulgär-realistisch ge- 
haltenen Stellen der Divina Commedia, die später der Gemeinde 
Bembo's ein Greuel vor dem Herren sind, treffen wir jene bei 
alten toscanischen Volksdichtern. **) Dahin gehören Folgere 
da San Gemignäno mit seinen Sonetten über die Wochentage 
und die Monate („Poeti del primo secolo della lingua italiana"); 
einige gereimte Christus-Legenden, in welchen sich die zwei 
Hauptbedürfnisse des Volkes, die sintiliche Eeligion und die 



»0) Caix: ünificazione deUa Lingua. N. Ant. XXVII, 41. Ma di quali 
scrittnre d serviremo noi, volendo scemere le yere proprietä della lingua parlata ? 
Non certo degli scritti composti con intenti e criterii letterarii, dettati per lo 
piii e spesso ricopiati e rassettati nella loro ortografia sotto l'influeuza di tradl- 
zioni letterarie prevalenti, ma di quelli che per la natura loro e per lo scopo 
a cui erano destinati furono senza alcun'arte dettati in quel favellare domestico 
che allora correva, n6 mai vennero poi ritoccati n^ ricopiati, sicch6 mostrano 
ancora nell' incerta ortografia espressa la mobile ed incerta pronnnzia. Tali 
sono i registri, le carte notarili, le lettere d'affari, le cronache private, ec, che 
con tntta diUgenza furono pubblicate in questi ultimi anni, e tra cui ricorderö 
qui come piü importanti: 11 libro deUa Tavola di Riccomano Jacopi fiormtino 
(Archivio stör, ital., ser. 3», XVIII) ; 11 libro degli ordinamenti della Compagnia 
di Santa Maria del Carmine (Bologna, 1867); il Documento lucchese del 1280 
publicato nel Propugnatore (1871, pag. 246); i Ricordi di una famiglia senese, 
1233 — 1261 (Arch, st. it., App. 20); le Lettere volgari del secolo XIII scritte 
da Senesi (Bologna 1871); i Ricordi di Miliadusso Baldicdone de' Casalberti 
pisano (Arch, st. it., App. 25), a cui sono da aggiungere gli Statuti ed Ordina- 
menti scritti tradotti pel popolo nello schietto yolgare corrente, come gli 
Ordinamenti di giustizia del Comune di Firenze, gli Statuti senesi, i Bandi 
liicchesi, gli Statuti delle Compagnie del popolo di Pisa; e yarie Cronache 
municipali, come la Cronaca pisana di Ranieri Sardo (Arch. st. it., VI), ed i 
Friigmenta historice pisance {Mural Script., XXIV), ec, od anche scritture di 
altre materie, di cui ci sia rimasto il codice originario coUa sua primitiya orto- 
grafia, quäle il Volgarizzamento dei Trattati morali di Albertano, pubblicato 
dal Ciampi secondo un Codice del secolo XIII, o il Libro della Composizione 
del mondo di Bistoro di Arezzo, di cui rimane nella Riccardiana un codice dello 
stesso secolo, e piü altrl che io ebbi Topportunitä di esaminare. 

Man yergl. noch das Schriftchen yon Giamb. Giuliani: „Dante ed il yiyente 
linguaggio toscano*^, Florenz 1872. 

^') Vgl. Fanfani: La poesia giocosa, yon Dante bis auf Guadagnoli, zwei 
Artikel N. Ant. V, 1867. — Fanfani findet sogar bei Dante einen Beitrag zu 
seiner allerdings sehr skizzenhaft gehaltenen Monographie. 

2* 



1 
( 



— 20 — 

sinnliclie Liebe wunderlich begegnen; besonders aber Cecco 
Angiolieri von Siena (geb. 1258), der humoristische Dichter 
eines humoristischen Stadtvolkes. Alessandro d'Ancona hat in 
einem vortrefflichen Artikel der Nuova Antologia (XXV, 1874) 
die Monographie dieses Volkspoeten geschrieben und nebenbei 
die humoristische Ader Siena's verfolgt. Wie die senesische 
Malerei, sagt d'Ancona, so war auch die senesische Dichterei jo- 
vialen Schlages (gioconda). — Eine ähnliche Arbeit hat Pornaciari 
(N. Ant. XXXI, 1876) dem florentinischen Glockengiesser und 
Stadttrompeter Pucci gewidmet, dem Freunde Sacchetti's, dem 
Vorläufer Berni's, dem Begründer des burlesken Florentiner- 
stiles. Pucci's Todesjahr ist ungewiss, er nennt sich alt im 
Jahre 1375. Er ist der Aristophanes des Florentinervolkes, sein 
Ausdruck, besonders im Dialog, der urwüchsige Atticismus dieser 
Kegion. Er beherrscht den Volkshumor, weil er ihn selber 
theilt, joviale Sinnlichkeit ist der Kern seines Wesens. Pucci 
hat volksthümliche Heiligen- und Ritterlegenden in Verse ge- 
bracht, und, allerdings mit wenig Glück, die Chronik Giovanni 
Villani's in Terzinen umgesetzt. Am natürlichsten bewegt er 
sich im „Sonetto caudato" und im „Capitolo", deren zwanglose 
Form ad infinitum sich fortspinnen lässt. Pucci^s Genre nennen 
die Italiener „borghese", es entspricht dem „Urbanismus" eines 
Plautus und CatuUus, dem Atticismus eines Aristophanes. Das 
Leben und die Anschauungen des Volkes, sein satirischer Humor, 
sein materialistisches Dichten und Trachten, seine sinnreiche 
Bosheit, seine Schlauheit, komisch lauernd unter der Maske 
gutmüthiger, acht florentinischer Nonchalance und Trägheit, 
sinnliche Bilder und sinnliche Neigungen, alles das wird in 
Pucci's fliessender, mitunter breiter Sprache poetisch verwerthet. 
Gelegentliche Eohheiten sind erträglich oder missfallen weniger 
als anderswo, weil sie naiv vorgetragen werden. Pucci ist der 
Finder des epischen Stiles, seine naive Epik wird einst der 
geniale Ariosto zur höchsten Vollendung führen. Aber clie lange 
Kette, welche diese Pole verbindet, setzt sich aus Elementen von 
sehr verschiedenem Werthe zusammen. Pucci's unmittelbare 
Nachfolger sind roh zugleich und langweilig. Der florentiner 



— 21 — 

Barbier: Domenico Burchiello kleidet die Pointe von Boccac- 
cio's Novellen in mystisches Kauderwelsch und schlägt sie damit 
gründlich todt. Andere holen ihrö StoflFe im karolingischen Sagen- 
kreise. Luigi Pulci, der Freund und Schützling der Medici, 
karrikirt in volksthümlicher Sprache, in seinen Riesen Morgante 
und Margutte, die Wunderlichkeiten seiner Mitbürger, während 
ein ferraresischer Hofmann, Bojardo, das Epos zu einem ernsten 
Kunstproduct zu machen sucht. Der unvergleichliche Ariosto 
endlich versöhnt beide Richtungen in seinem Orlando, dessen plan- 
los scheinende Manigfaltigkeit entfernt noch an den volksthüm- 
lichen Ursprung des epischen Gedichtes erinnert; Tasso endlich 
begründet das gelehrte Kunstepos und entzieht dessen Sprache 
vollends den Regionen des Volkslebens, bis Grossi und Sestini 
diese mit einigem Glücke wieder aufsuchen. Die alten Legenden 
aber werden heute noch für die toscanischen Bauern von armen 
Teufeln versificirt und auf dem Markte verkauft. 

Ganz in Pucci's Geiste sind die Novellen seines Preundes 

> 

Sacchetti (1 330 — 1400) geschrieben. ^ In stilistischer Be- 
ziehung sind dieselben ein glückliches Gegenstück Boccaccio's, 
indem sie fast (ich denke hier an seine mitunter geschraubten 
Einleitungen) ohne alle rhetorische Pretention, das bürgerliche 
E^einleben der Republik in Volksthümlicher, aber nicht in 
plebejischer Sprache, mit satirischem Humore, mit achtem Er- 
zählertalent und einer gewissen Virtuosität in der Zeichnung des 
Hässlichen uns vorführen. Sacchetti war ein gebildeter Patricier 
der florentinischen Republik, obendrein ein Stück von einem 
Staatsmann ; er schreibt für ein Publicum , das den wachsenden 
Einfluss der untersten Classen (der Ciompi- Aufruhr fällt ins Jahr 
1378) und das Abhandenkommen des guten alten Tones nicht 
ohne heimlichen Grimm betrachtete und durch indirecte Ver- 
höhnung des Gegners seines Aergers froh zu werden bemüht war. 
Sacchetti's Buch bezeichnet einen Wendepunct in der tos- 
canischen Litteratur, insofern es das erste und zugleich das beste 
Muster der sogenannten Gassenprosa (prosa plateale) ist. Der 
Riss zwischen der gelehrten und der naiven Prosa wurde unter 
dem Drucke der florentinischen Plebejerherrschaft immer grösser 



— 22 — 

und der schroffe Gegensatz zwischen scholastischer Barbarei 
und naiver Eohheit für die Interessen der Kunst nachgerade 
bedenklich. Doch hat auch die volksthümliche Reihe einige 
bleibende, in ihrer Art classische Werke erzeugt. Mit einem 
Meisterstücke hatte sie begonnen, brachte sodann 1482 Pulci's 
urwüchsiges Epos hervor, und schloss fast ein Jahrhundert 
später mit der originellen Autobiographie Benvenuto Cellini's 
(1500 — 1570), einem Buche, das zum Theil in der Werkstatt 
und während der Arbeit dictirt, grammatisch nicht eben correct, 
aber frisch, klar und acht florentinisch geschrieben ist. Er- 
wähnen wir beiläufig auch die 1877 bei Sansoni erschienene 
Familiencorrespondenz von Alessandra Macinghi (XV. Jhd.), 
herausgegeben von Cesare Gruasti, als ein lebendiges Muster der 
damaligen Alltagssprache (vergl. Ant. XXXVI, 1878,. Art.: 
d'Ancona). 

Die herj'liche Entfaltung der Benaissance schenkte den 
Italienern den Gedankenreichthum, die Kunstideale, den classi- 
schen Geschmack und das fröhliche Heidenthum der alt^n 
Griechen und Römer. Es erstand eine Generation raffinirter 
Epikuräer der Phantasie und des Geschmackes, welche für alles 
offeneren Sinn besassen, als für die naive Unmittelbarkeit der 
Volkssprache und ihrer Litteratur. Was war da natürlicher 
als der Versuch, die Litterärsprache nach dem classischen B-e- 
cepte zu veredeln? Hatten doch Petrarca für die Sprache der 
lyrischen Poesie, Boccaccio für diejenige der Prosa in diesem 
Sinne bereits gearbeitet. Angelo Polmano von Montepulciano 
(gest. 1494) schuf die melodische Octave, die Boccaccio ver- 
geblich gesucht und die Tasso hundert Jahre später zur vollen- 
deten Musik gestalten sollte. Daher denn die Italiener den 
giyssen Humanisten als den „Restaurator der pathetischen 
Poesie" bezeichnen. Sein Zeitgenosse, der Neapolitaner Jacopo 
Sannazzaro, leistet Aehnliches in der poetischen Prosa, durch 
eine geschmackvolle Fortbildung von Boccaccio's rhetorischer 
Manier. Ein Heer von Rhetoren folgte, welche dem trostlosen 
„Seicento", dem Jesuiten- und Schäferjahrhundert, eine decla- 



— 23 — 

matorische Prosa und eine „gelehrte" Poesie überlieferten, der 
bald weder Saft noch Kraft, weder Gedanke noch Empfindung blieb. 

Zwei grosse Dichter erzeugte die Renaissance, Ariosto, 
in welchem Kunst und Natur in schönster Harmonie zusammen- 
fliessen und vereint das Höchste leisten; Ariosto, dessen im 
Jahre 1516 auftauchender Orlando zum ersten Male die Summe 
modernen Cultur in die goldene Schale der Dichtung fasst; 
und Tasso, der leidenschaftlich subjective Lyriker nach dem 
objectiven Epiker, der Schöpfer des musikalischen Rythmus, 
als Mensch und Dichter der unglückliche Typus einer zerrissenen 
Zeit, jenes Ueberganges aus der heiteren Sinnlichkeit der Re- 
naissance zur grübelnden Heuchelei des Jesuitenthums, aus dem 
genialen Weten einer grossen Zeit in die philiströse G-eschäftig- 
keit der Kunstpedanten. 

Durch die Veredlungsversuche der classicirenden Schrift- 
steller windet sich die populäre Litteratur wie der dünne Fa- 
den eines wasserarmen Bächleins. Den Florentiner B e r n i 
(1536), der Bojardo's Orlando ins Komisch-Satirische umdichtet, 
gelegentlich die Petrarchisten persiflirt und sich nebenbei im 
„ländlichen" Drama versucht, verweisen wir besser in das Gebiet 
der Kunstdichtung. Dagegen seien die Komödien Macchivelli's 
und ein wunderlicher Pamphletist des XVI. Jahrhunderts, der 
Flctrentiner. Doni, erwähnt, der unter anderm die Abend- 
gespräche des Florentiner Volkes auf den Marmorstufen der 
Kirche S. Maria del Fiore in Prosadialogen (betitelt: I Marmi) 
niederschrieb. Auch der famose Pietro Aretino (gest. in Venedig 
1557, s. Artikel De Sanctis, N. Ant. XV) muss hieher gerechnet 
werden. 

So wenig die classicirenj^e Schule der Lingua parlata und 
ihren litterarischen Pretentionen hold sein mochte. Schlimmeres 
drohte der letzteren von Seite der neuerstandenen Zunft der 
Grammatiker und Latinisten, von denen Mehrere alles Ernstes 
die Vulgärsprache durch die Lateinische geradezu ersetzen wollten. 
Der Traum vom römischen Kaiser war dahin, es folgte ein 
anderer: der* der römischen Reichssprache. Man musste sich indess 
mit der Latinisirung der Vulgärsprache begnügen. Die ersten 



— 24 — 

• 

Vertreter der italienischen Grammatik sind Fortunio (1516) 
nnd Libumio (1521), aber der Latinist Bembo ward auch 
hier tonangebende Autorität. 

Cardinal Bembo, den einer seiner Bewunderer alles 
Ernstes „Simia Ciceronis" nennt, stammte aus Venedig. Sein 
langes Leben umfasst die ganze litterarische Entwicklung der 
ersten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts. Am Hofe von Urbino 
hatte der galante junge Abbe mit Castighone über das Wesen 
der Liebe disputirt, in Ferrara die schöne Lucrezia Borgia an- 
gesungen, die erste Geige am Hofe Leo's X. gespielt, mit Ruhm 
und Ehre gesättigt, sich 1521 nach Fadua zurückgezogen, wo 
sein Palast eine Academie, seine Bibliothek ein Museum be- 
herbergte. Er starb 1539, als das Orakel der italienischen 
Litteratur und ihrer Träger. **) 

Bembo gab 1525 unter dem Titel y,Pros€ di M. Pietro Bembo, 
nelle quali si ragiona deüa volgar Lingua" einen dialogisirten 
Tractat nach ciceronianischem Muster (s. Vorrede von Varchi's 
florentiner Ausgabe v. 1548 : „stimar si puo quanto questo suo 
volume al Ciceroniano „Oratore" sia prossimano") über die 
italienische Sprache heraus, den ich hier wie oben Dante's 
Theorie von der Vulgärsprache, soweit es mein Thema erheischt, 
den leitenden Gedanken nach resumire. 

Das erste Buch führt den Titel: „Di M. Pietro Bembo 
a Monsignor M. GiuUo Cardinale de^ Medici deüa volgar Lingua 
Libro primo". 

Wir haben, so heisst es im Eingange, viele vulgäre Schrift- 
steller, aber eine genügende Theorie der Vulgärsprache ist 
bisher noch nicht geschrieben worden (Non si vede ancora chi 
delle leggi e regele dello scriver habbia scritto bastevolmente). 
Und doch ist eine Theorie Bedürfniss; denn Schreiben ist nichts 
Anderes als kunstgerechtes Sprechen (E pure e ci6 cosa a oui 
dovrebbono i dotti uomini sopra noi stati haver inteso , concio 
sia cosa ch' altro non ^ lo scrivere che parlare pensatamente. Bembo^s 



") VgL den treflflichen Aufsatz Fornaciari's über Guidiccioni (N. Ant. XXIII, 
1873), der mit einer licbtvoUen Grnppining der Schriftsteller des sechszehnten 
Jahrhunderte beginnt. 



— 25 — 

neuester und bedeutendster Gegner, Manzoni, hat also sein „par- 
lare pensato" nicht selbst erfunden, sondern einfach seinem 
Feinde abgenommen). 

Das fingirte Gespräch findet um's Jahr 1502 zwischen 
Giuliano dei Medici, dem dritten Sohne Lorenzens, Tederigo 
Fregoso, welchen Papst Julius II. „wenige Jahre nachher" zum 
Erzbisohofe von Salerno machte, Hercole Strozza von Ferrara 
und „M. Carlo, mio fratello in Vinegia" statt. Dieser habe es 
dem Autor in Padua erzählt und Letzterer zu Nutz und Frommen 
eines wissbegierigen Publicums aufgezeichnet. 

Carlo Bembo beginnt damit die Süssigkeit der italieni- 
schen Vulgärsprache zu loben und sagt sodann, das classische 
Latein sei den heutigen Italienern so fremd, wie den Römern 
einst das Griechische gewesen. Der einseitige Latinist Her- 
cole Strozza erwiedert ihm: Aber die Eömer stellten das 
Griechische als die edlere Sprache über ihre eigene. Ebenso 
ist bei uns das Lateinische über das Italienische zu stellen. 
Uebrigens habe ich behaupten hören, unsere Vulgärsprache 
sei schon bei den Römern vom Volke gesprochen und von ihren 
Litteraten verachtet worden. Was sollte man nun von uns 
halten, wenn jene verachtete Vulgärsprache bei uns zur Litterär- 
sprache erhoben würde? — Giuliano: Die Würde entscheidet 
nicht, sondern das nationale Interesse. Man beginnt in der 
eigenen Sprache zu schreiben, sobald sich diese hiezu eignet. 
Auch wir haben übrigens bereits unsere Classiker: Dante, 
Petrarca und Boccaccio. Es wäre pietätlos, diese verachten zu 
wollen. Dass unsere Vulgärsprache den Römern bekannt ge- 
wesen sei, ist ganz aus der Luft gegriffen. Weder auf Inschriften 
noch in Büchern zeigt sich eine Spur von ihrem Dasein unter 
den alten Römern. Die Römer kannten nur das Griechische 
und das Lateinische ihrer Classiker. — Nachdem Federigo 
die beiläufige Bemerkung gemacht, dass man ja nur des Lateini- 
schen wegen das Griechische erlerne, wirft Hercole die Frage 
auf: Wie entstand denn das Italienische? Federig]o meint, 
aus einer Mischung des Lateinischen mit der rohen Sprache der 
eingewanderten Barbaren. Das lateinische Element habe indesa 



- 26 - 

als das überwiegende und als die Sprache der Heimat gesiegt. 
— Woher stammt die Sprache der italienischen Poesie? lautet 
eine weitere Trage. — Antwort : Wir haben sie von den Pro- 
vengalen überkommen ; das Sicilianische hat gar keine Rolle in 
ihrer Bildung gespiett. — Federigo verbreitet sich nun über 
die provengalischen Dichter, ^agt, er habe sie eifrig studirt 
und fügt bei, dass über hundert provengalische Poeten heute 
noch gelesen werden (Pu adunque la Provenzale favella estimata 
e operata grandemente, si come tuttavia veder si pui, che piü 
di cento suoi poeti ancora si leggono, e ho gli giä letto io, che 
non ne ho altrettanti letti de' nostri). Sodann sucht er den 
provenQalischen Einfluss im Wortschatz, in der Metrik und 
Poetik des Italienischen nachzuweisen. Hercole, der einseitige 
Humanist, durch diese Auseinandersetzungen gelangweilt, hängt 
unterdess seinen eigenen Gedanken nach und greift nach einer 
Pause in die allgemeine Unterhaltung mit der Bemerkung ein, 
dass das Lateinische als die einzige allgemeine Sprache 
auch den Italienern unentbehrlich sei. Dies gibt dem Gespräche 
eine neue Wendung. Wo ist die nationale Norm der italieni- 
schen Vulgärsprache zu finden? Calmeta (in seinem Buche: Della 
volgar poesia) bezeichne den päpstlichen Hof als das mass- 
gebende Centrum. Aber die Eömer besitzen keine Litteratur und 
der römische Hof sei ein Babylon, wo je nach der Herkunft des 
Papstes, bald spanisch, bald französisch, bald italienisch über- 
wiege. Trifone Gabriele habe Calmeta's Theorie nach Gebühr 
zurückgewiesen. Derselbe Trifone wird bei dieser Gelegenheit als 
„intendentissimo delle volgari cose" bezeichnet. Giuliano, dem 
diese Bemerkungen in den Mund gelegt worden, weist Calmeta's 
Vorschlag mit dem grundsätzlichen Entscheide zurück, eine 
Normalsprache sei nicht denkbar ohne Schriftsteller und Littera- 
tur. (Non si puö dire che sia veramente lingua alcuna favella 
che non ha scrittore). Der Toscaner weist nun nach, dass eben 
deshalb den Toscanern der Vortritt gebühre. Er weist auf 
das gewichtige Beispiel des Cardinais Bembo hin, der in seinen 
Schriften das Toscanische dem Dialekte seiner venetianischen 
Heimat vorgezogen habe. Das Toscanische sei die attische 



— 27 



Sprache Italiens. Carlo Bembo stellt hierauf die Vor- 
züge der toscanischen Sprache zusammen. Sie sei melodisch, 
correct und bilderreich. Die Venetianer dagegen, besitzen keine 
Litterärsprache. Das Toscanische sei für die Prosa wie geschaffen 
und habe in der That auch classische Muster derselben aufzu- 
weisen. Es vermöge das Höchste wie das Niedrigste auszu- 
drücken, sei mitunter sogar reicher als das classische 
Latein. Wie wolle man beispielsweise das toscanische „va- 
lore" lateinisch wiedergeben? Wer in ganz Italien gelesen 
zu werden wünsche, der schreibe toscanisch. Man 
kenne in diesemLande kaum eine andereProsa als 
die toscanische. (Di prose non par e giä che ancor si veggano 
oltra i Toscani molti scrittori). Dies sei übrigens erklärlich, 
wenn man bedenke, dass ausserhalb der Toscana die 
Prosa erst beginne. Die Toscaner haben eben von 
Haus aus, was dieUebrigen erst wählen und lernen 
müsssen. Aber freilich gerade in Folge dieser zugestandenen 
Führerschaft verfallen die Toscaner häufig in die nachlässige 
Alltagssprache. „Per la quäl cosa, sagt er zum Toscaner G-iu- 
liano sich wendend, non ne cercate altramente gli scrittori, a 
quello del popolaresco uso tenöndovi senza passar piü avanti, il 
quäle nel vero non e mai cosi gentile, cosi vago come sono 
le buone scritture. Ma gli altri, che toscani non sono, da buoni 
libri la lingua apprendendo, l'apprendono vaga e gentile". Selbst 
diejenigen Toscaner, die ihre classischen Autoren nicht vernach- 
lässigen, haben in der gesprochenen Sprache ihrer Heimat einen 
lauernden -Feind zu bekämpfen. „Quandö la penna pighate in 
mano, per occulta forza della lunga usanza che nel parlare avete 
fatta del popolo; molte di queUe voci e molte di quelle 
maniere del dire vi si parano malgrado vostro dinanzi che 
offendono e quasi macchiano le scritture, e queste tutte fuggire 
e schifare non si possono il piü delle volte, il che non 
avviene di coloro che lo scrivere nella lingua vostra dalle buone 
composizioni vostre solamente e non altronde hanno appreso". 
Griuliano versucht es, die Lingua parlata in ihren Rech- 
ten zu schützen. Die italienische Sprache sei keine todte. 



— 28 — 

• 

sondern eine lebende, also in steter Bewegung und veränder- 
lich. Man schreibe nicht für die Vergangenheit und die Todten, 
sondern für die Gegenwart und die Zeitgenossen. Wesshalb auf 
todte Autoritäten zurückgreifen? Auch diese seien ia dem Gre- 
setze der Wandelbarkeit unterthan. Dante habe anders ge- 
schrieben als Guido, Boccaccio anders als Dante. Die Litter är- 
sprache müsse den Veränderungen der Lingua parlcUa 
folgen. In einer todten Sprache für die Mitwelt schreiben, 
sei nicht anders, als seinen Kindern statt der italienischen 
Muttersprache das Deutsche eintrichtern wollen. 

Carlo Bembo versetzt: Dieses Eaisonnement ist falsch. 
Sonst müsste man consequenterweise die Lingua parlata des 
Tages als mustergültig hinstellen. Von jeher hat sich nun 
aber die Litterärsprache vom Volke fern gehalten. 
Ihre Würde muss gewahrt werden. Nur insofern diese in keiner 
Weise verletzt wird, darf die Litterärsprache sich der volks- 
thümlichen Alltagssprache nähern. Wer für aUe Zeiten muster- 
gültig werden will, der kann von einer Eintagssprache keinen 
Gebrauch machen. Boccaccio lässt allerdings das Volk auch 
reden, aber er hat dafür gesorgt, dass sein Buch des höheren 
Stiles nicht entbehre. Auch Cicero hat zum Volke geredet, 
aber nicht in der Ausdruckweise des Volkes. Das Volk errieth 
das Einzelne aus dem Zusammenhange der Bede (la catena 
delle voci). Nicht dieMenge begründet den Ruf eines grossen 
Autors, sondern die Auserwählten, die Gebildeten. 
Die „Dotti" aber richten sich niemals nach dem Urtheile der 
Masse, die sie verachten. Nicht das Alter macht den Classiker, 
sondern die classische Entwicklungs-Periode einer Litterär- 
sprache. Dante ist unser Ennius, Boccaccio unser Cicero tmd 
Petrarca unser Virgil. Die lateinischen Autoren der Kaiserzeit 
hätten besser gethan zu schreiben wie Virgil und Cicero. Wir 
stehen heute sprachlich auf dem Niveau der römischen Kaiser- 
zeit. Kehren wir wenigstens zurück zu den unvergänglichen 
Mustern unserer Classiker. Für die Todten schreiben wir 
deshalb noch keineswegs, denn für die Todten schreibt nur der, 
welcher keine Leser oder nur ungebildete Lober findet. 



— 29 — 

Pederigo: Ich habe dem nichts beizufügen; denn: „aggiun- 
gere non si pu6 sopra il vero". 

G-iuliano. Auch ich kann mich mit dem zufrieden geben. 
Denn ob man das alte oder das neue riorentinische lobe, das 
Lob kommt immer meiner Heimat zu. 

Hercole, der eingefleischte Latinist, bezeigt Lust, über 
das Thema der Vulgärsprache noch Weiteres zu vernehmen, 
von welcher er in der That bisher weder Notiz genommen noch 
auch etwas gehört habe. Möglich, dass er einmal anderen 
Sinnes würde und sich beifallen liesse; selbst italienisch zu 
schreiben. Auf dem Heimwege wirft» er Carlo Bembo die Be- 
merkung hin: Wie? Wenn Einer das alte und das neue Floren- 
tinische zu einer modernen Litterärsprache combinirte? 

Carlo Bembo versetzt: Könnte er etwas Besseres zu Wege 
bringen, als die alte Sprache der florentinischen Classiker? 
Kann eine Substanz überhaupt besser werden, wenn man ihr 
eine schlechtere beimischt? 

Das zweite Buch ist eine Stilistik der poetischen Sprache. 
Die Wahl des poetischen Vorwurfes, sagt unser Autor, dürfe 
unberührt bleiben, nur das Wie der Ausführung komme hier 
in Betracht. Dieses zerfalle aber in zwei Haupttheile: 

„Ogni maniera di scrivere comporsi di due parti, l-una delle 
quali k Velettioney l'altra e la dispositione delle voci." 

Bembo geht historisch vor. Er weist an Petrarca und an 
Boccaccio nach, wie man schreiben müsse, an Dante aber, wie 
man nicht schreiben dürfe. Dante ist ihm als Asketiker und 
als unvollendeter Künstler ein heimlicher Greuel. „Hätte man 
meinen Geschmack, sagt Bembo an einer Stelle, so wäre der 
Streit, ob Dante oder Petrarca der Erste sei, bald zu Ende." 
Auf die Erfindung und das Thema komme es nicht an, sondern 
auf die Form und Ausführung. Auch der ärmste Gegenstand 
könne durch die Art der Behandlung* geadelt werden. An einer 
anderen Stelle wird Dante mit einem Aehrenfelde verglichen, 
wo allerlei Unkraut unter dem Getreide wuchere. Dante habe 
weniger Anhänger als Petrarca, aber immerhin noch viele. 
Wodurch lassen sich diese bestimmen? Bembo meint, durch 



— 30 — 

die Grösse seines Vorwurfes (!) „Tratti della grandczza e varieta 
del suggetto piü che da altro: nella quäl cosa essi s'ingannano". 

Das dritte Buch, zwei und ein halbes Mal so lang als jedes 
der beiden ersten, enthält grammatische Bemerkungen über 
eine Reihe von Stellen aus den drei toscanischen Classikern, 
nach den Redetheüen geordnet. Eine systematische G-rammatik 
ist es also nicht. Erst Corticelli hat diese (1745) begründet. 

