Skip to main content

Full text of "Denkschriften"

See other formats


DENKSCHRIFTEN 


DER 


KAISERLICHEN 


AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 


PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE  CLASSE. 


SIEBENUNDDREISSIGSTER  BAND. 


MIT  ZWÖLF  TÄFELN. 


WIEN,  1881) 


I  N     C  ()  M  M  1  S  S  1  ()  N     BEI     F.   T  E  M  P  S  K  Y 

r.UCTITIÄNDI.EK   DER    KAIS.  ,\KAnKMIE    PER   WISSENSCHAFTEN. 


AS 


Druck  von  Adolf  Holzbausen, 
»   k.  Hof    und  Uriivcr.iull,.Buchdrucker  In  Wien. 


INHALT. 


Erste   Abtheilung. 

Abhandlungen   von   Mitgliedern   der  Akademie. 


> 


Soitö 


Miklosich:  Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen. 
(Griechisch,  albanisch,  rumunisch,  bulgarisch,  serbisch,  kleinrussisch,  gross- 
russisch, polnisch.)    Nachtrag 1 

Hößer:  Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne,  Don  Pedro 
Luis,  erster,  tmd  Don  Juan,  zweiter  Herzog  von  Gandia  aus  dem  Hause 
Borja 89 

Bühler:       Ueber   das  Leben    des  Jaina    Mönches    Hemachandra,    des    Schülers    des 

Devachandra  aus  der  VajraöakhA 171 

Zweite  Abtheilung. 

Abhandlungen   von   Nicht-Mitgliedern. 

Müller:       Epigraphische  Denkmäler  aus   Arabien.     (Nach  Abklatschen  imd   Copien 

des  Herrn  Professor  Dr.  Julius  Euting  in  Strassburg.)    Mit  12  Tafeln.     .  1 

Wessely:     Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm 97 


Erste  Abtheilung*. 


Abhandlungen  von  Mitgliedern  der  Akademie. 


DIE 

TÜRKISCHEN  ELEMENTE 


IN  DEN 


SÜDOST-  UND  OSTEUROPÄISCHEN  SPRACHEN. 

(GRIECHISCH,  ALBANISCH,  RUMUNISCH,  BULGARISCH,  SERBISCH,  KLEINRUSSISCH, 

GROSSRUSSISCH,  POLNISCH.) 


D^    FRANZ   MIKLOSICH, 

WIRKLICHEM  KIIGLIEDE  UER  KAISERLICHEN  AKiDEMlE  DER  WISSENSCHAFTEN. 

NACHTRAG  ZU  DER  UNTER  DEM  GLEICHEN  TITEL  IM  XXXIV.  UND  XXXV.  BANDE  DER  DENKSCHRIFTEN 

GEDRUCKTEN  ABHANDLUNG. 


TORGELEGT  IN  DEK  SITZUNG  AM  5.  OCTOBER  1887. 


JLJie  nachfolgende  Abhandlung  ist  ein  Nachtrag  zu  der  unter  demselben  Titel  im 
XXXIV.  und  XXXV.  Bande  der  Denkschriften  gedruckten  Untersuchung.  In  derselben 
sind  für  das  Serbische  die  Arbeiten  von  Dj.  Popovid,  J.  S.  Jastrebov  und  Mehmed  Beg 
Kapetanovid  Ljubusak  und  für  das  Rumunische  die  Studien  von  L.  Saineanu  verwerthet. 
Es  ist  ferner  auf  die  gehaltreichen  Eecensionen  von  J,  Budenz  in  den  Nyelvtudomänyi 
Közlemcnyek,  Band  XIX,  und  von  Th.  Korsch  im  Archiv  für  slavische  Philologie,  Band 
VIII  und  IX,   gebührend  llücksicht   genommen    worden. 


Erste  Hälfte. 

A. 

ab,  pers.  v_>l   Wasser,  Glanz. 

rum.  abitir,  hell,  eig.  heller:  str§lucea  maj  ahitir  ca  un  soare.     Z.  ab   1.  1. 

aba,  grober  Wollenstoff. 

nslov.  aba.  bei.     serb.  baja  für  abaja.    poln.  haba,   chaba. 

abad,  pers.  oLI,  bewohnt,  bebaut,  schön  (von   einer  Gegend). 

Vergl.  serb.  japad,  schattiger  Ort  (wohl  falsche  Erklärung).     Z.    1.3. 

abanos,  Ebenholz. 

serb.  abonos,  eban,  evanis.     klruss.  poln.  heban. 

abdar,  pers.   >lju')  wässerig,  glänzend. 

russ.  obhjari,  Mohrstoff,     obhjarinnyj.     Z.  3.  1. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  ] 


9  Franz  Miklosich. 

abdest,  Waschung. 

serb.  avdesmica,  Badetuch,     avdesli  marama.     rum.  abdes. 

aöek,  offen, 
serb.  acik. 

aömak,  türk.   ij^^T,  öffnen. 

Man  vergleicht  serb.  aciti  se  diducere  voces.     Z.   12.  3. 

ada,  Insel. 

rum.  adaliü,  Bewohner  einer  der  Donauinseln. 

'adet,  Sitte. 

rum.  adet.  Man  vergleicht  deti^  es  ist  erlaubt. 

'adzöm,  fremd,  nichtarabisch. 

serb.  aiamija  neben  adzamija.  konj  adzamija.  Jastr.  dzemoglani.  russ.  azjams.  azjam- 
skij.  poln.  adziamski  persisch:  möwi  sie  o  kobiercach,  munsztukach,  siodlach.  rum.  adzamlik, 
Dummheit,  hadzimesk.  adzemoglam. 

aförin!  bravo! 

serb.  be  aferin^  ferim. 

afjun,  Opium. 

\Vie  die  Formen  dieses  Wortes  in  den  verschiedenen  Sprachen  zu  ordnen  sind,  um 
die  Filiation  derselben  ersichtlich  zu  machen,  ist  mir  auch  jetzt  nicht  klar.  Auszugehen 
ist  vom  griech.  Sicwv  aus  öicos,  Saft,  Milchsaft:  daraus  ar.  und  pers.,  aus  einer  dieser 
Sprachen  türk.  afjun ^  aus  dem  türk.  serb.  und  magy.  Neugr.  d'^icovi  ist  w^ohl  ar.:  auf 
fX'fuöv'.  beruht  die  hulg.,  alb.  und  rum.  Form. 

aga,  Herr. 
russ.,  poln.  aga. 

agabani,  bunter  Turban,  Stoff  dazu. 

rum.  uganhani,  Art  kostbarer  Stoff.     Z.  hat  das  Wort  nicht. 

agadz,  Baum. 

russ.  karagach,  daraus   karaics. 

agel  neben  av§l,  avl^,  havl§,  Hürde. 

klruss.  ahei,  Hürde  für  Schafe,     aui  tatarische  Hütte,     poln.  aui. 

ager,  schwer. 

bulg.  agirlik,  wie  es  scheint,  Mitgift:  platja  agirlik,  türk.  agerl^k.  serb.  agr^  vom 
Menschen:  stolz;  von  Kaffeh:  stark,  agrsak,  zvrk  na  vreteno  kao  pretega.  rum.  ag§rlik^ 
angarlik,  argalik. 

agez,  Loch. 

alb.  agpzot.     ngriech.  a-^il^özi. 

atikam,  ar.  ASis>.\  plur.  von  hühn,   /iüküm,  Urtheil,  Gesetz. 
serb.  ahcam,  oberstes  Gericht,     nar.-bl.  100.     Z.  16.  1;   392.  2. 

ahval  ar.  Jl^l,  plur.  von  lial,  Zustände. 
serb.  sve  mu  jade  i  avale  kaie.     Z.  382.  1. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  3 

ayor.    Stall. 

Vergl.  serb.  neprodavno    iinu6e  zadruge  zove  se  (u    Crnoj  Gori)  stozer,  a  u  Hercegovini 
se  cuje  i  turska  rijec  akar.  Bogis.  23.  402. 

ajak,  Fiiss. 

bulg.  ajakter :   die  Bedeutung  , Botenlohn'  ist  schon  türkisch. 

a'jan,  Augen,  Magnaten. 

serb.     Die    ajani  prvaci    traten    in  Bosnien    an    die  Stelle    der  kapetani.     rum.  ajan^ 
hajan,  ajenesk. 

ajg^r,  Hengst. 

Vergl.  serb.  ohajgora,  opajgora,  unverschämtes  Weib,     klruss.  oger,  vor. 

aköe,  weisslich. 

serb.  ak,  weiss,     ak  haha,    Art  Sperber,     akmadza,  atmadza,   Jagdfalke,     rum.  akca. 

ak^ndzp  ^-s^l,  Streifer. 

serb.  akinidzija,  Art  leichter  Reiter.     MeniÄski  1.  343.     Muchl.  144. 

akran,  die  Gleichen. 

serb.  moji  dosti  i  akrami.  Volkslied,  prilika,  drug.     In  Bosnien. 

akreba,  ar.  Ljöl,  die  nächsten  Verwandten, 
serb.  akreha,   Verwandte.     Z.  78.  1. 

aktar,  türk.   sLäjI,  Krämer. 

bulg.  ahtarlfk,  Gewürzkrämerei.     Z.  76.  1. 

aktarmak,  türk.   (^.Lxil,  umladen. 

bulg.  pravja  aktarma^  umladen.     Z.  76.  1. 

al,  roth. 

nslov,  alat.  bei.     bulg.  aljan.    serb.  alev^  feuerroth.  alhasca.  herc.  357.    rum.  alik  roth. 

ala  Uli,  Schlange, 

bulg.  ala,  eine  mythische  Schlange,  Lindwurm,  zmija  jalovita.  kaß,  487,  zmija 
halavita.  mil.  38.  ala  trojeglava.  kac.  317.  hala,  Sturm,  Morse,  halosan.  toll.  serb.  aln, 
Drache,  Lindwurm,  hale,  ale.  jastr.  prohice  nas  hala  i  vremena.  petr.  109.  halovita  glava. 
ib.  dve  ale  goleme.  Volkslied.  Das  Wort,  das  bei  Z.  fehlt,  verdanke  ich  einem 
praktischen  Kenner  des  Türkischen. 

'ala,  ar.   ^^JU   über,  gegen,  für. 

serb.  alec:  selara  aled.  juk.  248.  a  Mujo  mu  aleö  prifa6aie.  539.  selam  aleöim,  alekim. 
danic.    Z.  636,  3. 

aladza,  bunt. 

russ.  aladza,  alaca,  Art  türkischer  Seidenstoff,     rum.   alac.  aladza. 

alaj,  Gefolge, 
serb.  ala,j-emini. 

alak  bulak,  drunter  drüber. 

serb.  alapaca  ist  mit  türk.  aladza  buladza  zu  vergleichen,     rum.  arahaburg,  harababur§. 


A  FkANZ    MlKLOSICH. 

alaman,  deutsch. 

alaman  ist  in  der  Bedeutung  .Räuber'  nordtürkisch  und  wird  mit  almak,  nehmen, 
zusammengestellt:  ma7i  ist  Suffix:  kodza,  kodzaman.  Dunkel  bleibt  serb.  alaman,  gierig: 
kao  alatnani  pojedose;  ebenso  alaman.  Zigeuner. 

alamet,  ar.  jLo^La  Zeichen, 

serb.  alamet,  Zeichen.     In  Bosnien.     Z.  635.  1. 

alasa,  RUcken. 

russ.  loSa.     poln.  ioszak.,  Maulesel. 

alb,  alp,  türk.  ,»*Jt,  wJI  tapfer,  Held, 
serb.  alba,  starker  Mensch.     Z.  85.  3. 

alöak,  niedrig. 

Nicht  ar.,  sondern  türk.     serb.  alcakcina,  nichtswürdiger  Mensch. 

'alem,  auch  Schmuck  am  Kleide,     nordt.  alam. 

altruss.  alams:  dva  kozuha  ss  alamy.  alams  malyj  ss  ^encugi.  serb.  od  zlata  alemi 
Vergl.  lemeta,  jabuka  na  vrhu  munare.     rum.  alem. 

'alömdar  ist  zu  streichen,     'amildar  ar.  pers.   »IjJUä. 
serb.  auch  mahdarh.    Z.  638.  2. 

alem,  türk.  JLc  Greifen,  Nehmen. 

rum.  alim,  Steuer  der  Tataren.     Z.  90.  3. 

aleS  veriS,  Handel. 

serb,  alis  veriä,  Handel,     rum.  auch  ilis.     ngriech,  d/aoßcptat. 

'ali,  ar.  ^Jlt,  hoch,  erhaben. 

serb.  a/,  visoko,  uzviieno.     Z.  637,   1. 

allah,  Gott. 

bulg.  jalahi:  ar.  jä-llaha,  o  Gott!  alb.  bismilahi:  ar.  bi  ^smi  'llahi,  in  Gottes  Namen. 
allah  idün,  ar.  |J«äjI  jJUI,  bei  Gott.  serb.  Hak  icum,  kiöeni  svatovi.  Z.  143.  1.  bilah, 
bilaj,  bogme.  bismilah.     ala  versun!  gebe  Gott!     rum.  alah,  hala,  alalah. 

alma,  türk.  kS\  Apfel. 

serb.  alma.     magy.  dlma.     7a.  91.  1. 

alt,  türk,  oJI  der  untere  Theil. 
serb.  alet,  Art  Kleid.     Z.  85.  3. 

alte,  sechs. 

russ.  altynniks,  Knicker.  altynSciks,  gewinnsüchtiger  Mensch,  altyns,  alte  Rechnungs- 
münze. 

altelek,  türk.   (jJLjT  Sechser. 

serb.  antiluk,    artiluk,    türkische    Münze    von    sechs   Groschen.     Z.  87,  2. 
alten,  Gold. 

serb,  altun.  altun-celo.  jastr.  376.  altanba,H.   russ.  dial.  bezaltynnoj.   poln.  altemhas. 
amarr,  bitter,  Leid. 

Dieses  soll  ein  gelehrtes  Wort  und  daher  hier  nicht  am  Platze  sein.  Man  denkt  an 
pers.-türk,  amar,  Rechnung,  und  meint,  ,Leid'  sei  nur  eine  ungefähre  Übersetzung. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  5 

'amedza,  Vatersbruder. 

'amme  ar.,  dia  türk.  Suffix,     serb.  adze  für  amidza.     nar.-bl.  17. 

amma,  aber. 

Durch  vergl.  it.  ma  wird  angedeutet,  dass  ngriech.  [id  und  rum.  ma  so  wie  serb. 
ma  vielleicht  it.  Ursprungs  sind.     rum.  ama. 

'ammeten,    ammöt,  allgemein. 

serb.  pomrijese  Ijudi  ametice,  ametimice.     nslov.  harnet,  ganz  und  gar.    Z.  620.  3. 

ana,  türk.  LI  Mutter. 

serb.  ana.     Z.  98.  3. 

ana/tar,  Schlüssel. 

Das  Wort  wird  von  Zenker  103.  1.  als  pers,  bezeichnet  und  türk.  ana'ftar  agas§, 
ana'ftar  oglan§^  Schlüsselbewahrer,  angeführt.   Bei  Hammer  miftahaga. 

anbar,  Scheune. 

ar.  anhär,  plur,  von  nibr,  Brotkammer.  Statt  mat.  126  lese  man  24  oder  81.  poln. 
ambar,  ivihar. 

'anbör,  Ambra. 

serb.  amber,  ambor,  ambra. 

anisun,  Anis. 

anisun  bietet  Zenker  110.  1.  serb.  anisun  mik.  klruss.  anyz;  rum.  anis;  nslov. 
janez  sind  europäisch. 

ankarijö,  Zwang. 

serb.   angarija. 

antep,  türkischer  Weichselbaum, 
klruss.  anlypka,  Holz  zu  Pfeifenrohren. 

'anteri,  Unterkleid. 

serb.  anterija,  Oberkleid  mit  langen  Ärmeln,  anteriluk,  der  für  ein  solches  Kleid 
nöthige  Stoff,  rum.  anterlik.  Hieher  gehört  auch  androk,  Vortuch,  das  sich  an  klruss. 
andarak  anlehnt,     poln.  inderak,  Unterrock,  ist  deutsch. 

ar  J  Zenker  22.  3,  nach  Herrn  Korsch   'ar,  eig.   'är. 

'araba,  Wagen. 

serb.  aucli  roba.     rabadzijska  kola. 

'arak,  ^yc  Schweiss,  Brantwein ;  auch  'arak§.,  meist  rak§.  arakcin,  Schweisstuch, 
Haube,  eig.  schweisssammelnd. 

serb.  arakcin.     Z.  627.  2.     Vergl.  rak§. 

aralaä,  ji^M  Mischung. 

russ.  eralass,  jarolass,  erolass,  Geschwätz,  Unsinn.  Anderwärts  wird  aralas  durch 
,Trennung'  übersetzt. 

aralek,  Ort,  Raum. 

serb.  araluk:  daj  mi  araluka!  t.  j.  da  malo  dahnem,  daj  mi  malo  roka. 

ard,  türk.  0*1  das  Hintere,  die  Rückseite.  ard§. 

serb.  ardija.  Ort  hinter  dem  Hause,  arkapija,  Hinterpforte.  Z.  26,  3. 


g  Franz  AFiklosich. 

areä,  türk.  ji^f  Arm,  Elle. 

Vergl.  bulg.  ar^,  jarfi,  Deichsel,     klruss.  arasi,  Deichselstangen.     Z.  28.  1. 

arg    und   ar§k    bietet  Zenker  28.  2.   in    der  Bedeutung:  Furche,  Graben  usw. 
russ.  jaruga  (ovrags),  Schlucht,  eruga,  jarugs,  Bach,    krutojars,  steiles  Ufer.    magy.  drok, 
Graben,  slovak.  jai'ok.     Vergl.  rum.  a/f,  Art  Grube  und  ja7\ 

argamak,  edles  Pferd. 

russ.  argamakö,  orgamaks :  so  heisst  jetzt  die  beste  Pferderasse  Mittelasiens,  argamak 
lautet  nach  Muchl.  110.    nordtUrk.  uruhmak,  woher  poln.  rumak. 

arka,  Rilcken,  Beschützer. 

Nach  russ.  ist  arka  zu  streichen,  arhaluks,  Art  Hausrock,  klruss.  archaiuk.  rum. 
arka,  Beschützer. 

armagan,  Geschenk, 
serb.  auch  ormagan. 

armjak,  Art  Kaftan. 
poln.  auch  jarmak. 

arnavad,  Arnaut. 
klruss.  arnaut. 

aroba,  nordtUrk.  ju»l  Spreu. 
poln.  oroh.  Fehlt  Z.  Muchl.  97. 

arpa,  Gerste. 

serb.  arpakasa,  das  auch  im  magy.  ärpakdsa  vorkommt:  der  türk.  Ursprung  des 
serb.  Wortes  ist  demnach  nicht  zweifellos,  arpahik,  Gerstengeld,  Gnadengehalt :  davsi 
mu  sandzak  hercegovacki  za  arpaluk,  a  to  znaci  turski  zob.     Milakovic  97. 

arslan,  Löwe,  arslan  grus  bei  Hammer. 

serb.  arslanija,  Art  türkische  Münze,  magy.  oroszlän  scheint  auf  der  älteren  Form 
arfslan,  arszldn  auf  der  jüngeren  arslan  zu  beruhen. 

artmak,  mehren. 

serb.  arta,  Rest,  arterisati,  übergreifen,  nadmasiti,  überbieten,  artovati,  berathen, 
hofmeistern. 

'arza,  Darreichung, 

serb.  arzi-mahzar,  Art  Denkschrift,  rum.  arz,  harz,  Bericht,  arzmahzar^  arzumagzar, 
Collectivgesuch . 

'arzuhal,  P^ingabe. 

bulg.  herzoval.  serb.  arzohal,  arzuhal,  arzovan,  rzoval.  rum.  arzuhal,  arzihal,  arzahal, 
arzaval,  harzoval,  Gesuch, 

asaba  jl^oä  ar.,  Seitenverwandte,  Art  der  Erbschaft. 

serb,  hasaba,  in  Montenegro  jener  Theil  des  väterlichen  Vermögens,  der  nicht  auf 
die  Töchter  übergeht,  auch  stozer  genannt,  dahin  gehört  das  Haus,  die  Tenne,  der 
Garten,  der  Stall  usw.     Z.  630.  2. 

'agi,  Rebell. 

serb.  vrlo  se  je  asi  ncinio.   Volkslied,     poasiti  se,  pohasiti  se,  sich  empören. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  7 

'askör,  Heer, 
rum.  asker. 

asma,  Aufhängen. 

serb.  asmaluk,  asmanluk,   Waldrebe. 

asar  wil  ar.,  übermässige  Freude,  Ausgelassenheit. 

serb.  asarija,  vraguljasto,  saljivo  momce.     herc.  157.  357.     Z.  53.  3. 

a'äar,  Zehent. 

serb,  usur,  Zehent.     Vergl.  \sr. 

asdz§,  Koch. 

serb.  akcija,  ascija.  asluk.  petr.  1.  598.  für  und  neben  -fariluk,  Kosten;  hasluk  juk. 
619;   asluciti  sind  zu  jardz  zu  stellen. 

'aä^k,  verliebt. 

serb.  auch  esak,  Extase.  asikluk.  Was  bedeutet  asikovina?  Da  ja  imam  gusle  javorove 
i  gundalo  od  asikovine.  Ungedrucktes  Volkslied. 

asikare,  pers.  s.UCil  öffentlich,  offen. 

serb.  asicare,  eskero  offenbar,  Öffentlich.     Z.  55.  1. 

'askile,  mit  Liebe. 

ile  ist  türk.  Präposition  ,mit',  '  ask. 

at,  Pferd. 

rum.  at,  hat.  atmajdan.  Statt  ät)i5a  ist  ä.z\rfi  zu  lesen  und  für  atlu  wohl  atl§  zu 
setzen. 

at6s,  Feuer, 
serb.  ates,  feurig. 

atlas,  glatt,  Atlas. 

serb,  atlas.     poln,  attas,  das  auch  europäisch  sein  kann.     rum.  atlaz,  aklaz. 

auen,  nordtürk,  Getreidedarre,  Riege  ostroum. 

russ,  ovins,  Art  Scheune,  Korndarre.  Reiff  638,  alt:  moljatb  sja  predd  ovinoms  i  vilams 
sbom.  saec,  XVI,     moljath  sja  ognevi  preds  ovinoms. 

av,  Jagd. 

serb.  avanica,  wohl  ptica  lovica,  Jagdfalke,     kohac  avanica.     rum.  avdziü,  Jäger. 

avle,  Hof. 

serb.  avliste.     Vergl,  ag§l. 

az,   klein. 

az  im  bulg.  azbafca  und  im  serb.  azhasca  ist  nach  Herrn  Korsch  wahrscheinlich 
Tiazz  \  ergnügen,  da  az  in  der  Bedeutung  ,klein'  nicht  vorkommt,  sondern  immer  nur 
,wenig'  bedeutet.  Die  Ansicht  wird  bestätigt  durch  haz-bahce^  bei  Jastr.  Mit  türk.  az, 
azdzi  verbinde  ich  bulg.  azcelija,  geizig  mil, 

azad,  frei. 

Das  unter  azad  angeführte  bulg.  azadziji  ist  nach  Herrn  Korsch  eine  Verdrehung 
des  ar.  'izaz,  plur.  von  'aziz^  ein  Vornehmer, 


g  Franz  Miklosich. 

azde,  pers.  8*>y,  durchstochen,  gestickt,  bunt. 

serb.  azdija,  Art  langes  Oberkleid:  kolasta  azdija.  hazdija  danic.  Nach  Vrcevid 
ist  azdija  zlatan  lanac  oko  vrata,  was  unrichtig  ist. 

'azeb,  ar.  k_>yfi,  der  Ehelose. 

serb.  azap,  ehedem  unverheirathete  Soldaten.     Z.  628.  1. 

azmak  ^LeJ,  Bach. 

bulg.  azmak,  hazmak,  Morast  ger.     alb.  yasmak. 

azmak,  sich  verirren. 

serb.  azgin,  gewaltthätig,  abtrünnig,  azman.  azmanovit. 

azder,  Schlange,  Drache. 

Herr  Korsch  zieht  die  Ableitung  vom  avest.  azi  dahäka  der  vom  pers.  plur.  azdaha 
vor,  weil  azdaha  als  sing,  verwendet  wird,  serb,  auch  ezder,  azda.  rum.  azder.  griech. 
adschder,  mariup. 

B. 

ba,  türk.  L,  interj. 
serb.  ba.  Z.   156.   1. 

baba,  Vater. 

serb.  od  habazemana,  seit  alter  Zeit,  babaljko.  bahovina.  babovic.  rum.  baba.  babaka, 
babaku. 

badem,  Mandel. 

russ.  badems,  Art  Nuss.    ' 

bad  heva,  unentgeltlich. 

nslov.  badav:  alt  da  je  vec  za  badav.  Volkslied  aus  Ungern,  bvdg.  badihava.  serb. 
badiava,  badiala,  badijala.  Jastr.  zabadava,  zabandava.  Mit  serb.  bambada  ist  zu  ver- 
gleichen türk.  bom  in  bom  bos,  ganz  leer,  bom  bol  usw. 

badia,  nordtürk.  Weinkrug. 

poln.  badja.     rum.  badie,  Korb,  Schachtel. 

badz,  Gabe,  Zoll. 

serb.  bardarina  für  bazdarina.  petr.  3.  130.  132.  serb.  badzafer,  babadzafer,  Laza- 
reth  in  Ragusa  (nach  einer  brieflichen  Mittheilung  P.  Budmani's). 

badia,  Rauchfang, 
rum.   b(;dzak,  badzak§. 

bag,  türk.   cb  Band,  Bund. 

serb.  baff.     In  Bosnien.     Z.   167.   1. 

bag,  pers.   clo  Garten. 

serb.  bag,  Garten,  Weingarten.     In  Bosnien.     Vergl.  bagca.     Z.  167.   1. 

bagazija,  ai-.  ^oväU  Art  Zeug. 

poln.  bagazyja.  bagazjowy.     Fehlt  Z.  Muchl.  5. 

bagöa,  zu  schreiben  «tsv^iU. 

serb.  basta,  bajca.  baitovan,  baicokan.  klruss.  baStan.  poln.  basztan.  rum.  bagca, 
bakievan.     ngriech.  jAxay-asßdvoi;. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  9 

bahader,  hadur,  tapfer,  Held. 

wruss.  bohatyr.  lit.  bagotirus ,  reicher  Mann.  poln.  bohater,  bohaterz,  Held,  mongol. 
bahatvr.  tat.  bahadyr.     Muchl.   12.     rum.  bahadtrk^. 

bayt,  Glück. 

serb.  batuna,  Glück,  baksuz,  unglücklich:  pers.-türk.  bayts§z.    ngriech.  [>.T:a.y-ri\i.a  Pass. 

baj  böjük,  türk.  J^  ^L  zu  gross. 

russ.  bajbaks,  Faulenzer,     poln.  bajbak.     Fehlt  Z.     Muchl.  5. 

bajflmak,  in  Ohnmacht  fallen. 

serb.  bajaldisati,  bailisatl  se,  in   Ohnmacht  fallen. 

baj§r,  Hügel. 

bulg.  bajrak.  serb.  bair,  Ufer,  klruss.  bajrak,  Waldthal:  po  ternach,  po  bajrakach. 
poln.  bajor,  stek  biota,  kaluza.  Muchl.     rum.  bajur,  bair,  Berg. 

bajkus,  türk.  jiJblj  Eule,  Uhu. 
bulg.  bajkus.     Z.  174.  2. 

bajmak,  türk.   ;3^b  binden,  bezaubern,  betrügen.     bajdz§,  Zauberer,   Betrüger. 
Man  vergleicht  aslov.  bajati  fabulari,  incantare,  mederi  und  magy.  bdj,  Zauber,  bdjolni^ 
bezaubern,     bäjos.,  reizend,     Z.  174.  3. 

bajrak,  Fahne. 

serb.  bajrak.  bajraktar.     rum.  bajrak.  bajraktar. 

bajram,  Bajramfest. 

poln.  bajram,  bajran,  ehedem  bajeran.  bajramy^  hulanki.  bajramoivaö,  lmla6,  jak  to 
bywa  u  Tataröw  w  bajramy.  Muchl.    rum.   bajram. 

bak^r,  Kupfer. 

serb.  bakrenica.  bakrenjaca.  obakriti.  bakarisati. 

bakkal,   Höker. 

serb.  bakalin.  bakalac.  bakcdliti.  bakalka.  bakalnica.     7j.  203.  2. 

bakkam,  rothes  Färbeholz. 

klruss.  bakan,  rothe  Cochenillfai-be.     rum.  b§kan. 

baklak,  nordtürk.  ^-^Lj  Wassergefäss  aus  Leder. 

russ.  baklaga.     poln.  bukiak.  bukiaszek.     Fehlt  Z.     Muchl.  14. 

baklava,  Blättertorte,  ist  im  ar.  ein  türkisches  Lehnwort. 

bakmak,  schauen. 

poln.  bakaö,  rufen,  vom  türk.  bak,  baka,  schau,  hakad^  wohl  rufen:  schau,  zabakaö, 
zawoia^.  Muchl. 

bakurö,  ar.  ss^L  Erstlingsfrucht. 

Vergl.  serb.  bacir,  Art  Melone.  Z,  169.  2. 

bal,  Honig. 

serb.  balane  plur.,  yde  se  med  cedi.  rum.  baldziu:  türk.  baldz§,  Honigverkäufer. 
baldzibasa.  klruss,  balmus  bedeutet  , Dichtes  (von  Speisen)'.  Dieses  wie  die  angeführten 
rum.  und  klruss.  Wörter,  sowie  poln.  balmosz,   Maisgrütze,  und  magy.  bälmas,  Art  Speise, 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  .XXXVII,  lid,  2 


[,(  Franz  Miklosich. 

sind  vielleicht  zu  bal  zu  stellen;  dagegen  sind  russ.  halmosb,  balmoch,  balomosh,  Faselei, 
das  an  balamuts ,  halamutith  und  an  türk.  bulamak  mischen ,  trüben  erinnert ,  sicher 
davon  fern  zu  halten. 

balaban,  gross,  dick,   Pauke. 

nslov.  bolvan,  idolum.  Jambr.  poln.  baiahan,  P^isenfresser,  Bramarbas,  balwan,  Götze, 
Masse,  grosse  Welle,  magy.  bdlvdmj,  Bildsäule,  Götze,  russ.  bolovans,  Steinblock,  Masse. 
bolvans,  Balken,  Puppe.  Herr  Korsch  deutet  türk.  balaban^  das  kirgis,  palwan,  balwan 
o-eworden,  aus  dem  pers.  pShlivan,  Athlet,  Streiter,  Held,  das  später  in  das  türk.  in 
seiner  ursprünglichen  Form  aufgenommen  worden  ist.  klruss.  soköi  baiaban,  Art  Jagd- 
falke, poln.  bahian,  gatunek  tvielkiego  krogulca.  rum.  b§Ieb§nos:  oM  b^l§b^,nosl.  bolovan, 
Block,    Klumpen,     serb.   balaban  kommt  auch  in  der  Bedeutung  , Schnupfen'  vor. 

balabang,    pers.    JuLj^fb,    balaban   lauten    Ton    habend,    Trommel, 
bulg.  baraban,  Trommel,    neben    t^pan.  barabanar.     russ.    barabans.     klruss.  baraban, 
taraban.     lit.  barabants.     fehlt  Z.     Muchl.  6. 

balamut,  luong.  Eigenwille,   eigenwillig. 

russ.  balamuts,  Schwätzer,     poln.  baiamut.     Muchl.   7. 

balöek,  zu  lesen  balcak. 

serb.  auch  zbaoc.     Vergl.  russ.  nabaldacniks  Stockknopf. 

balderan,  Schierling. 

Das  russ.  baldynjans  ist  das  deutsche  Baldrian. 

baiek,  Fisch, 

serb.  baluka.  baluciti.  balucka.  balikleja,  Charfreitag.  Jastr.  poln.  chodzic  na  baiuku, 
na  batyku,  auf  allen  vieren  gehen,  wie  die  Irischer  thun,  um  die  Fische  nicht  zu  ver- 
scheuchen, wenn  sie  des  Nachts  iischen.  Muchl.  rum.  baltkdis,  Fischgräte:  dis,  Zahn. 
Bei  Tzetzes:  zh  %ap(X'::a/.o6%  (woiil  für  xdf-  (i.icaXo6x)  5'  sXX'/jViaOsv  izrAic,  lyboiov  Xsyct,  zb 
y.df(jJL  Y^p  Tzöhi  a'/'jO'.x(T);,  zb  5s  xaAoöx  (ixiraXo'jy.)  r/Ö6s?.     Chil.  VIII.  v.  773. 

balija. 

Das  Wort  ist  kein  türkischer  Mannsname,    sondern    steht    für  abajlija,    türk,   'abajl§, 
abaj§l§.  Z.  621.  '6.  im  Sinne  von  ,aus  aba  verfertigte  Kleidung':    damit  wird  in  Bosnien 
der  in  aba  gekleidete  Mohammedaner  vom  Lande  bezeichnet,    nar.-bl.   17. 

bal-jömez-topu,  Art  Kanone. 

rum.  balhnez,  baljemez.  Nach  ßianchi :  canon  qui  ne  mange  pas  du  miel  (mais  qui 
d6vore  les  hommes),  volksetymologische  Deutung  eines  unverstandenen  Ausdruckes: 
nicht  deutsch  , scharfe  Metze'  bei  Hammer,  sondern  it.  ,palla  e  mezzo'  bei  Barbier,  serb. 
auch  bonomez. 

balkan,  bal/an.  hohes  Gebirge, 
serb.  bolkan.     poln.   baichany. 

balsam,  Balsam. 

poln.  baham  neben  dem  europäischen  balzam. 

bamia,  Art  Gemüse. 

serb.  bamja,  bamnja,  babnja.     rum.  bame,  bambe. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  11 

ban,  wohl  ,Hiiter'. 

Herr  Korsch  sagt:  ,Es  liegt  kaum  etwas  näher  als  das  Wort  aus  bojaii  oder  richtiger 
aus  dem  ächten  mongolisch-türkischen  bajan,  welches  z.  B.  bei  den  Avaren  und  Bulgaren 
wenigstens  als  Eigenname  gebraucht  wurde,  abzuleiten.' 

bandira,  Fahne. 

nslov.  handera.  Unmittelbar  aus  dem  it. 

bar,  Mahl. 

Herr  Korsch  möchte  eher  an  har,  Bürde,  denken,  weil  das  pers.  bar,  Mahl,  bei  den 
Türken  nur  in  gewissen,  wiederum  persischen  Redensarten  vorkomme. 

barak,  Pudel. 

serb.  kobila  barak  bedevija.   Volkslied,     klruss.  bajrak,  grosser  Schäferhund. 

barbunja,  Barbe. 

serb.  barbun.     russ.  barbunja,   barabunja,   barabidhka.     rum.  barbzm.     it.    ven.    barbon. 

bardak,  Krug. 

rum.  b§rdak,  b§rdak§.  Hieher  wird  auch  poln.  burdziuk  gestellt,  das  in  der  Ukraine 
auch  bardziak  lautet   und  das  man  vom  Deminutivum  bardadz^k  ableitet.     Muchl.   14. 

bareta,  türk.  «üo  rothe  wollene  Mütze, 
rum.  barat§,  Art  Mütze,     it.  berretta.     Z.   160.  1. 
bares,  Friede. 

klruss.  barys  Gewinn,  barysnyk^  barysivnyk,  Mäklerlohn,  wruss.  borys.  poln.  borysz, 
Leikauf.  borysznik,  Kaufzeuge,     barasznik,  barasnik. 

bar§t,  Pulver. 

serb.  barudzija,  barugdzija.     rum.  barut.  barutan§. 

bari,  einmahl. 

nslov.  bar,  barem,  klruss.  najbar,  am  wenigsten.  Vergl.  bar  und  serb.  ovaj  par, 
diesmahl.     magy.  bär  gehört  zu  dem  gleichbedeutenden  bdtor;    slovak.  bdr,  bdrs. 

barrakan,  sorte  de  gros  camelot. 

aslov.  barhaU.  serb.  brhan,  leinener  Unterrock,  russ.  barhats.  deutsch  Barchent. 
Vergl.  magy.  bdrsony,     nslov.  serb.  barsun,     rum.   barson. 

basamak,  Stufe. 

Vergl.  serb.  basati,  gaziti,  zgaziti. 
basgak,  Abgaben. 

klruss.  baskak,  Steuereinnehmer,     poln.   baskak,   Vorgesetzter.     Von   basmak. 
bask§,  Latte. 

bulg.  baskam  hacken,     sbaskuvam,  nabaskuvam  echarper. 
basma,  Druck. 

klruss.  baxaman  ist  poln.  pasaman,     it.  passamano. 
basmak,  eindringen. 

Vergl.  poln.  basaiyk,  an  der  Spitze  mit  Blei  oder  Eisen  versehene  Peitsche. 
baä,  Kopf. 

serb.  baSluk,  auch  Kopfbedeckung,  baslija,  glavata  igla.  russ.  baslykn,  kormscikn. 
baäly  ist  zu  streichen,    ilykd^  Art  Kopfbedeckung,  ist  bailyks,     poln.  sziyk.     klruss.  baslovka, 


12 


Franz  Miklosich. 


dar  iz  dobyä.     ehrest.  419.     poln.  baszlyk,  Art  Kopfbedeckung,  basa  LäL  und  pasa  U,L 
sind  auseinander  zu  halten. 

basbakikuli,  türkischer  Finanzbeamter. 

rum.  basbakikuli,  Steuereinnehmer.     Bei  Saineanu. 

baskaden,  tiu-k.  ^o\ji  jitj  erste  Favoritin. 

rum.  basardina,  basoldina,  zügelloses  Frauenzimmer,     Z.  677.  2. 

baämak,  Schuh. 

serb.  pasmag,  pasmaga.     poln.  baczmag.     rum.  pasmak. 

bastarda,  türk.  s^^yc-iü  Galeere. 

rum.  bastard^,  Art  Schiff.     Z.  1G4.  3.     Aus  dem  it. 

bat:  Zenker  bietet  ou  und  ioi. 

batak,  Morast. 

serb.  bata,  bara,  glib.  rum.  batak.  bodirl§ü,  Taucher:  türk.  bat§rmak ,  einsinken 
machen,  untertauchen,     serb.  batisati,  zu  Grunde  gehen,     ngriech.  batchar.     mariup. 

batman,  Art  Gewicht. 

bezmem  (bezmSns)  wird  von  Herrn  Korsch  von  vezne  "Wage  abgeleitet :  vergl.  cag. 
(sart.)  iväzmin,  schwer,  lett.  bezmens.  rum.  bezmin,  bezmen.  bezm§nar.  anord.  schwed. 
besman.     dän.  bismen.    Vergl.  Tamm  2.   17. 

battal,  müssig. 

serb.  batalija.  poln.  bataiaszki,  bajtaiaszki,  fraszki.    rum.  batal,  berbece  tntors.   batalama. 

bazar,  Marktplatz. 

nslov.  spazariti.  In  Unterkrain.  serb.  bazrdjan.  bazrdjance.  wruss.  bazo^rnicac.  baza- 
rinok,  bazarinka,  Geschenk,     rum.  bazargjanbasa. 

bazen,  türk.  ^.vlj  Art  Barchent. 

rum.  bazea,  Art  Stoff.     Z.  163.  1.    Aus  dem  franz.  basin. 

bazi,  pers.   ^Xj  Spiel,  Glücksspiel,  Scherz. 

serb.  bazi,  plur.  Spiel,  sat  sa  bazima  soll  die  Repetiruhr  sein,  Vergl.  bazati,  herum- 
streichen,    alb.  bast,  Wette.     Z.  163,  1. 

ba'zi,  Theil,  einige, 
serb.  bazi,  mancher, 

bazlamadz,   türk,   _UJ\Lj  dünner  Brotkuchen, 
serb.  bazlamaca,  Art  Kuchen,     Z,  163,  1, 

bebürgi,  türk,  ^^yo  Maiblümchen. 

serb.  baber,  Art  Blume:  das  serb,  Wort  ist  wohl  magy,  baber,  Lorber:  Herr  Korsch 
möchte  baber  mit  türk,  b4berijS,  ßosmarin ,  vergleichen.  Im  griech,  dixirsoxot  erkennt 
er  pers,  'ambär-boj  (btij)^  nach  Ambra  duftend, 

bed,  schlecht, 
serb.  bedena,  Übel, 

bed-du'a,  Fluch. 

serb.  bedv.ü.  beduast,  böse,  zle  cudi.     beduati  se,   einen   anfahren. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  13 

b6del,  Ersatz. 

serb.  bedelija,  Ersatz,  Äquivalent,    ngriech.  {iTCStsXtC^^sc,  ixxs^sXtCtÖs?.    Acta  et  Diplo- 
mata.     V.  202. 
beden,  Wall, 
rum.   hedean. 
bedevij,  Beduine, 
nslov.  bedovija,  arabische  Stute,     bulg.  beduh,  Hengst. 

bedz,   Wien. 

Herr  Korsch  führt  magy.  becs  in  der  Bedeutung  ,Keller'  an  und  hält  demnach  das 
Wort  für  ursprünglich  magy.  Die  gleiche  Bedeutung  findet  sich  im  rum.  becer,  care 
purta  griza  becuhij  sau  k§marej,  pivnicfrul.    oaineanu. 

beg,  Fürst. 

serb.  begoglija :  tUrk.  beg-oglu.  begum ,  Witwe  eines  grossen  Herrn :  türk.  begim. 
poln.  bej.     rum.  bejlik,  konak  turcesk. 

bögenmek,  Gefallen  finden, 
serb.  auch  begendisati.     Jastr. 

behane,  ar.  iüL^  Vorwand,  Grund. 

serb.  beana,  Ursache.     Jastr.     Z.  229.  2.      Das   Wort  ist   identisch  mit  mahana,    das 
unter  m  angeführt  ist. 
behar,     Frühling. 

serb.  behare.  sefteli  bear.     Jastr.  333. 
beit,  ar.  c^uo   Vers, 
alb.  beit,  Gedicht.     Z.  231.  3. 
b^jaz,  blanc,  carte  blanche, 
rum.  bieaz,  vieaz,  kaiserlicher  Befehl. 
bek,  türk.  dL»  fest,  hart, 
rum.  bek,  beg,  beim  Nussspiel  die  schwerste  Nuss.     Z.  204.  1. 

bekar,  Junggeselle. 

In  diesem  Worte  sieht  Herr  Korsch  das  pers.  bikdr  ohne  Werk  und  das  ar.  bikr^ 
Jungfrau  verschmolzen.      Vergl.  serb.  beöarusa,  bubuljica  na  momacku  Heu. 

böklemek,  schauen. 

V 

rum.  besli  ist  noch  nicht  befriedigend  erklärt :  Saineanu  15.  denkt  an  bas,  es  dürfte 
wie  serb.  beslija  richtiger  unter  b^s  zu  stellen  sein. 

bela,  Unfall. 

serb.  belarvesum,  ein  Schimpfwort,  ngriech.  [xiCcXtaupaviiCw  erklärt  Herr  Korsch  aus 
türk.  beljaje  ograd§  (ugrad§)^  er  hat  einen  Unfall  erlitten. 

belömek,  türk.  >iJLJL)  graben. 

russ.  beleza,  Kalfateisen,  lebeza :  die  Vergleichung  ist  unsicher.     Z.  209.   1. 

bell,  gewiss. 

serb.  besbeli  ist  pers.  bh  sehr  und  türk.  b^li. 

belki,  vielleicht. 

serb.  baljkim.  Jastr. 


14 


Franz  JIiklosicii. 


ben,  Muttermal. 

rum.  bengjii,  mursf.     benik,  atlas  pestrit. 

bend,  Band. 

serb.  benluk,  belnuk,   langes  weibliches   Frauenkleid   mit  Armein.     Blau  32    schreibt 
b^iik^  Hüftbinde,     rum.  bent,  Damm. 

bengilik,  Berauschung  durch  Beng. 
serb.  obendjati,  obendjelnciti. 

bönzer,  türk.  »Jo  gleichend;    benzU,   türk.  ^vX?  färbig. 

serb.  benzir,  benzirli  kosulje.     Jastr.  291.  292.     Z.  204.  3;  205.  1. 

beraber,  gleich. 

bar^,  alles,  und  bdr,  eins. 

börat,  Diplom. 

serb.  baratb  danio.     ngriech.  [iirspd'ciov.     rum.  berat. 

berber,  Barbier. 

rum.  berbelik.     magy.  borbebj  und  klruss.  borbil\    in  Ungern,  sind  europ. 

berböris,  ij^.y^>^  Berberitze. 

poln.  berberys,    deutsch   auch  Berbis  und  entstellt  Breiseibeere,  Peiselbeere,  Preisel- 
beere, Reiselbeere,  Fersich  u.  s.  w.     Fehlt  Z.     Muchl.  151. 

ber6k,  pers.  J^j  Tuch  aus  Kameelhaaren. 

türk.    burk   (wohl  bürk)    Art    Mantel    daraus.      russ.   burka,    Art   Filzmantel.      poln. 
burka.     Fehlt  Z.     Muchl.  15. 

berr  und  jaban,  ar.  1?  ijLjLj  wüstes  Land, 
rum.  baragan,  ödes  Land.     Z.   184.   1;   946.   1. 

berü,  hieher. 

serb.  berijakati,  um  Hilfe  rufen. 

beste,  pers.  sju^  Lied. 

rum.  besten,  Lied.     Z.   197.  6. 

beS,  fünf. 

rum.  besiik,  türkische  Münze  von  fünf  Lej. 

beäik,  Wiege. 

serb.  auch  be^a. 

b6z88tan,  Markthalle. 

serb.  bezistan,  bezisten.    poln.  bezestan,  basistan.     rum.  bezestin,  bezestie,  bezesten,  kl§dire, 
Gebäude. 

bözmek,  überdrüssig  werden. 

serb.    bezderisati,    lästig    fallen:     türk.    bezdirmSJL    bezderisati   setzt    ein    griechisches 
[LTZZZfjzrA^in,   dessen  i^w  an  hezder  angetreten. 

bezz,  Leinwand. 

russ.  bjaz'.  und  —  volksetymologisch  —  vjazh,  nach  Herrn  Korsch. 


Die  türkischen  Ei.emente'in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  15 

bekmak,  türk.  ^^  Ekel  empfinden, 
bulg.  b§ktisam,  b^ktisuvam.     Z.  203.  3. 

berlant^,  türk.  ^5^^rJ  Brillant. 

rum.  berlant  neben  briljant.     Z.  191.  2.     Aus  dem  franz. 

bibör,   Pfeffer. 

serb.  biberli.  bibernjaca.  biberdzija.     poln.  pieprz,  daher  pierny. 

bicke,  Säge. 

serb.  bicak  ist  wohl  magy.  bicsak.  bicakdzija.  rum.  bricag  scheint  eine  Verbindung 
des  rum.  bric  und  des  magy.  bicsak  zu  sein. 

biyud,  von  Sinnen. 

serb.  behut,  beut,  ubevutiti  se,  ubeutiti  se,  oheznapiti  se.  Vergl.  iznebuha,  hnebusen. 
In  Bosnien. 

bilen,  türk.  ^jJb  P^'alke,  Sperber. 

rum.  bleando.,  Art  Sperber.  Z.  209.  1.  Saineanu  vergleicht  das  türk.  bilen  und  das 
pers.  bdlend  tUJj,  hoch. 

bilözik,  Armband. 

serb.  belenzuk,  belendjuk.  belezgke.  Jastr.  189,  russ.  dial.  biziliki.  rum.  belezik.  Herr 
Korsch  denkt  bei  aslov.  behcugz  an  die  Wurzel  böl,  bil  (cag.  böldürgä,  bildilrgä,  Ring 
aus  Riemen)  und  das  Suffix  cug :  b'ölcüg.     Vergl.   magy.  bilincs. 

bilgü,  Zeichen. 

Man  führt  ein  cagat.  belek  an. 

billor,  Krystall. 

serb.  biljorka,  igla  vd  biljura. 

bilmöz,  unwissend. 

russ.  behmesz.  obehmesith,  täuschen.  Vergl.  wruss.  balbes,  Spassmacher.  baibos,  Art 
Schimpfwort,    poln.  bihnez  {wyraz  na  Podolu  vzywany)  der  Unwissende. 

bin,  tausend. 

rum.   bhnbaso. 

binek,  Reitj^ferd. 

rum.  binek.  binidziu. 

bir,  ein. 

serb.  birden.  birkatica,  Mauer  von  der  Breite  eines  Ziegels,  birlija,  Einheit:  ohne 
türk.  Vorbild.  Herr  Korsch  führt  russ.  binka,  birka,  Zahlstäbchen,  auf  bir  iki,  eins  zwei 
zurück. 

birjan,  bürjan,  pers.  ^jLj-»  gebraten,  geschmort. 

serb.  pirjan.  pirjaniti.  pirge   ispirgala.     herc.  265.     Vergl.  jedoch  prigati.     Z.  194.  3. 

birkut,  nordtürk.  <y«i^jj  Art  Adler,     burgut. 

russ.  berkuts.  klruss.  berkut.  poln.  berkut,  birkut  (unrichtig  birkui)  Art  Adler,  Gold- 
falk.     Fehlt  Z.     Muchl.  11. 

birmek,  geben. 

bulg.  bir,  für  russ.  pustb,  puzaluj,  soll  von  birmek,  geben,  getrennt  werden:  man  beachte 
jedoch  dati  in  einer  ähnlichen  Bedeutung. 


j^4  Franz  JIiklosicit. 

ben,  Muttermal. 

rum.  hengju,  murs^.     benik^  atlas  pestrit. 

bend,  Band. 

serb.  henluk,  belnuk,   langes  weibliches   Frauenldeid   mit  Armein.     Blau  32    schreibt 
bÜluk,  Hüftbinde,     rum.  bent,  Damm. 

bengilik,  Berauschung  durch  Beng. 
scrb.  obendjati,  obendjeluciti. 

bönzer,  tilrk.  .JC?  gleichend;   benzli,   türk.  JyJo  färbig. 

serb.  benzir,  benzirli  kosulje.     Jastr.  291.  292.     Z.  204.  3;  205.  1. 

beraber,  gleich. 

bare,  alles,  und  bir,  eins. 

berat,  Diplom. 

serb.  baratb  danie.     ngriech.  ixircpartov.     rum.  berat. 

berber,  Barbier. 

rum.  berbelik.     magy.  borb6ly  und  klruss.  borbil\    in  Ungern,  sind  europ. 

bei'böris,  ij^,yiy>  Berberitze. 

poln.  berberys,    deutsch   auch  Berbis  und  entstellt  Breiseibeere,  Peiselbeere,  Preisel- 
beere, Reiselbeere,  P^ersich  u.  s.  w.     Fehlt  Z.     Muchl.  151. 

berök,  pers.  Jo  Tuch  aus  Kameelhaaren. 

tilrk.    burk    (wohl  bürk)    Art    Mantel    daraus.      riiss.    burka,    Art   Filzmantel.      poln. 
burka.     Fehlt  Z.     Muchl.  15. 

berr  und  jaban,  ar,  I»  ^jLjLj  wüstes  Land, 
rum.  baragan,  ödes  Land.     Z.   184.   1;   946.   1. 

berü,  hieher. 

serb.  berijakati,   um  Hilfe  rufen. 

beste,  pers.  «ji«j  Lied. 

rum.  besten,,  Lied.     Z.   197.   6. 

beS,  fünf. 

rum.  beäik,  türkische  Münze  von  fünf  Lej. 

besik,  \Yiege. 
serb.  auch  beSa. 

bözestan,  Markthalle. 

serb.  bezistan,  bezisten.    poln.  bezestan,  basistan.     rum.  bezestin,  bezestie,  bezesten,  kl§dire, 
Gebäude. 

bözmek,  überdrüssig  werden. 

serb.    bezderimti,    lästig    fallen:     türk.   bezdirmSk.    bezderisati   setzt   ein    griechisches 
jxir=3^s,o{C"),   dessen  Ü^tn  an  bezder  angetreten. 

bezz,  Leinwand. 

russ.  bjazh  und  —  volksetymologisch  —  vjazb^  nach  Herrn  Korsch. 


Die  tCkkischen  Elbmente'ix  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  15 

b^kmak,  türk.   ^j.*äj  Ekel  empfinden, 
bulg.  b^ktisam,  b§k(isuvam.     Z.  203.  3. 

b^rlante,  türk.  i^'^j-?  Brillant. 

rum.  herlant  neben  briljant,     7i.  191.  2.     Aus  dem  franz. 

bib6r,  Pfeffer. 

serb.  biberli.  bibernjaca.  biberdzija.     poln.  pieprz,  daher  pierny. 

bicke,  Säge. 

serb.  bicak  ist  wohl  magy.  bicsak.  bicakdzija.  rum.  bricag  scheint  eine  Verbindung 
des  rum.  bric  und  des  magy.  bicsak  zu  sein. 

bi/ud,  von  Sinnen. 

serb.  behut,  beut,  ubevutiti  se,  uheutiti  se,  obeznapitl  se.  Vergl.  iznebuha,  iznebusen. 
In  Bosnien. 

bilen,  türk.  ^^Jb  Falke,  Sperber. 

rum.  bleand§,  Art  Sperber.  Z.  209.  1.  Saineanu  vergleicht  das  türk.  hiJen  und  das 
pers.  belend  JoJLj,  hoch. 

bilözik,  Armband. 

serb.  belenzuk,  belendjuk.  belezqke.  Jastr.  189.  russ.  dial.  biziliki.  rum.  belezik.  Herr 
Korsch  denkt  bei  aslov.  behcugt  an  die  Wurzel  böl,  bil  (cag.  böldürgä,  bildilrgä,  Ring 
aus  Riemen)  und  das  Suffix  cug :  bölcüg.     Vergl.  magy.  bilincs. 

bilgü,  Zeichen. 

Man  führt  ein  cagat.  belek  an. 

billor,  Krystall. 

serb.  biljorka,  igla  od  biljura. 

bilmöz,  unwissend. 

russ.  behmess.  obehmesith,  täuschen.  Vergl.  wruss.  baibes,  Spassmacher.  baibos,  Art 
Schimpfwort,    poln.  bilinez  (loyraz  na  Podolu  vzyivany)  dei'  Unwissende. 

bin,  tausend. 

rum.   bimbas^. 

binek,  Ueitjjferd. 

rum.  binek.  binidziu. 

bir,  ein. 

serb.  birden.  birkatica,  Mauer  von  der  Breite  eines  Ziegels,  birlija,  Einheit:  ohne 
türk.  Vorbild.  Herr  Korsch  fülirt  russ.  birika^  birka,  Zahlstäbchen,  auf  bir  iki,  eins  zwei 
zurück. 

birjan,  bürjan,  pers.  ^jLjvJ  gebraten,  geschmort. 

serb.  pirjan.  pirjaniti.  pirge   ispirgala.     herc.  265.     Vergl.  jedoch  prigati.     7a.  194.  3. 

birkut,  nordtürk.  «y*^jj  Art  Adler,     burgut. 

russ.  berkuta.  klruss.  berkut.  poln.  berkut,  birkut  (unrichtig  birkul)  Art  Adler,  Gold- 
falk.     Fehlt  Z.     Muchl.  11. 

birnaek,  geben. 

bulg.  bir,  für  russ.  pusti,,  puzaluj,  soll  von  birmek,  geben,  getrennt  werden:  man  beachte 
jedoch  dati  in  einer  ähnlichen  Bedeutung. 


J3  Fbanz  Miklosich. 

bujurmak,  befehlen. 

poln.  bujiirdun,  bujurdan,  Todesurtheil  mit  des  Sultans  Unterschrift,  rum.  hujurdiü. 
bujurultiü.  hujurdi,  bujurdisi  ^'erbum. 

bukage,  Fesseln, 
serb.  bukalije. 

bulak,  tilrk.  ^bl^  gemischt. 

serb.  bulog,  buloga,  Tumult,  buloziti.     7i.  224.   3. 

bulan.  bulanmak,  sich  trüben,  nicht:  trüben. 

Hieher  gehört  serb.  bulandisati,  irrsinnig  werden,  tatar.  bulamak,  trüben,  nord.- 
türk.  bidgamak,  woher  bidgak,  trübe:  russ.  hidga,  Unruhe,  Wirrwarr;  bulgacih,  bulgatitb, 
in  Unruhe  bringen,     poln.  buiany,  masci  plowej. 

bulava,  bulav,  nordtürk.  I^^^j  Keule. 

klruss.  bidavka,  äpil'ka.  wruss.  bulava,  sars  ili  jabloko  na  cerkovnoms  kupoli.  poln. 
butawa.  Herr  Korsch  erklärt  das  Wort  für  romanisch:  it.  bolla  usw.  Fehlt  Z. 
Muchl.  14.    Damit  wird  auch  rum.  bulamak,  grosse  Säule,  Pfosten,  verglichen,  mit  Unrecht. 

bulgar,  Bulgar. 

rum.  bulgari,  Juchten. 

bunduk,  ar.  ,j"jJoo  Haselnuss,  Flintenkugel. 

rum.  bondok^  klein  und  dick.  Z.  211.  3.  Die  Erklärung  ist  wenig  wahrscheinlich. 
Vergl.  türk.  funduk,  Flintenkugel,  f§nd§k,  Haselnuss.     Z.  611.  2. 

bur,  fuchsroth. 
russ.  buryj. 

bur,  Art  Seidenstoff. 

rum.  buhnr,  Art  Stoff.  Das  Zenker  unbekannte  türk.  Wort  wird  von  Saineanu  an- 
geführt.    Die  Zusammenstellung  ist  unwahrscheinlich. 

burani,  ar.  ^-jI;»j  leckere  Speise. 

serb.  boranija,  grüne  Fisolen,  Füllsel.  Dj.  Popovic  52.  führt  ein  türk.  burani,  Speise 
von  gekochten  Fisolen  mit  Fleisch  und  saurer  Milch,  an.     Z.  215.  2. 

burda,  nordtürk.  »Ox^j  trübes  Getränk. 

poln.  burda,  zam§t,  wrzawa,  halas.     Fehlt  Z.    Muchl.  14. 

burdz,  Thurm. 

rum.  burdi.     Yergl.   griech.  xüpyoc. 

bürge,  Bohrer. 

russ.  buravs,  buravh  wird  von  Herrn  Korsch  für    türk.  erklärt. 

burgul,  Grütze. 

serb.  bungurati,  Grütze  mahlen. 

buri,  Wolf, 
wruss.  birjuk. 

burma,  Schraube. 

serb.  burrnenjak,  mali  svrdliö.     burmali,  burmalija,   rund:    prstm  burmalija.     Jastr. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  19 

burnus,  ar.  (j«jvj  arabischer  Mantel. 

serb,  burnus,  Art  Mantel,  poln.  burnus.  Das  serb.  wie  das  poln.  Wort  können  aus 
dem  franz.  stammen,     bask.  albonoz.     Z.  192.  3. 

burun,  Nase. 

Ein  türk.  burnot§  aus  burun  ot§  existirt  im  heutigen  Türkisch  nicht  mehr;  es  wird 
dafür  das  arab.  enßje  gebraucht,     magy.  burnöt. 

burundzuk,  büründzük  Schleiertuch. 

Aus  diesem  Stoffe  werden  in  Bosnien  die  Trauerkleider  verfertigt,  nar.-bl.  335. 
poln.  burunczuk.     Z.  192.  2. 

bus,  pers.  ^rr?  Kuss.     bus  etmelc,  küssen. 

Man  vergleicht  poln.  buzia,  buziak,  puz,  Kuss.     Z.  219.  1.     Muchl.  15.  107. 

buz,  Eis. 

russ.  buz  ist  zu  streichen,  russ.  dial.  buzluki,  bazluki.  mat.  15.  16.  34.  türk.  buzl§k, 
huzliik. 

buza,  Getränk  aus  Hirse  usw, 

serb.  auch  boza.  bozadzija.  Vergl.  magy.  büza,  Weizen,  serb.  büza,  trüber  Wein. 
In   Sirmien.     wruss.  buza.,  Bodensatz. 

bübrek,  Niere. 

aslov.  bubregs.  Vergl.  serb.  bubalo.     Dj.  Popovic.     bubreznjaci. 

bülbül,  Nachtigall. 

serb.  biäbul,  buljbulj,  biljbilj. 

bürek,  Pastete. 

serb.  burek,  Art  Kuchen. 

bütevi,  aus  einem  Stück  gemacht, 
serb.  bitevija:  pa  on  baca  koplje  biteviju. 

V 

0. 

ßabatan,  Überziehstiefel. 

wruss.  cebot.  lett.  cabatas.  Herrn  Korsch  scheint  russ.  cobotn  nicht  pers.  zu  sein, 
sondern  mit  finnischen  Wörtern  für  .Stiefel'  (suom.  sappika,  wot.  säppoga  usw.),  also  auch 
mit  aslov.  sapogs  zusammen  zu  hängen :  der  Wechsel  zwischen  s  und  ö  sei  den  uralalt. 
Sprachen  eigenthümlich ;  b  zwischen  Vocalen  sei  türkisch.  Der  Weg,  den  das  finnische 
Wort  genommen  haben  soll,  um  in  das  russ.  zu  gelangen,  macht  die  Zusammenstellung 
wenig  wahrscheinlich. 

öaö,  äadz,  türk.  pers.   _Ls».,   —\a  Körnerhaufen. 

serb.  cadj,  cadja,  sitna  pljeva,  dünne  Spreu,     cadjavica.     Ti.  339.  1. 

öad^r,  Zelt. 

nslov.  sator,  Sotor.  bulg.  cjadqr,  cadara,  mil,  126.  serb.  cad§r.  Jastr.  satra.?ce^ 
Abgabe  für  Verkaufsbuden  ist  nach  Dj.  Popovic  türk.  cadir  akce.  sator  wird  für  eine  ältere 
Entlehnung  als  cador  gehalten,  klruss.  cadra^  Schleier  mohammedanischer  Frauen, 
cech.  Mtor,  Sdtro,  iatr.  poln.  szatr,  szatra.  lit.  cietra^  sMra,  Hütte.  ipasUra,  Schutzdach, 
rum.  cadir,  satr^.  satrar.     mrum.  cad§r.     kirg.  kat^.r.     türk,  satra,  Marktbude. 

3* 


20  Franz  Miklosich. 

daj,  Thee. 
klruss.  <^aj. 

öajer,  Wiese. 

serb.  Cair,   caira.    cairiste.     klruss.    cahar.     poln.    czair,    czahar,  czahor,    drobne  krzaki. 

öak,  bis. 

Die  Bedeutung  des  magy.  csak  ist  der  Vergleich  ung  ungünstig. 

öakal,  Schakal. 

serb.  auch  cagalj.     magy.  sakdl   ist    europ.,    ebenso    poln.  szakal.     rum.  cakal,  'cekal. 

öakalos,     tilrk.  ^J*  JLüä.  kleine  Kanone. 

rum.  Si-kfluS,  Art  kleine  Kanone,     magy.  szakallds.     Z.  359.  2. 

öaker,  weisslich. 

rum,  cakp'.  cekfrez,  öakgrie.     türk.  cak§i',   Sperber,   weisser  Falke,   ist  vielleicht  rum. 
cokfrlan,  cok^lie,  Feldlerche,     klruss.  ÖukurUj,  alauda  cristata. 

öakser,  lange  weite  Hose. 

russ.  cakciry,  rakcury,  öikciry,  cachcury,  kickiry.     poln.  czechczery. 

öale,  Gebüsch, 
rum.  caliä. 

öalma,  Turban. 

klruss.  cahna.     magy.  csalmaddr,  Lockvogel. 

äalmak,  läuten. 

Man  vergleiche  serb.  calakati,  lärmen. 

dalpara,  Castagnette. 

rum.  dzampara,  zampara,  campara. 

öam,  Fichte. 

serb.  camovina.  damuga.  camulja. 

öamaäer,  türk.  vyiUU».  Leibwäsche.     camas§rdz§,  Wäscher, 
rum.  samasirdzin^  Art  Ilofbeamter.     Z.  344.  3. 

öan,  Glocke, 
serb.  auch  coktar. 

öanta,  dzanta,  Ränzel. 
serb.  öantra.     rum.  dzantQ. 

öapken,  schnell  laufend. 

serb.  cavkun  und  öapkun.  cavkuniti.     rum.  capkin,  capin. 

öaprak,  Pferdedecke. 

nslov,   caprag.  Jambr.    Capraka.     serb.  caprak.     cech.  caprak.     lit.  sahrakas.     magy. 
csäbrdg,  zsabrak. 

öapraz,  Knopfborten. 

serb.  caprazi.  Jastr.  Vergl.  campara,  camparaga,    campraga  in  der  Bedeutung  ,Heftel'; 
klruss.  caprjaha,  cepraha,  ceprjaha,  cypraha,  Spange,    Klammer. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  21 

öapul,  tiirk.  JijLs.  Streifzug  in  Feindesland,  capmak. 

poln.  czambut^  czamhoi,  Streifzug,  w  czambui,  en  hloc.  w  czamhui  konia  puscid.  is6 
w  czambui,  w  czambule.  Auch  czwal,  cwai,  Galopp,  wird  mit  capul  in  Verbindung  ge- 
bracht, das  tat.  auch  cavul  laute,  klruss.  cambui,  reitende  Streifwache  der  Tataren  und 
der  Zaporoger  Kosaken,     rum.  cambui,  cambur,  Angriff.     Z.   337.  2;  338.   1. 

öar,  Mittel. 

serb.  cara,  care^  n.  Hilfe,  Mittel.  Z.  339.   3 ;  340.  3. 

carek,  Stiefel. 

russ.  carijkz),  Frauenstiefel,     caroks,  Art  Schuhe,     rum.  coarek,  Art  Beinkleider. 

öark,  Eadscheibe. 

rum.  carkliü,  mit  Rädern  versehen. 

carka,  Scharmützel. 

serb.  carkas.     carnuti  se,  Scharmützeln,     rum.  carkadziü,  Angreifer. 

öarkula,  dzarkula,  zarkula,  Art  Kopfbedeckung. 

Herr  Korsch  bringt  armen,  sarkulaj,  sakulaj,  cucullo  dei  dottori  armeni,  bei.  Richtig 
ist  die  Vergleichung  mit  serkidah  (zerkiolah)  goldgestickte  Haube :  zer  .v,  Gold,  und  liülah 
sUi",  Kopfbedeckung,    ngriech.  C,z^y.vj)Xn.   Hammer,  Geschichte  7.   179,  596.  Ducange. 

carsaf,  Betttuch. 
rum.  auch  carcaf. 

öartak,  Gerüst  auf  dem  Dache. 

nslov.  cerdak.  Habd.  serb.  cerdag,  loznica.  crtag^  crtog.  djerdek:  mladijence  n,  djerdek 
svedose,  Völkslied,  gdje  niladi  prvu  noc  spavaju.  nar.-bl.  341 :  aus  dem  Liede  344  ergibt 
sich,  dass  cardak  und  djerdek  dieselbe  Sache  bezeichnen.  Vergl.  gird^Jc.  altruss.  cardaks^ 
cerdakd:  azerb.  cardak^  Hütte,  klruss.  certoA,  innerer  Theil  eines  Gebäudes,  certo^,  Grenz- 
wachthaus.  cerdak,  Boden,  Verdeck.  Vergl.  magy.  csärda,  Heidewirthshaus,  das  dem 
serb.  cardak  gleichbedeutend  ist. 

cased,  türk.  <xäLä>  Spion, 
rum.  carsit.     Z.  341.   1. 

dasnigir,  casni.,  cesni,  Vorkostcr. 
rum.  cisniü. 

öatal,  Gabel. 

serb.  cntal,  Zacken,  furca.    catale. 

öatmak,  sich  verknüpfen. 
rum.  catma,  Art  Sammt. 

öat-pat,  türk.  c^L  «uLs.  dann  und  wann, 
rum.  cat-pat.     Z.  338.  2. 

öavuä,  Trabant. 

serb.  caja,  cajo.  klruss.  raus,  caus,  türkischer  Höfling,  Eilbote,  poln.  czausz,  Kammer- 
junker. 

ööhiz,  Aussteuer. 
serb.  auch  6ejiz. 


22  FrAKZ    MlKLOSICH. 

66hre,  Gesichtsfarbe. 

poln.  cera  ist  mit  diesem  Worte  unverwandt. 

6ejrek,   Viertel. 

serb.  rascereciti,  viertheilen,     rum.  cerkliü^  Art  Münze. 

Ö61iiö.  Hammer. 

aslov.  cekans,  malleus.  nslov.  cekan  und  cekel.  In  Metlika.  cech.  cekan,  Streitkolben. 
Mgaii.  obtiSek.     klruss.  (okan,  cukan,  Keilhaue,     cekan,  Streitkolben. 

öökmö,  Stiefel, 
rum.  cekmea. 

6ekmen,  Oberkleid. 

russ,  cekmeniks.  klruss.  cekman,  cekme'A,  tatarisches  Oberkleid,  poln.  czekman,  czech- 
man,  Art  Kleid,  rum.  i'ekmen.  Von  der  Nebenform  nordtürk.  sükmän  (cuvais.  suyman) 
kommt  russ.  sukmans,  poln.  siikmana.  Archiv  9.  495.  rum.  sukman,  suman,  Art  Tuch. 
magv.  szokmdny.    sokman  wird  in  der  Bedeutung  , grosse  Stiefel  der  Turkmenen'  angeführt. 

öelebi,  Herr. 

rum.  celebiü,  cilihiü. 

öelenk,  Art  Zierath. 
rum.  celengju. 

66lik,  Stahl, 
rum.  cilik. 

6ein6n,  pers.  ^J.*s>.  Wiese, 
serb.  reinen.     Z.  366.  2. 

öenber,  Reif,  Kopftuch. 

serb.  cembiluk,  Netz  gegen  die  Mücken,  türk.  ^hnher  y^^^  wird  auch  gemher  und 
gSmbr§n  gesprochen,  daher  poln,  gruhryn,  Art  Muslin  zu  Kopfbedeckungen.  Muchl.  105. 
campar,  camparaga  ist  wohl  unter  capraz  zu  stellen,  russ.  dial.  cembary  für  sahvary 
ist  dunkel,     rum.  cimbir,  öimberiü^  cimbel,  Art  Kopftuch. 

ööngi,  Harfenspieler. 

Vergl.  serb.  cingrija,  Art  Musikinstrument,     rum.   cingie,   Harfe.    cingeas§,  cingireas§. 

öenk,  Haken. 

Vergl,    serb.  f-anjak,  Stummel,      rum.  öinie  für  cingie,    Haken. 

66p,  pers.  ,_Aa.  linke  Seite,  falsch,, 

rum.  cap,  Betrug.     Z.  347,  3. 

6era-dza,  pers.  U.I>ä.  Weideplatz. 

\'ergl.  serb.  cergija.     Z.  352.  1. 

öeröi,  türk.  ^^>a.  Hausirer. 

Vergl.  rum,  cercelar,  Krämer.     Z.  353,  1.  2. 

6er6ive,  Rahmen. 

serb,  auch  öercev,  djerdjev.     rum.  cerdevea,  öuröuvea,  dzurdzuvea. 

6erg6,  Hütte,  Zelt. 

alb.  cerg^,  nicht  cergo,  daneben  cereg^..  Unerklärt  ist  klruss.  öerha,  Ordnung,  Reihe, 
Gefolge, 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Si-rachen.  23 

öeside,  pers.  der  gekostet  hat, 
tUrk.  cesit,  cesllt,  Muster,  echantillon. 

cesme,  Quelle. 

rum.  cismea.  öicmidziü,  cesmedziü. 

öevkan,  gekrümmter  Stock, 
rum.  cojan,  Stock.   Bianchi. 

cevre,  Umkreis. 

serb.  cevre,  gesticktes  Tuch:  vergl.  vezena  cevrma.  Pukler  56.  rum.  dzehrea,  dze- 
vrea,  dzivrea,  dzuvrea,  v§l  subcire. 

cegertma,  türk.  x^^*»-  Pfeife, 
serb.  cekrt.     7i.  358.   1. 

öeken,  türk.  ^ää.  Art  Sack, 
rum.  cinkina,  cokina.     Z.  360.   1. 

öekma:  jeni  c§kma,  türk.  jujjs.  ,^JQ  neue  Mode. 

rum.  jeniciknia,  kopil§  de  kurind  deßorat^.     Z.  360.   1. 

öekrek,  Ead. 

serb.  cekrkli  kosije.    Vergl,  cicjra,  Kreisel,     poln.  cyga.    magy.  csiga.    rum,  cikricniü. 

cepur,  türk,   >vaä  Spitze  von  Eisen. 

poln,  czymhury,  cijmbury,  Fesseln.     Fehlt  Z,     Muchl,   19. 

öerag,  Leuchte  usw. 

bulg.  cirak,  garcjon.     rum.  carak. 

öiöe,  Tante, 
serb.  auch  cid. 

öiöek,  Blume. 

serb.  cicak.  griech.  tschitsche.  mariiip.  klruss.  cica.  cice,  Collect,  rum.  ciciklik,  Blumen- 
parterre, ciöakliü. 

öift,  Paar,  pers,  diift,  dzuft. 

serb,  cift,  cif.  cifne  piscoli,  Jastr,  Mit  diesem  Worte  wird  russ,  ju/h,  juchtt,,  juchta, 
poln,  juchta,  Juchtenleder,  verbunden  ,weil  die  Häute  paarweise  gegerbt  werden',  svja- 
zyvajuU  kozi  poparno.  Übergang  des  dz  in  j  kann  in  mehreren  türkischen  Dialekten 
nachgewiesen  werden;  cht  für  ft  erklärt  sich  aus  der  Abneigung  der  Slaven  gegen/, 
Korsch,  serb,  cikti,  djikti.  cikmi?  tekmi?  lijo  ili  tako?  paar  oder  unpaar?  türk.  cift  mi? 
tek  mi?  mi  ist  türkische  Fragepartikel,  ciftijane:  dafür  ciltijan,  cintijan,  Frauen-Unterbein- 
kleid.    Z.  363.  2. 

öift,  Joch  Ackerstiere. 

serb.  auch  cifte.  ciftlik,  ciflak  für  russ.  hutors.  Jastr.  civlik.  pocitluciti.  cipcija,  ko 
drzi  tudju  kuöu.  ngriech.  x^i'^zki'na  'fVi^irf.  Acta  et  diplomata  V.  201  für  (izoyj.[jvx.  rum, 
ciftilik,  cefteUk,  ceflik. 

öifud,  Jude. 

bulg.  cafutin.  serb,  cifut.  cifta,  Krämer,  öifieli,  sefteli^  licemernyj,  upornyj.  Jastr.  aslov. 
zidins,  zidovins  neben  ijudej  aus  judaeits,  daher  nslov.  zidov,  poln.  zyd^  lit.  zidas,  lett. 
zldf,     magy.  zsidö^     aserb.  ziidij. 


24  Franz  JIiklüsich. 

öigde,  tiirk.  IjjCa».  rothe  Brustbeere, 
rum.  cikudiU,  roth.     Z.  379.   1. 

öil,  Rothscliimmel,  eig.  gefleckt, 
rum.  cilat,  roth. 

öile,   türk.  xJLa.  Sclinur. 

rum.  cid,  culea,  Pack.     Z.  364.  2. 

Omar,  Platane. 

serb.  cenar,  hell  javor,  platan.     klruss,  cynar. 

öinöin,  türk.  jC^viC^  in  klingender  ]\Itinze. 
Vergl.   bulg.  zingus,  cingus,  Bargeld.     Z.  360.  2. 

öingane,  cingjani,  Zigeuner. 

,l)ie  versuchte  Erklärung  des  Wortes  „Zigeuner"  aus  einem  auf  dÖLyT*^^^^  unberülir- 
bar  fussenden  ngr.  -^b^yxvrjC,  wird  kaum  jemand  unterschreiben  :  nach  Pott  liegt  Egiziani 
zu  Grunde'  meint  ein  ßecensent.  Die  Gründe  für  die  Ableitung  von  ,Zigeuner'  aus 
äOtYYavoc,  dem  Namen  einer  religiösen  Secte  in  Kleinasien,  finden  sich  ausführlich  ent- 
wickelt in  meiner  Schrift:  ,Uber  die  Mundarten  und  die  Wanderungen  der  Zigeuner 
Europa's.'   VI.     rum.  cinginea. 

öini,  Porzellan,     öin,  China,     cini,   Chinese. 

russ.  cenina,  cenina^  Fayence.     Hieher  gehört  auch  sini. 

6iri§,  Kleister, 
klruss.  cyryz. 

öirpi.  cprpQ^  türk.  ^.y^  Messschnur  der  Zimmerleute. 
serb.  cirjnja.     rum.  ciripie.     Z.  352.  3. 

öitme,  türk.   »^Äa-  Art  gelbe  Spitzen. 
serb.  citma.  citmati.     Z.  350.  1. 

öivi,  Nagel. 

serb.  civlija,  civhik,  oruznica.  Vrcevid.  civüik,  eig.  der  Ort,  wo  man  allerlei,  daher 
auch  Waffen,  an  Haken  hängt. 

öizine,  Stiefel. 

nslov.  cizm.  cech.  cizma.  lit.  cizma,  cuzmas.  Im  nslov.,  fech.,  poln.  aus  dem  magy. 
magy.  csizmadia  beruht  vielleicht  auf  cizin6  mit  Suffix  dzi. 

6oban,  Hirt. 

klruss.  coban,  hölzernes  Milchgefäss,  ist  aslov.  cbhand.     cohanyk,  Bachstelze. 

öogan,  cügen,  türk.   ^Lt^,  ^f!>  Seifenkraut. 
bulg.  diodzan,  Münze.     Z.  373.  1. 

6oha,  Tuch. 

nslov.  coha.  poln.  czucha.  czuha,  daher  auch  czuhaj,  czuja,  czujka,  szuja.  serb.  coador 
Tuchfabrikant:  türk.  cohadar  Kammerdiener.  Z,  374.  1  Ob  rum.  cokoj  hieher  zu  stellen, 
ist  zweifelhaft. 

öolan,  Vorrathskammer. 
klruss,   culan. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  25 

6oltar,  türk.  ;bJ^  Satteldecke. 

serb.  coltar,  Pferdedecke,  poln.  czoidar,  czoMak,  zottige  Pferdedecke,  rum.  coltarul 
kaluluj.  Sai. :  brache,     magy.  csoltdr.     Z.  374.  3.    Vergl.  cul. 

öorab,  Strumpf. 

serb.  auch  carap,  carapice,  cerapa.     klruss.  curapej,  Oberkleid. 

öorba,  Suppe. 

nslov.  corba,  Jauche.  klruss.  corba  soll  , etwas  unbestimmtes'  ,djaha'  bezeichnen, 
poln.  szorba,  ciorba.  Ursprünglich  ar.  sorba,  surbä  xjwi,  so  viel  man  auf  einmal  aus- 
trinkt. Wenn  dies  richtig,  so  ist  slav.  corba  gleich  dem  it.  sorbetto,  fz.  sorbet.  Devic  64. 

öotura,  hölzerne  Flasche. 

nslov.  cutura,  cutara,  cotara.  serb.  ispiöutura.  klruss.  öitura,  Blechbüchse,  cutora. 
Cech,  cutora.  magy.  csutora.  ngriech.  tauotpa,  hölzernes  Weingefäss,  auf  Paros,  was  das 
alte  yß'^o.  sein  soll;  andere  denken  an  xdvöapo?;  wieder  andere  an  it.  ciotola. 

ööl,  türk.  J^  colli  Je,  iUU^  Wüste. 

rum.  cul,  culuk.     Z.   374.  2. 

öölkja,  Strumpf. 

klruss.  culok.     lit.  cjulka,  Socke,     kum.  culgau  283. 

öörek,  Kuchen. 

klruss.  curek,  Haferkuchen. 

öuar,  nordtürk.  bunt. 

Vergl.  russ.  cubaryj,   bunt,  getigert,  mat.  92. 

öubuk,   Pfeifenrohr. 

klruss.  cubuk.     poln.  cybuk.     lit.  cibukas. 

öujen,  Gusseisen. 

russ.  dial.  cygiau.  klruss.  cahun,  cavun,  caun,  cuhun,  Gusseisen,  Topf  aus  (xusseisen, 
cuhunnyj,  eisern,     cag.  cüjün. 

dukur,  nordtürk.   >»i.Ä.  Grube, 
ngriech.  tschhir.  Mariup.     Z.  374.   1. 
öul,  Pferdecke, 
ngriech.  '(^oo)!.     Vergl.  coltar. 

äulak,  türk.   ^^'^y=>'  Krüppel. 

rum.  colak.     Vergl.  serb.  cula,  culav,  culko,  mit  kleinen  Ohren.     Z.   374.  3. 

öuma,   Pest. 

aslov.  ciiina.     klruss.  cuma. 

öumak,  türk.  ^l^^a.  Keule,  cumak-dar,  Keulenträger.  Quatremere,  Histoire  des  Mam- 
louks.  I.  138. 

russ.  cumakzi,  Fuhrmann,  klruss.  cumak,  Ukrainer,  der  aus  der  Krim  und  vom  Don 
Fische  oder  Salz  holt,     wruss.  cumak. 

öuval,  Sack. 

klruss.  cuvaL 

6ürük,  faulig. 

serb,  curuk  zid.   nar.-bl.     rum.  curuk. 

n™kschriftcn  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  4. 


2g  Franz  Miklosich. 


dada,  Kindermagd. 

serb.  dada.  Vergl.  daje.  dijete  dadiskovati.  nar.-bl.  315.  rum.  dad§,  Frau,  ältere 
Schwester.  Vergl.  daj^. 

da'i,  der  Anrufende. 

Das  serb.  dahija  ist  nach  Herrn  Korsch  wahrscheinlich  türk.  daj§,  Onkel,  wie  die 
Janitscharen  ihre  Vorgesetzten  nannten.  Für  die  Vergleichung  mit  da'i  wird  angeführt, 
dass  das  diesem  zu  Grunde  liegende  Verbum  ,fordern'  bedeutet,  Vergl.  da'va.   Devic  31. 

daire,  ar.   'i^\c>^  Bezirk,  Gefolge,  Handtrommel. 

serb.  daira,  skup,  skupstina.  nar.-bl.  111.  Z.  422.  3.  Herr  Korsch  möchte  serb. 
dairi,  Art  Zauber,  mit  der  ursprünglichen  Bedeutung  von  daird,  Kreis,  verbinden,  rum. 
auch  dajerea. 

dajanmak,  sich  stützen. 
serb.  dajaiiiti^  widerstehen. 

daj^,  pers.  jultj,  Kinderwärterin,  Amme, 
serb.  daja,  Amme.     Z.  422.  3.     Vergl,  dada. 

dakek§,  Minute, 
serb.  dekika. 

daljan,  türk.  ^^LJIiJ,  Weiher, 

serb.  daljan,  Zaun  zum  Fischfange,     ngriech.  raXtdvi.     Z.    421.  1. 

dalkavuk,  türk.  ji-.LäJUo,  Langmütze. 

serb.  dalkauk.     Z.  420.  3;  592.  2.     rum,  auch  dalkauk. 

dafmak,  türk.  ^^[ic.  sich  versenken. 

serb.  daldisati,  untertauchen.     Dj.  Popoviö.     rum.  daldisi.     Z.  421.  1. 

dam,  Mauer. 

serb.  dam,  Damm.  Dj.   Popovid.     rum.  dam,  kl§dire,  zidire. 

damga,  Marke. 

lit.  tamozna.  damga,  tamga  ist  im  nordtürk.  zu  (dängä),  tängä  (bei  Muchl.  66.  pers. 
äXju,  tSngiS,  eine  in  China  und  der  Bucharei  gangbare  Münze)  geworden;  auf  jenem 
beruht  demnach  russ.  denhgi.  Daher  poln.  dziqga,  dziqzka.  klruss.  denezka,  kleine  Kupfer- 
münze. 

daraj,  pers.  ^^Mo,  Taffet. 

poln.  daraj.     Fehlt  Z.     Muchl.  22. 

darat,  pers.  «yUiJ,  Pracht, 
rum.  darat.     Z.  419.  6. 


darba,  ar.  ä^y^,  plur.  darabat,  Schlag. 

poln.  tarapaia,  Lärm.     Z.  585.   1.     Muchl.   132. 

dar^,  türk.   ^J^,  Hirse. 

Vergl.  magy.  dara,  Gries.     Z.  419.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  27 

da§,  Gefährte. 

Das  ist  kein  selbstständiges  Wort,  sondern  ein  aus  dem  Suffix  des  Locals  da  und  s 
bestehendes  Suffix:  nordt.  auyl,  Dorf,  auylda  loc,  auyldas,  Dorfgenosse.  So  Ostroumovb  27. 

da'va,  Process. 

bulg.  davadzija.     rum.  dava,  davadziu,  dovadziu,  dever,  devr§.  Vergl.  dai. 

davor. 

Das  Wort  erklärt  Vrceviö  als  izrek  od  milosti:   davor  dobro  moje\  davorija  als  sloga. 

davranmak,  türk.  ;j.*j.jl4>  sich  ermannen. 

serb.  davran,  halte  dich.     Jastr.   189.  390.     Z.  422.  2. 

davul,  Trommel. 

bulg.  dahoani.  Mil.  131.  serb.  dalhulhana,  damhulhana,  davnrlana,  daidhana,  durli- 
hana.    rum.  tahulhana,  tubidhana.     türk.  davulbaz  ist  Trommelschläger. 

de,  türk.   8i>,  und,  auch,  wohlan. 

serb.  de:  nach  Imperativen:  zovni  de  ga;  vor  der  Personalendung:  razberidete,  recidete. 
Vergl.  der  aus  deze:  Smiljanicii,  doma  der  se  nadji.  Auch  türk.  häufig  nach  Imperativen. 
Z.  444.  3.  Verschieden  ist  wohl  das  russ.  c?e,  das  zur  Bezeichnung  der  Rede  eines  an- 
dern dient. 

def ,  ar.    *io  das  von  sich  Stossen. 

serb.  defli,  reizbar:  kako  neöa  defli  biti?    Herc.  255.    deflija  sam  nego  paäa.  Z.  430.  1. 

döfter,  Schreib  tafel. 

serb.  defter  hakani,  Grundbücher,  russ.  devten,  defterh^  nicht  -rs.  defterh,  chanskij 
jarlyks.     rum.  defter,  tefter.  anatefter.  tefterdar.  tefterdziu. 

döhij,  ar.   ^o   schlau. 

rum.  dahin,  listig.     Z.  445.   1. 

deli,  toll,  Wagehals. 

serb.  delija  devojka.  ruo  delijansko.  Jastr.  272.  poln.  delijunak.  Vergl.  delija,  Waffen- 
rock, rum.  deliü.  Turcy  uwa^ajq  szalonych  za  natchnionych  duchera  boskim  i  majq  dla  nich 
wielki  szacunek,  stcid  to  najidejcsi  ich  bohaterowie  mieli  przydomek  deli.  Die  Türken  nennen 
Stefan  Bathory  deli  k§ral^    etwa  toller  König.     Muchl.  70. 

demöt,  Bündel. 

rum.  demetun.     Aus  ngriech.  hs.\).dzi. 

derbeder,  denbeder  Vagabund. 

Das  Wort  ist  pers. :  der  be  der,  von  Thür  zu  Thür.  serb.  derbeder,  Bettler.  In 
Bosnien,  derbederina ,  derbedenica,  Landstreicher,  derbendenica.  rum.  richtig  derbedeü ; 
daneben    derbeder. 

derbend,  Plngpass. 
rum.  derbend,  Engpass. 

derd,  Schmerz. 

Daneben  war  pers.  derdmend  anzuführen,    serb.    derd.  derni,    unglücklich,    rum.  dert. 

d6r6dze,  ai'.   ^ü».^^>  Stufe,  Grad. 

serb.  teredze,  Modell  der  Goldarbeiter.     Z.  425.  2. 

4* 


28  Franz  Miklosich. 

dörman.  Heilmittel. 

Kasan,  und  Baschkir.  turman,  Pferdearznei;  dazu  gehört  wohl  auch  russ.  durmans,  datura 
stramonium,  durch  Anlehnung  an  russ.  duritb^  daher  durmam  etwas  betäubendes,  klruss. 
dnnnan,  diirzile.  durmanyty,  betäuben.  Archiv  9.  497.     serb.  durman  stammt  aus  dem  russ. 

derviä,  Derwisch. 

poln.  derwisz,  derhisz.     rum.  dervis^  dirvic. 

döstimal,  Handtuch. 

serb.  testemelj,  in  einem  dalmatinischen  Volksliede.  Archiv  3.  663.  testemenj,  testegan.  Jastr. 

dövar,  ar.   .1^^  sich  drehend,  periodisch  wiederkehrend. 

serb.  devar,  Berechnung:  niz  Undjurus  devar  uciniti.  ode  sluga  niz  zemlju  undjursku. 
polu  ga  je  devar  ueinio.  Volksl.     Z.  436.  3.     Vergl.  d^vr. 

döve,  Kameel. 

serb.  devedzija,  der  ein  Kameel  reitet,  nar.-bl.  257. 

dövetuju,  türk.  ,^Li  s.o  Kameelhaar,  gelblich  braune  Farbe. 
rum.  devetuj.     Z.  444.   1. 

devlök,  Art  Melone, 
serb.  dulek,  dumlek. 

devl6t,  Macht. 

serb.  auch  devlat.     rum.  devlet,  dovlet,  Majestät,  die  hohe  Pforte. 
dövr,  Drehung. 

serb.  devercin^  wohl  Zopf  band :  devr  Kreis ,  ein  Locke,  devermavis  österr.  Krapfen- 
radi.    Vergl.  devar. 

demesk^,  damasciert. 

poln.  damaszek.  adamaszek.  demesz,  demiesz,  demeszka.     rum.  muski. 

diba,  Art  Seidenstoff. 

serb.  terlidiha,  terlidiva  Art  Zeug.  Vergl.  dihan  Art  Kopfbedeckung  türkischer 
Frauen,     rum.  diba  Art  Seidenstoff,     poln.  dyba.     Man  denkt  an  griech,  5'lßa'fo?. 

dikel,  Haue. 

aslov.  dikela.     bulg.  dikel. 

dik6n,  tiirk.  ^^^  r^JQ*^  Dorn,  Distel. 

serb.  dikica  dornige  Spitzklette.     Z.  432.  2. 

dildzik,  türk.  JLsÜjO  Zäpfchen  im  Schlünde:  von  dil  Zunge. 

serb.  dilcik,  divcik  Stange  bei  der  Kunkel  und  der  Schnellwage.    Z.  432.   3. 

dilim,  türk.  j^jJo  Schnitte,  wohl  auch  dil§m. 

serb.  dilum.     Z.  434.  3. 

dJlkuSa,  türk.  LuCb  das  Herz  erquickend,  schön. 

serb.  delkuiica,  denkusica^  nach  Vuk  Art  Vogel :  man  hat  auf  den  Papagei  gerathen, 
der  jedoch  bei  den  Türken  nicht  diesen  Namen  führt.     Z.  433.  2. 

dirai,  Barchent. 

Herr  Korsch  erinnert  an  russ.  klruss.  dymka.  klruss.  poln.  dyma  Canevas.  rum. 
dimikaton  ist  franz.  türk.  dirai  b6zi  besteht  aus  Lein  und  Baumwolle.  Aus  ngriech. 
5{[i'.-oc  zweifädig,    Vergl.  s^diJt'.TOC. 


Die  tükkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  ■     29 

din,  Glaube. 

serb.  dinsuz,  dinsuzin,  dimsuzin  Ungläubiger. 

dinar,  Goldmünze. 

nslov.  denar,  Geld,  stammt  aus  Italien. 

direvis,  türk.  ^ß^^ö  Pfrieme,  Ahle, 
serb.  dervis.     Z.  427.   1. 

di§,  Zahn. 

serb.  dispara  (Zahngeld),  ein  Geschenk,  das  ehedem  der  Türke  von  dem  erhalten 
haben  soll,  der  ihn  bewirthet  hatte.  Dj.   Popovic.     rum.  halikdis^  Fischgräte. 

disi,  türk.  ji^  Weibchen. 

serb.  disija  Weib,  Weibchen.     Z.  429.  2. 

div,  Dämon,  aind.  deva. 

Dass  die  Perser  im  zwölften  Jahrhundert  dev  sprachen,  beirrt  die  Zusammenstellung 
des  serb.  div  mit  pers.  div  nicht,  div  findet  sich  nicht  nur  im  bulg.  und  im  serb.,  son- 
dern auch  im  poln. :  ^Dziioy  it  Podhalan  sq  röwnie  istoty  nadprzyrodzone ,  takze  dziwozony, 
utwör  zdaje  sie  Göralöw  i  im  samym  wiasciwy :  caie  cialo  u  nich  niezwykle  kosmate,  hyly 
ziosliwe,  porywaiy  dzieci  u  matek''.     Muchl.   26. 

divan,  Hof. 

serb.  divana  ist  divan  'fan4.  carska  divona.  Vrßevi(5.  Man  füge  hinzu  russ.  divans 
Sofa  und  poln.  dywan  türkische  Decke,     klruss.  dyvan  Teppich. 

divan,  Zollamt. 

Das  Wort  ist  mit  divan  Hof  identisch.  Herr  Korsch  stellt  hieher  auch  russ.  duvans, 
Theilung  der  Beute,  duvaniU  die  Beute  theilen.  klruss.  duvanyty.  u  für  i  vor  v  ist 
türkisch  :  duvar,  pers.  divar.  serb.  dugana  Jastr.  stammt  aus  dem  it.   Devic  32. 

divit,  Schreibzeug. 

rum.  diviktar  eine  BojarenwUrde:  türk.  divitdar. 

diz,  Knie,  dizge. 

bulg.  dizgija.     serb.  dizga  Strumpfband,  dizluk,  dizlik.  Jastr.  dizluci,  dizluke. 

diz,  Schloss. 

rum.  dizdar.     kroat.  dazdar.   Sirena. 

dizgin,  Zügel. 

serb.  auch  djizdin,  dizdjen. 

dogramadze,  türk.  ^=,j-o^^  Tischler, 
bulg.  douromazija.  Bog.     Z.   609.   3. 

dojum.  Beute,  Überfluss. 

russ.  duvanitb,  die  Beute  theilen.   klruss.  duvanyty.  rum.  dujum,   Menge.    Vergl.  divan. 

dolama,  Art  Kleid. 

nslov.  dolama.  Jambr.  Das  Wort  wird  von  einigen  für  magy.  gehalten :  dolmdny ; 
von  anderen  für  türk.:  dolamak,  etwa  gürten;  wieder  andere  bringen  es  mit  lat.  dalma- 
tica  in  Verbindung.     Der  türkische  Ursprung  ist  wahrscheinlich. 


30  Franz  Miklosich. 

dolanmak,  die  Runde  machen. 

Zu  bessern  ist  danl§ndis  in  dal^ndis.  Die  Zusammenstellung  ist  mindestens  gewagt. 
Herr  Korsch  denkt  an  dar§l,  prät.  dar§ld§,  in  Zorn  gerathen.  alb.  dal§ndi  Unruhe. 

dolma,  Füllsel, 
rum.  dulma. 

dolmak,  türk.   (j-JJo  voll  sein. 

Man  vergleicht  damit  rum.  doldora,  doldura,  duldora,  voll,  und  beruft  sich  auf  die 
Reduplication  in  bolbol.     Zi.  611.  2. 

dolii,  voll. 

serb.  bedeutet  nach  nar.-bl.  414.  dolija  auch  pobjeda. 

domuz,  donuz,  türk.  Sja  Schwein. 

serb.  domuz.  Z.  610.  1.  durmiz,  nekakav  otok  na  konju,  tomuz.  Z.  603.  1. 

donanma,  Schmuck. 

rum.  dunanma.   bulg.  da  storis  golema  donamha.  Mil.   131. 

donderma,  türk.  x««tXj^  doild§rma^  Gefrorenes. 

serb.  doldrma.     Felilt  Z. 

dorn,  braun. 

bulg.  konce  dorice.     serb.  dorija.  dorusa. 

dönüm,  türk.  ^^i:>  Morgen  Landes. 

bulg.  sto  dulum  lozie.  Ka2.  190.  devet  duljuma  gora  480.  djuljum  bezs.  2.  108.  djujm, 
djtim.     serb.  dnlnm,  komad  njive  manje  od  dana  oranja.     Z.  443.  3. 

drinketa,  trinlieta,  tirinket,  türk.  üJo»i>  Fockmast. 

griech.  Tpouyys'^-  ™m-  trunket,  Art  Bauholz.  Aus  dem  it.  trinchetto,  trinchetta. 
Z.  427.  1. 

du'a,  Gebet, 
rum,  dova. 

dud,  Maulbeere. 

Auf  serbischem  Sprachgebiete  findet  man  dud  neben  murva,  nördlich  davon,  nslov. 
morva,  murva,  herrscht  das  romanische  Wort.  rum.  agud^  jagod,  morus  alba,  nigra,  gehört 
zu  slav.  jagoda,  Beere. 

dudu,  Dame. 

Das  Wort  wird  mit  tuti,  ^^  Papagei,  zierlich,  identificirt. 

du/an,  Rauch. 

klru.ss.  auch  dohan,  duhan.     cech.  dohdn,  duhän,  duchan. 

dukkan,  Laden. 

serb.  duganja,  doganja.  duganj.  Jastr.  281. 

duman,  Nebel. 

Das  Wort  ist  mit  tuman,  das  unter  t  erscheint,  identisch. 

dumdar,  pers.  ^J^o  geschwänzt  {dum,  Schwanz),  Nachtrab  des  Heeres. 

serb.  dundar.  Fahne,  Haufen  Leute,  kroat.  dundar,  öeta.  Sirena.  magy.  danddr.  Z.  435.  2. 

duraöak,  ein  Stehender. 

Nach  Herrn  Korsch  duradiak. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  31 

duran,  diirak,  türk.  ^;l;^*>,  o';^'>  der  müssig  dasteht,  Faulenzer,  Dummkopf. 
Vergl,  russ.  durak.     poln.  duren.    Man  beachte  jedoch  die  zahlreiche  Wortsippe  dur. 
Fehlt  Z.  Muchl.  24. 

durmadan,  ohne  Pause. 

serb.  durmadan.     Z.  607.  2. 

duvak,  Brautschleier. 

serb.  duvak,  didak.  Jastr.  75,  pidi  duvak,  koprena.  nar.-bl.  341. 

düdük,  Pfeife. 

klruss.  wruss.  duda.  dudka.    lit.  duda.    poln.  duda^  dudka.    Vergl.  russ.  dudaks^  otis 
tarda,    aslov.  duda^  neuma. 
dülger,  Zimmermann, 
serb.  auch  dundjer,  dundjerin.   dundjerisati.  dundjerluk. 

dümbelek,  Pauke. 

rum.  auch  timhelik  und  tumbelekiu.  timheledziu.     nordtürk.  tümbeJc. 

dümen,  Steuerruder. 

klruss.  demeno,  Steuerruder.      Vergl.  demen,  Ruderbank,     alb.  dümen. 

dünja,  ar.  Lj;>  Welt,  Menschen. 

serb.  dunjaluk.     Z.  436.   2. 

dürpü,  Feile. 

Daneben  türpü,  daher  serb.  turpija.     Man  füge  hinzu  russ.  terpugs. 

düsek,  Bett. 

bulg.  djuseklik,  Zwillich,  rum.  deseklik,  grobe  Leinwand  auf  Matratzen,  wruss. 
tuchvjak.     rum.  tufek,  Matratze. 

düsmek,  türk.  A^.c>  fallen, 

rum.  dusis,  das  Straucheln  des  Pferdes:  ein  türk.  d/ilsüs  wird  von  Saineanu  119 
angeführt.     Z.  440.   1. 

düz,  eben,  flach. 

serb.  dustaban,  ravan  taban. 

duzen,  türk.  ^j\^i>,  (jvi>  Ordnung,  Putz. 

serb.  duzen,  Putz,  Schminke,  duzli.     7i.  439.  2.     Vergl.  düzmek. 

düzmek,  ordnen, 

rum.  duzdisi. 

dzabba,  dzeba,  türk.   La  Geschenk,  als  Geschenk,  umsonst. 

serb.  dzaba,  dzabe,  umsonst,  dzabaisati.  Dj.  Popovic.  mrum.  de  gjaba  ixa-caao?.  Z.  347.  3, 

dzam,  Glas, 

serb,  diamajli  pendzer.  Jastr. 

dzam'adan,  Mantelsack, 

nordtürk,  camadan.  serb.  auch  dzemadan,  cemadan.  russ.  dial.  cebotans.  klruss. 
cemodan,  cymajdan^  cemajdancyk^  Reisetasche,     lett.  camada. 

dzame,  pers.  iwU».  Kleid,  Stück  Zeug,  dzame  suj,  Wäscher, 

serb,  djama,  dzama,  Art  Frauenkleid,  rum.  dzamasirdzi-basp,  Vorstand  der  Wäscherei, 
Z.  345.  1, 


32  Franz  Miklosich. 

dzami',  Sammler. 

rum.  dzamie.     poln.    bei  Mickiewicz  dzamid. 

dzan,  Seele. 

serb.  dzan  auch  Seele,  dzanum,  dzanom  und  dzan§m.  Jastr.  Hieher  stellt  man  auch 
canibula,  papaver  rhoeas,  Feldmohn,  dzandar,  Mörder,  entspricht  dem  türk.  dzandar, 
Leben  habend,  Waffenträger,  dzandrljiv,  streitsüchtig.  Z.  345.  3. 

dzanbaz,  Seiltänzer. 

Auch  snrb.  Seiltänzer:  dzan,  Seele,  baz,  spielen,  bei  Hammer  Seelenspieler,  Frei- 
williger. 

dzan  eriji,  pers.  türk.  (-Jo»!  ^La.  Orleanspflaume. 

serb.  dzanarika,  dzenarika^  dzana,  Art  Pflaume :  dzan,  erik.     7a.  29.  3. 

dzanfes,  türk.  ^^äjU»  Wandeltafft. 
rum.  dlanfes,  canfes.  Z.  346.  1. 

dzar,  öar,  pers.   .U»,  ,L  Tuch,  Shawl. 
rum.  dzar.     Z.  339.  2. 

dzöbbar,  ar.   ^LLa.,  stark,  mächtig. 

griecli.  dzainbar,  muthig.  Mariup.     Z.  347.  3. 

d2öbe,  Harnisch. 

serb.  djebeta.  Art  Zierat  an  Männerkleidern.  Juk.  621  nehen  ilike,  dugmeta  undi  puceta. 
rum.  dzebedziu.  dzebedzibas§. 

dzeb/ane,   Pulvermagazin. 

Das  Wort  gehört  unter  dzebe.     rum.  dzebehana,  dzebhana,  dzabhana,  zaphana. 

dzebrö,  Beutel  von  Ziegenhaar, 
rum.  dzebrea. 

dzedd,  ar.  JU»,  Ahn. 

rum.  dzet  bi  dzet,  echt,  eig.  von  Geschlecht  zu  Geschlecht  vererbt.     Z.  350.  3. 

dzehennem,  Hölle, 
serb.  auch,  dzenem. 

dzejb,  Tasche. 

russ.  zepi.  und  zepn.     rum.  dzep  hardziu,  dzep  harsltk :  dUjb,  yardz  Auslagen,  Aufwand. 

dzeleb,  Waaren. 

rum.  dzelep,  dzalep. 

dzemal  ojunu  ^y^.^\  JU^  Art  Spiel  (Verkleidung  usw.). 
rum.  diemalt}  Ungethüm,  Riese.     Z.  365.  2. 

dzemi'et,  Versammlung. 

serb.  diemat,  Gemeinde,  nar.-bl.  95. 

dzenabet,  ar.  «uU».  Befleckung  durch  Samenergiessung,  unreiner  Mensch, 
serb.  dzenabet,  poyan  covjek.     rum.  dianabet.     Z.  367.   1. 

ds^nk,  Schlacht. 

serb.  dzenk  pravit.  Jastr.  81. 


Die  türkischen-  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  33 

dzennet,  Paradies. 

Daher  das  adj.  dzanniti  schön,  schönes  Pferd,  span.  ginete.  it.  ginnetto,  giannetfo. 
franz.  genet.     poln.  dzianet.     Muchl.  25.  Nach  Devic  39.  von  ar.  zenata ,  nation  herbere 

dzörime,  ar.  x^jva.  Verbrechen,  Strafe. 

serb.  dzerima,  gloha.     rum.  dzeremea  Strafe,     ngriech.  TCspe[JL£c  amende.  Z.  355.  3. 

dzevher,  Edelstein, 
serb.  dieverlija. 

dzevherdar,  damascirt. 

serb.  auch  ceferdar.  daher  vielleicht  kovrdin^  Art  Schwert,  dzeverusa. 

dzevz,  dzeviz,  ar.  \y^  Nuss. 

bulg.  indistan  dsevizi  Muskatnuss.     Z.  372.  2. 

dzezve,  Kaifeekanne, 
serb.  dzezva. 

dzida,  Wurfspiess. 

serb.  auch  dzid:  pa  on  uzme  dzid  na  ramu.  Volksl.  wruss.  dzida.  poln.  dzida  (nicht 
dzida).  niagy.  dzsidäs.     rum.  dzudea. 

dzidzi,  türk.  j-äxä  Kinderspielzeug, 
serb,  dzidza,  dzadza.     Z,  378.   1. 

dzijer,  die  Innern  Theile  des  Körpers, 
serb.  dzigericar,  dzigernjaca.     rum.  ciger. 

dzilit,  Stock. 

serb.  dzilit imicke.     rum.  dziret,  dzeret,  dzerid. 

dzimdimek,  türk.  viJUjjc,Ä  kneifen. 

Vergl.  alb.  cimp,  cimbi,  Zwicken,     ngriech.  z^iinzdoi.     Z.   365.  3. 

dzimri,  dzümrü,  arm,  knauserig, 
serb.  nmrijati,  geizig  sein. 

dzinn,  Dämonen. 

rum.  dzin.     alb.  dzi7it  böser  Geist, 

dzizjet,  ar.  ibj^  Schutzsteuer  der  nicht  muhammedanischen  Unterthanen, 
rum.  dzajzea,  Tribut.     Z.  35ß.  3. 

dzömerd,  dzevanmerd,  freigebig, 
rum.  dhimert. 

dzübböt,  Art  Kleid. 

serb.  auch  dzup.,  dzupa,  dzupeleta,  dzupet,  dzuhe.  poln.  jupa.  rum,  dzubea.  ngriech. 
CouTcovt.  fz.  jupon.  serb.  suba  geht  auf  das  deutsche  Schaube,  schuba  zurück,  mlat,  jopa. 
sp.  chupa.     it.  giubba.  Wohl  alles  ar.   Ursprungs.  Devic  44. 

dzüdz6,  Zwerg. 

hvlg.  guznk,  kurzschwänzig.  russ.  zuzu.  rum.  dzudzea.  Vergl.  serb.  gedza ,  wofür 
türk.  gedze,  jusvi"  Tölpel,  angeführt  wird.  Rjecnik. 

dzüdzütmök,  türk.  viJUjya,..Ä  angenehm  machen, 
rum.  dzudzidi,  liebkosen.     Z.  370.  3. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  5 


34  Franz  JfiKLOSicH. 

dzül,  ar.  Jl».  das  Ganze,  die  Hauptsache. 

rum.  d£ol,  der  Einsatz  (beim  Knöchelspiel).     Z.  362.   1. 

dzülüs,  Thronbesteigung. 

serb.  dzulus,  wahrscheinlich  eine  Abgabe  bei  der  Thronbesteigung,  daher  odzulusiti, 
oglobiti,  durch  Erpressungen  schinden. 

dzüm'a,  ar.  x«,-^  Versammlung,  Freitag, 
serb.  dzuina,  Freitag.     Z.  366.   1. 

dzümbiä,   Bewegung. 

serb.  d-ambiis.     rum.  dzumbus.  dzumbuälhi. 

dzüm.16,  ar.  üJUä.  das  Ganze,  alle  zusammen, 
serb.  dzumle,  zusammen.     Z.  366.  2. 

dzüvan,  Jüngling. 

serb.  d£uvan.  adzuvan  wird  als  hazz  dzüvan  gedeutet,    rum.  dzuhan,   Liebhaber. 

dzüzdan,  Mappe. 

bulg.  zozdan.     rum.  gjozdan. 

E. 

edzel,  ar.  J^l  Todesstunde. 

serb.  edzel,  dzel,  Todesstunde.  Jastr.  Schicksal:   svoj  edzel  opasati.  lijecnik.     Z.  12.  2. 

efendi,  Herr. 

serb.  efendum,  fendnm.     rum.  efendi. 

ege,  Feile, 
serb.  jege. 

egeö,  türk.  ^\  Haken.    Mdz. 

rum.  kec.    Z.  80.  3. 

egir,  tilrk.  S\^  y*f\  acorum. 

russ.  irs ,  in,  airs.  poln.  agier ^  ajer,  auch  tafarak,  Kalmus,  griech.  dxopov.  Me- 
niAski  1.  349. 

egri,  4/n,  türk.  ^S\  krumm. 

serb.  egri,  krivo,  koso.     Vergl.  erlav,  krumm.     Z.  81.  2. 

ehali,  ar.  ^^^1»!  plur. 

serb.  ehalia,  P"'amilie,   Publicum,  nar.-bl.  248.  418.    Z.   137.  3. 

6/tijar,  der  Alte. 

serb.  ihtihar,  starac.     rum.  iftiar. 

ejalet,  Provinz, 
serb.  ejalet. 

ejlenmek.  verweilen. 

aerb.  eglenisati,  jeglenisati  beruht  auf  jeglen  -tCö>.  jeglen  -laa,  eglendi'^ati  hingegen  auf 
eglend(i)  -tC<o,  eglendfi)  -za.  rum.  eglendza,  englendza^  iglidia,  Unterhaltung,  eglendisi. 
p.nfih'Uftixi . 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  35 

ejvalla  xJül^  ^1. 

serb.  ejvala,  evala,  evalaj,  Wort  des  Dankes,  ejvala  ist  nach  Blau  9  das  slavisehe 
hvala,  Lob,  Dank,  was  unwahrscheinlich  ist. 

eksik,  Mangel. 

serb.   eksican. 

elbett,  gewiss. 

serb.  elbet.  helbet  je  izio  habina  horosa.  nar.-bl.  72. 

elemije,  türk.  xaJI  Garnwinde, 
serb.  ekmija.  Blau  228.     Z.  92.   1. 

elmas,  Diamant, 
serb.  elmaz. 

öraek,  Arbeit,  Dienst.  emeKdar,  arbeitsam,  alter  Diener, 
rum.  emektar.     Z.   96.  3. 

emin,  Aufseher. 

serb.  emin.     rum.  emin.     ngriech.  sixtvt^sc.     Acta  et  diplomata  V.  202. 

emir,  mir,  Fiii-st. 

serb.  emir,  emirin,  amir,  awiira,  amire,  Titel  des  Sultans  in  älteren  Denkmälern,  Aus 
emir  zad^,  4mir  zad,  emir  za.  mir  za^  Z.  98.  1,  entstand  bulg.  russ.  mirza^  russ.  murza, 
klruss.  murza,  tatarischer  Fürst,  murzaie6 .^  dessen  Diener,  poln.  mirza,  murza,  rum. 
mirzak.  Befehlshaberschaft  bei  den  Tataren,  mirzacesk.  mirzacie. 

emir-ayor   »^i.!  yycl  {imbro'for,  mira'for.   imra-ijjr.  Hammer),  Oberstallmeister, 
serb.  imraor,  konjusar.  rum.   imbrihor.     ngriech.  ä[iO'jpa)(öptoc.     Z.   97.  3. 

emir-ül-mumemin,   ar.  ,j.aäxi^I  -jucI  Oberhaupt  der  Gläubigen. 

ngriech.  |Xc,oi[iYj(>äv7jC.  Acta  et  diplomata   \'.  197.   |i,S(ii[Ji.Y^vdpYjC   196.     Z.  98.   1. 

emr,  Befehl. 

serb.  emer.     Z.  95.  3. 

endaze,  die  kleinere  Elle, 
serb.  auch  endaze.     alb.  end§z§. 

önginar,  Artischocke, 
rum.  anginar^. 

er,  ir,  türk.   A  Mann,   erlik.,  irlik,  Männlichkeit, 

serb.   arJi,  silan.     rum.  el-ag§,  el-agasi,   Commandant.     Z.  22.  3;   30.  2. 

erbab,  ar.  i-jLjnI  die  Intelligenten, 

serb.  erbab,  kundig.     In  Bosnien.      Daher  ervapan.     Z.  458.  2. 

ergen,  ledig. 

bulg.  irgen,  heiratsfälliger  Mann.  Jürgen,  hirgjeniwam.  Vergl.  russ.  irgew..  Widder. 
In  Sibirien.     Aus  dem  Mongolischen,  nach  Dalb. 

ergevan,  erguvan,  syringa  vulgaris,  nach  andern  cercis  siliquastrum. 

erkök,  türk.  JU'.I  Mann. 

serb.  er6ek.  Mann.     In  Bosnien,  sonst  Männchen  (von  Vögeln).     Z.  30.  1. 


36  Franz  JIiklosich. 

erz,  erz,  pers.  \ji  Preis,  Würde. 

serb.  rz:   kod  svog  rza  i  kod  svog  obraza.  rzelija^  ehrbar.    Jastr.   79.     Z.  27.  2. 

6rzak,  ar.  lj');'  plur.  von  rizk,  Lebensunterhalt,   Vermögen. 
serb.  erzak,  Nahrung.     In  Bosnien.     Z.  462.  2. 

örzan,  pars.  ^\\^  würdig. 

An  dieses  Wort  denkt  wohl  Hammer,  Geschichte  6.  67,  bei  griech.  öpoadyyat,  acojjia- 
TO^'jXaxs;,  anderwärts  Wohlthäter  des  Königs  bei  den  Persern.   Herodot  8.  85.    Z.  27.  2. 

ösir,  Gefangener. 

russ,  jasyrb,  jasijrs.  klruss.  jasyr.  poln.  jasyr,  Gefangener,  Gefangenschaft,  rum. 
isirdiiu.     kirgiz.  dzasyr. 

öski,  alt. 

serb.  auch,  eski,  e^öi.  eskija,  wohl  des  Reimes  wegen. 

esnaf,  Zunft, 
serb.  esnaf. 

eSek,  Esel. 

serb.  esek.  esekluk.  eskerac,  eskerica^  jedes  kleine  Thier:  Rjecnik  vergleicht  türk. 
esek  ares§,  ^5*-J^^  «iJLil  Bremse.  Z.  54.  3.  russ.  isakd  ist  unter  isjak  zu  stellen.  Vergl. 
arm.    eä,  Esel. 

etba'.  ar.   cLil  Gefolge. 

rum.  ekpaea,  ehjpaea^  Dienerschaft.     Z.   7.   1. 

ötmek,  ekmök,  Brot. 

serb.  ekmek.  ekmedzija,  ekmendzija.  Jastr.  ekmescija.  ekmedziluk. 

6ved,  türk.  i>^t  ja,  gewiss, 
rum.  eved,  ja.     Z.   115.   1. 

6zan,  xVufforderung  zum  Gebet. 

serb.  ezan,  jezan.     poln.  izan,  ezan.     rum.  ezan. 

ebrek,   Wasserkrug. 

klruss.  imbricok,   Kaffeekanne. 

'ebret,  ar.  c^^  Betrachtung,  Beispiel,  merkwürdige  Begebenheit. 
serb.  ibret,  Wunder,     ngriech.  i|X7rfiS-c  exemplum.  Pass.     Z.   622.  1. 
eflak,  türk.  ^iUI  Walach,   Walachei, 
rum.  kara  ißik,   Moldau.     Z.   74.  3.    veladz  69*J.   1. 
egreb,  türk.  k_>*Ajl  Fischgarn. 

serb.  grib,  grosses  Netz,  griech.  '([ätz'jZ.  mlat.  gripia.  Z.  148.  3,  grih  und  §gr§b 
stammen  aus  dem  Griechischen. 

eladz,  Heilmittel. 

bulg.  IfdSa,  Heilquelle,     serb.  iljac.  .Jastr. 

ergad,  Tagelöhner,  irgadije,  Robottage.  Hammer, 
klruss.  argat,  argot. 

erlamak,  ar.  ^j^y»!  singen. 

öcrb.  arlati,  ariiti,  arlovati,  arlnkati.     Z.   145.   2. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  37 

esmarlamak,  bestellen, 
serb.  smarlaisati. 

'eter  sahi,  ar.  pers.  ^»Li  -Jols.  geranium:  ''§t§r^  wohlriechende  Essenz,  und  sahi,  kaiserlich, 
rum.  indrisaim,  indrisaja,  endrisaim,  lathyrus  odoratus.     Z.   61.   1;  631.  3. 

F. 

fagfur,  Porcellan. 

klruss.  fajfur. 

fajda,  Nutzen. 

Unrichtig  mit  feuduni   zusammengestellt. 

fakir,  ar.  yJü  Armer,   Derwisch,  Ascet. 

poln.  fakir.     Z.   669.  2.     Muchl.  28.     Vergl.  fnkara. 

fal,  Vorbedeutung. 

serb.  fale,  Wahrsagerei. 

falaka,  Block. 

rum.  f§lang§.  Die  ganze  unter  falaka  verzeichnete  Wortsippe  kann  von  dem  griech. 
^d/.aY^,  ngriech.  (f'iKa'[~(aQ ,  wohl  nicht  getrennt  werden.  Man  füge  hinzu  poln.  falagi 
zadaö,  wziqc.     kroat.  falanja^  ala  (exercitus). 

faras,  türk.  yilji  Kehrichtschaufel. 

serb.  feras,  lopata  za  iznosenje  smeta  iz  sohe.     7a.   660.   1. 

farfara,  Schwätzer. 

ngriech.  '^ap'fapä?,   Prahler.  'fap'faftCw  usw.     rum.  farfara.      Vergl.  frz.  fanfaron. 

fark,  ar.  ^jjj  Unterscheidung, 

serb.  yerÄ;,  razlika.  nar.-bl,  77.  poln,  _^VÄ;a,  nichtsnutzige  Sache,  vergleiche  man  mit 
a,T.ßrka,  sSyi  gemeine  Leute.     Z.   663.  2.     Muchl,  30. 

fekr,  flkr,  ar.  Jo  Überlegen,  Gedanke. 

Damit  vergleicht  man  serb,  ferak  in  ferak  cemu  uhvatiti.   Rjecnik.     Z.   669.  2. 

fönör,  Laterne. 

serb,/e?ier.  rum.  fener,  fanar.  (pdpOQ  für  '^äpoc  ist  zu  streichen.  Die  gebotene  Kürze 
musste  es  dem  Leser  überlassen  die  Wörter  in  jene  Ordnung  zu  bringen,  aus  der  ihre 
Verwandtschaft  ersichtlich  wird:  in  manchen  Fällen  ist  dies  nicht  allzuschwierig,  in 
vielen  wollte  es  mir  nicht  gelingen. 

fenn,  ar.  Jjj  Kunstgriff,  Finte,  Kriegslist. 

serb.  fen,  Art  Spiel  in  Montenegro.     Z,   671.   1, 

föradze,  Oberkleid, 

nslov.  fareza. 

feres,  Pferd. 

Das  ar,  Wort  steht  an  der  Spitze,  weil  es  auch  dem  griech,  zu  Grunde  liegt,  aus 
dem  allerdings  das  altbulg.  usw.  stammt,  serh.  fariz,  fariz.  ^oln.furys.  rxxm.  farij,  frij. 
sp.  alferez.     it.  alfiere.     fz.  alfier.  Devic  6. 

ferfijun  ^Jy^■ri  Euphorbium. 

mm.  f elf  in,  Sonnenblume.  Man  meint,  ferfijun  sei  aus  äö'fopßtov  entstanden.  Z.  663,  2. 


38  Franz  Miki.osich. 

förik,  ar.   ^3jjj  Abtheilung  der  Infanterie. 

serb.  ferik,  divizija  u  vojsci.     Z.   665.  3. 

förjad,  pers.  objj  Jammer,  Klage,  ferjaddz^^  klagend,  Kläger. 

serb.  ferjadzija,  Trauerbote.   Volkslied.     Z.  665.  2. 

fönnan,  Befehl. 

poln.  ferman,  firman.     rum,  ferman. 

fermen,  Art  Kleid. 

serb.  fermen,  fermene,  n.  Art  Weste.     Fehlt  Z. 

förta,  Erziehung. 

serb.  ferta.  Rjecnlk.     Fehlt  Z. 

fes,  Fes. 

poln,  fes.     rum.  fes.     Nach  der  Stadt  Fes. 

fösad,  ar.   oL»ö  Verderbniss. 

serb.  fesada.  Jastr.  384:  die  Stelle  ist  mir  dunkel,  rum.  fesat,  vesat,  Unordnung. 
Z.  666.   1. 

fesleken,  basilicum. 

serb,  auch  vasledjen,  veslidjen,  veslidjan,  velsagenj. 

testan,  Weiberrock. 

serb.  fistan,  fustan.  fstan.  d.  i.  f^stan.  Jastr.  177,  nslov,  frstanj.  Im  Westen. 

fetva,  Entscheidung. 

serb.  auch  fetva.     rum.  fetva.     poln.  feiwa.     griech.  plur.  ipsrßaosc. 

fedan,  fidan^  junge  Pflanze. 

serb.  fidan.  findika,  miadica,  letorast, 

fend^k,  Haselnuss.  fundukl^.^  alte  Münze. 

iQvh.  f^ndek,  Nuss,  geringe  Menge, /^nc^aA:.  Jastr.  331.  rwvü..  funduk.^funduklm,  ältere 
rum.  Münze.  Aus  griech.  irovxaov.  türk.  f§nd§k,  Wirthshaus,  aus  griech.  7cav5o)rslov,  xdv- 
^oxoc    Devic  37.  Z.  671.  2. 

feröa,  Bürste. 

rum.  vircf^. 

fei^na,  Sturm. 

nslov.  fortuna.     bulg,   veter  fortuna.      klruss.   chvortuna,  nicht  hvortnna. 

festek,  fist§k,  fustak^  türk.   ^^i^j,  Pistazie. 

rum,  ßstik,  fistik§.     poln.  pistacja  ist  europäisch.     Z.   666.   1. 

feSke,  türk.  ^ÄAj  Mist. 

serb.  fiiAkija,  vnskija,   Pferdeurin,     ngriech.  'frj(ja%i^jV ,   Mist.     Z.   667.    1. 

flgan,  fiigan^  pers.   ^^Lxs   Wehklage. 

serb.  ßyan.     7i.  668,  3. 

fijat,  ar,  cyLi  Cours,  Valuta,  plur.  von  fij,      i. 
rum.  fijat,  Preis,  Tarif.     Z.   672.  3. 
fll.  Elefant. 

serb.  fil.  fildes.  rum.  fil.  Dux-ch  Russland  nach  dem  Norden:  anord.  fill.  sp.  alfil, 
arfil.     afz,  anfin,  und  wohl  auch  nfz.  fov^  Läufer  im  Sehach.  Devic  37. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  39 

filandra,  Kjoiü  Schiffswimpel. 

serh.  ßlandra,   Wetterhahn:  na  kuli  od  srme  filandra.  Volkslied.     Z.   670.    1. 

filar,  Schnürstiefel. 

serb.  auch  firala,  filare.     rum.  filer.  Bei  Devic  36.  filali. 

flldzan,  Becher. 

klruss.  fyndza.     poln.  auch  fiizanka. 

fllemenk,  holländisch. 

rum.  fjamenk.    Das   Wort  beruht  auf  einer  Form  flamingo,  woraus  auch  das  it. 

firar,   ar.   .t-s  Flucht,  firari,  Flüchtling, 
serb.  firar,  bjegunac.  nar.-bl.  424.     Z.   659.   3. 

flr6nk,  /renk,  Franke. 

serb.  /renk,  frendjija.  frengistan .  frenga,  frenjak,  vrenjga,  vrenjak,  Siphilis.  efrenk, 
efrendz.  efrendzi.     rum.  franzel§.  frink,  Italiener,  frengie. 

fisulia,  fasulja,  fasul,  Fisole. 

russ.  fasolh.  poln.  fasola.  serb.  fasulj,  pasulj,  faaol,  fasolj,  fadzuo,  fadzola.  magy. 
paszuly.  Natürlich  stammen  nicht  alle  Formen  aus  dem  türk.  Vergl.  Fremdwörter: 
hazulj. 

fitnö,  ar.  jUxi   Versuchung,  Verführung,  Aufwiegelung,    fitnedzi. 

rum.  fetnedzea,  Intrigant.     Z.  657.   1. 

fodul,  stolz. 

serb.  fodul,  fudid,   Prahler,  fodulast.     rum.  fudul.     Vergl.  russ.  choduli,  Bombast. 

forta,  Geschwätz. 

serb.  vortati,  votati,  vu6i  za  nos,  wohl:  spotten. 

fuöi,   Fass. 

serb.  auch  fucija.  nslov.  hü6.  Im  Westen.  Herr  Korsch  vermuthet  Zusammenhang 
mit  bscbka  durch  ngriech.  ßoytat. 

furun,  Backofen. 

serb.  auch  furna.  Jastr. 

futa,  Badeschürze. 

serb.  futa.  Jastr.  139.  vuta.   Devic  37. 

fürsi,  persisch. 

Gewöhnliche  und  richtige  Form  farsi,   woher  bulg.  farsija. 

G. 

gaddare,  Art  W^affe. 

poln.  katera,  Art  Schwert.     Muchl.   59.  stellt  das  Wort  zu  ar.  katr,  katir. 

gadr,  ar.   vjte  Verrath,  Betrug. 

serb,  gadar,  gen.  gadra.  Schade:  ti  si  meni  gadar  ucinio.     Z.  645.  3. 

gaile,  Plage. 

serb.  gajle  te  fatilo.  Jastr.  61.  gajlelija  437.  serb.  galiba,  galidba,  slovak.  galiba. 
Ungelegenheit,  sind  magy.  galiba. 


4Q  Franz  Miklosich. 

gairet,  Eifer, 
serb.  garjet. 

gajda,  Hirtenflöte. 

nslov.  gajde.  serb.  kajda,  Musiknote,  kajde  zasvireo.  Jastr.  276.  klruss.  gajda.  gaj- 
dattj.  cech.  kejda.  gajdoS.  slovak.  gajdy.  Die  Magyaren  sind  die  Verbreiter  dieses  und 
manches  anderen  türkischen  Wortes. 

galat,  ar.  JaJLi,  Versehen,  Fehler  beim  Sprechen. 

serb.  galatan,  nepristojan  (o  rijecima).    Z.  650.  1. 

ganni,  reich. 

serb.  gani.  ganiluk. 

gar:  gargin  ^^^S  scabiosus.     Darmesteter  1.  272:     giii  ist  Suffix. 

Vergl.  nslov.  garje,  Krätze,  garjav,  garat  kratzen.    Im  Westen. 

garaz,  Hass. 

serb.  garaz,  garez,  Zank. 

garge,  Lanze. 

serb.  gargija. 

garib,  v;'-^  fremd. 

serb.  garih.  Bei  Vuk  ohne  die  Bedeutung.  Hammer,  Geschichte  1.  494.  vergleicht 
ngriech.  xaptirt^s?.     Fehlt  Z. 

garz,  Pflanzenreis. 

serb.  gerz,  djerz,  Bursche. 

gelaf,  kelef,  Scheide, 
rum.  auch  k§laf,  k§lifan. 

gena,  Zufriedenheit. 

Der  Artikel  hat  zu  entfallen:  tat.  g§na,  ginä  taugt  nicht  zur  Erklärung  des  serb.  djene. 

gomeiia,  Tau.     Aus  dem  it.  Vergl.  ar,  al-gommal,  Ankertau. 
kroat.  gumina.  rum.  gomen§. 

gonöe,  Knospe. 

ngriech.  xovtjc  calyx  rosae.  Pass. 

guU,  ar.  Ja,  Halsband,  Joch,  Pranger, 
rum.  gul,  gjul.     Z.  649.  2. 

gurama,  ar.  tLowc  plur.,  im  tUrk,  sing.,  Concurs. 

serb.  gurema:  kad  mnozina  plaöaju  po  jednaku:  platimo  po  guremi.  Vrcevic.  rum. 
kurama.     ngriech.  %o'jpa[iäc.     Z.  647.  3. 

H. 

hajd6,  hajda,  auf,  vorwärts,    nordtürk.  haj  ^Uc,   pour  exciter  un  cheval.   Pavet  515. 

nslov.  hajde.  serb.  hajd,  aid,  hajdemo,  kajdete.  klruss.  hajdej,  Ochsentreiber,  haj- 
tuvaty,  jagen,  wruss.  hajda.  poln.  hajda,  hejda.  hejdasz.  chojda.  hajta.  na  hajtus,  na  spacer. 
hajdaj^  hajdak,  Ochsentreiber,  de  jure  et  de  hajda,  prawnie  i  gwattem.  gajda,  Landstreicher. 
Mit  russ.  nagajka,  Peitsche;     klruss.  nahajka'     poln.  nahaj  vergl.  nogaj. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  41 

hava,  Luft, 
serb.  havaj. 

havudz,  gelbe  Rübe. 
griech.  auch  '/a.'^'jözZi. 

hegbe,  Mantelsack, 
serb.  hegbe. 

helde,  Buchweizen. 

serb.  auch  jelda. 

hole,  türk,  aJL*  wohlan,  sicher. 
serb.  ele,  elem,  folglich.     Z.  941.  2. 

hem,  heman,  hemen  mit.  zugleich. 

serb.  hem^  em,  ema,  eman,  sowohl  —  als  auch.  Jastr.  Sava  em  Diinava  57.  Z.  941.  2; 
942.  2.    Vergl.  kroat.  hemjava  Menge.  Sirena. 

hemseheri,  Mitbürger. 

serb.  emserija,  hemso. 

hergele,  herdzele,  l'ierdzüe,  pers.  'fßrgele,  Gestüt. 
serb.  ergela.     Glasnik  9.  198. 

hidz,  hec,  etwas,  mit  der  Negation  nichts. 

klruss.  hie,  ni  hie.     ni  hie  odvitu  ne  daje.     Bandur. 

hind  dek :  Ju»  indisch,  Joj»  Hahn. 

poln,  indyk,  Truthahn,     russ.  indejskij  petiichs.  Muchl.  4ß. 

hintov,  h§ntov,  Wagen, 
nslov.  hintov. 

H. 

üabs,  Haft. 

serb.  avsa,  Gefängniss. 

hadzat,  ar.  ka.U»  Bedürfniss,  Noth. 
alb.  hadzet,  Schuld.     Z.  380.  2. 

fiadze,  Pilger. 

poln.  hadzy.     russ.  hadzi,  hanza. 

üadzib,  ar.  ^_*=»L».  Schleier,   Vorhang,  Thürhüter. 
serb.  adzah,  adzap,  adjap,  Pförtner.  Z.  380.  1. 

hajdamak,  eine  Herde  Vieh  treiben. 

serb.  hajdamak,  Stock,  toljaga.  russ.  gajdamak,  Strassenräuber.  wruss.  hajdamaka, 
Vagabund.  Die  Türken  nannten  so  jene  Kosaken,  mit  denen  Polen  Krieg  führte,  und 
die  Ukrainer,  die  sich  gegen  ihre  Herren  empörten.     Muchl.  152. 

hajdud,  hajdud,  ungrischer  Soldat  zu  Fuss,  Räuber,  hajdudl^k. 

nslov.  hajduk.  serb.  hajdut,  ajdut.  Jastr.  ajdutuvam.  russ.  gajdiikd.  dial.  hajduks, 
Dieb,  Räuber,  wruss.  hajduk,  Diener  reicher  Leute,  cech.  hajduk.  alb.  hajduk. 
Räuber. 

Denkschriften  iler  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  BJ.  6 


42  Franz  Miklosich. 

hajlaz,  Faulenzer. 

serb.  ajlaz,  der  MuthwilHge.     Jastr, 

hajvan,  Leben, 

serb.  ajvan,  das  vierfüssige  Thier,  dessen  Fleisch  genossen   wird. 

hakk,  Recht. 

serb.  ak  od  zemalja.     klruss.  hak,    der  dreissigste  Theil  als   Erwerb  des  ücman,    das 
dreissigste  Schaf. 

hakem,  ar.  jjC».  Richter. 

serb.  haöim.     In  Bosnien.     Z.  392.  2. 

hal,   Lage,  Zustand. 

serb.  hal^  al,   Noth.     aval,  das  Übel,    ist  der  plur.  aTival.     hala,  Ausruf:    hala,    cuda 
velikoga.    no  traiite  hala  i  bijeda.  halakati,     alb.  häl,    Kraft,  Vermögen,  Sorge. 

üammal,  Träger. 

poln.  hamat.     kroat.  hamalija,  moöi.    Man  füge  hinzu  die  nicht  unmittelbar  aus  dem 
türkischen  entlehnten  Wörter:  russ.  amulets.     poln.  nmulet. 

üarba,  Hellebarde. 

bulg.  arha.     kroat.  harha.     rum.  arhiu. 

üarf,  ar.  v_j^  Wort. 

serb.  nekoliko  zametnuo  harfa.     Volkslied.     Z.  386.  1. 

üarir,  ar.  wy*-  Seide. 

serb.  herir,  erir,  Art  Seidenstoff,  weisser  Seidenzeug.     Z.  386.  3. 

haruin,  stätig  (vom  Pferde), 
serb.  arunnijak,  Thor. 

üarvan^,  türk.  ^^^y^  Art  Mantel. 

serb.  avramija.  Petr.  2.  160.     Z.  386.  2. 

hasa,  Gott  bewahre! 

serb.  haiati,  haüti,  inöariü,  ableugnen,     zaasati,  udarati  u  bah.  Bogis.  540. 

hasa,  Decke. 

serb.  aSanjka,  aäanka,  Art  weibliche  Kopfbedeckung. 

haäiS,  ar.  ^jüjuia..   getrocknete  Kräuter,    Präparat   aus    der  Hanfpflanze,    welche    eine 
Art  geistiger  Exaltation  hervorbringt.     Vergl.  hhigilik.    Devic  41. 
bulg.  hasis.     Z.  388.  3. 

hav,  yav,  Scherwolle  des  Tuches.     havl§,  yavl^,. 

serb.  havlija,  Art  Tuch,     havli,  avli,  avlija  mahrama.     Z.  382.  2;  402.  2. 

üaz^r,  fertig. 

serb.  az^,  azir.  Jastr. 

üazret  kitab,  ar.  i^jUT  Swäa.  das  heilige  Buch. 

serb.  hazret  öitab.  azretli:  sva  tri  azretli  öitaha.  Vrcevic.     Z.  389.  3. 

üazz,  Logs,  Vergnügen. 

serb.  -/az-haäca.    Jastr.  380.     az-hasca  321.     Hieher  gehört    auch    bulg.  azhafca,    das 
unter  az  gestellt  ward. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osTEaROPÄisciiEN  Sprächen.  43 

hölva,  Art  Speise. 

serb.  halvadzi,    der  halva  verfertigt.     Ich  bemerke  hier,    dass  aldumasce,    Trinkgeld, 
magy.  dldovids,  Kauftrunk,  ist. 

liers,  ar.  ^jä  Begierde,  Zorn,  Gewalt, 
serb.  rs,  Kraft.     Z.  386.  1. 

Mkmöt,  Wunder, 
serb.  hidmet.   Vrcevi(^. 

üile,  List. 

serb.  hezilan,  aufrichtig,  uhiliti. 

liiinar,  Esel. 

serb.  magar,  durch  Metathese. 

Mrfet,  ar.  jü^  Zunft. 

griech.    po'j<pctta:    türk.  po'jfpsz  ist  gleichbedeutend   mit  iaivd'f.     xVt.    V.   1.   333.   343. 
Z.  386.  1. 

Hokka-baz,  ar.  pers.  \L  jüLä.  Gaukler:  Tiokka. 
rum.  kabaz.  kahazltk.     Z.  391.  3. 

hödzdz6t,  ar.  xä^  Beweis, 
ngriech.  yo'JtCsuov.     Z.  383.  3. 

hukumet,  Richteramt. 
serb.  uöumat.  Bogis.  528. 

liuzur,  Ruhe. 

serb.  uzur.  nzuran.  uzuriti^  razuzuriti. 

hürmet,  ar.  jw^  Achtung. 

serb.   iirmet  i  postenje.  hurmet.  nar.-bl.  415.   Z.  386.  2. 


"/aber,  Meldung, 
bulg.  h§bdr.  In  Vinga. 

yain,  treulos. 

serb.  hain.     In  Bosnien. 

"/airet,  ar.  iy^  fromme  Stiftung. 

serb.  hajir.  nar.-bl.  296.  Vermengung  mit  yaj§r.     Z.  417.  2. 

yajalet,  ar.  jüUi.  Gespenst. 

Damit  verbindet  man  serb.  avet,  avetinja.  Rjecnik.     Z.  417.    1. 

•/aj^r,  gut. 

serb.  hajer,  Nutzen.  Vrcevid.  hairUja,  airlija.  bulg.  hären,  aren,  gut.  Kac.  561.  neh§r 
für  russ.  neoprjatnosth.  Ger.  serb.  haran  tüchtig:  da  si  arna,  ne  hi  sama  dosla.  Jastr.  152. 
poarno  256.  klruss.  ckaren,  firmus.  serb.  haran^  dankbar,  kann  von  '/drAQ  nicht  getrennt 
werden:  vergl.  aslov.  hart,  gratia.   Vergl.   Fremdwörter:  harh. 

6* 


44  Franz  Miklosich. 

yakau,   Herr,  Herrscher,  Grossherr. 

aslov.  hagaiiö,  Chagan  Avarum.  bulg.  Boritakan,  Tarkanns.  russ.  kand,  chana.  poln. 
chan.  2ech.  chan.  cham.  yakan,  yan  ist  chinesischen  Ursprungs:  yakani  ein,  Kaiser  von 
China.     Quatremöre,  Histoire  des  Mongols.    Vorrede  10.  86. 

yalaika,  Dienerin. 

serb.  alajka.  Jastr.     Z.  411.  1.  bietet  ,^2^^^.  yaJaik,  yalaiket. 

yalez,  ar.  (jaJLa.  rein,  wahr,  echt. 

serb.  alis-cuvek,  ehrlicher  Mensch.     Z.  401.  2. 

•/al/al,  Beinring. 

serb.  halhal,  halal.  Jastr.     rum.  harhal. 

•/all,  ar.  ^^-'U».  leer,  allein,  frei. 

serb.  alija,  zu  keinem  Dorfe  gehöriges  ödes  Land,   aliluk.     Z.  401.  3. 

yali,  Teppich. 

serb.  halija,  6'dim,  sag:  pod  cadorom  prostrta  halija,  na  haliji  careva  gazija,   Volkslied. 

yalifö,  Stellvertreter, 
serb.  kauf. 

yalk,  Volk. 

serb.  kalk,  nar.-bl.  415. 

yalvet,  einsamer  Ort. 

serb.  halvat,  halvet,  mesto  medju  zenama:  sedi  u  halvetn,  avlat-odaja.  alvatan,  avlatan, 
geräumig. 

yam,  pers.  -Li.  roh,  unbearbeitet. 

serb.  am-pamuk,  ungesponnene  Baumwolle.  Herc.  29.  357.     Z.  401.   3. 

yamir,  ar.  >**=»■  Teig,  Sauerteig. 

serb.  hamur^  amur,  Hefe.  Jastr.  hamurluk,  amurluk,  das  Gemach,  in  welchem  die 
Bäcker  den  Teig  kneten  und  wo  der  Teig  gesäuert  wird.     Z.  413.   1. 

yan66r,  Dolch. 

türk.  lautet  das  Wort  auch  yandzar..  russ.  kinzah  entspricht  kirg.  kaldzan  und  mong. 
kingara:  kin  ist  wohl  Anlehnung  an  k§n,  Scheide,  cingalisce.  serb.  handzarlija,  mit  einem 
HandXar  bewaffnet,  klruss.  cynhai.  poln.  chandzar,  chandziar,  gandziar,  handziar,  andziar, 
gindzai,  kindzai.     frz.  cangiar.     sp.  alfange.      Devic  5. 

yanem,  vornehme  Frau. 

serb.  hniwrii,  hanuina,  Frau.  Iianka. 

yanemöö,  pers.  xä^U».  Fräulein. 

bulg.  han^mce:  pasovo  han^mce.     Z.  402.   1.   Von  yan§vi. 

yarab,  ar.  lolj-a.  zerstört. 

serb.  harah.  arahatan.     Z.  404.   3. 

yaradz,  Kopfgeld. 

serb.  Iiäräc,  gen.  hardca.  arac.  podaraciti.     poln.  podharaczyö. 

yaradzlamak.  türk.  ^j^J^\y~^  versteigern, 
rum.  huraskidisi.      Felilt  Z. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  45 

yardal,  Senf. 

serb.  ardalj,  ardalija. 

/ardz,  Kosten, 

serb.  harc.  harcalija,  ' arcalija.  harcljiv.  asluk.  asluciti,  russ.  dial.  harn,  Fleisch. 
harcoba.  harcitb.  wruss.  charc.  bulg.  iskarca,  isliarcevam.  serb.  harciti ,  arciti.  klruss. 
ohcharcyty ,  Mangel  an  Lebensmitteln  leiden,  wruss.  procharcevac.  Vergl.  bulg.  haram, 
verwüsten,     serb.  harati  (gradove).  zlato  harato.  nar.-bl.  28.  pohara   zita.  Bogis.  540. 

yarinön,  ■/§rman,  Tenne. 

serb.  harman.     klruss.  harmanuvaty,  durch  Treten  das  Getreide  dreschen. 

yarrub,  Johannisbrod. 

ngriech.  yapouTtid.  Pass.     sp.  garruhia.     fz.  carovhe,  carouge. 

yas,  ar.  ^Li.  höhere  Volksclasse. 

Man  vergleicht  mit  Unrecht  poln.  chasa,  cliasa,   Pöbel.     Z.  400.   1.      Muohl.   17. 

yasm,  ar.   ».^.a.:  das  Wort  jv-cl»  ist  zu  streichen, 
serb.  hasum.     In  Bosnien. 

yass,  eigen,  kaiserlich. 

serb.  richtig  asovina.  Vergl.  ngriech.  ot  yäi  ßosßövSac.  Acta  et  diplomata  V.  197. 
yä;  ßosßovSdSsc  202. 

yasyas:  das  Wort  hat  zu  entfallen, 
poln.  haszysz  ist  unter  Tiasis  zu  stellen. 

yataj,  Nordchina. 

serb.  kitalija,  citajka  usw.  beruhen  wahrscheinlich  zunächst  auf  russ.  kitaj,  dessen 
Verhältniss  zu  yataj  dunkel  ist:  nach  Muchl.  63.  besteht  yjtaj  neben  yataj:  jenes 
findet  sich  bei  den  älteren  ßeisebeschreibern.  klruss.  kytaj.  kytajec.  kytajka,  Taffet. 
poln.   kitaj. 

yater,  Gedanke. 

serb.  hajter,  ajter^  ater.  za  hator  mletacki,  den  Venetianern  zu  Liebe,  ator.  ater  imat. 
Jastr.  449.  po  hataru  uciniti.   Bogis.  344.     Vergl.  hajtor  ili  mito  593. 

yatm,  ar.  |Vää  Recitation  des  Korans  von  Anfang  bis  zu  lünde. 
serb.  hatma:  je  li  hatrnu  proucio?  nar.-bl.  330. 

yavjar,  Caviar. 

Die  mit  k  anlautenden  Wörter  sind   unmittelbar  europäischen  Ursprungig. 

yavvan,  ar.   ,j!^  Verräther. 
serb.  avan.  avanica.     Z.  414.  2. 

yazinö,  yazana.  yazne,  Schatz.  kaznadz§.  yazinMar. 

aslov.  kazna.  serb.  azna,  azno.  aznatarce.  kaznacej  aus  dem  russ.  russ.  kaznacej. 
lett.  kozna,  Vorrath.  ngriech.  yrxC^o^rj.c..  sp.  hacienda.  magy.  haszon  und  das  damit  zu- 
sammenhangende serb.  nslov.  hasniti  usw.  sind  mit  yazine  unverwandt. 

yersez,  Dieb. 

y<^rs§z  aus  yoj^rs§z:  vergl.  yajp\ 


^g  Franz  Miklosich. 

yjidmet,  y^dm^t,  fizmd,  Dienst. 

serb.  hizmeöar.  In  Bosnien,  rum.  husmet  Accise.  mrum.  husmekjar.  ngriecli.  wird 
wohl  5(oo(iYjrndpr^c  der  richtige  nom.  sing.  sein. 

^'at,  Kaftan, 

russ.  chalatB,  Schlafrock,     poln.  bei  Mickiewicz  chylat. 

Xodia,  Herr. 

serb.  odza.  Mit  der  Zusammenstellung  von  jodza  mit  russ.  chozjams,  chozjajka  ist 
Herr  Korsch  einverstanden  und  bringt  dafür  entscheidende  Gründe  bei.  wruss.  chod- 
zain.  rum.  hozain.  Aus  dem  magy.  stammt  serb.  gazda^  gazdasag:  man  beachte  gazdaluk, 
gazdarluk. 

yoros,  Hahn, 
serb.  horos. 

^oäab,  angenehmes  Getränk. 

serb.  osav,  osaf,  osap,  gedörrtes  Obst. 

'/oä  geldin,  bene  venisti. 

Mit  osdjeMlja  vergleiche  man  prisidjeldija. 

^uni,  Tricliter. 

Dass  ngriech.  yyaVt.  vom  agriech.  ywvtov  stammt,  ist  selbstverständlich.  Wenn  ich 
das  türk.  yuni  an  die  Spitze  stelle,  so  will  ich  damit  andeuten,  dass  möglicherweise  die 
Türken  es  waren,  die  das  griechische  Wort  zu  anderen  Völkern  trugen,  wie  sie  so  zahl- 
reiche arabische  und  persische  Wörter  verbreitet  haben:  es  hängt  dies  mit  der  politi- 
schen Bedeutung  der  Türken  zusammen,   yimi  ist  durch  sie  den  Kurden  vermittelt  worden. 

yurma,  Dattel, 
rum.  auch  hurmal. 

I. 

ibka,  ar.  ,üul  das  im  Amte  Belassen,  Bestätigen. 
rum.  ipka.     Z.  5.   1. 

ibra,  ar.  cl«j|   Befreiung, 
rum.  ihra.     Z.  3.  2. 

ibrö,  Nadel. 

rum.  andrea,  indrea,  undrea. 

ibrisim,  Seidenfaden. 

rum.  auch  ibriäim.  Das  Wort  ist  aus  Persien  nach  Arabien  (ihrisam),  Armenien 
(aprüoüm),  Afghanistan  (wresam^  reyam)  usw.  gewandert. 

iö  oglan^,  Page. 

kroat.  ^V;  ogljanin,  plemöe.  serb.  auch  icoglan.  poln.  pokojowy  iöogian,  Art  Kammer- 
diener,    rum.  icoglan,  icolan. 

iö6r,  türk.  väoI  darinnen. 

rum.  idirliu,  der  im  Innern  des  Serails  bedienstet  ist.     Z.  142.  3. 

idzra,  ar.  cI^äI:  idzra  etm^Jc,  ins  Werk  setzen, 
rum.   izra,  Ausführung.     Z.  11.  2. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  47 

ifta,  ar.  ^\si\  Entscheidung, 
rum.  efta.     Z.   71.  2. 

iftira,  Verleumdung, 
rum.  iftira^  eftira. 

igirmi,  irmi,  türk.  ^s^-Xi}  zwanzig.  igirmüili,  irmili/c,  Goldstück  im  VVerth  von 
zwanzig  Piastern. 

rum,   irmüik.     Ahnlich  ngriech.  cixoadpt,  deutsch  Zwanziger.     Z.  150.  1;  965.  1. 

iktiza,  Bedürfniss. 

Vergl.  ngrich.  izCiC^d  (yapazCmv).  Acta  et  diplomata  V.  196. 

iki,  zwei. 

rum.  ikilik.     türk.  ilciliJc. 

» ikram,  ar.   JjS\  Ehrenerweisung, 
serb.  i&am.     rum.  ikram.     alb.  iöiram.     Z.  81.   1. 

I  i'lam,  Bescheid, 
serb.  ilam.  In  Bosnien,     ilmi  haber,  Quittung,     rum.  ilam. 

ildiz,  j§ld§z,  türk.   \tXJb  Stern. 
serb.  ildiz.  Jastr.     Z.   966.  3. 

ile,  türk.   xJbl  mit. 

serb.  sakaile:  da  jedemo  sakaile,  sakacki,  mit  der  Hand. 

imam,  ar.  Ajq\  Vorsteher,   Vorbeter  in  der  Moschee. 

serb.  imam.  imam-zade.  Dj.   Popovic.     rum.  imam.     alb.  imam. 

imate,  Tödtung. 

Der  Zusammenhang  von  serb.  ametli  mit  ar.  imatS  wird  bezweifelt,  und  zwar  mit  Recht. 

imdad,  Hilfe. 

rum.  im  dat. 

imrönmek,  türk.  JUJ^I  heftig  begehren. 

serb.  imrenisati  se,  emrenisati  se,  sich  verlieben.     Z.  96.  1. 

i'nad,  Trotz. 

Die  Form  ar.  Hnajät,  türk.  inajet  steht  dem  bulg.  inaet,  usw.  sehr  nahe.  inaddz§  ist 
hinzugefügt  worden  wegen  des  serb.  inadzija,  des  rum.  anakciu  und  des  alb.  inatsi. 
serb.  zaintaciti  .se. 

indze,  türk.  xäjI  dünn,  schwach, 
serb.  indzi.  Jastr.  Z.  102.  2. 

indzi,  Perle. 

Herr  Korsch  führt  ein  cagat.  jinzü  an.  alb.  idzi.^  edU^  dzi.  Aus  dem  magy.  stammt 
nslov.  djundja.  jambr.  dzundz. 

indzir,  Feige. 

Man  lese  russ.  indzirs.  inzirs  sind  nach  Dalb  ßgi,  nach  anderen  ist  inzlrn  vinnaja 
jagoda,  imd   wieder  nach  anderen  Feigenbaum,     serb.  indzirica,  Art  Birne. 

inkar,  Nichterkennen. 
serb.  in6ariti. 


48 


Franz  Miklosich. 


insan,  Mensch, 
serb.  auch  iksan. 

in  äa  allah,  ar.  sJT  Li  ^1  wenn  Gott  will. 

serb,  iiisala.  rum.  isala.  maiala.  kum.  ysala  312.  alb.  isala^  so  Gott  will.  sp.  ojala. 
Z.  534.  1. 

ipar,  pers.  sLI  Dost,  ^YohlgeInuth. 
rum.  nipariu.     Z.  1.  3. 

irsal,  ar.  JU,,!  Sendung. 

kroat.  arsal:  komu  poslu  se  govori  hrvatski  arsal.   Zakon  vindolski  LXXII.    Z.  27.   3. 

isbat,  ispat,  ar.  cjLjI   Bestätigung,  Beweis, 
bulg.  ispahat.     serb.  ispat,  Zeuge,  hpatiti,  bezeugen.     Z.  9.  3. 
isfanadÄ,  —bLi*«!,  aspanay^  ^l-^^N  isfinadz,  §spnak,  Spinat. 

serb.  spanaö.  ngriech.  aTCivdxta.  sp.  espinaca.  it.  spinace.  fz.  epinai'd.  mlat.  spa- 
nachiitm,  spinacium.     Man  vergleicht  lat.  spina.     Z.  36.  2.    Devic  33. 

isköle,  Hafen, 
rum.  skele. 

iskemle,  iskemni,  Schemel. 

serb.  söemlija.  rum.  skemni  agasi,  skimni-aga,  skimni-ömis.  Die  Geschichte  der  Ver- 
breitung der  mit  scamnum  zusammenhangenden  Wörter  ist  mir  dunkel. 

isköndzö,  pers.  xääX*«I  Folter. 

rum.  skindziu,  skindzuire,  skindzuesk.     ngriech.  axsvrasc,  cruciatus.   Pass.     Z.  49.  2. 

iskörlet,  sakarlat,  Scharlachtuch. 

serb.  skrlet.  Hieher  gehört  auch  skrli,  ckrli  roth  :  skrli  merdzan.  Puk.  91.  ckrli  merdzan. 
Herc.  359.     russ.  sarlahs,     poln.  szari'at,  szkarlat  sind  europäisch. 

ispöndze,  tUrk.  2iääxauI  Steuer  von  Kriegsgefangenen,  Sclavengeld,  bei  Zinkeisen 
3.  767.  auch  spanza. 

serb.  spendza,  Aufwand.  Jastr.  rum.  spendze,  Steuer.  Das  Wort  hängt  mit  it.  xpesa 
zusammen.     Bei  Hammer  ipendsche,  pendschik^  Gefangenensteuer.     Z.  36.   2. 

Istalia,  vulg.  estar^  LJU*«!  Liegezeit   eines  Schiffes,    Ort,    wo    die    Schiffe    befrachtet 
oder  die  Waaren  ausgeladen  werden. 
rum.  ustalia.     Z.  36.   3. 

istanbol,  istarahul,  Constantinopel. 

poln.  stamhui.  stambuika,  Art  irdene  Pfeife,  rum.  stambid.  stamhoal§,  Art  Getreidemass. 
stamhol,  Art  Münze.  Aus  z'.z  ~'r{^i  TCÖXt-V,  nach  anderen  aus  {Con)stan(tino}pol.  Aus  istanbol 
entstand  islam-bol,  gleichsam  der  Heerd  des  Islam,  ,miasto,  gdzie  obfituje  wiara  islainu\ 
Muchl.  122.  Vergl.  tilrk.  istankoj  ^yiixxM^\  die  Insel  Kos  Istanchio  aus  st?  r/jv  K(b.   Z.  516.  1. 

istlfan,  Krone  bei  der  Trauung. 

serb.  istifan,  Art  weibliche  Kopfbedeckung,     griech.   atscpavoc. 

istife,  istifje  (lüUsi)  Meerschaum. 

st-rb.  istiva,  meerschaumene  Pfeife.  Hind. 

isgüzar  -jjCiol  geschickt:  z'/,  Arbeit,  yüzar,   verrichtend. 

rum.   isguznr,  fähig.      Z.   741.   1. 


Die  TüRKiscnEN  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen   Sprachen.  49 

iskil,  schwierig,  dunkel,  Zweifel,  Bande. 

serb.  uisöiliti,  errathen.   Die  Bedeutung  von  serb.  iscil,  Ring,  beruht  auf  einem  Irrthum . 

iätiha,  ^stak,  Appetit. 

serb.  isfal.  Utah.  In  Bosnien,  zaistaliti. 

itdzek,  Schuh. 

Herr  Korsch  führt  an  aruss.  icetygi,  icedogi,  icedoki. 

itlak,  Freilassung. 
rum.  itlak. 

izn,  Urlaub. 

bulg.  jas  ot  tatka  izan  ne  si  zedof.   Mil.  119.     serb.  auch  izum  und  izin. 

J. 

jaban,  wüst. 

rum.  jabandziu,  Landstreicher. 

jad,  pers.  4>L,  jadest^  Art  Wette,  gabelförmiger  Brustknochen  der  Vögel. 
rum.  jades,  jedes,  Art  Wette,  Gabel,     Z.  947.  3. 

jad-kar,  Andenken. 

serb.  jadidjar.     In  Bosnien. 

jag,  türk.  gL>  Fett,  Öhl. 

serb.  jag,  mirisno  idje.     In  Bosnien.     Z.   952.   1. 

jagl§k,  Taschentuch, 
serb.  jaglf^k.  Jastr.  348. 

jagma,  Raub. 

nslov.  na  jagmo,  um  die  Wette,  jagmiti,  Wettlaufen,  silum  jagmiti,  rapere.  jagmiti  se, 
sich  um  etwas  reissen.  kroat.  jagma,  direptio.  In  Poljica.  Beute.  In  aruss.  Denkmälern 
als  türk.  Wort:  no  da  sotvorims  jagmu. 

jagmurlek,  Regenmantel. 

russ.  jemurluks.     poln.  jarmuiuk,  doppelter  Barcan.  jamuriach.     Muchl.  42. 

ja/ni,  gekochtes  Fleisch. 

serb.  auch  jahnija.     In  Bosnien. 

jalan,  falsch, 
serb.  jalandzija. 

jald^z,  Vergoldung. 

serb.  jaldaz:  mu  napravi  kovceg  od  jaldaza.  Jastr.  224. 

jalenmak,  türk.  demüthig  bitten,     nordtürk.  zal§n,  zal§nd§r,  bitten.  Salc§.  Ostroum. 
russ.    zalovath,  vergelten,   bezahlen,    zalovanie,  Verleihung,    Dotation,    eigentlich    das 
Erbetene :  aus   dem   subst.  ist  die   Bedeutung  des  Verbum  erklärbar. 

jamak,  Zugabe,  Gehilfe, 
rum.  jamak. 

Denkschriften  der  phil-hist.  Ol.  XXXVII.  Bd.  7 


50  Franz  Miklosich. 

Jan,  Seite. 

serb.  jankesa,  Seitentasche,  jankesedzija,  Räuber,  jandal,  seitwärts  jandan  als  Adverb 
jVorbei'.     andati  (kuöa),  einsam.   Vrcevic.  janda.  Marian. 

jandzek,  tilrk.   »jjiL  Sack,  Tasche. 

serb.  jandzik,  Art  Tasche,     poln.  janczyk.     Z.  955.  3.    Vergl.  jan. 

jang^n,  Feuersbrunst. 

serb.  jangija.     In  Bosnien,     rum.  jangin. 

jap^ämak,  türk.  (^.t^L  sich  an  etwas  halten, 
serb.  japasitij  ergreifen.     Z.  946.  3. 

jaral§,  verwundet. 

Richtiger  ist  es  jara  an  die  Spitze  zu  stellen. 

jar6ak,  nordtürk.   ^^ä-Ls  Art  Sattel. 
poln.  jarczak.     Fehlt  Z.     Muchl.  43. 

jardem,  Hilfe. 

serb.  jardumdzija,  Helfer,  nar.-bl.  104. 

jarek,  Spalte,  auch  jar,  türk.   .U. 
russ.  krutojars,  steiles  Ufer.     poln.  jar. 

jargag,  dzagat.  Pelz, 
russ.  ergak. 

jarleg,  Diplom. 

russ.  erlykö.     rum.  jarltk,  jerlik,  erlik.     nordtürk.  zarl§ka,  nicht  zarl§ga. 

jarmak,  nordtürk.  ^Lc.L»  Gold,  Silber. 
rum.  jaiinakl,  mflorat  ku  aur.     Z.  949.   1. 

jasaul,  nordtürk.  J^L«Ls  Kämmerer  am  Hofe  der  Chane  in  Turkestan. 

russ.  esaulö,  osaub.  klruss.  asaui.,  osaui,  esaui^  asaula^  asavuia,  Unterhetman  bei  den 
Kosaken,  poln.  asaui,  asawul,  jesawui,  asauia,  asawula,  Kosakenlieutenant,  rum.  asaul, 
eine  Würde  bei  den  Kosaken.     Z.  951.   1. 

Jasmin,  pers.  |^j^.a*^Lj  Jasmin. 

russ.  Jasmins,    poln.  Jasmin,    ngriech.  '(i(i.'zz\i.i,  '^i'j.ooo^L   At.  IV.  1.  79.  Pass.   Z.  951.  2. 

jassak,  Anordnung:  richtig  jasak. 
rum.  jasak, 

jatagan,  grosses  Messer, 
poln.  jatagan,  atagan. 

jatak,  Ort,  wo  man  schläft. 

Vergl.  poln.  jata,  jatka,  erklärt  durch  budka,  namiot. 

jatse,  Schlafengehen, 
rum.  jac§. 

javaä,  zahm. 

serb.  Javas,  langsam,     rum.  javah. 

jave,  pers.  s^L»  verloren. 

Vergl.  serb.  jova,  herrenloses   Pferd.     Z.   957.  2. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  51 

jav6r,  pers.   »^L  Helfer,  Adjutant. 

alb.  javer,  Adjutant.  Jarnik.     Z.   956.  B. 

jazlek,  türk.   ^^JjU  Sommerkleidung. 

rum.  gizluk,  Herbstkleidung.  Z.  950.  1:  vergl.  jedoch  ^wz,  türk.  v^  Herbst.  Z.  772.  6. 

jazmak,  schreiben, 
rum.  jazadziu. 

jedek,  Leine,  Handpferd, 
rum.  jedek,  edek,  Handpferd. 

jedi,  sieben. 

serb.  jedikida.    poln.  jedikul,  jedikule,  jedikuia,  Gefängniss.    Muchl.  44.    rum.  edekide, 
edikula. 

jedikdzi,  türk.  ^-^Jo  der  ein  Thier  fuhrt. 

ngriech.  jEVcaCtSsc.     Acta  et  diplomata  V.  196.   Z.   960.   1. 

jejna,  Eule. 

jeina,  jejina  findet  sich  in  den  türkischen   Wörterbüchern  nicht,     serb.  eja,  jej,    Art 
Raubvogel,  Geier,  ist  türk.  gej  ^.     Z.   782.  2. 

jel,  türk.  Jij  Wind,  Rheuma, 
rum.  jeZe.     alb.  jel.     Z.  965.  3. 

jelök,  Unterkleid  der  Frauen, 
serb.  caprazli  jelece.     Jastr.  320. 

jein6k,  Essen. 

serb.  jemek,  das  aus  Versehen  unter  etmeU  gestellt  ist.  jedzek,  Speise,    türk,  jejedzik. 
Z.  968.  3. 

jemeni,  bunter  Zeug,  Art  Hausschuh. 

serb.  djemelija.    jemenice.  Jastr.   117.  jemelije.   Mai'ian.     rum.  imenej,  iminej. 

.  j6ini§,  Obst, 
serb.  jemis.  misana^  Obstdarre :  jimiä  und  ^/ani. 

j6nge,  Tante. 

serb.  auch  enga.,  jendjija.  cador  jendjiski.  Jastr.  353. 

jenl,  jeili^  neu.  jan^  ist  die  ältere  Form  für  j^fii. 

serb.  auch  janicar.    russ.  janycan.    öech.  jancar.    poln.  janczar,  janczaryn.  janczarka. 
janczarycha,  janczarynka. 

jeni,  j6ni  behar:  pers.   .Ljj,  türk.     Jl>,  eigentlich  frisches  Aroma, 
rum.  enihahar.     Z.  229.  1;  965.  2. 

jenmek,  türk.  vjJUäj  überwinden, 
serb.  jenjisati,  nadjacati.     Z.  969.   3. 

jerbu'a,  ar.   c^vj  Springhase. 

russ.    erboizn   die   ägyptische    Springmaus.     Das    russ.  Wort  stammt    unmittelbar  aus 
dem  franz.:  gerhoise,  gerbo,  das  nur  in  der  Naturgeschichte  gebraucht  wird.  Z.  961.  1. 

j6rlü,  türk.   Jjj  Einwohner. 

serb.  erlija.     rum.  jerliu.     Z.  960.   1. 


52  Franz  Mikl.osich. 

jeäil,  türk.  >»Li-)  grün. 

serb  jes^l  Jemenice.  Jastr.  117,     Z.  962.  2. 

jeter,  genügend,  eigentlich  ein  Glied  im  Paare,  Genosse,  Freund. 
Herr  Korsch  denkt  an  sraipo^. 

jövm,  türk.  j.^  Tag.  jevmie  aZe^jt  Tagelohn, 
rum.  evmiea^  Tagelohn,  gevme.     Z.  976.  2. 

jigit,  igit,  türk.  v:>Jo  junger  Mann,  tapferer  Mann, 
serb.  igit.  Jastr.  323.  324.  iöit^  junak.     Z.  965.  1. 

jogurt,  Art  saure  Milch. 

serb.  jogurt.     rum.  jaurt.  jaurdziu. 

jok,  nichts,  richtig  ,nein',  ,ist  nicht  da'. 
joktnr:  türk.  jokt^r. 

jol,   Weg. 

serb.  jol.  joldzija,  ßeisender.     In  Bosnien,     pol.  joldasz.     rum.  joldas. 

jolbaz,  türk.  jol  J^  und  baz  vL  spielend,  wie  in  kus  baz  usw. 
serb.  jolpaz,  Vagabund.  Z.  162.  2;  975.  1. 

jongar,  türk.   ^lij^  Art  Laute, 
alb.  jongar.     Z.  977.  3. 

jorga,  türk.  U,^  Traber. 

serb.  jorga,  konj  kasac.     Z.   971.   1. 

jorgan.  Decke. 

rum.  jorgan.     poln.  dial.  jargan,  kudiacz. 

jufka,  fein, 
rum.  eßca.  efkale. 

jurt,  jurd,   Wohnung. 

russ.  auch   juris,  jurtovecz,  jurtovskij    tatarins.     poln.  jurt,  jurta,    urt,    hart,    hurt,   be- 
weglicher Zaun  um  auf  dem  Felde  das  Vieh  einzuschliessen,  Herde. 

jük,  Last,  Gepäck. 

russ.  auch  juks.    klruss.  «a-,  povjucyty  (kone).  ehrest.  481.    poln.  juk,  Juki.,  Saumsattel. 
juczyC.  przyjuczyö  jukami. 

jüksük,  türk.  ^L^yj  Fingerhut. 

rum.  juksucea,  glob  de  z§pad§,  eig.  etwas  rundes.     Z.   974.  3. 

jürüjüs,  Angriff. 

serb.  juriti.  juruä.  Jastr.      Vergl.  jurne  u  najzescu  vatru.     rum.  auch  jur§§.  jurusi. 

jürük,  Herumtreiber. 

rum.  juruk-bqjrak.  jurukbajraktar.     Z.  233.  2;  971.  2. 

jüz,  hundert. 

serb.  juzbaia.     rum.  juzbaSQ.  juzluk,  jusluk,  Art  türkische  Münze. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  53 

K. 

kaba,  nordtürk.  ULls  grob,  gemein. 

serb.  kahast,  dick,    kabadahija,  gemeiner  Soldat.     Z.  674.   1. 

kabaöaj,  pers.  ^Us-Lä  Art  kurzes  Kleid. 

serb.  kacabajka.  Dj.  Popovid,  Vergl.  wruss.  kucbaj,  Art  Gewebe,  poln.  kuczbaja, 
zottige  Boje.    dial.  kacabaj.     Z.  689.  2. 

kabaüat,  Schuld. 

serb.  kabajet,  Fehler,  Verschulden.  Jastr.  Vrcevi(5.  Man  vergleicht,  wohl  mit  Unrecht, 
rum.  kabadaj,  Räuber. 

kabak,  Kürbis, 

klruss.  poln.  kabak.     magy.  kabak,  Kürbisflasche. 

kabak,  Kneipe. 

Man  meint,  die  Russen  hätten  das  Wort  vom  Occident  bekommen. 

kabalet,  Vertrag. 

russ.  kabala,  Schuld;  magazinn  zapasnyj.  kabahnyj  rabotnika.  zakabaliti,  zum  Leib- 
eigenen machen,  klruss.  kabala^  Verschreibung  zum  Leibeigenen.  Vergl.  sp.  alcabala. 
ar.  kabalet  hat  auch  die  Bedeutung  Pachtung,  Pachtsumme  und  Abgabe :  damit  hängt 
serb.  ^a6e/a,  vectigal,  zusammen,  das  unmittelbar  wohl  aus  dem  it.  stammt:  gabella,  caballa, 
cabella,  gablum.  sp.  gabela.  Minder  wahrscheinlich  ist  die  Verbindung  mit  ags.  gaful, 
gafol.     Devic  37.  Diez:  Gabella. 

kaban,  männliches  Schwein. 

klruss.  kaban,  verschnittenes  Schwein,  nekian  kaban,  wilder  Eber.  poln.  kaban. 
kabanina,  chahanina. 

kabara,  türk.  »»LaS  Flitter, 
rum.  gabara.     Z.   689.  3. 

kabarma,  türk.  «JO^Lo  getriebene  Arbeit. 

serb.  kabare,  toke.   Art  längliche  Metallplatten.      Vergl.  kabarmak. 

kabarmak,  türk.   (^xvLü  anschwellen, 
serb.  kabardisati,  kabarisati.     7a.   689.  2. 

kabil,  möglich, 
serb.  kabil. 

kabr,  plur.  kubur,  ar.  yj,   .yj3  Grab. 

Damit  vergleicht  man  serb.  kubur.,  kümmerlicher  Zustand,  kuburiti.  Z.  690.  2. 
mgriech.  xußcoptov  ist  nicht  ausser  Acht  zu  lassen. 

kabul,  Annahme. 

rum.  kabulipsi  setzt  ein  ngriech.  %a|XTro'jXs6(o  voraus. 

kaöamak :  findet  sich  in  den  Wörterbüchern  nicht. 
,  bulg.  kacamak,  kacemak.  Col.  136.  serb.  kacamak,  Kukuruzbrei.  alb.  kacamak,  Polenta. 

kaö^rmak,  türk.    (^wa.ü>  einen  Umweg  machen.    kac§rma,  Schmuggel, 
rum.  kacerdisi,  fliehen.     Z.  676,  3;  677.  1. 


54  Franz  Miklosich. 

kaöu,  nordtUrk.  ^U  P"'lucht.- 

Vergl.  iigriech.  ■x.diaa.    Pass.     Z.  677,   1. 

kade,  Richter. 

serb.  kadijnica.  kadijnac.  poln.  kady.  rum.  kadki.  kadie.  kadiasker,  kazasktr.  sp. 
alcalde.     Devic  3,     Man  füge  hinzu  kroat.  kadiaSöer.  Sirena. 

kad§n,  Frau,  aus  )(atun. 

serb.  kadka.  kadundzika,  kadudzika.  rum.  kadin§.  Man  vergleicht  auch  kadin,  bos- 
haft.    Devic  45. 

kaderga,  Galeere. 

rum.  katargg,  katarg,  Schiff.  In  katarg  für  und  neben  katart,  ngriech.  xa.z6.rj-u  für 
Mastbaum  liegt  eine  Verwechslung   vor;  ebenso  im  serb.  katarka. 

kadifö,  Sammt. 

serb.  kadifica,  Art  Blume. 

ka'ed,  ar.  tXtU  ausgedienter  Soldat  oder  kaid  joU  Führer. 

serb.  kaid:  die  Bedeutung  wird  nicht  genau  angegeben.     Z.  682.  1;  687.  3. 

ka'eda,  ar.  »jk^U,  Basis,  Regel,  Brauch. 

serb.  kajda,  Musikaote.    okajditi,  visieren.     Z.   682.  2. 

kafös,  Käfig. 

serb.  kafes.     sp.  capazo,  capacho.     lat.  cabacus,  cahacius.     Devic  23. 

kafil6,  ar.  jiJLiU  Karawane, 
serb.  kafala.    Jastr.     Z.   682.  2. 

kaftan,  kaptan,  Oberkleid,  Hülle. 

russ.  gewöhnlich  kaftans.   wruss.  kaptan. 

kahr,  Zwang,  Kummer. 

serb.  kaar.1  kahar.  karet,  Strafe  beim  Prsten-Spiel.  kaharlija.  Jastr.  442.  raskariti  se. 
Alt  karhba.  karetiti.  Dj.  Popovi6  führt  ein  ar.  kahret  an.  Vergl.  korot^  korota,  Trauer  um 
Todte.  korotovati. 

kahröman,  ar,  ^LcjjcU  überwältigend. 

serb.  kahriman:  pa  ce  se  Jos  najci  kahrimana.   Volksl.     Z.   725.   1. 

kahve,  Kaffee. 

serb.  kavaodiak,  Kaffeezimmer. 

kahpe,  schlechte  Dirne. 

rum.  kjapoglu,  Gauner:  vergl.  serb.  kurviö. 

kaid,  ar.  x^ä  Urkunde, 
rum.  kaid.     Z.  726.  2. 

kaime,  Billet. 

serb.  kaime,  türkisches   Papiergeld,      rum.  kaimea. 

kaja,  nordtiirk.  LU  Fels. 

Vergl.  serb.  kaja,  Cement.     Z.  687.  2. 

kajd,  Binden,    ar.  kajdany^   Dual   von  kajd. 
klruss.  kandaiy.     wruss.  kajdany.     poln.  kajdany. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  55 

kaj§k,  Barke, 
poln.  kaik. 

kaj§n,  ka§n,     türk.  ^\ji  Schwager, 
serb.  kain.     In  Bosnien.     Z.  688.  3. 

kaj§s,  Riemen. 

serb.  kaislije,    Art    Opanken,     kaisar.    kaisariti.     Man    merke    kajas,    kajasa,    Riemen, 
rum.  kejus. 

kajmakam,  Stellvertreter. 

serb.  kajmakam.  kajmakamluk.     poln.  kaimmekam. 

kajnak,  türk.  ^UjU  Steiss,  Kralle  der  Raubvögel, 
rum.  kojnak,  vertebre.     Z.   688.  3. 

kajsar,  kajs6r,  ar.  j-ojlS  Kaiser. 

serb.    kajsar.,   kajser,    Karmesinleder.     Von    der    Stadt    Caesarea,      kajsarli,    kajserli. 
Z.  728.  2. 

kajtan,  Schnur, 
russ.  dial.  gotjans, 

kakula,  ar.  xJyS\j  Art  Gewürz,  Cardamome. 

serb.  kakule,  Art  Arznei,     rum.  kakuli.     Z.   682.   3. 

kal'a,  Schloss. 

serb.  kaljaja.  Jastr.     russ.  kalanca,  Wachtthurm,  vom   Deminut.  kaVadza. 

.  kalaba,  Menge, 
serb.  kalahuriti,  mengen,      kalahurnja,  Mischmasch.      Vergl.    kalamutiti    und    galama, 
galamiti.     klruss.  kalabahjk,  kabalyk,  Hader. 

kalaj,  Zinn. 

serb.  kalajlija,  zinnernes  Gefäss.     kalajsuz,  unverzinnt. 

kalambak,  vii-^Jj   wohlriechendes  Aloeholz, 
rum.  kalembek.     Z.   708.   1. 

kalöen,  Art  Socken. 

serb.   kalcinast.     Petr.  3.   140.     bedevija   u    cetiri   noge    kalcinasta  3.  307.     rum.    auch 
kolcun.  k§hunar.  kelcunas.  kaIcodet§,  kalcavet^,  aus  dem  Neugriechischen. 

kalem,  Rohr,  Rohrfeder. 

serb.  kalemcarka,   Art  Musslintuch:    ar.  kalemkari.     rum.     kalem.  kalemie.  kalemdiiu, 
Schreiber. 

kalevi,  Art  Turban. 

rum.  kalevi.     Bianchi  2.  528. 

kaleb,  Form. 

serb.  kalupiti.     rum.  auch  kalup.     russ.  kalypi,  eisernes  Modell.     Vergl.  klruss.  kadub, 
kadob,  kadovo,  Scheuerfach,  Bansen,  fz,  calibre.     Devic  24. 

kalfat,  Kalfatern. 

Davon  russ.  konopatitb,  mit  Anlehnung  an  konoplja.    rum.  kalafat.  k§lf^tuesk,  kalafatez. 
fz.  calfater^  calfeutrer,  letzteres  mit  Anlehnung  an  feutre.     Devic  24. 


5g  Franz  Miklosich. 

kalga,  nordtUrk.   LiJls  Vertreter  des  Khan,  Kalgaj-Sultan, 
poln.  gaiga,  gaika.     rum.  kalga.     Z.  707.  2.     Muchl.  31. 

kaliun,  Kriegsschiff. 

russ.  galbjuns.     rum.  galion.     magy.  galya  aus  it.  galija. 

kaliun,  pers.   ^o»*^'^»   Wasserpfeife,  galian. 
poln.  kaljan.     Z.   684.   3.     Muchl.  52. 

kalkan,  Schild. 

poln.  kaikan.  serb.  kalkan,  zahat,  Giebel,  kalkaluk.  kalkan,  Mütze  der  Mädchen, 
ovrljina. 

kallaä,  Sclialk. 

serb.  raskalasan.  kalastura,  Schimpfwort  vom  Hunde,  alb.  kailaz,  insolente,  serb. 
djilas,  dissolutus,  ist  dunkel,  kurd.  kajas  ist  mit  ar.  kajjis,  schelmisch,  zusammenzustellen. 

kaloä,  nalin,  Holzpantoffel  zum  Überziehen   bei  Schmutz. 

bulg.  galosi,  nal§ni.  Hiev.  Vielleicht  aus  dem  frz.  galoche,  it.  galoscia,  sp.  galocha, 
das  Diez  auf  gallica  zurückführt.     Man  beachte  klruss.  koiosa,  Hose. 

kalpak,  Mütze. 

bulg,  kalpak^  Nachtmütze,  kalpak  igumenski,  kl§pak.  Col.  128.  klruss.  khhuk.  cech. 
koblouk.  poln.  kobiuk,  kabluk,  kablqk.  russ.  kaplaks.  wruss.  kovpak.  poln.  kolpak. 
türk.  auch  kalabak.     Z.   705.  3. 

kalta,  Quersack. 

serb.  kaltacina.  wruss.  kalita.  lit.  kolita.  lett.  kalite.  Altere  türkische  Form  jalita: 
ar.  yantah.     Vergl.  kalfa  aus  'falife. 

kaltak,  Sattelholz. 

Man  vergleicht  poln.  kulbaka,  tatarischer  Sattel,  kulbaczyc,  satteln,  während  andere 
an  ein  türk.  kulbeg,  Soldat  zu   Pferd,  denken.     Muchl.   71. 

kalura,  alter  Schuh. 

rum.  kalevrij,  Art  Pantalons,  aus  dem  bulg.  Herr  Korsch  denkt  an  griech.  )(aXa6pa, 
•/ctXdü). 

kama,  türk.  LcU  Dolch,  Messer. 

serb.  kama,  zweischneidiges  Messer.     Z.   685.   1. 

kamara,  Kammer. 

serb.  komora.  komordzija.     poln.   klruss.  komora. 

kamö^,  Peitsche. 

serb.  kamcik.  Jastr.  wruss,  konöuk.  slovak.  kancuch.  lit.  kancius,  kanciukas.  lett. 
kancuka.     magy.  kancsuka. 

kameS,  Rohr,  Schilf. 

klruss.  komys.  poln.  komysz:  w  komysz  i§6,  na  bok,  na  siron^  uniknqö.  klruss.  hinys- 
nyk^  Landschilf. 

kan,  türk.  ^U  Blut. 

bulg.  kanli  in  kanli  cizmi,   wohl  , blutbefleckt',  nicht  ,schmutzig'.     Z.   685.   1. 

kaua'at,  ar.  «xLäü  Zufriedenheit. 

Vergl.  serb.  kanat,  stednja,  Sparsamkeit.     Dj.  Popovic.     Z.   709.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  57 

kanad,  Flügel. 

serb.  kanat,  Scheidewand;  krilo  od  vrata:  otvori  mu  kanat  od  avlije.  Volksl.  kanatiti. 

kanak,  nordtürk.   ijjL»  Frauenhalsband, 
poln.  kanak.     Fehlt  Z.     Muchl.  53. 

kanape,  jolÄä  Kanapee. 

serb.  kanape,  kanabe.  russ.  kanape.  klruss.  poln.  kanapa.  griech.  xcov^irslov.  lat. 
conopeum.     Z.  709.  2.    Theilweise  europäisch. 

kand:  seMrkand  JolsJCä  Zuckerkand,  Kandelzucker,  frz.  sucre  candi. 
serb.  seiierkand.     ar.  kand  aus  aind.    khanda,  Stück.     Z.  547.  3;   710.  1. 

kandza,  Haken. 

serb.  auch  kanca.     rum.  auch  kance,  kandze,   Feuerhaken. 

kanövat,  Canal. 

Herr  Korsch  ist  geneigt  kanava  von  Canal  abzuleiten. 

kangal,  Rolle. 

serb.  kancelo  wird  mit  mlat.  canceUi,  Art  Garn,  verglichen. 

kanta,  Kanne, 
niagy.  kanta. 

kantar,  kurzes  Leitseil, 
cech.  kantar.     lit.  kandaras. 

kantar,  Zentner,  Wage  (Haken). 

serb.  kantarina,  Wagegeld,  kantarnica,  Wagschale,  poln,  kantar.  Gewicht  von  drei 
Steinen,  sp.  frz.  quintal.  it.  quintale,  cantaro.  Das  Wort  ist  aus  dem  lateinischen  (cente- 
nariusj  in's  arabische  (kantar)  und  aus  diesem  in  mehrere  europäische  Sprachen,  spanisch, 
französisch,  italienisch,  aufgenommen  worden. 

kanun,  Gesetz, 
serb.  kanun. 

kapak,  Deckel. 

serb.  kapaklija,  Kessel  mit  Deckel,  klruss.  kapkac,  hölzerner  Topfdeckel,  poln. 
kapak.     rum.  kapak.     ngriech.  xa'snrdxc. 

kapamak,  schliessen.  kapama. 

serb.  kapama,  geröstetes  Fleisch,  klruss.  kapama.  rum.  kapama.  Man  vergleicht 
serb.  kaptar,  Deckel  von  Bienenkörben. 

kapan,  fangend,  Netz. 

klruss.  kapkan.  wruss.  kapkanij.  rum.  kapan,  kaba7i,  Magazin.  k§pkan§,  Falle,  magy. 
kaptäny  Falle. 

kapcuk,  nordtürk.  ^^äjU",  deminut.   von  kah  ■^\ji  Behältniss,  Sack,   Beutel, 
russ.  kapcuks.    klruss.   kapcuk,  kapsuk,    Tabaksbeutel,    poln.  kapcuk,  kapsuk,  kapciuch, 
Z.  673.  3;  674.  2.     Muchl.  54. 

kap§simak,  türk.   (^^^U  plündern,  von  kapmak. 
Vergl.  serb.  japasiti.     Z.  674.  2;  675.   1. 

Denkschriften  der  ptil.-hist.  Cl.   XXXVII.  Bd.  8 


58  Franz  JIiklosich. 

kaplamak.  füttern,  doubler. 
nun.  kapladisi. 

kaplan,  Tiger. 

sorb.  kaplan,  Tiger,  Leopard. 

kapu,  Thür. 

serb.  kapuoglan.  kapuöehaja.  Slamkom  vrata  kapijala.  Ilerc.  277.  rum.  kapudziu,  ka- 
pidziu.  kappiz,  Landstreicher. 

kapudan,  Capitän. 
serb.  kapudan. 

kaput,  ^yKs  Caputrock  aus  dem  it. 

serb.  kaput.     Wohl  nicht  unmittelbar  aus  dem  it.  cappotto.     Z.   691.   3. 

kara,  schwarz,  seit  Osman  ein  glückverheissender  Beiname.  Hammer,  Geschichte  1.  84, 
daher  so  häufig  in  Personennamen. 

serb.  kara.  karagaca,  Art  Traube,  karagoj,  Art  Blume,  karakosa^  crnokosa.  türk.  kara 
karga  ist  Kornkrähe,  graculus;  kara  tavuk,  Amsel,  daher  bulg.  cer  kos.  nordtürk.  karagac, 
karagaj,  pinus  larix.  Koppen.  Für  kara  veladz  ist  kara  velay^  (ii^lf^y)  zu  lesen,  russ.  karij 
und  karyj.  Vergl.  rum.  karagace,  karagac§,  Elster  (ngriech.  v.apav.d^a) .  karadza.  karagros. 
Die  Anwendung  von  crii  (crsm,  schwarzj  in  der  Bedeutung  , entehrt"  ist  dem  Serbischen 
unter  den  slavischen  Sprachen  eigenthümlich:  obraz  crniti,  ocrniti,  pleme  ocrniti,  cm  ü 
obraz  bio:  man  vergleiche  potamniti  obraz  für  zagrditi.  Der  Ausdruck  scheint  aiif  dem 
türk.  jilzi  kara,  schwarz  von  Antlitz,  entehrt,  zu  beruhen.  Z.  699.  2.  Dieselbe  Anwen- 
dung findet  bei  sijah,  schwarz,  statt:  sijah  ru,  sijeh  ru,  ruj  sijah^  von  schwarzem  Antlitz; 
nijahcehre,  dasselbe  und  Bosheit,  mit  Schmach  bedeckt.-  dagegen  ruj  sepid  Ehre,  eig. 
weisses  Gesicht.  Z.  530.  2;  533.  3.  Das  ausgezeichnete  Wörterbuch  der  südslavischen 
Akademie  sagt  über  crni  obraz,  obraz,  na  kom  se  ne  poznaje  stid,  po  tome  celjade  crna 
obrnza  kao  i  bezobrazno,  prijekorno. 

karabasmak,  nordtürk.  ij^,  ...l  ;|  •«•  aus  kara  \ji  schwarz  und  basmak  (^.».^b  bedrücken, 
serb.  pokarabasiti  se,  pokvariti  se.     7a.   166.   1. 

karabe,  pers.  xjlji"  gläsernes  Gefäss.  ar.  garaf. 

russ.  karafinri,  grafind.  poln.  karafka.  Z.  695.  1.  Muchl.  55.  Die  slavischen  Wörter 
sind  europäisch :  it.  caraffa,  fz.  garaf e  usw.     Devic  25. 

kara  boja,  Vitriol,  zadz. 
rum,  kara  boja.     Z.  699.   1. 

kara  duzen,  türk.  ^j\^o  »»ü  Guitarre  mit  vier  Saiten. 
serb.  karaduzen.     7i.   699.   1. 

karagu,  Sperber. 

kroat.  auch  kragulj,  kravidj.  serb.  karagidj  ist  eine  Art  Seefisch,  klruss.  krohuj,  kro- 
litih6,  krehniec.  kriüiav.  skryhuieö.    slovak.  kraJmlec  PN.    rum.  korojat,  mit  einer  Adlernase. 

karagöz,  türk.   \ySiJ>  schwarzäugig,  Hanswurst  im  türkischen  Schattenspiel. 
serb.  karagjosdija.  karagjozluk.     rum.  karagios,  farceur.     Z.   772.   1. 

karakulag,  lynx  caracal. 
rum.  karakolak. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprächen.  59 

karaman,  Karmanien. 

serb.  kucka  karamanka.  bulg.  karaman,  Schäferhund,  kon  karaman.  Kaß.  493.  serb. 
karamanka,  Art  Birne. 

karanfel,  Nelke. 

kroat.  kalafur,  galafur^  kalomper.  serb.  karanßc^  nicht  -ßc.  garofan.  poln.  karafiat.  russ. 
gravilata  ist  caryophyllata.  Herr  Korsch  erinnert  an  nordtürk.  kan§f§r  und  an  russ.  kanuferti., 
kani(pers^  kalufers,  serb.  kaloper,  wruss.  kaiufer,  rum,  kalap§r,  kalomfer,  balsamita  vulgaris, 
und,  wie  es  scheint  mit  Recht,  trotz  der  Verschiedenheit  der  Bedeutungen.  Aus  xapuo- 
tpuXXov  entstand  ein  türk.  kalenper,  bei  Ostroumovt  kalänpär,  dieses  in  der  Bedeutung 
,Nelke'.  Das  Wort  ist  im  osmanischen  Türkisch  jetzt  nicht  nachweisbar,  rum.  auch 
karamfil,  calomßr.,  kalonßr,  balsamita  vulgaris.  Man  merke  serb.  gariful,  garofuo. 

karan,  türk.  S\Ji  finster. 

serb.  karamluk,  karamJak,  Finsterniss.  türk.  karaül§k,  kuman.  karanluk,  ngriech. 
charanluk.  Mariup.     Z.   696.   1. 

kara  pul,  türk,  Jy  t.U :  kara,  schwarz;  pul,  runder  Fleck. 

kroat.  karabul:  da  se  v  Arabije  ta  karabul,  vele,  skroz  vetrov  izbije  iz  kobile  bele.  Sirena. 
Z.   679.  3;   224.  2. 

karar,  Festigkeit, 

serb.  Mass:  ima  mala,  da  nema  karara,    vergleiche  man  mit  türk.  karar,    Art    Sack. 

karaves,  türk.  ji^lvä  Magd,  gekaufte  Sclavin. 
poln.  karaiüusz.     Z.  696.  3.     Muchl.  56. 

karavul,  Wache. 

klruss.  karaui.  karavul'nja.  karauiytij.     wruss.  kaiavur. 

kardaä,  kar§ndas,  Bruder. 

poln.  kardasz,  kordasz,  kierdasz.  kardasztico,  szkardasztwo .  Man  merke  russ.  dial.  karan- 
dys5,  Zwerg,     wruss.  karandas.     rum.  k§rd§sie,  Clique. 

kares,  Mischung,  Zank. 

serb.  karistisati,  karisterisati :  türk.  kar§M§r§S,  Mischung.  Herr  Korsch  stellt  das  Wort 
unter  garaz  (volksthümlich  karez),  Hass. 

karga,  Krähe. 

serb.  karga  bicden,  Brechnuss:  türk.  karga  böUen  ^jSij   Is-Xs.     Z.  679.   1, 

karmak,  Angel. 

ngriech.  %a[JL7.'/t  ist  vielleicht  doch  mit  %d^a^  zu  verbinden:  die  Bedeutungen  , Stange' 
und  , Angel'  lassen  sich  vermitteln.      Vergl.  klruss,  kamak,  Stöckchen. 

karman,  Tasche. 

klruss.  karman,  karajman.     Vergl.  gaman.     lit.  karmonas. 

karpuz,  Wassermelone. 

serb.  auch  karpuz.     russ.  auch  garbnz.     wruss.  harbuz.     poln.  auch  karpuz. 

karse,  gegenüber. 

serb.  karm,  karsija,  entgegen,  karsiluk,  Begegnung.  In  Bosnien.  karUlok,  Antwort.  Jastr. 

kartopu,  türk.   ^^^.U  Schneeballenbaum:  kar,  Schnee;  to^?<,  Ball,  i'rz.  boule-de-neige. 
serb.  kartop.     Z,  677,  2. 

8* 


gO  Franz  Miklosich. 

kasaba,  Städtchen. 

rum.  kasaba.     ngrieeh.  xaaafiTcdtc,  Flecken. 

kasavet,  Härte,  Trauer. 

serb.  kasavet,  Trauer,     rum.  kasabert. 

kasd,  Absicht. 

serb.  kasde^  eigens,  iiakastiti,  sich  vornehmen,     ngrieeh.  xaaxeXa,  absichtlich. 

kasne,  türk.  j-*-^  Mutterharz, 
rum.  ka^7i^.     Z.  703.  1. 

kassab,  Fleischer, 
serb.  kasapiti. 

kasage,  Striegel. 

serb.  auch  kesagija  und  cesagija,  dieses  mit  Anlehnung  an  cesati,  cesern. 

kaäek,  Löffel. 

serb.  kasiluk.  kasikar.  kasiCara.  kasik.  Jastr. 

kastan,  zu  lesen  kostan. 

katan,  Hürde  für  Schafe. 

ngrieeh.  %a-oöva,   Zelt,  Haus,    tcöv  xarouvcov  6  zötzoq,  Lagerplatz.  xatoovoTÖTTC.   xarou- 
vs6co.  schlage  eine  Zeltwohnung  auf.  xa~o6v£(Jia,  Zeltwohnung. 

kate,  türk.  ^jü",  ^Jiis  hart,  rauh,  streng. 

Yergl.  poln.  cech.  osorb.     klruss.  wruss.  kat,  Henker,     Z.  676.  2.     Muchl.  59. 

katil,  Mörder. 

katal  im  serb.  katal  fermati  ist  wohl  katl,  Mord. 

katmer,  türk.  j^'U  gefüllt  (von  Blumen):  katmer  ^ü/,  katiner  karanf^l, 
serb.  katmer,  gospodsko  cvijece.  nar.-bl.  347.  alkatmer.     Z.  676.   1. 

kavad,  Art  Kleid. 

russ.    kabatö,    Spenzer,     klruss.    kabat.    kabatyna.     lit.    kabotas,   Frauenjacke,     magy. 
kabdt,  ßock.     Muchl.  49  vergleicht  pers.  kaba  Li",  deminut.  kabaöS  xä-Lj. 

kaval,  Schalmei. 

serb.  kavel.  Jastr.     Vergl.  griech.  xauXöc. 

kavga,  Lärm. 

serb.  zametkavga,  zametnikavga.     klruss.  kavza,  Schölten. 

kavi,  ar.  ^j»  stark. 

serb.  kavi.     In  Bosnien.     Z.  723.  3. 

kavl,  Reden,  Wort. 

serb.  kaid:  knpiti  konja  na  kaul. 

kavramak,  festpacken. 

serb.  kavra,  Schlinge. 

kavuk,  Art  Mütze. 

serb.  kauk,  Turban.     Vergl.   klruss.  kauk,  misok. 

kavuu,  Zuckermelone. 

wruss.  kavun. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  61 

kavurma,  Geröstetes. 

serb.  kaurma^  Eingeweide,     kaurdisati,  rösten,  von  kavurmak. 

kavvaz,  Polizeidiener. 

Vergl.  bulg.  gavazin,  Wächter,     rum.  kavaz. 

kaza,  Richteramt. 

serb.,  rum.  kaza,  Bezirk. 

kaza,  ar.  cLai"  Entscheidung,  Schicksal, 
rum.  kezij.     Z.  703.  2. 

kazak,   Wegelagerer. 

klruss.  kozak,   Held.     poln.   kozak.     lit.  kazokas.     lett.  kazaks.  kazacka,   Kosakentanz, 
rum.  kazak,   Weinhändler  aus  ßussland. 

•  kazamek,    türk.    {^\Ji  Masern, 
bulg.,  serb.  kazamak,  Pocken.«    Z.   700.   1. 

kazan,  Kessel. 

serb.  kazandziluk^  Kesslerhandwerk. 

.    kazanmak,  gewinnen. 

serb.  kazandisati,  kazanisati. 

kazek,  Pfahl. 

serb.  kazukasce,  Ufergeld.     magy.  kai'ö,  Pfahl. 

.   kazzaz,  ar.  JZs  Posamentier,     kazz,  ßohseide. 
serb.  kazaz,  Knopfmacher.     Z.   700.  1. 

kebr^s,  türk.  ^j^yS  Cypern. 
.    serb.  kuhruz,  Art  Stickerei,  nach  Art  der  in  Cypern  vorkommenden,  kuhruzati.  Vergl. 
kdbrzne  carapide.  Jastr.  380.     Z.  690.  2. 

keö,  türk.   ^j'  Hintertheil. 

serb.  kicina,  Rücken.     Z.   692.  3. 

kejafet,  Ansehen. 

serb,  kijafet,  Kleid,  Aussehen,     rum.  kajafet,  kaifet. 

kejak,  türk.  ^Lä  grausam. 

Man  vergleicht  serb.  gejak,  geak,  roher  Mensch.     Z.   725.   3. 

kelabdan,  Gold-,  Silberfaden,     kilahudan,  gesponnene  Seide.  Hammer, 
ngriech.  «XaTTtoroi;  bei  Hammer. 

kelaguz,  Führer. 

serb.  kalauziti.  kalaustina.     ngriech.  xaXaouC'']?,  xa/.ayoua-^C  bei  Hammer. 

keleö,  Säbel. 

serb.   kilic.    kuluc-kesa.      Herr    Korsch    vergleicht    türk.   k§lagu,    Spitze    (des    Säbels, 
Degens  usw.).    rum.  k§l§c. 

k^na,  jUi",  Ha.  Hennakraut. 

serb.  auch    kana.    knali:   na    knali    ruci.    nar.-bl.    337.      pol.  hinna,    chonom.     Muchl. 
17.  40.  sp.  alcana,  alhena,  alfena.     it.  alcanna,  alchenna.     fz.  kenne.     Devic  42. 


(^2  Franz  Miklosioh. 

kenamak,  quälen,  strafen. 

Z.  730.  1.  hat  die  Bedeutung  , quälen,  strafen'.  Vergl.  serb.  ako  mi  niste  kidisali 
glavi.  Volkslied,    kcmju,  glavi  kindisati.  Marian.  46.  83.   119. 

kennare,  kanara,  ar.  iüLiä  Schlachthaus. 

serb.  kanara:  dreci  se  kao  jarac  na  kanari.  nar.-bl.  54.  ne6e  viik  na  kanaru  140. 
rum.  kanara.     Z.  709.  2. 

kenneb,  Hanf,  Hanfstrick. 

nslov.  konop,  Strick.  Vergl.  serb.  kanac,  Hanffaden,  magy.  kanaf,  Faser,  pers. 
kanab,  Hanf.  rum.  kunabiu,  konabiu.  konop  hängt  mit  konoplja  zusammen,  kann  jedoch 
davon  kaum  abgeleitet  werden,  eher  umgekehrt. 

ker,  grau. 

serb.  kr-at,  Art  arabisches  Pferd:  svom  krhatii  prikupi  dizgene.  Volkslied.  Vergl. 
klruss.  %r,  Trauerflor. 

ker,  türk.  ^ö"  llaide. 

poln.  kier:  wpadli  na  kier.     Z.   726.   3.     Muchl.   61. 

kerba,  türk.  juvj"  Wasserschlauch. 

serb.  krbanj,  Kürbiss  zum   Wassertragen.     Z.   697.   1. 

kerbaö,  Ochsenziemer. 

bulg.   g^rbac.     klruss.   korbac,    karbac.     poln.  korbacz.     lit.   karbacius.     lett.    karbaca. 

kerdza,   Ortsname. 

bulg.  kirdzjali,  kirdzali.  Bezs.  1.  242.  249.  k§rzalija.  Milad.  173.  k§rzalije  bas  delije  172. 
k§rzalija,  turski  hajduk.  Bog.  rum.  k§rd^ali.  k§rdzali,  Vagabunden,  serb.  krdzalija:  krdza- 
lije,  türkische  Hajduken  zu  Ende  des  vorigen  und  zu  Anfang  des  gegenwärtigen  Jahr- 
hunderts. Herrn  P.  Budmani  verdanke  ich  die  Notiz:  ,Buduci,  da  ji  (kesedzija)  je  iz 
pocetka  najvise  bilo  iz  varosi  Krdze,  zato  se  prozovu  krdzalije.'  Danica  1827.  95.  Bei 
Hammer,  Geschichte  6,  627  finde  ich  kirdschali,  Tabaksorte,  wohl  nach  derselben  Stadt 
so  benannt:  Verfassung  1.  330  steht  dafür  kirdscha  ali. 

ker^k,  türk.  ^^  gebrochen,  niedergeschlagen. 

serb.  pa  turcinu  krko  besjedio.  Juk.  217.  krko  govorio  318.  392.  Vergl.  k§rmak.  Z.  698.  1. 

kerente,  türk.  ^gXjy/S  Trümmer. 

bulg.  karantija,  Geschlinge,  serb.  krndija,  Haufen  übereinander  geworfener  Gegen- 
stände. Vergl.  krtog,  Unrath  im  Zimmer,  zakrtoziti.  ngriech.  viapavit  tumultus.  Pass. 
Z.   727.  2. 

kergaul  ist  Fasan. 

russ.  krochalh,  mergus  merganser. 

kerk,  türk.  ^^Ji  vierzig. 

rum.  kerk-serdnr,  Befehlshaber  über  vierzig  Mann.     Z.   697.  3. 

kerkmak,  scheren. 

serb.  krkme  n.  zul,  Locke. 

kernaa,  türk.  tje^  Bruch,  Falte,  Flechte, 
serb.  krmali  rttke.  Herc.  215.     Z.   727.  2. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  63 

k§rmak,  brechen. 

serb.  öerdisati,  derdosati,  öordisati,  verderben,  sind  wegen  6  für  k  nicht  unter  k§rmak 
zu  stellen,  trotz  bulg.  kerdosam.  Mil.  19.     rum.  kurm§tur§.  kurmezis. 

kerm^z,  Scharlachlaus. 

ngriech.  xf.jJLiC^'''-    frz.  alkermhs,  cramoisi.  sp.  carmesi,  it.  chermisi,  cremisi.  Devic  9.  30. 

kerrat,  iotp>  Johannisbrot,  Karat. 

aslov.  kerath  (vergl.  instbka).  poln.  karat:  wohl  europäisch,  frz.  carat.  griech.  xspa- 
uov.     Devic  26. 

kesa,  kurz. 

bulg.  k§sic§k.  ok§sja,  sk§s^vam.    serb.  kus,  gestutzt,  kusalj. 

kesmet,  Theil. 

serb.  kismet^  krsmet.     Vergl.  krsme,  Art  Gebühr  bei  Todesfällen. 

kesla,   Winterquartier. 

rum.  kfsl§,  k§sla.  kisleak,  Keller:  türk.  k§s,  k§slak^  Winter.  Vergl.  bulg.  zimnica 
Keller. 

keverdzek,  k^vr§dz§k,  türk.   ^^ä-.jjö  kraus. 

serb.  kovrcast,  kraus,  kovrciti,  kräuseln,  kovrcica,  Haarlöckchen.     Z.   730.  2. 

k§z,  Tochter. 

serb.  kiz.  bulg.  kuzum  gehört  unter  kuz§,,  Lamm.  rum.  kez.  kizlar,  k§zlar,  Herma- 
phrodit,  kfzlaraga. 

k^zau.  nordtürk.  Korb  aus  Baumrinde. 

poln,  kazuh,  Baumrindenkörbchen  zu  Erdbeeren,  russ.  kuzovs,  Körbchen  aus  Baum- 
rinde, kvzovka.  klruss.  kozuh.  Vergl.  nslov.  kozulja,  Körbchen  aus  Fichtenrinde  zum 
Einsammeln  von  Erdbeeren,  serb.  kazolica,  Wetzkiste,  lett.  küzuls,  an  einen  Baum  im 
Walde  gehängter  Bienenstock. 

kezel,   türk.   Jyä  roth. 

serb.  krzU.  Herc.  357.  krzli  merdzan.  Juk.  284.  446.  krzli  nogavice.  Herc.  17.  Vergl. 
krzi  jemelije.  Marian.  154.  ckrli  merdzan.  Herc.  118.  krcmi:  od  krcmi  merdzana.  Juk.  141 
hängt  nicht  mit  k§z^l  zusammen:  es  soll  sitan^  droban  bedeuten  619.  russ.  kizih,  Alpen- 
mispel: türk.  k§z§Mz§k,  Kornelkirsche.  Z.  700.  3.  klruss.  kyzl'yk,  Art  Blume,  magy.  kazul, 
Perser.     Vergl.  k§z§lbas. 

kezkanmak,  beneiden, 
serb.  kaskandisa.     Jastr. 

kindzuga,  nordtürk.   jLt^ÄS  Art  Riemen    um  Lasten  auf  den   Pferden  zu   befestigen. 
Vergl.  poln.  kindiak.     Fehlt  Z.     Muchl.  62. 

koö,  ^Yidder. 

rum.  kucij,  Art  Maskenaufzug.  Saineanu.  Man  vergleiche  serb.  koöa,  sich  sträu- 
bendes Kind,  kocoperan.  koCoperiti  se.  russ.  kncand  stellt  Herr  Korsch  zu  (nord)mong. 
kuca(n)^  Widder. 

kodza,  alt. 

serb.  kodza.  knezovi  i  kocohase,  kapovila  ili  kocohasa.  Bogis.  511.  521.  rum.  kodza.^ 
godza.  koskodza,  gosgodza.  kodlamite. 


g4  Frakz  Miklosich. 

kofa,  kova,  koga,  türk.  «Äy»  Eimer,  Krug, 
serb.  kofa.     klruss.  kofa.     Z.   719.   1. 

kokola,  Kapuze. 

Herr  Korsch  verbindet  kokola  mit  kukla. 

kokoros,  Mais. 

klruss.  auch  kukurudz,  kukurudza^  kurudza.  poln.  kukurudz,  kukurudza^  kukuruca, 
kukunisa,  kukuruga,  kukuryca.  nslov.  auch  koruza.  kroat.  kokuruz.  rum.  kukuruz.  magy. 
kukuricza.     Das  Wort  ist  unbekannten  Ursprungs. 

kol,  türk.  J^'  Schaar,  Patrouille. 

alb.  koi:     Z.  719.  3.     Vergl.  kul. 

kol,  ttlrk.  J^'  Arm. 

serb.  koltahta,  das  Brett,   auf  dem  gebügelt  wird.     Z.  719.  3. 

kolaj,  leicht. 

serb.  kolaj.  koladjeJe,  koladjer  aus  kolaj  und  djele  von  gelmeK;  kommen,  also  etwa: 
Willkommen. 

kolan,  Gurt. 

serb.  kolan^  lederner  Gürtel.  In  Montenegro.  Vergl.  aruss.  bieiiö  budeti  kolanovz 
tritcath. 

kolbag,  türk.  cLJy»  Armband. 

bulg.  kolbaji,  grivne  ili  narukvice.  Verk.     Z.  720.  3. 

kolöak,  Armschiene,  Muff, 
serb.  kolczikj  auch  Muff. 
kolöan,  kulcav,  Köcher, 
puln.  koiczan. 

koldz§,  türk.  bei  Saineanu. 
rum,  koldziu,  perceptor. 

kolgan,  türk.  (jUJyi  Name  einer  Pflanze,  maranta  galanga,  Galgant. 

russ.  kalgans.     klruss.  kaihan.     Vergl.  cech.  galgan.     poln.  gaigan.     Z.   721.   1. 

koltuk,  Achsel. 

russ.  kidtuks^  auch  Meerenge. 

komaki,  türk.  ^Le^-  vielleicht. 

Vergl.  bulg.  komaj,  fast.  Morse,  komahaj,  bien.  Bog.  Das  türkische  Wort  ist  mir 
von  einem  gelehrten  Armenier  mitgetheilt  worden,  nslov.  kumaj,  vix,  aegre,  kann  von 
mhd.  küme  nicht  getrennt  werden.  Die  Bedeutungen  von  komaj  und  kumaj  stimmen  nicht 
ganz  mit  einander  Uberein. 

komSu,  Nachbar. 

serb.  komio.  komSiluk.  konäija.  konüluk.  kona. 

kondura,  Schuh. 

serb.  kondur.  Jastr.  388.     klruss.  kondurg,  Stiefel  mit  Absätzen. 

kondzoloz,  Art  Dämon,  Werwolf.     karakondzolos. 

Vergl.  ngriech.  xdzaopa,  £'fidXr/jC,  5atjxcov.  köndzolos  in  Asien,  %a)vtxdvxaapO(;  in  Europa. 
alb.  karkandzol.     Literarisches  Centralblatt  1886.   1533. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  65 

koumak,  wohnen. 

serb.  konaciti.  konakovati.     kondisati,  langweilen,  Jastr.  befremdet. 

kontos,  Art  Kleid. 

nslov.  kantus.  klruss.  auch  konfus,  wruss.  kuntus.  rum.  kontes.  Linde  vergleicht 
griech.  xdv^o?. 

konuSmak,  türk.  (j.^xiöy>  Verkehr  haben, 
serb.  konustisati  se.     nar.-bl.  257.     Z.   722.  2. 

kopca,  Agraffe. 

nslov.  kopca.     rum.  auch  kopt^^  koft§. 

kopuz,  Art  Guitarre. 

kroat.  kopuz,  durch  leut  erklärt.  Sirena.  russ.  kohuzz,  kobyzs,  balalajka.  wruss. 
kobza.  cech.  kohza.  rum.  kobihz.  kobz§.  kobzar.  kobz§rie.  kopuz  ist  eine  Art  Guitarre  in 
Birnenform  mit  einer  sehr  dicken  Saite. 

kor,  korluk,  türk.   sji,  Ö^»^'  glühende  Kohle, 
rum.  turluk,  Kohlenmeiler.  Z.   713.  3. 

kordela,  Band. 

klruss.  kordac,  Schnur  zum  Umgürten. 

korsak,  nordtürk.  ^L^vy»  Art  Fuchs. 

russ.  korsakn.     poln.  korsak.     Fehlt  Z.     Muchl.  67.    Vergl.  kursak. 

koru,  Gehege,  Wald:  zu  lesen  korudl§  für  korudzija. 

rum.  kiirudziu,   Veteran:  türk.  korudz§,  eigentlich  Waldhüter,  Veteran. 

kos,  Hürde. 

klruss.  koäevnyj.  kocuvaty,  nomadisiren.     poln.  kosz  tatarski.  koczowaö.     rum.  kos. 

kosmak,  laufen. 

serb.  kusama,  feierlicher  Empfang  des   Vezirs. 

kovan,  Bienenstock. 

Man  merke  türk.  kovanos,  Hammer,  Geschichte  7.  95-,  9.  551.  Bei  os  wolle  man  sich 
an  zig.  os  in  ato«,  Pferd,  jarpos,  Gerste,  knezos  usw.  erinnern,  worüber  in  Über  die  Mund- 
arten und  Wanderungen  der  Zigeuner  Europa's  IX.  4  gehandelt  wird.  Denkschriften  XXX. 
Man  vergleiche  auch  türk.  bailos,  konsolos. 

koz,  Trumpf. 

russ.  vykozyrjatb.  klruss.  kozyr.  poln.  loykozerowaö.  koz  ist  nach  Herrn  Korsch  rum. 
oder  griech.,  das  rum.  aus  russ.  kozyn  entlehnt. 

kubbe,  Kuppel. 

rum.  kubea,  kumbea.     ngriech.  xoD[i7CcC.     sp.  alcoba  usw. 

kubur,  Behältniss. 

russ.  gewöhnlich  kobura.     klruss.  kobur. 

kubuz,  türk.  Haubitze.     Nach  Dj.  Popovid. 

serb.  kubuz,  obica.  Das  cech.  houfnice  wurde  deutsch  haufnitz,  Haubitze,  frz.  obus. 
obuz  \yi^\,  Z.  111.  2.,  aus  dem  frz. 

kugu,  ku,  türk.  ys-ys,  yä  Schwan, 
rum.  kukov§.     Z.   711.   1;  718.  3. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVK.  Bd.  9 


66  Franz  Miklosich. 

kujruk,  Schwanz. 

tiirk.  kujruk  und  mong.  urungge  (oroüga)  sind  zwei  verschiedene  Wörter:  das  letztere 
liegt  näher;  y  kann  türkisch  sein.  Ersteres  ist  im  ngriech.  /.oupio'jxa,  Fettschwanz,  vor- 
handen, russ.  kudrjuks,  Fettschwanz  kirgisischer  Schafe,  kurdjukn.  Vergl.  serb.  kurjuk, 
auch  Boden  des  Flintenlaufes,  kurjuöiti^  den  Boden  des  Flintenlaufes  anschrauben.  Richtig 
ist  die  Ableitung  von  horqgy  aus  dem  goth.:  hrunga,  Stange.  Man  füge  hinzu  klruss. 
choruhov,  korohva.     kroat.  horugva.  Sirena.     Vergl.  Fremdwörter:  horqgy. 

kujumdze,  Goldschmied. 

serb.  auch,  kujumdzija,  kovendzija,   kulundzija  usw. 

kuka,  Knopf,  Art  Mütze. 

Man  vergleicht  serb.  kukma,  Schopf  der  Henne,  kukmast.  kukmarka. 

kukla,  Puppe. 

klruss.  kukia.     Bei  den  Huculen  gugüa,  Mantel  mit  Kaputze. 

kul,  Sklave. 

serb.  kuluk,  Sklaverei,  Frohne.  kuluciti.  kulukovati.  kuluköija.  kuloglija,  kiduglija,  Art 
Reiterei:  kid  und  oglu.     rum.  kuluk,   Wache:  türk.  kuluk,  Gendarmerie.     Vergl.  kol. 

kula,  fahl. 

serb.  kulatast  beruht  auf  kul  at.  kidin.  kulusa.  miäkulas,  mausfahles  Pferd,  ngriech. 
xoüXac,  Schecke,  xoüXoc,  gefleckt. 

kulaö,  türk.      ^  Galopp. 

serb.  kolac:  konj  skace  za  kolace.  kolacki  adv.     Z.   705.   3. 

kuladz,  Armvoll. 

aslov.  kolakö  pugnus :  koJakomh  phhajeim,  bysti,  izb^  Tcatstat.  prol.  rad.  klruss.  kuiak. 
magy.  kidyak. 

kulan,  Eselsfüllen, 
russ.  kulana^  onager. 

kulb,  türk.  ^^-  Henkel,  Ursache, 
rum.  kulp,  Ursache.     Z.   706.  2;    720.  3. 

kuUe,  Burg. 

serb.  kula,  befestigtes  Haus,  kulaca. 

kulule,  pers.  xJp»j>  das  Runde. 

bulg.  kolelo,  Rad.     Fehlt  Z.     Muchl.  64. 

kum,  türk.  -yi  Sand. 

serb.  kum.     In  Bosnien.     Z.   721.  2. 

kumar,  kemar,  ar.  ^Uä  Glücksspiel,  daher  kumardz^.,  Spieler. 

bulg.  hnnarUja,  Taschenspieler,     komarzalek,  Taschenspielerei.     Z.  708.  3. 

kumaä,  Art  Stoft'.  nordtürk.  kumac,  komaö. 

ru.ss.   auch  kumaks.     finn.  kuomikko.      Alilquist  85. 

kumbara,  (Tranate. 

rum.  kumbara,  biimbara,  gombara.     serb.  kumhura,  Art  Flinte. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  67 

kum§z,  nordtUrk.  y^,  mong.  kumiz^  Kumiss. 

russ.  kumyss,  Getränk  aus  Stutenmilch,  poln.  komiz.  Fehlt  Z.  Muchl.  64.  Ver- 
schieden ist  xatxöc  bei  Priscus  138,  der  aus  Gerste  bereitet  wurde. 

kumgan,  kumkum^  türk.  ^jUvo^j,  ^Ji^  grosse  Kanne  aus  Metall. 

russ.  kumgani' kungans,  kubgans,  kulgand,  metallene  Kanne.     Z.  709.  1;   722.  1. 

kumri,  Turteltaube. 

serb.  kumrikusa.     Vergl.   bulg.  moma  hubava  Skumrio.     eol.   283. 

kundak,  Schaft  der  Flinte. 

In  dieser  Bedeutung  ist  das  Wort  neugriechischen  Ursprungs:  xovrdw.  serb.  knnda- 
citi.     griech.  xovto?. 

kupsin,  Krug. 

russ.  kovss ,  auch  kuksins.  lit.  kausas.  klruss.  kavus ,  kaus.  finn.  kausa,  kauha. 
xihlquist  141. 

kurabije,  korahiji,  gurabije  jujIjJj  Art  rundes  Confect  von  Mandeln, 
serb.  gurabija,  Art  Kuchen,     rum.  korabea.     Z.  695.   1.      Vergl.  gälabije. 

kuran,  Koran. 

serb.  auch  koran,  kuran.     poln.,  rum.  koran. 

kurban,  Opfer, 
rum.  kurban. 

kurbet,  ar.  joj»  Nähe, 
rum.  kurbet.     Z.  697.   1. 

kurd,  Wolf. 

serb.  curdija,  kurzer  Pelzrock,  gehört  unter  kürte,  kurze  Jacke. 

kurdman,  Art  Kleid. 

russ.  kodmans,  Wamms  der  Bauernweiber,  poln.  korman,  Bauernkittel,  kroat.  kadmen. 
Verant.     magy.  ködmön,  vestis  pellicea.  Meninski  1680.  p.  3665. 

kurkhane,  Grabhügel. 

russ.  kurgam,  korgans,  kumgan5,  Grabhügel,  ist  türk.  kurgan  ^J^\%S  ^^^^Qi  befestigter 
Platz.  Z.  715.  1.  klruss.,  wruss.  kurhan.  poln.  kurhan,  kurchan,  kuran,  Hügel.  Der- 
gleichen Hügel  nannten  die  Rumunen  ehedem  gurgan,  die  Magyaren  nennen  sie  hie  und 
da  korhdng.  Ung.  Revue  1885.  644.    Vergl.  kurmak. 

kurmak,  herrichten. 

serb.  auch  kurdisati. 

kurs,  ar.  ^yi  Scheibe,  Pastille, 
rum.  kurs§,  Wohlgeruch.     Z.  697.  2. 

kursak,  türk.   (3*«^^■  Art  Fuchs. 

rum.  korsak,  Art  Fuchspelz.     Z.  714.  3.     Vergl.  korsak. 

kursan,  Seeräuber. 

ngriech.  xotipaoc.  %o'jpa£6oj,  plündern.  ■Äoupodptoc.  xoupaapwd  c,okrx.  mlat.  cursarius. 
magy.  huszär.  Vergl.  Fremdwörter:  hursan.  Die  Türken  scheinen  das  Wort  verbreitet 
zu  haben. 

9* 


Qg  Franz  Miklosich. 

kuräun,  Blei. 

Alan  beachte  die  älteren  Formen  kursiim,  kugursum.     rum.  telkursum,  Bleikugel. 

kurtarmak.  befreien. 

serb.  kurtalisnti.  kutarisati  befreien  für  und  neben  kurtarisati.    rum.  kortorisi. 

kuskovuk,  türk.  ^•jyu-yj  Holztaube. 

rum.  guguSöuk,  guguscuk§,  Ringeltaube.  Z.  717.  2. 

kusur,  Mangel,  Rest. 

serb.  para  bez  kusura.  dokusuriti,  vollends  bezahlen. 

kus,  Vogel. 

russ.  karaguäs,  falco  chrysaetus. 

ku&ak,  Gürtel, 
klruss.  kuäak. 

kutas,  Quaste, 
wruss.  kutas. 

kutni,  Art  Stoff,     kntn,  kutun,  Art  Halbseide. 

serb.  kutnija,  svilena  kutnija.  Jastr.     mlat.  coto,  cotonum.     frz.  coton.     mhd.  kattun. 

kutu,  Schachtel. 

serb.  kiäifce.  Jastr.  russ.  kutejniks,  das  mit  kutija ,  triticum  coctum  cum  melle, 
zusammenhängt,  hat  mit  kutu  nichts  zu  thun. 

kuze,  Lamm. 
serb.  kuzum. 

K. 

ka'be,  "Würfel,  Kaba. 

serb.  öahe  jag,  mirisna  mast  od  Meke.     In  Bosnien,    kaba  ist  europäisch. 

kabus,  ar.  ^yi\S'  der  nächtliche  Alp. 

Daran  denkt  man  beim  serb.  6aba,  Dummkopf,  wohl  ohne  Grund. 

kafir,  Ungläubiger. 

serb.  caur ,  6afir.  kauriti.  kroat.  kurin.  Ma2.  19.  poln.  giaur,  gaur.  rum.  gjaur. 
gjaurlik.  Hieher  zieht  man  auch  klruss.  cura,  dzura,  Diener,  ngriech.  xaßoupiSs?.  sp. 
cafre,  grausam,     frz.  giaur.  Devic  39.     Über  cafard  vergl.  23. 

kafur,  Kampfer. 

cech.  kafr.  kamfor.     slovak.  gdfor.     magy.  kdfor,  kdmfor.     aind.  karpüra. 

kahruba,  Bernstein. 

serb,  öeribar,  6eriban,  auch  öehlubar.  alb.  cehribar.  ngriech.  %£)(pi[j.Ti;dpi.  sp.  it. 
carabe.     frz.  carab^.     Devic  25.    rum.  auch  kihrimbar,   kilimbar.     Vergl.   harpax.  Plinius. 

kahia,  Stellvertreter. 

serb.  kjaja,  Viehzüchter,  öejaja,  öeaja,  Agent.  Jastr.  rum.  kihaea:  kapukikaea,  kapukihaj. 

kalak,  missgestaltet. 

russ.  kalika,  dial.  auch  arm.  dial.  kaljaga.  kalech  f.  collect,  klruss.  kaUka^  Krüppel. 
katic.  kali^.e,  uSkodiene.     wruss.  kaleka. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  69 

kard,  Messer,  Dolch,    zend  kareta,  Messer. 

nslov.  kord.  kordez.  kordel,  Schärge.  serb.  nacordisati.  lit.  kardas.  Die  slavischen 
Sprachen  verdanken  das  Wort  der  Vermittlung  der  Türken,  aslov.  oskrsds^  cech.  oskrd, 
poln.  oskard  ist  von  kard  zu  trennen. 

kar)(ane,  Werkstatt, 
rum.  kirhana. 

katib,  Schreiber, 
rum.  kjatip. 

kavkar. 

ngriech.  C£'->T^P^  mag  ursprünglich  dieselbe  Sache  bezeichnet  haben. 

kebab,  Braten. 

Vergl.  bulg.  kibapcija,  hi^§zac,  häteur  bei  Bog. :  türk.  kebabdz§,  Bratenmeister, 

keböe,  pers.  ääaJ'  Schöpflöffel. 

serb.   cevcija,  saplak,  metallene  Trinkschaie  der  Reiter,    bind.  392.    Z.  735.  2;  754.  1. 

kebö,  türk.   sjS  rauher  Wollenstoff,  Decke. 

bulg.  kebe.  plur.  kebeta,  Bauernkittel.     Z.   736.  2.     rum.  auch  gebe. 

köber,  Kapern. 

russ.  kapersy  erinnert  an  dän.  kapers:  es  beruht  nicht  auf  griech.  mTCiraptc. 

keöe,  grober  Wollenstoff. 

kroat.  keöa,  Art  Mantel.  Sirena.  ngriech.  xsxasc,  Filzmütze  der  Janitscharen.  poln. 
kiecza,  Art  Tuchrock:  towary  tureckie^  kobierce,  kilimy,  kiecze.  Linde.  Daher  kieca,  leinener 
Kittel  der  Bauernweiber,  kiecha,  kieta.  poln.  kuczma  und  russ.  kosma  sind  mit  kece 
unverwandt. 

ke66rme,  Überwurf. 

serb.  jacerma,  jecrma.  Dj.  Popovid  erklärt  türk.  gecirm4  durch  ,neki  prsnjak  bez  rukava'. 

keöi,  Ziege. 

alb.  kece.     magy.  kecske.     Wer  hat  entlehnt? 

k6d6r,  ar.  ^oS  Kummer. 

rum.  keder,  Unruhe.     Z.   740.  2. 

köfal,  Meeräsche, 
rum.  kefal. 

k6f6,  Bürste, 
nslov.  serb.  kefa. 

köfll,  Bürge, 
rum.  kefil. 

kel,  Flechte,  kahl. 

serb.  6elvpaöa.  öelekula  von  den  Türken  1809  bei  Nis  aus  Schädeln  getödteter  Serben 
errichtetes  Denkmahl.  Vergl.  celepus,  Art  Mütze,  rum.  auch  kihig.  kelie,  kelb§.  kelbas, 
kelbos.  kelb§si  verb.  kelb§sie. 

kel6pir,  Beute. 

ngriech.  xaKäTzw^i,  Fund. 


70  Franz  Miklosich 

kelimöt,  ar.  kjS'  Wort,  Rede, 
rum.  kelimet.  Rede.     Z.   757.  3. 

keman,  Bogen,  Violine. 

bulg.  svirka  kevienita.   Vö.   1.   376. 

kömer,  Gewölbe. 

serb.  Lttka  jami  öemerliju  krivu.    Volkslied. 

kemör,  Gürtel. 

serb.  kemer,  demer.  Jastr. 

kem/a,  Damast. 

aslov.  kamsha.  nslov.  kamuka.  Taflfet.  Gutsm.  russ.  klruss.  karaka  entspricht  kirg. 
kamka.  dial.  kamaha,  kraska  cervecs.  rum,  kamh§.  kamohas.  frz.  camocan.  Vergl.  canque. 
Devic  25. 

könar,  Rand,  Ufer. 

bulg.  kanar,  Spitze,     kanara,  Fels. 

könef,  Seite,  Gegend, 
rum.  keneaf,  Abort. 

kepek,  türk.  dLx^  Kleien. 

Vergl.  serb.  depeklija,  Art  Birne.     Z.   736.   1. 

kepenk,  Fallthür. 

bulg.  auch  kjupenk  ili  kapak.   Pok.   1.  32. 

kerbela  "3^^  Stadt  nicht  weit  von   Bagdad, 

Daher  poln.  karabela.  Art  tatarischer  Säbel,  krumm,  schmal,  dünn  und  leicht. 
Muchl.  55. 

kereke,  k6rake,  türk.  xTl^^  nS'S  Art  Kleid. 

serb.  6ere6e^  6ere6elija,  derdelija,  tereklija,  Art  Leinwand,  rum.  kereke,  kerake.  Z.  742.  2; 
747.  2. 

kerem,  ar.  ^S  Grossmuth. 
rum.  kerem.     Z.   746.   1. 

keremit,  gebrannter  Ziegel. 

serb.  6eramida,  öeremida,  öeremet,  ceremit. 

kerevet,  Bettgestell. 

klruss.  krovat' .     magy.  kerevet,  Ruhebett. 

kervan,  Karavane.  Mrvan  sSrai. 

russ.  karavansaraj.  klruss.  karavana.  karavus.  poln.  karawana.  karawanserai.  kar- 
waser.     rum.  auch  karavani,  k§r§vane. 

kesad,  ar.  c>L^  Flauheit  des  Marktes, 
rum.  kesat.     ngriech.  xsodxt.     Z.   749.   1. 

kese,  Beutel,     khidzi,   Beutelschneider  ist  nomen  agentis  von  Ms,  schneiden. 

bulg.  auch  kisija.  serb.  auch  öeserdzija.  russ.  kisets.  wruss.  keska.  klruss.  kysa. 
kySeüa,  keieüa,  lit.  kieska.  rum.  kjesadar ,  Bureauchef:  türk.  kisedar.  Much.  61  trennt 
poln.  kieszefi  von  kiesa  und  stellt  das  erstere  zu  pers.  kis  ji^  Art  Gewebe. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  71 

köser,  Zimmeraxt. 

russ.  kosarb.     rum.  keserdziu,  kisardziu,  Zimmermann. 

käsime,  Bauschsumme. 

serb.  ukesimiti  zemlju.    Bogis.  540. 

köskin,  scharf. 

bulg.    keskin  medovina.     rum.  keskin.     Hieber    gehört    vielleicht    auch   poln.   kiescieü, 
kiscieii,  Art  Streitkolben.    Muchl.   61. 

kesmö,  tiirk.    )^,,,,X  Schneiden,  Zuschnitt. 

serb.  6esma^   Art  Stickerei,  öesmati.     Vi.   751.   1. 

köstane,  Kastanie. 

serb.  öesten.  kestendzija.     russ.  kastand.     poln.  kasztan.     magy.  gesztenye. 

kösf,   ar.   ^JuiS  Enthüllung. 

serb.  cefs,  6e§,  Todtenbeschau.   6esiti.     Z.  752.  2. 

köskek,  Art  Speise, 
rum.  kesket. 

köten,  Flachs. 

nordtUrk.  ziten  hat  zu  entfallen. 

k6zab,  Scheidewasser, 
serb.   auch  cesap. 

kibit,  Kaufladen. 

poln.  kihitka,  tvoz  i  buda  na  niem;   namiot  okrqgiy  z  filcu,   rozpi^tego  na   lekkiem  szkie 
lecie  drzewnianem.    Vergl.  äji.a^oipöpYjxot  oixot. 

kibr,  kahir,  Stolz. 

serb.  dibar,  höflich,     rum.  kjabur,  reich,  gibirdik,  stolz. 

kilar,  Speisekammer. 

serb.  ^elar.    celardzi.     Jastr.     russ.  kelan.     rum.  keler,   Kammer,     ngriech.   v.s)Xdpt.oc„ 
xsXXdpTjC. 

kil6,   Scheffel. 

poln.  kila,  kilata.     Muchl.  61. 

kilermeni  ^^^IJ^J'  rother  Bolus. 

rum.  kilermene,  bolus  armeniaca.     Z.  755.  2. 

kilim,  grober  Wollenzeug. 

russ.  kilims,  gladkij,  polosatyj  kovers.     wruss.  kilim.     ngriech.  %i)ä|j.t  und  -COd\).i. 

kiluy,  küluy,  pers.  ^yJS  Schleuder, 

poln.  kilof,  rodzaj  obucha,  nadziak,  Art  Streitaxt.     Z.   758.   3.     Muchl.  62. 

kir,  Schmutz. 

Vergl.  serb.  Ar;  nagadja  mu  kao  6irv.  na  debelim  mesima.  nar.-bl.  131.    klruss.  keryfia 
Schmutz,  Kehricht,     alb.  kjiros  der  Kopfgrindige. 

kira,  Miethe. 

serb.  auch  kirajdzija.  kiridzovati. 


7-_> 

kiredz,  Kalk. 

serb. 

krecana. 

krecar 

kiriS, 

Kleister. 

serb. 

öiriz. 

Franz  JIiklosich. 


kisvet,  ar.  c^y^  Kleidung. 

serb.  öispet.     In  Bosnien.     Z.  751.  1. 

kismis,  Korinthe, 
poln.  kiszmisz. 

kiSniS,  pers.  ^ßjjiS  Koriander, 
klruss.  kysneö.     Z.  752.  3. 

kor,  blind. 

serb.  önrtauk,  Art  Krankheit  des  Viehes  in  der  Zeit  der  Paarung:  man  vergleicht 
öortauk.  blinde  Henne,     rum.  kjor  usw. 

köle,  tilrk.  idyS  Sklave. 

rum.  gjuler  aga,  Chef  der  Artillerie.     Z.   777.  3. 

köpek,  Hund,  Art  Münze,  köpSgi. 

Davon  soll  russ,  kopejka  herkommen.  Andere  vergleichen  afries.  Kopkin,  Kopeken 
oder  Kufe.  O.  Schrader,  Handelsgeschichte  1.  139.  Es  ist  an  der  Herleitung  von  kopije 
festzuhalten. 

köpür-köpür,  türk.  w^vj^  haufenweise. 

sei'b.  kopirati ,  wimmeln ,  das  auch  von  einem  einzigen  Wurm  gesagt  wird. 
Z.  765.  2. 

kö8  fj^yS  grosse  Trommel. 

Man  vergleicht  serb.  goc.  gocevi  biju.     Jastr.     Z.   773.  2. 

kösele,   türk.  «JL-^  Art  Leder,  nach  Hiev  Maroquin, 
rum.  kjusoleu,  Art  Ziegenleder.     Z.  774.   1. 

köSk,  Kiosk. 

serb.  auch  coska.  rum.  kusk§,  Landhütte  der  Juden  wird  mit  bulg.  kssta  zusammen- 
gestellt,    käse  und  kösk  sind  nicht  zu  trennen. 

kötek,  kütük,  Stock,  Klotz, 
serb.  ^utak,  öutuk,  Stamm,  Klotz. 

köz,  türk.  \yS'  crepitus  ventris. 

serb.  djozara,  Art  Hose,  eigentlich  crepitum  ferens.     Z.   772.  2. 

kufter,  Jcubt^r,  pers.  ri:i*S',  y^y^  Gewebe. 

poln.  kofter,  koftyr,   Art  Seidenzeug.     Fehlt  Z.     Muchl.   63. 

kuh,  pers.  i^  Berg. 

Vergl.  serb.  öuvik,  Hügel.     Z.  781.  3. 

kukanak,  nordtürk.  AiLSlS"  Uhu. 

Vergl.  serb.  6uk,  Art  Eule,     Z.   775.  3.     Dj.  Popovi6  bietet  pers.  kuke. 

kuknar,  pers.  >U^^  Art  Fichte. 

rum.  knkunar,  kokonar,  kukunavQ,  kokonar§,  Fichte,     ngriech.  xotjxoovapid.     Z.  776.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  73 

kup,  Jcub,  ar.  i^jS',  <_>j5  Krug  ohne  Henkel  und  Schnabel. 

serb.  äiip,  6upa.  russ.  kuhs,  kubynja,  kubyska.  poln.  kuhek.  rum.  kjub.  Z.  765.  1. 
Muchl.   71,  Verschieden  ist  kopa,  kupa  joyj,  it.  coppa.    Z.   712.   1. 

kus6,  kose,  kösS,  pers.  g^^yf  Dünnbart, 
serb.  öosa,  öoso.  öosast.     Z.   774,   1. 

küöük,  klein. 

serb,  kucuk.     magy.  kicsi,  kicsik. 

küdzele,  türk.  x-U.^  Brechnuss. 

russ.  kucelja,  kuceljaba.    poln.  kulczyba.     7a.   767.  3. 

kül,  türk.  J^  Asche. 

serb.  cul.  In  Bosnien,  culan:  türk.  kül'fane,  kjub^an4.  öulanija,  Vagabund,  der  in 
der  Asche  bei  Bädern  schläft,  öulbas,  6ulbastija:  türk.  külbast§,  in  der  Pfanne  gebratenes 
Fleisch,     rum.  kjulhan,  gjolhan.  kjolhaniu.     Z.   756.  3;    777.   1. 

külah,  Mütze. 

serb.  6ida^  culav^  öulah.     In  Bosnien.     Vergl,  carkida. 

külünk,  türk.  viL-LS"  Streitkolben. 

serb.  öulumak,  kleine  Keule.     Dj.    Popovid.    Z.  777.  3. 

kümö,  ar.   «,x^^  Hügel,  Haufen,  Klumpen, 
bulg.  gjome,  Anstand,  affüt.  Z.   778.  3. 

kürdije,  ar.  xj^^S  Art  Reitrock. 

serb.  curdijce,  Art  Oberkleid.     Jastr.     rum,  gjordie.     Z.   744,   1. 

kürek,  Schaufel. 

Vergl.  russ.  kirka,  Karst. 

kür6ii,  geschlossener  Kreis, 

russ,  kurenh,  Gesellschaft  von  Kaufleuten,  Horde,  Lager,  dial,  armselige  Hütte.  Vergl. 
wruss.  kurevnik,   Vagabund. 

kürk,  Wolf. 

rum.  kjurcibasa.  Man  vergleiche  poln,  kiereja,  Art  Kleid,  serb.  kurjak  gehört  nicht 
unter  kürk. 

kürt6,  kurze  Jacke. 

serb,  öurta.     russ,  knrta,  kurtka,  hirtiks.     poln.  lit.  kurta. 

kütürum,  türk,  ^y^S  gelähmt,  verstümmelt, 
serb.  djuturum.     Z.   766.  3. 

G. 

gah  (richtig  gah  d,  i,  g  für  aS"),  pers,  si  Zeit,  gah-gah,  bald-bald. 
serb,  dja  dja.  djadjas. 

g6öit,  gecid,  türk.  c>-sv5,  tX-ysai'  Übergang, 
rum.  gecit,  gecet.     Z.  ^738.  2-    739.  3. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  10 


74  Franz  Miklosich. 

göömö,  türk.  juäT  Einsatz,  aus  mehreren  in  einander  zu  fügenden  Stücken  bestehen- 
des Pfeifenrohr. 

serb.  djecma.     Z.   739.  3. 

gödzö,  ffidz^,  türk.  «äaT  Nacht.  gidzSliJc. 

serb.  djedzeluk^  Nachtmütze,  rum.  gidzelik,  Nachtzeit,  Schlafmütze,  gidzalik,  gidzüik, 
gicelik.     Z.  783.  2. 

gelin,  türk.  ^XS"  Braut,  junge  Frau. 

serb.  djelina,  junge  Frau.     Jastr.     Z.  758.  3. 

gelismök,  türk.  aU^coJLS'  zusammenkommen, 
rum.  gjului,  Versammlung.     Z.   758.  2. 

gelmek,  kommen. 

aslov.  jela  in  sehr  späten  Quellen,  serb.  gel,  djel,  dodji,  hodi.  djeldi^  venit.  djeledjek. 
rum.  gelaj,  vino.  Herr  Korsch  sieht  im  griech.  sXa,  eXdze  von  sXauvw,  serb.  ela,  elamo, 
elate,  die  Quelle  der  unter  gümik  verzeichneten  Imperative.  Eine  andere  Erklärung 
bietet  Rjeßnik. 

gemi,  Schiff. 

serb.  gemija,     magy.  gemia. 

göndz,  pers.  ^ji'  Schatz. 

magy.  kincs;  daher  nslov.  kroat.  kinö.     Z.  763.  1. 

gene,  türk.  ijS"  wieder. 

serb.  djene,  meist  djene  djene.     Z.   764.  3. 

gerö6k,  türk.  d^yf  das  Wahre. 

serb.  djercek,  zbilja,  eben  recht,  ä  propos.     Z.   743.  3. 

gerdan,  Hals. 

bulg.  auch  gerdav.  serb.  djerdan,  djendar,  jerdan^  gerdan,  djender,  gendar.  klruss. 
gerdan,   d'ord'an,  gardy,  Halsschmuck  aus  Silbermünzen. 

gerdun,  pers.  ^^C)^  Rad,  Glückswechsel. 
Vergl,  rum.  gjordum,  Art  Spiel.     Z.  744.  3. 

gerej,  türk.  ^'>^  Titel  der  Krim-Chane. 

klruss.  geraj  (Seiym-geraj).     rum.  gerej,  giraj,  krimger.     Z.   742,  3. 

gärgedan,  kerkedan,  pers.  jjljJlT  Nashorn, 
poln.  giergiedanowy  (noi).     Ti.  745.  3. 

gergef,  Werkstätte. 

nordtürk.  kejergec  ist  zu  streichen. 

geriz,  türk.  yjS  Kanal,  Kloake, 
serb.  djeriz.     Z,   747.  3. 

görmsud,  Art  Stoff. 

rum.  germesut^  Art  Atlas,  gemesit.     Hammer  17.  225. 

gevrek,  türk.  J.^  Art  Backwerk. 

serb.  djevrek,  lornko,  tako  se  zovu  i  neki  kolaci.     Z.   769.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  75 

gevsem,   tiirk.  ^^  Widder. 

Vergl.  bulg.  kjosem.  Mil.  323.  kjosema,  kjusema.  Col.  283.  284.     Z.  774.   1. 

gezi,  pers.  ^■S',  Art  grobe  Leinwand. 

bulg.  gezija,  gizija,  Taffet.     rum.  gizea.     7a.  748.  3. 

gidi,  Interj. 

serb.  aj  djidi!  ej  kurviöu!  gidija,  Hahnrei,  russ.  postrih,  nicht  prostreh.  ngriech. 
Yxt.3'/]C,  xspaTäc,  hecco  cornuto.  Som.     Vergl.  serb.  djida,  djidija  für  Hure. 

girdab  (g§rdah),   girdbad. 

Jenes  ist  Wasserwirbel,  serb.  gerdap,  dieses  Wirbelwind. 

göö,   Wanderung. 

Herr  Korsch  verweist  auf  nordtürk.  köc,  das  als  kjuc  (küc)  unter  dem  damit  ver- 
wandten kos  erscheint.  Man  vergleiche  jedoch  koc  ^  das  nach  Muchl.  68  auch  gioc 
lautet;  ebenso  kocmSk  >iU=?-^,  giocmek^  poln.  koczowad.  63. 

gön,  Fell,  Leder. 

bulg.  gjon.     serb.  djonovica,  Art  Feige. 

gönie,  türk.  juj^  Winkelmass. 

serb.  djunija,  Winkeleisen.    Aus  dem  griech.  ytöVia.    Z.  780.  2. 

görmek,  türk.  •i^\yS'  sehen, 
serb.  djor,  sieh, 

götür6,  kötüre,  türk.   »«JVS'  in  Bausch  und  Bogen,  gösgöturi. 

serb.  djuture,  in  Bausch  und  Bogen:  zgrade  se  rade  vise  djuture  (na  pogodbit)  nego  u 
nadnicu.  BogiS.  478.  479.  djuturica.  djuturice.  djuturicar.  rum.  gjotur§.  gjoSgjoare.  Z.  766.  2; 
773.  3. 

göveröile,  gogercile,  türk.  sXs^SS  Salpeter. 
rum.  gjuverdzilea.     7i.   776.  1;    782,  1. 

gözleme,  türk.  «*-)*^  Art  Kuchen, 
serb.  djuzleme  n.     2.   773.  1. 

gune,  pers.  lüS  Art,  Weise. 

serb.  djunija,  oblik,  sorta.     7i.  780.  1. 

gübre,  gümrS,  Dünger. 

serb.  djubra.  djubriti.  djubris.  djubriste.     rum.  gubre,  gobre. 

güö,  Last. 

Daneben  güdz,  daher  das  bulg.  Wort:  djudz. 

güdzömin,  türk.  ^j^a^^S  Mütze. 
rum.  gudzuman,  gudzu.     Z.   768.   1. 

güdzen,  gödzen,  türk.  ^j^yi'  Iltis. 
rum.  gjudzin.     Z.   768.   1. 

gügüm,  pers.  ^yi"  metallener  Wasserkessel. 

serb.  djugum.     rum.  gjum.     Z.  776.  3.     Vergl.  kumgan. 

10* 


76  FUANZ    MlKLOSlCH. 

gül,  Rose. 

serb.  djid^  djulj.  Jastr.  djulgondze,  papoljak  ruzin.  gjulihrislm,  Art  Pflanze,  djidnar. 
gjnlisian.  djid-su.  Jastr.  djuldjuljaja ,  von  Rosen  umgeben.  Jastr.  djulpüa.  djulbaklava. 
russ.  gii/jqfö.     rum.  gjidgjuliu,  gjurgjuliu,  rosenfarbig. 

gülab,  Rosenwasser. 

Davon  gülabi,  worauf  serb.  djulabija,  djulavlija  beruht.  Vergl.  griecb,  65popoadrov, 
serb.  drosato.    Vergl.  gülabije. 

gülabije,  Oblate. 

serb.  gurabija  na  slunce  pecena.  Jastr.  191.  u  maslu  varena  186.    Vergl.  gülab. 

güle,  Kugel. 

poln.  kitla. 

gümrük,  Zoll. 

aslov.  knmenkö  stammt  aus  dem  Griechischen,     rum.  gimuruk,  giimruk, 

gümüs,  Silber. 

kuman.  kümüs. 

gün,  Sonne,  Tag. 

tilrk.  gündelik.  günd^likci,  daher  das  bulg.  Wort.     rum.  kjundelik,  Tagelohn. 

günah,  Sünde. 

serb.  dßinah,  djuna:  sto  me  turi  u  veliki  djuna.  Jastr.  249.  alb.  dzünahcar  ist  türk. 
dzünahkar. 

güvedz,  türk.      yS"  irdener  Topf. 

serb.  dJHvece.     Z.   767.   1. 

güvendi,  türk.  Hure. 

serb.  djuvendija^  Sklavin  eines  krdzalija.     Fehlt  Z. 

güvez,  türk.  \yS  röthlichbraun, 

serb.  djuvez,  roth.  djuvezlija^  Art  rothe  Seide,  djidvezija.     7i.   780.  2. 

güzer,    pers.  ^J  Übergang. 

bulg.  g§zer:   na  g§zer  padn§lo,  Mil.  77.,  wohl:    ,ist  abhanden. gekommen.'  Z.   741.  3. 

güzin,  erwählend. 

Das  pers.  "Wort  ist  sammt  dem  bulg.  zu   streichen. 

L. 

laden,  pers.  Art  Seidenstoff. 

rum.  lavdan.     Bianchi  2.   688  bei  Saineanu. 

ladzüverd,  ar.  lazverd,  Azur. 

Dem  griech.  usw.  sowie  dem  russ.  luzun  steht  das  von  Diez  angeführte  pers.  lazw 
näher,     it.  azurro.     frz.  azur.     mlat.  lazulum^  lazurius,  azurrum,  azolum.     Devic   17. 

laf,  Geschwätz. 

serb.  laf  lafiti.  nar.-bl.  364. 

lafazan,  Schwätzer. 

icrb.  lapazan.     Vergl.  laparati,  laparalo,  loparati,  loparalo. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  77 

laHana,  Kohl, 
rum.  lahaniu,  grün, 

lakerda,  türk.  so^S"!^  eingesalzener  Thunfisch. 

klruss.  lakerda.     griech.  Xaxsp5a.     lat.  lacerta.     Z.   789.  2. 

lakse,  Art  Nudeln. 

klruss.  lapsa.     cech.  lukse.     slovak.  loksa.     magy.  laska. 

lala,  Diener. 

poln.  lala^i  lalka:  jaki  z  niego  lala,     Muchl.   74. 

lavut,  Laute. 

nslov.  lapt.  Habd.  kroat.  leut.  Sirena.  leutas,  Lautenschläger,  klruss.  lavuta.  poln, 
liitnia,  aus  dem  Deutschen:  mhd.  lüte.     Devic.  46. 

lazim,  ar.  ^-3  nothwendig. 

serb.  lazum.     In  Bosnien,     lazun  Luki  hijase.   Volkslied,     alb.  l'az§m.     Z.   788.  3. 

löbade,  Art  ßegenmantel. 

kurd.  libas  usw.  ist  zu  streichen. 

lebiza,  Betrüger. 

Das  Vorhandensein  des  Wortes  wird  bezweifelt. 

leblebi,  geschmorte  Erbsen, 
serb.  leblebija. 

lejlak,  Flieder. 

bulg.  luljak.  lejlaJi  ist  pers.  Ursprungs:  liladz,  lilaiidz,  lilang  neben  nilah,  niladz, 
UlaTi,  bläulich:  nil,  Indigo,  blauer  Waid.  ar.  an-nil  (nil  mit  dem  Artikel),  sp.  aful, 
afdr.  frz.  anil.  aind.  riila,  blau,  dunkelblau.  Also  aind.,  pers.,  ar.  (türk.),  sp.,  fz.,  deutsch. 
Z.  925.  1.     Devic  10.46.. 

lejlek,  UMek  Storch. 

serb.  auch  lejlek.     Dunkel  ist  aslov.  lilikö,  Ulijaks,  mergus. 

leke,  Fleck, 
rum.  likea. 

leked,  pers.  jjCJ  Ohrfeige, 
serb.  lekediti.     Z.   795.   1. 

leken,  Kübel. 

serb.  auch  legen,  legenj.     griech.  Xdyr^vo?,  Adyovo?,  russ.  laguns^  aruss.  legiiu. 

lövend,  freiwilliger  Soldat,  Vagabund. 

klruss.  Ievene6,  aus  dem  magy.  ledin,  legin.     ngriech.   XsßsVTr^c,  Räuber. 

lezzet,  ar.  »Jj  Genuss,  Vergnügen, 
alb.  lezet,  Geschmack.     Z.   792.  2. 

liman,  Hafen. 

poln.  liman,  eine  Bucht  des  schwarzen  Meeres.    Vergl.  serb.  viliman,  filiman,  Wirbel. 

limun,  Uma,  Limone. 
rum.  alem§j,  l^nifj,  alimon. 


78  Franz  Miki.osich. 

lokma,  Bissen. 

rum.  lokma,  lukma.     Vergl.  lokmadzun. 

lokum,  Art  süsse  Speise. 
rum.  htkum§. 

londza,  porticus. 

ngriech.  XövxC<*-  Über  die  Frage,  ob  londza  iinnaittelbar  oder  durch  das  türkische 
Medium  in  das  serbische  gelangt  ist,  vergleiche  man  Archiv  9.  691.  it.  loggia  ist  deut- 
schen Ursprungs:  ahd.  lauha  (laitbja).     kroat.  lopa. 

luban  dzavi  ^.La-^LJ  Benzoe,  eigentlich  javanischer,  d.  i.  aus  Sumatra  stammender 
Weihrauch,   luban. 

poln.  h^diwin.  ngriech.  [xsvxC^fiß^  ßsvtCoußt,  Atacta  IV.  1.  320.  frz.  benjoin.  it.  benzoino 
belzuino,  balgivi,  belghä  usw.  sp.  benjui.  frz.  oliban  wird  auf  ar.  al-luban  zurückgeführt. 
Den  gleichen  Ursprung  hat  Xißavoc  (natürlich   ohne  Artikel).    Z.   791.  1.     Devic  20.  54. 

lulu,  lull,  pers.  JJ,      'J  schöner  Knabe,  schönes  Mädchen,  Buhlerin. 

rum.  lele,  lea,  ältere  Schwester.     Die  Vergleichung  ist  unstatthaft.     Z.   796.  3. 

ItUfc,  löU,  türk.  viJL!,  J^  rother  Lack. 

bulg.  Ijok,  roth.     rum.  Ijokiu.     Z.   795.   1;    796.   2. 

Iül6,  Röhre,  Pfeife. 

nslov.  lula,  lulka.     serb.  luledHja.     nhd.   Lull,  bair.  Ludel. 


M. 

ma'ad^n,  ar.  ^oviL*»  plur,  von  maden  ^jtXjw   Bergwerk, 
serb.  majdan.     rum.  madem^  madim.     Z.  859.  3;    861.   3. 

mab6jn,  ar.  ,^»joLx!  Zwischengemach,  Vorsaal. 

serb.  mabein.     rum.  mabej,  majbent,  Vorzimmer.     Z.  798.  3. 

maddöt,  ar.  äiLo  Materie,  Stoff, 
rum.  madea.     Ta.   799.  2. 

madzar,  Unger. 

serb.  madzarin.  madzuka,  Unger,  katholischer  Bosniak,     poln.  madziar. 

ma'dzun,  Latwerge, 
serb.  madzunisati. 

magdanos,  Petersilie. 

serb.  auch  magdanos,  magdonos. 

maguna,  mauna,  türk.  «jyw  grosse  Barke, 
rum.  magunp.     Z.  803.  2;    866.  3. 

mahana,  m^hanSt,  ar.  »jLg^  Missachtung,  Verachtung. 
Vergl.  bShane.     Z.  896.  2. 

mahmuz,  Sporen. 

kroat.    mamuza.    Sirena.     serb.    mamuza    bedeutet   auch    österr.    Krapfenradi.     rum. 
magmuz§. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  79 

maümudi,  ar.  ^^•^y*^  ^^t  Silbermünze, 
serb.  mahmudija.     Z.  825.  3. 

mahrama,  Taschentuch. 

kroat.  mahrama^  daneben  zahrama.  Istr.    serb.  auch  maframa.     wruss.   mochra.    poln. 
machram,  Art  türkischer  Stoff. 

maEsul,  Frucht. 

bulg.  viaksid.    V6.  1.  26. 

mahzar,  ar.  .  ^-^  Anblick:  arz-i  maTizar,  Petition. 

serb.  mazar,  Bitte,     mazariti,  Volkslied,     rum.  mahzar.     Z.  824.  2. 

malizön,    ar.  Lxi^  rein,  einfach,  nur. 
serb.  baksum,   gleichwie.     Z.  824.  2. 

maymur,  an  Kopfschmerz  nach  einem  Rausche  leidend,  berauscht, 
serb.  auch  mahmurav.    rum.  mahmur,  trunken,    magy.  mdmor,  Rausch,  daher  slovak. 
märaor. 

ma/suz,  ar.  Lo^-.ais'  eigen,  eigenthümlich. 
serb.  maksuz.     Z.  828.  1. 

mayzan,  Magazin. 

poln.  magaz,  magazen,  magazyn. 

maina,  türk.  still!  nach  Dj.  Popovi6  Tnterjection. 

serb,  maina,  Windstille.    Wahrscheinlich  aus  dem  it.  mainare,  ammainare,  die  Segel 
einziehen. 

maja,  Stoff,  Sauerteig. 

bulg.  maja  für  siriste.     rum.  maja,  kostbarer  Stoff,  Lab. 

majasei,  Hämorrhoiden. 

serb.  majasil,  rnojasin,  Art  Aussatz. 

majmun,  Affe. 

serb.  majmunisati.     rum.  auch  viajmucoj,  mom,ic§,   momicoj.  Vergl.  kroat.  muna.    Meg. 
poln.  munia,  Maulaffe. 

major,  türk.   oLo  Meierei. 

serb.  majur,    Meier,   viajurdlija.     Aus  dem  magy.  m,ajor.     ahd.  meior,    Meier,     mlat. 
major  domus.     Z.  804.   1. 

makam,  ar.  -Lux  Lied,  Gesang. 

serb.  mekam.     In  Bosnien.     Z.  869.  3. 

makara,  Welle,  Spule. 

serb.  makare,  Winde.   Vuk  Stef.  Karadzic,  Erklärung,  lazila,  skele,  ist  wohl  unrichtig. 

makas,  Schere. 

serb.  mumakaze^  Lichtschere. 

mak'at,  ar.  JuüLc  Art  Decke. 

serb.  makat^  Bettdecke,     poln.  makat^  makata,  Teppich,     rum.  makat.     7i.  872.  2. 


gO  Franz  JIiklosich. 

makbul,  ar.  J^aäx  angenehm. 

serb.  maghid,  kabul.  alb.  maghhul.  gut.  Z.  870.  1.  magbtit  ist  als  mit  dem  serb. 
und  alb.  Worte  nicht  zusammenhangend  zu  streichen, 

maksed,  maksad,  ar.  jcoJLe  Zweck,  Absicht, 
bulg.  maksus,  eigens.     Z.  872.   1. 

mal,  Habe,  Gut. 

serb.  vial-kaduna,  reiche  Frau. 

malluta,  Oberkleid. 

serb.  auch  maluta,  malvuta,  haljinac  krafak  s  rukavima.  moluta,  Brautschleier.  Jastr. 
rum.  malote,  Frauenpelz.     it.  melota.     fz.  melofe.     sp.  marlota. 

mamaljuga,  Kukuruzbrei. 

serb.  mamaljuga.  russ.  mamahjga,  klruss.  mamaiyga  (kuiesa).  magy.  mamaliga.  ngriech. 
[jLa{xa).(Yxa.  Fehlt  bei  Z.,  wird  von  Dj.  Popovid  als  türk.  bezeichnet.  ]\Ian  vergleicht 
it.  melica,  meliga.    Gleichbedeutend  ist  kacamak. 

mamluk,  mimlvk  Sklave. 

russ.  mameljuks.     poln.  mameluk. 

mamur,  nordtürk.  Art  Pflanze. 

russ.  mamura,  rubus  arcticus.     Listy   10.  60. 

manav,  türk.  ^U-e  Obsthändler. 

rum.  viannf^  Art  Schenke.     Z.  882.   1. 

mandra,  Hürde. 

it.  mandra.  agriech.  [idv^pa.  Das  Wort  ist  aufgenommen  worden,  weil  es  die 
Türken  verbreitet  haben  dürften,  ein  Geschäft,  das  bei  vielen  türkischen  Wörtern  die 
Magyaren   besorgten. 

mandza,  Speise. 

serb.  mandza.     Das  Wort  ist  auch  in  Kleinasien   bekannt. 

mandzelek,  mendz4n§k,  Art  Wurfmaschine, 
rum.  mandzaltk,  Hebel. 

mane,  türk.  ^^Lc  Lied, 
rum.  manea.     Z.  803.   1. 

manger,  Art  kleine  Kupfermünze, 
rum.  mang^r. 

mani',  hindernd. 

serb.  manisati,  bemängeln. 

manseb,  ar.  v_>-.aÄx)  Amt,  Würde, 
rum.   mansup.     Z.   885.   1. 

mantar,  türk.  JüLc  Pilz. 

rum.  mt^n^tr^kQ.     ngriech.   [iavtapc,  |jiavcTdf>t. 

mant^k,  ar.  ^\nx<o  Rede,  Gespräch. 

poln.  maniyk,  langweiliger  Mensch,  nudnik.  mantyczyc.     Z.- 886.   1.     Muchl.  81. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.        '  81 

marangoz,  )»*J;l->«  Zimmermann,  Tischler. 

mm.  marangoz.     Z.  800.   1.     it.  marangone. 

ma'raz,  ar.  ^vjw  Ursache. 

rum.  m§raz.     Z.  862.  2. 

ma'rifät,  Talent. 

serb.  marifet,  Schlauheit,  marifetluk. 

marpiö,  wie  eine  Schlange  gewunden. 

marjnis  ist  zu  streichen. 

mart^,  tUrk.  j-Is^Lc,  martin  Möwe. 

serb.  martin,  galeb,  Art  Wasservogel.     Z.  800.   1. 

martolos,  Art  christlicher  Soldat  in  der  Türkei,  nach  andern  Grenzwächter. 

nslov.  martolos,  mango.  kroat.  martolos,  Weiberräuber,  serb.  auch  martonosa,  merto- 
losa.  martaluzi,  inace  turski  vojnici^  Jesu  hristijani,  a  nahode  se  osohito  po  krajinama.  Glasnik 
I  (XVIII),  176.  (Sech,  martaloz,  martalous.  poln.  martauz,  martahuz.  rum.  martodü.  magy. 
martalöz,- martaloc ;  martolosz  in  den  Defterek.  martolossi  erano  Turchi.  Sanudo.  Hammer  denkt 
an  griech.  äji-apifoXöc,  ,weil  die  martolosi  sich  allerlei  Excesse  zu  Schulden  kommen  Hessen'. 

masad,  Wetzstahl. 

serb.  namasatiti ,  schärfen,  nasatice,  mit  der  Schneide,  sjecimice,  weder  2)ljostim,ice 
noch  tilutice.  bulg.  musat,  Flinte,  russ.  musats,  Wetzstahl,  klruss.  musat^  Schleifstein, 
Feuerstahl,  poln.  musat,  musad,  Wetzstahl,  rum.  masat.  Muchl.  89.  führt  ar.  musa  (-«/ye  an. 

mas/ara,  Gespött. 

rixss.  muskaradriyj  ist  Guro'p&isch:  Maskerade,  vum.  m§skar§.  nhd.  Maske,  frz.  masqiie 
beruht  auf  mlat.  viasca,  mascus,  Hexe. 

maslaüat,  Geschäft. 

rum.  maslahat. 

maslak,  (^JLa^c  berauschender  Trank :  ar.  maslaj'ia  x^^^*»^  Art  Solanum  nigrum.  Vergl. 
bSngilik,  Jiasis. 

poln.  maslach,  maslok,  berauschender  Trank,  Maschlach.  mashcznik,  ein  von  Masch- 
lach  Wüthender.  nslov.  kroat.  maslak  für  cemerika  bei  Linde,  it.  maslocco.  frz.  masloc, 
massac,  malach.  Fehlt  Z.     Muchl.  82.      Devic  19. 

masraf,  Kosten. 

bulg.  masrafcija,  koji  prihavlja  hranu.     Bogis.  521. 

masur,  Rohr. 

kurd.  masur  ist  zu  beseitigen. 

masa,  Zange. 

bulg.  masa. 

ma  äalla,  ar.  ^JUI   *L^  Lc  was  Gott  will, 
bulg.  masala.     Z.  834.  1. 
mat,  er  ist  todt. 

russ.  matd.     serb.  mat.     poln.  met.    mlat.  mattus.     fz.  mat,  terne.     it.  matto.     deutsch 
matt.     engl.  mate.     Aus  dem  Schachspiel  stammendes  Culturwort. 
matara,  Feldflasche, 
rum.  mataradzi:  türk.  mataradzf.     alb.  matar. 

DenkMhriften  der  phil  -bist.  Ol.   XXXVII.  Bd.  11 


g2  Franz  Miklosich. 

matba/,  Küche. 

serb.  matvak.     rum.  viatbah,  mutpak. 

matrali,  ar.  ^y^  Matratze. 

kroat.  viatracT  serb.  matarac.  russ.  matracs.  poln.  materac,  matrac,  alles  aus  dem 
Deutschen,    sp.  almadraque.   it.  matarazzo,  materasso.    frz.  matelas,  alt  materas.    Devic  48. 

mavi,  blau. 

klruss.  pava  razmavista,  etwa:    ,himmelblaues  Pfauenweibchen'.     Vergl.   rum.  mahut 

t'Ur  niavut. 

mavusa,  tilrk.  jue^L  Transportschiff. 

rum.  viauz§.     Z.  803.  2. 

mazbata,  ar.  xJomsjii  Protokoll. 

serb.  mazbata,  schriftlicher  Akt.     Z.  856.   1. 

maze,  pers.  ^\Lc  Gallapfel. 

serb.  mazija,  Probe  des  glühenden  Eisens  und  des  heissen  Wassers,  morska  mazija. 
Petr.  3.  164.  Marjan.  102.  112.  Galläpfel  werden  im  Orient  mit  etwas  Öhl  gelDrannt, 
um  ein  Haarfärbemittel  zu  gewinnen  und  daher  die  serbische  Benennung  nach  Dj.  Popovic. 
mazija  soll  auch  ,Stahl'  bedeuten.  Vergl.  a  tahani  od  morske  mazije.   Petr.    Z.  800.  2. 

mazgal,  Schiessscharte, 
rum.  VKizgal. 

meded,  ar.  t>juc  Hilfe! 

serb.  medekati,  medet  exclamare.  medeknuti.     Z.  831.   1. 

mödrese,  ar.  iLwsJuc  Art  Schule. 

serb.  medresa.     poln.  medrese.     Z.  830.  1;    831.  2. 

medzlis,  Sitzung. 

serb.  medzlis. 

meger,  magar,  wenn  nicht.     Man  füge  hinzu  pers.   agar  ci,  wenn  auch. 

nslov.  makar  ga  stalo  glave.  Prip.  19.  serb,  medjer  wird  erklärt  durch  osim,  all, 
dakle,  moida.  kurd.  eger,  wenn,  griech.  \s.r^-^6.^i  wird  mit  (Aig  y^^P  zusammengestellt,  venet. 
magari.  g  mag  schon  im  Orient  in  k  übergegangen  sein.  Die  Aufnahme  einer  Con- 
junction  ist  nichts  überraschendes.     Vergl.  Darmesteter  1.  245. 

mehönk,  Probirstein. 

rum.  auch  mehenger  usw. 

mehter,  Musikant,  bei  Hammer  auch  ,Zeltaufschläger'. 

serb.  mefter.  dva  rala  mefteri.     Jastr.  52.     rum.  mehter.  mehterbasa.  mehterhane. 

möhkeme,  ar.  jL^Xkiwe  Gerichtshof. 

serb.  mehöema,  meäöema.     Z.  825.   1. 

mej/anö,  Weinbaus. 

serb.  mejana.  mehandzija,  krSmar,  birtaä.  mehanedzi.  mehanisati. 

mejt,  Leiche, 
serb.  mejit. 

m6kteb,  ar.  v_^jcXxi  Schule. 

serb.  mejtef,  türkische  Kinderschule.     Z.  873.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  83 

mektub,  Schrift. 

nim.  mektup  und  mehtup. 

melek,  ar.  vdULc  Bote,  Engel. 

serb.  melek,  meleö,  Engel,  melicet.     Z.  878.  1. 

raelhem,  Salbe. 

serb.  melemasce,  Heilungskosten,     russ.  mahchans. 

melik,  ar.  aLLo  Herr,  König. 

ngriech.  (JisXix  6  aouXxdvoc.     Z.  878.   1. 

merun,  ar,   ^j^dLc  verflucht,  Scheusal. 

serb.  melun,  Teufel.     Z.  877.  3. 

meml6k6t,  Land. 

serb.  memleöet,  Heimat.     In  Bosnien,     rum.  memleket. 

mö'mur,  ar.  ;»/>Lc   Beamter. 

serb.  memur.  carski  memur  i  njegov  vecil.  Bogis.  551.  rum,  meemur.  memuriet.  Z.  802.  2. 

mendzuk,  pers.  ^^ssj^  goldener  Knopf  auf  der  Fahne,  kleiner  Halbmond  des 
Banners,  verzierter  Knauf  einer  Lanze,    cagat.   huncuk.   türk.  hundzuk. 

russ.  huncugs  queue  de  cheval;  toug,  touc,  etendard  turc  ä,  queue  de  cheval; 
ancien  bäton  de  commandement  de  l'hetman  des  cosaques.  lleiff,  klruss,  huncuk^  Ross- 
schweif als  Kriegsfahne ,  als  Zeichen  der  Hetmanswürde.  poln.  bunczuk,  honczuk.  serb, 
bundzuk,  allerhand  Schmuck  für  Pferde,  Maulesel  usw.  bulg.  boncuk,  huncuk,  Schweif 
als  Fahne.  Z.  883.  2.  Muchl.  14.  Mit  mendzuk  neben  bundzuk  vergleiche  man  mahana, 
vn&nivse  neben  bahane,  bSnefse. 

menevis,  schmelzähnlich. 

serb.  mormenevis^  violett. 

mengene,  Maschine. 

rum.  mengin§,  mengine. 

mer'a,  ar.  Ujx  Weide. 

bulg.  mera,  Gemeindeweide,  serb.  mera,  meraja.  Juk.  198.  rum.  mirüte.  Cihac.  Z.  837.  2. 

merak,  Leidenschaft  für  eine  Sache. 

bulg.  merak.  serb.  merak.  meraklija.  Bei  Bianchi  merakk  ,Ilw«  partie  les  plus  deli- 
cates  du  bas  venire. 

tnörarn,  ar.  ^.Iwc  Vorsatz,  Absicht. 

serb.   meram,   Wunsch.     In  Bosnien.     Z.  834.   1. 

merdzan,  Koralle,  kleine  Perle. 

serb.  mrndzela,  Glasperle,  russ.  marzans.  Vergl.  rum.  m§rdzik§,  melica  uniflora. 
Man  denkt  an  griech.  [jiapYaptrTjC.  frz.  almargen  ^  corail  pulv6ris6,  terme  de  l'ancienne 
pharmacie.     Devic  8. 

merüabba,   ar.   lÄ^j^o  Begrüssungswort. 

serb.  meraba:  da6u  ti  merabu,  ironisch  für  , Schlag  in's  Gesicht'.     Z,   835.  3. 

merüamöt,  Erbarmen. 

serb.  auch  mehramet.     rum.  merhamet. 

mersin,  türk.  ,j-;y«wo  Myrte. 

rum.  mersin.     Z.   837.   1. 

11* 


34  Franz  Miklosich. 

mertebö,  ar.  üjjyx  Stuto,  Rang, 
rum.   mertepea.     Z.  834.   3. 
mertek,  türk.  Jjy.  Pfeiler,  Pfosten, 
rum.  martak.     Z.  835.  2. 

mesdzed,  Moschee. 

biilg.  auch  mecit.     serb.  mesdzid.     slovak.  mesita.     poln.  auch  meszkita.     rum.  mece^. 

magy.  mecset. 

mest,  Art  Fussbeklcidung. 

nslov.  mestve.  Unterkrain;  socci  e  corio  facti.  Habd.     serb.  mestija.  Jastr. 

meäin,  Schafleder. 

serb.  meäin:  dagegen  mesina,  mjesina,  Balg.     rum.  mesin§. 

mösreb,  Trinkort,  Getränk. 

aslov.  mastrapa.  bulg.  mastrap§,  Napf.  serb.  auch  mastrava.  rum.  n^strapf.  griech. 
{AaoTpaxd,  [Laaipa.Tzäz,  [xaarpoTCÖi;. 

möta',  ar.   cüoc  Niess brauch,  Eigen thum,  Gut. 

rum.  metah.     Z.  808.  1. 

m6teriz,  Wall. 

bulg.  auch  meteriz. 

mövla,  Gesetzkundiger. 

serb.  mevlakana.     poln.  moUa.     rum.  w?o/a. 

mezad,  Versteigerung. 

bulg.  auch  mezat. 

mezar,  Grab,     nordtürk.  mazar. 

Daher  das  russische  Wort. 

mözlaka,  ar.  iÄlya  schlüpfrige  Stelle. 

bulg.  mazlaka.     Z.  840.  3. 

mezra'a,  ar.  «a;v«  Saatfeld,  Ackerfeld. 

serb.  mezraja.     Z.  840.  2. 

mesr,  Ägypten. 

Man  vergleicht  russ.  misjurka,  Art  Helm.  poln.  misiurka,  Visier  am  Helme.  Muchl.  86. 
rum.  misurk§.  Helm.  Vergl.  nslov.  mosur,  Cucurbita  oblonga.  Habd.  serb.  mosiir  für  kalem 
und  für  kukuruzin  klip. 

mezrak,  Lanze. 

serb.  mizrak.    In  Bosnien.    mizdrakUja. 

mihman,  pers.   ^U^/»  Gast,  Gastfreund,  mihman-dar. 

rum.    mehmendar,    majmendar,    der   Gesandte   einführende    Würdenträger.     Z.  897.  3. 

mihnet,  ar.  kjLs»  Trübsal,  Elend. 

serb.  raiihanet:  i  od  derta  i  od  muhaneta.  Volksl.  Z.  825.  3. 

mihrab,  ar.  wl»^  Nische  in  der  Wand  der  Moschee,  vor  der  der  Imam  das  Gebet  hält, 
serb.  mihrab.     Z.  823.   1. 

milb^s,  ar.  ,j«uJLo  Kleidung. 

poln.  melihbasz.     Z.  876.  2.     Muchl.  84. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  85 

minaret,  menara,  Leuchttliurm,  Thurm. 

serb.  minare.  Jastr.  poln.  minaret.  rum.  minarea.  griech.  auch  [xouvapd.  sp.  al- 
menar,  almenara. 

ininbör,  mimhir,  mimher^  ar.  w^wo  Kanzel  in  der  Moschee. 

serb.  member.     Z.  882.  2. 

mintan,  türk.  ^^UiÄ^e  kurze  Jacke.     Vergl.  nimten  bei  Hammer. 

rum.  mintean^  langes  Oberkleid.     Yergl.  magy.   mente.     Z.  882.  3. 

miralaj,  i^'^^>^  Oberst,  General. 

serb.  rum.  miralaj.     Z.  899.  2. 

miras,  Erbschaft. 

ngriech.  [Jiotpäacov. 

miri,  Staatsschatz. 

serb.  ima  u  svojoj  miriji  po  deset  ili  vise  sela.  BogiS.  517.  rum.  miri,  mirie.  Vergl. 
ngriech.  [JLtpt[iax-oO.  Acta  et  diplomata  V.  201.  202,  eine  Art  Steuer,  ^Tjfxöatov. 

mirri/,   ar.  #0^x1  der  Planet  Mars, 
aslov.  mer/Ä3.     Op.  2.  3.  92.   114.     Z.  839.   2. 
misk,  ar.  müsH^  pars.  dLwuc,   JUuo  Moschus, 
rum,  misket.     7i.  847.   1. 
miskal,  ar.  JLiüöo  Art  Gewicht. 

serb.  miskal,  Art  Gewicht:  za  hrata  hi  dala  miskal  zlata.     7a.  817.  2. 
mitjuk,  nordtürk.  *iJ*ÄAj«  kurze  Schabracke, 
poln.  mitjuk.     Fehlt  Z.     Muchl.  87. 
miz,  pers.  vy«  Wirth. 

Vergl,  russ.  myza,  Landhaus.     Z.  899.   3. 
mokaddim,  vorziehend,  vorzüglich. 

Mit  serb.  mukadem^  mukadin  pojas  vergleiche  man  mukaddem,  espece  d'etoffe  de  soie 
eraployee  pour  les  turbans  et  les  ceintures.     rum.  mukadir. 

mor,  dunkelblau. 

bulg.  morav.  serb,  morast.  morm,enevis.  mor  menekse.  Jastr.  333,  rum.  moriü,  dunkel- 
blau, mormaziü,  violett,  ist  vielleicht  türk.  mormavisi,  etwa  ,dunkelblau'.  Vergl.  rum. 
sahmara  unter  Sah. 

mos^l,  die  Stadt  Mosul. 

klruss.  musUn.  musiiAbas,  Art  baumwollener  Stoff,  poln.  muslin;  musulbas,  mnzulbas, 
maszeibas:  türk.  mos§l  bSzi.  alb.  musul.  Man  vergleiche  auch  poln.  drociane  musuty. 
rum,  musid. 

mu'amöle,  Verhandlung,    vulg.  mamele,  mamSledzi. 

ngriech.  {xaiJLaXä^,  Wucher.  jxa(JLa)vaT:C"'i^,  Wucherer, 

mu'anid,  ar.  JoLju!  eigensinnig. 

serb.  muanat,  muhanad.     Z,  860.  2, 

mubajö'at,  ar.   iüijL.o  Handelsvertrag. 

rum.  rnumbaea,  Handel,  mubaedziu.     Z.  805.  3. 

muezzin,  Ausrufer  der  Gebetszeit. 

bulg.  mjuezin.     sp.  almitedano. 


gg  Fkanz  Miklosich. 

mufettiS,  ar.  ^JiJJüe  Untersuchungsrichter, 
serb.  intifctis,  Art  Beamter.     Z.  867.  2. 
muft,  umsonst. 

nslov.  muhte,  sorglos.     In  Unterkrain.     rum.  moft. 
muliafiz,  ar.  (jcjLä'  Commandant  einer  Besatzung, 
serb.  muhaßs.     rum.  muhaßz.     Z.  821.  2. 
muhamiued,  Mohammed, 
rum.  mahmetesk,  mohammedanisch. 
muhasöbe,  ar.  jo-«L^  Rechnung. 

rum.   muhasehea,  buhasebea ,  Controle.     ngriech.  [xirdc  jJLOuyaasfXTCS  Xoyapiaafxot :     türk. 
baä  muhasihi.  Acta  et  diplomata  V.  196.  202     Z.  821.   1.     Vergl.  müJitesib. 
muhaserö,  Belagerung, 
rum.  miihaserea. 

mubzer,  ar.  ,  ■a-o»  Vorführer,  Gerichtsdiener.  muTiz§r-aga. 
rum.  muhzur-aga,  Janitscharenofficier.    Z.  824.  2.      Vergl.  malizar. 

mu/ajjer,  ar.  Zj^  der  die  Wahl  hat.  muyajjerlilc,  Art  Stoff. 

poln.  muchajer,  muchair,  Art  Stoff,  rum.  muhajar,  muhajan,  unbeschränkt,  muhajer, 
Art  Stoff,  it.  mucajardo.  Mit  diesem  Worte  bringt  man  frz.  moire  und  engl,  mohair  in 
Verbindung.     Z.  829.  2.     Bianchi  2.  842.     Devic  50. 

mu/bir,  ar.  jjj^  Nachricht  gebend. 

serb.  muhbir,  Gerichtsdiener  im  Dorfe.     Z.  827.   1, 

mukarane,  ar.  kj.LiLc  Verbindung. 

Vergl.  ngriech.  |JLO'j%api£[At.  Pass. 

mukarr§r,  ar.  .jl«  festgesetzt. 
rum.  mukarer,  Art  Steuer.     Z.  871.  2. 

multan,  ^ULo  Stadt,  darnach  Art  Stoff,  Art  Weste,  Multon. 

poln.  multan,  multanka^  Art  Säbel  nach  der  genannten  Stadt,  russ.  multans.  Z.  876.  3. 
Muchl.  88. 

mum,  Wachs,  Kerze, 
rum.  mundziü. 

murayyas,    ar.  i^oLyo  bevollmächtigt. 

rum.  murahaz.     Z.  835.  3. 

murtad,  Renegat. 

serb.  murtasen.     rum,  murtad. 

musa'adö,  ar.  »(XeL^uo  Hilfe. 

rum.  musadea.     Z.  841.  3, 

musadere,   ar.  s.i^Lä*  ungestüme  Forderung,  Confiscation, 
rum.  satara,   Confiscation,  Ungemach.     Z.  853.  1. 

musahib,  ar.  ..j>a.La>o  Gesellschafter  des  Sultans. 

rum.  musahib,  musaip,  saip,  Günstling  des  Sultans.     Z.  853.   1. 

musikar,  ^[Ät^ye  Hirtenflöte. 

rum.  muskal,  maskal.  maskaladziü.     Aus  dem  Griech.     Z.  892.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  87 

musmula,  Mispel. 

russ.  musmula.      Vergl.  magy.  näspolya,  naszpolya,     ngriech.  yiaTzrtorja. 

mutab,  pers.  Rosshaarflechter. 

bulg,  mutafin^  pochetier.     serb.  mutab,   mutaf,  koji  pravi  pasove  za  konje.  mutavdzija. 

mutesarrif,  ar.  ow^äJOe  Herr. 

serb.  mutesarif.     Z.  811.   3, 

muza'fer,  ar,   >Aeye  mit  Safran  gefärbt. 

bulg.  minzufar,  crocus  des  fleuristes.     Z.  840.  3. 

muze,  pers.  8\yo  Art  Stiefel. 

griech.  ]i.<jo(^d%io^ ,  Art  öxo^Y^jxa'ca.   Codinus.  ]i,rt'JzC,rlxvi ,  bottine.  Dozy.     ar.  ^\y«. 

mübarök,  ar.  JnLaxi  gesegnet. 

serb.  mubarec.  bumbareöe:  cestito  ti!  Vröevic.     Z.  805.   1. 

mübasir,  ar.  yiXj^  Commissär,  mübaseret. 

rum.   mumbasir,  bumbasir.  mumbasiret.     Z.  805.  2. 

müderris,  ar.  u*,"^Joc  Lehrer. 

serb.  muderis.     alb.  müderis.     7i.  831.  2. 

müdir,  ar.  »jJoc  Verwalter  eines  Bezirks. 

serb.  mudir.     Z.  832.  2. 

müflis,  Bankerott. 

serb.  mufliz. 

müfti,  ßichter. 

russ.  muftij.     poln.  mufty.     rum.  muftiü. 

mühimmat,  plur.  von  mühimm,  ar.  .••■! ,  |^^,  1^  Geschäft,  Verproviantirung  des  Heeres. 

rum.  mihimat.     Z.  897.  2. 

mühir,  Petschaft.     Aus  älterem  aind.  mudhrä.   Darmesteter  1.  47. 

bulg.  muhtar,  koji  drzi  seoske  pecate.     Bogiä.  521:  türk.  mühürdar.     rum.  muhur. 

mühtesib,  ar.  >_,.«*xs?  Rechner,  Marktmeister. 

rum.  mortasipie^  Art  Taxe,     ngriech.  {xoup-aacTUTjc,     Z.  822.  2,      Vergl.  mvliasebe. 

mükalömö,  ar.  JU-'lXc  Gespräch. 

rum.  mukealemea.     Z.   873.  2. 

müköllöf,  ar.  ^äJLC«  reich  geschmückt, 
rum.  mukelef,   elegant.     Z.  874.  3. 
mülaim,  ar.  i^SiLo  zuträglich, 
serb.  mulaim.     Z.   876.  2. 
mülazem,  Adjutant, 
serb.  mulazim. 

mülk,  ar.  v»JLLo  Eigenthum. 

bulg.  mjulk,  Meierei,  serb.  midjk,  mal,  bastina,  imetak  cijele  zadruge.  Bogis.  23.  miljak, 
Gut.  mvluc,  Herrschaft,  ngriech.  jj,o6X%ra,  xxTj(JLata  [AoyXxtavs.  Acta  et  diplomata  V.  201. 
Cf.  Z.  878.   1. 

mültözim,  ar.  |,yJLx   Pächter. 

serb.    multezim,    kmet.     rum.  multezem.     Z.  876.  3. 


88         Franz  Miklosich.  Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteukopäischen  Spkachen. 

mü'min,  ar.  ^y»  gläubig. 

serb.  viumin,  Muselman.     Z.  895,  1. 

münöt,  ar.  xj^  Proviant. 

Vergl.  serb.  niunitva,  List.     Z.  895.   1. 

mürasele,  ar.  «JLwIwc  das  Senden  von  Schreiben,  Boten. 
serb.  murasela.     Z.  833.  3. 

müsafir,  Reisender, 
serb.  nmsafir. 

müsellem  aus  mütSsellim,  anerkannt. 
)"um.  muselim. 

müsülman,   Muselman. 

serb.  miisloman^  musulman.  wruss.  basurman.  cech.  bosorka.  poln.  musuiman^  muzui- 
man.  bisurman,  bisurmanin,  beserman.  pobisurmanic,  zum  Muselman  machen,  rum.  musul- 
man^ bustirman.  russ.  besermenins,  besurmenins.  ngriech.  [JLOuaouX|JLdvo?.  muslim^  daher  russ. 
mnsljums.    ngriech.    |i.oua£Xt|Ji7]C- 

müsav6r6,  Berathung. 

rum.  musQverea.     ngriech.  6  [iouaaßspei;. 

müSemma',  Wachsleinwand, 
jigriecli.   [i.0'J3a[xä?. 

müäir,  ar.  v^iuc  Staatsrath,  General, 
serb.  musir.     Z.  852.  3. 

müste,  pers.  xüiiuo  Griff,  Schlägel. 

serb.  musta^  mustva,  Art  Werkzeug   der  Schuster,     rum.  mustea,   muskea.     Z.   850.   2. 

müst6ri,  ar.  ^wOia  der  Planet  Jupiter, 
aslov.  mostirs.     Op.  2.  3.  92.     Z.  850.  1. 

müteförreka,  ar.  xiyüjc  Trupp  von  Reitern,  die  den  Sultan  begleiteten, 
rum.  lautcferika,  mutefaraka.     Z.  813.  2. 

mütövelli,  ar.  J^  der  Vorgesetzte, 
rum.  muteveli,  motefeleü,  Verwalter.     Z.  816.  2. 
müzar§',  Bewirthschafter  eines  Feldes. 

Das  russ.  Wort  beruht  auf  mazar§^  ,urbares  Land'  in  der  Sprache  der  Krimtataren. 
müz6vvir,  Fälscher. 

kroat.  muzuvir,  calumniator.  klruss.  buzovir,  busovir,  Ungläubiger,  Ketzer,  buzuvirka 
tur  busurmenka.  mozavir. 

müzdö,  gute  Nachricht. 

serb.  mjuzde,  mizde.  Jastr.  mustunluk,  mustiirluk,  mustedhik.  muzdedzija,  mustedzija, 
mustuldiija.     poln.  mnsztuiuk,  munsztiduk,  Geschenk,     alb.  müzd§. 


DON  RODRIGO  DE  BOR  JA 

(PAPST  ALEXANDER  Yl.) 

UND 

SEINE  SÖHI^E, 

DON  PEDRO  LUIS,  erster,  und  DON  JUAN,  zweiter  herzog  von  gandia 

AUS  dem  hause  borja. 

VON 

CONSTANTIN  R.  VON  HÖFLER, 

WIRKLICHEM  MITGLIEDE  TER  KAISERLICHEN  AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN, 


VORGELEGT  IN  DER  SITZUNG  AM  2.  NOVEMBER  1887 


Vorwort. 


XJen  nächsten  Anlass  zur  Abfassung  dieser  Schrift  gah  die  Auffindung  von  Urkunden 
des  Hauses  Borja  im  Archive  des  Herzogs  von  Ossuna  in  Madrid.  Ihr  Studimn  führte  zur 
Ueberzeugung,  dass  die  Vorgesclüchte  Papst  Alexander's  VI.,  welcher  als  Cardinal  Don  Rodrigo 
de  Borja  in  so  vielen  Pontificaten  einen  hervorragenden  Einfluss  ausübte,  ohne  genaue  Be- 
rücksichtigung der  spanischen  Quellen  nicht  riclitig  aufgefasst  werden  könne,  diese  aber  bis- 
her niclit  stattgefunden  habe.  Ob  dann  die  neueren  Versuche,  den  Papst  rein  zu  waschen, 
der  Alles  für  erlaubt  hielt,  was  er  unternahm,  weil  es  ilun  so  frommte,  ihren  Zweck  erreichten, 
lasse  ich  ebenso  dahingestellt,  als  ob  jene  Anderen,  die  nur  schwarz  in  Schwarz  malten, 
über  die  psychologische  Entwicklung  eines  Herrschers  richtige  Aufschlüsse  geben  konnten, 
welcher  seiner  erhabenen  Stellung  nach  am  wenigsten  zu  dem  berufen  war,  was  er  am  meisten 
beabsichtigte:  Begründer  fürstlicher,  wo  nicht  gar  einer  königlichen  Dynastie  zu  werden. 

Man  darf  die  Versuchung  nicht  für  gering  erachten,  die  an  den  Mann  herantrat,  den 
die  Wahl  der  Cardinäle  an  die  Spitze  der  Christenheit  berief  und  dem  alle  christlichen  Könige 
Obedienz  zu  leisten  sich  verpflichtet  fühlten,  nachdem  er  einst  Unterthan  eines  Fürsten  ge- 
wesen, jetzt  über  alle  gesetzt  war,  der  Neigung  Folge  zu  leisten,  ein  Fürstenhaus  zu  begründen, 
das  einen  anderen  Ursprung  hatte  als  die  in  stetem  Streite  untereinander  hadernden,  deren 
Ursprung  selbst  aber,  namentlich  in  jenen  Tagen,  von  höchst  zweifelhafter  Legitimität  war 
und  meist  auf  dem  glücklichen  Ausgange  einer  Schlacht,  auf  Mord  oder  Meuchelmord  beruhte. 

Ich  muss  mich  jedoch  verwahren,  als  wenn  meine  Absicht  wäre,  mich  mehr,  als  es  un- 
umgänglich nothwendig  ist,  in  jenen  Schlamm  zu  vertiefen,  in  welchem  sich  der  Valencianer 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  12 


9Q  Höfler. 

Dou  Rodrigo  de  Borja,  Neffe  eines  Papstes,  wohl  befand,  der  ebenso  sehr  an  dem  allgemeinen 
Wühle  der  Christenheit  arbeitete,  als  Calixt's  III.  Neffe  an  seinem  und  ihrem  Verderben. 

Das  Haus  Borja  hat  in  dem  grossen  geistigen  Aufschwünge,  den  Spanien  nach  dem 
Untergange  seiner  gothischen  Dynastie,  der  reyes  gotos,  unter  dem  ersten  Könige  eines  ale- 
mauischen  Hauses,  Karl  V.,  nahm,  eine  so  bedeutende  Rolle  gespielt,  dass  fiir  den  Forscher 
der  geistigen  Bewegiuigen  jener  Tage  und  einer  allgemeinen  Refonii  des  kirchlichen  Lebens 
sich  die  Nt)thAvendigkeit  ergab,  diesem  Hause  eine  grössere  Beachtung  zu  mdmen,  als  es 
vielfach  bisher  geschah.  Die  vorliegende  Schrift  soll  den  Boden  bereiten,  auf  welchem  sich 
nicht  etwa  nach  einer  Auffassimg,  die,  beinahe  möchte  ich  sagen,  gedankenlos  und  ohne 
Prlifimg  nachsprechend  angenonunen  Avvu*de,  die  Gegenreformation  entwickelte,  sondern  die 
Reformation,  welche  schon  im  15.  Jahrhundert  betrieben  wiu-de  und  ebenso  durch  Don  Rodrigo 
de  Borja  aufgehalten  imd  selbstsüchtigen  Endzwecken  zu  Liebe  verhindert  wurde,  als  sie 
wenige  Jalu-zehnte  sjjäter  mit  einer  Anstrengung  und  einem  Erfolge  ohne  Gleichen  von 
Spanien  aus  und  nicht  ohne  Zuthim  eines  Borja  imtemommen,  die  Erneuerung  der  gesammten 
christlichen,  die  Bekehrung  der  ausserchristlichen  Welt  versuchte.  Auf  die  beispiellose  Selbst- 
täuschung, die  den  Uebergang  vom  15.  ziun  16.  Jahrhunderte,  die  Jahre  1492 — 1503,  in  eine 
Schmcrzensperiode  venvandelte,  die  man  nur  widerwillig  berührt,  musste  naturgemäss  eine 
Periode  der  grössten  Enttäuschung,  jenes  ,desengano'  folgen,  der  sich  die  edelsten  Gemüther, 
zum  Theil  in  immittelbarer  Nähe  Kaiser  Karl  V.,  zuwandten  imd  ohne  deren  tiefe  Kenntniss 
und  Einsicht  die  wichtigsten  Vorgänge  seiner  die  christliche  Welt  ziim  letzten  Male  vereini- 
genden Regierung  einem  Buche  mit  sieben  Siegeln  gleichen. 


§•!• 

Die  allgemeine  Lage  der  Dinge  im  15.  Jahrhundert.    Ost  und  West.    Das  Königreich 

Valencia. 

Das  wechselvolle  Gestalten  und  Verschwinden  neuer  Staatengebilde,  der  Untergang  alter, 
innerhch  verrotteter,  die  endlich  zusammenstürzen,  die  Unhaltbarkeit  dessen,  Avas  au  ihre 
Stelle  tritt,  drückt  dem  15.  Jahrhunderte  den  vorherrschenden  Charakterzug  auf.  Der  Historiker 
befindet  sich  glänzenden  Lichtbildern  gegenüber,  die  aber  in  dem  Augenblicke  schon  ver- 
sclnrinden  und  anderen,  ebenso  vergänglichen  Platz  machen,  als  man  sie  festzuhalten  ver- 
sucht. Der  europäische  Orient,  die  grosse  südöstliche  Halbinsel,  deren  Basis  die  untere 
Donau  bildet,  gleicht  einem  Landstriche,  der  imuuterbrochen  von  Erdbeben  heimgesucht 
und  erschüttert  wird.  Die  Berge,  die  da  entstehen,  die  Thäler,  die  da  ausgefüllt  werden, 
die  Ebenen,  die  mit  einem  Male  zur  Hügelkette  wurden,  was  Jahrhunderte  gezeitigt,  wie  das, 
was  erst  gestern  entstand,  verschwindet,  um  anderen  Gebilden  Platz  zu  machen,  das  bul- 
garische Kaiserthum,  das  serbische,  das  romäische,  wie  das  Königreich  Bosnien,  die  frän- 
kischen Herrschaften  in  Griechenland  und  Morea,  venetianische  und  genuesische  Nieder- 
lassungen. Eine  neue  Zeit  soll  kommen  und  das  Alte  wird  morsch,  zerbröckelt  sich  und 
geht  in  Trümmer. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  91 

Aber  auch  was  auf  jenem  Boden  entsteht,  der  mehr  und  mehr  den  peninsolaren  Cha- 
rakter Mitteleuropas  an  sich  trägt,  kann  keine  Dauer  gewinnen.  So  oft  Polen  und  Ungarn 
im  gemeinsamen  Interesse  der  Selbsterhaltung  sich  nähern,  löst  sich  sehr  bald  ihre  ephemere 
politische  Verbindung.  Mit  der  ihnen  eigenthümlichen  Beharrlichkeit  im  Zerstören  und  gleichen 
Unfruchtbarkeit  im  Schaffen  vernichten  die  Cechen  im  15.  Jahrhundert  die  Cultur,  die  sie 
im  14.  erlangt,  und  das  Bedeutendste,  was  sie  hervorbringen,  das  Königthum  Georgs  von 
Podiebrad,  verschwindet  wie  ein  Meteor.  Es  war  gestern  da  und  heute  wird  es  schon  nicht 
mehr  vermisst.  Die  apenninische  Halbinsel  scheint  sich  das  Schicksal  der  Balkanhalbinsel 
zum  Muster  zu  nehmen.  Die  Aufrichtung  einer  anjovinischen  Herrschaft  auf  den  Triimmem 
der  staufischen  hat  im  13.  Jahrhundert  den  Sturz  des  damaligen  Kaiserhauses  beschleunigt, 
die  Franzosen  erst  nach  Sicilien,  dann  selbst  nach  Ungarn,  aber  auch  die  Aragonesen  nach 
der  Insel  Sicilien  geführt  und  Kriege  erzeugt,  in  denen  mehr  als  Ein  Staat  sich  verblutete. 
Die  Auflösimg  der  anjovinischen  Herrschaft  in  Neapel  brachte  die  Aragonesen  auch  in  den 
Besitz  des  continentalen  Siciliens,  Avährend  die  Insel  schon  im  Anfange  des  15.  Jahrhunderts 
ein  integrirender  Bestandtheil  der  aragoneischen  Krone  geAvorden  war.  Filippo  Visconti  suchte 
die  mailändische  Herrschaft  über  Ober-  und  Mittelitalien  auszubreiten  und  seiner  Seemacht 
erlag  König  Alfons  von  Aragon,  welcher  nachher  Neapel  seinem  Bastard  übergab.  Ueber 
Repiibliken  imd  fürstliche  Hen-schaft  breitet  Venedig,  einst  Herr  von  drei  Viertheilen  des 
romäischen  Reiches,  nun  seinen  continentalen  Besitz  von  Italien  aus.  Das  deutsche  Reich, 
in  welchem  Jahrhunderte  lang  die  Erbfürsten  gearbeitet,  zu.  ihrem  Vortheile  das  Kaisertlumi 
zu  schwächen,  schien  nur  eine  Aufgabe  zu  kennen:  sich  in  eine  Masse  fürstlicher,  geistlicher 
weltlicher,  republikanischer  Territorien  aufzulösen,  die  alte  Verbindung  mit  Italien  und  dem 
arelatischen  Reich  als  unbequem  preiszugeben  und  den  eigenen  Zersetzungsprocess  zu  Gunsten 
der  Nachbarn  zu  beschleunigen.  Wie  aber  die  Staatengebilde  Italiens  kamen  und  schwanden, 
war  es  im  Westen  auch  mit  der  burgundischen  Macht,  die  in  dem  Momente  zusammenbrach, 
als  der  kühne  Herzog  nach  der  Königskrone  greifen  wollte.  Schon  hatte  König  Heinrich  V. 
von  England  die  Vereinigung  Englands  und  Frankreichs  zu  Stande  gebracht,  eine  politische 
Combination,  die  Spanien,  Skandinavien  imd  Deutschland  zugleich  bedrohte,  und  nach  wenigen 
Jahren  trat  statt  der  siegreichen  Vereinigung  der  beiden  Königreiche  unter  englischem  Scepter 
der  heilloseste  Bürgerkrieg  der  Dynastie  selbst  ein.  Eine  andere  politische  Combination  der 
Vereinigung  des  Königreiclies  Navarra  mit  dem  Königreiche  Aragon  führt  zu  den  heftigsten 
Bürgerkriegen,  in  denen  Karl,  Prinz  von  Viana,  gegen  seinen  Vater,  den  König  Don  Juan 
von  Aragon  und  Navarra  auftrat.  Das  Königreich  Castilien  schien  unter  Heinrich  IV.,  f  1474, 
nur  die  Aufgabe  zu  kennen,  die  Macht  des  Adels  auf  Kosten  der  Krone  und  des  öffent- 
lichen Rechtes  zu  vermehren.  Das  Resultat  aller  dieser  Umwälzungen  aber  war,  dass  schon 
um  die  Mitte  des  Jahrhunderts  das  christliche  Europa  nach  der  Eroberung  von  Constantinopel 
durch  die  Osmanen  (1453)  sich  in  den  Zustand  des  8.  Jahrhunderts  versetzt  sah,  als  die 
Araber  dasselbe  im  Osten  wie  im  Westen  me  mit  einer  Zange  zu  fassen  suchten.  Ja 
es  war  eigentlich  noch  viel  schlechter  geworden,  da  Constantinopel,  jetzt  Stambul,  und 
Granada  die  beiden  Brückenköpfe  bildeten,  von  wo  aus  das  moslemische  Asien  mid  das 
mit  gleichem  Fanatismus  erfüllte  moslemische  Afrika  Flotten  und  Heere  zur  Unterwerfung 
der  auf  halb  Europa  zusammengedrängten  letzten  christlichen  Völker,  nach  Ost  imd  West, 
auszusenden  im  Stande  waren,  im  Innern  aber  nur  Streit  und  Uneinigkeit  herrschten.  Es  war 
einst  unendlich  klug  gewesen,  an  der  Schwelle  von  Asien  imd  Afrika  Jerusalem  zu  erobern. 
Alle  Macht  musste  aufgeboten  werden,  es  zu  erhalten,  um  die  Ueberfluthung  Europas  durch 

12* 


92 


Höfler. 


Tllrken    im    Osten,    Berljern    im    AVesten    abzuwehren.     Es    war   nicht    geschehen    und    das 
15.  Jahrhundert  büsste  bitter  das  Versäumniss  der  früheren  Zeiten. 

Aber  wenn  sich  jetzt  auch  Ost  und  West  in  mancher,  und  zwar  nichts  weniger  denn 
gUickhcher  Beziehung  einander  genähert  hatten,  so  war  doch  gegen  früher  auch  ein  un- 
ermessHcher  Unterschied  vorhanden. 

Der  Araber,  der  Eroberer  Spaniens,  war  von  Natur  aus  edler  angelegt  als  der  Osmane, 
der  das  Recht  des  Eroberers  im  wildesten  Sinne  auffasste  und  an  den  Besiegten  ebenso 
seine  viehische  Grausamkeit  ausübte,  als  er  sie  als  Mittel  zur  Befriedigung  der  gemeinsten 
Wollust  betrachtete.  Wohin  der  Osmane  drang,  hörte  auch  die  Cultur  auf,  die  der  Araber 
angenommen,  bei  welchem  auch  das  weibliche  Geschlecht  eine  viel  edlere  Stellung  einnaluii 
als  bei  dem  Türken. 

Im  Osten  galt  nm*  der  Sinn  ftir  Eroberung  und  Herrschaft,  für  Unterdrückung  und 
Knechtschaft;  der  Osmane  nahm  nur  die  Erfindungen  an,  die  zur  Ausdehnung  der  Herr- 
schaft dienten.  Er  schuf  sich  aus  Christenkindern,  die  er  ihren  Eltern  wegnahm  und  ihrem 
Glauben  entfremdete,  sein  un^\^derstehliches  P\xssvolk.  Renegaten  und  Ueberläufer  aus  aller 
Herren  Länder  errichteten  die  Kanonengiessereien,  bauten  die  Schiffe,  zu  welchen  man 
Christensclaven  als  Ruderer  verwandte.  Der  Osmane  hatte  nm-  ein  Ziel  im  Auge,  die  Ver- 
nichtimg der  christlichen  Herrschaft,  und  zwar  womöglich  durch  die  Christen  selbst,  und 
den  Sieg  der  brutalen  Gewalt.  Als  Constantinopel  erobert  wurde,  gehörten  die  Gebäude 
dem  Padischah  der  Osmanen,  die  Bevölkerung  den  Eroberem.  Jede  Stadt,  die  sie  gewannen, 
jedes  Land,  das  sie  eroberten,  wiu'de  in  einen  neuen  Angriffspunkt  zur  Fortführung  der 
Eroberung  verwandelt,  das  ursprüngliche  Reitervolk  erlangte  die  beste  Infanterie,  die  grösste 
Artillerie;  die  Umwandhmg  aus  einer  Landmacht  in  eine  Seemacht  geschah  ohne  Aufsehen. 
Von  Stambul  aus  war  Eiu'opa  wie  Asien,  Indien  wie  Afrika  bedroht.  Nichts  war  wohl- 
feiler als  das  Menschenleben,  auf  das  zii  Wasser  wie  zu  Lande  unablässig  Jagd  gemacht 
wnrde. 

Der  Kriegszustand  hörte  hier  eigentlich  nie  auf  Alle  Friedensverträge  waren  nur 
Waffenstillstände.  Nachdem  die  griechische  Nation  zertreten  war,  traf  es  die  slavische,  die 
magyarische;  erst  vor  Wien  brachen  sich  die  Fluthen  der  Eroberung,  die  südlich  bis  an  die 
venetianische  Grenze  züngelten. 

Auf  der  Höhe  des  Mittelalters,  dem  13.  Jahrhundert,  hatte  derjenige  Kaiser,  welcher 
durch  »eine  Machtstellung  als  König  von  Sicilien  am  meisten  berufen  war,  den  Weltkampf 
zwischen  Christenthmu  und  Islam  siegreich  zu  Ende  zu  führen,  sträflich  verabsämnt,  dem 
christlichen  Oriente  auch  nur  jene  Hilfe  zu  leisten,  zu  welcher  er  sich  feierlich  verpflichtet 
hatte,  Kaiser  Friedrich  II.  Das  absichtliche  Versäumniss  ward  ilmi  und  seinem  Hause  zum 
Fluche,  und  Europa,  wo  110  Jahre  nach  seinem  Tode  sich  die  Osmanen  in  Adrianopel 
niederliessen,  zimi  un>viderbringlichen  Nachtheile.  Aber  in  seiner  Zeit  war  es,  dass  der 
grosse  Sieg  von  las  naves  de  Tolosa  erfochten  und  der  vierte  Versuch,  von  Afrika  aus 
Spanien  zu  erobern,  in  eine  gewaltige  Niederlage  der  heranstürmenden  Afrikaner  umgewandelt 
>\'urde.  Zu  seiner  Zeit  war  es,  dass  Don  Fernando,  nachdem  er  die  Königreiche  Leon  und 
Castilien  vereinigt,  zur  Eroberung  von  Andalucia  aufbrach,  das  mit  seinem  Quellenreichthum, 
den  8clmeebede(!kten  Gipfeln  seiner  Berge,  den  fruchtbaren  Ebenen  luid  dem  tiefen  breiten 
Strom,  auf  welchem  die  Meerscliiffe  bis  nach  Sevilla  kamen,  den  Afrikanern  als  das  Paradies 
der  Erde  erschien.  Auf  die  Eroljenmg  von  Cordova  auf  dem  rechten  Ufer  des  Guadalquivh-, 
1236.  folgte  die  von  Estremadura  und  Jaßn,   endlich  1248  die   des  herrlichen  Sevilla,  gerade 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  93 

in  dem  Jahre,  in  welchem  Kaiser  Friedrieh  mit  der  Vernichtung  Parma's  die  Freiheit  der 
ItaHener  zu  zerstören,  den  Sieg  über  die  Kirche  zu  erringen  hoffte  und  König  Ludwig  IX. 
von  Frankreich  fruchtlos  durch  die  Eroberung  Egyptens  das  heilige  Land  für  immer  von 
moslemischer  Herrschaft  zu  befreien  strebte.  Schon  gedachte  der  castilianische  Eroberer 
den  Krieg  nach  Afrika  zu  tragen,  als  durch  seinen  Tod,  30.  Mai  1252,  die  Befreiung 
Spaniens  von  moslemischer  Herrschaft  in  Stocken  kam,  so  dass  selbst  1340  ein  fünfter 
Versuch'  der  Afrikaner,  Spanien  zu  erobern,  stattfinden  konnte,  aber  wie  der  vom  Jahre 
1212,  im  Angesichte  der  afrikanischen  Küste  zurückgeschlagen  wurde.  Es  war  der  letzte, 
der  gemacht  wurde;  aber  noch  immer  musste  man  den  südlichen  Theil  von  Andahicia  mit 
den  festen  Küstenplätzen  als  der  moslemischen  Welt  angehörig,  als  einen  Theil  von  Afrika, 
mindestens  als  einen  Brückenkopf  in  feindlichen  Händen  ansehen. 

Was  König  Ferdinand  auf  dem  festen  Lande  versuchte  und  glücklich  durchführte, 
unternahm  Don  Jayme,  König  von  Aragon,  zur  See.  Er  befreite  die  Küste  von  Aragon 
und  Cataluna,  überhaupt  das  spanische  Meer  von  der  Herrschaft,  die  bis  dahin  von  den 
Balearen  aus  afrikanische  Moslini  geübt,  legte  dadurch  den  Grund  zu  einem  eigenen 
Königreiche  der  Balearen  und  bahnte  endlich  seinem  Hause  den  Weg  nach  Sicilien,  das 
erst  als  Trinakria  eine  aragonesische  Dynastie  erlangte,  1410  mit  Aragon  vereinigt  wurde. 
Auf  die  Erobenmg  der  Balearen  folgte  die  des  Königreiches  Valencia,  wodurch  erst  die 
östliche  Küste  der  Halbinsel  den  Moslim  entrissen  wiirde.  154  Jahre  vor  der  Eroberung 
von  Granada  fiel  die  Hauptstadt  mit  ihrer  fruchtbar  gemachten  Umgebung  —  la  Huerta  — 
in  die  Hände  der  Catalanen  und  Aragonesen,  mit  der  Festung  Jativa,  1244,  mit  Gandia, 
Denia  und  anderen  Küstenstädten.  Murcia  kam  an  Castilien,  Valencia  aber  ward  unter  die 
Eroberer  getheilt,  in  ähnlicher  Weise,  wie  es  einst  der  Normane  mit  dem  angelsächsischen 
Königreiche  gemacht.  Die  moslemischen  Einwohner  wanderten  entweder  nach  Afrika  aus, 
oder  blieben  im  Lande  tributpflichtig  in  den  Mororien,  in  besonderen  Stadttheilen,  in  Dörfern, 
als  Unterthanen  des  neueingewanderten  christlichen  Adels,  der  an  dem  Kopfgelde  jedes 
Einzelnen  eine  sichere  Einnahme  hatte  und  dafür  den  Uel)erwundenen  seinen  Schutz 
gewährte.  Blieb  der  Osmane  auch  in  seinen  europäischen  Niederlassungen,  die  er  von 
Adrianopel  wie  die  losen  Glieder  einer  Kette  gegen  Belgrad  vorschob,  nur  Eroberer,  nur 
Herr  und  Soldat,  so  bebauten  die  Moros  das  Land,  das  nur  durch  regelmässige  Bewässerung 
fruchtbar  wurde,  oder  wetteiferten  mit  den  christlichen  Bürgern  der  Städte  in  industrieller 
Thätigkeit.     Sie  hatten  nur  die  Herrschaft  verloren. 

Die  Eroberung  und  Colonisation  von  Valencia  ist  eines  der  wiclitigsten  und  folgen- 
reichsten Ereignisse  des  Mittelalters.  Jetzt  erst  war  im  weiten  Bogen  von  Reggio  und 
Sicilien  an,  der  italischen  Küste  entlang  zur  französischen  und  aragonesischen  mit  den  Inseln 
an  der  italischen  Küste  und  den  neuerworbenen  an  der  spanischen,  am  tyrhenischen  Meere, 
dem  ligurischen  Meerbusen  und  dem  von  Lyon  und  Marseille,  nach  Barcelona  und  Penis- 
cola  zur  Mündung  des  Guadalaviar  und  des  Jucar  Land  und  Meer  von  den  Moslim 
gesäubert  und  in  christlichen  Händen,  und  nm*  von  der  Fortfiihrung  des  von  Don  Fernando 
und  Don  Jayme  gegebenen  Impulses  hing  es  ab,  den  Zugang  zu  Afrika  bis  zur  punta  de 
Eiu-opa  zu  gewinnen.  Wir  wissen,  welchen  Lehenstaat  seinerzeit  Wilhelm  der  Eroberer 
in  England  aufrichtete,  und  der  Geschichtschreiber  von  Valencia  hat  uns  auch  die  Namen 
vieler  ,Conquistadores',  die  Don  Jayme  bei  der  Austheihmg  (repartimiento)  des  Königreichs 
bedachte,  erhalten,  wenn  auch  kein  valencianisches  Domesday-book  auf  unsere  Tage  kam. 
Drei  Tage  nach  der  Eroberung  von  Valencia,  das  sich  am  Tage  vor  St.  Michael  dem  Erz- 


94  Höfler. 

engel,  1238,  dem  Könifj-Eroberer  ergeben,  zogen  60.000  Mauren,  Moros,  nach  Almeria  und 
Gninada  ab.  Dem  Sieger  kam  die  Aufgabe  zu,  das  Christenthum  in  dem  durch  seine 
eigenthiimhche  Lage  abgeschlossenen  Reiche  nach  zwei  Seiten  neu  zu  begründen.  Man 
rechnete,  das»  im  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  der  weltUche  Gnmdbesitz  sich  in  den 
Händen  der  Krone  und  etn^a  2000  Herren  vom  Adel  befinde,  nachdem  die  erste  Ansiedelung 
von  400  Rittern  ausgegangen,  die  vorzugsweise  Frauen  aus  Lerida  sich  geholt.  Die 
städtische  Bevölkerung  stanmit  aus  Saragossa  und  Barcelona,  wo  das  Andenken  an  diese 
Colouisation  nie  erlosch.  Was  es  in  Aragon  an  Unterschieden  im  Adel  gegeben,  ricos 
hombres  (Granden),  Barones,  hidalgos,  infan^ones,  donzeles,  hombres  de  paraje,  gentiles 
hombres,  galt  auch  hier.  Wer  nicht  Nobile,  adelig,  war,  aber  doch  von  Adeligen  abstammte, 
sich  das  Don  nicht  vorsetzen  durfte,  setzte  sicli  wenigstens  mossen  vor,  Avoran  man  den 
Valencianer  auch  in  Castilien  erkennt.^  An  der  Spitze  der  Granden  standen  der  Herzog 
von  Segorbe,  nördlich  von  Valencia,  der  Graf  von  Ampurias,  die  (späteren)  Herzoge  von 
Gandia  xmd  Villa  Hermosa,  die  Grafen  von  Albaryte  und  Albayda,  von  Oliva,  die  Mar- 
quesen  von  Denia,  tind,  eine  Schöpfimg  König  Ferdinands  fi^lr  den  Sohn  des  Cardinais 
Mendoza,  von  Zenete;  vor  Allem  auch  der  Grossmeister  und  die  Würdenträger  des  Ordens 
von  Montesa,  in  welchen  die  valencianischen  Tempelherren  aufgegangen  waren. 

Vierhundert  Marienkirchen,  zweifelsohne  frühere  Moscheen,  soll  König  Jakob,  der  Er- 
oberer begründet  haben,  das  Bisthimi  Valencia  entstand  bereits  1239;  erst  der  Valencianer 
Alexander  VI.  erhob  es  1492  ziun  Erzbisthimi  mit  den  Suffraganbistliümern  Mallorca  und 
Cartagena.  Es  ward  seinem  Range  nach  das  dritte  Erzbisthum  Spaniens.  Schon  unter 
dem  Eroberer  erlangten  auch  die  castihanischen  geistlichen  Ritterorden  von  Santiago  (San 
Jayme  de  Vcles)  von  Calatrava  Besitzungen  im  Königreiche.  Aber  sie  konnten  doch  gegen 
den  einheimischen  von  Unserer  Frau  von  Montesa  nicht  recht  aufkommen,  an  welchen 
sich  später  auch  der  von  San  Jorge  de  Alfema  anschloss.  Auch  die  Hospitahter  von 
St.  Johann  in  Jerusalem  gaben  me  die  Templer  an  den  Orden  von  Montesa  ihre  Be- 
sitzungen ab. 

Ueberlegt  man  diesen  gewaltigen  Off'ensivstoss  der  Castilianer  und  Aragonesen  im 
13.  Jahrhundert  und  den  Zug  König  Lud^vigs  zur  Eroberung  Egyptens,  und  vergleicht 
man  damit  die  schmähliche  Rolle,  die  der  deutsche  Kaiser  Friedrich  IL  durch  Preisgebung 
von  Damiette,  durch  seine  trügerischen  Versprechungen,  den  Kreuzzug  anzutreten,  und  den 
Spaziergang  nach  Jerusalem,  1229,  spielte,  so  kann  man  sich  dem  Gedanken  nicht  ver- 
schhessen,  dass  er  das  Geschick  Europas,  ja  dreier  Erdtheile  in  seinen  Händen  hatte.  Sein  Streit 
mit  den  Päpsten,  die  ihm  als  Mahner  an  seine  Pflicihten  unbequem  und  lästig  geworden 
waren,  beraubte  das  dmstliche  Em-opa  der  Superiorität  über  den  Islam  und  be^virkte,  dass 
dieser,  neugestürkt  durch  die  Osmanen,  die  Off"ensive  ergreifen  konnte.  Das  Königreich 
Jenisalem,  mit  dessen  Krone  sich  Friedrich  in  der  heiligen  Grabkirche  selbst  geschmückt. 
blieb  in  den  Händen  der  Moslim,  der  Untergang  des  Chalifates  von  Bagdad  durch  die  Mon- 
golen änderte  nicht  einmal  etwas  in  der  damaligen  Weltstellung,  wohl  aber  verfiel  das 
deutsche  Reich  durch  eigene  Schuld,  ging  für  62  Jahre  das  Kaiserthum  ein,  1250  bis  1312, 
so  dass  man  glaubte,  es  würde  nie  wieder  emporkommen,  und  traten  die  Deutschen, 
denen  ihre  inneren  Streitigkeiten  mehr  galten  als  die  Noth  der  Christenheit, 
factisch   die   bisher  behauptete  Hegemonie   an   die  Franzosen  ab.  —  Das  war  das 


'  Eecolano,  Hirt,  de  la  ciudad  y  reyno  de  Valencia.  1610.    f.  I,  1105.  1091. 


1096. 


Don  Rodkigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  95 

Ende  der  staufischen  Periode.  Unter  diesen  Verhältnissen  war  es  von  äusserster  Wichtig- 
keit, dass  die  spanischen  Eroberungen,  zu  welchen  sich  auch  die  portugiesischen  von  Algarve 
gesellten,  die  Moros  auf  den  Süden  beschränkten  vind  die  bisherige  Offensivstellung  der- 
selben in  eine  gewaltsame  Defensive  umgewandelt  hatten.  Ungleich  mehr  noch,  als  im  Süd- 
westen der  Pyrenäenhalbinsel  die  Eroberung  Algarve's  war,  war  aber  im  Südosten  die  des 
Königreiches  Valencia. 

Vom  ersten  Augenblicke  an  hatte  seit  der  Eroberung  unter  Don  Jayme  von  Aragon 
das  herrliche  Königreich  Valencia  als  ein  christlicher  Vorposten  gegolten  und  wurde  auch 
in  dieser  Art  organisirt.  Es  gab  in  der  Kathedralkirche  24  Canonicate,  darunter  7  sehr 
reiche  Dignitäre,  230  grössere  Beneficien  neben  800  anderen.  Die  Anzahl  der  Cleriker  und 
Mönche  stieg  allmälig  auf  2000,  die  Nonnen  waren  dabei  nicht  gezählt;  das  jährliche  Ein- 
kommen der  Kirchen,  Hospitäler  und  Klöster  berechnete  man  auf  eine  Million  Ducaten. 
Nirgends  gab  es  so  viele  Stiftungen  für  verschämte  Arme,  für  Waisen,  für  Heranbildung 
von  Lehrknaben  und  Lehrmädchen.  Die  Stadt  hatte  Kinderspitäler,  schon  im  Jahre  1409 
ein  In-enhaus,  Spitäler  für  arme  und  kranke  Fischer,  fllr  arme  Studenten  und  arme  Rei- 
sende. Als  das  im  Jahre  1484  gegründete  allgemeine  Hospital  abbrannte,  wurde  es  1545 
in  grossem  Massstabe  wieder  aufgebaut  und  das  Spital  für  Findelkinder  damit  verbunden.' 
Nicht  die  Pracht  des  Gottesdienstes  allein  sollte  den  Sieg  des  Kreuzes  über  den  Halbmond 
des  Islams  darthun;  der  Mildthätigkeit  und  Barmherzigkeit  war  der  reichste  Spielraum 
eröffnet,  während  die  zahlreichen  Gewerbe  der  Tuclunacher,  Notare,  Schiffer,  Sattler,  Schuster, 
Schneider,  Bettdeckenmacher,  Fleischer,  Krämer,  Barchentmacher,  Kürschner,  Weissgärber, 
Silberarbeiter^  etc.  mit  ihren  Wahlrechten  zimi  städtischen  Rathe  die  grosse  Thätigkeit 
bewiesen,  die  im  Innern  der  Stadt  herrschte.  Die  Stadt,  selbst  nicht  am  Meere  liegend, 
aber  von  dem  Hafenplatze  Grau  nur  eine  kurze  Strecke  entfernt,  in  der  weitgedehnten 
Huerta,  ebenso  reich  an  Brunnen  als  Murcia  daran  Mangel  hatte  —  man  zählte  allein  in 
der  Stadt  30.000  Brunnen  —  galt  als  die  Stadt  der  Paläste,  als  die  schönste  Stadt 
Spaniens.  Die  beiden  burgundischen  Begleiter  des  Prinzen  Philipp,  Erzherzogs  von  Oester- 
reich,  auf  seiner  ersten  Reise  nach  Spanien,  Anton  von  Lalaing,  Herr  von  Montigny,  und 
Anton  von  Quiövrain,  die  1502  einen  Abstecher  nach  Valencia  machten,  staunten  über 
das,  was  sie  gesehen.  Sie  versäumten  nie,  die  spanischen  Städte,  durch  welche  sie  kamen, 
mit  ihren  niederländischen  zu  vergleichen.  Für  Valencia  aber  gibt  es  keine  Vergleichung. 
Neben  Reis  und  Baiunwolle  gedieh  das  Zuckerrohr,  das  im  benachbarten  Gandia  seine 
künstliche  Verwx'udvmg  fand.*  Ein  Zuckerarbeiter,  Carro,  spielte  selbst  im  Anfange  der 
Germania  (des  Arbeiteraufstandes,  1521)  eine  grosse  Rolle,  die  später  fiü-  ihn  verhängniss- 
voll A\Tirde.  Sie  sahen  den  Palast  des  Herzogs  von  Gandia,  waren  erstaunt  über  die  Menge 
der  Irren,*  noch  mehr  über  die  Schönheit  der  Frauen,  die  Pracht  und  Eleganz  ihrer  Kleidung 
und  meinten,  dass  sich  die  Frauen  am  Hofe  der  Königin  Isabella  mit  den  Valencianerinen 
nicht  vergleichen  Hessen.  Es  entging  ihnen  nicht  der  Nachtheil  eines  bequemen  Hafens, 
da  Schiffe  nur  nach  Tortosa  (20  Stunden  von  Valencia)  wie  nach  Taragona  (36  Stunden) 
kommen  konnten.  Aber  dieser  Mangel  hinderte  nicht  die  beträchtliche  Ausfuhr  von  Waaren 
und  Producten,    noch    die  grossen  Einkünfte,    die  die  Stadt  an  Zöllen,  Auflagen  etc.  bezog 


'  log  ninos  bordezillos.     Jährlich  wurden   130  Mädchen  ausgesteuert. 

'  Ebert,  Quellemforschungen.  1849,  8.  106. 

ä  Neun  Stunden  von  Valencia.     On  affine  en  la  ville  de  Candia;  daher  der  Candelzncker. 

*  il  y  avait  alors  beaucoup. 


96  Höfler. 

imd  die  man  auf  100.000  Ducaten  jilhrlicli  anschlug."  Die  Burgunder  sahen  auch  das  grosse 
Quartier  an,  welches  eigens  zur  Absonderung  der  Dienerinnen  der  Venus  vulgivaga  bestimmt 
war  imd  rülmiteu  die  Ordnimg,  die  daselbst  herrschte.*  Die  Aerzte  von  Valencia  waren 
berühmt  in  der  Behandlung  der  damals  so  sehr  um  sich  greifenden  Krankheit,  die  man  los 
bubos  nannte  und  unter  dem  Namen  der  Bubonenpest  so  sehr  in  Deutschland  um  sich  grifft 
imd  keinen  Stand  verschonte. 

Es  war  ganz  gegründet,  wenn  in  dem  grossen  Kriegsrathe,  den  Don  Jayme  der  Er- 
oberer vor  dem  Zuge  nach  Valencia  unternahm,  Don  Blasco  de  Alagon  hervorhob,  Stadt 
und  Land  mit  seiner  ungeheuren  Anzahl  von  Burgen,  von  welchen  40  bis  50  nur  durch 
Hunger  bezwungen  werden  könnten,  sei  der  schönste  Fleck  der  Erde. 

Der  Herr  von  Lalaing  behauptet,  dass  eine  Aeusserung  des  Prinzen,  seines  Herrn,  über 
die  Gefahr,  che  dem  Reiche  von  der  grossen  Anzahl  der  Moros  und  ihrer  Verbindung  mit 
ihren  Glaubensgenossen  in  Afrika  drohte,  Ursache  geworden  sei,  dass  sich  die  Königin 
Isabella  zu  harten  Massregeln  gegen  die  Moros  in  Granada  entschloss;  diese  waren  aber 
erfolgt,  ehe  der  Prinz  den  Boden  Spaniens  betrat,  und  machten  imter  den  afrikanischen 
Glaubensgenossen  so  grosses  Aufsehen,  dass  der  Sultan  der  Mameluken  mit  Repressahen 
gegen  die  Cliristen  in  Jerusalem  drolite  und  Don  Pedro  de  Anghiera  deshalb  von  König 
Ferdinand  nach  Cairo  gesandt  wairde.*  Der  Prinz  selbst  war  nicht  wenig  erstaiint,  als  er 
nach  Saragossa  kam  und  nun  auch  die  Moros  mit  besonderen  Fahnen  an  ihm  vorüberzogen, 
die  maiu-ischen  Mädchen  ihre  eigenthümlichen  Tänze  aufführten  und  seinen  Bekehrungs- 
versuchen Widerstand  leisteten.  Die  Anzahl  der  Moros  in  Valencia  wurde  den  bm*gmadischen 
Herren  auf  50.000  angegeben.  Es  gab  Dörfer,  in  welchen  wohl  eine  Kirche,  auch  ein 
Pfarrer  imd  ein  paar  christliche  Einwohner  waren.  Städte  und  Dörfer,  berichten  sie  aus 
Aragon,  seien  voll  Moslim,  die  Freitags  ihre  Melchitten  (Moscheen)  besuchten.  Das 
peeuniäre  Interesse  verlieh  ihnen  Schutz.  Ihre  Verfolgung  wie  ihre  Bekehrung  entzog  dem 
Adel  ein  sicheres  Einkommen.  Es  Avar  vorauszusehen,  dass  die  massenhaften  Bekehrungen 
von  Juden  und  Moslim,  die  im  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  durch  den  heiligen  Vincenz 
Ferrer  in  Aragon  stattfanden,  sich  in  die  Länge  nicht  bewährten.  Bald  nach  seinem  Tode, 
1418,  fielen  mehr  als  17.000  Moros  \rieder  von  ihrem  neuen  Glauben  ab.  Das  aber  hatte 
zur  Folge,  dass  der  zweite  König  der  castilianischen  Dynastie  Aragons,  König  Alfons, 
den  Papst  Martin  V.  um  eine  eigene  Inquisition  für  das  Königreich  Valencia  bat.  Papst 
Martin  ging  auch  auf  diese  Bitte  ein  und  das  Inquisitionstribunal  zu  Valencia  beschäftigte 
sich  nun  mit  Denjenigen,  die  von  ihrem  (christlichen)  Glauben  abgefallen  waren.  Da  ge- 
stalteten sich  nun  ganz  eigenthümliche  Zustände.  Jeder  Maure,  Mann  oder  Weib,  Kind 
oder  Greis,  zahlte  seinem  Herrn,  sei  er  König  oder  Caballero,  jährlich  eine  Dublone.^  Das 
war  ein  regelmässiges  Einkommen,  das  aufliörte,  wenn  aus  dem  Moslim  ein  Christ  geworden 


'  Escolano  1,  p.  856. 

'  le  lieu  des  filles  publique»,  eine  eigene  Stadt  mit  einem  einzigen  Thore;  un  monasterio  de  monjas  que  servia  de  mancebia, 
wie  man  den  Ort  spöttisch  nannte.  Escolano  I.  1128. 

•  Erasmus  nennt  sie  aucli  in  den  CoUoquien  Scabies  hispanica.  Die  Aerzte  hatten  den  Vornehmen  kuieend  den  Puls  zu 
fühlen.  Es  galt  als  Anraajisung,  als  der  Doctor  Collando  der  Gemahlin  des  Vicekönigs  von  Valencia,  der  Marqueso  von  Mon- 
dejar,  stehend  den  Puls  fühlte.  Als  man  ihn  auf  das  Unschickliche  seines  Benehmens  aufmerksam  machte,  kam  er  nicht 
wieder,  bis  der  Vicekönig  ihm  zugesagt  hatte,  er  dürfe  sich  das  nächste  Mal  setzen.  Dadurch  war  auch  für  seine  Collegen 
das  Eis  gebrochen. 

*  Es  ist  derselbe,  den  deutsche  Historiker  als  Martyr  bezeichnen,  weil  er  den  Taufnamen  Petras  Martyr  und  nicht  Petrus 
Apostolus  hatte,  er  auf  den  Namen  des  von  den  Patarenern  der  Lombardei  umgebrachten  Dominicanermönches  getauft  war. 

'  vaillante  ung  escu  dor. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  97 

war.  Auch  die  Krone  empfand  die  Einbusse  dieser  sicheren  Einnahme,  und  zwar  schwer, 
mochte  sich  jedoch  im  Bekehrungseifer  darül)er  hinwegsetzen.  Der  Caballero,  der  Adel, 
war  zwar  sehr  eifrig  christlich,  aber  bedurfte  der  sicheren  Einnahme,  die  aufhörte,  wenn 
der  Moro  Christ  wurde,  und  war  eben  deshalb  den  Bekehrungen  abgeneigt  und  der  Be- 
lassung der  alten  Ordnung  der  Dinge  zugethan.  Nun  waren  die  Juden  1498  ausgetrieben, 
und  zwar  imter  grossen  Grrausamkeiten,  und  ging  verloren,  was  die  Krone  bisher  von  ihnen 
gezogen,  dem  Lande  aber  blieb,  was  sie  bisher  diu-ch  Wucher  sich  eigen  gemacht,  das  aber 
wohl  zerrann,  wie  es  gewonnen  war.  Das  Volk  blieb  den  Moros  abgeneigt.  Es  hasste  die 
Judenchristen  al)er  vielleicht  noch  mehr,  da  sie  schändlicher  Heiichelei  bezichtigt  Miirden. 
Die  Vertreibung  der  Juden  isolirte  die  Moros  und  gab  ihren  Gegnern  neue  Stcärke.  Eine 
neue  Frage  kirchlichen  und  staatsrechtlichen  Inhaltes  ergab  sich  aus  der.  Controverse,  ob 
man  die  Moros,  die  erst  übergetreten  und  dann  abgefeUen  waren,  als  moros  oder  als  cristia- 
nos  zu  behandeln  habe  und  welche  praktischen  Folgen  daraus  entstehen  konnten.  Die 
Vertreibung  der  Juden  aus  ganz  Spanien  und  die  Aufforderung  an  die  Mauren  von  Granada, 
sich  entweder  taufen  zu  lassen  oder  auszuwandern,  erzeugten  dann  auch  für  die  aragone- 
sischen  Königreiche  eine  eigenthümliche  Spannung.  Der  christliche  Spanier  hatte  von  den 
Mauren  Mehreres  gelernt,  die  leichte  Reiterei,  die  ginetas,  das  Reiterspiel,  la  cana,  an- 
genommen, die  Frauen  und  Mädchen  die  maurischen  Tänze,  die  namentlich  ein  Bedürfniss 
am  Hofe  der  lebenslustigen  Witwe  König  Ferdinands,  der  Königin  Germaine,  ^^'urden 
und  zu  ihren  täglichen  Untei'haltungeu  gehörten,  wie  Aughiera  nicht  ohne  Spott  bemerkte. 
Die  auffallende  und  eigenthümliche  Tracht  der  Moros  machte  den  nationalen  Unterschied 
noch  greller  und  enthielt  für  Diejenigen,  die  in  der  dreifachen  Einheit  des  Glaul^ens, 
der  Sprache,  der  Nationalität  das  Heil  Spaniens  erblickten,  eine  stete  Herausforderung. 
Schon  wenn  man  von  Frankreich  aus  die  Pyrenäen  überschritt,  bemei'kte  man  an  den 
ungewohnten  Sitten  und  Geljräuchen,  dass  man  sich  in  einer  neuen  Welt  befinde,  ein  Ge- 
fühl, das  ungleicli  weniger  sich  bemerkbar  machte,  wenn  man  von  Deutschland,  geschweige 
von  Flandern  nach  Frankreich  kam.  Der  Verfasser  der  Beschreibung  der  ersten  Reise  des 
Prinzen  Philipp  nach  Spanien  erzählte  als  Augenzeuge,  dass  bei  einem  Abendessen,  das 
der  spanische  König  gab,  eines  der  schöösten  Fräuleins,  zu  deren  Dienst  drei  Herren  ])e- 
stimmt  waren,  mit  einem  derselben,  der  mit  blossem  Kopfe  vor  ihr  kniete,  anderthalb 
Stunden,  mit  dem  zweiten  eine  Viertelstunde,  mit  dem  dritten  eine  halbe  Stunde  sich  in 
der  Art  unterhielt,  dass,  während  sie  mit  dem  einen  sprach,  sie  dem  andern  mit  den 
Augen  zuwinkte  und  dem  dritten  die  Hand  auf  die  Schulter  legte,  imd  als  sie  nach  der 
Tafel,  die  2 — 3  Stunden  dauerte,  gefragt  wurde,  warum  sie  Diejenigen,  welche  sich  um 
ihre  Gunst  bewarben,  so  behandle,  antwortete  sie,  wir  machen  uns  ein  Vergnügen  daraus, 
wenn  \rir  noch  nicht  verheiratet  sind,  unsere  Verehrer  so  zu  ])ehandeln;  denn  sind  wir 
einmal  verheiratet,  so  sperrt  man  uns  in  einem  Zinnner  oder  in  einem  Schlosse  ein,  imd  so 
gemessen  wir  die  gute  Zeit,  ehe  wir  uns  verheiraten.' 

Kam  man  aber  nach  Granada  oder  in  ein  aragonisches  oder  valencianisches  Mauren- 
quartier, so  befand  man  sich  in  Afrika.  Die  Nachrichten  des  Herrn  von  Lalaing  wie  die 
Berichte  des  Venetianers  Navagero,  der  Spanien  ungefähr  zwei  Jahrzehnte  später  bereiste, 
decken  sich.      Der    hässliche    Schleier    der   Türkinen,    der  das  ganze    Gesicht  bedeckt    und 


'   Premier  voyage  p.  179.  180.    Die  Königin  von  Portugal  Donna  Catalina,  Schwester  König  Carls,  liess  einmal   bei  einer  sehr 
wichtigen  Unterredung  den   kaiserlichen  Botschafter  eine  Stunde   vor  ihr  knieen,    so   dass   er  einen  Gichtanfall   davontrug, 
wie  er  selbst  nacli  Hause  berichtete. 
Denkschriften  der  plil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  13 


98  HöFLKR. 

nur  die  Angcu  frei  lässt.  war  den  !Maurinen  unbekannt.  Sie  waren  in  einen  langen  weissen 
Schleier  eingehüllt,  den  die  Reichen  mit  G(ildstickereien  versahen  und  aus  welchem  sie  mit 
einem  Ange  herausblickten,  trugen  kiirze  Hemden,  die  nur  etwas  über  den  Nabel  reichten,' 
und  statt  der  Röcke  weite  Hosen,  über  dem  Hemde  eine  kiu*ze  Jacke,  Schuhe  an  den  Füssen, 
die  Nagel  getilrbt.  Die  Pomade,  die  sie  gebrauchten,  eroberte  die  weibliche  Welt.  Einer 
der  grössten  Kenner  S])aniens,  der  Graf  von  Schack,  hat  aufmerksam  gemacht,  um  wie 
>nel  freier  die  Stellung  der  arabischen  Frauen  war  als  die  der  Türkinen,  von  denen  man 
keine  Geistespflege  verlangte,  oder  der  Mamelukenweiber,  die  zur  Erhaltung  iln-er  Schönheit 
auf  Mittel  sannen,  keine  Kinder  zur  Welt  zu  bringen.  Der  Verlust  ihrer  Selbstständigkeit 
brachte  die  weissen  Mohren  —  les  blancs  mores  ^  —  niu*  zu  einer  noch  grösseren  nationalen 
Zähigkeit,  einer  noch  grösseren  Abgeschlossenheit,  zu  noch  grösserer  Erbitterung  gegen  die 
Sieger.^  ^lan  beschuldigte  sie,  dass  sie,  wo  sie  könnten,  Christenkinder  verstümmelten  und 
ermordeten,  die  man  dann  auf  den  Strassen  von  Granada  am  frühen  Morgen  fände.  Es  ist 
sichergestellt,  dass  die  Verbreitung  derartiger  Gerüchte  am  wirksamsten  war,  das  Volk  gegen 
sie  zu  blutigen  Aufständen  zu  vermögen,  und  dass  man  z.  }^.  in  den  Tagen  der  Germania 
in  Valencia  Leichen  mit  Dolchstichen  versah,  um  das  Volk  glauben  zu  machen,  die  Aga- 
rener,  die  Heiden,  die  Moros,  hätten  Cliristen  ermordet. 

Zwei  der  grössten  Gegensätze,  die  sich  seit  Anbeginn  bekämpften,  in  unversöhnlicher 
Feindschaft  einander  gegenübergestanden,  fanden  sich  jetzt  in  engem  Raxune  bei  einander, 
geschieden  durch  Alles,  Avas  Scheidung  erzeugen  konnte,  frühere  Gewaltherrscher  nunmehr 
Besiegte,  Zinsbauem,  die  früher  Herren  gewesen,  die  Nachkommen  der  Araber  und  die 
Nachkonnnen  der  Gothen,  von  deren  deutscher  Abstammung  noch  künnnerliche  Reste  sich 
erhielten,  während  der  Koran  die  Erhaltung  der  arabischen  Sprache  verbürgte.  Ein  semi- 
tisches Volk  war  bereits  ziu:  Auswanderung  genöthigt  worden.  Wie  lange  konnten  sich  die 
Ismaeliten  halten,  wenn  die  Israeliten  hatten  weichen  müssen?  Ein  Weltkampf,  der  die  Erd- 
theile  mit  seinen  Wehen  erftillt,  neigte  sich  in  Spanien  zu  Ende.  Dem  Sieger  lilieb  der 
ausschliessliche  Besitz  der  spanischen  Erde.  Was  aber  entstand  dann,  wenn  der  Gegensatz 
aufliörte,  der  so  lange  den  Inlialt  des  Lebens  und  Denkens  einer  grossen  Nation  gebildet? 


§.  2. 
Die  Päpste  und  das  Haus  Borja  aus  Valencia. 

Der  Untergang  des  alten  deutschen  Kaisertluuns  im  Jahre  1250  hatte  wie  ein  gewal- 
tiges Erdbeben  den  ganzen  politischen  Bau  des  Mittelalters  erschüttert,  das  Centrum  ge- 
brochen und  den  Päpsten,  die  siegreich  aus  dem  grossen  Kampfe  mit  dem  Kaiserthiim 
hervorgegangen  waren,  die  ungeheure  Last  aufgelialst,  ohne  den  Schutz  imd  die  Hilfe  des 
Kaisers  die  Ziele  der  christlichen  AVeit  zu  verfolgen.  Päpste  aus  den  verschiedensten 
Nationen  folgten,  bis  endlich  die  französische  das  ausschliessliche  Vorrecht  erlangt  zu  haben 
schien,  die  christlichen  Völker  zu  regieren,  und  zwar  nicht  von  Rom  aus,  nicht  vom  Grabe 
des  heiligen  Petrus,  sondern  von  Avignon  aus.  Das  Kaiserthiim  erscheint  nur  mehr  frag- 
mentarisch, in  Pausen,  machtlos,   mehr  Schimmer  und  Schein   als  Wirklichkeit.    Es  erleidet 


'   Tutte,  gafft  Nftvagero,  si  rompono  le  poppe,  sieche  crescono  e  pendono  assai  e  siano  grandi  che  queste  reputano  hello. 
'  So  nannte  man  sie.  Premier  voyage,  p.  225. 
^  Morel-f'azio  p.  6,  n.  1. 


Don  RoDRiGO  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seink  Söhne.  99 

im    14.   Jahrlmndert  eine   Restauration,   aber   es   ist   nicht   mehr,   was   es   früher   war.     Bald 
auch    das    Papstthum    nicht.     Als   Pflicht   und  Noth,    der    üble  Zustand  Roms    und  Italiens 
o-ebieterisch    die  Rückkehr  heischten,    p;irteien    sich    die   Cardinäle,    das  Nationalitätsprincip 
siegt  auch  hier,  die  Franzosen  wählen  dem  italienischen  Papst  gegenüber  einen  der  Ihrigen 
und  das  14.  Jahrhundert  endigt  mit  dem  heillosen  Schisma  der  Päpste;  da,  wo  die  Einheit 
sein  sollte,   herrschte  die  Zwietracht,  und  das  Mittel,   zu  dem   man  zuletzt  griff,    die   beiden 
Papstreihen    zu  beseitigen,    führte  nur    zu  einer    dritten.     Es    war   ärger    geworden   als   im 
11.  Jahrhunderte,  als  man  sang:   ,una   Sunamitis    nupsit   tribus   maritis'.     Während  aber   im 
11.  Jahrhunderte  Kaiser  Heinrich  III.  mit  den   deutschen  Päpsten  die  zertrümmerte  Ein- 
heit wieder  hei'stellte,  arbeiteten  im  Anfange  des   15.  Jahrhunderts,  als  das  Schisma  sich  in 
die   dritte  Generation   fortzog,   Könige   und  Völker,   Bischöfe  und  Universitäten,   Laien  und 
Geistliche  an  der  Wiederherstellung  der  Einheit;  nur  die  Cechen  glaubten  als  Lärmmacher 
der  Weltgeschichte  das  Schisma  von  Oben  nach  Unten  mit  einem  Schisma  von  Unten  nach 
Oben  beantworten  zu  müssen.     Sie  standen  allein  da.    Die  gesammte  Kirche  vereinigte  sich 
auf  dem   Concil    zu  Constanz,    das    päpstliche   Schisma  zu    beseitigen    und    die   Einheit    des 
Papstthums  durcli  die  Wahl  eines  allgemeinen  Papstes,  und  zwar  eines  Römers  Oddo  Colonna 
wieder  herzustellen.'     Es  ist  bezeichnend,  dass  er  für  lange  Zeit  der  letzte  Römer  war,  der 
Papst   wurde.     Denn    sein    Nachfolger,    Eugen   IV.,    war    ein    Venetianer    (1431    bis    1458), 
Nicolaus  V.  aus  Sarzana.     Dann  griff  man  zu  einem  Spanier,  zu  einem  Senesen,  wieder  zu 
einem  Venetianer,  zu  einem  Piemontesen,  zu  einem  Genuesen  und  endlich  wieder  zu  einem 
Spanier,    zu    einem  Florentiner,    zu    einem  Deutschen,    nur    nicht   zu    einem  Franzosen   oder 
Römer.    Mit  einem  französischen  Papste  verband  sich  die  Idee  der  Unterdrückung  der  Kirche 
durch  das  französische  Königilumi.     Der  Sieg  Frankreichs   und  der  Verfall   in  die  Knecht- 
schaft schien  selbstverständlich;  mit  der  Wahl  eines  Römers  entstand  die  gerechte  Besorgniss, 
es  werde  das  Papstthum  ein  Spielball  der  römischen  Factionen  werden,  der  Kampf  der  Orsini 
und  Colonnas  in    das   Papstthum    einziehen.     Für    die    Geschichte    des    Papstthums    ist    der 
Schluss  des  Schismas  durch  die  Wahl   des  Papstes  Martin  V.  auf  dem  Concil  zu  Constanz 
das  Ende  des  Mittelalters  und  der  Anfang  einer    neuen  Zeit.     Das  ganze  politische  System 
der   frülieren  Zeit  war  in   der   langen  Zeit   des  Schismas  von  1379   bis  1417   in  Auflösung 
gerathen.     Man  nuisste    von  Neuem    anfangen  und   ebenso   daran  arbeiten,    die   christlichen 
Völker,   die  sich  nach  den  verschiedenen  ,Obedienzen'   getrennt  hatten,   wieder  zu  vereinen, 
als  sie  gegen  den  gemeinsamen  Feind,  die  gewaltigen  Vorkämpfer  des  Islams,  die  Osmanen, 
zu  schützen.     Man  nmsste  verhindern,  dass  nicht  auf  das  päpstliche  Schisma  ein  Schisma 
der  Völker,   ein  Abfall  erfolge.    Die  Nachwehen  des  ersteren  mussten  beseitigt  werden  und 
das  Concil  zu  Basel  und  die  Erhebung  eines  Gegenpapstes  daselbst  gaben  dazu  reichlichen 
Anlass.     Das  grosse  Schisma  der  orientalischen  und  occidentalen  Kirche,  dessen  Beseitigung 
so   oft    in  Angriff   genommen  Avorden    war,    schien    endlich   durch    das   Concil   von  Florenz 
getilgt,  Avie  die  neue  abendländische  Trennung  beseitigt  wurde,  als  dem  Cechenkönige  Georg 
der  Utraquisnms  des  Sacramentes,  den  das  Basler  Concil  bedingungsweise  den  ,Husiten'  zu- 
gestanden, wieder  entzogen  wurde.    Statt  wie  es  in  den  Tagen  des  Schisma's  gewesen  war, 
imi  die  Anerkennung  der  Könige  —  die  Obedienz,  zu  buhlen,  leisteten  allmälig  die  Fürsten 
wieder  dem  einen  rechtmässigen  Papste  bei  dem  Antritte  des  Pontificates  die  Oliedienz  und 
halte  der .  so  Gewählte  nicht  Ursache,  sich  durch  schwere  Concessionen  dieselbe  zu  erkaufen. 


'   Zu  seiner  Erhebung  liatto   wesentlich  beiffetrageu,  dass  seine  kircliliclien  Anliänffer  auf  die  roinische  Papstreihe,  Urban  VI. 
zurückgingen. 

13* 


JQQ  HöFLER. 

Concordate  bahuten  ein  KeclitsverhiÜtniss  au  der   Stelle    vielfach    eingerissener  Willkür   an. 
Audi   das  Kaisertluun    wurde  in  der  alten  Fonn   durch    die    Krönung  des  letzten  Luxeni- 
bui^ejs    Sigmund.    31.    ^lai    1433,    imd    des    ersten    habsburgischen    Kaisers    Friedrich    III., 
19.   März    1452,    zu    Koni    wieder    hergestellt.     Es    war    eine    Restauration    in    vollem 
Gange,  diese  aber  wesentlich  bedingt  durch  die  Herstellung  der  Ordnung  im  Kirchenstaate, 
der  wahrend  der  langen  Abwesenheit  der  Päpste  —  bereits  im   13.  Jahrhundert  —  in  eine 
Zerrüttung  geratheu  war,  welche  nur  zu  oft  Leben  und  Freiheit  der  Päpste  gefährdete  und 
eine  ruhige  und  geordnete  Entwicklung  der  Dinge  nicht  aufkommen  Hess.     Wenn  die  Ver- 
bindung  mit  den    Griechen    die  Kenntniss   der  griechischen  Sprache  und  Literatur  mehrte, 
das  Alterthmn  mit   seinem   reichen  Ideenvorrathe  jetzt  wie  aus   dem  Grabe   hervorti-at  und 
Auseinandersetzung  mit   den   christlichen  Ideen  verlangte,    der   Sinn  für  die   Schönheit   der 
Antike  sich  beleV)te  und  auf  die  Entwicklung  der  bildenden  Kunst  einen  wesentliclien  VAn- 
flttss  ausübte,    der    envachte  Fonuensiun    auch    in   der   Literatur   sicli    geltend  machte,    das 
Zeitiilter  einen  Reichthum    an  Talenten  und   bald    eine  Fülle  geistiger  Arbeit   aufwies,    dass 
es  die  früheren  Jahrhunderte  weit   hinter  sich  zurückliess,    so  bewies  dieses   den  gewaltigen 
Aufschwmig,   den   die  Zeit   genommen  und    der  grell   abstand  von   der  Unfruchtbarkeit,    die 
sich    überall    zeigte,    wo    man   in  die   theologischen  Streitigkeiten   eingelenkt  hatte,   die    den 
Byzantinern    so  verderblich   gewesen  waren.     Die  Thatsache  blieb,   dass,  seit  die    kirchliche 
Einheit  wieder    hergestellt   worden    war,    eine    früher   nicht    gekannte    Blütlie    der    Literatur 
und    Kunst    sich    bemerklich    machte,   die    dem   Zeitalter    seinen    eigentliündichen    Charakter 
verheil ;    andererseits   aber  auch    unablässig  daran    gearbeitet  -wurde,    die   kirchliche   Einlieit 
aufrecht  zu  erhalten  und  daher  auch  Vorkehrungen  zu  treffen,  damit  sich  nicht  die  Scenen 
des  verflossenen  Jahrhunderts  erneuten,  nicht  Cardinäle  und  Päpste  sich  aufs  Neue  trennten.' 
So  wichtig  es  war,  dass  jetzt  gelehrte  Männer,  entschiedene  Förderer  des  wissenschaftlichen 
Aufschwunges  und  des  geistigen  Lebens,  das  Pontificat  erlangten  und  damit  ihrem  Zeitalter 
eine    neue  Richtung  gaben,    so   tritt    die  Begründung   der    vaticanischen  Bililiothek   und   die 
mannigfaltige  Unterstützung  griechischer  und  italienischer  Gelehrten  doch  vor  dem  Streben 
zurück,   die  Einheit  des  Glaubens,   des  Cultus,   der  Lehre,   der   Disciplin   im  Gegen- 
satze zu  der  vorausgegangenen  Zeit  wieder  herzustellen,  die  sich  beinahe  vierzig  Jahre  und 
nicht  ohne  Erfolg  bemülit,    alle  kirchlichen  Bande  zu    lockern.     Zu   den   grossen  Aufgaben 
des  Papstthums  war  durch  den  unablässigen  Hang  der  Römer  nach  Neuerungen  und  gewalt- 
samem Umsturz  der  Dinge  die  Nothwendigkeit  getreten,    sich   zunächst  gegen   sie  vor  Ver- 
schwörungen zu    schützen.     Beinalie    wäre    Papst    Nicolaus    V.    der    Stefano    Porcari's    zTim 
Opfer   gefallen.     Er   entging  meuchlerischer  Ermordung,   starb   aber  aus  Kmnmer   und  von 
der  Ueberzeugung   durchdrungen,    dass   die  Päpste    sich  vor  Allem   gegen  die  Neuenmgen 
im  Innern  zu  schützen  hatten,  24./25.  März  1455. 

Es  ist  eigenthiunlich,  dass  in  dem  nun  folgenden  Conclave  nur  von  einem  Italiener. 
Donienico  Capranica,  von  dem  reichen  Franzosen  Guillaume  d'Estouteville,  Erzbischof  von 
Rouen,  Bischof  von  Maurienne,  Digne,  Beziers,  einem  Pfründenhäufer  ohne  Gleichen,  und 
dem  gelehrten  Griechen  Bessarion  die  Rede  war,  die  Stimmen  der  Cardinäle  sich  aber  auf 
den  Bischof  von  Valencia,  Don  Alonso  de  Borja,  Cardinal  von  Santi  Quattro  vereinigten. 
Die  Wahl  eines  Valencianers,  welcher  unvermuthet  die  Reihe  italienischer  Päpste  durchbrach, 

'  Ich  Labe  in  der  zweiten  Abtheilung:  Zur  Kritik  und  Quellenkunde,  Wien  1878,  die  Wahlcapitulationen  der  Päpste  zu 
publifiren  begonnen  (S.  62).  Es  war  mir  ein  grosse»  Vergnügen,  von  dem  Vorstande  des  vaticanischen  Archives  selbst  zu 
erfahren,  da«  ihm  dieselben  bisher  unbekannt  geblieben  waren.    Ich  habe  seitdem  die  Sammlung  vervollständigt. 


Don  RoDRiGO  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  101 

konnte  mir  insot'erne  niclit  überraschen,  als  der  Gewählte  wesentlichen  Antheil  an  der 
Wiederlierstelhmg  der  kirchlichen  Einheit  genommen,  indem  er  den  letzten  der  schisma- 
tischen Päpste,  den  Canonicus  Egidio  (Diego)  von  Barcelona,  der  sich  als  Cle\nens  VIII. 
nach  Peniscola  im  Königreiche  Aragon  zurückgezogen,  niclit  ohne  persönliche  Gefahr  auf- 
suchte und  zuletzt  zur  Untenverfung  bewogen;  dadurcli  war  auch  die  letzte  Spur  des 
Schismas  vom  Jahre  1379  getilgt.  Don  Alonso  stammte  aus  einer  der  Conqiiistadoren- 
faniilien.  Die  Abkömmlinge  der  Borjas  lassen  sich  bis  in  das  13.  Jahrhundert  verfolgen. 
Sie  hatten  ihren  Sitz  in  der  Landesveste  Xativa  genommen,  welche,  landeinwärts  gelegen, 
mit  Alcira  am  Jucar  im  Norden  und  Gandia  im  Osten  ein  Dreieck  bildet.  Einer  Seiten- 
linie des  in  Xativa  ansässigen  Hauses  gehörte  der  Donzel  Domingo  de  Borja  an,  welcher 
von  Francina  de  Valencia  den  Don  Alonso  de  Borja  und  zwei  Töchter  Isabel  und  Cata- 
lina hatte.  Die  Jüngere  heiratete  den  Caballero  Luys  del  Milan  und  wurde  Mutter  des 
nachherigen  Don  Luys  del  Milan,  Cardinal,  Bischof  von  Segorbe,  dessen  Sohn,  Don  Jayiiie 
del  Milan  erster  Graf  von  Albayda  wurde,  das  der  Vater  gekauft  hatte.  ^  Die  ältere 
Schwester  Don  Alonsos,  des  nachherigen  Papstes,  Isabel,  heiratete  in  das  Haus  der  Borja 
von  Xativa,  und  zwar  den  Sohn  des  Rodrigo  Gil  und  der  Catalanin  Sibylla  Doms,  Jotfr^ 
de  Borja,^  von  welchem  sie  zwei  Söhne,  Don  Pedro  Luys  de  Borja  und  Don  Rodrigo 
de  Borja  hatte.  ^ 

Galten  die  Valencianer  im  Allgemeinen  als  begabt  und  ungemein  thätig,  so  war  es 
Don  Alonso  in  liohem  Grade.  Er  besuchte  bereits  mit  14  Jahren  die  Universität  von 
Lerida,  wo  er  sich  den  Doctorgrad  aus  dem  bürgerlichen  unil  canonischen  Rechte  erwarb. 
Geboren  in  dem  Jahre,  als  das  päpstliche  Schisma  begann,  und  jüngerer  Zeitgenosse  des 
berühmten  Predigers  Vincenz  Ferrer  fiel  seine  Jugend  in  eine  geistig  ungewöhnlich  bewegte 
Zeit.  In  Aragon  folgte  1412  eine  neue  Dynastie  nach,  deren  Begründer,  König  Ferdinand 
(von  Castilien),  an  den  kirchlichen  Zerwürfnissen  einen  liervorrageiiden  Antheil  nahm.  Als 
der  zweite  Fürst  dieses  (castilianischen)  Hauses,  Don  Alfonso  V.,  König  von  Aragon  und 
Sicilien  geworden  war  (1416),  stieg  Don  Alonso  im  königlichen  Dienste  zur  Würde  eines 
königlichen  Secretärs  und  Rathes  empor.  Als  König  Alfonso  sich  mit  Papst  Martin  aus- 
söhnte und  durch  die  Bemühungen  Borja's  der  Einsiedler  von  Peniscola  das  Bisthmii  von 
Mallorca  als  Preis  seiner  endlichen  Unterwerfung  erhielt,  wurde  Don  Alonso  de  Borja 
Bischof  von  Valencia  (1429).  Er  söhnte  seinen  königliclien  Gebieter  mit  seinem  castilianischen 
Vetter,  dem  Könige  Don  Juan,  aus.  Er  sollte  dann  an  dem  Concil  von  Basel  sich  bethei- 
ligen, als  König  Alfonso  sich  in  den  neapolitanisclien  Erbschaftsstreit  einmischte  und  bald, 
von  diesem  umstrickt,   mehr  in  Italien   als   in  Aragon   verweilte.     Vergeblich   bemülite   sicli 


'    Escolano  U,  p.  201. 

2  Caballero  principal.     Escolano. 

'  So  Escolano  gefjen  Panvinio.  Ich  scliliesse  mich  an  ilie  Auseinandersetzunfr  des  Geschichtschreibers  yon  Valencia  an:  Die 
zweite  Tochter  der  Donna  Isabel,  Schwester  Papst  Calixt  III.,  Donna  Tecla,  heiratete  den  Vidal  von  Villanueva;  die  dritte, 
Donna  Heatrix,  den  Don  Exinian  Perez  de  Arenon.  Pedro  Guillen,  Gemahl  der  ältesten  Tochter,  Donna  .Jnana,  hatte  einen 
Sohn  (Lansol),  Joffre,  der  der  erste  aus  diesem  Hause  war,  der  den  Namen  ISorja  annahm.  Dieser  .JoiTri  hatte  von  Donna 
Jnana  de  Moncada  drei  Sohne,  von  welchen  Don  Juan  de  Borja  und  Don  Pedro  Luis  Cardinäle  wurden.  Der  dritte,  Don 
Rodrigo  de  Borja  senor  de  Castelnon  hatte  zwei  Sühne:  Don  Oaspar  Joffre  de  Borja,  Bischof  von  Segorbe,  und  Don  Juan 
geüor  de  Castelnon.     Die  Besitzungen  dieses  Zweiges  fielen  alle  an  Donna  Beatrix  de  Borja. 

Es  war  natürlich,  da.ss  Donna  Isabel  die  schiine  Gelegenheit,  für  die  ihrigen  zu  sorgen,  als  ihr  Bruder  Papst  ge- 
worden war,  nicht  unbenutzt  verstreichen  Hess.  Sie  nahm  aber  die  Hilfe  ihres  Bruders,  der  nur  an  den  Krenzzug  dachte, 
»o  sehr  in  An.spruch,  da.s8  er  klagte,  seine  Schwester  .suche  ihre  Töchter  aus  dem  Beutel  des  heiligen  Petrus  gross  zu 
machen.  Escolano  II,  p.  202.  Offenbar  hatte  er  dazu  keine  Lust,  und  wenn  er  Geld  sammelte,  war  es  nur,  um  den  Kreuz- 
zug zu  Wasser  und  zu  Lande  zu  führen. 


JQ2  HöFLEB. 

der  Hisc-luit,  deu  König  durch  die  Köuigiu  zur  Rückkeiir  uacli  Aragon  zu  bewegen.  Don 
Alt'onso  setzte  deu  Kampf,  der  inuner  grössere  Ausdehnung  gewann  und  die  Einkünfte  des 
Mutterlandes  verschlang,  fort,  erwarb  von  Papst  Eugen  Terracina  und  Benevent  und  konnte 
sich  endlich  als  den  Herrn  des  zweifachen  Siciliens  ansehen. 

Der  Bischof  von  Valencia  unterhandelte  den  Frieden  Papst  Eugens  mit  dem  Könige. 
Er  nahm  die  ihm  angebotene  Würde  eines  Cardinais  erst  an,  als  derselbe  in  Ordnung 
gebracht  war.  zeigte  aber  dann  den  vollen  Ernst  seines  Wesens,  indem  er  sich  mit  äusserster 
Bescheidenheit  benahm  und  den  gewöhnlichen  Pomp  der  Cardinäle  verschmähte.'  Als  er 
am  8.  April  1455  zum  Papst  gewählt  AYiirde,  leistete  er  das  Versprechen,  alle  seine  Kraft 
aufzubieten,  damit  Constautinopel  wieder  erobert  werde.  Allein  er  musste  sich  begnügen, 
durch  den  Kreuzzug,  dessen  Seele  Johannes  Capistran  war,  Belgrad  vor  den  Osmanen  zu 
wahren  und  dadm-ch  Avenigstens  Ungarn  für  70  Jahre  geschützt  zu  haben,  die,  recht 
benützt,  ausgereicht  hiitten,  die  osmanische  Macht  zimi  Stehen  zu  bringen.  Wir  besitzen 
über  den  Eindruck,  den  seine  Wahl  unter  den  Italienern  hervorrief,  einen  Brief  des  gelehrten 
und  später  heilig  gesprochenen  Erzbischofs  Antonin  von  Florenz,  der  kein  Hehl  daraus 
machte,  dass  anfänglich  die  Besorgniss  herrschte,    er  möchte  als  Valencianer  oder  Catalane 

—  man  wusste  es  nicht  genau  —  seine  Residenz  in  das  Ausland,  nach  Spanien  verlegen 
und  die  festen  Plätze  im  Kirchenstaate  Catalanen  übergeben,  aus  deren  Händen  sie  schwer 
wieder  erlangt  werden  könnten.  Da  man  jedoch,  setzte  der  Erzbischof  hinzu,  die  Dinge 
reiflicher  überlegte,  verbreitete  sich  auch  der  Ruf  seiner  Grüte,  seiner  Weisheit,  seiner 
richtigen  Einsicht  und  Unparteilichkeit  und  die  in  Bezug  auf  den  Türkenkrieg  ab- 
gegebene Erklärung  zerstreute  vollends  alle  Besorgnisse.^ 

Allein  ein  anderer  Punkt  nahm  die  Aufmerksamkeit  des  Papstes,  der  bei  seinem 
Regierimgsantritte  schon  77  Jahre  zählte,  so  in  Anspruch,  dass  auf  eine  wirksame  Abhilfe 
gedacht  werden  musste:  der  stete  Bürgerkrieg  der  römischen  Barone,  jetzt  des  Grafen 
Everso  von  Anguillara  luid  des  Napoleone  Orsini,  Hauptes  dieser  Familie,  welche  es  für  ihre 
besondere  Aufgabe  erachtete,  den  Frieden  zu  stören.  Der  Papst  versuchte  erst  auf  dem 
Wege  der  Vermittlung  die  Streitenden  zu  beruhigen  und  wenigstens  dafür  zu  sorgen,  dass 
der  Kampf  nicht  in  die  Strassen  und  öffentlichen  Plätze  von  Rom  verlegt  würde.  Dann 
aber  entschloss  er  sich,  als  er  die  beiden  Söhne  seiner  älteren  Schwester  nach  Rom  berufen 
und  den  jüngeren,  Don  Rodrigo  de  Borja,  sowie  deren  Vetter,  Juan,  zu  Cardinälen  erhoben 
hatte,  sich  auf  den  älteren  zu  stützen,  oder  ihm  doch  die  nothwendige  Macht  zu  gewähren, 
tun  die  hadernden  Parteien  zu  Paaren  zu  treiben.  Er  erhob  Don  Pedro  Luis  zum  Herzoge 
von  Spoleto,  zum  Gonfalonier  der  Kirche,  zum  Präfecten  der  Stadt,  zum  Castellau  der 
Engelsburg.  Man  ist  inmier  bereit,  die  Erhebung  päpstlicher  Nepoten  zti  tadeln  und  in 
diesem  Falle  umsomehr,  als  der  Cardinal  Don  Rodrigo  als  Papst  dem  Hause  Borja  und 
dem  Papstthum  einen  Flecken  auflud,  der  auch  das  Andenken  seines  Oheims  verdüsterte. 
Allein  der  Histijriker  nuiss  aufmerksam  machen,  dass,  wenn  dem  späteren  Papste  Alexander  VI. 

—  Rodrigo  Borja  —  vorzüglich  die  Versorgung  seiner  Kinder  als  Ziel  seiner  Politik  vor- 
schwebte,   das   späte   Datmn    ihrer  Geburt    darauf  hinweist,    dass   in    den    Tagen  Calixt  III. 


'  Sein  Name  Bildet  nicli  auch  unter  dem  Coiiconlate  von  Torreoctava,  6.  Jänner  1450,  das  König  Don  Alfonso  iu  Betreff  der 
vemucliten  Besteuerung  der  valencianischen  Kirche  abschloss.  Hist.  de  la  ciudad  y  reyuo  de  Valencia  por  Gasi)ar  Esco- 
lano  I,  p.  886. 

2  A.  V.  Keuniout,  Briefe  heiliger  und  gottesfürchtiger  Italiener.  1877,  S.  143.  Der  Sdiatten  Alexanders  VI.  triilite  das  An- 
denken »eine«  Oheims,  jedoch  ohne  hinreichenden  Grund 


Don  Rodkigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  103 

von  diesen  noch  keine  Rede  war,  wenn  aiich  Don  Rodrigo  früh  Beweise  ablegte,  dass  sein  Sinn 
wehlichen  Dingen  in  hohem  Grade  zngeAvandt  war.  Don  Pedro  Luis  aber  vermochte,  sei 
es  ans  Kränklichkeit,  sei  es  als  Spanier  den  Italienern  verhasst,  den  Absichten  seines 
Oheims  nicht  gerecht  zu  werden.  Piatina,  welcher  als  Zeitgenosse  sprach,  wenn  er  die 
Massigkeit  des  Papstes,  seine  Leutseligkeit  in  Ertheilung  von  Audienzen,  aber  auch  seine 
Gebrechlichkeit,  die  Liebe  zum  Studium,  das  er  untmterbrochen  fortsetzte,  hervorhob,  ver- 
schweigt auch  nicht,  dass  die  Beförderung  seines  Neffen,  dem  er  auch  Benevent  und 
Terracina  zuwandte,  ihre  Spitze  gegen  die  römischen  Barone  richtete,  die  von  dem  Rechte, 
Unruhen  zu  stiften,  bisher  einen  umfassenden  Gebrauch  gemacht  hatten.  Wenn  Don  Pedro 
Luis  eine  Besatzimg  von  Catalanen  zum  Schutze  des  Papstes  in  die  Engelsburg  legte,  so 
war  dieses  wohl  fiir  die  Italiener  kein  Vergnügen,  aber  doch  wohl  das  einzige  Mittel,  Rom 
die  erwünschte  Sicherheit  zu  geben.  Eigenthümlich  hatte  sich  das  Verhältniss  des  Papstes 
zu  seinem  früheren  Herrn,  dem  nunmehrigen  Könige  von  Aragon  und  der  beiden  Sicilien 
gestaltet.  Don  Alonso  V.,  \vie  die  Aragonesen  den  zweiten  König  aus  dem  castilianischen 
Königshause  nannten,  war  eine  der  prächtigsten  und  glänzendsten  Gestalten  des  späteren 
Mittelalters.  Er  hatte  von  seinem  Vater,  König  Ferdinand,  mit  dem  Königreiche  Ai'agon 
in  seiner  weiten  staatsrechtlichen  Ausdehnung  auch  das  Königreich  Sicilien  —  die  arago- 
nesische  Insel  —  übernommen  und  nach  äusserst  blutigen  und  hartnäckigen  Kämpfen,  die  ihn 
selbst  einmal  als  Gefangenen  nach  Mailand  brachten,  der  Herrschaft  des  Hauses  Anjou  in 
Neapel  ein  Ende  bereitet,  wie  dieses  dem  staufischen,  letzteres  dem  normannischen.  Dadui'cli 
war  aber  der  grosse  französische  Knoten  zerhauen,  den  das  13.  Jahrhundert,  die  Höhe  des 
Mittelalters,  geschaffen,  imd  wenn  etwa,  wie  es  1452  schien,  der  aragonesische  Eroberer  von 
Neapel  deshalb  Ansprüche  auf  das  Königreich  Ungarn  in  sich  nJihrte,  weil  die  Primogenitur- 
linie  König  Carls  von  Anjou  die  Krone  von  Ungarn  erlangt,  so  waren  in  dieser  Beziehung 
durch  die  Häuser  Luxemburg  imd  Hal^sburg  Thatsachen  geschaffen  worden,  die  eine  arago- 
nesische Prätension  auf  Ungarn  als  ein  Hirngespinnst  erscheinen  Hessen.  Dafür  waren  aber 
durch  die  Vereinigung  der  beiden  Sicilien  unter  dem  Scepter  des  Königs  von  Aragon, 
Valencias,  der  Balearen,  in  Betreff  Italiens  und  Spaniens  Verhältnisse  eingetreten,  die  bis 
dahin  gar  nicht  vorhanden  waren  und  die  Zukunft  zu  beherrschen  vermochten.  Nicht 
nur,  dass  der  französischen  Herrschaft  in  Italien  ein  _  Ende  gemacht  Avurde,  der  neue  arago- 
nesische Gebieter  auch  Sicilien  besass,  das  die  Anjou's  in  Folge  der  sicilianischen  Vesper 
verloren  hatten,  Don  Alonso  hatte  sich  auch  Theile  des  Kirchenstaates  bemächtigt,  er 
streckte  seine  Hand  nach  der  fruchtljaren  Romagna  aus,  und  während  er  so  an  der  West- 
küste des  adriatischen  Meeres  sich  auszubreiten  strebte,  hatte  er  zuletzt  noch  mit  allem 
Nachdrucke  einen  Kampf  um  Genua  begonnen.  Kam  auch  dieses  in  seine  Gewalt,  so 
besass  er  den  Schlüssel  zum  Herzogthum  Mailand,  eine  dominirende  Stellung  am  ligurischen 
Meerbusen,  und  der  Plan,  stückweise  die  apenninisclie  Halbinsel  zu  erobern,  war  um  einen 
guten  Theil  seiner  Vollendung  nahe  gerückt.  Die  Erol)erung  Neapels  hatte  aber  nicht  blos 
die  Krieg  vmd  Abenteuer  liebenden  Catalanen  nach  Italien  geführt,  sie  hatte  die  pecuniären 
Kräfte  Aragon's,  Valencia's,  Sicilien's  gewaltig  in  Anspruch  genommen,  den  Eroberer,  trotz 
seiner  Versprechungen,  sich  an  der  gemeinsamen  Angelegenheit  der  christlichen  Fürsten, 
dem  Kampfe  gegen  die  Osmanen  zu  betheiligen,  demselben  entfremdet  und  ihn  dadurch  in 
eine  schiefe  Stellung  gebracht.  Der  König  überliess  .sich  nicht  blos  seiner  Herrschsucht, 
sondern  auch  seiner  Leidenschaft  für  schöne  Frauen.  Es  gab  bereits  der  Bastarden  genug, 
die  versorgt  werden  nmssten,  und  wobei  dann  immer  die  Kirche  als  grosse  Versorgungsanstalt 


1Q4  Höfler. 

dienen  sollte.  Die  Königin  Donna  Maria.  Schwester  des  Königs  Don  Juan  von  Castilien, 
hatte  selbst  den  Sohn  einer  Valencianerin,  Don  Ferrante,  nach  Neapel  gebracht;  er  befand 
sich  auf  demselben  Schitfe,  das  den  nachherigen  Papst  Calisto  nach  Italien  führte.  Er 
wnirde  Herzog  von  Calabrien  und  sein  nicht  legitimer  Sohn,  Don  Enrique  de  Aragon,  sollte 
mit  eilf  Jahren  Erzbischof  von  Saragossa  werden.*  Der  König,  welcher  von  seiner  Gemahlin 
keinen  Sohn  besass,  hatte  sich  gewöhnt,  kein  anderes  Gebot  zu  kennen,  als  seinen  Willen, 
gerade  dadurch  aber  sich  diejenigen  entfremdet,  welche,  wie  Papst  Calisto,  seine  treuesten 
und  ergebensten  Anhänger  waren,  aber  doch  noch  höhere  Interessen  kannten  als  die- 
jenigen, welchen  König  Don  Alonso  gewaltthätig  nachjagte.  Der  echte  Aragonese  kannte 
überhaupt  jene  servile  und  byzantinische  Auffassung  politischer  Verhältnisse  nicht,  die  seit 
dem  16.  Jahrhundert  einriss  und  den  Historikern  der  Neuzeit  so  sehr  geläufig  ist.  Der 
König  war  selbstverstündlich  durch  die  Fueros  beschränkt,  die  er  zu  beschwören  hatte,  und 
hielt  er  sie  nicht,  so  war  er  der  Meineidige  und  nicht  das  Volk.  Das  wnsste  auch  König 
Don  Alonso  sehr  wohl  und  ebensosehr,  dass  ihm  das  Parlament  von  Neapel  wenig  Schranken 
zog.  Je  mehr  er  sich  aber  als  absoluter  Herr  von  Neapel  benahm,  desto  mehr  ward  die 
Tyrannei,  die  er  übte,  dem  echten  Aragonesen  ein  Greuel.  Die  Misshelligkeiten  zwischen 
Papst  Calisto  in  Betreff  der  Besetzung  der  bischöflichen  Stellen  nahmen  zu.  Pochte  der 
König  auf  sein  Recht  als  Eroberer,  so  nahm  der  Papst  das  Recht  des  obersten  Lehensherru 
ftir  sich  in  Anspruch,  und  die  Dinge  näherten  sich  der  Wiederkehr  jener  Zerwürfnisse,  die 
um  die  Mitte  des  13.  Jahrlumderts  stattgefunden,  als  Papst  Innoceuz  IV.  die  Sicilianer  zur 
Eroljerimg  ihrer  Freiheit  gegen  staufische  Tyrannei  aufgerufen.  Zum  vollständigen  Bruche 
aber  scheint  es  gekommen  zu  sein,  als  der  König  mit  dem  Gedanken  umging,  selbst 
hochl^etag-t,  sich  von  seiner  Gemahlin  scheiden  zu  lassen,  obwohl  sie  ein  Muster  von  Tugend 
und  Ehrbarkeit  war.^  Bereits  war  die  Geliebte  des  Königs,  Donna  Lucrezia  de  Alaiio, 
mit  grossem  Pompe  gleich  einer  Königin  nach  Rom  gekommen,  um  dem  Papste  ihre  Auf- 
wartimg  zu  machen.  Allein  dieser  hatte  von  frühereu  Zeiten  so  grosse  Verpflichtungen 
gegen  die  Königin,  dass  er  sie  fast  mehr  ehrte  als  die  eigene  Mutter,  und  als  er  die  Ab- 
sichten der  Donna  Lucrezia  kennen  lernte,  maclite  er  auch  kein  Hehl  daraus,  dass  er 
.wegen  ihrer  nicht  Lust  habe,  in  die  Hölle  zu  fahren'.  Don  Alonso  hatte  in  der  Achtung 
des  Papstes  niclit  zugenommen  und  Letzterer  scheint  auch  seinem  Unwillen  gegen  den 
König  hinlänglich  lauten  Ausdruck  gegeben  zti  haben.  Als  aber  die  Alxsicht  Don  Alonsos 
immer  unverhohlener  hervortrat,  das  mit  so  vielem  aragonesischen  und  valencianischen  Gelde 
und  Blute  erworbene  Königreich  nicht  seinem  Bruder  Don  Juan,  bisher  König  von  Navarra, 
zu  überlassen  und  somit  gleich  der  Insel  Sicilien  mit  Aragon  zu  vereinigen,  sondern  eine 
neue  Bastarddynastie  in  Neapel  zu  begründen  und  Aragon  somit  um  den  Preis  aller  seiner 
Opfer  zu  bringen,  das  vereinigte  Sicilien  wieder  zu  trennen  und  in  Süditalien  eine  neue 
aragonesische  I)\Tiastie,  aljcr  getrennt  von  der  liauptlinie  und  mit  den  Tendenzen  auf- 
zurichten, die  er  selbst  offen  genug  ausgesprochen  hatte,  empörte  sich  das  Gemüth  Cahsto's 
ebenso  als  Aragonese,  wie  als  Papst,  der  als  oberster  Leliensherr  Siciliens  eine  so  tief  ein- 
greifende Verändemng  ruhig  genehmigen  sollte.  Als  Don  Alonso  am  27.  Juni  1458  im 
Castel  deir  Uovo  in  Neapel  starb,  befand  sich  das  Heer,  welches  Papst  Cahsto  aufgel)raclit, 
im  Kampfe  gegen  die  Osmanen,  das  des  Königs  im  Kampfe  mit  den  Fregoso's  lun  Genua, 
denen  der  Sohn  des  Herzogs  von  Anjou  Hilfe  brachte,  so  dass  der  alte  Kampf  imi  Neapel 

'  Qurita  anal    XVI,  c    38 
'  C^nHta.  anal.  XVI,  c.  47 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  105 

zwischen  den  Anjon's  und  dem  aragonesisclien  Könige,  der  so  lange  Zeit  Italien  erschüttert 
hatte,  sich  wieder  erneute.  Von  der  Königin  Maria  war  im  Testamente  keine  Rede.  Die 
arao-onesischen  Reiche  vermachte  Don  Alonso  seinem  Bruder  Don  Juan,  dessen  Sohn  erster 
Ehe,  der  Prinz  Carlos  von  Viana,  sich  damals  bei  seinem  sterbenden  Oheim  befand.  Er  war 
nach  seinem  Vater  der  Nächstberechtigte,  und  erst  wenn  er  starb,  der  Sohn  König  Don  Juans 
aus  zweiter  Ehe,  Don  Fernando  (Hernando),  den  die  Königin  Donna  Juana  Enriquez  ihrem 
Gemahl  in  der  Villa  de  Sos  an  den  Grenzen  von  Navarra  am  10.  März  1452  geboren 
hatte, '  gerade  als  der  König  im  Streite  mit  dem  Erstgeborenen  diesen  in  Gefangenschaft  hielt. 
Der  fünfjährige  Knabe  ward  durch  seinen  Oheim  der  Krone  von  Neapel-Sicilien  beraubt, 
vergass  aber  niemals,  dass  er  der  echte  Repräsentant  der  aragonesisclien  Königsfamilie  sei, 
und  wenn  ihn  die  Verhältnisse  zwangen,  im  Oeffentlichen  davon  abzusehen  und  sich  selbst 
durch  engere  Familienbande  mit  dem  neuen  Könige  von  Sicilien  zu  verknüpfen,  so  vergass 
doch  Don  Hernando  —  Ferdinand  der  Katholische  —  niemals,  dass  er  der  eigentliche 
König  von  Sicilien  sei,  wie  er  sich  denn  auch  so  nannte,  bis  er  durch  die  Heirat  mit 
Donna  Isabel  erst  Prinz,  dann  König  von  Castilien  und  endlich  durch  den  späteren  Tod 
seines  Vaters  Don  Juan  1479  König  sämmtlicher  aragonesischer  Länder  —  aber  nicht  des 
continentalen  Siciliens,  noch  Navarras  wurde. 

Man  mag  darüber  streiten,  ob  ein  achtzigjähriger  Papst  klug  handelte,  als  er  sich  um  das 
Testament  des  Königs  Alfons  zu  Gimsten  Don  Ferrante's  nicht  kümmerte,  die  Successions- 
ordnung  venvarf,  das  Recht  der  Verfügung  über  die  Vasallenkrone  sich  vorbehielt,  Don 
Ferrante  trotz  seines  Schreibens^  vom  1.  Juli  nicht  anerkannte  und  selbst  ,apostolische 
Censm*eu'  autl)ot,  um  seine  Anerkennung  im  Königreiche  Sicilien  zu  verhindern.  Man  hat 
darin  niu-  eine  Begünstigung  des  Hauses  Borja  gesehen'  und  nicht  bemerkt,  dass  selbst  der 
Schwager  des  neuen  Königs,  der  eine  Orsini  zur  Gemahlin  hatte,  Giovanni  Antonio  Orsini 
und  Don  Baucio,  Prinz  von  Tarent,  sich  dem  Prinzen  von  Viana  genähert,  hatten,  der  Herzog 
von  Lothringen  aus  dem  Hause  Anjou,  von  König  Ludwig  XL  von  Frankreich  unterstützt, 
in  Italien  stand,  die  anjovinische  Partei  ,iui  Königreiche'  sich  rührte  luid  Don  Ferrante 
wohl  \\ni8ste,  warum  er  dem  Prinzen  von  Viana  —  einer  mehr  passiven  als  energischen  Natur 
—  eine  Rente  von  12.000  Ducaten  anbot,  wenn  er  sich  aus  dem  Königreiche  entfernte, 
was  er  auch  that.  Aber  auch  jetzt  noch  ruhte  die  Partei  der  Grossen,  die  die  schlechten 
Eigenschaften  ihres  neuen  Königs  schon  an  ihm  als  Herzog  von  Calabrien  kennen  gelernt 
hatten,  nicht  und  boten  sie  erst  durch  eine  eigene  Gesandtschaft  dem  neuen  Könige  von 
Aragon-Sicilien,  Don  Juan,  die  Krone  des  continentalen  Siciliens  an.  Allein  dieser  hatte 
genug  zu  thun,  sich  ini  Besitze  Navarras  und  Aragons  zu  behaupten.  Don  Ferrante  aber 
zeigte  die  ihm  innewohnende  Thätigkeit  und  Rücksichtslosigkeit  in  der  Behauptung  der  ihm 
vom  Papste  abgesprochenen  Krone  im  gefährlichsten  Augenblicke;  er  zog  die  Republik  Venedig 
und  den  Herzog  von  Mailand  auf  seine  Seite  und  traf  so  kriegerische  Vorkehnmgen,  dass 
alle  BenüÜumgen  Calistos  sich  als  unwirksam  erwiesen  und  statt  der  Annahme  eines  richter- 
lichen Ausspruches  vielmehr  die  Gefahr  eines  allgemeinen  italienischen  Krieges  in  nächster 
Aussicht    stand,    als    der    Papst    dem    Kummer   und   den    Sorgen    erlag,*   die    ihm    die    neue 

'  gurita  anal.  XVI,  c.  7. 

2  ^urita  anal.  XVI,  c.  48. 

'   Nach  König  Ferrante's  Darlegung   hatte   der  Pap.st  vielmehr  dem  Herzoge   von  Mailand   die  Krone   von  Neapel  angeboten. 

^Hirita  anal.-JV,  p.  55. 
■•  6.  August  1458.    Si  no  le  atajera  la  iiiuerte,  sagt  Q'urita,  Hist.  del  rey  Don  Hernando  I,  v.  27,  el  fuera  parte  en  breves  dias 

que  no  reynara. 
Denkschriften  der  phil.-liist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  14 


jQg  Höfler. 

Wentlimff   der   Dinge    bereiteten.     Wenn    aber    das   Andenken    des    ersten    Valencianischen 
Papstes   unter   dem    vergeblichen  Bemühen    litt,    Neapel    vor    einer  Dynastie    zu   bewahren, 
welcher  es  au  Legitimität   ebenso  wie  an  Humanität  gebrach,   so  hat  die   spätere  Zeit  das- 
selbe voUstilndig  gerechtfertigt.     Die  Härte   und  Grausamkeit,    die  Don  Ferrante    übte,   die 
willkürlichen   Einkerkerungen   und   Hinrichtungen,   der  Bruch  der  Verträge,    der  Hass,   der 
sich    an    ihn   und   sein    Haus    anknüpfte    und    der  frühe  Untergang    desselben   reclitfertigen 
vollständig  die  Politik   Calisto's  IH.,    die    Italien    einen  ungeheuren  Jammer    ersjiart  hätte. 
Ganz  natürlich  aber  war  es,   dass  mit  dem  Tode  des  Papstes  auch  die  Vollmachten   seines 
Neflfen,  des  Herzogs  von    Spoleto,    Don   Pedro    Luis,    erloschen.     P]r    hatte    die    wichtigsten 
Castelle   Catalanen    anvertraut,    die    nun   Anderen  Platz    machen  nmssteu.     Die  Engelsburg 
wurde,  wie  gewöhnlich  bei  einer  Sedisvacanz,  zur  Verfügung  des  Cardinalscollegiums  gestellt. 
Die  Italiener  sahen  in   dem  Vertrauen,   das  der  Papst  einem   seiner  valencianischen  Neffen 
schenkte,  die  Gefahr  einer  Fremdherrschaft,  die  ihnen  schon  als  solche  verhasst  war.    Aber 
Terracina  und  Benevent  waren  durch  den  Tod  Don.  Alfonso's  der  römischen  Kirche  wieder 
anheimgefallen.     Der  König    selbst    hatte  60.000  Ducaten    für    die  Flotte  gegen  die  Türken 
bestinnnt.    Es  Avar  das  Wenigste,  was  der  König  thun  konnte,  nachdem  die  christliche  Flotte 
ohne  ihn  im  Jahre  1457  den  Sieg  bei  Metelino   erfochten    hatte.     Don  Pedro  Luis,    wie    es 
scheint,  von    seinem  Bruder   zur  Nachgiebigkeit  bewogen,    fügte   sich   selbstverständlich   den 
Anordnungen  des  Cardinalscollegiums.*     Er  begab  sich  am  Todestage  des  Papstes  heimlich 
nach  Ostia  und  von  da  nach  Civitk  vecchia.     Die  Orsini,  welche  dm-ch  seine  Erhebung  am 
meisten  sich  in  ihrem  Parteitreiben  gestört   sahen,  da  es  sich  zunächst  darimi   handelte,    die 
von  ihnen  widerrechtlich  besetzten  Burgen  wieder  abzunehmen,  wählten  ihn  zum  Gegenstande 
ihres  Hasses    und    ihrer  Verfolgung   und    der   Samen,    der    damals    schon   aufgegangen   war, 
kam  auch  noch  in  späteren  Tagen  zu  üppiger  Blütlie.    Don  Pedro,  an  und  für  sich  kränklich, 
starb  bald  nachher  (26.  September)   in  Civitk  Vecchia.     Wenn    aber  von   einem  Sturze  der 
Borja  in  jüngster  Zeit    gesprochen  wurde,    so    ist    dieser  Ausdruck    den  Verliältnissen  nicht 
angemessen.     Don  Rodrigo   wurde  noch    1457  Vicekanzler   des   römischen   Stuhles   und  be- 
kleidete dieses  eiuHussreiche  Amt  bis  zu  seiner  Papstwahl  im  Jahre   1492.     Die  Differenzen 
des  Papstes  mit  König  Alonso  wegen  des  Bisthums  Valencia  erledigten  sich  nach  dem  Tode 
des  Letzteren   von   selbst,   indem  es   der  Papst   seinem   Neffen  Don  Rodrigo  verlieh,    dessen 
schon   sehr  bedeutende  Einkünfte    dadurch    um    18.000  Ducaten  jährlich   vermelirt    wurden. 
Er  konnte  es  ertragen,  wenn  nach  dem  Tode  seines  Oheims,  der  römischen  Unsitte  gemäss, 
sein    Palast    geplündert    wurde.      Wird    man    somit    die    Zerwürfhisse    mit    Don    Ferrante, 
welche  aus  einer  nur  zu  richtigen  Erkenntniss  des  falschen  und  treulosen  Charakters  dieses 
Bastarden  und  aus  der  Ueberzeugung  hervorgegangen  waren,  wie  nothwendig  es  sei,  Neapel 
in  das  gemeinsame  Vertheidigimgsbündniss  liineinzuziehen,  dem  ersten  Papste  aus  dem  Hause 
Borja   kaum   zur   Last  legen   können,^    so  wird  man  den  Versuch,   durch  Don  Pedro  Luis 

'  Pastor,  nach  dem  Berichte  de»  Antoniu  Catabeno,  der  übrigens  fünf  Tage  vor  dem  Tode  Papst  Calistos  geschrieben  ist, 
I,  S.  605.  Uebrigens  stimmt  meine  Darlegung  C'alixts  III.,  wie  eine  Vergleichung  zeigt,  nielit  mit  der  des  erwähnten 
Gelehrten  Oberein. 

'  E«  int  zur  Rechtfertigung  des  Verfahrens  Papst  Calistos  in  Betreff  Neapels  von  Wichtigkeit,  was  sein  Nachfolger,  Pio  IL, 
auf  dem  Concil  von  Mantua  sagte,  als  er  selbst  wegen  Verleihung  der  Investitur  an  Don  Ferraute  von  französischer  Seite 
heftig  angegriffen  worden  war: 

Que  Calisto  no  vuiera  negado  la  investitura  al  rey  Don  Alonso  sino  le  pidiera  que  se  Juntaron  con  el  reyno  la  marca 
de  Ancuna  y  otra»  muchas  tierras,  y  no  se  sabia  la  causa  que  le  avia  movido  de  remover  de  la  .sucesion  del  reyno  al 
rey  Don  Heraando  aviendolo  reconoscido  por  legitimo  sucessor  del  en  la  confederacion  y  paz  genera]  de  Italia.  Dezia 
Pio  que  si  equel  .sagaz   y  prudente  y  magnanimo  Pontifico  viviera  algunos    dias,   conocerian   todos   adonde   le  llevavan  sus 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  107 

Ordnung  im  Kirchenstaate  aiifziiricliten,  dem  Papste  noch  viel  weniger  zmii  Vorwurf  machen 
können.  Es  Ijleibt  als  solcher  nm-  die  Erhebung  Don  Rodrigo's  zum  Cardinal  zm-ück  und 
dieser  mrd  gemässigt,  wenn  man  die  allgemeine  Sitte  jener  Tage,  Neffen  zu  Cardinälen  zu 
ei-heben,  bedenkt  und  sich  an  die  ungewöhnlichen  Fähigkeiten  des  jungen  Mannes  erinnert, 
die  ihn  von  Würde  zu  Würde  führten  und  denen  er  in  einem  sittlich  beispiellos  herab- 
gekommenen Zeitalter  erst  später  seine  gleich  grossen  Laster  zur  Seite  setzte. 

Man  kann  das  Zeitalter  des  Hmnanismus,  des  überstürzenden  Eindringens  antiker  Ideen, 
Lebensanschauimgen  und  Gnmdsätze  nicht  von  der  Anklage  freisprechen,  die  scharfen  Unter- 
schiede zmschen  Tugend  und  Laster,  den  sittlichen  Werth  menschlicher  Handlungen  und 
den  Begriff  des  Sündhaften  im  Gegensatze  zu  dem,  was  dem  natürlichen  Menschen  erlaubt 
schien,  vei'\\'ischt  zu  haben.  Die  christliche  Gesellschaft  schied  sich  allmälig  in  zwei  Hälften, 
die  untereinander  lebten  und  nur  durch  die  Verschiedenheit  kenntlich  waren,  welche  in  ihren 
Begriffen  von  der  Aufgabe  des  menschlichen  Lebens  und  ihrer  persönlichen  Handlungs- 
weise sich  kund  that.  Die  grossen  Gegensätze  der  früheren  Zeit  hatten  anderen  Platz 
gemacht. 

Friedlich  war  die  Kaiserkrönung  des  dritten  Friedrichs  erfolgt.  Er  bedurfte  keines 
Heinrichs  des  Löwen,  um  gegen  die  Steinwürfe  der  Römer  Schutz  zu  finden.  Das  Kaiser- 
thum  hatte  auch  flir  Rom  seine  Bedeutung  verloren,  seit  die  Kaiserkrönung  nur  mehr  eine 
Ceremonie  geworden  war,  die  flir  kurze  Zeit  die  Alltäglichkeit  des  inneren  Kampfes  unter- 
brach. Die  Orsini's,  Colonna's,  Savelli's  balgten  sich  fortwährend  um  Land  und  Leute  und 
der  eigentliche  Römer  überfiel  Catalanen  und  plünderte  bei  Gelegenheit  Cardinalspaläste. 
Die  alten  Guelfen  und  Ghibellinen  waren  gleichfalls  versch^ninden  und  die  alten  Namen 
deckten  neue  Factionen,'  die  sich  gegenseitig  als  Feinde  verfolgten.  Aber  auch  das 
Schlachtfeld  war  ein  anderes  geworden.  Geistlich  und  weltlich,  die  Päpste  und  die  Könige 
von  Gottes  Gnaden,  die  sich  in  List  und  Gewaltthat  zu  übertreffen  suchten  und  oft  mehr 
von  Gnaden  einer  ganz  anderen  Macht  zu  herrschen  schienen,  bekämpften  sich  gegenseitig 
auf  dem  geistig  einflussreichsten  Gebiete,  das  el)en  deshalb  am  meisten  allen  Zufälligkeiten 
und  allem  Parteitreiben  hätte  entzogen  werden  sollen,  der  Verleihung  der  Bisthümer,  wo- 
durch ebenso  sehr  ein  unberechenbarer  Schaden  wie  ein  ganz  ausserordentlicher  Gewinn 
erzielt  werden  konnte,  je  nachdem  dieselben  Unwürdigen  oder  Würdigen  zukamen.  Gerade 
in  dieser  Beziehung  war  aber  unter  Papst  Calisto  ein  heftiger  Streit  entbrannt,  und  zwar 
nicht  blos  um  Valencia,  sondern  auch  um  das  Bisthum  Pamplona  in  Navarra  und  das  Erz- 
bisthum  Saragossa  in  Aragon.  Was  in  dieser  Beziehung  vorging,  gewährt  selbst  einen  tiefen 
Einblick  in  die  damalige  Auffassung  der  wichtigsten  Verhältnisse.  Als  Calisto  Papst  geworden 
war,  musste  er  auf  das  Bistlumi  Valencia  Verzicht  leisten.  Er  hatte  es  als  Cardinal  behalten, 
aber  seine  Diöcesanen  hatten  das  Antlitz  ihres  Bischofs  nicht  zu  sehen  bekommen;  seine 
bischöfliche  Thätigkeit  ging  in  der  neuen  Würde,  die  den  Bischof  von  Valencia  an  Rom 
fesselte,  unter.  Als  aber  nun  die  Valencianer  hofften,  einen  in  ihrer  Mitte  verweilenden 
Bischof  zu    erhalten,    hatte    der   Papst    die    Schwäche,    seinem    lebenslustigen    Neffen   Don 


peiisiamentos  y  a  lo  que  aspirava  en  auiino  del  qual  nuuca  se  persuadeo  niiiguno  que  tuviere  fin  de  querer  aquel  reyuo 
ni  de  couservar  le  para  la  casa  de  Francia.  Piies  era  cierto  que  no  avia  declarado  quo  el  reyiio  volviesse  a  la  easa 
de  Anjous,  si  no  a  la  Sede  apostolica. 
gurita  anal.  XVII,  c.  1,  f.  73. 
'  Eppure  allora  rincrudivano  le  parti  de'  guelfi  e  de'  ghibellini,  doi»)  che  erano  maucati  gli  oggetti  lor  prinütivi,  cioe  la 
independenza  e  la  liliertä:  ma  giielfi  diceansi  i  partitanti  di  Francia,  e  gliibellini  il  partito  nazionale.  Ces.  Cantü,  in  der  in 
vielfacher  Beziehung  le.sen.swerthen  Prefazione  al  vol.  III  dell'  archivio  .storico  italiano  p.  11. 

14* 


JQg  HöKLER. 

Rodrigo  das  Histlmm  zu  übertragen,  imd  bestand  König  Alfons  darauf,  dass  dasselbe  dem 
Bastardsohne  seines  Bruders,  des  Königs  Don  Juan  von  Navarra/  Don  Juan  de  Aragon  y  de 
Navarra  übertragen  werde,  l'apst  und  König  von  Aragon  vereinigten  sich  darin,  dass  Don 
Juan  bis  zu  seinem  siebenundzwanzigsten  Jahre  10.000  Ducaten  Rente  von  dem  l^isthum 
\'aleneia  bezielien  sollte.  Dann  aber  übergab  Calisto  das  Bisthiun  seinem  Neffen  Don  Rodrigo, 
Cardinal  von  S.  Nicolaus  in  carcere  Tulliano,  und  versetzte  den  Bastardprinzen  von  Aragon  und 
Navarra  wider  seinen  Willen  auf  das  Erzljisthuin  von  Saragossa.  Jetzt  verlangte  König  Don 
Juan,  sein  Sohn  solle  das  Bistlnuu  Valencia  und  das  Erzl)isthum  erlialten,  der  Prinz  von 
Viana  aber  betrieb  die  Verleihung  der  Kathedralkirche  A'on  Pamplona,  der  einzigen  von 
Navarra.  an  den  gelehrten  mid  ausgezeichneten  Cardinal  Bessarion,  während  König  Don 
Juan  datiir  einen  Abt  von  Santa  Pia  bestimmte,  der  ebenso  ungebildet  war^  als  Bessarion 
gebildet.  Alier  auch  Bessarion  hutte  niclit  in  Pamplona  residirt.  Der  Abt  von  Santa  Pia 
wurde  durch  das  Betreiben  des  Königs,  der  bereits  auch  König  von  Aragon  geworden  war, 
Bisehof  von  Pamplona,  der  Bastard  p]rzbischof  von  Saragossa  (gestorben  1475)  und  Vor- 
laufer des  Bastarden  König  Ferdinands,  Don  Alfonso,  und  der  Söhne  desselben,  Don  Rodrigo 
aber  Bischof  von  Valencia  imd  der  Sohn  dieses  Bischofs  wurde  dann  erster  Erzbischof  von 
Valencia,  ohne  je  die  AVeihen  zu  empfangen  —  Cesare  Borgia. 

Wir  werden  spUter  auf  diese  imd  ähnliche  Uebelstände  nochmals  zurückkommen  müssen. 
Es  genügt  hier,  sie  angedeutet  zu  haben. 


Die   Thronstreitigkeiten   in   Spanien   und    die   Mission    des    Cardinais    Don    Rodrigo 

de  Borja  als  legatus  a  latere. 