Bembo's Standpunct ist, man sieht es, derselbe, den die 
neuere Zeit mit der Formel „Vart pour tart*' bezeichnet. — 
Für die italienische Litteratur sucht er eine dem Typus der 
lateinischen Classik möglichst entsprechende Norm zu finden. 
Dieselbe heisst Petrarca in der Poesie und Boccaccio in 
der Prosa. Er geht von rein Htterären Gesichtspuncten aus, 
die sich stolz und ängstlich zugleich gegen alle und jede Ein- 
flüsse der zeitgenössischen Verkehrssprache absperren. So hat 
Bembo's gewaltiger Einfluss auf Jahrhunderte hinaus das Pro- 
gramm jener sogenannten Trecentisti festgestellt, welche 
eine einseitige Verehrung ihrer Classiker mit unbedingter Ver- 
achtung des „XJso vivente" verbanden und das stationäre imd 
conservative Element im Rathe der Schriftstellerrepublik vor- 
stellten. ' 

Es fehlte indess nicht an Widerstandsversuchen, wenn 
nicht gegen die innere Berechtigung, so doch gegen die heraus- 
fordernden Prätentionen des toscanischen Primates. Kegionale 
Eifersüchteleien sowohl als das erstarkende Gefühl der ita- 
lienischen Nationalität machten sich zunächst in dem schein- 
bar müssigen Wortstreite über die Frage Luft, ob die 
Landessprache die florentinische, die toscanische 
oder die italienische heissen solle. Macchiavelli (?), 
Salviati, Varchi und Bembo vertheidigten die erste dieser Be- 
nennungen, Bargagli, Citadini und Bulgarini wollten sie die 
senesische nennen, Claudio Tolomei die toscanische, 
die Lombarden Castiglione, Trissino und Muzio: die ita- 
lienische. Die letztere Ansicht wurde unvermuthet und 
mächtig unterstützt durch das Auffinden eines ganz verscholle- 
nen Buches , Dante's Tractat „De vulgari eloquio" , welchen 



— 31 — 

Trissino anno 1529, nicht im Urtexte, sondern in seiner Ueber- 
setzung und unter fingirtem Namen herausgab. Kein Wunder, 
wenn die Aechtheit des Buches, selbst nach der ersten Aus- 
gabe des lateinischen Originales (v. Corbinelli, Paris 1577), 
vieKach angezweifelt wurde. Natürlich begrüssten alle anti- 
tosoanischen Prätentionen in Dante's Verurtheilung des florenti- 
nischen Dialektes ein willkommenes Argument, im Gewährs- 
manne selbst aber eine schwerwiegende Autorität. Trissino's 
Publication wurde wie diejenige Bembo's zum Ausgangspuncte 
einer Schule. Bembo hatte die toscanische Gemeinde der 
Trecentisti gegründet, Trissino schuf jene nationale Secte, 
welcher Gravinaim Anfange des achtzehnten, in diesem Jahr- 
hundert der Dichter Monti und sein Schwiegersohn Perti- 
cari angehören. 

Mit dem Aufkommen der Grammatiker steht die Geburt 
der berühmten Crusca in mittelbarem Zusammenhange. Die 
florentinische Academie constituirte sich 1540 unter 
dem Namen der „Umidi" („attendendo che cosa alcuna non 
fussi procreata in questo mondo senza umiditä") und nahm erst 
1582 den Namen „Dei Cruscani", nachher denjenigen der 
Crusca an. Im Jahre 1612 erschien die erste Auflage ihres 
Vocabolario. Dasselbe stützt sich ausschliesslich auf den- 
jenigen Theil der italienischen Litteratur, welchen die Aca- 
demiker als classische Texte (testi di hngua) aus dem gesammten 
Schriftwesen der Nation herausgehoben hatten. Es schüesst also 
ausdrücklich und von vorne herein den „Uso vivente" und die 
„Lingua parlata" als Elemente oder als Grundlage des natio- 
nalen Wörterbuches aus. *^) 



*') Vgl. Blanc: „Italienische Sprache" b. Ersch u. Gruber: „Das 
Wörterbnch der Academie, im engsten Municipalgeist angelegt, ist eigentlich nur 
ein Idiotikon des Florentinismus. Fast nur SchriftsteUer des Trecento, und unter 
diesen wieder nur Toscaner, werden darin als Testi di lingua angeführt und 
von Späteren, auch den grössten Schriftstellern der Nation, sind nur wenige 
Nichttoscaper auch in den folgenden Ausgaben dieser Ehre gewürdigt worden. 
Daher fehlen darin eine Unzahl der edelsten Ausdrücke, deren auch selbst 
Florentiner nicht entbehren können; dagegen sind alte, elende Uebersetzungen 



— 32 — 

So näherte man sich den schlimmen Tagen jener Periode, 
deren Erbärmlichkeit die Bezeichnungen „Seicento" und „Sei- 
centisti" heute wie einen Hohn erklingen lässt. Die Renaissance 
hatte Kunst und Wissenschaft erst im Zusammenhange mit dem 
Lehen, sodann, in den Tagen ihres zunehmenden Verfalles, ge- 
trennt vom Leben angebaut. Ihre Laster: Zügellosigkeit und 
Hochmuth, hatten sie um die Früchte ihrer Bildung betrogen, 
und das Einbrechen der Fremden, der Untergang italienischer 
Unabhängigkeit, entzog dem nationalen Leben vollends seinen 
Inhalt. *^) Die Litteratur nun suchte jene wachsende Leere 
durch das Raffinement ihrer Kunstformen zu verhüllen , sie 
trennte die Kunst von der Natur, *zog sich in's Cabinet und 



aus dem Trecento, Chroniken, Elosterreclinnagen etc. anf das Genaaeste aus- 
gebeutet. Alle Verstümmelungen, welche die Unwissenheit und der Pöbelgebrauch 
eingeführt, wie „Astorlomia'^ etc. und tausend Andere, sind gewissenhaft registnrt; 
ja, was noch toller ist, offenbare Schreibfehler alter Manuscripte sind zu Wörtern 
gestempelt worden, die ganze Fülle des schmutzigen Gergo oder liugua fnrbesca 
(Rothweisch) , die Sprache der gemeinsten Lüderlichkeit ist in überreichlichem 
Maasse aufgenommen, was keine andere europäische Academie sich erlaubt hat; 
ja, was fast unbegreiflich, selbst solche Ausdrücke, deren die Crusca selbst sich 
zur Erklärung anderer Wörter bedient, sind im Wörterbuche weggelassen worden 
und die Nachlässigkeit der Ausführung entspricht vollkommen der Engherzigkeit 
der Anlage. Diese Mängel wurden zwar schon von mehreren Zeitgenossen wie 
Gigli (Sieua) und dem gelehrten Grafen Magalotti wahrgenommen und beklagt, 
aber selbst die späteren Ausgaben haben keine wesentliche Abhilfe gebrachf^ etc. 

Vgl. Cantü: Geschichte der ital. Litt. pag. 707: „Die Crusca geniesse 
keine Autorität in Italien", üebrigens datirt auch djüe Autorität der fran- 
zösischen Academie erst aus dem Anfange unseres Jahrhunderts. Vgl. Didot's 
Observations sur l'orthographe (Paris 1866), im Auszuge in meiner Schrift 
über das Studium des Französischen, — und Cantu, ital. Litt., Anmerkung 
pag. 179: II Magalotti (gest. 1712) Fiorentino e Academico riconobbe colpa 
principale del dizionario il yolersi appoggiare all' autoritä, dei classici: „II 
vocabolario della Crusca ha questo di particolare sopra quelli di Francia, di 
Spagna, d'Inghilterra , che laddoye essi sono una sicura guida nelle rispettive 
lingue, 11 nostro c'inganna addirittura delle dieci yolte le Otto, e ci6 perchö noi 
non siamo ancora tanto corraggiosi d'approvar per buono, come gli altri popoli 
fanno, quello che di mano in mano si parla, e non altro."' 

1*) Mit 1530 beginnt der Verfall der nationalen Blüthe. Gino Capponi 
N. Ant. XI, pag. 678: Dopo le guerre e depo i primi trent* anni del cinque 
cento erano i tempi ed il pensare ed il sentire di questa nazione tanto mntati 
da mostrar il vuoto che era sotto a quella civilti splendida ma incompiuta. Da 



— 33 — 

die Cotterie zurück, wurde gespreizt und geziert mit den 
Marinisten, pedantisch unter der Feder des Gelehrten, zur 
Stilheuchlerin in der rhetorischen Schule Bärtoli's und anderer 
Jesuiten. Schliesslich tauchten die süsslichen Arcadier und die 
unverständigen Nachahmer der Franzosen auf. 

Indessen die Corruption war weder eine vollständige, noch 
eine allgemeine; kdne vollständige, da die Prosa eben 
so viel, vielleicht noch mehr gewann als sie verlor. Der 
Florentiner Galilei kleidete grosse Gedanken- in einen grossen 
Stil und wurde Vater einer neuen und gesunden Stilschule. 
Der Jesuit Segneri hielt wenigstens die Mitte zwischen dieser 
und der jesuitischen Rhetorik. Auch die Poesie erzeugte eine 
neue Gattung, die pindarische Lyrik (Chiabrera). Jene Ver- 
derbniss war aber auch keine allgemeine, da wenigstens 
die Toscaner mehr oder weniger von ihr sich frei zu halten 
wussten (s. R. Fornaciari, Disegno 117 — 119). 

Begreiflicher Weise sind die Vertreter der Lingua parlata 
in dieser Zeit nicht zahlreich. Der jüngere Buonarotti sucht 
in zwei langen metrischen Comödien den Sprichwörterreichthum 
der florentinischen Volkssprache zu sammeln und so seiner 
Crusca auf dem Umwege eines „Textes" zum Sprachschatze 
des Volkes zu verhelfen. Der florentinische Satiriker Men- 
zini, welchen Giusti der plebeischen Rohheit bezüchtigt, leistet 
in seiner schlichten Art unendlich mehr als der neapolitanische 
Rhetor Salvator Rosa. Zwei Senesen pflegen die heimat- 
liche humoristische Ader in der Comödie: es sind Gigli und 
Nelli. Sie begründen ein neues Lustspiel, welches im acht- 
zehnten Jahrhundert der Florentiner Fagiuoli und der Vene- 
tianer Goldoni anzubauen bestimmt sind. 

Das achtzehnte Jahrhundert bahnte eine Rückkehr zum 



quelli anni in poi calaya ü nostro valore specifico e il nostro Uvello venne a 
discenidere ogni glorno. 

Vgl, auch Fornaciari N. Ant. XXIII, 513, im Artikel Guidiccioni. Das 
XVI. Jahrhundert vereinige die antike und die moderne Corruption : Materialitä 
pagana, violenza tedesca, mollezza francese, scaltrezza ed impudenza italiana. 
Es sei colto und gentile, aber guasto nei costumi. 

Breitinirer, Ital, LiU9r&rapi-aehe. 3 



— 34 — 

Leben und zur Natur an. Seit 1700 bemerkt man auch 
in der italienischen Litteratur die Neigung zum volksthüm- 
lichen, heimatlichen Ausdruck. — Zwei denkende Kritiker, 
G-ravina") und Muratori, fördern diese Eichtung durch 



^^) lieber Grawna hat Casetti (XXY. N. Ant.) drei lehrreiche Artikel ge- 
schrieben. Wie sinnig ist folgendes Gedicht Grayina's über den Gang der ita- 
lienischen Poesie: 

Petrarca primnm temperavit Italam 

Lyram, sed nsns artibns scholasticis 

Qnas iUins ferebat aetas sqnallida; 

Post cnltiores prodiere literae 

Sacri Leonis a favore provido, 

Qni yersiones provocans Grainm novas 

Exsnscitayit et Latinas Gratias. 

Has anteire cum stnderet Ciampolus 

Musarum adnlter et Marinus impndens, 

Et qnot Petrarcam nominarnnt aridum, 

Inane mnrmnr, spumeosque tnrbines 

Stulti dedere, et dum cavent commnniai 

Fernntnr imprndenter et contraria. 

Qua peste mnlti saniores territi, 

Stylo PetrarcsB mnninntnr sobrio; 

At cum poetsB verba misso spiritn 

Tezant, neqne ultra quam Petrarca prodeant, 

Per cantilenas, perque eorum neenias 

Tox yana sensu destituta circuit 

Casetti gibt auch ein amüsantes Stilmuster arcadischer Schäferpoesie: 

« 

Ahimä, Arcadil Kon vi ha nuUa dl piü stomachevole 'd'un certo sogno dello Zappi: 

Sognai sul far dell' alba, e mi parea 

Ch'io era trasformato in cagnoletto. 

Sognai che al coUo un vago laccio ayea, 

E una Striscia di neye in mezzo al petto. 
Era in un praticello, oye sedea 

Clori di Ninfe in un bei coro eletto; 

lo d'eUa, eUa di me prendeam dUetto ; 

Dicea: corri Lesbino, ed io correa. 
Seguia: doye lasciasti, oye sen gio, 

Tirsi mio, Tirsi tuo; che fa, che fai? 

Io gia latrando e yolea dir: son io. 
M'accolse in grembo, in due piedi m^alzai, 

Inchino il sno beMabbro al labbro mio; 

Quando yolea baciarmi io mi syegliai. 
(AUo Zappi corrispondeya il nome di Tirsi Leucatio), 



\ 



— 35 — 

die Schöpfung der italienischen Poetik, durch die Aufstellung 
leitender Grundsätze im Gebiete der litterarischen Composition. 
Man bekam wieder Lust am Kräftigen und " Schwungvollen. • 
Frugoni suchte diese Dinge allerdings am unrechten Orte: 
im Bombaste; sein „Frugonismo" erzog indess auch tüchtige 
Schüler, regte selbst einen Alfieri und einen Monti an, genoss 
so grosses Ansehen, dass der mantuanische Jesuit Bettinelli 
keck behaupten konnte, dem grossen Frugoni müssten Dante, 
Petrarca und Tasso den Platz räumen. Dieser falschen Rich- 
tung trat der an den Alten, besonders an den Griechen so fein 
gebildete Venetianer Gaspero Gozzi mit Erfolg entgegen, 
reinigte die Prosa, stellte die Poesie in ihrem Wesen als eine 
Nachahmung der Natur dar , züchtigte . mit attischem Witze 
Bettinelli für seine Dantesünden. — Aber auch die butterweichen 
Arcaxiier fanden ihren unbarmherzigen Geissler in dem Pie- 
montesen Baretti (gest. in London 1789), dessen „Frusta 
letteraria" (Venedig und Ancona 1763 — 65) die weibische Litte- 
ratur der Zeit erbarmungslos verhöhnt. 

Ein mächtiger Gegner der unverfälschten Sprache hatte 
unterdessen Fuss gefasst in der italienischen Litteratur: der 
französische Einfluss "). Seine Anfänge zeigen sich 
bereits bei zwei Florentinern des siebzehnten Jahrhunderts: 
Salvini ( — 1729) und Magalotti ( — 1712), sie wuchsen 
im Laufe des folgenden Jahrhunderts unter dem Drucke der 
französischen Cultur so rasch und so gewaltig , dass der gute 
Abb6 Denina ( — 1813) alles Ernstes den Vorschlag machte, 
das Italienische wenigstens in der Prosa fallen zu lassen und 
diese fortan französisch zu schreiben (N. Ant. XXVII, 211); 
und der Paduaner Cesarotti, welcher als Uebersetzer Ossians 
seine Landsleute zuerst mit dem Geiste der nordischen Litte- 



*•) Blanc („italienisclie Sprache" b. Erscli u. Gruber) sagt yon der Prosa 
der ersten Hälfte des XYIII. Jabrlmnderts , sie sei oft nichts anderes als fran- 
zösische Prosa mit italienischen Endungen. Algarotti, Cesarotti und BettinelU 
seien die Hauptvertreter der französirenden Prosa, ihnen stehe der puristische 
Gaspare Gozzi gegenüber, während Carlo Gozzi, Goldoni und Baretti die Mitte 
halten. 

8* 



— 36 — 

raturen bekannt gemacht,- erhob sich (1785) in seinen „Saggi 
fulla ßlotoßa delle Lingm applicaia alla iingua italiana" nicht nur 
.gegen die pedantische Dictatur der Crusca, sondern er wagte 
auch die Einführung von Neologismen, besonders Gallicismen 
zu vertheidigen. 

Wir wollen aach diesem Buche eine analysitende Episode 
widmen. 

Melchior Cesarotti (geb. in Padua 1730, gest. 1808) 
erscheint in jenem Buche als ein kritischer, in der französischen 
Ideenschule des XVIII. Jahrhunderts zu sprachphilosophischen 
Anschauungen durchgedrungener Geist. Sein Buch machte leb- 
haftes Aufsehen, fand viele Freunde; anderseits in den con- 
servativen Empirikern der puristischen Bichtung, wie au er- 
warten stand, erbitterte Gegner, Von dem Piemontesen, Grafen 
Galeani-Napione , wurde Cesarotti in der Schrift: „Dell' uso e 
dei pregi della Iingua italiana" (1791) einer systematischen 
Verderbung der Sprache durch den Gallicismus 
angeklagt; und dieser Vorwurf ist ihm denn auch trotz einer 
siegreichen Rechtfertigung („Bischiaramenti apologetici" und 
„Lettera al conte Napione") auf die Autorität der Puristen hin 
bis heute geblieben. Aber Cesarotti verlangte im Grunde nichts 
Anderes, als was jede Sprache zu jeder Zeit sich erlaubt hat, 
die Berechtigung unvermeidlich gewordener Neologismen und 
Beschränkung des Purismus auf ein vernünftiges Walten i 
Vernunft und Einsicht waren überhaupt auf seiner Seite, 
nicht auf der seiner Gegner. Mit bündiger Klarheit setzt er 
das Wesen der Sprachentwicklung auseinander, weist er die 
Bornirtheit einseitiger Puristen nach, betrachtet er die Er- 
scheinungen in ihrem Zusammenhange und misst sie nach all- 
gemeinen Gesichtspuncten. An Einsicht und an TTebersicht ist 
Cesarotti seinen Gegnern durchaus überlegen: ein heller, ge- 
scheiter Kopf mit einer Dialektik, deren style coup^ mitunter 
an Lessing anklingt und die Lectüre seines Buches zu einem 
Vergnügen macht. 

Er beginnt mit dem Portrait des italienischen Puristen. 
„Diese Herren theilen die Sprachen ein in edle und gemeine ; 



— 37 — 

jene, so meinen sie, seien ihrer Natur nach aristokratische 
Gebilde, diese ein für allemal schlecht und roh; einen zur 
Herrschaft gelangten Dialekt halten sie für die Sprache der 
Nation und bestreiten den übrigen Dialekten jeden Einfluss 
auf dieselbe ; sie leugnen das Dasein internationaler Strömungen, 
erblicken in der unverfälschten Reinheit ihrer Sprache deren 
wesentliche Bedingung und höchste Vortrefflichkeit, mithin in 
iedem Fremdworte ein Attentat auf deren Keuschheit; was recht 
alt, das heisst ihnen classisch, was seither entstanden: ver- 
dorben imd verkommen; denn ein Fortschritt der Sprache ist 
heute nicht mehr möglich, das Wörterbuch der classischen 
Periode muss für alle Zukunft reichen; keine neue Idee, kein 
neuer Begriff hat ein Anrecht a;uf ein neues Wort. Von der 
inneren Schönheit eines Wortes, einer Wendung haben sie 
keine Ahnung: ihren Werth und ÜQwerth entscheidet nur die 
Frage, ob gewisse canonische Autoren dieselbe kennen oder 
nicht. Schliesslich glauben sie an die Unfehlbarkeit gewisser 
Grammatiker und proclamiren den Grundsatz: Che Tuso, Tesem- 
pio e Tautoritä dei grammatici sono i legislatori inappellabili 
in fatto di lingua." 

Betrachtet man nun aber den Entwicklungsgang der" 
Sprachen im Lichte philosophischer Speculation, so werden sich 
folgende Sätze ergeben: 

1) Keine Sprache ist von Natur raffinirt oder roh, an sich 
besser, an sich schlechter als eine andere. — 2) Keine Sprache 
kann eine reine genannt werden. — 3) Keine Sprache ist das 
Werk eines individuellen Planes, alle Sprachen sind vielmehr 
das Werk des Sprachtriebes und zufälliger Einflüsse. — 4) Die 
Autorität hat keine Macht über die Sprache, wohl aber das 
Wahl- und Ausscheidungsverfahren det Mehr- 
heit: 

„Niuna lingua fu mai formata per privata o pubblica 
autoritä, ma per libero e non espresso consenso del maggior 
numero. Quindi niuna autoritä d'un individuo o d'un corpo pu6 
mai nemmeno in progresso arrestare o circosorivere la liberti 
della nazione in fatto di lingua ; quindi la nazione stessa, ossia 



- 38 - 

il maggior numero dei parlanti, avrä sempre la facoltäi di 
modificare, accrescere e configurar la lingua a suo seimo, senza 
che possa mai dirsi esser questa una lingua diversa, finolie non 
giunge a perdere la suä struttura caratteristica. — E siccome 
nella lingua parlata il maggior numero dei parlanti fe quello 
che autorizza un vocabolo, cosi nella scritta una voce o una 
fräse nuova non pu6 essere condannata ä priori sulle leggi 
arbitrarie dei grammatici, ma suir accoglienza che vien fatta 
ad esse in capo a qualche tempo dal maggior numero degH 
scrittori, intendendo sempre quelli che hanno orecchio, senti- 
mento e giudizio proprio, non di quelli che sono inceppati dalle 
prevenzioni d'una illegitima autoritä." — 5) Keine Sprache ist 
vollkommen, wie überhaupt keine menschliche Einrichtung voll- 
kommen genannt werden kann: „I pregi delle lingue si esclu- 
dono reciprocamente. Una collezione di termini propri e distinti 
per ogni idea affogherebbe la memoria, e toglierebbe alla lingua 
la vivacitä : il sistema dei traslati e delle derivazioni genera 
confusioni ed equivoci. La costruzione logica degl' Italiani e 
Francesi rende la lingua piü precisa e meno aniniata; le 
inversioni dei Latini interessano il sentimento, ma turbano 
Tintelligenza". — 6) Keine Sprache ist reich genug. Zu jeder 
Zeit bedarf sie neuer Schätze: „Allora solo la lingua poträ 
cessar d'arrichirsi , quando lo spirito non avrä piü nuUa da 
scoprire, ne da riflettere". — 7) Keine Sprache ist unwandelbar. 
Die Ursachen ihrer Veränderlichkeit sind unvermeidlich und 
nothwei^iiig. Die Sprache verändert sich aber in zwiefacher 
Weise : durch das Volk und durch die Schriftsteller. — 
8) Keine Sprache wird von der ganzen Nation gleichförmig 
gesprochen. 

Hieraruf wird von Cesarotti die Frage untersucht, ob die 
Herrschaft eines Dialektes ein Vortheil oder ein Nachtheil sei ; 
sodann das Verhältniss der „Lingua parlata" zur Litterärsprache 
und die Licht- und Schattenseiten Beider. Er zieht hierauf die 
Consequenzen : 1) die Litterärsprache steht über der „Lingua 
parlata" und deren Usus ; 2) sie ist weder der Autorität früherer 
Schriftsteller, noch derjenigen der Grammatiker unterworfen. 



— 39 — 

Grleichwohl hat sie 1) den Usus, 2) die Classiker und 3) die 
Grrammatiker zu berücksichtigen: 

„Conchiuderemo che la lingua scritta deve aver per base 
Tuso, per consiglier Tesempio, e per direttrice la ragione". 

Der zweite Theil des ideenreichen Buches handelt von 
"den Grundsätzen der eben genannten rationellen Elritik. Er 
bietet eine philosophische Theorie der Wortbedeutungen, der 
Phraseologie und der Syntax. 

Der dritte Theil enthält die Speculation der Stilistik. 
Hier werden unter Anderem die Synonymen besprochen 
und das Eecht des Schriftstellers, die allgemeine Sprache, 
nach individueller Eingebung zu modificiren : „Diritto di coniar 
termini nuovi. Licenza del neologismo condannata.-' — Fund- 
gruben des Neologismus : 1) Neubildungen innerhalb der natio- 
nalen Sprache; 2) italienische Dialekte; 3) das Lateinische; 
4) das Griechische; 5) fremde Idiome. Hier kommen nim 
die Gallicismen zur Sprache. Gesarotti äussert sich über 
diesen verfänglichen Punct folgendermassen : 

(m, § 13). „n quarto ed ultimo fönte sono le lingue 
straniere, le quali ai tempi nostri rapporto all' italiana si 
riducono alla sola francese, ch'6 appunto la sola universalmente 
nota, ed addimesticata coli' Italia. Questa h la pietra dello 
scandalo, il pomo della discordia, TElena delle nostre Hiadi, 
il soggetto eterno delle poetiche lamentazioni dei zelatori. lo 
rinforzo le mie proteste, e mi dichiaro di condannar altamente 
la licenza di coloro che vanno tutto giorno infrancesando la 
lingua italiana senza proposito. Quando non si fossero altre 
ragioni di condannar questo abuso, converrebbe ancora astener- 
sene per non offendere la vanitä nazionale, che nelle cose pic- 
ciole si fa forse sentir piü al vivo che nelle grandi. Ma daU' 
altro canto, se la lingua francese ha dei termini appropriati 
ad alcune idee necessarie che in Italia mancano di nome, e se 
questi termini hanno tutte le condizioni sopra richieste, per 
quäle strano e ridicolo aborrimento ricuserem di accettarle?" 

Der vierte Theil handelt von der Entwicklung der 
jtaüeniscben Litterärsprache. Derselbe ist für uns der inte- 



— 40 — 

ressanteste des interessanten Buches. Die italienische Sprache, 
sagt Cesarotti, besitzt trotz ihrer vielen Dialekte eine relative 
Einheit. Ihre Dialekte sind alle unvollkommen, indessen das 
Primat kommt dem Toscanischen zu: „Sarebbe ingiusto e 
insensato chi non riconoscesse in Italia l'idioma toscano per piü 
corretto ed elegante, e degnissimo del primato sopra d'ogni 
alti'o : Quindi lo scriver esattamente e nobümente h pei Toscani 
un* attenzione, per noi uno studio." — Zu der Geschichte der 
Litterärsprache übergehend, sagt Cesarotti, diese sei wie überall 
von den Dichtern und zwar hier von Nachahmern einer fremden 
Litteratur, der provengalischen, begründet worden. Dieselben 
hätten in ihren verschiedenen Dialekten die schönsten Elemente 
ausgewählt und aus diesen die Fundamente der italienischen 
Nationalsprache zusammengetragen. Florenz gebühre der Euhm, 
auf jene Grundlagen einen herrlichen Bau gestellt zu haben, 
„n genio di Dante, il gusto squisitissimo del Petrarca, la copia 
e piacevolezza del Boccaccio la impressero dei loro caratteri e 
le comunicarono colori, armonia, movimento e richezze proprio." 
Aber das Lob, das dem individuellen Talente dieser Classiker 
gebühre, sei nachgerade von der kurzsichtigen Nation deren 
Vaterland Florenz zuerkannt worden, wobei denn auch secundäre 
Schriftsteller jener Zeit mehr Autorität erlangten als sie ver- 
dienten. So bildete sich das doppelte Vorurtheil: 1) dass die 
Litterärsprache Italiens als die florentinische zu bezeichnen sei; 
2) dass die Autoren des Trecento eine unfehlbare Norm der 
Sprache constituiren. Die Autorität Bembo's besiegelte feierlich 
das eine und das andere dieser Vorurtheüe imd legte, nach 
dem Vorgange Fortunio's, der Sprache das lastende Joch der 
Grammatik auf. — Aber Italien besass selbstständige Geister 
des Widerspruchs. Tolomei an der Spitze seiner Senesen und 
Dolce forderten für die Landessprache den Namen der toscani- 
schen; Trissino, Castighone und Muzio denjenigen der ita- 
lienischen, während MarteUi und Varchi und andere Florentiner 
Bembo's Meinung vertheidigten. Hinter dem müssigen Wort- 
streite verbarg sich eine wichtige sachliche Consequenz: die 
Dictatur der Stadt Florenz in Sachen der Landessprache. Dieser 



— 41 — 

Pretention trat nun Trissino mit seiner Uebersetzung der dante- 
schen Theorie entgegen, in welcher der grosse, über den Local- 
patriotismus erhabene Dichter mit ganz denselben Gründen 
Trissino's Ansichten befürwortet. 

Auch die drei von Allen anerkannten Classiker konnten 
nicht für alle Zeiten als Typen litterarischer Vollendung gelten* 
„Dante, come ognun sa, ebbe piü genio che gusto. II Boccaccio, 
ricco delle locuzioni del comico familiäre, manca dei torni dell' 
urbanitä delicata, e da lui forse h addivenuto che lltaHa in 
questo genere h tanto inferiore alla Prancia ; nei soggetti gravi 
snaturö la lingua coUe sforzate inversioni latine, e diede per 
carattere all' eloquenza italiana la sterile abbondanza delle 
parole, Taggiramento e la tediositä periodica. Deshalb sei seine 
Manier seit langem und von Allen aufgegeben worden: ed e 
gia gran tempo che quella maniera di scrivere fu abbandonata 
generalmente in Italia." 

Petrarca allein hat bleibend gewirkt, aber auch er nur 
in beschränktem Sinne , ist doch seine Erotik weder sinnlich 
wie diejenige der Lateiner, noch "lebhaft heiter wie diejenige 
Anakreons, noch harmlos naiv wie diejenige Gessners, noch 
galant-witzig wie die französische, noch tief und träumerisch 
wie die der Engländer und der Deutschen. — Die übrigen 
Autoren des Trecento werden nur im Namen der Reinheit ihrer 
ehrwürdigen Sprache empfohlen. Es ist aber lächerlich, eine 
abgeleitete Sprache wie die italienische als eine reine und ur- 
sprüngliche darstellen zu wollen. Was wir heute für acht und 
altitalienisch halten, war damals grossentheils lateinischer oder 
provengalischer Neologismus. 

Die Crusca trat ins Leben und schuf ihr Vocabolario 
auf Grund eines zwiefachen Vorurtheiles : des Localpatriotismus 
und der Scholastik. Ihr Programm war von Anfang an ein 
lückenhaftes: denn es beruhte auf der todten Sprache der 
Trecentisti. Die Meisten fügten sich, sei es aus Furcht, sei 
es aus Trägheit, dem neuen Meister. Aber nach 1650 brach 
eine neue Zeit an. Florenz trug Italien die Fackel der Philo- 



— 42 — 

Sophie vor (Galilei, gest. 1642). In Frankreich begann ein 
gleiches Licht zu leuchten. 

„Quindi le scienze, lo spirito filosofico e il francesismo 
furono le tre cagioni che riunite alterarono non poco Tidee 
comuni in fatto di Hngua." — Mit dem Bedürfnisse und dem 
erwachenden Geiste der Freiheit riss aber auch der Missbrauch 
und die Uebertreibung ein. 