Das  aragonesische  oder  valencianische  Pontificat  wäre  unter  den  vorausgegangenen 
drei  italienischen  und  den  nachfolgenden  vier,  inn  mich  eines  italienischen  Sprichwortes  zu 
bedienen,  vric  ein  Loch  im  Wasser  verschwiuwlen.  wenn  nicht  die  vorherrschende  That 
Calisto's  III.,  die  Aufnahme  des  grossen  cliristlichen  Befreiimgskrieges  gegen  die  Osmanen, 
von  seinem  Nachfolger  Pio  IL  mit  der  Energie  eines  Jünglings  und  der  Besonnenheit  und 
Umsicht  des  Alters  ergriffen  worden  wäre;  gleichwohl  hat  Pio  in  sechs  Jahren  nicht  das  zu 
Stande  gebracht,  was  Calisto  in  drei  Jahren  durchführte.  Die  letzten  Massregeln  des  valen- 
cianischen  Papstes  in  Betreff  Don  Ferrantes  hatten  jedoch  wesentlich  eine  der  Absicht  des 
Paj)stes  entgegengesetzte  Wirkimg  gehabt.  Sie  dienten  nicht  nur  zur  Befestigung  der 
Bastarddynastie  von  Neaj)el,  sondern  wurden  auch  von  dem  neuen  Könige  von  Aragon  als 
ein  Attentat  gegen  die  casa  real  de  Aragon  —  gegen  das  gesammte  königliche  Haus  von  Ara- 
gon, ja  selbst  als  ein  Act  des  Undankes  von  Seite  eines  ehemaligen  Mitgliedes  des  königliclien 
Rathes  von  Aragon,  das  seine  P^rhebung  zum  Cardinalate  der  Verwendung  des  Königs  Don 
Alfonso  verdankte,  aufgefasst.  p]s  wäre  zu  ernstlichen  Zerwürfnissen  nicht  blos  mit  Don 
Ferrante,  sondern  auch  mit  Don  Juan  IL  gekommen,  hätte  ihnen  nicht  der  Tod  des  Papstes 
ein  frühes  J^nde  bereitet.  PZs  bedurfte  der  Erfahrung  von  einem  Menschenalter,  um  Calisto  IIL 
auch  in  dieser  Beziehung  Gerechtigkeit  zu  verschaffen ;  vorderhand  aber  bahnte  der  Umschlag 
der  Dinge  Don  Ferrante  den  Weg  zur  Befestigung  seiner  Monarchie  und  seiner  Dynastie,  die  sich 

'   qne  »e  criava  en  su  ca»a.  ^"urita  anal.  XVl,  c.  52. 
'   hombre  prophano.  I.  e.  c.  54. 


Don  Rodrigo  de  Bor  ja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  109 

in  allen  Thaten  einer  bodenlosen  Tyrannei  erging'  und  dadurch  sieli  einen  jähen  Sturz  und 
nach  fünfundvierzigjährigeni  Bestände  ein  frülies  Grab  durch  den  Sohn  Don  Juan's  selbst 
bereitete.  Unter  den  Zerwürfnissen  aber,  welche  zunächst  Aragon-Navarra  und  Castilien 
nicht  zur  Ruhe  kommen  Hessen,  erschwang  sich  selbst  das  aragonesische  Königreich  von 
Neapel-Sicilien  vorübergehend  zu  einer  Art  von  Primat. 

Uebrigens  schien  das  Jahr  1458  bestinnnt  zu  sein,  nicht  blos  im  Süden  der  Alpen 
eine  grosse  Veränderung,  oder  blos  im  Schoosse  der  romanischen  Staaten  liervorzubringen, 
sondern  auch  im  Norden  derselben.  Wie  Don  Ferrante  mit  seinem  dunklen  Ursprünge, 
der  Calisto  das  geflügelte  Wort  in  den  Mund  legte,  man  wisse  nicht,  Aver  sein  Vater  sei, 
die  Reihe  der  legitimen  Könige  diirchbrach,  that  es  der  Böhmenkönig  Georg  von  Podiebrad 
und  Cunstatt,  der  ,vffgerukte'  König,  wie  ihn  der  Kurfiirst  Albrecht  Achilles  von  Brandenburg 
nannte,  im  Norden,  da  er  die  rechtmässige  Erbfolgeordnimg  durchbrach  und  durch  seine 
Begünstigung  des  Utra(juismus  den  kaum  zum  Stillstand  gebrachten  husitischen  Streit 
erneute,  die  Brandfackel  in  das  eigene  Lager  warf  mid,  selbst  wie  ein  Meteor  vergehend, 
(1471)  den  polnisch-lithauischen  Jagelionen  —  der  geistig  imbedeutendsten  Dynastie  —  den 
Weg  nach  Böhmen  und  Ungarn  und  in  das  Herz  des  deutschen  Reiches  bahnte,  zu  den 
grössten  Erschütterungen  iii  Centraleuropa  Anlass  gab. 

Man  konnte  es  als  ein  grosses  Unglück  betra(^hten,  dass  der  ausgezeichnete  Cardinal 
Domenico  Capranica,  den  Papst  Älartin  zmn  Cardinal  erhoben  und  der  sich  ebenso  sehr 
durch  seine  clnnstlichen  Tugenden  als  durch  seine  Gelehrsamkeit  hohe  Achtimg  erworben 
hatte,  erst  58  Jahre  alt,  am  14.  August  1458  starb.  Viele  Hoffnungen  eines  Besserwerdens 
wurden  mit  ihm  zu  Grabe  getragen.  Die  Wahl  des  Cardinais  Prospero  Colonna  liätte  den 
Hass  der  ohnehin  schon  übermäclitigen  Orsini  noch  mehr  entflammt;  die  des  französischen 
Cardinais  d'Estouteville  hätte  die  Cumulation  von  Bistlüimern  und  Abteien  sanctionirt,  die 
der  kunstliebende  Cardinal  von  Ostia  besass,  aber  schwerlicli  die  reformatorische  Richtung. 
Die  Cardinäle  vereinigten  ihre  Stimmen  auf  einen  der  jüng.sten  Cardinäle,  Enea  Silvio 
Piccolomini  (Pio  H.),  den  am  18.  December  1456  Calisto  zum  Cardinal  erhoben  hatte.  Er 
wurde  dessen  Nachfolger  auch  in  der  rastlosen  Sorge  der  Fortführung  des  Osmanenkrieges, 
Avährend  er  im  Gegensatze  zu  ihm  durch  Anerkennung  Don  Ferrantes  und  der  früheren 
Verfügungen  Papst  Eugens  über  die  neapolitanische  Erbfolge  dem  Süden  Ruhe  zu  geben 
suchte.  Als  es  keinen  Nepoten  in  der  Weise  des  Don  Pedro  Luis  mehr  gab,  richtete  der 
Graf  Everso  von  Anguillara,  aus  einem  NebenzAveige  der  ( )rsini,  seine  Herrschaft  im  Norden 
Roms  auf.  Als  man  glaubte,  Neapel  sei  befriedigt,  erfolgte  erst  der  Protest  des  französischen 
Königs  auf  dem  Concil  zu  Mantiia  gegen  die  Investitur  Don  Ferrante's '  und  als  Vorläufer 
noch  grösserer  Umwälzungen  der  Kriegszug  des  Herzogs  Johann  von  Calabrien,  Sohn  König 
Ren^'s  von  Anjou,  gegen  welchen  sich  König  Ferrante  bei  dem  Abfalle  so  vieler  Barone 
nur  mit  Mühe  behauptete.  Seine  Regierung  nahm  seitdem  mehr  und  mehr  den  Charakter 
einer  ZAvingherrschaft  an,  Rom  aber  gleichzeitig  den  einer  Zufluclitsstätte  der  aus  ilireii 
Besitzungen  vertriebenen  Fürsten  und  Fiirstinen  des  cliristliclien  Orients,  der  auf  dem 
Punkte  stand,  moslemisch  zu  werden.  Lahm  am  Körper,  über  alle  Massen  gebrechlich, 
aber  voll  kriegerischen  Geistes,  voll  Begierde,  sich  an  die  Spitze  eines  Kreuzzuges  zu  stellen, 
den  christlichen  Völkern  eine  andere  Richtung  zu  geben,  als  sich  im  Streite  ihrer  Fürsten 
zu  zerfleischen,    hatte    sich   Pio  H.   nach  Ancfma    bringen    lassen.     Die   venetianische   Flotte 


^■urita  anal.   XVII,  c.  1. 


110  HöFLER. 

wjir  zu  gleichem  Zwecke  tlaselbst  eingelaufen.  Ehe  aber  der  Papst  den  Dogen  empfangen 
konnte,  wj\r  er  eine  Leiche  (14.  August  1464).  Sein  Ruhm  war,  den  Impuls  aufgenommen  zu 
lial)en,  den  Calisto  gegeben.  Leider  fanden  beide  Päpste  darin  keine  Nachfolge.  Eine  neue 
Zeit  schien  anzubrechen,  als  der  Venetianer  Pietro  Barbo,  Cardinal  von  S.  Marco,  gewählt 
«nirde,  die  Cardinäle  ihm  (Paul  II.)  eine  Wahlcapitulation  vorlegten,  der  Papst  aber,  von  Don 
Ui>drig»)  de  Borja  am  16.  Septeiiiber  gekrönt,  sie  zwang,  die  Vereinbarung  zurückzuuehmen. 
Er  fühlte  die  Nothwendigkeit,  im  Innern  Ordnung  zu  schaffen,  l)rach  nach  dem  Tode  des 
(irafen  Everso  (4.  September  1464)  die  Macht  seiner  Söhne  und  damit  der  Orsiui,  erlebte 
aber  durch  den  Tod  erst  Cosimo's  de'  Medici,  dann  seines  Sohnes  Piero  (1469),  des 
herzoglichen  Begründers  des  Hauses  Sforza  in  Mailand,  Francesco  Sforza's,  endlich  des 
Borso  von  Este,  den  Paul  II.  zum  Herzoge  von  Ferrara  erhoben,  auch  nach  dieser  Seite 
hin  den  Beginn  von  Veränderungen,  deren  Entwicklung,  als  Paul  IL  in  der  Nacht  vom 
25.  Juli  1471  unvermuthet  sein  Ende  gefunden,  seinem  Nachfolger  Sisto  IV.,  Francesco  della 
Rovere  aus  Albizzola  (gewählt  am  9.  August  1471),  vorbehalten  war.  Er  wurde  Papst,  als 
»ich  Don  Rodrigo  de  Borja  im  Vereine  mit  dem  Cardinal  Latiuo  Orsini  und  Francesco 
Gouzaga  tiir  ihn  entschied.  Rodrigo  krönte  ihn,  erhielt  von  ihm  die  Abtei  von  Subiaco 
als  Conunende,  Orsini  wurde  Canierlengo,  Gonzaga  erhielt  die  Abtei  von  S.  Gregorio.  Als 
aber  das  Concil,  welches  Sisto  IV.  wünschte,  auf  zu  grosse  Hindernisse  stiess,  trat  jetzt  selbst 
eine  gewisse  Theilung  der  Gewalten  ein,  indem  der  neue  Papst  mit  Zustimmung  der  Car- 
dinäle vier  Legaten  ndt  besonderen  Vollmachten  ernanute,  den  Cardinal  Bessariou  für 
Frankreich,  seinen  Neffen  Älarco  Barbo  für  Deutschland,  Rodrigo  für  die  spanischen  Länder 
luid  Ciiratta  für  das  gegen  die  Osmanen  zu  verwendende  Heer.  Damit  tritt  der  Neffe  Papst 
Calisto's  III.  in  den  Vordergrund. 

Es  war  hohe  Zeit,  dass  der  Versuch  gemacht  wurde,  die  Dinge  in  Westeuropa,  die 
ausser  Rand  und  Band  gegangen  waren,  in  Ordnung  zu  ])ringen.  Was  vielleicht  einzig  in 
der  Geschichte  dasteht,  war  in  Frankreich  und  Na  varra  -  Aragon  vorgefallen,  wo  König 
Karl  VII.  imd  König  Don  Juan  II.  sich  untereinander  gegen  ihre  Erstge) Jörnen  verbanden, 
der  Dauphin  Ludwig  (später  XI.)  in  Burgund,  der  Prinz  Don  Carlos  von  Viana  in  Mallorca 
eine  Zuflucht  fanden.  Die  Erhebung  der  Römer  gegen  die  Catalanen  in  den  letzten  Tagen 
Papst  Calisto'»  fand  1470  ein  Gegenstück  in  dem  Aufstande  der  neapolitanischen  Barone 
gegen  Don  Ferrante  unter  dem  Vorwande,  das  italienische  Königreich  von  dem  harten  und 
liabsüchtigen  Joche  der  Catalanen  zu  befreien,*  worunter  die  Italiener  die  Spanier  verstanden. 
Bereits  wurde  die  Verlobimg  des  Prinzen  Ferdinand,  ältesten  Sohnes  des  Königs  Don  Juan  II. 
und  der  Königin  Donna  Juana  Enriquez,  mit  Donna  Isabel  von  Castilien,  Schwester  König 
Heinrichs  IV.,  eingeleitet  und  der  Prinz  von  Viana,  dem  als  ältester  Sohn  erster  Ehe  die 
Nachfolge  in  Navarra-Aragon  gebührte,  hatte  Gelegenheit  genug,  sich  von  den  feindlichen 
Gesinnungen  seiner  Stiefnuitter^  zu  überzeugen,  die  ihrem  Sohne  die  Nachfolge  in  Aragon 
zuzuwenden  strebte  und  ihren  Gemahl  belierrschte.  Der  Prinz  von  Viana  trieb  sich  mehr 
als  Flüchtling  denn  als  Thronfolger  herum,  ohne  auch  nur  das  Herzogthum  Gaudia,  das  er 
dringend  ]>egehrte,  erhalten  zu  können,^  und  als  endlich  die  Vereinbarung  mit  seinem  Vater 


'  pars  librar  lofl  de  la  tlura  y  avara  «ugecion  de  los  Catalaiies.    Anal.  c.  61. 

'  madrautra,  anal.  c.  60.  Ausdrücklich  wird  aber  erHähnt,  dass  die  Vereinbarung  vom  26.  Januar  1460  zwisclieu  Vater  und 
Sohn  auf  Bitten  der  K(ini)pn  als  piadosa  madre  (?)  stattgefunden  habe,  c.  63.  Hinter  der  Königin  st.ind  der  Almirante  Don 
Kadrique,  Vater  der  Königin  und  erklärter  Feind  de»  Prinzen,  Urljeber  der  Feindschaften  zwisclien  Vater  und  Sohn,  c.  65. 

'  Anal.  f.  61,  64.  y  el  rey  sc  cscusava  dello  diziendo  (jue  »e  le  avia  dexado  a  el  por  el  dueado  de  Nemours,  f.  67,  6. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  111 

stattfand  und  die  Catalanen  ihn  al.s  primogenito  begrüssten,  wurden  sie  deshalb  von  dem  Könige 
zurechtgewiesen.'  Der  Aussöhnung  z-\vischen  Vater,  Stiefmutter  und  dem  Prinzen  folgten 
neue  Zenvürfnisse  bis  zur  verrätherischen  Gefangennehmung  des  Prinzen  durch  seinen  Vater. 
Er  war  seines  Lebens  nicht  sicher.  Was  er  unternahm,  ward  ihm  als  Verbrechen  ausgelegt, 
sein  Recht  als  Erstgeborner,  als  legitimer  Erbe  der  Königreiche  Navarra  und  Aragon,  dem 
nun  auch  die  Königreiche  Mallorca,  Sicilien  und  Sardinien  nebst  den  Grafscliaften  Roussillon 
imd  Cerdaigne  incor]jorirt  wurden,^  von  dem  Vater  nicht  anerkannt,  seine  Verlobung  mit 
der  Infantin  Donna  Isabel  von  Castilien  durch  die  Stiefmutter  und  deren  Vater  hinter- 
trieben, der  Prinz  förmlich  zu  Tode  gehetzt,  damit  er  ja  nicht  Erbe  der  Gesanuntmonarchie 
werde.  Er  starb  an  einem  hitzigen  Fieber  mit  Hinterlassung  dreier  Kinder,  die  er  durch 
nachträgliche  Heirat  auf  dem  Todbette  zu  legitimiren,  vielleicht  aus  Gründen  der  Politik  sich 
weigerte.^  Der  Tod  des  Prinzen  am  23.  Septem1)er  1461  brachte  die  nur  zu  gegründete 
Entrüstung  der  Catalanen  über  das  Benehmen  des  Königs,  seines  Vaters,  der  ihn  immittel- 
bar nach  erfolgter  Aussöhnung  gefangen  gesetzt  hatte,  zum  Ausbruche,  während  der  König 
nach  dem  Tode  seines  Sohnes  sich  selbst  zu  spät  überzeugt  hatte,  dass  die  von  seiner  Ge- 
mahlin gegen  ihren  Stiefsohn  vorgebrachten  Beschuldigungen  ungegründet  waren.  Der  Auf- 
stand der  Catalanen  imd  Barcelona's  insbesondere  zog  sich  von  einem  Jahre  in  das  andere, 
(lehnte  sich  zuletzt  zu  einem  zehnjährigen  Bürgerkriege  aus,  der  alle  Thatkraft  Don  Juans 
lähmte,  ihn  in  bittere  Armuth  stürzte  und  dem  Könige  Ludwig  XL  Anlass  gab,  sein  Reich 
bis  über  Perjjignan  mit  List  und  Gewalt  auszudehnen,  den  König  Don  Juan  aber  zwang, 
Hilfe  bei  seinem  Vetter  in  Neapel  zu  suchen.  Mindestens  ebenso  schlimm,  wo  niclit  schlinnner, 
war,  dass  der  frühe  Tod  des  Erstgebornen  König  Juans  die  Vereinigung  der  Königreiche 
Navarra  und  Aragon  für  die  Zukunft  löste,  indem  Don  Fernando,  welcher  sich  jetzt  als 
Erstgeborner  benahm,  es  wohl  in  Bezug  auf  Aragon,  die  Insel  Sicilien  und  die  übrigen 
Bestandtheile  des  aragonesischen  Königreiches  war,  aber  keinen  Ansprucli  auf  die  Nachfolge 
seines  Vaters  im  Königreiche  Navarra  erheben  konnte,  da  das  Erbrecht  nach  dem  Tode  des 
Bruders  den  Schwestern  des  Prinzen  von  Viana  zukam.  War  jenes  im  langen  Streite  zwisclien 
Don  Juan  und  Don  Carlos  die  Beute  eines  heillosen  Bürgerkrieges  geworden,  so  bahnte  der 
Tod  des  letzteren  dem  Hause  der  Grafen  von  Foix  den  Weg  zu  dem  Throne  von  Navarra, 
der  aber  nach  kurzer  Zeit  wieder  an  das  Haus  des  Sire  d'Alain  (Albret)  kam.  Der  Tod 
des  Prinzen  von  Viana  wurde  so  der  Anfang  der  grössten  imd  nachhaltigsten  ZeiTüttungen, 
die  nicht  wenig  beitrugen,  die  Muclit  Frankreiclis  zu  erhöhen,  die  Aragons  zu  scliAvächen, 
ja  selbst  den  Prätendenten  von  Neapel,  den  der  König  Don  Ferrante,  aus  seinem  Reiche  ver- 
trieben, eine  für  König  Don  Juan  gefährliche  Stellung  zu  verschaffen,  als  Jean  de  Lorraine, 


'  (jue  al  principe  D.  C'arlo.s  s«  liijo  (Barcelona)  ni  attribuyesse  titulo  ni  prerogativa  alguna  de  primogenitura.    Anal.  f.  70. 

2  Uie  aber  schon  1462  Künig  Don  Juan  an  den  König  Ludwig  XI.  von  Frankreich  für  200.000  Thaler  verpfändete,  ^urita 
anal.  f.  129. 

'  Hätte  er  es  gethan,  so  wäre  sein  ältester  Sohn  Tlironerbe  von  Navarra  geworden  und  Rivale  de»  nachherigeu  Königs  Fer- 
dinand des  Katholischen  in  Bezug  auf  die  Nachfolge  in  Aragon,  wo  der  Streit  zwischen  dem  Enkel  König  Don  Juans  II. 
und  des  letzteren  Solin  aus  zweiter  Ehe  ent.standen  wäre.  Don  Carlos  war  aber  bereits  selbst  ein  Opfer  der  Ränke  seiner 
Stiefmutter,  der  Königin  Donna  Juana,  und  ihres  Vaters  Don  Fadri([ue  Enri(juez  geworden  und  mochte  sterbend  überlegen, 
ob  es  nicht  besser  sei,  seinen  Kindern  eine  melir  untergeordnete,  aber  sichere  Stellung,  als  eine  licihere,  aber  heftig  bestrittene 
zu  verschaffen.  Sein  ältester  Sohn  Don  Feli])e  wurde  sjiäter  Maestro  de  Montesa,  tiel  aber  rühmlich  im  Kampfe  gegen  die 
Moros.  Pulgar  c.  98.  Die  Tochter  Anna,  von  hervorragender  Schönheit  —  ihre  Mutter  war  Donna  Maria  de  Annandurez 
(muger  muy  noble,  ^'urita  anal.  XVIII,  c.  36)  —  wurde  Gemahlin  des  Don  Luys  de  la  Gerda,  conde  di  Medina  Celi,  nach- 
dem dieser  seilte  erste  Frau  wegen  Ehebruchs  Verstössen.  Der  jüngste,  Don  Juan  Alonso,  geboren  in  Sicilien,  Abbad  de 
S.  Juan  de  la  Pefia,  wurde  später  obispo  de  Hue.sca,  wie  sein  älterer  Bruder  anfänglich  ]iroveydo  de)  Arijobispado  de  Palermo, 
conde  de  Beafourt  geworden  war.     Don  Felipe's  Mutter  war  Donna  Brianda  Vaca.     ^urita  anal.  IV,  f.  97. 


112  HöFLBR. 

wie  sich  der  Sohn  König"  Ren^'s  aus  dem  Hause  Anjou  nannte,  in  Barcelona  Aufnahme  ge- 
funden und  nun  selbst  auf  spanischem  Boden  den  Kampf  gegen  das  Haus  Aragon  erneute.' 

So  gross  aber  die  Zerrüttung  war,  die  in  Aragon  und  Navarra  entstanden,  seit  dem 
Prinzen  Don  Carlos  von  Viana  sein  Erbrecht  auf  die  Doppelmonarchie  zu  Gunsten  seines 
Stiefbrudei-s  Don  Fernando  bestritten  und  entrissen  wurde,  und  so  schwere  Unthaten  hiebei 
zum  Vorschein  kamen,  als  seine  Schwester  Blanche  de  Navarra  vergiftet  wurde,  um  der 
Princessin  Leonor  den  Weg  zum  Throne  von  Navarra  zu  bereiten  (1462),  so  kamen  sie 
docli  denen  nicht  gleich,  welche  nach  dem  Tode  König  Don  Juans  II.  von  Leon  und  Castilieu 
—  Zeitgenossen  Don  Juans  I.  von  Aragon  —  in  Castilien  ausbrachen,  als  der  unselbstständige 
Don  Enrique  IV.  ihm  1454  nachfolgte.  Niemand  konnte  damals  sich  auch  mu-  mit  einiger 
Wahrscheinlichkeit  vorstellen,  dass  die  beiden  Don  Jiian  die  vorletzten,  ihre  Söhne,  Don 
Enri(iue.  geboren  1425,  und  Don  Fernando,  geboren  10.  März  1452,  die  letzten  Könige  ihres 
Stannnes  sein  würden,  nach  wenigen  Jahrzelmten  in  Leon  und  Castilien  wie  in  den  aus- 
getlehnten  Königreichen  Aragons  der  Mannesstamm  erlöschen  w^erde,  und  doch  war  es  so. 
Eine  schwere  Blutschidd  hing  sich  an  den  Namen  des  Königs  Don  Juan  IL  ^■()n  Leon  imd 
Castilien.  Sein  Sohn  und  Nachfolger  Heinrich  IV.  schied  sich  von  seiner  ersten  Gemahlin 
Maria  von  Aragon,  um  Donna  Juana  von  Portugal  zu  heiraten,  die  ihm  1459  eine  Tochter, 
Donna  Juana,  gebar,  welche  von  den  Granden  und  Prälaten  des  Reiches  als  Thronerbin 
anerkannt  wurde.  König  Don  Juan  von  Castilien  und  Leon  hatte  aber  von  seiner  zweiten  Ge- 
mahlin Donna  Isabel  von  Portugal,  welche  nach  langjährigem  Wahnsinn  im  Schlosse  von  Are- 
valo,  ihrem  Witthum,  erst  15.  August  1496  starb,  zwei  Kinder,  Donna  Isabel,  geboren  23.  April 
1451,  und  den  im  Jahre  1453  geborenen  Prinzen  Don  Alfonso,  der  am  5.  Juli  1468  starb, 
somit  sechs  Jahre  vor  seinem  älteren  Bruder,  dem  Könige,  welcher,  nachdem  er  sein  Reich 
in  die  äusserste  Zerrüttung  ^•ersetzt,  er  selbst  ein  Spiell)all  der  Parteien  geworden  wixr,  am 
12.  December  1474  sein  Leben  beschloss,  was  unstreitig  die  beste  und  heilsamste  That  seiner 
Regierung  war.  Brachte  die  portugiesische  Isabella,  die  Mutter  der  gleichnamigen  Königin 
(Gemahlin  des  Don  Hernando  el  catolico),  den  Wahnsinn  in  ihre  spanische  Nachkommenschaft, 
so  gab  das  ausschweifende  Betragen  der  portugiesischen  Donna  Juana  —  zweiten  Gemahlin 
Don  Enrique's  —  Anlass,  an  der  Legitimität  ihrer  Tochter  zu  zweifeln  luid  den  einer 
Schwächung  des  König-thums  und  geradezu  einer  Thronverftnderung  geneigten  Parteien  unter 
den  Granden  \villkommene  Gelegenheit,  die  Regierung  Heinrichs  IV.  zu  einer  der  trostlosesten 
der  ganzen  spanischen  Geschichte  zu  machen. 

Während  der  König,  aller  Energie  l)aar,  die  Theorie  geltend  maclite,  dass  alle  Könige 
im  Namen  Christi  auf  Erden  regierten  und,  das  Amt  Gottes  auf  Erden  versehend,  die  Armen 
zu  erhöhen,  die  Kleinen  aus  dem  Staube  aufzurichten  hätten,  nahm  l)ei  der  zunehmenden 
Schwäche  seines  Charakters  und  dem  Hange,  Alles  gehen  zu  lassen,  wie  es  ging,  selbst  aber 
immer  nachzugeben  und,  im  Besitze  der  Macht,  diese  nie  gegen  üebelthäter  anzuwenden, 
im  Gegentheile  auf  Kosten  seiner  Ehre  und  Würde  Concessionen  auf  Concessionen  zu  machen, 
der  I'ebemuith  des  Adels  bis  zu  dem  Grade  zu,  dass  eigentlich  der  Admiral  Don  Fadrique 
Enriquez,  der  Erzbischof  von  Toledo,  Don  Pedro  Giron,  Grossmeister  von  Calatrava,  und 
der  Marques  von  Villena,  Don  Juan  de  Pacheco,  die  Herren  von  Castilien  waren.  Als  es 
ihnen  gelang,  Don  Bertran  de  la  Cueva,  den  der  König  zum  Grafen  von  Ledesma  erhoben 


'  Er  gUrb  erst  1470,  in  demselben  .Jahre,   in  welchem  Gaston  aus  dem   Hause  Foix,  Prinz  von  Viana,  Enkel  Köni<r  Don  .Juans 
von  seiner  Tochter  I^onore,  im   Turniero  liidtlich   verwundet,  st.arb. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  113 

und  der  dann  mit  päpstlicher  Bewilligung  Grrossnieister  von  Santiago  geworden  war,  dahin 
zu  bring-en,  dass  er  im  Interesse  des  Friedens  auf  diese  hohe  und  einflussreiche  Stelle  Ver- 
zieht  leistete,  der  König  aber  nun  ihnen  gegenüber  wie  entwaffnet  dastand,  schritten  die 
Granden  zum  offenen  Aufruhr.  Sie  verhöhnten  ihn  als  König,  Gemahl  und  Vater  auf  die 
ehrenrührigste  Weise,  bemächtigten  sich  seines  jüngeren  Bruders  Don  Alonso,  um  ihn  als  König 
auszurufen;  wiederholt  fanden  Mordanschläge  gegen  den  König  statt,  der  sich  seiner  treuesten 
Diener  berauben  liess  und  ein  Wohlgefallen  daran  zu  finden  schien,  wenn  man  ihn  als  Spiel- 
zeug behandelte.  Während  der  König  seine  Schwester  Donna  Isabel  mit  dem  Könige  von 
Portugal  zu  vennählen  beabsichtigte,  gedachte  Don  Pedro  Giron,  Grossmeister  von  Calatrava, 
Gemahl  der  Prinzessin  zu  werden,  und  nur  sein  Tod  hinderte  die  Ausführung  dieses  Planes, 
nicht  aber,  dass  Don  Alonso,  sein  ältester  Sohn,  ihm  im  Grossmeisterthiune  nachfolgte,  der 
jüngere,  Graf  von  Vrena  wurde  und  sein  Bruder  Don  Juan  de  Pacheco,  Marques  von  Villena, 
ohne  Zustimmung  des  Königs  oder  des  Infanten  Don  Alonso,  zu  dessen  Gunsten  König 
Enrique  auf  das  Grossmeisterthum  Verzicht  geleistet  hatte,  und  ebenso  ohne  den  Papst  be- 
fragt zu  haben,  sich  des  Grossmeisterthums  von  Santiago  bemächtigte  und  nim  eigentlich 
den  schwachen  König  und  das  Reich  regierte,  inwiefern  letzteres  nicht  die  Beute  anderer 
Granden  geworden  war.  Was  jetzt  in  Castilien  vor  sich  ging,  war  das  Vorspiel  dessen, 
was  später  die  Bourbons  und  Chatillons  in  Frankreich,  was  gleichzeitig  der  böhmische  und 
ungarische  Adel,  später  auch  der  österreichische  versuchten  und  die  deutschen  Fürsten  den 
Kaisern  gegenüber  durchzufuhren  strebten.  Es  war  der  Kampf  des  Adels  gegen  die  Krone, 
der  imter  der  verschiedensten  Gestaltung  sich  durch  die  verschiedensten  Länder  hindm-chzog, 
in  Castilien  aber  besondere  Nahrung  dadurch  fand,  dass  der  Adel  gegen  den  König  seine 
nächsten  Angehörigen  auszuspielen  vemiochte.  Diego  Enriquez  del  Castillo,  welcher  als 
Caplan  und  Cronista  des  Königs  Mitglied  des  königlichen  Rathes  war  und  zu  wichtigen 
Missionen  venvendet  wurde,  auch  die  bis  zvu-  Charakterlosigkeit  gehende  Schwäche  König 
Heinrichs  so  wenig  verschweigt  als  die  unausbleiblich  daraus  entstehenden  Folgen,  machte 
es  sich  in  seiner  Chronik  König  Heinrichs  IV.  zur  Ijesonderen  Aufgabe,  hervorzukehren,  wie 
oft  der  König  mit  seiner  portugiesischen  Gemahlin  an  den  verschiedenen  Orten  vei'weilte, 
mit  welcher  Liebe  er  ihr  zugethan  war,  und  wie  die  Königin,  als  sie  bereits  Donna  Juana 
geboren,  nochmal  sich  in  anderen  Umständen  befand,  aber  zu  früh  niederkam.  Er  ver- 
schweigi;  ebensowenig,  wie  bei  der  ersten  grossen  Adelsverschwörung,  trotz  der  Huldigung  zu 
Madrid,  die  der  Prinzessin  Donna  Juana  zwei  Monate  nach  ihrer  Geburt  zu  Theil  geworden 
war  und  wobei  die  Prälaten  und  Granden  wie  die  Städteprocuratoren  der  Cortes  die  Tochter 
König  Heinrichs  als  rechtmässige  Erbin  anerkannten,  die  Granden  sich  gegen  sie  erklärten 
und  der  Erzbischof  von  Toledo,  Don  Alonso  de  Carillo,  der  bei  der  Huldigung  das  Kind 
in  seinen  Armen  hatte,  dann  sich  in  den  unwürdigsten  Ausfällen  gegen  den  König,  seineu 
Herrn  und  Wohlthäter,  erging.  Jetzt  auf  einmal  hiess  es  bei  den  vier  Punkten,  die  die 
Beschwei-den  der  Granden  bildeten,  der  König  habe  durch  die  Madrider  Huldigung  dem 
Reiche  und  den  legitimen  Nachfolgern  das  grösste  Unrecht  zugefügt,  indem  er  wohl  gewusst 
habe,  dass  Donna  Juana  nicht  seine  Tochter  war  und  deshalb  auch  nicht  ihn  gesetzlich 
beerben  könne.'  Diese  infamirende  Anklage  nuisste  aber  Boden  gewinnen,  als  der  König, 
anstatt  die  Rebellen,  wie  er  konnte  und  musste,  zu  Paaren  zu  treiben,  in  seinem  geheimen  Rathe,^ 


'  Diego  Enriquez  de  Castillo,  c.  65. 
2  muy  alto  consejo. 
Denkacliriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  16 


J14  HöFLER. 

dem  uoch  Don  Beitran  de  la  Cueva  als  Maestro  de  Santiago,  der  damalige  Bischof  von  Cala- 
horra,  Don  Pero  Gonzalez  de  Mendoza  —  der  nachherige  Cardinal  von  Spanien  —  und  Don 
Lope  de  Barrientos,   Bischof  von  Ciienca,   des  Königs   früherer  Lehrer,   neben  den  anderen 
Rilthen  beiwohnten,  sich  gegen  die  Meinung  des  Bischofs  von  Cuenca  erklärte,  welcher  auf 
das  Entschiedenste  betilrwortete,  dass  gegen  diese  Lügner  und  Verächter  der  Wahrheit  und 
Gerechtigkeit  der  König  die  Waffen  entscheiden    lassen  müsse.*     Der  König    war  jetzt  wie 
später,  als  er  seine  Gegner   bei  Simancas    vernichten  konnte    imd  es  siclier  war,    dass  man 
gegen  ihn  Meuchelmord  jjlane,  nicht  zu  bewegen,  Gewalt  zu  gebrauchen  oder  es  nöthigen- 
falls  zur  blutigen  Entscheidung   kommen    zu  lassen,    während  es  sich    doch    um  seine  Ehre 
und  das  Recht  seiner  Tochter  handelte,  die  er  durch  seine  Schlaffheit  moralischer  Vernich- 
tung preisgab.     Natürlich  musste  durch  ein  derartiges  Benehmen    die   von    den  Rel)ellen  in 
Burgos  mit  aller  Keckheit  ausgesprochene  Behauptung  Glauben  finden,  der  König  aber  alle 
Achtung    verlieren,    da    er,    ganz    abgesehen    von    seiner  Tochter   und    dem    ihr  angethanen 
Schimpfe,  geduldet  hatte,  dass  er  in  Gestalt  einer  auf  den  Thron  gesetzten  Puppe  öffentlicli 
seiner  lusignien  beraubt  und  abgesetzt  wurde.    Als  aber  etwas  später  Don  Juan  II.  von  Ara- 
gon, benüiht,  die  Vennählung    der  Donna  Juana   mit    dem  Herzoge    von    Guyenne,    Bruder 
König  Ludwigs  XL,  zu  hindern,  einen  eigenen  Gesandten  an  Don  Pero  de  Velasco,  Grafen 
von  Haro,  sandte,  um  ihn  zu  bewegen,  der  ,im  Ehebruche  geborenen  Donna  Juana'  die  Treue 
nicht  mehr  zu  halten,    musste  der  königliche  Bote  die  Antwort  hören,    er  habe  bei  der  all- 
gemeinen Huldigung  zu  Madrid  der  Prinzessin  den  Eid  der  Treue  geleistet,  und  werde,  dem 
Rathe  erfahrener  und  gelehrter  Männer,  die  er  befragt,    gehorchend,    den  einmal  geleisteten 
Eid  lialten.*     Wir  werden  später  in  der  Lage  sein,  nachzuweisen,   dass  der  Graf  von  Haro 
in  Anerkennung    der   Rechte    der   Donna    Juana    nicht    allein    dastand.     Der    Gedanke,    die 
Tochter  mit  einem  französischen  Prinzen  zu  vermählen,  welcher  dann  König  Enrique's  Nach- 
folger würde,  die  Schwester  aber,  Donna  Isabel,  mit  dem  Könige  von  Portugal,  durchkreuzte 
so  viele  andere  Pläne  und  namentlich  den  des  Almirante  von  Castilien,  Don  Fadrique,  seiner 
Tochter,   der   unternehmenden  Königin   von  Aragon,    ihres  Gemahls  und   des  ,Erstgebornen 
von  Aragon',   des  Prinzen  Don  Fernando,  durch  die  Vermählung    des    letzteren    mit  Donna 
Isabel  die  Vereinigung   von  Aragon    und  Castilien    zu  Stande  zu  bringen,    ein  , Spanien'  zu 
schaffen,  so  dass  es  nicht  wundern  kann,  wenn  die  Gegner  des  Königs,  entschlossen,  ,ihn  zu 
vernichten',  das  Aeusserste  wagten,  vor  keinem  Mittel  zurückscheuten  und  auch  Alles  wagen 
konnten,   da  die  Schwäche  Don  Enrique's  ihnen  wunderbar  in  die  Hände  arbeitete  und  die 
Königin  nicht  minder  durch  ihr  späteres  Benehmen  nicht  wenig  beitmg,  die  Legitimität  ihrer 
Tochter  zu  beanstanden. 

Die  Ereignisse  überstürzten  sich.  Die  Heirat  der  Erbin  von  Leon-Castilien  mit  dem 
Herzog  von  Guyenne  kam  nicht  zu  Stande,  da  er  früh  starb.  Er  war  der  königlichen  Gift- 
pflanze, die  man  Ludwig  XL  nannte,  zu  nahe  gekommen.  Das  Bestreben,  den  einen  Bruder 
durch  den  andern  zu  entthronen,  nahm  ein  klägliches  Ende,  als  Don  Alonso  fünfzehnjälirig 
am  5.  Juli  1468  .starb  imd  der  Plan  des  Grossmeisters  von  Santiago,  den  aragonesischen 
Prinzen  Don  Enrique,  Sohn  eines  Bruders  *  König  Don  Juans  I.  und  der  Donna  Beatrix 
Pimentel  aus  dem  Hause  der  Grafen  von  Benavente,  nach  Castihen  zu  berufen,  erwies  sich 
selir  bald  als  ein  frecher  Scherz,  den  sich  sein  Urheber  mit  einem  königlichen  Prinzen  und 

'  porque  «u«  enemigo»  eran  traydores  —  gu»  desleales  vasallos  traian  la  t'alsedad  como  mentirosos  y  a  la  veridad  &  la  justicia.  c.  65. 

»  t»riU  anal.  XVIII,  32. 

'  Uun  Eiiri(|iie,  ge«torbeii  1445. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  115 

dessen  ehrgeiziger  Mutter  erlaubte.  Der  Prätendent  trug  nur  den  Spottnamen  Fortuna  — 
eigentlich  Fortunio  —  davon;  er  zählte  politisch  nicht  mehr.  Wohl  aber  war  anzunehmen, 
dass  diejenige  Partei,  welche  mit  Consequenz  und  unverrückt  an  ihrem  Programm  festhalten 
würde,  zuletzt  auch  der  Schwäche  und  Rathlosigkeit  gegenüber  den  Sieg  davontragen 
werde,  besonders  da  sich  die  Successionsfrage  seit  dem  Tode  Don  Alonso's  vereinfachte, 
ohne  dass  dieser,  me  der  Plan  ursprünglich  gelautet  hatte,  seine  Nichte  Donna  Juana  ge- 
heiratet hatte.  Der  Hauptstanmi  der  gothischen  Könige,  und  an  den  gothischen  Traditionen 
hielt  man  unbewegt  fest,  beruhte  seit  dem  5.  Juli  1468  nur  mehr  auf  König  Heinrich  IV., 
dessen  Tochter  und  Schwester;  die  castilianische  Secundogeniturlinie,  die  seit  1412  Aragon 
besass,  auf  dem  alten  Könige  Don  Juan,  der  erst  1479  starb,  auf  seinem  einzigen  Sohne 
Don  P^ernando  und  endlich  auf  dessen  Vetter,  den  vorgenannten  Infanten  Enrique.  Je  mehr 
sich  aber  dadurch  die  Möglichkeit  einer  künftigen  Vereinigung  der  beiden  spanischen  Haupt- 
massen zu  einem  Ganzen  ergab,  desto  mehr  fand  das,  was  uns  als  selbstverständlich  und  als 
das  Natürlichste  erscheint,  in  Castilien  wie  in  Aragon  Widerstand.  Die  Interessen  beider 
Staaten,  ihre  ganze  politische  Entwicklung,  ihre  Verfassimg  wie  die  Richtung  ihrer  Macht- 
sphären waren  zu  verschieden,  als  dass  nicht  auf  beiden  Seiten  schwere  Besorgnisse  in  Betreff 
der  Zukunft  sich  ergeben  mussten.  Die  Aufgabe  Castilieus  bestand  in  der  Beendigimg  des 
Kampfes  mit  den  Moros,  in  der  völligen  Untenverfung  der  moslemischen  Bevölkerung  und 
der  Staaten,  die  seit  711  auf  gothischem  Boden  entstanden  waren.  Das  Unglücksjahr  warf 
noch  immer  seine  Schatten  auf  die  spanischen  Geschicke,  und  der  Name  des  Verräthers  Opas 
ward  gerade  damals  auf  den  Erzbischof  von  Toledo  angewendet.  Die  maritime  Richtung 
der  aragonesischen  Politik  nach  den  Balearen,  Sicilien,  Sardinien  und  Neapel  war  den 
Castilianeru  fremd.  Aragonesen  und  Castilianer  waren  einander  eher  feindlich  gesinnt  als 
freundlich;  sie  luiterschieden  sich  im  Dialekte,  in  der  Kleidung.  Spanisch  war  eigentlicli 
castilianisch.  Eine  Vereinigung  beider  Staaten  konnte  an  und  für  sich  nur  auf  dem  Wege 
einer  Personalunion  stattfinden,  und  da  fürchtete  noch  der  Aragonese  für  den  Bestand  der 
grossen  fueros,  mit  welchen  er  seine  Könige  wie  mit  Zangen  festzuhalten  pflegte,  und  die 
den  Begriff  des  modernen  Staates  gar  nicht  aufkommen  Hessen.  Dazu  gesellte  sich  aber 
noch  ein  anderer  Umstand.  Das  Königthum  in  Aragon  war  durch  die  Empörung  der  Cata- 
lanen,  die  Wirren  in  Navarra,  die  Einmischung  der  Franzosen,  die  ununterbrochenen  Kriege 
bis  zum  äussersten  Grade  der  Erschöpfung  gebracht.  Als  der  Erstgeborne  und  nachherige 
König  von  Sicilien  Don  Fernando  sich  entschloss,  sich  um  die  Hand  der  lufantin  Donna 
Isabel  zu  bewerljen,  nuisste  das  kostbare  Halsband,'  das  er  ihr  zum  Geschenke  bestimmte, 
erst  ausgelöst  werden,  und  der  Erbprinz  der  aragonesischen  Reiche  trat  die  Brautfahrt  mit 
300  Goldstücken  in  der  Tasche  an,  die  er  sich  erst  in  Valencia  geholt  hatte.^  Noch  schlimmer 
standen  aber  die  Dinge  in  Castilien  selbst,  wo  König  Heinrich  abwechselnd  bald  seinen 
Freunden,  bald  seinen  Feinden  Städte  und  Schlösser  der  Krone  abtrat  und  dadurch  jene 
Veränderung  veranlasste,  die  die  Städte  nachher  so  sehr  Ijeklagten,  dass  die  Last  des  Staates 
auf  ihnen  beruhe,  seit  die  Krone  sich  selbst  ilirer  Besitzungen  beraubt  hatte,  der  Adel 
factisch  herrsche,  die  grössten  Rechte  und  die  ausgedehntesten  Besitzungen  inne  habe. 

Unter  diesen  Verhältnissen  brachte  auf  einmal  der  Entschluss  des  Hauses  Guzman,  die 
Infantin  Donna  Isabel  als  principesa,  als  Erbin  ihres  Brudei's  anzuerkennen,  die  entscheidende 


'  40.000  üucateu  im  Werthe.     Q'urita  anal.  XVIII,  c.  24,  wo  aucli  von  der  Abneigung  der  Aragonesen  gegen  die  Heirat  Don 

Fernando's  mit  Donna  Isabel  die  Rede  ist.    f.  166  b. 
2  Qurita  T.  IV,  f.  1C9:  certificava  el  rey  su  padre  que  no  tenia  sino  trecientos  Enrique.s  que  le  avian  levado  de  Valencia. 

15* 


1 1  ß  Höfler. 

Wendung  der  Dinge  herbei.  Don  Juan  de  Guzman,  Herzog  von  Medina-Sidonia,  Don  Juan 
Pouce  de  Leon,  Conde  de  Arcos  und  seine  Söhne  Don  Enrique  de  Giizman  und  Don  Ro- 
drigo  Ponee  de  Leon  gaben  in  Sevilla  das  Zeichen  zur  Proclamirung  der  Prinzessin  als  recht- 
mässiffer  Erbin,  und  wahrend  nun  der  hohe  Adel  wie  die  Stndte  Cordova  und  Xerez  sich 
beeilten,  dem  Beispiele  zu  folgen,  betrieb  Don  Juan  IL  die  Verlobung  des  ,König8  von  SIcilien' 
mit  der  Prinzessin.  Während  die  Tochter  des  Königs  sich  in  Gewahrsam  des  Marques  de 
Santillana  befand,  erfolgte  die  grosse  Zusannnenkunft  der  Granden  und  Prälaten  in  Toros 
de  Guisando  mid  die  Anerkennung  der  Prinzessin  als  Erbin  auch  von  Seiten  des  Erzbischofs 
von  Toledo  und  seiner  Partei.'  Antonio  Jacobo  de  Veneris,  Bischof  von  Leon  und  papst- 
licher Nuntius,  erliess  denjenigen,  welche  Donna  Juana  als  Erbin  anerkannt,  ihre  Eide.  Dem 
König  blieb  der  Titel  auf  Lebenszeit,  Donna  Isabel  begnügte  sich  mit  dem  einer  Prinzessin 
und  König  Heimich  erkannte  sie  als  seine  Nachfolgerin  eidlich  an.^ 

Die  Revolution  war  iniblutig  erfolgt.  Der  schwache  König  hatte,  um  Ruhe  zu  gewinnen, 
in  die  Entthronvmg  seiner  Tochter  eingewilligt,  die  neue  princesa  in  die  vorausgegangene 
Beraubimg  der  Krone  durch  den  Adel,  der  mui  ruhig  der  Thronveränderung  entgegensehen 
konnte,  die  der  Tod  des  letzten  gothischen  Königs  von  Castilien  herbeiführen  musste.  Casti- 
lien.  Andalucia  imd  Mm-cia  nahmen  an,  was  in  Toros  de  Guisando  beschlossen  war  und  der 
König  am  25.  September  1468  in  der  villa  de  Casaruvios  bekannt  machte.  Er  war  der 
Herold  seiner  eigenen  Schande.^ 

Nun  aber  brach  erst  die  Eifersucht  der  Granden  in  hellen  Flammen  hervor,  da  der 
Grossmeister  von  Santiago  die  Heirat  der  Prinzessin  mit  dem  Könige  von  Portugal  betrieb, 
mn  das  Ansehen  des  Erzbischofs  von  Toledo  zu  schmälern,  der  für  die  Vermälilung  mit 
dem  Könige  t^on  Sicilien  war,  das  Haus  Mendoza  aber  mit  dem  Mar(pies  von  Santillana 
und  seinem  Bruder,  dem  Bischöfe  von  Siguenza,  Don  Pero  Gonzalez  de  Mendoza,  noch 
immer  an  Donna  Juana  festhielt.  Aber  derselbe  Bischof,  welcher  bereits  die  dieser  ge- 
schworenen Eide  zu  lösen  sich  berechtigt  fühlte,  übernahm  es  jetzt  auch,  die  Scrupeln  der 
princesa  selbst  zu  beseitigen  und  ihr,  obwohl  ihr  die  päpstliche  Dispens  wegen  des  nahen 
Verwandtschaftsgrades  fehlte,  gegen  gute  Belohmmg*  seine  Zustimmimg  zur  Heirat  zu  geben. 
So  gedieh  die  Sache  endlich  so  weit,  dass  Ferdinand,  als  König  von  Sicilien,  am  5.  März  1469 
die  Bedingungen  seiner  Vermählung  mit  Donna  Isabel  beschwor,  während  eine  französische 
Gesandtschaft  ihre  Hand  für  den  Herzog  Johann  von  Berry  (Guyenne)  begehrte.  Mit  Mühe 
entrann  sie  einer  Gefangennahme  durch  den  Grossmeister,  stellte  sich  aber  unter  den  Schutz 
des  Hauses  Enriquez^  und  verkündete  nun,  sobald  sie  nach  Valladolid  entronnen  war,  ihre 
Verlobung  mit  König  Ferdinand  (8.  September).  Nur  verkleidet  und  von  vier  seiner  Getreuen 
umgeben   betrat  Don  Fernando  Castilien.    Am  9.  October  1469    kam    er   nach    dem    festen 


'  Natürlich  unter  Bürgscliaften  für  sich,  seine  Brüder  und  seine  beiden  Söhne  Carillo  <le  Troilos  und  Lopez  Vasquez. 
^nrita  anal    XVIII,  c.  19. 

'  el  rey  Üon  Enrique  juro  a  su  hermana  jxir  princesa  successora. 

'  Man  darf  nicht  vergessen,  dass  die  Chroniken,  welche  der  Donna  .Juana  einen  andern  Vater  geben  als  den  König,  späteren 
Üatums  sind  und  unter  dem  Einflüsse  der  Regienmg  der  Königin  Isabella  standen.  So  sagt  Andre  Bernaldez  c.  1 :  en  este 
»cpindo  caMmient»  »e  manifesto  su  impotencia  (des  Königs)  porque  como  quier  que  estuvo  casado  con  ella  por  espacio  de 
16  aflos  l:  tenia  tomunicacion  con  otras  mujeres  nunca  jindö  haber  ä  riiuguna  un  allegamiento  de  varon.  Das  steht  mit 
Diego  Enriquez,  der  den  König  so  genau  kannte,  in  offenem  Widerspruch. 

•  Er  fand  aber  doch  für  gut,  sein  Bisthum  mit  dem  von  Cartagena  zu  vertauschen,  musste  sich  aber  mit  dem  von  Orihuela 
in  Valencia  begnilgen.  Interessant  ist,  aus  ^urita  XIX,  c.  21  zu  ersehen,  welche  Bestechungen  gemacht  wurden,  um  auch 
nur  die  Umgebung  der  princesa  (Isabel)  für  das  Heiratsproject  mit  Don  Fernando  gewinnen  zu  können. 

»  Don  Alonso'»,  ältesten  Sohnes  des  Admirals,  und  Don  Enrique's  Enriquez,  des  jüngeren  Sohnes,  gurita,  IV,  f.  167  b.  An  Don 
Pedro  Enriquez,  adelantado  de  Andalucia  und  tio  del  rey  de  Sicilia,   wurde  eine  besondere  Mittheilung  gesendet. 


DoK  RoDRiGO  DE  BoRjA  (Papst  Alexander  vi.)  und  seine  Söhne.  117 

Duefias,  wo  er  36  Jahre  später  seine  Hochzeit  mit  der  unbedeutenden  Mad.  Gremiaine, 
Gräfin  von  Foix,  feierte,  am  14.  October  kam  er  nach  ValladoHd,  die  Prinzessin  zu  sehen, 
die  zwei  Tage  früher  den  König,  die  Prälaten,  Granden  und  Städte  von  ihrem  Entschhiss 
in  Kenntniss  gesetzt  liatte.  Am  18.  October  erfolgte  durch  den  Erzbischof  von  Toledo  und 
unter  dem  Schlitze  der  Häuser  Manrique  und  J^nriquez  in  Valladolid  die  Vermählung,  ohne 
die  päpstliche  Dispensation  abzuwarten,  so  dass  nach  der  zu  Recht  geltenden  canonischen 
Bestimmung  beide  sich  im  Kirchenbanne  befanden.'  Während  der  König  sich  in  Still- 
schweigen einhüllte,  der  Süden  der  Prinzessin  und  ihrem  Gemahle  beinahe  feindlich  gegenüber- 
stand, brachen  am  neuen  Hofe  Streitigkeiten  aus,  da  sich  der  Erzbischof  von  Toledo  durch 
das  Vertrauen  zurückgesetzt  fühlte,  das  die  jugendlichen  Fürsten  ihrem  Verwandten,  Don 
Alonso  Enriquez  schenkten.  Die  Heirat,  ohne  Zustimmung  des  Königs  von  Castilien  erfolgt, 
brachte  aber  den  Erbfolgestreit  zwischen  der  Tochter  und  der  Schwester  Don  Enrique's 
weder  in  den  Vordergrund.  Die  finanzielle  Notli  Don  Juan's,  auf  dessen  Unterstützung 
König-  Ferdinand  angewiesen  war,  nahm  zu  wie  die  Gefahr,  die  noch  immer  von  einer  mög- 
lichen Vermählung  der  Donna  Juana  mit  dem  Herzoge  von  Berry  drohte,  und  anstatt  dass 
die  Partei  des  Königs  von  Sicilien  sich  verstärkt  hätte,  befanden  sich  König  und  Königin 
von  Sicilien  in  Duenas  wie  in  einem  Gefängnisse.^ 

Die  spanischen  Reiche  boten  damals  ein  ganz  eigenthümliches  Schauspiel  dar.  Noch 
immer  tobte  der  Kampf  um  Barcelona,  den  das  Verfahren  Königs  Don  Juan  gegen  seinen 
erstgebornen  Sohn  hervorgerufen,  und  der  nun  ein  Gegenstück  in  dem  Streite  der  Gräfin 
Leonore  von  Foix  gegen  ihren  Vater,  den  König,  fand.  Auf  ihr  ruhte  der  Verdacht,  sie 
habe,  imi  sich  und  ihrem  Gemahle  den  Weg  zum  Throne  zu  bereiten,  ihre  ältere  Scliwester 
Blanche  vergiftet.  Wenn  aber  die  Catalanen  selbst  mit  Hilfe  des  Auslandes  ihre  fueros 
vertheidigten  und  sich  zu  Rächern  ihres  Erbprinzen  aufwarfen,  so  lag  darin  docli  noch  ein 
höherer  Sinn,  während  dem  Kampfe  in  Castilien  die  Frage  von  der  Impotenz  des  Königs, 
dem  Ehebruche  der  Königin  zu  Grunde  lag,  und  ob  der  Eid  gelte,  der  in  Madrid  der  Infantin 
Donna  Juana  geschworen  worden  war,  oder  der,  welcher  nachher  ihrer  Tante  geleistet  wurde. 
Aus  der  Bruderfehde,  in  welcher  der  Adel  den  eilfjährigen  Don  Alonso^  seinem  älteren 
Bruder,  dem  Könige,  entgegengestellt,  war  die  Fehde  zwischen  Bruder  und  Schwester  ge- 
worden, und  erlebte  man  jetzt  das  Schauspiel,  dass  in  Buytrago  bei  Lozoya  in  Gegenwart 
des  Königs  und  der  Königin  der  Adel  aus  dem  Hause  Mendoza,  der  Grossmeister  von  Sant- 
iago, Herzoge  und  Grafen  nochmals  der  Prinzessin  Donna  Juana  als  rechtmässiger  Erbin 
von  Castilien  zuschworen  und  sie  so  als  Tochter  des  Königs  anerkannten.'*  Es  war  die  Ant- 
wort König  Heinrichs  auf  die  Meldung  der  Vermählung  des  Königs  von  Sicilien  mit  Donna 
Isabel,  die  sich  jetzt  vergeblich  auf  die  Eidesleistung  von  Guisando  berief  und  die  Entschei- 
dung Don  Pero  Fernandez  de  Velasco  und  den  Ordensvorständen  der  Dominicaner,  Fran- 
ciscaner,  Hieronymiten  und  Karthäuser  zu  übergeben  vorschlug.  Drei  verschiedene  Eides- 
leistungen, von  denen  die  nachfolgende  der  vorausgegangenen  widersprach;  der  König  immer 
bereit,  auf  Kosten  der  Krone  dem  Adel   neue  Zugeständnisse   zu  machen ;    der  Bürgerkrieg 


•  König  Don  Juan  wurde  gebeten,  deshalb  den  Bischof  von  Sessa  nach  Rom  zu  senden,     ^urita  IV,  f.  170. 

2  como  en  una  prision.    ^urita,  Ende  de.s  30.  Capitels.     König  Ferdinand   hatte   damals  schon   eine  Tochter  Donna  Juana  de 
Aragon  und  einen  Solin  Uon  Alonso  de  Aragon.     Anfangs   Mai   1471   wurde   in  Duefias   die   Infantin   Donna  Lsabel   geboren, 
ä  mozo  de  onze  afios.    Andre  Bernaldez,  c.  I,  nach  Pulgar. 

*  como  ä  hija  del  rey  por  Princesa  lieredera  de  Castilla.  El  marques  de  Santillana  ni  el  obi.spo  de  Siguenza  ni  los  otros 
sus  hermanos  (aus  dem  Hause  Mendoza)  no  hizieron  aquel  juramento,  porque  dixeron  que  ya  lo  habien  hecho  al  tiempo 
que  por  todos  los  del  reyno  generalmente  habia  seydo  jurata.     Cronica  de  Don  Fernando  ^  Donna  Isabel. 


113  Höfler. 

iui  Sclioosse  der  köniurlicheu  Familie ;  der  Tod  des  Herzogs  Karl  vou  Berry  ^  uud  neue 
Projecte,  ilie  Prinzessin  Donna  Juana  zu  vennähleu;  im  Süden  eine  grosse  Verfolgung  der 
Couversos  (Maranos),  der  Kryptojuden,  welche  in  Jaen  und  Andalucia  sich  von  Stadt  zu 
Stadt  hinzog;  eine  steigende  Venvirrung  aller  Rechtsbegriffe  und  die  oberste  Leitung  der 
Dinge  in  den  Hilnden  eines  ganz  selbstsüchtigen  Mannes,  der  die  Kirnst,  Alles  hinzuhalten 
und  nichts  zur  Ruhe  konmien  zu  lassen,  meisterhaft  verstand,  des  Grossmeisters  von  Santiago ; 
das  Tebergewicht  des  Königthums  über  den  Adel  für  lange  Zeit,  wo  nicht  für  immer, 
vernichtet;  das  ganze  Reich  in  Gähruug  uud  Unordnung:  das  war  der  Zustand  der 
Dinge,  als  am  20.  Juni  1472  der  Valencianer  Don  Rodrigo  de  Borja,  Cardinalbischof,  Vice- 
kanzler  und  Legat  a  latere,  mit  einem  Gefolge  von  Bischöfen  imd  Rechtsgelehrten  auf  nea- 
politanischen Schiffen  in  Grau  bei  Valencia  landete.  Seine  Mission  galt  zunächst  dem  Könige 
von  Aragon,  der  im  Januar  sich  Anipurdan's  ))emäclitigt  hatte  und  nun  vor  Barcelona  gerückt 
war,  diesen  Herd  des  Aufstandes  zu  belagern.  Der  Krieg  stand  durch  die  Fortschritte  der 
Franzosen  in  Roussillon,  die  Theilnahme  der  Genuesen  als  Verbündete  des  Königs  Renfe, 
auf  dem  Punkte,  imnxer  grössere  Ausdehnung  zu  gewinnen,  als  der  Cardinalbischof  von  dem 
Papste  den  Auftrag  erhielt,  auch  hier  die  streitenden  Fürsten  und  Völker  zu  einen;  all- 
gemeinen Zuge  gegen  die  Osmanen  zu  gewinnen.  Gleichzeitig  war  auch  eine  Gesandtschaft 
des  Herzogs  Karl  von  Burgund  angelangt,  die  Biuidesgeuossenschaft  mit  dem  Könige  von 
Aragon  zu  erneuern,  uud  fürchtete  der  König  von  Sicilien  durch  die  Annäherung  des  Infanten 
Don  Enrique  an  den  Grossmeister  von  Santiago  den  Ausbruch  von  Unruhen  in  Valencia, 
zugleich  mit  der  Vermählung  Don  Enrique's  mit  einer  Tochter  des  Alles  vemiögenden 
Grossmeisters,  der  selbst  einen  Vormarsch  der  Franzosen  nach  Castilien  betrieb.^  Wenn  auch, 
wie  Qurita  behauptet,  die  Aufgabe  des  Cardinallegaten,  Castilien  und  der  Beilegung  der  dor- 
tigen fürstlichen  Streitigkeiten  galt,  so  war  es  doch  undenkbar,  dass  der  Cardinallegat,  selbst 
ein  Valencianer  und  Bischof  von  Valencia,  nicht  zuerst  sich  dem  Könige  von  Aragon  und 
Valencia  zugewendet  hätte,  um  so  mehr,  als  ja  dieser  dem  neuen  Papste  noch  nicht  die 
Obedienz  geleistet  und  somit  ihn  offen  noch  nicht  anerkannt  hatte.  Während  sich  aber  der 
Legat  nach  dem  Norden  wandte,  begab  sich  der  König  von  Sicilien  nach  einer  mit  seinem 
Vater  gepflogenen  Rücksprache  nach  dem  Osten  und  trafen  beide  in  Taragona  zusammen, 
wohin  sich  nun  auch  der  König  von  Aragon,  wenn  er  von  der  Belagerung  von  Barcelona 
abkonmien  konnte,  und  die  burgundische  Gesandtschaft,  welche  in  Lerida  Halt  gemacht 
hatte,  begeben  sollten.'  Zuerst  aber  musste  die  Angelegenheit  der  Vermählimg  des  Königs 
von  Sicilien  imd  der  Prinzessin,  seiner  Gemahlin,  in  Ordnung  gebracht  werden.  Denn  wenn 
auch  der  Papst  dem  Erzbischofe  von  Toledo  die  Vollmacht  ertheilt  hatte,  beide  von  dem 
Kirchenbanne  zu  befreien,  so  war  diese  Entscheidung  doch  nur  sehr  zögernd  und  im  Hin- 
blicke auf  die  sonst  unausbleiblichen  Folgen  am  1.  December  1471  ertheilt  worden.  Papst 
Sisto  erklärte  sich  hie])ei  gegen  eine  Trennung  der  Ehe  beider  Gatten,*  bestand  aber  darauf, 
dass  der  Erzbischof  von  Toledo  die  Dispens  unter  der  Bedingung  ertheile,  dass  beide  eine 
gewisse  Zeit  von  einander  getrennt  lebten,  das  Ehebündniss  sich  erneue,  aber  die  bereits 
gebome  Infantin  Donna  Isabel  sowie  die  nachfolgenden  Kinder  dieser  Ehe  als  legitim 
anzusehen   seien.     Am   16.  August    1472    ertheilte   der   Legat  dem   Könige   von   Sicilien   die 


■  24.  Mai  1472. 

5  ^urite  an&l.  XVUI,  c.  39. 

>  Anal.  c.  40. 

'  divorcio. 


Don  Rodrigo  de  Borja   (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  119 

päpstliche  Dispens  und  erst  von  dieser  Zeit  an  waren  Don  Fernando  und  die  princesa 
(Isabella)  legitim  vermählt  mid  konnte  somit  von  Seiten  ihrer  Gegner  keine  Einwendung 
in  Betreff  der  Legalität  ihrer  Vermählung  stattfinden.  Ein  wchtiges  Hindemiss  ihrer  poli- 
tischen Anerkennung  war  damit  beseitigt.  Wenn  avich  die  spanischen  Geschichtschreiber, 
unter  dem  i]influsse  der  machtvollen  Regierung  der  Königin  Isabella  stehend,  sich  sehr  wohl 
hüten,  diesen  heiklen  Punkt  zu  berühren,  so  begreift  jnan  doch,  dass  dem  Könige  von 
Sicilien  imgemein  daran  liegen  musste,  vor  Allem  diese  seine  eigene  Angelegenheit  in  Ord- 
nung zu  bringen,  und  welch  grosser  Dienst  ihm  dadiirch  geschah,  dass  der  Cardinallegat 
sich  von  Valencia  nach  Aragon  und  nicht  gleicli  nach  Castilien  wandte. 

Wohl  kam  am  19.  August  die  burgundische  Gesandtschaft  nach  Taragona  und  erneute 
Don  Fernando  daselbst  die  alte  Freundschaft  der  Häuser  Aragon  und  Burgund,  aber  der 
König  Don  Juan  konnte  von  der  Belagerung  von  Barcelona  nicht  abkommen,  und  während 
nun  die  Gesandtschaft  in  Taragona  in  der  freilich  eitlen  Hoffnung  blieb,  nach  Barcelona 
kommen  und  eine  Aussöhnung  mit  dem  Könige  vermitteln  zu  können,  beeilte  sich  Don 
Fernando,  plötzlich  nach  Valencia  zu  gehen,  wo  er  auch  über  Murviedro  am  7.  September 
ankam.'  Der  Legat  aber  begab  sich  über  Villafranca  nach  San  Cugat,  das  König  Don 
Juan  zur  Zusammenkunft  bestimmt  hatte.  Die  Angelegenheit  der  Obedienz  wurde  zugleich 
für  Aragon,  England  und  Burgund  geordnet;  aber  auch  der  Legat  konnte  keinen  Eintritt 
in  Barcelona  erlangen,  und  als  er,  dem  Wunsche  des  Königs  Don  Juan  entsprechend,  am 
4.  September  sich  nach  Tortosa  begab,  in  der  Hoffnung,  am  10.  noch  mit  König  Ferdinand 
zusammenzukommen,  war  dieser  schon  eiligst  nach  Valencia  abgereist,  einer  befürchteten  Ver- 
schwörung zuvorzukommen.'  Dann  aber  eilte  er  nach  Castilien,  wo  unterdessen  sich  Don 
Pero  Gonzalez  de  Mendoza,  Bischof  von  Siguenza,  sein  Bruder  Don  Lorenzo  de  Figueroa, 
Graf  von  Coruila,  und  Don  Pedro  Hemandez  de  Velasco,  Graf  von  Haro,  durch  Vermittlung 
des  Bischofs  von  Coria,  Don  Inigo  Manrique,  auf  die  Seite  des  Grossmeisters  geschlagen 
hatten.  Die  Partei  der  Prinzessin  Donna  Isabel  war  dadurch  in  starke  Abnahme  gerathen 
und  ihr  Gemahl  selbst  war  durch  die  von  seinem  Vater  gemissbilligte  Fahrt  nach  Valencia 
nicht  in  grösseres  Ansehen  gekommen.  Wohl  aber  stieg,  als  König  Don  Juan  jetzt  die 
Capitulation  von  Barcelona  abschloss,  das  des  Königs  von  Aragon,  im  Gegensatze  zu  seinem 
Sohne,  und  hätte  es  jetzt  der  Grossmeister  mit  der  Berufung  des  Infanten  Don  Enrique 
imd  seiner  Vermählung  mit  Donna  Juana  ernst  gemeint  und  sich  nicht  geradezu  mit  dem 
Schwestersohne  König  Don  Juans  ein  frevles  Spiel  erlaubt,  so  konnten  die  Dinge  bei  An- 
wesenheit des  Cardinallegaten  eine  sehr  schlimme  Wendimg  für  Donna  Isabel  nehmen.  Die 
Partei,  welche  es  darauf  angelegt  hatte,  die  Prinzessin  und  ihren  Gemahl  aus  Castilien  zu 
vertreiben,*  bestand,  und  gab  ihr  Spiel  durchaus  nicht  für  verloren.  Unmittelbar  nachdem 
der  Prinzessin  Donna  Isabel  als  Erbin  geschworen  worden  war  und  der  Bischof  von  Leon, 
Nuntius  des  Papstes,  den  früheren  Eid  als  nichtig  erklärt  hatte,  erliess  die  Königin  durch 
Luis  Hurtado  de  Mendoza  eine  Protestation  gegen  dieses  Verfahren,  als  präjudicirlich  gegen 
ihre  und  des  Königs  Tochter  Donna  Juana,  an  Papst  Paul  IL  Ohne  Vorliebe  und  ohne 
Leidenschaft  zu  reden,  meinte  aber  Diego  Fernandez  de  Castillo,  der  dieses  berichtet,  nniss 
man  an  der  die  Königin  treffenden  Entehrung  und  dem  Ruine  ihrer  Tochter  ersterer  grosse 


'  qnando  llegö  a  Castellon  de  la  Plana  hallö  preso  un  cavallero  que  »e  deüia  mosson  Guin  y  fue  seutenziado  y  muert<j.    ^lurita. 
2  Ich  wage  eg  rncht,  geradezu  zu  behaupten,  dass  damit  die  Einkerkerung  des  letzten  Herzogs  von  Gandia  in  Verbindung  stand. 
'  Diego  Fernandez,  c.  153:  creyendo  que  los  scandalos  del  reyno  en   alguna  manera  se  amansarian,  si  los  principes  Don  Fer- 
nando 6  Donna  Isabel  fueron  echados  fuera  del  reyno. 


120  Höfler. 

Schuld  geben.  Denn  wenn  sie  ehrbarer  gelebt  hätte,  wäre  ihre  Tochter  nicht  mit  so  ^äeler 
Schmach  behandelt  worden.'  Dann  waren  wegen  des  Bischofs  von  Segovia^  Klagen  bei 
dem  Papste  angebracht  imd  der  Bischof  auch  nach  Rom  citirt  worden,  um  sich  wegen  der 
verrätherischen  Uebergabe  von  Segovia  an  die  Feinde  des  Königs  persönlich  zu  verantworten. 
Ebenso  erhielt  der  Erzbischof  von  Toledo,  welcher  auf  Seite  der  Donna  Isabella  gestanden, 
ein  päpstliches  Breve,  welches  ihn  aufforderte,  sich  sogleich  an  den  König  (und  Donna 
Juana)  anzuschliessen.''  Der  Erzbischof  rechtfertigte  sich  aber,  indem  er  auf  den  früheren 
Befehl  des  Königs  hinwies,  der  Prinzessin  Isabella  als  heredera  zu  huldigen,  und  auch  das 
Versprechen  des  Königs,  seinen  Söhnen  Troylos  Carillo  und  Lope  Vasquez  3000  Vasallen 
zu  geben,  konnte  ihn  nicht  beirren,  seinem  Eide  imtreu  zu  werden.  Als  aber  nun  der  König 
wiederholt  an  den  Papst  die  Bitte  stellte,  den  Bischof  von  Siguenza  (früher  von  Calahora) 
zum  Cardinal  zu  erheben  und  so  die  Familie  Mendoza  zu  belohnen,  so  durchkreuzte  der 
Grossmeister  diesen  Plan,  weil  der  rothe  Hut  nicht  auch  zugleich  für  seinen  Verwandten. 
den  Bischof  von  Burgos,  verlangt  worden  war.  Diese  Intrigue  brachte  aber  bei  dem  Bischöfe 
eine  so  grosse  Verstimmung  hervor,  dass  er  jetzt  seinen  ZM^eifeln  über  die  rechtmässige  Geburt 
der  Donna  Juana  lauten  Ausdruck  gab.  Sie  beruhten  auf  der  ausschweifenden  Lebensart 
der  Königin.*  Der  Grossmeister  aber  suchte  nun  sich  mit  den  Häusern  Mendoza  und  Velasco 
zu  verbinden,  um  an  ihnen  für  sich  eine  Stütze  zu  gewinnen  und  als  er  dem  Bischöfe  von 
Siguenza  versprach.  Alles  aufzubieten,  damit  er  Cardinal  werde,  zog  er  ihn  auch  wieder 
auf  seine  Seite.  Der  Bischof  wurde  nach  Valencia  gesandt,  den  Cardinallegaten  zu  be- 
grüssen  und  ihm  die  königliche  Vollmacht  zur  Ausübung  seines  Amtes  zu  überbringen. 
Diego  Enriquez,  der  dieses  berichtet,  übergeht,  dass  der  Cardinal  zuerst  nach  Taragona 
ging,  wahrscheinlich  kehrte  er  aber  von  da  nach  Valencia  zurück,  um  abzuwarten,  welche 
Massregeln  König  Heinrich  in  Betreff  seines  Enqjfanges  treffen  würde.  Er  durchzog  dann 
unter  grossen  Festlichkeiten  die  Ländereien  des  Maestrasgo,  des  Grossmeisterthums,  und 
wandte  sich  hierauf  nach  Madrid,  wo  sich  der  König  und  der  Grossmeister  aufhielten.  Er 
wnirde  von  den  Caballeros  vor  der  Stadt  erwartet  und  in  dieselbe  geleitet,  wo  ihn  der  ver- 
sanmielte  Clerus  mit  dem  Bischöfe  von  Astorga  erwarteten.  Die  Regidores  und  Caballeros 
der  Stadt  trugen  den  mit  den  Wappen  des  Papstes  und  des  Königs  geschmückten  Baldachin; 
zur  Linken  des  Cardinais,  aber  ein  wenig  vor  ihm,  ritt  der  König  bis  zur  Kathedralkirche,  wo 
beide  abstiegen.  Der  Legat  ertheilte  den  Segen  und  verkündete  einen  Ablass,  worauf  der 
König  ihn  bei  der  Hand  nahm  und  bis  zu  der  Thüre  seiner  Behausung  neben  der  Kirche 
führte.  Vier  Tage  später  überreichte  der  Legat  in  San  Heronymo  del  Paso  dem  Könige  in 
Gegenwart  des  hohen  Käthes  das  Breve  des  Papstes  und  setzte  in  eleganter  Rede  auseinander, 
der  Papst  habe  ihn  zu  seinem  Legaten  a  latere  für  alle  Spanien'^  und  die  benachbarten  Inseln 
ernannt,  um  sie  ,al8  geistlicher  Vater  der  ganzen  christlichen  Religion  und  als  Stellvertreter 
Jesu  Christi  zu  besuchen'.  Ihm  gebühre  es,  seine  Heerde  kennen  zu  lernen  und  ihr  die 
geistliche  Medicin  zu  reichen,  die  ihr  zukomme.  Der  Legat  ersuchte  den  König,  zu  diesem 
Zwecke  eine  geeignete  Person "  zu  ernennen,  mit  welcher  er  sich  benehmen  könne.    Der  König 


'  8i  tau  bonestamente  ella  viviera,  u»  fuera  su  hija  tratada  coii  tal  vituperio.     c.  120. 

»  c.  129. 

'  Diego  Enriquez,  c.  149. 

•  porqne  dulwUva  xi  la  Princesa  Donna  Juana  era  hija  del  Rey  visto  el  disoluto  vivir  do  la  Reyna  su  madre.    Diego  Enriqueis, 
c.  157. 

*  en  todas  su«  Eitpaflas. 

'  que  fuese  leal  i  accepta  a  »u  »ervicio,     c.  159. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  121 

antwortete   dem  Legaten   in   entsprechender  Weise    und   bezeichnete    dann    den    Geschicht- 
schreiber   Diego    Enriquez    de    Castillo,    dem    wir    die    ausführUche    Mittheihmg    verdanken, 
als  seine  Vertrauensperson.     Das  Erste,   was  ferner   geschah,   war,  dass  König  und  Gross- 
meister  in   den   Legaten   drangen,    die    Cardinalserhebung   des   Bischofs   von    Siguenza    zu 
betreiben,  zu  welchem  Zwecke  auch  der  Legat  einen  Courier  nach  Rom  sandte.    Der  König 
hoffte  an  dem  neuen  Cardinale  eine  Stütze  zu  erlangen,  musste  aber  sehr  bald  die  Erfahrung 
machen,  dass,  wenn  man  selbst  keine  Stärke   besitzt,   fremde  Stütze   diese  nur  in  geringem 
Grade  gewähren  kami.     Der  Legat  blieb  mit  dem  Könige  bis  über  Weihnachten  in  Madrid 
und  begab  sich  dann  mit  dem  Hofe  nach  Sego-sHa,  das  mit  seinem  festen  Alcazar  in  jenen 
Tagen  des  Bürgerkrieges  beinahe  die  Stelle   einer  Hauptstadt   einnimmt.     Wir  wissen,   dass 
der  Lesrat   von    hier    aus    am  17.  Januar   an  Köniff    Don  Juan    schrieb    und  ihm   über  den 
Eintritt  des  Infanten  Don  Enrique  in  Castilien  und  seinen  Aufenthalt  in  Requena  Mittheilung 
machte,  nicht  ohne  die  Uebelstände  zu  bezeichnen,   die  daraus  hervorgingen.^     Am  meisten 
aber  lag  dem  Legaten  daran,  sich  seines  eigentlichen  Mandates  zu  entledigen.    Nachdem  er 
in  Segovia  festlich  aufgenommen  worden,  berief  er  von  jeder  Kathedralkirche  einen  Dignitär 
und  einen  Canonicus  nach  Segovia  und  stellte  dann  an  die  Versannnelten  den  Antrag,  dem 
Verlangen  des  Papstes  entsprechend,  letzterem  durch  eine  Geldsumme  zu  Hilfe  zu  kommen. 
Es  gereichte  den  Anwesenden  nur  zur  Ehre,  dass  sie  die  Bewilligung  an  die  Bitte  knüpften, 
es  solle  an  jeder  Kathedralkirche  von  Seiten  der  Prälaten  und  des  Capitels  ein  eigentlicher 
Theologe  imd   ein  Canonist   gewählt   werden.     Dieser  Bitte    wurde    denn   auch   durch    eine 
besondere  päpstliche  Bidle  entsprochen^  und  dadurch  der  Aufnahme  Ungelehrter  ein  Riegel 
vorgeschoben.     Die  Verliandlungen  wurden  mit   Ertheilung   eines   allgemeinen  Ablasses  ge- 
schlossen.    Nun    stand  erst   noch  ein  schwieriger  und  vielleicht   der  schwierigste  Theil  der 
Mission  in  Aussicht,   den  Frieden    unter    den    sti'eitenden  l'arteien    zu    vermitteln,    der   aber 
selbst  niu"  durch  Erledigung  der  Erbfolgeordnung  erlangt  werden  konnte.    Hier  standen  sich 
aber  die  Parteien  einander  unversöhnlich  gegenüber,  da  entweder  Donna  Juana  oder  Donna 
Isabel    anerkannt    werden    musste,    ein  Drittes    nicht    denkbar   war.     Da    aber  die  Bischöfe, 
welche  zu  Donna  Isabel  hielten,    nicht  nach  Segovia  gekommen  waren,    verfugte    sich  Don 
Inigo  Manrique,  Bischof  von  Coria,  zu  dem  Legaten,    um  in  ihn  zu  dringen,    er  möge  sich 
zur  Prinzessin   imd    dem  Prinzen    nach  Valladolid    verfügen,    wo  er  Dinge    erfahren  würde, 
,die  zum  Besten  des  königlichen  Interesses  und  der  Erbfolge  in  Castilien  seien'.    Der  König, 
durch  den  Legaten  imd  Don  Diego  Enriquez  de  Castillo    von  dem  heftigen  Andringen  des 
Bischofs  unterrichtet,  ^viderrieth  dem  Legaten,  sich  nach  Valladolid  zu  verfügen.    Er  kenne 
bereits  die  Zustände  von  Castilien  und  möge  sein  Ohr  boshaften  Einflüsteningen  verschliessen. 
Die  Antwort  des  Legaten  lautete  wohl  dahin,  dass  er,  die  Verhältnisse,  d.  h.  die  Zerwürfnisse 
von  Castilien  kennend,  zu  thun  entschlossen  sei,    was  der  König  wünsche ;    allein   me    war 
ein  Friede  herzustellen,  wenn  er  nicht  auch  mit  der  Gegenpartei  sich  benahm?    Der  König 
berief  den  Infanten  Don  I^nrique    zu  sich,    um    ilnn    seine    Tochter    zu    geben,    und    da  der 
Legat   darin    nur    eine  Vennehrung    der  Uebelstände    erblickte,    begab    er   sich  nach  einem 
zweimonatlichen  Aufenthalt  in  Segovia  nach  AlcaM  de  Henares,^  wo  sich  Donna  Isabel  und 
Don  Fernando  befanden,    und   stellte  sich  so,    gleichsam  Donna  Juana  preisgebend,  auf  die 


'  gurita  anal.  XVIII,  c,  49. 

2  para  que  el  prelado  y  cabildo  de  cada  uiia  de  las  iglesias  de  Espafia  tuviesen  la  preseutaciou  de  dos  caiiingios  que  liiil)ieieii 

de  caer  precisaniente  eri  un  teolo((i)  la  una  y  la  otra  en  un  caiionista.     Cronica  do  los  reyes  de  Castilla,  c.  7,  n   2, 
'  Diego  Enriquez,  c.  161. 
Donkschriften  der  pUU.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  16 


J22  Höfler. 

Seite  des  aragonesischen  Priltendenteu.     Es  ist  die  Frage,   ob  mit  vollem  Herzen    oder  nur 
in  der  Hoftnimg,  dadnrdi  den  Frieden  zu  vermitteln? 

Sclion  während  seines  Aufenthaltes  in  Segovia  hatte  der  Legat  ununterbrochen  gearbeitet, 
den  Frieden  im  Königreiche  herzustellen,  und  zu  diesem  Zwecke  sich  bemüht,  auf  den  Gross- 
meister Don  Luis  de  Pacheco  einzuwirken.  Es  war  jedoch  leichter,  den  Herzog  von  Medina- 
Sidonia,  Don  Pedro  de  Stiiniga,  älteren  Sohn  des  Grafen  von  Plasencia,  imd  andere  Granden 
von  Andalucia  fiir  die  Prinzessin  Isabella  zu  gewinnen,  die  denn  auch  wirklich  am  21.  März 
ilir  zuschworen,'  als  der  Eifersucht  des  Granmaestre  und  des  Erzbischofs  von  Toledo  zu 
begegnen,  welclie  beide  ausschliesslichen  Einfluss  auf  die  Herstellung  der  Ordnung  der 
Dinge  zu  gewinnen  strebten.  Don  Fernando  luid  Donna  Isabella  hielten  sich,  während  die 
Unterhandlungen  des  Legaten  in  Guadalajara  fortgesetzt  Avurden,  in  Talamanca  (Anfang 
April)  auf.  Schon  schien  der  Abschluss  eines  Vertrages  mit  dem  Grossmeister  und  dem 
Hause  Mendoza  sicher,  als  der  Marques  von  Villena,^  Don  Juan  Pimentel  und  andere 
Caballeros  sich  Sepulveda's  zu  bemächtigen  suchten  und  die  Nachricht  sich  verbreitete. 
Konig  Don  Juan  sei  in  Perpignan  von  den  Franzosen  eingeschlossen,  und  darauf  der 
Erzbischof  von  Toledo  unter  Troilos  Carillo  Truppen  absandte,  Don  Alonso  Enriquez, 
C)heim  Don  Fernandos,  und  am  3.  Mai  Don  Fernando  selbst  von  Talamanca  aufbrachen 
und  eine  Annee  sich  sammelte,  den  alten  König  zu  befreien,  Castilianer,  Aragonesen  und 
Valencianer.  Am  8.  Mai  fand  eine  Verständigung  zwischen  dem  Grossmeister,  welcher  sich 
um  jeden  Preis  in  den  Besitz  des  Alcazar  von  Segovia  setzen  wollte,  wohin  König  Heinrich 
seine  Juwelen  und  Schätze  gebracht  hatte,  mit  Andres  de  Cabrera,  Mayordomo  des  Königs, 
imd  dessen  Gemahlin  Donna  Beatriz  de  Bovadilla,  die  im  Besitze  des  Alcazars  waren,  statt. 
Das  gegenseitige  Misstrauen  bewirkte  aber,  dass  n;m  Cabrera  im  Geheimen  mit  der  Prin- 
zessin unterliandelte,  mn  mit  Wahrung  der  Rechte  des  Königs  und  seiner  Partei  die  An- 
erkennung der  Prinzessin  als  Erbin  durchzusetzen.^  Was  aber  jetzt  Cabrera  zum  bleibenden 
Danke  der  späteren  Königin  Isabella  und  mit  Berücksichtigung  der  Ehre  und  der  Erhaltung 
des  Königs  unternahm,  war  unabhängig  von  dem,  Avas  von  Seiten  des  Legaten  geschah. 
Denn  während  dieser  sich  zuletzt  denn  doch  zu  der  Prinzessin  Isabella  begeben  und  ihr  damit 
das  Siegel  der  päpstlichen  Anerkennung  verlieh,  war  König  Heinricli  mehr  als  je  entschlossen, 
Castilien  dadurch  den  vermeinten  Frieden  zu  verleihen,  dass  er  seine  Tochter  mit  dem 
Infanten  Don  Enrique  vermählte.  Wollte  er  aber  sich  nicht  in  eine  ähnliche  Lage  versetzen, 
in  welche  Don  Fernando  und  Donna  Isabel  durch  ihre  Heirat  ohne  Dispens  gerathen  waren, 
so  nuisste  er  dieselbe  von  dem  römischen  Stuhle  zu  erhalten  suchen.  Zu  diesem  Ende 
wandte  er  sich  wohl  zuerst  an  den  in  CastiUen  anwesenden  Legaten.  Als  aber  dieser  nicht 
darauf  einging,  weder  die  Königin  Donna  Juana  noch  deren  Tochter  besuchte  und  damit 
seine  Gesinnimg  hinlänglich  zu  erkennen  gegeben,  sandte  König  Heinrich  den  Hernando 
de  Pnlgar  als  seinen  Procurator  nach  Rom,  und  zwar  nicht  blos  um  die  Dispens  für  seine 
Tochter  zu  erlangen,  sondern,  wie  der  Erzbischof  von  Toledo  dem  Cardinallegaten  mittheilte, 
sich  aucli  über  des  letzteren  Betragen  zu  beschweren.  Man  muss  selbst  nach  der  Darstellung 
des  ^urita  annehmen,*  dass  die  Kenntniss  dieser  Vorgänge  den  Legaten  bewog,  Segovia  zu 
verlassen  und  gewiss  zum  grossen  Verdrusse  des  Königs  Don  Enrique  nach  Alcalä  de  Henares 

'  f;urita  anal.  XVIII,  c.  51, 

^  Sohn  de»  GroHNmeiHterB. 

'  Es  war  dabei  auch  dt»  Legaten  gedacht,  dessen  Unterschrift  den  Documenten  Glaubwürdigkeit  geben  sollte.     C'urita  c.  56. 
*  1.  c.  c.  öl. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  123 

ZU  gehen  und  allmälig  die  Rückreise  anzutreten.  Es  gelang  ihm  noch,  das  mächtige  Haus 
Mendoza  mit  der  Prinzessin  auszusöhnen/  König  Don  Juan,  der  jetzt  seinen  siegreichen 
Einzug  in  Barcelona  hielt,  als  er  von  Perpignan  zurückgekehrt  war,  bot  dem  Cardinallegaten 
diu*ch  Pero  Vaca  seine  Galeeren  zur  Ueberfahrt  nach  Italien  an  und  dankte  ihm  besonders 
für  seine  Bemühungen  in  Castilien,  wenn  sie  auch  vorderhand  noch  nicht  die  gewünschten 
Ergebnisse  zeigten.^ 

Es  war  unter  dem  Wirrwarr  von  Intriguen  und  einander  durchkreuzenden  Bestrebungen 
von  Wichtigkeit,  dass,  während  der  Legat  sich  noch  in  Guadalajara  befand,  ein  Courier 
das  päpstliche  Breve  über  die  Cardinalspromotion  des  Bischofs  von  Sigiienza  überbrachte, 
worauf  der  neue  Cardinal  sich  sogleich  zu  dem  Legaten  verfügte.  Man  kann  wohl  als 
sicher  annehmen,  dass,  als  er  auf  das  Freundlichste  empfangen  worden  war,  beide  Cardinäle 
nicht  blos  Höflichkeiten  austauschten,  sondern  auch  die  Lage  des  Reiches  und  die  Mittel 
besprachen,  dasselbe  der  heillosen  Verwirrung  zu  entreissen  und  überhaupt  Spanien  eine 
festere  Gestaltung  zu  geben.  Diese  Hess  sich  aber  denn  doch  wohl  nur  dadurch  schaffen, 
dass  eine  Aussöhnung  der  beiden  Geschwister,  König  Heinrichs  und  der  Princesa,  herbei- 
geführt und  dadurch  die  künftige  Vereinigung  der  beiden  Hauptländer  Aragon  und  Castilien 
angebahnt  wurde.  Gerade  damals  nahmen  die  Volksbewegungen  gegen  die  conversos  einen 
sehr  blutigen  Charakter  an.  Der  Condestable  Miguel  Lucas,  welcher  die  Einwohner  von 
Jaen  von  dem  Morde  der  Maranos  abhalten  Avollte,  wairde  von  dem  Volke  am  21.  März  1473 
in  der  Kirche  erschlagen.  Andererseits  trug  sich  der  Grossmeister  von  Santiago  mit  dem 
Plane,  sich  des  Prinzen  Don  Fernando,  der  Prinzessin  und  des  Erzbischofs  von  Toledo 
durch  einen  Handstreich  in  Segovia  zu  bemächtigen.*  Er  wurde  aber,  als  der  Cardinal  von 
Spanien  sich  vom  Legaten  zu  dem  Könige  nach  Madrid  begeben,  hievon  abgehalten,  und 
der  Gedanke,  den  Frieden  von  Castilien  auf  der  Basis  einer  Verständigung  der  Geschmster 
zu  begrilnden,  nahm  mehr  und  mehr  greifbare  Gestalt  an. 

Der  Legat  hatte,  soweit  es  ihm  möglich  war,  seine  Aufgabe  in  Spanien  erfüllt.  Es  war 
Zeit,  nach  Rom  zurückzukehren  und  dem  Papste  über  den  Zustand  der  Dinge,  \A'ie  er  ihn 
getroffen  und  wie  er  sich  während  seiner  Anwesenheit  gestaltet,  was  er  selbst  vollbracht, 
Rechenschaft  zu  geben.  In  Aragon  war  unbedingt  eine  Besserung  eingetreten;  in  Castilien 
hing  sie  von  Factoren  ab,  die  ausserhalb  der  Machtsphäre  eines  Legaten  sich  ihre  eigenen 
Wege  bereiteten.  Es  war  genug  geschehen,  wenn  er  die  Gestaltung  vorbereiten  half,  aus 
der  allein  Friede  und  Ruhe  entstehen  konnte.  Am  1.  Januar  1474  erfolgie  bereits  die  Aus- 
söhnimg  der  Geschwister  in  Segovia,  nicht  ohne  thätiges  Eingreifen  von  Seite  Don  Pero 
Gonzalez'  de  Mendoza,  des  Cardinais  von  Spanien.* 

Der  Legat  hatte  vorgezogen,  statt  sich  den  aragonesischen  Schiffen  anzuvertrauen,  mit 
seinem  zahlreichen  Gefolge  zwei  venetianische  Galeeren  zu  liesteigen,  von  welchen  die  eine 
ihn,  die  andere  die  Bischöfe  und  Rechtsgelehrten,  das  übrige  Gefolge  und  sein  Gepäck  auf- 
nahm. Da  es  aber  schon  September  geworden  war  und  die  Gefahr  einer  so  weiten  Seereise 
nahe  lag,  machte  er  am  11.  September  1473  sein  Testament,  wobei  er  seinem  Neffen,  dem 
Caballero  Don  Jofre  de  Borja  —  senyor  de  la  Vall  de  Villa  longa  e  del  Loch  de  Anna  — 


>  1.  c.  c.  62. 

'  1.  c.  c.  68. 

'  Diego  Enri(iuez  c.  57. 

*  ^urita  anal.  XVIII,  c.  62. 

16* 


224  Höfler. 

8000  livres.  nioneta  reals  de  Valencia,  vermachte.'  Noch  später  in  einem  leider  nicht  datirten 
Briefe  erwähnte  König  Ferdinand,  dass  der  Cardinal  in  friedlichen  und  kriegerischen  Zeiten 
sich  so  um  ihn  verdient  gemacht  liahe,  dass  er  der  grössten  Belohnungen  würdig  sei,  ihn 
zum  Gevatter  wählte  und  als  seinen  besonderen  Freund  betrachtete.* 

Die  Befürchtungen  des  Cardinallegaten  waren  nicht  ohne  Grimd.  Die  Ueberfahrt  war 
beschwerlich  und  sttlrmisch  imd  vor  Allem  schlinmi,  als  sich  die  Galeeren  den  Gestaden 
Italiens  näherten.  Diejenige,  welche  die  Bischöfe  und  Doctoren  an  Bord  hatte,  wurde  auf 
der  Höhe  von  Savona  so  von  Sturm  und  Wellen  gepeitscht,  dass  sie  endlich  unterging  imd 
180  Personen  mit  ihr.^  Nur  wenig  fehlte  und  auch  das  Schiff,  das  den  Legaten  trug,  wäre 
an  den  Gestaden  von  Pisa  ein  Raub  der  Wellen  geworden.  Er  gelangte  nur  mit  dem  Ver- 
luste eines  grossen  Theiles  seines  Gepäckes  an  das  Land. 

Er  war  ftlr  andere  Dinge  aufbewahrt. 

§.4. 
Der  Epilog  der  spanischen  Mission. 

Die  Aussöhmmg  zwischen  dem  Könige  und  seiner  Schwester,  der  Prinzessin  Donna 
Isabel,  bezog  sich  nicht  auf  ihre  Parteien.  Wenn  Don  Enrique  als  grosser  Freund  der 
Musik  bei  der  Zusammenkunft  mit  dem  Könige  von  Sicilien  und  seiner  Gemahlin  selbst 
sich  als  Sänger  hören  liess,  so  blieben  doch  der  Grossmeister,  der  Herzog  von  Alburquerque 
und  der  Graf  von  Benavente  nebst  dem  Licenciaten  von  Ciudad  Rodrigo,  Mitglieder  des 
alto  consejo,  auf  Seiten  der  Donna  Juana  und  wurden  gegenseitig  Dinge  vorgebracht,  die, 
wie  Diego  Enriquez  del  Castillo  schrieb,*  zu  gefährlich  waren,  als  dass  man  sie  aufzeichnen 
konnte.  Mitten  in  den  Festlichkeiten  erkrankte  der  König.  Der  Grossmeister  wandte  sich 
nun  im  Geheimen  der  Prinzessin  Isabella  zu,  starb  aber  imvermuthet  und  nun  bestätigte 
der  König  seinem  Sohne,  dem  Marques  de  Villena,  in  dessen  Verwahr  sich  die  Prinzessin 
Donna  Juana  in  Madrid  befand,'  nicht  blos  den  ausgedehnten  Besitz  seines  Vaters,  sondern 
auch,  ohne  sich  mit  dem  römischen  Stuhle  oder  den  Granden  in  Benehmen  zu  setzen,  das 
Grossmeisterthum  von  Santiago.  Der  König  vernachlässigte  das  Uebel,  an  welchem  er  litt,  so 
dass  es  tödtUch  wurde.  Aufmerksam  gemacht,  dass  er  nur  mehr  drei  Stunden  zu  leben  habe, 
ernannte  er  den  Cardinal  von  Spanien,  den  Herzog  von  Ar^valo,  den  Marques  von  Villena 
und  den  Grafen  von  Benavente  zu  seinen  Testamentsvollstreckern  und  starb  dann  am  11.  De- 
cember  1474,*'  der  letzte  Ftirst  seines  Stammes.    Unmittelbar  darauf  wurden  Don  Fernando 


'  Documente  aus  dem  Arcliive   des  Herzogs   von  Ossuna   in   Madrid.     Herausgegeben   von  Thuasne,  Job.  Bnrchardi  diarium, 

ni,  .Su|iplcment  1.  Valencianisch.     Eines  Sobnes  wird  in  dem  Testamente,  so  wie  es  vorliegt,  nicbt  gedaelit,  obwolil  damals 

Don  Peilro  Luis  scbon  am  Leben  gewesen  sein  muss. 
'  Documente,  8.  3:  nt  maximis  premiis  dignissimus  videatur,  cum  demum   ad   tantura   dignitatis   ac  meritorum  gradum  ascen- 

deret  ut  cum  et  in  corapatris  necessitudinem   admiserimus  et  peculiaris  araici  loco  semper  ac  libentissime  habuerimus.    Die 

Gevatterschaft  bezog  sieb  doch  wolil  auf  den  am  28.  Juni  1478  in  Sevilla  geborenen  Prinzen  von  Asturien,  Don  Juan. 
'  Panvinins,  vito  Alexandri  VI.     Nach  Qurita  XVHI,  c.  59   gingen   274  Personen   zu  Grunde,   los  74  todos  de   la  familia  del 

legado  y  entre  ellos  tres  obispos  y  diversos  dotores  y  maestros  en  Tbeologia. 
«  c.  164.    Der  Maestre  betrieb  selbst  einen  Anschlag  auf  die  Personen  des  Künigs  von  Sicilien  und  seiner  Gemahlin. 
'  pero  la  Reyna  apartada  de  all!  por  su  deshonesto  vivir.    c.  166.     Sie  starb  17.  Januar  1475,  wie  man  behauptete,  in  Folge 

einer  Niederkunft,     (^"nrita  anal. 
•  por  BUS  testamentarios  y  Albaceas,  ein  Beweis,  dass  er  ein  Testament  hinterliess.  Quedö  tan  deshecho  en  las  cames  que  no 

fue  menester  embalsamallo.     Diego  drückt  »ich  über  die  Vorgänge  unmittelbar  vor  seinem  Tode  sehr  zurückhaltend  aus. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  125 

und  Donna  Isabel  als  König  und  Königin  von  Castilien  ausgerufen,  Donna  Juana  aber  fand 
einen  Beschützer  an  dem  Könige  Dom  Affonso  von  Portugal,  Bruder  ihrer  Mutter  und  der 
Kaiserin  Leonore,  Mutter  König  Maximilians.  Trat  dadurch  eine  neue  Combination  ein,  indem, 
als  sich  der  König  von  Portugal  und  beider  Algarben  mit  der  einzigen  Tochter  des  letzten 
Königs  von  Leon-Castilien  verlobte,  die  Vereinigung  Portugals  und  Castiliens  angebahnt 
schien,  die  von  Aragon  und  Castilien  aber  nicht  stattfand,  wenn  Ferdinand  und  Isabella 
den  portugiesischen  Waffen  erlagen,  so  trat  vorderhand  nur  der  Wiederausbruch  des  Bürger- 
krieges, und  zwar  in  Verbindung  mit  einem  auswärtigen  Kampfe,  als  die  dem  Tode  König 
Heinrichs  zunächststehende  Thatsache  hervor.  Aber  selbst  in  dem  Falle,  dass  das  Erbrecht 
der  Donna  Juana  durch  den  Ausgang  des  portugiesischen  Krieges  zu  ihren  Gunsten  ent- 
schieden >vurde,  blieb  noch  immer  die  Frage,  ob  der  römische  Stuhl  zum  Ehebündniss  des 
Königs  von  Portugal  und  der  Donna  Juana  bei  so  naher  Verwandtschaft  seine  Zustimmung 
geben  würde,  und  hing  bis  zu  einem  gewissen  Grade  die  Entscheidung  des  castilianischen 
Erbfolgestreites  von  dem  römischen  Stuhle  ab.  Hier  aber  hatte  der  Cardinallegat  wesent- 
lich zu  Gimsten  Don  Fernandos  und  der  Donna  Isabel  vorgearbeitet.  Alonso  de  Palencia, 
den  (^rndta  öfter  anführt,  behauptet,  dass  König  Heinrich,  von  seinem  Beichtvater  Fray 
Pedro  de  Macuelo  aufgefordert,  in  der  Todesstunde  sich  in  Betreff  der  Erbfolge  auszusprechen, 
es  wirklich  that :  respondiö,  que  declarara  ä  su  hija  por  legitima  heredera  e  sTXcessora.^  Der 
äusserst  vorsichtige  Don  Lorenzo  Galindez  Carvajal,  Verfasser  der  anales  breves  der  Regie- 
rung der  reyes  catolicos,  König  Ferdinands  und  der  Königin  Isabella,  die  sich  durch  ihre 
Zuverlässigkeit  auszeichnen,  behauptet  auf  das  Bestimmteste,  dass  König  Don  Enrique  nicht 
etwa  blos  ein  Memorial  in  den  Händen  seines  Secretärs  Jiian  de  Oviedo  hinterliess,  sondern 
ein  wirkliches  Testament,  zu  dessen  Vollstreckung  er,  wie  wir  sahen,  Executoren  ernannte, 
wenn  auch  dasselbe  von  seinem  Secretär  verborgen  gehalten  wurde  und  erst  in  den  letzten 
Tagen  der  Königin  Isabella  zum  Vorschein  kam.* 

Der  aragonesische  Geschichtschreiber  ^urita,  den  wir  so  vielfältig  wegen  des  Reichthums 
seiner  Angaben  zu  grossem  Danke  verpflichtet  sind,  scheint  denn  doch  bei  der  Ausgedehntheit 
seines  Werkes  manchmal  in  späteren  Capiteln  vergessen  zu  haben,  was  er  in  früheren  sagte. 
Er  erwähnt  bei  der  Erzählung,  wie  der  König  Dom  Affonso  die  Einladung  der  Partei  der 
Donna  Juana,  nach  Castilien  zu  gehen,  annahm,  ausdnicklich,  dass,  während  er  sich  im 
December  1474  in  Estremoz  befand,  ihm  die  Nachricht  zukam,  König  Heinrich  sei  gestorben 
und  habe  ihn  in  seinem  Testamente  zum  governador  seiner  Königreiche  bestimmt,  die  er 
seiner  Tochter  als  Erbin  und  Nachfolgerin  überlassen.  Ja  er  bat  ilm  nicht  nur  die  Regie- 
rimg zu  übernehmen,  sondern  auch  die  königliche  Erbin  zu  heiraten  und  da  wir  den  Secretär 
des  verstorbenen  Königs,  Juan  de  Oviedo,  in  Diensten  der  Prinzessin  finden,  als  diese  sich 
schon  als  Gemahlin  Dom  Affonsos  schrieb  und  benahm,  dürfte  kein  Zweifel  sein,  dass  dieser 
es  übernahm,  dem  Könige  den  zuverlässigsten  Bericht  über  die  letztAvilligen  Bestimmimgen 
König  Heinrichs  zu  übermitteln,  während  Don  Diego  Lopez  de  Pacheco,  Marques  von  Villena, 
dem  Könige  den  Weg  zu  günstiger  Aufnahme   in  Castilien  bereitete.^ 

Nach  diesen  Zeugnissen  dürfte  denn  doch  kaum  ein  Zweifel  dartlber  walten,  dass  König 
Heinrich  auf  seinem  Todbette  zu  der  Madrider  Huldigung  als  dem  rechtmässigen  Acte  in 
Betreff  seiner  Tochter  zurtickgekehrt  war. 


'  ^'orita  anal.  XIX,  c.  13. 

'  Carvajal  ad  1474. 

'  ^'urita  XIX,  c.  18.    Cronica  de  Don  Fernando  i  Donna  Isabel,  c.  11. 


126  Höfler. 

Während  aber  Don  Affonso  die  Reclite  seiner  Nichte  und  GemahUn  mit  den  Waffen 
vertrat  und  der  Krieg  vorzugsweise  am  Duero  sich  hinzog,  erschien,  wir  ^^i■lrden  sagen  die 
Staatssclirift  der  Donna  Juana,  von  Gottes  Gnaden  Königin  von  CastiUa,  Leon,  Portugal, 
Toledo,  Galicia,  Sevilla,  Cordova,  Murcia,  Ja6n,  del  Algarbe,  Algezira,  Gibraltar,  Herrin  von 
Vizcaya  und  lyiolina.'  Sie  berief  sich  auf  die  Rechtmässigkeit  der  Ehe  ihrer  Eltern  und  ihrer 
eigenen  Geburt,  sowie  dass  sie  von  beiden  öffentlich  als  ihre  Tochter  angesehen  wurde, 
geboren  aus  gesetzlicher  Ehe,*  die  durch  Dispensation  und  Confirmation  apostolischer  Bullen 
bekräftigt  war.  Ihr  sei  ohne  allen  Widerspruch  als  Erbin  gehiddigt  worden."  Ihr  Oheim  Don 
Alonso  (Affonso),  welcher  sich  mit  ihr  verlobte,  sei  bereits  als  principe  anerkannt  worden,  als 
Donna  Isabel  sich  als  Königin  bezeichnete.  Diese  habe  aber  geschworen,  sich  ohne  Zu- 
ßtinuuung  des  Königs  nicht  zu  vemiählen;  dieser  dann,  eingeschüchtert  und  um  seinen  Ländern 
Frieden  zu  geben,  unter  Protest*  zugegeben,  dass  ihr  als  erster  Erbin  geschworen  würde,^ 
Eide,  die  schon  deshalb  ungiltig  seien,  weil  sie  zum  Nachtheile  der  rechtmässigen  Erbin 
geleistet  worden  waren.  Sie  habe  dagegen  an  den  römischen  Stuhl  appellirt  und  vor  dem- 
selben wiederholt  Protest  eingelegt.  Isabella  aber  habe  mit  Verletzung  ihres  Eides  einen 
fremden  Fürsten,  der  dem  Könige  verhasst  und  verdächtig  war,  geheiratet,"  mit  offener 
Verletzung  der  castilianischen  Gesetze,  die  Mädchen  unter  25  Jahren  eine  Heirat  nur  mit 
Zustiimnung  ihrer  Poltern  gestatten,  und  wenn  sie  es  doch  thun,  sie  ihres  Erbes  verlustig 
erklären.  Ja  sie  hätten  nicht  einmal  die  päpstliche  Dispens  dazu  gehabt.  Da  sie  nun  auch 
den  König  befehdeten,  habe  dieser  ihre  Mutter  und  die  Prinzessin  selbst  unter  dem  Schutze 
des  Diego  Hurtado  de  Mendoza,  Marques  de  Santillana  von  Buytrago  nach  Val  de  LoQoya 
kommen  lassen  und  zur  Entlastung  seines  Gewissens  in  Geg•en^^^art  vieler  Granden,  Prä- 
laten und  Procuratoren,  die  als  Cortes  versammelt  waren,  und  mit  Zustimmung  des  Cardinais 
von  Spanien,  Don  Pedro  Gonzalez  de  Mendoza,  des  Marques  von  Sautillana  und  seiner 
übrigen  Brüder  die  der  Donna  Isabel  geleisteten  Eide  für  ungiltig  erklärt  und  sie  selbst  als 
Erbin  und  künftige  Königin  ausgerufen  und  seine  gesiegelten  Patente  erlassen.  Zugleich 
hätten  die  Anwesenden,  zu  welchen  nebst  dem  Cardinal  iind  seinem  Bruder  die  meisten 
Granden  gehörten,'  geschworen,  die  Infantin  Donna  Isabel  nie  als  princesa  oder  heredera 
dieser  Königreiche  anzuerkennen.  Nichtsdestoweniger  hätten  der  König  von  Sicilieu  und 
Donna  Isabel  die  grössten  Unruhen  angestiftet,  dem  Könige  grossen  Schaden  bereitet,*  sich 
heimlich  nach  Segovia  begeben  und  dort  den  König  in  Lebensgefahr  gebracht,  ja  ihn 
gefangen  gesetzt,  wenn  nicht  Andres  de  Cabrera  als  mayordomo  dagegen  gewesen  wäre. 
Endlich  hätten  sie  ihm  sogar  Gift"  gegeben,  an  welchem  er  starb,  wie  schon  acht  Monate 
früher  ausgesprengt  worden  war,  König  Don  Enrique   werde  Weihnachten    nicht  überleben. 


»  Bei  ^•urita  anal.  XIX,  f.  235—239. 

5  Uiitersucliungeu  über  die  physische  Fälligkeit  Don  Enrique'«  hatten  schon  1464  stattgefunden.  Qurita  l)ringt  XVI,  c.  60  einen 
Au.<szug  aus  dem  Parere  seines  Arztes  und  seines  ajo  bis  zum  12.  Jahre.  Dann  liabe  er  seine  Kraft  verloren.  Warum, 
wnssten  der  Bischof  von  Cuenca  und  der  Marques  von  Villena.     Letzteres  erscheint  sehr  unglaublich. 

'  sin  contradicion  alguna  intitnlada  recibida  e  obecida  por  princesa  e  primogenita  heredera. 

*  protestando  primeramente. 

'  aunqne  no  en  concordia  ni  por  procuradores  en  corte  ni  en  la  forma  que  devia. 

•  Key  estrafio  e  non  confederado  nin  aliado  con  el  rey  mi  sefior,  nin  amigo  suyo,  antos  muy  odioso  n  sospechoso  a  su  persona 
e  real  estado. 

'  Mit  Namen  angeführt  f.  236. 

'  para  su  defension  e  conservacion  de  enagenar  e  dar  e  destribuir  de  sus  rentas  y  vasallos  e  patrimonio   real  mas  de  treinta 

quentos  de  maravedis  de"  renta  en  cada  uu  afio 
'  yerva»  e  pon<;oHa. 


Dos  RoDRiGO  DE  Bor  JA  (Papst  Alexander  VI.)  ukd  seine  Söhne.  127 

Beständig  habe  aber  der  König  Prälaten  und  Granden  eidlich  versichert,  dass  sie  in  Wahr- 
heit seine  Tochter  sei.  Ebenso  habe  er  auch  in  der  Nacht  auf  den  12.  December,  nachdem 
er  gebeichtet,  sie  als  seine  einzige,  legitime  natürliche  Erbin'  eingesetzt  und  den  Cardinal 
von  Spanien,  den  Herzog  von  Ar^valo,  den  Marques  de  Villena,  den  Condestable  von 
Castihen  imd  den  Grafen  von  Benavente  zu  Vormündern  und  Wächtern  seiner .  Tochter  ^ 
ernannt.  Und  als  dann  sein  Beichtvater,  der  Prior  Fray  Juan  de  Ma^uelo  vom  Orden  der 
Hieronymiten,  ihn  aufgefordert  habe,  zur  Beruhigung  seiner  Reiche  und  um  allen  Zweifel 
zu  heben,  die  Wahrheit  zu  bekennen,  geantwortet,  zur  Ruhe  seiner  Seele,  Donna  Jua^a 
sei  wahrhaft  seine  Tochter  und  ihr  gehörten  diese  Reiche.*  Obwohl  nun  ihre  Vormünder 
durch  Rodrigo  de  Ulloa  und  Garci  Franco  Donna  Isabel  auffordern  Hessen,  sich  des  Titels 
einer  Königin  zu  entschlagen,  bis  das  Recht  entschieden,  habe  sie  ihn  doch  mit  Berufung 
auf  ihre  erste  Anerkennung  angenommen,  ohne  der  ersten  Huldigung  der  Donna  Juana,  noch 
der  Cassation  der  (Donna  Isabel)  geleisteten  Eide  durch  den  König  zu  gedenken.  Sie  habe 
sich  in  den  Besitz  der  Verlassenschaft  gesetzt,  aller  Kostbarkeiten  und  Juwelen,  ja  sich  ihrer 
selbst  zu  bemächtigen  gestrebt,  um  sie  für  immer  einzukerkern. 

Die  Staatsschrift  machte  nun  auf  die  Folgen  aufmerksam,  die  entstehen  müssten,  wenn 
der  Grundsatz  Geltung  fände,  dass  das  Eherecht  und  die  geleisteten  Eide  keinen  Werth 
hätten,  und  ruft  den  Castilianern  die  von  dem  Könige  empfangenen  zahlreichen  Wohlthaten 
ins  Gedächtniss,  mn  sie  schliesslicli  aufzufordern,  nicht  zu  didden,  dass  König  und  Königin 
von  Sicilien  Castilien  erbten.  Zugleich  machte  sie  den  Castilianern  bekannt,  dass,  während 
sie  unter  dem  Schutze  des  Marques  von  Villena  sich  in  Truxillo  befand,  König  Aifonso  durch 
einen  Botschafter  sich  um  ihre  Hand  beworben  und  der  König  sich  mit  ihr  in  Plasencia 
vermählt*  habe,  sie  somit  König  und  Königin  von  Castilien-Leon  seien;  der  König  aber 
sei  von  dem  königlichen  Hause  Castilien  und  Einheimischer  (natural),  kein  Fremder,  noch 
Feind,  wie  König  Don  Juan  von  Aragon  (Vater  König  Ferdinands)  der  Feind  ihres  Gross- 
vaters, der  diesen  bekriegt.  Schon  ihre  Grossmutter  wie  ihre  Mutter  seien  Portugiesinen 
gewesen,  sie  selbst  aber  wie  der  König,  ihr  Gemald,  bereit,  ilire  Rechte  der  Entscheidung 
der  drei  Stände  Castiliens  zu  überlassen,  wenn  König  imd  Königin  von  Sicilien  dasselbe 
thäten.^ 

Statt  rechtlicher  Auseinandersetzung  erfolgte  der  Entscheid  durch  die  Waffen  und  trat 
das  Gegenstück  zu  dem  ein,  was  in  Aragon  stattgefanden,  wo  der  Erstgeborne  und  reclit- 
mässige  Erbe  seiner  Rechte  beraubt  wurde,  um  König  D(m  Fernando  den  Weg  zum  Throne 
zu  eröffnen.  Die  Königin  Isabella  verfolgte  ihre  Nichte  mit  glühendem  Hasse,  ohne  selbst  im 
Stande  zu  sein,  Castilien  ein  bleibendes  Geschlecht  von  Königen  zu  geben;  wohl  aber 
schwand  die  unter  ihrem  Enkel®  angebahnte  Vereinigung  Castiliens,  Aragons  und  Portugals 
noch  bei  ihren  Lebzeiten  wie  ein  Meteor  und  blieb  nur  die  durch  ihre  eigene  Mutter  ihrem 
Hause  eingepflanzte  Neigung  zum  Wahnsinn. 

Nur  mit  äusserster  Anstrengung  hatte  sich  in  einer  Reihe  von  fast  ununterbrochenen 
inneren  und  äusseren  Kämpfen  König  Don  Juan  im  Besitze  von  Aragon  und,  was  Navarra 


'  heredera  e  sucessora. 

2  tutores  e  curadores  e  giiardadores  de  mi  persona. 

'  dixo  que  para  el  pa«80  en  que  estava  assi   stj  anima  ovie.se   reposo,   que  yo  era  verdaderamente   sii   fija  e  a  mi  pertenecia 
e.stos  SU8  reynos.    f.  237. 

*  Als  legitimo  esposo  e  marido. 
''  Plasencia,  30.  Mai  1475. 

•  Don  Miguel,  Sohn  der  Prinzessin  Isabella  und  des  Königes  Don  Manuel  von  Portugal. 


128  Höl'LEB. 

betraf,  eigentlich  nur  im  Besitze  des  königlichen  Titels  erhalten.  Dagegen  stand  aber  nach 
Bewältigung  des  Anfstandes  des  neapolitanischen  Adels  König  Ferrante  von  (Continental) 
Sicilien  durch  seine  31acht  und  seine  ausgedehnten  Faniilienbande  auf  dem  Höhepunkte  seines 
Auschens.  Die  casa  de  Aragon  in  Italien  schien  selbst  den  Glanz  des  aragonesischen  Stamm- 
hauses zu  verdunkeln.  Um  aber  die  beiden  Zweige  desselben,  die  ja  zwei  Brüdern  ent- 
stannnten,  Don  Alonso  V.  imd  Don  Juan  11.,  noch  enger  mit  einander  zu  verknüpfen,  be- 
warb sich  König  Ferrante '  um  die  Hand  der  Tochter  Don  Juans,  Donna  Juana,  eine  Dame 
Aon  hervorragender  Schönheit,*'  die  ihm  auch  zugesagt  wurde.  Seine  Tochter  Beatrix  ver- 
mahlte sich  mit  König  Mathias  von  Ungarn  und  brachte  ilirem  Gemahle  Verzichtleistung 
der  Rechte  der  neapolitanischen  Krone  auf  Ungarn  mit. 

Noch  innner  hatte  König  Don  Juan  die  feierliche  Obedienzleistung  in  Rom  verschoben, 
obwohl  der  König  bereits  dem  Cardinal  von  Monreal  und  anderen  angesehenen  Persönlich- 
keiten die  Vollmacht  dazu  ertheilt  hatte.  Dann  war  aber  die  Absicht  eingetreten,  hiemit 
die  Obedienzleistung  von  Seiten  Don  Feniando's  luid  der  Königin  Isabella  zu  verbinden,^ 
ober  diese  Zögenmg  der  Thronstreit  mit  König  Don  Affonso  entstanden  und  dadurch  eine 
neue  Controverse,  aus  welchen  Händen  sie  der  Papst  für  Castilien  annehmen  sollte.  Als 
der  Grossmeister  von  Montesa  und  der  Decan  von  Burgos  als  Gesandte  Don  Fernando's 
und  der  Donna  Isabel  am  15.  Juli  1475  nach  Rom  kamen,  ^nirden  sie  von  Ausias  Dozzuch, 
Cardinal  wn  Monreal  und  den  Aragonesen  auf  das  Freundlichste  empfangen,  auch  der 
Gewohnheit  gemäss  von  den  Verwandten  des  Papstes  und  den  Cardinälen,  aber  aus  Rück- 
sicht auf  die  portugiesische  Gesandtschaft  wurde  eine  Bulle  Papst  Pius  IL  erneut,  dass  der 
Empfang  von  Botschaften  durch  den  Papst  anderen  Ftirsten  kein  Präjudiz  bereite.  Es  war 
ein  Act  grosser  Klugheit  des  sechsundsiebzigj  ährigen  Königs  von  Aragon,  der  es  an  guten 
Rathschlägen  bei  seinem  Sohne  nicht  ermangeln  liess,  wenn  sie  auch  nicht  immer  günstigen 
Boden  fanden,  die  Obedienzleistung  so  lange  zu  verschieben,  bis  sie  auch  für  Castilien  statt- 
finden konnte;  die  Cardinäle  von  Valencia  imd  Moureale  bewirkten  jedoch,  dass  nur  ein 
Ausschuss  der  Botschafter  zu  dem  Acte  selbst  verwendet  wurde.  Der  Magister  Juan  Gatto, 
Bischof  von  Cefalii,  leistete  mm  zuerst  für  die  castilianisclien  Könige  und  dann  besonders 
fili-  Aragon  die  Obedienz.  Wohl  legte  dann  ein  Consistorialdecret  im  Namen  Portugals, 
jedoch  in  sehr  zarter  Weise  Protest  ein;  der  Bischof  von  0%'iedo  widerlegte  aber  sogleich 
das  Gesagte,  worauf  der  Papst  auf  ])eide  Erklärungen  eine  Antwort  gab  und  liiebei  den 
Vater  und  die  Kinder  (hijos)  als  Einen  Körper  bezeichnete.*  In  einer  anderen  Audienz 
wurde  von  dem  Maestre  de  Montesa  das  zweifache  Verlangen  A^orgebracht,  der  Papst  möge 
dem  Marques  von  Villena  das  Grossmeisterthum  von  Santiago  und  dem  Könige  Dom  Aftbnso 
die  Dispensation  zur  Ehe  mit  Donna  Juana  verleihen.  Der  Papst  betonte  aber  in  der  Ant- 
wort nur  seine  persönlichen  Beziehungen  zum  aragonesischen  Königshause,  ohne  sich  mit 
einiger  Bestinmitheit  für  oder  wider  die  Anträge  auszusprechen.'^ 

Es  folgten  Unterhandlungen  wegen  Veniiählung  des  Prinzen  von  Cajeta  (Fernandino), 
Enkel  König  Ferrante's,  mit  der  Infantin  Donna  Isaliel,  der  Tochter  der  Königin  Isabella, 
die    dem    Hause  Aragon    Erl)ansprüche    auf  die  Insel   Sicilien   in  Aussicht   stellte    und   dem 

>  muy  didcreta  ya  maravilla  hermosa  y  de  liuyna  grati«.     XIX,  c.  10,  p.  218. 

'  ^urita  »igt,  er  »ei  «lamal»  42  oder  43  .lalire  alt  gewesen     Wenn  er  aber  1479,  achtziff  Jahre  alt,  .starb,  war  er  1474  fünf- 

undKielienzig  Jahre  alt. 
»  gurita,  XIX,  c.  IG. 

<  Don  Juan   von  Aragon  unri   Don  Fernando  als  K«nig  von  Castilien. 
5  ^•antii  XIX,  c.  38. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  129 

Könige  Ferdinand  die  Mittel  zu  gewähren  schienen,  sich  seiner  Feinde  in  Castihen  zu  er- 
wehren, dem  Prinzen  von  Capua  aber  durch  seine  Braut  dereinst  CastiUen  zu  erlangen  und 
dem  Hause  Aragon  dieses  Königreich  zu  sichern.'  Vorderhand  aber  fand  die  Vermählung 
der  Schwester  König  Ferdinands  mit  dem  Könige  Ferrante  wirklich  statt.  Einerseits  wurde 
Donna  Beatrix,  Tochter  des  Königs  von  Sicilien,  in  Neapel  von  dem  Cardinal  Oliver  Carafifa 
am  15.  September  1476  als  Königin  gekrönt,  worauf  sie  sich  in  Manfredonia  nach  Ungarn 
einschiffte,  andererseits  kam  Don  Alfonso,  Herzog  von  Calabrien,  mit  grossem  Gefolge  nach 
Barcelona,  die  Braut  seines  Vaters  abzuholen  und  nach  Neapel  zu  führen.^  Gleichzeitig  mit 
Donna  Juana  kam  von  Rom  her  Don  Rodrigo  de  Borja,  Cardinal  von  Valencia  und  Vice- 
kanzler,  um  als  päpstlicher  Legat  der  Krönung  der  neuen  Königin  beizuwohnen.  Er  ritt 
mit  ihr  unter  demselben  Baldachin,  als  es  sich  danun  liandelte,  sie  in  feierlichem  Aufzuge 
nach  dem  Castel  von  Porta  Capuana  zu  geleiten.  Er  ertheilte  am  folgenden  Tage  ihr  den 
Segen,  als  sie  zwischen  dem  Könige  und  dem  Cardinal  Don  Juan  von  Neapel,  dessen  Sohne, 
in  die  Kathedralkirche  ritt,  und  hielt  dann  das  Amt.  Er  that  am  16.  September  dasselbe  in 
der  Kirche  da  la  Coronada  und  krönte  sie  sodann  mit  einer  Krone,  die  Papst  Sisto  ihr  zum 
Geschenke  gemacht  hatte  (20.  September  1477).  Dann  wurde  dem  Verlobten  der  Prinzessin 
von  Castilien,  Prinzen  von  Capua,  von  den  Baronen  gehuldigt,  so  dass  für  drei  Generationen 
die  Erbfolge  in  Sicilien  gesichert  schien.  Der  König,  der  seiner  Gemahlin  25.000  Ducaten 
Rente  anwies,  verheiratete  jetzt  Barone  mit  seinen  nächsten  Verwandten.  Seine  Tochter 
Leonor  von  Ferrara  gebar  damals  im  Castel  Porta  Capuana  den  Herzog  Fernando.  Das 
Haus  Aragon  in  Neapel  feierte  Tage  voll  Macht,  Glanz  und  Herrlichkeit.  Es  befand  sich 
auf  der  Höhe  seines  Glückes. 

Der  König  von  Sicilien  (Neapel)  war  nicht  blos  der  mächtigste  Fürst  Italiens,  sondern 
auch,  obwohl  ihm  die  Inseln  Sicilien  und  Sardinien  nicht  gehörten,  durch  seine  zahlreichen 
Familienverbindungen  einer  der  angesehensten  der  Christenheit  geworden.  Doch  beruhte 
seine  bedeutende  Stellung  wesentlich  auf  dem  günstigen  Verhältnisse  zu  dem  päpstlichen 
Lehensherrn  und  war  er  moralisch  genöthigt,  auf  die  Pläne  einzugehen,  durch  welche  der 
jedesmalige  Papst  seinen  Blutsverwandten  Besitzungen  und  fürstliche  Macht  zu  verschaffen 
suchte.  Gerade  jetzt  trat  aber  ein  neues  Zerwürfniss  ein,  indem  König  Ludwig  XL  als 
Bundesgenosse  des  Königs  von  Portugal  in  den  Papst  drang,  Dom  Affonso  die  Ertheilung 
der  Dispensation  zur  Vermählung  mit  seiner  Nichte  nicht  länger  zu  verweigern.  Der  Papst 
hatte  bisher  an  dem  Gnmdsatze  festgehalten,  an  den  Erklärungen  des  Königs  Don  Enrique 
zu  Gunsten  der  Donna  Juana  stillschweigend  vorüberzugehen  und  in  ihr  nur  die  Sclnvester- 
tochter  des  Königs  von  Portugal  zu  erl)licken.  In  dieser  Auffassung  wurde  er  auch  durch 
den  Cardinal  Don  Rodrigo  de  Borja  und  den  Cardinal  von  Monreale  bestärkt.  Namentlich 
machte  der  Cardinal -Vicekanzler  geltend,  dass  eine  Dispensation,  jetzt  ertheilt,  den  Bürger- 
krieg in  Spanien  aufs  Neue  anfachen  würde.  Auch  sei  kein  Grund  vorhanden,  sich  dem 
Könige  von  Frankreich  zu  Liebe  die  Könige  aus  dem  Hause  Aragon  zu  Feinden  zu  machen, 
die  sich  doch  als  die  treuesten  Anhänger  des  römischen  Stuhles  erwiesen !  König  Ludwig 
konnte  sich  aber  auf  den  Cardinal  von  S.  Pietro  in  vinculis,  Julian  de  la  Rovere  (Neffen 
des  Papstes  Sisto)  stützen,    der  schon  damals  sich  auf  die  französische  Seite  geschlagen  hatte. 


'  Dezia  el  rey  (Don  Juan)  que  no  le  parecia  que  en  la  christianidatl  oviesse  otro  niatrimoiüo  que  por  todos  respetos  satisfacie.sse 

tanto  al  repoüo  de  sus  estados  como  este.     ^'urita  XIX,  e.  47. 
'  König  Ferdinand,  der  verhindert  war,  seine  Schwester  noclimals  zu  sehen,   sandte  an  seiner  Stelle   Don  Enrique  Enriquez, 
BU  tio,  nach  Barcelona.     XX,  c.  7. 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.   XXXVII.  Bd.  17 


1 30  Höfler. 

Der  Cardinal  von  Valencia  erklärte  jedoch  dieseni  ganz  ununiAvundeii,  dass  er  sich  weder  als 
C'ardiual  noch  als  Verwandter  des  Papstes  benehme,  wenn  er  zu  einem  so  grossen  Aergernisse 
seine  Zustimmung  gebe.  Er  möge  bedenken,  dass  er  nicht  inmier  Neffe  des  Papstes  bleibe, 
und  wek'lie  Wohltliaten  er  und  sein  Bruder,  den  der  Papst  zum  Stadtpräfecten  erhoben,  a'ou 
dem  Könige  von  Neapel  und  dem  Hause  Aragon  erhalten.  Die  Worte  machten  aber  weniger 
Eindruck,  da  man  sie  der  persönlichen  Abneigung  des  Cardinais  de  Borja  gegen  den  Neffen 
des  Papstes  zusclirieb,  durch  den  er  in  Schatten  gestellt  worden  war.  Nun  trat  aber  auch 
Don  Ferrante  in  den  Vordergrund.  Da  die  französischen  und  portugiesischen  Botschafter 
in  Kom  sich  rühmten,  wie  sehr  sie  daselbst  gegen  den  König  von  Castilien  Unterstützung 
fänden,  so  Hess  Don  Ferrante  dem  Papste  und  dem  Cardinal  von  S.  Pietro  erklären,  dass 
er  selbst  mit  dem  Könige  durch  die  engsten  Bande  verknüpft  sei;  dass  der  Schlag,  welcher 
gegen  den  König  von  Castilien  gerichtet  sei,  ihn  selbst  treffe  und  er  entschlossen  sei,  mit 
aller  Kraft  gegen  derartige  Gegner  seiner  Person  mid  seines  Staates  aufzutreten.^  Nichts- 
destoweniger gewährte  der  Papst  dem  Könige  von  Portugal  die  Erlaubniss,  jedes  ihm  beliebige 
3Iii<lclien  seiner  Verwandtschaft  zu  heiraten,^  indem  er  glaubte  oder  zu  glauben  den  Anschein 
nahm,  es  werde  durch  diese  Form  dem  Könige  von  Castilien  keine  Präjudiz  geschaffen  werden. 
Der  Papst  hatte  nicht  blos  sich  geweigert,  den  Bischof  von  Girona,  Don  Juan  Margerit.  zum 
Cardinal  zu  erheben,  sondern  auch  durch  seine  Cardinalsernennungen  bewirkt,  dass  ,die 
Könige  von  Aragon'  im  Cardinalscollegium  nur  auf  die  Cardinäle  von  Valencia,  Monreal 
und  den  früheren  Bischof  von  Leon,  Cardinal  Antonio  de  Veneris,  zählen  konnten.^  Kein 
Wunder,  wenn  diesem  Uebelstande  später  in  sehr  nachdrücklicher  Weise  abgeholfen  imd 
der  spanischen  Nation  eine  grosse  Vertretung  im  Cardinalscollegium  zu  Theil  wurde,  ja 
geradezu  an  der  Erhebung  eines  Valencianers  au.f  den  päpstlichen  Thron  gearbeitet  wurde. 
Bereits  hatten  sich  der  König  von  Castilien  iind  sein  sorgsamer  Vater  Don  Juan  mit 
dem  Gedanken  vertraut  gemacht,  dass  die  Königin  Isabella  keinen  Sohn  gebären  werde,  und 
war  selbst  bei  der  Verlobung  der  Prinzessin  Donna  Isabel  mit  dem  Prinzen  von  Capixa  diese 
als  Nachfolgerin  ihrer  Mutter,  sobald  letztere  stürbe,  erklärt  worden,  als  die  Königin  doch  am 
28.  Juni '  in  Sevilla  den  Prinzen  Don  Juan  gebar,  König  Don  Juan  einen  legitimen  Enkel, 
König  Don  Fernando  einen  Sohn  erhielt,  welcher  präsumtiver  Erbe  von  Castilien  und  Aragon, 
beide  Reiche  zu  vereinen,  die  Dynastie  fortzusetzen  bestimmt  schien,  dessen  Geburt  aber  auch 
der  Aussicht,  dass  Castilien  dereinst  dem  Enkel  Don  Ferrante's  zufallen  würde,  ein  Ende 
bereitete.  Beide  Könige,  Vater  und  Sohn,  wandten  sich  jetzt  an  den  Papst,  imi  ihn  zu 
bitten,  den  sechsjährigen  Don  Alonso,  natüi-lichen  Sohn  des  Königs  von  Castilien  von  der 
Donna  Aldonza  Rocli  de  Iborra  aus  Cervera  zum  Erzbischofe  von  Saragossa  zu  erheben. 
Der  Papst  erklärte  jedoch,  er  könne  Ijei  der  Jugend  des  Vorgeschlagenen  die  verlangte  Pro- 
vision nicht  gestatten,  schon  damit  dadm-ch  nicht  für  andere  Fälle  ein  Thor  eröffnet  werde; 
hingegen  wolle  er  das  Erzbisthum  dem  Cardinal  von  Monreale  übergeben,  wodurch  das 
letztere  Erzbisthum  dem  Könige  zu  seiner  Verfügung  anheimfalle.  Allein  dieser,  schon  durch 
die  frühere  Bestinunung  des  Papstes  in  Betreff  der  portugiesischen  Dispensation  aufgebracht, 
sjih  darin  eine  grosse  rnbill    gegen  seine  Person,   drohte    mit  Gewaltmassregeln   gegen  den 


'  como  oe  declararia  contra  lo«  que  quisiesKon  quitarle  el  estado  y  la  vida.     ^Jiirita  XX,  c.  10. 
'  en  qiialquier  grmld  lateral  de  coniuini^uinidad  e  affinidad  exceptaiido  el  )irimo  f^rado.    3.  Februar  1477. 
'  y  eran  muy  tnaltratailos  por  el  Papa.     1.  c. 

♦  Nach  ^Hirita  am  30.  Juni.     InterexHant  ist  der  Kath,  den  jetzt  Don  Juan  Heiuem  Solino  gab,  den  Prinzen  nicht  in  Castilien 
erziehen  zu  la8Hen,  und  die  ablehnende  Antwort  des  Kdnips  von  Ca.stilien.     Anal.  XX,  c.  22. 


Dom  RoDRiGO  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  131 

Cardinal  und  den  Maestre  de  Montesa,  dessen  Oheim ;  Don  Ferrante  mischte  sich  gleiclifalls 
in  die  Angelegenheit  und  die  Sache  nahm  endlich  eine  so  scharfe  Wendung,  dass  dem  Car- 
dinal nichts  Anderes  übrig  blieb,  als  auf  Saragossa  Verzicht  zu  leisten.  Am  14.  August  1478 
erhob  Sisto  IV.  den  Knaben,  der  eben  mit  einer  Gräfin  von  Modica  verlobt  werden  sollte, 
zum  Administrador  perpetuo  des  Erzbisthums  Saragossa.  Die  Ernennung  geschah  in  Gegen- 
wart der  Cardinäle  von  Valencia,  von  Ronen,  Taragona,  Recanato  und  S.  Nidal  zu  Braccano, 
dem  später  so  oft  genannten  orsinischen  Castelle.'  Don  Juan  und  Don  Ferrante  begnügten 
sich  aber  nicht  mit  diesem  Siege,  der  die  vornehmste  Kirche  von  Aragon  einem  Knaben 
Überhess,  welcher  der  Liebling  und  auch  in  seinen  Neigungen  das  Ebenbild  seines  Vaters 
Avar,  der  zum  grossen  Verdrusse  der  Königin,  seiner  Gemahlin,  fortwährend  die  Anzahl  seiner 
natürlichen  Kinder  vermehrte.  Andererseits  aber  hinderte  Don  Fernando  eine  grosse  Demon- 
stration, welche  sein  Vater  und  die  Königin  Isabella,  die  ihre  Nichte  mit  aller  Leiden- 
schaft hasste  und  verfolgte,  wegen  der  Dispensation  gegen  den  Papst  in  Scene  setzen  wollten. 
Der  Grossmeister  von  Montesa  imd  König  Ferrante  arbeiteten  wieder  unermüdlich  dai'an, 
dass  die  portugiesische  Dispens  auf  demselben  Wege,  auf  welchem  sie  zu  Stande  gekommen 
war,  auch  Avieder  zurückgenommen  werde.^  In  der  Hoffnung,  dadurch  den  Kämpfen  und 
dem  Blutvergiessen  ein  Ende  zu  machen,  nahm  Papst  Sisto  wirklicli  auf  besonderes  An- 
dringen des  Königs  von  Neapel  die  Dispensation  zurück  imd  übersandte  durch  den  Erz- 
bischof von  Bali  dem  Könige  von  Castilien  die  hiezu  ausgefertigte  Bulle. 

Auf  die  eine  Errungenschaft,  die  der  Uebermnth  des  Hauses  Aragon  dem  Papste  ab- 
presste,  der  vergeblich  zwischen  zwei  Klippen  zu  segeln  sich  bemüht  hatte,  kam  eine  zweite, 
als  der  Friede  von  Alcantara  ZAvischen  Castilien  und  Portugal  abgeschlossen  Avurde  und  in 
diesem  Donna  Juana  auf  den  Titel  Königin  oder  Infantin  Verzicht  leistete.  Wohl  war  dann  die 
Rede,  dass  der  Prinz  Don  Juan,  vierzehnjährig,  sie  heiraten  solle,  wenn  er  wolle ;  aber  noch 
viel  mehr,  dass  Donna  Juana  in  eines  der  fünf  Klöster  von  S.  Clara  in  Portugal  eintreten  sollte. 
Würde  sie  aber  dasselbe  verlassen,  ohne  Profess  gemaclit  zu  haben,  so  sollte  sie  an  König 
und  Königin  ausgeliefert  werden.  Sie  hatte  femer  alle  Acten,  die  sich  auf  ihre  Erbfolge 
bezögen,  auszuliefei*n  —  daher  wohl  auch,  dass  das  Testament  König  Heinrielis  verborgen 
und  erst  spät  entdeckt  wurde  —  und  die  Entsagung  auf  die  Krone  wie  die  übrigen  Verträge 
zu  beschwören.^  Es  waren  alle  denkbaren  Cautelen  getroffen  worden,  nur  daran  war  nicht 
gedacht,  dass  die  nunmehrige  senora  excelente,  wie  man  Donna  Juana  jetzt  nannte,  seit 
sie  nicht  mehr  Infantin  oder  Königin  genannt  werden  durfte,  in  den  Händen  der  Könige 
von  Portugal  eine  Geisel  werden  und  bleiben  würde,  deren  sich  diese  zum  Schaden  der 
castilianischen  und  zum  eigenen  Nutzen  nach  Belieben  bedienen  konnten. 

Donna  Isabel  gebar,  als  der  Friede  zu  Stande  kam,  in  Toledo  am  6.  November  1479 
eine  Tochter;  sie  wurde  wie  zum  Triumphe  Donna  Juana  genannt.  Nach  einiger  Zeit  erhielt 
sie  den  Beinamen  la  loca,  die  Wahnsinnige,  wie  ihre  Grossmutter  Isabella.  Die  Tocliter 
König  Heinrichs,  gleich  Don  Carlos  de  Viana  ihres  Erbes,  ja  auch  ihres  Gatten  und  ihres 
guten  Namens  beraubt,  entschloss  sich,  allen  lästigen  Clausein  und  Bedingungen  des  Friedens 
ein  Ende  zu  machen,  noch  im  November  im  Kloster  der  heiligen  Clara  zu  Coimbra  den 
Schleier  zu  nehmen.  König  imd  Königin  sandten  auf  dieses  Mitglieder  des  königlichen 
Rathes  ab,  sich  zu  überzeugen,    dass    dies   wirklich    geschehen    sei.     Das  hinderte  aber  den 


'  Anal.  XX,  c.  23. 

2  Anal.  XX,  c.  2.5. 

3  f^urita  XX,  c.  24. 

17* 


132  Höfler. 

katholischen  König  nicht,  ihr  später  seine  Hand  anzubieten,  die  Donna  Juana  mit  Verach- 
timg von  sich  wies. 

Withrend  der  König  von  CastiHen  und  seine  energische  Gemaldin  sich  bemühten,  mit 
Wafiengewalt  die  Portugiesen  zu  vertreiben  und  ihren  Angriffskrieg  gegen  Castilien  durch 
einen  Offeusivstoss  gegen  Portugal  zu  erwidern,  traten  Ereignisse  ein,  die  zwar  zum  Tlieile 
nicht  mierwartet  kamen,  zum  Theile  ausser  aller  lierechnung  standen,  wohl  aber  geeignet 
waren,  eine  tief  eingreifende  Veränderung  im  Westen  herbeizuführen. 

Als  der  Erzbischof  von  Bari  zu  Weihnachten  des  Jahres  1478  in  Barcelona  ankam, 
imi  den  Widerruf  der  DispensationsbuUe  zu  überbringen,  zeigte  sich  in  einer  die  beiden  Könige 
Don  Juan  tmd  Don  Fernando  höchst  empfindlichen  Weise,  dass  sich  Don  Ferrante  auch  in  den 
langTNnerigen  Streit  des  Königs  von  Aragon  mit  dem  Könige  von  Frankreich  über  Roussillon 
und  Cerdaigne.  und  zwar  zu  Gunsten  seines  eigenen  Sohnes  Don  Federigo  (Fadrique)  ein- 
gemischt. Vater  und  Sohn  wollten  sich  deshalb,  sowie  über  den  heillosen  Zustand  des  König- 
reichs Navarra,  der  unter  den  Händen  der  Prinzessin  Leonor,  Witwe  Don  Gastons,  Grafen 
von  Foix,  mit  jedem  Tage  ärger  -vvurde,  besprechen,  als,  ehe  Don  Fernando  Guadelupe  ver- 
liess,  Don  Juan  am  23.  Januar  1479  in  Barcelona  in  Gegenwart  seiner  Enkel  Don  Jayme  von 
Navarra  und  der  beiden  Sölme  des  Prinzen  von  Viana,  Don  Felipe  und  Don  Carlos,  sowie 
Don  Juans  de  Aragon,  Sohn  des  Herzogs  von  Villahermosa  und  der  Donna  Anna  (Tochter 
des  Prinzen  von  Viana),  82  Jahre  alt  an  Altersschwäche,  starb.'  Der  König  von  Aragon 
und  Navarra  befand  sich  in  einer  so  traurigen  Lage,  dass  zu  den  Kosten  seines  Begräbnisses 
imd  zur  Bezahlung  seiner  Diener  seine  Juwelen,  ja  selbst  das  goldene  Vliess,  ein  Geschenk 
des  Herzogs  von  Burgund,  verpfhndet  werden  mussten.  An  diesem  Tage  ^^a^rde  der  König 
von  Sicilien  und  Castilien  auch  König  von  Aragon,  aber  nicht  König  von  Navarra,  wo 
Donna  Leonor  in  Kraft  der  mütterlichen  Erbfolge  Königin  wurde,  und,  da  Don  Fernando's 
Söhnlein,  Don  Juan,  dem  Rechte  der  Natur  nach  Erbe  von  Castilien  wie  Thronfolger  von 
Aragon  war,  seinen  endlich  der  Moment  einer  dauernden  Vereinigung  wenigstens  der  beiden 
Hauptreiche  von  Spanien  zu  einem  bleibenden  Ganzen  gekommen  zu  sein.  Der  27jährige 
König  Don  Fernando,  der  eben  seinen  früheren  Beschützer,  den  Erzbischof  von  Toledo, 
gezwungen  liatte,  von  der  Partei  der  Prinzessin  Donna  Juana  zm-ückzutreten,  besass  bereits 
eine  so  grosse  Anzahl  von  Königreichen,  dass,  wenn  dieselben  nicht  durch  die  voraus- 
gegangenen inneren  und  äusseren  Kriege  sich  gegenwärtig  im  Zustande  der  äussersten  Zer- 
rüttung V)efunden  liätten,  sie  eine  geradezu  imposante  Macht  bilden  mussten;  die  bisher  in 
gleicher  Art  noch  nicht  vorhandene  Combination  der  Vereinigung  der  castihanischen  und 
aragonesischen  Königreiche,  freilich  auch  noch  nicht  in  Einer  Person,  litt  aber,  selbst  nach- 
dem der  Friede  mit  Portugal  hergestellt  worden  war,  an  einem  zweifachen  Gebrechen. 
Einerseits  war  beinahe  die  ganze  feüdUche  Küste  mit  ihren  Sierren  und  den  fruchtbaren  Nord- 
aldiängen  gegen  das  Thal  des  Guadalquivir  in  dem  Besitze  einer  äusserst  fanatischen  und 
kriegerischen  Bevölkenuig  von  Moshm,  Mauren,  die  mit  ihren  Glaubensgenossen  in  Afrika 
in  Verbindung  standen,  so  dass,  so  lange  nicht  der  ganze  Süden  unterworfen  worden  war,  eine 
freie  Entwickhmg  nach  Aussen,  eine  unmittelbare  Theilnahme  an  der  Lösung  oder  Schaffung 
von  Venricklungen  in  Süd-  oder  Mitteleuropa  unräthlich  war.    Das  maurische  Bleigewicht  hing 


'  ^'arita  fiUirt  XX,  c.  27  an,  lians  huAi  lici  dem  Leicheiibegängriisse  befanden  ]>on  Alonso,  administrador  de  Saragoya,  Sohn 
Ktinig  Kerdinatid«,  Don  Alonso  de  Aragon,  IJischof  von  Tortosa  und  Erzbischof  von  Taragona,  und  Don  Hernando  de 
Araifon,  Prior  vom  Orden  de»  heiligen  Johann  von  Catalufla,  Brüder,  Söhne  des  ducjue  de  Villahermosa,  Enkel  des  Königs, 
im  Ganzen  sieben  Enkel. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  133 

nocli  immer  an  den  Füssen  der  Könige  von  Castilien.  Ein  älmliclier  Zustand  war  aber  auch 
im  Norden  eingetreten,  als  Donna  Leonor,  König  Ferdinands  ältere  Stiefschwester,  endlich 
ihren  sehnlichsten  Wunsch,  Königin  von  Navan-a  zu  werden,  durch  den  Tod  ihres  ver- 
hassten  Vaters  erreicht  hatte  und  die  Bande  gelöst  waren,  die  sie  widerwillig  noch  immer 
mit  Aragon  verbunden  hatten.  Allein  Schlimmes  war  unterdessen  vorgegangen.  Donna 
Leonor  hatte  nicht  blos  ilu-e  ältere  ScliAvester  Bianca,  Erbin  ihres  Bruders,  des  Prinzen  von 
Viana,  beseitigt,  um  sich  den  Weg  zmii  Throne  zu  bereiten,  sondern  auch  ihren  Vater  be- 
kämpft, ihren  Gemahl,  der  das  Haus  Evreux  in  das  Haus  Foix  hinüberleitete,  und  ihren 
ältesten  Sohn  Gaston  Vicomte  de  Castillon,  Grafen  von  Foix,  Prinzen  von  Viana,  verloren 
—  1469  im  Tm-niere  — ,  so  dass  Franz  Phöbus,  ihr  Enkel,  Sohn  der  Prinzessin  Madelaine 
von  Frankreich,  Schwester  Ludwigs  XL,  ihr  Erbe  ward.  Aber  auch  er  starb  früh,  so 
dass  ihn  1483  seine  Schwester  Katharina  beerbte.  Die  Königin  von  Navarra-Foix,  Donna 
Leonor,  genoss  aber  selbst  die  durch  den  Tod  ihres  Vaters  erlangte  Würde  nur  km-ze  Zeit. 
Die  gekrönte  Königin  von  Navarra,  Lifante  von  Aragon  und  Sicilien,  Herzogin  von  Nemours, 
Gandia,  Momblanc  und  Pefiafiel,  Gräfin  von  Foix,  Herrin  von  Bearn,  Gräfin  von  Bigorre 
und  Ribagor^a,  Herrin  der  Stadt  Balaguer,  starb  23  Tage  nach  ihrem  Vater  König  Don 
Juan.'  Sie  wies  ihren  Enkel  und  Nachfolger  an,  sich  in  allen  Fällen  an  Frankreich  zii 
halten  imd  dort  Hilfe  zu  suchen,  so  dass  sie  den  Hass,  von  dem  sie  gegen  den  König  Don 
Fernando  als  Beschützer  der  Partei  de  Beamonte  erfüllt  war,  stets  zur  Schau  getragen,  auch 
auf  ihren  Enkel  und  ihr  Geschlecht  übertrug,^  das  glücklicherweise  bald  zu  Ende  eilte. 

Die  andere  Tochter  König  Juans,  und  zwar  aus  zweiter  Ehe,  die  Königin  Donna  Juana, 
beschenkte  ihren  Gemahl  König  Don  Ferrante  mit  der  schönen  Donna  Juana,  beide 
Frauen  aber  finden  wir  nach  25  Jahren  durch  König  Ferdinand  ihres  Königreiches  beraubt, 
als  eine  Art  Staatsgefangene  in  Valencia,  nachdem  Don  Fernandino,  Enkel  Don  Ferrantes 
und  Gemahl  der  jüngsten  Tochter  seines  Grossvaters,  gestorben  und  sein  Oheim  König 
Friedrich,  letzter  König  der  casa  d'Aragon  in  Neapel,  in  seinem  Gewahrsam  zu  Tours  ein 
bejammemswerthes  Ende  gefunden  (1504)! 

Ein  Jahr  nach  dem  Tode  seines  aragonesischen  Gegners  (Januar  1480)  starb  auch 
König  Ren6,  der  sich  bis  zu  seinem  Tode  König  von  Aragon,  Neapel  und  Jerusalem  nannte 
und  durch  seine  zuletzt  doch  resiütatlosen  Bemühungen,  die  Ansprüche  auf  den  Thron  von 
Neapel  gegen  das  Haus  Aragon  zur  Geltung  zu  bringen,  wesentlich  zur  Beunruhigung  der 
Zeit  und  zur  Verl)itterung  der  Gemüther  beigetragen  hatte.  Aber  der  Streit,  den  er  ent- 
zündet, ruhte  auch  nach  seinem  Tode  nicht,  da  er  mit  seinem  Besitzthume  in  der  Provence 
seinem  Nefi^en  Karl    auch   vermeintliche  oder  wirkliche  Anrechte  an  Neapel  vermachte,    die 


'  Von  ihren  Kindern  ward  Jean,  Vicomte  de  Narljonne,  Gemahl  der  Maria  von  Orleans,  Sdivvester  des  nachlierigen  Königs 
Ludwig  XII.  von  Frankreich,  Prätendent  von  Navarra  und  Gegner  des  Hauses  seines  Bruders  Gaston.  Don  Pedro  ward 
Cardinal  von  Foix.  Don  Jayme  von  Navarra  erbte  30.000  fl.,  angewiesen  auf  (verpfändete)  Güter  in  Castilien,  Aragon, 
Valencia  und  Catalonien  und  die  Grafscliaft  Cortes.  Maria  war  Gemahlin  des  Markgrafen  Wilhelm  von  Montferrat,  damals 
aber  schon  gestorben;  Juana  heiratete  den  letzten  Grafen  von  Armagnac,  Margarita  den  Herzog  Franz  von  der  Bretagne, 
Katharina  den  Gaston  de  Foix,  Herrn  von  C'andale,  und  die  Tochter  dieser  Ehe  war  Ainia  von  Candale,  später  Gemaliliu 
des  Königs  Wladislaus  von  Ungarn  und  Bülimen  und  Mutter  des  Königs  Ludwig  II.  und  der  Prinzessin  Anna  (Gemalilin 
Kaiser  Ferdinands).  Die  jüngste  Tochter  Donna  Leonor  star)>  unverheiratet.  Der  Enkel  der  Königin  Leonor  von  Jean, 
Vicomte  de  Narbonne  (f  1500)  war  Gaston,  Herzog  von  Nemours,  der  1512  bei  Kavenna  siegte  und  fiel.  Durch  eine  merk- 
würdige Verkettung  von  Umständen  ward  aber  der  von  Leonoren  so  gründlich  gehasste  König  Ferdinand  Gemahl  ihrer 
Enkelin  Germaine  (geb.  vor  dem  Brande  des  Schlosses  von  Mazeres  1493,  nach  P.  Olliagaray,  p.  407),  und  eben  dieser 
Gemahl  der  Enkelin  der  Königin  Leonor  beraubte  1512  eine  andere  Enkelin  derselben,  Katharina,  Gemahlin  des  Königs 
Jean  d'Albert  und  Schwester  des  1483  gestorbenen  Franz  Pliöbus,  des  die.sseitigen  Navarra's. 

2  gurita,  anal.  XX,  c.  28. 


J34  HöPLER. 

dann  König  Lndwig  XI.  envarb.  Da  aber  auch  dieser,  der  bis  zu  seinem  Tode  unermüdlich 
nnd  mit  allen  Mitteln,  die  zmn  Ziele  führten,  an  der  Vergrösserung  Frankreichs  und  seiner 
eigenen  Herrschaft  gearbeitet,  drei  Jahre  später  starb,  ward  Platz  für  eine  neue  Generation, 
unter  welcher  sich  König  Ferdinand  durch  seine  ungeheure  Rührigkeit  nicht  minder  bemerk- 
lich machte  als  durch  die  Consequenz,  mit  der  er  seinen  Plan,  was  einst  der  Krone 
Aragon  gehörte,  wieder  zu  erlangen,  verfolgte,  Neapel  und  Navarra.  Ur-Urenkel  des 
Don  Alonso  Enriquez,  der  selbst  der  Frau  des  Haushofmeisters  seines  Vaters  das  Leben 
verdankte  und  im  Jahre  1429  starb,  Enkel  des  zweiten  Admirals  aus  dem  Hanse  Enriquez, 
des  im  Jahre  1473  verstorbenen  Don  Fadrique,  der  seiner  Tochter,  der  Königin  Donna 
Jnana  Enriquez,  jene  Rathschhlge  gegeben,  durch  die  Don  Fernando  gegen  seinen  älteren 
Bruder,  den  Prinzen  von  Viana,  die  Nachfolge  gewann,  hing  Don  Fernando,  der  1468  seine 
Mutter  verloren,  ndt  besonderer  Vorliebe  an  dem  Hause  derselben.  Sein  Oheim  Don  Alonso 
Enriquez,  nach  dem  Tode  Don  Fadrique's  dritter  Admiral  (f  1486),  war  sein  Rathgeber  in 
so  ausschliesslicher  Art,  dass  darüber  die  gerechte  Eifersucht  des  Erzbischofs  von  Toledo, 
welcher  so  viel  fiir  sein  castilianisches  Königthum  sich  bemüht,  erwachte.  Mit  voller  Hin- 
gebung standen  aber  auch  die  jüngeren  Brüder  Don  Alonso's,  der  Adelantado  mayor  de 
Andalucia  Don  Pedro  Enriquez*  (f  1492)  und  vor  Allem  Don  Enrique  Enriquez,^  später 
mayor  domo  mayor  des  Königs  und  Gemahl  der  Donna  Maria  de  Luna,  auf  seiner  Seite. 
Es  gab  wenige  oder  gar  keine  Schlachten  König  Ferdinands,  an  welchen  er  nicht  einen 
riihmlichen  Antheil  genommen.  Schon  König  Don  Juan  verstand  es,  durch  Concessionen, 
die  das  Mass  des  Zulässigen  zu  übersteigen  schienen,  sich  Ruhe  zu  verschaffen  und  augen- 
blickhchen  Verlegenheiten  zu  entgehen;  er  kam  aber  beinahe  niemals  aus  der  Armuth  heraus, 
während  sein  Vetter  in  Neapel  durch  Confiscationen  und  P^inkerkerung  seiner  Gegner  sich 
Macht  und  Reichthum  schuf.  König  Ferdinand  verstand  es  selir  wohl,  seine  Anhänger  zu 
belohnen,  seine  Gegner  durch  Concessionen  auf  seine  Seite  zu  ziehen.  Er  wusste  sehr  genau, 
warum  er  den  ältesten  Sohn  des  Cardinais  von  Spanien  Don  Rodrigo  zum  Marques  von 
Zenete  (in  Valencia)  machte  und  auch  den  jüngeren  in  ähnlicher  Weise  bedachte.  Der 
Cardinal  hatte  die  Partei  des  Königs,  der  ihm  die  Cardinais  würde  verschafft  hatte,  und  die 
der  Donna  Juana  verlassen  und  die  Stelle  im  Ratlie  der  Königin  eingenommen,  die  früher 
der  Erzbischof  von  Toledo  besass,  der  aber  bald  sich  beklagte,  dass  er  seines  Lebens  nicht 
sicher  sei.  König  und  Königin  verstanden  es  aber  auch,  als  sie  ihre  Macht  befestigt,  dem 
Adel  wieder  stückweise  abzunehmen,  was  er  der  Krone  in  beinahe  unaufhörlichen  Bürger- 
kriegen entfremdet.  Als  Don  Jayme  de  Aragon  sich  in  den  Besitz  des  Herzogthums  Gandia 
zu  setzen  suchte,  das  nach  dem  Ehevertrage  König  Don  Juans  mit  seiner  navarresisclien 
Gattin  den  Kindern  dieser  Ehe  (sammt  Momblanc  und  Ribagorza  und  der  Herrschaft  Bala- 
guer)  gehören  sollte,'  der  König  aber  dem  Don  Alonso  de  Aragon,  seinem  Sohne,  als  Herzog 


'  hermano  del  Almiraiite.     ^'iirita,  anal.  XIX,  c.  19. 

'  Don  Enrique  Enriquez  liijo  del  Alniirante  Don  Fadrique  mayor  domo  mayor  (jue  fu5  de.spues  de  Don  Fernando,  en  cuya 
herencia  «uccdiö  el  conde  de  Alba  de  Liste,  gu  nieto  y  Don  Enriqne  hermano  del  condo  qua  vive  en  Baeza.  Memorial  de 
diversoB  hazaHos  por  Mosen  Diego  de  Valera,  p.  43.  Ein  sieben/.igjäliriger  Condo  de  Alba  de  Liste,  Don  Enrique  Enriquez 
tio  del  rey,  wird  in  der  Schlacht  von  Zamora  erwähnt,  1476.    ^'urita,  anal.  XIX,  c.  44. 

*  ^"nrita  fillirt  XIX,  c.  61  aus,  Don  Jayme  de  Aragon,  Sohn  de.s  Don  .layme  und  Enkel  de.s  Don  Alonso,  duque  de  Gandia, 
oinde  de  Kibafforza  und  Denia,  habe  «ich  1476  Villahermosa's,  des  Haujjtorte«  der  IJaronie  Arenos,  bemächtigt,  die  König 
Don  Juan  seinem  Sohne  Don  Alon.so  1463  übergeben  Der  Graf  von  Foix,  Gemahl  der  Donna  Leonor,  reclamirte  sie  fiir 
die  Prinzen  von  Navarra,  ^'urita  XVIII,  c.  23.  Don  Jayme  wurde  schon  1464  im  Schlosse  von  Xativa  eingesperrt,  seine 
Frau  und  die  Ttlchter  nebfit  drei  SShnen,  unter  ihnen  Don  Alonso,  duque  de  Gandia,  in  den  Thnrm  von  Torrent  (Qurita 
XVn,  c.  68),  von  wo  sie  nach  Castilien  entrannen  und  sich  anno  1472  unterwarfen. 


Don  RoDRißo  de  Boeja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  135 

von  Gandia  übergeben  hatte,  und  darüber  ein  heftiger  Kampf  um  das  Herzogtluim  Villa- 
hermosa  entstand,  den  Don  Jayme  mit  aller  Grausamkeit  führte,  so  wurde  dieser,  als  er  sieh 
zuletzt  ergeben  musste,  nach  Barcelona  gebracht,  zum  Tode  verurtheilt  und  öifentlich  hin- 
gerichtet.* Damit  fiel  das  Herzogthum  Gandia,  wenn  auch  ein  Sohn  Don  Jayme's  sich 
Herzog  schrieb,^  an  die  Krone  zurück,  die  es  wieder  vergeben  konnte. 

Während  nun  in  Castilien  imd  Aragon  die  gewaltige  Incju^isition  eingeführt  wurde,^  die 
gegen  die  Kryptojuden  gerichtet  war  und  der  Erneuerung  des  Kampfes  gegen  die  Semiten, 
Äloros  und  Juden,  vorausging,  starb  im  Aug-ust  1481  in  Santarem  Dom  Affonso,  König  von 
Portugal,  -w-ie  Hernando  del  Pulgar  die.  Sache  darstellt,  tief  betrübt  über  seinen  fruchtlosen 
Feldzug  nach  Castilien  und  die  grossen  Ausgaben,  in  Avelche  er  sich  deshalb  gestürzt.  Er 
hatte  seine  Gemahlin  Donna  Juana  nicht  berührt.  Er  liess  sie  nach  dem  Kloster  in  Santarem 
bringen,  wo  sie  mit  grosser  Bewachung,  aber  angemessenem  Unterhalte  als  la  excellente 
Senora  blieb,*  bis  König  Dom  Manoel  sie  im  Jahre  1506  nach  Lissabon  bringen  liess.  Der 
zweifache  Schwiegersohn  König  Ferdinands  —  erst  als  Gemahl  der  Donna  Isabel,  dann  als 
der  ihrer  Schwester  Donna  Maria  —  fand  für  gut,  sich  ihre  Erbrechte  an  Castilien  abtreten 
zu  lassen!  Die  portugiesischen  Könige  gaben  so  wenig  die  Hoffmmg  auf,  Castilien-Aragon 
zu  erwerben,  als  die  spanischen,  dereinst  Portugal -Algarve  zu  gewinnen."' 


§.  5. 

Don  Pedro  Luis,  Sohn  des  Cardinais  Don  Rodrigo  de  Borja,  erster  Herzog  von 
Gandia  aus  dem  Hause  Borja  von  Valencia. 

Das  Pontificat  Sisto's  IV.,  1471  löblich  begonnen  und  grosse  Hoffnungen  erregend,  neigte 
sich  nach  dreizehn  Jahren  seinem  Ende  zu,  ohne  Italien  den  so  wünschenswerthen  Frieden, 
dem  Kirchenstaate  die  so  nothwendige  Ordnung  gegeben  zu  haben.  Nur  das  Ansehen  von 
Fürsten  war  gestiegen,  die  die  Kirche  in  ilirem  Interesse  auszubeuten  entschlossen  waren; 
die  allgemeine  Verwirrung  hatte  zugenommen,  und  die  Thatsache,  dass  die  moralischen  Ge- 
brechen der  Zeit,  trotz  der  Heiligkeit  des  Lebenswandels  Einzelner,  die  in  dem  allgemeinen 
Verderben  wie  Felsen  aus  dem  Meere  hervorragten,  jeder  Heilung  Widerstand  leisteten, 
mochte  auch  den  Edelsten  imd  Besten  entmuthigen.  Der  Papst  musste  sich  sagen,  er  habe 
seine  Zeit  in  fruchtlosem  Bemühen,  Italien  den  Frieden  zu  geben,  verzettelt,  und  derjenige, 
den  am  8.  August  1484  er  mit  Venedig  abschloss,  war  nach  dem  Ausspruche  des  Papstes 
selbst  ein  Friede  voll  Schmach  und  Unehre,  eine  Quelle  der  Verwirrung  und  künftigen 
Uebels.  So  oft  er  konnte,  hatte  ihn  Don  Ferrante  mit  den  schönsten  Versprechungen  zu 
bethören  gesucht;  im  Streite  mit  Lorenzo  von  Medici,  dem  Gewaltherm  von  Florenz,  ge- 
schworen, er  wolle  eher  zehn  Reiche  und  die  Krone  verlieren,  als  dem  Mediceer  sich 
zuwenden,    mit    dem    er   im  Geheimen    unterhandelte.    Wie    konnte   bei   der  Falschheit  und 


'  5'i"t*  erwähnt,  dass,  als  König  Don  .Juan  sich  November  1472  in  Barcelona  befand,  liei  üini  Don  Jayme  de  Aragon  y  Don 
.Juan  y  Don  Pedro  de  Aragon  —  hijo.s  de  Don  Jayme  de  Aragon,  que  fu(5  hijo  de  Don  Alonso,  dnque  de  Gandia  el  pos- 
trero,  waren.     Anal.  XVHI,  c.  44. 

2  1477,  Qurita  XX,  c.  4. 

3  Hernando  del  Pulgar  c.  43. 

*  con  mucha  guarda.     Pulgar  c.  49. 

'•'  Beinahe  auf  dem  Todbette  .sandte  Kaiser  Karl  V.  den  Urenkel  Papst  Alexanders,  Franz  de  Borgia,  in  geheimer  Mission  zu 
seiner  Schwester,  der  Kfjnigin -Witwe  Donna  Catalina  nach  Lissabon,  die  Erwerbung  Portugals  einzuleiten. 


J36  Höfler. 

Selbstsucht  der  Fiirsten  eine  Besserung  der  Dinge  erwartet  werden?  Die  steten  inneren 
Fehden  der  römischen  Barone  lähmten  alle  Thatkraft;  der  Papst  war  seines  Lebens  nicht 
mehr  sicher,  und  als  er  am  12.  August  1484  starb,  war  Rom  ein  Heerlager  der  streitenden 
Barone  geworden,  die  während  der  Exequien  in  der  Stadt  sich  bekämpften.  Selbst  Otranto 
war  (11.  August  1480)  in  die  Hände  der  Osmanen  gefallen;  man  musste  befürchten,  dass 
auch  die  mittlere  der  drei  südlichen  Halbinseln  Europa's  dem  Geschicke  der  östlichen  nach- 
folgen, Rom  dem  Schicksale  von  Constantinopel  verfallen  werde.  Mit  erneuten  Hoffnungen 
tiilu^en  die  Äloros  in  Spanien  den  Kampf  mit  den  christlichen  Sijaniern.  König  und  Königin 
fühlten,  was  auf  der  Spitze  stand,  und  einer  der  glänzendsten  Heerzüge  des  castilianischen 
Adels  bereitete  sich  mm  im  Frühlinge  1485  vor.  Er  schien  der  wichtigen  Seestadt  Malaga 
zu  gelten,  als  der  Herzog  Marques  von  Cadix  den  König  beredete,^  statt  nach  dem  Süden 
sich  nach  dem  Westen  zu  wenden  und  das  für  uneinnehmbar  erachtete  Ronda,  das  die 
gleichnamige  Sierra  vom  Meere  trennte  und  beinahe  zwischen  Sevilla  imd  Granada  (südlich) 
in  der  Jlitte  liegt,  zum  Angriffspimkte  zu  wählen.  Die  Grossmeister  von  Santiago  und 
Alcantara,  die  Herzoge  von  Medina  Celi,  Albuquerque,  Alba,  Ntljera,  der  Condestable  von 
Castilien,  der  höchste  Adel,  12.000 — 13.000  Ritter,  mehr  als  80.000  Fusssoldaten,  eine  für  jene 
Tage  ftirchtbare  Artillerie,  sammelten  sich  Anfang  April  1485  zum  Kampfe  auf  Leben  und 
Tod.  den  die  Moros  mit  gleicher  Unerschrockenheit  aufnahmen.  Schon  waren  nach  hart- 
näckiger Belagerung  die  christlichen  Spanier  in  die  Stadt  gedrungen,  als  die  Einwohner  um 
Abzug  baten.  Sie  erhielten  ihn,  nachdem  sie  ihre  christlichen  Gefangenen  überantwortet,  an 
400  Personen,*  die  nun  nach  Cordova  zogen,  der  Königin  sich  in  ihrem  Elende  und  ihrer  Frei- 
heit vorzustellen.  Am  Tage  vor  Pascua  del  Espiritu  santo,  vor  Pfingsten  (22.  Mai  1485),  ward 
Ronda  üljergeben  und  zogen  die  moslemischen  Einwohner  aus,  christlichen  Platz  zu  machen.* 
Wir  besitzen  einen  Erlass  König  Ferdinands  *  aus  dem  Feldlager  von  Ronda,  zu  Gunsten 
seines  Kämmerers  und  Streiters,^  des  Herrn  Pedro  Luis  de  Borja  und  seiner  Brüder  Cäsar, 
Johannes  de  Borja  und  (der  vierte  ist  nicht  mit  Namen  genannt),  denen  der  König  sämmt- 
lich  den  Grad,  die  Prärogative  und  den  Titel:  egregius  (Don?)*^  verlieh.  Hiebei  erfahren 
\v\r,  dass  bei  der  Erobeiimg  der  Stadt  Ronda  der  edle  (nobilis)  Pedro  Luis  unter  anderen 
Kämpfern  einer  der  ersten  in  die  Vorstadt  von  Ronda  eindrang,'  wodurch  sich  die  Ueber- 
gabe  entschied.  Diesem  einen  Gnadenerlasse,  der  bereits  auf  frühere  hinweist,  folgte  am 
3.  December  1485  aus  Alcala  de  Henares  ein  anderer  nach,  kraft  welchem  der  König  dem 
Don  Pedro  Luis*  fiir  die  Summe  von  63.121  Timbre,  3  sueldos  und  9  dineros  das  Herzog- 
thum  Gand\a,  die  villa  Gandia  und  das  Castel  de  Vareynt  verkaufte,  und  zwar  fiir  ihn  und 
seine  Nachfolger,  Hiebei  wird  nun  ausdrücklich  gesagt,  der  Herzog  stamme  von  edlen 
Eltern  (ex  claris  et  nobilibus  parentibus),  habe  sich  durch  Kriegskunde  und  militärische 
Disciplin  ausgezeichnet  imd  in  dem  Kriege  gegen  den  König  von  Granada    eifrig  gedient.'' 


'  Piilgar  c.  76. 

'  lo»  caballos  o  barbas  fa«ta  lag  cintas,  desnndos  o  desarrapedos  i  aherrojados  e  liambrientos. 

'  Cronica  de  Don  Fernando  HI,  o.  44. 

*  Extracto  de  los  principales  documento.s  que  existen  en  el  arcliivo  de  la  ca.sa  de.s  seßor  duque  de  Cssuna  en  Madi-id  relativo.s 
al  cardinal  Don  Kodrigo  de  BDija  y  Boija  y  a  svis  hijos  y  descendientes,  primeros  duques  de  Gandia,  p.  10. 

'  aliaft  pngTiator  et  camcrlengng  noster. 

'  E«  ist  mir  trotz  aller  N'acliforsclmng  nicbt  gelungen,  ausfindig  zu  machen,  welchem  Grade  des  Adels,  der  Infanzonen,  hijos- 

dalgog  etc.,  da«  Prädicat  egregin»  entsprach.     Zweifelsohne  aber  war  damit  ein  caballero  bezeichnet. 
''  cnm  aliig  nonnullis  viriliter  ac  vi  amiorum  prior  intra.stis. 
'  AJg  camerlengus,  wohl  in  der  Umgebung  deg  KiSnigs. 

•  Documeiit'.x  (■   I.V.  n.  1.  p.  X. 


Don  RoDRiGO  de  Bob  ja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  137 

Als  dann  im  darauffolgenden  Jahre  der  gesammte  Adel  nach  Cordova  zum  Ziige  nach  Velez 
Malaga  berufen  wurde,  womit  der  Küstenfeldzug  begonnen  wurde,  um  Granada  auch  im 
Süden  von  aller  Verbindimg  mit  den  Moros  abzuschneiden,  kamen  auch  die  hervorragendsten 
Personen  von  Aragon,  Valencia,  Sicilien,  Catalonien,  der  Inseln  und  der  übrigen  Herrschaften 
des  Königs  und  der  Königin  in  das  Feldlager,  in  erster  Reihe  Don  Felipe  de  Navarra, 
ältester  Sohn  des  Prinzen  Don  Carlos  von  Viana,  Maestre  de  Montesa,  und  Don  Luis  de 
Borja,  Herzog  von  Gandia  (Don  Pedro  Luis,  1486).^ 

Hiemit  tritt  für  uns  die  Nothwendigkeit  ein,  so  weit  die  Urkunden  uns  Aufschlüsse 
geben.  Näheres  über  den  neuen  Herzog  zu  berichten.  Sie  geben  aber  zuerst  Aufschlüsse 
über  den  anderen  der  vier  Brüder,  Cäsar,  welchen  als  sechsjährigen  Knaben  von  vielver- 
sprechenden Anlagen  Papst  Sisto  IV.  am  1.  October  1480  von  dem  canonischen  Hindemisse 
zum  Empfange  der  Weihen  disjjensirt,^  das  aus  dem  Mangel  an  ehelicher  Geburt  (defectu 
nataliimi)  hervorging,  da  er  einen  Cardinalbischof  zum  Vater  iind  eine  verheiratete  Frau 
zur  Mutter  hatte.^  Der  römische  Scolar  Cäsar  de  Borja,  an  den  dieses  Breve  gerichtet  ist, 
hatte  somit,  wenn  er  die  Weihen  empfangen  wollte,  nicht  mehr  nöthig,  von  seiner  unehe- 
lichen Geburt  Meldung  zu  machen.*  Der  römische  Scolar  sollte  seitdem  in  allen  Beziehungen 
als  legitim  gelten.  Da  er  einen  Vater  besass,  der  direct  (recta  via)  aus  dem  edlen  Hause 
Borja  stammte,  erkannte  sodann  im  Hinblicke  auf  die  grossen  Verdienste  des  Cardinais,  seines 
Gevatters,  König  Ferdinand  auch  seinerseits  die  Legitimimng  des  Cäsar  de  Borja  an.^  Erst 
ein  Jahr  später,  am  5.  November  1481,  sprach  Papst  Sisto  IV.  die  Legitimation  über  Petrus 
Ludovicus  de  Borja  aus,  den  er  im  Gegensatze  zu  dem  Knaben  Cäsar,  dem  römischen  Schul- 
knaben,"  einen  römischen  Jüngling  adolescens  nennt.  Bei  Cäsar  wrd  als  Gnmd  der  Legi- 
timimng angegeben,  dass  er  sobald  als  möglich  zu  den  niederen  Weihen  gelange,  bei  Pietro 
Luigi  ein  frei^\'illiger  Gnadenact.  Er  ist  auch  nicht  eines  Cardinalbischofs  Sohn,  sondern 
des  Cardinal-Diaconus.  Nichtsdestoweniger  wird  von  der  gehässigen  Geburt  (odiosus  ortus) 
gesprochen,  als  seine  Mutter  aber  nicht  eine  Verheiratete,  sondern  eine  Unverheiratete, 
.soluta'  bezeichnet,  und  von  ihm  selbst  als  ehrbar  und  gesittet  gesprochen.'  Der  Papst  setzte 
ihn  in  alle  Rechte  legitimer  Kinder,  namentlich  in  Betreff  des  Erwerbes  von  Liegenschaften 
nach  öffentlichem  und  gemeinem  Rechte  ein.  Er  solle  berechtigt  sein,  Wappen  und  Namen 
der  Borja  zu  fiihren,  die  Adelsprivilegien  zu  gemessen  und  in  allen  Dingen  als  legitim  gehalten 
werden.  Von  einem  Eintritte  in  den  geistlichen  Stand  ist  bei  ihm  keine  Rede.  Eigenthümlich, 
dass  er  erst  nach  seinem  jüngeren  Bruder  legitimirt  wurde  und  dieses  sich  vorzugsweise  auf 
seine  künftige  weltliche  Stellung  bezieht.  In  ähnlicher  Weise  wurde  dann  auch,  wie  die  Bulle 
des  Papstes  vom  4.  Februar  1482  es  ausspricht,  das  Kind  (infans)*  Johannes  (Don  Juan)  legi- 
timirt. In  dieser  Bulle  bestätigt  nämlich  der  Papst  dem  Cardinale,  welcher  schon  an  24  Jahre 
die  Würde  eines  Cardinais  und  Vicekanzlers  bekleidete  i;nd  in  dieser  Zeit  aus  diesen  Aemtern 
über  100.000  Ducaten  zog,  eine  Schenkung  von  50.000  Ducaten  für  Pietro  Luigi  ^  imd  von 


'  C'ronicas  III,  c.  69. 

2  Cäsar  muss  diesem  zufolge  um  1474/75  nach  lier  Rückkehr  Don  Rodrigo's  aus  Spanien  geboren  worden  sein. 

'  de  episcopo  cardinali  genitus  et  conjugata. 

*  nullam  de  defectu  natalium  et  de  dispensatione  hujusmodi  mentionein  facere  tenearis. 

'■•  Siehe  das  früher  angeführte  undatirte  Document. 

^  tue  infantilis  etate». 

''  honestate  morum  et  vita  aliisqne  probitatis  meritis. 

'  Diesem  Ausdrucke  nach  mUsste  man  annehmen,  dass  Don  Cäsar  älter  war  als  Don  Juan,  was  auch  Burchard  (natu  mayor) 

ganz  bestimmt  ausspricht. 
'  Documentos  p.  IV. 
DcDkBobriften  der  pliil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  18 


238  Höfler. 

25.000  liir  das  unter  V'orimmdschaft  stehende  Kind  Johann,  Sölme  des  Cardinais,  ziun  An- 
kauie  vdu  HerzogthUniern,  Urafschatteu  oder  Baronieu.  Der  Papst  gewährte  dieses  für  Zeit 
uud  Tod  des  Cardinal -Vicekauzlers,  nicht  auf  seine  oder  seiner  Söhne  Bitten,  sondern  aus 
Rücksicht  auf  die  grt)S8eu  Verdienste,  die  sich  der  Cardinal-Bischof  und  Vicekanzler  um  ihn 
uud  die  römische  Kirche  erworben/ 

Zu  diesen  gehörte  denn  doch  wohl  vor  Allem  die  lievocation  der  König  Dom  Aft'onso 
t  rtheilten  Dispensation.  Es  war  nur  seltsam,  dass  die  Verdienste  eines  Cardiual-Bischofs  und 
langjährigen  Vicekauzlei's  in  dieser  Art  belohnt  wurden,  die  uns  einen  tiefen  Einblick  in 
den  Haushalt  eines  der  angesehensten  Männer  jener  Zeit  gewährt.  Kehrte  sie  sich  auch 
wenig  daran,  ob  die  Kinder  eine  soluta  oder  eine  verheiratete  Frau  zur  Mutter  hatten,  und 
handelte  es  sich  vor  Allem  danmi,  sie  als  legitim  erscheinen  zu  machen  und  ihnen  Rechte 
zu  verschatfeu,  die  sie  durcli  ihre  Gebui-t  Aerwii'kt  hatten,  so  urtheilt  doch  eine  spätere  Zeit, 
die  trotz  aller  ihr  eigenthümlichen  Verkehrtheiten  ein  feineres  sittliches  Gefühl  besitzt,  über 
diese  Zustände  anders  als  das  15.  Jahrhundert  und  kann  sich  der  Historiker,  der  dieses 
berichten  muss,  eines  peinlichen  Gefühles  nicht  ei'wehreu. 

Wenn  Don  Cäsar  de  Borja  im  Jahre  1480  sechs  Jahre  alt  Avar,  muss  man  seine  Geburt 
statt  in  das  Jahr  1476,  wie  es  bisher  geschehen,  in  das  Jahr  1474/75  setzen,  in  Avelches  man 
die  Geburt  Don  Juans,  des  jüngeren  Bruders  Don  Pedro  Luis,  zu  versetzen  pflegt.  Er  war 
aber  1482  noch  Infans,  während  Don  Cäsar  1480  als  Scolaris  Romanus  imd  sechsjährig^ 
erscheint.  Der  Ausdnu'.k  infans  scheint  sich  aber  vorzugsweise  darauf  zu  beziehen,  dass  er 
unter  Vormündern  stand,  die  ihm  der  Generaluditore  des  römischen  Stuhles  und  Vicesecretär 
der  Stadt  bestellt  hatte.^ 

Der  Unterschied  der  Jahre  der  beiden  Brüder  Don  Juan  und  Don  Cesare,  Söhne  der- 
selben Mutter,  die  sich  1483  zum  zweiten  Male  verheiratete,  uud  des  älteren,  welcher  in  der 
Urkunde  vom  29.  Januar  1483  als  spectabilis  et  magniflcus  Dominus  Petrus  Ludovicus  er- 
wähnt wird,  mag  inmier  sehr  erheblich  gewesen  sein.  Man  wird  in  Betreff  seines  Ursprunges 
in  jene  Zeiten  Papst'  Pius  H.  versetzt,  als  dieser  sich  bewogen  fühlte,  dem  jugendlichen  Car- 
dinal-Dia(!onu8  sehr  ernsthafte  Vorstellungen  über  sein  Benehmen  Frauen  gegenüber  zu 
machen.  Die  Anlage,  welche  damals  schon  stark  genug  war,  hatte  sich  nicht  nur  ausgebildet, 
sondern  war  allmälig  zu  einer  Zügellosigkeit  ausgedehnt  worden,  die,  je  älter  Don  Rodrigo 
de  Borja  wurde,  desto  mehr  über  ihn  eine  schrankenlose  Herrschaft  ausübte.  Der  Cardinal, 
welcher  dundi  seine  Klugheit,  Erfahning  und  Beherrschung  schwieriger  Angelegenheiten  sich 
ein  hervorragendes  Ansehen  im  sacro  coUegio,  dem  Cardinalscollegimn,  erworben,  bestimmte 
Don  Pedro  und  Don  Juan  für  die  weltliche  Laufl)ahn,  musste  aber  die  furchtbarste  Ent- 
täuschung erleben,  und  leider  nicht  er  allein,  als  er  schon  von  Kindesbeinen  an  Cesare 
ßorgia  gegen  dessen  entschiedenen  Willen  füi-  den  geistlichen  Stand  bestimmte.  Die  beiden 
Brüder  erhielten  an  den  Kindern,  die  ihre  Mutter  Vanozza,  Tochter  der  Donna  Menica 
und  des  Jacobo  l^inctore  von  ihren  angeheirateten  Männern  (Anton  von  Brescia  und  dann 
Georgio  de  Croee  [1480 — 1486]  und  endlich  von  Carlo  Canale)  erhielt,  Stiefbrüder,*  die  es 
wünschenswerth  machten,  jene  unter  Vormundschaft  zu  stellen. 


'  Ob  ip-andia  nol)!»  et  oidciii   J{.   ecciesie  impenna  obsecnüa. 

'  Nach  der  Urkunde  de«  raps^'s   luudi-fu/.  Vril    vimi   12   SHptfMnbor   1484  damals  im  neunten. 
»  Urk.  p.  6. 

*  So  den  Giovanni  Hatti»Ui,  Caiicjinnin  von  .>.  Maria   in   via  lata.     Tliuasne,  Documentos  p.  XII.     Sein  Vater  war  Antonius  de 
Brixia      Diesem  ging  aber  unter  den  Gatten  Vanozza's  Domonico  de  Arignano  voraus.     Burch.  II,  84. 


Don  RoDuiGO  de  Bor  ja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  139 

Am  5.  April  1483  erhielt  Cäsar  durch  den  Papst  ein  Canonicat  und  eine  Präbende,  die 
von  dem  Archidiakonat  von  Xativa  abhing;  am  2.  October  1483  die  Propstei  von  Albar, 
am  12.  September  1484,  als  er  neun  Jahre  alt  war,  durch  Papst  Innocenz  VIII.  das  Schatz- 
amt der  Kirche  von  Cartagena.  Eine  andere  Bulle  Papst  Sixtus'  IV.  vom  3.  Mai  1483  belehrt 
uns,  dass,  nachdem  die  beiden  Vormünder  des  Kindes  Johann  de  Borja,  Petrus  Ludovicus 
de  Boria  *  und  Otto  de  Boria  übereingekommen  waren,  die  von  Don  Rodrigo  de  Borja  seinem 
Sohne  oder  dessen  Vormündern  übergebene  Summe  von  25.000  Ducaten  in  Valencia  zu  ver- 
wenden, und  nun  Don  Pedro  Luis  und  Don  Franciscus  Rochemora*  nach  Valencia  gehen 
wollten,  sie  diese  Summe  daselbst  in  Empfang-  nehmen  konnten.  Da  ferner  ein  Wechsel  Don 
Rodrigo's  (Rom,  2.  October  1483)  für  Don  Pedro  Luis  de  Borja  auf  5700  Ducaten  sich 
erhalten  hat,*  kann  man  als  sicher  annehmen,  dass  Don  Pedro  Luis  de  Borja  sich  1483 
nach  Valencia  begab  und  am  3.  December  1485  der  Kauf  des  Herzogthums  Gandia  und 
des  Castels  von  Vareynt  abgeschlossen  wurde. 

Wir  können  nun  aus  anderen  Urkunden  und  Berichten  ergänzen,  dass  sich  der  Herzog 
von  Crandla,  Baron  von  Lombay,  Herr  von  Gallimora,  Belreguard,  Cerera,  Alcodar,  Alquerias, 
mit  der  Tochter  des  Mayor  domo  mayor  König  Ferdinands  und  Oheims  desselben,  Donna 
Maria  Enriquez  verlobte.  Nicht  minder,  dass  er  es  war,  der  die  Verlobung  seiner  am 
18.  April  1480  geborenen  Halbschwester  Donna  Lucrezia  mit  Don  Juan  de  Centelles,  Herrn 
von  Val  d'Ayrea,  und  Bruder  des  Grafen  von  Oliva  betrieb,  der  selbst  einem  der  an- 
gesehensten Geschlechter  von  Valencia  angehörte,  von  dem  sich  ein  Zweig  nach  Neapel 
zog,  wo  sich  Don  Antonio  de  Centelles  am  Aufstande  der  Grossen  gegen  König  Ferrante 
1469  stark  betheiligt  hatte.^  Don  Rodrigo  selbst  hatte  1484  sich  gewaltig  bemüht,  Papst 
zu  werden,  stiess  aber  damals  noch  auf  entschlossenen  Widerstand.* 

Es  war  klar,  dass  die  Absicht  bestand,  die  Kinder  Don  Rodrigo's  in  Valencia  unter- 
zubringen, und  dass  die  Erwerbung  des  Herzogthums  Gandia  durch  Don  Pedro  Luis  dazu 
den  Anfang  machen  sollte.  Auch  Don  Juan  sollte  ein  Besitzthum  in  Valencia  erwerben, 
beider  Schwester  daselbst  verheiratet  werden.  Don  Cäsar,  der  zum  Kirchendienste  erzogen 
wurde,  erliielt  Präbenden  von  Xativa  und  Cartagena,  und  selbst  den  jüngsten  Bruder,  Don 
Joffre,  finden  Avir  in  der  valencianischen  Verlobungsurkunde  seiner  Sclnvester  als  Canonicus, 
Präbendar  und  Archidiaconus  mayor  de  la  seu  (Kathedrale)  von  Valencia  angegeben.  Die 
Heirat  der  Donna  Lucretia  sollte,  wenn  sie  am  18.  April  1492  zwölf  Jahre  alt  geworden,  in 
Valencia  stattfinden,  sie  dahingebracht  imd  innerhalb  sechs  Monaten,  nachdem  sie  den  Boden 
Spaniens  betreten,  vollzogen  werden." 

Wie  ganz  anders  hatte  sich  Alles  gestaltet,  wenn  dieser  ursprüngliche  Plan,  das  Haus 
Borgia  zu  einem  echten  Hause  de  Borja  zu  machen,  es  in  Valencia,  seiner  Heimat,  ein- 
zubürgern, in  Ausführung  gebracht  worden  wäre! 

Wir  wissen  nicht,  was  den  ersten  Herzog  von  Gandia  aus  dem  Hause  Borja  bewog, 
sich  nach  Rom  zu  begeben,'  wo  wir  ihn  im  August  1488  todtkrank  im  Hause  seines  Vaters, 

'  spectabilifi  et  magnificus.  '  ,iuo  ex  dictis  tutoribiis. 

'  8ur  un  credit  qu'il  avait  dans  la  baronie  (Marqnesat)  de  Lombay.     Docum.  p.  8.  *  ^!mita,  anal,  ad   1469. 

'  El  vicecancelliere  fa  f;Tiin<le  for/.a  per  se  con  prometter  denari,    officii,  la  casa  sua,   beneficii,   ma  4   teniito  si  superbo  e  di 

mala  fede  che  non  se  ne  ha  paura.     Guidant   Vespuccius  orat.    an  Lor.  di  Med.,  21.  August  1484.    Thuasne  I,  append.  p.  507. 

Siehe  auch  die  Depesche  vom  15.  Aufjust  1499. 
"  Oregorovius,  Lucrezia  IJorgia.  Aetenstücke  n.  4. 
■>  Kfinig  und  Köiiigin  machten  Februar  1488  dem  Papste  ungefähr  100  gefangene  Mauren  zum  Geschenke,  lebende  Trophäen 

eines  .Sieges  über  den  König  von  Granada.    Burch.,  Diarium  I,  p.  291.    Ich  führe  das  nur  an  als  einen  Beweis  fortwährender 

freundlicher  Beziehungen  Spaniens  mit  dem  römischen  Stuhle. 

18* 


J40  Höfler. 

des  Cardinais,  finden.  In  dem  Verzeichnisse  der  Granden,  die  an  der  Eroberung  Mälaga's, 
dessen  ganze  niaurisehe  Bevölkerung  ki'iegsgefangen  ^v^lrde'  (1487),  Antlieil  nahmen,  finden 
wir  den  Namen  des  Herzogs  von  Gandia  nicht.  Allein  das  beweist  nichts  für  oder  gegen  seine 
Anwesenheit,  da  das  Verzeichniss  nur  die  Granden  von  Castilien  und  nicht  die  von  Aragon 
enthalt*  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  die  Nichtcastilianer,  die  sich  an  der  Eroberung 
von  Velez  betheiligt  hatten,  naoli  Hause  gingen,  ohne  auch  die  Belagerung  von  Malaga  mit- 
zumachen, luid  der  Herzog  von  Gandia  t'üi-s  Erste  genug  zu  thun  hatte,  sich  sein  neues 
Besitztluun  einzm-ichten  und  seinen  Palast  in  Valencia  zu  bauen.  Ebensowenig  können  wir 
auch  sagen,  ob  ihn  sein  Vater  nach  Rom  berufen  hatte.  Nur  das  ist  gewiss,  dass  er,  tödtlich 
erkrankt,  in  seinem  Testamente  (14.  Augaist  1488)  seinen  Bruder,  den  ,egregimn'  dominum 
Joannen!  de  Borxia,'  Herrn  von  Chela  in  der  Diöcese  von  Valencia,  zum  Universalerben 
ernannte,  zu  seinem  Vormunde  aber,  bis  Don  Juan  zwanzig  Jahre  alt  sei,  was  ja  erst  1494  oder 
1496  der  Fall  war,  seinen  Vater  als  Generaladministrator.  Seiner  Schwester,  der  domicella 
Donna  Lucrezia  Borgia,  vermachte  er  zu  ihrer  Heirat  10.000  valencianische  Gulden.  Von 
seiner  Braut,  der  Tochter  des  Don  Enrique  Enriquez,  ist  in  dem  Testamente,  so  wie  es  auf 
uns  kam,  keine  Rede.  Man  wird  wohl  annehmen  dürfen,  dass  die  Verloloung  sich  noch  in 
ilirem  ersten  Stadium  befand.''  Die  Krankheit  erwies  sich  als  tödtlich,  wie  Don  Pedro  Luis 
selbst  gefühlt  hatte.    Seinen  Todestag  können  wir  jedoch  nicht  angeben. 

Man  ist  es  der  Wahrheit  schuldig,  zu  sagen,  dass  in  Betreff  des  ältesten  Sohnes  Don 
Rodrigo's,  des  Herzogs  Don  Pedro  Luis,  kein  Moment  vorliegt,  das  gegen  ihn  zeugt;  was 
wir  von  ihm  wissen,  ihn  als  den  Besten  unter  den  Söhnen  Don  Rodrigo's  erscheinen  lässt. 
Wir  wissen  nicht,  wie  dieser  den  Tod  seines  Erstgebornen  ertrug,  können  aber  es  nur  als 
ein  Glück  flu-  Don  Pedro  Luis  ansehen,  wenn  es  ihm  nicht  beschieden  war,  die  Irrgänge 
zu  durchwandern,  denen  in  nächster  Zeit  seine  Geschwister,  die  Kinder  aus  ehebrecherischer 
Verbindung,  verfielen.  Aber  auch  Eins  war  dem  Herzoge  von  Gandia  nicht  beschieden 
gewesen,  das  ihn,  so  weit  wir  ihn  kennen,  gewiss  mit  hoher  Freude  erfüllt  hätte,  das  wich- 
tigste Ereigniss  der  spanischen  Geschichte  zu  erleben,  die  Eroberung  von  Granada  und 
damit  die  Vollendung  der  von  der  Königin  Isabella  mit  so  grosser  Beharrlichkeit  unter- 
nommenen und  von  ihrem  Gemälde  durchgeführten  Befreiung  Spaniens  von  der  letzten 
moslemischen  Herrschaft.  Als  am  Tage  der  heiligen  drei  Könige  1492,  der  Epiphania,  die 
Kreuzesfahne  über  der  Alhambra  wehte,  war  einer  Gefahr  ein  Ende  bereitet,  die  dem  christ- 
lichen Europa  fortwährend  gedroht  hatte,  durch  eine  neue  moslemische  Invasion  im  Westen 
in  seiner  Entwicklung  aufgehalten  zu  werden.  Jetzt  erst  war  Don  Fernando  von  einem 
Hemmschuh  befreit  worden ;  jetzt  erst  begann  er  seine  zögernde,  aber  sicher  voranschreitende 
Politik  nach  dem  Westen  zu  entfalten.  Er  hatte  bei  diesem  letzten  und  entscheidenden 
Kampfe  mit  dem  Islam  die  ganze  Falschheit  seines  Vetters  Don  Ferrante  von  Neapel  kennen 
gelernt,  der  heimlich  die  Moros  gegen  ihn  unterstützt  hatte,  und  es  bedurfte  nur  mehr  des 
einen  oder  des  anderen  Ereignisses,  um  ihn  zu  bewegen,  statt  der  Nordküste  von  Afrika 
entlang  den  Kampf  mit  den  Moros  fortzusetzen,    die  Insel  Sicilien   als   den  archimedischen 


'  Circa  150  mauriHc-liu  Mädclieri  wurden  von  Köni^  Ferdinand  »einer  Schwester  Donna  Juana  zum  Geschenke  gemacht,  30  der 
Knnig-iu  von  Portugal,  andere  vertheilte  die  Königin  an  castilianische  Frauen  (otra  grau  cantidad).     Pulgar,  c.  94. 

'  Pulgar,  c.  88.  Ah^r  auch  unter  denen,  die  C'ronicas  c.  84  namentlich  als  von  Valencia  kommend,  augeführt  werden,  wie  Don 
Diego  de  Sandoval,  Marques  de  Denia,  in  der  nächsten  Nähe  von  Gandia,   finden  wir  Don  Juan  nicht. 

'  constitutu»  in  graviggima  infirmitate  et  egritudine.     Docum.  p.  XI. 

*  Muriii,  »agt  Martin  de  Viciano  in  der  mir  nicht  zugänglichen  Genealogie  des  Hauses  ISorgia,  siendo  desposado  quedando 
intacta  Donna  Maria  Enriquez  la  (jual  con  bula  apostolica  casd  con  Don  Juan  Borja  hermauo  segundo. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und   seine  Söhne.  141 

Punkt  zu  betrachten,  von  welchem  aus  ItaUen  aus  den  Angeln  gehoben  und  Stück  für  Stück 
in  die  Machtsphäre  des  aragonesischen  Reiches  hineingezogen  werden  konnte. 

Bei  dem  grossen  Brande,^  der  bei  nächtlicher  Weile  im  Zeltlager  der  Königin  vor 
Granada  ausgebrochen  war  und  ungeheures  Unheil  anstiftete,  hatte  auch  der  Mayor  domo 
mayor  des  Königs,  sein  Oheim  Don  Enrique  Em-iquez,  nm*  sein  Leben  gerettet,  sonst  Alles 
eingebüsst.  Der  König  entschädigte  ihn,  als  die  grosse  Güteraustheilung  nach  der  Eroberung 
von  Granada  stattfand,  reichlich.  Er  erhielt  das  Capitanat  von  Baza,  wo  dann  seine  Ge- 
mahlin Donna  Maria  de  Luna  ihren  bleibenden  Sitz  aufschlug,  und  die  ganze  Sierra  de 
Filabres  mit  ihren  zahlreichen  Besitzungen.^  Da  wir  Don  Enrique  so  oft  in  den  voraus- 
gegangenen Kämpfen  in  der  nächsten  Nähe  des  Königs  finden,  kann  man  mit  Sicherheit 
sagen,  dass  er  das  volle  Vertrauen  König  Ferdinands  besass  und  die  Verlobung  Don  Pedro 
Luis  de  Borja  mit  Donna  Maria  Eni-iquez  dem  ersten  Herzoge  von  Gandia  eine  Aufnahme 
in  den  Kreis  der  königlichen  Familie  selbst  verhiess. 

Der  Bewerbung  des  Don  Pedro  Luis  folgte  nach  seinem  Tode  die  des  Herzogs  Don 
Juan  nach,  seines  Erben  im  Herzogthimie  \^ae  im  Besitze  der  Braut,  deren  bedeutende  Eigen- 
schaften in  späteren  Jahren  mannigfachen  Weh's  so  glänzend  hervortreten. 


§.6. 
Don  Juan  de  Borja,  zweiter  Herzog  von  Gandia,  Gemahl  der  Donna  Maria  Enrlquez. 

In  demselben  Jahre,  in  welchem  sich  Granada  ergab  und  Christdbal  Colon  die  denk- 
würdige erste  Reise  antrat,  um  auf  einem  bisher  nicht  befahrenen  Ocean  nach  Indien  zu 
kommen,  starb  am  25.  Juli  1492  Papst  Innocenz  VIII.  (Cibö)  und  wm-de  am  11.  August  Don 
Rodrigo  de  Borja,  Cardinalbischof  von  Porto,  zur  grossen  Freude  der  Römer  von  den  Car- 
dinälen  in  übliclier  Weise  zu  seinem  Nachfolger  gewählt.  Er  nahm  den  Namen  Alexander  VI. 
an.  Obwohl  der  älteste  unter  den  Cardinälen  imd  seit  35  Jahren  Vicekanzler,  befand  er 
sich  auch  nach  dem  Tode  Innocenz  VIII.  nicht  unter  denjenigen,  deren  Wahl  mit  einiger 
Wahrscheinlichkeit  vorausgesagt  worden  war.  Den  Bemühungen  des  Cardinais  Ascanio  und 
den  grossen  Versprechungen,  die  gemacht  wurden,  ward  es  zugeschrieben,  dass  dieses  Mal 
Don  Rodrigo  gewählt  wurde.  Fünf  Cardinäle  hätten  sich  geweigert,  gleichsam  einen  Lohn 
für  ihre  Stimme  anzunehmen.^  Nichtsdestoweniger  müssen  sie  Don  Rodrigo  als  des  Ponti- 
ficats  würdig  angesehen  haben,  da  er  einstimmig  gewählt  wm-de.  Die  Krönung  erfolgte  mit 
nie  gesehener  Pracht  und  die  Belohnung  der  Getreuen  mit  einer  Freigebigkeit  ohne  Gleichen.* 
Man  kannte  die  grosse  Geschäftsgewandtheit  des  neuen  Papstes,  seine  ungewöhnliche  Thätig- 
keit,  seine  bedeutenden  politischen  Verbindungen ;  aber  selbst  in  Spanien  besorgte  man  ein 
gewaltiges  Ausgreifen ;  man  war  in  Rom  der  Meinung,  es  wei'de  ein  Pontificat  voll  Majestät 
und  Pracht  geben.  Als  Alexander  dem  Cardinal  Orsini  und  dem  Cardinal  Colonna  grosse 
Geschenke  machte*  und  er  sich  so  den  grössten  I'einden  und  Unruhestiftern  als  unparteiisch 


1   14.  Juli   1491. 

'  cerca  de  Baza  con  muchas  alcairias  y  puebloe.     Doii  Loreiizo  de  Padilla,  Cronica  del  rey  Felipe  el  hermoso,  p.  11. 

'  Neapolitanu»,  Senensis  Portugallen.si.s,  S.  Petri  ad  vincula,  (S.  Maria   in  Porticu;   hi  soll   nihil  habere   voluerunt   dixeruntque 

in  pontificatu  voces  danda»  esse  gratis  et  non  muneribus.     Burcli.  II,  p.  3. 
*  Der  venetianische  Botschafter  Valori  berechnete  den  Antheil  Ascanio's  auf  100.000  Ducaten. 
5  Bericht  Valori's  vom  12.  August  1492.    Nicola  Ursino  hielt  mit  20  Schwadronen  während  der  Inthronisation  den  St.  Peterg- 

platz  besetzt,  Bern.  Corio.     Hingegen  beklagte  sich  der  Papst  sehr  über  Virginio  Orsini.    Valori,  20.  Januar  1493. 


j^2  Höfler. 

zeiote;  als  or  erklltrte.  er  fühle  sicli  verpflichtet,  liuhe  zu  erhalten  und  Allen  gemeinsamer 
N'ater  zu  sein ; '  ala  von  allen  Seiten  Botschafter  kamen,  den  einstimmig  gewählten  als  recht- 
mUssigeu  Papst  anzuerkennen  und  ihm  die  Obedienz  zu  leisten,  konnte  man  hoffen,  dass 
die  Stürme  der  vorausgegangenen  Pontificate  sich  legen  und  kein  Virginio  Orsini  mehr  es 
wagen  würde,  zu  drohen,  den  Papst  in  den  Tiber  zu  werfen.  Die  entsetzlichen  Scenen,  die 
Viririnio  sich  in  der  Zwischenzeit  zwischen  dem  Tode  Sisto's  IV.  und  der  Wahl  Innocenz  VIII. 
in  Kom  erlaubt,  hatte  man  diesmal  nicht  zu  erneuern  gewagt.^  Während  die  Krönung  sonst 
zu  oTossen  Tumulten  Anlass  gegeben,  diesmal  waren  sie  ausgeblieben.  Man  hatte  ihn  bisher 
als  schlau  und  verschlagen  gekannt.^  Seine  persönlichen  Neigungen  konnten  nach  den 
Bullen  Sisto's  IV.  zu  Gunsten  seiner  Kinder  kein  Geheimniss  sein.  Die  Frage  war  nur, 
welche  Richtung  die  vorherrschende  werden  würde,  als  er,  59  Jahre  alt,  die  höchste  Wtirde 
der  Christenheit  erlangte,  die  mächtigsten  Könige  dem  Sohne  eines  valencianischen  Edel- 
mannes ihre  Obedienz  leisteten,  ob  die  strenge  Erfüllung  seines  hohen  Amtes,  die  Erfüllung 
des  Versprechens,  Allen  ein  gemeinsamer  Vater  zu  sein,  oder  die  Liebe  zu  seinen  natür- 
lichen Kindern,  den  lebenden  Zeugen  einer  noch  in  späten  Jahren  aufflammenden  wilden 
Leidenschaft,  und  der  eigene  Hang,  das  Haus  Borja,  das  sich  schon  den  spanischen  Königen 
näherte,  zum  zweiten  Male  die  Tiara  erlangt  hatte,  zu  dauernder  Maclit  und  dauerndem 
Glänze  zu  erheben?  Auch  das  Haus  Borja  hatte  seine  Traditionen!  Die  nächsten  Thaten 
konnten  über  diese  verhängnissvolle  Frage  Aufschlüsse  geben.  Musste  man  aber  zu  diesen 
Traditionen  nicht  auch  zählen,  was  in  den  letzten  Wochen  Papst  Innocenz'  VIII.  vor  sich 
gegangen  war,  als  Theodora,  die  Tochter  des  Papstes,  Peretta  und  Battistina  Cibc'),  ihre 
Töchter,  Magdalena,  Tochter  des  Lorenzo  de  Medici  und  Gemahlin  des  Sohnes  des  Papstes, 
Franz  Cibci,  zur  Vermählung  der  Enkelin  des  Papstes,  Battistina,  mit  Don  Luigi  (Aloisius) 
de  Aragona,  Marques  von  Gerace,  gekommen  waren  und  nun  bei  dieser  Gelegenheit  Be- 
stimmungen über  die  neapolitanische  Erbfolge  getroffen  wurden,*  und  zwar  trotz  der  Pro- 
testationen König  Karls  VIII.  von  Frankreich? 

Der  neue  Papst  fand  einen  betretenen  Weg  vor. 

Es  war  auch  für  einen  Mann  von  ungewöhnlichen  Eigenschaften  und  von  einer  ausser- 
ordentlichen Selbstbeherrschung  und  Pflichttreue  schwer,  nicht  den  mannigfaltigen  Ver- 
suchungen zu  erliegen,  die  sich  demjenigen  von  allen  Seiten  näherten,  der,  zum  Stellvertreter 
Jesu  Christi  erkoren,  eine  Fülle  von  irdischer  Macht  und  Herrlichkeit  besass,  die  ihrer  Natur 
nach  das  irdisdie  I.,eben  bestimmten  und  über  dasselbe  hinausreichten.  Wenn  die  Erhebung 
des  Don  Pedro  Luis  zum  Herzoge  von  Gandia,  wie  nicht  zu  zweifeln  ist,  Ursache  war  der 
Verlobung  seiner  Schwester  Lucrezia,^  der  fille  carnale  des  Herrn  Cardinais  Don  Rodrigo,  mit 
Don  Cherubin  Juan  de  Centelles,  und  der  Herzog  auf  seinem  Todbette  ihr,  der  adeligen 
un<l  tugendhaften  senora  Donna  Lucrezia,  eine  Siunme  vermachte,  die  in  dem  valenciani- 
schen Notariatsinstrumente  auf  12.000  valencianische  Timljres  (sous)  angeschlagen  wurde, 
zu  welcher  dann  die  anderen  Brüder,  der  Procurator  des  römischen  Stuhles  Don  Cäsar  und 
<ler  Canonicus,  Präbendar  imd  Anihidiaconus,  der  Knabe  Don  Joffr<5,  8000  Timbres,  Don 
Juan  aber  als  Herzog   ungefähr  ein  Dritttheil  der  Mitgift  beisteuerten,  so  zeigt  ein  anderes 

'  o' in^e^neHk    di    non    mancare  da  l'uffitio   suo  in  mantenere  la  quiete  et  easer  padre  commune  a  tutti  indifferentemente, 

Valori,  16.  Au^Bt. 
'  Valori,  27.  Aupuot. 

'  oltra  modo  diveniito  liom«  cailido  e  a.stuto.     Bern.  Corio. 
*  Juni  1492.     Burch.  I,  p.  488. 
'-  26.  Februar  1481. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  143 

Actenstüek  vom  30.  April  1491,  dass  der  Plan,  Donna  Lncrezia  nach  Valencia  zn  veriieiraten, 
anfgegeben  war,  ehe  noch  ihr  Vater  Papst  geworden  war.  Und  da  die  Urkunde,  in  welcher 
von  ihrer  Verlobung  mit  Don  Juan  Gasparo,  Sohn  des  Don  Francisco  de  Procida,  Grafen 
von  Aversa,  die  Rede  ist,  den  jüngsten  Bruder  Don  JofFr^  als  Baron  von  Villa  longa  anführt, 
so  sieht  man',  dass  der  Tod  des  ältesten  Sohnes  zunächst  die  Wirkung  hervorrief,  Donna 
Lucrezia  und  den  Knaben  Don  JoftVe  in  der  Nähe  des  Vaters  zu  erhalten.  Don  Juan  de 
Centelles  wm-de  mit  Geld  abgefunden. 

Kaum  Avar  aber  Don  Rodrigo  Papst  geworden,  so  wurde  auch  die  zweite  Verlobung 
der  donzella  Donna  Luci'ezia.  welche  in  der  Nähe  ihrer  Mutter  eigene  Erfahmngen  von  der 
Heilighaltung  des  Ehestandes  zu  machen  Gelegenheit  hatte,  rückgängig  gemacht  und  die 
dreifache  Braut  mit  Giovanni  Sforza,  Herrn  von  Pesaro,  verlobt.  Don  Joffrö  sollte  Ritter 
werden,  und  König  Don  Fen-ante,  der  für  sich  über  die  Begierde  des  Papstes  .spottete, 
seine  Kinder  zu  vei'sorgen,  bot,  als  es  seiner  Politik  zusagte,  dazu  die  Hand.  Es  war  von 
einer  Verlobimg  Joifr6's  mit  einer  seiner  Töchter,  Lucrezia,  die  Rede,  bis  Donna  Sanzia,^ 
eine  natürliche  Tochter  des  Herzogs  Alfons  von  Calabrien  —  des  nachherigen  Königs  Don 
Alfonso  H.  —  bestimmt  wurde,  Braut  des  Don  Joffr^  zu  ^verden,  der  nun  Fürst  von  Scpiillacc 
wnirde,  die  Grafschaft  Cariati,  die  Fürstenthümer  Benavente,  Terracina  und  Pontecorvo 
als  Vicariate  zugewendet  erhalten  sollte.^  Bereits  war  französischerseits  ein  gewaltiger  Sturm 
gegen  das  Haus  Aragon  in  Anzug,  da  König  Karl  VIH.  entschlossen  war,  die  Rechte  des 
Hauses  Anjou  auf  Neapel,  die  er  an  sich  gebracht  hatte,  persönlich  zur  Geltung  zu  bringen, 
und  man  auf  eine  Thatsache  gefasst  sein  musste,  die  in  der  Geschichte  Italiens  noch  nicht 
vorgekommen  war,  dass,  nicht  ein  nachgeborner  Prinz,  wie  einst  Karl  von  Anjou,  sondern 
der  König  von  Frankreich  selbst  mit  Aufgebot  seiner  ganzen  Macht  sich  nach  Italien  warf 
imd  im  Süden  sich  ein  Besitzthum  schuf,  das  das  übrige  Italien  zwischen  Frankreich  und 
der  neufranzösischen  J^rwerbung  in  die  Mitte  nahm.  Wollte  man  denn  doch  wissen,  dass 
der  französische  König  bereits  20.000  Ducaten  in  Rom,  100.000  in  Genua  in  Bereitschaft 
gehalten  habe,  um  zu  bewirken,  dass  nach  dem  Tode  Innocenz'  VIII.  ein  den  französischen 
Plänen  günstiger  Papst  gewählt  werde.*  Die  Versorgung  päpstlicher  Kinder  in  Neapel  bot 
Don  Ferrante  eine  Bürgschaft  dar,  dass  der  neue  Papst  sich  nicht  auf  die  französische 
Seite  schlage. 

Eigenthümlich  stand  es  mit  Don  Cäsar,  den  sein  Vater,  nachdem  schon  Innocenz  Valencia 
zmn  Erzbisthume  erhoben,  mit  diesem  betraute  und  den  er  nun  zxun  Cardinal  bestimmte. 
Der  Darstellung  ^"ri^^'s  gemäss  hatte  der  Papst  erklärt,  Don  Cäsar  sei  nicht  sein  Sohn.* 
Die  Sache  sei  dann  einer  Commission  von  drei  Cardinälen  übergeben  worden,  welche  durch 
viele  Römer  als  Zeugen  be^viesen,  dass  Cäsar  Sohn  des  Domenico  de  Arignano  und  der 
Vanozza,  Eheleute,  sei  und  er  in  ihrem  Hause  geboren  war.  Als  Arignano  starb,  habe  er 
ihn  zu  seinem  Erben  eingesetzt.  Denjenigen  aber,  die  von  dem  Papste  wissen  wollten,  warum 
er  Cäsar,  wenn  er  sein  Sohn  nicht  sei,  ohne  Verdienste  zu  einer  so  hohen  Würde  erheben 
wolle,  habe  der  Papst  erwiedert,  weil  er  Bruder  des  Herzogs  (Juan)  von  Gandia  und  Sohn 
der  Vanozza  sei.     Der  Gerichtshof  der  Rota   sprach    nun    definitiv    die    Legitimität  seiner 


'  i  di  etji  d'anni  Xu  in  XIII  (1493)  veramente  <li  un  bello   et  grato  aspecto.    Antonio  Guidocto  de  Colle.    Burch.  II,  p.  642. 

'  Der  Hochzeitsvertra^  bei   Guidocto,  p.  642.     Trinchera  Cod.   Aragonese,  p.  515,  526. 

'  Aus  der  Unterredung  des  Cardinais  Ascanio  mit  dem  Cardinal   von  S.  Pietro  (bei  Corio)   geht   aber   hervor,   dass  die  Partei 

der  Cardinäle^.  welche  anfanglich  Don  Rodrigo  nicht  wählen  wollten,  nur  einen  gebornen  Italiener  zum  Papste  wählen  wollte. 
*  Hist.  del  rey  Don  Hernando,  I,  c.  22:  diziendo   que   por   no  tenerlo  por  tal,   puesto  el  duque   Don  Pedro  Luys   su   hijo   diö 

el  ducado  de  Gandia  a  Don  Juan  de  Borja  siendo  minor,     f.  28. 


J44  Höfler. 

Ut'bm-t  aus.  Im  Consistorinm  widersprach  Niemand,  liöelistens  überliess  man  die  Sache  ,dem 
Gewissen'  des  Papstes,  da  das  Gegentheil  nicht  sicher  war.  Der  Ceremonienmeister  Johann 
Biirchard  erwtthnt  bei  der  Cardinalspromotion  am  20.  September  1493,  wobei  Don  Cäsar  als 
erster  unter  den  zwölf  ernannten  erscheint,  es  hätten  nur  sieben  Cardinäle  dafür  gestimmt. 
Cäsar  sei  der  Sohn  des  Papstes  von  einer  Frau,  die  er  selbst  an  einen  gewisSten  Dominicus 
von  Arignano  verheiratet  habe ; '  er  sei  stets  als  Sohn  desselben  angesehen  und  gehalten 
worden.  Der  Papst  habe  ihn  zum  Bischof  von  Pampluna  in  Spanien  gemacht.^  Er  erhielt 
als  Cardinal  von  Valencia  am  26.  März  1494  zugleich  mit  dem  Protonotar  Juan  Borja, 
Neffen  des  Papstes,  die  vier  niederen  Weihen  und  das  Subdiaconat.^  Gewiss  ist,  dass  Donna 
Vauozza  auch  von  ihren  Männern  Kinder  hatte,  die  als  Geschwisterte  der  Kinder  Alexanders 
angeselien  wurden.  Letzterer  wird  es  wohl  am  besten  gewiisst  haben,  wie  es  mit  dem  Car- 
dinal von  V.ilencia  stand,*  und  Papst  Sisto  hat  es  1480  auch  gewusst! 

Im  Allgemeinen  herrschte  eine  ungemeine  Spanjiung  der  GemUther  vor.  Man  hatte  das 
unbestimmte  Gefühl,  vor  einem  grossen  Ereignisse  zu  stehen,  und  die  Wahl  Don  Rodrigo's 
zxxm  Papste,  die  offene  Feindscliaft  zti  ihm,  welcher  der  Cardinal  di  S.  Pietro,  der  Neffe  Papst 
Sisto's,  dadurch  einen  Ausdruck  gab,  dass  er  sich  nach  der  befestigten  Burg  von  Ostia  be- 
gab und  trotz  wiederholter  Aufforderungen  des  Papstes  niclit  nach  Rom  zurückkehren  w^oUte, 
bewäesen,  dass  auch  hier  die  Dinge  nichts  weniger  als  in  Ordnung  waren.  Der  neue  Papst 
flösste  nur  denen  Vertrauen  ein,  in  deren  Interesse  es  lag,  sich  ganz  an  ihn  anzuschliessen. 
Auch  in  Spanien,  wo  man  Don  Rodrigo  genau  kannte,  war  man  nicht  ohne  Besorgnisse 
in  Betreff'  der  Zukunft.^  Man  kannte  seine  Neigung,  Schwieriges  zu  unternehmen,  und 
schrieb  ihm  Lust  zu  grossen  Thaten  zu.  Hatte  er  als  Cardinal  das  Herzogthum  Gandia  be- 
gründet, was  gedachte  er  nicht  als  Papst  für  die  Seinigen  zu  tliun?  Man  hielt  ihn  für  den 
Urheber  der  vielen  Zenvürfnisse,  die  zwischen  Papst  Innocenz  und  König  Ferrante  statt- 
gefunden, und  erinnerte  sich  sehr  wohl  der  Politik  Papst  Calisto's  gegen  das  Haus  Aragon 
in  Neapel.  König  Ferdinand  hatte  sich  dem  Könige  Karl  VIII.  durch  den  Vertrag  von 
Barcelona  genähert,  der  den  langen  Streit  über  Roussillon  und  Cerdaigne  beendete  und  dem 
französischen  Könige  in  Betreff  ItaHens  freie  Bahn  Hess.  Man  befürchtete  eine  aggressive 
Politik  des  neuen  Papstes  in  Betreff  Neapels  und  der  A^erbindung  König  Ferrante's  mit 
Virginio  Orsini."  Der  König  von  Castilien  und  Aragon  w^ar  nicht  mehr  der  junge  Mann, 
welcher  einst  den  Erzbischof  von  Toledo,  seinen  Wohlthäter,  auf  die  Gegenseite  getrieben 
und  seiner  eigenen  Sache  schweren  Schaden  bereitet  hatte.  Auf  den  portugiesischen  Krieg 
war  eine  Versölmung  zwischen  Spanien  und  Portugal,  selbst  die  Heirat  der  Prinzessin  Donna 
Isabel  mit  dem  Thronerben  erfolgt.  Der  Krieg  mit  den  Moros  Avurde  mit  meisterhafter 
Strategie  und  glänzendem  Erfolge  geführt  und  beendet  und  hatte  das  Ansehen  des  Königs 
sowohl  im  Innern  als  nach  aussen  hin  gefördert.  Der  König  war  sein  eigener  Minister 
und  erwies  sich  auch  den  schwierigsten  Verhältnissen  gewachsen.    Man  musste  bald  empfinden, 

'  Der  Nacliricht  Unrcliard'»  und  9""<*  zufolge  raus»  man  diesen  Dominicus   als  den  ersten  Mann  der  Vanozza   ansehen,   die 

«ich  bald  des  einen,  bald  des  andern  zn  entledigen  verstand. 
'  Burch.  11,  p.  84.    Die  osounischen  Urkunden  beweisen,   dass  die  Legitimirung  Don  Cäsars  schon  früher  stattgefunden  habe. 
'  1.  c.  11,  ]).  99.    ad  ((uatuor  minores  et  subdiaconatus  sacro  ordines. 

*  Bei  der  Cardinalspromotion  am  20.  December  149.3  machte  Papst  Alexander  aucli  filinm  Gabrielis  de  Cesarinis  fratrem  generi 
«ni  zum  Cardinal.  Diener  gener  war  Giovanni  Cesarini,  der  die  Oirolama  de  Borja  am  24.  Januar  1482  geheiratet  hatte. 
Burch.  11,  p.  84,  n.  4. 

*  Hi»t.  del  rey  Don  Hemando,  I,  c.  11. 

*  Er  war  zuerst  in  Ootia  bei  dem  Gegner  des  Papstes,  dem  Cardinal  de  la  Rovere,  und  ging  dann  am  29.  Juni  nach  Bracciano, 
wo  er  den  Antonio  Conti  aus  Genua  aufhängen  lie.ss.     Burch.  II,  p.  82. 


Don  Rodrioo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  145 

dass  in  der  europäischen  Welt,  die  der  französische  König  bisher  zu  beherrschen,  König 
Don  Ferrante  durch  seine  Intriguen  zu  leiten  versucht  hatten,  ein  neuer  Factor  aufgetreten 
war,  der  ein  festes  Ziel  verfolgte,  dieses  aber,  so  lange  es  nicht  Zeit  war,  mit  dem  Geheim- 
nisse seiner  Politik  herauszurücken,  mit  aller  denkbaren  Schlauheit  zu  verdecken  A\aisste. 
Schon  damals  war  der  Plan  gefasst,  Neapel  mit  Aragon  zu  vereinigen  und  nicht  zu  dulden, 
dass  es,  wenn  eine  Katastrophe  eintrete,  in  fremde  Hände  falle.  Zu  diesem  Zwecke  waren 
selbst  im  Geheimen  Unterhandlungen  mit  den  neapolitanischen  Baronen  angeknüpft  worden, 
die  sich  nach  dem  letzten  Aufstande  gegen  König  Ferrante  nach  Frankreich  geflüchtet  hatten, 
und  die  dann  in  Rom  fortgesetzt  \\au-den.'  Der  König  erhielt  gei-adezu  von  den  mit  der 
Tyrannei  Don  Ferrante's  und  seines  noch  mehr  verhassten  Sohnes  unzufriedenen  Baronen 
die  Aufforderung,  seine  Rechte  auf  Neapel  geltend  zu  machen  und  den  Treubruch  nicht  zu 
dulden,  den  sich  beide  erlaubt,  als  sie  gegen  ihr  dem  jVbgesaudten  König  Ferdinands,  Don 
liiigo  Lopez  de  Mendoza,  Grafen  von  Tendilla,  gegebenes  Versprechen,  den  Aufgestandenen 
zu  verzeihen,  sie  in  scheussliche  Kerker  geworfen,  gemartert  und  ennordet  hatten.  Nur  die 
Kenntniss  dieser  heillosen  Zustände  und  der  allgemeinen  Unzufriedenheit  vemiochte  den 
jugendlichen  König  von  Frankreich,  wider  den  Ratli  der  Seinen  selbst  einen  Zug  nach  Neapel 
zu  unternehmen,  der  die  Franzosen  bis  Sicilien  fuhren  sollte.  Dem  Könige  Don  Fernando  aber 
wurde  in  das  Gedächtniss  gerufen,  wie  die  neapolitanischen  Barone  nach  dem  Tode  König 
Alfonso's  dreimal  seinem  Vater  Don  Juan  die  Aufforderung  zukommen  Hessen,  sich  Neapels 
zu  bemächtigen ;  wie  Don  Federigo,  Bruder  des  Herzogs  von  Calabrien,  eine  Nichte  des 
Königs  von  Frankreich  geheii-atet,  sein  Vater  Don  Ferrante  einen  Aufstand  in  Sicilien  her- 
vorzurufen gesucht  und  nicht  blos  die  Könige  von  Granada  unterstützt  habe,  sondern  auch 
Ursache  geworden  sei,  warmn  der  Krieg  mit  den  Moros  sich  so  lange  hinausgezogen.  Leicht 
könne  König  Ferdinand  sich  in  den  Besitz  des  Königreichs  setzen,  Italien  Frieden  geben 
und  den  Kampf  mit  den  Osmanen  ))eginnen. 

Von  dem  Entschlüsse,  den  der  König  fasste,  hing  ab,  ob  Italien  die  Beute  der  Fran- 
zosen oder  der  Spanier  werde.  Wer  zuerst  zugriflf,  konnte  sich  zum  Herrn  erschwingen. 
Don  Fernando  zögerte  jedoch,  den  Kampf  gegen  den  Gemahl  seiner  Schwester  zu  beginnen 
und  kaum  dass  der  Krieg  mit  den  Moros  zu  Ende  gekonuiien,  sich  in  ein  neues  kostspieliges 
und  doch  zweifelhaftes  Unternehmen  einzulassen.  Wir  begreifen  aber,  dass  sein  Verhalten 
dem  Herzoge  Ludovico,  genannt  il  Moro,  dem  Usurpator  von  Mailand,  wie  dieser  selbst 
1496  gestand,  Anlass  gab,  die  französische  Invasion  nach  Kräften  zu  beschleunigen,  und 
dass  der  gänzlich  morsche  Zustand  Italiens  dann  den  Franzosen  einen  unerwartet  günstigen, 
beinahe  fabelhaften  Erfolg  bereitete.  Der  lange  Aufenthalt,  welchen  König  und  Königin 
dann  in  Barcelona  nahmen,  steht  mit  dieser  zuwartenden  Haltung  im  Zusammenhange.  Von 
hier  aus  wurde  Diego  Lopez  de  Haro  nach  Rom  gesandt,  dem  Papste  die  übliche  Obedienz 
zu  leisten  und  zugleich  ihm  jene  Vorstellungen  zu  machen,  die  König  und  Königin  den 
Verhältnissen  für  angemessen  erachteten. 

Ein  Brief,  welchen  Don  Enrique  Enriquez,  der  ältere  Bruder  der  Donna  Maria  Enriquez, 
an  den  Papst  in  Angelegenheiten  der  Vemiählung  Don  Juans  richtete  und  den  der  angeblich 
17jährige  Cardinal-Diakon  Erzbischof  von  Valencia  beantwortete,  der  uns  aber  leider  nur 
aus  der  Antwort  des  Letzteren  bekannt  ist,  konnte  den  Papst  in  Betreff  der  Stimmung  vor- 
bereiten, die  am  königlichen  Hofe  zu  Barcelona  seit  seiner  Thronbesteigung  herrschte.^    Die 

'  Siehe  da«  interessante  20.  Capitel  des  ersten  Buclies  der  Hist.  del  rey  Hernando. 
'  Thuasne,  Docum.   p.  XII. 
DenkschrifteD  iev  phii.-hiat.  Cl.  XXXVII.  Bd.  19 


J46  Höfler. 

AutAvort,  die  von  Joan.  erwilhltem  Bischöfe  von  Perugia,  Datar,  unterzeichnet  ist  und  das 
Datum  vom  28.  Milrz  1493  trUgt,  wendet  sicli  zuerst  gegen  unrichtige  Anschauungen,  die 
man  am  spanischen  Hofe  von  dem  Leben,  Greniüthe  und  Benelmien  des  Papstes  habe.' 
Keiner  der  vorausgegangenen  Papste  liabe  bei  dem  Beginne  seines  Pontificates  so  schhmme 
Ertahrungen  gemacht,  so  argen  Unbilden  sich  ausgesetzt  befunden ;  keiner  von  denen,  welche 
Don  Enrifpie  Enriquez,  der  ältere  Bruder  der  Donna  Maria,  angeführt,  habe  auch  eine  so 
erhabene  Xatur  gezeigt,  noch  sei  er  so  sehr  gefürchtet  als  Papst  Alexander  durch  seine  lange 
Erfahrung,  seinen  scharfsinnigen  Geist  und  den  stürmischen  Nachdiiick  seiner  Handlungen.^ 
Wohl  hätten  Neid  und  Bosheit,  Avie  sich  bei  dem  von  König  Ferrante  aufgestachelten  Car- 
dinal von  San  Pietro  in  vinculis  gezeigt,  den  Versuch  gemacht,  so  weit  sie  konnten,  Neue- 
rungen zu  stiften,  zuletzt  aber  hiitten  doch  Klugheit  und  rechtliches  Benehmen  gesiegt.^  l^ald 
werde  der  einem  Alexander  würdige  Ridim  hell  hervortreten  und  würden  nach  dem  Schrift- 
worte diejenigen  vor  Furcht  zittern,  die  bisher  keine  Furcht  hatten.  Wenn  man  aber  sähe, 
mit  welcher  Grazie  und  süsser  Rede,  mit  welcher  Gerechtigkeit  und  Milde  sich  Seine  Heilig- 
keit, mit  welcher  Andacht  und  Freigebigkeit  in  religiösen  Dingen  benehme,  würde  man 
sicher  Bewunderung  hegen.  Er  gebe  mit  Geduld  imd  Hingebung  auch  den  Armen  Audienz ; 
in  S.  Maria  maggiore,  im  Palaste  von  St.  Peter  und  so  vielen  anderen  Orten  würden  Bauten 
aufgefiihrt;  den  grösseren  Theil  seiner  Einkünfte  verwende  der  Papst  zu  gerechtem  und 
gutem  Gebrauche  imd  gebe  so  vor  Gott  und  der  Welt  Zeugniss  von  seinem  glorreichen 
Leben,  so  dass  Alle  damit  zufrieden  und  in  Erstaunen  versetzt  seien.*  Schliesslich  ersucht 
der  Cardinal-Diaconus,  es  möge,  nachdem  der  Papst  die  Abreise  des  Herzogs  von  Gandia 
nach  Spanien  bestimmt  habe,  Don  Enrique  J]nriquez  Sorge  tragen,  dass  er  bei  den  Königen 
freundliche  Axifnahme  finde,  wie  er  es  verdiene.* 

Der  Botschafter  König  Ferdinands  und  der  Donna  Isabel  kam  zur  Zeit  des  höchsten 
Glanzes  des  neuen  Pontificates.  Als  am  5.  Mai  1493  der  Papst  feierlich  ausritt,  ritten  vor 
ihm  der  türkische  Staatsgefangene  Dschem,  Bruder  Sultan  Bajesid's,  zur  Rechten  und  Don 
Juan.  Herzog  von  Gandia  in  türkischer  Kleidung  zur  Linken."  Beide  begaben  sich  mit  dem 
Papste  nach  S.  Giovanni  im  Lateran.  Als  der  Botschafter  am  13.  Juni,  von  den  spanischen 
Gesandten  begleitet,  in  Rom  seinen  feierlichen  Einzug  hielt,  ritten  ihm  Don  Juan  und  sein 
Schwager,  der  Herr  von  Pesaro,  in  prachtvoller  Kleidung,  wie  Könige  mit  Gold  und  Edel- 
steinen bedeckt,  entgegen.  Doch  machte  man  damals  schon  die  Bemerkung,  wie  sehr  Don 
Juan  seinem  jüngeren  (?)  Bruder  gegenüber  abstand,  ,der,  17  Jahre  alt,  fröhhch,  heiter  und  von 
grosser  Bescheidenheit'  in  seinem  Aeusseren,  weitaus  besser  und  hervorragender  als  der 
Herzog  von  Gandia  war.'  Nachdem  am  25.  Mai  die  beiden  Gesandten  der  katholischen  Könige 
und   der  Gouverneur   von    Rom,    Don  Gonsalvo,    Bischof  von   Tarragona,    dem   Botschafter 


'  la  vida  corazon  y  destreza  de  la  Santidad  de  nuestro  seilor. 

'  por  »u  luenga  experiencia,  acntis«imo  ingenio  e  vehementia  en  las  aciiones. 

'  I)ero  al  fin  de  la  carrera  la  prudencia  y  rectitud  en  las  cosas  agibile»  prevalese  y  clarese. 

•  trabaja  vnestra  Senori«  »e  a  recibido  tratado  y  beneticiado  por  su9  alteza»  como  es  la  esperanzas  de  qui  en  lo  mando  y 
el  merece. 

'  In  dem  Schreiben  an  Don  Enrique  Enriquez  wird  Don  Juan  vuestro  liijo  genannt.  Sollte  das  niclit  suo  heissen  müssen, 
nämlich  de»  PapsteH,  so  milsste  man  annelimen,  da.s»  niclit  der  Bruder,  sondern  der  Vater  der  Donna  Maria  der  Briefsteller 
war.    Vielleicht  war  es  blosse  IlUflidikeit. 

•  Valentinu»  filiu»  .SS.  D.  N.  pape  in  habitu  Turcorum.     Burch.  II,  p.  69. 

'  Lon^fe  meUoria  et  praestantioris  aspectus  (|uam  sit  dux  Gandia.  Giov.  Andrea  Boccaccio,  florent.  Gesandter.  Gregorovius, 
Lucrezia  Borgia,  p.  64. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  147 

mehrere  Tagereisen  weit  entgegengeritten,  war  am  10.  Juni  die  Verlobung  des  Don  Alexander, 
wie  Burchard  ihn  nennt,  Sohn  des  Herrn  von  Pesaro,  mit  Donna  Lucrezia  *  erfolgt,  nach- 
dem der  erste  Gatte  für  3000  Ducaten  auf  seine  Rechte  Verzicht  geleistet.^  150  vornehme 
Römerinen  A^•^lrden  am  12.  Mai  zum  Feste  eingeladen  und  50  Becher  mit  Confect  zum  Zeichen 
grosser  Freude  ihnen  in  eigenthümlicher  Weise  gespendet.'  Unter  den  zum  Abendessen  ein- 
geladenen Frauen  befand  sich  axicli  Julia  Bella  de  Farnese,  die  damals  sich  der  besonderen 
Gunst  Alexanders  VI.  erfreute.*  Zum  Schlüsse  führte  der  Vater  seine  Tochter  ihrem  Gatten 
selbst  zu. 

Man  könnte  diese  Vorgänge  als  Commentar  zu  dem  Briefe  des  Cardinal-Erzbischofs 
von  Valencia  an  Don  Enrique  Enriquez  betrachten.  Der  Papst  hatte  befohlen,  dass,  imi  König 
und  Königin  besonders  zu  ehren,  sein  Neffe,  der  Cardinal  von  Monreal,  dem  Botschafter 
sechs  Meilen  weit  entgegenreite  und  dann,  ihn  zur  Linken  lassend,  mit  ihm  in  Rom  einziehe.'^ 
Als  der  Zug  an  die  Porta  viridaria  gekommen,  wurde  der  Botschafter  von  dem  Schwieger- 
sohne des  Papstes  und  dessen  Sohn  in  die  Mitte  genommen,  der  Letztere  ritt  zur  Rechten, 
der  Botschafter  in  der  Mitte.  Drei  Tage  später  \\iirde  Don  Diego  de  Haro  in  das  Con- 
sistorium  geführt  und  entledigte  sich  nun,  nachdem  er  Obedienz  geleistet,  seines  Auftrages. 
Der  König  sehe  mit  grossem  Missfallen,  wie  in  Italien  sich  Christen  untereinander  bekämpften, 
während  er  selbst  bereit  sei,  Staat  und  Leben  ziu*  Bekämpfung  der  Ungläubigen  zu  wagen. 
Der  Botschafter  versicherte,  der  König  wolle  wissen,  wer  Urheber  der  Friedensstörung  sei, 
und  gedenke  diesen  als  seinen  Feind  anzusehen.  Er  beschwerte  sich  femer,  dass  die  Mara- 
nos,  die  er  aus  seinem  Reiche  als  Feinde  des  Glaubens  vertrieben,  in  Rom  Aufnahme  ge- 
funden.'^ Der  Papst  als  Haupt  -des  Glaubens  solle  sie  aus  den  Ländern  der  Kirche  verjagen.' 
Endlich  wurde  der  Papst  gebeten,  dem  Könige  zum  Zwecke  eines  Krieges  zur  Befreiung 
Jerusalems  den  Ueberschuss  von  spanischen  Pfründen,  die  über  100  Ducaten  trügen,  zu 
verleihen;  sonst  würde  er  sie  selbst  dazu  verwenden.  Da  ferner  es  in  Rom  unmöglich  sei, 
eine  geringe  oder  grosse  Pfründe,  ohne  dafür  Geld  zu  geben,  zu  erlangen,  sie  geradezu  ver- 
steigert würden,  so  möge  der  Papst  dafilr  sorgen,  dass  Niemandem  mehr  als  eine  Curatpfründe 
zukomme.     Burchard  sagt  selbst,    dass  er  Anderes,    was    sich    auf  den  Zustand  der  Kirche* 


'  Filia  spuria  Pape  Alexandri,  II,  p.  78.  Mit  beissendem  Spotte  fügt  der  Ceremonienmeister  p.  79  lünzu:  Alexander  consue- 
tudinem  jam  ceptam  per  Innocentium  de  maritanda  prole  feminina  pro.'iecutus  est  et  ampliavit.  Incuml)it  igitur  clerus 
omnis  et  quidem  cum  diligentia,  circa  sobolem  creandam  Itaque  a  majore  ad  usqiie  ad  minimum  concubinas  in  figiira 
matrimonü  et  quidem  publice  attinent.  Quod  nisi  a  Deo  provideatur,  tran.sibit  hec  corruptio  usque  ad  monaclios  et  religio.so.s, 
quamvis  raouasteria  urbis  qua.si  omnia  jam  facta  sint  lupanaria  nemine  contradicente. 

'  adliuc  suo  primo  marito  vivente  et  propter  dictam  pecuniara  tacente  et  renuneiante. 

ä  in  sinum  multarum  mulierum  potissime  pulchrarum  projecte  fuerunt  (cuppe  argentee)  et  hoc  ad  honorem  et  laudem  omui- 
potentis  Dei  et  ecclesie  Romane,  wie  der  Erzähler  in  gerechtem  Grimme  hinzufügt. 

*  Ejus  concubina.    p.  80. 

^  post  triduum,  nämlich  nach  der  Hochzeit. 

*  Diese  Beschwerde  gibt  Thuasne  II,  p.  81,  n.  1,  Anla.ss  zu  einer  patlietischen  Klage  über  die  Grausamkeit  der  Spanier  gegen 
die  Matiren.  Auch  heisst  es  (p.  681);  apres  avoir  expulse  le.s  Maures  de  son  royaume  voyalt  avec  ^tonnement  le  pape 
recevoir  ces  deniiers  dans  ses  etats.  Wäre  doch  Papst  Alexander  von  allen  ihm  gemachten  Vorwürfen  so  leicht  loszusprechen 
als  von  diesem!  Die  Marauos,  denen  wir  auch  in  Macchiavelli's  principe  begegnen  und  die  den  deutschen  Uebersetzern  so 
schwere  Sorgen  bereiten,  haben  mit  den  Mauren,  den  moros,  so  wenig  zu  schaffen  als  letztere  mit  den  Mohren,  sondern 
waren  die  Kryptojuden,  die  wieder  nicht  mit  den  1498  aus  Spanien  vertriebenen  Juden  verwechselt  werden  dürfen,  wie 
beides  Thuasne  that. 

'  Marrani  steterunt  in  maxima  quantitate  extra  portani  Ajjpiam  apud  capnt  Bovis,  Burch.  II,  p.  82.  Von  da  drangen  sie  in 
die  Stadt  umi  brachten  die  Pest  hinein.  Am  29.  Juli  1498  erhielten  180  Marrani  in  Kom  die  feierliche  Aussöhnung. 
Burch.  II,  p.  491. 

'  ad  statum  et  honorem  ecclesie  Burch.  II,  p.  81. 

19* 


J48  HöFLBR. 

bezogen,  übergehe.  Qurita  aber  erwähnt.'  dass  der  Botschafter  dem  Papste  nocli  erklärte, 
dass  sein  König  die  Angek^genheiteu  Neapels,  der  casa  de  Aragon  daselbst,  wie  seine 
eigenen  betrachte  und  da  aus  Bündnissen,  wie  sie  bereits  Papst  Alexander  geschlossen, 
Kriege  hert-orzngehen  pflegten,  so  möge  er  nichts  thun,  was  den  allgemeinen  Frieden  stören 
könne.  Die  von  Papst  Cahsto  herrührende  Feindschaft  der  ßorja  gegen  König  Ferrante 
und  geheime  Verhandlungen,  in  die  sich  Papst  Alexander  zum  Theile  aus  Furcht  vor  Gewalt- 
schritten des  Königs  von  Frankreich  eingelassen,  erzeugten  bei  König  Ferdinand  Besorgnisse, 
denen  Don  Diego  lebhaften  Ausdruck  verlieh,  ohne  dass  wir  angeben  könnten,  welche  Ant- 
wort ihm  der  Papst  gegeben.  Doch  wissen  ynr,  dass  der  Papst  verlangte,  Virginio  Orsini 
solle  die  Lftndereien  der  Kirche  zurückgeben,  die  er  von  Francisco  Cibö  erworben.  Der 
Botschafter  aber  bot  dazu  die  Vermittlung  seines  Königs  an  imd  rieth,  den  Weg  der  Güte 
einzuschlagen.*  Auch  bericlitet  ^urita,  dass  es  dem  Botschafter  gelungen  sei,  ein  besseres 
Verhultniss  zwischen  Papst  Alexander  und  Don  Ferrante  anzubahnen  und  vor  Allem  den 
Plan  Ludovico  Sforza's  und  seines  Bruders,  des  Cardinais  Ascanio,  dem  französischen  Könige 
die  Investitur  über  Neapel  zu  verleihen,  zu  vereiteln.  Es  konnte  fiir  den  Papst  kein  Ge- 
heimniss  sein,  dass  König  Ferdinand  an  seiner  Berechtigung  auf  Neapel  festhielt  und  die 
des  Hauses  Anjou,  geschweige  König  Karls  nicht  anerkannte,  sie  für  ihn  nicht  vorhanden  war. 
Eines  der  wirksamsten  Mittel,  den  Papst  auf  seine  Seite  zu  ziehen,  war  aber,  den  an- 
erkannten Lieblingssohn  desselben,  Don  Juan,  nach  Spanien  iind  an  den  Hof  zu  ziehen '  und 
ihn  mit  der  Braut  seines  verstorbenen  Bruders  zu  vermählen.  Seit  Monaten,  schrieb  der  Far- 
nesische Agent  Boccaccio  nach  Hause,  waren  die  kunstfertigen  Goldschmiede  Roms  beschäftigt, 
kostbaren  Schmuck  7AI  fassen,  den  der  Herzog  von  Gandia  nach  SiJanien  nahm.*  Er  wohnte 
um  12.  Juni  der  Vermilhlung  seiner  Schwester  mit  Giovanni  Sforza  bei  imd  verliess  dann 
am  4.  August  1493  Rom.''  Der  Papst,  schrieb  Don  Ferrante  am  6.  Juli  1493,  thut  das 
Aeusserste,  um  seinen  Sohn  in  Spanien  gross  zu  machen,  obwohl  er  weiss,  dass  die  Königin 
ihm  wenig  gewogen  ist."  Don  Juan  begab  sich  nach  Civitk  vecchia,  wo  seiner  vier  Galeeren, 
sogenannte  sotiles,  warteten,  die  ihn  nach  Barcelona  trugen,  wo  seit  Anfang  1493  König 
und  Königin  Hof  hielten.  Ausdrücklich  erwähnt  Don  Lorenzo  Galindez  Carvajal,  dass  alle 
Granden  des  Königreiches  aufgeboten  worden  waren,  sich  dahin  zu  begeben,'  so  dass  man 
sich  kaum  eine  grössere  Feierlichkeit  vorstellen  konnte,    als    die  jetzt    bei    der  Vermählung 

'  Hist.  del  rey  Don  Jleriianrto,  I,  p.  26,  27. 

'  Am  24.  August  1493  sölnite  »ich  auch  Virginio  Orsini  und  der  Cardinal  de  la  Rovere  mit  dem  Papste  au.s.    Hnrch.  II,  p.  84. 

'  que  y  residiesse  en  su  corte.     ^'urita,  Hist.  I,  c.  22,  f.  27  b. 

•  Gregoroviug,  Lucrezia  Borgia.     Dritti^  Aiifljige,  I,  p.  64. 
'  Gregorovitu  1.  c. 

•  et  pur  M  el  pontifice  quella  Ser»'-'  rcgina  osserle  stata  poco  affettata.     Trinchera,  Cod.  Arag.  II,  2,  p.  175,  177. 

'  Oregorovin»  scheint  den  spanischen  Quellen  wonig  Aufmerksamkeit  gewidmet  zu  haben,  und  doch  berichten  sie  sehr  beherzigens- 
werthe  Dinge.  Wenn  er  p.  64  sagt,  Don  Juan  hatte  »ich  dort  —  in  Spanien  —  mit  D(mna  Maria  Enriquez,  einer  vornehmen 
Valencianerin,  vermählt,  und  erst  kurz  vor  der  Thronlie.steigung  seines  Vaters,  denn  es  gibt  ein  Breve  Alexanders  schon  vom 
6.  October  1492,  worin  er  die.sem  Sohne  und  seiner  Gemahlin  von  jedem  beliebigen  Beiclitiger  die  Absolution  zu  nehmen 
gestattete,  so  muss  bemerkt  werden,  dass  nur  von  einer  Verlobung  damals  die  Rede  sein  konnte,  der  zufolge  kirchenreclit- 
lich  beide  als  Gatten  angesehen  wfurden.  Donna  Maria  war  aber  keine  Valencianerin,  sondern  eine  gute  Castilianerin,  auch 
nicht  die  Tochter  des  Don  Enrique  Enriqnez,  Grosscomthurs  von  Leon,  .sondern  des  Oheims  König  Ferdinands,  Don  Enrique 
Enriqnez,  und  die  Verwandtschaft  mit  dem  Kdnigshause  Aragon  stammte  von  der  Donna  .luana  Enriquez,  Mutter  König 
Ferdinand»,  her.  Wann  aber  und  unter  welchen  Verh.=iltnissen  die  Hochzeit  gefeiert  wurde,  bericliten  die  .spanischen  Quellen 
»ehr  genau,  »ie  sie  auch  von  Don  .Juan  selbst  eine  scharfe  Charakteristik  geben.  Da,ss  Don  Juan  II.  sich  mit  Giovanna  d' Ara- 
gon», einer  Prinzessin  des  gestürzten  Königshauses,  vermählte,  p.  373,  ist  gleichfalls  irrig.  Donna  Juana  de  Aragon  war  eine 
Enkelin  KCnig  Ferdinands  von  seinem  natürlichen  Sohne,  dem  von  ihm  so  viel  geliebten  Erzbischofe  von  Saragossa.  Nicht 
minder  ist  irrig,  was  Gregorovius  p.  372  von  Donna  Maria  erzählt.    Mir  ist  kein  Fall  bekannt,  dass  sie  am  Hofe  der  Königin 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  149 

des  zweiten  Herzogs  von  Gandia  mit  Donna  Maria,  Tochter  des  Oheims  des  Königs/  statt- 
fand,- als  es  zuerst  zum  Handkiiss  des  Königs  und  der  Königin,  dann  zur  Ceremonie  der 
Verschleierung  (velare)  und  Vermählung  kam  imd  der  ganze  Hof  sich  daran  betheiligte. 
Wir  wissen  aus  ihren  späteren  Schicksalen,  welch  hoher  Geist  Donna  Maria  beseelte.  Die 
Herzogin  von  Gandia  gebar  ihrem  Gemahle  erst  eine  Tochter,  Donna  Isabella,  wahrschein- 
lich Pathenkind  der  Königin,  dann  einen  Sohn,  der  nach  seinem  Vater  genannt  Avurde. 
Dieser  selbst  aber  hat  in  Spanien  ein  schlimmes  Andenken  zuinickgelassen.  Andrö  Bernaldez, 
der  die  Materialien  seiner  Chronik  zum  Theile  von  dem  Beichtvater  König  Ferdinands,  dem 
Erzbischofe  Deza  von  Sevilla,  erlangte,  schildert  den  zweiten  Herzog  von  Gandia  nach 
seinem  Auftreten  in  Spanien,  das  er  19jährig  betrat,  als  sehr  böse,  hochmüthig  und  von 
seiner  Grösse  aufgeblasen,  von  schlechter  Gesinnung,  sehr  grausam  und  unvernünftig.  Ver- 
nunftgründen nicht  zugänglich.' 

Papst  Alexander  hatte  in  kürzester  Frist  das  Aeusserste  gethan,  seine  Kinder  zu  ver- 
sorgen, und  wenn  dieses  zunächst  z;x  seiner  Aufgabe  gehörte,  so  hatte  er  diese  sehr  um- 
fassend gelöst.  Don  Juan,  Herzog  von  Gandia,  vemiählt  mit  einer  Base  des  Königs  und 
der  Königin  von  Spanien,  sein  Vater  sehr  bald  im  Besitze  einer  Enkelin  und  eines  Enkels ; 
Donna  Lucrezia  nach  zweifacher  Verlobung  endlich  in  Rom  vermählt,  der  jüngste  Bruder 
Gemahl  der  Enkelin  imd  bald  auch  der  Tochter  eines  Königs,  endlich  Don  Cäsar,  inwiefern 
er  nicht  blos  Bruder  dieser  drei  Geschwisterten  als  Kinder  Einer  Mutter  war,*  Cardinal- 
Diakon  mit  18  Jahren.  Das  Haus  Borja  war  glücklich  versorgt,  und  zwar  in  Spanien, 
Rom  und  Neapel  (Sicilien),  und  noch  immer  war  Alexander  VI.  bemüht,  demselben  Zuwachs 
zu  verschaffen.  Er  erklärte  sicli  selbst  urkundlich  am  1.  September  1501,  TOjährig,  als 
Vater  eines  Sohnes  Don  Giovanni  de  Borja.*  Er  sollte  den  vier  Jahre  früher  eiTnordeten 
ersetzen.  Man  konnte  schliesslich  seine  Kinder  eintheilen  nach  den  verschiedenen  kirch- 
lichen Graden,  die  er  durchschritten,  um  zum  höchsten  zu  gelangen,  mit  welchem  jene  Ver- 
antwortlichkeit verbunden  war,  die  ihn  erdrücken  musste. 

Als  im  Jahre  1494  nach  dem  Tode  König  Ferrante's  der  Cardinal  von  MontreaP  als 
legatus  a  latere  nach  Neapel  ging,  den  neuen  König,  bisher  Herzog  Alfons  von  Calabrien, 
zum  Könige  zu  krönen  und  damit  die  von  König  Karl  VIH.  angeregte  Investiturfrage  in 
einem  für  die  casa  de  Aragon  günstigen  Sinne  zu  erledigen,  fand  auch  unter  den  grössten 
Feierlichkeiten    die    Vermählung    der   Donna    Sanzia   mit    Don    Joffre    de    Borja    statt,'    der 


Isabella  lebte,  wohl  aber,  das»  sie  1802  sich  in  Gandia  aufhielt.  Das.*!  ,mit  ihr  auch  ihre  Tochter  Isabella  Nonne  wurde', 
ist  ebenfalls  irrig.  Donna  Maria  ging  in  das  Kloster,  deren  Aebtissin  ihre  Tochter  geworden  war.  Mehreres  Andere  p.  372 
und  373  übergehe  ich,  da  ich,  wenn  die  Lebenstage  gefristet  werden,  auf  den  vierten  Herzog  von  Gandia  und  sein  Ver- 
hältniss  zu  Kaiser  Karl  V.  zurückzukehren  hoflfe. 

'  prima  hermana  del  rey  catolico.  Don  Alvaro  Cienfuegos,  la  heroyca  vida  del  grande  S.  Francisco  de  IJorja.  Barcelona, 
1754,  f.,  p.  U. 

'  por  tener  nias  preudAdo  al  Papa,    ^""t'ii  'I'^t-  ^t  c-  22,  f.  27  b. 

'  Un  inuy  mal  hombre,  mal  hombre,  soberbio,  muy  enlodado  de  grandeza  6  de  mal  pensamiento  era  muy  cruel  e  rauy  fuer.i 
de  razon  —  das  Aergste,  was  man  nach  spanischen  Begriffen  sagen  konnte,  wenn  man  nicht  geradezu  Verrücktheit  aus- 
sprechen wollte.     A.  B.,  e.  152. 

*  Im  Hause  Don  Juans  war  die  Tradition,  dass  er  und  Donna  Lucretia  Kindtir  der  ,noble  Donna  Benosa'  aus  Rom  waren. 
Docum.,  p.  14. 

'  Docum.,  p.  14.  •>  El  Valenciano.    Escolano  II,  p.  120.5.     Er  .starb  am  25.  Januar  1494. 

'  In  Camera  predicta,  wo  das  Brautbett  war,  domicelle  et  mulieres  spoliarunt  sponsum  et  sponsam  et  eos  in  lecto  simul 
imposuerunt  sponsum  a  dextera  sponse.  Quibus  sie  nudis  jacentibus  sub  linteameuta  et  cooperta  intramnt  rex  et  legatus 
(die  bisher  inl"  Vorzimmer  geblieben  waren);  in  quorum  presentia  sponsus  et  sponsa  per  domicellas  fuerunt  detecti  usque 
ad  nmbilicnm  vel  citra  et  sponsus  sponsam  sine  verecundia  deosculatus  est.  Reraanserunt  ibidem  legatus  et  rex  circa  medium 
horam  confabulantes.     Deinde  dimissis  sponso  et  sponsa,  recesserunt  omnes.     Burch.   II,  p.  168. 


J50  Höfler. 

bereits  Prinz  von  Squillace,  Graf  von  Cariati,  Protouotar  und  Stellvertreter  des  Königs  auf 
dieser  Seite  des  Pliams,  vom  Könige  ziun  Ritter  geschlagen  Mairde  und  den  Hermelin' 
empfing.  Hi-i  dieser  Gelegenheit  >Aiirde  aber  auch  der  Herzog  von  Gandia  Fürst  von  Tri- 
carico,  Graf  von  Chiaranjonte,  Lauria  und  Carinola.^  König  Ferdinand  hatte  erreicht,  was 
er  wollte.     Papst  Alexander  befand  sich  ganz  im  Fahrwasser  der  aragonesischen  Politik. 

§•7. 

Don  Juan,   zweiter  Herzog  von  Gandia,   Generalcapitän   im  Orsini-Kriege.     Schlacht 

von  Soriano  (24.  Januar  1497). 

Bisher  war  Alles,  was  Papst  Alexander  unternommen,  vom  Glücke  begünstig-t  gewesen. 
Nur  leise  war  die  Mahnung  an  die  Vergänglichkeit  irdischer  Dinge  und  an  die  Hinfälligkeit 
menschlicher  EntAvürfe  durch  den  Tod  seines  ältesten  Sohnes  an  ihn  herangetreten.  Aber 
die  Lücke  war  bald  ausgefüllt.  Die  glänzende  Aufnahme,  die  Don  Juan  in  Barcelona  ge- 
fimden,  mochte  den  zärtlichen  Vater  in  der  üeberzeugung  von  der  Vortrefflichkeit  seines 
Lieblingssohnes  bestärken,  wenn  auch,  je  mehr  sich  dieser  entwickelte,  der  Contrast  zwischen 
dem,  was  er  wirklich  war,  und  der  hohen  Meinung,  die  Papst  Alexander  von  ihm  hegte, 
früh  genug  zur  grossen  Beschämung  des  Letzteren  lierAortrat. 

Der  Herzog  befand  sich  während  des  grossen  Einfalles  König  Karls  in  Italien  in  seiner 
neuen  Heimat.  Wenn  auch  allgemein  das  Gefühl  vorherrschte,  dass  der  Königszug  die  Lage 
der  Dinge  wesentlich  verändern  werde,  so  konnte  doch  Niemand  auch  nur  annähernd  sich 
eine  Vorstellung  von  dem  jähen  Umstürze  der  Dinge  machen,  der  in  kürzester  Frist  eintrat, 
seit  Ludovico  Moro  den  Franzosen  das  Thor  Italiens  geöffnet ;  Niemand  vorher  eine  Einsicht 
besitzen,  wie  hohl  und  morsch  Alles  in  Wirklichkeit  sei,  während  das  mediceische  Zeitalter 
den  Schein  ungewöhnlichen  Aufschwunges  an  sich  trug;  hatte  Niemand  die  Erfahrung  ge- 
macht, wie  erbärndich  ein  Gemeinwesen  sei,  dem  alle  sittliche  Grundlage  fehlte;  Niemand 
konnte  eine  Ahnung  haben,  dass  die  französische  Invasion,  welche  der  spanischen  voran- 
ging und  ihr  den  Weg  wies,  den  Charakter  eines  militärischen  Spazierganges  von  Lyon  nach 
Neapel  annehmen  werde,  bei  welchem  gelegentlich  der  Umsturz  italienischer  Hauptstaaten 
erfolgte;  Niemand  auch  nur  im  Entferntesten  sich  vorstellen,  welches  Ende  der  Zug  des 
Königs  selb.st  nehmen,  welche  Veränderungen  er  herbeiführen,  welche  bleibende  Folgen  sich 
ergeben  würden,  wenn,  nachdem  Italien  sein  Verhältniss  zum  deutschen  Kaiserreiche  längst 
gelöst,  es  auch  seiner  Hilfe  entliehrte,  selbst  aber  zu  schwach,  sich  romanischer  Invasionen  zu 
erwehren,  nunmehr  abwechselnd  von  Franzosen  und  Spaniern  zertreten  wurde !  Der  Umsturz 
der  mediceischen  Herrschaft  in  F'lorenz  war  nur  ein  Vorspiel  dessen,  was  in  Neapel  stattfand, 
dessen  König  in  der  Unmöglichkeit,  den  Stm-m  aufzvdialten,  der  die  Herrschaft  seines  Hauses 
wegfegte,  starb  (25.  Januar  1494),  als  er  vielleicht  der  Einzige  war,  der  den  urplötzlichen 
Eintritt  der  Katastrophe  hätte  verhindern  können.  Sein  Sohn  und  Nachfolger  Don  Alfouso, 
die  verhassteste  Persönlichkeit,  grausam,  geizig,  wollüstig  und  tyrannisch,  im  entscheidenden 
Augenblicke  muthlos  bis  zur  Feigheit,  war  wde  gemacht,  den  Ruin  der  casa  de  Aragon  zu 
beschleunigen.  Gott  und  die  Menschen  zugleich  schienen  denselben  seinen  Sünden  preiszugeben. 

<  Barch.  II,  p.  161. 

'  p.  160.    Gentile  Verginio  —  ,ile  UrKinis  rex  coruitituit  de  domo  Aragoiiiae  et  grandem  condestabilem  regni'  — ,  welch  letztere 
Würde  Don  Joffr^  nach  Burch.  p.  161  auch  erhielt. 


Dox  RoDRiGO  DE  BoRjA  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  151 

Papst  und  König  Ferdinand  waren  durch  das  unerhört  rasche  Vordringen  der  JVanzosen 
gleich  sehr  überrascht.  Papst  Alexander  VI.  hatte  endlich  Stellung  genommen,  und  zwar 
im  engen  Anschlüsse  an  den  Sohn  Don  Ferrante's,  über  welchen  sich  die  Päpste,  seine 
Vorgänger,  und  er  selbst  so  oft  beklagt,  an  König  Alfons  IL  Aber  die  Dinge  überschlugen 
sich  so  rasch,  dass,  anstatt  eine  Stütze  Anderen  zu  verleihen,  er  selbst  einer  gegen  König 
Karl  bedurfte,  der,  ohne  dass  es  der  Papst  wusste,  sclion  in  Rom  übernachtet  hatte.  Alexander 
war  nicht  der  Einzige  in  jenen  stürmischen  Tagen,  der  imter  dem  raschen  Wechsel  der 
Dinge  rathlos  dastand,  in  der  Flucht  sein  Heil  zu  finden  glaubte  wie  in  dem  Anschlüsse 
an  den  Padischah  der  Osmanen,^  als  die  Notliwendigkeit  ihn  zwang,  sich  mit  dem  französi- 
schen Könige,  der  Herr  von  Rom  geworden  war,  auseinanderziTsetzen.  Der  Papst,  welcher 
noch  Anfang  November  dem  Cardinal  Ascanio,  der  ihn  zu  bewegen  suchte,  die  Partei  König 
Alfons'  IL  aufzugeben,  erklärte,^  lieber  sterben  zu  wollen,  als  dieses  zu  thun,  und  Ascanio 
selbst  einsperren  Hess,  musste  sich  am  15.  Januar  1495  bequemen,  einen  Vertrag  mit  König 
Karl  abzuschliessen,^  welcher  unter  der  Form  einer  Begleitung  des  Königs  den  Cardinal 
von  Valencia  in  dessen  Hände  lieferte.  Jetzt  gab  König  Alfons  seine  Sache  für  verloren. 
Während  noch  König  Karl  sich  in  Rom  befand,  legte  er  seine  Krone  zu  Gimsten  seines 
Sohnes  Don  Femandino  nieder  und  verlies«  in  schimpflicher  Flucht  (22.  Januar  1495)  Neapel, 
Krone,  Ehre  imd  Alles  preisgebend.  Auf  diese  Feigheit  seines  Vetters,  des  zweiten  Königs 
aus  der  valencianisch-aragonesischen  Dynastie,  hatte  König  Ferdinand  nicht  gerechnet,  als 
er  von  Zaragoza  aus  wie  ein  zweiter  Hepliästos  seine  Netze  ausbreitete,  in  deren  geheimniss- 
vollen Maschen  sich  König  Karl  verstricken  sollte.  Gerade  als  dieser  Rom  verlassen  hatte, 
kamen  am  28.  Januar  Antonio  de  Fonseca  und  Joan  de  Albion''  an,  eilten  ihm  nach  und 
überreichten  ihm  zu  Pferde  den  schriftlichen  Protest  ihres  Königs  gegen  eine  Fortsetzung 
des  Zuges,  ohne  zuerst  Ostia  dem  Papste  zurückgegeben  zu  haben.  Wenn  nicht,  so  sähe 
der  König  darin  einen  Bruch  der  Freundschaft  und  halte  er  sich  der  Vertragsverpflichtungen 
für  erledigt.  Jetzt  traf  es  den  König.''  verblüfft  zu  werden.  Er  versprach  den  Botschaftern, 
ihnen  in  Velletri  Bescheid  zu  geben,  erfuhr  aber  von  ihnen  erst  noch,  dass  König  imd 
Königin  in  Kraft  des  französisch-spanischen  Vertrages,  in  welchem  sich  eine  Clausel  zu 
Gunsten  des  Papstes  befand,  nicht  dulden  könnten,  dass  er  dem  apostolischen  Stidde  und 
dem  Stellvertreter  Clu-isti  durch  Besetzung  Roms  und  des  Kirchenstaates  so  grossen  Schimpf 
anthue.  Er  solle  Ostia  herausgeben,  den  Cardinal  von  Valencia  frei  entlassen  und  statt 
den  Krieg  fortzuführen,  den  Rechtsweg  einschlagen.  Da  der  König  sich  in  der  Unmöglich- 
keit befand,  dem  an  ilm  gestellten  Verlangen  zii  entsprechen,  war,  ehe  er  die  Grenze  des 
neapolitanischen  Königreiches  überschritt,  der  Krieg  mit  Spanien  ausgebrochen.  König  und 
Königin  erschienen  als  Vertheidiger  des  römischen  Stuhles  und  stellten  sich  nun  an  die 
Spitze  eines  italienischen  Bundes  zur  Vertlieidigung  der  Freiheit  der  Kirche  und  Italiens. 
König  Karl  fand,  als  er  am  22.  P^ebruar  1495  in  Neapel  einzog,  an  dem  wundervollen  Golfe 
die  Grenze  seiner  Eroberung.  Er  erfreute  sich  an  theatralischen  Darstellungen,  die  den 
Papst,  den  römischen  König,  Ferdinand  und  Isabella  und  den  Dogen  von  Venedig  lächerlich 


'  Sultan  Bajesid  bot  ihm  300.000  Ducaten  an,  wenn  er  den  Prätendenten  Djein  lieseitige.  Der  Papst  könne  für  diese  Summe 
seinen  Kindern  Besitzungen  kaufen.  Burch.  Damals  wurde  auch  das  Haus  ,der  Frau  Rosa,  Mutter  des  Cardinais  von 
Valencia',  durch  die  Franzosen  (Schweizer;  geplündert,  8.  .Tanuar  1495. 

2  Bericht  des  Aut.  Guid.  de  Colle,  3.  November  1494. 

'  Thuasne  p.  661.  .^'urita,  Hist.  I,  c.  42,  viendose  opresso  y  que  noavia  esperanija  que  le  fuesse  socorro  tan  presto  de  ninguna  parte. 

*  il  quäl  poi  morite  ivi,  heis.st  es  bei  M.  Sanuto.    August  1496,  p.  283. 

'■'  Quedii  como  salteado  el  rey  en  oyr  esta  requesta.     Hist.  I,  c.  43. 


152  Höfler. 

machteu.'  Am  20.  Mai  aber  sah  er  sich  bereits  genötlii^,  mit  einem  Tlieile  seines  Heeres  den 
Rückzug  anzutreten,  um  nicht  von  der  Heimat  abgeschnitten  zu  werden;  das  in  Neapel 
ziyückufcbhebene  Heer  hatte  sich  gegen  Don  Gon^alo  Hernandez,  den  kühnen  Heerführer 
König  Ferdinands,  zu  verthcidigen.  er  selbst  sich  bei  Fornovo  gegen  das  Heer  der  neuen 
Liga  zu  kehren,  das  ihm  am  G.  Juli  am  Taro  den  Rückzug  zu  verlegen  suchte.  Am  7.  Juli 
kehrte  Don  Fernandino,  Sohn  des  Königs  Don  Alfonso  IL,  als  König  nach  Neapel  zurück. 
Schon  in  der  Nacht  nach  der  Auseinandersetzung  der  Botschafter  zu  Velletri  und  als  die 
Rilthe  des  Königs  auf  deren  Verhaftung  gedrungen,  Hess  sich  der  Cardinal  von  Valencia 
au  einem  Seile  über  die  Älauer  von  Velletri  herab  und  entkam  glücklich  nach  Spoleto,^  Rom 
vermeidend,  damit  es  nicht  scheine,  der  Papst  wisse  von  der  Flucht.'  Letzterer  entsclnddigte 
sich  auch  durch  eine  eigene  Gesandtschaft  bei  dem  Könige  wegen  des  Benehmens  des  Car- 
dinais, das  die  Franzosen  als  Treubiiich,  und  zwar  von  Seiten  des  Cardinais  wie  des  Papstes 
ansahen. 

Nach  dem  Abzüge  König  Karls  handelte  es  sich  zunächst,  das  in  Neapel  zurückgebliebene 
französische  Heer  zu  Paaren  zu  treiben,  eine  Aufgabe,  der  sich  König  Ferdinand  IL  (Fer- 
nandino) und  Don  Gon^alo  Hernandez,  freilich  jeder  mit  sehr  verschiedenen  Absichten,* 
unterzogen.  Sie  war  nm  so  schwieriger,  als  die  Franzosen  Zeit  gehabt  hatten,  sich  der 
vielen  festen  Plätze  zu  bemächtigen,  und,  namentlich  die  Schweizer  im  französischen  Solde, 
den  Krieg  mit  unmenschlicher  Grausamkeit  führten.''  Andererseits  hatte  der  Franzosenzug 
so  alle  Bande  der  (3rdnung  gelöst,  eine  so  grässliche  Verwilderung  und  Anarchie  geschaffen, 
dass  eine  Restauration  sich  als  uubeding-te  Nothwendigkeit  erwies.  Der  Krieg  Avar  allmälig 
allgemein  gewoi'den,  da  er  auch  an  den  Pyrenäen  ausbrach.  Der  erwählte  römische  Kaiser 
Maximilian,  von  Herzog  Ludwig  imd  den  Venetianern  gewonnen,  brach  1496  in  Oberitalien 
ein,  während  der  Papst  nicht  ohne  Besorgniss  war,  es  möchten  sich  zuletzt  die  drei  Könige, 
Maximilian,  Karl  und  Ferdinand,  zu  einer  Theilung  Italiens  vereinigen."  Unter  diesen  Ver- 
hältnissen eutschloss  sich  Papst  Alexander,  seinen  Sohn,  den  Herzog  von  Gandia,  von  dessen 
militärischen  Fähigkeiten  er  eine  hohe  Meinung  hegte,  obwohl  sie  bisher  nicht  erprobt 
worden  waren,  nach  Rom  zu  berufen,  und  zwar  auf  neapolitanischen  Galeeren,  lun  die  er 
den  König  Ferdinand  IL  l>at,'  da  er  an  dem  Kampfe  mit  der  französischen  Armee  in  Neapel 
Antheil  nehmen  sollte.  Wir  wissen,  dass  Don  Juan,  nachdem  er  in  Civith  vecchia  gelandet, 
am  10.  August  1496,  eingeholt  von  dem  Gefolge  (Familie)  sämmtlicher  Cardinäle,  in  Rom  einzog. 
An  dem  Thore  von  Porto  erwartete  ihn  der  Cardinal  von  Valencia,*  der  ihn  auch  mit  allen 
Ehren  empfing  und  in  den  apostolischen  Palast  begleitete,  wo  er  sein  Absteigquartier  nahm. 
Der  Magister  der  Ceremonien  lässt  nicht  unbemerkt,  dass  der  Cardinal  zur  Rechten,  der 
Herzog  zur  Linken  ritt.     Man  wartete  auf  das  Einrücken  seiner  Truppen,  um  den  Franzosen 


•  collusorie  et  more  gallico  derisorio.     IJurcli.  II,  p.  246. 

»  Hirt.,  SehltiM  des  ersten  Buches.     Burch.  II,  p.  239,  240. 

>  Schon  am   1.  April  erliiolten  die  Scliweizer,  die  den  Palast  der  Frau  Rosa  (Vanozza)  geplündert,  ihr  800  Ducaten  und  ihre 

«onstig-e  Habe  (rebus  et  bonis  suis  aliis  in  propria  domo  sua,  vi  et  absque  ratione  indebite  spoliavenint)  abgenommen,  durcli 

Spanier  im  Auftrage  de»  Cardinal»  von  Valencia  ihren  Lohn.     Burch.,  p.  248,  249. 

•  In  den  von  ihm  eroberten  Städten  Wem  Uon  üonzalo  die  Einwohner  dem  Könige   Don  Hernando,   seinem  Herrn,   den  Eid 
der  Treue  schwören.     Hist.  I,  f.  77  b. 

»  Man  sehe  den  Bericht  Qurita's,  Hist.  II,  c.  9,  über  ihre  Menschenschlächtereien  in  Fiuraar  de  Muro. 

•  le  partiessen  el  seüorio  de  toda  Italia.     Hist.  II,  c.  14. 

'  1.  c.    Damals  entschloss  sich  der  jugendliche  Fürst,  da  ihm  die  Infantin  Donna  Juana  verweigert  wurde,  die  Tochter  seiner 

Stiefgrossmutter  Donna  Juana  und  seines  Orossvaters  Don  Fernando  I.,  Donna  Juana,  su  tia,   sagt  yurita,  zu  heiraten. 
'  dicti  ducis  frater  germanus  et  natu  mayor.     Burch.  II,  ji.  .33.5. 


Don  RoDRiGO  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  153 

eine  Schlacht  Uefern  zu  könaeu.'  Der  spanische  Heerführer,  der  gran  capitan,  wie  man  jetzt 
Don  Gon^alo  Hernandez  von  Cordova  zu  nennen  pflegte,  hatte  in  Atella  den  französischen 
Obercommandanten,  den  Herrn  von  Montpensier,  zum  Stehen  gebracht  und  mit  ilim  auch 
Virginio  Orsini,  der  sich  an  die  französische  Partei  angeschlossen,  seinen  Sohn  Giovanni 
Giordano  und  den  Paolo  Orsini  zu  capituliren  gezwungen.  Der  König  gewährte,  wenn 
binnen  30  Tagen  kein  Entsatz  käme,  freien  Abzug  nach  Frankreich  gegen  Uebergabe  ihrer 
Artillerie  und  sämmtlicher  von  ihnen  besetzten  Plätze  (Gaeta,  Venosa  und  Tarent  aus- 
genommen). Wie  ^urita  anführt,  erwartete  mau  den  Zuzug  der  päpstlichen  Truppen  unter 
dem  Herzoge  von  Gandia,  der  aber  erst  nach  Abschluss  des  Vertrages  von  Atella  nach  Rom 
gekommen  war.  Dieser  aber  gab  nun  dem  gran  capitan  Gelegenheit,  sich  gegen  den  andern 
französischen  Befehlshaber,  den  Herrn  von  Aubigny,  nach  Calabrien  zu  wenden,  wälirend 
Montpensier  sich  in  Castellamai-e  einschiffen  sollte.  Bis  es  aber  dazu  kam,  ging  der  grössere 
Theil  des  Heeres  durch  Krankheiten  zu  Grunde.  Virginio  Orsini  aber  und  sein  Sohn  ,Zuan 
Zordam'  wurden  von  König  Femandino  zurückgehalten  und  gefangen  gesetzt.^  Bereits  im 
Anfang  September  wusste  man  in  Venedig,  dass  der  Papst  von  König  Femandino  —  Ferando, 
wie  die  Venetianer  ihn  nannten  —  die  ihm  geliehene  Artillerie  zurückverlangte,  auch  Truppen 
von  ihm  begehrte  und  die  Absicht  hegte,  den  Orsini  ihre  Castelle  zu  nehmen  und  sie  seinen 
Söhnen  zu  geben. ^  Beinahe  zugleich  aber  kündigte  sich  eine  neue  Wendung  der  Dinge  an, 
da  der  König  von  Neapel  erkrankte  imd  schon  am  30.  September  Paolo  Capello  nach  Venedig 
berichtete,  es  sei  wenig  Hoffnung  für  sein  Leben  vorhanden.*  Bereits  am  7.  October  starb 
der  28jährige  König,  nachdem  er  nicht  einen  Tag  seiner  Regierung  im  Reiche  zugebracht. 
Schon  sprach  man,  dass  Neapel  an  König  Ferdinand  von  Aragon-Castilien  fallen  werde 
und  der  gran  capitan  sich  deshalb  Verhaltungsbefehle  erbeten  habe,  als  der  Prinz  von 
Altamura,  Oheim  des  Königs  und  jüngerer  Sohn  Don  Ferrante's,  als  König  Federigo  (Don 
Fadrique)  dem  Wunsche  der  Neapolitaner  gemäss  seinem  Neffen  auf  dem  wankenden  Throne 
nachfolgte.* 

Es  ist  die  Frage,  ob  die  Rückkehr  Don  Juans  nach  Italien  mit  oder  ohne  die  Zustim- 
mung König  Ferdinands  erfolgte,  in  dessen  Politik  es  lag,  den  Sohn  des  unternehmenden 
Papstes  im  eigenen  Lande  zurückzubehalten.  Allein  das  Jahr  1496  hatte  grosse  Ver- 
änderungen herbeigeführt.  Der  römische  König  war  nach  Italien  gezogen,  seine  Tochter 
Margaretha  war  mit  dem  Prinzen  von  Asturien,  Don  Juan,  König  Ferdinands  einzigem 
Sohne,  verlobt;  eine  Flotte  mit  9000 — 10.000  Mann  an  Bord  sollte  von  Laredo  aus  die 
Braut  des  Erzherzogs  von  Oesterreich,  Herzog  Philipps  von  Burgund,  nach  Flandern  bringen. 
Die  Königin  begleitete  ihre  Tochter  Donna  Juana  nach  Laredo,  wo  ihre  Einschiffung  sich 
verzögerte.     Der  König  war  im  Norden  beschäftigt,  wo  die  Franzosen  den  Anschlag  gegen 


>  gurita,  Hist.   II,  c.  26,  f.  72  vind  72  b. 

2  M.  Sauuto,  I,  p.  302,   September   1496.    Virginio   war   nacli   einem   Berichte   vom    19.  September  auf  Befehl   des  Königs  im 

Castello  nuovo  gefangen  gesetzt,  p.  330.     Era  a  Napoli  mal  content«  che  li  pareva  non  fasse  servä  la  proniessa,  p.  332. 
ä  porche  al  tutto  voleva  andar  a  tuor  i  castelli  di  Orsini  et  quelli  ruinarli  di  loro  dominio  et  il  stato  darlo  k  suoi   figlioli.    Et 

di  äpa^a  era  vennto  a  Roma  suo  fiel  duca  di  Candia  dil  quäl  piü  di  sotto  fortasse  ne  parleremo.    I.  c.  p.  323. 
*  havia  pur  febre  dopia  terzana  et  finxo  adeo  qua.si  fuora  di  speranza  di  la  vita  sua.    1.  c.   p.  338.    Vergl.   auch  die  Berichte 

p.  343,  344.    Beinahe  gleichzeitig,  wie  Qurita  gegen  Commines  beliauptet,  starb  auch  der  dreijälirige  Dauphin,  Anfangs  October, 

II,  c.  36.    Reumont,  III,   1,  S.  227,  hat  den  9.  October  1496,  der  Venetianer  gibt  bestimmt  den  7.  an,  p.  345,  347. 
'  gurita  erwähnt,  II,  c.  33,  das»  der  Prinz  König  Ferdinand  dringendst  um  seine  Gunst  gebeten  und   angeführt  habe,  que  el 

siempre  ayia  sido  muy  aflFetado   siempre   y   hijo   del  rey.     Er  täuschte  sich  jedoch    sehr,   wenn   er   glaubte,    dass   der  König 

ihm  gewogener  sei,  als  er  zuletzt  seinem  Vater  war.    Marin  Bezichanci  schrieb  am  8.  October  aus  Neapel,  Alles  sei   erfreut 

über  König  Friedrich»  Thronbesteigung,  excepti  li  Spagnoli,  p.  348. 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  X.\XVII.  Bd.  20 


1 54  HöFLEP. 

die  Grenzfestiing  Salsas  untornalnnen.  Ein  grossei*  Plan  war  mit  Kaiser  Maximilian  in  Ab- 
rede, zu  dessen  Venvirkliohung  das  Heer  an  der  Küste  von  Flandern  ausgeschifft  wurde, 
dort  aber  zii  Grunde  ging.  Der  Admiral  Don  Fadrique  Enriquez  befehligte  die  Flotte;  es 
ist  begreiflich,  wanmi  Don  Juan  mit  seinem  spanischen  Gefolge  sich  neapolitanischer  Galeeren 
bediente.  Sein  Scliwager,  der  Gemahl  der  Mad.  Lucrezia,  befand  sich  im  Hochsommer  bei 
dem  königlichen  Heere  in  Neapel,'  der  König  war  jedoch  bereits  schwer  erkrankt.^  Den 
Papst  aber  mochte  die  Gefangenschaft  Virginio  Orsini's  besonders  antreiben,  den  Kampf 
gegen  die  Orsini  aufzunelmien,  da  sie  jetzt  ihres  Hauptes  und  bedeutendsten  Heerführers 
entbehrten;  nur  stand  seine  Artillerie  im  königlichen  Lager. 

Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  auf  die  Ver<änderungen  einzugehen,  die  zunächst  die  Thron- 
besteiginig  König  Friedrichs  liervorrief,  der  der  letzte  König  seines  Stammes  war.^  Es  gab 
jetzt  zwei  verwitwete  Königinen  von  Sicilien,  Donna  Juana  und  ihre  gleichnamige  Tochter, 
Schwester  imd  Nichte  König  Ferdinands  (el  catolico). 

Jetzt  wurde  Don  Federigo's  Sohn,  Fernando,  Herzog  von  Calabrien.  Bereits  war  eine 
Erhebung  der  Stadt  Neapel  zu  Gunsten  König  Ferdinands  beabsichtigt.  Die  Annahme  der 
Krone  auf  Andringen  der  neapolitanischen  Grossen,  die  bisher  Feinde  des  Königs  Fernandino 
gewesen  waren,  erschien  in  Spanien  als  ein  Eintrag  in  die  Rechte  des  Königs  Ferdinand; 
ja  es  wurde  bereits  an  den  Papst  das  Ersuchen  gerichtet,  dem  Könige  von  Aragon-Castilien 
die  Investitur  über  Neapel  zu  verleihen.  Da  aber  der  Papst  darauf  nicht  einging  und  die 
Bimdesgenossen  König  Ferdinands  dem  Könige  Friedrich  günstig  waren,  fügte  sich  König 
Ferdinand  der  Thatsache  des  neuen  Königthums  bis  auf  Weiteres,  wie  auch  seine  Schwester, 
die  Königin -Witwe  Juana,  Stiefmutter  König  Friedrichs,  die  bei  dem  Thronwechsel  sehr 
eifrig  die  Partei  ihres  Bruders  genommen  hatte.  Nicht  minder,  wie  ^^^^ta  die  Sache  dar- 
stellt, auch  der  Papst,  dem  der  Gedanke  gekommen  sein  soll,  Neapel  einem  seiner  Söhne 
zu  verschaffen.^  Vorderhand  handelte  es  sich  um  andere  Dinge.  Der  Feldzug  gegen  die 
Orsini,  denen  das  Haus  l?orja  immer  gram  gewesen,  wurde  in  grossartigem  Massstabe  in 
Scene  gesetzt.  Am  23.  October  kam  Guido,  Herzog  von  Urbino,*  als  Stellvertreter  des  Papstes 
von  den  F'amilien  der  Cardinäle  empfangen,  in  Rom  an.  Am  26.  begaben  sich  sowohl  der 
Herzog  von  Urbino  als  auch  Don  Juan,  Herzog  von  Gandia,  beide  in  voller  Rüstung,  in 
das  Consistoritim,  in  welchem  der  Cardinal  de  Limate"  zum  Legaten  a  latere  ernannt  wurde, 
um  der  P>oberung  der  Castelle  der  Orsini  beizuwohnen.  Nach  Beendigung  der  Messe  be- 
gaben sich  beide  Herzoge  zu  dem  Throne  des  Paj^stes,  der  nun  drei  Banner  weihte.  Der 
Herzog  von  Urbino  und  der  Herr  Fabricio  Colonna  standen  in  der  Mitte,  umgeben  von  den 
beiden  Söhnen  des  Papstes,  dem  22jährigen'  Herzog  von  Gandia  und  seinem  jüngeren* 
Bruder,  dem  Fürsten  von  Squillace.  Unter  den  grössten  Feierlichkeiten  wurde  der  Herzog 
von  Gandia  zum  Gonfalonier  der  Kirche  erhoben  und  erhielt  nun  mit  dem  gleichfalls  ge- 
weihten Sta])e  als  Zci(h<ii    seiner  Würde    drei  Fahnen,    die  der  Kirche  mit  dem  Schlüssel- 


>  M.  Sanuto  I,  p.  294. 
'  p.  .330. 

*  Wie  KOnig  Heinrich  IV.  von  CaBtilien,  König  Karl  VIII.,  König  Ferdinand  von  Castilien-Aragon,  König  Ludwig  XII.;  es  war 
dieseg  ebenso  ein  charakteristigche«  Zeichen  der  Zeit  als  der  Tod  so  violer  Thronerben  vor  ihren  Vätern. 

*  Hirt.  I,  p.  102. 

*  locum  tenen».    Burch. 

*  el  cardinal  di  Lima  di  nation  Pavese  e  tutto  dil  Cardinal  Ascanio  a  compiacentia  dil  quäl  el  Papa  lo  fece  cardinal.  M.  Sanuto 
I,  p.  3C9.     Habiando  deliberä  el  sumo  pontifice  di  tuor  tutto  il  stado  de  li  Orsini,  p.  372. 

'  fBpano  di  cfä  di   aniii   22.     M.  Sanuto  p.  369. 

*  loveneto. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  155 

Wappen,  die  andere  mit  dem  Wappen  des  Hauses  Borja/  die  dritte  mit  dem  von  Gandia.* 
Der  Herzog  leistete  den  übliclien  Eid,  worauf  ein  feierlicher  Umzug  auf  dem  Platze  vor 
St.  Peter  stattfand  mit  allem  kriegerischen  Gepränge.  Am  27.  October  aber  zogen  der  Gon- 
falonier,  der  Legat  und  der  Herzog  von  Urbino  mit  den  zur  Eroberung  der  Grafschaft 
Anguillara  und  der  übrigen  Besitzungen  Virginio  Orsini's  bestimmten  Truppen  aus  der 
Stadt.  Der  Papst  hatte  Sorge  getragen,  dass  Virginio  und  sein  Sohn  in  das  Castel  dell'  Uovo 
gebracht  wurden.^  Dann  aber  wurde  das  Verlangen  gestellt,  entweder  Virginio  auszuliefern 
oder  im  Gefängnisse  zu  beseitigen.  König  Friedrich  wagte  nicht,  sich  zu  widei'setzen,  und 
so  endete  Virginio,  der  ehemalige  Vicekönig  und  Condestable  von  Neapel,  der  grösste  Gegner 
der  Colonna's,  der  Päpsten  mit  dem  Tode  gedroht  und  Unheil  genug  gestiftet,  wie  Qurita 
schreiljt,  erbärmlich  im  Gefängnisse,*  gewaltsam,  wie  er  sein  Leben  in  Gewaltthätigkeiteu 
zugebracht.  Die  Ermordung  des  Hauptes  der  Familie,  einst  einer  der  angesehensten  Männer 
Italiens,  nun  heimlich  und  im  Kerker  erfolgt,  war  nicht  blos  ein  furchtbarer  Schlag  für  die 
Orsini's,  die  daraus  das  ihnen  zugedachte  Schicksal  ersehen  konnten.  Sie  hatten,  wo  sie 
konnten,  den  Vertilgungskrieg  gegen  ihre  Feinde  geführt ;  jetzt  hatte  sich  das  Blatt  gewendet, 
jedoch  ohne  den  Muth  der  Ueberlebenden  zu  brechen.  Im  Gegentheile,  sie  rüsteten  sich 
zum  Kampfe  auf  Leben  und  Tod,  und  sie  müssten  nicht  diejenigen  gCAvesen  sein,  die  sie 
waren  und  als  die  sie  sich  immer  gezeigt  hatten,  wenn  sie  nicht  eines  Tages  für  den  Tod 
ihres  Oberhauptes  die  empfindlichste  Rache  genommen  hätten. 

Anfänglich  freilich  ging  der  Feldzug  gegen  sie  sehr  glücklich  von  Statten.  Die  kleinen 
Orte  Anguillara,  Sitz  der  Grafschaft,  Galera,  Bassano,  Sutri,  Campagnano,  Fonnello,  Scrofano, 
Casena,  Viano,  Bieda  und  Trivignano  fielen  mit  leichter  Mühe  in  die  Hände  des  vor- 
rückenden Heeres.  Die  Orsini  concentrii-ten  ihre  Vertheidigung  in  Bracciano,  am  südwest- 
lichen Ufer  des  gleichnamigen  Sees,  von  wo  aus  Bartolomeo  d'Alviano  mit  ebenso  grosser 
Geschicklichkeit  als  Energie  den  Angreifern  Widerstand  leistete.  Der  Papst  hatte  geglaubt, 
dass  der  Krieg  rasch  zu  Ende  gebracht  würde,  die  Ai-tillerie,  die  er  dem  neuen  Könige  zur 
Belagerung  von  Gaeta  geliehen,  zurückverlangt,  und  liess  es  auch,  als  der  Krieg  sich  wider 
Erwarten  in  die  Länge  zog,  am  gehörigen  Nachschub  nicht  fehlen.  Bald  häuften  sich  aber 
von  allen  Seiten  Verlegenheiten.  Die  Orsini,  als  der  guelfischen  Partei  angehörig,  konnten 
auf  die  Sympathien  der  Letzteren  rechnen,  wenn  man  auch  damals  unter  Guelfen  etwas  ganz 
Anderes  verstand  als  früher.  Als  aber  von  den  Mauern  und  Wällen  Bracciano's  der  Ruf: 
Franza,  Franza!  (Frankreich)  ertönte,  französische  Fahnen  wehten,  wusste  man  sehr  genau, 
was  unter  guelfisch  in  einer  Zeit  zu  verstehen  sei,  in  welcher  der  Papst  fortwährend  auf  den 
Kampf  mit  dem  französischen  Könige  drang  und  die  Trünmier  der  orsinischen  Partei  sich  nach 
Frankreich  flüchteten.  Wiederholt  haben  wir  Nachrichten,  dass  sich  in  Rom  selbst  die  orsinische 
Partei  rühre.  Die  eigenen  Verbündeten  des  Papstes,  Venedig  und  der  Herzog  von  Mailand, 
waren  dem  Unternehmen  abgeneigt,  da  es  die  Kräfte  der  Liga  versplittere,  und  als  sich  der 
Papst,  bekümmert  über  den  schlechten  Fortgang  der  Sache,  an  Herzog  Ludovico  wandte,  gab 


'  Dem  Ochsen,  bove,  aus  welchem  auch  ein  Stier  gemacht  wurde. 

'  uno  fulgor  che  spezava  uno  monte.     M.  Sanuto  I,  p.  372. 

ä  M.  Sanuto  p.  371.     Nach  der  Depesche  vom  24.  December  1496  wurde  auch  Paolo  Orsini   dahin  gebracht,   p.  418,  a  requi- 

sition  dil  pontifice  perche'l  facesse  che  suo  fiel  Carlo  Orsini  non  si  difendesse   nk   molestasse   il  papa.     Letzterer  habe  Don 

Ferando  Gonsalvo  gegen  die  Orsini  aufgeboten. 
*  I,  p.  108.     Esser  lettere  li  a  Roma   di  la    regina   di   Napoli   in  Don  Hironimo   Sperandeo    orator   suo   in   corte   existente,  de 

18  (Jan.  1497)  come  el  Sgr.  Virginio  Orsini  in  tre  di  era  morto  li  a  Napoli  in  castel  di  l'uovo  da  cataro  et  molti  judicono 

fusse  manchato  di  morta  violenta;  et  cussi  compito.     M.  Sanuto  I,  p.  484. 

20* 


156  Höfler. 

dieser  sehr  trocken  zur  Antwort,  er  möge  sicli  mit  den  Orsini  aussöhnen.    Dazu  kam,  dass 
gleich  anfangs,  als  die  Stiidte  am  See  in  die  Ililnde  der  beiden  Herzoge  fielen,  sich  schlimme 
Symptome  zeigten.     In  Bracciano   hielt   die  Gemahlin   des   tapferen  Alviano,    Schwester  des 
Herrn  Virginio,  den  Muth  der  Ihrigen  aufrecht,'  während  ,Bartolo'  d' Alviano    Streifzüge  in 
die  Umgebimg  machte,  bald  eine  Reiterschaar  zersprengte,  die  einen  Artilleriepark  geleitete, 
bald  den  Cardinal-Diakon    von  Valencia   auf  der  Jagd  überfiel,    so  dass  dieser  mit  genauer 
Noth  entraim,    bald  gegen  Rom  streifte   und   so  den  Feinden  die  Verbindung  mit  Rom  ab- 
schnitt.   Als  Trivignano,  am  nördhchen  Ende  des  Sees  von  Bracciano,  sich  ergab,   kam  es 
der  Pliindenmg  wegen    zu  heftigem  Streite  zwischen    Spaniern  und  Deutschen  (Schweizern) 
im  Heere  des  Herzogs  von  Gandia,  und  danlber  brannte  zum  grossen  Verdrusse  des  Papstes 
das  Städtchen  ab.*    Als  sich  Anguillara  ergab,  um  dessen  willen  seit  Langem  Streit  zwischen 
dem  Papste  und  Virginio  Orsini  obwaltete,  hielt  sich  das  Schloss.     Nur  wenige  Miglien  von 
Rom  hielt  sich  bis  zum   11.  December  Lisola,  das  alte  Veji.    Das  Schlimmste  aber  war,  dass 
nach  einem  Berichte  schon  vom  5.  November  der  Herzog  von  Urbino,  der  eigentliche  Heer- 
ftihrer,  der  vor  Bracciano  gerückt  Avar,  durch  einen  Schuss  aus  einer  Archebuse  verwundet 
wurde  imd  nun  das  Commando  an  den  juugen  und  unerfahrenen  Herzog  von  Gandia  abtrat.^ 
Welche  f^rfolge  aber  dieser  in  den  nächsten  Wochen  errang,  zeigte  sich,  als  die  Belagerten 
einen  grossen  und  schönen  Esel  aus  der  Festung  in  das  Lager  jagten.     Er  trug  am  Halse 
ein  Schreiben  mit  der  Bitte,    ihn  gehen  zu  lassen,   da  er   als  Botschafter  zum  Herzoge  von 
Gandia  gehe.    Unter  dem  Schwänze  aber  war  ein  Brief  an  Letzteren  befestigt,  welcher  die 
grössten  Beschimpfimgen  als  Antwort  auf  eine  Aufforderung  enthielt,  die  dieser  an  die  Be- 
satzung gerichtet  hatte.*    Man  brachte,  als  der  Papst  zu  Weihnachten  nicht  den  Gottesdienst 
abhielt,  sein  Unwohlsein  mit  dem  Verdnxsse  in  Zusammenhang,  den  ihm  der  schlechte  Erfolg 
des  Feldzuges  verursachte.  Papst  Alexander  wandte  sich  an  den  gran  capitan,  damit  dieser  den 
Krieg  siegreich  beende ;  aber  Don  Gonc^alo  hatte  in  Neapel  Wichtigeres  zu  thun  und  empfand 
möglicher  Weise  auch    ein  geheimes    Behagen,    den  Sohn  des  Papstes,    der  ohne  alles  Ver- 
dienst zu  lehren  und  Würden  gekommen  war,  sich  seine  Sporen  selbst  verdienen  zu  lassen. 
Die  Mission  des  Esels    und   der  Uebei-fiiU    der    päpsthchen   Reiter    durch  Bartolo  d' Alviano 
scheinen  ziemlich  gleichzeitig  stattgefunden  zu  haben. 

Sehr  ernstlich  aber  wurde  die  Sache,  als  Carlo  Orsini^  und  der  guelfische  Heerführer 
Vitellozzo  mit  französischem  Gelde  Truppen  warben,  die  zerstreuten  sammelte  und  endUch  cittk 
di  Castellf»,  Vitellozzo's  Herrschaft,  nördlich  von  Perugia,  zmn  Ausgangspunkte  für  den  Ent- 
satz von  Bracciano  wählten.  Um  aber  den  800  deutschen  Lanzknechten  im  Heere  des  Herzo"-s, 
die  am  meisten  den  Italienern  Furcht  einflössten,"  tüclitigen  Widerstand  zu  leisten,  versah 
Vitellozzo  seine  Infanterie  mit  Piken,  die  fast  um  eine  Elle  länger  waren  als  die  gegnerischen, 
so  dass  der  für  unwiderstehlich  erachtete  Ötoss  der  Lanzknechte  ftir  sie  selbst  verderblich 
wirde.  Er  rückte  dann  mit  Carlo  Orsini  mit  200  Reitern  (liuomini  d'  arme),  1800  Infanteristen 
und  einer  Artillerie,  die  nach  französischem  Muster  ausgerüstet  war,  zum  Entsätze  von  Brac- 
ciano herbei.     Jetzt  wurde  —  am  9.  und  15.  Januar  1497  —  wiederholt  Bracciano  gestürmt, 

'  Gregorovins,  Geschichte  der  Sta.lt  Rom,  3.  Aufl.,  VIT,  p.  383,  verweist  auf  die  im  Archive  Gonzaga  befindlichen  Depeschen 

de»  Joh.  Carolus,  widmet  aber  dem  Kriege  selbst  nur  eine  Seite. 
'  M.  Sanuto  I,  p.  401. 
3  1.  c.  p.  376. 
«  1.  c.  p.  410. 

»  Baxtard  des  Gentile  Orsini.     IJiirch.   11,  p.  3.!i3. 
•  Fr.  Guicciardini  III. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  157 

beide  Stürme  aber  mit  grossen  Verlusten  abgeschlagen.  Die  Venetianer  drangen  auf  einen 
Vergleich,*  während  Vitellozzo  von  Cervatello  und  Carlo  Orsini  von  Soriano^  herbeizogen,  die 
päpstlichen  Truppen  aber,  ohne  Geld  ^  und  in  schlechter  Verfassung,  um  nicht  zwischen  zwei 
Feuer  zu  kommen,  die  Belagerung  aufhoben,*  die  schwere  Artillerie  nach  Anguillara  brachten 
und  sich  gegen  Sutri  an  der  Strasse  nach  Rom  wandten.^  Sie  wurden  aber,  als  sie  die  hügelige 
Gegend  durchschritten,  von  der  Besatzimg  verfolgt  und  angegriffen.  Sie  trieben  diese  im 
Thale  zurück,  und  hier  mag  es  gewesen  sein,  dass  Francesco  Orsini  von  den  Colonnesen 
gefangen  wurde.  Nun  aber  erschienen  von  der  entgegengesetzten  Seite  die  Truppen  Vitel- 
lozzo's  und  griffen  die  Päpstlichen  an  f  die  bereits  auf  die  Höhen  Zurückgetriebenen  kehrten 
auf  dieses  um  und  begannen  aufs  Neue  den  Kampf,  welchen  die  Päpstlichen,  von  zwei  Seiten 
angegriffen,  in  der  ungünstigsten  Stellung  auf  sich  nehmen  mussten.  Jetzt  wurden  der  Herzog 
Guido  von  Urbino,  Juan  Piero  Graf  von  Gonzaga'  und  mehrere  andere  Truppenfährer 
gefangen,  an  800  Soldaten  erschlagen.*  Der  Legat  rettete  sich  nach  Ronciglione,  verlor 
aber  all  sein  Silbergeschirr.  Der  Herzog  wurde  an  der  Lippe  verwundet  und  flüchtete  sich 
eiligst  nach  Rom,  Fabricio  Colonna  nach  Ronciglione.  Das  ganze  Heer  war  aufgelöst  oder 
vernichtet,^  der  Gonfaloniere  hatte  sich  mit  Schmach  bedeckt.  Der  Feind  schweifte  auf 
beiden  Tiberufern  umher,  und  dem  Papste  blieb  nun  nichts  Anderes  übrig,  als  den  Frieden 
80  anzunehmen,  wie  er  bei  gegenseitiger  Erschöpfung  möglich  war.  Die  Orsini  erhielten 
die  ihnen  abgenommenen  Plätze  zurück,  zahlten  dem  Papste  50.000  Ducaten  und  durften  auf 
der  französischen  Seite  bleiben,  ohne  verpflichtet  zu  sein,  die  Waffen  gegen  die  Kirche  zu 
ergreifen  (5.  Februar).*"  Als  am  2.  Februar,  dem  Feste  Maria  Reinigung,  der  Papst  die  Kerzen- 
weihung  vornahm,  stand  sein  Schwiegersohn,  Don  Giovanni  Sforza  von  Pesaro,  ihm  zur 
Linken.  Als  in  diesen  Tagen,  sagt  Burchard"  zur  Aufzeichmmg  vom  8.  Februar  1497,  der 
Generalcapitan  der  Heeresmacht  der  Kirche,  der  Herzog  von  Gandia,  nur  von  seiner  Familie 
eingeholt,  nach  Rom  gekommen  war,  erschien  er  nicht  in  der  päjjstlichen  Capelle  zum 
Gottesdienste.  Der  Legat,  der  auch  nur  von  seinen  Hausgenossen  eingeholt  worden  war, 
zeigte  sich  am  8.  Februar  zum  ersten  Male  öffentlich,  starb  aber  bald  nachher. 

Die    Schlacht   bei    Soriano    war    eine    würdige  Tf)dtenfeier    für  Virginio  Orsini,    der   in 
diesen  Tagen  gestorben  war.'^    Der  Herzog  von  Gandia  hatte   eine  schimpfliche  Niederlage 


^  M.  Sanuto  I,  p.  478  2  Zwischen  Viterbo  und  Orto,  nördlich  Ton  Ronciglione. 

'  La  zente  dil  Papa  in  mali  termeni,  senza  denari  e  poclii.    1.  c. 

*  21.  Januar.    Burch.,  p.  353. 

'•I  Bericht  vom  21.  und  24.  Januar,  come  el  pontifice  era  contento  di  acordarai  con  Orsini  per  amor  (!)  di  la  Signoria  nostra 
e  dil  ducha  di  Milano  che  lo  haveano  exortado  et  per  que.sto  era  sta  mandato  e  Brazano  a  Madona  Bartolomeo  e  poi  al 
Sgr.  Carlo  Orsini  domino  Benedicto  con  salvo  conducto  .  .  .  Item  che  Orsini  haveano  soldo  dil  re  de  Franza,  portavano 
le  armi  del  rey  et  cridavano  Franza,  Franza.  —  Item  le  gente  dil  Papa  erano  levate  da  Brazano  e  se  dovea  redur  a  Sutri. 
L'  arteleria  redntta  in  l'Anguilara.  Le  zente  Orsini  a  Suriano  haveano  preso  do  castelli  de  la  chiesa  nominati  Montelione, 
Montecabione.  M.  Sanuto  I,  p.  483,  484.  —  Ferito  sul  labro  el  ducha  di  Gandia  el  qual  fuzite  corendo  fino  a  Roma. 
1.  c.  p.  496. 

•  Am  24.  zwischen  Bracciano,  Ba.ssano  und  dem  castrum  Surianum.     Burch.,  p.  352. 
''  conde  di  Nugolara.     Guicciardini. 

8  Nach  Burch.  über  200  Schweizer,  unter  ihnen  ihr  geistlicher  Provisor  D.  Georg  von  Rinolsberg,   von   den  anderen  an  300 

und  viele  verwundet. 
'  omnes  machine  nostre  per  Ursinos  capte  et  gentes  omnino  disperse. 
'"  M.  Sanuto,   p.  506,   che  l'Anguilara   e  Cervetre  siano   date    al   pontifice   libere,   che   Zuan  Zordan   et   Paolo  Orsini  erano  a 

Napoli  fosseno  lassati  et  cus.si  el  signor  Paoli  Vitelli,  era  a  Mantova. 
"  p.  255.     Eh  liegt  in  diesen  Worten,  gentium  armorum  S.  R.  E.  capitaneus  generalis,  der  sich  nicht  in  die  päpstliche  Capelle 

zu  gehen  traut,  eine  unverkennbare  Ironie,  wie  man  ihr  Öfter  bei  Burch.  begegnet. 
"  O  di  febbre   o  come  alcuni  credottono  di  veleno.     Guicciardini  —  Lettere  a  Roma  di  la  regina  di  Napoli  —  de  18  come  el 

Sg.  Virginio  Orsini  in  tre  di  era  morto  li  a  Napoli.     M.  Sanuto,  p.  484. 


158  HöFLEK. 

erlitten,  von  deren  moralischer  Wirkung  er  sich  nicht  mehr  erholte.  Der  Plan,  die  Grafschaft 
Sora  an  Don  Joffr^,  die  grossen  Orsiuischen  Besitzungen  an  Don  Juan  zu  bringen,  war  in 
Rauch  aufgegangen.  Am  ersten  seheint  sich  Don  Juan  selbst  getröstet  zu  haben.  Der 
venetianische  Botschafter  berichtete  schon  Ende  October  1496,  er  habe  eine  Spanierin  mit- 
gebracht, die  grosses  Wohlgefallen  bei  seinem  Vater  gefunden.  Der  einer  solchen  Abkunft 
wirdiffe  Sohn*  suchte  und  fand  Trost  und  Zerstreuung  in  nächthchen  Abenteuern. 

Im  Ganzen  wai-  der  Kampf  mit  den  Orsini  doch  nur  eine  E]iisode  in  dem  allgemeinen 
und  grossen  Kriege  gegen  die  Franzosen,  auf  deren  Seite  ja  auch  der  Cardinal  von  S.  Pietro 
in  vinculis,  der  persönliche  Gegner  des  Papstes,  Julian  de  la  Rovere,  einen  hervorragenden 
Antheil  nahm.  Papst  Alexander  aber  befand  sich,  so  lange  wenige  Miglien  nördlich  von 
Rom,  in  Bracciano,  das  französische  Wappen  auf  den  Fahnen  prangte  und  das  Feldgeschrei : 
Franza.  Franzal  ertönte,  und  andererseits  beinahe  ebenso  weit  südlich  von  Rom  das  feste  Schloss 
von  Ostia  in  den  Händen  eines  französischen  Befehlshabers  des  Cardinais  von  S.  Pietro  war, 
so  dass  von  Norden  wie  von  Süden,  zu  Wasser  und  zu  Lande  Rom  die  Zufuhr  abgeschnitten 
werden  konnte,  in  einer  unerträglichen  Lage.  Endlich  kam  am  19.  Februar  1497  der  grosse 
Capitün,  von  dem  Herzoge  von  Gandia  und  dessen  Schwager  Giovanni  Sforza  geleitet,^  mit 
600  Pferden  imd  ungefähr  1000  Mann  zu  Fuss'  nach  Rom,  jedoch  nur,  dem  Papste  seine 
Aufwartung  zu  machen.  Am  21.  entfernte  er  sich  wieder  gegen  Ostia,  das  am  23.  von  den 
päpstlichen  Truppen  umzingelt  war.  Am  24.  kam  der  gran  capitan  selbst  vor  Ostia  an, 
das  er  nun  beschiessen  liess,  worauf  sich  Minaldo  de  Guerra,  dem  der  König  von  Frank- 
reich die  Burg  übergeben  hatte,  am  9.  März  dem  gran  capitan  übergab,  der  mm  im  Triumphe, 
von  dem  Herzoge  von  Gandia  und  dessen  Schwager  begleitet,  am  15.  in  Rom  einzog.*  Eine 
grosse  Gefalu-  war  dadurch  von  Rom  abgewendet,  den  Franzosen  ein  wichtiger  Stützpunkt 
entrissen,  und  wenn  deshalb  der  gran  capitan  als  Triumphator  in  Rom  einzog,  ehrte  man 
den,  der  König  Karl  der  Früchte  seines  königlichen  Feldzuges  nach  Neapel  beraubt  hatte. 

Nach  Andres  Bemaldez*  war  es  bei  der  Belagerung  von  Ostia  zu  Streitigkeiten  zwischen 
den  beiden  Schwägern,  Solm  und  Schwiegersohn  des  Papstes,  gekonmieu,  die  aber  durch 
den  Papst  und  den  Cardinal  Ascanio  wieder  beigelegt  worden  seien.  Don  Juan  befand  sich 
noch  am  26.  Februar  in  Rom,  kam  an  diesem  Tage,  als  die  Predigt  schon  begonnen  hatte, 
in  die  Capelle  und  stellte  sich  zm-  Recliten  des  Papstes  auf.''  Bei  dem  Einzüge  Gonsalvo's 
am  19.  Februar'  ritt  noch  Giovanni  Sforza  zur  Linken,  der  Herzog  von  Gandia  ziu-  Rechten 
des  gran  capitan.  Am  15.  März  l)egab  sich  der  Papst  mit  dem  Cardinal  von  Valencia  und 
zwei  anderen  Cardinälen  nach  Ostia,  einen  neuen  Castellan  einzusetzen.  Die  Begegnung  des 
spanischen  Feldherm  mit  dem  Generalcapitän  der  Kirche  hatte  die  Achtung  des  Ersteren 
gegen  diesen  nicht  erhöht.  Als  am  Palmsonntage  (19.  März)  dem  Sieger  von  Atella  keine 
geweihte  Palme    gereicht  wurde,    wohl  aber  dem  Herzoge   und  dem  Herrn  von  Pesaro,    die 


•  8i  godeva  con  la  sua  »pagnola  menatali  di  Spagna  per  suo  fiol  duclia  di  Gandia,  parameute  li  venuto.  M.  Sanuto  I,  p.  369. 
'  Burch.  II,  p.  367. 

'  malisKÜno  armati  —  qui  quidem  vestibus  et  armis  ita  leves  imo  iiudi  inceduiit  ut  hostibus  lucrum  ex  bis  sperare  non  liceret. 
M.  Sanuto,  p.  539. 

•  Biirch.,  p.  350.  Am  26.  Februar  kam  der  Herzog  von  Gandia  (S.  R.  ecdesie  capitaneus  generalis)  in  die  päpstliclie  Capelle 
und  nahm  seinen  Platz  zur  Hechten  de»  Papstes,  der  anordnete,  dass,  wenn  der  Herzog  und  Don  Johannes  Sfortia  Pisauri 
in  der  Capelle  anwesend  seien,   der  Gubemator  von  Rom  geinen  Platz  bei  den  Conservatoren  einzunehmen  habe. 

»  c.  152. 

•  qui  diiit  mihi  quod  presentibna  D.  duce  et  D.  Johanne  Sfortia  Pisauri  in  capella  ipse  Senator  resideret  a  loco  suo  solito  et 
staret  cum  conservatoribug,  quod  et  feci  et  Senator  ipse  observavit.     Burch.  II,  p.  357. 

'  Burch.,  p.  357. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  159 

ZU  Seiten  des  Papstes  standen,  nahm  Don  Gonzalez  seinen  Platz  statt  wie  jene  an  den 
Stufen  des  päpstlichen  Thrones,  auf  der  Bank  der  Botschafter  ein  und  als  diesen  Pal- 
men gereicht  Avurden,  keine  an,  wie  Burchard  ausdrücklich  bemerkt,'  des  Herzogs  von 
Gandia  wegen,  dem  er  den  Vortritt  nicht  gestatten  wollte,  und  ebensowenig  wollte  er  eine 
Palme  nach  dem  spanischen  Botschafter  annehmen.  Am  Gründonnerstag  trug  der  Sohn 
des  Papstes  die  Schleppe  desselben,  als  das  Sacrament  in  der  Capelle  verwahrt  wnrde.^  Bei 
dem  grossen  Hochamte  am  Ostertage  (26.  März)  hatte  der  gran  capitan  den  Vortritt  vor 
dem  Herzoge.  Dieser  reichte  als  Vierter,  jener  als  Dritter  das  Wasser  zum  Waschbecken. 
Am  OsteiTnontag'e  aber  erhielt  der  spanische  Feldherr  an  den  Stufen  des  Thrones  seinen 
Platz  nach  dem  Herzoge.^  Endlich  am  Osterdienstag,  als  der  Papst  in  feierhchem  Gepränge 
nach  der  Kirche  ad  Minervam  ritt,  konnte  sich  der  Herzog  von  Gandia  in  vollster  Pracht 
und  Herrhchkeit  zeigen.  Er  ritt,  unmittelbar  vor  dem  Papste,  ein  herrliches  Pferd,  über 
imd  über  mit  langen  silbernen  Glocken  geziert ;  er  selbst  trug  eine  kostbare  Halskette,  von 
Perlen  und  Gemmen  zusammengesetzt,  und  auf  dem  Haupte  ein  Baret  mit  herrlichem 
Kleinode.  An  der  platea  rotunda  schloss  sich  der  magnificus  Gondisalvus,  wie  Burchard 
den  gran  capitan  nennt,  an  den  Zug  an.  Er  ritt  zur  Linken  des  Herzogs,  wie  dieser  nach 
allen  Cardinälen.     In  ähnlicher  Weise  kehrte  der  Zug  zurück. 

Man  konnte  sich  den  Gegensatz  zwischen  wirklichem  Verdienste  und  unverdientem 
Glücke,  das  sich  an  illegitime  Geburt  anschloss,  zwischen  einem  wahren  Feldherrn  und 
Staatsmanne  und  einem  läppischen  Theaterprinzen,  der  sich  mit  Schmuck  und  Gold  bedeckte, 
das  von  dem  Verkaufe  von  Pfründen  und  ähnlichen  kirchlichen  Einnahmen  herrührte,  nicht 
schärfer  und  in  hervorragenderen  Persönlichkeiten  vorstellen  als  in  diesem  Zusammentreffen 
Don  Gonzalez'  und  Don  Juans ;  des  ruhmgekrönten  Siegers  der  Franzosen,  und  des  eitlen, 
nichtsnutzigen  Knaben,  der  nichts  war,  wenn  sein  Vater  aufhörte  zu  sein.  Er  rief  aber  mit 
seinem  dummen  Hochmuth  und  seiner  läppischen  Eitelkeit  nicht  etwa  blos  die  Kritik  über 
den  Papstsohn  hervor,  die  sich  in  beissenden  Bemerkungen  Luft  machte,  sondern  sehr  bald 
auch  einen  thatsächlichen  Beweis  der  Wahrheit  des  alten  Satzes,  dass  man  ungestraft  das 
rächende  Gescliick  nicht  herausfordern  dürfe.  Jetzt  freilich  duldete  Don  Juan  Niemanden 
neben  sich.  Es  ist  irrig,  wenn  Gregorovius  sagt,  der  Herr  von  Pesaro,  Gemahl  der  Mad. 
Lucrezia,  habe  am  Osterfeste  (26.  März)  die  Osterpalme  (?)  neben  Cesare  und  Gandia  von 
dem  Papste  erhalten.*  Don  Giovanni  erhielt  am  19.  März  (Palmsonntag)  zugleich  mit  seinem 
Schwager  Don  Juan  aus  den  Händen  des  Papstes  die  an  diesem  Tage  geweihte  Palme, 
erscheint  aber  bei  den  Functionen  der  Charwoche,  bei  welchen  der  Ceremonienmeister  die 
vornehmen  Anwesenden  namentlich  anzuführen  pflegt,  nicht  mehr.  Ein  Brief  des  venetiani- 
schen  Botschafters  in  Rom  vom  24.  März,^  das  ist  vom  Charfreitage  1497,  meldet  nun  aus- 
führlich dartlber:  Giovanni  Sforza,  der  seit  einigen  Monaten  mit  seiner  Gemahlin  Mad. 
Lucrezia  sich  in  Rom  aufgehalten,  sei  unter  dem  Vorwande,  seine  Andacht  in  S.  Honofrio 
vor  dem  Stadtthore  zu  verrichten,  man  weiss  nicht  warum,  dahingegangen.  Dort  hätten  ihn 
zwei  schnellfüssige  Pferde"  erwartet,    er  habe  sich  auf  eines  geschwungen    und   sei  auf  und 


'  de  quo  cum  —  cardinales  factum  considerarent,  mirarentur.    p.  300. 
2  fimbrias  posteriores  sive  candam  pluvialis  Pape.     p.  301. 

'  Dux  locatus  fnit  ante  prelato.s  a.s.sistentes  et  post  eum  dictus  capitaneus.     p.  303. 
*  Lucrezia  Borgia,  3.  Aufl.,  I,  p.  164. 

^  M.  Sanuto  I,  p.  569.    Der  Brief  ist  unter  dem  24.  März  rubricirt,  der  nächstfolgende  trägt  das  Datum  vom  26.  März,  p.  660. 
5  do  cavalli  coredori.    Nesciebat,  sclirieb  der  Orator,   qua   de  causa.     Es  ist  .sehr  eigenthümlich,   dass  auch   spätere  Berichte 
nichts  Näheres  über  diese  Angelegenheit  angeben.    Wenn  die  Flucht  Giovanni's  in  der  Charwoche  vorgefallen  ist  —  et  era 


160 


Höfler. 


davon  "erittcn.  nach  Posaro,  mit  Zurücklassiiug  seiner  Frau.  In  Rom  war  es  zu  Streitig- 
keiten zwischen  den  Spaniern  Don  Gon^alo's  und  den  Römern  gekommen  und  hatte  sich 
dann  der  gran  capitan  -ndeder  nach  dem  Königreiche  zurückbegeben.^ 

Fort  und  fort  geschahen  Dinge,  die  wir  berichten  müssen,  ohne  ihren  Zusanmienhang 
mit  anderen  Ereignissen  zu  kennen  und  ohne  uns  zu  Vermuthungen  verleiten  zu  lassen,  die 
der  hist«)ri8chen  Unterlage  entbehren. 

Am  4.  Juni  1497  begab  sich  die  Gemahlin  des  Herrn  Johannes  Sforza,  Grafen  von 
Colignola,  von  Pesaro,  Tochter  des  Papstes,  von  den  Ihrigen  begleitet,  zu  Pferde  nach  dem 
Kloster  der  Nonnen  von  S.  Sisto  (de  urbe),  um  daselbst  zu  bleiben.*  Es  war  eine  ganz 
natilrliche  Sache,  dass  Frauen  in  der  Lage  der  Gräfin  von  Colignola,  die  von  ihrem  Gemahle, 
wir  wissen  nicht  ob  mit  oder  ohne  ihre  Zustimnmng,  verlassen  worden  waren,  sich  in  ein 
Kloster  beo-aben.  dort  ftir  alle  Fälle  eine  Zuflucht  zu  finden.  Und  wenn  es  mrklich,  wie 
kaum  zu  leugnen  sein  wird,  zwischen  Don  Giovanni  und  dem  Herzoge  von  Gandia,  dessen 
Gemüthsart  Andres  Bernaldez  mit  so  düsteren  Farben  gemalt,  zu  argen  Streitigkeiten  ge- 
kommen war,  Don  Juan  aber,  der  theuerste  Sohn  des  Papstes,^  trotz  seiner  im  Feldzuge 
erwiesenen  Unfähigkeit  bei  seinem  Vater,  wie  sich  am  7.  Juni  wieder  so  recht  auffallend 
zeigte,  Alles  vermochte,  so  war  Mad.  Lucrezia  jedenfalls  bei  den  Nonnen  von  S.  Sisto  vor 
jeder  Vergewaltigung-  sicherer  als  im  vaticanischen  Palaste,  den  Don  Juan  beherrschte. 
Bereits  hatte  Papst  Alexander  seinem  erbitterten  Feinde,  dem  Cardinal  von  S.  Pietro,  die 
Hand  zum  PVieden  gereicht,  ihm  selbst  Ostia  wieder  eingerämnt,  als  er,  um  Burchards  Worte* 
zu  gebrauchen,  im  geheimen  Consistorium  am  7.  Juni  1497  die  Stadt  Benevento  zum  Range 
eines  Herzogtliums  erhob,  unter  Zustimmung  aller  anwesenden  Cardinäle,^  und  damit  den 
erlauchten  Herrn  Johannes  Boi-gia  von  Aragon,  Herzog  von  Gandia  und  der  heil,  römischen 
Kirche  Generalcapitän,  seinen  theuersten  Sohn,  und  alle  seine  männlichen  Nachkommen  für 
immer  belehnte,  und  zwar  mit  dem  Herzogthume  Benevent,  der  Stadt  Terracina  und  Pontecorvo 
ftlr  ewige  Zeiten.  Hiebei  erwähnt  der  Ceremonienmeister,  dass  zwar  der  Cardinal  von  Siena, 
der  nachherige  Papst  Pius  III.,  den  Antrag  muthig  bekämpfte,  jedoch  allein  blieb.  Der  Car- 
dinal Ascanio,  welcher  krankheitshalber  bisher  die  Consistorien  nicht  besucht  hatte,  war  ab- 
sichtlich zu  diesem  gekommen,  um  für  den  Autrag  zu  stimmen.  Am  darauffolgenden  Tage 
(8.  Juni)  wurde  der  Cardinal  von  Valencia,  den  Burchard  jetzt  nicht  als  Sohn  des  Papstes 
bezeichnet,  im  geheimen  Consistorium  als  legatus  de  latere  verkündet,  der  Friedrich  von 
Aragon,  König  von  Sicilien,  als  solchen  zu  salben  und  zu  krönen  bestimmt  sei. 

Papst  Alexander  hatte  dadurch  nicht  nur  zu  erkennen  gegeben,  dass  er  selbst,  naclidem 
die  Unterdrückung  der  Orsini  nicht  gelungen  war,  an  dem  Plane  festhalte,  seinem  Sohne 
ein  italienisches  Fürstenthum  zu  verschaffen  und  ihm  so  gleichsehr  im  Kirchenstaate  als  im 
Königreiche  eine  Stellung  zu  begründen.  Indem  er  aber  auch  dem  Cardinal  von  Valencia 
den  Auftrag  gab,  den  König  Friedrich  zu  krönen,   hatte  er  sich  für  das  Anrecht  desselben 


aettimaiuk  sancta,  Palmgonntag  fiel  auf  den  l'J.  März,  Ostern  auf  den  20.  —  so  dürfte  sie  etwa  am  Mittwoch  oder  Donners- 
tag, den  22.  oder  2.S.  März  stattgefunden  haben. 

'  I.  c.  p.  569. 

»  ibidem  permanHura,  propter  quod  multa  diversi  finxerunt,  sagt  Burcliard,  ohne  das  Riclitige  anzugeben,  p.  386.  Der  Aus- 
dnick:  insalutato  liospito  in  einem  Briefe  Aretin's  an  den  Cardinal  Hippolyt  von  Este  (Thuasne  II,  p.  386,  n.)  dürfte  beweisen, 
dam  Rie  auf  eigenen  Antrieb  den  Aufenthalt  im  Kloster  nahm,  aber  auch  nicht  mehr. 

'  filii  cariMiimi.     Burch.,  p.  387. 

«  1.  c.  p.  386,  387. 

»  Wf»durch  »ich  von  gelbst  das:  cardinalibus  repugnantibus  bei  M.  Sanuto  widerlegt. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  16  X 

an  dem  Königreiche  entschieden,  das  thatsächhch  mehrere  Herren  hatte.  In  Calabrien  war 
durch  Don  Gon9alo  die  spanische  Herrschaft  begründet;  aber  auch  Venedig,  der  Herzog 
von  Mailand,  vor  Allem  der  König  von  Frankreich  hatten  oder  beanspruchten  Theile,*  so 
dass,  um  seiner  Herrschaft  den  Stempel  der  Legitimität  aufzu.drücken,  König  Friedrich  kein 
besseres  Mittel  erkannte,  als  die  Krönung  durch  einen  Legaten  des  obersten  Lehensherrn 
zu  empfangen,  selbst  wenn  dafür,  wie  ^^^^'i^a  die  Sache  darlegt,  von  dem  Lehenzinse 
100.000  Ducaten  dem  Doppelherzoge  Don  Juan  zukamen.^  Dadurch  ward  aber  den  Plänen 
König  Ferdinands,  welcher  durch  den  gran  capitan  im  Stillen  Neapel  für  sich  erobern  liess 
und  für  sich  entschieden  war,  im  continentalen  Königreiche  Sicilien  keine  andere  Macht  auf- 
kommen zu  lassen  als  die  seine,  in  sehr  empfindlicher  Weise  entgegengearbeitet.  Der 
spanische  Botschafter  hatte  den  Auftrag,  gegen  den  Consistorialbeschluss  zu  Gunsten  des 
Herzogs  von  Gandia  und  dessen  Nachfolger  Protest  einzulegen,  ohne  dass  jedoch  dadurch 
an  der  Sache  selbst  etwas  geändert  worden  wäre. 

Der  Kirchenstaat  war  voll  L'nruhe  und  Bewegungen.  Der  flüchtige  Gemahl  der  Mad. 
Lucrezia  war  in  Pesaro  angekommen.  Er  begab  sich  von  da  nach  Mailand  zum  Her- 
zog Ludovico.  Man  erfuhr,  dass  er,  der  Herr  von  Camarino,  der  Herzog  von  Urbino,  an 
dessen  Freiwerdung  aus  der  Gefangenschaft  der  Orsini  der  Papst  nicht  gearbeitet  hatte, 
und  Andere  einen  Anschlag  gegen  Alexander  VL  verabredeten.^  Andererseits  handelte  es 
sich  um  Auflösung  der  Ehe  der  Mad.  Lucrezia,  welche  durch  die  neapolitanische  Politik 
des  Papstes  eine  ihr  angemessenere  Stellung  erlangen  sollte.  Orsini  und  Colonna's  waff- 
neten  aufs  Neue ;  die  Anhänger  des  Giovanni  Sforza  aber  wurden  mit  Gewalt  genöthigt, 
Rom  zu  verlassen.*  Man  hätte  wohl  Ursache  genug,  auch  von  dieser  Seite  eine  Gewaltthat  zu 
befürchten.  Wollte  man  aber  den  Papst  nicht  blos  treffen,  sondern  moralisch  zerschmettern, 
so  gab  es  kein  besseres  Mittel,  als  den  Schlag  gegen  denjenigen  zu  führen,  den  er  so  ge- 
waltig erhoben,  den  man  als  einen  der  mächtigsten  Fürsten  in  nicht  ferner  Zukunft  ansehen 
musste  und  der  zugleich  in  dem  Masse  emporgehoben  worden  war,  in  welchem  es  ihm  an 
Avirklicher  Achtung  gebrach.  Es  war  Zündstoff  genug  vorhanden,  und  wenn  der  Wetter- 
strahl niederfidir  und  ein  Haupt  traf,'  war  Vielen  ein  grosser  Dienst  erwiesen,  nicht  blos 
einer  Partei. 

Im  Hause  der  Frau  Rosa  Vanozza  war  grosse  Freude.  Man  feierte  acht  Tage  nach 
der  Ernennung  ihres  einen  Sohnes  zum  Herzoge  von  Benevent,  des  andern  zum  Legaten 
und  Krönungscardinal  in  ihrer  Vigna  ein  frohes  Fest,  dem  als  dritter  auch  der  Cardinal 
Borgia  beiwohnte.  Als  es  spät  geworden  war,  betrieb  der  Legat  den  Aufljruch,  und  beide 
Brüder  ritten  nun  mit  ihrem  Vetter  von  dem  Weinberge  in  der  Nähe  von  S.  Pietro  in  vin- 
culis  zu  dem  Palaste,  den  einst  Don  Rodrigo  als  Cardinal -Vicekanzler  sich  erbaut  und  nach 
seiner  Papstwahl  dem  Cardinal  Ascanio  geschenkt  hatte.  Hier  trennten  sich  nicht  nur  die 
Cardinäle,  sondern  der  Herzog  entliess  auch  sein  Gefolge  bis  auf  Einen,  der  seit  einem 
Monate  jeden  Tag  ihn  im  apostolischen  Palaste  besucht  hatte  und,  mit  einer  Maske  versehen. 


'  Siehe  die  interessante  Auseinandersetzung  des  Venetiaiiers  Marin  Zorzi  bei  M.  Sanuto  I,  p.  647. 

2  Hist.  III,  c.  5. 

'  M.  Sanuto,  p.  649.     Der  eliemalige  Präfect  von  Rom,    Bruder  des  Cardinais   von   S.  Pietro,    kam    damals    nach    Sinig'aglia, 

p.  650. 
*  Man  theilte  sich  mündlich  mit,  was  Donna  Lucrezia  betraf.    Nihil  scribo  quare  haec  omnia  jam  diu  noscere  debuisti,  schrieb 

Ugolino  Mateo  an  den  Secretär  des  Grafen  Philipp  de  Rubels  (Rossi),   16.  .Juni  1497.    M.  Sanuto,  p.  658.    Pisauriensium  quo- 

que  discessum  et  guorum  ab  urbe  expnlsionem  intelligere  debuisti. 
'  inverso  (il  dncha  di  Gandia)  era  1'  ochio  dreto  (des  Papstes)  in  quo  spes  prolis  erat  et  gloriae.    Bericht  vom  17.  Juni  1497. 
Denkachriften  der  phil.-hi«t.  Cl.  XXXVII.  Bd.  21 


IQ2  HöFLEB. 

auch  in  die  Vig-na  gekommen  war,  worauf  der  Aufbruch  erfolgte.'  Dieser  setzte  sich  auf  die 
Gnippe  des  Mauhhieres,  das  der  Herzog  ritt,  der,  auf  dem  Judenplatze  augekommen,  noch 
den  Ueitknec'ht,-  der  allein  von  seinem  Gefolge  bei  ihm  geblieben  war,  mit  dem  Auftrage 
entliess,  ihn  hier  bis  zur  24.  Stunde  zu  em^arten,  und  wenn  er  bis  dann  nicht  zurückgekehrt 
wäre,  in  den  herzoglichen  Palast  sich  zu  verfugen.  Dieser  wurde  jedoch  nach  einiger  Zeit  meuch- 
lings überfallen.  Schwer  verwundet  fand  er  bei  mitleidigen  Leuten  Aufnahme,  ohne  jedoch 
wegen  seiner  Wunden  im  Stande  zu  sein,  Auskünfte  über  das,  was  vorgefallen  war,  zu 
geben.  Nach  einem  anderen  Berichte  ward  auch  das  Maulthier,  das  herrenlos  herumirrte,  auf- 
gefangen und  zeigten  sich  an  dem  einen  Steigbügel  Spuren  einer  Gewaltthat.^ 

Als  der  Herzog  am  14.  Juni  Abends  nicht  in  den  Palast  zmlickkehrte,  werden  die  Diener 
imd  Vertrauten  desselben  unruhig,  und  einer  zeigte  dem  Papste  an,  dass  zwar  der  Cardinal 
von  Valencia  spiit  Abends  zurückgekehrt  sei,  jedoch  nicht  der  Herzog.  Der  Papst,  die 
Neigungen  seines  Sohnes  kennend  und  wohl  auch  wissend,  warum  der  Vermummte  jeden 
Tag  in  den  Palast  gekommen  war,  tröstete  sich,  obwohl  bestürzt,  mit  der  Meinung,  der 
Herzog  sei  zu  einem  Mädchen  gegangen  und  habe  am  hellen  Tage  nicht  mehr  nach  Hause 
gehen  wollen.  Er  werde  am  Abende  schon  wieder  kommen.  Der  Abend  des  15.  kam, 
brachte  aber  keine  Spur  von  dem  Vermissten.  Der  Papst,  auf  das  Tiefste  ergriffen,  befahl, 
die  genauesten  Nachforschungen  anzustellen.  Als  sich  aber  jetzt  in  Rom  die  Nachricht  ver- 
breitete, der  Sohn  Papst  Alexanders,  der  Generalcapitän  der  Kirche,  Herzog  von  Gandia 
und  Benevent  sei  abhanden  gekommen,  glaubte  man  nicht,  dass  es  sich  um  eine  vereinzelte 
That  handeln  könne.  Man  befürchtete  das  Aeusserste,  nach  der  Vertreibung  der  Pesarischen 
Partei  einen  gewaltsamen  Ueberfall.  Die  Läden  wm-den  geschlossen,  die  Hausthüren  ver- 
ranmielt.  Alles  war  voll  Furcht  und  Schrecken  über  das  Ungeheure  der  That;  aber  auch 
alle  Nachforschungen  waren  vergeblich,  bis  man  von  einem  Sclavonier,  der  in  einem  Kahne 
nahe  an  der  Stelle,  wo  man  zwischen  der  Engelsbrücke  und  der  Kirche  S.  Maria  del  popolo 
Unrath  in  die  Tiber  zu  werfen  pflegte,  ein  Holzschiff  bewachte,  erftihr,  dass  in  der  Nacht 
vom  14.  auf  den  15.  (um  die  fünfte  Stunde  nach  Anbruch  der  Nacht)  erst  zwei  Personen 
die  Gegend  imtersucht  hatten,  ob  Niemand  in  der  Nähe  weile,  dann  seien  zwei  andere  ge- 
kommen und  hätten  dasselbe  gethan.  Endlich  auf  ein  gegebenes  Zeichen  sei  ein  Reiter  auf 
einem  Schimmel  gekommen,  der  eine  Leiche  hinter  sich  gehabt  und  mit  ihm  zur  Rechten  und 
zur  Linken  die  zuerst  gekommen  waren,  damit  die  Leiche  nicht  auf  den  Boden  falle.  Dann 
sei  das  Pferd  mit  dem  Rücken  zum  Flusse  gewendet  worden,  jene  Beiden  hätten  die  Leiche 
ergriffen  und  mit  aller  Gewalt  in  den  Fluss  geworfen.  Der  Reiter  habe  sie  dann  gefragt, 
ob  es  geschehen  sei,  sie  es  bejaht,  aber  der  Mantel  habe  sich  doch  losgemacht  und  sei  den 
Flu.S8  hinabgeschwommen,  worauf  sie  so  lange  mit  Steinen  auf  ihn  warfen,  bis  er  unterging. 
Dann  entfernten  sich  alle  Fünf  auf  dem  Wege  zum  St.  Jacobspitale.  Der  Sclavonier,  be- 
fragt, warum  er  darüber  keine  Anzeige  gemacht,  erwiderte,  es  seien  wohl  schon  hundert 
Personen  in  den  Tiber  geworfen  worden,  ohne  dass  man  sich  bisher  darum  gekümmert  hätte. 
Auf  dieses  \\Tirden  alle  Fischer  und  Schiffer  aufgeboten,  den  Fluss  zu  durchsuchen,  aber 
erst  am  Abende  gelang  es,  die  herzogliche  Leiche,  wohl  bekleidet,  selbst  mit  30  Ducaten 
im  Gürtel,  aber  auch  mit  neun  Wunden  (mit  durchschnittenem  Halse  und  acht  Wunden  am 


'  Er  hiem  Michalot  de  Prats.    Hist.  de  Don  Hemando,  III,  c.  5.     Auf  ihn   fiel   zunächst  der  Verdacht,   der  Mörder  gewesen 

zu  sein. 
'  Btafferinm.     Durch.  II,  p.  388. 
•  con  Uno  staBlo  golo  e  V  altro  tagliato.     Bericht  vom   17.  Juni,  M.  Sanuto,  p.  659. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  163 

Kopfe)  aufzufinden.^  Sie  wurde  nach  dem  Castel  gebracht,  dort  gewaschen,  militärisch  an- 
gekleidet und  gegen  24  Uhr,  von  allen  Prälaten  des  Palastes,  den  Kämmerern  und  anderen 
Beamten  gefolgt,  auf  offener  Bahre  nach  S.  Maria  del  popolo  gebracht,  dort  ausgestellt  imd 
beigesetzt.  Alle  Hofftiungen,  die  Papst  Alexander  auf  ihn  gesetzt,  alle  Entwürfe  von  Grösse 
und  Herrlichkeit  ^\nirden  mit  ihm  zu  Grabe  getragen.  Der  Schmerz  des  Vaters  kannte  keine 
Grenzen.  In  Gandia  trauerten  zwei  Waisen  und  Donna  Maria  Enriqviez,  die  in  diesen  Tagen 
auch  ihre  Schwester  Donna  Teresa  Enriquez,  Gemahlin  des  Don  Enrique  Enriquez  de  Guz- 
man,  verloren.^  Dem  Verlobten,  Don  Pedro  Luis,  der  ihr  früh  entrissen  worden  war,  folgte 
der  Gemahl  durch  die  Hände  von  Meuchelmördern  im  raschen  Tode  nach,  um  mit  dem 
englischen  Dichter  zu  reden,  in  der  Sünden  Blüthe.  Der  erste  Herzog  von  Gandia  war  in 
den  schönsten  Jahren  gestorben;  was  wir  von  ihm  wissen,  ist  nur  ehrenvoll.  Der  zweite 
Sohn  Papst  Alexanders  hatte  wohl  zu  dem  einen  Herzogthume  ein  zweites  errungen.  Das 
herbe  Urtheil,  das  der  spanische  Geschichtschreiber  nach  seinem  Benehmen  als  Herzog  von 
Gandia  fällte,  wird  durch  sein  Benehmen  als  Generalcapitän  der  römischen  Kirche  nicht 
gebessert.  Kannte  Donna  Maria  das  Leben  ihres  Gemahls  in  Rom,  so  mochte  der  Schmerz 
über  seinen  Verlust  sich  sehr  mildern.  Für  Papst  Alexander  aber  war  es  eine  furchtbare 
Lehre  in  Bezug  auf  die  Richtung,  die  er  eingeschlagen,  als  ihm  nach  dem  besseren  Sohne 
auch  der  so  sehr  gehätschelte,  auf  den  er  alle  seine  Hoffnungen  gesetzt,  und  zwar  in  einer 
geradezu  entsetzlichen  Weise  entrissen,  seinem  eigenen  Leben  und  Treiben  ein  nicht  miss- 
zuverstehendes Halt  zugerufen  wurde. 

Er  ertheilte  dem  Cardinal  von  Valencia  den  Auftrag,  ein  Verzeichniss  der  Hinterlassen- 
schaft des  ermordeten  Herzogs  für  dessen  Wit\ve  aufzunehmen. 

Da  das  Attentat  offenbar  lange  geplant  und  gut  in  Scene  gesetzt  war,  die  Mörder  Sorge 
getragen  hatten,  den  Staffier,  der  die  Richtimg  angeben  konnte,  nach  welcher  sich  der  Herzog 
mit  seinem  verlarvten  Begleiter  entfernt  hatte,  unschädlich  zu  machen,  die  Mörder  selbst 
einen  Vorsprung  von  zweimal  24  Stunden  hatten  und  der  Holzhändler  auf  der  Tiber  sich 
wohl  gehütet  hatte,  aus  seinem  Verstecke  hervorzutreten  und  sich  bemerklich  zu  machen, 
so  gelang  es,  alle  Spur  zu  venvischen,  die  auf  die  Entdeckung  der  Urheber  führen  konnte. 
Der  Papst  war  in  seinem  Schmerze  unzugänglich.  Die  Ermordung  Avar  geschehen,  die  Leiche 
gefunden  und  mit  dem  gehörigen  Prunke  bestattet  worden.  Das  Uebrige  glich,  um  ein 
itaUenisches  Sprichwort  zu  gebrauchen,  dem  Loche  im  Wasser,  das  ein  hineingeworfener 
Stein  bereitet:  ein  paar  Wasserringe  und  Alles  ist  vorüber. 

Natürlich  war  dadurch  den  Vermuthungen  über  die  Person  des  Mörders  Thür  und  Thor 
geöffnet,  und  es  kann  auch  gar  nicht  die  Absicht  dieser  Schrift  sein,  die  Anzahl  derselben 
durch  eine  neue  zu  vermehren.  Wohl  aber  müssen  folgende  Thatsachen  wohl  erwogen 
werden.  Zu  den  grossen  Zerwürfnissen  mit  den  Orsini's,  die  ihre  Spitze  gegen  den  Herzog 
gekehrt  hatten,  und  zu  dem  räthselhaften  Tode  Virginio  Orsini's  im  Kerker  des  Eischlosses 
zu  Neapel,  der  nach  Rache  schrie,'  war  der  Streit  mit  Giovanni  Sforza  gekommen,  der, 
offenbar  für  sein  Leben  fürchtend,    heimlich    entflohen    war    und  nun  im  Norden  Anhänger 


'  Mantello  vestitum,  was  doch  mit  der  Aussage  niclit  übereinstimmt.     Burch. 

'  Hist.  de  Don  Hernando,  III,  c.  5. 

'  Seine  Leiche  kam  am  26.  April  aus  Neapel  in  Rom  an  und  wurde  von  da  nach  Bracciano  gebracht,  wohin  sich  bereits 
Giovanni  Giordano  und  Carlo  Orsini  zum  Begräbnisse  begeben  hatten.  Bnrch.  II,  p.  365.  Es  ist  sehr  begreiflich,  dass  dieses 
Ereigniss  den  Hass  der  Orsini  gegen  die  Borja's  aufs  Neue  entflammte,  und  wenn  sie  den  von  ihnen  so  sehr  verachteten 
Herzog  von  Gandia  aus  dem  Wege  schafften,  so  wnssten  sie  genau,  welcher  von  den  Lebenden  dadurch  am  empfindlichsten 
getroffen  würde. 

21* 


164  Höfler. 

warb.  Der  Autenthalt  seiner  Gemahlin  bei  den  Nonnen  in  San  Sisto  dürfte  zweierlei  be- 
weisen, dass  Donna  Lucrezia  eher  auf  Seite  ihres  Gemahles  stand  und  nicht  Lust  hatte, 
sich  geradezu  als  Spielball  behandeln  zu  lassen.  Leider  wissen  wir  ,von  der  Vertreibung 
der  Sforzesen*  aus  Rom  zu  wenig,  um  daraus  andere  Folgerungen  zu  ziehen,  als  dass  diese 
gutwillig  nicht  gingen  und  so  lange  sie  sich  in  Rom  befanden,  der  Plan,  den  man  in  Bezug 
auf  Donna  Lucrezia  hatte,  nicht  in  Angriff  geuonunen  werden  konnte.  Dass  es  zu  Zerwürf- 
nissen zwischen  Don  Juan  und  den  Sforzesen  gekommen  war,  der  Herzog,  persönlich  be- 
scliimpft,  blutige  Rache  nahm,  liegt  nahe.'  Es  stellte  sich  aber  nicht  blos  sehr  bald  heraus, 
dass  Frau  Lucrezia,  in  die  Absicht  des  Papstes,  seine  Kinder  in  Neapel  zu  versorgen,  hinein- 
gezogen, eine  Ehescheidung  mit  Giovanni  Sforza,  eine  neue  Ehe  mit  dem  Herzoge  von 
Bisceglia,  Bastarden  König  Alfons  H.,  eingeleitet  wurde,  sondern  auch  dem  rechtmässigen 
Gatten  Giovanni  Sforza  das  Brandmal  des  Lächerlichen  aufgedrückt  werden  sollte,  da  seine 
Ehe  wegen  persönlicher  Unfähigkeit  gelöst  wurde.*  Konnte  man  glauben,  dass  Giovanni  den 
grössten  Schimpf  ruhig  ertragen  und  sich  dafiir  nicht  auf  das  Empfindlichste  rächen  werde  ? ! 

Interessant  ist  die  Bestinuiitheit,  mit  welcher  sich  Andr6  Bernaldez  über  den  Mord  aus- 
spricht, den  er  jedoch  irrig  auf  den  29.  Mai  verlegt.  Er  erwähnt  genau  die  Zer\^ürfhisse 
zwischen  Sforza  und  Don  Juan,  nennt  die  Geliebte  des  Letzteren  Madame  Damiata  und 
bezeichnet  die  Person  mit  der  Maske  als  eine  Kupplerin,^  die  das  Stelldichein  verabredete, 
zu  dem  der  Herzog  betnmken  und  lasterhaft,  wie  er  war,  sich  verfügte.  Nicht  blos,  dass 
in  Spanien  gesagt  wiu*de,  Don  Juan  sei  von  den  Sforzesen  getödtet  worden,  sondern  man  be- 
zeichnete Don  Giovanni  Sforza  geradezu  als  den  Mörder,  der  im  Palaste  des  Cardinais  Ascanio 
Zuflucht  gefunden,  wie  man  dann  in  Rom  selbst  diesen  Cardinal  bezichtigte*  und  er  sich 
zu  rechtfertigen  tiir  nothwendig  erachtete.  Auch  von  Kämpfen  der  Pesarischen  Partei  wusste 
man  in  Spanien,  und  zwar,  wie  es  scheint,  viel  mehr,  als  in  Rom  selbst  stattgefunden  hatte. 

Man  kann  als  sicher  annehmen,  dass  Bernaldez  in  seiner  Chronik  die  Anschauung  aus- 
sprach, die  man  in  Spanien  von  dem  blutigen  Vorgange  hatte.  Noch  muss  hinzugefügt 
werden,  dass  der  Chronist  nach  Mittheilung  der  Ermordung  und  des  Aufstandes  der  Pesari- 
schen des  Cardinais  von  Valencia  erwähnt,  aber  in  keiner  Art  und  Weise  seine  Person  mit 
dem  Morde  in  irgend  eine  Beziehung  bringt.*  Es  ist  kein  Grund  zur  Annahme  vorhanden, 
dass  Donna  Maria  und  ihre  Verwandten  Cesare  für  den  Mörder  seines  Bruders  ansahen.  Der 
Papst  wies  jedoch  im  Cardinal-Consistorium  am  19.  die  Vermuthung,  dass  der  Herr  von  Pesaro, 
oder  der  Fürst  von  Squilace,  Bruder  Don  Juans,  oder  der  Herzog  von  Urbino  der  Mörder 
war,  von  sich.*    Aber  dass  zuerst  an  den  Herrn  von  Pesaro  gedacht  worden  war,  ist  klar. 


•  Reumont  IX,  1,  p.  225. 

'  20.  December  1497.     Die  neue  Heirat  erfolgte  am  26.  Jänner  1498.     Nach  Qurita  III,  c.  8  war  die  Dispens  für  die  Ehe  mit 

dem  Soline  de»  Condo  de  AverHa  nicht  erfolgt  gewesen,  was  nun  auch  als  Vorwand  genommen  wurde. 
3  (jue  e«  de  aquelhts  carAtulas  quo  usan   en  Roma  para  ir  disfrazado. 

•  dubitandu  di  le  zanze  che  vien  ditto  per  questa  terra  che  lui  1'  ha  fatto  amazar  et  che  '1  si  ha  fatto  capo  di  la  parte  Orsina. 
So  sagte  der  xpaniHche  Botschafter  im  Consistorium  am  19.  Juni  zu  dem  Papste.  M.  Sanuto  I,  p.  654.  Liegt  liierin  nicht 
ein  Fingerzeig  in  Betreff  des  MOrder»?  Ueber  die  Reformpläne,  welche  Papst  Alexander  jetzt  fas.ste,  aber  bald  wieder  auf- 
gab, Tbuasne,  appcnd.  zu  Bd.  II,  n.  29,  30. 

'  c.  152.  Es  ist  somit  durchaus  irrig,  was  Gregorovius  p.  105  sagt,  ,Ce8are  sei  nach  dem  allgemeinen  Urtheile  jener  Zeit  und 
nach  allen  GrUnden  der  Wahrscbeinlichkeit  der  Mörder  »eines  Bruders'.  Damit  fallen  auch  alle  Folgen  hinweg,  die  Gre- 
gorovius atis  dieser  vermeintlichen  Thatsache  zieht.  Die  Depesche  des  Ales».  Brassio  vom  23.  Juni  1497  sagt,  der  Papst 
habe  genaue  Beweise  der  Schuld  —  aber  nicht  Cäsar»  —  ma  andr4  dissimulando  per  far  pruova  se  potesse  giungnere  li 
autori  al  sonno,  per  essero  huomini  d'  importanza.     Thuasne  II,  append.  n.  30. 

•  L'^sta  dirulgato  1' habbi  fato  amazar  el  signor  di  Pescaro:  ne  semo  certi  non  esser  vero.  Dil  principe  de  Squilaze  fratello 
dil  prefato  ducha,  minime.    Dil  ducha  de  Urbino  etiam  somo  chiari.    M.  Sanuto,  p.  653. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  165 

Dass  die  Orsini  gleiclifalls  genannt  worden  waren,  geht  aus  der  Entschuldigung  des  spani- 
schen Botschafters  auch  hervor.  Diese  betrifft  aber  zunächst  den  Cardinal  Ascanio  und  lässt 
der  Vennuthung  in  Betreff  der  Orsini  um  so  mehr  Raum,  als  der  Papst  von  diesen  schwieg. 
Es  bleibt  aber  noch  für  die  Vermuthung  Raum,  dass,  selbst  wenn  Don  Griovanni  Sforza  der 
Mörder  war,  Papst  Alexander  seine  guten  Gründe  gehabt  haben  konnte,  die  Grässliclikeit  der 
That  nicht  dadurch  zu  vermehren,  dass  er  selbst  denjenigen  bezeichnete,  den  er  seiner  Tocliter 
zum  Gemahle  gegeben.  Doch  wir  enthalten  uns,  das  Gebiet  der  Vermuthungen  zu  betreten. 
Der  Papst  wusste,  wer  der  Mörder  sei,'  wollte  aber,  wie  er  sagte,  sich  nicht  mehr  um  die 
Regierung  der  Kirche  annehmen  und  diese  sechs  Cardinälen  übergeben,  die  zunächst  einen 
Legaten  nach  Spanien  wählen  sollten  —  doch  wohl  nur,  über  das  Geschehene  zu  berichten 
—  und  für  die  Ruhe  Italiens  zu  sorgen  hätten.^ 

Leider  haben  die  guten  Vorsätze  nicht  lange  gedauert  und  begann,  als  der  Seelensturm 
vorüber  war,  der  eigentliche  Wahnsinn  des  Pontificates  Alexander  VI. 

Wenn  nun  aber  Francesco  Guicciardini  eine  geraume  Zeit  später  mit  grosser  Bestimmt- 
heit, aber  ohne  Antuhrung  eines  Beweises,  den  Cardinal  von  Valencia  als  Brudermörder 
bezeichnet  und  französische  und  deutsche  Historiker  auch  ohne  Beweise  selbst  nur  der  Wahr- 
scheinlichkeit auf  diese  etwas  späte  Autorität  hin  Don  Cesare  des  greulichen  Verbrechens 
schuldig  erkannten,  seinen  Bruder,  mit  dem  er  kurz  vorher  bei  der  gemeinschaftlichen  Mutter 
am  Tische  gesessen,  durch  schändlichen  Meuchelmord  aus  dem  Wege  geräumt  zu  haben, 
so  sieht  man  sich  vergeblich  nach  einem  Stützpunkte  für  diese  Behauptung  um,  die  zuletzt  doch 
nur  darin  wurzelt,  dass,  weil  unter  ganz  anderen  Verhältnissen  Cesare,  um  sich  zum  Herrn  der 
Romagna  zu  erschwingen,  die  kleinen  Tyrannen  daselbst  beseitigte,  er,  man  weiss  nicht 
warum,  mit  der  Kainsthat  in  einem  Augenblicke  begonnen  haben  soll,  als  ihm  selbst  eine  der 
grössten  Ehren  bevorstand,  den  König  von  Sicilien  zu  krönen  und  dadurch  an  den  Ehren 
und  Wüi-den  theilzunehmen,  die  jetzt  der  Papst  dem  Hause  Borja  bestimmt  hatte.  Zur  Ent- 
schuldigung oder  um  die  Greuelthat,  welche  in  Spanien  und  Portugal  so  grosses  Entsetzen 
hervorrief,  zu  erklären,  weiss  man  aber  nur  zu  sagen,  Don  Juan  sei  dem  Don  Cesare  in  dem 
Wege  gestanden  und  deshalb  habe  dieser,  unzufrieden  mit  seiner  kirchlichen  Stellung,  ihn  aus 
dem  Wege  geräumt.  Nun. ist  sicher,  dass,  wenn  auch  Don  Juan  beseitigt  war,  dessen  Sohn  und 
nicht  Don  Cesare  das  Herzogthum  Gandia  und  das  neue  Herzogthum  erbte  und  seine  Beseiti- 
gung die  Stellung  Don  Cesares  nicht  veränderte.  Nicht  minder  aber  müsste  denn  doch  be- 
wiesen werden,  dass  Don  Juan  ihm  wirkhch  im  Wege  stand  und  dass  die  Pläne,  mit  denen 
sich  damals  Don  Cesare  getragen,  nur  auf  diesem  Wege  sich  realisiren  Hessen.  Dieser  Be- 
weis ist  nicht  geliefert  und  wird  auch  nicht  geliefert  werden  können.  Während  wir  ihn  daher 
ruhig  abwarten,  steht  fest,  dass  Papst  Alexander  durch  nichts  verrieth,  dass  er  Don  Cesare 
als  Urheber  der  Mordthat  ansah.  Wohl  aber  wird,  da  der  Cardinal-Diaconus  von  Valencia  der 
Mörder  seines  Bruders  gewesen  sein  muss,  als  Beweis  angefühi-t,  was  geradezu  das  Gegen- 
theil  l)eweist.  Er  bleibt  ruliig  in  Rom,  geht  erst  am  22.  Juli,  um  seine  neapolitanische 
Mission  zu  übernehmen,  nach  Neapel,  und  da  er  unterwegs  erkrankt,  kommen  sein  Bruder 
und  Donna  Sanzia  zu  ihm.  Er  war  somit  Zeuge  aller  Vorgänge  in  Rom  vom  14.  Juni  bis 
23.  Juli,    und  doch  findet  sich   kein  Beweis,    der    aus    seinem  Benehmen    abgeleitet    werden 


'  lo  so  ben  chi  1'  ha  morto,  sagte  er  nach  dem  Berichte  vom  17.  (M.  Sanuto,  p.  660),  der  auch  hinzufügt:  Gran  cosa  h  non 
fosse  cognosciuto  queUo  soprascripto  li  saltö  in  groppa,  clie  prima  li  havea  parlato  in  I'orechia  et  alhora  lasö  insieme  con 
quello  solo,  tutta  1'  altra  compagnia  che  intendo  era  con  Valenza  e  molti  altri. 


J6g  Höfler. 

konnte,  gegen  ihn.  Es  ist  ferner  geradezu  imdeukbar,  dass  der  Papst,  wenn  er  der  Meinung 
o-elnüdiot  hatte,  Cesare  sei  der  Mörder  seines  Bruders,  ihm  die  Verlassenschaft  Don  Juan's 
übergeben  und  die  Base  des  Königs  von  Spanien,  Donna  Maria,  gezwungen  hätte,  mit  ihm, 
dem  Mörder  ilires  Gemahls,  in  nähere  Beziehungen  zu  treten.  Wenn  Gregorovius  der  Meinung 
ist,'  die  schwächlichen  Gründe,  mit  denen  Roscoe  Cesare  freispricht,  ehren  das  Gefühl  dieses 
mittelmässigen  Autors,  doch  sie  erregen  nur  das  Lächeln  des  Richters,  so  darf  doch  der 
Beweis  der  Schuld  nicht  in  einer  moralischen  Unmöglichkeit  gesucht  werden,  noch  ein  Richter, 
vorausgesetzt,  dass  das  Richteramt  dem  Historiker  zusteht,  ohne  die  überzeugendsten  Beweise 
das  Verdict  eines  noch  dazu  so  scheusslichen  Mordes  aussprechen.  Und  welchen  nachweis- 
baren Vortheil  zog  er  denn  wirklich  von  der  Ermordung  seines  Bruders,  den  er  nicht  wohl- 
feileren Kaufes  hätte  erringen  können? 

Die  Frage,  auf  welche  es  hier  ankommt,  lautet  einfach  so :  ist  es  denkbar,  dass  Papst 
Alexander,  welcher  sich  jetzt  ganz  und  gar  auf  die  casa  de  Aragon  im  Mutterlande  und  in 
Neapel  stützen  musste  und  stützte,  König  Ferdinand  den  Schimpf  anthun  konnte,  seine 
Base,  die  Mutter  der  Kinder  des  ermordeten  Don  Juan,  zu  zwingen,  mit  dem  Mörder  ihres 
Gatten  in  Betreff  der  Verlassenschaft  in  die  intimsten  Verbindungen  zu  treten  ?  Ist  es  denk- 
bar, dass  Papst  Alexander,  welcher  damals  mit  König  Friedrich  von  Sicilien  (Don  Fadrique 
de  Aragon)  auf  dem  allerbesten  Fusse  stand,  auch  diesem  Zweige  des  königlichen  Hauses 
von  Aragon  den  Schimpf  anthat,  den  Brudermörder  frisch  von  der  blutigen  That  als  legatus 
a  latere  nach  Neapel  zur  Krönung  zu  senden?  So  blödsinnig  darf  man  sich  doch  Papst 
Alexander  nicht  vorstellen,  um  diesen  Schimpf  dem  stolzen  königlichen  Hause  anzuthun, 
und  so  gemein  darf  man  weder  den  stolzen  König  von  Spanien,  der  gerade  damals  sich 
auf  das  Engste  mit  dem  römischen  Könige  verband,  und  Don  Fadrique  nicht  denken,  der- 
artige Zunuithungen  sich  ruhig  gefallen  zu  lassen. 

Der  Cardinal  begab  sich  nach  Neapel  und  kam  am  5.  September  1497^  zurück,  ging 
mit  dem  Papste  auf  die  Jagd  (17.  October),  und  erst  als  König  Karl  VHI.  am  7.  April  1498 
gestorben,  der  Herzog  von  Orleans,  Ludwig  XII.,  ihm  nachgefolgt  und  die  Vermählung  der 
Mad.  Lucrezia  mit  dem  Herzoge  von  Bisceglia  entschieden  war,  entschied  sich  auch  der 
Cardinal-Diaconus  von  Valencia,  Don  Cesare  de  Borja,  im  geheimen  Consistorium  das  Ver- 
langen zu  stellen,  der  Papst  und  das  Cardinalscollegium  möchten  ihm  gestatten,  seine  Würde 
niederzulegen  und  zu  heiraten.  Er  führte  aus,  dass  von  Jugend  an  sein  Sinn  nur  dem  welt- 
lichen Stande  zugewendet  gewesen  und  nur  der  Papst  wünschte,  dass  er  Diaconus  wurde.' 
Seinem  Wunsche  sich  fügend,  habe  er  die  geistlichen  Pfründen  und  Würden  angenommen, 
während  sein  eigener  Wunsch  darauf  gerichtet  war,  dem  weltlichen  Stande  anzugehören. 
Der  Papst  befrug  am  17.  August  1498  die  Cardinäle,  ob  sie  einer  Dispens  beistimmten  und 
die  Resignation  auf  alle  Kirchen  und  Kirchenpfründen  annähmen.*  Einstimmig  überliessen 
die  Cardinäle  diese  Sache  dem  Papste,  der  ihm  die  Dispens  gewährte.  Am  1.  October  ver- 
liess  Don  Cesare  in  aller  Stille,  aber  begleitet  von  dem  K.  Kämmerer  Louis  de  Villeneuve 
lixMU.     Schon    am    18.  December  1498    hielt    er    als  Herzog    von  Valentinois    in  unerhörter 


'  Bd.  Vn,  p.  397,  n,  3. 
'  Uurch.  II,  p.  402. 

*  Nach  ^"urita,  III,  c.  28,  habe  Cäsar  im  Cardinalscollegium  (Consistorium)  gesagt:  que  quando  murio  el  duque  Don  Pedro  Luys 
KU  hermano  estuvo  muy  renitente  y  quiso  matar  Don  Joan  de  Borja,  que  era  menor  que  el  por  aver  el  ducado  de  Gandia, 
y  mucbo  tiempo  estuvo  en  aquella  porfie  de  no  querer  ser  elerigo.    Letzteres  ist  richtig. 

*  Burch.,  II,  493. 


Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  167 

Pracht  seinen  feierlichen  Einzug  in  Chinon  zur  Audienz  bei  König  Ludwig.^  Das  CoUier, 
das  er  trug,  wurde  auf  30.000  Ducaten  geschätzt.  Jetzt  begann  Don  Cesare  die  Laufbahn, 
die  ihm  eine  wenig  beneidenswerthe,  aber  wehhistorische  Berühmtheit  verschaffte  und  tragisch 
endete.  Dazu  war  nicht  nothwendig,  den  unbedeutenden  Don  Juan,  der,  je  mehr  er  Ehren 
und  Würden  erlangte,  desto  verächtlicher  sich  machte,  umzubringen  und  den  Papst  in  einen 
Zustand  der  Verzweiflung  zu  setzen! 

So  wenig  stand  aber  1497  Don  Juan  den  Plänen  Don  Cesar's  im  Wege,  dass  es  sich 
vielmehr  darum  handelte,  Don  Joffr^  zu  bewegen,  geistlich  zu  werden,  worauf  dann  Cesare 
zugleich  dessen  Fürstenthum  und  Donna  Sanzia  als  seine  Gemahlin  sich  angeeignet  hätte, 
ein  Plan,  für  welchen  König  Friedrich,  der  Herzog  von  Mailand  und  dessen  Bruder,  der 
Cardinal  Ascanio,  waren.'  Der  Elirgeiz  Cesare's  de  Borja  strebte  aber  selbst  nach  der  Hand 
einer  Königstochter. 

Wenn  nun  der  bisherige  Cardinal-Diakon  in  dem  Consistorium,  in  welchem  er  um  seine 
Säcularisation  bat,  den  Ausdruck  -svirkhch  gebrauchte,  er  habe  nach  dem  Tode  Don  Pedro 
Luis,'  ersten  Herzogs  von  Gandia,  im  Verdrusse,  dass  er  widerwillig  zum  geistlichen  Stande 
bestimmt  worden  und  als  der  ältere  (was  auch  Burchard  von  ihm  behauptete)  dem  zweiten 
Herzoge  von  Gandia,  Don  Juan,  nach  dem  Leben  gestrebt,  tun  das  Herzogthum  Gandia 
für  sich  zu  erlangen,  so  lag  es  freilich  nahe,  jetzt,  als  Don  Juan  das  Opfer  eines  Meuchel- 
mordes   geworden    war,    Don  Cesare    als  Mörder    anzunehmen. 

Es  ist  mir  nicht  bekannt,  dass  ein  Schriftsteller  auf  diese  zweifelhafte  Angabe  Qurita's 
hin  sich  berufen  fühlte,  Cesare  der  Ermordung  seines  Bruders  zu  beschuldigen.  Was  Qurita 
erzählt,  steht  selbst  im  Widerspruche  mit  einer  Angabe  Marin  Sanuto's,  welcher  den  Bericht 
über  die  Niederlegung  des  Cardinalates  mit  der  Behauptung  verljindet,  es  sei  dieser  Plan 
von  dem  Papste  ausgegangen,  der  ihm  eine  Herrschaft  in  Italien  verschaffen,  ihn  zum  Gon- 
falonier  der  Kirche  ernennen  wollte  und  ihm  selbst  die  Hand  der  jüngeren  Königin -Witwe 
von  Neapel  bestimmt  habe.*  Jedenfalls  Aväre  es  aber  sehr  ü])erflüssig  gewesen,  dafür  Rache 
zu  nehmen,  dass  vor  geraumer  Zeit  Don  Juan  Herzog  von  Gandia  geworden  war  und  nicht 
Don  Cesare.  Marin  Sanuto  erwähnt  ganz  bestimmt,  dass,  als  der  Cardinal  von  Valencia 
am  22.  August  1497  aus  Neapel  nach  Rom  zurückkehrte,  er  für  den  Sohn  des  Herzogs  von 
Gandia,  Enkel  Alexander  VI.,  die  königliche  Investitur  für  das  Herzogthum  Benevento,  für 
die  Baronie  von  Flumari  imd  die  Grafschaft  Montefoscolo  mitbrachte.  Diese  Thatsache 
beweist  lunlänglich,  dass  man  nach  der  Ermordung  Don  Juans  römischerseits  nicht  daran 
dachte,  den  Enkel  Alexander  VI.  seines  Herzogthums  und  seiner  übrigen  Besitzungen  in 
Italien  zu  berauben.  Der  Tod  Don  Juans  mag  wesentlich  dazu  beigetragen  haben,  in  Don 
Cesare  den  Plan  zur  Reife  zu  bringen,  das  ihm  lästige  Cardinalat  niederzulegen,  zu  heiraten 
und  sich,  wenn  es  sein  konnte,  irgendwo  ein  Königthum  zu  verschaffen,  und  wenn  dieses 
nicht  ging,  sich  mit  einem  mittelitalienischen  Grossherzogthume  zu  begnügen.  Was  aber  die 
Frage  betrifft,  wer  den  Mordstahl  geschliffen,  dem  der  Lieblingssohn  Alexander  VI.  bei 
nächtlicher  Weile  meuchlings  erlag,  so  dürfte  diese  Frage  durch  den  Decemberbericht  Marin 


'  Burch.,  p.  496  und  die  Anmerkungen.    Ueber  da.s  Project  de.s  Papstes,  Don  Cesare  mit  der  Prinzessin  Carlotta,  Tochter  König 
Friedrichs,  zu  vermählen,  ^'urita.  Hist.  III,  c.  22. 

2  Wie  ^urita,  Hi.Ht.  III,  c.  7,  au.seinandersetzt.    So  lange  Don  Cäsar  Cardinal  war,  glaubte  man  aucli,  seien  alle  Reformbestre- 
bungen vergeblich. 

3  Also  vor  ungefiihr  acht  Jahren  als  zehnjähriger  Knabe? 
«  M.  Sanuto  I,  p.  787. 


1 68  Höfler. 

Sanuto's  entschieden  sein.*  Hiebei  ist  ausdrücklich  gesagt,  dass  der  Papst  die  Gewissheit 
erlangt  habe,  die  Orsini  hatten  seinen  Sohn  ermordet  (perchfe  li  Orsini  certo  havia  far 
aniazar  suo  fiol  diiclia  di  Gandia).  Man  wusste  damals  in  Rom,  der  Schwiegervater  des 
Emionleten  bereite  in  Spanien  einen  Heereszug  nach  dem  Kirchenstaate  vor,  um  die  Er- 
mordung des  Schwiegersohnes  zu  rächen.  Ob  dem  letzteren  Gerüchte  Wahrheit  zu  Grunde 
lag.  kann  man  bei  dem  Schweigen  der  spanischen  Quellen  nicht  angeben.  Nur  so  viel  ist 
gewss,  dass  die  kluge  Herzogin -Witwe  von  Gandia  das  Schicksal  ihres  Hauses  nicht  mehr 
an  die  Wechselfalle  Mittel-  oder  Süditaliens  zu  knüpfen  dachte  und  consequent  daran 
arbeitete,  aus  dem  Hause  Borgia  wieder  ein  Haus  Borja  zu  machen. 

Darf  ich  aber,  indem  ich  die  Resultate  meiner  Forschungen  wohlwollender  Prüfixng 
unterbreite,  in  Betreff  einer  Biographie  Alexanders  VI.  meine  persönliche  Meinung  aussprechen, 
so  lautet  sie  dahin,  dass  Avir  noch  lange  werden  warten  nüissen,  bis  wir  eine  Geschichte  dieses 
hochstrebendeu  Papstes  erlangen,  die  diesen  Namen  verdient.  Ihr  muss  eine  Reihe  von  höchst 
genauen  und  umsichtigen,  quellenmässigen  und  kritischen  Untersuchungen  von  Detailfragen 
vorausgehen.  Es  ist  beinahe  Alles  Controverse  und  erst,  wenn  so  Schritt  für  Schritt 
mühsam  fester  Boden  gewonnen  wurde,  mag,  wer  nicht  bereits  dieser  Mühe  erlegen,  den 
grossen  Schritt  wagen,  aus  der  bisherigen  Verworrenheit  zur  Geschichte  Alexanders  VI.  zu 
gelangen.  Die  vorliegende  Schrift  möge  von  diesem  Standpunkte  aus  ihre  Erklärung  und 
Berechtigung  finden. 

Wir  haben  zum  Schlüsse  noch  einer  Thatsache  zu  gedenken.  Im  ersten  Schmerze  über 
die  Ermordung  seines  Sohnes  hatte  Papst  Alexander  die  besten  Vorsätze  in  Betreff  der 
Reformation  der  Kirche,  der  Besserung  des  eigenen  Lebens,  einer  durchgreifenden  Aenderung 
der  Dinge  gefasst  und  zu  diesem  Ende  eine  Commission  von  sechs  Cardinälen  niedergesetzt 
(19.  Juni).  Es  war  der  entscheidende  Punkt  seines  Lebens.  Erfüllte  er  die  in  den  travirigsten 
Stimden  seines  Lebens  gefassten  Vorsätze,  sah  er  sich  in  der  That  künftig  nur  mehr  als 
den  Verwalter  und  nicht  als  den  Herrn  der  Kirche  an,  entfernte  er  Kauf  und  Verkauf  und 
jede  Art  der  Simonie  und  erblickte  er  nicht  mehr  wie  bisher  in  der  Versorgung  seiner  Kinder 
die  Hauptaufgabe  seines  Pontificates ;  wollte  er  wirklich,  wie  er  im  ersten  Augenblick  des- 
selben ausgesprochen,  der  allgemeine  Vater  der  Christenheit  sein  und  seinen  erhabenen 
Pflichten  leben,  so  hatte  er  jetzt  eine  fürchterliche  Warnung  erhalten,  nicht  länger  damit 
zu  säumen.  Noch  konnte  er,  da  von  allen  Seiten  die  Anforderungen  nach  einer  durch- 
greifenden Reformation  kamen,  durch  consequente  Hebung  der  zahllosen  Missstände,  vor 
Allem  durch  lieseitigung  jener  grossen  Wechslerbank  des  officiellen  Pfründenverkaufes  und 
durch  Austreibung  der  Käufer  und  Verkäufer  aus  Rom  seiner  Zeit  eine  bessere  Wendung 
geben.  Aber  die  Reform  musste  Schritt  für  Schritt  imaufhaltsam  voranschreiten,  bei  dem 
Papste  beginnen,  zum  Cardinalcollegium  übergehen,  allmälig  Bischöfe,  Prälaten,  Priester, 
Mönclie  und  die  gesammte  LaieuAvelt  umfassen.  Der  14.  Juni  1497  bildet  den  kritischen 
Moment  im  Leben  Papst  Alexanders.  Was  wir  von  seinem  damaligen  Treiben  aus  den 
venetianischen  Berichten  erfahren,  beweist,  dass  er  gerade  jetzt  bemüht  war,  zu  der  Generation, 
die  ihn  bereits  Vater  nannte,  eine  neue  hinzuzufügen,  und  Avie  lange  dauert  es  und  es  Avird 
für  einen  neuen  Don  Juan,  Sohn  einer  Römerin  und  des  Papstes  Alexander,  nicht  des  Car- 
dinais Don  Rodrigo,  das  Herzf)gthum  Nepi  geschaffen.^  Es  kam  nicht  so  weit,  an  das 
CardinalscoUegium  die  Aufforderung  zu  stellen,  sich  heilige  Männer  zu  Mustern  zu  nehmen, 

<  I,  p.  827. 

'  Barch.,  November  1501. 


Don  Rodrigo  de  Borja   (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne.  1 69 

Papst  Alexander  fehlte  bereits  die  moralische  Kraft,  aus  einem  zügellosen  Leben  einzulenken. 
Er  hätte  sich,  Avenn  es  sich  nicht  um  flüchtige  Vorsätze,  gefasst  in  furchtbar  ernster 
Stunde  und  bald  vergessen,  sondern  um  ein  grosses  Beispiel  handelte,  wo  nur  eine  voll- 
stäudio-e  Umkehr  helfen  und  retten  konnte  —  wenn  nicht  in  ein  Kloster  zurückziehen,  doch 
mit  seiner  ganzen  Vergangenheit,  und,  was  vielleicht  noch  schwerer  war,  mit  seiner  ganzen 
Umgebung  brechen  müssen.  Er  durfte  nicht  Don  Rodrigo  de  Borja  gewesen,  nicht  Papst 
Alexander  sein,  um  noch  die  Kraft  zu  besitzen,  ein  Anderer  zu  werden. 

Der  entscheidende  Wurf  war  geschehen.  Bei  der  Krönung  König  Friedrichs  scheint 
in  dem  Krömingslegaten,  dem  Cardinal  von  Valencia,  der  Entschluss  gereift  zu  sein,  mit 
dem  Wunsche  seines  Vaters  zu  brechen  und  geradezu  die  Säcularisation  zu  verlangen,  um 
womöglich  die  Hand  einer  Königstochter  zu  gewinnen.  Es  ist  aufgezeichnet  worden,  dass, 
als  er  zurückkehrte,  Vater  und  Sohn  miteinander  zu  sprechen  vermieden.  Allein  Don  Cesare 
setzte  seinen  Willen  durch  und  der  Vater  verfiel  dem  geistigen  Banne,  den  der  Solm  mit 
steigender  Ruchlosigkeit  über  ihn  ausübte.  Die  letzten  Jahre  des  Pontificates  Alexander  VI. 
übertrafen  sehr  bald  die  früheren  und  riefen  jene  furchtbare  Macht  heraus,  die  die  Sünden 
der  Menschen  bis  zu  einem  gewissen  Punkte  anhäufen  lässt,  sich  aber  das  Gericht  vorbehält. 
Während  wir  aber  diese  Entwicklung  des  grossen  Dramas  einem  Biographen  Alexanders  VI. 
überlassen  müssen,  ist  es  unsere  Pflicht,  im  Anschlüsse  an  früher  Erwähntes  noch  eines 
Vorfalles  zu  gedenken. 

Als  Ende  December  1498  Don  Ifiigo  de  Cordova  und  Micer  Felipe  Ponce  im  Auftrage 
des  Königs  und  der  Königin  (Ferdinands  und  Isabella's)  dem  Papste  Vorstellungen  über 
sein  Benehmen  machten  und  hiebei  selbst  die  Rechtmässigkeit  seiner  Wahl  in  Zweifel  zogen, 
brachte  der  Zox-n  über  diesen  Angriff  die  wahre  Gesinnung  des  ehemaligen  Legaten  Papst 
Sisto's  IV.  zum  Vorscheine.  Jetzt  mussten  die  königlichen  Abgesandten  aus  dem  Munde 
des  Papstes  hören,  er  besitze  als  einstimmig  gewählt  das  Pontificat  mit  ganz  anderem  Rechte 
als  König  und  Königin  von  Spanien  ihre  Reiche,  da  sie  sicli  derselben  ohne  Rechtstitel 
imd  gegen  alles  Gewissen  bemächtigt.*  Sie  seien  nur  Eindringlinge  und  besässen  gar  kein 
Recht  an  dieselben.^  Wie  süss  mussten  diese  Worte  für  Donna  Juana,  la  seilora  excelente, 
klingen,  wenn  sie  dieselben  erfuhr.  Mochte  der  Herzog  von  Valentinois,  Gemahl  der  Char- 
lotte d' Albert,  Schwester  des  Königs  Johann  von  Navarra,  niclit  ihrer  eingedenk  sein,  als 
nach  dem  Tode  Papst  Alexanders  der  frühere  Cardinal  von  Valencia  von  dem  gran  capitan 
hinterlistig  gefangen  genommen,  nach  Spanien  gebracht  und,  im  Alcazar  von  Segovia  ver- 
wahrt, nun  zum  einzigen  Zeitvertreibe  seine  Falken  fliegen  liess! 

Auch  der  Streit  um  Bracciano  hatte  ein  eigenthümliches  Nachspiel.  Der  Cardinal  Orsini 
wurde  in  die  Engelsburg  gebracht,  der  Herzog  von  Valentinois  angewiesen,  Bracciano  zu 
belagern  und  sammt  den  übrigen  Castellen  der  Orsini  zu  erobern,  ihm  dazu  Bombarden 
aus  der  Engelsburg  zugesandt.  Der  Papst  benachrichtigte  am  20.  Februar  1503  die  Cardinäle 
von  einem  Anschlage  der  Orsini  auf  sie.  Am  22.  starb  der  Cardinal  Orsini  im  Gefängnisse. 
Da  ich,  schrieV)  Burchard,  über  seinen  Tod  nicht  mehr  wissen  wollte,  als  nothAvendig  war, 
Avar  ich  nicht  bei  der  Leiche  und  mischte  mich  in  keiner  Weise  in  diese  Sache.' 


'  ^'urita,   Hist.  III,  c,  33. 

2  que  eran  iiitrusos  en  ellos  »in  teuer  deredio  alcuno  I,  f.  l.iO  b.  Noch  im  Jahre  l.i22  (lö.  Juni)  überg'ab  Donna  Juana  als  Kiinigin 

von  Castilien  ihre  Anrechte  auf  dieses  KOiügreicli  an  Dom  Joäo  III.,  Sohn  und  Nachfolger  Dom  Manoels.    Clemencin,  p.  497. 
'  Burch.  III,  p.  238.     Die  Erzählung   von  der  Concubine   des  C'ardinals,   die,   als  der  Mutter  desselben  nicht  mehr  gestattet 

wnrde,  durch  ihre  Leute  ihrem  Sohne  Speise  und   Trank   in   die  Engelsburg   zu   schaffen,   als  Mann  verkleidet  dem  Papste 
Llenllüchriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  BJ.  22 


170  HöKLEB.    Don  Rodrigo  de  Borja  (Papst  Alexander  VI.)  und  seine  Söhne. 

Mau  wird  kaum  irre  gelten,  wenn  mau  die  Thatsache  vom  22.  Februar  1503  mit  der 
vom  14.  Juni  1497  in  Verbindung-  In-ingt.  Am  18.  Aug-nst  1503  beendete  nach  eiltjährigem 
Pontiticate  Papst  Alexander  sein  Dasein.  Die  christliclie  Welt  konnte  aufathmen.  Am 
21.  August  verbrannten  die  Spanier  den  Palast  Orsini  auf  Monte  Giordano  (in  der  Stadt),' 
ziu*  Leichenfeier  des  valencianischen  Papstes  imd  zur  Beendigung  des  grossen  Haders  der 
Hftuser  Borgia  imd  Orsini.* 

Es  drilngt  sich  aber  zum  Schlüsse  noch  eine  Frage  auf.  War,  nachdem  Alexander  VI. 
das  Princip  der  Reform  einem  beispiellosen  Absolutismus  zu  Liebe  aufgegeben,  noch  zu 
hoffen,  dass  diese  von  Oben  nach  Unten  durchgeführt  werde?  Diese  Frage  war  nur  bejahend 
zu  beantworten,  wenn  die  nächsten  Nachfolger  Alexanders  ungesäumt  nachholten,  was  ihr 
Vorgänger  sträflich  vernachlässigt  hatte.  Geschah  dieses  nicht,  so  war  nicht  sowohl  eine 
Reform  als  vielmehr  eine  Revolution  auf  dem  kirchlichen  Gebiete,  eine  Zerstörung  des 
genetischen  Zusanuuenhanges,  ein  vollständiger  Bruch  mit  der  Vergangenheit,  ein  Umsturz 
ohne  Gleichen  zu  erwarten  und  ist  dieser  auch  eingetreten,  wie  Ende  des  18.  Jahrhunderts 
das  absolute  Königthum  die  politische  Revolution  gebar!  Zum  Träger  der  kirchlichen 
Revolution  machte  sich  Deutschland,  zum  Träger  der  politischen  Frankreich.  Die 
Erkenntniss  dieser  sehr  einfachen  Wahrheit,  die  die  Klanuuern  zeigt,  innerhalb  welcher  Adr 
uns  fortwährend  bewegen,  gibt  allein  den  Schlüssel  zur  richtigen  Bevu-theilung  des  Ganges 
der  Weltgeschichte  in  den  drei  letzten  Jahrhunderten  und  der  Mitteleiu*opa  erschütternden 
welthistorischen  Begebenheiten.  Freilich  tritt  sie  der  jetzt  herrschenden  Auffassung  ent- 
schieden entgegen! 


die  grosse  Perle  an»  dem  Nachlasse  des  Virgiuio  Orsini,  die  ihr  der  (Jardinal  geschenkt  hatte  und  Alexander  begehrte,  ül)er- 
brachte,  mag  man  bei  Burcli.,  p.  236,  nachlesen.     Orsini  erhielt  auf  dieses  weiter  von  der  Mutter  Speise  und  Trank;  in  der 
Zwischenzeit  aber  ut  a  vulgo  affirmabatur,  biberat  caliceni  ordinatione  et  jussu  Pape  sibi  paratuni. 
'  Burcli.  III,  p.  245.    Es  liegt  eine  eigenthiiniliche  Genugthuung  darin,  dass  Burehard  selbst  seinen  Aufzeichnungen  über  Papst 
Alexander  schliesslich  das  lateinische  Gedicht  beifügt,  das  mit  dem  Distichon  sclilo.'ss: 

Vendit  Alexander  cruces,  altaria,  Christum, 
Emerat  ille  prius,  vendere  jure  potest. 
2  Er  fand  aber  rasche  Fortsetzung  am  2.3.  August.     Burch.,  p.  248. 


UEBER  DAS  LEBEN 


DES 


JAINA  MÖNCHES  HEMACHANDRA, 

DES  SCHÜLEBS  DES  DEVACHANDRA  AUS  DER  VAJRASÄKHÄ. 

VON 

G.   BÜHLER, 

WIRKLICHEM    MIIGLIEDE    DER    KAIS.  AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 


VORGELEGT  ]N  DER  SITZUNG  AM  lf>.  DECEMBER  1888. 


o 


Oo  vielfach  sicli  europäische  Gelehrte  seit  den  letzten  fünfzig  Jahren  mit  den  Werken 
Hemachandra's  beschäftigt  haben,  so  fehlt  doch  bis  jetzt  eine  eingehendere  Untersuchung  über 
das  Leben  dieses  merkwürdigen  Mannes,  der  durch  seine  atisgebreitete  literarische  Thätigkeit 
den  Namen  der  Svetämbaras  allgemein  in  der  Grelehrtenwelt  Indiens  bekannt  machte  und 
durch  seinen  Einfluss  auf  einen  mächtigen  König  von  Gujarat  während  der  zweiten  Hälfte 
des  12.  Jahrhunderts  der  Jaina-Lehre,  zeitweilig  in  seiner  Heimat  eine  dominirende  Stellung 
verschaffte.  Abgesehen  von  dürftigen ,  zum  Theil  ungenauen  Angaben  in  H.  H.  Wilsons 
Werken  und  in  den  Vorreden  zu  den  Ausgaben  einiger  Werke  Hemachandra's  findet  sich 
nur  in  K.  Forbes'  Ras  Mala,  p.  145 — 157,  ein  ausführlicher  Bericht  über  das  Leben  des 
berühmten  Mönches,  den  ein  kurzer  Artikel  von  Bhäü  Daji  im  Journal  of  the  Bombay 
Brancli  of  the  Royal  Asiatic  Society,  vol.  IX,  p.  222  f.,  zu  ergänzen  bestimmt  ist.  Forbes' 
Erzählung  ist  im  Wesentlichen  eine  Wiedergabe  der  Nachrichten,  welche  sich  in  Merutuü- 
gächärya's  Prabandhachintämani  finden.  Die  in  dem  letzten  Werke  enthaltenen  Anekdoten 
sind  in  eine  bessere  chronologische  Ordnung  gebracht  und  die  auffälligsten  Unwahrschein- 
lichkeiten  beseitigt.  Am  Schlüsse  sind  einige  der  mündlichen  Tradition  entnommene  Legenden 
hinzugefügt.  Diese  Behandlung  des  Stoffes  entspricht  dem  Charakter  von  Forbes'  Werke, 
welches  nicht  den  Anspruch  erliebt,  eine  kritische  Bearbeitung  der  Geschichte  von  Gujarat 
zu  geben,  sondern  den  Titel  ,ein  Kranz  von  historischen  Sagen'  trägt. 

Seit  dem  Jahre  1856,  in  welchem  die  Ras  Mftla  erschien,  hat  die  systematische  Er- 
forschung der  Jaina-Bibliotheken  im  westlichen  Indien  eine  grosse  Menge  von  neuen  Mate- 
rialien für  die  Geschichte  Hemachandra's  zu  Tage  gefördert.  Einerseits  haben  sich  zahlreiche 
Werke,  wie  das  Prabhävakacharitra,  der  Prabandhakosha,  Commentare  zvim  Rishimandala- 
stotra  imd  eine  Anzahl  von  Kumarapalacharitas  oder  KumärarAsas  gefimden,  welche  das 
Leben  des  geistlichen  Hauptes  des  Kali-Zeitalters  mehr  oder  weniger  ausführlich  behandeln. 
Andererseits  sind  Hemachandra's  eigene  Schriften  wahrscheinlich  alle  und  fast  vollständig 
zugänglich  geworden.  Es  ist  somit  jetzt  möglich  die  Angaben  der  secundären  Quellen 
durch  eine  Vergleichung  mit  einander  und  mit  Hemachandra's  leider  spärlichen  Aeusserungen 


22* 


^■^2  ^-  BChler. 

über  seine  Person  unci  Schicksale  kritisch  zu  sicliten.  Der  Charakter  der  secundäreu  Quellen, 
sowie  der  Umstand  dass  die  Mehrzahl  derselben  lange  nach  Hemancliandra's  Zeit  geschrieben 
ist  und  dem  14.,  15.  und  16.  Jahrhundert  angehört,  macht  es  unnöthig  dieselben  sämmtlich 
zu  berücksichtigen.  Eine  Auswahl  genügt  vollständig,  da  die  späteren  Autoren  hauptsächlich 
nur  ihre  Vorgänger  ausschreiben. 

Für  die  folgende  Untersuchung  sind  benützt : 

1.  das  Prabhävakacharitra ,  eine  Sanmdimg  von  Lebensbeschreibungen  von  22  Jaina- 
Lehrern,  die  ilu-em  Glauben  Glanz  verliehen;  es  wurde  um  1250,  etwa  80  Jahre  nach 
Heniachandra's  Tode,  von  Prabhächandra  und  Pradyumnasftri  verfasst,' 

2.  der  Prabandhachintämani  des  Merutungächärya  aus  Vardhämanapura  oder  Vadhvan 
in  Käthiavad,  eine  Sammlung  von  historischen  Erzählungen,  vollendet  am  Vollmondstage 
des  Monates  Vai^akha  Vikrama-Saiiivat  1362,  d.  h.  im  April — Mai   1305  oder  1306  p.  Chr.,^ 

3.  der  Prabandhakosha  des  Raja^ekhara,  eine  Sammlung  von  Biographien  berülmiter 
Mönche,  Dichter  und  Staatsmänner  vollendet  in  Dhillt  oder  Delhi,  Vikrama - Saihvat  1405, 
1348/9  p.  Chr.,^' 

4.  das  KmnArapalacharita  des  Jinamandana  Upadhyaya,  eine  Lebensbeschreibung  des 
Königs  Kumärapäla  von  Gujarät  V.  S.  1199 — 1230,  vollendet  Vikrama-Saiiivat  1492,  1435/6 
p.  Chr.* 

Das  Verhältniss  dieser  Werke  zu  einander  stellt  sich  f'olgendermassen.  Das  Prabhä- 
vakacharitra imd  der  Prabaudliachintämani  repräsentireu  zwei  verschiedene,  wie  es  scheint, 
von  einander  unabhängige  Ströme  der  Tradition.  Sie  weichen  sehr  häufig  und  zum  Tlieile 
in  sehr  wichtigen  Punkten  von  einander  ab,  wobei  das  ältere  Werk  in  einigen  Fällen  die 
weniger  vertrauenswürdigeren  Angaben  bringt.  Der  Verfasser  des  Prabandhakosha  kennt 
den  Prabandhachintämani  und  charakterisirt  seinen  Bericht  über  Hemachandra  als  einen 
Nachtrag  zu  demselben.  Er  sagt,  er  wolle  das  dort  Gegebene  nicht  wiederholen,  dagegen 
eine  Anzahl  von  unbekannten  Anekdoten  bekannt  machen.'^  Was  er  vorbrinsrt  ist,  allerdinas 
meist  in  den  früheren  Werken  nicht  zu  finden  und  scheint  aus  der  Tradition  geschöpft  zu 
sein,  auf  welche  er  sich  oft  beruft.  Das  Kumärapälacharita  endlich  ist  eine  rohe  Compi- 
lation  aus  den  drei  erstgenannten  und  mehreren  anderen  ähnlichen  Werken.  Mitunter  werden 
die  widersprechenden  Berichte  des  Prabhävakacharitra  und  des  Prabandhachintämani  un- 
vermittelt nebeneinander  gestellt;  in  anderen  Fällen  sind  Versuche  gemacht,  dieselbe  durch 
Aenderungen  in  Einklang  zu  bringen.  Diese  Wiederholungen  haben  natürhch  keinen  grossen 
Werth,  ausser  wo  Jinamandaua's  breitere  Darstellungsweise  zum  liesseren  Verständnisse  der 
bisweilen  zu  kurzen  Notizen  seiner  Vorgänger  beiträgt.  Werthvoller  dagegen  sind  seine 
Auszüge  aus  einigen  älteren  schwer  zugänglichen  Werken,  besonders  die  aus  dem  Moha-r 
paräjaya,  einem  Drama,  welches  Yaäahpäla,  ein  Rath  oder  Minister  des  ,Kaisers'  Ajayadeva 
d.  h.  des  Königs  Ajayapäla  von  Gujarat,  zu  Ehren  von  KumarapAla's  Bekehrung  zum 
Jaiuismus  verfasste.''  Da  Ajayapäla  unmittelbar  nach  Kumärapäla  regierte  und  mu'  drei 
Jalu-e  auf  dem  Throne  sass,  so  verdienen  die  Angaben  des  Dramas  als  die  einer  zeit- 
genössischen Quelle  ernstliche  Beachtinig. 

Wie  alle  Charitras  und  Prabandhas  sind  auch  selbst  die  ältesten  der  aufgezählten  Werke 
keine  rein  historische  Quellen,  noch  auch  den  europäischen  Chroniken  des  Mittelalters  oder 
•lenen  der  Araber  vergleichbar.  Sie  sind  sämmtlich  ParteiscJiriften ,  bei  deren  Gebrauche 
man  nicht  blos  den  Tendenzen  der  Secte,  von  welcher  sie  ausgehen,  sondern  auch  anderen 
Nebenumständen  und  einigen  Eigenthiunlichkeiten  des  indischen  Charakters  Rechnung  tragen 


Uebek  das  Leben  des  Jaina  jröNCHES  Hemachandea.  173 

rnuss.  Der  Definition  zufolge,  welche  Raja^ekhara  in  der  Einleitung  zu  dem  Prabliandliakosha' 
gibt,  sind  die  Charitras  der  Jainas  die  Lebensbeschreibungen  der  Tirthaiiikaras  oder  Propheten, 
der  alten  ganz  oder  halb  mythischen  Kaiser  von  Indien,  welche  gewöhnlich  Chakravartin 
genannt  werden,  imd  der  Seher,  d.  h.  der  grossen,  alten  Häupter  der  Secte  bis  auf  Ärya- 
Rakshita,  der  im  Jahre  557  nach  Vira  oder  50  p.  Chr.  gestorben  sein  soll.  Mit  dem  Namen 
Prabandha  werden  seiner  Angabe  nach  die  Erzählungen  von  Männern  späterer  Zeiten, 
Mönchen  w-ie  Laien ,  bezeichnet.  Die  Zwecke ,  zu  welchen  die  Charitras  und  Prabandhas 
verfasst  wurden,  sind,  die  Gemeinden  zu  erbauen,  sie  von  der  Herrlichkeit  und  Macht  des 
Jaina-Glaubens  zu  überzeugen  und  den  Mönchen  Stoff  für  ihre  Predigten  zu  liefern,  oder, 
wenn  der  Gegenstand  ein  rein  weltlicher  ist,  dem  Publikum  eine  angenehme  Unterhaltung 
zu  verschaffen.  Metrische  Werke  dieser  Classe  sind  stets  nach  den  Regeln  der  brahmanischen 
Poetik  verfasst  und  bestimmt,  die  Kunstfertigkeit  und  Gelehrsamkeit  der  Autoren  zu  zeigen. 
Indem  die  Verfasser  von  diesen  Gesichtspunkten  ausgehen,  machen  sie  ihre  Werke  natürlich 
mehr  zu  Sanmilungen  von  interessanten,  ihren  Zwecken  dienlichen  Anekdoten,  als  zu  eigent- 
lichen Biographien  oder  genauen  Aufzeichnungen  der  Begebenheiten  der  Vorzeit.  Sie  bewegen 
sich  fast  immer  in  Sprüngen  und  lassen  oft  sehr  wchtige  Punkte  ganz  im  Dunkel.  Zugleich 
verräth  das,  was  sie  geben,  häufig  eine  starke  absichtliche  Färbung  im  Interesse  ihres  Glaubens, 
während  an  anderen  Stellen  dichterische  Uebertreibungen  oder  Ei'findungen,  welche  die  Er- 
zählung pikanter  machen  sollen,  leicht  zu  erkennen  sind.  Andere  Umstände,  Avelche  die  ge- 
scliichtliche  Venverthrmg  der  Charitras  luid  Prabandhas  erschweren,  sind  die  Unsicherheit 
ihrer  Grundlagen,  die  zum  grossen  Theile  in  der  mündlichen  Ueberlieferung  der  Mönchs- 
schulen oder  der  Barden  bestehen,  und  der  crasse  Wunder-  und  Aberglauben,  der  bei  den 
Indern  vielleicht  noch  tiefer  als  bei  den  europäischen  Nationen  im  Mittelalter  eingewurzelt  ist. 

Die  Verfasser  der  Prabandhas  gestehen  die  meisten  der  erwähnten  Punkte  und  damit 
ihre  Hauptschwächen  selbst  offen  ein.  So  sagi  RäjaSekhara  in  der  Einleitung  zum  Prabandha- 
koslia,  indem  er  zugleich  den  Predigern  seines  Glaubens  interessante  Rathschläge  gibt:' 
,Hier  nuiss  der  Schüler  bei  einem  Lehrer,  der  den  Ocean  der  heiligen  Schrift  durchmessen 
hat  und  eifrig  seine  religiösen  Pflichten  erfüllt ,  denmthsvoll  nach  der  Vorschrift  alles  studiren. 
Dann  niuss  er  zum  Heile  der  Frommen  die  Predigt  halten ,  welche  die  Qual  der  Sünde 
stillt ;  und  die  Vorschrift  für  dieselbe  ist  folgende :  Die  heilige  Schrift  muss  fehlerlos  vor- 
getragen werden,  ohne  die, Worte  zusammenzuziehen  und  ohne  Silben  auszulassen.  Die  Er- 
klärung derselben  muss  in  edler,  anmuthiger  Sprache  gegeben  werden.  Man  muss,  den 
Körper  sorgfältig  hütend  und  ringsum  auf  die  Versammelten  blickend,  solange  sprechen, 
bis  die  Sache  verstanden  mrd.  Meist  kann  der  Redner  mit  den  Charitras  und  Pra- 
bandhas seinen  Zweck  erreichen.' 

Noch  ausführlicher  äussert  sich  Merutuiiga  in  der  Einleitung  zimi  Prabandhachintämani, 
Vers  5 — 7,  über  den  Zweck  seines  Werkes  und  den  Charakter  seiner  Quellen:" 

5.  ,Der  berühmte  Gaiiin  Gunachandra  hat  von  dem  neuen  Werke,  dem  Prabandha- 
chintämani, welches  lieblich  wie  das  Mahabhärata  ist,  die  erste  Copie  hergestellt.' 

6.  ,Die  alten  Erzählungen  erfreuen  die  Herzen  der  Verständigen  nicht  so 
sehr,  weil  sie  dieselben  oft  gehört  haben;  desshalb  verfasse  ich  das  Buch  Pra- 
bandhachintämani mit  (Benützung  der)  Lebensbeschreibungen  (meiner  Zeit)  nahe- 
stehender edler  Männer.' 

7.  ,Wenn.auch  die  Erzählungen,  welche  die  Weisen  je  nach  ihrem  Verständ- 
niss  vortragen,  nothwendiger  Weise  in  ihrem  Charakter  verschieden  werden,  so 


174 


G.  Bühler. 


dürfen  kluge  Leute  dieses  Werk  trotzdem  nicht  hämisch  kritisiren,  da  es  sich 
auf  eine  gute  Tradition  gründet.' 

Menitun<'-a  gesteht  also  ein,  dass  sein  Hauptzweck  war,  sein  Publikimi  zu  unterhalten, 
lind  dass  über  die  von  ihm  geschilderten  Personen  und  Ereignisse  verschiedene  einander 
widersprechende  Nachrichten  vorlagen.  Er  ist  sich  der  Unsicherheit  des  Grundes  auf  dem 
sein  Gebäude  ndit,  vollkommen  bewusst.  Sein  Trostgrund  ist  von  sehr  zweifelhaftem 
Werthe. 

Diese  Selbstbekenntnisse  und  die  Thatsache,  dass  in  allen  Theilen  der  Prabandhas, 
welche  man  durch  die  Berichte  authentischer  Quellen  controliren  kann,  neben  offenbaren 
Absurditäten  recht  viele  Anachronismen ,  Auslassungen  und  andere  Fehler  vorkommen, 
machen  die  grösste  Vorsicht  bei  ihrer  Benützung  nöthig.  Sie  dürfen  indess  nicht  zu  einer 
vollsläudigeri  Verwerfung  ihrer  Nachrichten  verleiten.  Denn  die  Prabandhas  enthalten  sehr 
vieles,  was  durch  Inschriften  und  andere  glaubwürdige  Zeugnisse  durchaus  bestätigt  wird. 
Besonders  muss  man  zugeben,  dass  in  den  älteren,  wie  auch  in  den  späteren,  die  auftretenden 
Personen  sänuntlich  historisch  sind.  So  ausserordentlich  häufig  eine  Persönlichkeit  zu  früh 
oder  zu  spät  gesetzt  wird,  oder  die  verkehrtesten  Dinge  über  dieselbe  erzählt  werden,  so 
ist  doch  kein  Fall  vorhanden,  in  dem  man  mit  Sicherheit  behaupten  könnte,  dass  ein  be- 
stimmter von  ihnen  genannter  Mann  ein  Erzeugniss  der  Einbildungskraft  ilu-er  Verfasser  sei.  Im 
Gegentheile  liefert  fast  jede  neue  Insciuift,  jede  Sammlung  von  alten  Handschriften  und  jedes 
neu  aufgefundene  ältere  wirklich  historische  Werk,  Bestätigungen  für  die  wirkliche  Existenz 
der  einen  oder  anderen  von  ihnen  genannten  Persönlichkeit.  Ebenso  verdienen  ihre  genau 
angegebenen  Daten  innner  die  ernsthchste  Berücksichtigung.  Wenn  dieselben  in  sonst  von 
einander  unabhängigen  Werken  dieser  Classe  auftreten,  so  darf  man  sie  ohne  Bedenken 
fiir  historisch  richtig  ansehen.  Dasselbe  gilt  natürlich  auch  für  andere  Angaben.  Es  wird 
sich  in  der  Folge  zeigen ,  dass  alle ,  sowohl  im  Prabhävakacharitra  als  im  Prabandha- 
chintamani  üljer  Hemachandra  gegebenen  Nachrichten,  die  nicht  von  vornherein  durch  ihren 
Charakter  verdäclitig  sind,  vollständig  richtig  sind.  Im  Allgemeinen  muss  aber  zugestanden 
werden,  dass  Hemachandra  selbst  im  Prabhävakacharita  eine  halb  mythische  Persönlichkeit 
geworden  ist.  Bei  dem  geschilderten  Charakter  der  Prabandhas  sind  natürlich  Hemachandra's 
eigene  Angaben  über  seine  Person  und  seine  Zeit  von  der  grössten  Bedeutung.  Dieselben 
linden  sich  vorzüglich : 

1.  im  Sanskrit  Dvyäärayamahäkävya,  welches  einen  Abriss  der  Gescliichte  der  Chaulukya- 
Dynastie  von  Gujarät,  von  Mülaräja  bis  auf  Kumärapala  gibt  (Note  28) ; 

2.  im  Prakrit  Dyä^rayamahäkävya  oder  Kumaravälachariya ,  welches  seinen  Gönner 
Ktmiärapala  feiert  (Note  88); 

3.  in  der  Praäasti  zu  seiner  Grammatik,  welche  zu  Ehren  seines  ersten  Gönners  Jaya- 
siridia-SiddharÄja  und  der  Vorfahren  desselben  geschrieben  ist  (Note  33); 

4.  in  dem  MahA,vtracharita ,  welches  zu  dem  Trishashtii^aläkäpurushacharita  gehört 
(Note  66). 