„ A poco a poco si ando all' eccesso : ogni legge parve 
tirannica, ogni regola si tacciö di superstizione : una folla di 
voci e di locuzioni forestiere, introdotte senza necessitä e senza 
scelta, inondö l'Italia ; i nostri scrittori furono obliati, trascurate 
le nostre richezze. Dali' ^Itra parte il zelo cieco dei rigoristi 
irrit6 il libertinaggio in luogo di frenarlo." 

Die Besten begannen nun einzusehen, dass man Aus- 
schweifungen nur durch Gewährung der Freiheit verhindern 
könne (che conveniva patteggiar col secolo e permetter la libertä 
per impedir la licenza). Die Crusca ist seither den Bedürfnissen 
der Zeit einigermassen entgegengekommen, aber diese lassen 
sich nur auf nationalem Wege ganz befriedigen. Cesarotti schlägt 
daher der Crusca vor, in ganz Italien Wahlcollegien zu er- 
nennen, deren Deputirte einen Nationalrath der italienischen 
Sprache zu bilden hätten. Als dessen Arbeiten werden von ihm 
bezeichnet: 1) Erforschung des Ursprunges der italienischen 
Sprache auf sprachvergleichendem Wege. 2) Etymologische 
Forschungen. Die allgemeinen Grundsätze dieses Gebietes würde 
„der Mechanismus der Sprachen" von Präsident De Brosses . an 
die Hand geben. 3) Das Studium der Dialekte. Eedaotion ihrer 
Vocabolarien. Muratori und De Brosses haben bereits ihre Rechte 
betont. 4) Inventarisirung der Sprache sowohl der classischen 
als der nichtclassischen Autoren. 5) Bestimmung der Lücken 
und Mängel unserer Sprache. Sammlung der technischen Vo- 
cabolarien auf directem Wege, d. h. durch Mittheilungen und 
Beiträge ^on Fachleuten. 6) Ergänzungen aus fremden Spra- 
chen. 7) Redaction eines grossen, nach Wort- Wurzelsilben ge- 
ordneten Wörterbuches, eines universellen, wissenschaftUohen, 
nationalen Dictionaires. „Vocabolario veramente e pienamento 



— 43 — 

italiano, ciofe contenente le voci e locuzioni di tutti i dialetti 
nazionali, vocabolario etimologico , storico, filologico, critico, 
rettorico, comparativo, atto a servir a tutti gli oggetti per ctii 
pu6 studiarsi una lingua". 8) Redaction eines kleineren Wörter- 
buches zu praotischen Zwecken. Hier sollen namentlich die 
technischen und wissenschaftlichen Kunstausdrücke nicht fehlen, 
dagegen sind Archaismen, pedantische Latinismen, und die 
„Brutture e storpiature della plebaglia" zu streichen. — Die 
Fremdwörter sind möglichst zu vermeiden, unter den italieni- 
schen die toscanischen Wörter vorzuziehen: — avvertendo 
sempre di dar a cosa pari la preferenza ai toscani, indi agli altri 
italici, e di non ricorrere agli stranieri se non in caso di vero 
bisogno e di riconosciuta e sensibili pozioriti. 9) TJebersetzungen 
von Originalschriftstellern aus allen Sprachen. 

Die Verhältnisse schienen Cesarotti's Theorie begünstigen 
zu wollen ; denn Italiens Unterwerfung durch den Dictator der 
französischen Eevolution und sein zwanzigjähriges Verbleiben 
unter französischer Herrschaft sicherten dem französischen Ein- 
flüsse eine lange Dauer und eine blühende Zukunft. In der 
That gewann die französische Neuclassik auch in Italien, 
besonders in Mailand, dem Sitze der franco-italienischen Re- 
gierung, festen Boden. Aber Monti, das Haupt, dieser classi- 
schen Schule, theilte mit ihren Vorläufern Alfieri und Parini 
und ihren halbromantischen Grliedern Foscolo und Leopardi das 
patriotische Moment, welches die nachdrängenden Romantiker 
bald mit dem katholischen verbinden sollten. 

Mit dieser nationalen Reaction erwacht von Neuem das 
Verlangen nach einer einheitlichen, reinen und cor- 
recten Nationalsprache. Es herrschte aber so wenig Klar- 
heit in diesen Bestrebungen, dass man sich nicht nur von den 
Gallicismen, sondern auch von den eleganten Stilmustern der 
französischen Prosa abwenden und ausschliesslich wieder den 
Trecentisti zuwenden zu müssen glaubte. 

Dante und Petrarca waren als Typen einer noch lebenden 
poetischen Sprache nun allerdings weit weniger veraltet als 
Boccaccio und die Prosaisten seiner Zeit, Für die Normen der 



— 44 — 

Prosa taugten die modernen Franzosen unstreitig besser. *^) 
Sie hatten die Italiener des achtzehnten Jahrhunderts weiter 
gebracht als die lange und unglückliche Nachahmung der halb 
lateinischen Periode Boccaccio's. — Jene Eüokkehr zum Tre- 
cento war indessen insofern wiederum fruchtbar, als man sich 
mit Feuereifer auf das philologische Studium der alten National- 
litteratur warf, und viele noch unedirte Schriften jener Zeit 
durch den Druck zum. Gemeinbesitz der Gebildeten wurden. 
Mittelmässigkeit und Unverstand carikirten auch diesmal ein 
an sich vernünftiges Streben der Führer (wie eines Giordani 



*^) Die Eleganz und die Klarheit der französisclien Prosa ist eine Frucht 
jener Umgangssprache, welche sich im XYII. Jahrhundert in Paris entwickelt 
und mit Pascal's Provinciales in die Litteratur einzieht. Daher die französische 
Prosa-Litteratur schon frühe einen weltmännischen Ton, eine Anmuth und eine 
Durchsichtigkeit besitzt, welche die deutsche und die italienische Litteratur lange 
entbehren mussten. Die Italiener selbst haben dies erkannt : 

Gino Capponi (N. Ant. XI, 1869, pag. 670) : A chi scrive manca una scuola 
molto essenziale quando egli non abbia la mente gia instrutta dl quelle forme 
per cui si esprimono parlando le cose che egli vuole scrivere. La quäle mancanza 
che fu in Italia dei tempi antichi e si protrasse poi nei modemi, ha dato spesso 
ai nostri Ubri certa ariditä. solenne, la quäle ebbe nome di stüe CLccademico, 
Da questo yizio salvo i Francesi la conyersazione, la quäle fu ad essi come una 
sorta di vita pubblica e informö lo scrivere in ogni qualsiasi piü grave argo- 
mento; talchfe gli scrittori nel tempo medesimo che ne acquistayano maggior 
Tita, divennero anche piü facilmente e piü generalmente popolari, cosl da 
esercitare nella lingua quel maestrato 11 quäle ha bisogno la lingua medesima 
che venga dai libri. Questa sorta di maestrato qnale si sia, disse tanto bene 
Vita Fornari in un recente suo libretto, ch'io farei torto al mio concetto se non 
lo esprimessi con le medesime sue parole: „se egli e giusto il dire che il 
linguaggio non ista tutto negli scrittori, non si vorrä per questo affermare che 
si troyi intero fuori degli scrittori. Certi fatti mentali e certe piü fine relazioni 
e determinazioni del pensiero, non si vedono distintamcnte e non yengono signi- 
ficate se non quando si scriye, cosicche alcuna piccola parte de' yocaboli e molta 
parte dei modi di dire e dei costrutti non si puo imparare altroye che neUe 
scritture". (Lettera stampata nel Propugnatore, Bologna 1869). 

Vgl. hiezu eine Stelle bei Cantü, Storia di Letterat. pag. 714: „Voltaire 
si yantaya di non ayer mai fatto una fräse: Ma da noi, oye manca la buona 
compagnia, manca di necessitä anche il tono della buona compagnia, che in tal 
fatto sarebbe canone impreteribüe", — ^ 

und: Gino Capponi (N. Ant. XI, 668) fasst in demselben Sinne ein Wort 
Foscolo's, das schon Blanc kennt: Mi soyyiene ayer una volta udito il Foscolo 
dire neir impeto del discorso „che la lingua nostra non era stata mai parlata*^. 



— 45 — 

und eines Leopardi) und verloren sich in archaistischen Lieb- 
habereien und im kindischen Wortgetändel. Die Pedanten und 
die Schulmeister thaten das Uebrige. Sie namentlich bevölker- 
ten die Zunft der Puristen. An ihrer Spitze glänzt Pater 
Antonio Cesari von Verona (1760 — 1828). Dante und die 
Asketiker des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts waren 
seine Lust, mit fünfundzwanzig Jahren übersetzte er Thomas a 
Kempis : eine reinitalienische Prosa mitten in der französischen 
Corruption. Von nun an predigte er, sei es in Ausgaben der 
Trecentisti, sei es in Uebersetzungen der Alten (Terenz), sei 
es in einer annotirten Ausgabe des Vocabolario della Crusca 
mit unerschütterlicher Beständigkeit sein puristisches Glaubens- 
bekenntniss. Im Jahre 1808 löste er eine Preisfrage der mai- 
länder Academie: „Determinare lo stato presente della lingua 
italiano e specialmente toscano, indicar le cause che portar la 
possono verso la sua decadenza, ed i mezzi acconci per impedirla" 
durch die im December 1809 gekrönte Abhandlung: „sopra lo 
stato presente della lingua italiana". In dieser Abhandlung, 
welche Fornaoiari den Codex der Puristen nennt, proclamirt 
er das litterarische Primat der Toscana, d. h. dasjenige seiner 
drei Classiker, Dante, Petrarca und Boccaccicjj, bemüht sich 
nachzuweisen, dass nur diese Periode der italienischen Sprache 
eine classische sei, vertheidigt sie gegen die AngriflFe der Ar- 
cadier, bekämpft die „Sophismen" Cesarotti*s, betont endlich 
die Noth wendigkeit einer nachahmenden Rückkehr zu jenen 
Typen italienischer Classik. Viele seiner Schriften, wie das 
Leben Jesu, das Leben der Heiligen, seine Novellen und die 
Uebersetzung des Terenz und der Briefe Cicero's sind, ihrer Form 
nach, fruchtbare Anwendungen seiner puristischen Theorie. 

Cesari's lombardische Landsleute waren es, die den härte- 
sten Angriff auf seine Theorien machten. Die Weigerung der 
Crusca, gemeinschaftlich mit der Mailänder Academie ein ita- 
lienisches Nationalwörterbuch zu verfassen, gab das Signal, 
and Monti begann im Jahr 1817 die Publication eines 
voluminösen Werkes, betitelt: „Proposta di alcune correzioni 
ed aggiunte al Vocabolario della Crusca (7 Theile, Mailand 



— 46 — 

1817 — 26). Sein Schwiegersohn Perticari, ein Romagnole, 
war bis zu seinem frühen Tode (1822) sein wackerer Mitarbeiter. 
In dem ebenso geistreichen als kundigen Riesenpamphlet der 
„Proposta" nahm Monti die Ansichten Gravina's und Cesarotti's 
wieder auf, erhob die individuelle Vernunft statt des allgemeinen 
Usus zum alleinigen Richter der Sprache, die Litterärsprache 
zur Norm der Nationalsprache und erklärte Italien, nicht die 
Toscana, als deren nährende Quelle. Dante*s Theorie wurde 
hier natürlich als die älteste und gewichtigste Autorität wieder 
angerufen, die prusca und ihr Commentator Cesari schonungslos 
verhöhnt, endlich Cesarotti's Vorschlag eines nationalen 
unter Mitwirkung der besten Schriftsteller des 
ganzen Landes ausgeführten Wörterbuches wieder 
aufgenommen. Das Werk ist, wie schon angedeutet worden, 
nicht im Tone einer wissenschaftlichen Arbeit, sondern in dem 
einer geistreichen Flugschrift verfasst. Perticari seinerseits ver- 
fasste zwei hieher gehörende Abhandlungen: „Ueber die Schrift- 
steller des Trecento" und eine „Vertheidigung von Dante's 
Schrift: De vulgari eloquio". Der Streit erhitzte die Gemüther 
der Litteratenrepublik, es wurde heftig und viel für und gegen 
die Mailänder geschrieben, endlich Jedem klar, dass die Crusca 
Vieles zu berichtigen und den Catalog ihrer classischen Texte 
abermals und zwar bedeutend zu erweitern habe. — Anderseits 
ergriff die puristische Bewegung auch das bisher indolent ge- 
bliebene Süditalien. In Neapel war es der reiche Marquis 
Basilio Puoti (gest. 1847), welcher, von reiner Begeisterung 
für die reine Sprache geleitet, lange Jahre eine Stilschule 
leitete, deren Disciplin und Methode Puoti's grösste Schüler: 
Settembrini und De Sanctis uns anmuthig geschildert 
haben. Aus dieser Schule ging auch eine bedeutende Dichterin : 
Maria Griuseppa Gruacci hervor, deren Tod die Conter- 
revolution Neapels vom 15. Mai 1848 befördern sollte. 

In der Romagna war es namentlich der Professor Costa 
von Ravenna, welcher im Sinne der Puristen eine Rhetorik und 
Poetik von feinem Geschmacke schuf. Sein Schüler, der Ro- 
magnole Ferdinando Ranalli, arbeitete in demselben Sinne 



— 47 — 

eine heute noch' geschätzte allgemeine Theorie der Litteratur 
aus (Ammaestramenti, 4 Bde., Lemonnier, dritte Aufl.). 

In der Lombardei war es der unermüdliche G her ardini 
(gest. 1861), welcher, wenn auch mit erweiterten Gesichtspuncten, 
Oesari's Theorien in seinen grammatischen Arbeiten festhielt. 
Er ist der letzte Vertreter der rationalistischen Schule. 

In der Toscana waren es Gino Capponi, Lambruschini, 
Niccolini („della proprietä della lingua"), Nannucci und andere 
Cruscaner, welche die Sache des Purismus vertheidigten. Ihr 
Erbe hat PietroFanfani angetreten. *®) 

Unterdessen hatte sich in der Stille eine neue Richtung 
Bahn gebrochen, nämlich eine Bückkehr zur gesprochenen 
und lebenden Sprache der Toscana. 

Manzoni und die Lingua parlata. ^^) Die Litteratur der 
zweiten HäKte des achtzehnten Jahrhunderts hatte durch ihre 



*8) Lambruschini, Der alte Herr hat sich in der N. Ant. zweimal (VI u. XII) 
als puristische Kassandra yernehmen lassen. Er beschränkt sich nicht auf eine 
Kritik der Fremdwörter (tnnnel, conpon etc.), sondern notirt auch Grammatisches : 
„Ci h regalato di gik il d per gli, il lo si, il non fatelo, non ditelo e simili 
altre seoncezze. — XII, 548: II popolo fiorentino accetta perfino i costrutti 
meno italiani, accetta il ce per gli: ce Vho detto; — e gli scrittori dal canto 
loro accettano il non fatelo, non ditelo, lo si e altre tali sgrammaticature.^ 

*^) manzoni und die Lingua parlata, Manzoni's Theorie war seit Galyani's 
Schrift gegen Perticari (1834) eine von Vielen getheilte Ansicht. Ich erinnere 
an Cantii's Abhandlung über die Lingua parlata, Milano 1859, und an das 
Zeugniss von Giusti's Biographen Frassi (Epistolario; £d. Lemonnier 1859, pag. 76) : 

„ün altro e non minore servigio rese il Giusti alla patria favella: e fn di 
prendere a modello la lingua parlata in Toscana per fissare la forma di qudla 
da parlarsi e scriversi da Italia tutta; nel quäle concetto oggi (1858) con for- 
tunato ardore i piü sapienti scrittori s'accordano. Ferocch^, lode a Dio, anche 
un pastoreUo arcade sa che si cerca unificar la lingua per unificare la nazione; 
sa che ci occupiamo delle parole per meglio intenderci, quando che sia, snlle 
cose; sa finalmente che si cerca di preparare alla patria una lingua in tanto 
che la FroYTidenza ci sta preparando una patria.*^ 

Und Cantü, Storia della Letter, ital, 1865, trägt im letzten Capitel: Lingua 
e Stile etc. pag. 691 sqq. so ziemlich die ganze manzonische Theorie, selbst den 
Punct betreffs der toscanischen Lehrer (pag. 715) schon drei Jahre vor ihrer 
offieiellen Geburt vor. 

Die Proposta hat eine Menge von Brochuren hervorgerufen. Ich notire nur 
^das Bekanntere. Die „Proposta" selbst ist gedruckt. N. Ant. (VII), Märzheft 



— 48 — 

Vorliebe für die FabelJ das Drama, die Satire und die periodische 
Presse eine relative Volksthümlichkeit sich angeeignet. Diese 
Richtung hatte die classische Mailänderschule unterbrochen, 
bis die ebenfalls in Mailand (1818) auftauchende romantische 
Schule sie von Neuem zu gewinnen suchte. Manzoni fasste 
das Programm der Schule in die Worte: „proporsi Tutile per 
iscopo, il vero per soggetto, Tinteressante per. mezzo. Per conse- 
quenza, scegliere argpmenti, pei quali la massa dei lettori ha 
una disposizione di curiositi e di affezione, nata da rapporti reali, 
a preferenza degli argomenti pei quali una classe sola di lettori 
ha un' affezione, una riverenza non sentita ne ragionata, ma 
ricevuta ciecamente . . ." 

Die zwischen 1825 und 1827 publicirten „Promessi sposi" 
waren in der That das erste wahrhaft nationale Buch im Italien 
des neunzehnten Jahrhunderts. Trotz seiner langen Beschrei- 



1868: „DeU' Uniti della Lingua di A. Manzoni". — - N. A. VIII, ein Artikel von 
Lambrnschini über die Proposta (vgl. N. A. XII). — Für Mansoni trat Buscaino 
Campt in Trapani auf: La lingna d'Italia, Trapani 1868; gegen ihn Älfonso Cerquetti 
in seinen Studi filologid 1868, — nnd Pasquini: Della unificazione etc. b. Lemonnier. 

— In dritter Auflage: R. Bonghi: Perchö la Letteratnra italiana non sia popo- 
lare in Italia. Dieses breite FeuiUetongeschwatz existirt schon seit 1856. Man 
sacht darin vergebens instmctive Thatsachen ; — wenigstens sind dieselben durch 
Sandwüsteii der Phrasenmacherei getrennt. Nicht viel besser Ist das zweibändige 
Buch Gelmetti's: „La lingna parlata di Firenze e la lingua letteraria dlt^lia 
(gegen Manzoni), Milano 1874", — von der N. Ant. XVII zu günstig benrtheilt. 

— lüorandi: SnU' ünitä della Lingua rispetto alla Commedia, als Vorrede der 
beiden Comödien: La Maestrina, La Figlia senza ßabbo, Loescher 1877. 

Die Artikel von Napoleon Caix: „La formazione degli Idiomi letterari", 
1874, N. Ant. XX,VII., und in Hillebrands Italia, 'Band 3. — A. Fran- 
chetti drückt die Meinung des Juste Milieu aus, wenn er bei Anlass* dieser 
Artikel sagt, was man auch halten möge vom Ursprünge der Litterärsprache, 
„sembra che nella pratica debba aver il predominio Tuso toscano, temperato 
dal gusto e congiunto con l'autoritä dei buoni scrittori". Aehnlich, nur etwas 
derber, drückt sich Fanfani aus (XVII, am Schlüsse des Artikels Un poeta popo- 
lare). — Der Manzonianer JHorandi liess 1874 „Le correzioni ai Promessi 
sposi e l'unitä deUa lingua" erscheinen, Milano, Richiedei. — Prina: Dell' efflcaoia 
deUe nuove condizioni d'Italia suUa letter. nazion. Mil. 1873. — Giorgini's 
Vocabolario Novo (sie) erscheint seit 1870, recensirt von Äscoli in seiner Ein- 
leitung z. Archivio und in. d. N. Ant. (XIV, 1870). — Manzoni selbst erläutert 
die Proposta in seiner Schrift: „Appeudice". 



— 49 — 

» 

bungen, seiner historischen Digressionen und der etwas schwer- 
fälligen Anlage fesselte es die Masse durch die Plastik seiner 
Darstellung und das dramatische Lehen volksthümlicher Scenen. 
Manzoni's Sprache war eine packende, eine originelle, aber sie 
konnte vor dem toscanischen Puristen nicht bestehen. Dieser 
wünschte sich die Lombardismen und die Gallicismen weg. 
Manzoni selbst, dessen Erziehung, wie diejenige Göthe's, eine 
halbfranzösische war, hatte unterdessen seine gallischen Jugend- 
eindrücke mit patriotischen und katholischen Strebungen ver- 
tauscht und auch in der Sprache das Nationale zu suchen be- 
gonnen. Ln Gregensatze zu früheren Theorien erblickte er dieses 
in der lebenden Sprache Toscana's, beziehungsweise 
derjenigen seinerHauptstadt Florenz. Deshalb beschloss 
er „sein dürftiges Kleid im Arno zu waschen" und gab anno 
1840 eine toscanische Version der „Promessi sposi" heraus. 
(Die von Professor FoUi, Mailand 1877, besorgte Interlinear- 
ausgabe bietet in übersichtlicher Weise den lombardischen und 
den toscanischen Text). Manzoni liess nun jenen Gredanken 
nicht mehr fallen. Schon 1845 in einem Briefe an den piemon- 
tesischen Lexicographen Giacinto Carena bemüht er sich nachzu- 
weisen, dass Florenz die massgebende Sprache Italiens besitze; 
es T^ar um dieselbe Zeit, als Giusti die lebendige Sprache Tos- 
cana's zu seiner Litterärsprache machte, — systematisch hat 
Manzoni jenen Gedanken aber erst 1868 in der berühmten 
„Proposta manzoniana" ausgearbeitet und der ganzen Na- 
tion entgegengebracht. Der manzonische Vorschlag wurde im 
Frühjahre 1868 im Auftrage des damaligen XJnterrichtsministers 
Emilio Broglio von einer durch Manzoni präsidirten Commission 
discutirt. Sein Gegenstand ist „die Einheit der Sprache und 
die Mittel diese Einheit zu verwirklichen". Als Mittel zur 
Erreichung dieses Zweckes schlägt Manzoni die Eedaction eines 
neuen Wörterbuches vor, welches die gegenwärtige Sprache 
der gebildeten Florentiner enthalten solle. Im Anhange des 
von der Commission redigirten Documentes wird behufs rascher 
Verbreitung der toscanischen Sprache die Bestallung der Landes- 
schulen mit toscanischen Lehrern vorgeschlagen. 



— 50 — 

Zwei Jahre später erschien die erste Lieferung des Novo {bic) 
Vocabolario della Lingua italiana mit einer von Manzoni^s 
Schwiegersohn, Professor Giorgini, unterzeichneten vierund- 
sechszig Seiten starken Einleitung, welche den Gedanken Man- 
zoni's aufs gründlichste ausführt. 

Italien, so heisst es da, ist heute zwar eine politische Ein- 
heit, es fehlt ihm aher immer noch die Einheit der Sprache, 
besonders der Litterärsprache. „Versetzen wir uns (sagt Geor- 
gini Seite 17) in die Lage eines aussertoscanischen Schriftstellers, 
der weder in fremder noch in todter Sprache zu seinen Lands- 
leuten reden möchte. Er hat zwei Sprachen zu seiner Ver- 
fügung, die gegenwärtige Litterärsprache und den Dialekt 
seiner Provinz. Natürlich wird er erstere verwenden wollen; 
dann braucht er Wörter aus diesem und aus jenem Jahrhundert, 
beglaubigt durch diese oder jene Autorität". Sein Buch kommt 
heraus, gelangt unter die Leute: „Was in aller Welt meint 
^ der Mann mit jener Wendung? Wo in aller Welt hat er diese 
Wörter geholt? Todte Sprache! Sprache aus der anderen Welt!" 

„Will er aber dieser Kritik Rechnung tragen, wiU er natür- 
lich und modern schreiben, so sucht er ein fehlendes Wort in 
seiner Muttersprache, d. h. in seinem Dialekte, fällt auch wohl 
in diesen von selbst hinein. Dann erst fallen die Kritiker über 
ihn h^r ! „Wird nicht angenommen, ist sprachwidrig, ist nicht 
italienisch!" Und damit schicken sie ihn wieder zu jenen Schrift- 
stellern und Wörterbüchern zurück, denen er anfanglich gefolgt 
war". 

„Wie soll nun Einer glücklich durchschiffen zwischen dem 
Vorwurfe der Pedanterie und demjenigen der Barbarei? Man- 
zoni sieht die practische Lösung dieser Schwierigkeit in der frei- 
willigen Erlernung der gesprochenen, der lebenden Florentiner- 
sprache". 

Wie viel Mühe ein Nichttoscaner sich geben muss, um 
sich die toscanische „Lingua parlata" anzueignen, hat uns der 
beliebteste Schriftsteller des heutigen Italiens, De Amicis, 
mit gewohnter Offenheit in seinen „Pagine sparse" (1876) 
geschüdert. 



— 51 — 

„Als ich nach Florenz kam", sagt er dort, „glaubte ich 
höchstens für meine Aussprache gewinnen zu können. Mein in 
Classikern und Mchtclassikern zusammengelesenes Schulbank- 
italienisch, so dachte ich, müsste für die Bedürfnisse des Autors 
ausreichen. Aber bald gewahrte ich zu -meiner Beschämung, 
dass gerade der Wort- und Phrasenschatz, der natürliche Tact, 
das Sprachgefühl und die Anmuth in der Wahl des Ausdrucks 
dasjenige sei, was der Nichttoscaner in Fterenz vor Allem zu 
studiren habe. 

„Gleich am ersten Morgen bewunderte ich einen Strassen- 
jungen, der mit seinem Cameraden Messer nach einer Thüre 
warf. „Pass auf, ich werfe, es steckt, zittert und steht 
stiUe! Sta attento, io lo tiro, vi si configge, oscilla e poi 
si queta!" 

„Das Treffende und Malerische, das in diesen Worten lag, 
frappirten mich, und ich richtete an mich selbst die Frage: 
„Hättest du dich ebenso und ebenso gut ausgedrückt?" Mein 
Grewisseri antwortete: „Anders und schlechter". 

„Ich fand Zutritt in gebildeten florentiner Kreisen. Da 
erst begann für mich die schwere Noth. So lange es sich um 
landläufige Dinge, um Politik, um Litteratur und Theater han- 
delte, ging alles gut genug. Aber in der Unterhaltung mit 
Damen, im scherzenden und vertraulichen Gespräche, das vom 
Hundertsten aufs Tausendste kommt und in der anmuthigen 
Behandlung von Bagatellen schwelgt, wo so oft der Inhalt 
nichts und die Form Alles ist, da war es, wo ich meine Ohn- 
macht und Hülflosigkeit so recht empfand, ja oft behielt ich 
meinen Gedanken für mich, weil das bezeichnende Wort sich 
nicht einfinden woUte. Jedeh Tag hatte ich einen Piemontis- 
mus, einen Gallicismus, eine Pedanterie, eine poetische Wen- 
dung zu streichen. Täglich mehr bestärkte ich mich in der 
schmerzlichen Ueberzeugung, dass statt italienisch zu sprechen, 
ich italienisch componire, dass mein Sprachschatz ein Ge- 
schmeide von falschen Diamanten sei, und dass, sofern ich 
ordentlich zu sprechen und zu schreiben wünschte, ich mit dem 

Studium der Sprache von vorn anfangen müsste. 

4* 



— 52 — 

„Die härteste Probe meiner Eigenliebe aber kam, als ich 
die Correcturbogen meines Buches in florentiner Hände legte. 
Die Dame gab mir meine Bogen schwarz von allerlei Puncten 
und Fragezeichen zurück. Ich biss vor Aerger meine Lippen. 
Die Verbesserung setzte meist das Einfache an die Stelle des 
Gezierten, das Elare an die Stelle des Zweideutigen, die Grazie 
an die Stelle der Pedanterie. Es war der Anprall eines Cata- 
pultengeschosses, das den ganzen Prachtbau meiner litterarischen 
Erziehung erschütterte. Ich suchte mich zu vertheidigen, stützte 
mich auf Autoritäten und wiederholte immer wieder : „Es ist 
doch italienisch, ich berufe mich auf diesen und auf jenen 
Classiker". — „Gehen Sie mir doch mit ihrem Italienisch!" 
erwiederte meine liebenswürdige Scharfrichterin. Ich mache 
mich anheischig, mit lauter italienischen Wendungen alle meine 
Besuche diesen Abend aus meinem Salon zu treiben". 

„Wie man sieht", so fährt De Amicis fort, „handelte es 
sich hier durchaus nicht um Verstösse gegen Lexicon und 
Grammatik. Es waren fast immer Wortvertauschungen und 
Wortversetzungen, Entwirrungen, unscheinbare Eetouchen, doch 
wie änderten diese Kleinigkeiten die Miene eines Satzes, die 
Farbe eines Gedankens! Besonders aber war es eine fortlau- 
fende Instruction über die Vertheilung und Combinirung jenes 
Kieselgerölles einsilbiger Wörter, welche in der Handl^abung 
unserer modernen Sprachen stets so grosse Schwierigkeit machen ; 
denn es müssen jene kleinen Dinger so vertheilt und einge- 
schachtelt werden, dass der Ausdruck nicht roh und unver- 
mittelt, die Fugen nicht hart, die üebergänge nicht mühsame, 
die Ohren nicht beleidigt werden, wie das den meisten ausser- 
toscanischen Schriftstellern passirt". 

„Das scheinen Kleinigkeiten", sagte meine Lehrmeisterin, 
„aber worin unterscheidet sich denn der elegante Schriftsteller vom 
rohen und vom anmuthslosen ? Nicht in der Correctheit ruht die 
Kunst, vielmehr in jenem künstlerischen Tacte, in jener tieferen 
Harmonie, für die das unerzogene Ohr keinen Sinn besitzt. Lassen 
sie unsere Italiener nur schwatzen. Es bleibt doch unumstösslich 
wahr: Wir Toscaner können unsere Landsleute was lehren". 



— 53 — 

De Amicis hat in seinem Aufsatz: „Un caro pedante" 
(Fanfani?) die Pedantenznnft der heutigen' Puristen nach 
, Gebühr behandelt, aber mit Talent und Geist folgt er ander- 
seits dem manzonianischen Programme, welches die lebendige 
Sprache der gebildeten Florentiner in die Litteratur einführen 
möchte. 

Durch unverdrossene Energie suchen viele der heutigen 
Schriftsteller Italiens dem Postulate des grossen Dialektforschers 
Ascoli zu entsprechen, welcher den Wunsch äussert, es 
möchten die grossen Ahnen der italienischen Litteratur statt 
fremder Legionen einmal eigene Soldaten zu führen bekommen. 
In der That, Gino Gapponi's Wort wird immer eine Wah^eit 
bleiben : 

„S*io dovessi quanto aUe future condizioni della lingua far 
un pronostico, direi senz' altro : La lingua in Italia sara quelle 
che sapranno essere gl'Italiani" (N. Ant. XI, 682). 

Kehren wir nach dieser Digression zurück zur „Proposta 
manzoniana". 

Manzoni's Vorschlag stiess, wie das vorauszusehen war,- 
trotz der persönlichen Autorität und Volksthümlichkeit seines 
Urhebers auf manigfachen Widerspruch. Die Epigonen Bembo's 
widersetzten sich im Namen der Kunst, diejenigen Monti's im 
Namen Italiens, Andere waren für eine vernünftige Combination 
der - bestehenden Litterärsprache und des Uso toscano ; die 
Dialektforscher Ascoli und Caix endlich wiesen den manzoniani- 
schen Empirikern nach, dass sie von dem Werden einer National- 
spiache, von der Bedeutung des Dialektes, von dem Wesen der 
heutigen Sprache der gebildeten Florentiner keinen Begriff 
haben und so gut wie ihre Vorgänger im Finstern tappen. „Die 
heutige F.lorentinersprache Manzoni's", sagt Caix, „ist ein blasser 
Reflex der Litterärsprache, mit allerhand ausländischen, beson- 
ders französischen Elementen verquickt. Die reine alte Sprache 
hat höchstens der Pöbel von Florenz gerettet. Eine einheit- 
liche Sprache lässt sich übrigens nicht machen. Sie bildet 
sich durch die unbewusste Wahl der Nation und durch den 
Einfluss grosser Nationalschriftsteller. Sammelt indess nur den 



— 54 — 

« 

Wortschatz der Toscana, wenn dieser von Fanfani, von Rigutini 
und allen Andern nicht bereits gesammelt ist". 

Gleichwohl hat die Proposta manzoniana gute Früchte ge- 
tragen. Sie ging aus einer allgemeinen Tendenz hervor, welche 
die Trennung von Litteratur und Leben, von Schriftsteller und 
Nation zu beseitigen strebt, sie brachte jene Tendenz so recht 
zum Bewusstsein, lenkte die Aufmerksamkeit der Schriftsteller 
von Neuem auf die immer noch so reich fliessende Quelle des 
XTso toscano, weckte das Nachdenken über den Gegenstand und 
erzeugte jene Mittelansicht, welche eine Wechselwirkung zwi- 
schen Litterärsprache und Conversationssprache als das Richtige 
festhält und Kunst und Natur auch hier zu verchmelzen trachtet. 

Eigutini's Vocaholario della Lingua parlafa (1875) hat eine 
gewaltige Lücke in der italienischen Lexicographie ausgefüllt 
und geniesst schon heute neben demjenigen Fanfani 's in ganz 
Italien eine grosse Autorität. 

Wo ist nun die „Lingua parlata" in der italienischen 
Litteratur des neunzehnten Jahrhunderts zu suchen? Welches 
sind im Besonderen die toscanischen Texte des Uso vivente? 
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit machen zu können oder 
zu wollen, lasse ich eine raisonnirende Liste von Texten folgen, 
die nach italienischen, besonders toscanischen Zeugnissen in 
dieser Richtung mustergültig sein dürften. 

Texte der heutigen Lingua parlata^^) 

Gherardi del Testa: Teatro comico. Florenz, Barbera, 
1874 u. ff. in Lieferungen, welche je ein oder zwei Stücke ent- 



*^) Im grossen Ganzen sind die jüngsten Schriftsteller weit weniger rheto- 
risch, viel nüchterner nnd positiver als diejenigen der ersten Hälfte des Jahr- 
hunderts. Vgl. N. Ant. X, 439, Artikel: Settembrini e i snoi critici v. De Sanctis. • 
E c'6 nn* altra cosa che in questi scritti mi ha fatto impressione : ed fe lo stile. 
La nostra generazione (die alte Schule), salvo pochissimi, h piü o meno nello 
stüe arcadica, rettorica, e talora nebbiosa, come gente vissuta fuori della pratica 
delle cose , e nutrita in mezzo alle astrazioni ed a vaghe aspirazioni. Nel f6ro, 
ne* teatri, nel parlamento, ne' diarii, nelle poesie, nelle prose, fino nelle tratta- 
zioni scientifiche regna spesso la rettorica, una certa esagerazione de' sentimenti, 
Hü certo Ürismo d'immagini, uno scaldarsi a freddo v^üe cose piü semplici, e 



— 56 — 

halten. Der Autor, Toscaner (geb. 1818), begann seine dramati- 
sche Laufbahn 1845 mit der Comödie: Una folla ambizione 
(s. K A. Bd. XXn, pag. 712). lieber ihn De Gubernatis: 
Bicordi biografici. Noch 1873 lieferte Gherardi der Bühne ein 
neues Stück: La vita nuova. 

Zannoni (gest. 1832), Verfasser einer Geschichte der Crusca, 
hat in seinen Scherzi comici (z. B. Le ciane di Firenze mit Noten, 
von Frizzi Flor. 1872, s. N. Ant. XXI, pag. 472) das florentiner 
Volksleben zum Gegenstande seiner Lustspiele gemacht und so 
auch in Florenz die „Commedia plateale" begründet; „ciane" 
und „beceri" sind die weiblichen und männlichen Vertreter 
der untersten Volksclassen von Florenz. Aecht comisches Talent 
bekunden auch die in reiner florentiner Sprache verfassten 
Commediole per Tlnfanzia von Coletti, 1872, und das Buch des 
Advocaten Franceschi: Li Cittk e in Campagna, Dialoghi di 
lingua parlata (1868). Um Nichttoscaner die reine Umgangs- 
sprache zu lehren, führt uns der Verfasser dieses köstlichen Buches 
in einer Eeihe von charakteristischen Scenen das Leben einer be- 
güterten und gebildeten florentiner Familie im Sommer und Winter 
vor. August Franchetti, der geistreiche Verfasser der Bassegna 
drammatica in der N. A., schliesst sein Urtheil über Franceschi's 
Gespräche (N. A. Sept. 1874) mit der Bemerkung, der Boman 
„Casa bianca" von Enrico Cafttelnuovo, „La festa dei fiori" von 
Yorick (Advocat Ferrigni in Florenz) und unsere „Dialoghi di 
lingua parlata" beweisen, wie viel Gomik ausserhalb der Bühne 
zu finden sei. 

Unter den neueren und neuesten Dramatikern Italiens: 
Giacometti, Cicconi, Paolo Ferrari, Suuer, Fambri (II caporale 



certe consnetndini e maniere di espressione, ehe sono testimonianze flagranti 
della poca nostra sinceritä nel pensiero e neUa parola, sopratutto ne' lavori 
letterarü. Di questa lebbra nessun yestigio ne' dne scritti che aveya dinanzi: nel 
Kontefredini la severitä e sobrietä dello stile 6 tale che rasenta Taritmetica ; neUo 
Znmbini lo stile e qnieto, ngnale, come acqna che yada per ]i china senza intoppo 
e senza rnmore, e niente vi trovi soperchio o artificiato. Dis'si fra me: II Settem- 
brini scrive cosi yiyo e spigUato: in veritä mi pare che ü Settembrini sia U 
giorane, e i yecchi siano loro. 



— 56 — 

della settimana, 1866), Marenco, Molmenti, Torelli, Carrera, 
Ferreol, Alberti, Leo Castelnuovo, Bersezio, Giacosa, Muratori, 
Bettoli, Costetti, Montecorboli, Chiaves, Morandi, — hat sich die 
„Lingua parlata" ihrer gewünschten Einheit um einen guten 
Schritt genähert. 

Erwähnen wir im Anschlüsse an das Lustspiel auch die 
acht florentinische Plautusübersetzung von Eigutini 
und Grradi (Lemonnier 1870), diejenige des Terenz von 
Gradi allein (Livorno 1876), endlich diejenige dea Lucian 
von Settembrini, dem Verfasser der Litteraturgeschichte , im 
Bourbonenkerker Neapels ausgeführt (Lemonnier 1861, drei Bde.). 
Die N. A. bezeichnet auch das dialogisirte Buch von Celso 
Fiaschi: Dell' Educazione (Elorenz, Gasten 1868), als ein Er- 
zeugniss der nachlässigen „Lingua parlata". 

Im epischen Gebiete sind vor Allem die toscanischen Dorf- 
geschichten von Thouar und von Gradi anzuführen. Seine 
ersten Eacconti gab Themistokles Gradi 1864 in Siena heraus, 
im Jahre darauf seine Kindermärchen: Scritti letterari per la 
gioventii. (Er sei nicht rein von Senesismen, N. A. I, 162). — 
Sodann: die Novellen von Emma (üna fra tante 1878), der un- 
ermüdlichen Vermittlerin nordischer Litteraturen in der Nuova 
Antologia, einer in Florenz lebenden Lombardin; — von RosaKa 
Piatti (Eacconti. di una donna), von Caterina Percoto 
(„I due sogni" brachte die N. A. 1868), von DalT Ongaro, 
De Amicis, Fanfani (II Fiacherrajo und: La Bambola), 
von Alfani (Scene e ritratti, Flor. 1870. N. A. XIV, 432), beson- 
ders von Mario Pratesi, einem Senesen von hoher Begabung 
(Memorie del mio amico Tristane; Jacopo e Marianna 1872). 
Es ist nicht übertrieben, was N. A. XXTT, 247 von ihm steht :- 
Scrive un italiano schiettissimo, anzi toscano, anzi qualchevolta 
senese. Non infila periodetti alla Victor Hugo ne periodoni 
alla Guerazzi. Ama il reale, vero, palpabile. Ein anderer Kri- 
tiker beschwert sich, dass Pratesi's Priester immer nur lächer- 
liche Menschen* seien. 

Die Norditaliener Enrico Castelnuovo (Prof. in Mai- 
land, zu unterscheide» von dem Dramatiker Leo C,)i Boito, 



- 57 - 

Farina, Barrili, Bersezio und Ghislanzoni glänzen durch 
ihr Erzählertalent. Letzteren nennt die N. A. den italienischen 
Zschokke, er erinnert ater anderseits auch an Paul de Kock. 
Der bucklige Hun^orist ist den Besuchern des Cafffe delle tre 
colonne in Lecco wohlbekannt. 

Die Märchenlitteratur, welche die Venezianer Basile 
(Cunti delli Cunti) und Carlo Gozzi einst gepflegt, fesselt heute 
wieder die Aufmerksamkeit der Litteraten Italiens. TDer Neapoli- 
taner Imbriani hat die Sagen von Florenz, von Mailand und 
des Südens (die „Novellaja fiorientina" sei ihm, so behauptet er, 
vom Volke selbst in die Feder dictirt worden, vgl. die Kritik 
d'Ancona's N. A. XIX, 696); — Bernoni diejenigen Venedigs, 
Verschiedene, besonders Pitrfe, diejenigen Siciliens gesammelt. 

Ein modemer Boccaccio, der anrüchige Pisaner'Batacchi 
(geb. 1748) spielt unter den Studenten Pisa's immer noch seine 
BroUe wie zu Frassi's und Giusti's Zeiten (N. Ant. .XVH, Art. 
V. Tribolati, seither als Buch erschienen). 

Der SiciUaner Verga ist in Mailand und in Florenz zu 
sehr zu Hause, um seine Erzählungen aus dem toscanischen 
und lombardischen High Life nicht unter diejenigen des Nor- 
dens reihen (s. über ihn meine Artikel „Zwei sicilianische 
Belletristen", Gegenwart 1878, Nro. 11, 12) zu dürfen. Ein 
florentiner Kritiker wirft seiner glatten und kristallheUen Sprache 
antitoscanische Grammatik vor (A. N. XXIX, 478 : „deve aver 
costato" statt: „essere costato"); diese Kleinigkeiten hindern 
aber nicht, Verga als ein Muster der eleganten modernen Con- 
versationssprache zu bezeichnen. 

Eine dritte Fundgrube der „Lingua parlata" ist, nach dem 
Drama und dem Eomane, auch die „Poesi.a giocosa". 

Hiehergehört vor allem der Aretiner Antonio Guada- 
gnoli, Zeitgenosse Giusti's, welchen das Volk kennt, während 
ihm Giusti von jeher fremd gewesen. „Giusti", sagt Fanfani 
(N. A. XVn), „ist zu. litterarisch und zu toscankch, selbst für 
uns Toscaner. Auch wir können ihn ohne Commentar nicht 
verstehen. Er gehört in die Categorie der Classiker, ist nichts 
weniger als volksthümüch : „Questo puzzo di letterato il popolo 



— 58 — 

lo sente subito e lo fugge come la peste". Zu toscanisch sei 
er, „perch^ pecca di sovercliio toscanismo, spesso abusa il par- 
lare plebeo non pur di Pirenze, ma di altri popoli toscani". — 
Guadagnoli ist auch deshalb so populär, weil sein Geist das 
Niveau der Mittelmässigkeit nicht überragt; es macht wenig 
Kopfweh, ihm zu folgen. Sein Schüler Arnaldo Fusinato 
von Venedig, Gatte der berühmten 1874 in Rom verstorbenen 
Improvisatrice Erminia Fuä, ist ganz desselben Geistes Kind. 
Fusinato ist 1817 in Vicenza geboren, seine Popularität föllt 
zwischen 1843 — 1864. Poesie, 2 Bde., Milano bei Carrara 
1868; ein dritter Band Poesie patriotiche erschien 1871, 
nach seinem Tode. Fusinato's bekanntestes und bestes Ge- 
dicht ist sein humoristisches Gemälde des Studentenlebexis in 
Padua. Für die Kenntniss der italienischen Sitten, der Zustände 
von 48 und 49 (Band 3), der comischen Ressourcen der „Lingua 
parlata" sind diese Leistungen von Bedeutung. Fusinato's dich- 
terische Individualität ist, wie gesagt, diejenige Guadagnoli's, 
ein amüsanter äusserer Mensch ohne Tiefe zwar, aber auch 
ohne feierliche Langweile. 

Seither ist in Florenz ein neuer Humorist aufgetaucht 
in der Person des Architekten Renate Fucini (Anagramm 
dieses Namens ist sein Nom de plume: Neri Tanfuccio). Er 
begann mit humoristischen Sonetten im Pisanerdialekt. Fanfani 
widmet ihm N. Ant. XVIII einen Artikel : II poeta popolare, 
1871. Er nennt seine Poesie „schiettissima e quasi nuda natura", 
und fordert ihn auf, den Dialekt in Zukunft zu lassen und für 
die Nation zu dichten. Dies that Fucini in neuen bei Barbera 
1876 erschienenen Sonetten. 

Erwähnen wir hier im Vorbeigehen die Humoristen der 
italienischen Dialekte, wenn sie auch nicht zu den Vertretern 
der „Lingua parlata" gehören: Brofferio (gest. 1866), den 
piemontesischen B6ranger, seinen Landsmann Rosa; den Lom- 
barden Raiberti; Porta, den mailändischen Grübel; Belli, 
den Hjimoristen und Satiriker Roms, (Sonette 1870, Barbera. 
„Se ne fece un gran dire", Fanfani). 

Hieran schliessen sich die lyrischen Volkslieder der 



— 59 — 

Toscana (Tigri: Canti popolari toscani, Barbara 1860, mit einer 
Untersuchung über die Entwicklung der „Eispetti"). 

Fanfani (N. A. V, 1867) entwirft in zwei Artikeln die 
Geschichte der Poesia giocosa in Italien von Dante bis Guada- 
gnoli. — Ueber die florentiner Strassen- und Stenterellolitteratur 
hat derselbe 1876 einen hübschen Artikel (N. A. XXXII) : „La 
letteratura e la critica del popolino" erscheinen lassen. 

Prosa giocosa. Der Yorick des Fanfulla, Ferrigni 
von Florenz, schreibt humoristische Feuilletons in reinem fioren- 
tino. Sein „Su e giü per Firenze" (Barbera 1877) enthält gelungene 
Volksscenen. — Der Fanfulla und die Witzblätter Pasquino 
und Spirito folletto sind selbstverständlich lebendige Quel- 
len der „Lingua parlata". Wer sehen will, wie diese schmähen 
kann, lese die „Rana" von Bologna. 

Die neuere Pamphletlitteratur behandelt Roux: Litt, con- 
temporaine en Italic, Charpentier 1874. 

Die didaktische Belletristik der Jugend- und 
Kinderlitteratur muss schliesslich auch hieher gerechnet 
werden. Hier wie anderswo trifft sie den richtigen Ton, den- 
jenigen der ungekünstelten Einfachheit, nur schwer und selten. 

Ohne streng zwischen Unterhaltendem und Belehrendem 
zu scheiden; notire ich folgende Schriften: 

B6rtoli. Epistolario dei Giovinetti, 1870. 3. Aufl., Paravia. 
„Einfach und gut toscanisch" (N. A.). — Ich warne hier vor 
dem durchaus rhetorisch gehaltenen Epistolario: La famiglia 
Bolognani von Neri, Barbera 1861 ; — einer verfehlten Nach- 
ahmung eines guten franz. Vorbildes (Lettres de famiUe, von 
Mme Carreau, Hachette). 

Kinderdramen, von Luzzato und von Bianchi (Mi- 
lano bei Carrara); — von Calenzoli und von Coletti (Beide 
sehr gut), — von E o s e 1 1 i n i (Commedine, München, G. Franz), 
— von Rocca, — von Morandi etc. 

Pardini. Raccontini per Tinfanzia. Flor. 1878. 

Die Verlagscataloge von Paggi und Barbera in Florenz, 
von Carrara und Treves in Mailand sind reich an Jugend- 
und Schulschriften, Misslungen finde ich Fanfani 's kleine 



— 60 — 

Biographien berühmter Italiener für Knaben- und für Mädchen- 
schulen (Plutarco „maschile" u. „femminile"). — Die Geschichte 
Italiens in Biographien von Savina (Paggi) ist ein trockenes 
Compendium in biogr. Form! — Paccini. Piccola storia dltalia 
per i fanciulli, 2 vol. Florenz (Eom und Mittelalter). — Hübsch 
sind die von Georg Franz in München herausgegebenen 
Racconti di Luigi Carrara Fiorentino. — Cantii: Fanciulli 
celebri (Milano, Carrara). — Fornaciari (N. A.) empfiehlt: 
Catalani: Baccontini, Bologna 1873. 

Banderbibliotheken haben die Cataloge von Paravia, Paggi, 
Carrara, Treves, Kichiedei aufzuweisen. — Tarducci: Favole e 
miti, eine griech. Mythologie für Kinder. — Loggende e panzane, 
bei Bichiedei, Mailand. — Verfasser und Sammler von Kinder- 
liedern: Rocoa (Canzoniere della gioventü etc. bei Paravia), 
Coppini (ebenda 1871, vom Schulrathe in Siena empfohlen, 
ledern und schulmeisterhaft). 

In Dialekten: Angelo dal Medico (1871): Le ninne-naime 
e i giuochi infantili di Venezia (N. Ant. XYiii, 685). — Herr 
Fornaciari in Florenz schreibt mir, dass die Kinderlieder der 
Toscana noch nicht gesammelt sind. Schade, nach dem Muster 
zu schliessen, das Yorick in „Su e giü per Firenze" gibt. 

Prime Letture, 4. Aufl. bei Gnocchi in Mailand, 1870. 

— Le prime Letture, ein Unterhaltungsblatt mit Bezeichnung 
der Accente, dirigirt von Sailer in Mailand, existirt seit sechs 
Jahren. — Die Eaccontini der CaterinaPercoti (Triest) zeich- 
nen sich durch elegante Einfachheit aus. — Der Giannetino 
von Parravicini ist eine Encyclopädie des elementaren Wissens. 

— Falorsi: Guardare e pensare, Florenz bei Sansoni, wird 
sehr empfohlen. 

Das BoUetino bimestrale von Paravia (Juni 1878) notirt 
auch eine Bibliotechina di premio pei fanciulli v. Bencivenni, 
die Nummer zu 10 Cts. 



n. 

Bibliographische Uebersicht der Hfllfsmittel des 

Stndioms. 



1. Sprachgeschichte. ^ 

Die Geschichte des Vulgärlateins skizzirt die Einleitung 
von Schuch^rdts: Vocalismus des Vulgärlateins (1866); 
dessen Sprachschatz haben D i e z : Grammatik der romanischen 
Sprachen (seit 1836; verbesserte und vermehrte Auflage in fran- 
zösischer Uebersetzung von Brächet, Gaston Paris u. Morel-Fatio. 
Paris 1874 — 76), Desselben: Altromanische Glossare, sodann 
Könsch: Itala und Vulgata (1869) ; Pott, Fuchs und Andere 
gesammelt. 

Ueber die Geschichte der italienischen Sprache schrieben 
in neuester Zeit Demattio, Professor in Innsbruck: Origine, 
formazione ed elementi della lingua italiana (1869); — Caix, 
Professor in Florenz: Saggio della storia della lingua e dei 
dialetti dltalia con un' introduzione sopra Torigine delle lingue 
neolatine ; parte prima, Parma 1872 (der zweite Theil ist meines 
Wissens nie erschienen). In zwei durch die „Proposta manzo- 
niana" veranlassten Artikeln der Nuova Antologia (XXVII; 
1874): La formazione degli idiomi letterarii (vgl. Caix in 
Hillebrands Italia IH.), hat Derselbe eine Entwicklungs- 
geschichte des Italienischen bis auf dessen Fixirung durch die 
Trecentisti gegeben. — Bedeutend sind die sprachgeschicht- 



— 62 — 

liehen Ergebnisse der italienischen Dialektforschung durch 
Ascoli, Flecehia, Fahretti, Mussafia, Cihac. — 
Caix hat 1875 zwei neue Arbeiten (s. u.) herausgegeben und 
lässt nun seine etymologischen Studien drucken (v. N. A. XXIX, 
474). — Bärtoli, Prof. in Florenz, eröffnet seine Litteratur- 
geschichte der . ersten zwei Jahrhundefrte mit einem Capitel über 
Ursprung und Bildung des Italienischen (1871). — Artikel von 
Fanfani: La Crusca e la lingua italiana (N. Ant. lU, 1866); 
Gino Capponi: Fatti relativ! alla storia, della nostra lingua 
(N. Ant. XI, 1869). — Derselbe in seiner Geschichte der 
Kepublik Florenz (1875) äussert sich über die Entwicklung 
des Toscanischen : Buchlll, 9 und V, 9. — Zannoni: Storia 
deir Accademia della Crusca, Firenze 1848. — Caix über 
Ciullo d'Alcamo (K Ant. XXX, 1875). — Derselbe: Osser- 
vazi^i sul vocalismo italiano, Firenze 1875; und: Le alterazioni 
generali nella lingua italiana", Roma 1875. — Blancc „Ita- 
lienische Sprache", ein umfangreicher Artikel in der Ency- 
clopädie von Ersch u. Gruber 1847. Desselben Einlei- 
tung zur italienischen Grammatik, 1844. Desselben Artikel: 
„Italienische Litteratur" bei Ersch u. Gruber enthält Notizen, 
die hieher gehören. — Der letzte (IV.) Theil von Cesarotti's 
„Saggi suUa filosofia delle lingue" ist eine kurze Geschichte 
der italienischen Litterärsprache, welche Gino Capponi in seinem 
Artikel der Nuova Antol. (Fatti etc.) benutzt zu haben scheint. 
— Karl von Reinhardstöttner's: Die italienische Sprache, 
ihre Entstehung etc., 1869, ist von Comparetti (N. Ant. X, 396) 
grausam hingerichtet worden. — Max-Müller's Buch über 
die Wissenschaft der Sprache hat Nerucci, Prof. in Pistoja, 
übersetzt. — Ugo Angelo Canello: II professore Federigo 
Diez e la filologia romanza del nostro secolo, Firenze 1872. 

2. Lexica. 

Brunet erwähnt am Schlüsse der betreffenden systemati* 
sehen Tafel ein Vocabolario iicUiano^ieutonico , Venedig 1477, 
welches sich in Wien befinde. 



— 63 — 

1536. Fabricio de Luna: Vocabolario di cinque mila 
vocaboli toschi del Purioso, Petrarca, Boccaccio e Dante. 
Napoli. 

1543. Accarisio: Vocabolario et ortografia della Kngua 
volgare. Cento (bei Perrara). 

1556. Alunno: La fabrica del mondo, ein Vocabular aus 
Dante, Petrarca und Boccaccio. Venezia. 

1568. Toscanella. Dittionario volgare et latino. Venezia. 

1612. Vocabolario degli Accademici della Crusca. 
Veni^zia. Die von der Crusca selbst veranstalteten weiteren Aus- 
gaben: zweite: 1623, Venedig; — dritte: 1691, Ploren^; 
— vierte: 1729—1738; — fünfte: 1842. Diese von Salvini 
redigirte Ausgabe wurde von der Crusca im Laufe der Publi- 
cation zurückgezogen. Vgl. Panfani, N. A. III: „La Crusca e 
la Lingua italiana". Eine neue fünfte Auflage wurde 1858 
begonnen und erscheint seit 1863; Heft 1 — 3 des dritten Bandes 
erschienen 1877 (Ci — Coppa), 720 Seiten, Plorenz, Cellini. 
Past jede Edition der Crusca wurde hart angefochten und ver- 
anlasste unerquickliche Händel. Heute ist es Prof. Cerquetti, 
der mit dem Cruscaner Tortoli kämpft. Die Grerichte haben 
Cerquetti zu — 2 Prs. Busse verurtheiltl — Seine Polemik 
bei Carrara in Mailand. Ebenda: Panfani: H Vocabolario 
novello deUa Crusca, 1877. — Die beste der annotirten 
Ausgaben der Crusca ist die von Pater Cesari in Verona, 
1806 sqq. herausgegeben. Band VII. enthält ausser der So- 
praggiunta : Indice delle Voci e locuzioni latine, Indice de' Pro- 
verbi e delle Prasi latine, Catalogo degli Autori o libri d'Autori 
del buon secolo e degli Autori moderni. 

1780. Alberti: Nuovo Dizionario italiano - francese e 
francese - italiano. 2 Bde., Nizza. 

1797. Alberti: Dizionario universale, 6 Bde., Lucca. „Das 
erste nationale Wörterbuch der ital. Sprache". Blanc; 

1819 — 1826. Dizionario della Lingua italiana, von Cardi- 
nali, Orioli und Costa. Von Blanc als das gehaltvollste 
Wörterbuch der Epoche bezeichnet. Reiche Supplemente dazu 
schrieb Parenti: Modena 1823 — 1826. 



— 64 — 

1817 — 1826. Monti: Proposta di alcune correzioni ed 
aggiunte al vocab. della Crusca, in sieben Theilen. 

1829. Vocabolario universale. Napoli, Societi tipografica 
Tramater. Nene Ausgabe, König Umberto gewidmet, von 
Luciano Scarabelli 1B78 (121 Lire). CiveUi. 

1831. Valentini: Grosses ital.-deutsches und deutsch- 
ital, Wörterbuch. 2 Bde., Leipzig. Seit dieser Leistung hat das 
ital. Wörterbuch in Deutschland wenig Fortschritte gemacht. 
Alle unsere Handwörterbücher, der kleine Valentini und 
F. A. Weber neues vollständiges Wörterbuch der ital.-deut- 
schen Sprache, Leipzig, Holtze 1872, mitgerechnet, sind weder 
nach den neuesten Leistungen Italiens noch auch nach den- 
jenigen der deutschen Lexicographie revidirt worden. Möchte 
auch hier ein Sachs eingreifen! 

1837. Grande Dizionario tedesco-italiano e itaUano- 
tedesco. Milano, 2 Bde. 

1844. Tommaseo: Vocabolario universale. Florenz. 

1852. Bolza: Vocabolario genetico-etimologico della lingua 
italiana, Wien. Sehr schön gedruckt, aber auch sehr unvoll- 
ständig. Die Stammwörter sind fast alle griechisch, classisch- 
lateinisch und deutsch, während das Vulgärlatein und die 
romanischen Schwestersprachen so zu sagen unberücksichtigt 
bleiben. So steht z. B. unter aes : aestimare — stimare, während 
das zu altfr. esmer gehörende azzimare fehlt. Diez' etymolo- 
gisches Wörterbuch kam eben erst 1853 heraus. 

1852 — 1857. Gherardini: Supplemente zum Vocabol. 
della Crusca, 6 Bde., Milano. 

1856. Erste Auflage von Fanfani's Vocabolario della 
lingua italiana, Firenze. 

1856. Ruggeri Greco: Vocabolario mnemosino o rime- 
morativo per aver in fronte e ricercare i termini dimenticati 
ignorati. Ein Sprachschatz wie unser Sanders und das fran- 
zösische Werk von Boissi^re. 

1863. Fanfani: Vocabolario deir uso toscano. 

1865 — 1878. Tommaseo und Bellini: Dizionario della lin- 
gua italiana nuovamente compilato dai Signori Nicolö Tommaseo 



— 65 — 

e cav. prof. Bellini con oltre cento mila Giunte ai precedenti 
dizionari, raccolta da Tommaseo, Campi, Meini e Fanfani. 
Torino. Einleitung (im Widerspruche mit dem Titel nicht von 
Tommaseo) von dem Director der herausgebenden Gesellschaft : 
Pomba. Heute bis auf zwei Lieferungen vollendet; 8 Bde. 

1870. (Giorgini, Schwiegersohn Manzoni's, nebst Mit- 
arbeitern) ; Novo (sie) Vocabolario della Lingua parlata, Pirenze, 
Cellini ; unternommen in Ausführung der Proposta manzoniana, 
wird ca. 1880 vollendet sein (?). Auf dem Titel sind die Autoren 
nicht genannt. 