Einzelnheiten  finden  sich  ausserdem  in  fast  jedem  seiner  Werke  zerstreut.  Ohne  diese 
authentischen  Mittheilungen  würde  eine  Untersuchimg  über  Hemachandra's  Leben  wenig 
sichere  Resultate  liefern.  Mit  Hilfe  derselben  lässt  sich  wenigstens  ein  Umriss  seiner 
Biographie  herstellen.  Es  bleiben  aber  bedeutende  Lücken,  die  bis  auf  Weiteres  nicht  aus- 
gefttllt  werden  können. 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandua.  176 


Hemacliandra's  Jugendzeit. 

Hemacliandra's  Geburtsort  Avar  allen  Berichten  zufolge  Dhandhüka,  eine  früher  sehr 
bedeutende  und  auch  noch  jetzt  nicht  unwichtige  Stadt,  die  zum  CoUectorate  von  Ahma- 
däbad  gehört  und  hart  an  der  Grenze  zwischen  dem  Festlande  von  Gujarät  und  der  Halb- 
insel Gujarät  liegt.**  Dort  wurde  er  im  Jahre  1145  der  Vikrama-Aera  in  der  Nacht  des 
Vollmondtages  des  Monates  Kärttika,  d.  h.  im  November — ^December  1088  oder  1089  p.  Chr. 
geboren.*"  Seine  Eltern,  Chachiga  und  Pähini,  gehörten  der  Kaste  der  Kaufleute  (vänid) 
an  und  zwar  der  Abtheilung,  welche  sich  nach  ihrem  ursprünglichen  Sitze,  dem  Orte  Modhera, 
Srimodh  Väniäs  nennen."  Beide  waren  Anhänger  der  Lehre  des  Jina.  Pahini  zeichnete 
sich  durch  besonderen  Glaubenseifer  aus  und  wurde  durch  ihre  Frömmigkeit  bewogen,  ihren 
Sohn,  dessen  weltlicher  Name  Chängadeva  oder  Chaiigadeva  war,'*  in  früher  Kindheit  einem 
Mönche,  Namens  Devachandra,  als  Schüler  zu  übergeben  und  somit  dem  geistlichen  Stande 
zu  widmen.  Die  näheren  Umstände,  welche  den  Eintritt  Changadeva's  in  den  Orden  der 
Yatis  veranlassten,  Averden  verschieden  berichtet,  und  alle  Erzähhuigen  sind  mehr  oder 
weniger  romanhaft  ausgeschmückt.  Das  Prabhävakacharitra  gibt  nur  eine  ganz  kurze  Dar- 
stellung. Pahini ,  heisst  es ,  träumte  einst ,  dass  sie  ihrem  geistlichen  Berather  den  alle 
Wünsche  geAvährenden  Stein,  den  Chintamani,  geschenkt  habe.  Sie  erzählte  ihren  Traiun 
dem  Mönche  Devachandra ,  welcher  ihr  die  Erklärung  gab ,  dass  sie  einen  Sohn  gebären 
würde,  der  ,dem  Kaustubha-Juwel  des  Oceanes  der  Jaina-Lehre  gliche'.  Als  Chängadeva  fünf 
Jahre  alt  war,  begleitete  er  seine  Mutter  in  den  Tempel  und  setzte  sich,  während  diese  ihre 
Andacht  verrichtete ,  auf  das  Sitzpolster  des  Devachandra.  Der  Mönch  erinnerte  sie  an 
ihren  Traum  und  bat,  dass  der  Knabe  ihm  als  Schüler  übergeben  werden  möge.  Pähini 
verwies  ihn  zuerst  an  den  Vater.  Als  Devachandra  dazu  schwieg,  erfüllte  sie  obschon 
ungern  seinen  Wunsch,  ,weil  sie  sich  des  Traumes  erinnerte  und  weil  das  Wort  des  Lehrers 
nicht  missachtet  werden  durfte.'  Darauf  nahm  Devachandra  den  Knaben  mit  sich  nach 
Stambhatirtha ,  dem  heutigen  Cambay,  wo  er  am  vierzehnten  Tage  der  lichten  Hälfte  des 
Monates  Magha  des  Vikrama-Jahres  1 1 50,  einem  Sonnabende,  die  erste  Weihe  im  Tempel  des 
Pärävanätha  erhielt.  Bei  dieser  Gelegenheit  richtete  der  ,berühmte'  Udayana  das  übliche  Fest 
aus.  Chängadeva  erhielt  den  Namen  Somachandra."  Merutunga  ist  viel  weitläuftiger.  Er  weicht 
in  einigen  nicht  unwesentlichen  Punkten  von  dem  Prabhävakacharita  ab  und  erzählt  einen 
vollständigen,  kleinen  Roman.  Ihm  zufolge  kam  Devachandra  auf  einer  Reise  von  Pattana 
oder  Anhilväd  nach  Dandhüka  und  ging  in  den  mit  einem  Kloster  verbundenen  Tempel  der 
Srimodh  Kaufleute,  um  einem  dort  befindlichen  Bilde  des  Jina  seine  Verehrung  darzubringen. 
Der  ungefähr  aclitjährige  Chängadeva,  welcher  sich  mit  anderen  Altersgenossen  spielend  henim- 
trieb,  kam  herbei  und  setzte  sich  auf  Devachandra's  Ruhekissen,  das  auf  ,dem  Thronsitze', 
der  gewöhnlichen  Kanzel  der  Jaina-Klöster,  niedergelegt  war.  Dadurch  erregte  er  die  Auf- 
merksamkeit des  Mönches,  der  den  Knaben  bei  näherer  Betrachtung  mit  den  Anzeichen 
einer  hohen  Bestimmung  ausgestattet  fand.  Der  Wunsch ,  ihn  zum  Schüler  zw  gewinnen, 
A\iirde  rege,  er  rief  ,die  Gemeinde',  d.  h.  die  angesehensten  Jaina-Kaufleute  der  Stadt  zusammen 
und  ging  mit  ihnen  zum  Hause  des  Chachiga.  Dieser  war  abwesend,  aber  seine  Gattin 
Pähini  bewllkommte  den  Mönch  und  seine  Begleiter  in  gebührender  Weise.  Devachandra 
theilte  ihr  mit^  die  Gemeinde  sei  gekommen,  um  sich  ihren  Sohn  zu  erbitten.  Obschon 
durch  die  ihr  angethane  P^hre  zu  Freudenthränen  gerührt,  erklärte  sich  Pähini  zuerst  ausser 


J76  ö-  Bühler. 

Stande,  das  Anliegen  zu  ei-tüUen,  da  ihr  Mann  von  ,ketzeri8cher'  Gesinnung  und  noch  dazu 
abwesend  sei.  SchhessHch  Hess  sie  sich  durch  das  Drängen  ihrer  Verwandten  bewegen, 
den  Knaben  auf  ihre  Verantworthchkeit  dem  Guru  zu  übergeben.  Audi  Changadeva,  der 
der  Vorschrift  gemäss  betragt  wurde,  AviUigte  ein,  der  Schüler  des  Mönches  zu  werden. 
Uumittell)ar  darauf  wanderte  Devachandra  mit  Changadeva  weiter  und  begab  sich  nach 
Karnavati ,  wo  er  den  Knaben  in  das  Haus  eines  königlichen  Rathes  (mantrin)  Namens 
Udavana  tiihrte.  Ohne  Zweifel  fürchtete  er,  dass  ihm  sein  Schüler  \^^eder  genommen  werden 
könnte  \ind  suchte  er  sich  den  Schutz  eines  einflussreichen  Mitgliedes  der  Jaina- Gemeinde 
zu  sichern.  Die  folgenden  Ereignisse  zeigten,  dass  er  nicht  Unrecht  hatte.  Denn  bald  er- 
schien Chächiga,  der,  von  seiner  Reise  zurückgekehrt,  mit  dem  Schwnre  keine  Nahrung 
zu  nehmen,  bis  er  seinen  Sohn  wieder  gesehen,  sofort  nach  Karnsivati  geeilt  war,  um 
Changadeva  zurückzuliihren.  Dort  begab  er  sich  in  die  Wohnung  des  Mönches ,  zeigte 
diesem,  voll  Zorn,  geringe  Ehrerbietung  und  wollte  sich  nicht  begütigen  lassen.  Erst  als 
Udavana  herbeigeholt  wurde  und  sich  ins  Mittel  legte,  gelang  es  ihn  zu  versöhnen.  Udayana 
tiihrte  ihn  in  sein  Haus,  behandelte  ihn  achtungsvoll  wie  einen  älteren  Bruder  und  bewir- 
thete  ihn.  Dann  Hess  er  Changadeva  holen,  setzte  ihn  in  des  Vaters  Schoss  und  bot  dem- 
selben ausser  anderen  Ehrengaben,  eine  grosse  Summe  Geldes  an.  Chächiga  wies  die 
Geschenke  zwar  stolz  zurück,  erklärte  aber,  dass  er  die  ihm  erwiesene  Ehre ,  welche  un- 
schätzbar sei,  als  Preis  ftir  den  gleichfalls  unschätzbaren  Sohn  annehmen  wolle.  Er  schenke 
denselben  seinem  Wirthe.  Auf  dessen  weitere  Vorstellungen  erlaubte  er  dann,  das  Udayana 
seine  Rechte  auf  Devachandra  übertrug,  luid  richtete  schliesslich  das  Fest  der  Weltentsagung 
für  Changadeva  aus." 

Eine  dritte  Version,  die  weder  mit  dem  Prabhävakacharita  noch  mit  Merutiniga  stimmt, 
findet  sich  bei  Räjaiekhara.  Hienach  kam  Devachandra  auf  Reisen  nach  Dhandhüka  und 
predigte  dort  häufig.  Eines  Tages  erhob  sich  in  der  Versammlung  ein  Gläubiger  mit  Namen 
Neminäga  und  sagte  Changadeva,  der  Sohn  seiner  Schwester  Pahini  und  des  Thakkura 
Chächika,  sei  durch  die  Predigt  erweckt  und  bitte  imi  die  Mönchsweihe.  Vor  seiner  Geburt 
habe  seine  Mutter  im  Traume  einen  Mangobaum  gesehen ,  der ,  als  er  an  einen  anderen 
Ort  verpflanzt  sei,  reiche  Früchte  getragen  habe.  Devachandra  erklärte  darauf,  der  Bitt- 
steller werde,  wenn  er  in  den  geistlichen  Stand  trete.  Grosses  leisten.  Er  sei  mit  glücklichen 
Zeichen  versehen  und  würdig,  geweiht  zu  Averden ,  nur  müsse  die  Einwilligung  der  Eltern 
eingeholt  werden.  Als  Chäiigadeva's  Wunsch  den  letzteren  vorgetragen  wurde,  widersetzten 
sie  sich  zuerst,  gaben  aber  am  Ende  seinen  Bitten  nach.'"* 

Der  Verfasser  des  Kumarapälacharita  endlich  gibt  die  beiden  ersten  Erzählungen  mit 
einigen  Ausschmückungen  und  verflicht  dieselben  nach  seiner  Weise,  ohne  sich  um  ihre 
Widersprüche  zu  künmiern.  So  erklärt  er  drei  Mal,  dass  Changadeva  im  Jahre  1145  der 
Vikrama-Aera  geboren  wurde,  gibt  aber  als  den  Zeitpunkt  seiner  Weihe  zwei  IMal  in  Ueberein- 
stimmung  mit  dem  Pabhavakacharita  das  fünfte  Lebensjahr  xmd  das  Jahr  1150  und  ein  Mal 
das  Datum  Vikrama-Sarhvat  1154,  also  das  neunte  Lebensjahr,  im  Anschhisse  an  Merutunga. 
Seiner  Behauptung  nach  erhielt  Changadeva  nach  der  Weihe  den  Namen  Somadeva.  Er 
fügt  hinzu,  dass  ,bei  Einigen'  die  Form  Somacliandra  vorkomme.*" 

Selbstverständlich  verdient  die  P>zählung  des  Kumarapalacharita  keine  Berücksichtigung. 
Auch  Raja.4ekhara's  Bericht  ist  nicht  glaubwürdig,  da  er  den  Wunsch  verräth,  zu  beweisen, 
dass  Hemachandra  in  genauester  Uebereinstimmung  mit  den  Lehren  der  heiligen  Schriften 
der  Jainas  in  den  geistlichen  Stand  eintrat.     Nach   diesen   ist  nur   der  würdig,    ein  Mönch 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mosches  Hemachandra.  177 

zu  werden,    der,    durch  die  Predigt  und  eigenes  Nachdenken  erleuchtet,    von   der  Eitelkeit 
der  Welt  überzeugt  ist  und  den  Drang  nach  dem  ewigen  Heile,    der  Mukti,    fühlt.     In   der 
Wirklichkeit  gestalten  sich  die  Sachen  ganz  anders.     Wenn  der  Orden   der  Yatis   sich   nur 
aus  Freiwilligen  recrutiren  dürfte,  die  der  Welt  zu  entsagen  wünschen,  so  wäre  es  schlimm 
um  denselben  bestellt  und  würden  die  Jaina-Gemeinden  Mangel  an  Predigern  leiden.    Man 
sorgt  deshalb  für  den  nöthigen  Nachwuchs  gewöhnlich  dadurch,  dass  die  reicheren  Gremeinde- 
mitglieder  Knaben    noch    im    zartesten  Alter   von    ihren   Eltern   kaufen   und   den  Yatis  zur 
Erziehung  übergeben.  ^Vlit  Vorliebe  nimmt  man  die  unehelichen  Kinder  brahmanischer  Wittwen, 
die  natürlich  billig  zu  haben  sind  und  bei  denen  man ,    da    meist   auch    die  Väter    der   ge- 
bildetsten Kaste  Indiens   angehören,    günstige   Geistesanlagen    voraussetzen    darf.     Indessen 
kommt   es   auch  nicht  selten  vor ,  .  dass,    besonders  zur  Zeit  von  Theuerung,  Kinder  armer 
Brahmanen  oder  Väniäs   gekauft  werden.     In   einzelnen   Fällen   sind   auch   die  Yatis   selbst 
thätig  und  sichern  sich  Nachfolger,    indem  sie  verlassene  Waisen  bei  sich  aufnehmen   oder 
sich  Kinder  ihrer  Glaubensgenossen,  an  denen  sie  Gefallen  finden,    erbetteln.'''     Diese  Ver- 
hältnisse   der  Jetztzeit    zeigen    deutlich,    dass  Räja^ekhara's   Erzählung    eine   Erfindung    ist, 
zumal  da  die  widersprechenden  Behauptungen  des  Prabliävakacharita  und  Merutuhga's   mit 
den  ersteren  übereinstimmen.    Aus  eben  demselben  Grunde  -wird  man  dagegen  die  Angabe, 
dass  Chäiigadeva  durch  Devachandra  seiner  Mutter  abgebettelt  wurde,  für  vollständig  glaub- 
würdig erklären  müssen.     Es  ist  durchaus  wahrscheinlich ,    dass  ein  Mönch ,    der  auf  einen 
intelligenten    ,mit  glücklichen  Zeichen'    verselienen    Knaben    aufmerksam    wurde,    denselben 
zum  Schüler  zu  gewinnen  suchte  und  seinen  Zweck  erreichte,    indem    er    die   Frömmigkeit 
und  die  Schwäche  der  Mutter  klug  benützte.    Die  Erzählung  von  dem  Traume  und   dessen 
Auslegung  vor  der  Geburt  des  Knaben,  welche  sich  im  Prabhävakacharitra  findet,  ist  natürlich 
als  ein  Ausfluss    einer    sich   stets    bei   den  Jainas  wiederholenden  Vorstellung  zu  verwerfen, 
nach   welcher    die    Geburt   grosser   Männer    durch    Träume    den  Müttern    verkündigt   wird. 
Ebenso  wenig  wird  auf  die  Behauptung  der  beiden  ältesten  Quellen,   dass  sich  Chäügadeva 
auf  dem   Sitze    des  Mönches    niedergelassen,    etwas  zu  geben   sein.     Dagegen    wird   es  mit 
dem  Widerspruche  Chächiga's  und  seinem  Versuche  den  Sohn  zurück   zu  führen,    von  dem 
Merutuiiga   erzählt ,    wohl    seine   Richtigkeit    haben.     Wenn    derselbe ,    wie  Merutunga   sagt, 
,ketzerischer  Gesinnung',  d.  h.,  obwohl  zur  Jaina-Gemeinde    gehörend,  doch  den  alten  An- 
sichten anhing,  so  ist  sein  Widerspruch  gegen  den  Eintritt  seines  Sohnes  in  den  Orden  der 
Yatis  leicht  zu  verstehen.    Er  wird  von  dem  Glauben  des  orthodoxen  Inder  erfüllt  gewesen 
sein,  die  von  ihren  männlichen  Nachkommen  durch  die  regelmässige  Darbringung  der  Todten- 
opfer  dauerndes  Glück  im  Himmel  erwarten  und  desshalb  den  vorzeitigen  Eintritt  derselben 
in  einen  geistlichen  Orden  als  das  grösste  Unglück  ansehen.    So  wenig  diese  Anschauungen 
mit  dem  Jainismus  übereinstimmen,  so  finden  sie  sich  doch  nicht  selten  bei  den  Jaiua-Laien, 
die,  wenn  sie  auch  keine  Todtenopfer  darbringen,    doch    die  Gefühle  der  orthodoxen  Inder 
für  ihre  männlichen  Nachkommen   theilen.     Ebenso  ist  kein  Grund  vorhanden,  die  Angabe 
zu  bezweifeln,  dass  Üdayana  zwischen  dem  Mönche  und  Chächiga  vermittelte.     Udayana  ist 
gewiss    eine  historische  Persönlichkeit.     Er   war    ein    Örimäli   Väniä,    der  aus    Srimal    oder 
Bhinmäl  in  Märväd  nach  Gujarät   einwanderte.    Er  soll  sich  zuerst  in  der  Stadt  Karnävati, 
welche  nach  K.  Forbes  die  Stelle  des  heutigen  Ahmadäbäd  einnahm,  niedergelassen  haben. 
Bald   darauf  wurde   er  von   Siddharäja-Jayasimlia   zum  Mantrin    oder   königlichen  Rathe  in 
Stambhatirtha-Cambay  ernannt  und  bekleidete  wahrsclieinlich  das  Amt  eines  Civil-Gouverneurs 
in  der  Stadt.'*     Er  kommt   noch    wiederholt    in    der  Biographie  Hemachandra's  vor.     Auch 

Dcnkschriflcn  ilpr  phil.-liist.  Cl.   XXXVII.  H,).  23 


178  ^-    BÜHLER. 

die  kurze  lieinerkmig'  des  PnibliAvakaclmritra ,  der  berühmte  Udayana  habe  das  Fest  der 
Mönchsweihe  tiir  Changadeva  in  Cambay  ausgerichtet,  deutet  darauf  hin,  dass  Merutunga 
mit  Recht  Udayana  als  Hesclilitzer  Devacliandra's  darstellt.  Wenn  dem  so  ist,  so  ergibt  sich 
auch  eine  Lösimg  der  Widersprüche  in  den  beiden  ältesten  Quellen  betreffs  Changadeva's 
Alter  zur  Zeit  seiner  Weihe  und  betreffs  des  Ortes,  wo  dieselbe  stattfand.  In  Bezug  auf 
erateren  Punkt  wird  Merutunga,  in  Bezug-  auf  den  zweiten  das  Prabhfivakacharitra  Recht 
behalten.  Denn  es  ist  au  und  liir  sich  unwahrscheinlich,  dass  Changadeva  Vikrama-Saiin^at 
1150  im  fünften  Lebensjahre  zum  Mönche  gemacht  wurde.  Dies  A\'ird  ganz  unglaublicli 
durch  die  Angabe,  dass  Udayana  zu  der  Zeit  schon  königlicher  Rath  war  oder  zur  Zeit  in 
Cambav  lebte.  Denn  der  König  Jayasiiiiha,  unter  dessen  Regierung  er  in  GujarAt  ein- 
wanderte, bestieg  erst  im  Vikrania- Jahre  1150  den  Thron.  Mithin  verdient  Merutunga's 
Datum  txir  die  Weihe,  das  achte  oder  neunte  Lebensjahr,  nach  Jinamandana  das  Vikrama- 
Jahr  1154  entschieden  den  Vorzug.  Dagegen  wird  der  Ort,  wo  dieselbe  vollzogen  wurde, 
Cambay,  nicht  Karnavati  gewesen  sein.  Hiefiir  lässt  sich  noch  anführen,  dass  das  Prabhä- 
vakacharitra  weiterliin  bemerkt,  KumarapAla  habe  nach  seiner  Bekehrung  in  Cambay  einen 
Dikshavihara,  d.  h.  einen  Tempel  nebst  Kloster  zur  Erinnerimg  an  Hemachandra's  Weihe 
bauen  lassen.  Merutunga  gibt  diese  Thatsache  trotz  seiner  früheren  widersprechenden  Be- 
hauptung zu.'* 

Ueber  die  nächsten  zwölf  Lebensjahre  Hemachandra's,  oder  richtiger  Somachandra's, 
die  er  als  Schüler  und  Diener  seines  Guru  verbrachte,  sagen  die  Quellen  wenig.  Im  Prabhava- 
charitra  allein  finden  sich  bestimmte  Angaben.  Es  wird  dort  erzählt,  dass  er  Logik  und 
Dialectik,  sowie  Granunatik  mid  Poetik  studirt  liabe  imd  dass  er  sich  diese  Wissenschaften 
vermöge  der  Kraft  seiner  Intelligenz,  ,die  klar  und  rein  wie  das  Mondlicht  glänzte',  schnell 
zu  eigen  gemacht  habe.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  Somachandra  diese  Zweige  der 
brahmanischen  Gelehrsamkeit  nur  als  Zugaben  zu  der  Theologie  der  Jainas  erlernte.  Denn 
seine  Ausbildung  als  Lehrer  und  Prediger  des  Jaina-Glaubens  erforderte  natih'lich  vor  allem 
eine  Vertraut! leit  mit  dem  Prakrit-Dialecte ,  in  welchem  die  Jaina-Sütren  geschrieben  sind, 
sowie  ein  gründliches  Studium  der  letzteren,  ihrer  Commentare  und  anderer  dazii  gehöi-iger 
Schriften.  Seine  späteren  wissenschaftlichen  Leistungen  zeigen,  dass  die  Angabe  des  Prabhäva- 
kacharitra  über  seine  Fähigkeiten  richtig  ist,  und  dass  er  allerdings  eine  mehr  als  gewöhnliche 
Fassungskraft  besessen  haben  muss.  Ob  Devachandra  allein  ihn  unterwies,  oder  ob  er  auch 
andere  Lehrer  hatte,  wird  niclit  gesagt.  Die  erstere  Annahme  ist  iudess  nicht  unwahrschein- 
lich, da  Devachandra  kein  unbedeutender  Mann  gcAvesen  zu  sein  scheint.  Devju'haudra  wird 
zwar  in  <len  Lehrerlisten  nicht  genannt.  Dagegen  behauptet  Räja^ekhara,  dass  er  zu  dem 
Pi'irnachandra  Gachchha  tmd  der  Linie  des  Ya^obliadhra,  eines  von  Dattasüri  bekehrten 
Käna  von  Vaüipadra  gehört  habe,  indem  Ya^ol)hadhra's  Schüler  Pradyumnasüri,  der  Ver- 
fasser vieler  Werke,  und  dessen  Schüler  Gunasena,  der  Lehrer  Devacliandra's  gewesen  sei. 
Er  fügt  hinzu,  dass  Dev^achandra  einen  Commentar  zum  Thäna,  d.  h.  dem  Sthananga,  sowie 
ein  Leben  des  ^antinatha  vertasst  habe.  Die  letzteren  Angaben  dürften  richtig  sein.  Denn 
l>evasuri  envähnt  in  der  Einleitung  zu  seinem  Öantinäthacharitra,  dass  es  aus  dem  grossen 
gleicrhnamigen  Prakrit-Gedichte  des  Devachandra,  des  Lehrers  des  Hemachandra,  übersetzt 
sei.  Rj)ja.4ekhara's  Ikricht  über  Devacliandra's  Schule  und  Lehrer  sclieint  dagegen  zum 
Theil  irrthündich  zu  sein.  Jinamaudana  sagt  zwar  ganz  älmlicdi,  dass  Dattasüri  aus  dem 
Kotikagana,  der  Vajra  Sakha  und  dem  Chandra  Gachchha,  den  Räna  Yaäobhadra  bekehrt 
habe,  und  gibt  dieselbe  Reihe  von  Lehrern,   Pradyumnasüri,  Gunasena,  Devachandra.    Aber 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  179 

das  Prabhavakacharitra,  (siehe  Note  13,  Vers  14)  uennt  den  letzteren  einen  Schüler  des  Pra- 
dynmnasüri,  nnd  Hemachandra  selbst  sagt  im  Mahäviracharita,  dass  er  zAir  Vajra^akha  und  der 
Linie  des  Mnnichandra  gehörte.^"  Den  Namen  seines  Lehrers  nennt  Hemacliandra  in  keinem 
der  bis  jetzt  bekannten  Werke,  trotzdem  dass  sich  mehrfach  Gelegenheit  dazu  geboten  hätte. 
Es  sieht  fast  so  aus,  als  ob  sein  späteres  Verhältniss  zu  demselben  kein  freundliches  gewesen 
wäre.  Hierauf  könnte  man  auch  eine  Anecdote  bei  Merutuhga  deuten,  in  welcher  es  heisst,  De- 
vachandra  habe  sich  geweigert,  seinen  Schüler  die  Kunst  des  Goldmachens  zu  lehren,  weil 
er,  der  schon  die  übrigen  leichteren  Wissenschaften  , schlecht  verdaut  habe',  eine  so  schwere 
Kunst  zu  erlernen  weder  würdig  noch  im  Stande  sei.^'  Was  aber  auch  die  Lösung  dieser 
Schwierigkeiten  sein  mag,  soviel  steht  sicher,  dass  Devachandra  ein  gelehrter  Mann  war, 
welcher  die  Befähigung  besass,  einen  Schüler  wie  Hemachandra  auszubilden. 

In  die  letzten  Jahre  von  Somachandra's  Lehrzeit  verlegt  das  Prabhavakacharitra  eine 
Reise  oder  vielmehr  den  Plan  zu  einer  Reise,  auf  welcher  der  junge  ^lönch  sicli  die  Gunst 
der  Göttin  Brahmi,  der  Patronin  der  Gelehrsamkeit,  erwerben  wollte,  um  durch  ihre  Gnade 
alle  Nebenbuhler  zu  überwinden.  Mit  der  Erlaubniss  seines  Lehrers  brach  er  in  Gesellschaft 
anderer,  der  Sästras  kundiger  Sädhus  nach  dem  Lande  der  Brahmi  via  Tamalipti  auf.  Er 
kam  aber  nur  bis  zmn  Raivatavatara ,  dem  Heiligthume  des  Neminatha,  wo  er  sich  im 
Madhumata  sartha  (?)  asketischen  Uebungen  hingab.  Während  derselben  erschien  ihm  die 
Herrin  der  Rede  und  verkündigte  ihm,  dass  er  seine  Wünsche  in  der  Heimat  erreichen  werde. 
Er  stand  desshalb  von  seinem  Vorhaben  ab  und  kehrte  zu  seinem  Lehrer  zurück.^^  Obschon 
es  in  Indien  nichts  Ungewöhnliches  ist,  dass  ein  Gelehrter  oder  Dichter  den  Särasvata 
Mantra,  einen  Zauberspruch,  der  ihm  Gewalt  über  die  Rede  gibt,  zu  gewinnen  sucht,  und 
obschon  Hemachandra  selbst  seinen  Glauben  an  solche  Mittel  in  seinem  Lehrbuche  der 
Poetik,  dem  Alaiiikärachüdämani,  unumwunden  eingesteht,^*  so  wird  man  die  obige  Erzählung 
doch  nur  für  einen  explicativen  Mythus  erklären  müssen.  Hierauf  fiihren  schon  die  ausser- 
ordentlich naiven  geographischen  Anschauungen  des  Verfassers.  Wenn  er  angibt,  Soma- 
chandra  habe ,  um  nach  dem  BrAhmideSa  d.  h.  Kai5mir  zu  gelangen ,  über  Tamalipti  oder 
Tamluk  in  Bengalen  reisen  wollen,  so  zeigt  er  damit,  dass  er  den  Brähmide^a  mit  dem 
Brahmade^a  oder  Birma  verwechselt  hat.  Noch  absurder  ist  es,  dass  Somacliandra  auf  der 
Reise  zuerst  nach  Raivatavatara ,  d.  h.  nach  Junägadh  in  Käthiäväd  gekonnnen  sein  soll. 
Der  spätere  Jinamandana  hat  diese  Absurdität  bemerkt  und  die  Sage  durch  eine  Umänderung 
glaubwürdiger  zu  machen  gesucht  (siehe  Note  22). 

Allen  Quellen  zufolge  wurde  Somachandra's  Lehrzeit  Vikrama-Samvat  1166  dadurch 
abgeschlossen,  dass  er  zum  Süri  oder  Ächärya,  d.  h.  zum  selbstständigen  Erklärer  der  lieiligen 
Schriften  und  zum  Nachfolger  seines  Lehrers  geweiht  wurde.  Bei  dieser  Gelegenheit  wecli- 
selte  er  nach  der  Sitte  der  Jaina-Asceten  wiederum  seinen  Namen,  und  wurde  Hemachandra 
genannt.  Das  Prabhavakacharitra  deutet  an,  dass  Devachandra  zu  dieser  Zeit  ein  alter 
Mann  war  und  bald  darauf  den  Kasteiungen  oblag,  die  den  pflichtgetreuen  Jaina  zum 
Nirväna  füliren.  Er  wird,  ausser  in  der  oben  erwälmten  Geschichte  bei  Merutunga,  in  den 
Pra1)andha8  später  nicht  mehr  genannt.  Das  Prabliävakacharitra  fügt  noch  liinzu,  dass 
Pähini ,  als  ihr  Sohn  die  zweite  Weihe  erhielt ,  chdritra  nahm ,  d.  h.  in  den  Orden  der 
Jaina -Nonnen  eintrat.  Nach  einer  weiterhin  anzuführenden  Notiz  Merutuiiga's  lebte  sie  noch 
lange  imd  starb  erst  um  V.  S.   1211. 


23* 


130  Cr-    ßtltLEK. 


Hemachandra  und  Jayasimha-Siddliaräja. 

üeber  die  Schicksale  Hemacliandra's  während  der  Zeit,  welche  seiner  Weihe  zum  Süri 
unmittelbar  foljjrte,  berichten  die  Quellen  nichts.  Sie  überspringen  eine  längere  Reihe  von 
Jahren  und  beginnen  erst  wieder  mit  seiner  Uebersiedlung  nach  Anahillapätaka  oder  Pattana, 
dem  heutigen  Anhilväd-Patan ,  der  Hauptstadt  von  Grujarat,  wo  er,  wie  die  Prabandhas 
ausdrilcklich  und  entschuldigend  bemerken,  den  grössten  Theil  seines  Lebens  zubrachte. 
Dort  eröffnete  sich  dem  Süri  durch  köuigliche  Gunst  eine  ehrenvolle  Laufbahn  als  Schrift- 
steller und  Förderer  seines  Glaubens.  Sein  erster  Göuuer  war  der  Chaulukya-König  Jaya- 
simha,  geuanut  Siddharaja,  Avelcher  im  Jahre  1150  der  Vikrama-Aera  den  Thron  bestiegen 
hatte  und  bis  zum  Vikrauia-Jahre  1199  Gujarat  sowie  die  angrenzenden  Provinzen  des  west- 
lichen Indiens  beherrschte.  Allen  Quellen  zufolge  war  Jayaslmha  einer  der  thatkräftigsten 
und  ehrgeizigsten  Könige  der  Chaulukya-Dynastie.  Er  erweiterte  sein  Reich  sowohl  nach 
Osten  als  nach  Westen.  Unter  seinen  glücklichen,  kriegerischen  Unternehmungen  wird 
besonders  die  Eroberung  von  Surashtrah  oder  Sorath  im  Süden  von  Käthiavad  und  die 
Einnahme  von  Ujjain,  welcher  die  Gefangennehnumg  des  Königs  Yasovarman  und  die 
wenigstens  zeitweilige  Annexion  des  westlichen  Malvä  folgte,  in  den  Prabandhas  wie  in  den 
Inscliriften  vielfach  erwähnt.  Ebenso  berühmt  ist  er  durch  seine  Bauten  und  die  Anlegung  von 
gewaltigen  Teichen  in  Ptitan,  Siddhapura,  Kapadvanj,  Viramgam  und  anderen  Städten,  die  zmn 
Theil  noch  erhalten  sind.  Den  Prabandhas  zufolge  war  er  ein  Freund  der  schönen  Literatm', 
und  hegte  er  den  sehnlichen  Wunsch,  seine  Thaten  durch  einen  grossen  Dichter  verewigt 
zu  sehen.  Er  begünstigte  deshalb  die  Barden  und  Dichter  und  hielt  sich  einen  Hofpoeten, 
den  Kaviivara  Sripäla,  der,  obschon  Verfasser  verschiedener  Kunstgedichte,  es  freilich  nicht 
verstanden  zu  haben  scheint,  die  von  seinem  Herrn  ihm  gestellte  Aufgabe  in  befriedigender 
Weise  zu  lösen.  Dieselben  Quellen  sprechen  auch  von  Jayasiüdia's  Beschäftigung  mit  der 
Philosophie.  Obschon  er,  wie  seine  Vorfahren,  ein  Sivit  war  luid,  wie  einige  Erzählungen 
zeigen,  die  Vorrechte  des  brahmanischen  Glaubens  streng  aufrecht  erhielt,  so  wird  doch 
berichtet  dass  er,  begierig  die  volle  Erlösung  aus  den  Banden  der  Wiedergeburt  zu  erlangen, 
aus  allen  Ländern  Lehrer  der  verscliiedenen  Secten  berief,  die  er  um  die  Wahrheit  über 
Gott  und  das  heilige  Gesetz  befragte  und  in  seiner  Gegenwart  disputiren  Hess.  Hemachandi-a 
bestätigt  diese  Angaben  in  der  Pra^asti  zu  seiner  Grammatik  (Note  33,  Vers  18,  22),  avo  er 
von  Jayasimha's  ascetischen  Neigungen  spricht,  und  im  Dvyasrayakavya ,  welches  die 
Errichtiuig  von  Schulen  erwähnt,  in  denen  Dialectik,  Astronomie  und  die  Puränas  gelehrt 
Avurden  (siehe  Note  28). 

Es  ist  leicht  verständlich  dass  selbst  ein  Jaina-Mönch,  der  eine  tüchtige  Kenntniss  der 
Sanskrit-Literatur  und  der  brahmanischen  Wissenschaften,  sowie  Fertigkeit  in  der  Dicht- 
kunst besass,  sich  die  Gunst  eines  solchen  Königs  erwerben  konnte.  Ueber  die  Art  und 
Weise  aber  me  Hemachandra  bei  Jayashidia  eingeführt  wurde,  sind  die  Quellen  nicht  ganz 
einig.  Dem  Prabliavakacharitra  zufolge  verschaffte  ihm  eine  zufällige  Begegnung  die  Be- 
kanntschaft mit  deui  Könige,  und  eine  geschickte  Benützung  der  gebotenen  Gelegenheit 
den  Zutritt  zum  Palaste.  Plinst,  heisst  es,  ritt  Siddliaräja  auf  einem  Elephanten  durch  die 
Strassen  seiner  Hau])tstadt  und  sah  Hemachandra  ])ei  einem  Kaufladen  stehen,  der  an  einem 
Abhänge  errichtet  war.  Der  König  liielt  sein  Thier  vor  der  Anhöhe  (timhaka)  an  und 
rief  dem  Mönche  zu:  ,Recitire  etwas."  Sofort  antwortete  dieser  mit  einem  aus  dem  Steareif 


Uebeu  das  Lebks  des  Jaina  Mönches  Hemachakdua.  181 

verfassten  Verse:  ,Siddha,  lass  dem  herrlichen  Elephanten  iinbedenkUch  freien  Lauf!  Die 
die  Welt  behütenden  Elephanten  mögen  zittern.  Was  soll's  mit  denen?  Von  dir  allein  Avird 
die  Erde  geschützt.'  Jayasiriiha  fand  an  dem  Verse  so  grossen  Gefallen,  dass  er  den  Ver- 
fasser einlud,  tftglich  imi  die  Mittagsstunde  sich  im  Palaste  einzustellen  und  ihn  zu  unter- 
halten. Hemachandra  folgte  der  Aufforderung  und  gewann  allmählig  des  Königs  Freundschaft. 
Mit  dieser  Erzählung  stimmt  Jinamandana  im  Wesentlichen  überein.  Er  hat  aber  an- 
scheinend aus  einer  anderen  Quelle  geschöpft.  Denn  der  Vers,  welchen  er  dem  Hemachandra 
zuschreil)t,  hat  eine  abweicliende  Form  und  er  versucht  die  Anrede  des  Königs  durch  sein 
Erstaunen  über  die  frappireude  Erscheinung  Hemachandra's  zu  motiviren.^'  Merutunga  weiss 
von  dieser  Begegnung  und  ihren  Folgen  nichts.  Nach  seiner  Darstellung  wurde  Hema- 
chandra erst  viel  später  mit  Jayasimha  bekannt,  als  derselbe  von  seinem  erfolgreichen  Zuge 
gegen  Malva  heimkehrte.  Bei  dieser  Gelegenheit  hielt  Jayasimha  einen  feierlichen  Einzug 
in  seine  Hauptstadt,  bei  dem  der  gefangene  König  von  Mälvä,  Ya^ovarman,  und  die  reiche 
Kriegsbeute  im  Triumphe  aufgeführt  wurde.  Nach  indischem  Brauche  erschienen  unter  den 
Deputationen  von  Anhilvad  die  Häupter  der  verschiedenen  Glaubensgenossenschaften,  um 
dem  Sieger  ihre  Segenswünsche  darzubringen.  Unter  der  Zahl  der  Jaina  s  war  auch  Hema- 
cliandra,  der  wegen  seiner  grossen  Gelehrsamkeit  zum  Sprecher  gewählt  war  und  seinem 
Herrn  mit  folgenden  Worten  huldigte :  ,AVunschkuli,  besprenge  die  Erde  mit  deinem  Nass ! 
Ilir  Oceane ,  streut  Svastika-Figuren  von  Perlen  aus !  Mond ,  werde  du  ein  voller  Krug ! 
Ihr  Eleijhanten,  Hüter  der  Weltgegenden,  bringt  Zweige  des  Paradiesbaumes  und  flechtet 
mit  euren  langen  Rüsseln  Triumph  -  Guirlanden  daraus!  Denn  kommt  jetzt  nicht  König 
Siddha,  der  die  Welt  erobert  hat?'  Der  Vers,  der  ,mit  einem  Commentare  geschmückt'  war, 
ward  vom  Könige  gelobt  und  trug  dem  Verfasser  hohe  Ehre  ein.^^ 

Das  Prabhävakacharitra  (siehe  Note  24)  und  Jinamandana  kennen  diese  Erzählung 
gleichfalls,  behaupten  aber  dass  Hemachandra  bei  der  Rückkehr  des  Königs  aus  Malva 
seine  Bekanntschaft  mit  demselben  nur  erneuert  und  eine  neue  Einladung  in  den  Palast 
erhalten  habe. 

Was  die  Glaubwürdigkeit  dieser  Angaben  betrifft,  so  wird  die  zweite  derselben  sicher 
historisch  sein.  Der  Vers,  mit  welchem  Hemachandra  den  König  begrüsst  haben  soll,  ist 
authentisch.  Denn  derselbe  findet  sich  am  Ende  des  vierundzwanzigsten  Päda  von  Hema- 
chandra's Grammatik,  die,  me  weiterhin  gezeigt  werden  wird,  fünfiuiddreissig  zu  Ehren 
der  Chaulukya-Könige  vom  Autor  verfasste  Verse  enthält.  Die  Schlussworte  ,Denn  konunt 
jetzt  nicht  König  Siddha ,  der  die  Welt  erobert  hat' ,  geben  nur  einen  guten  Sinn, 
wenn  man  annimmt,  dass  der  Sloka,  wie  die  Prabandhas  Ijchaupten,  ursprünglich  zur  Feier 
eines  Triumphzuges  als  Gelegenheitsgedicht  verfasst  und  später  in  die  Grammatik  eingefügt 
ist.  Für  die  Erzählung  von  der  Begegnung  im  Bazar  ist  es  nicht  möglich,  mit  gleicher 
Entschiedenheit  einzutreten.  Dieselbe  klingt  an  und  für  sich  abenteuerlicli.  Es  hat  zwar 
nichts  Unwahrscheinliches,  dass  ein  indischer  Fürst,  der  sich  für  die  Dichtkimst  interessirte, 
einen  Mann  anredete ,  dessen  Aeusseres  ihm  auffiel  und  denselben  zur  Belohmmg  für  ein 
gescliicktes  Compliment  Zutritt  zu  den  gebräuchlichen  Audienzen  der  Gelehrten  und  Dichter 
gewährte.  Aber  es  bleibt  schwer  verständlich,  %vie  Jayasiriiha  bei  einem  ihm  unbekannten 
Jaina-Mönche  eine  Fertigkeit  in  der  Dichtkimst  voraussetzen  konnte.  Sodann  ist  es  ver- 
dächtig, dass  der  Vers,  den  Hemachandra  bei  dieser  Begegnung  verfasst  haben  soll,  in 
zwei  verschiedenen  Recensionen  gegeben  wird  und  keine  derselben  in  den  authentischen 
Werken  Hemachandi-a's  zu  finden  ist.     Endlich  ist   es  merkwürdig,    dass   das   Prabhävaka- 


■[82  C^.  Bühler. 

chai-itra  ilber  den  Verkehr  Hemachandra's  mit  Jayasiiiilia  während  der  Zeit  zwischen  der 
ersten  nnd  der  zweiten  Begegnung  nichts  Näheres  zu  berichten  weiss.  Erst  bei  Jinamau- 
dana  AA'erden  ilber  denselben  eine  Anzahl  von  Anecdoten  erzählt,  die  aber  den  anderen 
Quellen  zutblge  in  eine  spätere  Zeit  fallen.^"  Unter  diesen  Umständen  ist  die  Glaubwürdigkeit 
der  ersten  Erzählung  zweifelhaft.  Trotzdem  sind  aber  Cxrlinde  vorlianden,  welche  es  wahr- 
scheinlich machen,  dass  Hemacliandra  vor  der  Eroberung  von  Mälvä  am  Hofe  Jayasiiiilia's 
eingeführt  wai".  Der  Feldzug  gegen  ]\Iälvä,  dessen  Datum  in  keiner  Quelle  genau  angegeben 
wird,  muss  nach  dem  Vikrama- Jahre  1192  stattgefunden  haben,  da  der  von  Jayasiiiilia  besiegte 
und  gefangene  Fürst  Yaiovarman  im  ^lonate  Mägha  dieses  Jahres  eine  Landsclienkung 
machte,  also  noch  auf  dem  Throne  sass.^'  Wahrscheinlich  wurde  derselbe  sehr  bald  nach 
diesem  Datum  unternommen.  Denn  Jayasiiiilia  selbst  starb  im  Vikrama- Jahre  1199  und  es 
ist  aus  der  Beschreibung  seines  Lebens  in  Hemachandra's  Dvya^rayakävya  ersichtlich,  dass 
er  noch  längere  Jahre  nach  seiner  Rückkehr  aus  Mälvä  regiert  haben  muss.^*  Wäre  nun 
Hemacliandra  mit  Jayasiiiiha  erst  bei  dem  feierlichen  Einzüge  bekannt  geworden,  so  könnte 
das  nicht  vor  Vikrama-Sariivat  1194  geschehen  sein,  und  er  könnte  nur  etwa  fünf  Jahre 
lang  an  dem  Hofe  des  Königs  Einfluss  besessen  haben.  Dass  dies  aber  auch  nach  IMerii- 
tunga's  Quellen  viel  länger  der  Fall  war,  geht  aus  dem  Berichte  des  letzteren  über  die 
berühmte  Disputation  hervor,  welche  der  Övetämbara  Devasüri  und  der  Digambara  Ku- 
mudachandra  vor  Jayasimha  hielten.  Er  erzählt,*^^  dass  bei  diesem  Ereignisse  der  ,junge' 
(kimchidvyatikräntasaisava)  Hemacliandra  als  Devasüri's  Beistand  gegenwärtig  gewesen  sei  und 
es  verstanden  habe,  die  ]\Iutter  des  Königs  Mayanalladevi  seiner  Partei  günstig  zu  stimmen. 
Das  Prabhävakacharitra,  XXI.  195,  gibt  als  das  genaue  Datum  der  Disputation  den  Vollmonds- 
tag des  Monates  Vai^äkha,  Vikrama-Saiiivat  1181,^"  während  Merutunga  dieselbe  nach  dem 
Zuge  gegen  MMvä  gegen  das  Ende  von  Jayasiiiiha's  Regierung  stattfinden  lässt.  Es  kann 
keinen  Zweifel  leiden,  dass  die  Angabe  des  Prabhävakacharitra  den  Vorzug  verdient  und  dass 
Merutunga  sich  eine  wUkürliche  Verschiebung  des  Datums  erlaubt  hat.  Letzteres  wird  be- 
sonders durcli  die  Bemerkung  erwiesen,  dass  Hemacliandra  zur  Zeit  ein  junger  Mann  war. 
Wenn  die  Disputation  gegen  das  Ende  der  neunziger  Jahre  stattgefunden  hätte,  so  wäre  He- 
macliandra über  fünfzig  Jahre  alt  gewesen.  Unter  diesen  Umständen  lässt  sich  nicht  leugnen, 
dass  auch  nach  den  Quellen,  welche  Merutunga  benützte,  die  erste  Bekanntschaft  Hemachandra's 
mit  Jayasiiiilia  vor  die  Zeit  des  Krieges  mit  Mälvä  fiel.  Natürlich  ist  damit  nicht  bewiesen, 
dass  die  Erzählung  des  Prabhävakacharitra  von  dem  ersten  Zusammentrefi'en  der  Beiden 
der  Wahrheit  gemäss  ist.  Ihre  innere  Unwahrscheinliclikeit  bleibt  so  gross  wie  vorher.  Die 
Geschichte  wird  wol  nur  als  ein  Gegenstück  zu  der  liistorischen  Begrüssung  erfunden  sein, 
nachdem  der  Avirkliche  Anlass  zu  Hemachandra's  Elinfülirung  am  Hofe  seines  Herrn  ver- 
gessen war.  Dieser  wird  wahrscheinlicli  in  Jayasiiiiha's  Bestrebungen  zu  suchen  sein,  die 
Lehrsätze  der  verschiedenen  Secten  kennen  zu  lernen.  Mögliclier  Weise  mag  Hemacliandra 
auch  seine  Verbindung  mit  dem  einfiussreiclien  Udayana  bei  Hofe  geholfen  haben.  Es  wird 
sich  weiterhin  zeigen,  dass  sogar  Udayana's  Söhne  in  näherer  Beziehung  zu  Hemacliandra 
standen.  Umsomehr  ist  dies  von  Udayana  selbst  vorauszusetzen,  der  den  Knaben  Chängadeva 
unter  seinen  Schutz  genommen  hatte.  Sehr  intim  wird  Hemachandra's  früherer  Verkehr  mit 
Jaya.siriiha  nicht  gewesen  sein,  da,  wie  sclion  liemerkt,  die  älteste  Quelle  keine  Einzelnheiten  über 
denselben  anzuführen  weiss  und  die  Erzählungen  Jinamandana's  keinen  Glauben  verdienen. 
Durch  seinen  Segenswunsch  bei  dem  Einzüge  sclieint  sich  Hemachandra  dagegen  einen 
•lauernden  F^influss  erworben  zu  haben.     Er  wurde  zunächst  Hofpamjit  und    weiterhin  Hof- 


Ubber  das  Leben  des  Jaina   Mosches  Hkmachandua.  183 

annalist.  In  erster  Eigenschaft  MTirde  ihm  zunächst  von  Jayasiiiiha  die  Abfassung  einer 
neuen  Grammatik  anvertraut.  Das  Prabhavakacharitra  erzählt  die  nälieren  Umstände,  Avelche 
den  König  zu  diesem  Schritte  bewogen ,  folgendermassen.^^  Einige  Zeit  nach  dem  feier- 
hchen  Einzüge  in  seine  Hauptstadt  Hess  Jayasiriilia  sich  und  den  Gelehrten  seines  Hofes 
die  in  Üjjain  erbeuteten  Manuscripte  zeigen.  Unter  denselben  fiel  ihm  eine  Grammatik  auf. 
Auf  seine  Frage,  was  das  für  ein  Werk  sei,  wurde  er  belehrt,  dass  es  die  von  dem  Paramara- 
Könige  Bhoja  verfasste  Wortlehre  sei,  und  die  ausgebreitete  literarisclie  Thätigkeit  dieses 
Polyhistors,  der  Werke  über  alle  Wissenschaften  A-erfasst  hatte,  hoch  gepriesen.  Dieses  Lob 
erregte  Jayasiinha's  Eifersucht  xmd  er  äusserte  sein  Bedauern,  dass  sein  Schatz  keine  ähn- 
liche Reihe  von  Lehrbüchern,  die  in  seinem  Reiche  verfasst  seien,  aufzuweisen  habe.  Da 
richteten  alle  die  versammelten  Gelehrten  ihre  Blicke  auf  Hemachandra  und  deuteten  damit 
an,  dass  sie  ihn  für  würdig  hielten,  der  Bhoja  von  Gujarat  zu  werden.  Der  König  pHichtete 
ihrer  Ansicht  bei  und  bat  Hemachandra,  weil  die  vorhandenen  Graunnatiken  ihren  Zwecken 
nicht  genügten,  zu  kurz  oder  zu  schwer  und  antiquirt  seien,  eine  neue  zu  verfassen.  Hema- 
chandra erklärte  sich  bereit,  dem  Wunsche  seines  Herrn  zu  willfahren,  erbat  sich  aber  dessen 
Hilfe,  um  die  nötldgen  Materialien,  die  acht  ä,lteren  Grammatiken,  zu  erlangen,  die  sich 
vollständig  nur  in  der  Bibliothek  des  Tempels  der  Sarasvatl  in  Kalmir  fänden.  Sofort  ent- 
sandte Jayasimlia  hohe  Beamte  nach  Pravarapura,  um  die  Manuscripte  holen  zu  lassen. 
Diese  l)egaben  sich  in  den  Tempel  der  Göttin  und  trugen  ihr  Anliegen  vor.  Erfreut  durch 
ihre  Loblieder ,  erschien  ihnen  Sarasvatl  und  befahl  den  Bibliothekaren ,  die  geminschten 
Werke  ilirem  Günstling-e  Hemachandra  zukommen  zu  lassen.  Ihr  Befehl  wurde  ausgeführt 
und  der  gelehrte  Utsaha  kehrte  mit  den  Büchern  nach  Anhilvad  zurück.  Heimgekehrt 
erzählten  die  Gesandten  dem  Könige ,  wie  hoch  sein  Schützling  bei  der  Göttin  in  Gimst 
stehe,  und  dieser  pries  sein  Land  glücklich,  dass  es  einen  solchen  Mann  besitze.  Hema- 
chandra aber  sah  sich  die  mitgebrachten  Manuscripte  an  inid  verfasste  seine  Grammatik  in 
acht  Adhyäyas  und  zweiunddreissig  Pädas,  welcher  er  seinem  Könige  zu  Ehren  den  Titel 
Siddhaliemachandra  ,von  Hemachandra  verfasst  und  Siddharäja  gCAvidmet'  gab.  Wie  der 
Brauch  es  forderte,  1>estand  das  Werk  aus  fünf  Tlieilen,  den  Aphorismen,  dem  Verzeichnisse 
der  mit  den  Unadisuffixen  gebildeten  Wörter,  einem  Wurzellexicon ,  einer  Darstellung  der 
Geschlechtsregeln  und  einem  fortlaufenden  Commentare.  Hemachandra  fügte  auch  noch 
zwei  Le^ica,  die  Nämala  und  den  Anekarthakosha,  hinzu.  Um  die  Grammatik  als  ein  höfisches 
Werk  zu  kennzeichnen,  schmückte  der  Verfasser  sie  mit  einer  Pra^asti,  einem  Lobgedichte 
von  fünfunddreissig  Versen  zu  Ehren  der  Cliaulukya-Fürsten  von  Mülaraja  bis  auf  Jayasiiidia. 
Am  Ende  jedes  Pada  stand  ein  Vers  und  am  Ende  des  Ganzen  vier.  Nach  ihrer  Voll- 
endimg wurde  die  Grammatik  am  Hofe  vorgelesen  und  wegen  ihrer  Klarheit  mid  Verständlich- 
keit von  den  Gelehrten  als  Richtschnm*  angenommen.  Der  König  liess  dann  dreilumdert 
Absclireiber  nach  Anliilvad  kommen,  die  drei  Jaln-e  lang  Copien  zu  machen  hatten.  Dann 
schenkte  er  den  Häuptern  aller  Secten  seines  Reiches  je  ein  Exemplar  und  versendete 
andere  C!opien  dm-ch  ganz  Indien,  ja  über  die  Grenzen  von  Indien  liinaus  nach  Persien, 
Ceylon  und  Nepal.  Auch  nach  Ka^mir  wurden  zwanzig  Exemplare  gescliickt,  welche  die 
Göttin  Sarasvatl  für  die  Bibliothek  ihres  Tempels  annahm.  Um  das  Studium  des  Werkes 
noch  mehr  zu  fördern,  wurde  der  Kayastha  Kakala ,  ein  sehr  gelehrter  Grammatiker,  be- 
auftragt, es  in  Anhilvad  zu  lehren.  Allmonatlicli  wurde  an  der  Jnanapaüchami  ein  öffent- 
liches Examen  seiner  Schüler  abgelialten.  Wer  seine  Sache  gut  maclite,  erhielt  vom  Könige 
einen  Sliawl,  goldenes  Geschmeide,  eine  Sänfte  oder  einen  Sonnenschirm. 


^84  Gr.  Bühler. 


Menitunga's  Bericht,  den  Jinamandana  beinahe  wörtheh  abschreibt,  ist  viel  kürzer  uud 
lautet  bedeutend  anders.  Als  der  König  Hemachandra's  den  zur  Feier  seines  Einzuges  ge- 
dichteten Vers  pries,  heisst  es  im  Prabandhachintaniani,^^  bemerkten  einige  neidische  Brah- 
manen:  ,Der  Mönch  hat  seine  Weisheit  blos  aus  unseren  Büchern  geholt!'  Darauf  fragte 
der  König  Hemachandi-a,  ob  dem  so  sei.  Dieser  antwortete :  ,Wir  studiren  die  Jaina-Granmiatik, 
welche  Mahavira  in  seiner  Kindheit  dem  Indra  erklärt  hat."  Die  Neider  erwiderten,  das 
sei  eine  Geschichte  aus  der  grauen  Vorzeit;  Hemachandra  möge  doch  einen  moderneren 
Granunatiker  seines  Glaubens  nennen.  Da  erbot  sich  der  Mönch,  wenn  der  erlauchte 
Siddharaja  ihm  helfe,  in  einigen  Tagen  eine  neue  Grammatik  zu  schreiben.  Der  König 
sagte  zu  und  entliess  die  Gelehrten.  Nachdem  die  Einzugsfeierlichkeiten  beendigt  waren, 
wurde  Jayasiridia  an  die  Geschichte  von  der  Grammatik  erinnert  und  er  liess,  wie  er  es  ver- 
sprochen, aus  vielen  Ländern  Manuscripte  aller  existirenden  Grammatiken  herbeischaffen, 
sowie  Gelehrte  berufen,  welche  die  verschiedenen  Systeme  verstanden.  Hemachandra  ver- 
fasste  dann  in  einem  Jahre  das  funftheihge  Siddhahemachandra,  welches  125.000  Doppel- 
zeilen von  je  32  Silben  enthielt.  Als  das  Buch  fertig  war,  wurde  es  auf  dem  Staats-Elephanten 
mit  königlichen  Ehren  in  den  Palast  gebracht  und  dort  im  Schatze  niedergelegt.  Alle 
anderen  Gramnuitiken  wurden  von  da  an  bei  Seite  gelegt  und  das  Siddliahemachandra  allein 
aller  Orten  studirt.  Das  verdross  Hemachandra's  Neider  und  einer  derselben  hinterbrachte 
dem  Könige,  dass  die  Grammatik  nicht,  wie  es  sich  gehört  hätte,  ein  Lobgedicht  auf  das 
Chaulukyageschlecht  enthielte.  Hemachandra  erhielt  von  dieser  Ohrenbläserei  Kunde  und 
erfuhr,  dass  der  König  ihm  wegen  seines  Versehens  zürnte.  Rasch  entschlossen  verfasste 
er  sofort  zweiunddreissig  Verse  zii  Ehren  der  Chaulukyas  und  recitirte  dieselben  am  folgenden 
Morgen,  als  seine  Grammatik  im  Palaste  vorgelesen  wurde.  Der  König  wurde  dadurch 
versöhnt  und  liess  die  Grammatik  noch  weiter  verbreiten. 

Es  ist  auf  den  ersten  Blick  ersichtlich,  dass  keine  der  beiden  Erzählungen  in  allen 
Einzelheiten  Ansprach  auf  Glaubwürdigkeit  besitzt.  Da  Hemachandra's  Grammatik  aber 
vollständig  erhalten  ist  und  neuerdings  viele  auf  dieselbe  bezügliclie  spätere  Werke  bekannt 
geworden  sind,  so  ist  es  möglich,  die  Angaben  der  Tradition  kritisch  zu  sichten  und  dar- 
zuthun,  dass  vieles  in  derselben,  besonders  im  Prabhävakacharitra,  ganz  richtig  ist.  Hieher 
gehören  zunächst  die  Angaben  des  letztgenannten  Werkes  über  den  Umfang,  die  Anlage 
und  den  Charakter  der  Grammatik,  soAvie  über  den  Anlass,  der  zu  ihrer  Abfassung  führte. 
Das  Siddhahemachandra  enthält  allerdings  acht  Adhyayas  und  zweiunddreissig  Pädas  und 
am  Ende  des  Commentares  eines  jeden  Päda  steht  je  ein  Vers  zu  Ehren  eines  der  ersten 
sieben  Chaulukya-Könige,  während  am  Ende  des  Ganzen  vier  Verse  stehen.'*  Das  Siddha- 
hemachandra wird  auch  in  den  MSS.  ein  fünftheiliges  Werk  genannt,  und  es  finden  sicli 
ausser  den  Sütren  noch  separate  Abschnitte  über  die  Unadi-Suffixe,  die  Ganas,  die  Wurzeln 
und  _  das  Geschlecht  der  Nomina.  Ausserdem  hat  der  Verfasser  alle  Theile  seines  Buches 
mit  einem  Commentare  in  zwei  Recensionen  versehen,^*  dessen  Abfassung,  wie  einige  auf 
Jayasimha's  Siege  bezüglichen  Beispiele  und  die  Pra^asti  zeigen,  in  die  Regierungszeit  dieses 
Königs  fällt.  Es  ist  ferner  nicht  blos  dem  Könige  Jayasiriiha-Siddharaja,  wie  sein  Titel 
besagt,  gewidmet,  sondern  verdankt  auch  der  Bitte  oder  Auffordenmg  des  Königs  seine 
Entstehung.  Ganz  ähnlich  wie  in  dem  Prabhavakacharita ,  wird  in  der  Pra^asti,  Vers  35, 
gesagt,  dass  Siddharaja,  unzufrieden  mit  den  älteren  Grammatiken,  den  Mönch  Hemachandra 
gebeten  habe  eine  neue  zu  schreiben,  und  dass  dieser  darauf  das  vorliegende  Werk  ,nach 
der  Kegel*  verfasst  habe.     Für  die  weitere  Angabe  des  Prabhävakacharitra,  der  zufolge  die 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  185 

Besichtigung  der  in  Mälvä  erbeuteten  Manuscripte  der  unmittelbare  Anlass  zu  des  Königs 
Aufforderung  war,  findet  sich  zwar  keine  Bestätigung  in  anderen  Werken.  Doch  ist  dieselbe 
an  und  für  sich  nicht  unwahrscheinlich.  Denn  da,  wie  schon  erwähnt  ist,  Jayasimha  den  sehn- 
lichen Wunsch  hegte,  das  Andenken  an  seine  Regierung  durch  literarische  Werke  zu  verewigen, 
so  war  es  nur  natürlich,  dass  der  Anblick  von  Bhoja's  Werken  seine  Eifersucht  rege  machte 
und  ihn  bewog,  den  besten  Gelehrten  seines  Reiches  zur  Abfassung  von  ähnlichen  Schriften 
zu  veranlassen.  Das  Siddliahemachandra  ist  sodann,  wie  die  Tradition  behauptet,  eine  Com- 
pilation  aus  früheren  Grammatiken.  Dasselbe  ruht  besonders,  wie  Kielliorn  gezeigt  hat,  auf  der 
Grammatik  des  Sakatayana  imd  dem  Kätantra.  In  seinem  Commentare  zu  demselben  citirt 
Hemachandra  sehr  häufig  die  Ansichten  ,anderer',  ,einiger'  u.  s.  w.  und  mit  Hilfe  von  leider 
vmvoUständigen  Glossen  zu  dem  Commentare  hat  Kielhorn  nachgewiesen,  dass  für  die  ersten 
fiinf  Pädas  nicht  weniger  als  fünfzehn  verschiedene  grammatische  Werke  benützt  sind.^^ 
Für  das  Ganze  wird  die  Zahl  ohne  Zweifel  bedeutend  grösser  sein.  Es  erscheint  hiedurch 
ganz  glaubwürdig,  dass  Hemachandra,  ehe  er  sich  an  seine  Arbeit  machte,  Materiahen  aus 
verschiedenen  Gegenden  gesammelt  hat,  sowie  auch,  dass  sein  Gönner  ihm  hiebei  behilflich 
gewesen  ist.  Noch  jetzt  versorgen  die  indischen  Fürsten  ihre  Hofgelehrten  fast  regelmässig 
mit  Manuscripten  inid  lassen  dieselben  oft  mit  gi-ossen  Kosten  von  weit  herkommen.  Wenn 
aber  das  Prabhävakacharitra  in  Bezug  auf  diesen  Punkt  behauptet,  dass  alle  Manuscripte 
aus  der  Bibliothek  des  Temjjels  der  Sarasvati  in  Kaänür  gekommen  seien,  so  wird  das 
eine  Uebertreiljung  sein ,  die  durch  des  Verfassers  zu  hohe  Ideen  von  der  literarischen 
Grösse  des  Landes  der  Öäradä  veranlasst  ist.  ^lerutunga's  Angabe ,  dass  der  König  die 
Grammatiken  aus  verschiedenen  Ländern  kommen  Hess,  ist  wahrsclieinlicher.  Endlich  wird 
man  die  in  beiden  Quellen  gemachte  Angabe ,  dass  Jayasiiidia  die  Verbreitung  des  neuen 
Vyäkarana  förderte,  Abschriften  desselben  vertheilte  und  einen  Lelirer  anstellte,  um  es  vor- 
zutragen, nicht  für  unglaublich  erklären  können.  Da  die  von  Berüui  erzählten  Bemülumgen 
des  Königs  Änandapäla  um  die  Verbreitung  der  von  seinem  Lehrer  Ugrabhüti  verfassten 
Sishyahita  ohne  Zweifel  geschichtlich  sind,*"  so  verdienen  ähnliclie  Angaben  über  Werke, 
die  auf  den  Befehl  von  Fürsten  geschrieben  sind,  volle  Beachtung.  In  dem  Falle  des  Siddlia- 
hemachandra tritt  noch  der  Umstand  hinzu,  dass  der  im  Prabliävakacharitra  als  sein  Er- 
klärer genannte  Granunatiker  Käkala  nicht  blos  eine  historische  Persönlichkeit  ist,  sondern 
auch  sich  A^rklich  um  die  Auslegung  des  Werkes  verdient  gemacht  hat.  Eine  Ansicht  des 
Kakkala  wird  in  dem  von  Kielli(n-n  benützten  Nyäsa  zum  Commentare  des  Hemachandra 
angeführt.  Ferner  preist  Gunachandra,  ein  Schüler  des  Devasüri,  einen  grossen  Dia- 
lectiker,  Dichter  und  Grammatiker,  Kakkalla,  der  eine  Art  von  Professor  war,  und  erzählt, 
dass  er  den  Tattvaprakä.4ikä  oder  Haimavibhrama  genannten  Beitrag  zur  Erklärung  des 
Siddliahemachandra  auf  Befehl  des  Kakkalla  geschrieben  habe.^'  Käkala,  Kakkala  und 
Kakkalla  sind  drei  zum  Theil  durch  verschiedene  Accentuation  verursachte  Prakritformen 
und  alle  Diminutive  des  Sanskritnamens  Karka.  Sie  bezeiclinen  ohne  Zweifel  ein  und 
dieselbe  Persönlichkeit.  Devasüri,  der  geistliche  Lehrer  Gunaehandra's,  wird  der  schon  er- 
wähnte, berühmte  Jaina-Bischof  sein,  welcher  V.  S.  1181  die  Disputation  mit  Kumudachandra 
hielt  und  V.  S.  1226  starb.  Gibt  man  dies  zu,  so  erhält  man  durch  Gunaehandra's  An- 
gaben eine  fast  vollständige  Bestätigung  derjenigen  des  Prabhävakacharitra.  In  einem  anderen 
Punkte,  der  Angabe  über  die  Zeit,  in  welcher  Hemachandra  sein  Werk  vollendete,  sind  die 
Behauptungen  der  Prabandhas  zu  berichtigen.  Das  Prabhävakacharitra  sagt  hierüber  zwar 
nichts  Genaues,    deutet  aber  an,    dass  die  Grammatik  innerhalb  einer  kurzen  Frist  verfasst 

Denkschriften  der  phil.-bist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  24 


186  G.    BüHLEK. 

wurde.  Mi-nituü^a  dagegen  behauptet  külmlioh,  sie  sei  in  einem  einzigen  Jahre  gesclirieben. 
Das  ist  einfacl»  eine  Unmöglichkeit  und  wird  auch  durch  eine  Bemerkung  in  Vers  23  der 
Pra^sti  widerlegt.  Dort  erwflhnt  Hemachaudra,  dass  Jayasimha  ein  Wallfalu-tsfest  gefeiert 
liabe  (yätr&nandah  kritah).  Das  Dvya^rayakavya  spricht  nur  von  einer  einzigen  Wall- 
fahrt des  Königs  na(;li  Devapattana  imd  Girnar,  welche  in  seine  letzten  Regierungsjahre 
gefallen  zu  sein  scheint  (siehe  Note  28).  Die  Pra^asti  nuiss  also  nach  dieser  Reise  ge- 
schrieben sein  und,  da  sie  gewiss  erst  nach  der  Vollendung  der  Gramnuitik  verfasst  sein 
■wird,  kann  auch  die  letztere  erst  nach  dieser  Zeit  beendigt  sein.  Zwischen  der  Rückkehr 
aus  MAlvä  und  der  Beendigung  der  Wallfahrt  dürften  nach  den  Angaben  des  Dvyääraya 
etwa  zwei  bis  drei  Jahre  liegen.  Da  die  erste  nach  den  obigen  Ausfuhrungen  wahrscheinlich 
in  das  Vikrama-Jahr  1194  fnllt,  so  wird  die  Grammatik  frühestens  gegen  das  Ende  des 
Vikrama-Jahres  1197  fertig  geworden  sein. 

Der  Erfolg  seiner  Grammatik  scheint  Hemachaudra  bewogen  zu  haben,  den  Kreis  seiner 
Arbeiten  weiter  auszudehnen  und  eine  Anzahl  Handbücher  zu  schreiben,  welche  dem  der 
Sanskrit-Composition  und  besonders  dem  der  Dichtkunst  Beflissenen  eine  vollständige  An- 
leitung geben  sollten,  sich  correct  und  elegant  auszudrücken.  Aus  diesem  Streben  sind  eine 
Anzahl  Sanskrit-Lexica  und  Lehrbücher  der  Rhetorik  imd  der  Metrik  hervorgegangen,  so^ne  ein 
zur  Illustration  der  grammatischen  Regeln  bestimmtes  Kunstgedicht,  das  schon  oben  erwähnte 
Dvyairayamahäkavya,  welches  die  Geschichte  der  Chaulukya-Fürsten  enthält.  Die  Reihe 
dieser  Arbeiten  eröffnete  das  Abhidhanachintamani  oder  Namamala  genannte  homonymische 
Lexicon.  Dann  folgte  das  synonymische  Lexicon,  der  Anekarthasariigralia,  hierauf  das  Lehr- 
buch der  Poetik,  der  Alaiiikarachüdämani  und  zuletzt  das  Chhandonu^äsana,  die  Metrik. 
Diese  Ordnung  wird  im  Wesentlichen  durch  die  in  den  genannten  Werken  enthaltenen  An- 
gaben festgestellt.**  Bezüglich  der  ersteren  beiden  behauptet  das  Prabhavakacharitra  (Note  31, 
Vers  98),  dass  sie  zugleich  mit  der  Grammatik  vollendet  seien.  Dies  hat  wenig  Wahrscheinlich- 
keit, da  die  Abfassung  der  Grammatik,  ihrer  Appendices  und  der  Commentare  dazu  Arbeit 
genug  für  die  kurze  Zeit  gegelien  haben  wii-d,  selbst  wenn  Hemachandra,  wie  das  in  Indien  sehr 
gewöhnlich  ist,  bei  der  Abfassung  der  letzteren  die  Hilfe  seiner  Schüler  in  Anspruch  nahm, 
und  vielleicht  schon  früher  Vorarbeiten  zu  seinem  Werke  gemacht  hatte.  Die  Grammatik 
enthält  zwar  nicht,  wie  Merutunga  sagt,  125.000  Slokas.  Aber  mit  den  Commentaren  und  den 
gleichfalls  commentirten  Anhängen  umfasst  sie  doch  zwischen  20.000  und  30.000  Ölokas.  Es 
mag  indess  richtig  sein,  dass  die  beiden  Koshas  vor  Jayasiihha's  Tode  vollendet  wurden.  Man 
])raucht  sich  nicht  daran  zu  stossen,  dass  keiner  derselben  eine  Dedication  oder  sonstiges 
Anzeichen  enthält,  welches  beweist,  dass  er  auf  königlichen  Befehl  verfasst  ist.  Hema- 
chandra scheint  sie,  wie  auch  ihre  Nichterwähnung  im  Alariikarachiidamani  (siehe  Note  38) 
andeutet,  als  Supplemente  zur  Granmiatik  angesehen  zu  haben,  und  dürfte  aus  diesem 
Grunde  eine  Ei-wähnung  seines  Gönners  für  überflüssig  gehalten  liaben.  Einer  kurzen  Note 
zufolge,"'  welche  Merutunga  am  Ende  der  Geschichte  von  der  Granmiatik  gibt,  gehört  aucli 
das  DvyA^rayamahavya  dieser  Periode  an.  Es  soll  unmittelbar  nach  der  Grammatik  ver- 
fasst sein,  um  die  Eroberung  der  Welt  durch  Siddharaja  zu  verherrlichen.  Vollständig 
richtig  kann  dies  nicht  sein.  Denn  die  letzten  fünf  Gesänge  des  Gedichtes,  Sargas  XV — XX, 
beschreiben  einen  grossen  Theil  der  Lauf1)ahn  des  Königs  Kumarapala,  welcher  Jayasiiiiha's 
Nachfolger  war.  Der  Schluss  deutet  an,  dass  Kumarapala  noch  am  Leben  war  und  auf 
der  Höhe  seiner  Macht  stand.  In  der  vorliegenden  Gestalt  kann  es  nicht  vor  V.  S.  1220 
vfdlendet  sein.     Da  aber,  wie  weiterhin  gezeigt  wird.    Hemachandra  auch  ein  anderes  Werk 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  187 

gegen  das  Ende  seines  Lebens  einer  Revision  unterworfen  liat,  so  ist  es  wohl  möglicli,  dass  das 
Dvyä^rayakavya  auf  Jayasiiiilia's  Wnnsch  unternommen  und  vielleicht  bis  zu  der  Besclnx'ibung 
der  Tliaten  dieses  Königs,  d.  h.  bis  zum  vierzehnten  Sarga,  fertig  gestellt  wurde.  Hiefür  kann 
man  nocli  anführen,  dass  der  Verfasser  der  Ratnamalä  sagt,''"  Jayasirhha  habe  die  Annalen 
seines  Geschlechtes  schreiben  lassen,  und  dass  von  der  Existenz  einer  anderen  umfassenden 
Chronik  der  Chaulukyas,  ausser  Hemachandra's  Werke,  nichts  bekannt  ist.  Während  so  be- 
treffs der  beiden  Koshas  und  des  Kävya  wenigstens  noch  eine  Wahrscheinlichkeit  vorhanden  ist, 
dass  ihre  Abfassung  ganz  oder  theilweise  in  Jayasimha's  Regierungszeit  fällt,  ist  dies  bei  dem 
AlamkaraclmdAmaui  und  dem  Chhandonu^äsana  nicht  der  Fall.  Diese  Averden  im  Anfange  der 
Regierung  Kumärapala's  geschrieben  sein.  Die  Gründe  für  diese  Annahme  werden  imten  gegeben. 

Ueber  Jayasiridia's  Verkehr  mit  Hemachandra  nach  der  Abfassung  der  Grammatik  werden 
in  den  Prabandhas  noch  viele  Anekdoten  erzählt.  Die  Mehrzahl  derselben  verdient  von 
vornherein  ihres  Charakters  wegen  keine  ernstliche  Beachtung  und  die  wenigen,  Avelche  auf 
den  ersten  Blick  aussehen,  als  ob  sie  historisch  wären,  erweisen  sich  })ei  näherer  Betrachtung 
als  von  zweifelhaftem  Werthe.  Die  erste  Geschichte,  welche  das  Prabhävakacharitra  erzählt, 
belehrt  uns,  dass  Ramachandra,  ein  bedeutender  Schüler  Hemachandra's,  das  rechte  Auge 
verlor,  weil  Jayasiihha,  dem  er  von  seinem  Lehrer  vorgestellt  wurde,  ihn  ei*mahnte,  nur 
ein  Auge  filr  die  Jainalehre  zu  haben  (ekadrishtir  bhavaj.  Merutunga  dagegen  hat  eine 
andere  Erklärung  für  die  wahrscheinlich  historische  Thatsache,  dass  Raniacliandra  einäugig 
war.  Nach  seiner  Darstellung  entstand  dieses  Gebrechen  in  Folge  einer  vmvorsichtigen  Kritik, 
die  Ramachandra,  obwohl  von  seinem  Lehrer  gewarnt,  an  Sripäla's  Lobgedicht  auf  den 
Sahasralinga- Teich  übte.^'  Eine  zweite  Geschichte  des  Prabhävakacharitra  soll  darthun, 
wie  klug  sich  Hemachandra  in  scliAvierigen  Lagen  zu  helfen  und  die  neidischen  Brahmanen 
zum  Schweigen  zu  bringen  Avusste.  Einst,  heisst  es.  beklagte  sich  ein  Brahmane,  der  die 
Erklärung  des  Nemicharita  im  Chaturnmkha-Tempel  der  Jainas  angehört  Jiatte ,  bei  Jaya- 
simha,  dass  die  Ketzer  selbst  die  ehi-würdigen  Traditionen  des  Mahäbliärata  nicht  respectirten 
und  die  Bekehrung  der  Pandavas  zum  Jaina-Glauben  lehrten.  Er  fügte  die  Bitte  liinzu, 
der  König  möge  solchem  Unfuge  steuern.  Jayasiriiha  wollte,  ehe  er  ein  ürtheil  fällte,  erst 
die  andere  Partei  hören  und  liess  Hemachandra  rufen,  da  er  ihn  für  den  gelehrtesten  und 
wahrheitliebendsten  Jaina  liielt.  Auf  die  Frage,  ob  die  Anklage  des  Brahmanen  berechtigt 
sei,  gab  er  zu,  dass  die  heiligen  Schriften  der  Jainas  die  erwähnte  Lehre  enthielten.  Er 
entschuldigte  dieselbe  aber  dadurch,  dass  er  sich  auf  eine  Stelle  des  Mahäbliärata  berief,  in 
welcher  von  hundert  Bhislimas,  dreihundert  PAndavas,  tausend  Dronas  und  zahllosen  Karnas 
die  Rede  sei.  Er  fügte  hinzu ,  es  sei  nun  leicht  möglich ,  dass  sich  einige  von  diesen 
vielen  zum  Jaina-Glauben  bekehrt  hätten.  Audi  seien  die  Statuen  derselben  in  Satruüjaya, 
Näsik  und  Kedära  zu  sehen.  Da  die  Bralimanen  hierauf  nichts  zu  antworten  wussten,  so 
weigerte  sich  der  König,  gegen  die  Jainas  vorzugehen.^^ 

Die  drei  anderen  Prabandhas  erwähnen  diese  Geschichte  nicht.  Dieselbe  kommt  aber 
in  dem  KathAkoi^a  in  einer  anderen  Version  vor.  Dagegen  findet  sich  die  dritte  Erzähhnig 
des  Prabhävakacharitra  von  der  Abfertigung  des  Purohita  Amiga  durch  Hemacliandra  bei 
Merutunga  in  etwas  abweichender  Fassung  wieder.  Amiga  tadelte  es,  dass  die  Jaina-Asceten 
die  Frauen  in  ihren  Klöstern  empfingen  und  sich  v(m  zu  guten  Speisen  nährten.  Solche 
Gebräuche,  meinte  er,  führten  leicht  zu  Uebertretungen  des  Gelübdes  der  Keuschheit.  Da 
braclite  ihn  Hemachandra  mit  einem  Gleichnisse  zum  Schweigen,  das  die  Enthaltsamkeit 
des  fleischfressenden  Löwen  den  erotischen  Neigungen  der  nur  kraftlose  Kömer  verzehrenden 

24* 


188  ^-     BüHLER. 

Taube  geofenüberstellt,  und  das  somit  die  Unwesentlichkeit  der  Art  der  Nahrung  darthut.  Meru- 
tuiiga  behauptet,  der  Auftritt  sei  unter  der  Regienmg  Kumarapäla's  vorgefallen,*'  und  es  ist 
wahrscheinlich,  dass  Amiga  dem  letzteren  diente.  Die  vierte  Erzählung  im  Prabhävakacharitra 
handelt  von  dem  Bhagavata-Asceten  Devabodha,  der  in  Anhilväd  eine  Zeitlang  eine  grosse 
Rolle  spielte  und  sich,  obschon  vom  Könige  reich  beschenkt,  gegen  denselben  und  den  Hof- 
dichter i^ripala  sehr  arrogant  benahm.  Später  kam  er  in  den  Verdacht,  dass  er  gegen  die 
Rejreln  seines  Ordens  Trinko^elage  feierte.  Obwohl  er  es  verstand,  den  Beweis  seiner  Schuld 
zu  verhindern,  wurde  er  nachher  vernachlässigt  und  gerieth  in  Armuth.  Schliesslich  ging 
er  zu  Hemachandra  imd  verfasste  ihm  zu  Ehren  einen  Vers.  Hemachandra  erbarmte  sich 
seiner  und  verschaffte  ihm  vom  Könige  ein  Lakh.  Damit  bezahlte  er  seine  Schulden.  Dann 
ginff  er  zur  Ganffa  und  erlangte  dort  Erlösung.  Auch  diese  Anekdote  wird  sonst  nirs^ends 
erwähnt.  Dagegen  kommt  ein  Devabodhi  als  Gegner  Hemachandra's  in  Jinamandana's  Be- 
richte über  Kumarapäla's  Bekehrung  vor,  und  es  scheint,  als  ob  Raja^ekhara  (siehe  Note  5) 
auf  die  letztere  Geschichte  anspielte.*^' 

Die  fünfte  und  letzte  Erzählung  des  Prabhävakacharitra  betrifft  Hemachandra's  Erlebnisse 
auf  der  schon  erwähnten  Wallfahrt,  welche  Jayasiiiiha  gegen  das  Ende  seiner  Regierung  nach 
Somanätha  oder  Devapattana,  dem  jetzigen  Veraval  in  Sorath  machte.  Jayasiriiha,  hcisst  es,  war 
wegen  seiner  Kinderlosigkeit  in  grosser  Betrübniss.  Er  unternahm  deshalb  eine  Wallfahrt,  auf 
der  ihn  Hemachandra  begleitete.  Zuerst  wurde  Satrufijaya  besucht,  wo  Jayasiriiha  dem  ersten 
Tirthanikara  seine  Verehrung  darbrachte  imd  dem  Heiligthume  zwölf  Dörfer  schenkte.  Von  6a- 
tnnijaya  begab  er  sich  nach  Sariikali  l)ei  Girnar  und  sali  von  dort  aus  den  Tempel  des  Neminätha, 
welchen  sein  Beamter  Sajjana,  ohne  dazu  ermächtigt  zu  sein,  mit  dem  Tribute  der  Provinz 
Sauräshtra  hatte  erbauen  lassen.  Um  sich  die  P]hre  und  das  Verdienst  des  Baues  zu  sichern, 
erHess  er  dem  Gouverneure  die  Rückzahlung  der  verwendeten  Summe,  die  27  Lakh  betrug. 
Darauf  bestieg  er  den  Berg  Girnar  und  verehrte  den  Jina.  Dann  zog  er  mit  Hemachandra  nach 
Some.^varapattana  und  brachte  dem  Siva  seine  Verehrung  dar,  den  auch  Hemachandra  als  den 
Paramätman  pries.  Die  letzte  Station  auf  der  Reise  war  Kotinagara,  das  heutige  Kodinär  in 
Sorath,  wo  sich  ein  Heiligthum  der  Ambikä  befand.  Jayasiriiha  flehte  die  Göttin  an,  dass  sie 
ihm  einen  Sohn  verleihen  möge.  Hemachandra  vereinigte  seine  Gebete  mit  denen  des  Königs 
und  fastete  drei  Tage  lang.  Da  erschien  ihm  Ambikä  und  that  ihm  kund,  dass  Jayasiriiha 
keinen  Nachkommen  haben  Averde,  sondern  sein  Reich  dem  Kuniärapäla  hinterlassen  müsse.*' 

Dieselbe  Erzählung  findet  sich  mit  einigen  Auslassungen  und  Zusätzen  bei  Jinamandana. 
Ausgelassen  wird  dort  der  Besuch  des  Girnar  und  die  Anekdote  von  Sajjana's  Tempel  und 
der  Verehnmg  Siva's  durch  Hemachandra.  Dagegen  heisst  es,  dass  Jayasiriiha  nach  seinem 
Besuche  in  Kotinagara  oder  Kotinäri,  wie  die  Prakrit-Form  lautet,  noch  einmal  nach 
Somanäthapattana  ging,  um  sein  Anliegen  dem  6iva  vorzutragen.  Der  Gott  erschien  dem 
Könige  und  verweigerte  es,  ihm  einen  Sohn  zu  geben.*"  Ganz  anders  stellt  sich  die  Sache 
bei  Merutuiiga.  Dieser  kennt  die  Wallfahrt  Jayasiriiha's  sehr  wohl.  Er  weiss  aber  nichts 
davon,  dass  Hemachandra  an  derselben  Theil  nahm  und  er  behauptet  Hemachandra  habe 
den  im  Prabhävacharita  angeführten  Vers  an  Öiva  bei  einem  Besuche  in  Somanäthapattana 
gedichtet,  der  in  Kumarapäla's  Gesellschaft  viel  später  gemacht  wurde.  Nach  seiner  Dar- 
stellung war  auch  die  Marschroute  eine  andere.  Der  König  besuchte  Somanäthapattana 
zuerst.  Auf  dem  Rückwege  lagerte  er  am  Fusse  des  Girnar,  bestieg  den  Berg  aber  nicht, 
weil  die  neidischen  Brahmanen  ihm  erklärten,  derselbe  sehe  wie  ein  in  einem  Wasserbassin 
stehendes  Linga  aus,  und  dürfe  deshalb  nicht  mit  dem  Fusse  betreten  werden.    Von  Girnar 


Uebbr  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  189 

heisst  es  bei  Merutunga  weiter,  wendete  sich  Jayasiriiha  nach  Satruiljaya,  und  besuchte  das 
dortige  HeiUgthum  trotz  des  Widerstandes  seiner  brahmanisclien  Rathgeber  bei  Nacht  und 
in  Verkleidung.  Merutunga  erwähnt  auch  die  Schenkung  der  zwölf  Dörfer.  Die  Geschichte 
von  Sajjana  kennt  Merutunga  gleichfalls,  bringt  sie  aber  nicht  mit  der  Wallfahrt  in  Ver- 
bindung.*' Den  Besuch  von  Kotinagara  erwähnt  er  nicht.  Vergleicht  man  nun  das,  was 
Hemachandra  selbst  im  Dvya^raya  über  Jayasiiiiha's  Wallfahrt  berichtet,  so  ergibt  sich,  dass 
die  Darstellung  des  Prabhavakacharitra  entschieden  falsch  ist  und  auch  Merutunga's  Bericht 
Fehler  enthält.  Dem  ersteren  Werke  Aviderspricht  das  Dvyä^raya  dadurch ,  dass  es  über 
Hemachandra's  Betheiligung  an  der  Reise  schweigt,  dass  die  Marschroute  nicht  stimmt, 
sondern  dieselbe  ist,  welche  Merutunga  angibt,  und  dass  von  einem  Besuche  in  Kotinagara 
und  einer  Erscheinung  der  Ambikä  nicht  die  Rede  ist.  Dagegen  wird  behauptet,  Siva  sei  in 
Somanäthapattana  dem  Jayasimha  erschienen  imd  habe  ihm  die  Bestimmung  Kuiuärapüla's 
verkündet.  Im  Widerspruche  mit  Merutunga's  Berichte  behauptet  das  Dvya^raya,  Jayasiriiha 
habe  den  Berg  Girnar  bestiegen  und  dort  den  Neminätha  verehrt.  Er  tritt  endlich  sowohl 
dem  Prabhavakacharitra  als  Merutunga  entgegen,  indem  er  Jayasiüiha  von  Girnar  nicht  nach 
Jiatruiijaya,  sondern  auf  dem  directen  Wege  nach  Siriihapur  oder  Sihor  ziehen  lässt  und  von 
der  angeblich  dem  Heiligthume  des  ersten  Jina  gemachten  Landschenkung  nichts  sagt.  Da 
Hemachandra  sonst  im  Dvyä^raya  recht  sorgfältig  alle  Begünstigungen  hervorhebt,  welche 
seinem  Glauben   zu  Theil  wurden,   so  ist  sein  Schweigen  in  diesem  Falle  sehr  bedeutsam.** 

Zu  diesen  Erzählungen  des  Prabhavakacharitra  fügt  Merutunga  noch  drei  andere,  von 
denen  eine  auch  bei  Jinamandana  vorkommt.  Die  ersten  beide'n  derselben  sollen  ^ie  Ge- 
lehrsamkeit Hemachandra's  darthun,  indem  erzählt  wird,  dieser  allein  hal)e  einen  Sanskrit- 
vers erklären  können,  den  der  König  von  Dahala  geschickt  hatte,  und  derselbe  habe  bei 
einer  anderen  Gelegenheit  sofort  die  zweite  Hälfte  eines  Prakrit-Dodhaka  verfasst,  von  dem 
der  König  von  Sapädalaksha  die  erste  Hälfte  als  samasyä  für  Jayasimha's  Dichter  gesendet 
hatte.  Der  Sanskritvers  ist  das  bekannte  Räthsel  mit  dem  Worte  hära.  Es  gehört  zu  den 
beliebtesten  Stücken,  mit  denen  sich  die  Pandits  in  ihren  Sabhas  amüsiren,  und  ist  so  leicht, 
dass  zu  seiner  Auslegung  nicht  viel  Gelehrsamkeit  gehört.*^ 

Die  dritte  Erzählung  hat  einen  ganz  andern  Charakter.  Einst,  sagt  Merutunga,  liess 
Siddharaja ,  der  den  richtigen  Pfad  zur  Erlösung  zu  finden  suchte ,  in  allen  Ländern ,  bei 
allen  Secten  über  ihre  Lehren  Nachforschungen  anstellen.  Das  Resultat  war  nicht  befrie- 
digend. Jeder  Lehrer  pries  seinen  eigenen  Glauben  und  tadelte  alle  anderen  Systeme. 
Der  König  wm-de  dadurch  ,auf  die  Schaukel  des  Zweifels'  gesetzt  imd  wendete  sich  schliesslich 
an  Hemachandra,  um  zu  erfahren,  wie  er  sich  verhalten  solle.  Dieser  gab  seinen  Rath  in 
der  Gestalt  einer  Parabel,  wie  sie  sich  in  den  Puranas  finden.  Vor  Zeiten,  sagte  er,  lebte 
ein  Kaufmann,  der  seine  Gattin  verliess  und  all  sein  Gut  einer  Hetäre  hingab.  Seine 
Frau  strebte  eifrig  darnach,  die  Liebe  ihres  Gatten  Avieder  zu  gewinnen,  und  erkundigte 
sich  überall  nach  Zaubermitteln,  um  dies  zu  bewerkstelligen.  Da  versprach  ihr  ein  Gauda 
,ihren  Gatten  mit  einem  Zügel  an  sie  zu  fesseln'  und  gab  ihr  eine  Arznei  mit  der  Weisung, 
dieselbe  in  die  Speisen  zu  mischen.  Als  die  Frau  einige  Tage  nachher  diesen  Rath  be- 
folgte, wurde  ihr  Gatte  in  einen  Stier  verwandelt.  Da  wurde  sie  von  aller  Welt  getadelt 
und  verfiel,  weil  sie  die  Folgen  ilirer  unseligen  That  nicht  zu  ändern  wusste,  in  tiefe 
Betrübniss.  Einst  führte  sie  ihren  verwandelten  Gatten  auf  die  Weide  und  setzte  sich,  laut 
klagend,  während  er  graste,  in  den  Schatten  eines  Baumes  nieder.  Da  hörte  sie  eine  Unter- 
haltung,   die  der  in  einem  Vimana    durch  die  Luft  schwebende    6iva  mit    seiner   Gemahlin 


190  G.    BüHLER. 

Pftrvati  tiilirte.  l'ärvati  tra<rtt'  nach  der  Ursache  des  Leides  der  Hirtin  imd  Siva  erzählte 
sie  ilir,  indem  er  hinziüiigte.  dass  im  Scliatten  des  Banmes  ein  lieilki-fiftiges  Kraut  wachse, 
welches  dem  verwandelten  Kaufmanne  seine  ursprüngliche  Gestalt  zurückzugeben  vermöge. 
Da  die  Art  des  Krautes  nicht  niilier  bezeichnet  war,  so  raffte  die  Frau  alles  zusammen, 
was  im  Schatten  des  Baumes  wuchs,  und  warf  es  dem  Stiere  vor.  Der  frass  es  und  wurde 
wieder  ein  Mensch.  Wie  nun  das  unbekannte  Kraut ,  so  schloss  Hemuchandra ,  sich  lieil- 
kniftig  envies,  so  führt  auch  eine  gläubige  Verehrung  aller  Glaubensgenossenscliaften  zum 
Heile,  wenn  man  auch  nicht  weiss,  welche  unter  ihnen  eigentlich  der  Verehrung  werth  ist. 
Von  da  au  verelirte  der  König  alle  Secten.'^**  Eine  unabhängige,  vielfach  besser  stilisirte 
Version  der  Erzählung  wird  von  Jinamandana "'  gegeben.  Derselbe  Autor  schliesst  noch 
zwei  andere  kleine  Anekdoten  unmittelbar  an  dieselbe  an.  Die  eine  berichtet  von  einer 
zweiten  Unterhaltung  über  dieselbe  Frage,  bei  welcher  Hemachandra  dem  Könige  die 
sogenannten  ,allgemeinen  Pflichten',  Freigebigkeit  gegen  würdige  Männer,  geziemendes  Be- 
tragen gegen  ehrwürdige  Personen,  Barndierzigkeit  gegen  alle  Wesen  u.  s.  w.  empfahl  und 
mit  den  Worten  des  Mahabhärata  den  eines  frommen  Wandels  Beflissenen,  nicht  den 
Kasteiungen  Obliegenden  oder  den  Gelehrten  für  den  wahrhaft  Würdigen  erklärte.  Der 
anderen  Anekdote  zufolge  belehrte  Hemachandra  den  König,  als  dieser  in  Siddhapura 
Tempel  des  Siva  und  des  ^lahävira  bauen  Hess,  dass  die  letztere  Gottheit  noch  grösser  sei 
als  die  erstere.  Denn  Siva  trage  zwar  den  Mond  auf  der  Stirne,  aber  alle  neun  Planeten 
seien  zu  Mahavira's  Füssen  zu  sehen.  Die  der  Baukunst  Verständigen  bestätigten  diese 
Angabe  und  fanden,  dass  die  Tempel  der  Jinas  nacli  den  Regeln  ihrer  Lehrbücher  vor 
denen  der  brahmanischen  Götter  auch  in  anderer  Hinsicht  ausgezeichnet  seien.  Darauf, 
heisst  es  zum  Schlüsse",  warf  Siddharäja  die  Finsterniss   des  Zweifels  von  sich.**^ 

Angesichts  der  Thatsache,  dass  einige  der  angeführten  Erzählungen  sich  auf  den  ersten 
Blick  als  mythisch  zu  erkennen  geben,    betreffs    der  meisten    übrigen  aber  die  Prabandhas 
einander  widersprechen,  würde  es  mehr  als  gewagt  sein,  von  irgend  einer  derselben  zu  be- 
haupten, dass  sie  wirklich  historisch  sei.     Dagegen  ist  es  gar  nicht  unwahrscheinlich ,    dass 
sie  die    Art   und  Weise,    in  welcher  Hemachandra    sich    dem  Könige  gegenüber  benommen 
haben    wird,    im    Ganzen    richtig    schildern.     Hemachandra    wird    natürlich    in    den    letzten 
Lebensjahren  zu  den  Audienzen  seines  Herrn  Zutritt  gehabt  haben.    Er  wird  ohne  Zweifel 
sich  bemüht  haben,  durch  seine  Gelehrsamkeit  und  Schlagfertigkeit  zu  glänzen,  und  er  wird 
keine  Gelegenheit  haben    vorüber    gehen  lassen,    um  ein  gutes  Wort    für    seine  Secte  oder 
wenigstens  für  die  Gleichberechtigung    der   nicht-brahmanisclien    Secten    einzulegen.     Dabei 
wird  er  es  sich  haben  angelegen  sein  lassen,  die  Punkte  besonders  hervorzuheben,  in  welcher 
die  Jaina-Lehre  sich  mit  der   brahmanischen  berührte.     Es   wird   weiterhin  gezeigt  werden, 
dass  er  auch  in  seinen  Werken,  als  kluger  Missionär,    solche  Anknüpfimgspunkte  nicht  un- 
benutzt Hess  imd.   wo  es  anging,    die  Autorität  der  beHebtesten  brahmanischen  Textbücher 
zu  seinen  (Gunsten  anrief.     Er  wird  endHch  ohne  Zweifel  Gelegenheit  ffenuir  gehabt  haben, 
»ich    und    seine  Glaubensgenossen    gegen    die  Angriffe    der   neidischen    Brahmanen  zu    ver- 
theidigen  und  die  Angabe,  dass  er  sich  solcher  Kniffe  bediente,  wie  des  bei  der  Vertheidiguny 
(les  Nemicharita  ermahnten,  ist  nicht  unglaublich.    Solche  Züge  sind  echt  indisch  und  finden 
sich  besonders  l»ei  den  Jainas  recht  häufig.     Wie  gross  der  j:influss  gewesen  ist,    den  He- 
machandra zu  Gunsten  seiner   Secte   auf  Jayasiriiha   ausübte,    lässt   sich  bis  jetzt  nicht  mit 
Sicherheit  ermitteln.     Man  wird  Hemachandra's  eigener  Angabe  im  Dvyääraya,  der  zufolge 
Jayasiihha  in  Siddhapura  einen  Tempel   des  MahAvira    baute,    und    auf  dem  Berge  Girnär 


Ueber  das  Leben  des  Jainä  Mönches  Hemachandra.  J91 

dem  Neminätha  seine  Verehrung  darbrachte,  gewiss  Glauben  schenken  düi-fen.  Denn  es 
gibt  Beispiele  genug  aus  alter  und  neuer  Zeit,  dass  indische  Fürsten,  die  nicht  bigott, 
sondern  eher  lax  in  ihren  religiösen  Anschaungen  waren,  vielen  fremden  Göttern  Schen- 
kungen machten,  sowie  dass  sie  auch  solche  verehrten ,  wenn  sie,  wie  Javasimha ,  auf  die 
Erfüllung  eines  heiss  ersehnten  Wunsches  lange  vergeblich  zu  Avarten  hatten.  Eine  andere 
Frage  ist  es  aber,  ob  Jayasiiiiha's  Hinneigung  zum  Jainismus  oder  Begünstigung  desselben 
ausschliesslich  dem  Wirken  Hemachandra's  zuzuschreiben  ist.  Die  neuesten  Forschungen 
machen  es  höchst  wahrscheinlich,  dass  das  nicht  der  Fall  war ,  da  sie  zeigen ,  dass  noch 
andere  Jaina- Mönche  an  Jayasiiiiha's  Hofe  Zutritt  hatten  und  ihm  ihre  Lehren  vortragen 
durften.  Unter  diesen  wird  ein  zweiter  Hemachandra  mit  dem  Beinamen  Maladharin  ge- 
nannt, der,  den  Daten  seiner  Werke  nach  zu  urtheilen,  etwa  zehn  bis  zwanzig  Jahre  älter 
gewesen  zu  sein  scheint,  als  Hemachandra,  der  Verfasser  der  Grammatik.  Ein  Avahrscheinlich 
dem  13.  Jahrhunderte  angehöriges  Werk  sagt,  dass  ,Jaya8imha  den  Nectar  seiner  Rede 
trank'.  In  einer  um  1400  p.  Chr.  verfassten  Pra^asti  wird  sogar  behauptet,  er  habe  Jaya- 
siiiiha  bekehrt  imd  ihn  veranlasst,  die  Jaina  Tempel  in  seinem  eigenen  und  fremden  Reichen 
mit  goldenen  Flaggenstäben  und  Knäufen  zu  schmücken ,  sowie  ein  Edict  zu  erlassen, 
welches  das  Tödten  von  Thieren  jährlich  während  achtzig  Tagen  untersagte.  Wenn  man 
diesen  letzteren  Angaben  Glauben  schenken  dürfte,  so  würden  die  Verdienste  des  Gramma- 
tikers Hemachandra  sehr  zweifelhaft  sein.  Leider  ist  aber  der  Verfasser  der  erwähnten 
Pra^asti,  derselbe  Räja^ekhara,  welcher  den  Prabandhakosha  schrieb,  so  Aveit  von  den  ge- 
schilderten Ereignissen  entfernt,  dass  man  ihm  scliwerlich  unbedingt  vertrauen  kann.^^  Ausser 
diesem  älteren  Hemachandra  soll  auch  ein  Yati  Namens  Samudraghosha  ,den  Siddhapati  in 
der  Hauptstadt  von  Gürjara  ergötzt  haben'.^*  Auf  alle  Fälle  sind  diese  Angaben  hinreichend, 
um  zu  beweisen ,  dass  der  Grammatiker  Hemachandra  nicht  der  einzige  Jaina  -  Günstling 
Jayasiiiiha's  war ,  wie  das  nach  der  Darstellung  des  Prabhavakacharitra ,  Mei'utunga's  und 
Jinamandana's  der  Fall  gewesen  sein  soll.  Er  ist  ihr  Held  und  sie  sind  von  dem  Glänze 
seiner  Stellung  am  Hofe  Kumärapäla's  geblendet.  Diese  Umstände  haben  natürlich  auf 
ihre  Darstellung  seines  Verhältnisses  zu  Jayasiiiiha  eingewirkt. 


Die  Sagen  über  Kumärapäla's  und  Hemachandra's  erste  Bekanntschaft. 

So  zweifelhaft  es  ist,  ob  Hemachandra  am  Hofe  Jayasiiiiha's  mit  P^rfolg  als  Missionär 
gewirkt  hat,  so  sicher  steht  die  Bekehrung  des  nächsten  Chaulukya- Königs  durch  seinen 
Glaubenseifer  und  durch  seine  Beredsamkeit.  Jayasiiiiha  starb  im  Vikrama- Jahre  1199, 
ohne  dass  sein  Wunsch,  einen  Sohn  zu  bekommen,  in  Ertiillung  gegangen  war.  Nach  einem 
kurzen  InteiTegnum  bestieg  sein  Grossneffe  Kumärapäla,  von  seinem  Schwager,  dem  Generale 
Krishna  oder  Känhada  unterstützt  und  von  den  Grossen  des  Reiches  erwählt,  den  Thron 
von  Gujarät.  Kumärapäla's  Urgrossvater  war  Kshemaräja,  der  älteste  Sohn  Bhima's  I., 
welcher  nach  einem  Berichte  freiwillig  den  Tlu'on  ausschlug ,  nach  einem  andern  aber  in 
der  Thronfolge  übergangen  wurde ,  weil  seine  Mutter  Chakuladevi  eine  Hetäre  war,  die 
Bhlma  in  seinen  Harem  aufgenommen  liatte.  Kshemaräja's  Sohn  Devaprasäda  war  eng  mit 
Bhima's  Sohne,  dem  Könige  Karna,  befreundet  gewesen ,  und  hatte  von  diesem  das  Dorf 
Dadhisthah,  das  jetzige  Dethli,  nicht  weit  von  Anhilväd  als  Apanage  erhalten.  Bei  Karna's 
Tode  verbrannte  er  sich,  nachdem  er  Jayasiiiiha  seinen  Sohn  Tribhuvanapäla  anempfohlen 


192  ^-  Bühler. 

hatte.  Tribhuvanapj'ila ,  hielt  ebenso  treu  zu  dem  Haupte  seiner  Familie ,  wie  sein  Vater. 
In  der  Schlacht  pÜegte  er  vor  dem  Könige  zu  stehen,  um  ihn  mit  seinem  Leibe  zu  decken. 
Er  muss  längere  Zeit  vor  dem  Ende  von  Jayasiiiiha's  Regierung  gestorben  sein ,  da  er  in 
den  Berichten  über  die  letzten  Jahre  dieses  Königs  nicht  erwähnt  wird.  Als  Jayasimha  bis 
in  sein  Alter  kinderlos  blieb,  trat  Kumarapäla  natürlich  als  präsumtiver  Thronerbe  in  den 
Vonlergruud.  Es  bedurfte  sicher  keiner  Offenbarungen  des  Mahädeva  oder  der  Ambikä, 
und  keiner  Weissagungen  der  Hof-Astrologen,  von  denen  das  DvyMraya  und  die  Prabandhas 
sprechen,  um  Jayasiniha  zu  überzeugen,  dass  sein  Grossneffe  nach  seinem  Tode  den  Thron 
von  Anhilvad  besteigen  würde.  Jayasiniha  aber  konnte  sich  mit  diesem  Gedanken  nicht 
befreunden.  Er  warf  einen  grimmigen  Hass  auf  Kumarapäla  und  trachtete  ihn  zu  tödten. 
Nach  Merutuüga's  Angabe  war  der  Grund  seiner  Abneigung  die  Abstammung  Kiunärapäla's 
von  der  Hetäre  Chakuladevi.  Nach  Jinamandana's  Berichte  hoffte  er,  dass,  wenn  Kumara- 
päla aus  dem  Wege  geräumt  wäre,  Siva  ihm  doch  noch  einen  Sohn  gewähren  würde.  Als 
Kumarapäla  von  den  Gesinnungen  des  Königs  Kunde  erhielt,  floh  er  aus  Dethli  und  führte, 
als  ^ivitischer  Ascet  verkleidet,  mehrere  Jahre  ein  unstetes  Wanderleben.  Zuerst  scheint  er 
sich  noch  in  Gujarat  aufgehalten  zu  haben.  Später  zwangen  ihn  die  immer  ernstlicher 
werdenden  Nachstellungen  Jayasiiiiha's  sein  Vaterland  zu  verlassen."^  Die  Prabandhas  wissen 
eine  Menge  von  romantischen  Begebenheiten  zu  erzählen,  die  sich  bei  Kumärapäla's  Flucht 
und  während  seiner  Irrfahrten  in  Gujarat  und  in  fremden  Landen  ereignet  haben  sollen, 
und  sie  geben  sich  grosse  Mühe  Hemachandra  als  den  Beschützer  des  verfolgten  Prinzen  und 
als  den  Propheten  seiner  zukünftigen  Grösse  darzustellen.  Das  Prabliävakacharita  enthält 
folgende  Angaben  über  Hemacliandra's  Eingreifen  in  Kumärapäla's  Geschick.  Jayasimha, 
heisst  es,  erfuhr  durch  seine  Spione  dass  Kumarapäla  sich  unter  einer  Schaar  von  drei- 
hundert Asceten  befand,  die  nach  Anhilvad  gekommen  war.  Um  seiner  habhaft  zu  werden, 
lud  der  König  alle  zu  einem  Mahle.  Er  wusch  ihnen  selbst  die  Füsse,  anscheinend  um 
ihnen  seine  Verelirung  zu  bezeigen,  in  Wirklichkeit  aber  um  herauszufinden,  welcher  unter 
ihnen  die  Zeichen  der  Königswürde  auf  seinen  Fusssohlen  trage.  Sowie  er  Kumärapäla's 
Füsse  berührte,  fand  er  die  Linien,  welche  einen  Lotus,  eine  Fahne  und  einen  Sonnenschirm 
bildeten.  Er  gab  seinen  Dienern  ein  Zeichen  mit  den  Augen,  Kumarapäla  sali  das  und 
floh  eiligst,  von  den  Spähei-n  des  Königs  verfolgt,  in  die  Wohnung  Hemachandra's.  Dieser 
deckte  ihn  rasch  mit  einem  Haufen  Palmblätter  zu,  unter  dem  die  bald  herbeigekommenen 
Beamten  ihn  zu  suchen  vergassen.  Als  die  unmittelbare  Gefahr  vorüber  war,  entwich 
Kumarapäla  aus  Anhilvad  und  kam  nach  manchen  Abenteuern  in  der  Begleitung  eines 
andern  isiviten,  des  Brahmanen  Bosari,  in  die  Nähe  von  Stambhatirtha  oder  Cambay.  Dort 
angelangt,  sendete  er  seinen  Gefährten  in  die  Stadt  zu  dem  Örimäli  Väniä  Udayana,  dem- 
selben Manne,  welcher  nacli  der  oben  angeführten  Erzählung  Hemachandra's  Vater  begütigt 
hatte,  und  liess  ihn  um  Hilfe  bitten.  Udayana  weigerte  sich  mit  einem  Feinde  des  Königs 
etwas  zu  thun  haben.  Da  ging  Kumarapäla,  vom  Hunger  getrieben,  bei  Nacht  selbst  in 
die  Stadt,  und  kam  von  ungefähr  in  ein  Jaina-Kloster,  wo  Hemachandra  seinen  Aufenthalt 
während  der  Regenzeit  genommen  hatte.  Hemachandra  empfing  ihn  freundlich,  da  er  gleich 
an  seinen  glücklichen  Zeichen  erkannte,  dass  er  es  mit  einem  zukünftigen  Könige  zu  thun 
hatte.  Er  sagte  ihm  voraus,  dass  er  im  siebenten  Jahre  den  Thron  besteigen  würde,  und 
liess  ihm  von  Udayana  Speise  und  Geld  geben.  Kumarapäla  wanderte  dann  weiter  und 
zog  sieben  Jahre  lang  als  Käpälika,  von  seiner  Gattin  Bhopaladevi  begleitet,  in  der  Fremde 
umher.      Im    Jahre    1199    starb    Jayasiniha.      Als    Kumarapäla    das    erfuhr,    ging    er    nach 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  193 

Anhilväd  zurück  um  sich  den  Thron  zu  sichern.  Bei  seiner  Ankunft  traf  er  dort  den 
Öriniat-S&ba  (?) ,  eine  sonst  nicht  bekannte  Persönhehkeit.  Dieser  führte  ihn,  da  er  noch 
zweifelte,  ob  er  sein  Ziel  erreichen  würde,  zu  Heniachandra,  um  ein  günstiges  Vorzeichen  zu 
suchen.  Bei  seinem  Eintritte  setzte  sich  Kumärapäla  von  ungefähr  auf  den  mit  Kissen 
bedeckten  Thronsitz  des  Klosters  nieder  und  lieferte  dadurch ,  nach  Hemachandra's  Aus- 
spiniche,  das  gewünschte  Omen.  Am  folgenden  Tage  ging  der  Prinz  mit  seinem  Schwager 
Krishnadeva,  einem  Sämanta,  der  10.000  Soldateii  befehligte,  in  den  Palast  und  wurde  zum 
Könige  gewählt."^" 

Merutunga's  Bericht  über  Kumsirapäla's  Flucht  und  Wanderungen,  stimmt  im  Ganzen 
mit  dem  des  PrabhAvakacharitra.  Was  die  Abweichungen  in  Einzelheiten  betrifft,  so  ist  her- 
vorzuheben, dass  Heniachandra  in  Merutunga's  Erzählung  nur  ein  Mal  auftritt.  Memtunga 
weiss  nichts  davon,  dass  Kumarapala  in  Anhilväd  durch  Hemachandra  unter  Palmblättern 
versteckt  wnirde,  noch  envähnt  er  die  zweite  Weissagung  unmittelbar  vor  der  Königswahl.  Er 
erzählt  nur  die  Geschichte  von  der  Begegnung  in  Stanibhatirtha  mit  einigen  kleinen  Varianten. 
Nachdem  Kumarapala  auf  seiner  Flucht  von  Anhilväd  verschiedene  Länder  durchwandert 
hatte,  wendete  er  sich  nach  Cambay,  um  Udayana  um  Reisegeld  zu  bitten.  Da  Udayana  bei 
seiner  Ankunft  sich  gerade  im  Jaina-Kloster  befand,  so  ging  er  auch  dahin.  Dort  traf  er 
Hemachandra ,  der  ihm  alsbald  voraussagte ,  dass  er  ein  die  ganze  Erde  beherrschender 
König  Averden  Avürde.  Als  Kimiärapäla  dies  nicht  glauben  wollte,  schrieb  Hemachandra 
seine  Weissagung  nieder  und  gab  eine  Copie  dem  königlichen  Rathe  Udayana,  und  eine 
andere  dem  Prinzen.  Dieser  sagte  darauf:  ,Wenn  das  wahr  Avird,  so  sollst  Du  König  sein, 
ich  aber  nur  der  Staub  Deiner  Füsse'.  Hemachandra  antwortete,  ihm  sei  an  der  HeiTschaft 
nichts  gelegen,  Kumarapala  möge  aber  sein  Wort  nicht  vergessen  und  sich  später  dankbar 
und  der  Jaina-Lehre  ergeben  zeigen.  Darauf  \vurde  Kumarapala  von  Udayana  in  seinem 
Hause  mit  Speise  und  Trank  erquickt,  und  erhielt  das  gewünschte  Reisegeld.  Er  begab 
sich  dann  nach  Mälvä,  wo  er  bis  zu  Jayasimha's  Tode  blieb.  Als  der  letztere  gestorben 
war,  kehrte  er  nach  Anhilväd  zurück  und  setzte  mit  Hilfe  seines  Schwagers  Kähnadadeva, 
,der  ihn  mit  seinen ,  zum  Kampfe  gerüsteten  Truppen ,  in  den  Palaste  fiihrte',  seine  Wahl 
zum  Könige  durch.*' 

Jinamandana  bringt  Kumarapala  und  Hemachandra  noch  viel  früher  zusammen.  Er 
erzählt,  Kumarapala  sei  einst,  lange  ehe  der  König  ihn  verfolgte,  an  den  Hof  gekommen, 
um  seine  Huldigungen  darzubringen.  Da  habe  er  Hemachandra  vor  dem  Könige  sitzen 
sehen ,  und  sei  bald  darauf  in  das  Kloster  des  Mönches  gegangen ,  um  ihn  zu  besuchen. 
Dort  habe  Hemachandra  ihm  eine  Predigt  gehalten,  und  schliesslich  das  Gelübde  abge- 
nommen ,die  Frauen  Anderer  hinfort  als  Schwestern  zu  betrachten'."  Jinamandana's  Version 
der  Fluchtgeschichte  Kumärapäla's  ist,  soweit  die  Betheiligung  Hemachandra's  in  Betracht 
kommt,  eine  Mischung  aus  den  Sagen  des  Prabhävakacharitra  und  des  Prabandliachintämani. 
Nach  seiner  Darstellung  begegnet  Hemachandra,  wie  bei  Merutunga,  deYn  Flüchtlinge  zuerst 
in  Cambay.  Die  Begegnung  findet  aber  zufällig  in  einem  Tempel  vor  den  Thoren  von 
Cambay  statt,  wohin  auch  Udayana  kommt,  um  Hemachandra  seine  Verehrung  darzubringen. 
Udayana's  Ankimft  wird  benutzt  um  seine  ganze  Vorgeschichte  einzuflechten,  welche  Hema- 
chandra auf  Kumärapäla's  Frage,  wer  der  Besucher  sei,  erzählt.  Dann  folgt  Hemachandra's 
Weissagung  und  Kumärapäla's  gastliche  Aufnahme  bei  Udayana,  ganz  so  wie  bei  Merutunga. 
Dagegen  heisst  es,  dass  Kumarapala  längere  Zeit  bei  seinem  Wirthe  geblieben  sei.  Jaya- 
siihha  habe  von  seinem  Aufenthalte  in  Cambay  erfahren,    und  Soldaten   gesendet,    um  ihn 

»pnkRchriftBD  der  phil.-hist.  Ol.  XXXVII.  Ki.  25 


J94  ^-     Hi-HLEK. 

ZU  fiiugeu.  V'ou  dieseu  verfolgt ,  sei  er  iu  Hemachandra's  Kloster  gefloheu,  und  dort  unter 
einem  Hauten  von  Manuscripten  im  Keller  versteckt.  Der  letztere  Zug  ist  wahrscheinlich 
eine  Umarbeitung  der  Geschichte  von  der  ersten  Hilfeleistung  Devachandra's ,  von  der  das 
Prabhavakacharitra  erzählt.  Jinamandana  scheint  gefiililt  zu  haben ,  dass  es  absurd  ist, 
Heniachandra  zuerst  in  Anhilvad  auftreten  zu  lassen,  und  kurze  Zeit  darauf  in  Cambay. 
Er  wird  desshalb  die  Erziihhmg  von  Kumärapäla's  Rettung  durch  die  Pahnbliltter  an  den 
letzteren  Ort  verlegt  haben  und,  mn  den  Schein  der  Wahrheit  zu  vermehi-en,  hinzugefügt 
haben ,  dass  die  Manuscripte ,  wie  ja  stets  der  Fall  ist ,  im  Keller  lagen.  Jinamandana's 
weitere  Beschreibung  der  Wanderungen  Kumärapäla's  ist  viel  ausführlicher,  als  in  den 
beiden  andern  Werken,  und  muss  aus  anderen  Quellen  geschöpft  sein.  Er  lässt  den  Prinzen 
erst  nach  Vatapadra-Baroda ,  dann  nach  Bhrigukachchha-Broach ,  von  da  nach  Kolli Apur, 
Kalyäna,  Käüchi  und  anderen  StJidten  des  Dekhan  ziehen,  endlich  über  Pratishthäna-Paithan 
nach  Mälva  gelangen.  I^in  grosser  Theil  dieses  Abschnittes  ist  in  Versen ,  und  scheint 
einem  der  vielen  metrischen  Kmuärapälacharitas  entlehnt  zu  sein.'" 


Die  Sagen  über  Kumärapäla's  Bekehrung. 

Nach  diesen  Erzählungen,  welche  Heniachandra  als  den  Lebensretter  des  flüchtenden 
Prinzen,  und  als  den  Propheten  seiner  zukünftigen  Grösse  darstellen,  sollte  man  erw^arten, 
dass  sogleich  nach  Kumärapäla's  Thronbesteigung,  von  einer  engen  Freimdschaft  zwischen 
den  beiden  die  Rede  wäre.  Das  ist  jedocli  durchaus  nicht  der  Fall.  Gerade  nach  den 
beiden  ältesten  Werken,  beginnt  der  vertraute  Verkehr  des  Mönches  mit  dem  Könige  sehr 
viel  später ,  und  wird  derselbe  nicht  durch  die  früheren  Wohlthaten ,  sondern  durch  ganz 
andere  Umstände  veranlasst.  Nachdem  Kumärapäla  gekrönt  war,  heisst  es  im  Prabhava- 
kacharitra, lieschloss  er  Arnoräja,  den  übermüthigen  König  des  Sapädalaksha-Landes,  d.  h. 
des  östlichen  Räjputänä ,  mit  Krieg  zu  überziehen ,  und  rüstete  sich  zum  Kampfe.  Von 
allen  seinen  Baronen ,  und  deren  Aufgeboten  begleitet ,  zog  er  aus.  Nach  einigen  Tagen 
erreichte  er  die  Festung  Ajameni ,  das  heutige  Ajmir.  Er  belagerte  dieselbe ,  konnte  sie 
aber  trotz  aller  Anstrengungen  nicht  einnehmen.  Als  die  Regenzeit  kam,  kehrte  er  un- 
verrichteter  Sache  nach  Anhilvad  zurück.  Beim  Anfange  der  kühlen  Jahreszeit  zog  er 
i\'ieder  aus,  musste  jedoch  am  Ende  des  Sommers  sich  wieder  zurückziehen,  ohne  dass 
Ajmir  gefallen  war,  Sogingen  elf  Jahre  hin.  Da  fragte  er  einst  seinen  Minister  Vägbhata, 
den  Sohn  des  Udayana,  ob  es  nicht  einen  Gott,  Yaksha  oder  Äsura  gebe,  der  ihm  sicher  zum 
Siege  verhelfen  könnte.  Vägbhata  rieth  ihm  ein  Bild  des  Ajitasvämin  zu  verehren,  das  in 
Anhilvä<l  sich  befand,  und  von  Heniachandra  consecriit  war.  Kumärapäla  willigte  ein,  und 
brachte  dem  Ajitasvämin  die  Spenden  von  wohlriechenden  Sul)stanzen  dar,  welche  der 
Jaiua-Cultus  erfordert.  Zugleich  versprach  er,  dass,  falls  er  seinen  Feind  durch  des  Ajita 
Gnade  überwände,  dieser  allein  ,sein  Gott,  seine  Mutter,  sein  Guru  und  Vater'  sein  sollte. 
Dann  zog  er  noch  ziun  zwölften  Male  nach  Märväd.  In  der  Nähe  des  Berges  Arbuda-Äbü 
wurde  eine  Schlacht  geliefert,  in  der  Arnoräja  gänzlich  geschlagen  wurde.  Kumärapäla  hielt 
einen  Trimnph-Einzug  in  Anhilvad.  Er  vergass  Bein  Versprechen  nicht  und  brachte  wiederum 
in  dem  Tempel  des  Ajitanätha  seine  Verehrung  dar.  Bald  darauf  erklärte  er  dem  Minister 
Vägbhata,  dass  er  im  Jaina-Glauben  unterrichtet  zu  werden  wünsche,  und  forderte  ihn  auf, 
ilim  einen  Lelirer  zu  verschaffen.     Vägbhata  schlug  vor,  dass  Heniachandra  l)erufen  werden 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  195 

möge,  um  des  Königs  Wunsch  zu  erlullen.  Dies  geschah.  Hemachandra  predigte  vor 
Kumärapjila  und  das  Resultat  war,  dass  dieser  sich  bewegen  liess,  die  Gelübde  der  Laien 
abzulegen,  dem  Genüsse  des  Fleisches  und  aller  anderen  verbotenen  Speisen  zu  entsagen, 
und  das  Gesetz  der  Jainas  zu  studieren."" 

Merutunga's  Erzählung  weicht  von  der  obigen  sehr  stark  ab  und  ist  recht  romanhaft. 
Nach  seiner  Darstellung  liatte  Kumarapala  unmittelbar  nach  seiner  Krönung  niit  innern 
Feinden  zu  thun.  Hierauf  folgte  der  Feldzng  gegen  Arnoraja  oder  Anäka  von  Sapadalaksha 
und  später  ein  Krieg  gegen  Mallikärjuna,  den  König  des  Konkan,  der  von  Amrabhata  oder 
Ambada,  einem  zweiten  Sohne  Udayana's,  erschlagen  wurde.  Zwischen  diese  beiden  Er- 
zälilungen  ist  eine  Anekdote  von  dem  Sänger  Solläka  eingeschoben,  in  der  auch  Hema- 
chandra erwähnt  ^drd.  Im  Widersprucli  hiermit  steht  aber  weiterhin  erst  der  Bericht  über  die 
Art  und  Weise,  in  welcher  Hemachandra  der  Freimd  und  Lehrer  Kumarapala's  wurde.  Eine 
Beleidigung,  welche  Hemachandra  bei  dem  Begräbnisse  seiner  Mutter  Pahini  von  den  Asceten 
des  Tripurushaprasäda  in  Anhilväd  zugefügt  wurde,  versetzte  ihn  nacli  Merutunga's  Angabe 
in  solchen  Zorn,  dass  er  beschloss ,  sich  EiiiHuss  bei  Hofe  zu  verschaffen,  um  sicli  rächen 
zu  können.  Er  begab  sicli  in  das  Hoflager,  welches  sich  damals  in  Malvä  befand.  Sein  alter 
Gönner ,  der  Rath  Udayana  führte  ilm  bei  dem  Könige  ein.  Dieser  erinnerte  sich  der 
früheren  Prophezeiung,  welche  ihm  Hemachandi'a  auf  seiner  Flucht  gegeben  hatte,  bot  ihm 
seine  Freundschaft  an,  und  gestattete  ihm  zu  jeder  Zeit  Zutritt  zu  seiner  Person.  Der  Ver- 
kehr, welcher  sich  so  entspann ,  hatte  aber  keine  unmittelbaren  Folgen  tiir  die  religiösen 
Ueberzeugungen  des  Königs.  Es  werden  nur  einige  Anekdoten  erzählt,  z.  B.  die  von  dem 
Streite  mit  dem  Purohita  Aniiga  (siehe  oben  S.  187),  welche  Hemachandra's  Gewandtheit  in 
der  Abwelir  von  Angriften  beweisen  sollen.  Erst  als  Kumarapala  einige  Zeit  darauf  nach 
Anhilväd  zurückkehrte ,  fand  Hemachandra  eine  Gelegenheit ,  sein  Bekehrungswerk  zu  be- 
ginnen. Kumarapala,  heisst  es,  fragte  einst  seinen  Freund,  wie  er  das  Andenken  an  seine 
Regierung  lur  alle  Zeit  verewigen  könnte.  Da  rieth  ihm  Hemachandra,  entweder,  wie  Vikra- 
mäditya,  die  Schulden  aller  Leute  zu  bezalilen,  oder  an  der  Stelle  des  verfallenen  hölzernen 
Tempel  des  Siva-Somanätha  in  Devajjattana ,  einen  neuen  steinernen  bauen  zu  lassen. 
Kumarapala  wählte  das  letztere,  und  entsendete  sofort  einen  Beamten,  um  den  Bau  zu  be- 
ginnen. Als  bald  darauf  die  Meldung  eintraf,  dass  der  Grundstein  gelegt  sei,  schlug  Hema- 
chandra dem  Könige  vor,  sich  ein  Gelübde  aufzuerlegen,  um  die  glückliche  Vollendung  des 
Baues  zu  sichern,  und  entweder  vollständige  Keuschheit  zu  versprechen,  oder  dem  Genüsse 
von  Spirituosen  und  Fleisch  zu  entsagen,  bis  die  Fahne  von  der  Zinne  des  Tempels  wellte. 
Kumarapala  schwur  bei  Siva's  Liüga,  die  verbotenen  Getränke  und  Speisen  so  lange  zu 
meiden.  Nach  zwei  Jahren  war  der  Tempel  vollendet,  und  Kumarapala  wünschte  von 
seinem  Gelübde  losgesproclien  zu  werden.  Hemachandra  aber  überredete  ihn,  es  nocli  weiter 
zu  halten ,  bis  er  dem  Gotte  in  dem  neuen  Tempel  seine  Verehrung  dargebracht  habe. 
Unmittelbar  darauf  wurde  eine  Wallfalirt  nach  Somanatha-  oder  Devapattana  unternommen, 
und  auf  den  Rath  der  feindlichen  Brahmanen  auch  Hemachandra  dazu  eingeladen.  Dieser 
erklärte  sich  gern  bereit ,  den  Tempel  des  Siva  zu  besuchen ,  machte  aber  vorher  einen 
Umweg  zu  den  Jaina-Heiligthümem  von  Satrunjaya  und  Gimär.  Vor  den  Thoren  von 
Devapattana  traf  er  mit  dem  Könige  zusammen,  nahm  zusammen  mit  diesem  und  mit  dem 
Ganda  Brihaspati ,  dem  Tempelpriester  des  Somanatha ,  an  dem  festlichen  Einzüge  Tlieil, 
und  liess  sich  durch  die  Bitten  seines  Herrn  bewegen,  selbst  den  Siva  zu  verehren.  Mit 
einem  kostbareii  Gewände  bekleidet,   betrat  er.    von  Brihaspati  geleitet,  den  Tempel,    pries 


J96  G'-  Bchlkr. 

dessen  Herrlichkeit,  brachte  nach  der  Vorschrift  des  Sivapurana  die  gebräuchUchen  Opfer- 
spenden dar  lind  warf  sich  vor  dem  Linga  nieder,  indem  er  folgende  Verse  au  den  Gott 
richtete : 

1.  Du  existirst,  wer  Du  immer  seist,  was  immer  Dein  Ort,  Deine  Zeit,  und  Dein  Namen 
sei.  Wenn  Du  der  einzige  von  Flecken  und  Fehlern  freie  bist,  so  sei  Dir,  o  Anbetungs- 
würdiger, Verehrung ! 

2.  Verelirung  dem ,  bei  dem  die  Leidenschaft  und  die  anderen  Erzeuger  des  Keimes 
der  Wiedergeburt  geschwunden  sind,  sei  er  Brahinan,  Vishmi  oder  Mahe^vara ! 

Als  Hemachandra  geendigt  hatte ,  verehrte  Kumärapala  seinerseits  den  Gott  nach  der 
Anweisung  des  Priesters  Brihaspati,  und  vertheilte  reiche  Gaben.  Dann  befahl  er  seinem 
Gefolge  sich  zurückzuziehen,  und  betrat  mit  Hemachandra  das  AUerheiligste.  Dort  forderte 
er  seinen  Freund  auf  ihm  Angesichts  des  Liüga  den  Weg  zur  Erlösung  wahrhaftig  zu 
erklären.  Hemachandra  sann  einen  Augenblick  nach.  Dann  schlug  er  vor,  den  Gott,  der 
hier  sicher  verborgen  sei,  zu  bewegen,  dass  er  sich  zeige  und  selbst  den  Weg  zum  Heile 
verkünde.  Er  selbst  übernahm  es,  um  das  gewünschte  Ziel  zu  erreichen,  sich  in  die  tiefste 
Meditation  zu  versenken,  und  wies  den  König  an,  fort  und  fort  Rauchopfer  von  Aloe-Holz 
zu  bringen.  Als  sie  so  sich  beide  abmühten,  und  das  Adytum  ganz  mit  Rauchwolken  an- 
gefüllt war,  erscliien  plötzlich  ein  helles  Licht  und  wurde  die  strahlende  Gestalt  eines 
Asceten  auf  dem  AVasserbassin  sichtbar,  das  den  Liiiga  mugab.  Der  König  betastete  die  Er- 
scheinung von  den  Füssen  bis  zum  Kopfe,  und  bat  sie,  nachdem  er  sich  überzeugt  hatte,  dass 
sie  göttlichen  Ursprungs  sei,  um  Unterweisung.  Da  erklärte  sie  ihm,  Hemachandra  sei  ein 
Seher,  der  die  höchste  Weisheit  erlangt  habe,  dessen  Lehre  sicher  zur  Erlösung  führe. 
Damit  verschwand  sie.  Der  König  aber  bat  nun  Hemachandra  demüthig  um  Belehrung, 
und  dieser  lies  ihn  sofort  das  Gelübde  ablegen,  sein  Lebenlang  weder  Fleisch  noch  Spiri- 
tuosen zu  berühren.  Kurze  Zeit  nachher  kehrte  Kumärapala  nach  Anhilvad  zm-ück.  Er 
wurde  dm-ch  Hemachandra's  Unterweisung  in  den  heiligen  Schriften,  sowie  durch  dessen 
Werke,  das  Trishashti^aläkäpurushacharitra  und  das  Yoga^ästra  nebst  den  zwanzig  Versen  zu 
Ehren  des  Vitaräga,  immer  mehr  dem  Jaina  Glauben  gewonnen,  und  erhielt  den  Titel 
Paramarhata  ,der  eifrige  Verehrer  des  Arhat'.  Er  Hess  dann  ein  Edict  ergehen ,  welches 
die  Tödtiing  von  Thieren,  in  den  ihm  unterworfenen  achtzehn  Provinzen,  auf  vierzehn  Jahre 
verbot,  er  lies  1440  Jaina-Tempel  bauen,  und  legte  die  zwölf  Gelübde  der  Jaina-Laien  ab. 
Als  das  dritte,  welches  das  Stehlen  verbietet,  erklärt  wurde,  bescliloss  er  hinfort  den  alten 
Brauch  abzuschaffen,  dem  zufolge  das  Vermögen  ohne  Söhne  verstorbener  Unterthanen  con- 
fiscirt  wurde.''* 

Jinamandana  sdiliesst  sich  im  Wesentliclien  an  Merutunüfa  au.  Doch  ist  ihm  der  innere 
Widerspruch  aufgefallen,  den  die  Erzählung  des  Prabaudhachintamani ,  wie  auch  die  des 
Prabhavakacharitra  enthält.  Es  ist  ihm  unglaublich  erschienen,  dass  Hemachandra,  der 
Kumärapala  auf  seiner  Flucht  geholfen,  und  die  Thronbesteigung  vorausgesagt  liat,  nachher 
während  vieler  Jahre  vergessen  wurde,  und  erst  durch  die  Intervention  der  Jaina- 
Minister  Zutritt  ]>ei  Hofe  erlangte.  Er  hat  desshalb  am  Anfange  seiner  Darstellung  eine 
neue  Geschichte  eingeschoben,  welche  zeigen  soll,  dass  Hemachandra  sehr  bald  nach 
Kiunarapala's  Krönung  an  den  Hof  kam.  Dieselbe  verräth  aber  ganz  deutUch,  dass  der 
Verfasser  die  älteren  Berichte  kannte,  und  dieselben  absichtlich  änderte.  Nachdem  er  die 
Belohnungen  aufgezählt  hat,  welche  dem  Rathe  Udayana  und  den  andern  Wohlthätern  des 
Königs  zu  Theil  wurden,    sagt  er,    Hemachandra  sei  gänzlich  vergessen.     Trotzdem  sei  er 


Ueber  das  Leben  ues  Jaina  Mönches  Hemacuandra.  197 

kurze  Zeit  nach  Kuniärapäla's  Krönung  von  Karnävati  nach  Anhilväd  gekommen.  Er  habe 
dann  Udayana  gefragt,  ob  der  König  sich  seiner  erinnere.  Als  dies  verneint  sei,  habe  er 
Udayaua  gebeten ,  Kumärapäla  an  einem  gewissen  Tage  vor  dem  Betreten  der  Wohnung 
seiner  Königin  zu  warnen,  und  ihm  erlaubt,  seinen  Namen  zu  nennen,  falls  der  König 
darauf  bestehe,  den  Warner  kennen  zu  lernen.  Udayana  habe  die  Warnung  dem  Könige 
hinterbracht  und  dieser  habe  danach  gehandelt.  An  dem  genannten  Tage  sei  der  Palast 
der  Königin  vom  Blitze  in  Brand  gesteckt  und  verbrannt.  Darauf  habe  der  König  nach 
dem  Namen  des  unbekannten  Rathgebers  gefragt.  Als  Hemachandra  genannt  sei,  habe  er 
denselben  sofort  zu  sich  berufen,  sich  demüthig  bei  ihm  wegen  seiner  VergessHchkeit  ent- 
schuldigt, und  ihm  versprochen,  allgemach  ganz  nach  seinem  Rathe  zu  regieren.''^  Nachdem 
Jinamandana  so  gezeigt  hat,  das  Hemachandra  bald  nach  V.  S.  1199  Kumärapäla's  Freund 
und  Rathgeber  wiu-de,  gibt  er  eine  kurze  Beschreibung  ,der  Eroberung  der  Welt'  durch  den 
König.  Er  folgt  dann  in  der  weiteren  Erzählung  Merutunga  ganz  genau,  ausser  in  dem 
einem  Punkte,  dass  er  nichts  von  der  Hemachandra  beim  Begräbnisse  der  Pähirii  wider- 
fahrenen Beleidigung .  und  der  darauf  folgenden  Reise  nach  Mälvä  sagt.  Diese  Angaben 
passten  ihm  natürlich  nicht.  Im  Einzelnen  ist  er  viel  weitläufiger  als  Merutunga  und  zieht 
den  Bericht  über  Kumärapäla's  Bekehrung  durch  viele  Citate,  die  er  Hemachandra  machen 
lässt,   sehr  in  die  Länge.''" 


Hemachandra's  eigene  Angaben  über  Kumärapäla's  Bekehrung. 

Vergleicht  man  diese  verschiedenen  Erzählungen  über  die  Bekehrung  Kumärapäla's 
mit  einander ,  so  lässt  sich  nicht  leugnen ,  dass  die  von  Merutunga  gegebene  mit  grosser 
Geschicklichkeit  verfasst  ist,  und  dass  seine  Darstellung  auf  den  ersten  Blick  manches  Be- 
stechende hat.  Es  scheint  so  natürlich,  dass  Hemachandra  durch  eine  Beleidigung  von  Seiten 
der  Brahmanen  auf  den  Gedanken  gebracht  wurde,  seine  Unabhängigkeit  aufzugeben  und  sich 
unter  den  Schutz  des  Königs  zu  stellen.  Die  schlaue  Art  und  Weise ,  wie  er  Kimiärapäla 
bewegt,  eine  Zeit  lang  einige  der  wichtigsten  Sätze  der  Jaina-Lehre  zu  befolgen,  während 
er  sich  sorgfältig  hütet,  seines  Gönners  Verehrung  des  6iva  etwas  in  den  Weg  zu  legen, 
sondern  ihn  im  Gegentheile  darin  bestärkt,  scheint  durchaus  durch  die  schwierigen  Ver- 
hältnisse gegeben,  in  denen  er  sich  bei  Hofe  befand.  Dieses  Anschmiegen  und  scheinbare 
Nachgeben,  die  Uebertölpelung  des  Königs  durch  einen  Hokus-Pokus  und  die  darauf  folgende 
kluge  Ausnützung  des  günstigen  Augenljlickes  —  alles  dies  sieht  recht  glaubwürdig  aus  und 
stimmt  sehr  schön  zu  dem  Charakter  und  der  Methode  der  Jaina-Missionäre.  Bei  näherer 
Betrachtung  finden  sich  allerdings  manche  Unwahrscheinlichkeiten  oder  Unmöglichkeiten  in 
dem  Berichte.  So  ist  es  leicht  erkennbar,  dass  Merutunga  sich  einen  argen  Anachronismus 
zu  Schulden  kommen  lässt,  wenn  er  behauptet,  Udayana  sei  Kumärapäla's  Minister  gewesen 
und  habe  Hemachandra  bei  diesem  eingeführt.  Nach  Merutunga's  eigenem  Berichte  (S.  177) 
wanderte  Udayana  kurz  nach  dem  Anfange  der  Regierung  Jayasiiidia's,  also  um  V.  S.  1150  in 
Gujarät  ein.  Kumärapäla  bestieg  den  Thron  beinahe  fünfzig  Jahre  später,  V.  S.  1199.  Es  ist 
also  rein  unmöglich,  dass  er  noch  lange  unter  dem  letzteren  Fürsten  gelebt  oder  gar  gedient 
haben  kann.  Auch  Merutunga's  Behauptung,  dass  Hemachandra  die  Wiederherstellung  des 
Tempels  in  Devapattana  angerathen  habe,  stimmt  mit  den  Angaben  eines  älteren  Docmnentes 
durchaus  nicht.     Denn   in    der  Valabhi-Saiiivat  850   oder  V.  S.   1225   datirten  Inschrift   im 


igg  G.  BüiiLKR. 

Tempel  der  Bhadrakäli  zu  Devapattana,  welche  zuerst  von  Colonel  J.  Tod  bekannt  gemacht 
ist,  wird  Vers  11  ganz  deutlich  gesagt,  dass  der  Ganda  Briliaspati,  welcher  schon  bei  Jaya- 
aiiiilia  in  grosser  Gunst  stand,  Kumarapala  bewogen  habe,  den  verfallenen  Tempel  des 
6iva-Somauatha  weder  aufzubauen."*  Eine  solche  l^ehauptung  hat,  zumal  da  sie  aus  Kumä- 
rapäla's  Regierungszeit  staunnt,  bedeutend  mehr  Wahrscheinliclikeit  als  Merutunga's  viel 
spittere  Angabe.  Hat  die  Inschrift  aber  recht,  so  wird  die  ganze  weitere  Erzählung  des 
Pral)andhacliintamani  unglaubwiü-dig.  Wenn  schon  diese  Punkte  gegen  die  Treue  der  in 
Merutuiiga's  Werke  enthaltenen  Tradition  Verdacht  erregen,  so  wird  dieselbe  ebenso  wie 
auch  die  Erzählung  des  Prabhavakacharitra,  durch  Hemachandra's  eigene  Aeusserungen  über 
Kumarapäla's  Geschichte  und  seine  Beziehungen  zu  ihm,  als  beinahe  vollständig  wertldos  er- 
wiesen. Hemachandra  mdmet  im  Dvya§rayakavya  der  Beschreibung  der  glücklichen  Kriege, 
welche  Kumarapala  gegen  Arnoraja,  den  König  von  Öakambhari-Sambhar  in  Rajputana,  imd 
gegen  BallAla,  den  König  von  Mälva,  fülirte,  nicht  weniger  als  vier  Gesänge,  XIV — XIX. 
Obschon  keine  genauen  Daten  gegeben  werden,  so  ist  es  doch  aus  der  Schilderung  mit 
Sicherlieit  zu  entnehmen,  dass  Kumarapala  bald  nach  seiner  Krönung  in  äussere  Ver- 
wicklungen hineingezogen  wurde,  und  dass  eine  längere  Zeit  verfloss,  ehe  er  als  Sieger  aus 
denselben  hervorging.  Der  Krieg  mit  Arnoraja  l^egann  unmittelbar  nach  Kumarapäla's 
Krönung,  und  scheint  eine  ganze  Reihe  von  Jahren  gedauert  zu  haben.  Dann  erst  folgte 
der  Feldzug  gegen  Ballala,  welcher  in  kürzerer  Zeit  beendigt  zu  sein  scheint.  Nachdem 
dieser  vorüber  war,  heisst  es  im  XX.  Gesänge,  verbot  Kumarapala  die  Tödtung  von  Thieren 
in  Gujarat.  Nachdem  der  König  das  Edict,  die  Thiere  zu  schonen,  veröffentlicht  hatte, 
Jieisst  es  weiter,  gab  er  den  Brauch  auf,  das  Vermögen  derjenigen  zu  confisciren,  die  ohne 
Söhne  zu  hinterlassen  starben.  Später  liess  er  die  Tempel  des  Siva  zu  Kedara  oder  Kedarnath 
in  Garhwal,  und  zu  Devapattana  in  Kathiäväd  wiederherstellen,  und  darauf  Tempel  des  Par- 
övauAtha  in  Anhilvad  und  Devapattana  erbauen,  von  denen  der  erstere  den  Namen  Kumara- 
vihara  trug.  Die  letzten  im  DvyaSraya  erwähnten  Umstände  aus  Kumarapäla's  Regierungs- 
zeit sind  der  Bau  eines  Tempels  des  6iva  in  Anliilvad ,  und  die  Gründung  einer  neuen 
Aera,  welche  seinen  Namen  trug."'  Aus  diesen  Angaben  kann  man  mit  vollständiger  Sicher- 
heit folgern ,  dass  Kumarapäla's  Bekehrung  zum  Jainismus  nach  dem  Kriege  mit  Mälava 
stattfand.  Es  wird  ferner  wahrscheinhch ,  dass  Hemachandra,  obschon  er  im  Dvyä^raya 
sein  eigenes  Verliältniss  zum  Könige  mit  keinem  einzigen  Worte  berührt,  nicht  früher  mit 
demselben  bekannt  wurde  und  bei  demselben  Einfluss  erlangte.  Die  letztere  Schluss- 
folgerung wird  dm-ch  eine  Stelle  in  einem  andern  Werke  Hemachandra's  vollständig  be- 
stätigt. Hemachandra  lässt  in  seinem  Mahäviracharita  den  Tirthariikara  dem  Prinzen  Abhaya 
eine  Prophezeiung  über  Kumarapäla's  Regierung  geben ,  in  welcher  sein  Name  vorkommt, 
und  der  Anfang  seiner  Bekanntschaft  mit  dem  Könige  erzählt  wird.  Nachdem  Mahavira 
eine  Beschreibung  der  Stadt  Anliilvad  vorausgeschickt  hat,  fährt  er  folgendermassen  fort: 
45 — 46.  Wenn,  o  Abhaya,  1669  Jahre  nach  meinem  Nirväna  verflossen  sein  werden, 
dann  wird  in  jener  Stadt  (Anhilvad)  der  grossarmige  König  Kumarapala ,  der  Mond  des 
Chaulukya-Geschlechtes,  ein  strenger  Herr  des  Alls  leben. 

47.  Dieser  Ho(ddierzige,  ein  Held  in  der  Erfidlung  des  Gesetzes,  in  Freigebigkeit  imd 
im  Kampfe,  wird  sein  Volk  zum  höchsten  Wohlstande  führen,  wie  ein  Vater  es  beschtltzend. 

48.  Sehr  klug,  doch  geraden  Sinnes  —  in  seiner  Ilerrschermacht  feurig  wie  die  Sonne, 
doch  voller  Seelenruhe  —  übermüthigen  Angriff  strafend ,  doch  bereit  zu  verzeihen ,  wird 
er  lange  die  P>de  beschützen. 


Ueber  das  Leben  ues  Jaina  Mönches  Hemachandra.  199 

49.  Sein  Volk  wird  er  sich  ähnlich ,  in  der  Erfüllung  des  Gesetzes  beständig  machen, 
me  ein  mssensreicher  Lehrer  einen  guten  Schüler. 

50.  Den  Schutzflehenden  Schutz  gewährend,  den  Gattinen  anderer  ein  Bruder,  wird 
er  das  heilige  Gesetz  höher  als  Reichthum  und  als  das  Leben  achten. 

5L  Durch  seine  Tapferkeit,  seine  Erfüllung  des  Gesetzes,  durch  seine  Freigebigkeit, 
durch  sein  Erbarmen,  durch  seine  Herrschermacht  und  durch  andere  Mannestugenden,  wird 
er  ohne  Nebenbuhler  dastehen. 

52.  Die  Himmelsgegend  des  Kubera  wird  er  bis  zum  Reiche  der  Turushkas  erobern, 
die  des  Indra  bis  zum  Fluss  der  Götter,  die  des  Yama  bis  zum  Vindhya,  den  Westen  bis 
zum  Oceane. 

53.  Einst  wird  dieser  Fürst  den  Lelu-er  Hemachandra  sehen,  der  dem  Geschlecht  des 
Munichandra  in  der  Vajra^äkha  entsprossen  ist. 

54.  Diu"ch  seinen  Anblick  Ijeglückt,  wie  der  Pfau  durch  das  Erscheinen  der  Wolken, 
wird  dieser  Gutgesinnte  eilen,  jenen  Mönch  täglich  zu  verehren. 

55.  Mit  seinem  Jina-gläubigen  Minister  wird  dieser  König  hingehen,  um  jenen  Süri  zu 
verehren,  während  derselbe  im  Tempel  des  Jina  eine  Fredigt  über  das  heilige  Gesetz  hält. 

56.  Dort  wird  er,  obschon  der  Wahrheit  unkundig,  den  Gott  anbeten  und  mit  natürlich 
reinem  Herzen  jenen  Lehrer  verehren. 

57.  Nachdem  er  mit  Wohlgefallen  aus  seinem  Munde  die  reine  Predigt  über  das  Gesetz 
gehört  hat,  wird  er  die  kleinen  Gelübde  auf  sich  nehmen,  und  zuvor  (das  der)  Vollkommen- 
heit nachzustreben. 

58.  Nachdem  Erleuchtung  ihm  zu  Theil  geworden  ist,  wird  er  den  Wandel  der  Gläu- 
bigen ganz  erlernen,  und  sogar,  im  Audienzsaale  weilend,  an  Reden  über  das  heilige  Gesetz 
sich  ergötzen.'**' 

Diese  Prophezeiung  stimmt  mit  den  Augalien  des  DvyäSrayakävya  vortrefflich  und  er- 
gänzt dieselben.  Die  etwas  poetisch  gefärbte  Beschreibung  der  Grenzen  des  Gürjara-Reiches 
lässt  leicht  erkennen,  dass  dasselbe  im  Nordosten  durch  die  Unterwerfung  des  Sapädalaksha- 
Landes  oder  von  Sakambhari-Sambhar  im  östlichen  Rajputänä,  und  im  Südosten  dm'ch  die 
Eroberung  von  Mälvä  erweitert  war,  ganz  wie  das  auch  im  Dvyä^rayakävya  erzählt  vsärd. 
Kumärapäla's  Bekanntschaft  mit  Hemachandra  begann  nach  Vers  53  in  der  Zeit,  als  das 
Reich  seine  grösste  Ausdehnung  erlangt  hatte  und  als  seine  Kriegszüge  und  Eroberungen 
vorüber  waren.  Seine  Bekehrung  war  die  Folge  einer  Predigt,  die  ihm  Hemachandra  hielt, 
als  er  in  Begleitung  eines  ungenannten  Ministers  in  den  Jaina-Tempel  gekommen  war, 
um   den  Mönch,  der  einen  tiefen  Eindruck  auf  ihn  gemacht  hatte,  zu  verehren. 

Diese  eigenen  Angaben  Hemachandra's  machen  es  erstlich  nothwendig,  alle  die  oben 
ausgeführten  Anekdoten  über  seine  früheren  Beziehungen  zu  Kmiiärapäla  während  dessen 
Flucht  als  Erfindungen  zu  verwerfen,  die  walu-scheinlich  zu  dem  Zwecke  erdichtet  sind,  um 
das  spätere  Verhältniss  zu  motiviren.  Sie  zeigen  sodann,  dass  auch  die  weiteren  Berichte 
der  Prabandhas  über  die  Erneuerung  der  Bekanntschaft  und  die  Bekehrung  wenig  historische 
Elemente  enthalten.  Die  oben  gegebene  Erzählung  des  Prabhavakacharitra ,  nach  welcher 
Kumärapäla  durch  seinen  Minister  Vägbhata  bewogen  wurde,  den  Ajitasvämin  um  Hilfe 
gegen  Arnoräja  anzurufen  und  durch  die  Erfüllung  seines  Gebetes  zum  Jainismus  hingezogen 
wurde ,  kann  nicht  richtig  sein ,  da  der  im  Pral)hävakacharitra  nicht  erwälmte  Krieg  mit 
Mälvä  noch  vor  die  Bekehrung  fiel,  und  nicht  ein  Wunder,  sondern  Bewamderung  den 
König   beweg,    die  Predigt  Hemachandra's    zu    hören.     Merutuiiga's    umständlicher    Bericht 


200  Cr-    Bt'HI.ER. 

widerspricht  Heinacliandra's  eigener  Darstellung,  wie  leicht  ersichtlich  ist,  noch  viel  mehr. 
Es  gibt  nur  zwei  Punkte,  in  denen  die  Prabandhas  mit  Hemachandra  einigermassen  stimmen. 
nnd  dieselben  also  eine  echte  Tradition  aulbewahrt  haben.  Zunächst  haben  sie  ohne  Zweifel 
Recht .  wenn  sie  behaupten ,  dass  Kumai'apäla's  Jaina  -  Minister  Hemachandra  bei  Hofe 
eingeflihrt  und  zu  Gunsten  seines  Glaubens  gewirkt  habe.  Denn  die  Erwähnung  des  ,Jaina- 
gläubigen'  Ministers,  welcher,  dem  Mahäviracharita  zufolge,  den  König  in  den  Tempel  be- 
gleitete, wird  nicht  ohne  Gnuid  gemacht  sein.  Man  darf  gewiss  annehmen,  dass  dieser 
Jaina-Begleiter  Hemachandra's  Bekanntschaft  mit  dem  Könige  vermittelt  und  den  letzteren 
zum  Besuche  im  Tempel  bewogen  haben  wird.  Höchst  wahrscheinlich  war  dieser  Minister 
Vägbhata,  der  Sohn  des  Udayana,  welchen  das  Prabhavakacharitra  in  seiner  oben  gegebenen 
Bekehnmgfstreschichte  nennt.  Das  von  Hemachandra's  Schüler  Vardhamana  verfasste  Lob- 
gedieht  auf  den  Kmnaravihara  bezeugt  dass  Vfigbhata  Avirklich  zu  den  Ministern  Ktimarapala's 
gehörte.  Mehrere  Geschichten  der  Prabandhas  deuten  an,  dass  Hemachandra  stets  mit  der 
Familie  des  Udayana  in  Verbindimg  blieb.  So  behaupten  alle  Prabandhas,  dass  Hema- 
chandra entweder  V.  S.  1211  oder  1213  den  Tempel  einweihte,  welchen  Vägbhata  zu  Ehren 
seines  in  der  Schlacht  gegen  Navaghana,  den  Chüdäsamä-König  von  VAmanasthali,  gefallenen 
Vaters  in  Öatrunjava  errichten.  Ein  Prabandha  sagt  ferner,  dass  Hemacliandra  V.  S.  1220 
dem  zweiten  Sohne  Udayana's  Amrabhata  für  seinen  Tempel  des  Suvrata  in  Boach  den 
gleichen  Dienst  ervsaes,  während  die  andern  (siehe  unten)  eine  Sage  von  Anu-abhata's  Heilung 
durch  Hemachandra  erzählen.*"  Nimmt  man  noch  hinzu,  dass  Merutunga,  Avenn  auch  mit 
einem  starken  Anachronismus,  Hemachandra  durch  den  Vater  der  beiden  Brüder  (S.  195) 
bei  KumarapAla  einführen  lässt,  so  scheint  es  nicht  zu  gewagt,  wenn  man  die  Familie 
Udayana's  als  die  Urheberin  von  Hemachandra's  Einfluss  am  Hofe  von  Anhilvad  bezeichnet. 
und  ihn  für  ihren  besonderen  Schützling  ansieht.  ICin  zweites  historisches  Element  in  den 
Erzählungen  der  Prabandhas  ist  die  Angabe,  dass  Kumärajjäla's  Bekehrung  nicht  im  An- 
fange ,  sondern  um  die  Mitte  seiner  Regierung  stattfand.  Auch  hierin  stimmen  sie ,  wie 
gezeigt  ist,  mit  Hemachandra's  Angaben. 

Das  genaue  Datum  dieses  Ereignisses  scheint  in  dem  schon  erwähnten  Drama  des 
Rathes  Ya4ahpala,  dem  Moharajaparajaya,  aufbewahrt  zu  sein.  Dort  wird  die  Bekehrung 
des  Königs  allegorisch  als  seine  Heirat  mit  der  Prinzessin  Kripasundari,  d.  h.  der  schönen 
Bamdierzigkeit ,  der  Tochter  des  Dharmaräja  und  der  Viratidevi,  beschrieben  und  Hema- 
chandra als  der  Priester  genannt,  welcher  den  Ehebimd  vor  dem  Arhat  einsegnete.  Nach 
Jinamandana's  Auszuge  aus  dem  Moharajaparajaya,  fand  diese  Hoclizeit  Vikrama-Saiiivat 
1216.  ^lÄrga  sudi  2  statt.  "Wenn,  wie  man  wohl  annehmen  darf,  dies  Datum  sich  wirklich 
in  dem  Drama  findet,  so  wird  man  es  für  authentisch  ansehen  müssen,  da  der  Moharaja- 
parajaya. wie  Note  6  gezeigt  ist,  wenige  Jahre  nach  KumarapAla's  Tode,  zwischen  V.  S. 
1229 — 12.32.  geschrieben  wurde.**  Hiefür  kann  man  noch  anführen,  dass  Kumärapala  in 
dem  Colophon  eines  alten  Manuscriptes,  welches  fünf  Jahre  später,  V.  S.  1221,  geschrieben 
wurde,  den  Titel  Paramaöravaka,  d.  h.  der  eifrige  Hörer  (der  Jaina-Lehre),  erhält,  während 
in  einer  Jaina- Inschrift  von  V.  S.   1213,  seine  Bekehnmg  nicht  erwähnt  wird."" 

Nimmt  man  nun  V.  S.  1216  als  das  Datum  von  Kumarapäla's  Bekehrung  an,  so  wird 
man  seine  erste  Begegnung  mit  Hemachandra,  etwa  ein  bis  zwei  Jahre  früher  setzen  dürfen. 
Wenn  das  MahAviracharita  auch  behauptet,  dass  der  König,  nachdem  er  den  ausgezeichneten 
Lehrer  kennen  gelernt  hat,  ,eilen  wird,  ihn  tilglich  zu  verehren',  so  wird  es  nicht  gerathen 
»ein,  diese  Worte  auf  die  Goldwage  zu  legen.     Es  wird   eine  längere  Periode    vertrauteren 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandua.  201 

Verkehres  nothwendig  gewesen  sein,  ehe  der  König  sich  bequemte,  den  Jaina -Upa^raya  zu 
besuchen,  und  als  Hörer  der  Predigt  zu  Hemachandra's  Füssen  zu  sitzen.  Ueber  die  Art 
und  Weise  aber,  wie  die  allmähhche  Annäherung  sich  vollzog,  und  wie  Hemachandra  die 
Grünst  und  das  Vertrauen  des  Königs  gewann,  kann  man  mit  Hilfe  einiger  Andeutungen 
in  seinen  andern  Werken,  wenn  nicht  volle  Gewissheit  erlangen,  so  doch  wenigstens  nicht 
ganz  grundlose  Vermuthungen  aufstellen.  Diesen  Bemerkungen  sind  indess  noch  einige 
andere  über  Hemachandra's  Thätigkeit  während  der  Zeit  von  V.  S.  1199,  dem  Todesjahre 
Jayasimha's,  bis  zu  seiner  Bekanntschaft  mit  Kumarapäla  V.  S.  1214  oder  V.  S.  1215 
vorauszuschicken. 

Nach  dem  oben    (S.   186)    Gesagten   hatte   sich  Hemachandra,    nachdem   er  um    V.  S. 
1094    Jayasimha's    Hofgelehrter    geworden    war,    die    Aufgabe    gestellt,     eine    vollständige 
Serie  von  Handl)üchern    fiir  die  weltlichen  Wissenschaften  und  besonders  für  die  Sanskrit- 
Compositlon  zu  verfassen.   Von  diesen  waren  bis  zu  Jayasimha's  Tode  sicher  die  Grammatik 
und    ihre    Anhänge    nebst    dem    Commentare,    vielleicht    auch    die    beiden    Sanskrit -Lexica 
und  die  ersten  vierzehn  Gesänge  des  DvyaSrayakävya  vollendet.     Nach  V.  S.   1199  scheint 
er    nun ,    unbekümmert    imi    den    Verlust    seiner    Stellung    am    Hofe ,    seinen    Plan    weiter 
verfolgt  und  als  Privatgelehrter  rastlos  weiter  gearbeitet  zu  haben.    Das  erste  Werk,  welches 
dieser  Periode  angehört ,    ist  sein  Lehrbuch  der  Poetik ,    der  Alariikärachudämani.'^''''    In  der 
oben,  Note  38,  mitgetheilten  Stelle   desselben   lieisst  es ,    dass   es  nach   der  Vollendung   der 
Grammatik  geschrieben  sei,  und  ein  anderer  höchst  auffälliger  Umstand  zeigt  recht  deutlich, 
dass  seine  Abfassung  in  eine  Zeit  fiel ,    wo  der  Verfasser  sich  nicht  der  königlichen  Gunst 
erfreute.    Denn  es  fehlt  nicht  nur  in  dem  Texte  jede  Dedication,  sondern  in  dem  Commentare, 
welcher  eine  sehr  grosse  Anzahl  von  Versen  entliält,   jedes  Compliment   für   die  Herrscher 
von   Gujarät.     Gerade    dieser    letztere  Punkt    fällt    besonders   schwer   ins  Gewicht,    da  von 
höfischen  Schriftstellern  über  Poetik  stets  Verse  zu  Ehren  ihrer  Gönner  eingeflochten  werden, 
und  da  Hemachandra  in  zwei  andern  Werken  eine  Gelegenheit,  seinem  Herrn  zu  schmeicheln, 
nicht  versäumt.      Der  eine  Fall  dieser  Art,    welcher   im  Commentare  zu  seiner  Grammatik 
vorkommt,    ist  oben  erwähnt  und  der  zweite  wird  sogleich  zu  besprechen  sein.     Gerade  in 
einem    Werke    über    Poetik    wäre    es    leicht    gewesen,    die    Heldenthaten    Jayasiriiha's    oder 
Kumarapäla's  in  ähnlicher  Weise  zu  feiern,    wie  der  ältere  Vagbhata  das  in  seinem  Alam- 
käraäästra  gethan  hat.'"     Da  dies  aber  nicht  geschieht,  so  liegt  die  Vermuthung  nahe,   dass 
der  Verfasser  zu  der  Zeit,  als  er  schrieb,  keine  Beziehung  zu  einem  Könige   hatte,   und  es 
ist  nicht  schwer  zu  erkennen,  dass  diese  Periode  diejenige  war,  welche  zmschen  Jayasimha's 
Tode   und   dem  Beginne   der  Bekanntschaft  mit  Kumärapäla   lag.     Dasselbe    gilt    von    dem 
ChhandonuÄäsana,"  der  Metrik,  welche,  wie  die  einleitenden  Verse  besagen,  unmittelbar  nach 
dem  Alaiiikärachüdamani  verfasst  wurde,  sowie  von  dem  dazu  gehörigen  Commentare.  Auch  bei 
diesen  fehlt  die  Dedication,  und  fehlen  die  Complimente  für  den  König  in  den  Illustrationen. 
Es  ist  noch  hervorzuheben,    dass   der  Text  dieser  beiden  Lehrbücher   zuei-st   fertig  gestellt 
ist,  und  der  Commentar  zum  Alamkärachüdamani  erst  nach   der  Vollendung  des  Chhando- 
nu^äsana  geschrieben  ist.    Dies  ist  aus  dem  Umstände  ersichtlich,  dass  Hemachandra  sich  in 
dem  ersteren  auf  den  letzteren  bezieht,  und  von  demselben  als  von  einem  vollendeten  Werke 
spricht.'^    Aus  dieser  Periode  stammen  auch  vielleicht  eine  Anzahl  Nachträge  zu  den  beiden 
grösseren  Sanskrit-Koshas,   sowie   gewiss   der  Text  des  Prakrit-Lexicons,    der  DeSinämamäla 
oder  Katnävali.  .  Zu  den  Nachträgen  gehört  zunäclist  die  Öeshäkhyä  Nämamälä,  welche  den 
Abhidhänachintämani  zu  vervollständigen  bestimmt  ist,    und   besonders  Auszüge   aus  Yäda- 

Dcnkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  26 


202  Gf-  Bühler. 

vaprakä^a's  A'aijavanti  enthält."  Sodaim  ist  der  bis  jetzt  wenig  bekannte  Nighantn  oder 
Nighantn^esha  zu  nennen.  Die  Tradition  der  Jaina-Gelehrten  behauptet,  dass  Heiiiachandra 
seohs  kleine  Abhandlungen  dieses  Namens  geschrieben  habe.  Bis  jetzt  haben  sich  aber  nur  drei 
derselben  ffefunden.  Zwei  sreben  kurze  Uebersichten  botanischer  Namen,  während  die  dritte 
die  edlen  Steine  behandelt.'*  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich ,  dass  dieselben  dem  älteren 
Dhanvantjirinighantu  und  einer  Ratnapariksha  nachgemacht  sind.  Aiich  bei  diesen  Werken 
fehlt  jede  Andeutung,  dass  sie  auf  königlichen  Befehl  verfasst  sind.  Trotzdem  ist  wenigstens 
bei  der  Öeshäkhyä  Namamälä  ein  Zweifel  möglich,  ob  sie  zwischen  V.  S.  1199  und  1214/5 
gesdirieben  ist,  weil  dieselbe  in  vielen  Handschriften  in  den  Commentar  des  Abhidhänachin- 
tamani  eingefügt  ist,  und  letzterer,  wie  unten  gezeigt  werden  wird,  den  letzten  Lebensjahren 
Hemachandra's  angehört.  Die  De^inämamälä  dagegen  wird  kurz  vor  Hemachandra's  Be- 
kanntschaft mit  Kmnärapäla  geschrieben  sein.  Denn  Hemachandra  deutet  im  dritten  Verse 
der  Einleitung  an,  imd  sag-t  in  der  Erklärung  desselben  (p.  2 — 3)  ganz  deutlich,  dass  er  vorher 
nicht  blos  seine  Grammatik,  sondern  auch  seine  Sanskrit-Koshas  und  sein  Handbuch  der 
Poetik  vollendet  hatte.  Andererseits  enthält  der  Commentar,  Avelcher  natürlich  später  verfasst 
ist,  nicht  weniger  als  fünfzehn  Verse,  in  welchen  der  König  mit  seinem  Namen  genannt 
ist,  während  in  weiteren  neun  die  Benenniuig  Chulukya  oder  Chalukya  vorkonmit,  und  eine 
sehr  grosse  Anzahl  einfach  an  den  König  gerichtet  ist.  Diese  Verse,  welche  sämmtlich  auf 
Kunuirapäla  zu  beziehen  sind,  feiern  seine  Heldenthaten,  schildern  die  Grösse  seines  Ruhmes 
und  das  Elend  seiner  Feinde  oder  preisen  seine  Ereigebigkeit.  An  einer  Stelle  scheint  auch 
eine  Anspielung  auf  ein  bestimmtes,  historisches  Ereigniss  vorzuliegen.  Es  heisst  dort  VI.  118: 

,0  du,  dessen  Muth  ununterbrochen  Funken  sprüht,  0  Gemahl  der  Siegesgöttin,  irrt 
nicht  deine  Fama  frei,  wie  ein  unkeusches  Chändala-Weib,    selbst  im  Palli-Lande  umher?' '° 

Das  Palli-Land  ist  die  Gegend  von  Pali  in  Räjputäna  zwischen  Jodhpur  und  Ajmir. 
Man  wii-d  desshalb  in  diesem  Verse  eine  Anspielung  auf  Kumärapala's  Sieg  über  Arnoraja, 
den  König  von  Sapadalaksha  oder  Säkambhari-Sämbhar,  zu  erkennen  haben. 

Wie  man  aber  auch  immer  über  diese  Stelle  denken  mag,  die  Thatsache,  dass  Hema- 
chandra in  dem  Commentare  zu  seiner  De^inämamäla  nur  die  Siege  und  die  Tapferkeit 
Kumärapäla's  verherrlicht,  nicht  aber  von  seiner  PVömmigkeit  und  seinem  Glauben  an  den 
Jina  spricht ,  bleibt  sehr  auffällig.  Dieselbe  berechtigt  zu  dem  Schlüsse ,  dass  das  Werk 
geschrieben  wurde,  nachdem  Hemachandra  an  Kumärapäla's  Hofe  Zutritt  erlangt  liatte,  aber 
bevor  er  sein  Bekehrungswerk  begann.  Damit  erhält  man  für  die  Abfassmig  des  Commen- 
tare» das  ungefähre  Datmn  V.  S.  1214 — 1215.  Die  erwähnte  Thatsache  gibt  ferner  einen 
Wink  über  die  Art  und  Weise,  wie  Hemachandra  es  anfing,  sich  bei  dem  Könige  in  Gunst 
zu  setzen  und  ilm  für  sich  zu  gewinnen.  Zunächst  scheint  er  sich  seiner  weltlichen  Kunst  und 
seines  weltlichen  Wissens  bedient  zu  haben,  um  einen  günstigen  Eindruck  hervorzurufen. 
Nacli  seiner  Vorstellung  durch  seinen  Gönner,  den  Minister  Vägbhata,  hat  er  wahrscheinlich 
zunächst  die  Erlaulmiss  erhalten,  l)ei  den  gewöhnlichen,  täglichen  Audienzen  der  Gelehrten  er- 
scheinen zu  diu-feu.  Seine  Stellung  wird  nattirlich  vom  Anfang  an  eine  hervorragende  gewesen 
sein.  Sein  Ruf  als  Gelehrter  war  seit  langer  Zeit  fest  begründet,  und  wird  seine  Wirkung 
auf  Kiunärapäla  niclit  verfehlt  haben,  selbst  wenn  dieser,  wie  eine  Anekdote  bei  Merutunga 
berif^htet,'"  erst  in  seinen  alten  Tagen  die  Wissenschaften  zu  studiren  begann.  Hemacliandra 
wird  auch  sein  Licht  nicht  unter  den  Scheffel  gestellt  haben,  sondern  bei  den  Discussionen 
der  Gelehrten  in  des  Königs  Gegenwart,  durch  sein  reiches  Wissen  geglänzt  haben.  Ausser 
durch    streng    wissen.schaftliche  Leistungen  wirkte  er  ohne   Zweifel    durch   seine    Panegyrici 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  203 

auf  Kumarapfila's  kriegerische  Thaten,  von  denen  die  zum  Theil  sehr  geschickt  abgefassten 
Verse  im  Conmientare  zur  De^inamamalä  Proben  geben.  Die  Gelegenheit  zu  rehgiösen 
Unterhahimgen  bei  Hofe  wird  nicht  gefehlt  haben.  Nacli  allen  Berichten  war  Kuniärupäla, 
als  er  den  Thron  bestieg,  beinahe  fünfzig  Jahre  alt  und  liatte,  als  die  Beendigung  seiner 
P^eldzüge  ihm  erlaubte,  sich  Ruhe  zu  gönnen,  das  dreiundsechzigste  Lebensjahr  erreicht.  In 
einem  solchen  Alter  ist  die  Beschäftigung  mit  religiösen  Fragen  leicht  verständlich ,  und 
besonders  bei  den  Indern  sehr  gewöhnlich.  Hiezu  kam,  dass  er,  wie  man  den  Prabandlias 
wohl  glauben  darf,  Jahre  lang  als  bivitischer  Ascet  in  der  Welt  herumgezogen  war,  und 
dass  er,  wie  Hemachandra  im  Yogasastra  erzählt  (siehe  Note  80),  verschiedene  Lehrbücher 
des  Yoga  .gesehen'  hatte  und  sich  sehr  für  die  Uebungen  der  Asceten  interessii-te ,  welche 
zunächst  übernatürliche  Kräfte  verleihen,  zuletzt  aber  zur  Erlösung  führen  sollen.  Auch 
Hemachandra  war,  wie  sein  genanntes  Werk  zeigt,  in  diesen  Lehren  sehr  bewandert,  und 
scheint  die  vorgeschriel)enen  geistlichen  Exercitien  selbst  gemacht  zu  haben ,  da  er  seiner 
Beschreibimg  auf  eigene  Erfahrung  gegründete  Rathschläge  hinzugefügt  (siehe  Note  80). 
Somit  waren  die  Bedingungen  wohl  vorhanden,  unter  denen  ein  geschickter  Missionär  es 
möglich  machen  konnte,  selbst  einen  König  aus  einem,  seit  alter  Zeit  dem  Saivismus  huldi- 
genden Geschlechte,  zum  Uebertritte  zu  einer  heterodoxen.  in  Gujarat  einflussi-eichen,  und 
seit  vielen  Jahren  geachteten  Secte  zu  bewegen."  An  Geschicklichkeit  fehlte  es  Hemachandra, 
wie  seine  Werke  zeigen ,  durchaus  nicht.  P^r  wird  gewiss  sehr  vorsichtig  begonnen  und, 
wie  die  Prabandlias  behaupten,  zunächst,  wo  dies  immer  möglich  war,  die  Uebereinstimmung 
der  Lehren  des  Jainismus  mit  denen  der  orthodoxen  Systeme  hervorgehoben  haben.  Das 
Kumarapalacharita ,  p.  124if.,  insbesondere  gibt  lange  Predigten  in  extenso,  in  welchen 
Hemachandra  die  Identität  des  Jina  und  des  Siva ,  sowie  des  Vislinn  nachzuweisen  sucht, 
und  sich  für  die  Lehre  von  der  Schonung  des  Thierlebens  auf  die  canonischen  Werke  der 
Brahmanen  benift.  So  wenig  man  auf  den  Wortlaut  dieser  und  ähnlicher  Stellen  etwas 
geben  kann,  so  stellen  dieselben  doch  die  Art  und  Weise,  in  welcher  Hemachandra  zu 
Werke  ging,  ohne  Zweifel  richtig  dar.  Denn  im  Commentare  zu  seinem  Yoga^A,stra,  führt 
er  allerdings  mitunter  Stellen  aus  brahmanischen  Werken,  mit  den  einleitenden  Worten:  ,So 
sagen  sogar  die  Falschgläubigen',  zur  Bestätigung  der  Jaina-Lehren  an,  und  auch  im  Texte 
dieses  Werkes  III.  21,  26  sind  Manu'.s  Aussprüche  gegen  das  Fleischessen,  mit  Nennung 
seines  Namens,  eingefügt.  Von  einer  Identification  der  brahmanischen  Götter  mit  den  Jinas 
findet  sich  allerdings  bei  ihm  keine  Spur.  Trotzdem  ist  es  recht  gut  möglich,  dass  er  sich 
bei  seinen  Predigten  derselben  bedient  hat,  da  sie  schon  im  12.  Jahrhunderte  gewöhnlich 
waren.  In  dem  Mangala  zu  der  Nanidol  Schenkungsurkunde  der  Prinzen  Alhana  und  Kel- 
hana  von  V.  S.   1218  heisst  es: 

,Zum  Heile  mögen  auch  die  Götter  Brahman ,  Sridhara  und  Saiikara  führen ,  welche, 
stets  der  Leidenschaft  entsagend,  in  der  Welt  als  Jinas  bekannt  sind !' 

Trotzdem  wird  Hemachandra's  Arbeit  eine  mühsame  gewesen,  und  nicht  so  rascli  von 
Erfolg  gekrönt  sein,  wie  eine  zu  stricte  Interpretation  der  oben  angeführten  Stelle  des 
^lahaviracharita  glauben  machen  könnte.  Besonders  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  Hema- 
chandra, wie  die  Prabandlias  erzählen,  bei  derselben  fort  und  fort  durch  feindliche  Einflüsse 
gestört  worden  ist,  und  dass  die  Brahmanen  alles  daran  setzten,  um  seinen  Einfluss  auf  den 
König  zu  vernichten .  luid  vor  allem  um  den  formlichen  Glaubenswechsel  des  letzteren  zu 
verhiiid(;rn.  Merutunga's  oben  erwähnte  Anekdoten,  nach  denen  die  boshaften  Neider  Hema- 
chandra Fallen  stellten,  schildern,  wenn  man  auch  auf  das  Einzelne  nichts  geben  kann,  die 

20* 


204  tJ.  Bchler. 

I^iffe  im  Allgemomen  gauz  richtig.  Ebenso  mag  die  Erzählung  Jinaman.(]ana's,  welche  den 
Räjächarva  Devabodlii,  den  geistlichen  Director  des  Königs,  für  den  alten  Glauben  in  die 
Schr.inken  treten  Issst,  eine  historische  Grundlage  haben,  trotzdem  dass  dieselbe  in  ihrer 
jetzigen  Fassung  rein  mythisch  ist.'*  Ohne  harte  Kämpfe,  wird  es  sicher  nicht  abgegangen 
sein.  Zu  Kumärapala's  Befestigung  in  seinem  neuen  Glauben  trug,  wie  auch  die  Prabandhas 
angeben,'*  ohne  Zweifel  besonders  das  schon  erwähnte  Yoga^ästra  sehr  wesentlich  bei,  welches 
Hemachandra  auf  den  Befehl  seines  Herrn  verfasste.*"*  In  dem  Schlussverse  des  Werkes, 
XII,  65,  heisst  es: 

.Diese  Geheimlehre  des  Yoga,  welche  —  der  eine  Theil  hier,  der  andere  dort  —  aus 
der  heiligen  Schrift,  aus  dem  Munde  eines  guten  Lehrers,  und  aus  eigener  Erfahrung  erlernt 
ist,  und  welche  Staunen  ini  Herzen  des  competenten  Publikums  erregt,  ist  in  Folge  der 
inständigen  Bitten  des  erlauchten  Chaulukya  Königs  Kumarapäla,  vom  Lehrer  Hemachandra 
in  Worte  gekleidet.' 

Ganz  dasselbe  besagen  die  unmittelbar  folgenden  beiden  Verse ,  am  Ende  des  Com- 
mentares : 

1.  ,Veranlas8t  durch  die  Bitte,  welche  der  erlauchte  Chaidukya  König  an  mich  richtete, 
verfasste  ich  diesen  Commentar  zu  dem  nach  mir  benannten  Lehrbuche  des  Yoga,  einem 
Ocean  des  Nectars  der  Wahrheit.  Möge  es  sich  (der  Existenz)  erfreuen,  so  lange  diese  drei 
Welten,  Erde,  Luftraum  und  Himmel,  die  Jaina-Lehre  besitzen.' 

2.  .Möge  durch  das  Verdienst,  welches  ich  durch  das  Lehrbuch  des  Yoga  und  durch 
dessen  Erklärung  mir  erwarb,  der  gute  Mensch  geneigt  werden,  die  Erleuchtung  des  Jina 
sich  zu  gewinnen.' 

Auch  in  dem  Colophon  zu  jedem  der  zwölf  Prakä^as,  wird  jedesmal  von  dem  Werke 
gesagt,  dass  Kumarapäla  es  zu  hören  wünschte,  und  dass  es  ,gekrönt'  (sav'ijdtapattabandhaj 
wurde,  also  die  königliche  Approbation  fand.  Die  ersten  vier,  schon  veröflPentlichten  Capitel, 
welche  etwas  über  drei  Viertel  des  Ganzen  ausmachen,  geben  einen  kurzen  Abriss  der  Jaina- 
Lehre,  insbesondere  so  weit  dieselbe  den  Laienstand  angeht,  und  der  sehr  weitläufige  Com- 
mentar erweitert  denselben  zu  der  klarsten  und  fasslichsten  Darlegung  des  Systems,  welche 
je  geschrieben  ist.  Sehr  deutlich  zeigt  der  Verfasser,  dass  dieser  Theil  zur  Belehrung  seines 
Herrn  verfasst  ist,  indem  er  nicht  selten  speciell  über  die  Pflichten  eines  Jina-gläubigen  Königs 
im  Commentare  sich  ausführlich  äussert.  Die  letzten  acht  Prakä^as  beschäftigen  sich  mit  dem 
eigentlichen  Yoga,  den  ascetischen  üebungen,  welche  schliesslich  zur  Mukti  oder  Erlösung 
führen.  Die  Erklärung  dieses  Theiles,  nach  welchem  das  Werk  eigentlich  benannt  ist,  ist  viel 
kürzer  gehalten,  und  ninmit  nur  etwa  ein  Zehntel  der  ganzen  Vritti  ein.  Auffällig  ist  es,  dass 
dem  Jaina-Yoga  eine  sehr  lange  Darstellung  derjenigen  Üebungen  vorausgeht,  welche  nach  des 
Verfassers  eigenem  Ausspruche,  für  die  Erlangung  der  Mukti  nutzlos  sind,  dagegen  einen 
Einblick  in  die  Zukimft  gestatten,  und  (ibernatürliche  Kräfte  verleihen  sollen.  Es  scheint, 
dass  auch  Hemachandra  an  ihre  Wirksamkeit  glaubte ,  und  sich  vielleicht  ihnen  hingab. 
Wenn  er  ihrer  Beschreibung  ein  langes  Capitel  einräumt,  so  wird  das  mit  Rücksicht  auf  die 
Liebhaberei  des  Königs  für  die  Yoga-Uebungen  geschehen  sein,  von  welcher  er  im  Commen- 
tare zu  XII,  55  berichtet.  Geringere  Bedeutung  wird  das  gleichfalls  fiir  Kimiärapäla  verfasste 
Vitaragastotra  gehabt  haben,  welches  vielleicht  noch  früher  als  das  Yoga^ästra  geschrieben 
wurde,  imd  eine  kurze  Darstellung  der  Jaina-Lehren  in  der  Form  eines  Lobliedes  auf 
den  Jina  gibt."'  Der  Text  des  Yogasastra,  sowie  das  Vitaragastotra,  wird  bald  nach  V.  S.  121ti 
verfasst  sein.     Der  Connnentar  dagegen  wird  erst   einige  Jahre   später  vollendet  sein.     Der 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  205 

sehr  bedeutende  Umfang  des  letzteren  lässt  vermnthen,  dass  Hemachandra,  selbst  wenn  er 
noch  so  fleissig'  war,  und  noch  so  sehr  die  Hilfe  seiner  Schüler  in  Anspruch  nahm,  längere 
Zeit  daran  gearbeitet  hat. 


Die  Resultate  von  Kumärapäla's  Bekehrung. 

Was  imn  die  Frage  betrifft,  welche  praktischen  Erfolge  Hemachandra  durch  Kumä- 
rapäla's Bekehrung  erzielte,  so  gibt  ausser  den  oben  (S.  198)  angeflihrten  Mittheilungen  des 
Dvyä^rayakävya,  die  Prophezeiung  in  dem  Mahäviracharita  eine  sehr  klare  Antwort.  Die- 
selbe fährt  (Note  66)  nach  der  schon  gegebenen  Schilderung  der  Bekehrung  folgender- 
massen  fort : 

59.  ,Er  (Kumärapäla)  wird  täglich  insbesondere  die  Reis,  Gemüse,  Früchte  und  andere 
(Speisen)  betreffenden  Gelübde  halten,  indem  er  meistens  Keuschheit  übt.' 

60.  ,Dieser  Weise  wird  nicht  nur  die  Hetären  meiden,  sondern  er  wird  auch  seine 
ehelichen  Gattinen  ermahnen  Keuschheit  zu  üben.' 

61.  ,Nach  der  Anweisung  jenes  Mönches  (Hemachandra)  wird  er,  der  die  Grundpriucipien 
(des  Glaubens),  die  Lehre  von  dem  Beseelten  und  dem  Unbeseelten  und  so  weiter,  kennt, 
we  ein  Lehrer,  auch  andern  Erleuchtung  verschaffen.' 

62.  ,Auch  die  Brahmanen  der  Pänduranga  (Secte)  imd  andere,  welche  den  Arhat 
hassen,  werden  auf  seinen  Befehl  den  geborenen  Gläubigen  gleich  werden.' 

63.  ,Dieser  Gesetzkundige  wird ,  nachdem  er  die  Gelübde  eines  Gläubigen  auf  sich 
genommen  hat,  seine  Mahlzeiten  nicht  einnehmen,  ohne  die  Jaina-Tempel  verehrt  zu  haben 
und  ohne  vor  den  Lehrern  sich  zu  verneigen.' 

64.  ,Die  Habe  der  Männer,  welche  ohne  Sölme  zu  hinterlassen ,  gestorben  sind ,  wrd 
er  nicht  nehmen.  Das  ist  das  Resultat  der  richtigen  Einsicht;  denn  (nur)  die  Einsichts- 
losen sind  nie  gesättigt.' 

65.  ,Die  Jagd,  welche  selbst  die  Pändus  und  andere  (fromme  Könige  der  Vorzeit)  nicht 
aufgegeben  haben,  wird  er  selbst  aufgeben,  und  alle  Leute  auf  seinen  Befehl.' 

66.  ,Da  er  die  Verletzung  lebender  Wesen  verboten  hat,  ist  an  Jagd  und  dergleichen 
nicht  zu  denken;  auch  der  NIedrigstgeborene  Avird  selbst  Wanzen,  Läuse  und  dergleichen 
(Ungeziefer)  nicht  tödten.' 

67.  ,Nachdem  er  die  Jagd  verboten  hat,  wird  das  Wild  aller  Arten  im  Walde  so  un- 
gestört wiederkäuen,  wie  die  Kühe  im  Stalle.' 

68.  ,Er,  der  dem  Indra  an  Herrschermacht  gleicht,  wird  stets  auf  die  Schonung  der 
verkörperten  Wesen  halten,  mögen  sie  im  Wasser,  auf  dem  Lande  oder  in  der  Luft  sich 
bewegen.' 

69.  , Sogar  die  Wesen,  welche  von  Geburt  an  Fleiscli  verzehren,  werden  in  Folge 
seines  Befehles,  selbst  die  Erwähnung  des  Fleisclies  wie  einen  bösen  Traum  vergessen.' 

70.  , Geistige  Getränke,  deren  (Genuss)  die  Daöärhas,  obschon  Jina-gläubig,  nicht  auf- 
gegeben haben,  wird  dieser  (Fürst)  mit  der  reinen  Seele  überall  verbieten.' 

71.  ,Die  Bereitung  geistiger  Getränke  wird  er  so  vollständig  auf  Erden  verliindern, 
dass  selbst  der  Töpfer  keine  Branntwein-Krüge  mehr  machen  wird.' 

72.  ,Die  Trunkenbolde,  welche  durch  ihre  Leidenschaft  für  geistige  Getränke  verarmt 
sind,  werden,  nachdem  sie  auf  seinen  Befehl  dem  Trünke  entsagt  haben,  Avieder  reich  werden. 


206  ^-  Bühler. 

73.  .Selbst  dou  Namen  des  Würfelspiels,  das  Nala  und  andere  Fürsten  nicht  aufgegeben 
haben,  wird  er,  wie  den  eines  persönlichen  Feindes,  vernichten.' 

74.  .So  lauge  seine  glorreiche  Regierung  dauert,  wird  auf  Erden  kein  Tauben-Wett- 
kanipf,  werden  keine  HahnenkUnipfe  stattfinden.' 

75.  ,Fast  in  jedem  Dorfe  Avird  er,  dessen  Reichthümer  unermesslich  sind,  die  Erde 
mit  Tempeln  des  Jina  schmücken." 

76.  ,Auf  der  ganzen  Erde  bis  zum  Oceane  wird  er  in  jedem  Dorfe,  in  jeder  Stadt, 
die  Statuen  der  Arhats  in  Festaufzügen  auf  Wagen  undierfahren  lassen.' 

77.  ,Nachdem  er  fort  imd  fort  Geld  verschenkt,  und  die  Schulden  aller  Leute  getilgt 
hat,  wird  er  auf  der  Erde  seine  Aera  einführen.' 

78.  ,Einst  wird  er  bei  Gelegenheit  einer  Erzählung  dm-ch  den  Mund  seines  Lehrers, 
von  jener  im  Staub  begrabenen  (Jina-)  Statue  hören,  welche  der  Seher  Kapila  weihte.' 

79.  Dann  wird  er  den  Wunsch  fassen:  ,Die  sandige  Stätte  will  ich  aufgraben,  und  die 
das  All  heiligende  Statue  herbei  bringen  lassen.' 

80.  ,Indem  der  König  so  grossen  Eifer  fühlt  und  auch  von  anderen  günstigen 
Zeichen  Kunde  erhält,  wird  er  dann  überzeugt  sein,  dass  die  Statue  in  seine  Hände  ge- 
langen wird.' 

8L  , Darauf  wird  er  nach  eingeholter  Erlaubniss  seines  Lehrers,  seinen  Beamten  Auf- 
trag geben,  und  beginnen  jene  Stätte  von  Vitabhaya  aufgraben  zu  lassen.' 

82.  ,In  Folge  der  Reinheit  des  dem  Arhat  treu  ergebenen  Königs,  wird  dann  die 
Göttin  erscheinen,  die  über  die  heilige  Lehre  wacht.' 

83.  ,In  Folge  des  überaus  grossen  Verdienstes  des  Königs  Kumärapäla  wird  die  Statue 
bald  zum  Vorschein  kommen,  wenn  die  Stätte  aufgegraben  wird.' 

84.  .Dann  wird  auch  die  Schenkung  von  Dörfern ,  welche  der  König  Udayana  dieser 
Statue  gemacht  hatte,  an  den  Tag  konnnen,' 

85.  ,Die  Beamten  des  Königs  werden  diese  alte  Statue,  wie  eine  neue,  auf  einen  Wagen 
stellen,  nachdem  sie  diesellje  nach  der  Vorschrift  verehrt  haben.' 

86.  ,Währeud  auf  dem  Wege  Gottesdienst  mannigfacher  Art  gehalten  wird,  während 
Tag  und  Nacht  Concerte  unaufhörlich  veranstaltet  werden,'  ^    . 

87.  ,Während  die  Dorfbewohnerinnen  laut  in  die  Hände  klatschen  und  jauchzen, 
während  die  auf  fünf  Töne  gestimmten  Trommeln  freudig  schallen,' 

88.  , Während  die  Wedel  zu  beiden  Seiten  sich  heben  und  senken,  werden  die  Beamten 
diese  heilige  Statue  zur  Mark  von  Pattana  bringen.' 

89.  , Begleitet  vom  Harem  und  den  Dienern,  unigeben  von  den  vier  Abtheilungen  seines 
Heeres,  wird  der  König  sammt  der  ganzen  Gemeinde  ihr  entgegen  gehen.' 

90.  ,Vom  Wagen  selljer  absteigend  und  den  Staatselephanten  besteigend,  wird  der  P^ürst 
das  Bild  in  die  Stadt  hinein  füliren.' 

9L  ,Nachdem  Kumärapäla  sie  in  einem  Lusthause  bei  seinem  Palaste  aufgestellt  hat, 
wird  er  sie  nach  der  Vorschrift  am  Morgen,  Mittage  und  Abende  verehren.' 

92.  ,Nachdem  er  die  der  Statue  gemachte  Schenkung  gelesen  hat,  wird  er  das  bestätigen, 
was  Udayana  gegel)en  hat.' 

93.  ,Jener  Tempel  nur  aus  Gold  erbaut ,  wird ,  o  Kronprinz ,  weil  (seine  Pracht)  un- 
glaubüch  scheint,  das  Staunen  der  ganzen  Welt  erregen.' 

94.  ,Naclidem  die  Statue  darin  aufgestellt  ist,  wird  der  Fürst  an  Macht,  Reichthum  und 
höchstem  Glücke  wachsen.' 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemaciiandra.  207 

95.  jDurcli  seine  Hingebung"  an  die  Götter,  durch  seine  Hingebung  an  den  Lehrer  wird 
der  König  Kumärapäla  deinem  Vater,  o  Abhaya,  im  liliarata-Lande  ähnhch  sein.' 

P^'asst  man  nun  diese  Angaben  mit  denen  des  Dvya^rayakavya*''  zusammen,  so  ergil)t 
sich,  dass  Kumärapäla  Gujarät  in  gemsser  Hinsieht  zu  einem  Jaina-Musterstaate  zu  machen 
suchte.  Er  entsagte  nicht  blos  fiir  seine  Person  den  Genüssen  und  Vergnügungen,  welche 
die  Jaina-Lehre  verbietet,  sondern  er  zwang  auch  seine  Unterthanen,  sich  dieselben  Ent- 
behritngen  aufzuerlegen.  Er  erliess  ein  Gesetz ,  welches  die  Sclionung  des  Thierlebens  in 
weitestem  Umfange  gebot  und  in  allen  Theilen  seines  Reiches  auf  das  Strengste  gehandhabt 
Aviirde.  Die  Brahmanen,  welche  bei  ihren  Opfern  Tliiere  tödteten ,  wurden ,  wie  das  Dvyä- 
^raya  sagt,  gezwungen,  den  Brauch  aufzugeben  und  Getreide  zu  substituiren.  Auch  im 
Pallide^a  in  Räjputänä  musste  man  diesem  Gebote  gehorchen,  und  die  dortigen  Asceten, 
welche  sich  mit  Antilopenfellen  l>ekleideten ,  fanden  es  schwer,  sich  solche  zu  verschaffen. 
So  kam  es,  dass,  wie  es  im  Maliäviracharita  heisst,  die  Pändurangas,  d.  h.  die  Siviten,  vmd 
andere  Bralmianen  wie  geborene  Sravakas  leben  mussten.  Das  Verbot  der  Jagd,  von  welchem 
das  letztere  Werk  spricht,  war  die  natürliche  Folge  dieses  Edictes,  und  demselben  mussten 
sich,  dem  Dvya^raya  zufolge,  sogar  die  Bewohner  des  Paiichälade^a,  d.  h.  die  Stämme  des 
mittleren  Käthiävad  l^eugen,  welche  arge  Sünder  gCAvesen  Avaren.  Eine  weitere  P^olge  Avar 
die  im  Dvvä^raya  berichtete  Massregel  gegen  die  Fleischer,  Avelche  ihr  Gewerbe  aufgeben 
nuissteu,  und  dafür  eine  Entschädigung  im  Betrage  ihres  dreijährigen  Einkommens  erhielten. 
Nach  dem  Mahaviracharita  dehnte  sich  der  Schutz  des  Thierlebens  sogar  auf  das  Ungeziefer 
aus.  Wenn  man  Merutuiiga  trauen  darf,  so  ist  auch  diese  Angabe  keineswegs  eine  Ueber- 
treibiuig.  Denn  im  Yükävihäraprabandha  erzählt*^  er,  wie  ein  ,thörichter'  Kaufmann  im 
Sapädalakslia-Lande ,  der  eine  Laus  geknickt  hatte ,  von  dem  mit  der  Durchführung  des 
Schonungsgesetzes  betrauten  Beamten  nach  Auhilväd  geschleppt  wurde,  und  7Air  Strafe  für  sein 
Vergehen  mit  dem  Aufwände  seines  ganzen  Vermögens  den  Yükavihära  erbauen  musste.  So 
unverhältnissmässig  diese  Strafe  erscheinen  mag,  so  war  sie  noch  gnädig  im  Verhältnisse  zu 
der,  welche,  dem  Prabhävakacharitra  zufolge,  Lakslia,  den  Betell)üclisenträger  Kelhana's,  des 
Fürsten  von  Nadüla-Nariulol,  traf.  Als  dieser  ül)ei-führt  wurde ,  dass  er  eine  Schüssel  mit 
rohem  Fleische  vor  den  Lokäloka-Chaitya  in  Anhilva(]  gestellt  hatte,  wurde  er  hingerichtet. 

An  das  Verbot  des  Fleischgenusses  schloss  sich  in  Uebereinstimmung  mit  dem  zweiten 
Gunavrata  der  Jainas  das  der  geistigen  Getränke,  sowie  das  des  Würfelspieles,  der  Thier- 
kämpfe  und  Wetten .  welche  letztere  das  dritte  Gunavrata  als  verwerflich  bezeichnet.  Das 
Dvva.^ravakävva  sagt  nichts  von  Edicten  über  diese  beiden  Pimkte.  Dieselben  werden  aber 
auch  in  den  Prabandhas  erwähnt."  Wie  die  angeführte  Erzählung  Merutuiiga's  zeigt,  und 
Jinamamlana  ausdrücklich  bestätigt,  stellte  Kumärapäla  eigene  Beamten  an,  welche  die 
Ausführung  seiner  Edicte  übei-wachten.  Von  sehr  grosser  Bedeutung  für  die  Jaina- 
Gemeinden  war  endlich  die  Aufliebung  der  Contiscation  des  Vermögens  derjenigen  Kauf- 
letite,  welche  keine  Söhne,  wohl  aber  Witwen  hinterliessen.  Es  scheint,  dass  dieser  harte 
Brauch,  welcher  den  Grundsätzen  der  Smritis  widerspricht,  seit  alter  Zeit  in  verschiedenen 
Ländern  Indiens,  besonders  im  Westen,  herrschte.  Schon  Kälidäsa,  dessen  Heimat  das 
Gujarät  benachbarte  Mälvä  war,  kennt  densellien  und  erwähnt  ihn  in  dem  Abhijüäna^ä- 
kuntala.  Dort  meldet  der  Minister  dem  Könige  Dushshanta,  dass  der  Kaufherr  Dhana- 
vriddhi  bei  einem  Schiffbruche  umgekonmien  sei,  und  dass,  da  er  keine  directen  Descendenten 
hinterlassen  habe  (anapati/a) ,  sein  aus  vielen  Millifinen  bestehendes  Vermögen  dem  könig- 
lichen   Schatze    verfallen    sei.     Dushshanta,    der    durch    seine    eigene  Kinderlosigkeit    weich 


208  Gr-  Bchler. 

gestimmt  ist,  erklärt  zuerst,  dass  er  seine  Ansprüche  zu  Gunsten  einer  schwangeren  Frau 
des  \' erstorbenen  aufgeben  will,  besinnt  sicli  aber  dann  und  erlässt  ein  Edict,  durch  welches 
derartige  Confiscationen  überhaupt  aufgehoben  werden.  Aus  dieser  Erzählung,  die  gewiss 
nicht  zu  der  j^lten  Sakuntala-Sage  gehörte,  sondern  von  Kalidasa  hinzugedichtet  sein  wird, 
darf  man  sicher  schliessen,  dass  die  Confiscation  des  Vermögens  kinderloser  Kaufleute  im 
sechsten  Jahrhunderte  unserer  Aera  wenigstens  in  der  Heimath  des  Dichters  gewöhnlich 
war.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  dieser  Brauch  die  Jainas  besonders  hart  traf,  da 
die  Mehrzahl  derselben  von  Handel  und  Geldgeschäften  lebte.  Auch  werden  die  orthodoxen 
Könige  gerade  ihnen,  als  Ketzern,  gegenüber  besonders  rücksichtslos  vorgegangen  sein.  Es 
ist  desshalb  leicht  verständlich,  dass,  wie  das  Dvyä^rayakiivya  sagt,  Kumärapäla's  Beschluss 
mit  grossem  Jubel  begrüsst  wurde,  und  dass  nicht  nur  die  Prabandhas  sondern  auch  der 
Brahmaue  Some^vara  in  der  Kirtikaumudi,  den  König  desshalb  hoch  preisen."*" 

Ausser  diu-ch  diese  Zwangsmassregeln  bethätigte  Kumärapala  seinen  Eifer  für  den  Jaina- 
Glauben    durch    die  P^rbauung  von   Tempeln,    durch    Avenigstens    eine   Landschenkung  und 
durch    die    volle    Gleichstellung    des   Jaina-Cultus    mit    dem    der    brahmanischen    Glaubens- 
genossenschaften.    Den  letzteren  Punkt   erwähnt  nur   das  Mahaviracharita ,    indem  Vers  76 
gesagt  wird,  Kumärapala  habe  überall  ,die  Statuen  der  Arhats  in  Festaufzügen  auf  Wagen 
mnherfahren  lassen'.     Man  wird  diese  Aeusserung  so  zu  verstehen  haben ,    dass   der  König 
nicht  selbst  in  allen  Orten  Jaina-Rathayätras  veranstaltete,  sondern  dass  er  den  im  ganzen 
Lande  zerstreuten  kleinen  Gemeinden    die  Erlaubniss    gab,    solche    abzuhalten.     Wie  leicht 
verständlich  ist,  sind  die  Lider  auf  keine  Cultushandlung  so  eifersüclitig,  als  auf  die  öffent- 
lichen Umzüge  mit  den  auf  hohe  Wagen  gestellten  Götterbildern.     Wo    es  immer    möglich 
ist,  werden  die  in  der  Minorität  befindlichen  Secten  durch  die  Mächtigeren  darin  gehindert 
und  es  sind  besonders  die  Jainas,  welche  in  dieser  Beziehung  unter  dem  Drucke  der  anderen 
leiden.    Noch  in  den  letzten  Jahren  hat  es  in  Delhi  heftigen  Streit  zwischen  den  Vaishnavas 
imd  den  Digambaras  wegen  der  Rathayätra  gegeben,  welche  die  letzteren  veranstalten  wollten. 
Es  kann  keinen  Zweifel  leiden,  dass  zu  den  Zeiten  der  orthodoxen  Könige  die  Svetämbaras 
von    Gujarat   ihre  Götterbilder    nicht  öffentlich  zeigen    durften  und    dass   erst    Kumärapala 
ihnen  dieses  Recht  zugestand.     Nimmt  man  diese  Erklärung  an,   so  ist  die  Behauptung  des 
Mahaviracharita,    dass    Rathayäträs    in  jedem  Dorfe  stattfanden,    nicht   unglaublich.     Denn 
fasst  jedes  Dorf  in  Gujarat  hat  seine  kleine  Jaina  Gemeinde,  welche  aus  den  Gekhvechslern 
und  den  Händlern  besteht.    Was  die  Tempelbauten  betrifft,  so  spricht  das  Dvyä^rayakävya 
nur  von  zwei,    dem  Kumäravihära    in    Anhilväd,    und    einem    andern    ebenso    bedeutenden 
in  Devapattana.     Das  ^lahäviracharita  dagegen  behauptet,    Vers  75,    dass    ,fast  jedes'  Dorf 
einen  Jaina  Chaitya  erhielt,  führt  speciell  aber  nur  einen  einzigen  in  Anhilväd  auf,  in  dem 
man  den  Kumäravihära  zu  erkennen  haben  wird.    Die  erstere  Behauptung  ist  natürlich  eine 
Uebertreibung ,    wie  sie  sich  für  den  prophetischen  Stil  passt.     Man  wird  die  Aeusserungen 
des  ^Mahaviracharita  gewiss  so  zu  verstehen  haben,  dass  Kumärapala  eine  grössere  Anzahl 
von  kleineren  Bauten  auffiihren  Hess,  welche  der  besonderen  Nennung  nicht  werth  schienen 
und  ausser  diesen  den  besonders  prächtigen  grossen  Tempel  in  Anhilväd.     Bei  dieser  Inter- 
pretation lassen  dieselben  sich  mit  denen  des  Dvyäiraya  sehr  wohl  vereinigen ,    wenn  man 
annimmt,  dass  das  letztere  nur  die  bemerkenswerthesten  Bauten  aufzählen  will,  und  dass  es 
etwas  später  als  das  Mahaviracharita  geschrieben  ist.    Die  Prabandhas  wissen  auch  alle  von 
vielen  Tempelbauten  zu  erzählen.    Das  Prabhävakacharitra  spricht  zuerst  von  dem  Kumära- 
vihära in  Anhilvä^l,  dessen  Erbauung  es  dem  Minister  Vägbhata  zuschreibt.    Sodann  berichtet 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandka.  209 

es,  dass  der  König  32  kleine  Vihäras  als  Busse  für  die  Sünden  seiner  Zähne  errichten  Hess, 
dass  er  ferner  im  Tempel  seines  Vaters ,  des  Tihunapäla  oder  Tribhiivanapäla,  eine  Statue 
des  Neminätha  aufstellte ,  dass  er  einen  Tempel  auf  dem  Berge  Satrunjaya  erbauen  Hess, 
und  dass  er  alle  deiasthdna,  d.  h.  die  Hauptorte  der  einzelnen  Provinzen  mit  Jaina-Chaityas 
schmückte.  Ganz  am  Ende  des  Werkes  findet  sich  auch  die  Geschichte  aus  dem  Mahävi- 
racharita  über  die  Auffindung  des  Bildes  des  Arhat  in  den  Ruinen  von  Vitabhaya.^" 

Merutunga's  Zahlen  sind  noch  grösser.  Zuerst  spricht  er  von  1440  Tempeln,  die  in 
verschiedenen  Provinzen  errichtet  wurden.  Weiterhin  heisst  es,  dass  Kumärapäla  in  Väg- 
bhatapura  bei  Satrunjaya  ein  Bild  des  Par^vanjitha  in  einem  Tempel,  der  seinem  Vater  zu 
Eliren  Tribhuvanapälavihara  genannt  war,  aufstellen  Hess.  Ferner  werden  die  zweiunddreissig 
Sühne-Tempel  auch  erwähnt,  sowie  der  Kumäravihara,  dessen  Errichtung  jedoch  nicht  speciell 
geschildert  wird.  Endlich  werden  noch  vier  Tempel  einzeln  aufgezählt:  1.  der  Müshaka- 
viliara,  welcher  in  Anhilvad  erbaut  wurde,  um  den  Tod  einer  Maus  zu  sühnen,  die  aus 
Verzweiflung  darüber  starb ,  dass  Kumärapäla  auf  seiner  Flucht  vor  Jayasimha  ihr  einen 
Schatz  geraubt  hatte ;  2.  der  Karambavihara,  der  in  Anhilvad  zu  Ehren  einer  unbekannten 
Frau  errichtet  wurde ,  welche  Kumärapäla  auf  seiner  Flucht  mit  Reismuss  gespeist  hatte ; 
3.  der  Dikshävihära,  eine  Restauration  des  alten  Tempels  in  der  Säligavasahikä  zu  Cambay, 
wo  Hemachandra  zum  Mönche  geweiht  war,  und  4.  der  Jholikävihära,  der  Wiegen-Tempel, 
welchen  Kumärapäla  in  Dhandhüka  an  der  Stelle  von  Hemachandra's  Geburtshause  auf- 
führen Hess.*'  Wenn  auch  nicht  alle  Einzelheiten  in  diesen  Angaben  als  echt  anzusehen 
sind,  so  sprechen  dieselben  doch  dafür,  dass  Kimnärapäla's  Bauten  sich  nicht  auf  Anhilvad 
und  Devapattana  beschränkt  haben.  Auch  die  moderne  Tradition  hat  das  Andenken  an 
dieselben  bewahrt.  In  Satrunjaya  und  auf  dem  Girnär  wei'den  noch  jetzt  Kumäravihäras 
gezeigt,  die  aber  vielfach  restaurirt  sind  und  keine  alten  Inschriften  enthalten.  In  Cambay 
und  Dhandhüka  behauptet  man,  wenigstens  noch  die  Stellen  zu  kennen,  wo  Kumärapäla's 
Bauten  einst  standen. 

Trotz  dieser  ausgebreiteten  Thätigkeit  im  Sinne  der  Jaina-Lehre  und  zu  Gunsten  der 
Jainas  vergass  Kumärapäla  den  alten  Cultus  seiner  Familie  nicht  vollständig.  Im  Dvyä^raya 
berichtet  Hemachandra  selbst  von  der  Restauration  der  Tempel  des  Siva-Kedäranätha  und 
des  Siva-Somanätha,  welche  der  Proclamation  des  Schonungsgesetzes  folgte,  sowie  von  der 
Erbauung  eines  Kumäreövara  in  Anhilvad,  welche  in  eine  noch  spätere  Zeit,  in  die  Periode 
nach  der  Errichtung  der  Kumäravihäras  in  Anhilvad  und  in  Devapattana  fiel.  Die  Motivirung 
des  letzteren  Baues  ist  sehr  eigenthümlich.  Mahädeva,  sagt  Hemachandra,  sei  dem  Könige 
im  Traume  erschienen,  habe  ihm  kund  gethan,  dass  er  mit  seinen  Diensten  zufrieden  sei, 
und  den  Wunsch  ausgedrückt,  in  Anhilvad  zu  wohnen.  Aus  diesen  Thatsachen  wird  man 
folgern  dürfen,  dass  Kumärapäla  trotz  aller  Anhänglichkeit  an  Hemachandra  und  trotz 
seiner  Annahme  der  Jaina-Gelübde  nie  von  den  Siviten  seine  Hand  ganz  abzog.  Er  mag  sie 
gezwungen  haben,  ihre  blutigen  Opfer  aufzugeben,  aber  er  wird  den  Tempelpriestern  und 
den  Asceten  ihre  Bezüge  aus  dem  königlichen  Schatze  gelassen  haben.  Es  werden  auch  Zeiten 
gekommen  sein,  wo  er  selbst  sich  wieder  dem  Saiva-Glauben  genähert  und  neben  dem  Jina  auch 
dem  Siva  seine  Verehrung  dargebracht  hat.  Ein  solches  Schwanken  und  eine  solche  Mischung 
der  Religionen  ist  in  Indien  nichts  Ungewöhnliches  und  wird  auch  aus  älterer  Zeit  von 
anderen  Königen,  die  sich  heterodoxen  Secten  anschlössen,  wie  zum  Beispiel  von  Harshavar- 
dhana,  dem  bekannten  Könige  von  Thänesar  und  Kanoj,  berichtet.  Auch  der  letztere  erwies, 
wie  Hiuen  Tsiang  als  Augenzeuge  erzählt,  bei  seinen  Festen  sowohl  den  Buddhisten  als  den 

DeD»8Chriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII,  Bd.  27 


210  G-   Bühler. 

Unihiuaneu  und  Jainas  Elire.  Die  Gründe  für  diese  Erscheinungen  liegen  nahe  genug. 
An  den  Höfen  gab  es  immer  neben  den  lieterodoxen  auch  orthodoxe  Parteien,  deren  Ein- 
Huss  auf  die  Fürsten  mitclitig  blieb.  p]ine  solche  war  sicher  in  Anhilväd  vorhanden,  da  den 
Prabandhas  zufolge  der  Jaina  Vagbhata  keineswegs  der  einzige  Minister  Kumarapala's  war. 
Neben  ihm  tritt  ein  Mantrin  Kapardin  auf,  von  dem  nicht  behauptet  wird,  dass  er  ein  Jaina  ge- 
wesen sei.  Ebenso  erscheint  ein  t^aiva  Lehrer  Devabodhi,  der  früher  Kumarapala's  geistlicher 
Kath  gewesen  sein  soll  (siehe  S.  204,  215),  auch  nach  der  Bekehrimg.  In  dem  Colophon  zu  einer 
Handschrift  von  V.  S.  1218  wrd  auch  ein  Mahaniatya  Ya^odhavala  als  erster  Minister  genannt, 
welcher  wahrscheinlich  mit  dem  von  Kumarapala  eingesetzten  gleichnamigen  Paramära- 
Vasallenfürsten  von  Chandravati  identisch  ist.**  Der  Einfluss  der  orthodoxen  Partei  Avurde 
natürlich  durch  die  alten  Gewohnheiten  des  Königs  und  seine  frühere  Verbindung  mit  den 
öivitischen  Asceten  unterstützt.  Dazu  kam  endlich  die  Neigung  des  indischen  Charakters, 
scliroffe  Gegensatze  in  religiösen  Systemen  dadurch  zu  vermitteln ,  dass  dieselben  nur  als 
verschiedene  Formen  derselben  Grundwahrheit  aufgefasst  und  dargestellt  werden.  Es  ist 
oben  gezeigt,  dass  im  zwölften  Jahrhunderte  die  brahmanischen  Götter  der  Triraürti  mit  den 
Jinas  identificirt  wurden,  und  dass  wahrscheinlich  Hemachandra  selbst  sich  solcher  Identifi- 
cationen  im  Anfange  seines  Bekehrungsversuches  bediente,  um  Kumarapala  zu  seinen  Lehren 
herüberzuziehen.  Da  war  es  denn  nur  natürlich,  dass  sein  Convei-tit  nachher  dem  Siva 
neben-  dem  Jina  huldigte.  Vielleicht  darf  man  auch  annehmen,  dass  das  mit  Hemachandra's 
Billigung  geschah,  da  er  sonst  schwerlich  die  öivitischen  Tempelbauten  seines  Gönners  und 
Schtilers  so  imbefangen  verzeichnen  würde.  Wie  dem  aber  auch  sein  mag,  jedenfalls  wird 
Hemachandra  den  öivitischcn  Neigungen  Kumarapala's  keinen  zu  starken  Widerstand  entgegen- 
gesetzt und.  um  nicht  sein  ganzes  Werk  zu  gefährden,  lieber  als  kluger  Missionär  ein  Auge 
zugedrückt  haben.  Diese  Vemiuthungen  erhalten  eine  weitere  Bestätigung  dadurch,  dass 
Kumärapjila  in  der  oben  erwähnten  Inschrift  in  Devapattana  zu  Ehren  des  Bhava-Brihaspati, 
welche  Valabhi-Sariivat  850  oder  Vikrama-Saiiivat  1225  nur  vier  Jahre  vor  seinem  Tode 
verfasst  ist,  zum  Siviten  gemacht  wird.  Natürlich  ist  in  derselben  von  dem  Uebertritte  des 
Königs  zum  Jainismus  durchaus  keine  Rede.  Im  Gegentheile ,  es  wird  von  Schenkungen 
erzählt,  die  er  Brihaspati  und  andern  Öaivas  machte,  und  er  wird  (Z.  50)  noch  mähesvara- 
nripägraijtih  ,der  Führer  der  6iva-Gläubigen  Könige'  genannt.  Es  lagen  also  Thatsachen 
vor,  die  es  dem  Saiva-Priester  möglich  machten,  ihn  noch  zu  den  Seinigen  zu  zählen,  ebenso 
wie  solche,  die  es  den  Jainas  erlauliten,  ihm  den  Beinamen  Paramärhata  zu  geben.  Einen 
ganz  vollständigen  Triumph  feierte  Hemachandra  demnach  nicht,  aber  erreichte  gewiss  ebenso 
viel  wie  irgend  ein  anderer  heterodoxer  Lehrer  bei  einem  königlichen  Proselyten  erreicht 
hat  Er  konnte  Kumarapala  zwar  nicht  ganz  von  dem  Öaivismus  abziehen.  Aber  es  gelang 
ihm,  denselben  zur  steten  Beobachtung  der  wichtigsten  Jaina-Gelübde  zu  bewegen  und  sich 
einen  grossen  Einfluss  auf  die  Regierung  zu  verschaffen.  Gujarat  wurde  zwar  nicht  in  dem 
Sinne  ein  Jaina-Reich ,  dass  die  Mehrzahl  seiner  Bewohner  zum  Jainismus  bekehrt  wurde. 
Eine  sehr  bedeutende  Ausbreitung  des  Jainismus  war  schon  dadurch  ausgeschlossen,  dass 
die  Satzungen  desselben  seinen  stricten  Bekennem  manche  der  uothwendigsten  Beschäfti- 
gungen ,  wie  z.  B.  den  Ackerbau ,  untersagen.  Aber  die  Edicte  gegen  die  Tödtung  von 
Thieren,  gegen  die  geistigen  Getränke,  gegen  die  Wetten  und  Glücksspiele  griffen  tief  in 
da«  Leben  jede»  Einzelnen  ein  und  erzwangen  den  Gehorsam  gegen  einige  der  wichtigsten 
Leliren  des  Jainismus. 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  211 

Hemachandra's  literarische  Arbeiten  nach  Ktunärapäla's  Bekehrung. 

Auch  während  der  Periode  seiner  grössten  Macht,  wo  der  Verkehr  mit  Kumarapala 
ihn  gewiss  sehr  in  Anspruch  nahm ,  blieb  Hemachandra  seinen  Hterarischen  Bestrebungen 
treu.  Ausser  dem  schon  erwähnten  Yoga^ästra  und  dem  ausführlichen  Commentare  dazu, 
verfasste  er  zwischen  V.  S.  1216  und  1229  die  gleichfalls  schon  erwähnte  Sammlimg  von 
Heiligengeschichten ,  welche  den  Titel  Trishashti^aläkäpurushacharita  ,da8  Leben  der  drei- 
uudsechzig  besten  Männer'  führt.  Dieselbe  gibt  in  zehn  Parvans  die  Legenden  über  die 
vierundzwanzig  Jinas,  die  zwölf  Chakravartins  oder  Kaiser  von  Indien,  die  neun  Väsudevas, 
die  neun  Baladevas  und  die  neun  Vishnudvish  oder  Gegner  der  neun  Incarnationen  Vishnu's. 
Ein  Anhang,  das  Pari^ishtaparvan  oder  Sthavirävalicharita  behandelt  die  Geschichte  der 
DasapürvinSi  der  ältesten  Lehrer  der  Jaina-Religion  von  Jambüsvämin  bis  zu  Vajrasvämin, 
welche  noch  die  Pürva  genannten  alten  canonischen  Lehrbücher  kannten.  Das  Werk  ist 
fast  ganz  im  heroischen  Metrum  geschrieben  und  wird  vom  Verfasser  ein  Mahäkjivya  oder 
grosses  Kunstgedicht  genannt.  Sein  Umfang  ist  ein  sehr  grosser,  so  gross,  dass  er  den 
stolzen  Vergleich  mit  dem  Mahäbharata,  welcher  durch  die  Eintheilung  in  Parvans  angedeutet 
wird,  einigermassen  rechtfertigt.  Es  enthält  nach  Jinamandana's  Angabe  36.000  Anushtubh- 
Ölokas.""*  Seine  Abfassung  fällt  später  als  die  des  Yoga^ästra,  weil  es  in  dem  Commentare 
zu  dem  letzteren  nicht  citirt  Avird,  dagegen  in  den  Noten  zu  111.  131  die  Geschichte  des 
Lehrers  Sthülabhadra  fast  mit  denselben  Worten  erzählt  wird,  wie  im  Pariäishtaparvan  VIll. 
2 — 197  und  IX.  55 — 111  ^  Nur  die  einleitenden  Verse  sind  verschieden  und  hie  und  da 
finden  sich  einige  abweichende  Lesarten ,  welche  jedoch  den  Sinn  kaum  berühren.  Es  ist 
somit  unverkennbar,  dass  die  betreffenden  Stellen  aus  dem  Commentare  zu  Yogaäästra  in 
das  Pari§ishtaparvan  hinübergenommen  sind.  Andererseits  ist  das  Trishashti^aläkäpurusha- 
charita  früher  geschrieben  als  das  Dvyä^rayakävya ,  oder  wenigstens  als  dessen  letzte  fünf 
Sargas  —  wenn  man  nämlich  Merutuüga's  Angabe  glaubt,  dass  dieses  Gedicht  ursprünglich 
nur  die  Siege  Jayasimha-Siddharäja's  verherrlichte,  und  annimmt,  dass  der  Schluss  später 
hinzugefügt  ist  (S.  186).  Das  Dvyäöraya  führt  die  Geschichte  Kumärapäla's  ein  wenig  weiter 
als  das  Mahaviracharita.  Denn  es  erwähnt,  wie  schon  oben  S.  198  bemerkt  ist,  den  prächtigen 
Tempel  des  Pär^vanätha  zu  Devapattana.  Von  diesem  schweigt  das  Mahaviracharita,  schildert 
dagegen  die  Umstände,  welche  die  Erbauung  des  etwas  früher  errichteten  Kumäravihära  in 
Anhilväd  veranlassten,  mit  grosser  Ausführlichkeit.  Dem  Sanskrit-Dvyä^raya  folgte  ferner 
das  Präkrit-Dvyääraya  oder  Kumaravälachariya ,  ein  kleines  Werkchen,  das  dem  Kumara- 
pala ganz  gewidmet  ist  und  seine  Frömmigkeit  und  Hingabe  an  den  Jina  hoch  preist, 
zugleich  aber  die  Regeln  der  Prakrit-Granmiatik  durch  Beispiele  illustrirt.""  Den  Schluss 
der  wissenschaftlichen  Arbeiten  dieser  letzten  Periode  dürfte  der  Commentar  zu  dem  Abhi- 
dhänachintämani  gemacht  haben.  Die  Thatsache ,  dass  in  demselben  das  Yogaäästra  und 
das  Trishashtiäaläkäpurushacharita  citirt  wird,  beweist  nicht  blos,  dass  derselbe  der  Zeit 
nach  V.  S.  1216  angehört,  sondern  dass  er  in  des  Verfassers  letzten  Lebensjahren  geschrieben 
ist.  Dafür,  dass  es  seine  allerletzte  Arbeit  gewesen  ist,  lässt  sich  noch  ein  anderer  Umstand 
geltend  machen.  Mit  dem  Abhidhänachintamani ,  dem  synonymischen  Lexicon ,  eng  ver- 
bunden ist  der  Anekärthakosha ,  das  homonymische,  welches  das  erstere  ergänzt.  Hiezu 
existirt  allerdings  auch  ein  Commentar,  die  Anekärthakairaväkarakaumudl.  Dieser  ist  aber 
nicht  von  Hemachandra  selbst,  sondern  nach  seinem  Tode  von  seinem  Schüler  Mahendra 
in  des  Meisters  Namen  verfasst.     Es  heisst  in  der  Praäasti  am  Ende  dieses  Werkes  :^^ 

27* 


212  ^-    iiüHLER. 

1.  .Durch  den  berühniteu  Maliendrasüri,  den  stets  treu  ergebenen  Schüler  des  berühmten 
Heuiasiirl.  ist  dieser  Connnentar  im  Namen  seines  (Meisters)  verfasst.' 

2.  ,Wo  tiudet  sich  bei  UughickUchen  meiner  Art  eine  solche  Geschicklichkeit  in  der 
Auseinandersetzung  (wie  sie)  für  das  liuch  des  berühmten  Herrn  Hemachandra ,  eines  mit 
unendlichen  Vorzügen  begabten  Schatzes  der  Vollkommenheit  und  des  Wissens,  (erforderlich 
ist)?  Wenn  ich  es  trotzdem  erklärt  habe,  so  ist  das  kein  Wunder;  denn  ich  wiederhole 
die  (nüindlidien)  Erklärungen  jenes  (Mannes),  der  beständig  in  meinem  Herzen  lebt.' 

Die  letzteren  Worte  deuten  au,  dass  Hemachandra  zur  Zeit,  als  Mahendra  schrieb,  todt 
war,  und  dass  Mahendra  aus  Pietät  gegen  den  Verstorbenen  dessen  mündliche  Erklärungen 
niederschrieb  und  in  dessen  Namen  veröffentlichte.  Hemachandra  scheint  also  daran  gedacht 
zu  haben,  auch  den  zweiten  Theil  seines  Koslia  selbst  zu  commentiren,  aber  vom  Tode  über- 
rascht worden  zu  sein,  ehe  er  seineu  Plan  ausfüln-en  konnte.  Es  liegt  somit  nahe  einzunehmen, 
dass  der  Commentar  zum  ersten  Theile  kurz  vorlier  vollendet  war.  Noch  ist  zu  wieder- 
holen (siehe  S.  202),  dass  auch  die  Seshakhya,  Namamäla  möglicher  Weise  dieser  letzten  Zeit 
angehören  kann,  falls  dieselbe  nämlich  ursprünglicli  in  den  Commentar  zum  Abhidhäna- 
chiutAmani  eingefügt  war.  Man  kann  für  diese  Ansicht  die  älmlichen  Erscheinungen  im 
Conmientare  zum  Yogasastra  geltend  machen,  welclier  metrische  Nachträge  zum  Texte  ent- 
hält (Note  80).  Gewisslieit  über  diesen  Punkt  wird  sich  aber  nur  erlangen  lassen,  wenn 
alte  Palmblatthandschril'ten  des  Commeutares  zum  Kosha  untersucht  werden.  Betreffs  der 
Abfassungszeit  des  im  Prabhävakacharitra  (Note  74)  erwähnten  Werkes  über  die  Jaina- 
Dialectik,  welches  dort  Pramänamimäihsä ,  in  den  Handschriften  aber  Syädvadamanjarl 
genannt  wird,'*'  kann  ich  nichts  Sicheres  sagen.  Da  es  aber  im  Conmientare  zum  Yoga- 
äj'istra  uicht  erwähnt  wird,  so  geliört  es  vielleicht  auch  zu  den  Arbeiten  der  Periode  von 
V.  S.  1216 — 1229.  Hiemit  ist  die  Liste  von  Hemachandra's  Werken  erschöpft.  Der  Ver- 
fasser des  Prabhävakachai'itra  sagt  zwar,  dass  , einfältige  Leute  wie  er'  (Note  74)  nicht  alle 
Werke  des  grossen  Meisters  kennen,  und  Räja^ekhara  behauptet  kühnlich,  dass  Hemachandra 
30,000.000  Slokas  verfasst  habe.  So  oft  die  letztere  Angabe  in  den  Pattavalis  oder  GurvA- 
valis  wiederholt  wird,  so  ist  sie  natürlich  nur  eine  absurde  Uebertreibimg.  Bis  jetzt  liegt 
kein  Grund  vor,  Hemachandra  mehr  als  die  erwähnten  Werke  zuzuschreiben,  die  etwa 
100.000  Slokas  enthalten  mögen.  Besonders  fallt  ins  Gewicht,  dass  die  Erforschung  der 
alten  Bibliotheken  von  CamV)ay,  Jesalmir  und  Anlülväd  auch  niclit  ein  Werk  ausser  den 
in  der  Liste   des  Prabhävakacharitra  entlialtenen  zu  Tage  gefordert  hat. 

Hemachandra's  Leln-tliätigkeit  scheint  nicht  minder  ausgebreitet  gewesen  zu  sein,  als 
seine  literarische  Thätigkeit.  Sein  ältester  bedeutendster  Schtder  war  der  oben  (S.  187) 
erwähnte  einäugige  Rämachandra,  von  dem  die  Prabandhas  berichten,  dass  er  einhundert 
Werke  geschrieben  habe.  In  neuerer  Zeit  sind  zwei  Dramen  dieses  Mannes  aufgefunden, 
Kaglmvilapa  und  Nirbliayabh'mm.  In  der  Unterschrift  zu  dem  letzteren  nennt  sich  Räma- 
chandra selbst  mtaprahandhakartri ,  ,Verfasser  von  hundert  Werken'.  Ausser  ihm  nennen 
die  Prabandhas  bei  verschiedenen  Gelegenheiten  Gunachandra,  Yai^aächandra ,  Balachandra 
und  Udayachandra ,  unter  denen  der  letzte  auch  in  dem  Colophon  des  Commeutares  zur 
Briliadvritti  der  Grammatik  (Note  34)  genannt  wird.  Die  Pra^asti  des  Commeutares  zum 
Anekartliakosha  beweist,  wie  gezeigt  ist,  die  Existenz  eines  seclisten^^  Schülers,  des 
Maheurlra  und  die  Kumaravihärapra^asti  lelirt  uns  einen  siebeuten,  den  Vardliamana- 
gamn  kennen.  Die  moderne  Sage  ist  natürhch  mit  so  besclieidenen  Zalilen  nicht  zufrieden. 
Noch  jetzt  wird  in  Anhilväd  ein  mit  Tinte  befleckter  Stein  gezeigt,  auf  dem  Hemachandra's 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandba.  213 

Sitzpolster  gelegen  haben  soll.     Hundert  Schüler,  so  sagen  die  Jainas,  umringten  denselben 
täglich  und  schrieben  die  Werke  nieder,  welche  ihr  Lehrer  ihnen  dictirte. 

Legenden  über  den  Verkehr  zwischen  Hemachandra  und  Kumärapäla  und  über 

ihr  Ende. 

Ausser  den  schon  angeführten  Einzelheiten  über  Hemachandra's  Wirksamkeit  nach 
Kumärapäla's  Bekehrung  enthalten  die  Prabandhas  noch  viele  Erzählungen,  welche  seinen 
Verkehr  mit  dem  Könige  und  einige  andere  Ereignisse  schildern.  Obschon  die  Mehrzahl 
dieser  Anekdoten  geschichtlich  werthlos  ist,  so  mögen  sie  doch  der  Vollständigkeit  halber 
kurz  angeführt  werden.  Wie  zu  erwarten  steht,  ist  ihre  Zahl  im  Prabhävakacharitra  am 
kleinsten.  Dieses  Werk  kennt  nur  fünf  Merutunga  dagegen  gibt  sechzehn.  Rajasokhara 
fügt  noch  einige  hinzu.  Jinamandana  bietet  wiederum  etwas  mehr  und  bringt  von  anderen 
künstlichere  Recensionen,  in  denen  der  alte  Stoff  besser  verarbeitet  ist.  Ihrem  Inhalte  nach 
zerfallen  sie  in  zwei  Hauptclassen ,  solche ,  die  Hemachandra's  Wissen  und  Charakter  ver- 
herrlichen, und  solche,  die  Kumärapäla's  Ergebenheit  gegen  seinen  Lehrer  und  Anhänglich- 
keit an  den  Jainismus  beweisen  sollen. 

Was  Hemachandra  betrifft,  so  werden  zunächst  eine  Menge  von  Versen  angeführt,  die 
er  bei  verschiedenen  Anlässen  gedichtet  haben  soll.  Merutunga  lässt  ihn  Kimiärapala's  Lob 
singen,  als  dieser  die  Confiscation  des  Vermögens  kinderloser  Kauflexite  aufgab.  Seine  An- 
gabe stimmt  aber  nicht  mit  der  des  Prabhävakacharitra.  In  dem  letzteren  Werke  wird 
behauptet ,  dass  der  Vers ,  welchen  Merutunga  ,den  Gelehrten'  zuschreibt ,  Hemachandra 
gehört,  während  der  von  Merutunga  als  Hemachandra's  Composition  genannte  nicht  vor- 
kommt. Sodann  führt  Merutunga  einen  Sloka  an,  der  Amrabhata,  den  zweiten  Sohn  seines 
Gönners  Udayana,  wegen  der  Vollendung  des  Tempels  des  Suvrata  in  Broach  preist,  sowie 
ein  Loblied  auf  diesen  Tirthamkara.  In  diesem  Falle  hat  auch  das  Prabhävakacharitra 
den  ersten  Vers.  Ausserdem  kommt  im  Prabandhachintämani  noch  ein  Prakrit-Dandaka 
vor,  welches  Hemachandra  in  Satrunjaya  verfasst  haben  soll,  und  ein  Apabhram^a-Halbvers, 
dessen  Inhalt  für  einen  Mönch  nicht  passt,  da  er  sich  auf  eine  Tänzerin  bezieht.  Jina- 
mandana kennt  noch  eine  viel  grössere  Zahl,  von  denen  sich  die  meisten  in  seinem  Berichte 
über  Kumärapäla's  Erfiillung  der  zwölf  Jaina-Gelübde  finden.*^ 

Interessanter  als  diese  wahrscheinlich  durchweg  apokryphen  Beweise  für  Hemachandra's 
Fertigkeit  in  der  Dichtkimst ,  ist  eine  Legende ,  welche  zeigen  soll ,  wie  klug  er  sich  den 
brahmanisclien  Priestern  gegenüber  benahm,  die  den  König  zwingen  wollten,  sein  Gelübde 
zu  brechen.  Räja.4ekhara,  bei  dem  dieselbe  sich  zuerst  findet,  erzählt  sie  folgendermassen : 
,Kurze  Zeit  nachdem  Kumärapäla  die  Schonung  der  lebenden  Wesen  geboten  hatte ,  kam 
die  lichte  Hälfte  des  Monates  Aövina  herbei.  Da  Hessen  die  Priester  der  Kante^var!  und  der 
übrigen  Göttinnen  den  König  wissen :  „Herr,  am  siebenten  Tage  muss  der  König  nach  dem 
Brauche  der  Vorfahren  den  Göttinnen  siebenhundert  Ziegen  und  sieben  Büffel  geben,  am 
achten  achthundert  Ziegen  imd  acht  Büffel,  am  neunten  aber  neunhundert  Ziegen  luid  neun 
Büffel."  Als  der  König  das  gehört  hatte ,  ging  er  zu  Hemachandra  und  theilte  ihm  die 
Sache  mit.  Der  grosse  Lehrer  flüsterte  ihm  etwas  ins  Ohr,  worauf  der  König  sich  erhob 
und  den  Priestern  das  Gebührende  zu  geben  versprach.  Nachts  wurden  die  Thiere  in  den 
Tem])el  der  Göttin  geführt,  die  Schlösser  desselben  fest  zugemacht  und  verlässliche  Räjputen 
als  Wachen  aufgestellt.     Am  nächsten  Morgen    kam    der  König  und   Hess    die   Thüren    des 


214  Gr-  Bohlbr. 

Tempels  öffnen.  In  der  Mitte  sah  man  die  Thiere  wiederkäuend  liegen,  erquickt  durch  das 
vor  dem  Winde  geschlitzte  Lager.  Da  sagte  der  Fürst:  „Priester,  diese  Thiere  habe  ich 
den  Göttinnen  gegeben.  Wenn  die  an  ihnen  Gefallen  gefunden  hatten,  so  würden  sie  die- 
selben verzehrt  haben.  Sie  sind  aber  nicht  verzehrt.  Desshalb  finden  die  Göttinnen  keinen 
Gefallen  an  Fleisch.  Ihr  aber  liebt  es.  Darum  seid  ganz  still ;  ich  werde  nicht  erlauben, 
dass  lebende  Wesen  getödtet  werden."  Die  Priester  Hessen  die  Köpfe  liängen.  Die  Ziegen 
wurden  freigelassen.  Der  König  Hess  aber  den  Göttinnen  Speiseopfer  geben,  die  ebenso  viel 
werth  waren  als  die  Ziegen.'"" 

Diese  Erzählung,  welche  Jiiiamandana  in  etwas  kürzerer  Fassung  gibt,  erinnert  einiger- 
massen  au  die  biblische  Geschichte  von  Elias  und  den  Baalspfaffen.  Man  wird  sie  jedoch 
schwerlich  für  eine  Adaptation  der  letzteren  halten  dürfen.  Sie  wird  gewiss  unabhängig  ent- 
standen sein.  Wenn  sie  auch  nur  eine  Ei-findung  ist,  so  ist  sie  doch  eine  gute  Erfindung, 
da  sie  die  Schwierigkeiten,  auf  die  Kumärapäla  nach  seiner  Bekehrung  stiess,  imd  das  Ver- 
falu"en  seines  geistlichen  Rathes,  um  dieselben  aus  dem  Wege  zu  räumen,  richtig  schildern 
wird.  Beachtenswerth  ist  es,  dass  ihr  zufolge  der  Cultus  der  Kanteivarl  nicht  abgeschafft, 
sondern  niu*  aus  einem  blutigen  in  einen  unblutigen  verwandelt  wurde. 

Zwei  andere  Erzählungen  bei  Merutuhga  zeigen,  wie  sich  Hemachandra  gegen  seine 
Feinde  benahm.  Die  erste  belehrt  uns ,  dass  der  mächtige  Saiva-Priester  Brihaspati  einst 
irgend  eine  Unannehmlichkeit  betreffs  des  Kumäravihära  in  Devapattana  verursachte.  Sofort 
verlor  er  durch  Hemachandra's  Ungnade  seine  Stelle.  Darauf  kam  er  nach  Anhilväd,  lernte 
das  Shodhä^vayaka  und  diente  dem  Jaina-Mönche.  Ein  Bittvers  besänftigte  diesen  schliess- 
Hch  und  Brihaspati  wurde  wieder  als  Aufseher  der  Saiva-Stiftungen  eingesetzt.  Ebenso 
streng,  aber  auch  ebenso  versöhnlich  zeigte  sich  Hemachandra  gegen  einen  alten  Feind, 
Vämadeva  oder  Vämarä^i,  der  unter  der  Regierung  Jayasiriiha's  sein  Nebenbuhler  gewesen 
war,  und  ihn  nach  seiner  Erhöhung  mit  einem  bösen  Spottverse  verhöhnte.  Zur  Strafe 
lies»  er  ihn  schimpflich  durch  seine  Diener  mit  ihren  Lanzenschäften  aus  dem  Hause  treiben 
und  über  ihn  den  asastra  vadha,  ,die  unblutige  Todesstrafe'  verhängen,  welche  in  der  Ent- 
ziehung seiner  vfitti,  seiner  Einkünfte  aus  dem  königlichen  Schatze,  bestand.  Vämarä^i 
fristete  dann  durch  das  Auflesen  von  verstreuten  Getreidekömern  sein  Leben  und  stand  oft 
vor  der  Schule  seines  Feindes.  Als  eines  Tages  dort  Ana  und  andere  Fürsten  das  Yogasästra 
lernten ,  pries  Vämaraii  dieses  Werk  in  einem  Verse  ,mit  voller  Aufrichtigkeit'.  Hiedurch 
wurde  Hemachandra  versöhnt  und  verlieh  ihm  eine  doppelt  so  grosse  vritti  als  die  frühere 
war."'  Die  Erzählung  über  Brihaspati  stellt  wahrscheinlich  das  Verhältniss  dieses  j\Iannes 
zu  Hemachandra  in  ein  richtigeres  Licht  als  die  oben  (S.  195)  gegebene  Legende,  nach 
welcher  der  Saiva  und  der  Jaina-Mönch  gute  Freunde  waren. 

Die  bei  weitem  grösste  Zahl  der  in  den  Prabandhas  gegebenen  Legenden  schildert 
aber  Hemachandra's  übernatürliche  Kräfte,  seine  Gabe  der  Prophezeiung,  seine  Kenntniss 
der  fernsten  Vergangenheit,  seine  Macht  über  die  bösen  Geister  und  die  dem  Jaina-Glauben 
feindlichen  brahmanischen  Gottheiten.  Schon  im  Prabhavakacharitra  wird  eine  Weissagung 
Hemachandra's  erwähnt,  welche  richtig  in  Erfüllung  ging.  Der  König  von  Kalyäuakataka, 
heiest  es,  der  durch  seine  Späher  erfahren  hatte,  dass  Kumärapäla  ein  Jaina  geworden  und 
machtlos  sei,  zog  mit  einem  grossen  Heere  aus,  um  Gujarät  zu  erobern.  Voll  Sorge  ging 
Kumärapäla  zu  Hemachandra  und  fragte,  ob  er  diesem  Feinde  unterliegen  würde.  Hema- 
chandra tröstete  ihn,  indem  er  sagte,  dass  die  Schutzgöttinnen  der  Jaina-Lehre  über  Gujarät 
wachten,  und  dass  der  Feind  am  siebenten  Tage  sterben  würde.    Wirklich  brachten  Kumära- 


UüBEU  DAS  Leben  des  Jaina  j\[öxciies  Hemachandra.  215 

päla's  Spione  bald  darauf  die  Nacliricht,  dass  die  Prophezeiung  eingetroffen  sei.  Merutmiga 
und  Jinamandana  kennen  diese  Sage  gleichfalls.  Der  feindliche  König  ist  aber  in  ihrer 
Version  Karna,  der  Herrscher  von  Dähala  oder  Tivar  in  den  Central  Provinces.  Sie  wissen 
auch  zu  berichten ,  wie  er  umkam ,  und  erzählen ,  dass  er  bei  einem  nächtlichen  Marsche 
auf  seinem  Elephanten  eingeschlafen ,  mit  seiner  goldenen  Halskette  an  einem  Banianen- 
Baume  hängen  geblieben  und  so  erdrosselt  sei.  Karna  von  Dahala  regierte  ungefähr  hundert 
Jahre  vor  Kumärapala  und  war,  -wäe  Merutunga  an  einer  andern  Stelle  richtig  angiljt,  ein 
Zeitgenosse  Bliimadeva's  I.'"* 

Einen  zweiten  Beweis  seiner  Sehergabe  lieferte  Hemachandra  nach  Merutunga,  indem  er 
dem  Könige  seine  Greschichte  in  einem  früheren  Leben  verkündigte.  Raja^ekhara  und  Jina- 
mandana geben  dieselbe  in  extenso  und  fügen  hinzu,  dass  Hemachandra  sie  nicht  selbst  erzählen 
konnte,  sondern  zu  diesem  Zwecke  die  Vidyädevis  in  Siddhapura  erscheinen  liess.  Der  König 
erfuhr  dadurch  den  Grund  seiner  Feindschaft  mit  Jayasimha  xmd  war,  wie  Jinamandana  sagt, 
so  sehr  über  die  Weisheit  seines  Lehrers  erstaunt,  dass  er  ihm  den  Titel  kalikälasnsarvajna, 
,der  Allwissende  des  Kali-Yuga'  gab.^'  Es  ist  gar  nicht  unwahrscheinlich,  dass  Hemachandra, 
wie  die  Jaina-Mönche  öfter  es  in  älmlichen  Fällen  gethan  haben,  vorgab,  dem  Könige  seine 
Schicksale  in  einem  früheren  Leben  erzählt  zu  haben.  Eine  andere  Frage  ist  es,  ob  die 
ims  erhaltene  Version  wirklich  den  von  Hemachandra  erzählten  Pürvavrittänta  wiedergibt. 

Recht  albern,  aber  charakteristisch  für  die  allmählige  P^ntwicklung  der  Legenden,  ist 
eine  dritte  Sage  bei  Jinamandana,  welche  Hemachandra  die  Kraft  des  Fernsehens  zuschreibt. 
Einst ,  heisst  es ,  sass  Hemachandra  mit  dem  Könige  und  dem  Saiva-Asceten  Devabodhi 
zusammen  und  erklärte  die  heiligen  Schriften.  Plötzlich  hielt  er  inne  und  stiess  einen  lauten 
Wehruf  aus.  Devabodhi  rieb  sich  die  Hände  und  sagte:  ,E8  macht  nichts.'  Dann  wurde 
die  Erbauungsstunde  fortgesetzt.  Als  Hemachandra  geendigt  hatte,  fragte  Kumärapala,  was 
er  mit  Devabodhi  gehabt  hätte.  Da  antwortete  der  Mönch :  , König,  ich  sah,  dass  eine  Ratte 
im  Tempel  des  Chandraprabha  zu  Devapattana  einen  Lampendocht  wegschleppte  und  da- 
durch eine  Feuersbrunst  entstand.  Devabodhi  löschte  dieselbe ,  indem  er  sich  die  Hände 
rieb.'  Darauf  sandte  Kumärapala  Boten  nach  Devapattana  und  fand,  dass  Hemachandra's 
Angaben  richtig  waren.'"" 

Auch  für  Hemachandra's  Zauberkraft  weiss  schon  das  Prabhävakacharitra  einen  Beleg 
anzuführen.  Es  berichtet,  dass  Amrabhata,  als  er  den  Tempel  des  Suvrata  in  Broach 
restauriren  liess,  mit  der  Saindhavi  Devi  und  den  Yoginis  in  Conflict  gerieth  und  von  ihnen 
krank  gemacht  wurde.  Seine  Mutter  rief  Hemachandra  zu  Hilfe,  der  sich  mit  seinem  Schüler 
Yai^ai^chandra  nach  Broach  begab,  die  Devi  durch  Zaubermittel  sich  unterwürfig  machte  und 
Amrabhata  heilte.  Etwas  verschiedene  Recensionen  der  Anekdote  finden  sich  bei  Merutunga 
und  bei  Jinamandana.'"' 

Die  letzteren  beiden,  sowie  auch  Räja^ekhara,  erzählen  ferner,  dass  Hemachandra 
Kumärapala  vom  Aussatze  geheilt  habe.  Nach  Merutunga  befiel  diese  Krankheit  den  König 
in  Folge  eines  Fluches,  den  die  fromme  Mutter  des  Königs  Laksha  von  Kaclih  über  die 
Nachkommen  seines  Ueberwinders,  des  Mülaräja,  ausgesprochen  hatte.  Hemachandra  reinigte 
ihn  durch  die  Kraft  seines  Yoga.  Nach  RäjaSekhara  rächte  sich  Kante^vari  Devi,  die 
Familiengöttin  der  Chaulukyas,  für  die  Vorenthaltimg  ihrer  Opfer  (S.  213),  indem  sie 
Kumärapala  erschien  und  ihn  mit  dem  Dreizack  auf  das  Haupt  schlug.  In  Folge  davon 
wurde  er  aussätzig.  Er  rief  den  Minister  Udayana  zu  sich  und  klagte  ihm  sein  Leid.  Auf 
dessen   Rath  Mairde  Hemachandra   um  Hilfe   gebeten,  der  die  Krankheit  durch  mit  Zauber- 


216  G-  BüiiLER. 

Sprüchen   «reweihtes    Wasser    heilte.     Jhiamautlana    gibt    erweiterte    Recensionen   beider    Er- 
zähhiuiren   uud  lässt  das  Wunder  zweimal  vollbracht  werden.'*'^ 

Noch  phantastischer  sind  zwei  Greschichten ,  die  bei  Jinamaudana  allein  vorkommen. 
Kumarapala,  sa^  die  erste,  hatte  gelobt,  um  das  sechste  Gelübde  der  Jainas  zu  erfüllen, 
während  der  Regenzeit  nie  seine  Hauptstadt  zu  verlassen.  Da  erfuhr  er  durch  seine  Späher, 
dass  der  Saka-Fürst  von  Grarjana,  d.  h.  der  muhammedanische  Sultan  von  Gazni,  sich  vor- 
genommen hatte,  gerade  um  diese  Jahreszeit  Gujarat  mit  Krieg  zu  überziehen.  Kumara- 
pala's  Verlegenheit  war  gross.  Wenn  er  sein  Gelübde  halten  wollte,  konnte  er  sein  Land 
nicht  vertheidigen.  Wenn  er  aber  seine  Herrscherpflichten  erfüllen  wollte ,  musste  er  dem 
Jaina-Glauben  untreu  werden.  In  diesem  Dilemma  wendete  er  sich  an  Hemachaudra,  der 
ihn  sofort  beruhigte  und  Hilfe  versprach.  Hemachaudra  setzte  sich  dann  in  die  Lotussitz- 
Positur  und  gab  sich  tiefer  Meditation  hin.  Nach  einer  Weile  kam  ein  Palankin  durch  die 
Luft  geflogen,  in  dem  ein  schlafender  Mann  lag.  Dieser  Schläfer  war  der  Fürst  von  Gar- 
jana, den  Hemachaudra  durch  die  Kraft  seines  Yoga-Zaubers  herbeigezogen  hatte.  Er  wurde 
nur  wieder  freigelassen,  nachdem  er  versprochen  hatte,  mit  Gujarat  Frieden  zu  halten  und 
in  seinen  Staaten  die  Schonung  aller  lebenden  Wesen  während  sechs  Monaten  zu  gebieten. 
Die  zweite  Erzählung  schreibt  Hemachaudra  eine  noch  grössere  Macht  zu.  Plinst  hatte  er  mit 
Devabodhi  einen  Streit,  ob  es  Vollmoudstag  oder  Neumondstag  sei.  Er  selbst  hatte  die  erstere 
Behauptung  aufgestellt,  die  aber  irrig  war,  und  wurde  desshalb  von  Devabodhi  verspottet. 
Trotzdem  erklärte  er  sich  nicht  für  besiegt,  sondern  versicherte,  dass  der  Abend  die  Richtigkeit 
seiner  Ansicht  beweisen  werde.  Als  die  Sonne  unterging,  bestieg  Kumarapala  mit  Devabodhi 
und  seineu  Baronen  den  Söller  des  Palastes,  um  zu  sehen,  ob  der  Mond  aufgehen  würde,  und 
entsendete  zur  Vorsicht  noch  Boten  auf  einem  schnellen  Dromedare  nach  Osten.  Wirklich  ging 
der  Vollmond  im  Osten  auf,  schien  die  ganze  Nacht  hindurch  und  ging  am  folgenden  Morgen 
im  Westen  unter.  Die  königlichen  Boten,  welche  weit  in  das  Land  hineingeritten  waren,  berich- 
teten bei  ihrer  Rückkehr,  dass  sie  dasselbe  beobachtet  hatten.  Es  war  also  nicht  ein  Blendwerk, 
das  die  Augen  des  Königs  getäuscht  hatte,  sondern  ein  ^virkliches  Wunder,  das  Hemacliandra 
mit  Hilfe  eines  dienstbaren  Gottes  vollbrachte ,    der  ihm  ein  Siddhachakra  gegeben  hatte.""* 

Die  Zahl  der  Legenden  der  zweiten  Classe  ist  viel  kleiner,  und  sie  kommen  fast  alle 
schon  im  Prabhävakacharitra  vor.  Die  erste  Erzählung,  welche  die  Anhänglichkeit  des 
Königs  an  Hemachaudra  beweisen  soll,  berichtet  von  einer  wunderbaren  Verwandlung  der 
gewöhnlichen  Palmbäume  des  königlichen  Gartens  in  Sritäla-Bäume.  Einst,  heisst  es,  waren 
bei  dem  Abschreiben  der  zahlreichen  Werke  Hemachandra's  die  Palmblätter  ausgegangen 
und  keine  Hoffnung  vorhanden,  dass  bald  ein  neuer  Vorrath  aus  dem  Auslande  importirt 
wtlrde.  Kumarapala  war  tief  betrübt,  dass  die  Thätigkeit  seines  Lehrers  unterbrochen  wurde. 
Er  ging  in  seinen  Garten,  wo  viele  gewöhnliche  Palmbämne  standen,  verehrte  dieselben  mit 
wohlriechenden  Substanzen  und  Blumen,  legte  mit  Perlen  und  Rubinen  verzierte,  goldene 
Ketten  um  ihre  Stämme  und  betete,  dass  sie  sich  in  Sritäla-Bäume  verwandeln  möchten. 
Am  folgenden  Morgen  meldeten  die  Gärtner,  dass  des  Königs  Wunsch  erfüllt  sei.  Die 
Ueberbringer  der  frohen  Nachricht  wurden  reich  belohnt,  und  die  Schreiber  arbeiteten  munter 
weiter.  Die  Fabel  wird  von  Jinamandana  ganz  ähnlich  erzäldt.  Dieser  bringt  nur  einen 
Anachronismus  hinein,  indem  er  behauptet,  die  Schreiber  liätten  sich  mit  Papier  geholfen, 
was  der  König  unpassend  fand.  Wie  die  Durchforscliung  der  alten  Jaina-Bibliotheken  ge- 
lehrt hat,  kam  der  Gebrauch  des  Papiers  erst  hundertzwanzig  Jahre  später  nach  der  Er- 
oberung des  Landes  durch  die  Muhammedaner  in  Gujarat  auf.*"* 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemaciiandra.  217 

Einen  zweiten ,  noch  grösseren  Beweis  seiner  Verehmng'  lieferte  Kums'irapäla  seinem 
Lehrer  dadurch,  dass  er  ihm  sein  Reich  schenkte.  Dem  Prabhavakacharitra  zufolge  geschah 
dies  bei  Gelegenheit  der  Erklärung  einer  Gätha,  die  dem  Gläubigen  volle  Hingebung  zur 
Pflicht  macht.  Hemachandra,  heisst  es,  weigerte  sich,  das  Geschenk  anzunehmen,  indem  er 
einwendete,  dass  er  als  Ascet  von  allem  Besitze  und  von  allen  Wünschen  frei  sein  müsse. 
Trotzdem  wollte  der  König  nicht  nachgeben.  Da  legte  sich  der  Minister  ins  Mittel  imd 
schlug  vor,  Kumarapäla  solle  König  bleiben,  aber  nur  mit  der  Bewilligung  seines  Guru  die 
Geschäfte  füliren.  Der  Ausweg  wurde  angenommen,  und  Hemachandra  verfasste  das  Yoga- 
^astra,  um  Kumarapäla  zu  zeigen,  wie  ein  ghlubiger  König  sich  verhalten  müsse.'"'' 

Sehr  viele  specielle,  aber  wahrscheinlich  apokryphe  Angaben  über  Kmnärapäla's  Be- 
thätigung  seines  Glaubens  an  den  Jina  finden  sich  bei  Jinamandana.  So  erzählt  derselbe, 
der  König  habe  nach  seiner  Bekehrung  alle  Bilder  des  Mahesvara  und  der  übrigen  Götter, 
welche  seine  Vorfahren  verehrt  hatten,  an  die  Brahmanen  verschenkt  und  nur  Statuen  der 
Jinas  in  seinem  Palaste  geduldet.'""  Ferner  weiss  er  in  seinem  langen  Berichte  über  die 
Ablegung  der  zwölf  Gelübde  vor  Hemachandra  bei  jedem  genau  yax  erzählen,  wodurch  der 
König  demselben  genugthat  und  was  für  Birudas  oder  Ehrentitel  er  dafür  erhielt.  Unter 
den  Massregeln,  welche  die  Befolgung  der  Jaina -Vorschriften  veranlasst  haben  soll,  verdienen 
noch  folgende  hervorgehoben  zu  werden.  Um  das  siebente  Gelübde  zu  erfüllen,  das  unnütze 
Gewaltsamkeit  und  damit  verbundene  Beschäftigungen  verbietet,  entsagte  der  König  den 
Einkünften,  die  er  aus  dem  Kohlenbrennen,  aus  dem  Walde,  aus  der  Steuer  auf  zur  Miethe 
gehaltenen  Ochsenkarren  und  so  weiter  bezog,  und  liess  die  Register  darüber  vernichten. 
Der  Inhalt  des  zwölften  Gelübdes  veranlasste  ihn .  Steuern  im  Betrage  von  zwölf  Lakh  zu 
erlassen,  welche  die  ,Gläubigen'  fsräddha)  bezahlten.  Aus  demselben  Grunde  gewährte  er 
dürftigen  Jainas  Unterstützungen  an  Geld  und  liess  Häuser  (sattrugära)  erbauen,  in  welchen 
den  Bettlern  Speise  vertheilt  wurde.  Was  seine  Ehrentitel  betrifft,  so  nannte  ihn  Hema- 
chandra für  seine  Erfüllung  des  ersten  Gelübdes  saranägataträtä,  , Schützer  der  Sclmtz- 
flehenden',    für  die  des  zweiten  Yudhishtira,   für  die  des  vierten  Brahmarshi."" 

Ausserdem  findet  sich  in  allen  Prabandlias  die  Angabe ,  dass  Kumarapäla  in  Hema- 
chandra's  Begleitung  eine  oder  mehrere  Wallfahrten  zu  den  Jaina-Heiligtliümern  von  Gujarat 
unternommen  haben  soll.  Nach  dem  Prabhavakacharitra  fand  nur  eine  einzige  ganz  am  Ende 
seiner  Regierung  statt.  Auf  derselben  besuchte  er  Öatrunjaya  und  Gimär.  Den  letzteren 
Berg  bestieg  er  jedoch  nicht  selbst,  sondern  verehrte  den  Neminätha  am  Fusse  desselben. 
Seinen  Minister  VagVjhata  beauftragte  er  mit  der  Herstellung  eines  besseren  Weges  aiif  den 
Felsen.  Merutunga's  Tirthayäträpraljandha  gibt  einen  ganz  ähnlichen  Bericht.  Er  verbindet 
mit  demselben  aber  die  Anekdote  von  dem  geplanten  Einfalle  des  Königes  von  Dähala,  und 
lässt  Kumarapäla  als  Führer  der  Jainagemeinde  (saihghädhipati)  über  Dhandhüka  nach  Sa- 
trunjaya  ziehen.  In  ersterer  Stadt ,  heisst  es ,  wurde  bei  dieser  Gelegenheit  der  ,Wiegen- 
vihära'  (S.  209)  gebaut.  Auch  Merutuiiga  scheint  die  Wallfahrt  an  das  Ende  von  Kumära- 
päla's  Regierung  zu  setzen.  Räja.4ekhara  dagegen  spricht  von  zwei  Wallfahrten,  von  denen 
die  eine  nach  Käthiäväd,  die  andere  nach  Stambhapura  oder  Cambay  ging,  welche  letztere 
Stadt  der  König  dem  Jina  Pär^vanätha  geschenkt  haben  soll.  Jinamandana  endlich  stimmt 
mit  Menitunga,  erklärt  aber  in  seiner  allgemeinen  Uebersicht  über  Kumärapäla's  Verdienste, 
dass  derselbe  durch  sieben  Wallfahrten  sich  geheiligt  habe,  imd  bei  Gelegenheit  der  ersten 
den  Jina  mit  neun  Juwelen  verehrt  habe,  die  neun  Lakh  werth  waren.'"*  Wenn  nun  auch 
eine   Bestätigung    dieser  Angal)en    durch  Documente  aus  Kumärapäla's  Zeit  fehlt,    so   wird 

Denkschriften  der  phil.-bist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  28 


218  G.  Blhi.e«. 

iiKiu  doch  den  Prabaudlias  olaviben  dürfen,  dass  der  König  Satriifijaya  und  Grirnär  gegen 
das  Ende  seiner  Kegierung  wirklich  besuchte.  Das  Schweigen  des  Dvya^rayakävya  inid  des 
Maliäviracharit^i  über  diesen  Punkt  hat  keine  grosse  Bedeutung,  weil  beide  Werke,  wie  oben 
gezeigt  ist.  einige  Zeit  vor  dem  Ende  von  Kmiiarapala's  Regierung  geschrieben  sind. 
Dagegen  ist  die  seltene  vollständige  Uebereinstinnnung  der  beiden  ältesten  Prabandhas  ein 
gewichtiges  Argument  ftir  die  allgemeine  Richtigkeit  ihrer  Angabe,  inid  ein  noch  gewichtigeres 
die  innere  Wahrscheinlichkeit  derselben.  Gerade  in  ihren  späteren  Jahren  machen  die 
indischen  Fürsten  Walltahrten  sehr  gewöhnlich,  und  es  ist  leicht  verständlich,  dass  Kumära- 
päla,  der  selbst  in  verschiedenen  Orten  der  Halbinsel  Kathiavad  Tempel  erbaut  liatte,  sich 
bewogen  fühlte,  dieselben  zu  besuchen.  Dagegen  ist  es  sehr  fraglich,  ob  die  näheren  Um- 
stünde dieser  Wallfahrt  richtig  dargestellt  sind.  Denn  es  ist  schwer  glaublich,  dass  Kumara- 
pälu  zwar  GirnAr  l>esuchte,  aber  das  nicht  weit  entfernte  Devapattana,  wo  seine  Tempel 
des  Parivanätha  und  des  Somanätha  standen,  unberücksichtigt  Hess.  Die  Angaben  über 
seinen  Besuch  in  Cambay  und  über  die  sieben  Pilgerfahrten  haben  natürlich ,  da  sie  sich 
nur  in  späteren  Werken  finden,  wenig  Anspruch  auf  Glaubwürdigkeit. 

Ueber  Hemachandra's  f]nde  sagt  das  Prabhävakacharitra  nichts  Näheres.  Es  gibt  nur 
au.  dass  er  V.  S.  1229  starb.  Merutunga  ist  etwas  ausführlicher.  Nach  seinem  Berichte 
sah  Heniachandra  voraus,  dass  er  am  Ende  seines  vierundachtzigsten  Lebensjahres  sterben 
würde  inid  begann,  als  er  dasselbe  erreicht  hatte,  miter  den  bei  den  Jaina  üblichen  Cere- 
monien  das  letzte  Fasten ,  welches  den  Mönch  sicher  in  das  Nirväua  führt.  Vor  seinem 
Tode  weissagte  er  seinem  um  ihn  trauernden  Freunde,  dass  auch  er  nach  sechs  Monaten 
sterben  werde  und  ermahnte  ihn,  da  er  kinderlos  sei,  noch  bei  Lebzeiten  die  letzten  Riten 
für  sich  selbst  zu  vollziehen.  Nachdem  er  so  gesprochen  hatte,  ,entliess  er  den  Lebenshauch 
durch  die  zehnte  Oeffnung  des  Körpers'.  Kumärapäla  Hess  seinen  Leichnam  vei'brennen 
und  machte  sich ,  da  er  die  Asche  für  heilig  hielt ,  das  Stirnzeichen  mit  derselben.  Alle 
Barone  des  Reiches  und  die  Bürger  von  Anhilvad  folgten  seinem  Beispiele.  In  Anhilväd  ist 
desshalb  noch  jetzt,  fügt  Merutunga  hinzu,  der  llemakhaiida  bekannt.  Kumärapäla  verbrachte, 
heisst  es  weiter,  den  Rest  seines  Lebens  in  tiefer  Ti-auer  und  starb  nach  einer  Reaierunsr 
von  31  Jahren  an  dem  vorhergesagten  Tage  ,den  Tod  der  Versenkung'.  Mit  dem  letzteren 
Ausdrucke  scheint  gemeint  sein,  dass  auch  er  den  Hungertod  des  Weisen  sich  erwählte. 

JinamaiKlana  wiederholt  Merutunga's  Bericht,  so  weit  derselbe  Hemachandra  betrifft. 
Er  fügt  aber  noch  einige  Einzelheiten  über  seine  letzten  Lebensjahre  hinzu.  Er  erzählt, 
dass  diese  durch  eine  Spaltung  unter  seinen  Schülern  getrübt  worden  seien.  Bei  seiner 
Kinderlosigkeit  und  seinem  hohen  Alter  sei  Kumärapäla  wegen  der  Wahl  eines  Nachfolgers 
in  Sorgen  gewesen  und  habe  gezweifelt,  ob  er  Ajayapäla,  den  Sohn  seines  Bruders,  der 
nach  dem  Gewohnheitsre(;hte  die  nächsten  Ansprüche  liatte,  oder  den  Sohn  seiner  Tochter 
IVatäpanialla  zum  Erben  einsetzen  solle.  Hemachandra  habe  sich  für  den  letzteren  erklärt, 
weil  er  1)ei  dem  Volke  beliel)t  imd  fest  im  Glauben  sei,  während  Ajayapäla  schlechten 
Leidenschaften  fröhne,  die  Brahmanen  begünstige  und  sicher  seines  Onkels  Massregeln  wieder 
beseitigen  werde.  Trotzdem  habe  Bälachandra  mit  Ajayapäla  gegen  den  Wunsch  seines 
Lehrers  und  gegen  die  Interessen  seines  Glaubens  enge  Freundschaft  geschlossen.  Räma- 
chaudra  und  Guuachandra  seien  dagegen  ihrem  Lehrer  treu  geblieben.  Kumärapäla's  Ende 
beschreibt  Jinamauijana  etwas  anders  als  Merutunga.  Nach  seiner  Angabe  wurde  derselbe, 
nachdem  er  Hemachandra's  Rathe  gemäss  I'ratäpamalla  zum  Nachfolger  bestinnnt  hatte,  von 
Ajayapäla  vergiftet.     Als  er  die  Wirkung  des  Giftes  fühlte,    sandte  er  nach  einer  Gift  ver- 


Ueber  das  Leben  des  Jaixa  Mönches  Hemaciiandka.  219 

treibenden  Muschel,  welche  sich  in  seinem  Schatze  befand.  Ajayapflla  hatte  dieselbe  bei 
Seite  schaffen  lassen.  Als  der  König  das  erfuhr,  bereitete  er  sich  nacli  den  Jaina-Riten 
zum  Tode  imd  starb ,  nachdem  er  das  Gelübde ,  aller  Speise  zu  entsagen ,  abgelegt  hatte. 
Ajayapäla  bestieg  dann  mit  Hilfe  der  brahmanischen  Partei  den  Thron.'"" 

Diesen  Berichten  lässt  sich  nur  soviel  mit  Sicherheit  entnehmen ,  dass  Hemachandra 
V.  S.  1229,  kurz  vor  Kumarapala  starb.  Die  Angabe,  dass  er  sich  während  seiner  letzten 
Lebenszeit  in  die  Intriguen  um  die  Tlironfolge  mischte  und  den  berechtigten  P^rben  im 
Interesse  des  Jaina-Glaubens  von  der  Thronfolge  auszuschliessen  suchte,  ist  an  und  tilr  sich 
nicht  unwalirscheinlich.  Man  kann  zu  Gunsten  derselben  geltend  machen,  dass,  allen  Quellen 
zufolge ,  nach  seinem  Tode  eine  starke  Reaction  gegen  den  Jainismus  stattfand ,  und  dass 
besonders  Hemachandra's  und  Kumarapäla's  alte  Freunde,  Ramachandra  und  Amrabhata, 
der  Sohn  Udayana's,  von  dem  neuen  Könige  verfolgt  Avurden.  Ebenso  ist  die  Geschichte 
von  Pratäpamalla's  Bestimmung  zum  Thronerben  und  von  Kumarapäla's  Vergiftung  keineswegs 
unglaublich.  Bevor  man  dieselbe  jedocli  unbedenklich  für  historisch  erklärt,  wird  eine  Be- 
stätigung derselben  durch  ältere  und  zuverlässigere  Quellen  als  Jinamaiidana's  Compilation 
notliwendig  sein. 


28* 


220  ö-  Bühler. 


A 11  m  e  r  k  u  n  ff  e  n. 


1  Das  Leben  Hemachandra's  füllt  den  XXII.  und  letzten  Öringa  des  Pürvarshicliaritrarobanagiri 
oder  Prabbävakacharitra,  und  einige  Notizen  über  ihn  kommen  auch  im  XXI.  vor.  Dieses  Werk,  eine 
Fortsetzung  von  Hemachandra's  Parisishtaparvan  zum  Trishashtisaläkäpurushacharita,  wurde  von  Prabbä- 
cbandrasüri,  dem  Nachfolger  des  Chandraprabha  verfasst  und  von  Pradyumnasüri,  dem  Schüler  des  Kanaka- 
prabhasüri,    der  seinerseits   ein  Schüler    des  Grammatikers  Devänanda  war,    durchcorrigirt.     Vors  16  der 

Einleitung  lautet: 

sn-Devdnanda^aikshasri-Kanakaprahhasishyarät  \ 

sri-Pi'adyumnaprahhur  jiyäd  granthasydsya  visuddhikrit  \\  16  \\ 

,Es  siege  der  berühmte  Herr  Pradyumna,  welcher  dieses  Werk  (von  Fehlern)  vollständig  reinigte, 
er  der  König  unter  den  Schülern  des  berühmten  Kanakaprabha,  des  Schülers  des  berühmten  Devänanda.' 

Ganz  dasselbe  besagen  die  Verse,  welche  am  Schlüsse  eines  jeden  Sriöga  stehen.  Am  Ende  von 
XXII  heisst  es  folgendermassen : 

iri-Chandraprabhasitripattasaradhamsaprahhah  Sri-Prabhä- 
chandrah  sitrir  anena  chetasi  krite  hi-Rdma-Lakshmbliuvä  \ 
irt-PürvarshicIiaritrarolianagirau  srt-Hemachandrah  i)räthä[dra  prabhoh] 
sri-Pradyumnamunindunä  vimditah  §ringo  dvikadvi2)rama[h]\\ 

,Auf  dem  Throne  des  berühmten  Chandraprabhasüri  (sitzt),  wie  ein  Schwan  im  Teiche,  der  berühmte 
Süri  Prabhächandra.  In  der  von  diesem,  dem  Sohne  des  Sri-lläma  und  der  Lakshmi,  concipirten  dem 
Adams  Pik  vergleichbaren  Lebensbeschreibung  der  berühmten  Seher  der  Vorzeit  (bripürvarshichantra- 
rohanagin)  (endigt  hier)  der  zweiundzwanzigste  Gipfel  (srihga),  welcher  von  dem  berühmten  Pradyumna, 
einem  Monde  tmter  den  Mönchen,  von  Fehlern  gereinigt  ist.' 

Auch  mehrere  andere  Verse  am  Ende  von  Öriüga  I,  V,  VII,  XI,  XIII,  XV,  XVII,  XIX  und  XXI 
sind  dem  Lobe  Pradyumna's  gewidmet.  Der  drittletzte  derselben  ist  wichtig,  da  er  eine  Angabe  enthält, 
welche  uns  erlaubt,  Pradyumna's  Zeit  wenigstens  annähernd  zu  bestimmen.    Derselbe  sagt  Folgendes: 

hi-Devänandasürir  disatu  mudain  asaii  lakshanäd  yenem/na]  Huimäd 
nddhj-ltyäprajnahetor  vihitam  abhinavam  Siddhasärasvafdkliya[m]  | 
iäbdam  ktstram  yadiydnvayi-Kanakagiristhdnakalpadrumas  clia 
snnuin  Pradyumnasürir  visadayati  giram  nah  padärthapraddtd  \\  329 1| 

, Freude  schenke  euch  jener  berühmte  Süri  Devänanda,  durch  den  um  der  Unverständigen  willen 
eine  neue  Grammatik,  Siddha-Särasvata  genannt,  verfasst  wurde  —  indem  er  sie  aus  dem  Lehrbuche 
Hemachandra's  auszog  —  und  dessen  Schülers,  des  Kanakaprabha,  Nachfolger,  der  berühmte,  einem 
Paradiesbaume  vergleichbare,  Pradyumnasüri  unsere  Rede  reinigt,  er  der  Reiniger  der  Wortformen  und 
des  Sinnes.' 

Aus  diesem  Verse,  von  dessen  zweiter  Hälfte  ich  nur  den  allgemeinen  Sinn  ohne  Berücksichtigung 
der  Wortspiele  gegeben  habe,  geht  hervor,  dass  Devänanda  ein  Elementarbuch  der  Grammatik,  genannt 
Siddha-Särasvata,  verfasste,  das  ein  Auszug  aus  Hemachandra's  Werke  war.  Da  Ilemachandra  seine 
Grammatik  Siddha-Hemachandram  nennt  und  dieser  Titel  ,das  von  Hemachandra  zu  Ehren  des  Königs 
Jayasiiiilia-Siddharäja  verfasste  Lehrbuch'  bedeutet,  so  hegt  es  nahe,  den  Namen  von  Devänaiida's  Werk 
in  ähnlicher  Weise  zu  deuten  und  denselben  durch  ,das  zu  Ehren  des  Königs  Siddharäja  verfasste  Säras- 
vata'  (d.  h.  durch  die  Gnade  der  Göttin  Sarasvati  vollendete  Werk)  zu  erklären.  Falls  diese  Erklärung, 
der   »ich   allerdings    eine    andere   entgegenstellen    lässt,    richtig    ist,    so    wäre   Devänanda    ein   Zeitgenosse 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  221 

Hemachandra's  gewesen  und  hätte  unter  Jayasiriiha-Siddharäja  (f  Vikrama-Sariivat  1199,  Karttika  sudi  3 
oder  1142/3  p.  Chr.)  geschrieben.  Die  literarische  Thätigkeit  des  Pradyumna  Süri,  des  Schülers  seines 
Schülers,  würde  demnach  etwa  in  die  erste  und  zweite  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  fallen.  Der  Notb- 
wendigkeit,  auf  so  unsicheren  Grund  zu  bauen,  entheben  uns  indess  einige  sehr  interessante  Mittheilungen 
aus  den  Prasastis  des  Cambay-Manuscriptes  von  Bälachandra's  Vivekamaiijaritikä  in  Dr.  Peterson's  Third 
Report,  App.  I,  p.  101 — 109,  die  ein  ganz  sicheres  Datum  für  die  Thätigkeit  des  erwähnten  Pradyumna- 
süri  geben.  Die  erste  Prasasti  (1.  c,  p.  101 — 103),  ein  Lobgedicht  auf  den  Verfasser  der  Vivekamanjari 
und  auf  den  des  Commentares,  erzählt  Folgendes :  Der  Dichter  Asa(Ja,  aus  dem  Bhillamälavaihäa  gebürtig, 
(d.  h.  ein  Srimälä  Väniä)  und  ein  Sohn  des  Katukaräja,  welcher  wegen  seiner  Verdienste  um  die  Erklärung 
von  Kälidäsa's  Meghadiita  von  den  Hofgelehrten  (räjasabhydh)  den  Titel  Kavisahhäiringära  ,die  Zierde 
der  Dichterversammlung'  erhielt,  hatte  von  seiner  Frau  Jaitalladevi  zwei  Söhne,  Räjada-Bälasarasvati  und 
Jaitrasiriiha.  Als  der  erstere  starb,  verfiel  er  in  tiefe  Trauer.  Durch  einen  Süri  namens  Abhayadeva 
,erweckt',  verfasste  er  V.  S.  1268  (Peterson,  First  Report,  App.  L,  p.  56)  oder  1211 — 12  p.  Chr.  die 
VivekamaSjari  (Vers  12).  Sein  zweiter  Sohn  Jaitrasimha  veranlasste  später  den  Ganin  Bälachandra,  einen 
Commentar  zu  des  Vaters  Werke  zu  schreiben  (Vers  13).  Hiebei  bediente  sich  dieser  der  Hilfe  dreier 
Männer,  des  Vijayasenasüri  aus  dem  Nägendragachchha,  des  Padmasüri  aus  dem  Bvihadgachha  (Vers  14) 
und  des  Pradyumnasüri,  welcher  der  Schüler  des  Kanakaprabhasiiri,  ,des  den  Himmel  der  Schule  Devä- 
nanda's  zierenden  Mondes,'  war.  Hier  findet  sich  dieselbe  Reihe,  Devänanda,  Kanakaprabha  und  Pra- 
dyumna, wie  im  Prabhävakacharitra  und  es  ist  somit  sicher,  dass  der  Corrector  des  letzteren  der  Gehilfe 
Bälachandra's  war.  Der  letzte  Vers  der  zweiten  Prasasti,  eines  Lobgedichtes  auf  den  edlen  Geber  des 
Cambay-Manuscriptes,  (1.  c,  p.  109,  Vers  38)  belehrt  uns,  dass  das  Manuscript  am  achten  Tage  der 
dunklen  Hälfte  des  Monates  Karttika,  im  Jahre  1322  [der  Vikrama-Aera],  einem  Montage  oder  nach  Herrn 
Dr.  Schram's  Berechnung,  ain  2.  November  1265,  der  wirklich  ein  Montag  war,  vollendet  wurde.  Un- 
mittelbar darauf  folgt  die  Notiz,  dass  diese  Prasasti  durch  den  verehrungswürdigen  berühmten  Pradyumna- 
süri corrigirt  wurde  (praiastih  samäptd  ji  suhham  astu  ||  piijyasri-Pradyumnasiü'ihhih  lyrasastihsamsodhiteti). 
Damit  ist  nun  ein  sicheres  Datum  für  die  Thätigkeit  Pradyumna's  gewonnen.  Es  mag  noch  hinzugefügt 
werden,  dass  derselbe  noch  bei  der  Herstellung  eines  dritten  Werkes  geholfen  hat,  von  dem  man  mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  behaupten  kann,  dass  es  spätestens  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  angehört. 
Deväsüri  sagt  in  der  Einleitung  zu  seinem  Säntinäthacharita  (Peterson,  First  Report,  1882 — 83,  p.  60, 
App.,  p.  4—6),  dass  sein  Gedicht  eine  Bearbeitung  eines  gleichnamigen  Prakrit- Werkes  des  Devachandra- 
bi'iri  sei  (Vers  13).  Dann  preist  er  den  Schüler  desselben,'  Hemachandra,  welcher  einen  König  [Kumära- 
päla]  bekehrte  (Vers  14 — 15).  Darauf  bringt  er  (Vei's  16)  dem  Devänanda,  dem  Verfasser  der  Siddha- 
Särasvata-Grammatik,  seine  Verehrung  dar  und  erzählt  (Vers  17),  dass  Pradyumna,  der  Fürst  unter  den 
Schülern  des  Kanakaprabha,  des  Schülers  des  Devänanda,  sein  Werk  durchcorrigirt  habe.  Vers  17  ist 
dem  oben  citirten  Verse  des  Prabhävakacharitra  XVH.  329  so  ähnlich ,  dass  er  sicher  demselben  Ver- 
fasser,  dem  Pradyumnasüri,  zuzuschreiben  ist.  Das  Alter  des  Säntinäthacharita  wird  annähernd  dadurch 
bestimmt,  dass  das  Cambay-Manuscript  desselben  Sainvat,  d.  h.  aller  Wahrscheinlichkeit  Vikrama-Sanivat  1338 
oder  1282 — 83  p.  Chr.  geschrieben  ist.  Die  Aera  lässt  sich  in  diesem  Falle  nicht  mit  voller  Sicherheit 
bestimmen,  da  die  näheren  Angaben  fehlen.  Für  die  Annahme,  dass  die  Vikrama-Aera  gemeint  ist,  spricht 
jedoch  die  Thatsache,  dass  die  Jainas  sich  derselben  fast  immer  bedienen. 

Diese  Ergebnisse  der  Untersuchung  über  Pradyumna's  Zeit  erlauben  es,  mit  Sicherheit  zu  behaupten, 
dass  das  Prabhävakacharitra  dem  13.  Jahrhunderte  angehört  und  machen  es  wahrscheinlich,  dass  das 
Datum  seiner  Abfassung  nicht  weit  von  1250  p.  Chr.  entfernt  liegt.  Es  ist  deshalb  die  älteste  Quelle 
über  das  Leben  Hemachandra's.  Es  ist  um  so  nothwendiger,  dies  zu  betonen  und  ausführlich  dai-zuthun, 
da  mein  verehrter  Freund  Räo  Bahädur  8.  P.  Pandit  dieses  Werk  in  eine  viel  spätere  Zeit  setzt.  Er 
meint  in  seiner  Einleitung  zum  Gaudavaha,  p.  CXLIX,  dass  es  nach  Räjasekhara's  Prabandhakosha  (siehe 
Anm.  3)  verfasst  sei  und  dass  Räjasekhara  Prabhächaritra  XL  1.  genannt  sei.  Der  betreffende  Vers 
lautet  aber  in  seiner  richtigen  Form: 


222  *^''     BfHLER. 

Bappabhafti/ji  irii/e  h-tman  i/advriltagagandügane 
Khelati  sma  gatäydtai  rdjeivarakavir  bndhali  ||  1 1| 

Das  mir  zu  Gebote  stehende  J[anuscript,  das  ebenso  wie  Nr.  412  der  Deccan  College  Collection 
von  1879,80  nach  der  Copie  in  Hathisifig's  Bhantjar  zu  Ahmadabad  angefertigt  und  voll  von  Fehlern  ist, 
bietet  gatdyätaik  rdje^varaJj.  Das  Deccan  College-Manuscript  hat  diese  beiden  Fehler  nicht,  dafür  aber 
am  Ende  statt  budhnh  die  unsinnige  Lesart  hudd,  für  welche  R.  B.  Pandit  mudd  schreiben  will.  Diese 
Correctur  ist  nicht  blos  unnüthig,  sondern  stört  auch  den  Sinn.    Die  Uebersetzung  des  Verses  ist: 

,(Möge  uns)  der  berühmte  Bappabhatti  zum  Heile  (gereichen),  in  dessen  Leben  der  weise  (budha) 
Räjesvarakavi  gehend  und  kommend  (eine  Rolle)  spielte,  wie  der  Planet  ^[erkur  (budha)  am  Firmamente.' 

Rajesvarakavi  bedeutet  dasselbe  wie  Väkpatiräja,  und  dient  deshalb  zur  Bezeichnung  des  Verfassers 
des  Gaudavaha,  welcher  der  Jaina-Legende  nach  wiederholt  mit  Bappabhatti  in  Berührung  kam.  J^r  wird 
budha  , weise'  genannt,  und  dieses  Wort,  welches  auch  ein  Name  des  Planeten  Merkur  ist,  veranlasst  den 
weiteren  Vergleich  des  Lebens  Bappabhatti's  mit  dem  Firmamente.  Letzterer  ist  bei  den  Jaina-Dichtern 
sehr  beliebt  und  Erschien  dem  Verfasser  deshalb  passend,  da  er  andeutet,  das  Leben  des  Lehrers  sei 
rein  gewesen  wie  das  Firmament,  an  dem,  wie  der  Inder  sagt,  kein  Schmutz  haftet.  Räo  Bahadur  Pandit's 
Annahme,  dieser  Vers  besage,  dass  die  Lebensbeschreibung  Bappabhatti's  dem  Prabandhakosha  entlehnt 
sei,  ist  somit  irrig.  Eine  genaue  Vergleichung  der  Angaben  im  Prabhävakacharitra  mit  denen  des  Pra- 
bandhakosha würde  deutlich  gezeigt  haben,  dass  der  Bericht  des  letzteren  auf  dem  ersteren  ruht.  Ein 
anderes  Argument,  welches  R.  B.  Pandit  für  die  späte  Abfassung  des  Prabhävakacharitra  vorbringt,  ist 
ebenso  wenig  stichhaltig.     Er  sagt,  loc.  cit.,  p.  CLIII: 

"The  author  of  this  work  lived  long  after  Hemachandra  (A.  D.  1089—1174)  because  in  addition  to 
writing  a  story  of  the  latter's  life  in  his  work  he  speaks  of  liim  as  having  written  long  ago  (purd  XI.  11) 
certain  works  on  the  lives  of  some  of  the  men  about  whom  he  writes  himself."  Dieser  Ausspruch  enthalt 
mehrere  Irrthümer.  Die  Stelle,  welche  R.  B.  Pandit  im  Sinne  hat,  findet  sieh  nicht  Pr.  Char.  XI.  11, 
sondern  I.  11  in  der  Einleitung  zu  dem  Werke.  Sie  besagt  auch  nicht,  dass  der  Verfasser  sich  auf 
Hemachandra's  Werke  stützt,  sondern  dass  er  die  von  Hemachandra  im  TrishashtiSalakäpurushacharitra 
begonnene  Lebensbeschreibung  der  Jaina-Lehrer  weiter  führt.  Dort  bricht  in  dem  Pariäishtaparvan  die 
Erzählung  mit  dem  Leben  des  Vajrasvämin  ab.    Die  hieher  gehörigen  Verse  lauten  in  meinem  IManuscript: 

Kalau  yugapradhdnasri-HemachaiidrahfdraJpiitbhith  purd  \ 
irUaldkdnyimih  vjinürh  [vrittam]  prdstavtn  nyipabodhakrit  j|ll|| 
srutakevalindm  skannuth  daiapürvabhfltdm  api  | 
d-Vajrasvdmivrittam  cha  charifdni  vyadhatfa  sah  ||12|| 
dhydtatanndrnamantrasya  prasdddt  prdptamsanah  \ 
drokshyann  iva  hemddrim  pdddbhydih  vUvahdsyabhiih  ||13|| 
iri-Vajrdnupravi'ittdndm  msanonnatikärindni  \ 
prabhlvakamumndrdndih  vj-iüdni  kiyand[td]m  api  j]  14 1| 
bahuirutamunUebhyah  prdgra[ggra]nthehhyo.i  cha  kdm[chit]  \ 
varnaylshye  kiynntij  api  jj  15||  viseshakam  || 

Die  Lücke  im  letzten  Verse  wird  durch  avagamya  yathdbuddhi  auszufüllen  sein.  Der  Ausdruck  purd 
endlich,  den  R.  B.  Pandit  durch  long  ago  übersetzt,  bedeutet  nur  ,früher'  und  ist  unbestimmt.  Er  wird 
ebenso  häufig  auf  Ereignisse  angewendet,  die  der  Zeit  des  Redenden  gar  nicht  weit  vorausliegen,  als  aut 
solche,  die  vor  Jahrhunderten  stattfanden. 

2  Von  diesem  Werke  stehen  mir  ausser  der  kürzlich  in  Bombay  erschienenen  Ausgabe  von  Sä-stri 
Rämachandra  Dinanätha  zwei  nicht  ganz  vollständige  Handschriften  I.  0.  L.  Bühler  S.  MSS.  Nr.  295 
und  29f5  zu  Gebote.  Der  Schlussvers,  welcher  das  Datum  enthält,  ist  in  Dr.  Peterson's  Second  Report, 
p.  87   veröffentlicht.     Derselbe  findet  sich  genau  so  in  Nr.  296. 


Uebkr  das  Leben  ues  Jaina  Mönches  Hemachandra.  223 

3  Das  Datum  des  Prabandhakoslia  oder  der  Prabandhacliaturvim^ati  habe  ich  im  Journ.  Bo.  Br. 
Roy.  As.  Soc.  vol.  X,  p.  32  Note,  gegeben:  vgl.  auch  Räo  Balladur  «.  P.  Pancjit,  Gaucjavaho,  p.  CXLIII. 
Das  IManuscript,  welches  ich  weiter  citire,  ist  I.  0.  L.  Büliler  S.  MSS.  Nr.  294.  Das  Leben  Heraachandra's 
bildet  den   10.  Prabandha. 

4  Die  Unterschrift  dieses  Werkes  lautet  in  Nr.  286  der  erwähnten  Sammlung : 

o 

Prahandho  yojitah  svi-Kumdranripater  ayam\\\ 
gadijapadyaih  navaifh]  kaiscMt  2>'>'<-ipta[kta]nanirmitaik  || 
S)-iSomasundaraguroh  iishyena  yathdSrutdmisurena  \ 
M-Jinamandanaganind  doyankamanu  1492  pramitavatsare  ruchirah  || 
iti  sri-Somasundaraid[sn]rUwira-&ri-Jinamandanopadhydyaih  srt- 
Kumdrapdlafprabandho]  drUldasrutdnusdrena  yoji[talj.]  granthdgram 
4200  iti  sri-Kiimdrapdlacharitram  samj)iirna)n\\ 

Der  erste  Vers  scheint  ein  verstümmelter  Anushtubh  zu  sein.  In  der  ersten  Hälfte  dürfte  srimat-Kumdra° 
und  in  der  zweiten  präktananirmitair  api  zu  lesen  sein.  Das  Datum  des  Werkes  ist  schon  von  Col.  Tod, 
Travels  in  Western  India,  p.  192  richtig  angegeben,  der  Autor  dort  aber  fälschlich  Sailug  Acharj  genannt. 

5  Es  heisst  dort  auf  p.  DU,  Z.  9  der  erwähnten  Handschrift: 

tena  yathd  Siddhardjo  runjito  vydkaranam  kriiai'a  vddino  jitdh  \  yathd  cha  Kumdrapdlena  saha  pixtti- 
])annai'n  Kumdrapdlopi  yathd  panchdsadvarshadeiiijo  nishamyo[bhishikto?] yathd  srt-Hemasürayo  gundvena 
pratipanndh  \  tair  api  yathd  Devahodhih  pratipakshalt  pardkritah  |  rdjd  samyaktvath  grdhitah  svuvakah  kvitah  \ 
nirvti-ddhanam  cha  mumocha  sah  \  tat  Frahandhachintdviainto  jiieyam  |  kiih  charvitacharianena  \  navinu[nds]tii 
kechana  prabaiidhdh  pi-akdgyante\\  Die  Geschichte  von  Devabodhi  kommt  nicht  im  Prabandhachiutamani  vor. 

6  Eine  Handschrift  dieses  seltenen  Werkes  befindet  sich  in  der  Deccan  College  Collection  of  1880/81, 
siehe  Kielhorn,  Report  of  1880/81  Ap.  p.  32 — 34.  Der  Kaiser  (chakravartin)  Ajayadeva,  dem  Yaäahpäla 
diente,  dürfte  der  Nachfolger  Kumärapäla's,  Ajayapäla,  sein,  der  auch  häufig  Ajayadeva  genannt  wird. 
Der  Titel  Chakravartin  verbietet,  an  irgend  einen  kleinen  Häuptling  zu  denken.  Sonst  könnte  man,  da 
die  Aufführung  des  Stückes  in  Thäräpadra,  dem  heutigen  Tharäd  in  Klein-Marvagl ,  an  der  Grenze  von 
Räjputänä  und  Gujarät  stattgefunden  haben  soll,  annehmen,  dass  Ajayadeva  ein  früherer  Tbakur  von  Tharäd 
gewesen  wäre.  Die  Erwähnung  von  Thäräpadra-Tharäd  wird  man  vielleicht  durch  die  Annahme  erklären 
dürfen ,    dass  Yasahpäla  dort  Civil-Gouverncur  des  Königs  von  AnhilväfJ  war. 

7  Es  heisst  in  der  Prosa-Einleitung  unmittelbar  nach  dem  fünften  Verse  des  Maiigala,  S.  2,  Z.  3 ff.: 
Iha  k'da  Hshyena   vinitavinayena  irutajaladhipdraiiigamasya  kriydparasya  guroh  samipe  vidhind  sarvam 

adh)/etavyavi  \  tato  Lhavyopakdrdya  deiand  klesavindiini  vistdryd  \  tadoidhii  chdyam  |  askhnlitam  amilitam 
ahindksharaih  mtram  \  agrdmyalalitahhahgyurthah  kathyah  |  kdyaguptena  paritah  sabhi^Kshu  dattadrishtind  ydva- 
darthävahodhaih  vaktavyum  \  vaktuh  prdyena  charitaih  prabaiidhais  cha  kdi-yam  \  tatra  in-Ri$habhddi-Vardha- 
vidndntdndiii  chakryddindm  rdjndm  j-inhindik  ch-Aryarakuhitdndm  vn'tfdni  chin-itdny  nrhyante  \  tatpa§chätkula- 
jhasd[gatd]nuih  tu  nardndrh  vritldni  prahandhd  iti  || 
S     Prabandhachiutamani  p.   1  : 

hi-Gunachandruyanesah  l'rabandhachintdmauiih  navaih  grantham  \ 

Bhuratam  ivdbhirdmum  prathamädar&etra  ntrmitavdn  |[5|| 

bhfisai'a  irutatvdn  na  kathdh  purdndh 

jjrinanti  chetuihü  tathu  budhdndm  \ 

vrittais  tad  dsannasatdm  l'rabundhu- 

chintdmanigranf.ham  ahaih  tanomi  |j6|j 

budhailj.  prabundhuh  svadhiyochyamdnd 

bhavatity  ava^yaik  yadi  bhinnabhdvdh  || 

granthe  taihdpy  alru  bussampraddya- 

driuhle  na  charchä  chatuvair  vidheyd  ||7|| 


224  Gr-  Bühler. 

9  Siehe  Prabliävakacharitra  XXII.  9,  wo  die  Stadt  .eine  feste  Schaubüiine  der  Maciit  (des  Glaubens)' 
gerannt  wird,  und  Note  10.  Merutuftga  (^sielie  Note  15)  fügt  hinzu,  dass  die  Stadt  im  Ardhtlshtama-Districte 
liege.  Der  Name  Ardhäshtama  bezieht  sich  wahrscheinlich,  wie  viele  ähnliche,  auf  die  Zahl  der  zu  dem 
Bezirke  gehörigen  Ortschaften  und  bedeutet  , zwölf  Dörfer  oder  Städte  enthaltend'.  Das  Jlodlierakardhä- 
shtama  wird  in  der  Landschenkung  Mülaraja's,  Indian  Antiquary  vol.  VI.,  p.  192  erwähnt.  Ueber  die 
moderne  Stadt  Dhandhüka,  siehe  Sir  W.  W.  Hunter,  Imperial  Gazetteer  sub  voce  und  Bombay  Gazetteer 
vol.  IV.,  p.  334. 

10  Das  Geburtsjahr  wird  von  Jinaman(.lana  und  im  Prabh.  Char.  XXII.  852  gegeben  (s.  u.  Note  14), 
vergleiche  auch  Note  16.  Ich  gebe  in  der  Folge  nur  die  Vikraraa-Jahre,  weil  die  Umrechnung  in  christ- 
liche Jahre  in  den  meisten  Fällen  nicht  mit  Sicherheit  gemacht  werden  kann. 

11  Der  Name  des  Vaters  lautet  im  Prabhävakacharitra  Chäehah,  bei  RäjaSekhara  immer  und  bei  Jina- 
ma9<jlana  mitunter  Chachikah,  der  der  Mutter  wird  bei  Merutuflga  und  Räjasekhara  Pähini  geschrieben. 
Die  Srimo<Jh  Vätliäs  sind  noch  jetzt  zahlreich.  Es  gibt  auch  zahlreiche  Brahmanen,  die  sich  nach  dem- 
selben Orte  Srimo(}h  nennen  (Jour.  B.  Br.  R.  A.  S.  X.,  p.  109 — 110).  Der  Name  beider  ist  von  der 
alten  Stadt  Mocjihera,  südlich  von  AnhilvärJ,  abgeleitet,  siehe  Mr.  K.  Forbes,  Ras  Mala,  p.  80. 

13  Die  Manuscripte  haben  auch  mitunter  Chaflgadeva.  Merutufiga  (siehe  Note  15)  sagt,  Pähini 
habe  dem  Chämuncilägotra  angehört,  und  der  Name  ihres  Sohnes  fange  deshalb  mit  chä  an.  Chunga 
oder  Ckanga  dürfte  aber  mit  dem  Desi-Worte  chai'igam,  Sindhi  changu,  gut,  und  Maräthi  chäihgalä,  gut, 
zusammenhängen. 

13     Prabhävakacharitra  XXII.  13  : 

sä  strich üildmanis  chintämanim  svapnenyadaikshata  \ 

dattarh  nijagurtindm  cha  hhaldyä  .   .  •^  vesatal}  ||13|| 

Cham[Chän]dragachchha8aralipadmarh  taträste  mandito  gunaih  \ 

Pradywinnamri-iishyairi-DevachandramwiUvarali,  ||  14 1| 

(Iva [chajkhyau  Fahim  prdtah  svapnavi  asvapnasüchitam  \ 

tatpurah  sa  tadartham  va[cha]  Msfradridha[dfishtam]jagau  gurufh]  \\lö\\ 

Jainaiusanapäthodhikaustuhhali  samhhavi  sutali  \ 

te  cha  8tam[sta]vaknto  yasya  devä  api  suvjdttatali  ||  16 1| 

sri-VUardgavivt/himhuJndrh  pjratishthddohadam  dadhau  \ 

tasydtha  paiichame  varshe  varshiyasa  ivdbhavat  | 

matilj,  sadgiirtmitrushuvidhau  vidhxiritainasah  ||25|| 

asya[nyajdu  Modhachaityäntah  prabhiindm  chaityavaiidanam  \ 

kurvatdra   Pdhini  prdydt  ma[sajputrd  tatra  purnjahhüh  ||26|| 

sd  va[cha]  prddakshinyam  dattvd  ydvarku[fkurydt]sfufhh  Jine  | 

Changadevo  nishadydydm  tdvan  ni[nya]vi[vi]vimd  mdjfguroJj  ||27 

smarasi  tvot'n  mahdsvnpnarh  yam  taddlyokayishyasi.[lokavafyasi]  \ 

tasydhMj))dnam  tkshasva  svayam  pulrena  te  kptain  ||28|| 

ify  uktvd  guruhhilj.  piifrah  saghanadena  nandanah  [samghdnandavivardhanali?]  \ 

kalpavfiksha  ivdprdrthi  sa  jnnanydfh]  samtpatah  ||29[| 

«rt  prdha  prdrthyatdm  asya  pltd  ytiktam  idark  nanu  \ 

te  tadiydnamijndyd  bhitdlj,  kirn  api  ndhhjadhiih  ||30|| 

aJahghyotvdd  guror  vdchfäjm  dchdrasthitayd  tayd  | 

dünaydpi  sutasnehdd  drpyata  sthafsvaJpjiasMhsmnfeh  ||  31 1| 

tarn  dddija  Stambhaf[ijrthe  jagmuh  Sri- Pdr^vamandire  | 

mdghe  sifachaturdahjdih  hrdhme  dhishfnjye  .^atefnejr  dine  ||32!| 

[dhijshnye  tathdgh^ame  dharmasthite  rhnndre  vyishopage  \ 

lagne  vrisyataunu  (?)  sthitayo[h]  suryabhaumayoh  ]|33|| 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  225 

srimdn   Uduyanas  fasya  dikshotsavam  akdrayat  | 
Somachandra  iti  khyätam  ndm[ä]sya  guravo  daduh  \\  34 1| 

Die  schon  von  Klatt,  Indian  Antiquary,  Vol.  XII,  p.  254,  Note  55  gegebenen  Verse,  welche  die 
Daten  der  wichtigsten  Ereignisse  in  Hemachandra's  Leben  aufzählen,  lauten : 

iaravede4vare  1145  varshe  Kdrttike  puniimdnisi  \ 
janmdbhavat  prabhor  vyomahdnaiamhliau  1150  vratam  tathd  ||852|| 
rasashad[i]svare  1166  silripratisht[h]d  samajdyata  \ 
nandadvayaravau  1229  varshevasdnam  abhavat  prabhoh  ||853|| 

14  Merutuftga  lässt  im  Prabandhachintämani  p.  207 ,  den  Mantrin  Udayana  die  Greschichte  von 
Hemachandra's  Jugendzeit  folgendermassen  erzählen :  Anyadd  srt-Hemachandrnsya  lokottarair  gunair  apa- 
hfitahridayo  nfipatir  mantrisry-  Udayanam  iti  paprachchlia  \  yad  idfisam  purusharatnam  samastavaiMdvatamse 
vaiMe  de&e  cha  samastapmiyapraveSini  nihsesJiagundkare  nagare  cha  kasmin  samufpannam  iti  \  nfipddeSdd 
anu  sa  mantrt  janmaprabhriti  tachcliaritram  pavitram  ittham  aha  |  Ardhdshtamandmani  deSe  Dhandhukkd- 
bhidhdne  nagare  sriman-Modhavamse  Chdchigandmd  vijavahdri  \  satijanamdtallikd  Jinasdsanadevtva  tatsadhar- 
machdrini  iaririnwa  h-ili  Pdhintndmm  \  Chdmundagotrajayor  ddydksharendnkitandmd  tayoh^  putraS  Chdiigadevalt 
samajani  |  sa  chdshfavarshadesyah  &ri-Devacliandrdchdryeshu  h-i-Pattandt  prasfhiteshu  Dhandhukkake  sri-Modha- 
vasahikdydm  devanamaskarandya  prdptesliu  simhdsanastJiitatadiyanishadydyd  upari  savayobhih  sisuhhih  samam 
ramamdnali  sahasn  nishasdda  \  tadangapratyaitgdndm  jagadvilakshanäni  lakshandni  nirikshya  \  ayath  yndi 
kshatriyakule  jdtas  tadd  sdrvabhaumas  chakravarti  \  yadi  vanigviprakule  jdtas  tadd  mahdmdtyal},  \  ched  darsanam 
pratipadyate  tadd  yugapradhdna  iva  turye  yugepi  kritayugam  avafdrayati  \  sa  dchdiya  iti  vichdrya  tanna- 
garavdstavyair  vyavahdribhih  samam  talUpsayd  Chdchigagriham  prdpya  tasmimi  Chdchige  grdmdntarabhdji 
tatpatnyd  vivekinyd  svdgatddibhih  paritoshitah  srisamghas  fvatputram  ydchitum  ihdgata  iti  vydharan  \  atha  sd 
harshdSrüni  munchanti  svaih  ratnagarbhaiii  manyaniand  \  Msamghas  tirthakfitdm  mdnyah  sa  matputrarh 
ydchata  iti  harshdspade  vishddali  \  yata  etatpitd  nitdntamithyddrishtih  |  aparam  tddri&opi  samprati  grame  na  \ 
taih  svajanais  tvayä  diyafdm  ity  abhihite  siadoshottarandya  mdtrdmdtram  gunapdtram  putras  tebhyo  gurubhyo 
dade  |  tadanantararii  tayd  §ri-Devacliandrasürir  iti  tadtyam  abhidhdnam  abodhi  \  tair  guruhhih  sopi  si^mä 
HsTiyo  bhavishyadti  prishta  om  ity  uchcharan  pratinivyittais  taih  samam  Karndvatydm  djaguma  |  mantry- 
Udayanagrihe  tatsufaih  samam  bdladhdrakaih  pdlyamdno  ydvad  aste  tdvatd  grdmdntardd  dgataS  Chdchigas 
tarn  Vfittdntaih  parijndya  pmtradarsandvadhi  samnyastasamastdhdras  teshdm  gurfmdm  ndma  matvd  Karndvattm 
prdpya  tadvasatdv  upetya  kupitopi  tdn  ishat  pvanamya  gurid>hih  sutdnusdrenopalakshya  vichakshanatayd  vivi- 
dhdbhir  dvarjandbhir  doarjitas  tatrdniten-Odayanamantrind  dharmabandhubuddhyu  nijamandire  nitvd  jydyali- 
snhodarahhaktyd  bhojaydriichaki-e  \  tadanu  Chdngadevarii  sutam  tadutsange  niveSya  paiichdiigaprasadasahitam 
dukülafrayam  praiyaksharh  lakshatrayam  chopaniya  sabhaktikam  dvarjitas  tarn  prati  Chdchigah  prnha  j  ksha- 
triyasya  mülyeiityadhikasahasrarh  turagasya  mülye  panchdSadadhikdni  saptadaia  satdni  \  akimchitkarasydpi 
vanijo  mülye  navanavatikalabhdhi  |  etdvatd  navanavatilakshd  bhavanti  \  tvam  tu  lakshatrayam  arpayann  audd- 
ryaehchhadmand  kdrpanyavi  prddushkurushe  \  madiyalt  sutas  tdvad  anarghyo  bhavadtyd  cha  bhaktir  anargliya- 
tamd  I  tad  asya  mülye  sd  bhaktir  astu  |  sivanirmdlyam  ivdspp'syo  me  dravinasaiiichayuh  |  ittham  Chdchige 
sutasya  svai-upam  abhidadhdne  pramodapuritachitfah  sa  mantry  akunthotkanthatayd  taih  parirahhya  sddhu 
sddhv  iti  vadan  Srimdn  Udayaitah  prdha  \  mama  putratayd  samarpito  yogimarkafa  iva  sarveshdm  jandndm 
namaskdram  kurvan  kevalam  apamdnapdtraih  bhavitd  \  guründm  dattas  tu  gurupadam  prdpya  bdlendur  iva 
tribhuvananamaskaramyo  jdyate  \  yathochitam  vichurya  vydharety  ddishtaJt  sa  bhavadvichdra  eva  pramdnam 
iti  vadan  gurupdrsve  nitah  sutam  gurubhyodidapat  \  tadanu  sutasya  pravrajydkaranotsavaS  Chdchigena  chakre\\ 

Der  obige  Text  stimmt  nicht  genau  mit  der  Ausgabe.  Einige  bessere  Lesarten  sind  aus  den  er- 
wähnten Manuscripten  eingefügt.  Merutuüga's  Sprache  ist  hier,  wie  meist  im  Prabandhachintämani,  stark 
mit  Gujaräti-Idiomen  vermischt.  Das  Wort  vasahikd,  welches  oben,  Z.  17,  vorkommt,  bezeichnet  einen 
Complex  von  Gebäuden,  in  dem  sich  ein  Tempel  und  Kloster  finden,  und  entspricht  dem  Terminus  basti 
d.  h.  vasati,  welcher  bei  den  Digambaras  gebräuchlich  ist. 

Denkschriften  rler  pliil.-hist.  Cl.  XXXVII.  lid.  29 


226  ^-    BüHLER. 

15  Prabandhakosha,  p.  08  f. : 

Te  viharanto  Dhaudimkkapuram  Gfvrjaradhard-Suräshti-dsamdhisthaih  gatdh  \  tatra  de&andvistaral}  \ 
sabhnudm  ekadd  Nemindgandmd  irdvakah  samutthdya  Devachandrasürifi  jagau  j  hhagavann  ayam  Modha- 
jiUUiyo  madbhagini-  Fdhinikukshisush  thakkiira-Chddhi[cld]kanandana&  Changadevandmd  bhavatdm  desandm 
irutvn  prabiiddho  dikshdiU  ydchate  \  asmiiiiS  clia  garbhasthe  mama  bliag[i]nyd  sahakdrataruh  svapne  drishfah  | 
ta  va[chaj  sthdndntare  guptas  tatra  inahatim  phalasplidtim  dydti  sma  \  gurava  dhuh  \  sthdndntaragatasydsya 
mahimä  praidhühyate  \  mahat  pdtram  asau  yogyah  sidaksliano  dikshamyah  |  kevalaih  pitror  anujTid  grdhyd  | 
gatau  mdtulnbhdg[i]neyau  Pdhinim[nt]-Chum[chi]kdntikam  \  uktd  vraiavdsand  \  kfitas  tdhhydm  pratishedhaJi  \ 
karunavachanaiataU  Chdi'tgadevo  dikshdm  lalau  \\ 

16  Obschon  die  Erzählung  kaum  etwas  Neues  bietet,  so  gebe  ich  die  betreffende  Steile  des 
Kumärapälacharita,  um  an  einem  Beispiele  zu  zeigen,  wie  Jinaman4ana  seine  Vorgänger  zu  benutzen 
pflegt.  Nach  Nr.  286,  p.  27 — 31  lautet  die  Greschichte,  der  ein  dem  Prabandhakosha  (siehe  Note  20) 
entlehnter  Bericht  über  Devachandra  vorausgeschickt  ist,  folgendermassen : 

Sri-Devachandrasuraya  ekadd  viharanto  DhandhiVcapure  prdpuh  |  tatra  Modhavaiii&e  vd[Chd]chikaSresht[h]t  | 
PdhindfmJ  bhdryä  \  taydnyedyuh  svapne  chintdmanir  drishtah  pararii  gurubhyo  dattal).  \  tadd  tatrdgat[d]h  sn- 
Devachandraguravah  pflshtdh  svapnaphalam  \  gurubkir  üche  \  putro  bhdvt  tava  chintdmanimu[mü]lyali  \  param 
sa  sitrirdd  Jainaidsanabhdsako  bhavitd  gurundih  ratnaddndd  iti  |  guruvachali  Srutvd  muditd  Pdhini  taddine 
garbhaih  babhdra  \  saihvat  1145  kdrttikapüriiimdrdtrisamaye  putrajanmah[ma]  | 

tadd  vdgaiariräsid  vyomni  (snbhdvye)  fbhdvyah]  sa  tattvavit  \ 
nijafjinajvaj  Jinadharmasya  siliäpaka[i  sürise[ie]kharah  ||  1 1| 

janmoch}ia[tsa]vapürvaih  Chdngadeveti  ndma  dattam  \  kramena paüchavarshiko  mdtrd  saha  Mocjhavasahikäydm  deva- 
vandandydgato  bdlachdpalyasvabhdvena  devanamaskarandrtham  dgataih/ta-]  sri-Devachandragurunishadyäyäm 
nishannah[nnah]  \  tathd  dfishtvd  gurubhir  üche  Pdkind[ni]  \  susrdvike  smarasi  svapnavicliuram  pürvakathitam 
samvddusaphalam  \  bdlakdhgalakshammi  vilokija  mdtur  agrekathi  |  yady  ayam  kshatnyakule  tadd  sdrvahhaumo 
narendra[hj  \yadi  br[d]hmana  vai}ikkule  tadd  mahdmdtyali  |  ch[e]d  dikshdm  gi-ihndti  tadd  yugapradhdna  iva  turye 
yuge  kfitayugam  avat[d]rayatüi  \  sd  Pdhini  guruvachomritolldsitd  sasutd  gi'iham  gatd  |  guravopi  sdldydm  dgatya 
irisarhgham  dkdi-ya  gatd[h]  srdvakdfh]  &r[e]sht[h]ignhe  \  vdvi[Chdchi]ke  grdmdntaram  gute  vd[Pd]hinyd  Sri- 
saihgho  gyikdgatah  svdgatakaranddind  toshituh  \  mdrgita&  Ch[d]hgadevah  \  hfishtd  Pdhini  harshdsrüni  muH- 
chanti[ti]  svdrh  ratnagarbhdm  manyamdndpi  chintdturd  jdtd  |  ekata  etatpitd  mithyddfishtih  \  tddj-iSopi  grdme 
ndtti  I  ekatas  tu  Msamgho  gfihdgatali  putram  ydchata  iti  kirn  kartavyarh  müdhachittd  kshanam  abhüt  \  tata[da]nu 

kalpadrumas  tasya  gj-ihevatinuii  chintdmanis  tasya  kare  lü[lu]lotha  j 

trailokyalakshmir  api  tarn  vrin[i]te  gfikahganarh  yasya  punite  samghah  ||  1 1| 

tathdW 

urvi  gurvi  tadanu  jaladah  sdgarali  kumbhajanmd 

vy[o]md[yäJtau  ravihimakarau  tau  cha  yasydmhripithe  | 

sa  praud.ha&rir  Jinaparivj-idhah  sopi  yasya  prananfd 

sa  Srisaihghas  tribhuvanaguruh  kasya  k[im]  syän  na  mdnyah  ||  2 1| 

iti  pratyupta[tpa]nnamatir  mAtä  hisamghena  sama[m]  gurün  kalpatarün  iva  grihugutun  jiidtvdvasarajnd 
»vajandnumafiih  Idtvd  ni[ja]tum[pu]tram.  irigurubhyo  dadau  \  tatal],  Srigurubhi/t  6risamghasamaksham  \  h[e] 
vatsa  irit[i]rthaT!ikarachakrava[r]tiganadharair  dsevitdrii  suräsuranikarandyakamahan[i]yävi  muktikdntdsafih]- 
gamadul[i]m  diksluhh  tvaih  Idsyasiti  prokte  \  sa  cha  kumdrah  prdghh[d]vacMritrdoaraniyakarmakshayopasa[m]- 
mena  saviyamairavanamdtrasamjdtaparammvegali  saham[ha]sd  Oin  ity  uvucha  \  tafo  mdtrd  svajanaii  chdnu- 
mataih  putrarh  sarhyamdnurdgapavitraih  Idtvd  Mtirthaydträm  vidhdya  Karndvatirh  jagmuh  Mguravah  |  tatr- 
Odayanamantrigj-ihe  tatsutaili  samuih  bdladhdrakaih  pdlyamdnah  sakalasamghalokamdnyah  samyamaparind- 
madhanyo  vainayikddigunamjiio  ydvad  aste  tdvatu  grdmdntardd  dgatai  Chdchigah  jjaiuinichefveJditaMgttru- 
sarhghdgamaputrdrpanddivrittdntali  putradarsandvadhi  [samjnyastdhdralj.  Karndvatydm  gatah  \  tatra  vandifd 
guravah  \  Srutvd[tdJ  dharmadeiand  |  sutdnusdrenopalakshya  vichakshanataydbhdni  Mgui-ubhih  | 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandba.  227 

kulam  pavitram  janam  kritdrihd  vasumdkarä  bhdgyavatt  cha  tena  \ 
avdkyamdrge  sukhasindhumagne  Itnam  parabrahmani  yasya  chefali  ||  1 1| 
kala[7h]karh  kurute  ka&chit  kuletivimale  sutah  \ 
dhanandsakarah  kascliid  vyasanair  gunandsanaili  ||2|| 
pitroh  samtdpakali  kopi  yauvane  pr[e]yasimu[sio]khah,  \ 
bdlyepi  ni[mri]i/ate  kopi  sydt  kopi  vikalendriyah  ||3|| 
sarvdngasundarah  leim  tu  jTidnavdn  gunamradhih  | 
sri-Jinendrapathddhva[n]yali  prdpyate  punyatah  sutah  ||4||" 

iti  irigui'umukkdd  dkarnya  samjdtapram[o]dali  prasannachittas  Chdchigas  tatra  &ngii,rup[ä]ddravindanama- 
syäyai  samäydten-Odayanamanfrind  dharmabdndhavadhiyd  nijagrihe  mtvd  bhojaydmchakre  |  tadanu  Ch[d]nga- 
devaih  taduchha[tsa]hge  nivesya  panchdngaprasädapürvakam  duk[ü]latrayaih  chopamya  sabhaktikam  ävar- 
tt[ji]tai  Clidchigah  sdnandam  mantrinam  avudftjt  \  mantrin  kshatriyasya  miUyesityadhikaJi  sahasrah  1080  | 
a&vamülye  pa7nchdi[a]dadhikdni  saptadasa  kitäni  750  [sie!]  sämdnyasyäpi  vanijo  navanavati  99  gajendi-dh\ 
etdvatä  navanavatilahshd  bhavanti  \  tvam  fu  lakshatrayam  arpayan  sthülalakshdyase  \  ato  ■machh.u[tsi(,]tonarghyas 
tvadiyd  bhaktis  tvanarghyatamd  |  tad  asya  millye  sd  bhakHr  astu  \  na  tu  me  dravyena  prayojanam  as[t]y 
asparsyam,  etan  mama  Sivanirniulyam  iva  \  datto  mayd  putro  bhavatdm  iti  \  Chdckigavachah  srutvd  pramudi- 
tamand  mantri  tarn  par[i]rabhya  sddhu  yuktam  etad  iti  vadan  punas  tarn  praty  uvdcha  \  tvaydyam  putro 
mamdrpitah  |  param  yogpjmarkata  iva  sarveshdm  ap[i]  jandndm  naviaskdram  kurvan  kevalam  apatrapdpdtrairi 
bhavitd  \  sngurundm  tu  samarpitali  Srigurupadam  prdpya  bdl[e]ndur  iva  mahatiftdmj  maliantyo  bhavatiti 
vickdryatdih  yaso[tho]chitam  |  tatah  sa  bhavadvichdra  eva  pramdnam  iti  vadan  sfaJkalaSrisamghasamaksham 
ratnakarandam  iva  rakshaniyam  ud[ujmbarapushpam.  iva  durlabham  putravi  kshamd&ramanapürvdkam  guril- 
ndrii  samarpaydmdsa  \  srtgurubhir  abhdni  \ 

dhanadhdnyasya  ddtdra[h]  santi  kvachana  kerkana  | 
putrabhikshdpradah  kopi  durlabhah  punyavdn  pumdn  \\  1 1| 
dhanadhunyddisampatsu  loke  sdrd  n[tu]  samtatih  | 
tatrdpi  putraratnaih  tu  tasya  ddnam  mahattamam  \\  2 1| 
svargasthdh  pitaro  vd[vt]ksh[y]a  dikshitam  Jinadikshayd  | 
mokshdblnldshinam  putrani  triptu[li]  syuh  svargasarnsadin[dij  \\  3 1| 
Mahdbhdratepy  abhdni  \ 

tdvad  bh(i[bhra]manti  sanisdre  pitarah  pindakdnkshinah  \ 
ydva[t]  kule  msuddhdtmd  yatt[tih]  putro  na  jdyate  ||  1 1| 

iti  h'utvd  pramuditena  Chdchigen  -  Odayanamantrind  cha  pravrajydmahotsada[va]h  kdritah,  |  Somadevamunir 
ndma  dattaih  kvachit  Somachandramunir  iti  vu  \  irivikramdt  1145  sn-Hemasüri[nJdm  janma  ||  1154  dikshd  cha 

In  dem  letzten  Theile  der  Erzählung  ist  der  Text  im  Manuscripte  in  grosser  Unordnung,  weil  der 
unverständige  Abschreiber  die  am  Rande  des  Originales  stehenden  Ergänzungen  verkehrt  eingefügt  hat. 
Am  Ende  des  Werkes,  p.  283  werden  die  Daten  der  Hauptereignisse  aus  Hemachandra's  Leben  noch 
einmal  gegeben.  Da  heisst  es,  wie  am  Ende  des  Prabhävakacharitra :  samvat  1145  kdrttikaptlnümdniSi 
janma  h-i-Hemasicrinam  saih  1150  dikshd  sam  1166  süripadam  sarh  1229  svargali.  Diese  Anführungen 
dürften  genügen,  um  das  oben  (p.  172)  ausgesprochene  Urtheil  über  Jinaman(Jana  zu  rechtfertigen  und 
zu  zeigen,  dass  sein  Charitra  als  Quelle  absolut  werthlos  ist,  ausser  wo  er  aus  nicht  zugänglichen 
Werken  Auszüge  gemacht  hat. 

17     Die  obigen  Angaben  beruhen  auf  genauen  Erkundigungen,  die  ich  in  den  Jahren  1873  bis  1879 

an  verschiedenen  Orten  des  westlichen  Indiens  eingezogen  habe.    Zuerst  hörte  ich  in  Räjputänä  aus  guter 

Quelle,   dass  mehrere  Yatis,    deren  Bekanntschaft  ich  machte,    und  von  denen  einer  eine  hohe  Stellung 

einnahm,   Fehltritten  brahmanischer  Witwen  ihren  Ursprung  verdankten.     Später,   im  Jahre  1877,   wurde 

mir  dies  von  Yatis  in  Khedä  bestätigt,    die  mir  ganz  offen  die  Namen   der  Mütter  ihrer  Chellas  nannten 

und  erzählten,  durch  wen  sie  dieselben  erhalten  hatten.     Mit  einem  Falle,   in  dem  ein  Yati  zur  Zeit  der 

29* 


228  ö-  Bohler. 

Hungersnoth  von  1868/69  ein  verwaistes  Kind  zu  sicli  genommen  und  vor  dem  Hungertode  geschützt 
hatte,  wurde  ich  1873  zu  Näiiicjol  in  Rajpiitänä  bekannt.  Der  Knabe,  welcher  mich  mit  seinem  Guru 
beBUchte,  mochte  damals  acht  Jahre  alt  sein.  Er  hatte  schon  Tlieile  der  Sütras  und  Stotras  gelernt  und 
recitirte  den  Anfang  des  Dasavaikälika  Sütra,  sowie  das  Bhaktamara  recht  hübsch.  Die  erste  Weihe 
hatte  er  noch  nicht  erhalten.  Ein  Fall,  wo  ein  kleiner  Jaina-Knabc  von  seinen  Eltern  einem  Mönche  auf 
dessen  Bitten  als  Schüler  und  mit  der  Bestimmung,  dass  er  Yati  werden  sollte,  übergeben  wurde,  kam 
1875  oder  1876  in  Surat  zu  meiner  Kenntniss.  Bei  näherer  Bekanntschaft  leugneten  weder  die  Yatis 
noch  die  Laien  auch  in  anderen  Städten,  dass  es  bei  der  Ergänzung  ihres  geistlichen  Ordens  nicht  nach 
den  Idealen  ihrer  heiligen  Lehre  zugehe,  und  gestanden  ein,  dass  man  sich  in  deui  Duhshamära  oder  im 
Kaliyuga  eben  helfe,  wie  man  könne. 

18  Ueber  die  Lage  von  Karnävati  siehe  K.  Forbes  Ras  Mala,  p.  79—80,  besonders  Note  1.  Uda- 
yana's  Einwanderung  wird  im  Prabandhachintämani,  p.  136 — 138  und  im  Kumärapälacharita  p.  67 — 68 
erzählt.  An  ersterer  Stelle  heisst  es,  dass  Üdä  oder  Udayana  aus  Märväd  nach  Gujarät  kam,  um  zer- 
lassene Butter  einzukaufen.  Ein  Omen  bewog  ihn ,  sich  sammt  seiner  Familie  in  Karnävati  nieder- 
zulassen. Er  erwarb  sich  dort  Reichthümer,  und  als  er  die  Fundamente  zu  einem  neuen  Hause  aus 
Ziegelsteinen  legen  Hess,  fand  er  einen  grossen  Schatz.  In  Folge  davon  wurde  er  unter  dem  Namen 
,Rath'  Udayana  berühmt.  Er  Hess  in  Karnävati  einen  Tempel,  den  Udayanavihära,  bauen.  Von  ver- 
schiedenen  Frauen  hatte  er  vier  Söhne:  Vähadadeva  [Väghbafa],  Amba4a  [Amrabhafa],  Bohada  und  Sollaka. 
Die  Namen  der  letzteren  beiden  differiren  zum  Theile  in  den  verschiedenen  Manuscripten.  Jinaman(.lana 
wiederholt  Merutuftga's  Angaben,  fügt  aber  hinzu,  dass  Udayana  zur  Srimäli-Kaste  gehörte  und  von 
Siddharäja  zum  Jlantrin  in  Stambhatirtha  ernannt  wurde,  tatah  Siddhe&ena  Stambhattrthe  mantri  kj-itah. 

19  Prabandhachintämani,  p.  232  und  oben  S.  209. 

20  Die  Nachrichten  über  Devachandra  stehen  am  Anfange  des  Hemasüriprabandha.  Mit  Weg- 
lassung der  Bekehrungsgeschichte  des  Rä^ä  Yasobhadra  lauten  dieselben  folgendermassen : 

Punm[chandi-a]gachchhe  sri-Dattasüriprdjno  Vägadadese  Vatapadram  purum  gatali  |  tatra  svämi  YaSobha- 
dranämd   rdiiaka   j-iddhimun  \  tatsaudhdntika    updsrayah   srdddhair   dattah  \  rdtrdv    unmudracliandrdtapdydrii 

rdnakena   jiahayo   dfishtd   updSraye    nishannah  \ tasya    rdnain-Ya&ohhadrasya    gitdrthatvdt 

Buripadaih  jdtaih  M-Yasobhadrasärir  iri[ti]  näma  \  tadhjapatte  Pradyumnasürir  granthakdrah  \  tatpade  Sri- 
Gunasenasürik  \  6n-  YaMhadrasüripafU  [?]  srt-Devachandrasürayali  \  Thdnavj'itti-ädntindthacharitddimahdidstra- 
kara7ianirvyudhapr[d]jilaprdgbhdrul} 

Das  unmittelbar  folgende  Stück  von  Räjaäekhara's  Erzählung  ist  oben,  Note  15,  gegeben.  Jinamap- 
dana  gibt  Kumärapälacharita,  p.  25  ff.  die  von  Räjasekhara  erzählte  Geschichte  wieder.  Der  Anfang 
lautet  p.  25,  Z.  2:  Kotikagane  Vajrasdkhdydm  Chandragachchhe  sri-Dattasitrayo  viharanto  Vdgadadesastha- 
Vafapadrapure  p7-dpu/i  \.  Die  Reihenfolge  der  Lehrer  wird  folgendermassen  gegeben:  tatpatte  Pradyumna- 
sürih  I  tachchJiishyah  iri-Gunasenasürih  |  tatpatte  sri-Devachandrasürnyali,  ||  Vägatja  ist  der  alte,  auch  noch 
jetzt  gebräuchliche  Namen  des  östlichen  Theiles  von  Kachh.  Hemachandra's  eigene  Angabe  findet  sich 
oben,  p.  179  und  Note  66.  Betreffs  Devasüri's  Angabe  über  Devachandra's  Säntinäthacharita  siehe  oben 
Note  1,  S.  221. 

31  Prabandhachintamarii,  p.  239  f.  Hemachandra  wünschte  das  Geheimniss  des  Goldmacliens  zu 
lernen,  weil  Kumärapäla  beabsichtigte,  wie  andere  Stifter  von  Acren,  die  Schulden  der  Welt  zu  bezahlen, 
siehe  auch  S.  179.  Im  Texte  wird  Devachandra's  Namen  nicht  genannt,  sondern  nur  von  Hemachandra's 
Guru  gesprochen. 

33     Die  wichtigsten  Verse  des  Prabhävakacharitra  über  die  Schülerjahre  Hemachandra's  lauten: 

Somachandras  tatai  chandrojjvalaprajfidhaldd  asau  | 

TarkalakHhanamhityavidyd[h]  paryutthifchchhijnad  drutavi  ||37 

prabhavakadhurddhuryam  amurii  8Üripadochintamh[chitamJ  \ 
vijndya  mfiiijghum  dsa[man]trya  mu[gu]ravomantrayann  iti  ||47|| 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  229 

yogyani  sishyam  pade  nyasya  svavi  kdryam  [kajrtum  auchiti  \ 
asmatpCirvesum[shdm]  dchdra[h]  sadd  vi/ii[di]taptirvinu[m]  |  48 

tadaiva  vijüadaivajilavratdl  lagnam  vydvdfchdjrayan  \ 

muhürt[e]  pürvanirnite  Jda[kn]ta-Nandividhikramdh  \ 

dlwanachü[ttüJryaravonmudramaü(jaMm[lä]chdrabandhuramli[rdhJ  ||56|| 

sahdddvaitetha  visrdnte  samdya[aye]  yoshifchochijte  sati  \ 

pürakäpüri[ta]svdma[svarna]kumbhakodbhedamedurdh  \\  57 

&ravanegurukarpürachandanadravacharcMte  \ 

kritinali  Somuchandvasya  [b7'ahma]nisht[h]dntardtmamah[nahj  ||58 

&ri-Gaii,tamddisiu'[iJmiv  drddhüam  dbddhitam  \ 

Sri- Devachandraguravalji  sürimantram  acMkatkanahfthan]  1|59|| 

pafichabkih  kulakam  || 

tiraskritakaldkelih  kaldkelikuldsrayah  | 

Hemachandraprabhu/h]  irimanndmnd  vikhydiim  dpa  sah  ||60|| 

tadd  cha  Pdhini  snehavdhini  mufsujta  uttame  \ 

tatra  chdritram  ddattdvihastd  guruhastatah  ||  61  | 

■pravartiin[m]  pratisht[h]dih  cha  ddpaydmdsa  namrugih  \ 

tadaiva  nivdchdryo  (?)  gwubhyah  sabhyasdkshikam  ||62|| 

simhäsandsanam  tasyd  anvamdnayad  esha  cha  | 

katare  (?)  jananibhaktir  uttam[d]ndm  k[a]shopalah  ||  63 1| 

Die  Geschichte  von  der  Reise  ist  ausgelassen,  weil  die  meisten  Verse  sehr  arg  verderbt  sind.  Die- 
selbe steht  Vs.  38—46.  Merutuftga  fasst  sich  viel  kürzer.  Das  Ende  der  oben,  Note  15,  mitgetheilten 
Stelle  lautet :  atha  cha  kumbhayonir  ivdpraiimapratibhdbhirdmatayd  saniastavdnmaydmbodhimushtimdhayobhy- 
astasamastavidydsthdno  Hemachandra  iti  giirudattandmnä  pratitah  sakalasiddhdntopanishannishannadhih  shat- 
tfimiatd  gunair  alamkritatanur  gurubhih  süripadebhishiktah  \  iti  mantry-  üdayanoditam  janmaprabhriti  vidttdutarh 
dkarnya  nripatir  munmdetardm  ]|  Merutunga  kennt  also  den  zweiten  Namen  Somachandra  nicht.  Seine 
Behauptung,  Udayana  habe  Hemachandra's  Jugendgeschichte  dem  Könige  Kumärapäla  erzählt,  enthält 
einen  starken  Anachronismus.  Da  Udayana  um  Vikrama-Samvat  1150  in  Gujarät  einwanderte,  Kumära- 
päla aber  im  Vikrama-Jahre  1199  den  Thron  bestieg  und,  ehe  diese  Unterhaltung  stattfand,  schon  mehrere 
Kriege  geführt  haben  soll,  so  kann  Udayana  unmöglich  noch  am  Leben  gewesen  sein. 

Jinamandana,  Kum.  Char.,  p.  31,  Z.  12  bis  p.  36,  Z.  5,  weiss  noch  mancherlei,  aber  nur  absurde  Ge- 
schichten über  Hemachandra's  Lehrzeit  zu  berichten.  Zunächst  erzählt  er,  p.  31 — 42,  dass  Somadeva 
den  Namen  Hemachandra  erhielt,  weil  er  im  Anfange  seiner  Lehrzeit  im  Hause  eines  Öreshthin  Namens 
Dhana  Kohlen  in  Gold  (hemaj  verwandelt.  Weiterhin  widerspricht  er  sich  selbst  auf  p.  36,  wo  er  im 
Wesentlichen  mit  dem  Prabhävakacharitra  übereinstimmt.  Sodann  kennt  er  statt  einer  Reise  Somadeva's 
und  einer  übernatürlichen  Erscheinung  deren  zwei.  Die  erste  Reise  sollte  nach  Kasmir  gehen,  die  zweite 
in  Gesellschaft  eines  Devendra  und  des  bekannten  Commentators  Malayagiri  nach  dem  Gauda-Lande. 
Bei  ersterer  Gelegenheit  erscheint  die  Göttin  Sarasvati,  bei  der  zweiten  die  Säsanadevatä.  Endlich  hören 
wir,  dass  ein  Kaufmann,  Dhanada  genannt,  dem  Somadeva  mit  Bewilligung  seines  Guru  und  des  Samgha 
die  Würde  eines  Achärya  im  Vikrama-Jahre  1166  geben  Hess.  Das  Datum  kommt  bei  Jinamandana 
dreimal  vor,  ist  jedesmal  dasselbe  und  stimmt  mit  dem  des  schon  erwähnten  Verses  des  Prabhävaka- 
charitra, vergleiche  auch  Bhändärkar,  Report  on  the  Search  etc.   1883/84,  p.  14. 

23     Alaihkärachüdäma^i  I,  4: 

Mantrdder  aupddhiki  ||4|| 
Mantradevatdnugrahddiprabhavaupddhiki    pratibhd  \  iyam   apy    dvaranakshayopaiamanimittaivu   djislito- 
pddhinibandhanatvdt  tv  aupddhikity  uchyate\\ 


230  Gl.    BüHLKU. 

84     Prabhavakacharitra  XXII,  64 — 73: 

sri-Hemachandrasürih  h'tsaihghasdga[ga]rakaustuhhali 

vijahurdnyadd  &rtmad-Anahillapura[m]  purum  1|64|| 

hi-Siddha[bhü]bhrid  anyedyü  rdjapdtikayd  va[cha]ran  \ 

Hemachandraprnbhufin]  vikshya  tatasthavipanisthitam  ||  65 1| 

nirudhya  timvafmbajkdsanne  g[a]japrasaram  afikuSdtaft]  \ 

kimchid  hhanishyate[the]ty  dha  provdcha  pra[bhu]r  apyatJia  ||66|| 

kdrayn  prasaram  Siddha  hastirdjam  aSaiikitam,  | 

irasyaniu  diggajdh  kirn  tauffair]  bims  tvayaivoddhriti[td]  yatah  ||67|| 

irutveti  bhüpatih  prdha  tushtipushtah  sudlmvarali  \ 

madhydhne  ine  pramoddydgantavyam  bhavatd  sadd  ||68|| 

tatpilrvarii  dar§andm[nam]  tasya  jajüe  kutrdpi  ina[fa]tkshane  \ 

dnandamandire  rdjnd  yatrdjaryam  abhüt  prabhoh  ||69|| 

anyadd  Siddhardjopi  jitvd  Mdl[a]vamandalam  \ 

samdjagdma  tasmai  vä[chd]§isham  darSanino  daduh  ||70|| 

tatra  iri-Hemachandropi  BÜrir  bhürikaldnidhih  \ 

uvdcha  kdvyafm  ajvyagram  atih'a[Sa]yanidarsanam\\ll\\ 

tathd  hi  \ 

bhümhh  kdmagavi  svagomayarasair  dsiiicha  ratndkard 

muktdsvastikam  dfanudhvam  udupa  ivam  pürnakumbhibhava  \ 

dhfitvd  kalpataror  daldni  saralair  digvdrands  torandny 

ädhatta  svakarair  vijifya  jagafim  nanv  aiti  SiddhddhipaJi  ||72|| 

vydkhydvibhüshite  vjitte  [HemachanJ dravibhos  tatal.i  \ 

djuhdvdvaniydtafpdlah]  sürini  saudhe  punak  punali  ||  73 

Vers  72  ist  mit  Vergleichung  des  Prabandhachintämaiii,  sowie  der  andern  unten,  Note  33,  genannten 
Werke  hergestellt.  Alle  mir  vorliegenden  Quellen  haben  im  vierten  Päda  nanv  eti.  Trotzdem  kann  nur 
nanv  aiti  das  Richtige  sein. 

Die  obige  Erzählung  von  der  ersten  Begegnung  Hemachandra's  mit  Siddharäja  findet  sich  auch  im 

Kumärapälacharita.     Dort  aber  lautet  der  von  ihm  angebHch  verfasste  Vers,  p.  36,  Z.  9 — 11,  folgender- 

massen : 

Siddharäja  rdja[gaja]rdjain  uchchakaih 

kdraya  prasaram  etam  agrataff  | 

saihtrasantu  hat •[ijfima tamgajds 

t[ai]h  kirn  adya  bhavataiva  blutr  dhritd  \\ 

Die  abweichende  Form  beweist,  dass  Jinamandana  aus  einer  andern  Quelle  geschöpft  hat. 
35     Prabandhachintämani,  p.   144. 

26  Das  Kumärapälacharita  gibt  folgende  Anekdoten  unmittelbar  nach  der  ersten  Begegnung.  1)  Hema- 
chandra  erklärt  die  Lehren  aller  Secten  für  gleich  heilkräftig,  p.  36—38;  2)  Hemachandra  gibt  die 
Eigenschaften  eines  frommer  Gaben  würdigen  Mannes  (putra)  an,  p.  38 — 39;  3)  Hemachandra  gibt  dem 
Könige  in  Siddhapur  den  Unterschied  zwischen  Mahädeva  und  dem  Jina  an,  p.  39  —  40;  4.  Einige  fromme 
Stiftungen  Jayasiriiha's. 

Ueber  die  zeitlich  verschiedenen  Angaben  der  andern  Quellen  betreffs  dieser  Erzählungen,  siehe  S.  189. 

27  Colebrooke  Mise.  Essays  II,  p.  275,  ed.  Cowell,  wo  auch  gezeigt  ist,  dass  Yaiovarman  wahr- 
scheinlich erst  V.  S.  1190  den  Thron  bestiegen  hat.  Die  widersprechende  Angabe  in  der  Kirtikaumudi  II. 
32,  nach  welcher  der  von  Jayasiihha  besiegte  Fürst  von  Mälva  Naravarman,  der  Vorgänger  Yasovarman's 
war,  kann  man  unberücksichtigt  lassen.  Denn  YaSovarman  wird  im  Dvyäärayakävya  deutlich  erwähnt,  und 
man  darf  Hemachandra  gewiss  zutrauen,  dass  er  den  Namen  des  von  seinem  Herrn  besiegten  Königs  kannte. 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hbmachandra.  231 

38  Nach  Forbes'  Auszügen  aus  dem  Dvyäärayakävya ,  Indian  Antiquary,  vol.  IV,  p.  266  f.,  voll- 
brachte Jayasimha  nach  der  Heimkehr  aus  Mälvä  folgende  Thaten :  1)  Er  hielt  sich  eine  Zeitlang  in 
Siddhapura-Sristhala  auf  und  Hess  dort  den  Rudra  Mala  oder  richtiger  Rudraraahälaya  genannten  Tempel 
restauriren  und  einen  Tempel  des  Mahävira  bauen;  2)  er  machte  eine  Wallfahrt  nach  Somnäthpattan 
und  Girnär;  3)  er  Hess  nach  seiner  Rückkehr  nach  Anhilvä(J  den  Sahasralinga-Teich  graben  und  mancherlei 
andere  Anlagen  machen.  Da  Hemachandra  sonst,  wo  man  ihn  controliren  kann,  die  Ereignisse  in  der 
richtigen  Reihenfolge  gibt,  so  darf  man  ihm  auch  hier  wohl  Vertrauen  schenken.  Thut  man  das, 
so  ist  es  selbstverständlich,  dass  Jayasimha  noch  eine  Reihe  von  Jahren  nach  seiner  Rückkehr  aus  Mälvä 
regiert  haben  muss  und  diese  nicht  später  als  im  Vikrama-Jahre  1194  stattgefunden  haben  kann. 

39  Prabandhachintämani,  p.  161 — 171. 

30  Der  Vers  ist  von  Klatt,  Indian  Antiquary,  vol.  XI,  p.  254,  Note  54  angeführt.  Das  Prabhävaka- 
charitra  erwähnt  Hemachandra's  Gegenwart  bei  der  Disputation  nicht  direct.  Es  deutet  dieselbe  aber  an, 
indem  es  einen  Vers  anführt,  den  Hemachandra  zu  Ehren  des  Sieges  der  Svetämbaras  gedichtet  haben 
soll.     Es  heisst  XXI.  253—54: 

sri-SiddhaheinacJiandrdbh.idhän[e]  äabdänusäsane  \ 

sütradhäraJ}  prahhuh  irimän  Hemachandraprabhur  jagau  ||253|| 

tathu  hi  I 

yadi  ndma  Ku'niudachandra[rh]  ndjeshyad  Devasürir  himaruchüii  | 

katiparidhdnam  adhäsyat  katamah  Svetämbaro  jagati  ||  254 1| 

Der  Vers  sieht  aus,  als  ob  er  verfasst  wäre,  um  den  Gebrauch  des  Conditionals  zu  illustriren.  Kiel- 
horn  theilt  mir  mit,  dass  er  in  dem  Commentare  zur  Grammatik  nicht  zu  finden  ist. 

31  Prabhävakacharitra  XII.  74—115: 

Anyad' -Avantiko^yapustakeshu  niyukt[a]kaih  \ 
darsyamdneshu  bhüpenaschai[ndtrai]kshi  lakshanajJUstakamW  74 1| 
Kim  etad  iti  paprachchha  svdmi  te  vyajijTiapan  \ 
Bhojavydkaranam  hyeta[ch]  sadasdstrapravartane  ||  75 1| 
Anio[sauj  hi  Mdlavddhi&o  vidvachchakraSiromanih  | 
&abddlamkdradaivajnatdrkamstrdni  nirmame  ||  76 1| 
chikitsdrdjasiddhdntarama[sa]  vdstü(ta)daydm  cha  \ 
a[m.Jkasdkiinikddhydtmasvapnasdmudrikdny  api  ||77  || 
granthdn  nimittavyäkliydnaprasnachüddrnanin  iha  \ 
vivfit(t)i['m.]  vdyam.a[chdrthasa]dbhdverthasdstra7neghamdlayol}  ||  78 1| 
Bhüpdlopy  avadat  kirn  ndsmatkoshe  idstrapaddhafih  | 
vidvdn  kopi  kathani  ndsti  de.se  visvepi  (l)  Gürjare  j|80  [79] 
Sarve  sambhüya  vidvdihso  Hemacliandraih  vyalokayan  \ 
mahdbhaktyd  rdjndsdv  abhyarchya  prdrthi[tas  tatah]  ||81  [80] 
Sabdavyutpattikiich  chhdstrarh  nirmdydsmanmanoratham  \ 
pürayasva  maharshe  tvam  vind  tvdm  atra  kah  prabhuh  ||82  [81] 
Samkskiptai  cha  pravyittoyam  m[s]amayesmin  Kaldpakah  \ 
lakshana[e]  fatra  nishpattih  sabddnd[mj ndsti  tädriii  ||83  [82] 
Pdnini[ne]r  lakshanam  vedasydngam  ityabravan  dvijäl}  \ 

' '  •1|84|| 

Ya(h)^o  mama  tava  khydtil),  punyam  cha  munindyaka(li)  \ 

vüvalokopakdrdya  kuru  vydkaranam  navam  ||  85  [84] 

(kdlj.)  kdryeshu  nah  kiloktih[r]  vd  [valj,]  smdraiid(r)ye[ai]va  kevalam  \\  86  [85] 

Paraih  vydkarannny  ashtau  Variante  pustakdni  cha  \ 

teshdih  h-i-Bhdratidevikoia  emstitd  dhruvam  1|87  [86] 


232  Gr.  Bühler. 

Andyaifatu  Kdhniradesut  üini  svamdnushifaijlj,  \ 

mahumjo  yathd  samyak  iabdaMstraih  pratanyate  ||88  [87] 

Iti  tasyoktim  dkarnya  tat(a)kshandd  eva  bhüpatiht  \ 

pradhdnapurushdn  praishid   Vdgdevideiamadhyatali  ||89  [88] 

Praiardkhyapure  tatra  prdptds  te  devatdih   Giram  | 

va[cha]ndamtdihlnr  [ahhyjardiya  fushtuvuh  pdvaiiastavailjt  ||90  [89] 

Samddikshabhüt[kshat  tu  taijs  tushtd  nijddhisht[h]uyakun  gird  | 

mama  prasddachittah  Sri-Heniachandrah  sithdmvarali  [SvetambaraJ^  ||91  [90] 

Tato  mürtyantarasyeva  madiyasydsya  hetave  | 

natappa  [samtarpya]  preshyatdfni]  preshyavargah[th]  pustakasamchayaih[h]  ||92  [91] 

Tatall  satkfitya  tan  samyag  Bhdratisachivdlariisan[vdh  samam]  | 

pimtakdny  arpaydmdsuh  prai[pre]shus  cli-Otmd[sd]hapa[n]ditam  ||93  [92] 

Achirdn  nagaram  sviyaih  prdpiilt[r]  devtpramddi(dh[sddatah]  \ 

harshaprakarshasampanna^ndakdhkurajniritdh  \\  94  [93] 

Sarva[veJ  vijüapaydmdsur  bhüpdldya  Giroditä/tam]  \ 

nishto  [drishtam  ?]  |  jii'abhau  Hemachandre  [parijtoshamahddaram  \\  96  [94] 

Ity  dkarnya  chamatkdram  dhdrayan  vasudhddkipal}  \ 

uvdcha  dhanyo  maddeSo  (ha)[mdnyo]yatredj-isali  kriti  \\  97  [95] 

tSri-Hemasürayopy  atrdlokya  vydkaranavrajam  \ 

■sdstram  chatka[kru]r  navam  inmat-Siddhahemdkhyam  adbhutam  ||97  [96] 

dvdtrim&atpddasampürnam  ashtddhydyam   Unddisa/majt  | 

Dhdtupdrdya7id[noJpetam  ragalli[saha-Li]ngdnuMsanam,  ||  98  [97] 

sütra-Sadvj-ittwian  Ndmamdl-Anekdvthaswhda&a  [sundaram]  | 

maidim  lakshana&dstreshu  mSvavidvadbhir  ddfitaliftam]  99  [98] 

tribhir  vUeshakam  || 

Adau  vistirnasdstrdni  na  hi  pdtliydni  sarvatali  | 

dyushd  sakalendpi  pumarthayavalandni  tat  (?)  ||  100  [99] 

Samkirndni  va[cha]  durbodhadoshasthdndni  kdnichit  | 

Etat  pramdnitai'n  tasmdd  vibliaktir  [vidvadbhir]  adhundtanaih\\  101  [100] 

Sri-Mülardjaprabhi^itirdjapürvajafbhüjbhfitdm  | 

vartiavarnanafiiij  sambaddham  pdddnte  iloka  [eka]kam[h]  ||  102  [101] 

tachchatushkaih  cha  sarvdnte  slokaufaijs  fi-iiMadbhir  adbhutd  \ 

panchadhikal[h]  praiastii  cha  vihitd  vihitais  taftah]  ||  103  [102] 

yugmatn  || 

EdjahpurafjaguniJpurogaiS  cha  vidvadbhir  vdchitaiii  tafah  | 

chnkre  rarshatrayarsheva  [truyenaiva]  rdjnd  j)Ustakalekhano[nam.] '^10A\Wi\ 

Rdjddemn  niyitktais  cha  sarvasthdnebhya  tra[u]dyataih  | 

ddvdhüvasnchchake  [samdhityata  PattaneJ  lekhakdnam  iafafrayam  ||105  [104] 

Puntakdh  samalekhyanta  sarvadarianindi^i  tatah  | 

pratyekam  evddiyantddhyetfinain  udyamaspri&dm  ||  106  [105] 

viieghakam  \\ 

Aiiga-  Vanga-Kalingeshu  Ldta-Kariid{a-Kunkane  | 

Mahdrdshpa-Surdshirdmu  [su]   Vachhe  [tse]  KacJichhe  cha  Mdlave  ||  107  [106] 

Sindhu-Sauvira-Nepdle  Pdrdsika-Mxtrundayoh  | 

(Jahgdpdre  Haridvdre  Kdsi-  Ve(C'he-Jdi-Gayd8u  cha  \\  108  [107] 

Ku(ha)rukshetre  Kanyakubje   Gauda-iri-Kdmarüpayoh  \ 

Sapddnlakshavaj-Jälandhare  cha  Khasamadhyatal}  ||  109  [108] 

MfSJimhaletha  Mahdbodhe  Chaude  MdlavakauSike  | 


Uebeu  das  Lehen  des  Jaina  Mönches  IlEMAcnANDUA.  233 

du [iJtyddivUvadeseshu  Mstrarh  vyd[a]stäryafa  sphutam  ||  110  [109] 

chaturbhih  kaldpakam  \\ 

Amyemoya  [Anyeshäm  cha  ?]  nihandhändm  pusfakdndm  cha  vvhsati[h]  \ 

prdhiyata  nripendrena  KasfSjmireshu  mahddardt  ||111  [HO] 

Etat  tatra  gatafm]  Mstraih  svtyakose  nivesitam  | 

sarvo  nirvdhayet  svenddritaih  devyds  tu  kd  kathd  ||112  [111] 

Kdkalo  ndma  Kdyasthakulakalydnaiekharah  \ 

ashtavydkaran[d] dliy [e]td  p7-ajndvijita.-Bliogirdt  ||113  [112] 

Prahhus  tarn  drishtainutrena  jndtatatvdrtham  asija  cha  | 

Sdstrasya  jfidpakam  (d)[tc]dsu  vidadhedhydpaka[rh]  tathd  ||  114  [113] 

Pratimdsam  sa  cha  Jndnapafichaviydih  pi'ichclihandm  dadhau  \ 

rdjd  cha  tatra  niryithdn(a)  kaiikanaih  samabhushayat  ||  115  [114] 

Nishpannd  atra  Mstre  cha  dtiknlasvarnabhiishanaih  \ 

sukhdsandtapatraiS  cha  te  bhvpdlena  ynj{toh[tdh]  \\llß  [llö] 

Hinter  Vers  76  steht  im  Manuscripte  ein  Theil  von  78  und  hinter  der  Zahl  78  noch  79.  Ich  ghiube 
nicht,  dass  etwas  ausgefallen  ist.  Die  zweite  Hälfte  von  Vers  84  ist  ausgelassen,  weil  sie  im  Manuscripte 
so  verderbt  ist,  dass  kein  Sinn  herauskommt.  Die  Bemerkung  Vers  93,  dass  die  Diener  der  Sarasvati 
den  Utsähapa^^ita  sendeten,  wird  dahin  zu  verstehen  sein,  dass  dei-selbe  unter  den  Gesandten  Jayasiihha's 
war  imd  dass  er  heimgeschickt  wurde.  Denn  nach  Prabhävakacharitra  XXI,  135  war  Utsäha  schon  bei 
Devasiiri's  und  Kumudachandra's  Disputation  Vikrama-Samvat  1181  als  pdrshade§vara  gegenwärtig.  Er 
kann  also  nicht  erst  in  dieser  viel  späteren  Zeit  nach  Anhilväd  gekommen  sein. 

33  Prabandhachintämani,  p.  144 — 146,  p.  147 — 148,  am  Ende  der  Ei-zählung  gibt  Merutufiga  den 
ersten  Vers  der  PraSasti.     Vergleiche  auch  Kumärapälacharita,  p.  41 — 42. 

33  Für  die  Herstellung  der  fünfunddreissig  Verse,  welche  die  ersten  sieben  Chaulukya-Könige 
verherrlichen,  habe  ich  ausser  A.  Weber's  Angaben  im  Kataloge  der  Berliner  Sanskrit-  vmd  Prakrit- 
Handschriften,  Bd.  II,  Erste  Abth.,  p.  211,  220—21,  230—31,  235,  242—43,  die  in  Peterson's  Third 
Report  und  in  Pischel's  Ausgabe  der  Prakrit-Grammatik  I,  p.  V,  II,  p.  57,  98 — 99,  129,  sowie  eine 
Collation  der  Bombayer  Manuscripte  für  die  ersten  achtundzwanzig  Verse  benutzt,  welche  mein  Freund 
Kielhorn  mir  gUtigst  überlassen  hat.     Ihre  meist  sehr  werthvollen  Lesarten  werden  mit  K.  bezeichnet. 

Päda  1  (Metrum:  Äryä). 

Harir  iva  balibajidhakaras  tri&aktiyuktali  Pindkapdnir  iva  | 

kamaldirayaS  cha    Vidkir  iva  jayati  Srt-Mülardjanripah  ||  1 1| 
Päda  2  (Metrum:  Äryä). 

Pürvabhavaddragoptharana^marandd  iva  jvalitamanyuh  | 

h-i-MülardjapurushottamovadMd  durmad-Abhirdn  \\2\\ 
Päda  3  (Metrum:  Anushtubh). 

Chakre  hi-Mülardjena  navah  kopi  ya&ornavah  \ 

parakirtisravanttndm  na  pravesam  adatta  yah  ||  3 1| 
Päda  4  (Metrum:  Vasantatilakä). 

Sotkanf.ham  angalaganaih  kachakarshanaii  cha 

vaktrdbjachumbananakhakshatakarviabhii  cha  | 

Sri-Mfdardjahatabhüpatibhir  vilesuh 

sarhkhye  cha  khepi  cha  Sivdi  cha  surastriyas  cha  ||4|| 

Päda  5  (Metrum:  Anushtubh). 

Prdvrid  jdteti  he  bhüpd  md  sma  tyajata  kdnanam  | 
Harih  ietetra  nanv  esha  Mulardjamahtpntih  ||5|| 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.  30 


234  G.  BciiLER. 

Päda  6  (Metrum:  Aiuisbtubli). 

MiilärkaJi  &rüyate  Mstre  sarväkalyänakdrmiam  '  | 
adhunä  Mülaräjas  tti  chitraih  lokeshu  giyate  ||  C  || 

Päda  7  (Metrum:  Anushtubh). 

Mulardjusidhdräyäm'^  nimagnd  ye  mahthhujdh  \ 
unmajjanto  ^  vilokyante  svargagaiigdjaleshu  te  |j  7  || 

Päda  8  (Metrum:  Upajäti). 

Sri-MülardjakshUipasya  hdhur 
hihharti  pürvdchalfdyihga&ohlidm  \ 
samkochayan  vairimukhdmhujdni 
yasminn  ayaih  sphürjati  chandrahdsali  ^  |i  8 1| 

Päda  9  (Metrum:  Anushtubh).' 

Asamrdbdhd  api  chiravi  dussahd  vairibhübh}-itdm  \ 
Chanddi  Chdmundaräjasya  pratdpaHkhinal}  kandJj,  \\9\\ 

Päda  10  (Metrum:  Anushtubh): 

Srimad-Vallabkarajasya  *  pratdpah  kopi  dussahah  | 
prasaran  vairibhüpeshu  dirghanidrdm  akalpayat  ||10|j 

Päda  11  (Metrum:  Anushtubh). 

Sn-DnrlabhesadyttmaneJi  pddds  tushluvire  ^  na  kaik  | 
luladbhir  medinipdlair   Vdlakhilyair  tt)a^rafa/i  ||  11|| 

Päda  12  (Metrum:  Anushtubh). 

Pratdpatapanali  kopi  Maulardjer  ^  navobhavat  \ 
ripustrtmukhapadmdnd'ni  na  sehe  yali  kila  iriyam  ||  12 1| 

Päda  13  (Metrum:  Anushtubh). 

Kurvan  Kuntalasaithilyam  Madhyade&am  nipidayan  \ 
Ahgeshu  vilasan  bhümer  bhartdbhüd  BhtmabhüpatUi '^\Z\ 

Päda  14  (Metrum:  Anushtubh). 

8ri-Bhimapritanotkhdtarajobhir  vairibhübhujdm  '^  \ 
aJio  chitram  avardhanta  laldte  jalabindavali^lA^l 

Päda  15  (Metrum:  Anushtubh). 

Kariiam  clia  Sindkurdjam  clia  nirjitya  yudhi  durjayam  \ 
iri-Bhtmenddhund  chakre  Mdhdbliäratam  anyathd  ||  15 1| 

Päda  16  (Metrum:  Upajäti). 

Duryodhanorvipatijaürabdliur 
gfilitta-ChedUakarovatiniali  \ 
anugrahitum  punar  InduvaiMam 
&ri-BMmadevalj,  kila  Bhima  et)a||16|| 

Päda  17  (Metrum:  Aryä). 

Aganitapaücheshubalah  purushottamachittavismayam  ^  janayan 
rämolldsanamürtilj,  iri-Karnahi  Karna  iva  jayati\Vl\ 

Päda  18  (Metrum:  Anushtubh). 

Akfiivdsananirbandham  abhittvd  pdvanhh  gatim  | 
üiddhardjah  2)arapuraprave&ava8itäm  ^  yayau  ||  18 1| 


«  8arvaka°   M88. 

>  So  nach  K. 

'  Wahrscheinlich  hat  der  letzte  Päda  ursprünglich  hinter  dem  ersten  gestanden. 

'  So  nach  dem  Manuscri|ito  des  Elpb.  Coli.  (K.). 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  AIönches  Hbmachandka.  235 

Päda  19  (Metrum:  Amishtubh). 

Mätrayäpy  '  adliikarh  kamchin  na  sahante  jigishavalj, '  | 

itiva  tvani  dharänätha  Dhdrdnätham  ap«/crt<Äa/j  ||19|| 
Päda  20  (Metrum:  Sä,rdülavikri(Jita). 

Kshunnäh  kshonibhiitäm  anekakafakd  hhagnutha  Dlidrd  tatalj, 

kunthah  Siddhapateh  kripdiia  iti  re  md  mamsata  kshatnydh  \ 

drCidhaprahalapratdpadahanali  saihprdptadhdras  chirdt 

pttvd  Mdlavayoshidairusalilam  Jiantdyam  edhtshyate  ||  20 1| 

Päda  21  (Metrum:  Upajäti). 

Sri-Vikratnddifyanare^varasya 
tvayd  na  khh  viprakjitarii '  narendra  | 
yaidmsy  ahärsliih  prathamam  samantät 
kshandd  ahhdhkshir  atka  rdjadhdmm\^2\\ 

Päda  22  (Metrum:  Öikharini). 

Mriditvä  dohkandüih  samarahhuvi  vainkskitihlmjdih 
bhujddande  dadhruh  kati  na  navaJchanddm  vasumattm  \ 
yad  evam  sdmrdjye  vijayini  vitfishnena  manasd 
ya§o  yogUdndm  pibasi  nfipa  tat  kasya  sadnsam  ||  22 

Päda  23  (Metrum:  Öikharini). 

Jayastambhdn  svmany  adhijaladhivelam  nihitavän 

vitdnair  brahmdndam  hichigunagarishthaih  pihitavdn  | 

yasastejorilpair  alipata  jaganty  ardhaghusfinaih 

krito  ydtrdnando  viramati  na  kij'n  SiddhanjipatiJ}  ||23|| 
Päda  24  (Siehe  oben  Note  24). 

Päda  25  (Metrum:  Anushtubh). 

Labdhalakshd  vipaksheshu  vilakshds  tvayi  mdrgandhi  \] 

Tathdpi  tava  Siddhendra  ddtety  utkamdharam  ya&ah  ||  25 1| 
Päda  26  (Metrum:  Vasantatilakä). 

Utsdhasdhasavatu  bhavatd  narendra 

dhdrdvratam  Mm  api  tad  vishamam  sisheve  \ 

yasmdt  plialam  na  khalu  Mdlavamdtram  eva 

Sriparvatopi  tava  kandukakelipdtram  ||  26 1| 

Päda  27  (Metrum:  Mälini). 

Äyam  avanipatmdo  Mdlavendrdvarodha- 

stanakalampaviträm  pattravallhh  lundtu  | 

katham  akhilamahtbhj-inmaulimdnikyabhede 

gliafayati  patirndnaih  bhagnadhdras  taväsihi  \\21  \\ 
Päda  28  (Metrum:  Mälini). 

Kshitidhara  bhavadiyah,  kshiradhdrävalakshai 

ripuvijayayasobhih  sveta  evdsidandah,  \ 

kirn  Uta  kavalitais  taili  kajjalair  Mdlamndm 

parinatamahirndnam  kdlimdnam  tanoti  ||  28 1| 

Päda  29  (Metrum:  Särdillavikridita). 

Yad  dormandalakundalikj'itadJianurdandena  Siddhddhipa 
kntam  vairikuldt  tvayd  kila  dalatkunddvaddtarh  ya&ali,  \ 


<  So  nach  K 

30* 


236  G.  BcuLEu. 

bhrdntvd  trini  jaijanti  kliedavivasam  tan  Mälavhidm  vyadhdd 
dpdndau  stanaman^ale  cha  dhavale  gandasthalcvasthitim\\2d\\ 
Päda  30  (Metrum:  Upeudravajrä). 

Dvishatpurakshodaiiuodahetor 
Bhavdd  avamasya  bhavadbhujasya  \ 
Ayam  visesho  blmvanaikamra 
paraih  na  yat  kdmam  apdkaroti  |)  30 1| 

Päda  31  (Metrum:  Särdülavikriijita). 

Urdhvaih  svarganiketandd  aj)i  tale  pdtdlamüldd  api 

tvatkirtir  bhramati  kshitUvaramane  pdre  payodher  api  \ 

tendsydh  pramaddsvabhdvasulabhair  uchchdvachaU  clidpalais 

te  vddiamyamavrittayopi  munayo  maunavratam  tydjitdh  ||  31  | 
Päda  32  (Metrum:  Vasantatilakä). 

Asid  vlsdmpatir  anmdrachatuhsamicdra- 

mudrdiikitakshitibharakshainabdhudandali  | 

sn-Mülardja  iti  durdharavairikumbki- 

kanthiravali  Suchi-Chidukyakuldvatariisah  ||32 

Tasydnvaye  samajani  prabalapratdpa- 

tigmadyutih  kshitipatir  Jayasimhadevah  \ 

yena  svavai'n&asavitary  aparaih  sudhaiiisau 

4ri-Siddhardja  iti  ndvia  nijarh  vyalekhi  ||  33 1| 

Samyag  nishevya  chaturas  cliaturopy  tipdydn 

jitvopabhujya  cha  bhuvam  chaturabdhikdnchim  \ 

vidydchatusktayavinttamatir  jitdtmd 

kdshthdm  avdpa  purushdrthachatushtaye  yaJi  \\  34 1| 

Tendtivistfitadurdgamaviprakirna- 

sabddniddsanasaim'ihakadartMtena  \ 

abhyarthito  niravamam  vidhivad  vyadhatta 

iabddnuMsanam  idani  viuni-Hemachandrali  ||  35 1| 

Uebersetzung. 

1)  Siegreich  ist  der  erlauchte  König  Midaräja,  der,  die  Abgaben  festsetzend  (balibandhakara)  Hari, 
dem  Fessler  des  Bali  (balibandhakara)  gleicht,  —  der,  mit  den  drei  (königlichen)  Kräften  (sdkti)  aus- 
gestattet, (oiva),  dem  von  der  (Göttin)  Trisakti  begleiteten  Träger  des  Pinäka,  gleicht,  —  der,  eine  Wohn- 
stätte der  (Glücksgöttin)  Kamalä,  Brahman  gleicht,  welcher  auf  dem  Lotus  (kamala)  thront. 

Anmerkung.  —  Die  drei  Kräfte  des  Königs  entstehen  aus  seiner  Majestät,  aus  seiner  Energie  und 
aus  Zaubersprüchen.  Ueber  die  Göttin  Trisakti,  siehe  Aufrecht,  Oxf  lat.  p.  59.  Der  dritte  im  Verse  an- 
gewendete Vergleich   findet  sich   schon  in  Mülaraja's  Landschenkung,  Indian  Antiquary,  vol.  VI,  p.  191. 

2)  Zornentbrannt  ob  der  Erinnerung  an  den  Raub  der  Hirtinnen,  seiner  Weiber  in  einem  früheren 
Leben,  erschlug  der  erlauchte  Mülaräja,  eine  Incarnation  Purusholtama's,  die  übermüthigen  Abhiras. 

Anmerkung.  —  Mülaräja  tödtete,  wie  im  Dvyääraya  erzählt  wird,  (Indian  Antiquary,  vol.  IV, 
p.  74 — 77)  Gräharipu,  den  Abhira-König  von  Sorath,  der  als  eine  Incarnation  Narakäsura's  gedacht  wird. 
Letzterer  hatte  eine  Menge  Hirtinnen  geraubt,  die  Krishiia  befreite  und  heiratete,  siehe  H.  H.  Wilson, 
Vishijupuräpa,  vol.  V,  p.  87—92,  104  (ed.  F.  E.  Hall). 

3)  Der  erlauchte  Mülaräja  hat  aus  seinem  Ruhme  ein  Meer  von  neuer  i\rt  geschaffen,  das  den 
Flüssen,  den  Ehren  seiner  Feinde,  den  Zutritt  wehrt. 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemaciiandka.  237 

4)  Mit  den  Fürsten,  die  der  erlauchte  Mülaräja  erschlug,  ergötzten  sich,  wie  auf  dem  Schlachtfelde 
die  Schakahnnen,  so  im  Himmel  die  Apsarasen,  durch  sehnsüchtiges  Erfassen  der  Leiber,  durch  Zerren  an 
den  Locken,  durch  Küsse  auf  das  Lotus-Antlitz,  durch  Verwundungen  mit  den  Nägeln. 

Anmerkung.  —  Die  letzten  Worte  beschreiben,  auf  die  Apsarasen  bezogen,  den  im  Kämasästra  vor- 
geschriebenen hdhya  sambhoga, 

5)  Verlasst  nicht  den  Wald,  ihr  Fürsten,  indem  ihr  denkt:  ,Die  Regenzeit  ist  gekommen!'  Liegt 
hier  nicht  ein  Leu,  dieser  König  Mülaräja? 

Anmerkung.  —  Die  Fürsten,  die  von  Miilaräja  besiegt,  in  den  Wald  geflohen  sind,  könnten  meinen, 
dass  in  der  Regenzeit  die  Gefahr  wegen  der  Unmöglichkeit  der  kriegerischen  Operationen  vorüber  wäre. 
Sie  müssen  aber  wissen,  dass  Mülaräja' s  löwengleiche  Energie  sie  doch  zu  linden  wissen  wird. 

6)  Das  Lehrbuch  sagt,  die  Müla-Sonne  sei  die  Wurzel  alles  Uebels  —  und  doch,  o  Wunder,  wird 
jetzt  der  Müla-König  in  den  drei  Welten  besungen. 

Anmerkung.  —  Die  Conjunction  der  Sonne  mit  Müla  ist  verderbenbringend,  wie  überhaupt  dies 
Mondhaus,  dessen  Schutzgottheit  Nirriti  ist,  nur  schädlich  wirkt. 

7)  Die  Fürsten,  welche  im  Wasser  von  Mülaräja's  Klinge  untergegangen  sind,  sieht  man  in  den 
Fluten  der  himmlischen  Gangä  emportauchen. 

8)  Der  Arm  des  erlauchten  Königs  Mülaräja,  an  dem  dieses  Schwert  blitzt,  besitzt  die  Schönheit 
des  Gipfels  des  östlichen  Berges,  auf  dem  der  Mondschein  blinkt  —  er  verunstaltet  das  Antlitz  der  Feinde 
(wie  dieser)  die  Tag-Lotusse. 

9)  Die  grimmen  Funken  von  König  Chämunda's  Macht-Feuer  sind,  obschon  lange  nicht  berührt, 
den  feindlichen  Fürsten  unerträglich. 

Anmerkung.  —  Ich  vermuthe,  dass  der  Sinn  ist:  Wenn  Chämunda  auch  schon  lange  todt  ist,  so  ist 
das  Andenken  an  seine  Macht  den  Feinden  noch  jetzt  schmerzlich. 

10)  Eine  unerträgliche  Hitze  war  dem  erlauchten  Könige  Vallabha  eigen;  wenn  sie  die  feindlichen 
Herrscher  bestrahlte,  verursachte  sie  einen  langen  Schlaf. 

11)  Wer  unter  Herren  der  Erde,  die  den  Välakhilyas  gleichen,  hat  nicht  die  Füsse  des  sonnen- 
gleichen Königs  Durlabha  gepriesen,    vor  ihm  sich  wälzend? 

Anmerkung.  —  Die  Könige  werden  mit  den  Välakhilyas  verglichen,  um  anzudeuten,  dass  sie  Dur- 
labha gegenüber,  wie  diese,  Däumlinge,  sind.  Die  Conjugation  von  lul  nach  der  sechsten  Classe  stimmt 
nicht  mit  Pä^iini's  Vorschrift.  Auch  in  Hemachandra's  Dhätupäräyana  findet  sich  das  Verb  nicht  unter 
denen  der  sechsten  Classe.  Luladhhili  wird  entweder  ein  Schreibfehler  statt  luthadbhilj.  sein,  oder  Hema- 
chandra  hat  sich  eines  Prakriticismus  schuldig  gemacht. 

12)  Von  neuer  Art  war  die  Sonne  der  Majestät  von  Mülaräja's  Sprossen,  da  sie  die  Schönheit  der 
Taglotusse,  der  Gesichter  der  Frauen  seiner  Feinde,  nicht  duldete. 

Anmerkung.  —  Mit  dem  Sprossen  des  Mülaräja  dürfte  Bhima  L  gemeint  sein. 

13)  König  Bhima  war  der  Gemahl  der  Erde,  da  er  ihr  Haargeflecht  löste  (kuntala),  indem  er  das 
Gefüge  des  Kuntala-Reiches  lockerte,  da  er  ihre  Taille  (madhyadem)  presste,  indem  er  Central-Indien 
(madhyadeäa)  bedrückte,  da  er  an  ihrem  Leibe  (aiuja)  sich  ergötzte,  indem  er  im  Lande  der  Aögas  sein 
Spiel  trieb. 

Anmerkung.  —  Diese  Siege  des  Königs  Bhima  werden  im  Dvyäärayakävya  nicht  erwähnt  und 
dürften  poetische  Fictionen  sein,  die  erfunden  sind,  um  Wortspiele  anzubringen. 

14)  Der  Staub,  den  des  erlauchten  Bhima  Heere  aufwühlten,  mehrte,  o  Wunder,  die  Wassertropfen 
auf  den  Stirnen  der  feindlichen  Könige. 

15)  Der  erlauchte  Bhima  hat  jetzt  das  Mahäbhärata  umgedichtet,  da  er  Kariia  überwand  und  den 
Sindhu-König,  der  im  Kampfe  schwer  zu  besiegen  ist. 

Anmerkung.  —  Bhima  L  besiegte,  dem  Dvyäsrayakävya  zufolge,  Karna,  den  König  von  Chedi  oder 
Dähala  und  Hammuka,  den  Fürsten  von  Sindh;  Indian  Antiquary,  vol.  IV,  p.  114,  232.   Der  epische  Bhima 


238  ^-  Bühler. 

besiegte  Karna  wiederholt;   Mali.  VII.   131;   133;  130.     Letzterer  wurde  aber  von  xVrjuna  getödtet;    Mab. 
VIII.  91.     Auch  der  epische  Sindhu-Fürst  Jayadratha  wurde  von  Arjiina  erschlagen;  Mah.  VII.   146. 

16)  Der  erlauchte  Bhimadeva,  dessen  Arm  schwer  zu  bekämpfende  Könige  (duryodhanorvipati)  be- 
zwang und  der  vom  Chedi-Fürsten  Tribut  (kara)  nahm,  ist,  ftirwahr,  der  Bhima,  dessen  Arm  König 
Duryodhana  bezwang  und  der  des  Chedi-Fürsten  Hände  (kara)  ergriff,  und  der  herabgestiegen  ist,  um 
das  Jlondgeschlecht  wieder  zu  beglücken. 

Anmerkung.  —  Die  Chaulukyas  oder  Solaükis  von  A^ihilväd  gehörten  zum  Mondgeschlechte,  siehe 
unten  Vere  33  und  das  Dvyftsrayakävya  passim  und  Pan(J"iden  ebenfalls  als  Nachkommen  des  Püne. 

17)  Siegreich  ist  der  erlauchte  Karna,  der  die  Macht  des  Gottes  mit  den  fünf  Pfeilen  nicht  achtete, 
der  Verwunderung  im  Herzen  der  besten  Menschen  erzeugte,  dessen  Gestalt  hellen  Glanz  besass,  und 
der  deshalb  dem  Karna  gleicht,  der  die  fünf  Pfeil-starken  (Helden)  nicht  achtete,  der  Verwunderung  im 
Herzen  des  Purushottama  erzeugte,  dessen  Gestalt  lieblichen  Glanz  besass. 

Anmerkung.  —  In  der  Ratnamäla,  Jour.  Bo.  Br.  R.  A.  S.,  vol.  IX,  p.  37,  heisst  es :  "His  (Bhima's) 
son  Karna  was  of  fair  complexion."  Der  Sonnenglanz  der  Gestalt  des  epischen  Karna  wird  im  Mah. 
VIII,  91,  60 — 61  geschildert.  Purushottama  oder  Krishna  war  Arjuna's  Wagenlenker  im  Kampfe  gegen 
Kania.  ,Die  fünf  Pfeil-starken'  sind  die  fünf  Pändusöhne.  Die  Behauptung,  dass  König  Karna  ,die  Macht 
des  Liebesgottes  verachtete',  dürfte  eine  unberechtigte  Schmeichelei  sein.  Denn  in  der  Ratnamäla.  heisst 
es  von  ihm,  loc.  cit.,  "he  was  lustful". 

18)  a)  Ohne  langen  Halt  im  Lager  zu  machen,  ohne  die  Windeseile  des  Marsches  zu  unterbrechen, 
gewann  Siddharäja  die  Kraft  in  des  Feindes  Stadt  einzudringen. 

h)  Ohne  Ausharren  in  den  Posituren  der  Ascetcn,  ohne  Unterbi-echung  des  Laufes  des  Athems,  ge- 
wann Siddharäja  die  Kraft  in  die  Leiber  anderer  Wesen  einzudringen. 

Anmerkung.  —  Der  Vers  ist  doppelsinnig.  Einerseits  wird  Siddharäja  als  glücklicher  Eroberer 
geschildert  mit  besonderer  Beziehung  auf  die  Einnahme  von  Ujjain;  Indian  Antiquary,  vol.  IV,  p.  266. 
Andererseits  wird  ihm  das  Compliment  gemacht,  dass  er,  ohne  den  Uebungen  der  Asceten  obzuliegen,  eines 
der  Ziele  des  Yoga  erreicht  habe.  Der  parainirapravesa  wird  von  Hemachandra  im  Yogasästra  V.  264 — 272 
ausfiihrlich  beschrieben.     Der  zweite  Sinn  von  abhittvd  pdvainm  gatim  ist  prändydmän  dkritvä. 

19)  Die  Eroberer  dulden  keinen,  der  ihnen,  sei  es  auch  nur  um  eine  Vocal-Länge,  überlegen  ist. 
Darum,  scheint  es,  hast  du,  Herr  der  {dhard  genannten)  Ei'de,  den  Herrn  von  Dhärä  gefangen  fort- 
geschleppt. 

Anmerkung.  —  Der  Herr  von  Dhärä  ist  Yasovarman,  den  Siddharäja  gefangen  nahm. 

20)  Ha!  die  Krieger  dürfen  nicht  meinen,  das  Schwert  des  Königs  Siddha  sei  stumpf,  weil  es 
viele  Heere  der  (feindlichen)  Könige  vernichtet  hat  und  darauf  Dhärä  (die  Stadt  und  die  Schneide  des 
Schwertes)  zerstört  ist.  Ach,  es  wird  noch  stärker  werden,  da  an  ihm  ein  gewaltiges  Feuer  der  Macht  ent- 
flammt ist,  da  es  Dhärä  (die  Stadt  und  eine  Schneide)  gewonnen  hat,  nachdem  es  lange  das  Wasser  der 
Zähren  der  Mälava-Frauen  getrunken. 

Anmerkung.  —  Die  zweite  Hälfte  des  Verses  besagt,  dass  das  Schwert  umgeschmiedet  ist. 

21)  Wie  viel  Leides  hast  du  nicht,  o  Herrscher,  dem  erlauchten  Könige  Vikramäditya  zugefügt? 
Erst  hast  du  ihm  rings  herum  seinen  Ruhm  geraubt,  dann  hast  du  in  einem  Augenblicke  seine  Haupt- 
stadt zerstört. 

Anmerkung.  —  Jayasimha  raubte  Vikramäditya's  Ruhm,  indem  er  noch  freigebiger  war  als  der 
berühmte  König  von  Ujjain,  vergleiche  unten  Vers  25. 

22)  Wie  viele  haben  nicht  die  neuntheilige  Erde  im  starken  Arme  gehalten,  nachdem  sie  den 
Machtkitzel  der  feindlichen  Herrscher  auf  dem  Schlachtfelde  vertrieben?  Dass  du,  o  König,  bei  einer 
so  siegreichen  Allherrschaft  wegen  deines  gierdefreien  Sinnes  den  Ruhm  der  Ascetenfürsten  geniessest, 
wem  ist  das  ähnlich? 

Anmerkung.  —  Der  Vers  bestätigt  die  Angaben  der  Prabandhas  über  Jayasimha's  philosophische 
Stadien. 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  239 

23)  Siegessäulen  hat  er  an  seiner  Grenze,  am  Gestade  des  Oceans,  aufgerichtet;  Brahman's  Ei  hat 
er  mit  einem  Baldachin  überdeckt,  das  sehr  kostbar  ist  wegen  des  glänzenden  Gewebes  —  (seiner) 
glänzenden  Tugend;  die  Welten  hat  er  mit  reichlichem  Saffran,  in  der  Gestalt  seines  Ruhmes,  gesalbt; 
ein  Wallfahrtsfest  hat  er  gefeiert;  warum  ruht  der  König  Siddha  jetzt  nicht? 

Anmerkung.  —  Obschon  ydtrd  ein  zweideutiges  Wort  ist,  kann  es  hier  nur  ^Wallfahrt'  bedeuten. 
Denn  von  den  ki'iegerischen  Unternehmungen  Jayasimha's  ist  schon  vorhin  die  Rede  gewesen.  Ausser 
diesen  will  der  Verfasser  noch  die  Frömmigkeit  des  Königs,  ganz  wie  im  vorhergehenden  Verse,  hervor- 
heben.    BetreflFs  der  Frage,  welche  Wallfahrt  gemeint  ist,  siehe  oben  S.  186. 

24)  Sieben  oben  S.  181  des  Textes. 

25)  Bei  den  Feinden  erreichen  die  Mdrganas  ihr  Ziel,  bei  dir  verfehlen  sie  es.  Trotzdem  hebt 
der  Ruhm  deiner  Freigebigkeit,  o  König  Siddha,  den  Nacken  hoch  empor. 

Anmerkung.  —  Märgana  bedeutet  sowohl  , Bettler'  als  ,Pfeil'. 

26)  Du,  o  König,  der  du  Thatkraft  und  Wagemuth  besitzest,  hast  ein  schwieriges  Wagniss,  das 
Gelübde,  Dhärä  zu  nehmen,  vollbracht,  durch  das  nicht  nur  Mälava  dir  zum  Lohne  ward,  sondern  auch 
Sriparvata  zum  Fangball. 

Anmerkung.  —  Dhärävrata  ist  für  das  gewöhnlichere  asidhdrävrata  gesetzt,  vim  ein  Wortspiel  mit 
dem  Namen  der  Stadt  Dhärä  zu  gewinnen ;  von  einer  Einnahme  einer  Bergfestung,  Sriparvata ,  wird  in 
den  Prabandhas  und  dem  Dvyä^raya  nichts  gesagt.  Vielleicht  ist  das  Wort  nicht  als  Nomen  proprium 
zu  fassen,  sondern  bedeutet  es  nur  ,ein  Berg  von  Reichthümorn*. 

27)  Dieses  dein  Schwert,  o  Mond  unter  den  Fürsten,  mag  die  Schminke  abnehmen,  die  durch  den 
runden  Busen  der  Weiber  des  Mälava-Königs  geheiligt  ist!  Wie  kann  es  Schärfe  besitzen,  da  bei  dem 
Spalten  der  Karfunkelsteine  auf  den  Häuptern  aller  Fürsten  Dhdrd  (die  Stadt  und  die  Schneide)  zerstört  ist? 

28)  Herr  der  Erde,  ist  dein  starkes  Schwert  weiss  von  dem  wie  ein  Milchstrom  glänzenden  Ruhme 
des  Sieges  über  die  Feinde?  Oder  ist  es  von  der  verschlungenen  Augenschminke  der  Mälaverinnen  tief 
schwarz  gefärbt? 

29)  Mit  dem  durch  die  umspannenden  Arme  zum  Ringe  gekrümmten  Bogenschafte  erwarbst  du, 
König  Siddha,  deinen  Ruhm,  der  weiss  strahlt  wie  der  aufbrechende  Jasmin;  der  Hess  sich,  todtmüde 
von  der  Irrfahrt  durch  die  drei  Welten,  zur  Ruhe  nieder  auf  die  blässlichen  runden  Brüste  der  Mälaverinnen 
und  auf  ihre  bleichen  Wangen. 

Anmerkung.  —  Für  den  letzten  Theil  des  Verses  vergleiche  Navasähasäükacharita  XI.  100,  wo 
auch  die  durch  Kummer  und  Angst  verursachte  Blässe  der  Frauen  mit  dem  Ruhme  des  Siegers  identificirt 
wird.     Anders  Pischel,  Hern.  Prak.  Gram.  Bd.  II,  p.  57. 

30)  Zwischen  Bhava,  der  Freude  bereitete  durch  die  Zerstörung  der  drei  Bui'gen  seiner  Feinde 
(der  Asuren),  und  deinem  rechten  Arme,  der  Freude  bereitete  durch  die  Zerstörung  der  Burgen  (deiner) 
Feinde,  ist,  o  einziger  Held  der  Welt,  der  Unterschied,  dass  dieser  fremde  Wünsche  nicht  abweist  (param 
kttinam  vdpakaroti),  während  jener  den  höchsten  Liebesgott  vernichtete  (param  Icdmam  apdkaroH). 

Anmerkung.  —  Vergleiche  Pischel,  loc.  cit.,  p.  99. 

31)  Selbst  über  dem  Himmelspalaste,  selbst  unter  dem  untersten  Grunde  der  Hölle,  selbst  über 
den  Ocean  hinweg  irrt,  o  Juwel  unter  den  Fürsten,  deine  Fama.  Darum  haben  ihre  vielerlei  Leichtfertig- 
keiten, die  der  Frauennatur  eigen  sind,  sogar  die  Zügler  der  Rede,  die  Asceten,  verführt,  das  Gelübde 
des  Schweigens  zu  brechen. 

Anmerkung.  —  Vergleiche  Pischel,  loc.  cit.,  p.  129,  der  im  Texte  irrthümlich  te  ndsyäli  abtheilt  und 
deshalb  den  Sinn  der  zweiten  Hälfte  des  Verses  verfehlt.  Weber  hat  richtig  ten'dsydh,  d.  h.  tena  asydh 
(seil.  Mrteh)  gegeben. 

32)  Es  war  einst  ein  Männerfürst,  der  erlauchte  Mülaräja  genannt,  ein  Leu  für  der  unwiderstehlichen 
Feinde  Elephanten,  ein  Schmuck  des  reinen  Chaulukya-Geschlechtes,  dessen  starker  Arm  die  Last  der 
von  den  vier  unermesslichen  Oceanen  begrenzten  Erde  zu  tragen  im  Stande  war. 

Anmerkung.  —  Oder  ,ein  Leu  für  (jene)  Elephanten,  seine  schwer  zu  besiegenden  Feinde'. 


240  <J-  BcnnBK. 

33)  In  seinem  Geschlcchtc  ward  der  König  Jayasimhadeva  geboren,  eine  Sonne  gewaltigster  Majestät, 
der  seinen  andern  Namen  bri-Siddharaja,  im  Äfonde,  dem  Zeuger  seines  Stammes  einschrieb. 

Anmerkung.  —  Die  Chaulukyas  gehören  zum  Mondgeschlechte ;  siehe  oben  Vers  16.  Die  Flecken 
im  Monde  werden  oft  von  den  Dichtern  für  Praäastis  ihrer  Gönner  erklärt. 

34)  Er,  der  Kluge,  wendete  alle  die  vier  Mittel  (der  Politik)  richtig  an,  er  eroberte  und  genoss 
(den  Besitz)  der  von  den  vier  Oceanen  umgürteten  Erde;  durch  (das  Studium  der)  vier  Wissenschaften 
bildete  er  seinen  Verstand;  sein  Selbst  bezwang  er.  So  erlangte  er  das  Ziel  bei  den  vier  Arten  des 
Strebens  der  Menschen. 

Anmerkung.  —  Wegen  der  vier  Wissenschaften,  welche  Jayasimha  studirte,  vergleiche  Manu  VII.  43. 

35)  Von  ihm  gebeten,  den  die  Menge  der  zu  langen,  schwer  erlernbaren,  (in  aller  Welt)  zerstreuten 
Wortlehren  quälte,  verfasste  der  Mönch  Hemachandra  nach  der  Regel  diese  Wortlehre,  die  nicht  (im 
Range)  die  letzte  ist. 

Anmerkung.  —  Durugama  ,schwcr  erlernbar'  kann  auch  ,Falsches  lehrend'  bedeuten.  ,Nach  der  Regel', 
d.  h.  80,  dass  sie  mit  den  U^iädisütren,  dem  Ganapätha,  dem  Dhätupätha,  dem  Liügänusäsana  und  aus 
fUnf  Theilen  bestand  und  ein  paüchdngam  vydkaranam  bildete,  wie  der  Brauch  es  forderte. 

34  üeber  die  Grammatik  Hemachandra's  siehe  Kielhorn,  Wiener  Zeitschrift  für  die  Kunde  des 
Morgenlandes,  Bd.  II,  p.  18,  Pischel's  Bemerkungen  in  der  Vorrede  zu  seiner  Ausgabe  des  Adhyäya  VTTT 
und  die  Beschreibung  der  Manuscriptc  in  A.  Weber's  Katalog  der  Sanskrit-  und  Prakrit-Handschriften 
der  Berliner  Bibliothek,  und  über  die  Anspielungen  auf  historische  Ereignisse  aus  Jayasiihha's  Zeit  in 
den  Beispielen  des  Commentares,  Kielhorn,  Indian  Antiquary,  vol.  VII.,  p.  267.  Hemachandra's  selbst- 
verfasster  Commentar  existirt  in  zwei  Versionen,  der  Brihatt  und  der  Laghu  Vritti.  Beide  sind  authentisch. 
Ausser  der  Thatsache,  dass  beide  Commentare  die  Beispiele  und  die  Praäasti  enthalten,  lässt  sich  noch 
Folgendes  zum  Beweise  für  ihre  Authenticität  anführen.  Devendra,  ein  Schüler  von  Hemachandra's 
Schüler  Udayachandra,  verfasste  möglicher  Weise  noch  zu  Hemachandra's  Lebzeiten,  jedenfalls  aber  vor 
1214  p.  Chr.  einen  Commentar  zu  der  Brihati  Vritti  unter  dem  Namen  Katichiddurgapadavyäkhyä.  Manu- 
scriptc dieses  Werkes  sind  in  Berlin,  siehe  Weber,  loc.  cit.,  p.  237,  vgl.  p.  233,  240.  Eine  Palmblatt- 
Handschrift  desselben,  welche  sich  im  Bnhajjfiänakosha  zu  Jesalmir  findet,  ist  etwa  vierzig  Jahre  nach 
Hemachandra's  Tode  geschrieben.     Nach  meinen  Noten  lautet  der  Anfang: 

II  Arhaih  ||   Pranamya  kevaldlokdvalokiiajagattrayam  \ 

Jine^am  iri-Siddhahemachandraiabdänu^dsane  ||  1 1| 
&abdavidydviddih  vandy- Odayachandropadesatah  \ 
Nydsatah  katiclnddurgapadavydkhydhhidhiyate  ||  2 1| 
und   das   Ende ,    fol.    186 :    vydkaranachatusJikdvacMrnikdydm    shashthah    pudali    samdptaJj,  \  prathamapustikd 
pramdrnkrüä  ||  saüivat  1271  varshe  kdrttika  Sudi  shashtJiydm  iukre  M-Narachandrasürinäm  ddeianapa°.    Das 
Datum  entspricht  Oct.  10,  1214,  einem  Freitage. 

Was  die  Laghu  Vntti  betrifft,  so  ist  das  älteste  in  der  Cambayer  Bibliothek  aufbewahrte  Manuscript 
zu  Hemachandra's  Lebzeiten  V.  S.  1224,  hhddrapade  sudi  8  hudhe  geschrieben,  siehe  Peterson,  First 
Report  App.,  p.  70 — 71.  In  den  von  Pischel  für  seine  Ausgabe  der  Prakrit-Grammatik  benutzten  Manu- 
scripten  trägt  die  Laghu  Vptti  den  Titel  Prakäsikä,  der  sonst  häufig  fehlt. 

Die  Dhu^dhikfi  oder  etymologische  Erklärung  der  im  Commentare  vorkommenden  Wörter  ist  trotz- 
dem, dass  sie  in  dem  Colophon  der  Pädas  mitunter  Hemachandra  zugeschrieben  wird,  nicht  von  diesem 
verfasst.  Die  Phun^hikä  zur  Sanskrit-Grammatik  rührt  (Weber,  loc.  cit.,  p.  238)  von  Vinayachandra 
her,  die  zu  der  Prakrit-Grammatik  von  Udayasaubhägyagani  (Deccan  College  Collection  1873/74,  No.  276). 
Letztere  enthält  auch  eine  Sanskrit-Uebcrsetzung  sämmtlicher  Prakrit- Verse,  welche  im  Commentare  an- 
geführt sind. 

:J5  Siehe  Kielhom's  Aufsätze  in  der  Wiener  Zeitschrift  für  die  Kunde  des  Morgenlandes,  loc.  cit. 
und  im  Indian  Antiquary,  vol.  XV.,  p.  181  f ,  vergleiche  auch  O.  Franke,  Liügänusäsana,  p.  XIV.    Ueber 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  241 

die  Grammatik  des  Buddhisägara,  welche  Hemachandra  benutzt  hat,  kann  ich  noch  hinzufügen,  dass  die- 
selbe existirt.  Ein  im  13.  Jahrhunderte  geschriebenes  Palmblatt-Manuscript  derselben  findet  sich  im 
Bj-ihajj5änakosha  zu  Jesalmir.  Nach  dem  von  Klatt,  Indian  Antiquary,  vol.  XI.,  p.  248,  Note  20,  citirten 
Verse  des  Prabhävakacharitra  enthält  das  Werk  achttausend  Granthas.  Buddhisägara  lebte  im  Anfange 
des  11.  Jahrhunderts,  wie  die  loc.  cit.  von  Klatt  gegebenen  Nachrichten  aus  der  Pattävali  des  Kharta- 
ragachchha  zeigen.     Derselbe  ist  somit  der  älteste  bekannte  Grammatiker  der  Svetämbaras. 

36  Indian  Antiquary,  vol.  XV.,  p.  32. 

37  Kielhorn,  Indian  Antiquary,  loc.  cit.;  Weber,  Katalog  der  Berliner  Sanskrit-  und  Prakrit- 
Handschriften,  Bd.  II,  I.  Abth.,  p.  254,  wo  Vers  5  der  Prasasti  und  das  Colophon  folgendermassen  lautet: 

shattarkakarka^amati/i  kavichakravarti 
sabddniisdsanainahdmbiidhipdradrUvu  \ 
swhydmbiijaprakarajj'i[jri]nibhanachitrahhdnuh 
Kakkalla  eva  sukriti  jayatl  s^/kV««/«))»  ||  5  |j 
iti  panditapun(}ari.kena     in  -  Kakkallopadesena     Tatvaprakdsikd    Vfittih    hn-Devasüripddapadmopajtvind 
Gunachandrena  svaparopakdrdriham  sri-Hemachandravydkarandbhiprdyena  prdnuyi  || 

Die  CoiTectur  in  dem  dritten  Päda  rührt  von  Weber  her.  Bezüglich  des  Namens  Käkala-Kakkala- 
Käkalla  vergleiche  den  des  letzten  Räshtrakvita-Königs  von  Mänyakheta,  der  in  den  Inschriften  Karka, 
Kakka,  Kakkara  oder  Kakkala  genannt  wird,  siehe  Fleet,  The  Dynasties  of  the  Kanarese  Districts,  p.  38. 
Es  mag  noch  bemerkt  werden,  dass  Käkala,  dem  Prabandhachintämani,  p.  169,  zufolge,  bei  Devasüri's 
Disputation  gegenwärtig  war  und  die  Frage,  ob  die  Form  koti  für  koti  richtig  sei,  durch  einen  Nachweis  aus 
Säkatäyana's  Grammatik  löste.   Das  Prabhävakacharitra  schreibt  dieselbe  Leistung  dem  Utsähapaiidita  zu. 

38  Siehe  Abhidhänachintämaiji,  Vers  1  (ed.  Böhtlingk  und  Rieu),  Anekärthakosha  I.  1.  (Benares  edition), 
Chhandonusäsana,  Weber,  Katalog,  Bd.  II,  p.  268.  Weder  im  Chhandonusäsana  noch  im  Alariikäi-achü- 
dämani  wird  gesagt,  dass  die  Koshas  vollendet  waren.  Es  ist  allein  von  dem  Sabdänusäsana  die  Rede, 
gerade  wie  in  der  Einleitung  zum  Abhidhänachintämani.  Wenn  man  nicht  annehmen  will,  dass  Hema- 
chandra die  Koshas  und  die  Rhetorik  zugleich  schrieb,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  er  die  Koshas,  wie 
auch  das  Prabhävakacharitra  andeutet,  als  zur  Wortlehre  gehörig  ansah  und  desshalb  eine  specielle  Er- 
wähnung derselben   für  unnöthig   hielt.     Das  Sabdänusäsana  wird  Alamkärachudämani  I.  2  erwähnt: 

Sabddnusdsanesmdbhili  sddhvyo  vdcho  vivechitdh  \ 
Tdsdm  iddnim  kdvyatvam  yathuvad  anuSishyate  \\  2  \\ 

Im  selbstverfassten  Commentare   bemerkt  Hemachandra:    Anena  &abddmisdsanakdvydnuM- 

sanayor  ekakariritvam  chdha  |  ata  eva  hi  prdyogikam  anyair  iva  ndrabhyate  \ 

Zu  den  , Andern'  gehört  z.  B.  Vämana,  welcher  die  bei  den  Dichtern  gebräuchlichen  ungrammatischen 
Formen  aufzählt. 

39  Prabandhachintämani,  p.   148: 

Tathd  cha  Siddhardjadigvijayavarnane  Dvydsrayandmd  granthah  kfitali  ||  Für  das  Dvyäsraya  liegt 
mir  ausser  dem  oft  citirten,  sehr  guten  Auszuge  von  K.  Forbes  im  vierten  Bande  des  Indian  Antiquary  ein 
Manuscript  der  Wiener  Universitätsbibliothek  vor,  welches  die  ersten  zehn  Sargas  nebst  dem  Commentare 
des  Abhayatilaka  enthält. 

40  Jour.  Bo.  Br.  R.  A.  Soc,  vol.  IX.,  p.  37. 

41  Prabhävakacharita  XXII.  130—140  [129—139];  Prabandhachintämani,  p.  155—156.  Ueber 
Ramachandra  siehe  S.  212.  Vor  dieser  Erzählung  steht  im  Prabhävakacharitra  XXII.  117—129  eine 
Geschichte  von  einem  Barden,  der  Hemachandra  mit  einem  Apabhramäa- Verse  pries  und  dafür  eine 
grosse  Belohnung  bekam.  Merutufiga,  Prab.  Chint.,  p.  235—236,  erzählt  etwas  Aehnliches,  das  unter  der 
Regierung  Kumärapäla's  vorgefallen  sein  soll. 

42  Prabhävakacharitra  XXII.  141—173  (140—172). 

Denkschriften  dw  phil.-hi»t.  Cl.   X.XXVII.  Bd.  31 


242  ^-  Bühler. 

43  Prabhavakatbaritra  XXII.  174—183  (173—182),  Prabandhachintämani ,  p.  205.  Der  Purohita 
Amiga  ist  eine  historische  Pei'sönlichkeit,  und  wird  von  seinem  Grosssohne  SomeSvara  im  Surathotsava 
erwähnt,  Bhandarkar,  Report  on  the  Search  etc.  1883/4,  p.  20.  Es  wird  dort  nicht  gesagt,  welchem  Könige 
er  diente.    Doch  spricht  die  WahrscheinUcbkeit  dafdr,  dass  er  unter  Kumarapäla  lebte. 

Heraachandra's  Gleichniss  war,  dem  Prabbävakacbaritra  zufolge,  in  folgendem  Verse  enthalten: 
Shhho  hall  harinasükaramdmsabhoji 
samvatsarena  ratim  eti  kilaikavdram  | 
pdrdpatal,i  khalaSildkanabhojano  pi 
kdmi  hliavaty  antidinam  vada  kotra  hetuh^ 

Merutuilga  hat  im  ersten  Pada  die  Variante  dviradasükara ,  im  zweiten  rataih  kilaikavelam.  Eine 
noch  starker  abweichende  Version  findet  sich  in  Böhtlingk's  Indischen  Sprüchen,  No.  7044.  Ein  un- 
anfechtbarer Beweis,  dass  der  Vers  Hemachandi-a  gehört,  ist  meines  Wissens  nicht  vorhanden. 

44  Prabhävakacharitra  XXII.  184 — 310.    Der  Vers,  den  Devabodha  zu  Ehren  Hemachandra's  ver- 

fasst  haben  soll,  lautet: 

Pdtu  vo  Hemagopdlali  kambalam  dandam  udvahan  | 

shaddarianapahigramam  chdrayaJi  Jainagockare  || 

Derselbe  kommt  auch  im  Prabandhachintämani,  p.  227  vor,  wo  die  erste  Hälfte  einem  Dichter 
Visvesvara  aus  Benares,  die  zweite  aber  dem  Könige  Kumarapäla  zugeschrieben  wird,  lieber  Devabodhi 
siehe  S.  204  und  Note  78. 

45  Prabhävakacharitra  XXII.  311 — 355.  Hemachandra's  Verehrung  der  Ambikä  ist  orthodox,  da 
diese  Göttin  als  die  Säsanadevatä  von  allen  Jainas  verehrt  wird.  Die  Verse,  welche  Hemachandra  an 
Isiva  gerichtet  haben  soll,  sind  unten  Note  61. 

46  Kumärapälacharita,  p.  55 — 57. 

47  Ueber  die  Wallfahrt  siehe  Prabandhachintämaiji,  p.  160 — 161;  über  die  Geschichte  von  Sajjana 
ibidem,  p.  159 — 160;  der  Vers  zu  Ehren  Siva's  findet  sich  ibidem,  p.  213. 

48  Indian  Antiquary,  vol.  IV.,  p.  267. 

49  Prabandhachintämani,  p.  156 — 157 

dynktal),  prdnado  loke  viyukto  munivallahhah  \ 
sarhyukto  sarvathdnishtali  kevali  strlshu  vallabhali  \\ 

50  Prabandhachintämani,  p.  173 — 175. 

51  Kumärapälacharita,  p.  37 — 38.  Die  Erzählung  hat  hier  die  gewöhnliehe  Form  der  Jaina-Parabeln. 
Der  Ort  der  Handlung  ist  Saftkhapura,  der  Kaufmann  wird  SaAkha,  seine  Frau  Yaäomati  genannt.  Von 
einer  Hetäre  ist  nicht  die  Rede,  sondern  der  Kaufmann  nimmt  sich  eine  zweite  Frau,  weil  er  die  erste 
nicht  mehr  liebt.     Es  sind  auch  einige  Sanskrit-  und  Prakrit-Verse  eingeflochten. 

52  Kumärapälacharita,  p.  38—39. 

53  Dieser  zweite  Hemachandra,  welcher  häufig  mit  dem  Guru  Kumärapäla's  verwechselt  ist,  war 
der  Schüler  Abhayadeva's,  der  die  Linie  der  Maladhärin  gründete  und  zu  dem  Praänavähanakula,  der 
-Madhyamasäkhä  und  dem  Harshapuriya  Gachchha  gehörte.  Dieser  Hemachandra  wird  desshalb  mitunter 
schlechthin  .Maladhäri-Hemachandra  genannt.     Er  verfasste: 

1)  Jivasamäsa,  ein  Prakrit-Werk  mit  einem  Sanskrit-Commentare,  Peterson,  First  Report,  App.  I., 
p.  18  und  Kielhom,  Report  of  1880/1881,  App.,  p.  93,  No.  151.  Das  Cambayer  Manuscript  ist  V.  S.  1164 
vom  Autor  selbst  geschrieben.  Dr.  Peterson  hat  in  seinen  Bemerkungen,  Report,  p.  63,  dasselbe  irr- 
thümlich  dem  Grammatiker  Hemachandra  zugeschrieben  und  ich  habe  dieser  Ansicht  ebenso  irrthümlich 
in  meiner  Recension  beigepflichtet; 

2)  Bhavvabhävanä,  ein  Prakrit-Werk  mit  einem  Sanskrit-Commentare,  welches  V.  S.  1170  vollendet 
wurde,  siehe  Peterson,  Third  Report,  App.  I.,  p.  155—156,  besonders  Vers  6—11  der  Prasasti; 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hbmachandra.  243 

3)  Uvaesamälä,  ein  Prakrit -Werk,  Peterson,  First  Report,  App.  I.,  p.  91,  zu  dem  vielleicht  gleich- 
falls ein  vom  Autor  selbst  verfasster  Sanskrit-Commentar  gehört,  Peterson,  Third  Report,  p.  176; 

4)  kSatakavj-itti  Vineyahita,  ein  Sanskrit-Commentar  zu  einem  Prakrit- Werke  des  Sivaäarma-Süri; 

5)  Anuyogasutratikä,  Peterson,  Third  Report,  App.  I.,  p.  36 — 37,  Weber,  Katalog,  Bd.  IL,  II.  Abth. 
p.  694; 

6)  Sishyahitä  vrittih,  ein  Sanskrit-Commentar  zu  Jinabhadra's  Bhäshya  zum  Avasyasütra,  Weber, 
loc.  cit.,  p.  787. 