1871. Vocabolario della lingua ital. compilato sui dizio- 
narii Tramater, D'Alberti ecc. per cura di A. Sergent 
con aggiunte cavate dal Diz. de' Sinonimi per Tommaseo. 
Milano. Anhang von Eigennamen. 1344 Seiten für nur 4 
Lire ! 

1874. Eerrari e Caccia. Grand Dictionnaire frangais- 
italien et it.-£r.; Paris, Garnier; sehr brauchbar. 

1874. Trinchera: Vocabolario universale. Milano, schlecht 
und klein gedruckt, aber billig (6 Lire), behauptet, 10,000 
neue Wörter zu bringen. Anhang von Eigennamen. 

1876. Eigutini und Fanfani:, Vocabolario italiano della 
lingua parlata. Firenze, 2. Aufl. Ein unschätzbares Hülfsmittel 
von 1648 Seiten mit Supplement von 127 Seiten (Preis nur 
22 Lire). Wie im Dict. der franz. Academie, sind die Beispiele 
zwar gemacht, aber sehr gut gemacht. 

Sp€CiftlwSrt6rbflGher. Leider fehlt noch eine wissenschaft- 
liche Specialarbeit im Gebiete der italienischen Etymologie. 
Das etymologische Wörterbuch von Diez umfasst nicht den 
ganzen Sprachschatz der einzelnen romanischen Sprachen, dessen 
englische, alphabetisch geordnete Bearbeitung von Donkin 
(Williams and Norgate 1864) hat so viel als Nichts hinzugefügt 
die älteren Werke von Ferrarius (Patavii 1676), Menagius 
(Genevsö 1683) und Bolza (1852) stehen nicht auf der Höhe 
der heutigen Wissenschaft, — so dass ein Ascoli oder Caix 
hier eine grosse Lücke auszufüllen hätte. 



— «;n — 

Die italienische Synonynnk wurde von Rabbi (Sinonirai 
ed aggiunti ital., Bologna 1732), Grass i (Saggio intomo ai 
sinonimi della lingua italiana, Torino 1821), Romani (Teoria 
dei sinonimi italiani. Dizionario generale dei sinonimi italiani, 
in dessen Werken, 8 Bde., !Milano 1826) in Angriff genommen. 
Das Hauptwerk neuerer Zeit ist verdienstlich, aber keineswegs 
abschliessend: Toramaseo's Synonymen (zuerst in Florenz 
1832) sind 1867 zum fünften Male in Mailand erschienen: 
Dizionario dei sinonimi della Lingua italiana, accresciuto e 
rifuso in nuov' ordine dall' autore (Milano), 1222 Seiten stark. 
— De Gubernatis (Manuale di Weber, 1878, pag. 904) nennt 
„il sinonimista Volpicella". 

An orthoepisehen Dictionären ist leider noch immer Mangel. 
Nesi liess 1825 ein Dizionario ortologico in Mailand erschei- 
nen, in neuer Ausgabe bei Battezzati in Mailand (6 Lire). Die 
Tractate von Buscaino Campi und von Gradi s. unter 
„Grammatik". Die Vocabolarien von Panfani und von Rigutini 
bezeichnen die Aussprache nicht mit deutlichen und genügenden 
Mitteln. Namentlich fehlt der Accent bei den Verben, welche 
denselben auf die Drittletzte zurückziehen oder nicht zurück«- 
ziehen (61evo; edüco). Eine einfache Accentuirung von 1. Sing. 
praBS. Ind., in Klammern dem Infinitive beigefügt, würde dem 
Uebelstande abhelfen. Ebenso fehlt noch ein accentuirtes General- 
verzeichniss der Eigennamen, während doch in Italien selbst 
oft verschiedene Betonungen herrschen. 

Vocabolarien von Carena und von !5'anfani s. im Abschnitte 
„Phraseologie". 

1875. Pico Luri: Saggi di modi di dire proverbiali e 
di motti popolari. Roma, Sinimberghi. WerthvoUe philologische 
Erklärung alter Sprichwörter; von N. Ant. sehr günstig be- 
urtheilt. Verfasser ist: L. Passarini. 

Eine Uebersicht der zahlreichen Dialekt -Vocabolarien: 
Bibliografia dei vocabolari ne' dialetti ital. raccolti e posseduti 
da Gaetano Romagnoli. Bologna, Romagnoli 1876, mit 
einem Supplement. 

J681, Filippo Baldinucci, Vocabolario toscano deir 



— 07 — 

arte del Jisegno, nel quäle si esplicaiio i propri termini e Toci 
uon sole della Fittura, Scoltura ed Arcbitettura, rna ancora di 
altre Art! a quelle subordinate e che abbiano per foudamento 
il disegno. Firenze. Aufgeführt in Band VII. der Ausgabe der 
Crusca v. Cesari. Ebenda: 

1769. Voci, maniere di dire e osservazioni di Toscani 
Scrittori e per la maggior parte del Kedi raccolte e corredate 
di note da Andrea Pasta, che possono servire d'istruzione 
ai giovani neir arte del medicare e di materiali per comporre 
con proprietä e pulizia di lingua italiana i consulti di medicina 
e di cirusia. 

1682. Magri, Notizia dei Vocaboli ecclesiastici. Bologna. 

Vocabolari militari von &rassi (Turin 1833) und 
von Mariano d'Ayala. 

De Gubernatis (Manuale di Weber 1878, pag. 902) : „ Alla 
lingua marinaresca dltalia oltre il conte Simone Stratico della 
Dalmazia ed i.Siciliani Parrilli e Pitrfe, rivolsero i loro studii 
due nobiH ingegni liguri, Emmanuele Gelesia e Giulio Uezasco^'. 
— 1870 erschien in Genua ein ital.-franz. Marinendictionnär 
von Luigi Fincati. 

Palma, Prof. in Mailand, ist Verfasser eines Vocabolario 
metodico dell' Agricoltura. Milano, bei Carrara x)hne Datum. 



3. Grammatik. 

Wie in Frankreich, so entstanden auch in Italien die 
ersten grammatischen Tractate der Vulgärsprache unter dem 
Drucke des Humanismus. Der erste seiner Grammatiker ist der 
Dalmatiner Fortunio, dessen Büchlein 1516 in Ancona er- 
schien. Er handelt die Grammatik nach den Redetheilen ab 
und schliesst mit orthographischen und orthoepischen Regeln, 
welche unter die einzelnen Buchstaben des Alphabetes ge- 
reiht sind. 

Der Anfang des Buches lautet: 

6* 



— 08 — 

„De' Nomi. De' parti della volgar grammatica, cosi baste- 
voli per cognizione di lei, come necessarie, sono quattro, Nome, 
Pronome, Verbo, Adverbio. Di ciascuna delle qnali regolatamente 
ragionar intendo : e del nome pigliando principio dico : La prima 
regola del nome essere, che li nomi, li quali in alcnna di 
queste vocali e over o finiscono nel lor minor numero, in questa 
vocale % nel maggior saran terminati." Die vielen von Fortunio 
gegebenen Beispiele sind fast alle Dante und Petrarca, 
wenige dem Boccaccio entnommen. Titel des Buches: „Regele 
grammaticali della volgar lingua", Ancona 1516. 

Nach ihm erscheint der Venetianer Libnrnio (1474 — 
1557): „Le vulgari Elegantie", Venedig 1521. Die Dedication 
des Buches nennt seine classischen Vorbilder : 

„Cosi etiamdio alli compositori di verso e prosa vulgare 
istimo non convenire disordinatamente dettare, ma con leggia- 
dria e acconciamente del comporre Tufficio esercitare. Per la 
quäl cosa, da Phrinico, da Giovanni Mastro e da Moscopulo 
Elegantie della greca litteratura furono per avanti pienamente 
composte. Macrobio, Cellio e Asconio Pediano di pura latiniti 
ottimi osservatori alli seguaci della virtu Vergiliana e ai lettori 
della TuUiana maestate ornamento non picciolo arrecarono. lo 
dunque di grechi e latini le dotte vestigia imitando primo vengo 
air ApoUineo Palladio tribunale, cui al meglio che per me si 
puote, delle vulgari eleganze nostre le vigilate notti inchine- 
volmente offerisco". 

Im „Proemio della terza parte del primo libro" wird der 
Vorgänger Francesco Fortunio genannt: 

„Leggesi al presente una brieve grammatica vulgare di 
Messer Francesco Fortunio : il quäle veramente in picciol campo 
emmi paruto diligente assai, ma pure se il prelibato scrittore 
havesse potuto in piü di quatro parti la sua grammatica dividere 
e con fondata raggione, rimetto al d'altrui giudizio". 

Andere Vorgänger erwähnt Liburnio nicht. Liburnio, 
der Fortunio's Plan kritisirt, hat selbst sehr wenig Plan in 
seinem Buche; es ist ein kunterbuntes Durcheinander gram- 
matischer, lexicographischer, orthographischer und stilistischer 



— 69 — 

Bemerkungen. Eine Inhaltsübersicht des dritten Abschnittes 
des ersten Buches möge dies belegen: 

„Altrui; — ahi, ohime, deh, ah; — cui, lui; — se, si, 
vo, vado, o; — loro; — nuvoli, nuvole, nuviletto, nuviletta, 
nebbia, nube; — lodi, loda, laude, lodo; — saggio, sedia, sede; 
— ambo, ambe, ambedue, ambeduo, ambodue ; — fronde, fronda, 
frondi; — fune, fine; — pio, dio; — ringrattio; — stormo, 
stormire; — ire, gire". 

In dem nämlichen Jahre 1521 gab Marc Antonio Fla- 
minio in Bologna ein Compendio della volgar Grammatica 
heraus. Nach Blanc ein Auszug aus dem Manuscripte von 
Bembo's Prose *). 

1524 erscheint in Rom Trissino*s: „Epistola intorno 
aUe Lettere nuovamente aggiunte alla lingua italiana". Es 



^) üeber dieses von Blanc als sehr selten bezeichnete Büchlein schreibt mir 
Herr J. Bauer, ein Kenner nnd Sammler der italienischen Litteratnr: 

„Leider bin ich bis jetzt im Nachsuchen in Betreff des y^Compendio della 
volgar grammatMa, Bologna 1521" noch nicht sehr glückUch gewesen. Nur so 
viel scheint mir sicher zn sein, dass Blanc (Ital. Grammat. p. 24) sich irrt, wenn 
er meint, es sei vielleicht identisch mit: „Le Frose dl Monsignor Bembo ridotte 
a metodo da M. Marc Antonio Flaminio, Napoli 1569" und wieder abgedruckt 
im XII, Bande der Hailänderausgabe der Werke des Bembo: es müssen zwei 
Terschiedene Schriften sein. Ich habe zunächst in der Tita des M. Ant. Flaminio 
nachgesehen, die der Canonicus Fr. M. Mancurti der Ausgabe der Gedichte des- 
selben vorgesetzt hat (Marci ^ntonii, Joannis Antonii et Gabrielis Flaminiorum 
carmina, Patavii 1743). In der Vita selbst spricht er nicht davon, wohl aber 
führt er unter den „Opera etrusco sermone edita" auf: „Compendio deUa volgare 
grammatica, Bononiae, opera Hieron. de Benedictis, 1521" ; — und sodann: „Le prose 
di Mons. Bembo ridotte a metodo, Napoli (apud Jos. Cacchium, 1569, 12°"; — 
und fügt dann bei: „Ho sempre dubitato se la grammatica volgare sia vera- 
mente opera di M. Ant. Flaminio. poiche s'egli fu nemico de' laberinti di gram- 
matica latina, molto piü il fu di quelli deUa grammatica volgare. Oltre di che 
non abbiam documento alcuno che provi esserdetta grammatica opera di lui. 
Per me giudico ch'essa sia piutosto del padre (Giov. Ant. Flaminio). Parimente 
ho dubbio se il Metodo delle prose del Bembo sia altresi parte di M. Antonio, 
mentre ne Tuno ne Taltro parla giammai di lal metodo in alcuna delle loro 
opere o lettere. lo son di parere che un tal metodo sia opera d'un certo Marc 
Antonio Flaminio del Regno di Napoli, una di cui lettera a Silvio di Gaeta 
leggesi nella Eaccolta di Lod. Dolce a carte 477." — Auch Tiraboschi erwähnt 
das Compendio; wahrscheinlich hat auch er, wie Mancurti und Zeno, es nur dem 
Titel nach gekannt," * 



— 70 — 

handelt sich um Einführung gewisser ^griechischer Buchstahen 
ins Alphabet der Vulgärsprache. £ und o) sollten das geschlossene 
e und o bezeichnen. Trotz des Widerspruchs d^r Grammatiker: 
Liburnio,' Firenzuola, Tolomei und Martelli sind wenigstens 
Trissino's Unterscheidungen: i und j, u und v und die Ver- 
wendung von 55 statt t (eleganzia, nazione etc.) geblieben. Der 
hierauf bezügliche Passus der Epistola lautet: 

„Appresso si e da notare ancora la differenzia che e tra 
lo t et lo u, quando sono consonanti et quando vocali; si scri- 
veranno per le cousuete cancellaresche, quando saranno vocali; 
ma quando saranno consonanti, lo i si scriverä per uno j lungo 
che si extenda di sotto da la riga, et lo u jper un «? antico". 
Livet (Les Graramairiens frauQais du XVI* siecle p. 199) weist 
übrigens nach, dass der Spanier Nebrixa (gest. 1522) schon vor 
Trissino diese Reform in seine Bücher eingeführt habe. 

Cardinal Bembo's Prose erschienen 1525 in Venedig: 
„Le Prose di Messer Pietro Bembo nelle quali si ragiona della 
volgar lingua". Das Manuscript soll 1500 begonnen, die zwei 
ersten Bücher 1502 vollendet worden sein. 

Wie oben gezeigt wurde, ist eigentlich nur das dritte und 
letzte Buch grammatischen Inhalts. Der Stoff ist nach den 
Redetheilen geordnet, die einzelnen Regeln lose aneinander- 
gereiht, ohne systematischen Zusammenhang. Der Anfang er- 
innert an Fortunio: 

„E per incominciar dal nome, dico che — i nomi in alcuna 
delle vocali terminano et finiscono sempre" — etc. Sansovinus 
(s. u.) behauptet in der That, Fortunio habe Bembo's Manuscript 
benutzt. 

Ein Jahr nach Bembo's „Prose" erschienen, ebenfalls in 
Venedig: „Le tre Fontane di Messer Nicolo Liburnio in 
tre libri devise, sopra la Grammatica et Eloquenza di Dante, 
Petrarca et Boccaccio, e nel primo libro haverete: Verbi, Adverbi, 
Intergettioni, Pronomi, Prepositioni, Congiuntioni, Relativi etc." 
Venezia 1526. — Das Buch, methodischer angelegt als Libur- 
nio*s erste Schrift, enthält auch alphabetische Wörterverzeich- 
nisse und einen polemischen Anhang gegen Trissino, 



— 71 — 

Maoohiavelli wird fälschlich zugeBchrieben : „l)ialogo 
nel quäle si CBamina se la lingua in cui scrissero Dante, Boc- 
caccio, Petrarca, si debba chiamare italiana, toscana o fioren- 
tina" ; Macchiavelli's Autorschaft taucht zum ersten Male in 
Varchi's Ercolano, Dialogo nel quäle si ragiona delle Lingue etc. 
Edit. 1730 auf. Vgl. Gamba, Nr. 1001. 

1529. Trissino: II Castellano, Dialogo, Vicenza, will 
nachweisen, dass die Sprache Italiens die italienische und nicht 
die tosoanische heissen müsse. — In demselben Jahre publi- 
cirte Trissino seine „Dubbi grammaticali" als Antwort auf die 
Angriffe seiner Gregner. Die „Grammatichetta" fällt vor 1529. 

1536. Acarisio (Alberto degl' Acarisi): Grammatica 
volgare, Bologna. 

1545. J. Gabriele: Begole grammaticali, Venezia. 

1546. P. F. Giambullai-i: II Gello etc., Firenze. Eine 
Schrift über den etruskischen ( ! ) Ursprung des Italienischen. 
Giambullari gab J547 die erste von einem Toscaner verfasste 
Grammatik heraus : Della lingua che si parla e sörive a 
Firenze. 

1549. Kinaldo Cor so: Fondamenti del parlar toscano, 
Venezia. Der erste schwache Versuch eftier systematischen Be- 
handlung der Grammatik. 

1550. Dolce: Osswrvazioni ecc, Venezia. Nach Blanc sehr 
mittelmässig. 

1555. Tolomei: II Cesano, dialogo nel quäle si disputa 
del nome della volgar lingua, Venezia. 

1570. Varchi: L'Ercolano, Dialogo nel quäle si ragiona 
generalmente delle lingue et in particolare della toscana e 
della fiorentina, Firenze, fünf Jahre nach des Autors Tode ge- 
druckt. „Herzlich langweilig'', Blanc. 

1582. Muzio: Le Battaglie per difesa delV italica lingua, 
2 Bde., Venezia; eine Sammlung gegen die Florentiner ge- 
richteter Streitschriften, von dem Sohne des Autors nach dessen 
Tode herausgegeben. 

1588. Salviati. Avvertimenti della Lingua sopra il 
Decamerone , 2 Bde. , Firenze ; eine (unvollendete) Boccaccio- 



— 72 — 

grammatik , die Quintessenz des pedantischen , schwerfalligen, 
verknöcherten Florentinismus.' 

Erwähnen wir schliesslich noch ein Corpus grcmmaiicorum 
aus der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. Ich gehe die 
Reihenfolge nicht nach dem mangelhaften Titel, sondern nach 
dem Texte seihst. Die Stadthihliothek Zürich besitzt ein 
Exemplar dieses ziemlich selten gewordenen Bandes. 

„Le osservationi della Hngua volgare de' diversi huomini 
illustri", herausgegeben von Erancesco S an sovino, Venedig 
1565. Enthält: 1) Bembo, 2) Eortunio, 3) Gabriele, 
Neffen des von Bembo als Kenner der Vulgärsprache belobten 
Trifon Gabriele. „Egli le (regele) trasse dalla viva voce di 
M. Trifone", sagt Sansovino's Vorrede; 4) Einaldo Corso, 
5) Alberto Acarisio. Die Vorrede sagt, Acarisio sei ent- 
schlossen dem Donat gefolgt, > und fügt bei, der Schüler beginne 
am besten mit Acarisio, da er der bündigste und klarste aller 
italienischen Grammatiker sei: „Ma io direi che innanzi che 
altri leggesse le cose del Bembo o del Gabriele, o del Corso, 
si arrecasse innanzi queste deir Acarisio, conciosia che risoluta- 
mente abozza nella mente degl' imparanti le regele pure e 
semplici de' nomi, de' verbi e degli altri membri di questa 
lingua, li quali appresso fia poi agevol cosa il cäpir cio che ne 
ragionano gli altri Scrittori". 

Grammatiker des XVII. Jahrhunderts: 

1601. Celso Gittadini: Trattato della vera origine e 
del processo e nome della nostra lingua, Venezia. Desselben: 
Le Origini della toscana favella, wurden in Siena 1604 gedruckt. 
Ein bedeutender Grammatiker, der mit Scharfsinn Leonardo 
Bruni's (gest. 1444) Theorie über den Ursprung des Italienischen 
aus. der römischen Vulgärsprache vertheidigt. • 

1613. Paolo Beni: L'Anticrusca , Padova. Der erste 
gegen die Autorität Boccaccio's gerichtete Angriff. Eine scharfe 
Kritik der Fehler und Schattenseiten von Boccaccio's Sprache. 

1 643. Buonmattei: Della lingua toscana, Eirenze ; neun- 
zehn Tractate, deren sieben erste schon 1826 erschienen sind, 



— 73 — 

mit Noten von Salvini 1714. Buonmattei war Secretär der 
Crusca, diese betrachtete das weitläufige und schwerfällige 
Bepertorinm als das Exegi monumentum der toscanischen 
Grrammatik. Es ward für spätere Pedanten eine bequeme Fund- 
grube gelehrter Kleinigkeiten. 

1643. Subasiano (pseud. für Aromatari): Ein Corpus 
grammaticorum in neunzehn Bänden, Venedig. S. Blanc bei 
lErsch u. Gruber. 

1644. Cinonio (Marc Antonio Mambelli): Osservazioni 
della Lingua italiana, Ferrara; ein grosses Sammelsurium. 

1668. Daniele Bartoli (Jesuit aus Ferrara): II torto e 
il diritto del non si puö, Roma, weist nach, dass die ersten 
Schriftsteller sich nicht an die pedantischen Segeln der Gram- 
matiker kehren. — 1670. Desselben: Ortografia italiana. 
Heute noch brauchbar. 

V 

Grammatiker des XVIII. Jahrhunderts: 

1711. R o g a c c i : Pratica e compendiosa istruzione ai 
principanti, Roma. Von Fernow gerühmt. Rogacci sei der Erste 
und Einzige, der seine Beispiele selbst gemacht habe. Blanc. 

1723. Amenta: Della li^gua nobile d'Italia, NapoH. 
„Bedeutend", Blanc. 

1737. Manni: Lezioni di Ungua toscana, Firenze. „Zehn 
wirklich gehaltene Vorlesungen im florentinischen Geiste", Blanc. 

Im achtzehnten Jahrhundert begegnen wir dem ersten 
Systematiker der italienischen Grammatik: Corti- 
ce lli in Bologna: . „Regole ed osservazioni della lingua toscana" 
(Bologna 1745), che sono tuttora il piü autorevole codice di 
nostra lingua" (Raff. Fornaciari, Disegno storico della Lett. ital. 
Firenze 1877). Desselben: „Della toscana Eloquenza, Dis- 
corsi cento", Bologna 1752 sind Gespräche über die Redekunst 
mit Beispielen aus dem Decamerone, dessen fanatischer Ver- 
ehrer Corticelli war. 

Gegen Ende des Jahrhunderts erschienen zwei Bücher, die 
viel von sich . reden machten : Pie ,,Saggi sulla filosofia dejl^ 



— 74 — 

lingue et del gusto" von dem franzosenfreundlichen Melchior 
Cesarotti in Padua (Padua 1785) und das Buch des piemon- 
tesischen Puristen Galeani Napione: „Dell' uso e de' pregi 
della lingua italiana" (Torino 1791), in welchem er das Fran- 
zösische mit dem Italienischen vergleicht und diesem die Palme 
zuspricht. 

In der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts hat 
Mastrofini eine musterhafte Theorie der Verben (Rom 1814), 
Ambrosöli, 1828, ein klares Manuale deUa lingua, der Mai- 
länder Grherardini (gest. 1861) die gründlichste Kritik der 
Crusca und umfangreiche grammatische Arbeiten geliefert: „In- 
troduzione alla grammatica, 1825". — „Voci e maniere di dire 
Italiane", 2 vol. (Milano 1838. 1840). — „Lessigrafia italiana" 
(über die Orthographie der ital. Sprache, Milano 1843). — „ Appen- 
dice alle Grammatiche italiane", Milano 1841, ein grosses Sammel- 
werk, das immer noch nicht veraltet ist. 

Mit Nannucci beginnt die wissenschaftlich historische 
Richtung der bisherigen empirischen Concurrenz zu machen. 
Vincenzo Nannucci, gebürtig aus Signa bei Florenz, Professor 
des Griechischen, erst in Eavenna, dann auf den ionischen 
Inseln, beschloss sein Leben 1857 als Conservator einer floren- 
tiner Bibliothek. Er hegte den Plan, eine Geschichte der 
älteren it^ilienischen Sprache zu schreiben, fragmentarisch führte 
er denselben auch aus in den beiden "Werken: „Manuale della 
Letteratura del primo secolo della lingua italiana" (Flor. 1837) 
und in der historischen Formenlehre: — „Analisi critica dei 
verbi" etc. (Lemonnier 1843) und : „Teorica dei nomi" (Ba- 
racchi 1858), beide in Florenz gedruckt. 

Im Anschlüsse an Friedrich Diez endlich hat Raffaello 
Fornaciari, Professor in Florenz (geb. in Lucca 24. Febr. 
1837), seine „Grammatica storica della lingua italiana estratta 
e compendiata dalla grammatica romana di Federico Diez, parte 
prima: Morfologia" (Löscher 1872) herausgegeben; Kritik von 
Mussafia (N. A. XX, 429). Herr Fornaciari schreibt mir, dass 
er eine neue Grammatik der italienischen Sprache unter der 
Presse habe, welche im Herbst 1878 erscheinen wird. — Kurz 



— 75 — 

nachher Hess Prof. Deinattioin Innsbruck seine Diez gewidmete 
Fonologia (1875) und Morfologia (1875) erscheinen. Die „Sin- 
tassi" hatte derselbe schon 1872 herausgegeben, eine italienische 
Schulgrammatik desselben erschien. 1876 bei Gerold iir Wien. 
Die von Diez stammende Schule ist heute durch folgende 
Professoren der romanischen Philologie vertreten: As coli in 
Mailand, Fleochia und Grraf in Turin, Caix in Florenz, 
C'anello in Padova, Carducci in Bologna, Monaciinßom, 
De Ovidio in Napoli, Pumi in Palermo. 

Mehr oder weniger in's Gebiet der alten empirischen Schule 
gehören folgende Schriften: 

1865. Compagnoni: Teorica dei verbi italiani, rivista da 
Pietro Panfani. Florenz. 

1867. Pesamento, Prof. in Padova: Vergleichende Syntax 
des Lateinischen und des Italienischen, ein Werk von gegen 
1000 Seiten! (N. A. XXVI, 1874). 

1867. Moise, nach N. Ant. Verfasser einer Art „Grammaire 
des Granimaires", Florenz 1867. 

1869. Sailer: Sul valore scientifico delle riforme orto- 
grafiche. Mailand. 

1869. Maggione: Precetti intorno alla lingua e lett. ital. . 
3 Bde. Mailand. Weitschweifig und mittelmässig. 

1870. Lambruschini: Principi di grammatica ^d uso 
delle Scuole popolari, zweite Auflage, Florenz. Die florentiner 
Lehrer beklagen sieh über den „philosophischen" Stil des ver- 
ehrten alten Herrn. 

1874. Bocci: Ortoepia e Ortografia, Torino. 

1875. Moise: Compendium seiner grösseren Grammatik. 
Florenz. 

1876. Venturini: Avviamento allo studio della lingua 
materna ad uso delle scuole elementari, parte prima : Corso pre- 
paratorio. „Syllabaire" mit Lesestücken, Florenz^ 

1876. Fr. Pera: Teorica e pratica della lingua italiana 
per uso delle scuole e delle famiglie, sechste Auflage, Florenz, 
Paggi's Biblioteca scolastica, In Frage und Antwort reiches 



— 76 — 

Material zu grammatischen Uebungen, zahlreiche als Beispiele 
und Stilproben eingestreute Erzählungen. Anecdoten, worin 
vorwiegend die Autoren des Trecento vertreten sind. 

1876. Falorsi: Elementi di grammatica italiana ad uso 
delle scuole elementari, normali, ginnasiali e techniche, Firenze. 
In 897 Paragraphen, mit wissenschaftlichen Pretentionen, Bei- 
spiele modern, ein gutes Buch. 

1876. Ambrosöli: Nuoya grammatica deUa lingua italiana, 
sechste Auflage, Milano. Bemerkenswerth ist das dritte Capitel 
der Syntax : Officio ed uso di molte voci. Usi notabili di verbi. 

1876. Pescatori: Grammatica deUa lingua italiana, fünfte 
Auflage, 2 Bde., Florenz. Beigegeben ist eine den älteren 
Schriftstellern entnommene Antplogia di Prose. Die Syntax ist 
hier wie in den meisten obigen Büchern zu wenig eingehend 
behandelt und lässt den Ausländer über viele syntactische 
Fragen unbefriedigt. 

1876. Gurrie-t: Complement de TEtude de la langue 
frauQaise, die Lieblingsfehler der Italiener beim Französisch- 
sprechen. Rom, im Selbstverlage des unwissenden Verfassers 
(er schreibt z. B. : tampis statt tant pis !). 

1878. Meschia: Esercizi su i sinonimi italiani, 2. Auflage, 
Foligno. In zwei Heften, das zweite Heft ein Schlüssel für die 
Lehrer. Nicht bedeutend. Der Autor kündet auf dem Um- 
schlage an : „La lingua italiana in relazione col latino per Carlo 
di Eeinhardstoettner. Traduzione dal tedesco". 

Philologiscbe Stadien. — Cesari's Dissertation: Sopra lo 
stato presente della lingua italiana coronata dair Accademia di 
Milano 1809; — Monti's geistreiches Pamphlet: Proposta di 
alcune correzioni ed agginute al Vocabolario della Crusca, 3 Bde., 
Mailand 1817 — 1824; — Gherardini's: Voci e maniere di dire, 
Mailand 1838 — 1840, sind im ersten Capitel genannt worden. 

1857. C ant ü : Eine Abhandlung über die „Lingua parlata", 
Mailand. 

1850. U g 1 i n i : Vocabolario di modi errati, prima Ed. napol. 

1865, Giambattista Oiuliani (geb. in Asti 1818): 



— 77 — 

Briefe „sul vivente linguaggio della toscana, 3. Auflage, Florenz; 
(1. Aufl. 1853). — (Gegen ihn: Cannonero, Imola 1871). 

1868. Achte Auflage von Baron M anno 's: Della fortuna 
delle parole (zuerst 1831, Turin). Kurz vor seinem 1867 erfolgten 
Tode liess Derselbe „La fortuna delle frasi" erscheinen. — 
Etwas breit aber angenehm geschriebene Artikel über die 
Schicksale italienischer Wortbedeutungen und Eedensarten. 

1870. Giorgini: Lettera a Quintio Sella, bildet die Vor- 
rede des Novo Vocabolario. Eine schöngeschriebene Darlegung 
von Manzoni's Theorie. 

1871. Panfani: Lettera di un tedesco (Pederigo Haupt) 
suU' infrancesamento della Hngua itäüana, Plorenz, Polverini. 

1872. Antonio de Nino. Errori di lingua. Löscher. 

1872. Giamb. Giuliani: Dante e il vivente linguaggio 
toscano, Discorso. Plorenz. 

1873. Derselbe: MoraUtä e poesia del vivente linguaggio 
della toscana, Plorenz, Lemonnier. 

1874. Gelmetti: La lingua parlata di Pirenze e la lingua 
letteraria dltalia, 2 Bde., Milano. „Molto fumo e poco d'arrosto". 