Es  ist  zu  beachten,  dass  die  Jainas  selbst  die  obigen  Wei-ke  dem  Guru  Kumärapäla's  nicht  zu- 
schreiben, also  die  Thatsache  der  Existenz  zweier  gleichnamigen  Zeitgenossen  sehr  wohl  kennen.  Dass 
Hemachandra,  der  Schüler  des  Abhayadeva,  an  Siddharäja's  Hof  kam,  wird  von  Devaprabha  in  Vers  3 
der  Prasasti  zu  seinem  Pändavacharita  (Peterson,  Third  Report,  App.  I.,  p.  133)  erwähnt,  wo  es  heisst: 
,Auf  seinem  (Abhayadeva's)  Sitze  erschien  der  berühmte  Herr  Hemasüri,  ein  Mond  unter  den  Besten, 
dessen  Rede-Nektar  der  erlauchte  König  Siddhanija  trank.'  Zwischen  Devaprabha  und  Hemachandra  lagen, 
wie  die  Prasasti  weiter  angibt,  drei  Generationen  von  Lehrern  und  Devaprabha  wird  desshalb  im  13.  Jahr- 
hunderte gelebt  haben.  Ein  entfernteres  Glied  derselben  Schule  ist  Räjasekhara,  der  Verfasser  des  Pra- 
bandhakosha,  welcher  um  das  Ende  des  14.  Jahrhunderts  schrieb  (siehe  oben  Note  3).  In  der  Prasasti 
zu  seinem  Commentare  von  Sridhara's  Nyäyakandali,  Peterson,  Third  Report,  App.  I.,  p.  274,  schildert 
er  Hemachandra,  den  Schüler  Abhayadeva's,  folgendermassen: 

8)  ,Mit  vielen  Tugenden  ausgestattet  war  aber  der  Süri,  welcher  Sri-Hemachandra  heisst,  der  Ver- 
fasser von  einhundei'ttausend  Slokas,  der  den  Nirgranthas  Auszeichnung  gewann.' 

9)  ,Er  erweckte  Siddha,  den  Gemahl  der  Erde,  und  Hess  (durch  ihn)  ringsherum  die  Tempel  seines 
und  anderer  Reiche  mit  goldenen  Flaggenstäben  und  goldenen  Knäufen  schmücken.' 

10)  ,In  Folge  seiner  Belehrung  Hess  Fürst  Siddha  den  Befehl,  die  Creaturen  alljährlich  je  achtzig 
Tage  lang  zu  schonen,  aut  Kupfertafeln  eingraviren.' 

54  Peterson,  Third  Report,  App.  I.,  p.  95,  Vers  9  der  Prasasti  des  Amamasvämicharita.  Der  Ver- 
fasser, Muniratna,  schrieb  sein  Werk  V.  S.  1252  und  war  ein  Schüler  des  Samudraghosha. 

55  Die  Vorfahren  Kumärapäla's  werden  von  Hemachandra  im  Dvyääraya,  Indian  Antiquary,  loc. 
cit.,  p.  232,  235,  267,  erwähnt  und  es  heisst  an  der  ersten  Stelle,  dass  Kshemaräja  freiwillig  dem  Throne 
entsagte,  da  er  ascetische  Neigungen  hegte.  Das  Prabhävakacharitra  XXII.  354 — 355  gibt  einen  Theil 
des  Stammbaumes,  der  mit  dem  des  Dvyäsraya  stimmt.     Es  heisst  dort: 

Ital}  hi-Kariiab]mj>dlaba[n]dhuh  kshe[a]traSiromanih  \ 
Devaprasdda  iti)  äsit  jyräsdda  iva  sampaddm  \\  354 1| 
tatpu[tra]h  ir[i]-Trihhuvanapdla[h]  pdlitamam[sa]dvratah  \ 
Kumdrapdlas  tatputro  rdjyalakshanalakshitah  ]|  355 1| 

Merutuüga,  Prabandhachintämani,  p.  191,  weicht  ab,  indem  er  folgende  Reihe:  1)  Bhima  I.,  2)  Haripäla, 
3)  Tribhuvanapäla,  4)  Kumärapäla  gibt.  Bei  ihm  allein  findet  sich  auch  die  Nachricht,  dass  Kumärapäla's 
Alm  der  Sohn  einer  Hetäre,  Namens  Chauladevi,  war.  Trotzdem,  dass  diese  Angabe  somit  einer  späteren 
Quelle  entstammt,  dürfte  dieselbe  richtig  sein,  da  sie  Jayasimha's  Abneigung  gegen  Kumärapäla  auf  ein- 
fache Weise  erklärt.  Wenn  Hemachandra  nichts  davon  sagt,  so  bedeutet  das  nicht  viel,  da  er  seinem 
Gönner  seine  illegitime  Abstammung  nicht  vorhalten  konnte.  Jinamaijdana,  Kumärapälacharita  p.  8,  sagt,  dass 
Bhima's  erste  (vriddhd)  Gemahlin  Cliakuladevi  die  Mutter  Kshemaräja's  gewesen  sei,  und  dass  der  Letztere 
aus  Liebe  zu  seinem  jüngeren  Bi-uder  den  Thron  ausgeschlagen  habe.  Den  Stammbaum  gibt  er,  p.  43, 
genau  wie  Hemachandra  und  fügt'  hinzu,  Kumärapäla's  Mutter  sei  eine  Ka^mirische  Prinzessin  (Kdirmradem) 
gewesen.  Das  Letztere  ist  glaubHcher  als  die  Annahme  eines  anonymen  historischen  Fragmentes  (Bhän- 
därkar,  Report  etc.  1883/4,  N.  11),  dass  dieselbe  die  Schwester  Jayasimha-Siddharäja's  gewesen  sei.  Eine 
solche  Heirat  innerhalb  derselben  Familie  ist  bei  Räjputen  nicht  erlaubt  und  kommt  nicht  vor.  Jaya- 
simha's Feindschaft  gegen  Kumärapäla  motivirt  Jinamaijdana,  p.  58,  damit,  dass  er  behauptet,  der  König 

31* 


244  Gl.  BüiiLEu. 

habe  gehofft,  nach  der  Wegriiumung  Kumürapala's  doch  noch  einen  Sohn  durch  Siva's  Gnade  zu  erhalten. 
Hemachandra  erwähnt,  wahrscheinlich  weil  er  als  höfischer  Dichter  schreibt,  Jayasimha's  Hass  gegen 
Kumärapäla  im  Dvyairaya  nicht.  Auch  die  Geschichte  von  Kuraärapäla's  Flucht  und  Wanderungen  kommt 
nur  im  Prabhavakacharitra,  bei  Merutufiga  und  den  späteren  Prabandhakäras  vor.  Indessen  spricht 
für  die  Richtigkeit  dieser  Erzählung  ein  Vers  des  Jloharäjaparäjaya  (^Kielhorn,  Report  1880/81,  p.  34), 
wo  es  heisst:  ,Wem  ist  dieser  Fürst  der  Giirjaras,  das  Banner  des  Chaulukya-Geschlechtes ,  nicht  be- 
kannt, der  aus  Neugierde  den  ganzen  Erdkreis  allein  durchirrte?*  u.  s.  w.  Hier  liegt  eine  deut- 
liche Anspielung  auf  Kumarap.äla's  Irrfahrten  vor.  Da  Yasahpäla  unter  der  Regierung  Ajayapala's 
unmittelbar  nach  Kumärapäla's  Tode  schrieb,  so  hat  sein  Zeugniss  grosses  Gewicht.  Die  Krönung  Kumära- 
päla's  tallt  sicher  in  das  Vikrama-Jahr  1199,  wie  die  Prabandhas  behaupten,  da  Hemachandra  (siehe 
unten  Note  66)  im  Mahäviracharita  eine  gleich werthige  Angabe  hat.  Die  älteste  Inschrift  aus  seiner 
Regienxngszeit  ist  die  von  Mangrol-Maügalapura,  welche  im  Jahre  1202  datirt  ist,  Bhavnagar  Prächtn 
Sodhsaihgraha  p.  1 — 10.  Der  Tag  des  Ereignisses  ist  nach  Merutuftga's  Vichärasreni  Märgasira  sudi  4, 
nach  dem  PrabandhachintamaBii  desselben  Autors,  p.  194,  aber  Kärttika  badi  2,  Sonntag  unter  dem  Nak- 
shatra  Hasta.     Jinamandana,  Kumärapälacharita  p.  58  und  83,  nennt  Märgaäirsha  sudi  4,  Sonntag. 

56  Prabhavakacharitra  XXII.  356—417. 

57  Prabandhachintamani  p.   192 — 195. 

58  Kumärapälacharita  p.  44 — 54.  Die  mit  vielen  angeblichen  Citaten  aus  der  brahmanischen  Literatur 
gespickte  Predigt  ist  in  extenso  gegeben. 

59  Kumärapälacharita  p.  58 — 83.  Die  Begegnung  mit  Hemachandra  und  Udayana  wird  p.  6*5—70 
geschildert. 

60  Prabhavakacharitra  XXII.  417—595. 

Der  Abschnitt  wird  durch  die  Einschiebung  von  mehreren  meist  irrelevanten  Erzählungen  so  sehr 
verlängert.  In  seiner  ersten  Rede  an  den  König,  429—456,  flicht  Vägbhata  die  Geschichte  von  dem  Tode 
seines  Vaters  Udayana  ein,  der  Kumärapäla's  Bruder  Kirtipäla  auf  einem  Feldzuge  gegen  Navaghana, 
den  König  von  Sauräshtra,  begleitete  und  in  der  Schlacht  fiel.  Weiterhin  wird  der  letzte  Feldzug  gegen 
Arnoräja,  sowie  die  Entscheidungsschlacht  sehr  ausführlich  geschildert,  und  die  Beschreibung  durch  die 
Erzählung  von  einem  Attentate,  welches  Vikramasimha,  der  Paramära-König  von  Chandrävati  und  Abu 
gegen  Kumärapäla  versuchte,  sehr  ausgedehnt.  Die  Stelle,  welche  sich  auf  Hemachandra's  Berufung 
und  die  Bekehrung  Kumärapäla's  bezieht,  lautet  folgendermassen : 

Anyedyur   Vdghhatnmdtyaih  dharmdfyantakavnsanah  \ 

fiffichchhad  Arhatdchuropadeshtdram  gururh  wfjpa/«  ||581 1| 

8Üre[1i]  iri-Heyama  [Hemajchandrasya  gunagauravasaurabha[m]  \ 

nkhyad  akhydma[ta]  vidyaugham  adhydmo[dhydtm.aJpraiamah-iyam\\5S2\\ 

iighram  dhüyatdm  uktoftej  rdjnu   Vdghhatamantrind  \ 

rdjaveimafny  ajniyanfa  sürayo  baJmmd7iatah\\bSS\\ 

ahhyutthdi/a  mahi&ena  datidsamnyu[sand  u]pdvi£an\\ 

rdjdha  mu[8u]guro  dharmam  dUa  Jainam  tamoharam  \\  584 1| 

ntha  hamva[tam  cha]  daydimllam  dchakhyau  sa  munUvaral},  \ 

asatyastenatdbrahmaijarigrahavivarjanam  ||  585 1| 

nUdbhojanamuktü  cha  mämsahärasya  keyatd  | 

irutismritisva»iddhdntan{ydmaka£atai[rj  dridhd  ||586 1| 

uktmh  cha   Yoga>idMre\\  [Prakäsa  III.   18—22) 

ityddisarvaheydndrh  paritydgam  upddiiat  | 

tatheti  thatißritvdj  jagrdha  teshäm  cha  niyamdn  nj-ipalj.  ||  592 1| 

iri-C'haityavandanagtotra[mJ  stuttmukhyam  adhitavdn  j 


ÜEBER  DAS  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  245 

vamdanaiakslidmanälocliapratikramanakänfi  api  (?)  ||593 

pratydkhydnäni  sarvuni  tathugd[gama]vichdrikä[ihj  \ 

nityadvyasanam  ddhaim  (?)  parvasv  ekiUanam  <a^Äa||594j| 

std[sto]trdchdraprakdram  chdrdtrikasydpy  asikshate[ta]  \ 

Jainani  vidhim  samahhyasya  chirairdvakavad  babho[hhaio]  \\b95\\ 
61  Prabandhachintämani  p.  195 — 197  werden  Kumärapäla's  Kämpfe  mit  seinen  rebellischen  Räthen 
beschrieben,  p.  197 — 199  der  Feldzug  gegen  Arnoräja  und  die  Belohnung  seiner  Wohlthäter,  p.  200 — 201 
die  Abenteuer  des  Sängers  Solläka,  p.  201 — 203  der  Krieg  gegen  Mallikärjuna  und  dessen  Fall,  p.  203 — 206 
die  Einführung  Hemachandra's  bei  Kumärapäla  und  die  Ereignisse,  welche  derselben  unmittelbar  folgten; 
p.  207 — 217  der  Bau  des  Tempels  des  Siva-Somanätha,  die  Wallfahrt  nach  Devapattana  und  die  Bekehrung 
des  Königs.  In  die  letztere  Erzählung  ist  der  Bericht  des  Udayana  über  Plemachandra's  Jugend  ein- 
geschoben, p.  207 — 211,  siehe  oben  S.  175.  Die  Verse,  welche  Hemachandra  zu  Ehren  Siva's  verfasst 
haben  soll,  lauten  p.  213  folgendermassen : 

yatra  tatra  samaye  yathd  iathd 

yosi  sosy  abliidhayd  yayd  tayd  \ 

mtadoshakalushali  sa  ched  bhavdn 

eka  eva  bhagavan  namostu  te  |]  1 1| 

bliavahijdhkurajanand  rdgddydh  kshayam  updgaid  yasya  | 

Brahma  vd   Vishnur  vd  Maheivaro  vd  namas  tasmai  ||  2 1| 
Es  sind  dieselben,    die,  dem  Prabhavakacharitra  zufolge,   gedichtet    wurden,   als    Hemachandra   mit 
Siddharäja  den  Wallfahrtsort  Devapattana  besuchte.    Die  Frage,  ob  dieselben  echt  sind,  ist  schwer  zu  ent- 
scheiden.   Es  ist  aber  wohl  möglich,  dass  Hemachandra  sich  bei  irgend  einer  Gelegenheit  dazu  herbei  Hess, 
einem  seiner  sivitischen  Gönner  zu  Gefallen  Siva  in  so  eigenthümlicher,    doppelsinniger  Weise    zu  feiern. 
63     Kumärapälacharita  p.  87 — 88: 

Atha  Karndvatydh  sn-Hemdchdrydh  sri-Kumdrasya  rdjydptim  h-utvu  Udayanamantrikritapravesotsavdk 
Pattane  pi'dpidi  \  pi'ishto  mantri  \  rdjdmndkam  smarati  na  veti  \  mantj-inoktam  |  neti  |  tatah  kaddchit  süribhir 
üche  I  mantrin  tvarh  bhüpam  bruyd  raliah  \  adya  tvayd  Natii.  rdjnyd  grihe  jiaiva  suptavyam  (sie)  rdtrau  sopa- 
sargatvdt  \  kenoktam  iti  prichehhet  tadutydgrahe  manndma  vdchyam  \  tato  mantrind  tathokte  rdjnd  cha  tathd 
kj-ite  niii  vidyutp>dtdt  tasrain  gjnhe  dagdhe  rdjiiydrh  cha  myitdydrh  chamatkrito  rdjd  jagdda  sddaram  |  mantrin 
kasyedam  andgatajndnaih  mahat  paropakdritvam  cha  \  tato  rdjüotinirbandhe  mantrind  h-iguründm  dganianam 
üche  I  p)ramudito  nripas  tan  dkdraydm  dsa  sadasi  |  surin  drishtvdsandd  utihdya  vanditvd  prdnjalir  iwdcha  | 
bhagavan  ahani  nijusyam  api  dar4ayitum  ndlaih  tatrabhavatdm  \  tadd  cha  Stamhhatirthe  rakshito  bhävird- 
jyasam.ayachitikd  chdrpitd  \  param  aharh  prdptardjyopi  nasmdrsham  yushmdkam  nishkdranaprafhamopakdrindm  \ 
kathamchandpy  aharh  ndnj-ino  bhavdmi  \  süribhir  üche  \  katham  ittJiaih  vikatthase  tvam  dtmandth  miidhd  rdjnn 
upakdrakshano  yat  te  samprati  samdgatosti  |  tato  rdjdha  \  bhagavan  pürvaprntisrutam  idam  rdjyam  grihitvd 
mdm  anugyihdna  \  tatal}  sürih  provdcha  \  rdjan  nissahgdndm  asmdkam  rdjyena[kim]\  ched  bhüpatvam  pratyupachikir 
asi  dtmanite  (?)  tadd  Jainadharme  dhehi  nijam  manah  \  tato  rdjäha  |  bhavaduktam  karishyeham  sarvam  eva 
ianaih  snnaih  |  kdmayeham  param  saiigarh  nidher  iva  fava  prahho(h)  ||  ato  bhavadbhir  iha  pratyaham  sanid- 
gamyarh  prasadya  \  evam  ahgik]-itya  yathdprastdvaih  cha  sabhdydm  dgatya  dharmamarmdntardni  sürir 
dkhydtavdn  \\ 

63  Kumärapälacharita  p.  88 — 137.  Es  mag  noch  bemerkt  werden,  dass  Jinamandana  den  Bericht  des 
Prabhavakacharitra  über  Kumärapäla's  zwölfjährigen  Krieg  mit  Arnoräja  und  dessen  Besiegung  durch  die 
Gnade  des  Ajitanätha  auch  nicht  verschmäht.    Er  fügt  denselben  später,  p.  232  ff.,  recht  unvermittelt  ein. 

64  J.  Tod,  Travels  in  Western  India  p.  504,  No.  V. 

Der  dort  gegebene  Auszug  ist  ganz  unzuverlässig.  Besser  ist  die  theilweise  Uebersetzung  von  Forbes, 
Jour.  Bo.  Br.  R.  A.  Soc.  Vol.  VHL,  p.  58 — 59.  Eine  Ausgabe  der  wichtigen  Inschriften  von  Mr.  Vaje- 
shankar  G.  Ozha  ist  in  der  Wiener  Zeitschrift  für  die  Kunde  des  Morgenlandes,  Bd.  III,  p.  1  ff . 
erschienen.     Der  betreffende  Vers  lautet: 


246  G-  Bühler. 

Evam  rdjyam  audratam  vidadhaii  srivirasimhdsane 
Srimadvira-Kumdrapdlanppatau  trailokyakalpadrume  \ 
gai}4o  Bhdva-Bfihaspatih  Smararipor  udvikshya  devälayaiii 
jirnai'n  hhupatim  dha  devasadanam  proddhartum  etad  vachahi  lill|| 
Das  Datum  der  Inschrift,  Valablii-Saiiivat  850,  lässt  sicli  nicht  mit  Sicherheit  umrechnen,  da  der  Monats- 
uud  Wochentag  nicht  angegeben  ist.  Es  entspricht  aber  V.  S.  1225  und  wahrscheinlich  Mai  oder  Juni  1 169  p.  Chr. 

65  Indian  Antiquary,  Vol.  IV.,  p.  267—269. 

66  Diese  wichtige  Stelle,  auf  welche  Professor  H.  H.  Wilson,  Works,  vol.  I.,  p.  303f.  (ed.  Rost), 
zuerst  hingewiesen  hat,  findet  sich  im  Mahäviracharita,  Sarga  XII.  45 — 96.  Ich  verdanke  der  Güte  des 
Herrn  Dr.  R.  G.  Bhäi.ujärkar  die  nachstehende  Abschrift,  welche  von  S&stri  Vämanächärya  Jhalkikar 
nach  einem  von  mir  im  Jahre  1874  gekauften  Mauuscripte  der  Deccau  College  Collection  angefertigt  ist. 
Die  Emendationen  zu  Vers  45,  52,  53,  54,  62,  63,  68,  69,  74,  79,  83,  85,  91  sind  von  dem  Abschreiber 
voi^eschlagen. 

Asmi[a]nniri'unato  varshasatyd[td]ny  Ahhaya  shodaia  \ 

navashashtis  cha  ydsyanti  yadd  tatra  pure  tadä  \\  45 11 

Kumdrapdlablmpdla^  Cho[Chau]lukyakulacliandramdli  \ 

hhavishyati  mahdhdhuh  prackanddkhandasäsanah  ||46|| 

sa  mahdtmd  dharmaddnayuddhamrah  prajdvi  nijdm  \ 

yiddhim  neshyati  paramdia  piteva  paripdlayan  ||47|| 

]-ijur  apy  atichaturalj.  Mntopy  djnddivaspatih  \ 

kshamdvdn  apy  adhj-ishyaS  cha  sa  chiram  kslimdm  avishyati  ||48|j 

sa  dtmasadyisaih  lokaih  dharmamshtham  karishyati  \ 

vidydpürnam[na]  ujmdhydya  ivdntevdsinam  hitam  ||49 

saranyalj.  iaranechchhündm  parandrtsahodarah  \ 

prdnebhyopi  dkanebliyopi  sa  dharmam  bahu  mamsyate  ||  50 1| 

pardkramena  dharmena  ddnena  dayaydjnayä  \ 

anyaU  cha  purushagxmaih  sodviiiyo  bhavishyati^bl'^ 

sa  kauberim  d-Turushvamfshkam]  aindrim  d-Tridasdpagam  | 

ydmydtn  d-Vindhyam  dvdrdhhhfdhij  pa&cldmdm  sddhayishyati  ||52|| 

anyadd   Vajraidkhdydoh  Munichandrakulodbhavam  | 

dchdryaiüi  Hemachandram  sa  drakshjati  ksha[kshi]tindyaka1},  ||  53 1| 

taddar&andt  pramuditah  kekivambudadaHandt  | 

tarh  muniih  vanditum  nityam  sa  bhadrdtmd  tvarishyate  |[54|| 

tasya  sfirer  Jinachaitye  kurvato  dhavnuideSandm  \ 

rdju  sa&rdvakdmdtyo  vandandya  gamishyati  \\bb\\ 

tatra  devam  namaskritya  sa  tattvam  avidann  api  \ 

vandishyate  tarn  dchdryam  bhdvasuddhena  chefasä  \\  56 1| 

sa  irutvu  tanniukhut  prityd  viiuddhuih  dharmade&andm  | 

anuvratdni  samyakfvapürvakdni  prapatsyate  \\  57  || 

sa  prdptabodho  bhavitd  irdvakdchdraparagah  | 

dsthdnepi  sthito  dharmagoshthyd  svaih  ramayishyati  ||  58 1| 

annaSdkaphalddindrh  niyamdmi  cha  viseshatah  \ 

dddsyate  sa  pratyaham  prdyena  brahmacharyakfit  ||59|| 

sddhäraiiastnr  na  pararii  sa  sudbir  varjaytshyati  \ 

dharmapatnir  api  bralima  ckaritutii  bodhayishyati  \\  60 1| 

munes  tasyopadeüena  jivdjivdditattvavit  \ 

dchdrya  iva  sonijeshdm  ajyi  bodhim  praddsyati'^&i^ 

yei-ha[d]dharmadvipah[shahj  kepi  Pdndurahgadvijddayal}  | 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  IIemachandra.  247 

tepi  tasi/äjüayd  garhhasrävakä  iva  bhdvinah  ||  62 1| 

apüjiteshu  cJiaityeshu  guriccha[shva]pranateshu  clia  | 

na  bhokshyate  sn  dharmajnah  prapannasrdvakavratah  \^Q^^ 

aputramritapuihsdrii  sa  dravinam  na  grahishyati  \ 

vivekasya  phalam  hy  etad  atriptd  hy  avivekinah  \\64:\\ 

Pdnduprabhritibhir  api  yd  tyaktd  mrigayd  na  hi  \ 

sa  svayaih  tyakshyati  janah  sarvopi  cha  taädjüayd  \Qb\ 

hirhsänishedhake  fasmin  dürestu  mrigayddikam  | 

api  matkmiayükddin  ndntyajopi  hanishyati  \QQ^ 

tasmin  nishiddhapdparddhdv  aranye  mriyajdtayah  \ 

saddpy  avighnaromanthd  bhnvinyo  goshihadhenuval  ||  67  || 

jalacharastkalacharakhaga[khe]chardndm  sa  dehindm  \ 

rakshishyati  saddmdrirh  sdsane  päkaMsanam[nah]  ||  68 1| 

ye   vd[chdjjannidpi  mdmsddds  te  mdmsamya[sya]  katlidm  api  \ 

duhsvapnam  iva  tasynjiluvasdn  neshyanti  vismritim  ||  69 1| 

DaSdrhair  na  pariiyaktam  yat  purd  irdvakair  api  \ 

tan  madyam  anavadydtmd  sa  sarvatra  nirotsyati  ||  70  | 

sa  tathd  madyasamdhdnam  nirotsyati  maküale  | 

na  yathd  madyabhdnddni  ghatayishyati  chakry  api\\ll 

niadyapdnarhfndmj  sadd  madyavyasanakshinasampaddvi  | 

taddjndtyaktamadydndrh  prabhavishyanfi  sathpadah  ||72|| 

Nalddibhir  api  kshmdpair  dyütaih  iyaktam  na  yat  purd  \ 

tasya  svavairiiia  iva  numdpy  umnülayishyati  ||  73 1| 

pdrdvatapanakriddkurkku[ukku]tayodhandny  api  | 

na  bhavishyanti  medinydrh  tasyodayini  Msane  ||74|| 

prdyena  sa  pratigrdinam  api  nihstmavaibhavah  \ 

karishyati  mahim  etdih  Jinäyatanamnnditdm  ||  75 1| 

pratigrdmaih  pratipuram  dsamudraih  mahitale  \ 

rathaydtrotsavarh  sorha[t] pratimundm  kariskyati  ||  76 1| 

ddyaihddyam  dravindni  virachayydniinam  jagat  \ 

afikayishyati  medinydih  sa  samvatsaram  dtmanah  ||  77  || 

pratimdm  pd§xi[pdiiisu]guptdih  tdtfi  Kapilarshipratishthitdm  \ 

ekadd  sroshyati  kathdprasahge  tu  guror  mukitdt  ||  78 1| 

pdrhsu[sujsthalaih  khdnayitvd  pratimdm  visvapdvifvajmm  | 

dneshydmifi  sa  tadd  karishyati  manoratham  \\19\\ 

tad  evam  [tadaitam]  anamdsdharh  nimiitdny  apardny  api  \ 

jüdtvd  niScheshyate  rdjd  pratimdm  hastagdminim,  \\  80 1| 

tato  gurum  anujüdpya  niyojydyuktapaurushdn  \ 

prdrapsyate  khdnayitum  sthalavi    Vitabhayasya  ia<||81|| 

sattvena  tasya  Paramurhatasya  pyithivipateh  | 

karishyati  [tu]  sdmnidhyam  tadd  Sdsanadevatd  ||82|| 

rdjnah  Kumurapdlasya  tasya  pimyena  bhuyasd  | 

khanyamdne  sthale  mu[ma]nkshu  pratirndvirbhavisliyati  ||83|| 

tadd  tasyai  pratimdyai  yad   Uddyanabhübhujd  \ 

grdmdndm  sdsanam  dattam  tad  apy  dvirbhavishyati  ^9iA^ 

nripdynktds  tdrh  pratimdm  prannd[tnd]m  api  navdm  iva  | 

ratham  dropayishyanti  püjayltvd  yathdvidhi  ^'ib\ 

pujdprakdreshu  pathi  jdyamdneshti  anekasah  \ 


248  Cr.    BüHLEK. 

kriyumdneshv  uUorätrum  samgtteshu  nirantaram  \\S6\\ 
ttilikarfhikeshitchckair  bhavati  [bhavatsu]  gräma>/oshitdm  \ 
paiichasabdeshv  utodyeshu  vädyamäneshu  sanimadät  ||  87 1| 
pakshadvaye  chämareshütpatatsu  cha  paiatsu  cha  | 
neshyauti  sa[i]pratimäm  tum  yuktäh  jPa<toHaOTma)n  ||  88 1| 
11  trihhiv  viieshakam  || 

säntaltpuraparivdra^  chaturangachamuviitali  \ 
sakalam  samgharn  dddya  rdjd  tdm  abhiyäsyati  \\  89 1| 
svayam  rathdt  samuitirya  gajendram  adhiruhya  cha  \ 
pravekiyishyati  pure  pratimdm  tdm  sa  bhupatUj,  \\  90 1| 
upasvabhu[bha]vanam  kriddbhavane  samniveSya  tdm  | 
Kumdrapdlo  vidhivat  trisathdhyaih  püjayishyati '^Ql'^ 
pratimdyus  tathd  tasyd  vächayitvd  sa  säsanam  \ 
Uddd[dd] yanena  yad  dattam  tat  jyranuuiikarishyati  ||  92 1| 
prdsddoshtdpadasyaiva   Yuvardjahfja]  sa  kdritah  \ 
janayishyaty  asamhhdvyo  vismayam  jagatopi  lii  ||  93 1| 
sa  bhüpatik  pratlmayd  tatra  sthäpitayd  tayd  \\ 
edhishyate  pratdpena  fiddhyd  niMreyasena  cha  ||  94 1| 
devabhaktyd  gurubhaktyd  tvatpituh  sad^'Uobhaya  \ 
Kumdrapdlo  bhüpdlah  sa  bhavishyati  Bhdrate  ||95|| 
iti  iratvd  namaskjitya  bhagavantam  ath-Abhayah  \ 
upa-Sro l Srejnikam  dgatya  vaktum  evam  prachakrame  |j  96 

Ausserordentlich  interessant  ist  das  Datum  im  ersten  Verse.  Es  zeigt  deutlich,  dass  Hemachandra, 
wie  die  übrigen  Svetämbaras,  das  Nirväna  Mahävira's  470  Jahre  vor  den  Anfang  der  Vikrama-Aera 
setzte.  Denn  nur  1669 — 470  gibt  das  richtige  Datum  V.  S.  1199  für  den  Anfang  der  Regierung  Kumära- 
päla's.  Jacobi,  Kalpasütra  p.  8,  hat  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  Hemachandra's  Angaben  im 
Parisishtaparvan  mit  der  gewöhnlichen  Rechnung  nicht  stimmen.  Dort  wird,  VIII.  339,  die  Krönung 
Chandragupta's  155  Jahre  nach  dem  Nirväna  angesetzt,  während  die  alten  Gäthäs  sechzig  Jahre  mehr 
aufweisen.  Die  Letzteren  sagen,  dass  Mahävira  in  der  Nacht  starb  als  Pälaka  gekrönt  wurde.  Pälaka 
regierte,  ihnen  zufolge,  sechzig  Jahre,  die  Nandas  155  und  zwischen  der  Krönung  Chandragupta's  und 
dem  Anfange  der  Vikrama-Aera  verflossen  255  Jahre.  Hierauf  gründete  Jacobi  zwei  Vermuthungen, 
erstens,  dass  Hemachandra  im  Anschlüsse  an  eine  bessere  Tradition  die  sechzig  Jahre  des  Pälaka  aus- 
gelassen habe,  und  zweitens,  dass  er  das  Nirväna,  410  Jahre  vor  den  Anfang  der  Vikrama-Aera,  in  das 
Jahr  467/66  vor  Christo  gesetzt  habe.  Ich  glaube  nicht,  dass  diese  Deductionen  haltbar  sind.  Denn  nach 
Pariäishtaparvan  VI.  243: 

anantaram    Vardhamdnasvdminirvdnavdaardt  \ 
gatdydih  shashtivatsarydm  esha  Nandobhavan  nripah\\ 

bestieg  Nauda  I.  sechzig  Jahre  nach  Mahävira's  Tode  den  Thron.  Die  Rechnung  des  Parisishtaparvan  ist 
demnach:  vom  Nirväija  bis  Nanda  I.  60  Jahre,  von  der  Krönung  Nanda's  I.  bis  zur  Krönung  Chandragupta's 
95  Jahre  oder  Summa  155.  Hiedurch  wird  Jacobi's  erster  Satz  als  irrthümlich  erwiesen.  Was  den  zweiten 
betrifft,  so  ist  es  bis  jetzt  nicht  bewiesen,  dass  Hemachandra,  wie  die  Gäthäs,  zwischen  Chandragupta 
und  den  Anfang  der  Vikrama-Aera  nur  255  Jahre  setzte.  Der  Umstand,  dass  nach  dem  Mahäviracharita 
das  Nirväpa  470  Jahre  vor  Vikrama  fiel,  macht  es,  falls  im  Parisishfaparvan  nicht  ein  Flüchtigkeitsfehler 
vorliegt,  wahrscheinlich,  dass  Hemachandra  oder  seine  Quelle  zwischen  der  Krönung  Chandragupta's 
und  dem  Anfange  des  Vikrama-Saihvat  315  Jahre  zählte  und  ähnlich,  wie  die  ceylonesischen  Buddhisten, 
das  erstere  Ereigniss  zu  früh  ansetzte.  Die  Annahme,  dass  es  im  12.  Jahrhunderte  bei  den  Svetämbaras 
zwei  verschiedene  Ansätze,  527 '6  und  467/6  v.  Chr.,  für  Vardhamäna's  Nirväna  gab,  ist  desslialb,  wie  mir 
scheint,    nicht  glaublich.     In  Note  15  zu  meinem  Vortrage   über  die  Jainas,    p.  38   des  Separatabzuges, 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  249 

habe  ich  gezeigt,   dass  das  Datum  467/66  v.  Chr.   für  Vardhamäna's  Tod  nicht  richtig  sein  kann,    falls 
Öäkyamuni  Gautama  um  477  v.  Chr.  starb. 

67  Die  Angabe,  dass  Vägbhata  ein  Minister  Kumärapäla's  war,  findet  sich  in  der  Kumäravihära- 
prasasti  Vers  87,  siehe  Petersen,  Third  Report,  App.,  p.  316.  Dieser  Punkt  ist  von  einiger  Bedeutung.  Denn 
Vägbhata  kommt  in  den  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Inschriften  aus  Kumärapäla's  Regierungszeit  nicht 
vor.  Da  aber  die  Prasasti  von  einem  Schüler  Hemachandra's  herrührt,  so  verdient  ihre  Angabe  Glauben. 
Das  Prabhävakacharitra  XXII.  676  nennt  V.  S.  1213  als  das  Jahr  der  Einweihung  des  Tempels  zu 
!:5atrunjaya,  der  Prabandhachintämani  p.  219,  V.  S.  1211.  Das  Kumärapälacharita  p.  184  stimmt  mit 
dem  letzteren  Werke. 

Das  Datum  der  Weihe  von  Amrabhafa's  Tempel  in  Broach  kommt  im  Kumärapälacharita  p.  185  vor. 

68  Der  Auszug  aus  dem  Moharäjaparäjaya,  in  welchem  unter  andern  auch  der  letzte  von  Kielhorn, 
Report  of  1880/81,  citirte  Vers,  srUvetämhara-Hemachandravachusäm  etc.,  vorkommt,  beginnt  im  Kumärapäla- 
charita p.  161,  Z.  14  und  endigt  p.  177,  Z.  1.  Die  hier  in  Betracht  kommende  Stelle  findet  sich  p.  167, 
Z.  17  ff.,  wo  es  heisst: 

Atlia  sampräpte  suhhalayne  nirmalabhdvaväribhih  kritamangalamajjanali  saikirtichandandvaliptadehah 
[ho]  naikahhigrahollusadbhi(shanälamkritah[to]  dänalcahkanarochishnudakshinajjdnili  saihveguramgahga[<jaga]jd- 
dhirüdhah  saddchdrachchhatropasohhitali  Sraddhdsahodarayä  kriyamänalavanoitaranavidhiht  1 3  satakotivrata- 
hliahgasubhagajanyalokapararitah  S)-idevagurubhaktidemviratijuni7iibhir(?)  giyamdnadhavalamafigalah  kramena 
prdptah  paushadhdgdradvdratorane  panchavidhasvddhyäyavddyamdndtodyadhvanirüpe  prasarpati  Viratüvasrvd 
kritaprenkhandchdrah  8ama-Damädisd[syd]lakadariitasaranir  Ttuitj-igrihamadhyasthitdydJj.  Siladhavalachivara- 
dhydnadvayakundana[la]padürhare  (?)  tapobhedamudrikddyalaihkritdydli  Kj-ipasundarydli  sani  1216  mdrga 
gu°  2  dinn  pdnirh  jagrdha  sn-Kumdramahipdlah  \  srimud-Arha[d]devatdsamakshaih  tatah  srydgamoktaSrdddha- 
gunagunitadvddaiavratakalasdvalim  vichdrachurutorandth  navataUvanavdngavediih  kritvd  prabodkdrpiim  uddpya 
[uddipya]  hhdvandsarpistarpitafii   sri-Hemdchdryo   bhiidevah  savadhükam  nfipam  pri[ra]daksh[i]naydm   asa  || 

69  Das  betreffende  Manuscript  ist  beschrieben  von  Petersen,  Third  Report,  App.  I.,  p.  67.  Die  In- 
schrift ist  die  Landschenkung  des  malidmandaltka  Pratäpasiiiiha,  welche  im  Tempel  des  Pärsvanätha  zu  Nad- 
4üla-Nämdol  aufbewahrt  wird.  Der  Anfang  derselben  lautet  nach  meiner  im  Jahre  1873  gemachten  Abschrift: 

II  Ornjl  Samvat  1213  varshe  mdghe  vadi  10  sukle  \\  srimad-Aiiahilapdtake  samastardjdvalisamalamkfita- 
paramabhattdrakamahardjddhirdjaparameivara-  UmdpativaralabdhapraMdapraudhapratdpanijabhujavikramara- 
julmganavinirjjita-Sdkambhavibliüpdla-sri-Kumdrapdladevakalydnavijayai'djye  \  tatpddopajivini    tnahdmdtya - sH- 

Chdhadadeve  si-Urikaranddau  sakalamudrdvydpdrdn  paripantkayati 

Da  die  Inschrift  eine  Schenkung  an  die  Jainas  enthält,  so  dürfte  man  gewiss  erwarten,  dass  Kumära- 
päla's Bekehrung  erwähnt  wäre,  falls  dieselbe  schon  vor  der  Zeit  stattgefunden  hätte.  Das  genaue  Datum 
derselben  ist  nach  Herrn  Dr.  Schram's  Berechnung  Januar  20,  1156,  ein  Freitag. 

69^  Der  Alamkärachüdämani  ist  in  Sütras  geschrieben  und  mit  einem  sehr  klaren,  ausführlichen 
Commentare  versehen,  der  eine  grosse  Anzahl  Beispiele  zur  Illustration  der  Regeln  enthält.  Das  Werk 
besteht  aus  acht  Adhyäyas,  deren  Inhalt  folgender  ist: 

I.  Maftgala,  Zweck  der  Poesie,  Qualificationen  des  Dichters,  das  Wesen  der  Poesie,  die  drei  saktis 
des  Wortes,  p.   1 — 48 

II.  Die  Lehre  von  den  Rasas,  p.  49 — 96 
in.  Die  Fehler  der  poetischen  Composition,  p.  97 — 169 
IV.  Die  Vorzüge  der  poetischen  Composition,  p.   169 — 174 
V.  Die  Sabdälaihkäras,  p.   175—200 
VI.  Die  Arthälamkäras,  p.  201—250 

VII.  Die  für  die  poetische  Darstellung  geeigneten  Charaktere,  p.  251  —  279 
VIII.  Die  Arten  der  poetischen  Composition,  p.  280 — 291. 

Das  Manuscript,  welches  ich  benutzt  habe,  ist  India  Office  Library  (Sanskrit-Manuscripte  Bühler)  No.  111. 
Es  wurde  von  Sästri  Vämanächärya  Jhalkikar  unter  Vergleichung  mehrerer  alter  Handschriften  hergestellt. 

Denkschriften  der  phil.-hUt.  Cl.  XXXVII.  RA  32 


250  Cr.  Bühler. 

TO    Siehe  Vägbliatälaihkara,  ed.  Borooah,  IV.  45,  76,  81,  85,  125,  129,  132,  152. 
An   der   fünften   und   an   der   achten  Stelle   wird  Jayasiihha's  Sieg   über  Varvaraka   oder  Barbaraka 
erwähnt,  von  dem  im  Dvyäsrayakävya  und  in  den  Chaulukya-Inschriften  die  Rede  ist. 

■JI  Ueber  das  Berliner- Jfanuscript  des  Chhandonusasana  oder  Chhanda^chtidämani  siehe  Weber, 
Katalog,  Bd.  II,  Abth.  I,  p.  268.  Seiner  Beschreibung  ist  hinzuzufügen,  dass  die  Blätter  27,  29—31, 
36 — 40  neben  den  gewöhnlichen  Zahlzeichen  links  die  der  alten  aksharapaUi  zeigen.  Der  Commentar  zu 
dem  kleinen  Werkchen  ist  sehr  ausführlich  und  enthält  nach  dem  Colophon  der  Jesalmirer  Handschrift 
4100  Granthas.  Für  diese  Arbeit  stand  mir  kein  Manuscript  des  letzteren  zu  Gebote.  Meine  Bemerkungen 
gründen  sich  auf  früher  gemachte  Notizen. 

73  Alaihkärachüdamai.ii  III.  2  heisst  es  in  der  Erläuterung  zu  dem  Fehler,  hatavr'Matva:  etadapa- 
cddas  tu  sva-ChhnndoniiiäsanesmähMr  nirüpita  iti  neha  pratanyate. 

Ti  Die  Seshiikhyä  Nämamälä  ist  in  Böhtlingk  und  Rieu's  Ausgabe  des  Abhidhänachintilmani 
abgedruckt.  Ueber  die  Berliner  Manuscripte  siehe  Weber,  Katalog,  Bd.  II,  Abth.  I,  p.  258  f.  Das  Werk 
stimmt  in  sehr  auffälliger  Weise  mit  der  älteren  Vaijayanti  des  Yädavaprakäsa,  der  eine  Anzahl  seltener 
Wörter  entlehnt  ist. 

74  Der  Nighantu  wird  in  der  Liste  von  Hemachandra's  Werken  am  Ende  des  Prabhävakacharitra 
unter  dem  Xamen  Nirghanta  aufgeführt.     Es  heisst  dort,  XXII.  836—40: 

Vydkarana[m]  panchdngaih  pramänakistra[ih]  Pramänamhndmsdh[säm] 
Clihandolamkniichüddmant  cha  Mstre  vibhur  vyadlntfahfdliita]  |j836|| 
Ekdrthdnekdrthd  Desyd  Nirghanta  iti  cha  chatvdrah  \ 
vihitdS  cha  td[nd]makosdh  hichikavitdnadyupddhydi/dh  ||  837 1| 
StyufTrytiJtta  rashashü&aldkänaretivyittaih  (jfihivrnta  vichdre  \ 
Adhydtmayoga^dstram  vidadhe  jagadupakritimdhitsuh  ||  838 1| 
lakghanasdhityagimarh  vidadhe  cha  Dvydiraija[ih]  mahdkdvyam  \ 
ehakre  viiMatim  nchrhaik  sa   Vitardgastavdndm  cha  ||  839 1| 
iti  tadvihitagranthasaihkhyaiva  na  hi  vidyate  \ 
ndmdni  na  mdanty  emthd [eshdm]  mddrisd  mandamedhasah  \\ 

Ueber  die  aufgefundenen  Stücke  siehe  meinen  Report  on  the  Search  for  Sanskrit  Manuscripts  1874/75, 
p.  6  f.  und  die  Liste  der  Elphinstone  College  Collection  1866  68  unter  Kosha.  Eine  Copie  des  Nighanju- 
sesha,  dhänyakäijda,  findet  sich  in  der  Deccan  College  Collection  1875/77,  No.  735. 

75  Die  Verse,  in  denen  Kumärapäla  genannt  wird,  finden  sich  in  Pischel's  Ausgabe  (Bombay 
Sanskrit  Serie/J  No.  XVII)  I.  97,  107,  116,  127;  II.  39,  90;  III.  46;  IV.  16;  VI.  10,  19,  26;  VII.  7,  13, 
40,  53.  An  den  Chulukka  oder  Chälukka  sind  gerichtet:  I.  66,  84;  II.  30;  VL  5,  7,  15,  17,  111;  VIII.  51. 
Es  mag  noch  bemerkt  werden,  dass  Jayasiihha-Siddharäja  in  einem  einzigen  Verse  II.  4  genannt  und 
sein  Sieg  über  Barbaraka  erwähnt  wird.     Auf  denselben  König   bezieht   sich  vielleicht   der  Vers  IV.  32: 

,0  irdischer  Paradiesbaum,  o  du,  dessen  starker  Arm  einem  Baume  gleicht,  die  Rinnsteine  der 
Häuser  in  Paitthäna  sind  gefüllt  mit  dem  Brunstsafte  deiner  Elephanten.' 

Bhäijfjarkar  hat  kürzlich  Fragmente  eines  historischen  Werkes  aufgefunden,  welches  von  einer 
Eroberung  von  Pratishthäna-Paithän  durch  Jayasiihha  spricht,  siehe  Report  on  the  Search  for  Sanskrit 
Manuscripts  of  1883,84,  p.  10.  Es  wäre  indess  auch  möglich,  dass  Iläla-Sätavähana  mit  dem  ,irdischen 
Paradiesbaume'  gemeint  wäre,  da  sein  Name  auch  sonst  in  der  Deälnämamälä  vorkommt. 

76  Prabandhachintilmapi,  p.  225—226,  erzählt,  dass  Kumärapäla  sich  einen  sprachlichen  Solöcismus 
zu  Schulden  kommen  Hess,  indem  er  das  Wort  aupamyd  anstatt  upamd  oder  aupnmyam  gebrauchte. 
Nachher,  heisst  es,  studirte  er  mit  irgend  einem  Pandit  die  Sästras  vom  mdtrikdpdtha  an.  Er  absolvirte 
in  einem  Jahre  drei  Kävyas  mit  den  Commentaren  und  erhielt  dann  den  Ehrentitel  Vichdrachaturmukha. 
Dieselbe  Erzählung  kommt  im  Kumärapälacharita  p.  105  vor,  wo  Hemachandra  als  Lehrer  genannt  wird. 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  261 

<?  Ein  interessanter  Beweis  für  die  Bedeutung  des  Jainismus  in  Anliilväd  vor  Hemachandra's  Zeit 
ist  durch  die  Auffindung  des  kürzlich  in  der  Bombayer  Kävyamälä  von  Pandit  Durgäprasäda  veröffentlichten 
Dramas  Karnasundari  geliefert.  Das  Stück  ist  von  dem  bekannten  Dichter  Bilhana  verfasst  und  war 
bestimmt  im  Tempel  des  Säntinätha  an  dem  Feste  des  Näbheya  aufgeführt  zu  werden,  welches  der 
Minister  Saihpatkara  (Säihtu?)  veranstaltete.  Der  erste  Vers  der  Nändi,  eine  Nachahmung  des  Anfanges 
des  Nägänanda,  ist  desshalb  an  den  Jina  gerichtet.  Der  Held  ist,  wie  der  Dichter  Act  I,  Vers  10 
selbst  angibt,  der  Sohn  des  Bhimadeva,  d.  h.  der  König  Karna,  welcher  von  V.  S.  1120 — 1150  regierte. 
Andere  Beweise  für  den  Einfluss  der  Jainas  am  Hofe  zu  Anhilväd  sind  in  den  Prasastis  der  alten 
Manuscripte  zu  finden,  wo  mehrfach  Jainas  genannt  werden,  die  unter  den  ersten  Chaulukyas  Hofämter 
besonders  in  der  Finanzverwaltung  bekleideten. 

78  Die  Erzählung  findet  sich  Kumärapälacharita  p.  137  ff. ,  und  ihr  Inhalt  ist  folgender.  Als 
Kumärapäla  sich  dem  Jaina-Glauben  zuneigte,  riefen  die  Brahmanen  den  Räjächärya  Devabodhi  herbei. 
Dieser  war  ein  grosser  Yogin ,  der  sich  die  Göttin  Bhärati  unterthänig  gemacht  hatte ,  der  Zauberei 
kundig  war  und  die  Vergangenheit  und  die  Zukunft  kannte.  Nachdem  der  König  gehört  hatte,  dass 
Devabodhi  in  die  Nähe  von  Anhilväd  gekommen  war,  empfing  er  ihn  mit  grossen  Ehren  und  führte  ihn 
in  seinen  Palast.  Mit  den  Empfangsfeierlichkeiten  ging  der  grösste  Theil  des  Tages  vorüber.  Am  Nach- 
mittage verehrte  der  König  ein  Bild  des  Säntinätha  in  Gegenwart  des  ganzen  Hofes.  Da  ermahnte  ihn 
Devabodhi,  von  dem  Jaina-Glauben  abzulassen.  Als  Kumärapäla  den  letzteren  wegen  der  Ahimsä-Lehre 
pries  und  den  Si-auta  Dharma  wegen  der  Pliiiisä  tadelte,  Hess  Devabodhi  die  Götter  Brahman,  Vishnu 
und  Siva,  sowie  die  sieben  Chaulukya-Fürsten  Mülaräja  und  seine  Nachkommen  erscheinen,  die  natürlich 
für  die  Religion  des  Veda  sprachen.  Am  folgenden  Morgen  überbot  Hemachandra  Devabodhi's  Leistungen 
noch  um  ein  Bedeutendes.  Zuerst  Hess  er  sich  den  Sitz  wegziehen  und  führte  das  bei  den  Yogins 
angeblich  sehr  beliebte  Kunststück  aus,  sich  frei  schwebend  in  der  Luft  zu  halten.  Dann  Hess  er  den 
ganzen  Olymp  der  Jainas  vor  dem  Könige  erscheinen  sammt  allen  Vorfahren  des  Königs,  welche  die 
Jinas  anbeteten.  SchliessHch  erklärte  er,  dass  die  Erscheinungen  nur  Blendwerk  seien,  ebenso  wie  die, 
welche  Devabodhi  hervorgezaubert  hatte.  Nur  das  sei  die  Wahrheit,  was  Somanätha  dem  Könige  im 
Tempel  zu  Devapattana  gesagt  habe.  Damit  war  natürlich  sein  Sieg  gesichert.  Ueber  Devabodhi,  der 
wahrscheinlich  eine  historische  Persönlichkeit  war,  siehe  auch  oben  S.  188. 

79  Merutuftga's  Angabe  ist  oben  S.  196  und  Note  61  angeführt.  Er  gibt  fälschlich  an,  dass  das  Trisha- 
shtisaläkäpurushacharita  vor  dem  Yogasästra  geschrieben  wurde.     Diese  Angabe  wiederholt  Jinamandana. 

Das  Prabhävakacharitra  XXII.  775  ff.  und  899  ff.  setzt  die  Abfassung  der  beiden  Werke  viel  später, 
stellt  aber  das  Yogasästra  voran. 

80  Die  ersten  vier  Prakäsas  des  Yogasästra  sind  durch  E.  Windisch's  Ausgabe  und  Uebersetzung 
in  der  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft,  Bd.  XXVIII,  p.  185  ff.  bekannt.  Der 
Inhalt  der  letzten  acht  Prakäsas,  die  nur  in  sehr  wenigen  Handschriften  erhalten  sind,  ist  folgender: 

Prakäsa  V,  über  gewisse  zum  Yoga  gehörige  Uebungen  und  deren  Resultate,  wie  sie  von  andern, 
nach  dem  Commentare  von  Pataiijali  und  andern,  gelehrt  werden.  Hiezu  gehören  1)  der  Pränäyäma,  durch 
welchen  man  die  Winde  im  Körper  und  das  Manas  beherrschen  lernt,  .41.  1 — 25,  2)  die  Dhärauä,  durch 
welche  man  die  Winde  in  beliebige  Theile  des  Körpers  führen  und  aus  denselben  wieder  herausziehen  lernt, 
sl.  26 — 35,  3)  die  Beobachtung  der  Bewegungen  der  Winde  im  Körper,  wodurch  man  Tod  und  Leben,  Glück 
und  Unglück  vorhersagen  kann,  k\.  36 — 120,  4)  andere  Methoden,  um  den  Tod  durch  Meditation  und  Divi- 
nation  vorherzubestimmen,  sl.  121 — 224,  5)  Methoden,  um  Sieg  und  Niederlage,  Gelingen  oder  Fehlschlagen 
von  Unternehmungen  und  so  weiter  zu  bestimmen,  sl.  225 — 251,  6)  die  Reinigung  der  Nädis,  der  Arterien, 
welche  die  Wege  des  Windes  sind,  sl.  252 — 263,  7)  der  Vedhavidhi  und  ParapurapraveSa ,  die  Kunst, 
die  Seele  vom  Körper  loszutrennen  und  in  andere  Körper  eindringen  zu  lassen,  kl.  264 — 273. 

Prakäsa  VI,  slokas  7,  über  die  Nutzlosigkeit  des  Parapurapravesa  und  des  Pränäyäma,  um  die 
Erlösung  zu  erlangen,  für  welchen  Zweck  der  von  einigen  gelehrte  Pratyähära  aber  nützlich  ist,  und 
über  die  Theile  des  Körpers,  die  bei  der  Meditation  (dhyäna)  in  Betracht  kommen. 


252  G.  Bühler. 

Prakäia  VII,  slokas  2S,  das  PirKjastha  Dhyäna,  die  Meditation  über  Körper,  mit  seinen  fUnf 
Dhäraljiä  genannten  Unterabtlieilungen,  der  Pärthivi,  Agneyi,  Märuti,  Värurii  und  Tatrabhü,  siehe  Bhän- 
darkar,  Report  of  1883  84,  p.  110—111. 

Prakasa  VIII,  slokas  78,  das  Padastha  Dhyäna,  die  Meditation  über  heilige  Wörter  oder  Silben, 
die  man  sich  auf  den  Blättern  eines  Lotus  eingeschrieben    denkt  (siehe  Bhäpdärkar  loc.  cit.    p.   111). 

Prakäsa  IX,  slokas  15,  das  Rupastha  Dhyäna,  die  Meditation  über  die  Gestalt  des  Arhat,  siehe 
ßhäpdärkar  loc.  cit.  p.   112. 

Prakäsa  X,  slokas  24,  1)  das  Rupätita  Dhyäna,  die  Meditation  über  den  formlosen  Paramätman, 
der  nur  Intelligenz  und  Wonne  ist,  d.  h.  die  erlöste  Seele,  mit  der  man  sich  identificirt  und  der  man 
dadurch  gleich  wird;  2)  eine  andere  vierfache  Eintheilung  der  Meditation,  in  Ajiiädhyäna,  Apäyavichaya- 
dhyäna,  Vipäkavichayadhyäna  und  Samsthänadhyäna. 

Prakäsa  XI,  ilokas  61,  das  Sukla  Dhyäna,  siehe  Bhäijcjärkar,  loc.  cit.  p.  110. 

Prakäsa  XII,  slokas  55,  auf  eigener  Erfahrung  beruhende  Schlussbemerkungen  des  Verfassers  über 
das  was  dem  Yogin  besonders  Noth  thut  und  ihn  zur  Erlösung  führt. 

Es  ist  nun  leicht  verständlich  wesshalb  dieser  Theil  des  Werkes,  der  eigentlich  erst  den  Titel  des 
Werkes  rechtfertigt,  wenig  abgeschrieben  worden  ist,  während  die  Manuscripte  der  ersten  vier  Prakäsas 
noch  jetzt  häufig  den  Laien  als  Textbuch  für  ihre  Pflichten  erklärt  werden. 

Der  Commentar  zum  Yogasästra  ist  von  Hemachandra  nach  der  Vollendung  des  Textes  sowie  des 
nach  den  Prabandhas  zum  Yogasästra  gehörigen  Vitarägastotra  (Note  81)  geschrieben.  Denn  Verse  des 
letzteren  werden  mehrfach  citirt,  z.  B.  zu  II.  7,  III.  123,  IV.  103,  und  der  letzte  Vers  des  Yogasästra 
selbst  in  der  Erklärung  von  I.  4. 

Die  Erklärung  der  ersten  vier  Prakäsas  ist  ausserordentlich  ausführlich.  Die  Worte  des  Textes 
werden  durch  sehr  zahlreiche  Citate  erläutert  und  die  Geschichten,  auf  welche  angespielt  wird,  werden 
weitläufig  erzählt.  Besonders  interessant  ist  es,  dass  die  Legende  von  Sthülabhadra  zu  III.  131  fast 
genau  mit  denselben  Worten  wie  im  PariSishtaparvan  VIII.  2—193  und  IX.  55—111»  gegeben  ist,  ohne 
dass  jedoch  die  Existenz  des  letzteren  Werkes  erwähnt  wird.  Von  Hemachandra's  eigenen  Werken 
werden,  meist  mit  der  Bemerkung  yad  avochdma  oder  yad  uktam  asmdhhih,  ausser  dem  Vitarägastotra, 
noch  die  Grammatik,  der  Dhätupätha,  der  Abhidhänachintämani  und  das  Liügänuääsana  citirt.  Der 
Commentar  gibt  auch  häufig  nachträgliche  Erläuterungen  des  Verfassers  zu  schwierigen  Punkten,  welche 
mit  den  Worten  atrdntare  ilokdh  eingeleitet  werden.  Am  Ende  des  Commentars  zu  Prakääa  IV  findet 
sich  ein  Vers,  welcher  andeutet,  dass  der  erste  Haupttheil  abgeschlossen  ist. 

Iti  nigaditam  etat  sddhanam  dhydnasiddher 
yatigiihigatabheddd  eva  ratnatrayarh  cha  \ 
sakalum  api  yad  anyad  dhydnahhedddi  samyak 
prakafdam  uparishtdd  ashtabhis  tat  praknsaih  || 

Der  Schluss  des  Werkes  XII.  55  lautet  folgendermassen : 

Yd  Sdstrdt  suguror  mukhdd  anubhavdch  chdjfidyi  kithchit  kvachid 
Yogasyopanishad  vivekaparishachclietaichamatkdrini  \ 
Sri-  Chaulukya-Kumdrapdlanj-ipater  atyartham   abhyarthandd 
dchdryena  niventd  pathi  girdih  sri-Hemachandrena  sd  ||55|| 
yd  yogagyopanUhad  rahasyam  ajüdyi  jüdtd  |  kutah  \  Sdstrdd  dvddamngdt  |  suguroJi  saddgamavydkhydtur  mukhdt 
snkthddupadeidt  |  anubhavdch    cha   svasamvedanaiHpdt  \  kiiiichit   kvachid  iti  svapnajndndnusdrena  \  kvachid  ity 
ekatra  tarvasya  jildtum  aiakyatvdt  pradeäabhede  kvachana  |  upanishadam  viMnashti  \  vivekindm  yogamchtndrh 
yd   parishat    sabhd    tasyd    yach   rJietas    tach   chamatkarottty    evamiild   sd    Yogcypanishat  \  sn-Chaulukyo    yah 

humdrapalanj-ipatis  tasydtyartham  abhyartluinayd  \  sa  hi  yogopdsanapriyo  drishtayogaidstrdntaras  cha 

bhyo  yogaidstrebhyo  ni  .  .  riarii  yogaMstrarh  suirüshamdnah sarvanaro  vachanasya 

girdfh  pathi  niveii[tav]dn  dcharyo  Hemachandra  iti  Subham  1 


Ueber  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  263 

ii'i-Chaulukyakshitipatikritaprdrthandpreritoham 
saftajtvajüdnänämntajalanidher  Yoga&ästrasya   Vriftim  \ 
svopajilasya  vyarackayam  i[mäm  tävad]  eshä  cha  nandydd 
ydvaj  Jainapravachanavati  bMrbhuvaJwva[stra]yiyam  ||  1 1| 
samprdpi    Yogasdstrdt  tadvivrites  chäpi  yan  mayd  sukjitam  \ 
fena  Jinahodhildbhapranayt  bhavyo  jano  hhavatdf  ||  2 1| 

Dann  folgt  das  bekannte  Colophon.  Das  mir  vorliegende  der  Wiener  Universitätsbibliothek  gehörige 
Manuscript  enthält  167  Blätter  mit  19  Zeilen  auf  der  Seite.  Die  letzte  Seite  hat  leider  stark  durch  den 
Gebrauch  gelitten  und  lässt  sich  nicht  vollständig  entziffern.  Das  Datum  scheint  zu  fehlen.  Die  sehr 
alterthümliche  Schrift  macht  es  jedoch  wahrscheinhch,  dass  das  Manuscript  etwa  300 — 400  Jahre  alt  ist. 
Die  Granthägras  der  einzelnen  Prakäsas  sind:  Pr.  I  =  2000;  Pr.  II  =  3500;  Pr.  III  3900;  Pr.  IV  2300; 
Pr.  V  =  640;  Pr.  VI  =  18;  Pr.  VII  =  39;  Pr.  VIII  =  149;  Pr.  IX  =  21;  Pr.  X  =  84;  Pr.  XI  =  210; 
Pr.  Xn  nicht  lesbar.  Es  wird  noch  hinzugefügt,  dass  die  Granthasamkhyä  der  letzten  acht  Prakäsas 
1500  sei  und  die  des  Ganzen  12.000,  was  nicht  ganz  richtig  sein  kann.  Alte  Handschriften  des  Werkes 
werden  beschi-ieben  in  Dr.  Peterson's  First  Report,  App.  22,  57  und  im  Third  Report,  App.  14,  15,  74, 
143,  176.  Die  älteste,  Third  Report,  p.  74,  stammt  aus  dem  Jahre  V.  S.  1251  und  ist  somit  zweiund- 
zwanzig Jahre  nach  Hemachandra's  Tode  geschrieben. 

81  Nach  einem  Manuscripte,  welches  mir  kürzlich  aus  Bombay  übersendet  ist,  besteht  das  Vitarä- 
gastotra  aus  zwanzig   ganz   kurzen  Abtheilungen,    von    denen  jede   den  Namen  stava  oder  prakdia  führt: 

1)  Prastävanästavah,  8  slokas,  beginnt: 

Yah  parätmd  parark  jyoiih,  paramak  parameskthindm  | 
ddityavarnaih  tamasah  purastdd  ämananti  yam  ||  1 1| 

2)  Sahajätisayastavah,  9  slokas,  beginnt: 

sri-Hemachandraprahhavdd  Vüarägastavdd  italj.  \ 
Kumdrapdlahhüpdlah  prdpnotu  phalam  ipsitam  [|  1 1| 

3)  Karmakshayajätistaval?,   15  slokas. 

4)  Surakj-itätisayastavat,  14  slokas. 

5)  Prätihäryastavalj,  9  slokas. 

6)  Pratipakshaniräsastavah,   12  slokas. 

7)  Jagatkartriniräsastavat,  8  slokas. 

8)  Ekäntaniräsastavah,  12  älokas. 

9)  KaHstavah,  8  slokas. 

10)  Adbhutastavah,  8  41okas. 

11)  Mahitastavah,  8  slokas. 

12)  Vairägyastavah,  8  slokas. 

13)  Hetuniräsastavah,  8  Mokas. 

14)  Yogasiddhistavah,  8  Mokas. 

15)  Bhaktistavah,  8  slokas. 

16)  Atmagarhästavah,  9  ölokas. 

17)  Saranagamanastavalj,  8  älokas. 

18)  Kathoroktistavah,   10  Slokas. 

19)  Ajnästavah,  8  61okas. 

20)  Asistavah,  8  älokas,  endigt: 

tava  preskyosmi  ddsosmi  sevakosmy  asmi  kimkarahi  \ 
Om  iti  pvatipadyxsva  ndtlia  ndtali  param  bruve  ||  8 1| 
Das  Stotra  ist  ein  kurzes  poetisches  Compendium  der  Jaina-Lehre  und  dürfte  Hemachandra's  erster 
Versuch  sein,  Kumärapäla  mit  den  Grundlehren  des  Jainismus  bekannt  zu  machen. 


254  ö-  BüHLBR. 

83     Indian  Antiquary,  vol.  IV.,  p.  268—269. 

83  Die  Erziililiing  vom  Yukavihära  findet  sich  im  Prabandhachintämani  p.  232,  die  von  der  Bestrafung 
des  Laksba  im  Prabhävakacliaritra  XXII.  823 — 830.  Kelhana  von  Nacjidüla  ist  eine  geschichtliche  Persön- 
lichkeit und  wird  in  einer  Inschrift  vom  Jahre  V.  S.  1218  erwähnt,  siehe  oben  S.  203.  Die  Erlassung  des 
Edictes  der  Amäri  wird  natürlich  auch  in  allen  Prabandhas  erwähnt.  Im  Prabhävakacliaritra  XXII.  691 
hcisst  es,  dass  es  unter  Trommelschall  im  ganzen  Reiche  verkündigt  ward.  Im  Prabandhachintämani  p.  211, 
243  wird  gesagt,  dass  das  Ediet  auf  eine  beschränkte  Zeit,  vierzehn  Jahre  erlassen  wurde.  Im  Kumärapäla- 
charita  wird  es  p.  144,  Z.  16,  p.  152  S.  erwähnt  und  werden  viele  Einzelheiten  angegeben,  welche  die  an- 
geftihrten  Berichte  des  Dvyäsraya  und  des  Prabandhachintäma^ii  wiederholen  und  erweitern. 

84  Prabhävakacharitra  XXII.  690 — 691;  Kumärapälacharita  p.  154. 

85  Prabhävakacharitra  XXII.  692 — 702;  Prabandhachintämani  p.  216 — 217;  Kumärapälacharita 
p.  205,  wo  auch  eine  Anekdote  über  einen  bestimmten  Fall  erzählt  wird;  Kirtikaumudi  II.  43 — 44.  Das 
Prabhävakacharitra  bemerkt  Vers  693  ausdrücklich,  dass  es  die  Kaufleute  (vyavahärin)  waren,  deren 
Vermögen  confiscirt  wurde,  wenn  sie  ohne  Söhne  starben.  Die  eben  erwähnte  Stelle  im  AbhijSänaSä- 
kuntala  findet  sich  im  sechsten  Acte,  p.  138 — 139,  ed.  Pischel. 

86  Die  sehr  verderbten  Verse,  Pi-abhävakacharitra  XXII.  603—609,  beziehen  sich  auf  den  Kumära- 
vihära.     Eine  zweite  Stelle  über  die  Bauten  findet  sich  Vers  683 — 689,  wo  es  heisst: 

PräsädaUj  saptahadaii  cha  yavdvanio  (V)  mahipatih  | 
dväInrhSatam  vihdrdndm  sdranydm  niramdpayat  ||  683 1| 
doau  hibhrau  dvau  cha  —  ^  dvau  raktotpalavarnakau  \ 
dvaii  nilau  shodaidtha  syuJi  prdsdddh  kanakaprahhdh  \\6S4i\\ 
srirohiniS  cha  samavasaranam  prahhupddukd  | 
a^okavitapi  chaivaih  dvdtrivüat  sthdpitds  tadd  ||  685 1| 
chaturohhSatichaityeshu  Snmanfa  Rtshahhddayah  | 
Simandliarddydi  chatvdro  chaturshu  nilayeshu  »a/cAaJ  |[  686 1| 
dvdtriihmtah  pürushundm  anyindsmdiiijarhhitam  (?)  | 
vyajijüapat  prahhor  hhfipa[h]  pürvavdhydnusdrafaJi  \\  687  || 
sa  panchavhh&aüvdtdngidamdno  Jine6varah  \ 
himat-Tihimapdldkhye  j)anchavimiatihastake  ||688 1| 
vihdresthdpyata  irimdn  Nemindihoparaiv  api  \ 
samastadeiasthdtieshu  Jainachaitydny  achikarat  ||689|| 

Der  Rath  Hemachandra's,  demzufolge  Kumärapäla  zweiunddreissig  Tempel  als  Busse  für  die  Sünden 
seiner  zweiunddreissig  Zähne  erbauen  sollte,  findet  sich  loc.  cit.,  Vers  701.  Drittens  wird,  Vers  722 — 726, 
von  einem  Tempel  in  Satrufijaya  berichtet,  der  24  Hastas  hoch  war,  und  der,  wie  der  Verfasser  hinzu- 
fügt, noch  jetzt  zu  sehen  ist. 

Die  vierte  Stelle  findet  sich  Vers  807—821: 

Evaih  kfitdrthayan.  janma  saptakshetryd  dhanaiii  vapan  | 
chakre  Samprativaj  Jainahhavanair  manditdm  mahim  ||  807 1| 
in-Saldkdn}'i7idrh  vylUarii  svopajfiam  prabhavonyadd  \ 
vydchakhyur  n^-ipater  dharmasthirikaranahetave  |j  808  ]! 
&ri-Mahdviravj-ittaih  cha  vydkhydfafntah]  aürayonyodd  \ 
devddhidevasa7hya7h[ban]dhaih  vydchakhyur  hhilpateh  pural}  ||809|| 
yathd  Prahhdvati  devt  hhüpdl-  Odayanapriyd  \ 
iri-Vefhakdvanipdlaputri  tasyd  yathd  TJWJ-a  ||810|| 
vdridhau  dya[vyan]farah  ka&chid  ydnapdtrarh  mahdlayam  | 
stamhhayitudipayatfch]  ^rdddhasydrdhaih[cha]  samputam  dvidham  \^%\\\^ 


Uebbr  das  Lkben  des  Jaina  Mönches  Hemachandra.  255 

enarii  devddhidevam  jja  upalaksharjitd  jjyabhum  | 

sa  prakdsayitdnya  (^?)  ity  uktvdsau  tirodadhe '\%i2\ 

pure    Vitahhaye  ydnaputre  samghaiite  yathd  \ 

anyalr  nodghdtifam  devyd   Vträkhydydfi  [khyayd]  prakdsitaJi[tam?]  \\SIS\\ 

yathd  Pradyotardjcisya  hastmh  sd  pratlmd  gatd  \ 

ddsyd  tafpratiblmham  chn  muktam  pa&chdt  pure  ?/a^Aa  ||  814  j| 

granthagaurablntyd  cha  td  [na]  tathd  varnitd  kathd  \ 

h-i-Viracharitdddro[jjne]yd  tasydfa  srufisakautukaih  ]|815|| 

shadhhih  kidokam  || 

tdiii  srutvd  bhüpatUi  kalpahastdnnipunadhiradhnu  (?)  | 

preshya  Vitahhaye  sna[sd]nyevi[chtjkhanattad  bhuvani  fcsÄa?irt<  ||  816 1| 

rdjamandiram  dlokya  bhuvomuna[onta]s  tetiharshitdh  | 

devatdvasarasthdnam  prdpur  himhaih  tathdrhatah  ||817j| 

dnttam  cha  vibho  rdjadJidnim  atisayofsavaih  | 

sa  praveiafm]  dadhe  tasya  saudhadaivatamsmani '^^\%\\ 

prdsddah  sphdtikas  tatra  tadyogyah  prithivibhrltd  | 

prdrebhetha  nishiddhai  cha  prabhubhir  bhdvivedibhik  \\S19\\ 

rdjaprdsddamadhye  cha  na  hi  devagufgrijham  bhavet  | 

itthagdnyd[mdjndjm,  anullahghya  nyavartata  tato  »^•«pa/«  ]|  820 1| 

ekdtapatratdm  Jainnidsanasya  prakdsayat f yan]  | 

mithydtva^ailavajram  sn-Hemachandraprabhur  babhau  ||821|| 

Dieselbe  Geschichte  wird  erzählt  im  Kuraärapäiacharita  p.  264  f. 

87  Prabandhachintämani  p.  216,  219,  231,  232,  238.  Jinamandana  wiederholt  die  Angaben  seiner 
Vorgänger  und  bringt  nichts  wesentlich  Neues,  ausser,  dass  er  p.  282  die  Zahl  der  von  Kumärapäla 
gemachten  Restaurationen  auf  16.000  bringt. 

88  Der  Minister  Yasodhavala  wird  in  der  Unterschrift  eines  Manuscriptes  der  Kaipachiirni  erwähnt, 
Kielhorn,  Report,  App.,  p.  11.  Von  Yasodhavala,  dem  ParamärafUrsten  von  Chandrävati  und  Achalagadh, 
erzählt  Somesvara  in  der  Pra.sasti  (Kirtikaumudi  App.  A,  p.  5  und  14,  Vers  35),  dass  er  mit  Kumarapala 
gegen  Mälvä  zog  und  den  König  ßalläla  erschlug.  Das  Prabhavakacharitra  weiss,  dass  er  von  Kuma- 
rapala nach  der  Hinrichtung  seines  Onkels  Vikramasiiiiha  auf  den  Thron  gesetzt  wurde.  Vikramasiiiiha 
wird  von  Somesvara  nicht  erwähnt,  dagegen  im  Dvyäärayamahäkävya  genannt.  Die  Fürsten  von  Chandrävati 
waren  niclit  sehr  mächtig  und  im  12.,  sowie  im  13.  Jahrhunderte  Vasallen  der  Chaulukyas.  Es  ist  desshalb 
gar  nicht  unwahrscheinlich,  dass  Yasodhavala  eine  Zeitlang  Kumarapäla's  Pradhan  war.  Ueber  Kapardin 
siehe  z.  B.  Prabandhachintamarii  p.  226 — 230;  nach  dem  Prabandhakosha  p.  102  war  er  im  Paramära-Rajput. 

89  Ich  bin  leider  nicht  im  Stande,  über  den  Umfang  dieses  Werkes  ganz  genaue  Angaben  zu 
machen,  da  ich  nur  einige  Abschnitte,  das  in  Calcutta  gedruckte  Jainaramslyana ,  das  von  H.  Jacobi  in 
der  Bibliotheca  Indica  herausgegebene  Parisish^aparvan  und  das  JVIannscript  der  Royal  Asiatic  Society 
welches  das  achte  Parvan  enthält,  habe  einsehen  können.  Die  Handschrift  des  Deccan  College,  No.  47, 
Coli,  of  1874/75,  in  welcher  Pai'vans  I,  II,  IV  fehlen,  ist  auf  715  Blättern,  mit  15  Zeilen  auf  der  Seite, 
geschrieben.  Der  Cambay-Bhandar  enthält  Palrabiatt-Handschriften  von  Parvan  I  (Petersen ,  First  Rep., 
p.  87),  II  (Peterson,  First  Rep.,  p.  19),  III  (Petersen,  First  Rep.  A.,  p.  11,  Third  Rep.  A.,  p.  124), 
VII  (Peterson,  First  Rep.  A.,  p.  23,  Third  Rep.  A.,  p.  145),  VIII  (Peterson,  First  Rep.  A.,  p.  34,  Third 
Rep.  A.,  p.  144),  X  (Peterson,  First  Rep.  A.,  p.  35)  und  vom  Parisishtaparvan  (Peterson,  First  Rep., 
p.  35).  Jinama^idana's  Angabe  findet  sich  im  Kumärapälacharita  p.  235,  Z.  It)  und  dürfte  annähernd 
richtig  sein. 

90  Ich  fand  dieses  Werk  (siehe  Report  on  S.  MSS.  1879  80,  p.  2,  5)  in  einem  Jlanuscripte  auf, 
wo  es  hinter  dem  Sanskrit-Dvyäsrayakavya  steht.    Ueber  andere  Handschriften  siehe  Peterson,  Third  Rep., 


256  ö.  Bchler. 

p.  lil  uud  Kielliorn,  Report  for  1880  81,  p.  77,  No.  374.  Es  enthält  sammt  dem  Commentare  nur  950  Ölokas. 
Citate  daraus  linden  sich  bei  Jinaman(Jana,  Kumärap&lacharita  p.  194.  Letztere  sind  die  einzigen  Theile 
des  Werkchens,   die  mir  jetzt  zugänglich  sind. 

91     Siehe  Böhtlingk  und  Rieu,  Abliidhänachintämani  p.  VII. 

93     Die  betreffenden  Verse  lauten  nach  meiner  Abschrift  aus  No.  702   Deccan   College  Collection 

1875  77: 

iri-HemasürUishyena  iriman-Mahendrasiirind  | 

hhakünishthena  tikeyaih  tannämnaiva  pratishthüä  \\  1 1| 
samyaktvajnänanidher  gunair  anavadher  sn-Hemachandraprabhor 
granthe  vydkritikausa[sa]lam  vyasanifnäm]  kvdsmädfimm  tddrisam  \ 
vydkhydma  snia  tathdpi  tarn  j)unar  idaih  nd&charyam  antarmanas 
•    tasydjasram  sthitasya  hi  vayarh  vydkhydm  anubrümahe  ||  2 1| 

Vergleiche  auch  Th.  Zachariae,  Beiträge  zur  indischen  Lexicographie  p.  75  ff.  Ich  glaube  nicht, 
dass  Hemachandra  den  Anfang  des  Commentares  selbst  geschrieben  hat,  was  Zachariae  für  möglich  erklärt. 

93  Handschriften  dieses  Werkes  mit  einem  Commentare  von  Mallishena  finden  sich  Deccan  College 
Collection  1872,73,  Nos  195—196;  1873/74  No.  286;  1880/81  No.  413.  Ich  bin  nicht  im  Stande,  etwas 
Näheres  über  das  Werk  zu  sagen,  da  mir  jetzt  keine  Copie  desselben  vorliegt. 

94  lieber  Rämachandra's  Raghuviläpa  siehe  meinen  Report  on  the  Search  for  8.  ÄISS.  1874  75. 
Eine  Copie  des  Werkes  findet  sich  in  der  Deccan  College  Collection  1875  77,  No.  760.  Das  Colophon 
des  Nirbhayabhima  ist  in  Peterson's  First  Report,  App.  I.,  p.  80  gegeben.  Rämachandra  scheint  sich 
(S.  II)  am  Ende  von  Kumärapäla's  Regierung  in  die  Intriguen  wegen  der  Thronfolge  gemischt  und  gegen 
dessen  Neffen  Ajayapäla  gewirkt  zu  haben.  Als  Ajayapäla  trotzdem  auf  den  Thron  kam,  Hess  er  ihn, 
wie  Merutufiga  (Prabandhachintamani  p.  248)  erzählt,  auf  einer  Kupferplatte  lebendig  rösten.  Yaäaschandra 
wird  erwähnt  Prabhävakacharitra  XXII.  746,  Prabandhachintamani  p.  206,  p.  223,  Kumärapälacharita 
p.  188;  Bälachandra  und  Gunachandra  Kumärapälacharita  p.  283,  siehe  auch  oben  S.  218.  Im  Brihajjnäna- 
kosha  zu  Jesalmir  finden  sich  Fragmente  einer  sri-lidmachandra-Gtmachandravirachitd  svopajna-Dravydlavi- 
kdrattkd.  Hinter  dem  tiitiyonkaprakdsah  steht  das  Datum  Saiiivat  1202.  Von  Udayachandra  erzählt 
MerutuAga,  Prabandhachintamani  p.  230,  eine  Anekdote,  welche  möglicher  Weise  eine  historische  Grund- 
lage haben  kann.  Einst,  heisst  es,  las  er  in  seines  Lehrers  Gegenwart  dem  Könige  das  Yogasästra  vor. 
Als  er  an  den  Vers,  IH.  105 

dantakeSanakhdsthitvagromndm  grahanam  dkare  | 

kam,  wiederholte  er  die  letzten  Worte  mehrmals.  Hemachandra  fragte  ihn,  ob  irgend  etwas  im  Manu- 
scripte  nicht  in  Ordnung  sei.  Er  antwortete,  dass  es  nach  der  Grammatik  °  tvagromno  heissen  müsste, 
da  Aufzählungen  von  Thiergliedern  im  Dvandva  die  Singularendung  bekämen.  Da  lobte  ihn  sein 
Lehrer.  Die  Handscliriften  haben  an  der  betreffenden  Stelle  sämmtlich  den  Singular  und  der  Commentar 
verweist  auf  die  Grammatik ,  nach  welcher  derselbe  erforderlich  ist.  Ueber  Udayachandra's  Erklärung 
von  seines  Lehrers  Grammatik,  siehe  Note  34. 

95  Der  erste  Vers  findet  sich  Prabandhachintamani  p.  216  —  217  und  Prabhävakacharitra  XXII.  701, 
der  zweite  Prabandhachintamani  p.  223  und  Prabhävakacharitra  XXII.  765,  der  dritte  Prabandhachintä- 
maiji  p.  224  und  Kumärapälacharita  p.  188.  Das  Dancjaka  wird  Prabandhachintama^ii  p.  238  erwähnt 
und  der  Halbvers,  welcher  einen  von  dem  Minister  Kapardin  begonnenen  vollendet,  p.  228.  Die  Beschreibung 
der  Art  und  Weise,  wie  Kumärapäla  die  zwölf  Gelübde  der  Jainas  erfüllte,  findet  sich  Kumärapäla- 
charita p.  187—213. 

96  Prabandhako.sha  p.  99 — 100:  Kumdrapdlendmdrau  prdrabdhdydm  Asvmasudipakshah  samdgdt  \ 
devatdndm  Kaiü/tiDaripramukhdndm  atofcho  'ijtikair  n]'ipo  vljfiaptali  \  deva  sapfamydrh  sapta  satdni  pamvalj, 
sapfa  mahishd  ashiamydm  ashta  mahishd  mhtau  iatdni  pa&avo  navamydrh  tu  nava  satdni  pasavo  nava  mahishd 


Uebek  das  Leben  des  Jaina  Mönches  Hbmachandra.  257 

devibhyo  rdjhä  deyä  bhavanti  pürvapurusliakramdt  \  räjd  tad  dkarnya  sn-Hemdntikam  agamat  |  kathitd  sd 
vdrttd  I  sriprabhvihih  karna  evam  evam  iiy  uktain  |  rdjotthitah  \  bhdshitäs  te  |  deyam  ddsydma  ity  uktvd  chati- 
kdkramena  rdtrau  devtsadane  kshiptdh  pasavah  |  tdlakdni  dridlukritdni  |  upaveSitds  teshu  prabhütd  dptardja- 
putrdli  I  prdtar  dyäto  n]-ipendrah  |  udghdtitdni  demsadanadvdrdni  \  madhye  drishtäh  paAavo  romanthdyamdnd 
nirvdtasayydsusthdh  \  bhiqidlo  jagdda  \  bho  ackotikd  ete  pasavo  maydbhümya [mtlbhyoJdatf.dll  \  yady  amübhyo- 
rodhi[chi]sliyantaite  taddgrasishyanta  \  param  nn  grastds  tasmdn[n]dmübhyo  de[vibhya]h  palam  ruchitam  \ 
hhavadbhya  eva  riochitam  \  tasmdt  tiishntm  ddhvam  nd[ham]  jivdn  ghdtaydmi  |  sthitds  te  vilakshdh  1  muktdi 
rhhdgdli  \  chhdgaviillyasamena  tu  dhanena  devibhyo  naivedydni  ddpitdni  || 

Jinamanclana's  Version  findet  sich  Kumäi-apälacharita  p.   155  ff. 

97  Prandhachintämani   p.   233  und   p.   234 — 35.     Die  beiden  Erzählungen  stehen   in   umgekehrter 
Ordnung  im  Kumärapälacharita  p.  190  und  191. 

98  Prabhävakacharitra  XXII.    703  ff.;  Prabandhachintämaflii  p.   237;    Kumärapälacharita    p.   246  f. 

99  Prabandhachintämani  p.  240;  Prabandhahosha  p.  112  ff.;  Kumärapälacharita  p.  268  ff. 

100  Kumärapälacharita  p.  267. 

101  Prabhävakacharitra  XXII.  731  ff.;    Prabandhachintämani  p.  223  f.;    Kumärapälacharita  p.  188  f. 

103  Prabandhachintämani  p.   243  f.;    Prabandhakosha   p.    100  f.;   Kumärapälacharita  p.    156  ff.    und 

p.  272  ff. 

108  Die  erste  Erzählunjg  tindet  sich  im  Kumärapälacharita  p.  213  f.  Die  zweite,  welche  p.  267  f.  am 
Ende  des  Werkes  steht,  steht  in  engem  Zusammenhange  mit  der  von  K.  Forbes,  Ras  Mala  p.  155  f., 
mitgetheilten  brahmanischen  Sage  über  Saökarächärya  und  Hemächärya.  Wahrscheinlich  ist  die  letztere 
nur  eine  Umbildung  der  Jaina-Legende  im  brahmanischen  Sinne. 

104  Prabhävakacharitra  XXII.  710  ff. ;  Kumärapälacharita  p.  236  f.  Mit  den  gewöhnlichen  Palm- 
bäumen werden  die  im  westlichen  Indien  häufigen  Phoenix  sylvestris  oder  Kharjüra  gemeint  sein;  mit 
den  Sritälas  die  in  Gujarät  seltenei-en  Exemplare  des  Borassus  flabelliformis. 

105  Prabhävakacharitra  XXII.  769  ff.  Auch  die  übrigen  Prabandhas  behaupten,  dass  Kumärapäla 
sein  Reich  dem  Hemachandra  schenkte.     Der  Anlass  wird  aber  verschieden  angegeben. 

106  Kumärapälacharita  p.  146. 

107  Kumärapälacharita  p.  211 — 223.  Am  Ende  des  Werkes  p.  279  findet  sich  noch  eine  andere 
Liste  von  Birudas,  welche  in  vielen  Punkten  abweicht. 

108  Prabhävakacharitra  XXII.  850  f.;  Prabandhachintämani  p.  237  f.;  Prabandhakosha  p.  102  ff. 
und  p.  112;  Kumärapälacharita  p.  243  und  p.  279. 

109  Prabhävakacharitra  XXII.  852—53;  Prabandhachintämani  p.  244  f.;  Kumärapälacharita  p,  286  ff. 
Da  Jinamandana's  Bericht  über  Kumärapäla's  Todesart  möglicher  Weise  historische  Elemente  enthält,  so 
mag  derselbe  in  extenso  gegeben  werden.     Derselbe  lautet  (p.  284  f.)  folgendermassen : 

Tatah  Mguruvirahdtwo  rdjd  yävad  dnukitrarh  Pratdpamallam  rdjye  nivesayati  tdvat  kirhchid  oikp,ta- 
rdjavargabhedo-(A)jayapdlo  bhrdtrivyali  h-i-Kumdrapdladevasya  visham  addt  \  tena  vidhuritagdtro  rdjd  jüdta- 
tatprapanchah  svarh  vishdpahdrasuktikdm  ko^asthdm  sigliram  dnayuteti  nijdptapurushdn  ddideM  |  te  cha  tdih 
purdpy  AjayapdlagriMtdm  jndtvd  tüshnhii  sthitdh  \  atrdntare  vydkule  samastardjaloke  vishd[paj hdre[ra]Sukter 

andga[via]ha[he]fu'm  jndtvd  kopi  papdtha  \ ity  dkaniya  ydta[va]d  rdjfd]  vimfUati  tdvat 

kopi  dsannasthah.  \  kintakfltyosi  bhüpdla   kalikdlepi  bhütale  \  dmantrayati  tena    tvdih  Sd vidhi/j,  |  dvayor 

Inkshaih  laksharh  dattvd  &iprdndgamahetum  jndtvd  | 

arthibhyah  kanakasya  dipakapiid  vUrdnitdh  kotayo 
vddesku  jjrativddindm  pratihatdh  k'tstrdrthagarbhd  girah  \ 

Denkiohriften  der  pbil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Üi.  33 


258  Cf.  BCULER.    Ubber  das  Lebbn  ües  Jaina  Mönches  Hemachandra. 

titräna  [uttihui  ?]  pratiropitair  nripatibhi/i  säruir  iva  kn4itam 
kartavyaih  kfitam  arthanä  yadi  vidhes  tatrdpi  sajjd  vayani\\ 

ity  udirya  (hiitidhärndhanihh  kj-itvd  grihitdnaiano  varsha  30  mdsa  8  divasdn  27  vdjyam  kritvd  kiitdrfhikj-ita- 

purushdHhah 

narvajiiuik  liridi  samumaran  gunim  api  ir'i-Hemacliundraprublmm 
dharinam  fadgaditai'n  chu  kalmaishaimishlpfakshdlandpushkalam  \ 
vyomdqnyaryama  1280  vatsare  visa[sha]laharyutsarpimürclikdhharo 
mpitvdvdpa  Kumdrapdlanyipatih  na  thya[vya]ntarddhUatdni  || 

Die  ausgelassene  Zeile  enthält  einen  hoffnungslos  verderbten  Prakrit  Vers. 


Verbesserungen  und  Xachträj^e : 

3G   statt   Mohaparäjaya   lius   Mohurü.jajjaräjaya. 
50  Jahre  lies   30  Jahre. 
Chänyadeva  lies   Chängadeva. 
Raivatavat&ra  lies   Raivatävatära. 
den  zur  Feier  lies  zur  Feier. 
Kalyäna  lies  Kalyäna. 
Versen  lies   Stavas. 
Pänduranga  lies  Pänduranya. 
fasst  lies  fast, 
yehaltenen  lies  gehaltene. 
Note   15  lies  Note   14. 
POliini  habe  lies   die   Eltern   hätten, 
mantrisry  lies  mantrisry. 
Die  citirte  Ausgabe  von  K.   Forbcs  Käs  Mala  ist  die  zweite,  Bombay   1878,  orsohioiiuiie. 


172, 

Z. 

3G 

173, 

n 

5 

175, 

r 

18 

179, 

„ 

30 

184, 

„ 

2 

194, 

u 

12 

196, 

„ 

27 

205, 

„ 

02 

208, 

„ 

31 

217, 

» 

21 

224, 

r 

16 

224, 

„ 

16 

•225, 

„ 

11 

Zweite  AbtheilTing". 


Abhandlungen  von  Nicht -Mitgliedern. 


EPIGRAPHISCHE  DENKMALER 

AUS 

ARABIEN. 

(KACH  ABKLATSCHEN  UND  COPIEEN  DES  HERRN  PROFESSOR  D"-  JULIUS  EUTING  IN  STRASSBURG.) 

VON 

.   D^   D.   H.   MÜLLER, 

PROFESSOR  AM  DER  UNIVERSITÄT  WIEN. 

(MIT  12  TAFELN.) 


VORGELEGT  IN  DEK  SITZUNG  AM  9.  MAI  1888. 


Einleitung. 

Vor  mehr  als  drei  Jaliren  hatte  ich  die  Ehre  der  kais.  Akademie  eine  Mittheihing 
über  das  von  Prof.  JuUus  Euting  ans  Arabien  mitgebrachte  epigraphische  Material  zu 
machen  und  die  Vorlage  einer  Bearbeitung  desselben  in  Aussicht  zu  stellen.'  Die  Bearbeitung 
dieses  Materials  musste  leider  durch  Verhältnisse  sachlicher  imd  persönlicher  Natur  länger 
hinausgeschoben  werden,  als  es  mir  im  Interesse  der  Wissenschaft  lieb  war.  Ich  darf  aber 
%aelleicht  die  Ueberzeugung  aussprechen,  dass  das  Werk  der  Entzifferung  dadurch  an  Sicher- 
heit und  Vertiefung  gCAvounen  hat.  Indem  ich  jetzt  der  kais.  Akademie  den  wichtigeren, 
wenn  auch  der  Zahl  nach  weitaus  geringeren  Theil  dieser  Inschriften  mit  Übersetzung  und 
Commentar  unterbreite ,  halte  ich  es  für  nothwendig ,  hier  über  die  mir  vorliegenden ,  in 
jeder  Beziehung  bedeutsamen  und  werthvollen  Denkmäler  Rechenschaft  zu  geben.  Ich  hatte 
schon  in  meinen^  ersten  Berichte  erwähnt,  dass  mir  von  Prof.  Euting  sechzig  Abklatsche  von 
Inschriften  aus  el-'Ola  übergeben  worden  sind  und  dabei  bemerkt,  dass  diese  Inschriften  in 
zwei  verschiedenen  Schriften  und  Sprachen  abgefasst  sind;  ausserdem  dass  mir  Professor 
Euting  die  Übergabe  der  Copieen  von  vielen  Hunderten  kleiner  Inschriften,  die  er  auf 
seiner  Reise  gesammelt  hatte,  zugesagt  habe.  Um  einen  Einblick  in  die  geographischen 
und  Volksverhältnisse  dieser  Gegend  zu  gemnnen,  hielt  ich  es  für  nöthig,  eine  Reise  nach 
Strassburg  zu  imternehmen ,  wo  ich  durch  die  Güte  Euting's  Gelegenheit  hatte ,  die  Tage- 
bücher dessell)en  durchzulesen  und  zu  studiren.  Dort,  wo  das  geschriebene  Wort  und  das 
gezeichnete  Bild  nicht  ausreichten,  griff  Euting  durch  seine  so  lebendige  und  klare  Schil- 
derung ein.  Nachdem  ich  also  vorbereitet  an  die  Entzifferung  der  Inschriften  heranzutreten 
entschlossen    war,   unterzog  sich  Euting  der  grossen  Mühe  und  fertigte  mit  der  ihm  eigen- 


'  Vgl.  den  Anzeiger  der  plulosopliisch-historischen  Classe  vom  17.  December  1884,  Nr.  XXVIII. 
Denkschriften  der  pbil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.    Alihandl.  Ton  Nichtmitgliedem. 


2  D.  H.  Müller. 

thüinlichen  Genauigkoit  und  Meisterschaft  von  allen  auf  der  Reise  gesammelten  Inschriften 
—  mit  Ausschluss  der  grossen  nabatäischen  —  die  in  den  Tagebüchern  zerstreut  waren, 
sorgtstltige  Copieen  an,  und  so  ist  ein  kleines  ,Liber  inscriptionum  proto-arabicarum,  sabaearum, 
minaicarum,  thanuldicarmn  etc.'  entstanden,  welches  auf  85  Blättern  mehr  denn  900  Inschriften 
in  verschiedenen  Alphabeten  und  Dialecten,  viele  Zeichnungen  von  Thieren,  die  in  die  Felsen 
gemeisselt  sind,  Ansichten  der  durchforschten  Gegenden,  tJbersichtskarten  und  architectonische 
Omaniente  etc.  enthält. 

Obgleich  die  vorliegende  Arbeit  sich  lediglich  die  Publication  der  in  el-'Ola  und  Um- 
gegend gesammelten  Inschriften  zur  Aufgabe  stellt  und  über  die  durch  den  ganzen  nord- 
westlichen Theil  der  Halbinsel  zerstreuten  kleinen  Inschriften  zunächst  nur  einige  orientirende 
Bemerkungen  gegeben  werden  sollen,  scheint  es  mir  dennoch  nöthig  eine  üebersicht  aller  iii 
dem  ,Liber  inscriptionum'  verzeichneten  Denkmäler  nach  ihren  Fundorten  weiter  unten  zu 
geben,'  wobei  ausdi*ücklich  hinzugeftigt  werden  möge,  dass  die  grossen  minäischen  und  lihjä- 
nischen,  von  denen  Abklatsche  vorliegen,  Avie  nicht  minder  die  kleinen  nabatäischen  und  ara- 
mäischen nicht  mitgezählt  worden  sind. 

Die  900  Inschriften  zerfallen  der  Schrift  und  Sprache  nach  in  drei  Gattungen,  von 
denen  die  zwei  ersten  grösstentheils  in  el-'Öla,  el-Higr  und  Umgegend  sich  finden,  während 
sie  in  den  übrigen  Fundstätten  nm-  sehr  selten  vorkommen.  Die  dritte  Gattung  ist,  wie 
man  aus  der  Übersiclit  ersieht,  weit  verbreitet,  und  -\vird  sich  uacli  festgestellter  Entzifferung 
in  mehrere  Unterabtheilungen  zerlegen  lassen.  Für  jetzt  genügt  es,  zu  sagen,  dass  man  in 
diesen  Gnippen  zunächst  die  vertical-  und  horizontallaufenden  Inschriften  unterscheiden  nuiss, 
die  auch  in  Bezug  auf  Alter  und  Schrift  von   einander  abweichen. 

Bei  der  Entzifferung  ist  der  Weg  vorgezeichnet  gewesen.  Man  musste  bei  diesen  der 
Schrift  und  Sprache  nach  verschiedenen  aber  doch  mit  einander  eng  verwandten  Inschriften 
mit  dem  Sicheren  und  Bekannten  beginnen  und  zur  Erforschung  des  Unsicheren  und  noch 
nicht  Bekannten  fortschreiten.  Denselben  Weg  werde  ich  jetzt  bei  der  Beschreibung  dieser 
Denkmäler  einhalten.  Ich  beginne  daher  mit  der  bekanntesten  Gattung,  der  sabäischen, 
oder,  genauer  gesagt,  der  minäischen,  von  der  in  dieser  Abhandlung  25  grössere  In- 
schriften nach  Abklatschen  und  etwa  50  kleinere  nach  Copieen  veröffentlicht  werden.  Wie 
ich  schon  früher  hervorgehoben  habe,  rühren  diese  Denkmäler  nicht  von  vorüberziehenden 
Caravanen  her,  sondern  von  einer  durch  Jahrhunderte  hier  ansässigen  Colonie  aus  Ma'in. 
Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  von  den  grossen  Inschriften  nicht  eine  einzige  ganz  erhalten 
blieb  und  wir  nur  Fragmente  überkommen  haben.  Eine  grosse,  ganze  Inschrift  wäre  für 
die  Entzifferung  von  unschätzbarem  Werthe  gewesen,  weil  dann  durch  Vergleichung  die  ver- 
stümmelten Stellen  und  die  dunklen,  diesen  Inschriften  allein  eigenthümlichen  Phrasen  leicht 
hätten  hergestellt  und  erklärt  werden  können. 

Da.s  vorhandene  Material  reicht  aber  vollkommen  aus,  um  daraus  den  Schluss  zu  ziehen, 
dass  die  Inschriften  von  einer  in  jener  Gegend  ansässigen  minäischen  Colonie  gesetzt  worden  sind. 

Die  Sprache  flieser  Inschriften  ist,  wie  die  dialectische  Eigenthümlichkeit  evident  dar- 
thut,  unzweifelhaft  minäisch.  Die  Stifter  dieser  Denkmäler  rufen  'Attar,  Wadd  und  Nakrah, 
die  Gottheiten  von  Ma'in,  an;  sie  erbauen  Thürme  und  Plattformen  zu  Befestigungs-  und 
sacralen  Zwecken,  ganz  Avie  in  Ma'in;  sie  erwähnen  mehrere  Könige,  die  schon  aus  den 
Inschriften  von  Ma  hi  bekannt  sind.   Dies  alles  sind  Thatsachen,  die  unwiderleglich  beweisen. 


'  Vgl.  die  Übersicht,  .S.  7  und  dazu  die  Reiseroute  auf  Tafel  XI. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  3 

dass  die  Denkmäler  von  einer  durch  Jahrhunderte  sesshaften  Bevölkerung  stammen.  Wir 
sind  sogar  in  der  Lage,  den  Beweis  zu  führen,  dass  die  minäische  Colonie  in  el-'üla  min- 
destens während  der  Regierungszeit  von  neun  minäischen  Königen  bestanden  hat.  In  einer 
Inschrift  von  el-'Öla*  wird  nämlich  der  König  IljalV  JaSür  (der  vorletzte  der  ersten  Gruppe 
minäischer  Könige)^  in  einer  andern'  Abftkarib  Jati',  Sohn  des  Waqahil  Sadlq  (der 
siebente  König  der  zweiten  Gruppe)  erwähnt.  Da  die  zweite  Gruppe  erwiesenermassen  nach 
der  ersten  regiert  hat,  so  ist  der  Schluss  gesichert,  dass  die  Colonie  während  der  Regierung 
dieser  neun  Könige  (also  etwa  180  Jahre)  geblüht  hat. 

Das  Alter  dieser  Inschriften  genau  zu  bestimmen  ist  nicht  möglich,  man  darf  aber  ver- 
muthen,  dass  sie  etwas  jünger  als  die  älteren  sabäischen  Inschriften,  also  etwa  in  die  Zeit 
nach  Sargon  zu  setzen  sind. 

Wir  wissen,  dass  die  Königin  Samsi  von  Arabien  (Sa-am-si  sar-i'at  mat  A-ri-hi)  und  Jatamar 
Sabal  an  Sargon  nach  dessen  Siege  über  Hanno ,  den  König  von  Ghazza ,  Tribut  gezahlt 
haben.  Der  Umstand,  dass  in  el-'Öla  nur  minäische  und  keine  eigentlich  sabäische  Inschriften 
gefunden  wurden,  während  in  der  Sargoninschrift  der  König  der  Sabäer  Jatamar  aber  kein 
Minäer  envähnt  wird,  macht  es  wahrscheinlich,  dass  zur  Zeit  Sargon's  die  Minäer  noch  nicht 
soweit  nördlich  vorgedrungen  waren,  es  sei  denn,  sie  standen  den  fremden  Mächten  gegen- 
über unter  dem  Scliutze  des  Sabäerkönigs.  Die  Königin  Samsi  wird  auch  schon  auf  In- 
schriften des  Vorgängers  Sargous,  auf  Inschriften  Tiglat-Pilesers  IL  als  tributäre  Fiu-stin  ge- 
nannt. Ihre  Regierungszeit  fällt  also  in  die  letzten  Jahre  Tiglat-Pileser's  und  die  ersten  Jahre 
Sax-gon's.  In  den  Annalen  des  Ersteren  zum  Jahre  acht  (738  v.  Chr.)  wird  auch  Zabibi,  die 
Königin  von  Arabien  (Za-hi-hi  sar-rat  mat  A-ri-hi)  neben  dem  König  Menahem  von  Samaria 
und  Resin  von  Damascus  angeführt.  Diese  Königin  war  also  die  luimittelbare  Vorgängerin 
der  Samsi.  Es  ist  wohl  der  Schluss  gestattet,  dass  zu  jener  Zeit  in  einem  nordarabischen 
Gemeinwesen  Frauen  die  Herrschaft  gefuhrt  haben.  Nun  findet  sich  in  der  minäischen  In- 
sclirift  von  el-Higr  (XXVII,  5)  die  Stelle : 

,Adab[i]  die  Königin  dieser  Stadt' 

wodurch  die  Existenz  einer  weiblichen  Herrscherin  in  jener  Gegend  gesichert  erscheint. 
Man  darf  daraus  vielleicht  folgern,  dass  die  Zeit  der  Inschriften  nicht  sehr  weitab  liegt  von 
der  Zeit  Sargon's,  da  vms  sonst  nirgends  weibliche  Regentinnen  in  dauernder  Aufeinander- 
folge ül>erliefert  worden  sind.  Das  ist  leider  Alles,  was  man  vorderhand  für  die  Bestimmung 
des  Alters  dieser  Colonie  beibringen  kann.* 

Was  den  Inhalt  der  Inschi-iften  betrifft,  so  sind  sie  grossentheils  Bau-  und  Weihinschriften, 
die  im  Style  sich  den  minäischen  Denkmälern  anschliessen,  aber  auch  neue,  nur  diesen  In- 
schriften eigenthümliche  und  daher  sclnver  zu  erklärende  Wendungen  aufweisen. 

In  einzelnen  Wörtern  und  Eigennamen  glaube  ich  auch  nordsemitischen  Einfluss  und 
nordsemitische  Entlehnmigen  zu  erkennen.^  Daneben  kommen  auch  dialectischc  Abweichungen 
vor,  die  gehörigen  Ortes  erwähnt  werden  sollen.     Es  sei  auch   ausdrücklich   hervorgehoben. 


1  Vgl.  V,  4  und  XXII,  I.  2  Vgl.  Burgen  und  Schlösser  II,  S.  67  (Sitzungsberichte,  Bd.  XCVII).  '  Vgl.  Nr.  XI,  7. 

*  Icli  darf  nicht  verschweigen,  dass  in  der  Inschrift  XXIV,  8  der  Name  f  ^^^  (also  Samsi  oder  Samsaj)  zu  stehen  scheint. 
Der  Zusammenhang  ist  leider  dunkel,  das  dritte  Zeichen  auch  nicht  ganz  sicher,  es  ist  aber  nicht  ausgeschlossen,  dass 
hier  eine  Erwähnung  der  in  den  assyrischen  Inschriften  gedachten  KOnigin  Samsi  vorliegt. 

!•  Vgl.  z.  B,  das  Wort  ^n-h'M  (IV,  5). 

a* 


4  D.  H.  Müller. 

dass  die  kleineren  Inschriften  auch  von  vorüberziehenden  Caravanen  herrühren  können. 
Unter  diesen  findet  sich  eine,  wo  ein  Mann  sich  ausdrückhch  als  Thlli^  ,Sabäer'  bezeichnet.^ 
Es  scheint  auch ,  dass  Nordaraber  sich  ebenfalls  dieser  Schrift  bedient  haben ,  um  ihre 
Namen  im  Felsen  zu  verewigen;  denn  nur  so  erkläre  ich  mir  das  Vorkommen  einiger  sonst 
nxur  im  Nordarabischen  nachweisbarer  Eigennamen.  Freilich  muss  man  bei  solch'  feineu 
Unterscheidungen  mit  iiusserster  Vorsicht  zu  Werke  gehen,  da  man  leicht  blosse  Zufällig- 
keiten für  dialectische  Eigenarten  erklären  kann. 

Von  ganz  besonderem  Werthe  ist  die  zweite  Gattung  der  Inschriften,  die  in  el-'Öla  in 
grosser  Anzahl  vorkommen  und  die  ich  die  Lihjfinischen  nenne.  Sie  sind  historisch,  sprach- 
lich und  grapliisch  gleich  mchtig.^  Eine  Prüfung  der  Schrift  dieser  Denkmäler  hat  ergeben, 
dass  sie  ein  Mittelglied  bildet  z-\^äschen  dem  altphönikischen  und  dem  sabäischen  Alphabete. 
Der  ganze  Schriftcharakter  zeigt  schon  die  regelmässigen,  ja  fast  geometrischen  Formen  des 
sabäischen  Alphabets.  Die  meisten  Zeichen  sind  ihrer  Grundform  nach  mit  den  sabäischen 
ganz  identisch,  einige  wenige  zeigen  jedoch  leichte  Veränderungen,  die  sich  fast  alle 
älter  erweisen,  als  die  entsprechenden  sabäischen  Formen.  Besonders  merk^^ürdig  ist  es,  die 
Versuche  zu  beobachten ,  wae  die  südsemitischen  Alphabete  graphische  Ausdrücke  für  die 
den  Südsemiten  allein  eigenthümlichen  Laute  bildeten.  In  einem  A])sclmitt  über  die  Schrift  der 
lihjanischen  Inschriften,  der  weiter  unten  folgt,  werde  ich  im  Einzelnen  die  hier  aufgestellten 
Behauptungen  begründen  und  die  Folgerungen  für  die  Geschichte  der  semitischen  Schrift 
ziehen.  Hier  sei  nur  noch  kurz  erwähnt,  dass  eine  lihjänische  Inschrift  sich  auf  einem 
babylonischen  Cylinder  findet,  der  nach  der  Meinung  der  besten  Autoritäten  aus  dem  Jahre 
1000  V.  Chr.  stammt.  Man  hat  bis  jetzt  die  Inschrift  irrthümlich  für  sabäisch  gehalten. 
Die  Thatsache  selbst,  dass  in  dieser  Gegend  lange  vor  Christi  Geburt  eine  arabische  Schrift 
vorhanden  war,  ist  von  eminenter  Bedeutung,  wenn  man,  wie  schon  Renan  bemerkt  hat, 
bedenkt,  dass  vor  kaum  70  Jahren  ein  so  hervorragender  Gelehrter,  wie  Silv.  de  Sacy,  eine 
Abhandhmg  veröffentlichte,  worin  er  zu  beweisen  sucht,  dass  die  Araber  vor  Muhammed 
überhaupt  nicht  schreiben  konnten. 

In  sprachlicher  Beziehung  erweist  sich  dieser  Dialect,  sowohl  was  das  Lautliche  als 
die  Formenbildung  betrifft,  als  ein  südsemitischer  und  zwar  nordarabischer  Dialect,  wenn 
er  sich  auch  von  dem  uns  bekannten  classischen  Nordarabisch  in  einigen  Punkten  unterscheidet. 
Die  wesentlichen  Merkmale  des  Sabäischen  und  Minäischen,  die  Mimation  und  der  Status  de- 
monstrativus  oder  der  nachgesetzte  Artikel  n  fehlen  hier,  dafür  wird  ein  Artikel  ha  vorgesetzt. 
Das  Vorkommen  dieses  Artikels,  sowie  eine  andere  grammatische  Erscheinung,  die  Bildung 
des  Participiums  der  VII.  Form  ohne  praefigirtes  m  (also  Jl*äj  für  Ji.*ää>c)  gestatten  nicht  den 
Schluss,  dass  luer  ein  von  nordsemitischen  Sprachelementen  beeinflusster  Dialect  vorliege, 
vielmehr  ist  die  Anwendung  des  Artikels  in  den  semitischen  Sprachen  so  spät  durchgedrungen, 
dass  jede  Sprache  hierin  einen  eigenen  Weg  eingeschlagen  hat,  und  es  ist  nur  blosser  Zu- 
fall, dass  hier  wie  im  Hebräischen  das  demonstrative  ha  als  Artikel  gebraucht  wird.  Das 
Gleiche  ist  der  Fall  mit  dem  Participium  des  Niph'al.  In  einem  Abschnitt  über  die  Sprache 
der  lihjanischen  Inschriften  habe  ich  versucht,  einen  kurzen  grammatischen  Abriss  dieses  Dia- 
lectes  zu  geben.  Es  ist  aber  ein  ftir  die  Sprachgeschichte  hochwichtiges  Factum  aus  diesen 


«  Vgl.  Eating  383  =  496:  ?  h  Fl  f^  I  HY  I  ^fM- 

5  Der  erste  Versuch  einer  Entzifferung  dieser  Inschriften  wurde  auf  Grund  der  Doughty'schen  Copioen  von  dem  scharfsin- 
nigen Forscher  Joseph  HalÄvy  gemacht,  der  in  der  Kevue  des  Etudes  juives  1884  einige  Inschriften  transscribirte  und 
Übersetzte.  Ich  theile  seine  Transscription  und  Uebersotzung  im  Commentare  vollständig  mit. 


Epigraphische  Denkmäler  aos  Arabien.  5 

Inschriften  erwachsen :  Die  Existenz  einer  nordarabischen  Schriftsprache  1000  oder 
1200  Jahre  vor  Muhammed. 

Nachdem  Schrift  und  Sprache  dieser  Denkmäler  erkannt  sind,  so  tritt  uns  die  Frage 
entgegen:  Wer  war  das  Volk,  von  dem  diese  Inschriften  herrühren?  Man  hat  in  erster  Reihe 
mit  Recht  an  die  Thamüdäer  gedacht.  Der  Name  der  Thamüd  findet  sich  schon  auf  einer 
Liste  der  von  Sargon  unterworfenen  Stämme  Arabiens  aus  dem  Jahre  715  v.  Chr/  Auch  die 
classischen  Schriftsteller  Agatharchides,  Diodor,  Plinius  und  Ptolemäus  kennen  die  Thamüdäer 
und  erwähnen  sie  als  Grenzuachbarn  der  Nabatäer.  Noch  hundert  Jahre  vor  dem  Aiiftreten 
des  Islam  werden  thamüdäische  Reiter  im  römischen  Heere  erwähnt.  Zur  Zeit  Muhammed's 
waren  die  Thamüdäer  vom  Schauplatze  der  Geschichte  verschwunden,  und  die  koränische  Sage 
lässt  sie  in  den  Madäin-Sälih  schmählich  zu  Grunde  gehen.  Die  Thamüd  haben  also  nach- 
gewiesenermassen  in  dieser  Gegend  nahezu  zwölf  Jahrhunderte  gehaust  und  man  darf  mit 
Fug-  und  Recht  die  Thamüd  oder  ihnen  verwandte  Stämme  als  die  Urheber  dieser  Inschriften 
bezeichnen.  Leider  kommt  der  Name  der  Thamüd  in  den  Inschnften  nicht  vor.^  Dagegen 
nennt  sich  das  Volk,  welches  die  Denkmäler  errichtet  hat,  selbst  j'Tl'?  =  Li hj  an.  Der  Name 
Lihjän  kann  eine  Unterabtheilung  der  Thamüd  bezeichnen,  die  vielleicht  eine  Zeit  lang  die 
Hegemonie  im  Lande  führte.  Es  ist  auch  möglich,  dass  der  Name  Thamüd  ihnen  von  ihren 
Nachbarn  beigelegt  worden  war,  wie  ja  oft  Völker  anders  genannt  werden  und  sich  selbst 
anders  nennen.  Das  steht  fest :  Das  Volk  selbst  nennt  sich  Lihjan  und  seine  Könige  nannten 
sich  ,die  Könige  von  Lihjän',  wesswegen  ich  mich  für  berechtigt  halte,  den  Namen  Lihjän 
in  die  Wissenschaft  einzuführen. 

Die  Könige  der  Lihjän,  nach  denen  die  Inschriften  datirt  werden,  sind  folgende: 

Talmi,  Sohn  des  Hanu'äs  (4,  5); 

Talmi,  Sohn  des  Laudän,  König  der  Lihjän  (8,  5); 

Tahmi,  Sohn  des  Hanu'äs  (9,  3); 

Hanu'äs,  Sohn  des  Talmi,  König  der  Lihjän  (25,  5/7). 

Über  diese  Dynastie  ist  uns  sonst  keine  Nachricht  erhalten  und  nur  die  Zukunft  kann  uns 
durch  neue  Ausgrabungen  Aufschlüsse  bringen.  Es  scheint  mir  aber  sicher  zu  sein,  dass  es 
eine  nordarabische  Dynastie  war.  Dafür  sprechen  die  Namen.  An  eine  Vergleichung  des 
n.  pr.  Ptolemäus  zur  Erklärung  des  Namens  ''übn  ist  nicht  zu  denken. 

Über  den  Cultus  dieses  Volkes  lässt  sich  aus  den  Inschriften  nur  sehr  wenig  Sicheres 
zusammenstellen.  Die  gemeinsemitischen  Wörter  für  Gott  hn  und  nbx  finden  sich  in  lihja- 
nischen  Eigennamen,  ebenso  die  rhu  (=  c.)^JI?).  Ausserdem  ist  in  einer  Inschrift  (22,  2)  die 
Rede  von  den  Statuen  und  Göttern  Nasr  ...(..  "1D3  nnnnSs),  daneben  werden  die  Götter  Wadd 
und  Jagüth  (beide  in  Eigennamen)  nachgewiesen  werden  können,  also  dieselben  Gottheiten, 
welche  der  Koran,  Surah  71,  V.  21  ei-wähnt.  Auch  eine  Gottheit  Jaqin  scheint  dieses  Volk 
verehrt  zu  haben.  Allerdings  kommt  auch  Ba'al  (im  Eigennamen  h'l!'2ir\'i  35,  1)  vor,  es  ist 
aber  wahrscheinlich  der  Name  eines  Phönikiers.^ 

Über  die  Abkunft  der  Thamüd  haben  die  arabischen  Genealogen  die  Behauptung  auf- 
gestellt, sie  wären  sabäische  oder  südarabische  Einwanderer  gewesen.  Die  Ähnlichkeit  der 
Schrift,  wie  die  Nähe  der  sabäischen  Colonie  mögen  zu  dieser  Annahme  Veranlassmig  gegeben 


1  I.  E.  36,  Z.  20  und  Botta  7,ö,  3. 

2  Vgl.  jedoch  Eutiug  008  g^l>|  (=  >5^J?)  und  Doughty,  PI.  XXII,  Fol.  41,  Nr.  14  >|wgV  =  -\ünn. 

ä  ijber  die  wahrscheinliche  Erwähnung   einer  offenbarten   Religion   und   die  Berührung  mit   dem   Judenthume  wird   weiter 
unten  (zu  Nr.  21  und  23)  gesprochen  werden. 


6  D.  H.  Müller. 

haben.  Wir  werden  aber  sehen,  dass  die  Lihjan  nicht  den  Sabäern  die  Schrift  entlehnt  haben, 
sondern  das  Gegentheil  ist  der  Fall:  Das  phönikische  Alphabet  ist  durch  Vermittlung-  der 
Lihjäu  oder  verwandter  Stumme  nach  Sttdarabieu  gekommen.  Die  Sprache  ist  ebenfalls  nord- 
arabisch. Wir  sind  daher  (vorausgesetzt,  dass  Lihjan  und  Thanutd  identisch  sind)  Ijerechtigt, 
gegen  die  arabische  Tradition  die  Thamful  als  alte  nordarabische  Stämme  zu  betrachten, 
denen  die  Nabatäer  die  Herrschaft  über  jene  Gegenden  streitig  gemacht  haben. 

Fragen  wir  nach  dem  Alter  dieser  Insclu-iften,  so  können  wir  nur  mit  Sicherheit  be- 
haupten, dass  sie  älter  sind,  als  die  nabatäischen  Inschriften  in  Arabien,  in  denen  wir  Lehn- 
wörter aus  dem  lihjAnischen  Dialect  nachzmveisen  im  Stande  sind.'  Die  Alterthümlichkeit  der 
Sprache,  die  Thatsaclie,  dass  lihjanische  Schriftzeichen  schon  axif  einem  babylonischen  Cy- 
linder  aus  dem  Jalu-e  1000  v.  Chr.  vorkommen,  sowie  die  Berührungen  mit  den  Inschriften 
der  minäischen  Colonie*  legen  die  Vermuthung  nahe,  dass  diese  Denkmäler  spätestens  aus 
dem  iiinften  oder  sechsten  Jalirhundert  v.  Chr.  stammen. 

Die  dritte  Gattimg  der  Inschriften,  die  nur  in  Copieen  Euting's  (und  zum  Theil  auch 
Huber's  und  Doughty's)  vorliegen  und  die  ich  vorderhand  die  protoarabischen  nennen 
werde,  sind  sehr  verbreitet  und  erreichen  die  Zahl  von  750  Nummern.  Eine  genaue  WUr- 
digimg  derselben  wird  erst  nach  vollständiger  Entzifferung  und  Pul)lication  stattfinden  können. 
F.ä  möge  mir  aber  schon  jetzt  gestattet  sein  zu  bemerken,  dass  diese  Inschriften  zur  Er- 
kenntniss  der  Entwicklungsgeschichte  der  südsemitischen  Schrift  sehr  Wesentliches  beitragen 
werden.  Neben  den  liorizontal  laufenden  Inschriften  finden  sich  darunter  sehr  viele  Inschriften 
mit  verticaler  Richtung.  Durch  die  verschiedene  Art  der  Schriftrichtung  erklärt  sich  leicht, 
wie  gewisse  sabäische  Formen  aus  den  phönikischen  hervorgegangen  sind.  Audi  scheinen 
einzelne  Zeichen  dieser  Alphabete  dem  Sabäischen  noch  näher  zu  stehen,  als  die  entspre- 
chenden Zeichen  der  lilijänischen  Denkmäler.  Der  Sprache  nach  gehören  sie  wohl  demselben 
oder  einem  sehr  verwandten  Dialecte  an,  wie  die  lilijänischen.  Besonders  ist  die  Existenz 
des  Artikels  ha  hervorzuheben.  Joseph  Hal^vy  hat  nach  den  Copieen  Doughty's  vier  In- 
sclxriften  dieser  Gattung  transscribirt  und  übersetzt.  Ich  kann  ihm  nicht  in  Allem  lieistimmen, 
muss  aber  den  Scharfsinn  be^^^lndern,  der  auf  Grund  so  weniger  Inschriften  so  glückliche 
Entzifferungsversuche  gemacht  hat.  * 

Nach  diesen  einleitenden  Bemerkungen  lasse  ich  eine  Übersicht  der  Inschriften  und 
eine  Beschreibung  el-'Öla's  aus  der  Feder  des  Professors  Euting  folgen,  welche  den  Leser 
tlber  die  Fundorte  der  Inschriften  orientiren  werden.  Ich  widme  hierauf  einen  Abschnitt  der 
Sprache  und  einen  weiteren  der  Schrift  der  Lihjän'schen  Denkmäler  um  dann  an  die  Er- 
klärung der  Inschriften  selbst  heranzutreten. 

Ein  sabäisches  und  möglichst  vollständiges  lihjänisches  Wörterverzeichniss  und  ein  Sach- 
register schliessen  diese  Abhandlung. 

Von  den  zwölf  Ijeigegebenen  Tafeln  enthalten  Tafel  1 — 5  die  Reproductioiieu  der 
Abklatsche  auf  photo-mechanischem  Wege  ohne  jede  Beihülfe  eines  Zeichners  oder  einer 
Retouclie,  so  dass  man  auch  ihnen  die  Worte  vorsetzen  kann:  ,Sol  ipse  solus,  chemia  la- 
lioris  participe,  imagines  pingit'.  Die  Tafeln  6 — 12  sind  nach  Professor  Euting's  Zeichnungen 
photo-lithographisch  abgebildet  \\orden. 


'  So  z.  B.  die  häu6g  in  den  nabatäischen  Inschriften  vorkommenden  Wörter  K"IB3  und  piSK. 

'  Hierzu  rechne  ich  die  gleichen  Fundstätten  und  die  Entlehnungen  aus  dem  Minäischen,   so  das  Wort  nnss  =  minäisch 
HXOfl  (^8'  2  und  67,  2)  und  die  Eigennamen  yniöy  =  oX)^<D  und  pbs  =  HY1°- 


Epigraphischb  Denkmäler  aus  Arabien.  7 

Übersicht  der  Inschriften. 

N°  der  Inschriften                                                          Fundstätte  Datum 

1.  i_20       Twer  in  der  Oase  Gjof  (o^l  ^  ^^)  ....  11.  October          1883 

2.  21—98       Gjobbeh  (^L) 18.        „                   „ 

3.  99 — 132     Asaba'  el-Gildijje  (sjJJJ.!  ^'^^) H-  November         „ 

4.  133—142     El-Gildijje  (xljdil) 12.  November         „ 

5.  143—175     Saib  Buäb  (^^^  ^^*^) 12.          „                  „ 

6.  176 — 214     Beim  Brunnen  KMsareli   (5j..«=Li».)   in   den  Rumai- 

minät  (cjLäa^ajn) 15.          „                   „ 

7.  215—225     Salitse  oder  Sa'like  (xXAx^) 16.          „                   „ 

8.  226—235     Gebel  es-Serra  (.yjt  Ju.=.) 27.-28.  Januar     1884 

9.  236—239     Am  Belüm  (,w^0  im  G.  Misma'  ([♦«uo  Ju=.)  .     .  6.  Februar             „ 

10.  240—288     Im  Alai  (^Ül)  des  G.  Misma 6.  und  7.  Februar       „ 

11.  289—301     Am  Radir  (^tU)  des  'Erqüb  (o^^*Jl) 7.  Februar             „ 

12.  302—311     Am  Nadim  el-'Erqüb  (v^-^»^l  ^i) 8.         „                    „ 

13.  312—326     Am'Erqftb 8.         „                    „ 

14.  327—335     Am  Felsen  Rükham  (^j) .10.         „  „ 

15.  336—339     Qänn-ali  (s^^äJI) 10.         „                   „ 

16.  304—500     Mahaggeh  (ji^) 10.  und  11.  Febr.    „ 

17.  501—651     Laqat  (iaÄJ) .  12.  Februar             „ 

18.  652—680     Landschaft  Kholeh  (xj^)  in  Kebad  oder  Akbäd, 

(sprich  Tsebad  oder  Atsbad  o\~S  oder  oLi'l)    .  13. 

19.  681—682     Teimä,  Mantar  bani  'Atijjeh  (xlk*  ^  JäJuc)  .     .  21. 

20.  683—684     Teimä,  Tebük,  Feldhügel  im  Süden 28. 

21.  686 — 687     Eine  Tagreise  nördlich  am  Berge  Farwa  (s^vi)     .  5.  März 

22.  688 — 690     Zwei  Stunden  westlich  von  Teimä  am  sogenannten 

Kser  (»juais) 6-      ;? 

23.  691           Teimä,  im  Kasr  ed-däir ^-      » 

24.  692—718     Teimä,  Rar  el-Hamäm  (j.Uil  J^)  V/,  St.  nordöstl.  8.      „ 

25.  719 — 754     Auf  dem  Weg  von  Teimä  nach  el-Hegr  im  Dirs 

(uii^^l) 14.      „ 

26.  755—769     El-Hadab  {^^\) 15.      „ 

27.  770—792     El-Higr  (^1) 25.      „ 

28.  793—899     P:i-*Öla  (^^i.l|)  in  el-Khreibeli  (^aj^I) 27.      „ 

29.  900—903     P:i-'Öla  (in  der  Stadt) 24.      „ 


n 


T^ 


)? 


D.  H.  Müller. 


El-'Öla,  beschrieben  von  Julius  Euting. 


Parallel  mit  dem  syrischen  Derb  el-hagg,  d.  li.  der  Pilgerstrasse  nach  Mecca  —  auf 
seiner  westlichen  Seite  —  läuft  von  Tebük  bis  el-Higr  (oder  Madä'in  Sälili)  der  zusammen- 
hangende Gebirgszug  der  Harrat  el-'awerid  (.jöoyiJI  sZä-),  auf  dessen  nördlichen  Gipfeln 
Läjeh.  Wutar,  Scheiban,  ich  im  Anfang  Mäi-z  1883  noch  zusammenhängende  Schneefelder 
gesehen  habe.  Der  Gebirgszug,  im  nördlichen  Tlieil  gipfelig  gegliedert,  ninnnt  gegen  Süden 
tafelförmige  Gestalt  an,  besteht  im  Norden  aus  Granit  und  Gneis,  aus  welchen  vulkanische 
Kegel  herausragen,  gegen  Süden  aber  aus  buntem  Sandstein;  er  scheint  jedoch  auf  der 
ganzen  Ausdehnung  mit  vulkanischem  Auswurf  überstreut.  Der  Sandstein,  welcher  in  der 
Umgebung  von  el-Higr  durchweg  weisse  Schichten  zeigt,  geht  bei  der  Annäherung  an  el- 
'01a  in  eine  kräftig  -  rothe  Färbimg  über;  und  Avährend  bei  el-Higr  die  Felsen  in  ab- 
getrennte Gruppen  oder  freistehende,  stumjjfe  Kegel  zerfallen,  zeigt  der  rothe  Sandstein  bei 
el-'Öla  geschlossene,  fast  senkrecht  abgeschnittene  Wände,  zwischen  denen  nur  selten  eine 
tiefere  Spalte  sich  hinzieht. 

Die  Stadt  el-'Ola  (JkAjl),'  ehemals  die  nördlichste  Grenzfactorei  der  Sabäer,  welche  von 
hier  ab  ihre  Waaren  an  die  Caravanen  der  Nabatäer  abgaben,  ist  eine  reiche  Fundstätte 
protoarabischer  (sabäischer,  minäischer,  thamüdäischer?)  Inschriften.^  Die  Ansiedlung  liegt 
in  einer  tiefen,  so  ziemlich  von  Nord  nach  Süd  laufenden,  kaum  eine  halbe  Stunde  breiten 
Schlucht  (siehe  den  Plan,  Taf.  XI),  zwischen  2—300  Meter  hohen  Felswänden  eingeschlossen, 
ist  ganz  von  Mauern  mngeben,  welche  zugleich  die  Palmen  mit  ihren  reichen  Quellen  um- 
fassen. Das  Klima  ist  heiss  und  fieberreich;  Eisbildung  ist  hier  selbst  in  den  strengsten 
Wintern  unbekannt.  Dagegen  ist  der  Boden  an  Wasser  sehr  ergiebig,  und  hat  darum  schon 
früh  eine  feste  Ansiedelung  begünstigt.  Die  eine  der  sieben  (oder  acht)  Quellen  zeigte  27'5''  C. 
Wärme  und  enthielt  kleine,  spiralförmig  zugespitzte  Muscheln,  welche  ich  auch  in  dem  Brunn- 
quell (el-Haddäg  _ljL^|)  zu  Teimä  beobachtet  hatte.  Aus  der  Mitte  der  Häuser  stösst  ein 
steiler  Fels  heraus,  der  Umm  Nasir,  welcher  die  Ruinen  eines  Castells^  trägt.  Die  Gassen 
der  Stadt  sind  sehr  eng,  oft  überbaut,  durchweg  schmutzig,  unglaublich  staubreich,  und  mit 
einem  berüchtigten  Fliegenreichthum  gesegnet.  Die  Häuser  sind  meist  zweistöckig;  ausser- 
dem werden  häufig  auch  die  Dächer  als  drittes  Stockwerk  zum  Aufenthalt  benützt,  und  es 
wäre  ein  Leichtes  (wird  auch  von  Dieben  so  practicirt),  von  einem  Ende  der  Stadt  zum 
andern  über  die  Dächer  seinen  Weg  zu  nehmen.  Wenn  man  aus  dem  Innern  von  Arabien 
kommt,  fallen  einem,  im  Gegensatz  zum  Lehmziegelbau,  die  regelmässigen  rotlien  Sandstein- 
quadern und  die  hohe  Bauart  der  Häuser  auf,  Avas  sicherlich  auf  alten  Eiufluss  oder  alte 
Erbschaft  aus  Südarabien  zurückzuführen  ist.  Alle  die  Inschriften,  welche  hier  unten  als  aus 
el-'Ola  stammend  a»ifg(;f(l]n-t  werden,  befinden  sich  sammt  und  sonders  nicht  mehr  an  ihrer 
ursprünglichen  Stelle,  sondern  sind  in  späterer  Zeit  als  vorgefundenes  Baumaterial  beliebig 
in  die  Häuser  und  Gartenmauern  eingefügt  worden.  Überhaupt  so  ziendich  alle  schönen  Steine 

'  An  Ort  und  Stelle  auch  ^jiH ,  aJlsJI  geschrieben,  wird  gesprochen  ungefähr  wie  deutsches  el-'Öla,  mit  dem  Accent  auf 
dem  i),  einem  trüben  Vocal,  der  am  ehesten  dem  russischen  Jerrui  entspricht.  Der  Name  wird  von  den  Keisenden  ver- 
schieden umschrieben:  Burckhardt:  el-Aala,  el-Olla;  Seetzen,  ziemlich  zutreffend:  ol-Äle;  unter  Verkennung  des  quiesci- 
renden  Jod  (^^  '  )  auf  Karton:  el-AUi  (Uoughty:  Ally). 

2  An  nabatäischen  Inschriften  sind  nur  zwei  grössere  zum  Vorschein  gekommen,  s.  J.  Euting,  Nabat.  Inscliriften  aus  Ara- 
bien Nr.  1  und  Nr.  30,  vgl.  daselbst  Einleitung,  S.   13  f. 

'  Von  diesem  mag  ursprünglich  der  Name  el-'ÖIa,  ,die  Höhe'  oder  dgl.  gegolten  haben. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  '  '9 

stammen  aus  früheren  sabäischen  Häusern,  Thürmen,  Tempeln  und  sind  wohl  grösstentheils  aus 
den  jRuinen'  (el-Khreibeh)  an  die  spätere,  den  Quellen  näher  belegene  Stadt  verbracht  worden. 
Auf  dem  Boden  der  heutigen  Stadt,  also  eben  in  unmittelbarer  Nähe  der  Quellen,  mag  in 
alten  Zeiten  der  Lager-  und  Umladepiatz  der  Caravanen  sich  befunden  haben.  Ausser  den 
zahlreichen,  aber  eben  wegen  der  baulichen  Anpassung  kaum  je  vollständig  erhaltenen  Iii- 
schriftensteinen,  ist  auch  sonst  eine  Menge  einst  liebevoll  behauenen  Materials,  mit  oft  schwer 
zu  deutenden  Ornamenten  oder  solchen  von  unsicherer  Bestimmung,  in  die  Mauern  ein- 
gelassen (siehe  die  Proben,  Taf  XII). 

Alle  diese  Zeugen  ehemaliger  Kunstfertigkeit  und  Bauliebhaberei  sind  als  südarabisch 
in  Anspruch  zu  nehmen.  Gleichwohl  lag  der  Kern  der  sabäischen  Ansiedelung  nicht  auf 
dem  Platze  der  heutigen  Stadt  el  -'01a,  sondern  etwa  eine  halbe  Stunde  weiter  nördlich,  an 
einer  Stelle,  die  el-Klireibeh  («wOjjlt),  d.  h.  ,Ruinen',  genannt  wird.  Mit  diesem  Namen  wird 
ein  etwa  einen  Quadratkilometer  grosser,  uuregelmässiger  Haufen  oder  Hügel  von  Steinen 
bezeichnet,  aus  welchem  zur  Noth  noch  die  Umrisse  oder  Grundmauern  einiger  grösseren 
Gebäude  sich  erkennen  lassen. 

Im  Mitteljjunkt  befindet  sich  ein  seltsames,  aus  dem  Sandstein  gemeisseltes  und  in 
seinem  Fusse  noch  mit  dem  natürlichen  Felsen  verwachsenes  Steingefäss  von  kreisrunder 
Gestalt,  nahezu  zwei  Meter  hoch,  und  etwa  drei  Meter  im  Durchmesser.  Die  Wände  mögen 
30™  dick  sein.  Auf  der  Aussenseite  sind  eine  Menge  alter  und  neuer,  aber  kaum  lesl^arer 
Namen  eingehauen;  auf  der  inneren  Seite  führten  ehemals  einige,  jetzt  fast  ganz  zerstörte 
Treppenansätze  hinab  auf  den  Grund. 

Dieses  Gefäss  bezeichneten   meine   einheimischen  Begleiter  als  ILa  ^5AÄ.'I    ibji^  Hald- 

wijet  en-nebt  Sälih,  was  sie  durch  den  Beisatz  erläuterten :  wUil  L^jjo  \yjX^.  ,die  Milchbütte, 
aus  der  einst  die  heilige  Kameelin  des  [zu  den  ungläubigen  lliamüdäern  gesandten]  Pro- 
pheten Sälih  mit  Milch  getränkt  -ttau-de'.  Der  Anblick  erinnerte  mich  sofort  an  die  sogenannte 
,Bütte  des  Abts  von  Maursmünster',  welche  zwei  Stunden  südlich  von  Zabern  (Elsass)  mitten 
im  Walde  liegt. 

Sonst  fand  ich  unter  den  Trümmern  zwei  Paar  Schienbeine  von  Statuen;  erstens  von 
einer  doppellebensgrossen ,  an  welclier  noch  die  Ansätze  der  Sandalen  zu  erkennen  sind, 
sodann  von  einer  zweiten  weit  kleineren,  zu  welcher  auch  der  Kopf  mit  der  ägyptisclien 
Haartracht  gehört  haben  mag;  dann  Reste  von  Steingefässen  aus  einem  hübsch  gebänderten 
Sandstein  saul)er  ausgeschaft,  Bruchstück  einer  Steinlam2)e.  Später  wurde  mir  in  der  Stadt 
ein  Thongefäss,  ohne  besonderen  Kunststil,  zum  Kauf  angeboten,  das  ein  Weib  nach  starkem 
Regenfall  aus  dem  Erdreich  bei  den  Ruinen  ausgegraben  hat.  Es  ist  jedenfalls  alt,  denn 
heutigen  Tages  ist  die  Fabrication  von  Tö}ifergeschirr  irgendwelclier  Art  im  Innern  von 
Aral^ien  unljekannt ,  aucli  unmöglich ,  weil  kein  passendes  Brennmaterial  existirt ,  und  die 
jetzige  Bevölkerung    an    die  Einfuhr    weder    des    einen    noch    des    anderen  je  denken  wird. 

Auf  der  Ostseite  der  Khreibeh  läuft  an  den  Felsen  her  eine  natürliche  Steinbank  oder 
auch  sclimaler  Fussweg  im  Geröll,  parallel  mit  den  zahlreichen  Grablöchern  und  Grab- 
kammern. Diese  Löcher,  deren  es  im  Ganzen  wohl  zweihundert  oder  mehr  sein  mögen,  heben 
im  Norden  an,  bei  einer  abschüssigen  Stelle,  welche  mit  grün-schwarzen  Schlacken  (einer 
alten  E^isenschmelze ?)  bedeckt  ist,  und  ziehen  sich  in  der  Ausdehnung  von  etwa  einer 
Viertelstunde  an  den  schwachen  Einbuchtungen  der  steilen  Felswände  hin.  Die  Grablöcher 
imd  -liölilen  öffnen  sich  entweder  zu  ebener  Erde  oder  in  Entfernung  vom  Boden  bis  zu 
Menschenhölle,  daher  alle  leicht  zu  betreten  oder  zu  erklimmen  sind. 

Denkscliriften  der  pbil.-hist.  Ci.  XXXVII.  Bd.    Ahbandl.  von  Nichtmitgliedevn.  b 


10  D.  H.  Müller. 

Im  Inneren  konnte  ich  keine  Inschriften  entdecken.  In  den  Grablöchem  fand  ich  ab 
und  zn  noch  kleine  Fetzen  von  Leichengewändern,  Sandalen  und  Splitter  von  den  Holz- 
sftrgen,  habe  auch  Proben  davon  piitgenommen. 

Die  grosse  Insclirift  (Nr.  52)  ist  in  der  nördlichen  Gräbergn^ppe  in  einer  künstlichen 
Einbuchtung  der  Felsen  eingehauen ;  ein  Theil  der  Linien  unten  am  Boden  ist  verwittert, 
und  scheint  sich  noch  weiter  im  Schutt  fortzusetzen.  Andere  Inschriften  sind  an  den 
Felswänden  oft  in  fast  unbegreiflicher  Höhe  eingemeisselt.  Unterhalb  eines  hoch  oben  in  den 
Felsen  eingezwängten  Thurmes  oder  alten  Castells  befinden  sich  die  merkwürdigsten  Sculp- 
turen,  welche  ich  im  ganzen  mittleren  und  nördlichen  Arabien  gesehen  habe,  nämlicJi  zwei 
Paare  von  Mumienfratzen,  halb  an  ägyptische,  halb  an  mexicanische  Kunst  erinnernd.  Sie 
siiid  etwa  zehn  Fuss  über  dem  schmalen,  kaimi  einen  Schritt  breiten  Felspfad  in  kleinen 
Nischen  aus  dem  Fels  gemeisselt,  und  das  erste  Paar  trägt  zwischen  sich  eine  himjarische 
Inschrift  (Nr.  858),  ganz  gut  erhalten.  Da  die  Örtlichkeit  aber  kein  Zurücktreten  gestattet, 
und  mein  Reisebegleiter  Huber  meine  aus  Europa  mitgenommene  Leiter  —  angeblich,  weil 
sie  in  el-'Ola  nicht  vonnöthen  sei  —  im  Castell  zu  el-Higr  zurückgelassen  hatte,  so  war 
ich  nicht  im  Stande,  sie  vollständig  zu   erkennen  (vgl.  Doughty,  p.  20  und  PI.  XLIII). 

Die  heutigen  Einwohner  el-'Öla's  sind  keine  Araber,  sondern  Neger  oder  Leute  mit 
vorwiegendem  Negerblut.  Das  erstreckt  sich  bis  auf  die  Tracht  hinaus;  die  Vorliebe  für 
Putzsucht  (glänzende  Knöpfe,  Perlmutterbehang)  findet  sich  auch  bei  Männern. 

Sie  zahlen  seit  einer  Reihe  von  Jahren  die  Steuer  an  den  Emir  zu  Häjel,  Mnhammed 
ihn  Ra§ld,  sind  aber  ausschliesslich  auf  die  Mauern  ihrer  Stadt  beschränkt,  und  wagen  es 
kaum  je,  dieselbe  wegen  der  räuberischen  Beduinen  zu  verlassen.  Ihre  mächtigsten  Nach- 
baren sind  im  Westen  bis  an's  Meer  die  unabhängigen  B61i,  im  Nord-Osten  die  Füqarah, 
welche  seit  einigen  Jahren  ebenfalls  zum  Schammar-Gebiete  gehören;  iui  Süd-Osten  die 
'Aleideh,  vor  vier  Jahren  von  Muhammed  ibn  RaSid  überfallen,  ausgeplündert  und  tribut- 
pflichtig gemacht ;  im  Süden  die  bis  Medineh  reichenden  Geheineh.  Von  allen  diesen  Leuten 
erleben  die  Einwohner  el  -Ola's  nur  Schlimmes ;  kein  Einwohner  getraut  sich  weiter  als 
hundert  Schritte  vor  die  Thore  der  Stadt;  sie  müssen  ihren  Lebensimterhalt  und  das  Futter 
für  ihre  Schafe  und  Esel  in  ihren  ummauerten  Gärten  suchen,  und  können  von  den  Dächern 
der  Häuser  die  Räuber  in  unmittelbarer  Nähe  lagern  sehen.  Während  meines  zehntägigen 
Aufenthalts  in  der  Stadt  erlebte  ich  an  einem  Tage,  dass  Morgens  ein  Mann,  Nachmittags 
eine  Frau,  welche  wenige  Schritte  vor  dem  Thor  kärgliches  Futter  für  ihre  Schafe  holen 
wollten,  von  den  lauernden  Böli  überfallen  und  der  Kleider  beraubt  wurden.  Nebenbei 
findet  Niemand  etwas  Auffallendes  darin,  dass  diese  aufsässigen  Räuber  stolz  in  der  Stadt 
aus-  und  eingehen,  sich  selbst  bei  dem  guten  Sa' id,  welchen  der  Emir  als  Wakil  zu  el-'Öla 
eingesetzt  hat,  zu  Gast  laden  und  nach  genossenem  Cafi^  ohne  ein  Wort  des  Dankes  —  wie 
alle  Beduinen  —  unbehelligt  entfernen. 

Einen  Besuch  meinerseits  in  den  eine  halbe  Stunde  von  der  Stadt  entfernten  ,Rninen' 
duldete  der  besorgte  Sa'id  nicht  früher,  als  bis  er  sämmtliche  Flintenbesitzer  des  ganzen  Orts 
(23  Mann)  zusammengenifen  hatte,  in  deren  Schutz  ich  nun  die  Ruinen  begehen  und  aucli  die 
Wände  an  den  Felsen  mit  den  Inschriften  und  Gra])kanmiern  untersuchen  konnte.  Beim  Heran- 
rücken einer  solch  ungewohnten  Heeresmaclit  verzog  sich  alsbald  verschiedenes  Gesindel  und 
die  ganze  Umgegend  war  von  ihnen  gesäubert.  Die  so  seltene  Gelegenheit,  einmal  ausserhalb 
der  Stadt  ungeplündert  Futter  einsammeln  zu  können,  benützte  ein  grosser  Tlieil  der  Ein- 
wohnerschaft sammt  Weibern  und  Kindeni,  belud  Esel  und  füllte  die  Mäntel  und  Hemden 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  11 

mit  allerlei  Futter,  dessen  sie  in  acht  Stunden  habhaft  werden  konnten.  Die  Rückkehr 
bei  Sonnenuntergang  glich  einem  Volksfest,  und  die  Flintenträger  (bawärdijj  eh)  gaben  ihrer 
Freude  durch  Tanzen  und   reichliches  Abfeuern   ihrer  Gewehre   den    lebhaftesten  Ausdruck. 


Die  Sprache  der  lihjanischen  Denkmäler. 

I.  Die  Sprache  dieser  Inschriften  steht  lautlich  auf  derselben  Stufe  wie  das  Nord- 
arabische  und  Sabäische: 

1)  es  findet  sich  ö  neben  o  und  y. 

-I3T  =yfc>  14,  4;  n-r  =  lii  öfters;  ni  —  cjlj  58,  2;  mx  =  lö]_  1,  2;  nns  =  jö.f  öfters;  t  =^i 
häufig;  ph  =  ^'-^p  8,  5. 

Daneben  kommt  vor  11  =  Jo\  (öfters)  und  hl]}:  von  der  "Wurzel  hl^  =  Jlä  6,  3. 

2)  e>  neben  icy  und  ji: 

n-n  =  «iJ^j  9,  2;  -i2n  =  ^  ("i?^,  i?ri)  9,  3;  jnn  =^^^1:0^1  15,  3;  nun  =  »i*^'>  24;  rin  =  e>^ 
37,  1;  xÜT  =  sab.  hSH  27,  3.  4. 

3)  Im  Bezug  auf  den  Wechsel  von  U>  und  t?  stimmt  das  Lihjänische  mit  dem  Arabischen 
und   Sabäischen   ttberein,    nur    dass    hier,    wie   meistentheils    im  Sabäischen,    D   ftir  t^  steht: 

a)  n:tt>  iLUu  nJD  öfters;  tt^ÖPI  jjjli.  DOPi  öfters;  tt?SJ  jj^  DBJ  14,  5.  25,  2;  üStr^  ^  d'?D 
(in  den  Eigennamen  cho,  dSdk,  JöSd,  HüSdö);  tri«  ij-^l  DK  6,  1;  J?^ri  «Ij  yofl  52,  3.  1^3 
^  ID:  22,  2;  D'Öt;^  .UI-  '1ÖD  4,  5;  D'n^  ^^  |nD  54,  8. 

b)  Dagegen  ontr^  ^)rM  P^^  öfters;  xiuy^  nV^.  (aram.  nro).'  Das  radicale  D  bleibt 
selbstverständlich  unverändert  und  kommt  sicher  nur  in  der  Wiu-zel  1^0  vor. 

4)  Das  i:  entspricht  dem  arab.  ^,  eine  Wurzel  mit  ^_^  ist  bis  jetzt  mit  Sicherheit  niclit 
nachge^^-iesen : 

dSj:  =  arab.  ^,  sab.  ^M  22,  1.  24,  1;  pnj£K  =  ^j-J^t  16,  2;  yji:  =  ^  24.  25,  2;  Dity  = 

^Lr:  25,  9;  HltB«  =  ^*\   30.  32. 

5)  Das  ta  kommt  nur  in  drei  Wurzeln  vor,  ein  J<s  ist  mit  Sicherheit  nicht  nachgewiesen: 
ans  =  Jfiws  sehr  häufig;  ntaip  =  Ria  j'  12,  2  und  'JDJDp  23,  1. 

6)  Das  Lihjänische  hat  zwei  n  (n  =:  _  und  n  =  ^),  wie  das  Arabische,  Sabäische  und 
Äthiopische : 

a)  ipn  =  ^  25,  3.  27,  7;  lön  =  tU^  25,  8;  ''ina  =  ^tXL|  8,  4;  n-in  =  C>'.^  1,  2;  pnS  = 
^Ui  8,  5  etc.;  |iaJ2n  =  ^^Ua.  74;  mn  =  ^\^  27,  2;  nm  =  v:!»^  24. 

b)  in«  =  j^l  öfters;  nn«  =;^'  öfters;  fj^  =  ^t  27,  8.  34,  3;  n-|«  =  sab.  X)h  21,   7; 

man  =  äIaaä  49;  n^Sri  =  xlU.  14,  8;  Dün  =  ij«-»^-;  jnn  =  ^JxL  71,  3. 

7)  Ebenso  hat  das  Lihjänische  ein  doppeltes  J?,  und  zAvar  I^  =  c  und  jj  =  a: 


1  Vgl.  noch  böE>  =   Ji4-w  29,   1;  ^^^  ß4,   1;  "B>nö  51;  nw:  28,  3;  IPHB   =    ,yia.ü   57,  2;  DB»!  36,   1. 

b* 


12  D-  H.  Müller. 

a)  TPD  =  Juuw  häutig;  IZS  =  tUc  öfters;  Slpy  =  y^yic  25,  1;  nrin  =  iito  24;  p'^J,"  = 
^jLjJU  73;  ptfj?  =  ^^j^-Ä^  Otters;  |j;=nx  =  ^^«j^l  54,  2.  T;f2  =  Jaui  23,  6.  lyp  =  juü  14,  4 
und  23,  5.    Weitere  Beispiele  tindet  man  im  Index. 

b)  Mit  y  sind  nur  anzufiiliren :  |DJ7  =  jjLljt  1,  1.  21,  4;  n^jJT  =  jLjLä  ^j  sehr  hiiutig; 
ausserdem  die  n.  1.  nhyi  25,  2;  jrijjn  39,  2  und  das  unkhire  npn  18,  4. 

n.  Auch  in  Bezug  auf  Formenbildung  steht  das  Lihjftnische  auf  gleicher  Stufe  vne 
das  Nordarabische  und  Sabäische: 

1)  Die  Form  'afal  (JJiil)  ist  allerdings  eine  gemein-semitische  Bildung,  als  Adjec- 
tiviun  kommt  sie  aber  ausschliesslich  im  Südsemitisclien  vor.  Die  Wörter  dieser  Bildung 
erscheinen  im  Lihjanischen  mit  einer  einzigen  Ausnahme  als  n.  propria :  n^SS  =^_.«ait  30.  32; 
D^DK  =  lU^t  33,  2.  ay;x  =  ^il  37,  2;  ijrscs  =  ^y^Lll  8,  4;  nj?2S  =  ^^1  1,  1  imd  pnits  = 
ij  Jj^l  »Rechtsnachfolger'  16,  2. 

2)  Der  Dual  ist  hier  nicht  wie  im  Hebräischen  auf  die  paarweise  vorkommenden  Dinge 
beschränkt,  sondern  wird  wie  im  Arabischen  und  Sabäischen  auch  sonst  gebraucht.  Neben 
fnfi  (=  ^j-yiAjf,  DN^D  etc.)  kommt  im  Lihjanischen  vor  psnöH  (=  *^"/Sij\)  9,  3 ;  ferner  r\T!^n  I  nss 
(äüuyÄJI  'vui')  idie  beiden  Grossen  (Ältesten)  der  Secte'  23,  3  (also  im  Nominativ  aj  wie  im  Sa- 
bäischen, und  nicht  ä  wie  im  Nordarabischen) ;  "1S3  I  ^ipra  ,an  beiden  Seiten  (^'^kk)  der  Grab- 
höhle' 25.  3.  27,  7.    Ebenso  hat  das  Lihjanische  ein  Suffix  dual:  ''ön  =  sab.  ?^Y  =  arab.  U», 

z.  B.  "ttnnnnsi  i  "lam^rci  I  "arr'Bi  8,  3.  70,  2  imd  "önbp  (U4IJU)  27,  3. 

3)  Als  innere  Plurale  können  mit  einiger  Sicherheit  bezeichnet  werden :  nüp  =  **^Uij> 
4,  2.  8,  2;  SiCO  (=  *J^Ux?)  8,  1;  null  =  >^\y,  9,  2;  nn['7K]  =  i^J  22,  2;  in«  =  yLl  34,  3. 

4)  Vom  äusseren  Plural  shid  nur  sehr  wenige  Beispiele  anzuführen  und  zwar  durchwegs 
in  solchen  Fällen,  wo  man  auch  im  Arabischen  und  Sabäischen  den  äusseren  Plural  erwarten 
müsste:  Die  Numeralia  p^5?  (^^lA*),  |yn-lS  (^^Jl),  jnD  (jyiL)  und  die  'Afalformeu  p1J£K 
{^jySjJe\)  und  JPSC«  (^^Älll). 

5)  Charakteristisch  ist  der  Gebrauch  des  Wörtchens  S  =  ü^,  welches  ausser  im  Nord- 
arabischen auch  im  Sabäischen  und  als  Entlehnung  im  Nabatäischen '  nachgewiesen  worden 
ist:  TOKS  =  L'li  14,  7;  nbs  ==  SU  14,  6  und  -l-ijrE  =  ^^  29,  2. 

0)  P^igenthümlich  nordarabisch  sind  die  Präpositionen  yj2  =  ic"  21,  3;  "'nS  =  ^jj  27,  3 
und  JJJ  in  |0J7  =  ^[^^  29,  3.'  Daneben  finden  sich  die  gemein-semitischen  Präpositionen  3,  S,  |Ö. 

7)  Ausschliesslich  nordarabisch  ist  auch  die  Form  ''inx  =  ^tX=k|  8,  4. 

8)  Beachtenswerth  ist  ferner  die  Schreibung  bnp  =  Jiä«  gegenüber  nordsem.  bttp.  Freilich 
scheint   das  n   ursprünglich   und    das  U  nur  durch  Assimilirung   an  p   entstanden    zu    sein.* 

9)  Zu  erwähnen  sind  hier  endlicli  JKI  =  ^Ij  24,  6  und  njSS  =  xlü  14,  7. 

'  Vgl.  Eiiting,  Nabafilische  Inschriften,  S.  31. 

'  Da«  Sabäische  hat  wie  das  Nordsemitische  (hebr.  03?,  aram.  DJ?)  ^o. 

'  Beide  fehlen  im  Sabäischen. 

•  Vgl.  syr.  l/s  yO  neben  arab.    ■  i,-ii,  hebr,  DOp. 


Epigraphisciie  Denkmäler  aus  Arabien.  13 

III.  Die  Orthographie  dieser  Inschriften  bietet  eine  Reihe  von  Eigenthümhchkeiten, 
die  um  so  wichtiger  sind,  weil  vielfach  die  Erklärung  mancher  Wörter  davon  abhängt: 

1)  Inlautendes  i,  u  und  selbstverständlich  auch  ä  -wird  nicht  ausgedrückt:  ptt^J^  (  ..,  ^-^r), 

fyrnx  (^^y),  jno  (^^),  pn^:«  {^^c^\\  ii?edk  (^^*a-I);  nrtrn  l  nsa  =  äUxiJl  ^^x?  23.  3-, 
:2n  (vH^x^)  10;  i^n  («y^)  37,  i;  xnn  (*^3)  27,  3;  man  (xlsv^)  49.' 

2)  Auslautendes  %  und  u  wird  durch,;",  beziehungsweise  1  ausgedrückt:  ''300  (^-jUj)  55,  3; 
die  nom.  propr.  ■'ö'?n  und  "'lann,  die  wohl  —  ^^^'  und  ^^Jsf  sind ;  die  3.  Pers.  Plur.  des  Verb. 
ipSK  (IjÄsl)'  '''^^  ('r^)'  '''''^'  '^'^  (S*^')-  Nicht  ausgedrückt  wird  jedoch  ü  im  Suffix  n  (=  5, 
sab.  in)  und  DH  (=  "|f,  sab.  löü),  weil  das  lange  ö  hier  bereits  eine  Verkürzung  erfahren 
hatte,  beziehungsweise  ganz  weggefallen  war. 

3)  Das  1  und  ''  werden  auch  in  der  Mitte  des  Wortes  nach  ursprünglich  kurzem  a 
nicht  geschrieben,  wohl  aber  im  Auslaute: 

a)  C«  =  ;j-]l  6,  1;  "n  =  Jo^  sehr  oft;  ro  =  ^4^  öfters;  fb  =  ^\'<>yi  8,  5;  fy^,  =  ^"^  66; 
|Ö1  =  ^J^\^  67,  1;  |nn  =  ^j4^Ajl;  p-riö  =  *^yl«  und  wahrscheinlich  auch  JöSd  =  |jUaJ.-1< 
26,  4  und  bö^  =  <J4*-^  29'  1-  Statt  der  Diphthonge  ist  wahrscheinlich  ö  und  e  gesprochen 
worden,  also:  'O.9,   ^ecZ,  hU  etc.^ 

b)  n2D  =  ^yju.^  und  ^ipn  =  ^lii. 

4)  Über  den  Gebrauch  des  n  im  Lihjiinischen  ist  Folgendes  zu  bemerken: 

a)  Wo  das  Nordarabische  I  hat,  steht  in  diesem  Dialect  n,  z.  B.  riT  =  li  öfters;  TTy^  =  lö( 
1,  2  und  wahrscheinlich  nSs  =  ^  ,so  nicht'  14,  6. 

b)  n  tVir  nordarab.  ^  in  nifSX  =  ^s^^\  ^^HÖ  =  ^  28,  1;  nrna  =  ^1\k  41;  nrnü  = 
*^^xi^  51,  femer  n«D3  28,  1.  rrsi  27,  8. 

c)  Das  n  tritt  aber  auch  öfters  für  das  D  fem.  auf.  Ein  ganz  sicheres  Beispiel  ist 
nÖJ7T  24,  welches  im  Arabischen  Xico  lautet  und  in  sabäischer  Schrift  X°?i>l  geschrieben 
wird  (XXXV).  Ebenso  sicher  ist  HöSdü  (54)  =  jL-_JL«x)  oder  jiL___XiIwi.  Demnach  darf 
man  nSH  (68)  =  jU»,  Höin  (1,  2)  =  jw^  setzen.  Die  Schreibung  des  n  für  das  M  fem.  ist 
nicht  weiter  auffällig,  da  die  Verflüchtigimg  des  n  zu  n  auch  im  Hebräischen  und  Nordarabi- 
schen (s)  nachweisbar  ist.  Auch  im  Sabäischen  sind  Spuren  dieser  Erscheinung  vorhanden.* 
Im  Stat.  const.  wird  selbstverständlich  das  n  fem.  im  Lihjanischen  beibehalten,  wie  7133  c>äj, 

n3D  ju-ww,  nysr  i*A.*i,  niax  jlc!.  Vgl.  aber  auch  man,  nnss:,  nia-ip. 

IV.  Als  besondere  Eigenthümlichkeiten  dieses  Dialectes  sind  hervorzuheben: 

1)  Der  schon  von  Hal^vy  erkannte  Artikel  n  für  nordarab.  Jl,  z.  B.  HT  I  DDH  ,diese8 
Haus'  16,  4  (arab.  oytJI  ij^);  "iSSn  ,die  Grabhöhle'  öfters;  njjpDn  =  JolöJI  23,  5;  yjsn  = 
«jL.«JI  24.  25,  2  u.  s.  w. 


'  Eine  Ausnahme  scheint  nur  pp"  HOK  =  ,-y^i_  ^\  2ß,  1  zu  bilden, 

'  Demnach  ist  Hin  27,  2  =  0\y^;  i'n"?  =  o^V^'  '^''''"   '-^,  8  =  illiiL. 

'  Vgl.  Zeitschrift  der  deutschen  morgenländischen   Gesellschaft  XXX,  S.   683. 


14  D.  H.   Müller. 

Daneben  kommt  abei-  auch  S  als  Artikel  vor.  Ein  sicheres  Beispiel  ist  nnsICK  67,  2, 
wofilr  in  einer  ganz  {ihnlichen  Stelle  (58,  2)  nPtSlCn  steht.  Demnach  darf  man  auch  |pp«  I  hn) 
(21,  4)  gleich  stellen  ^12Jl}\  JoIj  und  dies  für  eine  andere  Schreibung  ansehen  von  I  hiC 
pfn  1,  1. 

2)  Das  Participimn  der  VII.  Form  hat  nicht  das  im  Arabischen  übliche  präfigirte  Ö,  lautet  also 
JüUj  anstatt  JläaI*,  wie  im  Hebräischen.  Hiervon  sind  folgende  vier  Beispiele  zu  verzeichnen : 
STJTjn  (JvjoJI)  6,  3;  -l2p:n  (Part,  der  VII.  Form  von  yä)  35,  2;  -I3j?3n  4,  3  und  |ia><3n  14,  8. 

3)  Diesem  Dialect  eigenthümlich  ist  das  Wort  DD]  ,Frau'  (26,  2)  eine  Singularbildung,  die 
in  den  anderen  semitischen  Sprachen  nicht  vorkommt.  Sie  gehört  zu  dem  Plur.  xL»ü,  hebr. 
DT?3,  aram.  ^j-    Seltsamer  Weise  scheint  d:  auch  , Gatte,  Mann'  zu  bedeuten  (26,  4). 

V.  Ausserdem  sind  noch  folgende  grammatische  Erscheinungen  zu  verzeichnen: 

1)  Die  Verba  tertiae  j  bilden  den  Plural  des  Perfectums,  wie  die  gesunden  Verba,  ohne 
Contraction,  z.  B.  "33  ,er  hat  gebaut'  (64,  3),  VJD  ,sie  haben  gebaut'  (8,  1)  (arab.  ^  lIIS, 
dagegen  sab.  THII   und  <D?Hn),  ferner  m  ,er  hat  gestiftet'  (14,  5.  7),  Plur.  rtl  (27,  2). 

2)  Die  Causativform  scheint  zwischen  Spsn  und  bj^SX  zu  schwanken.  Beispiele  für  er- 
steres  sind  das  n.  pr.  Ji^nn  (26,  3),  IV.  Form  imperf.  von  rj^  und  vielleicht  nnxn»  (27,  2/3)  = 
^"Je.    Daneben  vergleiche  5?riK  (25,  2)  =  cül. 

3)  Die  Verdoppelung  eines  Consonanten  wird  bei  Liquidis^  durch  die  doppelte  Schreibung 
desselben  ausgedrückt  in  n'?'?3  =  lLlr(9,  2.  23,  5),  |10ön  =  ^^l^  (74),  pöcr  (35,  5/6)  und  viel- 
leicht auch  in  TIJ?  (29,  2.  3),  wenn  es  gleich  ist  ^  und  nicht  T^.  Dagegen  wird  Dnai  = 
jv^j»  und   jriD  =  (jjJlw  etc.  geschrieben. 

4)  Ein  Beispiel  für  die  Elision  eines  n  ist  |nri  =  ^J^-^ÄAJ|.  Auch  im  Sabäischen  kommt 
""nri  neben  TlJri  vor.*  Es  wurde  also  tüten  für  tinitn  gesprochen.  Daraus  geht  aber  hervor, 
dass  im  Lihjäuischen  ein  Elif  prostheticum  nicht  vorgesetzt  worden  ist,  weil  sonst  die  Elision 
des  n  unmöglich  wäre. 

5)  Der  Ausfall  des  K  von  n"?«  =  »ill  findet  statt  in  den  Eigennamen  nbnyo,  nbam,  nblT, 

6)  Personal-Pronomina  sind  bis  jetzt  nicht  nachgewiesen  worden,  dagegen  kommen  Pro- 
nominal-Suffixe  vor  imd  zwar  n  für  s  und  Lp,  z.  B.  nDJ731  I  nn2  I  fö  =  jujü.  jCuo  ^  (10); 
nrim  l  Sl  I  nS  =  «-Jljpj    '»^  (9,  2);  n3«E  =  xiü  (14,  7);  nn  =  ju  (2,  3)  etc.    Der  Plur.  masc. 

lautet  an  (=  Jp):  nnsnn  =  i^:^  (i,  2);  onnöSit  (22,  i);  nnnnS«  (22,  2);  nnyö^i^Äi  (2i,  3). 

Vgl.  auch  4.  4.  23,  7.  8.  Dual  'on  (8,  3.   14,  3.  27,  3). 

7)  Von  Pronom.  demonstr.  sind  HT  =  16  und  riT  (=  cjIö)  zu  notiren,  die  beide  dem 
Nomen  nachgesetzt  werden,  wie  nn  I  lEDn  (9,  2.  29,  3);  HT  I  nsn  =  o^l  Ijüc  (16,  4);  HT  I  lypöH  = 
juüLjl  IJüD  (23,  3);  nnlnnsicn  (58,  2).  Ausserdem  findet  sich  noch  die  Nota  relationis  T  (=  ,6?). 

8)  Von  Numeralia  sind  folgende  in  den  Inschriften  zu  verzeichnen: 

•  Wie  im  Sabäischen.  Vgl.  XI,  4..  2  Vgl.  auch  hebr.  D-nttf. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  15 

I  nnK  I  nJD  ,im  Jahre  eins'  8,  4. 
■"ührh  I  jnri  I  DJD  ,im  Jahre  zwei  des  Talmi'  9,  2. 
üüinh  I  Dön  I  nJD  ,im  Jahre  fünf  des  Hanu'äs'  25,  5  (vgl.  23,  8). 
■':iani  I  ptry  I  nOD  ,im  Jahre  acht  und  zwanzig'  55,  3. 
pom  I  pÜJ?  I  nOD  ,im  Jahre  neun  und  zwanzig'  52,  3. 
D"Ip  I  fflD  I  nJD  ,im  Jahre  ein  (?)  und  sechzig'  28,  4. 

pül^l  I  nxö  I  ,ein  Hundert  zwanzig'  27,  5. 
|J72"l«1  I  DKÖ  I  ,ein  Hundert  vierzig'  28,  2. 

10)  Das  Nomen  gentilicium  wird  durch  Ansetzung  von  j  gebildet :  ''3n3n  =  j^KJI  (1 ,  1), 
"'1ÖD  =  ^^U*w  (4,  5).  Es  scheint  jedoch  auch  daneben  eine  Nisbebildung  ohne  langes  i,  be- 
ziehungsweise ijj  vorzukommen  in  fDJJn  I  hn,)  (1,  1.  21,  4)  =  ^L«JtJt  Jol^,  wobei  man  arab. 
^Cj,  (»Li  vergleichen  kann. 

11)  Merkwürdiger  Weise  kommt  in  diesen  Inschriften  keine  Spur  einer  Nunation  und 
nur  an  einer  Stelle  eine  Mimation  vor:  Dnn'?Ö  (20).  Da  jedoch  die  Erscheinung  vereinzelt 
steht,  so  gestattet  sie  keinen  weiteren  Schluss.  Es  ist  möglich,  dass  das  ^  durch  sabälschen 
Einfluss  hier  eingedrungen  war.  Vielleicht  ist  dieses  Wort  von  einem  Sabäer,  allerdings  in 
lihjanischer  Schrift,  niedergeschrieben  worden. 


Die  Schrift  der  lihjänischen  Denkmäler. 

Die  Schrift  dieser  Denkmäler  zeigt  eine  grosse  Ähnlichkeit  mit  dem  sabäischen  Alpha- 
bete. Es  sind  dieselben  regelmässigen,  monumentalen  Formen  und  nur  wenige  Zeichen 
zeigen  wesentliche  Veränderungen.  Freilich  haben  manche  selbst  von  jenen  Zeichen,  welche 
vollkommen  dem  entsprechenden  sabäischen  Buchstaben  älmlich  sind,  so  verschiedene  Formen, 
dass  man  sie  auf  den  ersten  Blick  kaum  für  graphische  Ausdrücke  eines  Zeichens  halten 
würde ,  wie  es  thatsäcldich  der  Fall  ist.  Es  ist  daher  nötliig ,  die  einzelnen  Zeichen  mit 
ihren  Varianten  zu  besprechen  und  das  Verhältniss  der  Grundform  zu  den  sabäischen  und 
phönikischen  Zeichen  zu  erörtern.' 

K.  Die  Zeichen  für  K  unterscheiden  sich  wesentlich  untereinander  und  von  dem  sabäi- 
schen h.  Anstatt  des  Doppelhackens  oberhalb  der  Basis  zeigt  das  lihjänische  Zeichen  entweder 
zwei  senkrechte,  meistens  aber  nach  unten  convergirende  Strichlein  oder  einen  einfaclien 
Hacken.  Daneben  kommt  die  cursive  Form  :^  vor.  Es  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  von 
diesen  Formen  die  mit  Hacken  am  ältesten  ist.  Aus  dem  Hacken  ist  einerseits  die 
Form  mit  den  zwei  senkrechten  Strichlein,  andererseits  die  cursive  entstanden,  indem  die 
beiden  ursprünglich  senkrediten  Striche,  die  im  Lihjänischen  sich  gegen  einander  neigen 
(convergiren) ,  einen  Winkel  bilden  und  die  obere  horizontale  Linie  der  Basis  ganz  ver- 
schwindet. Vergleichen  wir  mit  der  ältesten  lihjänischen  Form  des  K  das  sabäische  h,  so 
vfird  man  erkennen,  dass  ersteres  ursprünglicher,  d.  h.  dem  phönikischen  Buchstaben 
näher  steht  als  das  sabäische.    Übergangsfomien   vom  lihjänischen   zum  sabäischen  Zeichen 


Vgl.  die  Schrifttabelle  von  Euting's  Hand  auf  Taf.  X.  Ich  habe   bei    dieser  schriftgeschichtlichen  Untersuchung  prlncipiell, 
das  Safa-Alpliabet  nicht  berücksichtigt,  indem  ich  mir  vorbehalte,  dasselbe  bei  anderer  Gelegenheit  zu  erörtern. 


18  D.    H.    MtLLER. 

bietet  das  Protoarabische ,  welches  vielfach  folgendes  r^  hat,  woraus  leicht  durch  Weg- 
lassuug  des  rechtseitigeu  llackeutheiles  h  geworden  ist. 

3.  Das  Zeichen  für  3  weicht  vom  sabäischeu  nur  dadurch  ab,  dass  die  beiden  vir- 
sprilnglich  senkrechten  Schenkel  öfters  sich  gegeneinander  neigen,  ohne  jedoch  einen  Winkel 
zu  bilden.     Die  alte  Form  mit  parallelen  Schenkeln  kommt  aber  auch  noch  vor. 

a.  Das  Zeichen  für  3  unterscheidet  der  Hacken  oben  links  von  dem  sabäischen  Zeichen  "1 ; 
es  koimut  ziemlich  selten  vor  (vgl.  1,  3.   15,  4.  51,  3  und  54,  3). 

1.  Besonders  zu  beachten  sind  die  Varianten  des  Zeichens  für  1.  In  der  Inschrift  11,  2 
ist  das  1  fast  dem  sabiiischen  t>|  gleich,  ebenso  in  14,  2.  4  und  20.  Die  Inschriften  28.  30 
und  32  zeigen  das  Dreieck  von  dem  senkrechten  Strich  getrennt.  In  7.  12.  15.  52  etc. 
sieht  es  vne  ein  in  einem  Halbkreise  eingeschriebener  Kreis  aus,  so  dass  mau  es  leicht  für 
zwei  Buchstaben  halten  kann. 

n.  Das  lihjanische  n  ist  augenscheinlich  ursprünglicher  und  der  phönikischen  Grund- 
form nither  als  das  sabäische  V.  Wie  wir  weiter  unten  bei  Besprechung  des  n  sehen 
werden,  ist  das  sabuische  Zeichen  durch  Umkehrung  des  lihjänischen  entstanden.  Die 
protoarabische  Schrift  bietet  verschiedene  Zeichen  für  n ,  meistens  aber  solche ,  die  den 
sabäischen  sehr  nahe  stehen.' 

1.  Das  lihjanische  1  ist  genau  dem  sabäischen  <i>  gleich ,  nur  dass  daneben  statt  des 
Kreises  ein  Viereck  und  sogar  einmal,  Avie  im  Altätliiopischen,  ein  Dreieck  vorkommt.  Die 
Übereinstimmung  dieser  beiden  Alphabete  ist  wichtig  für  die  Geschichte  dieses  Zeichens. 
Denn  bekanntlich  kommt  im  Sabsischen  neben  dem  <»  auch  die  Form  «>  vor,  welche  von 
Josef  Hal(ivy  fiu'  die  ältere  Bildung  gehalten  wird.^  Ich  habe  schon  früher  au  anderer 
Stelle  die  letztere  Form  des  1  für  die  jüngste  Bildung  erklärt^  und  diese  Annahme  wird 
durch  die  Form  des  1   im  Lihjänischen  vollkommen  bestätigt. 

t.  In  Bezug  auf  das  1  haben  die  beiden  Alphabete  verschiedene  Wege  eingeschlagen. 
Das  Lihjanische  hat  hierfür  das  alte  phönikische  Zeichen  mit  leichter  Umstellung  erhalten^ 
und  für  das  i>  einen  besonderen  Buchstaben  differenzirt,  während  das  Sabäisclie  scheinbar 
das  alte  semitische  Zeichen  für  i>  verwendete  (H)  und  für  \  ein  neues  schuf  X.  Im  Äthiopi- 
schen hat  merkwürdiger  Weise  das  Zeiclien  H  den  doppelten  lautlichen  Werth  von  \  und  ö. 
Die  protoarabischen  Alphabete  schwanken,  das  eine  hat  noch  das  H  für  ö  imd  y  das  andere 
kennt  schon  den  lihjänischen  Buchstaben  H  für  ö.  Aus  diesen  Thatsachen  lässt  sich 
die  Entwicklungsgeschichte  dieses  Zeichens  vollkommen  erschliessen.  In  der  Zeit  der  ge- 
meinsamen Entwicklung  der  südsemitischen  Alphabete  hat  H  sowohl  \,  als  auch  ö  aus- 
gedrückt. Die  Diiferenzirung  trat  erst  nach  der  Trennung  der  sabäo-äthiopischen  imd 
lihjänischen  Alphabete  ein.  Das  Lihjanische  differenzirte  aus  dem  H  (0  das  ö  durch  den 
angesetzten  Strich.  Das  sabäo-äthiopische  Alphabet  hatte  ebenfalls  in  seiner  gemeinsauien 
Periode  niu-  das  H,  welches  im  Äthiopischen  auch  heute  noch  \  und  6  ausdrückt.  Eine 
Differenzirung  war   überflüssig,    weil    die    beiden  Laute    in    dieser    fremden  Einflüssen    aus- 


'  Selir  Läufig  kommt  n  (Y,Y)  »'»  Artikel  und  auch  sonst  vor,  so  bsyn  ipPSaNb  I  nsPinö  (Eut.  392/9  =  434/5);  hüSn  nSH'h 
(399  =  427);  büTT^  Kll  ]Z  tin'?  (464/5);  hliVr^  rhlLsb  (471);  büVn  Q-nb  (618);  bom  njb  (645):  "jam  "^Könb  (701).  Das 
Wort  Sepn  .facieuti'  oder  ,qui  lioc  fecit'  kehrt  unzählige  Male  nach  den  Eigennamen  wieder.  Dasselbe  Wort  ist  auch  bei 
Doughty  XXU,  Fol.  41,  42,  Nr.  6,  18,  17  und  19  zu  erkennen.  Für  htiV'  findet  sich  einmal  Ditsn  OS'b  (441)  ,scribenti', 
indem  ich  arab.  ,_^_^  vergleiche,  üeachtenswerth  ist  auch  mxsn  rS!^üh  (290,  vgl.  auch  284,  722  und  Doughty,  Fol.  44) 
.fodienti'.    Das  n  findet  »ich  ausserdem  noch  in  non  JS  n'jNDön'?  ,dem  RamsiU'ih,  Sohn  de.-!  K .  s  .  t'  (314). 

'  Vgl.  Essai  «ur  Tinscriplion  de  Safa,  Colum.  sabeo-öthiop.  3  Sabäische  Denkmäler,  S.   107. 

•  Die  Umstellung  wird  durch  die  verticale  Kichtung  der  Inschriften  leicht  erklärt 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  17 

gesetzten  und  lautlich  depravirten  Sprache  nicht  mehr  unterschieden  worden  sind.  Bei  der 
lautlichen  Intactheit  des  Sabäischen  nuisste  das  Zeichen  H  differenzirt  werden.  Eis  geschah 
in  doppelter  Weise :  Das  j  durch  einen  Strich  in  derselben  Richtung  wie  der  vorhandene, 
also  H,  das  \  durch  einen  Querstrich  cxi,  Avoraus  dann  sich  die  Form  X  ergab. 

n.  Verschieden  ist  wieder  das  Zeichen  für  n  vom  sabäischen  f ,  äthiopischen  rh;  in  dem 
protoarabischen  Alphabete  tritt  auch  das  Zeichen  m  auf,  welches,  wie  Hal^vy  schon  richtig 
beim  Safazeichen  vermuthet  hat,  durch  die  Übergaugsform  13  aus  altphönikischem  B  ent- 
standen ist.'  Die  sabäo-äthiopischen  Zeichen  erweisen  sich  jünger  als  das  lihiänische. 

tD.  Im  Sabäischen  und  Lihjänischeu  liat  das  tfl  die  Form  Q]  und  zeigt  keine  wesentlichen 
Schriftvarianten.  Die  unten  geöffnete  Form  des  Äthiopischen  scheint  somit  erst  auf  äthiopi- 
schem Gebiete  entstanden  zii  sein. 

\  Beim  ?  kommt  im  Lihjanischen  anstatt  des  liiugelchens  öftex'S  auch  ein  A"iei"eck 
vor,  was  sich  an  die  phönikische  Form  des  "^  besser  anscldiesst;  es  kann  jedoch  ebenso 
gut  secimdärer  Art  sein,  ^xie  bei  J7  und  S. 

D.  Das  lihjänische  D  ist  ursprünglich  genau  dem  sabäischen  fn  ähnlich  und  unterscheidet 
sich  in  seinen  jüngeren  Formen  nur  dadurch,  dass  die  beiden  ursprünglich  parallelen  Schenkel 
der  Basis  öfters  convergiren,  ja  sogar  einen  AVinkel  bilden,  wie  bei  h,  Fl  und  i^.  Die  Ab- 
leitung dieser  Form  aus  dem  phönikischen  Zeichen  ist  deutlich.  Es  ist  die  axif  den  Kopf 
gestellte  pliönikische  Forni.     Eine  gute  Übergangsform  h  bietet  das  Protoarabische. 

h.  Auch  das  1 ,  ursprünglich  in  beiden  Alphabeten  gleich ,  ist  das  auf  den  Kopf  ge- 
stellte phön.  l.  Die  Varianten  dieses  Zeichens  im  Lihjänisclien  sind  zwar  ziemlich  ab- 
weichend, eine  Continuität  der  Entwicklung  lässt  sich  jedoch  wohl  erkennen.  Die  älteste 
Form  des  h  im  Lihjanischen  ist  in  der  kleinen  Inschrift,  Lih.  20  =  Euting  44  enthalten,  die 
aus  Avenigen  Buchstaben  besteht  und  für  sabäisch  gehalten  werden  niüsste ,  wenn  nicht 
das  Zeichen  für  ri  sie  als  zweifellos  lihjänisch  qualihciren  würde. 

Ö.  Ebenso  ist  die  älteste  Form  des  Ö  (^),  die  genau  mit  der  sabäischen  übereinstimmt, 
noch  in  der  erwähnten  kleinen  Inschrift  erhalten.  Das  zweite  Zeichen  auf  der  Tafel  ist 
der  Inschrift  11,  1,  das  dritte  der  Inschrift  31  entlehnt.  Die  «leisten  Inschriften  zeigen  die 
weiteren  geschlossenen  und  offenen  Formen. 

3,  Besonders  charakteristiscli  für  die  lihjänische  Schrift  ist  das  n,  welches  im  Gegensatz 
zum  phönikischen  und  sabäischen  eine  Neigung  nach  links  zeigt.  Es  ist  jedenfalls  eine 
jüngere  dem  Lihjanischen  allein  eigenthümliche  Bildung. 

D.  Zwischen  dem  phönikischen  Zeichen  für  D  vmd  dem  südsemitisclien  Hi  fehlen  noch 
die  Mittelglieder.  Das  Lihjänische  hat  mehrere  Varianten,  die  namentlich  der  Neigung 
entsprechen,  die  ursprünglich  senkrechten  Sclienkel  convergireud  zu  gestalten.  Besonders 
zu  beachten  sind  die  ciu-sive  Form  4,,  die  der  cursiven  Form  des  K  ^  der  graphischen 
Entwicklung  nach  sich  anschliesst,  und  die  Fomi  \j,  welche  durch  Verlängerimg  der  Linien 
der  Basis  in  divergirender  Richtung  entstanden  ist.  Das  letztere  Zeichen  sieht  dem  für  6 
ganz  ähnlich  und  kann  leicht  mit  demselben  verwechselt  werden. 

y.  Das  phön.  J7  blieb  im  Südsemitisclien  imveräudert  und  bietet  keine  Veranlassung 
zu  irgend  einer  Bemerkung. 

B.  Gegenüber  der  geschlossenen  Fonn  des  Q  im  Sabäischen  (0)  bietet  das  Lihjänische 
verschiedene,  aber  lauter  offene  Formen.     Es  darf  wold  kaum  hervorgehoben  werden,  dass 


'  Vgli  diese  Form  z.  B.  auf  der  phüiiikisclien  Insclirift,  Corp.  Ins.  .Sem.  ö. 
Denkschriften  der  phil.-bist.  Cl.  XXXVII.  Bd.     Abhandt.  von  Nichtraitj?liedein. 


jg  D.  H.  Mcller. 

die  letzteren  iüter  und  dem  phönikisehen  Zeichen  näher  stehen,  als  das  sabäische  Zeichen, 
Das  Äthiopische  zeigt  ebenfalls  nur  offene  Form ,  scheint  also  hierin  alterthttmlicher  zu 
sein,  als  das  Sabftische. 

S.  Von  den  verschiedenen  Varianten  des  IC  ist  das  in  der  Tafel  an  erster  Stelle  sich  befin- 
dende Zeichen  dem  sab.  i  am  nächsten  stehend.  Daneben  kennt  das  Sabäische  noch  die  Form  A.' 
Nach  Ver<rleichun<j  des  lihjänischen  Zeichens  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  letzteres  eine 
jüngere  Bildung  ist.  T)as  ätliiop.  Ä  schliesst  sich  scheinbar  an  das  lihjanische  Zeichen 
noch  enger  an,  als  das  sabäische,  kann  aber  sehr  wohl  auch  secundär  sein. 

Über  die  Entmcklung  dieses  Zeichens  aus  dem  entsprechenden  phönikischen  ist  noch 
keine  rechte  Klarheit  vorhanden;  es  fehlen  die  Mittelglieder.  Jedoch  scheint  mir,  dass 
das  phöniki.sche  Zeichen  für  IC  auf  den  Kopf  gestellt  und  das  Kingelchen  oben  zur  Unter- 
scheidung von  A  angefügt  worden  ist.  In  einer  protoarabischen  Inschrift  (Eiit.  253)  finde 
ich  das  Wort  21t3  ,Standbild'  (ITH  geschrieben.     Sollte  dies  die  ältere  Forai  sein? 

p.  Beim  j5  sind  keine  wesentlichen  Varianten.  Das  äthiop.  +  scheint  dem  phönikischen 
Zeichen  näher  zu  stehen,  als  das  sab.  und  lilij.  <!',  ist  aber  wieder  secundär. 

1  hat  keine  besonderen  Varianten  und  ist  dem  sabäischen  Zeichen  sehr  ähnlich. 

C7.  Durch  die  Form  des  ^  im  Lihjjinischen  wird  die  von  mir  (Sab.  Denk.,  S.  107)  auf- 
gestellte Behauptung,  dass  im  Sabäischen  ^  älter  ist  als  3,  vollkommen  bestätigt.  Die  äthio- 
pische Form  I»»  scheint  weder,  wie  das  w,  dem  phönikischen  Zeichen  näher  zu  stehen.  Die 
Übereinstimmung  des  Sabäischen  und  Lihjänischen  erhebt  es  aber  zur  Gewissheit,  dass  es 
secundäre,  wahrscheinlich  in  Folge  der  Vocalansetzung  entstandene  Bildungen  sind. 

n  wird  wie  im  Sabäischen  durch  X  ausgedrückt.  Die  protoarabischen  Alphabete  haben 
gTo.ssentheils  die  Form  -|-,    ebenso  das  Äthiopische,  wo  es  jedoch  secundär  zu  sein  scheint. 

Nachdem  wir  die  gemeinsemitischen  Zeichen  besprochen  haben,  bleibt  uns  noch  übrig, 
die  nur  dem  südsemitischen  Alphabete  eigenthümlichen  Buchstaben  einer  vergleichenden 
Betrachtung  zu  unterziehen. 

T  =  ö  ist  schon  oben  unter  T   ausführlich  behandelt  worden. 

n  =  ^  wird  in  beiden  Alphabeten  seltsamer  Weise  nicht,  wie  man  erwarten  sollte, 
aus  n,  sondern  ans  n  differenzirt:  sab.  Y  nnd  ^  xmd  lihj.  >\  und  X-  Dass  beide  Alphabete 
unabhängig  von  einander  diese  Differenzinmgen  vorgenommen  hätten,  ist  kaum  glaublich. 
Auch  graphisch  wird  von  beiden  derselbe  Vorgang  eingehalten ,  dass  an  die  Linie  ein 
kleiner  Strich  angesetzt  wird.  Der  Unterschied  liegt  nur  in  der  verschiedenen  Form  des  n, 
welches  im  Sabäischen  auf  den  Kopf  gestellt  erscheint.  Wir  dürfen  hieraus  folgern,  dass 
noch  während  der  gemeinsamen  Periode  der  beiden  Alphabete  die  Differenzirung  statt- 
gefimden  habe.  Da  das  Äthiopische  ganz  dasselbe  Zeichen  für  n  hat,  wie  das  Sabäische, 
so  muss  daraus  geschlossen  werden,  dass  das  H  (U)  im  Äthiopischen  in  älterer  Zeit  unten 
ebenfalls  einen  Stiel  hatte,  der  aber  später  verloren  ging.  Die  protoarabischen  Alphabete 
zeigen  fiir  n  und  n  dem  Sabäischen  ähnliche  Formen. 

Ö  =  Jb  hat  gewiss  im  Lihjänischen  ein  besonderes  Zeichen  gehabt,  wahrscheinlich 
auch  im  Protoarabischen.  Meine  Untersuchung  hierüber  ist  aber  noch  nicht  abgeschlossen. 
Das  Gleiche  gilt  v<m  i  =  ^. 

p  =  d  erscheint  im  Lihjänischen  in  derselben  Form,  wie  im  Sabäischen.  Die  nach 
unten  convergirenden  oder  gar  einen  Winkel  bildenden  Formen  sind  gewi.ss  jünger.  Es 
wäre  zwar  verlockend,  anzunehmen,  die  geschlossene  Form  /v  sei  die  älteste  und  aus  "^  ^^  g 
differenzirt,  wie  im  Arabischen.    Aber  einerseits  die  sabäische  Form,  andererseits  die  Neigung 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  19 

der  Uhjäuisclien  Sclirift  offene  P^ormen  zu  scliliessen,  macht  diese  Annahme  zur  UumögHch- 
keit.  Es  stellt  also  fest,  dass  das  d  noch  wahrend  der  gemeinsamen  Periode  gebildet  und 
wahrscheinlich  aus  3  (~|)  differenzirt  worden  ist,  indem  zwei  ~|~|  nebeneinander  gestellt  A\'urden. 
Dies  halte  ich  für  lautlich  ixnd  graphisch  wahrscheinlicher  als  die  Annahme,  es  sei  aus  3  ((^) 
durch  Verschiebung  des  oberen  Striches  entstanden. 

Es  ist  nicht  der  einzige  Versuch  geblieben ,  den  c-Laut  schriftlich  auszudrücken.  In 
den  protoarabischen  Inschriften  glaubt  Halevy  ein  Zeichen  für   c  zu  erkennen  bei  Doughty, 

PI.  XI,    in    dem  Worte  rnjJtrmS  (e>^Xcii.^J).     Das    Zeichen    sieht    also    aus  ^.     Ist    Halövy's 

Annahme  richtig,  so  läge  hier  eine  Differenzii-ung  aus  J7  (»)  vor.  Dieses  Zeichen,  oder  ihm 
mehr  oder  weniger  ähnliche  findet  man  bei  Euting  öfters.  So  weit  ich  jetzt  darüber 
urtheilen  kann,  stecken  darin  verschiedene  Buchstaben.  Ein  weiteres  sicheres  Beispiel  für  e 
ist  bis  jetzt  von  mir  nicht  gefunden  worden.  Dagegen  habe  ich  ein  neues  Zeichen  für  a, 
wie  ich  glaube,  mit  aller  Bestimmtheit  erkannt,  was  aber  nicht  ausschliesst ,  dass  daneben 
auch  ein  anderes  (in  einem  anderen  protoarabischen  Alphabete)  vorhanden  war.  Das  Zeichen 
kommt  in  dem  viermal  wiederkehrenden  Worte  §%Tw+-|  (Eut.  403,  423,  433  und  663)  vor, 

das  n^önS  =  cjJij  *AiJ  gelesen  wei'den  muss.     Das   Zeichen   erscheint  graphisch    als   zwei 

aneinander  geschobene  Tl  und  mag  vielleicht  mit  dem  Tl  irgendwie  zusammenhängen. 

n  =  e).  Diesen  Laut  kennen  beide  Sprachen,  das  Sabäische  soAvohl  wie  das  Lihjänische, 
sie  haben  aber  hierfür  graphisch  verschiedene  Zeichen.  Das  sabäische  Zeichen  ist  X,  das 
lihj.  X.  Die  lihjänische  Bildung  ist  sehr  durchsichtig,  das  X  —  f  wird  durch  einen  Strich 
unten  in  e>  =  engl,  th  differenzirt.  Schwieriger  ist  die  Entstehung  des  Zeichens  l  zu  er- 
klären. Zum  Glück  bieten  uns  die  protoarabischen  Alphabete  Mittelglieder.  Dort  kommt 
neben  l  auch  die  Form  X  vor.'  Die  Ditterenzirung  hat  also  ebenfalls  aus  X  stattgefunden  durch 
Ansetzung  eines  Striches.  Der  Strich  ist  aber  nicht  unten  angesetzt,  sondern  in  die  Mitte 
eingeschoben  worden.  So  ist  aus  X  das  Zeichen  X  entstanden,  aus  welchem  leicht  |  geworden  ist. 

Bevor  ich  daran  gehe,  die  Resultate  dieser  Untersuchung  zusammenzufassen,  muss  ich  noch 
auf  eine  sehr  merkwürdige  Thatsache  aufmerksam  machen.  Es  findet  sich  im  British  Museum 
ein  Cylinder,  der  aus  Anat  am  Euphrat  stammt  und  nach  der  figuralen  Darstellung  zu  ur- 
theilen, von  hohem  Alter  sein  muss.  Sir  Henry  Rawlinson  setzt  ihn  in's  zehnte  Jahr- 
hundert V.  Chr.  Auf  diesem  CyHnder  steht  eine  kleine  Inschrift,  die  schon  mehrfach  publicirt 
worden  ist.     Sie  lautet:''' 

•  Des  Barik,   Sohn  der  'A/a.' 

Man  hat  diese  Inschrift  für  sabäisch  gehalten  imd  die  leicht  veränderten  Formen 
einiger  Buchstaben  auf  verschiedene  Weise  erklärt.  I>s  unterliegt  aber  keinem  Zweifel,  dass 
die  Schrift  nicht  sabäisch,  sondern  lihjauisch  ist.  Die  für  das  Lihjänische  ganz  be- 
sonders charaktei'istischen  Buchstaben  i<  und  3  beweisen  dies  zur  Genüge,  ebenso  die  ältere 
Fonii  des  D  mit  dem  Striche  rechts.  Ist  die  Inschrift  gleichalterig  mit  dem  Cylinder,  d.  h. 
ist  die  Inschrift  nicht  erst  später  eingravirt  worden,  dann  liätten  wir  den  stricten  Beweis, 
dass  das   lihjänische  Alphabet  schon  im  zehnten  Jahrhundert  v.  Ch.  gebraucht   wui'de.    Zu 


'  Das  Zeichen  findet  sich  in  sbsn  =  ,_Jj>j'  (Eut.  SU),  nözn  (Eut.  162.  .3-21.  .S-24)  =  sab.  X^I^S  (Derenbourg,  JÖtutl.  5,  4), 

•jrn  =  J^'y  (Eut.  118  =  Hub.  .il;  Eut.  116  =  Hub.  52  etc.). 
ä  Vgl.  Taf.  .5  und  ZDMO.  XIX,  Taf.  3.5;  feiner  Halevy,  ]!;tud.  Sab,  p.  181. 


20  D-  H.  Müller. 

beachten  ist,  was  schon  Halevy  bemerkt  hat,    dass  diese  Inschrift  von  einem  Aramäer  her- 
rührt, der  sidi  also  in  dieser  Zeit  der  hhjänischen  Schrift  bediente. 

Wir  kennen  auch  eine  Gemme  des  Wiener  Hofmnseums  (abgebildet  anf"  Tat'.  5  und 
bei  Osiander,  ZDMG.  XIX,  Taf.  35),  die  ebenfalls  eine  Inschrift  lihjfinischen  oder  vielleicht 
besser  gesagt  protoarabischen  Charakters  trägt.    Sie  lautet  nach  meiner  Lesung: 

jlljahabsin-  Adhad.' 

Das  K  ist  ganz  lihjanisch,  dagegen  das  n  schon  dem  Sabäischen  näher,  wie  öfters  auf 
den  protoarabischen  Inschriften.  Sehr  seltsam  sind  die  zwei  mittleren  Zeichen,  die  bis  jetzt 
Niemand  zu  bestimmen  wagte.  Das  erste  erinnert  an  sab.  ^,  welches  auch  in  den  proto- 
arabischen Inschriften  vorzukommen  scheint.  Das  zweite  Zeichen  ist  sehr  auffallend  und 
hat  keine  Analogie  in  irgend  einer  bekannten  semitischen  Schrift;  man  ist  vielmehr 
geneigt,  es  als  Abbildung  eines  Thrones  oder  als  Verzierung  anzusehen.  Jetzt  taucht  al)er 
dieses  Zeichen  vier  Mal  in  den  protoarabischen  Inschriften  auf,  und  zwar:  Euting  681 
imd  682: 

689  r^[^[b[bin°n///  //öj?2  l  hnloö'? 

752  w^w-f-  nöhlö 

Ich  wage  vorderhand  hierfiir  den  Werth  1  vorzuschlagen,  da  d  aus  )  leicht  entstanden 
sein  kann.  Ist  die  Annahme  richtig,  so  liesse  sich  689  ■nDöS  =  ,jLliJ  lesen;  681  und  682 
kann  KIWÖPlJlS  ergänzt  und  in  K"i2?  irgend  eine  Gottheit  vermuthet  werden  (^j.*i  ^«i?)- 
Auf  der  Gemme  würde  der  Name  "itTDiTbK  bedeuten :  ,Gott  verleiht  Freude'  und  Adhad  der 
Beiname  sein. 

Fassen  wir  das  hier  Gesagte  zusammen,  so  ergibt  sich: 

1)  Von  dem  lihjänischen  Alphabete  sind  den  sabäischen  Zeichen  vollkommen  gleich 
die  Buchstaben: 

2)  Einige  andere  Zeichen  unterscheiden  sich  mehr  oder  minder  von  den  entsprechenden 
sabäischen: 

«  n  n  j  s  i: 

3)  Von  diesen  Zeichen  haben  alle  mit  Ausnahme  des  3  im  Lihjänischen  ältere,  ur- 
sprünglichere Formen  als  im  Sabäischen,  nur  das  3  zeigt  eine  jüngere  Bildung. 

4)  Von  den  ausschliesslich  den  sUdsemitischen  Alphabeten  eigenthümlichen  Zeichen 
haben  beide  Alphabete  die  Buchstaben  ftlr  n  und  j?  gemeinsam,  sie  unterscheiden  sich  aber 
in  Bezug  auf  die  Zeichen  cj,  ö.  Über  die  Bildung  der  graphischen  Ausdrücke  für  Jb 
und  jjc  im  Lilijimischen  wissen  wir  vorderhand  nichts  Gewisses. 

5)  Das  pro toarabi sehe  Alphabet  zeigt  dagegen  in  Bezug  auf  die  Bildung  von  n  und  n 
femer  von  f\  dieselben  Vorgänge  wie  das  Sabäische. 

6)  Das  äthiopische  Alphabet  steht  in  fast  allen  Punkten  auf  der  Stufe  des  Sabäischen, 
nur  dass  dort  die  Zeichen  für  t,  «i>,  Je  und  t?  fehlen. 

7)  Demnach  repräsentiert  das  lihjänische  Alphabet  die  Gestalt  des  südsemitischen 
Alphabetes,  bevor  sich  das  sabäo-äthiopische  und  protoarabische  davon  getrennt  haben. 


Epigraphische  Denkmäler  als  Arabien.  21 

8)  Das  sabäo -äthiopische  Alphabet  liatte  noch  eine  Zeit  gemeinsamer  Entwickelung 
mit  einem  der  protoarabisclien  Alphabete,  in  welchem  sich  die  Übergang-sformen  zwischen 
den  lihjänischen  und  sabäischen  Zeichen  sowie  die  Neubildungen  nachweisen  lassen. 

9)  Diejenigen  Formen,  welche  dem  Lihjänischen  und  Sabäischen  gemeinsam  sind, 
müssen  auch  im  Äthiopischen  vorhanden  gewesen  sein.  Wenn  daher  das  Äthiopische  einige 
Zeichen  aufweist,  die  den  phönikischen  näher  zu  stehen  scheinen  als  die  sabäischen,  wie 
z.  B.  0",  w  und  m,  so  können  sie  nur  als  secundäre  Formen  erklärt  werden,  die  sich  zu- 
fällig den  phönikischen  Zeichen  wieder  genähert  haben. 

10)  Nach  dem  babylonischen  Cylinder  mit  lihjänischer  Inschrift  zu  urtheilen,  ist  die 
lihjanische  Schrift  um  das  Jahr  Tausend  v.  Chr.  schon  in  der  Form  festgestanden,  wie  auf 
den  uns  vorliegenden  Inschriften,  da  auf  jenem  Cylinder  die  jüngere  Form  des  n  bereits 
nachweisbar  ist. 

Die  minäisclien  Inschriften  von  el-'Öla. 

I.    (Euting  3  auf  Tafel  I). 

Doughty,  Documenta  Epigraphiques,   PI.   XII,   Fol.  21.     ,Is   scored   obscurly    upon    a   small    stone   in   a   house   wall,   not 

embossed  nor  interlined.'   M.   0'2.5   breit,   0"19   hoch. 

1  ni^1rShl®t^hn<f|ol°r^  M2  I  nbox  MD:m  I  nyo  i 

2  l?H*NIH<i>i^nrSniXX1  [| bs] hjpT  I J13  I  Sdd  I  na  2 

3  Nl  hTX°IX°<i'l^V^HY  [nnrlT  I  py  Iw  I  nnö2n  3 

4  Hl^YlMYo'l  ^X?)l)  [«]T  I  nnb I  nm  I  onnl -1  4 

5  ....  i>in°IT1Yhlt^--T  nay  I  'bns  ItonSln  5 

1.  Sa'd  und  sein  Sohn  'Aslam,  die  Söhne  des 

2.  Gaziz  Basil,  war  es,  der  geweiht  hat  alle 

3.  cnöjn  und  sie  zueignete  als  eine  Stiftung  des  'Att- 

4.  ar  Rait"  und  Sorge  trug  für  sein  Ge- 

5.  schlecht,  das  Geschlecht  des  Abd  .... 

Z.  1.  nyo  =  jJLl  oder  JuuL«  (ohne  d).  während  in  OM.  5,  2.   7,  2.  35, -2  und  Hai.  42,  1, 

durchwegs  sabäischen  Inschriften,  mj7D  geschrieben  wird.  Wie  ich  schon  zu  Langer  I,  1 
bemerkt  habe,  zeigt  das  Minäische  bei  den  Eigennamen  eine  starke  Einbusse  der  Mimation. 
Es  ist  nun  zu  constatiren,  dass  auch  die  Inschriften  von  el-' 01a,  die  ja  von  einer  minäischen 
Colonie  herrühren,  mit  sehr  geringen  Ausnahmen,  die  Mimation  bei  Nom.  propria  nicht 
mehr  aufweisen. 

1D321.  Das  Suffix  1D  kommt  noch  in  ^'D'^h^  XIII,  6  vor.  Daneben  findet  sich  aber  auch, 
wie  auf  den  Inschriften  von  Ma'in,  das  Suffix  D  in  U^h^  XIII,  5  und  Dn  in  D.T3p1  XIII,  6  etc. 

dSdk  ist  nur  noch  einmal  in  einer  minäischen  Inschrift  (Hai.  231,  3)  nachweisbar.  Zu 
vergleichen  ist  ^.-ail  ^  JLw-l  Ibn.  Dor.  281  und  Lih.  33,  2. 

Z.  2.  Die  Lesung  113,  worin  das  J  nicht  ganz  deutlich  ist,  wird  gesichert  durch  XXIV,  3 : 
T'rD  I  bos  I  tu  I  'Jp"!.  Ob  dieses  TJJD  nur  plene  geschrieben  (tX**-!)  und  mit  unserem  IPD 
zu  identificiren  sei,  lasse  ich  dahingestellt.  Die  Wurzel  tU  findet  sich  noch  GC.  1,  7  I  jn  I  mh 
jnns  und  17,  3  r\lh\  Vgl.  auch  das  hebr.  n.  pr.  n;  (I  Chr.  2,  46). 


22  1^-     H.     MlLLEK. 

boz  ist  liior,  au  der  anoeführteii  Stelle  XXIV,  3  und  wahrscheinlich  auch  Hai.  342,  1 
Beiname.  Dagegen  sind  SdS  XIII,  3,  Hai.  243,  6  und  d'^DS  Hai.  187,  1  mrkliche  Eigennamen. 
Ausserdem  finden  wir  noch  die  Wurzel  boa,  Hai.  408,  2:  d'?D3D"'3  in  dunklem  Zusammen- 
hang. Die  Aussprache  des  Namens  ist  unsicher,  zur  Bedeutung  kann  arab.  JkA^b,  Ju-J  und 
Juu«j  .kühn,  nuithig'  verglichen  werden. 

':p"i  I  p3.  lieachteuswerth  ist  diese  Wendung  ,war  es,  der  geweiht  hat'  für  einfaches  ''JpD 
,hat  geweiht'.  Die  Übersetzung  von  ""Op  bedarf"  einer  besonderen  Begründung.  Es  bedeutet 
sonst  .erwerben ,  besitzen',  so  z.  B.  Os.  25,  5/6 :  ]y:p^)  I  VJpT  I  lön^Jp«  I  •'SU  ,und  zum  Heile 
ihrer  Besitzthümer,  die  sie  erworben  haben  und  erwerben  werden',  OM.  1,  10  fjp"'  I  1J73 
,die  Kameele,  die  sie  besitzen'.*  In  der  vorliegenden  Inschrift  scheint  mir  jedoch  "'Jp  (viel- 
leicht =  ^Ää)  den  Sinn  ,weihen'  zu  haben.  Ganz  besonders  spricht  hierfür  die  parallele 
Stelle  X,  3  DH*?  I  Dm  -11  ^Ipl,  wo  die  Verbindung  1)  I  ':pT  kaum  eine  andere  Fassung  zu- 
lässt.-   Vgl.  auch  XXIV,  2/3. 

Z.  3.  onajn  I  hz  ist  nach  VII,  1  ergänzt,  avo  dieselbe  Phrase  vorkonmit.  Die  Bedeutung 
dieses  seltsamen  Wortes  ist  schwer  zu  bestimmen.  Das  Arabische  bietet  f^xst  ,eine  Art  Dat- 
teln' (L^-u  pjj  jl  v4^'0'  "^^'^^  ^lit-i*  iiwnierhin  möglich  wäre,  wenn  man  bedenkt,  dass  auch  in 
der  alt-aramäischen  Inschrift  aus  Tema  dem  Gotte  Salm  der  Ertrag  von  Dattelhainen  ge- 
widmet worden  ist.  Leider  sind  jedoch  die  Stellen,  wo  das  Wort  sonst  noch  vorkommt, 
Hai.  386,  1  I  nojn  I  ptot''  und  GC.  XVIII,  1  und  2  1  nüjn  I  fmSlIia  I  D3  I  ^::  zerstört  und  dunkel. 
Vgl.  auch  Wiener  Zeitschrift  für  die  Kimde  des  Morgenlandes  II,  S.  7;  GC.  4,  1  fÖJn  und 

H.  188,5  In»  l:n  I  D':p  I  by 

pil?  I  TJJ1  halte  ich  gleich  lobye  >S'r^)  ^^^^  <^^'  eignete  es  zu  als  eine  Zueiguiuig  des  'A.' 
Im  Arabischen  wird  allerdings  ^yt  (tertiae  w)  im  Sinne  von  ._f.w.'  gebraucht.  Zur  Schreibung 
TJ7  fiir  'TJ?  vgl.  «n   für  "«"l,  SED   für  ''KBD  etc. 

Z.  4.  nnn  I  ninnyh  ist  gesichert  durch  XI,  2,  XXXIII,  3:  onn  I  ntt  ,dem  Wadd  von 
Rajt'"',  fiir  nn'-iT  I  -innjr  imd  cnnn  I  ni,  wie  DüS'-I  I  nbxn  und  aptrs  I  -innp  kurzweg  gesagt  wird 

im  Sinne  von  .Ta'lab  aus  Kijäm',  ,'Attar  aus  Na§(]['.  Ein  n.  loci  oos  oder  «yLsx  kaiui  ich 
nicht  nachweisen. 

anh  I  cm.  Diese  Phrase  wiederholt  sich  X,  3  •  ■    D  I  anh  I  Dm  •     I  ni  I  "^pn  und  XXIV,  4 

"nrc  I  an'?  I  Dm.    Ich    lese    I^'  '9.  ,und    er   kümmerte    sich,    trug  Sorge    um  .  .  .'.    Dieselbe 

Wurzel  findet  sich  auch  in  den  Eigennamen  bKÖön  Hai.  385,  2  und  nnynön  (o^ic  kl»)  in 
det  grossen  Inschrift  der  königlichen  Museen  in  Beidin. 

Z.  5.  'Spik  I  lonblnlxh-  Die  Ergänzung  ist  nicht  sicher,  aber  durch  Vergleichung  von 
XXV,  6  I  "Sn«  I  caSriK  sehr  wahrscheinlich.  Es  ist  eine  besondere  Eigenthümlichkeit  dieser 
Inschriften,    dass    das    bekannte    und    im  Sal)äischen   sehr  häufig  wiederkehrende  Wort    bn« 

(Jjel)  hier  mit  PI  geschrieben  wird.  Ausser  an  den  angeführten  Stellen  kommt  diese 
Schreibung  noch  vor  XI,  5  D'3p1  I  ü:n  I  ''Sn«  ,das  Geschlecht  des  Häni'  und  sein  Besitz'.''  Das 
/  in   'Sns  k;nni    Z<iclicn   des   Pliirids   oder  des   Genitiv   SiuL;\   sein. 

'    \gi.  amh    Hai.  '■'••■■^,  L'   \ii.ii   .'rj?. 

2  Wenn  man  aber  ":p  iliircliau»  ,erwerben'  übersetzen   will,   so   kann   es   nur  lieissen  ,das  er  für  Wadd  erworben  bat',  was 

dem  Sinne  nach  auf  dasselbe  iiinauskonimcn  wird. 
'  Davon  zu  trennen  sind  »iclier  die  Formen  "K0"'7nK  GC.  !.s,  :i.  4.  .'>  und   lificbst   waljrscbeinlicl]   aucli  'bnK  GC.  2,.")  iHal.  i.iH) 

und  3,  4.   Sie  sind  von  dem  Stamme  'bPI  abzuleiten. 


Epigraphische  Denkmäleb  aus  Arabien.  ^  23 

II.  (Euting  4  niclit  reproducirt.) 

M.  0'14  breit,  0'55  hoch;   ein   schmaler  langer  Streifen   mit  neun  Zeilen,   der  aber  in  jeder  Zeile  nur  wenige  Buchstaben 
enthält,   so   dass  nicht  ein   einziges  Wort  mit  Sicherheit  bestimmt  werden   kann. 


1 

mn 

1  nz 

2 

1^)) 

1  D-n 

3 

0)Y(D 

r,m 

4 

(D  (D  1    U| 

nll 

5 

XX1 

nnb 

6 

liHnN 

nan 

7 

hni- 

p|. 

8 

n<ßi 

21  1 

9 

xnyi 

n:n  I 

III.  (Euting  5  auf  Tafel  I.) 

M.  0-18  breit-,  0-17  hoch. 
1      ^m)^Hni  Dlp?2=l|- 

2  I )  Y  ^  rt  I  <»  I  nnrs  1 1 

3  |1hr^<i>h  I  bKDIK 

Mit  Sicherheit    ist    nur    der  Eigenname  "^SDIS    in    der    dritten  Zeile    zu  bestimmen,   der 
auch    sonst    öfters    vorkommt.     In    der    ersten    Zeile   ist    der    erste    Buchstabe  1   oder  Tl  zu 

lesen.  Das  folgende  J"ltt"t  ist  entweder  von  der  Wurzel  "lÖT  (>x)6)  abzuleiten  oder  j^ll/»  jj> 
zu  lesen,  womit  ^liX^JC  Jui  mIv«  jii  hei  Hamdäni  verglichen  werden  kann.  ~intt?3  heisst  wahr- 
scheinlicli  ,dem  Sahir'  (vgl.  Dintyn,  ZDMG.  XXX,  680  und  ^^^  oyo  hei  Hamdäni  82,  7  und 
111,  18j. 

IV.  (Euting  9  auf  Tafel  I.) 

M.  0'55   bi'eit,    030   hoch.   Von   allen   Seiten   abgebrochen. 
1      ^   I Ö    ■  ■      1 

2  Y^N'^a'IHX?niHniiH<i'IYX?nni>lh^<i>  nsrnpi  l  in'3  l  p  m  l  nn^^n  ns?2i  2 

3  Xr^ha'I^Y<»10<i'l^^?XI1i^<i>I^XYY)r^  noxi  I  Dmbsi  I  Qu"!!  ^31 1  DnnmD  3 

4  <i'l^rSXYnH^<»l^r^XY<»XI<=OBIX)Xr^  1  I  Donnsnisi  I  nonmn  I  isä  I  mno  4 

5  Ya.|iiYmiH1^l?[X^]ir^ni°>lj^mi,^  m  l  p^bnaa  l  nnal'^Dn  l  n::  l  ^'7=  5 

6  <i>1HI1 133  I    b 6 

2.  .  .   .  und  vermehrt  im  Tempel  des  Wadd,  im  Tempel  (selbst)  und  [seinem]  Vorbau  .... 
3 schnelle  Kameele  und  alle  Kameelheerden  und  Kameelfullen   und  die  Vorhän[ge]  .... 

4.  .   .   .  verhüllten  die ihrer  Räucherfässer  (?)  und  ihrer  Altäre  und   .  .  . 

5.  .  .  von  jedem  der  losbrechen  wird  die  Steine  (?)  der  beiden  Thürme  und  .   .  . 

Es  ist,  wie  man  sieht,  das  Fragment  einer  Weihinschrift,  und  zwar  der  Schluss  der- 
selben. Von  der  ersten  Zeile  sind  nur  undeutliche  Spuren  geblieben,  die  eine  Lesung  nicht 
ermöglichen. 


24  D«  H.  Mcller. 

Z.  2  kann  unter  Vergleiclumg'  von  Hai.  478,  20  etwa  folgeudernmssen  ergänzt  werden: 

D-l^J7a^  I  olnanpi  I  [n'2  I  p  I  t  I  nn'22  I  nxfii  [|  yp:^  I  "ssm  I  comr  I  nja  •  •  ■  I  tn-nl  ,Und  es  stellte 

N.  N.  diese  Denkmäler  etc.  .  .  in  den  Schutz  der  Gottheit  ....  gegen  jeden,  der  sie  zer- 
stört, vernichtet,  vermindert]   oder  vermehrt    im  Tempel  des  Wadd,  in  dem  Tempel  (selbst) 

und  in  seinem  Vorbau '  Über  nxa  vergleiche  Siegfried  Langer's  Reiseberichte,  S.  24, 

Note  6  (=  ZDMG.  XXXVII,  342). 

nn'23-  Das  Wort  D'S  bedeutet  im  Sabäischen  ,Burg',  wohl  desswegen,  weil  die  meisten 

grösseren    Häuser    in    der    Form   von    Burgen    gebaut  worden    snid,  wie  die  *ial   in  Medina 

und  f^\  in  der  Gegend  von  Teimä.  Derselbe  Gebrauch  scheint  auch,  wie  aus  Hamdäni 
hervorgeht,  in  späterer  Zeit  üblich  gewesen  zu  sein.  Auch  Bekri  in  seinem  Geographischen 
Wörterbuche,  S.  190,  führt  unter  der  Überschi-ift  ^j~^\  äj»aj  eine  Reihe  jemenischer  Burgen 
au.  die  sonst  als  ^yoji  bezeichnet  werden.  Es  ist  merkmirdig,  dass  man  heutzutage  diese 
Art  Burgen  imd  selbst  einfache  Häuser  buiUg  nennt.* 

Das  Wort  ITS  bedeutet  aber  auch  vor  dem  Namen  eines  Gottes  ,Tempel'.  Auch  die  Tempel 
waren  burgartig  gebaut,  mit  Thürmen  und  Festungswerken  versehen.  So  ist  also  in  den  In- 
schriften die  Rede  von  dem  npaSs  I  iT2(Hal.50,  l  =  Fr.9,4. 10,2),  nnnj;  I  n^3  (H.  196, 15.  257,  2. 
379,  1),  D'On  I  n-i  I  n'n  (631  +  630,  7.  628  +  632,  3/4),  m  I  ]^^a  (532,  1).  Die  Sclireibung  nn^2 
(mit  Zufiigimg  des  dem  Minäischen  eigeuthümlichen  n)  findet  sicli  Hai.  520,  21:  inri';  I  nn''3 
und  weiter  unten,  XIII,  2. 

nöHpl  ist  ein  bautechnischer  Ausdruck  für  ,Vordcrbau'  oder  ähnlich,   und   mit  dem  in 

den  Bauinschriften  häufig  vorkommenden  D"1"TS?Ö1  I  D5:^p  (z.  B.  Hai.  424,  1.  465,  5)  ,Vorder- 
bau  und  Schutzmauer'  zu  vergleichen. 

Z.  3  bietet  lauter  o.vj.q  XcYÖ[J.£Va,  deren  Übersetzung  noch  dadurch  erschwert  wird, 
dass  diese  Wörter  aus  dem  Zusammenhange  gerissen  sind.  Dennoch  scheinen  die  nach 
Analogie  des  Arabischen  vorgeschlagenen  Bedeutungen  sich  gegenseitig  zu  stützen. 

DrinniD  ist  ein  Plural  von  niD,  arab.  ^y^  ,freiweidende  Kameele'  oder  _*-*  , schnelle 
Kameek". 

DÜ"'T  =  (Vjv,  Plur.  von  x^jj  .Kameelheerde'.  Dazu  passt  sehr  wohl: 

ambs  =  yXi,  Plur.  von  As  ,das  Junge  von  einem  Kameele'.  Das  letzte  Wort  der  Zeile 
ist  vielleicht  hlnOKI  (;t-Ä*>,l)  zu  ergänzen.  Über  den  Zusammenhang  dieser  zwei  Zeilen  lässt 
sich  Verschiedenes  vermuthen,  aber  kaum  etwas  Sicheres  behaiipten. 

Z.  4  mno  hängt  wohl  zusammen  mit  dem  vorangehenden  ["ilDDK. 

Von  den  folgenden  drei  Wörtern  ist  nur  das  letzte  nnsna  =  M'<J^'  I'liii'-  von  nsn» 
{^iXjo)  ,Altar'  sicher.  Auch  Fr.  41  scheint  nnriO  Plur.  zu  sein,  dagegen  kann  es  Prid.  XIII,  10, 
Hai.  645,  1  und  648,  1  als  Sing,  der  Form  &Xjüu:  angesehen  werden. 

Zu  DDnmn  I  isi  sind  zu  versrleichen : 

Hai.  188,  4  p'r  I  'nn  I  'bns  I  srno  I  3'd  I  isliil 

Hai.  196,  13/15  nnnj;  I  rra  iTlri  I  "hmn  I  bDlia  I  isici 

Wie  schon  Sabäische  Denkmäler,  S.  78,  bemerkt  worden  ist,  steht  isä  (arab.  JUi)  in 
den    angeführten    P'ällen    in  \'erbindung   mit    Räucherwerken.     Dieser  Annahme  wird  durch 


Vgl.  .Siegfried  Langer'»,  Kebeberichte  aus  Syrien  und  Arabien,  S.  XXIV. 


Epigrapiiisciie  Denkmäler  aus  Arabien.  2t5 

unsere  Stelle  nicht  widersprochen;  das  danebenstehende  nnD"io  macht  es  sogar  sehr  wahr- 
scheinlich, und  das  dunkle  DDnmn  scheint  mit  Tin  (verschrieben  für  oder  abgekürzt  aus  ^'T1^?) 
zusanunenzuhängen.  Das  arab.  Lb.  ,Honig'  und  ^e^-a.  ,leer  sein'  bieten  keine  passende  Etymo- 
logie und  Erklärung.  Neben  manö  darf  man  \in  vielleicht  bis  auf  Weiteres  ,Räucherfässer' 
übersetzen.   Vgl.  in  der  Parallelstelle  TÖ  und  damit  11  I  n"'I?riÖ. 

Z.  5.  J?11C,  sonst  in  den  Inschriften  nicht  nachweisbar,  scheint  wie  arab.  cJco  , spalten, 
losbrechen'  zu  bedeuten. 

Inölbc.  Die  fehlenden  zwei  Buchstaben  sind  nur  vermuthungsweise  ergänzt,  es  ist  aber 
auch  kaum,  eine  andere  Ergänzung  möglich.  Die  Bedeutung  , Stein'  flir  'Ltll^  wird  von  den 
arabischen  Lexicographen  auch  als  stidarabisch  überliefert.  Es  ist  sehr  merkAvürdig,  dass 
das  Arabische  das  ursemitisclie  Wort  für  Stein  J3S  (Hebr.,  Aram.,  Sab.,  Athiop.  und  Assyr.) 
verloren  und  daiur  zwei  Wörter  geschaffen  hat,  die  nur  auf  Umwegen  zu  dieser  Bedeutung 

gelangt  sind,  ich  meine  die  Wörter  Ist  und  juXil.   Die  Wurzel  hgr  ist  gemeinsemitisch  und 

bedeutet  ,umgeben,  umgürten'.  Sab.  "laHD  (r^)  heisst  ,Umzäunung,  Umfriedmig'  und  ^ 
, Stein'  ist  das  Ding,  womit  eine  Mauer,  eine  Umfriedung  hergestellt  wird.  In  ähnlicher 
Weise  scheint  äuJU«  erklärt  werden  zu  müssen.  Der  Gebrauch  des  Wortes  nö'^D  anstatt  pK, 
das  im  Sabäischen  und  Minäischen  sonst  üblich  ist,  mag  vielleicht  aus  dem  Einflüsse 
der  nördlichen  Sprache  erklärt  werden,  wie  ja  auch  das  folgende  Wort  bl^JS  nur  in  den 
Inschriften  von  el-'Ola  sich  findet.  Auffallend  wäre  noch  die  Bildung  des  masc.  Plurals 
neben  dem  fem.,    wofür    freilich    das  Sabäisehe   auch  sonst  Belege  bietet,  wie  Tin^K,  %"l52Kty, 

Das  Wort  Tlü'^D  lässt   jedoch    auch   eine  andere  Deutung  zu;    es    kann    ein  Dual    fem. 

von  arab.  ^J^^  ,Leiter,  Stiege'  sein,  womit  hebr.  ü^D  (Plur.  niO*??),  Mischna  "il^  btt'  nabo, 
x)i[j.a$  T'jpicov,  phön.  ria'^D  Corpus  Inscriptionum  Semiticarum  I,  88  zu  vergleichen  ist.'  Für 
diese  Erklärung  scheint  auch  der  Dual  des  Wortes  jrubiJÖ  zu  sprechen.  Wir  hätten  dann 
die  Stelle  zu  übersetzen  ,an  den  beiden  Treppen  der  beiden  Thürme'. 

p^IJÖ.  Das  Wort  steht  hier  für  das  sonst  häufig  in  den  Inschriften  und  im  Äthiopischen 
ausschliesslich  gebräuchliche  Jisnia.  Das  Wort  SlJÖ  ist  aus  dem  Hebräischen  bekannt.  Es 
kommt  hier  in  der  Bedeutung  ,Thurm,  Festung'  und  in  mehreren  Ortsnamen  vor.  Auch  in 
der  Mesa-Inschrift,  Z.  22  ist  es  nachgewiesen: 

,und  ich  habe  ihre  Thore  errichtet  und  ilire  Thürme  gebaut'. 

Die  aramäischen  Dialecte  kennen  das  Wort  ebenfalls.  In  der  Targumim  schwankt  die  Voca- 
hsation  zwischen  kSijp  und  «Sl3Ö  (syr.  P,^).  Auch  das  Arabische,  wo  es  sowohl  als  Appel- 
lativum  wie  auch  als  nom.  loci  vorkommt,  kennt  beide  Formen  Jt>-a?-  Sicher  Appellativum 
ist  es  Imrulqais  50,  8:  Ji^LÄÜf  u^-^^;  i  eU*Jl  jj-Jj^^i  ferner  Bekri  116,  1.  Z. :  s'j.S  w^  «jLa* 
jJisLs'.,  endlich  im  Verse  des  al-A'sa:^ 

t'i  (   II    '  '('     '  " '     "!  '  '  'i  ' "  '      I     '■' 

j_jLiaJI    j-üä    iUfi    Jjo  *J'-*^    <Jyy*'    ut^T?   li- 

'  Vgl.  Hamdäni  Gazirah  76,  7  ff.:   i^   ^J    y.,.^   J.i-^V\    ,JlLJ\    ^   ^^^Ll->   jikj'   ^\    ^_j-JiJ\    ^J>\    ^\    '<L»SS 

U-^-«*^  J)-«üx»31   ,_ji6  j_^^\    CU-oj   ^JyJL^\   L,_f^Lo  IjtLi  s-oij;  ^j\  ^>  j_j)i  ^_^ixi\^   LiLi. 
2  Vgl.  Jäcüt  IV,  888  s,  V.  k^l,  und  Bekri  847. 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.   Bd.     Abhandl.  von  Nichtmitgliedern.  d 


26  I)-  H.  Müller. 

Der  Vers  bei  Bekri  bezieht  sich  auf"  Hagr  in  Jemama,  der  el-A'§a  s  auf  eine  Ortschaft 
iu  Hima  Darijja.  Durch  unsere  Inschrift  ist  der  Gebrauch  des  Wortes  für  Nordhigäz  ge- 
sichert. Ob  man  das  AVort  als  eine  aramäische  oder  sagen  wir  besser  nordsemitische  Ent- 
lehnuntj  ansehen  muss/  lasse  ich  dahingestellt. 


V.  (Euting  10  auf  Tafel  I.) 

M.   0-43   breit,   02 1   hocli. 

1  *r^a>  I  HXOTI  I  Xt=l  I  X?1°IHh°H  poi  I  jnsn^i  I  m  In^bj?  I  pn  •  •  •    i 

2  ^XIHlr^)[Er^h®lr^X?H*i^<i>lrhX<i>Ul  nnn[y]  I  DitüDsi  I  Dn^3pDi  I  cmb::  I    2 

3  hOr^a>l)i^Hr^<i'l^r^n)n?[IHHn]IH°^IXi  K2D1  MD3D1 1  DD3nr  N  n:3l  I  jya  I  n *?    3 

4  .?^Tl)nrtni^H°^lrt1^l)^?l°0?1hlV^  ^ün  MDani  bjyj:  I  ^bü  inrM  rs^Ss  1  nb  4 

5  ■|Y)nf^niHY)nhNIHX?h^r^a>iHXOn  I  ^^333  I  p-,;3j^T  I  j^,3poT  I  .^^2^::    5 

6  l°X)^°HI<D?Ymni1hnYa.|^o^^l  ,  ^,^^^2^^^  1  ,,„  1  p  1  bxnm  1  dij^d  1    6 

1 der  bedeckt  hat  den  Söller  dieser  Plattform  und  .... 

2.  [Und  es  widmete]  ....  seine  mbüi,  und  seine  Weihungen  und  seine  Inschriften  dem  'Attar 

3.  [von  Qabd  und  Wadd,  den  Gött]ern  von  Ma'in  gegen  Jeden,  der  sie  entfernt,  zerstört,  vernichtet, 

4.  [und   losrcisst  von   ihrer  Stelle   am  Ta]ge   des  Iljafa'  Jasur,   des  Königs  von  Ma'in,    nobst   dem   Fürsten 

von  Hirn  ... 

5. die  Plattformen  und  Weihungen  der  Frommen  von  Seiten  des  Fürsten  .... 

6.  [des  Häuptlings] Wahab'il,  Sohn  des  Hajw,  von  'Amrata'. 

AVieder  ein  Fragment  einer  Bauinschrift ,  dessen  Inhalt  im  Grossen  »und  Ganzen  er- 
mittelt Averden  kann  und  dessen  Phraseologie  auch  im  Einzelnen  bis  auf  Weniges  ziemlich 
deutlich  ist. 

Z.  1.  Das  Wort  pp  findet  sich  noch  VII,  2 : 

jnBn:i  I  riT  I  n-'bj;  I  j :  y  I  onnsi  I  Ds:st>  i  Sd  I  njsri^  I  ^ns  I  )}ü), 
femer  XI,  6 

II  fnslnic  I  rh  I  n^bj?  I  py  I  nSro  I  'sior' 

Zur  Bestimmung  der  Bedeutung  von  pj?  kann  besonders  die  erste  Stelle  dienen:  ,und  er 
Avidmete  denen  von  Jatmiat  sein  ganzes  Qüi:^  und  IT'nB  für  das  pp  des  Söllers  dieser  Plattform'. 
Gleichviel  was  D«2?  und  n^ns  bedeuten,  das  Wort  J2I?  muss  irgend  einen  Bestandtheil  des 
Söllers  bezeichnen,  für  dessen  Ausführung  der  Stifter  gesorgt  hat.  An  der  zweiten  Stelle 
sclieint  py  in  gleichem  Sinne  zu  stehen  und  ebenfalls  Substantiv  zu  sein,  wogegen  in  unserer 
Inschrift  pt'T  sowohl  Verbum  als  aucli  Nomen  sein  kann.  Zu  der  ganzen  Phrase  I  r\''hv  i  pPT 
jnEnX  i  rn  vergleiche  ich  Hak  192,  4/7 :  Dlpm  I  niy  I  SSän  I  'SSpl  I  ':dT  ■  ■  •  DSnx  I  rno  ,sechs 
Plattformen  .  .  .  die  er  erbaut,  mit  Söller  versehen  und  mit  Holz  imd  Balken  bedeckt 
hatte'.  Es  scheint  nun  py  in  gleichem  Sinne  zu  stehen,  wie  b'?lD  .bedecken'  an  der  angeführten 
Stelle,     Dies    passt    tiberall  in  den  Zusammenhang  inid  ist  wichtig  für  die  Ergründuug  der 


'  Vgl.  8.  Fraenkfel,  iJio  aramäisclieu  rremdwörter  im  Arabisclion,  S.  236. 

^  Sonst  kommt  JUr  als  n.   pr.  öfters  in  den  Insclirifteu  vor.     Appellativum    sclieint    es   jedoch    Ual.   03,   7   I  p;y  I  p  zu  sein, 
der  Kagammenliang  ist  aber  dort  unsicher. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  21 

Bedeutung  der  Wurzel  pj7  in  den  semitischen  Sprachen.  Die  Wolke,  welche  den  Himmel 
bedeckt  oder  unserem  Auge  verdeckt,  heisst  daher  hebr.  |3J?,  aram.  pii,,  arab.  iolxc.  Das 
Wort   piya  ,Zauberer'  bedeutet    wörtlich    ,Verhüller','    wie    P]^?»  (vgl.  arab.  ^^A^). 

n'''?J?,  öfters  in  den  Euting'schen  Inschriften  in  gleichem  Zusammenhang,  ist  =  arab. 
ilXc,  hebr.  iT^y,  aram.  r\''h^   (l^-*^)    idas  Obergemach'  auf  dem    platten    Dache    der  Häuser 

oder  der  Plattform  der  Burgen.  Es  ist  mir  jetzt  wahrscheinlich,  dass  "'bbj?  (=  J^jt)  Hai.  192,  7. 
226,  1.  485,  3  und  520,  9  nicht  , aufführen',  sondern  als  Denominativ  von  r^'h)}  ,mit  einem 
Obergemach,  einem  Söller  versehen'  bedeutet. 

Am  Ende  der  Zeile  ist  naheliegend  in  Hinblick  auf  Zeile  5  [ffT'JlpDI  zu  ergänzen.  Mög- 
lich ist  aber  auch  P]pD1  zu  lesen.  Vgl.  Hai.  485,  2.  4  und  Langer  1,  3. 

Z.  2.  Zu  Anfang  dieser  Zeile  sind,  wie  aus  den  am  Anfange  der  beiden  folgenden  Zeilen 
mit  ziemlicher  Sicherheit  ergänzten  Lücken  hervorgeht,  etAva  15 — 18  Buchstaben  ausgefallen. 
Die  Zeile  hat  wahrscheinlich,  wie  XI,  2,  mit  ^n"n  begonnen,  worauf  dann  der  Name  des 
Weihenden  gefolgt  war.  In  dieser  Zeile  bedarf  nur  das  Wort  mSlt  noch  einer  näheren  Be- 
stimmung. Schon  Sabäische  Denkmäler  88  ist  die  Vemiuthung  ausgesprochen  worden,  dass 
es  eine  Baulichkeit  bezeichnet.  Diese  Verrauthimg  wird  durch  unsere  Inschriften  vollkommen 
bestätigt,  Aveil  iDlSil  I  friBniC  wiederholt  in  denselben  neben  einander  vorkommen.^  Ich  stelle 
es  mit  der  Wurzel  yX^  ,nahe    sein'  zusammen    und    übersetze    es    vorderhand  mit  ,Anbau'.* 

Dn^jpm  ist  sicher  Infinitiv,  wie  QnD''3p[D]  Hai.  535,  4  (23),  rT'DpD  Os.  29.  2  und  rT^3prt 
Os.  30.  G.,  wahrscheinlich  Plural,  und  bedeutet  , Stiftungen'.  Vielleicht  muss  auch  mit  Mordt- 
mann.  Sab.  Denkm.  51  jJT'OpK  I  p  I  pDI.  OM.  12,  12  als  Infinitiv  gefasst  werden,  wo  «  für  n 
geschrieben  wäre.  Dagegen  ist  DD-Jp«'!  Hai.  465  und  504,  9  Plur.  von  'jp  und  heisst  ,Besitz- 
thümer'. 

Z.  3.  Anfang  ist  zu  ergänzen :  I  nSlxbs  I  mn  I  ppT  |]  "innj?, 
die  folgende  Zeile  muss  gelautet  haben :  I  nf:i[r2  I  DDHiapÖ  I  p  I  IDÖI  ]  XSD1. 

r-iy  kommt  nur  in  den  Euting'schen  Inschriften  vor.  Über  die  Bedeutung  des  Verbmns 
kann  jedoch  kein  Zweifel  sein.  Es  ist  =  arab.  ^^^ä  , entfernen'  und  synonym  mit  n33D  , zer- 
stören, entstellen'.*  Die  von  mir  vorgeschlagene  Ergänzung  der  Lücke  zwischen  Z.  3  und  4 
stützt  sich  auf  die  Parallelstelle  VII,  4 : 

onapa  I  p  I  -IDÖ1 1  x£Di  1 13301 1  DDDir  [l  'ijal- 

Vergleicht  man  Hai.  465:   DDnSjpa  I  p  I  DD"'X£C"'1  I  aD"lt'!ai  I  DD"I33D''  I  132 
Hai.  474,  6:     [DClnapa  I  p  I  Dcrss^n  I  pi  I  DDIfan  I  p 
Hai.  478,  20:    DDHöpO  I  p  |  002  I  lOnpi  I  IS»!  I  fpil  I  'X201  I  D0-l3[JD^n  I  p] 
Hai.  485,  15:    DOnSipiS  I  p  I  '-h'  ■  nm  I  ^«201  I  OC123''  I  So  I  p 

so  ergibt  sich  daraus : 

1)  dass  die  Ergänzung  der  Stelle  unzweifelhaft  richtig  ist; 

2)  dass  «SD  eine  Verkürzimg  aus  "'SSO  ist; 

1  Syr.  pJ^  ,iueptus  ad  genituram',  arab.  ^^U*  und  ^^j^  hängt  damit  zusammen  und  heisst  eigentlich  ,verzaiibert'  (li\  TA 
j^^-  *\j-Ji\  1^  5->-o).  Die  Bedeutung  von  ^  .erscheinen,  entgegentreten'  scheint  trotz  Zimmern,  Babylonische  Bus.spsalmen, 
S.  13  secundär  zu  sein. 

2  Vgl.  VI,  -A.  XXII,  1   und  XXIV,  8.  '  Vgl.  Wiener  Zeitschrift  f.   d.  Kunde  d.  Morg.  11,  S.  5. 

■•  Dieses  ^^  ist  also  von  ;_j^  .untergehen'  und  i_j_i<  , Westen'  zu  trennen.  Letzteres  wird  im  Sabäischen  C2iya  (mit 
o  nicht  'pij  geschrieben.  »  Lies  banm  ?  —  Weitere  Stellen  vergleiche  ZDMG.  XXX,  696  ff. 

d* 


28  D.  H.  Müller. 

3)  dass  "IDS  =  "if  a  g'cstellt  werden  muss ,  woraus  wieder  folgt ,  dass  die  Bestininuiug 
des  Zeichens  ^  als  t?  den  tliatsäoldichen  Verhältnissen  entspricht; 

4)  djiss  das  Iniperfectuni  entweder  von  einem  Imperfectnm  oder  auch,  wie  im  Hebräi- 
schen, von  einem  Pertectum  fortgesetzt  werden  kann.  Der  erste  Fall  tritt  ein:  a)  wenn  t 
wiederholt  wird,  b)  wenn  jedes  folgende  Verbuni  mit  Suffix  versehen  ist. 

Z.  4.  Über  ntf'  I  irE^bs  vergleiche  Burgen  und  Schlösser  11,  S.  62.  Der  Beiname  dieses 
Königs  ist  wahrscheinlich  Jasur  (nicht  Jasir)  zu  lesen.  P]tyniologisch  hängt  er  vielleicht  mit 
arab.   «Lil   ,rathen'  zusammen. 

Die  Ergänzung  ro"!]'?:!!  I  "1-22,  die  nahe  liegt,  scheint  mir  wenig  wahrscheinlich,  aber 
immerhin  nicht  immöglich. 

Z.  5  jm2Kl  =  eHr^'  ''^^^  Frommen'  scheint  ein  anderer  Ausdruck  für  "1"12D  1  hr\H  zu 
sein.  Beachtenswerth  ist  erstens  die  jJiil-Form,  die  bis  jetzt  wohl  in  Eigen-  und  Beinamen, 
aber  nicht  als  Adjectiv  nachgewiesen  wurde ,  ZAveitens  der  äussere  Plural ,  den  man  aller- 
dings nach  Analogie  des  Nordarabischen  von  dieser  Form  erwarten  muss.' 

Die  Lücke  zwischen  Z.  5  und  Ü  ist  mit  zienüicher  Sicherheit  njJÖD  [l  D"i22  I  ]ti1pl  zu  er- 
gänzen.   Dies  ergibt  sich  aus  der  Vergleichung  folgender  Stellen: 

GC.  1,8:  SsciK"  I  Di'öD  I  D-122  I  pip  I  ^211 1  Sssm  I  m22n  I  mriKT 
GC.  18,  6 :  i:a  I  ci'JiD  I  Dn-2  I  piip  II  -112  I  m 
Hai.  237,  10:  as?n  I  nnysin  I  Dyj:D  I  0122  I  jiatp 

Hai.  188,  4:  nSl  I  0122  I  fSnp  ■  •  •  Ö^T  I  bülll  I  -122- 

Xin,  3 :  [l  Cyac  I  D-122  II  pnp  I  f2UT  I  '?D2  I  nn22- 
Leider  bleibt  trotz  all  dieser  Parallelstellen  der  Sinn  der  l'hrase    noch    immer  dunkel. 
I\Ian  wird  aber  aus   dieser  Zusammenstellung    ersehen,    warmii    ich    die    Ansicht    des    Herrn 

H.  Derenbourg  nicht  theilen  kann,  der  zu  GC.  1,  8  ]f2'lp  als  Nomen  loci  =  ^^^^  aiifgefasst 
liat,  und  warimi  ich  andererseits  ^21  für  ein  nom.  loci  erklärte.  Die  Parallelen  DJ7n,  p12T 
(  .b^)  lassen  eine  andere  Deutung  nicht  zu.^ 

rn  als  n.  pr.  schon  bekannt,  Hai.  428.  577,  4.  618;  mit  Mimation  nVPt,  Hai.  629,  1. 
Zweifelhaft  ist  OM.  4,  6  und  Fr.  3,  4. 

ymaj?  konunt  wiederholt  in  den  Euting'schen  Inschriften ,  den  minäischen  sowohl  als 
lihjänischen  vor,  ist  aber  sonst  nicht  nachzuweisen. 


VI.  (Euting  13  auf  TaM  I.) 

Doughty,   PI.  XVI,    Fol.  30   mit  folgender  Notiz :   , Building  stonc  in   an   outward   wall  near  the   towu  end  south. 

M.  0-43  breit,  O'IT  lioeh. 

1    •  •  ^lhYlr^[XTtH]0  |a>lir^^h^lHni  b  I  p  I  onnai  I  DöKtt^  I  p  I  i 

a    •  •  ^h^l1i^lXn)nMI1hy)^?fnl  on^iEi I Dlösty  I b2 In2nn  I  Ssnn:r'2  I  2 

3  .  .  r)^?<i>  I  hX<i>iia>  I  hxon  I  X  ['7xinnur^ilfm'72:ilinsn2:ln[=iln'bsrpyl  3 

4  thlYI  .«ml  4 


'  Vgl.  Zur  Vergl.  sem.  SpracliforKcliuiig,  S.   19. 

»  Vgl.  Wiener  Zeitschrift  f.  d.  Kuudo  d.  Morgeul.  11,  ü.  Ij 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  29 

1.  .  .  .  von  seinen  Stiftungen  und  Lösegeldern  (Zöllen) 

2.  .  .  .  dem  Jasrah'il  von  Gharbat  alle  Stiftungen  und  Zölle  [zui-  Bedachung  des  Söllers  die-] 

3.  ser  Plattform  und  dieses  mb2f.    Und  Jaära^'il 

Z.  1.  Zu  vergleichen  sind  VII,  1:  DnölH  I  Sa  I  lins-llS  I  n^-IS1  I  DXÜ  I  Ss  I  p 

und  VII,  2 :  [fnsni:  II  ni:  I  ivb]!  I  pj?  I  on^-isn  I  Diaxtr  l  h^  I  niari^  I  •'ns  I  i3öi, 

woraus  sich  die  Ergänzungen  zu  Zeile  1  und  2  von  selbst  ergeben. 

Die  Wurzel  üü'^  hat  im  Sabäischen  verschiedene  Bedeutungen,  die  sich  zum  Theil  mit 

_  _  t> 

den  arabischen  decken.  Hai.  535,  2  (12) :  fltSStl^n  I  n2Ü''T  t  |''3  (jULi.  Ri.^)  ,zwischen  denen  von 

Süden  und  denen  von  Norden'.     Dieses  DS»2^   ist   gleich    arab.    *Li    und    hängt    wohl    mit 

JLÜ-i,  hebr.  bsöt?  ,links  und  nördlich'  zusammen.'  Aus  dem  Begriffe  ,links'  entwickelte  sich 
die  Bedeutung  infaustus  ,unglückbringend',  böses  Omen,  die  im  Sabäischen  nur  an  einer 
Stelle  nachzuweisen  ist,  Hai.  252,  4/5: 

iD"ay2  I  pn[2]  i  p-123  I  ddhü  I  dsitki 

,Und  die  bösen  Omina  seines  Wassers,  als  ein  Blitz  aufleuchtete  an  seinem  Ufer.' 

Ausserdem  hat  aber  die  Wurzel  DS^  eine  andere  Bedeutung,  die  nur  dem  Sabäischen 
eigenthümlich  zu  sein  scheint.  —  In  der  grossen  Inschrift  von  Hadaqan  (Gl.  302)  und  Fr.  40,  2/3 
DN^I  I  ''DJJ'I  kann  es  nur  ,stiften'  heissen.  Man  darf  vielleicht  die  Vermuthung  aussprechen, 
dass  dieses  ,stiften'  aus  UüCI!  ,Omen'  sich  entwickelt  hat,  wie  ja  auch  im  Lateinischen  Omen 
, vorbedeutende  Zusage,  feierlicher  Gebrauch'  bedeutet.^  Auch  in  unserer  Inschrift  können 
msi  DS^  nur  , Stiftungen  und  Lösegelder'  bezeichnen,  da  sie  wie  die  nyiSI  niirp  ,Zehenten 
und  Abgaben'  der  minäischen  Inschriften    zur  Deckung    der  Baukosten    verwendet   werden. 

Wenn  m^fS  dem  hebr.  "1^7^(2,  ny"iS  dem  heljr.  Hönn  entspricht,  so  darf  man  in  n''1S 
hebr.  fVlS  erkennen.  Anstatt  der  einheimischen  Naturalsteuer  tritt  hier  in  der  Colonie  eine 
Wert-  oder  Geldabgabe.  Die  Wurzel  "'TS  (arab.  Ijö,  hebr.  niS,  aram.  «"IS)  ist  allen  semitischen 
Sprachen  gemeinsam.  Die  Form  ms  kommt  noch  weiter  unten,  XI,  5  neben  ''3p  vor,  ferner 
Hai.  354,  3 :  üpTT  I  jn^-ISD  I  Dt'''  •  •  und  vielleicht  auch  355 :  2nü  I  DDfT'nlS],  aber  beide  Stellen 
sind  dunkel. 

Z.  2.  '^xm^r''  findet  sich  auch  Hai.  504,  L 

naiyn  wohl  gleich  liyLf^.   Ein  n.  1.  lj't*-''   ^^'"^    kennt  Hamdani  (81,  26.  82,  4)  in  der 

Nähe  von  Hadaqan,  eine  Ortschaft  ^ly^JI  -i^y^  im  Gauf  (83,  2.  244,  19),  «yUl^  bei  Taif  (139,  1), 

«i>LjIj*JI  in  Jemama  (261,  8)  führt  er  ebenfalls  an.  Vgl.  auch  Jäcfit  III,  783,  3  s.  v.  oli. 
Halövy  sagt:  , Gharbat  me  semble  appartenir  k  l'Oasis  de  Nadjran'. 

VII.  (Euting  16  auf  Tafel  I.) 

M.   0-55   breit,    0-15   hoch. 

XHIXT1o|HH°lr^X?iH0<Blrh^h^ni^lX^??l?H^I<i>H^^I?  2 
a'I^N<i'a'IBn^Hl)X?°lrSX?H^r^a'lr^)[n^hlX^STIXM|o|<i'  3 
X1°lr^Y^^Y^Ihni)r^^a)|hOr^<i'l)fiHr^<i>l^r^n)Tl? 4 


'  Die  Tiansposition  diw  X  erklärt  sich  vielleicht  als  eine  Folge  des  Ansatzes  von  7,  wodurch  zwei  Liquidae  neben  einander 

zu  stehen  kamen. 
2  Das  Wort  CNB'  kommt  noch  sonst  an  einigen  dunklen  Stellen  vor,   die  Sabäische  Denkmäler,  S.  74;  verzeichnet  sind. 


30  D-  H.  Moller. 


•  3  I  onaon  I  ba  I  ninx-i!2  I  msi  I  nx'^  I  Sa  ja  I  riDlri^ 


1 


inenxl  I  rn  I  n""*??  I  pj?  I  Dnnsji  l  casc*  I  Sd  I  nan"  l  na  i  ijai  h 2 

1 1  D-m  I  fapT  I  -inny- 1  orcipci  I  cibds  I  nan''  I  ni  I  m[nK-iö  ■  •  ■    3 
n*?;*  I  DHöpo  I  p  I  -iDöi  I  «BDI  I  -i3:di  I  DD2-ir  [|  ^33  I  jyö  I  ribsS«  ■  •  •  •    4 

1 Jati]mat  von  allen  Stiftungen  und  Lösegeldern  der  Mar'atwadd  alle  DnaJÜ  .... 

2.  .  .  .  und  er  thcilte   zu   den   beiden   [Herren]  von  Jatimat   alle   seine  Stiftungen   und   Lösegelder  zur  Be- 

dachung des  Söllers  dieser  [Plattform] 

3.  .   .  .  Mar'atjwadd,    die    von   Jatimat,    ihre    Inschriften  und   ihre  Weihungen    dem  'Attar  von  QahatJ  und 

dem  Wadd  und  .... 

4.  [den  Göttern  von  Ma'in  gegen  Jeden,    der]  sie  entfernt,   zerstört,   vernichtet  und  zerschlägt,   von   ihrem 

Orte  'AJat. 

Z.  1.  h2:z  ohne  Trenmmgsstrieh  für  h:>  I  p  {Sf  ^),  ^vie  Hai.  385,  3:  DOPlÄ  I  ^332,  485,  14: 
DD-Or  I  "^s:*.  Os.  4,  19:  onnhp  I  "73331  itnd  weiter  tmten,  XV,  2:  DairT  I  '^333.  Vgl.  auch 
Hill.  51.  5:  'br33  für  "bj?  I  J3  {JS  ^^). 

n-Tfii  I  Dut.  Vgl.  VI,  1. 

"Tinx^ö,  wörtlich  ,die  Fürstin  des  Wadd'  oder  ,die  Frau  des  AVadd'.  Der  mangelnde 
Zusanimenhaug  macht  es  schwer  zu  entscheiden,  ob  ^^ns"ll3  ein  Personennamen  oder  der 
Name  einer  Gottheit  sei.  Wir  kennen  eine  Gottheit  inn:?ö«  ,die  Mutter  des  'Attar','  wir 
wissen  auch  aus  der  Inschrift  von  Schabwat  (Os.  29,  5),  dass  'Attar  der  Vater  des  Gottes 
Sin  war  (D3S  I  inrij?1  I  üb^l  I  pD),  ferner  ist  von  mir  die  Vermuthung  ausgesprochen  worden, 
dass  die  Frauen  von  Ma'in  den  Cidtus  der  Frau  des  'Attar  pflegten.^  Es  Aväre  also  nichts 
Auffnlliges,  wenn  wir  eine  neue  Gottheit  ,die  Frau  des  Wadd'  fanden. 

Es  könnte  aber  auch  mnxiö  als  n.  pr.  fem.  aufgefasst  Averden  und  Aväre  dann  ein 
Seitenstück  zu  nbs"lÖ,  ^^-uJiJt  ^ye\  etc. 

üna3n  I  '?3.  Vgl.  zu  I,  8. 

Z.  2  132.  Das  Verbum  130  erscheint  hier  zum  ersten  Male  und  ist  =  arab.  J^,  hebr.  njl^p 
.zuzählen,  zutheilen'.   Von  derselben  Wurzel  kommt  ein  n.  loci  m3Ö  öfters  vor. 

nari"  I  ''13.  Das  Wörtchen  'T  findet  sich  meines  Wissens  nur  noch  in  der  von  Hal^vy  und 
Praetorius  veröffenthchten  Inschrift  aus  Aden:" 

I  03311 1  ficns  I  '?n3 
MKn3  I  n33K  I  n  I  hr\' 

.Bahil  Ahsan  mid  Dabbäb  Jatil,  die  von  Abnat  bauten  etc.' 

Praetorius  erklärt  die.ses  'T  für  einen  Plural  von  n,  fem.  ni,  indem  er  von  der  Vor- 
aussetzung ausgeht,  dass  ,zu  dem  Relativum  n,  fem.  rn  der  Plural  Sk,  'hn  gehört,  während 
das  gewöhnliche  Demonstrativum  „dieser"  nur  in  der  singul.  Form  (n)  belegt  ist'.  Dies  ist 
nicht  richtig.  Der  Plural  von  p  lautet  ]hn,  z.  ß.  Hai.  352,  3  fJÜIK  I  ]ha  1  1]!  ,bis  zu  diesen 
Bildsäulen',  Reh.  10,  5  jnynö  I  \hH  ,diese  Räucheraltäre'.  Das  Wört(;lien  n  scheint  vielmehr 
Dual  zu  .sein  und  bezieht  .sich  auf  die  friilier  genannten  zwei   Personen.-' 

'  Vgl.  Derenbonrg,  Etudes  sur  rKjMfrr.  <1.  Yciiien,  p.  C5,  Nr.  11,  2.  7. 

'  Wiener  Zeitschrift  f.  <1.  Kunde  d.  Morpenl.,  II,  10.  3  Vgl.  ZDMG.,   XXVI,  S.  417  ff.  =  Hai.  C86. 

Praetorius  lif.«t  :rz  und  ;r".  Da.s  Facsimile  scheint  mir  jedoch  in  beiden  Fällen  b  zu  haben,  wie  HaWvy  wirklich  copirt  hat. 
I'raetorius  hat  übrigen»  die  Möglichkeit  dieser  Lesung  später  gelbst  zugegeben.  Wenn  Praetorius  dieses  'T  auch  in  DP3"i 
O».  29  erkennen  will,  so  spricht  sowohl  der  Sinn  als  das  Fehlen  des  Trennungsstriches  entschieden  dagegen. 

'  Die  Nichtübereinstimmung  des  Verburns  mit  den  Substantiven  im  Numerus  ist  auffallend,  aber  nicht  ohne  Analogie. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  3:1 

Auch  in  unserer  Zeitschrift  darf  ''"i  als  Dual  von  1  aufgefasst  werden.  Es  ist  hier  aber 
wieder  die  Frage,  was  unter  den  nsjri''  I  '''1  zu  verstehen  sei,  zwei  Menschen,  welche  früher 
genannt  worden  sein  mögen,  oder  zwei  Götter,  etwa  D'in  I  "nnrij?,  die  Z.  3  erwähnt  werden, 
oder  1)  und  IIDKIÖ,  wenn  letztere  eine  Gottheit  ist.' 

nari"'  ist  u.  loci  und  kann  der  Wurzel  nach  mit  hebr.  ])Ü'''p]  und  niü''tt"  ,Wüste,  Einöde' 
zusammengestellt  werden. 

Z.  3.  Zu  Anfang  der  Zeile  ist  vielleicht  iri"n,  am  Schlüsse  möglicher  Welse  [n"l53]1  zu 
ergänzen. 

Z.  4.  Die  Fluchformel  ist  schon  oben  zu  V,  3  besprochen  worden.  Zu  beachten  ist  der 
Wechsel  der  Tempora,  ferner  SSD1  für  "'XSDI  mit  Verschleifung  des  j,  endlich  IDÖl  für  "it^ül, 
womit  schon  Praetorius  äth.  9"/iC  verglichen  hat. 

nby.     Sollte  hierin  vielleicht  der  heutige  Name  von  el-'Ola  zu  erkennen  sein?^ 


VIII.  (Euting  17  auf  Tafel  I.) 
M.  0'60  breit,   O'lö   hoch.  Sehr  verwischt  und  zerstört. 

1  ////////////,  7///V/7/ •  nii'l)0^ltr^lhlh^h<}  /////////.v///////7///////;/,7/;/  •  •  i  MEty  I  •  •  ■  •  I  pHZ  i 

2  /////!//// )^HiyX0IT)i^HnTI1^hniTX0IH^  /////'/////////  Sii  1  nna  I  nns]  I  jn  I  bpin  I  nna  l  p  2 

3  <B|°^rSI<i>UIY)rthni^lTXO<i>lh^nOHIihi-PiT///  ilyaDhS^ilmsjljnlnnsiliSisan--- l--n//////  3 

4  ////'////// '  I lOXTa» I o^,^i>\ oH?,^® I o)/////////'////  /////////7//// 1 ÖEnm  1  pödi  I  vro^  \  ■  ■  llililliUhlliilil  4 

Z.  1.  JI2X2.  Dasselbe  Wort  scheint  auch  Z.  2  zu  beginnen  Jü[SS]  u.nd  in  Z.  3  sich  zu 
wiederholen  |S:s21.  Es  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu  erkennen,  ob  r^  oder  h  zu  lesen  sei, 
aber  die  Spuren  des  oberen  Theiles  in  der  ersten  und  die  ziemlich  niedere  Basis  des 
Zeichens  in  der  dritten  Zeile  sprechen  für  h.    Diese  Lesung  wird  bestätigt  durch  XXIV,  4 

|!2XS  I  ni.  Vgl.  auch  Hai.  220  (Ma'in)  --ÖKSn  I  p  •  •  ■ 

nSÄ'  findet    sich    noch    Hai.   157,  3  [p]!2n  I  nstrs  I  onnhsl  und   vielleicht   Fr.  27  und  42 

niE^n  I  nna  l  wtji- 

Z.  2.  Die  Lesung  bpoa  ist  unsicher. 

n"l3:  I  2n,  welches  auch  in  der  folgenden  Zeile  vorkommt,  kann  heissen  ,wegen  des 
Nakräh'  oder  ,die  Pilgerfahrt  zu  Nakräh',  wie  Hai.  149,  6  bn'n  I  '1ÖD=t  I  MTW  Letztere  Annahme 
halte  ich  für  wahrscheinliclier. 

Z.  3.  nnsi  1  iÖSST  scheinen  Verba  zu  sein,  ersteres  von  der  Wurzel  j,ü.  Wu-  hätten 
also  hier  ein  Beispiel   für  perf.  energet.  mit   n  an  erster  Stelle.    Vgl.  auch  SÜD!  I  nns  I  pU>- 

Z.  4  ist  PTD  grammatisch  bemerkenswerth.  Es  bildet  ein  Seitenstück  zu  ''S1D,  also  Causa- 
tivformen  mit  D  von  den  Verben  primae  j  und  w,  was  sonst  in  dem  minäischen  Dialecte 
vermieden  wird.^ 

-c 

[ä.srim  so  ist  wohl  zu  lesen  =  iäjiia.1,. 


1  Dass  fler  Dual  masc.  von  einer  männlichen  und  weiblichen  Gottheit  gebraucht  wird,   ist  natürlicl).    Vgl.  zu  Langer  2,^  3. 

2  Vgl.  xiii,  ß  und  Hai.  237,  8  ^hv^  I  nsy. 

3  Vgl.  Burgen  und  Schlösser  II,  S.  57,  Note. 


32  t)-  H.  Mcllek. 


IX.  (Eutiiig  18  auf  Tafel  I.) 

M.   0-24   breit,   0-31    }ioch. 

1  I  h^r^X))nr^H  I  Hi  I  laomnaoT  l  jS  ■  •  i 

2  YXhfi  I  ^B[)h]  1 1X  nnio  I  nih«]  I  Sn  •  •   2 

3  <Dhl°i?]^r^®l))n/'///  IX  t   r^DI   I   m2///V///     :-5 

4  n)1a>  I  1h) //////////A  mal  I  hü'illiii/iniiiilili   4 

ö  /"  ^0, 1  VII um III Hill/       //öl  I  \iiiiiiiiiiiiiiiiii/iiiiii  5 

6  x)"»  I  ^Il/I/Il/IIIHHII  ny\\nii!iiilliiliimiiliill  6 

7  ////Ir^-BhlHfl/////////////  //////  I  D1K  I  pllllll/lim    7 

8  H°0?  I ///////////  \y&'' \  llllHilllli   8 

Z.  1  ist  |iaDni"iDD"1  entweder  =  U^'ol  oder  als  Infinitiv  n"n3D  mit  dem  Dualsuffix  an- 
zusehen. Über  i^D  =:  'an  =  U*,  vgl.  Wiener  Zeitschrift  f.  d.  Kunde  des  Morgenlandes  II,  S.  6 
imd  Mordtmann,  ZDMG.  XXXIII,  493.  mato]  oder  -nslDö!  ist  wohl  auch  Z.  3  zu  erkennen. 
Vgl.  XV,  1  und  XXIV,  5  und  zu  m-lSD  Hai.  272,  5    und    weiter    unten  XV,  5  DDnm-|3D. 

Z.  2  ist  ciis  (^jß;!)  wahrscheinlicher  als  DJCIB.  Vom  )  ist  eine  Spur  noch  vorhanden; 
an  erster  Stelle  kann  ein  0  kaum  gestanden  haben. 

Z.  3  röDI  I  -nslDö]  scheinen  Eigennamen  zu  sein.  Vgl.  nröD  OM.  12,  1. 
Z.  4  kann,    wenn  hier  ein  auf  hü  auslautender  Eigenname    vorliegt,    bxibD''],  ^«^["lan], 
^»nbT]-  Sk-iIiT],  '?K-|[m]  oder  ähnlich  ergänzt  werden. 

D2ia  ist  als  Ort,  wo  ein  'Attartempel  vorkommt,  in  den  Inschriften  bekannt. 

Z.  6  ist  das  Wort  Pill  ,Monat', 

■f. 
Z.  7  der  Eigenname  D1K  (u-'jl), 

Z.  8  der  Personen-  oder  Ortsname  JJ?E''  zu  erkennen. 


X.  (Euting  19  auf  Tafel  I.) 

M.   0"55   breit,   0'22   hoch.   In   der  Mitte  ein  grosses  Stück  ausgebrochen. 

1  Bh[nY?]in)nTHINniiHn°|tH<»iii////  f«  bni  I  nnrn  I  p  I  n=y  I  m  •  •  •    i 

2  of^  I  H®  I  /i//////////n«  I  n)n?M  I  ^1  pa  m  l  b/////////////////-i  l  anrn  i  ab   2 

3  r^  I  ^V1l  ^ Yo»  I  lll'HHI/M  0. 1  ? h ^ H I H 0)////  D  I  anb  I  am  I  [onnl  I  m  l  ^opn  I  p  ■   .3 

4  »HIXH?ni?a,niI^YhniiHno<i>l'//y//  n  l  nra  I  (rinj?  I  pnxa  I  nayi  I  /////  4 

Z.  1  ist  nur  m  ,Wadd',  naj?  ,Diener'   und  airn  ,der  entfernt'   zu    erkennen.    11  kommt 
auch  in  Z.  2  und  Z.  3  vor.    Ebenso  wiederholt  sich  airi  in  Z.  2. 
Z.  3  erinnert  ihrer  ganzen  Fassimg  nach  an  Nr.  I: 

onb  I  Dm  I  cnn  i  inrijr   •  ■  "apn  i  pa 

Indessen  ist  die  Lesung  Jhal  zweifelhaft.  Am  Ende  der  Zeile  ist  wahrscheinlich  nach  XXIV,  4 
(liplc  zu  ergänzen. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  33 

Z.  4.  {rönwa  ist  dica^  Xsyöfisvov. 

rny  ist  nicht  sicher,  weil  der  untere  Theil  des  %  fehlt,  das  Zeichen  also  auch  ?,  kaum 
aber  1  sein  kann. 

Zu  nJ-S  vgl.  Hai.  485,  3 :  jnnx  I  n3'3  und  395,  2 :  Dnn3'2. 


XI.  (Euting  22  auf  Tafel  I.) 

M.  0-54  breit,   0-33  hoch. 

1    I  •  •  I  ))ni^?  I  cH°?  I  ^rSYiH?^  in)    [n  I  ] I  -nnc^  I  nr  I  dhtd  I  3-1    1 

2  .  •IB?ni=|a'lhhYlt>ID®MX?)  I  tH®!^  t  hH  bpn  I  inny]  I  pnni  I  «an  nnni I nnn In« I «3  2 

3  T1?H]  I  hfl  I  h°^  I  X1h1h  I  Y)i^H<i>  I  iHo'®  I  B  tnoanrln  I  p  I  jra  I  nSsbs  I  m3:i  I  mi  l  f  3 

4  a,§?M      1  >h  I  )^Xh  I  V<">  I  ^r^Y^*^  I  Hn  im     I  '71s  I  nnnx  I  m  I  Donapa  l  p  4 

5  Y  I  r^YX?HOa>  I  rSY?ii^<i>  I  hHY  I  ?1Yhn  n  I  Dnnnsi  I  ompi  I  «jn  I  ^bnsa  5 

6  YIIXH  IX?>  I  HH°  I  Nl'^i^  I  ?0<i>r^<i>lr^    [nar: I jnsJn:: I nn  i  n'*?!' I  pj?  nbns  I 'sim  I  D    6 

7  ?fi1^  1  oj?  I  n)(^nha)  I  ^MJ^  I  1hY*<ß    I  ■  •  •  I  jyö  |]  ^dSd  I  yn' I  nnD3xi  I  pn::  I ':5snpi    7 

8  .  i  n  I  H°^  I  Y)n(^  I  ii°0  •  ••  n  I  fj;ö  I  msa  I  fj?sN    8 

1.  [Von  den  Ehrengaben,  die  Uberjgeben  hat  in  ihre  Hand  Ja'üd  Jusabrir  .  .  .  [Hä- 

2.  ni'  dem  Wadd4iait'",  und  es  stellten  (diese  Dinge)  liäni'  und  Dü-Bid  [in  den  Schutz  des  'Attar  von  Qaba-J 

3.  d  und  Wadd  und  Nikräh,  der  Götter  von  Ma'in,  gegen  Jeden,  der  [sie  entfernt] 

4.  von  ihrer  Stelle  und  das  Erste  an  letzter  Stelle  setzt.     Derjenige  .... 

5.  in  der  Familie  des  Häni',  in  seinem  Besitz  und  seinem  Erwerb 

6.  und  er  erhielt  unversehrt  dem  ^Jälid  die  Bedachung'  des  Söllers  dieser  Plattform,  [am  Tage] 

7.  des  Waqah'il  Sadiq  und  Abukarib  Jati'',  der  beiden  Könige  [von  Ma'in]  und  des 

8.  Jaf'än,  des  Fürsten  von  Ma'in  .... 

Diese  Inschrift  ist  oben  und  links  abgebrochen.  Es  fehlen  aber  links ,  wie  aus  den 
sicheren  Ergänzungen  von  Z.  2,  3  und  6  zu  ersehen  ist,  nur  wenige  Zeichen.  In  der  vierten 
Zeile  zwischen  h^H  und  [3liri'''i  ist  ein  freier  Zwischenraum  von  etwa  drei  Buchstaben  ge- 
lassen, wodurch  der  Anfang  eines  neuen  Absatzes  markirt  zu  sein  scheint,  ähnlich  wie  in 
OM.  15,  4  (Sabäische  Denkmäler,  S.  63). 

Z.  1  ist  wahrscheinlich  zu  ergänzen  DDnT3  I  31  (ns  I  D"in3]  ,von  den  Ehrengaben,  die 
fibergeben  hat  in  ihre  Hand'.  In  allen  bis  jetzt  bekannten  Fällen  steht  T  im  Singular, 
wenn  es  sich  auf  Eine,  im  Plural  (iTs)  aber,  wenn  es  sich  auf  mehrere  Personen  bezieht.^ 
Hier  ist  der  erste  Fall,  wo  T  mit  dem  SuflF.  Plur.  (ddh)  verbunden  wird.' 


'  oder  ,<len  H.  für  den  Söller'  JSJ?   =    X.e,  wie  JOy  =  DJ? 

2  Vgl.  Siegfried  Langer's   Reiseberichte,   S.  24,  Anm.  ö   und   GC.  3,  2  (H.  Derenbourg  in  Babyl.  et  Orient.  Rec.  I,  p.   173). 

'  Das  Arabische  führt  die  Trennung  zwischen  Singular  und  Plural  streng  durch-  Man  sagt  also  »jj  und  l^joi,  <*.X^  und 
^.Jf^L^l  Ebenso  j,^LJ\,  f-f^\>\,  ,,4-^?^'  ,,.«-J»ül,  ^».{.^.3^3,  j,.^_*cj^j,  (»,fJii.*Jl  etc.  Das  Sabäische  stimmt  hierin  mit 
dem  Arabischen  sonst  überein  lO.T'JDbK  OM.  42,  2;  nönsabN  Crutt.,  Z.  G;  DnDBJ«  Hai.  353,  3  (8).  465,  12.  504,  8;  'OnOBK 
Derenbourg,  6tudes  sur  l'Äpigraphie  du  Yemen  11,  5.  Selbst  Abstracta  werden  im  Sabäischen  in  den  Plural  gesetzt, 
wenn  sie  sich  auf  mehrere  Personen  beziehen  (vgl.  Sabäische  Denkmäler,  S.  29).  Im  Hebräischen  ist  der  Gebrauch  sehr 
schwankend,  wie  CDITB?  und  DS'nUTB?,  DS'?  und  Dn^3^,  D*?!"]  und  DH'^JT  etc.  Das  Syrische  und  Aethiopische  gebraucht  in 
der  Regel  den  Plural,  selbst  in  Uebersetzungen  aus  dem  Hebräischen  iind  in  Fällen,  wo  das  Hebräische  den  Singular  hat. 
Dass  aber  auch  im  Aramäischen  der  Plural  nicht  ausnahmslos  verwendet  worden  ist,   beweisen   Fälle    wie  Dn"l"2  Ezra  8,  8. 

llrupKi  -lyiri  pnaipjn  Dan.  3,  27. 

Denkjchriftcn  der  phil.-bist.  Cl.  XXXVU,  Bd,     Alihandl.  von  Nichtmitfjliedfjn.  e 


34  1^-  H.  Mci.i.ER. 

"nSD"  I  "IT.  Ersteres  scheint  Personen-,  letzteres  Beiname  zu  sein,  ähnlich  wie  nnilT  I  DT 
OM.  14,  1.  Sonst  ist  nr  als  n.  loci  bekannt  (Hai.  154.  12.  163.  271,  4  und  206).  Zu  niaD"  vgl. 
oben  IX.   1. 

Z.  2  nn"-i  I  "to.  Vgl.  cn-i  I  -liiüy  I,  1  und  [nnnl  I  "n  X,  3. 

f'Zn.    Als  Personenname  nachgewiesen  ZDMG.  XXIX,  601. 

Z.  4  m  =  j.  In  den  südsemitischen  Sprachen  können  einzelne  Buchstaben,  die  ein 
Wort  bilden,  nicht  getrennt  geschneben  werden.  Sie  werden  in  der  Regel  mit  dem  folgenden 
Wort  verbunden.     Ähiss    aber    ein    solches  Wörtchen  allein  stehen,   so  tritt  ein  n  dazu,  um 

demselben  Halt  zu  verleihen,  daher  arab.  ki  für  ^  von  ^\  oder  xS  für  ^  von  ^y  Aehu- 

lich  scheint  auch  hier  ni  für  1  zu  stehen. 

"inns  ~  yä-'i  ^^'ie  Derenbourg,  Etud.  sur  l'Epigr.  du  Yem.  12,  4:  •  ri«n  I  "inrtKT  und 
r"«TÖ  I  mnnK  weiter  unten,  XHI,  4.  Die  Eigenthümlichkeit,  den  verdoppelten  Buchstaben 
zweimal  zu  schreiben,  ist  auch  sonst  im  Sabäischen  nicht  selten.   Ein  weiteres  Beispiel  der 

Verdoppelung  eines  Gutturals  ist  mnnü  =  ^L^-i  (Hai.  193,  2).'  Am  häufigsten  tritt  diese  Er- 
scheinung bei  Liquidis  auf:  j;n-i£5  =  ^^  Hai.  188,  2;  \nj?-i"iB  =  ^^cl^  192,  2;  'hhy  =  JS  192,  2. 
485,  2.  520,  9.  526,  1;  J7-|"IS  =  ^^  191,  1;  DIöönD  =  <X^'  Derenbourg,  Etudes  14,  1.  Vgl. 
jedoch  auch  J?nriO''T  =  *£►;>  (XLXIV,  5).  Über  die  Verdoppelung  im  Lihjänischen  vgl,  oben,  S.  14. 

Beachten-swerth  ist  der  Wechsel  der  Tempora  (nnns  nach  üDSir'l)  trotz  des  dazwischen 

stehenden  DOnüipö  I  p. 

biK  (=  j^I)  wie  SiS  1  rnn«  I  ^S  I  bl«1  (Hai.  374,  3/4  =  401)  und  'Jinai^Do'^IK  Prid.  16,  1.  Die 

angeführten  Stellen  sind  jedoch  unklar.  Die  Phrase  J^l  yL\  entspricht  dem  "l3ny,  HSSSI  I  yp: 
etc.  der  Schlussformeln. 

fclljTT  beginnt  einen  neuen  Abschnitt. 

Z.  5.  Dnn'lBI  I  DH^Jpl  I  K3n  I  ■''^nsta  ist  meines  Wissens  die  erste  Stelle  in  den  Inschriften, 
in  welcher  die  gemeinsemitische  Construction  zur  Anwendung  gebracht  wird,  dass  nämlich 
nur  einer  der  durch  den  Stat.  constructus  zu  bestimmenden  Begriffe  (""bllK)  vorangestellt 
wird,  während  die  anderen  (cnmai  I  OrT^pi)  mit  Pronominalsuffixen  versehen,  dem  Worte 
»on  folgen.  Sonst  gehen  im  Sabäischen,  wie  in  den  modernen  Sprachen,  alle  die  zu  bestim- 
menden Begiiffe  voran.^ 

Über  bn«  für  Snx  vgl.  zu  I,  5.  ms  ist  schon  zu  VI,  1  besprochen  worden.  Am  Ende 
der  Zeile  darf  man  vielleicht  InnöJln  ergänzen. 

Z.  6  ""SIDI.  Ich  habe  schon  (Burgen  und  Schlösser  II,  57,  Note)  darauf  hingewiesen, 
da.S8  im  Minäischen  die  Verba  primae  w  und  j  keine  Causativform  bilden.  Während  im 
Sabäischen  folgende  Causativbildungen  dieser  Verba  vorkonnnen:  D2in  (öftei-s),  pDliT  (Hai. 
344,  18),  'Sin  (sehr  häufig),  ys^n  (Hai.  607,  2),  nitin  (öfters),  2fiin  (Fr.  21),  pnin  (Hai.  48,  4), 
V^T^  (öfters);  nmn  (Hai.  154,  27),  Ssin  (349,  4),  nnin  (sehr  liäufig),  Spin  (OM.  31),  pin  (^^^^ 
OM.  12,  7),  jnin  (Derenbourg,  PW.  14,6),  nrinfnn  (öfters),  yfl^H"  (Fr.  51),  [SlK^ri'n  (Prid.  18,  1), 


'  EU  ist  unricbtip,  wenn  gesagt  wird,  ,dass  im  Ilebräisdien  die  Kolillauto  kein  Dago»  forte  liildeii,  da  man  Hauclilaute  zwar 
verstärken,  aber  nicht  verdoppeln  kann'.  Audi  ist  die  Verlängerung  des  vorangelienden  Vocal«  nidit  eine  Folge  der  weg- 
gebliebenen Verdoppelung  (Ersatzdehnung).  Das  Gegenthoil  ist  richtig:  Die  Verlängerung  des  kurzen  Vocals  durch  den 
«Ibenschliesscnden  Hauchlaut  bewirkt  die  Aufhebung  der  Verdoppelung.  2  Vgl.  ZDMG.  XXX,  S.  117. 


Epigeaphische  Denkmäler  als  Arabien.  35 

findet  sich  im  Minäischen  nicht  eine  einzige  Causativform  von  den  Verben  primae  w  und  j.  Es 
scheint  sogar  der  minäische  Dialect  diese  P^ormen  absichtUch  zu  vermeiden.  Daher  erklUrt  sich 
das  Fehlen  der  aequivalenten  Form  von  ^Sin,  die  in  den  sabäischen  Inschriften  so  ungemein 
häufig  vorkommt.  Ebenso  vermied  das  Minäische  das  Wort  iriin,  das  in  der  Phrase  I  prilH 
ppcrn  fast  stereotyp  geworden  ist.  Es  verwendete  dafür  die  Wurzel  D"itt>  (pp^  I  "^1 1  Dltl^K  I JS). 
Der  Gott  DSin  wird  minäisch  durch  po  wiedergegeben. 

Einen  directen  Beweis  kann  man  allerdings  aus  den  negativen  Thatsachen  nicht  ab- 
leiten. Entscheidend  aber  dafür  ist  die  Thatsache,  dass  in  minäischen  Eigennamen  das  Cau- 
sativum  der  primae  w  und  j  mit  n  (nicht  mit  d)  gebildet  wird,  so:  Ss£in  (Hai.  353  und 
GC.  18);  nnyssin  (Hai  237,  10.  187,  5  und  sab.  ZDMG.  XXXI,  675);  nnnmn  (Hai.  398, 
GC.  23  und  sab.  Prid.  4,  1)  und  '7SS?t?TI  (Wrede,  Z.  3  neben  sab.  Sxjrjn'Tl).  Dass  alle  diese 
Eigennamen  von  den  Sabäern  entlehnt  sein  sollten,    ist    mindestens    sehr    unwahrscheinlich. 

Im  Gegensatz  zum  einheimischen  Dialect  von  ■Ma'in,  weist  nun  der  Dialect  der  minäi- 
schen Colonie  in  el-'Öla  die  Causativform  'S1D  und  JTTD  (VIII,  4)  auf. 

"hn  (=  JJU*)  ist  schon  Hai.  210,  10  ihn  I  p  I  [blsnjJDS  (ebenfalls  ohne  Mimation)  nach- 
gewiesen. Vgl.  auch  das  Glossar  zu  den  lihjänischen  Inschriften. 

Z.  7.  jyö  I  'dSd  I  I?ri*  I  2132X1  I  pilC  I  '?Knp1  [|  navn].  Diese  Datirung  ist  sehr  wichtig,  weil 
sie  uns  in  den  Stand  setzt,  wenn  auch  nicht  die  Zeit  dieser  Inschriften  zu  bestimmen,  so  doch 
ilire  Gleichzeitigkeit  mit  gewissen  minäischen  Denkmälern  zu  erkennen.  Von  den  26'  Königen 
von  Ma'in  konnten  wir  (Burgen  und  Schlösser  II,  67)  nach  den  verwandtschaftlichen  Be- 
ziehungen drei  grosse  Gruppen  bilden,^  von  denen  uns  hier  nur  die  ersten  zwei  interessiren. 
Ich  setze  sie  hierher: 

I. 

Jat'ail  §adiq 
Waqah'il  Jati' 
Iljafa'  Jasur 

Flafn  Rijäm. 

n. 

Iljafa'    Jati' 


tVbjada'  Jati',  König  von  Ma'in  [Ma'diJ  Karib 

König  von  llacilramaut 


Waqa'il  Rijäm  Iljafa'  Rijäm 

Iljafa' 
Waqah'il  §adiq 
Abu   Karib    Jati' 

Ausser  den  zwei  Königen,  die  in  unserer  Inschrift  erwähnt  werden,  kommt  noch  XXII,  1 
-12^1  I  ys'Sx,  der  dritte  König  der  ersten  Gruppe,  vor.  Der  Name  desselben  Königs  ist 
auch  möglicher  Weise  XX ,  5  zu  lesen ,    wo    aber   auch,   da  nur       .  M  J?       ■  gesichert  sind, 


'  Dazu  kommt  jetzt  noch  jyo  I  ^bö  I  npi  I  yc'^K  (GC.  3,   1),  der  aber  vorderliand  nicht  eingereiht  werden  kann. 
2  Man  darf  nach  genauer  Prüfung  der  von  mir  angefülirten  Stelle  noch  eine  vierte  Gruppe  bilden: 

Abjada'  und  sein  Bruder  Jata'il 


Hafn  Hälkarib 

'  Neu  hinzugekommen  nach  unserer  Inschrift  I. 


36 


D.  H.  MüLi.Eu. 


Ipril'  I  p[T3Kl  (der  zweite  König  der  Gruppe  II)  ergänzt  werden  kann.  Da  an  der  augeführten 
Stelle  der  Burgen  und  Schlösser  der  Beweis  erbracht  worden  ist,  dass  die  Könige  der 
Gruppe  1  vor  den  Königen  der  Gruppe  II  regiert  haben,  so  ergibt  sich  hieraus  eine  rela- 
tive Altersbestimuuing  der  bezeichneten  Inschriften  von  el-'Öla.  Wir  gewnnen  aber  auch 
die  sichere  Thatsache,  dass  die  minäische  Colonie  in  el-'Öla  schon  unter  dem  Könige 
icr  P2"Sk  bestanden  und  mindestens  bis  zu  Abükarib  Jatf,  also  unter  der  Regierung  von 
neun  Königen,  fortgedauert  hat. 


XII.  (Euting  23  auf  Tafel  I.) 

M.  0"45  breit,   015  hoch.  Sehr  zerstört  und  verwischt. 


1    l?H^I1i>l////./X?//////////////0 

3  )nr^*l^ö*Oa>l?t /////// ///X 

4  l!''llllllllllllllllHIIIIJllllf)X'! 


I  ':p  I  h'i  IUI  ri'iiimiii/il^^  i 

tote  I  cänx  I  bDij  Sriö  ■  •  i  2 

/.■isDi  I  papai  I  ■  h/u/iiiiim  n  3 

/ih//iii///iiinr\r  4 


Z.  1  ist  'jp  ,erwerben'  oder  ,weihen'  sicher  zu  erkennen. 

Z.  2  [Dlh'D  I  Di"iK  I  bsi  ,und  das  ganze  Land  in  seiner  Gesammtheit.'  Zur  Ergänzung 
und  zur  Phrase  sind  folgende  Stellen  heranzuziehen : 

XXIV,   8 :   d'?2  I  Dil«  I  ^32  I  "Opn  I  ^31  I  |ÖK[S]=I 
XV,  7 :  Dbs  I  Dil«  I  ■ .  •  an  I  jrjpn  I  Sm. 
Aus  den    anderen    semitischen    Sprachen   kann   nur   hebr.  ü^5  da  "'S'pö  h^  (Jes.  14,  18)  ver- 
glichen werden. 

Es  ist  vielleicht  hier  eine  passende  Gelegenheit,  einen  kurzen  Excurs  über  den  Ge- 
brauch des  Wörtchens  Sd  (JT)  int  Sabäischen  einzufügen. 

1)  In  der  Behandlung  des  Wörtchens  Sd  schliesst  sich  das  Sabäische  nicht  dem  Äthio- 
pischen,' sondern  mehr  dem  Hebräischen  und  Arabischen  an.  Das  Wort  bs  wird  dem  zu 
bestimmenden  Begriffe  stets  übergeordnet  und  vorangestellt.  Ein  Beispiel  einer  appositio- 
nellen  Nachsetzung  mit  Suffix  ist,  mit  Ausnahme  der  eben  angefülirten  Fälle,  die  nur  im 
Dialect  von  el-'Ola  vorkommen,  bis  jetzt  nicht  nachgewiesen  worden. 

2)  Wenn  sich  bs  mit  einem  determinirten  Subst.  sing,  verbindet,  bedeutet  es  ,ganz' : 
jn-'n  I  ^2  .das  ganze  Haixs'  (Hai.  365,  3);  jnsni:  I  •'3DÖ  I  Sa  ,den  ganzen  Bau  der  Plattform'  (Hai. 
577,  4;  vgl.  auch  221,  1.  504,  2  etc.);  innp  I  h^  ,sein  ganzes  T^p'  (GM.  31,  9);  "iläm  I  my  I  bs 
DD'?inö  I  .die  ganze  Herstellung  tmd  Befestigung  ihrer  Riuidpfeiler'  (Hai.  353,  4.  Vgl.  auch 
529,  2). 

3)  Folgt  auf  h^  ein  Plural,  so  bedeutet  es  ,alle'. 
a)  Das  Subst.  plur.  ist  meistens  determinirt: 

•  I  p-nx  I  r;i:a  I  h^]  I  mn  l  rnsna  I  Sa  ,alle  Burgen  von  Raidat  und  alle  Festungen  der 
Raiditen-  (Dereiibourg.  Etud.   14,   14); 

jnK2D  I  nS«  I  Sa  p  ,von  allen  diesen   (Kriegs-   oder  Handels-)  Zügen'  (daselbst  14,   15); 

pSlK  I  non  I  Sa  l  vm  ,und  es  blieben  am  Leben  alle  diese  Kinder'  (daselbst  11,  4); 

'  Vgl.  A.  Dillmanii,  Uraminatik  der  äthiupUcheu  Sprache,  §.   157,  2  (Seite  285). 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  37 

•  ■  ■  S'aii  I  nS2D  I  Sds  ,auf  allen  Handels-  und  Kriegszügen  ..."  (daselbst  14,  4); 

isrc  I  nS3C  I  Sr  I  p   ,von  allen  Zügen,  die  sie  unternommen'  (OM.  12,  14); 

Ji"nia  I  p  I  msnai  I  23ya  i  Sdi  und  alle  aajra  und  Thürme  dieses  Räuchertempels'  (Fr.  55); 

'?iT1  I  fJ?Ö  I  rh»hn  f  Sd  ,alle  Gottheiten  von  Ma'in  imd  Jatil'  (öfters) ; 

K2D  I  syrsi  I  -[SöSI  I  ^^a'tn  I  rhnbn  I  bs  ,alle  Götter,  Patrone,  Könige  und  Stämme  von 
Saba"  (Hai.  485,  13); 

1S:npni  I  sbö«  I  bsn  ,mit  allen  Arten  der  Erfüllungen,  mit  denen  er  sie  beglückte'  (Os.  12, 10); 
lanx-iö  I  J?T>2?  I  ri"l3«  I  h::2  ,auf  allen  Auszügen  der  Partei  ihres  Fürsten'  (Os.  8,  7); 

ij:n'7XD  I  Dil«!  I  nnsi  I  intsi  I  i?ödxi  I  n'^'ixD  I  Sa  (Hai.  51,8). 

b)  Das  Subst.  plur.  kann  auch  nicht  determinirt  sein:- 

nryrs  I  rhahn  I  h::  ,alle  Götter  der  Stämme'  (Hai.  257,  3); 

nrprxi  I  DDönsn  I  nSxSx  I  Sd  ,alle  Götter  der  Gaue  und  Stämme'  (Hai.  478,  17); 

ncr":  I  C-inan  I  nSsSs  I  h^t  ,und  alle  Götter  des  Meeres   und   des  Continents'  (478,  18); 

DmSsi  I  cm  I  h3)  ,und  alle  Kameelheerden  und  Kameelfüllen'  (IV,  3). 

4)  Wenn  auf  bs  ein  Collectivum  folgt,  so  bedeutet  es  ebenfalls  ,alle' : 

^Thr\H  I  bm  I  ^nhr\  I  Ssi  ,und  alle  seine  Palmschösslinge  und  alle  Tamarisken  (OM.  15,  6); 
irbm  I  h^  ,alle  seine  Palmen'  (Hai.  176,  2); 
D-ipm  I  OÜV  I  Sdi  ,und  all  sein  Holz  und  Gebälk'  (Hai.  520,  6); 

ITJpi  I  im*?!  I  h^)  ,und  alle  seine  Kinder  und  sein  (ganzer)  Besitz'  (Fr.  56.  Gl.  302); 
D"löri  I  h2  ,alle  Früchte'  (Hai.  349,  12),  wobei  es  unter  3,  b)  zu  subsuramiren  wäre.  ü"lön 
kann  übrigens  auch  Plur.  sein  (sUj). 

5)  Wenn  bs  mit  einem  indetemiinirten  Substantiv  singular  verbunden  ist,  bedeutet  es 
jeder,  jeglicher' : 

Dljr^  I  1X2  I  D"133  I  n-iüD  I  bs  ,jeder  Schreiber  (Beamte)  gross  oder  gering'  (Os.  35,  6) ; 
cnsbp  I  Sri  I  pl  I  D*n2  I  p  ,vor  Kälte  und  jegUchem  Brande'  (Os.  4,  20).  Vielleicht  gehört 
hierher  auch  DDJX  I  bs  ,eines  jeden  Menschen'  (Os.  17,  10)  und  n:iD[pn  I  nhn2  I  DD3X  I  h:3  (Hai. 
362,    1).     Im    ersten    Falle     kann    DD3X    als    Collectivum    angesehen    werden,    aber    auch 

(=  ij*-Ljl)  Plural  sein. 

Zu  vergleichen  sind  noch  Dr\fi:n  I  Sn  VII,  1  und  n^ona  I  h^D^  (OM.  21,  3),  das  dem  Zu- 
sammenhange gemäss  eher  ,und  das  ganze  heilige  Gebiet'  übersetzt  werden  müsste. 

6)  bs  wird  mit  dem  Relativum  1  verbunden: 

Dirbii  I  "jpn  I  bs  ,alles,  was  Halkarib  envorben  liat'  (Fr.  II,  4);  plSHT  I  ^D  (Fr.  11,  5); 
'\^':p'n  I  h^  ,alles,  was  erwerben  wird'  (XV,  7);  SSD1  I  3"irT  I  '73  I  |3  ,vor  einem  Jeden,  der 
entfernen  mid  zerstören  wird'  (XV,  2.  XVII,  5  und  XXVI,  5).  Mit  Ausfall  des  T :  DD-l3r  I  ^3  p 
,von  einem  Jeden,  der  sie  zerstört'  (Hai.  485,  7).  Vielleicht    gehört    hierher    auch  I  3rin  I  '^3 

tbösnr  (Hai.  51,  l). 

7)  3^3  (JS)  absolut  nur:  3*73  I  inbno  I  pbnü"  (Hai.  147,  7). 


'  Das  determinirende  Verbum  fehlt,  weil  die  Inschrift  abgebrochen  ist.  X'SX  (=  *bl.;^,  Plur.  von  ''<     _ 

2  Ähnlich   im   Hebräischen.    Man  sagt  in   der  Kegel  Ci::!  bD  ,alle  Völker',  D-a'n  b'i  ',Me  Tage',   daneben 'aber  mjn'?»  ^3 

(Jes.  2«,  8),  C^J  "sbo  br  (Jes.  14,  18).  Im  Arabischen  ist  meines  Wissens  der  Plural  nach  j!s  stets  determinirti  ,_^UJ\  Ji, 

oii\^\  Js. 


38  D-  H.  Moller. 

8)  Mit  der  Nisba  n''73  =  ilX^: 

nolnn"'?::  l  pnce  .die  Sclmtzlinofe  in  ihrer  Gesanimtlieit'  (Prid.  14,  e,  1)  1önn"''?33  I  ptföl 
.und  die  Fürsten  in  ihrer  Gesanimtlieit'  (Hai.  51,  5). 

9)  Endlich  Ss  mit  Suffix  appositionell  nachgesetzt :  dSs  I  Di"!«  I  h'D  in  den  oben  an- 
geführten Beispielen. 

Z.  3  ist  pBpBI  ziemlich  sicher  zu  lesen.    Das  Wort  ist  d-jra^  XcYÖ|jlcVOV.    Im  Arabischen 

heisst  ^jAfti  , bellen,  klilffen'.  Neben  pSpB  sind  DDÖD  (=  Jü^  v.d-^Y.a^x'jv)^  und  1J21ÖT  (y^^ec» 
oder  jjcjjc.j?)  als  reduplicirte  Formen  anzufiüiren. 

Von  Quadrilitteris  sind  im  Sabäischen  zu  verzeichnen: 

Durch  r  gebildet:  DISTn  (öfters),  nsnn  (Hai.  208,  1),  -i=i:n  (Hai.  199,  [1]  4),  fn-iS3D  (Deren- 
bom-g.  Etud.  13,  1),  ppn:?  (o^^  ZDMG.  XXIX,  S.  600),  pnpj?  (^^ik  OM.  20,  1).  Vgl.  auch 
nn-12^  (Hai.  504,  1)  und  nmr  (Hai.  625),  p^lf)  (Hai.  353,  3)  und  das  bekannte  innj?. 

Durch  m  gebildet:  DOini:  (Hai.  151,  2),  naSn  (=  fJiLL  Os.  22,  1),  DH^D  (^^  II.  615,  28). 

Durch  l  gebildet:  böm  (Hai.  478  öfters). 

Durch  n:  DSnjn  (Fr.  II,  5),  -^r\m  (?),  DlCSin  (=  uaaxs^  bei  liamdani  Gazirat  82,  2,  Hai.  154), 
"laJJ?  (=  yllk  Grabstein  der  Berliner  Museen). 

Durch  tc  oder  j:  C"l''ön  {^^^  nn2£  (^l^jlf),  p313  (^La5^),  nörn  (JUxAic). 

Dunkle  oder  zweifelhafte  Formen:  Dvhz^  (1.  niSr?  Hai.  192,  7),  "ixin  (Hai.  192,  1),  nö:n 
(Hai.  669). 

XIII.  (Euting  24  auf  Tafel  I.) 

M.   0-45  breit,  0-23  hoch. 

1  -(DX  I  ?X^<i> )  I  ^r^hh  .  iDn  I  'nai n  I  ddj«  i 

2  X  n<i>  I  HiHHn  I  >l<o  I  YX?nn  n  \  h)  \  jma  I  m  I  nn^nn  2 

3  I  h^t>|^iHn<i>nNI1r^niV)nf^  l  pip  l  pian  l  bos  l  mw  3 

4  ?lthniXh?)^IY)XXhlV^  ^"^nxD  I  nxnö  I  mnnx  I  •  ö  4 

ö     .  HYnir^lH1a><D|1h?1°a'nY^  .  p3  I  D^Sn   I   '^S"'?!?!   I  Snö    5 

6     IX]t=IIX1°IHH°l^rS?H^a>|a>r^i>l>  nJT  I  nbp  I  p:?  I  DD^Jpl  MDISi    6 

1.  .  .  .  Menschen  ....  und  wann  .  . 

2.  ...  im  Tempel  des  Wadd  in  Dedän, '  und  es  möge  .  .  . 

3.  .  .  .  der  Fürst  Basil  von  Bubän, 

4 die  Hintansetzung  (?) in  der  Familie  (?)... 

5 und  'Ali'el  und  seine  Kinder  .... 

ß und  seine  Kinder  und  ihr  Besitz  zur  Bedachung  di[eser  Plattform  .  .  . 

Z.  1  i.st  DC:k  .Mensclien'  und  Tlöl  =  ^-ioo  zu  erkennen.  Letzteres  Wort  findet  sich  noch 
XVII,  4  n  I  TlÖl  und  vielleicht  auch  XXIV,  5  •  •  nöl.  Ausserdem  in  der  Schreibung  na  bei 

Wrede.  Z.  3  CTönz  I  nnn  I  na  und  endlich  "nn  I  DTIÖ  =  SJ  Leüjo  GG.  1,  3.=* 

Am  Ende  der  Zeile  kann  [njltöfl  ergänzt  werden.  Vgl.  GG.  6,  3 :  pnniCl  I  n:^rn  =  vLlk2| 

^JJuCol^.    Andere  Ergänzungen  nston,  mritsn  etc.  sind  jedoch  möglich. 

'  Sabküche  Denkm.  81   und  Burgen  und  Schlösser  II,  24.  '  Oder  ,des  Wadd-Badd.'in',  d.  h.  des  Wadd  von  Baddän. 

'  Vgl.  Wiener  Zeitschr.  f.  d.  Kunde  d.  Morgenlandes    11,  S.  10. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  39 

Z.  2  kann  p13  verschieden  aufgefasst  werden.  EntAveder  es  ist  gleich  ,in  Dedan'  oder 
es  ist  Baddan  zu  lesen  und  zu  übersetzen  ,im  Tempel  des  Wadd  A-'on  Baddän'.  Für  die 
Lesung  pTa  ist  anzuführen,  dass  el-'Ola  unweit  von  Teinifi  liegt  und  dass  auch  von  den 
Propheten  Dedan  neben  Teimä  erwähnt  werden,  so  Jerem.  25,  24  Ka%'1  nsi  JTl"riK.  Vgl. 
auch  49,  7/8  und  Ez.  25,  13.  Liest  man  aber  ^^Ijo,  so  kann  man  die  Badanäer,  Layard 
66,  3  vergleichen,  die  neben  den  Thamänäem  und  Sabäern  erwähnt  werden.' 

Z.  3  ist  nach  dem  oben  zu  V,  5  Gesagten  zu  ergänzen: 

[•  •  •  •  I  DPÖD  I  D-135  |]  pip  I  ho'Z  I  n-CS. 

Über  bon  vgl.  zu  I,  2.  Neu  ist  der  Ortsname  |212,  der  mit  (jb^  in  der  Nähe  von 
Haiwan  bei  Hamdäni  82,  19.  112,  16.  221,  5  ixnd  243,  6  identisch  zu  sein  scheint.  Auf  der 
Karte  von  Niebuhr  ist  Boban  nordöstlich  von  Haiwan  verzeichnet. 

Z.  4  niPinx.  Über  diese  Form  ist  oben  zu  XI,  4  gehandelt  worden.  Es  scheint  ein  In- 

finitiv  der  IL  Form  zu  sein  (*.Li.|),  da  beim  Perfectum  (väI)  das  auslautende  n  schwer  zu 
erklären  wäre. 

riKHÖ  kann  Deminutiyum  von  ns"lü  (ü-Jp  oder  =  *k^j|lc)  sein.  Einen  passenden  Sinn 
dieser  Phrase  kann  ich  nicht  finden. 

Z.  5.  Sna  ■  •  •  scheint  das  Ende  eines  mit  dem  Gottesnamen  (?)  hn  zusammengesetzten 
Eigennamens,  etwa  Snislpl,  wie  Sxö|T  Hai.  615,  4  und  Fr.  52  zu  sein.  Vgl.  hrhü  ptt33flö  (Hai. 
146)  und  ^'^«bn  I  inii'^'KI  (Hai.  359,  5  und  Mordtmann,  ZDMG.  XXXI,  85). 

'?K"''?r.  Nomina  propria  composita  mit  "'S?  sind:  "hv^ü,  ^Syiön,  ''SytS23.  Der  Name  '?X'''?J? 
findet  sich  auch  im  Nabatäischen  (vgl.  Euting,  Nab.  Inschriften  25,   1). 

Zu  beachten  ist  die  Schreibung  DiSl  neben  IDlbl  in  der  folgenden  Zeile. 

Z.  6.  rhv  stellt  hier  für  sonstiges  iT'by,  wobei  es  schwer  zu  entscheiden  ist,  ob  das  j 
nur  durch   ein  Versehen   des  Steinmetzes  weggelassen ,    oder    ob    hier    eine  Nebenform   von 

iiJuLc.  vorliegt,  etwa  JUJLe,  SiLe.    Vgl.  lÖHnbv  OM.  2'',  9,   dessen  Bedeutung  unsicher  ist,  und 
]h';  I  D-in"*r  (Hai.  193,  2),  wo  der  Beiname  ]by  aus  pSp  verkürzt  sein  kann. 

Am  Schlüsse  der  Zeile  ist  wohl  [jnsrtJi  I  nlT  I  nSj?  zu  ergänzen. 


XIV.  (Euting  25,  nicht  reproducirt.) 

M.   0-2(;   breit,   0'14   hoch. 

Das  Wort  Dil  (=  3^)  ist  in  grösseren,  die  zwei  Wörter  links  sind  in  kleineren  Lettern 
geschrieben. 


'  Vgl.  Schrader,  KGF,,  S.  261  ti'. 


40  ü-  H.  Müi-i.ER. 


XV.  (Euting  26  aiif  Tafel  IL) 

M.  0-45  breit,  0-35  hoch. 

1  t^^®l^Y))nr^^lHT<i>INr^hl<»r^Hn  •    cai  I  Dnnnncö  I  jm  I  idh  I  iDWh  I  nj?ö]  i 

2  fnhi^®  irDUTHMi^hfl  IN^i^lN»^    [••nD)2il«£3Dil-ib:Dib-irTl'?3Jnm3hi7öll-inii]  2 

3  ®|iH<i'IYX?nniX<i'UnK°Ir^?IHY    iminn^^n  I  mSi:3  I  pir^D^  I  p 3 

4  i ®Y)^n  I  r^YHHhn  I  r^*°lr^?    [•  •  •  •  pS-'l^itno •  •  •]  hrnpnlDHj^xa  I  ppiCD' 4 

5  ll|-|^rSYX))nf^l--DX?]°a>|iHa.|)o^XrS        •  •  •  Donnm-D  •  •  hnn]j?i  ni  I  nptt'no 5 

6  ••^n  I  hHtH^?Hnri<i'l°X)^°l1YhlhY-.         »=  I  p^n  I  b^i  I  ymap  I  "^ns  I  jn 6 

7  .  .  .  .  (^  .  .  .  ^  rS  h  •  •  X  .  •  I  r^  1 1^  I  ^  B  )  h         D  ••  I  DD3  ■ .  n  •  •  dS3  I  Dinx    .  •  •  •  7 

8     ^fl i2^ 8 


1.  [Ma'dd  und  se]in  Sohn  Asad  und  Hinn-Musabrir"  und  Mus  .... 

2.  [Und  es  stellte]  es  Ma'dd  in  den  Schutz  des  Wadd  gegen  Jeden,  der  es  entfernt,  zerstört  .... 
3 dass  er  (ihn)  mit  einem  Donnerkeil  treffe  im  mbj£  des  Tempels  des  Wadd  .  .  . 

4 er  (ihn)  mit  einem  Donnerkeil  treffe  in  seinem  Besitztluim 

5 es  nahmen  wahr  Wadd  [und  'Attar]  ....  ihre  Fröiijmigkeit  .... 

6 das  Geschlecht  des  'Amrata'  und  alles,  was  er  erwerben  wird  .  .  . 

7 [in  allen]  Ländereien,  in  ihnen  allen 

Z.  1.  Zu  Anfang  der  ersten  Zeile  ist  wohl  1D3D[1  I  *1J?al  zu  ergänzen,  am  P^nde  derselben 
mag  11  I  )'ipTi  ,weihten  dem  Wadd'  oder  etwas  ähnliches  gestanden  1  iahen. 

no«  =  SJ^\  n.  pr.  Daneben  QTD«  (Xull)  Os.  11,  1  und  pS2?1D«  Ilal.  615,  3.  Vgl.  auch 
ÜIDK  auf  der  gefälschten  Bronzetafel,  ZDMG.  XXX,  24.  Als  Appellativum  bedeutet  es  ,kriegs- 
tüchtige    Männer',    so  |n:si  I  pD»  (OM.  9,  2),  mo«   I  fnxö    (OM.  9,  4)  etc.'     Damit  ist  arab. 

ij-Lül  ^^1,  ^U)l  J^  (Jäcüt  III  473,  17)  tmd  j^t,  üiLl  (Jäcüt  III  615,  13)  zu  ver- 
gleiclien.  Die  Bedeutung  ,Löwe'  als  Sternbild  scheint  mox  in  der  Inschrift  von  'Ohne  bei 
Wrede  zu  haben. 

Drm"l2DC  I  jn  ist  ein  eigenthümlicher  Personenname  und  auch  der  getrennten  Sclireib- 
weise  wegen  beachtenswerth.  Er  bedeutet  ,die  Liebe  des  Frommen'.  Vgl.  hebr.  '^^''jn,  h^::n 

rrjjpi,  phön.  '?p2:n,  r\iphü:n  etc. 

Z.  2  erinnert  an  arab.  jJLo,  den  Vater  des  'Adnan.  Derselbe  Name  ist  aucli  in  den 
lihjäni.schen  Inschriften  23  und  26  nachgewiesen  worden.  Man  könnte  aber  auch  an  eine 
Zusammenstellung  mit  dem  südarabischen  Namen  213Tj;ö,  ^S  ^Jow  denken. 

S:::,  Vgl.  zu  VII,  l. 

Z.  3.    Zu  dieser  und  der  folgenden  Zeile  können  verglichen  werden : 
XVII,  4 :  I  Tiöi  I  cnsz  I  Dpy2i[D''] 

XXIV,  6 :  CT  I  piri'ncn  I  h^  I  i:np2  I  cnnsn 

XXV,  6 :  . .  'hr»i  I  Dcbnx  I  p-jT  I  jnö  l  h^. 

Die  Wurzel  py'ji,  welche  nur  im  minäischen  Dialect  von  el-'Öla  vorkommt,  erscheint 
somit  in  der  IV.  und   X.  Verbalform.    Fraglich  ist,   ob  XXV,    6  die  1.   oder  IV.  P'orm    zu 


Vgl.  8al)äi»che  Denkmäler,  8.  liT. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabikn.  41 

erkennen  sei,  also  p]!T  für  ^^J-äA^IJ.  Ich  liabe  schon  auf  die  Wichtigkeit  dieses  Wortes, 
welclies  auch  im  Kor.in  gelegenthch  der  Erzählung  von  ThamCid  vorkommt,  hingewiesen.' 
Die  bezüglichen  Stellen  im  Koran  sind  41,  12  und  41,  16. 

In  gleichem  Sinne  wie  jüLcLo  wird  im  Koran  xäo  gebraucht,  so  von  dem  Geschlechte 
des  Sälih  und  dem  des  Schu'aib  11,  70  und  97.  Desgleichen  wendet  Muhammad  dies  Wort 
vom  Untergange  Sodoms  an,  Söra  15,  73/74  imd  von  den  Einwohnern  von  Higr,  daselbst 
Vers  80  ff. 

Aus  diesen  Stellen,  die  sich  alle,  mit  Ausnalune  von  15,  73,  auf  die  Gegenden  beziehen, 

aus  denen  unsere  Inschriften  stammen,  ist  zu  ersehen,  dass  mit  kÄcL.«fl  oder  üss^ms  ein  plötzliches, 
gewaltsames  Natiu'ereigniss  gemeint  sei,  wodurch  ganze  Geschlechter  oder  Städte  zu  Grunde 
gingen. 

Es  kann  daher  nicht  ein  vorübergehendes  Gewitter,  sondern  muss  viel  eingreifen- 
dere Elementargewalten  bezeichnen,  etwa  I^rdbeben  oder  vulkanische  Eruptionen,  Avie  ja 
auch  in  der  angeführten  Koränstelle  15,  73  die  Zerstörung  von  Sodom  eine  Saiha  ge- 
nannt wird. 

Allerdings  ist  unter  lULcL.o  aucli  der  Blitz  zu  verstehen,  aber  immer  mit  besonderen 
gewaltsamen  Erschütterungen  der  Atmosphäre  verbunden.  Man  vergleiche  besonders  Koran 
2,  52  und  4,  52,  wo  jüLtLaJI  angCAvendet  wird.  Diese  beiden  Stellen  sind  sicher  eine  An- 
spielung auf  Exodus  19,  16 — 19,  wo  die  Erscheinungen  auf  dem  Berge  Sinai  beschrieben 
werden,  die  ganz  den  Eindruck  eines  vulkanischen  Ausbruches  machen. 

Für  unsere  Inschriftenstelle  DnK3  I  pyitD"'  ist  besonders  Koran  2,   10  interessant: 


,Oder  wie  bei  einem  Wolkenbruche,  mit  Finsterniss,  Donner  und  Blitz  verbunden,  stecken 
sie  ihre  Finger  in  die  Ohren,  wegen  der  gewaltigen  Donnerschläge,  aus  Furcht  vor 
dem  Tode.' 

Es  bleibt  jedoch  zweifelhaft,  ol)  J"TK  in  den  Inschriften  auch  ,Ohr'  bedeutet.  Sonst  heisst 
es  da  immer  ,Macht,  Besitz'. 

Gleichviel  was  XÄALaJI  bedeutet,  die  ähnliche  Anwendung  derselben  Wurzel  in  den  In- 
schriften und  der  koränisclien  Sage,  deutet  darauf  liin,  dass  Muhammad  die  Localfarbe  der 
Sage  ziemlich  treu  erlialten  hat. 

Z.  4  ist  man  geneigt,  nach  XXIV,  6  zu  ergänzen : 

[pyliclnon  I  'r\  I  i3l"ipn  I  ^r\'n)iä  I  pjriCD'. 

Auf  dem  Abklatsch  scheint  jedoch  eher  in"ipD  zu  stehen.  Was  in"lp2  oder  10"lp3  be- 
deutet, weiss  icli  uiclit;  letzteres  erinnert  an  die  Stadt  13"ip,  eine  der  Hauptstädte  des 
niinäischen  Reiches,  passt  aber  wenig  in  den  Zusammenhang. 

Z.  5  "lycnc  ist  X.  Fonn  von  IJJtT  (»*-*)•    Die   I.  Form  in  der  Bedeutung  , wissen,  ver- 

nmthen'  findet  sich  schon  ZDMG.  XXIV,  198  "iC'n  I  cb  I  '?S1  I  mj?C?  I  fnn  I  bs  =  J^j  oyuci  ^Jl 

IkJJ  jJ  ^^y  Hier  scheint  die  X.  Form  eine  älniliclie  Bedeutung  zu  liaben,  etwa  ,wahrne]nnen'. 

'  Anzeiger  der  phil.-hist.  Classe  der  Wiener  Akademie  1884,  Nr.  XXVHI  (17.  December). 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.   Bd.     Ahhandl.  von  Nichtmitgliedern.  f 


42 


D.  H.  Müller. 
DDm"l3D,  vgl.  IX,  1    zu  |löDn"n2D. 

Z.  6.  Zu  bn«  vgl.  I,  5;  zu  pnnöp  V,  6. 
Z.  7  d'?3  I  Dil«,  vgl.  zu  XII,  2. 

XVI.  (Euting  33  auf  Tafel  IL) 

M.  0'36  breit,   0*2 1  hoch.  Die  Buchstaben  nehmen  fast  die  ganze  Höhe  ein.  Vgl.   Doughty,   Fol.  21. 
Wohl  zu  ergänzen  nnyn'?. 


XVII.  (Euting  37  auf  Tafel  II.) 

M.  0-54  breit,   OSö  hoch. 
1     h    n  1  n  I  h  1 

^•IHh<"'1IN®l?H'^-l-  .lixibMiMjpl-.s 

3  .  I  ^  tH®  I  )rt°T  I  ?  •  •  r^  •  .  I  nm  I -i3yM'--b.  ■   3 

4  YI?X^<i>lr^YHHhnir^^°l  n  Mnöi  I  D2nxD  I  Dpy:i[D^  4 

5  lr^n)Tl?HI1i^lhni>|a'^lrS<i>  iDD^jjnlSslplmslDi.  ■  5 

6  VX?nni«°:^niH°lh)^i^  nn^anlpnpüDlplpiaiD--  ß 

7  M)1'hHnh)f^H?|.--  I n^nsT I bs^DT  •  ■  •  •  7 

2 er  erwarb  für'  Wadd  den  Priester  .... 

3 verletzt  den  Wadd" 

4 möge  er  ihn  treffen  mit  einem  Donnerkeil  an  seinem  Ohr,  nnd  wann  .   .  . 

5 [er  stellte  es  in  den  Schutz]  des  Wadd  gegen  Jeden,  der  es  entfernt  ... 

6 in  den  pnyö  des  Tempels  .... 

7 Jadkar'il  von  'Ahram  .... 

Z.  2.  Zu  I  \^)h  I  ni  I  ^ip  ■  I  bieten  sich  folgende  Parallelstellen : 

XXIII,  2/3:  onnn  I  niD  I  p:nMh]  I  ^:[p]n  l  bai 

XXIV,  1/2: n  I  mi?  I  DnnsiS  I  noa  1  ^öbo 

■•••II  D'Jpl  I  'ö'^D  I  jnKib  I  ^1  I  ■':p^ 

Aus  diesen  Stellen  geht  hervor,  dass  jXlS  eine  (männliche)  Person  bezeichnet,  die  in 
irgend  einer  Beziehung  zum  Gotte  Wadd  steht.  In  der  Inschrift  XXIII  ist  wohl  die  Rede 
von  zwei  solchen  Personen  (jrUKl"?  ist  augenscheinlich  Dual),  endlich  wird  in  der  zuletzt 
angeftllirten  Inschrift  gesprochen  von  ,Selma,  der  Tochter  seiner  flSlS  'Adat'  und  dann 
heisst  es  weiter  ,da98  er  weihe  dem  Wadd  die  nah  fSelnia  und  ihren  (oder :  seinen)  Besitz', 
also  von  einer  solchen  weiblichen  Person. 

Es  scheint  mir  nicht  allzu  gewagt,  die  Vernmthung  auszusprechen,  dass  unter  JKlS  und 
]r\H'h  , Priester',  beziehungsweise  ,Priesterin'  des  Wadd  zu  verstehen  sei.  Welcher  Art  die 
Functionen    dieser   männlichen    oder    weiblichen  Priester   waren,    können   wir  vielleicht  aus 

dem  von  den  arabischen  Lexicographen  überlieferten  Worte  s*  J  , Schändliches,  Schmähliches' 
erschliessen.  Sollte  hierin  etwas  ähnliches  Avie  in  t&tp  und  n^lp  (ispoSooXoc)  der  Astarte  zu 

'  oder  ,weihte  dem'. 


Epigraphmche  Denkmäler  aus  Arabien.  43 

erkennen  sein?  —  Ist  diese  Vemiuthimg  richtig,  dann  hätten  wir  in  Wadd  (5^  bei  den  Nord- 
arabem)  wirklich  einen  Gott  der  Liebe  zu  erkennen. 

Z.  3.  Die  Wurzel  "Oy  ist  aus  den  Inschriften  bekannt.  Hai.  259,  2/3:  DDD  I  13^  I  p  ,wer 
ihnen  Unheil  zufügt,  sie  angreift'  und  daselbst  Z.  5  f'?na  I  bjra  I  "lay  I  nm  ,und  wer  verletzt, 
angreift  den  Herrn  von  Midwalan'  (wohl  "inrip  oder  eine  andere  Gottheit  gemeint).  Häufiger  noch 
ist  die  VIII.  Fomi  IDny,  so  Hai.  257,  5  D2]in  I  fH^Dr  I  "iDny^T  I  pl  ,und  wer  Unheil  stiftet  im 
Tempel  Rasaf"'.  Vgl.  auch  Hai.  239.  478,  19.  429,  2.  Der  Etymologie  nach  ist  es  mit  hebr. 

135?  ,trüben,    betrüben',    arab.  jCä  ,l)etrüben-  und    ,wiederholt    angreifen'   zusammenzustellen. 
Der  Zusammenhang  zwischen  diesen  beiden  Bedeutungen  ist  freilich  schwer  zu  finden. 

Z.  4  DHXD  I  pp:iD^  vgl.  zu   XV,    3   imd  TlÖ  (=  ^Jjo)  XIII,   1. 

Z.  6  pJ2,  vgl.  III,  1.  Das  folgende  \]}  ist  kaum  mit  der  Präposition  ^£  identisch, 
wie  das  D  im  pns?Ö3  beweist,  es  hängt  wahrscheinlich  mit  pjj  (V,   1)  zusammen. 

Ich  halte  es  jetzt  nicht  für  ausgeschlossen,  dass  in  pj?  a.  a.  O.  ,j^  +  demonstr.  n  steckt,  ebenso 
ist  vielleicht  Jöip  auch  aus  der  Präposition  Qip  +  n  demonstr.  zusammengesetzt.  Vgl.  JÖJ?,  fS,  p. 

pnVfO^.  Der  Stamm  pnj?  ist  nur  in  dem  n.  pr.  pnpaj?  (Derenbourg,  Etudes  11,  9)  nach- 
weisbar. Hebr.  pri^,  arab.  (^.üä  ,alt  sein'  und  hebr.  pnj7  ,verschieben,  versetzen'  tragen  wenig 
zur  Erklärung  des  Wortes  bei.    Zur  Construction  nrT'aa  I  pn^ÖS,  vgl.  nn''32  I  m'ritS  (XV,  3). 

Z.  7  '?S"i3"l\  Denselben  Namen  führen  zwei  Personen  in  den  minäischen  Inschriften, 
Hai.  187,  1  und  192.  1:  phv  I  p  I  '?«-i3T  nnd  rwhn  I  p  I  '7S13T.  Vgl.  liebr.  innST. 

DinKH.  Von  der  Wtirzel  Din  kommen  im  Sabäischen  die  Eigennamen  D"in  (Hai.  411,  6. 
504,  1/3)  und  bsöin^  (Hai.  504,   1/3)  vor,    Ibn  Doraid    kennt    einen    Stamm   j.!.-.  ^.    Ein 

Orts-  oder  Stammesname  ^IsJ  ist  sonst  nicht  nachzuweisen. 


XVIH.  (Euting  38  auf  Tafel  II.) 

M.  0-13  breit,  0-12  hoch. 

1  r^®h  I  rmT  bis  •  •  •  •  •  •  •  'Aus  .  .  . 

2  H  I  Y)n(^H  IX  n  I  n-12DT  In  ...   des  Fürsten  von 

3  j^  n  Y  0»  <i>    I    H  SlKSnn  I  J  .  .  .  n  und  Wahb'il 


XIX.  (Euting  39  auf  Tafel  II.) 

M.  0-1  y  breit,  0-45  hoch. 


1 

////////// 1  II  n  1 

////////////////////////// 

2 

/;/V/Xr^  !////// 

/////// ////liD  1  /////// 

3 

//////XYlhlHH 

///////////nnbx  1  p 

4 

//////// IH?^T  i 

////////////// 1  pan  i 

5 

V//////////X11h 

!/illlli/i/il/iiiirhha 

6 

////////////n ////// 

1II///////IIII/I/ÜIIIII/ 

{* 


44  ^^-  H.  Müller. 

Mit  Sicherheit  ist  nur  nnSs  , Gottheit'  (Z.  3)  und  fDn  (^L^ä-,  Z.  4)  zu  erkennen.    Das 
n  im  letzten  Worte  ist  verkehrt  geschrieben. 


XX.    (Eiitiug  43.    Nicht  reproducirt.) 

M.  0"5G  breit,   0'35  hoch.   Sehr  verwischt. 

i    iill<i>lHXnxiiiH---ntl  i  •  • -1  linnn  I  I  I  n- • .  .^i?    i 

'■i   <D|3  /,-/../.. xnir^nn ,/////-  1 1  n//////////,n3  l  oni//, ////;-//    2 

;5  H//// 7/ V////////X/?' /////////// .  '^'i/iin/iiiii/niihriiiin^/H/iiiHiii  3 

4    //i/,,  1i^  ,///////////  /IU^lWII/illl/ll'ili/b'2lillH!IUhlil    4 

Z.  1  jnan.  Dasselbe  AVort  schon  Hai.  403,  3 :  ns  I  ns  I  jnnnnn  I  p  I  yriSI  in  dunklem 
Zusammenhange.  Der  Eigenname  roan  findet  sich  Hai.  190,  12  •■"in"'  I  p  I  rann  (Ibn  Doraid 
269  Z^)-  Vgl.  auch  Hai.  189,  1  1122110  und  154,  11  inssn«.  Alle  Stellen  sind  imklar. 

Z.  3 — -5  möchte  ich  unter  Vergleichinig  von  V,  2/4  mid  Burgen  imd  Schlösser  H,  S.  62 
folgendermassen  ergänzen : 

3.  nliini 

4.  I  nr:Di  I  nDsiyn  11  "^a  ip  I  c;;;»  I  nbsSs  I  dhidji  I  anii  I  f'zp'i  I  nnns;  ■  •  • 

5.  'an  II  -1222  I  c;yj:  I  ^nSo  I  na"  II  ya''?«  I  d32i  I  yn^  I  Sxnpi  I  n!2V2 1  canöpa  I  p  I  idöi  I  «bdi 

Wie  man  aus  dieser  im  Grossen  und  Ganzen  mir  sicher  scheinenden  Ergänzung  sielit, 
haben  wir  nur  ein  ganz  kleines  Fragment  einer   ziendich  umfangreichen  Inschrift   vor  inis. 


XXI.  (Euting  45.) 

Ist  meines  Erachtens  identisch  mit  Nr.  III  und  nur  irrthümlicher  Weise  als  eine  be- 
.sondere  Inschrift  bezeichnet. 

XXII.  (Euting  48  auf  Tafel  II.) 

M.   0-48  breit,   Oit  hoch. 

i)<">IHo^lfi1^l)^?l°0?      Ia>IHXOyi        nm  I  jyö  nSo  int:"  I  ys'      ^1  I  psn^ 
*l?<i'X<>HI>l?XIY)n^H?r^1      o  .  .  <^'  .  .         p  MnyT  I  TT  I  nn22n  hoS       V-p-- 

Rechts  der  Lücke  sind  die  Schriftcharaktere  grösser,  wie  in  der  hebräischen  Trans- 
scription angedeutet  worden  ist.  Möglicher  Weise  ist  die  Lücke  absichtlich  gelassen  worden, 
als  ein  Zwischenrainn  zwisclien  den  beiden  ungleichmässig  geschrieljenen  Columnen  ähnlich 
wie  in  GC.  Nr.  1. 

In  der  ersten  Zeile  ist  rechts  zweifellos  zu  ergänzen:  [fnilb^l  I  jnsn::,  links  I  12?''  I  ySlSsl 
nnim  I  jr»  I  l"?».  Die  fünf  ergänzten  Buchstaben  können  nicht  in  der  Lücke  gestanden,  son- 
dern müssen  sich  in  der  folgenden,    beziehungsweise  vorangehenden  Zeile  befunden  haben. 

Z.  2  i.st  die  Lesung  1TJ?n  I  TT  ,Zaid  von  'Azwaj'  oder  ,'Azaw{\j'  sicher.  Ein  Nom.  loci  'ITJ? 
kann  ich  jedoch  nicht  nachweisen. 


Epigraphischb  Denkmäler  au.-;  Arabien.  45 


XXIII.  (Eiiting  49  auf  Tafel  IL) 

M.  0-35  breit,  0-20  hoch. 


1  .  .TX<i'IN®U?a>Xr^o  . .  •  nm  m  I  pninci-.   i 

2  il?H<^?Hn^<i>l?iHn°  ■  r:|TT  I  bsi  innj?  •  ■  2 

4     ^Y1hli//7////'/''/7///  cr^baliiiiililli/ilHh'iii.l  4 

1 und  er  vorti'auto  dem  Wadd  und  .... 

2 'Abdi  und  alles,  was  er  erwerben  wird  .... 

;-5 die  beiden  Priester  (?)  dem  Wadd  von  Rait™  ... 

4 Götter  [und  Mensehen]  .... 

Z.  1  pninDI  =  i^yj^\..     In  ähnlicher  Weise  heisst  es  GC.  28,  1  "ÜnS?  I  pön,  das  schon 
H.  Derenbourg-  als  (^il  erklärt  hat. 

Z.  2  nz'i!  kann  eine  Nisba  von  ^3y,  aber  auch  ein  Nora.  prop.  fem.  *;ctUÄ  (vgl.  ^^^)  sein. 
Z.  3.  Über  die  Ergänzung  p^KlS  und  den  Sinn  des  Wortes  vergleiche  XVII,  2. 
Z.  4  ist  wohl  wie  XXIV,  4  [DD:ki  II  nnbs  zu  ergänzen. 


XXIV.  (Euting  55  auf  Tafel  IL) 

M.  0-70  breit,   0-45  hoch. 

1  HIX^Iolr^YXh^llXhniT^lr^lr^X  =i  I  my  I  cnnsiS  ln3n  raSo  I  Dn   1 

2  o|^?ii>^<Di<f^1r^lHXhi>1M<i>  I  ?H<^T  1  I  D^2pi  I  'ühD  I  fnxiS  I  m  1  ':p'  2 

3  <D|))nr^?nitHTor^a>l1r^niXX1ITH^HI  1   I  -inyc'2   I  TpDI   I   ^0=    I   m   I   ^jpT    3 

4  )r^|))nr^l^V1l^Y<i>l^r^Hh<i>l^Y1hnrtlH  •  D  InnJTD  I  DH'?  I  cm  I  DDJSI I  CnSx  I  ^D  1 1    4 

5  X^<i'l^))nr^^lh^h01H<i>l°XX^?HIYX?  nai  I  nm^cia  I  pxa  I  =n  lpnnö^=iln*T  5 

6  (^  <!>  I  .^  o  j^XrSXI>l<i>H)'^nir^YHHhM  DI   I  py::nDn  I   'r^i  I  ^i-^p^  I  Djnsn  6 

7  lr^1rtl^B)hnr^ni?H<^?MI1rt<ß|h^hOHI  I  dSd  I  ains  I  bsn  I  ^3pn  I  bot  I  iö«st  7 

8  n(^HI?^^^HIHX<i'1I<i'hX0iTI]---IHX<i'UIX  33il\t?]a-^Tlfm':'::ilfna[nü]-ljmb^ln  8 

1 Sehnaj,  die  Tochter  seiner  Priestcrin  'Adat  .... 

2 dass  er  weihe  dem  Wadd  die  Priesterin  Seimaj  und  seinen  Besitz  und  .... 

3 welches  weihte  Gaziz,  Basil  und  Su'aid  "l~iyD''3  .  .  . 

4 alle  Götter  und  Menschen.  Und  er  trug  Sorge  für  1"iyD  .... 

b denjenigen,  der  beschenkt  und  der  Fülle  verhchen  hat  dem  Musabrir  .... 

ß seines  Besitzes  (V)  in  Karnü.  Und  sie  möge  niedergedonnert  werden  .... 

7 der  Fülle  verliehen  hat  und  alles  was  er  weihen  wird  im  ganzen  Lande,  in   seiner  Gesamratheit 

8 den  Anbau  ....  Plattform  und  Anbau  der  Sam[s]i,  der  Für[stin]  .... 

Z.  1.  Anfang  ist  vielleicht  zu  ergänzen  oninz)  I  CÜH'i^l 

'labD  =  ^^jL  (Ibn  Doraid  22  oben  und  Mustabih  270).     Im  Sabäischen  ist  der  Name 
sonst  nicht  nachgewiesen. 


onnsib,  vgl  XVII,  2. 


46  D-  H.  Müller. 

mj?  scheint  u.  pr.  zu  sein  und  zwar  der  Nmne  der  Priesterin ,  der  Mutter  der  Salniii. 
Möglicherweise  ist  es  aber  Epitheton  zu  Sehna. 

Z.  3.  Zu  Tjrci  I  Sd2  I  m  vgl.  I,  2. 

"inrD'S  ist  ein  sicheres  Beispiel  der  Präposition  3  vor  dem  Verbum  imperfectum.  Ähn- 
lich Hai.  412,  2  (=  GC.  26):  fn^2=T  I  nnD^3  I  p  I  jnni,  408,  2  DbDSD'D  I  f,  vielleicht  auch  404,  5: 
"ima.  HaMvy  (Ltud.  sab.,  p.  90)  sagt:  Le  D  Joint  i\  Timparfait  sert  ii  former  une  sorte  de 
subjonctif;  je  n'en  connais  qn'un  seul  exemple:  D3|Tn  Hai.  2.59,  7  ,qu'il  soit  mis  ii  l'amende'. 
Gerade  dieses  von  Halevy  angeführte  Beispiel  ist  sehr  zweifelhaft.    Es  lautet: 

D:p''3  I  jbna  l  bv^  I  idjj'  l  ^2) 

und  ist  wahrscheinlicli  zu  übersetzen:  ,imd  gegen  Jeden,  der  Schaden  zufüg-t  dem  Herrn 
von  Midwalan  in  seiner  Sicherheit',  wobei  arab.  ijjj)  und  ^jj-j  verglichen  werden  kann. 

An  unserer  Stelle  hake  ich  ni^D^a  =  ^.ii  {^\)  ^,c ,  ebenso  D'?D2D^n  =  «ü.*JJ  (^^1)  ^/i. 
Leider  ist  der  Sinn  des  Verbums  "ni?D,  obwohl  es  auch  in  der  folgenden  Zeile  vorkommt, 
sehr  dunkel.    Arab.  Ic  ,betrügen,  täuschen'  passt  niclit  in  den  Zusammenhang. 

Z.  4  CDJK1  I  nnb«  I  h^.  So  ist  vielleicht  auch  XHI,  1  zu  ergänzen :  DDJStl  I  DH'^s!,  vgl. 
auch  XXHT,  4.  Es  ist  eine  in  den  semitischen  Sprachen  beliebte  Phrase.  Hebr.  n'^'j«!  D^'^'?K 
(Rieht.  9.  13.  23),  aram.  triSI  nbü  (Dan.  6,  8.  13),  trOKI  pbn)  (Altaram.  Inschr.  aus  Teimä,  Z.  20). 
Im  Koranarabischen  steht  datür  ^J^jbll.  ,\A.\. 

Zu  -i-iyD  I  cnS  I  nm  vgl.  l,  4  und  X,  3. 

Z.  5  I  |ö«S  I  ni  I  rnnan.  An  Stelle  des  ?  ist  auf  dem  Abklatsch  in  Folge  einer  Verletzung 
des  Steines  eine  Lücke.  Eine  genaue  Prüfung  der  Buchstabenbreiten  dieser  Inschrift  hat 
mich  überzeugt,  dass  nur  ?  gestanden  haben  kann.  Das  Zeichen  X,  an  welches  dem  Inhalte 
entsprechend  auch  gedacht  werden  könnte,  fordert  in  dieser  Inschrift  einen  fast  doppelten 
Raum.  Die  Wurzel  J?nö  ,befreien,  erretten',  aber  auch  wie  im  Arabischen  ,beschenken',  ist 
in  den  Inscliriften  selir  häufig.  Hier  haben  wir  die  Form  «£»j'  (mit  doppelt  geschriebenem  X). 

Zu  dem  darauffolgenden  f^KD  I  ni  sind  zu  vergleichen  |axBn  (Z.  7),  DXST  (Hai.  220), 
JCKfi  (VIII,  1)  und  nnsi  I  jÄSSn  (VIII,  3).    Aus  diesen  Stellen  geht  hervor: 

1)  dass  [ö«s  ein  Verbum  ist, 

2)  dass  auf  das  Imperf.  ynnün  ein  Perfectum  energ.  Jose  (*^Li)  folgen  kann, 

3)  haben  wir  in  VIII,  3  nnsi  I  JÖKST  ein  Beispiel  eines  Perfec.  energ.  an  erster  Stelle.' 

Zur  Bedeutung  ist  arab.  ^li  ,voll  sein'  zu  vergleichen  und  JÖKS  ,Fülle  verleihen'  zu 
übersetzen  (vgl.  «Sano  I  kSä«). 

Z.  6  ^:'\p2  I  Dnnxi.  Vgl.  XV,  4. 

Z.   7.    Das  0  in  föKET  I  ist   zwar  beschädigt,    lässt    sich   aber  ziemlich  sicher  erkennen. 

Z.  9.  TJ^^^H  =  "ItrlOtt^T  ein  sehr  seltsames  Wort,  dessen  Lesung  leider  nicht  sicher  ist. 
Zwischen  dem  ^  und  ?  sind  nocli  auf  dem  Abklatsch  Spuren  eines  Zeichens,  ich  glaidje  eines  ^, 
zu  erkennen.  Ist  die  Lesung  richtig,  so  hätten  wir  hier  den  in  den  assyrischen  Denkmälern 
Tiglat-Pilesers  II.  imd  Sargons  erwähnten  Namen  der  ,Königin  von  Arabien'  Sa-am-si. 


Die  Annahme  eines  consecutiven  Infinitiv  (Praetorius)  ist  dnrch  das  vorangehende  "11,  resp.  T  ansgeBchlossen. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien. 


47 


Leider  ist  das  Zeichen  nicht  ganz  sicher  und  das  folgende  Wort,  etwa  ["l'aiD'l  oder 
[mlDST  zu  ergänzen,  gibt  uns  keine  Gewähr,  dass  hier  wirklich  von  einer  arabischen  Königin 
die  Rede  ist,  obgleich  es  auch  dieser  Annahme  nicht  widerspricht. 

Es  ist  aber  noch  zu  bemerken,  dass  in  den  minäischen  Inschriften  von  el-'Ola  das 
Zeichen  ^  sonst  nicht  vorkommt.'  Das  einzige  Wort  "ite^Ö,  welches  in  den  minäischen  In- 
schriften des  Heimatslandes  )^^  geschrieben,  findet  sich  in  unseren  Inschriften  VII,  4  in 
der  Schreibung  )r^^  (also  r^  für  ^). 

Für  die  Chronologie  der  minäischen  und  auch  der  sabäischen  Inschrift  wäre  das  Vor- 
kommen der  Königin  Samsi  von  grosser  Wichtigkeit. 


XXV.  (Euting  57  auf  Tafel  II.) 

M.  0"50  breit,  0'22  hoch.  Diese  Inschrift  stammt  nicht  aus  el-'Öla,  sondern  aus  Madäin  Salih.  Auch  Doughty  hat  von 
dieser  Inschrift  einen  Abklatsch  mitgebracht,  der  in  Documcnts  epigraphiques,  Madäi'n  Salih  30,  facsimilirt  worden  ist. 

1  '^?<i>)Hl^i)ll)i  ///////////////////7///////////////  p'rr\  I  D  i  nl  -1  •  ■  ^ i 

2  //Y)Tnit>l<i>IViH>hl>lg)<i>lH1r^n<»IHV)V°///  rnna  I  ^i  I  mbis  1  nnm  I  ibam  I  pinr  •   2 

3  /A;Xhlhr^rh^<''r)TniHo^lX1h1hlr^)J0<D///  nnx  l  snoöi  I  Snn  I  |Pö  I  rb^hx  l  d^ösi  ■  3 

4  //hXl^niinxX?l?^yiHY<'>l^r^fHnh)^?/////  «n  l nn  l  bnnn^  ^dh l  pi  l  nonn l '^k^su^v  .  4 

5  ,/1IH?n?ni^^r^01h)lYIHHIXr=il^ltnNha'///  S  I  jnrn  I  döds  I  p3n  I  p  I  riabö  I  ^ansi  ■  5 

6  /////////?1Yh<i>l^r^1ThKHX?|iiY^ll^li///  'bnsi  I  DDbnx  I  pij^lrl  pö  I  ba  I  i .  6 

7  /!llfll!IHlilllllllllllllllllllll///llllllllll/l V )  T  n  I  nnna  7 

1 von  Ruwail^ 

2.  .  .  .  MuJ'ähiräu  und  Bakilan.  Und  er  weihte  die  Söhne  des  Wadd  in  "IH  .  .  . 

3.  .  .  .  und  seine  "iriS  den  Göttern  von  Ma'in  in  "in  und  der  Station  Ath  .  .  . 

4.  .  .  .  Jaäkuril  von  IJism,  und  wenn  zerstört  wird  an 

5.  .  .  .  und  Adabi,  die  Königin  dieser  Stadt  Fsm" 

6 all ihr  Geschlecht  und  das  Geschlecht  .  .   . 

7 in  Harr  .... 

Z.  1.  p^TT\  =  (3j^v  Deminutiv  von  ^°^'y  Einen  Ortsnamen  ^y.  in  Iraq,  unweit  von  Hira, 
führt  Jäcüt  8.  V.  II,  861  an  und  belegt  dasselbe  mit  einem  Vers  des  Abt\  Du  ad  al-Iyadi. 
Vgl.  auch  III,  808,  19  in  einem  Verse:  tjXU^  ^j^'  ij.Ij  ,  wofiir  jedoch  736,  19  J^  ge- 
lesen wird. 

Z.  2.  Anfang  ist  vielleicht  pnnjJÖT  zu  ergänzen,  womit  pnnyji'l  I  nS''D  (Prid.  II,  1)  und 
jJcLjm  j6  der  arabischen  Autoren  zu  vergleichen  wäre.  Über  die  Wurzel  "iny  vgl.  Sab.  Denkm., 
Seite  17. 

Die  folgenden  Worte  liest  Hal6vy:  Dinsi  I  TTTI  I  mSlS  I  "fnil  und  übersetzt:  ,.  .  .  a  con- 
sacr6  ses  enfants,  ses  bestiaux  et  ses  meubles  (?)  aux  dieux  des  Ma'in'.  Auf  dem  Abklatsche 
steht  deutlich  rnn3  I  ^^.  Ausserdem  kann  n  im  Minäischen  nicht  Suffix  der  dritten  Person 
sing.  sein.    Dies  lautet  D,  DH  oder  ID. 

11  I  mblS  kann  nur  heissen  ,die  Kinder  des  Wadd'.  Wadd  mag  hier  entweder  Personen- 
name^ sein,  oder  unter  ni  I  mSiK  sind  Gottheiten  zu  verstehen. 

'  Vgl.  jedoch  Nr.  XLIX,  3.  2  Vgl.  hebr.  IT  n.  pr.  masc.  und  nnn;  n.  pr.  fem.,  ferner  e-'L-s^.,  aram.  KS"3n. 


48  D.  H.  McixER. 

rnna.  Die  ersteu  drei  Buclistabeu  sind  ganz  sicher,  vom  Y  glaube  ich  noch  eine  Spur 
zu  erkenuen,  die  aber  auch  von  einem  X  herrühren  kann.  Es  ist  kein  Zweifel,  dass  sich 
dasselbe  Wort  Z.  3  ins  und  Z.  7  mn:  wiederholt.  Das  Wort  n"in  und  "in  findet  sich  öfters  in 
den  Inschriften,'  der  Sinn  desselben  konnte  jedoch  noch  nicht  festgestellt  werden.  An  unserer 

Stelle  w,1re  möglich  ,vulkanischer  Boden'  zu  übersetzen  und  arab.  sIä-  zu  vergleichen.  Diese 
Bedeutimg  passt  jedoch  nur  an  wenigen  Stellen. 

Z.  3.  "lös  ist  OLTzai  XsYÖ[Jisvov;  die  entsprechende  Wurzel  im  Arabischen  Lia)  fehlt. 
Zu  »aCD  vgl.  Sab.  Denkra.,  S.  52, 

Z.  4.  Ssnrtr"'  ist  wahrscheinlich  auch  Hai.  388  1h[)]l^^?  zu  lesen.  Die  Wurzel  IDUr 
erkenne  ich  noch  Hai.  G08,  3. 

nonn.  In  Südarabien  ist  mir  ein  Ortsname  |V*»a.  nicht  bekannt.  Dagegen  kennt  Jacüt  II, 
267  8.  v,  einen  Ort  («-.La.,  den  schon  Näbigha  und  Labid  anführen,  ferner  ^-iJli^,  zwei  Tage- 
nijtrsche  nördlich  von  Wadilkiu-a.  Auch  bei  Hamdäni  findet  sich  **!=.  .3  (123,  22.  180, 
11.  12)  und  ^^^^  (129,  19.   179,  17). 

'?2nn''  I  ■'On  I  jm.  Die  Wurzel  bau  erscheint  ausser  Hai.  238,  2  (=  GC.  3)  und  485,  6  nur 
noch  GC.  3,  6 :  hnü^l  I  1S  I  lir=I  I  ''SOm.^  An  imserer  Stelle  liegt  die  VIII.  Form  vor  JJiU. 
Ich  vemiuthe  auch,  dasa  ■'öH  I  |m,  dessen  Lesung  ziendich  sicher  ist,  dem  minäisclien  "'Küm 
,und  wenn'  entspricht,  das  hier  ohne  S,  aber  mit  verstärkendem  p  geschrieben  wird.  Wie 
•K^n  und  "ön,  mit  nth.  ho"'/.,  so  ist  jn,  wie  es  scheint,  mit  äth.  K*»  in  h'itt,  hltt?.^,  h'}tt^ 
etc.  zusammenzustellen. 

c:  (=  Uj?).  Vgl.  zu  Langer  14  und  Wiener  Zeitschr.  f.  d.  K.  d.  M.  II,  S.  9. 

Z.  5  ■'31KV  Das  Zeichen,  welches  ich  ?  lese,  ist  nicht  ganz  deutlich;  sicher  ist  aber 
der  senkrechte  Strich.  Von  dem  olieren  Ringelchen  glaube  ich  zwar  eine  Spur  zu  erkennen, 
das  Auge  täuscht  sich  aber  leicht.  Man  könnte  auch  an  1  denken,  weil  der  Stiel  des  ? 
von  den  beiden  Seitenwinden  der  angrenzenden  Buchstaben  gleich  weit  entfernt  sein  müsste, 
während  hier  der  Zwischenramn  links  grösser,  als  der  auf  der  rechten  Seite  zu  sein  scheint. 
Ich  habe  desshalb  früher  Smx  gelesen  und  es  mit  dem  Namen  '7821><  und  keilsclu-iftlich  Idi- 
b'du  und  Idihilai  zusaunnengestellt,  welche  in  den  Inschriften  Tiglat  Pileser's  IL  neben  Saba 
und  Teimu  erwähnt  werden.  Jetzt  scheint  mir  jedoch  "'mx  niclit  der  Name  eines  Stammes, 
sondern  der  einer  Königin  zu  sein. 

rchfü.  Auf  dem  Abklatsch  steht  deutlich  //(f^1^,  das  letzte  Zeichen  kann  also  nur  X  sein.  Die 
Thatsache  allein,  dass  hier  von  einer  Königin  die  Rede  ist,  verdient  die  grösste  Beachtung. 
Wir  wissen  aus  den  Keilinschriften,  dass  neben  dem  sabäisclien  König  Jatha'amar,  die  Königin 
von  Arabien  (sarrat  mat  Arilji)  Sa-am-.si  dem  Sargon  Tribut  gezablt  hat.  Auch  unter  Tiglat 
Pileser  II.  wird  diese  Königin  und  ihre  Vorgängerin  Zabibi  erwälmt.'  P]s  ist  also  durchaus 
in  der  Ordnung,  dass  auch  in  den  minäisclien  Inscln-iften  eine  Königin  aus  dieser  Gegend 
auftaucht.  Diese  Thatsache  macht  es  aber  sehr  wahrscheinliitli,  dass  die  minäisclien  Inschriften 


'  Vgl.  die  Stellen  bei  Monltmann  (ZDMG.  XXXIII,  490). 
5  Vgl.  Wiener  Zeitschr.  f.  il.  Kunde  d.  Morgen!.  II,  8.   16. 

'  Neben   der  Kßnigin   Zabibi   wird    in   den   Annalen   Tiglat-Pilesers  II.   ein  U-ri-im-mi- i  U-sim-na-ai  ,Urinii  von  fluSim' 
erwKhnt.  Die«  konnte  sehr  wolil  mit  DDni  /.nsammengestellt  werden. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  -49 

von  el'-Öla  aus  der  Zeit  stammen,    in    welcher  weibliche  Dynasten  an  der  Spitze  der  ara- 
bischen Reiche  gestanden  haben  —  also    annähernd    aus   der  Zeit  Sargons. 

DÖDS  als  Name  einer  Stadt  ist  nicht  belegt,  selbst  die  Wurzel  ****  fehlt  im  Arabischen. 

jnra.    Steckt  darin  e>^',  wie  Hai.  615,  30  ri[1]r? 

Z.  6  pO  kommt  noch  vor  Hai.  253,  5  I  pian  I  riD  I  JD  und  412,  5  (=  GC.  26)  nran«*) 
•  •  •  S5"inD''  I  |nö1  I  pnno^  I  h^  I  «im  I.  In  beiden  Fällen  scheint  jnb  ,Wa8ser'  zu  bedeuten ,  wie 
riD  (für  "TlD  =  '1^^')  und  in  der  letzteren  Stelle  f]^ji  {—  o^-«*i..  ,Brunnen')  beweisen.  In 
unserer  Inschrift  ist  die  Bedeutung  ,Wasser'  kaum  mit  dem  Inhalte  in  Einklang  zu  bringen. 
Sollte  vielleicht  jnü  eine  Zerdehnung  aus  ^Jo  sein,  wie  |n2  aus  p? 

pS^lf  ist  der  Lesung  nach  ziemlich  sicher.  Der  Form  nach  kann  es  gleich  j^ju^j,  aber 
auch  contrahirt  p^T  für  py^D"'  sein. 


XXVI. 

Diese   Inschrift   stammt   ebenfalls   aus  Medai'n    SaKh   und    ist   in   den   Documents   epigraphiques   unter  Nr.  30  nach 

einem  Abklatsche  Doughty's  facsimilirt. 

1 

2 h-lr^.H^  a-b^-iü 

3  .  .  r^BHMIXI.o-  ■■■■Din  inS  .  p. 

4  XJHIX?1°IHH°lr^<D.  nn  I  n^br  l  py  l  m  • 

5  ^r^n)nTMItrilHni  Dcnirn  I  hü  I  p] 

4.  .  .  die  Bedachung  des  Söllers  dieser  [Plattform] 

5.  .  .  gegen  jeden,  der  sie  entferntf,  vernichtet  etc.  ... 

Die  folgenden  Inschriften  sind  nach  Copien  Euting's  veröffentlicht.  Abklatsche  davon 
sind  nicht  vorhanden.  Die  Copien  Huber's  (Bulletin  de  la  Soci^t^  de  Geographie  1884) 
und  Douglity's  sind  ebenfalls  benützt  und  gehörigen  Ortes  angeführt  worden. 


XXVII.  (Euting  805  auf  Tafel  VI.) 
^y  Hin?r^^  a  -n  I  n'DO  Musaüab  von  .  M 

I^XV-H-  I  nnn-  3-  •  •  n.  h.  t™ 

Zu  3rö  vgl.  ^LUjI  bei  Ihn  Doraid   171  m.  und  191  letzte  Zeile. 


XXVIII.  (Euting  806  auf  Tafel  VI.) 

° H 1  ri) rn  J?n  I  3-13  Karib  von  'A- 

o  X  )  ^  J?rnä  mmrata' 

Im  Sabäischen,  wo  die  Wurzel  2"I3  sehr  gebräuchlich  ist  und  viele  mit  a"i3  zusammen- 
gesetzte Eigennamen  vorkommen,  ist  der  Name  yi'S  nicht  nachgewiesen  worden,  wohl  aber 

Denkschriften  der  phil.-bist.  Ol.  XXXVII.  Bd.     Athandl.  von  Nichtmitglicdcin.  g 


50  D-  H.  Müller. 

der  Fraueunaine  ro"l3  (Dereuboiirg,  Ltudes  11,  1.  6).    Vgl.  den  Namen  ^^I^a^  ^jj  J.  J' bei 
Ibu  Doraid  157  unteu. 

XXIX.  (Euting  807  auf  Tafel  VI.) 
Xri'i'HI  nSpT  I  Du  Qubbat. 

Ob  es  mit  sIs  zusammenzustellen  ist,  wage   ich   nicht   zu  behaupten.     Vgl.  I  n^p'l  Hai. 
205  =  OM.  34.  Dort  ist  aber  wahrscheinlich  bn^pT  zu  ergänzen  (Sabäisclie  Denkmäler  94). 


XXX.  (Euting  808  auf  Tafel  Vi.) 
i°H®?T                [yn-lialpn  rn  Hajw  von  'A[mmra.ta'] 

XXXI.  (Euting  809  auf  Tafel  VI.) 

H^XfM)Y  ^"l  p^r\  I  nnn  °^  Haräm  Hazmän 

Der  Name  D"in  ist  im  Sabäischen  bereits  nachge-sviesen  (Hai.  411,  6.  504,  1.  3).  Die  (.j.ä  ^ 
kennt  auch  Ibn  Doraid  154  m. 

Zu  fÖ?n   vgl.   die  arabischen   Nomina   propria   |»)Ls.,   -vp.   und   Jy^-     Was   das   darüber- 
stehende DJ  bedeutet,  weiss  ich  nicht. 


XXXn.  (Euting  810  auf  Tafel  VI.) 
HYXH-riY)^  inn3  •  sn^ss  

iHTnXIHnilHOT  Tm  I  p  I  nsn  Hafd,  Sohn  der  Zubaid 

nsn  als  Stammesname  Hai.  466,   1.  3  und  465,  2. 
T3T  =  tUj)-  Vgl.  mnt  Hai.  168,  1. 


XXXHI.  (Euting  814  auf  Tafel  VI.) 

°X)^°HI^1r^  ymön  I  Cho  Salm  von  'Ammrata' 

D7D  =  |Jl1,    ein    im  Nordarabischen   liäufigcr  Name,    von    Ibn    Doraid    wiederholt    an- 
geftihrt.  Von  derselben  Wurzel  im  Sabäischen  D^DX  (Hai.  251,  3.  579)  und  nö''bD  (Hai.  581). 


XXXIV.  (Euting  815  auf  Tafel  VII.) 

TFIM  •  ?^T  I  'DT  •  "ün  Himai  von  Bai 


EpiGRAPHißCHE  Denkmäler  aus  Arabien.  51 

XXXV. 

(Euting  856  auf  Tafel  VIII  =  Huber  118  =  Doughty,  Fol.  24.) 

X§°!>l  nnjri  üa'tat 

Ist  gleich  arab.  giXAO  n.  pr.  m.  bei  Ibn  Doraid  291  m.  Vgl.  Lih.  24. 

XXXV^  (Euting  857  auf  TaM  VIII.) 
XtHhHNItHTXl^  mxn  l  TD  Dem  Zaid  von  Na dat 

Die  Wurzel  oLj  kommt  im  Arabischen  und  Sabäischen  vor.  Vgl.  OM.  12,  5  I  o'^pEX 
ÜIM  ,reichliche  Ernten'.    Hier  ist  mw  nom.  loci. 

XXXVI. 

(Euting  858  auf  Tafel  IX  =  Huber  110.) 

Zwischen  zwei  Mumienfratzen  in  den  Felswänden  bei  der  Khreibeh  von  el-'Ola.  Die  Inschrift 
ist  ziemlich  hoch  und  schwer  zu  copiren,  vgl.  Doughty,  PI.  XLIII,  Nr.  33.  Von  Euting  liegen 
mir  zwei  Copien  vor,  die  er  zu  verschiedenen  Zeiten  gemacht  zu  haben  scheint. 

Hl  171     j.-  Rectificirter  Text  in  hebräischer 

über  Euting  Transscription 

1  Ir^nVo-IHni-HV  -IhnV-^-IHnir^HH  l  Sssm  l  p  l  «^n 

2  nXHffliiYirn^N  nx>IIl-XY  l  YI^H  sn-ta-nlnSan 

3  nYh  I  >l<i><i>  I  Y)ri  ?H1T->|a>o  I  x)r^  •  ■  n  •  Inn  I  ms 

4  )^°  H)H.I1Hii?H  )^°IH)nH1*H?H  nssy  I  pnp  I  "^pri 

5  HH)r^<i' I  H°)V  K)ha'lhö)X  pnici  I  isnü 

1.  Hani',  Sohn  des  Wahb'il 

2.  aus  ]V[ilb [Na- 

3.  kräh  und  Wadd  [mögen  bestrafen  denjenigen] 

4.  der  fortschaffen  wird  das  Grab  ' .  m  .  r 

5.  im  Herbst  (?)  und 

Z.  2.  Zu  nSon  vgl.  Hai.  478,  6.  520,  8.  559.  560. 

Z.  4.  bpr"!  von  der  Wurzel  hp:  =  Jüii.  "lOJ?  kann  der  Name  der  Grabstätte  sein  ,Wohnstätte 
für  den  Herbst  und  .  .  .',  d.  h.  für  alle  Jahreszeiten. 

XXXVII. 

(Euting  860  auf  Tafel  VIII  =  Huber  114.) 
°X)^°I=1  yniSSPT  "^on  'Ammrata*. 

XXXVIII. 

(Euting  861  auf  Tafel  VIII  =  Huber  114.) 

so 

Huber:  r^h)niHniM<i>  Euting:  r^Ofl  |  Hill ^r^'i'  Dp-Q  I  p  I  D«1 

,Wa'm,  Sohn  des  Birqis.' 


52  D.  H.  Müller. 

Beide  Eigeimameu  sind  sonst  nicht  zu  belegen.  Die  Wurzel  J.  kommt  jedoch  im 
Arabischen  vor.  Oder  soll  hvn  =  Jul^  gelesen  werden?  Die  Form  des  Namens  Dp-|3  erinnert 

HÜ    ^^MjjUb. 

XXXIX. 

(Eutinj;  863  auf  Tafel  VIII  =  Hubor  115.) 

HXnHHIHnril  pnn  I   3K  'Abän  von  Nabzän 

p«  =  arab.  ^^Ul.  Vgl.  auch  n:2X  Lih.  58,  1.  ICin  Ortsname  ^lyö  ist  mir  nicht  bekannt. 
Die  Wurzel  yj  bedeutet  ,8chinipfen,  einen  Spottnamen  geben'.  Für  p23  kann  vielleicht  p2S 
gelesen  werden. 

XL. 

(Euting  865  auf  Tafel  VIII  =  Huber  111.) 
Huber:  MH?X  Euting:  ihcHTX  'JSTT  Zaidil 

hSrifi  hXHH  Kmn  von  Dir 

SkTT  auch  Ilal.  178  und  534,  1.  ani  als  ,Frühling'  ist  im  Sabäischen  bekannt,  als  Orts- 
name bleibt  es  auffallend.  Es  ist  daher  vielleicht  besser  mit  Huber  «na  zu  lesen  und  aUS 
bei  Jacüt  I,  492,  19  s.  v.  zu  vergleichen. 


XLI.  (Euting  866  auf  Tafel  VIII.) 

I  ?  o  li  I  TJ  Na'j 

Hr^®n  pn  Bausän 

Die  Wurzel  T3  ist  im  Sabäischen  nicht  nachgewiesen,  kommt  jedoch  im  Arabischen 
vor,  aber  nicht  in  Nom.  propria. 

pi2  heisst  der  , Einwohner  von  Baus,  der  Bausanite',  wie  jSSD  ,der  vom  Stamme  Bakil'.' 
Einen  Ort  ^°yj  o-uo  nördlich  von  San'ä  kennt  Hamdäni  81,  23.  195,  23.  Vgl.  auch  JUiLw»j 
112,  3. 

XLII.  (Euting  867  auf  Tafel  VIII.) 

*»— >■     rir^r^H°^^  Cüyi  n^DK  'Aslam  von  'Amm 

Zum    Ortsnamen   DÖj;    ist   ^[^L   und    der    kananäische  Volksname    Jlöj?    zu    vergleichen. 


XLIII. 

(Euting  868  auf  Tafel  VIII  =  Huber  106.) 

Huber:   IHIoiHin  Euting:  IHI<i'hn  |  mja  Banäwadd 

X  ^  n  H  X  ^  T I M  nönn  von  Jatimat 


'  Vgl.  Siegfried  Langers  Keiseberichte,  S.  17  und  weitere  Belege  pba  LXVI  und  ]a^bx  LXVII. 


EriGRAPHiscHE  Denkmäler  aus  Arabien.  53 

nun  (=  m  +  ''32)  auch  Hai.  577,  2.  3.  Vgl.  auch  bn:^  (Wrede,  Z.  2)  und  hebr.  n;:3.  Zu 
nöri"'T  ist  VII,  2  das  Nöthige  beigebracht  worden. 


^IV. 

(Euting  869  auf  Tafel  VIII  =  Huber  107.) 
Huber:    ° X  )  ^  °  I  r^  «>  h  Euting:  o  X  )  ^  |  r^®  r^  S?möJ?  I  D1S  Aus  [von]  'Ammrata' 

5?n"IÖI?  für  J?n"lö:?T  wie  weiter  unten  yil  für  yTTl. 

XLV.  (pAiting  870  auf  Tafel  Vlll.) 

f^io  rSy  'Alwä 

Hamdäni  82,   14  kennt  einen  Stamm  i^pU  ^.  Vgl.  auch  ^  JjlII  bei  Hamdäni  169, 
194,  23;  ^^\  163,  4;  xj^  220,  4. 

XL  VI.  (Euting  871  auf  Tafel  IX). 

M^-T^TMinillhh--  ni  •  •  D'T  I  3tD!<3  ■  • 

■  •XBi°i[EXni-Hn  ■  •  niSyJDnn  l  ■  33 

...ni-?^l(^iHiH<D  ••••  I  ■'»  I  D^m 


XL  VII. 

(Euting  872  auf  Tafel  IX  =  H.  96  =  D.  PI.  XIV,  Fol.  25.) 
^>|0  mi  Wadd™ 


XLVIII. 

(Euting  873  auf  Tafel  IX  =  Huber  96.) 
Huber :   •  0  I  X 1  h  <i>  "1  Euting :  Y  0  I  X 1  h  <b  ^  ns  I  nbxiü  Mau  alat  Füh- 

ri7«ia  ist  =  sJ\Je  (Ibn  Doraid  160  m).  Der  Beiname  |ÖKnS  als  Syi  ,Mund'  und  ^j^\  ,treu' 
(,Treumund')  zu  erklären,  scheint  sehr  gewagt.  Ich  dachte  anfangs  dafür  H^hY?  zu  lesen, 
einen  Beinamen,  der  im  Sabäischen  schon  nachgewiesen  worden  ist,  aber  das  0  steht  deut- 
lich in  beiden  Copien.  Es  kann  übrigens  jÖKriS  als  ,und  (3)  Ha 'man'  gedeutet  werden. 


54  D.  H.  Müller. 

XLIX. 

(Euting  874  auf  Tafel  IX  =  H.  116,  wo  jedoch  die  dritte  Zeile  fehlt.) 

)|l>|)^  11  -na  Muräd  Ru- 

l/jf®  p  wjsin 

i  •  h  ^  I  n  h  ^-  «12^1  I  3X  Vater  des  .  .  . 

Die  Lesung  ofJo  ist  nicht  sicher,  aber  wahrscheinlich.  Über  den  Ausfall  des  n,  resp.  D 
des  Causativiims  im  Participiiim  vgl.  Sabäische  Denkmäler,  S.  90. 

pi  kommt  noch  weiter  unten  vor  und  findet  sich  auch  Hai.  275,  1 :  pn  I  "löS2n"i. 
Das  Zeichen  ^  ist  in  den  Inschriften  von  el-'Ola  vielleicht  nur  noch  XXIV,  8  nachzuweisen. 

L.  (Euting  875  auf  Tafel  IX.) 

Xn)nin?1[fi]  ra-Ql3'''?b]  Kulaib  von  Rabbat 

Für  das  fn  steht  in  der  Copie  ein  fi.  Die  Inschrift  erinnert  an  Hai.  662,  1  I  m^bs 
ri2"l2  I  Dsbs  I  p.  Wahrscheinlich  ist  jedoch  hier  wie  dort  n3"l'l  (H  für  Fl)  zu  lesen. 

LI. 

(Euting  876  auf  Tafel  IX  =  Huber  117.) 

Huber :  N  I  X  •  V  Euting :  H 1 X  •  V  H.  t.  von 

h:>n  h)?t;  Zajrän 

H)?t>  kommt  noch  weiter  unten  vor.  Halevy  liest  es  H)Y'fv.  Das  wiederholte  Vorkommen 
des  Wortes,  die  Übereinstimmung  der  Copien  und  besonders  die  eckige  Fomi  des  V  in  der 
ersten  Zeile  sprechen  gegen  die  sonst  wohl  zulässige  Vermuthung. 

LH.  (i:uting  877  auf  Tafel  IX.) 

Ihr^^h?  bKDI»''  Jaus'il 

)[DXr^l  •  flYN  IJ^riD  I  •  SHT  von  H  .  .  .  schrieb  (es) 

LIII.  (Euting  878  auf  Tafel  IX.) 

<i>ftJ  vn  IJajw 

H )  ^  pa  Ma[rr]än 


LIV. 

(Euting  879  auf  Tafel  IX  =  Huber  121.) 

Huber:        t=IIXT^?X  Euting:  H  I  X1^?X  nlnba^n  TaimJät  von 

)[I]Xr^°tH)X1^?X  )[I]Xrh°H)  mono  nn  Ridä'  schrieb  (es) 


Efigbapbische  Denkmäler  aus  Arabien.  55 

Der   Name   0"^!    steht   schon  Hal^vy  171,  3.    Vergleiche   v:yüUI    jvaj    (Ihn   Doraid    315, 
Zeile  2). 

LV. 

(Euting  880  auf  Tafel  IX  =  H.  121  =  D.  PL  XVII,  Fol.  32.) 

Doughty:  X11?)         Eut.undHub.:  X1^?X  r\hü'r\  Taimlät 

>i>l)  oi>|)  yn-i  Ridä' 


o 


LVI. 

(Euting  881  auf  Tafel  IX  =  Huber  123.) 

°>l)HIXl^?X<i>lh°OTMIH?^T  nn=i  I  nbü'm  I  j5?sn  I  pan 

5imjän  von  Jafän  und  Taimlät  von  Ridä' 

jys'  \Adederholt  in  den  minäischen  Inschriften  (Hai.  206,  477,  520,  2.  529,  535, 1.  564,  2. 
567.  Vgl.  auch  OM.  20). 

LVII. 

(Euting  882  auf  Tafel  IX  =  H.  120  =  D.  PI.  XVII,  Fol.  31.) 

thlHoOTHIHT^T  Ol  I^S'^  I  P^n  Ilimjän  von  Jafän 

)[I]X  "lisri  schrieb  (es) 


LVIII. 

(Euting  883  auf  Tafel  IX  =  Doughty,  Fol.  31.) 

1   Y  H  ?  ?  <^  riy'P  

2  //IVHIX  ///iDTh  

3  oa)o|tin  nylp  

4  oX)^o|r|  rman  von  'Ammrata 

Für  YH  in  der  ersten  Zeile  hat  Doughty  Yl. 


LIX. 

(Euting  884  auf  Tafel  IX  =  Doughty,  Fol.  31.) 
h  ?  ®)  I  ?  B  )  P"^  I  'it-l  Ridäj  Ruwjän 

Für  ?  B  )  ist  nach  Eutings  Copie  eher  ?  B  h  zu  lesen.  Doughty  hat  jedoch  ein  deutUches  ). 
Vgl.  die  arab.  n.  pr.  »Le»,   ^j'^;  imd  äLuö;- 


ö$  D.  H.  Müller. 


LX.  (Euting  885  auf  Tafel  TX.) 

(D  "f  T  1'n  Hajw 

höOfH  jysn  von  Jafän 


LXI.  (fAiting  886  auf  Tafel  IX.) 

H)T  pn  Hurrän 

Es  ist  ein  Eigenname,  der  dem  arab.  lif  zu  entsprechen  scheint.  Vgl.  auch  pn,  Langer 
16*,  5  (=  Prid.  14). 

LXII. 

(Euting  887  auf  Tafel  IX  =  Doughty,  Fol.  31.) 

°X)^°HI?0®  >'mttI7T  I  'Sl  Wafaj  von  ' Ammrata' 

Der  Name  "'BT  erscheint  hier  zum  ersten  Male,  ist  aber  durch  das  arab.  n.  pr.  ^\J1  ge- 
sichert.   Für  °X)^°H  hat  Doughty  <i><)^°H. 


LXIII.  (Euting  889  auf  Tafel  IX.) 

X>l>l°)  mnn  Ri'didat 

otH)  yn-l  Ridä' 

n'npn  =  äJu<Xc;)  das  aber  als  n.  pr.  mir  sonst  nicht  bekannt  ist. 


LXIV.  (Euting  890  auf  Tafel  IX.)  ^ 

Hädil'  von  Jaf'an,  Tawäb'il  'Ammati  (?) 

Zu  ~jicn  vgl.  sab.  pitn  n.  loci  und  arab.  yils>.  ^1  (Ibn  Doraid  127  oben)  und  .  ^  ./^ -^ 
s_*jLX!I  (Bin  Doraid  263  m).  bxDiri  ist  schon  aus  den  sabäischen  Inschriften  (Hai.  485,  1. 
Oh.  18,  1)  bekannt. 

LXV.  (Euting  891   auf  Tafel  IX.) 

Xnin  robi  Kaibat 

Für  Xmn  lese  ich  XFlIfn  und  vergleiche  na^D  I  1:D  (Os.  19,  2). 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  57 

LXVI.  (Enting  892  auf  Tafel  IX.) 

°X)^°lhrhHV  yn"10ir  l  SOJn  HanasI'  [von]  'Ammrata' 

l>|a>|:j|)HJ  nn  I  -in  Hun-  des  Wadd. 

'inifnl?°<i'  pba  I  Man  Wafaj  KalMn 

I>l®t=ll  h^1l^  Tl'l  I  p'^S  Kaiman  des  Wadd. 

Es  scheinen  zwei  Inschriften  unter  einander  geschrieben  zu  sein.  SD3n  erinnert  an 
HKD:  Lih.  28,  1.  Für  ?oa)  lese  ich  mit  Rücksicht  auf  LXII  TO®.  Die  Epitheta  in  I  in  und 
in  I  JöSd  können  heissen  ,Freier,  Edler  des  Wadd',  resp.  , Sprecher  des  Wadd'. 

LXVn.  (Euting  893  auf  Tafel  IX.) 

AI^Tr^^  2i  I  DlDltt^  Sukaim 

|l/|^n  p''h  von  Sulaim 

Für  n"'DU^  lese  ich  D'^StT  (f\  für  r^)  und  vergleiche  sab.  D3tt>  (=  fXÄ)  und  den  Eigennamen 
D"ll2aDtr  bei  Wrede,  Z.   1,  ferner  die  arabischen  Nom.  propria  jöcK-i  und  vJ3J\   *jCi. 

Der  Beiname  ]'a''b'^  setzt  einen  Ortsnamen  wh^  (*JfjJo)  voraus.  Da  dem  gemeinsemi- 
tischen dSic  nordarab.  A^  entspricht,  so  müsste  ein  Ortsname  ü^b^  nordarab.  *aLö  lauten. 
Thatsächlich  finden  wir  ^UloJl  und  JLo  (Jaqüt  III,  429)  als  Nom.  loci.  Der  Ort  hiess 
wahrscheinlich  wh^   oder   *11«ö  von  einem   ,kleinen  Gottesbilde',    das   sich   daselbst  befand. 

LXVni.  (Euting  895  auf  Tafel  IX.) 

XBTIINTX  ntaJTüjTT 

.  .  .  I  <D (^ H  •  •  •  lia: 

X  fl  I  H  T  nnitjn 

Nur  T*!  =  (X3\  ist  in  der  ersten  Zeile  mit  Sicherheit  zu  erkennen.  Die  Wurzeln  jajuo 
und  v-A-xaÄs-  sind  weder  im  Sabäischen,  noch  im  Arabischen  nachweisbar.  Dagegen  kommt 
in  beiden  Sprachen  uoaää.  vor. 

LXIX. 

(Euting  896  auf  Tafel  X  =  D.  PI.  XVII,  Fol.  32.) 
r^?h  D^«  Ijäs 

Sab.  DD'K  (ZDMG.  XXX,  S.  675);  D^K  (Hai.  577,  4)  =  ^^Ll. 

LXX. 

(Huber  109  =  D.  PI.  XIV,  Fol.  24.) 

H 1 X  )  ^  °  T  I  i^"^^!!  'Imärat  von 

H)^  pia  Marrän 

map  ist  gleich  arab.  »»Ux:. 

Denischriftcn  der  phil.-hist.  CI.  XXXVn.  Bd.     Abhandl.  TOn  Nichtmitgliedem.  h 


58  D-  H.  Moller. 

LXXI.  (Doughty  Fol.  35.) 
H°^-^?1rSllOT  ^J?Ö-  O^'^C  fSn  Wafn,  Sulaim  .  Mu'ad. 

Es  scheinen   drei  Namen   zu   sein,    die   niclit  zusammengehören.    Der  Name  |En   ist  im 
Minäischen  bekannt.  Mehrere  Könige  fuhren  ihn.  Ci'hD  =  *IJLL  und  'ipö  =  arab.   jLjuc. 

LXXII.  (Doughty  Fol.  35.) 

T)^1h  ni^hn  Ilsarb 

LXXIII.  (Doughty  Fol.  35.) 
r^iTT  D^n  Hais 

Hais  {^J>JM:».)  ist  als  Ortsname  in  Stidarabien  bekannt. 


Die  lihjänischen  Inschriften  von  el-'Öla. 
1.  (Euting  1  auf  Tafel  III.) 

Hnber  92  =  Doughty,  PI.  XVI,  Fol.  30  mit  der  Bemerkung;  ,5.  Jan.  Building  stone  sitc  undcr  the  first  copied  at  the 

window  side.'  M.  0"46  breit,  015  hoch. 

I  "sriDn  nysK  I  pjrn  I  bxi  l  ■'  i 
I  Dronn  I  nn«  I  niann  I  p  I  n  2 
n  I  ni:  I  piit  I  2n522  I  nbn   3 

1.  .  .  .  Wä'il,  der  Ghass&nide,  'Af  ä  (?),  der  Schreiber  .... 

2.  .  .  .  Sohn  des  Harmä,  als  er  sie  mit  Krieg  überzog  .  .  . 
3 an  der  Cisterne  Ba^'än  (?) 

Z.  1.  p^n  I  hiC  =  ^LIaJI  JoI^,  wobei  man  jedoch  "'JDyn  mit  dem  j  der  Nisba  erwarten 
müsste,  wie  in  dem  folgenden  'ansn.  Zu  vergleichen  ist  pjj«  I  '?S1,  Nr.  21,  4,  wo  das  «  für 
das  n  des  Artikels  zu  stehen  scheint.  Das  Fehlen  des  j  der  Nisba  könnte  auf  zweifache  Art 
erklärt  werden.  Entweder  dass  in  diesem  Dialecte  von  ^jLl.c  das  Nomen  gentilicium  in  gleicher 
Weise  gebildet  worden  ist,  wie  im  Arabischen  aus  -Li,  sJcL^  und  ^j«^,  ohne  Artikel  -Li,  -Lgj 
und  (jL»j,  mit  Artikel  ^^Lül,  ^_xiLgjd|  und  ^U^JI,  dieses  j  aber  als  nichtconsonantisches  in 
unseren  Inschriften    nicht   ausgedrückt  wird,    oder  wir  haben   eine   Genitiv -Verbindung  wie 

in  ^j\(X^  ^5-^^'»  c^'t^  15**''  *i5^  '^^^  y^t  cJ^<^  tr^"  Allerdings  bleibt  bei  der  zweiten 
I>klflrung  der  Artikel  auffällig.  Das  Vorkommen  der  GhassAn  in  unseren  Inschriften  wäre 
von  hohem  Interesse,  weil  man  hierin  eine  Spur  der  Wanderung  dieses  Stammes  nach 
seinem    späteren    Wohnsitze    finden    könnte.     Leider    sind    beide    Stellen    zerstört    und    die 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  59 

Möglichkeit  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  JDJJn  ein  Epitheton  zu  Wa'il  sei,  etwa  gleich  ^^m^\jJ\ 
oder  ähnlich. 

njjas,  seiner  Lesung  nacli  unsicher,   wage  ich  nicht  zu  erklären;  es  scheint  aber  n.  pr. 

zu   sein  und   erinnert  an  den  arabischen  Personennamen  ^Jil    (Ibn  Doraid  218)   und     ,_^l 
=  inschriftHch  n:iSS. 

''anDn  =  "^K-'l,  ,der  Schreiber'  oder  , Schriftkundiger'. 

Z.  2.  nü*in  ist  wohl  gleich  arab.  *^5<>*  oder  kxJi».  Diese  Formen  kommen  als  Nom. 
propria  im  Arabischen  allerdings  nicht  vor,  aber  l»jc  (Ibn  Doraid  172,  197),  (Ixlso  (135) 
und  SJs)  (147),  sab.  D"in,  Haram,  hebr.  n"in  (I.  Clir.  4,  8).  Wegen  der  Grleichung  r\r:n7\ 
=  JLcwff  Vgl.  nnj71  und  arab.   'ilt.ö. 

Dn2"in  I  rriK  =  '^^"-f^  lö[,  also  auch  hier  n  für  nordarab.  I,  worüber  weiter  unten  noch 
mehrere  Beispiele  angeführt  werden  sollen.  Nach  der,  Phrase  zu  schliessen,  scheint  von 
einem  Kriegszuge  die  Rede  gewesen  zu  sein. 

nbn  ist  nicht  sicher,  es  kann  auch  Thf\  gelesen  werden,  so  dass  arab.  ^"  u,  oder  iLä.  u, 
zu  vergleichen  wäre. 

ariö  =  i._jlJwo,  .Cisterne,  Zusammenkunftsort,  Versammlungsort'. 

jy  ■  D  ist  der  Name  des  ^.jÜüo,  also  ein  Nom.  loci,  aber  die  Lesung  macht  grosse  Schwierig- 
keiten. Das  erste  Zeichen  scheint  3  (~l)  zu  sein,  es  ist  aber  wahrscheinlich,  dass  der  link- 
seitige  Strich  noch  dazu  gehört  hat  und  nur  durch  eine  Vei-letzung  des  Steines  davon  getrennt 
worden  ist.  Wir  müssten  dann  das  erste  Zeichen  D  (p)  lesen,  wie  es  Huber  thatsächlich  thut. 
Das  zweite  Zeichen,  das  etwa  so  a\  aussieht,  kann  keinen  der  früher  bestimmten  Buchstaben 
des  lihjänischen  Alphabetes  darstellen.  Man  darf  hierin  jb  oder  ^  suchen,  welche  beide 
Zeichen  noch  nicht  in  den  Inschriften  nachgewiesen  worden  sind.  Das  dritte  Zeichen  ist 
wahrscheinlich  J?.  Wir  hätten  demnach  einen  Ortsnamen  |S72i3  (=  ^J.juäS)  anzusetzen,  womit 
der  Wurzel  nach  ilcLäj  bei  Jäqöt  s.  v.  zu  vergleichen  wäre. 

-li:,  vgl.  Euting  28,   1  und  20. 


2.  (Euting  2  auf  Tafel  IIL) 

M.  0-46  breit,  0-15  hoch. 

I  p  ■  •  n  I  p  I  nSam    i 
•  :is«   I   baas   l  nä   2 

n  I  bn  ■  •  I  nn  I  die  I  s    3 

1.  Wahbläh,  Sohn  des  Du  .  .  .  rän 

2 in  dem  '700  des  'AM  .  . 

.3 in  demselben  .... 

Z.     1.     nbnm    kommt    noch    vor    4,     1    und    27,     1.    Der  Name   ist    wohl  Wahbläh   zu 
sprechen,    verkürzt    aus  Wahb-'ilah.    Die  nabatäische  Schreibung  dieses  Namens  ist  TiT'KDrn 

und  wird  von  Nöldeke  «J.JI  vl»jo;  der  Nordaraber  gleichgesetzt. '  Die  entsprechende  Form  im 
Dialecte  der  Lihjan  müsste  nbxnDm  lauten,  die  kaum  zu  rhlTW  zusammengeschrumpft  wäre. 


Vgl.  Euting,  Nabatäische  Inschriften,  S.  32  und  7ö. 

h» 


60  ^-  H.  Müller. 

Ähnliche  Verkürzungen  sind  rhi),  nbiPD,  nbprin  und  n'?län.  Das  Wort  nbx  (=  sit[)  ist  nicht 
nachgewiesen,  wohl  aber  nnl"?«!  =  jL^'I,  22,  2.  Dagegen  ist  nbx"lö,  25,  1  zusammengesetzt  aus 
nb«  +K'lö.  Daneben  kommt  jedoch  auch  nblö  vor  mit  Weglassung  beider  »(  (34,  1.  4),  wenn 
man  nicht  vorzieht  dasselbe  als  xJlLc  zu  erklären. 

Z.  2.  Das  erste  Wort  kann  auch  "'"ij?  gelesen  werden. 

boö^  ist  wohl  von  der  Wurzel  bbo  abzuleiten.  In  der  Inschrift  Nr.  10  führt  ein  Mann, 
Namens  SSPI  (^aaä.)  den  Beinamen  bSöri.  Die  Bedeutung  kann  auf  Grund  dieser  beiden 
Stellen  nicht  bestimmt  werden. 

Das  letzte  Wort  kann  }2iSK,  wie  28,  5,  oder  n^^BK,  wie  30  und  32  ergänzt  werden.  Über 
den  Namen  selbst  wird  an  den  angeführten  Stellen  das  Weitere  beigebracht  werden. 

Z.  3  ist  die  Lesung  tflIB  unsicher.  Vor  der  Gruppe  I  "^n  scheinen  auf  dem  Abklatsche 
ein  oder  zwei  Zeichen  zu  stehen,  die  jedoch  nicht  bestimmt  werden  können. 


3.  (Euting  6,  nicht  reproducirt.) 
M.  0*57  breit,  0'14  hoch.   3  Zeilen,  äusserst  zerstört.  Nur  -wenige  Zeichen  sind  mit  Sicherheit  zu  erkennen. 

DI  1  1 

I  D'Sün  D    2 

n  I :  r   3 


4.  (Euting  7  auf  Tafel  III.) 

Huber  91  =  Doughty,  PI.  XII,  Fol.  20  mit  der  Glosse:   ,28.  Dec.  Building  stonc  of  a  window  set  on  end.  The  stonc, 
a  tablet,  2  feet  in  length,  is  built  and  set  up  lengthwisc  in  the  wall  of  rooni  spannig  the  street,  in  the  manner  there  (see 

the  plate),  at  the  side  of  a  window.'   M.  0'4G  breit,  0"35  hoch. 

I  -jpii  I  f3  I  [nSa]  m  i 

n  I  r\:iv^  I  nyj  I  nö^p  2 

I  -jjyjm  I  -npan  I  i  3 

bi  I  Dna-iB  I  ipsx  4 

n  I  p  I  -öbn  I  •'1I2D2  5 

1.  Wahbläh,  Sohn  des  Zajdkanaja  [und 

2.  die  Verwalter  der  Viehherden  von  Ghäbat  bau[tcn  .  .   .  und  bestimm] 

3.  ten  das  Ausmass  und  das  Fundament [und] 

4.  erreichten  ihr  GlUck  und  ihr  H[eil]  .... 

5.  beim  himmlischen  Talmi,  Sohn  des  Ha[nu'äsj. 

Z.  1.  nSam,  vgl.  zu  2,  i. 

'3p*n  kommt  auch  Nr.  27,  1  vor  und  ist  zusammengesetzt  aus  jJC  +  'Jp,  ,Zajd  hat 
geweiht'.  Das  Fehlen  des  j  darf  nicht  auffallen,  denn  in  unserer  Inschrift  werden  j  und  w 
in  der  Mitte  des  Wortes  selbst  dann  nicht  geschrieben,  wenn  sie  nach  dem  Vocal  n 
in  geschlossener  Silbe  zu  stehen  kommen.  So  steht  also  wiederholt  ro  für  n"'3,  ^^^  ,IIaus'; 
inn    (Nr,    9,    3)    für    pn^fi,    ^j^yjül;   DU  für  Dl«,  ^^f  etc.  Speciell  für  1)  =  ju^  ist  der  Eigen- 


Epigraphischb  Denkmäler  aus  Arabien.  61 

name  Thi)  massgebend,  dem  nab.  ^'^b^<T^,  arab.  sJUI  Jov,  sab.  bsTt  an  die  Seite  gestellt 
werden  können. 

Z.  2.  Zu  3  I  n^^l  I  du:  I  HDp  ist  Nr  8,  2  I  V33  I  nsj?-!  I  SnüÜ  I  nöp  zu  vergleichen, 
ohne  dass  ftir  das  Verständniss  der  Phrase  viel  gewonnen  wäre.  DJ?3  scheint  =  arab.  »iS, 
,Viehherde'  zu  bedeuten,  wofür  Nr.  10:  I  n52J7:i  I  nns  I  fö  (=  xjü^  ääIj  (>>o)  als  Beleg  an- 
geführt werden  kann.  Wie  aus  dem  1  in  der  folgenden  Zeile  hervorgeht,  welches  ohne 
Zweifel  die  Pliiralendung  eines  Verbuins  perf.  andeutet  (etwa  1["l"ipi  •  ••  I  V3]S),  und  nicht  minder 
aus  den  Pluralendungen  Z.  4,  waren  die  Stifter  dieser  Inschrift  mehrere  Personen.  Demnach 

könnte  nap  sehr  wohl  ein  Plural  von  Wp  (*ls  oder  ^jU),   etwa  *«>Uaj(  sein  und  ,Verwalter' 

übersetzt  werden.  Leider  ist  b"tÄÖ  nicht  zu  erklären,  so  dass  wir  die  Probe  auf  die  Richtig- 
keit dieser  Aufstellungen  nicht  machen  können. 

Z.  3.  lipon  =  vIjülJI,  ,Mass,  Raumausdehnung'  wohl   des  Baues,   den   sie  unternommen 

haben;   es  kann   auch  ,tX.i^'l   gelesen  werden  und  ist  vielleicht  eine  Bezeichnung  des  Lotli- 

masses.  Merkwürdig  ist  das  folgende  "[3^311,  welches  nur  eine  VII.  Form  der  Wurzel  "JiS?  sein  kann. 
Was  die  Bildung  betrifft,  so  ist  lediglich  eine  Form  bj7S3  im  Sinne  des  Participiums  hierin  zu 

erkennen.  13p:  steht  also  für  *AlxJuc^  wie  ja  auch  im  Hebräischen  das  Nif  al  im  Participium 
kein    präfigirtes  Ö   hat.    Eine    ähnliche    Bildung    scheint    auch  Nr.  6,  3    in  blJJJn    und  14,    8 

in   JüKin  =  hebr.    |Ö>?3n    vorzuliegen.    Was    die  Bedeutung   betrifft,    so    heisst   viJLÄÄ    ,Wurzel, 

Fundament',  dann  auch  ,Thor',  das  Verbum  dSs.,  , dicht,  fest  sein'  und  ,das  Thor  schliessen'. 

■^JJ?}  kann  also  ,das  Dichte,  Verschlossene',  aber  auch  ,das  Festbegründete',  ,das  Fundament' 

bezeichnen.  Ich  habe  es  mit  Rücksicht  auf  das  vorangehende  "ilpÖH  ,Fundament'  übersetzt. 

Z.   4.   [nmj?]D1  I  nno"lS  I  ipax    Zum  Verständniss   dieser   Phrase  müssen  besonders  Nr.   8 

2/3:  I  "anmnsi  I  'amyoi  l  ■'önions  l  nnynS  •  •  •  n  I  nn  I  v:n  und  25,  4/5:  i  niaia  I  -iss  I  ■'iprii 

nmnxi  I  myoi  herangezogen  werden.  Die  Wendung  myoi  I  nt3"lS  kommt  auch  sonst  öfters  in 
den  Inschriften  vor.  In  den  meisten  Fällen  könnte  man  geneigt  sein,  dieselbe  als  verbale 
Wunschformel  aufzufassen.  Die  beiden  Stellen  jedoch,  wo  mnxi  folgt,  machen  diese  Aiif- 
fassung  unmöglich.  Es  sind  also  tSIS,  1J?D  und  ri"inK  lauter  Substantiva.  Ich  dachte  anfäng- 
lich, dass  diese  Phrase  analog  sei  der  in  den  nabatäischen  Inschriften  häufig  wiedei*- 
kehrenden  mnsi  Hlbn  rUTSib,  ,für  sich,  seine  Kinder  und  Nachkommen',  aber  niJJDI  ntSIS 
will  dazu  wenig  passen.  Ich  übersetze  daher  jetzt  diese  Phrase,  8,  2/3  ,  bauten  das 
Haus  ....  dem  Dü-Ghj\bat  zu  ilu-em  Siege,  zu  ihrem  Heile  und  zu  ihrem  zurück- 
bleibenden (Denkmal)'.  Eine  Erklärung  braucht  nur  ta"lS,  welches  =  arab.  is»i,  ,jemand 
übertreffen,  besiegen'  bedeutet.  Beachteuswerth  ist  auch  das  Fehlen  einer  jeden  Präposition, 

also  U-gij.ia.lj  Uicjai^j  U-glsji  für  U^IcwaJ  etc.  Nur  an  unserer  Stelle  geht  dem  DiltaiS  ein 
Verbum  ipss  voran.  Icli  setze  es  gleich  arab.  (^1  ,das  Höchste  erreichen'  (^  »yL-g^l  >^ 
x^LoaJI  i  jI  ^I  i  ,1  pyül). 

Z.  5.  "'1ÜD3  =  j^jU-o,  Adjectivbildung  von  sUaL.  Ist  dieses  ,himmlische'  ein  Epitheton 
der  Könige  von  Lihjän  (Augustus),  oder  hatte  speciell  dieser  König  den  Beinamen?  Darüber 
zu  entscheiden  fühle  ich  mich  nicht  berufen.  In  Nr.  9,  3  wird  ebenfalls  ein  QMn  I  p  I  ''öSn 
erwähnt,  aber  ohne  dieses  Epitheton,  dessen  Vor  Setzung  auch  auffallend  ist.  Von  dem  er- 
gänzten DK;n  ist  nur  das  n  und  dies  auch  nicht  mit  voller  Sicherheit  zu  erkennen. 


g2  I^-  H.  MCli.bk. 

"oSn  halte  ich  jetzt  fitr  einen  echt  arabischen  Namen,  wahrscheinUch  von  der  Wurzel 
»oS.  Ein  Eigenname  ""öS  tindet  sich  Nr.  27,  1.  Für  die  J,jLftj-Bildung  bei  n.  pr,  masc,  vgl. 
anch  -ann  (Nr.  8,  4/5)  und  Spnn,  26,  3. 


5.  (Euting  8,  nicht  reproducirt.) 
M,  0-23  breit,  0'17  hooli;  zerstört  und  schwer  lesbar. 

■  ■  hs)    1 


ml 


nn    3 


6.  (Euting  11  auf  Tafel  III.) 

Doughty,   PI.  XII,  Fol.  21    mit  der  Note:  ,Obscure  luscription.    Stonc  ovcr  a  doorway,  embossed  lettres.   31.  Dec, 
M.  0"46  breit,   0*27  hoch.  Anstatt  der  Trennungsstriche  sind   Doppelpunkte  angewendet. 

////:  ^»n  :  f3 :  Ds  i 
///;:  f  n  :  1 1?  D  2 
Uli'.  S  1  r  3  n  b    3 

1.  'Aus,  Sohn  des  lliraär  ....  [undj 

2.  Sa'd,  Sohn  des  ....  [setzten  dieses] 

3.  dem  Scheidenden  (?).... 

Z.    1.    DX,    wohl  =  ^°.|    mit    Weglassung    des  1,    was    in    diesen    Inschriften    Regel    ist. 

Allerdings  kennt  Ibn  Doraid  226  auch  ein    n.  pr.  J^l  Vgl.  auch  Nr.  38,5:    •  in  I  DX  I  f^CSS. 

Zu  -lön  ist  das  arab.  n,  pr.  .L^,  Ibn  Doraid  147,  ferner  ^j^l  und  i^^L  (Ibn  Doraid  137) 

und  hebr.  "llOD  (Gen.  33,   19)  zu  vergleichen. 

Z.  2.  nj?D  =  Juu»,.  Vgl.  n'^nyo,  Nr.  36  und  das  Verbum  IPD  in  der  öfters  wiederkehren- 
den Phrase  I  mpDI  I  rraiS. 

Z.  3.  StJTJn'?,   ,dem  Scheidenden'.   Die  Bedeutung  kann  nur  vennuthungsweise  angesetzt 

werden.    Sicher  ist  dagegen  die  Form  hl'Si  =  arab.  Jyjtxx),    wie  "[iVi  (Ni'.  4,  3)  ~-  »iLÄiÄx. 


7.  (Euting  12  auf  Tafel  III.) 
Doughty,  PI.  XVI,  Fol.  30  mit  der  Bemerkung:  ,other  shallow  building  stono'.   M.  0-17  breit,   0'6  hoch. 

1«  I  rhii  I  j3  1  3  • 

[IJab]ib,  Sohn  des  Zedläli  .  .  . 

I 

Zu  abn]  vgl.  Nr.  10.  nbnt  =  «Jl  ju',.  Im  Nordarabischen  kommt  neben  jJUI  Jo-, 
(Ibn  Doraid  285)  .noch  cj^JI  Jo\  (315)  und  »Iäx  Jo\  (133,  284)  vor.  Das  Nabatäische 
kennt  diesen  Namen  in  der  Form  TlbsT:  (Euting,  Nabatäische  Inschriften,  8.  19).  Heran- 
zuziehen sind  nodi  sab.  SxTl  und  nSTT. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  63 


8.  (Euting  14  auf  Tafel  III.) 

M.  0'88  breit,  0"26  hoch.  Oben  abgebrochen,  sonst  fast  vollständig  erhalten. 

poin  I  nDlv32  I  ronjrlbiöö  I  napln  2 

ninsi    I  'ömyDi  I   ^ariB-ia   I  ns^nS  3 

n  I  jysDxn  I  •'x-i:n  I  nns  I  r\:c  I  'an  4 

I  nni  I  i'nb  I  -[%  I  fih  I  p  I  ■'an  5 

1.  (N.  N.,  Sohn  des  N.  N.  und  N.  N.,  Sohn  des ) 

2.  h,  die  Verwalter  der  bnOO  des  Dvi-Ghäbat,  bauten  den  Tempel  .... 

3.  dem  Du-Ghäbat  zu  ihrer  Beider  Gedeihen,  ihrer  Beider  Heil  und  für  das  Andenken  von  ihnen 

4.  Beiden  im  Jahre   Eins  des   "'XliÜ  der  'Asfä'in,  Ta- 

5.  tni')  Sohnes  des  Laudän,  Königs  der  Lihjan  von  Bih. 

In  der  ersten  Zeile  standen  ohne  Zweifel  die  Namen  der  beiden  Stifter  dieser  Inschrift. 
Dass  es  zwei  waren,  beweisen  die  Dualsuffixe  in  der  dritten  Zeile.  Von  der  ersten  Zeile 
sind  aber  nur  wenige  Buchstaben  mit  einiger  Sicherheit  zu  erkennen. 

Z.  2.  Die  Phrase  ro^rn  I  blöö  I  r^fi^p  ist  schon  oben  Nr.  4,  2  besprochen  worden.  blÖÖ, 

eine  J.*ac-  oder  Ji^LiLc -Bildung  von  einer  dunklen  Wurzel  hlü,  kann  ich  nicht  erklären. 

r22  (=  \yXi)  weist  noch  die  uncontrahirte  Form  auf,  wie  das  Sabäische  V3pn  etc.  Vgl. 
auch  m,  Nr.  27,  2. 

ns  =  v;>AJ,  wie  öfters  in  den  Inschriften. 

pi^r\  ist  der  Lesung  nach  nicht  ganz  sicher.   Vgl.  hebr.  pi''^  Jer.  29,  26. 
Z.  3.  nDJJ't'?  bezeichnet  wahrscheinlich  eine  Gottheit,   vielleicht  den  'Attar  oder  Wadd, 
wie  ja  auch  im  Sabäischen  f'2pl  für  DJJSpT  I  inrij?  gesagt  wird. 

■'öntSIE.   Über   die  ganze  Phrase  vgl.  oben  zu  4,  2.   Beachtenswerth  ist  die  Schreibung 

des  Dualsiiffixes  ''ön  für  nordarab.  U».'  Im  Sabäischen  lautet  es  bekanntlich  ebenfalls  "'ön. 
Ohne  Zweifel  ist  dieselbe  Phrase  noch  zu  erkennen  bei  Doiighty,  Documents  Epigraphiques, 
PI.  XII,  Fol.  20.  ^]ö[nm]nK1  I  'Öirnyml.  Vgl.  weiter  unten  Nr.   70,  2. 

mns  kann  neben  tD"lS  und  I^D  nur  ,die  Zukunft'  oder  ,das  für  die  Nachwelt  zurück- 
bleibende  Denkmal'  bezeichnen,  etwa  arab.  Sjä'-  Oder  hatten  diese  Heiden  schon  eine 
Ahnung  von  der  mohammedanischen  S^ä.^!,  ,das  Jenseits,  das  zukünftige  Leben'? 

Z.  4.  nns  —  ^tX^I-  Diese  Form  ist  für  das  Nordarabische  charakteristisch.  Das  Äthio- 
pische und  Sabäische  haben  diese  Bildung  nicht. 

fi'EDST  I  •'«liPl  scheint  ein  Nebentitel  des  Königs  der  Lihjan  zu  sein.  Die  Wurzel  ^i 
bietet  jedoch  keine  passende  Bedeutung  zur  Erklärung  dieses  Wortes.  An  al-Higr  zu 
denken,  verbietet  das  verschiedene  n.  Auch  das  K  ist  nicht  leicht  zu  erklären  und  die  Form 
überhaupt  sehr  seltsam.  JPSDK  ist  Plur.  von  «ill  und  scheint  eine  gewisse  Classe  von  Menschen 
oder  eine  bestimmte  Stammesgenossenschaft  zu  bezeichnen,  an  deren  Spitze  der  König 
der  Lihjan  gestanden  hat.^ 

'  Vgl.  auch  27,  3,  'Onbr  =  U-t-t^«*- 

2  Vgl.  den  Eigennamen  aiU*w«,  Ibn  Doraid  60,  82  etc. 


64  1^-   H.  Müller. 

Z.  4 — 5.  'öPtn.  Man  ist  •  zunächst  geneigt  "'öbn  zu  lesen,  einen  Namen,  der  öfters 
wiederkehrt.  Der  Al)klatsch  hat  aber  zu  Anfang  der  Zeile  5  ein  deutliches  Pl.  Es  ist 
^Ljtii-Forni  von  ^,^-   ,dick,  stark  sein'. 

pS  =  ^I<ip7  ein  Name,  der  in  der  Genealogie  der  südarabischen  Stämme  siebenmal  und 
in   der  Genealogie   der  Nordaraber  einmal   vorkommt   (vgl.  Wüstcnfeld,   Register,    S.  273).' 

Die  Lesung  pn'?  I  "^iböl,  welche  filr  die  Bestimmung  der  Urheber  der  Inschriften  von 
gi-össter  AVichtigkeit  war,  konnte  ich  lange  nicht  erkennen,  obwohl  sie  sich  noch  zweimal 
wiederholt,  nUndich  Nr.  25,  7  und  29,  2.  An  allen  Stellen  ist  das  Wort  "jbiS  theilweise 
zerstört.  Am  deutlichsten  ist  es  noch  25,  7,  wo  nur  das  Ö  zweifelhaft  erscheint.  Nachdem  aber  das 
Wort  l'?Ö  vemuithet  wurde,  konnte  man  aus  den  Spuren  der  ZA\'ei  ersten  Buchstaben  in 
unserer  Inschrift  die  Zeichen  bö  leicht  feststellen  und  die  Thatsache  ausser  jedem  Zweifel 
setzen. 

ppiS  =  (jLxi.  Die  arabischen  Genealogen  kennen  Lihjan  ibn  Hudail   (Wttstenfeld,  Gen. 

Tab.   M,  8  imd  Index  s.  v.)  und  Lihjan  ibn  Ma'n  (Bahila).   Die  Sitze  dieser  beiden  Stämme 
liegen  weit  ab  von  dem  Gebiete  unserer  Inschriften.^ 

Der  Zusatz  n2"f  =  ^  jO  oder  f^.  ^c>  kann  sich  sowohl  auf  den  König  als  auch  auf 
den  Stamm  beziehen. 


9.  (Euting  15  auf  Tafel  III.) 

Doughty,   PI.  Xir,  Fol.  21   mit  der  Bemerkung:  ,Is  thc  now  tbc  lintel  of  a   housc  door.  Is  daubed  witb  wbitening 
and    many  of  thc  lettrcs    aro  perished  away.  Embossed  double  Icttres  dividcd  witb  embossed  lines.  M.  I'IO  breit, 

0-23  hocb. 

I  nölsla  I  nanit  I  nSs  l  p  I  a-irnny  i 
I  n'^Sa  I  rri  I  -issn  I  nrim  l  Si  I  nb  I  -iS3  2 
n  I  [3  I  'öbnb  I  jnn  I  njo  I  jinnön  l  nüxi   3 

DK3     4 

1.  'Abdljarim,  Sohn  des  F  .  .,  Priester  (?)  des  Dii-Ghäbat,  mit  seiner  Mutter 

2.  grub  fiir  sich  und  für  seine  Erben  diese  Höhle  in  ihrer  Gesamnitheit 

3.  und  nahm  in  Besitz  die  beiden  Grabkammern  im  Jahre  Zwei  des  Talmi,  Sohn  des  Ha- 

4.  nu'as. 

Z.  L  mnnsy.  Namen  von  der  Wurzel  Din  sind  im  Arabischen  nicht  selten,  so  ijc'J^ 
(Ibn  Doraid  52,  70),  (.Ziff  (238)  und  die  Nom.  loci  ^t«vi^'  und  .Lc^,  hebr.  |1Ö-in.  Die 
Grundbedeutung  von  -j^  ist  ,8palten,  zerklüften'.  Sonderbar  ist  die  Zusammensetzung 
nirnsp,  ,der  Diener  des  Dlpj',  was  voraussetzen  lässt,  dass  D"in  Name  einer  Gottheit  sei. 

nba  ist  etwa  gleich  arab.  *Jö  von  der  Wurzel  Jö,  von  der  jedoch  im  Arabischen  kein 
Eigenname  nachweisbar  ist.  Vgl.  hebr.  SlSs  und  .T^S. 


'  Bemerkeniwerth  ist  besonders  Lau4än  ibii  'Amr  ibu  Mäzin  (=  Gliassän),  Wüstenfeld,  Gen.  Tab.   11,  12. 

'  Mein  Freund,  Prof.  Fritz  Hommel,  schreibt  mir:  ,Ich  bemerke,  da.S8  aus  3  Kawl.  10,  Nr.  2,  Z.  38,  amilu  ^i  -''a-a-a 
atia  iepd-ia  uiaknii  (vorher  war  ausfUiirlich  von  der  Samsija  die  Kede),  hervorgeht,  dass  dies  der  eigentliche  Stamm  dieser  Königin 
war.  Erst  dann  folgen  die  Mas'äer,  TeimS,  Sabäer  etc.  Wie  ist  nun  zu  lesen?  /iiV-'Rer  oder  etwa  gar  iiVt-'äer  (=  ^Lü.).' 
Vgl.  jetzt  auch  Hommel,  Geschichte  Babyloniens  und  Assyriens,  S.  665,  Note  4. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  65 

n2J7"Tn!.  Wahrscheinlich  ist  der  Trennungsstrich  aus  Versehen  weggelassen  worden,  es 
steht  also  für  nsjJT  I  It  Das  Wort  1)  kommt  noch  vor  in  den  Eigennamen  ""JpTT  und  rhn 
(—  iJUt  Jo)).  Insbesondere  aus  dem  letzten  Namen  geht  hervor,  dass  Ju\  zu  lesen  ist.  An 
unserer  Stelle  muss  jedoch  "IT  als  Appellativum  aufgefasst  werden,  der  1]  des  n3J?T,  also 
etwa  ,Priester'  oder  ähnlich.  Möglich  ist  auch  zu  erklären  ,der  It  von  Ghäbat'  =  ,Fürst 
von  Ghabat'  Avie   "13D. 

Holst-  Wenn  die  Ergänzung  richtig  ist,  muss  es  wohl  ,mit  seiner  Mutter'  übersetzt 
wprden.  In  ähnlicher  Weise  macht  ein  Mann  eine  Grabstätte  ,f"ür  sich,  seine  Kinder  und 
Hubbu  seine  Mutter'  (nöK  mm  mS'1  HtTSi'?)  bei  Euting,  Nabat.  Inschriften  4,  2. 

Z.  2.  Das  Wort  "ISD  ,Höhle,  Grabhöhle'  ist  in  den  nabatäischen  Inschriften  sehr  häutig. 
Über  die  vermuthliche  Etymologie  des  Wortes  hat  Nöldeke  in  Eutings  Nabatäischen  In- 
schriften S.  27  gehandelt.  Das  Wort  scheint  von  den  in  jener  Gegend  wohnenden  Arabern 
zu  den  Nabatäern  gekommen  zu  sein.  Das  Substantivum  findet  sich  noch  Nr.  25,  3  und 
27,  7  und  ist  vielleicht  auch  29,  2  zu  ergänzen.  Das  Verbum  erscheint  nur  in  unserer  In- 
schrift, ist  aber  wohl  denominativ. 

I  nnil  I  h^  I  nh  =  «tijiyj  »J  (oder  »jOj)   ähnlich  wie   im  Nabatäischen   mnKSl  m'?''Sl  mh 

,fiir  sich,  seine  Kinder  und  Nachkommen'  oder  niHKI  m'^lbl  niS^Sj'?. 

In  der  Schreibung  I  b)  I  zeigt  sich  dasselbe  orthographische  Gesetz  wie  im  Sabäischen, 
dass  zwei  oder  mehrere  einbuchstabige  Partikel  in  der  Schrift  zu  einem  Wortcomplex  ver- 
einigt werden. 

rirn^  =  *^;l^  oder  Flur.  lOCi.  Vgl.  hebr.  ^-fi-^  sab.  nnv 

nbSs  I  rn  I  -laan.   Ebenso  Nr.  29,  3  ni  I  lEDn;  23,  5  rhb3  I  nn  I  lyp^rt   ,diese   Basis   in 

ihrer  Gesammtheit' ;    16,  4  rh  I  n^n    ,dieses   Haus'   und   58,  2    (=  D.  fol.  22  =  Hub.  104), 

I 
rn  I  nnsjcn    , diese  Plattform'.   Im  klassischen  Arabisch   müsste  man  v»ulJI  I  Jüc  sagen,  in  der 

Vulgärsprache  ist  die  Verbindung  \^  oyuJI  wohl  möglich.  Im  Sabäisclien  wird  das  Pronomen 
demonstrativmn  immer  vorangeschickt:  JöSjt  I  p,  pjtra  I  p,  jnsni:  DT  etc.  Vgl.  hebr.  ntn  n'2n 
und  phön.  p  ntTTO  n2Tön  und  T  D3^Ö. 

Z.  3.  panan  I  nriXI  hatte  ich  im  ,Anzeiger'  übersetzt  ,und  er  begann  die  Steinbohrung'. 
Die  Übersetzung  ist  unhaltbar,  weil  diese  Bedeutung  von  "inx  an  den  übrigen  Stellen, 
wo  dieses  Verbum  vorkommt,  nicht  passt,  und  weil  das  n  in  p^Öün  nicht  erklärt  werden 
kann.  Für  nilK  ,in  Besitz  nehmen'  spricht  Nr.  58  rn  I  nm^tn  I  HPIS  t  HJD«  ,'Abnä  hat  Besitz 
ergriffen  von  dieser  Steinhöhle','  ferner  29,  4  nSSs  I  HT  I  nypöm  I  bsöH  I  Tinx.  Dunkel  ist  die 
Form  nnsna,  27,  3. 

r 

jnsrion  halte  ich  jetzt  für  einen  Dual  (*^jlijl)  ,die  beiden  Grabkammern'  von  der 
Wurzel  jjj  (aram.  "I2n ,  hebr.  "iStt^  brechen),  vgl.  auch  ^v^l  ^j  »jÄa.  5»aj.  Die  ganze  Höhle 
scheint  aus  zwei  grösseren  Abtheilungen  bestanden  zu  haben.  Instructiv  für  die  Kenntnis 
der  Bestandtheile  einer  solchen  Höhle  ist  Euting,  Nabatäische  Inschriften  Nr.  15  (Seite  51  ff.). 

jnn  =  ^^^-  =  jj-A^iol  (nach  einer  Vemiuthung  von  Nöldeke).  Vgl.  hebr.  D'lpÜ,  sab.  "nn 
(Hai.  63,  3  und  667,  2)  neben  'r\ifi  (Hai.  598,  5). 

■•öSn.  Vgl.  oben  zu  4,  5. 


'  Ich  übersetze  JBtzt  "friK  lieber  .herstellen,  herrichten'  wie  im  Nabatäischen  Euting  Nr.  55  (S.  19)   HHK  'T  K33tra  Hil  ,die» 
ist  die  Lagerstatt,  welche  bereitete  NN.' 

DeDluchriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.   Bd.     Ablundl.  toq  Nichtmitgliedern  ' 


£S  D.  H.  Müller. 


Cion  kommt  noch  vor  23,  9  und  25,  6.  Ich  erkläre  es  jetzt  als  ^\Jj\  und  vergleiche 
zur  Etyn\ologie  des  Wortes  ^\yj  ^3,  den  Namen  des  berühmten  jemenischen  Königs,  der 
ursprünglich    DDWT  gesc^hrieben  war.' 


10.  (Euting  20  auf  Tafel  IH.) 

M.  0"70  breit,  0'8  hoch.    Von   der   oberen  Zeile   sind  noch  deutliche  Spuren  vorhanden,   aus  denen  aber  nicht  ein 

einziger  Buchstabe  mit  Sicherheit  bestimmt  werden  kann. 

"^bön  I  33n  I  nöy:i  l  nns  I  |ö  I  nicön 

,Der  nstD  von  seinem  Hause  und  seinem  Vieh,  Habib  der  bhü.' 

13CÖ  ist,  da  der  Zusammenhang  fehlt,  schwer  zu  bestimmen.  Man  kann  sowohl  arab. 
jua-e  als  auch  juue  vergleichen. 

Die  folgenden  3  Wörter  kann  man  arab.  ««jü^  jOju  ^t^x  transscribiren.  Zu  HÖPJ  vgl. 
oben  4,  2. 

23n  =  v_^-AAÄ,  ein  im  Arabischen  häufiger  Name.  Es  kann  auch  v_Jw>=»-  verglichen 
werden.  Den  Beinamen  wage  ich  nicht  zu  erklären.  Vgl.  zu  2,  2. 


11.  (Euting  27  auf  Tafel  III.) 

M.  0-30  breit,  0-7  hoch. 

1 1  ronn^s  =  o->^  ^3  o4o 

,Im  Hause  des  Üö-Grhäbat  und  .  .  .' 


12.  (Euting  28  auf  Tafel  III.) 

Huber  93,  wo  die  Inschrift  auf  den  Kopf  gestellt  ist.  =  Doughty,  PI.  XII,  Fol.  21   mit  der  Bemerkung:    .Obscure 
worn   Sandsteine  in  a  wall.   Embossed  lettres  and  lines.'    M.  0"23   breit,   0'17   hoch. 

I  niti  1 10  • 
1 1 1  nta-ipi 
I  -im  I  jpi  I 

Z.  1.  Zu  1X1  vgl.  1,  3  und  20.  Das  3C  ist  sicher,  obgleich  nur  der  obere  Ring  desselben 
erhalten  ist,  infolge  dessen  beide  Copien  J?  haben.  Ebenso  steht  die  Lesung  des  "l  fest,  wofür 
Huber  ein  n,  Doughty  ein  unlesbares  Zeichen  hat. 

Z.  2.  fltonp  =  arab.  klelä  , Ohrringe,  Diadem'. 

Z.  3.  Die  Lesung  ist  vollkommen  sicher.  Huber  hat  "IDT  I  irj71,  Doughty  "'DI  I  *J71.  VAne 
Erklänmg    kann    nicht    gegeben  werden,    da    nicht    einmal    die  Wurzeln   sicher   stehen,  weil 

IDI  I  jy  J^  'i^'l  v,;^!V*)  bezw.  3<^  und  J^a-w  darstellen  können. 


'  Vgl.  8abäi«che  Denkmäler,  .S.  18. 


Epigrai'hischb  Denkmäler  aus  Arabien.  (57 

13.  (Euting  29  auf  Tafel  III.) 

M.  0-43  breit,  015  hoch. 

•  •  •  I  hav  I  p  I  y-1  ■  ■ .  1 
'inan  I  nan  i  •  •  •  2 

1.  .  .  .  jgh,  Sohn  des  öimäl  .... 

2.  .  .  .  Dü-Ghäbat,  der  Schreiber  (?). 

hü-Z'  =  arab.  JU4JI  Miistabih  273  oder  jl^i  Kotaiba,  Kitiib  al-Ma'arif  269,  Jacfit,  Index. 

Zwischen  Sar  und  nspT  muss  noch  ein  Wort  gestanden  haben,  wie  der  Trennungsstrich 
vor  napT  beweist. 


Zu  '■^nn^n  vgl.  1,  1. 


14.  (Euting  30  auf  Tafel  HI.) 

M.  0-30  breit,  0-35  hoch. 

n  1 

•  MX  n  2 

•  1 1  DHC?  I  jö  I  3 

I  nup"  1 15=1 1  nn  4 

•  Dn  I  023 1  ■'11 1  r  5 

I  ja)  I  IT  I  nSa  I  b  6 

n'  I  n:Ka  j  m  I  m  7 

I  n-'bn  I  pwn  8 

I  '^npan  l  9 

•  T  I  •  10 


Z.  2.  IS  =  °^f  ,oder'. 


Z.  3.  Dnv}  I  fO  =  |v4-i  ^  oder  ..^  g  A  ^  ,aus  Schrecken',  ,wegen  Schnelligkeit'  oder 
ähnlich. 

Z.  4  ist  Juüb  ^j  zu  erkennen. 

Z.  5.  I  DE3  I  ''11  , stiftete  ein  Denkmal'  übersetze  ich  nach  dem  Vorgange  Hal^vy's,  der 
27.  2   DB3  I  Vit   durch    ,ont    erige   le    monument'    wiedergegeben    hat.     Damit   ist    äth.    fl»Rj& 

,po8nit'  zu  vergleichen.  Im  Nordarabischen  hat  ^^S'.  die  specielle  Bedeutung  ,den  Mord  durch 
Zahlung  des  Blutgeldes  sühnen',  die  aber  hier  nicht  passt.  Vgl.  auch  Z.  7  ni  I  ""ll  , stiftete 
dieses'. 

DS3  als  ,Denkmal'  ist  auch  im  SabJiischen  und  Aramäischen  nachgewiesen. 

Z.  6.  JK1  I  1J7"'  1  nSs  möchte  ich  arab.  transscribiren :  ^jU  jtij  ^  ,so  soll  er  es  nicht 
noch  einmal  thun,  und  wenn  .  .  .'.  Andei-e  Möglichkeiten  sind  freilich  vorhanden:  nbs  kann 

gleich  sein  jJLi  ,so  soll  ihm',  nSs  als  n.  pr.  haben  wir  1,  1  kennen  gelernt.  Trotzdem  scheint 
mir  iki  hier  das  Walirscheinlichste.  Die  Schreibung  hat  nichts  Auffallendes;  neben  n"i«  =  lij>' 
und  ni  =  16  darf  r\h  =  ^!  nicht  beanstandet  werden. 

Beachtenswerth  ist  das  E  =  vj  in  nbs,  welches  eine  ausschliessliche  Eigenthümlichkeit 
der  arabischen  Dialecte  ist  (wozu  auch  das  Sabäische  gezäldt  werden  muss). 


^68  D.  H.  M01.LER. 

Z.  7.  n"  I  n3«e  I  HT  I  'TI  =  00  nj\j  \i>  ^i>y   Die  zwei  Buchstaben  fT'  sind  wahrscheinlich 

der  Anfang  des  Iniperfects  einer  V.  oder  VI.  Verbalforni  (Juiääj  oder  JlcIaXj). 

f. 

Z.  8    iöwn  ist  Participium  der  VII.  Foi-m  von  ^^   und  erinnert    lebhaft  an   das  hebr. 

je^sn.  \g\.  yvin  Nr.  4,  3  und  Siyan  6,  3. 

r\''hn  =  iUi^-  Die  Bedeutungen  des  arabischen  Wortes  passen  hier  aber  nicht. 

Z.  9  ist  hr\p^r[  =  JkiÜJI,  JüC-'l  oder  auch  J^xäJ\.  Wenn  die  Lesung  richtig  ist,  hfttten 
wir  hier  die  Wurzel  brp  mit  n  geschrieben  wie  im  Arabischen,  nicht  mit  ü  wie  in  den 
nordsemitischen  Sprachen.  Das  n  ist  auch  allenfalls  ursprünglicher  und  wurde  nur  durch 
Assimilation  an  das  p  zu  13. 


15.  (Euting  31  auf  Tafel  IV.) 

M.  0"36  breit,  0'24  hoch.  Gitterwerk,  rechts  eine  menschliche  Figur  darstellend.  Darüber: 

16.  (Euting  32  auf  Tafel  IV.) 

M.  0-37  breit,  023  hoch. 
—  n  ■  •  •    1 

a  I  |pni£K  I  n  2 
•  I  nn  I  ran  I  n  •  4 

1 h 

2.  .  .  .  Rechtsnachfolger  an  [Rechtsnachfolger] 

3.  .  .  .  Damär  von  Ghäbat  .... 
4 dieses  Haus  .... 

Z.  2.  IpIXK  ist  deswegen  besonders  interessant,  weil  es  an  eine  ähnliche  Phrase  in 
den  nabataischen  Inschriften  erinnert.  Dort  ist  öfters  die  Rede  von  pni£«  z.  B.  DI"'!  pTltK  ^:n  bs 
jeder  Rechtsnachfolger  und  Erbe',  onp^^fKI  omb'''?  ,ihren  Kindern  und  Rechtsnachfolgern'. 
Besonders  häufig   ist  die  Wendung   p1^K3  pi:^«  ,Rechtsnachfolger   an  Rechtsnachfolger'.'    In 

gleicher  Weise  ist  wohl  auch  hier  [|pni£K]2  I  Jp^iCK  =  ^^'tX^I  zu  ergänzen.  Das  n  ist  Plural- 
zeichen. Vielleicht  ist  auch  Nr.  18,  2  ppl^ü  zu  lesen  =  ^^ö<^\.  Dieses  Wort  ist  wie 
"1B3  von  den  Nabatäem  aus  dem  Dialecte  der  Lihjän  übernommen  worden. 

Z.  3.  nen  kann  n.  pr.  sein,  dann  heisst  ro^n  ,von  Ghäbat'.  Da  jedoch  von  der  Wurzel 
lOn  im  Nord  arabischen  keine  Eigennamen  vorkommen,  so  kann  nsn  I  "lüT  auch  , Schützling 
des  Du-Ghäbat'  übersetzt  werden. 

Z.  4.  m  I  ran  =  Ij  v»uuJI,  wofür  im  Nordarabischen  besser  v:y^j|   ( jjc  gesagt  wird. 


'  Vgl.  Euting,  Nabatäigche  Inschriften,  8.  37. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  69 

17.  (Euting  36  auf  Tafel  IV.) 
M.  0*26  breit,   0"43  hoch.  Der  Stein  ist  im  Besitze  des  Herrn  Prof.  Euting  und  scheint  oben  abgebrochen  zu  sein. 


s :  nsjr 


rr-ts-i 


,.  .  .  .  dem  Dü-Ghäbat  zu  seinem  Glücke' 
Das  •  in  H'ICIS  kann  ich  mir  nicht  erklären. 


18.  (Euting  40.  Nicht  reproducirt.) 
M.  0*34  breit,  0*22  hoch.  Sehr  nachlässig  eingravirt  und  schwer  lesbar. 

1 

■  •  I  ppi  I  ix  2 

•  ■  •  "^öD  I  naph]  3 

....  ä  I  npn  4 

•  •  X  •  •  s  I  nn  I  n  5 

6 

In    der    zweiten    Zeile    ist    vielleicht    jnpilCK    zu    lesen    (vgl.    zu    16,  2),    in    der    dritten 
nsyT  zu  erkennen. 


19.   (Euting  42.  Nicht  reproducirt.) 

M.  0'46  breit,  0"16  hoch.    Nachlässig   eingravirt   und    sehr  verwischt.    Nur   eine   Zeichengruppe  ist  leidlich    lesbar. 
Rechts  eine  figurale  Darstellung,  etwa  ein  Reiter  auf  einem  Kameele  mit  langer  Lanze. 

Die  beiden  k  wie  das  d  haben  die  cursiven  Formen. 


20.  (Euting  54  auf  Tafel  IV.) 

M.  0-31   breit,  0-10  hoch. 

j7 1  nnn'?ö         Miihat".  .  . 

Dieses  kleine  Fragment  mit  den  wenigen  Buchstaben  ist  schriftgeschichtlich  sehr  merk- 
würdig. Die  Buchstaben,  namentlich  die  beiden  Ö  und  das  "?,  sehen  wie  die  sabäischen 
Zeichen  der  ältesten  Periode  aus.  Auf  den  ersten  Anblick  hielt  ich  die  kleine  Inschrift  auch 

für  sabäisch.  Das  Pl  jedoch,  welches  sich  scharf  vom  sabäischen  Zeichen  s^  unterscheidet,  hat 

mich  eines  Bessern  belehrt.  Beachtenswerth  ist  aber  auch  die  Mimation  onn'^Ö  =  ki^. 
Dies  ist  die  einzige  Spur,  dass  auch  in  diesem  Dialect  ein  nasaler  Auslaut  vorhanden  war, 
wie  im  Nordarabischen  und  Sabäischen.  Das  Wort  kann  aber  sehr  wohl  von  einem  Sabäer 
geschrieben  sein,  der,  seiner  Gewohnheit  gemäss,  die  Mimation  angefügt  hat. 


fO  D.  H.  Mcllkr. 

21.  (Euting  46  auf  Tafel  IV  und  V.) 

M.   0-35  breit,   0-46  hoch. 

•  an  •  l_n  •  •  I  nr  i 
I  n  X  a  n  3  i  ' :  p  i  2 
I  Sdü  I  Dnrö  I  fi7  3 

I    ]  DPS    I   bxi    I    T    4 

.  I  nn  I  --n  I  in  I  n  5 
o  I  arh  •  1 1  •  •  1  M  6 
n-iKni  I  nir:  I  nam  7 
r K 8 

1 

2.  .  .  .  und  er  weihte  in 

3 mit  ihnen  .... 

4.  .  .  .  d  Wail  der  Ghassänide  .  .  . 

5 lebend  .... 

6 ihnen 

7.  .  .  und  sie  zerstörten  das  Gesetz  und  den  Weg. 

Z.  2  ist  '3(51  ,und  er  weihte'  oder  ,und  er  erwarb'  deutlicli  zu  lesen.  Das  darauf  folgende 
Wort  ist  ebenfalls  ganz  deutlich;  das  dritte  Zeichen  ist  jedoch  neu  und  noch  nicht  bestimmt. 
Man  darf  hier  ein  Zeichen  für  Jt  oder  ,^0  vermuthen.* 

Z.  3.  Dnpö  ist  trotz  des  mangelnden  Zusammenhanges  doch  kaum  anders  als  *-jjw 
,niit  ihnen'  aufzufassen, 

baa  kommt   auch  vor  23,  6  und  7,   ferner  27,  5,  6,    bleibt  aber   trotzdem    dunkel.    Ich 

vermuthe,    dass   es  =  Jl*x  (Part,  von  Jo  IV)    sei    in    der    Bedeutung    ,Sieger'    oder    älmlich. 

HeiT  V.  Kremer  möchte  es  arab.  Ju^  ,Kameelzüchter'  gleichsetzen.  Hebr.  S130  ,Sinthfluth' 
zu  vergleichen,  wage  ich  trotz  der  Phrase  Z.  7,  die  sehr  an  Gen.  2,  12:  riK  "itt'a  bs  riTtirn  "'3 
12 "IT  erinnert,  nicht. 

Z.  4.  Über  pr«  hH)  vgl.  zu  1,   1. 

Z.  5  ist  nur  'n  ,lebend'  oder  , Stamm',  Z.  6  Onh  (LgJ)  zu  erkennen. 

Z.  7  bietet  uns  die  räthselhaften  Worte  nism  I  rnn  I  Tism,  deren  Lesung  mir  ziemlich 
feststeht.  Ich  traute  anfangs  meinen  eigenen  Augen  nicht  und  ersuchte  Prof.  Euting,  auf 
dem  dritten  in  seinen  Händen  sich  befindenden  Abklatsch  dieser  Inschrift  diese  Zeile  zu 
controHren.  Auch  er  glaubt  dieselben  Buchstabengruppen  zu  erkennen.  Dieser  Zeile  wegen 
Hess  ich  beide  Abklatsche  reproduciren  (vgl.  Tafel  IV  und  V),  da  einige  Zeichen  auf  dem 
einen,  andere  auf  dem  andern  deutlicher  zu  erkennen  sind.  Die  ganze  Phrase  klingt  sehr 
an  ähnliche  biblische  Ausdrücke  an.  Häufig  ist  der  Ausdruck  n'ID  "iSn  ,den  Bund  (zwischen 
Gott  imd  den  Menschen)  brechen'.  Höchst  auffallend  ist  das  Wort  m  für  Religion,  das 
nur  in  späteren  Schriften  des  jüdischen  Kanons  mit  Sicherheit  erkannt  imd  von  Einzelnen 
sogar  als  persisches  Lehnwort  erklärt  worden  ist.  Das  Wort  nis  ,Weg'  im  ethischen  Sinne 
wie  hebräisches  fTIk*  ist  sehr  merkwürdig. 

Ich  wage  jedoch  nic^ht  ans  dieser  Phrase  allein  auf  jüdisclien  Einfluss  in  dieser  Gegend 
bestimmte  Schlüsse  zu  ziehen. 


'  Vgl.  jedoch  oben  zu  2,  3. 

'  Vgl.  z.  B.  D'n  Pnx  Ps.  16,  II.  Spr.  .5,  6  etc.;  npt?  niK  Ps.    119,   104.   n-lK  '30  IBt  ,sie  wiclien   ab  vom  Wege'  Jes.  .'JO,  11, 


Epiqraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  71 

22.  (Euting  50  auf  Tafel  IV). 

M.   0-35  breit,   O'l.O   hoch. 

•  •  •  nnnab::  I  j  •  •  i 

•  •  •  1  -iDJ  I  nnnnibxl  2 
mylDlbil  I  n-siS  •  •  3 

1.  .   .   .  ihre  Bildsäulen 

2.  .   .   .  ihre  Götter  Nasr  [und  ... 

3.  .   .  [zu]  seinem  Heil  [und  seinem]  G[lUck]. 

Z.  1.  Das  Wort  üh:t  kommt  fast  in  allen  semitischen  Sprachen  und  im  Nordarabischen  in 

der  Form  ^JjJa  vor.  Nur  im  Äthiopischen  ist  es  bis  jetzt  nicht  nachgewiesen.*  In  unserem 
Dialecte  erscheint  es  also  in  der  gemeinsemitischen  Form.  Sowohl  im  Hebräischen  als  auch 
im  Sabäischen  ist  oSlC  masc.  und  der  Plural  lautet  im  Hebräischen  D^öSjt.  Im  Palmyreui  sehen 
findet  sich  neben  dem  masc.  KüSlC  auch  das  fem.  xnö'^lC^,  es  bedeutet  aber  dann  die  Statue 
einer  Frau,  ähnlich  wie  im  Phönikischen  nSoD.  ^  Man  darf  annehmen,  dass  auch  liier  von 
Statuen  weiblicher  Personen  oder  Gottheiten  die  Rede  ist. 

Z.  2.  103  I  Dnnn  [hui  Die  Ergänzung  ist  kaum  einem  Zweifel  unterworfen.  Diese  Stelle 
erinnert  an  den  Koran  Sure  71,  Verse  22  und  23: 

Möglicherweise  folgten  auf  "1D3  in  unserer  Inschrift  dieselben  Gottheiten,  die  der  Prophet 
aufgezählt  hat. 

Z.  3.  Für  sonstiges  mj?D1  I  niO"lS  steht  hier  •  •  .  D  ■  •  I  rfSI,  so  dass  die  Elrgänzung  n''B1('?] 
[rnj?]D[bl]  I  sehr  wahrscheinlich,  aber  durchaus  nicht  sicher  ist.  Dagegen  ist  "'El  durch  die 
ähnlichen  Phrasen  im  Sabäisclien  lörfBlb  etc.  seiner  Wurzel  und  Bedeutung  nach  voll- 
kommen klar. 

23.  (Euting  51  auf  Tafel  II  und  IV). 

Relief.  M.  0-68  breit,   0-46  hoch. 

■  •  •  b^i^p  I   JD  I  ei^KSK  1 

nsm  ]  y:n  I  nrtr  I  njjtrn  2 

33  I  "^n  'njp  I  iwö-i  *n  I  D  3 

'joön  I  nn«  I  pn  l_nrr  I  n  4 

rö  I  fö  I  nbSa  1  m  l  nypam  5 

Dnö  I  'Sywn  I  "^aan  I  j  6 

s  I  S'7Ds;nj  hnf^T}  I  nj?a  7 

'snn  I  Dan  I  d^d  I  onton  8 

bwn  I  p3j?  9 

1.  Abü'ilf  Sohn  des  Qat.k  .  .  .  [und]  die 

2.  Partei,  die  Partei  der  Überliefening  und  ihr  Herr  (Lehrer) 


'  Vielleicht  weil  die  Wurzel  chü  mit  der  Wurzel  obö  zusammengefallen  ist. 
2  VogU^,  Syrie  centrale,  Nr.  13  und  29. 
'  Corpus  Inscription.  Semit.  Nr.  11. 

*  Es  scheint   mir   ein  cursives  Zeichen   für  n   zu  sein,    abgekürzt  aus   X.   Ua.s  Zeichen  für  H  in  derselben  Zeile  sieht  an- 
ders aus. 


f^  1).  H.  Mcller. 

3.  Tarmnaliar,  8ohn  des  Taljil,  die  beiden  Altes- 

4.  ten  der  Secte  der  Überlieferung,  stifteten  diesen  730 

5.  und  diesen  Sitz  in  seiner  Gesammtheit  von  Ma- 

6.  'an  des  SSÖ    des 

7.  Ma'add,  des  Ss)2    .  .  .   .,  zu 

8.  ihrem  Glück.  Im  Jahre  fünf  .  .  . 

9.  Hanu'äs. 

Obwohl  die  Zeilenant'änge  und  Ausgänge  dieser  Inschrift,  wie  auf  der  Tafel  zu  sehen, 
und  wie  in  der  hebräischen  Transscription  sichtbar  gemacht  worden  ist,  nicht  in  eine  senk- 
rechte Linie  fallen,  so  ist  die  Inschrift  dennoch  fast  ganz  imversehrt.  Auf  der  linken  Seite 
sind  nur  einzelne  Zeichen  verwischt. 

Z  1.  s]7K2S  ein  zusammengesetzter  Eigenname,  etwa  <^\^  ^1,  vgl.  auch  25,  2 — 3. 
Z.  2.  nj?C?n  =  k*jUiJI.  Auch  in  den   sabäischen  Inschriften   kommt  MPIT  vor  (Hai.  3  = 
Fr.  3  xmd  Hai.  63,  1).   Die  Lesung  f^^  ist  nicht  ganz  sicher,  noch  minder  aber  die  Erklärung 

durch  arab.  (jäi  ,Überlieferung'. 

DTiam  =  l^Cj.  Zwischen  Zeile  1  und  2  scheint  also  nichts  zu  fehlen.  JÜJl  ,der  Herr' 
konunt  auch  von  Menschen  vereinzelt  in  der  alten  Poesie  vor,  so  z.  B.  bei  Härith  ihn 
HUliza  Vers  82. 

Z.  3.    Merkwtirdig    sind    die  Namen  nnJÖ-in    (oder  iraüin)    und    "^nn    (oder    hnh).    Der 

Name  "IPIJOiri  ist  zusammengesetzt  aus  Diri  +  "inJ,  wovon  das  letztere  an  den  biblischen 
Namen  1in:  erinnert. 

Z.  3/4.    npr  I  "132  =  iüuuÄ   "^"^j  ein  Dual  wie  123  I  ""Ipn  (=  ^  ^^'y^)  Nr.  25,  3.  Ähn- 
lich im  Sabäischen  prt:  I  -13S?1  I  -1^««1  I  "IX  I  n33  (Hai.  535,  2). 
Z.  4.  Für  S3ön  vermuthet  Herr  v.  Kremer  p^rt  (^jÜC«). 

Z.  5.  n'7'?3  I  rn  I  iypi2T]  =  ids'  JuülJI  I  j^c. 

Z.   6.  "''?5?K3rt    und  in  der  folgenden  Zeile  b'^DWn  sind  äusserst   schwer  zu  erklären.    Für 

die  Annahme  zusammengesetzter  Eigennamen  ^  -f-  ^Ue  und  JoJL«  +  ^^ü»  fehlt  jede  Analogie. 
Ich  möchte  lieber  beide  Formen  für  Participia  der  VII.  Form  von  J^a  beziehungsweise 
SSd  halten,  in  welchem  Falle  das  k  den  kurzen  Vocal  der  Naf  alform  ausdrücken  würde, 
was  freilich  auch  seine  grossen  Schwierigkeiten  hat. 

Auch  in  dieser  Inschrift  ist  man  geneigt,  jüdischen  Einfluss  zu  vennuthen.  Was  sollte 
denn  sonst  eine  ,Secte  der  Tradition'  mitten  in  Arabien  bedeuten? 


24.  (Euting  52  auf  Tafel  IV.) 

Doughty,   n.  XV   fol.  26   und   27.   Diese   Inschrift   befindet   sich  oberhalb    der  Inschrift  Euting  52",    hängt  aber  mit 

letzterer  nicht   zusammen.   M.   0'82  breit,   0'9  hoch. 

•  j£i2     ah:in  I  nn:  I  j?:i:n  I  nnyn 

,Da'tä,  der  Bildhauer,  hat  diese  8tatue  gehauen.'' 


'  HaIÄvy   hat  die  Inicbrift   nach   der  Copie  Doughty's   richtig  gelesen,   er  übersetzt  dieselbe   aber:  ,Datha  a  fait  faire  la 
po«e  (?)  de  la  statue*.     Die  Unchstaben  3C0  scheinen  eine  neue  Inschrift  zu  beginnen. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  73 

nnyn  =  x^>>.  Vgl.  Ibn  Doraid  291  und  323,  wo  er  es  durch  v.^JUiJI  ^i  sUJI  ^1  tXiiil  erklJlrt. 

Ich  stelle  es  gleich  jixco  imd  nicht  *^yic3,  wie  man  erwarten  mUsste,  weil  sich  derselbe 
Name  auch  in  sabäischer  Schrift  findet  Xl°>l  geschrieben  (Huber  118  =  Doughty  PI.  XIV, 
Fol.  24  =  Euting  856). 

j?32tn  =  «jLflJI  wie  25,   1 ;  es  scheint  hier  dem  aram.  s'^DS  zu  entsprechen. 

m:  =  y^Aji,  , Steine  behauen'  und  ,Holz  bearbeiten'.   Im  Koran  wird  das  Wort  zweimal 

von  den  Thamfid  gesagt,  so  7,  72  und  26,  149:  Lijlj  J^^^  uj^^^'  ^"^™^1  '^'^^  ^i^n  Jsl  i^LäpI 

(Madäin  Sälih)  15,  82:  LLxj  JLil  ^  ijy^^.  ^y^^y  '^^^^  ™^^^  ^^^*  geneigt  sein  könnte  anzu- 
nehmen,   in    der  alten  Sage  habe   sich   das   einheimische  Wort  erhalten.    Ausserdem  kommt 

das  Wort  noch  vor  Koran  37,  93:  ^yX^3  Cs  ^j^jÜjü;'  J^-i  ^^'^  Abraham  seinen  Vater  und 
sein  Volk  wegen  des  Götzendienstes  zur  Rede  stellt:  , Verehret  ihr  denn  diejenigen,  die 
ihr  selbst  schnitzet',  wie  die  Commentare  richtig  hinzufügen:  j.LÄ^!yi  ^  xjy,Ls\j  Lx!.  Dieser 
Vers  ist  ein  ganz  besonders  Avichtiger  Beleg  für  unsere  Inschrift. 

Zu  D^icn  vgl.  oben  22,  1.  Die  ganze  Inschrift  erinnert  lebhaft  an  die  Künstlerunter- 
schriften der  nabatäischen  Denkmäler,  z.  B.  nsy  X^DS  ■'nSssm  "Q  m3jr  1ZV  ,'Abd'obodat,  Sohn 
des  Wahbilah  der  Steinmetz,  hat  es  gemacht'  und  andere  mehr. 


25.  (Euting  52''  auf  Tafel  IV.) 

Doughty,  PI.  15,  Fol.  26  und  27.  M.  0-52  breit,  0-46  hoch.  Die   obere   Zeile  ist  um  0-6  breiter  (also  O'CO  breit) 
Z.   8  und   9   sind   nur  0'30   breit  en  relief  und   mit  grösseren  Buchstabon  geschrieben. 

2£n  I  nSxnüs  l  p  I  2ipj?  i 

K  1  ynx  I  ribn  i  i?3  2 

3    I   ^ipna    I   s^SsD  3 

1 1  mym  I  ntsns  I  ns  4 

I  Dan  I  r\:D  l  nrnn«  0 

I  ■'tt'rn  I  p  I  on:r:h  6 

I  pnb  1 1S0  7 

'I  nj?n?2n  l  ü:tv    •' 

1.  'Akrab,  Sohn  des  Mar'läh,  der  Bild- 

2.  liauer  von  Ghalh,  bildete  ab  (?)  den 

.3.  Abü'ilf  an  den  beiden  Seiten  der  Grab- 

4.  höhle  zu  seinem  Gedeihen,  seinem  Glück  und 

5.  für  seine  Zukunft,  im  .lahre  fünf 

6.  des  Hanu'as,  Sohnes  des  Talmi, 


'  HaUvy  transscribirt  und  übersetzt  die.se  Inschrift  also: 

Sn  I  nbH-\a  I  p  I  anpy  .'Aqrab,  fils  de  Mariiaii  a  fait 

nbsT    I    r:  faire  ce  (?)...  . 

1    1   myci  (?)  na-Q   ■    •  ses  .  .  .?  ses  aides  et 

COn  I  njD  I  nmnK  ses  descendants,  l'annee  cinquienie 

•öbn  I  p  I  CKJn"?  de  Khanas,  fils  de  Talmi. 
Denkschriften  der  phi) -hist.  C].  XXXVII.  Bd.     Aljhandl.  von  Nichtmitüliedern. 


74  D-  H.  Müller. 

7.  Königs  der  Lilyän. 

8.  Alatbamid,  Tochter  des 

9.  'Asim  (ist)  die  Spenderin. 

Z.  1.  2"ipj?.  yvÄÄ  als  n.  pr.  fem.  kennt  Ibn  Doraid  316,  hier  haben  wir  es  als  n.  pr. 
masc.  Es  hangt  mit  dem  arabischen  Sprachgebrauch  zusammen,  der  wj*ää  sowohl  als  masc, 

wie  auch   als  fem.   behandelt  (öwüLJI  xxJLc    v^JUül^    c?^-^'?    r^^-'  J'-*:?  •  •  •  ^yÄx5\).    Im  Sa- 
biiischeu  konunt  p"lpS?  als  n.  pr.  masc.  vor,  womit  Mordtmann  Axpaßavoc  in  der  griechischen 

Inschrift  von  Haurän  verglichen  hat.^  Die  griechische  Foi-m  setzt  also  ^L?^e  voraus,  während 
die  arabischen  Lexicographen  (jloj,it  für  den  männlichen  Scorpion  überliefern.  Ganz  analog 
heisst    das    Hasenmännchen    ^LJüij    (von  ■_>!*:),    während    das    n.    pr.    des   Himjareufürsten 
LlXij  .0  von  Neswau  überliefert  wird." 

n'^Klö  =  nSs  +  Kia  ,Mann  Gottes',  wie  ^;*4l)I  ^lof.  Euting  793  glaube  ich  nbnss,  also  mit 

Weglassung    l>eider  s   zu   erkennen.   Ob  1Ö   27,  2  =  <-~«  oder   Lo   sei,    kann  ich  nicht  ent- 
scheiden. Zu  vergleichen  ist  noch  "IH"'"!!:  58. 

I?JSn  =  *^Ll!l.  Vgl.  oben  24. 

Z.  2.  nhvi-  Die  Lesung  ist  vollkommen  sicher,  ein  Nomen  loci  j^JLc  aber  nicht  nach- 
weisbar; selbst  die  Wurzel  konmit  im  Arabischen  nicht  vor.  nby  für  eine  dialectische  J^orm 
statt    Xi.    zu  halten,    das  als  Nom.  loci  von  Jäqüt  und  Anderen   angeführt   wird,   ist  mehr 

als  gewagt. 

5?nK  scheint  IV.  Form  von  cü  zu  sein,  die  Bedeutung  des  arabischen  Verbums  ,flies8en' 
passt  jedoch  hier  nicht.  Das  Wort  kann  dem  Zusammenhange  gemäss  nur  ,ab bilden,  einhauen' 
oder  Ahnliches  bedeuten. 

Z.  3.  fhx^H.  Vgl.  23,   1. 

Sc., 

"IS3  I  "ipra  findet  sich  auch  Euting  27,  7.  "IpHS  ist  Dual  von  ipn  =  arab.  yia.  ,Seite, 
Bergabhang'. 

Z.  8.  Es  ist  fraglich,  ob  die  letzten  zwei  Zeilen  zu  der  obigen  Inschrift  gehören  oder 
eine  Inschrift  für  sich  bilden,  denn  auf  dem  Felsen  reiht  sich  ein  Denkmal  an  das  andere,  von 
denen  manche  von  verschiedenen  Personen  und  zu  verschiedenen  Zeiten  gesetzt  worden  sind. 

nannSK  entweder  =  rhu  +  nan  ,die  Hat  pries  er'  oder  "?«  4-  nann,  ein  eigenthüudiches 
n.  pr.   fem.   Von   der  Wurzel  lÖPl  kommen   im   Arabischen    mehrere   Eigennamen  vor   d<*^U 

tXA^i..  J^  etc.,  im  Sabäischen  '^ö^^  Dtöönü  (vgl.  hebr.  f"]pn). 

Was  rhu  betrifft,  so  ist  es  fem.  von  Sk  (=  hvi)  und  von  cj^l  zu  trennen.  Im  Sabäischen 
findet  sich  rh»  in  verkürzter  Form  in  den  Eigennamen  n^DIX,  n^TI,  nSnsj?,  rhl^Ü  und 
voll  Hai.  152,  3  nnÜI?  I  rhüh,  vielleicht  das  weibliche  Prhicip  des  'Attar,  welches  ich  jüngst 
in  den  Insel  iriften  erkannt  zu  haben  glaube.^ 

DltP.  Im  Arabischen  finden  sich  von  dieser  Wurzel  die  n.  pr.  («-f  Le,  [»Loa,  »*cc  und  'i^jAA. 

nrnön  =  kxjLJI  ,die  Spenderin,  Stifterin'  oder  ,die  Freigebige'  (von   «x«  =  oLa.). 

*      >  SabSische  Denkmäler,  S.  71. 

'  Vgl.  Zeitschrift  der  deutschen  morgeuländischen  Gesellschaft  XXIX,  022.  Für  die  Bildungen  auf  ^^\-  zur  Uezoichuung 
des  Männchens  ist  auch  Ajmäi's  Kitäb  al-Wuhüs  (ed.  K.  Geyer)  Z.  403  j^LaJLöJl  ^jJ\j  i*-^"^^  ^J~^\,  ferner  ,jA»\  und 
masc.  ^^^yJ^i\  zu  vergleichen. 

•  Vgl.  Wiener  Zeitschr.  f.  d.  Kunde  d.  Morgenlandes   U,  S.  10. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  75 


26.  (Euting  52^  auf  Tafel  IV.) 

D.   PI.  XV,   Fol.  2G   und    27.   M.  0-57  breit,   0-47  hoch. 

n:3  I  p  p  '  n  a  X  i 
I  p  nya  I  nc;  I  m  2 
Spnn  ]2  I  fp'nn  3 
D3  I  Dfin  1  phch  4 
rrans  I  nax  I  n'r'j,*m  5 
mpDi  6 

1.  Amatjaqin,  Tochter  des 

2.  Dad,  Frau  des  Ma'dd,  des  Sohnes  des 

3.  Tuhajqiii,  des  Sohnes  des  Tahqal, 

4.  dem  Salmän  DÜSn,  dem  Gatten  der 

5.  Kata'läh,  ihrer  Mutter,  zu  ihrem  Gedeihen 

6.  und  ihrem  Heile.' 

Z.  1.  |'p*riJ:x  =  ^j-KÄj  xxj.  Nacli  Analogie  der  mit  nöK  zusammengesetzten  Nomina 
propria  in  den  übrigen  semitischen  Sprachen,^  muss  pp^  Name  einer  Gottheit  sein.  Ich 
vermuthe,    dass   er   eine   der   sLjuo   verwandte  Schicksalsgottheit  bezeichnet.    Auch  im  Koran 

heisst  'y^jküJI  ,die  Bestimmung,  der  Tod'  z.  B.  Sura  15,  Vers  99:  dUüLj  ^J^a.  ^'.  jJ-c') 
^jf~fÄx]\  ,Bete  an  deinen  Herrn  bis  zu  dir  kommen  wird  das  Gewisse',  d.  h.  der  Tod,  wie 
die  Commentatoren  sagen.  Auffallend  ist  die  Schreibimg  J^p"!,  da  sonst  das  lange  i  mitten  im 
Worte  nicht  ausgedrückt  wird.  Von  derselben  Wurzel  stammt  auch  der  Eigenname  Jp^"I^l  (Z.  3), 
dessen  Lesung  jedoch  nicht  sicher  ist. 

Z.  2  "n  wohl  =  Däd.  Vgl.  hebr.  ^yh,  -innil,  arab.  ^^b^i,  sab.  p"!  und  3-13-11. 

nD3  scheint  mir  von  Halevy  sehr  glücklich  gelesen  und  übersetzt  worden  zu  sein.  Das 
Zeichen,  welches  hier  D  transcribirt  ist,  kann  in  dieser  cursiven  Form  leicht  mit  dem  Zeichen 
für  T  verwechselt  werden,  Dli  gibt  aber  keinen  Sinn.  Man  würde  freilich  nach  den  anderen 
semitischen  Sprachen  (^-iif,  sab.  nn:«,  aram.  «nn:x,  hebr.  HC^k)  hier  nnJ  (abgekürzt  aus  nrüs) 
erwarten,  es  scheint  aber  ein  Singular  zu  sein  von  der  in  allen  semitischen  Sprachen  vor- 
kommenden Pluralform  mit  s,  beziehungsweise  5,  ich  meine  arab.  «Lwj,  hebr.  D^tt^jl,  aram.  Wtt?:, 
syr.  \lj  etc. 

1J7Ö  ist  nicht  ganz  sicher,  weil  das  Zeichen  für  ö  etwas  ungeschickt  gemacht  wurde, 
so  dass  es  auch  3  gelesen  werden  kann.  Im  ersten  Fall  ist  arab.  jJLo,  im  zweiten  der  südara- 
bische Name  ^jljuu  zu  vergleichen.  Der  Trenmtngsstrich  zwischen  nya  imd  p  fehlt,  ebenso 
in  der  folgenden  Zeile  nach  p. 

'   Hal^vy  liest  und  übersetzt  diese  Inschrift: 

n33  I  l'p'nöK  Ammatyaijin,  fiUe  de 

p  im  I  nD3  I  m  Uad,  femme  de  Ma'd,  fiUe 

•  "ypnn  I  p  I  ipnn  de  Tahqan,   fils  de  Tahqal  .  .  . 

(?)  nei:  l  nia«  I  nbym  Rata'Vläh,  sa  mfere,  ses  .  .  .? 

1  I  myci  et  ses  aides  .  .  . 

2  Vgl.  phön.  'rranisK,  ninipyrö«,  mpbonisK,  noKnöK,  sab.  ncairnaK,  ijnnBK. 


76  D-  H.  Müller. 

Z.  3  J|Tnn.  Halevy  liest  hier  n  anstatt  ^"!,  was  aber  nicht  zulässig  ist.  Selbst  auf  der 
Copie  Doughty's  steht  deutlich  |  n,  auf  dem  Abklatsche  scheinen  mir  beide  Zeichen  ziemlich 
sicher.  Wir  haben  also  ein  Imperfectum  der  IV.  Form  (3.  p.  fem.)  von  ^jJü.  Im  Arabischen, 

wo  das  n  beziehungsweise  das  I  des  Causativums  aufgefallen  ist,  würde  die  Form  ^jsJ> 
lauten.  Die  Bildung  Jp'nn  stimmt  mit  den  sabäischen  Formen  D^ilT',  pSirf  etc.  ttberein.  Mög- 
licherweise ist  auch  27,  2/3  nprSHö  ein  Participium  der  IV.  Form  von  nn«  =  arab.  tXi».^'. 
Daneben  scheint  aber  auch  das  K  als  Zeichen  des  Causativums  vorzukommen.  Vgl.  V^^ 
(=  £ÜI)  25,  2. 

Zu  bpnri  vgl.  den  Eigennamen  JLä^  bei  Ibn  Doraid  285. 

Z.  4.  JöSd'?  —  ^^UJLJ  oder  ^jj^jjj.  Vgl.  auch  27,  6.  Die  Lesung  des  folgenden  Wortes 
ist  nicht  sicher,  weil  in  der  cursiveu  Form  D  und  "7  leicht  zu  verwechseln  sind;  es  ist  auch 
zweifelhaft,  ob  ein  Trennungsstrich  beabsichtigt  wurde,  da  er  kaum  die  halbe  Höhe  eines 
sonstigen  Theiluugsstriches  hat.  Das  Wahrscheinlichste  ist  jedoch,  dass  DÖH  ehi  Epitheton  zu 
lobo  sei  und  das  folgende  D2  masc.  von  nD3  ,Mann,  Ehemann'  bedeute.  Diese  Insclu-ift  ist 
demnach  dem  Stiefvater  der  Stifterin  errichtet. 

Z.  5  nSpm  ,Gott  gewähre  Überfluss'.  Ein  Orts-  oder  Stammname  S7m  kommt  im 
Sabäischen  (Hai.  234,  7 — 10,  vgl.  aiich  529),  desgleichen  3?n"lÜS;  in  den  minäischen  In- 
schriften von  al  -'01a  vor. 

Ob  die  ins  Viereck  eingezeichneten  Buchstaben  zu  dieser  Inschrift  gehören  oder  davon 
zu  trennen  sind,  ist  nicht  zu  entscheiden. 


27.  (Euting  52"=  auf  Tafel  V.) 

Doughty  PL  XV,   Fol.  28.   M.  1-10  breit,  0-46  hoch. 

I   p   I   ''üh^   I  'ipi)  I  p  I  nbnm  i 

nü  I  mn  l  p  I  na  l  dsj  I  rm  I  rrso  2 

n  I  nS  I  snnm  I  'pn  I  ^lanbi?  I  nnx  3 

xsn   I   nanSi  l  p|'?s=t2  l  can  an  4 

•  ■  ■  ö"iD  1  ptt^pi  I  n«;:  I  p  I  Sa  .5 
I  pbn  I  Dnsbn  I  nnnn  I  DSin  I  bi  6 

•  .  •  ni n  I  nsD  l  ■'ipna  7 

3  I  injjr  I  nan  r  nnnsi  8 

9 

' D   I  nnDb  10 

1.  Wahbläh,  Sohn  des  Zcd^ani  und  Lami,  Sohn 

2.  des  Nafjä,  stifteten  das  Denkmal  des  Murr,  Sohn  des  IJawwät,  von  dem 

3.  was  sie  sich  auferlegten  im  Herbste  und  von  den  Erstlingsfriichten  im  Früh- 

4.  lingc  eine  bestimmte  Gabe  dem  Dü-'Ilf  und  Dü-Ghäbat  OH 


'  Josef  Haldvy  transscribirt  und  übersetzt  diese  Inschrift  wie  folgt : 

I    J2    I    'Obl    I    'jpit    I    p    I    nbsm  Walibilä,  fils  du  Zidkani  et  Lami,  tils 

ncn  I  p  I  na  I  de:  I  rm  (■>)  nap:  de  Na'ma  (?)  out  &Tig&  le  monumcnt  de  Mar,  fils  de  Hift 

n(?)  n'piKrnm  le^^^  l(?)oan'pplnnK  propri^taire  .  .  .  hiver  et  &t6 e- 

•  •    I    nam;    l    ei^Kia   I   Oan   l  xn  td  .  .  .  .  avec  des  troupeaux  et  des  biens  (?) 

•  ■  •  no  I  pvT'  I  rxa  I  p  I  (?)  S:     ceut  vingt 


Epigraphische  Denkmälek  aus  Arabien.  77 

5.  73  von  Hun(iertundzwan,zig  .... 

6.  Und  er  möge  ...  in  seinem  Hause  ihren  Verbündeten  (?)  Sulaimän 

7.  an  beiden  Seiten  der  Grabhöhle 

8.  und  ihre  Schwester 

Z.  1.  Zu  n'?Dm  vgl.  2,  1,  zu  "jp-IT  4,  1. 

'öb.  Von  dieser  Wurzel  findet  sich  auch  der  Eigenname  "'öSfl  in  unserer  Insclirift,    im 

Nordarabischen  ist  mir  ein  n.  pr.  von  diesem  Stamme  nicht  bekannt,  der  Stamm  selbst  '  J 
kommt  jedoch  vor  und  bedeutet  ,dunkelbraune  (Lippen)  haben'.  Der  heljräische  Eigenname 
hvt^fih  (auch  bKiab  geschrieben  und  =  hi<h  gedeutet)  Prov.  31,  1.  4  kann  möglicher  Weise 
zur  Vergleichimg  herangezogen  werden.  Das  Hebi'äische  kennt  freilich  sonst  die  Wurzel  ""öS 
nicht,  wohl  aber  das  Assyrische,  wo  lamit  ,um8chliessen,  belagern'  heisst,  wobei  jedoch  lamü 
als  eine  lautliche  Veränderung  für  ursprüngliches  Imvü  (m'?)  angesehen  werden  kann. 

Z.  2.   Zu  n"'£53  (so,  nicht  nt:!^:'-)   ist  nab.  rS3   (Euting,  Nabatäische  Inschriften  4,  2)   und 
V&:h»  (Euting  43,  Seite  13)  zu  vergleichen. 

1Ö  ist  wahrscheinlich  gleich  arab.  Ic.  Der  Name  nis:  (»v«)  ist  im  Nabatäischen  (Euting 
18,  1)  nachgewiesen.  Vgl.  auch  nblö  34,  1  neben  nSsnö  25,  1. 

mn  ist  vne  nab.  imn   (Euting  24,  8)  mit  arab.  «yl  J».  Ibn  Dor.  262    zusammenzustellen. 

Durch  die  volle  Schreibung  (mit  1)  ist  die  Zusammenstellung  mit  Ao^OQ  und  <i>ys.  aus- 
geschlossen. Freilich  lileibt  der  Wechsel  von  n  und  ^  auffällig. 

Z.  2/3.    nnsnö    ist    man    zunächst  geneigt  als  Participium  des  Causativums,  also  gleich 

iXiä-jx  anzusehen,  aber  die  Form  gibt  in  diesem  Zusammenhange  keinen  Sinn.  Ausserdem 
musste  es  als  Epitheton  von  DB3  oder  von  mn  J3  "lö  den  Artikel  haben.  Ich  halte  es  daher 

vermuthungsweise  =  tinsniS,  d.  h.  wir  haben  hier  ein  Partie,  pass.  der  I.  Verbalfonn  "ins  (=  6^1 
für  i>yL\Je),  dem  das  n  des  Artikels  und  die  Präposition  Ö  (abgekürzt  aus  |ö)  vorgesetzt  sind. 
Die  ganze  Phrase  mll  sagen:  Sie  stifteten  das  Denkmal  von  dem,  was  ihnen  als  Verpflichtung 
zu  zahlen  auferlegt  war  (1 ,  |^ .  i  r  ö^LJI  ^),  an  (jedem)  Herbste  und  von  den  Fi'ühlings- 
früchten  während  (^jJ)  des  Frühlings. 

Z.  4.  Zu  Dort  vergleiche  ich  f^  ,nach  Mass  und  Gewicht  bestimmen'  zu  P|bn  arab.  i_äxJLa».. 
Den  Zusammenhang  der  weiteren  zerstörten  Zeilen  wiederherzustellen  ist  nicht  möglich. 

28.  (Euting  54  auf  Tafel  V.) 
M.  0"45  breit,  0'30  hoch.  Der  Stein  ist  oben  und  rechts  unversehrt. 

•  •  •  I  nsD3 1  p  I  nana  i 

•  •  ty  I  jymsi  I  nxo  I  -i  2 
■  •  nm  I  ntyji  I  "is::  1 1  3 

nnp  I  pD  I  n2D  4 

nlslin   I  DK  I  ji:sx  5 

1.  Mahmä,  Sohn  des  Nasah  .  . 

2.  .  .  .  Hundertundvierzig  .... 
3 


4.  im  Jahre  sechzig  .... 

5.  Afsän  stiftete  die  Grabhöhle 


78  D.  H.  Müller. 

Z.  1.   nena  =  ^^J^.  Zur  Schreibung  vergleiche  n2£EK  =  ^^^1  (uab.  K:iEK).  Von  derselben 

Wurzel  sind  die  arabischen  Nomina  propria  As>.  (Ibn  Doraid  305)  und  >^^_,°-^  (Ibn  Doraid  245 
und  305),  femer  pan  bei  Euting,  Nabatäische  Inschriften  25,  3,  ein  Name,  der  auch  in  den 
sabäischen  Inschriften  vorkommt. 

rWDO  wohl  =  *^Llj.  Ein  Nom.  proprimn  von  dieser  Wurzel  kann  ich  sonst  nicht  nach- 
weisen. 

Z.  2  ]vz•^»^  I  nxö  =  ^^^-ou^l,  5oLe. 

Z.  3.  "IKJC  hat  keine  entsprechende  Wurzel  im  Arabischen,  die  darauffolgenden  Wörter 
kann  ich  in  ihrer  Abgerissenheit  und  Zusammenhangslosigkeit  nicht  erklären. 

Z.  4  =  ^J-*iL-    ül-l;    die   letzten    drei   Buchstaben   scheinen  Dtp    zu   sein,    vielleicht   das 

Ordinal  von  nns  wie  im  Äthiopischen,  wofiir  im  Nordarabischen  j!(  gebräuchlich  ist. 

Z.  5  ist  mit  Sicherheit  nur  das  n.  pr.  jiCBK  zu  erkennen.  DX  kann  ^»^1,  aber  auch  J«| 
,gründen'  ausdrücken. 

29.  (Euting  56  auf  Tafel  V.) 

M.  0-46  breit,   012  hoch. 

I  ni:D  [|  •  •  ■  nJEhs] i 

n  I  nnjrs  I  pnb  I  ^iböl    2 
ni  I  nsrn  I  nny  I  jisj?  \  3 

1 zu  seinem  Gedeihen  ....  im  Jahre  .... 

2.  des  Königs  der  Lihjän.  Und  es  möge  schänden  .  .  . 

3.  von  demjenigen,  der  diese  Grahhöhle  schändete. 

Neu  in  dieser  Inschrift  ist  nur  das  Verbum  "i"lj?  =  Ze.  oder  .Ic  ,Jemandem  Böses  zufügen'. 
Der  Sinn  scheint  mir  zu  sein:    ,P]s  möge   (der  Gott  so  und  so)    Böses  zufügen    (und  Rache 

nehmen)  von  demjenigen  der  diese  Grabhöhle  verletzt.'  1"1I?S  ist  also  =  lii,  wobei  das  a  den 

Satz  einleitet,  und  Jöj?  in  der  dritten  Zeile  ist  gleich  JjIä  =  °Ji    "jl. 


30.  (Euting  57  auf  Tafel  V.) 

ii.  0-26  breit,   0-14  hoch. 
n^2«  'Afsä 

Derselbe   Name   findet   sich   noch    Nr.  32,    femer  im   Nabatäischen  in   der   Form    k^SS 

(Euting,  Nah.  Inschr.  10,  8  und  24,  8),  endlich  im  Arabischen  in  der  Schreibung  ^aif    (Ibn 
Doraid  196  etc.).  Vgl.  auch  die  Euting' sehen  Copien  828. 

31.  (Euting  58  auf  Tafel  V.) 

M.  0  30  breit,   0-10  hoch. 


(^nn'tnö^  Marjahir 


Epigraphischb  Denkmäler  aus  Arabien.  i^:% 

Ein  Eigenname   zusammengesetzt  aus  S"ia   (syo)  Mann   und  "in"  =  isi   Imperf.   von   ja. 


zürnen'. 


32.  (Euting  58  auf  Tafel  V.) 

M.  0-29  breit,   O'IS  hocli. 
nitBX  Afsä 

33.  (Euting  60  auf  Tafel  V.) 

M.  0-15  breit,  0-10  hoch. 

DTl  Ruwäs 

choü  'Aslam 


Das   erste  Zeichen  ist  nicht  mit   Sicherheit  zu  bestimmen.    Es  scheint  aber  "l  und  die 
Vertiefung  links  nur  eine  Verletzung  des  Steines  zu  sein.    Man   darf  dann  den  arabischen 

Namen  ^1:.  bei  Ibn  Doraid  180  vergleichen.  D7DX   ist  =  JL«I.  Ibn  Doraid  281  kennt  einen 


Die  folgenden  Inschriften  liegen  mir  nur  in  Copien  von  Euting  vor.  Zum  Theil  finden 
sie  sich  auch  bei  Huber  und  Doughty.  was  jedesmal  ausdrücklich  bemerkt  worden  ist. 


34.  (=  Euting  793  auf  Tafel  VI.) 

1.  I  VV^n  I    132    I    nS  .  m    I    nS-ia  Marllah  und  H  .  iläh,  die  Söhne  des 

2.  •  .     I    ■'n.ayn    I    nns    In-:  N.r,  stifteten  das 

3.  ■  I  nn  I  "i  I  DmpiKI  I  nn  l   •  n   I   -l  ihre  ....  und  ihre  Brüder  und  .... 

4.  I  n  •  •  rmP  nblÖ  •  Marilah 

5.  •  •  1?  

Es  scheint,  dass  hier  zwei  oder  gar  drei  Inschriften  zusammen  copirt  worden  sind,  wie 
schon  die  verschiedene  Anzahl  der  Zeilen  beweist.  Mit  nbsiö  (Z.  4)  mag  vielleicht  eine 
neue  Inschrift  beginnen. 

Z.  1.  nbna,  vgl.  25,  l.  Der  folgende  Name  ist  vielleicht  nSiäpn  (adl  iL..)  zu  lesen.  Vgl. 
21,  2,  55,  1  und  Euting  813,  2. 

Z.  2  ist  nnx  (=  \}d<L\)  sicher. 

Z.  3.  DmPTKI  (=  (VäIL.1^)  ist  kaum  zu  beanständen,  obwohl  das  Zeichen,  welches  ich  K 
lese,  eher  wie  ein  )  aussieht;  es  sind  jedoch  nur  die  oberen  zwei  Striche  etwas  mehr  aus- 
einandergerath  en. 


80  t)-  H.  Müller. 


35.  (=  Euting  794  auf  Tafel  VI.) 


1 

1  byrJnjS 

Dem  Natanba'l 

2 

3n  1  v:^  i  p 

Sohn  des  WN',  der 

^ 

1  En  1  HT  1  -op 

begraben  (ist)  hier  .  . 

4 

jO'    1    r^-ip 

....  Janiin 

5 

ött^  1  ■''^yi 

und  'Ah  Sam- 

6 

-ip-i  •  1  ro 

män 

Der  Punkt  auf  dem  :  in  der  ersten  Zeile  steht  schon  in  der  Copie,  ebenso  ist  das  Ö 
in  der  fünften  Zeile  als  nicht  ganz  deutlich  von  Euting  bezeichnet.  Alle  übrigen  Punkte 
rüliren  von  mir  her. 

Z.  1  ist  der  Name  "jyajnJ  ganz  nordsemitisch,  darf  aber  neben  jn^Dp  (Euting,  Nah. 
Inschr.  12,  1)  und  fDIJÖI  (Doughty,  PI.  III,  fol.  1)'  nicht  auffallen. 

Z.  2.  J?:i  als  Eigenname  sonst  unbekannt,  auch  die  Wurzel  ist  nicht  nachweisbar. 

12p;n  ist  Participium  der  VII.  Form  für  jjJlx.  Vgl.  oben  zu  b,  3.  Im  Nordarabisclien 
würde  man  in  dieser  Bedeutung  lieber  )j-».äJI  gebrauchen. 


36.  (Euting  795  auf  Tafel  VI.; 


1  Dtr-i 

R  .  s  .  m, 

l'o  1  "p 

Sohn  des  Sa'- 

.  1  rhi 

diläh  .  . 

nSnpD  =  äJL'I  t\«*L. 

37.  (Euting  796  auf  Tafel  VI.) 

nmt       Zedhüt 

DJ?:»  An'am 

nn-j?  .  h.  r 

nmi  =  vi>^  jo\    oder  ähnlich.    Einen  Stamm  ^ja   kennt  Ibn  Doraid  254   (vgl.  auch 
Hamdäni  82,  20  vmd  112,  6). 

nr:«  =  |JüI  Ibn  Doraid  299. 


38.  (Euting  797  auf  Tafel  VI.) 
n  •  sSn    nnx    Sj?-1  Re'l  hat  gestiftet  das 


-,0.10 


Die  Trcnnungsstriclie   fehlen.    Zu  byi   vgl.  J^^  Ibn  Doraid  188   und   ^"il'^   (ibid.  286). 
Beide  fehlen  im  Index  der  Eigennamen. 


>  Vgl.  Jos.  H»Mvy  in  Rev.  itud.  juiv.   1884,  p.  7  und  Iß. 


Epioraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  {^1 


39.  (Euting  798  auf  Tafel  VI  =  Huber  95.) 

I  n^6  p  nbb  jVralla,  Sohn  des  Madamm ' 

n  •  Dn  I  injjn  l  '?SJ2n  IJam'il  von  Ghahn  der  .... 

nSö  kann  gleich  sein  «JLo  Muschtabih  502,  aber  auch  Jl«.  Zu  aiti  vgl.  oben  31.  Sxttn 
ist  abgekürzt  aus  "'On  +  '^S  und  hat  Analogien  im  Sabäischen:  'jsön''  und  nriSTön.  Die  Wurzel 
JÖy  (^^»-Ä^)  kommt  sonst  nicht  vor. 


40.  (Euting  799  auf  Tafel  VI.) 

41.  (Euting  800  auf  Tafel  VI.) 
ni7^il2  n  nS  ■  ■  •  •   •  '''^l'j  Sohn  des  Mad'ä. 

nnö  =  ic^J^-    ^^'^   Namen   eines  Gewässers  führt  es  Jaqüt   s.  v.   an.    Die   Trennungs- 
striche fehlen.  Vgl.  auch  Hamdäni,  Gazirat  146,  9  ff. 

42.  (Euting  801   auf  Tafel  VI.) 

43.  (Euting  802  auf  Tafel  VI.) 

In  der  sehr  undeutlichen  Copie  ist  in  der  vierten  Zeile  3"ny  zu  erkennen. 

44  und  45.  (=  Euting  803  und  811   auf  Tafel  VI.) 

In  der   ersten  Inschrift  sind   nur  einzelne  Buchstaben   sicher,   in   der  zweiten  lese  ich: 

•  ■  •  n-iDn  I 
•  1  ■ :  •  I  p  i  i?3jn 

46.  (Euting  812  auf  Tafel  VI.) 
3  I  CS  I  •  .  •  ■  =  ^°,\? 


'  Dio  erste  Zeile  fehlt  bei  Euting. 
Denkschriften  der  phil.-hist    Cl.  XXXVII.   IM.     Abhandl.  von  Nichtmitglicdern. 


%2  D-  H.  Müller. 


47.  (Eutinir  813  aiif  Tafel  VI) 

ist  in  der  ersten  Zeile  jöDS  11  =  ^j-^mA  Ju\   zu   erkennen.  In  der   zweiten   ist  das  vorletzte 
seltsame  Zeichen  3  zu  beachten,  welches  vielleicht  Sb  oder  ^ö  ausdrückt.  Vgl.  oben  S.  70  und  79. 


48.  (Euting  816  auf  Tafel  VII.) 

Ist  wohl  n.  pr.  Vgl.  arab.  JjJ^   .grossherzig,  makellos'. 

49.  (Euting  819  auf  Tafel  VII.) 

nkan 

Das  K  ist  sehr  zweifelhaft  imd  sieht  eher  einem  phönikischen  K  ähnlich.  Vgl.  arab.  »Xa^ 
Ibn  Doraid  213. 

50. 

Euting  823  auf  Tafel  VII.  An  einem  Grabe: 

=  ^JJiJ\  ?  Anstatt  n  kann  man  auch  n  lesen. 

51.  (Euting  824  auf  Tafel  VII.) 

•  •  •  S  I  jn  I  n^nia  Mahia,  Sohn  dos  '  .  .  . 

nm;:  von  ^i,^  oder  ^^.Äa..  wie  naPIÖ  von  ^»i.. 

52. 

Enting   826    auf  Tafel  VII  =   Huber  97.    Trotz    der    doppelten  Copie    ist    die    Inschrift   äusserst   schwer   zu  lesen. 

1  . : .  I  •  •  n  ■  I  Diari  ■ 

2  -i^'r  I  n3D  I  nbn  I  Sd 

3  ?:  ■  s  ■  w  I  pnm  I  j 

4  j;  I  sDm  Dir  I  ybn 

5  nb  I  ühm    ■   ,•    ■    • 
fi  .  •  ?:  ■  n  •  sbiDi  I  nn«n  • 

Mit    vollkommener    Sicherheit    kann    nur    in    Z.  2 — 3    gelesen    werden    J?Dm  I  j"Hr!7  I  nJD 
=  f-v>'.     t,^s,Af   JU.«-.  Alles  Ul)rigc  ist  sehr  problematisch. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  83 


53. 

Eutinp;  saC»  auf  Tafel  VII  =  Huber  99. 

n  Ö  b  D  Ö  Maslama. 

Der  Name  ist  =  xJLm;c  oder  kJLu^jc.    Wegen  der  Wiedergabe   des    S   durch   n   vgl.    das 
oben    zu  nriJ71  Bemerkte. 


54. 

Euting  826''  auf  Tafel  VII  =  Huber  102  =  Doughty,   PI.  XIII,  Fol.  22. 

55. 

Euting  827  auf  Tafel  VII  =  Huber  100  =  Doughty,  PI.  XIII,  Pol.  23. 

1  23    I    D-a'7D2fn 

2  D,l  .  ■  ••  I  n  • 
.3    ^jöm  I  pw  I  r\i 

4  ba  •  I  DJ?«  •  in 

5  bn  •  •  D  I  'S-l 

Auch  diese  Inschrift  ist  trotz  der  drei  Copien  nicht  lesbar.  Sicher  steht  nur  I  ]"-['£>]}  |  no 
''30m  =  ^^Uj^  |J.jwä^  jU-u,  ,im  Jahre  acht  und  zwanzig'. 

56. 

Euting  832  fehlt  auf  Tafel  VII  =  Doughty,  PL  XVI,  Fol.  29,  Nr.  2. 

•  131?  p  I  11  Zed,  Sohn  des  'Abd  .  . 


57. 

Euting  889—841   auf  Tafel  VII  =  Doughty  PL  XIII,  FoL  23. 

■^DO  I  r\pn  %^\     P.Iiqqat  Missik 
-^                                        ^\      C?nS  I  bai^ri)           und  Ham'il  Fäfeiä 
1  I  '33p  I  h»b^'\  I  :?niöP  I  Ssi  I  yhn  I  ya^lT  ^^^  .  .  .  .  möge  befreien  .  und  Güte  erweisen 
DÖJ?  I  ■'SJ///  dem  'Amrata'  und  Wali'il » 


Ilal^vy  liest  und  übersetzt  diese  Inschrift: 

•  •  ■  ^Köm  KOa  I  npn  Haqqat-Masa  et  Hamel  . 

av  (')  ban  ybn  que  Hobal  (?)  sauve  'Am- 

■  •  ■  "^Kbn  I  m  rata'  et  Walel  .... 


84  D.  H.  MüLLEK. 

Z.  1.  Zu  npn  vgl.  die  ^^  ^  und  (jlill  Ibn  Doraid  144,  die  Lesung  ist  freilich  nicht 
ganz  sicher,  da  das  Zeichen  für  p  bei  Eutiug  auch  D  gelesen  werden  kann.  Der  Beiname 
"pO  (JLwLe  oder  viLulo  ,geizig')  scheint  aber  festzustehen,  denn  auch  bei  Doughty  sieht  das 
letzte  Zeichen  eher  einem  "j  als  einem  k  ähnlich. 

Z.  2  Ssan,  vgl.  39,  2.  Der  Beiname  rns  (=  ^ß^li  ,8chamlos')  passt  zu  dem  voran- 
gehenden "^DO  sehr  gut. 

Z.  3.  Ob  die  zwei  folgenden  Zeilen  mit  den  vorangehenden  zusammenhängen,  ist  sehr 
zweifelhaft.  Bei  Eutiug  bilden  sie  eine  Inschrift  für  sich. 

ybn  =  (jaJLb.  .retten,  befreien,  bewahren'  lese  ich  nach  dem  Vorschlage  Hal^vy's.  Das 
folgende  "521  halte  ich  =  Jj^  ,sich  freundlich,  gütig  erweisen'. 

pmap  kommt  öfters,  auch  in  den  minäischen  Inschriften  vor. 

hvh'i  =  ha  -\-'^l,y  ,P"'reund,  Gehebter  Gottes',  vgl.  liebr.  .TTT  etc. 

58. 

Euting  844  auf  Tafel  VIII  =  Huber  104  =  Doughty,  PI.  XIII,  Fol.  22. 

nrix  I  n33S  'Abna  hat  gestiftet 

n"t   nn22fn  diese  Plattform' 

njzs  ist  wohl  gleich  *^yljl  und  stammt  entweder  von  der  Wurzel  JjTjI,  von  welcher  das 
n.  pr.  ^^bl  im  Arabischen  vorkommt  oder  von  ö,  in  welchem  Falle  es  eine  J.*il -Bildung 
ist,  wie   ^^-oil. 

nnss^n  so  ist  zu  lesen  (nicht  nn"i^n!).  Dafür  sprechen  nicht  nur  alle  drei  Copien,  sondern 
auch  Euting  859,  eine  ganz  ähnliche  Inschrift,  wo  das  Zeichen  B  wie  o  aussieht,  Avas  öfters 
vorkommt,  indem  sich  das  Zeichen  durch  die  Verbindimg  mit  der  unteren  Linie  dem  Be- 
schauer als  unten  geschlossen  darstellt.  Aus  1  kann  aber  das  Zeichen  o  niemals  hervor- 
gehen. Der  Form  und  Bedeutung  nach  entspricht  nsni^in  dem  sabäischen  fnSH^. 

ril,  fem.  von  n"T,  kommt  nur  an  dieser  Stelle  vor. 

59.  (Euting  845  auf  Tafel  Vlll.) 
I  p  ■  ■  I  nnm  ,Wahbwadd  .  .  / 

num  =  3^  v^j-  ^S^-  ^^'  v^>  ^^^"  Doraid  315,  ^^bs2m  in  den  nabatäischen  Inschriften, 
femer  DIKSm,  "^KSm  und  nnpam  im  Sabäischen. 

60. 
Euting  846  auf  Tafel  VIII  =  Huber  106. 

-  ■  2n!3J71  I  ns"!  I  T  •  ■   l^abb  und  'Abdb  .   . 


Hal^vy  liest  nnd  Übersetzt  diese  Inschrift: 

"IHK   I  nJSK  Abna,  propri^taire 

n"t  I  rmsn  de  cette  tour  (?). 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  85 

Der  Name  HS"!  kommt  noch   einmal  in  unseren  Inschriften  vor  (Euting  850),    ist    aber 
sonst  nicht  zu  belegen. 

61. 

Euting  847  auf  Tafel  VIII  =  Doughty,   PL  XIII,  Fol.  23. 

2Dp  I  nbartl  Wahbiläh  Qäsib 


62. 

Euting  848  und   849  auf  Tafel  VIII  =  Huber  108  =  Doughty,   PI.  XIII,   Fol.  23. 

•  •  dpi:  Nahs  .  . 

^n«  I  ]hü  Malän  stiftete  (es) 

63. 

Euting  850  auf  Tafel  VIII  =  Doughty,  Fol.  23. 

nnn  =  Rabh 

Vgl.  oben  Nr.  60. 

64. 

Euting  852—854  auf  Tafel  VIII  =  Huber  112  =  Doughty,   PL  XIV,  Fol.  24. 

bbtr  I  n~IÖ  Maräm  Öalil 

htn  von  AI 

■"33  hat  [es]  gebaut . 

D"10  von  der  Wurzel  -l.,  von  der  auch  die  Namen  (»J5;  ^^^  c>^i)  ^^^^geleitet  werden. 
Vgl.  auch  Iklil  X.  Bd.,  S.  8  Jjx  yi.  Das  Zeiclien  für  ■}  ist  sabäisch.  Zu  hn  als  Ortsname 
vgl.  ,j^\j3  JM  und  Jb)[  Jäqöt  s.  v. 

65. 

Euting  851   auf  Tafel  VIII  =  Doughty,   Fol.  22. 

nön  Himä 

Vgl.  die  Nomina  propria  nanö.  pöH.  bsöH  etc. 

66.  (Euting  855  auf  Tafel  VIII.) 
]h2  Baulän 

Vgl.  arab;  ^ü^,  Ibn  Doraid  237. 


86  D.  H.  ilüLi.KR. 


(i7. 

Euting  859  auf  Tafel  VIII  =  Doughtj-,  Fol.  24.   Rechts  von  dem  Steiuraumienpaar. 

fÖT  I  p  I  '?nn  yatl,  Solm  des  Daumän, 

nns::s    I   nns  stiftete  die  Plattform. 

bnn  =  Js^  ,Gabe'  wie  jj«^l,  v_Jb;  etc.  Als  Eigenname  sonst  nicht  nacligemesen. 

]!21  =  ^Lo^o  Ibu  Doraid  256. 

Vergleicht  man  Z.  2  nns^X  I  inn  mit  Nr.  58  nns^n  I  IHK,  so  kann  kein  Zweifel  sein, 
dass  hier  K  ftir  n  des  Artikels  steht,  also  eine  Annaherimg  an  den  nordarabischen  Artikel  Jl. 
Das  Zeichen,  welches  ich  0  (b)  lese,  sieht  in  beiden  Copien  eher  einem  o  (j;)  ähnlich.  Neben 
nnSJCn  der  eben  angefülirten  Inschrift  mnss  die  Lesung  nnsscs«  als  gesichert  erscheinen. 


Die  folgenden  Inscliriften  finden  sich  ausschliesslicli  bei  Doughty. 

68. 

Mcdain   Salih,   Jebel  Ethlib,   PI.   IV,   Fol.  3   und   4. 

■  ■  •  1  I  njrii  I  :^:ir\  Hiba  §an  a  und  .... 

•  •  •  •  1  "['?  nn  I  'nii  und  stiftete  das  ...   . 

ron  =  »*»?  —  Zu  ""n  vgl.  oben  Nr.  14,  5. 


69.  (Daselbst.) 

PI.  Vni,  Fol.  14  mit  der  Note:   ,16.  Jan.  (and  impres.sed  Jan.  18.)   Hastily  sculptured  with  single  blows  of  a  chisel 
on    the  face    of   the    »mall    quarry.    S.    Side    of  J.  Ethlib.    The   lettres    all    distinct,     oxcepted   the  last    line  whieh 

l  have   iniitatcd   in   drawing. 

D^ivh  Dem  'Ä.sim 

////ön  I  OäSh  dem  Vhtim,  dem  .  .   .   .' 

DICJ?  Vgl.  oben  25,  9.  —  CCS  =  *JoLi  ist  das  Masc.  zu  dem  bekannten  weiblichen  Namen 
&Jäü  und  «,"t^« 


Efigraphische  Denkmäler  aus  Arabien.  g7 


70. 

El-Ally,  el  Khereyby  PI.  XII,  Fol.  20  mit  der  Note:    ,Stone  in  a  wall,  a  littlc  within   the  northern  gate,    3  feet 

from    thc  ground,    in  the  like  embossed  letters;    but  somo   obscure  and   somc  mutilated.    It  was  brought  from   the 

Helweiyil  en  Naka.  from  which  pcrhaps  the  other  building  stones  wero  fetched.' 

■  I  jrx  •  «  I  n 

i!2[nn]-inxi  I  ■•ö 
ii  M  •  nn  I  ^s-Q 

Sicher  kann  nur  Z.  2  gelesen  und  ergänzt  werden  I  •'»[nnlin«!  I  "'»[mjJDI  I  "'önions]. 
Vgl.  8,  3.  Zur  dritten  Zeile  vgl.   23,  8/9  DSin  I  pDJ?  I  »«-|3. 

71.  (Daselbst.) 

PI.  XIV,  Fol.  25  mit  der  Note:   ,4.  Jan.  On  an  outlying  sandstone  rock.  Scored  in  piain  great  lettre».' 

^Kni«  I  p  I  '^Kjrnö  Mata'U,  Sohn  des  .   .  .  hil 

hin  I  DJ?3n  Hanä'im > 

IT  jnn  1  h  ■  SIJ?  'Azz'  .  1,  der  Schwiegersohn  des  Dad. 

SKJjna.  Vgl.  25,  9.  —  DJ?jn  halte  ich  liir  einen  Beinamen  des  Ssm«  und  das  folgende 
"j^in  für  ein  Verbum  (etwa  gleich  jls.).  Die  dritte  Zeile  bildete  eine  selbständige  Inschrift, 
worin  das  Wort  jnn  =.  ^jji~^  beachtenswert]!  ist.  Zu  "TT  vgl.  26,  2. 

72.  (Daselbst.  PI.  XVII,  Fol.  32.) 
n  b  «  "I  Ö  Mar'iläh. 

73. 

Kikb  el  Hejr  (^Äi.\  ^j),  PL  XXI,  Fol.  38. 
■   ■   jn*?!?  'Alhän 

Vgl.  sab.  ph::  =  ^L^. 

74.  (Daselbst.) 

i  Ö  ö  n  IJimmän. 

Nordarab.  ^I*JI  Ju^   ^^Ua.  bei  Ibn  Doraid  150. 

75.  (Daselbst.) 

pari  I  pin  tlazlän  Habiq 


'  Halevy  liest  und  übersetzt: 

bxmK  I  p  I  bKSnü  Mata'el,  fils  de  Auh'e), 

hin  I  ayjn  a  r^par^  le  mur  (?). 


88 


D.  H.  Müi-i-EK. 


Sabäisches  Glossar. 

(Die  mit  *  versehenen  Wurzeln  oder  Formen  kommen  in  den  Euting'scUeu  Inschriften  zum  ersten  Male  vor.) 

Hif^n  XXV,  2. 

Hfl  (o^l)  'i'i"%;  «r^hn  (^:i)  I,  1-  XV,  1. 

hn  (^)  IV,   2.  VI,   1.  VII.   1.  X,   1.  XI,   3,  4. 
XV,   2.   XVII,   3. 
tHoHn   "•   pr.   m.   XLIII,    2. 

xhn  (^V  ^^^'^'  ^■ 

Ir^n  "•  pi--  m-  I,  2.  Xin,  2.  XV,  3. 
*t^<l>)n  n-   pr-  XXXVIII. 

))n   davon      ))[!       IX,      3;       ■)nr^      Xtl  ,      2; 

*H^(^X))nr^  IX,  1;  *^ri,Y))nr^  XV, 
•^:  *))nr^?  XI,  1;  *^))nr^3  XXIV, 
5;    *^))nr^^lHT    XV,    1;    *HY)nh 

V.    5. 


ItHI  davon  *LlYll1l>l1^  IV.   5. 
XX 1   "■   Pi--   m-   I,   2.   XXIV,    3. 
*^"1  XXXI. 
n)1   IX,  4. 

*X|ot>|   (Aiej)   n.    pr.    m.   XXXV. 
*h§>l  "•  1-   XL,   2. 

|::j  nota  relationes  (häufig). 
rnH  davon  ^r^iXTPHl]  i^-^^^)  IV,  4. 

friH  XXXIV. 

'i'H  Dual  von   ^   VII,   2. 

HH  «cmonstr.   Tron.   m.   XIX,    3.   XXV,    5. 

),^H  im   n.   pr.   1h)fnM7   XVII,    7. 

h)^H  III,  1. 

XH  Domonstr.   Pron.  fem.    V,    1.    VII,   3. 

.  nv  "■  1-  LH,  2. 
H)1Y  XXV,   5. 
X    .   Y  "•   pr-  I-I,    1- 

^Y    ((U)  in  der  Phrase  *^  Y1  I  ^  Y^)  1=  ^t^  (^ij) 
I,   3.  X,   3.  XXIV,  4. 
hHY  (oriS    n.    pr.    m.    XI,    2,    5.     XXXVI,    1. 

XXXVII,   1. 
*?^Y  (Ä«"»?)  XXV,  4. 

hY  XXV,  4, 
^Y^HY  I-  ;5-  vn,  1. 

*hr^HY  "•  pr.  LXVI,   1. 


Rh 

XLIX.   3. 

n)i^nh 

Xame  eines  minäischen  Königs  XI,   7. 

*Hnh 

n.   pr.  m.   (^^b\)  XXXIX. 

*HY)nh 

^J0)  V.    5.  ■ 

*?ntHh 

Name  einer  Königin  der  Stadt  C&CS  XXV,  5. 

HHh 

mit     SnfF.     r^HHh    XVII,     3.     XXIV,     6; 

r^iVHHh  XV,  4. 

t^®h 

(cr»y>)  n.   pr.   m.   IX,    7.   XVIII,    1.   XLIV. 

1<»h 

{j;h  XI.   4. 

Ihr^'i'h 

n.   pr.   m.   III,    3.    (Vgl.   hüC^H'  LH.    1    und 

C-K  LXIX.) 

*1f  h  (ar  -lYh  =  Jit)  XV,  6;  flYh  I.  5.  XI,  5. 

XIII,  4.  XXV,  6;   ^r^1Yh  XXV.  (5  [I,  4]. 

*^)Yh 

n.  loci  XVII,   7. 

*I^Yh 

X,   4. 

*)XXh 

ijL\)  XI,   4;   *Y)XXh   XIII,   4. 

.^?h 

i^^bj)  n.  pr.  m.  LXIX. 

1  h  C^!*)  !•>  den  Eigennamen  ^KCIK,  bKnm,  '^snv. 

bxc'K',  bHTzi;  •jK"'?»,  bKm©',  bKSiii,  ye^bK, 

n-itp^K. 

X1h1h 

XI,   3.  XXV,   3. 

oOTIh 

Xame  eines  minäischen  Königs  V,   4.   [XX, 

5],  XXII,   1. 

*^Y1h 

iU\)  XXIII,   4.  XXIV,   4. 

XYlh 

XIX,   2. 

*X11h 

XIX,  4. 

T)^1h 

n.   pr.  m.   LXXII. 

h^h 

in  lOKHB  XLVIII. 

^r^hh 

(\_^\)  XIII,   1.  XXIV,   4. 

Hi^h 

XJi)  n.  pr.  m.  XV,   1. 

^Ir^h 

((LJLi)\)  n.  pr.  m.  I,   1. 

•  •  Xr^h 

IV,  3. 

3B)h  (J'J^»   [IX,   2],  XII,   2.   XV,   7.  XXIV,   7. 

•  •  •  Xh 

IX,   2, 

^htHiHn  (=o»-^-)  XIII,  2. 

*hn<"'n  <o'^>^)  "•  '•  XIII,  2. 

*Hr^<i'n   1^>J)  Beiname  XLI,   2. 

xH?n  X,  4. 

B?n   n-   1-    XI,    2. 

X?n    '^^J  con,st.  I  YXTn  IV,  2.  XIII,  2.  XV,  3. 
XVII,    6;  demon.^tr.    llXTfl  IV,   2. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien. 


89 


XNo' 

Y<D 


davon  *X1h®^  (ÄJ^^^)  n.  pr.  m.  XLVIII,  1. 
n.   pr.   XXXVm. 

(Sj)  Gottheit  IV,  2.  VII,  1.  X,  2,  3.  XII,  2, 
3.  XIII,  2.  XV,  2.  XVII,  5.  XXIII,  1,  3. 
XXIV,  2,  5.  XXV,  1.  XXXVI,  3.  LXVI,  2, 
4;  in  lH®Xh)^  VII,  1,  3  und  t^ol^l]  n.  pr. 
XLIII   1. 

(tjf)  VII,   3.  XIV.  XVIII,   3.  XLVII. 
XXIV,   1. 

=  _;  XI,  4. 

n.  pr.  m.    V,  G.   XVIII,  3.  XXXVI,  1. 

mit  SufF.  f^itHI®  XIII,    5;    0(i,I>|1<D  XIII, 

6;   Plur.   Yt>l1<»h  XXV,    2. 

davon  *f  0®r^  ^I.    6   ii°fl   da.s  n.  pr.  *f  0® 

(=  fUj)  LXII.  [LXVI,   3.] 

Name  eines  Königs  von  Main   XI,    7. 

(fllCV)  IX,   6. 

davon   *<i>X(I>Xr^   (ö^j^^O  XXIII,    1. 


iHTnX   (>4y)  n.   pr.   m.   XXXII,   2. 
tH?X  (>>lj)  n.  pr.  m.  XXII,   2.  XXXV».  LXDI. 
•1hlH?X  (?)   "•  pr.  m.  XL,   1. 

*^^?x  i;i.})  IV,  3. 


*H^XT 

*xnihi' 

*HY 

HOT 

)BY 

)T 

H)T 


VIII,    2,   3. 

Beiname  XXXI. 

n.  pr.  m.  V,  6.  XXX.  LIII,  1.  LVIII,  8.  LX. 

(,jr4Q  Lxxiii. 

XXXIV. 

n.  pr.   m.  XIX,  4.  LVI.  LVIL 

r   V,   4. 

davon  j^^Yh  X,  4. 

LXVIII,  3.  (Vielleicht  =  HY  +  Xfll-) 

im    n.    pr.    ^Y))nrH^IHT    XV,    1. 

(^„»:»i.)  n.  loci  XXV,  4. 

XXXII. 

davon  *l0Xf  (tJL;:^\)  VIII,  4. 

n.   pr.   LXXI. 

n.  pr.  LXIV. 

LXVI,  2. 

LXI. 

n.  pr.  m.  XXXI;  davon  ^)Y^  n.  1.  XVII,  7. 


-inX  davon   *inXX?  (Jt^-)  XXV,  4. 
HXnx  XX,  1. 
*XY<i'X  mit  SufF.  ^r^XY<»X  IV,  4. 
CH1X  {^^)  n.  pr.  XI,  6. 
U|0)X  XXXVII,   5. 

Denischriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.    Abhandl.  von  Nichtmitgliedem. 


*H)n  LI-  2. 

H?  {^.)  t^YH?  XI,  1. 

otH?  davon  caus.  *o\>{<i^  VIII,  4. 
1h)flH?   n.   pr.  XVII,    7. 

Y^[<»?]  V,  4. 
*))nr^?  Beiname  XI,    1. 
l>|of  n.   pr.   m.  XI,    1. 
oO?  in  oOf-l[ii  und 
H  o  0  f  n.  1.  IX,  8.  XI,  8.  LVI.  LVIL  LX.  [LXIV.] 
*H|T1?  XXV,   5. 
1h)ri^?   n.   pr.   m.   XXV,   4. 

)  ^  f  Beiname   eines   minäischen  Königs   V,   4. 
[XX,   5.]  XXII,   1. 
1hY)^?  n.   pr.   m.   VI,   2,   3. 

ogf  Beiname  eines  minäischen  Königs  XI,    7. 
*X^??  n.  1.  VII,   1,   2,  3.  XLIIL 

(^  Präposition  III,  2.  VI,  2.  VII,  2.  [IX,  2.] 
XI,   1,   6.    XV,   2.  XVII,   5.    XXIII,   3. 
XXXVL 
}r\6  V,  4.   XX,  5;   Y)ni^  V.  5.   XI,  8.  XIII 

3.  XVIII,   2. 
Hörn  (o^)  I,  2. 
1l^  (Js)  vgl.  S.  36  ff. 
Hfllfi  I>XVI,   3. 

Xnir^  i^xv. 

*H:^1l^  LXVI,  4. 
*n)fn  (v»/)  n-  pr-  m.  XXVIII,   1. 

1  Präposition. 
fY1  XVL 
*Hti,®1   XVII,  1;  DualliYhh®1XXIIL  3;fem. 
HXh®1  XXIV,   2.  Mit  Suff.  r^YXha>1- 

Nh^  IV,   1. 

*iiYh1H1^  C'l^ö)  IV,  5. 

hY^  XXV,   6. 

XYHH^  IV,  4. 

iY^  XIII,   5. 
*X1h®^   (^^^)  n-   pr-   m.   XLVm,    1. 
Y1^  n.   1.  XXXVII,   2. 

1^1^   (icU)  V,   4.   XXII,  1.   Dual  const.  f  f^-]^ 
XI,   7.  XX,   5. 
*X(^1^  l^)  XXV,  5. 
H^  .  .  VIII,   2. 
hHr^^  XXV,  3. 
*^))nr^^  XXIV,  5. 


90 


D.    H.    MüLLEK. 


*n?r^^  (>-rv^)  ■»•  pr-  >"•  XXVII,  1. 
*)r^^  ^fiir  )g^)  VII,  4. 
t>|o^   i^jji^)  n.  pr.  m.  XV,   2. 
^o^  {>\j^)  n.   pr.  m.  LXXI. 
Ho^  (Stadt  Main)  V,  3.  XI,   3,  8.   XXII, 
1.   ^ll°^  V,   4.  XX,   5. 
*.{>Xo^  XVII,   (>. 

^^^  ^,U.)fl,Y^*^VII,4.^r^Y^'^^XI,4. 

*iH®Xh)^  VII,  1  [3]. 

*X?h)^  XIII.  4. 

H)^  n.  1.  XVII,  G.  [LIII,  2.J  LXX;  H)^H 
III,  1. 

TX^  ic^)  xiii,  1.  xvn,  4. 

oX^  davon  *oXX^?H  XXIV,   5. 


*Xl>lhh  "•  1-  XXXV». 

*HXnH  i')  °-  1-  XXXIX. 


®"1H  IV,   6. 

*f  )  1^  H  Gottheit  VIII,  2,  3.  XI,  3.  [XXXVII,  3.] 

),^U|  davon    )^li^   V,   3.   VII,   4.    XV,   2. 

*}=L,rSH  r    davon    *hr^llY    "•    W-    LXVI,    1. 

*"foUi  n.  pr.  XLI,   1. 

l'j.Ul  davon  *1'!'H?H  XXXVII,  4. 

)nr^  xi,3.  vgi.^Y))nr^^und  ))nis?- 

*^r^VX))ni^  IX,  1. 
*h^r^X))nr^  IX,  1. 

}\Q^   davon    )X|]]r^    (yii-il)   LH,    2.    LIV, 

2.  LVII. 
^  1  r^  n.  pr.  XXXIII  und  ^  1  r^i  h  I,  2.  XLII. 
*?^1r^  (c^)  '1-   pr-  fem.  XXIV,    1,   2. 
*?X^1r^  IV,  5. 

^?1rS  (^^iJ')  LXXI. 

o^r^  vra,  3,  4.  o^^^  IX,  3. 
^°^r^  V,  6. 
*hOr^  vgl.  fhO- 
T)rt   davon   *^XYy)rt  IV,   3. 
)X,^  davon  *X)Xr^  •   •  Xr^h   IV,   3/4. 

tHn°   I.   '>■   X,    1,   4;   *?tHn°  XXIU,    2. 

iiYii)Y°  XXV,  2. 

*?X°  davon   |H?X°IX°  I-   3- 
fdiXo  n-  1-  XXII,   2, 
t>|0o   davon  I>|of  XI,    1. 
)(^o  davon   ),«^of   XVII,    2. 
n°  davon    *X?1°    V,    1.    VII,   2.   XI,   ß. 
XXVI,   3   und   1Kl?-|o   XIII,   5. 
f(D>  n.  pr.   XLIV. 


X1°   VII,  4.   XIII,   (j. 
*^^o  n.  1.   LXII. 
)^o  XXXVII,  4. 
*fX^°  LXIV. 

oX)^o  n.  1.   V,  6.  Vil,  2.  XI,  (i.  XXVI,  3.  [XXX.] 
XXXIII.  XXXVII.  XLIV.  LVIII,  4.  LXII. 
LXVI,   1. 
*Ho  XVII,   6. 
*hHo  V,    1.    VII,   2.    XI,    {>.   XIII,   6.   XXVI,  3. 

^X°   davon   *.^X°^- 
)X?o  Gottheit  [L  3.]  V,   2.   Vn.   3. 

tofl  X,  4.  Vgl.  *hSriTn  XXV,   5. 

*n)n  davonrDTiTHxii,  2.  XV,  2;r^n)n?t=i 

XVII,  5;^fl,n)n?V,  3.  VII,  4.  XXVI,  4. 
*Xn)T]   n.   1.   VI,    2. 

*))n   davon))nr^XXIV,4;))nr^?nXXIV,3. 

?hO  davon   f^OrS   (für  ?hOr^)   V,    3.    VH,   4. 
*H^hO  VIII,   ],  3.  XXIV,   5,   7. 

THO  davonfliX?I>|0VI,l.VIII,2;rhYX?H0XI,5. 

*H^hYO  (ot-\  *3i?)  XLvm. 

*^Ya>10  IV,  3. 

^^r^O  n.  1.  XXV,   5. 
^0^0  XII,   3. 
YXO   VIII,    2,    3. 
*r^)gO  XXV,  3. 

*°t^l  IV,   5. 
<{>I>|^  Beiname   eines  minäischen  Königs  XI,    7. 
HXOYl   V,  1,  5.  VI,  3.  fXI,   6.]  XX,  1.    fXXIV,  8.] 
<D1X    VIII,   3;    Xa)1l    XV,    3;    HX<I>U   VI.    3. 
[XXII,   1.]  r^X<i>U  V,   2. 

*H^?U  i^xviL 

<i.oJf^  davon  ^ojf^^  XXV,  6;  «^ojl^r^f  XV,  8,  4; 
rt<^°I[r^?J  XVII,  4.  ^oj^Xr^  [XV,  4.]; 
'^»IXr^X  XXIV,  6, 

Bn<^  vn,  3.  [XL  3.J 

*Xn'l'  n-  1-  XXIX. 
H)n['^]  XXXVII,  4. 

^>|<|.  davon  Y^lH'l'  TV,    2;   1/|^I>|<|>  XIH,    3. 
^(D<J   davon    ri,Y^<^^    VII,   4.   ^,^Y^*^  XI,   4. 

'ii^if  1, 2.  X,  3.  XII,  1.  xvn,  2;  rhTH"!"  xxiv, 

2;   fi,YTh<^  XI,  ö;    ^r^TH^  Xm,  (1;  ?H^f 
XXIV,  2,  7;®<fH<^f|=|XXin,  2;LlX?H^t^ 

V,  5;  r^XTH-^r^  V,  2.  vn,  3. 

®H)'I>  XXIV,   G.  Vgl.  XV,   4. 


EpicRAPHtscHE  Denkmäler  aus  Arabien. 


91 


xn)  "•  1-  L. 

°t>|)  (t'^>_j)  n-  1-  I'!^'?  2.  LV,  2.  LVI.   LXIII,  2. 

l/|fa))  n.  1.  XLIX.  LIX. 

*<J>"i'<D)  n.  1.   XXV,   1. 

*^X?)  n-  1-  I.  4.  XI,   2.  XXIII,   3. 

*Xl>|lH°)  (i'^.J^^)  n-   Pr-  I^XIII,    1. 

*?B)  (=Lij)  n.  pr.  LIX. 

°X)  vsl.  oX)^o. 

tH?)  XI,   2.   [XXII,   1.]  XXV,   2. 

^h^  VII,    1;  r^^h^    VI,    1,    [2.]  VII,    2. 

)Y^  n.   pr.   III,   2. 


*^?rn^   n-   pr-   m.  LXVII. 

)f^^  davon  1h)|^^?  n.  pr.  XXV,   4. 
*f^^^  n-   pr.  fem.   XXIV,   8. 
)0^   VIII,   1. 

)o^  davon  *)o^Xr^  (_;ji-iJivü\)  XV,   5. 
Y)^  davon    T)^1h     VII,    2;     1ht)^?    VI, 
2,  3. 

X1^?X  (CjV\  ^0  LIV.   1.  LV,   1.  LVL 

.  .  .  <Dg  XI,   4. 

Ihn®?  n-   pr.   m.   LXIV. 


Lihjänisches  Glossar. 


K 

El"?«:« 
n-ix 

1K 

bxmK 

C1X 

PIK 

nnx 
-inK 

bH 

hü 


nbx 

DK 


als  Artikel  statt  n  21,  4. 

n.   pr.   m.   (uJ\  j^l)   23,   1.   25,   2. 

n.   pr.   m.   58,    1. 

OH)    1>    2. 

G^)   14,   2. 

(vielleicht  =  bü   f  o^jl)   n-   pr.    71,    1. 

vgl.   OK. 

(^j^l)   8,   4. 

(^\)    davon    Plur.    omnK    ((O-ft^^-l)   34,   3.   nnnii 

27,   8. 

(j.i.\)   9,  3.  38.  51,  1.   62,  2.   67,  2.   Plur.  nriK 

O^ii-t)  23,  4.  34,  2.  Participium  nÜKHO  27,  2/3. 

(yL\)   davon  nmnK  (^^\)   25 ,  5.    ■'önmnx 

{l^yL\)   8,   3.    70,   2. 

n.  1.  (?)  64,  2. 

(=  hcbr.  ■?!<)    in    den    u.    pr.  ^KPlix,    ■JKiay  53. 

bKön   39,    2.   57,   2.   "tk"?!   57,   3. 

(s"!jj)    in  den  Eigennamen  nbani,    n"?!],    n'?K"lÖ, 

nb^a,  nb[ä]n,  n'^nyo,  nbrm.  Davon  der  Plural 

nnnfflbKi  ((.-«-^'»)  22,  2. 

(^\)   in    dem  n.   pr.   rjbxaK  23,   1.   25,   2   und 

in   Pi^Kna   27,   4. 

in   dem  n.   pr.   fem.   nöPinbK   25,   8. 

(J\)  davon  na[Kl3  (a^SU)   9,    1    und    nöK   (l-{-«0- 

(<L«\)   in  dem   n.   pr.   fem.    ppTlSK    (^f^.    *-«0 

26,   1. 

{^\)  davon  jöKJn   (Pai-ticipium   der  VII.  Form) 

14,   8. 


[K  (ol)   in  [Kl  (oli)   14,   6  und   njKB  (ajÜ)  14,    7. 

oyjX  ((Uj\)   n.   pr.   m.    37,    2. 

DX  (Jcj!)    n.   pr.   m.    G,    1.    Vgl.   auch    38,    5.    46. 
d'tDK  (Puo\)  n.   pr.   m.   33,   2. 
fr  BOX  8,   4. 

[Cyx  Ccj-^^  oder  ^^LviaJ\  ?)  21,  4. 
nyEK  (,>a»0?  n.   pr.   m.    1,    1. 
IpnXK  (jfj^aj^t)    IG,    2;   ppT  1  JtX    18,    2. 
nXBX  (or^l)   "•   pr.   ra.   30.   32.    Vgl.   auch   2,   2. 

ISEK   28,    5. 

PEN  (^1?)    davon    ipex   {\)^\)  4,   4. 
IWIX  (o>*^j^)   54,   2. 

rnx  (hobr.   n"iX,   sab.   nix)   mit   Artikel   nixn   21,    7. 

ynx  (Causat.   von  yin?)   25,   2. 

3  (i ))  Präposition  häufig.   Mit  Suffix  na  (*o)  2,  3. 

ia  21,  5. 

bia  vgl.  i'^a. 

na  Orts-  oder  Stammesnamo  in  na"!  I  pn*?  8,   5. 

rra  vgl.  na. 

nsa  27,  8. 

[ba  (o^^^jj)  11.  pr.   66. 

ba  (Ji)   57,   3. 

'33  (^^S)   64,    3.   Plur.   vja   0>^O   8.    1- 

p  (j^\)   häufig. 

n:3  (C^)   25,   8.   26,   1. 

jyäa  (o^O  1.  3- 

by3  (J-»4)   i™  Eigennamen  byasnj  35,    1. 


92 


D.  H.  Müller. 


ra  iS^).  Davon  .  .  n  I  ns  Ö,  l.  ll.  Mit  Artikel 
na-t  (cu*-J\)  16,  4.  Mit  SufF.  nns  (^)  10. 
27,  6. 

-n  n.  pr.  m.   26,  2.   71,   3. 

p"I  (o^^)  "•   P'-   ™-   ^'^'    ^• 
nnin  (iic^,  sab.  XX°N)  'i-  pr-  ''^4- 
ttfn  (^'i.  sab.  hXlH)-   Mit  Artikel  xrnn  27,    3,  4. 
m  (hcbr.  n-j?).  Mit   Artikel  mn  27,   7. 

n  nota  rclationis,  wohl  gleich  )i  oder  ^i.  Vgl. 
napn.  nan,  B]'»n,  n'?pi,  ipcDK-i. 
rn  (\i)  pronomen  demonstrativum,  immer  dem  8ub- 
stantivum  nachgesetzt:  rn  I  loan  (M  jj^\)  9,  2. 
29,  3;  rn  I  nan  (\5  c--^^)  16,  4  ;  ni  l  nypan 
23,  5  (li  >ii.;)\\  Vgl.  auch  14,  7  und 
18,  5. 
T3i  (/i)    14,   4. 

DT  (fir)  davon  nnö  n.   pr.   15. 
TOT  (^i)   16,   3. 

nn  (OU)  pronomen  demonstrativum  fem.  ebenfalls 
nachgesetzt  riT  I  nnosn  58,   2. 

n  Artikel ,     häufig ;     sehr    selten     dafür    K.     Als 
Pronominalsuffix  steht  es  für  i   (sab.  a>  Y)  und 
\jb  (vgl.  s.  V.  ck).    Der   Plural   lautet   nn  ((t*), 
der  Dual  «ön  (U-*,  sab.   f^V)- 
nan  (Ä^*?)  n.  pr.  68,   1. 

DXJn  {^\y^\})  n.   pr.   m.       1)    Vater  des  'öbn   4,   5. 
9,  3/4.     2)  Sohn  des  -abn  25,  6.     3)  ohne  nähere 
Bestimmung  23,    9. 
Kjn  ?   in  •'bvtan  23,  6  und  bbDKJn  23,    7.  Vgl.  jedoch 

•'bv  und  '?'?D. 
ncn   (^  hcbr.   nan)   Gaus,   von   ns    70. 
nenn  (Ä-«yb)  n.  pr.  m.   1,  2. 

1  copulativ  arab.  i. 
■jKI  (JJ\j)   n.   pr.   m.    1,    1.   21,   4. 
"^1  (flȀ/i)  .stiften'  (ein  Denkmal)    14,   5,   7.   Vgl. 
auch  68,   2.  Plural  i-m  27,   2. 

mam  (>5  v_-o65)   n.   pr.    59. 

nbiani  (»-^l  c-^^)    n.   pr.   m.    2,    1.    4,   1.    27,    1.    61. 
bHb^  (*  J  ^^)  n.  pr.   57,  3. 
p::  n.   pr.   35,  2. 
noi  (?)  12,  3. 
-Ül  (?)   12,  3. 

'Bl  (^})  TTtflb    (<»^>J)   22,   3. 
nm  (vi*;;,)  nnni  I  "ji  "(Ai^J^Jj)  9,  2. 


ni  (jo  p  "•  pr.  m.  47  (?)  56.   Dagegen  scheint  es 
Appcllativum  zu  sein   in  napnm   9,    1. 
fimt  (iJljjal  Joj)  n.  pr.   37,   1. 
nblt  (»"^l  joj)   n.   pr.   m.    7. 
'JiilT  (,_^"  joj)  n.   pr.   ra.   4,    1.   27,    1. 
•^•in  (?)  Beiname   15. 

aan  {^.^--^)  n.   pr.   m.    10. 
bm  71,  2. 

mn  (0\>^)   n.   pr.   m.   27,   2. 
fiin  siehe  nn. 
]bm  n.   pr.    75. 

"n  21,  5. 
e|bn  davon  onebn  27,  6. 
nan  (j.^)  im  n.  pr.  nannb«  25,  8. 

nan  {,^f^    n.    pr.    (?)    65.     Vgl.    auch     das    n.   pr. 

nana  28,  l. 
bxon  n.  pr.  m.   39,   2.   57,  2. 
nan  27,  4,  6.  Davon 

laan  (0*-*=^)  "•  P""-  ™-  '^^■ 
ipn  (^8a)    davon    -lea  I  •'pna   (Dual)  25,   3.   27,   7. 
bpn  davon  bpnp  n.   pr.   m.    26,   3. 
ann  (03^)   davon   onain   (^Jfj'jL)  1,  2. 
rrn  davon  das  n.  pr.  na^no  51. 
npn  n.  pr.   57,   1. 
bnn  (J.J^)  n.  pr.  m.   67. 
nn   (ö)s».)   im  n.   pr.   nniT   37,    1. 

nxan  (ÄX^)  n.  pr.  49. 

pari  (i3^)  Beiname   75. 
^tn:n  8,  4. 

nsön  (?)  21,  2. 

n^bn  (ilXr;.)  14,  8. 

n'jR  (?)  52,  1. 

Dbn  (?)  52,  5. 

rbn  (?)  52,  4. 

•an  davon  das  n.   pr.   m.   'ann   8,   3/4. 
Dan  {,jJ;J^)  23,   8.   25,   5.    52,    1    (?). 

,nn  i^xL)  71,  3. 
.  .  .  ts   18,   4. 
la'   35,    4. 

nr  14,  6. 

2T  21,    1. 

]P"  (^{yäi)    davon     pp'nBK     n.    pr.    fem.    26,    1    und 
IP'nn  n.  pr.  26,  3." 
npp'  (jjiÄj)  14,  4. 


Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien. 


93 


-Q=  (;--S)    Dual  n33  (^^)   23,   3  '4. 

bbs  (JS)  mit  Suff.  r^hh3  Ojs)  9,  2.  23,  5.  Viel- 
leicht davon   bsian   23,   4. 

102  (nah.  -IS3,  arab.  j^)  25,  3.  27,  7.  Mit  dem 
Artikel  nasn  9,  2.  29,  3.  Vgl.  auch  13,  2. 
Das   Verbum  -iS2   (llj)   nur   9,   2. 

ans  (v-.*;^)  davon  •'nnsn  (^-j'bü\)  l,  1. 

b  (J)   Präposition   8,   3.    25,    6.    26,   4.    Mit   dem 
Suff.  r\h  (iJ)  9,   2.   Mit   vorangehendem  i  ver- 
bunden I  bi  I   9.   2.  Vgl.  auch  27,   6. 
nh  (i^jJ)  Präposition  27,   3. 
pb  (i^\>^)  n-   pr-   m.   8,   5. 
nb  (^?)   davon  ty  T^bt  (üi  iU)   14,   6. 
r"''-'  (o^^)  Name  des  Stammes  oder  Volkes,  von  dem 
die   Inschriften  herrühren    8,   5.   25,   7.   29,   2. 
'üb  n.   pr.   m.   27,    1.  Davon   das  n.   pr.   'öbn. 

TKö  (iSL.)  27,  5.  28,   2. 

bzü  mit  Artikel  "sasn  21,   3.   27,  4,  5,   23,   6,   7. 

na  12. 

-\1Q  23,   6. 

bis  vgl.  "^noa. 

nna  n.  pr.   15.   39. 

npna  (t_ysj^)  n.  pr.  41. 

'pna  (?)  40. 

nana  (^r*^^  "■  pr-  m.   28,   1. 

nwna  n.  pr.  51. 

p8  (o*^^''  ™'t  Artikel  pan  50. 

nSa  n.   pr.   m.   39,    1. 

bsö  mit   Artikel  b'Dün  23,   4. 

Dnnba  20. 

iba    (dJ^)  8,   5.   25,   7.   29,   2. 
■sba  (J<Ju>)   mit  Artikel  bbön  Beiname   10.    Davon 
vielleicht  rhu  n.  pr.  m.   39,   1.   Vgl.  auch  ^öö. 
I^a  Beiname   62,    2. 

bnaa  8,  i. 
büü  2,  2. 
I»  i^^)  10. 

ja  (^)  in  lar  (^)  29,   3. 
^Da  {i>$iyZ^:)   Beiname.    Mit   Artikel   "^Dön    57,    1. 
naboa  (Ä.^.l.tt-<  oder  Ä.»JiXiiwc)  n.  pr.   54. 
Öa  mit   Artikel  ban  26,   4. 
nya  (i.ii)  n.  pr.   23,   6.   26,   2. 
pa  (g^)   Präposition,   nur  onya   (J«-<-a-«)   21,   3. 
j  .  ra  23,   .5/6. 

nsa  10. 
ippö  (j^iJLi),  mit  Artikel  nppan  23,   5. 


nnpa  (j\jX«),  mit  Artikel  inpan  4,  3. 
bnpa  (JJX«),  mit  Artikel  "rnpan  14,  9. 

na  (J-i)  n.  pr.  m.  27,  2. 
r^b-^a  {»•^\  '^)  n.  pr.  34,   1,  4. 
in'Kia  n.   pr.    31. 

nbsia  (!s'J\  'j.~>)  25,  1.  72. 

pna  (^-c),  davon  nynan  (ÄjoUJ\)  Partie. fem.  25,  9  und 

bxyna  n.  pr.  m.   71,   1. 

ana  (i_j>-tc)  1,  3. 

pana  (^J..ii«),  mit  Artikel  panan  9,  3. 

DK3  (i_^\y,   sab.  (^  }ii  U)),   mit  Artikel  DKJn  n.   pr.   m. 

9,  4.   23,   9.   25,   6. 
jaw  mit  Artikel  pKjn,    Participium   der  VII.  Form 

von  pK   14,   8. 
J?a3  mit  n,  wsn  45,  2. 
n:  mit  Artikel  njn  23,   2. 
a  •  cm  n.   pr.    62,    1. 

-inj  im  n.  pr.  nnsain. 
nnj  (viuäaj)  24. 
id:  Cr-li)  ,Gottheit'   22,   2. 
nKDJ  (^li^)  n.   pr.   m.   28,    1. 

DJ  Mann,  Gemahl  26,  4. 
riDJ  ,Frau'   (vgl.  *UJ)   26,   2. 
üs:  CJo)  4,  2.   Mit  Suff,   nayj  {*^)   10;   crin 

71,    2.   Davon  auch   nyjN   ^fJ>J\)  w.   s. 
Ij^yj  (=     hüi)    Participium    der    VII.    Form    von 

Jj.s,  birjnb  6,  3. 

■^jyj  (^  ^»JUä-Lc)    Participium    der    VII.    Form    von 
v»X-U,  "ijyjm  4,  3. 
"BJ  57,   4.   Davon  das  n.   pr. 
n'BJ  (nah.  rej)   27,    2. 

Cr 

DB5  (^j»^)   Denkmal   14,   5.   27,   2. 
p    72. 
"lapJ  {=  r-«^^)  Participium  der  \'II.  Form  von  ^, 

napjn  35,  2/3. 
-|»3  28,   3. 
byajnJ  nord semitischer  Eigenname   35,    1. 

.  .no   12,   3. 
bbo  in  "r^bDSjn  (VII.   Form?)   23,    7.   Vgl.   'bs- 
D^D  (|«-l-»*>)    Euting    814.     Davon    die    n.     pr.     aboK 

{ßJ^\)    33,   na^DB   (Ä.»i..v.^)   54   und 
pbo  (oUJuo   oder  ^^jU^J--»)   n.   pr.   m.   26,   4. 
'IBD  (^^U^)  4,   5. 

nJD  (il^o)  8,  4.  9,  3.  23,  8.  25,  5.  28,  4.  52,  2.  55,  2. 

nyo  (jJi-^),  mit  Suff.  sing,  ntpo  («jJi^)  25,  4.  22, 

3.  26,  6.   Mit  Suff.  dual.  'ampD  {lJ>,JJ..ii)  8,  3. 


94 


D.  H.  Müller. 


nyo  (j>i~»)  n.   pr.   m.   IJ,   1. 
n'7-trc  \>i'^\  jj«-»))  n.  pr.  36,  2/3. 
rcc  davon  JPBBKI   8,   4. 
ino  (Ö5^)   ä4,   8. 

■  .  ap  mit  Artikel  .  ajn  34,   2. 

■  irr  (j^)  n.   pr.    56. 
■  3127  n.  pr.   60. 

bttnz::  (hebr.  ^xnay)  n.  pv.  53. 
pzs  23,  9. 
Bin"!:j?  n.   pr.   m.   9,   1. 

nanj?  (vgl.  ^^J^)  n.  pr.  48. 
"iir  (ils)  davon  nr  (j^.)   14,   6. 
h  ■  KIP  n.   pr.    71,   3. 

•br  (,jii)  Präposition.  Davon  -lOrhs  (U4-*J^)  ^7,   3. 
"bp  (,^)  n.  pr.  m.  42.    35,   5.    Vgl.    auch    'bp«:."! 

(VII.   Form  von   ""^r?)   23,    6. 
BÖP  (?)  57,   4. 
pn-OP  (sab.  oX)^°)  n-  pr-   57,   3. 
pp  (^)   29,   3. 

IM?  (>i^^-^)  davon  das Participium  ^Jpsn  (,»>UäXJ\)  4,  3. 
njp  f?)  27,  8. 

Bl'P  (f^^  oder  j,-oc)  n.  pr.  m.   25,   9. 
Z-ip:!  (i_>^ü)  n.  pr.  m.   25,   1. 
-nf  (Je  oder  jji)  29,   2,  3. 

nap  (ÄjU)  n.  1.  mit  vorgesetztem  n  (^3)  nap-i)  4,   2. 
8,  1.   9,  1.   11.   13.   16,  3.   17,  3.   18,  3.  27,  2. 

jnp  n.   1.  ]f\Tn   39,   2. 
PlSp  n.   1.   nbpT   25,   2. 

JCP  (o*-^)   fCPn   1,    1.   ppx  21,   4. 

£  {=  arab.   tj   Conjunctionspartikel)    -npB   (>^-«i) 

29,   2.   nbo   (^ji)   14,   6   und  njKB  (.illi)    14,    7. 
rnc  (,_yÄa-l»)  Beiname  67,   2. 
OöB  (vgl.  Ä.^U)  n.  pr.  69,   2. 
nbc  n.  pr.  m.   9,   1. 
■l'B  davon  die  n.  pr.  nxBK  (,^j-o»\)  57.   59.  jitBK  (?) 

28.   4.  Vgl.  auch  2,   2. 
ts-B  (t.^)   Substantivum    2,    3    (?).    Mit   SufF.   rtBlB 

25,    4.    26,    5;    ri'BIB    17,    3/4.    DHEnB    4,    4. 

23,   7/8.  'OnD-iB  8,   3. 

-»«  ''?)   28,   3. 
nx  (?)  1.  3.  28,   1.  Davon  vielleicht  njto  10. 


piü  (^J^)  davon  [pnjt«  (^^-jv^l)  IG,  2.  Vgl.  18,  2. 
obx  {f,^^,  hebr.  obs,  sab.  ^I^).  mit  Artikel  nbxn 

21.  cnna'jjt  22,  1. 

Viü  (jiUo),    mit  Artikel  yjxn    (fJUaJ\)    24.    25,    2. 
nnsi"  (sab.  XTOl,),   mit  Artikel  nnssn  58,   2   und 
nPlBXK  67,   2. 

bap  57,  3. 

aip  28,  4. 

inp  (jjJJ)  davon  -npan  (j\o.i-J\  oder  jjkl^l)  4,   3. 
■JaJBp   n.   pr.    23,    1. 
nisp  (*'UJi)  4,  2.  8,   2. 

'jp  21,   2    und   im  n.   pr.   ^ptt   2,    1.    4,    1.    27.    1. 
'::}p  (SJ^),  davon  isp'  (j^»«Jö.)  14,  4;  ippan  (jjiäJI) 

23,   5. 
abp  Beiname   61. 
riDip  (Älj_r*)   12,   2. 

bnp  (j-üJ),  bnpön  (J.;XJ\)  14,  9. 

'KT  23,   8.   55,   5.   70,   2. 

na-l  n.   pr.   60.   63. 

Din  (^j-\5j)  n.  pr.   33. 

•jpi  (Ji^)  n.   pr.   38. 

DSn  n.  pr.  36,   1. 

n'^pm  (!S^;\  5^;)  n.   pr.   26,   5. 

ontr  14,  3. 
bb(P  Beiname  64,   1. 
büV  (jX;-i>)  n.  pr.   29,   1. 
pÜV  35,    5/6. 
nptr   C-i-x-y^)   23,   2.   4 

anir  43. 

bpnn  n.  pr.  26,  3. 
fp'nn  n.  pr.  26,  3. 
•'önn  n.   pr.   m.    8,   4/5. 

nhh  1,  3. 

'tt'?n  n.    pr.    m.     1)   Vater    des    oxjn    4.    5.    9,    3,4. 

2)   Sohn   des  OKJn   25,   6. 
pcn  (^')  52,   3. 
npn  18,  4. 

-an  (j^)  pano  9,  3. 
ain  (s->ü"),  an»  ((v^^)  i.  3- 
'Jon  (,_yUJ')  55,  3. 
inn  (o'-=^'*)  9.  3. 


EpIGKAPHISCIIB    DjilNKMÄLER    AUS    ArABIBN. 


95 


Abükarib  Jati",  König  von  Ma'in  3.48. 
Adabi,  Königin  der  StadtFusam  3. 35. 
Adabil  (Adbcl,  Idbilai)  48. 
Aliram  n.  1.   43. 

'Aleidah,  Nachbarn  von  el-'Öla  10. 
xilphabet,   phöniliisches   4.   6.    20. 
Alphabet,  proto-arabisches  20. 
Alphabet,   sabäisches   4.    6. 
Alphabet,  sabäo-äthiopisohcs  20.  21. 
Alphabet,  südsemitisohcs  4.  18.  20. 
Alter  der  minäischen  Inschriften  3. 
Alter  der  lihjänischen  Inschriften  6. 
Altäre  25. 
'Ammrata'  n.  1.    Vgl.  oX)^o  und 

'Attar,  Gottheit  2.  26. 
'Attar-Rait  ■»   21.    22. 
'Attar  du-Qabid   30.   [33.] 
'Azwaj  n.  1.  44. 

Baddän,  Cultusstätte  Wadds  (?)  39. 

Ba'lauflihjänischon  Inschriften  5. 80. 

Bauart  von  cl-'Öla  8. 

Beli,  Nachbarn  von  el-'Öla   10. 

Bübän  n.  1.  39. 

Bütte  des  Abtes  von  Maursmünster  9. 

Carawanen.   sabäischc   4. 
Carawanen,  nabatäische  8. 
Colonien,  minäischc  in  el  -'Öla  2.  3. 

6.   9. 
Cultus  der  Lihjan  5. 
Cylinder,    babylonischer  mit  lihja- 

nischer     Inschrift      im     British 

Museum   4.    19. 

Da'that    n.  pr.,    min.  51.    lihj.   73. 
Doughty   6.    10.    16.    21.    28.    42. 

47.   49.  51.  53  —  58.  60.  62.  64. 

66.    72.    73.    76.   83.   87. 


Epigraphisches : 

Getrennte  Schreibweise  bei  Eigen- 
namen 40. 

Trennungsstrich  fehlt  30.  40.  80. 
etc. 

Zeichen  ^  kommt  in  den  minäi- 
schen Inschriften  von  el  -'Öla 
nicht  vor  47. 


Sach-  und  Namen-Register. 

Zwischenraum  als  Markirung  eines 
Absatzes  40. 
Euting's   Beschreibung    von  el  -'Öla 

8—11. 
Euting's  Libor  inscriptionum  proto- 

arabicarum,  sabaeorum,  thamudi- 

oarum  etc.   2. 
Euting's    Eoiseroute    2    (Tafel  XI). 
Euting's   Tagebücher   1. 

Frauenherrschaft  in  Arabien  3. 
Fundstätte   der  Inschriften    7. 
Füqarah,  Nachbarn  von  el-'Öla  10. 

Fusam  n.   1.   47. 

Geheine,  Nachbarn   von  el  -'Öla  10. 
Gemme    des  Wiener   Hof-Museums 

mit  proto-arabischer  Inschrift  20. 
Ghabatn.l.  Vgl.  Lihjänisches  Glossar 

s.  V.  nay. 
Ghahn  n.  1,   81. 
Ghalh   n.   1.    74. 
Ghassän,   Stamm   58.    70. 
Ghuräbat  29. 
Grab  51. 

Grablöcher  und   Grabhöhlen    9.    10. 
Grammatisches : 

Afa'I-Form  im   Minäischen   28. 

Afa'1-Form   im  Lihjänischen   12. 

Artikel  in  den  semitischen  Spra- 
chen 4. 

Ai'tikcl  ha  im  Lihjänischen  4.  13. 

Artikel    a    im    Lihjänischen    14. 

Ausfall  des  K  im  Lihjänischen  14. 

3  (Präposition)  dem  Imperfectum 
des  Verbums  vorgesetzt  46. 

Causativ  im  Minäischen   34. 

Causativ  mit  s  bei  Verba  primae 
w  und  j  31.   34. 

Causativ  im  Lihjänischen  14. 

Conditionalpartikel  'ön  I  p  48. 

Conjunotion  ^  wird  s^  geschrieben 
34. 

Deminutiv   39.   45. 

Deminutiv    im  Lihjänischen    13. 

Doppelte     Schreibung     des     ver- 
doppelten Consonanten   14.  34. 

Dual   im  Lihjänischen   12. 

Dual  von  n  =  ^n   30. 


Dualsuffix  löD   32. 

Elision  des  n  im  Lihjänischen 
12.    14. 

Elision  des  n  im  Sabäischen  30. 

Genitiv -Verbindung  der  n.  pr.  46. 
j    plene     geschrieben     21. 

j  Verschiffung  des    — •    22.    33. 

j  im  Inlaute  und  im  Auslaute 
13. 

Ma'in  vgl.  1^°^. 

Mimation   im  Lihjänischen    15. 

Nisba  im  Lihjänischen    15. 

Numeralia    im    Lihjänischen    15. 

Orthographie  des  Lihjänischen  13. 

Partikel  fa  (ljI  im  Lihjänischen 
und   Nabatäi sehen   12. 

Perfectum    energeticum   31.    46. 

Plural ,  äusserer  im  Lihjäni- 
schen  12. 

Plural,  innerer  in  Lihjänischen  12. 

Plural,  masc.  neben  dem  fem.  25. 

Pronomina    im    Lihjänischen    14. 

Pronominalsuffix  im  Minäischen 
21. 

Quadrilitterae   38. 

Eeduplicirte  Wurzeln  38. 

Syntactischer  Gebrauch  des  Wört- 
chens ba  36  if. 

Syntactischer  Gebrauch  des  Suf- 
fixes im  Singular  und  Plural  33. 

Syntactischer  Gebrauch  des  Stat. 
oonst.  eines  Wortes  in  Ver- 
bindung mit  zweien  oder  meh- 
reren Wörtern  34. 

Transposition   des  K  29. 

Uebereinstimmung  des  Verbums 
mit  dem  Substantivuni  im  Nu- 
merus 30. 

Wechsel  von  h  in  h  22. 

Wechsel  von   to   in   D   28. 

Wechsel  der  Tempora  31. 

Haläwijct  cn-Nebi-Sälih   9. 
Halevy  (Joseph)  4.  6.   16.   17.   19. 

72.    73.    75.    76.   80.   83.   84. 
Hanu'äs,    Sohn    des    Talmi,    König 

der  Lihjän   5.    73. 
Hanu'äs,    Vater   des  Talmi   (Königs 

der  Lihjän)   61.   64. 


96 


D.  H.  Mollbu.     Epigraphische  Denkmäi-er  aus  Arahibn. 


Harrat  al-'awerid  8. 
el-HigT  2.  3.  8.  10. 
Huber  ß.  10.  19.   51  —  53.   58.   60. 

e«.   83 — 85. 
Husam  n.  1.  48. 

Iljahabsirr  n.  pr.  20. 

Iljafa'  Jaäftr,    König   von    Ma'in  3. 

26.  44. 
Inschriften,  die  minäi.schen  von  cl- 

'Öla  21—58. 
Inschriften,  die  lihj&nischen  von  el- 

'()\a.  58—87. 
Inschriften,  proto-arabi8che6. 16.19. 
Inschriften,  phönikische  17. 
Inschriften,  horizontal  und  vertical- 

lanfende   2.   6. 
Inschriften  auf  Felsen   10. 
Inschriften,    nabatiiischc   in   'üla  8. 
Inschriften,  nabatäisohe  in  Arabien  6. 

Jafan  n.  1.  Vgl.  HoOf. 
Jaghüth,  Gottheit  5.   19. 
Jaqin,   Gottheit  (?)   5.    76. 
Jatha'amar  Sabai'  3. 
Jathimat  n.   1.  Vgl.   X^S?- 
Jüdischer  EinHuss  in  Arabien  5.  70. 
72. 

Kameele,  freiweidende  24. 
KameelfüUen,   24. 
Kameelherde   24. 

ul-Khreibeh,  Ituinen  von  el-'Öla  9. 
Klima  von  el-'Ola  8. 
Königinnen  in  Arabien  48. 
Koran   41. 
Koranische  Sage   41. 

Laje,  Gipfel  des  Harrat  al  -'Awerid  8. 
Landau,   Vater   des  Ta^mi    (Königs 

der  Lihjän)  64. 
Laute,  südsemitische  4. 
Lehnwörter,    lihjanische    im   Naba- 

täischen  6. 
Lehnwörter,    sabäische  im  Lihjäni- 

schen  6. 
Lehnwörter,  nordsemitische  im  Mi- 

näischen  3.  26. 
Lehnwörter,   nordarabische   im  ili- 

näi sehen  4. 


Leichengewünder  10. 
Lihjäii,   Volk  in  Nordarabien  5. 
Lihjanische  Gottheiten  5. 
Lihjanische  Könige   5. 
Lihjanische  Sprache   11 — 15. 
Lihjanische  Schrift   15—21. 
Lihjanische   Inschriften   58 — 87. 
Lihjanische  Inschrift  auf  babyloni- 
schem  Cylinder  4.    19. 

Mar'atwadd    n.    pr.    oder    Gottheit 

(?)   30. 
Masrür  n.   pr.   20. 
Medain   Sälih   2.   8.   47.   49. 
Milchbütte     des     Propheten     Sälih 

9. 
Minäische  Colonien   2.    3.   6.   9. 
Minäische  Gottheiten  2.  47. 
Minäisehe  Könige  3.   35.  44. 
Minäische  Sprache   2. 
Muhammad  ihn  RaÄtd   10. 
Mumienfratzen  10. 

Na'dat  n.   1.   61. 

Nabzan  n.   1.   52. 

Nabatiiischc  Inschrift  in  el-'Üla  8. 

Na'amÄara   ii.   pr.    20. 

Nakrali,  Gottheit.  Vgl.  Sabäisches 
Glossar  T)(^H. 

Nasr,   Gottheit   6.    71. 

Natanba'al,  nordsemitischcr  Eigen- 
name im  Lihjdnischen   80. 

Neger,  heutige  Einwohner  von  el- 
'Öla  10. 

Nordaraber  bedienen  sich  der  sa- 
bäischen   Schrift   4. 

Nordarabische  Schriftsprache  vor 
Mohammed   5. 

Nordarabisoher  Dialect  4. 

Nordseniitische  Entlehnungen  im 
Minäischen   3.   26. 

el-'Ola,  Stadt  in  Nordarabien,  nörd- 
lichste Grcnzfactorei  der  Sabäer 
8  —  11. 

Ornamente  von  el-'Öla  9. 

Priester  und   Priesterin   42. 
Quellen,  warme  in  el  -'(Jla  8. 


Eabbat  u.  1.  60. 

llait'"   n.   1.   21.    32.   4,5'. 

Räuchcrfiisser  25. 

Eidii'  n.  1.   Vgl.  Sabäisches  Glossar. 

lli'didat  n.   pr.   66. 

Ruwjän  n.  1.   64.   55. 

Ruwaiq   n.   1.   47. 

Sa'i'd,    Statthalter    von    el-'ÖIa   10. 

Sälih,  Prophet  9.  41. 

Samsi,   Königin  von  Arabien  3.   46. 

Sargon  3. 

Scheiban,     Gipfel     des     Harrat-al- 

Aworid   8. 
Scho'aib   41. 

Schrift  der  Lihjän    15 — 21. 
Schrift,  südsemitische   6. 
Schrifttabelle   15  (Tafel  X). 
Sculpturen  in  el-'Öla  10. 
Secte  der  Ueberlieferung. 
Schneefelder  in  Arabien  8. 
Sprache  der  Lihjän   11 — 15. 
Statuen   9.    71.    72. 
Steine  9.   25. 
Steingefässe  9. 
Steuer  29. 

Tahmi,    Sohn    des    Laudän,    König 

der  Lihjän   5. 
Taimjaghüth   n.   pr.    19. 
Talmi,    Sohn    des    Hanu'äs,    König 

der  Lihjän  5. 
Thamüdäer  5.   6.   9. 
Thongefässe  in  el-'Öla   9. 
Thürrae   2.   25. 
Tiglat-Pileser  II.   3. 
Trümmerfelder  von   ol-'Öla- 9. 

Umm  Näsir,  Fels  des  Castells  von 
el-'Öla   8. 

Wadd,  Gottheit  2.  Vgl.  Sabäisches 
Glossar  s.  v.  C>|  3). 

Wadd-Baddän    39. 

Wadd-Rait"»  45. 

Waqahil  Sadiq,  König  von  Ma'in  35. 

Wutar,  Gipfel  des  Harrat  al-'awe- 
rid  8. 

Zabibi,   Königin  von  Arabien  3. 


D.  H.  Müller.     Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien. 


Taf.  I. 


I     -r  Eut.  3 


--  r  ■ 


ä     ■•  -^ 


XII  =  Eot.  23 


r-y 


3 


.<- 


Vir=  Knt.  rc! 


-- 

1  ■.  .^i;4->'-  -.- 

[ 

--" 

:i 


V  =  Eut.  10 


\        Eilt.  i:i 


'jjf 


XI         Eilt.  22 


-Ä;li^^ 


B€ 


-. -•-i^.'r^'F^^-^''-*;  '■;'  '^  ,'■^'■' 


">>-_  ^.. <■<.--  *>^  . 


\lll         im.  17 


■■■» 


n;...: 


^pi?l#S^",:^T; 


'-'^m^vjt& 


■Mf- 


^'/;m-M'h 


M.  0(iO  ;<  015 

Lichtdruck  von  E.  Jaffe  &  A.  AlljiTt  in  Wicu. 


. ''<  ^'^Ir 


M.  0-55  X  0-22 

■■■■I    ^  Eut.  24 


.^-    ^<3' 


-•  i;?; 


.M.  ojl    .    .i;jl 


D.  H.  Mri.LER.     Epigrapliische  Denkmäler  aus  Arabien. 


Taf.  II. 


XXII  =  Eilt.  48 


XVir  '  -    Mut.  :17 


M.  il'ls    • 


•■..■^-:.*tr-^ 


»              '-■■-; 

'^      ^..^/.^l  .?■'■■-' 

*    .  ■•   -,''/^ 

■    %^:p:>^: 

;  'f  ■■  .'                •    ,  ■ 

'  M 


^Bf"^ 


,^., 


##'  f;  ■-;,%: 


Dil. 

XXIV  -  Eilt.  .'•..'> 

.,  r~^. 

M.  071J  ^   Uli 


XV   —  Enf 


-jff^ 


>^" 


S(i-. 

.'■  .<^/  .           -    '    ,. 

4"  ~     ■  ■'  '■■ 

^.,.  ""-■■.-  - .-  :--'     _.'  ■  ^   ■"■ 

w. 

- 

"  .  '     .■--'.-." 

»•-. 

-*^^    -'.""."    "'  -"■"-,-'■  '"■:  "^  -.- 

,.  '■  '^^ '-;*"'-■■     ■"■'"■ 

S- 

--,* 

V 

M.  u-.l  K  0*35 


XVI  =  Eilt. 


XJX  =  Eut.  39 


M.  0-36  X  0-21 


XVTII      -  Eilt.  .IS 


VV»,: 


mi'j^^ 


M    "'i:!  V  (1-12 


.M.  tri:)   ■.  D-i:, 


Will  —  Eut.  4!) 


.-''     :/ 


XXV    -    Eilt    r>7 


m 


LicJitdriiok  von  K.  Jafte  ik.  A.  Albert  iii  Wifii. 


D.  H.  MüLLEii.     Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien. 


Taf.  III. 


Ent.  I 


lä  =  Ent 


itfntrrfgtj'i^g^'^    :^:: 


4  =  Kut.  7 


4i 


11  =  Eut.  27 


[Ji*^^^ 


."«^ 


7  =  Eilt.  12 


M.  0-17  X  0-6 


Kl    -     Kut.  :;il 


■/!'■ 


10  =  Eut.  20 


/^.^^Mt-5'> 


9  =  Ent.  15 


Lichtdmck  von  E.  Jaffe  &,  A.  Alljert  in  Wien. 


M.  M6  X  0-27 


D.  H.  MüLLKK.     Epigraphische  Denkmäler  ans  Aral 


llCIl. 


Taf.  IV. 


16  =  Eut.  32 


17  =  Ent.  »i 


M.  0-37  X  0-23 


15  =  Ent.  31 


l^^c 


^. 


21  =  Ent.  4«  (Vgl.  Taf.  V) 


-,*' 

.M.  0-17  X  Oi 

20 

==  Eut 

41 

M.  0'3ß  X  0-24 


as  ^  Eut.  51  (Vgl.  Taf.  II) 


^ 


=  Eut.  50 


// 


Ihit.  .-,2n  (VrI.  Taf.  V) 


Lichtdruck  von  E.  Jaffö  &  A.  Albort  in  Wien. 


IV: 


D.  H.  MüLi.Eu.     Epigraphische  Denkmäler  aus  Arabien. 


Taf.   V. 


-%}: 


28  =  Eut.  M 


M.  0-15  y  0-10 


<f''ninio 


(Wiener  Hofmaseum) 


M,  0-29  X  0-15 

21  -   Eilt.  4ß  (Vgl.  Taf.  IV) 


M.  ifiO  X  o-r):> 


Mchtdnick  von  E.  Jaffe  &  A.  Albert  in  Wie 


r 


^  o 

o 

c 


''s. 

1.^ 


^1  <^ 


I 


e  t 


'^  N  ]^  ^  ^  " 
1  ^  £!l^ W  A 


TT   o 


l 


T- 

w 

» 

-r 

~^ 

e 

s> 

S3 

r- 

0*". 

Q 

O 

5 

-© 

m 

+ 


^ 


c; 


I 


.9 

o 
<! 


a 


« 


I 
I 


'S 

<    x^ 

-    ^e 

—        :^ 


J 
^ 


s 
c 

c 


§ 


r 


00 


In 


TT 

o 

o-o 

X 


CO 


§ 


t 


M  £;  o 


X 
TT 


5 

i 

t 

l 


^ 


^  s 

i^ 
^C 

cc 

t^ 

-c 

$ 

Q 

^ 

^ 

Nq  Ai. 

CO 
o 

—      o 

^  < 

^ 

2 

«o 

^^ 

w 

V 

@ 

•^ 

T 

<  x 

1    i^ 

c 

^  — -  ._ 

^€i 

"" 

-L. 

-♦ 

-       1 

iL       C 

~- 

5§ 

1 

i 
1 

D      J- 

3r 

Bcc 

L 

s 

1 

-r- 

c: 

iS 

c  5 

+      r» 

fi^ 

o 

e 

-£"  o- 

C>     "O- 

^ 

O- 

-r 

S  Cv7 

-c 

^^ 

i 

1  . 

ät 


4 


<3u 


r 


k 


f 


S 


jC  .a- 


^ 


K 


00 


CS 
S;  ^ 

1- 
i   e 

\i     — 

X 

^ 

o 


K 
NC   o-  3^ 

~   ü  -^J- 

9    ^   -. 

©CT    * 

><  ^  A 
o-  ^ 


S? 

»0 


3-^ 


eo 
oo 


N 

00 
00 


B 


m 
e 


00 


Q 


TT 
0- 


G  x: 
TT-n 


X    Ol 


3e 


3-5 


O 

e 


\ 


^         r  o 
*^  ^  o  X 

j-  -  e  <5 


•o- 

e 


4 


« 


>0 

o» 


OO 

TT    O- 


1 


Ö 


/N 


^ 


e 


C7ü  > 


W 


—   I — 
c  ^ 

i: 


«o 

x; 

0- 

X 

SS 
A 

O    '^ 

•^    c 
X 


/s 

-c 

X 


> 

E 
o-  /^ 

-CS 


g 


03 

iL 
O- 
O 

o-o 

e 
C 

< 


f^           v^ 

In 

"^ 

5^ 

>«  _ 

m 

«*-"^  , 

eo 

7r>c^ 

0-     W 

5- 

a  :X 

<i 

X 

5- 


'•  !7? 


X 


X  Ix       j- 
o 


D.  H.  ML'li.er.     Epigraphisclie  Doukmäler  aus  Arabien. 


Taf.  X. 


Schrift-TabeUe 


\ 

> 

^    O    -^ 
^    <    >< 

> 

-0 

1      -3 

DJ 

^   > 

1 

'4 

1 


? 

Jf 


-? 

? 


-^ 


Fknd^^f^ 


fl!^  f'^ttpx, 


r  )  /n*<M^ 


W    A 


pfio'n. 

Atir. 

Arafc. 

iU(^. 

■    -^     j        Jau^  »■•Ott. 

^"^ 

JS. 

\ 

h 

^ 

h 

\^,^,t7.^ 

^f> 

a 

ff 

0 

n 

n 

n,v7 

y\ 

>. 

^ 

7 

"1 

1 

1 

^A 

1 

> 

^ 

X 

H 

^r)>)o) 

^A 

r\ 

^ 

Ü 

Y 

Y 

^,  ^  ^> 

T^ 

^ 

J 

CD 

V(P 

® 

0>,V 

i<J^ 

X 

J 

H 

X 

H,W 

=l)^ 

r\ 

r 

/h 

rti 

^^ 

/N. /^/^ 

®ö 

^> 

/n 

min 

m 

CO 

i<v 

•» 

(^ 

p 

TP 

? 

t;?,? 

?^^^ 

r 

oT 

Hl 

YiTi 

h 

f7<7<7 

<^^ 

V 

J 

A 

A 

1 

^Piion 

?7 

)3 

(* 

tfO 

Wr*» 

n 

^P^dn 

?> 

D 

1 

h 

^ 

h 

\\v> 

h-^ 

t7 

iT 

rt 

h 

h 

I^,^,t7V/NV>l' 

0 

>> 

& 

0 

V 

0 

0,0 

:^; 

i> 

J5 

^ 

4- 

♦ 

nooo<> 

^v- 

:? 

l/^ 

A 

ftX 

^. 

? 

•• 

0 

* 

4>t 

^ 

^^^ 

-1,^ 

-) 

^ 

Z 

L 

) 

)> 

w 

^ 

c> 

lÜ 

UU 

^ 

H^ 

x^ 

j> 

CID 

t 

t 

X 

X 

T 

6 

H 

VAyyn 

n 

t 

•^ 

^,^ 

V 

V 

> 

t 

y 

& 

Tl 

^^f^,^ 

ä 

C^ 

0 

BB 

B 

V 

X 

— ' 

JN 

oy 

X 

Pliotolithographie  von  E.  Jaffo  *  A.  AlbcMt  in  VVii;ii. 


5  s 
^•3 


I 


l 


Ü 


'■n 


m 


»■*^.\X^,^^V^***^.^^.— 


•5.    I 


1^ 


K 


K 

a 


iTjt'i; 


I 
-«I 


1 


DIE 

PARISER  PAPYRI  DES  FUNDES  VON  EL-FAIJÜM. 


VON 

D^    C.  WESSELY. 


VOKGELEGT  IN  DER  SITZUNG  AM  3.  APRIL  1889. 


Welche  Schicksale  der  grosse  Papyrusfund  von  El-Faijüm  gehabt  hat,  dass  der  grösste 
und  wichtigste  Theil  desselben  sich  in  Wien  befindet,  der  Rest  sich  auf  Paris,  Berlin  und 
London*  vertheilt,  ist  bekannt  und  auch  in  den  Publicationen  der  kaiserlichen  Akademie* 
berülirt  worden.  1881  waren  mir  die  ersten  griechischen  Stücke  aus  diesem  Funde  bekannt 
geworden,  mit  Ausnahmen  meist  Fragmente  aus  dem  VI.  und  VII.  Jahrhundert  n.  Chr.,  deren 
Studium  mich  doch  schon  bei  der  Veröffentlichung  der  Resultate^  die  Wichtigkeit  erkennen 
Hess,  die  ihm  zukommt;  bald  erschien  die  auf  dem  arabischen  Grebiete  orientierende  Ab- 
handlung Professors  Karabacek  ,Der  Papyrusfund  in  El-Faijüm'  in  den  Denkschriften  der 
kaiserlichen  Akademie  der  phil.-hist.  Classe  XXXIII.  1883,  p.  206 — 242,  welche  zugleich  von 
dem  damaligen  Stande  der  Kenntnis  und  Bearbeitung  des  Papyrusfundes  in  der  Einleitung- 
Nachricht  gab.  Den  weiteren  Gang  der  Studien  überschaut  Professor  v.  Hartel  in  dem 
,Vortrage  in  der  feierlichen  Sitzung  der  kaiserlichen  Akademie  am  10.  Mürz  1886'.  Im 
August  1883  hatte  ich  zum  erstenmal  Gelegenheit,  den  Faijümer  Antheil  im  Louvre  zu  sehen; 
man  hatte  bis  dahin  nur  von  einigen  litterarischen  Stücken  aus  demselben  gehört;''  sonst  war 
die  Meinung  verbreitet,  dass  es  zmueist  koptische  Schriften  seien;  damals  und  Juli-August  1885 
habe  ich,  von  Unbedeutendem  abgesehen,  alles  durchgearbeitet,  was  an  griechischen  Papyri 
und  Pergamenen  sich  vorfand;  ich  kann  nicht  genug  die  Liberalität  rühmen,  mit  der  mir 
Eugene  Revillout,  Conservateur  am  Louvre,  entgegenkam.  Seiner  Aufforderung  folgend 
habe  ich  die  Schriftstücke,  welche  nui-  im  Allgemeinen  eine  Numerirung  trugen,  mit  den 
Nummern  der  vorliegenden  Arljeit  bezeichnet,  welche  somit  auch  als  Katalog  jener  Papyrus- 
massen gelten  kann. 

In  einem  Berichte  über  diß  griechischen  Papyri  in  Paris  und  London  (Wiener  Studien 
yin.  2)   gaben  wir  eine  Notiz   über  das  Pariser  Papyrusmaterial,   soweit   es  aus   El-Faijüm 


'  Mittlerweile  von  mir  veröffentlicht        den  Wiener  Studien  IX.  1887.  p.  235  ff. 
2  Karabacek,  1.  c.   1883,  v.  Hartel,  1.  c.  1886. 

■'  Prolegomena  ad  papyrorum  graecorum  nouam  collectionem  1883.  Gerold.  (MS.  Februar  1882.) 
*  H.  Weil,  Revue  de  phil.  1882,  p.  179  ff.  R.  Dareste  Nouv.  revue  liist.  de  droit  VII.  p.  304  ff. 
Denktchriften  der  phil.-hut.  Cl    IIXVII.  Bd.     Abhandl.  Ton  Nichtmitgliedeni. 


98  C.  Wessely. 

stammt;  auf  seine  Sondenmg  in  Gnippen  wird  man  während  des  Studiums  durch  den 
Inhalt  und  auch  schon  durch  die  äussere  Form  und  die  Sclirift  gefillirt.  Die  Unciale 
charakterisirt  litterarische  Stücke,  die  bald  auf  Papyrus,  Avie  die  Pariser  Vita  Abrahami 
eremitae,  bald  auf  Pergamen,  wie  Theokrit  und  die  lateinisch-griechische  Grammatik,  ge- 
schrieben sind;  aber  auch  kalligraphische  Briefe  sind  in  ihr  ausgeführt;  alles  Andere,  auch 
die  Pergamene,  ist  in  der  Cursivschrift  geschrieben,  deren  Eigenthümlichkeit,  Entwicklung 
und  Leben  gleichsam  wie  eine  neue  Welt  durch  die  Papyrusfunde  wiederentdeckt  ist.  Es 
heben  sich  nunmehr  nach  dem  Inhalte  die  Briefe,  die  Rechnungen  verschiedenster  Art  mit 
ihren  verwandten  Schriftstücken,  die  grösseren  und  kleineren  Urkunden  unter  der  Masse 
der  Schriftdenkmäler  aus  dem  V.  und  VI.  Jahrhundert  und  auch  selbst  der  arabischen  Zeit 
ab.  Bisher  sind  unter  den  Faijümer  Papyri  aus  byzantinischer  Zeit  zumeist  die  grösseren 
Urkunden  bearbeitet  worden,  nachdem  wir  den  Weg  dieser  Urkundenpublication  im  All- 
gemeinen in  unseren  Prolegomena  (1883)  gezeichnet,  und  dieses  Gebiet  ist  auch  jetzt  rela- 
tiv am  sichersten  zu  betreten.  Nicht  so  steht  es  um  die  anderen  Arten,  und  -wir  hoffen, 
den  Schlüssel  zur  Entzifferung,  die  Erörtenmg  der  Hauptfragen  nunmehr  durch  diese  Ar- 
beit zu  geben;  man  möge  auch  die  absoluten  ;md  relativen  Schwierigkeiten  unseres  Begin- 
nens billigerweise  in  Betracht  ziehen. 

Wir  beginnen  mit  den  grösseren  Urkunden,  von  denen  einige  mit  längerem  Commen- 
tar  (MS.  Jänner  1885)  von  uns  herausgegeben  worden  sind  in  der  Revue  ^gyptologique  1885, 
p.  161,  1886,  p.  177. 

So  mannigfaltig  auch  ihr  Inlialt  ist,  sie  selbst  zerfallen  im  Allgemeinen  erstens  in  die 
Einleitung;  wie  das  Urkundenformular  überhaupt,  so  hat  auch  insbesonders  das  Präscript 
der  Urkunden  seine  eigene  Geschichte.  An  der  Hand  des  vorzüglich  ausgebildeten  demoti- 
sclien  Urkundenwesens,  entwickelte  sich  das  ptolemäische,  das  in  den  uns  vorliegenden 
Papyri  des  H.  Jahrhunderts  v.  Chr.  einen  hohen  Grad  von  Vollkommenheit  erreicht  hat. 
Entsprechend  einem  demotischen  Präscripte,  wie  es  z.  B.  der  Wiener  Contract  Nr.  XXVI 
bietet  ,an  49  choiak  18  du  roi  Ptolömde  le  dieu  6vergfete  fils  de  Ptol(^m(ie  et  de  la  reine 
Cl<5opatre  sa  soeur  et  de  la  reine  CMopatre  sa  femme  les  dieux  Evergfetes  et  (sous)  le 
pretre  d'  Alexandre  et  les  dieux  sauveurs  des  dieux  frferes  des  dieux  6vergfetes  des  dieux 
philopators  des  dieux  dpiphanes  du  dieu  philomdtor  du  dieu  eupator  des  dieux  ^vergfetes 
et  la  porteuse  d'  a^Xov  de  Bdrdnice  6verghte  et  la  candphore  devant  Arsinoe  philadelphe 
et  la  pretresse  d'Arsinoö  philopatre  .  .  .'  (wir  citiren  die  Übersetzung  E.  Revillout's  in  der 
Nouvelle  Chrestomathie  ddmotique  p.  87  f.)  heisst  es  im  Papyrus  N  von  Leyden:  ßaacXcOÖV- 
tcov  KXsozdrpa?  v.[ai]  n-coXsfjiacou  toö  sTrtx,aXou[i,£Voo  AXc^avSpou,  9c(öv  OiXofJirj'coptov,  SwxT^pwv 
Ito'jc  tß'  xoö  y.al  h'  £(p'  tspscoc  zoü  ovxoi;  sv  AXs^av^psicf,  Wks^ayZpoD  %at.  öswv  Ewxr^pwv, 
%al  Ostöv  ASsA'^Äv,  xai  Ösöiv  Eösp^sKöv,  xal  [Öjsöjv  ^iXoxaioptov,  xai  Osäv  ' Eiti^avwv,  xal 
QcoO  ^cXoiJf/j-opot: ,  %ai  Qsoö  Eü'!cd'c[opoc],  v.ai  6cä)V  E'jcpycxcöv  dOXo<pöp&ü  B£pcva-/]c  Eösp- 
ysSiTOi;  (sie),  xavr/fopo'j  Apatvor^?  OtXäosXtpoc  (sie)  xai  Qsdc  Apowo-rjc  EÜTraxopou  (sie)  täv 
ovroov  ev  A[X£]^av5p£tcf  •  iv  M  lho}.B[>.atZi  vqz  ör^ßatSoc  i'f  t£p£a)V  xoö  |X£V  Swr/^po?  twv 
oVTWv  xal  o'Jaö)V  £V  Uzo\z[i.ruZi  [xr^voc  zofA  v.0'  ett'  'A'iro[XX](ov{ou  xoö  irpöc  z-q  dyopavo[Jit«f 
z&v  M£('txvo)Vio)v),  %al  zf^z  y.6.[z]u)  T[o]xap-/i7.c  xoO  IJaBopizoo  (Col.  II.  1 — 5),  ebenso  im 
Pariser  Papyrus  Casati;  kürzer  ist  der  Anfang  des  Decretes  von  Canopus:  ßaaiX£6ovroc 
nxoX£|iato'j  ToO  ]I-:oA£(iato'j  vcal  'ApcivoTyC  fi£o)v  d5£X'fO)V  eto'jc  hdzou,  £(p'  iöpiioz  'AiroXXco- 
vi8ou  xoO  MoaytcDVo;  'AX£4dvSpoo,  v.ai  0£(i)v  a^jak^pm,  7ial  0£ö)v  £Ü£pY£t(i)V,  xav/jfpöpoo  Apai- 
vÖYjc  $'.Xa5£//fO'j  M£V£xpax£tac   zf^z  OtXa|JL|xovo?,  'AiisDmrjo  £ßc)6|rfj  Aiyü^tccov  §£  xußl  iizza- 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  99 

xat^sxdxY] ;  des  Papynis  O  von  Leyden  (Z.  4 — 7):  ßaaiXs'JÖvctov  Uzo\s\i.a.ioo  xo5  %al  WXb- 
^dvSpou,  xai  KXcOirdTpac ,  t^c  d^cXtpvjs  xai  Y^^c)tt/,ö(;,  öscbv  $tXo[j.7jtöpa)V,  Ixouc  sxxo'j  %ai  si- 
ÄOOToO,  £(p  tcpscoc  xoO  ov-cos  'AXsidvöpou  %al  ^[cöjv  äXXcov  xotvcöv/)  [jltjVÖi;  Atot>  6(ouÖ 
TsaaapscxatSsxdtT] ,  etci  tyj?  67r&y,d['cto]  MsjJKpcO);;  ^uXaif^?.  Die  weitere  Entwicklung  wird 
nunmehr  durch  die  Papyrus  Erzherzog  Rainer  aus  römischer  Kaiserzeit  aus  ihrem  Dunkel 
in  klares  Licht  gestellt.  Während  also  das  erste  und  zweite  Jahrhundert  n.  Chr.  sich  auf 
die  Datirung  und  den  Nachweis  des  Ortes  beschränkt,  sehen  wir,  wie  im  dritten  Jahr- 
hundert, seit  Septimius  Severus,  ein  grösseres  Formelwesen  um  sich  greift,  mit  Reminis- 
cenzen  an  die  Vergangenheit.  Papyrus  Erzherzog  Rainer  Nr.  1409:  zzooz  z]zzap[zoD  ao]zo- 
xp[atop]oc  xataapoc  •(a[i'jtj  io]okou  ouYjpoü  [Jia^ijxtvou  suasßouc  sozoyooc,  [asßaatojo  £(p  tspscov 
x(ov  ovxcov  £V  aXs^avJSpetai  xat  xcov  aXXcov  tcov  Ypa(po[jLsv(ov  xoivcov  [[A'rjvoc]  ^avöcicou  ixs^stp 
sva-r^C  ot  £TCtrri[pYjX(ov]  ayopavciixtac  [xspcov  ro'7i;ap)(tac  ayT^ixazoc  [zoo  uicjcp  (xsjx'ftv  Tjpa'x-Xso- 
TCoXcitou.  Papyrus  Erzherzog  Rainer  Nr.  1428:  aZO'JZ  sßSojxou  au'co7ipat[opos  xaiaapoi;  [xapxryj] 
aupTjXiou  asou'^pou  aX£^av5[poo  s'jasßou^  cutuyouc]  asßaato'j  £(p  tspscov  xwv  ovrtov  £V  aXjs- 
^avSpcta]  xat  xcov  aXXcov  'cwv  Ypöt'fO[JL£Vcov  xoivcov  [[ayjvos]  a§ptavou  y^iax  öcxaxTj  §t  £':rc'CTj[p7]- 
xcov  aYopavo[i.t]ac  '^CEpo  XEXjxei  tou  uiTEp  [JL£{A'ftv  YjpaxX[£0'3roXtrou].  Papyrus  Erzherzog  Rainer 
Nr.  1444:  ezoog  bxzo'j  a'JT;o/,paxopoc  xa'.aapoc  [i,apxou  aupTjXtou  GerjO'qpoo  aX£^av5pou  c'joe- 
ßouc  eut:u)(0'j[?  aEßaaro'j]  £9  t,£p£cov   tcov  ovtcov  sv  ake^ay^paia  ^ai  ^{«[v  aXX(ov  tmv]  ypa^o- 

|J.£V(1)V    XOtVCDV     [AY^VOC    ^aVTt/,OU    fsicj     [XE/eip    [ScUIEJpa    8t    ETCt.tiTjpTj'CWV    aYOpaVO[J,taC    [JlEpfOV    jXEaYjC 

X££[v]a[JL£tt)C  1:00  üTzep  |JL£|X(ptv  TjpaxXcOTToXtxou.  Papyrus  Erzherzog  Rainer  Nr.  1726:  £rouc 
•SEutspoü  a'j-:o%patopo[?  xaiaapoc  (Jijapxo'j  aupyjXcou  av-o)Vtvou  soasßouc  Euruyouc  a£[ßaaxou 
£]'f  t£p£cov  Tcov  oVTOiv  £V  aX£^av3p£ta  /,at  tcov  aXXtov  ^«[v  yP^'P^IJ''*''']^'»  ■jco'.vcov  [xy^vo? 
a£ßaatou  aOup  TtcjjiTcr/j  8t  £ict,TY/[pYj'ctov]  aY&pavo[jitac  7ü£pt  xExjJLEt  xou  uicEp  [ji£[x^tv  7jpaxX£o- 
';coX[t'cou.  Papyrus  Erzherzog  Rainer  Nr.  1485:  zzooz  zzzapzoo  auToJxpatopo?  %ataapo?  [xap- 
xou  «^[pYjXtou  avTcovivoo  £ua£ßotj?]  £t>xu)(oac  aeßaarou  [sip  t]£p£0)v  x(ov  ovtcov  £V  aXz^av- 
8p£ta  xott  [x(i)V  aXXcov  t]cov  y^a^oiiz^aiy  %otva>v  (X'/jvoc  y^P''^^°^'^^  eizeif  oy^otj  8t  EirtTTjpTjxcov 
aY[opavo|J.tac]  zoo  xotxojxEpo'j  UTC£p  [Ji£[JL'^[tv  Tjpjay.XcOTCoXt-uou.  Pariser  Papyrus  17  [L  t^  aozo- 
xpjaropoc  xataapoc  xtxo'j  atXtou  aSptotvou  avtcovtvo'j  a£ßaaxo'j  EoaEßoui;  ^apjxo'jöt  X  .  .  .  .  Qvj- 
ßat^o?  [xjo'j  X£pt  £X£(pavxtVYjV  vo|J.o'j  £7ct  poucptXXou  vtYpou  aYopavo[jLOU.  Papyrus  Erzherzog 
Rainer  Nr.  1574:  sxo'jc  x£xapxou  x[at  Etxojaxou  aüxoxpaxopoc  xataapoc  [xapxou  aapvjXtou  xojx- 
jxoooy  avxoovstvou  a£ßaaxou  ap[j,£Vta%o'j  [XY^otxou  TcapÖtuou  aap{xaxt%ou  Y=Pt^°^"^'-^°^  (ji£Ytaxoü 
[XYjVOC  Xtoto'j  -Tcauvt  tg  £v  irxoXsiJLatot  £U£pY£tt8t  xou  apatvoEtxoo  vo(Jiou  u.  s.  w.  —  Unter  Dio- 
cletian  wurde  mit  der  Vergangenheit  in  dieser  Beziehung  gründlich  gebrochen,  unter  ihm 
beginnt  die  Datirung  nach  Consuln  mit  dem  kurzen  Nachweis  des  Ortes;  die  Rückseite 
der  Schriftstücke  enthält  eine  summarische  Inhaltsangabe;  das  früheste  Beispiel  für  diese 
Änderungen  ist  der  Papyi-us  Erzherzog  Rainer  Nr.  3:  £itt  üirax(ov  xcov  xupt(ov  -/jjjtcov  (xa^t- 
(xtavou  a£ßaaxou  xo  £'  xat  (xa^tixtavo'j  xataapo^  xo  ß'. 

Die  diocletianische  Einrichtung  dauerte  jahrhundertelang  fort;  das  Präscript  ändert 
sich  nicht,  es  kommt  höchstens  vom  IV.  Jahrhundert  an  die  Indictionsangabe  hinzu;  an 
der  Hand  der  Papyrus  Erzherzog  Rainer,  welche  die  ältesten  Indictionsangaben  enthalten 
imd  überhaupt  für  jede  dieser  geschichtlichen  Perioden  von  fundamentaler  Wichtigkeit 
sind,  können  wir  constatiren,  dass  zu  allem  Anfang  der  Indiction  wohl  im  Texte  des  Con- 
tractes  Erwähnung   gethan  wurde,    dass    sie    aber   im  Präscript    erst    etwas  später  Eingang 


Vgl.  [iEToc  ra  xoiva  im  Antigraphnm  Greyamim   (Lettre  k  Mr.  H.  Saboulard  sur  rautheiitioit^  des  actes  .  .  Paris  1889). 


100  C.  Wesselt. 

fand;  seitdem  ist  ihr  Auftreteu  regelmässig,  z.  B.  unser  Papynis  I  f  uicatiq.  OXaouiou  AoyYi- 
voa  TG'J  \(x\s.'Kpo[za-oo  etc.  (486);  XXVIII  f  [lexa  ttjv  u-rcattav  OXaoutou  'Opsatou  xai  Aa(i.- 
TcaStoy  -tbv  EvSo^wzdzcov  ^a(o(pi  la'  tß'  tvStx-cubvoc  £V  ApotvocrYj  App.  4.  [[xsxd  xi^v  6ic]atiav 
OXaouio'J  BaaiXiou   [toö  Xaix'irpotdroD   <pa(X£v]{b9  t'  rrjc    [.  .  tvöix-wbvoc   £V  'HpaxJXsou^   iröXst 

App.  685 pot>]ortxou  xat   oX'j[xßpiou  ^ap|JL0u6t  .  .  .  ivSjtx  cTC  apasvoirrj  (464);   bezüglich 

der  ägyptischen  Indiction,  die  wir  zuerst  in  den  Prolegomena  p.  48  ff.  constatirten,  ver- 
weisen wir  auf'  J.  Krall's  imd  unsere  Ausführungen  in  den  Mittheilungen  aus  der  Sammlung 
der  Papyrus  Erzherzog  Rainer  I.  p.  12 — 29.  Die  letzte  Entwicklung  in  unseren  Urkunden 
kam  auf  Initiative  des  Kaisers  Justinian  durch  eine  uns  erhaltene  Verordnung  (Nov.  XL VII, 
a.  537).  Sie  entspricht  dem  Zuge  der  Zeit;  das  Formelwesen  macht  sich  immer  mehr  breit, 
und  nicht  nur  der  Name  Gottes  des  Vaters,  des  Sohnes  und  des  heiligen  Geistes,  auch 
der  ganze  Chor  der  Heiligen  im  Allgemeinen,  und  Maria,  Johannes  der  Vorläufer  ...  mi 
Besonderen,  ferner  das  Regierungsjahr  des  Kaisers  (eventuell  nebst  Mitkaiser  und  Cäsar), 
der  nebenbei  serenissimus,  himianissimus  .  .  .  titulirt  wird,  auch  das  Consulat,  die  Indiction, 
Monat,  Tag  und  Ort  finden  zu  Anfang  der  Urkunde  Erwähnung.  Die  Angabe  des  Consu- 
lats  fällt  bald.  Solange  als  noch  nach  dem  Sturze  der  byzantinischen  Herrschaft  die  Con- 
tracte  griechisch  waren,  beginnen  sie  mit  dem  gebräuchlichen  £V  övöiAatt  u.  s.  w.  und  sind 
nur  nach  der  Indiction,  also  ungenau,  datirt;  endlich  kommt  die  diocletianische  Ära  zur 
Anwendung.  Zahlreiche  Belege  für  das  Gesagte  bieten  auch  unsere "  Papyri,  vgl.  III.  IV. 
XVII.  XXIV.  XX\^I.  XXX.  XXXI.  XXXIII  etc. 

Dann  werden  die  contrahirenden  Parteien,  ihre  Abstammung,  ihr  Aufenthalt,  Charakter 
.  .  .  namhaft  gemacht;  im  Unterschiede  zur  ptolemäisch-römischen  Zeit  wird  auf  das 
Signalement  der  Person  kein  Gewicht  gelegt.  Das  Wort  )(acp£tv,  in  der  Regel,  wie  schon 
in  frtiher  Zeit,  abgekürzt  ^,  ist  als  Bindeglied  beliebt;  vielfach  wird  der  grösseren  Persön- 
lichkeit der  Vortritt  bei  der  Aufzählung  gelassen. 

Zumeist  mit  optoXoY«),  6[XoXoyo'J|jl£V  .  .  .  beginnt  der  eigentliche  Gegenstand.  Auch  in 
diesem  Theile  ist  die  geschichthche  Entwicklung  der  Rechtsformeln  durch  Jahrhunderte  zu 
verfolgen;  hier  nur  einige  Beispiele:  In  demotischen  Contracten  wird  das  Rechtsgeschäft 
eingeleitet  mit  der  Formel  un  tel  dit  k  un  tel;  daran  erinnert  6|XoXoY£l  6  ^Eiva  früher 
griechischer  Contracte  und  das  eben  erwähnte  6|xoXoy(ö;  der  Name  o\i.oXo'(ia  für  Contract, 
der  auch  "(^diiixa,  Ypa[i[Ji.dxiov,  xttidxtov,  d[JL£pijJiv{a,  da(pdX£ta  in  den  Urkunden  selbst  heisst, 
lässt  sich  so  erklären.  —  Pour  completer  in  den  demotischen  ist  zIq  auiAinXi^pwatv  in  den 
griechischen  Contracten.  —  Die  Formel  vj  oi  dv  coai  yzizovsz  nach  der  Angabe  der  Nach- 
barn bei  Contracten  über  Grund-  und  Häuserbesitz,  schon  in  ptolemäischer  Zeit  aus  dem 
Papyrus  M  und  N  von  Leyden  nachweisbar,  lautet  in  demotischen  Contracten  que  6tant  ses 
voisins;  sie  lebte  in  römischer  Zeit  fort:  Papyrus  Elephantine  (Nr.  17  der  Pariser  Ausgabe) 
Z.  9  Tj  Ol  £av  (oaiv  '(aizrj^SQ,  T:av'co9£V,  und  später  noch  im  VII.  Jahrhundert.  —  Man  bürgt 
ftir  die  Einhaltung  des  Vertrages  mit  seiner  eigenen  Person^  und  all'  seinem  Vennögen 
£*  •:£  £(ji.oö  xal  £x  T(öv  öirap/övctov  (xot  -TcdvTWV  .  .  xaGduEp  £%  Zixriz,  wie  es  im  Papyrus 
Erzherzog  Rainer  vom  10.  Jänner  192  heisst;  so  und  ähnlich  lautet  die  Formel  in  ptole- 
mäischer Zeit  und  dann  wieder  in  den  anderen  Jahrhunderten  bis  in  die  arabische  Epoche 
lünein  (Mittheilungen  H.  32).  —  Im  Leydener  Papyrus  O  wird  die  Rechtskräftigkeit  der 
Urkunde   betont  mit  den  Endworten:  Tj  Zi  auYYpa'f'/]  "fjris  xupta  üozoi  xavca^oö,    in   einem 

'  Die  Verblirgung  mit  der  eigenen  Person  fehlt  zum  erstenmal  in  einem  Papyrus  aus  der  Zeit  Diocletians,  in  späterer 
Zeit  immer:  Wiener  Stadien  VJI.   133. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  101 

Pariser  Papyrus  (Nr.  21'''')  aus  dem  VII.  Jahrhundert  n.  Chr.  fast  mit  denselben  Worten  wie 
in  ptolemäischer  Zeit  äarpaKeiav  xupiav  ouaav  v.ai  ßsßatav  -Tcavtapö  itpocpspoiAEVTjv,  ebenso 
in  römischer  Zeit:  Papyrus  Erzherzog  Rainer  Nr.  1409  aus  dem  Jahre  238:  zä  3s  5i(0[ji.oXo- 
YVj[X£va  %'jpta  ehai  .  .  .  q  Tcapa/copvjaK;  xupta.  —  Die  Formel  STrcpcotYjöctg  (ojxoXÖYVjaa, 
welche  regelmässig  zu  finden  ist,  lautet  so  im  I.  wie  im  VII.  Jahrhundert  n.  Chr.  —  Die 
Unterschrift  des  Schuldners  in  dem  Darlehensvertrage  aus  dem  Jahre  89  v.  Chr.,  dem  Ley- 
dener  Papyrus  O,  ist  so  stilisirt:  IlsTSifJLOOÖTjC  "ßpou,  IIspoYji;  zffi  etciyovtji;  ,  ijiü  xö  icpoxi- 
[J.SVOV  Savr^ov  xdc  toö  äpYopbu  vojxbjiaxo?  5pa)(|xd^  Scxa§6o  xal  aTcoScbao)  xaööxi  irpOYS- 
YpaTTTat;  ebenso  im  Papyrus  Erzherzog  Rainer  Nr.  1577:  ''ßpoc  6  xfOYSYP^^f-t^^voi;  8£§dvia[ji,at 
xdc  Spa/fxd?  xptaxoaiac  xeaaapdxovxa  S6o  xal  dTcoStöaco  (ö?  xpoxstxat;  in  einem  Miethscon- 
tracte  Nr.  1509:  Aüp'/^^.toc  Mdptov  |i.£[Ji.b6(o%a  x,al  dTToStoaa)  (o?  Tcpoxstzat;  in  dem  Darlehens- 
vertrage Nr.  1528,  1529:  At3u[Aoc  At5u[j,ou  Bjyi  xd?  xoö  %£cpa)vaiou  §pax{Adc  sxaxöv  xat  duo- 
Scbao)  a'jv  xoli;  xoxot;  ihz  icpoxccxat,  in  den  Pfandverträgen  Nr.  1527: 'Apiioxpaxicav  A7j[j,Yjxptot> 
6|jLoXoYä)  lyscv  irapd  x-^c  lat^cöpac  xdi;  xtj?  ■Trapaöf^xT]?  Spa/fidc  sicxaxoaia?  öxxtb  xal  diroStoaco 
....  xaöcbc  TTpöxtxai.  Nr.  1530:  Mdpxoc  A6pr;[Xioi;  Aii:oX).](ovio<;  iXaßov  xi^v  icapaöf^xYjv  xdc 
xoö  dpY^pioa  5p[ayjx]d(:  ':r£Vx[axoai]a<;  xai  d'jco[3{oa(o]  (öi;  'jrpöx[txai.  Alles  das  sind  Papyri 
aus  dem  II.  und  III.  Jahrhundert  n.  Chr.  —  Der  Consens  und  die  Zeugenunterschriften, 
die,  ebenso  stilisirt,  auch  im  VII.  Jahrhunderte  dann  folgen,  zeichnen  sich  schon  äusserHch 
durch  die  Verschiedenheit  der  Hände  aus,  nachdem  bis  dahin  der  Zug  des  Urkunden- 
schreibers gegangen  war. 

In  seiner  Unterschrift  (seit  dem  IV.  Jahrhundert  n.  Chr.)  zeigt  der  au[JLßoXat,OYpd(poc, 
oft  in  lateinischer  und  griechischer  Schrift  zugleich  unter  eigenthümlicher  Verschnörkelung 
der  Endbuchstaben,  dem  Vorläufer  unseres  Manupropria,  seine  Kunst,  wohl  um  der  Fälschung 
von  Urkunden  vorzubeugen,  vielleicht  auch  den  des  Schreibens  weniger  oder  gar  nicht 
Kundigen  zu  imponiren;  für  die  letzteren  hatte  dann  ein  anderer  schreiben  müssen,  daher 
der  Beisatz:  £Ypa'|a  OTCsp  atjxoö  Ypd|X[J.axa  {ii^  stSöxoc  und  dYpatAtxdxou  ovxoc;  so  schon  im 
n.  und  III.  Jahrhundert  n.  Chr.:  Papyrus  Erzherzog  Rainer  Nr.  1485  aus  dem  Jahre  221, 
Z.  10  xo'j  xai  oTücp  aux'/j?  YP^'f^'^'^^^  '^^n.\^]^rxx>x  [xy]  £!.Sut7]c  und  Atipi^Xioc  Tupavvoc  Atoaxou- 

p{5o'j £Yp(a'];a)   üir£p   aöxfYjs)  '^^{ö.\i.\xa.za,)  [jltj   £l§utY]C.    Nr.  1529   aus  dem  Jahre  184 

n.  Chr.:  'AtcoäXcuvioc  "\\^oiVo[z  EYpa'j^a]  ÜTCsp  aüxoö  dYpa|JL[xdxoü.  Nr.  1527  aus  dem  Jahre  184 
n.  Chr.:  IlxoXXdi;  AtSa  lYpct^-a  tiitsp  aoxöJv  dYpa|Jt[Jidx(ov.  Leipziger  Fragment  31  Recto  p.  272 
meiner  Ausgabe:  avxto(viO(;)  £Yp(a<|^ot)  o(ircp)  auxcov  \(x-^^<3.]i.\i.aziü'i. 

Wenn  nun  unsere  Urkunden  vor  allem  geeignet  sind,  das  Interesse  des  Juristen  zu 
erwecken,  so  enthalten  sie  ausserdem  vielfach  Notizen  und  Nachrichten  verschiedenster  Art; 
sie  haben  uns  die  Existenz  einer  Ägypten  eigenthümlichen  Indiction  erschlossen;  mannig- 
fach sind  die  Angaben,  die  für  die  Culturgeschichte  in  Betracht  kommen;  das  gesellschaft- 
liche Leben  wiederspiegeln  die  Würden  und  Titel,  auch  die  übertriebenen;  wir  finden: 

dYWoauVYj  A.  642,  XXIII.  ,Heihgkeit'.  —  x(p  dYtfoxdxtp  XXIII.  —  EvSo^oxdxtp  uiq>  xoö 
XTj?  £v56^oa  (iV'/^(Jir;C  Mr^vd  XXIV,  EvSo^oxdxtov  gesagt  von  Consuln  XXVIII,  vgl.  Xa|ATrpo- 
xdx{ov.  —  vTi  6|jL£X£prf  £'JxX£Ccj,  A.  483.  —  x(p  EöXaßsaxdxcp  VIII,  x-^c  söXaßoöi;  [xvi^txTri?  Vni. 

—  £6XoYo5to[jLOYVYjatot?  III.  —  £üxu)(£axdxou  xataapoc  A.  25.  —  9aü[xaat(oxdxotc  III.  9aü(xa- 
atoxdxq)  A.  661.  —  xtjc  6{1(öV  ÖaüjAaatcoxTjxo?  III.  —  9£0!piX£axdx(p  Siaxovcp  XXXIII,  A.  885  e. 

—  XajJiTupoxdxou  Titel  des  Consuls  I.  'looaxqi  XajJiTcpoxdxfp  ui  (qj)  Tt[i.oÖ£ou  xoü  Xa|xicpoxdxoo 
A.  422.  x(p  Xocjxirpoxdxqj  uitp  'Ia)dvvou  '(zrtO'pb'^zi  I.  Xa|j.7cpoxdxq)  ptiraptq)  XXXI.  —  xtjc 
ü{i£X£pa?  XajXTcpöxTjxoc  IL  IX.  zt^q  otjc  XafJLxpöxvjxoc  I.   —  XoYto>tdx(p  exÖLxq)  XI.  —  TraV£U- 


102 


C.  Wessely. 


<pi{iq>  üxdr(p  xat  Tza-^dp'/rQ  A.  792,  aucli  t>TcdT(|)  ist  wohl  niclit  genau  zu  nehmen.  —  irspt- 
ßXeicToo  iraYdpxou  VII.  —  xpovj  (oTf^rrj«;)  XXVI.  —  rrj?  6[JL£T£pac  uirspo/Tj?  XXIV.  —  ^iXav- 
öpcoicot)  Scoxotou  IX.  Der  Kaiser  wird  mit  zahlreichen  Titulaturen  aiisgeschmückt.  —  b6- 
YcV£  ardrr]  xupcf.  XXVI. 

Von  den  Gewerben  und  Beschjtftigungen ,  denen  Personen  oblagen,  die  in  unseren 
Contracten  genannt  werden,  zählen  wir  auf:  ä|xiC£XoupYoC)  I.  —  ßatpEi  A.  563,  ^rxfpia  A.  686 
(die  ägyptische  Industrie  in  diesem  Zweige  ist  bekannt).  ßo£Xdxou  A.  774  (durch  die  Angabe 
ßosXdnrjc  STjixoTcXir^c  in  einem  Papyrus  Erzherzog  Rainer  Nr.  1557  a.  162  n.  Chr.  wird  diese 
erklärt).  —  y^^^X^'^'*'''''  I-  "^S^-  dvTCY£oö)(0(;.  —  yP°^[^[^°''^2^  *°^^  ETCtatdr/]  zfjz  'Apatvolttöv  ir6X£(oc 
XXin.  —  EVOVKokofCt)  XXVin  unser  ,  Häuseradministrator'.  —  xa[i,7jXtt7jC  A.  467.  —  xou'fo- 
XspaixoupYOC  IX.  Hersteller  der  für  die  Aufbewahrung  des  Weines  wichtigen  xoöcfa.  —  xsoa- 
{i£a)^  III.  —  XaxavoTCpdnr]  A.  139  Gemüseverkäufer.  —  [iuXoxö-rtoc  XXIV.  —  ^uXoxöjjlcov 
A.  871  b  vgl.  die  -reptoToirptoavtEg  td  £,ö\a  xoö  {jLovaaxYjptoü.  —  öV£XdTYj?  XII.  XVH.  XVIII. 
—  itapafxovdpjcifjc  XH.  —  ircojxaptTYjc  HI.  Obstgärtner  (Ttcojxaptrat  r?]^  itsSidSoc),  Feminin: 
'JC(0(jLapi'ctaaa;  abzuleiten  vom  lat.  pomarium  ircüjAdpiov.  —  pauTorpuXaxcC  XXII.  —  at^Tjpoup- 
yöz  A.  699.  —  aiTO[jL£tp'(]  A.  685.  —  qzoXotzoiöq  A.  487.  —  -cExrovoc  HL  tsxtovo?  oi>io5ö[xou 
A.  634.  —  cp6Xax£c  III.  —  yopzrjT:apakri\i.Tzvqz  XIV.  vgl.  den  aizo'Kapakr^\x':zv'qz  benannten 
Beamten,  der  schon  in  dem  Papyrus  aus  Saqqarah  genannt  wird:  izapa  aupvjXicov  vaapw- 

oozoQ   a{i|Jtü)va  xat   ta)(upi(ovoi;   col.  I,   dazu:  col.  II a[JL'fot-£po)V    ac'co':cap[a]X7j[i.['n;':cov 

(Zeit  des  Diocletian). 

Bei  Häuserverkäufen  und  Miethen  werden  uns  Beschreibungen  der  Objecte  zum  Besten 
gegeben;  wir  ersehen  aus  einer  Zusammenstellung,  die  wir  in  den  Wiener  Studien  IX  248 
gegeben  haben,  dass  in  byzantinischer  Zeit  auch  zwei-  und  dreistöckige  Häuser  nicht  selten 
waren,  in  Arsinoe,  in  Herakleopolis  .  .  . ;  wir  erinnern  femer  an  Ausdrücke  wie :  zotzoz  ^ 
oiia-jZUT,  olxia,  £iua6Xiv,  oiey^j,  tpix/.tvov,  -/p'/jar/^pta,  aiöpiov,  |xovo/,otriv,  xpäXcvov,  5(bjxa, 
xcoX'jßvj,   -/opTOÖT^xTj ,    adXri,   i^£§pa,   xottcovdptv,   xa[JLdpa,   ainQXacov,   dproö-z^xirj ,  (pp£ap  .... 

Die  Contracte  geben  uns  vielfach  Gelegenheit,  die  Topographie  des  ai'sinoiti sehen 
Gaues  und  der  Stadt  Arsinoe  zu  erkennen;  denn  die  Namen,  welche  jetzt  als  Ortsbezeich- 
nungen fungiren,  kehren'  vielfach  in  Listen  wieder,  die  offenbar  als  Ortslisten  anzusehen 
sind.  Wir  stellen,  was  die  Pariser  Papyri  aus  El-Faijüm  für  die  Geographie  und  Topo- 
graphie Ägyptens  Neues  bieten,  hier  in  mehreren  Verzeichnissen  zusammen;  das  erste  ist 
ein  allgemeines  Ortsverzeichnis,  im  arsinoitisclien  Nomus  ist  die  Topographie  der  Haupt- 
stadt zu  berücksichtigen,  von  der  ein  Strassenverzeichnis  und  eine  Liste  der  Kirchen  gege- 
ben wird. 


/fop  aYatcov  App  558  MN  6922 
7(op  otY^ojvo^  Ap  131  MN 
6863  K  y  avxwvo?  (arabi- 
sche Zeit)  Ap  740  MN  6846 
■/o)p/  av[xo)vo?  App  634  MN 
6846.  /(op  aYX(o[voi;  Ap  618 
MN  6912.  Mittheilungen  IL 
61.  nKdkTVdwHiie^ 
■/(op  a5. . .  o'Ji  Ap  241 MN7078 


Ortsverzeichnis. 

)((op  a6apö)  mit  Weinbau  Ap 

243  MN  7078 
OL  aBoüalia  Ap  552  MN  6918 
yojp  axauX«  Apl31  MN6863K 
r/Tüo  y  axavötovj  Ap  148  MN 

7137 
axfooy  Ap  488  MN  6846 
ywp  aXaßavxi  App  241   MN 

7078.   irp^  rxTzox  aXaßavzt» 


LXXIIP^  MN  6972^''.  axo] 
£'7urjt[xt]ou  aXotßavtcSoc  Ap 
864  MN  6561 
aito  aXßwv  Ap  583  MN  6846 
AX£^av3p£covAp695MN7121. 
£V  aX£6av3p/  Ap  805  MN 
6846.  £V  aXE^«/  MN  7737a 
Ap  72  (ein  Betrüger,  der 
nach  Alexandria  geeilt  ist, 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Fauüm. 


108 


soll  arretirt  werden)  üiusp- 
[irXotcov    ax£pxo|Ji.£]v(ov    £V 
a).££av5psta  MN  6919  Ap 
450.  äva[JL£Vovt£c  ta  TrXoia- 
. . .  £V  aX£^av3p£ta  CXXXI 
MN7130  Z.  4 f.  ttXocwv  x£a]- 
a£p3   a';r£pyo{JL3   ev    aXs^av- 
8p£taMN  7644LXIII.  7121, 
6863,    6951.    aT:£X6£tv    £V 
'y.X£$av8p£ta  Tcpo?  auxov  Ap 
845  MN  6914 
ywp   aXs^avSp  App  131  MN 
6863  K.  8r;|ji.'>(aiov)  afj.'^/wp 
aX£iav3pouAp54lMN69lO 
also  mit  Weinbau:   y   aKs- 
^avSpou  a[XTC£^  V£0(p"  (apou- 
pat)  C  gehören  einem  Spitale 
App  87  MN  6707  Mittheil.  IL 
62 
xo)[A3  aÄ£i;av°  VTjaou  mit  Wein- 
bau VI  MN  Grec  162,  6600. 
aT:o]  xcojjLTj?  aX£^av3p[o'J  vtj- 
Gou  Ap  667  MN  6705  air]o 
%a)[[XTjc]   aX£i;av3poo  vr^aoo 
Tou  [apawot-cou]  vo[j,ou  App 
661  MN  6650.  xtioÖevccov 
(UTCO    Ti|xoe£Oi>    iraYap/ryj) 
STTt  xfoixj  aXs^avSpoo  vr^aou 
ZOO    ap[aivofcou   vo[ji,ou  VII 
MN  Grec  173,  6583  Wiener 
Studien  VIII.  p.  114 
X«)p  rA'JTUvrjO^A])2Al  MN7078 
aTCO  £7:oixtot>  aXcoXco  eizi  apoj 
vo|JLOO   wird  Heu   verkauft 
für  Arsinoe  XVLEI  a.   616 
XO)p/a|jLßa)aouAp364MN6846 
aTTOy  ajji  .  .  00   Ap  149   MN 
7137.   -/(op  a|j.{J.ou  Ap  131 
MN  6863  K 
X  a[x{xoui/  Ap  889  MN  7353. 
aix|xoyix«pApl89  MN6752 
a!J.(iO)Vo^   Ap  488  MN  6846 
a[xx£Xio'j   Ap  573  MN  6653 
arabische  Zeit  Ap  244  MN 
7087.  £tc  to  x">pto^  ajATTS- 


Xto'j  Ap  76  MN  7738c.  xfop 

atx7C£XiouAp  488  MN  6846; 

X^op   a|j.x£X,    x^P    ^V''^^*^^^ 
Xcopa     a[JLir£Xtou     Ap    185 
MN   6846    Zeile   2,    3,    4. 
y_  a!J.TC£XiouAp 300  MN 7085 
Äp  618  MN  6912  MittheiL 
II.  61  Tfccone.'Xdi.evTV.i 
X(op    avSp£    zahlt    l'/e  Dinar 
CXIII  arabische  Zeit.  Wie- 
ner Studien  VIII.  114 
y  avöar  hat  alroc  XC 
^  avÖoX   Ap   843   MN   6846 
ä(i:o)  avwou  Ap  552  MN  6918 
aito  ^  avv  Ap  148  MN  7137 

airox  av.  ^  Ap  252  MN  7079 

a(Tco)avtoTY]cAp552MN6918 

ai/  X  aitsi)  Ap  637  MN  6907 
arabische  Zeit.  ?  x"^P^o^] 
air  .  .  .  Ap  453b  MN  7018 

£xoa/  aTioXXco  Ap  875  c  MN 
6846 

xtt)[j.'/jc  appaßtov  too  apowoiTOU 
vo{JLO'j  British  Museimi  (Con- 
tract  über  Essigverkauf) 
apaßwv  Ap  174  MN  6846, 
Ap  759  MN  6899, MN  6585 
XCrV''apa]ßo)V  Ap  488  MN 
6846.  a^  apaßcov  Ap  370 
MN  6846  aus  Apaßcov  wird 
geschickt  eiz  to  ataßXov  tou 
Boußaaxw  Ap  624  MN  6929 
y  apaßov  mit  olvoc,  XC. 
äpaircov  Ap  298  MN  7085 

]J  ap[Y;]ou  Ap  843  ]\IN  6846 
arabische  Zeit;  airox  apyjou 
Ap  133  MN  6863  arabische 
Zeit,  a  apvjoo  Ap  552  MN 
6918 

ycöp  ap|xaTOupY][c  Ap  241 
MN   7078.  X  apRtou   mit 

ai-oi  XC  X  ap[!J-^'!:^^f^  ^P 
870  b  MN  6846  Wiener 
Studien  VIII  114 


a-jco  apaa£tooAp583  MN6846 
Xwp  apatvo7]cAp241MN7078. 
apatvo-rjc  Ap  760  MN  6899. 
öiToSox  x(0|ji,3  apatvoTjC  Ap 
499  MN  7362  Verso.  apat- 
VOTQ  (arabische  Zeit)  Ap  244 
MN  7087 
a(iro)  ap(o  axpa  Ap  552  MN 

6918 
airo  aoayovx  Ap  269  MN  7051 
y  auToSoTco  mit  alzoc,  XC 
airo  afpavtou  yovx  Ap  269  MN 
7051  y  acpavi  Ap  738  MN 
6846 
a^poStrco  Ap  234  MN  7022  A, 
App  298  MN  7010  Zeile  6. 
Wiener  Studien  VIII.  114: 
a<pp(oxut(o 
£t/  ßocßuXtova  Ap  1 76  MN  6846 
(arab.    Zeit).    a7C£X6£iv    ziQ 
ßaßuX[cova]Ap548MN69l0 
£V  ßaßoXtovi  Xoyco   ßaata- 
Covrcov  Ap  207  MN   6752 
Z.  2,  3.  ßaßuXwvoc  Ap  691 
MN  7121.   %apaß(ov  ßaßu- 
XtoVT]?  Ap  272  MN  7053. 
ßaßu^  Ap   637   MN   6907. 
%e\).f   £v  ßaßuX«"  Ap  269 
MN7051.  £V  ßaßu^  Ap  681 
MN  6922.  Mittheilungen  n. 
58 
airo  ^Bv.i^on  Ap  269  MN  7051 

5;  ߣpvw8  Ap870b  MN6846 
Wiener  Studien  Vm.  114 
B£pvixt8oc 

airx  ßrpvou  Trayap  apawot  Ap 
67MN6846EZ.  6,7  (arab. 
Zeit).  x<öP  ^fikoo  Ap  587 
MN  6846  (4  Personen).  x">p 
ß7]X  mit  Weinbau  Ap  243 
ÄIN7078.  ßvjXou  (mit  Wein- 
bau Ap  124  ÄIN  6863  b  und 
LXXXVI)  XCin*'^  6585. 
aTC  ß-r^X  Ap  370  MN  6846. 


104 


C.  Wessely. 


y  ßTjX  Ap  738  MN  6846. 
y  ßTjXou  Ap  843  MN  6846, 
Ap  740  MN  6846  aus  arab. 
Zeit.  App  583  MN  6846  Z.  2 
y  ßixr  Ap  618  MN  6912 
ßoüßaato;   XCIV  MN   6846, 
11,  Ap552  MN6918  arab. 
Zeit:    Ap    244   MN   7087. 
6c[jL[x«  X'  ßoXYjc  y(op   ßou- 
ßaatou    mit     16     darunter 
15    christliclien   Personen- 
namen,   arab.    Zeit    CIII. 
ßoußaa-:)    mit    Weincultui- 
Ap  797  ÄIN  6846.  airo  ßou- 
ßaatj  Ap  853    MN   7400. 
azaßXov  tou  ßoußaarö)  da- 
hin wird  aus  Apaßwv    ge- 
scliickt  Ap  624  ]\IN  6929. 
y  ßoußaaro)   Ap   604   IHN 
6846.  airo  ßoaßacro)  Ap  257 
MN  7079.  xou(poxcp(a[ji.oup- 
Yöc)  ßoüßaoTO)  MN  7105  E 
LIII,  14 

ßouatp^  XCni  MN  6846,  11 
ßooatp/.  Daraus  schreibt 
ein  GeistHcher  einem  an- 
deren CXXXV  MN  6846, 
10.  -/(opto'j  ßouatpso)c  (im 
Arsinoitischen  Gau)  ÄIN 
6531  LXVP'^  Mittheil.  IL 
62.  noTTCipi 

Xcop  ßouü)  App  118  MN  6846 
(arabische  Zeit),  /cop/  ßoucö 
(arab.  Zeit)  zahlt  17i2  Dinar 
CXIII 

ß(o6ou  XCIIP'^  MN  6585 

ysjjLsXXou  LXXXIX,]V1N6846, 
17 

Ss/cV  mit  Weinbau  Ap  124 
MN  6863  b 

Scxato'j  XCIV  MN  6846,  11 
aito  5aatot>  yovx  Ap  269 
MN  7051.  aicox  5oxatoü  ou- 
a:(a4j  S'/j(jxoaiai;)  App  580 
MN  6846 


El/  y  ato6  Ap  637  MN  6907 

Xwp  Sta-ccxt",  X(«P  ttaxtx^  Ap 
108  MNE  6846  Zeile  8,  9 
(arab.  Zeit),    x  ^lonyö  Ap 
131  MN  6863  K.   x«>p/  5t- 
ozt.yoo    zahlt    lO^^   Dinar 
(arab.  Zeit)  CXHI 
SiTiap  XCIIP'^  MN  6585 
Eicot/  Spax/  Ap  514  MN  6936 
[i-efal-qz  SiopüYJ  Ap  138  MN 
7164a 

.  .  sXcotX  (dprdßai)  6[ji5'y  Ap 

345  MN  6546 
y  sXsuai/  mit   alxoc   XC.   yj 
EAcuatv«  Ap  130  MN  68631 
(arab.  Zeit), 
xcop  euooi  Ap371  MN6691. 
axo    £tx(oai    (dptdßat)   xtj 
Ap  345  MN  6546  Wiener 
Stucüen  VIII.  114.  Mitthei- 
lungen IL   62 
X  stTj  (arab.  Zeit)  Ap  130  MN 

68631 
X(op3    £cp7]V7]s    8ca    cuXoyoou 
TcX-ovoc  zahlt  für  ein  Ge- 
bäude  4810  Denare    Brit. 
Museum.  [j,7jxava(d)  opYava 
Xcopp  ccpvjVTjc  Brit.  Museiun 
X(op  spißrjXouAp 753  MN  6846. 
aTroX£[AßoXAp522MN6951. 
^'  EfJtßoX  mit  axop  MN  6846, 
9  XCIIP"  aTco  J  sjjißoXou 
Ap    148   MN  7137,    actou 
£[jLßoX   Ap  545   MN  6910 
y  EVEVi :  ou  und  sein  Kataster; 
es  hat  im  Ganzen  19  Aruren 
19  Ammata  [mit  £xxX7jat.a 
.  Xoivtoo  a(xa)  iopB\).iai;  xai 
'fOiß/Yccop  xat  -Kiouat  CXIX 
MN  6570 

SvjjjLoawv   X   S'^^tß'"    zahlt  4 
Nomismat.  1  Kerat  Grund- 
zins Brit.  Mus.  p.  276 
£py;^  Ap  417  MN  6846 


£icotx/  £T7jp  Ap  871  MN6846. 

X  stTjp  arab.  Zeit  Ap  130 

MN  6863  i.   aTco  ettjp  yovx 

Ap  269  MN  7051 

X  EuXoT  Ap  131  MN  6863K 

arc  xwpp/  £<p/  MN  7121  Ap  692 

?£X9£ac/    mit    Getreideanbau 

LXV'^^  ÄIN  6846   saec.  VI 

aizrjx  Ca  Ap  769   MN   6596 

C  .  Tzazoo  (arab.  Zeit)  Ap  244 

MN  7087 
aizoy  Civvccos  Apl48  MN  7137 
aizo  CwvEox;  icsStou  aoXto- 
voc  x£otou  Öav^  xsStou  irxt|JL- 
rsfi  Ap  504  MN  7072 
yjXelx  ?  otxcia  XCIV  MN  6846, 

11 
£Tcoa/  TjXta  Ap  759  MN  6899 
TZ(ji\)/i  aizo  STzovKioo  TjXca  L 
MN  6526  (saec.  Vn) 
xayapxca  -/jpaxX-  Ap  637  MN 

6907 
avOpcoTroui;     vjpaxXcoUTCoXtTcov 
Ap  341  MN  6846.   sl[d'qQ 
BIZ  X7]v  yjpaxXcOuc  Ap  734 
MN  7386.   axo  vjpaxX'^  Ap 
7181   MN  6846.    yjpaxJXE- 
ooz  Tzols[i  Ap  4  MN  6952  D 
X  Ba\ia.av...    mit    oizoq    XC 
ot  axo   öajjißatopo  zahlen   11 
-1-4+9  Nomismatia  Gnmd- 
zins  (der  9.  Indiction)  durch 
drei    verschiedene     Hände 
Ap  62  MN  7132 
6püox'^  zaz  apoüp/  xi  aa^  6a- 
[vExwc  LXXXII  Z.  3  MN 
6485 
BBa^zvi^oQ  Ap  488  MN  6846. 
e£]aY£Vt[S  Ap  651 MN7382. 
xcop  6caY£ViÖou  Ap  185  MN 
6846.  X  ösayevts  Ap870b 
MN  6846.  ax  xtoij,)  Beayz- 
vi8oc  Ap  147    MN  7133  e 
Wiener  Studien  VIIL  114 


Die  Parisee  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm. 


105 


Öca^svtc  mit  alroc  V.  Jlirhdt. 
LXXXIX  MN  6846,  17 
Wiener  Studien  VUI.   114 

y  ÖtaXauk/  Ap  677  T^IN  7113 
(mit  Weingegend)  6iaXatj- 
li  Ap  583  IVIN  6846 

apotvoiTwv  xai  ÖsoSoaiouir  Ap 
628  MN  6929 

yco[x  Ö[i,otaii  CXX'"  «tco  ^ 
6[i.o'Jta[[j.o'jv]£0)?  Ap  149 
MN  7137.  x<ö[J-"  eixocaix"'^ 
Ap  771  MN  6543 

•/o)p  taxa).t  (arab.  Zeit)  Apl76 
MN  6846 

XCDp  tßcwvoc  Ap  189  IVIN  6752 
(zweimal)  es  zahlt  in  ara- 
bischer Zeit  16  Dinar  CXIII 
y  tßuovj  (XC)  mit  GlzocWie- 
ner  Studien  VIII.  115 

X  tspa"  Ap  719  MN  6846 

Xtop  tsp  VI  Ap  558  MN  6922, 
icpas  VTjaou  LXXXIX  MN 
6848,  17 

X(op  a(ßßa)  tspYjfJL'.o'j  Ap  131 

"  MN  6863  k 

X  cvco'j  (arab.  Zeit)  Ap  130 
ÄIN  68631 

X  T  Ap  618  MN  6912 

y  *a6i£  mit  alto?  XC 

X  xotivou  mit  altoc  XC.  xö>P 
'  y-a'.[vou  Ap  558  MN  6922. 
axo  xawou  XCIX  MN 
7022  B  (V.  Jhrhdt.) 

y  -/.aivo'j  ßop(povoo)  Ap  870  b 
'  :MN  6846  Wiener  Studien 
VIII.  115 

xaX'/favo'j  mitairoc  LXXXIX 
MN  6846,  17  (V.  Jhrhdt.) 

/(op  '/.a/M  zahlt  10724  Dinar 
CXIII  (arabische  Zeit) 

ywp  «aXcov  Ap  118  MNE  6846 

aTTO  X  %a|x'.voiV  Ap  148  MN 
7137.  x%c/.[ji:v  Ap586  MN 
6846.  ot  aito  itaiJiivoiV  tou 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd. 


apaivoixou  vo|xou  Brit.  Mus. 

p.  256.  xa[JLWcov  arab.  Zeit 

Ap  244  MN  7087  Mittheil. 

IL  63 
xapTCS  mit  xpcÖi^  Ap  463  MN 

6881  Wiener  Studien  Vm. 

115 
XcXxc  (arab.  Zeit)  Ap  244  MN 

7087 
BTtou  xzp-A  Ap  586  MN  6846 

axo  X  Xcpxcooüx  opooc,  Ap 
148  MN  7137'.  u[iiv  xoi? 
axo  x<öpto'j  x£px3a[ao'Jx^^] 
opouc'Ap  748  MN  6584.  x 
xspxsax  axop/  akg  XCIV**' 
MN  6846,  9.  xspxsaaoux 
vß  xspdxia  ß  Ap  436  MN 
6628.  /.spXcGO'jyj  opouc 
(arab.  Zeit)  Ap  244  MN 
7087.  xspxx  opoQ  Ap  586 
MN  6846.  Schafe  von  xsp- 
xso'JX'j  werden  von  Schä- 
fern aus  Tebetny  gestohlen 
MN  6474 

Tojv  jxstC^vcov  xcov  axo  xsp- 
/.sOoY^pscoc  Ap  486  MN 
6846.  ^(rja^).-^  vtcpxsÖOYjp^  Ap 
856  MN  6846.  ^  %£p%o  Ap 
343  MN  6846,  axx  x£p%o 
Ap  557  ÄIN  6922.  axox 
x=pxV  Ap  557  MN  6922 
Wiener  Studien  VIH.  115: 

K£p/.£^0Tj'jp£O)C 

axo  X  x£p'»v)at.?  Ap  550  MN 
6910.    xcpxTjoso)?   Ap  586 

]yiN  6846 

axo  xcpxsaYj'f  cO)c  v  t§  Ap  853 
MN  7400.  X  «£p>i3aYj9  Ap 
719  MN  6846.  x^spxsatrp  Ap 
586  MN  6846.  xcop  %spxcat(p 
Ap  558  MN  6922 

Xcp-AS'jcpic  LXXXIX  MN  6846, 
17  (mit  GizoQ)  5.  Jahrhdt. 

X  y^Bioa  Ap  843  MN  6846 

Äbbandl.  von  Nichtmitgliedern. 


axo  sxoixto'j  xtapa-ou  too  ap- 

[a'.vo'.-oo   vo[JLoo    XIX   MN 

6448.  X  xLcpazoo  (arab.  Zeit) 

Ap  117  MN  6679.  ■Äispatou 

LXXXII  MN  6485 
X  %t|i.o'.T7j  Ap  586  MN  6846 
axo  X  XTjVou  Ap  550  MN  6910 
axo  xXoxov  Ap  583  MN  6846 
ax'^-  xva  Ap  769  MN  6596 
sxoi/xovxXou  Ap  514  MN  6936 
Exoi/  xoax/  Ap  514  MN  6936 
axo  xotaßpot  Ap  157  MN  7159 
si/  xouito  Ap  637  MN  6907 

(arabische  Zeit) 
xcop  %<>"  Ap  131  MN  6863  K. 

'f  xouXcöxcovj  mit  al~oc  XC 
axox  xoupaßci;  Ap   149  MN 

7137.    X  xoopaßsac   (arab. 

Zeit)  Ap  117  MN  6679 
ax'^  xtTja^  Ap  580  MN  6846 
xup  .  .  .  XCnil"'^  MN  6585 
X  xuvcov  oixtoii  mit  aixoz  XC 

x'jvco  vortVTj  Wiener  Studien 

VIIL  115 
xax;  MN6585  XCüP'^  daselbst 

Frohnden  in  arabischer  Zeit 

XCVIP'^  MN  6984  enfic  7. 

axox  V.OK  Ap  148  MN  7137. 

axo]  sxowcou  y.(OQ  tou  apat- 

[votTou  vo[jiou  Ap  703  MN 

6534 
axo  cXotx,toü  xtostaav  xou  0cO- 

SoatouxoXiTOU  vo[j.o'j  liefert 

Heu  bis  nach  Arsinoe  Brit. 

Mus.  p.  250. 
cxoa/   k'qzooQ    (daraus  zwölf 

Steuerpflichtige)LX"\T:i  MN 

7086 
X  Xvjvo'j  (arab.  Zeit)  Ap  740 

MN  6846.  Xtjvou  MN  6585 

XCIIIP'^  (zweimal) 
ax^  Xwpo'j  Ap  252  MN  7079. 

kopo'j  7/op  Ap  189  MN6752. 

Xcopou  XCIIII  MN  6846, 11 . 

X  X(op/  Ap  300  MN  7085. 


106 


C.  Wessely. 


X  l(b  Ap  870b  MN  6846 
Wiener  Studieu  VIII.  115 

ai:o|ia-ac5  Ai)204l  MN  6870. 
{jLarat^cov  Ap  174  MN  6846. 
}iarat5oc  Ap  488  MN  6846. 
|xaTai:8°  MN  7449  LXXHI 
Wiener  Süidien  VIII.  115 

axo  X  [Aaxp  Ap550  MN  6910. 
X  [Aaxpfovos  aixirsX  vsotpu 
apoupa  a  geliört  einem  Spi- 
tale  Ap  87  ^klN  6707  Wiener 
Studien  VIII.  115 

[jLSYaXo'j  sxotx/  Ap  138  MN 
7164a 

[jLsX'.Ttovoc  mit  oizric,  LXXXIX 
MN  6846,  17  (5.  Jalirhdt.) 
XCVm  MN  6846  C 1.  {XcXi^ 
Ap  41.7  MN  6846.  x  \>-^'^^'^ 
afJLicsX  V£0(p'j  apoupat . . .  ge- 
hören einem  Spitale  Ap  87 
MN  6707 

Xcop  [XcXovTj  Ap  243  MN  7078 
mit  Weinbau 

aico  x(o[i,r^?  |JiYjrpo8(opcov  tou 
apatvo'.zo'j  vopiou  wird  Heu 
bis  nach  Arsinoe  verkauft 
XVII  (Jahr  593).  -ov  sv  \i.r,- 
tpoSopo'j  Ap  418  MN  9912 
Zeile  27.  scc  ta  [i£rpco[5(op 
Ap  409  MN  6846.  aica  laax 
n.TZ'ij  [ir,zrj  o  5o)p  v  £  XCVQI 
MN  6846  C  1,  fxr^rpS  ot^tzol 
IV2  Dinar  XCIIII  quattuor 
(7. — 8.  Jalirhdt.).  sv  %(o|X7j 

[JL'/;-pO^OpO'J  .  .  x).7]pOV  .  .  .  TOV 

B'.z  '0  voTTyVov  |j.£poc  aico  avo 
■:ou  5iopoYcoy  £0?  xato)  op- 
Ooi;Ap418MN7712Z.7ff. 

SV    TO    £7C0'.X0C0'J  TOU    [JLTJtpO- 

5ü)pou   Ap   418  MN  7712 
Z.   14  fF.    Wiener   Studien 
\TII.  115:  Mstpooojpcov 
/top  |X'/jva  Ap  618  MN  6912 
axo  £T:ix[tou]  [XY^va  Ap  492 
MN  6846 


Xfioo/icm.  otTO?XC;LXXXIX 
MN  6846,  17.  \i.oo/ßioz 
mit  Weinbau  Ap  124  MN 
6863  b.  \i.ooyßrjz  mit  Wein- 
bau LXXXVI.  aitox  [JLOux^ 
Ap  455  MN  7018  Ap  685b 
MN  6561.  [axox]  (jiotjx^  Ap 
36  ]\IN  6847,  12.  izoi^^  no- 
pcou  |jioux=  MN  7105  D  LIII 
15.  (Vn.  Jahrhdt).  [Aou/Ap 
759  MN6899.  \i.ooi'e\ai(oo) 
(^samOß  Ap  35  MN  6847, 
10  E.  (JLOt>XUOU  TcXotoü  Ap 
770  MN  6597 

vap\i.ooBiz  (arab.  Zeit)  Ap  244 
SIN  7087  x^P  vapixo»  Ap 
558  JVIN  6922.  aTco  vap(j.ouO 
Ap  853  MN  7400 

XO)p  V££p  (arab.  Zeit)  Ap  108 
MN  E  6846 

8  £PYY  o'lxvsiXou  TCO  MN  7105 
CLIII,  17.  vsc'^  xoXscos  Ap 
871c  MN  6846 

X  vso'j  Ap  738  MN  6846 

XO)p  V£a'coc  (arab.  Zeit)  Ap  118 
MN  6846 

Xtop  V£'c  zahlt  V/g  Dinar  CXIII 
(arabische  Zeit) 

Xwp  voxTQS  Ap  395  MN  6736. 
SV  TüsSto)  y^mpirjo  vixtjc  yriz 
azopt[i.ou  gehört  einem  Spi- 
tal Ap  864  MN  6561  Mit- 
theilungen II  63 

aico  vo[Ji,.  —  Ap  769  MN  6596 

nrjc  Exocxta?  vo[ißwa  tou  ap- 
atvo£C'cou  [vo(jio'j]  I  MN  7128 
daselbst  Weinbau  (5.  Jahr- 
hundert) 

stC  T'/jV  voußtv  (bei  M'/jrpoSo)- 
p(ov)  Ap  418  MN  7712 

Xfopoc  ojjiaa-ou  (arabische  Zeit) 
Ap  838  MN  6846 

ovtrtov  (arab.  Zeit)  App  244 
JIN  7087 


o^up'jyyrjQ  XCmi  MN  6846, 
11.  o^up'jYX^  "^*  <3t-coc  MN 
6846.  x">p  o^upoYX  -^P  ^58 
MN6922.  o]^u[püYxXCIin 
bis  MN  6585.  £v  o^apuYX^^ 
MN  6605  Ap.874.  o^upt^YX 
zahlt  772  Artaben  alxoi;  Ap 
323  MN  6846.  opjxcoiJisvoc 
aicn  xco[i7]C  otopi>yyu)[v]  tou 
apaj  voji./  Ap  563  MN  6846. 
axo  x(0[jnQc  o^tptvx"'"  Ap  491 
MN  6846.  SV  oc'jptYX">  Ap 
389  MN  6726  Wiener  Stu- 
dien Vm.  115 

X  oov  Ap  843  MN  6846.  ouvco 
mit  aizpz  (saec.  V)  LXXXIX 
MN6846,  17  oo]v(o  XCIIII 
bis  MN  6585 

X  ooGi  Ap  870b  MN  6816. 
X  ouo)  ßopp  mit  oiTOC  XC. 
ou](o  ßopp  Ap  376  MN  6846. 
X  ou(o  ßopp  und  X  oo(ü  vott 
Ap  586  MN  6846  Wiener 
Studien  VIII.   115 

X  xaYXic  (arabische  Zeit)  Ap. 
266  MN  7053.  pa'^avj  sXai/ 
.  .  aYOp*/  Tcapa  iravxi?  zwei- 
mal (VE.  Jahrh.)  LXXXK 
MN  6485 

Xwp  TToti^  Y=  •  •  •  -^P  453  MN 

6715 
Xwpirai^  >l) . .  Ap  453  MN  6715 
.  .  xaUtx  Ap  269  MN  7051 
xavOotp-rj  XCHII  bis  MN  6585 
Xcop  xavcax  Ap  558  MN  6922 
axo  X  xava°7  vorsivou  Ap  149 

MN  3137 
X  xavxti  axop/  ol  XCIIII'"  MN 

6846,  9  vgl. 
axo  X  x7.[vxr]ixou  Ap  148  MN 

7137  vgl. 
xaVTixo'J  mit  attoc  (V.  Jahrhdt.) 

LXXXIX,  MN    6846,   17 

oo\).\x(a-/fJc)  xaVTixp/XCVlII 

MN  6846  C  1. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faij6m. 


107 


Tcavrjr,Q  XCmi  bis  MN  6585 

Grundzins  Ap  456  MN  6846 
aicox  iraoXta^  Ap  650  MN  6910 
irc|J,'J;ai£tc  touc  zoTzooc,  a'j-[(ov] 
aTTo  TCccfjLvac  CXXXIII"'' 
MN  6955  A  Zeile  7,  8, 
vgl.  xaava[JL£  Papyrus  du 
Louvre  No.  XII,  2  (157 
vor  Chr.).  ßaatXixou  Y=o^p- 
you  £X  X.  tou  Yjpay.Xsoiuo- 
X'.TOU  und  Ttssvajxsa  PER 
x,t[a|j,o'jX  TcoJ'cs  [icV  axo  xco- 
[XTji;  xapcjJtßoX'/ic  zoo  atp- 
poStxo'jcoXi'cou  v[o[iouvuv 
5s  v/jv  otJxTjatv  £yj  etci  ttjc 
aur/jc  x(o[j.Y)c  iCcXr^OTjascoc 
macht  in  Arsinoe  ein  Ge- 
schäft ab  XXXVII  MN  6998 
Z.  5 — 7    ibid.    axo   %a)(j,'r]S 

X  Tzel-q  Ap  719  MN  6846  st 
X  TC£[X]Yj  Ap  637  MN  6907 

X  Tzel'A/  Ap  870b  ]\IN  6846. 
-jrsiA'j/at  .  .  vaapa'j  rov  [jl£i- 
Cova  -ou  y/op^^^  -jCcXxsTQac 
Ap  3  MN  6952  C 

ir£vv'/j  to'j  [6so5o)]aiou7:o)axou 

VOIJLOU    XXIII 

£v  TC£5'.[(o  z-qc  •fl\i.ZZB[j{aQ)  icw- 
[ATjC    £V    [A£V    rOTTCO    XA'r]p(ou) 

xotXo'j[X£Voy  TC£[j.ira  apoupav 
|j.tav  Tj[xwo  %ac  £V  toxw  ta- 
xt.  .  Ap  877  MN  7104 

irspt. . .  XCIII^'^MN  6585  vgl. 

f  TTspV  Ap  719  MN  6846 

yojp  Tzzrjo-qKa  .  .  mit  Weinbau 

"  Ap  243  MN  7078 

ax  ZTZ'ji%{iri'j)  ZOO  xupoo  llsT- 
rYjpiou  Ap  27  MN  E  6847 

sxot"  Tzszpoo  Ap  853  MN  7400 

£111     TTj?     YjjJLSXcpai;    V.(0[Xr^Q    £V 

TCTjY'rjc  XXVI  MN  6842 
d[ji.Tr£X(i%öv  x«>P^^-'"*')  IhaßoXtou 


Ap204dMN  7111.  Wiener  Studien  VIII.   115.   Ssßsv- 

Studien  VIII.   115.  Otaßa-  vut(ov   2£ß£VVCx{ov   Mitthei- 

lungen II  60  atefeenoTTTi 

aizo  asAY^^  •  •  '^^'^  '^^^  apai- 
[vocrou  vo|JLOv]  Ap  137  MN 
6863  q  Zeile  6,  7 

osXtj  Ap488  MN  6846.  x  oeXy] 
axop/q:-^  XCmr"  MN  6846, 
9  Wiener  Studien  VIII.  115 

oizoo  airo  asVTjxtou  Ap  345 
MN  6846 

a£o]'JYip[o!jXCIIIIMN6846,l  1 

aüVÖ£q)  £[jißoX7j  X  0'']''  n^it  ac- 
XQC  und  xpiÖTj  hat  min- 
destens 13  Bauern  App  93 
MN  7023,  6 

axo  X  a-rjpcov  Ap  651  MN  6910 

axo  STcoauo'j  ar^po'j  Ap  491 
MN  6846 

airo  STcot . . .  atjxt.  zcio  [apatvot,- 
Tou  vo|xou  Ap  823  MN  6944 
Verso  Z.  2.  (ev  dpatvoüxöv) 

aico  X  atvv£oc  Ap  550 IVIN  69 10. 
Vgl.  Cwvccoc  und  xCwv£(oc 

axo  atvccoou  Ap  493  MN  6895. 
ta'jp(£)X(a'C7j)  xtoptoü  otvcwu 
LIII  MN  6512  (VII.  Jahr- 
hundert) TtXcv''  X  aiVTcoou  MN 

6518,  xxxxvm.  (vn. 

Jahrhdt.) 
aipo)V  (vgl.  aupcov)  Ap  175  MN 

6846 

X  G%z/lryjQ  Ap  586  MN  6846 

axuXXtavoü  XCIIII^'^  MN  6585 

Xa'cpat(ovocAp8706MN6846, 

App  128  MN  6863g.  aipa- 

xcovoc  XCVm  MN  6846  C 1 . 

X  CT.  .  Ap  130  MN  68631 

(arab.  Zeit).  aßoEX(Xa)  aTCox. 

axp  (VIII.  Jahrhdt.)  App  266 

MN  7053.  irp  airo  a'cp«Ap755 

MN  6899.  axoaxp'^EVow/und 

axo  G'Lp'^  zahlen  6  Personen 

Getreide  CXIV  JklN  6846,  6 

Wiener  Studien  Vin.  115 


X  xta|j,ou  axop/x  XCIIIP'  MN 
6846,  9  aizo  ^  Tziaiioosi  Ap 
149  MN  7137 
7cta[JL£p/ni.  Weinbau  LXXXVI 
X  Tccfispc/  Tcayapx  |jl£  .  .  .  Ap 
637  MN  6907  (arab.  Zeit) 
maa£l  mit  Weinbau  Ap  124 
MN6863b.  x^Tiaai/LXXXV 
MN  6534 
£V  xeScco  xou  a'jzvj  £'ji:oat(ou) 
£V  xoxo)  xaXoujJLSVco  TcXaixaXco 
daselbstein  Weinberg  II  MN 
7118  C 
Xcop  Tcox  zahlt  10y24  Dinar  (ara- 
bische Zeit)  CXIII.  x^op  T^o^l 
Ap  108  MN  E  6846 
xcop  xoXXst  Ap  453  MN  6715 
X  irxoXEtx  Ap  738  MN  6846 
Kataster  aus  xxoXEiJ.ai^  Ap 
13  MN  7155  A  TtxoX£!J.at5V 
Ap  86  MN  7045  %zrAz\i.ain/ 
XCIIII  MN  6846,  11.  a(ito) 
TcxoXsix  CXVII 
xx(0£t  LXXXIX  MN  684.6,  17 
papT^ou  Ap  174  MN  6846 
pa(p  .  .  zweimal  Ap  174  MN 

6846 
otvou  p(o§£ovos  LXXX'" 
Xfopco'j  %aXo'j[Ji£vou  [Awpou  aasX 

Ap  688  Ap  7121 
BTzrA'-  aa[Jiß  Ap  759  MN  6899 
op[i,co[j.£Vot  aTzo  x(o[JLr^c  a£ß£V- 
vuxtov  Ap  641  MN  6630. 
xcop  a£ß£Vi53/  Ap  185  MN 
6846.  a(iro)  osßsvuxj  Ap  853 
MN  7400.  a%o  xcöjxtj«  oe- 
ߣV7jx[(üV  Ap491  MN  6846. 
osßEvaS  XCniP''  MN  6585 
OEßsvv  mit  Weinbau  Ap  124 
MN  6863.  OcßEV  mit  Wein- 
bau LXXXVI.  X  <3£ß£  Ap 
131   MN  6863    K  Wiener 


108 


C.  Wessely. 


atpa-'.eovoc  diu'aus  Frolinden 
XCVH"'"'  MN  6984  cuiic.  7 

uirsp  TpiÄv  xXouov  äircp)^otJL£- 
v(ov  SIC  n^v  o'jpcov  s«p  (o  xa- 
/.a'.  (biAOTiXtvöoc  cU  ypstav 
Trpoaarto'j  rwv  sxstas  LXIH 
"''  MN  6958  liegt  wohl  an 
einer  Wasserstrasse  (V.— VI. 
Jalirlult.).  airo  y  auptov  Ap 
149  MN  7137.  aufJLixayj  aupÄ 
XCVm  MN  6846  C  1  y  aü- 
pov  mit  Getreide  XC  y  au- 
pwv  Gxop/  .  .  .  XCIIIP'  IVIN 
6846,9.x«)p]aup(ovAp453b 
MN  7018 

aupfovoc  daraus  aito?  (5.  Jahr- 
hundt.)  LXXXIX  MN  6846, 
17.  S'jpo'j  Wiener  Studien 
VIII.   115 

taXaXi  Ap  651  'MN  7382,  vgl. 

taXiXCIIII  ÄIN6846, 11.  -iroi- 
[xsvcc  ycopiou  taXt  XXXXIX 
MN  6514 

ra|xa3c(oc  daraus  Frohnden 
XC\^I'"^  MN  6984  enfic.  7 

ta[v]'.c  (V.  Jahrhdt.)  LXXXIX 
MN  6846,  17  daraus  gIzoq. 
rjLTzo  ravstoc  LXXXII,  5  ÄIN 
6485.  f  ravso)!;  daraus  at- 
zoc  XC. 

£v  TOTtö)  -ctTTi  Ap  877  MN  7104 

sitocx/'uap^'.cov  (eine  Person  da- 
raus zahlt  27g+7i2  Artaben) 
Brit.  Mus.  p.  277 

azo  tapyiojv  Getreide  CXIV 

MN  6846,  6 
':aaaaO  daraus  oi-o?  372+73+ 

7,2ArtabenLXV''^MN6480. 

X  !  Ap  131  MN  6863  K. 

7.p  xaaoaz  (1472+7i2  Arta- 
ben) Ap  191  MN  6728a 
Wiener  Studien  VIII.  115. 
Taaa-,  ta^aO,  TaaaaT 


£1  X  tarCsp  Ap  637  MN  6907 

airox  tsßstVü  (zahlen  5  Per- 
sonen) Ap  253  MN  7079. 
X  tsßstvu  Ap  719  MN 
6846.  -csßsxvu  hat  AVeinbau 
LXXXVIAp  124MN  6863b 
Verbrecher  ausrsßstvu  (itoi- 
[icvsc)  werden  in  der  '^0- 
XaxT]  eingesperrt,  sie  stahlen 
Scliafe  aus  XcpXcauy)  jVIN 
6474 

a%  tsxsrv'j  2  Personen  Ap  147 
MN  7133e  Wiener  Studien 
Vm.  115,  Mittheilung.  II 62 

X  TcfiTsp  axop/  .  .  [X  XCIIII*" 
MN  6846,  9 

TcVispa  Ap  154  MN  6982  recto 
Zeile  11 

X  xsirx  Ap  738  MN  6846 

tcp|XO'JC  (arab.  Zeit)  Ap  130 
MN  6863i 

aicö  r£xpa6u|^  CXVII  Leute 
aus  zszpaQ'Jp/  werden  in  der 
'fUÄaxTQ  eingesperrt,  woliin 
auch  Leute  aus  Tebetny 
kommen  MN  6474 

Et  X  ■^P  tC^vvcWC  Ap  637  MN 
6907  (arab.  Zeit),  vgl.  Ctv- 
V£0)i;  und  ccvv£(oc 

airo  ''QZ  TtxcO'j  (apxaßat)  x[j,5' 
Ap  345  MN  6846.  aßp  airo 
tix^  (VIII.  Jahrhdt.)  Ap  266 
MN  7053,  vgl.  Aixaiou  Wie- 
ner Studien  VIII.  1 15.  TtXcOU 
5ix£0'j  Stxatou 

XO)p  uoxaX"Ap  131MN  6863  K 

XO)p/  xta  .  .  (arab.  Zeit)  CXIII 

ocrto  [x(o|X7jc]  Ttva  xou  apat- 
[voixou]  vo|j.o'j  Ap  139  MN 
7164b  Z.  5.  6. 

aico  xt  .  .  Ap  853  MN  7400 
Weingegend,  ano  Eirotx/  ttv 
TO'j  6£o[5(oaio'j'7c]oX[irou  vo]- 
[JLO'J  LVIII.  Wiener  Studien 
vm.  115 


OLTzö  TO'jp^  LXXXni. 

xptarojioc  daraus  aizoz  5.  Jahr- 
himdertLXXXIX  MN  6846. 
17.  airoy  xpcaroiAou  Ap  148 
MN  7137.  UTCoSox)  [-isp/  xa)(x 
[tpi]3to|Jiwu  Ap  559  MN 
6922.  Tpi[aro[j,oa  i:[ou  apa. 
vo[xryj]  Ap  808  MN  6882. 
aito  xpiaTOfiO"  yovx  Ap  269 
MN  7051.  x«>p  zpiavov-  Ap 
558  MN  6922 

avrXr^aat  £x  tcov  hon  |xou  x">- 
ptcüv  xaXoü[A£V(ov  xpm  xat 
itiaxatoYiC  in  einer  Wein- 
gegend Ap  686  MN  7121 

Ypa'^ovirpo^TouvEtotEpou  (ovsX/ 
£irava)  to  u5(op  CXXVIII 
MN  6934 

?  «paß-cEorou  zweimal  Ap  157 

MN  7159 
axox  r^a[X£t  Ap  828  MN  6496 
X  cpava[i.£x  Ap  870b  MN  6846. 
s.Tzout.o'J  (pava|A£r  im  Arsi- 
noitischen  Gau  LXVI  MN 
6846, 18  (pava[i,cT  mit  Wein- 
bau LXXXVI  Ap  124  MN 
6863b;  XCIin  MN  6846, 
11.  airox  (pavajij  Ap  204e 
MN  6870  A.  x<"P  «pavva- 
\i.zx''"  Ap  653  MN  6715 

X  cpavxEtc  apoupat  957ä+78  Ap 

889  MN  7353,  vgl.  iraYxtc 

X(opo'jffav7i£iAp83MN6996,5 

aico  cpav/jc  XCIIIP"'  MN  6585 

Xfop<pavr>uAp453MN6715  Ge- 
treidebau CXIV  MN  6846, 
6.  fwoo  XCIIII«'^  MN  6585 

X(op  ^ap[j.iv  Ap  453  MN  6715 

ocicox  ^svrsjjio'j  Ap  204 e  MN 
6870  A 

rxTZ  X  «pöaX  Ap  532  I\IN  7388 
^ftpa  XCIIIP'^  MN  6585 
£t?  xo  «p'/jßcS  apoupav  {xtav  xou 
({^vjXov  airo  xyjc  ?ltopuYou  Ap 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm. 


109 


418    MN   7712   Z.  10   bei 
MiTjTpoScopcov  gelegen 
Xcop  tfilr4  Ap  453  MN  6715 

apacvottou  vo[ji.o'j  XXIII  MN 
6469  (Leute  machen  in  Ar- 
sinoe  ein  Geschäft) 

•/(op    'foupöw     Aji    453    MN 

'  6715.     (po'jpOw     All     483 

]\IN  6846   Wiener  Studien 

Vni.  115.  «poupxt,  rpo'jpxtv, 

'foupOtv 

'^'Ska%f]  dorthin  kommen  Ver- 
brecher   aus  Tebetny   und 
Tetrathyron  MN  6474.  X3- 
Tcpaxsvat  .  .  .  £]%  -Yjc  (foXa- 
v.rfi  App  731  MN  7386 
?  xapt^oo  Ap  86  MN  7045 
X£(oc  Ap  298  MN  7085 
XoXo'jX^  XCIIIP^  MN  6585 


£t   X  '}ocpax(07c   Ap  637    MN 

6907  (arab.  Zeit) 
X  tjJcYjX  (arab.  Zeit)   Ap  130 

MN  6863i 
4-£Vupt?  XCIin  MN  6846,  11 

(daraus  olxoc   IV3+V12  -^" 

tabe)  LXV  MN  7013.  £tx 

'|£V'j[ptc]  Ap  637  iVIN  6907. 

jjLscCC°  yjx>^i'"'  ■  ■  ■  ({'svopscof; 

CXXVI  MN  7092.  ot  aTio 

(p£Vup/(arab.Zeit)LXXin'^^ 

X(op  (|;£Vup£(oc  Ap453b  MN 

7018 
a%  '}£T£p/  Getreide  CXIV  MN 

6846,  6 
({^£'jtv[a](pp£[(;D    Ap    492    MN 

6846 
'\ie'/  .  . .  mit  aizoQ  (5.  Jahrhdt.) 

LXXXIX  MN  6846,  17 
aTTo  '|t[JtWT:o'j  '(rr/x  Ap  269  MN 

7051 


airox  (j;ov£up£cos  Ap  148  MN 
7137  Ap  204e  MN  6870 
zahlt  für  180  Aruren  Ap 
106  MN  7056  (VI.  Jhrhdt.). 

öV£XdT7]C  X  ^tV£!>p£OC    (VII. 

Jahrhdt.)  MN  7105  H  LEI, 
10.  ditV£yp^  mit  Weinbau 
LXXXVI,    App    124   MN 

6863b. icotjJi.^X^'^P^^'-*  '^tv^MN 
7105  LIII"='  Mittheilungen 
n  63.  \\riHOTrpec 

(fvnzio  Ap  604  MN  6846.  axo 
X  [cj^]cvx  .  .  Ap  148  MN 
7137  '|[t]vT£(o  XCnil"'^  MN 
6585 

rxTzo  X  t|;(o  Ap  204 e  MN  6870. 
(];(o  Ap  488  MN  6846.  (|;(0£t 
LXXXIX,  MN  6846,  17 

X  (o%£(o^  (mit  7  Steuerträgern) 
arab.  Zeit  Ap  16  MN  7155 

{ov£t-  Ap  298  MN  7085 


Fragmente. 

.  .  .  Sps  .  .  XCIIII^'^  6585 

.  .  .  YjXt  Ap  124  MN  6863b 

X(op  .  oc[Jiova  .  .  Weinbau  Ap  243  ]VIN  7078 

axo  X  •  •  i\>-^ozooc,  Ap  149  MN  7137 

Xwp  a  .  00  .  ot  Ap  558  MN  6922 

jizrjo  .  .  oiQoc  Ap  224  MN  7331 

•AptOT)  .  .  0  .  .  .  Ap  322  MN  6623 

axo  %(ly\i.r^c  .  .  .  too  0£o^oat[ouxoXt'cou  vo[ioü]  Ap  171  MN  6846 

V£(p£p7.c  'Jcoc  xocjAouv  axo  £xoc'Äiou  .  .  to'J  apowottou  vo{AOü  Ap  336  MN  6846 


Arsinoites  Nomus. 

xayapx  7.pc;ivo'r;to'j  Ap  691  MN  7121.  too  apc£VotTou  Ap  696  MN  7121.   £x  apa£V0£tT7j  Ap 

685  MN  6546  a.  d.  J.  464 
Namen  von  Arsinoe:    apatvoct['ca)]v   xoX£0)C   LVIT    MN  7450.    apatvjoTj-ov    xoXcCO?    Ap  250 

MN  7079 
a'jptov  5s  sXsuaoixai  Exi  z'qz  xöXecoc  Ap  210  MN  7045.    £X£[i.(|;a  töv  a6(j.[jLaxov  alz  aypouc  .  . 

^yfsO.ovta  £V£Y%at  uixä?  sk  tvjv  xoXtv  CXXVI  MN  7093.  xoXic  Ap  417  MN  6846.  xoX^ 

Ap  455  MN  7018  —  Gegensatz  bIq  rr^v  x^p'^v  (arab.  Zeit)  Ap  745b  MN  6920 
Spital  in  Arsinoe:   zb  voao%o{jilov  XXXIII  (a.  ä.  J.  678)   Ap  864   MN  6561    Ap  555    MN 

6918    Reclmung  Ap  866  MN    6616  besitzt  einen  Weinberg  (süaysc  voaoÄO(j.lov)  Ap  87 


110  C.  Wessely. 

MN  6707.  Eiu  vo3oxo{ilov  liegt  siel  Xa'jpa?  r];avTCaXXcoy  Ap  862  MN  6693.  y.7jitto'j  voao- 
xöjJLOU  Siaxovou  .  .  .  Ap  207  MN  6757 

Bad.  Brit.  Mus.  p.  244.  Fspovuoc  TTSpt/ünrjc  toü  8Yj[j.oaioo  ßaXavtoo;  ßaXavso'j  MN  6816 
Ap  340.  zw  ßaXavj  MN  6580  Ap  886 

YTjpoxoixtov  ÄIN  6920  App  743  Zeile  7 

Theile  der  Stadt:  STComo'j  Bsdrpou  Ap  580  MN  6846.  £V  ko]  cirotxotco  xyji;  tcoXsoc  £tc  to 
von;vov  {Xspoc  airo  ttjc  tcdXt^c  xat  sa«)  .  .  xat  st?  to  aicrjXiotYjxov  [xspoc  xoy  sitoatou 
App  418  ÄIN  7712  Z.  20.  dTia  oX  (j^dAxyjs  [dx]ö  -coö  s-jtotxtotj  ttjc  (xsYdXYjC  sxxXvjaiac 
Ap  680  MN  7113.  ä%rj  |j,£pou?  cvoix"  t"^?  {xsYdXirjc  iv.f.Xrpi(j.z  Ap  679  MN  7113 

ir«){iapiov  EV  iic^to)  TavraXo'j  irpoaatuov  xtjc  itoXctoc  darin  Cisterne  und  Häuseben  für  Auf- 
bewahrung der  Werkzeuge  III  I\IN  7073 

£V  TOijc  Tcpo[aa]xioi(;  nr]?  5c  xtj?  ttoXscoc  sv  [r/j]  ■coTToQsata  .  .  .  oupa  Br.  Mus.  p.  *260 

0.7:  oixiou  axXo-  Ap  583  MN  6846  verso 

irpoc  Toitco  [JiaxcSovoc  otxia  Ap  583  MN  6846 

irpjo;:  roTTto  ixixpo'j  ji  .  .  .  Ap  583  MN  6846 

Klöster. 

ziZ  zo  |xov«  zTö  aßßa  .  .  .  -jcpoc  ycuiJ.«  B|j,oia[i"  CXX*°'  xo  [iov»  xö  aßßa   App  771  MN  6543 

{Aova/ou  {JLOvaaxYjptou  xou  aYiou  Xouxa  LXXIIII 

xou  {JL0V0OX1  VciAouTT^  (VII.  Jalirlidt.)  XXXV  MN  6502 

]jL0vaaxr)pt5  aßßa  laaax  XCIX  ÄIN  7022  B  (V.  Jalirhdt.) 

Aus  einem  {iovaaxvjptov  kommt  ein  Brief  an  den  Bischof  Abba  Petros  CXXIV  MN  7129 

x]o)  [jLOvaaxr^piv  Ap  765  MN  6491 

Strassen  von  Arsinoe. 

Xaupa  OLTZolloi  MN  6489.  ayc/  airoUa)  MN  6889 

aico]  a{X(po§0'J  aiu  .  .  .  App  648  ]^IN  7382 

Xa'jpa  azoXÄcovtou  LXXIIH  6.  auoXXcovtorj  MN  6889  Ap  106  MN  7056 

aico  a|j.rpooo'j  aXuTCCOU  Ap  374  MN  E  6846  dort  wohnt  ein  Gärtner  (VII.  Jahrhdt.)  III  MN  7073 

X.  aiicpax  MN  6489 

aico  a[i'fo3o'J  ßaatX[wou  ein  Winzer  wohnt  dort  I  MN  7128  (V.  Jahrhdt.) 

Xaopa  xoü  ayi/  ßcxxopoc  Br.  Museum  p.  278;  MN  6528  Aj^p  670,  MN  6622  Ap  683.  Xaupa] 
aYt(ov)  ßcxxop  Ap  283  ^IN  6609.  X.  ayiou  ßax  MN  6489 

Xaupa  zo'j  ayt  ßaxwpoc  (IIV4  Carat  Steuer)  MN  7106  LXVHH  (VII.  Jahrhdt.)  MN  6889 

Xa'jpa  Y£«>fT  arab.  Zeit  Ap  176  MN  6846 

axo  ajx'fooou]  '(ü'/ai%wj  Ap  792  MN  6846 

Xa'jp  aYi»  SoipoOs  Ap  580  MN  6846.  aYi/  oo)poO£ou  MN  6889  Ap  106  MN  7056 

v/ß'jrjTzpdzrii  dirö  xtjc  'ApatvotxSv  xoXscoc  aTcrj  d|X'fö5ou  exxXYjaiag  xatvÄv  Br.  Mus.  p.  261  a. 
d.  J.  543 

Xa'jpa  TjXta  LXXIII,  6 

Xa'jpa  aY'.  hr/.h  LXXIII,  6.  axo  Xa'jpas  aYt  OsxXa  Ap  106  MN  7056.  aYc  6cxX-/jc  MN  6889 

Xa'jpa  aY'.o'j  Oso^topo'j  MN  6489,  6889,  LXXIII.  Ein  Öso^cDpo?  xsxxojv  zahlt  5taYpa<p'^c  Xa'j- 
pa? xo'j  dYCO'j  0£o5(opo'j  e'/^-j-V^  Karat  i.  J.  646  Br.  Mus.  p.  278 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  Hl 

ayt  Gsoxoxo'j  IVm  6889 

airo  a(JL'f/  6«paTC£tYj?  XI  IVIN  7400 

2X  a[jLi^o5o'j  tspcov  g^yvcov  yoptoÖTjXT^v  A^)  531  MN  7393 

aji^  xövuaupou  Ap  159  MN  6671 

Xa'jpa  xKaoirarp  Ap  209  MN  7115.   x^soxa-cpiou  MN  6889.    Xaüpaj;  xX=  (VIT.  JahrMt.)  Ap 

164  MN  6677 
aytoy  Xswvcto'j  LXXIII  6 

i-/6'joirpdrr^C  .  .  äicö  ä|X'fö5oy  Au%i(ov  Brit.  Mus.  p.  261  a.  d.  J.  543 
ayt/  |JLapt'jp(ov  ]\IN  6889.  tcov  {Aaptvjptov  LXXIII  6 
[ityrikriz  =.%^\riQVj.z  MN  6889 
X(a'jpa)  (dycou)  Mvjvä  LXXIII  6 
a{Ji9o5o'j    [AO)7jp£(oc   Ap  685   IVIN  6546    (VI.  Jahrlidt.).    yswpYOt  .  .  .  aiio    a[Ji'fo5ou    (JioTjpcfoc 

Br.  Mus.  p.  261   a.  d.  J.  595 
a(J.'fo5o'j  jxoapou,  [jioüiapwu  Br.  Mus.  p.  244 
Xaup  V£ox  Ap  209  MN  7115 
sitoatov  üsdxpoD  MN  6489 
a[i.!po5ou  oXujXTTwu   öcatpou   Ap  707  MN  0588.   dpaifvitdjpio?   dito  XXIX  ]VIN  6846.   X(aopa) 

oX^  LXXIII  6.  azo]  a{j,'^o5ryj  OXyjjtirto'J  Ap  197  MN  6983a 
Xaup  Tcapspißo'-  dort  wohnt  ein  op^eo^dTt-rjXrj?  MN  7111  LXXIII;  MN  6530  LXXIII  quinque 

a-rto  8taYpa'f(Yjc)  irap£[j.ßoX  LXXIII  quinque  MN  7105  ein  xou'f oxspaixoopyoc  wohnt  axo 

a[jLrpo5o'j  itap£[JißoXY]C  VIII  MN  6908  a.  d.  J.  635  IMN  6889 
a{i'fo5o'j  TTspasa?  Ap  185  MN  E  6846   daselbst  ein  zweistöckiges  Haus  Ap  392  MN  7711  (oi- 

xoxsocov  STtl  a.  X.).  Ein  aeßaatcorpopoc  wohnt  daselbst  XXVIII.  tspscoc  £x  a|i,cpo^  xs  .  .  . 

Ap  876  MN  6608.  Xocypat;  Trspasac  LXXI''^  LXXUI  6.  xspasac  MN  6889.  X  xspoj  MN 

6489.  Xa'jp^  xsp'  MN  6970  Ap  481 
X  ayiou  xs-cpo'^  MN  6489,  MN  6970  Ap  477 

Xot'jp  aytou  aavavsco  Ap  598  MN  6846,  MN  6889.  X.  a-j-cou  aavavso"  MN  6489 
ajxfpo^o'j  xa[ji.ia)V  r^roi  xatcoxspoo  (Hausmiethe)  Brit.  Mus.  p.  249  (im  VI.  Jahrlidt.)  MN  6846, 

35.  f^ajiKov  ot'co[t  .  .  ]VIN  7384  LXVI,  4.  [jlüXoxoxoc  axo  a[i(fo5ou  r  XXIV.  Xaupac  %a- 

TOTspo'j  ]^IN  6489.  ÄarcoTspo'j  MN  6889 
p  .  .   .  XXIX  MN  6846 
Xaupa  'foiXto'^  Ap  176  MN  6846   (arab.  Zeit) 
Xa'Jpa  aytoy  9  Ap  17     ÄIN  6846  (arab.  Zeit) 
a|x^o5]o'j  <];7.vxaXXio'j    (V.  Jahrhdt.)   Ap  667  MN  6705    Spital   in   der   Xaupa  ({^avxaXXto  Ap 

862  ÄIN  6693 


Kirchen. 

oa[ovo[X(o  zoyf  aycfov  axooroXfov  xVp  576  MN  6562.  sxxXtj  tcov  a[Ytcov  .  .  Ap  787  MN  7381 

sxxX)  TO'j  ayt  ßtxroipos  besitzt  1'/^  Aruren  zahlt  7'/«  Karate  Brit.  Mus. 

%£[XXaptoc]  to'j  aytou  YcX[aacoy  XCIX  MN  7022  B.  (V.  Jahrhdt.) 

ExxXr^o'.a  Tou  aytov  ^(opoOso'j  Ap  280  MN  7384 

vffi  ä'fiaz  Hsxl  MN  7100  LXXI,  App  664  MN  6661.   xa'jXou  xpscßüTspo'j  -yjc  ayta«;  sxxX) 

TT^C  aYW4  BsxXac  CXXII  (VI.  Jahrhdt.) 
ixxXr^at  -1  aytac  BswSoxoy  Ap  280  MN  7384 


112  C.  Wessely. 

Staxovo?  ayta;  xfxboKVArfi  sxx>.7]aia<;  IV  MN  6846  App  708  MN  6846  (iu  Ai-siuoe) 
Ttpsaß'Jicpoc  xat   o[txovo|xoc   rr^js  aytac   xaOoXaTjc   sx^Xirjaiai;  nrjc   apaivosirov  'iC[oXc(o?]  xsvcov 

Brit.  Mus.  p.  270 
sxxXT^aj  zo'J  ayiou  (xapxou  Ap  260  MN  684G  A  2 
-(ov  aYto]rarcüv  {iß  [iaptuptov  Br,  Museum 

(pavairrou  ztov  y  [locptr^pwv  LXII  y  [iaptup/  zahlt  5  Goldstücke  Brit.  Museum 
jjLcYaXT]  cXxXirjata  Ap  697  MN  7113,  Ap  680  MN  7113.  avaX.  sxxXtjoj  jxsy«  •  •  l^rit-  Museum, 

apo'jpat  rfjc  [AsycitATj?  exxATjacac  £V  TcsSctj)  .  .  .  MN  7106  LXXIII  7.  xyj?  (xy.  sx^Xr^aoac 

Brit.  Museiun  xVp  280  MN  7384.  dpytStdxovoc  xyj?  [Asyd^?  sxxXY^atac  Ap  615  MN  6912. 

Siaxov.  Tf^;  [isya).)  sxxX.    App  722  MN  6846  Ap  874  MN  6563  ?  sXaiou  r/jc  cxxXY;atac 

MN6515,  LIII,  19 
otxovo|jL(o  Tirjc  aytac  |jl£y<^^*  sxxXTjata?  xai  tyj;  aYiac   sxxXvjatac   "cou   ayio'j   TUcipoa  Ap  423 

MN  6669 
oixovj  Tou  ayt    ar£(pavoü  MN  6485  LXXXIl 
sxxXr^at/  tou  aco^T^p  Ap  280  MN  7384 
ocxovofJLOC  to'J  aytou  /ar^X  LXXIIII'''' 

Theodosinpolites  Nomus. 

aito  x(o|i.Yji;  .  .  ZOO  Ö£o5oai[o!>'iroXt-CiU  vo[xou  Ap  171  MN  6846 
£Zoix/  Tou  Bso[o(oatoDx]oXt[':o'j  vojxotj  LVIII 
zcVVYj  .  .  xoü  [9£o§(o[atouT:oXtxoy  vo|jlou  XXXIII 

Aphroditopolites  Nomus. 
xcoiATj  Trap£]JißoXTjC  s.  oben. 

Aus  den  Papyri  lernen  Avir  Einiges  über  den  Anbau  und  die  materielle  Kultur  des  Landes; 
Ap  157  MN  7159  ist  eine  Rechnung  über  Steuereinnahmen  für  Arak,  Dattelbau,  yöpxoo, 
ä|n:cXotV(ov,  oivou,  [isXtstJ^ou.  Die  xco|Ji7]  KajJicvcov  producirte  ßupaapccov,  speac,  yöpzoo,  iipo)- 
ßdrtov,  (puX^oiV,  paffdvoü,  otpcoixdzcov  (British  Museum  p.  256,  a.  d.  J.  639/40);  im  Ap  72 
MN  7737  werden  erwähnt  Culturen  von  Papyrus  (yapxcoxov),  dann  vsixoXdtov,  iairapixcva 
otTtj)  ■;capaX'j6(X£Va  (?)  irjXiou,  5taC'/J[J.tXtov;  in  einem  Vororte  Arsiuoes  werden  eingeerntet  901- 
vtxsc,  xopioiov,  y^O£6g|jlou,  ßsXoxtcov,  yrjfyöXio'^,  xttpou,  icc'xövtv  'TUSpGixd.  Getreide-,  Wein-  xmd 
Obstbau  kommen  vor  allem  in  Betracht;  als  Weingegenden  sind  zu  nennen:  Moöyti;  (Steuer- 
quote 7273  Solidi  und  1090  [Krüge?]  Wein),  Tebetny  (20  Sohdi,  300  Wein),  Psineuris  (40  So- 
lidi,  600  Wein),  Plianamet  (46%  Solidi,  700  Wein),  Themen  (10  Solidi,  150  Wein),  Piamer 
(4673  Solidi,  700  Wein),  Belu  (5273  SoUdi,  1000  Wein),  Sebennyton;  Papyr.  LXXXVI.  Belu 
zahlt  ein  andennal  12  Solidi;  die  Weinsteuer  wird  dabei  auf  die  einzelnen  Kelter  vertheilt 
(LXXXVII).  Rhodeonos  hat  ebenfalls  Weinbau  (LXXX"").  Ein  Privatmann  erhält  aus  Tin 
im  Nomus  Theodosiupolites  17  Kor  Most.  Die  Weinberge  haben  aber  auch  Obstbäume,  z.  B. 
Dattelbäume,  und  andere  Cultui*j)flanzen  in  sich;  bei  ihnen  sind  Häuschen  zm-  Aufljewalirung 
der  Arbeitswerkzeuge  (I).  Vgl.  noch  Ap  243,  LXII,  App  124  ÄIN  6863b  App  185,  App  87 
MN.  6707. 

Xitoc  wird  gebaut  z.  B.  in  Ihcöst,  W(azi,  llavxixo'j,  Tavt,?,  icpdc  vr^aou,  ßcd^cVtc,  lypco- 
voc,  TptaTOfioc,  KspxsO'fti;,  Wok:,  KaXicpdvou,  Atxatou,  TsixsXXou,  06v(m,  MsXixcbvos,  Moü/i?  (zu 
Ende:    sie,   -ut^v    ^'£tXo6^:oXw   xo(JLtaÖ£iaat   dpxdßai  963)    Papyrus   LXXXIX,    vgl.  XC.  CXIV. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  113 

SsßcVTjTou,  Tixsou  Aj)  746  MN  6920  Wivo^AQ,  TaaaaÖ, 'O^upuy^/oi;,  '  E[j.ßö/.o'j,  siroäiov  SeßsvYj- 
xo'j  Ap  191  MN  6728a.  KptOf^  wird  angebaut  in  Taaaar  App  191.  In  Sele  ist  das  Verhält- 
niss  des  Anbaues  so,  dass  circa  viermal  mehr  alto?  als  xpi6Yj  gebaut  wird,  App  93  MN  7023, 
6  Wiesenculturen,  die  feines  Heu  bis  nach  Arsinoe  und  weiter  lieferten,  waren  in  M7j"po8d)- 
pcov  XVII  a.  d.  J.  593;  hi  stcoixiov  'AXwXco  (xoö  Apacvolzou  vo[Jioü)  XXIII  a.  d.  J.  616.  kizoi- 
x'.ov  Ktociaav  zoö  ösoStoatouTCO/i'cou,  vo[i.o'j  13rit.  Mus.  p.  250.  Zweimal  wird  im  Papyr.  LXXXII 
MN  6485  das  Repsöl  von  Pankis  erwähnt,  paipavivou  äXaioo  dyopaaOsvcoc  irapd  Ildvxtc-  Wir 
notiren  sonst  Mou/so)?  sXaiou  ^sarai  ß'  Ap  35  MN  6847,  10  E.  Mr^xpoScöpot^  aTjiua  XCIV 
quattuor;  aoA(tva?)  App  61  MN  7006.  Für  die  Existenz  besonderer  Obstgärtner  und  deren 
Zunft  spricht  App  788  MN  7381  TZ(»\irxpizat.  xt^c  aözfjQ  tzb^iöZciC,  und  rcäv  dXX(ov  ircoixapcrcbv. 
Ein  Privatgarten  wird  erwähnt  Ap  207  MN  6757:  x'/jirtov  voao/,ö[JLO'J  Scaxovou  zoö  Sstva. 

Auf  den  Handel  und  Verkehr,  Reisen  und  Fluctuationen  der  Bevölkerung  beziehen 
sich  zahlreiche  Angaben;  Alexandria,  Hermupolis  (sie  'EpjJLÖiroXiv  Ap  637  MN  6907),  Mem- 
phis (aiüo  \i.B\x'f/,  SV  |xs[JL'f  Ap  575  MN  6562),  MsuaopjJLOico^  (XCIV,  4),  Heracleopolis,  Nilo- 
polis,  Babylon  werden  so  erwähnt.  Ein  Betrüger  eilt  nach  Alexandrien  Ap  72  MN  7737a, 
Frachtschiffe  langen  dort  mit  arsinoitischen  Producten  an,  Arsinoiten  besuchen  Alexandriner 
und  correspondiren  in  persönlichen  inid  Geschäftsangelegenheiten:  Ap  450  MN  6919,  Ap  845, 
MN  6914,  LXIII  MN  7044,  7121,  6863,  6951,  CXXXI  MN  7130.  Ap  72  MN  7737a.  Sen- 
dungen nach  Babylon  erwähnt  Ap  269  MN  7051.  Die  wiederholt  vorkommende  Formel 
öpii.o)ji.£voc  dTCÖ  tfjC  Sslva  v.u)\i.rfi  vüv  5s  x'^v  rjlxr^ai^  sy(ov  sv  zip  oslvt  z6%(p  zeigt,  wie  die 
Bevölkerung  Wohnsitze  wechselte,  so  z.  B.  ein  gewisser  KtajiooX,  von  dem  es  heisst  tcoxs 
jxsv  aTCÖ  y.(o|iYjc  llaps[jLßo),7;c  toä  Atppo^txouicoXtTou  vojjloö  vüv  5s  tt^v  oar^aw  £-/(ov  siri  xtjc 
x(i)[iT;C  11sXt/J7]gsco^,  und  der  in  Arsinoe  den  Contract  XXXVII  MN  6998  abschliesst;  das- 
selbe thut  ein  Producent  von  Heu  ditö  iTcouLoo  Kcostaav  zoö  8so§oatooTCoX{rou  vo|xo'j,  Brit. 
ilus.  p.  250.  In  Arsinoe  wurden  überhaupt  alle  Interessen  concentrirt;  auch  für  die  Boden- 
cultur  der  Provinz  war  es  wichtig,  dass  dort  die  Grundherren  lebten,  die  ihre  Bodenrente 
verzehrten,  welche  die  Pächter  aufbringen  nuissten;  so  hatte  der  Grundbesitzer  Flavius  Julius 
Besitzungen  im  sicotztov  NojJißtva.  I.  MN  7128,  vgl.  App  688  IVIN  7121.  xiber  auch,  juristisclie 
Personen  besassen  Einkünfte  aus  Gütern  auf  dem  Lande,  so  die  [isydXT]  iv.vXriaia  von  Ar- 
sinoe: dpoupai  r'qc  ixsYdXvjc  iv-xkr/iaiac,  sv  Tcsottj)  zq>  Sstvt,  LXXIII  Septem  MN  7106;  ebenso 
ein  Spital,  das  Gründe  im  )((opcov  Nixr^c  vermiethet  App  864  MN  6561;  daraus  erklärt  sich, 
dass  das  Spital  eine  Rechnung  für  Weinkufen  bezahlt,  welche  die  Grundbesitzer  bei  der 
Weinlese  selbst  beizvistellen  hatten  App  866  MN  6616;  das  Bad  in  Arsinoe  scheint  über 
Weinberge  verfügt  zu  haben;  es  zahlt  Gehalte  in  Wein  aus  Ap  886e,  MN  6580.  In  QiaXao'ki 
hat  eine  Kirche  Weinberge  App  677  MN  7113,  vgl.  App  692  MN  7121.  Die  Kirche  dyiac 
BsxÄ'/jC  kommt  so  in  die  Lage,  eine  Rechnung  für  Weinkufen  zu  bezahlen  App  664  MN 
6661,  vgl.  auch  Ap  615  MN  6912.  —  Von  einem  Pilger  nach  Palästina  hören  wir  in 
XXXVIII.  MN  6503. 

Auch  eine  gewisse  Bauthätigkeit  lässt  sich  verzeichnen.  Ziegelbrennereien  —  man  denke 
an  den  Ortsnamen  Ka[Ji.iv(ov  —  lieferten  die  öirtcoicXtvOoDC,  von  denen  21000  Stück  im  6.  Jahr- 
hundert 372  Solidi  kosteten  (CXXIL);  die  unternehmende  Frau  Sophia  betrieb  mit  Ziegeln 
einen  schwiinghaften  Handel  bei  weitem  Transporte.  30000  ungebrannte  Ziegel  kosteten 
1  Solidus,  Prolegomena  Papyrus  II  p.  56  flF.  Pap".  CXXII  ist  eine  Rechnungsurkvmde ,  die 
ein  Baiuneister  vorlegt,,  über  18^4  Solidi,  vgl.  App  103  MN  6994.  Reparaturen  an  einer 
grossen  Mauer  erwähnt  App  428,    das  Putzen  der  axa^uov  und    jJiTjtp"   App  278  MN   7384. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.     Abhandl.  TOn  Nichtmitgliedem.  p 


114  C.  Wessbly. 

Die  Bautliätigkeit  erstreckte  sich  auch  auf  die  vielfach  zu  Gärlen  und  Culturen  l)enützten 
Plätze  von  der  Ortschaft  selbst;  so  kommen  drei  Schiffe  nach  Syron  beladen  mit  guten  Roh- 
ziegeln für  den  Bau  in  der  dortigen  Vorstadt  LXIir"'  MN  6958.  Die  xpoaaxsia  von  Arsi- 
noe  werdön  genannt  im  Pap.  III  MN  7073  sv  TcsSttp  TavrdXou  Tcpoaaruov  z'qz  iroXsw?  und 
Brit.  Mus.  p.  260  sv  Tol^  Tcpootauot?  ttjoSs  tt;?  tz6\=.(üz  sv  r^  Toicoösaicj.  .  .  .  o'jpa  .  .; 
Garten  und  Cisterne  daselbst:  III.  Es  entsteht  so  ein  Nord-  imd  ein  Süd-Neudorf  (Ap  870b 
MN  6846),  ein  doppeltes  ()ü(6  Ap  586  MN  6846,  Ap  376  MN  6846,  ein  Süd-Paniku  App 
149  MN  7137;  die  Nachkommen  einer  Familie  legten  wohl  auch  zusammen  eine  neue  Ort- 
schaft an,   daher  der  Name  )((optov    Traiöcov   Fs  .  .  ..  und  Wsoozva'-fploo.   Ap  453  MN  6715. 

Für  die  Bewohnerzahl  einzelner  Orter  haben  wir  nur  wenige  Andeutungen;  das  siüoiäiov 
Arjtoöc;  hat  mindestens  12  steuerpflichtige  Personen  LXVII.  Das  S'jcotxtov  xliroX/^to  mindestens 
sechs  Famihen  App  875c  MN  6846.  Dreizehn  Personen  sind  die  Vertreter  der  Gemeinde  Ka[Jit- 
v(ov  Brit.  Mus.  p.  256  a.  d.  J.  639/40.  ICin  6s[xa  v-aza^oKfiC,  yiapioo  ßoußda-ou  mit  16  Per- 
sonennamen stammt  ans  arabischer  Zeit  CHI,  ebenso  die  Angabe  sieben  steuerpflichtiger  Per- 
sonen in  "iixcco;  App  16  MN  7155.  Phankis  scheint  957«  Aruren  Culturen  gehabt  zu  haben 
App  889  MN  7353;  Psineuris:  180  Aruren  App  106  MN  7056;  Eikosi:  25  Aruren.  Einige 
Steueransätze  sind  in  den  Ortslisten  und  kleineren  Ui'kimden  enthalten:  Kerkethoeris  zahlt 
6927^  Solidi  App  343  MN  6846;  der  Schreiber  von  Magais  übergibt  an  Steuern  der  3.  In- 
diction  48  SoHdi  LXXIII;  die  Bewohner  von  Thambatori  zahlen  ll-f4-f-9  .Solidi  Grund- 
zins der  9.  Indiction  durch  dreierlei  Hände  Ap  62 ;  Belu  zahlt  ausser  Naturalsteuer  in  Wein 
12  Solidi  LXXXVII;  wir  können  beobachten,  dass  auf  je  1  Solidus  Steuer  in  baarem  Gelde 
je  15  xavtSta  (die  gelegentlich  5  Xestes  hatten)  Wein  kamen.  —  Die  Ortschaft  Syron  hatte 
einen  eigenen  Briefträger  XCVIII  MN  6846  C  1.  Arsinoe  mochte  starke  Besteuerung  zu 
tragen  haben:  die  Theklastrasse  brachte  allein  124  Solidi  ein  App  106  MN  7056.  Die 
Steuerraten  einzelner  Personen  schwanken  zAvischen  liy^,  l^i  (zahlt  ein  Obstgärtner),  4  (zalilt 
ein   äva^vwazT^c).  6*/.  (zahlt  ein  Weizenbäcker),   V/,^,  4^/^  Karaten. 

Über  die  Lage  der  Ortschaften  ist  zu  bemerken,  dass  in  der  Nähe  von  Neilupolis  sicli 
vielleicht  Muchis.  Bubasto,  Psineuris,  Sintou,  Tali  und  siroixtov  'Wkia  befanden;  in  allen  diesen 
hat  das  aus  den  Olreclmungen  bekannte  Kloster  bei  Neilupolis  etwas  zu  schaffen.  Leute 
sowohl  aus  Tebetuy  wie  aus  Tetrathyron  kommen  in  dieselbe  (puA.ax7j  LXXXI  MN  6474. 
Endlich  wiederholen  sich  in  den  Ortslisten  gewisse  Gemeinden  gruppenweise,  vielleicht  weil 
sie  einander  bcn!iclil);ivt   wmi'cu. 

Was  die  sprachliche  Ausbeute  aus  unseren  Contracten  betrifft,  so  bietet  sich  bei  den 
eigenhändigen  Unterschriften  der  Contrahenten  und  Zeugen  Gelegenheit  genug,  die  fort- 
schreitende Entwicklung  des  Vulgärgriechischen  zu  beobachten;  dagegen  zeichnen  sich  die 
vom  Urkundenschreiber  nach  vielfacher  Übung  verfertigten  Texte  durch  relative  Reinheit 
der  Ortliographie  aus. 

Es  wechseln  at  und  e:  'fcVOtJicVTj  XVIII  —  ya|X£  III  —  [j.c[JLCa9(o(j,£  Ap  595,  [xz\xrio- 
9(0[Ac  Ap  392  —  /.s  V  Ap  418  —  a^ispsxou   Ap  418  —  iccXXs   Ap   418  —  5i%eov  Ap  418 

—  statpo)  =  £t£p(p  Ap  495  —  '/.a'/faXatoo  Ap  137  —  aicoAYjaaTat  Ap  486. 

o  und  (o:  £|jlo  Ap  611  —  Exavo,  avo  Ap  418  —  C^V  XXXIV,  vgl.  C^jsi^-jrxy  1  —  xa- 
IJicXovoi;  Ap  418  —  'filirjbr^yi-n  XXIII  —  xojayj  Ap.  418  —  aytov  Ap  137  —  apof^pov  Ap  418 

—  aoTov  XXXVI  —  auv  tov  'fuvtxov  Ap  418  —  ti£VY]|j.axov  Ap  418  —  a|x[j,atov  Ap  418  — 
Tov  vojicaiAOL-ov  Ap  418  —  itoXcO?  Ap  418  —  o?  Ap  418  Ap  595  —  eoc  Ap  418  —  £zoi- 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Fauüm.  115 

(Jioc  XXV  —  aßpaa|icö)c,  (o  icf;(oxi|j.£V(oc,  onoc,  tco  svoxuov,  y7C(0Ypat|^a  Ap  144  —  to  OTCto- 
Ypa([ac  Ap  392  —  -Jtpcoxctxat  Ap  518  —  xa»  —  zö  XIV  Ap  864  —  Öauixaauotirjto«;  III  — 
asßaaxco'fopoc  XXVIII  —  zo  8r;[JLoa«ov  XXVI  —  Siaxtovou  XIV  —  a7roYY(o%£<paXoc  XXXIII 

—  yatp'/jiKovoc  XXXVIII  —  £!j5at[i(ovoc  XXXIII  —  selbst  t(ou  III  V  —  zwic  III. 

In  folgenden  Fällen  zeigt  sich  das  Schwanken  zwischen  £  und  tj:  c[Xc  =  S(j.7i  Ap  499 
£[xiapo'jpiv  Ap  418  —  %(ü\s.rizuoo  neben  x(o[A£-üixou  XVII,  XVIII  —  eiQ  ttXtjpt]?  =  sie  itX"^- 
ps;  XXII  —  -/jato-cpa  Ap  418  —  avyxspTVjtou  XXXIV  —  a7CYjV£Y%ctv  Ap  69. 

Dagegen  sind  die  Erscheinungen  des  Jotacismus  mannigfach: 

Tj  =  i:  [j,£[jLY^aOco[i£  Ap  392  —  yji^i]  ^]yfl  =  X^^P^  ^F?)  Ap  392  —  a'^zriv.azakayric  Ap  418 
OTTTySto  Ap  418  - —  sjJttapoupvjv  neben  cjJLtapouptv  Ap  418  —  voiyjvov  Ap  418  —  Sr^ya  Ap  418 

Tj  =  «;  NyjXo'j  Ap  418  —  TyStoyjjpov  Ap  418  X"^?"^  -^P  ^^^ 

61  =  t;  aiüoSc^scoc  XXXV  —  Tzpaoi  XXVI  —  TzpoaozKay  III  —  auvirjÖtav  Ap  496  — 
ytpt  Ap  499  Ap  144  —  sxiytpsiv  Ap  809  —  oitattav  XXVIII,  Ap  4  —  Xaßtv  Ap  41  — 
eseniiothai  passini  —  X£pa3':r/ta[Ji.£V7jC  II  III  (-ov)  —   apTOXOiciou  Ap  418 

Ol  =  v:  svoxaov  Ap  144  —  ip'jvixov  Ap  418  —  aY.rjiXavz(OQ  neben  axuXavtöx;  Ap  144 
Ap  127  —  icpoaTYjfJLOv  Ap  418  —  ztz-q  =  ZTzi  Ap  418  —  Yj^ioyvjpov  Ap  418  —  XT^x-axiov 
XXI  —  X^Wi  -^P  ^42  —  ajjLsravo'.Tco  XXXIV 

7^  =  i;.-  axoXYjas  Ap  486  —  |j.apr^pco  XXIV  Ap  1156 

Ti  =  oi:  rjrj'j[A£V7jc  =  ot^ooixsVY^c  XXXIV  —  '^~f}y}  XXVI 

i  —  ei:  ctSia  XXb  —  cTiscösScoxa  Ap  78  —  apatvostxtov  XXVIII  Ap  139  Ap  685  — 
Co£t5av  I  —  xpsia  I  —  v£0[jL7jV£ia<;  XI  —  aTCoXoYSia?  XXIII  —  a[j.iptß&X£tai;  XXXVII  — 
svoascou  Ap  144  —  xäXXs'.oo  Ap  418 

i  =  ot  ^owoaov  Ap  418  —  siuoaotoü  Ap  418  —  otxota  Ap  418  —  oziyi  Ap  59,  Ap  674 
zz-r^yi  XXVI. 

Schwächung  der  Vocalisation  gab  Anlass  zu  der  Fomi  Apasvocr^  Ap  685. 

Wie  TCOtso)  zu  irocco  verhält  sich  pota?  zu  poa?  (in  III). 

pa'JTO<p'>XaÄ£S  (für  paßSo-)  XXII  belehrt  über  die  Aussprache  von  ß  und  a'J.  G.  Meyer, 
Gr.   Gr.  §   121. 

icwpwic  :=  xpöxctrac    und    '7r(opy,t|J.£V0C  =  lupoxsciJLSVO^    erinnert    an  Erscheinungen    wie 
a'fop^ito  —  für  a'fpoStxo  — .  G.  Meyer,  Gr.  Gr.  §   175  A.   1. 

Die  Endung  lov  erscheint  als  tv:  Tr£7i:ovtv  lU  £|Jiiapoyptv  Ap  418  TTTjrtaxcv  XXI  siua'j- 
Xtv  XIX. 

Die  Vocalelision  wird  in  der  Schrift  willkürlich  bald  beachtet  (xa(JLOt  I  8£[Ji,£  XI),  bald 
nicht;  'f ' i'ftkv.'jozuöy  steht  natürlich  auch  vor  Consonanten   (£tX£V  xat  £).aߣV  -koli  Ap  418). 

Die  Schreibung  ta[j,£tov  erscheint  regelmässig  (XXXVII  Ta(i£ico). 

Die  Dentallaute  zeigen  wie  immer  im  ägyptischen  Dialecte  Regellosigkeit:  0e(o§(o%ou 
Ap   137  —  cVoo^or/jSoc   Ap    320  —  a|Ji(poxapy   Ap   205  —  auvÖEVtpov  III  —  pauxo-   XXII 

—  cYYf^^Oa  Ap  418  —  avuicspnrjTou  XXXIV. 

Ebenso  die  Kehllaute:  apY^^iac  Ap  823  —  %ahpoza.zotj  XXXIV  —  TrjYOUfiEVYjc  XXXIV. 

r4uptC  ftir  o^'jpis  XXXIII. 

Im  Gegensatze  zu  cu[x  '^o'.vacov  III  sind  Schreibungen  wie  sv'(Bypa\i.\>.^  XXVI  £V[i.£ivai 
Ap  25.  An  erstere  Erscheinung  erinnert  das  fehlerhafte  oo\x  ypTjorrjpiotc  Ap  392. 

Nasale  zu.  Ende  der  Wörter  verschwinden  vor  Labialen  und  Nasalen  des  folgenden 
Wortes  {ji£  x£xuai  XXXVIII  zr^  [iiaÖtootv  XVI  siz  ßoppa  \t.zza  passim. 


IIG 


C.  Wesskly. 


Unterdrückung  der  Consouantengeniiuation  findet  statt  in  avrrjxataXaYY^C  Ap  418  — 
viXa(ia)voc  Aj)  392  —  Koavvj;  VUI  —  irpoYcYpaixsvot  XXXV  —  svsvr^xovra  III  Ap  595  neben 
svvaxocjta;  Ap  144  —  STCcpwn  .  .  V.  XI.  XU.  XIV.  XVII.  XXIV.  Ap  137  Ap  392  Ap  426. 

In  sirsfipw^  liegt  jedoch  nicht  ein  Beispiel  vor  für  unnütze  Gemination,  sondern  eine 
iingeschickte  pluralische  Abkürzung  für  siispwTsOsvTSi;  Ap  69. 

Apo'jpa  hat  den  Gen.  Sing,   apoupyjc  Ap  454 

Lateinische  Wörter  erscheinen  im  griechischen  Gewände;  Xe(OV(ov  =  leonum  Ap  492. 

Formen  von  Zahlwörtern:  Suat  Ap  523  ':pstaxai5c%aT7j(;  XXXVIIl  tsoaapac'x.aiSsxaTTjc  XI 
Ap  352  tsrspiov  Ap  418  —  td  =  a  Ap  418  —  sdv  =  dv  III. 

Auf  dem  Gebiete  der  Verbalformen  gibt  es  fehlerhafte  Angmentirungen :  aircoXuaa  Aj)  392 
'jiucoYpa'l-a  Ap  144  oXoYpa'|ajX7]V  Ap  418;  fehlerhafte  Reduplicationen:  cxsp[x«.xou[jL(£va)  XI  (v.aX- 
XispYT^|J.svov  oder  ■xaaa/.Ät£pY"/i(J.£Vov  ?  III.  Dann:  sxXTjpoÖYjtai  Ap  418  —  cyT^^^^*^^'  sf-fjotj- 
{isöa  XXXrV,  XXIII  —  ■^Bya\).{B-^(jy)  Ap  792  £axa|jL£V  Ap  418  —  cYpa'jJSi;  Ap  418  —  auvst- 
8a{iEV  XXXVII  Ap  156  e  —  icapcdvj'^ov  III  sXafx^aixsv  XXVI  —  Xa/£vxa  Ap  418. 

Was  die  Wortbildung  betrifft,  sind  starke  Zusammensetzungen  beliebt.  Endlich  erinnern 
wir  hier  noch  an  die  Wortformen  feryjj^oz  -^zooyrjoyzi  I  tr^c  [xtac  C'^zi^rjQ  I  Osiouars^pou  XXXIV. 

Das  sprachliche  Bewusstsein  ist,  wie  zahlreiche  Verstösse  in  der  Setzung  der  Casus  be- 
zeugen, im  Schwinden  begriffen:  zic.  ßoppa  XII  -ctjv  aozoo  [XTjxspa  =  'q  k\xaozoC)  [JiiQtYjp  XXVI 
rnzhqi  aa'f  aXsta  XXXIV  ouaa  für  ooaav  Ap  701  sicav«)  rou  aizoiv.no  Ap  41^  )r°^ip7j[jL(ovo?  utoc 
jjLTjVa  XXXVIIl.  AVir  heben  das  oft  Aviederkehreude  (at>v  tov  ipuvaov  Ap  418  aujA  cpoivtxwv  III) 
aov  Tcov  ^O'.v'.xojv  I  unter  anderen  Erscheinungen  gleicher  Art  heraus.  —  aou  Irapc'/OVKOV  VIII 
erklärt  sich  dux'ch  den  häufigen  Gebrauch  der  zweiten  Person  Pluralis  bei  der  Anspraclie. 
Durch  Attraction,  die  noch  nicht  erstorben  ist  (vo[Ata[JLa'ca)V  (ov  sa/ov  IX),  dürfte  zu  erklären 
sein  apo'jpag  oaac  £av  (oatv  Ap  482. 


Die  palä<)gra]>lii.s(lien  Kige 
verzeichnet: 
tStO)  App  352 
■icp£[xia  Ap  707 
IcpcO)?  Ap  876 
ivSt(y.Ttovoc),  'ivj  Ap  85  Ap  392 ; 

Ap  69  Ap  567 
toüXuo  I 
Irj'JGZO'J   Histu   Ap   574 

loax  Ap  69 
tT/opovXXVHt^xupav  XXVII 

iwavvo'j  Ap  672 

apa'.voixo^v  XXVI  XXVII  (ap- 

atvotxou)  Ap  867  ap]atvotr/j 

Ap  672 
(fiXar>to'j  Ap  367 
oioi  I  XXVI  XXXIV  Ap  2 

Ap  4  Ap  205  Ap  669  Ap 

687  Ap  784 
oüo  I  Ap  415  Ap  685  Ap  707 


nthündichkeiten  sind  in  der  nachstehenden  Zusammenstellung 


iototc  Aj)  69 

(j'i(o  Ap  139  6tco  Ap  392 

ü[JL£T£pa  Ap  392 

l  =  10  XXb 

ü|Ac-C£pa  Ap  499 

ö^jazciQ  V 

öirap[yov  I 

öTuazou  Ap  792  üxaxta  I 

iJTzerj  IX.  XIV  Ap  70 

ÖTTT^pEGta    V 

üTZ'jfJE-/./  Ap  85 
öito3o)y  Ap  499 
i:aüvt  Ap  69  Ap  792 
£V  in  dreimal,   =   £v 
'jTo«;  III  Ap  78 
uio'j  Ap  434 
!X(o  Ap  563 
uXou  III 


U|J,tV    U[XOJV   III 

t>TC£p  XXIII  Ap  784 

UTTEpOXY)?    XXV 

U7to%£t!Ji.£V(ov  Ap  784 

UTCC/GTclAa|X£VOt    X 

o)ar£  Ap  972 
u  X 

üir£p  Ap  392 
iTrap/ovKov  Ap  392 
OK  XXIII 

yOpTB    XVII 

r7.piO[i«  Ap  328 
aozri  XV 
xaOo/aÄYj  Ap  708 
-jcoXäo)  Ap  4 
t'^  Ap  4 
/£ipo  XVII 
uto  Ap  672 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-F'auüm. 


117 


w  XI 

a.%  MN  276 

S:a<:p£povi:  III 

xajiTt:  XXV  =  xapiKbv 

riXrizrlp  XXIII 

r^  Ap  831 

xscpaXato-  XVH.  XIX.  XVIII 


Xoyj-  XXV 
irapo"  I  zrjQ  XIX 
TOTCO"  Ap  156  e 
awVTjTO)"  Ap  53 
apatvotto)-  XXXI 
Yjjj.o)-  Ap  709 
ovx(o-  XXXVII 


Ypa|ji.ixc  XIX 
airoX'Xo)  Ap  107 
oata  aVeWYlAcVY)  Ap  392  zwei- 
mal 

ßop  pa  Ap  392 

aXXTjy'yuov  Ap  69 

e(o]6  If  Ap  669  vgl.  i  =  10 


Vgl.  auch  das  Verzeicliniss  der  Kürzungen. 


Bezüglich  der  Abkürzungen  ist  im  allgemeinen  zu  bemerken,  dass  sie  in  den  grossen 
Urkunden  nicht  so  häufig  sind  wie  in  den  anderen  Arten  von  Schriftstücken;  ja  die  eigent- 
liche Urkunde  selbst  weist  nur  zufällig  Kürzungen  auf  z.  B.  bei  Raummangel  zti  Ende  der 
Zeilen,  ebenso  gelegentlich  der  Geldangabe  in  Ziffern,  wo  oft  starke  Kürzungen  stehen. 
Reich  an  ihnen  ist  das  Verso  bei  der  summarischen  Inhaltsangabe  des  Contractes,  und  die 
Unterschrift  des  Notars.  Das  Präscript  kann  ebenfalls  Kürzungen  enthalten,  ebenso  die  Bei- 
schriften der  Contrahenten  und  Zeugen.  So  findet  sich  die  bekannte  Abkürzung  für  xai  an 
den  genannten  Stellen;  in  der  Regel  nicht  im  Haupttheile  der  Urkunde,  wenn  wir  von 
,  der  vielfach  gekürzten  Schlussfonnel  xupta  [r^  6[JLoXoYia)  xat  £7:cppco[XcVTj  absehen,  einem 
Analogon  zu  dem  ebenfalls  gekürzt  geschriebenen  Schlüsse  e-irspcotTjÖcU  cöixoXöyYjOa.  Da  nach 
dem  Gesagten  fair  die  Anwendung  von  Kürzungen  in  den  grösseren  Urkunden  Grenzen  ge- 
zogen sind,  kann  man  anderseits  beobachten,  dass,  wenn  Kürzungen  vorkommen,  dieselben 
sich  vielfach  wiederholen;  so  mag  sich  eine  eigene  Zusammenstellung  der  in  unseren  Ur- 
kunden vorkommenden  Kürzunen  rechtfertigen. 
£V  tTj  a  aTS^Y]  Ap  821  apraßj  =  äprdßac  Ap  184 

atcovj  =  alcovtou  III IV  Ap  309       ap/  =  äp)c^  IV 


Ap  374  Ap  708 
ayp)  =  dypaiJLjJLdTOU   Ap  595 

aYpa|A|X3     =     dYpa|Ji.|JLdT(ov 

XXXVII  b 
a5c//f/  =  dScÄ^pöc  Ap  418  = 

d^sA'f (jj  Ap  74  =  d§£X<poü 

Ap  648 
a£tTrap**=  dsticapQsvou  XXXII 
a^"^  =  djjLTtsX'JU  Ap  482 
a[A(ptßaXXoix3  XXXVII 
avatpcxK/  =   dvaipdXaxpo? 

XXXIII 
a^Sctej  =  dicöoct^ig  VII 
aitoxpiaj  Ap  74 
V  Y  ap**  Ap  536 
apaivj  III  Ap  438 
apa)  XVIII  Ap  563 
ap/  IV  XVII  XVIII  xxin 

XXIX  Ap  197  Ap  279  Ap 

340  A  374 


apx  =  «•PX'^  Ap  438 
ap/3  =  dp)('?j  Ap  309 
auY&uarj  =  aüYOÜaxoo  Ap  708 
a'jp/  =  Adp'qKi'jQ,   AöpTjXiou, 

A'jpTjXtov  V IX  XIV  xvm 

XIX  XXXVIIb  Ap  187  Ap 

595 

a'jp~  =  AöpTjXtou  Ap  499 
aup)  =  AöprikiciQ  IX 
aupirjX)  Ap  69 
auT)  =  aÖToö  Ap  831  au^  = 

auzÄv  XXXVIIb.  tyjc  aut/ 

Ap  97 
auxoxp/   =   afJxoxpdropo^   III 

XVUI 
£V  z-fj  ß  azz-^ri  Ap  821 
ßaip/  =  ßafpea  Ap  686 
ystopY  =  Y^topY^av  Ap  482 
Y'i  =  YY;<;  Ap  864 
Yi/  Ap  97  Ap  516  XXV 


y'  XIX  y"  xxxvni 

Y£VO(JLj   =   Y£VO[JI,£VOU   XIV    = 

Y£V0[jiEV75  XL  Ysvajx)  =  y=" 
vd(A£vov  Ap  792   =  -(z^a.- 
\i.BVoo  Ap  792 
YEC/ux  (ü))  Ap  762 
Ypa[X[JL^  =  YpafJi'lJ.dTtov  XIX 
YpafAfxj-  XIX.  Ypa[Ji-[Af  Ap  69 

=  YP'^I^!^^'^*^ 
Ypa|Ji[JL^  =  YpaixixaxcU?  Ap  536 

Ypa[jLjjL3  =  YP'^l'-l''^'^^^  ^1?  661 
8/  =  5t  XXXVIII 

8'  XVII 

Seotc  =  ScOirörou  Ap  309  ÖEaTCj 

=  8£aTtörot>  IV  Ap  714 
ÖEaicoiVj  =  ScOTcotVTji;  Ap  329 

Ap  438  Ap  661  Ap  714 
ÖEaitot/  =  SEaxoiVT^c  XXXIII 
5tavctv5uv3  XXXIU 
5ta%7   =    Stdxovoc,     Siaxövq) 

XXXIII  Ap  722  Ap  885 e. 

Stax/  Ap  634 


118 


C   Wessely. 


Sta'fs.oovr  III 
8oa)  =  8öas(o?  IX 

£Y*-tW  =  SY^S'-lAsVfOV    IX 

sYpa?/  =    ^TP^^'fi     XXXIII 

XXXVIII 
syp  =  lypadfa  187  =  syptttpr^ 

XXXVI 

SCpTjjXj    =    £tpYj[X£VOl   XXXVII 

sxaatj  =  ExaoTov  XXI  Ap  518 

SXSpjJiaTOUlJL)  XI  =  £X£p|iaTOU- 

•xsva 
=x%Ä).  sxx''  =  sxxXTjatac   Ap 
722  Ap  787 

XXVI 

£7:cpp(0|J,j  =  £7C£pp(0[Jl£V7jXXni 

£ir£p(o/  XVII  idem 

E7:£p/  (ojxj  Ap  56  idem  Ap  784 

£i:£p(o|i3  V  IX  XI  Xn  XIV 

XXIV  Ap  137  Ap  392  Ap 

426  Ap  722 
£7C£p/  =  iizzpoivrßBiz  Ap  127 

Ap  467  XIX 

EICSpp/  VI 

£ir£pp''    =    iTtEppwnrjÖivTsc 
XXXV  XXXVI 

£T£pp(l)^      =      i'KBppUiZrfii'^ZZi 

Ap  69 
STT'.ypEtoato'jfJL)  XXIV 
£k01x'./  =  £iroacou  II 
svot*/  =  ivoatoo  Ap  561 
£0/  Ap  265 

£pY0t:;a3''  =  ipYaaaaÖai  Ap864 
£'ja£,3)  =  £Öa£ßoOc  EuasßäaTd- 

Tou  n  XVn   Ap  309   Ap 

594  Ap  645  Ap  714  =  £6o£- 

|5(t)V  Ap  25 
£-//= £/ov  XVIII.  £yj  XXXVII 
T^fiETcp/  =  •/i|X£'C£pac  Ap  877 
T^[jLö)  —  T^|X(öv    und   Tjiij   App 

495;  Ap  594 
0£o-:ox/  =  t)-£0-£X0O   XII 
0£O'f'j/./(axT(o)  Ap  83 
'.V)  XVII  Ap  328  =  ivZuzirjVoz 
tv^  Ap   141  Ap  178  idem 


tvS/  III  idem 

tv8V  XV 

X)  =  xai  Ap  496 

xaivoxoufp/  =  xatvoxo6(p(ov  IX 

xaAoji./  =  xaXofjLTjvac  Ap  536 

xap'JT)  =  xapTccov  Ap  495 

XEVTTjVap/   =    XEVTT^VdptOV    Ap 

392 
x£p/XIV  XVII  XIX  Ap  85  = 
Xcodua 

4 

Xcp'^  Ap  518  idem 

x/  XIX  idem 

x£p|i.j  =  xEpixatoc  XIV  XIX 

Ap  831 
x£p{i.j  xEp/  =  xEpfiaro;;  xspcü- 

rca  Ap  85 
x£p[i,j  y  =  x£p|xatoc  [jf^ptd^EC 

Ap  392 
tfXrjp/  =  xÄT^pou  Ap  877 
xo|XTrpo[xj    =    xoixirpöiJLioaov 

XXXVII 
xoc|jL)  =  KoajJLd  Ap   129 

xou'^ox£pajxorjpY3  IX 

x'j  =  xuptou  Ap  495 

x(o|x)  =  xtt)[X75?    VII    XXVI 

XXXI  Ap  499  Ap  559 
xco^cxV  Ap  537 

XafA-TCpY  =  Äa(XTCp&-7jT0C    II 

Xa|xicp/  =  Xajxxpo-aTov  IX 

Xj  =  XtTd  XIV 

(xaxap/  =  [xaxapto'j  Ap  784  = 

[xaxapta;;  XXVI 
(xax/  =  |xaxap(o'j  Ap  386 
|xaxap^  =  [xaxap-droo  Ap  438 
{xav5/  =  [xdvoaxa  XVII 
[x/  =  (XcYdXr^c  Ap  722 

|X£lC^jtcp°/     =     [X£tC^k£pOC     Ap 

700 

|X£p/  =  [XEpO'JC  Ap  559  =  [X£p7J 

Ap  319  =  |X£poc  XXXVIII 
{X£aop  =  (xsaopY^  Ap  85 
|X£T£YY3  =  \izzz'(^6rj'j  Ap  499 
|xx  =  \>-^'/ß^?  XXII 
[x'/i  =  [xy/vi  XXXVIII 
|xixpp)  =  [xtxpd  Ap  712 


(xiiTtxd)  =  [i.ijbo)zu(b  Ap  706 

[XtaÖWTtx/  =    (XtCÖWTLXÖV    XIV 

[xto6(oaj  =  [xia6(oat?  III  Ap  392 
|xt(i  =|xia8d)0£t  Ap  722  [xiaÖ) 
=  |x{aG(oatc  V  XIV 

{xia6(oaajX3  =  [xta9(oaa|x£vou 
XIV 

[Xj  =  [xöva  Ap  97 

V£tXa|x|X3  =  Nct>.d[X|x(ovoc  N£c- 
Xd|xix(ova  III  Ap  129  Ap  563 

V)  =  V0(XtT£6cTat    V0[Xlt£60VTai 

III  XVIII XXXVI.  vo[X{X3  = 

vo|xix£6ovTac  X.  vo[Xj  =  vo- 

[xfCEÜovTat  Ap  392 
V  =  vc-ixtcixa-uiov  vo[xia[xdrta  Ap 

156e 
vo|Xj  idem  XI  XVIII 
vo[xiaw  id.  XXXVI  XXXVIII 

Ap  561 
vo|x/  =  vo[xoO  Ap  563 

^'JAOTO[X|X)'    ^  ^'jX0T0[XO)V      Ap 

871,  6 
oßpoC  XXXVIII 
o(x)''°  =  oixoXoY^*^  Ap  499 
OVT  =  öv  Y^  X 
opp)  =  öppta  Ap  712 
opj  =  öaa?  Ap  482 

TCOlV£'J«p/    XXXVl 

irav^  =  TcdvTtt  Ap  156  b 

%  =  Tiapd  XVII  XIX  xm 

Ap  328  Ap  518 
Ttaprj}  =  TrapaXY^ixTCTYjC  XIV 
'Tcapatxovap/  =  xapa^xovdpyou 

XI 

irapEyj  =  Tuapsyovtoc  XIV 
Tüapoooj  =  TtapoOaa  irapoüoYjc 

III  XIX 
irap/  =  icapöv  Ap  746  =  ica- 

pövtoöv  XXXVII b 
7C£(piXoxaXYj[X3^  =  Tt-^iXo-KaK-f]- 

|X£VOV    III 

TcX^  =  xXeov  Ap  763 
XOA)   XVIII  =  TloXct 

xoXy  =  iiöX£(oi;  Ap  115  c  Ap 
159  Ap  536  Ap  885 e 


Die  Pariser  Papyri  »es  Fundes  von  El-Faij6m. 


119 


iuo).cr^  =  xoXiro'j  Ap  78 
TCf-ayfJH   Ap    574,    irpayii^  = 
•JTpayfj.d'Ccov  Ap  844b 

irpsaßj  =  Tcpsaß'JTSpou  XXVI 
Ap  392 

Tup/  =  TcpGysYP^I^P'-^"^^^  XIX 
TrpoY£Ypotti3[Ji(   =    7upoYcYpa[A- 
[ji£va  XXVI 

Ap  701 

i:pox£t[jLj(JL3    =    -irpoxstiJLcVot 
XXXVII a.  Trpoģt[JL3^  lU 

Tcpoxcttj  =  TTpöxscrat  XIV 

TCpoxV  XXIV  Ap  372 

Ttpcox»/  Ap  20 

irpo"  V  XII  =  'irpöxst'ccit 

irp/  x/  idem  Ap   70 

Tip/  idem  IX  XIX  Ap  687 

it,e  idem  Ap  467 

-jrpo/,/  =  ■rtpoxct'ai  in  XVII 
XXVI  XXVII  XXXVI 
XXXVIIa  Ap  28  Ap  595 
=  icpoxscixcvoi  Ap  69 

icpoau[j,"  =  TCpoa-c[j,o'j  Ap  483 

■rtO)  jJLaptrjTj  =  -irtoiiapl-cai  Ap5 1 7 

p"  =  p'JTcapov  XII 

puirap/  idem  Ap   129 

Yi  OTZ"  =  Y''i'^  aTropt|xotj  Ap  864 

0x0X0x01/=  stoXoxoiöc  Ap467 

atj[JL(Aax  =  a'j\i.\xdyyj  Ap  486 

at>(j.xXY]p/  =  a'j[JixXYjp(oa£(oc 
Ap  523 

au{JL(p/  ~  ao[j.'foy/el  XIX 

ouvo  =  o'jvOcq)  III  IX  XIV 
XV  Ap  276  Ap  706 


awiTyp/  =  o(or?jpo^  XXIX 
toYxxx  Tog  XXXI  fxx  Ap  572).  -q5 

Ap   178 
XI  =  zfiz  Ap  722 
zi/  =  zi\i.%  XVIII 
tox,/  =  xöxou  XIX 
xpsio)  ^£%V  Ap  669 
x"  =  xoßt  Ap  386 
ut/  =  'jto^  XXVII  Ap  85  Ap 

115b  =  oüp  Ap  319 
Ol"/  idem  Ap  20 

D[X£X£p/  =  (3|Jl£X£paC   XXVI 

uxoScXX)  =  öizoM'x.zrjQ  öxoSs- 
XX oü  Ap  499  Ap  630 

OTchhziit./  idem  Ap  85 

uxo5o)()  =  ÖTZfj^riyri  Ap  559 

(pa|jn  Ap  839 

tpX'  =  OXdo'Jiov  Ap  496.  (f'ka- 
oto)  Ap  51 

(pX)  =  OXdo'Jtov  tDXaoutou  I IV 
IX  XVII  XXVIII  XXXIV 
Ap  4  Ap  25  Ap  69  Ap  82 
Ap  197  Ap  291  Ap  374 
Ap  392  Ap  594  =  OXaouio) 
XI  XXIV  Ap  107 

(potßajjLii)  XVIII XXXVI  (potß- 
a|X{x/  Ap  4 

'fotß/  XXXII.  'fotß  XXXIII 
=  <Doißä[jL|x(i)voc 

tfolXf  —  rpöXXsic  Ap  516 

(puXax./  XXII.  'f  uXaxtxj  Ap  265 

(fiox/  =  (IXoxaixd  XX 

'^"'(p  =  tfrxMfpi  Ap    178 

5^5  durchstrichenes  y  mit  Ab- 
kürzungsstricli  II-III IX  XI 


XVII  XVIII  XXIII  XXV 

Ap  4  Ap  107  Ap  115c  Ap 
137Apl39  Ap290Ap374 
Ap  392  Ap  672  Ap  774  Ap 
792  Ap  864  Ap  886  = 
)^a{p£tv  ausgeschrieben  in 
XXXIV  Ap  542 

Wf  Ap  467 

XP/  =  XP^^^^"  Ap  97  XX 

Xpoo)  idem  XVIII 

/P  XIX  idem 

f  =  ymirjQ  Ap  885 e 

(0[AoX  =  (oixoXÖY'/jaa  I  XIX 
XXII  ((i\i.rj^  idem  (o^'^  Ap 
467 

(o|AoX/={o[j.oXoY'^aa|X£vXXXV 

co(i/  idem  XXXVI 

Conventionelle  Zeichen. 

\j-  —  dpoüpac  Ap  482  Ap  864 

0—  =  dpxdßac  XXV 

j^  =  yxsp  XXXVIII  b 

S  =  -^[iiou  passim 

y  =  ^t(j.ocpov  XXXVIII 

5^<"  =  in  xcpixaxoc  /"  =  x£p|i.a- 

xoc  [jLtjptd8£i:  1 
s  =  %at  III  XVII  XXIV  Ap 
722  auch  im  Präscript  XI 
Ap  708.  %'jpLa  j  £X£p(0[JL3  XI. 
zoy  )  £xX[t)P(o6yjV  Ap  265 
bei  d.  Zeugenunterschrift  X 
•i  =  ■x.zodzi'jv  XIV 


Papyrus  I. 

Musees  nationaux  Nr.   7128,  neue  Nummer  ,58,  Höhe    30-.5 '>™,  Breite  12"",  Schrift  auf  den  Horizontalfasern, 
Faltungen  unerkennbar;  vgl.  Revue  ögyptologiquc  1.  c.   p.   ]ß5.     Diese  22  Texte  mussten  wegbleiben. 

Papyrus  IL 

Musees   nationaux   Nr.  7118  C,   neue   Nummer  138,   Höhe   6™,  Breite   16-5  <=■",   Revue   egyptolog.  1.  c.  p.  167. 

Papyrus  III. 

Musees   nationaux   Nr!    7073   und    7396,    neue   Nummer  48,   Höhe   33'='°,   Breite  aö"",   Schrift  auf  den  Hori- 
zontalfasern; Faltung  senkrecht  darauf;   13  Faltungsproducte  mit  2*2  ™  Breite;    Rand  links  0-7  "'",  oben  1  '="°,  unten 


120  C.  Wessely. 

5"°,  Collesis   10'4  '"  weit  vom  linken  Rande;  mit  l'ü  "";    dann  folgt  ein  Blatt  mit   16"™.  Revue  egyptolog.  1.  e. 
p.  168  ff. 

Papyrus  IV. 

Musöes  nationaux  Nr.   6846,  Höhe  Ö'ö«"',  Breite   10-.5™\   Revue  ögyptolog.  1.  c.   172. 

Papyrus  V. 

Musees  nationaux  Nr.  7047,  neue  Nummer  9,  Höhe  16™,  Breite  19™.  Schrift  auf  den  Horizontalfascrn ; 
Faltungen  senkrecht  darauf  zu  3""";  die  Collesis,  1-4™  gross,  befindet  sich  9'5™  weit  vom  linken  Rande;  Revue 
cgyptolog.  1.  c.  p.   173. 

Papyrus  VI. 

Musöes  nationaux  Nr.   6600,  Grec  162,  Revue  egyptolog.  1.  c.  p.   175. 

Papyrus  VII. 
Musees  nationaux  Nr.  6583,  Grec   173,   Revue  ögyptolog.  1.  c.  p.   175  ff. 

Papyrus  VIII. 

Musees  nationaux  Nr.  7118,  Höhe  9'6'^,  Breite  lO"",  Schrift  auf  den  Verticalfasern ;  weil  zu  der  II.  Ur- 
kundengruppe gehörig;  Faltungen  horizontal  in  Abständen  zu  2"4™,  Rand  links  l'S""",  Verso  verwischt,  Revue 
^yptolog.  1.  c.  p.   176. 

Papyrus  IX. 

Mus6e8  nationaux  Nr.  6908,    neue  Nummer  19,    Höhe  32"™,    Breite  6'5°"',    Revue    egyptolog.  1.  c.  p.   177. 

Papyrus  X. 

Höhe   17"=",  Breite  13"'",  Revue  egyptolog.  1.  e.  p.   179. 

Papyrus  XL 

Musöes  nationaux  Nr.  7400,  neue  Nummer  54,  Höhe  30"5  ■"",  Breite  10  "•",  Schrift  auf  den  Horizontalfasern, 
Faltungen  .senkrecht  darauf  in  den  Abständen:  1™,  l-l"»,  1-2"",  16™,  1-6™,  1-5"™  und  IS™.  Ausserdem 
geht  in  der  Mitte  eine  Querfalte  parallel  mit  der  Horizontalfaser.  Revue  ögyptolog.  1.  c.  p.    181. 

Papyrus  XII. 

Musöes  nationaux  Nr.  6763,  neue  Nummer  81,  Höhe  12™,  Breite  7'6"",  Schrift  auf  den  Horizontalfaaern ; 
Faltungen  senkrecht  darauf  in  den  Abständen  13™,  1-4™,  1-7™,  16™,  14™;  rechts  ist  noch  der  Papyrus- 
stempcl  zu  sehen. 

Papyrus  XIII. 

Höhe  11'2™,  Breite   13'5"";    zwei  von  mir  zusammengefundene  Fragmente,    Ilovuc  ögyptolog.  1.  c.  p.   185. 

Papyrus  XIV. 

Musees  nationaux  Nr.   7446,  neue  Nummer  129,  Höhe   137™,  Breite  7-2™,  Revue  egyptolog.  1.  C.   p.  186. 

Papyrus  XV. 

Höhe  4™,   Breite  3-5™,   Revue  ögyptolog.  1.  c.  p.    187. 

Papyrus  XVI. 

Höhe  5-5™,  Breite   19™,  Revue  egyptolog.  1.  c.  p.   188. 


Die  Pariser  Papyei  des  Fundes  von  El-Faijüm.  121 

Papyrus  XVII. 

Musees  nationaux  Nr.  7022  C,  neue  Nummer  53,  Höhe  32'5  ™,  Breite  7"",  Schrift  auf  den  Horizontalfasern; 
Faltungen  senkrecht  darauf  in  den  Abständen   1-6™,   1-7'™,   l'ö™,   1-7™,   l"!™,  Wiener  Studien  IX,   251. 

Papyrus  XVIII. 

Höhe  22-3'='",  Breite   72™,  Wiener  Studien  IX,   251. 

Papyrus  XIX. 

Musees  nationaux  Nr.   6448,  neue  Nummer  40,  Schrift  auf  den  Horizontalfasern,   8  Faltungen  senkrecht  dar- 
auf in  Abständen  zu   1-5™,  Höhe  31™,  Breite  10™,  Eevue  egyptolog.   1886  p.   177. 

Papyrus  XX. 

Höhe  5™,  Breite   7'5™,  Revue  egyptolog.  1.  c.   180.    Fragmentarisch. 

Papyrus  XXb. 

Höhe  5™,  Breite  9™,  Eevue  egyptolog.  1.   c.  p.   181.    Fragmentarisch. 

Papyrus  XXI. 

Höhe  23™,  Breite  3-5™,  Revue  ^gyptol.  1.  c.  p.   181. 

Papyrus  XXH. 

Höhe  13™,  Breite  4™,  Revue  egyptolog.  1.  c.  p.   182. 

Papyrus  XXIH. 

Musöes  nationaux  Nr.  6469,  neue  Nummer  56,  Schrift  auf  den  Horizontalfasern,  Faltungen  senkrecht  darauf  in  den 

Abständen  2,   1'4,  2,   2  °™  u.  s.  w.  Collesis  3'™  vom  linken  Rande,   1-6™  gross,   dann  ein  Blatt  von  8'™;  femers 

eine  2.  Collesis  von  2-5™.  Verso  verklebt.   Höhe  29™,  Breite  17™. 

1  tvSwTtOVO;]    cTC    af/ 

2  xo)  aYtfoxa[-{o  irpsaßuTSpco  %ai  Yp]a[j.[j,a-£t  x,ai  z%i 

3  OTatYj  TTj?  apacvoi-(ov  itoXeco?   au[j-A)[XcO(;  uto? 

4  xawoi»  %at  5a[j,iavo?  oioz  aßpaa[i.co'j  xat  [XTjVas 

6    'flXo^cVO-'    TOU    apaiVOlTOU    VOIJIOU    -ß    0jX0X0Y0t>[JI,£V 

8  aya<jBbr/ßrj.i  :rapa  tr^  'j[Ji£':£pa  ayicoauv/j  aopri^ 

9  lov  a[j.[X(ova  uiov  aaayoovoc  otiro  x-/]?  au-rjc 

10  %co(j.TjC  ov  xat  £YYUou[X£6a  £T0t[jLO)c  Y][i.ai; 

11  £/ctV    TZrj.rjrj.OY.B'Jaoa'.    a'JTOV    tptXlo9'/]Vai   frj 

12  aujroy  yajxsr/j  [j.apt.a  xai  0aÄ7r£cv  a'jzr^v  coc  a^t 

13  o[v  Eoxtjv  Tcov  £X£'jO£p(ov  y'jvai%o)V  a'n;£V'i£'jO£V  x 

14  B'-pav-qz^^'  £t  5£  [JLYj  -o'Jto  xocTjaoiJicV  a^^ayv-r^^^  'fi\i.ct.Q  £Wai 

15  '3r[ap]aY0tY£t,v  a'jxov  xat  irapaSouvai  £V  xo)  u[JLcX£pco  YjXaxTjp 

16  ....  £v  %a'.  •/;jJL£'-?  xo'jxov  irapc'.Xr/f  7.(jl£V  £t  ■3£  [xt]  xo'jxov 

17  TCapa5toa(o{JL£V  cöc  iCpr^xa'.  c7riC''ixo'j[Ji£Vov  £7Ct7p£ 

18  (oaxo'jjXsV  xac  axoXoYitv-i;  öiucp  auxoo  iror/jaaaOai  auxig  iccpi 

19  Tcavjxcov  xcov  ZTZt.!^r,zvj\i.^'^(ow  itpo?  '/Jtxa?  irap  a'JXT;c 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.    Abhandl.  von  Nichtmitgliedern.  q 


122  C.  Wessely. 

20  oaa''*  aurou  xupta  ry  e'^^uri  xat  £7Ccpp«)|X)t  aup-/]^'' 

21  ^wc  icoavvTjc  uco;  lou  [xaxapto"  xaXou  [iapTupo)  zt^b  zt] 

22  BfyjTf  [coc  Ttpox/]  YECopYtoc  YP°'tJ''W  "^^^iJ   R'^a   [i.ap-up(o  -tjSs  xtj 

23  £T]T^''i  ^^  Tr[poxstT]at 

24  t  di  emu  kal f  St  £(jlo"  xaX  .  .  .  to"  f 

Papyrus  XXIV. 

Neue  Nummer  44,  MN  7022  D,  Schrift  auf  den  Vcrticalfasern,  Paltungen  senkrecht  darauf  zu  ungefähr  1-7  ™,   Höhe 

3  7'^'",  Breite  8"». 

1  t  £V  ovotxaxt,  ZOO  xup[tou  xai  SsoÄ  tYjoou 

2  xpiozoo  ZOO  6£o"  xat  a(oxY]p[oc  xai  ttj?  ^cOTroiVT]? 

3  Tjjxcov  TTjc  ayta?  6£oto'ä[oo  xat  a£raapG£Vou  \i.apiaz 

4  xa'.  TravtcöV  tcov  ayttov  eto'ji;  §to[xXY]^  .  .  .  tv)  £v  ap/ 

5  yX.)  [lapouviiT;  £vSo^Ot[aru)  .  .  .  uito  tou  -tjs 

6  EvSo^ou  [ivr^fATjc  ^•■'3^°^  f^^^i^W  STTtataxou? 

7  TauTYji  rr^;  apat[v&t'C(ov  itoX£(oc 

8  xouat  (jl'jXoxottoc  aTTO  T7j[s  aunrjc  .  •  . 

9  zoX£(o;  aTzrj  a[JL'f  oSo"^  x[a!Jit(ov  yj 

10  oiAoXoyco  £xooaia  yvcoiJiyj  [  E^yuacÖat 

11  y-at  ava5£5cy6ai  xapa  r/jc  ujx£[t£pa(;  EvSo^orrjTOC 

12  aupTjXiov  ßix-topa  xaXoy 

13  aTCO  tyjoSe  xtjc  TtoX£coi;  (o[at£  .  .  . 

14  aTC£X6£iv  autov  .  E^YjyYpat 

15  [JLsÖXt    DQV    .    £Y.    %V 

16  auTov  £(0?  v£0[X7j(vtac)  [t]ou  £tai[ovxo;  [jlyjvoc 

17  ':£X£t  TYjc  [TCapjouaTjC  £v5[£]%aT;Yj(;  tv)  £|x 

18  TZpoBBO\i.OiZ   [Jf^i   zoozov 

19  (OQZZ  |j.£  xapaSo'jvat  ü[jitVT 

20  xat  zapcXaßov  £c  §£  [xy^  zoozo  [iroiTjaoo  avayxT) 

21  Souvat  U|xiv  cirf/pEcoatoapLj  .  .  . 

22  xupia  •/;  Eyyur^  3  cTTEpo)]!) 

23  xaXo:  5ct[j.'.avoü  [jLapTr;p(o  zrfis:  [ttj  EyyuTj  (Oi;  zpox/] 

24  a£p]Yioc  utoc  xou  {jiaxapiö  toua-ou  [j.ap[Tupco  r/]5£  trj  £7] 

25  yoYj  (0?  xpo%'/  )^{iY 

t  di  emu  menna 

Verso:  f  £YT"''i  ß'-^'copo?  y^'^^I^'''  ^  Tcooat  [jluXoxo  £c  'f/.j  |i.apofjvttYjV  £v3o^/ 

Papyrus  XXV. 

MN   7140,   neu   163,    Höhe   lO""",  Breite    12"",    Mittheilungen  aus    der  Sammlung   der  Papyrus  Erzherzog  Eainer 
II  32,    Schrift    auf  den  Horizontalfasern,    Faltungen    senkrecht    darauf   in  Abständen    zu  3"",    der  Band  zu  links 

beträgt  ll"'". 

1  ZOO  a]pC3t[V0!;]t0U  VOfJtOU   y-  cotxoXoY[ou|XEV 

2  £$  akK'QKZ'^yoriz  £ayrjX£vat  Yjfxas 

3  zapa  rrjc  o\i.=zopaQ  uTr£po)(TjC  £tc  Xoy'^~ 

4  axspiJLoßoXEia?  to'j  tjIxodv  aypo'j  xapx 

5  Ocxa-Y^;  iv5/  atro'j  apraßac  xEaaapaxovca  ooo 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  123 

6  Y7  a  [iß:  %ox  zzoi^xtaz  '/][Jia?  sysiv 

7  OTsSav  ßo'jXTjöötr^-c  a';ro[8o'Jvat  xtjv 

8  Touxtov  xi[i'^v  avaY7.r^v 

9  .  aa  .  .  .  auvs';ia[%oXo'j6 

Papyrus  XXVI. 

MN  6842;  zwei  Fragmente,  das  eine  IS-ö""»  hoch,   205™  breit,  das  andere  13  <^"'  hoch,   24-8™  breit,    sind    hier 
vereint.  Schrift  auf  den  Verticalfasern,  Faltungen  senkrecht  darauf  in  Abständen  von  1'5"". 

Fragment  A. 
Neue  Nummer    14.  Die  Collesis  zieht  sich,   15 '^™  breit,   am  unteren  Rande,    dann  folgt  ein  Blatt  mit   115''™. 

1  uj'jcap/ov  [xot  xoajjia  aico  iraTpix'/jC  [Jlö  %Xr;povo[JLta? 

2  sTCi  tTj?  7][i,cTcpa(;  x]o)[ji7j<  £V  toirco  xXvjpö  %aXö|J.cV5  Tü'/jYTjc  [xaxapiou 

3  Y=^'^]^''=^  voxou  %Xyjp5  xXr^p ovo  1X01?  irsGoup  -jrpsaßj 

4  ßoppa  nXvjpS  .  .  .  apiavo  aii'^Xtcotou  o§o?  3'^(xoaia  Xtßo?  xX'/jpou 

5  ßaa<jj(ovaa  xac  airsyctv  7j[ji,a?  xou?  aTCoSojJicVoUi; 

6  xoa|Jiav  xat  xtjv  auxou  [XTjxJspa  jxap'.oc  -irapa  oot  xyj  suYcVsaxaxvj  xupa  xaXYj  xyjv 

7  xouTOU  xt{j,r/^  0  sajxw  ypuaiou  vojjica[j.otxca  Ssairoxwa  xcov  aptG[X(ov 

8  3ta  /cipoc  Tcpo?  xo  azo  xou  vuv  x'r;  ■7rpia|j,£VYj  «upa 

9  xaXyj  %pax£tv  xat,  xupisuccv]  xat  s^ouatav  as  s/etv  ^toastv  oixovo[jlc!.v  stcsi 

10  xsXciv  TTspt  auxoov  Tiavxa  -irpaxxjsw  xai  xap'TroüaOat  cViauatcoc  otxo  xapitcov  xtjc  stato''a[7)c 

11  tv5ixxiovoc  ....  ]3xo  Sr^jjLoatov  auxo"  %ac  ßap  .  (;  %at  apyupca? 

12  xat  Xtx  .  .  . 

Fragment  B. 
Neue  Nummer  13. 

1  .  .  .  y.at  ':rav[xac]  xo'j?  yjjjlcov  xXTjpovojJiouc  £t^  5=  [J.'/]  xo'jxo  icof/jawfjisv 

2  .  .  .  £'.  TjV  Tr[ap]£Xa[j.'fajx£V  irapa  oot  xat  ovy^yp^H-W  "ctixvjv  StitXYjV 

3  .  xai  xajßXaßiQ  xai  xa  avaXco[JLaxa  xai  auxa  icavxa  SticXa  ■/]  itpaatc  xupta 

4  xat  STTsp^jfx)  .  .  t  aupyjXcoc  xoaixa?  oio?  atcov  xat  x-rjV  auxo"  jJiYjxspa  [xapiot  6uYaxYj?  |j.(07jaYjc 
5 'iüJc'jrpaxajJLcV  cxouaia  yvcojjlt]  xyj  ouysvcaxccxYj  xupa  xaXirj  bo^(a.z^i  xou  xvj?  \i.rf.v.ap/ 

6  !JLvrj[jir^(;  (|*£a]£tO''  airo  xtji;  apawotxcov  iroXccoc  sv  irc^tco  xyjc  u(X£X£p/  x(o(xj  apoupav  [xcav 

7  .  .  .  .  £va  xat  axTjyi  r^ixiv  luavxa  xa  ixpoYöYpotiJLjJij  (o?  xpox/  aop-/jXioc  irouac?  otoz 

8  .  .  .  .  iroi?  xoit  -Tcouai?  icpovj  oto?  TjXia  xat  aTcoXXco?  oloc  !poißa[i(jL(ovoc 

9  .  .  .  .  txta  u'ioc  aira  coX  xai  jxaxapco?  ulo?  avo'JTC  [jiapxopo'j[jL£V  xtj  npaat  xai 
10 -niajvxa  xa  TCpoYcYpajXjJLEva  ^oz  irpox/ 

11  t  5i  c[Ji,ou  ßixxopoc  cYpa(|;a  f  •  •  • 

Papyrus  XXVII. 

ITN  6842,  Höhe  23-5™,    Breite  122™,    unterer  Rand  5-5'="'.    Schrift  auf  den  Horizontalfascrn ,    Faltungen  senk- 
recht darauf,  viermal  im  Abstände  von  2 '4''",  zuletzt,  nach  rechts  hin  gezählt,  im  Abstände  von  2''™;  Collesis  rechts 

am  Rande  oben  zu  sehen. 

1  .  .  .  .  c3(ox'rj]po?  7j|x(ov  ßaatX£ta?  xoo  £ua£ß£axaxo" 

2  .  .  .  .  £xo'jJi;  Etxoaxo'^  ScUXcpou  xai  uiraxtac  xyj?  aoxtö 

3  .  .  .  .  xaxo'j  £xo'j?  X  £7C£t'f  cC  ?  tv^/  cV  ap/ 

4'  .    .    .    .    'JTcJsp    ZOO    a'JXOO    [JLOO    {ASpOUC    Xt[J,'f]V 

q* 


124  •  C.  Wessely. 


5 


ijÄoxÄr^pov  xai  rou  äo'.tto'j 


6  .  .  .  Yi|JLO)v  [iirj  srspov  ttva 

7  .    .    .    TO'J    aUTOU    (lOU    [ASpOÜC    TWV    aüTCOV    [JLOU 

8  ...  V  TtiiYj?  xo  auvoXov  aXXa  xai  aSsiav  |i= 

9  .  .  .  a5ta%(oXu-(o;  a'jvQsjjisvYi  (oast  xatpw 

10  .  .  .  6ai  |J.£  Trapaayäcv  aoi  Äoyco  7rpo3Tt[i,ou 

11  'TcaXtv  ioxupav  sivat  xwjzrp  zip 

12  Tcpjox/  atot)^£t  |xot  -Travra  (o?  -^rpox/  f 

13  fiaxapiou  tcoavvoa  fxap-upü)  xri  (  ,^„,„„  ,^,,,^, 

14  tcöavvo"  aiio  tr^c  apaivoirov  iroXs«);  ) 

15  oü  "ou  apaivotzoy  vo|j.o'j  oij  z  y.'jp  aixaio'-'  jjiapT'jpa)  rr;3c  ttj  (andere  schnft) 


1 


Papyrus  XXVIII. 

MN   6846,  Höhe  9  ■=»,  Breite  11"». 

1  t  [A=-a  zrp  'JTzazt.i'v  (p/vj  opsatou 

2  xat  ).a(ji7ta5LO''  xwv  EvSo^oza-cov 

3  'faoyft  ca  tß  tvj  s::  ap/ 

4  aupTjXtoc  ta)aT;<p  uio^  Y^Xta 

5  asßaazto'fopoc  aTio  ttj?  apotvo 

6  ctxtov  7:oÄc(wc  aTTo  a[j.'fo3o" 

7  7cspa£[ac]  a'jpvjXco)  Vcüva[j.[xa)V[, 

8  svotxoXoyo)  %Xt;POVO|a(ov  xou 

Papyrus  XXIX. 

MN  6846,  Höhe   ll«^"",  Breite   7'="'. 

1  t]  £V  ovofia-ct  to"  x'jpto"  xat  Ssaii/ 

2  CTrj]ao'j  /piarou  tou  ösou  xat  atoTTjp/ 

3  x^^]'^'^  '^-  £vatr;C  ivj  £v  ap/ 

4  .  .  .  .  YcCopYioc  utoc 

5  .  .   .  C  apaatapio?  airo 

6  TfjC  apaivotzcov  7:o).£03; 

7  azo  a|X'fo5o'j  oa'jjjltcco" 

8  beazpoo  t£p£[ita 

9  o'M  aX£cav5po'j  airo  ttjC  ciuttj? 

10  ';ioX£(MC    [    «TCO    «[JL'fOOO'J 

11  p    ,    .    .    [    0[X0X0Y(O    £3/Y^X£VaC 

12  £tc  t^tav  [  (xou  y.ac  avaYy.ai7.v  ypctav 

Papyrus  XXX. 

MN  6494,  neu  86,  Höhe  8  <^"',  Breite  leö"",  Schrift  auf  den  Horizontalfasorn ;   CoUesis  13'8™  vom  rechten  Bande 

in  der  Grösse  von   1'3  •=■". 

1  t]  £V  ovojxaxt  ZOO  xupto"  y.at  Ssairotoü  irpw  ypiato'^  rou  Öeou 

2  %at  ocorr^po?  y^|X(ov  xat  rr^c  ScGitoivyjc  y^ijloiv  r/)c  aytac 

3  Ösoroxo"  %at  a£CT:ap6£V0''  |xapca:  v.at  iravxojv  x(ov  ayttov 

4  sto'j;  hovSfj'  z(j'(  lJ.£"/£'.p  ir£vxs%ai5£xar/j  exty^c  w)  f 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  125 

5 autTjc 

6  .         .         .         .     Xto)  .  .  .  oc,  utou  Safxtavo" 
Verso  t  to)  Xa[ATcpo)  ....... 

Papyrus  XXXI. 

Höhe  10-6  <=",  Breite   1&-5™,  Musees  nationaux  6488,  neu  76. 

1  t  £V  ovo[A[aT]t  ZOO  xuptou  %at  ^zotzozoo  ivjaou  XP^^'^°" 

2  Tou  6cO"  [%a]i  ao)XY^pr;c  7j|jlo)v  xai  z'qq  SsaTuotVYj?  "/ilA) 

3  TYjc  aytas  ösoxoxou  iiac  xavccov  xcov  «y^"»"^  stou«;  StoxX/ 

4  to5  6(o6  TpstaxatSsxarTjc  xpttvj?  ivj  f 

5  Tto  Xa[i.7cpoTat{o  avfpou  ptTcapico  zaoz-qc,  zriz  apawotxö) 

6  'TCoXeüoi;  a.oprfkwc,  avouir  uio^  y^P^"^''^^^^  Q''^^  yt.(a[i.} 

7....X [JLjy    0{JL0X0Y(O 

Papyrus  XXXII. 

MN  6868,   neu  155,    Höhe   8-6<='°,    Breite  9  18<'"',    Schrift  auf   den  Horizontalfasern,    Faltungen  senkrecht  darauf 

zu  je   2''". 

1  t  £V  ovojjiaTt  zcio  xuptou  xat  Ssaicorou  itp 

2  xp^i^rou  ZOO  öcoy  xat  acoTT^poc  Yi(j.{üV  xai 

3  nrjc  SsoTcoiVTji;  tjjjlwv  ttjc  ayiac,  Bbozo%^/ 

4  %ai  asiTcapö  [xapiac  xat  iravTiov  tcov  aytcov 

5  srou?  StoxXy  uy  ^  ■x.yj  i5  tvS/  f 
Verso  t  SYYUYj  <potß/ 

Papyrus  XXXIII. 

Musöes  nationaux  6470,  neu  43.  Höhe  17«»,  Breite  26-3'=»  3-7'="  weit  vom  linken  Eande  ist  die  Collesis  in  der 
Grösse  von  2-5'="'.  Dann  folgt  ein  10-2  <=""  breitos  Blatt,  dann  eine  CoUesis  von  l-2<"";  der  Rest  (9-3'='")  gehört 
dem  dritten  Blatt  an.  Schrift    auf  den  Horizontalfascrn ;    Faltungen  senkrecht   darauf  in  den  Abständen  2,   1-7,    2 

2-6,   2-2,   2-2,  2,   2,   2,   1-7,   1-5,   14,   1-3,   2™. 

1  t  £V  ovo[[Aa]xi  To'-"  xupto"  %at  Ssaitorou  irpoo  yr^ozoo  zoo  Oso'^  %ai  acoTYjpoc  Vjixcov  xat  tyjc 

2  '/j[JLOiv  [tjt^c  Ösoroxo"  xat  asticapöcvou  [jLaptac  xat  x[a]vT(ov  t(ov  aytoiv  zzooc 

3  ^to/.X'i  tqS  x'jßt  %3  sxxYjC  IV)  SV  ap/ 

4  "CO  £'Joi.Y£t  vc/ao%o|X£t(o  tautTjc  ttjc  apaivotrtov  'iroXscos  8ra  xoXXouQo"  tou  ösoiptXsataxo"  Stax"/ 

5  xai  voaoÄO[xc/"  aupTjXtot  «ptß  uto?  -icsocuato"  %w.  aicov   utoc   vpau  xat  ousva^ptoc  uioc  axa  oX 

6  %ai]  aita  oX  aicoYY^o^s'faXric  aicavoaico^Ytov  tJtos  ousvacppto'-'  xat  asvouöio?  o^uptC  otoc 

7  ^cß  /,at  aTC'ira  xupoc  (j'!zo'(yjv.=.'^aKoc,  oioc  vs'fspa  %at  i£p£|xtai;  apiaxoTuvjpoc  uw? 

8  aßpaa|j,io!>  %ai  aajJLßac  xai  oturoc  airavjTccoYov  £uoat[jicovoc  xat  ystopY^^^  "^^"^ 

9  STEpo"  EüSacpicüVoc  xat  (ptXoöcO?  avacpaXaxpo?  utoc  vapau  -jrpaxKov  8taxiv5uv"j 

10  'JTCcp  toux[oü  x]o"  'Jtou  iTsxpo"  Staxovo"  £xt  [jiYjV  xai  [Aa)[u]a7]s  ava(paXaxpo^  utoc  (Jtaviap/ 

11  Tcpatttov  xai  aoroc  'JX£p  -co'jto"  tr>"  Y^[J-ßP'-'"  Tcooat  xo"  /.ai  irairtai;  xat  y^ö^py^oc  ava'^aX/ 

12  xat  auxo?  utoc  avouir  o  xat  ']^-rjp7]X7]c  xat  y^<^"PT^'^^  '-*!^  s'csp^?  irpovo'/jxvj?  uto? 

13  [ATjVa  7c['pa]xx(ov  uitsp  nauXo"  ■j!;X£ßix£ß  %ai  asvo'JÖwu  uto"  xoajjia  xat  ^oiß  «pXa 


126  C.  Wessely. 

Papyrus  XXXIV. 

Musees  nationaux   7399,  neu  45,  Höhe  37'='",  Breite  31™.    Vorso:  Verwischte  Schriftzügo.    Schrift  auf  den 
"Verticalfasem,  Faltungen  horizontal,   16  Theilungen,  von  unten  angefangen,  zu  2"9,   2  oder  3'5'=™. 

1  t  *v  ovoixau  VTfi  ayta«;  a^pavTOu  xat  C<oö''totoo  xai  o[iooüatoü  xptaSoc  Tzazpoz  xai  uwu  [  xai 

ayioo 

2  xv£'j{Aa-o<;  ßaotXstac  tou  öccatatou   %at   xaXTjVoxaxou   xat   Ostouatsipou  7][icov  SsairoToy  <pX) 

[T^aaxXcWui 

3  ro'j  aiwvto'''  aoYOuarouxataoioxpaxopocÄat  (JLSYwrou  suspYTjtou  sroui;  tstaptoü  SYpatp/ !pa[(o(pt . . 

4  £v  8Tj|Aoat(o  xoirco  ap^siauo  ty;?  x(i)[jl7]c  tcsvvy]  [xou  ÖeoSoatouTroXiTou  vo(xou 

5  aupTjXioi;  cVco)(tc  uloc  iraTjatoc  a[jL[jL(ovto"  [i-r^zpoc,  «[Aavoitt^  jSpa^cfoc  utcoy  •  •  •  . 

6  aTco  v«o[(jLTj(;]  iccwr^  toy  [ÖcoSoJatouTcoXtxou  vofxou  aup7]Xt(o  luaYjatco  utco  xoo  t[7j(; 

7  •ir3paxAajJi[j.o)[vo?  airawovoc  [aicjo  xr;?  autirjc  xcofATjC  )(aip£cv  o[aoXoyco  .  .  .  o  lupo 

8  YSTP^l'-t*'*'''^^  [a'j-oc  o'j  5ta  Tcapsvöstou]  irpoacoTcou  sirt  87j|ji.oato)  x[o'7r](o 

9  irpoXsyöstaTj?  x(o[j.7j(;  xaza  tTjvSe  tvjv  aicX^jv  zi-fprx^pov  -Tcpoc  0£  ao'faXsca  xat  v[ov 

10  TcXtac  Tcpaascoc  xupi£UTt[x73  SYjYf^ouvrt  sie:  tov  as:  xat  z^rjZ    airavxa sv 

[iSVOVT 

11  sxouaia  y'*'">{a'']  *ott  oox  a[va]YxaiY£t  %at   aotatpsKo   xat   aixs-cavotxco   xac  a{j,£ra[tp£'3rxa)  Xo- 

YtO|Ao  xai] 

12  o*[oii(o  avuTCcpßXTjJrto  x^P^^  §oXou  Tiavxoc  xat  (poßob  xat  xtvSuvou 

13  «occ  avaY^T^?  %at  'ic[a]o£t  xspi xat  aovapTraYYjC  >f.at  7rocVTo<;  axpatiriY'']IA(^t^^C 

14 sjJißaatXcUct atpopiJLYji;  %ai  aXXou 

15  .  .  asp Berio  xat  xirjv  9p[t]%xY3V  xat  (poß[£tj5av 

16  8£a'jr[ox£iac  5i]xai(o Sav  xac  xyjv  6£tav 

17  t£  xptaSa  %«tt  XTTjv  vtxr^v  xauxTjv'  %ai  3ia[jLovov  C^w^jv  xo'j  £üa£ß£axaxou  [%at  <ptXav9p(oxou 

18  ^Ea-rtoxoD  XTj?  •/)YO'j|XcVY]i;''''  9X3  TjpaxXiou  xou  aifovwu  a'^yMozoo  if.ri.i  ayxoxpaxopoc[ 

19  'ic£'jrpax£Vat  xai  v.aza'^fZj^'X'frfif.z'^at.  cot  xai  7rapa')C£yo)p'/jx,£vat  aot  %at  va  .  .  . 

20  ^£5(0  ....  ata  .  .  ova  airpa  .  .  . 

21  ScGTc v.0.1  xaXwv  .... 

22  xäXXtciv  .  .  .   j£]pY£tO(;  £i T)(jlo)V  .  .  %at  s^ouatocv  Tcaaav 

22"' .  upYS^oc  .  .  £t/w 

23  •r){jii.a£Oi(;  {ji.£po'ji;  "wou  oXoxXr^poo  .  .  .  [(j.£xa]  Xaxxo'j  xat  .  .  .  xac 

24  xat  xo)V  'jc£pw[£t[J.cV(ov]  xai  ^uXixou  %at  [  Tcavxo?  auxou  xou  5aaiot> 

25  otiro  xou  Tca xat  YjXia  .  .  . 

26  axo  xtov  'jr£pi  .  .  . 

27  Xa]y.%o'j 

28  xo'j  xai 

29  xai  7]Xta  xaixoatJV  .  .  .  6£ 

Zeile  17—19  stehen  auf  einem  Fragmente  von  10-4'="'  Höhe,  105™  Breite:  Zeile  22—26 
auf  einem  andern  von  9-.5"°  Höhe,  13*5"°  Breite;  Zeile  19 — 29  auf  einem  dritten  von  1.5°'" 
Höhe,  ö-ö"^'"  Breite. 

Papyrus  XXXV. 
MN  6846,  Höhe   17'=°',  Breite  9 '"°. 

1  Bi 

2  aT:o5t$£(o[c 

3  x[ouc  Tcpca[Ji£Vou<; 


Die  Pariser  Papvri  des  Fundes  von  El-Faijöm.  127 

5  xaxayvwascoc  Xoy«) 

6  XP"  ^]  S  (oe  vo[j.tt£yciVcai 

7  vuxo  iraVTCov  yjijlcov 

8  xac  sicepp"  cd[xoX/ 

9  oc  icpoYSYpafjLiJLsvot 

10  acou 

11  t  5i  £[j.o''  axa  oX 

Papyrus  XXXVI. 

MN"  6846,  Höhe  16 '=^  Breite  8™. 

1  sJTCt  xo)  TjiJiai;  SiSovat  Xoyco  TcpooTt^io"  )(P^<3^^"  vo|xia|JL3 

2  s^  o>^]  Vj  xp/  V  s  (i)c  Vj  s^  UTcapxovxtov  Tj[xcov  icavtcov  xat  cTcspp/  (Ojji/ 

3  .  .  c  «pavaiJL)  uio?  [Jiaxapio"  j  sxspoc  8a[j.tavo(;'  oto?  aajJLßa  (jLsyaXj  .  .  . 

4  .  .  .  coc  TTpox/  aupYj/  ....  SYpa'|a  uxsp  auxov  aYpa[j,[j.at3  ovrcov  f 

5  t  di  emu  strategiu  esemiotlie  .  .  .  S/  B[i.o'j  axpaxTjYWU  syp/ 
Verso:  ^otßa[JL[JLj  .   .  .  /reavjsu'^/  uiratou 

Papyrus  XXXVII. 

MN  6998,  neu  49,  Höhe  33"",  Breite  23-2™.   Schrift  auf  Horizontalfasem ;  Faltungen  senkrecht  darauf,  in 
Abständen  von  2'5  """  von  links  angefangen,  zuletzt  rechts  im  Abstand  von   1'4'^™. 

1  [t  cV  ovojjiau  ZOO  xypiou  xai  Ssaitorou  tYjoou  ypiarou  xou  Ösou  xat]  ao)-c7]po? 

2  [7j{A{ov  xat  tYjc  Ssaicotvr^C  7j|Ji(ov  ttj?  aY^a?  ösotoxou  %ai  astjirapösvo" 

3  [[Aaptac  xai  -Jiavccov  -ccov  «y'-^'^'^  •  •  •  '^'H^  Sswa]  ivj  f 
4 toc  -JcpoiJLj^ 

5" oao  .  .  .  .  x]ov  [JLSV  tptß  a]ira[X'f^/ 

5  uiov  vaapau  axo  xo)[xy;c  icsXYjöascos  xoct  xt[a[AouX  icojxs  [xsv  aTco 

6  %ti)(J.7jc  TcapcfJißoXTj?  Tou  acppoStxoTcoXiTou  v[o[jLou  vuv  3£  xYjV  o]a7jaiv  syj 

7  STct  XTji;  a'JXYj?  xcojxtjc  icsXYjQTjascoc  8ird£^a(j.[£V0U(;]  xofJnrpojJLj 

8  [Acta  TtpoaxtiJLou  /puaou  vo!i,ia(j,a[xo)x]  Suo  aÄo[Xou6co?  ttjc  '7c]poÖ£a£ü)(; 

9  xcti  aicaXXa^at  auxouc  «at  Sr;  a%poa  .  .  £Vot  x(o  .  .  .  a[j.(ftßaXXo[jL3 
10  %at  £';ca)|xoY  .  .  .  aav  xyjv  xou  xax  auxouc  irpaYixaxo?  .  .  .  av  xaSco? 
HO....  oxY]p£a  syrj^rj-^r^oBV  xo)  xairEWco  Ty[x(ov  X  .  .  .  xo  Saatov 

12  £ir£t5av  .  .  ax£  •  •  aozooQ  TrapaY£V£a9at  Eitt  xtjc  [auxiQC  %(o[i.*^?]  ir£X7)9rja3 

13  xat  UTcsp  a[ux(ov]  xoaiJ,oc[v  utov  ^^ojapoo  xat  o'j£Va[9ptov  uiov  (potßa][jL[j,(ovoc 

14  xai  [|xa]xap[tov  utov]  £X£po'j  (pr>[.ßa|x|j.(ov(;c  xai  £av  £ix«)atv  oxt  [ji.apxupot>|j.£v 

15  'iva  .  .  .  ScX  .  .  ■  ÄcV  o]  £tpYj[i.£Voc  (ptß  XO)  auxco  7(,ia[j,ouX  xP'-><J^^>f^  vo[xta[Aaxa  ';r£VX£ 

16  Sex«  a[JL<f>cßoX£ta<;  £(p  fo  xov  £ipTj[i£Vov  (fiß  xauxa  airoSouvat  xto  auxco  %ta[i,ouX 

17  £1  §£  [Aij  ouxco?  [xapxapTjawaiv  £y  co  xa  8uo  (J-spY^  itpo?  o  X£Youatv  oi  £tp7j[jL3^ 

18  xp£tc  av5p£(;  T:£pi  xou  auxoü  y^paooQ  E^axoXoüövjaat  xtj  (pcovr^  auxtov  oozoiz  -^ap 

19  a'JV£t5aiJL£v  5aatov  £ovat  f 

20  t  5t  £[Ji.ou  louoxo"  a'j{ißoXatoYpot'fO'j  xaoxYjc  xtj?  apoiVJtxj 

21  icoXeoc  SYpafpvj  o  ■Tcapcov  Tcpo?  £%(p(ovr^C  t(ov  £tpYj[X£Vcov 

22  SaaaxoDV  f 


128  C.  Wessely. 

Papyrus  XXXVII '''^ 

Höhe  5-5'^™,  Breite  7™,  Mus^es  nationaux   7448,  neu  128. 

1  aSsXtpov  taaax  ot  Tzpoyi.zi\s.^\i.^ 

2  ou(xcpcovst  r^\s.t.v  zo  xojjLirpoiJ.iaaj 

3  (OQ  lupox/  aupj  ösoipcXoc  tcoavvs 

4  £Ypa«];a   ;^  au^  -rcap/  aypaixfJij  ovxFo  f 

5  t  di  emu  zachariu  ...  5/  s[jl8  Co^/otpis  f 

Papyrus  XXXVm. 

Musöes  nationaux  6498,  Höhe  ll-^".  Breite  lO"™. 

1  xapCO"    [JL   .    .    .    .    pl 

2  IQ  £^  aozo~  3  Tcspt  To  .  .  .  .  aTC-AX 

3  oux  £X^^  itapa  t 

4  auxTjc  xat  Trspt  zcov  .  .  .  (o^  .  .  i/  [isp/ 

5  Tcov  ZcWwv  aitoX>.a)V  odä  £)(£t 

6  .  .  .  o''  TCSpt  aüTcov  ';ucpt  xou 

7  svoi;  vopitafxj  oßpt>C  toü  £V  aypco  £V 

8  uiroÖYjTiTjC  xXvjpo"  )(aip-/j[i(ovoc 

9  uto?  (iYjva  irsxusto"  (j.£ptG9'rjvai 

10  (xozoo  E^  aurcov  £^  taou  jxspoüc 

11  Tptxou  0  [J.EV  axoXXo)  {Ji£p/  y  xat 

12  0  {j,£  x£xuai  [i.£p  y"  ootcoc  yap  8 

13  £(pav7j  Stxatov  £Ypa(pj  jj,*^  (pacocp 

14  Tp£t.axat8£xat7j(;  ivj  f  o/  £|xo"  apiaxo(j./ 

Appendix  2.    Mus^s  nationaux  6952  B,    Höhe  16™,    Breite  5-3'='";    Schrift    auf   den  Horizontalfasern,  Faltungen 

senkrecht  darauf  im  Abstände  von  je  2'4  "". 

1  .    .    .    .    COV    £Uap£at(OV    '7C£V[X£ 

2  .  .  .  .  xjaOapcov  xoupi  3tay[t.Xt 

3  Et«  tt[jL7j]v  xaivo  xouffcov  [xat,  ttjv 

4  aufinXTjJpwatv  aunr]  iioi[Yjao|i.at 

5  £V    TCO    Xaipjo)    tlfJC    <3UV    9£C0    £ao[[JL£V7]C 

6  tp^Y'^i?  £V  TO)  xoo(p]ox£pajj,oupYt(o 

7  .  .  .  .  ava|xrpc]ßoX(oi;  xat  XO)pt[c  zivoz 

8  u7r£p9£a£OK  ]  5r^Xovoti  a7:o5[(i)<;  .  .  . 

9 £':t£taYaY=^'^  ^A^  •  •  • 

10  £^  uirapxovjtcov  |j-ou  TravcoiV  [  xat  £X£p/  (0[jlo^ 

11  0  5etva  Staxjovoc  aYtac  xa')r>[}dv.'QQ  ExxXvjatac 

12  .  .  0  TTpoYSJYp^-'-lJ-IJ-*'^'^^  c;'J[xrpo^[v£t  jJ.ot 

13  iravxa  wc;  Trpoxjsuat  a'jpYjXtoc  t&ua[xoc  syP'^'1'*^ 

14  UTtsp  aüxoü  .  .  aYp]ajx(j,7.xou  o[vxoc 

15  t  di  emu]  hel[ia  esemiojthe  .... 

Was  die  hier  erwähnten  xatvoxoO'fa  betrifft,    erinnern  wir  an  den  Papyrus  IX  unserer 
Sammlung. 


n 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  129 

Appendix  4.  Musees  nationaux  6952  D,  Höhe  16™,  Breite  7'="'.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern,  Falten,  zn  1  "^ 

Distanz  von  einander,  senkrecht  darauf. 

3  .  .  .  tvj  £v  TTj  T)pa%]Ä£ouaxoX£t 

4  0     Sstva  ]  uioc  [JL'rjva 

5  airo  TTjC  a'JTT^^  TjjpaxXsoü^  iroXsw 

6  OTScpajvo)  uuo  Too  x'/]C 

7  [iaxapia(;]  [j.vry|X'r]?  (potßa[JL[Ji/ 

8  .  .  .  ?poüa  ßouXsuTY]  aTTO  'Cfi 

10  ^OCl   VÜV    £)(=tV 

11  ?  i:a]paa/£iv  aico  Xoyou 

12  iTcJiJntrr);; 

13  otvjou  cUapEaxo" 

Im  Jahre  541  war  das  Consulat  des  Basilios  gewesen,  die  folgenden  Jalire  542,  543 
waren  dvOiraxot.  Der  Act  ist  in  Herakleopolis  abgeschlossen  worden,  wo  schon  im  III.  Jahr- 
hunderte nach  Chr.  sich  nach  dem  Zeugniss  der  Papyrus  Erzherzog  Rainer  eine  Bule  be- 
fand.   Gegenstand  ist  Weinkauf  bei  Voranzahlung  des  Kaufschillings.' 

Appendix  20.  Musees  nationaux   7155  H,  Höhe   13'=",  Breite  5-5™. 

1  [t  £V  ovo|a.att  tou  xupiou  xat  ]  ^Eairo-ö 

2  [frjooo  YpiGZoo  ZOO  dsoo  r.ai  <:jon]'q[poc]  r^[i,(ov  x[ai 

3  [tTjc  rtsoTzrAYqi;  rj[i(j)v  zTiz  aytac  Bzozov.oo  v.ai  a£t'3rap6]£voo  jxaptac 

4  [xat  icaVTCDV  tcov  ayucv  .  .  .  zr^z  zoaa!Jz]rjQ  tvo' 

5  [o  Ssiva  £u%X££axaroi;]  5ou^  5ta  xou 

6  [xapxouXaptou  .  .  avJaY^too  ^c 
7 Y£(opYtou  Ol"/ 

8 xai  irpcox"/  tcX 

9 oi;  xat  T:£%uat 

10 aa[Aßa  ui"/  irpt 

11 xat  Tcsxuat, 

12 xy 

Uns  würde  der  Contract,  wenn  vollständig,  wegen  des  hier  erwähnten  §oö^,  einer  be- 
deutenden Persönlichkeit,  in  Mittelägypten  zumal,  interessiren.  Diese  schliesst  mit  einer  An- 
zahl Privatpersonen,  vertreten  durch  den  Secretär,  den  Pakt  ab. 

Appendix  25.    Musees   nationaux   7104  C,    Höhe  33'=°',    Breite  31'5'='".    Schrift   auf  den  Verticalfasern ,   Faltungen 
senkrecht  dazu,  zu  3  "="  Distanz  von  einander.  In  der  Mitte  des  Papyrus  zieht  sich  die  Collesis,    so  dass  oben  ein 

Blatt  von  13'="'  Höhe,  unten  ein  zweites  mit  19-3'="  bleibt. 

1 ZOOZ    £[iO'JC    ß    .    .    p 

2 0|JL0X0Y vX£X'J'ä£V    TTpOC    0\>.rj.Q 

3  .  .  .  .  xaXcoc £t  yz.vn.\x=.'^ri''^  t(ov  a'jxcov 

4  ....  .  £po)V  cUpcW  .  .  .  ziK  .  .  z  irpoaco7c[ovJ  xat.  T:oir;a(o 

5  va  .  .  .  .  irpoc  vtctraXüotv  [(o^  s.lpr^zrn]   zaoz'fiz  |J.o"  z-qq  5cop£ac  .  .  .  aca 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.     Alihandl.  von  Niohtmitgliedein.  r 


130  C.  Wessely. 

(3  xa:  avt3)(upov  stvat  to  [xst  auroü  yi^oiiBvo^  -Tcap  c{aou  o[to]v§YiTroTS  a'JvaX^vCcyiAa 

7  icpoc  xaraXuatv  (oc  sipiQTai  tauTTjc  [xo"  xr^;  Scopsac  opx(o  yap  xaTS^Tjaa 

8  s[iaurov  cV[isivai  fis  stc  to  StTjVsxcC  rau-cY]  [jlou  ty^  y'^toiA'/j  xa:  £TC(0[jLooa[A7jV 

9  ::poc  to"  6cOU  TO'j  Tcav:oxpaiop[oc  x]at  nf][c  vaj-ig?  [xa}.  ^ia\i.[o-^oo  Ctovjc]  tcov  euasßsa-cj 
10  [v/jicov  SsaxoTtov  'fJXj  toüauvo'j  to'j  «kovio'-'  a.üyMzxrj'j  xac  auzoxpatopoi; 

11 adta;  aoipta?  r/j^  7][jl(ov  [a'JYOuajr/j?  xat  ^Xj 

12 Tou  s'JT'j/Eararo'j  xataapo?  xopcav  xat  ßcßaiav 

13 raonrjv  ttjv]  icapouoav  SwpsTixTjv  oixoXoytav  xai 

14 5Yj]iro-£  ^lairpa^at  £v  opxco  iraaav  ap/i^v  e^o"atav 

15 xai  cDa£ß£a':[  ....     zo'c/a'^'jooaw  .  .  yi 

16 oajjLco  .  5i[otac  5]Y3Tro'c[c  ]  op|i7jc  svavrt 

17 at^vjaXXaYfJ.a'üa 

18 xai  a(p  .  .  .  .  %ai  'jtc£6c[j.7]V 

10 ava5[ouv]at  /,at 

Das  Fragment  gehört  zu  einer  Schenkungsurkunde,  also  einer  der  seltensten  Urkunden. 
Was  die  hier  angewendeten  formelhaften  Ausdrücke  betrifft,  lässt  sich  die  Aehulichkeit  mit 
dem  Testament  Abrahams  nicht  läugnen,  das  wir  in  den  Wiener  Studien  1887,  S.  235  ff. 
herausgegeben  haben. 

Appendix   51.  Musees  nationaux  6846,   2,  Höhe  6-5 "",  Breite   IS"'". 

1  'fXauKD 'i  (p  .  .  .  . 

2  %(o(j.£T'.  x(ov  %aO(oauo[j,£V(o[v 

3  ?5(o[JL£ar]tx(o(v)  (fpovrta-:-^ 

4  .  .  .  .  oiric  ZOO  z-qz  |ia(xapiac  (JtVYjfXTjt;) 

Appendix  53.    Musees  nationaux  6846,  4,   Höhe   10  """j  Breite  4"2 

1 xapaay£tv 

2 to  Y^jx'.ay 

3  [iwv  ':£  %'.VT^t(i)V  y,a'.]  ax'.VYjrw" 

4  [xott  auToxivr^TtoJv  avSpa 
5 V'.r. 


Appendix   56.    Musees  nationaux   6846,    7,   Höhe   10™,   Breite   5'="'. 

1  .  .  .  c(X [Acaa  .  .  .  -0? 

2  .  .  .  Tj  [i'.aOojotc 

3  .  .  .  'f^z-q'^  a).(0V£ia  xpo? 

4  .  .  .  £■/;//  (oarE  [jle  ava/[{op£tv 

5  "/(op'^  y.a':aY]vo)a£OK  xai  xara'f [poVY^a£(oc 

6 TrOpStC^IASVOU    X£p5oU4 

7  ■:]•/)  Tzrxar^  ....  xat  etc'.  -oo 

8  .  .  .  .  a'j-oa  7p£0'jc  xac  £Tr£p/a)[j,)  f 

t  di  e[mu 


cm 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  131 

Appendix  65.    Musees  nationaux   7132,  4,  Höhe  6'='",  Breite  29'^"'.  Vgl.  Nr.  XXVI  A. 

1 zwjza.  zic,  tSiov  x£p5o?  *x[=^"^ 

2  .  xov  xat  Touxou  ic[av]t[oc]  xpatsiv  %at  xupisuciv  xat  iraaav  5cairox£tav  xat  c^ouat[av 

3  .  .  EtTj  5(opco  '/j  cxspo)  otwÖYjTCOtc  C'^j'^'^'^st  7]  £'reo)(Yj  TcavTota  to  ouvoXov  8ta  to  x,ata  touc  "rj 

Appendix  69.  Musees  nationaux  Nr.  6846,  Höhe  19™,  Breite  12-2"",  neue  Nummer  146.  Schrift  auf  den  Horizontal- 
fasern, Faltungen  senkrecht  darauf  in  einer  Distanz  von  1'7  bis  2*^". 

1  xat  .  .  auxo[t  ....  yt/  cX[atoy ayiT"  (Jtova 

2  x[at  Y][Jictc]  STO^ixoc  s/^^t^^'''  ''tapaaxEW 

3  icpoc  r/jv  auT7]V  syXaßstav  o'jv  6c«)  i(o 

4  [XYjVt  Tiaüvt  zt]Z  Tzrj.^vj'jTfi  irpcotTjc  l'vS/ 

5  Y£V7][iatoc  Ssutepa?  cirwslJ.Tjascoc 

6  TCO  a(o[xatta«o  [JLsrpo)  xai  aTT'/jVcYxsiv 

7  auras  st?  tov  oixov  goü  OiioiQ  t^|xo)v 

8  avaX(o[JLaatv  xat  stc  tyjv  aarpakziay 

9  xouto  TCSTTOtTjiJ.at  -0  rxDa]Kty'{0''y^  Ypajiii)« 

10  xupLov  xai  ßcßatov  %at  sucppo)'  (OjjioXoY7]aa[jL£v  f 

11  t  aupYjX)  tcooTjip  S7t  Tiarpo? 

12  §tou  xai  avva  Boyazrip  (Jia 

13  6£toy  (zu  aQ  corrigirt)  ot  Tcpox/  £6£[j,£Ga 

14  to  aXXYjXEYY'Jov  Ypa[jL|xariov  %at 

15  a'tx£t  [xoi  Tiavta  wq  xpoV 

16  t  <P^3  '"^"^ax  X£ovit[oo]  a^tcoOcic 

17  cYpa'l'ct  'JTCEp  ay-cov  Yp^^l-'-IJ-^'C^  (Jitj 

18  £i5o'ta)V  t  ?'^j  xo[j.£a  .  .  oaoo'-' 

19  [Aapxupo) 

20  8/   £[JL°'''   %'JpiaXO'J    EpIJLctO'''    £Yf'V   t 

Aelmliche  Stipulationen  wie  in  Zeile  6  ff.  finden  wir  im  Papyrus  7  des  Louvre  der 
Notices  et  Extraits  XVIII  2  .  .  xat  airoxataatTjOatco  ziz  otxov  irpo?  autov  toii;  tStot?  avTjXo)- 
[xaat  £av  8s  {jltj  airoSwi  xaö  a  y*YP(^''^'^°^0  aTto-ötoatcot  ro  Savstov  ■:«?  xou  (iiupou  apraßa?) 
xß  L  u.   s.  w. 

Schwieriger  ist  die  Erklärung  von  (xstpov  aa)[j.axtaiov;  wr  erinnern  hier  vor  Allem  an 
die  von  uns  nachgewiesenen  Ausdrücke  IScoxa'/^  [lEtp'/jats  und  So/txd  [istpa  ttbv  ÖTjoauptöv, 
[iSTptp  8pö|JL(ov  T£xpa)roivtx(p  ÖY^aaupoö  (Mittheilungen  aus  den  Papyrus  Erzherzog  Rainer  III  33); 
vielleicht  ist  atofiaTialov  mit  corpus,  Corporation  in  Zusammenhang  zu  bringen;  es  wäre 
denn  in  dieser  Hinsicht  an  das  griechisch-lateinische  £a(0[idttaa  =  incorporaui  bei  Acten  aus 
dem  T'em-Kloster  zu  erinnern  (Wiener  Studien  1887,  S.  240). 

Zu  corrigiren  ist  hier  Zeile  2  (£TOtjj,(o<;),  6  aTCSYcYXclv,  15  (t/[aIv).  Der  Name  Dios  wurde 
von  uns  schon  aus  einem  Panopolitischen  Papyrus  belegt  (Neue  Papyrus  aus  This  und 
Panopolis,  Wiener  Studien  1885,   S.   135)  was  sein  Vorkommen  in  späterer  Zeit  anbelangt. 

Appendix   70.    Höhe  6-7'='°,  Breite   ig-ö«™. 

1 a  TTjv  8tajJL£p/  coc  icp/V 

2 ßjixxcopoc  £YP'^4'°'  ü-Ttsp  aozoo 


132  C.  Wessely. 

3  .  .  .  .  [jLot  '(^a\i.\iaza  [at^  stSoto; 

4  .  .  .  .  öcöÖ  C  tpiriQC  tv8a/ 

Appendix   74.    Höhe  9"»,  Breite  9"".  Mnseos  nationaux  6864  G. 

2  c5(ov3  /«£Y0|X3=  a/,£  .... 

3  tj[xac  Tcapa  (oa  .  .  . 

4  aSsXfp/  xa'.  "(o  sv 
Verso:  .  .  .  (aj  avaxptaj  sijx  .... 

Appendix   78.    Musees  nationaux   7738  C.  Höhe  ö-r)«^"",  Breite   irS»"»  (aus  dem  IV.  Jahrhundert). 

1  .  .  .  aroiv  a-axTcov 

2  .  .  .  £ia 

3  .    .    .     C    OirjQ 

4  aaßtvou  iroXiTj  £7CcC§£5(oxa 

5  |xa]p-uptav  (os  xpox/ 

Zu  corrigiren  ist  Zeile  4  STTi^sömxa;  das  Ganze  ist  das  Fragment  eines  Zeugnisses. 

Appendix  82.    Musees  nationaux  6996,  Höhe   IS-ö"",  Breite   7-5'="'. 

1  .  .  .  .  ai  'jrpo(p£povu  toSs  7J(jl«)V 

2  .  .  c  TY^s  £taiooar^c  Scxa-cTjc 

3  .  .  .  »<;  vo|Ata[j,aT(ov  xa  auta  r  .  .  .  . 

4  .  .  .  aXA.0  To  ypuatov  £a9u  % 

5  .    .    .    Yji;    a-TCeVCEUÖEV    Xai    £l[5t'X0K    %oit 

6  .  Y£Vt]x(Oi;  £V£xupou  XoYO)  [xat  utcoöy^xtjc 

7  Scxauo  .  .  .  ]vo[ji,ta[jLa-a  S£xa 

8  .  .  uir]£p  xooxo'J  Tou 

9  ....  71  apatvo'.Ko 

10  .  .  .  Tcpjoxc-a!./ 

11  .  .  .  UTi;  avciuifij  .  . 
Verso:  .  .  ziz"  zr^Q  ... 

Die  Zeilen  7 — 11  sind  von  einer  andern  Hand. 

Appendix  83.    Musees  nationaux  6996,   5,  Höhe   132™,  Breite  15-6™. 

1  t  cV  ovojxatc  zr^i;  ayca^  %ac  o) 

2  -tO) 

3  t  £'■'  ovoixa't 

4  tfov  aX(OYOiV  ipXj  azE^avo'j  r«)  £v5o^ 

5  cyto  a£Vou6coc  /(opö  (yavYjEt  a7co~ 

6  -TcaviEc  oc  xpo%/  t 
Verso  1    cicJtOToÄY^  sc?  r 

2  aTS'f'/  6£s5'  y/  ig'  x?/  XßSy  S'  %5' 

3  eVO)  ai  ZYj    U|X£r£pa   bzcj<p'A/ 

ap£i  5£  oao-cYj  .  .  . 


C.  Wessely.  133 

Das  Recto    des  Papyrus    enthält  Schriftübungen    mit  Rechts-   und   Contractsformularen, 
das  Yerso  solche  mit  Zahlen  und  Briefformeln. 

Appendix  85.    Musöes  nationaux  6996,   7,   Höbe   11-5'="',  Breite  l-ö'"". 

Recto  1  ....  C"  afxßXayapp/ 

2  .   .   .  .  x£p/  Xa  Y^/ 

3  .  .  .  .  yyjffBoiz  ö 

4  .  aTcoa]-[o]Xto)  xspiAj  x 

5  .    .    .    8    .    .    .    %£p[i,j    X£p/    5 

6  .  .  Ol   j^  yobb^  6 

Verso  1   .  .  .  .  (ov  sti;  xyjjx  xoXs  .   .  . 

2  .  .  .  avV'-'   XYji;  aoryjc  s  .  .  . 

3  .    ■    .    (OVOC    ÜTTOSSX-    .    .    . 

4  .  .  rr;?]auT7]i;  £  l'Vj  v  ac; 

5  .  .  .  c  [Asaop/  Xo  'ivS 

Appendix  92.    Musees  nationaux   7023,   5,   Höhe  3-7'=",  Breite  4-3'="'. 

1  .  .  .  r,c,  u'.oc  (JLTjvfa 

2  ...  CO  5iaxov(o  %'j 

3  .  .  .  a];;  [i-^rtiiriQ 

Appendix  97.    Musees  nationaux  7000,   2,  Höhe  ö«^»,  Breite  11'="'. 

1  .  .  .  (OV  ai:o  Tcauv'w  a 

2  ap/T;  XI  Y  iVj  xac 

3  SCO?  aQup  X  x'qz  a'jTj  y  ^'*'3  ^  «'^ 

4  rtv  yp'joou  xspatta  Ssxa 

5  £$  Sco^cxarov  -(i/  ^p/  ^  [15]  tß'  [jlj 

6     Tcaovc  .  .  . 

Appendix   100.    Musöes  nationaux  7000,   5,  Höhe  2-5 «"j  Breite  3-7'="'. 

1  .  .  .  auTO'j  Tcarp  .  .  . 

2  .   .   .  £aTtv  TO  36  .   .   . 

3  .    .    £t   7C£Vt£    .    .    . 

Appendix  105.    Musees  nationaux  6994  d,  Höhe  lO'ö™,   Breite  S-ö«"». 

1  .  .  .  acp'^rat  Tcoto 

2  .  .  .  (OV  '3rat5uo[v 

3  .    .    .    (OV    jJ.£V    -(l)V    £t 

4  .    .    .    tO'J    jJLVr^!J.OV[£UÖ£VtO(; 

5  .  .  .  /.at  7,a':aYcYpa'f[y]X£vat 

6  .  .  'All  a|j.£Tavo[7jT(o  axoir(o 

7  ösaicorEtac]  5'.%7.uo  y.at  £^[o'jaia 

8  .  .  £i]c  ypov^j^ 

9  .    .    Y^    UXEpO'JC 

10  .   .  bifizla%fx'.  .  .  . 


134  C.  Wessely. 

Appendix   107.    Musöes  nationaux   7033  a,  Höhe   ll'",  Breite  8"". 

2  Tjjxcov  xai  nrjc  ^saTCOivirjc  r;[[X(ov  xvjc  ctYta?  Ösotoxoü  xat  asiTrapÖsvoo] 

3  jiapcac  xat  icav-cov  rwv  ayicov 

4  'fXj  7:a'jA(o  to)  £[xirpc';rca'cat(o  sxStxd)  airo  xyji;  apatvotttov] 

5  TZOKBioz  aopYjkoc  ....  sav 

6  rrjaSe  tTjc  itoXswc  5(  o(x[oXoy(o 
Verso  ....  '3:£~p[  .  .  .  aTCJoX'Xw  .  .  . 

Appendix   115.    Musöes  nationaux  6679,  Höhe  6-5«™,  Breite  2-9  <^". 

1  ....  Xcvapt  .  .  . 

2  .  .  .  o[jio]YV75otot  a§[£X^oi  .  .  . 
3 otc  cic  taur  .  .  . 

4  .  .   ojsvou^to"  t£  .  . 

5  .  .  U[xa<;  airo  .  .  . 

Appendix   115b.    Musees  nationaux  6694,  Höhe  4°",  Breite  6«=™. 

1  .    .    .    .    1C£'JC0lYj[Aat 

2  .  .  .  .  ut/  aictpav"  [ji,ap'CYj[pa) 

Appendix   115C.    Musees   nationaux  6694  und   6679  von  mir   vereinigt.    Höhe   13°",  Breite   7'^'°.    Schrift   auf  den 
Horizontalfasern,  Faltungen  senkrecht  in  einer  Distanz  von   1'4'''°. 

1  avaa-caata  ßo 

2  VciXa(A(jLa)Vo[(;  airo  xyjc  (Kjtqz 

3  TtoX^  ■/  0|JioXoY(o  [j.[£|xtaöcooÖat 

4  «710  ro)V  07cap-/ovt(ov  [  aot  cxi  xou 

5  a'JTOu  a[jLff  ooo'j  [  £V  otxta  av£(o 

6  Yl^]*"^''J  «^^  ßoppav  £v  [  nrj  8£üX£pa 

7  aiEYTj  [  xoTcov  cva  avcto 

8  '{\xv^'j[^  £^  oXoxX-rjpo'j]   £t(; 

9  a7rYj/a](or/jV  xat  £V  z-q  vpiz-q 

11  XplxXlVOV    £V    £^    oXoxXTJpO" 

12  av£(OY[J.£vov  xat  aotov  £t(; 

13  a7c]Yj[>a(0T]Y^[v]  iJL£'ca  xat  xou 

14  otx7.tr> -j]  tf  oaov  /povov 

15  ßoüXct    aTTO    V£0|x]YjVtaC    xo['j 

Verso  ....  IC  cxav  au^  aspo; 

Wiederholt  erhalten  wir  aus  Miethscontracten  solcher  Art  Aufschlüsse  über  die  bauliche 
Beschaffenheit  der  Häuser  in  Arsinoe;  in  unserem  Papyrus  XIV  ist  erwähnt  £V  z^  'cptXY] 
ozi'CQ  ein  TptxÄtvov,  in  unserem  App.  393  £V  zip  3(0[JLatt  eine  x(oX6ß'/];  ein  Haus  in  Herakleo- 
polis  enthält  £v  r^  Zsozi^q.  azi-('fl  s^^opav  [xtav  ßdXXo'jaav  b\z  vötov  xat  xotxcovdptv  §v  .  . 
xat  xajAdpav  [xtav  £v  z(\i  OTZ-q\ak\)  .  .  xat  ärjz^/yffK-fjy,  vgl.  Wiener  Studien  1887  S.  248  ff. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundbs  von  El-Faij6m.  135 

Appendix   120.    ifusees  nationaux  6875a,    Höhe  6'8°",  Breite  5"6'='".    Schrift  auf  den  Horizontalfasern,  Faltungen 

darauf  in  einem   Abstände  von  je   2"2°°'. 

1 XP^ 

Appendix   121.    Musees    nationaux  6875b,    Höhe   7'^",    Breite  9'2"°.    Schrift    auf   den  Horizontalfasern,    Faltungen 

senkrecht  darauf  im  Abstände  zu  1"",   l'l''". 

esemiotlij  ....  8t  sfxo"  xoaiJLa  <ptß  stcX" 

Appendix  129.    Musees  nationaux  6863h,  Höhe  7-5™,  Breite  5«™. 

1 airo'cajx'cou  ^opo'J 

2  svta'jaicoc  ypu[ato'j  voix'.ajjiaua  xpta 

3  p'Jirap/  xp  V   y[p 

4  xapa  ao"  xara 

5  x(o  jxsv  rpa[(0'ft  iXTjVi  vo[Aia[xaT:tov 

6  £V  xat  x{o[  .  .  .  [17JVC  ta  aXXa 

7  hoo  vo[xi[a[j.aTta  axo-ca% 

8  TO"    ^OpO" 

Verso  .  .  .  utco  xoaiJi)  o^ypty^ 

.    .   v]£lXa|JL[Xj   TOV  j   ßo'/j6 
Das  Fragment  betrifft  die  Ratenzahlungen  bei  der  Entrichtung  des  Grundzinses. 

Appendix   127.    Musees  nationaux  6863 f,  Höhe   7™,  Breite  4""". 

1  a.ozy}C.[  svictoatco^  %cp{xaro?  xspaTta 

2  [i'jrjia  iiGlyikia 

3  a%uXavc[o)C  '/]  [JiwÖmatc  xupia 

4  xat  £itsp/[ 

5  .  .  -co^opYjC  0  ':rpox[£i[i.£Voc 

6  ziQ  t«)[avVYjV 

Man    vergleiche    den    in   den   Prolegomena    S.    50    von    mir    herausgegebenen    Papyrus 
Zeile  29—34. 

Appendix   136.    Musees  nationaux  6863p,  Höhe  e-S«^",  Breite  lO"".  Schrift  des  VII — VIII.  Jahrhunderts. 

1  .    .    .    .    OT^][i.OaUO 

2  xara  tou  ooco'j  Yp^'f£^^tJ 

3  otpa  oVt(oc  ÖcOü  Xc^.E'JoVTOi;  x 

Wir  haben  das  Fragment  hier  angesetzt  wegen  der  in  Zeile  3  vorkommenden  Phrase. 

Appendix   137.    Musees  nationaux   6863  q,   Höhe   36-2'=™,   Breite   6-4'=™. 

1  t  £V  ovojjLaxi  TO'j]  xoptou  -/.rn  Scairotj»"  [r^txwv 

2  tYjoou  xptorofj  too]  G£ou  xat  zrfi  cisa[Tzov>r^c, 

3  YjfJLCov  xTjC  ayta];  0£(o5(O7(,'j'j  [xat  astTcapOsvou 

4  [iaptac  xat  luav-Jov  xov  aytov  .  .  . 


136 


C  Wessely. 


o 

6 


a 


Tj   ivö/ 


7  xov  ZOO  apat[voirou  vo|jlou 

8  x]awoc  (0 

10  Toy  ayio'j  vo|jlod]  -/  0(xoXoy(o 

11  eax''ix£vat  [xs  3t]a  x^^P'^'^  [^^'^  ^^^ 

12  av  [Aou  XP^l^oiv  xpf^otoy  [vo 

13  {itaiAatia  .  .  .  .]  7j[itau  apt6(jna 


14 
15 
16 
17 
18 
19 
20 
21 
22 
23 
24 
25 
26 
27 
28 
29 
30 
31 
32 
33 
34 
35 
36 


.  ai  -piov 

aa^paXctac 

.  .  .  söcjjLoiaot 

.  .  .  rfi  cjA-rtat^io) 

...    SV    t(0    0(0 

.  .  .  pouitt  .  vapisv 
.  .  .  .  ov  V  cS5' 
.  .  .  airo  xapir(ov[r/](; 
.  TuapcxJovtoc  xa 

xoüc  tsXsc 

[XOt    taOTYjV 

[AcJxptc  aitopoosox; 
oXou  x]oü  XP^^'''^'^ 
aov  Tov  auxov 

.    XOV    SXl 

(OV  £'jrav(o 

X(0    10(1) 

Tiaüjvi  7]  .  iv8/ 
puotat  o£ 
y,ac  xou  svoc 
%upt]a 

xat  cTi£p(0|X5 

Der  lange  schmale  Streifen  entstammt  einem  Contraete,  in  welchem  gegen  eine  Voraus- 
zahlung der  Aussteller  sich  Wein  zur  Zeit  der  Ernte  zu  liefern  verpflichtet. 

Appendix   139.    Musees   nationaux    7164b,    Höhe   10'3™,    Breite   4'9'^'",    Schrift   auf  den   Horizontalfasern;    Falten 
senkrecht  darauf  im  Abstände  zu  je  S*"".    Zwei  Fragmente  gegenwärtig. 

1  (pa(x[£V(o6  tv5c%xt(ovoc  cß] 

2  5ojxr;c  ocüpr^/.!, 

3  OC    aVO'JTt    0    XCft    TTc 

4  Xcxtot  a'rto/Juov 

5  airo[  7.oj[xrjc]  x'.va  xo" 

6  apot[voixo]'J  voiJLO" 

7  ayp-/)/.uo  avvto) 

8  ot(o  •;r[auXo'j  XJaxocvoTCj 


Die  Pariser  Papyri  des  Fund?;s  von  El-Faijüm.  137 

9  paxTj  [axo  zfqz  apat 

10  vo£iro[':i:o]XcCoc  y^ 

11  oji[o)vOYO)  sa]/Y^v.£Vai 
Verso  ....  axpa  .  .   .  a 

Ein  Xa'/avoTCpdtTj«;  erscheint  auch  in  dem  Londoner  Papyrus  auf  Seite  249  der  Wiener 
Studien. 

Appendix   141.    Musccs  nationaux   7164(1,    Höhe   6"'",   Breite   5™. 

1  [j-oc  ÖfjyaTVjp  avvac 

3  5]c%ax7](;  3  .  iv^  xcov  %  .  .  . 

Appendix   144.     Musees  nationaux   7133b,   Höhe    16"5™',   Breite    7"".    Schrift  des  V.   Jahrhunderts. 

1 (xVc<oY{JL£Vo"  SIC,  ßoppa 

2 avstoYjXcVo''  zic,  Xtßa 

3  |JLc-ca  xav-oc  aurou]  rou  Swatoo 

4  sici  )(privr>v  oaov  ßo'jXJsc  airo  SsüTspac  xai  saa^oc 

5  toy  .  .  .  [A7JV0C  z]riz  irapo^arjc  Tpta/,ai[5cxaTY](: 

6  tv5  'jcap£x]ovT[oc  ][iio"  To"  [JicaQ(oaa(JL£Vou 

7  .   .  .  10"  UTCsp  cVocxeto"  ttUTOU  ävtauata)? 

8  \x]s:^akrj(J  x£p[[xaroc  jj.ü]p[ia]5ac  /iXta?  cvvaxoatac 

9  .   .  .  xovxa  axot/^avxwc  yj  [jna0a)[acc  "/.upia 

10  xai  £TC£p(pto[X£V'/j)  a'jJpTjXuoc  aßpaa[JLUoc  uccoc 

11 fO    Xp(OXt[Jl£V(0? 

12  .   .   .  aTiojÖMao)  t(o  £VU%t(ov 

13  .   .  %]£  'JTOOYpa']/a  ytpi  ejitj 

14  esemiojthe 

Zeile   10—13    sind  in    einer    uncialartigen  Schrift    von  AureUos  Abrahaniios   selbst   ge- 
schrieben. 

Appendix    145.    Musccs  nationaux   7133c,   Höhe   IG""",   Breite   27"". 

1  TTjc  x^P'^'^  ^*P'  ^■'Q?  "^^"^  57][XOac[(OV 

2  a  yjizoy'j  eaziy  s^wOr/iTjvac 

3  xott  ot  xa^£0)Tai  irav-c£c 

4  ^Y^ixjoato'j  'Jcap£V'j-/Xo'JG'.v  [xot 

5  5(opov  '!rapaay£tv 

6  Y^ixEVY/.*  xaYapycav  xa[: 

7  ßcßatouvtat  5c 

8  $/    £'ICl9£p0jX£V0t 

9  £v  XapYiovoiV 

10  £vat  aa'focXciav  £v  rw  Tupatrcopto) 

11  Yj{x]£VY^^  'itaY7.py[tac 

12  z-qz  TTpoaooo"'  to" 

13  avot  |X£v-cotY£  s'fyiopirjt. 

14  TYjV  [a]a'faX£i[av]  xat  y^  •   ■ 

Vielleicht  ein  officieller  Act  mit  Verhaltungsmassregeln  für  die  Gerichtsdiener. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  IW.     Abhandl.  von  Nichtraitglicdcrn.  8 


138  C.  Wkssely. 

Appendix  152.    Musöes  nationaux  6982,  Höhe   12"",  Breite  5'^'". 

1  aico  r]o)V  uir[apx^vt(DV 

2  aot]  cw  a|x^o8ou 

3  av]£C0Y[j.sv7jv  stc 

4  xp'^3'C''Jptotc  iraatv 

5  'jcapjovxoc  (XTjvoc 

6  '3ra]ps)(0VT0<;  (jiou 

7  svtauatcöi; 

8  xspatija  £';rr[a 
Fragment  eines  Miethsvertrages. 

Appendix   154.    Musöes  nationaux   6982,   Höhe   6<"",   Breite   ö-ö™. 

1  [XY 

2  apoupcov  xoc 

3  (oat  £V  V  Y 

Appendix   156a.    Musees  nationaux  6982,   Höhe   7-5'^"',  Breite   7""". 

1  touXtou  xai 

2  Tirjv  Tjjxspav  auTOTCOoX 

3  (JKOÄlV    V.ai    \XOV    .    .    .    ttp    .    .   cICTTJC 

4  87j[JLoaiov  10"  auTo"  spyaaat 

Appendix   156b.    Musees  nationaux  6982,  Höhe   7™,  Breite  8™. 

1  aux(ov  Tuapaa^civ  ta 

2  xupta]  TQ  o[i.oXoYta  x,at  sitcpcoJfieVYj 

3  c(7ca](oX  ozoiiei  7]jj.!,v  irav^  (o[c  xpoxstrat 

4  t  Y^töpTL^^"^ 
Fragment  vom  Ende  eines  Contractes. 

Appendix   156e.    Musees  nationaux  6481,  Höhe  22.5'^™,  Breite  9™,  neue  Nummer   6.    Hchrif't  auf  den  Horizontal- 
l'asern;  Faltungen  senkrecht  darauf  in  den  Abständen   1*2,   1'9,   1"7,   1'5,   1'5,   l'l™. 

1  av 

2  a\i.szaT: 

3  cV  xov  Trat 

4  apio"  t 

5  Tjv  xai  ÄoXXsxtapiov 

6  5oft£VT(ov  T(o  a'Jt«)  airoXXo) 

7  Tou  auTOU  xaXo|JL7jva  Xa|i 

8  ova  xopoXXtou  xat  itpoc 

9  T(ov  aurcöV  Ä/poupYt«>v  xuxo"  (oder  rouTCöV?) 

10  £pYO)V  £%£i  aV£iaO£Vto)V  auto) 

11  aicoXXö)  avaYVcoaxou  )(puato"  vo[jl3^ 

12  sjvoc  %at  auiou  tou  £tp7j|XcVou 

13  avaYVO)]aiot>  SiaTctoXvjaavtoc  ro  icaXatv  to 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  139 

14  aov£t5a[i.£v  ouv  (oc.  xpost-jcaiAsv 

15  0  tov  auTov  -rtsptßXsir-cov  xaXo(X7jv[av 

16  0)  airoXXco  avaYVcoaoj  uirsp  -TcaaTjc 

17  aüxcov  x£<paXatou  icpoaaira^  Xpuato 
13  xspaxt  Tpta  xat  touxcdv  8t8o|i.[cva)V 

19  {iVjSsva  Xoyov  s^*^^  '^^'^'^  *^  aut(ov  .  .  .  tö 

20  ouaov  jJicpta  Äspaifioup/  Xcpt[X£V7] 

21  'Jcspt  aXX(ov  otou§7]TCO-c  itpaYixaroc 

22  .   .   .  sivou  £(o<;  T-rjc  a7j|JL£pov  xat  irp[o%£t{jL£VYjC 

23  t  yotßa[i|i.cov  010?  xoo  [Aaxap 

24  •   •   [xaTCTjxi.  .   . 

Vielleicht  eine  Urkunde  derselben  Art,  wie  die  in  den  Wiener  Studien   1887  S.  266  ff. 
herausgegebene  Londoner  Versöhnungsurkunde. 

Appendix   159.    MN  6671,  Höhe  6™,  Breite   7'2""'.    Schrift  auf  den  Horizontalfasem;  Faltungen  senkrecht  darauf 

in  Distanzen  von  je   1  <'™. 

1  a.[i.(p/  x£Vxaupou  j^j  ofioXoya) 

2  5£8£x6at  irapa  rrj''"  u{X£X£pa 

3  a]iio  TT]?  auTTjc  iroXy 

4  xaX 
Vielleicht  der  Anfang  einer  Bürgschaftsurkunde. 

Appendix   160.    MN  6671,  Höhe  6-5™,  Breite  3-75«"'. 

1  a3£X(pOU    t 

2  TcaxTjp  Y£(opY 

3  (0  £)(a)|jL£V  ap 

4  £)(0)iJL£V  av 

Appendix  171.    MN  6846,  Höhe  7™',  Breite  ö«™. 

1  aiioXXcovi  .  .  . 

2  aiuo  xwixYjc  .   .   .  rou 

3  9£o5oat[ou'3roXiTou  vo[iou 

4  to)  9au{A[aauorato) 

5  (ov  .   .   .   .  xat 

6  ti]axap/  xoa{i[a  aito  itjc 

7  apatvo]tx(o[v  'Jt]oX[£(Oi; 

Appendix  178.    MN  6761,    Höhe  4"=",   Breite  5-3'^"'.    Schrift  auf  Horizontalfasern,    Faltungen   senkrecht  darauf  in 

Distanzen   von  je   2™'. 

1  xai]  tTjc  5£axotVYjC  [yj[Jl(ov  xtj?  aytai; 

2  Qeotoxou  xai  a£t]Trap6£Vou  [Aaptac  [xai  itavtcov  ttov  ayttov 

3  ETOuc  zitoxXTjttavou]  tqS  (p"'(fi  5  ?  tv'^  f 

Das  Jahr  394  ist  nach  der  diokletianischen  Aera  zu  berechnen. 


140  C.  Wessely. 

Appendix   184.    MN  E  (5840,  Höhe  9"",  Breite  6™. 

1  Ttov  aytcöv  xoa|Jia  %ac  Sa[JLiavo" 

2  xat  ypoatou  vojxta[j.axiov 

3  tsXst  nrji;  icapouaTj?  sv8«[%a':Yj? 

4  roüTJcG-ct  xpcGwv  xaOapcov  apraßj 

5  [ATjvt  ztißi  Xc  ta  tvj  t  5t  £[j.ou  irstpoy  voiJtaou 

Appendix   185.    Musöes  nationaux  E  6846,    Höhe  lOS  ™',    Breite  4-5«™.  Schritt  auf  den  Horizontalfasern. 

1  f\}  arp[arviyKo  .  .   .  airo  zr^c 

2  apatvotT{o[v  xoXswc 

3  ^oißotjx[x[(ov 

4  0  xat  'rtS'x[uaiO(; 

5  aTzo  a[X!^[o§o[j 

6  'n:£pac[a(: 

7  o(j,oXo[y(o 

Appendix  187.    Musees    nationaux    6846,    Höhe   'J-5™,   Breite  10™.    Schrift    auf   den  Horizontalfasern;    Faltungen 

senkrecht   darauf  in  Abständen  zu  je   1  "■«. 

1  a(o[jt£v  Xcpt  tac  uixäzEpac  v.zk' 

2  uio  .   .   .  .  Y)(  .   .   .  .  xai 

3  £p(o  .  .  opiQ  .  .  xupia  7j 

4  '7capoüaa[ %at 

5  c';c£ppoj[jij  t  aup  VctXa[ji.[i.(ov  otoc  ^[auXJotj  /,ai 

6  TcauXoc  ütoc  otp  %at  [jiaxaptoc  uto? 

7  arot/ct  YjjJitv  ta r/j?  o/  .   .   .  coc 

8  irpoitctrat  aopj  X[£ovu]oc  syp  uxsp  aorcov 

9  xapovTOJV  aYpa|a.[j,at(ov  ovro)V 
10  t  fli  emii  panufin  es'' 

Appendix   188.    Musees  nationaux   0742,   Höhe   3-5 «",   Breite   5™. 

1  Y=[fOp[T^^'^]    V£lXa[J.[X 

2  ^i'jyrf.z[A  zrjo  |j, 

3  £roi|Ji{o?  £/£t,v 

Appendi.K   197.    MN  6983  d,  Höhe  8™',  Breite   7™  (aus  dem  Jahre  584), 

1  ...  00  5=0710X00  (pXj  |j.aopatoo 

2  ....  oy^o'/jc  w  £11  ap/ 

3  -(0  £voo^oxaT(o  aJtpaTTjXaTTj  Tcayapyo) 

4  TYjC  cipacvotTOJV  %7.t  OsoSoatooJicoXt-cojv  aop-^Xioc 
^  oYj](xoata? 

6  aicoJaix'foSoü  oXyiAittou 

Appendix  205,    MN   7115,  Hölie   ll'=">,  Breite  8'^". 

1  apatvj  [ttoXcCoc 

2  y.opw.%o'j  a|jL'fOTapy[oo 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  141 

4  v]][xa;  irapa  tyjc  u(JLcTSpas 

5 -/puatou  vo|j,ia[jL 

6 aiv  %  0?  'jjJLctc 

Aus  einer  Darlehensurkunde. 

Appendix  206.    Musees  nationaux  6731,  Höhe  6"=",  Breite  lO*^"",  Schrift  auf  den  Horizontalfasem. 

1  %ai  [xoi  vtjOt; 

2  %at  [JtovoxotTWV 
Fragment  eines  Miethsvertrages. 

Appendix  265.    Musdes  nationaux   7053,  Höhe   lO'ö'^"",  Breite  6'=". 

1  t  £V  ovo[iat[t  verso:  cTtcjjL'^^öV 

2  sax  3  £'jcX[yjp(o9yjv 

3  .  .  .   .  Tov  (paaxp    j^ 

4  'fuXaxitj  so/  cO'/j 

5  X  X  «p 

6  Ssaic  ooaiac  too 

7  cp  tp 

Schreibübungen  zum  Formulare  der  Acten,  Quittungen  und  Briefe. 

Appendix   271.    Muaees  nationaux    7053,    Höhe    10™,   Breite   7"=". 

1  cJ-csXcOcV  aouo 

2  z  aTCsXOsiv 

3  ovojxatt  [JLO'J  71 

4  vocic  Z'((a  ooz(oi; 

5  xov  C''ilJ-"oOr^v[at 

Appendix   273.    Musees   nationaux   7053,   Höhe   8'^™,   Breite   10'^". 

1  i  zz'q  tXTjva  ac,  taou  ■^o\xiG\i.nza 

2  .  .  ap*"  icpoc  xov  apt8(iov  tou  [xoXo 

3  V  %ai  -a  avaXo)[JLaTa  aozrto 

4  5cov  stva:  f 

5 au[JLßoXatoYpa<you  f 

Appendix   275.    Musees  nationaux   7384,   Höhe   13'=",   Breite   10™. 

1  ...  oopaaat  .  .  . 

2  /(optoa  icssjvajxy  .   .   . 

3  [Acxa  icav-(jc  ayrou]  toü  5t'/,[atou]  =7ct 

4  jpovo-^  apt6[xoujJL£Vov  airo  /.apztov 

5  nr)«;  auv"  sv^ExaxTji;  i.v5  r^apaoyca  aoc 

6  UTTcp  a'Kozav.z'jO  ?popot>  aorcov  [£vta]uai[o)c 

7  -/püatou  vo[Jita|i,aua  £^  airo  x£[paTio)v  et]/.o[ct  ouo 


142  C.  Wessely. 

8  irjfxtoscoc  XP/  V  ?  aÄ    f,xßs  irj 

9  OfJLoXoyia  xopta  xai  sirspp/ 

10  ÖsoScopaxcoc 

11  aroc/jci  (ji[ot 
Verso  ^£oJ8(opaxiou  [-jtapa  •   •  •  ]  uiou  [LiQpeJiitou 

Appendix  275.    Masses  nationaux  7384,   Höhe  9"™,  Breite  S"". 

1  aapa]x 

2  6üYa'c[pc 

3  o|j,oXoYfo 

4  xopaatov 

5  ßtXTOpOC 

6  xat  TzXlrip 

7  nrjv  ß 

Appendix  279.    Musees  nationaux  7384,   Höhe  4'="',  Breite  9*=™. 

1  a6]up  x£  zpirqc.  tv)  cV  ap 

2  <poißa[j,{A(ovt  xat  autco 

3  V(ov  XTjv  T«)  auTO)  [xaxapto) 

4  Tj  Trj[Atau  {Aspo?  Xoy 

5  u  {Jispoc 

Appendix  289.    Musees  nationaux   7010,  Höhe  9'='",  Breite  5"". 

1  xataXoYwaaöat 

2  st?  Xoyov  tpo^Tjc 

3  TTJC    tVj    VOjJlia[|J. 

4  xaQuTcsc  •  • 

Appendix  290.    Musees  nationaux   7010. 

1  cspa? 

2  OU    TZKiXt. 

3  (oatotaro) 

4  ßo7]6ü) 

5  oa[x]ßa  airo  [tTjc  aurirjc 

6  icoXJscoc  X 

Appendix  291.    Musees  nationaux   7010,  Höhe   10™,  Breite  Sö'^"'. 

1  xat  a[cCi:apQcVou  {xaptac 

2  ßaatXstjac  tou 

3  ^X,j  [Aau[pi%tou  ttßsptou  rou  atwvj  auy) 

4  SToyc  X  .  .  . 

5  aupirjXt  .  .  . 

6  aito  xo)[i['irj<;  .   .   .  tou  apacvo 

7  txo'j  vo[a[ou  .   .  . 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  143 

Appendix  307.  Musees  nationaux  7394,  Höhe   7'^",  Breite  S«"".  Schrift  auf  Horizontalfasern. 

1  .     .    OfJloXoYO)    ZV.0OOirx    YV(0[[AYj 

2  aico]  £txaSo€  t:o[u  irapojvcoc  jayjvoc 

3  .  .  xac  8uo  apoopac  x^^^'^P^'J 

4  ys^opY^J*'']"^  ^^[^2  SX^^'*'  '^^  Öspst 

5  .  .  au  lov  'j[Ji£X£pov  xX[Yjpov]  xai 

6  .  .  £Vov  xtvSovo)  .  .  . 

7  ICOUat    0 XplTTTjC    IV 

8  8i]  £{xo{>  aöpyto"  .... 

Appendix  309.    Musees    nationaux    7394.    Höhe  5"",   Breite    6*^™.    Schrift   auf  den   Horizontalfasern,    Faltungen  zu 

31'=«'   Distanz. 

1  Ssair  iTjaou  xp^o'co" 

2  7j][j.(ov  ^aatlsiaz  zod  suacß) 

3  (laujptxtou  rtߣpiou  tou  atoovj 

4  apx)  £v5£xaT73(;  ivj  £it  ap 

Appendix  319.    Musto  nationaux  6713,  Höhe  7™,  Breite   14°'". 

1  tpctC    (ASp/    SOZV^ 

2  ajitoXXo)  uc/   [xaxap  stc  y'    [X£p/  xsp^oc  xac 

3  xat  .  .  ov  cpYaaxwov  ixtxo^"*''']'^  e'(poirf[ri 

Appendix  320.    Musees  nationaux  E  6846,  Höhe  13™,  Breite  7"". 

1  xai  £v5&^o'C7j§oc 

2  TlEtpt    TTjV    C^XtJV 

3  TIEptEt    .    . 

Appendix  324.    Musöes  nationaux  E  6846,  Höhe  7'2"='",  Breite  5"4'"".    Schrift  auf  den  Horizontalfasem;  Faltungen 

in  Abständen  zu  2'2'='". 

1  £V    0]V0[AaU   TOU    XUptOÜ 

2  itai  ^[oaTuotou  tTjao'j  xp^^^tou 

3  tou  6c[ou  %at  acoTYjpoc 

4  TJjJKOV    xa]t    TTjC    ÖEaiUOtVTJC 

5  YJIKOV    tYjc]    6£0T0X0U 

6  xat  icavjtcov  tcov  aywov 

Appendix  325.    Musees  nationaux  6846,  Höhe   10'='°,  Breite  S™. 

1  (üQ  ]vojxtt£[uov'cai 

2  xat  ßatp 

3  7]](ita£C0(; 

4  "cou  ov[xo(; 

5  tirjc  ■Tca 

6  EtSsa 

7  'Jcapa[jio[v7j 

8  auixicX-rj]  pcoaswc 


144 


C.  Wessely. 


ii         ava/(o[pct,v 
10  y.'jfita]  Et,  'j'jra(>y[ovxo)V 


Verso  0"  aSsXipo-  vsiXai^fi 


Appendix   328.     Musc-c-    nuiiuuau.x   E   <J846,   Höhe   16"°,   Breile   !»""'.    Schrift   auf  Horizontalfasern. 

1  axarJaippovYjKoc 

2  BIZ  svtautov  £v  aptO|X8 

3  [xsvov  aTuo  VcO|X7jvtac 

5  itapouaTj?  T£-apTr;c  tvj  5c 

6  yo[ji£voc  Tzrxpa  aou  Xoyto 

7  [itaÖou  cjxou  TO(j  cVtarjotB 

8  xP^<3tou  vofjLtafxattov  sv 

9  ircipa  xcparia  sirra  7]|i,ioü  tsiapT)" 

10  xai  airou  soapcGzoo  [apraßac 

11  .   .   .  yi]  yrj  V  ar/  C[S5' 

12  ...  icapa  .   .   . 

13  ...  votp'j  .   . 

14  ...   ai  {AOt  u   .   . 

15  ...  aosu  .   .   . 

16  .  .  Ocfco  .   .  . 

17  ...  001  stt  .   .   . 

18  'ÄJat  av£u  x[tvoi; 

19  .  .  .  at  %upi[a  .  .  . 

20  .   .   .  (J.£  t 
Verso  t xo  Trav 

Am  Rande    links   sieht  man    noch  den  Kest   des  Protokolls   des  Papyrusvolumens 
GICJ  AIN   .    .    . 


Appendix  329.   Musöes  nationaux  6846,  Höhe  3"",  Breite   lOT"".   Schrift  auf  den  Horizontalfasern,  Faltung  senk- 
recht in  Distanzen  zu  ll"". 

1  t  cV  ovo|x]aTt  zr^z  ayta?  xai  o[i.oouato~  rptaSoc 

2  Tuatpoc]  'J'-o-  xat  aytö  icvcuixatoc  /.ac  rqc,  Ssairotvj 

Appendix  336.    Mus^es  nationaux  6846,   Höhe  3™,  Breite  11™. 

1  VE'fSpaC    OIOC,   TCttjXO'JV    aiTO    SXOIXIO'J 

2  "O'j  apa'.voao"  vo|xo"  fpaf^no^^  aot 

3  ....  VT'.  .  .  (ovcov 

Appendix  340.    Musöes   nationaux    6846,    Höhe  13'^'",    Breite  lO""'.    Schrift   auf  den   Horizontalfasern,    Faltungen 

in  Distanzen  zu   15""'. 

1  .    .    .    OC    '/JtX(OV    xat    TYjC    SSOTCOIVT]?    Yj|J,Ö)V    X[7]C 

2  .   .   .   .   tvj  £7C  ap  t 

3  .  .  TTjC  {xaxap'.a?  Oäo^otTjc  ßaXavsoo  -co 

4  .  .  yzjcp  TO)v  £|jL(ov  Tpto)V  TEvivtov  %'jpaoo  too  %ai 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  145 

6  .   .  .  aiiovtcov  azz^-fovzo)^  a'jvsij.  .   .  o  .  .  .  5ta 

7 Tj-ca?  .  . 

8 aupYjX'.d)  'iQXi[a 

9 TYjs]  a'j-Yj?  icoXfsö)!;  , 

Verso:  Spuren  von  Notizen  in  Schnellschrift. 
Appendix  352.    Musees  nationaux  6846,  Höhe  10 '^",  Breite   13*^".   Schrift  auf  den  Horizontalfasern. 

2  airo  x^povofjitas  xoo  a-j-coa  [xaxaptou 

3  oc  ouavjC  7](j.cv  oaaiocc  xai  xt) 

4  'Jiov  yptarofpopov 

5  7]  votou  'r:poarjYopcav  irapa  aup7]Xt[ou 

6  7]-piat§rJS  T£Acio:)6cV 

7  a-jro  zr;c  Tsaaapaaxat^cxa-Tjc  wj 

8  YP'^f *^  aovaKKrj.y\xa  to  ypa^ 

9  aTCJoXXwv  jAiav  [XcV  et?  ttjv  tou 
10  iratpoc  aspT/vou  |j.'.  .   .   .   . 

Das  Verso  enthält  das  Fragment  eines  Privatbriefes: 


Verso  1  t  Tzapa%}:rfl'q  o  ScOTüotTj?  [xou  xac  %=)«eu3Y^ 

2  Tcov  Öso'^uX/  r   (Jiaptav  .... 

3  Xoyco  T7]C  aa6£v(£)tac  [l-too?]  .  .  .  o  xat  i5ou 

4  Xoyto  tTjC  asOsvtac  |jlo'j  .   .  .  uXaaiJtovr^aa 

5  sXsT^acv  sTciaroXtov  ...  otcs 

6  oTCa'.fov  to  ulou  .   .   . 

at 

7  -Tcpaäcoi;  apa:  la  .   .  . 

8  |XY]0£Va  £■/'/]   .... 

9  XYj  yj^oabäY.kr).Q  xtj?  S7jXo[uu.£Vvjc 

10  aXO    £tp'/][X£V(OV    .    .    . 

11  Ös^YTTja 

12  X 7J    .    .    .    . 

13  [i'f*^  /./.Yip*^  [JLY^va  0  (Eigenname) 
14 '(=.rjo[yyx/zoQ] 

Appendix  354.    Musees  nationaux   6846,  Höhe   7  <^'°,  Breite  4™.   Schrift  auf  den  Vcrticalfasern. 

1  ojjloXoy[o) 

2  CO'fS!.). 

3  vo'j  •/p['ja:o'J 

4  tcTapf-cov 

5  (OC    TCi 

6  OUT 

Denkschriften  der  phil.-hist.  CI.  XXXVII.  Bd.     Abhandl.  von  Nicitmitgliedern.  t 


146  C.  Wessely. 

Appendix  nationaux  367.    Musöes  6846,  Höhe  4'^™,  Breite  S"^".  Schrift  auf  Horizontalfasern. 

1  t  ßaatXct[a(; 
3  auToxpax[opoc 

Appendix   372.    Musees  nationaux  6666,    grec   124.    Höhe    65™,   Breite   7"5™.    Schrift   auf   den   Horizontalfasern, 

Faltungen  senkrecht  darauf  zu  2*^"  Distanz  von  einander. 

1  ras  airoXoYiac  y]it£p  au-cö  icoivjoaaQai  u[jliv 

2  'Jcspt  TcaVTCov  Tfov  ZTZiCTfZrj'j^i.evMy]  7:ap  0[i{ov  icpoc  jXc  UTCsp  atitö 

3  uoavvr];;  uio^  to'j  !i.a%apt[o'j  xaAou  [laptupw 

4  vrfiB  rt]  ]  £YYy''i  <o?  Tcpox^  f 

Appendix  374.  Musees  nationaux  E  G846,  Höhe   7™,  Breite  13™'. 

1  ZTfi  ösotoxou  xac  naVKOv  kov  ayuov  ßaaiX£t[a^  etc. 

3  sro'Ji;  ]  rpito'j  Tcaavt  x  ztkti  -q  tv)  sie  ap/ 

4  au[[Ji][ia)(oc  uto?  to'j  [xaxapto"  [ATjVa  Tipotyii.) 

5  ap]ai[vot]'C(ov  xoXscoc  airo  a(X'fo3o"  aXoxiou 

6  c^7)C  uxoYpafpJwv  t3ta  x=^p^  a'jp-/jXuo  tptßo'jvm 

7  'JUo]v£tXo"  axo  TY^c  aotTjc  itoXscoc  ■/ 

Appendix  382.    Musees    nationaux  6869,   Höhe  6'7'^™,    Breite  12'^"'.    Schrift  auf  den   Horizontalfasern,   Faltungen 

senkrecht  darauf  zu  2™  Distanz. 

1  aupr^X 

2  cto  [j.- 

3  vo[j.ic[Aa[Ta  cxatov  xapa  Xcpaiia 

4  Cf^Y*'*  apatvotTO'' 

Appendix  386.    Musees  nationaux  E.   6846,  Höhe  8™,  Breite   13'='". 

1  £V    ap[t6jXtOV 

2  [xattov  £V 

3  autov  (jitaGov 

4  Cl'l'CY/acDjxsv 

5  £YpCt«pY^    {XYjVt    X    X£    - 

6  t  aira  vstXo?  a^  .   .  'Jtoc  to'j  [xax/ 

Appendix  390.    Musees  nationaux  6846,   Höhe   10'^'",  Breite   16™'. 

1  Tov  apt6[j.ov  Ocxa  aptG[xta  yp''  i  ap 

2  lACipi'jpwv  TTpoa-axKov  GS  tov  [xpcaiJicVov 

3  xpaTäcv  xat  xuptsüctv  xat  £^or>[aiav  systv 

Diese  Stelle  lehrt  augenscheinlich,  dass  die  Abkürzung  ap®  nicht  auf  den  Ausdruck  apt6jj.(p 
7:X-?)pcC  oder  t(p  äpi6(xt})  liinweist. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  147 

Appendix  391.    Musees  nationaux  6846,    Höhe    7-1'="',   Breite  5-7'=™.    Schrift   auf  den   Horizontalfaaem ,   Faltungen 

senkrecht  darauf  in  Abständen  zu  je   l'S""'. 

1  (0  tcoSs  ICO  ßouX7][xa[xt 

2  aico  TYjc  apaivotttov 

3  Xsjovcioc  «ptXo^cVov 

4  atwöv  axouaaaa  t 

5  a]p3tVt;cit(0V   '3:[oXs(o? 

6  aupTjjuo?  (poißa[j,[j.a)v  t>t[oc 

7  CO?  ■:rpox]sirat  f  aupTjXco? 


Appendix   392.    Musees    nationaux    7711,    Höhe    23-7™,    Breite    14-7'=°',   neue   Nummer  2.     Schrift  des   V.  Jahr- 
hunderts auf  den  Horizontalfasern,   Faltungen  senkrecht  darauf  in  Abständen  zu  2  '^'". 

Recto  1  %£V-7]vaptco  apt6(xo[u  xcov  YSVvJacotaTcov  X£co[v]cov 

2  %)aßavaptcov  utco  zoo  xtjc  [j.axaptac  {avt^iatj?  tcoavvou 

3  aiuo  TT^c  auzYjC  iroXscoc  5(  o^xoXoyco  [X£[Ata9coa6at  Tuapa  aou 

4  aico  xcov  üxapyovrcov  ooi  ocxotcsScov  stti  xifjaSs  tyjc  icoXecoc 

5  xat  too  7cpoY£Ypa(Ji.[ievoo  a|j.?po§ou  icspasac  sv  ttj  6|jL£t£pa 

6  oixTj-ctxYj  oata'   av£C0Y|J.£Viri  £tc  ßoppa  £V  xr^  S£ux£pa 

7  arcYTj  toirov  £va'  aV£coY|X£Vov  £tc  vorov  aufjL/pvjarYjpootc "''' 

8  xaatv  £!p  oaov  xpovov  ßouXEC  axo  V£ojj.7]Vtac  xou  ovtoc 

9  [ATjVo?  (papjIöQt  TY^c  zapooar^c  xpcoiYjc  l'vj  xap[£)rovT]oc 

10  [xo'j  tou  (jiicÖcoaa[i.£Vou  6'!C£p  £voaioo  aozoo  (JLTjVtat[coc 

11  xepjjLaxo?  [iopiaSac  Exatov  £txoat  x£p(j,3  j^"  p%  coc  vojx) 

12  ay.otXav-co?  tj  \s.igBo)gic,  xupia  xac  £TC£pco[i5  f  av6ouac 

13  '7C£pß'JT£pC0C    UIO?   Vt)va[JlCOV0C    CO   ircopxt[j.£VOi; 

14  (JL£[xr^a6co|j.£  co?  7Ccopxc-£  xat  uxcoYpa'^a? 

15  X'']p''i  =F'i  otTCOiXoaa 

16  t  di  emu  alb  ....  esemioth// 

Verso:  [Jiia6[coaj  toitoü  £Vo:  oxo  avöoua  xpöoß)  £tc  ^Xj  xaXXtvtxov  XEVtvjvap/ 

Zu  wiederholten  Malen  erscheinen  Soldaten  als  Contrahenten  bei  verschiedenen  Rechts- 
geschäften; so  in  einem  Londoner  Contracte  vom  Jahre  498,  Wiener  Studien  1887  S.  262, 
mit  einem  ^Xaoutcp  nXot>rd[i|xcovt  dxö  xa!JLXtSotJXT;öpcov  dpt6[j,oü  icbv  YSVVato-üdTcov  TpavoTiYpt- 
tavcöv  utcp  Toü  TYj?  [xaxapta?  |j.VYj[xrj?  0cO^{Xoy  ycoa/oüVTi  £xl  t'^c  'ApawoEtrwv  x6X£co?;  in 
einem  Papyrus  Erzherzog  Rainer  vom  Jahre  409  mit  einem  tptßouvcp  vou|Xcpou  tcöv  y*'^' 
vatoxdroiV  TpavattYpcxavcöv;  in  einem  andern  Papyrus  dieser  Sammlung  aus  derselben  Epoche 
erscheint  auch  unser  Numerus  (leonum  =  Xecövcov). 

In  paläographischer  Hinsicht  ist  bemerkenswerth :  Zeile  13  die  Ligatur  vi  in  vtXa[Jicovo(;, 
in  welcher  t  so  angebracht  ist,  dass  die  Verlängerung  der  rechten  Verticale  es  ausdrückt; 
es  erinnert  dies  an  die  Ligatur  8t,  in  welcher  c  ebenfalls  durch  die  Verlängenxng  des  Deckungs- 
striches von  A  ausgedrückt  wird. 

ßoppa  und  o'.xta'   aVcCOY[J.£VYj  erklären  sich  gegenseitig. 

Zeile  12 — 15  ist  eigenhändige  Schrift  des  Presbyters. 


148  C.  Wessely. 


Appendix  403.  Musees  nationaux  684f5,  Höhe  4  °™,  Breite  4  '="'. 

1  .    .    .    .    av    TtO    3|JLß^   .... 

2  ....    CO?    TTQC    EtatOUOYj?    .... 
3 3(0?    tO'J    T'jßt    .... 

4    .    .    .    .    [XSXStp    7j    £    IV5    t    .    .    . 


Appendix  415.  Musees  nationaux  6738,  Höhe  34'5'^"',  Breite  32'3'";  erst  kommt,  von  links  gerechnet,  ein  19*.5<='° 
breites  Blatt,  dann  die  Collesis  mit  2"=",  drittens  ein  Blatt  mit  13'^".  Die  senkrechten  Faltungen  stehen  von 
einander  in  folgenden  Distanzen  ab:  4-5™,   4™,   3-8™,   3-4™,   3"^™,   3™,   2-5'^'",   2-5™,   2-6'="',   2-5''"';   06™  darauf 

ist  der  Rand. 