1874. Morandi: Le correziöni ai Promessi sposi e l'üniti 
deUa lingua. Lettera del Manzoni al Casanova. Milano 1874. 

1874. Tommaseo: Saggio di modi conformi all' uso vivente 
itaüano, Plorenz, Lemonnier; zieht gegen die Gallicismen zu 
Pelde. Die Kritik der N. Ant. wünscht eine ähnliche Arbeit 
gegen die „einbrechenden Germanismen". 

1875. Capitani: Voci e maniere di dire piü spesso mutate 
da Manzoni, Brigola, Milano. Studien über den lombardischen 
und den toscanischen Text der „Promessi sposi". 

1875. Buscaino Campi: Eegole per la pronunzia, 3. Aufl., 
TrApani 1875. Unter demselben Titel hat sein Gegner Gradi 
einen kleinen Tractat bei Paravia herausgegoben, 2. Aufl. 1874. 

1876. De Amicis: Pagine sparse, enthalten mehrere Ar- 
tikel über die moderne florentiner Sprache. 

1876. Gambini: Prasi e voci errate usate nel foro e nei 
pubblici uflSzi. Milano. 

1877. Panfani und Arlia: Lessico della corrotta Italia- 



— 78 — 

nitk, Milano, Carrar<i, eine Puristenthat ^egen den Gallieismus. 
Das leider sehr klein gedruckte Buch enthält eine Menge 
interessanter Einzelnheiten. Ein älteres und kleineres von Bolza: 
Prontuario di modi errati, 2. Auflage, Venezia 1855. 

1877. Morandi: Discorso siilV Unitii della lingua rispetto 
alla commedia, Milano^ Löscher. Als Vorrede zu zwei Comödien 
des Verfassers. 

1877. Buscaino Campi, Prof. in Trapani, den die N. 
Ant, „H valente Trapanese, argato conoscitore della piü ripost^ 
bellezza del parlar toscano" nennt, hat seine grammatischen 
Schriften 1877 (Palermo) gesammelt. — Fanfani's grammat. 
Schriften s. in dessen Bibliografia, Roma-Firenze 1874. — 
Prediani in Pistoja und Cerquetti in Porli haben andere 
verfasst. 

Deutsche Grammatiken für Italiener von Uebelhardt, 
von Heinrich Keller (beide in Mailand bei Höpli), von Heinrich 
Wild, von Sauer-Ferrari, von Müller. Sauer, Martelli 
(4. Auflage 1853, Paris), Vergani, Greggiati (Lausanne 
1875) haben ital. Grammatiken für Franzosen geschrieben. 

Deatsehe Lehrmittel der italieniscben Sprache (Grammatik, 

Uebungsbuch, Lesebuch u. s. w.) Wissenschaftlichen Werth 
besitzen die Grammatiken von Fernow (Tübingen 1804), 
Minner (Frankfurt 1830). Nach der bahnbrechenden Leistung 
von Friedrich Diez (Grammatik der romanischen Sprachen, erster 
Band 1836) machte Blanc, wie er selbst sich ausdrückt, den 
ersten Versuch „einer historischen Grammatik der italienischen 
Sprache". Sie erschien 1844 in Halle und hat ihren Werth 
noch nicht verloren. — Julius und Moritz Wiggers: 
Italienische Grammatik (Hamburg 1859), wissenschaftlich ge- 
halten, ohne Uebungen. — Stadler, Lehrbuch der italienischen 
Sprache, 3. Auflage, Berlin 1871. — Vockeradt, Oberlehrer 
am Gymnasium in Paderborn : Lehrbuch der italienischen Sprache, 
erster Theü : Grammatik, Berlin 1878 ; ohne Uebungen, gründ- 
lich und ausführlich, heute wohl das vollständigste Lehrbuch 
der italienischen Syntax. 



— 79 — 

Gute Schulbücher auf wissenschaftlicher Grundlage haben 
Mussafia (siebente Auflage, Wien 1878), Johannes Keller 
(zweite Auflage, Zürich 1875) und Heinrich Keller (zweite 
Auflage, Aarau 1873) verfasst. Eine beliebte Conversations- 
grammatik von CM. Sauer (sechste Auflage, Heidelberg 1876) 
wird häufig zum Classenunterricht benutzt. 

Langenscheit's ital. Unterrichtsbriefe. — Verbreitete 
Lehrmittel sind ferner: Fogolari's neuer Lehrgang in prac- 
tischen Lese- und Uebersetzungsübungen (Leipzig 1863). — 
Schäfer: Lehrbuch der ital. Sprache (Paderborn 1875). — 
Fornasari-Verce (Wien, 5. Aufl.; seit 1827). — Ollen- 
dorf (2. Aufl., Altenburg -Paris 1870). — Pilippi: Schul- 
grammatik nach Ahn's Methode (Wien 1864). — Deutsch: 
Parallelgrammatik des Italienischen und Pranzösischen für 
Deutsche (Zürich 1871). — Claus (Leipzig 1877). — Nieder - 
berger (Heidelberg 1877). — Ahn (4. Aufl., Köln 1870).— 
Noir6: Kurzgefasste Grammatik (Mainz 1871, viele Druck- 
fehler). — Die meisten Lehrbücher halten sich vorwiegend an 
den oberital. Sprachgebrauch, sie enthalten viel zweifelhaftes, 
mitunter auch unrichtiges Italienisch. 

Lehrmiltel ßr Uebersetzungen aus dem Deutschen in*s IIa" 
Uenische, — Pogolari: Eaccolta di pezzi teatrali tedeschi 
proposta per la traduzione. Erschienen sind: Minna von Barn - 
heim, der Neffe als Onkel, der Parasit, die Hochzeitsreise, 
Anne - Lise . Dresden . 

Heinrich Keller: TIebungsstücke zum Uebersetzen aus 
dem Deutschen in's Italienische (Zürich 1874). 

Lesebücher von Messi: Saggio di letture italiane tratte da 
autori moderni, Pest 1856, eine hübsche Auswahl mit Vocabo- 
larien; — von H. Keller (Aarau 1877, berücksichtigt die 
„Lingua parlata" und die moderne Litteratur). — Sauer (Ital. 
Conversationslesebuch, 2. Aufl., Heidelberg 1869). — Schäfer 
(fünfter und sechster Theil des Lehrbuches, Paderborn 1875). 
Pogolari: Lesebuch (Leipzig 1873). — Locella:. Letture 
amene, Leipzig 1876. 



— 80 — 

Handehcorrespondenzen von Pogolari (Leipzig 1863); — von 
Locella (Leipzig 1878); — von Bonifaccio (deutsch-ital. Brief- 
steller, Stuttgart 1871). 

Deutsch-italienische Conversationsbücher und Vocabolarien von 
Camerini, Piori, Pabbrucci, Eeinhardstöttner, Schlikum etc. s. u. 

4. Phraseologie. 

1866. Marina: Studi di lingua, Dialoghi, Genova. Die Ver- 
fasserin ist Venetianerin (günstig recensirt, N. A^ 1866, I, 578). 

1868. Enrico Franceschi: In Citti e in Gampagna, 
Dialoghi di lingua parlata, Torino. Vierte Auflage, 1877, mit 
Vocabolarietto. Das beste Buch der florentiner Lingua 
pari ata! Der Autor ist Plorentiner, Bibliothekar des italieni- 
schen Senates. 

1870. Corbella: Corrispondenza commerciale e famigliare 
in quattro Ungue, Carrara, Müano. 

1870. B^rtoli: Epistolario dei Giovinetti, Plorenz, Paravia^ 
von Pornaciari empfohlen, s. o. 

1873. Aufsätze und Briefe der mailänder Töchterschule, 
für die Wienerausstellung gedruckt ; von Gabelli, N. A. XXTV, 
666 besprochen. 

1874. Angiolina Bulgarini: Dialoghi famigliari ossia 
studi di „Lingua parlata" , zweite Auflage, Mailand, prämirt 
vom pädag. Congresse. 

Die Handwerkersprache von Florenz haben P. A. Bres- 
ciani: Saggio di alcune voci toscane ecc, 1872, Milano; Gar- 
giolli: H parlare degli artigani di Pirenze, Sansoni 1876; und 
Ar IIa: Linguaggio degli Artigiani fiorentini 1876, in Gespräch- 
form gebracht. 

Das Vocabolario domestico von Carena (Prof. in Turin; 
dort publicirte er 1831: Osservazioni intorno ad Vocab. deUa 
lingua itaJ.) ist 1869 bei Pagnoni in Mailand unter dem 
Titel : Nuovo Vocabolario italiano, domestico, prima ediz. mila- 
nese, von Sergent bearbeitet, neu erschienen. Es behandelt 
artikelweise die technische Sprache des gesammten Hausstandes, 



— 81 — 

♦ 

Geräthe, Kleidung etc. — Gleichförmig damit publicirte der 
Verleger Carena^s: Nuovo Vocabolario italiano d'arti e mestieri. 
Beide sehr empfehlenswerth. 

Panfani hat das Vocabolar des Hauses (üna Casa da 
vendere, Flor. 1868) und der Oelbereitung (Una fattoria toscana, 
b. Carrara 1877) für die Schulen gesammelt. — Seine Jugend- 
schriften: „H Piaccherrajo" und „La Bambola" sind für das 
Studium der „lingua parlata" von Bedeutung. 

Die besten Lehrmittel der Phraseologie sind die neueren 
und neuesten Lustspiele. Das Plorilegio Drammatico (Milano, 
Bettoni) zählt schon mehr als 500 Bändchen. Darunter Lust- 
spiele von Paolo Perrari und Cicconi. Das in Beziehung auf 
Reinheit und Eleganz der Sprache mustergültige Teatro Comico 
di P. Gherardi del Testa (Pirenze Barbara) ist in etwa 30 Di- 
spense a 1. 1. 15 vorhanden. Eine weitere Sammlung ist bei 
Treves in Milano erschienen. Sie enthält Arbeiten von Martini, 
Donati etc. Kinderdramen von Rosellini, Eocca, Morandi, be- 
sonders Coletti und Calenzoli (Sansoni, Plorenz). 

Von italienisch-deutschen Conversationsbüchern nenne ich 
Annibale Piori's Handbuch, Stuttgart 1874, und VEco 
italiana, fiore del parlar famigliare e della conversazione civile 
in Italia, raccolto da Eugenio Camerini, private professore 
di Lingua e Letteratui'a italiana in Torino, mit Wörterb. von 
Stier, 3. Aufl., Leipzig, Violet 1863. 

Die ital.-deutschen Vocabolarien von Carl von Reinhard- 
stöttner (Berlin, Herbig 1868) und von Schlikum (2. Aufl. 
1875) sind zwar nach dem Muster des „Vocabulaire syst6- 
matique" von Plötz angelegt, aber schwerlich nach dessen Ver- 
fahren ausgeführt. Plötz hat eine ausgezeichnete Arbeit geliefert, 
weil er sie nicht dem Wörterbuche, sondern dem Ver- 
kehre der Gebildeten abgelauscht. 

6. Anthologien nnd Lesebücher. 

Im Dienste der Litteraturgeschichte sind folgende Hand* 
bücher bearbeitet worden: 

Breiiinger, IU»1. Litterät'Bprache. A 



— 82 — 

Leopardi: Crestomazia, 1828. Neue Aufl. 1877. Neapel. 

L. Pornaciari: Esempi di hello Bcrivere, Lucca 1829, 
Florenz 1839. Erster Band: Prosa. Zweiter Band: Poesie; von 
dem Sohne des Autors, R. Fornaciari, neu hearheitet, Paggi 1876. 

Daverio: Scelta di Prose Italiane mit hiog. Notizen. 
Beichhaltig, aher wenig Modernes. Zürich. Neu hearheitet von 
E. Wolf 1852. 

Francesco Amhrosöli (gest. 1868), ein unermüdHoher 
XJehersetzer alter und neuer Schriftsteller, gah sein vierhändiges 
„Manuale deUa letteratura italiana 1832^' in Mailand heraus; 
fünfte Auflage, Florenz, Barh^ra 1872. 

Adolf Ehert: Handhuch der italienischen Nationallittera- 
tur; mit einem gediegenen Ahrisse der ital. Litteraturgeschichte. 
Zweite Aufl., Frankfurt 1864. 

Paul Heyse: Antologia di moderni poeti italiani. Stutt- 
gart 1869; eine göschmackvolle Auswahl. Der Ejitiker der 
N. A. (XTT, 410) vermisst die grössten unter den heutigen 
Poeten: Carducci und die Gehrüder Maccari. 

Cesare Cantii (geh. 1807): Della Letteratura italiana, 
esempj e giudizj ; seine „Letture giovaniH" hahen üher 30 Auf- 
lagen erleht. 

Carlo Cajmi: II Bello delle Lettere italiane proposto ai 
giovanetti, 3. Aufl., Milano, Carrara 1875. Empfehlenswerth. 

Adolf Tohler: Italienische Chrestomathie, Solothurn, 
erste Aufl. 1866, zweite: 1868. Eine gehaltvolle Auswahl. 

Rigutini: Fiori di Lettere e di liriche (von und für 
Frauen), Florenz 1873. 

Parazzi: Pensieri e giudizi di Manzoni, Milano 1873. 

Massimo d'Azeglio: Consigli al Popolo i taliano estratti 
dai miei Ricordi, 3. Aufl., Florenz, Barh^ra. 

Mehr practischen Schulzwecken dienen: 

Barhöra: Prose e poesie scelte in ogni secolo della lettera- 
tura italiana. Erster Band: Prosa, zweiter Band: Poesie. 
4. Aufl., Florenz 1871. — Von Pietro Dazzi und De Lungo 
gesammelt. 



— 83 — 

Eigutini und Fanfani: Antologia per uso delle souole 
tecniche, Florenz. 

Dazzi: Yersi e Prose; für Elementarschulen, 2. Auflage, 
Florenz 1869. 

Die Litteratur des XIX. Jahrhunderts illustriren die Muster- 
sammlungen von Zoncada (fasti della lett. ital. nel corrente 
secolo, zwei starke und stattliche Bände,. Mailand 1853; eine 
hübsche Auswahl mit Einleitungen, von Puccianti als die beste 
Sammlung dieser Art bezeichnet); Prudenzano (Napoli 1864); 
Puccianti: Antologia moderna (Lemonnier, 2 Bde.). Der die 
Poesie behandelnde Band ist von einer Abhandlung über die 
ital. Poesie des neunzehnten Jahrhunderts eingeleitet. 

6. Rhetorik und Poetik. 

Fanfani sagt (N. Ant. XXXII, 450) : „GFItaliani sono una 
nazione di rettorici e di pedanti" ; man denkt unwillkürlich an 
diese Worte, wenn man einen Blick auf alle die neuen Hand* 
bücher der Rhetorik, besonders der Stilistik und der Poetik 
wirft, die Jahr um Jahr aus der alten Latinererde wie Pilze 
aufschiessen. Die „Precetti" und „Principi" und „Elementi" 
und „Instituzioni di letteratura, di belle lottere, di hello scrivere" 
nehmen kein Ende. 

Die 1783 in England erschienene Rhetorik Blair's, dann 
diejenige Soave's (gest. 1806) waren im achtzehnten Jahrhundert 
die Wegweiser der italienischen Jugend. Sie spielen heute noch 
eine Holle; Soave: Istituzioni di Retorica e delle Lettere tratte 
delle Lezioni di Ugo Blair, ampliate da Montanari, 2 Bde., Ca- 
polago 1862. — Paolo Costa (gest. 1836, Prof. in Bologna) 
gründete eine neue Schule mit seinen beiden Compendien : Della 
Elocuzione (Stillehre) parti due ; — Dell' Arte poetica sermoni 
quattro. — August Pranchetti, der hochgebildete Kritiker 
des italienischen Dramas sagt (N. A. XXXVI, 463 anlässlich 
Pornaoiarrs 1877 erschienenen „Dichiarazioni ed Esempi"): 

„Avendo ogni secolo un modo suo proprio d'intendere Tarte 
e d'interpretarne le bellezze, ne nasce il bisogno di modificare 

6* 



— 84 — 

di tratto in tratto i sisterai d'educazione letteraria e la ricerca 
di libri scolastici atti ad iniziare i giovaiii alla vita intelettuale 
conteinporanea. Chi raffronti le Istituzioni retoriche di TJgone 
Blair e del biion Padre Soave con le opere dell' Amicarelli, del 
Castagnola e del Mestica, riconoscerä quanto cammino siasi 
porcorso, da alcuni anni a questa parte in si ragguardevole ramo 
dell' insegnamento. Ed a Paolo Costa, ove si volesse delineare 
una storia dell'arte rettorica, converrebbe dar lode di simile 
riforma. Essa erasi per fermo liberata dal vieto pregiudizio 
che riduceva i cannoni deir arte in formule e le istituzioni retoriche 
in ricettari, ma non si che non ve ne rimanesse qualche traccia." 
Paolo Costa's bedeutendster Schüler ist Ferdinando Ra- 
nalli (ein Romagnole), heute Professor der Greschichte in Pisa. 
Fornaciari (Disegno p. 214) sagt von ihm: 

„Nato nelle provincie meridionali, divoto seguace della scuola 
romagnola, ad imitazione del suo maestro Paolo Costa, scrisse 
gli Ammaestramenti di letteratura con criteri severissimi di puris- 
mo". — Man vergl. Am6dee Roux, Bd. I, pag. 445: „Pendant 
que M. Griudici s'appliquait ä retracer les fastes litteraires de sa 
patrie (in den vierziger Jahren), un homme dont nous avons 
indiqu6 d6jä, les tendances classiques, M, RanalH, menait k bonne 
fin une oeuvre importante de pedagogie : Gli Ammaestramenti di 
letteratura (3. Aufl., 4 Bde., Lenionnier). Ce livre excellent qui, 
des la seconde edition, a regu des ameliorations et des devoloppe- 
ments considerables, rendra d'immenses Services i la nombreuse 
famille enseignante, et sauf le Cours de Litterature de La- 
harpe nous n'avons rien en France qu'on puisse mettre en 
parallele avec le savant ouvrage de Tinfatiguable professeur 
italien. Les „Ammaestramenti" nous presentent Tapplication 
du plan que s'etait propos6 M. Le Clerc dans un admixable 
opuscule (Eoux meint wohl die Nouvelle Eh^torique frangaise, 
1822). — Dans le livre italien Texemple est toujours k cöt^ 
du precepte, et lorsqu'il s'agit de donner une definition, Tauteur 
s'efface autant qu'il le peut, pour laisser la parole k Quintilien, 
k Gravina ou ä Zanotti". 

Eanalli hat 1861 bei Lemonnier in Florenz unter dem Titel: 



— 85 — 

„La letteratura nazionale^' einige Yorlesungen drucken lassen, 
welche den allgemeinen Gang der NationaHitteratur mit gedanken- 
reicher Bündigkeit, aber auch in jenem strengen puristischen 
Gathederstil darstellen, der die Lesung des Büchleins nicht gerade 
zu einer leichten macht. Banalli ist der bedeutendste Vertreter 
einer heute fast verschwundenen classischen Puristensohule. Sein 
„Compendio degli Ammaestramenti di Letteratura per uso delle 
scuole", 2. Auflage, Lemonnier 1865, resumirt sein grösseres 
Werk. 

Zu den besseren Publicationen auf diesem Gebiete gehören 
die Bücher von Spalazzi (I^emonnier 1877, etw. abstrus und 
schwer geschrieben); — Mor ini (Faenza 1871, elementarer 1874 
für „Ginnasj", d. h. im Gegensatz zu Licei: Lateinschulen; 1873 
eine dritte für Industrieschulen); — Gabba: Trattato di belle 
lettere e sunto di storia letter. per le fanciulle (3. Aufl., Pisa 
1872); — Mestica: Istituzioni di Letteratura (Barbara 1874, 
zwei Bände, gut aber weitläufig). — Als eine wissenschaftliche 
Leistung wird Pizzi: Ammaestramenti di Letteratura (Turin, 
Löscher 1875) N. Ant. XXVIII, 778 angepriesen. — Der römische 
Professor und Litterat Castagnöla hat eine Stilistik für höhere 
Töchter herausgegeben, Rom 1874; — in Verbindung mit An- 
giolina Bulgarini ein ähnliches Buch: Aiuto allo studio della 
lingua (Bom 1876). — Die „Lingua parlata" betont Bossi : Le 
proprietä della lingua nel discorso, 1877 (N. A. XXXVI, 238). 

Die Begründer der neueren Poetik sind Gravi na (Della 
Ragion poetica, Rom 1708. Della Tragedia. Della Istituzione 
dei Poeti. Epochemachende kleine Schriften, neue Auflage in 
einem Bande per cura di Paolo Emiliani-Giudici, Barbara 1857) 
und Muratori: Della perfetta poesia italiana, Modena 1706. 
üeber Gravina s. die gehaltvolle Monographie von Casetti (N. A. 
XXV). Zanotti: Dell'arte poetica, Bologna 1768. Geschätzt 
wird heute noch: Gherardini: Elementi di poesia, 3. Aufl., 
Mailand 1847. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde die Poetik 
behandelt von Trissino (1529), DanieUo (1536), Minturno (1564), 
Patrizii (1586), Denores (1588) und Menzini (1690). Auch die 
Discorsi von Giraldi (1554) gehören in dieses Gebiet, 



— 86 — 

lieber Versification und Metrik besitzen die Italieaer viele 
alte, aber wenig neue Tractate. Dante: de vulgari Eloquio. — 
Antonio da Tempo: Trattato deUe ßime volgari (1832), 
Edit. Grrion, Bologna 1869. — Gridino: Trattato dei ritmi 
volgari, Nro. 105 der bei EomagnoH in Bologna erschei- 
nenden Scelta di Curiositi letterarie. — Blanc: Anhang 
zur italienischen Grammatik 1844. — Schuchardt: Eitor- 
nell und Terzine, Halle 1875 (recensirt N. Antol. XXVm, 
theuer!). — Berengo: Versificazione italiana, Venezia 1854, 
Nro. 17 und 18 einer Biblioteca dei giovani. — Zambaldi: 
II ritmo dei versi italiani, Löscher 1874. — Professor Pa- 
glicci: Della metrica italiana, Aquila, bei Vecchioni 1877. 
— Chiarini: N. Antol. XXXVHI, 1878: La nuova metrica 
nella poesia italiana, bei Anlass von Carducci's Odi barbare, 
und die Einleitung zur zweiten Ausgabe jener Oden: I critici 
italiani e la metrica deUe odi barbare, discorso di Giuseppe 
Chiarini, Bologna 1878. — Ein älteres über den Accent des 
ital. Verses von Valentini, Berlin 1834. — Gnoli hat N. Ant. 
XXXm einen bemerkenswerthen Artikel: „La Eima e la Poesia" ; 
Carducci antwortet ihm N. Ant. XXXV, 205 mit einem tour 
force k la Victor Hugo: „AUa Eima". — Ein Eimario exi- 
stirt von Gir. Euscelli (seit 1559, Venedig), nuovissima edizione, 
Napoli 1868; ein anderes von Eosasco (Padova 1763). Das 
älteste wurde von Pellegrini aus Dante und Petrarca ge- 
zogen, s. Blanc : „Italienische Sprache" b. Ersch und Gruber. 

Die Kunst des mündlichen Vortrages behandelt der Verfasser 
von „In Cittä, e in Campagna" in dem schönen Buche : L'Arte 
della parola nel Discorso, nella dramatica e nel canto dall' awoc. 
E. Franceschi, Milano 1877. Er löst seine Aufgabe noch um- 
fassender als die entsprechenden französischen Schriften von 
Mennechet und Legouv6. — Endlich müssen wir noch auf zwei 
deutsche Werke: GotschalTs Poetik und den letzten 
Theil von Vischer's Aesthetik: Die Dichtkunst, als 
auf zwei vorzügliche Hülfsmittel auch der italienischen Poetik 
hinweisen. Die Grammatiken von J. Keller, Noir6, Vockeradt 
enthalten kurzgefasste Abrisse der Metrik, 



— 87 — 

7. BibUographie der Litteratnr. 

Die Biblioteca italiana von Haym, 2. Auflage, Yenedig 
1736, umfasst: Storia — poesia — prose — arti — scienze. — 
Gamba: Serie di testi di lingua, 4. Auflage, Venedig 1839. 
Ein bequemes, wenn auch nicht immer zuverlässiges Nach- 
schlagewerk in einem Bande, das bis in's neunzehnte Jahr- 
hundert hineinreicht. Im Exemplar unserer Stadtbibliothek 
notirt C. von Orelli: „1841 cadde morto il Gamba, tenendo a 
Yenezia un discorso accademico". — Bazzolini: Indice delle 
Edizioni citate dalla Crusca, Milano 1863. — Zambrini: Le 
opere volgari a stampa dei secoli XTTT e XIY, Bologna, 2. Aufl., 
1878; sehr gut. 

Die NoveUenlitteratur von Borromeo (Bassano 1794), 
Passano (Milano 1864) und Papanti (Livorno 1871); die 
Bomanzi di Cavalleria von Melzi (Milano 1865); die italieni- 
schen TJebersetzungen von Scipioni Maffei (Yenezia 1720); 
die Opere anonime von Melzi (Milano 1848); die alten Mysterien 
von Oolomb de Batines (Firenze 1852); die Dramen von 
A 1 1 a c c i 1766. — Eine allgemeine italienische Bibliographie be- 
arbeitet Bertooci; erster Band: Storia. Boma 1876. — Biblio- 
grafia italiana, Giornale dell' Associazione typogr. Milano 1868 
u. ff". — Cereseto: Appendice alla storia della poesia in Italia 
dal Prof. Cereseto, Milano 1857. — La Bibliografia di Pietro 
Fanfani, Firenze -Roma 1874. Yon 1843 bis zum Datum 
des Druckes 164 Nummern; die letzte: Lessico della corrotta 
italianitä. 

VerlagscatalogeYonCa,rr3iTa.^ Löscher, Höpli, Yallardi, Treves, 
Sonzögno in Mailand; — von Paravia, Paggi, Sansoni, Barbara, 
Lemonnier in Florenz; — von Bomagnoli in Bologna. 

Der erste allgemeine Catalog italienischer Yerleger erschien 
1878 in Mailand. Es sind 110 zusammengeheftete Yerlags- 
cataloge mit einem Autorenregister. Yiele italienische Yerleger 
fehlen noch. Immerhin ein willkommenes bibliogr. Hülfsmittel. 
Wichtig ist der Catalog der romanischen Philologie, zwei 



— 88 — 

Supplementhefte zum ersten Band von Gröberes Zeitschrift 
für roman. Philologie (1877). 

Kleinere und grösserere biographische Sammelwerke: von 
Öazzino; von Roberti (Milano 1877). — Biografie degli 
Italiani illustri, Venezia 1835. — Pitrfe: Profili biografici di 
contemporanei italiani, Palermo 1864. Die Vorrede nennt als 
Vorgänger I Contemporanei italiani, Galleria Nazionale 
di L. Pomba, Torino 1860 ff. und: Profili biografici di 
Ricciardi „cui fa seguito la presente opericciuola". Das 189 
Seiten grosse Bändchen enthält 33 Biographien. Pitre liess 
1868 unter dem Titel: Nuovi profili biografici, 33 weitere Bio- 
graphien folgen. Beide Bändchen sind nur noch antiquarisch 
zu finden. Wichtiger ist: Angelo de Gubernatis: Ricordi 
biografici, pagine estratte dalla storia contemporanea letteraria 
italiana in servigio della gioventii, Firenze 1872; 42 Biographien, 
welche zuerst die Rivista Europea gebracht hatte. Der Verfasser 
verspricht einen zweiten Band, der indess noch nicht erschienen 
ist. Molmenti's Impressioni letterarie, 2. vemehrte Auflage, 
Mailand 1875, haben durch ihre kecken Urtheile und ihre 
elegante Darstellung Aufsehen gemacht. Em est Renan sagt 
von ihnen: „Quel delicieux petit volume ! Ce petit 6crin d'6cri- 
vains italiens, choisis avec tant d'art, sera pour moi une antho- 
logie souvent lue et precieusement gardee". Und der Pungolo 
beginnt seine Recension mit den Worten : „Stringiamo la mano 
air iconoclasta". Es sind 30 skizzirte Portraits von Zeitgenossen. 
— Derselben Gattung gehören Camerini's Profili letterari 
(4 Bde.) an, obgleich sie sich weder ausschliesslich mit Italienern 
noch mit Zeitgenossen beschäftigen. Auch Bosio's Ricordi 
personali (Mailand 1878) und Barbieri's Simpatie (Mailand 1877) 
sind hier zu erwähnen. — Die in Neapel von De Sanctis' Schülern 
publicirten Essais über zeitgenössische Litteratur werden von 
der N. Ant. wenig gerühmt. 

Allgemeine Hülfsmittel. Vapereau, Dictionnaire des Con- 
temporains; Dictionnaire des Litt^ratures. — Didot-Höfer: 
Biographie generale. — Nach dem Muster des franz. Bouillet sind 



— 89 — 

gearbeitet: Lessona: Dizionario di scienze, lettere ed arti 
(Treves 1875). — Straf forello: Dizionario di geografia e 
storia (Treves 1877). 

8. Litteraturgeschichte. 

Allgemeine Werke, Crescimbeni: Istoria della volgar 
poesia, divisa in sei libri, Roma 1698. Crescimbeni war das 
Haupt der arcadisohen Academie. — Vapereau citirt: G. Gim- 
ma: Idea della storia dell' Italia letterata. Napoli 1723, 2 Bde. 
in 4®. — Quadrio (von Ponte im Veltlin, ein entlaufener Jesuit) : 
Due libri della Poesia italiana, Venedig 1734, unter dem Namen 
„Giuseppe Andrucci" publicirt. Desselben: Storia e ragione 
(Poetik) di ogni poesia, 1739 in Bologna. — Fontanini: 
Biblioteca dell' Eloquenza ital. 1737, 1753 ; die Anmerkungen von 
Apostolo Zeno machen (nach Gamba) den Werth des Buches 
aus. — Tiraboschi (geb. in Bergamo 1731, gest. in Modena 
1794): Storia della letteratura italiana; Modena 1772 — 81, 9 Bde. 

— Corniani (von Brescia): I secoli della letteratura italiana 
dopo il suo risorgimento (9 Bde., Brescia 1818), fortgesetzt von 
Ugoni 1820, von Ticozzi, Mil. 1832, und von Predari, Turin 1856. 