1  ciXsv  xac  sXaßcV  xac  sxX7ipo9yi[j.ai  o  ahsX'f/  {ivjvocc  £V  tr^  3ia(p[spou] 

2  or,  ix'jzry  ocxota  ta  Xa/svia  [lot  [jjL]svr;|jLata  azo  rou  {xaxaptoo  {xou 

3  a^sX'fo^  ifoavvo''  zooz  roTCOüc  ro'j?  siravo  xo-*  siro'.xuov  co?  [jlev  co? 
4 Hrj'j  ayaztoy 

5  [iirjvac  UTcsp  avnrjxaraXaYVj?  tou  xatXstO"'  to-"  sv  tco  snoaw  t 

6  {isya  xat  roo  auxo-'  \izpoc,  xo'-'  irpoaxoXXaro''  oixo''  (xo"^  xai  xo 

7  xsxapxov  xov  |ji.£VTj[iaxov  xoy  [xaxapiou  vtXo-'  xa  sr/sv  sv  xt] 

8  X0CV7]    £[iO-'    OtXOta    Xai    £V    X0[JL7j    [J.T^XpoSopO'-'    OXOV    xo    SlX£OV 

9  xou  ira[i[x-/jxY3  St/*^  xov  xov  XP=^^  "^^^  l^=  AajSiv  £tc  aoxov  xov 

10  xAYjpov  a[j,|xaxov  £xaxov  7C£Vxe  xov  ctc  xo  votr^vov  jicpoc 

11  aico  ocvo  xo'J  ötopuyto'-'  £0?  xaxto  opOo?  xai  ci?  xo  tp"r)ߣ?  apo'J 

12  pav  [xtav  xo''  tj^r^Xov  aico  xyj?  oiopyyorj  xat  xr^v  apoopav  xo''  x  .  Et  . 

13  a'j^ov(?)  aoxTjV  ttoavvo'j  xai  xo  £{xtapouptv  auv  xov  «puvtxov  xou 

14  utO''  tayupiovo?  xai  xo  £[jLtapo'jpr^v  xoooü  aßa|jL).avx  '^xoi  (ovtxto 

15  xat  xo  -/Epaov  xou  xotfo-'  irpoaxoXXaxopjjLTjv  oXov  xai  ev  xo  sicocxot 

16  O'J  xo'j  [i-rjxpo5(opo"  '/j  5'jo  xeXXs  xe  xX-^po?  xo''  apxoxoictO''  azofi  .  . 

17  xat  xo  E^affo?  xtj?  xsXa?  xo"  [jiaxaptou  vy^Xo'j  Et?  xyjV  vo'j 

18  ßtv  xat  -q  xEXXa  xov  5uo  ^oivoaov  xcti  Eyyu?  xa  xEXXa  xa 

19  icvo'''  6io"  üto"  -TCEooup  TtpoaxoXXo'j  xat  'q  xEÄXa  uoavvo''  r^  xo''  oto'^  avo'^ßto-' 

20  xat  .  .  .  po?  xo-»  B.'ccjofia  a'jxvj?  xaßXo'^  xaxa  xo  Stxatov  xr;?  avaXoyta' 

21  xat  [sv  xco]  ETüotxotco  zr^c,  itoXeo?  Etc  xo  ^^oz-fi^^rj^  [AEpo?  aTio  xr^? 

22  tc'jXt^c  *cct  Eoco  xEXXta  xEoaspa  xat  Et?  xo  aTT'/jXtoxTjXOV  jXEpo?  xo*^ 

23  ETiotxto"  xsXXa?  5uo  yj  luptox'/j  r^  jAEya'"!  xat  yjatoxspa  OTuy^aco  xvjc 

24  Ece^pa?  [XO--  xat  q  xEtXXa  [XTjva  xou  uto''  (paXßt  xat  yj  xsXXa  '/^uip'^Z  ^X^ 
2.5  rr^?  [aXjXr^c  a^Xr^?  aux"^?  xat  aiio  zr,z  ixEyaXrj?  a^Xr;?  xo-'  Eiiotxoto'' 

2H  xo  zc,  [airJ'^Xtoxo"  xo"   eiao"  {ispo"  xaxa  xo  5txatov  xyj?  avaXoyta?  xat  xo 

27  xsxspxov  to"  xa|j.YjXovo?  e^  a^tEpExo"  xat  xo  XExapxov  xov  3  sypaaxYjptov 

28  apo'jpov  aTca  vy^Xo"  xov  ev  xo  |jLExpo5opo"  xat  C^iVY^  e  xaxa  avaXoytav 

29  xat  xo  TrpodXYyiAOV  xov  OExaS'JO  vo[Jit3jJLaxov  0?  etc-/]  xo"  Oeou 

30  xaOo;  xat  £Ypa'}£?  {AOt  xo  Yj^to/Y^pov  ""  Eypa'f/]  ■/■'/p''i  =Ri  itauXo"  xptß(ojvou) 

31  oXoYpa'|/a|JL£V  '^üJ-Epa  Etxaot  .  .  x  x  .  . 

32  ...  .  xaxa[i  .  .  . 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  149 

Appendix  420.    Musees  nationaux  6689,  Höhe  6-2™,  Breite   10-5"".    Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

3  aTcXT]  ....  5 


Appendix   422.    Musees    nationaux   6686,    Höhe    6''"',    Breite   IS"",    Schrift    auf  den   Horizontalfasern;    Faltungen 

senkrecht  darauf  zu  3*2  °™. 

1  |jLSxa  Tüav-cov  xfov  [XiVTjiiatcov  [stp  oaov 

2  XP^^^^^  ßouXst  Yj  u|X£rcpa  Xa[Ji7cp[or/jC  axo  tyj? 

3  ^sxaxTjc  tv3/  soj^tjäo-coc  [J.oo  xotj 

4  aropoc  Tt|JLo6£ou  tou  Xa(xicpoxaxo'-'  stv 

5  [Jijspouc  Tcov  .  Eirotxcov  tctpaxoSwv 

6  sitiJ^aVKo 


Appendix  423.    Musees  nationaux  6669,  Höhe  9".5"™,  Breite  5™.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern. 

1  Xo  xai  (p 

2  [Aaupcovoc 

3  tfO    \!.Z'(aX0TpBTz]sGZaZ0i    lytß    .    .    [otXOVOjJL«    T7J? 

4  aytac  (icy'^^]'^?  £xxXYjat[ac  xai  r^c  ayta? 

5  cxxXvjata?  ]  zoo  «Ytou  TCctpou  ut[(o  .  .  . 

6  o[JLoXoY(o  £a)crj]%£vai  [jls  icapa  ao"  o[tct 

7  x^^P^'S  XP'^^^^^  votiiajfia-cia  §uo  '7tapa[x£paTta 


Appendix  425.    Musees  nationaux  6685,  Höhe  6"4™,  Breite  6°".  Faltung  auf  den  Horizontalfasern. 

Recto  1               £V  £Trout«)  Verso  1  f  P  °^/  ^'i 

2  |j.£]|xta6(oa6ai  xapa  x[qz  2  xaxo)V  v 

3  aico  x(ov  ]  5ia'f£povT(o[v  aurrj  3  S^  XcoXio" 

4  Xotov  aXta  4  5^  xavcovt 

5  aic]apxta£a)c  £'f  5  3^  xavo  .  . 

6  XEplTE 


Appendix   426.    Musees   nationaux   6846,- Höhe   4-4'="',   Breite   6-7'="'.     Schrift   auf  den  Horizontalfascrn ,    Faltungen 

nicht  mehr  zu  erkennen. 

1  .  .. .  OTCotTjaa  £7ct  Ya[A  ... 

2  .  .  .  (patvo[xat  5£^a[Ji£V0(;  irapa 

3  .  .  .  (opYjaat  xat  cTTöpcopLj 

4  .  .  .  ftto'j  atoiX't  tJi.^1  Tcavxa 

5 5/  £{JLOU  touaxo'' 


150  C.  Wessely. 

Appendix  427.    Muaees  nationaux  6846,  Höhe   10'="',  Breite  4"". 

1  .    .    .    t§ 

2  .  .  yjaaixsv 

3  .  .  TOüx  sott  [xpuatou  vo[iia[j.aua 

4  .  .  .  £x,aoT[ov  irapa  xepaxta 

5  .  .      ta  (oars 

Appendix  434.    Masses  nationaux  6846,  Höhe  8'=",  Breite  9"'^. 

1  t   SV   0[V0[JLaTc]   TOU   v.'jpi[oo 

2  TTjfjKov  [xat  TYj?]  ayca?  6£oxo[xoü 

3  to  xotvov  TT]?  spYaatai;  .  .  [§ta 

4  irj/vta  ETciaratou  üiou  aira  v[stXoü 

Appendix  438.    Musees  nationaux  6846,  Höhe  S-ö"",  Breite  lö""". 

1  pOC   Tj^ltOV   Xat   T7JC   SsaiTotvj 

2  ?p  xC  af-  £ß5o[jL7i;  ivj  SV  apatvj  f 

3  xoo  op{JLO)|JL£VOij  aTuo  rauTTjc  tyj? 

4  ya[i£TY]  zo'J  [xaxap^ 

5  xat  xp''Q[Ji-°^'^^[C<>t>aa 

Appendix  440.    Musees  nationaux   6846,  Höhe  4'5'=™,  Breite   lO"". 
t  di  emu  leii  .  .  . 

Appendix  451.    Musees  nationaux  6552,    Höhe   14«"',  Breite   IT-^".    Schrift  auf  den  Verticalfasern,  Faltungen 

horizontal,  in  Abständen  zu  3'6'="'. 

1  airJoXoYStac  rtov  Stakuascov 

2  (ov  xat  "itt)touvrac  irpoc 

3  (0  xai  a[icxavoY]rto  yvwjxyj 

4  aiJLETaßXyjTO)  XoYta[X(o  opÖvj  Sta[voia 

5  tc  yiopiQ  TzwxoQ  3oXou  xat.  <poßou 

6  xat  avaYXYj?  xat  iraoTj?  irsptYpa^vjc 

Appendix  452.    Musdes  nationaux  6719,  Höhe  6''°',  Breite   10'="'. 

Recto  1  [Xcxa  to"  y 

2  ococ  ypovuaat  £t  z 

3  (Airj  xapaX£t'];at  3'jvajxtv 

4  |i.to6ov  Xaßr^  irapa  xtji; 

Verso  1       vj  avöpcoitoi; 

2  «p^C 

3  twavvo''  'fotßa|xiJ.)  ).oy"  xoa[ia  xoü 

4  (potßa|X[A(ov 

5  ^tß  tG»  aTcaatwt 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faij6m.  151 

Appendix  454.    Musees  nationaux   7018,  Höhe  17™,  Breite   14-4 ""'.    (Zwei  Fragmente.)  Schrift  auf  den  Horizontal- 
fasern, Faltungen  in  Abständen  von  3'4'™.    Die  Collesis  ist  9"2™  vom  Rande  in  der  Grösse  von  4™. 

1  t  SV  ovo[|xaTt  rou]  xüptou  xat  ^saicoxou  tvjaou  y^piozoo  xo]o  9so[u 

2  Y][A(ov  xat  tTjc  [SsaiioijvTjC  yj[jicov  x-/]?  aytac  6£oxoxo'j  xai  astirapOsvoü 

3  ixapta?  xat  iravxtov  xcov  ayuov ci:i'f  x 

4  aupTjXtoc  [  •  •  •  yto]c  (potßa(JLjJi(ovoc uto"  xou  xtj?  £ü[a£ßoy<; 

5  [xVYj{Ji7]i;  .  .  .  ]  ai5£at|X(o uuo  xoo  [JL[a7ap 

6  a-TTo  xYjc  a'jx-/]?  TtoXsjtoc  ^  o[{ji,oXoy(o  jX£jjLi]a6(oa9ai  xat  irapa 

7  auxo"  £7uot%t[ou 

8  'f a?  £71 

9  \).ZTqQ  xat 

10  apoupvj?  Xcxapxov 

11  x]'/]a3£  o[i,oXoYtac 

12  apoopYjc  TcXsov  sJXaxxov 

13  x,ai aOac  £t 

14  ovxcoc  .  .  aozoo 

Appendix  457.    Musees  nationaux  6846,  Höhe  8™,  Breite  3™. 

1  XO 

2  c/  ttoXewc  Verso 

3  uto?  7:£Xpo'j  -/pcaxjo'fop  £'j(p/  '^  C^' 

4  xoofias     a 

5  ajxai 

6  x]ai  Xoyo 

7  £v5]o;;oxYj 

Appendix  459b.    Museea  nationaux  6846,   Höhe  U™\  Breite  5'". 'Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

1  [i.£pO 

2  ÖYjXajXcxoicx 

3  xat  aapaxTjV 

4  £tx£  aÄXov 

5  £U3ai  aXc^av 

6  xooxo 

Appendix  467.   Musees  nationaux  6970,  Höhe  16"1'^",  Breite  10'='".  Zwei  Fragmente,  am  11.  August  1885  zusammen- 
gesetzt;  Faltungen  zu  2™,  Schrift  auf  Horizontalfasern. 

1  (jLTjvac  itcvxä  apiQjxo'jjjLcVO'j? 

2  awo  £XX7]<;  xai  ctxa^o?  xouc  ^vxoc  {jitj- 

3  'fa[JL£V(oQ  [xTjc]  Ttapoyairjc  xpftXTj;]  ivj 

4  AsjofA xov  afjxoo  [jLtaOo" 

5 oü[j.7:XYjp(i)a£(Oi: 

6  X(OV    a-JxfcOV    TCEVXc    jx]y;V<OV    STTt   X(0 

7  avaSouvat  .  .  £X£p  .  .  .  £y£v  itap  a'JXTjC 


1 


152  C.  Wessely. 

9  v-ni  cirsp/  co[i.''  f 

11  atotyst  [xot  iravia  coc  'Jcp°  f 

12  t  di  em]u  iustu  es(emio")  §t  sjjio'j  touatou 
Verso  (ptXo^jsvou  xa[iVjX[ixou]  [xaxap 

Appendix  468.  Mus^es  nationaux  6970,  Höhe   7"=™,  Broito  4™.  Faltungen  senkrecht  in  Abständen  zu  2™;  Schrift 

auf  Horizontalfasern. 

1  au|jnrXYjp 

2  irpoösaiJLta 

3  ETTi  -0"  aurov 

4  xpoa"L[jLOu  /[paaiou  vo(i.ia[JLauou 

5  svoc  xp  "^  [a 

6  t  vjXtac  3  0 

7  XP^T  <ö?  '^PV  t 
Verso  8  t  di  emii 

Schrift  auf  Horizontalfasern. 

Appendix   468.    Mus^es   nationaux    6970,   Höhe    17-4™,    Breite    lO-ö'^'».    Faltungen   horizontal   a   2"",    Schrift   auf 

Verticalfasern. 

Fragment     I.    UTTOÖJTjXYj   (0?   TTpOXSttat 

avjayvouc  %at  OT:oYpa(j;a? 
a]pi9[i.ou  (i.axptovoc  [jiapTOpa)  xa  au[ji 
aajißac  (pXaoüto? 
IL  .  .  ypwToSwpoy  xp/ 

.  .  Ypa[JL[iaTta)  (oc  irpoxsaat 
m.  xJcöSc  x(ö  uiroÖYjxrj/fxaico  Yp''J^[|J-!JLazt(o 

apatvoEtTov  iroXstoc  |jiapt[upo) 
(pot.ßa(j,iJicov  uio?  ato)voc  5 
C  xai  xapaSc^coxot  si?  X=P 
Xp]'-^°^'^^  vo(j,ia[jiatta  £T:-axoot[a 

Appendix  474.    Musöes  nationaux  6970,  Höhe  3'4"",  Breite  6'2"=™.    Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

1  jxaptupo)  tYjSs  TT]  irapa 

2  •Kkrjzv/.'q  ojJLoXoyta  (oc  xpo 

3  xstrat  t 

Appendix  482.    Musöes  nationaux  7120,  Höhe   17'",  Breite   14'=".    Schrift  auf  den  Horizontalfasern,    Faltungen  in 

Distanzen  von  2'2'="'  senkrecht  auf  dieselben. 

1  mzij  z(ay  ojirap/ovctov  ao: 

2  ciuoifx'.o'j  .  .  .  xaTc  a|j.TCs).o"  7:sp'.[TCcTc).[aa'CcU|i£v[r)? 


Die  Parisee  Papyri  des  Fundbs  von  El-Faijüm.  153  ' 

3  x[ai  Tc]Eptr£t£t[xia[x]£V7]?  apoupac  oaac  sav  toaiv  a[jL''   ^  oSj  £[av  (oaiv 

4  jJL£ta  Tcavcoc  auTcov  xou  Saato"  £rp  oa&v  /povov  ßouX£i  -irpoc  to 

5  Epyaaaaöat  xtjv  autTjv  aiiiTEXov  aitEptiypoVTjta)!;  xat 

6  axataYVcoarcDC  xat  a7ia<|;at  tTjv  yvjv  auxTj?  ÖEUxspov  xou 

7  cViauto"  §£xo|i£V(>(;  icapa  ao"  xtjV  £|ji7]V  £^  autTjc  y^fopYt/ 

8  icpoc  to  EÖoc  xoi£ia6at  S  £|ji,£  zip  (ptXo[xaXtav]  xat  avopu^ov 

9  t[o)V  tauTirjc]  5iopuY(ov  evcedOev  tjStj  eo^ov  xapa  aou 

10  Et?  a'jr[£pYaatav  aiSvjpoo  kxpjac  8uo  st  Ss  Tcspi^povTjao) 

11  aixirsXo"  Yj[jLt 

12  <f6a 

Appendix  483.    Musees  nationaux  7120,  Höhe  5™,  Breite  15'=".    Schrift  auf  den  "Verticalfasern,  CoUesis  von  0-9""» 
Breite  am  oberen  Eande,  dann  folgt  vom  nächsten  Blatte  ein  5'2'''^  breites  Stück. 

Verso 8'  9j 

Recto  1  £t  §£  (Jista  tauxa  au[JLß7]  xwa  oa 

2  tir]  (j[JL£T£pa  £uxX£ia  xat  £[j.ö(a)  (oc  toutov  TTjuati 

3  £V£X£a6ai  T^|J.ac  irapaaystv  aunrj  Xo^co  irpoattpiö  xpü[atou 

4  cujjißYj  Ttva  [^\'*.  tcov  aurcov  xai  -TcapaSoÖEVxcov  {xot 

5  ö  .  .  .  .  ÖYjßaiS  .  .  .  9a  .  .  . 

Appendix  486.    Musöcs  nationaux  6846,  Höhe  ö-ö»",  Breite  22«'». 

1  a  Tcov  {ji£tC^va)V  xcov  aiio  xspxEÖoTjpEcoi;  öeXirjoaTS  aicoXvjOE  autouc 

2  £^£1  £t<;  Touc  oaou?  auzwv  aXXa  -Tcavxcoc  töütoüi;  aitoXr^aatat  f 

3  ax[oXou6£tv 

Verso  t  £111?/  TTttaiJLaxj  a  louXiou  aupttJiax  ..(];. 

Möglicherweise  zu  den  Briefen  gehörige;  a6[j.{J.a)(oc  bedeutet  in  der  ägyptischen  Gräcität 
»Briefträger'. 

Appendix  490.    Mus&s  nationaux  6846,  Höhe   15'=",  Breite   16'=". 

1  %w.  xXTjpovofJLot  £%ataX 

2  SsoicoxtÄW  Sfnatco '  a^taxcoXuToc 

3  if]|A£ti;  ot  aicoSofAEVot  ou  viX7jpov&[Ao[uc 

4  Tj]    £X£X£UaO(Jl£VOV    aTCOaXYjaCOlJLEV 

5  t5iotc  ]  avaXco[iaatv  £t  §£  [xtj  touto  'JtotTr3a(0[j.[£V 

Appendix  495.    Musees  nationaux   6895,   Höhe  28'=",  Breite   15"5'=".   Schrift  auf  den  Horizontalfasern,   Faltungen  in 
Abständen  von   2"7'=";   die  beiden   Fragmente  wurden  von   mir  am   12.   August   1885   vereinigt. 

Erstes  Fragment. 

1  t  £V  ovoiJLa]-«  to"  xO 

2  %ai  SsairoTou   tvjjao"  /ü  to'^ 

3  Ö£ou  xat  a{ot7]]poc  vj[JLtö 

4  «at  zr^z  Ssajirj  vjjxcö 

Denkschriften  d.  pliil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.     Alihimdl.  von  Niclitmitgliedern.  ° 


154 


C. 

Wessely. 

5 

00  ro" 

6 
7 

8 

9 

10 

0"  etooz 
a  le  tv)  ap/ 
rivoQ 

[1=T=Y 

oi]o-  aicoXXco 

11 

apxo]%OTr(o 

12  a-Tco  zTiobs   tyjc   JapatVj 

13  -JcoXcOx;      airo      j  afjKpoSo" 

14  aJupyjXto) 

15  QUO  av]5p£o" 

16  aJ-TTO    tTJC 

17  auTTjc     apacv)     ]  itoX)  f 

18  Zweites  Fragment. 

19  xXst^Tj  [airo]  xapirj 

20  XYjc  stato[oa]7j(:  irpco 

21  TTjC    tVJ    [JITJ    c^StVat    0£ 

22  v]|jitv  statpco'*'^  xpoao) 

23  11(0  Sta'JTcoXscv 

24  ex (ov  ^otvt 

25  x(ov  a]xo  x(o 
26 
27 
28 
29 
30 
31 
32 


Verso 


.  (OV  hXt] 
.  xsauxac 

.     XtDC     c^ 
.     .    X(0~ 

.  V  xavTco" 

.    (ptXo^cVO"  üt 

utoc  jaTToXXto  atot 

33  X'^  [Ji-o^  iravxa  co«;]  itpoxcttat  f 

34  t  di  em]u  mhna  es)  .  .  . 


(OV  9otvi%3 


Appendix  496.    Musees  nationaux  6895,  Höhe   lö-ö«"»,  Breite   14-5™,   (IV.—V.  Jahrhundert).  Neue  Nnmraor  264, 
Schrift  auf  den  Horizontalfasern;   Faltungen   senkrecht  darauf  in  Distanzen  zu   28™. 


1 

2 
3 
4 
5 

6 

7 
8 
9 


.  .  £V  apaivotTY]  S'Tcapxtac  apitaSta?  .   . 
.  TTjc  a^cXfpYji;  sautou  vovvo'jc 
.    COptY£VC(Ö    ^Xßcavü)    VOUjX£pO"    xcov 

.  'fX'  -jtetpov  ava5£)(^[X£vov  xat v(o  [xr^vt 

CMTO  xo'j  vuv  cTTt  tov  axavca  ^povov 
xX-/jpovo|jnac  xcov  avaTcayaa(|i£V(ov) 
a7:paxov  [i£[xv7jx£vat  stti  xr^c 
ap^TjC  /,j   [Jl£Xpt  xou  vuv   aoTfflirxv 
zfj  auxYj  aytojxaxTj  ExxXvjota  Xtßoc 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  155 

0  zv.(üv  airpairou  Wcpt  7cpta|j.svov  tpX' 

11  .    .    .    %t(i,£    ... 

12  .  .  .  vjv  .  .  . 

Appendix  498.    Musees  nationaux  6895,  Höhe   9-3™,  Breite  3°". 

1  (jLou  «pXaout 

2  ako'(oovzaQ 

3  o|JLoXoY£i  a 

4  'Ct[JL7][iaTt 

5  OV  -TCXOXSIA    .    .    . 

6  Saatotc  aTco 

7  ^ös  .  .   . 

8  xaxaicot 

9  [AatcSto) 
10  xataap 


Appendix  499.    Musees  nationaux  7382,  Höhe  Sl»",  Breite  5™. 

1  tpXj  axt  .  . 

2  6£o5oai[ouiroXit{ov 

3  avaSs/  .  .  . 

4  Xap  .  .  . 

5  aTco  X7]c  »[unrjc  TCoXecoi; 

6  itpoc  £t8[tav  xat  avayxatav  {jlou  /peiav 

7  toat£   Co[(p£l>.£CV 

8  a§cX(p  .  .  . 

9  X(0[A7J    ... 

10  tOUTOD      .     .    . 

11  XO|X£    ... 

12  8£0V    .    .    . 

13  v-cüi  a6  .  .  . 

14  xov  E  .  .  . 

15  £W7:p  .  .  . 

16  aXX(ov  .  .  . 

17  -rtapcfA  .  .  . 

18  xo8  .  .  . 

19  UTCoaxaa  .  .  . 

20  ü[A£X£pav  ... 

21  aupTj''   .  .  . 

22  aupTjXtoc  £u[>.OYt.oc  .  . 

23  xXctXTJ    XYj'7C0[up    .    . 

24  x^P^''°  £1X£''°  £^at  .  .  . 

25  ovxat,  Tta|Ji|xiou  .  .   . 

Verso  t  '^W'-"  r;paxXYj<;  üico^o/  %o)[j.j  apatvoYjc  uiro  aup  £üXoYtou  uiraSExxj  |J.£X£YYJ  touxou 


156  C.  Wbssely. 

Appendix   511.    Mustes    nationaux    6846,    Höhe    66'="',    Breite  5'="'.    Schrift    auf    den    Horizontalfasern;    Faltungen 

senkrecht  darauf  in  Distanzen  zu  2'2'='". 

1  aSsXtpou  |i.apt'jp(o  ttjSs 

2  [JLaxaptoc  oto?  tou  [Aa[xapiou 

3  r/jVJSs  XTjV  ©{JLoXoycav 

4  uc  xaXX'''tvtxo[u 

Appendix  516.    Musöes  nationaux   7383,    Höhe   10™,  Breite   5™. 


Recto  1  .  YW  sXato  Verso  l  [j.) 

2  xpuojto"  vo[A)  cv  2  y  V  a  yt/  [j./ 

3  itsv]-£  vo[ita[Aaria  3  ta  s^oX^/  % 

4  /.Sparta  Tsaasp  7j[Ata 

5  aiov  £V 

Appendix  517.    Musöes  nationaux   7383,  Höhe  14™,  Breite  4™. 

1  <p)^aßiavo"  fJLsyaX 

2  .  .  TcoXt  .   . 

3  Ttwixapttj  Tj 

4  touXcavoc  Tcov 

5  avo)  iroX/  oa 

Appendix   518.    Musees  nationaux   6846,    Höhe  16™,  Breite  6™.    Schrift    auf   den   Horizontalfascrn;    3  Faltungen 

senkrecht  darauf  in  den  Abständen  22,  22  und   1-7™. 

1  e'Cforj 

2  [Aou  )rp£tav 

3  ExaoTov  irapa 

4  [xspa-cia]  -/p  v  ß  sxaotj  %/  xsp^ 

5  vo][jLia|i.atta  sir-ca 

6  xirjv  §£  "ourcov  [a-nroSoatv 

7  8c]%aTYj  To"  irauvt 

8  sß5o][j.Tji;  tv) £t 

9  [).'q  ctTZOTzXri 

10  atOU    TO    ZTjZ    .    .    .    .    0£t 

11  rrjTü)  xai  7C 

12  ÄJap-rtcov 

12''  VYJV  j 

12'=  a 

12'^  Setc  .  .  .  .  y;X  .  .  .  r>[jLOY  .... 

13  otojc  woavvou  a'Tto  tyjc  ap 

14  aivoiTCöV  TcoXcCoc  •  .  .  ]o)i;  TzrAüv.zizai  xai 

15  apotvocttoov  T:oKz[oiz 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijöm.  157 

Appendix  523.    Musees   nationaux   7077,    Höhe  16"=",   Breite    10'^".    Schrift  auf  Horizontalfasern;    Faltunajen   senk- 
recht darauf  in  Abständen  von  1'9  bis  2'1'="'. 

1 COV/]    .... 

2  cjSajJLTjVov  xpovov  [  api6|JLOtj[isvov  airo  --qQ  zo<zaoxy]z] 

3  %at  SsxaxTjc  'co''^  [Kap]s'kb[ovzoQ  [xy^vo? 

4  ot6u]p  z-qz  laiooG-fiz  7j'  tv[öc%-i'jVo?  .  .  . 

5  ':c]cVt£x,oti5s%atY]c  xo  .  .  . 

6  UTCoataascoc  ttj«;  tj  tvj  .  .  . 

7  £]aTrapjJ.[£v]o 

8  ci[xoat]  uXsov  sXaxTov 

9  (0^  Äat  'ic]ap£[Xaßov 
10 aapaxtav 

11  Trai^oi;  irpo  o'JixTCX-rjp/  [-couau 

12  xoo  [XP^"^]^^ 

13  Z!^[t] 

14  .  .  t  cli  emu  mlma 

Appendix  531.    Musees    nationaux   7398,    Höhe  32'^",  Breite  G'S*^™.    Schrift    auf   den    Horizontalfasern;    Faltungen 

senkrecht  darauf  in  Abständen  zu  1'4''™. 

1  .  .  azfiz 

2  TcoXscoi;  st:  a[x[9o§ou 

3  tspcov  aiyvcov  x^P'^'^ 

4  ÖTjXTjV    c^    oXoxXYjpO'' 

5  av£a)Y[JLcV'/jv]  £1?  ßoppa 

Appendix    535.    Musees   nationaux    7393.    Höhe    7'6''™,    Breite   5"5™.    Schrift    auf   den    Verticalfasern ;    Faltungen 

senkrecht  darauf.  Abstände  derselben  je  135™. 

1  voixou 

2  o[ji,]oXoY(o  sax'i'j'Jisvac 

3  £ß50[JL7]X0Vta 

4  oir£p  aoi  aico^mao) 

5  [  .  (J-Vjvji  [irau]v[t 

6  a]'jt[o  7(,ap'7r[o)V  X7]c 

Appendix   536.     Musees  nationaux   7393,   Höhe   4-7'="',  Breite   11™. 

1  apawocrtov  iroXcCoc 

2  x(o  aTüo  XTjc  aüTYj?  TcoXy  ojjioXoYci)  [JL£[Jita9co%[£vat 

3  aitEptjppovJYj-o)?  xat  axa-cayvcöaTO)?  £Tct 

4  airo  TTjc  a73[j,£pov  Tjjtii;  £atcv  x^Jt^[* 

5  .  .  ou  xp/  ^  T  ^P"   =^  ^l- 

6  Tou  cvcaurou  y*!^-*^^ 

7  xo  xo^P^3[x« 

8  v.rxX'j^i./  f^a^^^ 


158  C.  Wessely. 

Appendix  537.    Musees  nationaux  7393,    Höhe  4'=™,    Breite   12-3 «'".    Schrift   auf  den  Horizontalfasern.    Das   Verso, 
auf  den  Verticalfasern  geschrieben,  enthält  ausser  arabischen  Notizen  auch  noch  die  Zahlen  Y^^'i  ''''/'ß- 

1  t  auv**  xwStxV  0[JLa5£p 

2  t  otJv"  '»(oSixY  opiaSspovtou  avua[6) 

3  ouv'*  xtoStx"/  o{i.aSspov'cou  a[vua65 

4       aTC£6  .  .  . 


Appendix  542.    Musees  nationaux  6910,  Höhe  4°'",  Breite  9°". 

1  aico  a\i.(p'j^oo  Tzapz[i.^[rj\ric  Verso  f  t7jV§  .  .  . 

2  c^irjc  uiroypatpcov  tSta  X'^P'^i  süXoyiou  .  . 

3  xatpstv  o[jLoXoY(!)  sxoüata  oaat  X  .  .  . 

Appendix  559.    Musees  nationaux  6922,  Höhe   10™,  Breite  5'="'. 

1  aunrjv  xa-ca  xo   .  .  Verso  utco5o)(j  [jisp/  xcojjl)  .  .  , 

2  [ispouc  7j  a[jL  .  ,  (Dvoc  SIC  ^(oxav  utov  . 

3  xatc^c^a  .  .  . 

4  ojJLoXoY^a  .  .  . 

5  xpt]  a-cojJLtou   .   . 

6  xai  aöavao  .  . 

7  ««[xir]  X  .  . 

Appendix  561.    Musöes  nationaux  6846,  Höhe  4'^"',  Breite  4°™. 

1  UllSp   svot/,/ 

2  £Vtau[aio"  vo[j.ia!J,j 

3  Ssjxa  'Tcsvts 

Appendix  563.    Musees  nationaux  6846,  Höhe  4'™,  Breite   7™. 

1  &pjJico[j,£Vos  aico  xo)(Ji) 

2  o^upuYX<oM  xo"  apaj  vo(Ji/ 

3  aupTjXio)  [aicajoX  uuo  vsiXafi. 

4  [Xj  "'"  ßarp[ct  airo]  tyjc  apaj 

Appendix  563b.   Höhe  4'='»,  Breite   11'". 

1  [xaxap 

2  S'Tctaxat^sxarr^v  tou  9a 

3  SVO'J    X'J[X 

Appendix  567.    Musdes  nationaux  6846,  Höhe  4™,  Breite  8™. 

1  ßaacXcijac  xai  [Ssaj-iroxstac  xo"  6£[co'catou 

2  'fXj  touativo"  ro"  atcovio"  ayYo[uo'cou 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Paijüm. 


159 


3 

4 
5 


BZOOQ   ZpiZO      £V    ÖCoO 

[j.a]upcxta  X7]  sv 


Verso  (aus  arabischer  Zeit): 

1    ä](0§IYI    Yj|J.£pO)X0Yt    XP^oi 

3  aßiva  Y=top  a[Ji(ovt  ataupaxioü 

4  axcoo" 


Appendix  572.    Musees  nationaux  6747,  Höhe   11™,  Breite  8™. 

1  .  .  .  6£o~  %at  ato'CYjpot;  7][acov  xai  t7][c 

2  cTou?]  tiovX'qzia^o"  rptaxoaioa-co"  OY§OY3%[oa'Cou 

3  .  .  .  «Tuo  zrxoz-qc,  TTjc  apatvocTfo[v 
4 5(  o[xoXoYOU{i£[v 

5  .  .  .  .  xai  ■7rpoY£YP'^{J''tJ^*'' 

6  .  .  .  .  Yjc  xaxaYVcoaöco  svvo 
7 icov  tou  Xap 


Appendix  574.    Zwei  Fragmente,   das  eine  trägt  die  Nr.   6562,    das  andere   Nr.   6706;    Höhe   13"^",    Breite  IS"^™. 
Faltungen  senkrecht  auf  die  nach  den  Horizontalfasern  laufenden  Schriftzeilen,  Abstände  je  2  *^™. 

1  c7C£p[coTY]63t(;  o)[i.]oXoY'i'jaa  a!X£pt(jL[v 

2  ßouX7jO£t7j  a  .  .  .  [Ji£ivat  a^taxcoXuTco?  %at  a5!,avo£i[T(o? 

3  t  lUANNHC  CTIXIMinANTAt  OCHPOKIT 

4  t  di  emu  iustu  p  ....  8t  £[Jiou  touatou 

Verso  jjn  auTov  irpaYfAj  t 

Appendix  576.    Musees  nationaux  6562,  Höhe  4"'°,  Breite  10™. 

1  otxojvojxco  Tcov  aYtcov  aicoaroXwv  otto  tou  [ji[axaptou 

2  T)V  a-rto  X7]?  auxTji;  ttoXeco?  ^ 

Appendix  579.    Musees  nationaux  6846,  Höhe  9™,  Breite  9'="'. 

1  £pyO[JL£VOU    TZpOQ    0\i.niQ 

2  aozo  (j,£ta  tou  Stxatou 

Appendix   594.    Musees    nationaux    6846,    Höhe    9' 7™,    Breite   9' 7'=".    Schrift    auf  den  Horizontalfasorn ;    Faltungen 

senkrecht  darauf  in  Abständen   zu   1'5 — 2"™. 


1 

2 
3 

4 
5 
6 

7 


.  .  xupto"  xat  ZsoTzozo'^ 

■/pta['cou  ZOO  6£&'j  %ai  aootYjpoc  7j(i) 

cpXj  jjiaupcxio'j  tou  atoiVj 

aUX0]xp)    £X0O(;    l8    [JLcOOpTJ    %£ 

.  .  8c]xafr]<;  ivj  etc  ap/ 
.  .  a]7coX[X]a)Vco(;  pa 


160  •  C.  Wessely. 

Appendix  595.  Musöes  nationaux  6846,  Höhe  9'="',  Breite  S"^".  Schrift  auf  den  Horizontalfasern;  Faltungen  senkrecht 

darauf  in  Abständen  zu  je  2'^"'. 

1 
2 
3 
4 
5 


ptOO 

C    SVSVYJXOVta    E$ 

.  .  7j  iAt,a6(oatc  xüpta 

6  .  .  SYP  ]  UTüsp  aozo~  ayp)  ov-oc 

7  t  di  em]ii  epifaniu  ...  8/  STrctpavto" 


Appendix  611.    Musees  nationaux  7059,  Höhe   10'^",  Breite  9™. 

1  yOlQ    UTÜO    -(OV    .    . 

2  c6  .  .  auo  £%  -(OV  xap  .  . 

3  %[w]5üvo)  £|j.o  xai  [zTjC  B\i:r,c,  uxoataasco; 

4  Ötojjiav  {jLapxupa)  t(oo=  ko  .  .  .  . 


Appendix  616.    Musees  nationaux  6912,  Höhe   12™,  Breite   10™.    Schrift  auf  Verticalfasern. 

1  t    £V    OVO    .    .    . 

2  t  £V  ovoiAa-t  .  . 

3  f  £V  ovo|JLaTt  .  . 

4  t  £V  ovo[Aaxt  .  . 

5  t    a'i'    OVOfXaXt   ZOO    öcOO    .    . 

6  1="^  ovo[Aatt  ZOO  Ösou  .  . 

7  t  aixato"  TP['']]t^*^P/  •  • 

Appendix  628.    Musees  nationaux  6929,  Höhe  11™,  Breite  11'5™,   Schrift  auf  den  Horizontalfasern. 

1  Ösou  v.ai  atoxYjpos  tj[jicov 

2  icavtjcov  xcov  ayicov  yotax 

3  apatvo'i'cwv  xai  ÖsoSoato'-'  ';r[oXtt(ov 
Verso     1  vo[j,ta|j.a'cta  svvsa  .... 

2  3  J^  SiotYpa'f  cou  vojj,iaiJ.[ar  .... 
33;^  sjAou  voiJLiaixazcov  sv  yp/  .  .  . 

4  sßpoiXTjXOV-ca  XcVXc  xa- 

5  tax(oß  81  avYjascoc  .  .  . 

Schrift  auf  den  Fasern  vertical. 

Appendix  630.    Musees  nationaux  6929,  Höhe  7™,  Breite   12-5™. 

1  .  .  0(o|jLa  toi  ffiK  .  .  . 

2  .    .    V.'XXOZ    OTCOOcXtj    ZT-Kl    .    .    . 

3  •  .  aX>.ov  8i7.Ypacpciv  .  .  . 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  161 

Appendix  634.    Musees   nationaux  6907,    Höhe  85™,    Breite  9™.    Schrift   auf  den  Verticalfasem ;   links   sind  als 

Eand   3-6  •="  frei. 

1  %oc\i.a  öiax/  .... 

2  XcviTovoc  oao5o[[i,ou  .   .  . 

3  C(oa7](f)  [lapTupco  tTjSs  .   .  . 

4  0)C  irpoxatrai  .  .  . 

5  utco  xo)  [j-a%ap  .  .  . 

6  [ispoac   .... 

Appendix  635.    Musees  nationaux  6907,   Höhe  4-3™,  Breite  8-5™. 
f  di  emu  mhna  .  .  . 

Appendix  641.    Musees  nationaux  6630,  Höhe   7-5™,  Breite  12-5™.  . 

2  z'^'CjJfj-'j'j  v.rjx  ava^owua 

3  .  .  '.£pc[JHo''  5taÄOv[ou  8]a[jnavo(j  aico 

4  .  .  Siaxovo"  xoct  ysp"  stp 

5  .  .  optxa)|JL£VOt  aiio  r.is:>\i.rfi  asßsvvu'ccov 

6  .  .  o[AoXoYO'J[j,£V  5t  aXXr^XsYY 

Appendix  642.    Musees  nationaux  6873,    Höhe    4'^",   Breite  8-7™.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern;    Faltungen 

vertical  darauf  in  Abständen  zu  1"6™. 

2  vtac    xoo]  ovTOi;  [iyjvoi;  x^tax  tsXst  ttjc 

3  TtapouaY]?]  5s%arrjs  tv^  f-^J-^  irapaa/co  uirsp 

Appendix  643.   Musees  nationaux  6872,  Höhe  8'™,  Breite   12«". 

1  .  .  .  X3 

2  .  .  av]  öpto-rtj  x(o 

3  .  .  itXrjpcoOo)  Guv 

Appendix  645.    Musees  nationau.x   7389,  Höhe  14'6"'",  Breito  2'^".  Schrift  auf  den  Horizontalfascrn. 

1  .  .  .  ypia-uo'J  tO" 

2  .  .  s'jjasß)  Yj[j,[(ov 

3  .  .  .  zo'j  ato)Vt[o'j 

4  .  .  .  tjvj  eil  apa 

5  .  .  .   tY]C   X 

ß  .   .  .  airo  X7]e 

7  .    .    £%TO)V    [JL 

8  .   .  atJLJ'foSo'j 

9  .    .   ]X'fi'irxYfi 

10  .    .    U!J.£T£[p 

11  .  .  apx^a  .  . 

12  .  .  -rj  r/]C  TZ 

Uenkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.    Ahlmndl.  von  Nichtmitgliodoin.  .        v 


162  C.  Wessely. 

Appendix  648.    Masses  uationaux  7382,   Höhe  O*^",  Breite  4'5<^"'.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern. 

1  .  .  .  .  airo  ]  apupoSou  aT:[o}jMVi.oo 

2  .  .  .  .  ojAo]  Y'^^'iatou  aScXif/ 

3  .  .   ofioXoyo)]  [Ji£|Ji.ta8(oa6[oct  a^o  zcov  uzap^ovrcov  t>[jnv  stti 

5 pa  cV  jJLS 

G  .  .  .  .  rov  Tctti 

7 TOJTTOV    cVOt 

8  .  .  .   .  TO'j  aX)s 

9  .    .    .    TOTCOU    7. 

Appendix  649.  Musees  nationaux  7382,  Höhe   7"=",  Breite   7"=".  Schrift  auf  den  Parallelfasorn ;  Faltungen  senkrecht 

darauf  in  den  Abständen  zu  2"",   lö"",   1-5"=",   l-2<^". 

1  .  .  a'jp'/]}.uo  xa  .  . 

2  .  .  xavou  Tcapa 

3  .  .  xuaio'j  xat  £p|j,i  .  . 

4  .  .  vsac  apiJ.coT  .  . 

5  .  .  ttTca  OTCOpou  . 

6  .  .  o|JLoXoyoo[Ji£V  |i.[£(i.'.a 

7  .  .  öoxsvai  zo  uTt[ap)rov 

Appendix  657.    Musees  nationaux  6957,    Höhe   12™,   Breite  5«"'.    Schrift   auf  den  Horizontalfasern;  Faltungen  in 

Abständen  von   1-9—2™. 

1  auiYyV  xarax 

2  [Jispo'j?  /,(o[jl[yj^ 

3  xaicScSazo 

4  o|i,oAOYia 

5  £7:0[JLVU[[J.£V0C 

6  xat  aOavaT[ou  xop'j'fyjc 

7  %CO|XT^    7. 

Verso  ÖTCoSst^  fxsp  xtojj.)  .  .  sp 
(ovoc  ctc  'fX)  .   .  .  ayr^Ttov 

Appendix  661.  Musdes  nationaux  6650,  Höhe   lO-ö""",  Breite  ll""".  Schrift  auf  den  Horizontalfasern;  die  Faltungen 

sind  nicht  mehr  erkennbar. 

1  f  SV  ovo[j.axt  [  tou  x'jptou  -/jijkov 

2  i'/]ao"  ypc3-ou  'ot>  ftso'j  %ai  c(orY^p[oc 

3  TjjXtOV    Xat    TT;?    ÖSaTTOtVj    YJ1JL(0V    [tYjC 

4  aytac]  ÖcOtoxo"  7.at  irav-tov  tcov 

5  aytcov  iraycöv  c7:~a%ai5£%ar/}  y  Wj  sir  ap 

6  aupTjXtoi;  7(ovaravxic/c  YP''-itIJi.|xj 

7  u'ioc  y[otßa|X[AO)Voc  air]o  xo) 

8  [ATjC  ]  a).£i;avopotj  vvjaoo  xo'j 

9  apacvoiTou]  vofio"  tco  Öa'Jixaaiomtco 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm. 


IßS 


Appendix   662.    Musces  nationaux   6702,   Höhe   7-5'=™    Breite   63™. 

1  a'jzoo  -jiapa  vqc,  ufjLstspac  aflnü'zovriQ 

2  £xot[i(oc]  ^x^i^  touTOV  irapayaysiv  xai 

3  -üTja^c  z-qz  iroXscoc 

5  TTöpt  TraVTcov  xcov  e'jriC'']T[ou[J.sva)V 

Appendix  664.    Musces  nationaux  6701,  Höhe  6'5'=™,  Breite  11™.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern. 

1  a\>.\i.rxza  a'JTcov  taz  'Kr/'j 

2  t  'ii  6mu  lielia  3/  sploü  rpaa 

3  aopr^Xi  .  .  .  (ov 

4  ata'jp  [JL7]  .  . 


Appendix   669.    Musees    nationaux   6703,  Höhe  22™,  Breite    7-3™,    Schrift   auf  den  Horizontalfasern; 

senkrecht  darauf  zu  je   2^^"  Distanz.    Vgl.   703. 

1  ^Tprj    ypiCZOO    ZOO    ÖSO'J 

2  OSaXOWYJC    '/ifJ-tOV    ZTji 

3  c,  %ai  itavrcov  zcov  aytcov 

4  6  tf  xpstaj  5c%Y  ivj 

5  aß]ßa  TTcxpco  c-irtaxoTico 

6  ico]X£(oc  5ia  xoXXouGo'-'  zo'j  6so(ptXy 

7  utoc  Xa(|avi 

8  t(ocrJ'f  utoc 

9  ouc  s-rrap/ 

10  |J.ap% 

11  tt|j.a^t[jioc 

12  [xaptupco  [  1:7)  oixoXoyia  w  [icpoxstTat] 

13  0  Sctva  .   .  o[i.o]XoYta  co;  irp 

14  5c  ]  £[j,o'j  aspY^ou 


Faltungen 


Appendix  672.    Musees  nationaux  6599,    Höhe  17-.5™,  Breite  9-6™.    Schrift  auf  den  Horizontalfascrn ;    Faltungen 

zu  1-5™. 

1  ....  SsaTuor 

2  uzanjav  a-jzo'j  bzooc, 

3  ...  X  xayo)V  ^«[^sxarTj 

4  ...  w]5t%icovoc 

5  ...  cv5o;;o-7] 
.    .    OUO   ZOO    \x 

.  .  coOtj  .  .  .  p 
xpayixa-s'jrrjc  'Jto'    Qsov 
9  apJatvoctTj  rto  sv^focjto-ratco  jrr^va 

10  ÄOita  XTjV  aurrjv[  apatv]oi-:(ov  tuoXiv  j^ 

11  viat  ßcoii;  xac  aizriz-qc,  tsv.  rxvrx-^'/.ric,  £7:[o[j,vujji.£Vo<; 


164  C.  Wessely. 

12  v[a7jv  awrr^piav  -s  %ac  voxvjv  luap 

13  o'j  av  saurot?  iiavra  za.  7tapa§ 

14  xa]'.  [Xc/pi  ^Xrxyi[Qzr^z   uiroaraasco? 

15  0]y§£V    £^    a'JTCOV 

16  £:V 

Verso  .  .  vvj  U'jto  uoavvo'j 


Appendix  685.   Musöes  nationaux  6546,  Höhe  8-6™,  Breite   12-5™  (a.   464).   Schrift  auf  den  Horizontalfasern. 

1  u['jraua  .  .  ?  poujauxou  %ac  oX'j[ißpcou  (pap[Jiou6i  .  . 

2  Y^t iv5]a/  cX  apasvosixY] 

3  otup[7jXiO(;]  Ycpovuo;  uio;  /pTjazou 

4  auo  [ttjoSs  xTjc]  apaivocttwv  'TtoXso)? 

5  aico  a[j.^oS(;U  |j.(oirjp£0)?  auprp.uo 

6  -Tcouat  ul'o)  ^^pirjOTO'^  at-o[j,ETp7] 

7  aiCO    TTJ?    WJZTfi    TCoXcCOC    OjXOYViatO" 

8  a§£)i.(pO"    OIJLoXoyW    (Ende) 

Verso      Tisvraato  yp/  ''^  X"  ^  iT? 

3  OTcsp  vao'jXo'j  o?  y"  a  irapö  x"  ,a  §av  .  .  . 

/X"  aCX8  .  .  C  V  §t£  1  .  . 
Lr^"  xupiXXö  vyjT  ,y8'  x"  »air  ,a(j%  o  /"ST 
%at  o|xoco)?  £t  V  auToo  v  a  «  ,yuX 


Appendix  686.    Musees  nationaux   7121,  Höhe   T'ö"",  Breite   11™.    Schrift  auf  den  Horizontalfasern;  Faltungen 

zu  2'^™. 

1  £]uptaX0[X£V0V 

2  .  .  a.TZ'Jiri  .  .  .   £%aarc>'j  tou  (jltjvoc  .   .  . 

3  \ol(ü  cot  otvo[v  £uap]£CTov  xac  [jltj 

4  E^ctvai  jjiot  avcXv^aat  £x  xcov  5uo  (xou 

5  x^p^^"**  %ccXou|X£V(ov  Tp(o  xai  irca 

6  raorAjC  ccoc  avairXYjpcoao)  a£  xat, 

7  EITEppCOlXj-    t  

8  t  (ii  emu  helia  .   .   .  ot  £[j.ou  7))aa 
Verso      X  .  |X£a3  tß  tvj  .  .  .  [xa%7.ptv  ßa'f-/  f 


Appendix  687.  Mus6es  nationaux  7121,  Höhe  13'=",  Breite   7™.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern;  Faltungoi  senk- 
recht darauf  zu  1'5"™  Distanz. 

1  z^j.c  aTroXoysiac  'TrJoiYjoaaOat.  aoTY]  -iTEpt  iravtcov 

2  .  V  7:poa£0)3£  .  .  uiräp  auroü 

3  .  .  .  voixj  t  TtooGi  u'io^ 

4  .  .  .  Ttavca  (oc  "irp/  f 

5  .  .  .   5l  £[JI.O'J   GöpYto"  t 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  165 


Appendix  693.    Musees  nationaux  7121,  Höhe  ll'ö'^'",  Breite  8™.  Schrift  auf  den  Horizontalfasem. 

1  Tcav 

2  [Jic  To  xpirov 

4  y-at  U'jc7]p£ci[ac  X 

5  .  .  v.aza  xr^v  S'jva[xw  xy][(; 
6 

7  (J.ap-'j]pCO    -CYjSs    TYj 

8  xoXX^  ut]  axs^avou  {lap) 

9  t  di  emu  mhna 

10  aa(jLßa  vtx"/  •irstpou  f 

Appendix  694.    Musees  nationaux  7121,    Höhe  9  °",  Breite  11"5"'™.    Schrift   auf  Horizontalfasern,  senkrecht  darauf 

Faltungen  zu  2-2™. 

1  upcov  S/  7)pa  ÖDyaT 

2  Yj  [J.axap/  |i,vr)[j,7]C  a(J[JL£(ov  o  -jrp 

3  SajJLtavoc  8cax/  sxXr^oia'l  z[oo 

4  eÄi  Callmi[ku  .... 

Appendix  696.  Musees  nationaux   7121,  Höhe   13'6'=",  Breite  12"=™.  Schrift  auf  den  VerticaUasern ;  Faltungen  senk- 
recht darauf  zu  1'5'=™. 

1  t  »V  ovo[iaT:t  ZOO  ösou  Verso  f  a"  aXa£[jLßtaT-.  .  z 

2  ZOO  apasvotro"  ctpvjvvj  u|jn[v  Aus  einem  amtlichen  arabischen  Schrift- 

3  .  .  0)  .  ap  .  .  (puXo)  stücke. 

4  .  [xs-ccpav  ßooA  ....  x^jp'^^"  apoup 

Appendix  697.  Musees  nationaux  7121,  Höhe  16'5'™,  Breite  7'7™.   Schrift  auf  Horizontalfasern. 

1  -TcauXo"  aico  v.oi\i.riz 

2  VI  01(0  laxcöß  ano  z 

3  /puatou  voiJ,ta[iaxcou  tpitou 

4  .  .  zt]  ZOO  ziaiovzoQ  [ivjvoc 

5  o[Aovo7ja{o  (oars  as  • 

6  Ol   ZTfZ    ZOOZOO 

7  TTO"   jJLaptupo) 

8  ep/ 

Appendix  699.  Musees  nationaux  7121,  Höhe  4™,  Breite   7-7'="'. 


1  •/pjsojato)  EYO)  ■/.03[xoi.z  aioTjpo[upYoc 


IQQ  C.  Wessely. 


Appendix  700.    Masses  nationanx  7121,    Höhe  S"™,    Breite   e""".    Schrift   auf  den  Verticalfasern ;    Faltungen   nicht 

erkennbar.  , 

1  svcauöa 

3  aotouc  >iat  jJLT] 
Verso  8(0  |j.£tC^t£p7 

Appendix   701.    Musees  nationaux   7121,   Höhe  91™,    Breite  G-i"".    Schrift   auf  den   Horizontalfasern;    Faltungen 

senkrecht  darauf  zu  2" 7"". 

1  u(x]£xspav  aa^aXstav 

2  TCcTTOiTjtiai  laoz-r^v 

3  x'jptav  ouaa""  xat 

4  TjXiac  ars'favou 

5  Trp]oY=TP^W  °^!J^<P^ 

6  Vct  [xoc  .  .  ]oz  Tcpoxxac  YjXjtac 

Appendix   702.    Musees  nationaux   7121,  Höhe  20™,  Breite  19™.   Band  links  47™. 

1  zap  BaozriiQ 

3  xat  xXyjpovojJLoi?  aot?  xac  ■7ravroio[tc  Siaoopi? 

4  xaxa  nrjv .  8'jva[j.tv  xcov  et 

5  rcov  xai  aü|JLTC£fpo)vr^(X£Vcov 

6  cV    TW    TTjC  (^{f- 

Appendix   703.    Muste  nationaux    6537.    Höhe  ll'd™,   Breite    6™.    Schrift   auf   den   Horizontalfasern;    Faltungen 

senkrecht  darauf  in  Distanzen  zu  je  1'2™.  Vgl.   G69. 

1  ^saTroro'j  tYjoou  )(pcai[ou 

2  iraVTWv  t(öv  ayuov  stoc 

3  aßßa  TCcTpto  £irta%o[irco 

4  ocTTo  ]  £xot%iou  xcoc  Tou  apac[vot'cou 

5  £V(oa£t  aico  nr]<;  a-/j? 

6  ^EvcaiTjc  tvj  xac  £'f 

7  £^lo6c 

Appendix   706.    Musöes  nationaux  6588,  Höhe   7™,  Breite  9-3™. 

1  £  tv'^  t  xoa[Aai; 

2  [jLaprupco  x(o[5£  t(o  ixtsrcxco  coc 

3  t  5/  £[iO'j  Tzrx'Aoo  o'jv"  a'j[jLßoXaio[Ypa<pou 

Appendix   707.     Musees    nationaux   6588,    Höhe    11-7™,    Breite    9™.    Schrift   auf  den    Horizonfalfascrii;    Faltungen 

senkrecht  darauf  in  Abständen  zu  2'2 — 2'8°"'. 


2  lYjJjOU  "/ptoToy  TOfJ  Q£OU  xai  ao)-T;p/ 

3  y/^^]'^"''  ^5  Evanrjc  tvj  £z  ap/ 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  167 

5  avo) apat7,7.pioc  aTuo 

6  tvjs  apatvotxcov  iroXsco; 

7  aTco  a|j,(poSoü  oXujxxtou 

8  Ösatpou  aupY]XKo  i£ps[jna 

9  üco)  aXc^avSpou  axo  xy]c  aoxTQC 

10  TtoXstoc  .... 

11  pu6-r] 

12  xaa  8tax 

13  vioatac 

Appendix   708.    Musees  nationaux  6846,  Höhe  6-7 "",  Breite  g-ö«".   Schrift  auf  Horizontalfasern. 

1  tr^aou  )(piatou  zoo  ösou  ^  aco'cr^[po? 

2  ßaotXsta?  xo"  soasß)  y][j.(ov  ^eotc^ 

3  9X3  [xaupw.o"  ußsptou  TO'J  atcovj 

4  aoYOuax)  sxou?  t  ^a(0(pc  %? 

5  ScxaxTjc  tv)  £V  ap/ 

6  vstXos  Staxovoi;  ayta?  v-abrAurf 

7  sxxXyjota?  uto?  aira  v  airo  xyj? 

8  [aoz-qz  .  .  .  JttoXeox;  aito  a[|j.<po§ou] 

Appendix  709.  Musees  nationaux  6588,  Höhe  17-5™,  Breite   7-5™.    Schrift  auf  den  Horizontalfasern;   Faltungen 

senkrecht  darauf  zu  2  ■>"  Distanz. 

1  .    .    V    Öl    .    . 

2  .  .  V  aicoSi^so)" 

3  Y£Ypa[j.[i£VO'j? 

4  v-OLi  xaxaßaXctv 

5  xaxaYVcoascoc  Xoyoj 

6  (üQ  votii-csuovrac 

7  ouxo  'TcavroiV  7j|ico~ 

8  «ai  STcepp^  (ojxoXo 

9  aicai  ot  TrprJY£Yf''^-M' 

10  'at  t 

11  St  £[xo-  aiia  oX 

Appendix   710.  Musees  nationaux  6846,  Höhe  7-8'=",  Breite  7-5'='".  Schrift  auf  den  Horizontalfasern;  Faltungen  zu 

2.7cm  Distanz. 

1  xptaSo? 

2  'Tcavjxcov  xcov  aYCO)v  ■ 

3  |J.(OV    §£(3TC0X 

4  auxoÄpaxopoc 

5  7]  OY^^'']^  ^"^3  ='''  ^P 

6  XO)V    XYj 

7  ....  C  Tcp£a[ßux£poc 


168  C.  Wessely. 


Appendix   712.    Musöes  nationaux  6846,  Höhe   lO-ö«"",  Breite  3-4'='". 

1  oppj  !J.app3 

2  |j.7)xav3 

3  XO'JttOV    TT 

4  TsrjaptTj?  tv5/ 

Appendix  714.    Musees  nationanx  6846,  Höhe   12"6°™,  Breite  9"™.    Schrift  auf  den  Horizontalfasern.  Verso:  C^xaA. 

1  t  s^*  ovo[jLa[tt  .  .  .  .  c  xai  [o{Aoriuat 

2  ou  tpcaSj  xat  ttjc  ^saxotvj  y][jl]cov 

3  r/]i;  ÖEOToxou  [xac  xav]z(ov  xcov 

4  ayicov  ßaaiXsta^  to-j  suasßj  yjjjlwv 

5  SsaTCj  (pXj  «pcoxa  tou  aicovtou 

6  auYouatou  stouc  tsrapiou  ira^cov 
7 nrj  +  6  tvj  SIC  apai/ 

8  ^X)  oupcpapaoc  uc[oc 

9  <p 

10  xap[ou]aati; 

11  oc  aupYjXioi; 

12  £t     0" 

Appendix   722.    Mus6es  nationaux  6846,  Höhe  8-7'=»,  Breite   14™.   Vgl.  XVI.   Verso:  |J.r,X  .  .  .  auT  .  . 

1  ZOO  ^pyrj-  (JlSta stoßX 

2  .  x'jp  .  .  aux(ov  xat  «pöaao)  xcov  xatpov  tcov  tpay ou 

3  rfjV  s^ouacav  sxJstv  aTcoStw^at  [jis  s^  aottov  X'^P^'J  ^^"^^"^  3  £1^*?«^^ 

4  t  laxwßoc  auv**  ^jiax"/  ti  [xy  sxxY  (i-aptupo) 

5  nrjSJs  X7J  {ita*^  coc  zpo'-  .  t(oav]virjc  8tax/  ut/  arsfpavou 

6  (Jiaptupa)  rrj  ]{jna^  coc  '3rp°  y^^'^PTV 

Appendix   723.  Musees  nationaux  6846,  Höhe  13"=",  Breite  8-5"". 

Verso  1  t  ^^T3  '^  Recto  1 

2  sax)  TCav  2 y  [J./ 

3  cicaytoY  3  citco  [jlcV   koolvvoü  •niTjp/ 

4  8  saxj  ctTco  TT  4  aico  xo"  fsio^f 

5  £GX)  'X'JCO  Y^  Wohl  auch  zu  Rechnungen  gehörig. 

6  £CX5  ctTco  -jra  .  . 

7  saxj  airo  aßpajxt 

8  icouot  o^oot: 

9  0(o6  C       aTCo 
10  £0X  aico 

Appendix  726.    Musees  nationaux  7331,   Höhe  S-ö«",  Breite   7-3™. 

1  -jcpoc  auxa 

2  o)ji,^  t  aßpaci(i 


Die  Pariser  Papyri  dks  Fundes  von  El-Faijüm. 


169 


3  tax(oßoc  'Jtoc  t.a 

4  o[j.oXoYta  .... 

6  t  ^^i  6"^^^  "'^  •  • 

Appendix   728.  Mustes  nationaux   7331,   Höhe  10™,  Breite   7-.5'"".  Schrift  auf  den  Horizontalfasem. 


1  . 

2   . 

.   .  .  \xtza  z-qz  rAXiö 

.3   . 

a[jL  .  .  .  aaj  .     zt]  ujjiszspa 

4  . 

V  au-  .   .  .  aiv      <popp3  apoü[p(ov 

5   . 

siowoaTjc      suapsoTov 

6   . 

.  -t^oas  s/scv      ocvj  ax 

7   . 

Tou  £v  .   .  .      xap 

8   . 

XATJpj       ° 

Appendix   729.   Must'es  nationaux   7386,   Höhe  9'4™,  Breite  2'8'='".  Schrift  auf  den  Horizontalfasem. 

1  .  .  pa  QuY'^"''iP 


.  xoJXswi;  rj[j,oXoY 

.  £xo  sviauxov 

.  .  axo"  ctc  zov  a 

.  .  scac  vo[jLta|Ji 

.  £X0    .    .    "OV    Xo 


TjXiac  [j.apx[fjpa) 
Verso  (Jiap-rupco  koSs  r(o  xaxaxuo  (Schrift  auf  den  Horizontalfasern) 


Appendix   731.   Musees  nationaux   7386,   Höhe   ll-.'J™,   Breite    12-5™. 

1  V    XoXcWC 

2  xjcxpotxsvai  aot  xo 

3  £]%  XTjC  (puXaxTji; 

4  lACOVOC    XTjV    [JLt[JL 

5  puxap/  xp/  V  xC  p'"  [X» 


Appendix  743.   Musees  nationaux  6920,   Höhe  11™,  Breite   11™.   Schrift  auf  den  Verticalfasern :   Faltungen  zu  2-5™ 

Distanz. 

1  %nx  xa^£(oc  .... 

2  xo  aux  .  .  . 

3  X7]C  xota  .   .   . 

4  xaxa  .... 
b  xaxpt .  .  . 

6  xac  xo  o(JioXoYV][|JLa  .  .   . 

7  Y'']p^^^lJ'-^'^^  ^^'^  ■  -  - 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVll.  Bd.    Abhiinill.  von  Nichtmitglindcin.  w 


170  C.  Wkssely. 


Appendix    746b.    Musöcs   nationaux   6626,    Höhe    11'^'",   Breite    G*"".    Schrift    auf  den    Horizontalfascrn :    Faltungen 

unkenntlich. 

1  vov  £tjXaßcat[atov 

2  '](0   [JLSV   §T;[AOa»0   Xoy[(i) 

3  xcpaTia]  hs%a.  tpstc  yt,/  /p   M    [ty 

4  u{ji(ov  aa(p[aXs:av 

(5  taj/Ociv  iTjV  zapo'jaav 

Appendix   762.  Musees  nationaux  6899,  Höhe   7™',  Breite   7™.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern. 

1  (xt  .  .  Verso  zoo  aozoo  f 

2  St    5s    ZI    5s^St    .    {J.OU    S(JL    . 

3  stspai  Tj  XTj  xptast  autco" 

4  cVs/saSat  to  xapaßatvov 

5  (Aspo?  8t§ovat  TCO  YSO^X 

6  AOY(o  Tcpoaufxou  ypuaou 

7  vo|JLta[i.a-:ia  öcoösx/ 


Appendix   763.  Musees  nationaux  6846,  Höhe  6".5^"',  Breite  S™.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern;  Faltungen  senk- 
recht darauf  zu   l-ö*^™   Distanz. 


Recto  1 

auv  aozio 

Verso  1  8s  .  isvai 

2 

Tz'k^  sXaxTov 

2  zcL  irpa-c . .  tairpatYja  .  . 

3 

cXsc  Ttov  a'j-ctov  apoDpwv 

3  xat  yiXox[ptat(o 

4 

TtVOUji, 

4  auptov  xauia  i: 

5  xcti  <fOjjy^ 

6  ap/tacc 

Appendix  767.  Musees  nationaux  6594,  Höhe   10™,  Breite  6™. 

1  rirjp/  aYaicj 

2  xspaiia  8(o3sxa 

Appendix   768.  Musees  nationaux  6594,  Höhe  4'5'^"',  Breite   lü'ö'^'". 

1  XoY«)  TCpotxo? 

2  UTTSp  (JISV  Y'"J^(J''t')^f«>'^ 

3  S.(.Q    XOYOV   'TCpOtXOC 

Appendix   772.   Musees  nationaux   6642,   Höhe   7™,   Breite    11-7"'". 

1  t(ov  s?p  '/)[J.ac  u[i£TSpa)v  apoup(ov  oua(o[v 

2  TcX]7jp-/jc  SYpa^yj  [itjvi  'fapixouöt 

3  t  OsoSwpoc  %oa|xa  [iaptupa)  rr^^s  iy;  aTr[o8st^st 


DiK  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-FauOm.  171 

Appendix   774.    Musees  nationaux  GG29,    Höhe   lO-ö"™,  Breite   15-5™'.  Schrift  auf  Horizontalfasern;  Faltung  senk- 
recht auf  dieselben. 

1  tTjaoü  Y^piozoo  ZOO  Bsoo  xai  acotvjpoc  tjjjkov 

2  7][xco]v  ^saiT)  ^Xj  ripav.Kz.ioo  t[ou 

3  sici[(pi  ....  ^sxar^c  tvj    • 

4  ßap'JoXopi.atotj  ßosXazo'j  xat  öcojjia 

5  to"  -caurTjC  avSpoc  S[jlou  aoprikiou  .  .  tvcopofj 

6  |Jia%apwu  avouit  tou  xat  taßcßßoc  op[[jL(o]|j.£Vou  aiuo  tTjc  [xto[jLY]i; 

7  v]o|Jiou  aupr^/aco  (potßa(Ji[JLCOvi  u»o  «oavvö  zycjrilzri 

8  X)  o[xoXoYou[JLcV  cxouata  yv(o[X7]  5r/a  SoXou  xat  .  .  pst 

9  TCapaxcXcopYjjxsvai  sc?  ■jcaaav  Ssa-jcc/Tciav  airo  xou  vuv  xai  sie  [rov  aitavca  )(povov 

Appendix   784.   Musees  nationaux  7381,  Höhe  g'ö«",  Breite   7""°. 

1  o5ov  sx*^'' 

2  UT:ox£t[X£Vcov  aot  biq 

3  Xat,   STTSp/   tO[i3   t   Xctpo? 

4  u'io«;  rou  [laitap/  cUTpoii:i[ou 

5  irpojxsctat  ys^öpYioc  oioc  zo'j  [JL[axaptoy 

6  a^twficic  oYpatJ;a  uicsp 

7  f  di  eniu 

Verso  Y=]<öPY^^^  pousj 

Appendix   787.    Musees  nationaux  7381,   Höhe   17-5'"",  Breite   12'5™. 

1  £V    OVOIAaTt    .    .    . 

2  sxoc  £V§c[xa':ov 

3  £xx/.^  r(ov  a[YU0V 

4  3  XP=  •   ■ 

5  Saxatov  -pi 

Appendix   788.     Muaces  nationaux   7381,   Höhe   6™,   Breite   8™. 

1  £iit(pav]£aTa'cr;c  x[at 

2  .  ■  sr  xat  axoXX«) 

3  irojjjiaptxai  z'qc  aoz-qQ  TZS^uxhoQ 

4  .  .  V  akuoy  ircofJLapfccov 

Appendix   789.    Musees  nationaux   7381,   Höhe  5-7™,   Breite   4«'". 

1  |xaptac  %at 

2  aY""^"^  xa/tov 

3  .  .  tv3/ 

4  6£o5](opaxt{o 

5  Eujocßcotatco 

6  £aa(xivou 


172 


C.  Wessely. 


Appendix   791.    Musöcs  natiouaux   7381,   Höhe  O*^'".  Breite  B"">. 

1       V  i:&Xs(o; 

3  xat  SIC  oXoxX[7jpov 


Appendix  792.    Musees  nationaux   7381,    Höhe  17*5'''",  Breite   14'5"".    Schrift  auf  Horizontalfusern;  Collesis- 
verhältnissc:  freies  Blatt  zu  3-7'^"'.  dann  eine   1'5'='"  breite  Collesis,  dann  ein  S'ö™  breites  Blatt. 

1  .  .  xat  osaxoto"  r^[j,](ov  itjcsod  )(pt]aTOU 

2  .  .  .  .  ßaatXstac  [tou  Y^Xr^votarou 

3  .  .  ^soTTJotoo  rp/.)  [ia-jpixto"  xt^ßspiou]  zo"  atwv) 

4  ....  Ö  iraüvt  Yj  rsXsi  .  .  .  ttjc  tvj  sie  ap/ 

ö  .  .  .  iravsütpYyix«)  ^^[arco  xat  jiraYoipy/o  -y^c  t£ 

6  .   .  apaivojci/  xai  QäoooatouTroXtTcov  aupYjXiotc 

7  .  .  V  uioc  {JLaxapiou  %at,  STspoc  'foißa[ji[X(ov 

8  .  .  C  oirjQ  aatxßa  (XcÖXt.'cap/  airo  ty^c  a^tr^C  tcoXsww 

9  azo  a[i'^o]5ou  o[a£v  '3rpoY£Yp'<^[J^[J''»^^C  'fotßa[i.[ji,(ov 

10  c  0  0£  cTspo?  tpotßa[i[jicov  Yf^vatxcou  jy 

11  o[ji.o/.OY]ou[i,£V  sxouaia  y'^<"[J|''']  «><3X£  [jlyj  c^sivat  Yj{iac 

12  .  ovzt  .  .  .  (OTCO"  r^|X(ov 

Verso  1 '(v^a\).f,  'JTioupfY'j'J 

2 Tou  3  Tisßa  [Jicö/.t'aptou 


Appendix   808.    Musees   nationaux   G882,   Höhe   4-5'^'",   Breite   5-2™. 

1  Tpt](j-0[JLOU    t[0U     apaiVOlTOU    V0|JL0U 

2  ojxoXr>Y<o  [  sxo'jata  Y'^<'^!J''''i 

4    OcVOUÖtOV 


Appendix    809.    Mtisöcs   nationuux    6558,    Höhe    8"'",    Breite    8'^".    Schritt    auf  Verticalfascrn;  Faltungen  senkrecht 

darauf  zu  2"'". 


1 
2 
3 
4 
5 


OZM    .    .    .    .    |X    VO'J 

cTif/ipctv  xapTTouaOai 

yapcCsaÖai  xÄ-/jpovo|ioi?  [xaza/.ijATraVctv  xai  xavta  irparrscv 

oJ|J.OAOYO'J[icV    0    Ct'JTOC 

y./.[Yjpovo[iO'j;  a'j-co'j 


Appendix   821.   Musees   nationaux   (;!t44.    Höhe   5'^'",   Breite    13'-" 

1  .  .  £V  zri  7.  atsYYj  toti;o[v  £va  . 

2  *at]  [).rj^rA%rfi/  £V  [av£(OYlJi.£vov  £t?  .  .  . 

3  xatj  £v  TYj  ß  at£YYj  T[oirov  £va 


Die  Pariser  Papyki  des  Fundes  von  El-Faijüm. 


173 


Appendix  822.   Miisees  iiationaux   6944,   Höhe   8'="',   Breite   4<"". 

1  z]o~   X'JplO"   xai 

2  Ssaiuoivr;?  '^[j.[(ov 

3  Tcajvccov  "ücov  ayt[a)V 

4  'jjcoc  tcoavvo"  V  .  . 

5  op[ji.]o)|i.£vot  a['jro 


Appendix   823.   Muades  nationaux   6944,   Höhe   13*5™,  Breite   5<^ 

1  t  £V  ovo]|j,axt  10"  %'jp[t.o'j 

2  osajTüorou  tYja[oy 

4  xat  "CYj?  5£[aicotvr^c 

5  x]«.'.  -jravtcov 

6  6(06    £V5[£Xa-Yy 

7  tß    tvS    £V 

8  £Tcapxi]ac  apyaSiac 

9  XI   ZOO   %up 

10         xou  lYjaou 


Verso  1  . 

.    TOU    XUptO'J 

2  . 

.  £V  ap[aivoc'C(ov 

3   . 

.  a7C(i)X 

4   . 

.  aico  citot[xiou 

5   . 

ap]aivot-ou[  vo[i,ou 

6   . 

.   va  otvov 

7   . 

.   .  ava 

8   . 

.  0X0)  8s 

9   . 

.  pta){JLt  -jcsxp 

10  . 

.    9{JL7]V    OtVO'J 

11   . 

.  xoupt  XEuyo) 

12   . 

.  a[j.[ji.3  xtx£[o(j 

Appendix  824.   Museos  nationaux  6944,  Höhe  11"5"",  Breite  ö'^".   Übung  wie  Appendix  616.   Musöes  nationaux  6912. 

1  OS  .  .  .  VI""  %(oa 

2  8iav  X  %Xaa[j.axoc 

3  8tav  x  %X'ja{iaxoc 

4  airojXXcov 

5  xou  a[j.cpa  [jl'"'  svvt/ 

6  xou  a[j,tpa  jj."'-'  £V[i,£v 

7  X  ajJLipa  (j.''-'  .   .  pau   x  a 

8  a'^av  ....  aou 


Appendix   831.   Musees  nationaux  6633,   Höhe   ö'ö'^"',   Breite   6'5'= 

1  '::ap£y£tv  [jlc  xr^" 

2  [jL'.a6(oaa[ji£VT^v 

3  UTCEp  £V0C%t.ö  aox) 

4  £vt,aua!.o)C  xspii) 

5  x£pax]ta  itcvxa 

6  xoata  ] 


Appendix  833.  Musöes  nationaux   7391,  Höhe  8"='",  Breite  4"". 

1  o)c  stpvjxat 

2  av]  ajJLepißoX(o[<; 

3  8/  s(JLO'j  %]oa[JLa  ao[Aßo).[acoYpa'fO'j 


174  C.  Wessely. 

Appendix  839.  Musees  nutiüiuiux  G84G,   Höbe  8""',  Breite   10'5'=". 

1  xat  sta SIC  oXoxX[7jpov 

2  yap  öäo«;  otSsv  otc  oüxsu  o" 

3  |xoi  jXT^xsrc  ).aXctv  eic  xpaY(Jia  opx 

4  tV    STTSt    7]pX£t    (JLOC    7]    .    .    .    YJ    TCpO^ 

5  "irjvou  SYYUTjroü  toü  xopiou 

6  t  B^poL^r^  (pa|i,3  'i  s  f 

Appendix  849.   Musees  nationaux  5846,  Höhe   7-7<"",  Breite  5-6°". 

1  TjiAcov  xai  'C7j[(;  Ssairocvirji; 

2  [iajptac  xat 

3  vjiisic  aßpaa!J,t[oc 

4  uw?  avaaxaotou 

5  aßpaa(x 

Appendix  864.  Musöes  nationaux  6561,   Höhe   8™,  Breite   16-5™. 

1  £xot[xc]ou  aXaßavTtSoc 

2  X)  o|j,oX[oY(o  ]  |X£|JLta6{oa6at  irap  d[jl(ov 

3  x](o  aut(o  cUctYSt  voaoy.o|xuo  sv  tccSco) 

4  x^P^^^"  '^'^^''iC  Y""]«  G7copt[jLr;u  apo'Jpac  £q  y''  '^■tc   (j-  g 

5  [icxa  TzrazrjQ  aoaov  xou  Stxaiou  icpoc  to)  (xs  spYaoaa" 

6  Tttc  autac  Tiaoav  rs  ysotcovcxt^v  spYaatav 

7  tajc  WJZO.C, 

Appendix  867.  Musees  nationaux  6616,  Höhe  5-5™,  Breite  G-ö"". 

1  xctt  actTiapOsvou  (xapiac 

2  Y]     apx  7]     tv° 

3  a)|ji(o  TauxYjc  1:73c  apatvolltcov 

4  aiCO       -CTjoSs       T7jC 

5  o{jLo]XoYCo  [|Ji]£[j.ta6(oa6ai 

Appendix  868.  Musees  nationaux  6846,   58  C,  Höhe  9-4''"',  Breite  ö-S™. 

1  xuptoü  xai  S£a'7c[oro'j 

2  TO)       £V30Q<0['CaTC0 

3  oc  Tcapa  aoD 

Appendix  870.  Musees  nationaux  6846,   72,  Höhe  6-8"=">,  Breite  12™.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern;  Faltungen 
senkrecht  darauf  in  Distanzen  zu  2-7''"'.  Eand  links   1-2'="  breit. 

1  öävccov  (xot  Ttap  ao-Tjc  |i.cV'^[jLa[T(ov 

2  xrrjjxa-(ov  ovrtov  £xt  zoa  aut 

3  £v     otjxia  av£(0Y|Ji.£V73  cc?  votov  tj 

4  to  txavov  Oc 

5  .  .  r^jxsv  |x  .  .  . 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  175 

Appendix  871a.   Musecs  nationaux  6846,  Höhe  7"",  Breite  12<^". 

1  ZOO    %0|X/    CO)«    SlOWl 

2  ZU  [xauia 

4  STüoix/  eryjp 

Dazu:   Appendix  871b.  Musees  nationanx  G846,  Höhe  4"8'"",  Breite  5*"". 

1  a{j,oup 

2  j  cXsac  wi 

3  ^uXo-cofJL^i 

4  av6p"  \iiv. 

Appendix  871  c.    Musees  nationaux  6846,  Höhe  9"™,  Breite  6™. 

1  %oa|JLa  Tip 

2  xa 

3  aCousvo" 

4  aCousv 

5  (piXrjB^ 

6  <ptXo 

7  Y*"^PT 

8  ,    ,       .  T=«>PT 

10  -■  aita 

11  irairv 

12  xaßcov 

Appendix  876.  Musecs  nationaux  6846,  Höhe  3-5™,  Breite  5-2'="'. 

1  t    cV    OVO[J.aTt 

2  xat  Ssaitj 

3  Too  Ösou  xat 

4  Tjjxcov  ßaat[Xst,ac 

5  .  .  i^o)[xa 

Appendix  876.  Mus&s  nationaux  6608,  Höhe  4-5<'"',  Breite  7-9"". 

1  a[A[jL3  'ispso)?  £1:  ajjupo^  -tcs   .  . 

2  piov  %aX(oc  tva  %ac  utc 

3  aoTj  xaXa[jiouc  xai 


Verso  t  0  {pdav6p[co':coc 


Appendix  877.  Musees  nationaux  7104,  Höhe  4™,  Breite   7-2'='". 

1  £V    -TCcScCO    XYjC    TQIXcXSp/ 

2  x(o(jnrj(;  £V  (jlsv  xotcco  xATjp/ 

3  xaXoujJLSvo"  TTciJLita  apoupav 

4  |Aiav  Y^ficau  xat  sv  toir[a) 

5  xaict  apoupav  [itav 


176  C.  Wessely. 


Appendix  884b.  Musees  nationaux  6559,   Höhe  6"8™,  Breite  9"". 

3  xXoTCTQ  T(ov  aoto"  TTpaYIX^ 

4  tvjc  [xsyaXTjc 


Appendix  88Be.  Musees  nationaux  G557,  Höhe  lö-?"",  Breite   T'ö"" 

1  6£0(pt,X£aTax(o  8ca%7 

2  TY^c  apacvoixojv  iroX.^ 

3  £a(o6£v  ta)v  a[iTr£X(ov 

4  £Xat'CO)|X£voc  ota  -cov 

5  £V37J    UTCcp   %apTC(OV 

6  touT  Eartv  oivo'-' 

7  x,oy(p(ov  c  xt.v5ov(o 

8  TCpoc]  uiisrspav  aa<paX£tav 

9  XcZOCYjlJLat    TaOtJTjV    XTjV    TCÄTJpCOUXTJV 

10  airoSctScv  £7C£pp«)[A£]v7]V  rpapfAotjGt  xg  xi  oi'j^ 

11  Y^p]axģCO'^  YpajJLixar  t   /  f 

Appendix  886.  Museen  nationaux  6921,  Höhe   7«^'",  Breite  4''". 

1  (o;  OTzrj 

2  apÄ  a['7to  TT]? 

3  0.0Z  ]  rjZ  ■jcoXcO)?  5(j 

4  apcto"  airoX  a['7co  rirjc 

5  'x^JxTjC  TToXcCoc  [axo  ajX'foöou 

6  xapJsjxßoX'/jc 

Appendix  888.  Mus&s  nationaux   6611,  Höhe  6-3'='",  Breite  3-2"'"'. 

1  axat[a'fpovr]'ccoc 

2  (ov  xavo 

3  x]XY)p(0atV    T^jJKOV 

4  UX£p    jXcV 

,ö         xatSc  [xatTjC 


II. 

Au  erntcT  Stelle  wollen  wir  auKeiuandersetzen,  wie  wir  während  unseres  Studiums  dazu 
gelangten,  diese  eigene  Gruppe  zu  constituiren.  Diese  Darlegung  wird  auch  die  Definition 
der  hier  vertretenen  Urkundengattung  entstehen  lassen;  dieselbe  ist  in  der  That  noch  zu 
finden;  denn  man  glaube  nicht,  dass  ein  ganz  besonderes,  grundsätzlich  verschiedenes  For- 
midar  auftreten   soll;    im  Gegentheil,  Rechtsformeln,   welche  in  der  ersten  Gruppe  geläufig 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  177 

sind,  begegnen  uns  auch  liier  wieder,  diese  Aelmlichkeit  ist  oft  genug  auffallend;  wir  können 
sie  auch  wieder  nutzbar  machen  zur  Ergänzung  des  Textes  oder  des  Verständnisses  einiger 
vorliegender  Stücke.  Und  trotzdem  kamen  wir  auf  den  Gedanken,  diese  besondere  Gnqjpe 
aufzustellen.  Die  Gründe  hiefür  sind  theils  in  der  äusserlichen  BeschaflPenheit  der  Schrift- 
stücke gelegen,  theils  aus  dem  Texte  und  Inhalte  selbst  zw  entnehmen;  die  Unterschiede 
sind  stark  genug,  um  auch  an  einem  kleineren  Fragmente  die  Zugehörigkeit  zu  einem 
Stücke  der  ersten  oder  der  zweiten  Gruppe  erkennen  zu  lassen. 

Wir  besprechen  vorerst  die  vor  Allem  ins  Auge  fallende  äussere  Verschiedenheit  und 
beginnen  mit  den  von  uns  gewonnenen  Erfahrungssätzen. 

Die  beiden  Gruppen  unterscheiden  sich  besonders  in  Beschreibung,  Faltung  und  Format, 

1.  Die  Textur  des  Papyrus  ist  bekanntlich  so,  dass  die  Fasern  der  einen  Seite  hori- 
zontal, die  der  andern  vertical  laufen.  Bei  der  ersten  Gattung  von  Urkunden  wurde  regel- 
mässig parallel  zu  diesen  Horizontalfasern  geschrieben;  bei  der  vorliegenden  Gruppe  B 
senkrecht  gegen  dieselben. 

2.  Ein  zweiter  Erfahrungssatz  ist,  dass  die  meisten  Faltungen  parallel  den  Vertical- 
fasern,  daher  senkrecht  auf  die  Horizontalfasern  der  andern  Seite  erfolgen.  Bei  der  Gruppe 
A  sind  sie  daher  auch  senkrecht  auf  die  mit  den  Horizontalfasern  parallelen  Schriftzeilen; 
umgekehrt  bei  der  Gruppe  B  parallel  mit  den  aiif  den  Horizontalfasern  senkrecht  stehenden 
Schriftzeilen.  Daher  kommt  es,  dass  in  dem  Falle,  wenn  durch  Faltungen  der  Papyrus  in 
Stücke  zerbröckelt  ist,  bei  Urkunden  der  Gruppe  A  jede  Zeile  mehr  oder  weniger  gelitten 
hat;  bei  der  Gruppe  B  fehlen  jedoch  in  demselben  Falle  vollständige  Zeilen,  andere  sind  in- 
soweit dagegen  intact. 

3.  War  also  unter  diesen  Verhältnissen  ein  rechteckiges  Stück  Papyrus  zu  beschreiben, 
wie  so  häufig  geschieht,  also  eine  Selis  oder  ein  beliebig  grosses  Stück  einer  Selis  (\rie  wir 
ja  so  oft  16 — 11 — S™  breite  Contracte  der  Gruppe  A  finden  imd  wieder  8™'  hohe  Stücke 
der  Gruppe  B),  so  richtete  man  sich  bei  der  Gruppe  A  bei  dem  Schreiben  so,  dass  die  i^arallel 
den  Horizontalfasern  stehende  Schrift  in  vielen  schmalen  Zeilen  hintereinander  herablief. 
Lange,  nicht  zahlreiche,  Zeilen  hinwiederum  in  senkrechter  Richtung  zu  den  Ilorizontalfasern 
kennzeichnen  die  Gru2)pe  B.  Liest  man  also  ein  Stück  aus  der  ersten  Gruppe,  das  auf  eine 
Selis  von  z.  B.  8""  Breite  geschrieben  ist,  so  hat  man  ein  aufrechtes  Rechteck  vor  sich  von 
8'^  Basis  und  von  gelegentlich  selbst  32°"  Höhe.  Liest  man  wieder  ein  anderes  aus  der 
Gruppe  B,  so  hat  man  ein  liegendes  Rechteck  von  z.  B.  32°"'  Basis,  8™  Höhe. 

Obgleich  auch  diese  geometrischen  Figuren  nicht  mit  den  als  Beispiel  gewählten  8™ 
und  32°"'  grossen  Seiten  ausgeführt  sind,  immerhin  steht  es  fest,  dass  bei  der  Gruppe  B 
ein  liegendes  Rechteck  der  Grundtypus  der  äusseren  Gestalt  ist.  Die  nachfolgenden  Beispiele 
mögen  nunmehr  als  Belege  für  diese  allgemeinen  Sätze  gelten. 


Urkunden  der  ersten  Gattung. 

Papyrus  der  Sammlung  des  Erzherzogs  Rainer  C  XX,  Contract  aus  dem  Jahre  618 
n.  Chr.  der  Breite  nach  beschrieben,  vollständig,  Schrift  auf  den  Horizontalfasern.  Breite  8°"", 
Länge  =  Höhe  37-4°"'. 

Papyrus  I  unserer  Sammlung,  Schrift  auf  den  Horizontalfasern,  Contract  aus  dem 
Jahre  486,  fast  vollständig,  Schrift  auf  den  Horizontalfasern.  Breite  12°",  Höhe  30-5°'". 

Denkschriften  d.  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.    Abhundl.  von  Nichtmitglicdern.  X 


178  t!-  Wessely 

Papvrus  III,  ibid.,  VII.  Julirliundert,  fast  vollständig,  Contract,  Schrift  auf  deu  Hori- 
zoutnltas'em.  Breite  29"",  Höhe  W"". 

Papyrus  IX,  ibid.,  Coutract  aus  der  Zeit  des  Heraclius,  Schrift  auf  deu  Horizontal- 
fasem.  vollstnndig.  Breite  6-5"'",  Höhe  32'^'°. 

Papynis  XI,  ibid.,  Contract  aus  dem  VII.  Jahrhundert,  fast  vollständig,  Schrift  auf  den 
Horizontklfaseru.  Breite  lO""",  Höhe  30-5'^"'. 

Papyrus  XVU,  ibid.,  Contract  aus  der  Zeit  des  Maurikios,  fast  vollständig,  Schrift  auf 
den  Horizoutaltasern.  Breite  7"»,  Höhe  32-5*^"'. 

Pa2)yrus  XVIII,  ibid.,  Contract  aus  der  Zeit  des  Heraklius,  unvollständig,  Schrift  auf 
den  Horizontalfasem.  Breite  7-2™',  Höhe  22-3'^"'. 

Papyrus  XIX,  il)id.,  Contract  aus  dem  VI.  oder  VII.  Jahrhundert,  unvollständig,  Schrift 
auf  den  Horizontalfasern.  Breite  lO'^™,  Höhe  31"'". 

Papyrus  XXIII,  ibid.,  Contract  aus  dem  VI.  oder  VII.  Jahrhundert,  unvollständig, 
Scluift  auf  den  Horizontalfasern.  Breite  17"™,  Höhe  29'=". 

Papyi'us  XXIV,  ibid.,  Contract  aus  dem  VII.  Jahrhundert,  unvollständig,  Schrift  auf 
den  Verticalfasern.  Breite  H-^'",  Höhe  37™'. 

Papyrus  XXVII,  ibid.,  Contract  aus  dem  VI.  oder  VII.  Jahrhundert,  unvollständig, 
Schrift  auf  den  Horizontalfiisern.  Breite  12-2'='",  Höhe  23-5'="'. 

Appendix  (19,  ibid.,  Contract  aus  dem  VI.  Jahrhundert,  unvollständig,  Schrift  auf  den 
Horizontalfasern.  Breite   l2-2'='",  Höhe  19™. 

Urkunden  der  zweiten  Gattung. 

Papyrus  LVI  unserer  Sammlung,  Höhe   11*"°,   Breite  SS*"",   die  Breite  ist  unvollständig. 
Papyrus  LVIH,  ibid.,  Höhe  H-d"",  Breite  12™. 

Papyrus  LIX,  ibid.,  Höhe  7-5™    Breite  22- 1""  (Schrift  auf  Horizontalfasern). 
Papyrus  LX,  ibid.,  Höhe  6™    Breite  16-5™  (Schrift  auf  Horizontalfasern). 
Papvrus  LXI,  ibid.,  Höhe  4™,  Breite  32™. 
Papyrus  LXII,  ibid.,  Höhe  4"%  Breite  9-5™. 

Papyrus  LXIII,  ibid.,  Höhe  83™,  Breite  30™  (Schrift  auf  Horizontalfasern). 
Papyrus  LXIIP^  ibid.,  Höhe  8™,  Breite  33-5™  (Schrift  auf  Verticalfasern). 
Papyrus  LXIV,  ibid.,  Höhe   11™,  Breite  34™  (vollständig). 
Papyrus  LXV,  ibid.,  Höhe  62™,  Breite  9"". 
Papyrus  LXV'''^  ibid.,  Höhe  4™,  Breite  7"". 

Papyrus  LXV'«',  ibid.,  Höhe  4-4™,  Breite  7-5'="'  (Schrift  auf  Verticalfasern). 
Papyrus  LXVI,  ibid.,  Höhe  7-6™,  Breite  16™. 

Papyrus  LXVI'''»,  ibid.,  Höhe  5-ö'^"',  Breite   17-3™  (Schrift  auf  den  Verticalfasern). 
Papyrus  LXVII,  ibid.,  Höhe  12'='",  Breite  30™. 

Papyrus  6846,   Appendix   510,    Höhe  Ö-4'"",    Breite  8™  (Schrift  auf  den  Verticalfasern). 
Papyrus  6912,  Appendix  615,  Höhe  6-5'"",  Breite  6™. 

Papyrus  6728a,  Appendix  191,  Höhe  6'™',  Breite  7-8™  (Schrift  auf  den  Vei-ticalfasem). 
Papyrus  6910,  Appeiulix  545,  Höhe  6"'",  Breite  8'='". 

Papyrus  6846,  Appendix  323,  Höhe  5-7'='",  Breite  8-5™  (Schrift  auf  den  Verticalfasern). 
Papyrus  6912,  Appendix  614,  Höhe  6-7™,  Breite  7™ 

u.  s.  w. 


Die  Pauisek  Papyri  des  Fukdes  von  El-FauOm.  1  79 

Der  Exponent  dieser  Verhältnisse  der  Breite  7A\r  Ilölie  ist  regelmässig  mindestens  1  bei 
den  Urkunden  der  zweiten  Gattung. 

Es  ist  nun  interessant  zu  beobachten,  dass  avich  dann,  wenn  das  Material  ein  anderes 
ist  als  Papyrus,  noch  immer  diese  Verhältnisse  im  Formate  beibelialten  werden. 

So  hat  das  von  mir  in  den  Mittheilungen  aus  den  Papyrus  Erzherzog  Rainer  (V,  1) 
herausgegebene  Täfelchen  aus  Holz  die  Dimensionen  31™  Breite,  7-2""  Höhe;  denn  der 
Text  ist  analog  dem  der  zweiten  Urkundengattung: 

1  t  aopriKioc  (potßa[j.[JL(ov  oioc,  aica  auovoc  aico  x(0[X7jc  tßi(ovoc  xat  (AaySoXov 

2  voo  OsoSoaiouTCoXtxofj  '^o\).(ji'^)  aupvjXico  avouir  ut»  {i.ouaaio(u)  oltzo  xr^c,  apawoüx(o(v) 
.3  iroX'j  o[xoXoY{o  jj.£(JLia6(oa6at  irapa  aou  a-iio  tcov  Staiyspovrwv  aot  sv  TCS§t(o 

4  Tirji;  aurr^c  ocwixtjc  £V  xoicto  xaXou[Ji£Vco  apaa  apoupac  ttcVts 

5  (Verso)  [jxöta  iravtoc  autcov  tou  Stxacou  ext  /povov  oaov  ßouXsaöe]  xai  -irapsy^ctv  [as 

6  tov  |xta6(oaa[j.£v[ov]  UTCsp  a'7co'ca7(,-o(u)  (popou  aurcov  svtauatcoi;  aico  xctpircov 

7  xYjc  statouaYjc  irpcotTjc  w)  /puaioo  vo|xia{iaxta  8uo  /p/  v  ß  xco  Tcauvi 

8  iJnrjvi  £^  u'jrap)(ov'ütov  [jlo('j)  'rcav[rcov  waöaitsp  sx  SaYjc]  xat  STCspcorirjGctc  (0[jioXoYY]aa  f 

Ähnlich  gestalten  sich  die  Verhältnisse,  wenn  wir  die  auf  Pergamen  geschriebenen  Ur- 
kunden in  Betracht  ziehen;  inuner  ist  der  Exponent  des  oben  erwähnten  Verhältnisses  gleich 
oder  grösser  als  1.  Zimi  Beispiele  nehmen  wir  die  Urkunden,  die  zwischen  Kyrikos  und 
Petterios  gewechselt  wurden. 

Nr.  XXXVHI  unserer  Sammlung,  Breite  17™',  Höhe  3-6«'",  Exponent  4-71. 
Nr.  XXXIX,  ibid.,  Breite  lO-l"-,  Höhe  ß-ö^",  Exponent  1-66. 
Nr.  XL,  ibid..  Breite  23«^»,  Höhe  3-7™,  Exponent  6-27. 
Nr.  XLI,  ibid.,  Breite  ll-e^",  Höhe  4°"',  Exponent  2*90. 

Nr.  XLH,  ibid..  Breite  IS""",  Höhe  \    J  Exponent  |  ^'.^    Mittel  3-75. 

i  4"™  f  4*5 

Nr.  XLIII,  ibid.,  Breite  IS«»,  Höhe  |        '      Exponent  |  ^^/^    Mittel  7-5. 

I  4'»«'»  (  3-S3 

Nr.  XLIV,  ibid..  Breite  18«",  Höhe      ^^^J  Exponent  |  ^^g'  Mittel  4-48. 

Nr.  XLV,  ibid.,  Breite  10-5™,  Höhe  6-5™',  Exponent  1-61. 
Nr.  XLVI,  ibid..  Breite  8-2«",  Höhe  ß-S"",  Exponent  1-31. 
Nr.  XLVH,  ibid..  Breite  8-5™',  Höhe  4-5""',  t^xponent  1-61. 
Nr.  XLVIH,  ibid..  Breite  8-6™,  Höhe  5-4™,  Exponent  1-59. 
Nr.  XLIX,  ibid..  Breite  IT"',  Höhe  3-2«",  Exponent  3-43. 
Nr.  L,  ibid..  Breite  8""',  Höhe  4-7''"',  Exponent  1-18. 
Nr.  LI,  ibid.,  Breite   lO'^'",  Höhe  4"",  Exponent  2-50. 
Nr.  LH,  ibid..  Breite  9-5''"',  Höhe  5"",  Exponent  1-90. 
Nr.  LHI,  ibid.,  Breite  13™,  Höhe  5-3™,  P:xponent  2-45. 
Nr.  Lin"^  ibid.,  Breite  8™,  Höhe  4-5"",  Exponent  1-755. 
Nr.  LHI,  3,  ibid..  Breite   11™',  Höhe  3-5™,  Exponent  3-1429. 
Nr.  LIII,  4,  ibid.,  Breite  11™,  Höhe  4-5™,  Exponent  2-44. 
Nr.  LIII,  5,  ibid..  Breite  13™,  Höhe  7™,  Exponent  1-857. 
Nr.  LIII,  6,  ibid..  Breite  8""',  Höhe  6™,  Exponent  1-33. 
Nr.  LHI,  7,  ibid..  Breite  16™,  Höhe  3-5™,  Exponent  4-571. 


180  C.  Wessely. 

Nr.  Lni,  8,  ibid.,  Breite  S-^",  Höhe  4'^'",  Exponent  2-25. 

Nr.  LIU,  9,  ibid.,  Breite  B-ö""",  Höhe  '  Exponent  Mittel  2209. 

Nr.  LHI,   10,  ibid.,  Breite  12'="',  Höhe  3-3'='",  Exponent  3636. 

Nr.  LHI,   11,  ibid.,  Breite   11™,  Höhe  3-5™,  Exponent  3-1429. 

Nr.  LIH,  12,  ibid..  Breite  8-5"»,  Höhe  6'="",  Exponent  1-417. 

\  2'=™ 
Nr.  LHI,   13,  ibid.,  Breite   12™,  Höhe   \    J  Exponent  Mittel  5. 

Nr.  LHI,  14,  ibid.,  Breite  16-5™,  Höhe  4'=",  Exponent  4-125. 

Nr.  LHI,   15,  ibid.,  Breite  13™,  Höhe  3-7™,  P^xponent  3-513. 

Nr.  LIH,  16,  ibid.,  Breite  15*8™,  Höhe  4™,  Exponent  3-95. 

Nr.  LIH,  17,  ibid..  Breite  17™,  Höhe  3*8™,  Exponent  4-473. 

Nr.  LIH,  18,  ibid..  Breite  105™,  Höhe  6-6™,  Exponent  1-6. 

Nr.  LIH,  19,  ibid.,  Breite  8-5™,  Höhe  2*8™,  Exponent  3-04. 

Nr.  LIH,  20,  ibid.,  Breite  IS-^",  Höhe  4™,  Exponent  3-25. 

Nr.  LIH,  21,  ibid..  Breite  12™,  Höhe  2-8™,  Exponent  4-28. 

Nr.  LIH,  22,  ibid..  Breite  4™,  Höhe  3™,  Exponent  1-33. 

Nr.  LIH,  23,  ibid.,  Breite  5™,  Höhe  2-2™,  Exponent  2-27. 

Nr.  LIH,  24,  ibid..  Breite  4-5™,  Höhe  4-5™,  Exponent  1. 

Nr.  LHI,  25,  ibid.,  Breite  8™,  Höhe  5™,  Exponent  1-6. 

Nr.  LHI,  26,  ibid..  Breite  5™,  Höhe  4™,  Exponent  1-25. 

Nr.  LHI,  27,  ibid.,  Breite  9™,  Höhe  im  Mittel  7-4"",  Exponent  1-2162. 

Nr.  LIH,  28,  ibid..  Breite  16™,  Höhe  4-2"",  Exponent  3-80. 

Mus.  Nat.  6687,  Breite   10™,  Höhe  10™,  Exponent  1. 

Mus.  Nat.  6873,  ]3reite  10™,  Höhe  5™,  Exponent  2. 

British  ]\Iusemn,  Breite  9-2™,  Höhe  5™,  Exponent  1-84. 

Aus  diesen  Zusammenstellungen  geht  das  hervor,  was  wir  erweisen  wollten;  die  äusser- 
liche  Verschiedenheit  des  Formates  allein  macht  schon  auf  die  Existenz  einer  zweiten  Ur- 
kundengruppe aufmerksam. 

Wir  wenden  uns  nunmehr  zu  den  Texten. 

Und  hier  erinnern  ims  viele  Analogien  an  die  Vorläufer  derselben  in  römischer  und 
ptolemäischer  Zeit,  wir  meinen  die  Ostraka.  Auch  von  ihnen  gilt,  was  Fröhner  in  der  Revue 
arcluiologique  1865,  S.  422  von  letzteren  sagt:  Les  textes  presentent  de  s^rieuses  difficultes 
a  qui  essaie  de  les  d^chiffrer.  Les  epigraphistes  de  mutier  habituds  h  l'^criture  facile  des 
marbres,  les  antiquaires  verses  dans  la  transcription  des  papyrus,  les  philologues  (jui  fönt 
autorit^  pour  la  suret(i  de  leur  coup  d'aül,  (j[uand  il  s'agit  de  lire  un  manuscrit  classique 
Oll  iine  bulle  d'or  byzantine,  ne  se  troiivent-ils  pas  connne  d^pays^s  dfes  qu'on  leur  propose 
un  ostracon  pour  sujet  d'(jtude?  En  effet  toutes  les  difficultes  imaginables  semblent  s'etre 
condens^es  dans  ce  petit  chapitre  de  jjaMographie  grecque  occupe  par  les  textes  d'P]16- 
phantine.  LY'criture,  surtout  celle  des  fonctionnaires  egyptiens,  est  fugitive,  embarrass($e,  arbi- 
traire,  suivant  les  caprices  d'une  plume  rebellc.  Les  lettres  sont  entrelac6es  et  entortill(jes, 
la  langue  pleine  des  barbarismes  du  j'fi'tois  (jgyjito-grec.  Ajoutez  h  cela  les  nombreuses 
abr^viations,  les  erreurs  du  scribe,  les  noms  propres  ögyptiens,  .  .  et  vous  aurez  une  id^e  des 
obstacles  qu'il  faut  vaincre  pour  arriver  au  plus  m^dioere  rösultat. 


Die  Pakiseu  Papyki  des  Fundes  von  El-Faijüm.  181 

An  diese  Worte  denken  wir,  so  oft  wir  mit  diesen  Urkunden  zu  thun  haben;  wir  kennen 
ihresgleichen  erst  seit  dem  Faijumer  Funde,  und,  diesen  Schwierigkeiten  ihrer  Entzifferung 
und  Deutung  entsprechend,  ist  nur  eine  geringe  Zahl  derselben  transcribirt;  es  sind  das 
die  nach  demselben  Schema  gebauten  kleinen  Urkimden  des  Diacon-Küchenmeisters  Helias, 
welche  von  Magirus  in  den  Wiener  Studien  VII  herausgegeben  wurden. 

Unsere  Stücke  sind  rasch  geschrieben  worden,  wie  es  die  Schnelligkeit  z.  B.  bei  eiliger 
Quittirung  verlangt,  bald  auf  Papyrus,  bald  auf  Pergamen;  ein  winziges  Stückchen  dieses 
Beschreibstoffes  bietet  häufig  einen  ansehnlichen  Text  und  reichen  Inhalt.  Die  Raum-  und  Zeit- 
ersparniss  wurde  aber  einmal  durch  die  kleine  Schrift  gewonnen;  dann  durch  die  Verwen- 
dung von  mannigfaltigen  Siglen  und  compendiösesten  Abkürzungen;  drittens  durch  eine  ge- 
drängte Ausdrucksweise,  die  jedes  unnütze  Wort  unterdrückt,  und  nur  durch  Schlagwörter 
den  Sinn  gibt.  Dass  die  Siglen  schon  den  Zeitgenossen  selbst  Schwierigkeit  bereiteten,  er- 
hellt aus  einer  Stelle  der  Basilica  pag.  569:  (o  jjaatXsoc)  opÄv  §o  ozi  saxt  zoIq  irovr^poic  stc 
10  a5i%siv  ä«pop[nQ  5ca  zb  a6vto[iov  duo  tibv  sv  zoic  ö.pid\i,oiQ  [jLoptcov  toö  T^ixtaswc  'firj[i.t  xal 
sxtoo  itai  5(o5c%dxo'j  %al  xcöv  xoiourcov  )rp(o[i£Vot(;  zolc,  xaXaioi?  otjijlsioic  tcöv  ypa^ccov  %al 
n^v  Tota'Jtr^v  -(bv  d^aitbv  ßouXojjisvoc  TcsptsXsiv  d(popjJiigv  Stcoptaato  Ypd[JL[jiaat  Kizolc,  ä  %at.  zoIq 
dYpoixotc  dvaycYVwaxsjQai  pq.5'wOV  td  zrjiaöza  Ypd^coOat  aYjpista. 

Besondere  Schwierigkeiten  bieten  die  Abkürzungen,  gepaart  mit  einer  räthselhaft  dunkeln 
Kürze  des  Ausdrucks.  Dazu  kommen  die  culturellen  Besonderheiten  jener  räumlich  und 
zeitlich  eigenthümlichen  Periode. 

Wohl  gelingt  es  einem  angestrengten  Studium  dennoch,  diese  Räthsel  alle  zu  lösen 
imd  allerdings  auf  mühsamem  Wege,  bis  zu  einer  vollständig  befriedigenden  Interpretation 
vorzudringen.  Weit  bequemer  allerdings  ist  es,  nicht  divinatorischem  Fluge  sondern  einer 
Art  materieller  Übermacht  den  Sieg  über  die  Schwierigkeiten,  welche  Ostraka  vmd  unsere 
Texte  bieten,  zu  verdanken.  Denn  die  verschiedeneu  Sammlungen  beherbergen  gleichartige 
Stücke  genug,  in  denen  bald  die  eine  bald  die  andere  orthographische,  paläographische, 
sprachliche  Variante  sich  vorfindet;  die  Vergleichung  lehrt  ganz  mechanisch  die  Auflösung 
der  schwierigsten  Siglen  und  Ligaturen,  erleichtert  Transcription  und  Interpretation. 

Wie  dem  auch  sein  mag,  wir  verbinden  mit  der  Transcription  auch  die  Wiedergabe 
der  Texte  in  gewöhnlicher  Schreibweise. 

Nicht  weniger  verschiedenartig  als  die  auf  den  Ostraka  vorkommenden  Texte  sind  die 
imseren.  Bemerkenswerth  ist,  dass  sie  häufig  auf  Pergamen,  auch  auf  Lederstückchen  ge- 
schrieben wurden;  daher  ist  bei  der  Nichtbeachtung  des  Beschreibstoffes  die  Verwandtschaft 
mit  den  Ostraka  wohl  verständlich. 

Wir  gehen  zur  Behandlung  einzelner  Stücke  über. 

Eine  eigenartige,  interessante  Gruppe  sind  eine  Menge  Schriftstücke,  die  an  einen  ge- 
wissen Kyriakos  gerichtet  sind  von  dem  Diacon  und  Notar  Petterios  und  Olanweisungen 
betreffen.  Sie  stammen  aus  der  ersten  Hälfte  des  VII.  Jahrhunderts,  wie  denn  die  meisten 
unserer  hier  vorkommenden  Urkunden,  Quittungen,  Anweisungen,  Rezepisse,  Gehaltsinti- 
mationen,  kurz  privatgeschäftliche  Stücke  aus  dem  V.  bis  VII.  Jahrhunderte  unserer  Zeit- 
rechnung stannnen. 

Sie  sind  alle  etwa  nach  folgendem  Schema  gebaut: 

1.  Kupixq),  oder  icpoc  Kuptxov,  Name  des  Adressaten  sammt  Titulatur. 

2.  Trapx  =  irapsays?  mit  Angabe  des  Empfängers  des  anzuweisenden  Olquantums  imd 
Motivirung  der  Anweisung. 


182  C.  Wessely. 

3.  Angabt.'  des  Olquantums  in  Xestes,    auch  schlechthin  Metron   genannt  —  daher  das 
Schwanken  im  Genus  der  Zahhxngabe  zwischen  Masciüin  und  Neutrum. 

4.  Datimi. 

5.  Unterschrift  des  Petterios,    Diacon   und  Notars  in  Cursive   und  Tacliygrapliie ,    von 
der  wr  augenbhckUch  abseilen  müssen. 


Pergamen  XXXVIII. 

Neue  Nummer  68.  Musöes  nationaux  6503.  Höhe  3'6'"",  Breite   11"'^.    Eand  linki?   l-5<^"'. 

1  t  TzprjQ  xupix/  T  Siax/  Ttapx  axa  oX  aou!ppo[A^  staspx 

2  ct./  uaXataxtv  xy  .  .  cXai»'-'   ^  rx  ev  [jl/  syp/  jx  STzrx'(o^^  ^  tv^  C  t  V  ^1"^°"  ''^^''^'^'' 

3  Stax/  j  vo^  au^  stsX'' 

Wir  halten  es  für  das  Verständniss  unerlässlich  eine  Umschrift  dieses  mit  Abkürzungen 
und  Siglen  erfüllten  Textes  zu  geben;  die  Rechtfertigung  unserer  Auflösungen  ergibt  sich 
leicht  aus  dem  Vergleiche  mit  den  übrigen  Texten. 

npöc  Küptxov  (=  Kopiaxöv)  -öv  5cdxovov  •  irapsaysc  a^a  "OX  Sourppo[i£  sbcpyjixsvq)  sie 
IlaAac3Ttvr^v  xatd  .  .  iXatou  [xsxpov  a'  sv  [aovov  .  SYpdcpY]  [xsaopi^  STraYOjj-svq)  5'  iv^tx-cwövoc  C 
5i'  £[ioü  ns-cTYjptou  ?Laxovo(j  xai  voxaptou  aütou  stsXsuöG-rj. 

Unser  Adressat  heisst  bald  Kyrikos,  bald  Kyriakos,  sein  Titel  ist  bald  Stdxovoc  xal 
c/vatOTcpa-cr^c,  bald  bloss  Stdxovoc  und  wieder  nur  sXatO'jrpdTTjC.  Zu  dem  Namen  SofJ(fpo[j,-  lässt 
sich  im  Papyrus  LXXXII  unserer  Ausgabe  der  ähnliche  Sr;'jfppt[j,^  ('Icodvvou  Sou(^pt|x=)  ver- 
gleichen. Unser  Billet  ist  im  August  geschiieben,  zu  welcher  Jahreszeit  solche  Pilgerfalirten 
aus  Ägypten  nach  dem  gelobten  Lande  von  allen  Schichten  der  Bevölkerung  unternonmien 
zu  werden  pflegten;  dies  erhellt  aus  einer  für  diese  Urkunde  lehrreichen  Stelle  des  Lebens 
der  heiligen  ägyptischen  Maria:  c.  19  opcö  iv  twt  xatpq)  xoö  6£pouc  dv^pwv  Atß6(ov  xai  Aiyu-TU- 
Ttcov  ^/^ov  -^roÄüv  ipcyövTwv  (oc  siri  ÖdXaaaav  .  sptoTTjad  xs  nva  xov  tots  irapary/ovra  [xot 
■jcoö  oTCou^dCouatv  dpa  oi  avSps;  o^-cot  ot  tps/ovtsc  .  6  8'  direxpivato  ^.sywv  .  stc  'f£poao/.u[xa 
icdvTSt;  dvsp^ovzat. 

Pergamen  XXXIX. 

Neue  Nummer  254.    Museos  nationaux   6479.   Höhe   6-5'"»,   Breite   lO-l«™.     Eand   links   1-4"". 

1  t  %'jpao)  8tax/  xap)c  tote  xaXxo[j." 

2  aTcspx  £iy  t5r  xV  V'  "^"^  G£o«ptjX[a 

3  x'j  .  .  eXat«"  ^  a  £V  [x/  [syp/  [x' 
4 iv8/  s  t  V  =P^™ 

5  TZ'  8r  3  v^  cTcXf* 

Das  ist:  Kopao)  ^taxovqi  .  TzarAo/^z  xoic  yaXxojxa  .  .  .  dxsp/o(xsvot<;  sie  'ciQV  i5iav  xard 
xsXc'Jotv  ToO  Qso'fuXdxTou  Kopo'j  sXaiou  [xsxpov  a'  cV  [x6vov  sypd'fYj  (xtjvI  ....  ivStxxubvoi; 
c'  Ol'  £|xoO  ricttT^ptoy  5iaxövo'j  xr/i  votapioa  s-csXctoiOTj. 


Die  Parisee  Papyri  des  Fundes  von  Ei.-Faijüm.  1^3 

Pergamen  XL. 

Museos  nationaux  (5504.   Höhe  3-7 ""j  Breite  23™. 

Das  Chrismon  hat  die  Foi-m  eines  Henkelkreuzes  in  Zeile  1.  —  Umschrift:  Kuptxq) 
sXatoirpdrfj  .  TzapiiyzQ  Xoycp  dA.3t'^£(oc  [juxpoö  xspapitou  vsou  TcXotou  sXatou  [isrpa  i  itsvrs  . 
sypdtpr;  (i,7jV!.  'facocpi  0'  ivStxtKbvoc  .  St'  £{J.oö  Ils-cxYjpiou  Siaxövou  %ai  votaptou  aotoö  stsÄcIcoOyj. 
Für  das  Verständnis  dieses  Textes  bemerken  -wir,  dass  in  jjit%poö  %£pa(JLWU  wohl  der  Name 
des  Schiffes  zu  suchen  sein  dürfte;  ähnlich  bezeichnet  mau  in  einem  der  nächsten  Stücke 
ein  anderes  Schiff  genauer  mit  Aa(Xtavoti  vautou;  denn  schwerlich  ist  die  Auflösung  [itxpöv 
xspdjJLiov  kXairjO  [xsrptov  icsvte  gestattet,  in  Hinblick  auf  die  Construction  der  anderen  ähn- 
lichen Urkunden  und  die  Unbestimmtheit  von  äXeii^zoiQ. 

Pergamen  XLI. 

Neue  Nummer  108.    Musecs  nationaux  6505.  Höhe  4°™,  Breite   11'6°"'. 

1  t  %'jpi/,{o  Ol*  3  sXaw^  -Tcapx  zniz  xaXafy^ 

2  /.a[jivov^  irXo:»  oajjir  jj^:^  av^  BKai"''  Jf  ^  si  [i/  syp  \f-'  sicstcp 

3  t]  tv5/  C  t  5/  s!Ji'°'^  TTcTtTjpr''  5ta~  3  vo'^  sxs).'' 

Das  ist:  Kuptxcj)  5ta%öv(p  xai  £XatO'3rpdr(]  •  '7:ap£a)^£c   roic  xaXaip xoü  %d[AVovroc 

'7t).o{ou  Aa[JLtavoö  UTCEp  dvaXwfxaroc  iXatou  jXEtpa  5'  ii;  [iova  .  kypdft]  [xvjvl  EUcl'f  öy^o-fj  iv- 
StxxKövoc  iy.zrfi  .  §t    £[jloö  llcrTTjpiou  otaxövoo  xai  votapioy  e-cXcLcoÖtj. 

Der  Name  Aa[iiavoö  findet  sich  auch  in  Nr.  6506.  Die  Abkürzung  •f.rj.'krj.^'^  findet  sich 
auch  im  folgenden  Stücke. 

Pergamen  XLH. 

Neue  Nummer  241.  Musees  nationaux  B511.   Höhe  0— 4"",  Breite   18™. 

1  t  Ttup'.xo)  E^ato'^  Tiapx  a'jyapo)  v.aX'Xf^  ^  avaX(0[j.3 

2  spyaCoiJLj^  st/"  x"  icXot«  x''  ^toip^y""  s^otr-'  ^  y  xpEtc  [x//  Eyp/  |x'    • 
,3  {j.Ea°  0  5  iv8  /  t  8/  £|JL°'''  icEtxTjpt'*"  [Si]a%/  j  vo^  wj,^  exeX"  .... 

Das  ist:    Kupacp  £/>ai07cpdx'(j   Tuap£a/£(;  Aüydpcp UTrsp   dvaX(6[JLaxoc   £pyaCo[i,£V(ov 

£1?  xd  xXola  XYjc  otopuytjC  iXatou  {AExpa  (oder  Ssaxac)  y'  xpEl?  [j.övouc  .  Eypd^pir]  [ir^vi  [XEcopi^ 
£vdxY)  £XXY^?  ivSfÄXUövoc   .  81   £[JLo6  IlcXXY/ptou  8ia/,6vou  otac  voxaptou  aüxoü  excXewoÖyj. 

Der  Name  Aöyapoi  oder  "Aßyapoc  ist  in  christlicher  und  heidnischer  Zeit  nachweisbar, 
vgl.  Appendix  Anthologiae  Palatinae  Epigr.  ad.  631  Cassius  Dio  40,  20;  68,  18,  21;  77, 
12;   79,   1.  Herodian  3,  9,  2.  Suidas  s.  v.  und  die  Abgarlegende. 

Schwierigkeiten  bereitet  in  Z.  3  die  Construction  von  aöxoö;  denn  bei  der  Auflösimg 
der  Kürzung  icapx  in  irapioxc?  erwarten  wir  vielmehr  aoö;  indess  die  Unterschrift  mit 
ixsÄEKÖOTj  ist  objectiv  gefasst;  oder  es  ist  an  die  PersönUchkeit  gedacht,  von  der  die  in 
anderen  Stücken  ausdrücklich  erwähnte  x£)vEuatc  ausgeht. 


184  C.  Wessely. 

Wir  knilpfeii  hier  gleich  ein  anderes  kleines  Fragment  an,   welches  gleichfalls  die  Ab- 
kürzung xaXaiy  .   .  .  tragt;  es  hat  die  Nummer  6972  im  Louvre. 

1  t  x'jp^Ä(o  skaio^  irapx  toic  ')iaX[a(p  .... 


Kypixtp  eXaioirpdxYi  •  itapsoxsc  tote  v.aka(p  ....  uirsp  dvaXco|jiaxo(;  ....  sXatou  [xstpa 
zo3d5s  [JLOva  .  EYpd<f7j  [ir^vt  6(b0    svdx'o  ivSixraövoc  exttjc  .  Si'    £[i.oö   Ilstnrjptoy   Siaxövou   xal 

Pergamen  XLIH. 

Neue  Nummer  234.    Musees  iiationaux  G.506.  Höhe  4™ — l'!"^,  Breite   18-5™. 

1  t  x'jptwo  5iax/  3  sXaioTcp'^-  icapx  ^iXo"  va'JHYjy  3  stepp   j^  av* 

2  TtXoi«'-'  ha\i.r  Vau'  EXat""  ^  5  £^  jjl/  xpoca^a^  syp  |i  it  5  iv^  5  f  5/  s[ao'' 

3  ■rtsrrrjpt""'  5tax/  )  vo^  stcX" 

Das  ist:  Koptxq)  5tax6v(p  xat  sXatoxpdxY]  •  luapsaj^ei;  OtXoQsq)  vauirTjYcp  %al  izaipoiz 
•jicsp  dvaX(o|Jiatoi;  tcXoioo  Aa[xtavoü  vaoToo  sXatou  [xsxpa  5'  s^  jxöva  icpoaaira^  .  sypdcpYj  (jlyjvL 
icauvi  ixTY;  tvSwcubvoc  Sxit]?  .  hC  sjaoö  IlsxtTjptou  Scaxövou  xal  voxapiou  excXcKoöy]. 

Wir  wollen  bemerken,  dass  der  ausdrücklich  als  vauTCTjYÖc  namhaft  gemachte  Philotheos 
für  seine  Leute  —  denn  in  «xspp  haben  wir  offenbar  izaipoiz  zu  suchen  —  zugleich  das 
Ol  entgegennimmt,  offenbar  in  der  Stelhmg  als  eine  Art  Meister,  der  seine  Gesellen  vertritt. 
Eine  ähnliche  Stellung  nimmt  auch  Abgaros  im  Pergamen  XLII  (6511)  ein.  Diese  Analogie 
lässt  uns  auf  die  muthmassliche  Bedeutung  der  Abkürzung  y,aXa<p  einen  Schluss  ziehen;  es 
ist  in  Parallele  zu  stellen  mit  vauTTVjYÖc  und  wiederum  seine  Gesellen  haben  wir  in  den 
£pYCxCö[X£VO'.  £t?  -d  TtXoia  zu  suchen. 

Die  genauere  Bezeichnung  des  Schiffes  durch  den  Beisatz  Aa|xtavoö  vauxou  hat  ihr 
Gegenstück  in  der  Bezeichnung  irXotou  xpcxcopiou  ''A[jl|x((0V0(:)  im  Ostrakon  23  Fröhners; 
ebendort  lesen  wir  in  Nr.  33  -Tcpattouptou  lUcpi  (I'otva(ac)  xaXou|JL£Vov"°  Ssvöavrrj^t  und  er- 
innern an  die  Namengebung  bei  athenischen  Schiffen. 


Pergamen  XLIV. 
Neue  Nummer  243.   Musees  nationaux  6508.  Höhe  4-8 — 3-2'=™,  Breite  18'™.  Band  1-4""'  gross,  auf  der  linken  Seite. 

1  t  xopixco  ^tax"/  3  sXato"  itapx  Y^fopY""  irotaiAt^  j^^  avaX{o|Ji^ 

2  cXat»"  ^y  a  S  SV  7)|JLt,at>  {a'//  syp  (i  t"  i  lY'  c  f  3/  sjj,""  -jcsxrTjpi""  5r  j  vo^  au^ 
.3  stsXV  t 

Das  ist:  K'jptxtp  5taxöv(p  xai  sXatoTtpdrr]  •  xapsa'/sc  r£(DpY{q)  irorajxtrfj  uiisp  dvaXwjjia- 
xoc  sXato'j  [is-pov  a'  S  §v  f;|itao  |xövov  .  £YP^?''i  l^'''']'''^  '^'^ß^  o£/,dr(i  w^atuövo«;  sx-urjc  .  5t' 
£{100  Ikrrr^ptoo  ^taxövo'j  xai  vo-apto?>  aoxoü  e-sXeköOtj. 

Ein  Papyrus  ICrzherzog  Rainer  aus  dem  VI.  Jahrlmndert  lehrt  uns  einen  Meister  der 
Potamiten  kennen,  welcher  Schiffsbauholz  erhalten  zu  haben  bestätigt. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  1^5 

Pergamen  XLV. 

Neue  Nummer  246.    Musees  nationaux  6502,   Höhe  G-ö""",  Breite  lO-ö«^". 

1  t  %opw(o  5cax/  j  cXaiOTcp'^  -jcapx 

2  tot?  5  Tcpco-coTiptaav^  £ty  ^u^  to" 

3  [Jiovaati  VciXo'j  t:''  j^  a  v''     £Xat°>'  J^  ß 

4  ö'jo  (jl/  irp^aTtaQ  syp  [jl'  itx  X  w'^  ?  t  5/  £[jio" 

5  TCcXTYjpi""  oia%/  j  vo^  sib'K'^ 

Das  ist:  Kuptxcp  ^iav.6v^>  %w.  sXatoirpdtT]  •  irapsa^^sc  tote  §'  irpcotoirptaavxsc  (Feliler  für 
icptoTOTupiaaat)  stc  xd  ^'JÄa  toO  [xovaarr^piou  NscXoo  -tcöXswi;  uicsp  dvaXto[Aaroc  sXaio'j  |X£-oa  ß 
§60  [JLÖva  TcpÖGa-jcai;  •  SYpdtprj  [ivjvi  Tra-/(üV  X'  ivSatuövo?  exxtjc  '  5t'  £(i,o'J  Ilsxr/jpio'j  ^taxövou 
xai  voiaptou  srcXsuoftrj. 

Dieses  Stück  ist  lehrreich  für  die  örtliche  Fixirung  des  Schauplatzes  dieser  Geschäfte; 
unser  Kyrikos  war  dem  Kloster  gegenüber  der  Gerant  des  Xöyoc  sXatoü,  bei  allen  auf  Öl- 
lieferungen,  Zahlungen  und  Contributionen  in  Ol  bezüglichen  Geschäften. 

Pergamen  XLVI. 

Neue  Nummer  247.    Musees  nationaux  6509,  Höhe  6-3™,  Breite  8-2«™. 

1  t  xoptxo)  5ta%/  irapx  Xor  ^pvj 

2  Occoc  %a|xyj^  sXai™  ^^  ß  8c»o 

3  jx)  '3rp°axa$  ja/  syp"  (J-"  ^apfi"  xß 

4  tV'^    5    t    5/    cli,""    'TUStTTjptO'-'    Sf" 

5  j  vo^  sxsX'*  .... 

Das  ist:  Kuptxto  ötaxövq)  •  irapsa/cC  Xoytp  xp^^^^'^C  ■««[iv^Xojv  EXaco'j  [jiSTpa  ß'  56o  [Aova 
Ttpöaaiia^  [AÖva  •  sypdtpYj  ijlt^vi  «fap[jL0'j6t  xß'  "iv^txtubvoc  Ixnrjc  •  81'  s^xoö  lIcXXYjptot>  Scaxövou  xai 
votaptou  ixsXsttöO'/]. 

Von  der  Pflege  der  Hausthiere  lesen  wir  in  einem  Papyrus  des  British  Museum  S.  259 
meiner  Ausgabe,  Z.  10  r^ixr^^ixäxo-»^  xai  xoixaa[j.oö  irpoßdxmv. 

Pergamen  XL VII. 

Neue  Nummer  61.    Musöes  nationaux  6513,  Höhe  4-5'="',  Breite  S-ö""". 

1  t  xyptxo)  cXaioirp^  icapx 

2  xocc  va'JTC'^T  spY"  £t/^  aXßtX 

3  sXat™  /^  /^  5  xsaaap-  [jl/  [jl'  sirs^p  y  ^"^^^ 

4  t  5/  £|j,°--'  Tc=  ri<:'-  3  vo^  sxsX** 


Das  ist:  Kuptxq)  sXaioxpdxTj  icapEa/sc  toii;  vauicTjYoic  -epYaCoiJLSvotc  s^?  "ci^v  AXßiX  iXatou 
{isxpa  5'  xsaaotpa  [Aova  •  jr/jvoc  siisi'f  y'  wStxxtcövoc  tüsia'Jixyji;  .  81'  £[i.oö  lIsxxTjpiciu  Siaxövoy 
xai  voxapto'j  sxsXstcoO-/). 

Albil  scheint  der  Name  des  Schiffes  zu  sein,  an  dem  die  Leute  arbeiten. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.     Abhnndl.  von  Nichtmitglicdern.  y 


186  C.  Wkssely. 

Pergameu  XLVIII. 

Neue  Nummer  252.    Musöes  nationaux  (;518,  Höhe  5-4'",  Breite  b'G™.   lland  links   l"^"". 

1  t  x'jpixco  5iax/  zkaifJTzp- 

3  1(000  sXat«"  /^  ß  8uo-  (1)  syp/  [j,'  tpap\i^ 

4  Y  w^  S  t  V  sp-""  ■JCSTTVjpto"  5ta%/  3  vo^ 

5  SXcXO    

Das  ist:  Kopixq)  Staxövq)  £XatoirpdTT(]  •  icapsa/sc  aica  "OX  Kttt  irXivÖoüpYq)  /(uptou  Stv- 
Ttoou  sXab'j  |xstpa  ß'  860  |j.6va  •  spydipTj  [jltjvI  (fap[iouOl  tpcrrj  lv8txxtiövo<;  eättjC  •  01"  £ixoü 
Ils-cnrjptou  §iaxövo'J  xat  vorapiou  srsXsKÖÖT). 

Älit  einem  andern  TzXv/HrjopfÖQ  wird  in  dem  in  meinen  Prolegomena  als  Papyrus  II  heraus- 
gegebenen Contracte  ein  Vertrag  auf  Lieferung  von  30.000  Stück  Ziegel  für  ein  Goldstück 
abgesdilossen.  Die  Bezeichnung  nXiyQoopybQ  ycoptou  Xtvxcoou  ist  in  eine  Linie  zu  stellen  mit 
TcotiiVjv  /(opio'j  TaXt  u.  a. 

Pergamen  XLIX. 

Neue  Nummer  244.    Musees  nationaux  6517,  Kaud  links   1-5'="'.   Höhe  3-2'="',  Breite   11"^". 

1  t  xopixco  5tax/  xapx  Xarjo"  icotii^ 

3  syp  [x'  T"  tÖ  tv°  c  t  ^/  sfA""  Ti:'  ^^a«   )  s'csX" 

Das  ist:  K'jptxcp  5t7.x6v(p  •  Tcapsayst;  Aai^ti)  irot|jL£Vt  ycoptou  TdXt  uitsp  (itaö&ö  c'  ivoaxub- 
V04  cAatou  [jL£-pa  xo'  si'xoai  rsaaapa  syp^?''';  lJi'''i"*''^  '^t^ß^  ^Ö'  ivötxxLcbvoi;  IxnfjC  •  8t'  £[i.oö  Usxx'/j- 
pioü  8tax6voa  xal  (voxapiou)  sxcXsccoÖt;. 

Der  Name  Aarjo  findet  sich  wieder  in  einem  Papyrus  des  British  Museums,  S.  250, 
Z.  9  'WjZ  larjO.  Koptisch  TV-A-gH-y,  arabisch  s^^.  Mittheilungen  III,   168. 

Pergamen  L. 

Musees  nationaux  652ü,  Höhe  4- 7'^'",  Breite  8™. 

1  t  xuptxö)  cXaioTTp'^  Tcapx  cfa(JL 

2  xotjjfi  aico  cirooxt»"  rfkr  j^  |xia^  s  t/ 

3  sXai"»'-'  ^  xo  ctxoat  xsaocp"  [x/  eyp  |x  [xx 

4  '-C  cv'^  =  t  o/  s|x°'''  %'  Ze-  3  v'^  cXcX" 

5  

Das  ist:  Küptxqj  iXoctoTüpdxirj  •  Tcotpsaysc  <I>a[x  icot[X£Vt  aizo  siroixtou  'll/ia  ÖTUsp  [xiaöo'j 
7:£[xitrr;;  lv5txxt(bvoc  iXatoo  [xsxpa  x8'  stxoot  xsaaspa  [xova  •  sypd'f/j  [xyjvI  |X£X£tp  cC'  tv?)txxuö- 
vo^  ir£{iiixY;c  •  8i"  £jxoO  Il£xt7)ptou  Staxövou  xai  voxapiou  £X£X£ta)(iif]. 

Der  Ktlrzung  icot|Xi  steht    würdig   zur  Seite  das  in  XLV.   vorkonmiende  TCpfoxoirpiaav^. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Fauüm. 


187 


Pergamen  LI. 

Neue  Nummer  239.    Musees  nationaiix  6521,  Höhe  4"°',  Breite  10"™. 

1  [t  xupt]%(o  8tax   )  sXatoTcp^  xapx  avt(ovt(o 

3  [rptax-]  £^  {i7  syp/  \i.'  a6[up ]  w'^  f  ^/  ^[J'""'  ''^'  ^^~  j  vo^  au^  £tsX'> 

Das  ist:    Kuptxq)    8ia7t6v(p   xai    iXatoicpatT]   •   irapsox*?  'AvTcovtcp  xat xal   Usxpqi 

xai  äiua  'looXttp  üirsp  [xtaöoti  ixtv)?  ivSixtuövoc  sXaiou  {Jisxpa  Xg  xpidxovta  §^  [iova  .  sypcüfp-rj 
[jLTjvi  d66p  ....  iv^txtKbvoc  '  §t'  sjxoü  ücTtTjptou  Siaxövou  xat  voxapwu  a6toü  st£Xc«66yj. 

In  mehreren  Fällen  können  wir  bemerken,  dass  das  jährliehe  Quantum  des  Oldeputats 
einer  Person  24  Mass,  oder  2  Mass  im  Monate  war: 

Nr.  6514 24  Mass  im  Jahre 

Nr.  6526 24  „  im  Jahre 

Nr.  7105  L 24  „  im  Jahre 

Nr.  7105  D 24  „  im  Jahre 

Nr.  7105  K 24  „  im  Jahre 

Nr.  7105  C 24  „  im  Jahre 

Nr.  6518 2  „  (im  Monat). 


Pergamen  LH. 

Musees  nationaux  6520,  Höhe  5"'",  Breite  9-5 '=™. 

1  t  xupa[to]  £Xato['3cp'=^  icapx]  Htr/ 

2  Tcau^  j^  ■^^[H-/]  aXai'"'  J(  [la  sJvScxa 

3  [A/  £YP/  V-f]  '^"  *^  ^^V  S  t  ^/  £[tAOU  icstJt'i  §1"  3  v^ 

4  stsX»  

Das  ist:  K'jpixcp  sXa^oirpdrf]  •  icapsa/cC  0£o§(öp(j)  IlaaXou  uitsp  zi\).ri[).azrjQ  iXaioo  [isxpa 
la'  £v5cxa  |j.6va  •  iyprx'fTj  {atjvoc  rußt  xa'  tvStxtubvrü;  ixnrjs  •  5t,'  £(Jloö  n£xt7]ptou  Siaxövou  xai 
votapto'j  stcXecwOtq. 

Pergamen  LUE. 

Neue  Nummer  253.    Musees  nationaux  6510,  Höhe  5-3™,  Breite  13°™. 

1  t  xuptxo)  hr  <,  cXaio"  itapx  Xor  Oso^copo"  /ap^  £Xat™ 

2  ^  Y  ''^P^'^  V-l  'n;p'i<3aica^  Eyp  [jl'  tpaii"*  iC  ^v'^  ?  t 

3  t    5/    £1X0"    1C£IXYjpt°"    5iax/  3    VOi:   £TSX'' 

Das  ist:  Kupixq)  Staxovq)  xat  £Xaioitpdro  icap£ax£C  Xöytp  B£o5c6po'j  ^^aprouXapiou  iXaioo 
^iazaz  y'  tpsl?  [Aövo'jc  icpoaaTca^  .  iYpd^irj  [jltjvi  (pa[JL£V(Jb9  tC  ivStxuwvoc  ^xtiq«;  .  8i"  i|i.oö  n£'c- 
rrjpiou  5tax6vou  xat  votciptou  £t£X£aoQirj  .  .  . 


188  C.  Wessely. 

Pergamen  LIII'"''. 
Neue  Nummer  100.  Musecs  nationaux   7105  M.  Höhe  4-5"",  Breite  8*='". 

1  [t  xupixco  §taxoV(o  xai]  sXacoTup^  irapx  atatvvao  T:aX).t 

2 0    oipstXoV^  au^  xco  xupco  y^  sXai™  /V  8  xsaaap- 

3  \i.'  £YP  \^']  '^'^  *9  ^'''°  *  t  ^/^li.""  iTstTYjpt»"  ÖLax/  3  vo'^  a-j^  ets)/  .... 

Das  ist:  Kupwq)    5iax6v(p   xal    sXaioTcpdTYj  •  Trapsa/s?   Siatvvitp 6ir£p  ötpstXovrcov 

aÖTOü  t(p  xüptp  rscopYÜp  skaio'j   ^satac  8'   xsaaapac  [x6vou<;  .  Bypdtpy]    (jltjvi  iraycbv  äÜ'  Ivotx,- 
tuövo:  -s|jLTCT7jc  •  §f  s[Aoö  lIsTrYjptou  oiaxövou  xai  voraptou  adzoö  izekzuobri. 

Pergamen  LIII,  3. 

Neue  Nummer  99.   Musecs  nationaux   7105  L.  Höhe  SS™',  Breite   11 '^'". 

1  t  xuptxo)  ota%/  icapx  [XTjva  irotjx 

2  xtop^"''  <]^w^  j^  (Ata"  5  tv°  cXai™  ^  x8  saoai 

3  Xcaaap-  jx    syp"  !^'  ■'^"  ^°^  ^'■'^  ?  t  ^'''  ^IJi^^j" 

4  TC^  8cax/  )  vo^  sTs)/' 

Das  ist:  Kupixtp  Siaxövq)  •  irapsaysi;  MtjV!^  tcoiijlsvi  ycopwu  U/tVcUpstoc  uirsp  {xtaöoü  ivitTjC 
iv3a-tö)vo<;  sXatou  ^sarac  x8  saoat  xsaaapac  jjlövouc  sypd'fry  jjlyjvi  xußi  xa  iv^ixtcwvoi;  <g'  8t' 
£|xoO  llstr/jpiou  Siaxovou  %aL  votapioü  steXsttoÖTj. 

Pergamen  LIII,  4. 
Neue  Nummer  62.  Musecs  nationaux   71051.  Höhe  4-5'^'",    Breite   11™'.   Hand  links  2™. 

1  t  x'jptxo)  8tax/  3  sXatOTip^  irapx    Xor  xaTaox£ur;[(;  .... 

2  vsac  xV  X'/  x""  x'jp»V  yscopyt™/  aÖup  "tS  lY^  5  cXat""  /V  ß  Zoo  [i]/  By[p  {i'afiup 

3  t§  tv^  c  t  5/  sii.o'-'  TCc'crTjpto-'^  or  j  vo^  au^  stcX**     

Das  ist:  Kupixq)  Siaxövq)  xai.  iXatoirpdrr]  •  luapsaysc  Xöycp  xataaxsa'^c vsac  xard 

xsXsuacv  roö  x6pot>  FctopYtou  dOup  to  tvStxtubvo?   ixxYjc  iXatou  ^sarac  ß'   860  [jl&vouc  sypd^Tj 
|XY/^oc  döup  vj'  tv8txrt(övos  sxtyjc  .  81"  £[jloö  Jkxx'/jptou  oiaxövou  xai  votaptou  aöxoü  £X£X£t(b^)7], 

Pergamen  LIII,  5. 

Neue   Nummer   104.    Musecs  nationaux   6512,   Hölie   7"",   Breite   15™. 

1  f  x'jptxto  otax/  3  £Xato'^  irapx  zio  raup''  ywpto"  aivtfou 

2  jL^  [A'.a"  5  tvS",   cÄat<>'^  ^-^  tß  oo)3£xa  [x"//  syp/  [x'  [J-X  x3  tv^  ?  t  5/  £(Ji°" 

3  ir£tr/jpt"»'  otax/   3  vo''^  ctcX'V 

Das  ist:  Kupixq)  Scaxövq)  xai  £).acoTCpdrr)  •  Tza^Aayßc  zcp  zaopzkdz-Q  ytopiou  Xtvtco'j  uirip 
jicaÖoO  IxtTjC  ivStx-KMVoc  EAato'j  |A£tpa  iß'  ^(öclsxa  jxova  .  £Ypd(p7]  [jly^vöc  ix£X£ip  x8  ivSix-kövoj 
£x-r^C  .  5i"  £|ioO  lU-cTT/pioy  Siaxövoo  xai  vo-apiou  £T;£X£uoÖrj. 


Die  Pakiser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faij6m.  189 

Zum  Verständnisse  bemerken  wir,    dass  es  in  den  Dorfgemeinden  besondere  Viehhirten 
gab,  die  von  der  Gemeinde  Ijezahlt  wurden;  daher  auch  ßosXdxai  ötjijlotcXsIi;  genannt. 

Pergamen  LIIl,  6. 

Neue  Nummer  103.    Musees  nationaux  7106  N,  Höhe  6'=™,  Breite   8™. 

1  t  %[upt]xoi  5ta%/  ■Trapx. 

4  tV^   C    t   ^/    [£][Jl'°"   '!C£Xt7]pl°"    Bt" 

5  3    VO'^    SXcXct 

Das  ist:  Küpatp  ocazövqi  •  icapsa/sc  Xxs^dvcp  llaiutoj:  oitsp  [AiaÖoü  sxtyjc  iv8atC(bvoc  s/^atou 

xovou  xat  voxapöou  stsXsKÖfiT^. 

Pergamen  LIII,   7. 

Nem'  Nummer   105.   Musees  nationaux   6519,   Höhe   B'S"",   Breite   16'^™. 

1  t  /.upixo)  5t[ax/]  TC[apx]  ^aupco  -AaLkarp^  Jf  av'- 

2  TcXotcov  cXat""  ^  Y  i^p=tC  TtpoaairaS  syp/  (a'  s-Tcsnp  t?  !.v°C 

3  S/    £|J.O"    TTStXTJp!.'»'    5tax/   )    VO^    STcL''-* 

Das  ist:    Kupixtp  Staicivcp  •  irapsa^sc    Ma6p(|)    /.aXacp aiusp    dvaX(ö|j.axoc    tcXouov 

Pergamen  LIII,  8. 

Neue  Nummer  107.    Musöos  nationaux  6524,  Höhe  4™,  Breite  9'=°'. 

1  t  x'jptxco  hiayt.    3  -jcapx  xij  yuvaix/ 

2  ......  ""  xaXXix./  Y£VVouai  sXat"" 

3  ^ £YP    {a'    (JLX    ß    tV^    5    t    8/    £[X°"    TCEIXTJp'.o" 

4  Siax/  3  v^  sxeX"  t 

Das  ist:  Koptvicp  ^laitövq)  icapiaxEC  t^  y^"^"^^*^  .  .  .  ou  .  .  Y^^vwaTj  fiXaiou  [XExpa  xoad8£ 
£Ypd«pT/  [AYjvi  |-i.£X*^p  8£ux£pcf  ivStxxtcövoc  ExxYjC  8t   £[ioö  IlExxTjpioo  8ta%6voo  xat.  voxapiou  EX£- 

Xct<o6Y^. 

Pergamen  LIII,  9. 

Neue   Nummer   65.   Musees  nationaux   6514,   Höhe   2-7  —  6«°',  Breite   ^J'b'"". 

1  t  xupiÄto  cXatoTcp"  irapx  Xot  8cp[ji- 

2  ?  ßa/fioV^  8/  aYaOcovtx/  [xaypco 

3  cXat""  _;^  a  £V  öyp'  [x'  E7üaY0|j,^  ß  tv^  5  f  8/  sti»" 

4  7c'  8r  3  vo^  £X£XV  .... 


190  C.  Wessely. 


Das  ist:  Kupätj)  sXaio^rpdro  •  -icapsa/sc  Xöy'P  Sspixarcov  £$  ßaatayösv-wv  §td  'AyaÖovtxou 
Maüptp  iXaifj'j  [is::pov  Iv  syp^^'f^O  (V-'^i^^)  {Asoopi^  suayoiJLsvq)  ß'  ivSatKövoc  SxtYji;  .  8i"  £{ioö 
HsTTT^ptou  Staxövou  xat  votaptou  etsXsköOtj. 


Pergamen  LIII,  10. 

Neue  Nummer  liO.  Musees  nationaux   7105  H,  Höhe  3-3™',  Breite  12'='". 

1  f  x'Jpix/°  Siaxo    sXaioirp^  itpx  't  ß~  ovsX^  )(  «|jiV£up£OC 

2  j^  {Aio"  c  tv^  sXai""  ^  x8  saoat  Tsaaspa  (x//  syp  [>■'  \).^B  t3  ?  f 

3  t  ^    [*(iou  lusxJ-Tjpio"  3r  3  vo^  stsX  9 

Das  ist:  Kupixqi  5taxöv(j)  sXaioirpdxTj  •  icapsa/sc  tols  ß'  &VcXdxatc  /(opiou  <FtV£6p£oc  'Jiusp 
[ito^oü  gxTr^c  ivSatubvoc  sXatou    [istpa  %5'  süxoat   tsoaspa  [Aova  sypdcpYj  jxtjvI  [i-sx^tp  f)'  tv8tx- 


Pergamen  LIII,  11. 

Neue  Nummer  106.    Musees  nationaux   7105  G,    Höbe    3'5™',    Breite   11™'. 

1  t  xupao)  sXaioTup^  Tcapx  vocxpa  s^xoußt^  Xoy  aXit};^  auv**  [  av]aX7]axo|JL^ 

2  £tV  luXor  r'i  Sccop'jY""  sXai°"  ^  i£  ScxazcV-s  [ji/  syp-  jx"  cTC£t'f  ly  tv^  5 

3  t  ^    =H-°"  TTStTr^pi""  5tax,  3  vo'^  stcX'' 

Das  ist:  Kupixq)  äXatoirpdro  •  icapEa/EC  Nou^(^  E^xo'jßtxopt  Xöyq)  dX£i«|i£(oc  csuv  Ö£(p  dva- 
X'.c3xo{i£V'iric  stc  -d  TüXola  rTjc  ^uop'jytjC  iXatou  {X£tpa  §£xa  ttevte  |JLÖva  •  ifpä^fq  (XYjvi  ETCciip 
ty'  iv^ixttcovoc  cxttj?  ■  5t   £[xoü   Hc'-r^piou  Siaxovo'j  xai  voraptou  £t£)j.£t(667]. 


Pergamen  LIII,  12. 

Musees  nationaux   7105  B,    Höhe  (i"'",  Breite  8-5"='». 

1  t  xoptxci)  5]t[axov(i)  j]  £X[ato]'^  itapx  icouat 

2  p  ßoyxo)vX(ovoc  jti^  [iia"*  5  cv'^/  E^ai'"'  Jf  tß 

3  [5(o5cxa]  |JL/,   cyp  [x'  xußi  t'  g'  vP/  f  5/  eix""^  x^ 

4  [oiaxovoy  xat]  vo^  cTsX"  f 

Das  ist:    Kupixcp  5taxöv(j)   xai  £)^a:oTrpd~rj  ■  irapEa/cC  Douat üitEp    [xto- 

60Ö  Ixtr^c   ivStxticovoc  EÄcttou   [X£Tpa  tß'  5(o5£xa  (xöva  •  SYpdfpYj  [xtjvi  tußl  tg'  wStxxtwvoc  •  5t' 
£{xoG  Ilsmrjptoy  5tocxövo'j  xai.  votapioo  izs'ks.mHri. 


Pergamen  LIII,  13. 

Neue  Nummer  95.  Musees  nationaux  7105A,   Höhe  2 — S™,  Breite   12'='". 

1  .   .  avo'j  £1/  V"  TcXot"'  Jf  ava)ao|x^  £)vat°"  Jf  z  '3:£Vt£ 

2  VO'  a'j'^  £T£V-' 


Die  Pariser  Papyri  ues  Fundes  von  El-Faijüm.  191 

Pergamen  LIII,   14. 

Neue  Nummer   101.   Muaees  nationaux    7105E,   Höhe   4™,   Breite   16'5"". 

1  t  x'jpaco  sXaioupT  icapx  aTCoXXto  xoutpoxcp-  ßoüßaata) 

3  t  ^    ^V^""  TC£'ci:'ript°"  Stax/  3  vo^  [  ao]^  sxcXs^  f 

Das  ist:  Kupacp  sXatoapYö)  '  irapsa^sc  'AicoXXq)  xou(p&x£pa(j,oupY(|)  (oder  xou^oxspaiASt) 
Boußaa-cto  üzsp  ävaXto(j.aTOC  synauoccoc  TtofjnuxTji;  IvStxrtcövoc  sXatou  ^saxirjv  a'  [itav  [Jiövov 
sypöt^irj  (jLTQvi  ETTSifp  %a'  sxfrjc  IvSwckövoi;  5t'  £|xoö  IIstxTjptou  5ta%övou  xal  votapioo  aöxoö  sts- 

XctCOÖT/. 

Pergamen  LIII,   15. 
Neue  Nummer  66,  Mus(5es  nationaux,   7105  D,  Höhe  S-T«™,   Breite  13'="'. 

1  t  xupcxo)  §tax/  3  Tcapx  airira  xupco  ttocijl' 

2  )(topt°"  (xoux^  j^  (j.'.a*'  5  tv§/  sXat""  __;^  xS  «txoat  xsaaap" 

3  syp"  pL  t-'  X  iv5/  ?  t  5/  £[x°"^  IT  or  3  vo'^  ctsX^   f  :  :  :  :  :  : 


Das  ist:  Kuptxq)  ^laxovcp  (xai  sXaioicpdro)  napsaxcc  ainca  Kuptp  iuot[JL£vt  ■/(optou  Mo6)(£(oc 
uiüsp  pitaöoü  SxtTjc  tv5tx-cubvoc  sXaiou  [xstpa  x5'  sixoai  xsaaapa  •  sypdip'f]  |X7jvöc  tußt  x'  ivSix- 
xtcbvoc  IxTYjc  •  5i'  £|jLO'j  ifcXTYjptou  Siaxovou  xal  voxapiot;  stsasicoötj. 

Pergamen  LIII,   16, 

Neue  Nummer  64,  Musees  nationaux   7105  K,   Höhe  4™,  Breite   lö'S"".  Links  ein  Rand  von   1'5'=". 

1  f  xupix«)  3iax/  Tcapx.  «J^cscco  irp^  svotxtoXoY"'' 

2  3  aira  tou^  cirtxcoii'  j^  |JLia^  5  iv^  £Xat"'7  ^  xS  cixoat 

3  xsaoap"  syp/  [I  9 a[x"  t5   iv^  5  f  5/  spt"'-'  tc  5tax/  3  vo^  cXsXst^  f 

Das  ist:  K'jptxq)  ocaxövcp  •  'n;ap£a)(£?  ^ssup  ■Trpsaßurspq)  svoixtoXöyq)  xat  aica  louXtcp 
£Trtxct[i.£V(f)  ÜTCsp  [JLtaÖoü  §XTY]c  tv^Lxxitbvric  sXaio'j  [iSTpot  x5'  ctxoai  xsaaapa  •  sypdcpirj  [ir^vl 
(pajxsvfbö  t^'  ivocxxuövo^  s'xxtjc  •  5t."   £[xoü  llsxxrjptou  5tax6voo  xat  voxaptou  stcXcUÖfiTj. 

Dieser  Apa  Jnlios  wird  als  zum  Officium  des  Pseeios  gehörig  bezeichnet,  durch  den 
Ausdruck  iictxstiJisvoc,  der  auch  voller  so  lautet:  £irtx£t[j.£Voc  otiaiq:  xoü  ^stvoc. 

Pergamen  LIII,   17. 

Neue  Nummer   52.    Musees  nationaux   7105C,  Höhe   3-8'="',   Breite   17™'.    Band   links   2«"». 

1  f  xyptxo)  £XatoTip-  -Tuapx  xot?  5  spXY'  otx/x    V£tXrJU  iro'' 

2  jliT  (J-ta^  5  tv^  sXat""  Jf  x8  sixoat  x£aaap"  [x/  £Yp/  jl  Ötoö  t?"  tv^  s 

3  t  ^^    -tJ"-""  'Jtstxr^pt""  5tax/  3  vo^  au^  sxeX" 

Das  ist:  K'Jptxt|)  sXatoicpaxY]  •  TcapEa/EC  xot?  xsaaapat  £pYdxatc  otxoo6[xotc  NstXou  ttoXeo); 
üTTEp  jxiaÖoö  £XX7]C  "tv^txxtöivoc  fiXaiou  [j-£xpa  xS'  £ixoat  X£aaapa  jj,öva  •  kypdfpt)  (jlyjvl  OcbO  tg 
ivStxxubvoc  ixxT^c  ^t."  £[xot}  llcXXYjptou  5tax6vou  xat  voxaptou  auxoö  ExsXstcbOTj. 


192  C.  Wessei.y. 

NeilopoHs  —  ein  Indicium  der  örtlichen  Lage  des  Schanplatzes  unserer  Geschäfte  ~ 
erscheint  hier  zum  zweitenniale. 

Pergamen  LIII,   18, 
Nene  Nummer  71.    Musc'cs  uutioiiaux   (;5(;7,    Höhe  6-6™',    Breite   10-5™.    Rand  links   1™  gross. 

2  vao^  AOY"  XP^'~  '"  W"  ''^^^^^"Z  '^^    ■J^^/  ■c""  Hsrjtpo^ 

3  xup»V  bXo.i'"'  Je  [JL  tcoaapax  ^  f  syp  (Jt   cX£t<yit  a 

4  tV^    S    t    5/    =11°'"'    ICSt'tTJpi""    5l'-   j    VO^   SXSX^t 

Das  ist:  Kupiaxcp  sXatoxpdr/j  •  nrapcO/sc  ITsaau  vaüTTj  Xoy^»  XP*^^"»  ^^"^^  P'-'^^  TcXottov 
xard  xsXsuatv  roO  OcCXf'jXdxtou  Kupou  sXatou  |jL£-pa  |x'  rsaaapdxovra  ■  sypctipT^  [xy^vöc  iirsttpl 
a'  IvStxruövoc  Tzi\).TZVffi  ■  hC  epioö  llsrrT^ptou  ^laxövou  xat  voraptou  stsXstcoÖTj. 

Der  Name  Kyros  ist  in  jenen  Tagen  nicht  selten  gewesen;  vor  Allem  denken  wir  an 
jenen  Kyros,  der  in  der  Geschichte  der  arabischen  Erobening  Ägyptens  eine  Rolle  spielt; 
der  Papyrus  des  British  Museums  auf  S.  256  meiner  Ausgabe  bietet  Z.  12  xam  xsXsuaiv 
TOü  ^saicoTOü  "i^ixÄv  Kupou  Toö  aYtourdrou  xai  6£OTt[i.Yjrou  xaTcd  eine  Stelle,  die  mit  der  vor- 
liegenden grosse  Ähnlichkeit  hat;  vgl.  Mittheilungen  aus  der  Sammlung  der  Papyrus  Erz- 
herzog Rainer,  I.,  S.  10. 

Bemerkenswerth  ist  hier  das  Vorkommen  der  Fonn  Kupiaxöc. 

Pergamen  LIII,  19. 
Nene  Nummer  69.    Musees  nationaux  6515,    Höhe  SS™,    Breite  8-5™'.   Rand  links  0-7™  breit. 

1  f  xupao)  zka.i'j'K^-  irapx  Xaixjxov 

•^  /V  T  ■cp*^'^  {Ji-    t^-"  "J^^  ^■'J  ^^^  £  f  5/  I:  5t  j  v^  EYp/ 


Das  ist:  Kuptxq)  eXatoTupdr/]  ':rap£ax£C  ?NtXd|x[xo)vi  (pavdirr'o  üirip  auiiirXTQpwaEcoc  x£pa- 
xtcov  tr/  xai  [xsrptDV  £'  ekaloo  zfjQ  ixxX'rjatac  ^Eara?  ■cpslc  |x6vouc  •  [jlyjvoc  Tra/cbv  xtj'  lv5tx- 
tuövo<;  ■JcsjjLTCTT^^  •  5td  riETXTjpiou  5totx6vou  xal  votaptou  sypdipTj. 

Das  Amt  des  (favdirrrjC,  Anzünders  der  x£Vcpo^av(i)V,  erscheint  wieder  im  Pergamen 
LXII  'yavd'jc'cou  t(i)V  y'  [iaprrjpwv,  '^ avdirtou  tou  dytoo  r£(opY{oy,  ferners  im  Papyrus  LXXXII. 

Pergamen  LIII,  20. 

Neue  Nummer  233.  Mus(5es  nationaux  7105F,  Höhe  ö"",  Breite  IS"™;  es  sind  drei  Taltungen  in  der  Breite  vorhanden, 
so  dass   vier  Strr-ifcn   zu   je    1™'   Höhe  entstehen,   ausserdem   ist  der  Papyrus   in   der  Mitte  gefaltet,   der  Höhe   nach. 

1  f  x['jpt]xo)  £Xatoxp^  xapx  ajxapr/x )  aXoÄaaxtx/  .  . 

2  tAaop'p'    ....    EAat»"/   Jf   tß    5o)5£X   \X/   £Yp    \l)   (XX    C   W^    £ 

3  t  ^    *IJ''™  "^  «^'^  5tax   j  vo^  £Ypj 

Das  ist:  K'jpixc])  i/.aioTcpdTYj  ■  xapds/cC  ^jxapax  ....  xat  GyoXaauxqJ  [Aaup 

sXato'j  (iixpa  tß'  5(ö5£xa  {löva  •  Eypd'fY^  [xy^vI  [J-E/itp  C  Iv^txTtöivot;  irsixTCtYjC  •  5f  £[Jioü  n£TCYjptoc» 
i/.ayiazo'j  ^taxövou  xai  voraptou  iypd'^Y^. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  193 

S^o^aarwic  könnte  auch  als  Eigenname  angesehen  werden,  vgl.  Procop.  1)ell.  Goth.  3, 
40,  Codex  Theod.   12,  26,  2. 

Pergamen  LIII,  21. 

Musees  nationaux   7124,    Höhe   S-S"",    Breite   12'^"'. 

1  f  x[uptx(o  ^]tax  Tzarjx  3a[JLß~  ßos>."  Jf  [xta"  ?  tv8/ 

Das  ist:  Kupwcp  Staxövco  •  xapsa/s?  Saixß''^  ßosXdro  6%kp  [xtaGoö  ExtTjc  tvSixtuövoc  iXatou 
{icTpa  ^cöScxa  tß  [Jiöva  •  SYpd^Tj  [iirjvl  tußt  t6'  IvStxttiövoi;  Ixxtjc  •  5f  £|xoO  ITstTTjptou  Staxövou 
xat  vo-apto'j  i'csX£u667j. 

Pergamen  LIII,  22. 

Musees  nationaux   6657,   Höhe   3"™,  Breite  4""'.    Fragmentarisch  erhalten. 

1  f  xt>ptx(o  £Xaio['ic]  p[^  Tcapx 

2  .  .   .  Bavto"  TCOt(JL^  [  j^  (j.ta" 

Das  ist:  Kuptxqi  sKatoxpärr;  irapsa/s?  .   .   .  Savtoo  TuotfAsvi  uirsp  |jLiaOoü  .... 

Pergamen  LIII,  23. 

Musees  nationaux   7113,  Höhe  2'2™,  Breite  ,5™.  Fragmentarisch;  Appendix  678. 

1  Xor  t'"'  6£0(puX-  xyp-"^  £^£px 

2  x]5  .  .  [A/  £Yp-  [i'  -:"  i  8  tv§/  t  8/ 

Das  ist:    Xöyq)    toO  fj£0!puXdxto'j  Kupou   £s£p)(0|X£vq)  ....  {j,£tpa  £ixoat  t£ooapa  |j,öva  . 

Pergamen  LIII,  24. 

Musees  nationaux   E.   6847,   9,   Höhe   4'5™,   Breite  4'5'=".  Fragmentarisch ;    Appendix   34. 

1  .  .  .  .  aTcJoXX/  icot|x^  [  jl^::  [Aca"  .  .   . 

2  .  .   .  .  £Yp"  [A^  x"  ^  ''^~  •   •  •   • 

Das  ist:  'AiroXXqj  icoi|j,£vt  uicEp  [itaOoy  .  .  .  £Ypd'fTfj  [JiTjvi  /otdx  xExdpr/j  ivStxtitövoc  .  .  . 

Pergamen  LIII,  25. 

Ibid.,   Höhe   .5™,   Breite   8'='". 

1 a]xoXX(o  TCOuac  )  aico^ 

2  .  .  .  .  iXacoy  ^  ]x5  £ixoat  töaaap" 

3  t  "5^  =f-^^'-^  irEttYjpto'j  ]8tax/  j  vo'^  £T£X  .  .  . 

Denkuchriftsn  der  phil.-hist.  Cl.  X.XXVII.  Bd.   Abliandl.  von  Nichtrait({liciiein.  z 


194  C.  Wessely. 

Das  ist:   .  .  .  r.a.^iayzQ  "AtioX).(o  llo-Jat  xai  'AicoXXw  .  .  .  sÄatorj   (xstpa  x5'   sixoai   zia- 

Pergamen  LIII,  26. 

Appendix   35.    Museos   nationaux  E   (5847,    10,    Höhe  4'^"',   ISrcite   ö'^™. 

1  [xo'j'^*  ahm    Jf  ß  5'jo  [x/ 

2  [XcjXS'.p    Ö    IV^   s    f 

Das  ist:  icapsaysc  Mou^p^  E).aioo  [xs-pa  §60  [xöva  .  \i.Byß.lp  h'  IvöaTuövoc  TusixTctT). 

Pergamen  LIII,  27. 

NüUü  Nummer  237,   Muscos  nationaux  6528,  Höhe  9™,  Breite  5 — O-S*"". 

1  t  x'jpufo  Staxo/ 

2  3  s).ato7rp^  irpx  Xor  ayr 

3  sxxV  pooc(ov°  ^  xaraav.' 

4  s  il'  eXaC-'  ^  ?  £$  |x/  £Yp-  [a['] 

5  X  £  ^'^^  ?  t  0/  s!J-°"  -Ä  5r/  )  vo^  stsX'' 
(i  

Das  ist:  Kupixtp  5ia%öv(i)  y.ai  sXatOTrpdxT^  •  Tcapsa/sc  Xöytp  dyta?  sxxXrjata?  'PoScWVOi; 
üTuip  %azaa'/.5'JT/C  sx'r^c  Iv^ixzuövoc  sXato'j  jxs-pa  5' sc  [xova  •  sypol^Tj  [xtjvoc  yo:d%  Tü£[XTrr(]  iv- 
§'.y.ri(övoc  £xrr/C  "  St'  sjxoö  IlsriY^ptou  S'vOtxovoy  xai  voraptou  stsXskoÖyj. 

lienierkenswerth  ist,  dass  ein  genaueres  Fixiren  des  Empfängers  mangelt. 

Pergamen  Uli,  28. 
Neue  Nummer  232,  Musecs  nationaux  651(5,  Höbe  4-2<='",  Breite   1(5'="'.    lU-chts  ein  Kund  von   2'="'. 

1  f  y.'jpcy,(o  sAaioTup^  7:apx  toi?  ya)ao|x^  spx  ^oiTjaat  tac 

2  a^tctTap-  eXai"''^  y  -psic  |x',   syp"  [x    stcsi'/   iC  ^v'^  otpx  c  f  0/  £|x°'^  zs-ct'i 
.3  ^'.ay.    5  vci^  au^  stsX"  f 

Das  ist:  IvDpiy.q)  £/.at07tpdr(]  •  xapsa/cC  roi?  yaXy-oix  .  .  .  £pyo[X£Votc  xottpai  -cd?  aata- 
-ap  ....  s/.a'lou  ^sora;  y'  -pslc  [xövo'jc  •  iypd'fY^  [xy^vc  £ir£t(p  tC  ivoaiuövoc  dpy^  ixTYjc  • 
5i'  £|xo'j  ll£"Yjp{oy  i^taxövo'j  %al  votaptou  auroü  itcXctoVJY^. 

Die  deutlich  erhaltenen  Zeichen:  iTCEl'f  iC  tv5(wtC(j)V0(;)  o'-px(^)  (**'C''3C)  sind  von  um  so 
grösserer  Wichtigkeit,  als  durch  die  fortlaufende  chronologisclie  Kette  dieser  Ölrechnungen 
der  Beginn  der  VI.  Indiction  ohnehin  bis  jetzt  schon  genügend  eng  begrenzt  war;  denn  das 
mit  Nr.  6507  bezeichnete  Schriftstück  ist  am  25.  Juni  der  V.  Indiction  geschrieben,  dagegen 
schon  am  7.  Juli  zählt  num  die  VI.  Indiction  in  Nr.  7105  G  —  denn  die  richtige  Hezieliung 
dieses  Datums  ergibt  sich  aus  Nr.  6505,  das  mit  dem  2.  Juli,  jedoch  der  VII.  Indiction 
datirt  ist.  Daran  schliesst  sich  Nr.  7105  E  vom  15,  Juli  der  VI.  Indiction,  ferners  Nr.  6687 
vom   18.  Juli    der  VI.  Indiction,    Nr.  6511   vom  2.  August  der  VI.  Indiction;    überall  liier  er- 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  195 

scheint  jedocb  dit-  Angabe  des  Datums  ohne  den  Zusatz  dp/-?),  der  sich  also  am  12.  Juli 
zuerst  zeigt.  Daraus  ergibt  sich  endgiltig,  dass  durch  einen  solchen  Zusatz  der 
ungefähre  Posten  des  Datums  in  der  Indiction  bezeichnet  wird,  und  nicht  der 
Anfangstag. 

Zwei  nahverwandte  Texte  dieser  Art  finden  sich  auch  auf  Papyrus: 

Nummer  6687. 
Höhe  10™',  Breite   10«"'. 

1 irapx]  ^aiAtctvoj 

'd  vTj  q  V  f  5    sjx""  iCcT'CTjpt  §tax/ 
4  )  vo^  ezsl"  

Das  ist:  irapsaysc  Aa[J.taV(p  itaps/ovci  sXatou  [istpov  a  §v  jjtövov  •  sypöc'^Yj  [JtTjVÖi:  sitsicp 
xS'  sxrT^c  iv5ixii(bvoc  •  5i'  sjjloö  Flstr/jpcou  Stanovoo  xat  voxaptou  sxcXsctoOvj. 

Papyrus  Nr.  6673. 

Neue  jS'ummcr  15y,   Höhe  S""",   Breite  10""  Schrift  auf  den  Horizontalfasern;   Faltungen  vcrtical  in  den   Distanzen 
3'.5,   3'5   und    3'""  und   ausserdem  horizontal  in  den   Abständen  0"6,   1'2   und    1'2°", 

1  t  it'jpao)  aXatoitp'  xapx  tote 

2  a'j[jL[j.x  T""'  Oso'^uX"  xup""  spx/  st/'^  110^  sJvai"'''  _^  ß. 

3  ouo  [J,    £Yp"  \).    x"  '^^  ^''^°    ^  t  ^/  s^*-^^ 

4  TC£T'C7Jpl°"    5taX/   3    V^    STcX" 

Das  ist:  K'jptxtp  EXaioicpdxr^  zapsa^sc  voIq  aujAiAd/occ  toy  6£o<puXdxxotj  %6pou  £p)(0{jL£vot!: 
£"ic  TT^v  TcöXtv  iXatoo  t,Bazac.  ß'  5uo  [xovouc  .  EypdcpTj  [iirjvoc  )(otdx  xa'  Iv^iicctcövoc  HEixirrirjc  . 
5t    £(xoO  nEtf/jpiou  5toix6vo'j  xat.  voxapio'j  £'C£X£uo6rj. 

Hier  müssen  wir  vor  Allem  an  die  ägyptische  Variirnng  der  Bedeutung  des  Wortes 
a6[X|xa"/0(:  denken;  es  heisst  , Briefträger',  wie  J.  Krall  in  den  Mittheilungen  aus  der  Samm- 
lung der  Papyrus  Erzherzog  Rainer,  III.,  61  des  Näheren  auseinandergesetzt  hat,  der  aus 
koptischen  Papynis  auch  einen  Archisymmachus,  Oberbriefträger,  nachweist.  Auch  passt  zu 
der  hier  erwähnten  Institution  von  Briefboten  eines  geistlichen  Würdenträgers,  was  im  Bre- 
viarium  Liberati  Diaconi  c.  XXIII  erzählt  wird:  cogitante  Paulo  episcopo  removere  Eliam 
magistrum  militum,  Psoius  quidam  diaconus  et  oecononms  ecclesiae  amicus  Eliae,  per  por- 
titores  literarum  velocissimos  pedestres,  (juos  Aegyptii  syimnachos  vocant,  omnia  molimina 
Pauli  Eliae  scribebat.  Instructiv  für  die  Organisation  und  die  Verhältnisse  der  ägyptischen 
Briefboten  sind  mehrere  Papyrus  der  Sammlung  des  Erzherzogs  Rainer  aus  dem  V. — VII. 
•Jahrhundert;  aus  ihnen  erhellt,  dass  selbst  Ortschaften  auf  dem  Lande  ihre  eigenen  Brief- 
boten hatten,  die  dem  , Schreiber  des  Ortes'  unterstehen,  da  sie  von  ihm  ihr  Honorar  er- 
halten; der  jährliche  Lohn  beträgt  zwei,  auch  mehr  Solidi.  Quittungen  darüber  lauten  z.  B. 
so:  ,Ich  Nahrau,  Sohn  des  N.  N.  Briefträger,  aus  der  Stadt  Arsinoe  gebürtig,  wohnend  in 
der  Kentauren -Vorstadt,  habe  von  dir  Andreas,  dem  Ortsschreiber  von  Tamanis  die  mir  Jahr 


196  C.    WilSSELV. 

ftir  Jahr  gegebeuen  zwei  Goldsolidi,  jeden  bei  5  Karaten,  sage  zwei  Goldsolidi  jeden  bei 
tuuf  Karaten,  als  meinen  Lohn  für  die  hiufende  zwölfte  Indicatioii  vollständig  und  riehtig  er- 
halten. Geschrieben  am  10.  Phaophi  der  zwölften  ludiction,  von  mir,  Pliib,  dem  Urkunden- 
schreiber.' 

Nr.   9073  aus  dem  VI.  oder  VII.  Jahrhundert: 

1  t  s^x^v  xai  sitXtjPooOyjv  syco  vaapaouc  au[jL{xaxoc 

2  utoc  iCToXoixato"  zapa  ao"  avöpso"  Ypa[JL|X3"  x(o[j.Tyi; 

3  rajAiJLavswc  ~n  xar  stoi;  5t8o[i£va  [lot  irapa  aou  Xoyio 

4  [|i.iaÖou  s(oc]  tov  ^atotpt  [xirjva  Xsyo)  §y]  uirsp  xtjc  napsXöj 

5  TCcVTcxatScxatYji;  tv)  xp'-*^^^"  voiiiaiAaita  5uo  sxaaxov 

6  icapa  xspatta  tcsvcc  -/p  v"  ß  sxaaTj  ic/  xsp/  s  £Y(pa^irj)  [jlt]" 

7  sirsi'f  xC  apX3  'J^pw-"'}?  tvj  f  §t  sfjio"  iptß  aufJißoXatoYp 

Eine  zweite  lautet  so:  Ich  Nephera,  Briefträger,  habe  von  dir  Andreas,  dem  Ortsschreiber 
von  Tamauis,  die  mir  Jahr  liir  Jahr  gegebenen  drei  Goldsolidi,  bei  15  Karaten,  als  meinen 
Lohn  tiir  die  laufende  fünfte  ludiction  vollständig  und  richtig  erhalten.  Geschrieben  am 
23.  des  Monats  Phaophi  der  fünften  ludiction  von  mir,  Phib,  dem  Urkundenschreiber. 

Eine  tlritte:  Ich  Nahrau,  Briefträger,  Sohn  des  Ptolemaios,  habe  von  dir  Andreas,  dem 
Ortsschreiber  von  Tamauis,  die  mir  Jahr  füi*  Jahr  gegebenen  zwei  Goldsolidi  jeden  bei  fünf 
Karaten,  sage  2  Solidi  in  Gold  jeden  bei  fünf  Karaten  vollständig  und  richtig  erhalten;  es 
ist  dies  bis  zimi  Monate  Phaophi  mein  Lohn  für  die  verlaufene  15.  ludiction.  Geschrieben 
am  27.   Epiphi,  Anfang  der  ersten  ludiction,  von  mir,  Phib,  dem  Urkundenschreiber. 

Eine  vierte:  Ich  S Brief  böte  aus  Arsiuoe,  habe  von  dir  (Andreas),  deui  hoch- 
achtbaren Ortsschreiber  von  Tamanis,  (die  mir  Jahr  für  Jahr  gegebenen  x  Solidi)  —  es  ist 
dies  mein  Lohn  ftir  die  laufende  vierte  Indiction  —  vollständig  und  richtig  erlialten;  ge- 
schrieben am  8.  des  Monates  Phaophi  von  N.  N. 

Aus  eineui  l*apyrus  des  IV.  Jalirlumderts  der  erzherzoglichen  Saunnlung  geht  ferners 
hervor,  dass  die  Ortschaft  Tale  zwei  Briefboten  hatte,  die  einem  dortigen  Posten  zugetheilt 
wurden. 

Papyrus  6657. 

Höhe  3™,  Lrcitc  7™.  Schrift  auf  den  Vcrticalfasern. 

1  f  Tiupixco  £Xato['7cpainrj  irapcoycc   u-Jisp  [xtaö&u 

2  aavco"  %rji\i}  ly  i"'  [aXatoa  [xstpa  xoaa^s 

Wir  schliessen  noch,  der  Ähnlichkeit  des  Stoffes  halber,  die  in  anderen  Samnüungen 
enthaltenen  Stücke  an. 

Pergamen  CXIII,   17,  des  British  Museum. 
Höhe  S«"",  Breite  ;r2™'. 

1  t  %'jpiay.oj  cXatoTTp'  napx 

2  tote  ya/.zoupr  ^  avaÄa)[j.-  s.Kni"-'  Jf 

3  S  icoaap"  cYp"  |Jl"  IAcO"  tg  lY'  5 

4  t  5'  «[J-""'  i^s'C'c'''  oiax,  3  vo^  £t£)y 


Die  Pakisek  Pai'yui  des  Fundes  von  El-Faijüm. 


197 


Das  ist:  Kopiaxöi  £Äato'!r,odx'(]  irapsa)rsc  tril?  j^aXxoupYOic  ÜTcsp  dva/>(ü[J.atoc  sXaiou  {xsipa 

5'  rsaaapa  •  sypd'fYj  [xyjvI  jjisaoprj  i?'  i,v5!.%-c[.(üVoc  Iäxtjc  8i'   £[jloö  IkxtTjptotj  Scaxovoo  xai  vo-ca- 

In  einem  Pergamen  der  Sammlung  des  Erzherzogs  Rainer  werden  ,%ava  xsXsuotv  Toü 
Öeo(puXd%TOU  Tiupou'  —  wie  in  Musdes  nationaux  6507  —  nicht  weniger  als  80  Xestes, 
der  höchste  Betrag,  der  hier  vorkommt,  dem  Sarazenen  Choneeis  angewiesen;  das  Datmn 
ist  der  2.  März  der  VI.  Indiction.  Dieses  Stück  hilft  nns  dm-ch  diese  Angabe  die  Zeit  unserer 
Urkunden  genauer  auf  die  Periode  der  arabischen  Eroberung  zu  beziehen  und  es  ist  wahr- 
scheinlich, dass  die  V.  Indiction  dem  Jahre  647,  die  VI.  Indiction  dem  Jahre  648, 
die  VII.  Indiction  dem  Jahre  649  nach  Chr.  angehört. 

Ein  zweites  Pergamen  derselben  Sammlung  vom  19.  Mai  der  VI.  Indiction  hat  die  An- 
weisung von  6  Xestes  Ol  an  den  Schiffer  Pheos  mit  der  Motivirung  uirsp  dvaXwjxaTOC  CLÖzoö 
Tzkomy  zmn  Gegenstande. 

Zur  Erleichterung  der  Übersicht  folgt  eine  Tabelle  über  den  Inhalt  unserer  Urkunden; 
die  Daten  sind  nicht  auf  Schaltjahre  berechnet. 


Datum,  Indiction 


Motivirung 


Empfänger 


Aufbewahrungsort  und 
Nummer 


18.  November  V. 

1.  FebrucarV. 

11.  Februar  V. 
23.  Mai  V. 


24.  MaiV. 

25.  Juni  V. 


28.  Juni  V. 
7.  Juli  VI. 

12.  Juli  VI.  if/J 
15.  Juli  VI. 

18.  Juli  VI. 
3.  August  VI. 

9.  August  VI. 
25.  August  VI. 

6.  September  VI. 

13.  September  VI. 
1.  October  VI. 

Octob.  od.  Nov.  VI. 


cp/oiJisvo'.?  v.c  ty;v  kiai 


'JZ£p    jAtcÜcij    c'    IvB'.y.TllüVSC 

iffisp  c'j|Ji.7:"AY;p(i)J£ü);  /.äpaTi'wv  ir;' 

v.a.\  iJ.STpt))v  £'  eXaiou  tSjc  ex- 

y,AY;c!a; 
üzsp   CSSlX 
XsY<i)    xptcew;   ~(5v   [ao'j   -Asicov 

/.axa  x£A£uctv  xoü  Oeo^uXax.- 

Tou  xupou 
epYa^sfievoti;  dz  t/jv  AXßtX 
Xo^w  aXeiticü)?  st?  xa  itXoT«  vqz 

oiwpuYij; 
epXCiJievo'.;  zotr^cat  xac  äoxaxap  . . 
üxsp  ävaXw[Aaxo?  SY^.aucetov 
rape/svxi 
üxep  ävaXwixoxo?  £pYa?o[xeva)v  £t? 

xa  TrXo'ia  x^?  Stopu^^S 
ü'::£p  ävaX<I);j.arT5; 
XoYo)  ä£p[/.ax(üv  Sq  ßaoxa/OEvxwv 

S'.ä 
vergl.  MN.  6511. 
ü:;£p  |j.tcOs'j  SKI-/;!;  tvätxxiwvc? 
Xo^w  aX£(ii£(j)?  v£ou  xXoi'ou 
•j-sp  iJ.i(;6o'j  C/.XY;;  tvSaxiüvoq 


2 

12 

24 
3 


4 
40 


4 
15 

3 
1 
1 
3 

4 
1 


24 

5 

36 


xot;    a)ij,|Aä/_oi;   xoD    6eo-  |  MN.  6673  (Papyrus). 

9uXäx.xou  x.6pou 


o|xapax  .  .  y,at  ox"^""^'^'" 
XU  xat  |xaup  .  . 

*l>a|ji  xoi[X£vt 

.  .  .  .  oaväxTY)  für  Be- 
leuchtungszwecke 

Ziuivvtw 
n£jau  vaüxr, 


xoi?  vauTCYjYot; 
Nou(fa  E^y.cußixopt 

xot<;  yaXy.oiJ.  .... 
AzoXXü  xoufoy.EpapLsT 

Aü^äpo)  xaXa9 

xcT?  /_aX/.supYoT? 
'ÄYaÖsvacj 

xot;  y.aXao 

ä'  £pYäxai?  otxsSoiJiot; 


vier  Personen 


MN.  7 105  F. 

MN.  6526. 
MN.  6515. 


MN.  7105M. 
MN.  6507. 


MN.  6513. 

MN.  7105G. 

MN.  6516. 

MN.  7105E. 

MN.  6687  (Papyrus). 

MN.  6511. 

British  Museum. 

MN.  6514. 

MN.  6972. 

MN.  7105  C. 

MN.  6504. 

MN.  6521. 


198 


C.  Wessely. 


Danini,  Iiiilk-tioii 


Motivirung 


10.  November  VI. 

2.  December  VT. 
5.  December  VT. 
5.  Jänner  VI. 

14.  Jänner  VI. 

14.  Jänner  VI. 

15.  Jänner  VI. 
17.  Jänner  VI. 

17.  Jänner  VI. 
27.  Jänner  VI. 

3.  Februar  VI. 
10.  Februar  VI. 

18.  Februar  VT. 

2.  ]Härz  VI. 

3.  März  VI. 
10.  März  VI. 


29.  März  VI. 

17.  April  VI. 

1.  Mai  VI. 

19.  Mai  VI. 
25.  Mai  VI. 

2.  Juli  VII. 

10.  Juli  vn. 

27.  August  VII. 


XsYti)  xaiaoxsuiji;  .  .   .  vsai; 
Xsvw  i'r.uq  v/.%Kri<j'.oc(;  'PoScWVO? 

iwsp  avaXwjxaTo; 

üwep    IJMSOSJ    ixTYi?    'vStX-C'.tüVS? 

Cmsp  jAüftsj  £XTT,;  ivStÄitüvsc 

fesp  jA'.cÖsü  s'xty;?  !v2ty.TuT)vs? 

Cmep  •R|jn5;j.aTo; 

ü'ssp  [xtsOsü  iy.tr;?  ivBi/.Ti(Ji)vo(: 

YSVVWTT] 

üicsp  jxiiOgu  r/.Tr,;  tvoaT'.wvo? 
ÜTC^p  |/.t39ou  Ex-rr,?  tvStxTiüivoc 
üzep  [x'.sOsj  EXTrji;  ivSixthovo; 
xxTa    xeXsuciv    •:oij    6£09UAax.T5u 

XUp9'J 

X4y<p  essBiipou  vgl.  MN.  6520. 
ü::sp  jX'.iOsj  r/.T»;;  ivof/.xiwvo; 


ftir  die  Herstellung  von  Zie- 
geln 

XJYti)  xpiasu)?  xa|/.-(5X(ov 
ixsp  ävaXwy.ÄTSi;  kXsisu 

üitsp  xyaX(>)i/,aTO(:  .   .  -Xsitov 

flir  das  Holzschneiden 

fe^p    xi[AV5VTS?    ■TüXotSU 

Jmsp  ävaXw|j.aTo;  xXotwv 
eiff£p/C[ASV(i)  ä-;  naXatcTtvriv 


2 

6 
12 

H 
12 

24 

24 

11 

24 

24 
20 
12 

80 

3 

24 


Empfänger 


2 

6 

6 
2 


uitsp  xaiacXi'jTJ; 
IIsuTi  ßouy.sAü) 
FstopYio)  •^OTaniXY) 
£a{*ßä  ßoeXaT») 
Aav;o  rotixev. 
aTC«  Küpü)  '::ot|j.evi 
0eo3up(i)  IIkjXo'j 
Mr|Va  7rot[jL£vi 
TYJ  Yuv«c/,(  .   .   . 
tsXq  ä6o  övsAaT«!? 

ST£!paVü) 

■XoviE'.q  SapaxiQVü) 

©soSwpw  7_apTouXap((i) 
'I'£j£((i)   EvotxwXiYW  und 

seinem      Schreiber 

Apa  Julies 
aTt«  OX  'jvX'.vOojpYw 


pot; 
<1>£0);  vaÜT/j 


TOi;    0     -pa)-5zpiaa3t    Ta 
?iXa  Tsu  [xsvacTTYjpiou 
ToT?  /.xXap  .   .  . 
ToT;  xaXa^  .   .   . 
äira  'OX  !Soucppi[j.£ 


Aufbovvalirungsort  iiiicl 
Nummer 


MN.  71051. 

MN.  6528. 

MN.  7105  B. 

MN.  6508. 

MN.  7124. 

MN.  6517. 

MN.  7105  D. 

MN.  6520. 

MN.  7105  L. 

MN.  (;524. 

MN.  7105H. 

MN.  7105N. 

MN.  6512. 

Sammlung  des  Ei-zher- 

zogs  Rainer. 
MN.  6510. 
MN.  7105K. 


MN.  6518. 


MN.  6509. 
MN.  6506. 


Sammlung  des  Erzher- 
zogs Rai 
MN.  6502. 


zogs  Rainer. 


MN.  6.505. 
MN.  6519. 
MN.  6803. 


Man  sieht,  das  ganze  Privatleben  jener  Zeiten  spiegelt  sich  gleichsam  in  dieser  Öl- 
reclmung  ab.  Wir  wollen  insbesondere  bemerken,  dass  das  zi\>.ri\ia  im  JjVnner  gezahlt  wird; 
in  demselben  und  dem  folgenden  Monate  kommen  die  meisten  Löhne  zur  Auszahlung.  Vom 
Mai  angefangen  sind  Zahlungen  flir  die  Schiffe  einge.stellt.  Hirten  erhalten  in  der  Regel 
24  Xestes  Öl,  Ochsen-  und  Maultliiertreiber  die  Hälfte.  Ebensoviel  entfiel  wold  auf  den  Haus- 
administrator Pseseios  imd  dessen  Schreiber.  6  Xestes  erhalten  Bau-  und  Schiffarbeiter.  Öl 
wird  auch  zu  Beleuchtungszwecken  dem  Beleuchtungsintendanten  gegeben,  femer  als  Almosen 
flir  arme  Weiber  und  Pilgrime.  Von  der  Bedeutung  dieser  sich  durch  drei  Indictionen  er- 
streckenden Kette  von  Urkunden  für  die  Frage  nacli  dem  Indictionsanfange  haben  wir  oben 
gesprochen. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Fauüm.  199 

Bevor  wir  uns  nun  zu  anderen  Gruppen  unserer  kleinen  Urkunden  wenden,  wollen  wir 
Einieres  zu  der  formellen  Seite  derselben  bemerken. 

Die  an  Kyrikos  gerichteten  Schriftstücke  beginnen  mit  der  Einleitung  'Tcapsa/sc.  Ihnen 
stehen  wieder  andere,  Quittungen  also,  gegenüber  mit  dem  Beginne  Tiapyja/c  (=  izapiayjj^ 
oder  Tza^iays)  im  Plural  irapr^ayy  (=  Tiapsa/ov,  icap£a)(0[i,sv  je  nachdem  subjectiv  oder  ob- 
jectiv  stilisirt  wird).  Wir  haben  die  Beobachtung  gemacht,  dass  wenn  auch  die  Schreibungen 
irapYjaX,  irapYjax  etc.  angewendet  werden,  immer  die  Augmentirung  t]  trägt. 

Andere  häutig  wiederkehrende  Anfänge  sind  ea^ov  oder  sirXTjpcoÖTjv  und  deren  Verbin- 
dung sayov  y.7.i  STrXr^pcoÖYjV. 

äy(a  syco  oder  verkehrt  syc»)  6  5stva  üyio;  bei  abermaliger  Quittirung  xat  Vöv  syo)  eyw. 

i3£td[xr^v,  £5£^d[ji£6a. 

Noch  andere  Stücke  beginnen  alsbald  mit  der  Datirung  nach  Monat,  Tag  und  In- 
diction. 

Der  Unterschied  zwischen  unserer  zweiten  Gruppe  und  den  Contracten  ist  augenschein- 
lich aus  dem  Beginne  sofort  ersichtlich;  bei  diesen  lesen  wir  zuerst  das  Protokoll;  dann 
beginnt  in  der  Form  der  Epistula  der  Contractkörper,  der  mit  dem  Worte  6[j.oXoy(o  oder 
einer  ähnlichen  Wendung  die  Sache  selbst  vorträgt. 

Indess,  häufig  genug  ist  diese  Stilisirung,  verbunden  mit  der  Eigenthümlichkeit  des 
Fornuits  das  Einzige,  was  bei  der  sonstigen  Aehnlichkeit  des  Gegenstandes  und  der  sprach- 
lichen Ausdrucksweise  charakteristisch  bleibt;  den  nach  der  ersten  Gattung  stilisirten  Mieths- 
contracten  z.  B.  stehen  wieder  solche  gegenüber,  die  nach  der  zweiten  Art,  gemacht  sind; 
den  kleinen  Quittungen  wiederum,  die  mit  der  Formel  iayov  xai  STTÄTjpwÖTjV  beginnen,  stehen 
Quittirungsiu'kunden  nach  der  ersten  Art  gegenüber.  Vielleicht  geschah  jedoch  dergleichen, 
um  die  Kosten,  welche  bei  einem  grösseren  Contracte  schon  z.  B.  für  das  Schreibmaterial 
allein  bedeutender  waren,  zu  vermindern;  sehen  wir  ja  doch  Praktiken  ähnlicher  Art  auch 
ander^veitig  ausgefilhrt:  bekanntlich  sind  die  Kaufcontracte,  die  sich  auf  Übertragung  von 
Grund-  und  Hausbesitz  beziehen,  gross  und  voluminös  gewesen,  wie  es  ja  schon  die  Papyri 
aus  This  und  Panopolis  zeigten;  da  sehen  wir  jedoch,  dass  Aurelia  Maria  aus  der  Familie 
des  bekannten  Purpurhändlers  Pachymios  durch  einen  geschickten  Darlehensvertrag  eine 
solche  kostspielige  Urkundung  zu  mngehen  weiss,  indem  sie  ihrer  Schwester  Aurelia  Johanna 
die  höchste  Summe,  die  auf  den  in  Betracht  kommenden  Hausantheil  aufzunehmen  angeht 
(für  immer)  leiht,  wofür  ihr  Aiirelia  Johanna  erklären  muss:  ,du  hast  das  Nutz-  und  Wohn- 
recht von  ihm  als  Aufleistung  fllr  die  Anleihe  und  es  ist  weder  mir  noch  meinen  Erben 
erlaubt,  eben  dieses  Drittel  Hausantheil  oder  auch  nur  einen  Theil  desselben  neuerdings  zu 
verpfänden  oder  zu  verkaufen  oder  sonst  irgend  eine  Verfügung  mit  demselben  zu  treffen, 
bis  zur  Rückstellung  und  vollen  Bezahhmg  dieser  Schuld  bei  sonstiger  Gefahr  für  mich', 
Wiener  Studien  VII,  132.  —  Vielleicht  sul)stituirte  man  also  eine  quittungsartige  Urkunde 
dem  kostspieligen  notariellen  Contracte  bei  mannigfachen  Gelegenheiten. 

Wenn  wir  uns  an  die  Geschichte  des  Contractes,  wenn  auch  nur  des  Protokolles  er- 
innern, so  steht  eine  lange  Kette  von  Erscheinungen  eines  Entwickehmgsprocesses  uns 
gegenüber,  der  durch  viele  Jahrhunderte  sich  hinzieht.  Die  Vorläufer  dieser  Urkundenart 
sind  die  griechischen  Ostraka,  denen  zahlreiche  demotische  Quittungen  auf  Pajjyrus  und  Thon- 
scherben  zur  Seite  stehen.  Den  Vergleich  wollen  wir  in  einem  Falle  durchführen. 

Die  Quittungen  also,  welche  amthch  für  die  Bezahlung  der  Grundsteuer  in  Naturalien, 
auch  in  Geld,  ausgegeben  wurden,  waren  so  stilisirt:   1.  Monat  und  Tag,  2.  Indictionssteuer 


200  C.  Wessely. 

gehen  voraus  der  Angabe  3.  der  steuerpflichtigen  Ortscliaft  und  4.  des  Steuerträgers;  es 
folgt  5.  das  Steuerquantuni,  6.  die  Unterschrift  eines  Beamten  mit  der  Vormerkung  .ich 
habe  eingezeichnet',   7.  Unterschrift  des  Ausstellers  der  Quittimg, 

Die  Ostraka  wieder  stilisiren  in  diesem  Falle  so:  ,es  sind  vennessen  worden  (o.  ä.)  in 
den  ÖTjaaupo?  der  Metropole  oder  des  Dorfes  (cf.  3)  aus  der  Ernte  des  und  des  Jahres 
(cf.  2)  .  .  .  auf  den  Namen  des  und  des  Steuerzahlers  (cf.  4)  ...  so  und  so  viele  Artaben 
Getreide'  (cf.  5);  am  Schluss  der  Name  des  Beamten  (cf.  6)  mit  dem  Zusätze  ,ich  habe  ein- 
gezeichnet' (Jahrb.  d.  Ver.  v.  Alterthsfr.  im  Rheinl.  LXXXVI.  2.57).  Dergleichen  Analogien 
sind  in  Ägypten  nicht  unerhört,  wo  -wir  durch  Jalu'hunderte  eine  Institution  verfolgen 
können. 

Einen  bedeutenden  Unterschied  können  wir  aucli  schon  in  den  Urkvmden  des  I. — III. 
nachchristlichen  Jahrhunderts  machen.  Die  einen  tragen  ein  umfangreiches  Protokoll  an 
der  Spitze,  das  u.  A.  auch  die  Datirung  nach  den  Jahren  der  Kaiser  enthält,  deren  Titu- 
latur jedoch  in  kürzerer  Form  erscheint;  es  folgt  dann,  objectiv  stilisirt,  der  Contractkörper. 
Anders  bei  einer  zweiten  Gruppe.  Diese  ist  subjectiv  stilisirt,  hat  kein  Protokoll,  dafür 
findet  sich  am  Ende  die  Datirung,  wobei  die  Kaisernamen  oft  genug  in  der  vollen  Titulatur 
erscheinen.  Wir  geben  im  Auszuge  Beispiele  von  solchen  Scliriftstücken  aus  der  Saumdung 
der  Papyrus  Erzherzog  Rainer.  Nr.  1530  , Markos  Aurelios  Apollonios  entbietet  dem  Markos 
Aurelios  Nabrion  ....  seinen  Gmss;  ich  erkläre  von  dir  als  Depositum  fünfhundert  Drach- 
men, vollzählig,  aus  einer  Hand  in  die  andere  zugezählt  .  .  .  erhalten  zu  haben,  die  ich  bei 
mir  so  bewahren  werde,  dass  mir  kein  Tadel  und  Vorwurf  erwächst;  ich  will  sie  dir  als- 
bald   zurückgeben,    wie    du    sie  verlangst,    ohne    es    auf   einen    Process    und    Richtersprucli 

ankommen   zu   lassen,    ohne  jede  Widerrede Im  Jahre  vier  unseres  Kaisers  xmd 

Herrn  Gaios  Julius  Veros  Maximinos,  des  Frommen,  des  Glücklichen,  des  Erlauchten,  des 
grössten  Germanikos,  des  grössten  Dakikos,  des  grössten  Sarmatikos  imd  des  Gaios  Julios 
Veros  Maximos,  des  grössten  Germanikos,  des  gi'össten  Dakikos,  des  grössten  Sarmatikos, 
des  illustren  Cäsars,  des  Erlauchten,  Sohnes  des  Erlauchten,  im  Phaophi.  Ich  Markos  Aurelios 
Apollonios  —  so  folgt  die  eigenhändige  plumpe  Unterschrift  —  habe  das  Depositum  von 
fünfhundert  Drachmen  Silbers  erhalten  und  werde  es,  wie  vorliegt,  zurückgeben.'  Nr.  1401 
derselben  Sammlung  lautet  so:  ,Ammomos,  Kosmet-Stellvertreter,  gewesener  Prytane,  Ge- 
meinderath  von  Herakleopolis  an  Ten  .  .  .  auch  genannt  Demetrus,  Tochter  der  Posis  und 
des  Onnopliris,  mit  ihrem  Manne  (als  Vormund);  ich  erhielt  von  dir  als  Ratenabzal düng  vom 
schuldigen  Kapital  und  dessen  Zinsen  im  Betrage  von  einem  Talente  fünflnmdert  Drachmen 
bei  Haftung  mit  all'  deiner  Habe  der  Schuldurkunde  gemäss,  3000  Drachmen  Silbers;  es 
bleibt  mir  die  Forderung  bezüglich  des  Restes  von  3500  Drachmen  vollständig  aufrecht. 
Im  Jahre  dreizehn  unserer  Kaiser  und  Herrn  Severos  und  Antoninos,  am  vierten  Phar- 
muthi.' 

Mögen  wir  nun  einerseits  in  den  Urkunden  unserer  Gattung  die  Fortentwicklung  der 
in  den  Ostraka  repräsentirten  schriftliclien  Beiu-kundungsform  sehen,  oder  mögen  wir  bei 
ihnen  die  Ähnlichkeit  der  Contracte  der  ersten  Art  im  Auge  behalten,  auf  jeden  Fall  liaben 
wir  den  Vortheil,  an  der  Hand  von  Analogien  in  dieses  Gebiet  einzudringen,  von  einem 
bekannteren  Gebiete  in  dieses  neue.  Wir  beginnen  damit,  dass  wir  den  Papyrus  4018 
des  Louvre,  einen  Contract  von  grosser  Ähnlichkeit  mit  den  Quittimgen,  an  die  Spitze 
stellen. 


DiK  Pariseu  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  201 

Papyrus  LIV. 

Höhe  29"='",  Breite   13-3™. 


1  cUOcßj  7j[j.(ov  Ssa-jc) 

2  ZOO  a]«ovtou  aofooazoo  xj 

3  auroxpazopoc  szooq  tou  3civoc  Ssxanrjc]  tvj 
4 ?  a'jp7j?.to? 

5  CITTO    %(0[JL7J?     .    .    .    JcCOC    XYjC 

G  apxaÖLac  ]  STiapx^^?  icouov 

7 T(o  apa'yoiz'q 

9  STCtjxsXYjtTj  rao-TjC  ttj?  ap 

10  jIvo'.tcov  xoAswc  5^  sayov 

11  'All  STcXr^ptoÖYjv  Ttapa  aou  3ia  X*^P^^ 

12  ta  xaz  stoc  irapcXOtASva  [loi  Xoy« 

13  auvTjöctas  Xsyo)  §rj  UTUsp  tYjc  svsa 

14  "ccoaYjc  ScxatYjC  l'vj  xspiAairoc  xspa 

15  ua  ?)]uo  [  Xcp|J.(]  xsp/  ß  zat  itpoc 

16  'JjJicTspav  aa?pa]Xscav  -ra'jTYjv  '7C£Tr[oi]7j|i.ac  aot, 

17  r'/jv]  ctiro^stScv  xuptav  o'jaav  xat  STCsp/'^i^^ 

18  arjpTjXcoc  J 

19  'fBoyjy  Tov]  z\t.oy  jj.7]a[0ov  .... 

20  ...  .  xat  auix'fcovt  [{JLo]t  .  .   .  TzaoXoc   =YponJ;[a 

21  UTCSp  au-ou  Tcapov-oc]  aYpa(j.[j,aTou  ovioc 

22  .  .  .  [iapTupco  nrjvJSs  tyjv  aa(p[aX£tav  .  .  . 


In  Z.  7  dürften  wir  vielleicht  irouöv  ('J[i.lv)  ti^v  dvrXsiav  oder  dgl.  ergänzen;  jedenfalls 
ist  hier  die  Erwähnung'  des  Handwerkes  luiseres  Aurelios  wahrscheinlich,  in  seinem  Ver- 
hältnisse (Z.  13)  zu  Phoibannnon  insbesonders;  ähnlich  so  geben  die  Zwillingsschwestern  im 
Serapeum  ihre  Beschäftigung  an  mit  den  Worten  TCOtri'jaat  [i^yakac  Xeiz>j'jpyirxQ. 

Lassen  wir  also  hier  die  Einleitung  Z.  1 — 10  ans,  —  sie  besteht  aus  der  Formel  £V  övö- 
jJLaxt  .  .  .,  wie  natürlich  im  VI.  Jahrhundert,  da  unser  Contract  geschrieben  ist,  enAvartet 
wird,  dem  Datimi  na(^h  dem  Regierungsjahre  des  Kaisers,  der  Indiction,  Monat  imd  Tag, 
dann  der  Gmssformel  der  Epistida  —  und  beginnen  wir  mit  den  Worten  so'/ov  xai  iTcXrj- 
pcoÖTjv  wie  sonst  unsere  Quittungen  anheben,  ändern  wir  noch  ein  Avenig  die  Wortstellung, 
und  wir  haben  alsbald  folgende  Qiiittung  ganz  in  der  Art  vieler  anderer  kleiner  Urkunden: 

lo/ov  xai  STcXTjpcoOr^v  syw  AüpT^Xtoc irapa  aoü  toO   fia'Jii.aGuozdzoo  (I)otßd|j.[Ji(ovoc 

s-tccixcXyj-oO  tauTTjC  zfjC,  Apacvoixcöv  tzöXbwz  hia  X*^P^^  ~^  '"■^'^  ^'^^^  icapsxoiJLcvd  [aoi  ^öyip 
a'JVY/Jstac  Xsyto  oy;  OTtsp  zffi  ivsa-ctocY^C  SsxdiYj?  ivStÄ-CKövriC  xspixaxoc  xcpdxta  56o  /.cplJ.)  Ä=p/ 
ß  •  EYpd'fYj  .  .  .  t'  iv5t%tt(övoc  .  .  .  ö  Ssiva  (jLaptüpw  tt^vos  -viv  dafpdXciav. 

Nunmehr  bringen  wir  eine  andere  Urkunde  derselben  Art  ähnlichen  Gegenstandes, 
jedoch  in  der  Form  einer  kleinen  Quittung. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bil.     Abliandl.  von  NichtmitglieJern.  aa. 


202  C.  Wessely. 


Papyrus  LV. 


Neue  Nummor  36,  Höhe  lO'S'^"',    Breite  3 6 •6'^"'.  Mus(5es  nationaux    6846  B  5.   Schrift  auf  dun  Verticalfasorn;  gefaltet 

in  den   Abständen   1  +  IM!  +  l'T  +  1-2  4.  l'G  4-  1-4. 

1  f  c5s4ot|JLs0a  T^\i.^lz  aira  touXtoc   oioq  xuptaxo"  a-rco  ■/.(op.riQ  auptov  rou  apaivoitou  vo[xo"  ixat 

\ir^vaz  utoc  xoa|i.a  aito  xyj^  apatvo[tT(«v  iroXstoi;  awo] 

2  ajA^oSo"  -a{At(ov  Yj-ot  xarcorspo"  a|JL(pox£pot  ovsXarat  Tcap  u[i,(ov  y^^^PT^^"  ''^^^^  OsoasßsaTaxou 

ap/tS'.axovo^  tt^C  [  aYta?  |j.£Ya)v7jc] 

'JTTSp    |Jl£pOU<;    ZOO    'irj|JLS[T£pOU    [JLiaÖOU    (oaxc 

4  SoÖTQvat  TQtitv  Trap  uikov  uirsp  ■irj[c]  xoiou|i.c6a  xtjc  tou  ovsXato"  oizoopyiac   i[cov  7j[JL]£t£ptov 

XoYwv  TY]!;  TtapouaYjc  TrsvisviawsÄaTr^c  ivj  j^püotou  vo[jita[j,^ 

5  5uö  xp''  V  ß  ap"  zooz  sativ  cxocatoc  y^ixcdv  /puaiou  vo|i,iatJ,attov  iv  xp~  v  a  ap^  SYp  [X  fap" 

6  i£  tv^  f  apiaTO[xx  5ta%/  [AapTupco  -ctjSc  tt^ 

6  {JLta*  co(;  icp/  f  Y*f»>PY^^^'J  5ia%/  [lapzupco  -yjBs  ttj  [xia**  (oc  lup/  f  5t  £|i.ou   irauXou  auv''  au[jL- 

ßoXacoYp/  £YP/ 

Alst)  L'ine  Quittung,  welche  zwei  Maultliiertreiber  bei  dem  Erhalten  einer  Rate  ihres 
Lohnes  ausstellen.  Z.  3  ist  öicapyo^  merkwürdig  als  Titel  einer  liöheren  Persönlichkeit  einer 
Stadtgemeinde.  Dieselbe  Zeile  enthält  auch  einen  syntaktischen  Agypticismus  für  oirsp  oder 
£V  [ASpst.  Die  Abkürzungen  sind  ap"  dptÖ[jLtov  —  [jl'  [JiYjVt  —  apiai:o|i.(a))((o;)  —  [i.{i)i(ay]\) 
—  (i.to6((öasi)  —  auv  0(£(o)  —  £Yp(a<j;-/j).  Diese  Quittung  wurde  von  den  Zeugen  als  Mietlis- 
contract  miterzeichnet,  was  deren  Auffassung  charakterisirt,  es  wäre  denn,  dass  sie  völlig 
ohne  alles  Verständuiss  ihre  Namen  unterfertigten. 

Das  Format   einer  Urkunde   der  zweiten  Gattung  trägt  auch   folgender   Miethscontract. 

Papyrus  LVI. 

Höhe   11*^'",  Breite  33*=». 

1  t  £YCo  £cpT^V7j  X7]pa  h'jyaz'q^  aira  .  .  .  ajico  zr^c  apacvoittov   [itoXEcoc  airo  a|x^oSo'j  .... 

[jL£za  7.]'jp'.oy  .  .  .  avopcou  t[o'j  £]o)>aߣataxo'j  5t[axovoü  tYjc  lAcYOtJXTjc  £/,[x).Y;atac 

2  TO'j  |JiT^"  Y'^'^PY'"  i^'>'.p£[ißo).T^;  t(o  0£ooo)p"  '!:p£aß[yT£p(o a':i:o]  -tj?  rxozy]Q  7:0).'  [  o|jlo- 

XoYO)  |i£[ACj]0(oa07.:  [  aiuo  ifov  o-jcapyovjxtov 

3  001   £1tt   nQ?§£    TTjC   ICOAV   >l'"-itt   TO'J    OLOtOO    a|JL?po5oU    [JLOVOWYjSlOV    £V    £^    oXoxXirjpö   [av]£OJY|l[£VOV 

ctij  .  .  .  [JLSza  xavco:] 

4  auTOü  zri'j  r^ti'Krjxö  £'f    oaov   /povov   ßoj>X£[oO£]  a7:o   'jr£V['C£xat5£xa'c]7jc   tou  ■;rapov'coc[  |j.7]Voc 

o  7r£V'C£%a'.03.7.7.TYjC  ',v)  7.7'.  ■7c[apa(j/(o  ]aot  uic£p  £Votxto"  [  aotoy  £Via]uauoij  [aX£^av5pcca  ]  %£- 

patta  Tp'.a 
6  xp"  **   Y  "^'-^  «Yp/  [>■■'/  t:>'-  tg 07.-«) 5t]£(j.oa   y*<'^p[y^*^" 

oü]{ißo).a'.[oYp) 

Die  Witwe   Irene    erscheint    mit   ihrem  Vormunde,    dem  Diakone  Andreas   einer  in   der 
Parembole-Strasse  gelegenen  Kirche;  noch  in  Urkunden  des  VI.  ja  selbst  VII.  Jahrhunderts 


DiK  Pariseu  Papyri  des  Fundes  von  El-Fauöm.  203 

finden  wir  mit  seltener  Ueliarrlichkeit  noch  die  Geschlechtstitel  erwähnt,  die  Formel  [xstd 
xyptou  zoü  Ssivoi;  wecliselt  mit  der  anderen  X^^?^^  x'Jpcou  xP''^t''^'^^Cof>aa  wie  im  II.  oder 
III.  Jahrhnnderte  in  den  von  xins  gesammelten  Belegen  der  Papyrus  Erzherzog  Rainer 
(Mittheihmgen,  Band  IV,  S.  56).  Die  Ergänzung  a\i.'f6^oo  in  Z.  1  ergibt  sich  aus  Z.  3.  — 
Z.  2  bietet  vielleicht  die  Strasse  FscopYtou  ';capc[J.ßoXYj<;  —  ein  Name  wie  'A-JCoXXoiVtou  luap- 
SjjißoXTjC  — ,  die  Abkürzung  akz(S,avhpzia)  ist  aus  den  Wiener  Studien  VII,  127  bekannt. 


Papyrus  LVTI. 

Neue  Nummer  94.  Musi'es  nationaux   7450.  Höhe   Ü-3'=™,  Breite  18'8™. 

1 0"  TusTpo"  '^otßajjL(j.3  [).exz'{'('jri/  to"  xup/  /ptoj  uto"  airoXXw  axo  apaivoi 

2  TCDJv  TcoXcOC  /p  V  a  £V  OQ  vj  %£<p/  ov  Tittp  c|JiYj  £1?  Tt[|X5]  otTOU"  £fjap£[a-cou 

3  ....  "0  [JLVjVj  Tcauvt  jXiXpco  axoXXco  [aJspYjVO"  £%  xov  xapxov  xirjc 

4  .  .  .  cv^wcKovJoc  £Yp/  {XTj  EUKf  X  ap)()  5  tv3/  f  8i  s|xo"  iraoXo"  yp"  *YP    ttt 

Abermals  haben  wir  eine  frappante  Ähnlichkeit  mit  Texten  von  Contracten  der  ersten 
Gattung  zu  constatiren ;  so  lautet  der  von  ims  in  den  Wiener  Studien  1887  S.  250  heraus- 
gegebene Contract  des  Britischen  Museums:  t(p  Xrx[x%pC)zdz(\>  Päpovritp  )(apxouXapiq)  ouatac 
6£o8oa(r>u  toO  svSoEoidrou  axpar/jXdTou  diro  xyjc  'ApatvotTcöv  TröX£(oc  Aupii^Xioi  Aßpd(JLioc  utö? 
AaTju  xat  AjxoOv  'jiöc  Aautt  dirö  ETCowiriu  K{o£taav  toö  ös'oSoatouiroXt'cou  vo[j.oü  ^acpstv  6[jlo- 
>.OYOö{i£V  £3XVj%£vat  "/iiidc  -jcapd  f^c  a^c  /.a[jLirpötrjXoc  5id  Xctpo;  si?  iötav  yjixwv  /p£tav  xpo- 
atou  vo(jLtG|j.dxiov  Iv  Tj(jLiatj  oo?  vo|jLit£6£xat  .  .  .  Xc^dXaiov  ov  icap  iq|xiv  de,  xtfJtYjv  ^^P^ou  ^YjpoO 
xo[X7jx:xoü  itpcoxoxÖTUou  £6ap£axou  .  .  .  x"^  <paivo{X£V'/]  xtix"^  dxoxct  •  xi^v  8s  ditöSoatv  aüxcbv 
icotYjooiJLsfta  ciüxT^  x(p  xaiptp  ix  xwv  auv  Oscp  xap-jrdiv  EtatouaTjc  Ocxdxyjc  tvSaxKövoc.  Hierher 
gehören  auch  die  Contracte  XVI  und  XVIII  unserer  Sanunlung.  Somit  ergibt  sicli  für 
Zeile  1,  2  die  Transcription  .  .  .  [XEXcYYfJYjXTjc  xoö  %upou  XptaxoScöpou  und  )(puaoö  vojJLta- 
{Attxtov  a'  =v  (öc  vo{Atx£6£xat  %£^dXatov  ov  xap'  £|xoi  cic  xtjjiTyV  atxoo  suapsoxou  .  .  z&  [xv^vt 
iraüvt  [xsxptp  'AtcoXXo)  SspT/vou  sx  xwv  ■KapTzOny  zrfi  h'  iv^txxtcovoc;  also  11  Monate  später  als 
das  Übereinkommen  geschlossen  wurde,  für  die  wahrscheinliche  Zeit  der  Ernte. 


Papyrus  LVIII. 

Musees  nationaux   7444,  Höhe  8-5™,  Breite   12™. 

1  t  xat  vov  c/to  £Y0)  TcaXouc  moc,  'fotßoi(j.|ji 

2  xo'j  xat  naXaWC  crao  stcow/  xw  xo'-*  ftso 

3  [5oato'j'ic]oX[ixou  vojixo" otvoo 

4  {louaxo"   £uap£axo"  ^°/xoupt  §£xa  £Trta(?) 

O    OtV    XOOp/    tC jA'^    jicOOpT] 0" 

6  .  .  .  .  ':cap£X/  pua£(oc  £v5£xax7](;  cvj  z-^pa^rj 

7  {A7]Vl   Xußl    %    5[0)]5£XaX-rjC    tVj    5/    £[iO'' 

8  xoa[JLa  a'JjxßoXaiOYparpo'j  f// 

Z.  1.    Dieselbe  Wendung   zeigt  zu  Beginn  der  oben  von  uns   herausgegebene  Contract 
vom  Jahre  593  6|j.oXoyö>  'xai  vüv  £a)(TjX£vat  [j,e. 


204  C.  Wesskly. 

Z.  2  bietet  die  echtägyptischc  Naiueuslorm  TiJN,  eiuer  Localität  im  Tlicodosivipolitisclien 
Nomus;  ebenso  lautet  aiii'  iigyptiscli  der  von  den  Griccheu  Tliis  genannte  Ort  bei  Panopolis, 
bekannt  durch  die  Papyri  des  Papyrihilndlers  Aurelios  Pachymios;  die  gleichen  Ortsnamen 
kelu"en  ja  oft  in  verschiedenen  Bezirken  wieder. 

Z.  6  in  dem  Wort  syp^^fi  i*^  Y""]  "*  ^^^  ^^  ^^^S  hgirt  worden,  dass  der  linke  Vertical- 
strich  des  h-tormigen  Eta's  zugleich  für  <&  verwendet  wurde. 


Papyrus  LIX. 

Neue  Nummer  39.  Museos  nationaux  7384.    Höhe  T'ö"™,  Breite  22'f "'.    Schrift  auf  den  Verticaliasern,  Faltungen 

horizontal  in  den  Abständen    1-7  +  1G  +  2+1-V  +  V^"". 

1  t]  co/ov  xat  STcXTjpcoÖTjV  [  0  Sctva  uto?]  pou(poa  xat  «piß  utoc  nauXo"  v.rxi  a.TzaK\izi 

2  'Jioz  tauovoc  %ai  (potßajxjxcov  [  oioQ  ]  iravstoc  Tiapa  ao'^  reo  ÖaDfiaaiwrarto 

3  'focßa]i.[j.(ov'.  Yp'^!J-|Ji-ars[t  .  .  vo[j,t]a[i.ata  x(ov  vauXov  at-cou  xyj^  ouacac 

4  'JUcp    {JLcpiajJLOU   TTptO-Tj^    [    WO    [XTQVOC    ]    iptaxatScxatY]    IsXcl   TCpCOIT]?    IV) 

5 ?Ypa(i|JLax]ctoc  rvjc  a'JXYjc  xo[xyjs  /jjiy 

Die  Wendung  sa'/ov  xal  sirAY^pwfi'irjv  war  augenscheinlicli  so  formelhaft,  dass  an  ihren 
grammatischen  Numerus  nicht  gedacht  wurde.  Ein  weiterer  Fehler  ist  Z.  2  irapd  aoO  in 
Verbindimg  niit  Dativen;  Z.  3  (-ctov)  vauXov.  In  Z.  5  ist  y^xy  nicht  als  Zahlangabe  zum  Texte 
aufzufassen;  es  ist  dies  viehnehr  eine  häufig  wiederkehrende  Gi'uppe,  über  welche  wir  in 
den  Wiener  Studien  1887,  S.  253  gesprochen  haben. 

Das  Ganze  ist  eine  Quittung,  welche  vier  Personen  für  erhaltenes  Fährgeld  ausstellen; 
da  dieses  vom  Ortsschreiber  ausgezahlt  wird,  liegt  die  Vermuthung  nahe,  dass  es  sich  um 
den  Transport  von  Steuerkorn  handelt.  Audi  in  den  oben  citirten  Quittungen  der  Brief- 
träger ist  es  der  Ortsschreiber,  der  das  Gehalt  auszahlt. 


Papyrus  LX. 

Musccs  nationaux  tt846,   23.   Höhe  6'^'",  Breite   16'5'^'".    Schrift  auf  den  Verticalfasern,  Faltungen  horizontal  in  den 

Entfernungen   von    1-4  +  l'ö  +  VÜ  +  l'Ü™. 

1  t  £T/ov  %at  STTAYjpo)'^  s^oi  ÄsovTta  O'JYOt'cpt  [XTjVct  irapa  ao~ 

3  Xcpattv  a  rj[xtau  yp"  •<  a  S  (i.    «yp    |a'i  <p  £  ß  tv8/  f 

Zeile  3  yio  ist  derart  ligirt,  dass  der  Schaft  des  (f  den  Verbindungstheil  des  (o  zugleich 
ausmacht;  es  erinnert  das  an  die  für  <I>(ÖTio?  gebrauchte  Abkürzung,  welche  bei  Gardthausen, 
Griechische  Paläogr.  S.  116  verzeichnet  ist.  Wenn  wir  von  den  ortliographischen  und  paläo- 
graphischen  Eigenthündichkeiten  abseilen  wollen,  ergibt  sich  fcdgender  Text:  eayov  xal  iTZkf]- 
pöi'rqy  iyco  Asovria  hoyäz-r^i/  iMr^vä  irapä  ao6  Al^aoiaz  boyrxz^jbc  Koa[jLä  xö  5Y]|jLÖacov  püascoc 
oivo'j  yp'jaoO  xspdx'.ov  £v  T^[xtau,  ypoorjö  xspatiov  sv  Yj[JLtaü  (lövov  EYP^'fJ  l^'^i^^i  <pa(o(pi  irsinn:'»] 
Sc'JTSpa?  ivSarubvo?.  Eine  andere  Quittung  in  einem  Geschäfte  zweier  Frauen  unter  ein- 
ander ist  der  folgende 


Die  Pariser  Papvri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  205 

Papyrus  LXI. 

Neue  Nummer  272.  Musces  nationaux  6496  0.  Höhe  4'=™,  Breite  32'^'".   Schrift  auf  den  Vcrticalfascrn. 

1  t  sa/ov   syo  v.  .  .   .   Otovtov ariao)   H'j-(azr)^    «piXo^svo"  irapa    -/.opaz    (JtYjTpoc''' 

aica  xaXo"  £%  zs  Ypa!A|Aar=to- 

2  .  .  .  xatE)./  xapa  ool»  a  ofzCKrjC  vo[j,ta[ji.)  ^'jo  xp'JCJj  vo[jLta[x)  yjjjiiau  p  ypj  vj  S  syp^^'f^j  [ai'JVi 

[isaopr^  ß 

3  apy7  s  tv8/  f  ^i  c(jlo'j  toiavvou  iStxou  f 

In  Z.  1  ist  .  .  .  Öfovtov  der  Rest  des  Eigennamens  der  Tochter  des  Philoxenus?  die 
neutrale  Namensf'orm  wie  z.  li.  Tliermutarion,  Tliaisarion  .  .  .  findet  sich  in  Ägypten  ver- 
breitet, in  heidnischer  wie  in  christhcher  Zeit  ....  axtaaa  ist  der  Rest  einer  femininen 
Charakterisirung,  also  etwa  .  .  .  -icpdTiaaa;  vielleiclit  ist  o6ü)Vt[(o]iupdTiaaa  zu  lesen.  Z.  3  fiir 
tSixou  kann  man  auch  stc^  (cUoÖ"/])  lesen. 

Das  Ganze  ist  eine  Quittung  über  einen  halben  Solidus  als  Rate  von  einer  Schuld, 
welche  im  Ganzen  zwei  Solidi  betrug;  es  ist  also  in  Z.  2  zu  lesen  d[(p'  oov]  htpziXzic  oder 
(ov  rjfs.CKs.ic.  Vor  xaxe'k  scheint  oaa  zu  stehen. 

Pergamen  LXII. 

Höhe  4'='",  Breite  9-5™'. 

1  t  £y(o  s.'fio  icouat  tpavaTtro"  zo'^  ayio"  y^^PT^^"  itapa  aoo 

2  to)-  '^rarxTzzfjo  TCO"  Y"  [iapTUpcov  -rtoXTjfpaV"  l 

3  xai  %/  £  irs"  t  0'.  six""  aspY^ou  f 

Das  ist:  syo)  £Y(o  Iloüai  (pavditrTyC  zm  d.Ytou  FcWpYtoo  (Name  einer  Kirche)  xapd  aoö 
'Icodvvou  rfrx^dTzzfjo  zOiV  rpuöv  jxapT6p(ov  (ebenfalls  eine  Kirche)  Tzo\o<pa'^ac  Mv.a  xat  Xcpdxia 

£'    TCSVZc    .    8t"     £|JL06    ScpYtOU. 

Einen  Beleuchtungsintendanten  fanden  wir  schon  in  unseren  Nummern  LXXXII  und 
LIII,  18  erwähnt.  Über  die  Beleuchtung  bei  religiösen  Festen,  vgl.  J.  M.  Miller,  Die  Be- 
leuchtimg  im  Alterthum,  Würzburg  1886,  S.  52  ff. 

Wir  vereinigen  hier  mehrere  gleichartige  Urkunden,  mittelst  deren  die  Patrizierin  Sophia 
an  ihren  Notar  Anweisungen  ergehen  lässt  zu  Gunsten   der  Überbringer. 

Papyrus  LXIII. 

Neue  Nummer  271.   Musees  nationaux  7044  A,  Höhe  8'3'='°,  Breite  30™.  Schrift  auf  den  Horizontalfasern,  Faltungen 

zu  1-6''"'. 

1  [t  ao](pta  aov  ÖsCö   irarpwca   xpatroaa  xat  jt:^  t   cvSo^j  jj,o"  üio"  oXu[i7rt(o  votapj  irapaayj 


'^otßa[A[iOivt 


2  [i^  TrXotoo  ]8£ux£p)   aiCspyoiJLj   £v   aX£^av8p£ia   \xsza   atro"  Etp  oj   licouSac   aTiOYOjjLoc  tV  Xj 

xspvov  jj/  avaXXj  xi  jl  /apXc 

3  [xspixaros  tJi''-*]p^''^^^C  yt^^ta?  cxatov  £txoat  TC£vr£  {jl»//  {A£aop7]  STcaYOjij  £  t.v8  tpaTjc  f 


206  0.  Wessely. 


Papyrus  LXIII,  2. 

Neue  Nummer  35.    Musöes  nationaux  6958  B,   Höhe  8''"',   Breite  SS'ö"'".    Schrift  anf  den  Verticalfasorn,    Faltungicn 
horizontal  in  den  Abständen   V2  +  Vi  +  1-4  +  1-4  +  1-4  +  O-?"". 

1  t]  <30<fia   aov  Qcto  icaxpa/  icpaTio^aa  j   j(^   x""   svSo^j   [jl"''   uio"   oXuiiicKo  votap/   ■7rapaa)('3 

za[io'jv  oao5o|ji)  vscorsp''/  3  aajxß  j^  y  [''^^'^t<»v] 

2  a'üspyojj.jjL)   st?  ty^v   a'jp(ov   b^    (o   xaXa:   (0|x)   icXtvöj   sie   /pstav   icpoaortoü  rtov  sxstas  i^ 

avoXcofi)  aXX)  x[£"]p  jx"  uv  3  jj/  cirtyp'  [xsp"] 

3  {!"  pit  0/  |J.~  y}  |jLupta3ac  s^axoatac  iptaxovra  (x//  ^ajJisvcoQ  15  tv8/  svaxYjc  f  .  .  .  . 

Papyrus  LXIII,  3. 

Neue  Nummer  160.  Musfes  nationaux  6863  und  6951   von  mir  vercinig;t;  Höhe  7'5<=™,  Breite  8'^"  +  13"™.  Schrift 
auf  den  Verticalfasem ;  Faltungen  horizontal  zu  2''™,  unten  ist  ein  Rand  von  4-5''™  frei. 

1  [t  oo'fta  auv  ösco  itaxptxta  Tcpattouaa  xat  uirsp  tou]  £v5o^  \k°''  uto"  oXctfiictco  votap/  irapaa^' 

[AYjva  s^xo^ßttop/  3  spx^W  *^?  aicavtr^o) 
2 aXäJ^av^p/  J^  avaXco[jL3  [j.-    aiy   |x'jpta5ac  x^^'<^^  Tisvcaxoatac   |x  /  [x^x^^P  ^- 

Papyrus  LXIII,  4. 
Musfes  nationaux  7115,  Höhe  8™,  Breite  G'™. 

1  t  aocpta  a[t>v]  Ö[£(o]  ':cat[pata  "Tcpattouaa  xac  unsp  tou  £v8o^  (jl"'"  ot»''  oXu(jL7:t(o  voxotp/  Tcapao/' 

-CO)  Sscvt] 

2  a^upo^  zz/  ßa^taxi 

3  8Exax7]c  tv5/  t 

Papyrus  LXIII,  5. 

Musfes  nationaux   7121,   Höhe   7'='",  Breite  18-3"™.  Schrift  auf  den  Verticalfasem;  Faltungen  zu   1-2™'. 

1  [t  ao(pta  acjv  Hzio  iraxpixta]  TcpaTtouaa  3  j^  tou  cv^o^ou  [x"'^  ut°"  oXujxTttco  votap    irapaax 
ira'!r[vo'jOca)] 

2 £V   aXs^avSpsia  [Xcta  Ypa[X[X3  j^  avaX  yj"  es  auv   tpotp/  (popa^/  a 

3  [xpuao'j  vo{xta[xatiov]  sv  icapa  -jccvts  tstaptov  (x7/  «patotpt  %a  'ivS/  £ßSo|X7]c  t 
Verso:  f  (pa{0(pt  xa  v  a  ir/  s^' 

Papyrus  LXIII,  6. 

Musfes  nationaux   7121'''%  Höhe   10"",  Breite  20™. 

1  [t  ao'fia  o'jv  Hzoi   ■juatptjxta   irpatto'joa  [%at  uitsp   toa   svSo^oo  [xou  utou  oJXuixTut«)  votap/ 

TCa[paoyj 
2 %/  'JTco  aspY^vov  3  t xcp|xatoc]  |x~  •/  (xupta^ac  £^ax[oatac  [xovac 

In  diesen  Fflllen  handelt  es  sich  immer  um  Zaldungsordres;  in  Nr.  1  um  1125  Pholles 
—  das  ist  ja  die  Bedeutung  von  x£p[xatoc  jxopta?  —  also  4^,^  Siliquae;    in  Nr.  2    um   450 


Die  Pakiseu  Papyui  ues  Fundes  von  El-Faijüm.  207 

und  180,  zusammen  630  PlioUes;  in  Nr.  3  um  1500  Pliolles,  also  6  Siliquae ;  in  Nr.  5  um 
1  um  574  Karate  minderwertliiges  Goldstück.  Die  Satzconstruction  ist  so  wie  die  in  den 
Kyrikos  -  Olauweisungen  gebräuchliche.  Sophia  wendet  sich  an  ihren  Notar  mit  dem  Auf- 
trage TzapiajBC, ;  dann  kommt  der  Name  des  Empfängers  und  die  Motivirung  der  Anweisung, 
die  Höhe  des  Betrages,  endlich  das  Datum.  Zu  dem  Titel  patricia  vergleiche  Sidon.  Apol- 
lin. 2,  90  und  ep.  5,  16. 

Zu  Nr.  1,  Z.  2  bemerken  wir,  dass  es  den  Urkunden  eigenthiimlich  ist  zu  sagen  diusp- 
yz.GHa.1  SV  "A^Swavopstcf,  während  wir  in  Nr.  2,  Z.  2  lesen:  ditcpyoiJLSVcov  eiq  x'/jv  Xüfxov.  Eben- 
dort  ist  für  xsfivov  vicpvcjov  zu  schreiben ;  die  Abkürzung  X  für  Xiz6q  ist  aus  meinen  Prole- 
gomena,  Gap.  IV  bekannt. 

In  Nr.  2  sind  die  (OjJLOTrXtvÖoi  gemeint,  welche  auch  das  Edictum  Diocletiani  de  pretiis 
rerum  venalium  VII.  Zeile  15,  16  kennt  ,lateres  crudi  et  lateres  ex  luto'. 

Das  in  Nr.  1  erwähnte  Schiff  führte,  wie  so  häufig,  neben  seiner  eigentlichen  Ladung, 
die  in  Getreide  bestand,  noch  eine  Ueberfracht  von  Töpferwaren  (vgl,  Lucian  de  navig.  1 — 14) 
zum  Export  nach  Alexandria. 

Zu  Nr.  5,  Z.  2  ist  zu  bemerken,  dass  es  durch  viele  Beispiele  erweisbar  ist,  dass  Lohn- 
beträge für  Schreiber,  Beamte,  Agenten  nach  Tagen  berechnet  wurden. 

Zum  Schlüsse  transcribiren  wir  die  grösseren  Stücke : 

Nr.  1.  Xocpia  auv  Os(p  luarpiwa  irpdttouaa  iiai  u-jrsp  toO  evSö^ou  \ici'j  moö  '()Xu(jntt(p  vo- 
-apt(p  •  irapdaysc  <I>oißd[A(io)vi  üirsp  ';cXo{ou  osuxspou  diCcpxo[X£Vou  ev  "AXs^av^psicf  [i-sra  atrou 
s<f  tp  .  .  .  aTcö-^oiioc  £va%&a{o)V  icsvr/jxovua  Xtxwv  ^spvcov  6ic£p  dvaXtoixdiojv  xspjJiaToc  (xuptd- 
5ac  x'-^ia.c  ixa-ov  saoac  Tusvtc  [xövac  •  [Jisaopig  s-jraYOjJisvq)  xsixittTj  ivocxtiÄvoi;  tpixTjc. 

Nr.  2.  Yrjtpia  auv  Ö£(p  Tzazpuia  -jrpdrroüaa  xai  üTcsp  roü  svSo^ou  [jlou  utoö  'OXujjnitcp  vo- 
■capifp  •  Tiapdaysi;  llajxo'jv  oi%o5ö[j.cp  vstotsptp  %ai  Sajjiß^  tj-resp  Tpiwv  irXrikov  dxspyo[xsv(ov  sie 
TT^v  Xuptov,  £(p  qi  xa)sai  («[jLÖitXtvOot  sie  ypsiav  TCpoaatiou  tcöv  exctas  uitsp  dvaXcbjj.a'coc  dXXou 
%£p|j.a-:o<:  |jt'jptd5ac  uv'  xai  uirsp  siriYP'^'fYjc  xspiJLaxoc  [jLUptdSac  pit'  6[jioö  [xuptdöac  s^a^oaiac 
xpidÄOVta  txövac  (fa[JLcV(o6  t?'  iv^txticbvoc  ivd-cr^c. 

Nr.  3.  Xo<pca  auv  Ostp  Tiarpwia  Tcpdrxouaa  xal  ÜTcsp  toö  svoo^ou  (jlou  utoö  'OXu|jnrc(p  vo- 
-rapttp  •  Tiapdaysc  Mr^v^^  s^xoaßtropt  spyojjtsvtp  sie  di:dvr7]atv  .  .  .  'AXc^avSpstq.  ÜTuäp  dvaX(ö- 
|j.a-oc  x£p|j.a-LOc  [iupid^ac  ytXtac  itcvraÄoatac  (lövac  •  [Asyctp  .... 

Nr.  4.    Sorpia  auv    Ös(p   Tcaxpata   irpdtrouaa  %al   üicsp   xoö   svSoSou    jjlou   oiw  '  i)hj[i.Tzii^ 

voiaptfp  •  irapdaysi;  llaxvouÖup £V  "AXs^av^pctcf,   [xstd  y^rx^iiäzuiV  öizip    dvaX(o[j,ocro(; 

r^jjLcptöv  ts'  auv  xpoipf^  (popdotov  ....  ypuaoü  vo{j,ta|JLdxiov  §v  Tuapd  (xspd-cta)  irsvts  rstaprov 
{jiövov  •  Yttoxpi  /,rz'  Iv^LÄTUbvoc  £ßoö|jLYjc  •  (paiatpi  %a'  vofJLcaiidTt&v  §v  icapd  %£pd-t.a  ttevts  rs- 
xapTov. 

Papyrus  LXIV. 

Musces  nationaux   7398,   Höhe   IP"^,   Breite   34™. 

1  t  Ocoooatoc  auv**  arpaxTjXj«  tCtstta  -to  Xajj.TCp7  StotxV  s  ypuauicoSsvi'cou'''^'  xapaayf^  aico 

2  irpoaoö'-V  sxtTjs  tvj  xup(o  reo  Xafiirp»  xo[jl-  xaÖoXw)  C^iy/Jtpto"  xou  TCcpiß'^  oaTup" 

3  jl^  YjvaXXf'  £[ißoXj  xpcöj  xsixTT-cYj^  wj  air»  v"  %a  1  lod  aXs^"/  v°  s  t  t3d  aXc6«/  y^/  vo(j.ia|x|JL  xsvxc 

4  xsparta  0£%7.  xeaaapa  xsraptov   aXs^«  [x"  /  xußt  tj  z-t]Z  au^  sx-ctjc  tv/  f  von  zweiter  Hand 

in  liegender  Schrift:  f  acaT;|JL£iü){j.at 

5  ta  tou  ypuaou  vo[Ata[JLara  TC£Vt£  xsp«//  Ssxa  tsaacpa  rstaptov  aXsS*/  f 


208  C.  Wessely. 

Unsere  Trausscription  hat  den  Zweck,  dui'cli  Aiiflüsimg  der  Abkürzungen  und  Ver- 
besserung der  Schreibfehler  einen  lesbaren  Text  herzustellen:  ÖsoSöaio?  auv  Osq)  azpazTj- 
\drr,z  TCtsttq.  t(p  )sa[j.7:po'cdi(p  hour^tfi  xal  ypuauTCoosxro"'"  •  irapdaxoo  dito  7cpoa65(ov  gxrr^c 
lv§tx-i(bvo?  K'jpcp  np  XajATipordrtp  xöfiiTi  xrxöoXtxwv  xai  T^a'^apicf.  ztp"'"  TrsptßXsTr'ütp  öaTuptoitapa- 
A.Tf5{Aicrr;  'JTrip  Y;vaX(0|ASV{ov  £[xßoXr^c  xptQ^C  irsixirrTj?  IvSixttwvoc  diro  voixtaiAatuov  xa'  Xcparüov 
^£xa  Tcoadpwv  zsTdprou  C^YV  "AXstavSpsiac  vo[JLta|JLaxa  z  xspa-cia  ^sxa  tsaaapa  Tsxap-ov  C'Jyp 
'AXs£av5p£tac  (AÖva  •  rußi  o-^^iTj  vfiQ  a'Jxnqz  £xrYj<;  ivStxTtwvoc  •  a£aY][JL£«o|xat  za  xoö  xp'^<300 
vofAiapLaia  •!r£vr£  x£pdria  5£xa  t£aaapa  lEiaprov  C^T*P  AXstavSpecac 

Unser  Text  ist  in  vielen  Stücken  lehrreich  und  erlaubt  uns  einen  Einblick  in  die  Praxis 
der  Steuerbeamtenschatt.  Von  dieser  erscheint  vor  Allem  hier  erwUhixt  der  Dux  Theodosius, 
der  diese  Gehaltsintiniation  ergehen  lässt,  gerade  so  Avie  der  in  mehreren  Schrit'tstiicken 
erwähnte  Dux  Kyrillos,  von  dem  später  die  Rede  sein  wird.  Dabei  können  Avir  zur  Er- 
klärung, was  der  Dux  hier  zu  schaffen  hat,  daran  denken,  dass  es  entweder  lediglich  Titu- 
latur sei,  wenn  Thedosius  so  dux  genannt  wird;  oder  daran,  dass  eine  militärische  Behörde 
Functionen  der  civilen  Administration  übernehmen  konnte.  Die  Anweisung  ergeht  an  den 
^lotXTjTT^c  und  Einnehmer  der  baar  eingezahlten  Steuern,  Tzieitas.  Ein  seltener  Name  das! 
Er  begegnet  uns  wieder  bei  Procopius  (aedif.  3,  6)  in  der  Form  Tzitas,  als  Name  eines 
römischen  Offiziers.  Unser  Tzieitas  zahlt  aus  den  eben  eingekommenen  Steuergeldern  — 
es  ist  ja  schon  H.  Tybi  —  5  Soldi  1474  Karate  besten  Curses,  wie  es  der  alexandrinische 
in  Ägypten  war,  an  den  Comes  Kyros  und  den  in  seinem  Gefolge  erscheinenden  Eintreiber 
der  Naturalsteuer  in  Hülsenfrücliten,  Zacharias,  der  wohl  die  Arbeit  zu  besorgen  hatte.  Dass 
ein  Comes  bei  solchen  Angelegenheiten  erscheint,  ist  nichts  Neues.  Unter  Nr.  LXXXIX, 
einer  gleichzeitigen  öffentlichen  Rechnungsurkunde,  geben  wir  einen  Text,  der  mit  dem  vor- 
liegenden in  enge  Berühnxng  gebracht  zu  werden  verdient.  In  ihm  werden  die  grossen 
Steuerbeträge,  welche  eingetrieben  sind,  verzeichnet  imter  Angabe  der  Steuerbezirke  imd 
der  Eintreibenden,  so  in  Col.  I,  Z.  6 : 

t  -o'j  xo[jl[yjZoc]  iraoXou  apraßac  p' 

Z.  13  aTzrx  (op  oiotxprjzT^c]  apTaßat  (p' 

Z.  17  t  xoXXouOou  oioiv.l'qz'jo]  apraßat  p' 

Z.  27  t  0  y.'->p[tc]  ^soSoatoc  o  arpa[trjXa'CY^c]  aptaßai  ,8' 

Es  ist  in  Z.  27  offenbar  dieselbe  Person  gemeint,  wie  in  unserem  Stücke ;  dazu  sthnmt 
das  Alter  der  Papyri,  dann  der  Name  und  Charakter  des  Mannes,  in  dem  wir  beide  Male 
eine  bedeutende  Persönlichkeit  jener  Beamtenwelt  erblicken  können. 

Keine  geringe  Mannigfaltigkeit  zeigen,  wie  die  Steuern,  so  die  Namen  der  Steuer- 
beamten; neben  dem  yp'ja'J7r''j5£xr/j€  steht  der  öa7CptO'3rapaXYj[i.iuTYjc,  yoproitapaXY^iiTriYjc,  atro- 
f.ö'CjC.  dyopO'jrpdx':o)p  älterer  Zeit.  Diese  Urkunde  mag  den  Übergang  bilden  zu  den  fol- 
genden Steuerquittungen.  Wir  lassen  zuerst  die  Texte  der  auf  die  Naturalsteuer  bezüglichen 
Quittungen  folgen. 

Papyrus  LXV,   1. 

Neue   Nummer   80.   Musees  nafioniiux   7013,   Höhe   (5-2 «™,   Breite   9™. 

1  t  TTOt'jvt  xß  atTou  t£rapx'/)?  iv/ 

2  '|'*'''^P^?    TZrx'AoC    mrxV^rj'J 


Die  Pariser  Papyri  des  Fukdes  von  El-Faijüm.  209 

3  auvsXX/j  ap    jxtav  -pttov  ocoosvi, 

5  =Tp/ 

In  Z.  3  ist  vielleiclit  zu  lesen  aovstV  iii<i  ^(oScxar  .  Der  lakonische  Stil,  der  auf  die 
schnelle  und  massenhafte  Herstellung  dieser  Quittungen  hinweist,  bringt  uns  nur  S(;hlag- 
worte,  in  denen  wir  vielleicht  den  Auszug  aus  einem  Register  erkennen  können ;  hier  steht 
das  Datum,  die  Steuergattung,  Naturalsteuer  in  Weizen,  die  Indictionszahl,  der  steuerpflich- 
tige Ort,  der  Name  des  Steuerträgers,  Steuerquantimfi,  Unterschrift  des  Beamten. 


Papyrus  LXV,  2. 

Musees  nationaux  6500,  Hölie  4"=",  Breite   7™. 

1  t  cTcsi^  %5  aizoo  cß5o[X7]c  tv^ 

2  ÄoajjL*  XoYta^  au"  yaix^  ap"  tsaasp* 

3  Yj|xtau  tpciov  ap'  SSy'  [a// 

4  t  ^    SjJ'-""'  i^aiJ-ixcovst  £Yp 


Es  wird  also  bestätigt,  dass  am  24.  Epiphi  die  Naturalsteuer  der  VII.  Indiction  in 
Weizen  im  Betrage  von  A^f,  +  Vj  Artaben  gezahlt  wurde  vom  steuerpfliclitigen  Logisten 
Kosmas,  übergeben  von  seiner  Frau  (yj.\i.zzri)-^  die  Quittung  ist  geschrieben  von  Kanunonei. 

Papyrus  LXV,  o, 

684t),   1,   75,  Höhe  4-4™,  Breite   7-5'^'".  Schrift  auf  den   Verticalfascrn.  Faltungen  horizontal  zu  je  1™;  die  ganze 

Quittung  ist  durchstrichen. 

1  t  STTSt'f  x,3  alt"'-"  -ico^cx/  tv) 

2  s/Ösat,    c(o^  (paXirjY 

3  TtayxsXV  ap^  s^  TjjJLiau 

4  ap'  0   gS  t  xa/voc   asar^jj.   .... 

Am  22.  Epiphi  wurde  die  Naturalsteuer  der  XII.  Indiction  in  Weizen  im  Betrage  von 
G'/ä  Artaben  gezaldt  unter  Intervention  des  Cancellarius  von  loannes  Phaleg.  Der  Getreide- 
Steuereinnehmer  Kalos  unterschreibt.  —  Vielleicht  ist  Z.  2  Z'/ßsai  .  .  Ortsbezeichnung. 


Papyrus  LXV,  4. 

Musees  nationaux   6480,   Höhe   4-3«"',   Breite   8™. 

1  ■]-    Tta/   XYj    aiZ"'-'   ZplZTjQ    V/ril 

2  taaja6  .  .  .  TraxspiJio'JC 

3  '/.aYxs/vXj  [ap'^  ■cpjsc?  'q\>.io'j  -pt-ov 

4  oco^cxazov  [x'    f  y^^^PY^^^ 

.5  3'  £[j.°"  [xr^va  5iax/  f  [03o]5wpoc 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  I!i].     Alih.incll.  von  JJichtmitgliedern.  bb 


210  t!.  Wessely. 

Am  28.  Pachon  wurdf  die  Natiu-alstcucr  der  III.  Indiction  in  Weizen  im  Betrage  von 
3y,  +  Ys  +  Vis  Artaben,  tiir  den  Ort  Tassath  entfallend,  Aon  Pakernuis  gezahlt  unter  Inter- 
vention des  Cancellarius;  der  Aussteller  der  Quittung-  ist  Menas  diaeonus,  unterzeichnet  haben 
auch  die  Einnehmer  Georgios  und  Theodoros. 

Papyrus  LXV,  5. 

Musöes    naiionanx  6846,    Appendix   510.    Höhe  5'4''"',    Breite   H™.    Schrift  auf  \crticalfasern.  Faltungen  zu  l'G""". 

1  t  Tiauvt  *  [a]t    ScoScxatr^?  U 

2  oSupuyyj  aira  vscXoc  (xodoj 

3  ap/  8uo  7j[it3u  ap  ß  S  jj./  j  %sp  siv-oai  t  /, 

5  aosX(p  .... 

Am  20,  Pavni  wurde  die  Naturalsteuer  der  XII.  Indiction  in  Weizen,  entfallend  auf 
das  Dorf  Oxyrhynchos  im  Betrage  von  2'/^  Artaben  —  und  nicht  mehr  —  dann  20  Karate 
—  und  nicht  mehr  —  erlegt  von  Apa  Neilos,  Sohn  des  Moses,  Die  Quittiing  stellt  Apa 
Ol,  Solm  des  Adelphios  aus,  es  signirt  der  Getreide-Steuereinnelimer  Kalos. 

Papyrus  LXV,  6. 

Musees  nationaux  6912,  Appendix  615.  Höhe  6*^"',  Breite   7'="'.  Schrift  auf  den  Verticalfascrn ;  Paltungcn  horizontal 

in   Abstanden  zu   2'3"°. 

1  t  £xt<f  i  a"  aiz"'-'  oySoTjc  i  o 

2  aa|Jißa  apx  5'.ax°    z"'  jj,t  zvxhrpi' 
'6  8A  x'jp    Koavvo"  axo  airo"/.  a'j^ 

4  y-ay^c).)««'''  ap'^  5'jo  T^jitau 

5  0(o5cX^  0  ßS   tß'   pt"/ 

6  Nom.  proj^r.  a?  asavjiJ,^' 

7  5/  £[A xarpa/ 


Am   11.  Epiphi  wurde  vom  Archidiakon   der  Pfarrkirche  Sambas   durch   die  Hand  des 

Hen-n  Joannes die  Naturalsteuer  der  VIII.  Indiction  in  Weizen  gezahlt  im  Betrage 

von  2^2  +  '/,g  Artaben  und  nicht  mehr.    Es  folgen  die  Unterschriften  des  Steuereinnehmers 
und  des  Schreibenden. 

Papyrus  LXV,   7. 

Mus6es   nationaux    6846.    Appendix    5!)0.    Höhe   4'5"",   Breite   3'7™.    Schrift   auf  den  Horizontalfasern;    Faltungen 
horizontal  in  den  Abständen  1'2  +  1'3  -j-  l'l  +  0'9™.  Die  ganze  Quittung  ist  durchstrichen.   Vgl.  Musöes  nationaux 

6846.   Appendix  510. 

1  Gt-O'''    ScöScX/    V/Z, 

2  S'/jc  ca[jLßa  y 

3  ß  ac/  a  tß  Y.rj.y/.t}l 

4  t  xaXoc]  Gca-/i|A  ^/  S|x''-'^  axa'  oA 

5  rj?jzh^^  .... 


Die  Pariskr  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  211 

Papyrus  LXV,  8. 
Miasees  nationaux  6728a,  Appendix  19t.   Höhe  C^",  Breite  7'8'=™.  Schrift  auf  den  Verticalfasern ;  Faltungen  zu  1"3'^"'. 

1  t  Tca/"  9  7.rß  zpttTjc  tv5/ 

2  raaaaz  YStopytoc  xa'JAou 

3  y.a'(xsKX  ap^  ^sxa  -csaasp/  Y][JLca'j 

4  5to5s%aT3  a  t5Stß'  [jlV/  f  sypV 

5  5t  c[jL°-'  ji,'^"  5taV  t  .  .  .  . 
(3  5t  S|x-^  ////// 

Auch  im  folgenden  Stücke  lässt  sich  Z.  2.  etwa  raaoa]0  ergänzen. 

P  apyrus  LXV,  9. 

Musöes  nationaux  6623,  Appendix  322.  Höhe  .5-7'=™,  Breite   7™. 

1  Monat]  Ö  xp'^  TpiXTj?  [ivo/ 

2  Ort  ]9  .  .  .   'foißajJLfi)  xov  .  .  .  . 

3  xaY%]=X3  ap^  TCcVts  Yj[Jitao  rpt 

4  "ov]  3  cSy'  |V  t  l-iapita' 

5  .  ■  .  .  otax/  t  6co5(opoc 

Diese  beiden  Quittungen  betreffen  die  in  Gerste  zu  zahlende  Naturalsteuer. 

Papyrus  LXV,  10. 

Musees  nationaux  6910,  Appendix  545.  Höhe  6"'",  Breite  8™. 

1  t  cTTct'f  %g  oiz'*'-'  s[Xi3o^  i  lY' 

2  ■/copto-'  Gc'J'/jpoc  5ta% 

3  aptaß"  rsaaap"  sx  .  .  .  . 

4  Otp"  Tj|JLtO'J   YV/  ^   ^     ^P- 

5  Y^wpY^'^''  'f-P-  t 

Z.  3.  4.  dürfte   so   zu  verstehen   sein,    dass  von  jeder  halben    Arure    i'x.d'zzoo    dpoüpac 
Tyjxtascoc  vier  Artaben  zu  zahlen  sind. 

Papyrus  LXV,   11. 

Mus(5es   nationaux    6846,    Appendix    323.    Höhe    5-7"'',    Breite   8-5™'.    Schrift   auf  den    Verticalfasern;    Faltungen 

horizontal  zu   l'ö'^"'. 

1  t    cTTSt'f    tß    GtX°-'    OCoSsxatYiC    t'^ 

2  fj^op'jyy  airavst/ 

3  irxaptc  xaY'AsXX  ap/ 

4  STixa  ry(jit'  a  CS  [i/  f 

5  t   5/  SfAO'J    'a£GT/(JL'    .... 

bb* 


212  C.  Wessely. 

Vgl.  Nr.  6846,  Appendix  510.  Der  Name  von  osar^iJicUOfiai  fehlt,  nur  das  sonst  ober- 
halb der  Namen  stehende  Kreuz  ist  an  seiner  Stelle,  also  das  Signum  selbst  bei  Kenntuiss 
der  Schrift.  Am  12.  Epiphi  hat  die  Naturalsteuer  der  XII.  Indiction  in  Weizen  im  Betrage 
von  7V»  Ai-tal)en  —  und  nicht  mehr  —  entfallend  auf  das  Dorf  Oxyrhynchos  Apa  Neilos, 
Sohn  des  Pkaris  unter  Intervention  des  Cancellarios  gezahlt.  Die  Quittung  ist  signirt  vom 
Getreide-Steuereinnehmer. 

Papyrus  LXV,  12. 

Musecs  nationaux  6912,  Appendix  GH.   Höhe   G-T*"",  Breite   7™. 

1  t  6](o0  la  Giz°'^  sva-Tj^  iv8/ 

;•}       xaYxJcX    ap    §uo  y^[x'.3U 

4  6  Ssiva  ]  acaYjjX'/  f  r^kiaz  f 

5  t  5/  Sji."'-'  aza  (ptß  TzrxTz 

Vgl.  Nr.  LXV,  6.    Z.  2  lies  My^väc  äpyt^tditovoc  rt^c  [JicYdXTjc  £XÄ).Yjatac  aira    [todvvou. 

Papyrus  LXV,  13. 

Musees  nationaux  6536.  Neue  Nummer  221.   Höhe  5™',  Breite  0'='".  Schrift  auf  den   Verticalfasern;  Faltungen  hori- 
zontal in  Abständen  zu   1'2'"°. 

1  f    £TC£C'f    /.    air"'''    0£!>t£paC    tV' 

2  aouXYjC  igXia?  aitovTj  a  x" 

3  ap'^  Tsaaapas  a  o  [x/  o    «[jl""  .  .  . 

4  t  y.aXo'|jLr;vac  syp  uxcp'  au'  icp 

Z.  4  ist  so  aufzulösen:  KaXofiirjvä?  sypa'I/a  'Jizip  zoü  aüroö  zapöv-o?.  Z.  2  lies  xpwroo 
xavovo;. 

Papyrus  LXV,  14. 

Musees    nationaux    7111.    Höhe  6'="',    Breite    7-5™.    Schrift    auf  den  Verticalfasern;    Faltungen  zu  1"5  horizontal; 

die  Quittung  ist  durchstrichen. 

1  (paco'^    i  Qiz  'ücrap[-Y;?  cvj 

2  90ißa[j.[X)  a  'n[avovoc  otp'  J 

3  Tjjiis'j  5(o5c%    yv   ^3  »^  ^'ß    o/[cixo'j  .  .  . 

Die  Hemerkung  icpwro'j  xavovo?  erscheint  noch  ausserdem  insbesondere  auf  vielen  Geld- 
quittungen. 

Papyrus  LXV,  15. 

Musees  nationaux   7331,   Appendix   725.    Höhe  8'='",  Breite  8'7'="'.  Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

1  f  a6up  oiz'-'  Tptovtai^sxazTjC  t// 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  213 


Papyrus  LXV,  16. 

Musees  nationaux  6G23,   Höhe  5"2'"",  Breite   T'ö*^".  Schrift  auf  den  Vertiealfasern ;  Faltungen  horizontal  in  den  Ab- 
ständen von   1-2'=",   l-l™,   l«^",   1-2™. 

1  [f  6(o]9  xs'  zpizrjC  [  w5 

3  .  .  ap'  .  TTcVTc  r^\i.l(j'J  zpi[':ov 

4  ...  y]i/  a  sSy'  [J.°    t '^'i 

5  ...  y.a'.  a  y.    f  Osootopoc   ax(oo" 

Papyrus  LXV,  17. 

Appendix  224,  Höhe  6™,  Breite   7-8™. 

2 otöo? aza 

Pergamen  LXV,  18. 

Beschreibstoff  ist  hier  Pergamen;    Musees  nationaux  6705 W,  Höhe  G'ß'^"',  Breite  5'^". 


.0 

Q  ■ 


1  ...  r/Jc  IV 

2  tpoiß/ 

3  ap^  TCJcV-S    [JL" 

4  t  ]6so5<op" 

Das  Schema,  nach  welchem  diese  Quittungen  über  Naturalsteuer  gehen,  ist  folgendes: 
Zuerst  erscheint  der  Name  des  Monates  und  zwar  sind  vertreten  Pachon,  häufiger  Payni, 
am  öftesten  Epiphi,  dann  Mesore,  Thoth,  Phaophi  und  selbst  Athyr;  unter  diesen  Verhält- 
nissen haben  wir  in  Musees  nationaux,  Nr.  6623  die  Ergänzung  6(o]6  gewählt.  Es  ist  dies 
den  natürlichen  Verhältnissen  Ägyptens  entsprechend,  da  Payni,  Epiphi,  Mesori  die  Ernte- 
monate sind,  und  immer  ist  in  diesen  Monaten  die  Naturalsteuer  abverlangt  worden.  Hierauf 
folgt  das  Tagesdatum,  eine  Quittung  aus  dem  Athyr  ausgenommen;  ferners  die  Indiction  und 
die  Angabe  der  Art  der  Naturalsteuer.  Das  Schema  gibt  hierauf  oft  an  die  Ortschaft,  für 
welche  die  Steuer  gilt,  z.  B.  Psenyris,  Oxyrhynchos,  Tassath,  Epoikion  Seueru;  den  Steuer- 
träger (im  Nominativ,  also  augenscheinlich  nach  einem  Formulare,  ohne  Rücksicht  auf  die 
grammatische  Construction  des  vorliegenden  Schriftstückes),  das  Quantum  des  gelieferten 
Steuerkornes  in  Ziffern  und  mit  Buchstaben  angegeben;  dann  eine  Unterschrift  mit  oder  ohne 
a£aYjjji£io)|i,at,    die  gelegentlich  fehlt;    fex-ners  eine  zweite,   von  dem  Aussteller  der  Quittung. 

Indess,  dieses  Schema  weist  auch  bedeutende  Unregelmässigkeiten  auf,  wie  das  unter 
<ler  Eimdrkung  so  vieler  zufälliger  Eigenthümlichkeiten  der  Ortsbezeichnung,  der  Art  der 
Einlieferung,  des  Vorganges  im  Amte,  dann  unter  der  Nachwirkung  des  langjährigen  Ent- 
wicklungsganges dieser  l'rkundenart  leicht  begreiflich  ist;  denn  auch  hier  können  wir  die 
Geschichte  dieses  Formulars  verfolgen.  Demotische  und  griechische  Osti-aka  der  Ptole- 
mäerzeit  stehen  an  der  Spitze;   letztere  waren  nach  folgenden  Mustern  verfasst:    1.  Jahres- 


214  0.  Wessely. 

zahl,  2.  Monat,  ovcutuell  Tag,  3.  (j.S(Ji£tpry%sv  sie  (tov  sv  r^  ostvt  iröXsi  Or^aaupöv  si^)  ty^v 
sztYpcc'fviv  roO  Ssivoc  (aotoö)  stouc  uusp  (zoö)  röirou  ö  Ssiva  Tt'jpoO  (xptOYjc)  dprdßac  roadijos 
Y^YVctai  dpTdßae  -oadc^s;  bei  Ratenzahlungen  wird  angeknüpft  mit  6  aüroi;  dXXa?  dpxdßac 
Toadc^c,  4.  Unterschrift  6  Ssiva  (aitoXÖYOc);  auch  mehrere  Sitologoi,  die  einzeln  jeder  für 
sich  mit  eigener  Hand  ([uittiren,  mit  [iSjjiSTpT^xsv  Toad^Ss  dprdßac. 

Im  ersten  Jahrhundert  n.  Chr.  beginnt  man  mit  [X£[JL£-pY^%£v  6  ^£lva  £l?  ÖTjaaupov  oder 
[j.s!i,stpY^x£v  sie  "cöv  ÖYjaa'jpov  .  .  ö  Sstva;  später  \i.B\xizprfai  ^Iq  ^Y^aaupöv  .  .  .  övo[xati  rot) 
Ssivoc,  endlich  verbreitet  sich  die  Eingangsformel  {JL£-p7j[ia  ÖTjaaupoü  .  .  .  övö[J.att  xoö  Ssivo?. 
Der  Thesauros  ist  bald  der  der  Metropole,  der  Diözese  oder  der  Kome;  dann  folgt  jäVT^- 
[irtz^z  zrj'j  §£iva  srou«;  (zoO  Ssiva  xataapoc),  auch  Monat  und  Tag  gelegentHch  die  genauere 
Spezifizinmg  der  Steuer;  dann  der  Name  des  Steuerzahlers  und  dessen  Vaters,  das  Quan- 
tum der  Steuerleistung  in  Buchstaben  und  Ziffern ;  auch  zwei  Personen  werden  auf  demselben 
Ostrakon  abgefertigt,  desgleichen  mehrere  Raten;  die  Unterschrift  lautet:  6  ^slva  asoTjiJLSC- 
(ojJLai.  (Jahrb.  d.  Ver.  v.  Alterthsfr.  im  Rheinl.  LXXXVI.  S.  256  ff.) 

Des  Weiteren  ist  auch  eine  Verordnung  aus  dem  Jahre  410  hierherzuziehen,  1.  173 
Tlieod.  Cod.  de  decurion.  XII.  1.  Cod.  Just.  X.  tit.  XXII.  1.  ad  inferiorum  curialium  re- 
levandas  fortunas  et  impressionem  potentium  itidem  curialium  cohibendam  jjlacuit  ut  descrip- 
tiones  si  cpiae  per  singulos  ordines  cogentibus  diversis  negotiis  agitantur  non  sumant  ante 
principium  quam  apud  acta  provinciarum  rectoribus  intimentur  et  ex  eorum  fuerint  receptae 
sententiis.  Sed  et  aiunim  (juod  ex  huiusmodi  contributione  redigitur  ita  debet  susceptori 
aurario  consignari  ut  securitatibus  nomen  inferentis  dies  consvd  mensis  causa  et  sum- 
ma comprehendantur,  quo  et  descriptiouis  aecjuitas  illustretur  et  descriptus  documentls 
evidentibus  fulciatur.  Die  Quittungen  mussten,  wie  aus  einer  Verordnung  vom  Jahre  456 
erhellt,  wohl  aufgehoben  und  auf  Verlangen,  selbst  nach  mehreren  Jahren,  vorgezeigt  wer- 
den. Interesse  erregt  daher  eine  solche  Quittung  in  der  Samndvmg  des  Erzherzogs  Rainer, 
Nr.  9075  mit  folgendem  Texte: 

1  f   ■/  xß   atT-'   ZSVTYje  j  £xr/j?   \ 

2  sßoOjXY/C   j    OX-COYjC    w'^ 

3  Ct-7.    XO'jOtO-'   0'J£Va'fptO^    ZWjJL^ 

4  5    xoajxa  x'jpo^'  Xiß''  otp'  «Soo 

5  a  ß  jx//  t  rii  sfxo-'  xaixjjKov  syp  f 

Schrift  auf  den  Verticalfasern ;  Faltungen  liorizontal  in  den  Abständen  2  -f  1-15  +  Vb 
H- 1-35 -f  0.5'^"',  Höhe  7™,  Breite  8""";  VI.  Jahrhundert.  Nicht  weniger  als  vier  Indictionen 
werden  liier  auf  einmal  quittirt!  Dass  manche  unserer  Stücke  ausgestrichen  sind,  mag  seine 
P^rklärung  darin  finden,  dass  entweder  die  Forderung  oder  der  Schein  für  cassirt  anzusehen  ist. 


In  manchen  P'ällen  hat  der  Steuerpflichtige  nicht  in  eigener  Person,  sondern  durch 
Vertreter  gezahlt;  so  durch  seine  Frau  LXV,  2  Koa[xäc  ÄC/ytar/jc  "  a?j-oO  Ya(i.£rrj;  LXV,  6 
i!7.|xßä  .  .  .  ocd  zvj  xüpoy  '[codvvou,  Papyrus  Erzherzog  Rainer,  Nr.  9036,  Std  xoO  iratSöc 
a'jro'j    9079   zai-^s^   Koaiiä^  (sie)  KotsopYj  wj.  Aßpaa[xto'j  AtcoXXo)    9075   5id  Koo'xä  .... 

Schwierig  i.st  die  Vonnerkimg  -/.n-c/.  oder  'Ar>.y/.aKk  zu  erklären,  die  sich  auch  in  einer 
Quittung  im  British  Museum,  Wiener  Studien,  1887,  S.  277,  vorfindet:  (Höhe  6-5*"',  ]3reite 
17™,  auf  den  Verticalfasern  geschrieben): 


Dje  Pariser  Papyri  »es  Fundes  von  El-FaijCtm.  215 

1  f  STCATjp'",  y.upa  rxbrxvaorx  )  xup/  ao<pca 

2  j^  'ov  at'  STCOtx/  zapÖKov  viapTcov  xpwxTjC  r' 

3  S  TcayÄcXÄ)  ap'  8uo  r^]v.<zo  o(o5£x/  y/  a  ß  S  tß  |jl/ 

4  sypa'f    [XY]"  ÖcoÖ  x  t'i  7.u'  tvj  f  5/  snou  (ay^- 

5  auv"  Ypa[JL[j.'  .... 

AMr  haben  daher  dieses  in  folgender  Weise  übersetzt:  ,Es  liat  erlegt  durch  Vermittlung 
des  Kanzlers  Fi-au  Athanasia  und  Frau  Sophia  für  die  Naturalsteuer  von  der  Weizenernte 
der  ersten  Indiction  in  Tarthion-hof  2^1^  +  '/j,,  sage  zwei  eine  lialbe  und  eine  zwölftel  Artabe 
Korn,  soviel  und  nicht  mehr.  Am  20.  Thoth  derselben  Indiction,  ausgefertigt  durch  mich, 
Menas,  der  ich  mit  Gottes  Hilfe  Notar  bin.'  Über  den  Cancellarius  haben  Böcking,  Not. 
dign.  305  ff.  Bethmann-HoUweg,  Civilprozess  III,  157,  gehandelt.  Oder  bedeutet  es  ,vor 
den  Sehranken,  im  Amte'? 

In  LXV.  1.  steht  vor  ap/  Z.  3  noch  eine  Gruppe,  die  etwa  auvsc'/  gibt,  sie  findet  sich 
auch  noch  in  folgenden  Quittungen  der  Sammlung  des  Erzherzogs  Kainer,   Nr.   9048: 

1  ^aöxpt  ig  o'.z"'-'  z[Azrfi  tv^/ 

2  xottvotj  t£p£|j,ta5  uoavvj 

3  a'jvst'-/  ap'/  (i.tav  xpirov 

4  öco^cv-arov  y./  q  ay'  cß'  f  ji-a^tiiij 

D.  i.  am  IG.  Phaophi  wurde  die  Naturalsteuer  der  dritten  Indiction,  auf  Neudorf  ent- 
fallend, mi  Betrage  von  Vj^  +  Yiä  Artaben,  sage  einer,  einer  drittel  und  einer  zwölftel  Artabe, 
entrichtet  von  Jeremias,  Sohn  des  Johannes,  l^nterzeichnet:  Maximinus. 

Ferners  Nr.  9049. 

1  f  /y.rjy.  '/;  QiX"  tpar^c  ivj 

2  otat'-x'.ac  ßapQo^.ojxsoc'T-."™!"^' 

3  XI  5/  "/iyouiJLj  auv  bi^-/  ap 

4  a  ß  f  [JLapxr  taa|x 

Dass  schon  die  Zeitgenossen  ihre  Noth  hatten,  die  diu'ch  die  Schreiberpraxis  um- 
dunkelten Schriftstücke  zu  lesen,  und  selbst  bei  mchtigen  Stellen  nur  ein  mangelhaftes 
Verständniss  hatten,  erhellt  aus  der  oben  citirten  Stelle  der  l^asilica  S.  569. 


Papyrus  LXVI. 

Musee.s   nationaux  G846,   18,    Höhe   7 '6™,  .Breite   16™.    Schrift    auf  den  Verticalfasern. 

1  t  s/o)  cYfo  xaxvo'JÖtoc  ^^zlrjza.z■r^z  aaYixatoTCouov  zrrjzr^z 

2  "TjC  apa'.vocKov  Tro).e(oc  owpuovt  irtazaw  uuo  axo^Xco 

3  aico  exotxtoü  cpava[X£T:  oxsp  3tavo[XT^?  xtjc  xapouavj? 

4  Zcaaapaaxai^sxarr^c  tvj  aaY[jLa':a  xafjLTjXfov  Evvsa 

5  aaY[x«  %a]XY^''  0  xa'.  crr>'.[x(oc  £/<o  ra'j-a  xaraßaXsiv 

•6  üTCSp  ZYjC  ö[X(ov  8'.avo[X7)C  z-(rjfj,r^ri  [rq'  xauv.  v.a  zi  acj"^ 
7  '.^  ivs  t  ^'  «[■'■''^^  aspYtou  a'jjxßoÄatOYp/  SYP'^'f 


216  C.  Wessely. 


Papyrus  LXVI,  2. 

Musees  nationaux  6531,  Höhe  b'b"",  Breite   17";$''"'.  Kand  links   1-3™.    Sclirift   auf  den  Verticalfascrn;    Faltungen 

horizontal  in  den  Abständen  2"<i  +  2  -|-  0'9'-'™. 

1  t    S-/0(A£V    >J[X£IC    ^(BiÜ^-^iOQ,    Uioc    cpotßa[Jl|JL(OVOi;    -Kai   riTz-^rx   xop/ 

2  uioc  asvouOtoy  a|i.(pot£pot  aaxxoTcotot  aTco  ttjc  apatvorao" 

3  ':roXs(o<;  lot?  a^o  /(optov''''  ßooaipsco?  5ta  vjXta  ictaxtY 

4  XoY"^  5tavo(jL7j?  rpiaxaiSsxatTjc  ivj  axotvta  ipr/iva  [loaaSs 

5  [xat  £toi[i(0(;  sx'^t"-^''  locura  xatJaßaXstv  'JTisp 

Papyrus  LXVI,  3. 

Musees  nationaux   7087,  Höhe  11™,  Breite  3«". 

1  .  .  ]v  Toov  '{fjV'x/m^^  SV  [ ]a  xat  touto  sxoijxco?  [  s/(o  xara 

2  ßaXctv  'JiTcp  U[AO)V  sie  rrjv  auTr^v  otavojr/jV  %[ 

3 ]  5'  sjx"'-'  cpiß  ayfjtßoÄaioYp  [  syp 

Alles,  was  der  Staat  für  seine  Bedürfnisse  nöthig  hatte,  kaufte  er  nicht,  sondern  liess 
es  auf  dem  Wege  der  Naturalleistungen  liefern  (Schiller,  Geschichte  der  röin.  Kaiserzeit  II, 
71),  hier  z.  B.  Kameeltaschen  als  Corporativsteuer  der  Taschnerzunft  von  Arsinoe,  als  deren 
verantwortlicher  Vorstand  Papnuthios  dem  Steuergeranten  Dorion  gegenüber  auftz'itt. 

Zur  Erkliirung  der  Gewerbeverhältnisse  sind  vor  Allem  zwei  Stellen  des  edictum  Dio- 
cletiani  de  pretiis  rerum  venalium  heranzuziehen,  und  zwar  zu  LXVI,  1  die  Stelle  XI,  4; 
es  werden  dort,  aufgezahlt  drei  Arten  von  Taschen: 

sagina  burdonis  ....  denariis  treceutis  quin(|uaginta 

sagma  asini denariis  ducentis  quiucpiaginta 

sagnia  camelli denariis  trecentis  quinquaginta. 

Die  Verhältnisse  in  LXVI,  2  hellt  auf  Cap.  XI,  1  desselben  Edictes 

de  saetis  caprinis  sibe  camellinis 

pilorum  infectoruni 

pili  neti  ad  zabernas  vel  saccos 

pilorum  ad  fiinem  confectorum. 

Die  Construction  unserer  Urkunden  s.'f(a  iyw  o  Sstva  t(|)  5clvt  findet  sich  wieder  in  den 
zahlreichen  nach  einem  Schema  gearbeiteten  Quittungen  des  Diacons  Hellas  für  den  Bischof 
Abba  Petros  (Wiener  Studien  VIII,  1886,  S.  113),  z.  B.  ,ich  Diacon  —  Küchenmeister  He- 
llas habe  in  Händen  die  eingezahlten  S'/^  Artaben  der  Bewohner  von  Patre  für  Seine 
Ehrwiirden,  den  Bischof  Abba  Petros  .  .  .' 

Das  Gegenstück  zu  den  eben  vorgeführten  Stücken  ist  die  Stilisirung  im  nachstehenden: 

Papyrus  LXVI,  4. 
Musöes  nationaux,   7384,  Appendix  278.  Höhe   II-,')«'",   Breite  13'^"'. 

1  .  .  .  .  |x|Y//a  7.710  vf^c  apa[woraov  %fjXziüz 

2  ciJTio  7.[vfooo~  oa|AUt)v  oi':o[i  xaTOTSpoo 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  217 

3  Trapa  ao'j  [xr^va  sir'.aira'üo^  xcov  .... 
5  fJJTTSp  tt[j.-/ii;  xajxtatwv  xptov''"  X[oYto 

Die  Quittung  ist  abgebrochen  und  verstümmelt.  Z.  2  ist  zu  lesen  -caiJiKöv  f^toi  xato)- 
tspo'j,  Z.  5  -pttbv.  Auch  hier  tritt  wieder  officiell  nur  der  Vorstand  der  Corporation  der 
linyfi  (auch  linyphiones,  linyjDliiarii,  Xivö'J'fOi  oder  XcVT)?p!,xr>t,  eine  hybride  Bezeichnung,  von 
lanificus  abzuleiten,  cod.  Theod.  10,  20,  8.  16.  und  Papyri)  uns  entgegen,  und  so  erleichterte 
sich  der  Staat  die  Steuerhebung,  dass  er  der  Corporation  den  Steuerbetrag  auflegte-,  die 
Repartirung  innerhalb  der  Zunft  war  dann  Sache  der  Mitglieder. 


Papyrus  LXVII. 

>rns.'(^s  natiouaux   7086,  Höhe  12™,  Breite  30™.  Rand  links  2-.5™,  unterer  Rand  2™,   oberer  2-4™;  Schrift  auf 

den  Verticalfasern. 

1  t  iX>vY]p/  vs'fspot  rfaX-qy  to  5-/][JL03t'  a'J^  sirotx'  Xr^xo'JC  viapTij  £ß§o(j,ir]C  tv8/  auvzt,/  ao^ 

x/   .  ^.    .    .    . 

3  aßp/  x/  [iSS'T^  j  J^  [Aotxapco^  -topcsc  x/  %cS  )  j^  -/YjXo'j  y^t^J  t:°  "^pa'J  Tra[xouTt  x/  r^  .  .  .  . 

4  xsc  x/  a5'  j  jt^  Vc'^cpa  Qouiric  x'  s^'-^  j  ^  aza  oX  irx'jatoi;  x/  s^'v]  j  jl^  fjiapta  aav  .  .  . 

ö  j  jl^  svocx/  XcXXj  ß  x/  7j  j  jt^  irpots'jai/  ti  ao'  C  tv5;'  x/  p  o/  y^/  '>^/  txao'  xsparf'"  Tpaxo- 
[ata''"  ctxoai  sv  Tszaprov 

6  Ui\  5/  a/  ddct  (AScC  y-l  C^'  3  ^^     ciiroc   oX   »tß   x/  ßSTj'   o-'  x/  0  S  5'-/^  j(/'  xaraßr/XX)  xp'jo^ 

x/  tca  [5'-K]  tpcaxoata  sv^sxa 

7  Tstap-cov  OY^ov  irpoxpV  [ay;  y  ^'-'3  ''^'■'  ^'^  ''^  t-j  t  ocp-/^  xavvtovj  j  r  O'TrtOcV  jj.//  'fapiij**  t3  t" 

Soviel  ist  aus  dem  Texte  zu  entnehmen,  dass  es  sich  um  den  Grundzins  von  Epoikion 
Letus  liandelt,  das  fiir  eine  Anzahl  von  Personen  durch  Nephera  Phaleg  entrichtet  wird. 
(Was  diesen  Namen  betrifft,  vgl.  man  LXV,  3 :  Joannes  Phaleg).  Also :  sirX'/^pwas  Ns'f  £pa 
<I>aXT^Y  '^  5Yj[xöacov  ciütoO  sxotxto'j  A-rjToöc  xapiitbv  £ß5ö[JL'/]C  tvSixruövoc;  das  Nächste  enthält 
die  Aufzählung  der  Leute,  für  welche  er  zahlt:  uirsp  flaxptxcri'j  —  ich  ziehe  diese  Auflösung 
der  Kürzung  vor  der  andern :  itarpoc,  da  wir  roO  Tza-^jOQ  aözoö  dann  erwarten  möchten  — 
xspaua  I9V2  xat  ü-Tisp  Otß  Ilouat  xspd-üta  17V2xal  OTzip  xoptou  NsiXcijjijjkovoc  xspdua  5\4  +  V8 
xal  'Jirip  Ilo'jtoijjL  riaÖAo'j  xspdxioc  roadi^s  xat  öirsp  .  .  .  Aßpaajxtou  xspa-cta  44V4  +  Vs ''«•«^^  UTCsp 
Maxapioo  Ttopisc  xspdua  26*  ^  xat,  uirsp  X-^Xoü  y^I^'-^"'^?  '^^*^  Npau  Ila(io'Jxt  xspdua  18  xat 
'Jxsp  .  .  .  xscc  xspdua  IV4  xat  aicsp  Nsrpspa  Bo'jtcic  xspdua  5V4  +  V8  '»ai  aicsp  dira  'OX  Ilxo- 
a'wOC  xspdua  5V4  +  V8  ^oii  'Jirsp  Maptac  'Aaviou  -cosd^s  xai  'Ji:sp  svotxbu  xsXXäv  ß'  xspdua  8 
xai  'JTCsp  Tcpwts'jatficov  (?)  r?jc  a'j-f^c  sß^öfAr^c  ivSix'cuövoc  xspdua  100  Ö[jloO  y^'^='c<^^  xspdua 
321'  4.  Erhalten  waren  aber  schon  davon  durch  den  Gemeindeältesten  awa  IXtXst  7'/,  Kerate, 
durch  Apa  Ol  Phib  2*4 +  7.,  Kerate,  zusammen  (6|jLorj)  9V2  +  V4+V8  Kerate,  es  waren  also  zu 
zahlen  3IIV4+V8  Goldkerate.  Dann  scheint  noch  von  einer  Vorzahlung  (irpoxpijjia)  von 
48  Kerate  die  Rede  zu  sein. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.    Abhandl.  von  Nichtmitgliedein.  CO 


218  C.  Wessely. 

Papyrus  LXVUI. 

Musöos  nationaux   7111.    Höhe  5'='»,  Breite   7™.    Selirift  auf  deu  Horizontalfasern,  keine  Faltungen. 

3  XP°  ''^^'-'^  )  apx'':    IS  tv*  xsp"  ctxoat 

4  8uo  TS'uap'^  Y  '"'  ^ß^'  ^  ^'^'^ß  t»-// 

6  Si«  t  .  .  .  . 

Das  ist:  7cap£a)(£  KoajJiäc  UTCoStotxYjn^c  8id  xoö  xupCou  Mirjva  Siaxovou  ötTcö  87][xoaiou  ^pu- 
ooö  na6X(p   xal  'ApxaStq)   ts'   ivSaxiÄvo?   xspdtta   siÄoat  86o   Tstaprov   y^T'^^'^o^^  xspdrta  xߧ' 

88' cß'   txöva  •  ■Traycbv  %C   '"^i?   ^s'    ivSaruövo:  •  8i'   spioö  'A|j,[jl(i)Vlou  'Icodvvoo 

Staxövou. 

Der  Titel  uiroSioaifjTTjC,  bisher  noch  unbekannt,  ist  zu  verbinden  mit  Stowrjn^c  nach 
Sophücles*  =  coUector  of  taxes;  Justinian  Kov.  120,  6,  2;   128,  16;  Leo  Novell.  157. 

Pergamen  LXVII^''^ 

Musees  nationaux   7100.   Höhe   7'^'",  Breite  [>-T"^. 

1  |jL£a"  if]  ß  w^  aspyioc  8iax°/ 

ä  Jt:^  ^■'ilJi'''  "'■'  ß  ^v^  rx}j  1  C8'  £7c[-:a  -Ccxap-cov  aX^  |jl// 

3  t  axa  oX  [j. 

4  ...    CTIXHN 

Das  ist:  (XcOopTy  '.yj'  Ssurspac  IvStxtubvoc  ISspyio?  Stdxovoc  üirsp  STijioatou  r?jc  Ssurspac 
iv8txt«bvo?  'A)>£^dv8p£ca  xspdrta  C8" 

Pergamen-  LXIX. 

Musees  nationaux  7106,  Höhe   7-5'="',  Breite  9"'. 

1  t  Trapx/  'jco(j[a]i  t£x-(ov 

2  j^  [JL£p/  Staypa'f/  /.a'jp/ 

3  T  ayt/  ßtxTwpo^  ß  xavj 

4  Ssxar/]?  tv[8/]  x/  £T:t  C'->T° 

5  aXj  t  ta8'  x£p/  £v8£xa  xätap^ 

6  li//  9a[i^  ta  z[yj?  aj'ji:  c  ivj 

7  8/  £|x°^  Y£(opYio''  t 

Das  ist:  rapäa/E  IloOat  t£x-(ov  uiisp  txcpo'js  8'//YparfY)C  ).a6pac  toO  dY'lou  BtxTOpo?  8£U- 
zspo'j  xavövoc  8cxdrr^c  Ivöixrcwvoc  xspdtca  sirl  Cf^YV  'AA£i;av8p£{ac  xspdrca  svösxa  -ciraprov 
ixöva  'fa|X£vd)6  ta'  zf^z  a'JXYjc  SsxdxT^?  ivSarubvo?  •  8t,'   £|i.o'j  FscopYtoo. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  219 

Perganien  LXX. 

Musees  nationaux   7100,  Höhe  6'1'=°,  Breite  6"5'='". 

3  nrjc  ayr  6i'Ä^  [  .  .  %«  v  sv 

4  aX^  V  a  aX^  [x»/  [ 

5  t  ^/  ^[J-''^'''  "^ 

Das  ist:  (itapsaxsv)  sitsi'f  t'  Tsxdp-cr^c  IvSattcövo^  TlaY^patEV  ÖTzip  StaYpatp'^C  Xaypa?  xy](; 
äyiac  BsäXtj?  .  .  .  xavovoc  vo[j.ta[xdriov  §v  'AXsSdvSpstov  [xövov  ...  St'  £(jloö  N  .  .  .  . 

Pergamen  LXX,  2. 

Musees  nationaux   7100,  Höhe    3™,   Breite  6-2'="'.  Faltungen  zu  1™  in  horizontaler  Richtung. 

1  t  jJLX.  a  5  tvf  aiCTca  xctpxXac 

2  XSp    (OXX(0    YC/   7J    [J.Y   5l    SfJlO" 

3  öso^oat/ 

Das  ist:  j^s'/sip  a'  i^zr^c,  ivSixxKbvo?   (Tiapsa/s)   dirza  KapxXac   xspdxia   oxtco  •  §t'   £|jloö 
ösoSoato'j. 

Papyrus  LXX,  3. 

Musdes  nationaux  (5.530,  LXXIII  quinque,  Höhe  4"'",  Breite   15'.5''™. 

1  t  B'"^  -q  airo  StaYP"  Xa[upac  irapjsixßoX  g  tv^ 

2  5/  avSpso'''  Tcp^ XP*^~  •   .  .  a  x"/ 

3  ap''  V  s'  vojJL"  cittov  f  ^/  c[io~  xoa[j.~  xstp^ 

Das  ist:   6(bQ  öy5ö'(]  diro   SiaYpa'fTjC   Xaupac   icapsfißoX'Tjc   ixrYj?   iy^uzmvoQ  8t,'  'AvSpsoo 
Tcpsaß'Jtspo'j  ....  irpcbro'j  xavovo^  dpt6[iiov  votxtafidxtov  ixrov  •  8i'  £|Jioti  Koa[i.d  xsipaXauotou. 

Papyrus  LXX,  4. 

Musees   nationaux  «622,    Appendix    683,  Höhe   7"",  Breite  3-5'=™.    Faltungen  horizontal   ä  Vb  und   1-4''".  Schrift 

auf  den  Verticalfasern. 

1  t  Tcapx/  ouöva'fp/  TCOjjLap'.-  j^  8[iaYp 

2  Xaup*/  T  «Y^-/  ßwropoc  a  xavovoc  8  tv) 

3  siria  Tst^  y'^    C'^'  [J-V/  t"^^'  ^'  ''^"  '>^C 

Das  ist:  Tzrxpio'/s.  Oücvd'fptoc  TCOotiapi-CY;?  'Jirsp  oiaYpacpvj^  Xaupac  toö  dYtou  Bwtopoc  icpto- 

zoü  xavövoc  rätdptYj?  iv^atKövoc  siitd  Tsraprov  y^Y^^*^*^^  CS'  !J.öva  •  cv8i%tuövoc  z^zdpzr^Q  itauvi 


220  C.  Wessbly. 

Pergameu  LXX,  5. 

Höhe  4-7"",  Breite   7*5 '^"'. 

1  t  zap/.  [jLYj-  avayvoair^; 

2  kl.  StaYpatp/  Xa[up]a?  Tcspas 

3  ac  a  xavwvo? 

4  YSpatt/'''  S  |JLO  |x/.  th  z^'  auTi 

5  tc  w^  3/  ousvacpp/  1(0'  3  uo"  3|j. 

6  axap'''  3  (Jir^"  f 

Das  ist:  irapsays  MTjvä?  dva^vcootr^c  üTusp  ScaYpatpY^c  Xa6pa?  Ikpasac  Tupcorou  xavövoc 
xcpdrta  Tsaaapa  [iöva  (Ac/sip  xO'  zr^  txhzrfi  ts'  tvSantcövoc  •  5i  Oüsvaiyptou  '[(ooyj^  xal 
'Iwdvvou  tm  Maxapioo  xai  Mr^vä. 

Ttjc  aüT/jc  ts'  iv§au(bvoc  bat,  da  vorher,  auch  niclit  nach  a  xavwvoi;,  die  Indictions- 
zifFer  nicht  angegeben  worden  ist,  keinen  Sinn,  es  ist  fonnelliaft  mechanisch  geschrieben 
worden. 

Pergamen  LXX,  6. 

Musecs  nationaux  71051,  LXXIII  suite,  Höhe  So™,  Breite  8-4'='". 

1  t  (J''^  £  5  w§/  aTT"  Staxpa^/'*' 

2  TrapsjxßtoXj  ß  %«  asvouöt"    irpaY|JL^ 

3  xsp/    sirra  y^'  **  C  t  ^'    £[Ji-°'''  6-  £YP 

Das  ist:  [Asysip  iteiiirTri  sättjc  ivStxtKövoi;  äTtö  StaYpafp-?);  irapsiJißoXr^C  osutspou  xavov&c 
ScVOüOtos  TcpaYlAtttsuiT]?  (zapsays)  xcpdria  sittd  Y^vstac  xspd-ta  C  St  i|xoö  0so§(öpoo  SYpdtpr;. 

Dem  Bestreben  nach  Kürze  fiel  Z.  2  ).a6pac  zum  Ojjfer. 

Pergamen  LXX,   7. 

Neue  Nummer  70.    Ibid.  Höhe  4-8™,  Breite  7-3'^".  Faltungen  horizontal  in  den  Abständen  von  1  + 1-3+ 1-5  + 1™. 

1  t  T:7.py.V  irsrpoc  TuaßcG 

2  jlj::  S'.aYp"  Xaup«    zrr  rv^i/  ösoS''' 

3  po~  'jcp"/  xavovoc  ß"  tv) 

4  xsp    Xcoospa  '//[i'/jO'^j  "£ 

5  raptov  y^/  3  5S5'  (j.£ao 

6  [>■(]  C  ß"  ^vj  t  8/  £(j.o"  OsoSdjp/ 

Das  i.st:  xap=T/=  IIs-po?  Haßsi;  üirsp  ^jia'djn'friZ  )«7.6pac  -oO  dYtoü  BsoSwpoy  xpwiou  %a- 
vövo;  SsoTspa?  Iv^fÄTKöVic  Kcpd-cca  zi'zczrja  -q^v.o'j  zizr/.rjz(j^  -^iyyzzai  y.cpdua  8S5'  iisoopi^ 
ißoö|x'(;  Sc'jrspac  ivSauwvoi;  •  oi"  £|xoO  Bcooojpoo. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  221 

Pergamen  LXX,  8. 

Musees  nationaux  6528,  Appendix  670,  Höhe  B"^",  Breite  5-3 "". 
1 cpai?    C0p[A07U0X£(O 

2 Xat>p/  ZOO  ayi/  ßa[ropoc 

3 iV)  xsp/  ösxa  r£rap[rov 

4  [yc/  x£p/]  i5'  \i.  a9op  xy  'c''  ci'j"£  t[v§ 

5 SiTCcX"  f  8    sjjiou  yswpYj 

Das  ist:  irapsays  6  Ssiva  uirsp  8taYpa(pvjc  Xa6pac  toö  dytou  Btxtopoc  toö  Sslvoc  xavovoc 

.  .  .  .  5i'  £(i.oO  FcCopYto'j. 

Pergamen  LXX,  9. 

Musees  nationaux  7113,  Appendix  681,  Hölie  6-6'^"',  Breite  6-5'=". 

1  t  [jlX  7]  C  5    a[J-[J.  .... 

2  cpotßafJiiJKOv  jJLaxap  fi 

3  %'Jp  .  •  .  .  jk:^  Stayp/ 

4  %axo-£p/  j  a  X) 

5 xsp/  8 

Das  ist:  {Xs/sip  öySÖTj  sß^öfJLYjc  tvSixuwvoc OTCsp  Staypa^Yjc  ()^a6pac) 

xatoTspou  Tcpw-ou  xavovoc xspdxca  8' 

Pergamen  LXX,  10. 

Musees  nationaux  6677,   Appendix   164,  Hölie  4'='",  Breite  2"". 

1  t   [jl'  irx  ß   C  IV'^  .   .   . 

2  xa-7J   TZrxTZ    .    .    . 

3  Xaupac  ayt    a[ava£Vcoc  .  .  .  %" 

4  x£p,    c7c^[a  .  . 

5  yt'  x/'  C  {Jt'/  .  .  . 

6  (xtav  ^  .   .   . 

Das  ist:   {at^vöc  ica/cöv   8£ux£pc(:   8£xdr/]?  ivoix-uövoc  .  .  •  xottTj  RaTT  .  .  6%ip  Siaypatp'^? 
Xa6pac   dyto'j  Sava£Vcoc  .  .  .  xavovoc   XcpdTca   £iird  yiVc-cat   xEpdtta  C    (J-öva  xal  .  .  .  [itav 

(AÖVTjV. 

Pergamen  LXX,  11. 

Musees  nationaux  7100,  Appendix  670,  Höhe  ö"",  Breite  4-8*^"'. 

1  t  JTcapY^c;-//  y.£pi[o: 

2  Tiapa  (potßa[j.[J.[(ovoc 

3  Tzrjjinzr^z  iv^  a  [  xavovoc 

4  vo[JLia](i|i*  5'jo  %£pa^  (o[x'cco 

5  5j  au|i.=  i   7. 


222  C.  Wessely. 


Das  ist:   irapso/s  Kspcoc   -srapa   <I>oi,3d|j.[j.(ovoc   tiitsp   SiaYpafpvjc  .  .  .   icpwnrji;   ivSaxubvoc 
zptoro'j  xavövoc  vo{Jiia[JLdua  36o  xspdua  öxt(6  .  .  .  §td  au{JL£(ovtou. 


Papyrus  LXX,   12. 

Musees  nationaux  6609.   Appendix  283.  Höhe  8™,  Breite  6«". 
1        ....   tv5/   ...   . 

3  Xaupa?  ]  ayt    j3txiop  3£tJt[cpac 

4  tv5/  ]  Xspaxta  sirroc  Yj[{JLia'j 
.0  Y^    ]  x/  CS  t  6£o5(op  t 

Das  ist:  ....  itapsa/s  ö  5ctva  ÖTTsp  ITsx'jaiou  xai  uicsp  Otß  üiisp  fjia^fpaffjz  Xa6pa<; 
äy^^'J  B'Ixropoc  Ssürspac  iv^ixtuövoc  xspcürta  i^td  fj[JLtay  ■  y^Y'^*'^^^  xspdtta  i^za  f^(j,ia'j  •  Bsö- 
S(opo<;. 

Papyrus  LXX,   13. 

Neue   Nummer  219.  Mus6es  nationaux  6524,  Höhe  .5'7''"',  Breite   7"2'^™.  Schrift  auf  den  Verticalfasern;  Faltungen 

vertical  in  der  Entfernung  4  +  3'2™'. 

1  f  Tcauvt  Y  ctTCTua  xup/ 

2  sXawjüpV  ii^  ^tciYpoccp/  ii  Xaup/ 

3  "t*  ayt/  ßtxtop'  ß  tVj  ■/pua"''' 

4  xspaxtct  ctxoci  5'jo  Tsxapxj 

5  xsp/  xß5'  t  5t  £[ji°-'  'fotßa[X[jLj 

6  £^    STCt-pOT:)   TCO'JOl  3    [XYjVa 

Das  ist:  -rraOvi  -('  d^nra  Köpoc  iXaioirpatTjc  ÜTCsp  ijWYpafpTjc  "ctjc  Xaupac  toO  dytoo  Btx- 
xopoc  ^S'Jtspac  tvSixxtcbvoc  /puaoü  xspdua  stxoat  56o  xstaptov  ...  5t'  £|jioy  <I>otßd[Ji|X(ovoi;  £^ 
£xttpoi:'?i<;  lloOct  xal  MTjvd. 

Papyrus  LXX,  14. 

Neue  Nummer  251,  Musees  nationaux  7332*'%  Höhe  3-9«™,  Breite  4-4'="'. 

1  t  Tiapx  rasptjjLtaa 

2  jt^  Vcov  5taYpa'f/ 

3  Xaop«  x"''  ayt    ßixxcop/ 

4  C  ^v'^  x£p  xp'.a  *)  Y~ 
.5  'fotpji^  3  XI  ao'^  C  iv^ 
6  t  a7toX).o)  airoX'X' 

Das  ist:  zapsciyc  Tasptjjiiat;  ÖTusp  v£0)V  5iaYpa'f(i)V  Xa6pac  xoü  dytoy  Btxxo)poc  iß5ö|ji.-/jc 
iv5txxt(t)voc  xspdxta  xptot  .  .  .  'fapjjio'j^i  5'  r?jC  aöx'Tjc  sß5ö|X'/jc  'tv5txxt(t)vo<;  'AtcoXXco  'At^oW. 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-FaijOm.  223 

Pergamen  LXX,  15. 

Neue  Nummer  249.  Musees  nationaux   7105,   6.  Höhe  42'=",  Breite  6"2'''". 

1  t  X"  i  £  tv^   j^  Siayp-  Xaup"  -ira 

2  p£[jiß^  a  xV  aica  oX  tcoucov 

3  j  0  uco/  au'^  xsp'  §00  TjjjLiau  oyS»,' 

4  Y^.^  t  ^St]'  ouvo\'  |i,»,'  8/  £|A°"  x,oa(j.a 

5  8taW  3  %oa[jL~  xsip 

Das  ist:  yoidx  t'  x£|xtc-c7jc  ivStx-cctövoc  oirsp  ScaYpafpY]?  Xaüpac  icapsixßoXTjc  (irapsa/cv)  dica 
'OX  Ilaocov  %ai  ö  uto^  atiroü  xspdxta  S'jo  fj^cau  oy^oov  Y^'Y'^S'cai  xspdua  ßSirj'  a6vo).ov  (Jiöva 
8t   £[xoO  Koofid  ocaxövou  xal  Koa{jLd  xs^^aXatw-cou. 

Pergamen  LXX,  16. 

Musees  nationaux  7111,    Höhe  2-2'"',   Breite  5-3 '^■". 

1  t  b'-'b  5  |X£p/  SiaYp"  >.-  '7cap£[JLß'> 

2  x£p/  x£p/  £'TC'ca  \s.//  C  CUV  air 

3  «poiß- 

Das  ist:  ötoö  5'  [A£poc  StaYpa<pYjc  Xaupac  Tzap^ii^oXtfi  v.ip\).a.zoz  v-spazia  stzzo.  |j.6va  .  .  . 
Ootßd|j.iJ.a)v. 


Überblicken  wir  diese  Quittungen,  welche  über  Geldsteuern  der  Bewohner  von  Arsinoe 
und  zwar  in  den  Strassen  St.  Victor,  St.  Sansenos,  St.  Thekla,  St.  Theodor,  Perseabaum- 
Strasse,  Lager-Strasse,  Untere  Strasse  .  .  .  wohnhaft,  ausgestellt  wurden,  datirt  aus  Tlioth, 
Atliyr,  Choiak,  Mechir,  Phamenoth,  Phamiuthi,  Pachon,  Payni,  Epiphi,  Mesore,  schwankend 
zwischen  den  Beträgen  von  2  Solidi  8  Kerate  bis  hinunter  zu  2^/c,-\-^/g  Kerate,  so  finden 
wir,  dass  sie  der  Hauptsache  nach  in  zwei  Schemata  abgefasst  sind: 

1.  Tzapiayß  6  8£iva  öirsp  StaYpoctpTjc  Xaupac  zrfi  Ssiva  xoö  toaoü8£  xavovoc  {zffi  zoaaozriz 
IvStxTuövos)  xcpdrta  ToadSs  [xova.  Unterschrift  des  Beamten  mit  8t'  sjjlo'j  toO  8£tvoc.  Die 
Datirung  erscheint  erst  vor  der  Unterschrift. 

2.  Die  Datirung  steht  an  der  Spitze,  dagegen  fehlt  das  Wort,  xap£a)f£;  dann  folgt  6 
8£tva  OTzirj  StaYpatpTjc ,  Name  der  Strasse,  Indictionszahl  (oder  dito  8taYpa<p'^C  Name  der 
Strasse,  zw  toaoO^s  xavovoc  6  8£tva)  Steuersumme;  Unterschrift  des  Beamten. 

Augenscheinlich  ist  das  zweite  Schema  der  bequeme  Auszug  eines  Formulars,  eine  An- 
gabe der  wichtigsten  Schlagworte. 

Auch  diesmal  können  wir  die  Geschichte  dieses  Formulares  durch  Jahrhunderte  ver- 
folgen. Beide  Schemata  haben  ihre  Vorläufer  in  alter  Zeit  und  zwar  sind  es  wieder  die 
Ostraka,  welche  hier  abermals  in  Betracht  kommen.  Fflr  die  Quittungen  über  Geldsteuern 
aus    römischer  Kaiserzeit    gibt    es    nämlich    der  Hauptsache    nach    folgende    drei  Schemata: 

1.  ^Jia'(E'(^jd'ffjV.t'^  (später  ot£Ypot'];£v)  i  Setva  ÖTTsp Spa/^d?  x.    Datum,   Name 

des  Beamten  meist  mit  dem  Zusatz  a£aYj[A£t(0[Aat.  Hierin  sehe  ich  das  Vorstadium  des  oben 


224  C.  Wesselv. 

genannten  ersten  Schemas  unserer  Quittungen;  icapcays  6  Ssiva  üicsp  öiaypa'f^c  lautet  in  dem- 
selben Hhnlicli  so  der  Anfang;  zuletzt  kommt  vor  der  Unterschrift  des  Beamten  das  Datum. 

2.  Briefform :  6  5ätva  (seil,  der  Beamte)  -ccp  Sslvi  /atpstv  •  sayov  etc.  Datum,  Name  des 
Beamten  meist  mit  dem  Zusatz  ac3TjjJLS«o|xat.  Da  jedoch  die  Epistola  ganz  in  das  Wesen 
der  Contracte  überging,  fiel  diese  Form  tür  die  Quittungen  ausser  Betracht. 

3.  Mr^vö<;  x  toO  y  irooc  oyö^iazi  toO  §£tvos  ÖTzip  .  .  .  8pa/[jiat  z.  Name  des  Beamten  mit 
folgendem  3saTj[j.cüo|i.ott.  Diesem  entspricht  augenscheinlich  das  später  gebrauchte  zweite 
Schema;  beide  präsentiren  sich  als  wortkarge  Auszüge  von  Formularen. 

Wir  können  von  dieser  Gruppe  nicht  scheiden  ohne  zu  bemerken,  dass  wir  die  so  in- 
structiven  Steuerlisten  und  Rechnungen,  welche  so  sehr  geeignet  sind,  das  Verständnis«  der 
vorliegenden  Urkunden  zu  erleichtern,  ebenfalls  durch  den  Faijumer  Fund  erhalten  haben. 
Wir  werden  im  Verlaufe  des  III.  Kapitels  Gelegenheit  haben,  in  den  Strassenlisten,  zu 
deren  Anlage  fiscalische  Gründe  geleitet  hatten,  mit  den  Steuervormerkungen  ausgestattet, 
eben  die  hier  vorkommenden  Strassennamen  ^väederzufinden.  Beispielsweise  schalten  wir 
hier  eine  kleine  Rechnung  über  die  parallel  laufenden  Naturalsteuern  ein  (Mus^es  nationaux 
6920,  Appendix  746,  Höhe  S-ö"^-",  Breite  12™'). 

1  t  yvootc  aiTOU  TSTapir^?  iv) 

2  rxTzo  %o[xtc     ■  •  •  po'jßc  ...        [ap  .   .  .  . 

3  otTTo  STtotxio'j  asßsvTj-tO'j  ap  iC 

4  aTüo vvt  .  .  [ap  .  . 

5  airo  xo[jitc  iraso'j  [ap  .  . 

6  •rrapa  to'j  irpsaßu-üs  ap  .  .  . 

7  a-TTO 

Papyrus  LXXI. 

Xeue  Nummer  218.    Musees  nationaux  6843.    Höhe  6'^™,  Breite  G'S*"".    Linker  Rand   l'T"".    Das  Papyrusstück  ist 
aus  einem  4'8"^'°  breiten  mit  Verticalfasern  und  einem  5'"  breiten  mit  Horizontalfasern  zusammengeklebt. 

1  t  irapYja/'  (lap^o?  apai  %p^ 

2  j^  svotx/  5(o5s%axY](;  tv5/  Xtta 

3  xsparia  tpta'Aovta  y^  ^-'■^  ^=p  ^  V-' 

4  hyjH  6  Tps'.T/.aios%a-r^?  tv5/ 
b  5/  cjx"''  Osoocopaxto"  f 

6  t  %aX^  oror/si  [lot  f 

Ganz  in  der  Art  der  öffentlichen  Quittungen  ist  diese  über  Privatmietlie  gehalten :  ira- 
psT/ä  Mäpxo;  Apaio'j  %p£(oypYO?)  6it£p  ivouto'j  ^(oosxdxY^c  ivoixucövoc  Xtid  Äcpdxta  iptdviovxa 
.  .  .  |ji,öva  •  6(0^  0'  Tpia-Aaios-zcdr/ji  iv^txziÄvoc  "  ^t'  £|J.oO  0so5(opay.iou  •  KaXos  atoi/st  [xot.  Be- 
merken wir,  dass  der  Miethzins  nachträglich  gezahlt  wird.  Signirt  hat  der  svowioXoyo?  und 
wohl  auch  der  Hausbesitzer. 

Papyrus  LXXII. 

Musees  nationaux   7093,   Höhe  e«",  Breite   12™. 

1  t  -0)  ao3//f''    7.aÄ(o  '/.aKK^ 

2  Koavv'/;?  v^  irapaay'"'  a-iro  TCpooo^/  tj-coi  «pop'p'  sxrr^c  cvj  rac 

3  ...  5/  -/pr^oto"  .  .  .  y.aoxa"  .... 


Die  Pariser  Papyri  des  Fukdes  von  El-Faijüm.  225 

Das  ist:  xcp  äScX^öJ  KakCp  KaXXs  .  .  .  kodvvrj?  voidpioc  ■  TzarA^-po  dicö  irpoaöo(ov  f^Tot 
(föpcov  SÄ-CTjS  ivSwruövoi;  xdc §td  Xpr^azoö  .... 

In  Contracten  und  Quittungen  finden  sich  zur  genaueren  Bezeichnung  Umschreibungen 
mit  fjxoi,  z.  B.  dvrXr^acv  '/]tot  dpSsiav  Quittung  der  Sammhing  Rainer  9079. 

Papyrus  LXXII,  2. 

Musees  nationaux  6905,  Höhe  .5 — 7'=™,  Breite   13-,5™. 

1  t  x(o  a^sX'^/  (fO!,ßa[X[Jij  bt.u=i\x^  x(ov  'JTcsp  opp  tsaaspa  vo^ta(j,j  cäitjc  tvj 
2 Jii^^  va'jX,   C v°  X 

In  opp  haben  wir  die  Abkürzung  für  opptov  zu  erbhcken,  ausgeschrieben  in  einem  Pa- 
pyrus des  British  Museum,  Wiener  Studien  1887,  S.  262  -qi  Qa'j[JLaat(ördTq)  (jL£atr(]  57J[jlo- 
accov   6pp{(ov   tTjO^c   tYji;   iröXctoc;   es   ist  dies  das  lateinische  ,horreum',   früher  Qvjaaupöc. 

Pergamen  LXXIII. 

Neue  Nummer  136.    Musäes  nationaux   7449,   Höhe  5™,  Breite  9™. 

1  t  irapsa/^  tcoavvr^c  o  Qa'Jii,)" 

2  Ypaixji.)"  [iatai^o/  aic"  Tcpoco^/S/ 

3  tstapr^i;  tvj  p"  vo[jna[i.°'  xsaaapa^V 

5  t -^i  "^^  \Kri  p''  f 

Bemerkenswerth  ist  die  Variante  Tcapsa'/^  neben  dem  sonst  auftretenden  T:ap7ja)(£.  Tran- 
scription: TiapsT/s  'I(odvv7jc  6  9a'j(j.acuÖTatoc  YP^I-'-P'-^''^*'-*^  Mataßo;;  diro  TrpoaöScov  TSTdpnrji; 
iv^wcuövoc  pUTiapd  vo[jita{JLdtta  xsaaapdxovTa  öocxw  .  .  .  Ilaävi  xC  tsXst  y'  ^v^txTuövoc  '(b[^aX(xi 
vo[AtajJLd-ta  |jl7j'  puiuapd. 

Joannes  zahlt  die  auf  seine  Gemeinde  entfallende  Steuersumme,  deren  Repai-tition  unter 
die  einzelnen  Mitglieder  der  Gemeinde  überlassen  war.  —  Ein  Ypa[JL[xax£Ui;  xcö[jl7j<;  Ta[xdv£toc 
zahlt  auch  die  Briefbotengehalte  aus  in  den  oben  zu  Papyrus  6673  (159)  citirten  Quittungen. 

Papyrus  LXXIII,  2. 

Musees  nationaux  6972*'%  Höhe  3-5™,  Breite  6'="'. 

1  xapx  «potß-  itp^  airox  aXaßavt/s  ai:° 

2  -rtp'^  oiar  TcsTii  [xsp''  x"  £v55/  a  %/  .  .  .  . 
3 vo[i]  £v  xsp,   §£xa  [Y^Y'^cxat 

4  v°  a  t  c  [j./  .  .]  .  .  .  t  5/  cjx«'^  [to!>  5SIV0C 

Das  ist:  Trapsa/s  OotßdiiiJKOv  TCpsaß'Jtspoc  dicö  -/wp^ou  'AXaßavtt^oc  diro  xpoaö^wv  ouaia? 
risxxTjptou  ....  t<öv  £v5o^oTdx(ov  Tcpcöro'j  xavövoc  vojxtcjj-dxiov  §v  x£pdTta  5£xa  .  .  Zi  £[aoO 
Toö  Sclvoi;. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  I!<1.    Abhandl.  von  Nichtmitgliedern.  dfl 


226  C.  Wessely. 

Papyrus  LXXIII,  3. 

VIII.  Jahrhundort.    Neue  Nummer  223.    Musces  natiouaux  6479.    Schrift  auf  den  Horizontalfasurn;    Faltungen   in 
den  Abstünden   1-5  +  IS  +  1-3  +  l'S""  in  vcrticaler  llichtung.  Höhe  4-7<^"',    Breite   10'='". 

1  t  Tzapezy-  Ol  rxTzx  (|;svup^  5/  aßSsXX^  TrtaxW'-' 

3  Sexa  cTcra  ptV    syp"  [jl"  rußt  tj  ti  cß  cv^  f 

4  8/  six"''  Y£f»pT'^^^  ^^''^  ''^P"  To  .  .  . 

Die  Steuerverhflltnisse  der  byzantinischen  Zeit  fanden  in  der  arabischen  ihre  Fort- 
setzung. Hier  handeh  es  sich  um  Naturalsteuern,  die  auf  die  Ortschaft  Psenyris  entfielen, 
und  yAü  in  byzantinischer  Zeit  alle  Arten  Lieferungen  vom  Staate  den  Gemeinden  auf- 
geladen wurden,  so  auch  jetzt  das  Herbeischaffen  von  Haaren;  ähnlich  ist  die  Lieferung  von 
Wolle,  Leder,  Hammelfleisch,  Gemüse,  Heu,  in  einem  Papyrus  des  British  Museum,  Wiener 
Studien  1887,  S.  256.  Wozu  das  (Ziegen-)Haar  gebraucht  wurde,  zeigen  die  Geoponica 
18,  9  1^  8s  f*pi$  av^Y^ata  irpoc  rs  ayotvo^c  xal  oaxitoui;  xai  m  touroic  irapair^ata  tsA  sie 
vaunxd?  ÜTTYjpsata?  v.  Marquardt,  Privatalterthümer,  p.  462. 

Umsclirift:  xapsa/ov  oi  dico  -/(opiou  U'*sv6pc(o?  8cd  'Aߧc/v>.att9  (»-äax.'I  cXxc)  irioitxoö  dito 
rptyieov  Sto^cxdTr^c  tv^Lxxccövoc  tpr/uov  [AStpa  tC  8«%a  sirm  [xöva  •  EypdfpY^  [XYjVÖt;  Tüßl  t)'  rrjc 
tß'  tvSix-ctwvo?  ■  8c'   £{xoö  FstopYtou  sXaytatou  icpcaßuxspou. 

Pergamen  LXXHI,  4. 

Musecs  nationaux  7111,  Höhe  4"5'=°,  Breite  6  —  7™. 

1  t  Tußt  y.a  a  '.v*  aTco  SiaYp'  Xaup 

2  irapsjißo''  a  tfil  ao'j}Xrx  (popo" 

3  opßox'-  8/  TTctpo'j  xcparta 

4  5co8£xa  TcTap^  oy8oov 

5  [x    tßjS'v;'  oy8/  (jl//  t  8t  £[j.oo 

6  TCao^  )  oXXcäc  a 

Das  ist:  rußi  xa'  icpcÖTTjc  1781X11(0701;  diüö  StaYpot'fvjc  Xa6pac  llaps[j.ßoXy]c  irptorou  xavövo; 
So'jXXd  'fopou  öp(o)ßoir(oX'/inr]p{ou(?)  8td  lIsTpou  xspdua  SwSsxa  xsiap-ov  oySoov  |x6va  •  8:'  sjjloü 
lla'j/.o'j  xai  Oa/sIx. 

Papyrus  LXXIH,  5. 

Musee»  nationaux  7100,  Höhe   7-6"°,  Breite  8-5'="'.    Faltungen  horizontal  zu  1'7™. 

1  t  irapaa/'y  ot  paTc:'  8/  irap 

2  siciOT"  aTco  8taYpa'^,''  Xcvcs  ) 

3  8£X7.-:r^;  tv'  8/  8'.a'fopp'"  tzV'W- 

4  vo[j.'.a[JL*»  8o)8=xa  xsp"  c$  a).[^ 

5  yV  '^"'  tß  t  ?  a/.^iJL»//  SYP"  t»-"  X*  ^■'ä  ""^  l''-^'-''  ^'  ^'*')] 

6  8/    £{!'■-'  YäfwpY'-'''''-'   '^'->'^''   ß''^"']'' 

7  xa[i.[xvtx'.a  f 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Fauüm.  227 

Das  ist:  TiapsO^ov  ot  pdxtat  otd  Map  .  .  .  STtiaxdzou  dirö  ^laypa'fY;^  'jrcvrsy.at^sxdrrjC  "tv- 
otxtubvoc  §tä   5ca<pöp(ov    ictarcxAv   vofxtajxdzta    otoScxa   %=pd-t7.    i.^  C'^T^P  'AXctav^pcta?  jjiöva  • 

Hiemit  wird  die  vom  Vorstande  der  Schuhmachergenossenschaft  erlegte  Gewerbesteuer 
quittirt. 

Schon  im  II.  Jahrhundert  erscheint  auf  den  Ostraka-Quittungen  der  Boy^Öoc,  Secretär 
des  Steuerpächters,  so  auf  den  von  Fröhner  herausgegebenen  Ostraka  18.  21  f.  27,  29,  36 — 43 
(Revue  archeologique  1865).  Ihn  kennt  auch  die  byzantinische  Administration:  Joannes  Ly- 
dus  de  magistratibus  II,  18.  VgL  auch  Musees  nationaux  7089,  Appendix  222. 

Papyrus  LXXIII,  6. 

Musees  nationaux   7100,   Höhe  4°",  Breite  9-5'="'. 

1  f  '/*/  6  Xa'jp-  ayr  Osv.X')  \).'q-  oX'^ 

2  aTcoXXcövtou  ayto'j  Xccovi'.«^ 

3  x(ov  [iap-Tjpcov  Y=<'>p"'  it=p3j  a[7:oXX(ovtou  'Ttapsii.ßoXY^C 

4  T^Xr  tv'^  Ol 

Wohl  eine  Übersicht  von  Strassen,  zu  fiscalischen  Zwecken  angelegt;  wir  linden  hier 
die  St.  Thekla-,  Menas-,  Olympische,  Apollonios-,  St.  Leontios-,  Märtyrer-,  Georgs-,  Persea- 
baum-,  Elias-Strasse. 

Pergamen  LXXIII,  7. 

Musees  nationaux   7106,  Höhe  .5'.5,  Breite  6'=™. 

1  .  .  .  .  5a[xt7  e^xoußi^ 

2  airoj  (popp    \j-  f  [I'T'sx/,^  sv  Xc[ouo  t(o  Sstvt 

3  aX'  V  a  1  Y;  vo|x'  £V  %cp    [oäko 

4  t  5/  £[A"''''  x,oa[xa"  f 

Der  Text  war  etwa  folgender:  snXYjpcöQ'/j  3id  Aa[Ji.tavoO  sSxoußt-copoc  d'Trö  <pöpO'J  dpO'Jpwv 
r^C  [AsydXYjC  iymKrpiac  £V  irsSitj)  tcp  Ssivc  vojxtaiAdzcov  iv  xspdxta  öxttb  C'^YV  AXs^avSpsiac  • 
5f   £jxoO  Kosjxd. 

(üiTEp)  ^öpo'j  dpoup(tt)v)  finden  wir  auch  in  der  Quittung  Mus(5es  nationaux  7010 ,  Ap- 
pendix 287.   LXXIII,  11. 

Die  locale  Bezeichnung  £V  Tzz^Äit)  x(p  o£ivt  finden  wir  nicht  nur  in  Contracten,  sondern 
auch  in  Quittungen,  z.  B.  Musees  nationaux  7121,  Appendix  688  tö  OYJtAÖotov  o6  i'/ß^c  j^co- 
pio'j  xaXo'j{j.£vo'j  jjiapo'j  aotöX. 

Pergamen  LXXIII,  8. 

Appendix   106.   Musees  nationaux   70.56,   Höhe   3<^",   Breite   4'=™. 

1  x£p/  x5S5'  [jL'[jt'  ap7  ay 

2  ctiro  Xaup"  «y^    ßäxXa  v  px5 

3  6£o]5(op/  ^5 

4  a]TrrjXX(ovto'-' 

dd* 


228  C.  Wesselv. 

So  klein  dieses  Stückchen,  es  ist  lehrreich  für  die  Höhe  der  Stenersiimmen.  Die  ein- 
zige Strasse  St.  Thekla  brachte  also  124  Solidi  ein,  was  immerhin  eine  nicht  geringe  Be- 
völkerungsziffer voraussetzt,  wenn  wir  die  oben  behandelten  Steuerquittuugen  der  Berech- 
mmg  zu  Grunde  legen. 

Papyrus  LXXIII,  9. 

Musecs  nationaux   70 IC,   Höhe   5'^'",  Breite  G*^"". 

2  xoaiJi«  ava3  .... 
Gehört  zu  einem  ähnlichen  Schriftstücke  wie  das  vorhergehende. 

Papyrus  LXXIII,  10. 

Masees  nationaux  6846,  Höhe  ö^S*^™,  Breite   11 'ö^™.   Schrift  auf  den  Verticalfaseru;  Collesis,   1'=™  hoch,  zieht  sich 

4'^'"  über  dem  unteren  Rande. 

1 )(0)[>iov  b]{.aLaoh.  .  .  . 

2  STTOixtou  ßr^/.o'-'  st,   ß  xavovj  osy-arr^c  wj  J,^ 

3  -(Ziüij-^irju  adtyv)  1  gS  j^^^  atXßav  STcoa    f  y^^'  C^) 

4  o//  x/  6 So'  //■  ?  tv5'  SIC  'iTÄTip/  t  3t  £{x°"  aa[i.ßa  irtß  ).a\s.Tzp/ 

Das  ist:  sSs^afi.'/jv  ti'jcip  8Y^[j,ooto'j  )(0)p{ou  BcaXaüXt  6Tr£p  sirütxiou  B-r^Xotj  ....  sie  Sc6- 
rspov  xavova  Ssxdnrjc  IvSarwovo?  uicsp  FscopYiou  at^iyviapiou  xspa-cta  s^  7][i,tau  |j.öva  uicsp 
XtXßdvou  iiroatou  Xcpdxta  rpta  fi\iiao  x£xaptov(?)  6[xoö  xspaTia  svvsa  tjjjiwj  Tsraprov  )rotdÄ  5 
ivStxzuövoc  sie  irXYips?  •  ot'  sjxoö  Xa|xßd  Ihß  XaiJOTpotd-ou  (oder  ao[j,ßoXatoYpd(j;ou). 

atX'.Yv(t.dpir>c),  Weizenbäcker,  ist  das  lateinische  siliginarius  (z.  B.  Digest.  47,  2,  52)  in 
gnlcisirter  Form.  Es  findet  sich  auch  noch  in  folgender  Quittung:  Mus6es  nationaux  6562, 
Appendix  575,  Höhe  d"^,  Breite  6™'. 

1  .  .  .  at/.iYVtap'  Tcapaay/c^)  [  "(o  Ssivi 

2  a'icsp/o'xj  (cvco)  cV  -  av-z  .... 

3  a::o  |j.c[j.'^/(£(oc)  jt::;  ava/.((o|j.a':iov)  ^(cpaTia)  16  .  .  . 

4  aO'jp  lY  -''^ 

Verso:  .  .  .  cV  \i.rj-  aöup.    Die  Construction  erinnert  an  die  Kyrikos-Quittungen, 

Papyrus  LXXIII,  11. 

Appendix  287.   Musöes  nationaux   7010,  Hölic  6-3'^'",  Breite   14'"'. 

1  t  c^c^ctjrrjV  £Y^  Oso^oaioc  g'jv'^  voz' 

2  ica]pa  co'j  z"'-"  [  Aaijmp/  &£o]5opC('j''''  j^  «yop'^-'  apot>p'  [  .  .  .  .  iv5txutovoc 

3  •§  Y  P''  'f'-'^  p'JTrap    {i/  [xy/  £7r£'.'f  '/; 

4  nrjc  arj-TjC  [  •  •  •  cvScxzioivoc] 

Das  ist:  £0£4d|j.YjV  £YÖ)  BsoSoaio?  o'jv  ösq)  vordp'.oc  irapd  aoO  toO  AaiATCpordtou  ÖsoSwpoo 
öxäp  (föpo'j  dpo'jpcöv  TTy?  Sslva  iv3tx-i(bvoc  vo|X'.a[j.dzca  tpta  pTcapd  |jLÖva  •  (jitjvöc  ettsI^  öy^ötj 
TY]c  aörr^c  Ivoa-cttövo?. 


Die  Pariser  Papyri  »es  Fundes  von  EL-FAuf^M.  229 

Papyrus  LXXIII,  12. 

Appendix  430.  Musc'es  nationaux  ö846,  Höhe  4"",  Breite  11™. 

1  f  Trapsayj  [iv^vac  a^yi  aico  <^op    .... 

2  ouoj  ctpv.a>j°/  C  f-vS/  V  £  p/  vo[jna[ii 

3  'TCcVxs  pü-jrap/  [i°//  tu[ßt  C  ]  ^vj 

Das  ist:  irapsa/s  M'/jVäi;  dpyiStdzovoc  diro  «pöpoü  dpouptöv  o6olac  'Apxa5tou  £ß56(X7jc  iv- 
Swcttbvos  vo|JLta[j,drta  ttsvcs  puirapd  [xöva  •  -cüßl  £ß56[JL7jC  IvSariwvoc.  Der  Name  des  Aus- 
stellers ist  ausgefallen. 

Diese  Grundzins  -  Quittiuigeu  enthalten  den  Namen  des  Zahlers,  die  Qualificinmg  der 
Zahlung,  die  Indictionsziffer,  Höhe  der  Summe  und  Datum.  Sie  sind  ähnlich  stilisirt  wie 
die  Grundsteuer-Quittungen,  die  ich  folgen  lasse. 

Papyrus  LXXIII,   13. 

Appendix  688.  Musecs  nationaux   7121,  Höhe  (5-6'=",  Breite  9™. 

1  soe^ajjiTjv  ....  ]svj  airo/Acoc  oioc,  (potßa[j.[jL(ovoc  airo  [  ytoptou 

2  Tou  apawojcxou  vo[j,ou  irapa  aou  jxr^va  aapaaapto"  [  aico  xyj? 

3  apatvoüxtov  ]  iroXscoc  xo  S7][jLoaoov  TsXsaixa  ou  ö/si?  .... 
4 )r(opio"  'ÄaXou[A£Vo'^  [xixpo"  aasX  .... 

5  X7]?  irapJo'jaYj?  £ß5o]jL7jc  Wj  zic,  'jcX'^prj(;''" 

6  xpuaiou  vofjLiajj.aita  ap  £vv[£a  yi  )(p  v  ap  6  (x/]  .  .  .  Eyp  f 

Z.  6.  ap  steht  für  dpt9|xta.  Einer  Erklärung  bedarf  das  Wort  aapaadpioc  in  Z.  2;  es 
ist  dies  die  Bezeichnung  des  Gewerbes,  das  sich  mit  der  Erzeugung  der  salsicia  beschäf- 
tigte (Acro  zu  Horaz  sat.  2.  4,  60)  also  Charcutier. 

Papyrus  LXXIII,  14. 

Appendix  126.  Musees  nationaux  6863  e,  Höhe  5'2™,  Breite  6"=". 

1 ?  otvoTTp^  airo  Sr^ii' 

2  [5    Tuoujoi/  9£&3a)pa'xt    £ß^ 

3  [  tvjS"/  xspV  ':t£VT£  oyS"/ 

4  [   /Otajx    tß    7]    LV^    f   8/   £[J.O" 

5  [" £TP  t  ] 

Das  ist:  itapia/E  6  8£iva  oiv&TüpdxYjc  dicö  Stjjjloolou  Std  Iloöat  0£o8o)pax{oü  £ß8ö(j.7ji;  iv- 
Sa-iÄvoc  x£pdtta  ';r£Vt£  oySoov  yoia.%  iß'  öySo'/jc  ivSwccwvo^  8i'  £|xoü  toü  8£lvoc  Eypdipy]. 

Papyrus  LXXIII,  15. 

Appendix  62.  Musöes  nationaux  7132,   1,  Höhe   7™,  Breite   lO'ö™. 

1  Tirxpzoy"  Ol  ttTTO  &a[j.ßa-opi  [  a 

2  Tzo  AoT  oTjji"  £vat7];  iv'^  8/  vaapau  [  v 


230  <-'•  Wessely. 

5  [o|jiou  ToaaSc  [Jnrivo^]  ta  rr^c  au^  svarr^c  tv^ 

Die  Grundsteuer  der  IX.  Indiction  wurde  durcli  die  Vermittlung  verschiedener  Hände 
erlegt,  wie  die  Quittung  erzahlt:  'jrap£a)(ov  oi  dirö  Ba|jLßatopi  öitco  Xoyou  ^7j[Aoaiou  EvdTiQi; 
ivS'.xruövoi;  5td  NaapaO  voixtojJLdtia  la'  [Jiöva  •  5id  Ihaotou  toü  C^T^^'^''^'^^^^  vo[xta[jLdna  tsa- 
capa  •  xai  5td  X*'?^*^  xoad^s  •  xat  ^td  Koa[jLd  ivvsa  püitapd  -[if^izai  H  puTcapa  [AÖva  Ö[aoö 
toad5c.    Datirung:  am  11.  des  Monates  x  rqz  aözffi  svdxirjc  iv^ixxKövo^. 

Der  Zygostates  ist  bekannt  aus  dem  Cod.  Tlieodos.  12,  7.  2;  Cod.  Justin.  10,  71.  2,  sein 
Amt  ist  das  zygostasium. 

Papyrus  LXXIII,  16. 

Appendix   14.    Miis^es  nationaux   7155B,   Höhe   7"=™,    Breite  9™.    Schrift  auf  den  Vertiealfasern ;    Faltungen  hori- 
zontal zu  2-3'=". 

1  t  Tiapr^ax  6cp[jnrjv 

2  J^  5T/(JLOatO'J   Tcpof'^ '"''=* 

3  tptaxai^sxa-T^C  tvj 

4  V  a  Tc    x£p    CS5'  zypa^    [xvjv 

6  rptaxai^cxar/j?  tvj 

7  5/  £[JLO'j  ßatopoc  stsXsuo-CTj 

8  5/ 

Der  Text  lautet:  irapsa/s  BspjXY^v  oizip  ^[xocco'j  irpcöxotj  Tpiaxat^sxd-cTji;  IvStxruövo?  vo- 
[i'.^ixdxiov  Sv  Tcapd  xäpd-ta  C  Y^ix^ao  -srocprov  •  syp^'f]  (^''"'/'''^^  'fotjj,£V(OT  äY]'  tyjc  aar/Jc  tpta- 
xat^cxdnrjC  lv5ixu(bvoc  ■  5t.'  £[jlo'j  Bix-copo?  £-£X£ttt)6Yj  •  5' 

£X£A£CO)0t^  liat  sich  aus  dem  Formelwesen  der  Contractsunterschriften  hierher  verirrt, 
vgl.  Basilica  II,  pg.  502  f.  ed.  Heimbach  und  Brunner,  Zur  Rechtsgeschichte  der  römischen 
und  germanischen  Urkunde  I,   74. 

Papyrus  LXXIII,   17. 

Appendix    344.    Musdes    nationaux    6846,    Höhe   5'8™,    Breite    6"=".     Schrift  auf  den  Horizontalfasern;    Faltungen 

wagreeht  in  den  Distanzen   IT  +  2  +  2'1"". 

1  t  7rap£axj  ot  ot^r^p" 

2  0/  c'j/.oyto'''  xac  a£p" 

3  jt:^  r^-fiixozio'j  tptaxat 

4  Ocy.axY^c  tv5/  -/p  4  t5 

.5  or/ca  -EoaEpa-/  xüßt  t5 

6  5£%ar/jc *"''"'*  tvj  5/  £jxoo  Y£(opYio- 

7  StE/ 

Das  ist:  7tap£T/ov  of  aco-/)po'jpYO'.  -Jid  EöXoyto'j  xai  ^Epr^vou  UTtEp  5r^|JLoa{ou  Tpiaxat^Exdnrjc 
Iv^cxxuövoi;   -/poooO   xEpdtta   t5'  5£xa   x£co£pa   •   rußi  lo'  (xptaxaO^cxdtr^C  tv5txxi(övoc  8i'  k\t.oö 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  231 

Papyrus  LXXIII,  18. 

Appendix  828.  Musfes  nationaux  6496,  Höhe  5'=°',  Breite   7"". 

1  f  [Tuapsa/c  ]  uo~  vaap-  aitox.  (patAs: 

3  8/  axa  lou^  (p'J^  1 y.=f,^ 

Das  ist:  Tcapsaxs  'IcodvvTjc  Naapau  W-Tcci  ywpio'j  Oa[j.si  oirsp  xaraßoXr^C  tTjc  xoaaorYj?  Iv- 

Sa-Kovoc   (föpoü   87][Jioatou   IvSix-cttövoi;   tptaxacSsxdzY^C   Stä  dira  'louXtoo  (pÖKa-KOZ xa- 

pdrtot  ToadSc. 

Papyrus  LXXIII,   19. 

Appendix  541.   Musees  nationaux  6910,  Höbe   1-4'^",  Breite  9*='". 

1  ßtx-cop  (papjx^  la  f  sax';  j^  8-/;ijl°  a[j.'^  -/(op  aXcSavSpo'j  ap[t6(j.'.a 

Das  ist:  Btxrcop  •  rpap\xo'M  ta    •  sc/r^xa    UTZsp    SyjJjloo'Iou    djjixsXtxoö  ywpto'j  'A).£^dv5pou 
dp{6|xta  vo[jL'.ajxdzca  road^s. 

Pergamen  LXXIII,  20. 

Appendix  29.  Musees  nationaux  6847,  4,  Höbe  3-7'="',  Breite   7'='". 

1  t  ^cijjLö  ß  ivj^  xoaiia*''''^ 

2  irapx  xsp/  STTTa-üsy.a  iC  V 

Das  ist:  !pa|i.£VO)Ö  ß'  tv8i/,n(»voc  •  KoajjLäc  icapsoxs  xspdrta  STCtd  8sxa  8td  xoö  Sslvo?. 

Papyrus  LXXIII.  21. 

Appendix  356.  Musees  nationaux  6846,  Höhe  3'5'=™,  Breite  7'1™.  Schrift  auf  den   Vcrticalfasern. 

1  t  TuapTjax  ßav  ir  xaXXcoat/  j^  [8Yj[j.oacou 

2  [xV    £YP7  [a"  <pap[jLOU^  y.ß  a  iv^.   f  5/  .  .  .  . 

Das  ist:  irapsa/s  Bwrcop  lIxaX/.wac  UTCSp  8r)[j.oa{oa  xoad^s  vo[JLiajxdtta  {xöva  sypd'fT]  [itjvöc 
<pap|j.ou6l  y,ß  irpco-rjc  ivotxtKovoc  •  5id  zoö  Sslvoc. 

Papyrus  LXXIII,  22. 

Appendix  220.  Musees  nationaux   7089,  Höbe  6-4'^'",  Breite  e-S*^"». 

1  TrapY^ax  ii.Yjv[ac 

2  tou  ap/'j':r[Y^pcrou 

3  ivj  x*  3  5o"  T  %[o/J.£xrapuo 

4  vo[xta[iaTt    £  .  .  . 

Z.  3  ist  zu  lesen ivSattöjvo?  xd  xal  ooO£V-a  x(T)  y.o)./«cX-api(!).  Dieses  Fragment 

ist   nur  verständlich,    wenn   man   die   in   der  Sammlung  P^rzlierzog  Rainer  9002   enthaltene 
ähnlich  stilisirte  Quittung  vergleicht: 


232  C.  Wessely. 

1  t  'rtapsa/  tj  -^^rjj^iz  5    Tjpcovoc  STütarfaTou 

3  TYjc  V))  xa  xai  5(o0svra  (jiTjva  uw  aiatv 

4  voixtajAaTia  rpca  pTjicap/  v  y  p    syp    [ivj 

5  aÖ'jp  c  Ssxar/jc  tvj  5/  s|i,o-  ysp^-'Vxto"  icporwv  .... 

Das  ist:  icapsa/ov  oc  yvatpcii;  §td  "Hpwvoc  i-^rtaidtou  yva'fscov  tiirsp  ^uXcov  xal  [JioX6- 
ß(ov  SsTidnrj;  ivSixtuövoi;  rd  xai  Soösvxa  Mtjv«^  uü})  Xiatvvtou  vo|i,ia[jidxta  xpta  püicapd 
sypdifY^  (XYjvöc  d66p  sxx'o  Ss^dx-rjc  lv5txxt(övoc  5i'  sfJioü  Tspovxtou  npcoxovoxaptou.  Ferners: 

Papyrus  LXXIII,  23. 

Musees  nationaux  6846.  Höhe  3-5<=™,  Breite  6«°'.  Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

1  Yp^^l"-^  xspxsOoYjpV 

2  t]v5    xa  3  5o6j  xo)  xoX[X£xxapto). 

Papyrus  LXXIII,  24. 

Appendix  128.  Musees  nationaux  6863G,  Höhe  6-7™,  Breite   11™. 

1  f  'fapix^  \h  i'(  t    aiz  .  .  .  . 

2  X"  axpaxtovoc 

3  ....  v"  xoaa5s  ]  aX^  aavavso  xou'^[oxspa[j.  y^T^s'^at 

4  V0[xc3|Ji,axia  xoaot^s]  aX^  xo)  ayi/  [ ]  8  v°  a  aX^ 

Pergamen  LXXIII,  25. 
Musees  nationaux  6846.  Höhe  3-7"="',  Breite  4-7™. 

1  axoai  .  .  .  .  v*»  .  .  .  [xTQC  xoaauxTjc 

2  cjv?"  7  xa  3  5  '^  xauptvou  <''''^' 

3  XTjC  xoaauxj-ric  tv^c-/  -Jipoa  .... 

Auch  hier  kehrt  das  formelhafte  xd  xoti  SoOsvxa  (TauptV(j),  dem  Collectarius)  wieder. 

Papyrus  LXXIII,  26. 

Appendix   748.  Musees  nationaux  6.584.  Höhe  8-7'="',  Breite  9-4'^"'.    VIII.  Jahrhundert. 

1  [t  s-jv**  [i'qvyj.z  5/  ictaot""/  Xoyoyp"  'j[jLtv  xocc  [  aico  -/"^p^^^'-» 

2  x£pxs3ao'j/o'j  ]  opooc  xaxajSsßXTjx-  s^  ri\x- 

3  apoupj/ xo)v  aywov  £xxXYj[atac  ... 

4  SXXT^C    ap^   |XS'    lA»/ 

Ein  ganz  Ulinliches  Stück  haben  wir  in   unseren    Prolegomena  ad    papyrorum    graeco- 
rum  novam   collectionem   edendam,   S.  17  veröffentUcht :   auv  Osqi.  Mirjvdc  5id  Iltaocou  Xoyo- 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  233 

Ypdctpo'j  U[j,lv  VjIz  ruTzh  y(optou  K^pxsoaou/o'j  opou?  •  xaT:sßcß>v7]%£i  scp'  Tf^|iä?  .  .  .  Hier  liandelt 
es  sich  um  die  Ziitheilung  einer  Steuer  von  40V8  Artaben  für  die  VI.  Indiction. 


Papyrus  LXXIII,  27. 

Appendix  874.  Musdes  nationaux  6563.  Höhe  S"!"™,  Breite  27'6™.  Schrift  auf  den  Verticalfasem ;  Faltungen  hori- 
zontal in   den  Abstünden   l'S  +  2-4  +  2-4  +  1-.5™. 

1 y]^^'\^T^^^  ^^^'^  ~'^fi  \i.^'(fxk:    z%fX^  £y(o a^sX^    jitC  ataro"  ats'favo'j 

2  .  .  .  .  xat  G'JixirXr^pcoGso)?  aTCoXXcov  t°"  aurou  ars'^av"''  utcoSsx  to"  tcov  ax"  3(o5£xa"Y^C  w/ 

3 V  ocp/  Suo  8t(jLOipov  Y^/ 1^'^^  'j])Ck<)  ap    xpiaxovta  §uo  §t[iotpov 

4  .  .  .  .  ic]  cVTSÄCttosxato'j  sv  Y^'^'VTjlJi'^^^v  Tüauvt  iC  ^P"/)  ^^  Wj  f 

5  .  .  .  .  a/ocv  xov  apY'jptc|x)  f 

Über  dpY'Jpw'ioc  (Z.  5)  —  vgl.  x£parta[j.ö?,  Sr^vaptoiJiöc  ^  handelt  Hultsch,  Metrologie^, 
S.  341.    Der  Ausdntck  TrXTjpcoatc  findet  sich  auch  im  folgenden  Stücke: 


Papyrus  LXXIII,  28. 
Appendix  667.   Masees  nationaux  6705.  Höhe   lO-O™,  Breite  S-S»".  Schrift  auf  den  Verticalfasem. 

1  .  .  .  ■TTpijjxtxTjpwc  to'j  £v5o[^o'caro'j 

2  .  .  .  airo  ajx'^o^joy  (|;avn:aXXiou  xar  [tou  ztj? 

3  jxaxaptac  jxvjr^jx-rjc  avfo-j  [ 

4  .  .  .  .  aiio]  x(o{x"Ajc  aX£iav3p[ot>  VTjaou 

5  xocpTCWv  T7]c  zooaovTfi  tvj^tTCTuovoi;  sci;  xX(ri[pcoacv 

6  .  .  .  .  v°  .  .  .]  ap"  j  at^  apV  y"  ^^(^^'{'0 

7  .   .  .  .  f  h  £[xou  i;o[!ja'cot> 

Ein  xp]t|Xt%scptoc  T(ov  %aO'jatO|x[£V(ov  erscheint  auch  in  der  Quittung  Nr.  9031  der  Samm- 
lung Erzherzog  Rainer.    In  Z.  2  ist    Tzar  die  Abkürzimg    eines    obliquen   Casus    von  Tcat<;. 

Z.  6  ist  zu  lesen  vo[xtaixdT'.a  -Loadloä  dptO[xca  %at  ctxou  dp-dßa?  Tp£tC, 


Papyrus  LXXIII,  29, 

Appendix   276.   Musees  nationaux  6828.   Höhe   6"4""',  Breite    11""'.     Schrift   auf  den  Verticalfasem;  Faltungen  hori- 
zontal in   den   Abständen   2  +  2  -f-  2'4''°. 

1  t  £7:1'^/  f]  |X£p/  87]|x'|x'  %"/  aXs^av^ 

2  a  W'  av5p£0'j  5ca%/  »ji^S'  E-jira 

3  t£i:ap^  (x//  3t  c[xo"  ^otß"  5tax  f 

Das   ist:    iiti'p  y/   |X£po?    orj[xoGÜov   %a)|x-/]C   AX£^dv3po'J    (vj^aoo)   irpfOTV]?   ivotxxKövos  "Av- 
SpcO'j  5tct%övo'j  Xcpdroa  sxid  -cstapzov  [xova  5t'   £[xo6  tI>otßd[X[X(ovoi;  ötaxovou. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.     Al)handl.  von  Nichtmitgliedcrn.  66 


234  C.  AVessely. 


Papyrus  LXXIII,  30. 

Neue  Nummer  284.  Musecs  nationaux  GG09.  Höhe  31"",  Breite  9-3™.  Schrift  auf  den  Vcrticalfasern;  Faltungen 
wagrecht,  in  den  Abständen   1  +  l'l  +  1"".  Schrift  des  VIIL  Jahrhunderts. 

1  .....  ac  aitoAuatc  t"''  axo  Sr^jx"  tccVisj 

2  .  .  .  Ssxarr^];  tv^  aXc^av'^  xsp«  sv  7j|jLtau  yt/  aS  (j."  [a'  xx  tj 
3 sii.""  Sajxtavo'j  stsX'  f  Y^topyiou  §'s[jl°" 

4        ■  avaazaGioo  syp 

Papyrus  LXXIII,  31. 

Appendix   798.  Musees  nationaux   6916.  Höhe  4'5''™,  Breite  9"5™.  Schrift  auf  den  Vcrticalfascrn. 

1  f  TCap/x-  yscopyto"  /  .  .  .  . 

3  xaA[a  xat  [juxpa  xoaaSs] 

4  yi//  (fa",   [xs'^j  [i.iyp/*"''^' 

5  x[^^<^^]  ^T  C  tvj  t  §/  e(jlo" 
Verso:  TCaTuvouÖt 

Also  etwa:  Trapsays  Tscopytoc  .  .  .  tiiuEp  ^lavoiATj?  sß5ö[iYj<;  iv5t%ttä)Voc  (pav-iiXia  |jLsyd)>a 
*at  {Jitxpd  tooctSc  /otax  ty  ißSöfir^c  ivSantovoc  •  3i'   sjaoö  llaTrvouOcou(?) 

Papyrus  LXXIII,  32. 

Appendix  21.  Musees  nationaux  7004  A.  Höhe  S'9""^,  Breite  11'='".  Schrift  auf  den  Verticalfasern,  Faltungen  zu  l'S'^"'. 

1  f  Trapyjay/  uoav]'^  siriati 

2  xs'faX'  jt^  tt[i'  ■Äsya)^ 

3  xapir'"  '/]  tvV  %£patta 

4  stxoai  S'Jo  Tjixcau  yt/ 

5  xsp'^    *ßS  sypa^Y]  jjlyj"  xußt  ty 

Umschrift:  xapsoys  "Iwa-^^  iirtazarrjC  ■/stpaXatwtwv  oirsp  xt|j.if^jxaToc  %S'faXai(üT(bv  xap- 
xÄv  l'friörfZ  ivScx-aövoi;  %spd-ta  sixoai  Suo  -^(Jitau  sypd'fYj  [xtjvi  xußt  ly'  oyoo'/]?  tvStx-wbvoc  8t' 
£|ioO  lla6).o'j  i^cVooOtou  dv6aQY].  , 

p]s  ist  interessant  selbst  diese  Soi'te  Beamter  in  eine  Zunft  eingetheilt  zu  sehen.  Im 
Januar  wird  (hts  ti[j.'/]]Jia  auch  gezaldt  im  Pergamen  Mus.  uation.   6520  unser  Nr.  LH. 


Miethzinsquittungen.  (LXXIII,  33—43.) 

Appendix  27,  Musees  nationaux  E0847   suite.  Höhe  4"",  Breite  7-2™;   Faltungen  hürizoiital  s;u  1'="'  Distanz. 

1  t  7:ap/.  (xaptos  st/  ya[i^  GaK\xa 

2  aito    SVOtx/    Z"''   %Up°"    TTcI'CTJp/    t£    t'V 


Die  Pariskr  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  235 

3  aX-  xsp/  svSsxa  rs-cap^  yi/  i  la^j' 

4  tpap^  a  XI  t£  tV  -j-  §/  -jjLQ-  rxTza  oX  .  .  .  . 

Der  Zins  wird   am  1.  Pharmuti  erlegt,  offenbar  flu'  das  verflossene  Halbjahr. 

Umschrift:  7cap£a'/£  Maptasst  Ya[JL£-T^  SaX[Aä  äiro  svowtou  roö  xuptoo  UsTiTjptoo  ts'  iv- 
SixiKövoc  xcpdxta  sv^sxa  rsiaprov  Cf^Y^  'AXs^avSpstac  ^apixouOi  a'  f^c  ts'  iviSixiKövoc  •  5t' 
sjjLoü  aira  OX  .  .  . 

Das  Schema  dieser  Miethzinsquittungen  ist  ein  doppeltes,  ähnlich  den  Steuerqnittung-en: 
A)  Tcocpca/s  6  Sctvoc  (diro,  dico  jispouc)  svoatou  z'qQ  TGaauTTjc  tvStxttcövoc  xspatia  roadSc 
Datum,  Unterschrift  des  Ausstellers. 

B)  Datum  an  der  Spitze;  Tcapsa)^«  fehlt;  sonst  ähnlich. 

Papyrus. 

Appendix  680.  Musees  nationaux  7113.  Höhe  5-3™,  Breite  8'5'='";   Faltungen  horizontal,  in  Abständen  zu  l'S — lb"'K 

1  t  T^''J-p^  «Tra  oX  J^aXtj  [aicjo  x""  svoa/  t  \sJ 

2  s]/.xX/''i  t"  aTü"  «papixj'^  a"  Tpta[xai5c%a-Y]i;  W) 

3  sioc,  6(o9  X  Xcoaapa  3  SsxaiYj?  tvj  yS  [Jt// 

4  aX=  Äcp/  xpia  7j(Acau  syP  l^'  ^ct^t  ? 

5  3t  £[x°"  OsoScopoi;  irp/ 

Das  ist:  TzapiayB  dua  'OX  (l^dXtTjc  dicö  xoö  ivotxtou  rt^c  [iSYdXv]?  ixvXrpiaQ  xwv  dzö 
^apjjLO'jOt  ot'  tptaxat^sxdxTjc  (tv^txxtcövoc)  £(o?  6(06  X'  xscaapa-ytatSsxdxTjc  tv§t%xttövor  Co'((p 
'AXs^otv^pstac  xspdxta   xpta  -Ä^jxta'j  (Jiöva  sYP^'f/    t^^^'^^C  'fotwrpt  ?'  8t'  £[jloO  Ö£o5c6poa   '7tp(£oß!J- 

XEpO'j). 

d-iiö  xoO  £VOt%tO'j  wird  gesagt,  da  ja  dies  die  halbjährige  Rate  des  ganzen  Miethzinses  ist. 

Pergamen. 

Appendix  679.  Musees  nationaux  7113.  Höhe  5™,  Breite  5-4<^»'. 

1  t  irapx  avva  an"  [jL£p  £Vot%"/ 

2  x'i  (J.V  £X'KX'i  X"  aTi°  «pap"  a  £(oc 

3  0<o9  X  a  tv^  ;^  5  [j.rj~  aX=  ■Ä£p/ 

4  £V  x£xap  *)  aX'  otS' 
^5  8/  Bli."''  [  .   .  '. 

Das  ist:  icotpEa/Ev 'Avva  dirö  [lEpouc  EVotTttou  X'Tjc  jX£YdX7jc  ExxXYjatac  xcbv  d-iiö  (pap|i,ou6t 
ot'    SCO?   6(1)0    X   itpwxTQi;   tv^txxtwvoc    6t:£p    £^   {jltjVcöv  AX£^dv8pEta  x£pdxta   £v   x£xapxriv  •  St 
£|10Ö   .   .   . 

Papyrus. 

Neue  Nummer  228.  Musees  nationaux  7445.   Höhe   7-5™,  Breite  9'"';   Schrift  auf  den  Horizontalfasorn,  Faltungen 

vertical,  in  Abständen  zu  1'4'"". 

1  f  Trapvja-/)  itXtxtvoa'"  8ta 

2  xcovou   Jl^  £VOtX    z-QZ   «yt 


236  C.  Wessely. 

4  xawov  -(ov  ai:o  irar^vi 

5  tpitirjc  tvj  £ü)c  Tzaym 

6  X"  xsrapTTQ^  tv)  )(p)  v"  a  p 

7  8/  £{xou  yspo[X£Vou  g'jv" 

8  EVOtx/    .... 

Das  ist:  icapsa/c  llXi-tvoc  'Icodvvou  Scdxovoc  ÜTcip  svoatou  r?jc  dytac  {JLEYdXvjc  £%/,XY)atac 
Ka'wVwv  Tcbv  ä':!?!  iraövt  Tptnrjc  IvScy.xubvo;  £«>;  •jra)(cov  X'  Tctaptr^c  tvScxTttövoc  ypuaoö  vojica- 
[xäuov  a   puTCapöv  •  8t"   £[jloö  Xaip-/^[ji.ovoc  ouv  öc^  ivoutoXöYou. 

Pergamen. 

Appendix  284.    Musecs  nationaux  6609.  Höhe  4-5'"',  Breite  8'^'". 

1  t  -Tcapx  ot  a/  V'-'  jXcya'-  utioox 

2  xa  ß  l/^  aX£i;av^  vo[JLia[j."  [£V 

Papyrus. 

Neue  Nummer  277.  Musees  nationaux  7445.  Hölic7-5'",  Breite  8*2 "";  Schrift  auf  den  Horizontulfascrn,  Faltungen 

senkrocht,  in  Abständen  zu  je  l'V™. 

1  f  itapTjayj  6£o8copoc  8£X'C3 

2  xo  cvaiv  rov  ayt 

3  «■3X0  V£rj|j,7]vta(;  t°"  xap£XÖovt3 

4  [J-T^~  yotax  £(oc  xx  X  |j.tj"  5 

5  [0]  EOTtv  vojjLj  xEtapxo"  p^zap/ 

6  yt/  v°  8'  p/  \ifi/         SYP^^'f/  t*'"']"  ''^''-  *9 

7  t8  t[v8        t]  8t  £jxou  tco[av]v°'''  £VtxtoXoY3  f 

Das  ist:  irapEa/c  0£Ö8(opoc  (67io)8£xt7jc  tö  Evotxtov  xcöv  ocYtcov otTCÖ  V£0|JLYjVtac 

Toü  irapEXOövro;;  [JltjVoc  yotcty.  £0)?  iraywv  X'  (jlyjväv  I^  0  Eortv  vo|i,to|idxtc>v  xExaprov  puTcapöv 
[AÖvov  ■  £Ypd^-/i  [XTjVOi;  xaywv  xO'  t8'  tv8tÄXt(bvoc  8t'   ejioö  'Icodvvou  ivotxtoXÖYOU. 

Z.  1  lässt  audi  die  Abkürzimg  X£7(,Tfov  zu. 


Pergamen. 

Neue  Nummer  250.    Musecs  nationaux  6525.    Höhe   7*"°,    Breite  8"2''"';    Faltungen  horizontal,    in    den   Abständen 

1  4-  1-2+ 1  +  1-2'="'. 

1  f    TlOtpY^Oy^    OcOOOpOU""    -JCp'    Ja^    £Vt 

2  vttou  8t/  6£o8oato'j  xov  axo  ipo/ 

3  a  £0«  (yaix"  X  ß  tv'^  j(^  (i."  ?  ß"  tv 

4  yp/  xcpT/  xpta  Yj|itaY;  8£xapxo'' "'' 

5  |A''|JI.7/    *»   yS8'    [J.Yf   X"   ß    t   £-    8/   £[J,00    tou 

6  axtvou  .... 


Die  Parisee  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  237 

Das  ist:  TapiGjc.  ösöScopoc  itpscßüTspoc  üirsp  evotxiou  3cä  BsoStopou  töv  dicö  «pawcpi  a 
i(üZ  (pajjLSVcbG  X'  ß'  wStxTuövoc  uirsp  [jl'/jviöv  §6  Ssüxspac  IvStxTuövos  ypuaoü  xspdtia  xpia  fj[i,iaü 
-csxaptov  [xöva  •  tATjvö"?  rußi  s'  IvSaxicövoc  ■  3i  s[xoö  'louattvou. 

Papyrus. 
Musees  nationaux  7408  B,  LXXIII  suite.  Höhe  5™,  Breite  14'^"'. 

1  t  7capca)(-  §a[jitavou  jjlsoi^ 

2  jt^  £Vfx,toa  xapTcov  TSxapiT]?  iv" 

3  .    .    .    .    [XOVOXOttCOU    IT" 

4  TTj  'TCapoua  i/  xsp/  5s%a  irsvSs 

5  yt  f  t£  [Ji°  f  o/  -sixou  'irouat  f 

Das  ist:  irapsays  Aa[j.tavöc  |X£atx7]i;  ÜTusp  evoixioü  ■Kapircbv  XcTapiTjC  tvStxtuövoc  .  .  .  . 
{Aovoxotrtou  -Tiaüvi  ....  f^c  Tcapouar^c  ivöattcövoi;  xspdTia  tiv.a  Tcevts  ■  Y^p^Tai  xspdtta  le' 
[löva  •  5t'   sjAoö  Iloöai. 

Papyrus. 

Appendix  28.    Musees  nationaux  6847,   2.  Höhe  3-5<="',   Breite  6-5'="'. 

1  TüX  C  tc  tv^  xup~  xoXtjo 

2  [xep/  £Voi'-  t8  i/  ■  [v° 

3  aX=  Y  t  ^/  £(J-°" 

Das  ist:  icaycov  C  t£'  tv5axt(övoc  /.upto?  KoXyja  .  .  ([T:ap£a)(£]  UTCsp  [iipooQ)  £Voatou  t8' 
'.vSattcövoc  voiitaiAdtia  'AX£^dv5p£ia  rpia  •  5t,'  £[j.oü  xoö  5£t;voi;. 

Papyrus. 

Appendix  222.    Mus&s  nationaux   7089.  Höhe  9'='",  Breite  9-5<'". 

1  .  .  .  .  ßoYjÖj  xup  ....  OD  yp'jc 

2  ....  j^  £Vot%'x'  .  .  .  aap  .  .     vo|i[ta[JLa'ctov  7j[JLtau 

3  'C£xapxov]  V  S5'  [JLOV  £Yp  ^apixouöt  v.C  9  t" 

4  .  .   .   .  t  x/ 

Das  ist:  ö  5£lva  ßor^Ööc  Kupaou  ypuauTcoÖExrou  (?)  [icap£ay£]  üir£p  Evotxtou  .  .  .  vojxta- 
[idttov  7i[xtou  TExapxov  {jLÖvov  •  £Ypd'fYj  ^apixouöi  xC  £vdtT;<;  ivSixtuövoc 

Pergamen. 

Appendix  28.    Mus(5es  nationaux  6847,   3.  Höhe  6'". 

1 svoixto"  .... 

2 1°  ov^  auv" 

3 ir/.ox"  aX' 

4  ,  .  .  .  T£rap'cov  oyo[oov  y^P*'^'^^  "^^  "^^^ ^''i' 

5  t  £Y«)  [i.0 


238  C.  Wessely. 

Den  Quittungen  über  erhaltene  Summen  in  Geld  oder  Naturalien  mit  7zapi(jyß,  6  Sslva, 
s^s^dfAYjv  i:apd  toO  Sctvoc,  s/co  syto  und  £T:).rjp(öOYjv,  stehen  solche  kleine  Urkunden  gegen- 
über, durch  die  verfügt  Avird,  dass  einer  dritten  Person  etwas  gegeben  werde;  sie  sind  etwa 
so  stilisirt  i  Ssiva  T(p  §=lvt  itapdaysc  T(p  8stvi,  es  folgt  die  Motivirung  der  Handlung,  dann 
die  Angabe,  was  zu  geben  sei  und  auch  woher  dies  zu  nehmen,  zuletzt  das  Datum.  Bei 
wichtigeren  Anweisimgen  ist  die  eigenhändige  Unterschrift  des  Auftraggebers  beigefügt. 

Dies  ist  vor  Allem  das  Schema,  nach  welchem  Gehaltsanweisungen  und  Intimfj,tionen 
ftir  die  Beamtenschaft  erfolgen,  nach  welchem  öffentliche  Fimctionäre  Entlohnimgen  für 
öffentliche  Dienste,  Bezahlung  ftir  Gegenstände,  die  zu  öffentlichem  Gebrauche  bestimmt 
waren,  anA\äesen. 

Wir  führen  nunmehr  eine  Anzahl  solcher  Schriftstücke  auf,  die  theils  als  für  öffent- 
liche Dienste  ausdrücklich,  theils  als  von  einem  öffentlichen  Functionär,  also  mittelbar  für 
öffentUche  Dienste  erlassen,  angeführt  werden.  Sie  sind  lehrreich  in  \'ieler  Beziehung  für 
die  Culturverhältnisse  jener  Zeit  und  erlauben  ferners  einen  Einblick  in  die  finanzielle  Ge- 
bahrung  in  den  Ämtern. 

Zwei  Fragmente  beziehen  sich  auf  die  Verwaltung  des  Hospitals  in  Arsinoe,  in  welchem 
eine  grössere  Anzahl  Krankenwärter,  alle  zu  einer  Zunft  vereinigt,  beschäftigt  waren. 


Appendix  862.  Musees  nationaux  6693.  Höhe  4-7'=»,  Breite  9-1™ 

1  .  .  .  v]oao7(,o[jLtov  [tTjc  apatvoircov  iroXscoi; 
3  rpioazrjü  ^taxovo-' 


Appendix  866.  Mus&s  nationaux  6616.  Höhe  8-8™,  Breite  9-9™'. 

1  ir£TcXaa(0[JLEVO)V  t 

2  .  .  .  UTCsp]  T7]<;  cYxa'jaswc  %[ou(p(ov 

3  Xoyo)  ]  TO"  auto"  voao%o(JLio" 

4  £Yp'  [x"  (pacotpi  X  t[  tvScxTtcDVoc 

5  to  icjtixaici'  toz  xp/f  f  [Ji[  nom.  proprium 

Man  mag  zu  diesem  Texte  Nr.  LHI,  14,  Mus6es  nationaux  7105E  vergleicJien :  xapda)(ci: 
ATioX/vq)  xo'j'fOÄ£pa|JL£i  BoußaaTco  .  .  .  üirsp  dvaX(()[Ji,aroc  sy^auastoc  (xoufpcöv)  sv^sxa  £>.abü 
|i.£-pov  a;  in  Nr.  6616  handelt  es  sich  um  die  Bezahlung  eines  anderen  xoo'foxcpotjJLO'jpYÖi; 
für  seine  Arbeiten. 

Wir  fügen  auch  hinzu,  dass  eine  ähnliche  Anstalt  noch  existirte,  es  ist  dies  in  der- 
selben Stadt  das  in  Appendix  743,  Z.  7  Musees  nationaux  6920  erwähnte  yri^j'jv.rj^xl'jy . 

Appendix  886.  Mus6es  nationaux   6.580.  Höhe  So™,  Breite  9-6™'. 

1  f  xto  riJjzK'^l  6£-oooi 

2  *oa[iac  irapaa/j  Y£[povutp  'jr£pt)(UT7] 

3  x""  ßaXavj  a'  CJVYjfij  6  [  tv5ix-cco)Voc 


Die  Pariser  Papvui  des  Fundes  von  El-Faijüm.  239 

4  otv  XOOp/  s  jx//  otvou 

5  xoupt  £^  [xov)  ^a[XcV(o[6 

Das  ist:  tö)  dSsX?p(p  0£xo'joi  .  .  K&a[JLäc  "  icapaa/ou  Fspovuq)  'jc£pi)(6r^  toö  ßaXavscou 
äTTÖ  a'JVTj^ccac  svdnrjc  IvSautövoc  otvou  xoupta  si;  |j.öva  •  ^a|JL£va)6  .  .  .  zfiz  aörTj?  "tvSwuwvoc. 

Dieses  Stück  gewährt  uns  einen  Einblick  in  die  Verwaltung  des  öffentlichen  Bades  in 
Arsinoe  im  VI. 'VII.  Jahrhundert,  wie  es  in  ähnlicher  Weise  für  Hermopolis  magna  mehrere 
Papvrus  der  erzherzoglichen  Sammlung  gestatten.  Die  Bäder  sind  in  öffentlicher  Verwaltung. 

Ein  glücklicher  Zufall  erhielt  uns  noch  einen  andern  Papyrus,  in  welchem  gleichfalls 
derselbe  Gerontios  erscheint,  es  ist  der  Miethscontract  aus  dem  Jahre  633  des  British  Mu- 
seum, veröffentlicht  von  mir  in  den  Wiener  Studien  1887,  S.  245;  Z.  39  f.  heisst  dort: 
aupr^-ioc  yBprjVzirjC,  luspi/U'CYjC  tod  SYjjJioctou  ßa).av(£t)ou  oioc,  tpoißa[j(,[JL(ovo(;;  er  wohnte  in  Ar- 
sinoe in  der  Strasse  Muiarion  und  miethet  dort  für  y^  Solidi  jährlichen  Zinses  eine  Wohnung 
von  zwei  Zimmern. 

Appendix  819.    Musces  nationaux  6944.    Höhe  S'T"^,  Breite  S'l"";  Fragment. 

1  •jrapaa[x.]  st;  Xoy  cpyov""  £pYa[xatc 

2  £t.]c  xo  iTTTcw/''"  (|^{i)[j,ia  (j^sasio) 

3  ap^  V  lyS' 

Das  ist:  Tzapdoyßc  aiQ  Xöyov  spyojv  ip-^dzaiQ  ...  sie  zh  tTricix.ov  tJ^cbiJLia  ^sasicp 

dp{6[JLia  vo[j.ia!xdzca  lyS'. 

Eine  besondere  Stellung  nehmen  die  vom  Dux  Kyrillos  ausgestellten  Anweisungen 
ein ;  einige  befinden  sich  auch  in  der  Sammlung  des  Erzherzogs  Rainer.  Sein  Name  erscheint 
auch  in  der  grossen  officiellen  Naturalsteuerrechnung  Nr.  LXXXIX  unserer  Ausgabe.  Es 
sind  dies  folgende  Papyri : 

Appendix   106.    Musees  nationaux  6904  E.  Hölie  7™,  Breite  17"". 

1  t  v-opiXkoz  OTcfpavti)  /oproirapaX.yjiJnrio)''''  xp  .  .  .  . 

2  irapao/c?  vtuXaco™  Ji^  avaXcojj-j^  x°"  YO[io>'  aozo"  6  t,/ 

3  xptc  aav.Y.'jd'"'  zoo  aizoo  (in  schrägliegender  Schrift) 

Das  ist:  KuptXXoi;  Xx£'fc/.v(p  )ropxo'::apaXT;|JL'3TX'(i  .  .  .  irapda/cC  Kopaq)  üirsp  dvaÄcbpiaxoi; 
xo'j  Y''^!J-^^'->  aöxoö  sva-r^c  ivSaxtcövoc  xpsi?  adv.v.ooc  xoö  aixou. 

Der  Papyrus  zeigt  uns  den  Vorgang  bei  der  Auszahlung  der  Natiiralentlohnung  der 
Beamten.  Das  Getreide  ist  eingenommen,  in  Säcken  geborgen  liegt  es  in  den  öffentlichen 
Magazinen;  auf  diese  Intimation  hin,  welche  der  Beamte  ei'lässt,  werden  nun  die  drei  Säcke 
für  den  Unter-Beamten  entnommen. 

Appendix  227.  Musees  nationaux  7089.   Höhe   10-7'="',  Breite   10-9™. 

1  xupcX)>o<;  aov"  axpaxTjXj*  ico[a'ir](p  .  .  .  -jcapaa/cc  x(o 

2  \).B^(aKrjTzf'  oairpstxi/  alB^[         (uTCsp  ava/.(0[j.axo:) 

3  vofjLcajJLj  xsaaapaxovxa  [  swäa  (jl/  f  asaTjiXcUOjJLat  xa  xou  /puaioo  v&|xtajxaxta 

4  {i6  Xcaa£pav.[ovxa  svvca 


240  C.  Wessely. 

Z.  3,  4  in  schräger  Schrift,  derselben  Art  wie  im  vorhergehenden  und  dem  nächsten 
Stücke. 

Umschrift:  K'JpdXoij  a6v  9c^  axparYjXdTTjc  'Icdarjtp  .  .  icapaa/»?  "tp  (XcYaXoTcpsTTSOtdtq) 
ho'Kpirj('Ka^akr,\i.'Krr^)  "AXsudvSpsta  vo|j.ta(j,dTta  tsaaapd'nov'ca  svvsa  |iöva  •  ^SGri\t.BUo\).ai  td  toö 
Xpuatou  vojitofAdiia  |j,6'  xsaaapdwov-a  ävvsa. 

Appendix   758.  Musdca  nationaux  6899.   Höhe  4-3'='",  Breite  7-5™. 

1  t]  xuptXX  auv**  atparr^Xj  5co[po9c(o  .... 

3  [  xac  tto  Sctvt  Xo]YOYpacp3  y*^^^!^'  [  ^°^P  aux(o 

Gehaltsanweisung  an  mehrere  Beamte  des  Zygostasium,  wie  das  folgende  Stück. 
Umschrift:  KüptXXoc  auv  Bz(p  a-cparviXd-CYjc  AwpoÖscp  •  Tcapdaxsc  tcp  5£lvt  %at  Myjv?^  C^^Y^' 
otdrrj  xoii  xtp  ^slvi  XoY^Ypdfpq)  -(e'^a\).ivi(>  iiap'   a'j-cq)  .... 

Appendix   216.   Musees  nationaux   7089.    Höhe   4-3'=°',   Tii-eite   4-7™. 

1  nom.  jiropr.  x(o  bao\if  C^^l'^Qzavri 
2 oj  ßsart/  r;tot  [ijjiattotp'jXaxc] 

3  XX  ?  xi  a 

4  vo[j,ta]|xara  (in  schräger  Schrift)  .... 

Umschrift:  .  .  'rcapda^^s?  tq)  6a'j{JLaauoTdrq)  C^^Y^'^^'^'^'d  •  •  •  ^°^^  ''^^^  ^=^^^  ßsanaptq)  (vestiario) 
-^Tot  ijJiaTtoip'jXaxi  .  .  .  (?  aitou  adxxou?  1^  .  .  .)  xai  vo|jLb|JLata  xoadSs. 

Appendix  622.  Musees  nationaux  6929.  Höhe  8-7"™,  Breite  9-8'="';   Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

1  t  xu'ptXX  cuv''  a-cpa-LTjXj  [no  ^sivt  ■  irapaaysc  xco  oswt  xat  XoYOYpatp«) 

2  Y^^'^W  ''^^p  ciy^  £'jpe[auo 

3  t  i3£0Yj|i[cU0[jiac  xa  xo'j  /puaou  vo[jita[jiaxca  xoaa^s  ] 

Gehaltsanweisung  an  einen  Beamten  und  dessen  Schreiber,  Namens  Heuresios. 

Appendix  48.  Museos  nationaux   7048,  2.  Höhe  4-8«"',  Breite  6-7'^"'. 

1  t  Ä'jptXXo?  Q[£o5(t)p(o  Tzaprxayzc   xco   ^£Wt  xac   XoYOYpotcpw] 

2  YSvaiAj  7üa[p  aoxo)  xo)  5£tvt  vo[ji,ta[Aaxta  oxxto  puxapa  [Jiovaj 

3  Y^    ^^  i')  p"  IJ!-'  'f[^^o"^*  t  a£aT;[i£«o|JLat  xa  xot>  XP^^*^^  ^^] 

4  [Jiiojx[axca  oxxw  p'JTcapa 

Anweisung  auf  ein  Gehalt  von  8  Solidi  für  einen  Beamten  und  dessen  Sclireiber. 
Appendix  293.  Musi-es  nationaux   7035.  Höhe   7-8™,  Breite  1-3'=™. 

1  t  xuptXX/  [ouv  0£(o  axpaxr^Xarrjc  x(o  5£tvi  Tzapao'/oQ  0'!r£p  xcixt^c  x£vxpoj 

2  'fa[vcov  ]  §,'  [  tou  5£tvoc  c7ücx£t[j.£vo'j  ouaia  OcO  ] 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  241 

4  [xai  -0  x[ou  ypuatotj  v&[i.ta!Ji.artov  sv  [xovov  ] 

Appendix  293,   2.   Musees  nationaux   7010.    Höhe  S-S'"",  Breite  ö-ö'". 

1  t  v.upiXKCiz  a[uv  &£(o  orparr^XarY^C  x(o  Sstvt  irapaa/s? 

2  jti^  'ifJij  Xcv[-po(j5av(ov  B'.a  tou  öswo^ 

3  sirt%£i(jL£v[ou  ouata  xou  Ssivo?  ypuacoo  vojJicaiJLaxtov  sv  [xovov  asaTjjxsKo] 

4  [xai  ■co[  Tou  ypuato'j  vo[Ata[xa-iov  £V  [xovov 

Appendix  450.  Musees  nationaux  6919.  Höhe  G'?"^"",  Breite  12'5cm;   Schrift  auf  den  Verticalfasem,  Faltungen  hori- 
zontal zu  l'S'^™;  die  Collesis  zieht  sich  parallel  der  Breitseite  O"?"^"  vom  untern  Rande. 

1  [t  v.opiWoQ  c'jv  6£(i)  arpa'YjXarYj?  .  .  .  ](ov['.](j)  Tcapaay)  6so8(opo)  Scxavo)  uxsp 

2  TuJvOWov  aiCcpyojjLSJVfov  £V  aXs^avSp    j^  ava).  x/  tg  [x"  yoiax 

3  £  üv5    £V7.-r^^ 

Über  die  Dekane  vgl.  Cod.  Justin.  XII,  27.  1.  2;  Cod.  Theodos.  6,  33,  1.  Umschrift: 
KüptXXoc  aov  6£(p  aiparr/Ad-r^?  .  .  .  ojvttp  •  i:apday£?  0£o5a)pq)  §£7(,av(p  ÜTiEp  xXoicov  d7:£p- 
yo[i£V(ov  SV  AXc^avSpstq.  üirEp  ävaX(o[Jioc-oi;  y.£pd'cta  ig'  jxova  •  yotdvi  £'  ivStxttcbvoc  svd-YjC- 

Papyrus  Erzherzog  Rainer  9007.  Höhe  12'3'^™,  Breite  IS*^"";  Schrift  auf  den  Verticalfasem,  Faltungen  horizontal,  in 

den  Abständen  2-5  +  2-5  +  2  +  2  +  1-7  +  l-G»". 

1  t  xopiXXjo;  aüv**  azparrjX/'  Ö£o§(i)pco  xo(Ji^  yaptouXap/  ':rap[aay£c 

2  .  .  5]£%a'CYjc  tvj  ouat/  ttj?  suayi/  vjfj.'  .... 

3  op  Tota EvaTTj?  £(o?  Tpia5  8£x,[arrjC 

4  %  oiy-ovo|j,j  j^  avaX(ö{jLj  sxo^t] 

5  vo][A  oySoov  aX£^*  [jl^//  (Jisystp  t  tTj?  au['rr]c 

Das  ist  etwa:  KuptXXoc  a'jv    Öscp  a-par/jXdTTj^  0£oS(opqi    xöiJLSzt  yap'couXapt(p  •  Tuapdaysc 

uTt£p 8£xdx-^C   ivSa-cubvoc    o6a{ac  zyj^  süayta?  7J[xö)V  .  .  dxö  <p]öpo'j  'c?;?  .  .  .  svd- 

zr^C  £W(;  xptaxatSsxdr^c  ivSaxiojvwv rd)  5£ivi]  olxovö|j,({)  'jiuEp  dvaXco[iaxoc  (Sv)  ützovti- 

aazo  .  .  .  vo|Jiia|JLd-tov  l-^^oov  ^/.£cdv5p£iov  [xövov  •  |Ji.=x=^P  ^'  '^'^J'^  aof^c  IvSartcövo?. 

Papyrus  Erzherzog  Rainer  9009.   Höhe  8"",  Breite  10™';   Schrift  auf  den  Verticalfasem,  Faltungen  nicht  erkennbar. 

1  f  xupdXoc  av^  azpatYjX)  [  z(o  Ssivi  'jcapaay£c  ] 

2  6[£o3(o]3tto  S/  6£o5o>[poy 

3  oiv  .  .  .  £V  |j.">// a£aTj[j.£Cco[j.ac  ....  irsv] 

4  'Yjv.ovTa  (.schräge  Schrift) 

Papyrus    Erzherzog   Rainer  9008.     Zwei    von   uns   vereinte  Fragmente;    zweierlei  Schrift.     Höhe  9™,  Fragment  A 
12-6'="',  B   12-5™  breit;  Schrift  auf  den  Verticalfasem,  Faltungen,  in  den  Abstanden  2  + 1-,5  + 1-5  +  l'S  + 1-4'^"'. 

1  t  x'jpiXXoc  axo/Ao)  o'.ay,C/V03  £Vo[cxco)>oy(o  yCniaz  ox-ay.oa]ta?  tsaaapaxovra  zizza  [JLOptaS)  %£pjJ.3 

2  irapaayj  UTC£p  [xiaöou  £pY^^")  "^C"  <3U{x[ Jo-'  6£Ooa)po-'  -tov   aico  yotax  X  tß  tv)  £(o? 

Denkuchriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.    Abliandl.  von  Nichtmitgliedern.  B 


242  C.  Wbssely. 

3  [Aä/S'p  C  '^C  ''■f.'JZTfZ  tß  cv)  '£'  ,a  (o[(JiCJ  •  •  .  at^xt  [xot  at  rou  Äspfxato?  (schräge  Schrift) 

4  pi'jpia^atc''''  yr^KiaC''  oxra%o[atat  tsaaapaxovia  STiia  yV  ]x  m  ,a  (OjJiC  [Jiovat .  . .  (schräge  Schrift) 

Umschrift:  K'jpiXXoc  "A'TroXXä)  Staxövcp  svoixioXöyq)  yjXlaz  öxxaxoata?  Tsaaapdxovra  sicrd 
•i'jpidSai;  xsp{Aa-oc  TCapda-/ou  üirsp  (xiaSoü  spYdtatc  vC  ao|x  .  .  .  ou  0so5(6pou  xcöv  ä%b  yoiav. 
l.  SwSsxdüTjC  IvStxtttbvoi;  sto?  [AS/scp  C  "C'?)?  aOz-Tjc  8(o5s%d-r^c  ivöixtuövoc  x£p[j.atoc  (luptd^ac 
,a{o[iC'  .  .  ■  a':oc/si(!)|i.ot  at  roö  xsp|Ji,a-o?  [xupid^s;  ytXiat  öxiaxöstat  Tsaaapdxovia  iiitd  (xövat. 

Papyrus    Erzherzog    Kaiiior    9010    zeigt    gleichfalls    die    beideii    verschiedenartigen    Schriften.    iSchmales  Fragment. 

1               Tccipsjax  .  .  . 
2 aa  .  .  . 

3  .  .  .  .  OA  .  .  |Ji£Y[^Xo';:pSTC 

4  ....  V  azo  TYj[c 

5  [uTCsp  u{jL7]c]  ßouXYaptÄ[ou 

6  [xapxa]Aa|Jit'j'^  ot  .  .  . 

7 £YP^['fi 

8  |J.-^vi  !p]ap|Aou6c  i[.  .  .  TTj?  ■z'jaao-'QC  ^^(ixruovoc) 

9  t  «'->]pt/«A[oc  auv  ÖEO)  G-parr^XatT^c 
10       aTTJsdvjcpa  [.  .  . 


11  ...  .  apco 


Neue  Nummer  217.  Papyrus  STusees  natioiiaux  697.5.  Höhe  11-8™,  Breite  32-7™,  oberer  Eand  2'='",  unterer  Band  3-5™, 

links  l«^». 

1  t  so/ov  3  s7c).-/ip(oQr/^  sy«  iröxxtpios  auv^  vorap/  irap  yfxwv  xopj  vstXou 

•j  /p'jc3o/oo'j  ^  '^op°^  xo'j  siJL''-'  /(opio'j  o'j  15taxar£yEti;  xap7:<"  zsixtcitjc  tv5// 

3  0  soT'.v  xp'jat'  vc/|j,ic;[xaxcov  sv  5t{iotpov  poTiap    y^    '^''  o'  X    pozap,    zypa^/  [s.\// 

4  ficoO  tv5,/  T'^i  a-j"  £  :/ 

Appendix  .584.   Musees  nationaux  6846.   Höhe  18-.5"",  Breite  8-6«™. 

1  .  .  .  i).t'(Cf.kr,T:p'^  aclc/zfO'j 

2  .  .  .  Taxo"  xat  bBO'fiky 

3  .  .  .  aXcov  ziQ  5caaxxcv 

4  .  .  ir/.otjo'j  a'jv  Osco  aTcspyoiJLSVou 
.5  .  .  Trapajay^Tc  auro) 

(3  .  tY^v  'JtJicJ-spav  aosX'fix'/jv 

•Vppendix  .578.  Mus^cs  nationaux  6846.  Höhe  6"9"°,  Breite  94""';   Schrift  auf  den  Horizontalfasern,  zwei  Faltungen 
senkrecht  darauf  in  den  Abständen  von   3'1™.  Verse  verwischt. 

1  .    .    .    OtC    7.'Jp/   S    ]X=aiT£'JO[iSV(OV 

2  .   .   .   ::wov  «ftXocsvos 

3  .  .  .  STTta/oTTj  irapaa/Jc? 

4  .  .  .  'fopp  .  .  .  a'.os:;tjxo-' 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  243 


cm 


cm 


Appendix   756.  Musöes  nationaux  6899.  Höhe  4-5™,  Breite  8-8 

1  X  jl^  xavova 

2  xaza  [ATjTSpa 

3  Xo'  (ttov) 

4  Twv  ay'^  6  i' 

Appendix  251.  Miisees  nationaux   7079.  Höhe  9-3™,  Breite   15-3 

1  t  aTpaxYjytoc  o'jv^  airo  uxaxtov  (p 

2  XOTt'.,' 

3  %a'.  iro'.Tjaat  autTjV  sirfcpoicTj  xoo 

4  r^[itau  Tstaptov  (j./,  /otax  i?  iv'/  ?  .  .  .  . 

Appendix  681.  Musees  nationaux   7113.  Höhe  11"^™,  Breite  14™;  Schrift  auf  den  Horizontalfasern,  Faltungen  ver- 

tical,  in  Abständen  zu  l'ö'^". 

1  f  <pAj  -jts-rrjpcoc  aov^  '3:a-[pa'.o? 

2  £V  ßaßu^  8/  STiccraXii" 

3  svsy^^  S/  aiua  wAwj  y    ap  xp^p-  p£ß  cxarov  £^TjXov[ta  5uo 

4  (pao)'/  XT]  tvoV  £v8c%A  t  t  r^klaz  votap)  ÜTisyp 

5  STCcataX/  tcov  xp'^  ap^  sxatov  sSirjviov-a  §uo"  [xo/ 

6  'faco^t  XY]  tvS"    £V§£xa-YjC  f  .  .   .  . 

Das  Wort  iiriaraXfia  ist  die  Bezeichnung-  einer  jener  kleineu  Urkunden,  durch  welche 
Anweisungen  erfolgen. 

Umschrift:    OXao'Jtoc  Uzzzri^ioc,    auv    6£(p    Tcaxp'lxto; sv  BaßuXwvt  §:'   E-TTtaxd/.- 

jAaxoc £V£)(6£ViO?   §cä   aita  'looXtou   y^Y"^*'^°^^   äprdßai  xpiöcöv  p^ß'  «paw^l  xyj'  bZu- 

xccövoc  £v5£%dT7j?  •  "IDia?  votdpLoc  6T;£Ypoc'|*a  xo  iiccaxaXfxa  xctiV  xpiÖY^r  dpxaßwv  iv.'x-by  ic,r^- 
xovxa  5'jolv  [xövcov  •  (paco'fl  %t/  Iv^ixxkovo?  £V§£xdx7jc. 

Appendix  163.  Musees  nationaux  6677.  Höhe  4-3'="',  Breite   1-3'='". 

Recto     1     tcXouov  a'7r£p]yo[i£v[a)v 

2  {Ca  ,ß  'f 

Verso :  xon"' 

Die  in  Z.  2  bezeichnete  Zahl  ist  12600. 


Appendix   817.   Masses  nationaux  6944.  Höhe  ö-ö"^",  Breite  5-3«"'. 

1  f  avo'jTC  vaapfao 

2  a£(o)7jpou  «I^Yj 

3  Tcay  6£o5(opo"  a 

4  !J.av§ax/  x£aa£p"  [xauvi] 

5  C  x£/.£'.  Y  ^'^5    ir£xp  .... 

ff« 


244  C.  Wesselv. 


Appendix  664.  Musees  nationaux  6661.  Höhe  13-1'^'",  Breite  8-6"='°;  Schrift  auf  Verticalfasern,  Faltungen  zu  l'l"". 

1  XOXJXOUÖO''   tou 

2  oixovojJLOu  ZTfi  OL^ijaz  BsytXr^z  sx" 

3  ctc  Xo-j-ov  zo'-'  yfjLSTcpo"  xoy(poxspa[i,o[upY 

4  TCSVrsxai^cxarr^C  ivj  auv  Osco  Ssx 

Also  etwa:  ....  KoXXo66o'j  xoö  (ösofptXsaidxo'j)  oIxovö[jlo'j  r?jc  ayta?  BsxXvjc  .... 
sie  XÖYOV  roO  ujjisTspo'j  %spaijLO'jpY=^^^  (tiirsp  äva/.(0(j.aroc)  TTSVTS/.at^sxdxYj^  ivScxtuövo?  auv 
6£ü)  5s  xai  (irpwnQc)  ypuato'j  vojj.tafxd'cta  ö%-{o  xai  oitou  äprdßac  z'c,  •  SYpdtpv]  (xtjVöc  6(b6  t§' 
r/j^  (zpo)r/ic?)  ivSiÄTUbvoc. 

Appendix   247.  Musöes  nationaux  6978.  Höhe  G'l™,  Breite  69'^". 


1  . 

2  . 

3  . 

4  . 

5  . 

6  . 


.  XtSouc  Scxazsaaspa 

.  7.'j-(ov  xot-/]aai  a  .  .  . 

.  ocv]a(i(pij3oXcoc  %  .  .  . 

.  £)((o  xai  Xp'Jsa  .  .  . 

.  T£aaapax[atosxa 


Appendix   190.    Must>es  nationaux  6652.   Höhe   7"5'="",  Breite   13"=";    Schrift   auf  den  Verticalfasern  Faltungen  hori- 
zontal zu  3"™.  Oberer  Hand   1'='". 

1  t  sos^ajxr^v  Jsy«)  a  l'o'jXtoi;  irpoßa-coOfJXT]? 

2  ...  rcap  üjxcov  (pÄj  aGavaatou  to'j 

3  x'Jptoo  J  c"j,r/U  Trpoßatov  £V  st?  Xoyov  ^['irjc 

4  soprrjc  .  .  .  pov  xcitt  s^x^^ptaxcov  aozi] 

5  0[i.oXoY<0    Sa/Y^XSVat  ]   [IS    TCap    U[i(OV    XO    £tpTj|JL3V0V[    cV 

«5  -jcpoßazov  £YP°^]'f  *''  l-"-'')'''^  [JLsaopTj  «9  5£'jx[£pac  tvj 

Aus  der  Quittung  spriclit  die  Unterwürfigkeit  byzantinischer  Zeit.  Ilpoßatoö'jr/jC,  Scliaf- 
schlächter.  ist  Agypticismus,  wie  ßo'j66r-/jC,  Oclisenschlächter  Umschrift:  £5£^d[irjV  £Y(o  dira 
'lo'jXtoc  TcpoßaxoO'jf/]?  .  .  .  Tiap'  'j[j(,(t)V  <I>Xao'j(ou  'A6avaatou  xoö  xfjptou  £[jloö  irpoßaxov  £V  si? 
AÖYOV  r^c  £opr?j^  %ai  yatpoiv  xal  £Öyaptaxö)V  ocör^  6[jloXoyw»  sayYjXsvac  [A£  icap'  üfjLwv  x6  £ip'/i- 
IJL£vov  £v  Tupoßaxov  *  £Ypd'fT^  £V  [XYjvl  jXEaopYj  %9'  5£yx£pac  "tvoixxcÄvoc. 

Appendix  23.5.  Musöes  nationaux   7091.  Höhe  .5-3'=™,  Breite  8-4'=". 

1 z[jyxozr^  ]s. z\x'fjr 

2  ....  )^  [JLcaÖj  x£[aaap£axat5£xarAic]  t;^ 

3  .  .  .  .  voixiojij  £V  puTcap  Y^/  V'-'  a  p^ 

4  ....  t  5/  tav,(o,3  cVO'.xoXoYj 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  J]l-Faijüm.  245 


IV- 


Das  ist:  Tzapdo'/ßz  xco  Sstvt  spy^ar/) oicsp  [ita6ot5  xsaaapaxatoäxdxTy? 

Siic-ccövoc  vo(jLia[j.d'ctov  §v  punapov  .  .  5i'  e[jioö  'laxwß  svot%(t)oXöYou. 

Pergamen. 

Appendix  677.  Musees  nationaux  7113.  Höhe  3-8'=",  Breite   7-3«'". 

1  f  u[JLtv  <potß"  7cp'  Tcapx  jxapxptva  tixp'- 

2  sx'^  otv  p'^'p"  )("  ötaXauXc  xapii;"  tß  t/3 

3  jJü^  [J.ia''  ti  ao^  otv"'  xv^  x  f 

Z.  1  xpiva  ist  über  der  Zeile  so  geschrieben,  dass  es  auf  zo'-pk  zu  stehen  kommt. 

Umschrift:  Ö|jliv  $oißd(JL|X(ovi  irpsaßurspcp  napdaxc?  Mapxpcvcf  x^x^"^  £*  xvj?  oivo'J  p6a£(o; 
-/(optou  ötaXauXt  xapicÄv  ooi^B'Adz'qz  ivSixxtcövoc  ti-rrsp  [itaöoö  r^?  aöz'QZ  (ivStxtubvo?)  oi'vou  xa- 
vi5ta  saoat. 


Papyrus. 

Appendix  863.  Musees  nationaux  6656,  Höhe  5™,  Breite  10™. 

1  a(p6o'J    TOU 

2  TcJofJLap/  Ttapaax"''^j  toua[x(o  .  .  .  airo  .  .  xapxwv  z-qz 
ii  zoGaDZ'qz]  tv3'/'  a  x«/  oivou  xavtSiv  sv  [  sypa 

4         tpirj  [JLT^vt'  fprxovfi  x5  ß  tV'  f 

Umschrift:  ....  a^pÖou  tou -rtwixapttou   xapdaxou  'louaup  .  .  dxo  xapmbv 

-YjC  xoaauiTjc  ivScxuwvoc  Tcpwxou  xavövoc  oivou  xavtSiv  §v  •  sypdipTj  [ayjvI  «pato^l  xo'  os'JTspac 
ivScxiuövo?. 


Appendix   741.  Musöes  nationaux  6846,  Höhe  6'9™,   Breite  .5'9 ' 

1  t   SOoOtj    5try.    .    .    . 

2 V  xopaaa  .... 

3  to"  aQup  [Jir^v)  y  tv[5txtt{ovo(; 

4  vo|jna[Jij  5yo  Yj[JL[ta'j  SYpct'fr]  {Jir^vt 

5  xpttYjC  ivj 


Appendix  319.  Muse'es  nationaux  7089.  Höhe  4-9''"',  Breite  8-4™. 

1  xat,  tov  ir£[JttTj? 


.\ppendix  869.  Musees  nationaux  6846.  Höhe  6™,  Breite  14™. 

1  TCa]paX7](j,Tc-opt  TcapYj 

2  (oaxc  ayoJpaaO'/jvat  xo'-''fa  5/  tcoar^tp 

3  vo[j.ta[Aaxta]  £ß5o|jLY(Xovca  cTCxa  Yj[jita'J  v°  t  -ir/  oCS 


246  C.  Wessely. 

Die  erwähnten  10  Solidi  sind  solche  gewöhnhche,  von  denen  es  heisst,   sie  seien  xaGd 
xspdTia  STCtd  7j[iiay  zstap-ov,  denn  7^  ^  •  10  =  77Vg. 

Appendix  312.  Musees  nationaux  6634.  Höhe  2-8"=°',  Breite  Q-b"";   Schrift  auf  den  \ertioalfa3era. 

1 axo]  zr^z  apa'.vot.[T{ov  tloXcCo? 

2 ÖsoScopaxtO''  .... 

3 v°]  'ir]{ita'J  aptO[[i.tov 

4  [cYpoKpT]  [xtjvck;  /,  ]  y  t/  t  'foißajxficov 

Appendix  712.  Musees  nationaux   6846.  Höhe  2-4'=",  Breite   10-5"". 

1  opp'  jxtxppj 

2  [J-'/iXO^^j 

3  Tourwv  Tc 

4  fsrjapXT^c  tvoo 
Z.  1 :  6p{(ov  [Jiixpwv. 

Appendix  671.  Musöes  nationaux  7100.  Höhe  4'5'''",  Breite  2™. 

1  z^qc  iv^ 

2  aiioXXJfovi  ^otß/ 

3  xjcv-s   [JL"> 

4  5t  s][A  6£o3(opaYt™ 

Paji}  rus. 
Museos  nationaux   7164.    Höhe  6'3'^'",  Breite  7'3''"';   Schrift  auf  den  Verticalfasern,  unterer  Band   2'™. 

1  t  xa[p£ax  .  . 

2  ßouxsXXapc  ... 

3  a  t/  ßixTwp  3cTap 

4  xcpa'ta  cTCxa  Y;[i]'.a'j  .... 

5  x/  C  S  t  Ösoöcop/  t 

Appcndix  692.  Masses  nationaux   7121.  Höhe  8-6<^'°,  Breite   IS""^. 

1  t    "CW    a5£).<p/   TCc 

2  Oüv^  avi:[cY£^'->y/^y  .... 

3  alt"  x*"^??  ^'f 

4  f'    öcOTOx/    

5  tO'J    7.Y'./ IT    .    VYj    .    p 

G    O'.V'-'    V-r/jX    £V    [i"  /    OIJL""    XOUp/    T;    |i.* 

7  cXKfc  X,  apyji  z£aaapo'.c3%ai5£x[c/.'tYj^ 

8  iv5/  t 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  247 

Die  letzten  Zeilen  erlauben  erst  eine  fortlaufende  Transcription:  ol'vou  %aX/iatO'J  Sv 
[iövov  ö(Jioü  xoupca  ox-tb  [xöva  sict^pt  tl  ap-/'^  isaactpaaxatSsmr/jc  ivSixxctövoc. 

Appendix  257.  Museea  nationaux   7079.  Höhe  14'6'=™,  Breite  Ö'^";  Schrift  auf  den  Horizontalfasern,  Faltungen  zu 

2-2 cm  yertical. 

1 6]au[j.3  avouTc  Xs'Jxo/.  otvo 

2  .  .  .  .  to)  xupo)  ßsazt    sopxj  'fa|JL]£V(o9 

3  .  .  .  .  Tptxov  ^(oocxarov  puTcapov 

4  .   .  §t  £[JL0U  yscoJpYto'j  t  .   .   .  . 

5  Tcapaa/Jccv  §/  avouTC  (jlsvxo 

6  .  .  v°  a    airo  v°  5/  tou  5"  t(o  %up/ 

7  .  .  .  v°  Y'^ß'  »°  voji-j  rpCTOv 

8  .  .  .   .  Y  ^"^j  t  ^/  ^t'-^'''  Y^^'^PT^'^"' 

9  .  .  .  aJTCo  ßoußaoTO)  ^.'^ 

10  .  .  .  v°  a/  air"  v°  §  tou  3o9)  y^^PT^ 

11  .    .    .    .   Y'    To  p   VO[X)   rpCTOV 

12  ScbSsviaTov  .  .  .  .  ]ts  xi  ao^  y  ^^''  t  ^    spi-o^  y**'^P[T^^^'-^ 

Wir  haben  hier  ein  Beispiel,  wie  ein  Schreiber,  Namens  Greorgios,  zahlreiche  Quittungen 
im  Voraus  anfertigt,  um  sie  dann  gegebenen  Falls  abzutrennen  und  auszugeben.  —  Das 
Unzienzeichen  yj  wird  wie  liier  in  Z.  11   auch  sonst  als  Abkürzung  für  Y12  gel>raucht. 

Appendix   138.  Musee  nationaux   71Ü4a.  Höhe  (J-.5™,  Breite  lü-8™'. 

1  x]o'-'  ixsYOtXo'''  c-rtoa/  Yp^'f  ira  .  .  . 

2  TcairJvo'-'Oto"'  cVo))(  j(i::r  [JL£Y'^^''is  oicopYs" 

3  tvj  xsp  8'  x£xapr/j[c]  iv5i[xxt(ovoc 

4  vojJL.  '/j][JLtay  p'Jiiap/  v°  S  p/   stc  ta 

Verse:  Y^^opY''''''''^^ 

Appendix  87.5.    Musees  nationaux  (J614.   Höhe   7-3"",  Breite   7-7'='". 

1  ai"> 

2  /apiv  aSsXrp/  'fotßa[JL{Ji 

3  tvj  vo[i,ta(j.3  t5/  p'' 

4  vo]jj,tO[Aj  o-it-c(o  r^(x'.a'J  3  ;^  x" 

5  %    X"  spYaxu/  X"  cmap/ 

6  ta]x(oß  auv"  Y^"^tJ'-^''^P  t 

Papyrus. 

Appendix  448.    Mu.sees   nationaux  6919.    Höhe   7'4™,   Breite   18™';    Schrift  auf  den  Verticalfasern,   Faltungen    in 

den   Abständen   zu   2'3'^™. 

1 aSsX'f/  tcoavvTj  xo/J./ 

2 aio'j  -jcapaa-/»  avva  jt::^  [a'JV/)Qciac 


248  C.  Wesselv 

3  1(0  ^a(o]'f /  \i.rf  (pafX^  rsaaspa 

4  xovra  oxko  (jlovj  {A£X=-P  'C 

5  t]v8       ....    7]? 

Appendix  363.  Musees  nationaux  G846.  Höhe  4-l'='",  Breite  6-7™. 


1  aiT  tx  a  .  .  .  .  a/.iapc  .  .  .  . 
3  t  ''i^^^'-'" 


Appendix  3G.  Masses  nationaux  6847,  12.  Höhe  2-3™,  Breite  6-3™ 

1  t  cop  [oLTzb  yiopoo] 
3  saOa  7cp° 

Appendix  711.   Musees  nationaux  G84G.  Höhe  6"ö™,  Breite  6'4'^'". 

1  [xj  ).0Ywai  jt:::::  aTro). 

2  -aßXo'''  avSpso"^  y* 

3  pta  ETü-ca  surov  [x/ 

4  tv5  t 

Appendix  449.  Musöes  nationaux  G919.  Höhe  b'l™,  Breite  4-3'='". 

1  S    tcoavv 

2  3/ 

3  v°  S  YV  V  ^ 

4  xapTi«  5  w[5art(ovo(; 

Appendix  38.  Musees  nationaux  6847.  Höhe  6"=",  Breite   7™. 

1  icö  oiaß^'ß^  Bi 

2  x/  SYpatpvj  |JiYj 

3  tß]  w8/  t  .  .  .  tß  i[v5 

Appendix  581.  Musees  nationaux  6846.  Höhe  4-4™,  Breite  5-5'=°'. 

Recto     1  Eujßpsß'.oc  Ssü 

2  5  cot  TcauXou  a 

3  Trayo|j.V£o 
Verso     aX'JTC'.ou 

Appendix  403.  Musees  nationaux  6846.  Höhe  41<="',  Breite  ä-?"". 

1  (t)v  zo)  azaß'' 

2  (0?  zrfi  siat,0'JO7]i; 

3  £(0C    "COU    TUßt 

4  |Ji.£/£tp  7)  £  tVj  t 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  249 


Appendix  354.  Museos  nationaux  6846.  Höhe  6-2'=«',  Breite  6-3<=™. 
1   ■^t]Q 

4  vou  tcoavvo"  Jf 

5  .  .  .   vto« 


Appendix  443.   Masses  nationaux  6846.  Höhe  6-3'="',  Breite  4-1™ 


1  uioc  Koavv  Sta[%ovou 
3  YJspovcw"  a[jL[jL  .  .  . 


Appendix  546.  Musöes  nationau:^  6910.   Höhe  6"",  Breite  4*^ 

1  (ov  TzoXzoz  Totc  aTCO  x<op^ou 

2  V  XTjc  £^apr'   .  .  .  sXX»  ß 

3  t    t    5/    £[JI.O-    ^tß    OüfAßoX 


Appendix  415.  Musees  nationaux  6738.  Höhe  4-7'"",  Breite  8™. 

1  aiTO  ]  zriz  apacvotT[fDV  ■tcoXscoc 

2  CO  'jI'(o  ßwropos  axo  tyj;  aurirjc  ir[oX£co(; 

3  UIXCOV    tc'/VTJC    TCOV    aiCSVXcUBcV 

5       6a  cYpatpv)  [xtjVc  irauv[t 
Z.  4  corrig.  x£)(Vtx7]i;. 


Appendix  753.  Musees  nationaux  6846.    Höhe    ll-2'="',   Breite    11°"'. 

1  £Yp    [J,"    STUcl^    t£    1,8/ 

2  X"^P  £{ißoXou 

3  xoatx 

4  t  8/  TCOüat  xoa[j,a 

5  8£o3o)p'5 

6  Y^/  ^^V-^^'  <potßaixjJLcovoc 

7  icouai  toüat"  /[i. 


Appendix  35.  Musees  nationaux  6847,   11.  Höhe  2-3'"",  Breite  d'b'"^. 

1  £t/.[Yj(p£vai]  ixYja  itXtjov^ 

2  avoc  ,a-:c 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVII.  Bd.    Abliiindl.  von  Nichtmitglicdern.  g? 


250  C.  Wessely. 


Appendix   477.  Musees  nationaux  G97Ü.  Höho  3'9"",  Breite  6"6"". 

1  t  xapx/  ßtxKop  [)(op]'co'jcap^ 

2  iC  StaYpatp  Xa[upac  aywu  7Cc]tpo" 

3  ß  xav(ovj  Y 

Umschrift:  zapsays  BiÄT(op  yoproirapaX7]jj.ittY]c  ü-irsp  ^irjrfparffjC  Xaüpac  äyiou  Ilstpo'j  Ssu- 

Appendix  456.  Musees  nationaux  6846.  Höhe  4"™,  Breite   12".5™.   Schrift  auf  den  Horizontalfasern. 

1  t  STuXvipcoör^  [  iraTTVouJOc  aiio  sttow  'Jcapc[{Jt]ßoA.7jC 

3  7](jLtau 

Das  ist:  £7:X7)p(667]  EaTCVouGtoc  diro  s-jcoixtoo  napsixßoXvjc  ■  •  [5cd]  EairvotJÖtou  uirsp  Stj- 

Appendix  195.  Musees  nationaux  6983'''.  Höhe  10™',  Breite  13'^"'. 

1  xXiQp/  oo'jXic,  0  5/  xouac  y^^'^pT"  '^^P^  a  (Ji9  S 

2  OTTspiJioßoXst"/  a  t£  Xoi/  xp**  a  Xa  S  l'ß 

3  TCO  yscopY  Y^^^py^/  <3  YjSüß  3  tco  ayt/  a 

4  0/  TO)  aYt'  aava  aicspiJLoßoXst/  t'-'  [xa 

5  |iß/  at>^  irpov^ 

6  X£pX£[A  S/  OYjtp  Y£W>PT  ''^^p/  <^  "1 S 

7  oTcspJiJLoßoXsr  aaS  axs 


Appendix  463.  Muse'es  nationaux  6881.  Höhe  8-2"'',  Breite  5-2<='".  Schrift  auf  den  Verticalfasern ;  Faltungen  zu  1-1™. 

1  t  Tca/"  'Q  v.rj  -£T[ap]r/]c  w§/    ■ 

2  xapTcs  -icsTpoc  xaicv"  xa.^v.z'k^ 

3  ap^  svvsa  aö  f  Y^^PT^"^ 

4  5/  £|XO!J   tJ-Tj-  5ta% 

5  3/  £[j.'>  Y^^*^  !J.'/]va  .... 


Umsclirift:  Tcaycbv  ■/]'  xptÖY;?  r£-dp':7ic  tv^wcuövoi;  —  Kapirs  —  ÜExpo?  UaTzv^joBioo  xaY- 
%£Ä)..  —  dpxdßac  £vv£a  •  Ysiorj-^ioc  ■  <^ji    ijxoO  M'/jvd  I5iaxövo'j  •  5t.'   £[ioy  FEcopYto-j  M'/jvd. 


Appendix   836.   Musees  nationaux    7391.   Höhe   5-7™,   Breite   5-9 


CIU 


1  coyov  y.ac  s-jrATjpco^T^v  sy"^]  •  •   •   ■  3;  Hoyrxz'qp  tcoavvou 

2 yp'j]:;trj'j  voiAicixattov  £V  p'JTcapfov 

3 syP'^-'f?  F'i^^-'C  |A£3opYj  apy-rj 

4 apx  rr^c;  ay^:  tv'^ 


Die  Pariser  Papvri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  251 


Appendix  119.  Musees  nationaux  6675  c.  Höhe  3"5''™,  Breite  G'l'^".  Schrift  auf  den  Vorticalfasern ;  Faltungen  hori- 
zontal, in  den  Abständen  von  1'7™. 

1  t  coyov  %ai  £tcXt^p{o[67jv 

Appendix  161.    Musees  nationaux  6671.    Höhe  4*^™,  Breite  6-7'=™.   Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

1  f  sa/ov  %ai  £'3:X[Yjpco6r^v 

2  a'jjxswvto?  uVjq  [jl 

3  xapa  xou  airira  xupo" 

4  zo" irap  £[x 

Appendix  147.  Musees  nationaux  7133  e.  Höhe  8-8™    Breite   10-5™. 

1  £5£^a[jL£6a  T^(j,ic  iracpcc]  aica avouit  oto[c 

2  aapouzioc  ^aäi-'.  c  ßtov  j^  uto~  ßicovoc  xac  ....  uw  aajSctvo" 

3  afi'fOTcpTj  aTi:°  t£tc£tv(j  aot  tco  6ao[i,aaio)Ta-(o  YjXca  air" 

4  x(0[ji,5  6£aY£Vc5o?  uTcsp  tpoipijjL;  xYjc  [7j[ji£t£]pac  ':ro>.£{o?  a7c[o 

5  xapTTj  5£t>tcpai;  tV;  afuo"  %aX/aat/  apraßa?  tpiaxcoatac 

6  §£xai:p£ic  0  T[tY]  Eypa'fV]  [xvjvt  yapji^  y  '^'^^ 

7  <potßa[i. 

Appendix  31.   Musees  nationaux  6846.  Höhe  6-9™,  Breite  13-1'="'. 

1  [j,£)vXo"(a7](;)  tvo/  7]  5/  xa{x-  jxaüpat 

2  aevoü"  Staxtov  [jL£Y[aXTji;  £xx).Y^atas 

3  {Jio// 

Appendix  889.  Musees  nationaux  7413.   Höhe  6-2'=™,  Breite  9=". 

1  t  =X"^  [*T"^  vojvvo^  uto?  VctXo"  ait&[j.£Tpr;[(;  aou  .  .  sTCiatarTj 

2  aaxxoTTouov  zr^z  aoxriQ  -tcoXecoc  at'cou[ap'caßac  .  .  . 

3  5to[a](0   £X  tOt>   clJLOU   (JLtaOou   ttj?   £ixßo).7jc   .    •   . 

4  .  .  .  .  c  tvj  ava|x^cßc(Xcoc  syp^?/  [^''i'^^  •  •  • 

Appendix  523.  Mus&s  nationaux  6951.   Höhe  6-7'=",  Breite   S-S«^"..  Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

1      TCO/.lrj   (f 

3  tcojavvou  j^  XotTü 

4  %a]taßaX>v[o|X£v 

5      =  eojö 

6    .    .    .    S/    £|JL°    Tj/«'.[a? 


252  C.  Wessely. 


Appendix  140.  Mus^s  nationaux  7164c.  Höhe  5"1"",  Breite  ö'C^™.  Schrift  auf  den  Verticalfasern;  Faltungen  hori- 
zontal, in  Abständen  zu  je   1'2''"'. 


1  irp/  j  xoa(j,«  asv[o'j]9t 

3  ptv/  irp-  3  V 

4  %oa[JL'~  asv" 


Appendix   481.    Musees  nationaux  G970.    Höhe  6"1™,  Breite  9'2™.    Schrift  auf   den  Horizontalfasern;    Faltungen 

vertical  zu  2"'"  Abstand. 

1  Tzx  s  Jf  Siayp"  ^aup'  airsp^  tv8;  C 

2  [xvj"  tptXoÖcOC  §/  a[JLa^  ap**  V  S 

3  7][Atau  [jl//  8/  )rpiaTo8(op°'-'  xs^a^ 

Umschrift:   itapsoxs   üirsp   StaYpaipTjc    Xaupac  toO  dirspdtoü   iv^arubvo?  sß^öjXYjc   Mvjväij 
«ttXoÖsoc  5td  'A[xdrou  dptöfitov  vo[Ata{xdxtov  Yj[xca'j  [xovov  •  8td  XpioroSwpou  xsfpaXaubtou. 


Appendix  226.  Musöes  nationaux   7089.  Höhe  5-9'''",  Breite  4-5''"'. 

1  TCOO    XCLTiK    a^    (Jl" 

2  ii:^  [xa"  a'7ca'xouQ[i 

3  8/  TjXia  % 

Appendix  913.  Musees  nationaux   7434.   Höhe  5*=™,  Breite  5™.  Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

1  .  .  Tzpz  xoXX'  itapaa/^ 

2  .  .  asoTjp"'-'  aXs^av^  i  tg  ) 

3  .    .  .    .   XTTJC    t/ 


Musöes  nationaux  6916.  Höhe  3""°,  Breite  8°™.  Schrift  auf  den  Verticalfasern. 

1 ^coSsxaxYjc  tvj  5/  axoXXwa 

2 z]oo  ayt/  ys'opT^^^  ^^^-"^  (xa  .  .  . 

3 xatsßaX/  * x^p/ ^"'^  •  •  • 

4  .  .  .  5i  sfiJLo"  Oco  .  .  .  £]yp"  t 


Nette  Nummer  277.    Musdes  nationaux   744.').    Höhe  ."j-ö™,  Breite   10"".    Schrift  auf  den  Verticalfasern;  Faltungen 

horizontal,  in   Abstünden  zu    1*2'''". 

1  f  TuapSG/)  üoar/^  TP^^-!^W  ßspvtxt,'^ 

2  j^  aXo)Vo9£aj  )  -/.aXXtYiv  s  iv^/ 

3  vo|jnGti)  sirra  itapa  %£p/  tcsviyj 


UiE  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Fauüm.  253 

4  xovta  rsaaspa  Tsraptov  v"  C  [t^/  tv§]  5" 

5  9(o6  a'  £  tv5/ 

Das  ist:   xapsa/s   'kooTj'f   Ypa[X[i.axc6c   Bspvcxi^oc   ÜTTsp    dXwvoOsatas   xal   xaXXtYW   .  . 

TTSiiicrr)«;  ivoatubvoc  vo  1x101x0111«  STurd  itapd  xspdtca  TcsvzT^xovia  -csaaspa  Tsraptov  (also  sieben 
Goldstücke,  von  deren  jedem  es  lieisst:  irapd  Xcpdxta  iTzza  "^[Atau  xstaprov)  8a)Q  a'  icsfiictTjc 
tv§txtK«voi;. 

Also  eine  Art  Tennensteuer. 

Neue  Nummer  151.  Musecs  nationaux  6476.  Schrift  auf  den  Verticalfaseni,  Faltungen  horizontal  zu  2'""  Distanz. 
Zwei  von  mir  vereinte  Fragmente:    A)   10<^"  hoch,    8-5™  breit,    unterer  Rand  3-.5™';    B)   S'ö"™  hoch,    8-3™  breit. 

1  'fX*  Qsoöoauo p=t    Tiapaax- 

2  xp xuTtpoo Q  aico  Y£VY]|JL*|JL*  TYjc  Tcapooo''' 

3  t^  !.V  otTou  apxaßat  [toaaa^s]  0"G  is  c?    t5  f 

4  t  t>iC£aTrj(AY]v[a[JLYjV  tac  otto'j  aptaßac  roaaaSs]  in  schräger  Schrift. 

Eine  Anweisung  auf  Getreide,  mit  Controlsunterschrift. 

Musöes  nationaux  6846.  Höhe  3'2™,  Breite  3''™;  Schrift  auf  den  Horizontalfasern. 

1  %oy 

2  V  j(^  ava)ao[jxatoc  %ataa%suYj? 

3  [AsyjaXo"  Tot/o" 

Appendix   45.    Musees  nationaux   6846,    2.     Höhe   n'?"'".  Breite   8'6"™.     Schrift    auf    den   Verti cal fasern ;    Faltungen 

horizontal  zu   1'2''"  Distanz. 

1  TcjapaXYjiJLirTopt.  ro)  %up5 

2  ot  Xoytaa)  sx  xo'^  cjxo^ 

3  xTjc  ayxTjc  s  tvj 

Musees  nationaux   710(1  Höhe  8''"',  Breite  9°™.  Schrift  auf  den  Vertiealfasein. 

1  £    lY'  %KiG[i.a 

2  XtoJ5£    X(0    [i.lo'^ZUM    IOC   Tip    f 

3  f  5/  £(JL0U  TiauX"'''  auv*^  a'j[j.,3oXat[oYpa'f  ou 

Eine  Miethsurkunde  in  der  Form  von  Urkunden  zweiter  Gattung.  Das  Fragment  gehört 

gerade  zum  Endstücke:  [EYpd<pYj ]  Tzi\XTZzr^c  ivSixxuövoc  KoG\xa.c  [[xapxupw]  xtpSs  x(p 

{AtaOo)xa(i)  (oi;  icpoxEcxai  •  5i'   Ejjtoö  llauXou  auv  f)=.(b  cufJißoXatoYpdtpou. 

Appendix  894.  Musees  nationaux  7415.  Höhe  5™',  Breite  6'2'"". 

1  t  £)((o  £Yco  G'JYOtxpt  .  .  . 

2  uoavo'^  aXoupYOC  azo 

3  x-rjC  apaivoixwv  t:oä[£0)c 

4  aTCO  a|X'foxoo  aXo7cco[Xtcov 

5  XP  "^^  a  £V  .  .  .  . 


254  C.  Wessely. 

Papyrus  LXXIU. 

Höhe   8"",   Breite   8-5'=". 

1  t  s5s4a|JLr^v  syco  vstAa[jL 

2  irapa  aou  [xr^va  [xoüvapu 

3  jxovaarTjpiou  tou   ayiou  Xouxa 

4  a^ptSta  ytovta  zsaspaYOVx* 

5  £^  0(ptp    ycovj  [JL?'  syp^ 

6  ^1  [JLTj  ^oiax  a~  5  w^  f 

7 t  §/  e[xou  V£da[x 

Umschrift:  £0£iid[jLiQV  sy«)  N£tAd[jL(j.cov  -jcapd  aoü  MTjvä  [Jiovayoö  (jLOvaa-ur^piou  toö  dytou 
Aouxä  a'^tpBia  ^(xtviri  xsaaapdxovta  s';;  syP^'P'']  (A'i'jvöc  /oiax  a'  sxttjC  IvSixuüövoc  "  81'  £[jioö 
Nci)>d[jLjj.(ov'>c. 

Papyrus  LXXIII,  2. 

Appendix  55.  Musecs  nationaux  G846.  Höhe  8-7'^"',  Breite  9-5'=°'. 

1  t  STrXvjpcöÖTfjv  cyw  o[r£(pavoc  oaovo|j.o;  x™  ayt»"  X«'']^». 

2  irapa  aou  v£'fspa  xot>  xac  %}^zgo  .  .  . 

3  .  .  (pjopo«  Tou  8oÖ£vxoc  TCüV  aapax[ocvcov? 

4  .  .  .  8£]xar7j4  [iv]5  o  saxt/  apoup/  |j,iav  7i[Jita'j 

5 zriQ  5 z  [Aoi'^'  axotx£i  |x[ot 

Papyrus  LXXV. 

Musees  uationaux  6846,  Höhe  5™,  Breite   13™. 

1  £yto  £Y(ü  xtovaxotvxcvoi;  uioc  xo-*  jjiaxapio"  Xcovxio"  yopxo'jc[apaXry[JL7Lxrj(; 

2  Moav/]  xpuaiou  vo|Jit3[j.axiov  £v  puzap/  ypj  v°  a  /.ac  xooxo  [exoijjicoc  £yo)] 

3  a'::o3]o"[vai]  x(o  jX£a[op-/j]  5  tvj  £Ypa<f)  [J-Vjvt  £TCt^  %5 

Pajjyrus  LXXV,  b. 

Appendix  152.    Musees  nationaux  6765,  Höhe  6™,    Breite  '28"5'^'".    Schrift  auf  den  Verticalfasero ;    Faltungen  zu 

1-6— 1-7— 1-7"». 

1  t  £/{o  syw  xazvoDO'.oc  oioc    'ftß  xou  xai   Trouva|X£ß   airo  y.co|X£C    ['ftJXo^cVo"  xou  apaivotxou 

vojAO'j  aoi  y,oa|JLa  ui[a) 

2  xott  {AovaCovxoc  aTCO  xr^^    apatvoixcov   xoAcWC   £tc  ypciav    £[J.[o'j]  ypuaioü  vo[i,ta|j,axcov  cV  ok 

vo|i.tXcUovxat  [y.at  xo  xptoxov 

3  Yjiiiay  jj.£V  vojJLtaiJia  £y.  xouxo'j  scvat  luap  £|xot  öiq  xt|XYjV  y.piO(ov  /.aOaptoiV  xo  15£  aXXo  y^ijuo'j 

vojitjjjia  z'.z  xiixT/,* 

4  xt|jir/''  xai  AOY«)  xoxou   auxou    ixT^viaio)?  azo   V£0[x-/]Vta(;   xoi»   £cc;iovxo(;  [xy^voc  [JtcOOpTj  apyrj 

XYjC  icapo'j37]?  £vo£'ic[axT^?  tvoaxtwvoi; 


Die  Pariser  Papyri  des  Fundes  von  El-Faijüm.  255 

5  (JiavSaxcv   tyjv   5s   axoSoatv    auxcov   irotYjaojJiat   aot   tov  (j.sv   [)(op'cov  [A7]]vt   (pap(AouOt  tov  5s 

atroxptOov  [J.'/i[vt 

6  Scxatü)  £V  TTj  '»«[iTj  eX  x(i)V  xapTTcov  5a)[5£xa]-Tj?  lv5[txxuovoc. 

Neue  Nummer  206.    Musees    nationaux   7451.    Höhe   6'^",    Breite  9"™.    Sclirift    auf   den  Vcrticalfasern ;    Faltungen 
a)  vertical  in  den  Abständen  2  +  2-2  +  1-8  +  1"8  +  l'S™,  b)  horizontal  in  den  Abständen  l'ö  +  1-5  +  1-8  +  1-5«™. 

1  t  '^9°  'JtoGji.j  aXk"  v.oa\r  %p'^  -jrapao/- 

2  aira  touXto)  6app'  z"  TZtj^  Jk^  (xta"  y  '■'^^ 

3  at/  ap'^  §co8£%a  (Ji°/  3%^  at.^  ß  iV'  rf">  xa  y  tv  f 

Das  ist:  Tzphc,  Koa|JLav  aXXo?  Koajxac  Tcpsaßu-spoc  •  Trapda^^sc  aica  '[ouXuj)  Oapp  .  .  . 
rö)V  xuXtöv  uTCsp  [j,taGoö  xpttYjc  Ivc/a-cccovo?  oizoo  dprdßac  §(65cxa  {JLÖva?  iv.  -oö  gitou  Ssurs- 
pa?  hoiv.zmvric  •  (pacoipi  xa  Tpixvji;  tvo^xrctövoc. 

Appendix    840.    Musees  nationaux  6449,    Höhe  6".5™',    Breite  ö'ö'"".    Schrift    auf  den  Verticalfascrn ;  Faltungen  in 

den  Distanzen   0-8+  l'S  +  l'ö  +  V5  +  1-4™. 


1  . 

2  . 

3  . 

4  . 

5  . 

6  t  . 


.X ayv. 

.  Yp'''  ctx/  au'  0  x"/ 
.  .  tß[(oc]  vo[itT[£U£i:ai 

.  .  Y^/  y"^  ^'^'^  ß 

au^  %-  iß  5/  cix"'^  (pocßafA 


Appendix   79.  Musees  nationaux   6846,   13.  Höhe  8"3™',  Breite  6'2'"".  Schrift  auf  den  Vcrticalfasern. 

1  YP'^'I  •  •  •  •  xptaica  •  •  • 

2  £V  ayripctaGsv  u  .  .  .  . 

3 vo[i) ava 

Appendix  230.    Musees  nationaux  6535.    Höhe  4'8°'",  Breite  8"™.    Schrift  auf  den  Vcrticalfasern;    Faltungen  wag- 
recht zu  1"™  Abstand. 

1  f  xup"/  [ia^j  5cax°/  %oXX'  j 

2  '{S.MpyirjQ    TTCtpX    j^   Xt/    ^ü^ 

3  Xt^  xsp  TjtJita'J  yV  1  S  [jlo  /  iptp"  C  t«  ^^ 


Das  ist:   x6p(p  Ma^t(i,iV(j)   Staxövco   xoXXsxxapup  FswpYtoi;  •  irapdaysc    uTtsp   xc[jl-?j;   lioXcov 
Xixov  -/cspdxtov  •/jiJ.ta'j  y^T'^*'^^^  xspdxiov  r^\iio'j  |xövov  •  cpawfi  3ß56[ji-(;  svösxdxr^;  iv^wxcwvo?. 

Papyrus  LXXVI. 

Neue  Nummer  275.    Musees  nationaux  6846,   22.    Höhe  4'5<'"',    Breite   17-2'^"';    Faltungen  wagrecht    zu   1-3""   Ab- 
stand,  links  ein  Band   von   2'5'"". 

1  t  S'JcXyj-  I  rX-qp  x""  I  ircX'Xo"  oop-  J^  ouat"    ßso^oato"  svaxTj  [w5 

2  ctxo"  %/  I  5'  [xjauvt  I  Y  xsXsi  svaxTjc  iv3  f  5t  7j[i"  a. 


256  C.  Wkssely.     Die  Pakiser  Papyri  des  Fundes  von  El-Fauüm. 


Appendix  900.     Museos  natioiuuix  7415,  Höbe  5"",  Breite  T*^"". 


1  t    ]    aOup    iß    011°''    SXTTJC    tV^ 

2  !*  xaXtJ^avtc  TTOuat  xayxcXX 

3  ap^  xpiaxr"  a  X  |j."  f  YStopytoc  f 

Appendix  902.    Museos  nationaux  7434,  Höhe  G*^™,  Breite  7"'" 

1  t  zoy"  sya)  Xscov  uto'  auv'' 

2  XoX°-'  TT«  TyXta  apx  fiQV  Ttfivjv 

3  t">"  yoptapto"  to"  £[!<>"  x/«Y^p°" 

4  <pavt(0-  x"-'   TjyopaaÖcV  irap  £[j.o" 

5  vo[Jitajx"  rsaaspa 

6  tSGoapa  (paii."  xa  iß  iv 

7  t  S  £!Ji-f>"  Öco5(opaxio"  yap^ 

Appendix  906.    Musees  uationaux  7434.  Höbe  8*=™,  Breite  8""". 
1 (ptXo^SV 

2  §  xayxsXX/  xat  irapa  aoi  airo 

3  8s  tYj?  -TToXsto?  xapTccov  -cpiaxai 

4  ScxatYjc  ivj  S/  c(j.o'j   (JLT^va  vo[xtx// 

Appendix  912.    Musöes  nationaux  7434,  Höbe  6'="',    Breite  4'"". 

1  f    c-cCaiJLY^V    cyü)    [XTJ 

2  va  oivoTTpatTj 

3  8/  aira  syXaXt  j^  ou 

4  aiac  x'jpHo 

Appendix  91G.    Musees  nationaux   7441.   Höbe   ö'^"',  Breite  G""". 

1  t  Tuapsa-/  Ö£o5(opa 

2  j^  svixo"  i:oitoOc[3tac  .  .  . 

3  z'f]  aTToraacCöC  xo'j  a  .  .  . 

4  airo  0(oO  a[c(oc  tx£-/^p 

5  X  XcoaspaxaiOcXOLtT^^  tv^ 

6  V/   V°  Tj'    8/   £|J10U    tO'JG-O'J 

7  TtaXlXO"    |i.Tj"    OlXOVO[iO^ 


Ausgogobcii  am   KJ.  Octuber  1889. 


DENKSCHRIFTEN 


DEK 


KAISERLICHEN 


AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 


PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE  CLASSE. 


ACHTUNDDREISSIGSTER   BAND. 


MIT  ZWEI  TAFELN. 


WIEN,  1890. 


IN    COMMISSION     BEI    F.   TEMPSKY 

BUCHHÄNDLER  DER  KAIS.  AKADEMIE  DER  WIS.SEN.SCHAFTEN. 


Druck  Ton  Adolf  Holzhausen, 
fc.  tmd  k.  Hof-  and  UniverAiUts- Buchdrucker  in  Wien 


INHALT. 


I.  Abhandlung.  Miklosich:  Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost- und  osteuropäischen 
Sprachen.  (Griechisch,  albanisch,  rumunisch,  bulgarisch,  serbisch,  kleinrussisch, 
grossrussisch,  polnisch.)  Nachtrag  zu  der  unter  dem  gleichen  Titel  im  XXXIV. 
und  XXXV.  Bande  der  Denkschriften  gedruckten  Abhandlung. 

II.  Abhandlung.  Jagic:  Glagolitica.  Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  Mit  2  Tafeln. 
m.  Abhandlung.  Miklosich:  Die  Darstellung  im  slavischen  Volksepos. 
IV.  Abhandlung.   Rzach:  Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln. 

V.  Abhandlung.  Nöldeke:  Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans. 


I. 
DIE  TÜRKISCHEN  ELEMENTE 


IN  DEN 


SÜDOST-  UND  OSTEUROPÄISCHEN  SPRACHEN. 

(GEIECHISCH,  ALBANISCH,   EUMUNISCH,   BULGARISCH,   SERBISCH,   KLEINEUSSISCH, 

GROSSRUSSISCH,  POLNISCH.) 


D^   FRANZ   MIKLOSICH, 

WIRKLICHEM  HITDUEDE  DER  KAISERLICHEN  AKADEUIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 

NACHTRAG  ZU  DER  UNTER  DEM  GLEICHEN  TITEL  IM  XXXIV.  UND  XXXV.  BANDE  DER  DENKSCHRIFTEN 

GEDRUCKTEN   ABHANDLUNG. 


VOKGELEGT   IN   DER  SITZUNG   AM    5.    OCTOBER   1887. 


Zweite  Hälfte. 

N. 

nadzak,  Streitkolbeu. 

bulg.  nadzak.  serb.  nadzak  nach  Vrcevi6,  nicht  mehr  gebräuchUche  Waffe,  pol.  na- 
dziak,  Art  Waffe. 

nafakat,  ar.  xääj,  Ausgaljen,  üntei'halt  der  Familie. 

serb.  nafaka,  sto  je  kome  odredjeno,  da  pojede  na  ovome  svijetu,  hrana,  prehrana.  nofaka, 
Bos.  nofaka,  hrana.  Hör.  alb.  nafak,  Geschenk,  rum.  nafaka.  griech.  dva^axäc,  '6^(7] 
%rx).r^.    Pap.  383.    Z.  916.   1.     span.  anafaca,  gasto. 

nahij6,  Gebiet. 

bulg.  nahija.     serb.  auch  naija,  naja.     rum.  nahiea. 

naib,  ar.  i_ajLj,   Stellvertreter, 
serb.  naih.' Z.  905.  3. 

naj,  Flöte, 
griech.  vsi,  oOpiY^. 

nakara,  Kesselpauke. 

kroat.  disa  svlrale  i  nakarale.  Lek.  42.  aruss.  nakra.  nakracej,  der  darauf  schlägt:  öej 
für  türk.  d§.  Domostr.  186.  rum.  nakara,  nakarad§,  nagara.  ngriech.  dvaxapd^c?,  plur.  it. 
gnaccare.     fz.  nacaire.  Devic  52. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Gl.  XXXVIII.  Bd.   I.  Abb.  1 


2  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

nakd,  baares  Geld. 

kuin.  nagt.  291.  griech.  vd/Tt,  za.  [AätpTjtd  Ä£y6[AiVa  xai  5i56[JLSva  )(pY;jj.aTa  (6;  (pspvirj 
r?)  v6|jL(pT(].  Pap.  467. 

nakkas,  ar.  jiLii,  Maler,  Zeichner. 

serb.  tu  se  momak  prigodio  nakav.  Volkslied,  nakafcija,  Tischler.  Jastr.  Z.  916.  3. 

na'l,  Hufeisen. 

serb.  nalhant,  nalhat.  nalbantnica.  nalpara,  Hufeisenstück,  rum.  auch  n^lhar.  kuni.  naal. 
naiband.  331.  332.  vergl.  na'lc§.     griech.  plur.  nalja.  Rec.  94.  vaXjXTrdvtT]?.  Hind. 

na'16t  aus  la!n4t,  ar.  ^u*J,  Fluch.  na'letlemSk,  verfluchen,  bulg.  iialet,  Fluch,  serb. 
nalet :  nalet  te  bog  udinio,  nakazio  te.  Bos.  Vila  2.  309.  o  dmie,  ti  nahte  i  sipeim.  2.  130. 
griech.  dvaksu,  ivdöc^ia,  Cf}\i.i(X.  Pap.  381.  Z.   793.  3. 

nalin,  nalen,  Holzpantoffel, 
serb.  auch  nanule,  nalule. 

nam,  Name. 

bulg.  namdarzija.  serb.  radi  nama,  (slave,  dike).  nam  be  nam.  ta  je  kahva  bila  na 
iinmu,  berühmt.     Bos.  Vila  3.   116.  nam  gubiti,   dobar  glas  oduzimatl.     griech.  vd[j.L 

namaz,  Gebet. 

»erb.  sabah-namazi,  Morgengebet.  Bos.  pes  vokat  namaz.  Bos.  Vila  3.  23.     rum.  namas. 

naiu6,  Schreiben. 

serb.  auch  aame,  n.,  izinname,  F^rlaubnissschreiben.  Bos.  rum.  namea,  najmea.  ahtinamea, 
Vertrag:    türk.  'ahdname.   Z.   641.   1;  905.  2. 

namet,  namat,  Filz. 

f)Stjak.  namat.  russ.  nametz.  Grig.  poln.  namiot,  Zelt.  Man  vergleicht  aind.  namata, 
iifghan.    namd.    magy.  nemez.    Archiv  ftir  slavische  Philologie,  3.  213. 

nanaus,  Gesetz,  Sitte. 

bulg.  namuzl§k,  Schande,    serb.  namus,  cast,  postenje.  Hör.  to  s'  obraza  i  namusa  tiöe  108. 

nane,  Münze,  mentha. 

bulg.  nane.  Jir.  241.  nane  Z.  905  (nicht  Z.  805).    kum.  nana. 

nan  kor,  pers.  ^S  ^jb,  undankbar:  nan.,  Brot,  kor,  blind, 
serb.  nam^:or,  undankbar.  Z.  905.  3. 

nanu,  pers.   .jb,  Wiegenlied,  vavd[iia|JLa. 

griecli.  vdvi,  vdvt  xai  xo'jvdvt.  Pap.  164.  vtjVIOv,  vaviov.  mrum.  nani  nayii.  Z.  905.  3. 
vergl.  griech.  vivc,  ßf«S'foc.  Pap.  468.  mit  türk.  ninak,  Pupille.  Z.  925.  3.  und  mit  agriech. 
vdvvo^,  ■^/aTK'jy.    Vergl.  n^ne. 

nar  aus  ^nar,  pers.   .b,  vbl,  (Granatapfel, 
bidg.  serb.  nar.  Z.  903.   1. 

nardenk,  JLj4>xb,  Granatsaft,  gekochter  Obstwein, 
mm.  nardinkiil.     griech.  vap^svxt.  Hind.  Z.  903.  1. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  3 

nargile,  Wasserpfeife,  nargil,  Cocosnuss. 

bulg.  nargjule.  Rumena  11.  nargele.  serb.  nargila,  argila.  poln.  nargile.  runi.  nargilea. 
span.  narguile.    Devic  53. 

nar)(,  Preis. 

rum.  auch  nark.     griech.  vdpxt,  tt[J.7^. 

narin,  pers.  jj-j^b,  zart,  weich,  eig.  granatapfel-ähnlich. 
alb.  naran,  schwächlich,  naranli.    Z.  903.  2. 

narindz,  Orange. 

serb.  nerandza,  neranca.  nera,  Frauenname,  narandzast,  gelb.  magy.  narancs  alma.  kroat. 
naranza.  alb.  auch  nerendze.  griech.  VäpdvCiov.  yopa'^zC^TOo'ka.  Pap.  86.  cech.  pomaranc, 
pomoranc,  pomeranc.  pol.  pomarancza.  sp.  naranja,  laranja.  pg.  laranja.  it.  arancia.  (venet. 
naranza.)  fz.  orange.  Devic  54.  angelehnt  an  aurum.,  or,  mit  Bezug  auf  die  goldgelbe  Farbe. 
Das  pers.  Wort  beniht  auf  aind.  näranga,  scheinbar  aus  nägaranga,  Elefantenneigung,  auch 
im  aind.  wahrscheinlich  ein  Fremdwort. 

nasib,  ar.  ^^^-yaj,  Antheil,  Loos,  Glück. 

serb.  nasib,   Schicksal,  sto  je  komu  od  hoga  sudjeno.    nar.-bl.  271.     alb.  nasip.   7i.  913.  1. 

nasiHat,  Rath. 

serb.  nasihat,  savjet.    nar.-bl.  253.  nasijat.    Bos. 

naz,  Zartheit,  Zierlichkeit. 

bulg.  nazli.  nazl§m.  Djuv.  kadsna  nazlsm  hansma.  serb.  nazli,  zierlich,  geziert:  nazli  ide. 
Jastr.  172.  nazli  ho diti.  Bos.  popandio,  nazlandio  91.  nazlandisati.  türk.  nazlanmak.  na  noge 
nazu  jemelije.  Kras.  91.  Muchl.  75.  zieht  hieher  pol.  iazy,  minki,  grymasy,  wyraz  uzywajqcy 
siq  w  komedjach.     griech.  %d[xvo)  vdCta,  uicspsviputpö). 

nazar,  schauen, 
griech.  vaCdpi,  s'jvoca. 

naz§r,  Aufseher. 

serb.  auch  nazir,  nazor.  kroat.  nazor.  Karn.  rum.  nazir,  Inspector,  nicht  etwa  von 
nazirati.  n§z§ri,  erscheinen,  sichtbar  werden,  magy.  ndzur-beg,  näzul-heg,  Aufseher.  ,Der 
auf  seinem  prächtigen  Rosse  in  orientalischem  Glänze  schimmernde  Nazur.' 

nebt,  ar.  v,:yjj.  Keim,  Sprosse,  Pflanze. 

bulg.  i  cetiri  tovara  nehit  pamuk.    Milad.   172.  Z.  906.   1. 

nefer,  Mannschaft,  Mann. 

bulg.  nefer.  nefrat.  Djuv.  serb.  auch  lever,  Soldat,  ni  se  age,  ni  neferi  znadu.  Hör.  53. 
cetr'est   levera.  Vardar.     rum.  nefer. 

nefir,  türk.  j^äj,  Hoboe. 

griech.  vtcptpr.   Ilind.   105.  Z.  916.  2. 

nefr,  ar.  yjü,  Furcht,  Schrecken. 

Vergl.  bulg.  nefel:  ot  talas§mi,  navjaci  (pilci,  koji  to  piskat  nostem)  i  ot  razni  nefeli. 
holna  ot  nafola.  umriS  ot  nafol.    Milad.   134.   295.    Z.  915.  2. 

nehr,  ar.  j^,  reichlich  fliessendes  Wasser. 
Vergl.  bulg.  nahur.    Djuv.    Z.  923.   1. 


4  I-  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

nö  is6,  tiirk.  \«ol  j^.  was  es  auch  sei. 
serb.  ne  ise.    Bos.  Vila  3.  131.  Z.  922.  3. 

nem,  pers.  *j,  Nässe,  Feiiclitigkeit. 

serb.  meni,  menüa,  Feuchtigkeit,  gde  vlaga  kamen  izede.  uhila  ga  memla  od  kamena. 
nemli,  memli  adj.  feucht.    Hör.    Z.  919.  2. 

nene,  Mutter. 

bulg.  nana,  Tante,  slovak.  nenija.  pol.  nana,  Mutter,  Wärterin,  rum.  n^nas,  Tauf- 
pathe.  nene,  nea.  nani,  Wiegenhed.  pers.  nanu,  neni.  7i.  905.  3.  Die  angeführten  Wörter 
sind  vielleicht  selbstständige  Variationen  eines  Naturlautes.  Man  füge  hinzu  russ.  njanja, 
Wärterin,     pol.  nianka.     agriech.  vdvvac,  vdvv/j,  vsvvoc  usw.   Vergl.  nanu. 

nerdüban,  merdüban,  Treppe. 

serb.  gajtan-merdevine  od  pet  stotin  sitnih  basamaka.   herdivan.    Hör.  351. 

növbet,  nöhet,  ar.  jü^.  Wiederkehren,  Signal  der  Ablösung  der  Wache,  Reihe, 
bulg.  nebet.  Djuv.  nojbet:  ss  nojbet  si  grads-t  cuvat.  Milad.  246.     serb.  nobet,  red,  straza. 
nobecija,  izmjena.    Hör.  479.     rum.  nobet,  nubet.    7a.  921.   1. 

nezle  meist  nuzla,  ar.  «Jö,  Schnupfen,  Husten. 

serb.  nuzla,  Art  Krankheit  des  Zahnfleisches.  Z.  909.  3. 

n§sad§r,  Ammoniak. 

rum.  nisadir.     nordt.  n§satp\     griecli.  vtaavTv^pt,  vtaav^tpt,  ä[JL[Jiovtaxov. 

nijet,  Absicht. 

serb.  nijet,  namjera.  cini  nijet  na  6abu.  nijetiti,  namjeniti.  nar.-bl.  338.  Bos.  Vila  3.  132. 

nikah,  coitus,  Verheirathung.    nikalilamak  Verb. 

bulg.  nikjah.  pikjahladisvam  se  fllr  nikjahladisvam  se,  sich  verheirathen.  serb.  ni6ah  i 
nofaka.   Hör.  358.    beg  djevojku  nicah  ucinio.   114. 

niluför,  ninufar,  Wasserlihe,  nymphaea. 

russ.  nenufan.  rum.  nenuf^r,  nufar,  nuf§r.  ngriech.  vsvou^ap,  vo6<fapa.  it.  nenufar. 
7a.   131.  3.     Nach  Devic  53  ist  nilufar  wahrscheinlich  nil  nufar,    ,le  noufar  bleu'. 

ni'met,  ar.  iUjLj,  Vermögen,  Besitz,  Lebensunterhalt. 

serb.  nimet,  sve  sto  se  jede  i  pije.  tako  mi  nimeta.  herc.  120.  358.  öor-nimet,  undankbar. 
Bos.  Vila  3.  367.  bei  Z.  kör-nemek,  worin  nemek  Salz  bedeutet.    Z.  914.  3. 

nisfje,  ar.   jULoj,  türkische  Goldmünze:  nisf,   ^J^^,  Hälfte, 
rum.  nisfea.     Z.   912.  3. 

niäan,  Zeichen. 

.serb.  biju  niian.  Hör.  93.  nadgrobni  kamen.  Bos.  aruss.  niSans,  nysans.  miäennaja  gra- 
mota  für  nisanly  jarlyk.  obmichnuth  sja,  obmeselitb  sja,  obmiseniti  sja,  sich  täuschen,  pol. 
lüszan.     rum.  niian.     griech.  "^lodyi,  qvialite.     Legr. 

nisandze,  per.s.  ^soLiö,  Titel  eines  hohen  Beamten. 

serb.  niSandzija,  guter  Scheibensclüitz.  rum.  nisandziu.  ngriech.  VYjadvxC''JC-  Duc. 
Z.  911.  2. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  5 

niäaste,  Stärkemehl, 
griecli.  vtcjcaxsc,  Hind. 

nister,  Lanzette. 

kum.  nestera.   100.  332. 

nizam,  Ordnung,  nizam  'askeri,  stehendes  Heer. 

biilg.  nizam.   7iizamin.     serb.   nizam,    red,  pravilo.    Hör.    nizampare   bei   den  Vasojevi(^i. 
rum.  nizam.     griech.  vtCa(Ji.i,  zd^ic,  vöjxoc.  Pap.  468.  Armee.  Legr. 

nogaj,  nordtürk.,   ^^iju,  Nogajer  (Volk). 

pol.  nogajec,  nahaj,   nahajec.     klruss.   nahajva   coli,   nohajci,   daher  pol.  klrass.  nahajka. 
tatarische  Peitsche,  bizun,  batog  na  konia  uzywany.    Rocznik.    russ.  nagajka.    Muchl.  91. 

no)(ud,  Kichererbse  (nicht  Küchenerbse). 

bulg.    auch  luhut,  nohud,  nahut.     serb.    nattt,  nufut.     alb.  naut.    Rec.  49.     kum.  noghut 
cicer.  332. 

uokta,   ar.  kiaJü,  Punkt. 

serb.  nokta.    Bos.      alb.  nokte.  Rec.  59.    Z.  917.  2. 

nufus,  ar.  u«^,  Plur.  von  nefs,   Seelen,  Personen,    im  türk.   sing. 

bulg.  nufuz,  der  Hörige:   vs^kij  nufuz  je  hil  dl§zen  da  rahoti  po  mademi  te.  Rumena  7. 
Z.  916.   1. 

nur,  Licht. 

bulg.  nur.     serb.  bozji  nur.     russ.  nurs.  Grig. 

nus/a,    ar.    jLsx«*j,    vulgo  miska,   geschriebenes   Amulet   zur  Abwehr  von   Krankheiten, 
bulg.  muska,  moska,   Talisman.    Z.  910.  2. 


o. 

oba,  türk.  L^l,  Zelt, 
nmi.  oha.    Z.   111.   1. 

obruk,  türk.  ,jVjl,  Vertiefung,  tiefes  Thal. 

serb.  ohnik.    G.  Popovic.     Vergl.  russ.  ovrags,  vragz,    Schlucht,  Erdkluft.    Z.   111.   1. 

oda,  Zimmer. 

bulg.  odahasa.  odadzija.  serb.  avlat-odaja.  Marjan.  153.  odadzija,  redar.  odadzik.  pol. 
oda.  griech.  odan.  Rec.  35.  alb.  odadzi.  griech,  öv5ä?.  övxä?,  Öd)^a[JLOC.  odadzis.  Rec.  93. 
mrum.  ud§.    odae.     magy.   oda   basa,  janicsdr  szäzados. 

oda  agadze,  türk.  (c=»'-^'  \i>^\-  Art  wohlriechendes  Holz. 

serb.  odagac,  mirisljivo  drvo,  Aloe.    Bos.      griech.  oöv^ayotiC^  ^ä^poc.  Z.  115.   1. 

odzak,  Heerd,  Haus,  Familie,  erbliches  Familiengut. 

bulg.  ocak.  rum.  odzak,  Ofen,  Familie,  odzakliu.  mrum.  odzak.  russ.  ocags,  ognisce, 
dyraz,  kurem,   izba,  sernya,  domasnij  ocagz,  svoja  semhja.     pol.  odzak.    ngriech.  richtig  x'  övr- 


€  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

octxt,  övtCtdxt.  Das  türk.  Wort  wird  auf  üc  drei  und  ajak  Fuss  zurückg'eiuhrt.  Man  ver- 
gleiche russ.  ognisce,  peäis^e  und  ogniscanins,  peciscanins  mit  türk.  odzakl§,  serb.  odzaklija. 
Hör.  248.  odzakoviö.  J.  v.  Keussler,  Zur  Geschichte  luid  Kritik  des  bäuerUchen  Grund- 
besitzes in  Russland.   1.   101. 

ogre,  ogm  cag.  Dieb.    cuv.  vqrq.  jakut.  nor,  stehlen, 
russ.  vord,  Dieb,     niagy.  orv,  or. 

ogul,  ola7i,  bulg.-türk.  ol,   Sohn. 

bulg.  oglu.  nordt.  tdan.  serb.  oglu,  Sohn,  oglan,  Bursche,  pol.  iöogian,  Page,  griech. 
ÖY^dlvt,  serviteur.  Legr.  138.  türk.  at  oglane,  Stallknecht,  ulavi.  Z.  124.  3.  russ.  tdann. 
klruss.  u^an.  pol.  uian,  huian.  Man  merke:  Tataroivie  celniejsi,  zacnego  rodu:  Kniaziowie, 
Muzowie,  Uianowie  i  wszyscy,  ktörzy  na  ziemskich   dobrach  mieszkajq.    Muchl.   139. 

oxlamur,  Vflamur,  iglamur,  filamur,  türk.    .^iLä.^1,   Linde,  flamttri.   Rec.   46. 
griech.  ?pXa|J,o6pi,  !pXa|xo6ptov,  (piX6pa.    Z.   114.  3.  Hind.  16. 

oja,  türk.   L^l,  Saum., 
griech.  oöfid.  Hind.  91. 

ojlik,  nordtürk.,  was  zur  Bedeckung  dient. 

russ.  vojloks.  Domostr.  Filz,  Bedeckung  der  Kibitkeu.  Archiv  für  slavische  Philologie. 
3.  213. 

ojum,  Ausschnitt  des  Kragens, 
serb.  ojma. 

ok,  türk.   ^-.1,  Pfeil,  Hauptbalken  des  Daches. 

serb.  ok.    In  Bosnien.    Vergl.  okagaca,  Hauptbalken.   Z.   125.  3. 

oka,  das  türkische  Pfund. 

bulg.  okanik.  okanica.  serb.  okalija.  okanica.  okas.  pol.  oka,  oko  tureckie.  griech. 
Oxet,  plur.   öm'5s?,  plur.     span.  occa. 

okumak,  türk.   ^^ys^\^  feierlich  recitiren  (den  Koran). 

serb.  okuisati  na  dzamiji.  Bos.  Vila  3.  140.  kad  ce  hodia  aksam  zaokujisati.  Bos.  Z.  126.  2. 

oluk,  Rinne,     nordtürk.  ulak. 

griech.  /,o6xt.     Vergl.  rum.  olan,  Hohlziegel. 

on,  zehn. 

serb.  onba-sa,  Koq)oral. 

ondalek,  türk.   (^»Jö^I,  Zehner. 

bulg.  audahk,  das  Nehmen  von  zehn  Percent.    Djuv.    Z.  132.  3. 

onluk,  türk.   »3Jb^f,  Zehnt,  Geldstück  von  zehn  Para. 
bulg.  onluk.    Z.   133.   1. 

oranen,  türk.  s^jK^I,  dieses  Ortes. 

serb.  djel  orina,  dodji  otale:  govori  onaj,  koji  cele  zove  u  koänicu.    Z.   115.  3. 


Die  türkischen  Elemente  ik  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  7 

orö^k,  urc§k,  urciik,  nordt.  ^^»..jl,  Spindel  und  im  Allgemeinen  ein  .ähnliches  Werkzeug, 
pol.  orczyk,  nach  Linde  ortscheit.  Muchl  96.  Fehlt  Z.   orczyk  ist  fremd,  allein  ob  deutsch 
oder  türkisch,  ist  mir  dunkel. 

ordu,  Lager. 

bulg.  orda.  serb.  ordulja.  ordaga,  vojskovodja.  Hör.  248.  Sech,  ordß,  horda.  pol.  orda, 
horda.  russ.  oi^da.  Domostr.  179.  rum.  urdie,  oard§.  fz.  horde.  deutsch.  Horde,  span. 
horda,   ordo. 

organ,  türk.   ^jUn^I.  Tau,  Seil, 
serb.  urgan.    Hör.  392.  Z.   117.  2. 

ormaii,  Wald. 

bulg.  orman,  arman.  rum.  teleorman,  District  an  der  Moldau:  türk.  deli  orman.  Vergl. 
deli.     griech.  öpjxdvt,  j^o'jjjidvi. 

orta,  türk.   bs^l,  Mitte,  Regiment  Janitscharen. 

serb.  orta:  a  iz  orte  hose  jenjicare.  orta-duvan.  Hör.  248.  rum.  orta.  griech.  optäc. 
Legr.    Z.   116.   1. 

ortak,  Gesellschafter. 

russ.  artdh  ist  it.  artin'e,  Handwerker,  türk.  ortakiuk:  bulg.  ispolica,  ngriech.  öptaycd. 
i^  \xioT^.    Pasp. 

osanmak,  türk.  (^^jLxs.l,  sich  langweilen,  niclit  Lust  haben  zu  etwas. 
serV).  osanisati  se.    Bos.  Vila  3.  24.    Z.   123.  2. 

'osman,  ar.  ,jUic.  osman,   osmani,  osmanl§,   osmanisch,  türkisch. 

serb.  onmanlija.  sedla  osmaidije.  nar.-bl.  326.  rum.  otornan.  osmardm.  osmandziu.  span. 
osmanli.    Z.   623.  1. 

otak,  türk.  ^Lj^I,  grosses  Zelt.        i 

pol.  otak,  Markt:  na  jarmarkach  i  otakach.  rum.  otak,  Feldlager,  vataga,  Genossen- 
schaft, gehört  nicht  hieher.  Z.  111.  2. 

otar,  nordtürk.  Stall,  umfi-iedete  Stelle.   Ostroum. 

klruss.  otara,  Heerde.  otary  y  Imrtyz.   Gen.  26.  14.     russ.  otara,   Schafheerde,  Schafstall. 

otluk,  otl§k,  türk.   i^Jb.l,  Wiese,  Heu. 

Vergl.  serb.  oklukana,  Heuboden.    G.  Popovic.   273.    Z.   112.   1. 

oturak,  türk.  ^jKy>^l,  Sitz,  Bank. 

serb.  otttrak,  der  pensionirte;  sijelo.  nar.-bl.  422.  Wenn  pol.  otrok  durch  .stary  zoiniei'z' 
erklart  ^vird,   so  steht  es  wohl  für  oturak.     rum.  oturak,  Station.    Z.   112.  3. 

oturmak,  türk.   ^^.yj.\,  sich  setzen. 

serb.  tur,  der  Theil  der  Hose  zwischen  den  Beinen,  hängt  vielleicht  mit  diesem  Verbunj 
zusammen.    Z.   112.  3. 

otuz  bir,  türk.   ^aj  ;i-^;'i  einunddreissig. 

rum.  otuz-hir,  Art  Karteuspiel.    Z.   113.   1:   183.   3. 


8  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 


o. 

ögür,  öjür,  türk.  jS^S,  gewohnt,  von  Pferden,  Hunden,  ktöre  sq  nawykle,  zwyMe  z  sobq. 

pol.  ogie)',  das  wegen  seiner  Bedeutung,  Hengst,  von  ajg§i'  nicht  zu  trennen  ist.  Man 
vergleicht  aslov.  oc/ars.  serb.  ogar.  Sech.  ohaf'.  pol.  ogar.  osorb.  hogof.  rum.  ogar.  magy. 
agdr.    Z.  147.   1.  Muchl.  95.   mit  Unrecht. 

öndül,  türk.   J.ji^l,  Wette. 

serb.  obduija,  oklada:  konjic  dohar  na  obdulju.  obduljas,  Pferd  für  Wettrennen.  Bos.  Z. 
137.   1.    mar.   118.    trcaf  6e  se  obduija.    Kaß.    108.  ko7ij  obduljaä.   Hör.  301.  Z.  fehlt. 

öh  kas,  türk.  t^^l,  viJLi^l,  der  vordere  Sattelbogen,  auch  kas,   jiU,  Erhöhung, 
serb.  unkas,   unjkas,  kas,   Sattelknopf,   unkos.   Juk.  51.  621.  unkes.    Marian.  82.    151.    Z. 
126.  3;  132.  3;  681.  2. 

opus,  türk  ^ji.j.1,  Kuss.  öpm^H,  küssen. 

pol.  opus,  ops,  niecnota,  wohl  Unzucht.    Z.   111.   1.    Muchl.  96. 

ördek,  Ente. 

bulg.  jurdek,  virdecca.    Hung. 

örn6k,  Modell. 

grieoh.  öpvcxi,  SslYfJia.  Pap.  477. 

örtü,  türk.  «J^Jl,  Decke,  Dach. 

serb.  urtija,  Dach.  türk.  örtmek,  decken,  daher  vielleicht  russ.  ortma,  Oberkleid  im 
Igorliede.    Z.  116.  3. 

P. 

pabend,  Fussfessel  {paj,  bendj. 

bulg.  pjajvan.  serb.  auch  pajvant,  pajvanta.  klruss.  pojvan,  Strick.  Vergl.  magy.  pdnyva, 
langes  Seil,  daher  slovak.  pänva.     rum.  poivan,  poiv§ni,  verb. 

paöa,  Bein. 

griech.  'zaz^idQ,  äxpoxtoAiov. 

pacariz,  türk.  );Iä.Lj,  Schwierigkeit. 
serb.  pacariz,  ochade.   Z.  158.  1. 

paöavra,  paöavura,  Lapi)en. 

serb.  auch  pacavra.     rum.  pacaur§.     griech.  TcatCcaoopa,  Xaxi^.     alb.  pacavra.  Reß.  33. 

pada§,  TTefährte. 

serb.  klruss.  po/tos  aus  dem  magy.    Vergl.  nslov.  dobitek  ili  pajdas. 

padisah,  König,  Kaiser. 

])ol.  padyszacli.     nun.  padisah.     apers.  pati  ksäjathija.    Darmesteter  1.  67. 

padzehr,  Gegengift. 

rum.  panzehru.     Aus  paiti  gegen  und  zehr  Gift. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  9 

pafta,  gewebt. 

bulg.  liafta.   pshti,    cech.  puklice.    Jir.  66.     nimm.  paft§. 

paj,  Theil. 

bulg.  pcLJ.  serb.  paj:  pa  stadose  dilit  na  pajeve  Smail  v.  2093.  na  paje.  Bos.  Vila  2. 
318.     russ.  paj.     pol.  paj,  pajka.  pajowad.     alb.  paj,  miraz. 

pajdak,  arab.  ^jJ-O)  "'tVjLj.i  Würfel,  kurzer  Stock, 
serb.  pajdak,  kratak  stap.    Bos.    Fehlt  Z. 

paj  dos,  Ruhe  von  der  Arbeit. 

serl).  pajdos.    Der  Ursprung  des  Wortes  ist  unbekannt, 

paje,  Fuss,  Stufe. 

sei-b.  paje.  nar.-bl.  217.  pajet,  stepen.   Bos.  Vila  2.  242. 

pajende,  dauerhaft. 

serb.  auch  panta.     griech.  pajanta.  Reo.  34.  Vergl.  pers.  pajendan.  Stütze,  Mauerstütze. 

pak,  pers.  dL,  rein,  sauber,  pakce.     aind.  pävaka. 
serb.  pakce,   sauber,     alb.  pak.    Z.   169.  2. 

pala,  Degen,  palios,  ji^L. 

nslov.  palas.  Jambr.  poln.  paiasz.  serb.  pala,  veliki  noz.  Hör.  pala  zakovata.  potegoie 
pale  od  pojasa.  Kaö.  .51.  52.  91.  palata,  sahlja.  palusina.  ¥An  agriech.  TzrjXri  mit  ent- 
sprechender Bedeutung  findet  sich  nicht,     türk.  palios  ist  it.  palascio. 

palamar.  Tau. 

bulg.  palamarka.  rum.  p§l§mar,  p§l§mra.  Vergl.  griech.  TzakaixiCifi .  mlat.  palmlsare. 
it.  spalmare,  betheeren. 

palamud,  o^o^j,  pelid.  helud.  Hiev.  Eichel,    palamud  kabugu,  Eichelschale, 
serb.  palamida,  palamioda.      rum.  p§l§mid§,  polomid§,  Ackerkratzkraut.    Vergl.    ngriech. 
ßaXav(5t  und  das  folgende  Wort.    Z.  206.  3. 

palamud,  pelamid  baleg§,  türk.  ^-aJL?  «^  vc^j,  Thunfisch. 
Aus   griech.  iraXafJiiSa.    Z.  206.  3.    Hind.  24. 

palanga,  Planke. 

bulg.  polugar,  cech.  mtsto,  kde  v  ohraddch  ovce  nocuji.  Jir.  243.  griech.  iraXdyYt,  5uo 
$6Xa  Tzrr^ia,  s(p'  (ov  Epstoovxai  xard  zb  s'^ar^oc  oivof)6/a  dtYysla.  xaXayytdC«).  Pap.  478.  Vergl. 
agriech.  f^dXayc,  cpdXaYyai,  lat.  palangae,  ngriech.  iraXouxja,  zd  zpoc  'fpayiiov  )(p7]at{Aa. 
Pap.  347.     und  serb.  poluga,   Stange. 

palaska,  Pidverhorn. 

Abseits  liegt  selbstverständlich  alb.  palatsk§,  Keil. 

palavra,  türk.  Prahlerei.    palavradSe,,  Prahler. 

serb.  pjalavra,  Schwätzerin,  rum.  palavrq,.  palavradzm.  griech.  iraXdßpa,  XYjpOv:.  Pap. 
478.  Das  Wort  hängt  zusammen  mit  griech.  icapaßo^T^,  lat.  parahola,  span.  palabra.  Der 
Weg,  den  das  griechische  Wort  genommen  hat,  ist  mir  nicht  klar. 

Denkschriften  der  pliil.-hist.  €1.  XXXVIII.  VA    l.  Abh.  2 


10  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

paluz6,  pers.  so^'L,  süsse  Gallerte. 

serb.  paluze,  Honigkucheu.    lu  Bosnien.    Blau  182.  283.    Z.   171.  o. 

pauabuk,  BamuAvolle. 

bulg.  pambuk.  pamukcija.  pamuklija.  kroat.  bumhak.  bambazina.  pamucan.  Hung.  serb. 
pambuk.  bobaö.  russ.  bumazeja.  bambaks.  Grig.  cecli.  pamuk.  niagy.  pamuk,  pamiot. 
kurd.  auch  pambu.  nslov.  bombas  ist  it.  bambagia,  bambagio,  daher  auch  kroat.  bumbazina. 
lat.  bambax,  bumbax.  span.  gambax.  Baumwolle  vielleicht  aus  bamb-woUe.  O.  Sclirader, 
Haudelsgeschichte,  243.  griech.  babaci,  bobacl.  ßec.  31.  i3a|xßaxid.  Aus  russ.  bumaga, 
zilrj.  gumaga,     cerem.  pumaga,    nun.  bmnaskf.,  Papierrubel. 

pandura,  Guitarre,  Laute. 

serb.  pandura.  Juk.  512.  bandar,  pandior.  Rad  39,  Seite  91.  63,  Seite  87.  russ.  ban- 
dura.  Reiff.  klruss.  bandura,  Zither,  Laute,  Mandora.  griech.  ipixopSov,  OTCsp  'Aaa6ptoi 
T:av5o'Jpav  {bv6|JLaCov.   Korai,  "Aiaxta  V.  1.  276.    Vergl.  tambur. 

panukla,  Pest. 

lat.  panucula,  panicula,  Art  Krankheit.  Vergl.  griech.  TravcoXvj.  Hind.  37.  iLav(i)).£ta. 
Archiv  9.  661. 

papagan,  Papagei. 

ki-oat.  papiga.  serb.  papuga,  papal,  papagav.  russ.  papugs,  papugaj.  pol.  papuga. 
franz.  papegai,  papagaud.     it.  papagallo.     griech.  iraTraYd)i)wOS. 

papuS,  Pantoffel. 

usluv.  papuca.  Jambr.  papoca.  Gutsm.  serb.  papudzija.  russ.  babusa,  papusa.  papucs. 
Grig.  cech.  papuö,  papuca,  jpaprca.  poln.  babosze,  papucie.  span.  babucha.  Man  merke 
das  mit  diesem  Wort  wohl  kaum  verwandte  russ.  papusa,  papucha,  klruss.  papusa,  Bund 
Tabakblätter,     jjoln.  papuza,  papuska. 

para,  Stück,  Geldstück. 

serb.  pa7'a  pula.  Bos.  Vila  2.  145.  2^(^'>^^^  deminut.  mrum.  p§r§.  pol.  russ.  para. 
ngriech.  irapä?,  plur.  7rapd§£<:.    Man  füge  hinzu  türk.  paradz§k,  paral§k,  paral§. 

paralamak,  türk.  i^^sXj,  zerstückeln. 

rum.  parladziu  aus  paraladziu,  Gehilfe  in  der  Schlächterei.    Z.   162.   1. 

parangon,  Purpur. 

poln.  parangoii.     rum.  parangun.     Vergl.  serb.  sitknja  od  pargara.    Nikol.   17. 

paröa,  Stückchen. 

bulg.  parca,  parcina,  Stück,  russ.  parca,  seidenes  Gewebe  mit  Gold-  oder  Silberfaden, 
klruss.  parca,  farca,   Gold-  oder  Silberstoff,  pjarcevyj,  aus  kostbarem  Stoff. 

parmak,  Finger,  Gitterstange. 

bulg.  parmaklf^k.  serb.  parmak,  parmaci.  Herc.  215.  358.  parmak,  SVa  Centimeter. 
Vardar.  parmak,  prst,  kolac.  parmakluk,  ograda  od  kolja.  Hör.  Vergl.  vuka  parmace,  gu- 
raju  ga  i  düu  mu  koiulju.    Kras.  135.     rum.  auch  palmak. 

pars,  Leopard. 

russ.  (kaukas.)  byrsb,  Hyäne. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  H 

past§rma,  gedörrtes  Fleisch. 

bulg.  past^rma.  pastr§mosana  riba.  mrum.  p§stram§.  pol.  hastramy,  ])lur.  alb.  pastrm. 
ngriech.  Tcaattpjjiäc,  'jtaaToup[JLäc- 

pa§a,  Pascha. 

niss.  pasa.  pol.  pasza,  ungenau  hasza.  ngriech.  'KaoiO.Q,  [XTcaad?.  iraaaaXYy^ec,  las  hommes 
du  pacha.  icaaaäc,  icaaojac,  7caajd§£c.  Pap.  Volksl.  pasa  und  hasa  sind  auseinander  zu  halten. 

paterd.§,  türk.  ^oJcL,  Lärm, 
bulg.  patfrdija.  Djuv.  Z.  157.  3. 

patka,  ÄÄjÜ,  Art  Ente. 

nslov.  bulg.  serb.  patka.  Vergl.  alb.  pat§,  Gans,  patak,  Gänserich,  mrum.  pat§.  span. 
pato.     Barbier  1.  373. 

patl§dzan,  Frucht  der  Eierpflanze. 

bulg.  patladzan.  Jir.  37.  patl^dzan,  patlidzan.  Djuv.  patUdzeni,  plur.  serb.  halandza. 
poln.  pati'azany,  patiaszany,  das  man  für  aus  dem  rum.  entlehnt  hält.  Rocznik.  russ.  ha- 
didzand,  badizans,  badarzans,  batlazans,  baklazans,  podlazans.  alb.  patlidzan.  Vergl.  griech. 
mildzany.    Rec.  50. 

patrigah,  »livjL,  Patriarch. 

bulg.  patrika,  patrik.     serb.  patrika.    Z.  157.  3. 

paz§,  Bete. 

griech.  padzi.   Rec.  50. 

pedavra,  Latte. 

bulg.  petura,  dünne  Schicht.   Djuv.    Aus  griech.  icsraupov,  Tcersupov. 

pöhlivan,  p6hlüvani,  Ringer. 

bulg.  pehlevanin.  pevlijan.     rum.  auch  peklivan,  pelivan. 

pehn  (tat.  bahn),  pahan  at,  «yl  ,j-^.,  breit,  large,  ample. 

rum.  balimet,  edles  Ross.  russ.  bahmats,  grosses  tatarisches  Pferd,  klruss.  bachmat. 
bachmatyj,  plump,  bauschig,  pol.  bachmat,  kofi  tatarski,  gruboptaski,  na  niskich  nogach.  Muchl. 
bachmaty,  bouffi,  maladroit.  Z.  230.  2. 

p6ik,  Pfeil,  Bote. 

})ol.  pajuk,  pajok,  Kammerdiener,  serb.  upeiciti  se,  statt  kao  peik,  Pfeilzeichen  der 
fahrenden  Leute. 

pej,  Aufgeld. 

bulg.  pejlidisvam,  gebe  Aufgeld,     ngriech.  itet,  dppaß(6v. 

pejade,  pers.  soLo,  Mann  zu  Fuss,  Bauer  im  Schachspiel, 
serb.  pijade,  bijade.    Z.   231.   1. 

pejgamber,  pajganibar,  pers.  wyoljLo,  Apostel,  Prophet. 

serb.  pejgamber,  Christus,  pegamber,  pengamber.  Bos.  Vila  2.  163.  tako  mi  Isa  pegambera. 
ntürk.  pjagjambjar.   Z.  237.  2. 

2» 


12  I-  Abhandlung:    Fuanz  Miklosich. 

pek  eji,  türk.  yj  Jb,  ^^,,  sehr  gut. 
serb.  peki,  peke,  dobro.    Z.  204.   1. 

pekinaz,  TraubensyruiJ. 

Vergl.  serb.  pekmesetice,  österr.  Powklldalken.     griech.  '7C£'C|JisCt.,  i^j^r^ixa.    Hiud.   79. 

pekne,  pers.  jüJo,  fett,  von  kurzer  Statur. 

serb.  pekna,  Schlacbtscliweiii  fiir  Weihnachten.    Z.  205.  3. 

peksi,  unrein. 

serb.  peksijan,  pesljan,  der  Unreine  (Cliristen  nennen  so  die  Türken),  neprijatelju  pek- 
sijanu.  indechn.  peksin,   das  Unreine,  sinrad  i  peksinluk.    Bos.  Vila  2.   266. 

pöksimat,  Zweback.  Aus  pek,  hart  und  simat,  Speise. 

aslov.  paksimadb.  bulg.  pesmet.  russ.  paksimadn.  Grig.  Vergl.  uiagy.  peszmet,  daher 
nun.  pesmet,  pezmet.     griech.   irai;7j[id5tov,   %a^a\i.äLQ. 

pelte,  türk.   jiäJL>,  »^J^Ij,  Fruchtreis, 

serb.  pelte,  sladkls.  Z.  171.  3;  207.  1.  Vergl.  griech.  \x%^Xv-ic,  TröXtoc.  Pap.  464. 
TtsXrsc,  Gallerte.    Hiud.  77. 

peltek,  stotternd, 

bulg,  zapeltuvam,     russ,  kartavith.    Djuv,     griech,  'TCeXtsät^c,  layvöywvoc. 

pembe.  peinb6-reng  ist  baumwollenfarbeu.    Z.  210.  3, 
serb,  penihe-sari  svilica.    Jastr,  365. 

penö6,  daneben  pendze,  Hand,  Pfote. 

bidg.  pence,  Absatz  an  Stiefeln,  rum,  pindie.  pindzelui,  Verb,  im  Türk.  pencel4m4k, 
in  der  Bedeutung:  mit  den  Krallen  fassen.     Vergl.  serb.  spandzati  se,   sich  abgeben. 

p6ndz6re,  Fenster. 

bulg.  pendzur,  pendzura.  Daneben  ptalatsr  aus  ngriech.  7capd6upov.  serb.  peazer,  pen- 
djer.     kroat.  penzer  neben  dem  it.  ptoneätra  und  dem  slav.  oktio  Istr.,  dieses  nur  im  Liede, 

penir,  p6jnir,   pers.  ^oj,  vaäaj,  Käse. 

serb.  2^^njirlija,  Art  KUsekuchen.     Z.  213.  2. 

peröem,  Haarbtischel. 

bulg.  percik.  serb.  percin.  pei'ce.  percug,  plur.  percuzi.  Jastr,  pefi^cuk  ihrisima.  Vardar. 
jjercinUja.  Herc,  200,  rum,  percune,  plur.  percutü.  alb.  percin.  ngriech.  %'  sttcOS  %'.'  6 
[XTCSp-asc  |-«-'i'->-    Pap.  61. 

perda/,  pers.  ^'i>yj)  Vollendung,  Glanz. 

bulg.  pevduh,''sitno  par'^e,  pavulice,  pavulje.  Milad.  perdufce.  Milad.  21.  rasperdusi  ne- 
vesta  ta.  ibid.  rum.  perdaf.  serb.  perdasiti  kozu,  aufziehen,  isperdasiti,  operdasiti,  opjerdati. 
Z.   187.  3. 

pergel,  Zirkel, 

ngriech.  izz^i-^iXi,  zsptsAiov,  ircptYpa. 

pörisan,  zerstreut. 

bulg,  ruka  periiana  ist  dunkel,  serb,  perüan,  weiblicher  Kopfputz,  Jastr.  7ia  glavi  de- 
vet  periiana,  Volkslied,  mamüe  ga  nevestice  na  srehrne  perisane.   Jastr,  328. 


Die  TüEKisciiEN  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  13 

pervanö,  Schmetterling, 
nun.  pervanea. 

pervaz,  Rahmen. 

bulg.  s  pervraza  do  temelja.  Ljub.  77.  ngriech.  gelehrt  TCcptßdatov.  Hind.  89.  xpd- 
aiTcSov.  TTEpßaCövo),  einrahmen. 

pesdel,  Art  süsse  Speise. 

bulg.  pestil.  rass.  postila.  rum.  hezel,  bizel.  ngriech.  TcaaTT^Xr^,  Tzdrzz'f].  Das  Wort 
erinnert  an  it.  pastillo.     niss.  pasteh.     Domostr.   127.    pastely  vsjakichs  jagods.   163. 

p6s,  pers.   jij,  (jüju,  der  vordere  Theil. 

serb.  hes,  der  Vordertheil  des  Kleides,  supljika,  durchlöcherte  Stickarbeit,  pes,  skut.  besä, 
Fehler,  beiav,  besan,  besljiv,  besäst^  unvollendet.    Z.  235.   1. 

pesin,  pisin,  pers.  ^^juUj,  vorherig. 

bulg.  pesin,  popisln^  vorher.  Z.  236.  3.  serb.  pisin-para^  baares  Geld.  rum.  pesin, 
pesim^  baar.  peündza.   263.  3. 

peskes,  Trinkgeld. 

serb.  auch  pesces.     russ.  auch  peskesd.     rum.  peikeslik.     ngriech.  Tcsa^^sai. 

peskir,  Serviette. 

bulg.  pisöir.     Imng.  peskirinja,  Art  Fratienkleid.    Djuv. 

p6sm,  pers.   |wäj,  Wolle,  pesmin,   ,jjy«-io,  wollen. 

Vergl.  russ.  besmets,  Art  Kleid,     zig.  posom,  Wolle.  Z.   199.  3;  200.   1. 

pösrev,  pers.  y-cio,  Vorspiel  (Musik). 
rum.  2J^stref.    Z.   199.  2;  235.  3. 

pestemal,  Schürze. 

serb.  pestemelje,  plur.  Jastr.  pestemalje.  acc.  Hör.  216.  327.  rum.  auch  peMimal, 
pestemal.     ngriech.  tcaTa[JisXt  bei  Crusius  ist  falsch, 

pezevenk,  Kuppler. 

bulg.  pezeveng,  pezevengin.     serb.  pezevenk.     ngriech.  TzaC^^^yY.ric,  [xaatptoiröc. 

p§7t§,  pers.   ^-ÄjEvo,  Gallerte. 

bulg.  pihfija.  Ljub.  51.  pihta,  pihtija,  coagulum.  Bog.  gel^e  v^g^tale.  spihtosva  se,  se  coa- 
guler.  Dagegen  paca,  gel^e  animale.  Bog.  serb.  pitije  plur.  upitijane  noge.  nun.  pihtie. 
Aus  griecli.  %r(*.vi].    7a.  179.   1. 

perava,  brava,  Thürschloss. 

bulg.  brav.     serb.  bravaluk.  Bos.  Vila  2.  277.    mrtva  brava.  3.  4. 

p^razvane,  äjI.jLj,  Heft,  Knauf  eines  Degens,  Messers  usw.,  unteres  Ende  der  Scheide, 
serb.  parazlama,  der  äusserste  Ring  am  Flintenrohr.    Z.   185.   1. 

piö,  türk.  zsj,  Bastard, 
bulg.  pic.^Z.  177.   1. 

pihi,  pers.  ^_gj,  Quitte. 

russ.  pigva.     pol.  pngwa.    Muchl.   102.    Fehlt.  Z. 


14  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

pilav,  gekochter  Reis. 

l)oln.  pilaw.     ngriech.  izCkdffi. 

pirindz,  Messing. 

bulg.  pirinc.  serb.  auch  pirinc.  brinc,  yhrinc,  latonuin,  orichalcum,  kuni.  97.  (für  uryza 
bring  346.)  pirindz,  Messing,  beraht  wahrscheinUch  auf  it.  bronzo,  ngriech.  [XTcpoüvtC^^i  Erz, 
Messing,  Kupfer.  icpoüvcC^?.  öpstyaX'x.oc.  [xirpoüVTC^voc.  bronzo  selbst  ist  brondision,  das  in 
einer  Quelle  erscheint,  die  nicht  jünger  ist  als  das  16.  Jahrhundert,  und  das  mit  brundu- 
sium  bei  Plinius  wohl  identisch  ist.  Andere  meinen,  pirindz,  birindz  beruhe  auf  der  Wurzel 
aind.  bhrädz,  strahlen,     zend.  baräz. 

pirindz,  Keis. 
bulg.  pirinc.  Djuv. 

piruze,  Türkis. 

serb.  pirozeta,  plur.  Bos. 

piäörma,  jw^-uiuo,  Kochgeld,    nordtürk.  peier,  verb. 

serb.  pisei^ia^  piswma,  pecenje  hljeba,  novac  za  pecivo.  piserdzija,  pekar  i  kuvar.  Fehlt  Z. 

piskär,  pisger,  pers.   >K.iuu,  Vorsteher,  geschickt. 
runi.  pesker,  peseker,  pisiker,  gewandt.    Z.  236.   1. 

piskin,  türk.  ^jJCäu,  gut  gebacken,  erfahren,     nordtürk.  pis,  backen, 
serb.  piskin,  kundig,  pecen  u  znanju.     7i.   199.   3. 

pisman,  der  etwas  bereut. 

bulg.  pihnan  sam.  serb.  inänian,  pokajan.  rimi.  pismas,  neidisch,  ist  wohl  zu  icsiafia, 
d^pit,  obstination  zu  stellen:  dahin  gehört  auch  serb.  pisman,  erpicht. 

pista/ta,  Schreibepult.  Aus  ^jzs,  vor,  vorder  und  taxta,  Brett, 
rum.  besaktea,  bisaktea,  besakta,  bestahtea. 

pita,  Art  Pudding. 

serb.  sultipita,  Art  Kuchen,  pitar.  Vardar.  Vergl.  mrum.  pitark§,  pitoank§.  pita-vacij, 
Art  Schwamm,     naagy.  pite. 

podrum,  podrom,  budrum,  bodurum,  ^^o^j,  Keller,  Erdgeschoss. 

kroat,  u  alvat  podrume.  serb.  podrum,  podrum  za  konje  will  man  aus  sto  je  po  drumu, 
was  an  der  Strasse  liegt,  erklären.  Es  wird  von  Anderen  als  griech.  'jTcö5po|JLOC,  U7Co5po[ii(^ 
gedeutet,  das  an  der  kleinasiatischen  Küste  in  der  Bedeutung  ,Zufluchtsort'  gebräuchlich  sein 
soll.  Blau  9.  'JT:65po[j.oc  kann  auch  als  ,unter  dem  Hause  hinlaufend'  aufgefasst  werden, 
rum.  podrum,  podrom.  pol.  podruna.  ngriech.  irouSpoufi!,,  {Jixou8po6|j.i,  cachot.  Legr.  xpuTCTTj, 
'jiröystov,  hrfGOL'jpÖQ.  aslov.  ipodrums,  podrums,  podsrumije  ist  iTcicoSpoixos.  Z.  214.  2;  215. 
1.  Bianchi  1.  397.    Hind.   129. 

porsuk,  ^jM.^  lieben  (3^3^?. 

nordtürk.  bar.s,  bar§s,  Art  Thier.  barsqk,  Dachs,  russ.  auch  porsuka.  barsuka  für  borovs. 
klruss.  bormk,  Dachs,     poln.  borczuch. 

portukal,  JLäJjj,  Orange, 

serb,  portokal.  prtokall.  Reß.  47.  pretukale,  plur.  Herc.  236.  russ.  portukali.  Grig. 
rum.  poHokalQ.     mrum.   portokal.     alb.  prtokall.     griech.  TCOpzoxdXXt.   Pap,    105,   Z.    215.   2. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  15 

Aus  China,  daher  deiitsch  Apfelsine,  daraus  russ.  apelhsinz,  brachten  die  Portugiesen  die 
Frucht  im  18.  Jahrlumdert  nach  Europa,  daher  portukal.  Dieser  Name  wanderte  auch  nach 
Asien.  Hehn  392.  393. 

potur,  >^is^..  Spottname  für  neu  zum  Islam  übergetretene  Christen,  Art  Hose, 
serb.  potitr^  poturica  Renegat,     rum.  poturi.    Z.  221.  2. 

pranga,  pranka,  türk.  l5ol>j,  Pranger. 

serb.  praagija.  petr.  3.  54.  Nach  Vuk  Böller.  Vergl.  pa  mu  udrite  prangu  od  20  oka. 
Z.  192.  3.  Aus  dem  Deutschen.  Nach  Anderen  ist  pranka  it.  bagno;  wieder  Andere  halten 
pranga  für  it.  branca,  Klaue. 

puj,  pers.  ^^,  laufend. 

serb.  puj!  schnell!  pujdati.   Ti.  227.  3. 

pul,  Flitter,  auch  denier. 

serb.  pidovi  od  suvoga  zlata.  Jastr.  395.  pulovi,  skobki^  petli  na  dverjachs  489.  popidana 
savka.  Hör.  316.  317.  para  pida.  Bos.  Vila  2.  145.  pidu,  zvezderli  ahaija.  Volkslied,  sarka 
pirlitana.  per  -  kosidja  do  pojasa  pirlitana:  p>er  steht  fiir  pir,  die  erste  Silbe  von  pirlitana. 
Mit  purli  odaja  vergleiche  man  pisana  odaja.  pidcaz,  Harnisch  aus  kleinen  Knöpfen.  Hin- 
sichtlich des  ^iWic,  merke  man:  cV  xspaTiov  ipöXXctc  £toi  8(oSc%a  und  vergleiche  arab.  fels. 
Z.  670.  2.  Man  füge  hinzu  pers.  pul,  eine  in  Kaschgar,  Buchara  gangbare  Münze, 
span.  füluz. 

pulad,  Stahl. 

pol.  biUat.  Säbel  von  polirtem  Stahl. 

pupla,  Flaumfedern. 

nslov.  poplun,  paplati,  pablon.  kroat.  slovak.  poplon.  cech.  pablon.  ngrlech.  iro6irotiXov, 
plur.  -jto'JTtouXa,  Tz6.TZK(x>]i.a.  aus  k'^6.%'k(ü]i.a..  türk.  pupla  und  kroat.  poplun  stammen  aus  dem 
Griechischen.  Mau  vergleiche  bulg.  puple,  Stirnband,  Jir.  319,  und  alb.  pupla,  Schreibfeder. 
Rec.  60. 

pusat,  Werkzeug. 

bidg.  posat.  posatje.  Jir.  290.     serb.  pusad,  puset.  opusatiti,  bewaffnen. 

pusla,  Seecompass. 

Vergl.  serb.  pnsida:  izgubio  pusulu,  Bos.  Vila  2.  319,  für  bileta.  Hör.     rum.  pusul§. 

pust,  pers.  o>-w^,  Lammsfell,  ^j^cu-jj,  pustin,  Pelz, 
ngriech.  icöaxtv,  pellis^  Pass.  Z.  219.  2. 

pust6ki,  posteki,  pers.   _jCc«^j,  Thierhaut. 

serb.  pustekija,  pttstecija,  koza,  koja  sluzi  u  mjesto  sediade.  Bos,  Z.  219.  2. 

pusu,  Hinterlialt. 

serb.  pusija,  busija.  Hör.  Nicht  aus  magy.  bosszü,  Rache. 

pus,  türk.,  auch  pos  gesprochen. 

bulg.  pos,  äijin  pos,  pos  za  sija,  Halstuch,  serb.  öelepos,  Art  Mütze:  dele  aus  öela,  Glatze, 
Kopf,  izvadi  mu  hile  podposaje.   Marjan.   155.     rum.  pos. 


16  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

putur,  tlirk,   ^y>»j,  rimzlich. 

Vergl.  bulg.  butur,  Art  Pferdekraukheit.  Djuv.  Z.  214.  2. 

püskül,  türk.  JJi^yj,  Troddel,  touffe,  houppe. 

bulg.  pjttskjul,  piskjul  na  fes,  paskul,  touffe.  Djuv.  rum.  pjuskid,  Franse,  griech.  irta- 
xiGÜX,  xpoaaoc.  Bianclii  1,  364.   Z.  219.  3. 

R. 

rabbi,  bulg.-tUrk.  C>^,  Herr. 

serb.  rabun,  gospod.  Hör.  alah  rabum^  rabum  boze.  Bos. 

raf,  Gesims, 
griech.  pdtft,  ^zloti-^. 

rahvan,  pers.  ^l^sK,  Weghüter,  Führer,  Zelter,  Passgang,  Trab, 
bulg.  rahvan,  Trab.  Jir.   71.     serb.  rahvan.  Bos.  Z.  458.   1. 

raHat,  Ruhe. 

bulg.  bidis  rdat.  serb.  rahat,  coraggio.  Vrß.  Slobodan:  rahat  ucinitl.  Bos.  Vila  2.  147, 
te  se  bane  rahat  ucinio.  krajinu  si  rahat  ucinio.  bi6es  rahat  sa  mnom.  rahat  sam.  i  vesela. 
rahatnijL  rahatluk,  uzivanje.  ratliik,  veselje.  Bos.  bl.  20.  uraati  svoj  risjanlak.  Jastr.  254. 
mrum.  rihate,  Ruhe.    Obed.  204. 

raüatlakom,  Art  süsse  Speise. 

serb.  rahatlakum.     poln.  rahatlakum.    Rocznik, 

raüle,  jJLä»,  Pult. 

serb.  rahle.  Smail.    Z.  460.  2. 

rabman,  Erbamier. 

serb.  rahman.  petr.  3.  504.  rahmani  rahim.  Bos.  Vila  3.  68.  russ.  7'achmans,  PN. 
pol.  rachmanny.  rochmanny,  zahm.  rochmani6,  obrachmaniö,  zahmen,  rum.  rohnam.  rok- 
maneskn.  Durch  die  Tataren  übennittelt.  Muchl.  94. 

räumet,  ar.  X♦».^,  Erbannen. 

serb,  rahmet,  müost.  In  Bosnien,  rahmet  predavase.  petr.  3.  504.  rahmetile,  bog  da  ih 
prosti.  Bos,  Vila  2.  163.  s  alalom  rahmet.  Bos,  turci  rahmet  nazivahu.  Hör.  212.  alah  rah- 
metile 291.  rahmetli.  Bos.  rametli,  pokojni,  verstorben.  Vre.  Bogi§.  551:  türk.  rahnetUl.  ra- 
metile.  Bogis.  549.  550.  Z.  460.  3. 

ra/t,  Zeug,  Geräth. 

serb,  ravtove.  Jastr,  raf.  griech,  raf.  Kec.  35,  udri  mu  0amju)  rahta  velikoga.  Hör. 
311.  to  se  sjaie  rati  i  pusatl.  Juk,  533.     griech.  pa/tca,  aaYtajiata.   Hind.  96. 

ra'ja,  Heerde. 

serb.  raje  mladog.  Hör.  213.  rajetin.  pol.  raja.  griech.  ßp(o|xopa'id5s?.  Volkslied. 
äpCLytäc.  Legr. 

rak§,  Brantwein. 

serb,  irakli  .^apun.  Jastr.  poln.  harak  abo  gorzaika.  mrum.  aralcie.^  ar§kic:  si)iin. 
roM,  arac. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  17 

rakm,  rakam,  ar.  *j,,  Schreiben. 

kroat.  rakamati,  sticken,  istr.  ruhac  rakamani.  span.  recamar.  it.  ricamo,  ricamare. 
Z.  467.  3.  Devic  58.  Für  die  Entlehnung  von  rakamati  aus  dem  Türk.  spricht  das  erste  a 
des  Wortes,  dagegen  und  für  Entlehnung  aus  dem  It.  der  Umstand,  dass  dasselbe  nur  im 
Kroat.  von  Istrien  und  nicht  auch  im  Bulg.  i;nd  Serb.  vorkommt. 

ramazan,  Fastenmonat. 

serb.  tako  mi  rama  i  citapa.     span.  ramadan. 

ra'na,  zart,  hübsch. 

serb.  rana:  rano  moja,  wobei  man,  wie  es  scheint,   mit  Unrecht  an  hrana  denkt. 

rase,  türk.  ^--il  >,  Rasch,  Art  Wollenzeug, 
serb,  rasa.  Europäisch.  Z.  456.  2. 

ravend,  Rhabarber. 

bulg.  reven.  Jir.  241.  serb.  auch  raved,  ravend,  ravent,  reven,  reventa^  revnik,  rnved, 
bei  Jastr.  ravim. 

razakij,  Art  Weintraube. 

serb.  rezakija,  suho  grozdje.  Bos. 

raze,  zufrieden. 

alb.  II,  hä  razi,  einwilligen.    Jarn. 

rebi'  ül  ay§r,  ar.  ^^^1   «aj»,  Name  des  vierten  Monats:  rebi' ,  Frühling, 
ngriech.  '^  GzXr^Tq  pc[iTCto6X,  Acta  et  diplomata,  V.   196.  Z.  459.  2. 

rec61,  türk.  jLa..,  Confiture. 
serb.  recel.  Z.  460.   1. 

redif,  Landwelir. 

serb.  asker  i  redif a.   Kras.   165. 

redzeb,  arab.,  der  siebente  Monat  des  arab.  Kalenders. 

ngriech.  to  '^SYydpt  [jZz^iTZ.   Acta  et  diplomata,  V.  202.   Z.  460.   1. 

refene,  Zeche,  Mrfene^  xÄiyc,  'arifane,  &jUvLc,  erfane.^  refane,  refne. 
bulg.  erfene.  Djuv. 

rehn,  Pfand. 

serb.  reim,  rem,  reum,  rehum.     griech.  p£)(SjXVta,  plur.     Legr.   122. 

rök'a,  arab.  kxS'y  Beugung  des  Hauptes  und  des  Körpers  beim  Gebet, 
serb.  recat.  Bos.    Z.  468.  2. 

rendö,  Hobel.  rSndelemek,  verb. 

bulg.  ishirendosvam.  Djuv.  serb.  auch  rende.  rum.  rindeli.  griech.  pcVtec,  rpiicr/jc 
pLapoc.    Pap.  489. 

röndz,    pers.    aj»,  Anstrengung,   Qual,  rendziden,  sich  betrüben. 

serb.  dirindzüi,   ohne  Unterlass  arbeiten.    Die  Vergleichung  ist  unzulässig. 

renk,  Farbe. 

serb.  renk,  renjak.  Bos. 

Denischriftcn  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIII    M.   1.  Abh.  3 


18  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

res,  rejis,  arab.  u«K,  Kopf,  Oberhaupt. 

serb.  reiz,  brodar.  ireiz:  W  na  moru  tmest  ireizah.  Juk.  54.  reisid  tdema.  Bos.  treiza 
mlada  djuvegiju.  Bos.  Vila  2.  349.  pol.  rejis,  Sehitt'seapitäu.  runi.  reiz,  raiz.  reiz-efendi. 
ugriech.  patoT].     sp.  aiTuez.     frz.  reis.     kurd.  reis.  Z.  455.  2;  474.  3.  Muclil.  108.  Devic  58. 

rösm,  Vorschrift,  Gebühr.  Phir.  nisumat. 

bulg.  7'iisumat,  Abgabe,  serb.  resuni,  Taxe.  rum.  resm,  rezm,  Cermoniel.  rusumat.  Taxe, 
ugriech.  ^zO\xi,  psafJLi. 

reäme,  Maulkette. 

serb.  reima,  vez,  mreza.  Hör.  oko  kopca  recnia  udarena,  oko  recme  pleteni  sindziri.  uzda 
resvalija.  Bos.  Vila  2.  286.  resmanlija  (uzda)  nakidena.  Bos.     griech.  psa[j.Si;.    Hind.  96. 

rövan,  pers.   ,^1«).  geheud,  laufend,  fliesseud. 

serb.  revan.  Tragsessel.  Hör.  2.  294.  In  sad-revan,   tahti  revan.  Z.  470.  2. 

revane,  türk.  ^-il^^,  Art  Mandelteig, 
rum.  revan,  revaniu.  Z.  470.  3. 

röze,  Thürangel. 

bulg.  rez§,  Kiegel.  zarezjavam,  zarjazvam.     serb.  rezinja.  Rec.  34.  zaereziti.     mruni.  rez§. 

rezil,  schimpflich. 

serb.  reziluk.  nar.-bl.  412.  reziliti.  Bos.  Vre.     rum.  rizilik,  Schimpf,     alb.  rezilan,  ruffiano. 

ri'ajet,  arab.  «uLc»  Eihre.  ri'ajetlü. 
serb.  rajetli,  geehrt.     Z.  465.  2. 

ribas,   (j*.Lo«,  Johannisbeere,  eig.  Sauerampfer. 

slovak.  njbez.  serb.  ribizle.  Aus  dem  deutschen  Ribisel,  Ribesbeeren.  frz.  ribes.  Uevic 
58.     griech.  pißtCtov.  Hind.   16. 

rida,  arab.   t^\Oy  Art  Tuch,  das  die  Derwische  über  den  Nacken  hängen, 
bidg.  rida,  marame,  koje  djevojke  fkaju  i  vezu.  Verk.  uze  ridu  (maramu)  od  pojasa.  Kras. 
18.  Z.  462.   1. 

ridvan,  türk.   ^I^>>m  gedeckter  Wagen.  Dual  von  rida  J^^y 

pol.  rydv:an.i  gedeckter  Wagen,  russ.  rydvann.  griech.  pa^ißdvt.  Muchl.  111.  Andere 
vergleichen  deutsch  Reitwagen. 

ridza,  Hoffnung,  Bitte. 

Ijulg.  rizedzija.  Volkslied,  griech.  piviC'i?,  ptrC''^-?.  psvzCtä?,  icattr^aic.  psvtCtd  i5spL|Ji, 
i^a'.-S(i).  pivrCot^s^.  pitC^^^'^'iC,  der  Bittende.  ptTOcr/.)aa  wird  durch  sujjplique  erklärt,  pttaa- 
TT/j^s?,  suppliants.  Legr.  pcvcC^dc,  TcapdxAY^ats.  y^^  '^""^  '^^^'^  xdjAco  'väv  ptvrCjd,  vd  -öv  irapa- 
•/a).£3(o.  pivtC^OLrCr^;,  Vermittler.   Pap.    195.  490. 

ridzal,  Mannen. 

serb.  dok  reko^e  dzali  i  ridzali.  Bos.  Vila  3.  188.  rum.  redial,  hoher  Würdenträger, 
alb.  ridzal,  avvocato.     griech.  pczCd),:,  un  grand  personnage.  Legr. 

rif,  Elle. 

nslov.  ref.  Jambr.     Sech.  r0'. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  19 

rijal,   JLj»,  spanischer  Thaler,    span.  real. 
griech.  ^öycdÄi.  Legr.  262.  Z.  474.   1. 

rikab,  arab.  i_>l^v,  Steigbügel. 

runi.  rikjab,  die  Regierung  der  Türken,  die  Person  des  Sultans.   Z.  468.   1. 

rizk,  arab.,  ^;.,  portio,  türk.  vom  Schicksal  bestimmter  Lebensunterhalt,  rizfk,  nord- 
türk.  Schicksal,  sudbba,  roka.  ostroum. 

bulg.  rizik,  Glück,  Schicksal.  Milad.  412.  kaloriz.  Djuv.  serb.  rizik,  Gefahr,  rizikati.  Bos. 
Vila  2.  156.  rizikati  glavom.  Hör.  193.  it.  risico,  risco.  span.  arrisco,  riesgo.  frz.  risque, 
Wörter,  welche  Diez  auf  resecare  zurückführt,  griech.  ptC^^v.  (ii(^i%dpu).  %aAo,optCwa.  alb. 
rezik.  Z.  462.  2.  russ.  risks  aus  dem  frz.;  rizik  usw.  möglicherweise  aus  dem  it.  Vom 
Standpunkte  der  Laute  ist  gegen  die  Zusammenstellung  von  rizik  usw.  mit  arab.  rizk,  tih'k. 
rizfk  nichts  einzuwenden:  was  die  Bedeutung  anlangt,  so  ist  von  portio  auszugehen  und 
aslov.  dola,  Theil,  mit  poln.  dola,  Schicksal,  sowie  aslov.  c^sth,  Theil,  mit  poln.  .tzczQscie, 
Glück,  zu  vergleichen. 

rizina,  arab.  jLcv.,  Bündel. 

serb.   rizma,    Stück   Papier,     it.   risma,   Ries  Pajiier.     mlat.    span.   resma.     catal.    raima. 

frz.   rame,    alt   rayme.     engl.    ream.     ndl.  riem.  mhd.  ris  (ri§,  ristj.     nhd.  Ries.     pol.  ryza. 

Diez  leitet  risma  usw.  von  äpib[i.r/C.  ab.    Z.  462.  3. 

rospu,  orospu,  Hure. 

bulg.  orospija.  Rumena  22.     serb.  rospija. 

rub',  Viertel. 

serb.  7mb,  Art  Mass,  acht  Centimeter.  Vardar.  rum.  riq).  griech.  poOirt,  8  toü  izrijBinc. 
Pap.  193.  zstap-ov.  Pasp.  Davon  soll  russ.  rubh  abgeleitet  werden,  dessen  h  jedoch  dabei 
dimkel  bleibt,  während  es  bei  der  Ableitung  vom  Verbum  rubi  (rombi)  klar  ist:  vergl.  aruss. 
rPzana,  Art  kleine  Münze,  ahd.  scerf.  türk.  para.  O.  Schrader,  Handelsgeschichte  1.  134. 
137.     poln.  rid>el,  Wiesbaum.  rid)lic,  Vergl.  rupie. 

ruba,  Kleid. 

nslov.  roba,  Waare,  Zeug,  Kleid.  Aus  dem  Ital.  Man  merke  serb.  ruho,  Kleid,  für 
prcija.  Vre.     ngriech,  poOya,  fiou)(äXta,  'fopcji-aza.  Pasp.   315. 

rubar,  pers.   .L^.,  Vergleichung.  ru-ba-ru,  Gesicht  an  Gesicht. 
rum.  rubar.  Z.  469.  3. 

ru/sat,  aralj.   jLo^v  Erlaubniss. 
serb.  rulisat.  Bos.  Z.  461.  3. 

ruj,  ru,  Gesicht. 

russ.  dialektisch  ruh  f.  Antlitz,  wolier  naraznyj,  äusserlich  usw.  klruss.  snaritzy,  svercha 
beruht  auf  pers.  türk.  ruj.  Mater.  89,  dessen  j  bei  den  Tataren  im  Gouvernement  Kazan 
in  z  übergeht:  vergl.  zaz^k,  Sünde,  zak,  Seite,  zaka,  Kragen  usw.  Dieser  Zusammenstellung 
steht  der  Umstand  im  Wege,  dass,  wie  es  scheint,  nur  anlautendes  j  in  z  verAvandelt  wird. 
Zu  vergleichen  ist  dem  Sinne  nach  serb,  bezobrazan  mit  pers.  bi-ruj,  schamlos. 

ruk'a,  arab.  juls\,  Zettel,  Briefchen. 

nun.  ruka,  Bittschrift,     griech.  poxäc,  lettre,  acte  d'accusation.  Legr.  Z.  467.  2. 


20  I-  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

rum,  Rom,  Römer. 

spau.  romia,  gefaugenes,  zmn  Islam  bekehrtes  Christemaiädclieu. 

rupie,  Kiipie. 

Vergl.  aiud.  mpa,  Silber,     span.  rupia,  ruhia.     zig.  rup,  Silber,     bulg.  rupovi.  Col.  271. 
Mau  will  vou  diesem  Worte  russ.  rahh  ableiten.  Vergl.  ruh'. 

rüsvaj,  per».  ^I^>,  verspottet. 

serb.  i'tisvaj,  Schimpf;  Wunder  bei  Vuk  tmd  im  Liede:  pa  da  vidis  cuda  i  rusvaja.  Aus 
Bosuieu.  Z.  463.  2.      ' 

rüSdijje,  arab.  kjjcwv,  Art  mittlere  Schule, 
serb.  ruzdija.  Z.  464.   1. 

rüävet,  Bestechuugsgescheuk. 
alb.  msat,   Geschenk. 

rütbe,  arab.  juj»,  Stufe. 

rmn.  tnitea,  im  Kartenspiel.  Z.  459.  2. 

s. 

saat,  Stunde. 

serb.  auch  saat.  ej  sahatile,  u  dohri  cas.  Bos.  sadzija,  sajdzija,  türk.  saatdzf.  mrum. 
auch  sQhate. 

sabah,  Morgenzeit. 

serb.  saha  zora  je,  sabah.  In  Bosnien,  saba,  Ostwind.  G.  Popovi6.  sabaf.  Jastr.  sabah 
klanjati.     kroat.  saba,  Karn. 

saban,  Pflug. 

ngriech.  sabadschi,  Pflüger.  Mariup.     russ.  sabans,  Art  Pflug,    klruss.  saban,  wohl  Pflug. 

sabi,  arab.  ^lye,  Kind. 

serb.  sabi.  In  Bosnien.  Z.  565.  2.  Vergl.  s§bjan. 

sabr,  Aloe. 

serb.  sarisabor.  Vergl.  sar§. 

sabun,  Seife. 

serb.  raki-safun.  Hör.  472.  auch  saplun.  sapundzija,  safundzija.  nordtürk.  saba7i  ist 
Druckfelder  der  Quelle  für  sabyn.  it.  sapone,  lat.  sapo,  ist  wohl  germanischen  Ursprungs. 
Aus  it.  sapone  arab.  qabun,  woraus  türk.  und  kurd.  sabun,  nordtürk.  sabyn.  Avis  dem 
it.  sapone  auch  ngriech.  aaicoüvi  usw.,  rum.  s^pun^,  alb.  sapun,  selbst  das  magy.  szapj- 
pan,  jedoch  nur  mittelbar.  Vergl.  0.  Schrader,  Handelsgeschichte  1.  88.  A.  Ahlquist,  Die 
Cultur\>'örter  der  westfinnischen  Sprachen,  122.  cecli.  pol.  kleinruss.  grossruss.  dafür  mydlo, 
mydio,  myio,  mylo. 

sabura,  safra,  Baiast, 

serl).  auch  savornja,  savornjak.  savomjati.  span.  sorra.  griech.  aaßo'jpövto.  Vergl.  alb. 
iwr,  Saud,  Kies,  geg.  zur. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  21 

sac,  Haar. 

Vergl.  bulg.  sac,  durch  vrsnik  erklärt. 

saöak,  Franse,   Wetterdach. 

serb.  sacak,  Dach,  porub  na  haljini,  rojta.     nordtürk.  cacak,  woher   altruss.  cecaks. 

saöma,  Schrot. 

bulg.  kursuma  i  sscmi  te.     griech.  aata[j.d5sc.  Hind.   102. 

sadaka,  arab.  äjtX.^,  Almosen.   Ru2i(5ka. 

serb.  sadaka.  Bos.  Vila  2.  242.     span.  azadaga.  Z.  567.   1. 

sade,  glatt,  einfach,    pars,  sade,  sadi,  Art  Leinwand. 

serb.  sade,  eist,  prost.  Bos.  sade  hez  für  ravnik,  Art  Leinwand,  runj.  sadetika.  sadekat, 
sadikat,  Aufrichtigkeit,     arab.  sadakat.  Z.  566.  3. 

sadrazam,  arab.  jvloftl  ^fcV-o,  sadr-i-d zam,  Grossvezir. 

serb.  sadrazan,  sadrazam,  sadriazam.  Bos.  rum.  sadrazan.  griech.  aaxpaCdfJLTjc.  Legr.  172. 
Z.  65.  2;  566.  3. 

sadz,  Schmiedeeisen,  Pfanne. 

serb.  saö,  razkovano  zeljezo.     griech.  to  sacL  Rec.  33. 

sadz  ajak,  türk.  ^Lt  _Lu<,  Dreifuss  zum  Kochen, 
serb.  sadzak,  tro7iozac.     Bos.    Z.  488.  2. 

safra,  Galle, 
serb.  safra. 

sag  kol,  türk.  J^-   cLo,  rechter  Flügel. 
rum.  sackol,  dagegen  solkul.  Z.  560.  3. 

sagdak,  Köcher,  auch  Bogen  und  Köcher  zusammen. 

cech.  dial.  sajddk  für  pytel,  Sack,  slovak.  bei  den  Walachen  sajddk,  kubela  z  bilSho 
sukna.  zajddk,  mosnice  pastyfskd.  Kidda.  pol.  sahajdak,  sajdak,  kolczan,  taftuj,  Scheide,  sahaj- 
daczny.  sahajdacznik.  Kari.  19.  altruss.  auch  sagodak.  Urk.  1547.  saadaks.  Domostr.  90. 
128.  savdaks.  saadacnyj,  sajdasnyj  rjads,  Ort,  wo  man  Waffen  verkaufte,  klruss.  sahajdak, 
sajdak,  Köcher,  Bogen,    sajdaker,  mit  Köcher  versehen,    sajdak,    Art    Netz.     rum.    sahajdak. 

sagmak,  melken.  Das  Wort  ist  aucli  osm.  türk.  sagmak,  j^^La.  Z.  561.  1.  Daselbst 
sagmal,  milchend,  Milch  gebend.   (^^L*,  sagmak.  491.   1.  Daselbst  (J.äL>/,  sag§n. 

klruss.  sahmal,  Schaflieerde  ohne  Böcke;  daneben  sagmal,  Mutterschaf  nach  frisch 
geworfenen  Lämmern,     bulg.  sagmal.  Jir.  242. 

sagr^,  Hinterbacken,  Rücken  und  Hintertheil  des  Pferdes,  wohl  auch  des  Esels  und 
Maulesels;  die  Haut  davon;  das  aus  der  den  Rücken  des  Pferdes  usw.  deckenden  Haut 
bereitete  gekörnte,  rauhe  Leder,  Korduanleder. 

serb.  de  turite  u  sagrije  öorde.  Hör.  387.  sagrija,  civiluk  bei  Vrcevid  ist  wohl  unrichtig. 
sagrija,  sigrija  auch  Chagrinleder.  cagrije,  köre  od  noza.  sakrapoc  bei  gund.  ist  türk,  sagr§pus, 
sagrapos,  Pferdedecke,  it.  zigrino.  venet.  sagrin.  mhd.  zager,  sjian.  chagren  aus  dem 
frz.  chagrin  in   beiden  Bedeutungen.    Diez,  Wörterbuch.  Vergl.  it.  lima.  Devic  27. 


22  I-  Abhandi^ung:  Franz  Miklosich. 

sahU,  tirab.   !^.x5,  es  ist  richtig,  lieglaubiguiig. 

serb.  sahi\  isthiitu.  Hör.  sah/'  <f«  mu  do  Travnika  do6i  94.  rum.  sah.  alb.  sah,  wahrlich. 
Jamik.  Z.  566.  1. 

sahib,  Besitzer. 

serb.  citluk  ist  jenes  Dorf,  das  ausser  dem  spahija  noch  einen  Herrn  hat:  dieser  heisst 
citluk-sahihija  und  ist  der  Nachfolger  des  ehemaligen  hastinik.  Novakovic,  Pronijari  80.  jetim- 
sabiluci^  Eigenthum  der  Unmündigen.  Bos.    mrum.  plur.  saibi^i-    griech.  {jLaXaaa'!n(^(;,  xr/]rcop. 

sahn,  Schale. 

serb.  sance,  kupfernes  Gefflss.  pol.  sagan,  Kessel.  Rocznik.  grand  pot.  Kari.  24. 
klruss.  sagan,  Kessel:  aus  dem  Poln.  rum.  sahan.  sahnis,  saknas.  griech.  caycivi,  plat 
de  ciiivre. 

sa-/f,  arab.  cy^a.«,,  geringe  geistige  Begabung, 
serb.  sef,  Fehler.  Bos,  osefiti.  Z.  500.  3. 

sa/t,  pers.  oLsa^«-,  schwer,  traurig. 

serb.  sahtli,  neveseo.  Hör.  59.  sahtli  i  kafarll.  Z.  500.  B. 

sa/tian,  Saffian. 

serb.  sahtijan.  Hör.  sahtijan  hegbeta  256.  saptijan-sepet.  l^os.  taftija,  ucirijena  koza,  soll 
aus  sa/tian  entstanden  sein.  poln.  safjan,  szafjan.  klruss.  safjan,  sapjan.  sapjanöi,  Stiefel 
von  Saffian. 

sa'i,  Eilbote. 

serb.  sahija,  knjigonosa.  Bos.  saijit,  spremiti.  Hör.  110.  sajija.  160.    griech.  aa'^c,  datdvSiQC. 

saja,  Stoff  aus  Wolle  und  Seide. 

serb.  saja.  sajalija.  Vergl.  nslov.  saja,  Art  Weiberrock.  Im  Westen,  pol.  saja.  GoI§b. 
\>i\.  rum.  saja.  griech.  adia.  Somavera.  adyja.  Pap.  76.  Gayta?,  aaYt.d%t,  odfrjC,.  it.  saja, 
nicht  sargia.,  wollenes  Überkleid,  der  Stoff  dazu,  nicht  Sarsche.  Muchl.  155.  Man  vergleiche 
russ.  sajans,   zenskij  sarafanz.     pol.  sajan,  sagaj^  Waflfenrock. 

sajö,  pers.   juL«,,   Schatten. 

rinn,  saja.,  Stall.  .sajedBm.  Z.  4^4.   3.  Vergl.  sajeban. 

sajeban,  Schattendach.    Das  Wort  ist  pers.:  saje,   Schatten,  -bau. 

serb.  an  pobjeze  caru  i  sajvanta.  Hör.  45.  rum.  sajvan,  sajvaiit.  pol.  sejwan,  Art  Zelt. 
Vergl.  saje. 

sajgak,  Antilope.  Das  Wort  ist  nach  Korsch  ^LiuLw  zu  schreiben, 
klruss.  sajhak,  sajha,  suhak.    Vergl.  pol.  suhak,  sudak,    das  Muchl.  123.  mit  slkak  capra 
tatarica  vergleicht. 

sajlangoz,  tiirk.   v^uiLyo,  nach  Rec.  51.  salanga,  Schnecke, 
ngriech.  'Z'ihrL'{%'jZ.  Hind.  25.  salanges.  Rec.  51. 

sajmak,  zälilen. 
ngriech.  caTjuC^^,  zähle. 

sakage,  Kehlsucht, 

Z,  571.  2.  schreibt  .sokak,  nicht  sakak. 


Die  türkischen  Elemente  jn  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  23 

sakat,  verstümmelt. 

bulg.  osakateja.  Djiiv.     rum.  sakat.  sakatltk.     ngriech.  aaxäita.  Pasp.  <znx''i.zK'fff.. 

sak^z,  Harz. 

serb.  sakaz.     bulg.  sak§zki  soll  tikvi  bedeuten. 

sakka,  Wasserträger. 

serb.  saka,  sakija,  Wasserfass.  sakadzija,  Wasserträger,  ist  auf  serbischem  Boden  ent- 
standen,    klruss.  saka,  bocka,  Fass,  Tonne,     rum.  sakabas.  sakal,   etwa:  Feuersjiritze. 

sakma,  Steg. 

klruss.  sakma,  enger  Weg,  Carr^. 

saksar,  Lammsfell. 

russ.  saksjurka,  saksurki  sind  mong.  säksürgä. 

saks§,  irdener  Napf. 

serb.  saksija,  ii'dener  Topf  im  Allgemeinen,  bulg.  saksija,  Blumentopf.  Jir.  574.  rum. 
saksie. 

sal,  tUrk.  JLo,  Floss,  Fähre. 

bulg.  sal.  Vergl.  serb.  sala,  nosila.  ranjenicim^  sale  pogradise.  Hör.  401.  griech.  odh.. 
Hind.  73.     alb.  sali.  Rec.   19.   Z.  .562.   1. 

sala/or,  Stallmeister,  von  Abgaben  befreiter  Dorfbewohner. 

serb.  saraor.  ngriech.  aapay^öpi^s?  bei  Hammer.  Vergl.  serb.  selamor,  momak.  Bos. 
Vila  2.  375. 

salak,  türk.  (jJLo,  penis. 
rum.  sulak,  sulac.  Z.  562.  2. 

salaä,  Hütte. 

bulg.  salas  für  cech.  zitnice  pro  kukurici.  Jir.  86.  slovak.  salas,  Hirtenhütte,  russ. 
auch  salasö.     klruss.  saias,   chaias. 

salat,  plur.  salavat,  arab.  »JLo,  Gebet. 
i"um.  salavat.  Z.  573.  2. 

saleb,  Salep. 

pol.  salep,   salap.     klruss.    salep.    Über  den  Ursprung  von  türk.  saleb  vergl.  Devic  61. 

sal^Ü,  arab.  ^JLo,  gut,  unverderbt. 

Vergl.  serh.zalih,  unbeschäftigt,  zalihost,  Überfluss.  Blau  43.  Man  ist  geneigt  an  slav. 
Uhu  zu  denken,  und  dies  umsomehr,  als  die  Bedeutung  von  sal§li  zu  der  der  serbischen 
Wörter  nicht  stimmt.    Z.  562.   1. 

sal§ndzak,  türk.   (JäJLö,   Schaukel, 
serb.  salandzük.  Jastr.  Z.  563.   1. 

salyane,  Schlachthaus. 

serb.  salana.  Vergl.  poln.  salhan,  loj.  Rocznik.     klruss.  salhan,  Talgsiederei. 

salk^DO,  Traube. 

serb.  Art  Kanone:  trides  6e  im  puknuti  salkuma.  Smail.  alb.  sallkbm.  griech.  sallhmi. 
Kec.  46. 


24  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

salma,  Schleuder. 

serb.  salma  na  sindziru.  Hör.  VIII. 

salmak,  schwingen. 

serb.  salma,  Art  Keule,  Streitkolben  ist  unter  salmak  zu  stellen.  Vergl.  ngriech.  oap- 
{lavtraot,  Wiege,    und  alb.  salahane,  Schaukel. 

Salt,  allein. 

serb.  Salt,  salten.  Hör.  salde,  sah  Jastr.  salte. 

saltanöt,  Herrschaft. 

bulg.  saltanaten,  prächtig,     serb.  saltanet.     rum.  saltanat. 

saman,  türk.  ^^U^,  Stroh,  saman  ogrus§,  die  Milchstrasse,  eig.,  wie  man  meint,  Stroh- 
dieb: pers.  heisst  die  Milchstrasse  Weg  des  Strohdiebs.  Ein  Dieb  stiehlt  seinem  Herrn 
Stroh  und  verliert  davon  auf  dem  Heimweg. 

Vergl.  bulg.  kumova  slama.  Jir.   182.  für  mlecni  pojas.  Z.   124.  2;  573.  3. 

samg,   zamk,   arab.   ä».«9,  \^\-i  Harz,  Gummi,  Baumharz, 
bulg.  zamk.  Djuv.    Z.   481.  2;   573.  3. 

samsun,  Jagdhund. 

rum.  saksoiidzi-bas§,  Befehlshaber  des  Janitscharen-Regimentes.  samsundz§lar.  samsundz§. 
griech.  aa[JLt|^övt,  dogue. 

samur,  Zobel. 

serb.  samurovina.  aslov.  samurim  ist  sehr  jungen  Datums,  span.  zamarra.  afrz.  sa- 
marre.  frz.  simarre.  engl,  simar.  griech.  aa[io6p(tov,  bei  Hesych  atficop.  0.  Schrader, 
Handelsgeschichte  1.  87.  Auf  samur  beruht  wohl  auch  russ.  soboh,  pol.  sobol,  mhd.  nhd. 
zobel,  mlat.  sabellum,  afrz.  engl,  sable,  it.  zibellino,  span.  zebellino,  frz.  zibeline.  Das  Wort 
ist  auf  zwei  Wegen  und  in  zwei  Formen  nach  Europa  gedrungen. 

san,  Ansehen. 

russ.  sanji,  Würde,  osanka,  würdevolle  Haltung,  san  scheint  in  der  bulg.  Volksspraclie 
nicht  bekannt  zu  sein  und  nur  als  kirchlicher  Ausdruck  gebraucht  zu  werden,  kuman.  san, 
Zahl,  sansis,  zahllos,  magy.  szdn  verb.  zudenken,  bestimmen,  pol.  szanowad  gehört  zu 
deutsch  schonen.  Vergl.  samki  und  magy.  szdm,  rum.  sam§,  sameS.  votj.  sanat,  Beamter. 
Vergl.  serb.  san,  slava,  dostojanstvo.  Bos. 

sana'at,  Handwerk. 

griech.  C'J^v^Jthd-i,  kTzd-cfzliia.    Pap.  422. 

sanabar,  iiordtürk.  Theemaschine. 

Vergl.  russ.  samovarti,  das  man  geneigt  sein  kann  als  , Selbstkocher,  rxuHi'Yqc,  authepsa' 
(Kochmaschine  mit  zwei  Böden,  von  denen  der  imtere  das  Feuer,  der  obere  die  Speisen 
enthielt)  aufzufassen,  dem  es  allerdings  durch  Volksetymologie  nahegebracht  ist.  Daraus 
kalmück.  sanamur  imd  samuar  bei  den  Tataren  Kazans.  Ostroumov.  türk.  samavar,  vl^U*«, 
^jU*«.  Barbier  2.  95.  Ob  sanabar  aus  dem  Tatar,  erklärt  werden  kann,  ist  mir  nicht  be- 
kannt, indessen  darf  man  penfigt  mit  Zuversicht  auf  deutsch  Ffenning  zurttckfüliren,  obgleich 
dieses  aus   dem    Deutschen   nicht   gedeutet  werden  kann,  ja  durch  pf  seinen    undeutschen 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  25 

Urspning  zu  erkennen  gibt.  An  Übersetzung  des  seltenen  a6fii^i]z  ist  beim  liuss.  nicht 
zu  denken.  Die  Zusammenstellung  von  samovars  und  sanabar  ist  von  mir  nur  als  wahr- 
scheinlich bezeichnet  worden. 

sandal,  Taffet. 

serb.  sandal.  sandal-gade.  sandalije.  wruss.  cyndai.  pol.  sanda-f,,  cyndai.  it.  sandalo, 
zendale,  zendado.  span.  cendal.  ahd.  zendal,  nhd.  zendel.  Zindeltaffet,  daher  magy.  czeyi- 
dely.  Vergl.  Fremdwörter:  cenda.  Devic  61. 

sandal,  Sandelholz,  JjoLo. 

pol.  sandal.  Muchl.  115.  russ.  sandah.  zeltyj  sandak,  gelbes  Brasilienholz.  span.  san- 
dalo. Z.  574.  2. 

sandal,  sandel,  sendel,  JJoLw,  JiX-Lo,  JlJoua,  Art  Boot. 

serb.  sandah:  sandah,  koimh  kje  rahotati  i  loviti,  in  einer  Urkunde  Dusans  aus  dem 
XIV.  Jahrlmndert,  bei  Florinskij  Izvestija,  1887.  VII.  Otdelob  1.  45.  ngriech.  äXcsutcxov 
aavodXtov,  Acta  et  diplomata,  V.  92  (1321).  aüXdwa  icai  aavödXta  113.  aavSdXta  -(öv  irpoa- 
xa6Tj[i.£V(ov  114.  Glasnik  9.  24.  sandah  ist  demnach  ein  Fischerboot,  das  Wort  unbekannten 
Ursprunges,  sandal  usw.  bezeichnet  Z.  als  pers.  und  als  arab.-türk.:  es  ist  vielleicht 
bulg.-tlirk.     russ.  sandah. 

sandek,  Kasten. 

serb.  sunduk.  sandukli  sepeti.  sanduce.  Deminut.  sandak.  Jastr.  aus  sand§k.  kroat.  sando 
djevojacko.  klruss.  simdttk.  poln.  sundak,  sunduk.  mrum.  sinduke.  mm.  auch  sinduk. 
ßerem.  sündik.  finn.  (karel.)  sunduka.  A.  Ahlquist,  Die  Culturwörter  135.  ngriech.  aav- 
56xiov,  csv^riüxi,  odvouS. 

sandzak,  Lanze  mit  einem  Kossschweif. 

serb.  sandzak,  oruzje.  Bos.  Vila  2.  243.  ariiss.  saucakbei.  pol.  sandzak,  daneben  volks- 
etymologisch sqdziak.  klruss.  sandzak,  Fahne,  Statthalterei,  Statthalter,  rum.  sandzak.  san- 
dzaktar.    sandiak-agasi.    sandzagas.      span.    sanjaco.     griech.    atavxC^dx.     magy.   szändsäk-b^g. 

sanki,  als  ob. 

bulg.  sankim.  Colak.   242.     serb.  sancim,  angeblich,     rum.  sanki.  Vergl.  san. 

sansar,  ,L*JL«,  samsar,  Hausmarder,  Wiesel. 

serb.  aV  je  sansar  medju,  öurcijama.   Herc.   112.  Hind.  272.  Z.  513.  3;  572.   1. 

santur,  türk.  sy-^^i  i^^i^  Drahtsaiten  bezogenes  Instrument,  das  mit  zwei  Stäbchen 
geschlagen  wird,  Hackebrett. 

bulg.  santur  sviri.  s§ntur§.     serb.  santur.  Z.  574.  2. 

sap,  Schwanz,  Stiel. 

bulg.  na  konci  na  sap§.  Volkslied.  bMosapce,  mit  weissem  Griff.  Djuv.  kroat.  sap, 
Kam.   za  sopje  konji  povezani.  Istr.  2.  95. 

saplamak,  durchbohren. 

serl).  auch  saplaati,  saptlahati,  saplajati. 

sar^,  gelb.  dzag.  sar§g. 

serb.  sari.  pembe-sari  svilica.  Jastr.  365.  sarisabor,  Aloe.  Davon  vielleicht  russ,  saranca, 
Heuschrecke,  klruss.  sarana,  saranca.  Daher  pol.  szarancza,  etwa  sar^dza,  laliles  Thierchen. 
Man  beachte  jedoch  türk.  sarran  cigale  bei  Hiev. 

Denkschriften  der  phil.-liist.  Cl.  XXXVIII.  Bil.    I.  Abh.  4 


26  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

sareöa,  Art  Jagdvogel. 

Vergl.  magy.  szdrcsa,   schwarzes  Blasshulm. 

saref,  sarraf,  wechselnd,  Geldwechsler. 

serb.  saraf.  sarafluk.     span.  carafo.  Z.  567.  3.     griech.   aapa<p)ixt. 

sarek,  Turban. 

l)iilg.   sar^k.    Djuv.     ngriech.    aaptxtov,   arpötftov.     rum.   sarika  wird   als   eine  Art  Kleid 
erklärt. 

saremsak,  türk.  ,3*^^,  Knoblauch, 
serb.  saranifiak.  Z.  506.  3. 

sarge,  sargu,  türk.  ^^\^^  y^)^'  Umhüllung,  Windel. 

serb.  sarglja,   Scheide.   Petr.  3.  58.     rum.  sargiu,  Art  Schleier.  Z.  559.  2. 

saryoä,  s6ryos,  ji^w^,  Trunkenbold. 

serb.  sarhos.   Smail.   79.  saros.  sarosina.  Bos.  Vila  3.   76.  Z.  504.  2. 

sarib,  arab.  w^».o,  saure  Milch. 

Vergl.   serb.  sarib,   vrsta  pöme  bei  Dj.  Popovid.  Z.  fehlt. 

saridze,  in  der  Eile  gesammelte  Soldaten, 
rum.  saradzele,  s§r§cei,  Art  Reiterei. 

sarma,  Art  Pastete,  eig.  das  Eingewickelte,  von  sarmak. 
l)iüg.  auch  srma.  Jir.  37.     serb.   auch  sarmas. 

sarmak,  einhtülen. 

Damit  hängt  vielleicht  ngriech.  aap(j.{ovaa)a,  pelisse  de  fourrures,  zusammen.  Legr.  304. 

sarp,  türk.  s_>*-o,  rauh,  hart,  steil. 

Die  Türken  leiten  von   diesem  Wort  sirh,   sirp,   sirf,    <jyo,  SrV^i  Ot-^j  Serbe,  Serbien, 
ab.  Z.  567.  3.  sirb-ol-asl,  surovi  srhin.  Vardar. 

sarradz,  Sattler. 

serb.    saracana,    Rmnpelkammer.    Vergl.    sarradz -'fane,   Sattlerbude.    Z.    502.    3.      rum. 
saradbaS:  sarradzbaä. 

8at§r,  Schlachtmesser.    sat§rdz^. 

rum.  satlras,  sattrdziu,  Art  Soldat,  satirhas,  satirdzi-basa.     griech.  aaript,  ataxYjp,  xoTUtc, 
5iaa'fa%rrjp. 

satranö,  türk.,  Bretter  zur  Sicherung  des  Grundes  in  Brunnen, 
serb.  santrac.   Nach  G.  Popovid. 

savad,  Mörtel,  Schmelz. 

serb.  auch  savata,  vez  po  sudovima.  savatlija. 

saz,  Binse,  Scliilf. 

ngriech.    saz,  Morast,  Mariup.  Vergl.    serb.  sasluk,  lathyrus  tuberosus.  Bos.     niagy.  sds, 
carex. 

sazan,  Karpfen. 

Das  Wf)rt  ist  auch  nordtürk.   klruss.    sazan,   sazaü.     bulg.   sezan,    Art   Fisch.    Jir.    543. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  27 

sebeb,  Ursache. 

serb.  sevep.  Hör.  seveb   181. 

s6bzevat,  Gemüse:  sebz,  grün. 

biilg.  serb.  zarzavat.     ngriech.  CaßCaßdtt,  Xdja^a,   Pap.  423. 

sedef,  Perlmutter. 

serb.  imska  sedef lija.  sedef  skemlja.     griech.  asvt£(pt.  acVtstpcVto?.  Legr. 

sedzdzade,  Art  kleiner  Teppich. 

serb.  sedzada,  srdzada,  sedzaza,  sedMe.     mm.  sedzade. 

sefa,  safa,  Lust,  Vergnügen. 

serb.  safa,   Friede,    nar.-bl.   419.   Jastr.   sefah,   zadovoljstvo.    Bos.  Vila    3.  5. 

sefa  geldün,  iJ^oJS  U^,  sei  willkommen! 

serb.  hosdjeldija  i  sefadjekUja,  doh-odoslica.  Hör.  368.  ngriech.  arzipä  ysXt^v.  Legr. 
Z.  570.  1. 

seför,  Reise. 

serb.  sefer,  put,  vojna.  Hör.  7ia  sefer  po6i  43. 

segban,  Hundehüter  usw. 

bulg.  sejgmen.  serb.  sejmen.  Hör.  147.  segmenin,  Wächter,  sejmejice.  Jastr.  poln.  sej- 
men.   Costin.     klruss.   sekraan,   Partieführer  der  Arbeiter,     ngriech.  a£ijj.£V7jC,  to^ötyjc,   äp(ji,a- 

sejir,  Betrachtung. 

serb.  seir  gledajet.  Jastr.  81.  na  seir  iskocila  182.  seir  cini  kidu  i  avl/'ju.  Bos.  Vila  3. 
187.  kad  ga  care  seir  ncinio.  Hör.  83.  sejiriti.  11.  493.  osejiriti,  osejriti.  17.  121.  343.  363. 
ngriech.  aupiavtCw,  aupjav7]C(o.  Pap.  83.  103.  saupjdvaysv  103.  aslp,  luspt^tdßaati:,  -nisptspYSta. 
aspYcaviC«,  ^taaxs^dCfo.  Pasp.     rum.  seir.     mrum.  sire,   Schauspiel.    Obed.  231. 

sejis,  Stallknecht. 

serb.  sehiz.  sejizbasa,  konjusarski  glavar.  Hör.  seizbasa.  147.  dvoje  sejiscadi.  190.  iigriech. 
auaüXat,  le  personnel  de  la  maison.  Legr.,  liegt  abseits. 

s6jjld,  arab.  Juu«,  Herr. 

serb.  gazi  seidija.  Daher  span.   Cid.  Z.  530.  3. 

söjran,  Fahren,  Gehen. 

ngriech.  aspYtötvr^,  -irspiiraxos.  aspYtavtC«),  aoupYtavtCf«,  otaßa^iCf». 

sejsane,  Saumpferd. 

serb.  tokmali  siiana.  Bos.  Vila  2.  301.  rum.  saksana.  saksanar,  sarsanar.  tns§ks§nez. 
ngriech.  aataaväc  wird  durch  da^oin^pa  erklärt.    Bianchi  bietet  seksani. 

sek,  sog,  pers.  liJL«,  Hund. 

Damit  vergleicht  Muchl.   123.     russ.  i^oln.  suka.  Z.  512.  2. 

selam,  Heil. 

bulg.  selamlik,  Männerzimmer.  Jir.  30.  serb.  selam:  selam  6ete  Omer  agi.  i  selam  mi  mojoj 
ostaraloj  majci.  Kac.   56.  salad  malaö,  alaö  malaö.  39.  alec  selam,  mir  vam.  ni  selama  ni  sa- 

4* 


28  I.  Abuanulung;  Fuanz  Miklosich. 

baha,  nikakva  pozdrava.  nazuve  selam,  pozdravi.  Bos.  ti  6eS  selam  vezh-u.  Hör.  469.  selamiti. 
selamaga.  Smail.  pol.  salamalek.  rum.  seleam,  Grass.  seleain-ag§,  seleam-caus.  selamalek, 
salamanik.  salamltk.     spau.  zalaviale.     ngriecli.  asXdfi.  asXajxXtx,  äv5p(6v. 

selainet,  Sicherheit. 

serb.  selamet,  mir,  sreöa.  Bos.  rum.  selamet,  salamet,  süimet,  Heil,  nach  einem  nicht 
aiifjreklflrten  Bedoutuug^sübcrgauge,  Untergang,  selamet  soll  in  Wien  ehedem  in  der  Bedeu- 
tung .Trinkgeld'  bekannt  gewesen  sein. 

selamura,  Salzlake, 
ngrieeh.   3a).a(JLOÜpa,  aA[JL7j. 

selimi,  arab.  ^e^jJL*,,  Art  runder  Tvn-ban. 
rum.  selimie,  Art  Stoff.  Z.  517.  2, 

sei  vi,  Cy  presse, 
serb.  sevlija. 

8em6r,  Saumsattel. 

bulg.  semerdzija.  rum.  s^gmariu.  mrum.  sumar.  Obed.  ngrieeh.  aaY[JLdpioc.  Gcb|i,a  i%rx- 
töv,  hundert  Saumlasten:  it.  soma.  cech.  soumar,  Saumross.  somAr,  Esel.  dial.  griech. 
aa[iap'ltaa,  to  /ixvov  8id  n^v  ■rcoXXi^v  6[xotötir]ra  Tz^bz  ixioayiJLa.  Pap.  115.  Vergl.  (popxotdpt, 
ovoc.  Pasj).     ndat.  somcrius,  jumentitm  oneratum.  Curzola.  soma  bei  Hammer  ist  it. 

semid,  Weissbrot. 

span.  acemita.  Man  erinnert,  mit  Unrecht,  an  griech.  C^\).izric. 

samt,  Gegend. 

serb.  se)nt,  sent,  kraj,  strana.  Hör.  sentimice  na  siroku  Liku  341.  nek  nam  cuva  senta 
i  öenara.  Volkslied,   sent  ist  serb.,   nicht  bulg. 

semum,  arab.  [»«-»-w,  Semum. 

serb.  samjan,  samum.  Bos.  Vila  3.   132.  Z,  519.   1. 

sönameki,  Sennesstrauch  von  Mekka. 

nun.  seiiameki,  sinamekie,  simineki:  senamesi,  senameni  sind  falsch,  pol.  senes.  serb.  it. 
sena.     sjian.  sen,  sena^  senes.  Devic  62. 

sened,  Stütze,  Urkunde. 

serb.  senet,  Urkunde,  duzni  senet.  Bogis.  462.    ngrieeh.  OcVstta.  Acta  et  diplomata,  V.  202. 

sepet,  Korb. 

serb.  sepetli  sanduk.     klrixss.  sepeta,  komora,  schowok. 

86pi,    tiirk.    ^^j^,    Kalk,    mit   dem  man   die   Felle  von  Haaren  reinigt  und  glättet, 
serb.  sepija,  kozarska  voda.  Bos.  Z.  498.  1. 

sepürmök,  türk.  JLc«»^.«,  fegen,  auskehren,  süpürge,  Besen,     nordtiirk.    sehe?'. 
serb.    spurdisati,   reinigen.     Vergl.    magy.   seper,  fegen,    seprü,   Besen.   Z.  497.  3. 

serai,  Palast. 

russ.  seralh.  rum.  auch  seraj.  sarajlie,  serajlie,  Art  Speise,  span.  serallo.  it.  sarraglio. 
frz.  st'rail.  Die  /  enthaltenden  P^ormen  sind  europ.  Devic  62. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteükopäischen  Sprachen.  29 

sörapa,   pers.  Llw«,   von  Kopf  zu  Fuss,  Ehrenkleid,  Feierkleid. 

russ.  sarafans,  Art  Fraueukleid.  klruss.  sarafan.  pol.  sarafan,  serafan,  szarafan,  Art 
Kleid,  griecli.  adpaicic,  Art  persisches  Kleid.  Z.  502.  2.  An  serapa  klingen  an,  ohne  damit 
verwandt  zu  sein,  poln.  sierak,  siermiqga,  klruss.  sirak,  sermjaha,  sermjaneö,  russ.  ser- 
mjaga,  Bauemkittel,     poln.  klruss.  serdak,     lit.  serdokas,  Art  Kleid. 

s6ras6r,  pers.  ^^vlww,  von  einem  Ende  zum  anderen,  ganz  und  gar,  Groldstoff. 
rum.  serasir,  Art   Goldstoff.  Z.  502.   3. 

serasker,  General. 

russ.  seraskirs.     pol.  seraskier.     rum.  seraskjer,  sarasker.     span.  serasquier. 

serbönd,  pers.  «Xo»-*,  Kopfbund. 

Vergl.  pol.  serpanka,  sierpanka,  Kojjfputz  der  Frauen.  Man  vergleicht  span.  sarahanda, 
especie  de  danza.  Z.  503.  2. 

serböst,  frei. 

serb.  njegovo  se  serbez  mjesto  znade.  Smail.  on  ti  serbez  dodje.  Hör.  94.  serbesija,  straf- 
freie Rückkehr.  Man  bringt  damit  pol.  sarabajta,  Landstreicher,  in  Verbindung. 

serc6,  türk.  xs.*^,  Sperling. 

Vergl.  magy.  szärcsa,  fulica  atra,  wobei  eher  an  sar§ca,  ein  Jagdvogel,  Z.  490.  1,  zu 
denken  ist.  Vergl.  serb.  sarka,  Art  Wildente.  Z.  504.   1. 

serdar,  Anführer. 

bulg.  k§rserdarin^  Art  Beamter.  Djuv.:  vergl.  k§r.  serb.  srdar.  Volkslied,  poln.  serdar. 
Costin. 

serden  geödi,  türk.  ^^<^S'^JOy^^  Freiwillige;  des  volontaires  d^termin^s  k  vaincre  ou 
mourir.  Tott. 

serb,  serdendjeö-aga,  gospodar.  Hör.  i  ic-age  i  serdetidjec-age.  37.  rum.  serdengecti,  ser- 
dengestt,  sirdengisti.  Z.  738.   1. 

seröng,  jjers.  viJbww,  dreifarbig,  bunt. 

ngriech.  oapdyYVjC,  My^5(ov  to  (p6pYj[jia.   Hammer,  Geschichte  6.   706;    7.   14.    Z.  507.   1. 

sergi,  türk.  ^Sj^i  Zahltisch,  Zahlbrett. 
serb.  sergija,  izdavanje.  Bos.  Z.  506.   1. 

serüadd,  Grenze. 

serb.  serhad,  serhat  i  krajina.  Smail.  serhat,  granica:  danas  nema  rata  ni  serhata.  Hör. 
458.  serhatlija.  serhatlinöe.  436. 

serken,  Gesims  für  Küchengeschirr. 

Das  türk.  Wort  steht  bei  Hindoglu  268.  Dergleichen  haben  die  Albanesen  wohl  von 
den  Türken,  nicht  aber  diese  von  jenen  entlehnt. 

sermaje,  Capital, 
ngriech.  aup[J.aYtsc. 

s6rp6nö6,  jicrs.  jcsoow*,  Hand,  Faust;  in  der  Bedeutung:  bösartiges  Geschwür,  Ver- 
kürzung von  serb^Mnce,   jiää^w«-. 

rum.  sarpind^a,  Furunkel.  Z.  503.  2. 


30  I-  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

serpenök,  pers.  dLow*„,  Art  Kopfbedeckung. 

rus8.  klriiss.  seifanka.  Art  Kopfbedeckung  der  Frauen,  pol.  sierpanka,  serpanka.  Go- 
i§b.   182.  Mucld.   116.  Fehlt  Z. 

serpmö,   «-»jv-*-,  Netz,  wohl  für  sertm4. 

bulg.  serb.  alb,  sertme.  Kaß.  188.  Rumena  23.  Plur.  mrezl  i  sertmeta.  serkme.  Jir.  646. 
sßirtme:  vergl.  sürtm^U,  verb.  caus.  von  sürmeU,  ziehen.  Z.  524.  2;  524.  3;  525.  2.  Das  türk. 
Wort  verdanke  ich  der  Mittheilung  eines  gelehrten  Armeniers. 

sert,  rauh. 

Vergl.  serb.  srt,  orepina,   Theil  des  Fuclisbalges. 

sövajl,   Stoff  aus  Seide  und  Gold,  aus  Sevaji. 

rum.  sevaj,  suvaj,  Art  weissen  Stoffes.  Hammer  17.  239. 

sövda,  Vorliebe. 

serb.  sevda,  Ijubav.  sevdah,  dragi.  Boh.  Vila  3.  4.  sevdi-srce  moje.  Bos.  sevdalija. 
ngriech.  asßSä?,  Ipcoc,  aYd^Tj.  xapd  Ocß^dc.  (Jiaüpoc  Ipcoc.  Pasp.  318. 

sevmök,  lieben. 

bulg.  sevdim  ist  nach  H.  Korsch  wohl  türk.  sSvdzi  (s4vdzü)  -m,  meine  Liebe,  savmak, 
^Lc^Lw,  t.  o.  führt  Z.  494.  1  in  der  Bedeutung  ,lieben'  an.  serb.  sevdalija,  sevdelija,  ver- 
hebt, sevo  le  sevdalija.  sevdali  devojka,  sevdeli.     rum.  sevdaliu. 

sebjan,  arab.  ^jLaaxs,  plur.  von  sahi,  Kind. 

serb.  sihjan,  sibijan,  djeca.  Hör.  sibjan  i  fukara  33.  tiorskoga  sibjana  34.  sibijan  29.  35. 
403.  Z.  565.  2. 

seöraak,  türk.   (^,-gv-,  cacare. 

serb.    sicija,    cicija,    Schwindsucht:     türk.    sici,    Durchfall,    bei   G.    Popovid.    Z.   499.  3. 

sehr,  seh^r,  Zauber. 

Die  unter  s§hr  angeführten  Wörter  sind  unter  sejir  zu  stellen.  Dafür  sind  unter  s§hr 
zu  setzen  sihir:  nek  udari  sihir  na  junaka.  Hör.  537.  ne  bojim  se  sihra  bihorskoga.  Ibid. 
Vergl.  serb.  sijeri  f  plur.  Taschenspielerei,  sihir,  vracanje  ili  madzunisanje.  nar.-bl.  316. 
Z.  500.  2. 

s^lir-,  s^üer-baz,  arab.  vL^^Uo,  Zauberer. 

serb.  sirbaz,  sihirbaz,  vracar,  gatar.  Hör.    baba  sirbazica  536.   Z.  500.  2. 

seklet,  Schwere,  Angst,  s^klet  etmek,  beschweren. 

rum.  siklet,  Ärger,  Unwille,  mrum.  s§k^ldi,  quälen.  Obed.  118.  ngriech.  as^Äsr,  ars- 
voyojpia. 

sekmak,  türk.   ^.»jLo,  drücken,  belästigen. 

serb.  saktiiati,  beschädigen,  verderben.  Z.  571.   3. 

sera,  türk.  Sj^,  Reihe. 

serb.  sura.  Bosn.  Z.  568.  3.     ngriecli.   astpd. 

seradzö,  arab.  «t3.l~w>„  Skrofeln. 

serb.  saradza,  rothe  Ruhr,  saradzika,  trava.  od  sarad^e:  nach  G.  Popovic/  ein  Merkur- 
präparat, das  als  weisse  Schminke  gebraucht  wird. 


Die  TüKKiscHEN  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  31 

seröa,  Glas, 
bulg.  S7^ca. 

serek,  Stange,  Si^iess. 

bulg.  sar§k.  Ljub.  70.  da  napravit  sorok  na  bajrakot.  Jastr.  425.  serb.  srg  i  sepet. 
Hör.  2.  164.  Vergl.  poln.  szryk,  pal  gruhszy.  luagy.  szaru-fa,  Balken,  ist  diesem  Worte 
fremd. 

s§rga,  nordtürk.  Ohrring,  Schmuck. 

russ.  serbga,  Ohrring.  Vergl.  aruss.  userjazh,  aslov.  user^gs,  user^zb,  woraus  sich  senga 
erklären  lässt. 

serma,  Goldfaden. 

aslov.  sirmenz.  bulg.  s§rma  auch  ,Gold',  ,Lahn'.  serb.  srma,  najcistije  srebro.  srmeni. 
srmosati.     ngriech.  plur.  aupfxdScC,  goldgestickt,  bei  Hammer. 

siöan,  Maus. 

serb.  sican  jol,  misji  ptit,  podzemni  prokop.  Hör. 

sidzill,  Register,  bei  Hammer  gesiegeltes  Protokoll. 
Es  ist  lat.  sigilluin,     griech.  aiY^Atov. 

sidzim,  Faden. 

serb.  i  pripeli  konje  i  sidjime.  Kac.  70.     ngriech.  atvcC^IJ-^^v,  atpöfpoc,  Art  Band. 

sifat,  arab.  oLi^,  plur.,  Attribut  Gottes. 

serb,  bozji  sifat,  pravda  bozja.  Bogis.  551.  Z.  570.  2. 

sijali,  schwarz. 

serb.  moj  Di^agane,  sija-percinlijo,  du.  Schwarzhaariger.  Herc.  200. 

sijaset,  Hinrichtung. 

sei'b.  auch  Menge:  ima  poznanica  sijaset.   Bos. 

sik,  türk.  viLu-,  penis.   sikis,  coitus.  sikmeK,  beschlafen. 

serb.  sikilj,  penis,  nach  Blau  36.  225.  clitoris.  sekes,  Schimpfwort  für  einen  verliebten 
Greis,  sikisana^  Bordell,  rum.  siktir,  obscönes  Schimpfwort,  siktiresk.  siktireal§.  türk.  ana- 
syny  sikdim,  ein  bei  dem  Pöbel  sehr  gebräuchliches  Schimpfwort,  das  den  Weg  zu  den  von 
den  Türken  beherrschten  Völkern  gefunden  hat.  Hieher  gehört  vielleicht  auch  haj  siöuma, 
haue  od  Budima.  Juk.   105.  Z.  532.   1. 

sikender,  pers.   .t)uUC«-,  der  macedonische  Alexander. 
Vergl.  serb.  skender,  Art  Messer.  Z.  514.   1. 

sikka,  arab.   sSm,  Prägestock,  Münze. 

serb.  cekin  aus  it.  zecchino.  magy.  czikkeny.  span.  cequi.  frz.  sequin.  griech.  rCsxtVt, 
tCr^xivt.  Devic  62. 

silaü,  Waffe. 

bulg.  silaf,  silao-t.  Pril.  91.  serb.  pjokraj  pjuske  od  zlata  silasi.  Hör.  280.  na  silahu  i 
na  bensilahu.  silav,  silaj,  sile,  silaji,  svilaji,  Art  Waffenschärpe,  siliftar.  rum.  auch  sileah. 
silihtar,  seliktar.  silahdar-agasi.     ngriech.   auXiXTdpiSsc  bei  Hammer,  aikiyzä^ic.  Pap.  73. 


32  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

silädzek,  grobes  Wischtuch. 

Man  füge  hinzu  süedzek,  Wischtuch,  türk.  sümek,  wischen,  woher  serb.  südisati.  rum. 
sdidza,  seliza.  Z.  516.  3. 

8ill6,  Maulschelle. 

serb.  sile,  sila:  uz  obraz  joj  sile  udario.  Hör.  564.  sinla:  a  udri  mu  sinlu  uz  vilicu. 
Bos.  Vila  4.  27. 

sim,  pers.  j^jl«,  Silber. 

ngriech.  äoir^jjiiov,  Silber.   Acta  IV.    1.   35.  Z.  532.  3. 

sima,  pers.   U^y*.,  Gesicht,  Antlitz. 

Man  vergleicht  serb.  sinti  Avirklich:  sinti  otac,  sinta  mati.  Z.  532.  3. 

simsar,  Sensal. 

serb.  auch  sansar.     rum.  samsarlik.     frz.  auch  sansal.  Devic  27.   61. 

simsijah,  tUrk.  »Lu«  ***«,  ganz  schwarz:  verstärktes  sijah. 

serb.  simsija,  sinsija,  Pfeife  zum  Rauchen;  pipe  vulgaire  Frilley   173.  Z.  532.   3. 

sin,  türk.  ^j^,  ^j.j^,  Grab,  Grabmal,  statua  sepulcralis. 

Man  vergleicht  aslov.  syns,  turris.  Laut  und  Bedeutung  sprechen  gegen  die  Zusammen- 
stellung. Z.  519.  3. 

sinab,  türk.  k_>Li-w,  Sinope.  sinabi,  Art  Apfel:  sinab  ehnas§. 
serb.  sinabija,  Art  Apfel.  Fehlt  Z. 

sindzab,  sindzef,  zindzab,  Verbrämung. 

serb.  sindzef,  kislica.  rum.  auch  sindzef.  stndzepin,  aschfarbig,  ngriech.  aivrCaitt,  C^v- 
■zCiOLTzi,  <patöc,  Ac'jxö'fatoc.  Vergl.  serb.  singasica  struka,  ogrtac  boje  singave.  Bos. 

sine,  pers.  iüjua,,  Bi-ust,  Busen.  slneb6nd,  Brusttuch,  Geiferlatz  der  Kinder, 
serb.  silembe,   Brustriemen  am  Reitpferde,  süjbene,  Art  Zierat  auf  der  Brust  von  Pferden. 
sinebend,  Kummet.   In  Bosnien.  Blau  257.  Vergl.  sinle:  odvaliti  sinle.    Bos.  Vila  2.   163. 

sinir,  sener,  türk.  wjL«,  Sehne,  nach  Blau  35.  Ader, 
serb.  sinigle,   die  goldene  Ader,  suljevi.  Z.  513.   1. 

sinor,  Grenze, 
mrum.  sinor.  Obed. 

sipah,  Heer,  sipahl,  ispahi,  Reiter,  türk.  Besitzer  eines  Lehens:  timar,  zijam^t  oder 
maliUane. 

serb.  spahija:  die  Unterthanen  des  spahija  waren  Eigenthümer  des  Grundes  und  Bodens 
im  Gegensatze  zu  dem  citluk-sahibija.  Novakovic,  Pronijari  80.  spakogljanin,  Rekrut.  Gund. 
pol.  spahi.  rum.  spahiu,  türkischer  Soldat  zu  Pferd,  spahilar  agasi,  türk.  sipahiler-agasQ, 
Commandant  der  Cavallerie.    spachi  bei  Bolizza  180.     ngriech.  OTzd'/ßtz  bei  Hammer. 

siper:   pers.  paj-siper,  yj^  ^,  mit  Fthssen  getreten. 

serb.  0  dzine,    ti  nalete  i  siperu.  Bos.  Vila  2.   130.  Z.  496.  2. 

sipia,  türk.  L-v*,  Tintenfisch. 

serb.  sepija  stammt  aus  dem  it.,  sipa  aus  dem  griech.  oder  türk.    griech.  aYjTcia.  Z.  498.  1 . 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen,  33 

sirr,  s§T,  arab.  Iw,  Geheimniss. 
serb.  sihir.  Hör.  Z.  502.   1. 

soba,  Ofen. 

ngriecli.  a6[Ji7ra.  Hind.  88.  aöiza:  daneben  Qzoö'^a,  iirvö?. 

sof,  suf,  Camelot. 

rum.  zqf,  zuf,  suf,  Art  Stoff.   Z.  577.  3. 

sofa,  Ruhebett. 

serb.  it  hastu  na  sofu.  Bos.  Vila  3.   190. 

sofra,  Anrichtjjlatte. 

ugriech.  aotppaviC'^C,  TpaicsC^ixoiJLO«;. 

sogan,  türk.   ^\juo,  ^^y^i  sovan,  nordtürk.  sugan,  Zwiebel. 

serb.  sogan,  crni  luk.  saganlija,  t.  j.  pasulj,  Art  Fisolengericht.  Vergl.  lit.  sogunas,  svo- 
gunas.  7i.  569.  2. 

soübet,  Gespräch. 

serb.  sohhet.  sohet  otvoriti,  zametnuti,  zauzeti.  Hör.  199.  536.  sohet  ciniti,  postaviti.  Kras. 
173.   Hieher  gehört  vielleicht  auch  slovak.  sohds,   Trauung,  sohdsiti,  antrauen. 

soj,  Geschlecht. 

serb.  soja  dilberskoga.  jesi  soja  Kraljevida.  kako  te  po  soju  nazivlju?  soj-srmali,  wohl 
aus  reinem  Gold  oder  Silber,  kann  aus  safi-srraali  {safi,  arab.  ^jLö,  rein,  unverfälscht.  Z. 
561.  2)  entstellt  sein:  soj-srmali  tkanica,  nozevi.  Volkslied,  mrum.  sei,  fara,  Familie,  Rang, 
ngriech.  aöc,  -{ivoQ. 

soja,  türk.   L>j^,  Taschenmesser, 
bulg.  sojka,   canif.  Z.  580.   1. 

sojtar§,  Hanswurst. 

bulg.  sojterija,  sojtarija.  Ljub.   70.     serb.  sojtarija. 

sokak,  Strasse. 

nun.  sokak.     span.  asucach. 

sokmak,  türk.  |V-Ujj-w,  stechen,  einstossen,  beissen.  sukum,  zu  schlachtende  Saum-  oder 
Reitthiere. 

aslov.  sokach,  Koch,  ist  nicht  türk.   Vergl.  Etymol.  Wörterbuch:  sokü,  2.  Z.  527.  1. 

solak,  Linkhand. 

rum.  solak,  Art  Garde:  türk.  solak,  Pfeilschützen,  Art  Garde. 

som,  -.^,  aus  einem  Stück,  massiv;  bei  Hammer  gediegenes  Gold,  Silber. 
Vergl.   serb.  somli:  pa  je  somit  noza  povadio,  unrichtig  noz,  u  kojega  su  köre  (kamze)  od 
somova  zuba  nach  Vuk's  Vermuthung.    Z.  579.  2. 

sopa,  Stock. 

bulg.  sopadzi,  Knüttelträger.  Djuv.  Vergl.  kroat.  sopje:  za  sopje  konji  povezani.  Istr. 
ngriech.  aoira,  xopüv/j. 

Dcnksclirifteu  .ler  phil.-liist.  Cl.  XXXVllI.  lid.   I.  Abh.  6 


34  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

sorguö,  Federbusch. 

mrum.  serguce.  Obed.  226.    russ.  sm-gucs,  Siegellack,  ist  dunkel. 

soro,  grau,    russ.  seryj. 

niittelas.    sur.     russ.    mi'yj.     ostjak.    sui\     magy.    szürke.   Vergl.  serb.  surka,  Art  Kleid. 

souk,  sovuk,  türk.  ^^^o,  ^yo,  Kälte, 
russ.  slugans.  Mater.  328.  Z.  578.   1. 

söjiä,  türk.  ^JäJ^,  in  Wasser  gekochtes  Fleisch, 
bulg.  sojtts.  Z.  580.   1. 

spaka:    zend    9pan,    Hund.    9paka,    hundsartig,    medisch  oitdxa,  Hündin  bei  Ilerodot. 
Damit  bringt  man  in  Verbindung   russ.   sohaka,   Hund  und  suka,  Hündin.    Damiesteter 
I.  13.   167. 

8U,  Wasser. 

ngriech.  ao'J-e{JLtv,  xp-rjvo^uXdxtov:  arab.  emin,  ^j^\,  Aufseher.  Z.  575.   1. 

SU,  sev,  arab.  ^^,  Bosheit,  Scliaden. 

Vergl.  ngriech.  ao'jß-»],  xaxaXa/jd.  Pap.  97.  499.   Z.  522.  2. 

sual,  arab.  Jllw,  Frage. 

serb.  suval,  falsch  odgovor.  Bos.  Vila  2.  259.  suval,  Frage,  bez  suvala,  hez  pitanja. 
sualdzlja,  suvaldiija.  Hör.  2.   615.  Z.  522.  3. 

8ubas§,  Polizei-Oberst. 

serb.  stibaSa,  bailli  de  chaque  possession  dans  son  domaine.  Dozon  312.  suhastvo  ili 
starejsinstvo  i  podvojvodstvo.  poln.  subastwo,  subhaszostwo.  rmn.  subas§,  Dorf- Oberhaupt, 
magy.  szubasa.  szubasasdg,  duumviratus.  ngriech.  aoujXTcdoTjc,  i%iQzrj.zrfi.  Legr.  plur.  aou- 
[xicdatSsc,  bei  Hammer  aouTudaic. 

subat,  arab.  «yL*«,  Schlaf,  Betäubung. 

poln.  subet,  Schlafsucht,  sen  itstawiczny  i  bezmienny.   Muchl.   122.  Z.  495.   1. 

sudzuk,  Wurst. 

serl).  sudiuka.  Bos.     nmi.  sudzuk. 

sui-i-hal,  JU»  e^^,  schlimmer  Zustand. 

serli.  suhal  uciniti:  ja  ga  suhal  ne  bih  ucinio.  Juk.  498.  suhal  für  suditi,  istrazivati  621. 
Z.  522.  3. 

SU  joldz^se,  türk.  ^^^^Ly^  yo,  Brunnenmeister. 

runi.  sujudziu.  studier,  aus  und  neben  sludzer,  Art  Küchenmeister,  ist  von  slav.  sluziti 
abzuleiten,  daraus  poln.  suldziar.  Costin  2.  134.  ngriech.  coyy^^^'cC'^??  xoxa|j.c-:7]i;,  'J5po- 
\i.rxzz^'JVf^z.  Vergl.  aouysXo,  uSpaytoYÖc.  Pap.  500.  Z.  575.  2. 

sukman,  Art  Pantoffel. 

bulg.  sukman.  Jir.  20.  poln.  sukmana.  klruss.  sukmana,  Art  Bauernkittel,  sukmanyc, 
Anfülirer  der  Ilolzschläger.     magy.  szukmäny,  Art  zottiges  Kleid,      rum.  suman. 

sul,  sule,  pers.  J^,  «J^,  schöw  w  ziemt  na  zboze. 

poln.  soi,  Speicher,  Vorrathskammer.  Muchl.   121.  Fehlt  Z. 


Die  TüKKiscHEN  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  35 

suluk,  arab.  JyL,,  Handlungsweise. 

serb.  siduö,  pravac,  pokret,  pohod.  Hör.  da  je  muluö  suluc  ucinio  37.  Z.  517.   1. 

sung§,  nordtttrk.  ^^Xj^a«,  Lanze. 
serb.  sungija,  Bajouuet.  Z.  528.  2. 

sur,  arab.    s^,  Hörn,  Trompete. 
Vergl.  serb.  surla,  Rüssel.  Z.  576.  2. 

surd.uk,  türk.  Engpass,  bei  Dj.  Popovid. 
serb.  surduh,  Bergriese. 

suret,  Form. 

rmn.  suret^  Copie.  serb.  sure,  slika.  po  suretu^  po  oblicju.  Eos.  Vila  2.  277.  pa  mu 
dvije  sure  nacinise.  Hör.  88.  dok  sam  sure  sebi  nahavüa;  ja  imadem  sure  u  dzepov'ma  352. 
ondje  stasa  ni  sureta  nema  479.  Vergl.  sura,  klafterweise  aufgeschichtetes  Holz  und  dodje 
sura  na  me.   Bos.  Vila  2.   148.  Man  beachte  das  folgende  Wort. 

suret,  arab.   üv^,  Capitel  des  Koran, 
serb.  sura,  red,  redak.  Bos.  Z.   524.   1. 

surguc,  Siegellack. 

bulg.  surguc,  Morse,  klruss.  surhac,  russ.  surgucd,  kann  ich  nicht  erklären:  nordtürk. 
surgus  stammt  aus  dem  Russ. 

sury,  pers.  ^y^,  roth,  rothe  Farbe, 
bulg.    surik,     Minium.  Z.  504.   1. 

susam,  Sesam. 

bulg.  serb.  susam.  poln.  sesem,  sezam,  zezam.  alb.  susam,  Steinkümmel,  ngriech.  oou- 
3a|jLoxa/>ajji.jd.  Pap.  152. 

susön,  Lilie. 

poln.  sasanka,  colchicmn. 

suvat,  türk.  ci»!^^,  Thiertränke. 

serb.  suvat,  Ort,  wo  das  Vieh  im  Sommer  sich  aufhält,  suvatovati.  Mit  griech.  ooußd- 
■:i3[xa,  xovtaatc.  Pap.  476  vergleiche  man  türk.  s§va,  l^^s,  Mörtel,  Kalkanwurf.  Z.  375. 
3.  528.  2. 

Süd,  Milch,  südlü,  von  Milch. 

serb.  sultiplta,  jjita  od  mleka.  sutlijas:     türk.  südlü  a§,  Milchbrei,  sutmavi,  hijelomodri.  Bos. 

süUi,    arab.    ^>JLo,  Friede,  Ausgleichung. 

serb.  sul,  mir.  sidj,  pröija.  Bogi§.  213.  nasuUti,  naciniti  419.  nasuliti,  posuliti,  pomiriti. 
Bos.  da  se  posuUmo.  sulh,  Vergleich,  nar.-bl.  30.  sula  uhvatismo.  Hör.  2.  550.  nasuliti  se, 
sich  versöhnen.  Hör.  pa  se  tako  nasulise  turci  427.     rum.  sulf.  Z.  573.   1. 

suis,  sülüs,  türk.  öJÜ,  Drittheil. 

rum.  .suis,  tult,  alte  türkische  Münze  im  Werthe  von  einem  Drittel  eines  Leu.  Z.  336.  2. 

Sultan,  Sultan. 

serb.  sultana,  sulta,  Frauennamen,  russ.  sultam,  auch  Federbusch,  jjoln.  svAtan,  soi'tan. 
suttan,  auch  Art  Frauenkleidung,  cech.  zolddn.  rum.  sultanika,  Art  Spiel,  griech.  ouptä- 
vo?.  Urkunde  des  XHI.  Jahrhunderts. 

5* 


36  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

sülügen,  türk.  ,jX'^,  Zinnober,  Schminke, 
serb.  mligen.  Z.  527.  3. 

Bülümen,  Art  Quecksilberpräparat,  Scliminke. 

serb.  suliment.  russ.  sulema  stammt  aus  dem  ngriech. :  oouXt(j,äi;.  klruss.  sitiema.  Vergl. 
oouXssvi,  [xiXro*;. 

sümbül,  Hyacinthe. 

bulg.  zimhil,  zjumbil.  Djuv.  serb.  sumhul,  sumhulj.  Sumhul  udovica.  Hör.  399.  rum. 
zambul,  zambil§.     ngriech.  C^\i.'Koö'ki,  vdpxiaaoc. 

sümmak,  Sumach. 

poln.  sumak.  klruss.  sumak,  octoveö  rhus  typhinus.  sumeö,  kurzes  Bauholz,  rum.  somaki. 
Vergl.  magy.  szömörke,  szömörce. 

sünger,  Schwamm. 

bulg.  Singer,  serb.  oia  sungal  joj  vodu  pomlacise.  Bos.  2.  286.  serb.  alb.  sundjer. 
Rec.  60.  Aus  ngriech.  o^ooffdpt.^  spongia. 

8ünn6t,  Gesetz  Gottes,  Beschneidung. 

bulg.  sjunet-dugjun,  Fest  der  Beschneidung,  türk.  sünn^t-dügüni.  span.  alzuna,  azuna; 
sunni.   Z.  520.  2. 

süräkä,  nordtürk.  Art  weibliche  Kopfbedeckung.  Ostroum. 
Vergl,  russ.  sjurjaka,  Kopfbund  getaufter  Tatarinen. 

sürme,  Bestreichen,  Augensalbe. 

serb.  na  oci  ti  surmilce,  navucena  boja  oko  ociju.  russ.  auch  surma.  klruss.  sufma, 
Spiessglanz.     Vergl.  poln.  sumat,  mercurius  sublimatus. 

sürme,  Schiebung,  Riegel. 

alb.  surmen  für  serb.  zavorna,  opon.  Re5.  34.     span.  surmah,  colirio. 

8ürni6k,  verbannen, 
serb.  surisati.  Bos. 

sürna,  Festpfeife. 

kroat.  surna,  fistula.  Lekc.  aruss.  surnacej,  nordtürk.  surnacg,  Pfeifer,  poln.  surmarz, 
klruss.  surmyty,  surmity.  surmac.  rum.  surlar.  surloj,  curloj.  Vergl.  zurn§esk,  zorn§esk,  wieder- 
hallen, poln.  surma,  Art  Trompete.  KarJ.  24.  ngriech.  aoupauXo,  Pfeife.  Hahn,  Märchen. 
2.  240.  Vergl.  lit.  äiurma,  surma,  tönende  Pfeife  und  türk.  sur,  zurna,  zürna. 

sürüdzü,  Treiber,  von  sürmek,  treiben. 

serb.  surudzija,  Postillon.  Hör.  4.  465.  Vergl.  Hör,  2.  615. 

sürük,  süri,  türk.  '■iij^y^t  Heerde. 

rum.  surekciu,  Viehhändler.  Z.  525.  1.   Vergl.  sürüdzü. 

sOvar,  reitend. 

serb.  suvarija.  suvaca,  Rossmühle. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  37 


V 

s. 

sab,  Alaun. 

serb.  sah,  Alaun,  Art  Krankheit  des  Viehes,     span.  enxebe. 

sa'ban,  arab.  ^^L**i,  der  achte  Monat  des  arab.  Kalenders, 
serb.  äabanb.  Daniciö.  Z.  545.  2. 

sabka,  Hut. 

poln.  czapka.  Das  Wort  ist  aus  einer  sla vischen  Sprache  in  das  Türk.  eingedrungen, 
slav.  sapka  (sapika)  setzt  sapa  voraus,  das  mit  dem,  wie  es  scheint,  ursprünglich  germanischen, 
wenn  nicht  aus  der  römischen  Volkssprache  stammenden,  cappa  durch  frz.  chape^  Chor- 
mantel, aus  älterem  cape,  afrz.  chapel,  Kranz  statt  des  Hutes,  mhd.  tschapel,  schapel,  ver- 
mittelt wird,  capka  und  sapka  sind  dem  Alter  nach  verschieden:  jenes  ist  älter.  Das  bulg. 
und  kroat.  Wort  kann  aus  dem  Türk.  stammen. 

sabra,  nordtürk.  Nachbar.  Ostroumov^B. 

Vergl.  niss.  sjabrs,  sjabers,  sabra  usw.,  Nachbar.  Ein  dunkles  Wort.  Etymologisches 
Wörterbuch:  sjabrü. 

sadra,  gescheckt. 

russ.  äadra,  Pocken.  izsadriU.  Daneben  scedra,  scedrina,  Pocke,  scedrivyj,  rjaboj  licoms, 
mit  Anlehnung  an  scedryj. 

sadrevan,  Springbrunnen. 

serb.  Sadrevan,  sahdrvan,  sadrman.     rum.  *Sad§rvan,  sad§rvin. 

sah,  König. 

serb.  sah,  auch  seh,  se.  sahinsah,  König  der  Könige,  sj^an.  jaque.  jaquemate.  exxe. 
escaque.  rum.  *sahmara^  sahmarand,  kostbarer  Seidenstoff,  ursprünglich  ji^irpurn:  sah,  König 
und  mor,  purpurn:  vergl.  bulg.  mor,  Sammt.  russ.  sachmatnica.  sachmatnyj,  gewürfelt  (vom 
Zeug).  Daher  votj.  sakmato.     ngriech.  aca)('capßdv,  aaTpdirvji;,  xußsütwö?  irtva^. 

sahin,  der  weisse  Edelfalke,  faucon  royal. 

serb.  sahin.  sainov,  sokolov.  saja,  Falke:  sajo  moja,   oko  sokolovo. 

sahnisin,  türk.  ,^^-ÄJüjoLi,  Altan, 
ngriech.  aa/viatvc.  Hind.  87. 

sahm,  arab.  |V^,  Fett, 
rum.  sah§n.  Z.   539.   3. 

Sajak,  'aba  sajak,  Art  grobes  Tuch. 

bulg.  sajek,  sajak.  Jir.  37.  140.  bU  sajak.  sajacni  dreht.  Rumena  10.  24.  serb.  sajak. 
s'ajcan  adj.  sajakli  tozluci.  Marjan.  117.  sajakli  caksire.  Juk.  431.  sajcav  adj.  sajcena  dolama. 
rum.  iajak,  sijak,  grober  Wollenstoff  zu  Mönchskleidern,  mrum.  siak,  Art  Aba.  Obed.  Das 
türk.  Wort  steht  bei  Cihac  614.  ohne  Angabe  der  Quelle.   Fehlt  Z. 


38  I-  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

&ajed,  pors.  JoLi,  ziemt  sich,  kann  sein,  vielleicht. 

serb.  sat,  wenn.  Das  den  ungarischen  Serben  bekannte  AVort  wird  ehedem  auch  bei 
den  Türken  üblich  gewesen  sein.  Z.  537.  3. 

Sajka,  Barke. 

nslov.  sajka.  poln.  czajko.  rum.  sajka.  sajkar.  magy.  auch  csajka.  frz.  saique.  Der 
Ursprung  dieses  in  den  Liludern  der  unteren  Donau  sehr  verbreiteten  Wortes  ist  nicht  auf- 
geklärt:  auf  türk.  kaj^k  lässt  sich  äajka  nicht  zurückfiihi-eu. 

saka,   Scherz. 

Man  beachte  arab.  saka,  »LiLi,  dem  die  Bedeutungen:  Elend,  das  Bestinmitsein  zur 
emgen  Verdanuuniss  und  das  demgemUsse  Handeln,  im  Türk.  Rebellion,  gewöhnlich  Muth- 
■n-ille.    Scherz,   Possen  zugeschrieben  werden,     griech.    ajaxäc,    doTciötTjc.   Pap.   497.    oaxäc. 

äal,  Shawl. 

bulg.  Ijahuri-saljani.  Djuv.  ^^olu.  szal.  rum.  ml,  grober  Wollenstoff,  span.  chal.  Davon 
trennt  man  poln.  szali,  rum.  sali,  saj  Camelot:  türk.  sal§.  Z.  536.  1.  jengjurs§l  ist  türk.  en- 
gur  äalfSQ  Camelot  von  Angora. 

äalbak,  Dummkopf. 

Herr  Korsch  vergleicht  Ozbeg.  salpan,  herabhängende  Ohren  habend,  salpar,  faul.  russ. 
salopaj,  das  von  Einigen  mit  frz.  chenapan  vaurien,  baudit,  verglichen  wird,  das  man  mit 
dem  nhd.  Schnapphalm  Wegelagerer,  zusammenstellt. 

§ale§,  türk.  Art  Fisch. 

rum.  saliü,  ein  Fisch,  auch  suduk  genannt.  Saineanu  97. 

äalgam,  türk.  (V*JLi,  weisse  Rübe,     nordtürk.  äalkan. 
ngriech.  aaXydiJLt.  Hind.   12.  sallganja.  Rec.  49.  Z.  .049.  3. 

äam,  Damascus,  Syrierr. 

serb.  jemenija  samska.  Hör.  58.  Samaladza,  Damast,  beruht  auf  türk.  sam  aladza,  sam 
aladzas§:  aladza  findet  sich  an  seinem  Orte,  samdud,  sandud.  poln.  szamska  giownia.  szemka, 
Art  Seidenstoff.  GoJ^b.  196.  rum.  sam.  samaladza,  samaladza.  samli  von  Bagdad,  span. 
xame,  Art  Stoff. 

Samara,  arab.  s-^,  Kleid. 

poln.  camara.     span.  chamarra,  zamarra.  chambra.  Dunkel.  Eguil.   373. 

samata,  Lunn. 

poln.  szamota,  szomota.  szamotaö.  rum.  samata.  ugnech.  cjajxazä?,  zörj^r^.  Pap.  497. 
Man  vergleicht  arab.  äämatä,   Schadenfreude:  die  Bedeutungen  sind  nicht  zu  vermitteln. 

Same,  pers.  jwLi,  Kopfschleier  der  Frauen. 

bulg.  samija,  Art  Kleid,     serb.  samija.  Jastr.  Z.  536.  3. 

äam'ödan,  Leuchter. 

nmi.  äamdandzi-ha^,  Art  Hofbeamter.  Das  Wort  ist  arab.-pers.,  nordtürk.  samdal,  esäm- 
däl,  wird  auch  osman.-türk.  sein  oder  gewesen  sein,  Avie  bulg.  Sandal  darthut.  aruss.  san- 
dams.     serb.  auch  Savdan. 

äan,  arab.  ^;Li,  Würde,  Ruhm, 
serb.  san.  Hör.  Z.  536.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  39 

sark,  Osten. 

serb.  sarkija,  Art  grosse  Tambourine,  nach  Dj.  Popovid  264.  l^os.  Vila  4.  21.  sargija 
ili  kakva  tamburica.  Rad  63.  90.  arab.  sarki,  Art  Tambourine,  Lied.  ahd.  sarz,  serzo. 
russ.  sorocina.     ngriecli.  aa(JLata  toupxwa  y]  GdpY.ia.  Rosen  6.     span.  charquez,  ajarquia. 

sart,  Vertrag. 

serb.  sart,  uslov,  dogma.  In  Bosnien,  rum.  sa?'^:  daneben  sMj'^ii,  das  auf  dem  arab.  Plur. 
^urut  beruht,     russ.  sertb.     votj.  sert.     alb.  sart. 

sase,  schielend. 

serb.  sasa,  sasan.  Bos.  sasav. 

sasek,  türk.   ^^j^Li. 

gech.  sasek,  Possenreisser.     poln.  szaszek.  Fehlt  Z.  Muchl.  127.  Vergl.  sasmak. 

sasken,  verzagt. 

rum.  saskgnltk,  Verwirrung.  Vielleicht  hängt  sask§n  mit  sasmak  zusammen. 

sat^r,  flink, 
rum.  sater,  satir. 

satrendz,  Schachspiel. 

ngriech.  Car^ocxiov.  Anna  Comnena  2.  400:  falsch  ist  die  Erklärung  von  C<xtpc%tov  durch 
aaTpd7C'/jC.  ca-pdvtC^-  Hind.  103.  Dunkel  ist  russ.  saiidriki,  Domostr.  144,  Gesims,  rum. 
Satrandziü,  sandraci,  span.  ajedrez  usw.  Eguil.  76.  Mit  satrendz  glaubt  man  russ.  sei'enga. 
Reihe,  Glied  (der  Soldaten),  magy.  sereg,  nslov.  kroat.  serb.  klruss.  sereg,  rum.  m^eg 
ableiten  zu  können,  was  ich  nicht  für  richtig  halte.  Den  slavischen  Wörtern  liegt  magy. 
sereg  zu  Grunde. 

§avk,  türk.  ^-^i  Strahl. 

serb.  sevak  daju  na  cetiri  strane.  Smail.  Vergl.  sto  je  sevak  iz  vode  studene.  Petr.  263. 
265.  Z.  552.  3. 

§6bane,  pers.  «üLa.ä,  Nachtkleid. 

rum.  sabana,  daraus  sarvana,  Art  kostbares  Kleid.  Z.  538.   1. 

äebbui,  Levkoje. 

hxAg.  sihoj,  cheiranthus.  Jir.  241.     serb.  senhoj,  semboj.  Bos. 

Sebek,  türk.  ■iLui,,  grosser  Affe,  Pavian, 
serb.  sebek,  Art  Affe.  Z.  538.  2. 

äebeke  ist  arab.:  Hind.  und  Zenker  haben  das  Wort. 

Das  serbische  sabaka  stammt  aus  dem  ital.  sciabica.  span.  jäbeca,  ajabeca,  enjaveco. 
frz.  chebec.  Devic  28. 

Sebkar,  pers.,  Nachtarbeit. 

serb.  seveöerija:  wenn  der  erste  Pfirsich  reif  wird,  bringt  der  Sclmeider  seinen  Gesellen 
je  einen  Pfirsich,  um  anzudeuten,  dass  der  Tag  abgenommen,  dass  daher  auch  bei  Kerzen- 
licht gearbeitet  Averden  muss.  Seb,  Nacht,  kar,  Arbeit.  Z.  537.  3;   731.   1. 

§6fl',  arab.  j«AÄ*i,  Vermittler,  der  das  Näherrecht  hat. 
serb.  spfija.  sefiluk.  sefijsko  pravo.  Bos.  Z.  546.  3. 


40  I-    ÄBHANDIiüNG:   FuANZ    MlKLOSlCH. 

äöftalu,  Plirsieh. 

serb.  auch  septelija,  saptalija.  Vei'gl.  na  rukave  sevtelt  beare.  Jastr.  191.  russ.  septala 
f.  collect. 

Sehid,  Zeuge. 

serb.  Sehid,  iahid.  Hör.  sahit,  mit,  said.   Bogis.  539.  Schadet,  Zeugenschaft.  Bos. 

Sehr,  Stadt. 

serb.  seherkinja,  Städteriu.  Bos.  Seherske  pjesme.  Hör.  IX,  d.  i.  zenske  pjesme.  serski. 
nordtürk.  äjagjar  wird  sähär,  sähr  gesprochen. 

äöhr,  arab.  .  (^  ■•>■,  Monat. 

serb.  äehri,  mjesec.  Hör.  seh7^i  ramazana  139.  Z.  553.  3. 

äehreng,  pers.,  persischer  Stoff. 

nun.  iiri)ik§,  v§l,  Hülle,  Schleier.  Bei  Saineanu  aus  Hammer's  Geschichte.  Vergl.  streng. 

sejx,  der  Alte. 

serb.  seh,  Mönch,  sehislain.  Bos.  sehislam,  glava  islama.  Hör.     poln.  szejch.     rum.  s^julislam. 

sejtan,  Satan. 

serb.  Sejtan,  Sajtan.  Sejtanluk.     russ.  sajtans.     rum.  s§jt§nik§. 

äeker,  Zucker. 

kroat.  Seker.  sekerli  kolac.  serb.  Sekerli  rakija.  Hör.  135.  russ.  sachars.  Die  unter  Seker 
zusammengestellten  Formen  gehen  zurück  auf  pers.  Seker,  arab.  sokkar,  ugriech.  I^6:fa[ji. 
mlat.  zucara  und  deutsch  Zucker.  Einige  der  angeführten  Sprachen  haben  die  Ausdi'ücke 
für  ,Zucker'  aus  je  zwei  Spraclieu  entlehnt:  bulg.  Seker,  zahar,  alb.  Sekjcr,  zahar,  türk. 
S^kSr,  sükker:  dieses  scheint  frz.  serb.  S^öerkand,  s.  kand.  Secerlemc,  Süssigkeiten :  türk.  seker- 
Ume  bei  Dj.  Popovid.  Seöerdzija,  Zuckerbäcker,  rum.  Sekerdzi:  türk.  seMrdzi.  Devic  64. 

selvar,  Pmnphosen. 

bulg.  Salvar.  griech.  aapdßaXXa,  aapdjSapa,  oapairdpat.  mlat.  saravallum,  sarahalla, 
sarabar7'a  usw.  O.  Schrader,  Handelsgeschichte  1.  253.  Man  verbessere  das  arab.  in  \'JL«i. 
nordtürk.  cambar,  cymbar.     russ.  cembary.     serb.  auch  Sarvare.     kroat.  zalavardi. 

sems,  arab.   jj«-Mi,  Sonne. 

aniss.  Simes5,  Name  eines  Planeten:  v'Sioness.  op.  2.  3.  92.   114. 

sön,  fröhlich. 

aslov.  Senhligs.  serb.  Selmuk.  Vre.  Senli.  Senlgk.  Jastr.  senluciti.  Smail.  Semno  i  veselo. 
Smail.     rum.  *Senlik,  Stnlik,  öffentliche  Lustbarkeit. 

s6p61e,  türk.  Ä-Lyi,  Maulschelle, 
alb.  Seplaka.  Z.  538.  3. 

s6rab,  Getränk. 

ngriecli.  aupOTUt.  it.  sciroppo,  siroppo.  span.  jarope.  nhd.  sirup.  udat.  siropus. 
frz.  sirop. 

serabdar,   »Ijolwi,,  Weinschenk. 

ngriecli.  oapairrdpioc.  Hammer,  Geschichte  1.  493.  Z.  541.   1. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  41 

Sorbet,  Trank. 

serb.  Serbe  gen.  serheta,  med  s  vodom  razmu^en.  Bos.  serhet,  medovina.  gerbedzija.     russ.. 
serhets.     alb.  serhet.     it.  sorbetto.     sjian.  xarabe,  aus  dem  frz.  sorbete,     frz.  sorbet. 

serbil,  zerbul,  arab.  viilg.  J^aj^^,  J^>y 

spkn.  servüla.     griech.  rCspßo'jXia:   aspßo'jXa  soll  Schuh   der  Sclaven  sein.    Eguil.  493. 

serefat,  sürefat,  arab.  ^\jyjij,  Gallerie  auf  den  ThUrmen  der  Moscheen,  wo  der  Muezzin 
stehen  kann. 

serb.  serefa.  na  serafam'  zvona  namjestiti.  Hör.  201.  Z.   542.  3. 

S§ger6§k,  nordtürk.,  Staar.     kirgis.  sh^sik. 
magy.  sei'ege,  seregÜy,  sereglye. 

söriat,  mohammedanisches  Gesetz. 

serb.  serijat:  po  kuranu  i  serijatu.  Bos.  Vila  2.    163. 

serr,  arab.  Li,  Schlechtigkeit. 

serb.  ser,  List.  Mara  njemu  sera  ucinila.  Jastr.  266.  serski,  listig.  Z.  540.  3. 

s6s/ane,  gezogener  Gewehrlauf, 

rum.  susane  neben  sisane.     serb.  seshana,  sest  pruga,  puska  prost^ugane  cijevi.  Hör. 

s§kak,   ^3ft.w,  langes  Stück  Tuch. 

Vergl.  serb.  sakakluk^  Kopfschmuck  der  Braut  au.s  Münzen.  Z.  547.   1. 

s§r§n,  nordtürk.  ^j»-w,  wohl  Schwager. 

aslov.  sun,  surins.  nslov.  sura.  bulg.  sure.  serb.  sura,  surin.  pol.  szurzy.  russ.  surins. 
Muchl.   129.  Fehlt  Z.  Die  Zusammenstellung  ist  unrichtig. 

s§rlagan,  Sesamöl. 

serb.  alb.  Sarllagan.     ngriech.  sarlagani.  Re8.  51. 

sibr,  Spanne. 

serb.  seberest,  klein.  Seberesti  deca.  Vardar  1887.   119.  Z.  539.  2. 

sik,  Knistergold. 

nslov.  sik  remenarski,  filum  coriaceum.  Das  dunkle  Wort  fehlt  den  tUrk.  Sprachen.  Herr 
Korsch  denkt  an  catal.  xic,  chic,  span.  chico,  klein,  gering,  das  auf  lat.  ciccus  zurück- 
geführt wird.  serb.  sikom  -  bojana,  siper  -  peana,  sikom  -  bojana,  Refrain  eines  Volksliedes. 
sikovati.  sican.  Dj.  Popoviö.  Vergl.  kroat.  sikati,  vesti,  sticken,  sikom  bi  se  obsiknula,  da  bi 
tensa  hila.  Istr.  serb.  sikme  odaja.  Petr.  poln.  szych,  falszyive  zioto  lab  srebro.  GoJ^b.  198. 
rimi.  sik,  vergoldetes  Alaunleder.  Andere  Namen  desselben  Gegenstandes:  türk.  k§labdan. 
varak.  serb.  kozar.  telej  aus  türk.  tel.  russ.  misura.  susah.  Nach  Hör.  ein  türk.  Wort. 

sikar,  Jagd,  Jagdbeute. 

bulg.  sikjarja.  Verb.     serb.  sidar,  pjoklon.  Bos. 

sikem,  sikembe,  isk6m,  iskömbä,  Eingeweide. 

bulg.  skembe  n.  Ljub.  86.  serb.  iskembe,  utroba.  Bos.  poln.  szekambet,  szakambei,  Art 
Pferdedecke,     pers.  sik4m-bend,  cU-^Xcö.  Vergl.  b^nd. 

DcnVschriften  der  phil.-hist.  CI.  XXXVIII.  Bd.    I.  Abh.  6 


42  !•  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

Silte,  Art  Kissen, 
serb.  siltet.  Smail. 

simäet,  tilrk.,  Art  Band. 

serb.  simäeta,  semSeta,  Art  Schnüre  vorn  am  Kleide,  nach  Dj.  Popovic. 

siinsir,  Buchs. 

serb.  Simsir  odaja.  semsilik.  Dozon  42.  rnm.  cimsir,  cimisir,  cimiseriü.  Vergl.  alb.  s'er- 
maiek,  Epheu.     ngi-iech.  zC^\i.oii. 

Sinik,  Art  Mass. 

serb.  siiiik,  senik,  Mass  von  zehn  Oka.  ngriech.  acvixi.  Hind.  70.  aotvtxt,  yjÄvi^.  Man 
vergleicht  unrichtig  tlirk.  c^anak,   ngriech.  z!^oy6.%i.  sinik  ist  griech.  Ursprungs. 

Sipal,  tilrk.  JLuui,  Name  eines  Helden,  tapfer. 

serb.  sibala,  kräftiger  Junge,  sihaluk,  Brunnenschwengel,  ist  dunkel.  Z.  554.  3. 

sirdön,  der  untere  Magen  eines  Wiederkäuers, 
serb.  Urden,  smcnik.'  Reo.  23.  Z.  555.  2. 

Sirö,  Most. 

bulg.  Sira.     serb.  sira,  slatko  vino.  Vardar. 

Sirit,  Schnur. 

ngriech.  astpizcov,  astpaStov,  aaipd.    aspSTVjc,  irspttptfJLfJia,  durchtriebener  Mensch.  aspstXix, 

äirket,  arab.  sSyi,,  Gesellschaft. 
Vcrgl.  serb.  seret.  Z.  543.   1. 

Sirret,  Bosheit. 

serb.  siret,  seret,  listig,  siretluk,  seretluk,  Schlauheit,     griech.  ajepsxTjc,  icoVTjpo«;.  Pap.  422. 

Siä,  Spiess. 

niss.  iaälyks  beruht  auf  nordtürk.  s§sl§k,  am  Spiesse  gebratenes  Fleiscli.  Vergl.  bulg. 
siiove  te  na  corapa. 

Sis,  ses,  türk.  jjiyui,  Geschwulst.  S^öko,  Dickbauch,  sismek,  anschwellen. 

serb.  iiskav,  fett,  sisko.  russ.  siska.  pol.  szyszka.  szyszko,  gruhy,  opasiy,  brzuchal,  Hie- 
her gehört  der  bulg.  Personenname  Sisman,  den  Gundulid  unrichtig  für  den  poln.  Sigmund 
gebraucht.  Z.  555.  3. 

SiSe,  Flasche. 

serb.  auch  SiSe.  Üsa,  Plafond.  Bos.  serb.  siSe  für  letva,  Latte,  nacli  Rec.  38.  türk.  si§6 
in  der  gleichen  Bedeutung. 

§i&ek,  türk.  dLiwi,  Lamm  im  ersten  Jahre. 

serb.  süe,  Füllen,  dem  man  die  Mähne  geschoren,  stammt  von  sisati,  scheeren.  Z.  544.  3. 

sisman,  türk.  jjU-Ä«i,  fett,  beleibt. 

Vergl.  bulg.  Süman,  Imlgarischer  Personenname.  Vergl.  sis. 

äiveli,  pers.  ^iyXM,  gefallsüchtig,  kokett. 

serb.  Siveljiti,  Hveriti,  Seveljiti,  kokettiren.  Verschieden  ist  seveljiti,  auszuweichen  suchen. 
Seveljajka:  o  ti  gusko  feveljajko.  Z.  556.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  43 

sivet,  tUrk.  Zopf.  Nach  Dj.  Popovi6. 

serb.  siveta,  plur.,  die  vielen  Zöpfe  der  Türkinnen. 

solkadar,  türk.  .tXiLlj-ci,  soviel, 
mm.  sukada,  soviel.  Z.  553.  1. 

subara,  »nLj^,  Art  Mütze. 

serb.  subara,  sto  kod  svecanosti  nose  cinovnici,   vojnici.  suharo.  Jastr.  384.  subara,  Pelz- 
mütze. Fehlt  Z. 

§uga,  Krätze. 

Das  Wort   ist   vielleicht  der  türkischen  Volkssprache   eigen:   Iliev  kennt   es   nur  bulg.; 
daneben  krata.     alb.  suga. 

suklek,  türk.   j^Ji'wÄ,  rhamnus  catliartica. 

poln.  szaklak,  szekiak,  zosciel.  Mnchl.   126.  Fehlt  Z. 

sur  mur,  türk.   .^.^,  Verwirrung. 

serb.  suru  muru,  suri  buri,  interj.,  in  der  Verwirrung.  surovatL   Z.  552.  2. 

surut,  plur.  von  sart,  Vertrag. 

serb.  surut,  uslovi.  Hör.  sunit  uölnise  199.  Z.  542.  1. 

äükr,  meist  sükür,   arab.    jCi,  Dank,  Lobpreisung  Gottes,     nordtürk.  sökör. 
serb.  sucur!    interj.    Gott  sei  gedankt!    su6ur  ciniti,    danken,   sucur  dragom  alahu.     alb. 
suöur.  Rec.  76.  Z.  548.  1. 

süphe,  Zweifel. 

Man  verbessere  das  Arab.  in  x-^am.  serb.  subha,  sumnja.  Bos. 

T. 


tab'ayane,  ioLsv.*Ais,  Druckerei,  tabyanö. 
ngriech.  zrt.[xizyayi.  Pap,  Z,  595.  1. 

tabak,  Teller. 

serb.  tabak,  ploca,  sloj,  tanjir.  tabaci,  plitvice  u  crkvi.  Bos.  nosi  kahvu  na  tabaku  zlatnu. 
Hör.  500. 

tabak,  Gäi-ber. 

rum.  t^rbak§,  t§b§ceal§,  t§rb§ceal§.  ngriech.  za^i.Tzdx'^fiz,  ßupasuc.  Pap.  363.  span.  adobar, 
curtir  las  pieles.  Eguil.  57. 

taban,  Sohle,  auch  Balken. 

serb.  taban,  vjencanica,  Dachlatte,  alb.  taban.  Rec.  38.  istabati,  auf  die  Sohlen  schlagen. 
Bos.  Vila  2.  145.  tavanjaca  greda.  Rec.  38.  Daher  rum.  taban,  Art  langes,  dünnes  Brett, 
poln,  wziqö,  dostac  po  tabinkach,  tehinkach,  Schläge  auf  die  Fusssohlen  bekommen.  da6 
komu  po   tybinkach.    Die  Form  überrascht:    die   Bedeutung   hindert    an   teb^ngü    zu   denken. 

taban,  pers.  richtig  ^^L>b,  glänzend, 
serb,  tabandze,  mala  puska. 

6* 


44  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

tabar,  Hacke. 

klruss.  topör,  wniss.  tapor.  slovak.  porisko.  cech.  toporo,  Hackenstiel,  ngriech.  tcicspt. 
estn.  tapper.     finn.  tappara.     cerem.  tavar.     zig.  tover,  tovel.  Alilquist  30. 

tabarga,  nordtiirk.  moschus  moschiferus. 

russ.  kaharga,  chabarga.  Mater.  320.  bulg.  tabargan,  gerboise,  ist  wohl  aus  dem  Russ. 
entlehnt. 

tabi'at,  Natur,  Stimmung. 

Vergl.  bulg.  tabehet.  Col.  138.  serb.  tabijat,  narav,  cud.  Bos.  Vila  2.  129.  324.  380. 
rum.  ieap§y  Art,  Stand. 

ta'bir,  arab.  »aa*j,  Auslegung. 

serb.  tabir,  himacenje.  Hör.  te  je  sanak  tabir  ucinio.  394.  hodza  tabirdzija.  413.  öitab 
tabirnama,  Tramnbuch.  Ibid.  sanak  tabiriti.  414.  Z.  291.   1. 

tabja,  Schanze. 

serb.  auch  tablja.     ngriech.  td|J.';rta,  plur.  Legr.   136.  tdjjnrja.  Volksl. 

tabl,  arab.  JiJe,  Art  Trommel. 

griech.  -ctßaXa  für  t6[JL7:ava,  Pauken,  bei  Hesychius.  span.  atabal,  atambal,  timbal.  it. 
taballo,    timballo.      frz.    timbale.    Anlehnung  an  t6[A7iavov  wird   anzunehmen   sein.    Devic   67. 

tabla,  2uLJo,  Scheibe,  Platte. 

bulg.  tabia,  Art  Tisch.  Jir.  56.  Z.  .595.  3. 

tabor,  christliches  Feldlager. 

russ.  tovars  und  tovdrs.  ngriech.  taiATCOupia  xal  [xstsptC^a.  Volksl.  cech.  täbor  in  der 
Bedeutung  .Volksversammlung'  ist  neu.  Vergl.  Fremdwörter. 

tabun,  Gestüt? 

poln.  taban,  wyraz  ukraiAski,  stado  koni  tatarskich^  kon  z  tabunu  wzi^ty,  russ.  cernye 
vorony  tabunom  tabunili  sja. 

tabut,  Sarg. 

serb.  tabut,  mrtvaöki  sanduk,  lijes.  Bos.     span.  atahud.  Eguil.  299. 

tafra,  Stolz. 

serb.  tafralija,  tavralija,  tarvaiija.  kapa  tafralija.  Jastr.  442. 

tafte,  pers.  «uib  (gedreht),  Seidentaffet. 

serb.  puli  taftijane.  Herc.  13.  russ.  tafta.  taftjans.  poln.  tafta,  taivta.  taftaj,  taftuj, 
Köcherdecke.  Karl.  18.  rum.  taft§.  mgriech.  va^azd,  tacpOd.  Crusius.  ngriech.  zatpxäQ. 
frz.  taffetas.     deutsch   Taffet.     magy.  tafota.  Z.  247.   1. 

tagan,  nordtiirk.  bei  OstroumovB. 

l»ulg.  tagan,  Feuerbock.  klruss.  tahany.  russ.  tagann,  taganka,  tagana  i  reiotki. 
Domostr.   125. 

tagar,  Schlauch. 

Vergl.  tUrk.  dagardz^k.  bulg.  tagar:  plsn  tagar  jajca.  Mil.  231.  serb.  tarcug,  Riemen- 
tasche, russ.  tagars,  Art  Matte,  span.-lat.  tagara  ist  nach  Eguil.  499.  arab.  takra.  Sj-äb". 
ngriech.  xaYaptCtxci,  daxoxr^pa,  ^opöc 


Die  türkisches  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  45 

tauen,  arab.  i^ä-Uo,  (ausgepresster)  Sesamsaft, 
runi.  tahhi,  Art  Mehlspeise.  Z.  589.   1. 

tahkek,  arab.   ^jrt^t  Bestätigung,  Untersuchung. 

serl).  tahkik,  istraga.  Hör.  vezir  Bosnii  tahkik  ucinio.  97.  Z.  264.  3. 

tahsin,  arab.  ^^^^3,  Beifall. 

runi.  talisiu,   tehsin,  Beifallszeichen.  Z.  264.   1. 

ta'/min,  Muthmassung. 

serl).  tahmhi.  taminiti,  schätzen,  tamindzija:  türk.  taxniindzi  bei  G.  Popovic. 

ta/t,  Thron. 

bulg.  taht.  serb.  taht,  sultanov  prijestol.  do  nasega  talita  i  devleta.  Hör.  34.  rum.  auch 
taft.     ngriech.  xd/Tt,  töirrx;  xspioirTOi;.  Pap.  506. 

ta/ta,  Brett. 

bulg.  tahtaha,  drvenica,  Wanze:  türk.  taytabiti,  dasselbe,  eig.  Brettlaus.  serb.  tahta, 
Brett.  Hör.  fall  mu  jedna  tahta  u  glavi.  Nar.-bl.  58.  Z.  267.  2.  Vergl.  russ.  a  postilajuts 
tafty  i  zenbdeni  i  kindjaki,  kakö  komu  soidetca.  Domostr.  200. 

tayterevan,  pers.  ^\^yXii.,  Tragsessel. 

serb.  tahti.revan.  Hör.  591.  tetrivaii,  Sänfte,  Palankin.  terterivan.  Hör.  rum.  tahtirvan. 
ngriech.  xa/vappavt,  (popsiov.  Z.  267.  1. 

taytuj,  nordtürk.   ^yXh^3. 

poln.  taftuj,  taftaj,  Decke  über  die  Pfeile.    Muchl.   131.  Fehlt  Z.  Vergl.  taft§. 

taife,  Volk,  Schaar. 

rum.  tajifa,   Gefolge,     klruss.  tafa,  Schaar  von  Fischern,     span.  taifa. 

taj,  Füllen, 
serb.  tajce.  Bos. 

ta'j^n,  Bezeichnung,  Portion  Speise. 

serb.  zu  Milos'  Zeiten  tajnat.  taindzija,  Proviant-Commissär.  natajniti  dohre  dane.  Bos. 
Vila  2.  259.  srecu  mu  natajini.  Bos.  rum.  taindziu,  der  die  Portionen  vertheilt.  Bei  Ham- 
mer, Geschichte  1.  574,  taindschar  und  aus  Pachymeres  Ta^ayrCaptoc.  ngriech.  TayT^viov, 
xatvt,  tayT^,  otx'ifxsrptov;  zai^zCriZ,  Qlzo\i.izpr^z.  za.'^lCoo,  tatCco,  nähren,  ist  von  taj§n  fern  zu 
halten.  Z.  294.  3. 

takeldatnak,  türk.   ^j^ljjjij',  rasseln, 
ngriech.  zaukZlCio  wird  durch  "rrscpaw  erklärt. 

takem,  Hausgeräth. 

bulg.  richtig  takzm;  plur.  taknme,  Pferdegeschirr,  serb.  na  konja  takuin  udario.  Hör. 
117.  konja  takum  ucinio.     ngriech.  za'/.i\i.i  C^p^pia,   une  douzaine  de  soucoupes.  Legr. 

takije,  takje,  tikijat,  Mütze. 

aruss.  tafja,  Art  kleine  Mütze,     rum.  tikie,  kitte. 

takrir,  Bericht. 

serb.  takrir,  izjava.  Bos.  G.  Popovic. 


46  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

taksirat,  arab.  cjl^juaüj',  plur.,  Mangel. 

Vergl.  bulg.   taksivat,  Situation.  Ve.  1.  118.     serb.   taksirat,  nedaca,  nesreca.  Hör.  vid'  u 
bega  krsna  taksirata  421.  Z.  301.  2. 

taksit,  arab.  Jaju-Jij",  Theilzalilung.  Termin, 
bulg.  taksitdar,  gar^on  de  caisse. 

tal,  uordtürk.  Weide,  salix  caprea:  das  Wort  ist  auch  cagat.,  uigur. 
russ.  tald,  talina,   talhniks  stammen  nach  Radioff  aus  dem  Türk. 

talagak,  nordtUrk.  JLaJÜ». 

serb.  talagan,   Art  Oberkleid  der  Männer.  Bos.     russ,  talagaj.    Z.  307.   1. 

talan,  Beute. 

talans  ist  alt-  und  neuruss.  beztalannyj  gross-  und  kleinruss. 

talas,  Welle. 

Vergl.  serb.  sablje  sivcu  kano  talasnice.  Kac.  39. 

tal§',  sich  zeigend,  Geburtsstem,  Glück, 
rum.  tali,  Erscheinung. 

talika,  Art  Fuhrwerk. 

aslov.  telega.  bidg.  talega,  taliga,  taligi.  Milad.  169.  252.  telmgar.  Verk.  10.  371.  tali- 
gadzija.  Jir.   71.     kroat.  tacke  alt  talige.  Hung.     cech.  taliga.     ngriech.  zatMa. 

ta'lim,  Unterricht. 

bulg.  talim,  Übung,  serb.  talum,  poucavanje,  vjezba.  Hör.  griech.  xävoDV  zct  xa)i[ita, 
ils  fönt  Texercice.  Legr. 

talk,  arab.   i^JLis,  Talkstein. 

poln.  talk,  talek.     span.  talco.  Muchl.   131.  Z.   602.  2. 

talpa,  türk.,  dickes  Brett. 

bulg.  talpa,  Bohle,  Diele,  serb.  talpa,  talpara  in  der  gleichen  Bedeutung:  das  türk. 
Wort  steht  bei  G.  Popovic.     Vergl.  magy.  talp.  Sohle. 

tamam,  Vollendung,  ganz. 

serb.  dotamaniti  se,  ganz  zu  Grunde  gehen,  odlucismo  i  zitamismo.  Starine  11.  205. 
Vergl.  klruss.  p>rytamannyj  eigen,  ngriech.  Ta|i.d|i,o'j  Tpsli;  ycXidSsc,  environ  (ungenau)  trois 
milliers.  Legr.    154.  ta[i,d|XO'j.  Pap.   87.  russ.  j^i'itainanno,  genau. 

tamaz,   tannaz,   arab.    \UJa,   \üls,   spottend. 

Vergl.  serb.  tamaza,  listiger  Mensch,  tamaznik.  tamaziti.  G.  Popovic.  Z.  603.  1. 

tambur,  tunbur,  tunbura,  Laute. 

ngriech.  "raixTTO'jpä.  Pap.  121.  -a|XTro'jf>dc,  siooc  y.oAox6v6YjC.  l'asp.  it.  tamburo.  frz. 
tamhour.     span.  tambor,  atambor.  Vergl.  x'J|XTravov.     pers.  tabir  jjlxj  und  afrz.  tabur.  Devic  65. 

tamezlek,  türk.   ^yxUfi,   Viehmast. 

bulg.  tamazl^k,  domazlak.  serb.  domazluk,  was  bei  Hause  bleibt,  nicht  feil  ist,  pripasa; 
sjeme,  kvas,  iivotinja^  koja  se  ostavlja  za  priplod.  klruss.  domaz,  zu  Plause  gemästeter  Ochse, 
rum.  tamazlik,  Ort,  wo  Vieh  gemästet  wird,     ngriech.  v:oji,dCa,  '^'j-ir^  c'J-f>a'^YjC  ^oci  aa)|jiaut)07](;. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  47 

Pap.  469.  Vergl.  3a(xouC^^'^>^,  aa^rpiQ.  Das  türk.  Wort  findet  sich  Cihac  618.  Auf  die  serb, 
Wörter  hat  dorn,   domaci  eingewirkt.  Hind.  310. 

tander,  arab.-pers.  tannur,  »Jj,  Kolilenbecken. 
serb.  tandara.  Vergl.  mangal. 

tane,  dane,  Korn,  Körnchen,  Stück  (ganz  allgemein). 

nun.  tanea,  piele  de  blan§.     ngriech.  vxavsc,  zb  i^Xs^rov  £V  tote  6|Jioiotc.  Pap.  468. 

tanemak,  kennen. 

Das  Wort  ist  nicht  nur  nord-,  sondern  auch  osman.-türk. :   ^^^.jLk.  Z.  393.   1. 

tapa,  türk.  Lb',  Stöpsel, 
serb.  tapun.  Z.  242.  2. 

tapcan,  türk.  von  j^^^jLk,  schlummern. 

poln.  tapczan,  Schlafbank.  Muchl.   131.  Fehlt  Z. 

tapkur,  türk.  .yüLis,  Übergurt  am  Sattel. 
Vergl.  rum.  taftur,  Gurt.  Z.  588.  2. 

tapse,  pers.  au^Je,  Art  Stoff. 

poln.  tapezan:  toicary  tureckie,  kobierce^  kilimy,  tapezany.  Die  Vergleichung  ist  unsicher. 
Muchl.  132.  Fehlt  Z. 

tapu,  ^xls,  ^.L^.  amtliche  Bestätigung  des  Eigenthumsrechtes  an  Grund  irad  Boden, 
bei  Hammer:  Grundpacht. 

bulg.  tapija.  Jir.  62.  serb.  tapija,  dokaz,  dokazno  pismo,  Grundbrief.  Hör.  mrimi.  tapi, 
amtliche  Schrift,  ngriech.  xaxtOfAata.  Acta  et  diplomata  V.  201.  alb.  tapij,  scrittura  auten- 
ticata.  Z.  588.  2. 

tara,  Gewichtsverlust. 

bulg.  dara.  serb.  tara,  eine  Abgabe  von  dem  in  die  Stadt  getriebenen  Vieh,  nar.-bl. 
262.     ngriech.  ^apa  (dara).   Pap.  416. 

taraba,  türk.  Ljj,  Planke. 

serb.  taraba,  Verplankung.  Bos.  Vila  3.   100.  Fehlt  Z. 

taraf,  Seite.  Plur.  atraf. 

bulg.  etraf,  Umgebung.  Djuv.  serb.  taraf,  strana,  stranka.  Hör.  taraf  taraf,  nach 
allen  Seiten,  hak  tafundan  (für  tarafundan),  od  pravedne  strane,  von  Seite  des  Gerechten. 
Bos.  Vila  2.  258.     ngriech.  Tapd'ft,  atpcOt?. 

tarak,  Kamm,  Rechen. 

ngriech.  tapa%/.t:  'fouatdvt  zrxpavXi  ist  türk.  tarakl§,  zackig.  Korsch.  rum.  taratUu,  mit 
dem  Kamm  geglättet. 

tarakan,  nordtürk.,  blatta  orientalis,  nach  OstroumovB:  razpolzajuscij  sja  po  storonams. 
russ.  tarakans,    blatta  orientalis,    Schabe,     ceremiss.    tarakan-pursa,  Tarakanerbse.    Ahl- 
(]uist  39.     khiiss.  tarakan,  tarkan,  tarhan.    Das  Wort  ist  auch  im  Deutschen  bekannt. 

tarem,  tarum,  türk.  f»;Lle,  Kuppel,  rundes  Zelt,  Obdach,  Himmel. 

Vergl.  rum.  t§rim,  Boden,  Erde,  Umzäunung  und  aslov.  treins  aus  terms,  magy.  terem. 
griech.  T£p£[Jivov.    Z.  589.  2. 


48  I.  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

tarentas,  nordtürk.,  Wageu;  auch  harandas. 

Vergl.  russ.  iarantasn.  taratajka,  schlechte  Kutsche,     polu.  taradajka,  teradajka,  taratatka. 

tar/ana,  Art  Speise. 

bulg.  trijanica.     serb.  tarhana.     rum.  terhauf.     niagy.  tarhonya. 

taryun,  pers.  ^jy^^fi   ^j^a-Jo,  Dragun,  liertram. 

bulg.  tarun,  taron:  usi  hnat  kolko  dva  taruna.  klruss.  turhun.  magy.  tdrkony.  slovak. 
tarkan.  poln.  tarhun.  rum.  tarhon,  tarkon.  it.  targone.  span.  taragona.  frz.  targon.  Von 
draco  in  der  Bedeutung  dracunculus.  Z.  277.  2;  597.  3. 

tÄ'rif,  Erklärung. 

serb.  tarifa.  russ.  tarifs.  poln.  tmnjfa.  Die  Wörter  können  europäisch  sein.  span. 
latarif. 

tarih,  arab.  a>-?.^^  Zeit,  Zeitpunkt,  Datum,  Chronik. 

serb.  tarihi,  Geschichte.  Hör.  Vergl.  tarih:  moj  tarihu  na  palom  mome.  Smail.  kamo 
tebi  tari  od  Kanjize.  Bos.  Vila  3.  204.  taira.  3.  54.  Tevajir.  Stariua.  2.  291.  ist  der  Plur. 
tevarii.  stade  pisat'  tari  od  Kanjize.  on  cai^  tari  potkucio.  sta  mu  tari  kaze.  tar-ia  uciniti. 
u  taira.  Bos.  Vila  3.   188.  Z.  245.  2. 

tarin,  pers.  ^jj^b,  dunkel. 

poln.  tarant,  tarantowy  kon,    Apfelschimmel,   aus  tarin  at.   Muchl.  132.    Fehlt  Z. 

tarpos,  Weibermütze. 

russ.  tarposci.  Grig.  Das  Wort  wird  für  eine  Entstellung  des  pers.  serpus,  couvre-chef 
{s4r,  Kopf,  pusiden,  bedecken),  gehalten.  Devic  66. 

tartmak,  wägen. 

Das  Wort  ist  in  dieser  Bedeutung  nord-  und  osman.-türk.   ,j^j\Uo.  Z.  589.   1. 

taru  mart,  tar  mar,  türk.   «U  .Lls,   Ix  »b,  zerstreut. 

serb.  tarmar,  darmar,  smutnja.  darmar,  razhacano.  Bos.  rum.  dtr-mtr,  bunt  durch  ein- 
ander. Vergl.  griech.  äXri|x-xapXdjx,  i^upÖYjV  ixtySTjV.  Pap.  375.  xouXoö-toupXoü.  507.  Z.  245. 
2;  589.  2. 

tarz,  arab.  vJe,  Gestalt,  Manier,  Mode,  Brauch, 
rum.  tarz.  Z.  597.  3. 

tasa,  Tasse. 

serb.  tas,  di-vena  caSa.  Bos.  Das  Wort  ist  schon  aruss.:  tazs.  rum.  tas,  teas.  sefertas. 
griech.  xdcaa,  (y'.d/vVj.  -udat,  xorr^ptov.  Pasp. 

taslamak,  türk.  (^xiiLu/ü. 

serb.  taslaisati,  stolziren:  das  türk.  Wort  bedeutet  nach  G.  Popovi(5:  glätten,  welches 
A'ielleicht  auch  der  Sinn  des  serb.  Ausdrucks  ist,  Z.  246.  2. 

tasma,  Binde. 

russ.  tesbraa  beruht  auf  täsmä,  anderer  türk.  Dialekte,  daher  aruss.  tjashma.  klruss. 
tastTM,  tjasma.  Gegen  den  griechischen  Ursprung  des  Wortes  (SsofAa)  spricht  dessen  Vor- 
kommen im  Nordtürk. 


% 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  49 

taä,  türk.  jib,  jiLJ«,  Stein. 

bulg.  kan-faslija,  mit  einem  rothen  Stein.   Djuv.     serb.    tai.    Z.  246,  2. 

tasak,  türk.,  Hode.  Bei  G.  Popovic. 

serb.  tasak,  Hode.    Blau  233.   In  Bosnien.  Art  Mehlspeise.  In  Ungern. 

tat,  Geschmack, 
serb.  tatli,  süss. 

tatar,  Tatar,     chines.  tatan. 

serb.  tatar -kandzija.  tatarka-kandzija.  tatarija,  Pferdedecke.  Vrcevic.  tatar-aga.  Bes. 
jezykh  tatarbskb  i  tunskb.  Danil.  359.  klruss.  tatarva.  collect,  alb.  tatar.  finn.  tattari,  Buch- 
weizen. Ahkiuist  40.  Das  Heidekorn  heisst  poln.  tatarka,  gryka,  poganka,  kas.  Ntewka, 
ngriech.  zdzarjOQ. 

tauk,  Huhn. 

serb.  öurtauk,  desiderium  veneris:  der  erste  Theil  hängt  mit  6ura,  Truthenne,  zusammen. 
Vergl,  magy.  tyük. 

taulga,  tabulga,  türk.  xiJjUa,  Art  Baum, 
russ.  tavolga,  spiraea.     klruss.  tavolha. 

tava,  pers.  Ijü,  t^Uo,  «jUe,  Tiegel,  Bratpfanne. 

bulg.  kurdisvat  tavi  te.  Rumena  24.  serb.  tava,  tiganj.  ngriech.  taßä?.  Pap.  74. 
mrum.  t§v§.  Z.  249.  3;  588.  3. 

tavla,  Pferdestall. 

serb.  tavla.  tavlabasa.  pogradio  table.  Nikol.  95.     rum.  tabl§,  tabla. 

tavla,  Schachbrett. 

russ.  tavlei.  Plur.     ngriech.  xaßXt. 

tavlamak,  türk.,  erweichen. 

serb.  tavlaisati,  umeksati  kozu  u  vodi,  zeljezo  u  vatri.  Bos.  Fehlt  Z. 

tavli,  fett. 

serb.  tavlija,  beleibt,  tavli  wird  von  G.  Popovic  beigebracht.  serb.  tavlija,  Seide, 
ist  dunkel. 

tavr,  Handlungsweise,  hoffärtiges  Wesen. 
Vergl.  serb.  mlade  tavradzije.  Kac.   128. 

taze,  frisch. 

mrum.  tasetk§.  Weig.   125. 

tazian6,  tazanö,  pers.  &jL>\b,  xjKb,  Schlägel  (Plectrum),  womit  die  Saiten  musikalischer 
Instrumente  geschlagen  oder  gerissen  werden, 
serb.  terzijan.  Z.  246.   1. 

tebdil,  Wechsel,  Verkleidung. 

serb.  tebdil,  promjena.  Hör.  po  tebdilu;  neben  tevdil:  u  tevdilu.  Hör.  2.  315.  konje  tebdil 
ucinise.  219. 

Denkschriften  der  pbil.-hist.  Cl.  XXXVIIl.  lid.  I.  Abli.  7 


50  «  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

tebengü,  Sattelriemeu. 

poln.  tabhiki  gehört  wohl  zu  taban.  Vergl.  lit.  temenka,  Sattelklapjje.  russ.  bei  Dalt 
tebeneks,  kozannyja  lopasti  po  bokams  russkago  i  kazacbjago  sedla. 

tedarük,  Ersatz,  Zm-üstung. 

serb.  tedamö,  uredba,  priprema;  udobno:  zivi  na  tedarudu,.  er  lebt  bequem. 

tödzrev,  Fasan, 

Der  Artikel  enthnlt  die  zusammengehörigen  Wörter.  Eine  P^ntlehnung  hat  nicht  statt- 
gefunden, sicher  nicht  von  der  pers.  Form  tedzreo.  klruss.  feter-a,  teferjuk,  tetered,  tetervak. 
tiirk.  tedrjudz  bei  Hiev. 

tedzebbür,  arab.   Jls>o,  Hochmuth. 
serb.  tedzbiriti.  Bos.  Z.  258.  3. 

teöyer,  yj^\J>,  Frist. 

bulg.  teil':  tri  dni  teir,  babo,  da  mi  storis.  Milad.  312.  Meuinski  1034. 

teemin,  arab.  ^^^jycb,  Gefühl  von  Sicherheit, 
serb.  taminiti,  misliti,  da  je  tako.  Z.  248.  3. 

töferrüdz,  Erholung. 

serb.  teferiö.  Hör,  592.  tefericiti,  tefericovati.  425.  rum.  tefarik.  tifarikiü.  teferiöie. 
ngriech.  ts'faptxi,  das  durch  8a{5aA[j.a  erklärt  wird. 

tefter,  Schreibtafel, 

serb,  teftei'dar.  tefterhana,  knjigovodni  red.  Hör,  pretefteriti  vojskit.  Bos,  rum.  tahredUu, 
Schreiber:  wohl  aus  tefterdziu.  tester,  richtig  tefter,  ruolo  del  signore  a  ConstantinopoU,  bei 
Bolizza   180. 

töftiä,  Untersuchung. 

ngriech.  TS'f-torCtScC :  türk.  teftisdzi.  Acta  et  diplomata  V.  202.  Vergl.  serb.  raju  teftil 
uciniti.  Hör.  233.  da  naäu  teftisemo  raju.  Volkslied.  Vuk  IV.  468. 

tögajür,  Veränderung,  Eifersucht. 

In  der  zweiten  Bedeutung  ist   das  Wort  eine   andere   Bildung:    arab.    tegajür,   oLaj.    Z. 

295.  1.  Verändeiimg  wird  arab.  durch  t4gajjür,  jjju,  Z.  296.  1,  ausgedrückt,  rum.  tehuju, 
erstaunt,  wobei  die  Herren  Korsch  und  Saineanu  auf  arab.  teMjjür,  Verwunderung,  Staunen, 
verweisen,  ist  dunkel. 

tegel,  türk.,  couture  en  soie  que  Ton  voit  sur  T^toffe. 

serb.  tegeltija,  prosivena  koza  ili  sukno  na  sedlu.  Hör.  gola  tegeltija.  478.  rum.  tigel, 
Steppnaht,  tigelesk.  Vergl.  tivesk,   säumen.  Bianchi  I.  529. 

tejze,  tüi-k.  sjuö,  Scliwester  der  Mutter, 
serb.   teza,   tetka,   ocina  sestra. 

tek,  einzeln,      kum.  tak,  ungerade. 

serb.  auch  tekem,  ferners  täko,  tak,  s  parom:  lijo  (liho)  ili  tako?  tak-lihf  ungleich  oder 
gleich?  paarig,  unpaarig,  (türk.  tek  dzift.)  Dagegen  tako,  so.  takati  se,  gleich  oder  ungleich 
spielen,    cikmi?   tekmi?    lijo  ili  takof:   mi  für  serb.   li.     rag.   broj  lih,    broj  tak.   takan  i  Uli. 


DiK    TÜRKISCHEN    ELEMENTE    IN    DEN    SÜDOST-    UND    OSTEUROPÄISCHEN    SPRACHEN.  61 

cecli.  lieh  suda.  bulg.  t^k  kon,  cheval  de  cote.  serb.  tekem  stimmt  zu  türk.  tek,  serb.  tak 
und  bulg.  t^k  können  damit  nicht  in  Einklang  gebracht  werden:  es  ist  demnach  wahr- 
scheinlich, dass  serb.  tak  und  bulg.  t§k  mit  Uk,  woher  töksms,  aequalis,  zusammenhängen: 
bulg.  igra  na  liho  tzkmo.  Z.  332.  2. 

töker,  türk.  jCj,  Rad. 

rum.  teker-meker,  wollend  nicht,  nicht  wollend:  zur  Erklärung  dient  türk.  tSker  in6k4r 
etmek,    Einen   die  Treppe  hinunterwerfen.  Z.  303.  3. 

tökerlek,  türk.  A}^,  Rad. 

Vergl.  alb.  tnkallo.     serb.  ci^kallo,  richtig  trkallo.  Rec.  57.  Z.  303.  3. 

tökjö,  Ruheort,  Derwischkloster, 
serb.  alb.  ngriech.  te6e.  Rec.   18. 

tekllf,  arab.  i_ixijCi',  Belastung,  Steuer. 

rum.  teklif,  teklifat,  Vorschlag,  Antrag,  ngriech.  rsxcXt'fCOt.  Acta  et  dijilomata  V.  202. 
Z.  304.  3. 

täkmil,  arab.  JkAjo,  Vollendung. 

serb.  tekmil,  ganz.  Jastr.  tecmil,  potpuno.  Bos.  naknada.  Hör.  251.  Z.  305.   1. 

tekn6,  Kübel. 

sei'b.  u  teknetit  istucite  pelin.  Bos. 

tekrar,  neuerdings. 

Die  Bedeutung  ,nochmals,  wäeder'  steht  Z.  303.  3. 

tel,  Faser. 

bulg.  telove,  struni.  Jir.  68.  teljosana  (von  der  Braut),  serb.  telani.  Jastr.  kroat.  devet 
teil  zlata,  koj  s'  devet  put  mota  oko  vrata.  Ma2.  111.  Daher  tdlli,  JUb",  Art  Gewebe,  woher 
poln.  telej,  telet,  tylet,  Art  kostbarer  Zeug.  GoI§b.  199.  Auch  jioln.  delia,  deliura,  delutka, 
aus  telej  gemachtes  Kleid,  wird  hieher  gezogen.  Muchl.  22.   133. 

telatin,  Juchten, 
rum.  teletin. 

telbiz,  Betrug. 

serb.  telbiz,  auch  Betrug,  telbizluk.     rum.  telpiz,   t^lpiz. 

telyis,   arab.  uwaAicüj,  Berichterstattung. 

rum.  talMs,  talhes,  Bericht.  talhUciu,  talh^dziu,  Berichterstatter,  ngriech.  i-^zv^z  ztX'fioi, 
fut  accueilli  favorablement  et  communiqu6  au  sultan.    Z.   306.  3. 

t611ak,  dellak,  arab.  Jifj,  Badediener,  der  die  Badenden  reibt,  wäscht,   rasirt  usw. 
serb.  telak.  telakinja.  Z.  433.  2. 

tellal,  Herold. 

serb.  telalina,  Ausrufsgebühr,  telaliti.  Hör. 

telmiz,  tilmiz,  arab.  j-aJü,  Schüler, 
rum.  telmiz.  Z.  307.  3. 


52  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

tölve,   Bodensatz. 

serb.  telfa,  Bodensatz  überhaupt. 

tömasa,  arab.  LiUi',  Schauspiel. 

niss.  tumaäa,  guljame  osobenno  dlja  togo,  cto  bs  posmotr^tb  cfo  nibudh.  Man  vergleicht 
auch  teinetith.     rum.  tamaSa,  Schauspiel.  Z.  308.  2. 

temenna,  Art  zu  grüssen,  Bitte. 

bulg.  temena  zedoha.  serb.  temena  mu  dava.  Jastr.  297.  caru  ucini  temena.  Hör.  468. 
kroat.  na  kolinih  temena  cinio.  Maz.  162.  rum.  temena,  Verbeugung  nach  Art  der  Türken, 
ugriech,  röv  -=[isväv  tou  xdvoüv,  ils  lui  fönt  leurs  politesses.   Legr.   1.   172. 

temessük,  temasük,   arab.  JLl^j,  Festhalten,  Anerkennung  einer  Schuld, 
serb.  temesitö,  kupovno  pismo.  Pravdonosa  1853.  3.  BogiS.  462.  temasud,   schriftlicher  Act. 
rum.  temasuk,  Einigung.  Z.  308.  2;  309.  2. 

temir,  türk.  ^,  Eisen,  temren,  türk.  ^^,  die  eiserne  Spitze  des  Pfeiles,  Wurfspiesses. 

serb.  temre,  Fahnenstange,  Lanze.  Nar.-bl.  151.  stjeg  bez  krpe:  temre  prazno.  Smail.  drzak 
od  satora.  Juk.  621.  Gleichbedeutend  mit  temre  ist  templin,  das  jedoch  kein  türk.  Wort 
sein  soll,  sve  se  zida  tefinre  od  mizdraka  431.  on  za  temre  barjak  prifatio  186.  on  za  templin 
rukom  prifatio  166.  nosi  Bosko  krstasa  barjaka,  na  barjaku  temre  od  öelika.  Petr.  180.  temre, 
koplje  (dmo).  Hör.  na  temretu.  305.  temre  od  cadora.  Volksl.  Z,  309.   1. 

temiz,  türk.  yx^-,  sauber,  reinlich. 

Vergl.  serb.  tamis-odaja.  Bos.  Vila  2.  253.  286.  Z.  310.  3. 

temlik,  nordtürk.  JLuUj,  Degengehenk. 

russ.  temljakü.     poln.  temlak,   temblak.  Fehlt  Z.  in  dieser  Bedeutung.  Muchl.   134. 

tenbel,  faul. 

bulg.  dembelin,  dembellik,  Faulheit,  serb.  dembel,  denbel,  delben.  Vre.  dembelisati,  fau- 
lenzen, alb.  dembel.  Rec.  65.  ngriech.  zz^^TziX'qc.  Pap.  155.  Das  Wort  ist  pers.  und  bedeutet 
»seinen  Leib  nährend,  pflegend':  tän-bäl.  Vergl.  rum.  t^Mmb  gleichbedeutend  mit  tembel. 

tenbih,  Befehl. 

serb.  tenbih,  opomena.  Hör.  tembih:  ovako  mi  tembih  ucinio.  Hör.  281.  ngriech.  t£[i.irYj- 
■/'ACi<h  TzrjrjrjiazdaQM.  Pap.  506. 

töndzere,  kleine  Pfanne. 

ngriech.  -srCpöv.  Legr.  tsvrCsps«,  l-i^'riz- 

tönösir,    türk.  ^a.äjUj,    Leichenbrett,    Becken,    in  dem  der  Leichnam  gewaschen  wird, 
serb.  tenesi7\  Hör.  2.  613.  Z.  316.  3. 

teng,  pers.  viJLäj,  Waarenballen. 

ugriech.  isyT^'  *^A.'jßoc,  TidWa.  Z.  315.  1. 

tönekö,  Blech. 

serb.  tenecet,  teneca,  tanedet.  tenece  zuto.  Hör.  259.  mrum.  tinike.  alb.  ngriech,  teneöe. 
Rec.  20.     ngriech.  zsy&%zCriC,  Blechschmied. 

teDgn6f68,  Engbrüstigkeit:  teng,  pers.,  enge  und  nefes,  arab.,  Athem, 
rum.  teknefes,  tignafes. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  53 

tenha,  pers.  L.^',  allein,  einsam. 

serb.  ide  pravo  na  tenhanu  k  hanu.  Hör.  257.  na  tenhanu  i  jednome  hanu.  Ibid.  na  tenanit, 
na  tenani,  beqnem,  bei  Müsse,  hez  prese.  Z.  316.  3. 

tepak,  Unruhe. 

Der  Artikel  ist  zu  streichen. 

tepe,  Spitze. 

serb.  auch  tepa.  Hör.  177.  tepaluk.  Vergl.  rum.  t§psan,  Anhöhe,    ngriech.  tstie^,  OpwojJiöc. 

t6r,  Schweiss. 

Vergl.  serb.  terlema,  Bauchtyphns.   G.  Popovic.  Zu  ter  gehört  auch  terli  diha,  terli  diva, 
Art  Zeug  zu  Kleidungen;  ebenso  terluci,  das  unter  thdili,  steht,     bulg.  tere-otu,  Kresse. 

töranö,  Lied. 

Herr  Korsch  erinnert  an  griech.  zspBziCio^  T:cpsp{C«>,  tspsvctC^O;  xspvsptC«,  trillern. 

terator,  pers.   >»->l>J',  Art  Brühe, 
serb.  tarator.  Z.  274.  2. 

teraviü,  arab.  v>_s^Lj.  Abendgebet  im  Fastenmonat. 

serb.    teravija.     BoH.    i  klanjali  turske  teravije.  Z.  275.  3. 

terazu,  Wage. 

aruss.  terezi  i  giri.      russ.  dial.  cereza,  Wage. 

terbijöt,  Erziehung,  p]rnährung,  Sauce. 

serb.  pa  me  za  to  terbije  ucinio.  Bos.  Vila  2.  133.  rum.  terbie,  t§rbie,  Sauce,  ngriech. 
t£p[Aic7jY£i;,  sOoc,  zd^iQ.  Pap.  50ß. 

terdzüman,  Dolmetsch,  Dragoman. 

bulg.  dragomanin  (europ.).  serb.  terdzüman.  poln.  turdzyman,  turczyman.  mlat.  tur- 
cimanus.     mhd.  tragemunt,  die  volksthümliche  Figur  des  sprachkundigen  Pilgers. 

terebeze,  türk.  syj«j,  Tisch. 

serb.  trabozan,  Altane.  Das  türk.  Wort  ist  das  griech.  TpctTCsC'^.,  die  Zusammenstellung 
von  tpdicaCa  mit  trabozan  ist  nach  Form  und  Bedeutung  problematisch.  Z.  274.  2. 

tereke,  türk.  jtsyj,  Getreide. 

alb.  thekere.  Blau  301.  Z.  280.   1. 

törökkün,  arab.  ^^SJS,  ernst,  strenge. 

Vergl.  bulg.  terekija,  bizarre,  terekilak,  Leidenschaft.  Sofr.   98.  Z.  279.  3. 

terk.  Bei  G.  Popoviö. 

serb.  terak,  Muster,  Form:  terak  od  haljine  ili  od  crevalja. 

terkeä,  Köcher:  tSr,  wü,  Pfeil,  kes,  tragend. 

kroat.  ti'kaS,  Sirena.  serb.  ti'kac.  griech.  tapxdat,  meint  Pap.  322,  iazi  Xsutc  saXtjvixi^ 
yVTjOta,  dvaYpa[i.[j.cmaOclaa  ävxl  xard  adpxa.  Neben  zap-moi  findet  sich  xapxdat.  Das  ro- 
manische tarcasso  usw.  ist  so  allgemein  verbreitet,  dass  es  nach  der  Ansicht  des  Herrn 
Korsch  schon  während  der  Kreuzzüge  dem  it.  usw.  übermittelt  zu  sein  scheint,  frz.  car- 
quois.  Devic  26.  Anders  Diez. 


54  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

terki,  Sattelriemen. 

Vergl.  mriun.  t^g^cih^,  Art  Sack.  Obed.   111. 

terlik,  Schweisslappcn. 

rum.  auch  tirlik,  st^lict.  riiss.  terl/'ks,  langer  Rock:  sermjago  da  terliks  krasenins.  Urk. 
von  1525.  Das  Wort  bedeutet  auch  ,Art  Weste'. 

ters/anö,  tarsana,  Seearsenal. 

runi.  tarsana,  arsana.  aruss.  arsena  neben  arsenam.  Grig.  it.  arsenale,  arzanä,  darsena. 
frz.  arsenal.  ngriech.  zapaavd  s[itv.  äpaavä?.  äpasvdXyjc.  Kypr.  tpaatvdXXcv.  span.  atarazana, 
atarazanal,  darsena.   Devic  10.  Z.  278.  2. 

tersine,  tiirk.   xj^Ji,  umgekehrt, 
serb.  tersume,   naopako.   Z.  278.   1. 

tertib,  Anordnung. 

serb.  teiHih,  raspored.  Bos.  stavljaju  tertibe.  Hör.  60.  doi^av  tertib  426.  tertibiti:  pa  tertibi 
iest  hiljada  svata  542.  teiiibli,  ordentlich.  Bos. 

terzi,  Sclineider. 
runi.  tei'zibas§. 

tesbih,  Lobpreisung. 

Das  Wort  bedeutet  auch  ,Rosenkranz':  serb.  tespih  od  merdzana.  Hör.  390.  tespilj,  bro- 
janice.  Bos.  Vila  2.  318;  3.  5.     alb.  tespi.   Rec.  63. 

teslim,  Übergabe. 

serb.  Vuce  teslin  dum  ucinio.  Volksl.  car  mit  inuhur  teslim  ucinio.  Hör.  469.  rum.  tes- 
limat.  teslimuesk,  teslimatisesk.  slim  für  teslim.  ngriech.  ■ücatXijj.t,  rsxcXcafxsvov,  sxoiiiov.  Pap. 
506.  r£a)a[J.,  irapa^o^i^. 

teste,  Bündel. 

serb.  da  m'  posalju  na  teste  tuceta.  Kac.  47.  48. 

testere,  destere,  HandsUge:  dht,  Hand,  erre,  Säge, 
serb.  auch  testeriti. 

testir,  Erlaubniss. 

serb.  testijer,  destur,  tester,  ruolo  del  signore  a  Constantinoj^oli.    Bolizza  180. 

tetik,  tiirk.  JUü,  iLtXj',  Drücker  am  Gewehr. 

serl).  tetik,  luk.  Hör.;  in  Montenegro  teftik,  Bogen.  Das  Wort  hat  mit  tetiva,  tetivo, 
aslov.  tetiva,  Bogensehne,  nichts  zu  thun.  Z.  256.  2. 

tetimmöt,  arab.  jl^jü,  Ergänzimg. 
serb.  tetima.  Bos.  Z.  256.  3. 

tötre,  kitr6,  tiirk.  sortc  de  patisserie.  Bei  Saineanu. 
rum.  tetrea,  Art  Sorbet  aus  Citronen. 

tevatür,  arab.  *jI^',  Zusammenhang, 
rum.    tevatur§,  Lärm.  Z.  317.   1. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  55 

t6vbet,  tobe,  arab.  Xj^j,  nordtürk.  tjauhja,  Reue,  Versprechen,  das  man  sich  gibt  etwas 
nicht  wieder  zu  thun. 

serb.  tohe  je  ucmio  (manuo  se)  od  svasta.  Bos.  Vila  3.  132.  ucinio  tobe,  da  ne  pije 
vina.  tursko  tobe.  Petr.  3.  204.  Z.  318.  2. 

tövdzih,  phir.  tevdzihat,  arab.  2UÄyj,  cjl^^yj,  Sendung, 
rum.  tafdzihat.  Vergl.  bulg.  tavdSija.  Milad.  381.  Z.  319.  2. 

tövökkül,  arab.  i^f^j,  ergeben  in  den  Willen  Gottes;  mit  negativem  Verbum:  ohne  ver- 
nünftigen Grund. 

serb.  teveöeli,  tevecelija,  Liebhaber  von  etwas,  tek,  Ivane,  neöe  tevedeli.  Volksl.  alb. 
tevecel;  teveöel,  dumm.  Jarnik.    Z.  325.  3.  Vieles  unklar. 

tevrat,  arab.  ^Uyi,  Pentateuch. 
serb.  tevrat.  Vre.  Z.  319.  3. 

t6z6k,  Mist. 

nordtürk.  tizäk,  daher  russ.  kizjaka,  tizjaks,  tizeks,  Ziegel  aus  getrocknetem  Mist  zmn 
Heizen. 

tezgjah,  Werkstätte.  Daraus  tezge.   G.  Popovic. 

rum.  tezge,  Tafel,  Bank.  Vergl.  serb.  tergj,  mali  sto,  na  kom  se  radi,  für  und  neben 
terdjah.  Bos.  Vila  2.  131.     alb.  tezge.  Rec.  56.     ngriech.   TsCyta/t  Hind.  TsCcd)(c,  tr^^ta. 

tezkere,  Zettel. 

bulg.  teskeredzija.  Jir.  425.     serb.  auch  tezgere.  Plur. 

t§gan,  türk.  jjLiiö,  Röstpfanne. 

serb.  tiganj,  Tiegel.  Z.  600.   1.    Aus  zr^^^a-^rt^. 

t§l§s§m,  Talisman. 

serb.  auch  talasum,  tilisum.  Bogi.s.  408.  409.  tilsum,  tilsum.  In  Bosnien. 

t^mali,  tamah,  arab.   --L^is,  Gier,  Habsucht.  tamaMar. 

ngriech.    tajxrxyi,    luÄsovs^ta.   Ta[jLayjdpY^?,  TiXcOVE/rtTjC.    Pap.   505.    Z.   602.   3. 

t^ngna,  nordtürk.  Aufhierken. 

serb.  teknuti,  einfallen,  venire  in  mentem:  teknu  me  um;  verschieden  von  teknuti  neben 
taknufi,   berühren. 

t^rampa,  Tausch. 

ngriech.  xpaiAira.  Pap.  376.  508.     mrum.  trimp§.  Obed.   161. 

t§rfa,  türk.  x^Ja,  unrein,  aus  dem  Hebr. 

rum.  t§rfe,  terf^,  Schmutz,  terfelog,  Kladdebuch,  terfeli,  beschmutzen.  Z.  598.  2.  Vergl. 
turfa  Z.  598.  2;   607.   1. 

t§rjak,  Theriak. 

serb.  terijak.  poln.  terjak,  tyrjaka,  dryjakiew.  span.  atriaca.  Der  Einfluss  des  Griechi- 
schen und  Deutschen  ist  schwer  zu  bestimmen. 

t§rnag,  türk.  cLj^',  Klaue,  Kralle. 

Vergl.  ngriech.  ztpvsxraac,  crov'JQ.  Z.  332.   1. 


56  I-  Abhandluno:  Franz  Miklosich. 

t^rpan,  t^rpanö,  Seuse. 

serb.  trpandzak  ist  tiirk.  t^rpandz^k.     Aus  dem  griecli.  SpSTravov. 

tiftik,  foiue  AVoile. 

serb.  tiftik,  kozina  dlaka.  Rec.  31.  tibtik.  poln.  tyftyk,  dywdyk,  eine  kostbare  Pferde- 
decke, dygdyki.  Muchl.  25.  klriiss.  tyftyk,  Art  Wollstoff.  Vergl.  poln.  dzyndzyk  z  nici,.ßok, 
kutaji.  Goieb.   147.     ugriech.  zz<pzi%i,  x(65iov. 

tilmadz,  Dolmetsch, 
klruss.  tohnac. 

tilmak,  richtig  tilnaek,  siJUb,  osman.  dilemek,  betteln. 

bulg.    deljazi,   Bettler,    ist  tiirk.  dilSndzi.    teldzi,    deledzi  sind   zu   streichen.    Z.   434.   2. 

timar,  pers.,  Pflege,  ärztliclie  Pflege,  Art  Lehen. 

bulg.  timarlija.  Jir.  406.  serb.  timar  ktipljase.  Bos.  Vila  2.  311.  otis'o  je  u  timar.  Bos. 
zevilju  i  timare  su  imali;  timare  i  spaläluke.  Bos.  Vila  2.  308.  timariti,  timar  ciniti,  cesagi- 
jati.  Vre.  istimariti.  Bos.  timarovati,  vila  ga  timari.  dvori.  i  timari.  Kaß.  80.  raniti  se  i 
timariti.  41.  timari  sehe  i  dorina.  rum.  timar.  timariot.  Neben  dem  timar  genannten  Lehen 
gab  es  zijamet  und  malikaue:  die  Ersten  gaben  den  geringsten,  die  Letzten  den  grössten 
Ertrag.  Novakovid,  Pronijari  76.  Verscliieden  ist  magy.  timdr,  Gärber. 

tire  iplik,  türk.  >iJLJLol   »vaj,  Zwirn. 

serb.  tir iplik,  Zwirn,  der  im  Laden  gekauft,  nicht  zu  Hause  gemacht  wird,  baumwolle- 
ner Faden,  Art  Wollstoff.  Die  türkischen  Wörter  bedeuten  beide  , Faden,  Zwirn'.  Z.  141. 
1;  332.  1. 

tit§z,  reizbar. 

serb.  titiz,  cudljiv.  titizluk. 

titremek,  zittern. 

serb.  titralica.  titrenka.  titra,  Art  Spiel,  das  Vuk  Stef.  Karadzic  im  Lexicon  beschreibt. 
Das  Wort  scheint  jedoch  mit  titrSm4k  nicht  zusammenzuhängen. 

tjuäjak,  Matratze,  ist  nordtiirk. 
aruss.  tjusaceks  ili  polsth. 


tobadz,  topaö,  türk.  ^\^Jo,    r^-T^'  Tojjas. 
Vergl.  ffriech.  zör.rj.Coc^Z.  604.S".    Hind.   9. 


3rgl.  griecli.  zÖTza^oz 

toj,  türk.   ^y>,  Trappe. 

alb.  plur.  tojat.  Reß.  44.  Z.  328.  2. 

toj,  Gelage. 

russ.  tuj,  Schmaus,     rum.  toj,   auch  Lärm,  tojesk,  lärmen.  Herr  Korsch  vergleicht  rum. 
toj,  Schwärm,  mit  türk.  tojum  (dojum),  Beute,  grosse  Anzahl:  *j»1«,  (•^j'>-  '^^  444.   2. 

toka,  Schnalle. 

serb.  tuce  tokom  na  vratije.  tokali  jecerma.     ngriech.  Toxdc,    iröpicYj.    Vergl.    loxd   vioiypt, 
Handvoll  Erbsen.  Hahn  2.  204. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  57 

tokmak,  Schlägel. 

serb.  tokmak,  tukmak,  mali  topuz;  maljic,  na  kom.  se  koza  razhija.  Bos.  Vergl.  serb.  iok- 
makli  sesana.  Hör.   193.  tokmali  äisana.  Bos.  Vila  2.  301. 

tolgama,  türk.  xxiLiJ^',  Hinterhalt. 

Vergl.  serb.  tola:  ondje  Ivan  cetu  ustavio,  ustavio,  tolu  postavio.  Juk.  169.  445.  oni  tudi 
tolu  zametnuse.   183.    dohre  hate  penju  niz  livade  a  junake  za  gotove  tole.  Volksl.   Z.  326.  2. 

tombaz,  türk.  vLxyj,  Brückenkahn, 
serb.  tumbas.  Hör.   197.  Z.  327.  2. 

tomruk,  Fussschellen. 

riini.  auch  tumurluk.     ngriecli.  ttiXTrpooxt,  cachot.  Legr. 

top,  runder  Körper,  Kugel,  Kanone. 

bulg.  top  karamfil.  serb.  halkali  topovi.  Bos.  Hielier  gehört  auch  bulg.  toptan,  rum. 
toptan,  ku  toptamd,  im  Ganzen,  en  gros:  türk.  topdan,  en  bloc,  bir  toptan,  toptandziu.  Zu 
Grunde  liegt  dieser  Bedeutung  top  im  Sinne  von  , Ballen'.  Man  vergleiche  russ.  obtz,  optö, 
gurts;  obtoms,  optoms,  im  Grossen;  optovyj.  Abfall  des  anlautenden  t  ist  befremdend,  anderer- 
seits ist  es  schwer  an  obh,  woher  ohhsth,  zu  denken. 

topal,  lahm. 

ngriech.  xoicdXT]?.  Volksl. 

toprak,  türk.  ijl>xio,  Erde,  Land. 

bulg.  tojjrak,  zemliste.  Jir.  60.  serb.  toprak.  to^prakale:  na  topove  i  toprakalc,  Hör.  64. 
wird  als  tojjrak  kale,  Erdschanze,  gedeutet.  Z.  594.  3. 

topuk,  Fussknöchel. 

serb.  topuk,  Fussbekleidung.  Das  Wort  hängt  mit  topanka  nicht  zusammen. 

topuz,  Keule. 

serb.  topuz,  eine  jetzt  nicht  mehr  bekannte  Waffe.  Vre.  topuza:  turila  me  sapa  od  topuze.. 
Ma2.  8. 

torba,  Sack. 

serb.  torbe  i  torbaci.  Bos.  russ.  dial.  auch  korba.  rum.  auch  torb§.  Vergl.  pers.  tobre. 
tubre,  türk.  auch  tobra.  griech.  xpOjSä?.  kurd.  ttir,  turik  gehört  eher  zu  türük,  osman.  dii- 
rük,  gerollt,  Rolle,  Avoher  russ.  tjurjukn. 

torlak,  faul,  dumm. 

serb.  torlak,  ein  Mensch,  der  weder  serbisch  noch  bulgarisch  genau  spricht,  Prahler. 
torlati,  trlaciti,  schreien,     alb.  torolak,  trulak,  turlak.  Vergl.  Jir. -357. 

tovar,  Vieh,  Habe,  Waare.    nordtürk.  teuar. 

nslov.  stovoriti,  auf  Lastthieren  fortschaffen,  kroat.  tri  tovora  zlata.  Maz.  149.  tovar, 
Esel.  Lekc.  (ovarica,  Eselin.  Lekc.  serb.  tovarac,  konj.  russ.  tovara  auch  Waare,  aruss.  Ge- 
päck, xpäyjjia,  Mobilien.  Zu  tovariscs  füge  man  hinzu  poln.  toivarzysz,  slovak.  tovarys.  Herr 
Korsch  ist  geneigt  im  Türk.  eine  feststehende  Verl)induug  tovar  esi,  tovar  es  (es,  Genosse) 
anzunehmen.  Man  beachte  serb.  posla  tovary,  i  prenesose  pravhdy  ego  oth  Vatopeda  vh  Hilanh- 
darh.  poln.  towar.  Vergl.  Ahlquist  187.  russ.  tovars,  Leder,  ist  ngriech.  xojjidpt,  woher  auch 
it.  tomajo,  Oberleder.  Vergl.  tumar. 

Denkschriften  der  pliil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.    I.  Abh.  8 


58  I-  Abhandluno:  Franz  Miklosich. 

toz.  Staub. 

serb.  tozluci,  tei'zluci.  Herc.  30.  358.  tuzluci  und  tozluke:  u  tozlukama.  rum.  tuzluk,  tus- 
Itik.  serb.  dizluci,  dizluke  ist  wohl  dokolenice,  bis  zum  Knie  reichende  Strümpfe,  Knopf- 
strtlmpfe  ohne  Fuss,  und  hangt  mit  dlz.  Knie,  zusammen:  vergl.  diz  und  bulg.  dizlik.  alb. 
tuzllukat.  Rei?.  30. 

trampete,  «Jyucl-j,  Trompete.    Europ. 

serb.  trempe,  huhanj.  Hör.  trempeta  tuku.  307.  Z.  275.  2. 

tug,   Schwanz. 

serb.  tug,  Fahne,  tuglija,  vojskovodja,  koji  ima  tug.  Hör.  hirtuglija.  37.  poln.  tulny  in 
divutulny,  trzytulny  (pasza)  beruht  auf  türk.  tuglu.  Z.  323.  2.  span.  titgue.  ngriech.  rou'fa, 
-6?pa.     türk.  -ö  roöL   Pasp.  361. 

tugra,  tura,  Monogramm  des  Sultans. 

serb.  tura,  snop.  Hör.  tia^a  od  percina.  Hör.  131.  263.  iura,  savijena  marama.  Bos. 
Vila  3.  183.  tuni-ferman.  Hör.  85.  rum.  turaliu,  Art  Münze,  eig.  mit  der  Tugra  versehen: 
türk.  tugralf.  bulg.  ßorini  turaliji.  Milad.  411.  serb.  iurali.  ngriech,  toupäc,  Toupd. 
Vergl.  bulg.  igraja  na  tor§  i  jazf.  Bog.  Hieher  rechnet  Herr  Korsch  auch  russ.  tavra^  tavro, 
Brandmal  am  Vieh. 

tuhafli,  arab.  Jji^,  geschenkmässig,  ausgezeichnet,  hübsche  Sache,  tuhaf,  plur.  von 
töFiß  (tufißt),  Geschenk,  Rarität. 

serb.  ttiaßi  (smjesni)  govor.  Bos.  Vila  3.  52.  Z.  264.  2. 

tula,  nordtürk.  grobes  Tuch. 

Vergl.  nslov.  tida:  tule,  oire,  der  beim  Hecheln  herabfallende  Plachs.  tulov.  Der  Zu- 
sammenstellung steht  der  Umstand  im  Wege,  dass  das  Wort  weder  im  Osman.-türk.,  noch 
im  Bulg.  oder  Serb.  vorkommt. 

tulb,  d^ag.  Art  Hauskleid. 

russ.  tulups,  Schafpelz.  Vergl.  ttdovisce,  Rumpf,  klruss.  tuluh,  tutup,  Rumpf,  Schafpelz. 
Kost.  12.  35.  tutup,  tutuk,  Ziegenhaut  als  Sack.  poln.  tutub,  tuhip,  torlop,  ganzer  Schaf- 
pelz. Goieb.  200.  Vergl.  toiw,  tuiow,  tohU,  tuioU,  tokäJ,  tukS,  tutup,  Rumpf,    schwed.  tuluhb. 

tule,   siyiß^  pers.  Jagdhund. 

rum.  didiü,  grosser  Hund.    Z.  611.  3. 

tulum,   Schlauch. 

bulg.  tulum  (niPJi  za  sirene).  Vergl.  poln.  klruss.  t-iumok,  tiomok,  Ranzen,  Reisesack, 
ngriech.  xouÄoöixi,  äaxö?.  ßoußa/,OTo6/.oc»(i.ov,  peau  de  boeuf.  Legr.  288.  [Asya^  daxoc  Ttsptc/wv 
IXatov.    Pasp. 

tulumba,  Pumpe, 
mrum.  tlump^, 

tulumbaz,  Paukenschläger. 

serb.  talambas,  Trommel,  davtdhana.,  to  su  bubvji,  svirale,  diple,  zürne  i  davidbazi  üi 
talambasi.  Hör.  590.  rum.  talambai^.  poln.  tulumbas,  totombas,  tatambas,  Pauke,  klruss. 
tuiumbas.     russ.  tolunbasy,  rods  barabana  dlja  pugaribja  ptics. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  59 

tumari,  Nebel,  Corps  von  10.000  Soldaten  bei  den  Tataren.  Hammer. 

serb.  tumanlija,  aus  Gaze  gemacht,  poln.  timian.  cech.  ttimava,  snShovy  mrak,  fujak, 
Dial,  klruss.  tuman,  Nebel,  grosse  Menge,  tumanec.  pers.  tuman,  foman  und  aslov.  tbma 
[JLOpcd?,  poln.  dma  begegnen  sicli  in  der  Bedeutung  , zehntausend'.  Muchl.   18. 

tuman,  türk.  jjL«yj,  weite  kurze  Hose. 

serb.  dumanlija,  ttomajlija,  der  weite  kurze  Hosen  trägt,    ngriech.  toy[idvt.  Pass.  Z.  327.  2. 

tumar,  türk.   ^Loy)^  ;Lo^,  Rolle  Papier  und  dgl. 

russ.  tovars,  Leder,     klruss.  tovar.     Aus  dem  griech.  tojxdp'.ov.   Z.  327.  1;  614.   1. 

tumbak,  türk.  (jLöJe,  Tombak. 

bulg.  serb.  tumbak.  russ.  tompakd.  griech.  rojiTraxt.  Hind.  11.  rum.  tumbak.  it.  tom- 
bacco.  span.  tumbaga.  pg.  tambaca.  Das  Wort  wird  auf  malajisch  tambäga,  Kupfer,  zurück- 
geführt: ob  es  durch  das  türkische  Medium  nach  Europa  gelangt  ist,  darf  bezweifelt 
werden.  Z.  612.  2. 

tun,  arab.  ^,  Thunfisch. 

russ.  tuns  ist  europ.     span.  atun.     griech.  Öüvvoc.     lat.  thunnus.  Eguil.  309. 

tura,  türk.  »v^7  5^•j■,  Bündel,  Pack. 

serb.  tura  imbrüima.  Nar.-bl.  242.  tura  ist  nicht  unter  tugi^a  zu  stellen.    Z.  607.  3. 

turag,  turak,  torak,  cag.  Käse. 

magy.  turö  und  davon  vielleicht  aslov.  tvarogb,  bulg.  tvarog  usw.,  obgleich  dieses  ähn- 
lich wie  it.  formaggio,  frz.  fromage  gedeutet  werden  kann.  Slav.  Ursprungs  ist  nhd.  quark 
und  magy.   taröh,  tarliö,  tarha,  tarh. 

turfanda,  trofanda,  Erstlingsfrucht. 

Man  füge  hinzu  ar.  turfa.  Die  Ableitung  des  turfanda  von  icpwTo^aVT^c,  irpotpaviö,  icpco- 
-öXsta,  Pap.  488,  ist  dadurch  beseitigt. 

turna  baleg^,  türk.  ^JL  ^^,  Hecht. 

serb.  turna,  stuka.     alb.  turt  peSku.   Rec.  51.   Z.  607.  3. 

turnadz§,  turnadze  bas§,  Haupt  der  Kranichwäi-ter. 
serb.  turnadzija,  Art  Janitscharen.     nun.  turnadziu. 

turp,  turb,  trup,  Rettig. 
bulg.  trup,  rlipja.  Z.  606.  3. 

tursuk,  nordtürk.  lederner  Schlauch. 

Das  Wort  bedeutet  auch  eine  Art  Franse,  daher  wohl  aruss.  tuzlukn,  kirg.  tüzlük, 
lederner  Sack  für  Wasser. 

turtu,  türk.   Je^J«»  Hefe. 

bulg.  tcrgija.  rum.  tergie,  tiregie  cremor  tartari  aus  tertije.  mlat.  tartarum  it.  tar- 
taro.     frz.  tartre.  Z.  606.  3. 

tustagan,  nordtürk.  Becher. 

Nicht  osman.:  es  setzt  ein  nordtürk.  dostakan  voraus:  aruss.  dostakans,  stokaiis,  dosta- 
kanecn,  später  doskancy,  Kästchen,    nordtürk.  stakan,  Glas,  ist  aus  dem  Russ.  zurückentlelmt. 


60  I.  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

tutja,  tutia,  Spiessglanz,  pers.  tutia,  Zinkoxyd. 

biilg.  dtUja,  das  bei  tudz  zu  streichen  ist.  serb.  tutija,  Zink.  poln.  tucyja.  sp.  tutia 
atiäia.     frz.  tviie.     burjat.  tudja,  tudza,  Zinn. 

tutkal,  Kleister, 
serb.  ancli  tutkalo. 

tutmadz,    türk.  «-Uäjj  Nudelsuppe. 

russ.  tuhnaci,  Art    Speise,     griecli.  xö  [xctrat.  Z.  256.  2. 

tutu,  tuti,  »jJe,  15^'»^'  l^^^^*^'  Greissei. 

serb.  tutija,  zalog.  Bos.  Vila  2.  137.  nek'  ostavi  vjeru  i  tutiju.  Kaß.  55.  Z.  606.  2. 

tutu,  ^^is^,  Papagei. 

serb.  tutija.     ngriech.  vxoovtoüc,  Papagei.  Vergl.  c^zitZw.  Z.  608.  2. 

tuz,  Salz. 

klruss.    tuztuk,    Salzlake,     rum.    tuzla,    Salzbergwerk,    tuzimean.  tuzluk,    salziges  Wasser. 

tüfenk,  Rohr,  Flinte. 

griech.  tOD'^sxdxi.  XiavoTOÜcpcxa.  Pap.  133.  Xtavotoüipsxo,  cartouehe.  osnian.  bedeutete 
ehemals  tüfenk  die  Armbrust,  aruss.  tjufjaks  soll  eine  Maschine  zum  Abscliiessen  mehrerer 
Pfeile  gewesen  sein:  dieses  ist  osttürk.  tüfäk. 

tülbend,  Turban. 

kroat.  tumban,  Turban.  Karn.  negdasnje  pokrivalo  h^atskili  zena  u  Primorju.  Istr.  tum- 
bane  za  snaiice  mlade.  Mikul.  162.  serb.  tulbent,  tilbent.  tunban,  tumban.  turban.  turbanlija. 
russ.  tjuhpans,  tulipanz.  klruss.  tulpan.  poln.  tulbant,  Turban,  tidipan.  kroat.  tuliben, 
Turban,  neben  tulipen,  Tulpe.  Karn.  klruss.  turban.  tulpan.  rum.  tulbent,  Brautschleier. 
tulipan,  Tulpe.  Art  Kopfbedeckung,  Turban,  durban.  griech.  TOüXouTcdvi,  türkischer  Bund. 
Crusius.  TOUp[xzäv,  xapd^cOixoc.  magy.  tulipdn.  Im  Türk.  wird  in  den  Wörterbüchei-n  dem 
Worte  die  Bedeutimg  ,Tulpe'  nicht  zugeschrieben. 

tünban,  pers.  ^^Läj,  kurze  Hose,  tumban,  Unterkleid  Budagoff. 

Vergl.  rum.  timbar,  Art  Kleid,  mrum.  tambare,  Art  Mantel,  bulg.  tumbarka.  Rumena 
14.  serb.  tambarina,  Art  Mantel,  nslov,  tabar.  mgriech.  tajXTüdpiov.  mlat.  tabaiTUs,  tabar- 
dum.     frz.  tabard.     deutsch.  Tappert,  Art  Mantel.  Z.  311.  3. 

türbet,  arab.  kj>j,  Boden,  Grab,  Grabmal. 

serb.  turbe,  nadgrobni  spomenik.  Bos.  turbe  prorokovo  Petr.  3.  612.  u  turbetu.  Hör.  217. 
tulbe.  ttdbedar,  Hüter  des  Grabes,     alb.  tidbe.  Rec.   19.  Z.  275.  3. 

türk,  Türke,  turkuman. 

serb.  turak.  turcati,  turciti,  turkovati.  turska.  turad,  turadija.  turko.  turcin.  turcinak.  tur- 
calo.  turce.  turöija.  Hör.  545.  tuixiluk.  Bos.  turkusa.  poln.  turek.  nslov.  trMak,  turscica, 
kroat.  trkalj,  nhd.  dial.  Türken,  Türkenkorn,  Mais,  engl,  turkey-corn.  Im  16.  Jahrhundert 
war  turcicum  frumentura  Ileidekorn.  Türkisch  bezeichnete  das  fremde,  über  das  Meer  ge- 
kommene,    griech.  toüpxiaoa.  td  Toupsxta,  Art  Brot.  Pap. 

türlü,  verschieden. 

Nach  türlü  ist  J.^  ausgefallen,  bulg.  tjurlu  tjurlu.  tjurlii,  des  espfeces.  Bog.  mnogo 
turlii  mandzi.  serb.  turli  turli  (mnogo)  jela.  Bos.  Vila  3.  102.  rum.  turlia  bestimmt  hot§rit. 
mrum.  turlie.  de  raaj  multe  turlii. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  61 

türsi  vulg.  tursu,  sauer,  Säure. 

griecli.  toupai,  äp[xja,  Sauerkraut.  Pap.   395.  toopai,  xößapcc. 

türündz,  Citnuie. 

bulg.  clrsvo  turanclija.     span.  toronja. 

tütün,  Rauclitabak. 

bulg,  titun  pija.     poln.  auch  tytufi,  tutun,  tjutjun.       mnim.  tutume  Obed. 


u. 

ubas,  evbas,  arab.  jib^l,  Gesindel, 
rum.  ohus,  grosse  Menge.  Z.  111.   1. 

ub§r,  nordtürk.  Hexe,  uberl^.  ap^r,  y^\,  ob§r,  up§r,  yAJjl,  Vampir. 

poln.  upior,  upierz,  upierzyca.  Vergl.  Fremdwörter.  Die  Form  vampir,  it.  vampiro, 
frz.  Vampire,  blutsaugendes  Gespenst,  ist  nicht  erklärt;  daher  bulg.  vapir.  Jir.  531.  vampir, 
vampirin,  vapir,  uvampiri  se,  vampirdzija.  serb.  vampir,  wofür  das  davon  verschiedene 
vukodlak.  Bos.  Vila  2.  343.  Aus  vampir  ein  slav.  ajpen  zu  folgern  geht  wohl  nicht  an.  serb. 
lampir.  mrtvac  se  podzinio,  polampirio.  Bos.  Vila  2.  292.  Die  Sache  ist  dunkel,  uh^r  ist 
vielleicht  mit  abaktr.  vyämhhura  zu  vermitteln.  Muchl.  151.  Die  slavischen  Benennungen 
des  Vampirs,  wie  russ.  upin.  poln.  upior,  sind  mit  diesem  Worte  so  schwer  zu  vereinigen, 
dass  man  an  Unabhängigkeit  derselben  von  ub§r  denken  möchte,  span.  vampiro  bedeutet 
auch  die  blutsaugende  Fledermaus  Süd-Amerika's.  Blau  285  führt  türk.  purtlak,  ^Jik.j•^^,  für 
Vampir,  Alp,   Gespenst  an,   Ruz.  ;for<ZaA;. 

uöajl^k,   türk.   i^Jbl-    jl,  Quartal. 

serb.    ucajluk,    Trimester.  Dubrov.  1868.  296.  Z.   113.  2. 

uökur,  Hosenband. 

bulg.  auch  juckur.  uckurluk.     wruss.  ackur.     poln.  uczkur,  oczkur,  hoczkur,  haczkur. 

uöurmak,  türk.   ,^^.1,  fliegen  lassen. 
Vergl.  .serb.  ucurisati,  verbergen.  Z.   114.  2. 

uöurum,  türk.  [»^vä^I,  Abgrund,  steil. 
serb.  ucurum.  Z.   113.  3. 

'ud,  arab.  o^,  Holz,  Aloeholz  zum  Räuchern, 

rum.  udagac,  vdagac,  odogac,  Aloeholz.  Cihac:  'ud  agadz§.    ngriech.  ooSaYatC^-  Z.  640.  3, 

uf,  Interjection  des  Unwillens, 
rum.  uf.  Bianchi   1.  140. 

uglab,  nordtürk.  Art  Balken  am  Dach. 
russ.  ochlupn,  ochlupenh,  Dach.   Mater.  88. 

ugrumak,  anstossen. 

bulg.  ograma,  Anfall,  vznkasna  holest.  Ljub.  79.  da  se  ne  ogradisat  ot  rusalki  12.  serb. 
agrama,  schwere  Krankheit,  ogra^,  sukoh.  ograsje  ist  türk.  ograS,  Kampf,  graisati  für  ograisati. 


62  I-  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

na  prvi  je  ogres  udario.  lomi  se  ogrei.  na  njga  turci  ogres  prelomüi.  Kras.  63.  64.  ograjisati 
beruht  wohl  auf  ugra-i(^Ui^  ugrd-ioa..  russ.  ogorosath,  constemer,  steht  mit  ugramak  in  keinem 
Zusammenhange,    griech.  ooypa'^C«»!  !lir^]sxo''}]yii^  C,r^]X'Xv).  Pap.  476.    mrum.  ogr§disi.  Obed.  117. 

ugur,  Schicksal. 

serb.  ugur,  Glück.  Jieka  vam  hude  niiali  s  uguroni  i  hahtom.  Bos.  Vila  3.  115.  neöe 
mu  ugurli  hiti.  3.  131.  ugursuz,  Halunke,  gursuz.  Bogis.  634.  ugiirala,  srecan  put.  Bos,  Vila 
2.  146:  türk.  ugw  ola,  urola.  rum.  auch  ugw.  ogurliü.  ursuz,  hursuz.  Vergl.  klruss.  uhurny, 
uhuzny,  starrköpfig,     ngriech.  h'^rm^orjöCyiz,  ävtaiato?,  axato^- 

ujmak,  gleichsehen,  passen. 

bulg.  ujdurisvam  drugari.  Ljub.  74.  Vergl.  kniga  ta,  sco  mu  dejdisa.  Per.  spis.  27.  348. 
serb.  ujdisati.  ujdurisati.  'ujdwma.  ujdurati.  Blau  44.  lohise  mu  svasta.  Bos.  griech.  ö'ivttC'o. 
Pap.  476.     mrum.    unzi:  kum  unz^te,  selon  l'usage.  Obed.  109.  beruht  auf  griech.  onoidCo. 

uklaj,  nordtürk.  j-iül,  wilde  Ente. 

russ.  aklej,  utka.  klruss.  oHija,  okEj,  aspius  lucidus.  poln.  t'Ma.  Vergl.  cecli.  uklajka, 
oklajka,  Art  Fisch.  Mähreu.  Muchl.   138.   Fehlt  Z. 

'ulema,  Gelehrter. 

poln.  ulemowie.     rum.  ulema,  ulama,  ulimal.     spau.  ulema. 

'ulufe,  Sold. 

serb.  ulefa,  herivo.  Hör.  uleva.  bulg.  ulefe.  span.  alafa.  rum.  auch  lefea.  griech. 
Xo'fsc,  XofpcÖEC.  Pap.  147.  149.  hXtpiQ.  ulufari  bei  Bolizza  180.  ist  wohl  türk.  'ulufe-har,  be- 
soldet, ullufazi,  daselbst  und  ngriech.  dXoipdtC-^ci;,  Hammer,  Geschichte  1.  494,  sind  türk. 
'ulufedzi.     magy.  alafa,  ülefe,  ölefe^  Stipendium. 

ulus,   Stamm, 
poln.  uius,  icius. 

umur,  arab.  Plur.  von  emr,  -jol,   .^ol,  Ding,  Geschäft. 
rum.  umur,  omur.  Z.  95.  3. 

unkur,  türk.  unnachweisbar,  Unger. 

serb.  undjur,  Ungern.  Hör.  319.  undjuros,  Ungern  287.  unguros,  Unger  204.  undjurija, 
undjurska,  Ungern  233.  undjurovina  225.  233.  423.  undjerovina  202.  216.  undjurovac, 
Unger  423.  ungarija.  Ungern   142. 

urendek,  nordtürk.   Sitz.    Ostroum. 

russ.  runduks,  Sitzkasten,  Thürschwelle,  Estrade. 

urkuä,  nordtürk.  ^ß^yX  Art  Gerste. 

poln.  orkisz.     klruss.  orkys.  Muchl.   97.  Fehlt  Z. 

uriiak,  nordtürk.    jjLji.j,   Menge  Leute,    urcak. 

poln.  orszak,  Schaar,  Gefolge.  Nicht  vom  magy.  örseg,  Wache,  Besatzung,  Muchl.  97. 
Fehlt  Z. 

uru,  türk.  ^.^1,  Weide. 

serb.  urija,  pasnjak.  Bos.   Z.    118.   3. 

uruhmak,  d2agat.  Renner. 

poln.  rumak,  Ross.  Poetisch.  Kari.   19. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  63 

uskuf,  türk.  oüCwl,  Mütze. 

uscufia,  pileiis  Leunclavius.  Z.  49.  2. 

usta,  Meister, 

serb.  rum.  usta.  serb.  ustobaäa.  Bos.  Vila  2.  265. 

ustura,  Rasirmesser. 

Man  vergleicht  damit  unrichtig  serb.  kustura,  schlechtes  Messer. 

usul,  arab.  J^l,  Anfänge,  Methode. 

bidg.  usid,  nacin.  serb.  usulane  (usul-ane),  pravilno,  pametno,  vorschriftsmässig.  Hör. 
Z.  59.  3. 

usak,  nordtürk.  ^L«^!,  Knabe,  Diener. 

Man  vergleicht  poln.  uszak,  siup  przy  drzwiach.  Na  Litwie.   Muchl.  139.  Z.   122.  3. 

'usr,  Zehent. 

ngriech.  O'joooptov.  Acta  et  diplomata  V.  201.     span.  al-acer.   Eguil.  81. 

'utabi,  'atabi,  pers.  ^-jUc,  Art  Seidenstoff. 

cech.  taMn.  poln.  tahin.  GoJ.  199.  rum.  tahin,  Art  Taffet.  tebenk§.  frz.  tabin,  tahis. 
it.  tabi,  tabino.  span.  tabi.  deutsch  tobin,  tabinet.  engl,  tabby.  Nach  Saineanu.  Dozy  343. 
Vergl.  klruss.  fabinok,  pohitabent.  ngriech.  tafXTCtov.  Muchl.  130.  Fehlt  Z.  Devic  65:  , atabi 
^tait  le  nom  d'un  quartier  de  Bagdad  oü  se  fabriquait  cette  Stoffe,  et  ce  nom  venait  du 
prince  Attab,   arrifere-petit-fils  d'Omeyya.' 

'utarid,  Quecksilber. 

ßech.  rtut,  rtut' .     poln.  rt^6.  Die  Zusammenstellung  ist  problematisch. 

uzun,  lang. 

serb.  skacu  na  uzun-kobile.  Hör.  590. 


ü. 

üö,  dfei. 

serb.  uckat,  trostriik.  Hör.    ngriech.  o'jtC-touYtXoü  iraad^c?.  Acta  et  diplomata  V.  201.  202. 

ükl,  ükül,  alles  Essbare, 
bulg.  ak^la.  Z.  82.  1. 

ülgör,  türk.  JC'.I,   Strich,  Anstrich  des  Tuches. 

Vergl.  serb.  uUer,  u  cohe  ona  strana,  s  koje  se  obicno  pocinje  sjeöi,   Z.   129.  3. 

Ülk6,  türk.  200^l,   Land,  Gebiet. 

serb.  tdce,  zeralja,  drzava.  Hör.  po  ulöetu  48.  Z.   130.  3. 

ümm,  arab.  -1,  Mutter. 

rum.  ima,  imma,  inma.  Z.  93.  2. 

ümmöt,  arab.  o*xl,  Versammlung,  Volk, 
rum.  jumet.  Cihac.  Z.  94.  2. 


64  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

Ü8t,  tUrk.  va**«jl,  das  Obere. 

serb.  tistf'sati,   sich    gegen  Jemand  erheben.    Ein  ähnUches  türkisches  Verbiim  finde  ich 
nicht.  Z.   121.  3. 

üstübödz,  Bleiweiss. 
rinn,  auch  stuhec. 

ütü,  Bügeleisen. 

bnlg.  utija.  ittulagalka.     serb.  utijafi, 

üz,  türk.  v.l,  Verwandter  usw. 

serb.  uz:  tri  cetiri  uzova  t.  j.  pomagaca.  Z.   119.  2. 

üz6ngi,  Steigbügel. 

serb.  uzindzije.  KaC.  37.  azendija. 

üzüm,  AVeintraube. 
klruss.  ozjum,  Art  Frucht. 


V. 

va'det,  Frist. 

serb.  vada.  In  Bosnien.  Hör.  342. 

va'ez,  Erniahner. 

serb.  vaz,  Predigt.  In  Bosnien,  vaze  vice,  hodia  nam  vaz  davaäe.  Boa.  Vila  2.  259. 

vaj,  türk.  ^1^,  Interjection  des  Schmerzes. 

bulg.  vaj.  serb.  vaj.  vajkati  se.  avaj  menif  Vergl.  od  vajkada  i  ahaba  zemana.  Bos. 
Vila  2.   148.  Z.  928.  2. 

vake',  Vorfall. 

all),  vakijade.  Jarnik. 

vakf,  fromme  Stiftung. 

serb.  vakuf.  Hör.     runi.  vakuf,  vakf.     ngriech.  ßaiiou'fva(xs5s;;.  Tern.  224.  258. 

vakt,  Zeit. 

bidg.  vakot.  Djuv.     serb.  vakti  sahat,  sudjen  das.  Hör.   140.  vaktile. 

vali,  arab.      '1^,  Statthalter. 

serb.  valija.     rum.  vali.  Z.  928.   1. 

vallah,  bei  Gott. 

serb.  valah.  valaj-hilaj.  vala.  valaha.  Bos. 

var,  geh. 

serb.  varaj,  geh.  Jastr.  219.     slovak.  vari.  Imperat. 

varak,  arab.  ^x.^,  Blatt,  Goldblättchen. 

bulg.  varak,  Jiarak.  pogaca  varaklija.  Ljub.  serl).  varak,  von  falschem  Golde,  listy  mi- 
iurnago  zolota.  (klobodan,  kozar,  Mk,  telej,  russ.  misura)  varakli:  varakli  kocija,  Sdemlija,  trpeza. 
varak-kocija.  Hör.  152.  varakleisati,  farakleisati.  46.  Z.  930.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  65 

varun,  pers.   m^;';,  schief,  verkehrt,  unglücklich, 
bulg.  var§ndze,  po  nescastiju,  c/aze.  Djuv.  Z.  926.  3. 

vasijjet,  arab.   'iLay  Testament. 

serb.  vasijet,  naredba.  Bos.  Vila  2.   189.  vasijat-nama.  Hör.  2.   612.  Z.  932.  3. 

vataha,  nordtürk.  xäLj.,  Menge,  Genossenschaft. 

russ.  vataha,  Menge,  vatazka,  Heerde.  vatazniks,  Haupt  der  Hirten,  klruss.  vatazok: 
huty  vatazkom  6üoji  turmy.  vataha,  Menge,  Heerde,  Gesellschaft  von  Fischern,  vatah,  vatas, 
vatazka,  vatazko,  Oberhirt,  Anführer,  vatazeia,  älterer  Brautführer,  poln.  wataha,  Schaar: 
przychodzic  z  calq.  swoja,  wataha^.  wataman,  Vorgesetzter  der  Genossenschaft,  votj.  vataga, 
Genossenschaft,  Familie,  Gesindel,  zürj.  vataga,  Menge,  rum.  vatah,  vataf,  v§taf,  v§tav, 
vatav,  v§tas,  Zigeuner -Aufseher.  v§tesel^  Gerichtsdiener,  vataziü.  vatastinf.  vataman.  Die 
Wortgruppe,  wenn  es  anders  eine  Gruppe  ist,  bereitet  Schwierigkeiten:  die  russ.  und  die 
klruss.  Wörter  stammen,  unmittelbar  aus  dem  Rum.  Vergl.  türk.  vattas,  Hirt.  it.  vataco, 
Gemeinde-Beamter.  Muchl.  141. 

vatan,  Wohnort. 

serb.  vatan.  Petr.  261.  zavicaj,  stau,  domovina.  vatan  uciniti.  uvataniti  se.  Bos.  Vila 
2.  148.  ^  . 

vekil,  Stellvertreter. 

serb,  veöilaröe:  türk.  vekü  i  xo^^'dz.     rum.  vekil,  Bevollmächtigter.    Bukowina,     ngriech. 

velakin,  lakin,  arab.  aber,  jedoch. 

bulg'.  veljakhn,     russ.  no  odnako,  tarnen.  Z.   795.   1. 

venedik,  Venedig. 

serb.  pucaju  vedenici.  Hör.  404.  colia  venedicka  115. 

verem,  Phthisis. 

Vergl.  serb.  veretizan,  hektisch  aussehend,  overemiti,  oholjeti.  Bos.  Vila  3.  116.  griech. 
ßspSjJL'^:.  ßcf>£[JLJdp-/]c,  ßspsjjijap'.Ko?,  iirwoao?.  Pap.  151.  404. 

v6rgi,  Steuer, 
serb.  auch  verdjija. 

vezir,  Vezir. 

klruss.  vejzer.  Chrest.  384.  poln.  wezir,  wezyr.  rum.  vezir.  mrum.  vizir.  span.  visir. 
mlat.  alguazilus,  alguazirius,  algozirius  usw.  Devic  6. 

v6zne,  Wage, 
griech.  j3cC£Vs;. 

vida,  Schraube. 

alb.  vidh^.  russ.  vintn,  unmittelbar  aus  dem  deutschen:  Winde,  ahd.  vinta.  Daher 
votj.  vint. 

litukschriftcn  der  pbil.-hist.  ri.  XXSVIII.  Bd.  I.  Abh.  9 


66  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 


z. 


zabit,  zabet,  zabt,  Ergreifung,  Obrigkeit. 

serb.  zaftija.  Vre.  Bos.  zaftiti  djogata.  zaptiti  djecu.  rum.  zahet.  zahetlik.  zapci  verb. 
zapcie.  zapcilik.  zapt  usw.  mrum.  zfbitatß,  plur.  z^ptisi.  Obed.  griech.  C^T^t:  xavw  l^ättu 
CairiXT^C.  Z^-zi-OJ-xi.  Cancöv«.  Pajj.  422.  423.  zaptin.  Pasp. 

zabUD,  erschöpft. 

bulg.  zabuna,  Verwirrung.  Djuv.  serb.  zahun  cini  druzini.  Kac.  54.  ocZ  zahme  55.  (Be- 
gija)  a^e  je  zahun  ucinila.  Hör.  370.  Vergl.  zbondzati  se,  zgondzati  se,  abmagern,  griech. 
zabunko.  Rec.  36.  zahun,  schwach.  Mariup.  Ca|i.ito6v7]S.  Hind.  148.  C'^il-iitouViUco.  Pasp. 

zadz,  saö,  zak,  Vitriol. 

bulg.  zaca,  zadija,  za^aga.  saci  kahruz,  k§hrz:  türk.  zadz-i  k§hrfs.  Z.  690.  2.  Bianchi  1. 
614  b.  Djuv.     span.  azache. 

za'feran,  Safran. 

serb.  zaferan,  zoforan.  russ.  dial.  cafrantz.  poln.  szafran.  nslov.  sahran,  Safran, 
zefrau.  serb.  savran.  Devic  60.  it.  zafferano.  span.  zafran,  azafran.  frz.  safran.  Ein 
Ritter  von  Mar(^uardstein  (Merkenstein)  brachte   im  Mittelalter  den  Safran  nach  Osterreich. 

zähmet,  Mühe. 

bulg.  zalimet,  zamet.  Djuv.     serb.  zähmet,  trud.  Hör.  zametan.  zametljiv. 

za"/ire,  Lebensmittel. 

bulg.  zahare.     rum.  auch  zahire,  zahre,  zaara,  zaere,  zehere.     mrum.  zaire.     ngriech.  ^a- 

■/Sp£C,    31X10V, 

zaid,  arab.  joh,  mehr  als  genug.  Plur.  zevaid,  Jol^v. 

serb.  zafait,  pohocni  dohodci:  da  gospodji  zafaita  nema,  putujudi  sama  Smederevu  d.  i.  da 
gospodja  nema  nista  vise  traziti,  jer  je  sve  ponela.  Z.  476.  3. 

z'aim,  tUrk.  *aä)i  Besitzer  eines  grossen  Kriegslehens,  das  mindestens  jährlich  2000 
Asper  einträgt,  zi'amet.  zaim  steht  über  dem  timar. 

bulg.  zaim.  serb.  zaim:  na  glasu  zaime.  zainluk.  Herc.  36.  119.  357.  Hör.  596.  rum. 
zaim.     ngriech.  C'^f{ii5a.  Acta  et  diplomata  V.  202.  Z.  479.  3.  Devic  G9. 

zalem,  arab.  JUb,  schlimm,  böse. 

bulg.  zalum,  verzärteltes  Kind,  maleno,  razmazeno  dete.  Verk.  Z.  615.   3. 

zaman,  Zeit. 

bulg.  z§man,  immer,     rum.  zaman. 

zampara,  llurer. 

bulg.  zempare.  zampala,  Hure.  Djuv. 

zanbak,  Lilie. 

bulg.  zamhak.  Djuv.  serb.  mavi  zanbak,  Salbei.  Blau  302.  griech.  Z'x^i.'Krixi.,  xplvoi^, 
Xstpcov. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteukopäischen  Sprachen.  67 

zar,   ,1  j,  yc  j,  Würfel. 

Vergl.  it.  zara,  azzardo.     span.  azar^  lazar.     frz.  hazard. 

zar,  pers.   .K,  Häutchen. 

serb.  zar,  dünne  Decke,  dünnes  Häutchen,  zavjesa.  Z.  475.  3. 

zarar,  Schade. 

griech.'  C^^päpt.  C'Jip^p^'^^C-  Pap.  423. 

zarf,  Schale. 

bulg.  zarf.  Djuv.     serb.  auch  zalf  und  zaf.  Herc.  133.  357. 

zarif,  zierlich. 

serb.  zarif.  Bos.     griech.  C^pot'fX'-ix'..  Legr. 

z6bibe,  arab.  auAJv,  Cibebe. 

poln.  cyheby.  Plur.  Unmittelbar  aus  dem  Deutschen,     spau.  acebibe,  acepipe.  Eguil.   15. 

z6h,  Band,  Draht. 

griech.  C^ßo?,  C»ß^i?,  0.7x6X0^,  GzpsßXoc,  oüx  £'J96?.  Pap.  421. 

zöhir,  Gift. 

bulg.  zeer.  serb.  zeher.  In  Bosnien.  zeiV.  2}K2J"a  zerlija.  Jastr.  alb.  zeir.  Rec.  90. 
griech.  Zzir/..  Cctpjapixöc.  C=^pj'^<3[JL£voc.  C^^p^^^Cto,  C^^^p^'^Cf»-  Pap.  423. 

zöhkir,  Art  Ring. 

poln.  zekier.  Muchl.   144.   serb.  zvekir  mit  Anlehnung  an  W.  zvenk,  serb.  zveka. 

zejtun,  Olive,  chines.  thsa-thoung. 

bulg.  zejtin,  zehtin,   Olivenöl.  Djuv.     zig.  zet.     serb.  auch  zeitin.  zeitinica,  zejtinica  usw. 

zäkat,  arab.  »K'v,  Almosen. 

serb.  ze6at,  ve6a  molitva.  Bos.  Vila  2.  258.  oklanja  sedam  zeöata.  3.  5.  Z.  480.  2. 

zelzel6,  zerzele,  türk.  äUüv,  Erschütterung,  Erdbeben, 
bulg.  zarzwa,  das  Beben.  Djuv.  Z.  480.  3. 

zemberek,  Feder. 

serb.  zemberek,  luk,  tetik.     rum.  auch  zimbirik.     griech.  C^\).TZS.piy.t..  Pap.  423. 

zemin,  pers.  ,j^),  Erde. 

serb.  zemunica,  Erdhütte,  von  zemuni,  podzemno.  Nicht  von  zemlja  abzuleiten.  Z.  481.  3. 

zenbil,  Körbchen. 

bulg.  zimbil.  Djuv.     serb.  zembilj.  Bos. 

zendz6fil,  Ingwer. 

nslov.  djumber.  Jambr.  bulg.  inbir.  serb.  zendzefil,  djumbir,  djumber,  djundjiber. 
russ.  imbirh,  inbin.  zinzivej  ist  althaea  officinalis.  klruss.  imbir.  lit.  imberas.  rum.  zinzifil, 
cinciver.  Vergl.  cincivers.  Tichonr.  2.  410.     span.  gengibre,  gengible  usw. 

zängin,  reich. 

bulg.  zengin.  Djuv.  mrum.  zingin.  serb.  zengin.  Jastr.  u  zendjiloj  zernlji  Italiji.  Hör. 
29.  zendjila  trgovca.  zendzil  udovica. 

9* 


68  I.  Abhandluno:  Franz  Miklosich. 

z6ra'6t,  arab.  ȣ';),  Ackerbau. 

serb.  ziratiti,  den  Acker  bebauen,  ziratan.  Z.  478.   3. 

zerbaf,  Brocat. 

russ.   auch  zarbavs.     rum.   zerhap,   zarba,   zarpa:  zer,   Gold,  baf,   gewebt.  Z.   168.  2. 

zerd,  pers.  ^.v,  gelb,  fahl. 

serb.    zenlast,    gelb,    zerdija:  Elena    so   calma,   volko-t  so   zerdija.    Jastr.    230.      niagy. 
zöld,  grün,  ist  alte  Entlehnung  aus  dem  pers.  zerd,  gelb.  Z.  479.   1. 

zerdalo,  zerdale,  zerdeli,  Art  Aprikose. 

bulg.  zerzalija,  zerzeUje,    dzarzali,  zrdelija.   Djuv.     serb.   auch   zerde7ilija.     ngriech.    C^p- 
taXo65ioi.  ßspwoxxa.  Pasp.  Z,  479.  1. 

zerde,  Reis  mit  Honig  und  Safran. 

bulg.  zei'de.  Djuv.    serb.  zerde  hat  wohl  dieselbe  Bedeutung,  Art  Speise.  Bos.  Vila  3.  102. 

zerdeöop,  z6rd6öau,  <^ys^i^y,  Gilbwurz  zum  Färben, 
rum.  zerdicab.  Z.  479.   1. 

zerdeva,  Marder. 

Die  gleiche  Bedeutung  liat  wohl  serb.  zerdav. 

zerinkadaü,    pers.    arab.    _jö  ^J;),  auch  zerin,  Narcisse. 

serb.  zelenkada,  zelenakada,    zulumkada,   narcissus   pseudonarcissus.    zerina:    kadno  capti 
zumbid  i  zerina.  Herc.   190:  zerin,  golden,  kade,  Kelch,     rum.  zarnakadea.  Z.  479.  3. 

zeval,  Elend. 

serb.  zaval,  zamjera,  prigovor.  Bos.     rum.  zavalas,  sirman. 

zevk,  Vergnügen. 

bulg.   zev.    Djuv.     serb.    od  zevka.   Bos.    zevkariti.     rum.   zeßemea.   zefklendisitor :     türk. 
z4vklenm^.  z^vklenmek.     ngriech.  ^t'jrx,   ouij.'jröaiov.    C,zo%(kl]C„  ?ptX(Jbv   xd   aufAitöoia.   Pap.   424. 

CcUxXsVXlCtO,    X(0|JldCo). 

zevzek,  türk.  ^Wy  dumm,  albern. 

serb.  zevzek,  Tölpel,     rum.  zevzek.  Z.  484.  3. 

zebuD,  türk.  ^yi\i  Unterjacke. 

bulg.  zahnn.  Z.  477.  2,  Vergl.  dzübbet. 

z^jafet,  Fest, 
mrum.  ziafele. 

Zfndan,  Kerker. 

aerb.  zendan,  zondan,  zidan.  Kaß.  35. 

zidzri,  ^-ff),  verboten  (von  Wein  usw.)  zidzrije,  Steuer  auf  Wein, 
bulg.  zidzrije,  zedzrije.  Djuv.    Z.  477.  3. 

zift,  Pech. 

bulg.  zivdosam.  Djuv. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  69 

zijan,  Scliade. 

serb.  zijanöer.  Bos.     klruss.  izjan. 

zijarät,  arab.  »jUsv,  Besuch. 

serb.  zijaret.  Bos.  Vila  2.  275.     ngriech.  C^apstt,  expeditio.  Pass.  Vergl.  serb.  zijafet,  das 
BogiS.  550  durch  posjet  erklärt  wird.  Z.  485.  3. 

zill,  Zimbel.  Castagnette. 

bulg.  züija.    Djuv.     serb.    eile  i  borije.    Bos.  Vila  2.  331.  zil,   svirala.   Hör.     poln.   zele. 
alb.  zile.     ngriech.  (^01%  xpöxaXov. 

zilü,  pers.   JLs\,  Art  Teppich,  zilposi,  gestickte  Mütze, 
serb.  züija.  Bos.  Z.  487.  1. 

zinakar,  arab.  ;l^b\,  Ehebrecher,  von  zina,  Ehebruch. 

Durch  Anlehnung  an  zena  bulg.  zenkar.  Dagegen  zeniar,  Feigling.  Z.  481.  3. 

zindzir,  Kette. 

serb.    sinzir,    sidzir,   sindjer.    Relk.     slovak.    cinciere,    okovy  aus  niagy.   csincser,   Hand- 
fessel,    rum.  sindzir. 

zinet,  arab.  gj^y  Putz,  Schmuck. 

serb.  zinet,  nakit,  ukras.  Hör.  od  zineta  (na  djogatu).  Hör.  472.  Z.  487.  2. 

zira,  zir6,  pers.  |wj\,  »^jv,  weil,  zira-ki,  zirak.  ä5ov:  z-i-ra-ki. 

bulg.  zere,   weil,  zer,  in  der  Frage.    Djuv.     serb.  zar,      russ.  razv^.     serb.  zer,  ze.  Jastr. 
Z.  486.  3.  Darmesteter  1.  248. 

zira',  arab.   cKv,  Elle. 

serb.  zira,  Art  Mass,  74 Yj  Centimeter.  Vardar.  Fehlt  Z. 

zis,  pers.  ^J-*J\,  Seite. 

Man  vergleicht  poln.   zez:  zezem  patrzyc,   schielen,  zezowac.  zyzovki.  zizowatosd.     klruss. 
zezovatyj.  Fehlt  Z.  Muchl.  145. 

zivane,  «jl.\,  Zapfen,  Scharnier. 

rum.  diuvanea,  Futteral  für  das  Mundstück  der  Pfeife.  Vergl.  bulg.  zavana,  russ.  sado- 
vaja  pila.  Djuv.  Z.  484.   1. 

zor,  Gewalt. 

bulg.   zor.  zorlen  aus  türk.  zorlu.  serb.   hez  zora  i  nagovora.    BogiS.  549.    to  hi  na  zor 

hilo.  Bos.  Vila  3.  102.  Vergl.  wa  caitse  zora  udario.  Hör.  151.  zoran  kaurin.  zor  delija.  Kac. 

71.   zor'  junaka  59.     alb.  auch    corr§.  mrum.    zore   für  drum,   nevoie.     ngriech.   C'^P«»    C^P^- 

zorba,  Rebell. 

serb.  na  mladje  je  zorbu  ucinio.   Hör.    114.     alb.   zorbadzi,   serb.  brz,   schnell.    Rec.    92. 
ngriech.  Cwpl-if'cäc,  'faOXoc,  dirsi6Y;(;.  CtöpiJLTraXtxt.  70.  525. 

zort,  zorta,  türk.  c>5),  Furz, 
serb.  zort,  prdez.  Z,  484.  2. 

zuhra,  zühre,   arab.  syc\,  der  Planet  Venus. 

aslov.  vsugra,  richtig  wohl  sugra,  ein  Planet,  op.  2.  3.   114.  Fehlt  Z.,  vergl.  jedocli  616.  3. 


70  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

zuhurat,  arab.  «i>l»^_^,  plur.  von  zuhur,    Estafette,   expresser  Bote:   zuhur,    eigentlich 
Erscheimiug. 

bulg.  zurät,     serb.  ozuhuriti,  erscheinen.  Bos.  ozohuriti.  Hör.  2.  609.  Z.  616.  3. 

zulf,  Haarlocke. 

bulg.  skuluf.     serb.  zuljufi.    Jastr.     ngriech.  TCouXou(ft.   Pap.   469.    C^t>Xoü(pi.    Hind.  83. 
rum.  tsuluk. 

zulm,  Gewalt. 

ngriech.  C^y^<>ö|it,  äSixta.  Pap.  425.     uordtürk.  zuhimn§k,  ohida. 

zulnar,  arab.   »LJI^j,  Schiott,  Esse. 

serb.  sulundar,  Rauchröhre  am  Ofen.  Z.  452.  3;   903.  1.   Blau  37.     aslov.   sulinan,  ca- 
ncdis,  ist  griech.  ocoXTjvdpt,  acoXf^v. 

zurna,  zürna,  Flöte. 

bulg.  zurnadzija.     serb.  zurla.    ngriech.  C^f^pvä?.  Hind.  105.    malaj.  sarunej.  Siehe  süma. 
Hieher  gehört  wohl  auch  bulg.  zurla,  zurna,  Rüssel.  Djuv.  Devic  70. 

zurumbad,  pers.  k>Lo>\,  Art  Pflanze,  z^doaire. 
rum.  zurumhat.  7i.  479.  2. 

zügürt,  türk.  c^;^,  arm. 

serb.  zugjurt.    In  Bosnien,    zudjur.    ozudjuriti,   arm  werden.    Z.  480.  2;  484.  3. 

zülieröt,  zühre,  arab.  ä^v,  venus  Stella. 

aslov.  zugra.     sY>ai\.  zahori.  op.  2.  3.  92.   Vei-gl.  zuhra. 

züHl,  zuHl,  zuüal,  arab.  J^ä-v,  der  Planet  Saturn. 
aslov.  zugelh.  op.  2.  3.  91.  dafür  zuheh.  114.  Z.  477.  3. 

zümre,  arab.  swev,  Körperschaft,  Corps  der  Sipahi.  zümre-odzag^. 
bulg.  zjumre-odlag,  ein  bestimmtes  Corps  Soldaten,  zjumre,  eine  hohe  Mütze,   die  jenes 
Corps  trug.  Djuv.  Z.  481.  2. 


V 

z. 

£az,  pers.  jh.  Unrath. 

Vergl.  zaz,  dessen  Bedeutung  nicht  ganz  klar  ist:  jako  z  korzenia  burzq  lasy  iazcm,  tak 
me  rmdzieje  padly.  Linde.  Z.  476.   1.  Muchl.   144. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  71 


A. 


a'azz,  arab.  Crl,  eompar.,  Erlaucht. 

bulg.  aza,  azadzi,  aazi,  vornehme  Leute.  Djuv.  Z.   65.  1.  'aziz.  628.  3. 

aba,  grober  Wollenstoff,  'abai,  ^Uc,  Schabrake. 

bulg.   aba,   Art  Augenkrankheit,   abadzijnski  esnaf.     serb.  habahija.  kape-abenjaci.  Bos. 
ngriech.  ä^Tzdc,  vaxröc,  toXoc.     poln.  haba.     magy.  aba.  Z.  621.  a.  c, 

abanos,  Ebenholz. 

bulg.  abanosov.  Djuv.     span.  abenüz.     ngriech.  ä[X'jravöCt. 

abdal,  Eremit. 

Damit  soll  zusammenhängen  ngriech.  ßoüSsXa.  Hammer,  Geschichte  8.  85;  10.  337.  Ru2. 

abdöst,  Waschung. 

bulg,  abdesst.  abdesli.  Djuv.     serb.  avdesluk.  avdeshana,  der  Ort,  wo  die  Waschung  vor- 
genommen wird.  Hör.  abdest.  abdestluk.  231.     span.  abdest.     ngriech.  diX'TCSO?,  d-TioviTTKo. 

aö§k,   türk.  (^Ä-f,   offen;  göz,  türk.  v^,  Auge:    ac§k  göz,  'g'özi  ac§k,   der  das  Auge  offen 
hält,  behutsam. 

bulg.  acigjoz.  Djuv.     serb.  aaÄ:-mavv  hellblau.  Bos. 

ada,  Insel, 
alb.  adaa.  Rec. 

adam,  arab.  -i^l,  Mensch. 

serb.  adamluk,  Menschlichkeit.  Bos.  Z.  21.   1. 

addas,  Namensvetter, 
bulg.  adaS,  Freund. 

adna,  arab.  ^^\,  der  Geringste. 

bulg.  edna,  evsat,  alja  d.  i.  siromah,  sreden.  Djuv.  Z.  21.  3. 

'adzaba,.  Wunder. 

serb.  adzaba,  da  si  je.  Bos. 

'adzem,  fremd. 

serb.  adjam,  Perser,  adjamkinja.  Gund.  adzemkinja  dorda.  Hör.  185.  britka  adiemovka.  3S6. 

adz^,    ^\,  bitter,  Säure. 

ngriech.  dtCt,  äva<popd.  Volksl.  Z.  13.  2. 

aferim!  Bravo. 

serb.  aferimovati.  Bos. 

afjun,  Opium. 

kroat.  afium.  Sirena.     magy.  äfiom.     span.  afion. 


72  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

aga,  älterer  Bruder,  Herr. 

serb.  agic.  Bos.     niagy.  aga.     ngriecli.  ÖLYäSs;.  dyaSixa  xovdx'.a.  Legr.     span.  aga. 

agadz,  agaö,  Baum. 

serb.  ükagaca,  Haiiptbalkeu.  Gehört  wohl  nicht  hieher. 

agel,  Hürde. 

alb.  agil,  pridvor.  Rec. 

ager,  schwer. 

bulg.  agarlfk,   Schwere.  Djuv. 

ahmöd,  arab.  «X^skl,  ruhmreich,  Personenname. 

Vergl.  serb.  ahmedija,  posa,  bjela  krpa  oko  glave,  calma,  Turban.  Bos. 

ayer,  Letzter. 

Vergl.  serb.  ahar-odaja,  Gastzimmer.  Bos. 

a/er.  Stall. 

bulg.  jaJip\  serb.  har.  Falsch  u  donje  hai'are.  Kac.  134.  ngriech.  dyo6pq  äyo'jpja, 
plur.  Volksl.  ä)(jo'jpic6v.  Pap.  229.  Man  denkt  an  agriech.  äyopÖQ  und  meint,  das  türk. 
Wort  habe  ursprünglich  ,den  Ort  für  Spreu'  bedeutet.  Vergl.  aslov.  plevbnica,  a)(Upü)V. 

ajak-daä,  Reisegefährte.  Kamerad, 
bulg.  ektas.  Djuv.  Z.   140.  2. 

a'jan,  Augen,  Magnaten. 

serb.  ajan,  starjeSina.  sarajski  ajan.  Hör.  52.  Was  ist  ajansko  meso?  Bos. 

'ajar,  Probe. 

ngriech.  dytapt,  Metzen.  äYiapviiCt»,  67Co).ct[JLßdvo).  Hind.  70. 

aj6t,   arab.  ool,  Koranvers. 

serb.  ajet,  kuranska  izreka.   Hör.   125.  Z.   141.   1. 

ajermak,  türk.  (j-c^l,  trennen, 
serb.  airisati,  razhiciti:  Bos.  Z.   145.  3. 
ajg^r,  Hengst, 
alb.  aigir.  Rec. 

ajl^k,  Monatgeld. 

serb.  ajiluk.  Hör.  201.  ajluk  268. 

ajran,  saure  Milch. 

ngriech.  d'tpdvi.  Hind.   79.  Vergl.  russ.  ureuh.  Dalb. 

ajva,  Quitte. 

ngriech.  aiva.  Rec.  46. 

aköö,  weisslich,  Silbergeld,  Geld, 
magy.  akcs'a,  Heller. 

akendz^.  Streifer.  aken,  Raubzug. 

ngriech.  ri:/.yi,-f^-^,  Raubzug.  Du  Gange.  dy.'.vtCt5£?,  a^*.r^'^zC,'t^J^z,  coureurs:  diese  Miliz  war 
auf  Beute  angewiesen.  Z.  79.  2.  rj.yj'Jz(^'OjäZi  d'habiles  tireurs.  Legr.  2.  282.  magy.  akancsa, 
Plänkler. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  73 

akran,  die  Gleichen. 

serb.  akrana  joj  nema.   Hör.  95.  na  akrana  svoga,  318. 

'akreb,  Skorpion. 

serb.  gtije  i  agrapl.   Jastreb.     kroat.  zmije  i  okrapi.  Istr.     span.  alacran. 

aktar,  Krämer, 
bulg.  ahtarin.  Djuv. 

al,  roth. 

kroat.  halat.  Sirena.     serb.  alat,  d.  i.  al  at.  alabasakast,  zutoglav:  türk.  alabaK-  Bos. 

al,  türk.   Jl,    List,   Betrug. 

kroat.  jalen,  dolosus.  Hung.  jalnost,  dolus.  Hung.  Z.  84.  2. 

'ala,  hoch. 

bulg.  alja  harac  prsvi,  po  60  grosa  na  glava.  Djuv.  do  saraja  al  osma7ia.  Hör.  42. 

'ala,  arab.  ^JLe,  über,  auf". 

serb.  alec  selarii.  Hör.  alejö  selam.   166.  Z.  636.  3.     bulg.  alekim,  lekim  ti  siljam. 

ala,  Schlange. 

bulg.  hal§,  Vielfrass.  Hung. 

aladza,  bunt.  Der  buntgewirkte  Stoff  Alad^a  ward  im  vorigen  Jahrhundert  in  grossen 
Quantitäten  in  Wien  erzeugt. 

poln.  haladzija,  Art  Stoff.  Rocznik.     griech.  dXavxC^öic,  paßScoTOC- 

alaj,  Gefolge. 

serb.  alajli  barjak.  Bos.  russ.  alaj,  strazniks.  Grig.  magy.  olaj-beg.  Vergl.  bulg.  alaj, 
Art  Fisch.  Jir.  526. 

alaman,  deutsch. 

serb".  kralj  alemanski.  Hör.  29.  poln.-arm.  ataman.  Hinsichtlich  des  alaman,  Räuber, 
ist  zu  bemerken,  dass  das  Suffix  man  auch  in  kodaman,  kodSaman  vorkommt:  vergl.  klruss. 

M'uchman,  charaman,  syrochman,  Waise. 

alau,  nordtürk.  Lichtung,  poljana  vs  Jesu,  Ostrom. 

bulg.  alan,  poljana.    türk.  ON.  Jir.  257.  ahlaii,  offener  Platz. 

alaäa,  Rücken,  Last,  Pferd,  Wallach. 

cerem.  alasa,  wotj.  ulosa,  Wallach,  klruss.  hsak.  Ahl(][uist.  12.  Diese  Ableitung  des 
russ.  losadh,  lösedh  von  alasa  wird  angezweifelt.  Man  gibt  zu.  dass  losa  (aslov.  *loset)  aus 
alasa  entstehen  konnte;  dasselbe  wird  von  losh  in  losevods  und  von  losaks,  desgleichen  vom 
klruss.  iosa,  hsyca,  losuk.  hsun  und  vom  poln.  losz^  gelten:  soll  nun  losadi,  von  diesen 
Wörtern  getrennt  werden?  Die  Zweifler  mögen  sich  der  russ.  Wörter  wie  celjadb,  cernjadh, 
kisljadh  usw.  (Vergl.  Gramm.  2.  210.)  erinnern  und  bedenken,  dass  die  Abstracta  den  Col- 
lectiva  in  der  Bedeutung  nahestehen:  celjadi>  wird  als  Collectivum  aufzufassen  sein.  Wenn 
man  den  Accent  gegen  die  Deutung  geltend  macht,  so  bedarf  es  einer  nur  oberflächlichen 
Musterung  von  PVemdwörtern  um  einzusehen,  dass  bei  der  Betonimg  die  entlehnende 
Sprache  unabhä.ngig  von  der  darleihenden  vorgeht. 

Denlschriftcii  der  |iliil.-liist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.   I.  Abh.  10 


74  I-  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

alb,  alp,  nordtürk.  al§p,  Riese,  im  Märchen,  tapfer. 

serb.  cdubaia.  Daniß.  Vergl.  ngriech.  äX'JcavxC^a,  d)vaCov«ta.  Pap.  376.  Man  denkt  bei 
alp,  al§p  an  die  hunnisch-bulgarischen  AHpzuri  bei  Jordanes. 

al6f ,  Gyps,  Mörtel. 

bulg.  ali^ja,     cech.  sddra.  Jir.  492. 

'alem,  Fahne. 
Span.  (dam. 

'alemdar,  Fahnentrilger. 

spau.  alemdar.     magy.  amanddrsäg,  szubasasdg,  duumvh^atus. 

alat,  alet,  Werkzeug. 

serb.  alat  berulit  auf  dem  plur.  alat. 

ales-veris,  Handel, 
bulg.  al§z-veris.  Djuv. 

'alim,  arab.  (JLc,  Gelehrter. 

serb.  alim,  naucenjak.  Hör.  Z.  620.  2. 

allah,  Gott,  ja  allah. 

kroat.  ala,  hoze.  Istr.  serb.  ejvalah,  ejvala.  jalah,  jala,  o  Gott,  jalakati.  ilakati.  alaknuti, 
halaknuti,  Allah  rufen,  alah  rahmetile.  Hör.  valah,  bilah,  talahi.  Bes.  vala.  alah  icun,  za 
hoga.   valah,   vala,  valah'.   Z.  928.  1. 

almak,  türk.   (3*JI,  nehmen,  pobeditb,  pokorith.  al§i\ 

russ.  als  baksiSs,  primi  dars.   Grig.  alyriti,   spotten.  Mat.  23.  Z.  91.  2. 

alt§n,  Gold. 

bulg.  jelt§n.  poln.  altembas^  Art  Stoff.  Kari.  21.  russ.  altabass,  parca.  [serb.  altiluk, 
sechs   Groschen.  Bos.:   alt§,  sechs.] 

altmes,  tih-k.  ^ji^l,  sechzig. 

ngriech.  cfvat  aTcö  rou?  äXxjJiT^c  (Airsc,  ü  fait  partie  des  soixante-cinq,  wie  es  scheint, 
mit  Bezug  auf  eine  Abtheilung  Janitscharen.  Z.  87.   1. 

alus,  türk.  ^j«  Jl,  entfernt. 

serb.  pa  u  aluz  konje  natjeraäe.  Hör.  424.   Z.  92.  2. 

aman,  Schutz,  arab.  el-eman,  Gnade. 

rum.  aliman.     ngriecli.  djJLdv  xo  Mapty^xt.  Pap.   102. 

amanet,  Sicherheit. 

ngriech.  d(xaveT,  £[xiJiavsi:,  ivsyupov. 

'amedza,  Vatersbruder, 
alb.  amiia.  Rec.  64. 

amin,  arab.  ^j^\,  Amen. 

serb.  amin,  Amen,  aminkovati.  Hör.  Z.  98.   1. 

amma,  aber. 

bulg.  am.  iJjuv.     rum.  alb.  ma. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  sCdost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  75 

'ammeten,  insgesammt. 

Vergl.  serb.  poginme  araan  svi.  Bos.     nslov,  do  hameta,  ganz  und  gar.  Rib. 

ana,  Mutter. 

bulg.  ana.  Vergl.  magy.  anya.     votj.  anaj. 

anadolu,  Kleinasien, 
alb.  natoll,   Osten. 

anaytar,  Schlüssel. 

bulg.    anahtare  to.     ngriech.    findet   sich    avoi/zdpi  für  Schloss,  serrure.  bei  Legr.  248. 
nordtürk.   ack§c. 

anbar,  Scheune. 

polu.   ambar,   imhar.    Kari.    15.     russ.  imibars.    Grig.   onban.     griecli.  äjJiTcapjdCo).  Pap. 
379.     magy.  hanibdr.     wotj.  ambar. 

'anber,  Ambra. 

serb.  amber.  Hör.     rum.  ambr§.     magy.  ämbra,  dmber.  Vergl.  spau.  amarillo.  Eguil.  257. 

ankarij6,  Frohne. 

magy.  angaria.  Art  Gebühr.  Vergl.  rum.  ag^rlik. 

anlamak,  vulg.  annamak,  agnamak,  türk.  ^jjoikj'l,  verstehen, 
serb.  anlajisati,  anlajüem.  Bos.  arlaisati,  arlaisem,.  Z,  82.   1. 

anteri,  Unterkleid. 

ngriech.   ävnrjpsxc,   otpsx,   dvc'/jptc.     mrum.  andreat,  langes  Oberkleid,  geliört  wohl  nicht 
hieher. 

apara,  testo  izs  otrubej.  Ostroum. 

russ.  opara,  Teig  zu  Backwerk.   Verschieden  ist  serlx  opara  von  oparitL 

ar,  Scham, 
serb.  arli.  Bos. 

ara,  türk.  LI,  Mitte,  Zwischenraum,    aralamak,  dazwischentreten,  trennen, 
alb.  radh^,  Reihe,  at^atis,  entferne,     ngriech.  dpdSi,  dpd§a,  dpala,  dpid,  nach  der  Reihe, 
mrum.  arad§.  Z.  22.  2.  3;  23.  3. 

'arab,  Arabervolk, 
ngriech.  dpaiidScC,  nfegres. 

'araba,  Wagen, 
serb.  araba.   Hör. 

'arak,  Schweiss. 

serb.  rakcin,  crnogorska  kapa.  Bos. 

aralas,  Mischung. 

poln.  gieraiasz,  gieryiasz,  Art  Kartenspiel,  dessen  Name  auch  auf  guerilla,  auf  guerre  ä 
Vas,  auf  de  guerre  lasse  zurückgeführt  wird. 

aröak,  nordtürk.  Sattelbaum, 
russ.  arcaks.  Mater.   142. 

10* 


7G  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

ardedz,  Wachholdcrstrauch.  nordttirk.  art^§. 
bulg.  ard^ce.     russ.  artyss,  arsa.  Mater.   139. 

argamak,  pors.  edles  Pferd. 

polu.  ehedem  ochromak,  hromak,  romak.  Archiv  11.   138.     kh-uss.  r/imak. 

argan,  Tau,  Seil, 
bulg.  arkan.  Djuv. 

arka,  Rücken.  . 

russ.  archaluks,  charluks,  Art  Bauemrock.  serb.  arkali  topovi.  Hör.  188:  vergl.  türk. 
arkal^,  breitschultrig,  gut  gestützt.   Z.  29.  3. 

arkadas,  türk.  jilojüjy,  Gefährte,  wörtlich  Rückengenosse. 

bulg.  arkadas,  Mitschüler.  Djuv.  griecli.  [iaxavxdaYjc  *al  dpxavrdaYjC,  sraipo?,  'fiXo?, 
au[i7:a{xt(i)fi  xai  dSs/zfOi;.  Pap.  456.  Z.  29.  3. 

armjak,  Art  Kaftan. 

poln.  jarmak,  giemiiak.  poigiermacze  alba  karwatka.  lit.  jermtkas  aus  dem  Russ. 
Archiv  11.   127. 

armud,  Birne, 
zig.  ambrol. 

arnavud;  Arnaut. 

kroat.  auch  arnadut.  Maz.  1.  31.     rum.  arnaut,  Gericlitsdiener.  Bukowina,     span.  amaute. 

aroz,  arab.  \^,  v..  Reis. 

bulg.  oriz.  serb.  oris;  oruz.  Blau  284.  oris.  Rec.  rum.  orez.  [riskasf^  aus  dem  Magy.) 
alb.  oris.  urez.  griech.  opuC^v,  opoC«-  ngriech.  öpuCt,  puCt.  ridU.  Rec.  49.  it.  riso. 
span.  pg.  arroz.  Freyt.   1.  26.  a.  Diez. 

arpadzek,  Gerstenkorn  am  Auge. 

all),  arpadzik.     ngriech.  arpadziki.  Reo.  50. 

arsez,  frech. 

serb.  arsuz.  Bes.  griech.  dpatC'i'JC-  ävatoxyvtoc.  Pap.  396.  Vergl.  serb.  rza  i  obraza. 
Hör.  VII. 

arslan,  Löwe. 

ngriech.  daXdv;  daXavt,  6cu  au  lion.  dpoXdvtov,  daÄdvtov,  vö|xta[JLa  toupxwov.  Pasj).  ein 
Piaster  zwei  Para.     wotj.  arislan.     bulg.  lev,  Münze,  ist  rum.  leü. 

artmak,  mehren. 

bulg.  art^k  für  russ.  no,  na  konecs.     ngriech.  dptipStCoi,   6n;Ep&£[JLat{C(«- 

'arza,  Darreichung. 

serb.  ar'Z,  izjavm.  arz  odaja,  Audienzsaal.  Hör. 

'arzuhal,  Eingabe. 

türk.  auch  arzovall,  tuzba.  Rec.  68.  kroat.  arsal.  Zakon  vinodolski.  serb.  arzuhal. 
Hör.  453.  rzohal.  Bos.  russ.  arzich'ak,  prosenie.  Grig.  griech.  dp-cC7,d).t,  Petition.  Piin 
»erbum  arssati,  currere,  ist  fingirt. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  77 

asfiradz,  pers.  i-\Jlm\,  Spargel. 

poln.    szparag.      russ.  sparza.     magy.   spärga.     griech.    daxdpaYOC     ngriech.    airapdYy^ 
lat.  asparagus,  Z.  48.  3.  Muchl.  128. 

'asi,  widerspenstig. 

serb.  robinje  se  asi  uöinüe.  Hör.  4.  poasiti  se. 

asim,  pehlevi  sim,  pers.  j^*^,  Silber. 

ngriech.  daTjfxi,  daTjfJitv,  dpYopoc  daYjjJioc.  griech.  daYj(JL0V,  ungeprägtes,  sirta-rjixov,  ge- 
prägtes Silber,     mac.-rum.  asime,  asime.  Darm.   1.   112.  Z.  532.  3. 

'asker,  Heer. 

port.  lascar,  marino  asidtico:  al  askari.  Eguil.  436. 

asi,  as§l,  arab.  jL«e(,  ursprünglich. 

bulg.  asl§ndan.  Djuv.  Z.  58.  3.  Vergl.  asli. 

aslam,  nordtürk.  Zinsen. 

russ.  oslams.  Mater.  88.     rum.  pe  aslam,   Urkunde. 

asli,  ursprünglich. 

serb.  asli,  temeljno,  istinito.  Bos.     Vergl.  asi. 

aspre,  tilrk.  iy>^\,  Geld. 

bulg.  aspra,  asprica.  serb.  kroat.  aspra,  jaspra.  rum.  aspru.  ngriech.  äaizpa.  alb. 
aspr§.  Aus  dem  griech.  daicpoc,  weiss;  doTCpov,  weisses  Geld,  Silbergeld;  dairpa,  doTjjxEVia. 
Vergl.  mlat.  alhits,  frz.  im  hlanc,  ttirk.  akce,  russ.  Mla,  bulg.  heli  pari  und  mlat.  asper. 
Aspri  graecis,  acse  turcis  ab  albedine  dicti  sunt.  Leunclavius.  griech.  doTcpo?,  weiss,  beruht 
auf  asper  numus  recenter  cusus,  necdum  usu  tritus,  daher  weiss. 

astar,  Kleiderfutter,  nordtürk.  astar,  tastar. 
serb.  auch  hastar.     ngriech.  daiapovo),  üiroppdic-co). 

a'sar,  Zehent. 
bulg.  asar.  Djuv. 

asari,  ^.Li.*,  mutliTvälliges  Kind,  qui  se  peiTuet  des  excfes. 
serlj.  hasar.  Fehlt  Z. 

asdze,  a/dze,  Koch. 

ngriech.  rLyzC,~qz,  i^öOTCtoXT]?.  d^ccC^^txov,  £(p9oTC(oAotov. 

'asek,  Liebhaber. 

serb.  asici,  Ijubavnici.  Bos.  bule  6e  se  asik  uciniti.  Volksl.  jaslk  se  ucinio  za  Fatimom. 
KaC  58.  zaasikovati  se  64.  esak,  uzhudjenost,  ist  wohl  mit  plur.  'ussak  zu  vergleichen. 

asmak,  türk.  ^^S,  essen. 

russ.  asath:  ne  asaets  sja  bohnomu.  Dalb.  Z.  55.  3. 

at,  Pferd. 

serb.  at,  in  Bosnien  arabisches  Pferd.  Hör.  hati  i  paripi.     griech.  äxOdiZ,  Cavalier. 

atar,  altbaktr.  pers.  azar,   .Jl,  Feuer. 

serb.  klruss.  vatra.  russ.  vatrucha,  votrucha,  Art  Kuchen,  alb.  nun.  vatr§,  focus,  fun- 
dus  domus.  Vergl.  it.  fuoco  mit  lat.  focus.  Das  Wort  ist  dunkel. 


78  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

atlas,  glatt,  Atlas. 

poln.   atias.      kraat.   atlas.     russ.  atlass,   otlass.   Domostr.    168.     magy.  atlacz,  attalicum. 

atmadza,  Sperber. 

serb.  atmadza.  Blau  187. 

auen,  Getreidedarre. 

russ.  ovins,  woher  votj.  obin,  dürfte  wohl  nicht  türk.  sein.  Vergl.  mein  Etymologisches 
Wörterbuch.  Laudwirthschaftliche  Ausdrucke  des  Slavischen  pflegen  nicht  aus  dem  Türk. 
entlehnt  zu  sein. 

av,  Jagd,  avlamak,  jagen. 

serb.  av,  lov.  avdzija,  lovac.  Bos.  avlaisati,  irruere. 

avadanlek,  türk.  (jJLiloljl,  Hausgeräth. 

ngriech.  äßavraXtx,  svSouyta,  svSopievta.  Gazi.   Z.   HO.  3. 

avan,  ^l.l,  Zeiten,  plur.  von  an,  ^1. 
bulg.  evan.  Z.  98.  2. 

avaz,  Schall. 

serb.  avazile,  glasno.  Bos. 

az,  klein,  richtig:  wenig. 

azbafca.  Andere  denken  an  xjblcLj  uoLä..  ;fass  hagca,  jardin  r^serv^,  etwa  dem  P^ürsten. 
Z.  400.   1.  Vergl.  x^-ßosßovSdSac'Acta  et  diplomata  V.  202. 

azad,  frei. 

l)ulg.  azat:  azat  te  cinam,  ich  mache  dich  frei.  Djuv.  serb.  azat.  Bos.  ngriech.  dCdro?, 
äCdxucx;,  draxroc.  Pap.  374.     poln.-ami.  azad. 

azde,  durchstochen,  gestickt, 
kroat.  hazdija.  Sirena.  Kam. 

'az6b,  der  Ehelose. 

ngriech.  äCdiciSc?,  nach  Du  Gange  Janitscharen,  nach  Hammer  regelmässiges  Fussvolk: 
sie  waren,  wie  berichtet  wird,   von  ihren  Gemeinden  massig  besoldet, 

azg^n,  türk.  jj-c\l,  zügellos,  wüthend. 

serb.  azgin,  obijestan.  djevojkase  azgin  ucinila.  Hör.  539.  azginome  madzarinu.  479.  Z.  34.  2. 

azmak,  sich  verirren, 
ngriech.  do8tC«>>  yaopidto. 

azman,  ^jLcJ,  gewaltig. 

serb.  azman,  Eber,  nerast.  Danic.  Hind. 

azdör,  Schlange. 

serb.  kovce  ezderije.  azdajkinja.  azdelija.  Bos.     alb.  eSterha,  Teufel. 

B. 

ba,  türk.  L,  interj.,  ach!  schön! 

bulg.  ba.  russ.  ba.  klruss.  ba,  freilich,  baj,  d.  i.  ba  i,  und  dazu:  bajduie,  gleichgiltig. 
poln.  ba,  traun,  bajbardzo,  bajprawie,  ironisch. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  79 

bab,  arab.  i^L,  Gegenstand. 
bulg.  boh.  Djuv.  Z.   156.  3.  ' 

baba,  Vater. 

bulg.  hahadan,  ererbt,  (Sech.  zdSdSn.  Jir.  470.  Vergl.  hahaitlar.  Helden  508.  serl).  od 
vajkada  i  ababa  zemana.  Bos.     ngriech.  [i7ia[JL7cdc. 

badana,  Kalk  zum  Weisstüncben. 

bulg.  badanosam  (falsch  badamosaet)  kukja  ta  so  var  i  boja. 

bad  heva,  unentgeltlich. 

ngi-iech.  [jnrstjaßd.  Pap.  261.     serb.  avaje. 

badijan,  pers.  ^L>4>U,  anisum. 

poln.  badjan.  Karl.   15.     russ.  badyann,   ilicum  anisatum.     span.  badian.  Eguil.  329. 

badz,  Gabe,  Zoll. 

serb.  badza,  maltarina,  Zoll.  Nar.-bl.  262.  bazdar,  carlnar.  badzafer,  babadzafer,  Laza- 
reth  in  Ragusa.  bulg.  bac:  dazdija,  kakto  bac,  resumatL  Djuv.  bazdar,  cech.  strdzce  cesty. 
Jir.   508. 

badza,  Luftloch. 

serb.  alb.  baza.  Reo.  35. 

badz^,  türk.  ^-äLj,  Schwester,  Frauenzimmer. 

serb.  badza,  sirota  turkinja.  Bos.  Vila  3.   115.  stara  badza  hanuma.  Z.   158.   3. 

bag,  pers.   cLj,  Garten,  Weingarten. 

serb.  bag,  Weinberg.  Bos.  Vergl.  bagca.  Z.   167.   1. 

baga,  Hufkrankheit. 

serb.  bangav,  liufkrank.  Blau  33.  postadose  lijeni  i  baglavi.  Kac.   65. 

baga,  Schildkröte, 
ngriech.  [XTraYäc,  e[x6c. 

bagazija,  Art  Zeug. 

bulg.  bogasija,  cerven  plat.     magy.  bagazia,  geglänzte  Leinwand. 

bagöa,  Garten. 

kroat.  basöa.  serb.  bafcovan.  Reo.  56.  basceluk.  Bos.  Vila  3.  52,  100.  basce  l  bascaluci. 
Bos.   alb.  bast^.     ngriech.  6  ix^axtas,  Volksl.  [AiraxtC^?-  |X7ta/Tasßdvoc,  -ßdvvjc.  Hind.  98. 

bagdad,  arab.  oljuü,  Bagdad. 

ngriech.  ßaY^dtcv,   {[JidTtov,  in  Bagdad  verfertigtes  Kleid.  Z.  202.  2. 

baglamak,  binden. 

bulg.  bajlama,    Art    Guitarre:    türk.   baglama.    Jir.  68.     serb.  baglja,    Büschel  Heu  oder 

Stroh,  bagljati. 

bagr,  die  oberen  Eingeweide, 
bulg.  bahur.  Djuv. 

bagS§ä,  Geschenk. 

bulg.  peksis.     poln. -arm.  pasx§s.     arm.  basxis. 


80  1-  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

bahader,  tapfer. 

polii.  bohatei;  bohatyr,  bohatei^z.     klruss.  wruss.  bohatyr,  reicli  wegen  bocjats.     wotj.  badir. 
magy.  bdtor,  wohlan,  obwohl,  wenigstens,  utinam. 

balis,  Wette. 

Vergl.  ngriech.  Tca)(d<;,  xtfAT^. 

ba/t,  Glück. 

biilg.  bahtisam,  bin  glücklich.  baht§m§za.  auf  gut  Glück.  Djiiv.     serb.  bahtli,  glücklich. 
Bos.  bahtsuz.  Vergl.  nebaht.  nebahta.  Hör.  296.     ngriech.  [iird^tt,  zoyq  xaXif].  Pap.  463. 

bajat,  schal,  altbacken. 

bulg.  bajat,  hart,     giiech.  [JLiraYtaitxov,  swXoc, 

bajelmak,  in  Ohnmacht  fallen. 

bulg.  bajaldisvam.  Djuv.     ngriech.  irataXötCco,  iixiratXitCs- 

bajer,  Hügel, 

ngriech.  bairi.  ReC.   16.     bulg.  bair  bakadzik.     Vergl.  russ.  bugors. 

bajlos,  Consul. 

Venet.  bailo:  derselbe  Würdenträger  hiess  bei  den  Pisanern  console,  bei  den  Genuesen 
podestä. 

bajmak,  binden,  betrügen, 
bulg.  gjozbajadzi,  Betrüger. 

bajrak,  Fahne. 

serb.  bajrak,  barjak.  bajrdktar,  bajro.     ngriech.  ixTcapYicüvit,  a"^|JLa{a.  [AzapytaxtapYj?. 

bajram,  Fest. 

serb.  bajram,   barjam.     russ.  bajramn.   Grig.     span.  bairam.     niagy.  barjdm. 

baka,  arab.  rUü,  Dauer,  lieständigkeit. 

serb.  bakva,  stalno,  utvrdjeno  (mjesto).  Hör.  Z.  203.  2. 

baka,  nordtürk.  votj.  Frosch. 

ngriech.  iiTraxdxt.  Legr.  132,  das  jedoch  eine  Schallnachahmung  sein  kann.     magy.  b^ka. 

bake,  arab.  ^\^,  Rest. 

bulg.  bakija,  cech.  nedoplatek  dani.  Jir.  411.  Z.   169.   1. 

baker,  Kupfer. 

serb.  kazan-bakraclija.  Hör.   124.  balcak-bakrenjak.  Bos.   u  bakri  tendzeru.  Kac.  63:  türk. 
baki'^  adj.     ngriech.  (Axav-tp.  lAitaxtprC'/iC. 

bakkal,  Höker. 

ngriech.  [XTza'mhfjäC.  Legr. 

bakkam,  rothes  Färbeholz. 

V(!i-gl.    bulg.    nabakalamüi    obraz.      ugriecli.    [jnraxavjdp'^c,     o    Tzdaytov    'JTCO    ax^.yjvtuöoi;. 
Pap.  462. 

bakla,  arab.  «JLäj,  iüb,  Art  Gemüse,  nach  Meninski  faba. 
bulg.  bakla,  bob.     serb.  bakla.     alb.  baklla.  Rec.  51.  Z.  203.  3. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  81 

baklak,  Art  Wassergefäss. 

klruss.  hoklali,  Wasserschlaucli.  hoklazyk.  Hung.  hokiazka.  Vergl.  buktak,  Krug.  wruSvS, 
bihtaha.     ^joln.  huktaha,  bukiad,  bukiaszek,   Schlauch,     bulg.  b^klica.     mrum.  buklits^. 

baklava,  Blättertorte. 

bulg.  baklava.  Djuv.     ngriech.  [XTrax/.aßdc,  7rc[J.(Jia. 

bakmak,  schauen, 
klruss.  bak,  vys. 

bal,  Honig. 

bulg.  balmus,  behnss,  bMmussc,  Art  Speise,  bei  welcher,  wie  es  scheint,  Honig  keine 
Rolle  spielt,  rum.  balbes,  Meth.  Vergl.  niagy.  bdhnos,  Käse,  Mehlspeise.  Bei  poln.  balmosz 
wird  an  magy.  bdlmos  gedacht.  Karl.  25.     rum.  balmos,  Speise  aus  Mais. 

balaban,  gross,  dick,  Busshart. 

bulg.  balaban,  Taubenfalke,  bulvan,  Klumpen.  Djuv.  serb.  balvan,  bavlan.  Bos.  russ. 
balabdns,  balöbans,  Hengst,  falco  lanarius;  für  balbess,  roh,  ungebildet,  bolvaiin,  istukans. 
Grig.  poln.  baiwanski,  heidnisch,  baiaban,  Fanfaron.  Kai-i.  21.  rum.  bolovan,  Block,  magy. 
hdlvdny,  idolum,  ingens.  kapu-bdlvdny,  Thorpfosten,     nsl.  balvan,  Grötze. 

balabang,  Trommel. 

rum.  baraban.  klruss.  baiabolka,  kleine  Trommel,  poln.  taraban,  duzy  b^ben.  Vergl. 
rum.  bang,  Schall  eines  Schusses. 

balamut,  Eigenwille. 

Vergl.  ])oln.  kaiamucid,  mqcid.  ko/famutny,  m^tny.  Zbiör.  rum.  balamut,  dumm,  klruss. 
soll  ba/taviut  auch  Makrele  bedeuten. 

balasan,  badaksan,  Chanat  in  der  Nähe  von  Samarkand.     arab.  bal^as. 
russ.    balasn,    Art    Edelstein,     ngriech.   jX';ca)vdat.     it.  balascio.     frz.   balais.     span.   balaj. 
Vergl.  Diez. 

balö§k  (richtig  balöak),  Degengriff, 
serb.  boc.  Gund. 

bald§z,  Schwägerin, 
serb.  balduza,  .ivast.  Hör. 

bal^k,  Fisch. 

serb.  baluk-ot,  riblja  trava.  Bos.  klruss.  batyk,  Art  Fisch,  poln.  batyk,  wyciqty  grzbiet 
w^dzony  jesiotra  lub  wyza.  Rocznik.  baiygowaö,  posuwaö  si^  jak  dziecko  na  rqkacli  i  nogach. 
griech.  (jncaXouxTraCap,  r/O'JoircoXslov, 

balija,  Muhammedaner  vom  Lande.  In  Bosnien, 
serb.  balija.  Ka£.  51.  bala  Sarajic.  53. 

balkan,  hohes  Gebirge. 

bulg.  balkan,  planina.  Jir.  228. 

baisam,  Balsam. 

ngriech.  ßdpaaiJ-ov.  Legr.  54. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Ol.  XXXVIII.  Bd.  I.  AWi.  11 


S2  I-  Abhandluno  :  Franz  Miklosich. 

balta,  Axt. 

serb.  haltadzija,  Knecht  Im  kaiserlichen  Palaste.  Gund.  bulg.  haltadiija,  bei  dem  Ru- 
salienfeste.  magy.  hcdddcsi.  slovak.  balta.  poln.  baita,  von  dem  das  deutsche  barta  zu 
trennen  ist. 

balu'a,  arab.  xr^'b,  Gosse, 
bulg.  balvaica.  Djuv.  Z.  171.  3. 

bamia,  Art  Gemüse. 

serb.   alb.  griech.  bainja.  Rec.  50.     bulg.  bamija.  Djuv.  bamja. 

ban,  wohl  ,Hüter'. 

magy.  bdn:  cech.  pan,  poln.  pan  usw.,  Herr,  hat  mit  ban  nichts  zu  thun. 

bar,  mahl. 

bulg.  ba7\  Djuv.    Vergl.  bari. 

barak,  Pudel. 

serb.  barak-bedevija,  kosata  kobila.  Bos. 

bardak,  Krug. 

bulg.  bardak.  Man  füge  hinzu  frz.  bardaque. 

bar^ä,  Friede, 
wruss.  baryS,  zysk. 

bar^t,  Pulver. 

serb.  barutnica.  alb.  barutaane.  ngriech.  barutahane.  Reß.  18.  [jnrapoar/j?:  jJiTtapo'JiTjv 
zsptOGY/A  Volksl. 

bargir,  Pferd. 

ngriech.  [iTrcY^pt.  Legrand. 

bari,  einmal,  wenigstens. 

ngriech.  [JLTCapclJLO'j,  zrj'j/Ayi^Z'jV,  -(oö'^.  Pap.  463.  Zu  magy.  bar,  obgleich,  gehört  auch 
hung.-kroat.  bar  in  der  gleichen  Bedeutung:  bar  bude  on,  do  o6e,  er  mag  sein,  wer  er  will. 

barrakan,  sorte  de  gros  camelot. 

rum.  barakan.     russ.  barcitats.     cech.  barkan,  barchan.     poln.  barchan. 

bartala,  pers.  ^JLJeJJ,  rothc  Mütze. 

Daraus  entstellt,  wie  es  scheint,  s.  perlasica:  kapa  perlasica.  Bos.  Vila  2.  301.  und  b. 
barla.  Jir.  357.  Z.  190.  1. 

basgak,  Abgaben. 

aruss.  baskaks,  tatarischer  Steuereinnehmer;  dial.  kühn,  frech. 

basma,  Druck,  Abdruck. 

ngriech.  basma  für  türk.  haben.  Rec.  30.  [XTcaaiJiocTC'^jC,  xoTZunriQ.  tUrk.  basmaane,  Buch- 
dnxckerei.  Rec.  61.     klruss.  basamatyj,  gestreift. 

baS,  Kopf. 

serb.  kozbaia.  baJli  cariija.  basluk,  auch  nadgrobni  kamen.  Bos.  bulg.  oda-b^sa.  baska- 
k^l,  Lohn  des  Schafhirten,    russ.  J)ass  na  basn^  beza  pridaci.  baska,  Kopf,  Fischkopf,  Dumm- 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  83 

köpf,  haslykd.     klruss.  s-lyh,  Pelzmütze,  na  hez  has,  hez  pastucha.     magy.   ham,  dux  turcicus. 

poln.    basziyk.   Vergl.    serb.  isljig.   Pop.      rum.  islik,   Bojarenmütze,     kroat.  sjecinhaso,  odsjeci 

mi  mesa;  tocm-haso,  utoci  mi  vina.  Maz.  1.  48.  serb.  oherhasa.     span.  hajä.  bajalato  (basal§k). 
ngriech.  xaaaaXfjc,  Diener  des  Basa. 

baska,  abseits, 
serb.  obaska,  napose. 

baslamak,  türk.  (j^^sLib,  anfangen. 

bulg.  baUamadze,  Anfang.  Djuv.  Z.   165.   1. 

basmak,  Schuh. 

kroat.  p>acinag.  ngriech.  ■Tcaaoufj.äx!,,  brodequiu.  Legr.  214.  Traaoixdxta,  ßXay-a'..  TraCjidy,- 
C,rfi.  Duc. 

bat-,  wahrscheinlich  ein  türk.  Stamm:  der  ältere  Verwandte. 

bulg.  basta,  Vater,  batjo.  Milad.  132.  batjo,  bäte,  bacjo,  bajo,  der  ältere,  namentlich  der 
Bruder  in  der  Ansprache,  bacilo,  Sennhütte,  russ.  batja.  klruss.  bad'o.  serb.  basta,  Vater. 
bastina.  baca,  Bruder,  slovak.  bäfa,  bdco,  bdcik,  Oheim,  magy.  bdtya.  rum.  bade,  älterer 
Bruder.  Slavische  Elemente  im  Magy.   19. 

batmak,  Morast,  batmak,  einsinken, 
serb.  batisati,  p)ro2)asti.  Bos. 

batman,  Art  Gewicht. 

wruss.  biazmien.  klruss.  auch  bezmo,  Haudwage.  Die  ältere  skand.  Benennung  ist  bes- 
mar,   bismar,  bismari.  Ahlquist  201.  Aus  dem  russ.  votj.  bezmen. 

battal,  müssig,  unbrauchbar. 

bulg.  batal  pöt.  Jir.  539.  Mit  battal  vergleicht  man  span.  baladt  und  baMo.  Eguil. 
334.  336. 

baz,  nochmals. 

ngriech.  jxirdai,  irj.v.'j.za}la-('q.  Verschieden  ist  griech.  (xiraCö?,  iraCoc,  xu&ijly;;.  Pap.  462. 

bazar,  Marktplatz. 

bulg.  pazar.  pazarhk.  pazariste.  pazarja  vb.  bazirjance.  serb.  bazrdjan,  bazardjan.  Hör. 
hazar-bula,  trgovka.  Bos.  russ.  bazar.  ngriech.  TraCapXi'X'..  [A-JtaCocpYcdVTjC,  marchand.  Legr. 
IJLTCsCspjdvr^:.  Pap.  88.  [xraCspytdv.   xaCapayxtvSsvir;?,  dyopaarYj?.     span.  bazar. 

bazgun,  türk.   |J»^)Ij,  verkehrt. 

Vergl.  bulg.  bozgun,  betrübt.  Djuv.  Z.   162.  3. 

bazi,  Spiel. 

bulg.  bas.  Djuv.  drza  bas,  wette,     ngriech.  yo/Xajx'jcdCYjC,  yoYjC. 

bärän,  nordtürk.  Lamm.  Ostroum. 

aslov.  russ.  barann,  Widder,  slovak.  poln.  usw.  beran.  cech.  baran.  kurd.  barani,  pe- 
corone.     magy.  bdrdny. 

bebek,  Wickelkind,  Pupille. 

bulg.  bebe.     alb.  bebez§.  Vergl.  griech.  xopr^,  Mädchen,  Pupille. 

n* 


84  I.  Abhandlung:   Franz  ^Iiki.osich. 

b6d,  schlecht. 

serb.  betera,  ärger.  Bos.  Vila  2.  131.  nad  beterom  betei-  ima.  Ibid.  bedar,  zlocinac:  bi- 
liar, dabeter.  noch  schlecliter.  G.  Popovid. 

bödel,  Ersatz. 

bulg.  agnam  bedeli,  Schafzehent.  Djuv.  serb.  bedel,  zavijeiiik,  koji  öe  za  mrtvaca  na 
Meku  otiöi.  Hör.  2.  616.  617. 

b6den,  AVall. 

iigriech.  [xzs^svtov,  zpoji.a-/(öv. 

bedevij,  Beduine, 
span.   beduino. 

bedz,  beö,  Wien. 

alb.  bec.  KeC.  62.  Es  wird  auch  die  Form  vec  angeführt.  Für  den  magy.  Ursprung 
wird  ugriscli.-ostjakisch  woc,  ivac  Festung,  geltend  gemacht. 

bog,  Fürst. 

bulg.  begli.  beglik,  Zehent,  Jir.  221.  beglikcija.  258.  magy.  b4g,  nobihs.  begler-beg. 
ngriech.  \s.Tzirfia(:,  plur.  [XTcsr^va,  Frau  des  Beg.  Legr.  [iTTciCa^sc-  [J.t:söc,  plur.  [attsöScC. 
Pap.  TTsy^  TTSY'?'  irsxi?,  ttsx'j?.  Duo.  [XTis-f/^c-  ßXd/{xߣYY^c,  Beg  der  Walachei.  Legr.  span.  bey. 
it.  ber'gamotto  ist  beg-armodi,  Herrenbirne. 

begenmek,  genehmigen. 

ngriech.  [i.Tzz'^zyzdio,  xata^r/ojjiai.  \XTZt'[f^ziC(o.  begenti,  s^atpsiov.  Pap.  463. 

beb,  interj.,  türk.  ju,  gut! 

bulg.  bah.  udri  be.     serb.  be,  poziv,  zapovijest.  Z.  229.   1. 

böhar,  Gewürz. 

bulg.  bahar.  Djuv.  serb.  behar,  cvijet.  Bos.  behariti,  blühen.  Bos.  Vila  2.  342.  alb. 
bear  für  lide.  cvet.  Rec.  45.     ngriech.  jjnraxapixöv,  aptofia. 

behim6,  arab.  ai*^,  Thier,  plur.  behaim. 
bulg.  hihania.  Djuv.  Z.  230.  2. 

bejan,  Klarheit, 
serb.  bejanile.  Bos. 

b6kar,  Junggeselle. 

serb.  behariti,  momkovati.  Bos.  mrum.  bikereatsf,  Coelibat.  Obed.  rum.  biter  aus  magy, 
betydr. 

beklemek,  schauen. 

Vergl.  serb.  beklijati,  beklijanitl,  müssig  sein. 

bekri,  Trunkenbold. 

Vergl.  russ.  nosith  gapku  na  bekreah,  die  Mütze  auf  einem  Ohr  tragen  (etwa  wie  Be- 
trunkene pflegen). 

bekter,  türk.  >äXj.  Schuppenpanzer. 

poln.  bechter,  bechtgr,  bechterz,  Kürass.  Z.  204.  2. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  85 

bela,  Uufall. 

bulg.  helja,  ohelvam,  oheljusvam,  mache  unglücklich.  Vergl.  ngriech.  [AXcXäc,  irpäyiJLa. 
äirpäYpiiov.  \y.^z^Kl'(^'xzlZ^ü^  bereuen,     poln.-arm.  heia,  Noth. 

beledij,  arab.  ^JJj,  städtisch. 

bulg.  beledija:  tri  dusega  heledii.  Milad.  379.  span.  haladi.  Vergl.  ngriech.  [XTtcXcVTEVtov : 
-repoaxs'faXa  [iirsXsv-svja.  Pap.  463.  Z.  207.  2. 

bell,  gewiss. 

bulg.  belli,  nass.  konecno.  Djuv.  serb.  redi  beli  i  evet,  tako  je.  Bos,  bes  in  besbeli  ist 
Verstärkung:  vergl.  mos  mavi,  gajiz  blau  u.  s.  w.  ngriech.  [iTisAra,  law^.  Pap.  78.  79.  155.  192. 

belki,  vielleicht, 

bulg.  belke,   belkim,  beke.  Djuv.     ngriech.  |j.Tr£p%t,  laiac.  Pasp.     poln.-arm.  beikhi. 

bead,  Band.  Aus  dem  Pers.  in  das  Arab.  und  Türk.  eingedrungen, 
serb.  bensilah,  pojas  za  oruzje:  pa  po  pasu  bensilah  opasa.  Hör.  473.  Vergl.  silah.     span. 
banda,  venda.  Eguil.  337. 

bängere,  türk.  »jXij,  Schlummerlied, 
bulg.  vengei'a.  Djuv.  Bianchi  1.  232.  b. 

bengilik,  Berauschung  durch  Beng. 

nun.  be7ig,  Epilepsie.  Man  lüge  hinzu  pers.  beug,  arab.  bendz,  span.  bange,  benge,  portug. 
bango,  frz.  bangue.  C'est  le  chanvre  de  Finde,  qui  fournit  l'^l^nient  principal  du  hachich. 
Devic  18.  Eguil.  338. 

benzer,  gleichend;  b6nzli,  färbig. 

serb.  panzirli  dolama,  pancir  dolama.  Jastr.  434. 

berat,  Diplom. 

serb.  berat-spahiluci,  spahijske  pristojbe  po  beratu.  Bos. 

berber,  Barbier, 
mrum.  birber. 

börberis,  Berberitze. 

niagy.  üröm-borbala.     span.  berberis. 

berda/ten,  pers.  ^jX~>.\c>yi^,  piitzen,  vollenden. 

ngriech.  [j.'jrspvta/tCto,  ävsiit^topQÄ,  STcaaXXövco.  Pap.  464.  Z.   187.  3. 

ber§,  tiirk.  ji>j,  hedera. 

Vergl.  aslov.  bröiljans.     nslov.  brslen.     bulg.  brssUn  usw.  MeniAski.   773. 

berü,  hieher. 

bulg.  berija:  potera  ta  dade  jedna  berija,   Rum.   17.  gel  beri.  Djuv. 

berze,  pers.  5\yj,  ein  halbseidener  und  halbwollener  Kleidungsstoff. 
Vergl.  poln.  pers,  Art  Stoff.  Goi^b.   169.  Z.   189.  2. 

b68l6mek,  nähren. 

ngriech.  ]XT:zzKz^iQ,  Opsjjijxdrcov. 


86  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

best,  pers.  vü/..»»^.  Band. 

serb.  best.  Blau.  233.  In  Bosnien. 

beS,  fünf. 

Vergl.  magy.  heslia,  Art  Soldat. 

be§ik,  Wiege. 

ngriech.  [XTCatootxt,  (xsoixt,  Xtxvov.  Pap. 

b6§in6,  türk.   K^jii^^  iingegärbtes  Leder. 

Yergl.  bulg.  beimet,  Art  Kleid,  Dolman.  Djuv.  Bianclii.   1.  215. 

bezböli,  gewiss. 

serb.  bezbeli.  durch  bez  verstärktes  beli. 

bezestan,  Markthalle. 

serb.  bezistan.  dzevair-bizistan.  Bos.     poln.  bezestan,  basistan.     ngriech.  xeCsciTEViov. 

bezmek,  türk.  dUyj,  sich  langweilen,  verhindert  sein. 

ngriech.  jxiCcCspcC«),  dTC07id[ji,V(o.  [üLTtcCsf^  8uaxo>ia.  Pap.  463.  Z.  196.   1. 

bezz,  bez,  Leinwand. 

spjm.  albaz.     mlat.  albasius.     it.  albagio.    Man  vergleicht  griecli.  ßaaaoc. 

bibör,  Pfeffer. 

liieher  gehört  auch  magy.  paprika.     slovak.  serb.  paprika.     griech.  iranpaa.  Hiud.  78. 
Ebenso  bulg,  piperka. 

blöke,  Säge.  bulg. -türk.  bucak. 

poln.    biczak    stammt    unmittelbar   aus    dem    magy.    bicsak,    neben    dem    bicska,    bicskija 
besteht,     rum.  bickai  ist  magy.  bicskus,  Bcutelschnelder. 

biöme,  türk.   x.-yo,  Schnitt  des  Kleides, 
bulg.  bicim.  Ger'!  220.  15.  Z.  178.   1. 

bigairi  hakk,    ^ja.  wjij,  ohne  Recht. 

serb.  da  je  sestru  biyajrihak  zaklao.  Hör.  586.  ja  bigarijihak.  Bos.  Vila  2.  163.  Z.  652.  3. 

bilezik,  Armband. 

serb.  falsch  delenzuci.  Kac.  99.     mrum.  bizUik§.  Obed. 

bilgü,  Zeichen. 

alb.  belek,  Kampf     nslov.  belezen,  f  Marke,     magy.  (belyeg),   billog.     rum.  bil'ug. 

billor,  Krystall. 

serb.  durbin  vd  biljura.  zvono  od  biljura.  Kac.   72.  biljur  bardok.     span.  abalorio  neben 
beril. 

bilmez,  unwissend. 

l)oln.    bilmez,    belbas,   gilbas,    niezgrabny.      russ.    balbess,    balbesina,    balbesisca,    balbeska. 
balbesitb. 

bin,  Tausend. 

rum.  bombaSir,  Commissär.     ngriech.  [XTüODixiraacpt.  Pap.   149. 


Die   türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  87 

bina,  Bau. 

serb.  hina,  hinja,  zgrada.  Hör. 

binek,  Reitpferd. 

serb.  hinjatas.  Volksl.  pa  privede  binju  i  kamenu.  Volksl.  binija,  Thürptbsten.  Bos. 
ngriech.  \i.Tzi^zCffi,  i'.fnz'KOQ. 

bin^s,  Art  Mantel, 
ngriech.  [iTTSvcatov,  /XafJitc. 

bir,  ein, 

bulg.  bir.  birebir,  einzeln:  türk.  birbir.  birli.  bir-daha  mit  ne  nicht  mehr.  Djuv.  serb. 
bir,  sobald.  Hör.   147.  birdem,  odmah:  birdem  svanu.  Bos.  Hör.  96.   137.  griech.  |X':itprCt''f'C£, 

birader,  Bruder. 

serb.  burazer.  Kac.  69.  alb.  burazer,  pobrätim.  burazerka.  Reo.  64.  griech.  |XTto'jpaCs- 
pYjc,  [iTcpaCspvj?,  äZ=X(frjT:(ji-QT:rjc,  araüpaSsp'föc,  otaupa5£p<pf  y^'^^vtac  §id  toö  söaYysXto'j  üttö 
r<öv  dyupTCöV  isps(ov.  ataupoicaTspa  xaXoOat  xai  araupo[Advva  xou?  yciVcl?  toö  d^sÄcfoirof/jTou 
oi  ä^s/zfoiroiTj-uot.  [xirpaCsp'/]  xaXoö[jL£v  xal  xov  ayvcoatov.   Pap.  465.  501. 

bir  Jan,  gebraten. 

serb.  pirjan,  geschmortes  Fleisch,  pirjaniti.  grah  upirjanjen.  Bos.  Vila  2.   148. 

birmök,  geben. 

bulg.  bir,  dazdie.  bir  da,  obgleich.  Djuv.  bir  da  je,  neka  da  je.  rum.  bir,  Steuer,  ist 
magy.  ber,  Zins,  desgleichen  birelnik. 

bism,  arab.  (».«o,  bismillah,  im  Namen  Gottes. 

serb.  a  ona  bisminla  i  boze  pomozi,  pa  ode  preko  basce.  Bos.  Vila  3.  54.  s  bismiletom, 
bozijom  pomoci.  Bos.  Z.  198.  1. 

bister,  pers.  yX.^,  Polster,  Lager. 

russ.  pesterd,  Korb  aus  Lindenbast.  Die  Bedeutungen  stimmen  nicht.  Z.   197.  2. 

bitmök,  zu  Ende  gehen.  bit§rm6k,  vollenden. 

bulg.  bit§r,  vollendet,  bitqrmedze,  Vollendung.  Djuv.  ngriech.  [iTitrtCw,  ä-jrorsXsuö. 
Pap.  464. 

bizüm,  tUrk.  ^^yj,  unser.  • 

bulg.  bizum.  Djuv.  Z.  195.  2. 

bogaz,  Kehle,  Engpass.  bulg.-türk.  boaz. 
bulg.  boaz.  Jir.  144. 

bogöa,  Bündel, 

serb,  bofca.  Rec.  32.  bosca  .s  haljinama.  Hör.  472.  ngriech.  \s.TZoyrzo'yX:  t/(o  xai  poO/a  'c 
töv  [ATCOXxajd.  Pap,  198.  [jutoyoc,  [AicoxtCäc,  airstpov. 

bogunukluk,  türk.   ^^^XäXs.^,  Erstickung, 

bulg.  bugunlfk,  niss.  npadoks,  Verfall.  Djuv,  serb.  kog  se  stori  vo  Prilep  bugunlak. 
Vardar.  Z.  223.  2. 


88  I.  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

boj,  Höhe. 

serb.  boj,  visina,  duiina,  etwa  StockAverk:  «  visinu  od  sedam  bojeva.  Hör.  225.  pa  ga 
eto  na  bojeve  kuli.  Volksl.     ngriech.  [xiröi,  (for^.  {iiroYapä?  de  haute  taille.  Legrand. 

boja,  Farbe. 

bulg.  bojasam,  fitrben.  serlj.  bojadzik  wird  aus  boja  und  alb.  gjak  durch  crvena  boja 
erklärt.  Hör.     ngriech.  [iiroyict.  ßa'fr,.  (JLiroY'avTC'-5'-*«'V,  ßa<p£iov. 

bojlija,  etwa  .vornehm'. 

bulg.  boljarin.  jeder  wohlhabendere  alte  Mann.  Jir.   165. 

bok,  boklek,  Mist, 
bulg.  bokluk,  Misthaufen. 

bei,  weit. 

bulg.  bolka,  Art  Kleid.  Djuv.     serb.  bozbolice.    Vergl.  ngriech.  jxirovXoüxi,  hwyCkzi'X. 

bolta,  Gewölbe,  finde  ich  in  den  Wörterbüchern  nicht. 

bulg.  bolta.  boltadÜja,  Inhaber  eines  Kaufladens.  Ger.  236.  it.  volta.  Fremdw.:  bolta. 
Matzen.  370. 

bombar,  ngriech.  kanaros. 

bulg.  brmibar.  serb.  bumbar,  brmbalec.  alb.  bmnball.  Re5.  52.  klruss.  bombai^,  Mai- 
käfer,    rum.  bombar,  bumbar,  Homiss.  Vergl.  alb.  bumbal§,  Wespennest.  Hahn. 

boraj,  nordtürk.  Spelz,  Dinkel.  Ostroum. 

\'ergl.  russ.  bo7'5,  Hirse,  aslov.  bdrs,  milii  genus  usw.  got.  bariz.  lat.  far.  Entlehnung 
aus  dem  Türk.  nicht  wahrscheinlich. 

>     borau,  nordtürk.  Bohrer. 

russ.  buravs.     poln.-arm.  b§ravu.  Nicht  aus  dem  ahd.  borön. 

bordz,  Schuld. 

bulg.  zaborcaja,  russ.  zadolzaju.  griecli.  [iiröpCc  [JL7:opCtaCf>  i  äjAßd/.Xco  si^  XP='']- 
Pap.  464. 

bore,  Rohr,  Hörn,  Trompete. 

serb.  borozan,  trubac.  Hör.     alb.  borgt,  horidziu.     sei'b.  borijas.  Reß.  58. 

bostan,  Gemüsegarten. 

serb.  bostan-baSca.  Bos.  hostan  für  dinja.  ReC.  50.  russ.  bastanca  basa.  Grig.  poln. 
basztan,  Gemüsegai-ten.  Auf  die  Form  scheint  baszta  eingewirkt  zu  haben.  Daneben  bostandzy. 
KarÜ.  20.     griech.  lATüoaravrCY/jjiicdac;. 

bo§,  leei-. 

serb.  boiluk,  praznina.  bos-heg,  neistiniti  beg.  Bos.  Vila  2.  308.  rum.  bos,  boasQ,  Hode. 
serb,  boäarija,  die  Weichen.  Vergl.  ngriech.  jiicoaixor,  durch  yaKduo  erklärt. 

boz,  grau. 

l)ulg.  bozav,  grau.  Djuv.,  der  das  Wort  unter  türk.  Imz,  Eis,  stellt,  klruss.  bu£ok,  bibsok, 
huifko,  weisser  Storch. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  89 

bozdogan,  Keule. 

busican.  Crusius.  serb.  huzdovandzija.  Hör.  582.  Das  Wort  wird  von  Blau  6.  für  sla- 
visch  gehalten. 

bozmak,  Verderben. 

serb.  bozdisati,  pokvariti.  Bos. 

bögülmek,  türk.  dU>U^,  gekrümmt  sein. 

bulg.  hogalinka,  russ.  sutulina,  Krümmung.  Djuv.  serb.  bogalj,  Krüppel,  bogaljast. 
Z.  223.  3. 

bölük,  Abtheilung  Soldaten. 

bulg.  bjulßiktesm,  zweiter  Oberhirt.  magy.  bulyok-basa.  ngriech.  (JLirouXoyÄjjncdaYjc.  plur. 
{jLiro'JAO'jjjLTtaad^cC.  Volksl.     span.  bolucbagis. 

bön,  dumm. 

kroat.  muc',  ne  beni,  rede  nicht  dummes  Zeug.  Mazur.  142.  Vergl.  magy.  bena,  man- 
cus,  debilis.     ngriech.  ßsvtac,  ßsvoac,  XtoXöc.  Pasp. 

bre,  Interj. 

bulg.  more,  mare.  Djuv.  Mit  bre  sollen  Männer,  mit  more  Weiber  angerufen  werden: 
bre  br'ate,  bre  mszu;  more,  mori  cerko,  more  zeno,  zeno  mari.  nn-um.  bre,  brem.  zig. 
moro.  Wer  von  bre  ausgeht,  ist  geneigt  an  bi^atrs  zu  denken:  vergl.  lud,  jxä  aus  izarqp  und 
jJLT^xirjp  und  das  aus  brölis,  brälis  erschlossene  lit.  brO,  brä. 

bud,  Schenkel. 

Vergl.  russ.  budglka,  dialekt.  huldyska,  Schienbein,  nslov.  bütek,  gen.  biitka,  stegno  pri 
letecini. 

budak,  Ast.    nordtürk.  botak.    cag.  butak. 

aslov,  batogs,  Stock,  cech.  batoh.  poln.  batog.  klruss.  batoh.  russ.  batoga.  ka§.  ba- 
tozyszcze,  Peitschenstiel,  lit.  botagas.  lett.  pätaga,  rum.  hatog,  Stockfisch,  serb.  budak  i 
motika.  Krasic  175. 

budala,  dumm. 

nslov.  budalo  für  trapa,  trapez. 

budzak,  Winkel. 

bulg.  bucak.   ON.  Djuv.     serb.  budzak,   Bessarabien. 

buga,  Stier. 

bulg.  buga.  Djuv.     griecli.  [iTCO^di;.    Vergl.  polii.  klruss.  bujak.     aslov.  byks. 

bugada,  türk.  »oLcjj,  Lauge, 
ngriech.  [j.7:o'JYdoa.  Hind.  92. 

bugase,  Art  Baumwollenstoff, 
span.  bocaci. 

buh,  buha,  arab.   s^,  bubonis  mas. 

klruss.  puhac,  Uhu.  buhaj,  Rohrdommel,     rum.  bufnits§,  Kautz.     span.  buJio.  Eguil.  350. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.  I.  Alili.  12 


90  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

buyurdan,  Kaucligefilss. 

serb.  buhunlar,  kadionica.  Bos. 

bujumak,  jiross  werden. 

serb.  bnjati.  dilatarsi.  bujad,  Farrenkraut.  bujan,  heftig,  nsorb.  bejnis  .s<?,  üppig"  tliuu. 
bejnosd,  Üppigkeit,  uiagy.  buja,  üppig,  geil.  Mit  diesem  Stamme  hängen  vielleicht  btij,  bu 
im  klruss.  btijvoi,  bubalus,  bujtur  (auch  jartur,  bos  urus),  russ.  biigors,  Höhe,  zusammen, 
griech.  \i.T:rji}yz'jio,  'JTCSpit£piaac6<o  zaQ  ^o^d\i.B(.Q,  OTCSpoapxo)  •  Xsys-at  v.al  im  'f'jTO)V.  Pap.  465. 

bujurmak,  l>et"ehlen. 

serb.  bujnm.  Hör.  2.  3ö9.     niagy.  burjunti,  paescriptum. 

bukage,  Fesseln. 

magv.  b^kö  (beklyo),  Fessel,     rum.  btk§ü. 

bula,  Tante,  Türkin. 

bulg.  btdjo.  bidjo-ljo.  voc.  magy,  bulya,  türkische  Frau.  serb.  bida,  in  Bos.  Lehrerin. 
bulica,  Jüdin.  G.  Popovie.  btdce.  bula,  verheirathete  PVau,  das  mit  bido,  Schleier,  in  Ver- 
bindung gebracht  wird.   Dozon  321. 

bulaj-ki,  türk.  *Xj^^',  Gott  gebe,  richtig:  gescheh'  es  doch,  möchte  doch! 
Imlg.  bulaki.  Z.  225.  2. 

bulamadz,  Brei. 

bulg.  bidumac.  Djuv. 

bulan,  fahl. 

poln.  bufany,  falb.  Vergl.  baiun,  wot  maJci  jasno-zöltaicej  albo  tez  czysto-biaiy.  Rocznik. 
cuvas.  pulan. 

bulava,  Keule. 

poln.  bidaica,  Keule.  Marschallstab.  Kari.   18.     klruss.  auch  spylka,  Stecknadel. 

bulgak,  nordtürk.   ^LaJjj,  Verwirrung,  bulgatmak,  trüben  lassen, 
rass.  bulga,  Unruhe,  hidgaciti,,  hulgatith^  beunruhigen.   Z.  225.  2. 

bulgar  (auch  bordzan  wird  angeführt),  Bulgar. 

mrum.  buryar,  vurgar.  Vergl.  uiagy.  bagaria,  rum.  bog§rie,  bogorie,  Juchtenleder,  serb. 
hugarija,  einsaitige  Balalajka,  die  zweisaitige  heisst  cungura,  cungurence.  bugar-kabanica.  ka- 
raduzen  Ui  hugarija,  Art  Musikinstrument.  Bos.  vi  okreöte  pjesmu  na  bitgarku.  Nikol.  29. 
bugariti,  Klagelieder  singen,  hugarija.  .Jir.  68.  kroat.  bugariti,  bugarkinja,  naenia.  bulg. 
hulgarija.  Art  Salteniustrnmeut.  Djuv.  bulgarina.  Jir.   662. 

bur,  fuchsroth. 

russ.  buryj,  schwarzbraun,  burka,  buraja  loMdb.  cech.  bury.  Vergl.  russ.  hurnastyj,  fuchs- 
roth: lifica  hirnastaja.   Andere  vergleichen  lat.  hurrus,  mit  Unrecht. 

buröak,  türk.  ^La..^,  Wicke,  nordtürk.  boröak,  Erbse. 

bulg.  borcaJc,  ni8.s.  vyka,  iuravlinyj  gorochs.  Djuv.  burcak.  Jir.   135.    Z.  215.  3. 

burdz,  Thurni. 

»pan.  borge,     bulg.  pirg.     Aus  griech.  Tv'j^yjz. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  sOnosT-  und  osteuropäischen  Sprachen.  9] 

burgul,  Graupen. 

balg,  hhgtir,  hulgur.  serb.  hungur,  Grütze.  Das  "Wort  ist  nicht  blos  nordtürk.  Blau  182. 
griocli.  iJLTcouXtY^öpt,  )(6vSpoc.  Z.  225.  3. 

burgut,  birkut,  Art  Adler. 

Aus  dem  russ.  stammt  votj.  berkut. 

burma,  Drehung. 

Vergl.  bulg.  brsnka,  halka,  russ.  petlja.  Vergl.  bulg.  hrsnikam,  brskam,  brskotija. 

burnus,  arabischer  Mantel. 
Span,  albornoz. 

burun,  Nase. 

bulg.  hurmut,  Schnupftabak.  Djuv.     mrum.  h§rnute.     magy.  burnöt. 

burundzuk,  Schleiertuch. 

poln.  bttrimczuk.     mrum.  birundzik^,   soie  crue.     rum.  boradzik.     ngriech.  TTCiOpouvoCo'JV.'.. 

Hind.  68.   [iTroypo'JvrCouxcov,  irafiavrivt^tov. 

bus,  puse,  n^yj,  Kuss. 

kroat.  busnuti.  obusevati,  abküssen,  nslov.  pusati  bei  Trüb,  ist  deutsch,  wruss.  bicsi 
dawac.  Alan  füge  hinzu  cech.  pusa.  nsorb.  posk.  kroat.  buza.  nhd.  dial.  bass.  bussen. 
alb.  mrum.  bitzp,  Lippe,  steht  mit  poln.  bitzia  in  keinem  Zusammenhang.  s])an.  portug. 
huz.   Die  Wörter  scheinen  onomatopoetisch  zu  sein.  Vergl.  pjguil.  537. 

buz,  Eis.  buz-renki,  eisfärbig. 
Vergl.  bulg.  buz-cicek,  Art  Blume. 

buza,  Hirsebier. 

ngriech.  [jlito'jC^c,  xsyXP^'^^^-     m^^gy-  boza.     slovak.  buza,  Weizen. 

buzag^,  Kalb. 

klruss.  buzivok,  Kalb,  das  noch  nicht  ein  Jahr  alt  ist. 

buzaklfk,  türk.  jjJUKv?,  Grummet, 
bulg.  buzalek.  Djuv.  Z.  218.   1. 

bübrök,  Niere. 

Vergl.  poln.-arm.   burjak. 

bülbül,  Nachtigall. 

serb.  bidbid.  Hör.  rum.  bilbil.  mrum.  bübülu,  birbilliü.  ngriech.  ]X'Kir^\i.tzih..  l'aj).  71. 
124.   155.  Vergl.  magy.  ßUemüe^  fülmile. 

bürek,  Pastete. 

ngriech.  jxiroopsx'.,  r^i\i.\s.'J..  [xiroupsw-Ct^c. 

büsüreh,  büsre,  arab.  n^^,  Glasperlen. 

aslov.  biser^,  Perle,  Perlen,  nslov.  bulg.  serb.  acech.  biser  usw.  russ.  bisers,  biw/, 
Glasperlen:  dagegen  zemcugs.     rum.  bisoar§,  Koralle.  PVähn,  Ibn  Foszlan  88,  Z.  fehlt. 

12» 


92  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 


öabatan,  Überziehstiefel.     uordtürk.  dabata. 

klruss.  (^ohotaf.  Über  saj)ogs  ist  zu  vergleichen  Ahlqiiist  149.  russ.  sapogs  lautet 
nordtilrk.  sappak.  Vergl.  it.  ciabatfa.  frz.  sabot,  savate,  span.  zapata  wird  mit  griech.  §id- 
ßa^pov  in  Verbindung  gebracht.  Eguil.  525. 

öad§r,  Zelt,     kleinasiat.   öatur.     cagat.  äatur.     kirgis.  §at§r.     kuinan.  öat^r. 
cador  und  sotor  finden    sich   nebeneinander.    Maic.    8.     aslov.   saiarn.     kroat.   Sator  ma«- 
niagy.  Ursprungs  sein,     ngriech.  Toavtäpi,  xCocvripc,  xaavS'Tjp,  axrjv»]. 

öaj,  Thee. 

poln.  czaj.  czajnik. 

öajer,  Wiese. 

serb.  cajira.  na  cairama.  G.  Popovid  61.  poln.  czair,  czahor,  Gebüsch.  Aus  dem  Klruss. 
Rocznik.     griech.  xCatpt,  zCidtpi,  päturage,  ßöaxTjiJia.  vrCatpi,  prato.  Som. 

öak,  bis. 

alb.  ^ak,  Verstärkung  bei  der  Negation.  Vergl.  serb.  do  bei  Zahlwörtern. 

öakal,  Schakal. 

ngriech.  zCci.'*.d'k'f]Z,  blaireau.     span.  chacal. 

öake,  Taschenmesser. 

serb.  cakija,  noÜc.  Hör.  392. 

öak§r,  weisslich. 

russ.  cagravyj,  aschgrau.  Daher  votj.  dag§r,  hlnunelblau.  serb.  cekrek  bedevija.  Hör. 
346.  ist  wohl  cakar  bedevija  zu  lesen. 

öakma,  tUrk.  UiLj.,  Feuerstahl, 
ngriech.  -C^%(Jidc.  Hind.  40. 

öakmak,  anschlagen. 

ngriech.  -C'.axjjidxta.  Vergl.  serb.  cakija  za  stresanje  roja.  Kovan.  29. 

öakä^r,  lange  weite  Hose, 
ngriech.  zC'xc,ipi,  ocreae.  Duc. 

öal,  türk.  JLa.,  Graukopf,  Greis. 

serb.  dzal:  dok  rekose  dzali  i  ridzali.  Bos.  Vila  3.   188.  Z.  343.  2. 

öalesmak,  sich  befieissen,  beschäftigen,  streben. 

mrum.  ciloMisire,  Anstrengung.  Obed.  ngriech.  rajaXt/rdct),  GHOoSdC«)  iCcpt  tc,  £Tri|A£Xoö- 
[jLat.  -aja/tiXYjC,  a'jroy^dCoJV  itepi  zi,  £irt[XcXY;?,  aus  xojaXt/XYj;.  Pap.  510. 

öalge,  türk.   icAJU».,  Art.  musikalisches  Instrument. 

serV).  calgija,  .svirka.  öala,  cala,  calgidzije  mlade.  Hör.   101.  Z.   343.  3. 

öalim,  di^agat.  List. 

nslov.  calaren,  garstig,  calovati.  Aus  dem  magy.  csal,  betrügen.  Viimbery  139. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  93 

öalma,  Turban. 

nslov.  calmast,  wohl  Turbanträger.  Hung.     rum.  wird  auch  kalmaj  angeführt. 

öalmak,  türk.   i^JL*.,  schlagen,  stossen. 

alb.   7ne  u  caltis,   aflfaticarsi.   Vergl.  ngriech.   xaaXozatct),    fouler  aux  pieds.    Legr.  306. 
Z.  344.  1. 

öam,  Fichte. 

bulg.  mur  i  cam.  Rum.  8.     ngriech.  -Cid\xi.,  icöuxtj.  cami,  <?am.  Reo.  46. 

öamas^r,  Leibwäsche. 

bulg.  camasir.  Ljub.     serb.  camasir.  Hör.  390. 

öanak,  Schüssel. 

ngriech.  xC^avdxt,  irwaxtStov. 

candal,  pers.  Jjoä,  Sandelholz. 

ngriech.  xCo^v^avdv,  Art  Gewürz.  Duc.  Z.  368.   1. 

öanta,  Ränzel. 

serb.  sva  rodhina  u  cantri  fisecl.  Volksl.     ngriech.   "cCidvca,  %'JVo6)(tov.  Vergl.    rCaVTiXa, 
adxxoc.  * 

öap,  türk.  i->U».,  Kugelmass. 

serb.  cap,  komad  catme.  Zi.  337.   1. 

öapan,  nordtürk.  ^LLa.,  Lappen. 

russ.  cajKina,  Art  Kaftan.   dial.  Z.   337.   2. 

öapken,  schnell  laufend. 

serb.  capkun,  nestasan,  skitnica.    griech.  xCotTtoux^.oux,  gttouSyj:  tüi'k.  capiklik,   Schnellig- 
keit. Z.  338.  1. 

caprak,  Pferdedecke. 

magy.  czafrancj,  czafrag,  czaprak,   csahrak.     cech.  caprak. 

öapraz,  Knopf  borten. 

serb.    caprazi,    toke.    capraz   divan,    dvorha    drzeci   ruke   na  prsima.    Bos.  Vila   3.    132. 
alb.  capraze.     ngriech.  capraöa.  Rec.  31.     bulg.  caprazi,  coprazi  für  kolan. 

öar,  Mittel. 

bulg.  care,  plur.:  da  mu  na'jt  nekoje  care,  da  go  zaguhit  dete  to.  da  harat  care,  da  naj- 
dat  ogan.  Sapk.     serb.  care,  pomo6,  sredstvo.  Hör.    ngriech.  tojapsc,  ^pö'K'JC,,  jjleoov.  Pap.  510. 

öar§k,  Bauernpantoffel. 

serb.    öarak.     ngriech.    caruch,    plur.    caruchja.    Rec.   30.    zorx^oöyi.    Pa}!.    323.      niruni. 
tseruh,  Sandale.  Obed. 

cark,  Radscheibe. 

l)ulg.  cjark,  vrtMo.  Djuv.  carkovi  k  dUdni  pHze.  Jir.   140. 

öarkula,  Art  Kopfbedeckung. 

kroat.  zarknla,  janjicarski  klobuk.     serb.  .sarkida.   Gund.     nn-uni.  zp'hdq,  glug^,  Kapuze. 
zerkola,   tegumentum  capitis  e  filtro,   latam  auream  finibriam  luibens.    Leunclavius,  Annales. 


94  I    xKbuanoi.lnc. :    Franz  Miklosich. 

caräu,  Viereck,  Markt. 

Hei  den  Spaiiioleu  in  Ungarn  öorsi,  Markt. 

öartak,  Gerüst  auf  dem  Dache. 

kri)at.  ri'dnk.  klriiss.  certoh.  chato.  russ.  certogs.  mrum.  cerdake.  nun.  cardf  ist  niag\ . 
csdrda.  csordak.  Loge,  cecli.  cartäk.  iivkomd  bouda.  ngriech.  ~C^p5ä%,  -;^ap5a%'..  poln.-arni. 
cardax-  Hausboden,  cordax-  (Talerie. 

casnigir,  Vorkoster. 

zeschnigir.   praegustator.  Leunclavius. 

eatal,  Gabel. 

serb.  cataU.  Rec.  45.  catali,  dvostruk.  Bos.     griecli.  rCt^OfcaÄTj,  'friLii- 

Öate,  Zusannnentugiing. 
Vergl.  niagy.  csat,  Spange. 

öatma,  Zusannnent'üguug. 

bulg.  catmali-vezdi  wird  kroat.  erklärt  durch  gdje  se  oh-ve  slazu.  Ma2.  28.  Vergl.  z\^'Siz- 
ixä:.  durch  '^dp(o  ei'klUrt. 

.cavus,  Trabant.  , 

ngriech.  3'.aoL»;,  legatus  sultanis.  Anna  Conmena  2.  411.  -uaao'jafj?,  officialis.  Duc. 
zCiaßo'JS'.Sc^,  Teniiris  reginae  viri  praecipui.  Ibid.  -ajao'jar^:.  Pap.  149.  runi.  caus,  Thür- 
steher.  Bukowina,  niagy.  cmiisz,  Herold,  Eilbote:  daneben  csösz,  Feldhüter,  spau.  chauz. 
Vergl.  griech.  TCaßouar^p,  tCr/ßo^JOT^p,  xCs^^'J'^'iQp,  xCao'jpaiQp,  ÖTCO^rdvac.  Duc.  mit  türk.  vauS 
kus^,  Wiedehopf.  Z.  346.  3. 

öefl6,  Schuppe. 

ngriecli.  ceßi,  coßü.  Fischschuppe.  Rec.  31).  51.  Vergl.  griech.  po^orCs'f/.ov,  xspcxdpTC'.ov. 
Fehlt  Z. 

öehre,  Gesichtsfarbe. 

serb.  ccJira,  izgled  lica.  ih  licu  cehrv,  prom'jenio.  Hör.  321. 

öejrek,  Viertel, 
mrum.   cereke. 

6eki,  Art  Wage. 

serb.  cekt'jo,   l>estiuuntes  Gewicht:  2257^  Kilogr.  Vardar. 

6eki6,  Hannuer. 

aslov.  cekatiö.  uialleus  rostratus.  nslov.  cakan,  Streithammer,  poln.  czakan,  Streitkolben, 
klruss.  cokan.  Keilhaue,  cakanos,  Polizeidiener  ung.  raagy.  csdkany.  mrum.  tsok.  gi-iech. 
Tjjoxavii;«},    t3'j%iCw-    zpor<cpo'j(o  u  xpö;   d)./,o.    Pap.  510.  Vergl.    cech.  cahan. 

öökmek,  ziehen. 

serb.  na  cekme,  fiekmek-öuprija,  cekme-duprija.  cekma,  kovcezic.  H<>r.  rekma:  krilo  na 
oknu:  doklen  cekma  sa  peridUra  sinu.  366.  pridje  cekmi  l  pendzeru.  161.  cekmeli  sanduk. 
Vergl.  cekmf'.  cekmodzr. 

öelebi,  Adeliger. 

zelebis   nobileui  signitit.-at.     Leunclavius.      span.  chilibi,  caballero.    Eguil.    375.     ngriech. 


Die  türkischen  Et.bmente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Spuachkn.  95 

celenk,  Art  Kopfzierat. 

bulg.  celenki,  cech.  chochole  z  hiU  sihsene  trdvy,  fecene  kojl,  kojin.  Jir.  G7.  ti-necli.  -.C'Xir^^i, 
äpiatciov.  Vergl.  -cCs^^ty^ac,  otaauopov. 

celik,  Stahl. 

ngriech.  zC,z)d:f,t..  rCsXt^svto?.  ■zC,ZKWj-nt),  a-iojxöw.  z(^zk['f.ui^ri_ 

ßeltik,  JxLa.,  Reis,  Reisfeld. 

serb.  celtik.  Rec.   16.  Man  findet  ein  bnlg.   ralticl,  Sümpfe.  Z.  363.  2. 

öenbör,  Reif,  Halsband. 

bulg.  cumbe?',  heia  zenska  krspa.  serb.  cemberima  zamotala  Ucp.  Hör.  2.'')6.  i-iiss.  cem- 
hurs  ots  konja.  cemhurn  selkova.  Kirsa  Dan.     griech.  xöxxivo  xasiiirspt.   Pap.   132. 

cengi,  pers.  i^jCäs.,  Tänzer. 

Dieses  Wort  ist  zur  Erklärung  von  ringane  nicht  geeignet. 

c6nk,  cengel,  Haken. 

ngriech.  tCsyY^^^^'''*'-  ^'i'*''-^-'^* ■  xl^i-{'('Kt\ic,  crochet,  gibet.  Legrand.  Vergl.  magv.  csdklya. 
daher  rum.  cakl§. 

öepken,  (j-Cx^.,   Art  kurzer  Mantel. 

bulg.  cepken.  Rumena.  24.     rnm.  cepken.  Z.  348.  3. 

6ercive,  Rahmen. 

ngriech.  plur.  cercevedes.  Rec.  3.5. 

öerge,  Hütte,  Zelt. 

serb.  cei'ge  raspinjati.  Hör.  .59.  magy.  cserge,  Kotzen,  zig.  cerga,  Zelt,  ngriech.  "Cspy'^, 
Teppich.  tC^PY^-  ^^PT'^?  %(ootov,  |avöoc.  klruss.  cerha,  Reihe,  scheint  identisch  mit  ceredu: 
poln.  czerha  ist  klruss.  Rocznik. 

ceri,  ^liliz. 

poln.  czarihastwo.  Archiv  11.  223.     niagy.  cseri,  cser,  Schaar. 

cerkes,  türk.   j-Si^.,  Tscherkesse. 

bulg.  nozce  cerkezlie.  Volksl.  .'^abja  r.erkeska.  poln.  czerkas,  Art  Baumwollstoff,  magv. 
cse)'ke.sz,  Waldhüter.  Z.  3.54.   1. 

öervis,  fett,  Fett, 
bulg.  cervis.  Jir.  244. 

cevken,  c6vkan,  pers.  i^^W?   o^yrf-^  Schlägel  beim  Ballspiel, 
serb.  cugelj,  vrsta  nadzaka.  Hör.  Z.   374.   1. 

c6vr6,  Umkreis. 

bulg.  dzevre,  Art  Tuch.  Djuv.  serb.  (-eorma.  Hör.  582.  592.  griech.  TOcßps,  mouchoir. 
Legr.  118. 

d§kr§k,  Rad. 

Vergl.  bulg.  cerkliji  zengiji.  Volksl.  serl).  cekrek.  cekrek  hcdevija.  Bos.  cekrik  ogneni, 
masina.  Rec.   19.     griech.  -cC^J^pixa,  stSAarpa,  rjkar.äxri. 

cfiierdak,    türk.  ^b^Xa.,  Schelle,  KHngel. 
serb.  .srebrne  regrte.  Bos.  Vila  3.  29.  Z.  360.   3. 


96  1-  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

^epur,  Spitze  von  Eisen. 

i-uss.  ciiubiiri/  tri,  zubrinychs  trinogovs  tri.  Urk.  von  1557. 

äerag,  Leuchte,  Lelu-ling. 

iiiagy.  cxinfk,  Schützling,     ngriech.  xaspaÄt,  elfeve.  Legr.  132.  z!lipd%i,  S7)(Jiio6pyYj[Aa. 

r 

6166,  Tante,  ältere  Schwester, 
niagy.  csiaia,  senex. 

-    6i6ek,  Blume, 
scrb.  cicek.  cicastu-iuorgovast,  crvenkast.   Bos.   Davon  ist  verschieden  serb.  cicdk,  Klette. 

eift,  Paar. 

bulg.  strekno  cifte,  chevron.  Bog.  poln-arm.  dzuvt.  serb.  cift  po  cift,  par  po  par.  Bos. 
cifte  kabiiri.  ciftelija,  nesretau.  Vergl.  Hör.  2.  625.  türk.  tck  dzift,  paar,  unpaar:  serb.  tako 
ili  liho.  ngriech.  y«vti  tCt'^rc  xatxt,  caique  h  sept  paires  de  rameurs.  8s/.a  rC^'P'c^wv,  Säicd- 
oxaX[i,o;.  türk.  cift  ist  pers.  dzuft,  zend.  jiikhfa,  aind.  jukta,  junctus.  Darniesteter  I.  57.  88. 
IL  90. 

6ift,  Joch  Ackerstierc.  öiftlik,  Landgut. 

serb.  ciftombije.  Hör.  1.  122;  2.  187.  kmefi  i  cifcije,  kmeti  i  cißuci.  Hör.  2.  355.  ciftelija. 
Hör.   1.  424;  2.  252.     mruni.  coßik,  mosie. 

6ifud,  dzühud,  Jude. 

serb.  cifutiu.  cifutarija.  Bos.  poln.-arm.  dzuhut.  ngriech.  zh  tCc^ooti.  türk.  auch 
jaudiler  plur.  ibrani  und  ngriech.  ovrei,  zidi.  Für  magy.  zsidö  wird  ein  ähnlich  lautendes 
Wort  in  türk.  Sprache  angenommen:  es  ist  jedoch  slav.  Ursprungs. 

6il,  gefleckt, 
serb.  cilafast. 

cilb§r,  dzilbür,  türk.   «^^JU?.,  Setzeier,  Rühreier, 
serb.  cimbur.  Kuz.  Z.  363.  2. 

6116,  türk.  xJUa.,  Strähne, 
ngriech.  zyXii.    llind.  91. 

öilim,  nordtürk.  Tabakspfeife. 

russ.  cilimcikö.   diäter.  91.  cilims,  trapa  iiatans. 

6imdim6k,  kneipen. 

ngriech.    cimbi,    masa.    Rec.  33.    cinipidi.  56.  öatixTtcvd^sc,  atcyjAaxa  zf^c  S'j)jj'(iaQ.  Pasp. 

6ingane,  Zigeuner. 

l)uln.-arni.  dzinrjan.  bulg.  ciganin  stammt  direct  aus  dem  griechischen:  ZQb^^a^rjz,  dQiy- 
Yavoi.  <xzzi'CK>x-/fjC.  Pasp.     magy.  czir/dm/. 

6iDi,  Porzellan.  6inlü,  seni,  ('hinesc.  UuX.  öin,  China, 
alb.  cennk,  piatto.  cinija,  Teller.   Keß.  33. 

6iriä,  Kleister. 

magy.  csiriz.     nun.  ciriz. 

6it,  bedruckte  T^einwand. 

magy.  csit,  tarka  rumeli  vdszon,  alias  tsit. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachrn.  97 

öiz,  pers.  jaä,  etwas,  na  öiz,  nichts. 

bulg.  ciznikolko  wird  durch  mnogo  erklärt.  Vergl.  das  mir  dunkle  i  prestana  kiz  nikolko 
azna.  Milad.  185.  Z.  378.  2.  Darmesteter  I.  39. 

öizme,  Stiefel. 

nslov,  cizmi,  plur.,  Bundschuh,  slovak.  cizmy.  rum.  cizme.  magy.  csizma,  csizsma. 
czizmadia,  czizmazia. 

öoban,  Hirt. 

kroat.  cohan.  Istr.  serb.  cohanöad.  poln.  czahan  für  loöi  rosiy  podolski  ist  kaum  richtig, 
ngriech.  xCto|xirav7jc,  ßoaxos. 

öogan,  türk.  ^jlc^a.,  Seifenwurzel. 

serb.  cogan.  In  Bosnien.  Bianchi  2.  661.  Blau  258. 

öoHa,  Tuch. 

bulg.  cohadzijski  han.  zig.  cocha,  Kleid,  klruss,  cuha.  öuhaj.  cuhanja,  Namen  von 
Kleidern,  slovak.  cuha.  magy.  csuha,  csoha,  Kleid,  ngriech.  'cao)(£Vtoc.  tao)(arapaioi.  Legr. 
132.  cocha,  cocha.  Reo.  31.     alb.  coa. 

öoüadar,  Kammerdiener. 

tzohadar,  qui  vestium  sultani  curam  gerit.  Leunclavius.  tschokadar,  Kammerdiener. 
Hammer,     magy.  csuhadär. 

öok,  viel. 

serb.  cok  sej,  cudnovato,  eig.  wie  gross,  wie  herrlich!  Bos.  Vila  2.  258.   Z.  373.  3. 

öoltar,  Pferdedecke. 

magy.  csotdr,  csujtdr,  csöltdr,  Schabracke.  Vergl.  cul. 

öopine,  ju-o^,  picus. 

rum.  cjovin§,  cjovik§,  Fischadler.  MeniAski  1.   1671. 

öorab,  Strumpf. 

serb.  corabi,  carape.     alb.  carapat.  Reg.  30. 

öorba,  Suppe. 

bulg.  corhadzija,  einer  von  den  Vornehmen  des  Ortes.  Jir.  175.  nslov.  corba,  schlechte 
Suppe,  schlechtes  Getreide,  j^r^meÄ;.  serb.  corhallok.  ngriech.  corvali6i.  Rec.  87.  Art  Getreide- 
mass,  Schüssel,  magy.  csorha.  csorhadsia,  csömbördsi,  Janitscharen- Hauptmann,  poln.-ann. 
Surva. 

öotura,  hölzerne  Flasche. 

slovak.  cutora.  cutora  findet  sich  auch  bei  den  Sachsen  Siebenbürgens,  griech.  tajÖTpa, 
ßo{jiß6XY;.   Pap.   163.  448. 

öölkja,  Strumpf. 

russ.  vn  culocikachs  bezs  öebotovn.  poln.  czulka,  onuczka.  weps.  culk.  mordw.  culka. 
öerem.  celkä.  Ahlquist  147.     votj.   ctdok. 

öör,  öor,  türk.   .^,  Splitter,   öurluk,  Ort  voll  Splitter. 
Vergl.  ngriech.  tC^upoüXt,  x&fj.pid'ciov.  xCoüpouXtdCco.  Pap.  ,''i07. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.  I.  Abb.  13 


98  1-  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

6örek,  Kuchen, 
bulfi'.  corek.  Ljub. 

6ör6k-otu,   ^^"^1   liJ^^,  Schwarzkümmel,  nigeUa. 
serb.  corekot.  Bhui  297.  Z.   317.  3.  Biauchi  1.  659. 

öuar,  bunt. 

Ans  dem  russ.  votj.   cubor. 

öubuk,  Ruthe,  Pfeife. 

bulji'.  cubuk,  cjahuce:  pija  cuhuk  und  nslov.  pijem  tahdk  stimmen  im  Verbum  mit  dem 
Türk.  (icinek)  überein.  pohi.-arm.  cuhu^,  Ruthe.  ngriech,  xCou[iiro6%t.  span.  chibuque.  mrum. 
cibiik^. 

cujen,  Gusseisen. 

poln.  czuhun,  czahun.  Aus  dem  Kh'uss.  Roeznik.  254.  mordw.,  weps.  cugun,  Topf  aus 
Erz.  Ahlquist  138. 

öukali,  türk.     JU'^,  Nachttopf. 

ngriech.  TOoomAt,  Topf.  xaouxaXoirooXov,  Töpfchen.  TOOuxaXdc,  Töpfer.  Duc.  toouxdXi, 
Legrand,  cukall.  Rec.   33. 

eukur,  Grube. 

serb.  cukur,  cukura^  hohl;  Grube,  Höhle,  rupa,  jama. 

öul,   Pferdedecke, 
ngriech.  xC^'^^^c,  TzlXoz. 

öula,  türk.  ^»a.,  Name  eines  Vogels. 

Vergl.  biilg.  cidovka,  Art  Vogel.  Jir.  233.  Z.  374.  3. 

öulak,  Krüppel. 

Vergl.  bulg.  ckulav,  ohne  Ohren,  lit.  sciunklas,  Sttmipf  einer  Hand,  eines  Fingers, 
serb.  culav,  ohne  Hörner  oder  Ohren.-  öulati  se.  cuUti. 

öuma,  Pest. 

mrum.  dafür  piisklia  aus  pustula. 

öumak,  Keule. 

jjoln.  czumak,  Fuhrmann,  der  mit  Ochsen  Weizen  aus  Podolien  und  der  Ukraine  nach 
Odessa,  Salz  aus  der  Krim,  Fische  aus  dem  Don,  Gips  vom  Zbrucz  usw.  verfrachtet;  ein 
verwilderter  Mensch.  Roeznik.  Rambaud  491.  Vergl.  poln.  ciupaga,  kij,  laska,  toporek,  sie- 
kierka  na  tUugem  trzonku. 

öum^ö,  nordtürk.  Trinkgeschirr. 

klruss.  cjum,  bukiah:  cjum  vyna.     russ.  cums^  Schöpfkelle. 

öunki,  jiers.   jOo^,  weil. 

bulg.  cunke.  Verk.  cjunkim:  cjunkim,  sankim  i  belkim  -  trojica  brate.  Sprichwort.  Colak. 
242.  Z.  375.  2. 

öuri,  nordtürk.  ^^ySf,   Magd,  Mädchen. 
Vergl.  serb.  cura.  Z.  372.  2. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  99 

öuruf,  Schale,     niss.  skorlwpa. 

bulg-.  curupka.  Kacan.  cerapuni,  Schalen  der  Schnecken.  Fehlt  Z. 

öuval,  Sack:  nordtürk.  Kamin. 

russ.  ruvah.  Mater.  331.     griech.  tC^^ßaXov,  stola  persica.  Diic.  TCo'jßdkov,   adxxoc. 

öüst,  pers.  vü**uÄ.,  flink,  beweglich. 

serb.  cust,  okretan,  hurtig.  Bos.  Vila  3.  23.     poln.-ami.    arm.    cust,    schnell.    Z.  357.  1. 


dada,  Kindermagd. 

serb.  dadija,  pomajka.  magy.  dada,  daduk,  altes  Weib,  ngriech.  vtatd,  tpocpoc.  Pap. 
400.     mrum.  dade. 

dag,  türk.   cb,  Berg.  dagl§,  Bergbewohner, 
bulg.  dagli,  daali.  Djuv.  Z.  420.  1. 

da'i,  der  Anrufende. 

serb.  od  Bosne  daija.  Hör.   18. 

daire,  Handtrommel. 

bulg.  daare,  Trommel,     serb.  daira,  okrug,  skiip.  Hör.     span.  ataire.  Egull.  299. 

dajak,  türk.  ,j-L}li>,  Stock,  Stockprügel, 
serb.  odajaciti,  odalaciti,  prügeln.  Z.  422.  2. 

dajanmak,  sich  stützen. 

ngriech.  vraYtav-cb,  r^sister.  Legr.  128.  130.  172.  icXsov  5sv  za^javTa).  Pap.  108.  vra- 
ytavTäco,  'jiuofJLSvo).  468.  VTaytavit.  Saytäx,  atf^ptYfJta.  ÜTCOGtY^piYJJ.«-  5oid%tov,  oia^.  nordtürk. 
tajan,  opirath  sja. 

daj§,   Onkel. 

serb.  daja.  Hör.   150.  dajinica.   173.  daidzic.  325. 

dakeke,  Augenblick, 
bulg.  na  svakoja  dekika. 

dal,  Ast,  Zweig, 
bulg.  puska  dalijska. 

dalga,  Welle. 

bulg.  dalga.     serb.  odbija  dalgide  od  duvana.  Bos.  Vila  3.   115. 

daljan,  Weiher, 
bidg.  daljan.   Jir.  559. 

dalkavuk,  Schmarotzer. 

bulg.  dalkauk.  Djuv.     ngriech.  SaXxaßooxT]?,  icapdaitoc. 

13* 


100  I-  Abhandlung  :  Fkanz  Miklosich. 

dalkelQdz,  türk.    >>JLi"  Jl,j,  Laiigsäbel,  Art  freiwillige  Miliz. 

s?erb.  dalkrUc^:  da  '  pisemo  mlade  dalkrUce,  koji  07io  ne  zale  umr'jeti.  Hör.  249.  Z.  420.  3. 

damar,  ^Je,  Ader. 

serb.  all),  dnmar.  Rec.  23.  Z.  602.  3. 

damga,  Marke. 

bulg.  dangalak,  dumm,  eig.  mit  einer  Marke  bezeiclinet  wie  der  Widder.  Djuv.  russ.  klej- 
mo,  znaks.  dangalak  soll  auch  einen  lang  aufgeschossenen  Menschen  bedeuten,  wruss.  tamha. 
polu.  tamoznia  aus  dem  Russ.  finn.  deng.  Ahlquist  190.  nordtürk.  tänkä,  Geld.  Ein  dengi, 
Geld,  gibt  es  im  Nslov.  nicht. 

damla,  Tropfen,  Schlagfluss. 

bulg.  damla  in  beiden  Bedeutungen. 

dana,  türk.  bUo,  «jlio,  einjähriges  Rind,  Kalb,     nordtürk.  tana. 
bulg.  di^7tak,  d^uace.  Djuv.  Colak.  142.  Z.  421.  3;  593.   1. 

dar,  türk.   .Iv>,  Enge. 

ngriech.  VtapiiTTOYCtCt.  Volksl.  Z.  419.   1. 

darb^ane,  Münzhaus. 

bulg.  taraphana.  Jir.  574.     ngriech.  za.^'XTzyo.vö.c,  äpyupoicoTrelov. 

dar§,  türk.  j.lo,  ^>lk>,  Hirse,     nordtürk.  tar§. 

magy.  dara,  Graupe,  kuman.  tari,  milium.  Z.  419.  3.  Vergl.  dhurra,  Mohrhirse.  Hehn 
444.  546.     kurd.  daree,  Mais.     span.  zara,  Mais.  Eguil.  526.   aldora,  panicum.  545. 

da'va,  Process. 

bulg.  davija.  davadzi,  davudii.  davosvam,  processiren.  Djuv.  serb.  dava,  udava,  raspra. 
Novak.  74.     ngriech.  vxctßa.  ^Ja^azC^Q  ä-fco-^zdi. 

da'vet,  arab.  s^o,  Einladung,  Gastmahl. 

ngriech.  vraßsxi  vd  zodi  %d|JL'(]?,  traite-les  en  amis.  Legr.  172.  türk.  da'vSt  etm4Jc,  ein- 
laden. Z.  329.  3. 

davor,  das  wohl  nicht  türk.  ist. 
serb.  davoriti,  singen.   Gund. 

davranmak,  sich  ermannen. 

ngriech.  viaßpavTiC^"»  resister.   Legr.   170. 

davul,  Trommel. 

bulg.  david.  serb.  davul.  davulhana,  buhnji,  svirale,  diple,  zürne  i  davulbazi  ili  talam- 
basi.  Hör.  590.  davidbazi,  daidbazi.  Ibid.  daulbazile.  ngriech.  kypr.  taiAiroaXÄiov,  Feldpauke, 
ngriech.  tabulcJiana,  musica  militaris.  Legr.  Nicht  von  türk.  tambur,  Art  Musikinstrument. 
parthisch  taßa/.a  für  -cuiiTcava,  Hesych.  ngriech.  raßouX,  xö  xstpi,  Mohrentrommel.  Hind.  115. 
Vergl.  magy.  dub.  dobus,  Trommler:  serb.  dobos,  Trommel,  slovak.  dobos.  poln.  dobosz. 
nun.  dob§.     klruss,  dovbyi,  pers.  def,  arab.  duff.  Z.  430.   1. 

de,  und,  auch,  wolilan. 

kroat.  nade  tebi.  Maz.  1.  19.  stani  dere.  zami  dere.  serb.  dede  der  vidim.  Vardar.  na- 
der  tebi  knjigu.  Hör.  1.  118.  pokrij  der  me.  136.  daj  der  meni.  Bos.  Vila  3.  187.  deder  sad 
odgovori.  Bos. 


Die   türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  101 

deftör,  Schreibtafel. 

ngriech.  Si^rspt,  ScOTSpt,  rstpxspt.  SsutspTdpYji;,  zsureptdpT)?,  greffier.  Legr.  magy,  defter, 
Liste,  defterdär. 

degenek,  Stock. 

bulg.  degenek.  Djuv.     magy.  dögönyeg,  Dolch  in  einem  Stabe,  dögönyöz,  prügeln,     griech. 

degirmöndzi,  tUrk.  ^^^So^  Müller, 
bulg.  dirmendzija.  Z.  431.  1. 

doli,  närrisch,  toll. 

bulg.  doli  Marko,  delikanli,  heftig.  Djuv.  poln.  delija,  das  nicht  nothwendig  aus  dem 
Magy.  abzuleiten  ist.     magy.  deli,  delia,  doli,  dalia,  tapfer,  stattlich,  deliseg,  dalisdg. 

delv,  arab.  pers.    J<>,  Eimer. 

bulg.  delva,  cech.  okov.  Jir.  135.,  grosser  irdener  Topf,  aslov.  dely,  dehvh,  Fass.  Für 
Entlehnung  spricht  die  geringe  Verbreitung  des  Wortes,  Z.  434.  2. 

demek,  türk.  dlcij,  zagen. 

bulg.  demek^  das  heisst.  Pril.  83.  Z.  447.  2. 

demöt,  Bündel,  Garbe. 

bulg.  demet,  snop.  serb.  demet.  griech.  demati,  snop.  Rec.  89.  be\).dvi,  Art  Mass  auf 
Korfu,  )(spößoXov.  Pap.  416. 

demir,  Eisen. 

bulg.  demir.  demir-kapija.  Djuv.  kroat.  demrkinja  (sahlja).  Maz.  30.  serb.  sablja  demerina. 
Nikol.  102. 

denk,  Ballen. 

ngriech.  denci.  Re8.  89. 

dörban,  Thorwart. 

rum.  daraban,  d§r§ban,  d§r§banc,  dorobanc.  poln.  daraban.  Alles  vom  nhd.  trabant. 
magy.  durbancs. 

derbend,  Engpass. 

bulg.  drven.   Djuv.  derven.  derbendzija.  Jir.  272.     ngriech.  Sspßsvja.  Flur.  Volksl. 

derd,  Schmerz. 

serb.  ti  nam  dertu  pogledaj  dermana.  Hör.  1.  203.  dertli  i  kaharli.  83,  on  se  dertan  maknut 
ne  smedjase.  547.  Vergl.  Hör.  2.  426.     ngriech.  vrsptt.  Pap.  110. 

dere,»pers,  5»t>,  Thal,  Bach, 

bulg.  dere.  derence.  Jir.  228.  derebeg,  Anführer  von  mit  der  Regierung  des  Sultans 
unzufriedenen  Leuten,  serb.  deribeg,  beduinski  beg.  Hör.  griech.  vcEpSfiiTcTjC,  plui*.  vtsps- 
[i.TzirineQ.  Volksl.  Z.  427.  2. 

döredze,  Stufe. 

alb.  deredze.  ReS.  59. 

derim,  pers.  ^j^^,  herumirrend. 

serb.  derindiiti,  faulenzen,  direndiati.  Bos,  Vila  3,  190.   Z,  427.  3. 


102  !•  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

dörman,  Heilmittel. 

serb.  derman,  pomoö,  lijek:  ti  nam  dei'tu  pogledaj  dermana.  Hör.   1.  203. 

d6rs,  arab.  |j<-sJ,  Dreschen,  plur.  durus,  Lesen,  Lection. 
Vergl.  serb.  ders,  slovo.  Bos.  Vila  2.  242.  Z.  423.  5. 

dervö,  5^^^>,  Flickwerk. 

bulg.  dei-visko  dervedze,  etwa  zerlumpter  Derwisch.  Milad.  211.  Bianchl  1.  520b. 

derviS,  Derwisch, 
span.  derviche. 

desto,  Bfindel. 

ngriech.  zäazic.  Hind.  66.  Vergl.  tSste. 

destimal,  Handtuch. 

mrum.  distimele.  Obed,  pistimanlu.  Weig.  28. 

dev6,  Kameel. 

slovak.  tjava  neben  cech.  dial.  cava. 

devlek,  Art  Melone. 

serb.  didek,  bundeva.  Reo.  50. 

dövlet,  Reich,  Macht. 

serb.  devlet,  zavicaj.  Bos.  Vila  Z.  140.  it,  devletu.  Hör.  1.  188.  do  nasega  tahta  i  devleta. 
34.  ngriech.  tö  SsßXstt.  Volksl.  vxoußXsit,  vtoußXstv],  salvus,  felix  sis.  Passow.  VTOoßXET, 
gouvernement.  Legr.  toußXst.  Vergl.  serb.  bi  mu  dovlet  cestit  ucinila.  Volksl.  duvelL  Hör. 
vom  Plur.  düvM. 

dövr,  devr6t,  d6vr6,  d6v6ran,  devran,  Drehung,  Zeitabschnitt. 

bulg.  devran.  Djuv,  Vergl.  griech.  VTsßpt,  -(ö^(J.,  irspio^ta.  Pap.  468.  v-sßpt:  Träjis  vrsßpi, 
iter  facimus.  Passow.    serb.  dever,  patnja.  Bos.  Vila  2.  258.  kijamet  i  dever,  2.  147.  Z.  438.  1. 

demeäke,  damascirt. 

bulg.  sablja  damaskina.  magy.  damaszka,  Damast.  Man  merke  serb.  crkva  demiskija. 
Kac.  129.  poln.  demesz,  demiesz.  demeszka,  Damascenerklinge.  detneszkowaö.  damaszka.  Art 
Pflaume.  Kari.  27.  Adamaszekf  Damascus.    russ.  jadamaska,  adamaska.  Grig.     span.  dama.<!qu{. 

deä,  Äusseres. 

serb.  na  dis'er  avliju.  Volksl.     nordtürk.  t§s. 

di,  nordtürk.  russ.  skazatb. 

russ.  de,  deskath,  moh.  Ostroumovt.  Das  Wort  wird  angewandt  bei  der  Anführung 
von  Worten  eines  Dritten:  ons  govorits,  ja-de  ne  pojdu-de,  chotb-de  cto  chosb  delaj.  Der  Zu- 
sammenhang  des  russ.  de  mit  dem  türk.   di  ist  jedoch  zweifelhaft.  Vergl.  Gramm.  4.  155. 

dib,  tiirk.  »_*jt>,  Grund,  Boden, 
bulg.  dip.  Djuv.  Z.  445.  2. 

diba,  Art  Seidenstoff. 

serb.  dibu  .sarn  ti  skrojio.  Bos. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  103 

dibek,  Art  Mörser. 

alb.  dubek.  Rec.  33.     Vergl.  rum.  durhak,  Art  hölzernes  Gefäss. 

dik,  türk.  dL>4>,  gerade  aufstehend. 

serb.  dikli  hod.  Bos.  Vila  3.  23.  Z.  447.  1. 

dik,  arab.  »iJLj,  Hahn.     kurd.  dik. 

magy.  tik,  tyuk,  Henne.  Z.  447.   1.  Hehn  290. 

dikel,  Haue. 

aslov.  dikela,  ligo.     bulg.  dikel,  Haue,  dikeli,  plur,  Milad.  270.     russ.  dekah,  orudie  dlja 
kopanija.  Grig.     griech.  SixsXa,  SixsXt.  Fremdw.:  dikela. 

dikön,  tiken,  türk.  ,jXaj,  Dorn. 

Vergl.  bulg.  dikanja,  eine  Art  Dreschvorrichtung.  Jir.  133.  po  digeni  ti  hodis.  Z.  333.  3. 

dil,  pers.  Jo,  Herz. 

serb.   dilbagija,   zapis,   koji  se  nosi  u  duguljastoj  kutiji  ili  zavitku,    i  tim  se   razlikuje  od 
hamajlije.  Hör.  devet  dilbagija.   133.  dil  und  bog,   db.  Band. 

dilber,  reizend, 
serb.  soja  dilberskoga. 

dilkusa,  schön. 

serb.  tica  demkmica.  Bos.  dilkusa,  dilkusica,  ptica,  koja  m^ce  veseli,  slavuj.  Hör.  dil  und 
kvJ,  Vogel.  Vergl.  tica  benjkmica.  Nikol.  26. 

dimi,  Barchent. 

bulg.  dimito,  russ.  bumazeja.  Djuv. 

din,  Brauch,  Glaube. 

serb.  radi  naseg  dina  i  imana.  Hör.  1.  210.   dinu  se  zarekao.  dindusman,  dinski  dusmanin. 

direk,  Balken. 

serb.  direk  (na  kalpaku).  Hör.  1.  474.  direk  od  Krajine.     ngriech.  vrspsxt,  C^'^ov  ßap6, 
jiSYCtc  (i'\rikhz  ävT;p,  6c  xai  vrspsxac  xaXstxat.  Pap.  469. 

direv,  duru,  pers.  ^^o,  Ernte. 
Vergl.  bulg.  drsve.  Djuv.  Z.  427.   1. 

dirhem,  Drachme. 

bulg.  'dirhem.  Djuv.     serb.  dirhemli.     span.  dial.  direm.  adarme.  Eguil.  49. 

dirin,  pers.  ^^*J^>,  alt. 
bulg.  drzm  alt.   Z.  446.  2. 

dirlik,  türk.  JÜoiJ,  Leben,  Lebensart. 

bulg.  dirlik.  Djuv,     serb.  dirluk  i  pasaluk.  Hör.   Z.  446.   1. 

diS,  Zahn. 

bulg.  diä-haka,  Art  Abgabe.  Djuv.,  wörtlich  Zahnrecht.  Vergl.  serb.  dis-para. 

div,  Dämon,    türk.  däv,  Teufel. 

serb.  divi,  dzini  (djavoli).  Bos.  Vila  2.  355.     ngriech.  vrtßt,  (ASY^ro?.   Pap.  469. 


104  '!•  Abhanolung:  Franz  Miklosich. 

divan,  Hof,  Rath. 

serb.  divanhana,  divhana,  sjednica,  zbornica,  prostor  u  ku6i,  gdje  se  Ijeti  sjedi  i  odmara. 
Hör.  divan  odaja.  stojeöi  divan  sve  na  nozi.  magy.  dlvdn,  divdny,  devän,  devdny,  Berathung, 
Sopha.     span.  divan,  duan;  aduana,  auch  bask.  Eguil.  61.     ngriecli.  Stßdvt,  ÄYOpd,  ouvsSpwv. 

divane,  närrisch, 
bulg.  divane.  Djuv. 

divar,  Mauer. 

russ.  tuvara,  duvars.  Grig.     griech.  vtoußdpt.  Legr.  Soßdp,  toßdpi. 

divek,  J^j,  Komwunu. 

Vergl.  bulg.  divek,  russ.  kulüs,  Art  Brei:  ursprünglich  vielleicht  Art  Nudel,  nach  der 
Form  benannt.  Vergl.  it.  vermicelli.  MeniAski  1.  2224. 

divit,  Schreibzeug, 
alb.  divit.  Rec.  60. 

diz,  Schloss. 

kroat.  dazdar.  Sirena. 

dizgin,  Zügel. 

serb.  auch  djuzgun.  Bos.  Vila  2.  254.     klruss.  tyzkeüi.     ngriech.  SsCY'xtv,  vScOYXivt,  TJvia, 

pUTK^p. 

dizmaD,  pers.  ^jLcyjiJ,  gross,  ungeheuer, 
bulg.  dizmanli.  Djuv.  Z.  446.  3. 

dogan,  Falke, 
bulg.  duvan.  Djuv. 

dogramadz§,  Tischler, 
bulg.  dogramadzija.  Djuv. 

dogri,  dogr§,  gerade,  bulg.-türk.  dooru.  '   > 

bulg.  duurutmak.  Djuv.     ngrich.  vroypt,   xax'  soöctav.  Pap.  469. 

doiboi,  kirg.  Dame  im  Brettspiel,     nordtürk.  tobit. 
Vergl.  russ.  dovedb,  das  man  von  W.  ved  ableiten  möchte. 

dolab,  Wandschrank, 
ngriech,  SoD/.dzt,  'p^a^fs.io'i. 

dolama,  Art  Kleid. 

kroat.  dolama.  Ung.  serb.  aznali  dolama.  Kac.  80.  niagy.  dolmdny,  dolomdn.  rum. 
dolman§.  ngriech.  SooXwjxa,  inferior  tunica.  Crusius.  hi  dollama.  Rec.  29.  alb.  dollama. 
span.  duliman,  dorman.   Eguil.  387. 

dolma,  Füllsel. 