— Nach Tiraboschi arbeitete der Franzose Ginguen6: Histoire 
litteraire dltalie (Paris 1811 — 1835). Ginguene starb 1816, so 
dass Band X — XIV seines Werkes von einem Nachfolger 
(Salfi) verfasst sind. — Sismondi: Tableau de la litterature 
du midi de TEurope (Paris 1813—1829, 4 Bde.) — Signorelli: 
Storia dei teatri (2. Aufl. 1813). — Giuseppe Maffei: Storia 
della letteratura italiana, 2. Aufl., Milano 1834; immer noch 
gut, enthält schon manche culturhistorische Einzelnheiten : „ha 
dei pregi e non merita i biasimi che gli si danno", Settembrini. 

— Emiliani Giudici: Storia delle lettere in Italia, 1841; 
erweitert 1855 unter dem Titel : Storia della letteratura italiana, 
2 Bde. Settembrini sagt von ihm : „Primo considerö la lettera- 
tura nella vita (also culturgeschichtlich) ; „und in der Politik", 
fügt Fornaciari hinzu. Emiliani starb 1872 als Professor der 
italienischen Litteratur in Florenz ; er war Sicilianer und seine 



1 



— 90 — 

Scliriften sind in der That nicht frei von den Ueberschwäng- 
liehkeiten südlicher Rhetorik. — Gaterina Ferruoci: I primi 
qnattro secoli della letteratura italiana, Florenz 1850, zwei 
Bände. Die Dame stammt aus Bologna und ist „academica della 
cmsca^^ Sie schreibt schön, aber mit ausgesprochen katholischer 
Tendenz. — Cereseto: Storia della poesia in Italia, Milano 
1857. — Cantü: Storia della letteratura italiana, Lemonnier 
1865. Eine hastige und unschöne Gompilation, reich an Flüchtig- 
keiten und Geschmacklosigkeiten. Die N. Ant. wirft ihm mit 
Recht vor, er zeige weder Geduld noch Geschmack im Compi- 
liren: „La firetta e una gran traditora". Gleichwohl findet sich 
hier und in den litteraturhistorischen Beigaben seiner Welt- 
geschichte manche willkommene Notiz. — Sanfilippo: Storia 
della letteratura italiana, 3 Bde., Palermo 1858 — 1863. 

Seit 1860 hat das Studium der Litteraturgeschichte unter 
den Italienern einen neuen Aufschwimg genommen. Zwei Neapoli- 
taner, Settembrini (1812— 1877) und De Sanctis (geb. 1818), 
Beide Zöglinge des Puristen Marchese Puoti, haben, jeder in 
seiner Weise, Originelles geleistet. Von De Sanctis publicirte 
die Nuova Antologia seit 1868 eine Reihe von Artikeln, welche 
seither in Buchform erschienen sind : — Storia della letteratura 
italiana (Napoli 1870, 2 Bde.). — Ss^gio critico sul Petrarca, 
NapoH 1869. — Saggi Critici, 3. Aufl. 1874. — Nuovi Saggi cri- 
tici, 1872. — Parole in morte di Luigi Settembrini, Napoli 1876. 
— Die Gharakteristik der Perioden seiner Litteraturgeschichte 
lässt zu wünschen übrig, es fehlt De Sanctis überhaupt an 
historischem Sinn, aber in den scharfen und geistreichen Zeich- 
nungen der Individuen und im realistisch colorirten Genrebilde 
ist De Sanctis hochbedeutend. De Gubernatis sagt treffend 
von ihm: „ha due facoltä potenti, la penetrativa e la pla- 
stica^^ 

De Sanctis ist nach De Gubernatis der „critico per imagini", 
Settembrini der „critico per affetti". Dessen „Lezioni di 
Letteratura italiana" (3 Bde., 3. Aufl., Neapel 1875) athmen das 
patriotische Feuer, mit dem sie gesprochen wurden. Der Autor 
si^^ es ausdrücklieb in der Vorrede, er habe nicht eine Ge- 



— 91 — 

schichte schreiben wollen, er wünsche nur anzur^en nnd für 
das Studinm des Gegenstandes zu begeistern. Lidess ist sein 
Buch doch nicht rhetorisch gehalten, es darf im Gegentheile 
instructiv genannt werden und liest sich recht angenehm. Auch 
Settembrini ist Bealist in seiner Darstellung. Sein schroffes 
Auftreten gegen Manzoni hat ihm heftige Gegner erweckt. Er 
macht überhaupt keine Gomplimente. Yillemain kanzelt er 
wegen seines ürtheiles über Jacopone da Todi also ab (I, 65): 
„U Yillemain con la sua saccenteria francese dice che costui 
era il buffone di quel genere di cui Dante era il poeta. Oh si, 
egli era come il buffone di Be Lear, il solo amico di quelle 
sventurato, il solo cuore che sentiva affetto per lui. Se in 
Jacopone si riguarda Tarte, egli h niente : se si riguarda il senti- 

mento religiöse, egli ^ poeta Cosi rispondiamo al francese 

e a tutti quelli che senza intenderci vogliono dottoreggiare nelle 
cose nostre". Wie sehr Settembrini ein „critico per affetti" ist, 
mag unter anderem seine Kritik von Filicaja's berühmtem 
Sonette beweisen (IE, 310). „Italia, Italia, o tu etc. Ecco 
ritalia fuori del poeta : II Petrarca che la sentiva dentro di s^ 
disse: Italia mia, e con piü d'affetto il Leopardi: patria mial*^ 
— Weder Settembrini noch De Sanctis sind wissenschaftliche 
Kritiker, aber Beide haben nach dem Vorgange von Emiliani- 
Giudici das fruchtbare Moment der Culturgeschichte in die 
Behandlung der italienischen Litteraturgeschichte eingeführt; 
De Sanctis mit neapoletanischem Esprit und Settembrini mit 
patriotischem Brio. Ueber Settembrini s. N. Ant. X : „D. Set- 
tembrini ed i suoi critici" von De Sanctis. 

Unter den Auspicien des ersten italienischen Historikers 
Pasquale Villari wurde gegen 1870 ein grosses Collectivwerk 
von Dottor Francesco Yallardi in Mailand eröfihet: ,,V Italia, 
sotto Vaspetto fisico, storicOy artistico". Den ersten Theil desselben 
bildet ein Ortslexicon „Dizionario corografico compilato dal 
Amato Amati^' mit einem Atlas, dem man bessere Kartenzeichner 
i^ünschen möchte; den zweiten Theil die „Trattati sdent^d 
9ull' häHa^\ TtVL diesen gehören dann auch Monographien über 
die verschiedenen Epochen der italienischen Litteratur, De 



— 92 — 

Sanctis in seinem oben citirten Artikel über Settembrini sagt, 
so lange es an Monographien fehle, werde man eine erschöpfende 
Geschichte der italienischen Litteratur nicht unternehmen können. 
Die Monographien über einzelne Schriftsteller mehren sich nun 
aber mit jedem Jahre, und man war somit berechtigt, in dem 
1871 erscheinenden ersten Hefte von Bärtoli's „Primi due 
secoli della letteratura italiana" den Anfang jener erschöpfenden 
Greschichte zu erblicken. Aber schon das erste Capitel dieser 
nun fast ausgefüllten Rubrik der Italia zeigte Spuren einer 
kritiklosen Compilation (vergl. Eecension d'Ancona's N. Ant. 
XVni, 443) und die Folge hat bewiesen, dass der florentiner 
Professor die für eine solche Arbeit nothwendige Ausdauer 
nicht besitzt. Es klingt unglaublich, aber es ist buchstäblich 
wahr, dass der Autor über Dante's Divina Commedia nichts, 
aber auch gar nichts sagt, sondern seine wissbegierigen Leser 
(p. 367 — 432) mit einer durch gelegentliche Flickzeilen noth- 
dürftig zusammengefügten Kette von meist recht langen Citaten 
aus dem Inferno, dem Purgatorio und dem Paradiso zu befrie- 
digen sucht ! ! Fünfundsechszig Seiten und 3257 Verse aus 
einem Buche, das jeder Leser wenigstens in einer Ausgabe 
besitzt ! Auf einen solchen Gedanken ist meines Wissens noch 
kein Compilator von Litteraturgeschichten verfallen. Ueber 
Petrarca hat der Verfasser etwas zu schreiben geruht. Aber 
auch diesen Abschnitt beginnt er mit der Erklärung, über 
Petrarca seien gegen zweitausend Bände geschrieben worden, 
selbstverständlich könne diese Stoffmasse nicht bewältigt werden, 
man suche Petrarca am besten in Petrarca's Werken, indem 
man ihn selber reden lasse. Hienach hat De Sanctis eine sehr 
überflüssige Bemerkung gemacht, wenn er auf die Nothwendig- 
keit der Einzelnforschung hinweist! Noch überflüssiger ist es, 
für Bartoli's Buch 20 Liren zu opfern. — Die folgenden Perioden 
sind bearbeitet oder in Aussicht gestellt von Invernizzi (il 
risorgimento dal 1375 al 1494, bisher 12 Lieferungen), Canello 
(1494-1595), Gargiolli (1595— 1748), Carducci (von 1748 
bis heute). Wie ich vernehme, wird die „Italia" aus Mangel an 
Finanzmitteln schwerlich vollendet werden. 



— 93 — 

■ 

Zahlreich sind die Corapendien der italienischen Litteratur- 
geschichte, aber wie überall sind die meisten werthlose Compi- 
lationen. Ein einziges ist mit gründlicher Kenntniss nnd feinem 
Geschmack verfasst. Ich nenne es mit der Nuova Antologia ein 
„aureo übretto": — Raffaello Pornaciari: Disegno storico 
della Letteratura italiana, 3. Aufl., bei Sansoni, Florenz 1877. 
Hiezu gab der treffliche Verfasser 1876 einen Band: Dichiarazioni 
ed es^mpi; eine reiche Sammlung kurzer charakteristischer Stil- 
proben, welche in ihrem Zusammenhange eine Stilgeschichte in 
Beispielen bilden. Als brauchbar können ferner auch folgende 
Compendien bezeichnet werden: Ambrosöli: Considerazioni 
suUa storia della letteratura italiana ; am Schlüsse seines Hand- 
buches (Manuale). — Storia deUa letteratura italiana ad uso 
dei Licei, dal professore J. G.; Milano, Libreria arcivescovale 
1867, hübsch geschrieben und wie Fornaciari bis auf die neueste 
Zeit gehend. — Vago: Della letteratura italiana, 2. Auflage, 
Neapel 1873, anziehend geschrieben, aber ohne Vertiefung. — 
Sommario di storia letteraria ad uso dei Licei von Monte - 
fredini, Neapel 1874; knapp und nüchtern gehalten.. — In 
den Manuali Höpli erschien 1878 ein Compendium von Fenini, 
nach meiner Ansicht ganz verfehlt, da es statt der Thatsachen 
nur Reflexionen gibt und die Geschichte aus dem Kopfe des 
Autors construirt. Endlich verdienen in diesem Abschnitte noch 
genannt zu werden: Eovani: Storia delle lettere e degli arti 
in Italia, 4 Bde., Mailand 1855. — Die biographischen Artikel 
im Manuale Ambrosöli's, die Einleitungen der Anthologien von 
Zoncada und Puccianti, und De Gubernatis : Quadro deUa coltura 
italiana nel secolo XIX in Weber's: Manuale di storia con- 
temporanea, Lfrg. 11 und 12; b. Treves 1878. — Linguisti: 
Le lottere italiane considerate nella storia ovvero nelle loro 
attinenze coUe condizioni morali e civili degli Italiani, precedute 
da un breve trattato suUa Letteratura (Poetik). Salerno, 2. Aufl. 
von der N. Ant. empfohlen (1877). 

Schriften über einzelne Theile der italienischen Litteratur. — 
Barzellotti, Prof. in Florenz: La rivoluzione e la letteratura, 



— 94 — 

dentsch in Hillebrand's Italia. Der Autor, von welchem ein 
Ejitiker der Nnova Antologia behauptet, er schreibe schwer- 
fälliges Italienisch, weil er zu viel Deutsch treibe, verfolgt in 
diesem Schriftchen in ganz allgemeiner Weise den patriotischen 
Einheitsgedanken der italienischen Litteratur während der ersten 
Hälfte xmseres Jahrhunderts und bedauert am Schlüsse seiner 
Darstellung, dass man auch in Italien sich mehr und mehr 
der frivolen Bomanlitteratur zuwende. Nur Manzoni und Leo- 
pardi, meint er, bleiben noch von der ganzen Litteratur der 
ersten fünf Decennien. — G-uerzoni, Professor in Padua: II 
terzo rinascimento. Erster Band: Parini und seine Zeit. Zweiter 
Band : Die Dramatiker des XVIII. Jahrhunderts. Florenz 1874. 

— Die Geschichte des Volksliedes ist 1877 von Rubieri 
und 1878 von D'Ancona geschrieben worden. Letzterer ist 
instructiv, Eubieri moralisirt. — Die neuesten Bomane bespricht 
De Gubernatis in einem kurzen Artikel der deutschen 
Rundschau 1877. — Rizzini: Studi sul Romanzo, Chiari 1867. 

— Die Ursprünge des Dramas behandelt mit gewohnter Rhe- 
torik Emiliani-Q-iudici: Storia del Teatro, Lemonnier 1869 ; 

— mit gewohntem Wissen D' Anco na, Professor in Pisa, in 
seiner Sammlung italienischer Mysterien, 3 Bde., Florenz 1872 
und in: Origini del Teatro, Florenz 1877. lieber die Mysterien 
schrieb auch Lumini, Prato 1875. — Bartoli (I primi due 
secoli p. 183): „Vediamo con piacere che si comincia qualche 
studio serio sulla storia della letteratura drammatica italiana. 
H Signor Vicenzo de Amicis ha pubblicato una memoria sulla 
imitazione latina nella commedia italiana del XYI. secolo, Pisa 
1871, nella quäle promette un lavoro speciale suUa derivazione 
della commedia deir arte dai mimi e dalle attellane'\ 

Birtoli: I precursori del rinascimento, Florenz 18'f7. — 
Castagnöla, Prof. in Rom: Delle presenti condizioni del 
teatro e della poesia drammatica 1869. — August Franchetti's 
geistreiche Rassegna drammatica in der Nuova Antologia seit 
1866. — Trezza, Prof. in Florenz: Studi critici 1877. Einiges 
über neuere Litteratur. — (Lombardi): Saggio sulla storia 
della letteratura italiana nei primi 25 anni del secolo XIX, 



— 95 — 

Mailand 1831. — Die litteraturhistorischen Capitel von Villari's 
Macchiavelli und von Capponi's G-eschichte der Bepublik 
Florenz. — Camerini's Profili. — HiUebrand's Italia s. den 
Abschnitt Culturgesohichte. 

Schriften über die Lüleratur einzelner Ptomnzen: 

Vasella in seiner Geschichte Siena's: Die Litteratur der 
Senesen. Siena 1862. — Foscarini: Della letteratura veneziana 
(1854). Lnigia Codemo-&erstenbrand: La letteratura di 
Venezia (1872). — Prina: Sulla Letteratura lombarda, Florenz 
1871. — Vallauri: Storia della poesia in Piemonte, und: Storia 
delle Universität e delle societä letterarie in Piemonte. — Alessio 
Narbone: Storia della letteratura siciHana ; über diese seither 
Pitr6 und Scinä. — Spotorna: über die Litteratur Liguriens. 

Artikel der Nuova Antologia über ital. Litteraturgeschichte : 

1866. (I): Brofferio über Paolo Fambri's Aufsehen er- 
regendes Lustspiel: II caporale della settimana. — (H): Dali' 
Ongaro über Brofferio. — (HI): Fanfani: La Grusca e la 
lingua. 

1867. (IV): pag. 399: Taine's Urtheil über die italienische 
Litteratur kritisirt. — Carducci, drei Artikel über: La varia 
fortuna di Dante, Dante's Schicksale bei der Nachwelt. — 
Ueber den Dichter Giuseppe Maccari (gest. 1867, Oct. 27). — 
(V): Fanfani: La poesia giocosa seit Dante, zwei Artikel. 

1868. (Vni): Imbriani über Berchet. Im Anfange des 
Artikels eine gewiss übertriebene Darstellung des französischen 
Einflusses auf Italien. — (IX): De Sanctis: über Petrarca 
und die franz. Monographie von Mezieres. Derselbe über 
den letzten Puristen Puoti (Neapel). 

1869. (X): De Sanctis über Settembrini. — (XI): Gino 
Gapponi über die Geschichte der italienischen Litterärsprache. 
Salvatore Bonghi: Le prime gazette d'Italia. — v (XII): 
D'Ancona: über toscanische Volksschauspiele. 

1870. (XTTT): De Sanctis über ein italienisches Mysterium, 
welches Ebert und Klein bearbeitet haben. — (XV): E. For- 
naciari über Sacchetti. — De Sanctis über Pietro Aretino. 



— 96 — 

1871. (XVI): De Sanctis über Tasso, Ariosto. — (XVII): 
Fanfani über ßenato Fucini: „H poeta popolare". — De 
Sanctis über Foscolo, Metastasio. — ■ (XVIII): De Sanctis 
über Parini. — Camerini: I precursori del Goldoni. 

1872. (XIX): De Sanctis über Manzoni. — (XX): II 
G-abinetto Vieusseux (p. 931). 

1873. (XXII): B arz eil otti über Mario Pratesi(p. 247).— 
(XXTTT): Fornaciari über Guidiccioni : Die Einleitung eine 
lichtvolle Rundschau des XVI. Jahrhunderts. 

1874. (XXV): D' Anco na über Cecco d' Angiolieri , den 
Humoristen des XIV. Jahrhunderts. — Casetti über Gravina, 
drei Artikel. — (XXVI): Mamiani über Petrarca und die 
moderne Dichtkunst; er verlangt von dieser letztern: 1) soda 
virilität e fede neUa [spiritualitä. Der italienische Realismus 
wird auch von Andern im Namen der Kunst angegriffen; 
2) pensiero meditative assetato di scienza; 3) ritorno all' amore 
della lingua dei classici. — (XXVII): Tribolati über Batacchi: 
Un novellista toscano del secolo XVCU. „Die Noten werden 
in der Separatausgabe folgen". 

1875. (XXIX): Tabarini über Gino Capponi's Geschichte 
der Republik Florenz. — Rajna über die Quellen des Ariost 
(Genealogia dell' Ariosto). — Puccianti über den Realismus 
in der Poesie. — (XXX): Ca ix über CiuUo d'Älcamo. 

1876. (XXXI): Fornaciari: Pucci und die Volksdichtung 
im XIV. Jahrhundert. — Fanfani über Petronius ■ Ueber- 
setzungen. — Am Ende des XXXI. Bandes: Generalindex 
der ersten dreissig Bände der N. Antologia. [NB, 
Das Epitheton „Nuova" erklärt die Existenz einer früheren 
„Antologia", welche Gianpietro Vieusseux 1821 — 1832 
herausgab (48 Bde.). Ihr folgte als Fortsetzung das Archivio 
storico.J — (XXXTT) : Fanfani: La letteratura critica del 
popolino. — D'Ancona: II secentismo nella poesia cortigiana 
del secolo XV. — (XXXIII): Gnoli: Nerone nell' Arte con- 
temporanea. — De Sanctis über MacchiaveUi. Er nennt ihn 
bezeichnend: la negazione del Rinascimento. — Tirinelli: Le 
commedie deir Ariosto. — G n o 1 i : La Rima e la poesia italiana. 



— 97 — 

1877. (XXXIV): Guerzoni: Napoleone I e il suo regno 
dltalia. — (XXXV): Villari: H Einascimento italiano nel 
secolo XV. Ein Capitel aus seiner Monographie über Macchia- 
velli. — (XXXVI): Zumbini: Del sentimento della natura 
nel Petrarca. — Piccardi: Del teatro ital. contemporaneo. — 
Gnoli über den römischen Satiriker und Dialektdichter Belli 
(1791—1864). 

1878. (XXXVn): Zumbini: L'Africa del Petrarca, in 
mehreren Artikeln. 

Der Propugnatore, eine philologisch-historische Zeit- 
schrift, erscheint seit 1868 in Bologna. Die Firma ßoma- 
gnoli ist ein Publicationsherd für die Antiquitäten der italieni- 
schen Litteratur. Man sehe die zwei Sammlungen: „Scelta di 
Curiositä" und: „CoUezione di opere inedite o rare dei primi 
tre secoli della Lingua", edirt von der königlichen Commission 
„dei Testi di Lingua". 

Neben dem Propugnatore und der Nuova Antologia 
ist die von De Gubernatis gegründete E-ivista Europea für 
unseren Gegenstand ebenfalls von grosser Bedeutung. Hier er- 
schienen 1872/73 die Biographien von De Gubernatis: Ricordi 
biografici. Eine litterarische Wochenzeitung „LaEassegna 
s et tim anale" erscheint in Florenz seit dem 1. Januar 1878. 

Monographien und deutsche V eher Setzungen. 

Dante's Leben von Scartazzini, Biel 1869; — von 
Wegele, Jena 1865; — von Fraticelli, Florenz 1861; — Paur: 
über die Quellen zur Lebensgeschichte Dante's, 1862. — Oza- 
nam: Dante et la philosophie catholique du XIH® si^cle, 1845. 

— Fauriel: Dante et les örigines de la langue et de la 
litterature italiennes 1854. — Carducci: La varia fortuna di 
Dante (drei Artikel der N. Ant. IV. Dante's Schicksale im Urtheile 
der Nachwelt). — Dante e il suo secolo, zwei hübsche 
Bände, Florenz 1865, eine von Verschiedenen verfasste Jubiläums- 
schrift. — D'Ancona: I precursori di Dante, Florenz 1874. 

— Uebersetzungen von Kopisch, von Philaletes (König 
Johann von Sachsen), von Carl Witte 1865, von Bartsch 

Breitinger, Rat. Litifrärapraehe» 7 



— 98 — 

1877, englisch von Longfellow (Tauchnitz Edition). — Blanc: 
Vocabolario dantesco, Florenz 1877. — Caverni: Voci e modi 
nella Divina commedia del uso popolare toscano, Florenz 1877. 
— Ferruzzi: Manuale dantesco, 5 Bde., Bassano 1866 ff. — 
Petzhold: Dante-Bibliographie seit 1865, Dresden 1873. 

Petrarca's Lehen von Geiger, Berlin 1874; — von 
Körting 1878, als erster Band einer Litteraturgeschichte Italiens 
im Zeitalter der Kenaissance. Studien über Petrarca von De 
Sanctis; — von Mezieres, Paris 1868; — von Zumbini, 
Neapel 1878. — Deutsche Uebersetzungen von Förster, von 
Kekule, von Biegeleben, von Krigar. 

Boccaccio's Leben von Landau 1877. Derselbe über 
die Quellen des Decamerone 1869. — Uebersetzung von Carl 
Witte, Brockhaus 1859. — Lettere edite ed inedite, aus dem 
Lateinischen von Corazzini, Florenz 1877. 

Burchiello von Mazzi, Bologna 1877. — Castiglione 
von Bottari, Pisa 1874. — Macchiavelli's Leben, erster 
Band, von Villari, Florenz 1877, deutsch von Mangold; — 
Studien von Giova, Florenz 1874; — von Passerini, Florenz 
1873; — von Nitti, Neapel 1876. — Ariosto. Le fonti deir 
Ariosto von Eajna, Florenz 1876; — Ariosto's Leben von Pipoli, 
Ferrara 1875. Die beste deutsche Uebersetzung von Hermann 
Kurz. — Michelangelo und seine Zeit von Hermann Grimm, 
eine classische Monographie. Eine populäre Jubiläumsschrift: 
Eicordo al popolo italiano, Florenz 1875. — Tasso's Leben 
von Serassi (1790) wird immer noch neu aufgelegt; bei Barbera 
1858. — Studien über Tasso von Cecchi, bei Lemonnier 1877 ; — 
von Ovidio, Mailand 1875; — über Tassö*s Wahnsinn schrieb 
Cardona 1873. -^ Paravia: Tasso in Turin. 1846. — Deutsche 
Uebersetzungen von Gries, von Streckfuss, von Duttenhofer. 

Ueber Goldoni schrieb Molmenti, Mailand 1875; über 
C. Gozzi's Märchen (fiabe): Magrini 1876; über Forte- 
guerri's Satiren: Procacci, Pistoja 1877. — Vieusseux 
fand einen Biographen in Tommaseo, Giusti in Frassi 1859; 
hier findet sich ein gutes Capitel über die Entwicklung der 
Satire in Italien. Giusti's vortrefflicher Uebersetzer ist Paul 



— 99 — 

Heyse (Berlin 1875). — Leopardi's Gedichte wurden über- 
setzt von Hammerling 1866, von Paul Heyse 1878. Studien 
über Leopardi von Giozza (1876), von Bouch6 le Clercq, Paris 
1874; von Zumbini: Leopardi presse i Tedeschi 1876; ein Ar- 
tikel Heyse's in der Rundschau 1878. 

M a n z n i. Bibliographie von Vismara. Biographische Stu- 
dien von Marc Monnier, Revue des deux Mondes 1873 ; — von 
Prina 1874; — von Bersezio 1873. — Guerazzi. Studien 
von Bosio 1877 und von Fenini 1874 ; beide Arbeiten in Mai- 
land erschienen. — Ippolito Nievo von Paul Heyse (Nord 
und Süd 1877), von Molmenti, von Erminia Fuä-Fusinato. — 
Im Weiteren verweise ich auf die oben angeführten Artikel der 
!Nuova Antologia. — Baudissin hat sechs Stücke von Gozzi^ 
Gherardi und Giraud übersetzt (Ital. Theater, Leipzig 1877). 
— Kaden: Italiens Wunderborn (Uebersetzungen italienischer 
Volkslieder, Stuttgart 1878). Von Aleardo Aleardi hat 
Pfarrer Kitt in Bergamo eine sehr gelungene Uebersetzung 
geliefert. Sie erschien ohne Namen des Autors bei Schweig- 
hauser in Basel. 

Ausgaben italienischer Classiker. 

Erste Ausgabe der Divina Commedia : 1472; des Can- 
zoniere P-etrarca's: 1471; des Decamerone: 1471; des Orlando 
Furiose: 1516; der Gerusalemme liberata, 1581. 

Die Sammlungen von Lemonnier, Barbara undSon- 
zogno; des Letzteren: Biblioteca economia, una lira al volume, 
von Camerini (gest. 1875) dirigirt und mit guten Einlei- 
tungen versehen. — Desselben Verlegers : Biblioteca romantica 
economica, una lira al volume, zeitgenössische Romane. — Col- 
lezione di commedie con Stenterello, Flor., Salani, 6 Bde. — 
Die Sammlungen von Brockhaus in Leipzig und von G. Franz 
in München. 

Die ältesten Dichtungen und die Volkslieder Italiens geben 
D'Ancona und Comparetti in den beiden Sammlungen : „Rime 
antiche" (Bologna, Romagnoli) und: Canti e racconti del popolo 
italiano (Löscher) heraus. Auch Carducci und vor ihm Trucchi 

7* 



— 100 — 

(Prato 1846) und Tigri (Florenz 1859) haben solche Samm- 
lungen herausgegeben. Eine häufig citirte Sammlung älteren 
Datums: „Poeti del primo secolo della lingua italiana", Firenze 
1816. Ohne Namen des Autors. 

Dante. Mit Commentar von Fraticelli, Barbara 1877 
(nur 472 lire). — Von Scartazzini mit Commentar bei Brock- 
haus 1877. — Kritischer Text von Carl Witte (2 Thaler), 
Berlin, Decker 1862. — Mit Commentar von Bianchi: Le- 
monnier 1868 (6 lire). — Schulausgabe der Divina Commedia 
bei Barbera mit Noten (2 lire). 

Die Ausstattung dieser wohlfeilen Ausgaben der vier grossen 
Dichter ist weit besser als bei Sonzogno. 

Opere minori, 3 Bde. von Fraticelli, Barbara 1861. 

Petrarca. Rime, krit. Auszug von Carducci, Livorno 

1876, mit Noten; — Epistolse von Trucassetti, Lemonnier 
1859. — Schulausgabe der Rime bei Barbara mit dem Commentar 
von Leopardi und den Noten von Ambrosöli. 

Boccaccio. Decamerone, Brockhaus, 2 Bde., 1865; — 
von Fanfani bei Lemonnier 1857; — von Dazzi, Schulausgabe, 
2. Aufl., Florenz, Barbara 1868. 

Macchiavelli, nach Decret der toscan. Regierung von 
1859 auf Staatskosten herausgegeben von Polidori, Passerini 
und Fanfani. Der Plan des Ganzen s. N. Ant. XI (October 1869), 
Artikel von Mamiani auf das Centenario von 1869. 

Ariosto. Orlando, von Casella mit Noten, Barbara 

1877. — Opere minori, von Polidori, Lemonnier 1857; Com- 
medie e Satire, von Tor toi i, Barbera 1858. — Schulausgabe 
des Orlando in einem Bande mit Noten und Index von Bolza 
bei Barbara 1876. 

Tasso. Edit. Lemonnier, Barbara; bei Brockhaus von 
Scartazzini 1871. — Schulausgabe bei Barbera (lira 1,10). 

Leopardi. Eine vollständige Elzeviredition der Gedichte 
von Chiarini 1869. Livorno. — Ed. Lemonnier, — Brockhaus. 

Giusti. Zwei commentirte Ausgäben einer Auswahl der 
Gedichte von Fanfani (für Schulen und für Nicht-Toscaner) 
bei Carrara 1877. — Eine vollständigere Ausgabe der Gedichte 



— 101 — 

von Fioretto mit gutem Commentar und Einleitungen, bis 
jetzt zwei Bände, Verona 1876. Ausgabe der Prosawerke bei 
Lemonnier 1859. 

Manzoni. Opere varie, 1845. Diese Ausgabe erklärt der 
Autor selbst in der Vorrede als die authentische und definitive. 
Die beiden Texte der Promessi sposi (der lombardische von 
1825 und der toscanische von 1840) von Professor Froljli 
interlinear zusammengestellt (Milano 1877). Billige Ausgabe 
von Cdrcano (Kichiedei, una lira!). 

Französische und deutsche Werke über itcU. LittercUur geschickte, 

Saint- Evremont: De la com^die italienne, 1689; — 
Riecoboni: Histoire du thiätre Italien, 1727, 2 Bde.; — 
Villemain: Tableau de la Litt6r. du moyen äge, 2 Bde., 1828 ; 

— z an a m : Documents inedits pour servir k THistoire litt^raire 
de ritaüe depuis le YUt jusqu'au XHI* siede, Paris 1850; — 
Bathery: Influence de Tltalie sur les lettres fran§aises, Paris 
1853; — Fauriel: Dante et les origines de la langue et de 
la litt^rature itaüennes, 1854, 2 Bde.; — Vapereau: Diction- 
naire des Contemporains, 1858, 1861, 1865; — Moland: Mö- 
llere et la Com6die italienne, Paris 1867; — Ph^larfete 
Chasles: Verschiedene essaiistische Studien. — Die Handbücher 
der ital. Litteraturgeschiohte von Etienne (Hachette 1875) 
und Perrens (1865) haben wenig selbstständigen Werth; weit 
bedeutender ist A. Eoux: Histoire de la Litt. ital. contempo- 
raine, 2 Bde., Hachette 1874. — Mar c-Monnier's treffliches 
Buch : L'Italie est-elle la terre des morts ? Hachette 1860, ent- 
hält auch Abschnitte über die Litteratur. 

Bouterweck: Geschichte der Poesie und Beredsamkeit 
seit dem Ende des XIII. Jahrhunderts, Göttingen 1801 — 1819. 
Conrad v. Orelli: Beiträge zur Geschichte der ital. Poesie, 
Zürich 1810. — Blanc: Italienische Litteratur, bei Ersch und 
Gruber. — A. Wolff : Die ital. Nationallitteratur, Berlin 1860. 

— Johannes Scherr: Allgemeine Geschichte der Litteratur, 
5. Aufl., 2 Bde., 1875; und die XJebersetzungsproben in Des^ 
selben: Bildersaal der Weltlitteratur, 2. Aufl., 1869. — Klein: 



— 102 — 

G-eschichte des Dramas. — Ruth: Geschichte der ital. Poesie, 
Brockhaus 184*1. — Georg Voigt: Die Wiederbelebung des 
classischen Alterthuras, 1859, hat schöne Abschnitte über Dante, 
Petrarca, Boccaccio. Kurz vor diesem erschien Jakob Burk- 
hardt*s Cultur der Renaissauce, dritte Aufl., 1878, 2 Bde.; 
ital. von Valbusa, Sansoni 1876. — Körting: Italienische 
Litteratur der Renaissance, I. Bd.: Petrarca, 1878. 

9. Uebersetzungen. 

Der greise Andrea Maffei aus Verona ist der Vater der 
heutigen Uebersetzer Italiens genannt worden. Schon 1818 über- 
setzt er, kaum siebzehnjährig, Gessners Idyllen; dann: Frag- 
mente der Messiade, 1827 die Braut von Messina, später auch 
Byron, eine Uebertragung, die wie Hannibal Caro's Aeneis und 
Monti's Iliade in die Reihe der „Belle infedeli" gehört. Noch 
um 1870 erscheint Maffei mit kleinen metrischen Uebersetzungen 
in der Nuova Antologia. Ja 1876 taucht der Greis mit einer 
Anakreon-Uebersetzung auf; das erinnert an die Erotik des 
99jährigen Hafis! 

Cä3;cano in Mailand (geb. 1812); nach dem „Vicar of 
Wakefield" schrieb er 1839 den ersten „romanzo intimo" Ita- 
liens (Angiola Maria). Carcano's Shakespeare -Uebersetzung 
(1873 sqq. bei Höpli in Mailand) hat eine grosse Lücke der 
italienischen üebersetzungslitteratur ausgefüllt. Als Rusconi's 
Hamlet (Prosaübersetzung, col testo inglese di riscontro, Le- 
monnier) 1867 in siebenter Auflage erschien, bemerkte die 
Anzeige der N. Ant., dies sei neben dem Macbeth das einzige 
bisher ins Italienische übersetzte Stück des grossen englischen 
Dichters. 

1873 begann der Venetianer Pasqualigo eine Ueber- 
setzung Shakespeare's , welche die N. Ant. sehr günstig be- 
urtheilt. 

Neben Shakespeare sind es namentlich Göthe, Heine und 
Hammerling, die gegenwärtig die Italiener beschäftigen. Ueber 
italienische Faustübersetzungen s. einen Artikel in der Gegen- 



— 103 — 

wart (Juni 1878) und N. AntoL (XXm, 1873) einen Artikel von 
„Emma". Daneben notire ich noch: 

Guerrieri- Gronzaga (der üebersetzer des Taust): 
Erminio e Dorotea; — Varese: Gröthe's Tasso, Flor., 1876. 

SchiUer's lyrische Gedichte übersetzt Gandini, Modena 
1869; — Bürger's BaUaden: Varese, Flor. 1870. — Heine ist 
von Zendrini aus Bergamo, jetzt Prof. der ital. Litteratur 
in Palermo, und dem sprachgewandten Prof. Chiarini in 
Livorno (Atta Troll, 1877) übersetzt worden. Zendrini's Artikel: 
„Heine und seine Ausleger" (N. Ant. XXVII) zeugen von 
tüchtigen Studien. 

Hammerling's Ahasver hat 1877 nicht weniger als drei 
üebersetzer gefunden. Diejenige des Veronesen Bettolini 
soll die beste sein. 

Eine Bibliographie der altern Uebersetzungen ist oben 
angeführt worden. Neben ^m alten Rufe von Davanzati's 
Tacitus, Firenzuola's Apulejus, Marchetti's Lucrez, Monti's 
Ilias etc., haben sich die Uebersetzungen des Plautus von Ri- 
gutini und Gradi, die des Terenz von Gradi (1876), des Juvenal 
von Vescovi (1875, Flor.), des CatuUus von Bocci (Paravia 
1874, besser als die von Eapisardi, Lemonnier 1875) einen 
Namen gemacht. S. auch Fanfani über ital. Petronius-Üeber- 
setzer (Artikel der N. Ant. XXXI, wo der Petrönius-Kritiker 
Bücheier als „Signor Beucheier" aufgeführt wird). — Settem- 
brini hat im neapolitanischen Kerker den Luzian meisterhaft 
übersetzt. 

Emma Landini (eine in Florenz residirende lombardi- 
sche Schriftstellerin) und Camerini haben der N. Ant. eine 
Reihe von Artikeln über deutsche und englische Schriftsteller- 
grössen geliefert. 

.lO, Geschichte, 

Muratori's (geb. 1672) Sammlungen: Antiquitates ita- 
licsß medii aevi ; Annali dltalia ; und : Rerum italicarum scrip- 
tores. 



» / 



— 104 — 

Die ältesten Urkunden Norditalieiis in dem unter Carl Albert 
angefangenen Sammelwerke: Historiae patriae Monu- 
menta, seit 1836. 

Die Aechtheit der ältesten italienischen Chroniken ist heute 
sehr in Zweifel gestellt. Vgl. Bernhardi: der falsche Spinelli, 
1868; — Schefer über Malespini, 1874; — Grion (Prof. 
in Verona, Dalmatiner) über Dino Compagni; gegen ihn Carl 
Hegel 1875 , der * die Aechtheit Dino's zu retten sucht. In 
dieser Frage schrieb auch Fanfani 1875 und Del Lungo 
1877. 

Die älteren italienischen Geschichtsschreiber nennt die 
Litteraturgeschichte. Von den Neueren seien erwähnt: 

Carlo Troya, Neapolitaner (gest. 1 858) : Geschichte 
Italiens im Mittelalter bis zu Carl dem Grossen. — Cesare 
Balbo (gest. 1853): Sommario della Storia dltalia (1845 in 
zwei Monaten für eine Turiner-Encyclopädie geschrieben), Lau- 
sanne 1846; Settembrini (III, 413) nennt es „prima storia 
nostra organica". 

Cantü. Storia degli Italiani. Aus dieser Compilation hat 
der ultramontane Weltgeschichtsschreiber grossentheils wieder 
seine ital. Litteraturgeschichte compilirt. Desselben: „Gli Eretici 
in Italia" behandelt speciell die italienischen Ketzer. 

Der Lombarde Litta'(gest. 1852) schrieb ein monumentales 
Werk über die berühmten Familien Italiens. 

Gino Capponi (1792 — 1876). Storia della repubblica 
di Firenze, 2 Bde., Barbara 1875 (über sie Tabarini N. A. XXIX). 
Ein Capitel des mit Spannung erwarteten Werkes hatte die 
N. A. (XVII) publicirt: der Aufstand der Ciompi 1378. — 
Mit Gino Capponi ist eine ehrwürdige florentiner Generation 
ins Grab gesunken, diejenige Vieusseux's, Lambruschini's, 
Tommaseo's. Fornaciari, Disegno 252, nennt ihn „uomo di 
mente non tanto profonda quanto acuta e fornita di un criterio 
rarissimo, largo di soccorsi agU uomini illustri che nel tempo 
delle persecuzioni politiche riparassero a Firenze, promotore di 
riforme civili e di utili pubblicazioni". 

Villari (geb. 1827 in Neapel, d. Z. Professor in Florenz), 



— 105 — 

ist der grösste gebende Historiker Italiens, gross als Kritiker 
und als Schriftsteller. Seine Popularität stand 1866 in ihrem 
Zenith nach der Publication seiner berühmten Fingschrift: 
„Di chi la colpa?" Dort ertheilt Villari dem neuen Italien die 
liosung: „Modestia — Volontä — Lavoro". Sein Savonarola er- 
schien 1859—1861, sein MacchiavelU 1877. — Villarrs Briefe 
"über das Elend der italienischen Bauern und der Proletarier 
in Neapel gingen letztes Jahr durch die ganze italienische 
Presse, um — ohne practische Resultate zu bleiben! 

Der Senator Ercole Ricotti hat neben seinen Special- 
werken über piemontesische Geschichte auch Schulbücher ver- 
fasst: Compendio di storia patria, bis 1861 reichend, 12. Aufl., 
Milano 1875; und: Breve Storia d'Europa e specialmente dltalia 
al 1861, 12. Aufl., Milano 1876. 

Ferdinand Kanalli: L'Italia dopo 1859, Lemonnier 
1875, ist in strengem Kathederton geschrieben. 

Michele Amari (geb. 1806 in Palermo, 1864 Unter- 
richtsminister) : Monographien aus der Geschichte Siciliens und 
Süditaliens. 

Das schon genannte Unternehmen: L'Italia etc. hat für 
die Section der Geschichte folgendes Programm aufgestellt und 
zum Theü schon ausgeführt: 

Bertolini: Storia antica (744 Seiten). — Derselbe: 
I Barbari (392 Seiten). — Lanzani: I Comuni (bis heute 
16 Liefgn.). — Cipolla: Le Signorie (612 Seiten). — Cosci: 
Le preponderanze straniere (612 Seiten). — A. Franchetti: 
Storia moderna, 1789—1799 (bis heute 10 Liefgn.). — Silin- 
gardi: Storia moderna, 1799 — 1814. — Bertolini; L'Italia 
dal 1814 al 1870 (bis heute 2 Liefgn.). 

Die italienische Geschichte seit 1814 haben überdies der 
Eomagnole Farini (gest. 1864) und der Sicilianer LaFarina 
(gest. 1863) behandelt, Letzterer als Fortsetzung seiner „Storia 
d'Itaüa narrata al popolo italiano". 

Der Senator Atto Vannucci in Florenz ist Verfasser 
der Monographie: I Märtiri della liberta italiana dal 1794 al 
1848, Lemonnier 1860. 



— 106 — 

LombrosoeBesara: Storia di dodici anni (1848 — 1861), 
4 Bde., Milano 1861. 

Gregorovius' G-eschichte Rom's im Mittelalter wird 
seit 1872 von Bertolini übersetzt. Desselben: Lucrezia 
Borgia fand einen Widersprecher in Capelletti, Pisa 1876 
(vgl. N. Ant. XXVI, Artikel von Emma über L. Borgia). 

lieber Italiens Geschiclite im XIX. Jahrhundert s. die 
Werke von Ruth und von Keuchlin. 

Caracciolo; L'Evo moderno, italienische Geschichte bis 
Umberto L Napoli 1878; für Gymnasien. — Saltini: La 
Storia italiana narrata ai giovinetti. Florenz 1875. 



Die Legenden der Heiligen sind insofern für uns von einiger 
Bedeutung, als in der älteren und der neueren Litteratur 
mitunter auf dieselben angespielt wird, so z. B. in Franceschi's 
Dialogen der Lingua parlata (In Cittä, ed in Campagna). Wo 
soll der Erklärer sich Rath holeui ? Das grosse Repertorium der 
BoUandisten ist zu weitläufig und steht nicht in seiner Biblio- 
thek; der Dizionario Strafforello's (Milano, Treves 1877, ein 
ital. Bouillet) ist kurz gehalten, wie der Dizionario storico von 
Ladvocat (Bassano 1806). Gute Dienste thun Antonio Ce- 
sari's Piori di storia ecclesiastica , und eine alte Legenden- 
sammlung: Collezione di Leggende inedite scritte nel buon 
secolo della lingua toscana. Bologna 1855, 2 vol.; — s. auch 
bei Zambrini die Artikel : Leggenda, Leggende, Collezione etc. 
— Professor Pornaciari in Florenz schreibt mir, er kenne keine 
neuere, gutgeschriebene, der katholischen Jugend bestimmte 
Sammlung dieser Art. Ich verweise schliesslich auch auf fol- 
gende deutsche Werke : Ikonographie Gottes und der Heiligen 
von Wessely. Leipzig 1875. — Die Attribute der Heiligen, 
alphabetisch geordnet, Hannover 1843. — Stadler und Heim: 
Vollständiges Heiligenlexikon. Augsburg 1858 sqq. — Helms- 
dorfer; Christliche Kunstsymbolik und Ikonographie. Frank- 
furt a./M. 1839. 



— 107 — 

11. Geographie. Statistik. 

DeGubernatis bei Weber: Manuale di storia contempo- 
ranea p. 894: „Ebbero giä molta voga TAtlante statistico 
del Serristori, la Geografia d'Italia del lilarfllocchi, buono 
scrittore nel tempo stesso che dotto geografo, e quella dello 
Zuccagni Orlandi, e meritö una parte delle lodi che gli furono 
date il Dizionario geografico di Carta. Buoni trattati elementari 
pubblicarono ancora De Luca, Schiaparelli, Eicotti e Mini". 

Alberti: Descrittione di tutta Italia, Bologna 1550. Ein 
grosser Theil dieses Buches befasst sich mit der alten Geographie 
des Landes. 

Die trefflichen Reisehandbücher von Gsell-Pels, drei 
Bände, Hildburghausen 1877. 

Annuario italiano, bei Sonzogno, ein Verzeichniss ent- 
haltend : I comuni del Regno, Servizio postale, telegrafico, stazioni' 
ferroviarie e lacuali, ordinamento giudiziario, parlamento nazio- 
nale. Calendario. Anno primo 1875. 

Stato del Personale addetto alla pubblica istruzione del 
ßegno dltalia (officiell), mit einem alphabetischen Namens- 
register. — Pederzini: Studi sopra le nazioni e sopra Tltalia, 
1862, Turin. 

Stoppani: II Bei Paese, conversazioni suUe bellezze na- 
turali, la geologia e la geografia fisica dltalia, mit Illustrationen, 
populär und reichhaltig, Mailand 1876. 

Pozzi (Lehrer an einer turiner Industrieschule): L'Italia 
nelle sue presenti condizioni, Milano 1875. Etwas unpractisch 
eingerichtet, ohne Register, aber fleissig und sehr brauchbar. 
Der Verfasser stützt sich namentlich auf die Arbeiten der zwei 
verdienten italienischen Statistiker Correnti und Maestri (p. 90 
Anmerkung). 

12. Sitten und Cultur. 

Baretti. Gritaliani ossia relazione degli usi e costumi 
dltalia. Der Autor starb in London 1789. Auch seine Prusta 
letteraria (1763 — 65) ist von culturhistorischem Interesse. 



— 108 — 

Mastriani. I vermi di Napoli, studi sopra le classi peri- 
colose di Napoli 1863, in Romanform k la Dumas, aus welchen 
gewisse Effectscenen entlehnt sind ; sehr schlecht gedruckt. 

Die Academie von Modena stellte die Frage : Wie ist der 
italienischen Trägheit beizukommen? Dino Carina (Lucca 
1870) und Carlo Lozzi (Turin 1871) antworteten mit ihren 
Monographien: „Dell' Ozio in Italia". — Der Yorick des Fan- 
fulla (Advocat Ferrigni in Florenz) vereinigte 1877 eine An- 
zahl Feuilletons unter dem Titel: „Su e giü per Firenze", 
Barbara. Sie enthalten u. a. gelungene Volksscenen und an- 
ziehende Sittenbilder. — Giuliani's Buch: Del Üso vivente 
etc. enthält auch Sittenschilderungen. 

Cantü. n carnevale italiano, der Jugend geschildert, 
Milano 1872. * 

SerraG-ropelli. Le cinque piaghe dell' Italia. Discorsi 
cihque, Milano 1869. Polemische Antwort von De Vincenti, 1870. 

Alfani. H carattere degli Italiani, Firenze 1878, zu allge- 
mein gehalten, um instructiv zu sein. 

Das berühmte Buch von Massimo d' Azeglio (gest. 1866): 
I miei Ricordi (Barbara, 2 Bde., 1868) enthält viele Sitten- 
schilderungen, besonders aus dem Römischen. 

Marc-Monnier. L'Italie est-elle la Terre des Morts ? Ein 
Gesammtbild der modernen italienischen Cultur, Hachette 1860. 
— Marc-Monnier ist Franzose von väterlicher, Italiener von 
mütterlicher Seite. Lehrreich sind Desselben Artikel in der 
Revue des deux Mondes: Naples et le Brigandage de 1860 k 
1864. — La politique et la litterature k Naples 1830 — 1865. — 
LltaHe k l'oeuvre de 1860 k 1868. 

Umilta (Prof. in Neuchätel, Schweiz): Camorra e Mafia, 
ein interessantes Bild der socialen Verhältnisse des heutigen 
Italiens, Paris, Sandoz 1878. Der Verfasser stammt aus Reggio 
in Emilia. — Onufrio: La Mafia (N. Ant. XXXIV). Mafia bedeute 
Beherztheit, also mafiose = bravo. Cammora sei = Capo scelto 
al giuoco della mora). 

Grregorovius. Wanderungen in Italien, 3 Bde., besprochen 
von Emma (N. Ant. XX). 



— 109 ^ 

Artikel der Nuova Antologia. 

(Vlii). Ueber den Einfluss Frankreichs auf die italienische 
Cultur, Imbriani im Artikel Berchet. — (XI). Die florent. 
Sitte des „Verde", Novelle von DalT Ongaro. Unrichtig 
nennt der Verfasser den „Verde" eine Myrte, statt „Buchs". — 
(XTT). Guerzoni über die Presse Italiens. — (XTTT). Gabelli 
über das Schulwesen, vgl. von Demselben sehr anziehend ge- 
schriebene Artikel (Bd. XXTT und XXIV). — Ueber denselben 
Gegenstand Villari (XXTTT) und De Sanctis (Eine Schule 
in Neapel, XX). — Ueber die Eefprm der Gymnasien (XXXTTT, 
XXXIV). — Ueber die italienische Philosophie: Trezza, 
Professor in Florenz (XTT), vgl. Marianii'La philosophie con- 
temporaine en Italic, Paris 1868. — Lampertico: Die Statistik 
Italiens (XXTT). — Ueber das Seewesen (marineria) (XVUl, 
XXIX). — Terenzio Mamiani: II fatto e il da farsi degl' 
Italiani (XXIX). — Vgl. noch im Eegister (XXXI) die Namen 
Magliani (über Centralisation), B r o g 1 i o (über die Geschäfts- 
ordnung des italienischen Parlamentes). — Branchi: über die 
italienische Magistratur (XII). — Rajna: Die romanischen 
Litteraturen an den italienischen Universitäten (XXXVII). — 
Bär: La miseria a NapoU (XXXIX) 1878. 

Italia, herausgegeben von Carl Hillebrand in Florenz. 
Erster Band, ^lusgegeben am 15. October 1874. Leipzig, Här- 
tung und Sohn. Die Vorrede dieses heute vier Bände zählen- 
den Unternehmens nennt als Zweck des Sammelwerkes, das 
lebendige, gegenwärtige Italien dem deutschen Leser in einer 
Reihe kleiner Monographien itaKenischer und deutscher Schrift- 
steller vorzuführen. Die Arbeiten Ersterer sollen in guten 
deutschen Uebersetzungen geboten werden. „Wir mögen noch 
so viel Statistiken, Gesetzestexte und officielle Berichte lesen; 
Der Schlüssel fehlt uns, der uns die Thüren des wahren Ver- 
ständnisses öf&iet. Auf's Verstehen aber, nicht auf's Wissen 
kommt's an. Den Deutschen einen Blick in das innere Wesen 
der italienischen Gegenwart zu vermitteln, ist ein Hauptzweck 
dieser Sammlung", 



./ 



— 110 — 

Dieser erste Band enthält folgende für uns wichtige Auf- 
sätze : Manzoni's Verlobte und der historische Roman in Italien 
von DeGrubernatis. — Die litterarische Bewegung in Italien 
seit 1848 von Barzellotti. 

Der zweite Band (1875): Die philosophische Bewegung 
Italiens seit 1860 von Fiorentino. — Das italienische Theater 
seit 1848 von Torick (Advocat Ferrigni in Florenz). 

Der dritte Band (1876): lieber die geistige Nahrung des 
italienischen Volkes von Lioy (Statistik des Buchhandels, der 
Zeitungen u. s. w.). — Die Streitfrage über die italienische 
Sprache von Caix. 

Verweilen wir einen Augenblick bei diesem letzten Artikel, 
welcher auf 34 Seiten eine bündige Geschichte der Theorien 
über die italienische Nationalsprache und ihr Verhältniss zur 
Lingua parlata bietet. Die rationalistische Schule (Cesarotti — 
Monti — Perticari — Gherardini) mit ihren Gegnern den Puristen 
wird gut gezeichnet, einlässlich sodann die manzonische Theorie 
behandelt. Ihre erste Formulirung entdeckt der Verfasser in 
dem Buche des Grafen Galvani aus Modena : „Zweifel über die 
Wahrheit der Theorie Perticari's" (1834). Galvani stellt darin 
folgende Grundsätze auf: „Die italienischen Schriftsteller müssen 
in Zukunft aus zwei Quellen schöpfen. Die erste ist das Wörter- 
buch; die zweite ist die lebendige Sprache, und zwar die- 
jenige, welche in ihren Grundzügen der classischen Schrift- 
sprache am ähnlichsten ist, d. h. die toscanische". Die 
Arbeiten und Tendenzen von Niccolini, Tommaseo, Giusti, 
Carena, Tigri, Giuliani und Fanfani zeugten bald für die nach- 
haltige Wirkung von Galvani's Theorie. Keiner aber schloss 
sich ihr begeisterter an als Manzoni. Die Einseitigkeit der 
Proposta von 1868 richtet Caix treffend mit den Worten : „Es 
handelt sich nicht um eine Umwälzung der Sprache, sondern 
um eine Entwicklung, die den Dialekt zur Würde einer natio- 
nalen Sprache erhebt, nicht eine nationale Sprache zu einer 
Mundart erniedrigt". 

Der vierte Band der Italia erschien 1877, Von be- 
sonderem Interesse sind die Artikel : „Was die Ausländer 



— 111 — 

in Italien nicht bemerken" von P. Villari. — Die italieni- 
sche Gerichtsordnung von Luchini. — Italiens moderne 
Lyriker von Günther von Freiherg. — Ebenda werden 
W. Lang 's Transalpinische Studien 1875 warm empfohlen. 
Sie enthalten Aufsätze über Cavour, Niccolini, Dante, Man- 
zoni u. a. 

W e b e r ' 8 Handbuch der zeitgenössischen Geschichte 
(1815 — 1870) übersetzt und erweitert von Canini: „Con Tag- 
giunta di un quadro della coltura ital. nel secolo XIX di A. D e 
Gubernatis, Milano 1878. 

Giusti: Eaccolta di Proverbi toscani, Firenze 1853. — 
Gradi: Proverbi e modi di dire toscani dichiarati con racconti, 
112 Seiten, Paravia. 

Gaetano Pacchi: Cose vecchie sempre unove, 1874, 
Paravia. Unter diesem nichtssagenden Titel hat der elegante 
Autor ein anziehendes Buch über die Cultur und die bürger- 
liehen Pflichten des neuen Italiens geschrieben, welches der 
italienischen Jugend dasjenige bieten will, was die Franzosen 
„Instruction civique" nennen. 

Giamb. Giuliani: Moralitä e poesia del vivente lin- 
guaggio della Toscana, enhält wie Desselben oben angeführtes 
Buch: Sul vivente linguaggio della Toscana, Vieles über tos- 
canische Sitten. 

Castiglione: II libro del cortigiano, Venedig 1528. — 
Giovanni della Casa: II Galateo, Venedig, 1558; — 
„Galateo" ist appellativer Titel italienischer Anstandsiehren ge- 
worden. Die von der Marchesa Colombi verfasste: „La 
gente per bene", Turin 1877, verdient das Aufsehen, welches 
sie gemacht. Vergl. auch Franceschi: In cittä e in cam- 
pagna, p. 422. 

Celso Fraschi: Deir Educazione. Flor. Gaston 1868. 
Gespräche in der nachlässigen Jorm der lii^gua parlata. 

Giulia Molino: Educazione della Donna, drei Bände, 
Turin, 3. Aufl., 1870. 

Luisa Paladini: Manuale per le Giovinette italiane, 
Lemonnier, einfach und schön geschrieben. 



— 112 — 

Die verschiedenen in elegantem Italienisch verfassten Stu- 
dien von Mantegazza, Professor in Florenz, über die Physio- 
logie des Lehens. 

Tommaseo: Dizionario morale. — Bianohetti: Dello 
scrittore italiano. DegU uomini di Lettere. Dei Lettori e dei 
Pariatori (Lemonnier). 

Celesina (Bibliothekar in Grenua): Storia della pedagogia 
italiana, 2 Bde., 1874, enthält im zweiten Theile interessante 
Beiträge zur Kenntniss des heutigen Italiens. 



— 113 



Nachträge nnd Berichtignngen. 



Die zwei bibliographischen Publicationen von Löscher, deren 
kleinere (das BoUettino bimestrale) das Resum^ der grösseren 
bildet, Orientiren heute wohl am besten über die neuen Er- 
scheinungen der italienischen Litteratur. Das Buch von Falorsi : 
Guardare e pensare, hat die Nuova Antologia ungünstig be- 
urtheilt. Zur deutschen Litteratur italienischer Schulbücher 
wäre etwa noch nachzutragen: Die Grammatiken von Possart 
(Stuttgart 1837), von Franceson (Leipzig 1853), Petit (Breslau 
1862), Eeinhardtstöttner (1868), Pozetti (Conversationsgram- 
matik, Leipzig 1867), Adolph (Elementarunterricht, Wien 1861). 

— Die Lesebücher von Ife (Berlin 1839), Filippi (Nürnberg 
1854), Pellegrini (Triest 1856), Zamboni (Wien 1861). — Teatro 
italiano, zwei Hefte (Leipzig 1875). — CoUezione di scrittori 
italiani, 4 Hefte von Eeinhardtstöttner (Leipzig 1869 ff.). — 
Biblioteca moderna italiana von Sauer (Leipzig 1878), bis jetzt 
drei Bändchen ; scheint dem längst gefühlten Bedürfnisse nach 
Schullecture aus der modernen Litteratur entgegen- 
kommen zu wollen). — Storia di Carlo XII, eine üebersetzung 
des voltaireschen Werkes von Filippi (Nürnberg, ohne Datum). 

— Bertoni, Handbuch der deutschen und italienischen Umgangs- 
sprache (Wien 1853). — Carrara, Erzählungen in deutscher 
Sprache zum Uebersetzen in's Italienische (München 1844). — 
Handelscorrespondenz von Ahn (Köln 1872). — Cärcano, il 
consigliere in affari (Triest 1864). 

Sandrini, das italienische Vorwort und Zeitwort (1858). — 
Fogolari, Conjugation des italienischen Zeitwortes (Leipzig 1866). 

— Zur Litteraturgeschichte : Professor Graf in Turin hat eine 
Abhandlung über die wissenschaftliche Behandlung der Litte- 
raturgeschichte (1877 bei Löscher) geschrieben. — Die Litteratur- 
geschichte von E. Notari (3 Bde., Bologna, 2. Aufl. 1878) 
wird von den „Ultramontanen" gerühmt. 



Inhaltsverzeichniss- 



Mrmtem Capitel. Entwicklung der Litterärspraehe . . . pag. 1^60. 

Ursprung der poetischen Sprache 1. — Eingreifen der Toscana 5. — 
Dante's Schrift von der Vulgärsprache 6. — Petrarca 10. — Entwicklung 
der Prosa 11. — Die Lingua parlata in der Litteratur 16. — Die Re- 
naissance. Bembo^s Theorie 23. — Die Grammatiker und die Crusca 30. — 
Der französische Einfluss. Cesarotti 35. — Die Puristen 43. — Manzoni 
und die Lingua parlata 47. — Texte der heutigen Lingua parlata 47. 

Zweites Capitel. Bibliographie der Htilfsmittel . . . pag. 61—113. 

Sprachgeschichte 61. — Specialwörterbücher 65. — Grammatik 67. — 
Philologische Studien 76. — Deutsche Lehrmittel 78, und Nachträge 113. 
— Phraseologie 80. — Anthologien und Lesebücher 81. — Rhetorik und 
Poetik 83. — Bibliographie der Litteratur. — Litteraturgeschichte 89. — 
Monographien und deutsche üebersetzungen 97. — Ausgaben der Classiker 
99. — Französische und deutsche Werke über italienische Litteratur- 
geschichte 101. — üebersetzungen der Italiener 102. — Geschichte 103. — 
Legenden 106. — Geographie, Statistik 107. — Sitten und Cultur 107. — 
Nachträge 113. 



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