Vergl.  bulg.  dolmi,  tikvi. 

domuz,  Schwein. 

bulg.  domuz-halfk,  Delphin.  Djuv.  domuzin  kaurin  ist  dunkel,  serb.  domuzovina.  magy. 
domasz,  damasz. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osTEUROPÄiscnEN  Sprachen.  105 

donanma,  Lustbarkeit. 

bulg.  donanma.  Vergl.  daboan,  Begleiter  eines  feierlichen  Aufzuges.  Djuv.  ngriech. 
vrovav[xä?,  vxova[ji,dt^.  Volksl. 

donderma,  Gefrorenes, 
bulg.  dondurma.  Djuv. 

doru,  braiTn. 

eerb.  dorin.  bulg.  dva  dora.  ngriech.  vropigc,  Itztzoc,  )(p(ö(JLaxoc  ßuaatvoü  'Jj  6'jrcp6Öpou. 
Pap.  469.  -op{  102. 

dökmö,  türk.  x^^^j,  Guss.  dökmedzi,  Gelbgiesser. 
ngriech.  Irj-^^^zl^ffi.  Z.  441.  3.  Hind.  59. 

dönüm,  türk.  j^^o,  Morgen  Landes. 

bulg.  deonjum,  d.  i.  djonjum.  djtdjum,  cetven  desjatiny.  Djuv.  uvrat.  Jir.  126.  141. 
serb.  dunum,   9197«  Quadratmeter.  Vardar.    Z.   443.  3, 

dort  jol,  türk.  J^  ^;^'^)  "^iß^"  Wege. 

serb.  dortjol.  Bos.  Vila  3.   140.   141.  Z.  438.  1. 

du'a,  Gebet. 

serb.  dova,  bogomolja,  hlagoslov.  dovale,  ejdovale,  z  hogom,  z  dohrom  molitvom.  dovale 
viknu.  Bos.  Vila  2.  144.  309;  3.  70.  to  je  dova  cara  cestitoga.  i  valu  niu  i  dovu  dadose. 
Volksl.  uci  dovu.  Hör.  1.  400.  dovaler  469.  od  nje  hair  dovu  primi.  Bos.  dovadzija,  mo- 
litvenik  hogomoljac.    Hör.  1.  277.  311. 

dubare,  zweimal, 
bulg.   duhara. 

dud,  Maulbeere, 
bulg.  dud.  Djuv. 

dudak,  Lippe. 

serb.  arapin  dudaklija.  Vardar. 

du  du,  Dame.  Vergl.  tuti. 

ngriech.  vxouvcou,  poiüette.  Legr.  214.  vtouvtouSsi;  xal  xavdpta,  Papageien  und  Ka- 
narienvögel. Legr. 

duyan,  Rauch. 

bulg.  duhan,  duvan.  Djuv.  klruss.  dohan,  dovhan  beruht  auf  magy.  dohuny;  ebenso 
slovak.  dohan. 

dukkan,  Laden. 

serb.  doganja.  dogandzija.     mrum.  dukian.    Obed.     span.  adoquin.  Eguil.  59. 

duman,  Nebel,  Rauch, 
serb.  duman.  Hör. 

dumdar,  Nachtrab  des  Heeres. 

serb.  dundar,  straznja  straza.   dundar  (konja),  skup,  gomila.  Vergl.  magy.  dandär,  Schaar. 

Denkschriften  der  pliiL-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.  I.  Abb.  14 


106  I-  Abhandlung  :  Franz  Miklosioh. 

duraki,  arab.  ^l.jO,  peclie  k  peaii  lisse.  durrak^n,  Mandelpfirsicli. 

Vergl.  ceeh.  durance.  slovak.  durancie,  pruuuin  duracinum.  durandzovy.  s(.'rb.  duran- 
clija.  magy.  durdnczi,  duranczai,  duracimis.  durdnczi  harack.  Barbier  1.  733,  b.  Z.  425.  1. 
Vergl.  lat.  duracina,  Pfirsich  (Härtling).  nigriech.  poSdxtva,  wobl  aus  dem  lat.  Worte. 
Hebn  372. 

durmak,  steheu. 

serb.  durun  oi'da,  stoße  tu.  durmadan,  neprestano.  Hör.    griech.  vi:o6p[JLa,  tayscoc.  Pap.  469. 

duvak,  Brautschleier. 

bulg.  duhak,  hido.  Ljub.     serb.  duvak,  gen.  duvka.  Bos. 

düblik,  türk.    dUb^s,   Schellentrommel. 

ngriech.  Touji,7r).sxt,  tambour.  Legr.  xo[ji,TrcX£x.ja,  plur.  Pap.  84.  Z.  423.  2. 

düdük,  Pfeife. 

Ceeh.  dudy,  Dudelsack,  klruss.  dicda.  magy.  duda,  Dudelsack.  Vergl.  düd,  Melodie. 
diidol  ist  wohl  d.  dudeln. 

dügüD,  türk.  ^}C>,  Fest. 

bulg.  sunct-dugjun,  Fest  der  Besclmeidung.  Z.  441.  3. 

dülbend,  tulben,  Nesseltuch. 

bulg.  djulhen,  cech.  dlouhy,  htty  zdvoj.  Jir.  319,  serb.  dulhent.  ngriech.  tulpani.  Rec. 
30.  TouXo'JiidvL  Hiud.  69. 

dülgör,  Zinmiermann. 

bulg.   djidgerski  jezik,  Art  Geheimsprache.  Jir.  320. 

dümen,  Steuei-ruder. 

serb.  diimedzija.  dumedzijati.     ngriech.  TSiioviov,  ■TiTjSdXiov.  •cs[i.oVTC'>jC. 

dünja,  Welt. 

bulg.  dunja.  djunja-gjuzelijka,  grosse  Schönheit.  Djuv.  serb.  dunjaluk,  dunajluk,  Welt. 
Bos.     span.  adunia.  Eguil.  65. 

dürbin,  Fernrohr. 

ngriech.  toup[iTio6vt,  lunette.  Legr.     mrum.  tulbiu§.  Weig,  124. 

düsek,  Bett. 

ngriech.  Touasxtv.  Legr.  viouasxt,  aTp(b[jLa.  Pap.  469. 

düsman,  Feind, 
mnmi.  dusman.   Obed. 

düzc,  türk.   »\jO,  Gleiclmiässigkeit. 

ngriech.  VTOÜoixo,  rpö/oiz.  Pap.  469.  Z.  439.  3. 

dzab,  i->L».,  action  de  tirer  des  profits. 
rum,  cjap,  Kniff.  P\!hlt  Z. 

dzad^,  per.s.  ^i>La.,  liexe,  Zauberer, 

bulg.  dzadadzija,  Zauberer,  Jir.  633,  Z.  339.  2.     poln.-arm,  dzadu. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  107 

dzagale,  pers.  «JLää,  unreife  Frucht. 

Vergl.  bulg.  dzagali,  Pflaume.  Jir.  57.  Z.  358,   1. 

dzag^rmak,   türk.  (^/ijäL».,  schreien,  singen. 

serb.  dzagara,  Klosterschule,  dzagor.  dzagati.  dzagoriti.  Z.  341.  3. 

dzam,  Glas. 

serb.  polet  je  dzamu  i  pendzeru.  Hör.  1.  103.  Vergl.  dzamli  pendzer.  na  trbuhu  diama 
nema.  Bos.  Vila  3.  5. 

dzam'adan,  Mantelsack, 

serb.  dzemadan.  Hör.  1.  472.  serb.  alb.  zamadan.  dzamadani.  Rec.  29.  griech.  rCaadv- 
fjac.  Duc.  5Tata[JLav3dv,  yaaxcoXtov.  -cCiaiJiavtävt,  (JLapatirtov.  mordw.  cemodan.  finn.  sumataani, 
Futtersack. 

dzami',  grosse,  öffentliche  Moschee, 

russ.  diami,  mecetb.  Grig.     span.  aljamia.  Eguil.  203.  gima.  413. 

dzan,  Seele. 

bulg.  zansm,  dusa  moja.  Djuv.  serb.  dzan.  dzan  teslim  ucini,  dum  ispusti,  tüi-k.  dzan 
teslim  atmak. 

dzanbaz,  Seiltänzer, 

bulg,  dzamhaz.  Djuv,  dzarahnzin.     serb.  dianhaz. 

dzanfös,  türk,  ^J^ÄjU.,  Wandeltafft. 

serb.  u  dzamfez  dimijama.  Bos,  on  joj  Stade  dzanfez  otpinjati.  Bos.  Vila  332.  ngriech. 
tCatAfpeac.  Z.  346.   1.  Hind.  68, 

dzaverse,  pers.  «lwnjU»,  Art  Hirse. 

Vergl.  ngriech.  xCoißoLp  atayivrt,   %£YXP°^  ivSixöc.  Duc.  für  tCaßdpacc  jpxi  Z.  346.  3, 

dzeba,  Geschenk,  unentgeltlich. 

bulg.  dzaha.  Djuv,     ngriech.  zC,irj.]XTza,  dicptdTTjV,  irpoaa. 

dzebe,  Harnisch,  dzeböli,  geharnischter  Mann. 

serb,  trazim  za  sehe  cebeliju.  Bos.  Vila  3,  204.  da  mi  sinu  hideS  dzebelija.  324. 

dzebre,  Beutel  von  Ziegenhaar. 

bulg.  gebre,  torche-nez,  istrij-kon.  serb,  djebra,  kao  kesa  od  kozine,  koja  se  navuce  na 
ruku,  pa  se  njom  cisti  konj. 

dzeb"/an6,  Piilvermagazin, 
serb.  dzebhana. 

dzödvar,  pers.  ;tjtXs.,    j'^i^),  Zitwer,  curcuma  ccdoaria. 

poln,  cytwar.  russ.  cytvarh.  frz.  zedoaire.  it,  zedoaria,  zettovario.  Die  poln.  und  russ. 
Formen  stammen  aus  dem  Deutschen.  Z.  351.  2. 

dzehönnem,  dzenöm,  Hölle,     bulg.-türk.  dzendem. 
serb.  dzehenem.  Bos,     alb.  dzenem. 

14* 


108  1-  Abhändluno:  Fkanz  Miklosich. 

dzejb,  Tasche. 

sorb.  zehovi.  zadzepak,  spag.  kroat.  zep.  Ung.  mrum.  dzope.  Weig.  56.  dzepe.  Obed. 
238.  ngriecli.  dzepja.  Reo.  29.  xCstctctj,  crumena.  Duc.  zC&TZ'f].  klruss.  diovhüa,  d£ohenka, 
dfohleüa  iu  derselben  Bedeutung  ist  eig.  Futtersack:  zoba-.  mordw.  sepä.  wotj.  sepis. 
ostj.  «ep.  Ahlquist   151. 

dzeli  sanu,  arab.  ^Li  Ja,  glänzender  Rulim,  bei  den  bosnischen  Muhammedanern. 
serb.  bog  öelesanu  durch  svemoguöi,  allmächtig,  erklärt.  Bos.  Vila  3.  23.  Z.  364.  2;  536.  3. 

dzellad,  Henker, 
bulg.  dielatin. 

dzemal,  arab.  JUä>,  Schönheit,  dzemal  ojunu,  Art  Spiel  (Verkleidung)  usw. 
bulg.  koledzanje  iU  diamalare.  dzamalarska  druzina.  Ljub.  30.  Z.  365.  2. 

dzemi'et,  Versammlung. 

serb.  diemat,  skupätina.  Hör.   1.   179.  klanjaju  diematile  88. 

dzönab6t,  unreiner  Mensch. 

serb.  dzenabet,  ugursuz,  objesenjak.   Bos. 

dzenaze,  arab.  s\Us.,  Todtenbahre,  Leiche. 

serb.  dzenazu  kopati.  Bos.  Vila  2.  189.  Muji7ia  dzenaza  190.  dzenaza,  mrtvac  292.  kla- 
njati  dzenazu.  Vergl.  Hör.  2.  614. 

dzöugar,  tüi-k.   vLXJia.,  Grünspan, 
ngriech.  z^sr^%ö.^i.  Hind.   10. 

dzenk,  Schlacht. 

serb.  dzenjak  biti.  Bos.  Vila  3.  205.  Vergl.  ngriech.  -uC^'^'cCwsc,  Art  Miliz.  Duc.  Wohl 
dz4ngdzi,  Krieger.  Z.  368.  3. 

dzenn^t,  Garten,  Paradies, 
serb.  dzenetska  hurija.  Bos. 

dzerimö,  Verbrechen,  Strafe, 
bulg.  diereme.  Djuv.  Vergl.  dzürm, 

dzermane,  xjLcy&.,  Strafe. 

bulg.  vrni  se,  oblace  dzermane,  i  idi,  deka  je  pusta  gora,  deka  ss  divi  zv^rove,  deka 
Öovek  ne  odi  usw.  Die  Gewitterwolke  wird,  wie  es  scheint,  als  Strafe  angesehen.  Ljub.  37. 
Z.  354.  3. 

dz6rrali,  Chirurg, 
bulg.  dzarafin.  Djuv. 

dzevab,  Antwort. 

serb.  dzevapiti  caru.     ngriech.  vrC'ißdit,  Xt-^OZ-     poln.-arm.  dzujap. 

dzevah§r,  Edelsteine. 

bulg.  dzivaerdzi.  Djuv.  serb.  dzevair-bizistan.  Bos.  ngriech.  'C'ßatp'.,  o-asßatpt,  )J.boz. 
TOtßsapud.  Legr.  |i,d/.a|Jia  xoti  viC^^ßa^pt-  l*ap.  68.  tC^-'ßasf/tm.   Hind.  83. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  109 

dzövherdar,  damascirt. 
serb.  dzehverdar.  Hör.   340. 

dzevz,  Nuss. 

Vergl.  ngriech.  xCscfxsC^?  [xaupoxouxxtv  ivStxöv.  zCnoÖQ,  zä  {i'jpiarixd  xdpua.  Duc. 

dzeza,  Strafe. 

serb.  djezah,  kastiga,  globa.  Bos.  Vila  2.   133;  3.  23. 

dzezve,  kleine  Kaffeekanne, 
serb.  dzevza.  Bos. 

dzibrö,  Weintreber. 

bulg.  dzihr,  synon.  cipuri.  Djuv. 

dzida,  Wurfspiess. 

serb.  dzida  kostolomna.  Hör.  428.  koplje  dzidovito  325.  iida  mu  se  dzida  na  rainenu  343. 
dzidovina. 

dzidzi,  Kinderspielzeug. 

serb.  dzidzali. 

dzij6r,  die  inneren  Theile  des  Körpers,  bejas  dzijer.  Rec. 

bulg.   dziger,   dzigerce,   cer  drob,  Leber,     serb.   cigerica.  Blau  213.   hei  dziger.  Re6.  23. 
poln.-arm.  dzigar,  Leber,     ngriecli.  TCvjYSpt,  auxötc.  Pasp.  vrCtepi,  xCtspi,  "^irap. 

dzillt,  Palmenstock,  Stock. 

bulg.  dzirit.  dzilit.  Djuv.     serb.  dUlitimice.     russ.  dzigiU.  dzigitovka.     mrum.  dzilit.  Obed. 
189.     ngriecli.  zvCspCT,  z^z^izi,  SC^P^t,  aauvtov. 

dzilvet,  arab.  s^Jä-,  Glanz,  Liebkosung,  Koketterie, 
bulg.  dzilve.  Djuv.  Z.  364.  2. 

dzimri,  knauserig. 

ngriecli.  z(^i]X'K^fiQ,  xtjxßt^,  xviTCÖc. 

dzinaj6t,  arab.  xjUä,  Beleidigung,  Verbrechen,  Geldstrafe, 
serb.  dUnajet,   istraga.  Bos.  Z.  367.  2. 

■dzinn,  Dämon, 
serb.  divi,   dzini  (djavoli).  Bos.  mrtvac  se  podUnio,  se  polampirio.  Bos.  Vila  2.  292. 

dzirriz,  arab.  c>o1ä,  Aal. 

bulg.  ciruz,  Art  Fisch.  Jir.  559.  Z.  355.  2. 

dziva,  ziva,  z§va,  ziv6,  s^j,  zibak,  zibek,  Quecksilber. 

bulg.   zivak.     serb.   ziva.   Jastr.   iwo  srebro.     alb.   ze'we.     kurd.  2w,    Silber,     kum.  cibac, 
cihac  94,  325.  Hind.  260.  Z.  486.   1;  487.  3.  Nach  Zenker  arab.  zibek  von  dem  pers.  ziva. 

dzug,  pers.   d^,  Joch. 

bulg.  dzigli:  izvadi  dzigli  te.  Djuv.  Z.  373.   1. 

dzum,  dzjum,  Faust.  Hiev. 

bulg.  djujm,  djuljum,  Art  Mass,     serb.  palac. 


110  I-  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

dzundzul,  türk.  Ji^sob»,  Art  Gemüse, 
bulg-.  dzundzurija.  Bianclii  1.  394. 

dzunk,  türk.  viJbjÄ.,  Lastkameel,  grosses  Schiff, 
bulg.  dzonk.  Djuv.  Z.  375.  2. 

dzübbet,  Art  Kleid.  z§b§n.  Hind.  80.  gübbe,  Weste.  Ruz. 

klruss.  jupka.  kroat.  zupa.  zohuncac.  russ.  z/'puns.  zipunoks.  usw.  serb.  zohan.  zohanÖe, 
kahanica.  zuhun.  ReC.  29.  30.  poln.  jupka,  zupan,  zupica.  deutsch  Joppe.  Kari.  13.  span. 
chupa.  Eguil.  378.  aljuha.  199.  ngriech.  kypr.  C,'fi'Krj(i^\..  CtTtouvt.  Crusius.  it.  giuhhone.  alb. 
gipun.  nslov.  zohon.  Uug.  Vergleichendes  Wörterbuch:  zubunü  und  zupa.  poln.  szuhka. 
russ.  suha,  daher  votj.  mha.     niagy.  suha. 

dzüdze,  Zwerg. 

bulg.  cudzuk,  Kind,     ngriech.  xC^ouvtCsc,  y^^^'*''^C£C,  vdvoc. 

dzühera,  arab.   .-Lg-^,  schön,  merkwürdig. 

serb.  dzehaira,  dvorska  gospoja.  Bos.  Vila  2.  375,  Vergl.  i  da  vidis  vlaske  dzevaire. 
Volksl.  Z.  377.  2. 

dzüma,  Versammlung,  Freitag. 

serb.  dzuma,  sastanak;  molitva,  koja  se  u  petak  drii  u  dzamiji.  Hör.    span.  jumä.  Eguil.  434. 

dzümbiä,  Bewegung,  Spiel. 

bulg.  dzuvihuslija,     russ.  vesehcaks.  Djuv.     serb.  dzumbus,  pokret,  veselje. 

dzürm,  arab.  -ja-,  Verbrechen,  Schuld. 

ngriech.  vtCspstAsc,  aStxoc  xai  dicpoaSöxTjTos  xpr^jxaxtvM^  C'^ifJ-^a  o6  [xixpd.  Pap.  468.  Z.  354. 3. 


E. 

6b6  kadun,  ^^oU  xjI. 

serb.  hebajka,  Hebamme,  Grossmutter.  Bos. 

(eblek,)  ablak,  arab.  (^JLjI,  scheckig, 
serb.  eblekai,  konj  Saren.  Z.  5.  2. 

edeb,  plur.  edab,  arab.  i_,i>l,  ioli>l,  Compliment. 
serb.  edebsuz,  neuljuden.  Z.  20.   1. 

edzel,  Todesstunde. 

serb.  edzel,  sudbina.  do  edield  svoga,  bis  zu  seinem  Tode.   Hör.  1.  130.  bez  edzela  umi- 
ranja  nema  2.  208.  edjel  2.  286. 

efendi,  Herr. 

bulg.  efendija.  Djuv.     ngriech.  d'^EVr/jc.  drpsvcpca.  Legr.   dysSsid.  dtpcVTStd.  Tcapatpsvr/]?, 
dvuirpoacoTCO^  dvairXrjptöv  xöv  xupiov.  Paj).  482.     span.  efendi. 

efkar,  arab.   »LCil,  plur.  von  fekr,  Gedanke,  Absicht, 
serb.  evöar,  zelja.  Bos.  Vila  2.  363.  Z.  669.  2. 


DiK  TÜRKISCHEN  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  111 

eg6,  Feile, 
serb.  jege. 

egir,  igir,  acorum. 

bulg.  air.  Djuv.     klruss.  ajer,  air,  ir.     mgriech.  ayÄUp.  Duc.  Aus  griecli.  äxopov.  Z.  83.  3. 

egirek  wird  in   der  Bedeutung  ,fosse'  angeführt. 

bulg.  egrek,  Schafstall.  Djuv.  Colak.  283.  Jir.  667.  igrek,  mesto  u  ovcarmci,  gdi  se  jaganci 
pritvaraju,  da  ne  bi  sisali  matere.  Verk.     cech.  ohrady  pro  dohytek.  Jir.  243.  667. 

egri,  krumm. 

Vergl.  bulg.  evri,  opaki.  serb.  e^av,  krumm:  türk.  egmek,  krümmen. 

eji  saadile,  arab.  jJLxcLv  ^1,  mit  guter  Stunde, 
serb.  sadile,  glückliche  Reise.  Bos. 

öjlenmek,  sich  unterhalten. 

bulg.  eglendta,  Unterhaltung.  Djuv.  eglendisvam  se,  ilendüa  se.  serb.  eglen,  Wort.  Bos. 
eglenisati.  eglen  eglendisu.  Hör.  339.  dodji  meni  na  jeglena.  Kac.  134.  doslo  mi  je  tako  u 
egleni.  jeglenluk  cinili  43.  Vergl.  engled  zametnuti  83.  ngriech.  y^evtc,  divertissement.  Legr. 
102.  SY^sVTiC«).  Hind.  Scatpißo).  eyXsvtCs«;,  Siatptßi^.  vd  Y^svtT^acojJLE.  Pap.  110.  y^^^ua  226. 

ekser,  Nagel,     bulg.-türk.  enkser. 
bulg.  ekser.  Ljub.     alb.  enkser.  Rec.  57. 

eksik,  Mangel,  klein. 

serb.  vojske  mnogo  eksik  ostamdo.  Hör.  239.  eksikluk  109.  ngriech.  xaixi,  eXXctTröiC.  Pap. 
474.  Stxixoc.  Ibid.  ^ixoCuyjdCto,  oxaf)\).iCo)  sWznzCtic.  Ibid.  i^tx-oXaoöv.  235. 

6ksilui6k,  türk.  ^iiLJL^t,  abnehmen,  sich  vermindern, 
bulg.  iksildisvam,  izsildisvam.  Djuv.  Z.   81.  3. 

ölbett,  gewiss. 

serb.  elhet,  sigurno.  Bos. 

61öi,  Gesandter, 
ngriech.  k\zCfiQ,  Tzpia^oc. 

elemije,  türk.  jiaJI,  Haspel. 

bulg.  elemija.  Djuv.  vrtelka.  Z.  92.   1. 

61-liamdu-lillah,  *JJ  tX«J.I,  Gott  sei  Dank. 

serb.  erhamdurilah,  eramdurila.  Bos.  Vila  2.   148;  3.    101.  Z.  395.   1. 

elmas,  Diamant, 
serb.  elmas.  Bos. 

emin,  sicher. 

serb.  emin  uciniti.  Kac.  71.  jemin  harca,  taJcsa  za  zakletvu.  Bos. 

6mir,  Fürst. 

serb.  turhan  zelene  emir-svile.  Bos.  amir,  zapovjednik.  russ.  merchadlej,  merchadzij, 
Fürst  der  Pilger.  Grig.  ngriech.  ä(JLYjpäc.  [Ji^^jp^,  tr(5sor  pubhc.  Legrand.  EjxtpoTCOuXatc.  Volksl. 
span.  amir,  emir,  mir.  mirza.  almiral.  Eguil.  224.  259.  389.  453.  454. 


112  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

6mir-ayor,  Oberstallnieister. 
bulg.  imrihor-agasi.  Djuv. 

emr,  Befehl. 

serb.  emer,  gen.  emera.  Hör.  39.  und  emra.  238.  naredha.  emer  uciniti.  Bos.  Hör.  1.  266. 
ememama,  Befehlscbreiben:  raspisuje  mnoge  emername.  Hör.  1.  183.  Hieher  mag  auch  hembra 
gehören:  po  hembri  i  po  svidocbi  stari  Ijudi.  Arkiv  5.  313. 

endaze,  die  kleinere  Elle. 

bulg.  endaze,  65  Centimeter.  Vardar.  Vergl.  serb.  pendezet,  Art  Mass.  Juk.  620:  u  du- 
binu  trista  pendezetah.  394. 

♦ 

enfijö,  Schnupftabak. 

bulg.  enße,  emfie,  emfe,  amfe.  emfidzidina,  Verkäuferin  von  Schnupftabak.  Djuv. 

enginar,  Artischocke, 
ngriech.  a'^if.ivrj.^a,  xivdpa. 

engüät,  pers.  v:>.äXJ>I,  Finger, 
alb.  gjist.  Z.  108.  3. 

entreSel,  enterSel,  türk.  jLÄycjf. 

serb.  antreselj,  ono  sto  se  na  natovarena  konja  meine  odozgo  medju  strane.  antres.  Vrßevic. 
intreselj,  treselj,  ti'eäüjak.  Etwa  intersellium.  Blau  39.  184.  290. 

ergen,  ledig. 

bulg.  erdjen.  hirgjenski.  irgenstvo. 

6rg6van,  syringa  vulgaris. 

bulg.  argavan,  armigan.  Djuv.     slovak.  orgo. 

erkän,  arab.  ^jl-SU,  plur.  von  rükn,  Pfeiler,  Säule,  harb,  «->r=*- 
bulg.  erkani  harb,  Stab  der  Armee.  Djuv.  Z.  30.  1;  468.  2. 

erkasi,  türk.  j-iU  ol,  Vordei-theil  des  Sattels. 

bulg.  erkaäi.  Bezs.   1.   10.  für  Hintertheil  des  Sattels.  Fehlt  Z. 

6rv6nd,  der  Fluss  Tigris, 

bulg.  arvetino,  Mesopotamien.  Djuv.  Bianchi. 

es6r,  isr,  arab.  jif,  Spur,  Zeichen. 

serb.  eser,  biljeg,  znak,  trag.  Bos.  sve  pare,  sto  si  mi  dao,  na  eser  su  t.  j.  nijesu  potro- 
Sene  ni  propale,  nego  stoje  gotove.   Z.  10.   1. 

esir,  Gefangener. 

bulg.  jesir.  serb.  jesir.  Hör.  topove  mi  jesir  uciniti  31.  poln.  jasgr,  Gefangenschaft. 
Kari.   14.  17. 

esnaf,  Zunft. 

bulg.  esnaf.   isnaflija,  esnafska  slava.     serb.   esnaf.  Bos.  Vila  2.  267. 

äsrafll,  israfll,  arab.  J^Ailw*!,  nordtürk.  gäzrail,  äzrail,  der  Engel  des  Todes,  azrail,  özrail. 
serb.  hazdrajil,  arandjel.   Bos.  Vila  2.  259,  292.    dodje  azrahil,   te  odnese  dum  u  dzenet 
medju  hurije.  Z.  48.   1. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  11,3 

esrar,  arab.  ^'j-wl,  plur.   Geheimnisse,  im  türk.  Sing. 

serb.  esimr,  tajne.  Hör.  kome  ti  si  esrar  kazivao.  46.  Z.  48.   1. 

ösvab,  espap,  Kleider,  Waaren. 

Vergl.  aslov.  (!hpags,  Saccus,     serb.  cpag,  spag. 

esek  arisi,   ^5-*-^^!  ^iJ-^l,  (magareca  pßela,)  strk,  obad. 
Vergl.  serb.  eskerica,  Zwerg.  Rec.  Z.  31.  3;  54.  3. 

eäkia,  arab.  ^LJüil,  Räuberei. 

serb.  eskija,  razhojnici,  huntovnici.  Hör.  Z.  54.  3. 

etba',  Gefolge. 

serb.  edba,  podanici,  pratioci.  edba  i  daira.  Hör.  85.  edhu  i  icage.  Ibid.  edha  i  kavazi  319. 

etek,  arab.  »ibl,  Saum  des  Kleides. 

serb.  etek,  skut:  i  vezirski  etek  prihvatiti,  als  Flehender.  Hör,  94.  Z.  8.  2. 

6tmek,  ekmek,  Brot. 

bulg.  ekmekci-basi.  Djuv.     serb.  ekmescija.  Bos.  ekmescinica,  pekarnica.  Bos.  Vergl.  magy. 
et-ek,  et-el,  Speise. 

eved,  ja,  gewiss. 

serb.  reci  heli  i  evet,  tako  je.  Bos. 

evlad,  plur.  von  völed,  Kinder. 

serb.  evlet,  porod.  Kac.  54.  evladsuz,  kinderlos.  Bos. 

evlija,  arab.  «^LJ^I,  plur.,  im  türk.  Sing.,  ein  Heiliger, 
serb.  evlija.  Hör.  Z.  132.  1. 

evsat,  arab.  iL«;.l,  plur.  von  vasat,  ioMy  Mitte,  mittelmässig. 
bulg.  evsat.  Djuv.  Z.  121.  3;  931.  3. 

6vvet,  türk.  «ylf,  ja,  freilich, 
bulg.  evet.  Djuv.  Z.   111.  2. 

ezan,  Aufforderung  zum  Gebet, 
serb.  ezame,  wohl  unrichtig. 

ezber,  pers.  wj\(,  auswendig. 

serb.  na  ezbel.  Bos.  Vila  2.  291.  Z.  33.  2. 


E. 

o 

§br§k,  Wasserkrug. 

serb.  ihriktar,  koji  je  za  carem  ibrik  nosio.  Bos.     griech.  %a(ptpi  t[An;pixi.  Legr.     it.  bricco. 
span.  brico. 

§ladz,  Heilmittel. 

serb.  iljac.  Vardar.   za  iladza.  Bos.  Vila  2.  145.  ilac.     alb.  auch  ladz,  medela. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  lid.   I.  Abh.  15 


114  I.  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

el^dza,  wanne  Quelle. 

bulg.  kdza,  Wannbad.  Jir.  25.  Udzaköi,  Dorf  in  Bulgarien. 

ergad,  Taglöbner. 

serb.  irgat,  irgatin.  Hör.   33.  69. 

'§rz,  Ehre,   Preis,  Würde. 

serb.  dinu  i  hrzu.  Volksl.  hrsuzin,  Dieb. 

'^sjan,  arab.  ^jLuoä,  Aufruhr. 

serb.  isjan:  jer  se  zemlja  isjan  itcinila.   Hör.  232.  Z.  631.   1. 

'^äk,  arab.  i3-i^,  leidenschaftliche  Liebe, 
serb.  esak,  uzbudjenost.  Hör.  Z.  630.   1. 

eätan,  nordtürk.  Hosen, 
russ.  stany. 

'^zzetlü,  türk.   JbyA,  hochgeehrt:  arab.  äyc,  Würde, 
bulg.  izetlija,  ausgezeichnet.  Djuv.  Z.  628.   1. 


F. 

fagfur,  Poi-zellan. 
ngriech.  'faptpupsvioc,  adj. 

fajda,  Nutzen. 

bulg.  auch  fsjda.     serb.  fajda,  Interessen.  Bos.  to  je  fajdelije.  Bos.  Vila  3.   115. 

fak§r,  arab.  w*jii.  Armer. 

serb.  fakir  i  fukara.  Hör.  85.  Z.  669.  2. 

fal,  Vorbedeutung. 

serb.  fal.  Bos.  Vila  2.  397.     alb.  faldiur,  mago. 

falaka,  Block. 

span.  falaque.  Eguil.  393.  Vergl.  haha  418.   Man  beachte  die  Bedeutungen  von  lydXay^ 
Schlachtreihe,  Block. 

falle,  türk.  «jJU,  Zündpfanno. 
ngriech.   rpdXirx.  Z.   655.  2.  Hind.  52. 

faras,  türk.   ji(-i,  Kehrichtschaufel,  Kehricht,  Korb. 

serb.  alb.  faros.     ngriech.  to  farosl.  ließ.  34.  rpapdac,  Pap.  512.  ?papdat,  'fapctaid.  Halm. 
Z.  660.   1. 

farfara,  Schwjltzer. 

span.  fanfarron.  Eguil.  395.     ngriech.  <^ap^apä<;,  «pAÜapoc. 

fark,  Unterscheidung. 

serb.  ferkli,  verschieden,  oferciti,  uvidjeti,  unterscheiden,  wahrnehmen,  Bos.  Vila  2.  130.  148. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  115 

föllah,  arab.  -,^,  Bauer. 

serb.  felah,    seljak,  arapin  iz  gornjeg  Misira.  Hör.  Z.   669.  3. 

fener,  Laterne. 

serb.  fener,  fanus:  pa  zapali  u  fener  svijeöu.  Volksl.    klruss.  fonar.    span.  fanal.  Eguil.  395. 

feradze,  Art  Oberkleid. 

pohi.  feredze.  KarJ.  22.  ngriecli.  tpapa-cC^tv:  «popsatd,  ^opsojcü,  Kleid,  ist  griech. 
Ursprungs. 

feres,  Pferd. 

ngriecli.  (papioy,  coursier.  Legr.     span.  alfdraz,  alfSrez,  Pferd.  Eguil.  160.   166. 

feristeh,  pers.  xzä^,  legatus,  angelus.     nordtürk.  pärestä. 

serb.  feriste,  plur.  feriiteler.  In  Bosnien.  Blau  182.  273.  Z.  662.  2.  aslov.  hiristh, 
lictor,  nslov.  biric,  russ.  hirich,  birjuch  will  man  vom  pers.  firisteh,  ableiten:  dagegen 
spricht  ßech.  bific  usw.:  st  und  c  beruhen  auf  tp.  biristb,  bific  können  als  Deminutiva 
von  bir-,  it.  birro,  sbirro,  aufgefasst  werden.  Die  Wanderung  des  Wortes  ist  allerdings 
dunkel.  MeniAski  2.  3497. 

ferman,  Befehl. 

magy.  fenndny.     span.  firman. 

fermen,  ^yi-,  Art  Kleid,  fermeli. 

bulg.  fermene,  kss  cepken.  Rumena  14.  fermele.  rum.  fermene.  mrum.  fermen.  alb. 
fo'vielje.     ngriecli.  ?p£p|j,cX7j.  Pap.   196. 

ferta,  Erziehung. 

serb.  ferta:  drugu  mi  je  fertu  izucio.  Herzego vina. 

fes,  Fes. 

bulg.  ffce.     serb.  fescija,  fezdzija.  finov  feste.  Bos.     klruss.  fez.     mrum.  fes. 

feslekön,  fusligen,  basilicum. 

kroat.    basel.   Maz.     alb.   bosilek.   Rec.  48.   boz§l6k.     rum.  busujok.    Aus   dem  Lat. 

föstan,  Weiberrock. 

bulg.  frtstan.  serb.  fistan.  magy.  fosztdn,  fosztdny;  foszldn,  foszldny.  ngricch.  (puardvc. 
Hind.  82.     span.  fustal,  fustan.  Eguil.  401.  402. 

f6tli,  Eröffnung,  Eroberung. 

serb.  fet  bilo,  pokoreno.  Bos.  Vila  3.   116.  od  ^feta',  d.  i.  od  pada  Bosne.  ofetiti  Bosnu. 

f6tva,  Entscheidung. 

serij.  fetva,  sei'iatska  izreka.  Bos.  sudska  izreka  muftije.  Hör. 

f§dan,  junge  Pflanze, 
ngriecli.  ^uv^dvc,  fiaKKÖc. 

f^nd§k,  fonduk,  türk.  ^lyjii,  Gasthaus. 

iibr\).  fundtckliia,  Art,  Münze,  span.  alföndeca,  alhondiga.  Eguil.  170.  192.  Aus  griech. 
TCavoo)^siov.   Man  denkt  mit  Unrecht  an  magy.  vendeg,  Gast. 

15* 


116  I.  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

fendek,  Haselnuss. 

serb.   pa    uzela  jen  fpidak  borine.     Jastr.    331.      griech.    irovtat.    <pot>vto6xta,    xdpua 
TTOVTixd.  Pasp.    Vergl.  'fouvcouxXcd,  houppes.    Legr.  216. 

feröa,  Bürste. 

bulg.  vurca.     ngriech.  ßoüptoa.  Barbier  2.  408. 

ferlak,  türk.  ^-^vi,  Kreisel, 

ngriech,  '^oupXa.  Z.  663.  3.  Hind.   103. 

fertena,  Stumi. 
alb.  frtun§. 

festek,  Pistazie. 

ngriech.    ßcardxiov,    ictatdTitov.    Hehn.    (piarivc,   irttut?.      span.    alföcigo.      portng.   ßstico. 
Eguil.   169. 

figan,  fugan,  pers.  ^Ui,  Klage,  Wehklage. 

serb.  figanj,  vika,  dreka,  plac.  Hör.. ßganj  stade  226.  kad  covjek  u  Ijutini  sto  radi,  wohl 
falsche  Erklärung.  Herc.  195.  359.  Z.  668.  3. 

fll,  Elephant.  nordtürk.  pel. 

bulg.  fildiski  zsbi.     alb.  fil.   Rec.   48.     ngriech.   xaxdpxta  (pdvtcasvta.  Pap.     span.  alfil. 

fllaü,  ^^JiLö,  Art  Zeug. 

rum.  filaliü.     span.  _^Zefo'.    Dozy  268.  Eguil.  398. 

fllar,  Schnürstiefel, 
serb.  firala.-  Bos. 

flldzan,  Becher. 

serb.  vüdzan.     slovak.  findza.     klruss.  fynza,  fyndzaA.     rtim.  finz§.     mrum.  filidzen,  fli- 
diane.  filidzan.     ngriech.  (yXuCdvtov,  cpdtCctvtov,  <ytXCdvtov,  tpXuCdxiov. 

flrenk,  Franke. 

serb.  frangali.     russ.  frencjugi,  Krankheit.  Domostr.  24.     ngriech.  rpavcC^^d?,  marchand 
de  petita  pains.  Legrand. 

fiskijje,  arab.  sIäju^,  Wasserbassin  mit  Springbrunnen.      ^ 
serb.  ßskija.  Bos.  Z.  666.  2. 

flsulia,  Fisole. 

serb.  fasulia.  Bos.  Vila  2.  396. 

fiäek,  Patrone. 

ngriech.  i^ooaäxi.  Legr.     span.  fusique.   Eguil.  401. 

florenöa,  Gold. 

bulg.  y/orm,  Gold,  Ducaten.     ngriech.  «pouXupa,  Goldstück.  Legr.  (pXtoptov,  yp'JOÖc.     mrum. 
fluirq.  Weig.  22. 

fodul,  stolz. 

bulg.    eski-fudul.    Djuv.     russ.    chodulhnosU,    geziertes  Wesen,     span.  fodoli.    Eguil.  399. 


Die   türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  117 

fuöi,  Fass. 

Vergl.  nslov.  büc.  Im  Westen,     griech.  ßouxaäc,  Böttcher.  Hind.  59. 

fukara,  der  Arme. 

serb.  fukarastina,  sirotinja.    Bos. 

furun,  Backofen. 

serb.  furna.     alb.  furr§.  für.  Reß.   19.     biilg.  furnadzijstvo. 

futa,  Badeschürze. 

serb.  futa,    Handtuch.   In   Bosnien,   zaprega,   zastirac.  Hör.   Blau  284.  Vergl.  russ.  fata, 
Koijftuch  der  Frauen.  Domostr.  51.   173.     span.  fota,  mantilla.  Eguil.  400. 


G. 

gadr,  Verrath,  Betrug. 

serb.  (jadar,  steta,  nasilje,  zlo.  Hör.  u  avUji  gadar  tiöinio  506. 

gaile,  Plage. 

bulg.  hie.  gajle  da  si  ne  mate.     serb.  gajlelija.  Vardar.     ngriech.  •(z'iXrxQ,  rj.TZO'hiQ. 

gairet,  Eifer. 

bulg.  kajret.  Djuv.  gajret  davase.  cini  gajret.  serb.  garjet.  Kras.  69.  gajreti  porad  mene. 
13os.  Vila  3.  115.  nije  U  gajret  Alija.  Hör.  1.  120.  gajret  uciniti  513.  (türk.  gairet  ettneli.)  gajret 
sada,  djeco  moja  411.     mrum.  gairete,  muthig.     ngriech.  xalpct,  ptojJiYj. 

gajda,  Hirtenflöte. 

bulg.  gajdarin,  gajdardzija,  gajdardSi.  Djuv.  klruss.  gajdar.  slovak.  gajdy.  cech. 
kejdy.  gajdy.  gajdos.  gajdovati.     griech.  xdloav  6  iratC^v,  dcxauXTj?. 

gajib,  Verlust,  abwesend. 

serb.  gajib  se  uöiniti.   Hör.   1.  253.  521. 

galebe,  vulg.  kalaba,  ai-ab.  Menge,  als  Adv.  viel. 

Vergl.  serb.  galiba,  vielleicht,  valjda.  Bos.  Vila  2.  147.  galama,  mnozina,  nered,  vika. 
bez  galame  njesmo.  Hör.  2.  283.   Z.  649.  3. 

gam,  arab.  jv^,  Kununer. 
bulg.  gam.  Ujuv.  Z.  650.  3. 

garaz,  Absicht,  Hass. 
bulg.  karez,  Gi'oU. 

garb,  West. 
Vergl.  Devic  38. 

garet,  arab.  S«Le,  Raubzug. 

serb.  garet,  steta:  velik  mi  je  garet  ucinio.   Hör.   1.  516.   Z.  643.  3. 

garz,  Pflanzenreis. 

serb.  djerzovski,  gerzovski  i  momacki.  Bos.  gerze  i  djevojke.  plur.  acc.  Krasic  145. 


118  I.  Abhandlunu:  Franz  Miklosich. 

gazab,  kazeb,  Zorn. 

serb.  turci  gazepciji.  Vardar.  gazop,  napast,  nasreca:  vi  mu  vojska  fjazap  ucinite.  Hör.  1. 
238.  ho^e  meni  gazap  uciniti  244. 

gaze,  pers.  s^Le,  rotlie  Schminke. 

Vergl.  ugriech.  fOiCi,  Verbränmng.  YaC^vo).  Pap.  406.  Z.   644.   1. 

gazi,  siegreich. 

biilg.  gazi.  gazilei'  phir.  Djuv.     span.  gada,  racia.  Eguil.  550. 

gergödan,  Nashorn. 

Daher  nach  A.  N.  Veselovskij  nigriech.  xopxövSstXo;,  xopxöSuXoc. 

g^da,  türk.  Ij^i,  Nahrung,  Portion. 

serb.  gida,  zalogaj,  mjera.  Hör.  Z.  645.  2. 

gomena,  Tau. 

ugriech.  -^rjöiizva,  xdXwij. 

gonöe,  pers.  ghundza,  Knosjie. 

gurbet,  Reise  in  die  Fremde. 

bulg.  gurbet.  gurbetcija.  gurhctl^k.  Djuv.     serb.  gurbet,  Wanderung.  Bos. 

gurema,   arab.  AjByk,  phir.  von  garim,  Concurs. 
serb.  gurema,  steuste.  Bos.  Z.  647.  3. 

gurgut,  o^N^,  Brotsuppe. 

bulg.  gurgut,   viaticum.   Djuv.  kurkut.     russ.  kurkuts,   mucnaja  zatirka.    Grig.     ngriech. 
xoupxo'j-t,  äXsuptd,  Tz6kzoQ.  Bianchi  2.  334  b. 


H. 

hajde!  auf! 

Inilg.    hajda,    hajdate.      slovak.    hajdmo.      cech.  pfihajdat    dial.      pohi.     hajda.    hajdaj, 
Ochsenliirt.  Rocznik.     alb.   haj.     nirum.   Jiajde.     ngriech.   dtvts'cs  {jls,  portez-moi.  Legr.  320. 

hava,  Luft. 

serb.  hava.  Hör.  hava  dobra  189.  ava,  vazduh.  Bos.  Vergl.  mrum.  h§v^,,  Zeit.  Weig.  140. 

hava,  türk.  IjJd,  Arie. 

serb.  hava.     ngriech.  X^^ß^c.  Hind.   104. 

havle,  türk.  ^^^L»,  havle  makrama,  Handtuch, 
bulg.  havlija,  avlija.   Djuv.  Z.  938.   1. 

hefta,  Woche. 

serb.  punu  heftu  ilana.  heftahtk.  Bos. 

hägbe,  Mantelsack. 

serl).  hegJxt,  n.  bisage.   Hör.  1.  256.  269.  541.  egba,  pratnja,  sto  nosi  prtljagii.   Smail.  334. 
hedjbe,  plur.  hedjbeta,  Volksl.  dvjc  elbe  bktga.  Kaö.   111.     alb.  ebget.   Uec.  94. 


Die  türkischek  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  119 

helak,  arab.  JULsc,  Untergang. 

serb.  helac,  propast.  Hör.  dusmani  hela6  hilL  Hör.   1.  42.  Z.  941.   1. 

helde,  61da,   Buchweizen. 

biilg.  heida.  Jir.     serb.  alb.  elda.     griech.  eldon.  Rec.  49. 

h6tn,  mit,  zugleich. 

serb.  rti  em  zagari.     bulg.  hem-hem,   emo-emo,  wohl:  bald-bald.  Sapk. 

heman,  jiers.   ^U»,  ebenso,  nur,  fortwährend, 
bulg.  emen.  Djuv.  Z.  942.  2. 

hemsiöhöri,  Landsmann, 
serb.  emserija.  Bos. 

h6rgel6,  Gestüt. 

serb.    hergelas,    Gestütspferd,     mruni.  irgileie.    Obed.     ngriech.  yz^^zkzxC,ffi.,  ottcovoijlsüc. 
Man  denkt  an  dysXyj. 

hidz,  etwas,  mit  der  Negation  nichts,  nicht. 

bulg.  ic  ne  beri  gajle.   Hör.  IH.  93.      serb.  hie,  niJcako.   Hör.   MÖ  ne  zali  hlaga.    1.  71. 
klruss.  nehyc,  nyctoznost. 

bind,  Indien. 

Vergl.    serb.    hinf,    Indien,  hinski  car.  Bos.  indijot,   gallus  indicus,   mit  Pelz  gefütterter 
und  verbrämter  Rock.  Vergl.  dzavSrse. 

bind  d§k,  richtig  bind  dik. 

klruss.  indyk.     poln.  indyk,  j^dyk.  indycz§,  jendycz§.     russ.  indjuks.     lett.  induks. 

hindiba,  hinduba,  türk.  Lja*,  Endivie. 

Vergl.  ngriech.  dvcißcov.     rum.  andivie.     mlat.  endivia.     lat.  intyhus.  Z.  943.  2.  Hind.  12. 

hüner,  Kunst. 

bulg.  jicner.  unerlija  konj.      serb.  golem  uner.  konj  hunerdzija.  Vardar. 


H. 

Kabb,  Pille. 

bulg.    hapka   für   türk.    lokma.    hapna,  hapja,    beissen.    Djuv.      serb.  hap,   ap,  hob.    Bos. 
Vila  2.  309.  api  afijuna.  Bos.  Vergl.  ngriech.  chapsa,   Bissen.  Rec.  87. 

habs,  Kerker. 

bulg.  hapushana.  Jir.  535.     serb.  apsenik.  afsmiska  avlija.  Bos.     span.  alhabz.  Eguil.  188. 

hadz^,  Pilger. 

bulg.    adzija.    adzisto.    hadzija,    hadzijka.     serb.    adzüarski.      russ.   gadz^j.    Grig.      span. 
alfaje.  Eguil.   155. 

hajat,  Vorhalle. 

serb.  vodte  konje  u  dobre  hajate.  Kac.  34.     mrjim.  h§jat^.     griech.  ja.-(i6.t\,  Gang. 


120  I-  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

hajdamak,  eine  Heerde  Vieli  treiben. 

rum.  ajdamak,  Strolch.  Vergl.  nordtürk.  äjdja,  äjgja,  Vieh  treiben.  Kanibaud  487. 

hajdud,  Räuber. 

serb.  hajduk,  Infanterist.  Gund.  kroat.  hajducevati.  magy.  hajduk.  rum.  hajduk. 
ngriech.  /airourr^c.  X^^^^"^^'?-  poln.  hajduk,  sluga  dworski,  kann  aus  dem  RIagy.  entlehnt 
sein:  hajdil  ist  jedoch  vom  türk.  Jiajdud  nicht  zu  trennen,     preuss.  heiduka,  Art  Tanz.  Prät. 

hajvan,  Leben,  Thier. 

bnlg.  liajvan,  Vieh.     serb.  jasi  vilovna  hajvana.  Bos.  Vila  3.    188. 

liakaret,  arab.  »»LiLa.,  Verachtung, 
serb.  liakaret,  sramota.   Bos.  Z.  391.  2. 

hakem,  Richter. 

span.  aqueme.  Eguil.  270. 

üakk,  Recht. 

bnlg.  hak  (wohl  Zoll)  mu  ne  zeviajte.  serb.  hah  (hak)  tafimdan  (tarafimdan) ,  od  pra- 
vedne  strane.  Bos.  Vila  2.  258.  hak,  Art  Flächenmass.  Vardar.  da  kupi  hake  od  cißuka.  Hör. 
1.  441.  dohakati,  haka  glave  doci,  zu  Gnmde  richten:  011  kako  de  hegu  dohakaü  157.  da  mi 
haka  glave  dodjes.  Volksl.     spau.  hoque.  Eguil.  423. 

üal,  Lage.  plur.  aüval. 

bulg.  al,  hal.  ocebol  i  halosvanje.  Ljub.  35.  serb.  hal,  Noth.  ^  u  kom  smo  halu  i  ahvahi. 
Hör.  1.  35.  Vergl.  105.  119.  a  kad  Luka  xt,  zlvotu  liäla.  153.  kakvi  su  ti  halt  i  havali?  Bos. 
Vila  2.  146.  hale  i  havale,  jade  i  iievoljii  2.  132.  hala,  sada,  Jos  jednako.  Hör.  1.  88.  ngriech. 
y6.X'..  xatajraaic,  SidQsaic  oarpd.  Pap.  517.  xd[JLV(o  jäXia..  Legrand  86.     nirum.  hal§. 

lialal,  erlaubt. 

bulg.  alal  neka  mu  jest.  serb.  alal,  hlagoslov.  Bos.  halal  iskati.  Bos.  halal,  prosto.  alal 
mu  njegov  din  hio!  Bos.  nek  m'alali  na  obadva  svjeta.  Kac.  56.  halaljujem.  Hör.  2.  440. 
ngriech.  yakdXi,  Saatoc:  entgegengesetzt  xapd[it.  Pap.  517.  ya\6Xi  vä  toü  Y^'^Ti'  grand  bien 
lui  fasse.  Legr.  212. 

halka,  Ring. 

serb.  alka,  ohdulja,  Tournier.  alkar.  Sinj  in  Dalmatien:  das  Ziel  beim  Spiele  bildet 
ein  eiserner  Ring.  Vijenac  1888.  591.  halka,  kolut,  .grlvna.  uzeti  u  halku,  ohkoliti.  Bos.  hal- 
kali  topovi.  Bos.  Vila  3.   188.     span.  alhelca.     nordtürk.   alka  für  rnss.  senga. 

halladz,   arab.  _-iLa.,  Wollkrämpler. 

ngriech.  yaXdtC"rj?,  xaÄ(oaTp6(po^,  Seildreher.  Z.  393.   1. 

halta,  türk.  jJaJLs.,  Halsband  der  Thiere. 
bulg.  holta.  Z.   382.   1. 

hamlöt,  fiamla,  arab.  äUU».,  Angriff,  Zug,  Ruck, 
serb.  tia  mladje  je  amle  ucinio.  Volksl.  Z.  395.  2. 

liammal,  Trilger. 

ngriech.  yaixdXT^c,  'IVilger.  poln.  chamal.  bulg.  amal.  amajlija,  amaUija,  Amulet. 
Djuv.  vrzva  ajmaliji.  Ljub.  kroat.  hamnUja,  moöi,  bei  Belostenec  dwinatio.  serb.  na  doratu 
mnoge  hamajlije.  Hör.   1.  445. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  121 

hammam,  Bad. 

bulg.  cjelin  hamami,  Brautbad.  Ljub.   77.     serb.  haman. 

üaram,  Frauengemach. 

serb.  harem,  mjesto  u  ogradi  oho  dlamije.  arem,  zenskinje.  Bos.  Vlla  2.  27G.  span.  ha- 
mariyo.   Eguil.  419. 

Harami,  Räuber. 

bulg.  aramihk,  Räuberhandwerk,  nslov.  haramija  ili  pesac,  Trabant.  Vergl.  poln.  ha- 
ramza,  Jiarandzia,  Gesindel,  klruss.  hararayja,  ataman  razbojnikov.  Ung.  cech.  charamza 
nedhalec.     ngrlecli.  ■/apd[JirjC. 

üarar,  rosshärenes  Tuch. 

serb.  aran.     alb.  ngriech.  arar.  Reo.  93.     ngriech.  )(aXäpt,   Sack.  Legr.  252. 

liarb,  arab.  ujä-,  Krieg,  Kampf, 
serb.  harh,  rat,  borba.  Bos.  Z.  385.  3. 

harba,  Hellebarde. 

bulg.  harba,  Art  Lanze,  liarbalija.  Jir.  77.  harbadzija,  Wächter  der  Pässe.  251.  252. 
serb.  harba  (unrichtig  kärba  d.  i.  krha),  Wurfspiess.  Gund.  kroat.  harba,  span.  ga.rvin, 
Soldat.  Eguil.  410. 

Harvan^,  Art  Mantel. 

serb.  harvanija,   ogrtac  bez  rukava.  Hör. 

hasab,  Antheil. 

bulg.  si  esapit  so  umo-t.  serb.  pohesabiti.  Hör.  64.  Vergl.  serb.  hasaba,  was  der  Frau 
aus  dem  väterlichen  Hause  nicht  folgt,  wie  Haus,  Scheune  usw.  nslov.  presapiti,  über- 
rechnen. Rib.     ngriech.  ^aadiCTj.  Volkslied. 

haser,  Strohmatte, 
alb.  ashv.  Rec.  32. 

üasa,  Decke. 

bulg.  asa.     ngriech.  yy~ior^  X^^j^-    P^P-   1^6. 

üasr,  arab.  j-ää.,  Versammlung. 

Vergl.  serb.  po  bedenu  hasar  ucinise.  Hör.  1.  209.  Was  heisst  hasar  ocistitif  Z.  388.  1. 

liav,  Strich,  Schei-woUe. 

serb.  havlija,   otirac  vlasat.  Hör.  bijela  havlija  256. 

üavalö,  arab.  XJIj_a.,    Schwingen   einer  Waffe,  Anweisung,    Übernalime  eines  Geschäftes, 
serb.  havala,  nadmo(^je,  smetnja.  Bos.     alb.  haval,   suggezione.  Z.  396.  2. 

Havan,  Mörser. 

ngriech.  •/'^ßdvi.  'frL'^i-i-^i'fZ[t>j.  Pap.  516.  y^ßdvt,  ly^'']-  X'^ß'^'^^^'^'  oX[aoc. 

liavra,  türk.  s^^,  Synagoge, 
serb.  avra.  Z.  396.  3. 

havz,  havuz,  Wasserbehälter. 

alb.  haus,  Abgrund,     ngriech.  yrx'^'jo(^i,  8£(;a[A£VT]. 

Denkücbriftcn  der  phil.-hiüt.  Cl.  XXXVIll.  Bd.  I.  Abb.  16 


122  1-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

hazer,  fertig. 

l)iilg\  hazar  da  bidite.     serb.  haziir,  svati,  hazurte  djevojku.  Hör.  1.  99.  azor  je  djevojka. 
iifrriecli.  y^aCr^p'..  £-:oi{jloc.  yaC*'/p  t^^^  oki-^o^,  |xixpotJ  Ssiv.  yaC7jps6(o,  £tot(JLdCto.  Pap.  516. 

hazret,  arab.  »wo,».,  Majestät,  heilig. 

serb.  hazrett,  sveti.  Hör.   1.  327.  i  feredzom  azretU  AI/je.  Kac.  98.  Z.  389.  3. 

Hazz,  arab.  L=k,  Einsclinitt.   Kerbe. 

russ.  cAaz3,  chazovyj  konecs  tkani,  kazs,  kazovyj,  Ansclinitt  eines  Stückes  Tuch.  Z.  386.  3. 

üazz,  Loos,  Verguügen. 

iigriech.  "fß-C'-.  Siarp'.ßv^,  äpsaxsia.  Pap.  516. 

Üelva,  Art  Speise. 

bulg.  halva.  halvadzija,  alvadzijce.  serb.  haha,  alva,  Art  Mehlspeise,  halvaluk,  alvaluk, 
Trinkgeld,     poln.  haiwa,  rodzaj  sorbetic.  Rocznik.     ngriech.  yaXßä:,  OTjaaixov. 

hikajet,  arab.  iüÜCa.,  Erzählung, 
serb.  hucet,   isprava.  Z.  392.  2. 

Mkmet,  Weisheit. 

serb.  hi6me,  cudo.  h/'ömetom,  voljom.  hicmeta  (slucaja)  botije(ja.   Bos,  3.  23. 

Iiil6,  List. 

kroat.  hila.  prehiliti,  überlisten.  Sirena. 

himar,  Esel. 

serb.  maganisa.  alb.  madjar.  Reß.  40.  magjar.  Hahn,  ngriech.  YO|j.dpt.ov,  rpopxcöv,  Last, 
beruht  auf  ';i\xoz:  der  Übergang,  Last,  Esel  tindet  sich  auch  bei  den  unter  semer  ange- 
führten Wörtern. 

hirfet,  Zunft. 

bulg.  rufet.  Jir.  487.  serb.  rufet,  ruvet.  nifetlija,  ruvetUja,  Zunftgenosse,  rufet,  esvap, 
nosivo.  Rec.  29.     ngriech.  po'fätt,  Ysvsd.  Pap.  494. 

hisse,  Antheil.  l>ulg.-türk.  hesse. 

serb.  hisse.  Bos.  hise.  W'öv.  treöe  hise  63. 

tivajöt,  arab.   xjIjä,  das  Zusammenbringen,  Aufbewahren. 
Vergl.  alb.  havajet,   enfiteusi.   Z.  396.  2. 

Hokka,  arab.   &is>.   Büchschen. 

ngriech.  yoxät;.  xsXsßsiov,  Trinkbecher.  Z.  391.  3. 

hokka-baz,  Oaukler. 

^^•rgl.  ngriech.  yoyXa|X7rdCr^;,  Y'^'')^-     ^^b-  okadzü,  buffone. 

holkum,  arab.  |»»äJL&-,  Schlund,  Rachen. 

.serb.  kidkimia,  kolkama,  mastionica,  Tintenfass.  Hör.  1.  318. 

liödzdzet,   Beweis. 

serb.  hudzet,  presuda.  Bos. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  123 

liudud,  arab.  s>j<Xs.,  Plur.  von  Jl=».,  Grenze. 

serb.  liudut,  granica,  medja.  hudut  postaviti.  Imducija,  der  die  Grenze  bestimmt.  Hör.  1. 
199.     ngriech.  xd  /ou§o6ua.  Z.  384.  1. 

üukuinet,  Richteramt. 

serb.  huöumet,  sud.  Vergl.  huchiumi,  cioe  lettere  credenziali  con  il  mecJnm  (d.  i.  mühr, 
in'öhür)^  cioe  sigilli  di  caratteri  che  si  dicono  testa  del  gran  signore.   liolizza  180. 

hur,  arab.  »^,  Jungfrau  des  Paradieses. 

serb.  hirija,  die  Engel  im  Paradiese  der  Moliammedaner,  schöne  Jungfrauen,  dzenetska 
hurija.  Bos.  Vila  2.  240.  pole.tjese  nh  polje  hurije,  one  lete  jagmiti  sehite.  Hör.  2.  369.  span. 
huri.  Z.  396.  2. 

Üuzur,  Ruhe. 

serb.  iizur,  Müsse:  iivl  na  itzurn.  uzuriti,  Müsse  haben,    tizurlija.  hijuzur,  dosadno.  Bos. 

hüdzret,  arab.   8\.ää,  Känunerclien,  Kabinet. 

serb.  udzera,  stracara,   elendes  Haus.  Vergl.  ngriech.  yoTasps,  Tribunal.  Pass.  Z.  384.  1. 

hükm,  hüküm,  arab.  |jCa..  Urtheil,  Befehl. 

serb.  hucurii  po  hiramv  i  serijatn.  Bos.  Vila  2.   163.  ucum  uciniti.  Z.  392.  2. 


•/aber,  Meldung. 

bulg.  ahnr.  serb.  aber.  Bos.  mrum.  hfbare.  ngriech.  chabardzis.  Rec.  Befremdend 
poln.  chaber  für  btawatki. 

■/absi,  /amsi  bal§g§,  türk.  j-aJL  (^j-^«^»  Anchove. 
ngriech.  ya'^^d.  Hind.  23. 

■/ayam,  Rabbiner. 

bulg.  haham-basi.  Jir.  aham-basi.  Djuv.     serb.  haham.  Bos.     ngriech.  ya/d[ji.Yi?. 

yain,  ai-ab.  i^Lä.,  VerrRther. 

ngriech.  yatv/jc,  capo  di  ribellione.  Som.  Z.  402.  3. 

yaj§r,  gut. 

bulg.  nema  hair.  airlija.  airssz.  Ljub.  a7'5n:  and  hilki.  haroven,  aroven.  zasviri  arovno. 
serb.  hajir,  sre6a.  hairom!  hair-dova,  u  hoga  dobro  prhnljena  molitva.  sa  sre^om  i  s  harijom. 
da  bog  da  sa  hajirom.  hajirli,  sretno.  Bos.  hajir  hasa,  LiLa.  wcä.,  ne  dao  bog.  Hör.  1.  168. 
air  i  beriöet.  hairnije,  bolje.  Bos.  hajir  imsala,  dobro,  ako  bog  da.  Bos.  graditi  haire.  Hör.  1. 
68.  hairsuz,  nesretan,  nehoristan.  Hör.  liairsuz  evlad  1.  553.  harni,  schön.  Jiarni  jtmak.  Hör.  1. 
123.  hariti,  achten.  Jastr.  ngriech.  yotcp,  iirtiSoatc.  Pap.  517.  mrum.  lip're.  klrus.s.  charnyj, 
reinlich. 

yakan,  Grossherr. 

mong.  xaan,  Titel  des  Herrschers  von  China,  pers.  y^akan.  span.  kan.  rex  Avarum 
Kagan  debellans  ultima  mundi  in  Epistola  regis  Avarorum  directa  ad  imperatorem  Ro- 
manorum. 

16» 


124  1-  Abhandlunu  :  Franz  Miklosioh. 

yala,  Abort. 

ugriocli.  ynKBZi  yaXaipuxoc- 

yalandzan,  arab.  |jLs\juLä.,  Name  einer  Pflanze. 

klruss.  kaihan.  poln.  galjan,  maranta  galanga.  ngriech.  '(d.Xdy^a.  alid.  mlid.  galgan. 
nlitl.  ijalgant.     spau.  galanga.     portiig.  garengal.  Eguil.  404. 

yalas,  arab.  uo^Lb.,  Befreiung. 

Vergl.  alb.  jfö/aia«,  löse  auf.  Z.  410.  3. 

yal/al,  Beiukette. 

serb.  halhale,  narukvice.     span.  carcaj.  Eguil.  362. 

yali,  Teppich. 

bulg.  hali.     ugriech.  yaXi,  auch  Tcppich.  Hind.  89. 

yalifö,  Stellvertreter. 

bulg.  kalfa,  Geselle,     span.  califa. 

yalij,   arab.  ^^JU»,  leer. 

serb.  sve  hali  lezi po  Orlovu,  hali  hazna,  a  hali  dtebhana.  Hör.  1.  66.  Vergl.  162.  Z.  412.  2. 

yalvöt,  abgesondertes  Zinnner. 

serb.  halvat,  porodicna  soha:  iz  halvata,  sohe.  Bos.  ic  alvatu,  visoku  dolafu. 

yam,  roh,  unbearbeitet. 

serl).  ham-pamuk.  Bos.     span.  aljame.   Eguil.   186. 

yam,  pers.  f^,  Pferdegeschirr. 

serb.  am,  ham.  kroat.  ham,  Kunniiet.  Ung.  magy.  hdm,  hdm-iga.  Blau  10.  Fehlt  bei 
Z.  in  dieser  Bedeutung. 

yanöer,  Art  Dolch. 

slovak.  konciar.  ugriech.  yavxCä.ot,  yavrC'^pt^'^,  poignard.  Legr.  aind.  khadga,  Schwert, 
kasm.  kangar. 

yandak,  Grube. 

rus.s.  chandaks.  Grig.  luruni.  hgndakc.  span.  alhandac.  nigriech.  ydvSa^.  Duc.  ngriech. 
yavTdxi. 

yan^m,  Fürstentochter. 

serb.  hanum,  hanuma,  anuma.  sultan-hanuma.  Bos.     ngriech.  yavo6jJ.Yj. 

yarab,  zerstört. 

serb.  harab,  razoreno,  oboreno.  Hör.  seher  harab  uciniti.   1.  238. 

yaradz,  Kopfgeld,'  neben  dem  Knabenzins  von  der  Rajah  zu  entrichten. 

bulg.  arahcija,  Steuereinnehmer.  Colak.  126.  Djuv.  serb.  arac,  aucli  Brückenzoll.  Bos. 
haradzija.  Novakovic  70.  nslov.  harac.  Kroat.  russ.  garaca.  Grig.  magy.  hardcs,  Tribut, 
ngriech.  yaoaT~(oV(o.  Pap.  518.  span.  aljarafe.  Eguil.  203.  harai  Ö39.  Man  vergleicht 
griecli.  ydf<aY|xa,  Steuer.  Acta  V.  82.  Tcrn.  450.  xs'fdXatov  xoü  yapdYiAaroc.  Flor.  81. 

yardz,  Kosten. 

bulg.  isharra,  russ.  izdtirzu.  dzeb-arasl^k.  Djuv.  serb.  mnogo  arca.  kablom  harci  pivo. 
Hör,  1.  94.  havcluk  330.  hasluk  50.  uailuditi  sc.  Bos.  Vila  2.  146.  asluk.  porciti,  sarciti.     russ. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  125 

charci,    Kosten,     klruss.   charc,    Kost,   charcove,   stravne,   Zehrgeld,     ßech.   harcovna.     mrum. 
hfrdzui.     alb.  hardzon.     poln.  karczma,  Schenke,  hängt  mit  x<^i'd^  nicht  zusammen. 

yarrub,  Johannisbrot, 
alb.  ha')^p§. 

yarä,  arab.  Jij-ä.,  das  Kratzeii. 

poln.  chars,  Art  rauher  Wollenstoff.  Kaiuzniacki,  Dok.  49.  Z.  406.   1. 

yarsiaf,  yarsuf,  arab.  oi-ivä.,  jtäxiwi.,  Artischoke. 

poln.  karciof,  karczof,  karciok,  karcioch,  karczoch,  arcioch,  arciok.  kroat.  raticoka.  it. 
carciofo,  articiocco.     span.  alcachofa.  Eguil.   124.  Z.  406.   1. 

yasm,  arab.  |v-.ai.,  Feind. 

bulg.  asmija.  Milad.   154.     serb.   asmija.  Vardar.  Z.  408.  3. 

yass,  arab.  ^joü».,  eigen,  für  den  Gebrauch  ^iner  Person  bestimmt,  insbesondere  des 
Kaisers,  kaiserlich. 

serb.  hasa,  zasebno,  cisto,  privatno.  Hör.  Vergl.  a  iz  orte  hase  jenjicare  248.  ngriech. 
ydai,  possessiones  privatae  sumnii  magistratus  turcarum.  Pass.  Vergl,  rum.  has,  Art  Abgabe. 
Z.  400.   1. 

yaste,  Krankheit. 

serb.  evo  hasta  u  konaku.  Hör.   76. 

yaäyas,  Mohn,  Opium. 

ngriech.  ydctot,  assassins.  Legr.  span.  asesino,  anxixen,  caxcall.  alhaxix.  Eguil.  189. 
293.  313.  366.  Vergl.  jedoch  Diez:  assassino. 

yata,  arab.  cUai.,  Versehen. 

ngriech.  y^OLzäz,  rapa/T],  o'j|X7rÄovir;.  yazakm,  [Atxpd  C"')!^^^  ^^  äirpoas^ta?  7rpOcpyo|j,£V7j. 
Pap.  519.  Z.  409.  2.  ' 

yataj,  nördliches  China. 

poln.  kitaj,  kitajka,  Art  Stoff,  klruss.  kytajka,  Art  Glockenblume,  ngriech.  xt-ata, 
China.  xczaiTTjC. 

yat§b,  arab.  v_AiöLä.,  der  das  Kanzelgebet,  die  yütbe,  spricht. 

serb.  hatih.     ngriech.  yoLzriTZ-qc,  Vorbeter.  Hammer,  Geschichte  1.  56.  Z.  400.  2. 

yat§r,  Gedanke. 

bulg.  hatör,  Liebe.  hat§r  rasipis.  serb.  da  materi  hater  navrsi.  to  bi  za  zenin  hator 
ucinio.  Bos.  ako  f  hater  ostanuti  neöe.  Hör.  531.  nif  bih  tebi  hafer  popazio  370.  hater  pokva- 
riti.  hator  211.  rad  bozjega  hatra  92.  rad'  hatara  Hajkime  djevojke.  Volksl.  ator  (gen.  atra) 
osteti.  ti.  i  za  hatur  svetca  Muhameda.  Kac.  101.  ngriech.  y'^'^'^ip^;  X'^P^'^'  S'JcpYcOta.  yaTYjpjdTwa, 
xazd  yocptv.  Pap.  519.     mrum.  hetire,  Wunsch. 

yatm,  arab.  ajCä,  das  Durchlesen  des  Korans. 

serb.  hatma,  prvi  dio  molitve  iz  korana.    Bos.  Vila  2.  241.  Z.  403.  3. 

yatt,  arab.  iää.,  Zug,  Linie, 
serb.  hat,  Art  Mass.  Z.  409.   1. 


12G  !•  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

yatun,  Frau. 

spau.  hatim.  Eguü.  422. 

yavjar,  Caviar. 
spau.  cavial. 

/azar,  pers.   .jj»,,  Chazar.  bahr  ul-yazar,  das  kaspische  Meer. 
russ.  kozarins.  Z.  407,  2. 

yazine,  Schatz. 

serb.  aznali  dolama.  Kaß.  80.  poln.  kazna.  Rocznik  255.  kaznaczej.  Kari.  23.  Aus  dem 
Klruss.  bulg.  hazna  für  vodojem,  bassin.  Jir.  31.  ngriech.  yaCrjVS,  argeut.  Legr.  yaCva- 
tdpr^;,  -ajxia?.    Aus  russ.  kazna  stammt  nordtürk,  kaz§na.  Man  vergleicht  griech.  Y'iCa. 

yazz,  arab.  y^.,  rohe  Seide. 

rum.  hasa,  Art  Stoff,     span.  gasa.  Eguil.  410.  Z.  407.   1. 

y§dr,  arab.  .^^,  (yazer):   y^dreljes  (wohl  Sanct  EHas),  Sanct  Georgstermin, 
serb.  edrelez,  Djurdjev  dan.  Bos.  Vila  2.  276.     nordtürk.  häzräti  xidir.  Z.  409.   1;  681. 
1.  Kasim, 

yelal,  Ohrlöffel. 

ngriech.  )(tXdXtov,  wroyXu^t?. 

* 

yerka,  arab.  xjVi.,  Fetzen,  Art  Kleid, 
serb.  hrka,  haljina.  Hör.  Z.  406.  2. 

yersez,  Räuber. 

serb.  hrsuzin.  Hör.  422.     klruss.  charcyz.  Vergl.  serb.  hairsuz,  nesretan,  nekoristan.  Bos. 

yeSm,  |V*ii».,  Zorn,  Entrüstung. 

serb.  rium:  uciniti  na  koga  rsimi,  tidariti  ga  rsumom,  Jemand  drohend  anrufen,  na 
Janju  je  rsum  wHnio.  Petr.  648.  na  soldate  rsum  ucinila.  Marjan.  54.  rsum,  strogost.  Petr. 
hrium.  Juk.  403.  619.  Vergl.  zdrav  momak  kao  rsum.  Vuk.  kako  rsum  Sekula  bijase.  rsum 
wird  auch  durch  vika  erklärt.  Die  Richtigkeit  der  Zusammenstellung  ist  zweifelhaft. 

yez,  türk.  yi».,  Gewalt. 

bulg.  ne  stori  has,  ne  vi'edi,  schädige  nicht.  Sofr.  181.  Hielier  gehört  serb.  rz,  rs,  Stärke 
des  Mannes.  Z.  407.   1. 

/idmöt,  yizmet,  Dienst. 

bulg.  izmekerin,  Diener,  izmetcija.  serb.  Mdmet6ar.  Blau  301.  konja  izmeöara.  Juk.  203. 
hizmet.  izm^t  öiniti.  izmecarica,  sluzkinja.  Bos.  hizme6ar.  hizmedzija.  Hör.  ngriech.  youajJLStt., 
6irrjpca{a.  Pap.  522.     nimm,  huzmikjar.  huzmikiar§. 

yijan6t,  arab.  ÄjLi».,  Verrath,  Treulosigkeit. 

Vjulg.  läneaetiu  rileak.  Sbor.  HL  141.  serb.  hijanef,  nevjera,  izdajstov.  Hör.  Bosnjaci 
hijaneti.  18.     ngriech.  yyviiz'ffi,  xovTjpoc  Pap.  521.  Z.  417.  1. 

yil'at,  Kaftan. 

Vergl.  serb.  i  Djur-Musa  na  halata  kusa.  Volksl.  klruss.  chaiat,  Schlafrock,  poln. 
chaiat.     nordtürk,  kalat  aus  russ.  chalats. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  127 

yodza,  Herr. 

klruss.  chazjaj.  chozjain.  chozjajka.    poln.-arm.  x^^za,  reich.    Aus  russ.    chozjains    nord- 
türk.  ködjöim,  ködlöim,   Kaufmann,     poln.  gazda,     rum.  gazd§  aus  dem  Magy, 

X^rasan,  Art  Kitt. 

bulg.  orosan,   Stukkatur,  orosanlija.  Djuv.  Vergl.  ngriech.  %opaadvt.  Pap.  437. 

/orata,  Scherz. 

ngriech.  -/(opa-cavTCTii;,  äarsto^. 

•/oraz,  arab.  sK^,  Tanz. 

serb.  oraz.  In  Bosnien.  Aus  dem  griech.  yopÖQ.  Blau  35.  Z.  415.  2. 

yorjad,  roh.  • 

serb.  horjaf.  Bos. 

•/OS  geldin,  bene  venisti.  , 

serb.  nahoi,  nedobro.  hozdjeldija  i  dohrodoUica.  Bos.  Hör.   1.  368. 

yosab,  x^saf,  angenehmes  Getränk. 

bulg.  osav.  osavec.  osavlijka.  Djuv.    serb.  hosaf,  dohra  voda,  vareno  voöe.    ngriech.  xoad<pt. 

yub,  schön. 

bulg.  hubavja,  Verb. 

XUJ,  pers.  ^£^,  Angewöhnung. 

serb.  huja,  cud,  narav:  huja  doratova.  Hör.  2.  305.  Z.  416.  3. 

yuni,  Trichter.  ' 

alb.  hon.     ngriech.  yooyi 

Xurde,  pers.  so^ä.,  klein,  Splitter. 

serb.  furda:  kad  ga  furda  idu6  putem  sreta.  Dunkel.  Z.  405.  3. 

XUrdz,    türk.    -»-^^,  i^f^^  Quersack. 

serb.  hure:  dva  hurca  dukata.  Hör.   15.  haznadar  hurce  donosio  89.   Z.  405.  2;   415.  2. 

Xurma,  Dattelbaum. 

bulg.  auch  hurma.     serb.  jurma.     alb.  urmi.     ngriech.  urmes.   Reo.  47.  ym^\xd.Q.  Hind. 
15.  x^'JppiaStd. 

I. 

ibrisim,  Seidenfaden. 

serb.  auch  imhrisini.     poln.-arm.   abr^sum,    arm.  aprisüm.      ngriech.  ' [Xirtpatiit.    Pap.  94. 

ibsas,  arab.  ejLül,  Verbreitung  (eines  Gerüchtes), 
alb.  aps,  propagatore.  Z.  2.  3. 

iö  oglane,  Knabe,  der  für  den  Staatsdienst  vorbereitet  wird. 

serb.  icoljanin.  Gund.  edba  i  icage.  Hör.  85.    kroat.  oljanin.  Kam.    bulg.  icoglan.    poln. 
Iczoigan.  iczogtan.  Kari.  22. 


228  I-  Abhandlung:   Franz  Mielosich. 

idarö,  arab.  »»lol,  Kreisung-,  gute  Verwaltung. 

serb.  idara,  uprava.  Hör.  kuvet  i  idara  190.  nek  idaru  cini  heg  svatove  6.  Ijudi  od  idare. 
Vrg.  91.  Z.  19.  3. 

idzra,  das  in's  Werk  setzen. 
serb.  idzra,  vriejije. 

ifad,  arab.  oLäjI,  Sendung. 

serb.  ifade,  iskazivanje.  Z.   149.  1. 

iftar,  arab.   rÜail,  Brechung  der  Faste. 

serb.  iptar.  iptariti.  Bos.  Vila  3.  190.    ngriech.  iiftdp,  (XTtovoaTSuco  für  äitoVTjaxsuo).  Z.  74.  2. 

igdidz,  §)[didz,  verschnittenes  Pferd,  Wallach,  vcX^I,  f>-(X=>-'- 

alb.  hidic.  Vergl.  bulg.  idica,  russ.  kohyla.  Djuv.  Blau  bietet  309.  ^gd^di-at.  MeniAski  1.  144. 

igirmi,  zwanzig,  irmilik. 
bulg.  irmilice. 

iüja,  arab.  eLta-l,  Belebung. 

serb.  ihja,  oiivotvorenje.  Hör.  Z.   16.  2. 

iümal,  arab.  JUäI,  Belastung. 

serb.  ihmal:  efendlja,  za  ihmala  n'jesmo.  Volkslied.  Der  Sinn  ist  mir  dunkel.    Z.   16.   1. 

iüram,  arab.  |*iy:>-li  Pilgerkleid,  Art  Plüsch,  Fussdecke. 
bulg.  ihram,  Art  Fussdecke.  Djuv.  Z.  15.  2. 

i/tijar,  arab.  «LääI,*^  der  Alte, 
serb.  ihtijar,  starac.  Bos.  Z.   17.  3. 

iklim,  arab.  ^s\,  Zone. 

serb.  iklim,  kraj,  Klima.  Hör.  misirski  iklim  49.     griech.  xXtfJia.  Z.  79.   1. 

ikram,  Ehrenerweisung. 

bulg.  ikram.  ikramdzija.  Djuv.     serb.  iöram,  cast.  Hör.  iöram  ucini  im  89. 

ilah  iöin,    ^j^äjI    xDI,  bei  Gott. 

serb.  ilah  icum,  kiöeni  svatovi.  Marjan.   171.    Z.   143.  1. 

i'lam,  Bescheid. 

bulg.  Um,  haher.  Djuv.     serb.  ^7m/^,  presuda. 

ilerü,  türk.  ^Jl,  vor,  vorwärts. 

bulg.  ileri  gidenler,  russ.  peredovoj,  pocetnyj,  türk.  ilerü  ßitmek,  vorwärts  kommen.  Z.  88.3. 

'ilm,  arab.   JLä,  Wissenschaft. 

serb.  ilum,  znanje:  ilum  naucila.  Hör.   1.  5.  ilumli. 

iltizam,  arab.  (•IväJI.  Zustimmung,  Übernahme  eines  Geschäftes. 

bulg.  intizap,  Art  Abgabe,  iltizamdzija,  intizamdzija,  intizapcija,   Pächter,     serb.  iltizam, 
Pachtung,     ngriech.  l\zi!^rj.\),t^  '5T^[xoat(övtov.  Z.  86.  2. 

itnam,  arab.  -Lei,  Vorsteher. 

serb.  imam,  glavar,  sveöenik.  Hör.     ngriech.  i(j.d[JiT;C.  Hind.  108.     span.  iman,  Z.  94.   1. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  129 

imame,  Mundstück  der  Pfeife. 

bulg.  imame.      .  . 

iman,  Glaube. 

bulg.  imansuz.     serb.  i  rad  naseg  dina  i  imana.  Hör.  210. 

imaröt,  fromme  Stiftung. 

bulg.  imaref.     serb.   i'maret.  Hör.  516.  imaretska.   corba.  Bos.  Vila  2.  319. 

imdad,  Hilfe. 

bulg.  imdat.  serb.  imdad,  imdat.  Hör.  za  indata.  Kras.  81.  mandat.  griech.  [asvidtt. 
Legr.  88.  Pap.   133.  f^[jn:dr'..  Volksl. 

imdi,  also.  nun. 

bulg.  indi.  Djuv.     serb.  iindi.  Vergl.  russ.  inda,  taks  cto  dial. 

i'nad,  Trotz. 

bulg.  inaetin.  ivatcija.  Djuv.  serb.  inad  uciniti.  poinaditi  se.  Bosnien,  ngriech.  tvdr, 
xÖTOC.  Ycva-wvco.  Pap.  411. 

indze,  dünn. 

serb.  indze,  tanak.  indze-karaula. 

indzi,  Perle. 

wruss.  zemcuh.  nslov.  djtmdj,  djundjek.  Kroat.  Zwischen  indzi  und  zemcugs  steht  nord- 
türk.  jendzu,  zendzit.  Vergl.  FrUhn  88.  kuman.  ingcu.  serb.  indzu.  djendani,  drohno  nanizani 
bisei\  Relk.  djundjem  kiti  sokoli6u  krila.    Volksl.    Vergl.  serb.  gjingjane  kocije.    Hör.   1.  397. 

ingiliz,  türk.   »JUdl,  Engländer.  Aus  dem  it.  inglese. 
bulg.  ingelezin.  Z.   108.   3. 

insaf,  Billigkeit. 

serb.  insufuz.  insafuzi  i  dzehenenski  direci,.  Bos.  2.  163.  Bei  den  Miüiamedanern:  türk. 
insafsuz,  gefühllos.     ngTiech.  %(X[Ji£  ivad'ft'c  ti^v  Toupxjd.  Volksl. 

insan,  Mensch. 

serb.  istjeruje  dzine  iz  iksana.  Bos.  Vila  2.   130.  ima  li  insana  £iva  4.  22. 

in  äa  allab,  wenn  Gott  will. 

bulg.  isaiah.     serb.  imsala.  Bos.  insalah,  ako  bog  da.  Hör. 

iplik,  Faden, 
magy.  iplik  dialect. 

i'rab,  arab.  k_>lwÄl,  Abwandlung  der  P^ndsilben. 

Vergl.  serb.  irabiti,   erklären,  meselu  izirabiti.  Bos.  Vila  2.  259.  Z.  64.  3. 

irad,  Einkünfte. 

serb.  irad,  prihod:  mala  ima  pa  irada  svoga.    Hör.  500. 

irade,  arab.  5l>U,  Befehl, 
bulg.  irade.  Z.  23.   1. 

isbat,  Beweis, 
bulg.  ispat. 

Denlechriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.    I.  Abb.  '  17 


130  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

isfanadz,  §3panak,  Spinat. 

bul<;.  ,<p<mak.  ugriech.  auch  aTCaväxi.  alb.  spanad.  Reo.  50.  qunoJi.  rum.  sppiak. 
iiirum.  f^panak.     span.  espinaca.  Andere  denken  an  spinaceum. 

iskele,  Gerüst. 

nslov.  i^kele,  plur.,  Sattelgerüst.   Rib. 

iskemlö,  Schemel. 

serb.  skemlija,  scemlija,  stolica.  Hör.     russ.  skanibja  aus  skamnja.     alb.  Sk§mb,  skam. 

iskenderan,  jjers.  jjt.jaXl-,!,  die  beiden  Schenkelbeine. 
Vergl.  kroat.  skender,  Art  Messer.  Karn.  Z.  49.  3. 

iskendzö,  Folter. 

ugriech.  axsvrCsyto,  ßaaavcCw.  arsv^Csc,  ßaaavoc.  atsvcCäüw.  Pap.  498.  1%^■^zC,i^ü. 

iskerlet,  scharlachroth. 

magy.  skärldt.     ])oln.  szariat.     rum.  sokr^lat. 

islam,  arab.  -^Lu-t,  Islam. 

serb.  islam.  sehislam  imam.  Bos.  Vila  3.  204.     spau.  islam.  Z.  50.    1. 

ispendze,  Sclaventaxe. 

l)ulg.  ispenc-parasi.  Bei  Hammer  auch  tendschik,  wohl  unrichtig,  türk.  ispendz  aus 
pers.  pendzik,  quiutus.  On  dounait  ce  nom  ä  la  part  du  cinquifeme  prelev^  autrefois  par  les 
Sultans  Ottomans  sur  les  prisonniers  de  guerre.  Barbier  de  Meynard  1.  47  a. 

issiot,  «y^l  ^t,  Ingwer, 
serb.  isijot.  Vardar.  Z.  51.  2. 

istanbol,  Constantinopel. 

serb.  sedlo  stambolin.  Volksl.  poln.  stamhul.  alb.  stamboll.  ngriech.  stimholi.  Rec.  62. 
mrum.  pole.  Obed.  Dass  das  Wort  aus  islamhol.,  etwa  ,Heerd  des  Islam',  entstanden  sei, 
kann  durch  nichts  Avahrscheinlich  gemacht  werden;  auch  die  Ableitung  des  Wortes  aus 
einem  fingirten  kostandipol  oder  aus  (Con)stan(tin6)pol  ist  zu  verwerfen.  Die  allein  stich- 
hiiltige  Erklärung  bietet  ci;  ii^v  zöXiv,  a  xr^v  icöXiV.  Legrand  108.  Dabei  beachte  man  fol- 
gendes: In  späterer  Zeit  ward  nur  Constantinopel  x6Xu  genannt,  alle  übrigen  Städte  hiessen 
•/.»iatpa:  ito/.i;  ist  demnach  zu  vergleichen  mit  urhs  für  Rom,  mit  aatu  für  Athen,  sie  tVjv 
-::ö/.'.v  ist  ferners  nicht  ,in  die  Stadt'  ,in  urhevi',  sondern  der  späteren  Gräcität  entsjirechend 
,in  der  Stjidt'  ,in  ttrbe'  und  steht  auf  einer  Stufe  mit  den  slavischen  Localen,  die  in  zahl- 
reiclien  germanisierten  Ortsnamen  nachweisbar  sind:  Vellach  aus  nslov.  beljahs  für  beljani 
oder  beljane,  belani;  Fiatschach  aus  blacah,  blace;  Förlach  aus  borljah,  borljani,  borovljani 
usw.  Der  Local  erklärt  sich  daraus,  dass  mau  nslov.  sagt:  temu  kraju  se  pravi  Gorjah,  d.  i. 
hier  heisst  es  in  Göriach.  cecli.  Welbine  aus  ve  Lbine;  AVemschen  aus  ve  Msene;  Nalhütten 
aus  Na  Lhot''^  usw.  poln.  do  we  Lwowie.  YAn.  solcher  Brauch  mag  auch  dem  griech.  \  tt^v 
xöXtv  zu  Grunde  liegen.  Diese  Ausdrucksweise  ist  im  späteren  Griechisch  sehr  häuüg:  setines, 
capitaneus  sitines,  castell  sethines.  In  venet.  Quellen.  Athen:  sie  'AÖYjVa^.  I.vdkmid,  ismid,  Ni- 
comedien: et?  N'.xo[r/j5scav.  isnik  Nicaea:  cl?  Naaiav.  samsun:  sie  ''\\y.iovK  sfa7idia:  sie  "V 
Aiav.  istendil,  istiudil,  Tino:  si?  zr^u  'J'tjvov.  türk.  istankoj,  it.  Istanchio:  alz  ty^v  K(ö  ist  bereits 
angeführt  worden.  Hieher  gehört  auch  Tzembela.   sie  'Ä|j,ircXov;   Tzekampo:  ci?  Kd|XTrov  usw. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  131 

Was  das  Alter  der  neuen  Benennung  von  Constantinopel  anlangt,  so  liest  man  bei  dem 
arabischen  Schriftsteller  Masudi  aus  dem  zehnten  Jahrhundert  StanhöUn,  bei  Ibn  Batuta  aus 
dem  vierzehnten  Jahrhundert  Esthambfd  usw.  Mit  zic,  tY^v  TCÖXtv  sollen  griechische  Landleute 
die  ersten  in  Constantinopels  Umgebung  gekommenen  Osmanen  nach  der  Hauptstadt  hin- 
gewiesen haben,  die  deren  sicher  nicht  bedurften.  Ersch  und  Gruber,  Artikel  Constantinopel; 
The  American  Journal  of  Philology.  Baltimore  1887.  7.  Meine  Abhandlung:  Die  slavischen 
Ortsnamen  aus  Appellativen.  T.  17.  des  Separatabdruckes.  XXI.  Band  der  Denkschriften. 
Archiv  für  slavische  Philologie  XII.  315.  £V  tritt  ein  in  Negroponte,  Euböa:  Euripus,  E'jpi- 
t:o;  ward  ngriech.  Egripos,  woraus  iv  'ByptiKp,  und,  mit  Anlehnung  an  negro  und  ponte, 
Negroponte. 

istek,  arab.  iLc«,!,  Begierde, 
serb.  istek,  volja.   Bos.   Z.  43.  2. 

istör,  istemez,  türk.  ■j.^^\,  w;c*«!,  unwillkürlich,  man  wolle  oder  wolle  nicht, 
serb.  ister  istemez.  Bos.  Z.  44.  3. 

istife,  türk.   Lix*«!,  Meerschaum, 
ngriech.  atttptvoc.  adj.  Hind.  9. 

istihare,  arab.  s.Lsvi«,!,  Frage. 

Vergl.  serb.  istijara,  molitva  turska  za  gatanje:  klanja  istijare.  Bos.  Vila  2.   132. 

istikbal,  arab.  JLjii«,!,  das  Entgegengehen. 

serb.  istighal.  sretanje.  Hör.  na  istighal  njemu  izlazio  42.    Z.  43.   1. 

isti'lam,  arab.  |»^kjL;u-l,  amtliche  Nachfrage. 
bulg.  istiljam,  Kunde.  Z.  41.  3. 

istindah,  arab.   _LäÄi*wl,  Benetzung  der  Schamtheile  bei  der  rituellen  Waschung. 
Vergl.  serb.  istintah:  nek  pritisne  muhur  ja  prst  na  svoj  istintah.  Bos.  Vila  2.  163,  276. 

istintak,  arab.  |vLtaÄÄ-u,l,  Befragung,  Verhör, 
serb.  istintak.  Bos.  istitak.  Z.   45.  2. 

istivan,  Krone  bei  der  Trauung. 

serb.  jedna  glava,  a  tri  istivana.    Kaß.   70. 

iSaret,  arab.  ».Lif,  Zeichen,  Wink, 
serb.  isaretom  kaze.  Hör.   185.  Z.  52.   1. 

iäkil,  schwierig,  dunkel. 

bulg.  iskil,  Zweifel.  Djuv.     serb.  isöil,  sumnja.  Bos. 

iälemä,  Bearbeitung.  iSlemek. 

bulg.  iSlemelija,  russ.  cekannyj.  Djuv.     serb.  isleisati,  raditi.  Bos. 

istiha,  ©Stab,  Verlangen. 

bulg.  istahUja,  der  Appetit  hat.     serb.  Utah,  volja.  Man  vergleicht  damit  auch  serb.  his- 
tal:  je  U  vojska  za  histala.  Bos.  Vila  3.  205. 

iätirak,  arab.  diwvuil,   Genossenschaft, 
bulg.  iUira.  Djuv.   Z.  53.   1. 

17* 


132  I.  Abhandluno:   Franz  Miklosich. 

itaat,  Gehorsam. 

serb.  itat,  pokornost.  Hör.  itat  uciniti  90. 

i'tJbar,  arab.   ^LääI,  Schätzung'. 

bälg,  ilitibar,  Zalil.  Djuv.     serb.  itibar,  postovanje.  Bos.  ihtibar,  pocast.  Bos.  Vila  3.  70. 
Z.  62.  2. 

itlak,  Freilassung. 

ngriech.  IrAdxt,  Amnestie.  Legr.   118. 

izn,  Urlaub. 

bulg.  izim.  izan  zedoha.     serb.  izunli  teskcra.     alb.  iz§,  Erlaubniss. 


J. 

ja,  oder. 
l)ulg.  ja,  ili. 

ja,  arab.  L,  oh! 
serl).  jalaJi. 

jaban,  Wüste,  fremd. 
serb.  jaban.    Hör.   98. 

jafta,  pers.  jUiL,  Art  Zettel. 

serb.    jafta,  japta,    Kinquartieruugszettel.    Bos.    na  jafte   ih  pasa  razredjuje.    Hör.    542. 
Z.  952.  3.     ' 

jagma,  Kaub,  Kaubzug. 
nslov.  na  djayuo,  naglo.  Hung. 

ja/ni,  gekochtes  Fleisch, 
ngriech.  layvt. 

jaila,  tiirk.  iLsL>,  Sonunerwohnung,  Alpe,  jailak,  der  sich  in  der  Sommerfrische  aufhält. 
Inilg.  jajla,    cech.  pastvina.    Jir.   295.  jajlak  für  pasbiste,  pasa.    Ob  die  beiden  Wörter 
wirklieh  bulgarisch  sind,  ist  mir  nicht  klar.  Z.   958.   1. 

jairnak,  türk.  i^^jL»,  aus  jajelmak,  ausbreiten, 
serb.  razjagliti  se.  Z.  958.   1. 

jaja,  Fussgänger. 

ngi-iech.  7.Ytd5cC,  pedites  oriundi  ex  Asia.  Duo.  Y^ayidvTj?,  fautassin.  Legrand. 

jaka,  Kragen. 

ngriech.  Y'.axäc.  Tpäyr^Xo;. 

jaksi,  nordtürk.  hübsch. 

russ.   jakäath    sja,    sich  abgeben,   sich   befreundeu.     türk.  jakesmak,   zu  einander  passen. 
Z.  953.   1. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  u.nd  osteuropäischen  Sprachen.  133 

jakut,  türk.  vc^^Ls,  kuman.  jakut,  pers.  jakend,  ödxtvSo;,  Hyacinth,  Rubin, 
russ.  jachonts,  lab,  rubiris.  Z.  953.  2.  Fräliu  XXXIX. 

jalan,  falsch. 

serb.  jalan,   laz,  lazno. 

jaldez,  vergoldet, 
serb.  jalduzli.  Hör. 

jal^,  Ufer. 

serb.  niz  Tuna-jalija.  Hör.  454. 

jam,  Postpferd,  ist  pers. 
runi.  jam,  Poststation. 

jama,  türk.  Uj,  Fetzen,  nach  Jir.  528.  529.  Beute, 
bulg.  jama,  ßech.  hqj,  kofist.  Z.   968.   1. 

jamak,  türk.  ^Uj,  Zugabe,  Stück,  Grehilfe. 

bulg.  emak,  Bruchstück.  Djuv.  serb.  jamak  u  kahva.  Bos.  Vila  3.  116.  Vicefahnenträger: 
divno  ga  je  barjak  poklopio  a  jamaka  kita  od  barjaka.  Kac.   74. 

Jan,  Seite. 

serb.  kida  po  na  jandan  sama.  Hör.  1.  131.  258.  529.  ua  jandanu  103.  jandal,  na  jan- 
dal,   na  jandalu.  jankesa,  torba,  koja  s.e  na  strani  nosi.  jankesedzija,  onaj,  koji  krade  kese. 

janb6ki,  (^XajL,  schräge. 

serb.  sambek:  ter  se  sambek  turski  zovijase.  Kaß.  2.  331.  iz  äambeka  oganj  oborise  334. 
Wenn  die  Zusammenstellung  richtig,  dann  ist  j  in  z  und  dieses  in  s  übergegangen.  Bianchi 
1255.  1. 

jandz§k,  Sack. 

bulg.  endzik,  Art  Sack.  Djuv.  Dozon.  jandzicka.  Ljub.    Z.  955.  3. 

jap,  türk.   (3-»jLj  bedecken. 

]Man  vergleicht  serb.  japad  für  locus  opacus  und  japaga,  vallis  profunda  et  angusta. 
Z.  946.   3. 

japak,  türk.  ^jL>L>,  Art  Wolle, 
serb.  opaklija,   Schafpelz.  Z.   946.   1. 

japundza,  Decke. 

poln.-arm.  japendza.  Von  jap  in  japmak,  bedecken.  Z.  946.  3. 

jar,  Freund. 

bulg.  eranka,  Freundin.  Djuv.     alb.  jaran,  Liebhaber. 

jaral§,  verwundet. 

bulg.  auch  jaralija  und  sogar  dzaralija.  Djuv.     mrum.  j§r§,  Wunde. 

jaramaz,  unnütz. 

serb,  jaramaz,  jaramazin.  Hör.  1.   147. 


134  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

jaratmak,  erschaffen. 

serb.  jaratisati.  Bos.  Vila  3.  54. 

jaröak,  nordtürk.   Art  Sattel. 

poln.  jarczak,  leichter  Sattel,     russ.  sedlo  ercaks.  Urk.  von   1.557. 

jardem,  Hilfe. 

bulg.  ardam.  Djuv.  jardamdzija.     serb.  jardum.  Hör. 

jarek,  türk.  ij>L>,  Spalte,  Furche.  Vergl.  nordtürk.  zar,  Ufer  imd  ar§k,  Schleuse, 
cech.  jdrek.    poln.  jar,  doUna,  ^vhsciwa  Podolowi  i  Ukrainie.  Rocznik.    rum.  arok.  Vergl. 
serb.  jarak.  Feld  von  bestimmter  Grösse.  Bog.  367.  ojaricati  se,  pustulis  obduci.  Z.  948.  3. 

jareS,  türk.  Ji^L^,  Spalt. 
Vergl.  bulg.  jards,  Deichsel. 

jargag,  Pelz. 

russ.  auch  jargaks,  Art  iuha. 

Jasmin,  Jasmin. 

serb.  jasemin  cibuk.   Bos.     ngriech.   -^\.a.QZ]^i,  Ytaaou[JLt,  ytaaoujJLCOv.   xoavcaafxtvt.  Passow. 
span.  jazmin,  azem/'n. 

jassak  Oasak),  Anordnung,  Verbot. 

bulg.  asakija.  Djuv.  jasachcej,  jasakcij,  kavass.   Grig.   russ.  jasaks,    Tribut,  ngriech,    Sta- 
odxt,  Siaadtai,  E(ji,itö5tov,  d^aYÖpcUoc?.  Pasp. 

jaämak,  Art  Schleier, 
poln.  jaszmak.   KarJ.  22. 

jatagaa,  grosses  Messer. 

poln.  atagan.  KarJ.  22.     span.  yatagan. 

jatak,   Ort,  wo  man  schläft, 
serb.  jatak,  Bett. 

jatik,  uigur.  fremd,  elend. 
Vergl.  serb.  jatka,  Armer. 

javaS,  zahm. 

serb.  ati  su  javasali.  Hör.  2.  350.  zjavasati,  oslahiti.  Bos. 

javr^j  türk.  ^>)Ls,  Kind,  javT^m,  liebes  Kind, 
ngriech.  -{'^rt-^^riö^,  <pi\zazi  [xou.  Pap.  411.  Z.  956.  3. 

javuklu,  Verlobter,  Verlobte. 

serb.  janklm:  iniade^  li  svoga  jauklaia,  Üo  dolazi  djozii  i  pendzeru.   Hör.  2.   147. 

jazdfk,  jastuk,  Kissen. 

serb.  jastuk,  podglavar.  jastuciö.  Bos. 

jazmak,  schreiben. 

serb.  jazmak,  Schrift,  jazija,  Einband.  Kraljevid  Marko  163.  jazidiija,  pisar.  Bos. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  135 

jed,  arab.   Jo,  Hand,  Vorderfuss  oder  Vorderbein  der  Vierfüssler. 
Vergl.    ngriech.    YJdvrs?,    jilur.    ai  %)»si5eC   ai  irspl  tov   Xatjjiöv  t(öv   Ttnrjvtov.    Pap.   410. 
Z.  959.  2. 

j6dek,  Leine. 

serb.  jedekUe.  Bos.  Vergl.    griech.  tpaßcö  YSvSsxt,  po{iouXv(,£(o.  ycvSsxi,    pOjxa. 

j6di,  sieben. 

bulg.  jedi-hde.  Djuv.   serb.  jedikula.     poln.  jedikid,  jedikide,  Gefängniss.  jedikuta.  Muchl, 
44.     griech.  ycvri  irC^'f^^  xatxi. 

jehud,  ui"ab.  Oj_§j,  Jude. 

serb.  jidmdija.  Bos.  Vila  2.  8.    Z.  978.   1. 

jöjedzek,  türk.  viJlÄ-o,  Nahrung, 
serb.  jediek.  Bos. 

j6jna,  Eule. 

serb.  jeina,  jehina.  Blau  202.  Vergl.  kuman.  ugn  (ügü),  Eule. 

jelek,  Art  Unterkleid. 

bulg.  ilek.  jelece.  Jir.  527.  659.     serb.  elek.  Vergl.  zubor  toka  i  ilika.     alb.  elek.     griech. 
ele6i.  Eec.  29.     mnun.  zileke.  Weig.   131.     span.  gileco,  cjialeco.  Eguil.  372.  412. 

j61ken,  Segel. 

bulg.  elken.  Djuv.  elkenje  n.  Hiev.    serb.  jelöen.  Hör,  1.  532.    ngriech.  eKv.e'^zCf^Q,  bxwp- 
pd^oc. 

J61p6z6,  Fächer. 

bulg.   jelpaze.  jelpezen,    russ.  prjadi  volosa  ss  müurojic,    susahju  perepletennyja.  Jastr. 
serb.  elpeze 

jemek,  fassen. 

bulg.  jem-vaktu,  Essenszeit.  Djuv. 

jemeni,  aus  Jemen  kommend,  Art  Zeug. 

bulg.   emem'ja,  Pantoffel.  Djuv.     serb.  emenije.  Bos.  jememja  saviska.  Hör.   1.  58. 

jemin,  plur.  ejman,  rechte  Hand,  Eid. 
bulg.  ajmanija. 

jenge,  Tante. 

serb.  jendjija.  Hör.  7iek  ti  tetku  u  jendjüuk  dade.   1,  99,  jengjijica. 

j6ni,  neu. 

serb.  janjicar,  jenicar,  jenjicar.  Hör.  1.  248.  Falsch  jenjiöar,  tiovi  dohitak.  Bos,  Vila  2. 
291,     ngriech,  YcVt-aäpo?,     span.  genfzaro.     poln,  janczar. 

j6ninek,  türk,  vJu-ü,  besiegen. 

serb.  jendisati:  ja  Omera  rane  jendisale.  Hör,   1,  511,  Z.  969,  3. 

jerlü,  P^inwohner, 

bulg,  jerlija,  Eingeborner,  Jir,  633,     serb,  jerlikul,  mjestni  zapovjednik.  Hör,   1.   67. 


136  I.  ABHANDi.uNa:   Franz  Miklosich. 

j6§em,  arab.  j^äj,  Jaspis, 
niss.  jasina.  Rhasis  411.   1. 

jeSil,  grün,  jeäildzik. 

Vergl.  serb.  zele}iha6^  grüne  Eidechse.    Blau   187.  252. 

jetim,  arab.  *Ai>.  Waise,  Bursche. 

serb.  jetim,  sirota.  Hör.  jethiske  ntke  1.  34.  jetim-sahüuci ,  Eigenthnm  von  Waisen.  Bos. 
Z.  959.  2. 

jelan,  türk.  J^,,  Schlange. 

serb.  otleii  siöan  jalan  nalazili.  Hör.   1.  48.  Z.  966.  2. 

j^lan-bal§g§,  türk.  ^L  ^jilLj,  Aal. 
bulg.  lamhahk.     Z.  966.  2. 

jelankavi-akmak,  türk.  ^j^l  ^yi^j:ki,  sich  schlängeln:  jelan,  Schlange, 
rum.  lavgavie.  Cihac  589.  Z.   966.  2. 

jigit,  junger  Mann,     nordtürk.  zigit. 

serb.    idzitbik,   junastvo.    Bos.  Vila   3.    102.   jigit  entspricht   dem   serb.  junak.    Rec.    92. 

jogun,  dick,  grob. 

serb.  jogun,  tvrdoglav.  jagunica  glava.  tusta  je  ve6  tvojega  jogunstva.  Nikol.   100. 

jogurt,  Art  saure  Milch. 

bulg.  ugurtnik,  urgutnik  ,bulharskd  limondda'.  griech.  ^irj'foopzi,  iaoup-ci,  h^6'(a\o..  Jir.  244. 

jok,  nein, 
bulg.  jok. 

jol,  Weg. 

serb.  joldzija,  putnik.  Hör.  poln.  joMasz.  Kari.  22.  ngriech.  -c^oXvTdaiSs?  plur.  Legr. 
YioXtC'?)?,  ö^otTcöpoi;.  •^i'j'kizrxGriz,  ^loXhäorfi,  staipoc. 

jolm6,  nordtürk.  iUJ^,  etwas  Enthaartes. 

poln.  jülom  (fehlt  bei  Linde):  kolpak  z  johmem.   Z.  976.  2. 

jongar,  türk.    Xiu>y^,,  Laute  mit  drei  Saiten, 

Vergl.  serb.  öimgur.  Jastr.  308.    udarati   cungur  352.    cungurcence   187.     cungura,    cun- 

gurence,    zweisaitige    Balalajka;    die    einsaitige   heisst  hugarija.    Jastr.  Zwischen  jongar   und 

cungur  steht  wohl  zongar.     griech.  joYicdpt.  Pap.   70.  Z.  977.  3. 

jordam,  Art. 

serb.  jordamli,  ohol.  Bos. 

jorgan,  Decke. 

serb.  jorgandzija.  Falsch  jordan,  Decke.  Kac.  43.     poln.-arm.  joyran. 

jufka,  fein,  Bliittergebackenes. 

serb.  jitfka,  jutka,  daneben  ubga.  jufka,  jupka  soll  slavisch  sein,  da  serb.  Ijubka  in 
gleicher  Bedeutung  vorkr)mme.  Blau  284.  Es  ist  jedoch  Ij  als  ausj  entstanden  anzunehmen 
wie  in  Ijeljen  ans  jelen  und  umgekehrt  jemjes  aus  lemeä,  Ijemeä. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  137 

jurt,  Wohnung,  eig.  Loch. 

])ulg.  jtirt.  Sbor.  III.  158.  jur'tiste.  Jir.  508.  618.  riiss.  auch  gurts.  klruss.  jurt,  hurt, 
Heerde,  Gesellschaft,  Versammlung,  hurtom,  im  Grossen,  ohvAom.  hurtovscyk.  suhurt,  Gesammt- 
summe.  Hucuiy  vypasajut  ce-fyja  jurhy.  Kost.  31.  poln.  hurtownik.  Vergl.  hurmem,  ca- 
tervatim.  gi:iech.  "(ociöpzi,  td  '{6p(üBe-^  d[xXcX(ov,  ä^pcöv  xzX.  ö.v.ak'kiipYQ^'^  dxpa.  Pap.  415. 

jurun,  türk.  ^y^j,  Flieklappen. 

Vergl.  (las  dunkle  serb.  jumn  kardas.  Volksl.    Z.  972.  1. 

jük,  Last. 

ngriech.  ytoOxt,  arpwfAaTOÖTjXT]. 

jürüjis,  Angriff. 

ngriech.  yjoupoöaw  sxafjis.  Pap.  64.  YJoupouardo),  Yv^'j^'^oaziZiü.  412. 

jürük,  Herumtreiber,  Art  nomadisirende  Türken, 
bulg.  jurnk.  Jir.  220.  jureklija. 

jürümök,  jürimek,  türk.  JLo,^,  gehen,  jürütmek,   gehen  machen. 

bulg.  iHißtrja  vh.  serb.  juriti.  Hör.  projuri  alata,  djofjina  1.  259.  290.  projuri  mimo 
me.  najurise  Ijiidi.  Bos.     ngriech.  Yto'jpouv^tCw,  l66(o,  6p[Jiö).    Z.  971.  3. 

jüz,  hundert. 

bulg.  juzbasija  bei  dem  Rusalienfest.     poln.  juzbasa.     rum.  juzbasi  pluj'. 


K. 

kaba,  grob. 

bulg.  kaha,  russ.  pucldyj,  rychlyj:  tozi  hl&h  je  kaba.   Djuv. 

kabahat,  Schuld. 

ngriech.  xajxicahstt,  a'fdX|Ji,a.  Pap.  433. 

kabak,  Kneipe. 

poln.  kabak,  Schenke.  Aus  dem  Klruss.  Rocznik.     nhd.  kabacke,  kabache. 

kabalet,  Vertrag. 

russ.  beskabahno  ili  vn  kabalu.  Domostroj  139.  kabahnyj  rabothniks.     span.  alcabala,  Art 
Steuer.  P^guil.   121.  Über  it.  gabella,  span.  gabela  usw.  vergl.  Diez. 

kabara,  Nagel,  Flitter. 

serlj.  kahare  od  srme,  tapetni  klincaci  od  .srebra.  Bos. 

kabarmak,  türk.   (j^.Lä,  anschwellen,  gross  werden. 

bulg.  kabadisvam,  kabadisa,  schwellen:    russ.  puchmäi,   buchnuth.   Vergl.  kabadaija.  russ. 
frantn.     ngriech.  xrxTcapvttC<o,  '(Vio^^J-i  Xtav  ta/upöc,  ÜTCcpTjfpavcUoixai.  Pap.  434.  Z.  689.  2. 

kabil,  möglicli. 
serb,  kabil. 

kabr,  Grabmal. 

Auch  nordtürk.  kaber.     serb.  kabur,  grob.  Bos. 

Denkschriften  der  pljil.-liist.  €1.  XXXVIII.  Bd.  I.  Abh.  18 


138  I-  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

kabul,  Anualime. 

öerb.  kabul,  odohren.  kabul  dova.     ugriecli.  xajiiroOXt,  icapa5o/Tj.   Pap.  433. 

kabz  itmök,  ergreifen. 

bulg.  vkepsam  vb.  kabzumal,  kapzamal,  kabzamalin,  kamzamalin,  Steuereinnelimer.  Djuv. 

kaöamak,  fehlt  iu  deu  Wörterbüchern, 
bulg.  kocomak. 

kaöermak,  tiu-k.   ,JjCjäU,  laufen  lassen. 

bulg.  kacuma,  stürzen:  russ.  povalüb  sja.  Z.   677.   1. 

kaömak,  türk.   ijjt'^^t';  fliehen. 

bulg.  kacak.  kadakl§k,  Flucht,     serb.  kackin,  Flüchtling.  Bos.  Z.  676.  3. 

kadaif,  den  Nudeln  ähnliche  Speise, 
serb.  kadajif.  Bos. 

kade,  Richter. 

bulg.  kadijkja.     ngriech.  %aoic.  Duo.  v-aif^Q,  ßaaiXcUC.     span.  cadi,  alcadi,  alcalde. 

kaden,  Frau. 

serb.  kadundzika.     alb.  kad^iiQ.  Daher  auch  serb.  kada,  kadka. 

kaderga,  Galeere. 

bulg.  katarka,  Mast.     Vergl.  klruss.  kartaiuk,  Mastbaum. 

kadife,  Sammt. 

bulg.  kadijjan,  kadifjast.  serb.  kadivli.  mrum.  kadifeie.  Obed.  ngriech.  xaiTjipsc. 
Hind.  69.     span.  alcatifa,  catifa.  Eguil.   135.  365. 

kadir,  vermögend. 

bulg.  kadar,  kadsren.  serb.  kadar,  kader.  Hör.  da  se  nije  kadro  meni  nista  sakriti. 
nekadar,  nemoöan.  Bos. 

kaeb,  türk.  ._ajU',  ^Lc,  abwesend,  verloren. 

Vergl.  ngriech.  f.aJ.TZiv.rtZ,  [Jidtaioi;.    Pap.  432.  Z.  644.  3;  687.  2. 

ka'eda,  Basis,  Regel. 

serb.  kajda,  pravilo,  red.  Hör.  kajde  provodedi.  1.  146.  od  te  kajde  ne  iraade  fajde  117. 
kajda,  porezne  knjige.   Bos. 

kafes,  Käfig. 

serb.  kafezlija.  kafazlija  Ruza.  Hör.  2.   18.     mrum,  kefase.  Obed. 

kafile,  Karawane. 

russ.  kafile,  kafele.  Grig.     span.  cäfila. 

kaftan,  Oberkleid. 

russ,  kaftanz.  Vergl.  sanivozs,  kaptana,  kolymacja.  Domostr.  129.     span.  cafetan.     griech. 

kahr,  Zwang,  Kummer. 

Ijulg.  kalinrja  se,  kahsrosvam  se  vb.  serb.  kahar.  kaharli.  Hör.  dertli  i  kaharli  1.  83. 
duämane  kahar  uciniti  38.  okahariti,  okahriti.  Hör.  2.  88.  Vergl.  ngriech.  xa/pt,  öpy/;.  xayapstc, 
y.a-/s^{a.  Pap.  436. 


Die  türkischen  Elementr  m  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  139 

kahröman,  überwältigend. 

hulg.  kaWeman.     serb.  kahriman,  junak.  Hör. 

kahve,  Kaffee. 

bulg.  kahva,  kave,  kajve.  kafjan.  kafediija.  serb.  kahva.  kavlenisati,  Kaffee  trinken. 
Bos.  Vila  3.  190.  für  kahvelenisati.     alb.  kafehane.     ngriech.  xaipävs?.  v.a'frxkxri.  Hind.  79.  84. 

xa^cVuC'']?.  xa(ps-Taßaat,  asb(ov.  xa^siixicpix. 

kaÜpe,  schlechte  Dirne. 

bulg.  kahpe,  kahpija,  kafje.  kahpelik.     serb.  kahpija. 

kaut,  arab.  Joä^s,  Hungersnoth. 

Vergl.  mrum.  me  k§htij,  je  m'  affaissai.  Obed.  Z.   693.   1. 

kaime,  Billet. 

bulg.  kajme.     serb.  kaime,  kajima.  Bos. 

kaja,  Fels. 

ngriech.  %aidc,  gy.6tz=.Xoc.   Atacta  4.  396. 

kajd,  arab.  JoU,  Führer,  Oberhaupt. 

bulg.  kaid:  nazivajemi  te  kaidi.  Djuv.  Z.  687.  3. 

kajd,  arab.  Jlö",  Bindung,  Sorge. 

serb.  kajdum  henum,  was  kümmert's  mich!  ^  (^)  -tX-ö,  kajd§m  (mgj  hhiim.  poln. 
kandaiy.  Aus  dem  Klruss.  Rocznik  255.  kajd  hat  auch  die  Bedeutung:  Urkunde,  daher  bulg. 
kaitja  vb.:  russ.  otm^cati,  pasportn.  serb.  kait,  zapis.  ukajititi,  einschreiben.  Bos.  Vila  2.  164. 
Vergl.  span.  alcayata.  Eguil.   137.   Z.  726.  2. 

kajek,  Barke. 

bulg.  kaikcija.  span.  cayuco,  caique.  it.  caicco.  Ahlquist  168.  vergleicht  magy.  hajö, 
Fahrzeug,     ngriech.  %aw'.a-w/,  TropfJjJiclov.  xaaiov,  äv.azrj'^  -irXolov. 

kaj§§,  Riemen. 

serb.  72«  fca^s  opanci.  Kac.  65.  Blau  12.  bietet  auch  kajasa.  kroat.  od  sahlje  kajas. 
Maz.  1.  41.  sahljeni  kajas.  uhvati  mu  konja  za  kajasa.  od  uzdo.  kajas.  Vergl.  serb.  kajisarenje. 
kajisarstvo.  kajisarluk  knjizara. 

kajmak,  türk.   (^^U,  gleiten. 

serb.  kajdlsati,  klizati.  Bos.  Z.  688.  2. 

kajmakaia,  Stellvertreter. 

serb.  kajmekam.  ngriech.  xat[Jiaxd(X7j(:,  dvOuTTOtTOC.  X7.ö[ACixd(i,r^c.  Paji.  84.     span.  caimacdn. 

kajnak,  Quell. 

serb.  kajnak,  izvor.  Bos.  Z.  688.  3. 

kajsar,  Kaiser. 

serb.  kajsar-gospodar.  Bos.  Vila  2.  44.  ka,jsar,  Caesarea.  Hör.  kajsar-jemenija  1.  509.  kaj- 
serli  postule.  413.  kajserli  papucica.  kajiser  postule. 

18* 


140  I-  Abhandlung:  Fkanz  Miklosich. 

kajtan,  Schnur. 

bulg.  (jajtandzi,  gavtandzijn.  ngriecli.  YaiTavoC(oa[j.svoc,  ceint  d'un  cordon.  Lcgr.  292. 
Y<xttavo!pp6§i,  de  miuce  suurcils,  genauer:  des  sourcils  coninie  une  gance.  Legr.  xopixoja 
Yairavo(ppo5ära.    Pap.   68,    -cd  '(fpuSdxja  aou,  'uroü   sivai  adv  x6  ^dizä^i.   99.     mrum.    haitan. 

kakum,  Hermelin. 

ugrieeli.  ica'Äo6[i.t.  %axou|JLÖyo'Jva. 

kakun,  türk.   ^jyS\Ji,  orchis. 

serb.  kacun,  kacunica,  orcliis  satyriiun.  Bos.  Vila  3.  24.  Blau  187.  215.  295.  kaöunitt 
se,   sich  schmücken,  kaöun,  ime  volu,  koji  je  vrlo  lijep. 

kal,  türk.  JLj,  Läuterung  der  Metalle,  reines  Gold  oder  Silber. 

serb.  kal.  Dj.  Popovid.  Z.  683.  1.  Nicht  hieher  gehörig  sind  nslov.  kaliti,  glühendes 
Eisen  in  Wasser  kühlen,  russ.  zakalyvatb,  durare.  kalenoe  zelezo,  glühendes  Eisen,  rum.  kqli 
durare.  Vergl.  niss.  kaleti,  hart  werden,     polu.  zakalec. 

kalaba,  Menge. 

poln.  kalahahjk,  zia  sprawa.   Rocznik.     ngriech.  xaXajXTCaXtxia,  diroaxEUY^. 

kalaj,  Zinn. 

bulg.  kalajdisvam  vb.  kalajlija.  span.  calaim.  malajisch  kalang,  kidang.  Daher  pg.  kalaim. 

kal'at,  plur.  k^la',  Schloss. 

bulg.  kale,  Festung.  Z.   707.  1.     sjjan.  alcald. 

kalb,  falsch. 

bulg.  kalpazauhk.  griech.  icd).'jcixo<;,  xa^Tiaöc.  xaXirouCavXa.  mrum.  k^lpuzan.  Obed. 
poln.-ann.  ;fa/6. 

kalb,  arab.  v_JUs,  das  Wenden. 

Vergl.  ngriech.  xaX|JLzdrCa,  Y^Traicxc/V  'JtdOoc  t(bv  Ttpoßdxcov  x(öv  ev  sXwSsat  tottol?  ßo- 
axo[JL£vcov  Drehkrankheit.  xaX^TtaxGtdpaa.  xaX|J,iraTajdCco.  Pap.  432.  Z.  706.  2. 

kalöen,  Art  Socken. 

bulg.  kalci.  ngriech.  %6.\z(^a.,  xdptCct.  Duc.  Vergl.  finn.  kalsu.  estn.  kalsu,  katsu, 
Ahlquist  147. 

kalderem,  Steinpflaster. 

serb.    kaldrm.     ngriech.    plur.    kalldt^inja.    Rec.   18.    '{■/.aXzzpi[).i.     Pap.   79.     %aX5'/jpt[ii, 

).'.9ÖCiZp(0TC/C. 

kal^m,  llolir. 

bulg.  kalem,   Griffel,     ngriech.  xaXajxdxt. 

kaleb.  Form. 

Inilg.  Icalr^pja  vb.  kalfif,  Futteral,  serb.  kaiuf,  Futteral,  kaluf  sapuna.  Bos.  Vila  3.  207. 
nserb.   katuh,  hohler  Klotz,     rum.  kalapod.     span.  gdlibo,  calibre. 

kalfa,  Geselle,  aus  yalifö. 
bulg.  kalfuvam  vb. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  141 

kalije,  Art  Speise. 

serb.  kalja,  Art  Speise,  suho  meso,  kuvano  zajedno  sa  kiselijem  kupusom.  canak  kalje. 
kitpusna  kalja.  Bos.     nslov.  kalja,  neka  jed.  Ung. 

kaliun,  KriegsschifF. 

biilg.  kaljomhasija,   Scliiffscapitaiu.  kalindzija,   Seemann.  Djuv. 

kalkan,  Scliild. 

biilg.  kalkan-halpk,  karakuda,  Ai't  Fisch,    serb.  pod  kalkanom  i  pod  kuburama.  Hör.  1.  505. 

kalos,  Holzpantoffel. 

klriiss.  choioMa,  Hosen.  Kost.' 

kalpak,  Mütze. 

poln  koipak,  Mütze;  grzyb,  merulius  cantarellus,  p6ki  miody.  Rocznik.  klruss.  chovpak 
(choipak).  Ung.  kas.  Mobuch.  slovak.  kalup  neben  klobouk.  rum.  kolop.  Von  den  vielen 
Formen,  welche  das  türk.  kalpak  in  den  slavischen  Sprachen  erhalten  hat,  möchte  man  nur 
einem  klopak  türk.  Ursprung  zuerkennen:  b  für  p  und  uk  für  ak  wird  beanständet.  Was 
das  Suffix  iik  anlangt,  so  ist  zu  bemerken,  dass  die  Sprachen  bei  den  entlehnten  Wörtern 
selbstständig  vorgehen;  dass  zik  nicht  slavisch  sei,  ist  unrichtig:  vergl.  Grammatik  2.  253. 
Sollen  wir  wegen  des  b  für  p   den  Zusammenhang  von  klobuk  mit  kalpak  läugnen? 

kalta,  Quersack. 

wruss.  kalita:  vergl.  türk.  ^arita,  Karte. 

kalura,  alter  Schuh. 

Barbier  H.  470  führt  unter  kalora  ein  ngriech.  TtaXsüpa  an.     bulg.  karevla.  Djuv. 

kaman,  nordtürk.  bei  Z.  ohne  Bedeutung, 
klruss.  kaman,  Art  Gewürz.  Z.   684.  3. 

kamara,  Kammer. 

Vergl.  l)ulg.  kamber-kadgjia,  Kammerfrau.  Djuv.     serb.  proviri  s  kamarije.  Bos.  Vila  3.  54. 

kamce,  Peitsche. 

bulg.  kamdzik.     poln.  kaüczuk.   KarJ.  23,     poln.-arm.  x^-mdzi.     schwed.  kantschu. 

kam^s,  Schilf. 

klruss.  komys,  ruscum.  kamysnyk,  wie  es  scheint,  ein  Wegelagerer,  tapi  dans  les  roseaux 
des  fleuves.  Rambaud  491.  nordtürk.  kam§sn§k,  trostniks  ist  ein  russ.  durch  ms-iks  aus  dem 
Türk.  gebildetes  Wort. 

kan,  Blut. 

bulg.  kancicek,  kanacicek,  Art  Blume,  serb.  kanli,  blutig.  Hör.  kanli  kabanica  1.  172. 
kan-taslija,  mit  rothem  Stein  (vom  Fingerring),     ngriech.  xavXtjC,  aifiatr^pö?. 

kana'at,  Zufriedenheit. 

bulg.  kanajat,  Sicherheit,     serb.  ziveöi  s  kanatom  (umjerenoj.   Bos.  Vila  2.  308. 

kanad,  Flügel. 

Damit  lässt  sich  russ.  kanath,  Strick,  klruss.  kanat,  konat,  nicht  vereinigen,  serb.  kanat, 
krilo  und  stednja.  Bos.  In  serb.  visi  o  kanatu  dorda,  Volkslied,  ist  kanat  zweifelhaft. 


142  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

kanak,  Frauenlialsband. 

russ.  kanaks,  lenfa,  osejniks.  Grig. 

kanape,  Kanapee, 
ngriecli.  xava^c?,  vXv/zr]p. 

kand,  Zuckerkand, 
span.  cande. 

kandil,  Lampe, 
bulg.  kandil. 

kankal,  türk.  JUiÄä,  Rolle,  Knäuel, 
serb.  kancelo,   Strähn  Zwirn.  Z.   710.  2. 

kanmak,  türk.  (3*jLs,   den  Durst  stillen,  befriedigt  sein. 

bulg.  kandisam,  kandisa,  kandisvam,  zufrieden  sein,  sejmeni  mi  kandisa'a.   Z.  68.5.  3. 

kanta,  Krug. 

bulg.  kanata.  serb.  konata,  hölzerne  oder  irdene  Schüssel,  casi  i  konati.  Jastr.  30. 
klruss  konov,  konovlja.     ngriech.  v.fjy^a,  vasculum.  Duc.     rum.  kan§.     alb.  k§nat§. 

kantarma,  kanterma,  türk.  Gebiss  (am  Zaume),  Zaum,  Zügel. 

serb.  katarma,  nach  der  Vermuthung  von  Vuk  Stef.  Karadzic,  Zaum.  Z.   709.  3. 

kanun,  Gesetz, 
serb.  kanun.  Hör. 

kapak,  Deckel. 

bulg.  kajJakliji  konduri.  Ljub.  2.  serb.  kapak:  od  tavnice  kapku  dolazili.  Hör.  1.  274. 
xairdxi,  7zCf)\i.'x.  xa'sraxovto,  ';:a)[idCo).  angonokapaöa,  gonokapaöa,  für  türk.  koUcakUar,  Arm- 
schienen.   Rec.  29.  Vergl.  xaicdai,  bonnet.  Legrand. 

kapamak,  schliessen. 

serb.  okaptariti,  den  Bienenkorb  mit  einem  kaptar  versehen,  ngriecli.  xaTrajxäc,  icvt- 
■/.■z6c.  7ia7:a|xd,  gebratenes  (gedämpftes)  Fleisch. 

kapan,  Falle. 

türk.  kapan,  grosse  Wage,  hängt  wohl  mit  bulg.  ksponi,  aslov.  kqpona,  zusammen. 

kapöuk,  kapöek,  Behältniss. 

Man  vergleicht  aslov.  kovscegs,   arca,  serb.  kovcecj. 

kapkan,  nordtürk.  Falle, 
russ.  kapkanr,.  Ostroum. 

kaplan,  Tiger. 

serb.  kaplan,  Leopard.  Gund.     ngriech.  xaicÄdv,  Tiger. 

kaple,  nordtürk.  zwei  Weizenkörner  in  einer  Hülse. 

bulg.  kapladia,  Art  Körnerfrucht,  die  als  Viehfutter  dient.  Djuv. 

kaptur:  nordtürk.  kapturgaj,  j^UwoU,  Sack. 

Vergl.  russ.  kapors.  kaphbra,  Kopftucli.  Domostr.  90.  174.  187.  kaptyrr,  172.  poln. 
kaptur,  Art  Kopfbedeckung.  Vergl.  ngriech.  xaTCTräci,  pileus.    Crusius.  Z.   674.  2. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  143 

kapu,  kap§,  Thor. 

bulg.  kapasgzin,  Vagabund:  eig.  olme  Thor,  Haus,  kapu-kedhudasi.  kapukihaja.  ngriech. 
xairou-C'-fAiraaig?,  %a%vzCi[i.TzaQ'f]!;,  carpdTC'/]?.  v.rnzu^-^^a'^irj.z,  charg6  d'affaires.  magy.  kapun  dll6, 
Thürsteher. 

kapudan,  Capitän. 

Daneben  kaptan.     niagy.  kapitäny  ist  europäisch. 

kar,  türk.  .U",  Schnee. 

bulg.  kartaslija,  mit  einem  weissen  Stein.  Z.  677.  2. 

kara,  schwarz. 

Man  füge  hinzu  serb.  cm  ti  ohraz  na  bozem  divanu  und  crno  njemu  srce  do  vijeka. 
Volkslied,  Vuk  2.  89.  crna  si  se  i  rodila.  Bos.  Auch  serb.  ohraz  für  Ehre,  Scham  verdankt 
diese  seine  Bedeutung  dem  türk,:  hezohrastina,  hezohrazluk,  Unverschämtheit,  beruht  auf  hi- 
ruj,  unverschämt,  eig.  ohne  Gesicht.  Auf  gleiche  Weise  ist  bulg.  surats§z  zu  erklären,  kara 
aber,  böse  Nachricht,  serb.  vranac  karavranac.  Kaß.  22.  cm  ti  ohraz  na  obadva  sv'jeta.  Kac. 
58.  ohraz  zacrniti.  Hör.  2.  222:  dagegen  ohraz  osvjetlati.  2.  373.  bulah:  karahulah,  oiseau 
plongeur.  In  Montenegro.  Frilley  282.  uccelli  smerghi,  detti  volgarmente  in  turco  carahulach. 
Bolizza.  karaliman,  Name  einer  Kanone,  karahatak,  Taucher  (Vogel).  Z.  175.  3;  699.  1. 
bulg.  karabakal,  Art  Vogel,  karabas,  schwarzköpfig:  türk.  karahas,  Dompfaff,  poln.  kary,  von 
Pferden,  russ.  karij,  kastanienbraun,  klruss.  karohnidyj.  ngriech.  xapä,  Rappe:  aeiC''],  o*).- 
).(oa'  xöv  %apa.  Pap.   102.     mrum.  karagros,  Thaler.    Obed.  109. 

karaba,  arab.  «uLä,  Flasche,  Carafine. 

russ.  karaßnn,   aus  dem  Deutschen,     it.  caraffa.     franz.  carafe.  Devic  25.  Z.  695.   1. 

kara  d.üz6n,  Art  Guitarre. 

bulg.  Rumeno,  karaduzeno.  Rumena  13.  karaduzen,  karadzuzin.  Djuv.  serb.  karaduzeu 
velika  i  mala  tambura.  Bos. 

karadze,  türk.  n^HyS,  schwärzlich,  Reh. 

Daher  serb.  Karadzic,     bulg.  oven  karadza.  karadzejka,  Art  Pflaume.  Z.  699.  2. 

karagu,  Sperber. 

bulg.  karaguj.  klruss.  krahav.  Vergl.  magy.  kdrog,  krächzen.  Das  magy.  karidy,  kar 
valy  ist  nicht  slavischen  Ursprungs. 

kara  gurus,  \J'^y£-  8>i>,  spanischer  Tlialer. 

bidg.  kara  gros,     ngriech.  xapaYpoci,  piastre  noir.  Z.   699.   1. 

kara  gümrügi,  Art  Zoll,  Landungszoll:  kara,  Festland, 
bulg.  karagjumruk.  Djuv.   Z.   699.  2. 

karaman,  Karamanien. 

bulg.  karaman,  Ruf  für  Hunde.  Djuv.     serb.  karaman.   Hör. 

karanf§l,  Nelke. 

bulg.  kalofer.  puska  karanfilka.  Rumena  14.  serb.  karafil.  Rec.  48.  kroat.  kalafur, 
galafur.  Vergl.  franz.  girofle,   engl,  gilliflower,  julyßower. 


144  !•  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

karataä,  Schiefer. 

iKirdtürk.  karandas,  kar^ndas  aus  dem  Russ. 

kara  tuman  (Nebel). 

bulg.  kara  tuman,  Art  Weintraube. 

karavul,  Wache. 

bulg.  karaid.  karaulnica.  klruss.  kaiavurfia,  Wachstube,  karauiyty,  Wache  halten,  nginech. 

karbes,  russ.  chornjakt,  Hamster. 

russ.  karbyst;  karbasd  für  krots.  Helm  544.  hält  das  Wort  für  tatar.:  ich  vermag  die 
Quelle  nicht  nachzuweisen. 

kardaS,  Bruder. 

Hieher  gehört  auch  poln.  kurdeS,  Kamerad.  KarJ.  30. 

kar^D,  türk.  lJ^Ls,  Bauch,  Wanst. 

bulg.  korem,  Bauch,  golem  korem.  alb.  kurm,  Körper,  ngriech.  ÄOpixt.  Z.  G79.  3,  Es 
wird  auch  ein  türk.  kar§m  angeführt.  Listy  Fil.  8.  202.  Das  bidg.,  alb.  und  das  ngriech. 
Wort  beruhen  auf  agriech.  xopixo?,  Klotz,  Rumpf,  Stamm. 

kareä,  Mischung,  Zank. 

bulg.  yonja  karez,  Rache  nehmen. 

karesmak,  türk.   (^*i.U,  sich  mischen. 

bulg.  iskarastisa  vb.  Djuv.   Z.  679.  2.  , 

karga,  Krnhe. 

bidg.  garagaska,  svraka.     mrum.  korg§. 

karman,  Tasche. 

poln.  karman.  Vergl.  korban.  Archiv  11.  131.  kroat.  karmen,  karmenac,  Art  Pelz. 
Ung.  ist  dunkel. 

karnabit,  türk.  oujji',  Blumenkohl. 

ngriech.  7.apva[Xirtt,  %ouvouTtt5t.  bulg.  konopidi.  karnabit  wird  mit  griecli.  xpdjxßYj  zu- 
sammengestellt.   Z.  698.  3.  Hind.  12. 

karpuz,   Wassei-melone. 

bulg.  serb.  karpuz.     wruss.  harbuz,  Kürl)iss.     nordtürk.  auch  arbus. 

karä§,  gegenüber. 

V)ulg.  karsüok.     serb.  karsUuk,  Antwort.  Bos. 

karselamak,  türk.   ^jJ^aö^U,  entgegengehen. 

serb.  karsäama,  dobrodosUca,  Willkommen.  Bos.  Vila  2.  373.  Z.  678.  3. 

kartal,  Adler. 

Ijulg.  kartal. 

kartopu,  Schneeballenbaum. 
Ijidg.   kartop. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  145 

kasaba,  Städtchen. 

bulg.  kasabalijec.  ngriech.  6  %aarj.^xTzrXQ.  Legr.  73  ^aoaiAirä.  172.  russ.  kasapass.  Grig. 
mrum.  häsäpa^i,  orasile. 

kasavet,  Härte,  Trauer. 

serb.  dertli  i  kasavetli,  tegotan  i  brizan.  Bos.  ngriech.  %aaaߣrt,  sXa'fpa  Xotcyj.  xaaa- 
ßcXJdC«.   Pap.  435. 

kasd,  Absicht. 

mrum.  kastilea,  absichtlich.  Obßd.  ngriech.  iy^aata,    [Xcid  v.rxyi.lac.  Pasp. 

kasim,  arab.  |V*U,  scheidend,  der  das  Sommerhalbjahr  vom  Winterhalbjahr  scheidende 
Tag,  26.  November,  Demetriustag. 

serb.  kasum,  Mitrov  dan.  Bos.  Vila  2.  276.  Bei  den  Muhammedanern.  kasam,  Eutschei- 
dmig.  Dj.  Popovic.  Z.  681.   1. 

kasm,   arab.  ^,  Theilung. 

serb.  kasam,  dioha.  Bos.  Z.  701.  2. 

kassab,  Fleischer. 

bulg.  kasabin.  kasapnik.  kasapnica.  kasap  basija,  kasap  basi.  ngriech.  v.'XQÖ.Trfi.  xaaa- 
TC'.o,  %fieO)7C(oX£lov.  Vergl.  xaaaiJLTCdarjC,  xaadfxiraaYjC,  surintendant  des  eaux.  xaaa[XT:aaXYjXt. 
kroat.  azap.  Kam. 

kat,  Theil,  Fach. 

serb.  uckat,   trostruk.    Bos. 

katan,  Hürde  für  Schafe. 

bulg,  katunin.  katunka  Zigeunerin.  Djuv.  katuu.  Jir.  220.  katunar.  22.  serb.  katun, 
Zigeunerzelt.  Blau  189.  stan.  Bos.  Vila  2.  3.  aserb.  katuni,  mjesta  za  pasu.  katunh  anba- 
nash,  vlashki  i  arhbanashki.  alb.  katund,  Dorf.  Rec.  17.  kaiue.  katunar,  contadino.  ngriech. 
kypr.  /.avTouvov.  xarouvotoicta.  xatoöva,  tentoria.  Duc.  camp,  cantonnement.  Man  denkt  an 
it.  cantone,  griech.  xavroüva,  coin,  angle. 

katek,   türk.  nordtürk.   (^jU,  Zukost  zum  Brote, 
bulg.  katök.  Z.  675.  3. 

kat§l,  arab.  Joy3,  der  Ennordete. 

serb.  kahd-bujruntija.  Hör.  1.  158.  katuli-ferman  252.  katul-ferman  470.  Vergl.  katil. 
Z.  692.  2. 

katil,  Mörder. 

serb.  kataliska  (krvnicka)  magaza.  Bos.  Vila  2.   147.  266. 

katl,  arab.  Jüü>,  Mord. 
serb.  katul,  katl.  Z.  692.  2. 

katran,  SchifFspech. 

serb.  nakatraniti.  Bos.  it.  catrame.  span.  alcatran,  alquitran.  portug.  alcaträo.  franz. 
guitran,  goudron.     mlat.  catarannus.     alb.  katran,  Rec.  93. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Ol.  XXXVIII.  Bd.  I.  Abh.  19 


^4G  I-  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

kavad,  Art  Kleid. 

riiss.   kavadi,   pocetm/e  Jcoftany.    Grig.     ngriech.   xaßa5r^C-    l^uc.      serb.    devet  kavadara. 
Kaß.  21. 

kaval,  Schalmei. 

bulg.  kaval.   Jir,  68.   kalfadUja.  Vergl.  iskavaljam  pesni.  Djuv.  serb.  kavell.     alb.  kafell. 
Reg.  57. 

kavanos,  Art  grosser  Krug, 
bulg.  gavanka.  Djuv. 

kavata,  Holzschüssel. 

alb.  govat§.     ngi-iech.  Y^ß^ra,  Y^ßdcöa.     mlat.  gabata  usw.  Cihae  568.  gavetta.  Diez.  Die 
Trennung  des  Lat.  vom  Türk.  ist  schwierig. 

kavga,  Lärm. 

ngriech.  xauYaxC'^c.  Vergl.  xapYdc,  tumultus.  Duc. 

kavi,  stark. 

serb.  a  pi^ed  njf'ha  kavi  komandare.  Hör.   1.  422. 

kavi,  kavul,  Rede,  Wort. 

bulg.  kmd,  kavid,  das  gegebene  Wort,  kaul,  uslov,  jamstvo:  kupiti  s  kaulom.  Bos. 

kavnk,  Art  Mütze. 

bulg.  katik.     serb.  kauk.  Hör.   1.  46.     ngriech.  xaßo'JX,  ttdpa. 

kavun,  kaun,  Zuckermelone. 

bulg.  katm.     wruss.  kavun.     ngriech.  xao6vtov. 

kavurma,  Geröstetes,  kavurmak,  rösten. 

bulg.    kavsjina.    Jir.    244.     serb.    kaurisati,  prziti.      ngriech.    %aßoyp5iC(0-    xaßoüp5ia|J.a, 

kavvaz,  Bogenschütze,  Polizeidiener, 
serb.  edha  i  kavazi.   Hör.   1.  319. 

kaza,  Richteramt. 

bulg.  kaza,  kaaza,  Kreis,  kaza  ohricka.  kazalijski. 

kazak,  Wegelagerer. 

poln.  kozak  mit  sehr  mannigfaltigen  Bedeutungen.  KarJ.  18.     finn.  kazakka,  Tagelöhner, 
zurj.  kazak,  Arbeiter,  verschnittener  Eber.  votj.  Arbeiter. 

kazao,  Kessel. 

poln.  kazan,  kociei  dnzy.  Rocznik.  Aus  dem  Klruss. 

kazanmak,  gewinnen. 

bulg.   kazandz,  kazavc,   GcAvinn.     serb.   kazanisati.   Bos.     ngriech.  xaCavtsu(o,   xaCavtö). 
alb.  kazandismef,   Gewinn.   Ref.   69. 

kazma,  Spaten. 

bulg.  kazma.  serb.  kazmp  ?'  lopate.  Hör.   1.  33.     ngriech.  'f.rj.^\i.'j.c,  ictVYj.   Pap.  43.5.  475. 
xaC[Jir/.c.  Pasp. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  147 

kaznak,  kazanak,  türk.  (j-ljL«aj>,  Rahmen, 
iigriecli.  xaavdxi,  Z.  703.   1.  Hind.  92. 

kazz,  Rohseide. 

serb.  kazazki  fgajtandSijski)  kalfa.  Bos.     ngriech.  xaCdCirjC.   Hind.  58.     span.  alchaz. 

k§br§s,  u«*AJ>,  Cypern. 

bulg.  saci  k§hrz,  kahruz,  cyprisches  Vitriolöhl:  türk.  zadz-i  k§br§s.  span.  alcaparrosa. 
Z.  690.  2. 

keö,  Hintertheil. 

bulg.  horgam  kec.  Djuv. 

kefar,  arab.  .Us,  plur.  von  kafr,  Wüste  (ohne  Wasser  und  Vegetation). 

Vergl.    ngriech.    vd  [jlyj  8t(}<«^c  yjd  ai|xaxa,   yjot  'co6pxixa  xou'fdpja;    Pap.  83.    Z.   705.  2. 

kejafet,  Aussehen. 

bulg.  ksefet,  das  Äussere.  Djuv. 

kejamet,  das  jüngste  Gericht. 

serb.  kijamet,  zabuna,  gungula.  Bos.  Vila  2.  130.  belaj,  clever  2.  147.  mrum.  kiamete, 
la  fin  du  monde.  Obed. 

kelaguz,  Führer. 

bulg.    kulaicz.   kalauzin.   kolez.    Djuv,     nslov.    kalaus.    Ung.     ngriech.   kullaus.    Rec.    56. 

kel§ö,  Säbel. 

bulg.  kalac,  kaloc,  koloc.  kolokcija,  kahkcija.  kalakcifce.  Djuv.  kakcöija.  kahc-bahk,  Art 
Fisch,     serb.  sabja-kalaklija.  Vardar. 

kelmak,  türk.   i^JL»,  sich  niederwerfen. 

Vergl.  bulg.  sama  se  sakddisuas.   Pril.  92.  Z.  708.   1. 

keluf,  türk.   v_äJü(,  Futteral,  Überzug. 

nn-um.  k§luf,  Ledertasche.  Weig.  48.     alb.  k§lqf,  kuluf. 

kena,  Hennakraut,  alcana  tinctoria. 

bulg.  köna.  ksnosam,  kanosam,  färbe  mit  k§na.  serb.  k''na,  kna.  Hör.  1.  390.  591.  kniti, 
knijem.  Ibid.  308.  prsti  okniveni.  oknivati  301.  krna  für  k§na:  danas  vakat  krmi  postaviti, 
okrnati.  308.     russ.  chna. 

kenamak,  quälen. 

Blau  269.  bietet  k§mak,  serb.  kidisati,  vergewaltigen,  pregorjeti,  ne  poialiti.  Hör.  Vergl. 
serb.  na  Mijata  kidisase  Turci.  Volksl.  kad  je  svome  kindisala  sinu,  kako  ne  bi  mene  kindi- 
sala.  Kras.  116.  glavi  ne  kindisi  23.  61.  ne  moj  mene  kindisati  glave  96.  Man  beachte  türk. 
k§jmak,  kimak,  kleinhacken,  tödten:   die  Sache  ist  mir  dunkel. 

k§nn6b,  Hanf. 

ngriech.  xdvvaßoc,  lat.  cannabus,  alid.  hartaf,  aslov.  konoplja,  alb.  geg.  kan§p,  tosk.  k§rp 
hängen  mit  dem  türk.  Worte  zusammen,  neben  dem  kmder  und  kenevir,  nordtürk.  kinder 
besteht.  Man  merke  niordw.  kane'f.  bulg.  kanap,  Strick,  serb.  kanaf.  nslov.  konop.  Vergl. 
kanaff.  eine  Gespinnstpflanze  an  den  Ufern  des  kaspischen  Meeres.  Gartenzeitung  1889. 
Maiheft  204.    Man    beachte   ital.    cdnapa,  canäpo,  hänfener  Strick,     span.  cän7iamo,  cdnamo. 

19* 


148  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

ker,  grau. 

serb.  kr'  at,  sivast  honj.  Hör.  na  kr'  afu  2.  547:  türk.  k§)'  at.  kr    caksire. 

ker,  Heide,  kerserdar. 

bulg.  ksrserdar,  ksrserdarin,  Art  Beamter,   poln.  kira,  polana. 

kerba,  arab.  jü^s,  Wasserschlauch. 

Vergl.  serb.  krbanj,  Schöpfgefäss  von  Kürbiss.  Z,  697.  1. 

kerbaö,  Ochsenziemer, 
cech.  korbdc  dial. 

kerdza,  Ortsname. 

biilg.  krzaljiji,  taja  je  turska  i  arnandska  rec  smesana,  koja  znaci  nasinski  hrdsko  zivu- 
vanje  ili  zivod  naricka.  Rec.  2.  48.  ugriech.  v.irj(^aXf^tZ-  Volksh  serb.  krdzalije.  Hör.  1. 
248.  krdzalija,  stanovnik  kotara  Krdzali  21  danasnjoj  istoönoj  RumeUji.  Hör.  Nach  Hertzberg 
3.  386.  402.  von  Kirsa  bei  Widdin.  Vergl.  Hammer,  Geschichte,  3^  892.  Staatsverfassung 
1.  330.  Jir.  293.  bulg.  kördzalii  se  javilm  psi'vi  pst  (um  1800)  v  Hoskjtiju  hlizo  do  Uzund- 
zova,  V  Drama  i  v  okrssfnaja  seid.  I  dnes  esce  tamomii  Turci  nazvavU  se  ot  Bügari  Kördzalii 
i  Daalii,  koji  se  skitat  po  Bdgarija  i  prodavöt  pamiik,  platno  i  duhan.  DjiTV. :  daali.  Der  Name 
soll  türk.  skitnik  po  pole  bedeuten  {k§r,  Heide):  k§rdlalija. 

ker§lmak,  türk.   i^j^Laj;,  Pass.  von  kirmak,  brechen. 

Vergl.  serb.  sakrlisati,  beunruhigen.  Bos.  Vila  2.  276.  Man  beachte  den  Unterschied  der 
Bedeutungen.  Z.  727.  2. 

k§r^iu,  türk.  |vjj.ü,  die  Krim. 

bulg.  karsm.  ovni  ksrmncki.     russ.  kryms.     serb.  krm.  Z.  699.  3 

kerente,  türk.  ^iy*}.  Trümmer,  Brocken. 

bulg.  kerentija,   Geschlinge:     russ.  peceni  i  legkoe.  Djuv,  Z.   727.  2. 

k§rk,  vierzig. 

bulg.    krr,khk,  Art  Fest,  wobei  vierzig  Wachskerzen  brennen.  Ljub.   14. 

k^rklamak,  türk.  ,^j.JLsji,  stutzen  (nicht  stützen), 
serb.  krkleisati.  Blau  44.  Vergl.  kp'kmak. 

kerkmak,  scheren,  k^rklfk,  Schere  zur  Wollschur. 

bulg.  kerkmalija,  Haarzopf.  Djuv.     serb.  plur.  krklici,  makazl.   Rec.  93.  Z.   727.    1. 

kermak,  brechen. 

serb.  medju  se  se  Vlasi  krdisati.  Höi-.  1.  63.  krdisati  vojsku.  Dunkel  ist  bulg.  kerdosam, 
verderbe.  Milad.   19.     serb.  öerdosati,  derdisati,  öordisati,  djerdisati. 

kermez,  Scharlachlans. 

serb.  krzli  u  mjesto  krmzi,  crven.  Hör.:  krzU  pestemalje  1.  216.  neben  krmzi  merdzan, 
krmzi  peStemalje  327.  grimizan  ist  it.  chermis\,  cliermisino.  bulg.  hrimis.  magy.  karmazsin. 
poln.  alkiermez,  aus  dem  Franz.    span.  carmesz,  alqnermes,  alquerme.    ngriech.  7.ptjx£C'<>v,  xöxxoc. 

kerrat,  Johanni.sbrot,  karat.  , 

span.  quirate,  quilate,  alquilate.  Eguil.  250.  475.  551. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  149 

k§sa,  kurz. 

bulg.  kusi.  serb.  kuso,  ksso.  kusofßed:  türk.  kssadjoren.  Rec.  23.  72.  Man  vergleicht 
poln.  kusy,  das  nichts  anderes  ist  als  die  cecliische  Form  von  kesy.  Vergl.  Archiv  11.  132. 
kas.  k§sy. 

k§s§r,  türk.  y^,  nnfriichtbar. 

Vgl.  klruss.  kysyr,  collect.  Mutterschafe  mit  frisch  geworfenen  Lämmern.  Z.  702.  3. 

k^sm,  arab.  |V**s,  Theil,  Brauch. 

bulg.  kasem-paras§,  Erbsteuer.  Djuv.  Z.   701.  2. 

k§smet,  Schicksal. 

bulg.  kösmetUja.  kssmetsiz.  ngriech.  xta|JLStt,  zöyiy]  äyafiri.  Pap.  437.  %^G\iix,  [ioipa. 
mrum.  k§smete,  norokul.  Obed.     poln.-arm.  ;ff,s?Ha^Ä,   Glück. 

k^äla,  Winterquartier,  Kaserne. 

serb.  fo's/a,  vojarna:  kada  krsli  u  Travniku  dodje.  Hör.   1.   194. 

k^verdzek,  kraus. 

bidg.  knvördzik.  zaksvrdzice.n.    serb.  kovrdzik,  kovrdzak,  Art  Mütze.  In  Bosnien. 

kevrak,  türk.  ^j';^",  Kreppflor, 
bulg.  kavrak,   hulo,   Schleier.  Z.   730.  2. 

kez,  Tochter. 

serb.  kizlaraga.  Gund.  bulg.  k§z  in  zimam  na  k^z  erklärt  man  durcli  ein  nordtürk.  kez, 
russ.  jjriceh,  muska,  Visirkorn.     griech.  'AtC/^otpayac. 

kezau,  Korb  aus  Baumrinde. 

serb.  kuzo,  Körbchen  für  Erdbeeren.  Bosnien,  klruss.  kozub,  Körbchen  aus  Baumrinde. 
Ung.  poln.  kozub,  kazuh.  kas.  kuzeb.  nslov.  kozol,  kozolec,  kozulj,  kozora,  kozora.  Vergl. 
cech.  kozub,  stfecha  v  svülich  hdatd.  Dial. 

kez^l,  türk.  Jjj,  roth,  cornus  mascula. 

russ.  kizilh,  klzih,  deren'B:     türk.  k§z^ldt§k.  Z.   700.  3. 

k§z§lbas,  Perser. 

bulg.  kazalbas'i  heissen  die  Bewohner  von  Grlovo  in  Bulgarien,  serb.  rpzpJbas,  eig. 
crljenoglavac.  Gund.  türk.  k§z§l  bas,  Sektirer.  Jir.   120.  545. 

k^zkanmak,  türk.  ^^.^jUlj;,  beneiden.  k§zkandz.  k§skandz§.  k§zkandz^l§k. 

bulg.  kssknudisa,  knskdiidlsam  vb.  kzaksntija,  kssksndija.  kasksndzija,  neidisch,  knskmidhhk, 
Neid,  Eifersucht.    Z.   700.   2.     ngriech.  xaaxotVTiCto,  axtoiCKO.  Pap.  435.  Z.   702.  3. 

kindzuga,  kandzuga,  Riemen  um  Lasten  auf  dem  Pferde  zu  befestigen. 
Vergl.  russ.  kindjakd  ist  eine  Art  baumwollener  Zeug,  tafty  i  zenbdeni  i  kindjaki,  Domo- 
stroj  200.  klruss.  kynd'akamy,  tentamy.     poln.  kindiak,  wierzchnia  .niknia  bialych  ylow. 

koö,  kodz,  Widder, 

bulg.  koc.  Djuv.  kocjove,  prazove.  JIr.  242.     magy.  kos. 


150  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

koöan,  tiirk.  ^jLj?-»j.  Staniiu,  Schalt,   uordtürk.  auch  kjuöen  (u  kapusty). 

bulg.  kocait,  palica,  bemi  Mais.  Jir.  133.  wriiss.  kacan  kapusty.  russ.  koceub,  kocanz, 
koderyska.  kaputt nyj  stvoh.  niagy.  kocsdn,  kocsäny,  kocsony.  ugriech.  ■Äoradvc,  Stiel  des 
Obstes.  Hiud.  17.  Barbier  2.  549.  Vergl.  die  im  AVöi-terbuch  unter  kocenü  zusammengestellten 
Wörter. 

kodos,  tiirk.  Ji'*<>y3,  Kuppler  des  eigenen  Weibes. 

bulg.  kodoska.  serb.  kodos,  provodadUja,  Kuppler,  Bettler.  Bos.  Vila  2.  130.  Vergl. 
magv.  koldus,  Bettler,  daraus  nslov.  koudivati  Ung.  klruss.  koldovaty,  carovaty.  koMovstvo, 
cai-y.     runi.  koldas,  kuldus,  der  Arme.  Z.  713.  3. 

kodza,  alt,  Greis,  kodza  base,  Dorfvorstand. 

bulg.  kodza,  russ.  povjadocnyj.  kodza-basija,  kodza-hasi,  Ortsvorstand,  kodzaman,  kodza- 
miti,  verstärkt  kos-kodzamltl,  veliki,  toliki.  ngriech.  xotC^aiAiraaTjc,  TZ(jhwö\i.OQ.  xoT:aa[iT:aaiSc<;. 
Pass.     serb.  hodohasa.  Marjaii.   157. 

kodza  kare,  tiirk.  ^.U"  «^y,  altes  Weib. 

kroat.  kozakari,  strasljlva    haha.  Sirena.  Z.   713.    1. 

koga,  kofa,  Eimer. 

bulg.  kova,  kofa.  nn-um.  kofe,  Holzkrug.  Weig.  132.  polu.-arm.  kofa.  ngriech.  xoußäc 
Hind.   93.     all),  kov^.     span.  alcuha,  situla,  dagegen  alcofa,  espuerta.     lat.  cova. 

kogulamak,  tiirk.   ^3^'^y,  l)eschuldigen. 

bulg.  koUadisam,  koüadisa,  russ.  vysleiivaju.  Z.  718.  3;  720.  2.  Man  vergleiche  kov- 
laniak. 

kojak,  tiirk.  ,jb»j'i  Art  Panzer. 

russ.  kajakd  i  prancyn.  Kirsa  Dan.  23.  Z.  724  1. 

kojmak,  türk.   i^^^J»,  hineinstecken  usw. 

Wrgl.  serb.  koj-mavi,  zatvoreno  modri.  Bos.  Z.   724.  2. 

kokona,  vornehme  gi'iechische  Dame, 
bulg.  kokonlpk.  kirakokonski.    Djuv. 

kokoros,  Mais. 

klruss.  kukuradza.  serb.  kakuruz,  daneben  mumuruz.  Man  beachte  alb.  kollumhoö,  ngriech. 
kullomboci.  Kec.  49.     bulg.  moruza. 

kolaj,  leicht. 

bulg.  kolaj,  kidaj,  Gelegenheit,  kolaßgk.  serl).  kolaßuk.  koladjele,  lahko  doslo.  Bos.  ngriech. 
■/.o/wdYt.  c'Jy.o/.ia.  Pap.  438. 

kolan,  Gurt. 

serb.  kolansitz,  hez,  pojasa.     ngriech.  ■x.oÄXdv.,  falsch  xoX/.dpo,  xXoiös. 

kolbag,  Annband, 
bulsr.  kolba. 


'fr- 


kolßak,  Armschieue. 

l)ulg.  kol6ik,  russ.  nakladka  v.a  lokti  i  koleni.  Djuv.  kolcaklii  poturi.  Uumena  14.     serb. 
phir.  kolcazi,  nakulenki.     alb.  kolcak.  Kec.  29.     poln.  koiczak. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Spkachbn.  151 

kollukcu,  türk.  ^^,Äiü.Jy>,  AVäeliter.  kara  kollukcu,  Küchenjunge, 
bulg.  karakoluci.  Djnv.    Z.   719.  3 

koltuk,  Achsel. 

bulg-.  koltuce.  Djnv.     rnss.  kultukö.  Bucht,  Winkel,  Sack. 

komaki,  vielleicht. 

bulg.    komaj,    komahaj:      i-uss.    pocti.    Djnv.      kroat.    koraac,  jedva:    doma  sn   ga    komaö 
docekali. 

komora,  Lastpferd. 

serb.  komora.  Bos.    Fehlt  Z. 

komsu,  Nachbar. 

bulg.  komsuhik.  serb.  komsinka,  konsinica.  Bos.  hypocor  kona.    nslov.  komsija.   Kroat. 

kon,  türk.   ^y-,  Aufenthaltsort. 

bulg.  konl/ik,  koUuk.     russ.  chozjajstvo.  Djuv.  Z.   722.  3. 

kondura,  Schuh. 

bulg.  kondra,  kundra.  kondurcina.  konduradzija,  hmduradzija.  serb.  kundurdzija.  15os. 
ngriecli.  xovüO'Jpa,    ß/vaü-at.  plur.  kundurja.  Rec.  30. 

konduz,  türk.  vjoj",  Biber,     nordtürk.  kondoz. 

bulg.  kondus.  Djuv.  Vergl.  magy.  hod.  Z.   710.   1;   723.   1. 

kondzoloz.  Art  Dämon,  karkandzol  bei  Hahn. 

bulg.  karakondzol.  körokondzul,  ein  Geist,  der  die  Leute  auf  der  Strasse  anfällt:  wenn 
die  Bulgarinnen  zur  sedenka  gehen,  tragen  sie  stets  Knoblauch  bei  sich  um  ihn  zu  ver- 
treiljen.  In  Vinga.  karakandzo,  karakonco,  korokoncal.  Djuv.    ngriech.  xaXixdvrCap'Ji.  A^ergl.  Duc. 

konmak,  wohnen. 

bulg.  ni  na  zemnja  kondisuje.  na  konak  kondisa'a.    russ.  konakn.  Grig.    ngriech.  xovsuto. 

kontoä,  Art  Kleid. 

poln.  kontutiz,    sloyak.  kyntes,    rum.  kont§s  stammen  vielleicht  unmittelbar  aus  dem  Magy. 

kopca,  Agraffe. 

kroat.  kojK'e.  josi  se  kujaju,  goncaju,  kopcaju.  Kurel.    ngriech.  wizzCn.,  bei  Barbier  2.  546. 

kopuz,  komuz,  Art  Guitarre. 
kroat.  ko'pus.  Karn.     rum.  kfibuz. 

korkmak,  türk.   ^j^.yS,  fürchten,  korkmamak. 

ngriecli.  y.opy.[iä,  ne  crains  pas.  Legr.  'Ko6f,%''yj[Aa,  auvsaTicCpajxsvwc.  xoupxo'JjjijdC«),  tcs- 
pta-£X/.o[xac  ÖTzb  'foßoo  f;  ^öycioc,  auairstpcöjjiac.  Pap.  445.  Z.  715.   1. 

koru,  Wald. 

bulg.  korndzija,  kurudzija.  Jir.   72. 

kos,  verstärkende   Partikel. 

bulg.  kos-kodzamiti,  alt.  Djuv.  Als  verstärkende  Partikeln  werden  noch  angeführt  hez, 
duz,   mas:  hoz-hcUi,  d.uz-dogru.  mas-mavi.  Djuv.   Barbier  2.  5G2. 


152  I-  Abhandlung:    Franz  Miklosich. 

ko§,   Hürde. 

Diiniit  ist  diiji  weilverbreitete  slav.  kosh  zu  vergleichen. 

kosmak,  lauten. 

ngriech.  %03S'J(o:  %öac(];£.  Legr.   172. 

kovan,  Bienenstock. 

serl).  kovand-ija.  Bieneuzüclitei-.  kovanluk,  Bienenstand.  Vergl.  ngriech.  y.o'jßäXt,  Bienen- 
stock. Hind.  91». 

kovlamak,  türk.  ,^!if^,  beschuldigen. 

bälg,  kovladja,     russ.  ocenijaju.  Djuv.  Z.   718.  3.    Vergl.  kogulamak. 

kozalak,   türk.  ^NKj;,  Nuss,  Kapsel  i'ür  den  Abdruck  eines  Anitssiegels. 
Cozalac  d'or.  Dapoutes  2.   136.  Z.   716.  3. 

kubbe,  Kuppel. 

Vergl.  bulg.  kjumbe,   Ofen.  Bog.     serb.  kapa  kubajUja.  Kac.  27.  Vergl.  kümbed. 

kubur,  Behältniss. 

bulg.  kabur.  Djuv.     ngriech.  xoujAßo'jp:,  ^lü^oziz. 

kuduz,  türk.  s.tXi'»  Wuth. 

serb.  kuduz,  hijes   (ime  topa).  Hör.  Z.   694.  3. 

kufl,  plur.  kuful,  arab.  J^",  JyJJi,  Schloss. 

bulg.  kitfar,  kofar,  Hängeschloss.    ngriech.  xoutpdf/t.   Legr.   114.    166.  %o6<papov  ist  franz. 
coffre,  lat.  cophinns.  Z.  705.  2, 

kugu,  Schwan. 

W'rgl.  serb.  kuf.  Guud. 

kujruk,  Schwanz. 

serlj.  kujndi.  kurjuk,  wohl  Zopf:  djevojkam  za  kurjuk.  Nikol.  8.  Nach  Schott  aus  kuturuk, 
nordtUrk.  kojovQk.  , 

kujumdz§,  Goldschmied. 

bulg.  knjundzija,  kujemdzija.     ngriech.  v.rj'i\iv^zC'QZ-  Soniavera. 

kuka,  Knopf. 

Verschieden  ist  vielleicht  serb.  kuka:  uzima  kuke  od  celiku.  Bos.  Vila  2.  284. 

kukla,  Puppe. 

bulg.  gugla,  Art  Mütze.  Djuv.  klruss.  kidiia;  giigh,  Art  Mantel,  polu.  kukla,  Art 
Kopfbedeckung  der  Bäuerinnen.  Goi.  147.  niruni.  glugi;,  Art  Mütze.  Obed.  ngriech. 
•///jy./.a.  '{t^r^-ni,  ^)'j\v^'fi. 

kukumav,  türk.   .Lx^i^",   Art  Ente. 

bulg.    kukumjavka.    niruni.    kukveaug.    ngriech.    xouxooßdYict,  -  ßd'ia.  Hind.  23.    Barbier 

2.  569. 

kul,  Sclave, 

bulg.  kol  neben  kiduk,  Wache,  kul-agase.  serb.  kuluciü,  roboten,  kuluk,  robstvo.  kulaga, 
zopovjednik  (jeujicarski) .  Hör.  all),  kulukci,  Wächter.  Mit  ngriech.  xöXt,  canipenient.  Legr. 
116.     vergl,  köle. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  153 

kuladz,  kulaö,  Armvoll,  KLafter. 

bulg.  kolac,  Klafter,     serb.  liolac,  hvat.  Bos. 

kulak,  Faust,  scheint  tilrk.  zu  sein. 

russ.  Tcidaks.     poln.-arm.  kidak.     aslov.  kolaks:  kolakomh  phhajemr,  tc'J^  TZo.iz.-ai  prol.-rad. 
Man  führt  ein  lett.  kulaks  und  magy.  kidyak  an. 

kulbeg,  türk.,  wird  durch  , Soldat  zu  Pferd'  erklärt. 
Daher  poln.  kulhaka,  Sattel,  oktdhaczyö,   satteln. 

kulle,  Burg. 

bulg.  kale  n.     ngriech.  xoöXa,  irupYoc.  Pasp.  xouXd,  arx.  Anna  Comnena  2.  405. 

kumar,  Glücksspiel. 

bulg.  komar.  komardzija.  komardzahk.  kuram.  kuramdzija. 

kumas,  Art  Stoff, 
ngriech.  xo|j.dat,  5!paa[JLa. 

kumez,  k§miz,  Kumiss. 

poln.  kumys.  Barbier  2.  537.  k§m§s  bei  den  türkischen  Gagausen.  Jir.   608. 

kumkuma,  arab.  a^Ji^j',  Art  Flasche, 
serb.  kulkuma,  Tintenfass.  Bos.  Z.  709.   1. 

kumri,  Turteltaube. 

bulg.  kumrivce.     serb.  kumrikusa. 

kundak,  Windel,  Schaft  der  Flinte, 
ngriech.  xovrdxtov  von  xovüöc,  scapus.  Duc. 

kupsin,  Krug,     nordtürk.  auch  kuvSin,  küksin.  Aus  dem  Russ. 

russ.  kovdSd.  kuvssim.  Domostr.  51.  105.  klruss.  kaus,  kous,  kovs,  kovsyk.  votj.  kuvün, 
kusin.     perm.  kuvsin.     mordw.  kuksin.     Cuv.  kuksum. 

kurabijö,  Art  Confect. 

bulg.  gurahija,  korahija.  Djuv. 

kuran,  Koran. 

serb.  kuran.  Hör.  i  kuranom  najprvim  citapom.  Kac.  98.  kuran-hamajlija,  Art  Amulet. 
ngriech.  xoupdvcov.  Hind.  106. 

kurban,  Opfer. 

nirum.  kurhan.  Man  beachte  die  Notiz  Jir.  347. 

kurdman,  Art  Kleid. 

kroat.  karmen,  juhdszbunda.  karmenac,  Art  Pelz.     poln.  korman,  Art  Regenmantel. 

kurluk,  nordtürk.  Heidekorn. 

russ.  kurlukd,  kurlyks,  wildwachsendes  Heidekorn.   Hehn  448. 

kurmak,  lierrichten. 

serl).  Sto  je  sada  misu  kurisao.  Hör.  1.  423.  tola  (Tisch)  kurisana.  kurisati  kolibe.  Hör. 
2.  609.  ngriech.  xoupriC">  "cd  xaavr/^pta,  dresser  les  tentes.  Legr.  100.  mrum.  kwma,  er- 
müden, kurmat,  ermüdet,  ist  der  Bedeutung  wegen  vom  türk,  Wort  zu  trennen. 

Denkschriften  .1er  phil.-Wst.  CI.  XXXVIII.  Bd.   I.  Abh.  20 


154  I-  Abhandlung:   Fkanz  Miklosich. 

kursan,  SeerJiubor. 

alb.  kiü'sai\  ugriech.  xpouadpTjc.  Legr.  102.  xpouodpo?.  Äoupasuco.  xoupaYj,  butin.  Legr. 
russ.  gusars  aus  dem  niagy.  hiiszär,  das  mau  vou  Imsz,  zwauzig,  ableitet,  indem  zwanzig 
Gehöfte  einen  Reiter  gestellt  hatten,     poln.  usarka.  Gol.  202. 

kursun,  Blei. 

bulg.  krimim.     serb.  kurium  i  olovo.  Bos.  Vila  3.   60. 

kurtarmak,  befreien. 

serb.  kurtarisati,  l)efreien.  Hör.  1.  442.  kutarisati  se.  kutarisem.  kutarisavati.  Bos.  Vila  2. 
257.  Mit  kursala  vergl.  ugriech.  xo'jpraXa,  icpoirapaaxcoat.  Pap.  446.  bulg.  kurtulisam 
Verb,  kurtulija.  Djuv.  Sbor.  UI.  99. 

kurum,  türk.  [•;>jj',  Aufstellung. 

Vergl.  bulg.  kurumadzi(ja) :  6orhadUja,  has  kurumadU.  Djuv.  Z.   716.  2. 

kusur,  Mangel, 
bulg.  kusurlija. 

kus,  Vogel. 

bulg.  varakus,  Blaukehlcheu,  gorge-bleue.  serb.  kusbaba,  Fledermaus.  Blau  242.  Vergl. 
krmegusa,  Art  Vogel,  russ.  pt/ca  varakvMa,  varakuika,  zonka,  motacilla  suecica.  vara  ist  mir 
unklar. 

kuS,  türk.  jiji,  Heerde,  grössere  Anzahl  von  Menschen,  die  beisammen  leben, 
serb.  kaus,  Mannschaftszimmer.  Bos.  Vila  2.  266.  Z.  717.  2. 

kuäak,  Gürtel. 

serb.  kusak.  russ.  kusaks.   Domostr.  175.  platte  kusacno  89.    estn.  kussakas.  finn.  kussaka. 

kuäluk,  türk.   ^jJLiy;,  Frühstück. 
•   serb.  kiisluk,  rucak.  Hör.  1.  306.   kuslukovati.   kad  je  sunce  na  kusluku  hilo.  Z.   717.  3. 

kutni,  Art  Stoff. 

bulg.  kutnija,  Art  Seidenstoff.  Djuv.     span.  coton,  algodon. 

kutu,   Schachtel, 
ngriech.  xouuciv,  xurtov. 

kuvve,  Kraft, 

l>ulg.  kuvet.     serb.  kuhvet,  snaga.  Bos.  u  kuhvetu  je.  Bos.  Vila  3.  131. 

kuze,  Lamm. 

ngriech.  %0'jC^'j(jlYji;,  dpvdxc  |aou.  Pap.  443. 


K'. 

ka'be,  Würfel,  kaba. 

serb.  öaha  muhamedanska,  hrisöanska. 

kaflr,  Ungläubiger. 

bulg.  gjaurin.  ot  geurska  ruda.  ogjaurja  se.  Verb.     serb.  kaurkinja.     russ.  kefary.  Grig. 
ngriech.  'Äaßo'jp.  Duo.  •(•arj.vj^o.z.    Y^j«^-''^p^5-<I.  Pap.  148.     magy.  gyaur.     span.  cafre. 


DiK    TÜRKISCHEN    ELEMENTE    IN    DEN    SÜDOST-    UND    OSTEUROPÄISCHEN    SPRACHEN.  155 

kafur,  Kamplier. 

serb.  cafitrija.  Bos.     rum.  kamfur.     span.  alcanfor.     ngriech.  v.af.firjO^d.  Diic. 

kag§d,  Papier. 

russ.  mjuchjtirljic  kegaty,  russ.  humaga  ss  pecathju,   Grig.     rum.  kajet,  Heft. 

kaMa,  Stellvertreter. 

biilg.  kehaja,  kejja:  russ.  starsij  pastuchs,  Oberhirt,  podkekaja.  kehijata,  Herold.  Kac.  187. 
kroat.  cehaj.  Sirena.  serb.  öeaja,  skotövodec.  alb.  cechai.  ngriech.  cechajas.  Reo.  93.  mrum, 
kihaie,  kih^ie,  propri6taire  de  brebis.  Obed.  168.     ngriech.  ßcClp-xsxaytaaYjC.  Legr. 

kahruba,  kehribar,  Bernstein. 

serb.  öehhibar,  celuhar,  slamku  vlaci.  Bos.  ngriech.  r.zj^i\xTzö.^i,  ambre.  Legr.  xspaßs, 
xapa(AS.  Duo.     span.  carahe.    Vergl.  aind.  trinagrähin,   Strohanzieher,  franz.  tire-paüle, 

kalak,  missgestaltet. 

klriiss.  kaUcyna.  poln.  zebraka  kalekiego.  dial.  niagy.  kaliczka.  rum.  kalick§.  poln.- 
arm.  gatikha,  Krüppel. 

kar,  Gewinn. 

bulg.  kjar,  Lohn  des  Schafhirten,     serb.  bi6e  6ara,   öelepira.  Hör.   1.   563. 

kar,  pers.   .1^,  das  Machen. 

Vergl.  xatpc:  vd  '5o6ai  fiä  vd  xdjxoiat,  öthoz  zouq  5(oa'(j  xaipt,  voir  ce  qu'ils  ont  k  faire. 
Legr.   132.  Vergl.  serb.  druge  öare  nema.  Hör.   1.   113.  diare  nije.  Z.   731.  3. 

kard,  Messer,  Dolch. 

anord.  kordi.     finn.  kortti.  Vergl.  russ.  kortiks,  Jagdmesser. 

kargir,   Grundmauer. 

ngriech.  '(v.a'T('(ripi,  y*£Uyy'*'jP^  maisonnette  en  pierre.    Legr. 

kar/anö,  Werkstatt. 

bulg.  kerhana,  Haus.  Djuv.     ngriech.  xtp/aväc,  ipYOcaxYjptov. 

käse,  Schale. 

ngriech.  %sa£(;.  Hind.  96. 

kaske,  gebe  Gott! 
bulg.  keski. 

katib,  Schreiber, 
serb.  öatib.  Hör. 

kebab,  Braten. 

bulg.  kebapcija.     serb.  öevapciö,  przeno  meso.  Bos.     ngriech.  v.B\i.'Kd'K.  Hind.   77. 

keböe,  pers.  in^uS,  grosser  Löffel. 

bulg.  kebce.     ngriech.  Y.s'he.  Pap.  437.   Z.   735.  2. 

kebe,  Decke. 

bulg.  kebe,  kepe:     russ.  hurka,  popona.     serb.  6ebe  kitajlija.  Bos. 

k6ö6,  grober  Wollstoff. 

kroat.  keca,  Art  Mantel.  Sirena.  poln.  alsikiecza,  gatunek  sidcna.  Gol.  93.  russ.  keca, 
Ijameca,  vojlokd.  Grig.    cech.  geca,  koberec.  dial.    ngriech.  xstC^?.  iciXoc.  Vergl.  -aizCi,  ^öpo[Aßoc. 

20* 


156  I-  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

keöerme,  Überwurf. 

serb.  djecei'^me.  Rec.  29.  Blau  31.  meint,   serb.  jecei'tna   sei  aus  jüo.^Äf,  Überwurf,    ent- 
standen. Neben  jecei'ma  findet  sich  dzecerma  und  jucerima,   dieses.  Bos.  Vila  2.    186. 

keöi,  Ziege. 

alb.  kec.  katsik,  Böcklein,    ugriech.  kacika,  kacik.   Rec.  41. 

kefal,  Meerilsche. 
all),  kefel,  barbe. 

kefe.  Bürste. 

Blau  213.  führt  serb.  keva  an. 

köf6n,  Leichentuch,     nordtürk.  kipen. 
serb.  öeßni,  mrtvaöke  haljine.  Bos. 

kefll,  Bürge. 

bulg.  kefilleme,  Bürgschaft.  Djuv. 

k6jf,  gute  Stimmung, 
ngi-iech.  %£(pc,  ötdOsoic- 

kel,  Flechte. 

bulg.  kelka.  kelco.     serb.  dela,  krastava  glava.  Bos. 

kelömije,  Brache. 

bulg.  kelem.  Jir.  133.     Aus  griech.  v-aKais-OQ.  Fehlt  Z. 

kelepir,  Beute, 

bidg.  kelepir:  russ.  poziva.  kelepirdzija:  russ.  seromyga.  kelepirdzilek.  Djuv.    alb.  kelepir. 
ngriech.  Xc^Extp,  x6p[ji,a. 

kelle,  Kopf,  Hut  Zucker. 

bulg.  kelle  seker.  Djuv.   Z.   759.  1. 

kern,  türk.  |vS^  böse,  schlecht. 

serb.  kirn,  mrzost.  kiman;  kivan,  grollend.  Bos.   Z.   759.  3. 

kemal,  arab.  JU5^  vollkommen. 

serb.  cemal,  zrelost.  Bos.  cemal,  punoljetni.  Bos.  Vila  3.  23.  für  öemal.  Z.   760.  2. 

keman,  Bogen,  Violine. 

bulg.  kemane  n.  Ljub.   77.  kemance.  kemancedzija.  Djuv.  kemene.  kemence.   Jir.   68. 

kern  er,  Gewölbe. 

bidg.  ^emei'  so  altani.     serb.  öemer-öuprija. 

kemör,  Gürtel. 

bulg.  izvadi  kerner  kese.  Mil.  nslov.  cemer,  gen.  cemra,  Geldgurt.  Kroat.    ngriech.  xd  xs- 
jAspja.  Pap.   151. 

kem/a,  Damast. 

ngriech.  y.a[i.o'j/äc.  Duc.     span.  camocan. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen  157 

kenar,  Rand. 

bulg.  kenarliov,  gesäumt:  tlirk.  lienal§.  Vergl.  kanara:  russ.  utess.  kanarist  adj.  kene  ist 
russ.  rods  kruzevoj  ohsivki.  Djuv.  Vergl.  keran.  serb.  podjose  sentom  i  öenarom.  Hör.  1.  96. 
ngriech.  xtvdpt,  xpdaiCcSov. 

kenöf,  Abort. 

biilg.  kenef.  kenefcija.     alb.  denef,  Allee.  Rec.  19.     ngriech.  XcVs^i,  aTUÖTcaxoc.  Pap.  17. 

kenevir,  Hanf, 
serb.  denevir.  Bos. 

kepenek,  Art  Regenmantel. 

russ.  kebenjaks.  Domostr.   128.     kobenjakd,  rvds  burki.  Grrig.     bair.  gebenek. 

kepenk,  Falle,  Fallthür. 

bulg.  kepenk,  kjupenk.     ngriech.  "AZTziffi.  Hind.  88.  ■KtouiisYY^'  '»aßt.öOupa. 

keran,  pers.  ^^S,  Uferrand,  Rand,  aus  kenar. 

Vergl.  bulg.  geran,  giran,  Quelle.  Djuv.  serb.  djeran,  BrunnenscliAvengel,  ist  wohl 
griech.  •(i^a-^oQ. 

keraste,  Holzwerk. 

bulg.  kei'este,  Material,    ngriech.  %B^zoziz,  (i)^f]. 

körem,  Edelmutli,  Gnade. 

serb,  alah  6erim,   bozija  volja.  Bos. 

keremit,  gebrannter  Ziegel. 

bulg.  keremidcija.     serb.  ^eremid.  Bos. 

k6r6v6t,  Bettgestell, 
slovak.  krovat,  divdn. 

keröviz,  Sellerie.  , 

bulg.  kereviz,  kerviz,  keriviz,  kiriviz,  cerevis  neben  celina. 

körpiö,  ungebrannter  Ziegel. 

bulg.  öeiyik.  kirpizija,  Zigeuner,  kirpizijka.  Sbor.  russ.  kirpic,  Ziegel  überhaupt,  votj. 
kirp§c.  kiiyitsa.     wejjs.  kirpic  usw.  aus  dem  Russ.  Ahlquist  115. 

körvan,  Karawane. 

poln.  karavana  ist  europäisch,      span.  caravana.    caravanserai. 

kesad,  Flauheit  des  Marktes. 

bulg.  kesat.  kesatlzk.  Djuv.     ngriech.  xiaaxAix,  äicpaata. 

kese,  Beutel. 

kroat.  kesrdzija.  Maz.  1.  61.  serb.  podesnjak,  halber  Beutel,  250  Piaster,  wruss.  kisena. 
russ.  kese,  kesija.  Grig.  ngriech,  %soeQ,  v-eod.  Pap.  437.  zig.  kisi.  hind.  klsa.  ngriech. 
xsatvrC'^C,  xiCd/vT^C,  Beutelschneider,  span.  quiga,  bolsa.  Verschieden  scheint  alquicei  Eguil.  249. 

kesimö,  Bauschsumme,  kesim,  Taxe. 

bulg.  kesim,  russ.  gurtoms,  optoms.  kesim,  Art  Abgabe,  kesimdzija.  Jir.  407.  409.  serb. 
kupiti  na  öesam,  na  sre6u.     alb.  kesim,  Art  Abgabe.   Hahn  1.   132. 


158  I.  Abhandluno:  Franz  Miklosich. 

kesinti,  tilrk.  ^-iju-i^  Spott. 

Vergl.  serb.  kesiti,  die  Zähne  weisen.   Z.  751.   1. 

keskin,  scharf, 
bulg.  keskin. 

köstane,  Kastanie. 

bulg.  kjosten,  kosten,  kosten,  kastenev.  kroat.  kostanj,  das  der  nslov.  Form  nahesteht, 
mm.  agistin§,  gistin§.     magy.  gesztenye. 

keäf,  Enthüllung, 
serb.  6eß,  ütraga.   Bos. 

keskök,  Art  Speise, 
ngriech.  Xcoxsxi,  äX^txov. 

keten,  Lein. 

serb.  6etan.  detna  poljana.  Bos.  Vila  3.  221. 

kevenm6k,  quälen. 

ngriech.  ys^S'^xiCio,  Siaaupw,  hoo^y]\).ih.  Pap.  408. 

kibit,  Kaufladen. 

Die  äjJia^ofpöp'rjTOt  owoi  finden  sich  bei  Pindar. 

kibrit,  Schwefel. 

bulg.  kaf-kibrit.  Djuv.     span.  alqueiibito.  Eguil.  247.     ngriech.  xijjißpitt,  Qsiov. 

kile,  Scheffel. 

bulg.  kile.  kilnica.  Djuv.    poln.  kiia.  Aus  dem  Rum.    ngriech.  xotXöv,  xuX6v;  xoiAov.  Duo. 

kilid,  Schlüssel.  ' 

serb.  kilit,  6ilit.  Scilititi.  Hör.  öilitli  (zabravljen)  dudan.  Hör.  1.  540. 

kilim,  Teppich. 

ru88.  kilimd,  gladkij,  polosatyj  kovers.  wruss.  kilim.  mrum.  kilim.  ngriech.  xyXt[j.i,  uXi- 
[jitov,  plur.  xcÄtjxvta  aus  XcXijxja.  v.iki\i.i  und  zCiki\i.i.  cech.  calun,  poln.  caiim,  cahn  ist  it. 
celone. 

kira,  Miethe. 

bulg.  kirijas,  Miether.     mrum.  kiradzi.  Obed. 

kiredz,  Kalk, 
bulg.  kireccija. 

kiris,  Querbalken. 

ngriech.  6irisi,  dema.  Rec.  38. 

kisvet,  arab.  i^^,  Kleidung. 

serb.  öispet,  odijelo.  Bos.  Z.   751.   1. 

kitab,  Geschriebenes,  Buch. 

bulg.  ketap,  kitapi^e,  kitip,  ketipin  beruht  auf  dem  Plur.  kütüb.  Jir.  343. 

kor,  blind. 

bulg.  kjor.  kjorco.  serb.  slepi  o6i,  Schläfen,  alb.  syiöora,  ngriech.  tifllomatja  (tome- 
lan§ija).  Reß.  1.  21.  ist  tflrk.    (orfjozler. 


DiB    TÜRKISCHEN    ELEMENTE    IN    DEN    SÜDOST-    UND    OSTEUROPÄISCHEN    SPRACHEN.  159 

köb,  d2agat,  rundes  Gefäss. 
russ.  huh,  Retorte.    Vergl.  Hup. 

körfüz,  türk.  yi\y^,  Meerbusen,  Insel  Korfu.  Aus  griech.  /.oXiro?. 
serb.  öorfez  in  beiden  Bedeutungen.  Bos.  Z.   769.  3. 

köle,  Sclave.  cole.  Rec.  35. 
ngriech.  f.wXic,.   Legr.   120. 

kömür,  Kohle. 

bulg.  kjmnjur.  kjumjurdzija.  kjumjurica,  Kohlengrube,  Djuv. 

köp  ogl§,  Hundesohn.   Djuv. 
bulg.  kjopoolu.  Djuv. 

köpek,  Hund. 

Vergl.  bulg.  kjopav:  russ.  neudaclivyj. 

köprü,  Brücke. 

Vergl.  ngriech.  plur.  cufirja.   Rec.   18. 

köpür-köpür,  türk.  ^j^,  haufenweise. 

serb.  copor,  Heerde  Schweine,  ist  magy.  csoport,  hängt  demnach  mit  dem  türk.  Worte 
wohl  nicht  zusammen.  Z.   765.  2. 

kör,  nordtürk.  Masern.  ^ 

.    Vergl.  russ.  kon.    klruss.  kör. 

körüm6k,  türk.  Ax:.,S,  das  Feuer  anblasen, 
bulg.  gevredisam:  russ.  podzaritb.  Z.   771.  2. 

kös,  kjörs,  pers.  ^Si  Pauke. 

bulg.  gjus.  Djuv.     serb.  öosati:  6osaju6i  i  tamburajuöi.   Hör.   1.   146.  Z.   773.  2.    Vergl. 
kösrnSK. 

kös6,  bartlos, 
bulg.  kjosav. 

kö8el6,  türk.  gJ^S,  Sohlenleder. 

ngriech.  xtoasXic,  xsaasXsc,  maay[xa.  Z.  774.  1.  Hind.  82. 

kösmek,  tüi-k.  JL«-*^  zürnen. 

serb.  cosati,  Ijutiti  se,  aäikovati.  Bos.  öosati  i  asikovati.  Hör.  2.  430.  Z.   774.  1. 

kö§k,  Kiosk. 

alb.  öosk.  Rec.     ngriech.  Äi6axt,  O'no.c,.     span.  kiosco  aus  dem  Franz. 

kötök,  Stock,  Klotz. 

bulg.  kjutjuk,  kjutek,  kitjuk,  Baumstamm,  kjoteg,  plur.  kjotedzi. 

kötilik,  kötülük,  türk.  «iJULö^,  Bosheit, 
bulg.  kjutlija,  böse.  Z.  766.  3. 

küftör,  Grewebe. 

Vergl.  russ.  kofta,  Frauencorset. 


160  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

kuknar,  Art  Fichte,  Mohnkopf. 

bulg.  ki(kuna7'a,  ponnne  de  pin.  russ.  kukunan,  kedrs,  pinija.  ngriech.  xouxoDvdpa, 
xouxouväpt. 

kup,  kub,  arab.  ^y^,  ^S,  Krug. 

bulg.  kjup.  Ljub.  15.  Jir.  135.  267.  553.  ngriech.  xouixzsc,  (fidXri.  russ.  kubokö.  votj. 
zürj.  kicb.  Magy.  kupa.  alb.  kup§.  rum.  kup§.  ngriech.  xoÜTca  sind  europ.:  lat,  cupa, 
cuppa.  Z.  765.  1.    Vergl.  köb. 

kuper,  pers.  jj^,  anethum,  Dill. 

aslov.  koprs.  nslov.  koper.  bulg.  kopdr.  serb.  kopar.  cech.  poln.  kopr;  krop  aus 
dem  Russ.  russ.  krops.  alb.  kopfr.  magy.  kapor.  Nach  Muchl.  66.  ist  das  Wort  entlehnt: 
wenn  dem  so  ist,  so  muss  die  Entlehnung  uralt  sein. 

kurkum,  kurkuma,  arab.  ^S,  JUS^,  Art  Safran. 

rum.  kurkum,  kurkum^.  it.  franz.  curcuma.  span.  corcoma.  aind.  kunkuma.  Biauchi. 
Cihac  570.  Hehn  227. 

küöük,  klein,     nordtürk.  keöek. 

Vergl.  ngriech.  mwo,  aicdvtov.  Pap.  437. 

küfe,  türk.  lüS,  grosser  Henkelkorb. 

bulg.  kßife.  Djuv.     ngriech.  xörpa,  Hind.  94.    Z.  775.  2. 

küfte,  viande  hach^e. 

serb.  öufte.  Bos.  bulg.  wohl  kjicße.  Jir.  37,  Vergl.  gsovde,  pastrma  bei  Djuv.  III.  pag. 
XXXI.     griech.  xio'fxsc,  Klösse.  Hind.  76.  %t£?pr£C.  xstpisc,  iaatov,  insicium. 

kühöjlan,  arab.  J:k*j^,  edles  (arabisches)  Pferd, 
serb.  öuhejian,  arabisches  Pferd.  Hör.  Z.   782.  2. 

kükürd,  türk.  o^^,  Schwefel. 

bulg.  kjukjurt,  tjukjurt,  tikjurt.  Djuv.     nordtürk.  kjukert.   Z.   776.   1. 

kül,  Asche,   külbaste,  Carbonnade. 
ngriech.  xiouATcaar^,  ^Krj-^iz.   Z.  756.  3. 

külah,  Mütze. 

serb.  dulah,  kapa.  Hör,  6ulaßa,  kukulla.  Reß.  30.  Vergl.  piföula,  Art  Mütze:  />«/ist  mir 
dunkel,     russ.  kulafi,  muzkoj  golovnoj  ubors.  Grig. 

külöe,  türk.  xäJLS',  Klumpen,  Barren  (Metall), 
bulg.  kjulce.  Z.  757.  1. 

küUü-ma,  arab.  Uli',  alles'  was. 
bulg.  kjulljum.  Z.  755.  3;  757.  3. 

kümbed,  pers.  JlU^,  gewölbter  Bau. 

bulg.  kjumbe,  Ofen.  Djuv.  Z.   763.   1.    Vergl.  kubbe. 

küm6,  arab.  sje^f,  Erdhaufe. 

alb.  küm,  Haufe.  Vergl.  serb.  kirne  n.:  preko  kimeta.  preko  mjere.  Bos.  Vila  2.  373. 
ngriecli.  '(-/.iw^ii,  (x'.Xidpiov.  Z.   778.  3, 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  161 

kümes,  türk.  ^j^S-,  Hülmerliaus. 
ngriech.  xoo[idat.  Z.   778.   1.  Hind.  98. 

künk,  türk.  db^  Kaüal,  Gosse. 

bulg.  kjunk,  kjunec  neben  kljunk.  Djuv.  kjimk.  Jir.  441.  Z.  779.  3. 

kürek,  Schaufel. 

ngriech.  xioupsx  )(aßaat,  clpsata. 

kür6n,  geschlossener  Kreis. 

jjoln.  kurzen,  koio  heb  twierdza  zamkni^ta  wozami.  kuren,  kurzen,  Hütte  im  Walde.  Roeznick. 
kureü  aus  dem  Klruss.  Verschieden  ist  wohl  das  arab.  kurena,  associ^s.  Barbier  2.   510. 

kürk,  Wolf,  Pelz. 

bulg.  kjurk.  kjurkcija.  Befremdend  ist  serb.  kurjak,  das  wohl  nicht  hieher  gehört. 

kürte,  Jacke.  Vergl.  kurtak,  i^jiojj,  Art  Kaftan, 

klruss.  kurta,  korotkyj  serdak.  russ.  kurtaks,  Art  Hemdkragen,  kurta,  kurtka,  Jacke. 
korteh.  Domostr.  90.  poln.  kurta,  kurtka,  suknia  kusa.  kurtak.  Fehlt  Z.  Bei  Hör.  öurdi,  kratka 
haljina.  poln.  kurta,  Hund  mit  gestutztem  Schwänze  (daher  kurtas).  klruss.  kurta.  slovak. 
kurta,  kurtak.  magy.  kurta,  kurz,  nslov.  kurtast.  Die  mit  k  anlautenden  Wörter  sind  viel- 
leicht trotz  des  türk.  kurtak  romanischen  Ursprungs:  lat.  curtus. 

kütürüm,  gelähmt. 

serb.   djutwmm,  nenocan,  sakat.  Hör.    Vergl.  ti  poslusaj  djuturuma  svoga  1.  150. 


G'. 

gab,  Zeit. 

serb.  dja-dja.  Hör.  2.  241.  djah-djah.  2.  465.  djah  für  djah  djah,  kad  sto. 

göömmök,  türk.  JU-läS^  sich  fortbringen,  leben, 
bulg.  gecena  se:  russ.  pozivaju.  Djuv.  Z.   739.   1. 

gölin,  türk.  ^jJL5,  Braut. 

serb.  gjelina.  gelina.  Blau  250.  türk.  gelindzik,  Bräutchen,  Wiesel;  griech.  vo'-fiz^a.. 
serb.  nevjestica.     it.  donnola.  Z.   758.  3.   Hind.  20. 

gelmek,  kommen. 

serb.  elate  vamo.  Vardar.     griech.  aa(pä  ys^x^V,  sois  le  bienvenu.  Legr. 

gern,  türk.  ^,  Zaum,  Grebiss,  Zügel.    Vergl.  güvSin.  Z.   780.  2. 

bulg.  gem.  serb.  dzem,  Gebiss,  in  dSema  svali,  a  torbu  navali.  Volkslied,  wenn  die 
Stelle  richtig  verstanden  wird,  ngriech.  YXSjJit,  Y£[it,  jrjXviöz,  fO^iüzri^.  Man  vergleiche  bulg. 
gern,  gim,  gendzik,  Tasche,     kurd.  djerti,  Bündel.     Fehlt  Vuk.  Z.   759.  3. 

gemi,  Schiif. 

ngriech.  tö   '(%i\^i.  Pap.   72.  '(XZ^rf,C,-7pzz.   Legr. 

gendz,  Schatz. 

arm.  gariC,.     aind.  gandia. 

Denischriften  der  plil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.  I.  Abb.  21 


162  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

geröek,  türk.  JL&.y,  AYahrlieit. 

bulg.  gercek,  in  AValirheit.  13juv.  Z.   743.   3.    gerdzik  soll  gizdav  sein. 

gerdan,  Hals,  gerdane,  Halsband. 

kroat.  jei'daii.  Mag.   1.  161.  djerdan  25.  djendei'.  Il)id.     serb.   djerdan,  gerdan,  djendar, 
klruss.  gerdan,  garda,  zgarda.     ugriech.  •^irjo^^o.'ii,  opjJioc,  otpcxröc. 

gergöf,  Webestuhl. 

alb.  cerdzef.  Re2.  32.     ugrieeli.  xtpx£<pt,  broderie.  Legr.  VTaspvtaEtpi.  Pap.   118. 

geriz,  Canal. 

ngriecli.  YxsptC^  ä|xdpa. 

göverdzin,  tiu-k.  ^j^s^^yS,  Taube;  gövgerdzinlik,  türk.  JLU=»w$^  Taubenhaus. 

bulg.  givgirlija:  russ.  golubjatnja,  aus  türk.  g'överdzinli.  Djuv.  Bianchi  2.  667.  2.  Hiud.  21. 

gevrök,  Art  Backwerk. 

bulg.  gevrek.  gevredisan.  Djuv.    serb.  djevrek,  krhko,  lomko.  Bos.    griech.  YÄSjSpsxt.  Hind.  76. 

gevsem,  türk.  frJ^yS,  alt,  AVidder,  Bock, 
bulg.  kjosem,  Leithammel.  Z.  774.   1. 

gidi,  Hahnrei. 

bulg.  djidi  mszu.  luda  gedija.    serb.  djida,  djidija,  lazac.  Hör.  1.  35.  106.  djida  te  rodila. 
Ka5.  87. 

gir,  Brunnen. 

Vergl.  bulg.  geran.  Jir.  629.     ngriecli.  geran,  pigadi.  Rec.  16. 

girdab,  Abgrund,  ghirdap,  les  brisants  du  Danube  aux  portes  de  fer.  Dapontfes. 
serb.  djerdap,  vrtlog,  propast.  Bos. 

girdek,  Brautzelt. 

serb.  djerdek,  svadhena  lohiica.  Hör.    ngriech.  vu'f  oaxöXt,  xotxcbv,  sv  fy  5ta'.r7.toci  xac  irpco- 
xa?  -oO  Y^ixc/'j  7;ix3pa(;,  r^  v6[jL(p7],  alt  6dXa|JLOC,  'rraaxdi;.  Pap.  469. 

girje,  pers.  )u,S,  Weinen, 
bulg.  girija.  Djuv.  Z.   748.   1. 

göö,  türk.   -^S^  wandernde  Familie,   Familie. 
bulg.  gjoc,  Familie.  Djuv.  Z.   767.   1. 

göden,  grosser  Darm. 

Ijulg.  gsovde,  d.  i.  gjovde,  Wurst.  Djuv. 

göjegü,  Eidam. 

strb.  djuveginska  vedera.   Bos, 

gök,  Himmel,  himmelblau,  nordtürk.  kjuk. 
niagy.  kek,  blau. 

göl,  See,  Teich. 

bulg.  djol.     serb.  alb.  gjol.  Reß.   16.     mrum.  giole.  Obed. 


Die   türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  163 

gön,  Fell,  Leder,     nordtürk.  gong. 

bulg.  gjon  soll  russ.  nosoks  sapoga  sein.  Djuv.  serb.  djonpara,  komad  koze  za  djon. 
Bos.  Vila  2.  131.  djonpora  319. 

göniö,  Winkelniass.     türk.  gönja.    Hind.  59. 

göre,  türk.   a^S,  gemäss,  entsprechend. 

serb.  jorgana  gjore.  Bos.  Vila  2.  318.  Z.   771.  3. 

görülti,  türk.  ^^äJ^^  Gepolter. 

bulg.  praveha  gjurultija.    Rumena  18.    kjurjultija,  Lärm,   Djuv.   Z.   770.  2. 

göt,  der  Hintere. 

serb.  izdjotati.  Dj.  Popovid. 

göz,  köz,  Loch,  Auge. 

Auf  göz  etmek,  Acht  haben,  soll  bulg.  guzen,  vorsichtig,  beruhen.  Djuv.  serb.  djoz,  oko, 
okno.  dzoza,  okno  na  prozoru:  otvorio  diozu  na  pendieru.  Volkslied,  pendzeru  dzoze  odvalio. 
dolazi  djozu  i  pendzeru.  Hör.  2.   147.    Z.   772.   1. 

göz  bag§dz§,  türk.  ^c^!<iL>  \S^  der  mit  den  Augen  bezaubert. 

bulg.  gjozbajadzi,  Betrüger.  Djuv.:  mit  Anlehnung  an  slav.  bajati.  Z.   168.  2. 

gözi  aö^k,  türk.   ^^\  <S))^-i  ^^^  ^^®  Augen  offen  hält,  wachsam, 
bulg.  gjozacik,  klug.  Vergl.  acigjoz.  Djuv.  Z.   772.   1. 

gözleme,  türk.  xj\j5^  Pfannenkuchen, 
ngriech.  '(xirjClziiiz.  Z.   773.  1.  Hind.  75. 

guja,  sozusagen,  gleichsam. 

bulg.  gdoa  d.  i.  gjoa,  als  ob.   Djuv.  gjoa.  Sbor.  IIL  73.  94.   107. 

gumön,  ^Si  Nachteule,  Art  Ente. 

bulg.  tri  sivi  gumeni.  Djuv.   Bianchi  2.  671.    1. 

gur,  pers.  .^  einsamer  Ort,  Grab. 

bulg.  kiur,  kivur:  russ.  mogila.     ngriech.  xaußoupt.  Legr.  236.  Z.   768.  3. 

gübre,  Dünger. 

Vom  griech.  xoxpta,  nicht  von  xÖTcpoc. 

güc,  türk.  ^,  Kraft,  Arbeit. 

bulg.   gjuc,   Gewalt:  russ.  muka.  Djuv.  djudz,  zalost.  Milad.  Z.   766.  3. 

gügüm,  metallener  Wasserkessel, 
ngriech.  ■^r.wj-^iryj^i^  Siedkessel.    Hind.  94. 

güheröile,  türk.  »Xs^y^,  güveröile,  Salpeter. 

bulg.  gjuherdzele,  gjuverdzele,  geverdzele.   Djuv.  ngriech.  xtßsptCtXs^.   Z.  780.  3;   782.   1. 

gül,  Rose. 

bulg.  gjul,  sipka,  trendafil.  gjulfilance,  Rosenblatt.  Djuv.  serb.  zlatom  nadjulan.  Hör.  2. 
384.  djuUstan.  Vergl.  djidum:  a  djulume,  porano  cvetice.  Jastr.  419.  420.  djusuom  sing,  iustr. 

21» 


164  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

djultan  (zladane  djultane  acc.  Nikol.  73)  ist  wohl  gül-dan,  Blumenvase.  Dunkel  ist  mir  stru- 
cak  djuvezana.  Nikol.  49.  50.  kroat.  dva  ohraza  ka  djulaja.  Maz.  39.  ngriech.  '^VjöXi.  Man 
beachte  gül  bojrami  für  Pfingsten,  eine  Übersetzung  von  it.  pasqua  rosa,  rosata,  griech. 
pouadXia.    Vergl.  meine  Abhandlung:    Die  Rusalien.   Sitzungsberichte,    Band  46. 

gülab,  Rosenwasser. 

ngriech.  C^^^amov.  Atacta  4.   1.   159. 

gülbang,  gülbeng,  pers.  JbLJ5,  lautes  Geschrei,  Feldgeschrei. 

serb.  djulbe  dova,  molitva  za  vojnike,  prije  nego  sto  de  poöi  it  hoj.  Hör.  djulbent-dova  VI. 
djnlbe  im  se  dova  izucila  1.  207.   Z.  756.  3. 

gül6,  Kanonenkugel, 
serb.  djumle,  djunle.  Hör. 

güm-rah,  jjers.  sl**^  verirrt,  den  Weg  verfehlend, 
bulg.  gjumrah.  Djuv.  Z.   760.   1. 

gümrük,  Zoll. 

ngriech.  Ytou[J.T:pouxt,  tsXwviov.  '^ioo]x%^rjOf.zCffiz,  XaXmrfi.  -^\.0]yK^0Of.xC,i\i.%ti'^y]Q,  d/vaßdpxTQC. 

gün,  Sonne,  Tag.  gündelik. 
bulg.  gjundjuluk,  gjunljuk.  Djuv. 

gün,  i^ers.   ^j^,  Farbe. 

Vergl.  bulg.  gjon:  sahtijani,  gjonove  i  tem  podobni.  Djuv.  Z.  779,  1. 

gürös,  gülös,  türk.  Ji>^,  ijiJ^  Ringkampf, 
bulg.  gjures.  Djuv.  Z.   769.  2. 

güster:  güsterden,  pers.  ^^y^^  verbreiten. 

Vergl.  serb.  djusterisati,   zeigen:  djusterisi,  pokazi.  Bos.  Vila  3.  6.  Z.   749.  2. 

güvedz,  irdener  Topf. 

bulg.  givec,  Art  Speise.   Djuv. 

güvendi,  Hure, 
bulg.  gevendija. 

güzel,  schön, 
bulg.  gjuzel.  Djuv. 


laden,  pers.  ^c»"^,  ladanum,  Xr^Savov,  Art  Baumharz. 

serb.  ladan,  Rauchfass.  Vardar.     russ.  ladans.    votj.  ladan.     klruss.   iadan.   Z.  788.  2. 

ladzuverd,  Azur. 

kroat.  ladzuver,  modruljica.  Kam.    bulg.  lazur.    russ.  lazun,  lazon.    ngriech.  ).aCoußcp5t, 
XaCoopio?. 

lafazan,  Schwätzer. 

ngriech.  Äa'fdCaVY^c,  'ZSpTcspoc. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  165 

lagab,  arab.  ;oL*J,  Beiname,  Titel. 

serb.  lagab,  lagaf,  prezime,  podrijetlo.  Bos.  Vila  3.  22.  Z.   793.   3;  794.   3. 

lag§m,  Mine. 

bulg.  auch  lam.    kroat.  gradi  lagun.  Marjan.  143.    ngriech.  XaYo6[Ji,i,  SpuYtAO^-  XayooiJi'cC'^?. 

lahor,  ;v»;i(,  Lahor  (Indien). 

bulg.  Ijahuri  saljani.  serb.  lahur,  Art  Kleid,  nar.-bl.  355.  ngriech.  Xa/o6pt,  Xa^oopc, 
Xjayoupt,  Shawl,  cachemire.  Legr.  216,  Cwvyj  -^o^ausia.  Pap.  452.  zfiz  MäXzaQ  Xapupi 
Legr.  304.  Z.  790.  2. 

lahana,  Kohl, 
bulg.  lahana,  lahna. 

lak§rde,  Gespräch. 

bulg.  lakdrdija.    ngriech.  XaxpwcL  Xaxptvrsoü).  Pap.  451. 

lakerda,  eingesalzener  Thunfisch. 

bulg.  lakerda.     serb.  alb.  llacerda.   Rec.  51, 

lakSe,  Art  Nudeln. 

klruss.  ioksa,  ioksyna.     cech.  loksik. 

lal,  lale,  Rubin. 

ngriech.  \akiz,  Tulpe.   Hind.   13. 

lala,  Diener. 

bulg.  lala:  russ.  suh,  Iguns.  Djuv. 

langoros,  langer,  (j^^^aj!^,  Art  geringer  Wein. 

bulg.  langera.     ngriech.  XdYY^poc«;,  XcxYyspov  xpaot,  Seuispiac,  xdpYavov,  Z.  790.  1. 

lapa,  türk.  LI^J,  Brei,  Suppe, 
bulg.  lapa.  Z,  788.  1. 

lavaä,  Art  feines  Brot. 

russ.  levass.  Domostr.  159.  levacha. 

lazim,  nothwendig, 

serb,  lazum  für  lako.  Nikol.  64. 

lebade,  Art  Regenmantel, 
serb.  libada,  ogrtac.  Hör. 

leblebi,  geschmorte  Erbsen. 

bulg.  leblehija,  eblebija.  Djuv.  serb.  alb.  leblebi.  ngriech,  plur,  leblebides.  Rec.  49, 
Vergl.  mrum.  bilbitse,  Kichererbsen. 

16jlak,  spanischer  Flieder. 

bulg.  luljak,  lulek.  Jir.  548.  liljak,  Ijuljaka.  Den  Syringenstrauch  hat  Busbeck  aus  Stam- 
bul  herübergebracht.    Helm  452. 

lejlök,  Storch. 

bulg.  lelek,  Storch,  serb.  Ijiljak,  Fledermaus,  Gund.  lejlek,  roda.  Hör.  Vergl.  natovari 
lejlek  crven  cador.  Hör.   1.  348.     ngriech.  XsiXsxi,  TCsXapYÖ?. 


166  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

Iek6,  Fleck. 

bulg.  izlifa,  wegwischen.  Djuv.  lekedisan,  weissgefleckt:  von  einem  Verbum  lekedisa. 
ngriecli.  Xsxsc.  'ävjXii;. 

lekön,  Kübel. 

bulg.  legen,  lihen.  russ.  laguns,  laguska;  lochand;  daher  nordtürk.  lagun,  lachan.  ngriech. 
Xseviov,  Xa7]vt,  Xdyr^vo!;. 

lella,  xJU,  domina.  Eguil. 

Vergl.  aslov.  lelja,  Tante,  bulg.  lelja.  lelek.  klruss.  Mika  usw.  span.  lela,  domina. 
Eguil.  438. 

lemma,  arab.  O,  als,  da. 

bulg.  lema:  russ.  razve.  Z.  795.  2. 

lenger,  Anker. 

bulg.  lenger.     serb.  lendjer.   Hör. 

le§,  Leiche. 

ngriech.  Xsai,  TtT(ö[i.a  (dv6pio':rou)  6v7jot[iaiov.  Pap.  453. 

levend,  freiwilliger  Soldat. 

ngriech.  Xcßsvr/jc,  brave  garcjon,  compagnon.  Legr.  XsßoVtvjc  m.  Xsßsvrpa  f.  xoix(j;(öc  ev- 
8u6[ASVoc  xai  dxpoi?  Tcoal  ßacvtov,  Stutzer.  Xsu£Vt£6o[JLai.  -/^  Xcßevcoupjd  collect.  Pap.  72.  453. 
XEUcVTOtdvvYji;.  Volksl.  X£ß£V'coa6v7).  Pasp.  Man  meint,  que  le  mot  Xeusvctjc  provient  du  latin 
levis:  levis  armatura,  il  leggier  greco.  span.  levante,  soldado;  levandi,  guerrero.  Eguil.  438. 
ngriech.  Xsßdvrr^:,  dTCTjXuorrjC.  ocpoxoXsßdvx'^?,  supoxXuScöV. 

libas,  arab.  ^j«-LJ,  Kleid. 

Vergl.  ngriech.  Xs|xii£ao6pt:  XsiJnrsaoupjd.  Pap.  86,  Z.   791.  1. 

liman,  Hafen.  ^ 

bulg.  poln.  liman.     serb.  kara-liman,  ime  topa.  Bos.     ngriech.  Xt[xdvi.   Pap.  86. 

lobud,  ovJ,  Keule,  Knüppel. 

bulg.  /oÖMi;  russ.  poboj.  lubutja  verb.  serb.  lobud,  Art  Lanze.  Blau  272,  der  es  mit 
lupati^  schlagen,  in  Verbindung  bringt, 

lodra,  5,jy,  Pfund. 

serb.  lodra,  halbes  Kilogramm.  Vardar.  ngriech.  Xirpa.  Z.  796.  \.  Verschieden  ist  nslov. 
lodrica,  grosses  Fass.  Im  Westen. 

lokma,  Bissen. 

alb.  auch  lokm§.  bulg.  lokma.  Vergl.  bulg.  lokmaruh,  Art  Mixtur,  lokmarce,  Gefäss  da- 
mit. Djuv. 

londza,  porticus. 

bulg.  londza,  ssbranie  na  esnafa.  Jir.  139.  vluncja  se,  sich  versammeln.  Djuv.  nslov. 
loia,  Wagenremise,  unmittelbar  aus  dem  It. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  167 

lurabarda,  Bombarde:  ein  solches  Wort  scheint  vorausgesetzt  werden  zu  müssen.  »t>L  J. 
Blau  33.  Vergl.  )runbara,  Svxxä.,  kunbara,  s*yj.  kumbara,  yumbara,  Bombe. 

serb.  ktmbarda.  Juk.  229.  Bogis.  ^73.  lubarda.  lumbardati.  lumbardzija.  Vien.  97.  Marjan. 
58.  bombarda.  biju  harde  i  biju  lumbarde.  Hör.  1.  354.  alb.  lumbardliQ.  ngriech.  Xou|X7uap§a, 
Xou[Aßdp8a,  ßo'j[jLßdp§a,  [xiroiATcdpSa.  Atacta.  V.  1.  228.  [xTcoyfjLirdp^a  IV.  1,  340.  {JL'3co|ji,iüap- 
8dp(o.  [Aii;ö[JLßa.  it.  bombarda.  alb.  bumbardh§.  Vergl.  poln.  pomort,  die  grösste  Art  von  Pfeifen, 
der  Bass-pommer. 

lüban  dzavi,  Benzoe. 

poln.  benzoes  neben  bqdzwin.  Karl.  12.  griecli.  Xißavoc,  aslov.  livam  ist  lüban,  span. 
olibano  dagegen  al  lüban. 

lüle,  Röhre,  Pfeife. 

serb.  lula,  Wasserröhre.  Bos.     poln.  lidka. 


M. 

ma'den,  Bergwerk. 

bulg.  madan.  raada^iiste.  Jir.  326.  madem,  Bronze.  Djuv.  ngriech.  Madenochoria,  Minen- 
dörfer:   so   heisst  die  Halbinsel  Chalkidike.    Rosen  17.     span.   almaden.     ngriech.    [xavSsixt. 

madzar,  Unger. 

ngriech.  VTou<pcXt  {Advtajapt,  d.  i.  [j.aYYtapixot,  odyYptxot.  Pap.  63. 

ma'dzun,  geknetet,  Latwerge, 
bulg.  auch  madzun. 

mafis,  arab.  mafise  «.iuLiLo,  Art  Sjieise. 

serb.  mavis,  majvis,  Schneebällen,  Art  Mehlspeise,  mavisnjak.  Vergl.  devr:  devermavü, 
österr.  Krapfenradi,  kovrtac. 

magara,  arab.  s.lju!,  Höhle,  Riss  (im  Erdboden). 

serb.  megara,  jama.  Bos.  Vila  2.  132.     ngriech.  [xayapdc.  Hind.   101.   Z.  865.  2. 

magaza,  b-Xxx,  Bude,  Kammer,  aus  dem  franz.  magasin. 

serb.  magaza.  kataliska  (krvnicka)  magaza.  Bos.  Vila  2.  147.  Der  Artikel  ist  zu  berich- 
tigen: das  Wort  m^yzan  scheint  aus  dem  Arab.  in  eine  europäische  Sprache  eingedrungen, 
aus  derselben  von  den  Türken  entlehnt  und  aus  dem  Türkischen  in  das  Bulg.  usw.  auf- 
genommen worden  zu  sein. 

magdanoB,  Petersilie, 
ngriech.  magdozi,  Reß.  51. 

magflröt,   arab.  'iyLiua,  Vergebung. 

serb.  mahviret,  Vergebung  der  Sünden  (bei  den  Mohammedanern).  Bos.  Vila  3.  133. 
Z.  866.  2. 


168  I.  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

maguna,  grosse  Barke. 

ngriech.  magona,  mauna.  Rec.  19.  [laoöva,  mahonne.  Legr.  span.  mahona,  navio.  Vergl. 
vmuna. 

mahana,  Vorwand. 

bulg.  mahana.  serb.  mahne.  Bos.  Vila  3.  52.  mana,  znacenje,  prigovor.  Hör.  da  ti  nije 
cura  pod  mahanom.  538.  moja  sdera  sada  je  pod  mahnom  229.  mati  mi  je  velik  mahandzija 
534.     alb.  m^han§,  Grund,  Veranlassung. 

mahmnz,  Sporn. 

bulg.  mamuz.  serb.  mahmuza.  Hör.  mahmuza,  mamuza  aucb  für  devermaviä:  devirmSK. 
ngriech.  {ia)(|JLo6Ct,  xsvrpov. 

mahabbet,  mühabböt,  arab.  jL<ls?,  Freundschaft. 

serb.  muhabet,  razgovor.  Bos.  Vila  3.  52.  muhahetiti,  prijatelski  razgovarati.  3.   131. 

maüalle,  Stadtviertel. 

serb.  mahalelija,  der  mit  mir  in  derselben  Gasse  wohnt.  Bos.  mrum.  meheladi  plur. 
Obed.  138.     span.  almahala,  Heer.  Eguil.  209. 

maüfaza,  arab.  xlattjp,  Futteral. 

bulg.  mafez:  si  prevwza  momin  mafez.  Milad.  422.     serb.  mafes.  Jastr.  312.  Z.  824.  3. 

maümudi,  Art  kleine  Münze. 

bulg.  mahmudija.     ngriech.  {la-ziAOüttsSsc,  plur.  Volksl.    span.  mahamudi.  Eguil.  540. 

maürama,  Taschentuch. 

Vergl.  ngriech.  [Aax^^djxiv,   Art  Kleid. 

mahsul,  Erträgniss. 
bulg.  maksul.  Djuv. 

mahzar,  Anblick. 

serb.  mahzar.  Vergl.  krvav  öemo  mahzar  naciniti.  Hör.   1.  26.     bulg.  mahzar. 

ma/lut,  arab.  is  JLis?,  gemischt. 

serb.  mavluta,  gemischt,  malvuta,  haljina  od  tkanine  zlatom  pretkane.  Bos.  Vergl.  malluta. 
Z.  829.   1. 

ma/mur,  an  Kopfschmerz  nach  einem  Hausch  leidend, 
bulg.  mahmurluk.     mrum.  m/ihmurlik.     magy.  slovak.  mämor. 

ma/rut,  arab.  -lo^jis?,  Kegel. 

ngriech.  [j.oup)(o6ta,  a-^^zlo^  ict^Xwov,  rpußXiov,  tö  [xooypouttv  tou  IIr(o-/oTüpo3pö{Jiou.  Pap. 
462.  Z.  828.  1. 

maysuz,  eigens. 

bulg.  maksus.     serb.  malvmz;  mahsus:   svijece  za  to   mahsus  nacinjene.  Hör.   1.  591. 

ma/zan,  Magazin, 
russ.  dial.  gamazej. 

maina,  still!  Ein  Schifferausdruck.  Nicht  türk. 

ngriecli.  [idiva  za  icavta,  cargue  les  voiles.  Legr.  330.  [xaivapo),  carguer.  288.  330. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  169 

maja,  Stoff,  Capital. 

bulg.  majka,  Capital.  Djuv.     serb.  maja,  kvas,  Kapital,  sjeme.  Bos. 

majesil,  Hämorrhoiden. 

serb.  majasil,  suljevi.  Bos.  Vila.  mojasin. 

majmun,  Affe. 

span.  maimon,  cierta  suerta  de  <jato.  zig.  majmuna.  poln.  munia  ist  Wamme,  daher 
zu  streichen. 

mak'ad  (niclit  mak'at),  Art  Decke. 

bulg.  makat.  ngriech.  [iaxärt,  Art  Teppich,  [xaxavcdar^i:,  srctipoc.  Pap.  456.  Vergl. 
arkadas. 

makara,  Welle,  Spule. 

bidg.  makara.     ngriech.  [xaxapä?,  xpoyaXia. 

makbul,  augenehm. 

serb.  nije  maghid,  u  volji.  Bos.  Vila  3.  100.  maghid,  prijatan,  drag.  Hör.  1.  217.  mag- 
biddova,  hogu  ugodna  molitva.  Bos. 

ma'kul,  begriffen,  verständig. 

serb.  ne  bi  V  niolba  raakul  bila.  Kac.   63. 

mal,  Habe,  Gut. 

serb.  mahal.  Bos.  i  mahl  mu  je  u  begbik  okrenuo.  mal.  Hör.  1.  500.  Vergl.  ngriech. 
[AdXs,  TZK'qH'JZ.  Pap.  456.  [xaXaaaiCT^c,  xr<^xo)p.  bulg.  maldzija,  Schatzgräljer.  Jir.  633:  türk. 
maldzp.  mal-saibija.  Jir.  411. 

malik,  arab.  vdJLo,  Besitzer,  Eigenthümer.  malikane,  der  dem  Malik  zu  entrichtende  Zins, 
serb.  malik.  malican,   grosses  Lehen,   das  über  99.000  Asper  trägt.    Novakövic,    Proni- 
jari   76.  Vergl.  timar,  züamet.  Z.  801.   3. 

malluta,  Oberkleid.    Daneben  malilut6,  Mantel.  Hind.  80. 
span.  melota,  molota,  marlota.    Vergl.  ma/lut. 

mamaljuga,  Kukuruzbrei. 

bulg.  mamaliga:  mamid,  Mais.  Djuv.  Unverwandt  klruss.  maiaj.  meiaj  in  gleicher  Be- 
deutung,    ngriech.  [xrxixaXiyxrx,  icaXuvr/^,  -Tcudviov. 

manav,  Obsthändler. 

bulg.  manaf,  manafin,  Türke  aus  Kleinasien.  Djuv. 

raandra,  Hürde. 

bulg.  mandradzlja,  Haupt  der  Hirten.  Jir.  243.  ruin.  mandraöin.  Vergl.  serb.  mandra. 
Polenta.  Bos. 

mandza,  Speise, 
bulg.  mandzakk. 

man§,  Lied. 

bulg.  mane,  plur.  maaneta,  Melodie.  Jir.  22. 

Denischriftcn  der  phil-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.  I.  Abb.  •  22 


170  1-  Abhandlung:  Franz  Miklosicu. 

mangal,  Kohlenbecken. 
str1>.   iiKingalu.   Hos. 

manger,  kleine  Kupfennünze. 

bnlg\  manqsr,  qologan-bejuvec,     kliniss.  manger. 

mani',  Hinderniss,  Verbot. 

Vergl.  serb.  manija,  izreka.  Bos.  Vila  2.  258.  znacenje. 

manseb,  arab.  >^.,a^e,  mansub,  arab.  (_>*-aAX!,  Amt. 

serb.  manmb,  shizba,   dostojanstvo.  kad  car  sa/je  na  mansub  vezira.   Hör.  I.   b5. 

mantar,  ErdscliAvamni. 

ngriech.  [lavtrap:.  Hind.   12.  Z.  802.  3. 

marangoz,  Zimniermanu. 

\>\\\\f.  mar nv gase jidiik.  Djuv.     ngriech.  |J.apaYÄÖc.  Hind.  60. 

mar'ifet,  Kenntnis»,  Talent. 

bulg.  marifet,  murafet.  murafetlija.  serb,  marifet.  Vardar.  vjestina.  Hör.  nezna  konju 
marifeta.  Kac.  60. 

marjol,  Scliurke. 

ngriech.  |JLapio).td,  tromperie.  Legr.  [JLapjöXoc.  (j.apjoXjd.  Pap.  457.  (J.apc6/,a.  ^oXw-rrtc. 

marpiö,  Schlanch  der  Wasserpfeife.  . 
Ijulg.  markuc.  Djuv.    fna  nargile.) 

mart^,  Möwe. 

rnss.  martynn.  martyska,   lanis,  sterna.     bidg,  martiika  soll  franz.  marmot  bedeuten. 

martolos,  Art  christlicher  Soldat  in  der  Türkei;  ursprünglich,  wie  der  Name  zeigt,  eine 
oriechische   Localmiliz. 

poln.  martahn^,  martauz,  Menschendieb,  aus  dem  Magy.  ngriech.  äp[jiaia)/iy.c,  capitanat. 
Legr.   130. 

masat,  Wetzstalil. 

Vergl.  serb.  nasatice,  mit  der  Schneide,     russ..  micsat,  ognivo,  kresalo. 

mas/ara,  Gespött. 

bulg.  maskarhk.     mrum.  m§sk§rlike,  honte.  Obed. 

maslak,  l)erauschender  Trank. 

bulg.  maslak,  beljan,  datura  stranionium.  rum.  maslag,  m^slag.  magy.  maszlag,  Stech- 
apfel.    klrusH.  masiak  wird   durch  Gift  ftir  Fische  imd  durcli    napuchmivsyj  mtiskid   erklärt. 

mastar,  arab.  Jx«x,  Lineal, 
alb.  mastar.  ReC.   60.  Z.  846.  3. 

mastöl,  tiirk.  J^;c«,Lc,  Gelte, 
ngriech.  ti.aarsAov.  Hind.  94. 


Die  türkischen  Elemente  in*  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  171 

masur,  Rohr;  masra,  Sw,oLc,  kleines  Rohr,  z.  B.  an  einem  ]3rimnen,  Spvilo. 

bulg.  masur,  fuseau.  Ljub.  15.  ngriech.  [jiaao'jpwv,  iut^vt;.  ßdXX«)  [xaaoupia,  [JLaao'jpiCf'>- 
TüT^vcC«.  [xaao'jpiCw,  Stlozdn  -h  VYj[ia  ixl  Xsirtoü  /,aXd[jLOU.  Pasp.  alb.  massuri,  Rührstock 
zum  Garnwickehi.    Blau  273.  3.  Z.   d.  deutschen  M.  G.   12.  333.    Z.  800.  3.    Vergl.  mosur. 

masa,  Zange. 

alb.  masa.  Rec.  33.     ngriech.  piaaja.  Pap.  458.  510.  [locatd,  ic'jpdYpa. 

ma  äalla,  was  'Gott  will. 

Vergl.  serb.  masahla,  ne  hudi  uroka.  Bes.  Vila  2.  258.  masala  kita  i  .svatovi.  Bos.  ma- 
salah,  sto  bog  hode,  zivio,  slava.  Hör. 

matara,  Feldflasche, 
ngriech.  [xatapäc,  dawoicurtv^. 

matba/,  Küche. 

serb.  mutvak.  Hör.  1.  148.  ngriech.  [jLootouitdxt,  oi/,i7.  TüXo'Jaioo  |j.cza5o-woö  %ai  wiXav- 
QptoTcou.  Pap.  462.     türk.   mutpac  emini,   praefectus  culinae.   Leunclavius. 

matrabaz,  Aufkäufer. 

ngi-iech.  |j.a-pairdCT)?,   |xsTaTrpdrrjC. 

matraü,  Kissen. 

Die  slavischen  Wörter  stammen  aus  dem  Deutschen,  dem  mlat.  matratiiim  aus  arab. 
matraJi  zu  Grunde  liegt,  serb.  modrovac  Pop.  unter  silte.  ngriech.  [iaTapdta'..  Pap.  456. 
Aus  dem  Ital. 

mauna,  türk.   xj.Lc,  Marktschiff. 

ngriecli.  iJiaoOva,  grosses  Transportschiff.  Legr.  Z.   803.  2.   Vergl.  maguna. 

mavi,  wässerig,  blau. 

Vergl.  bulg.  mafez,  mafes.  • 

maz^,  Gallapfel. 

kroat.  uze  pasa  kljuce  od  mazije.  Marjan.  102.  klista  od  mazije  112.  Vergl.  serb.  mate- 
rina  mazo  sing.  voc.  Nikol.   62. 

mazgal,  Schiessscharte. 

bulg.  mazgala,  mnzgala.     ngriech.  [iaaxdXc.  Hind.  54.  [xaaYdXi,  falsch  to^orr^c- 

mödar,  arab.   .tj^o,  Umkreis,  Centrum. 

Vergl.  bulg.  medurlik:  medurlici  pod  kjustendüsko  to  kajmakamstvo.  Rumena  20. 

medöd,  Hilfe! 

Vergl.  serb.  premedet,  za  6udo.  Bos.  Vila  2,  258;  3.  23.     ki-oat.  medet  Karn. 

medrese,  Schule. 

bulg.  medresse.     span.  almadraza.  ^ 

medzijj,  arab.    _^,  das  Kommen,  Herbeieilen, 
bulg.  meduja,  mezija,  midzija,  Hilfe.  Djuv.    tlaka. 

medzlise,  Ort  der  Sitzung. 

bulff.   niedzlis.     serb.  meldziz.  Vre.  91.     mrum.  medUise.   Obed. 

22* 


172  I.  Abhandlung:  Franz  M'iki.osich. 

m6ger,  Avenn  nicht,  türk.  eger,  6gerö6,  obwohl.  Z.  743.  3.  nordtürk.  ägjar,  ägjardja, 
wenn.  » 

ruin.  akarce,  obgleich:  akar  ist  inagy.  kuman.  marjar,  vielleiclit.  bulg.  mer  aus  türk. 
meger:  bulg.  inigar  soll  [XY^Y'^P  '**^"*-  serb.  rnedjei',  igitur.  Hör.  2.  45<i.  alb.  makar,  möchte 
doch,  mruni.  makari.  Obed.  144.  serb.  makar  in  makar  sto,  was  immer:  dafür  ma  sto,  sto 
godj:  ma  sfa  Mio.  Was  entlehnte  Conjunctionen  anlangt,  so  beachte  man  nordtürk.  kdb§, 
wenn,  aus  russ.  kaks  by,  kot,  obgleich,  aus  choU,  näkä,  doch,  aus  odnako,  us,  schon,  aus  uze, 
uzs,  estohe,  damit,  aus  cto  by.  Votj.  Conjunctionen  aus  dem  Kuss.  in  Nyelvtudomjlnyi  közle- 
mdnyek  XIX.  443.  Man  meint,  it.  magari  sei  aus  dem  Griech.,  [jiaxäptoc,  in  das  it.  magari, 
macari  und  dieses  in  das  kroat.  magari  und  das  ngrlech.  \).T(d^i,  kyprisch  (Jiaxdpt,  über- 
gegangen, nslov.  maugare.  Kftrnt.  ngrlech.  \).afäpi,  [j,axdpt,  gesetzt  auch,  kann  nicht  agriech. 
[xav-ap,  beatus,  sein:  die  Bedeutungen  sprechen  dagegen.  jAaYdpt  ist  daher  türk.  me§4r. 

mehenk,  Probierstein, 
ngriech.  [jLcysYYt,  ßdaavoc. 

mehkeme,  Geiichtshof. 

bidg.  mehkeme.     serb.  mehöema. 

mehter,  Musikant. 

bulg.  mehter.     serb.  mekter,  Musik,  mekterhana  ciknu.   Hör.   1.   11. 

mejdan,  Kampfplatz. 

bulg'.  mejdan.     kroat.  megdanati  se.  Marjan.  51.     span.  midan,  ahnidana. 

mej/anö,  Weinhaus. 

serb.  mejhana.  Hör.     kroat.  mihana:     pers.  maj,  potus,  vinum.     span.  miva. 

mekr,  arab.  jCc,  List. 

Vergl.  serb.  mucurla,  glupak.  Z.  874.  2. 

m6kt6b,  Schule. 

serb.  mekteb.  Hör.   1.  576.  mejtef.  mejtefari,  ucenici. 

möldza,  arab.  LsxJLc,  Asyl. 

Vergl.  serb.  melde:  s  melöeta,  vom  Minaret.  na  melcetu.  Volksl. 

mölek,  Bote,  Engel. 

serb.  melajiöi,  melahiöi.  Bos.  Vila  3.  133.  po  melahiöetii  2.  258.  vom  plur.  rnelaik,  me- 
laike. 

meles,  gemischter  Zeug  (halb  Wolle,  halb  Seide),  Bastard. 

serb.  od  meleza,  od  tankoga  beza,  gaöe  melezlije.  Bos.  Vila  2.  253.  russ.  meless.  Tichonr. 
2.  402. 

mölhein,  Salbe.  ♦ 

serb.  mehleru. 

melik,  Herr,  König,  plur.  muluk. 

scH).  mubi.d,  kralj.  Hör.  Iko  od  miduca  5(54.  da  je  mulud  sulud  ucinin  37.  aslov.  melhij, 
cesari. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  173 

meltem,  türk.  ^^xLe.  zu  gewissen  Jahreszeiten  regelmässig  wiederkehrende  Winde  aus 
Nordost. 

ngriech.  [JLU.t£|J..  stT^O'.oc  avsjxoi;.  Z.  877.  1, 

mel'un,  verflucht, 
serb.  melun,  proklef. 

mämläket,  Besitz,   Land, 
bulg.  memleket. 

memluk,  arab.  JJU-«,  besessen,  Sclave,  Mamehik. 
serb.  mamahck.    Gund.   Z.  880.  2. 

menduhijjah,  arab.  kl^c^jox,   Münze  im  Werthe  von  zwanzig  Schafen, 
bulg.  menduhija,  alte  türkische  Münze.  Djuv. 

mendzuk,  goldener  Knopf  auf  der  Fahne. 

rum.  huncuk,  mit  falschen  Edelsteinen  geschmückter  Sattel,  rnss.  buncukd.  magy. 
boncsok,  Halsband,  Kriegsfahne. 

menefse,  Veilchen. 

bulg.  menekse.     ngriech.  [XcVS^cC  (nicht  [jlsVcCsc),  t^ov.  violette  double. 

möngene,  Maschine. 

serb.  alb.  mengene.   Reo.  56. 

mengus,  Ohrgehänge. 

bulg.  mengus,  mangus.  Djuv.  serb.  mindjida.  mendjusa  beruht  nach  Blau  258  auf  medjii, 
inter,  und  uho,   auris. 

menkub,  arab.   i_}  jCuc,  zu  Grunde  gerichtet. 

Vergl.  serb.  mangup,  makup,  verloren,  herrenlos  (vom  Pferd).    Z.  888.  2. 

menzil,  Absteigeort,  Post. 

bulg.  menzil,  munzil  prati.  serb.  menzil,  posta.  Hör.  menzilhana  1.  40.  Vergl.  rum.  die 
Mazilen  in  der  Bukowina,  russ.  maziln,  Einhöfer.  dial.  ngriech.  [AcvC^ÄTCt^;,  Postmeister. 
Hind.  85.  |j.£vCO.'.,  äy^arjeloy,  äjxotßrj.  [).ä^C'-^q(v^ic,  ayvotpa.  [j.aC'1/.Y^^.  Legr. 

mer'a,  Weide. 

bulg.  mera,  Gemeindeweide.  Jir.   60.     alb.  m§7'aje,  Winterweide. 

merak,  Leidenschaft  für  eine  Sache. 

mrum.  mirake,  regret,  desir.  Obed.  Vergl.  klruss.  merjavyj  für  uprjamyj.  Ung. 

merdüm,  pers.  f.>^y<,  Mann. 

serb.  nmrdurii:  vcc  pasina  ubije  murduma.   Bos.  Vila  3.  76.  Z.  836.  2, 

merdzan,  Koralle. 

serb.  imat  kamnja  merdzanlija.  Vardar.  puska  merdzankinja.  Hör.  1.  317.  358.  ngriech. 
jj.spxC'iv'..  [A'.fiTC'.dvi,  xopdA/.iov.  Vergl.  ßapCt.  Legr.  52.     span.  almargen. 

möremmet,  Ausbesseruug. 

ngriech.  ]s.^\l.^]i.iz.  (xspstisttCfo?  ausbessern.    Legr.  |j,cp£iXs-dco.  £it:a7t£üdCw-  Pap.  460. 


174  I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

mörüabba,  arab.  Lla-wx,  einen  bequemen  Ort  (für  euch).  Begrüssungszuruf:  es  gehe 
euch  gut. 

serb.  inehraba:  nazvase  mehraba  (bei  den  Moliauuuedanern).  Bos.  Vila  3.  54.  71.  Z. 
835.  3. 

meräamet,  Erbarmen. 

serb.  merhamet.  merhametli.  alaedim  selam  mehrametula.  Bos.  Vila  2.  146.  ngriech. 
|X3pxa|AEri. 

merkez,  Centrum. 

bulg.  merkez.  Rumena  19.     serb.  merkez,  PoHzei.  Bos.  Vila  2.   142. 

mörsin,  türk.  ^j.A^yc,  Myrthe. 
ngriech.  (ispatvt.  Z.  837.   1.  Hind.    14. 

mersin  balege,  türk.  ^^L  jj-a*«^,  Stör, 
ngriech.  [xspoivt.  Hind.  23.  Z.  837.   1. 

mesdzöd,  kleine  Moschee. 

Wohl  unrichtig  ngriech.  iafJiaYtStov.  Crusius. 

mesel,  masal,    arab.  J^,    Fabel,  Gleichniss.     nordtürk.    mäsäl,    russ.   pritca,  podobie. 

serb.  meselu  izirabiti,  ein  Räthsel  lösen.  Bos.  Vila  2.  259.  alb.  meselje,  Sprichwort. 
ngriech.  masala,  Märchen.  Mariup.  Vergl.  bulg.  pise  masali.  Rumena  10.  Z.  817.  2.  Vergl. 
magy.  mese. 

mäskin,  arab.  ^*Si,^,  iirmlich. 

bulg.  miskin.  Djuv.     span.  mezquino.     it.  yneschino  usw.  Z.  847.  2. 

meshed,  arab.  «Xg-i^.*,  Grab  eines  Heiligen. 

serb.  mase:  steöak,  mramor,  mase:  Bos.  Vila  3.   152.  Z.  852.  2. 

mesin,  Schafleder. 

bulg.  mesin,  Bockshaut,    mesin- disagi. 

mesröb,  mösrebet,  mesrüböt,  mösrebe,  masrapa,  Trinkort,  Getränk. 
Vergl.  kroat.  pa  joj  dade  od  zlata  mastaru,  pa  je  salje  za  goru  na  vodu.    Marjan.   193. 
span.  cdmoxarra. 

möteriz,  Wall, 
bulg.  meteriz,  mitiriz. 

mezad,  Versteigerung, 
ngriech.  iiiC^T,  dirap-ia. 

mözar,  Grab. 

serb.  du  iz  nova  groblje  ponovino  i  mezare  krvi  natopimo.  Volksl.  mezarluk,  groblje: 
Hör.  1.  21.5. 

m6ze,  Geschmack,  Vortisch. 

bulg.  mezence.  mezehk.  serb.  meza.  Bos.  Vergl.  slatkoga  meseta.  Herc.  90.  ngriech.  {isC^- 
Xat,  iiw'loa'.-rp'yv.  Vergl.  ]i.^(^^f'A%i.  Legr. 


Die  tüukischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuroi'äischen  Hprachbn.  175 

mekdar,  arab.   ,ljüixi,  Geltimg,  Rang,  Ansehen. 

serb.  muktar:  nemoj  tako,   dragi  muktaru.  Bos.  Vila  3.    100;  2.   130.  Z.  870.  3. 

m^skal,  miskal,  türk.  JLüi«,  anderthalb  Drachmen, 
ngriech.  jjLCSxdXt.  Hmd.   70.  Z.  817.  2.    Vergl.  miskal. 

m^sr,  Ägypten. 

bulg.  7720537',  Ägypten,  misir,  Mais.  Jir.  Truthahn,  ngriech.  [i.iaipx!,  Truthahn.  iJ.iatpxa, 
Hind.  21. 

m^zrak,  Lanze. 

ngriech.   [iiaopd-rt!,,   richtig  [j.taopd/,1,  irXYjxTpov. 

mihnet,  Trübsal. 

Vergl.  ngriech.  [xtVcZi,  cxsata.  Paj).  460. 

mi'mar,  Baumeister, 
bulg.  majmar.  Djuv. 

minaret,  Thurm. 

bulg.  minare.     span.  minarete.    Vergl.  serb.  bumdara.    Bos.  Vila  2.   156.  für  munara. 

minder,  Matratze. 

russ.  minders.  Domostr.   129.   168.     alb.  minner. 

mintan,  kui-ze  Jacke. 

bulg.  serb.  alb.  mintan.  rum.  mintije.  ngriech.  mintani.  Rec.  30.  poln.  manty,  mantde. 
GoJ^b.  153.  ngriech.  |Jiav56a.  magy.  mente.  arab.  manta.  Eguil.  212.  443.  Mehreres 
europäisch. 

mir-alaj,  Oberst. 

bulg.  miralaj.     ngriech.  [j.ipaXdYjS,  colonel.    Legr.   172. 

miri,  pers.  ^>ax,   Staatsschatz,  Grnmdsteuer,  Taxe,  die  in  Bulgarien  den  dort  mit  ihren 

Schafen  überwinternden  siebenbürgischen  Hirten,  mukan,  abgefordert  wird. 

bulg.  mera,  zemliste.  Jir.  60.  ist  wohl  m^rd .  ngriech.  |XY)pc.  Legr.  Vergl.  bulg.  miriste, 
russ.  mirskaja  zemlja.  Djuv.  Z.   899.  3. 

mirri"/,  mörrili,  arab.  i^Lc  der  Pianet  Mars, 
aslov.  imara.  op.  2.  3.   114.  Z.  839.  2. 

miskal,  Art  Gewicht. 

bulg.  meskal,  muskal.  l'/^  Drachme.  Jir.  148.  serb.  miskal,  A*/^  Gramm.  Vardar,  in  Bos- 
nien  l'/j,  Drachme,     span.  mitical,  moneda  de  Castilla.  Vergl.  m§skal. 

misk,  türk.  dL-üC,  Moschus,  {i-oa/oc,  pers.  m.usk  aus  aind.  muska,  Hode. 

bulg.  misk.    russ.  muskats  ist  europäisch:    lat.  muscus,  muscatus.    span.  almizque.  Z.  847.  1. 

miäe,  türk.  x*iax,  Eiche. 

bulg.  mese,   ebene.  Djuv.     ngriech.  [isasc,  Spö<;.    Z.  900.   1. 

miSvar,  arab.   J^xi,  das  Werkzeug  um  Honig  aus  dem  Stocke  zu  nehmen. 
Vergl.  russ.  olovjaniks  i  musors.  Z.  852.   1. 


176  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

mokaddim,  vorziehend,  vorzüglich. 

serb.  sal  mukadem.  Bos.  mukademom  pasom.  Hör.  2.  66.  hukadem  pas.  Volksl.  poha. 
mukadyn.  turecka  materya.  Goieb.   155.  Z.  871.   1. 

mor,  dunkelblau. 

serb.  mor-coha.  Hör.  1.  509.  mor-menevis.  Vergl.  mrum.  morgu,  blau.  Weig.  110.  ngriech. 
•Aoptxo?,  'JdxivQo?. 

mosel,  die  Stadt  ]\Iosul, 

poln.  miiJlhi.  miisiUbas.  Rocznik.  Kari.  28.     ngriech.  [JLOtjaoaXtvi,  aivöcov. 

mostra,  Muster. 

bulg.  mostra,  mustra.     niagy.  mostra.     rum.  mustr§.     ngriech.  [AÖatpa,  parade.  Legr. 

mosur,  türk.  yycyjn.,  Eiszapfen. 

serb.  mosur,  Eiszapfen,  nach  Vuk  cijev  drvena,  sto  zene  na  iiju  motaju  predju;  kukaruzni 
klip.  Blau  183.  274,  der  das  Wort  für  slavisch  hält.  Fehlt  Z.:  ob  das  Wort  türkisch  ist,  ist 
zweifelhaft.  Vergl.  noge,  kao  mosuri.  Bos.  Vila  2.  129.  tukac  sa  svojim  mosurom.  2.  305.  de 
Jos  koji  mosur  spleti.  Bos.  Vila  3.  5.  namolani  mosuriöi  3.  4.  slovak.  mosor,  ohlitina  na  jedli. 
klruss.  mosur,  suk  v  derevi.  mosir,  Salzfass  aus  Einern  Holz  gemacht,  rum.  mosor,  Spule, 
R<jlle,  Drüse,  Knollen.  Vergl.  mosur. 

mua'mele,  Wucher. 

ngriech.  jjia(X£XcrC'^<;,  roxcarr^c. 

mu'avin,  arab.  ^j^Ijw,  Helfer. 

serb.  rauavin,  pornocnik.  Hör.   1.   38.  Z.  860.   3. 

muezzin,  Ausrufer, 
span.  auch  muecin. 

muft,  unentgeltlich,  müft-yar,  Schmarotzer. 

serb.  mukte,  muktice.  muktariti,  schmarotzen.  Z.  867.  2. 

muhlibas,  arab.  ^j««*JL^,  Art  Kleid. 

poln.  mehlibas,  Art  Stoff,  surowy  gtadki  kartun.  Goi^b.   154.  Fehlt  Z. 

muhabat,  arab.  cjLL^,  Rücksichtnahme. 

bulg.  mithabet,  Liebe.  Djuv.  Vergl.  serb.  muhabetiti,  druziti  se  (razgovarati  se).  Bos.  Vila 
2.   147.    Z.  821.   1. 

muhadert,  arab.  v;^,!^!.^,  Vorsicht, 
serb.  muhadert.  Bos. 

muliafaza,  arab.  xkiL^,  Vertheidigung. 

serb.  muhafeza,  öuvanje,  odbrana,  domobranstvo.  muhafezu  cuvati.  Hör.  Z.   821.  2. 

muttalebije,  arab.  xaJLs',  Art  Mehlspeise, 
serb.   laukalebi.ja.   Bos. 

muharebet,  arab.  äj>L^,  Krieg. 

bulg.  rnuharebe,  moarebe.  Djuv.   Z.  821.    1. 

muüasebe,  Rechnung. 

serb.  michasebedzija.  Hör.  XI. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  177 

muhasere,  Belagerung-. 

serb,  muhasera.     alb.  muasere.  Rec.   58. 

muHass^l,  arab.  J-ö-s?,  Steuereinnehmer, 
bulg-.  muhassl.  Djuv.  Z.  824.   1. 

muhzer,  Vorführer,  Gerichtsdiener. 

serb.  muhzur,  dobavljac.  Hör.  lale  i  muhzure.   117. 

mu/adirat,  arab.  s.^Lis',  Verschleimung. 

serb.  ni  o  dertu  ni  o  muhadertu.   Herc.   162.  358. 

mu/ajjer,  Art  StoflF. 

serb.  -muliavjar,  svita  bei  Linde,  russ.  mucliojars,  Stoff  aus  der  Bucharei.  ngriech.  [xoo- 
)(al"dptov.  it.  mucajardo.  Vergl.  franz.  moire,  engl,  mohair  und  russ.  obhjars:  alle  diese  Wörter 
bedeuten  Mohr.  Man  vergleiche  auch  afranz.  moMre,  morequin,  it.  moerro,  amoerro,  span. 
moare,  muer,  mue.     2>g.  morim. 

muytar,  arab.    Xx-^,  Erwählter. 

serb.  hasmuktar  u  Sarajevu.  Hör.  XI.  poglavar.  Vergl.  travnicki  muktija.  Z.  827.   1. 

muytöra',  arab.   cJii^s?,  Erfindung. 

Vergl.  ngriech.  [Aou/rdpa,  cb'^sXsca.  Pap.  462.  Z.  827.   1. 

mukallid,  Komödiant, 
ngriech.  [iouxa/irrjC,  [j.I|J.oc. 

mukarane,  Verbindung, 

ngriech.  TO  (JL0'J%7.p£(i.t,  Armee.   Legr.  98.  99.   Die  Zusammenstellung  ist  kaum  zulässig. 

mukata'at,  arab.  kxioLiL«,  Festsetzung,  Art  Staatslehen, 
serb.  m«Ä;aria.. . Novakovic,  Pronijari  92.  95.  Z.  869,  3. 

multan,  Stadt,  Art  Stoff, 
poln.  midtan,  Stoff.  GoJ^b.   155. 

muluk,  arab.  JJ^,  plur.  von  melik,  König. 
serb.  muluö.  Boa.  Z.  878.   1. 

mum,  Wachs,  Kerze. 

bulg.  mumdzija,  Kerzenfabrikant,     serb.  nosi  mwnu  u  ciraku.  Hör.   1.  538.      zig.  mom. 

mumbar,  türk.   >Ly!^,  Dickdarm,  Art  Wurst, 
ngriech.  [j,0'J[i'7rdpc.   Hind.    77.  Z.  894.  3. 

mumli,  arab.  ^♦x,  mit  Wasser  angefüllt.  Vergl.  türk.  nömlik,  Feuchtigkeit, 
serb.  memli,  vlazno.  Bosn.  Hör. 

mungra,  nordtürk.  mangra,  mögör,  iJoLc,  Geblöke,  Gebrüll,  mangramak. 
ngriech.  [io'jyyP^.  Y'^TTP^'^-  [J-ouYYP^Cfo-  2.  803.  1. 

murd,  pers.  i>;^,  Myrthe. 
Inilg.  mur  i  dam.  Rumena  8. 

Pcnltsclirincn  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.  I.  AWi.  23 


178  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

murdar,  unrein. 

bulg.   nuirdav,  braun.  Jir.  458.  ngriech.  [xo'jp^oipXcx. 

musa'afö,  arab,  jiräL-üc,  Hilfe. 

serb.  inasafa.  bo(/omoIJ7ia  knjiga.  Bos.  2.  291.  hijige  neke.  2.  380.  musaf,  Koran.  Hör. 
vnimßik,  Schule.  ReC.  18.  Z.  841.  3. 

iXLUsakka,  ^JUax,  arros^,  sorte  de  mets  turc. 

serb.  vnisaka,  Art  Speise,     rum.  musaka.     ngriech.  [xouaaxäc.  Bianclii  2.  921. 

musiböt,  arab.  ii,*j.A..flje,  Unfall. 

serb.  nnisihet.  nar.-bl.  253.     ngriech.  [io'jaofJ|j,Tr£'C7]C,  SoatpOTCOC.  Pap.  462.  Z.  855.  2. 

muSmula,  3Iispel. 

bulg.  nnisnml.     türk.  auch  al§c.  Z.  93.   1. 

mutab,  Rosdiaarflechter. 

bulg.  mutafa,  mutava,  mutafija.  Djuv.  viutafcija.  mtbtafcüuk.  Jir.  255.  serb.  mufafce  für 
alb.  velence.  Re2.  32.     mrum.  mutafe,  Decke.  Obecl.  560. 

mutlak,  losgelassen,  absolut. 

serb.  mutlak,  zaista,  jamacno.  Bos.  iz  velikog  mutvaka.  Bos.  Vila  2.  19.  mutvak  werden 
die  Serben  griechischer  Kirche  von  Seite  ihrer  Brüder  römischer  Kirche  genannt. 

muvakket,  arab.  o^yo,  Astronom, 
serb,  muvekit.  Bos.  Z.  893.  2, 

mübarök,  JsLx,  lieilig,  glücklich. 

serb.  mubareö,  hlagoslovljen.  mubarek  ramazan.  Bos.  Vila  2.  145.  mubarid  dana.  2.  146. 
iz  muhareö  usta.  dodjose  na  mubareö.  3.  132.  mubare6-vecer.  Hör.  1.  592.  bunhareöi  turska 
gazihaso.  Volksl.  Z.  805.   1. 

müderris,  Lehrer. 

alb.  vihdrizlik,  Lehrerschaft.   Rec.  59. 

müdir,  Verwalter  eines  Bezirkes. 
l)ulg.  mjudjur.  mjudjurlik,  midjurljuk. 

müflis,  Bankerott. 

bulg.  mjuhljuzin,  mihljuzin.  mihljuzljuk.     ngriech.  [iO'J'fXouaAtx,  ypstoxoTTta.  [lO'j'fXo'jCs'JOJ- 

müfti,  Richter. 

serb.  muhtija.  Bos.     span.  mofti. 

mühendis,  arab.  ^Ja.^,  Geometer. 
bidg.  mendizin.  Djuv.  Z.   898.   1. 

mühimmat,  Geschäft,  Verproviantirung. 
serb.  muhimat,  priljaga.  Hör. 

mühlöt,  Aufschub, 
serb.  muhlet,  rok.   Hör. 

mühr,  Siegel. 

l)ulg.  mu(h)urUja.  muhurli.  muhurlejisam.  alb.  mhä7\  ngriech.  [xo'j/oop'cdpY;?.  Legr.  172. 
viühürdar:   i  \i.vy/yj^zrj.^'ffi  f.i'zz<\z,    irjö  TUYyps  xö  xsiydXt,    le  moukhourtaris   se  hata  de  Ini 


DlK    TÜRKISCHEN    ELEMENTE    IN    DEN    SÜDOST-    UND    OSTEUROPÄISCHEN    SpRACHEN.  179 

truucher  la   tete.    [JicitJ)(oup5dpY]c,   aippaYt5o(p6Xa2.  muc/mrtjagatu,  d.  i.  injuchjurlju  kegaty,  bu- 
maga  S5  pecaUju.  Grig. 

mülaz§m,  Adjutant, 
bulg.  mulazim.  Jir.  425, 

raülk,  Eigenthnm. 

alb.  midk.  ReS.  ngriecli.  (xoüXxt,  icf^pLoc  ä.%iTq~>jV.  Pap.  461.  ixouXxi'jV,  ÜTioatataöv.  (j.o'j).*/ct, 
{ioüpxt:  o5t(o  xaXoöaiv  ot  Xlot  xd?  s^oytmc  sirauAsts  tcöv  ev  xt;  //öp'^  xaxoaoövrcov.  Pasp. 

münafek,  arab.  (3iLÄxi,  Heuchler. 

Vergl.  bulg.  lisici  munafldci.  Ljub.  34.  serb.  immafik,  imüljivica.  Bos.  Vila.  munaßk 
zena  2.  164.  alb.  munaßk,  Verleumdung.  Rec.  67.  ngriech.  [xoova^o'JxXwt  Legr.  [w^a^ix-ffi, 
^laßoXoc.  [jLWa'faXa,  StaßoXT^. 

müDasib,  arab.  v_,;.a«Lu,  schicklich. 

bulg.  mmtasöb.  serb.  munasib,  munasip.  najmunasipnije.  In  Bosnien,  munasib,  pravo, 
pristojno.  Hör.  Z.  881.  2. 

müntözer,  arab.  j.k:ax,  erwartend. 

serb.  ihuntazir,  podlozan.  Bos.  Vila  2.  258.  Z.   883.   1. 

mürad,  arab.  jL^,  Wille,  Wunsch. 
serb.  murad,  zelja.  Bos.  Vila  3.   102. 

mürafa'a,  murafa,  arab.  x*il^,  Process. 
serb.  murafa.  Bos.  Vila  2.   148.    Z.  833.  3. 

mürasele,  Vorladebrief. 

statt  bulg.  ist  serb.  zu  setzen,  pozivnica  serijatska.  Bos.  poslam'ca,  naredha.  Hör.  bulg. 
morasale,  morasal.  Djuv. 

mürekköb,  Tinte. 

serb.  mitradep.     alb.  muraöip.  Re2.  60. 

müsafir,  Reisender. 

bulg.  musafirin.     serb.  musafirhana.  Hör.  1.  576.    ngriech.  ixouaa^tpr^c,  ^svoc.  jjioyaa'fip- 

müsaleme,  arab.  jLjLwc,  gegenseitige  Begrüssung. 
kroat.  alec  musalam.  Marjan.   74.   75.  Z.  842.  2. 

müsbit,  arab.   oA^ix,  feststellend, 
bulg.  mazbat,  Protokoll.  Z.  817.  2. 

müsellen),  anerkannt. 

serlj.  museUmluk.  Hör.  2.   610. 

müsellös,  arab.  cyjlixi,  Art  Glülnvein  (eingekochter  Wein  mit  Gewürz). 

serlj.  musdez,  nach  Vuk  Stef.  Karadzic,  Art  Wein,  medovina,  Herc.  96.  358.  Getränk 
aus  Wein,  Zucker  und  wohlriechenden  Kräutern,  klruss.  musuiec,  mtcsuJes,  Branntweinaufguss 
mit  Honig,     ngriech.  |i.ouacXsCt,  i'\r^[i.rx,  'JTziyozrjc.  [JLOuasXiij,    Z.  817.  3. 

23* 


180  I-  Abhandlung:   Franz  Miklosich. 

müsewwede,  arab.  soL-a,  Coucept  eines  Aufsatzes,  Verschwärzimg. 
serb.  museceda,    falsche   Beschuldigung,    micsevedzija.    musevediti.    musveda,    schriftlicher 
Aufsatz.  In  Bosnien.  Z.  848.  3. 

müsket,  arab.  äjC^jo,  Stäi-kungsmittel,  Sicherheit  gewährende  Sache. 
Vergl.  bulg.  moska,  muska,  Talisman.   Djuv.  Z.  847.   1. 

müstevi,  arab.  (^^ä*«jc,  gleich,  eben. 
Vergl.  bulg.  mostija,  Hobeleisen.  Z.  845.  3. 

müstösar,  arab.   .Lijc-~»c,  Rathgeber. 
bulg.  mjustesarin.  Djuv.  Z.  844.   1. 

müsülman,  Muselman. 

bulg.  mjudimanin.  serb.  musloman.  Hör.  rum.  husimnan.  poln.  besserman,  bisurmanm, 
Muselman,  ngriech.  [JLOuaouAji.dvo?.  span.  musuhnan,  mosoliman.  magy.  hoszorkdny,  Hexe, 
Nachtgespenst,  Kobold,  slovak.  hosorka.  kli'uss.  bosorka,  bosorkana,  Kröte,  ruiu.  bosorkaje. 
boskai\  Zauberer,  magy,  boszorkdny  wird  von  andern  auf  votj.  busturgan  zurnckgeiührt.  Nyelv- 
tudomänyi  közlemi^nyek  20.   467. 

müsavere,  Berathung. 

serb.  doöi  na  musafer.  Volksl. 

müsebbek,  vergittert. 

serb.  musebßk,  muSevak:  sa  mu§evaka  i  pendzera.  po  pendzerima  i  musevcima.  Bos.  Vila 
3.  4.  Statt  bulg.  ist  serb.  zu  setzen,  musebak  (gen.  musebka).  Bos.  Vila  2.  292. 

müäemma',  Wachsleinwand, 
ngriech.   [ji,ouaa{J.ä^.  Hind.   69. 

müäir,  arab.  jjuiwc,  Staatsrath. 

bulg.  rajusir.  Djuv.     serb.  musir,  zapovjednik.  Z.  852.  3. 

müät,  Faust. 

bulg.  musta:  russ.  kulaks. 

müsteri,  Kunde,  Brautwerber, 
ngriech.  [xo'JaTSpr^c,  [iaaiTyp,   Aufspürer. 

mü'teber,  arab.  j-«-i:jM,  geachtet. 

serb.  muteber^  angesehen.  Bos.  kostbare  Sache,  nar.-bl.  45.   Z.   861.   1. 

mütöferrek,  arab.  ijUäxi,  berittener  Bote,  Fourier. 
serb.  muteferika.  Gund.  Z.   813.  2. 

mütemökkin,   arab.  ^jX^Jüc,  wohnend. 

serb.  mutemekim,  stalan.  Bos.  Vila  2.   148.  Z.  815.   1. 

müzevvir,  Fälscher. 

Inilg.  mjuzefirin.  mjuzevirlik,  mjuzeßrlik.  klruss.  buzovir  für  busurmen,  izuver,  raskoTnyk, 
mit  Anlehnung  an  vera.     mrum.  muzaverlik,  Intrigue. 

müzdö,  gute  Nachricht. 

Ijulg.  mustuluk.  muätuludzrja.  serb.  muzde.  Vardar.  ngriech.  ixo'jaro'jXo'jxt,  ocbpov  itf/oc 
5s%a3jiöv  xai   SiaoTpotfr^v  r?^c  Zv/.aiozÖYqz.  Pap.  462. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen  181 

N. 

na'l,  Hufeisen, 
poln.-arni.  nat. 

narindz,  Orange, 
bulg.  nerdndza. 

nazar,  Schauen. 

bulg.  nazar,  uroki.    Sbor.  III.   81. 

nehb,  arab.  «».<vgj,  Raub. 

Vergl.  serb.  negve,  Fesseln:  negve  do  kolinah,  na  rukuk  tezke  lisicine.  Kac.  72.   na  noge 
negve.  Kras.   16.  Z.  923.  3. 

nöne,  Mutter. 

slovak.  nenicka.     magy.  nenya.     aind.  nanä. 

n§sader,  Ammoniak, 
bulg.  nisadsr. 

nijet,  Absicht, 
bulg.  najet. 

nisan,  Zeichen, 
bulg.  nisanja,    zielen. 

nuker,  Budag. 

bulg.  nekere,  Diener,  mekerelik.  Djuv. 

o. 

odzak,  Heerd. 
•      poln.-arm.  odza'f^. 

ojlik,  was  zur  Bedeckung  dient. 

poln.   wojhk,   tkanina  weiniana  gruba  i  prosta,   ktora  si^  podklada  pod  kulbakq.    Cza- 
sopism. 

orö^k,  Spindel. 

Die  l^edeutung  spricht  dafür,  dass  poln.  orczyk  vom   türk.  orc^k  zu  trennen  ist. 

orsa,  türk.  x.ö,^l,  das  Segeln  beim  Winde,  Luven.  It.  orza. 
Vergl.  serb.  oräenica,  Art  Schiff.  Z.   117.  2. 

orta,  Mitte. 

klruss.  orta,  stado,  toipa. 


o. 


öküz,  türk.  j.^1,  Ochse, 
magy.  ökör.  Z.   137.  2. 

örnek,  Modell. 

serb.  urnek  (remekj-djelo. 


182  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

P. 

paöa,  Bein,  Art  Speise. 

Vergl.  nserl).  noiki,  plur.  Gallerte. 

padzehr,  Gegengift, 
bulg.  pandzeher,  Bezoar. 

pak,  rein, 
serb.  pa<^,  pa6i. 

painbuk,  Baumwolle. 

bulg.  hiihakeren  adj.     poln.-arm.  pamhag:     arm.  hamhak. 

pandura,  Guitarre. 
bulg.  pandura. 

papus,  Pantoffel.  .,--\^^ 

bulg.  jjapuhcija  aus  papuscija. 

paröa,  Stückchen. 

l)ulg.  parcal,  partal.  parcallv,  partaliv,   dripav,  skssan.    Sbor.  III.   117.   155. 

patka,  Art  Ente. 

bulg.   pa^e.      poln.-arm.  pa^-      arm.    bad.    Dunkel   ist    ngriech.    itdTtoa.    Atacta    4.    383. 
■K'XTZTZi   Pass. 

pehn,  breit. 

poln.  bachmat,  koü  tatarski  grubo  p)iaski. 

pek  eji,  sehr  gut. 

bulg.  peki.  Sbor.  * 

pörday,  Vollendung,  Glanz. 

Vergl.  bulg.  perduh,  perusina.  pet^duv.  Sbor.  III.   112.  dtoseci  ot  perduf  96. 

perde,  Schleier. 

bulg.  perde,  Staar  (im  Auge). 

päsin,  pers.  ,j-u*o,  letzt,  jüngst. 

Vergl.  bulg.  pesin  dovrrJi.  Sbor.  III.   70.  Z.   198.  3. 

peS,  piS,  pers.  ji^,  J^.i  tler  vordere  Tlieil. 

serb.  pe^,  die  vordere  Seite  des  Kleides.  Z.   235.   1. 

perava,  'Pliürschloss. 
Ijulg.  cmcar.ska  brava. 

pirindz,  Messing. 

poln.-arm.  by<^udz:     arm.  plindz, 

pirindz,  Reis. 

poln.-arm,  prindz:     arm.  brindz. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  18i 

potur,  Art  Hose. 

bulg.  paturi.  poture  bosnjacki.  Sbor.     ngriech.  iiazoöpa,  Strumpfsocke. 

pul,  Fischschuppe,  Fhtter,  obolus. 
serb.  perlitati,  sticken,  is-,  naperlitati. 


R. 

raf,  Gesims, 
serb.  rafa.  rafiö. 

raüat,  Ruhe, 
bulg.  raathlc. 

raHman,  Erbarmer. 

pol.  oracii'mani6,  ohiaslcaivid,  ogiaskac,  jako  konia,  cziowieka  nawet.  Czasopism. 

rayt,  Zeug,  Pferdegeschirr. 

Vergh  klruss.  red  na  kone,  Pferdegeschirr,     poln.  rapcie,  Bande,  Fesseln,  Säbelschnur. 

rehn,  Pfand. 

serb.  rehin.  Bos. 

resm,  Vorschrift. 

serb.  rezmi  cift,  Hufegeld.  Bos. 

rezil,  schimpflich. 

bulg.  rezilja,   beschimpfen. 

rupie,  Rupie. 

serb.  rubija,  Art  türkische  Münze. 


s. 

saat,  Stunde, 
poln.-arm,  s§hat. 

sabaü,  Morgenzeit. 

bulg.  ot  sabale,  sahahle.  Sbor.  HI.  137. 

sadrazam,  Grossvezir. 

bulg.  sadrazamin.  Sbor.  IH.   104. 

sakat,  verstümmelt, 
bulg.  sakatnik. 

sak^z,  Harz. 

serb.  sa  sakrz-mastikom.  Bos. 

sakr,  türk.  JLo,  weisser  Jagdfalke. 

nhdeutsch.  sakerfalke.  Hammer.  Falknerklee  V.  XIX.  Z.   571.   2. 


184  I-   Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

salyane,  Sclilaelithaus. 
bulg.  zalhandzijstvo. 

salkem,  Traube, 
bulg:.  salköm,  acacia. 

saman,  Stroli. 

^lan  t'li<i:e  liiuzu  serb.  nsl.  kiimovska  slama. 

samur,  Zobel. 

lit.  f:ahala^t,  sabala,  2ahels.  anord.  safali,  neu  sohel.  finn.  sopoli.  rum.  sohol  (Maul- 
wurf). Die  Wolgatürken  sollen  h  in  vi  und  l  in  r  wandeln,  daher  türk.  samur,  rmn.  samur. 
Man  ftige  hinzu  saphirinae  pelles  bei  Jordanes. 

sar§,  gelb. 

bulg.  sarahk,  zlstenica,  Gelbsucht.  Sbor.  III.  86. 

sarp,  rauh,  scharf. 

bulg.  sarp  ocst.  Sbor.  III.   144. 

savad,  Mörtel,  Sclinielz. 
bulg.  sovatcijstvo. 

saz,  Binse,  Schilf, 
bulg.  sazhh,  trsstelici. 

s6ral,  Palast. 

ngriech.  ßXd)^  oapayi.  Acta  et  diplomata  V.  208. 

sörbest,  frei. 

serb.  serhestvo,  Geleitschein. 

s§klet,  Schwere,  Angst. 

bulg.  sohlet,  stesnjavanje.  Sbor. 

sidzim,  Faden. 

bulg.  sidUmka.  Sbor.  III.   104. 

sijah,  schwarz. 

serb.  sijas  konj,  konj  dlake  jasikove.  sa  sijasem  konjem.  Bos.  Vila.   1889.  269. 

sik,  Penis, 
serb.  sikter.  Bos. 

sille,  Älaulschelle. 
poln.-arm.  siii. 

sirke,  P.ssig. 

serb.  zivo  sirce,    sumporna  küelina.   Bos. 

solomat,  nordtürk.  Dalb. 

russ.  salamatz,  salamata,  Art  Brei. 

spaka,  Hund. 

russ.  sohaka  kann  unmittelbar  aus  einer  Doppelconsonanz  meidenden  Sprache  stammen. 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  185 

sunkur,  sunkar,  türk.   »yLu«,   Xsjy^,  falco  candicans,  Art  Jagdfalke, 
uigriecli.  auY^^üp/iov.  Hammer,  Falknerklee  XIII.  XVII.   110.  Z.  521.  2. 

sürme,  Scliiebmig. 

Vergl.  bulg.  sjurmijka.  Sbor.  III.   89.  Verb,  surmen  sican,  Arsenik.  Bos. 


Sabin,  der  weisse  Edelfalke. 

Hieher  rechnet  Hammer  mgriech.  aaY<xvoi;,  Cayttvo;.  Falknerklee  II.  V.  XL 

§aj,  pers.  hind.  Ding,  Sache. 

bulg.  cetiri  seja,   cetiri  nesta.     zig.  saj,   es  ist  möglich.   Fehlt  Z. 

sam,  Damascus,  Syrien. 

bulg.  samlija.  Sbor.  III.  23.     poln.  szamski:  ghwnia  szam^ska.  Czasopism. 

sasmak,  Erstaunen. 

bulg.  sassrdisuvam,   erstaunen  machen.  Sbor.  III.   152. 

seftalu,  Pfirsich, 
bulg.  seftalija. 

sej/,  der  Alte, 
serb.  sehli  ramazan. 

sejtan,  Satan, 
bulg.  sejtan. 


tabor,  christliches  Feldlager. 

serb.  a  tahoru  se  pazarilo  u   Duhrovniku  s  Hercegovcima  i  Bosnjacima. 

tafra,  Sprung,  Stolz. 

bulg.  tafralija.  Sbor.  III.   143.  Vergl.  tavra. 

ta/ta,  Brett. 

bulg.  taftahiti,  wohl  Wanze.  Sbor.  III.   74. 

taksir,  arab.  yjyAojLS,  Mangel. 

bulg.  taksir.   Sbor.  III.  41.  taksirlija.  Z.   301.   2. 

tamam,  Vollendung, 
bulg.  tamnn,  tsrnsn,  sobald. 

taraf,  Seite. 

bulg.  taraf.  Sbor.  III.   153. 

tarla,  türk.  "^Aj,  Acker. 

magy.  tarlö,   Stoppelfeld.  Z.   245.  2. 

Uviikscbiitteu  der  i,liil.-bist.  ll.  XXXVIIl   lid    I.  Abh.  ""ä* 


186  I-  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

teba'ijet,  arab.  jUäLö,  Geliorsam. 

bulg.  tebabija,  poddaiistvo.  Sbor.  III.  98.  Z.  251.  1. 

tebdil,  incoguito,  Verkleidung. 

bulg.  se  napravü  tebdil.  Sbor.  III.    112.    teptil  117.  wohl  heimlich.    Vergl.  serb.  tevdil- 
hava,  teferic.  Bos.  Vila  IV.  344. 

teftis,  Untersuchung. 

bulg.  teftüam,  ssdja,  richten. 

tekje,  Kissen. 

serb.  tekija,  kao  kasa,  dje  se  kupe  od  diemata  (mahale)  pare.  Bos. 

telef,  arab.  ^.aJb,  Verderben. 

serb.  telef  uötJiiti,  zu  Grunde  richten,  tepelejisati. 

temörrüd,  arab.  4jl«j",  Halsstarrigkeit, 
bulg.  temerut,  tvrsdoglav.  Sbor.  Z.  309,   1. 

terki,  Sattelriemen. 

bulg.  terkija.  Vergl.  magy.  tergenye,  kumanischer  Sattel. 

tertib,  Anordnung. 

bulg.  tertip.  Sbor.  III.   107. 

terampa,  Tausch, 
bulg.  trampja,  tauschen. 

timar,  pers.  Bewirthung,  Bearbeitung. 

magy.  timdr,  Gerber.  Vämb^ry  112.     rum.  timar jü. 

toz,  Staub. 

bulg.  dusluk.  Sbor.  III.   118. 

tug,  Rossschweif  als  Feldzeichen. 

bulg.  tug.     poln.   pasza   majqcy  prawo  do  buüczuka  o  dwoch  kisciach  dwutulny,  o  trzech 
trzytulny  nazywal  sie^.  Czasopism.  vergl.  türk.  tugl§,     serb.  iöi-tuglija,  uctugUja. 

tuklu,  türk.  JU>^',  Lamm,  Zicklein  (bis  zu  einem  Jahr), 
magy.  toklö,   einjähriges  Lamm.  Z.  224.  3. 

tulu,  voll. 

serb.  po  svoj  casi  (tuliji).  Bos.  Vila  1889.  263. 

tuman,  Nebel. 

serb.  nirki  dumanovi.  Hör.  2.   116.     poln.  tuman.  tumani6,  tumany  puszcza6. 

tüfenk,  Flinte. 

bulg.  tjufeklija. 

türk,  Türke  aus  Asien. 

Ijulg.  turce.  poturnjak,  Gegensatz  von  türk. 

türlü,  verschieden, 
bulg.  turli  turli. 


DiK    TÜRKISCHEN    ELEMENTE    IN    DEN    SÜDOST-    UND    OSTEUROPÄISCHEN    SpEACHBN.  187 

tütün,  Rauchtabak. 

auch  russ.  piti  rtorm  sabaks,  popbems-ka  tabacku  nach   dem  türk.  tütün  icm^k:  daneben 
pitb  tabaks,  njuchath. 


u. 

ugramak,  ogramak,  anstossen. 

bulg.  urama  plötzHches  Unwohlsein:  ttrama  uradisva.  uradisa  na  zlo  mesto.  uradisal  adj. 
Sbor.  III.  84. 

ulufe,  Sold. 

poln.  wiafa^  wiaßca. 


u. 


ünek,  inek,  Kuh. 

magy.  Ü7iö,  Kuhkalb.  Vämb^ry  188. 


V. 


vam,  Schuld. 

nslov.  vama,  Zoll,  aus  dem  Magy. 

var,  geh. 

bulg.  lele  vare.  Sbor.  III.  23.  lele  varaj  21. 

vesak,  pers.   ;3*i.,  bestia  vulpi  similis,  ex  cujus  pelle  vestes  pelliceas  conficiunt;  lupus 
cerva.  Vullers. 

Vergl.  russ.  veksa,  voksa,  sciurus  vulgaris,  ptica  soroka  usw.  Dalb. 


zabit,  Ergreifung. 

bulg.  zapcijkja,  Sbor.  III.  48. 

zaümet,  Mühe. 

bulg.  zähmet,  trud.    serb.  zahviedija,  Entgelt. 

zarar,  Schade. 

Vergl.  bulg.  so  mnogu  arari  bubak.  Sbor.  III.   126. 

zehir,  Gift. 

bulg.  zeerlija,  giftig. 

zöngin,  reich. 

bulg.  zeiiginin,  der  ßeiche.  zenginlik,  Reichthum.  zetigincki  adj. 


24* 


188  I-  Abhandlung:   Franz  Miklosicii. 

zeval,  Verlassen  eines  Ortes,  Elend, 
bulg.  zavaldija.  Sbor.  III.   66. 

zira,  zire,  weil. 

bulg,  zei;  tragend,  warimi:  lele,  dedo,  zei' mi  umref  Sbor.  III.  72.  lele,  kerko,  zer  ne  slusas? 
45.  zer  sunt  sutaf  bin  ich  etwa  tliöricht?   106.  Ebenso  108.   126.   154. 

zorrak,   arab.  ^f;),  ialco  candicans.  Hammer,  Falknerklee  II.  XVII.   109. 
mgriech.  tCoupäxtov. 


Zusatz. 

ada,  Insel,     bulg.  adalcki,  Insel-:  von  türk.  adal§.  adz^m,  fremd,  persisch,     bulg. 

adzemahk.  poln.  adziamski  kobierzec,  to  jest  perski.  Czasopism.  a)(or,  Stall,  bulg.  jad7\ 
shzr,  avsr.  serb,  hahar.  aklamak,  türk.  (^iUI,  umgiessen.  Vergl.  bulg.  akladisan  (ea- 
kleadisan).  Sbor.  III.  128.  Z.  79.  1.  al,  List.  Vergl.  bulg.  nekoj  al  jas  da  si  kämm. 
Sbom.  m.  45.  ala,  gemischte  Farbe,  bunt.     bulg.  hala,  wie  es  scheint,  Schlange.  Sbor. 

III.    100.    haletina   60.  aladza,    bunt.     serb.    alaca.    Glasnik   IV.    91.  alat,    Geräth. 

bulg.  alat.         alten,  Gold.     bulg.  altsnsk:  altnnkove.  Sbor.  III.   128.  ana,  Mutter,    bidg. 

ana,  Jana:  anajka  aus  ana  und  majka.  Vergl.  russ.  batjanja,  Vater  dial.  aralas,  Mischung: 
nordtürk.  arala§  durmak,  vermischen,  russ.  eralass,  smesh,  vzdora,  karteznaja  ifjra.  Vergl. 
Zeitschrift    der    deutschen    morgenl.    Gesellschaft.    Band   43.    555.  arka,    Rücken,     russ. 

archaluks,  charluks,  Art  Hauskleid.  arslan,  Löwe.  hnlg.  arslanin.  Sbor.  III.  118.  asli, 
ursprtinglich.  bulg.  ash,  asli.  aSik'are,  öflfentlich.  bulg.  asikjare.  Sbor.  III.  107.  at, 
Pferd,     bulg.  at-olani,  koji  to  gledst  konje  te.  Hiev. 

baba,  Vater,  bulg.  huha.  buhajka.  badzanak,  Schwager.  Daher  serb.  pasenog,  pa- 
Sanac,  der  Mann  der  Schwagerin,  wofür  auch  baöanak.  Bos.  Vila.  bah  ad  er,  tapfer,  rum. 
ha]iadirk§.  bajrak,  Fahne,  bixlg.  auch  barjak.  bakgr,  Kupfer,  bulg.  nbakrirna  an- 
tika.  Sbor.  III.  125.  baklak,  Art  Wassergefäss.  serb.  buklija.  Bos.  balta,  Axt.  bulg. 
baltamiS.  schlechter  Zimmermann.  Sbor.  III.  150.  serb.  baltalik,  Gemeindewald.  Bos.  ba- 
sal gk,  Art  Peitsche,  poln.  basalyk,  bicz  turecki  na  ksztait  maczugi  z  drzewa  nie  ostruganego; 
cziek   nie  ostrugany.    Czasopism.  bas,    Kopf.     bulg.    basarija,    glavatar.    Sbor,    III,    153. 

bas  kaden,  erste  Favoritin,  rimi.  basardin^.  basmak,  Sandale,  Scludi.  bulg.  basmak- 
licki.  Sbor.  III.  33.  batinan,  basman,  Art  Gewicht,     türk.  batman  leitet  man  von  bat, 

sinken,  ab.  bazar,  Markt,  poln.  bazarnik,  bazarnica,  markietan,  markietanku.  Czasopism. 
b^g,  Fürst,  Herr.  serb.  begza  aus  begzada.  begija.  begluk  auch  Herrensaal.  b(jg6nm(ik', 
Gefallen  haben,  bulg.  begendisam.  bendisuvam.  beledij,  städtisch,  serb.  beledija,  Magistrat. 
b^nd,  Band.  serb.  bensilav,  wohl  Wehrgehänge:  po  pojasu  puli  bensilava.  Volksl.  b(5§, 
fünf.  bulg.  beShk.  Sbor.  III.  96.  serb.  besvak,  die  fünf  Betzeiten:  vazda  cuvam  besvak  kod 
naniaza.  Fehlt  Z.    rum.  beileag,   Haupt  der  beslij.  bilgü,  Zeichen,     serb.  ode  na  biljegu, 


Die  türkischen  Elemente  in  den  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen.  189 

ging  zum  Zweikampf.  binek',  Reitiifercl.  serb.  binjetes,  hinjitis-kamen.  bizun,  Art 
Peitsche,  poln.  bizon,  bizun,  Art  Peitsche,  Schlag.  Nach  Czasopism  89.  nordtürk.  bogca, 
Bündel,  bulg.  bovcahk.  Sbor.  III.  43.  bord2,  Schuld,  bulg.  2a6orcja  Verb.  Sbor.  III.  100. 
budzak,  Winkel,  bulg.  buzjak.  bugase,  Art  Baumwollenstoff,  bulg.  bogasija.  Sbor.  III. 
23.  ngrieoh.  {xitoydCta.  bundzuk,  Muschel  als  Zierrath:  daneben  mondzuk.  V<4mb.  90. 
poln.  buHczuk  konski  ogon  na  lasce  zawieszony,  zdobiony  piorami  i  wst^gami,  ktory  przed  wo- 
dzami  i  chanami  noszono.  bunczuczny.  bunczuczyc  sie,.  Czasopism.  buri,  Wolf,  eig.  grau, 
burun,  Nase.     bulg.  burnoot,  emfe.         burunduk,  Gaze,     klruss.  ist  burunduk,   Sichelklee. 

ßakal,  Schakal,      bulg.   cakal.         cari,    Glocke,     bulg.   cantk,   zvannc:   cjankovije.    Sbor. 
III.  27.  capken,  schnell  laufend,     bulg.  kacer-cepkm.  Sbor.  III.  33.         cark,  Radscheibe, 

bulg.  na  carkove  se  vrzti.         cek'i,  Art  Wage.   bulg.  cekija.  Sbor.  III.  22.  cörik',  türk. 

Jjva-,  Heer.  Damit  vergleicht  man  magy.  sereg,  Haufe,  woher  nslov.  serb.  sereg:  abseits 
steht  russ.  serenga.  c6rm,  pers.  -^a.,  Haut,  Leder,  ngriech.  xCi.p\).a,  nach  Hannner, 
Falknerklee  86,   wahrscheinlich  Art  Fusskrankheit.    Z.  354.  3.  cevirmök',   türk.  dLe.ya., 

drehen,  hiüg.  cevirdisvam  Verb.  Z.  371.  3.  cic^k',  Blume,  bulg.  cicsk,  butrak,  lepkac.  Sbor. 
III.   144.  coban,  Hirt,    ngriech.  zC,rjO%rh>rfi  kann  nicht  mit  slav.  zupanr,  zusammengestellt 

werden.  cokmar,   türk.    >U5j.ö.,    Keule,     russ.   cekman,    Schlägel.    Z.  573.    3.  coltar, 

Satteldecke,  poln.  czoMur,  przykrycie  tureckie  na  konia.  Czasopism.  cukur,  nordtürk. 
Grube.  Vergl.  bulg.  cukar.  Sbor.  III.  104.  cunki,  weil.  bulg.  cunkim.  Z.  375.  2.  cürük', 
faulig.  hn\g.  curjuk  godina.  Sbor.  III.  76.  cüst,  flink.  Vergl.  russ.  sustryj,  behend,  bojkij, 
lovkij. 

damar,    Ader.     serb.    damar.         da'va,    Process.     bulg.    davovam  se.    Sbor.   III.    155. 
serb.  dava  in  Dusan's  Gesetz  ist  ein  späterer  Zusatz.  d^f,  Handtrommel,     serb.  latise  se 

defa  (talambuza  sa  praporcimaj.  Bos.  Vila  IV.  33Tr  d^li,  toll,  Wagehals,  poln.  delia,  suknia 
obszerna  z  szerokimi  rqkawami,  daneben  delura:  beides  wird  auf  ein  türk.  telej  zurückgefiüirt. 
Dunkel.  Czasopism.  d6m6k',  sagen  (nicht  zagen),    nennen,     bulg.  demek,  etwa:    das  ist: 

selo,  zagrad,  demek:  zadgrad  hilo  nekoai.  Sbor.  III.  126.  vergl.  155.  Z.  447.  2.  derd, 
Schmerz,  bulg.  denk',,  d.  i.  -dsrt'.  Sbor.  III.  91.  dsrtav  131.  Vergl.  dtrta  baba  52.  d(ir6, 

Thal.     bulg.  derebejevci.    Sbor.  III.   127.  demeske,   damaschsrt.     poln.  demesz,  demeszka, 

gtownia  szamska,  demeszkowana,  od  miasta  Damaszek.  div,  Dämon,  alb.  es  ist  ein  def, 
Simson.  dogan,  Falke,  poln.  dogandzi  basza,  najstarszy  sokolnik,  Linde:  türk.  dogandz^ 
bas§,  der  grossherrliche  Oberfalkner.    dogandz§l§k,   Falknerei.  dorn,  braun,     bulg.  konja 

dorija.  Sbor.  III.  20.  dus6m^,  Tep^iich,  Diele,  bulg.  djuseme.  Sbor.  III.  143.  dönüm. 
Morgen  Landes,  serb.  dunum,  vierzig  türk.  Ellen  im  Gevierte.  Bos.  dünja,  Welt.  bulg. 
djunja.  Sbor.  III.  118.  djunjovski.  dürbin,  Fernrohr,  bulg.  djidbija.  Sbor.  III.  107. 
dzam,  Glas.  bulg.  dzamni  pendzer.  d26h6nnem,  Hölle,  bulg.  Sendern,  ad.  ^jandeman, 
Qual.  Sbor.  HI.  153.  dz^vaher,  Edelstein,  bulg.  dSevair.  d^ida,  Wui-fsijiess.  bulg. 
dzirit  dzidli.  Hiev.  133.  serb.  kostoloman  in  dzida  kostolomna  ist  wohl  ,Knochen  zer- 
brechend', dzidzi,  Kinderspielzeug.  Vergl.  magy.  csecse.  dzinn,  Dämon,  bulg.  dzin, 
zin,  böser  Dämon,  zineasvam  Verb.  Sbor.  III.   76. 

^girek',  türk.  Jw^fl,  Graben,    nordtürk.  äjiräk,  Radioff,  Wörter])uch   724.       ir,  Mann. 
Vergl.    bulg.  er.    Sbor.  III.   98.  (^rbab,    die  Intelligenten,     bulg.  eriop.    Sbor.  III.    152. 

^sir,  Gefangener,    poln.  jassyr,  zabor  ludzi  w  niewolq.  Czasopism.         esvab,  Kleid,  Waare. 


190  I-  Abhandlung:    Franz  ÄIiklosich. 

bulg.  spap,  zestra.  prikja,  ceiz.  Sbor.  III.  37.  <5zijet,  arab.  looy,  Qual.    bulg.  izet,  mska. 

Sbor.  III.   153.  Z.  22.  3. 

ebr^t,  Betrachtung,     serb.  ibret  uzimati,  cuditi  se. 

fajda.  Nutzen,  bulg.  vajda.  fendgk,  Haselnuss.  Vergl.  bulg.  fsndac,  malko  paröe 
vlsna.  Hiev.   142.  til,  Elefant.    Vergl.    serb.  dva   miljeva  zuha.    Bos.  filiz,   arab.  tXJU", 

Stück.    Theilchen.     bulg.  filiz.    Sbov.   TTI.    32.    Z.  670.   1.  furun,    Backofen,     bulg.  fur- 

iiadzija. 

b'ajlaz,  Faulenzer,     bulg.   hujlaz   hulka.    Sbor.  III.    122.  h'öd2dz6t,   Beweis,     serb. 

hudzet,  amtliche  Bestätigung  des  Eigenthums  durch  den  Kadi.  Bos. 

ilik',  Knopfloch,  Schlinge,     bulg.   ilik.  Sbor.  III.  49.  imani6,  Mundstück,    ugriecli. 

jjiajjisi.  Legr.         ip.  türk.  (_ol,  Faden,     bulg.  ip,  iplik.    Z.  140.  3. 

jagmurlgk,  Regenmantel,  poln.  jarmutka,  jamidka.  Goi^b.  130.  jagren,  türk. 
ijj-äLs,  Schulter.  Vergl.  bulg.  jagnrci,  slezi.  Sbor.  III.  92.  Z.  952.  2.  jan,  Seite,  bulg. 
Jan  keaja,  pomoStnik  na  kehaja  ta.  Hiev  391.  jatagan,  grosses  Messer,  magy.  jatagdny. 
juk'.  Last.     poln.  juczy6,  najuczyö.  hydh  jukowe. 

kaba,  grob,  gemein,  magy.  kdha,  blöde.  kaßgrmak,  einen  Umweg  machen.  Vergl. 
bulg.  kacer-cepksn,  eine  Gangart  des  Pferdes.  Sbor.  lU.  33.  kalpak,  Mütze,  poln.  koi- 
pak,    wyraz    turecki,    hlizki   icyrazu   ruskiego    klohuk.  Czasopism.  kamcö,    Peitsche,     bulg. 

kamdzija.  Sbor.  III.  55.  kamsija  103.  kamsik.  kanmak,  türk.  i^+iU,  den  Durst  stillen, 
sich  überzeugen  lassen,  bulg.  haha  se  ne  kandisala.  Sbor.  III.  104.  da  go  kandisa  114. 
Z.  685.  3.  kara,  schwarz,  serb.  zacrnismo  uhraz  pred  svijetom.  Volkslied.  karagöz, 
schwarzäugig.  Hanswurst,  bulg.  karagjos.  kejmak,  tödten.  bulg  ksjdisa.  Hiev,  ksjdisuvavi 
Verb.    Sbor.  III.  43.   109.  kajdisam  28.  49.  kajdisuvam  29.   30.   119.  kenamak,  quälen, 

serb.  kidisati,  verletzen:  ja  djevojci  vzu  kidisati,  kldisati  rzu  i  ohrazu.  Volksl.  kgr,  grau. 
Vergl.  poln.  kiereja,  mit  Pelz  gefütterter  Oberrock.  Goieb.  137.  kermez,  Scharlachlaus, 
bulg.  krsmozov  dsb,  quercus  coccifera.  rimizen,  ahn.  Hiev.  kipcuk,  von  mir  unbekannter 
Bedeutung,     poln.  z  kipczuk  tatarskiego  u  nas  siq  kapczuk  zowie.   Czasopism  84.  kontos, 

Art   Kleid,     poln.    kontusz:   hyt  i  kohiecy   ubior.    Czasopism.  kulbaka,    nordtürk.     poln. 

kulbaka,   diteUae,  siodto  osle  niektorzy  zowiq  kulbaki.  Linde.  Czasopism. 

k'abus,  arab.  (j«^l^,  Alp.  bulg.  kahus.  Sbor.  III.  87.  Z.  731.  1.  k'6c6,  grober  WoUen- 
stotf.     magy.  kecse,    Art  Soldatenmantel.  k'elcpir,   Beute,     bidg.  kelepir.    Sbor.  III.    130. 

k'emya,  Damast,  mas.  platiekamcjato.  Domostr.  89.  k'cizap,  Scheidewasser,    bulg.  Äezop. 

Sbor.  III.  87.  k'ilim,  grober  Wollenzeug,  Teppich,     poln.  ,co  za  ojcow  naszych  byi'a  gonia, 

to  teraz  kilim.  derha'.  Goraicki.  k'öse,  Winkel,    bulg.  kjuäinja,  Collectivum  für  den  plur. 

Sbor.  III.   74.   113.  k'öti,  schlecht,  schwach,  tierh.  arapi  ti  hea  poöotiji.  Vardar  1887.  93. 

g6cinm<jk',  türk.  JUä^sJ^  von  etwas  leben,  bulg.  gecenmek  soll  pominsk,  geöendisvam 
pominovam  sein.  Sbor.  I.  151.  gicinhvieka  141.  gicindisat  101.  Die  Stellen  sind  dunkel.  Z. 
739.   1.  gezmek',    herumgehen,     bulg.  gezme,    Spaziergang.    Sbor.  III.    139.  güv^z, 

dunkelroth.    bulg.  givizSn.  Hiev  32. 

laf,  Geschwätz,  bulg.  lafovam,  reden.  lakin,  aralj.  i^^,  aljer,  jedoch.  Vergl.  bulg. 
leakim.  Sbor.  III.   140.   Z.  795.  1. 


Die  türkischen  Elemente  in  dbn  Südost-  und  osteuuopäisciien  Spuachbn. 


191 


ma'd(5n,  Bergwerk,  bulg.  maden,  raaclan,  madaniste.  Sbor.  III.  112.  majesgl,  Hä- 
morrhoiden, auch  Skrofeln,  serb.  majasin,  Art  Hautausschlag.  Bos.  masal,  türk.  JLa«, 
Märchen,     bulg.  prazni  masale.  Sbor.  Z.  853.  2.  maslah'at,  Geschäft,    bulg.  maslahatje, 

plur.  vaz7ii  raboti.  Sbor.  maslak,  türk.  (^JLox),  Halm  (am  Fasse).  Vergl.  russ.  mosloks, 
Flügel,  Gelenk.  Z.  855.  1.  m^ger,  wenn  nicht,  nordtürk.  ägär  cä,  wenn  auch.  mer  a, 
Weide,      serb.    me^'a,    Gemeindehut  weide.    Bos.  m^rak,    Leidenschaft,      bulg.    meraJchk. 

m^skin,    arab.  ^j-jC«uo,    arm,  elend,     poln.-armen.   in§skhm.    Z.    847.  2.  m^shed,    arab. 

(Xg-Ä«c,  Grabmal  eines  Blutzeugen,  serb.  maseta,  slecak.  Ta.  852.  2.  m(5zar,  Grab.  bulg. 
mezarlik,    Friedhof.  mill^t,    Religion,     bulg.  müet^    Volk.    Sbor.    HI.    114.     serb.    milet, 

confessionelle   Gemeinschaft.  Bos.  mina,  pers.  Lluo,  Email,     serb.  mina.  Bos.  Z.  900.  3. 

minar^t,    Thurm.     bulg.    minara.    Sbor.   IH.    141.  morin,    mong.    Pferd.    Vamb.     russ. 

merins,  Wallach.       murdar,  unrein,     bulg.  omurdarja,  besclmmtzen.  musand6r6,  türk. 

8xJa.ox,  Wandschrank,      bulg.    musandra    üi   dolap.    Sbor.  IH.   73.    Z.    855.    1.  mühlet, 

Aufschub,      bulg.    muvlet.  mtihr,    Petschaft.      serb.    muhurkinja    (sahlja).  müSav^r^, 

Berathung.     serb.    do6i   na   muSafer.    Volksl.  müs^mma',   Wachsleinwand,     bulg.    muie- 

mica.    Sbor. 


Abkürzungen. 


Acta  et  diplomata  graeca  medii  aevi  sacra  et  profana 

eollecta    edidenint    Fr.    Miklosich    et   los.  Müller. 

Vindobonae.  I — VI. 
Ahlquist,    A.,    Die    Kulturwörter    der    westfinnischen 

Sprachen.  Helsingfors.   187.5. 
Arabantinos,  P.,    IlapoijxtaaTi^p'.ov  y)  cuX^o-'t,   Trapoijxtöiv 

SV  yyfflti  cücwv  xapä  xol:?  'HzetpwTa'.;.   'Ev  'ItoavvJvoc?. 

1863. 
Arkiv   za  poT^stnicu  jugoslavensku.   U   Zagrebu.  Von 

1851   an. 
Barbier  de  Mcynard,   A.  C,   Dictionnaire  turc-fran- 

9ais.  Paris.   1881 — 1888.  I.  II.  livraison  I.  IL  III. 
Bellosztenecz,  J.,  Gazophylacium  seu latino-illyricoram 

onomatum  aerarium.   Zagrabiae.    1740. 
Berthelot,  Sur  le  nom  du  bronze  chez  les  alchimistes 

grecs.  Eevue  archeol.    Nov.-Dec.  1888.    III®  serie, 

t.  VII.  294—298. 
Bianchi,  T.  X.,  et  J.  D.  Kieffer,  Dictionnaire  turc- 

fran<;ais.   Paris.    1835—37. 
Bilguer,   v.,    Macedonisch- türkische  Wörtersammlung. 

Schwerin.    1889. 
BlaÄewicz,  Th.,  Theoretisch-praktische  Grammatik  der 

daco-romanischen   Sprache.   Lemberg  und    Czemo- 

witz.   1844. 


Bogiäic,   V.,   Zbornik  sadasnjih  pravnih  obißaja  u  jui- 

nih  Slovena.  U  Zagrebu.   1874. 
Bogorov,  I.  A.,  Frensko-biilgarski  i  b^jgarsko-frenski 

rei'nikl).   Viena.   1869. 
BojadÄi,  M.  G.,  Romanische  oder  macedono-wlachischc 

Sprachlehre.  Wien,   1813. 
Bolizza,   M.,    Eelationo    et  dcscrittionc   del   sangiacato 

di  Scuttari.   1C14. 
Bosanska  Vila.   List  za  zabavu,  pouku  i  knjiÄevnost. 

Sarajevo.   Von   1886   an. 
Budagov,  Laz.,  Vergleichendes  Wörterbuch  der  türk.- 

tatar.  Sprachen.  St.  Petersburg.   1871. 
Budenz,  J.,  F.  Miklosich,  Die  türkischen  Elemente  in 

den   Südost-  und   osteuropäischen  Sprachen.   Nj-elv- 

tudomänyi  közlemenyek.  XIX.  Band.  287  —  297. 
Crusius,  M.  Turcogracciac  libri  octo.  Basileae.  1584. 
Czasopism  naukowy.  We  Lwowie  Nr.  2.  1828:  Slow- 

niczek  wyrazow    przyictych    do    mowy  polskiej   ze 

wschodnich  jezykow.    Przez    Adama   ksiecia   Czar- 

toryskiego.    78 — 99. 
Dalb,  V.,    Tolkovyj    slovarh    Äivago    vclikoruskago   ja- 

zyka.  S.  Peterburgi,.   1880—1882. 
Danilovt,    KirSa,   Drevnija  rossijskija   stichotvorenija. 

Moskva.   1878. 


192 


I.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 


Dapontos,  Epbemerides  daces.  Tcxto  grec,  traduction 
fran(,-aisc,  notcs  et  glossairc,  par  Eniilc  Legrand. 
3  vol.  Paris. 

Deftcrek,  Magyarorszägi  török  kincstari,  1543 — 1635. 
Budape.'t.   1886. 

Devic,  H.,  Dictionnairo  ^tymologique  des  mots  fran- 
^ais  d'origine  Orientale.  Paris.   1876. 

Djuvcrnua,  A.,  Slovarb  bolgarskago  jazyka.  Moskva. 
I— IV.   1885—1888. 

Domostroj  po  spisku  iraperatorskago  obÄßestva  istorii 
i  drevnostej  rossijskicln.  (Exemplar  ohne  Titel- 
blatt). 

Dozy,  Ostcrlingen.  Verklärende  lijst  der  nederlandsche 
■n-oordcn,  die  uit  het  arabisch  .  .  .  afkomstig  zijn. 
's  Gravenhage.   1867. 

DrinoVb,  M.,  Ncskolbko  slovi.  obT>  jazyke,  narodnychi> 
pesnjacht  i  obyßajach'B  dcbrskicht  Slavjam>.  S.  Pe- 
terburgT..   1888. 

Eguilaz  y  Yangiias,  L.  de,  Glosario  etimologico  de  las 
palabras  cspafiolas  de  origen  oriental.  Oranada.  1886. 

Fremdwörter,  Die,  in  den  slavisobcn  Sprachen.  Von 
Franz  Miklosich.  Aus  dem  XV.  Bande  der  Denk- 
schriften. 

Frillcy,  G.,  et  J.  Wlahovitj,  Le  Montenegro  contem- 
porain.   Paris.    1876. 

Gazi:  'AvÖi'ixsu  I'aLr,  A£;txsv  ä/vAY;vi/.iv.  'Ev  Bevcxia. 
1809  — 1816.  3  voll.  W.'/xl  S'.a^ipwv  tivwv  viotvwv 
zs.  v.3.\  ßapßap'.y,ä)V  Ae;£0)v  im  ersten  Bande. 

Golebiowski,  L.,  Ubiory  w  Polscc  od  najdawniejszych 
czaaow  ai  do  cbwil  obecnych.  W  Krakowie.  1861. 

Grig.  Sti-anstvovanija  Vasilbja  Grigorovißa-Barskago  po 
svjatymT>  mestamT.  vostoka  st>  1723  po  1747  g. 
Castb  IV.  S.  PeterburgT..   1887. 

Gundulic,  Ivan,  Osman.  U  Zagrcbu.   1844. 

Hahn,  J.  G.  v.,  .Vlbanesische  Studien.  Wien.  Drei 
Hefte.   1853. 

Hahn,  J.  G.  v.,  Griechische  und  albanesische  Märchen. 
2  Bände.  Leipzig.   1864. 

Hammer,  J.  v.,  Des  osmanischcn  lleichs  Staatsver- 
fassung und  Staatsverwaltung.  Wien.   1815. 

Hammer,  J.  v.,  Verzeichniss  der  in  den  acht  Bänden  un- 
serer Geschichte  vorkommenden  türkischen  Wörter 
u.  s.  w.  Geschichte  des  osmanischen  Kelches.  X.  337. 

Hanusz,  J.,  O  wplywie  jczykow  wachodnich  na  slow- 
nik  jazyka  polskicgo  in  I'racc  filologiczno  I.  458. 
Warschau.  1886. 
Hehn,  V.,  Kulturpflanzen  und  Ilausthiere  in  ihrem 
Übergang  aus  Asien  nach  Griechenland  so,  wie 
in  da.s  übrige  Europa.  Dritte  Auflage.  Berlin.  1877. 

Hindoglu,  Artin,  Sammlung  der  zum  Sprechen  nö- 
thigsten  Wörter  und  Iledeiisarten  der  türkischen, 
neugriechischen  und  deutschen  Sprache.  Wien.  1840. 


Hör  mann,  Kosta,  Narodne  pjesme  muhamedovaca  u 
Bosni  i  Hercogovini.  Sarajevo.  I.  1888.  II.  1889. 

(Janezar,  Konstantyn  Michal  z  Ostrowicy),  Pami^tniki 
janezara  przed  r.  1500  napisane.  Sanok.  1857.  Das 
Buch  enthält  türkische  Ausdrücke,  jedoch  nur  wenig 
solche,   die   in  das  Polnische   Aufnahme    gefunden. 

Jannarakis,   A.,  "A'.(7[/.aTa  xpr,TiKä.  Leipzig.   1876. 

JastrebovT.,  I.  S.,  Obyßai  i  pesni  tureckichx  Serbovi. 
(vL  Prizrene,  Ipcke,  Morave  i  Dibre).  S.  Peter- 
burgT,.  1886.  ' 

Jerncy,  J.,  Keleti  utazasa  a'  Magyarok'  öshelyeinek 
kinyomozasa  vegott.  Pesten.  1851.  II.  161.  273. 
Parthiai  kutatäs. 

Jireßck,  K.,  Cesty  po  Bulharsku.   Prag.   1888. 

Justi,  F.,  Über  die  Mundart  von  Yczd.  Zeitschrift 
der  deutschen  morgenländisohen  Gesellschaft.  1880. 
327—414. 

Kaß.  Vienac  uzdarja  narodnoga  0.  Andriji  Kaäic- 
Mio.sicu  na  stolietni  dan  preminutja.  U  Zadru.  1861. 

Kapetanovic  LjubuÄak,  Mehmcd  bog,  Narodno  blago. 
U  Sarajevu.   1887. 

Karlowicz,  J.,  Mömoire  sur  l'influonoo  des  langucs 
Orientales  sur  la  langue  polonaiso.  Tire  du  vol.  II. 
des  travaux  de  la  6°  session  du  congros  inter- 
national des  orientalistes  ä   Leide.    1884. 

Kam.  Brno  Karnarutic,  Vazctje  Sigeta  grada.  U  Za- 
grebu.   1866. 

Katanoff,  N.,  Des  mots  du  dialccte  sagai  empruntös 
au  russe.  Bulletin  de  l'Acadömie  Imperiale  des 
sciences  de  St.  Pötersbourg.  Tome  XXXII.   1887. 

Korsch,  Th.,  Die  tüi-kischon  Elemente  in  den  südost- 
und  osteuropäischen  Sprachen.  Itecension.  Archiv 
für  slavische  Philologie.  VIII.  631.  IX.  487.  653. 

Krasic,  VI.,  Srpskc  narodne  pjesme  starijcg  i  novijeg 
vremena.   Panßovo.  I.    1880. 

Künos,  L,  Karagöz,  Nyelvtudomänyi  közlemenyok. 
Huszadik  kötet.   321.  Budapest.   1886—87. 

Lasinio,  F.,  Delle  voci  italianc  di  origine  Orientale. 
Firenze.  1886.  Auszug  aus  einem  zu  erwartenden 
Werke. 

Lckcionarij  Bornardina  spljecanlna  po  prvom  izdanju 
od  god.   1495.  U  Zagrcbu.   1885. 

Legrand,  E.,  llecucil  de  chansons  grecquos.  Paris. 
1874.  Collection  de  mouuments  pour  servir  ä  l'e- 
tude  de  la  langue  nto-hellenique.  Nouvellc  serie.  I. 

Legrand,  E.,  Recueil  de  poemes  historiqucs  cn  grec 
vulgaire,  relatifs  ä  la  Turquio  et  aux  principautes 
Danubiennes,  publies,  traduits  et  annotes.  Paris. 
1877.   3  vol. 

Lexicon  linguae  hungaricae  aovi  antiquioris.  Magyar 
nyelvtörtcneti  szötar.  I.  äädgat  —  izsdpos.  Buda- 
pest.  1889. 


Die  türkischen  Elemente  in  i>en  Südost-  und  osteuropäischen  Sprachen. 


193 


Linde,  M.  S.,  Slowntk  jezyka  polskiego.  Lwow. 
1854—1860.     • 

Listy  filologicke  a  paedagogicke.  V  Praze.  Von  1873 
an.  Sie  enthalten  A.  Matzenauer's  werthvolle 
Pfispevky  ke  slovanskemu  jazykozpytu. 

Ljubenov,  P.  Cv.,  Baba  Ega  ili  sbornik  ot  razlißni 
vervanija,  narodni  lekuvanija,  magii,  bajanija  i 
obiöai  v  Kjustendilsko.   Tiirnovo.    1887. 

Logat  Oszmanije  (Wörterbuch  der  im  Türkisehen 
gebräuchlichen  arab.  und  pors.  Lehnwörter)  Con- 
stantinopel.    1886. 

ilariup.  0.  Blau,  Über  die  griechisch -türkische  Misch- 
beyölkerung  um  Mariupol  (am  Azowsehen  Meere). 
Zeitschrift  der  deutschen  morgenländischen  Gesell- 
schaft. XXVIII.   576. 

Maiuranic,  St.,  Hrvatske  narodne  pjesme  sakupljene 
stranom  po  primorju  i  stranom  po  granici.  Ü 
Senju.  I.   1876. 

Meyer,  G.,  Romanische  Wörter  im  kyprischen  Mittel- 
griechisch. Jahrbuch  für  romanische  und  englische 
Literatur.  N.  F.  III. 

Miklosich,  F.,  Die  türkischen  Elemente  usw.  Kecen- 
sion  in  Nyelvtudomanyi  közlemenyek,  XIX.  Band, 
IL  Heft.   161  —  328. 

Mikulißic,  F.,  Narodne  pripovictke  i  pjesme  iz  hrvat- 
skoga  primorja.   U  Kraljevici.    1876. 

Molda  oder  Beiträge  zur  Geschichte  der  Moldau  und  Bu- 
kowina. Von  F.  A.  Wickenhauser.  Czernowitz.  1881. 

Motovilovi),  A.,  Simbirskaja  molvb.  SbomikT>  ot- 
delcnija  russkago  jazyka  i  slovesnosti  imperatorskoj 
akadcmii  nauk'fc.  Tomx  XLIV.  Sanktpeterburgi. 
1888. 

Mots  provinciaux  de  Kamieniec.  Annuaire  de  la  so- 
ciete  savante  de  Cracovio  XLI.  132 — 253.  Rocz- 
nik  Tow.  nauk.  Krakowskiego.  Zbior  wiad.  an- 
thropolog.  I.   68  —  79. 

Muchlinski,  Zrodloslownik  wyrazow,  ktore  przeszly 
do  naszej  mowy  z  jezykow  wschodnich.  Petersburg. 
1858. 

Munkäcsi,  B.,  Ujabb  adalekok  a  magyar  nyelv  törok 
elemeihez.  Nyclvtudomänyi  közlemenyek.  Huszadik 
kötet.  467.  Budapest.   1886—87. 

Xikolic,  G.  A.,  Srpske  narodne  pesme  iz  Srema,  Like 
i  Banije.  U  Novome  Sadu.   1889. 

Xovakovic,  St.,  Kaipak  i  öelenka  srpskih  narodnih 
pesama.    Aus   der  Otad^bina.    ü  Beogradu.    1883. 

Novakovic,  St.,  Pronijari  i  bastinici  (spahije  i  ßitluk- 
sahibijc).  Glasnik  I.   Beograd.    1887. 

Panöio,  Josef,  Sumsko  drveoe  i  siblje  u  Srbiji.  Glas- 
nik.  1871.  XXX.  129  —  312. 

Papazapheiropulos,  F.,  rhpiouva-j-WYYi  vA^acix^i;  'ja'/;; 
xa't  iOfiAwv  TGÜ  £XX-^vty.oiJ  Xaoü,  tSia  Be  toj  t^?  lls- 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIIl.  Bd.  I.  AHi. 


AOKOvvr^aou  irapa,3aXA0|Ji£va)v   Iv  :toAXoT?  zpb;  xa  -cüv 
äpy^atwv  'EAArjVwv.  'Ev  Ilatpai?.   1887. 

Paspatis,  A.G.,  Tb  X'.axäv  Y^wocaptov.  'Ev  'AOnivati;.  1888. 

Popovic,  Dj.,  Turske  i  druge  istoöanske  reäi  u  nasem 
jeziku.  Aus  Glasnik  srpskog  ußenog  druätva.  Knjiga 
59.  U  Beogradu.   1884. 

Pravdonoäa.   (Eine  Zeitschrift.)  U  Zadru.   1851. 

Pril.  Ein  Beitrag  zur  Kunde  der  macedonischen  Dia- 
lekte.  Von   St.   Novakovic.   Archiv  XII.   78  —  94. 

Pukler,  A.,  Prilozi  kulturnoj  i  pravnoj  poviesti  Hrvata. 
U  Zagrebu.  L   1.   1882. 

Radioff,  W.,  Versuch  eines  Wörterbuches  der  türk. 
Dialekte.  I.  IL  III.  St.  Petersburg.   1888.   1889. 

Radioff,  W.,  Die  Sprachen  der  türkischen  Stämme 
Südsibiriens  und  der  Dsungarischen  Steppe.  I.  Ab- 
theilung. Proben  der  Volkslitteratur. 

Radioff,  W.,  Das  türkische  Sprachmaterial  des  Codex 
cumanicus.  Aus  den  Memoires  de  l'Academie  Im- 
periale des  sciences  de  St.  Petersbourg.  VII®  serie. 
Tome  XXXV.  N"  6. 

Rambaud,  A.,  La  Russie  epique.  Paris.   1876. 

Reß.  Dj.  M.  Puljevski,  Reöniki  otT>  öetiri  jezika. 
I.  Srpsko-albanski.  IL  Arbanski-arnautski.  III.  Tur- 
ski.  IV.  Grßki.   2  Theilo.  Boogradi,.   1873.   1875. 

Rhasis,  G.,  Vocabulaire  franqais-turo.  St.  Petersbourg. 
1828. 

Rib.  So  bezeichne  ich  die  in  Ribnica  (Reifnitz)  in 
Krain  gebräuchlichen  Wörter. 

Rocznik  c.  k.  Towarzystwa  naukowego  krakowskiego. 
Slowniczek  provincyalizmöw  podolskich  ulozony 
w  Kamiencu  Podolskim  w  r.  1863.  vol.  XLI. 
p.   182—253.  W  Krakowie.   1870. 

Rosen,  G.,  Bulgarische  Volksdichtungen.  Leipzig.  1879. 

Rossi,  Fr.,  Vocabolario  della  lingua  epirotica  italiana. 
Roma.    1875. 

Rumena-Vojvoda.  Oöerk  iz  osogovski  te  planini. 
E.  Karanov..  Sofija.   1886. 

RuÄicka-Ostoiö,  Camilla,  Türkisch-deutsches  Wörter- 
buch.  Wien.    1879. 

Sborniki,  za  narodni  umotovrenija,  nauka  i  kniinina. 
Kniga  I.   Sofija.    1889. 

Semenovißt,  A.,  Obi>  osobennostjachi,  ugrorusskago 
govora.   Sanktpeterburgt.   1883. 

Sirena.  Adrianszkoga  mora  syrena.  Groff  Zrinski  Petar. 
Stampana  u  Beneczih  leta  1660.  fol.  Vergl.  V. 
Jagic'  Abhandlung  im  KnjiÄevnik.  III.  336.  IT 
Zagrebu.   1867. 

Sket,  J.,  Turske  besedc  v  slovonsöini.  Aus  dem  Kres. 
VI.   253. 

Smailagic  Meho.  Pjosan  naäih  muhamedovaca  zabi- 
IjeÄio  Dr.  Fr.  S.  Krauss.  Aus  der  Narodna  Bi- 
bliotoka.  XIX.  U  Dubrovniku.   1886. 

25 


194 


I.  ÄBHANDLUNa:  Franz  Miklosioh.  —  Die  türkischen  Elemente  etc. 


Somavera,   A.  de,    Tesoro   della  lingua  greca  volgare 

ed  italiana.  Parigi.   1709. 
Saineanu,    L.,    Elemente    taroejti    in    limba    romana. 

Aus   der  Revista  pentru  istorie,   archeologie  M  fi- 

loiugie.   Bucuresti.    1885. 
äaineanu,   L.,    Incercarc    asupra   semasiologiei  limbei 

Rom&ne.  BucureÄti.   1887. 
iSapkarev,  H.  A.,  Sbornik.  3  Theile. 
Tamm,  F.,    Svonska   ord   belysta    genom   slaviska   ocli 

baltiska  spräken.  Up.sala.   1881. 
(Tcrnovskij,  F.,)  Akty  russkago  na  svjatoniTi  Athone 

monastyija  sv.  velikomußenika  i  celitelja  Pantelei- 

mona.  KierB.   1873. 
Thury,   J.,    A    kasztamuni-i    török    nyelvjäräs.     Aus 

Ertekezesek.  XU.  kötet.  VII.  szam.  1885. 
TiolionravoTT»,     N.,     Pamjatniki    otreßennoj    russkoj 

literatury.  SanktpeterburgT>.  I.   1863. 


Tott,    Memoiros    sur   les   Turcs.     Mastricht.     5   tumes. 

1785. 
Vämb^ry,  H.,  Etymologisches  Wörterbuch  der  turko- 

tatar.  Sprachen.  Leipzig.   1878. 
Vämböry,    H.,    Die    primitive   Cultur   des  turko-tata- 

rischen  Volkes.  Leipzig.  1879. 
Vardar.    Kalendar    za   godinu   1885.   1886.   1887.  Vo 

Beö. 
Vröeviö,  V.,    Srpske    narodne    pripovijetke.    Belgrad. 

1868. 
Weigand,    G.,    Die    Sprache    der    Olympo -Walachen. 

Leipzig.   1888. 
Zbior  wiadomoBci   do   antropologii    krajowej.    Krakow. 

1877.  VoL  L  p.   63—79. 
Zeitschrift   der    deutschen    morgenländischen    Gesell- 
schaft. XVI.   271.  XVIL   656. 


Übersicht  der  Abhandlung. 


I.  Band  XXXIV.      A— K. 
II.  Band  XXXV.        K'-Z. 
m.  Band  XXXVII.    A— M. 
IV.  Band  XXXVIII.  N— Z.     A— Z.  Zusatz. 


IL 

GLAGOLITICA. 

WÜRDIGUNG  NEUENTDECKTER  FRAGMENTE. 

VON 

D^   V.  JAGIC, 

WIRKLICHEM  MITQLIEDE  DER  KAISERLICHEN  AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 

MIT  2  TAFELN. 


VORGELEGT  IN  DER  SITZUNG  AM  15.  JANUAR  1890. 


-Im  Monate  December  v.  J.  wurden  mir  eines  Tages  in  der  k.  n.  k.  Hofbibliothek  zwei 
kleine  Pergamentblätter  vorgelegt,  von  denen  man  zwar  vrnsste,  dass  sie  mit  glagolitischer 
Schrift  beschrieben  sind,  allein  man  wollte  auch  über  den  Inhalt  und  die  Bedeutung  der- 
selben etwas  Näheres  erfahren.  Beim  ersten  Blick,  den  ich  auf  diese  äusserlich  so  unan- 
sehnlichen Blätter  warf,  war  ich  von  der  merkwürdigen  Beschaifenheit  der  Schriftzüge  aufs 
höchste  überrascht,  und  beim  Durchlesen  des  Inhaltes,  so  weit  dieses  fürs  erste  gelingen 
wollte,  wurde  auch  von  dieser  Seite  meine  Ueberraschung  rege  erhalten.  Es  stand  allsogleich 
bei  mir  fest,  dass  wir  es  hier  mit  einem  Unicum  seiner  Art  zu  thun  haben,  welclies  unsere 
gegenwärtigen  Kenntnisse  über  den  Entwicklungsgang  der  glagolitischen  Literatur  in  er- 
wünschter Weise  erweitert  und  gerade  darum'  die  eingehendste  Würdigung  verdient. 

Die  zwei  Blätter,  auf  den  beigelegten  zwei  Tafeln  in  natürlicher  Grösse  reproducii-t, 
stellen  sich  als  Fragment  eines  sehr  alten  glagolitischen  Messbuches  (Missale)  kroatischer 
Familie  heraus,  das  an  Alterthümlichkeit  der  glagolitischen  Schriftzüge  alles  bisher  in  diesem 
Zweige  bekannt  gewordene  weit  übertrifft  und  als  ein  äusserst  willkommenes  Bindeglied 
zwischen  die  glagolitischen  Denkmäler  pannonisch-macedonischer,  und  die  gewöhnlichen 
glagolitischen  Texte  kroatischer  Abkunft  in  die  Mitte  tritt.  Mit  den  einen  verbindet  es  der 
paläograpliische  Charakter,  runder  Typus  der  glagolitischen  Schrift,  mit  den  andern  die 
Redaction  der  Sprache  und  auch  der  Inhalt.  Atn  nächsten  verwandt  diesem  neuen  Fimde 
sind  die  vor  fünfzehn  Jahren  bekannt  gewordenen,  aber  wissenschaftlich  bisher  wenig  ver- 
wertheten  glagolitischen  Kijewer  Blätter,  mit  welchen  er  die  Gleichartigkeit  der  äusseren 
Form  und  des  Inhaltes  theilt:  beide  sind  Bruchstücke  eines  nach  römischem  Ritus  ein- 
gerichteten, auf  Grund  einer  lateinischen  Vorlage  abgefassten  Messbuches,  beide  mit  glago- 
litischer Schrift  auf  Pergament  in  kleinem  Octavformat  geschrieben.  Von  den  späteren 
Missalen  des  XIV.  und  XV.  Jahrhunderts,   die  noch   in  ziemlich  grosser  Anzahl  vorhanden 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  BJ     II.  Atli.  1 


2  II.  Abhandlung:   V.  Jagic. 

sind,  weichen  sowohl  unsere  zwei  Blätter  als  noch  mehr  die  Kijewer,  durch  die  Alterthüni- 
lichkeit  der  Schrift,  dui-ch  einige  Eigenthümlichkeiten  des  sprachliclien  Ausdruckes,  zuletzt 
durch  die  ganze  Anordnung  des  Inhalts  wesentlich  ab.  Untereinander  zeigen  sie  den 
liauptsJichlichen  Unterschied,  dass  während  auf  den  Kijewer  Blattern  die  altslovenische 
Sprache  in  ihrer  ältesten  und  reinsten,  nur  durch  einige  Moravismen  (ich  gebrauche  den 
Ausdruck  im  Sinne  des  geschichtlichen  grossmährisclien  Reiches)  leise  modificirten  Gestalt 
vertreten  ist,  der  sprachliche  Charakter  unserer  zwei  Blätter  schon  die  vollständig  ent- 
wickelte kroatische  Redaction  des  Altslovenischen  zum  Vorschein  bringt.  Die  Kijewer  Blätter 
sind  traus-,  die  Wiener  cisdanubisch :  die  Heimat  der  ersteren  fiillt  in  den  Bereich  der 
böhmisch-mährisch-slovakischen  Sprache,  der  letzteren  in  das  kroatische  Sprachgebiet.  Auch 
dem  Alter  nach  werden  die  Kijewer  Blätter  um  ein  bis  anderthalb  Jahrhundertc  den  neu- 
gefundenen vorausgegangen  sein.  AYenn  man  die  ersten  ins  XL  Jahrhundert  versetzt,'  so 
kann  man  mit  grosser  Bestimmtheit  die  letzten  dem  XII.  Jahrhundert  ziu'echnen. 

Von  nun  an  wird  mau  an  die  Spitze  der  Denkmäler,  in  welchen  der  Glagolisnuis  im 
Dienste  des  römischen  Ritus  steht,  folgende  zwei  stellen  dürfen:  1.  die  Kijewer  Blätter,  2.  die 
jetzt  ans  Licht  gekommenen  Wiener  Blätter.  Ich  will  beide  hier  zum  Abdruck  bringen,  die 
ersteren  im  Anhang,  und  die  letzteren  luiter  Berücksichtigung  aller  dabei  in  Betracht  kom- 
menden Fragen  nach  folgenden  Gesichtspunkten  einer  Würdigung  unterziehen :  I.  nach  der 
Provenienz  und  der  daraus  sich  ergebenden  literaturgeschichtlichen  Bedeutung  derselben ; 
II.  nach  dem  Inhalt  des  Textes  und  seinem  Vcrhältniss  zu  den  entsprechenden  Stellen 
lateinischer  und  glagolitischer  Missale  des  X. — XIV.  Jahrhunderts;  III.  nach  der  Sprache 
und  Orthographie ;  IV.  nach  den  paläographischen  Merkmalen. 

I.  Provenienz  der  Blätter  und  ihre  Stellung  in  der  Geschichte  des  Glagolismus. 

Unsere  zwei  Blätter  sind  in  der  Bildiothek  der  k.  k.  technisclicn  Hochschule  zu  Wien 
entdeckt  worden.  Als  man  daselbst  vor  einiger  Zeit  unter  den  aus  der  Bibliothek  als 
unbrauchbar  ausgeschiedenen  Büchern  eine  letzte  Umschau  hielt,  entdeckte  man  auf  den 
Deckeln  irgend  eines  jetzt  nicht  mehr  zu  bestimmenden  Buches  diese  zwei  Blätter.  Sie 
wurden  abgelöst  und  aufgehoben;  der  gegenwärtige  Bibliothekar  der  erwähnten  Anstalt, 
Dr.  Friedrich  Leithe,  deponirte  sie  in  der  k.  u.  k.  Hofbibliothek,  als  dem  zur  Aufbewahrung 
solcher  Seltenheiten  geeignetsten  Orte.  Ich  muss  allerdings  sehr  bedauern,  dass  man  nicht 
seiner  Zeit  aucli  das  Buch,  in  welches  diese  Blätter  eingeklebt  gewesen  zu  sein  scheinen, 
bei  Seite  gelegt  hat.  Wir  würden  möglicher  Weise  aus  dem  Druckorte,  aus  der  Jahreszahl 
desselben,  oder  aus  irgend  welchen  anderen  Umständen  einige  Anhaltspunkte  zur  Bestim- 
mung der  Zeit  und  des  Ortes,  wann  und  wo  diese  Blätter  in  jenes  Buch  gerathen  waren, 
gewinnen.  Femer  —  und  das  ist  im  gegebenen  Falle  noch  wichtiger  —  würde  man  mit 
Hilfe  jenes  Buches  wahrscheinlich  in  den  Stand  gesetzt  werden  noch  einige  Zeilen,  Wörter 

'  Der  erste  Herausgeber  der  Kijewer  Blätter  (I.  I.  Sreznevskij)  liat  es  unterlassen  über  das  Alter  derselben  irgend  eine  bo- 
stimmte  Meinung  zu  äussern.  L.  Geitler  versetzt  sie  ziemlich  spät,  da  er  sie  zwischen  die  Inschrift  von  Veglia  und  die 
jüngeren  Theile  des  Zographensis  einreiht  (Die  albanesischen  und  slavischen  Schriften,  S.  151,  §.  164),  trotzdem  er  selbst 
zugibt  (ib.  S.  186),  das»  die  Majuskel  der  Kijewer  Fragmente  älter  ist,  als  die  des  Cloz.  Ich  besorge  nicht  auf  einen  Wider- 
spruch zu  stossen,  wenn  ich  die  Kijewer  Blätter  spätestens  dem  XI.  .Jahrhundert  zuweise,  ich  halte  sie  aus  paläographischen 
und  sprachlichen  Gründen  für  entschieden  älter  als  das  Euchologium  Sinaiticum  oder  das  Psalterium  Sinaiticum,  auch  für 
älter  als  da»  Aclirider  Evangelienfragment. 


Glagolitica.    Würdiodng  neiientdeckter  Fragmente.  3 

oder  Buchstaben  an  unseren  zwei  Blättern  zu  entzitfern,  die  jetzt  gänzlich  verwischt  sind. 
Unsere  Blätter  scheinen  nämlich  auf  der  inneren  Seite  stellenweise  so  stark  an  den  Deckeln 
(oder  an  dem  einen  Deckel?)  geklebt  zu  haben,  dass  beim  Ablösen  bald  ganze  Zeilen, 
bald  einzelne  Buchstaben  oder  Wörter  von  dem  Pergament  sich  abschälten  und  an  dem 
Deckel  die  Spuren  zurückgelassen  haben  müssen.  Sie  sind  dadurch  für  uns  verloren 
gegangen  und  die  Entzifferung  der  beiden  inneren,  angeklebt  gewesenen  Seiten,  welche 
unsere  Tafel  II  zur  Anscliauung  bringt,  gestaltet  sich  zum  Theil  sehr  schwierig,  zum  Theil 
ist  sie  geradezu  unmöglich  geworden. 

Bei  der  Ermangelung  jedes  äusseren  Anhaltspunktes  zur  Beantwortung  der  Frage  nach 
dem  Ursprung  dieser  Blätter,  muss  man  sich  an  ihren  Inhalt  halten  und  mit  Hilfe  dieses 
die  muthniassliche  Heimat  derselben  festzustellen  suchen.  Die  Betrachtung  führt  zu  sicheren, 
^\'e^an  auch  etwas  allgemein  lautenden  Resultaten.  Der  Charakter  der  Sprache  —  sie  ist 
die  altslovenische  in  der  kroatischen,  vollständig  und  consequent  durchgeführten  Recension 
—  lässt  keinen  Zweifel  darüber  aufkommen,  dass  diese  Blätter,  so  wie  das  Buch,  dessen 
Bestandtheile  sie  einst  bildeten,  innerhalb  der  Grenzen  des  kroatischen  Grlagolismus  ge- 
schrieben worden  sind.  Das  Missale  muss  einer  katholischen  Kirche  innerhalb  jener  Diöcesen 
Istriens,  Kroatiens  und  Dalmatiens,  die  verschiedenen  Inseln  zwischen  Istrien  und  etwa 
Curzola  inbegriffen,  angehört  haben,  in  welchen  im  XI. — XII.  Jahrhundert  die  Liturgie  nach 
römis(diem  Ritus,  aber  in  kirchenslavischer  Sprache  mit  glagolitischer  Schrift  im  Gebrauch 
war.  Da  das  Gebiet  des  Glagolismus  zu  jener  Zeit  beträchtlich  weiter  reichte,  als  gegen- 
wärtig, so  hat  man  freie  Wahl  sich  jede  beliebige  katholische  Kirche  zwischen  Capo  d'Istria 
oder  Parenzo  im  Westen,  Makarska  und  Curzola  im  Süden,  die  Städte  mit  romanisch  reden- 
der Bevölkerung  ausgeschlossen,  als  den  Heimatsort  unserer  Blätter  zu  denken.  Wie  weit 
sich  die  Herrschaft  der  slavischen  Liturgie  gegen  Norden  imd  Osten  ins  Binnenland  damals 
erstreckt  haben  niag,  das  weiss  man  nicht.' 

Lange  Zeit  hindm-ch  war  man  in  Verlegenheit,  wie  man  diesen  kroatischen  Glagolismus, 
den  man  anfangs  für  eine  ziemlich  späte  Erscheinung  hielt,  mit  den  ältesten  Denkmälern 
der  glagolitischen  Literatur,  die  aber  alle  erst  im  Laufe  unseres  Jahrhunderts  grösstentheils 
nach  Dobrowsky's  Tode  allmählig  ans  Licht  kamen,  in  Einklang  bringen  sollte.  Zwei  ab- 
weichende Richtungen  in  paläographischer  und  sprachlicher  Beziehung  stellen  da  einander 
gegenüber,  scheinbar  ohne  jede  Vermittlung:  auf  der  einen  Seite  runde,  auf  der  anderen 
eckige  glagolitische  Schriftzüge ;  auf  der  einen  Seite  die  altslovenische  Sprache,  mit  allem 
FoiTiienreichthum  ausgestattet,  in  vielen  Beziehungen  selbst  die  ältesten  Denkmäler  der 
cvrillischen   Schrift   überbietend:    auf  der  anderen  zwar  dasselbe  Idiom,   allein  mit   vei*ein- 


Uie  Frage,  wie  weit  die  slavisclie  Liturgie  zu  verschiedeuen  Zeiten  iu  Istrieu,  Kroatien  und  Dalmatien  gereiclit  liat,  bedarf 
eiuer  kritischen  Untersuchung,  für  welche  kleinere  Vorarbeiten  bereits  vorliegen.  Ausser  dem,  was  Kopitar,  Safah'k,  Miklo- 
sich,  Ra£ki,  Tkalcic  u.  a.  darüber  bemerkt  haben,  erwähne  ich  folgende  kleinere  Untersuchungen:  Razprava  ob  obstojedoj 
porabi  staroslovenskog  ili  glagoljskog  jezika  u  sdruZenih  biskupijah  öenjskoj  i  Modruskoj,  U  Bakru  1882.  8".  18  (von 
Bischof  V.  Soic);  Crtice  o  slovenskoj  litiirgiji,  sastavio  ih  o.  Siniun  Milinovic.  Zadar  1880.  16".  160;  Poraba  glagoljice  kod 
redovnika  III  reda  sv.  Franje  po  Dalmaciji,  Isti-i  i  Kvarneru,  napisao  o.  Stjepan  M.  Ivan(Si(-.  U  Zadru  1887.  8*.  58  (diese 
Abhandlung  enthält  neues  Material);  S.  Ljubid:  Borba  za  glagolicu  u  Loäinju  (Rad  LVII,  150  ff.).  Durch  die  Gefälligkeit 
des  Herrn  Regierungsrath  Dr.  Thallöczy  bin  ich  im  Besitz  einer  Abschrift  des  in  Rom,  im  Archiv  der  römischen  Propa- 
ganda betiiidlichen  Manuscripts  J.  Pastric's,  welche»  folgenden  Titel  führt:  De  Missalis,  Breviarii,  illyrici  romani  et  sirailiuni 
divinonim  officicjrum  origine,  charactere,  coutinuatione,  scriptione,  impressione,  usu  et  locis  ac  modo  intelligendi  scripta  et 
impressa,  officiacjue  nova  scribendi.  Opus  iu  gratiam,  decus,  utilitatem  tum  Nationis  illyricae  in  Dalmatia,  tum  quoque 
cleri  Glagolitarum  concinnatum  a  Joanne  Pastritio  Dalmata  Spalatensi,  philosophiae  ac  sacrae  theologiae  doctore  et  in 
collegio  de  Propaganda  fide  sacrae  theologiae  polemicae  seu  dogmaticae  lectore,  inchoatuni  ab  anno  1688  circa  finem,  abso- 
lutum  .  .  .   Ich  will  einiges  aus  dem  Maiuiscript  im  Anhang  zu  dieser  Abhandlung  mittheilen. 

1* 


4  n.  Abhani)i,uno:   V.  Jagiö. 

fachten  jrranunatisclien  Formen  und  mit  einer  neuen,  offenbar  späteren  Orthographie.  Als 
dritter  nicht  unbedeutender  Factor  kommt  nocli  die  divergirende  Riclitung  des  Inhaltes  dazu: 
die  ältesten  altslovenischen  Denkmäler  glagolitischer  Sclu'ift,  wie  wir  sie  noch  bis  unlängst 
kannten,  stellen  gottesdienstliche  Bilcher  nach  dem  griechisch -orientalischen  Ritus  dar, 
während  die  kroatischen  glagolitischen  Handschriften  ausnahmslos  dem  römischen  Ritus 
dienstbar  sind.  Alan  erging  sich  in  allerlei  Vermuthimgen,  wie  dieser  Uualisnuis  hat  ent- 
stehen, wo  und  wann  jener  wichtige  Frontwechsel  hat  vor  sich  gehen  können.  Selbst 
Safaifik  begnügte  sich  noch  in  seiner  letzten  Schrift'  mit  folgenden  allgemeinen  Worten: 
,In  Kroatien  wurde  bekanntlich  die  römische  Liturgie  eingeführt.  Das  Fragment  von  Zara 
ist  ein  BeAveis  des  hohen  Alters  des  glagolitischen  Missale.  Ich  sah  noch  andere  Fragmente 
des  Missale  von  sehr  hohem  Alter.  Ebenso  sah  ich  Fragmente  des  Breviers  (Ilomiliarium), 
welche  älter  sind  als  die  jetzige  Einrichtung  des  lateinischen  ]3reviers  oder  das  XIU.  Jahr- 
hundert.' Safah'k  war,  wie  man  sieht,  allerdings  geneigt  die  Einrichtung  der  glagolitischen 
Bücher  nach  römischem  Ritus  bereits  in  eine  sehr  frühe  Zeit  zu  versetzen,  aber  er  dachte 
dabei  immer  nur  imd  ausschliesslich  an  Kroatien  (Istrien,  Dalmatien)  als  dasjenige  Land, 
wo  diese  Aenderungen  vor  sich  gingen.  Durch  die  glückliche  Auffindung  der  Kijewer 
Blätter  sind  wir  jetzt  in  den  Stand  gesetzt  über  diesen  wichtigen  Punkt  andere,  bestimmter 
lautende  Ansichten  vorzutragen,  welchen  der  neueste  Fund  eine  weitere  kräftige  Stütze  ver- 
leiht. Jetzt  unterliegt  es  nämlich  keinem  Zweifel  mehr,  dass  nicht  erst  in  Kroatien,  sondern 
schon  im  Bereich  Grossmährens  und  Pannoniens,  zu  einer  Zeit,  als  dort  die  slavische  Liturgie 
noch  ihr  bedrängtes  Dasein  fristete,  die  ersten  Versuche  gemacht  worden  waren,  die  kirchen- 
slavische  Sprache  für  den  Gottesdienst  dadurch  zu  erhalten,  dass  man  sich  im  Ritus  der 
herrschenden  römisch -germanischeu  Richtung  anschloss  und  in  diesem  Sinne  auch  die 
Kirchenbücher  anfing  umzuarbeiten.  Die  Kijewer  Blätter  sind  ein  unverfälschtes  Zevigniss 
datiir,  dass  schon  damals,  als  in  der  altslovenischen  Sprache  noch  die  echten,  alten  Formen 
in  voller  Fülle,  mit  genauer  Unterscheidung  aller  lavitlichen  Feinheiten,  wenigstens  in  der 
schriftlichen  Tradition  fortdauerten,  ein  nach  römischem  Ritus  abgefasstes  Missale  ent- 
standen und  vorhanden  war. 

Um  dieser  Schlussfolgerung  aus  dem  Wege  zu  gehen,  könnte  man  die  Frage  aufwerfen, 
ob  nicht  die  Kijewer  Blätter  aus  einem  anderen  Lande,  nicht  gerade  aus  Mähren  stanuuen? 
Ich  finde  wu-klich  in  der  bekannten,  glänzenden,  wenn  auch  verfehlten,  paläographischen 
Studie^  Geitlers  die  Behauptung  aufgestellt,  dass  die  Kijewer  Blätter  aus  Macedonien  her- 
rühren: ,Die  ihnen  (d.  h.  den  Prager  Fragmenten)  verwandten  Kijewer  Blätter  hat  Archim. 
Antonin  in  Jenisalem  gefunden,  und  dahin  kamen  glagolitische  Handschriften  nur  aus 
Macedonien."  Dieser  Grund  allein  reicht  wohl  noch  nicht  hin,  um  die  Blätter  macedonisch 
zu  nennen,  und  einen  anderen  Beweis  ist  luis  der  früh  verstorbene  Verfasser  gerade  so  hier 
schuldig  geblieben ,  wie  bei  seiner  zweiten ,  nicht  minder  paradoxen  Behauptung ,  nach 
welcher  die  Prager  Fragmente  weder  in  Böhmen  und  Mähren,  noch  in  Nordungarn  ge- 
schrieben sind,  sondern  gleichfalls  aus  Macedonien  herrühren.  Leider  konnte  er  seinen 
Plan,  diese  Behauptimgen  ,vorzüglich  durch  sprachliche  Mittel'  zu  begründen,  nicht  aus- 
führen.' Mich  führt  dasselbe  Mittel  gerade  zur  entgegengesetzten  Ueberzeugung,  nach  welcher 
an  der  ,gro88mährisclien'  Heimat  der  Kijewer  Blätter  ein  für  alle  Male  festzuhalten  ist.    In 


'  Ueber  den  Ursprung  und  die  Heimat  des  Glagolitisinus,  S.  17. 

^  Die  albanesischen  und  slavischen  Schriften,  von  Dr.  L.  Geitlor,  Wien  1883,  S.  1.53. 

3  a.  a.  O.,  8.  188. 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  5 

der  That,  ich  kann  in  den  sonst  ganz  regelmässigen  altslovenischen  Sprachfonnen,  wo  nur  für 
i|i  ein  c,  für  «a  ein  z\  für  lur  ein  sc  eintritt,  nichts  anderes  als  Moravisnien  erblicken, 
welche  auf  dem  mährisch-slovakischen  Sprachgebiete  in  den  sonst  echt  altslovenischen  Text 
eingedrungen  waren.  Beispiele  also,  wie :  orpAA^n-b,  )fOA'»''''»'*Hi«,  npHCMAi^i^,  npocAi;(,  Hkcr^i^f, 
OK'ku'kA'h-OK-kukHH'k,  iio/uoi^k-no/v\ou,hiJK,  nm\A,  oder:  jiL,Aäw,  oT-kAdsi»,  noA<>3k,  TaKoat  JKt,  TO/Hhaf, 
T0A3t,  oder:  aaujMHTH,  aamsHTHT-K,  OMHiuHfHHE-OHHuiHEHHiv  —  fasse  ich  als  echte  altslo venische, 
nur  in  den  drei  Punkten  des  Consonantismus  ins  ,altmälirische'  umgeprägte  Sprachformen 
auf  Wer  der  Annahme,  dass  das  gegenwärtig  vorhandene  Kijewer  Exemplar  nur  eine  süd- 
slavische,  sagen  wir  macedonische  Abschrift  repräsentirt,  den  Vorzug  geben  wollte  —  wogegen 
mehrfache  Gründe  sprechen  —  müsste  dennoch  endlich  und  letztlich  auf  ein  , altmährisches' 
Original  zurückkommen  Mau  wird  also  immer  wieder  dorthin  geführt,  von  wo  wir  aus- 
gegangen sind,  d.  h.  nach  Grossmähren. 

Ich  muss  übrigens  noch  eine  andere  Combination  zur  Sprache  bringen,  die  zwar 
meines  Wissens  bisher  von  Niemandem  aufgestellt  worden  ist,  und  doch  neben  der  Ansicht 
Geitlers  geprüft  zu  werden  verdient:  sind  die  Kijewer  Blätter  nicht  möglicher  Weise  kroa- 
tischen Ursprungs  imd  von  dort  aus  nach  dem  Norden  gebracht,  wo  sie  erst  nachträglich 
mit  den  oben  erwähnten  Moravisnien  ausgestattet  wurden?  Wenn  man  diese  Combination 
mit  irgend  welchen  nennenswerthen  Gründen  stützen  könnte,  dann  würde  freilich  der  oben 
ausgesprochenen  Behauptung,  dass  der  Uebergang  aus  dem  griechisch-orientalischen  in  den 
römisch-westlichen  Ritus  schon  im  Bereiche  Mährens  und  Pannoniens  begonnen  hatte,  der 
Hauptbeweis  entzogen  sein.  Allein  ich  glaube  nicht,  dass  die  Annahme  einer  Wanderung 
des  Kijewer  Textes  aus  Kroatien  nach  Mähren  und  Oberpannonien  viel  für  sich  hat.  Vor 
allem  wenn  man  den  sprachlichen  Charakter  derjenigen  glagolitischen  Denkmäler  der  ältesten 
Periode,  die  einigermassen  auf  Kroatien  und  Dalmatien  als  ihre  muthmassliche  Heimat  hin- 
deuten, näher  ins  Auge  fasst,  —  dazu  würde  ich  Glagolita  Clozianus  und  Codex  Marianus 
rechnen  —  so  merkt  man  in  diesen  schon  allerlei  Abweichungen  von  der  feinen  Regel- 
mässigkeit, durch  welche  sich  gerade  die  Sprache  der  Kijewer  Blätter  so  vortheilhaft  aus- 
zeichnet. Wie  sollten  nun  Texte,  die  in  einem  notorisch  picht  altslovenischen  Medium  ent- 
standen, schon  desswegen  einige  Einbusse  an  sprachlicher  Feinheit  erlitten  hätten,  nachträglich 
nach  Norden  gekommen,  daselbst  von  neuem  in  echter  Ursprünglichkeit  der  altslovenischen 
Sprache  erglänzen?  Die  Kijewer  Blätter  stehen  bezüglich  der  ungetrübten  Ueberlieferung 
der  altslovenischen  Eigenthümlichkeiten  (wenn  man  von  den  oben  berührten  drei  Punkten 
des  Consonantismus  absieht)  so  ziemlich  auf  dem  Standpimkt  des  Codex  Zographensis,  wo- 
mit ich  natürlich  nicht  einer  unmittelbaren  ,pannoni8clien'  Provenienz  dieses  Denkmales  das 
Wort  reden  will.  Worin  sie  etwa  noch  sonst  abweichen,  alles  das  klingt  ganz  gut  ,alt- 
mährisch'.  Ich  hebe  besonders  das  fein  entwickelte  Sprachgefühl  für  die  Weichheit  der 
Palatallaute  hervor,  das  bekanntlich  weder  zu. Gunsten  Kroatiens  noch  zu  Gunsten  Mace- 
doniens  spricht,  wohl  aber  deutlich  genug  auf  das  böhmisch-mährisch-slovakische  Sprachge- 
biet hinweist.  Bildet  ja  doch  die  Weichheit  der  c-c-s-l  Laute  eines  der  Hauptmerkmale  gerade 
der  ältesten  Denkmäler  der  böhmischen  Sprache.  Ein  Mkiu'k  (cyrill.  iMkiu»),  ein  «K'ku'kA'h 
(cyrill.  OEid^iaA-k,  ockipuA'k)  u.  s.  w.  sehen  in  den  Kijewer  Blättern  wirklich  wie  Moravismen  aus. 

Seit  der  Bekanntmachung  der  Kijewer  Blätter  also  muss  an  der  Behauptung  festgehalten 
werden,  dass  schon  in  der  ältesten  Epoche  der  slavischen  Liturgie,  die  man  als  mährisch- 
pannonische  zu  bezeichnen  pflegt,  in  welche  jedenfalls  dieses  Denkmal  fällt,  die  ersten  Versuche 
gemacht  wurden  den  Gebrauch  der  altslovenischen  Kirchensprache  mit  den  Anforderungen 


6  II.  ABHANDriUNG  :    V.  Jagi(!'. 

des  römischeu  Ritus  in  Einklang  zu  bringen.  Ich  hatte  frtlher,  nach  dem  Vorgang  ^afaf-iks 
und  Anderer,  hauptsächUch  die  Zeiten,  die  unmittelbar  auf  den  Tod  des  Methodius  folgten, 
in  Betracht  gezogen.  Allein  es  scheint  ^deles  dafür  zu  sprechen,  dass  der  erste  Anfang  der 
Umgestaltung  bereits  in  die  dornenvolle  Laufbahn  des  pannonischen  Erzbischofs  fällt. 
Bekanntlich  hat  die  schon  frtlher  von  Historikern  hochgeschätzte  slavische  ,Vita  Methodii' 
durch  die  im  British  Museum  gemachte  Entdeckimg  der  Papstbriefe  eine  glänzende  Recht- 
fertigung im  Sinne  der  geschichtlichen  Glaubwürdigkeit  erfahren.  Nun  heisst  es  im  Cap.  VI  1 1 
dieser  Legende,  in  welchem  die  Hauptgedanken  eines  Schreibens  des  Papstes  Hadrian  an 
die  mährisch-pannonischen  Fürsten  reproducirt  werden,  ausdrücklich  so :  ,unus  vero  hie  ser- 
vandus  est  mos,  ut  in  missa  primum  apostolus  et  evangelium  legantur  Lingua  romana,  postea 
slovenica'}  Schon  diese  erste,  laut  gewordene  Einschränkung,  der  sich  Methodius,  wir  haben 
keinen  Grund  das  zu  bezweifeln,  willig  unterworfen  haben  wird,  spricht  entschieden  daflir, 
dass  man  in  Pannonien  gleich  beim  ersten  Aiiftreten  genöthigt  war,  den  kirchlich-politischen 
Verhältnissen  jenes  Landes  einigermassen  Reclmimg  zu  tragen.  Man  weiss  ferner  aus  der 
Lebensgeschichte  des  Methodius,  welche  Anstrengungen  es  ihn  kostete,  den  Papst  Johannes  VIII. 
ftir  die  slavische  Liturgie  günstig  zu  stimmen,  bis  dieser  den  berühmten  Satz  aussprach:  ,nec 
sanae  fidei  vel  doctrinae  aliquid  obstat  sive  missas  in  eadem  sclavinisca  lingua  canere  sive 
sacrum  evangelium  vel  lectiones  divinas  novi  et  veterii  testamenti  bene  translatas  et  intetyretatas 
legere,  aut  alia  horartim  officia  omnia  psallere  .  .  .'  und  doch  selbst  in  dieser  so  günstig 
lautenden  Concession  folgt,  ganz  im  Sinne  Hadrians,  folgender*  wichtige  Zusatz:  ,jubemus 
tarnen,  ut  in  omnibus  ecclesiis  terrae  vestrae  propter  maiorem  honorificentiam  evangeliuin 
latine  legatur  et  postmodum  sclavonica  lingua  translatttm  in  auribus  popidi,  latina  verba  non 
intelligentis  adnuncietur' }  Nach  der  dm'cli  die  el•\^ähnten  Papstbriefe  vollinhaltlich  bestätigten 
Erzählung  der  slavischen  Legende  war  Methodius,  selbst  nach  Erlangung  dieser  Concession, 
schweren  Verfolgungen  und  Misshandlungen  ausgesetzt.  Ja  wenn  die  Behauptungen  des 
Papstes  Stephan  VI.  nicht  auf  ungenauen  Informationen  beruhen,  was  man  nicht  ohneweiters 
annehmen  kann,  so  scheint  er  (Methodius)  zu  einer  gewissen  Zeit,  vielleicht  gerade  nach 
der  mit  päpstlicher  Hilfe  erlangten  Befreiung,  durch  die  Umstände  gezwungen  gcAvesen  zu 
sein,  in  der  Frage  über  die  slavische  Liturgie  sich  noch  weitere  Einschränkungen  gefallen 
zu  lassen  und  der  lateinischen  Sprache  solche  Vortheile  einzuräumen,  dass  der  Papst  Stephan 
nachher  sein  Festhalten  an  den  von  Johannes  VIII.  erlangten  Privilegien  als  Starrsinn  auf- 
fasBte  und  selbst  als  einen  Eidbruch  ansah.  In  der  Instruction  nämlich,  die  dieser  Papst 
den  ,ad  Sclavitos'  oder  ,in  fines  Sclavorum'  abgesandten  Legaten  mitgab,  wird  betreffs  des 
Methodius  behauptet:*  ,Missas  et  sacratissima  illa  ministeria  que  sclavorum  lingua  idem  Me- 
thodius celebrare  presumpsit  quamvis  decessoris  sui  temporibus,  domni  videlicet  Johannis, 
sanctissimi  pape,  iuraverit  se  ea  ulterius  non  presumere,  apostolica  auctoritate  ne  aliquo 
modo  presumatur  penitus  interdicit. '  Durch  diese  neu  gefundene  Parallele  gewinnt  bekanntlich 
auch  der  von  Wattenbach^  herausgegebene  Brief  desselben  Papstes  ,ad  Zuentopolcum  regem' 
glänzende  Bestätigung.  In  letzterem  las  man  nändich  schon  früher  betreffs  desselben  Gegen- 
standes folgende  Worte:  , Divina  autem,  ojßcia   et  sacra  misteria   ac  missarum  soUemnia  que 


'  Vita  Hancti  Methodii,  russicoslovenice  et  latine  ed.  Fr.  Miklosich.  Vindobonae  1870,  p.  15. 

2  B.  A.  TifUhOacoKT,,  KHpHAät  h  MeeoAJfi  no  ^OKyMeiiTaji.iiuMi  iicro'iHBKaMi,.  CTiißri  1868.  I.  cip.  134. 

'  l»ie  von  Miklosich  und  Ka£ki  herausgegebenen  I'apstbriefe  de»  British  Museum,  soweit  sie  die  Slaven  betreffen,  findet  mau 

in  den  Agramer  ,Starine'  B.  XII.  Unsere  Stelle  ib.  p.  220. 
*■  Beiträge  zur  Geschichte  der  christlichen  Kirche  etc.  von  Dr.  W.  Wattenbach.  Wien  1849,  S.  4H — 18. 


Glagolitica.     Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  7 

ideni  Methodius  sdavorum  Ungua  celebrare  presumpsit,  quod  ne  ulterius  faceret  supra 
sacratissimum  heati  Petri  corpus  iuramento  firmaverat,  sui  periurii  reatum  per- 
horrescentes  nullo  modo  deinceps  a  quoUhet  presumatur.' 

Soc.  Jes.  P.  I.  Martynov,  der  meines  Wissens  der  erste  seit  der  Publication  der  Londoner 
Papstbriefe,   von  neuem   auf  die  Widersprüche   zwisclien  diesen  Behauptungen  des  Papstes 
Stephan  VI.    und   dem  Privilegium    des  Papstes  Johannes   VIII.    sein    Augenmerk    richtete, 
gesteht  offen,  diese  niclit  lösen  zu  können:^  Reste  k  savoir  si  Methode  a  röellement  promis 
sous  semient  de  renoncer  k  cel^brer  la  messe  en  slavon,  ainsi  que  le  disent  les  deux  documents; 
mais  ce  n'est  pas  le  lieu  de   discuter  ce  point,    qui  nous  paralt  encore   obscur'.    Auch 
ich  masse  mir  nicht  an,  den  Gegensatz  der  Aeusserungen  der  beiden  bald  auf  einander  fol- 
genden Päpste  vollständig  beseitigen  zu  können.  Das  wird  kaum  jemals  gelingen.  Allein  zm- 
Milderung  desselben  lässt  sich  dennoch  so  manches  sagen.  Vor  allem  kann  niclit  in  Abrede 
gestellt  werden,  dass  Stephan  VI.  im  Punkte  der  slavischen  Liturgie  persönlich  und  grund- 
sätzlich anderen  Ansichten  huldigte  als  sein  Vorgänger.  Nach  seiner  strengeren  Auffassung 
der  ganzen  Frage,  lag  in  der  Concession  seines  Vorgängers  das  Hauptgewicht  auf  den  zwei 
Schlusssätzen,  durch  welche  erstens  der  Vorrang  der  lateinischen  vor  der  slavischen  Sprache 
bei  dem  feierlichsten  Abschnitt  der  Messe,  beim  Lesen  des  Evangeliums,  laut  zur  Anerkennung 
gelangte,   so  dass  schon  dadurch  allein  der  lateinische  Charakter  der  Messe  gleichsam  pro- 
clamirt  wurde   (evangelium  latine    legatur),    zweitens  der  ganzen  Concession   betreffs   der 
slavischen  Liturgie   der  feste  Rechtsboden  dadurch  entzogen  war,    dass   es  ad  libitum,   von 
dem  Wunsch  und  der  Entscheidung  des  Fürsten  und  seiner  Grossen  abhing,   die  slavische 
Liturgie  zu  dulden  und  zu  gestatten  oder  nicht.  Denn  in  derselben  Concession  stehen  ja  die 
Worte:  ,si  tibi  et  iudicihus  tuis  placet  missas  latina  Ungua  magis  audire,  praecipimus  lU  latine 
missarum  tibi  sollemnia  celebrentur^ .  Diese  Clausel  ist  so  zweideutig,  dass  sie  für  Methodius, 
als  den  Oberhirten  von  ganz  Pannonien,  eine  Quelle  beständiger  Verlegenheiten  und  Conflicte 
bilden  konnte.    Es  genügte,    dass  in  irgend  einem  Theile   seines  Erzbisthums   der  Wunsch 
nach    lateinischer  Messe    laut  wurde:    wenn   sich   der  Erzbischof  nicht   sogleich   damit  ein- 
verstanden  erklärte   oder  der   bedrängten   slavischen   Priester    sich    annahm,    so    gerieth    er 
schon  in  Conflict  mit  der  erwähnten  Clausel  der  päpstlichen  Concession.  Man  konnte  gegen 
ihn    scheinbar  berechtigte   Klagen   erheben,    dass   er  der   slavischen  Messe    auf  Kosten   der 
lateinischen  den  Vorschub  leiste.    In  der  Person   seines  Suffragans  Wiching  wird  er  in  der 
l'hat  einen  wenig  wohlwollenden,  misstrauischen,  und  die  slavische  Liturgie  eher  verfolgenden 
als  beschützenden  Priester  zur  Seite  gehabt  haben.  Es  kommt  noch  hinzu,  wie  ich  es  glaube 
auf  Grund  der  vorhandenen  Literaturdenkmäler  annehmen  zu  dürfen,  dass  damals  in  Mähren 
und  Pannonien   innerhalb   der   slavischen  Kirche   selbst   zwei  Richtungen  vertreten   waren: 
die   ursprüngliche,   rein   slavische,   den  griechischen  Ritus  beobachtende,   die   auf  der   ersten 
Einführung  der  slavischen  Liturgie  seitens  der  beiden  aus  Constantinopel  geschickten  Missionäre 
beruhte,  und  die   spätere   slavisch-lateinische,   welche  Methodius  seit  seinen  Romfahrten  vor- 
geschrieben worden  war  und  offenbar  schon  bei  seinen  Lebzeiten  in  Mähren  und  Pannonien 
einige   Verbreitung,    vielleicht    in   gewissen    Gegenden,    gefunden    haben    muss.    Die    Haupt- 
opposition in  der  Bekämpfung  der  slavischen  Liturgie  wird,  wir  dürfen  es  vermuthen,  gegen 
die  erste  Richtung,   die  damals  noch  allem  Anschein  nach   stärker  war  als  die  erst  in  der 
F.ntstehung  begriffene  zweite,  gerichtet  gewesen  sein.  Ja  aus  der  Existenz  dieser,  konnten  die 


'  Saint  Methode,  apotre  des  Slaves  et  les  lettre»  des   souverains   poiitifes,  conservees  au  British  Museum,  Paris  1880,   p.  25. 


8  n.  Abhandlung  :   V.  Jagic. 

Gegner  des  Methodius  geradezu  die  Missachtung  der  in  der  Concessionsurkunde  des  Papstes 
Johannes  VIII.  entlialtenen  Restimnuingen  ableiten  und  derartige  Klagen  gegen  den  Erz- 
bischof nach  Rom  richten  oder  in  Rom  persönlich  vorbringen  (Wiching),  dass  Papst  Stephau  VI. 
sich  veranlasst  sah,  jene  oben  citirten  Beschuldigungen  gegen  ihn  zu  schleudern.  In  dieser 
Weise  versuche  ich  den  Gegensatz  der  Sprache  eines  Johannes  VIII.  und  Stephan  VI.  dem- 
selben Methodius  gegenüber  unserem  Verständniss  näher  zu  rücken.* 

Ein  weiterer  Beweis  dafür,  dass  die  slavisch-lateinische  Messe  bis  in  die  Zeiten  des 
Methodius  zxirückreicht,  ist  uns  in  der  slavischen  Fassung  der  Methodiuslegende  gegeben. 
Mag  diese  ursprünglich  griechisch  abgefasst  gewesen  sein  oder  nicht  —  die  erste  von 
Dümmler  imd  Miklosich  vertretene  Ansicht  hat  später  Voronov  durch  neue  Gründe  zu 
stützen  gesucht*  —  jedenfalls  ist  die  heute  allein  vorhandene  slavische  Redaction  derselben 
sehr  alt.  Es  ist  nun  gewiss  recht  beachtenswerth,  dass  gerade  in  dieser  Legende  —  und  in 
dieser  allein  —  fiir  die  Bezeichnung  des  Gottesdienstes  einige  Male  das  charakteristische 
lateinisch-deutsche  Wort  mkuia  [mbSa)  gebraucht  wird :  Cap.  8  ck  cbiütoiö  Mhiufi«,  ib.  Hd  MkiuH, 
Cap.  10  fi,A  nowTii  MhiuA  (ed.  Mikl.),  während  in  der  Cyrilluslegende  an  entsprechenden  Stellen 
fortwährend  der  Ausdruck  AHToyprHia  (liturgija)  wiederkehrt,  trotzdem  gerade  in  der  letzten 
Legende  einige  Male  (im  Cap.  XVII)  Anlass  genug  vorhanden  war  den  Ausdruck  <uhui4  zu 
gebrauchen.  Das  sieht  nicht  wie  ein  Zufall  aus,  sondern  wie  eine  wohlberechnete  Absicht. 
Der  Verfasser  oder  der  Uebersetzer  der  Vita  Methodii  muss,  me  ich  glaube,  gut  darüber 
unterrichtet  gewesen  sein,  dass  in  jenen  Ländern  (Mähren,  Pannonien)  der  Gottesdienst  den 
Namen  mwiua  (oder  «ukui-k  =  mhSa,  nihäia)  führte,  womit  wohl  auch  die  äussere  Form  des- 
selben (nach  römischem  Ritus)  charäkterisirt  war.  Denselben  Ausdruck  finden  wir  wirklich 
in  den  beiden  ältesten  Repräsentanten  des  römischen  Glagolismus,  früher  in  den  Kijewer 
und  jetzt  in  diesen  zwei  Wiener  Blättern  wieder.  In  den  Kijewer  Fragmenten  kommt  das 
Wort  achtmal  vor,  immer  im  Nom.  sing,  und  immer  in  der  Form  jukurk  (gsfluiA),  womit  die 
weich  klingende  Aussprache  des  s-Lautes  bezeichnet  ist,  ganz  im  Einklang  mit  dem  aus 
miia  entstandenen  altböhmischen  msie.  Auf  unseren  Blättern  liest  man  dasselbe  Wort  zwei- 
mal, jedesmal  s  in  der  Ligatur  mit  m  (das  glagolitische  iii  ist  oben  an  "ss  angebracht),  als  amua 
(mia),  also  bereits  ohne  Erweichung  des  s'-Lautes.  In  späteren  glagolitischen  Missalen  (z.  B. 
dem  Missale  Novak's  vom  Jahre  1368)  ist  diese  ältere  Form  des  Wortes  («Mkui-k,  /UhiiJd), 
welche  man  ihrem  Ursprünge  nach  mährisch-pannonisch  nennen  kann,  bereits  durch  die 
spätere  Form  mhca  beinahe  gänzlich  verdrängt  worden.  Ich  fand  nämlich  bisher  das  Wort 
MuiA  in  den  gewöhnlichen  glagolitischen  Missalen  (des  XIV. — XV.  Jalirhunderts)  nur  an  einigen 
Stellen,  in  dem  Rubrmn,  wo  von  der  Praeparatio  ad  Missam  u.  a.  die  Rede  ist.  So  liest  man 
in  mis.  nov:  ,egda  se  erei  oblaci  k  masi  po  rimskoga  dvora  zakonu  reci'  und  in  dem  unlängst 
aus  Constantinopel  ans  Licht  gezogenen  Prachtexemplar  Hrvoja's  lautet  dieselbe  Stelle  so :  ,erei 
egda    se   obraßi    (Schreibfehler    statt:    oblaci)    ka   m'§i    po   zaküt    rim'skoga   dvora,    r'ci   sie 


'  Verständig  und  massvoll  gelialten  ist  die  Beurtheihing  dieser  Frage  bei  einem  russisclieii  Kircheiiliistoriker  J.  Malyoevsliij, 
der  in  seinem  grossen  Werke:  jCeaiBe  KepBXii  H  MeeoAiS  iiepiioyHHTeüH  ajaBSHCKie.'  Kieei  1886.  8",  483,  diesen  Gegenstand 
auf  8.  333—369  ausführlich  behandelt.  Ich  möchte  nur  die  Behauptung  des  Verfassers,  dass  die  Erwähnung  der  durch  einen 
Eid  bekräftigten  Verziclitleistung  des  Methodius  auf  den  Gebraucli  der  slavischen  Liturgie  —  eine  bewussto  Lüge  sei 
(S.  352)  im  Sinne  der  oben  versuchten  Darlegung  als  nicht  ganz  begründet  zurückweisen.  Gewisse  Einschränkungen  der 
»lavischen  Liturgie  waren  ja,  wie  wir  sahen,  schon  in  dem  Privilegium  des  Papstes  Johannes  VIII.  enthalten  und  wir 
können  nicht  wissen,  in  welchem  Lichte  Methodius  von  seinen  Gegnern  dem  neuen  Papste  Stephan  VI.  gescliildert  wor- 
den war. 

'  Vergl.  Archiv  für  slavische  Philologie  IV,  S.  100  ff. 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente-  9 

5  psnib'.  Vergl.  noch  nasser  dem  in  mis.  hrv.  einmal  ka  m'si  155b.  Daneben  steht 
die  andere  Form  misa  in  beiden  diesen  Handschriften  imgemein  häufig,  z.  B.  im  IVIis- 
sale  Hrvoja's  auf  Blatt  17,  25,  26,  60,  70,  98,  99  u.  s.  w.  Namentlich  im  zweiten  Tlieil 
des  Missais,  wo  das  sogenannte  Commune  Sanctorum  und  die  Aufzählung  verschiedener 
Specialmessen  beginnt,  •  liest  man  sowohl  in  mis.  nov.  als  auch  in  mis.  hrv.  immer 
nm-  misa,  nie  msa  oder  masa,  vergl.  z.  B.  in  mis.  Hi-voja's:  mhca  r  nacTk  cri  rpcHUf 
211a,  <HHc<i  K  MacTK  cro  aV-»  211c,  /MHca  k  nacTk  cro  KpHxa  212a,  MHca  Ha  cnomcHoyTitE  lupiu  ^R" 
213b,  <HiicaBMCTK  aHliaoM'  219  d,  MHca  orrHaTH  T«yri>\f  224a  u.  s.  av.  Das  Vorkommen  des 
Wortes  in  seiner  früheren  Form  (als  Mkiiia)  in  unseren  Fragmenten  gerade  an  solchen 
Stellen,  avo  die  späteren  Texte  ausschliesslich  und  immer  mhca  schrieben,  spricht  demnach 
stark  zu  Gimsten  des  hohen  Alters   derselben.' 


II.  Originaltext  samnit  der  cyrillisclien  Traiiscriptiou,  die  lateiiiisclie  Ueber- 

setzung  desselben  nebst  der  Analyse. 

Zuerst  ein  Wort  über  die  äussere  Gestalt  unserer  zwei  Blätter.  Ung-eachtet  einisfer  Ver- 
stümmelung  am  oberen  Ende  und  tlieil  weise  am  Rande  hat  sich  die  ursprüngliche  Anzald 
von  18  Zeilen,  welche  auf  jeder  Seite  standen,  erhalten.  Der  Codex  war  also,  was  das 
Format  betriflft,  aucli  ursprünglich  nicht  viel  grösser,  als  ihn  jetzt  die  beiden  erhaltenen 
Blätter  veranschaulichen ;  man  muss  sich  nur  eine  geringe  Ei'höhung  ober  der  ersten  Zeile, 
die  olmehin  durch  Beschneidung  etsvas  gelitten  hat  und  seitwärts  einen  kleinen  Rand,  der 
gleichfalls  beim  Beschneiden  Aveggefallen  ist,  hinzudenken.  Das  Pergament  ist  nicht  glatt, 
sondern  raidi,  was  wohl  davon  herrührt,  dass  die  gegenwärtigen  Schriftzüge  über  einer 
weggewischten  früheren  Schrift  aufs  Pergament  aufgetragen  sind.  Wir  haben  also  einen 
glagolitischen  Palimpsest  vor  uns,  der  insofern  besondere  Beachtung  verdient,  als  da- 
bei, Avie  man  deutlicli  sielit,  zweimal  die  gleiche  Schrift  zur  Anwendung  kam.  Die  photo- 
typische  Reproduction  lässt  noch   deutlich   erkennen,    dass  unter  der  jetzigen    eine   andere, 


'  In  dorn  glagolitischen  Theil  des  sogenannten  Reimser  Evangeliums  (Texte  du  Sucre,  Paris  1852)  kommt  zweimal  mhu  vor 
(pag.  41  MHca,  pag.  44  kti  MHcfe)  und  einmal  im  Text  sclireibt  er  muh  (pag.  51  kt»  iUiuh).  Möglicherweise  ist  die  letztere  Form 
ein  südsl.  Ueberrest,  während  in  der  böhmisch  gehaltenen  Subscriptio  vom  Jahre  1395  Accus,  sing,  .uuih  (■=  böhm.  ni.«)  böhmisch 
klingt.  In  ihrer  kroatischen  Vorlage  fanden  die  Mönche  vorwiegend  awu.  Man  vergleicho  in  der  glagolitischen  Urkunde 
(einem  Te.stament)  aus  Zara  vom  Jahre  1437  (Acta  croat.  ed.  J.  Kukuljevic,  p.  61):  da  e  ima  reci  1  misu  ciniti,  da  se  refe 
30  mis'  u  svetoga  trntata;  ib.  70  in  einer  Schenkungsurkunde  aus  Novi  (Vinodol,  kroatischem  Küstenland):  da  vsaki  misecb 
imi  se  slu^iti  2  misi;  ib.  71  (ausZengg):  3  mise  male  na  nedilju.  Irgendwo  um  Fiume  und  das  kroatische  Küstenland  muss 
da.f  Grenzgebiet  des  Ausdrucks  misa  sich  erstrecken,  wenigstens  in  einem  Testament  vom  Jahre  1445  aus  Buccari  linde  ich 
neben  misa  (z'  mi.sami  i  kandelom')  auch  schon  masa:  da  ima  svako  leto  ciniti  jedne  mase ..  druge  mase.  Auch  auf  der 
Insel  Veglia  spricht  man  —  masa.  Daher  auch  masiti  —  celebrare  mi.ssam  und  masivati  — •  solere  celebrare  missam  und 
sacerdos  heisst  —  masnik.  Diese  Form  hat  das  Wort  sanimt  seinen  Ableitungen  auf  der  Insel  Veglia  (Krk)  schon  seit  alten 
Zeiten.  So  liest  man  in  dem  Vrbniker  Statut  unter  dem  Jahre  1367  folgende  Hestinimnng:  ,da  bude  zvan  vas  pl'k'  po 
busovici,  veli  i  mali,  i  da  ima  to  vice  biti  v'  nedilju  z'  mase'  (post  missam).  Bei  Crncic  (Najstarija  poviest,  Kim  1867. 
S.  123)  liest  man  unter  dem  Jahre  1387:  ,aki  ki  iak'n  nehoce  pomagati  mase  peti  etc.'.  Auf  dem  Festland  kann  von  bei- 
den Seiten  (östlich  und  westlich)  masa  belegt  werden.  Im  Statiit  von  Vinodol  (vom  Jahre  1288)  liest  man  §  59:  ,vsaki 
pop  ki  ima  crikav  v  gradu,  du^an  je  vsaki  dan  sluäSiti  maäu'  und  auch  in  der  Grenzvermessmigsurkundo  Istriens  (Istarski 
razvod  vom  Jahre  132.5)  kommt  der  Ausdruck  masa  sehr  häufig  vor:  ,v  jutro  poli  masi',  ,Anton  reco  masu'.  Dom  Worte 
mi,sa  gegenüber  misa  scheint  es  so  ergangen  zu  sein,  wie  dem  Worte  kri^  gegenüber  kriistt.  Obschon  in  den  Kirchen- 
büchern und  kirchonslavischen  Texton  misa  und  krristi  vorherrschten,  hat  sich  dennoch  von  Böhmen  un<l  Mähron  bis  nach 
Istrien  und  dem  kroatischen  Küstonlando  hinunter  das  uralte  nitsa  (masa,  mesa,  msa)  und  krizi,  erhalten. 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  M.    U.  AI)h.  2 


10 


II.  Abiiandlunü  :    V.  Jagic. 


bedeutend  kleiuei-e,  aber  ebenfalls  glagolitische  Schrift  stand.  Wir  bewegen  uns  also,  auf 
Grund  dieses  Palinipsestes,  ausschliesslich  im  Bereich  des  Glagolismus,  von  der  cyrillischen 
Schrift  merkt  mau  nicht  die  geringste  Spur.  Das  Verhältniss  der  getilgten  zur  gegenwärtig 
sichtbaren  Schrift  erinnert  an  eine  gleichartige  Erscheinimg  bei  den  in  «den  Codex  Zogra- 
phensis  eingeschalteten  Blättern  und  bei  dem  ersten  Prager  Fragment,  während  das  so- 
genannte Bojauer  Aprakos-Evangelimn,  nach  AVeglöschimg  der  glagolitischen  Urschrift,  mit  der 
cyrillischen  neu  besclirieben  worden  war.  Schon  dieser  äussere  Umstand  gibt  vms  einen 
Fingerzeig  ziu*  Bestinuuuug  der  Heimat  dieser  Denkmäler.  Wären  die  Prager  Blätter  — 
wie  68  Geitler  meinte  —  in  Macedonien  entstanden,  so  würde  auf  dem  glagolitischen 
Grund  eine  cyrillische  Schrift  angebracht  worden  sein.  Mau  darf  sich  nicht  dagegen  auf 
den  Zographeusis  b.  berufen,  der  allerdings  auch  nach  meinem  Dafürhalten  irgendwo  in 
Macedonien  geschrieben  worden  ist.  Die  Wahl  der  glagolitischen  Schrift  auf  diesem  Bruch- 
stück Avar  ja  durch  den  glagolitischen  Charakter  des  ganzen  Codex  Zographeusis  bedingt; 
dass  aber  dem  Schreiber  die  cyrillische  Schrift  schon  ganz  geläufig  war,  das  hat  er  durch 
Beimischung  einzelner  cyrillischer  Buchstaben  in  den  sonst  glagolitischen  Text  dargethan. 
Ebenso  dürfte  das  Milanoviö'sche  Fragment  aus  einer  Gegend  stammen,  wo  schon  die  cyril- 
lische Schrift  geläidig  Avar. 

Ich  gebe  den  Originaltext  in  glagolitischer  und  cyrillischer  Schrift  wieder,  in  der 
letzteren  Transcription  werden  die  Lücken,  so  weit  möglich,  durch  die  in  Klammern  bei- 
gesetzten Buchstaben  ausgefüllt. 


Fol.  A,  a. 


1.  .     .     .     .      üD     •     •     •     • 

2.  •  •   (+)b8   *8  :  3363    &.+    «-88  •  •  • 

3.  roV38b«  •  rb8'f388A\fl  •  •  • 

4.  •  •  •  8A\8  :  8    Va+    &A+A,    &3i3    20» V  •  • 

5.  •  •  M«  :  3Vbtira8  3  -p-hs-a  :  <  TS  •  •  • 

l).  (J8jf83-P8lb>8    ■P+88WfllU3    83    00+  •  • 

7.  •?«  :  vsksiAß  WS  83  :  <(i..i.  8».«ä  • 

8.  •  +A\3m-8  9003««  :  H-fÄ-8  ro(v)  • 

0.  Sb-S   :   OVAIbS    ^'.%8iraV4'A\8    iH-    SCb 

10.  c+vB-ttfl  83  :  \  [  'SS'iu-h  l  t  :  .J.fA'gg' 

1  1 .  f  b388Mfl    OT3    Va3M3»«.8    VA»  •  •   • 

12.  ii:'3  :  si+  Ahsjo  8a»ov«  iü'm-k  ■  ■  ■ 

l'i.  A-FihB    8i%-8»>3W3  •  f3M3»8    rb38  • 

14.  AB    ■P4W«    VsJhSmV-t-IAS    Sh9  •  9   ■  ■ 

15.  <ft3363W8bfl    ■P-l-n.8W8  •  £h.\-    80. 

16.  e+v8/ttfl  83:  li  ODH-S 

17.  firoS   %8   fb8'P9UJ3'P8A    -P-MU  ■  ■ 

18.  A3   SSM«   rb8<'38<«.8  :  +rÄ  •  •  • 


TAH    .... 

(/\a)pH  fti  :  tJKf  3a  Mhc(TK  aiiA'k) 

TBOII)fk  .  npHHC<CHA\k   (/U<\CTHßk) 

(npH)HiUH  :  H  Bca  aaa'k,  "k^Kt  ctb(c'Ph) 
/Hk  :  OBpani  o  nack  :    nO(KPflLU) 

Gn'cEHH)(k    HaCHljIkUIC    Cl    Ta(H) 
Hk  :  /UAHMk    TH    Cf  :  JS,A    H)fkJK(f) 

(n)a(MfTk  MTtiMk  :  aiiAk  t(bo) 

H\'k  :  T'k)fk    (HrtHTKaiMH    fi,A    H3 

BaBH/Uk  CE  :  m\M  :  B  :  HIIÄM 

npOCHMk    Tf    BCfMCHfl""    K'kH(kHH) 
«■f  :  ji,A    •kK«'Ai(    CO\'Tk    BAa;K((HH) 

aHa»  c/\k3a|iE  .  iio<uoi|iH  npoc(H) 

AH  .   HaA\h   A\AH'rBaMH   H^l^  ■  *>   (Haj 
AE<Ka|IH)^k   HanacTH  .  JS,A   H3 

BaBHAfk  cc  :  THH 

Gth  PH  :  npHHOUifHHi;  Hauj(a  'k) 

7Kt  .  (CA\k    MpHHCCAH  :  AHA  .  . 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente. 


11 


Anmerkungen  zu  A,  a:  Z.  1  hat  durch  Beschneidung,  wahrscheinlich  erst  bei  der  Ablösung  vom  Deckel, 
so  stark  gelitten,  dass  man  bloss  die  Füsso  einer  Initiale  sieht,  es  scheint  glagolitisches  ÜO  (T)  gewesen  zu  sein ; 
ich  vermuthe,  dass  das  ganze  Wort  THH  lautete,  wie  auf  derselben  Seite,  Zeile  16,  also  die  Ueberschrift  einer 
Oratio  ,secreta'  bildete.  —  Z.  2  zu  dem  sichtbaren  pH  ergänze  ich  /^,a,  also  /^apH;  am  Ende  dieser  Zeile  ist 
unzweifelhaft  MhCTk  zu  lesen;  wie  viel  von  dem  nächst  darauffolgenden  Worte  AfiAk  noch  in  der  zweiten  Zeile 
untergebracht  war,  wahrscheinlich  das  ganze,  das  lässt  sich  nicht  berechnen.  —  Z.  3  vor  TKOHVk  sieht  man  Spuren 
eines  Initialbuchstaben,  diese  scheinen  dem  grossen  glagolitischen  <rt>  der  vorderen  Zeile  anzugehören.  Die  Buch- 
staben TB,  np  werden  in  der  glagolitischen  Schrift,  wie  gewöhnlich,  so  auch  hier  zu  Ligaturen  verbunden.  — 
Z.  4  beginnt  mit  H/MH,  vor  welchem  offenbar  npH  oder  wenigstens  np  stand,  npHH/V\H  oder  npHiUM.  Wahrschein- 
licli  war  vor  diesem  Wort  am  Ende  der  vorhergehenden  Zeile  ein  in  Ligatur  geschriebenes  iWACTHBk  zu  lesen.  In 
3/1411  bildet  3A  abermals  eine  Ligatur;  auf  das  Wort  folgt  ein  Zeichen,  welches  ich  als  Interpunction  deute.  Am 
Ende  der  Zeile  ist  nach  CTß  wenigstens  ein  0,  vielleicht  opil  hinzuzufügen,  zu  welchem  am  Anfang  der  nächsten 
5.  Zeile  <Uk  den  Abschluss  bildet,  so  dass  man  das  ganze  Wort  entweder  CTBOpH/V\k  oder  vielleicht  CTBOpHY*'Mk 
zu  lesen  hat.  In  derselben  Zeile  5  mag  nach  110  noch  KP  geschrieben  gewesen  sein,  es  ist  vom  Gebete  no 
KpauikHKi^H  ,post  communionem'  die  Eede.  —  Z.  6  zu  Ende  ist  der  Zusatz  H,  um  das  Wort  TitHH'k  zu  gewinnen, 
unzweifelhaft.  —  Z.  7  zu  Ende  nach  m  folgte  noch  c ;  Mrt  bilden  im  Glagolitischen  die  allerüblichsto  Ligatur.  — 
Z.  8  zu  Anfang  fehlt  der  Buchstabe  n  vor  aMCTk :  iiaMfTk ;  am  Schluss  der  Zeile  folgte  auf  die  Ligatur  TK  noch 
O:  TBO,  was  mit  dem  Anfange  der  nächsten  Zeile  TBOHjfk  ergibt.  —  Z.  9  hat  Ligaturen  in  iV\i\,  TB.  —  Z.  10 
Mllin,  im  Original  ist  ui  über  M  geschrieben  als  Ligatur;  ebenso  bilden  in  HIIA/W.  die  drei  Consonantcn  zu- 
sammengenommen eine  Ligatur,  ein  Monogramm.  —  Z.  1 1  in  BCE/MO^PH  sieht  man  ein  Schreibversehen ;  zu  Ende 
der  Zeile  fehlt  nach  K^CM  noch  kHH :  B'kskHH.  —  Z.  12  die  Titla  auf  KrtaSK  ist  überflüssig,  am  Ende  fehlen  die 
Buchstaben  (HH.  —  Z.  13  zeigt  Ligaturen  in  H/i  und  np;  nach  npOC  fehlt  noch  H:  npoCH/\H.  —  Z.  14  iWi\  und 
TR  bilden  Ligaturen;  nach  o  muss  Ha  gefolgt  sein,  also:  OTk  Ha/\EH;(l|IHYk  HanaCTH.  —  Z.  17  ergänze  ich 
am  Ende  Hatlia  'kiKt.  —  Z.  18  np  und  HA  bilden  Ligaturen.  Zu  dem  abgekürzten  Worte  ana  folgte  die  Fort- 
setzung auf  der  Rückseite,   wo  man  leider  nichts  herausbringen  kann,   weil  die  Zeile  weggeschnitten  ist. 


Fol.  A,  b. 


1 aa-p    .    » 

2.  •     •     .     3A\-8     ....     aws-p 

3.  f  +  "V 

4.  •      .  Sbrfl.h    K3    -f.h    Srob+Ul-PAM«    8    • 

5.  A8W8  :  a3A3iro-8  5b'e  :  as  :  c  • 
G.  .  fhivs-h  ve  sbsihvsA  -  mm  e  •  2(-p) 

7.  *••     30,8!.«    (8)    e    30.8;'3M+      +   .      .      . 

8.  .    .  8a(v)  a3-f+  •  SAhS  sh  • 

9.  A+    -P+W-PaTO-S    »>A+   .      ■      %^    t- 

10.  -PAM-S    a&Bi-aAW  .  §   f 0     .     .     . 

11.  .  A»11W.»TO3    i>,+P31fAfl>8    M33e   • 

12.  .   +M  T   t;3    fA»>-8    f3aA      .... 

13.  .    •    -3   +m8  8  fbb^^8  .    .    .    •  siyiwa 

14.  .    •  Ä+tro-e  .••  VH.M«  .  a+Mfl  ca  •    ■ 

15.  .  »  v+a  :  f3  «003  -pa  fsa.*» 


K 


f3 


fC(H) 
0/Mk  CTHH 

II       n       n 

(ß)rfi,d    X(    HA    CTpaiUH'k/Mk    C{0\f) 

^Hi|JH  :  ct^fTk  r'k  :  Ck  :  K  .     .     . 
(a)naA\a  Bk  fpcaAxi»  .  Toy  k  .     .     . 

H.      E3HKk    (h)    k    E3HK0/Ua       fl 

HC(r)    OfHa    .    .    H'k)f k   fi,  .  .    JK  .  .  (Tkr) 

fi,A  HaMHtTk  raa(TH)  r'k  (Kk  o) 

H'IvMk    fSHKOiUk    .    0    HO    (sTO    Hf)    HO 

(c)ao^iijacTE  sanOR-k^H  M9(t  . 
(c)a(H  1   KO   K'k)fk  nc«ca(aak)  .... 
.     .  i  aiiAH  H  rippoKH  (c'Vro)  (RKal^H'k) 
(raa)r«aaTk  k  Baatk  .  c&mw  K'k 
(]fk)  oy  sac  :  no  mto  m  noca^y 


12 


II.  Abhandlung  :    V.  Jagic. 


16.  •      .    8003    «.+P3VA<!*8    IA9    ■      •     'S 

17.  Ab3S3<%8  a»r8v«iii3  (rbA)Ae  • 

18.  •    ■  vsshsma  ■    ■  a«  sa-\-  ■    ■ 


fi,ptCtAH    OyHIlKKIIIt    (np'k)^k    (a\) 

(HOK»)    RHAHTf    (KC>)Ak    CAa(AkKK) 


Anmerkungen  zu  A,  b:  Die  ganze  Seite  liat  stark  gelitten,  fast  in  jeder  Zeile  kann  man  nur  noch  einzelne 
Buchstaben  entziffern,  die  herausgerissen  aus  dem  Zusammenhang  keinen  befriedigenden  8inn  geben.  Z.  1  und  2 
sieht  man  nur  einige  Huehstabcn,  mit  denen  nichts  anzufangen  ist.  —  Z.  3  liest  man  deutlich  drei  auseinander 
stehende  Buchstaben  II  fl  1^,  die  ich  als  Ueberschrift  llF'liO{ll|,H'li  (rraefatio)  auffasse.  —  Z.  4  vor  PAdJKf  wird 
ein  grosses  (1  gestanden  haben,  wenn  nicht  vielleicht  Tk,  d.  h.  (lr;i,<i;K(  oder  Tkr,\<lJKI ;  am  Ende  der  Zeile  fehlt 
Oy.  —  Z.  5  nach  K,  als  Zahl  aufgefasst,  erwartet  man  noch  H  (glagolit.)  zur  Bezeichnung  von  10,  zusammen  12, 
doch  ist  nichts  davon  zu  entdecken.  —  Z.  6  vor  der  Ligatur  n/\A\d  ist  wohl  ein  a  zu  ergänzen,  das  auch  am  Ende 
der  vorhei^hendcn  Zeile  Raum  hätte.  —  Z.  7  beginnt  mit  H,  die  Titla  ober  dem  Buchstaben  kennzeichnet  diese 
als  Zahl;  das  nächstfolgende  Wort  E3HKk  unterliegt  keinem  Zweifel,  eben  so  steht  etwas  weiter  CSHKOiMa  fest, 
doch  das  inzwischen  Befindliche  (zwei  bis  drei  Buchstaben)  ist  unsicher,  vielleicht  H  K  (k  als  2)  oder  CK  B. 
Nach  OllKOiUa  sieht  man  die  glagolitische  Initiale  fl.  —  Z.  8  ist  aus  einzelnen  Buchstaben  nichts  herauszubringen. 
—  Z.  9  vor  fi,A  möchte  ich  TkP  setzen,  vielleicht  ans  Ende  der  vorhergehenden  Zeile :  Tkr^a ;  nach  deutlich  sicht- 
barem raa  ergänze  ich  TH.  —  Z.  10  zu  HivAtk  denke  ich  mir  in  der  vorhergehenden  Zeile  Kk  0:  Kk  OH'k/Uk ; 
nach  0  110  ergänze  ich  HTO  Hf,  also:  0  llO  HTO  Hf  flOCrtOyiuaCTI,  denn  Z.  11  fehlt  zu  Anfang  ein  c.  —  Z.  12 
vor  AM  setze  ich  C,  also  ca/l\,  nach  noca  lese  ich  nocaaak ;  was  noch  in  dieser  Zeile  gewesen  sein  mag,  lässt 
sich  nicht  bestimmen.  —  Z.  13  das  übrig  gebliebene  erste  E  gehört  vielleicht  zum  Worte  A\OI ;  nach  nppOKH 
möchte  ich  CTPO  vermuthcn,  die  Buchstaben  EBha  würde  ich  dann  zu  (KhaH'k  ergänzen.  —  Z.  14  was  vor  K 
BaAlk  war,  ist  schwer  zu  sagen,  wahrscheinlich  ein  Supinum,  etwa  raaroaaTk,  denn  'i'k  glaube  ich  noch  zu  sehen. 
Auch  nach  K  BaiMk  möchte  ich  als  ziemlich  sichere  Conjoctur  caa\k  B'kY'^  vorschlagen.  —  Z.  15  ist  fast  alles 
lesbar.  —  Z.  16  zu  M*  verlangt  der  Zusammenhang  U:  iV\OE(.  Was  nach  der  Initiale  H  (eigentlich  glagol.  S) 
folgte,  ist  schwer  zu  sagen.  — •  Z.  17  obgleich  die  meisten  Worte  erkennbar  sind,  vermag  ich  dennoch  nicht  einen 
Zusammenhang  herzustellen.  —  Z.  18  nach  BH4,HTf  dürfte  KOak  caa,il,kKk  fest  stehen,  allein  wie  BH4,HTI  mit, 
dem  Vorhergehenden  zusammenhänge,  das  kann  ich  nicht  sagen,  ich  lese  nur  ziemlich  deutlich:  ,A,p{CEaH  oyHHBklllE 
lip'k,;\k  AtHOlO,  die  beiden  letzten  Worte  sind  jedoch  unsicher. 


Fol.  B,  a. 


1.  OaOD-S    b.lH   .   8   •      •      • 

2.  'I'    VBA8DU3    A,S    ^9A-8    SWb-l-    •      ■      ■ 

3.  3sm«  r«;-.;!.«  •  sst&iid  vsavsws  • 

4.  aro«    V8A«8    Afl368V8A\fl    ■      • 

5.  il«AVA3M*    V«    VAi-B    :    +&8 

6.  SSM«    :    9V«    8?-8   STOB    Ab«    :    /H^■    •      • 

7.  83   .••A+-PAIPOO    :    +«,n>8    8    +bH>ttÄ8 

ö.  %m  -p+iuBM«  :  E '  r9  KJb+ 

r    < 

9.  Vfl8»A+    (roV83«>3    b-|..!l8    •    3363    •      • 

10.  MB    'ü''8fc3<fl>8    :    VSASmtf-h/AS    .|.r    .      •      • 

11.  ^s'^8^.fl  :  8t.fla63  f+A\3iro«  vm  ■    ■     ■ 

12.  rasffÄ»8  -PK:  \\  WÜl-»-  :  d£h\-Pd% 

1.).  TaA+äWl«    W<flb8M8    83    V83M    •      •      . 


ECTk    paH    .    H     .       .       .       . 
!l    BH^HTE    AH    KOAk    CTpa(ulkHk) 
ECTk    llkKak    .    H^'k/KE    MaKHT(H    e) 
CTk    BC'k/Wk    /\k»;HBHjUk    .    (ll) 

AK'kBao/Uk  Bk  B'kKH  :  a.sk 

EC/Uk   :   O'Ük  CHk  c'i'H  XX'"»   :   (M»K'k) 

CE  KaaH'ki«T  :  aKaH  h  Afi\\,AH 
r'Mk  HaiiiHA\k  :  H  ilO  RPn(Ulj 
Gkcoy'Aa  tboepo  pa^H  .  ejke  (ec) 

A\k    Bk.3EAH    :    /ÜaiiTBaMH    a[l(Ak    T) 
BOH^k    .    H^W'Ail    naatETk    M'l'(('V\k) 

fiO/HAovH  H»  :  l]  MlÜn  6AIH«I'(0) 

rioAaHtA'»    A\ÄHA\k    CE    BCE/M(<irH} 


Glaüolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente. 


13 


14.    v&'i-PB  ea  :  .a+  e;<a.+a63-p+ 


15.    f<R>+  OTiyaafca 


IA\b 


fbama^»  • 


00     "^  + 

16.    39b3  •  3   vsAib«  fasbst:«  :  <ti  • 


17.  VÄA^aM«   83  :    f  <    +rÄ  t  I"b 

18.  Cb+TOSA  •  e-8  -PS  +rAS  ra  • 


R-ksHii  Kf  :  fi,A  KA'd/KfHafro  a) 
nAa  TBOcrc  :  i<up  .  iipoiiJ{H(H(iv\) 
iro  .  0  Kckjfk  noroyuk  4,(a  ch) 
KA-kse-Mk  ce  :  flÖA  .   KP     .     .     . 
BpaTH-k  Kh  HH  aifrtH  no(cA'kA) 


Anmerkungen  zu  B,  a :  Z.  1  mit  den  Worten  (CTk  paH  schliesst  sich  nach  meiner  Ansicht  dieses  Blatt  an  das 
vorhergehende  als  unmittelbare  Fortsetzung  an;  die  zweite  Hälfte  der  Zeile  ist  durch  Beschneidung  verloren  gegangen, 
man  sieht  nach  H  nur  noch  die  Spuren  eines  Buchstabens,  der  od,  ä,  as,  <fi>  sein  kann.  —  Z.  2  Tp  bildet  die 
übliche  Ligatur;  zu  CTpa  ist  ohne  Zweifel  ilJHk  zu  ergänzen.  —  Z.  3  MAR  sind  im  Original  zu  einem  mono- 
grammartigen Ganzen  verbunden ;  zu  Ende  der  Zeile  stand  I,  welches  mit  den  Anfangsbuchstaben  der  nächsten 
Zeile  fCTk  gibt.  —  Z.  4  nach  ak}KHBH/Mk  scheint  dem  Sinne  nichts  abzugehen,  doch  wäre  für  ein  kurzes  Wort 
etwa  H,  Raum  genug  übrig.  —  Z.  5  RA  bildet  Ligatur,  bei  a3k  ist  der  letzte  Buchstabe  nur  theilweise  sichtbar.  —  Z.  6 
im  letzten  Worte  fehlt  "k :  /w'H'k.  —  Z.  8  am  Ende  der  Zeile  könnte  zwar  noch  ein  III  stehen,  allein  man  ver- 
gleiche das  noch  kürzer  ausgedrückte  HO  auf  Blatt  A,  a  5.  —  Z.  9  nach  tJKI  folgte  ec,  das  mit  Mh  der  nächsten 
Zeile  (CA\k  bildete.  —  Z.  10  MA  und  TK  bilden  Ligaturen,  vom  letzten  Worte  ist  nur  an  sichtbar,  man  ergänze 
Ak,  d.  h.  ariAk,  zuletzt  wird  noch  T  in  dieser  Zeile  gestanden  haben,  wozu  in  der  nächsten  BöH^k  gehört : 
TKOHjfk.  —  Z.  11  nach  MT  ergänze  f/Hk :  MTfMk.  ■ —  Z.  12  MA  in  der  Ligatur;  im  Worte  MlUfl  steht  III  über 
AV,  verbunden  zum  Monogramm  wie  A,  a  10;  zu  O^IHOF  ist  wenigstens  ein  0  hinzuzufügen,  für  ein  zu  erwar- 
tendes flllAn  scheint  nicht  genug  Raum  vorhanden  zu  sein.  —  Z.  13  in  die  Rundung  der  grossen,  bis  in  die 
fünfte  Zeile  hinabreichenden  Initiale  11,  glagol.  f,  ist  in  roher,  aber  charakteristischer  Weise  ein  bebartetes 
Menschenantlitz  hineingezeichnet;  in  /MAH/V\k  sieht  man  die  übliche  Ligatur,  zu  BC(/V\  ergänze  ich  OPH,  d.  h.  KCt- 
MOfH.  —  Z.  14  in  KAa>KCHa,  wozu  PO  zu  ergänzen  ist,  hat  der  Buchstabe  B  stark  gelitten,  fast  ganz  unsichtbar;  ganz 
am  Ende  der  Zeile  stand  noch  a,  wozu  die  nächste  Zeile  naa  ergänzt;  in  dieser  (15.)  bilden  HA  und  TB  Ligaturen, 
ebenso  np ;  zu  npouKH  ergänze  ich  Hf/M :  npOLUEHHEM.  —  Z.  16  bei  nOPOt^Bk  schrieb  der  Schreiber  selbst  a  über  0, 
da  er  sein  Versehen  bemerkt  hatte ;  zu  Ende  der  Zeile  folgte  nach  js^  noch  a  und  Ck  oder  c,  als  Anfang  des  in 
der  nächsten  Zeile  fortgesetzten  Wortes :  ,/t,a  CkBAHknC/Uk  C(.  —  Z.  17  HA  sind  verbunden,  darauf  folgt  ein  sonder- 
bares Zeichen  t,  welches  wahrscheinlich  als  Apostroph  zu  deuten  ist;  zu  KP  wird  noch  etwas  fehlen,  es  ist  aber 
schwer  zu  sagen  was.  Die  Lection  ist  dem  Corintherbrief  I,  Cap.  IV,  9- — 17  entnommen.  —  Z.  18  nach  no  am 
Ende  der  Zeile  mag  noch  etwas  auf  dieser  Seite  gesehrieben  gewesen  sein,  die  Fortsetzung  des  Wortes,  welches 
riOCaiv^kHEC  lautete,  folgte  auf  der  umgekehrten  Seite  des  Blattes. 


Fol.  B,  b. 


1. 

2. 
3. 
4. 
5. 


•  ■      •      8'8iWb'80B-P8,''8    Ai-a    f      • 
ba»    e;8ll>3M-8    VSSM»    A\Bb»  •  ■!•      ■ 

M>8  :  s  vt-aiA«  :  ms  essfc«  b+AS 

•  3  fA»£hb8h^   3   kA    8S&.  .%'   Ms    »3 

.   3W.e-ps  :  vs  äs  i-bAr-S'vs    •    .    • 

6.  ■Ü'-PS  :  M8    863    C    •      .      •      •      8     .      .      .      . 

7.  S-PAfbS    «+8+  :  +Ä'8 

8.  ■    «   .   -P+Ob5   K:8V+3M8  -.'S 

9.  •      .      OD+SAX«    83    0Dba9aS<n.+      •      .  -8    83    A 
10.  .      .  8V38M8 -PS     .      • 


(HH    "kßH    iiKO    HAJCkA^pkTHHKH    'kKO    n(o) 
(30)pO»,'    BH)(^0/Uk    BCE/UOlf   MH^oy  .  A 
(hAO)A^k  :  H    MKO/Hk  :  MH    BO^-Hlfk    pa4,H 

(bH    }K)f    MOYAP"X''    *    T^    "^''^    •''     ^"    ^* 
(HC(U)0l{JkHH  :  BH    7K.I    Kp'ktlkl^H  .  (Bh) 
(CAa)BHH  :  MH    }Kt    E(t3   MkCTH  .  Ji,9   fi,w) 

(Hi)cH-kpo  Maca  :  aAk(Mf/Hk  h  }Kf}Kfi,() 

(A\)k  .  Ha3H  BHBa(<Uk  :    I   (cTpaJKAf'Mk) 

(h  cKH)Tae/Hk  cf  (h)   •rpov*A'>(*'")  •»  "   aC'^'^'») 

(k>1|J()    CB0HA\H    (pOyKaAMI       .       .       .       HH      .       . 


14 


II.  Abhandlung  :    V.  Jagic. 


11. 


12. 


«»8M«    83 


9A 


XÄ8A\ 


(Ap)Ka<HiHK     C(    (Y)ov(rtHiMH) 


iiTahm  (c^^ 


13. 


14. 


15. 3-p.(-A 

16.  •      •      tV+F    V8   •   +W3    8    TOM»    fASOO»   • 

17.  •    .  +003  •  f«  fs  M-pasbsa  a'va    •    •    • 

18.  •      •      •  3ViMä83«-8    +*«    V+8-8 


(Ka)3aio  KH  .  aifie  h  TMoy  n'kcToy(Hh) 

(H(U)aT(  .  Hh    Hf    lUHCrHC    OU,f       .       .       . 
.       .       .      (KliAHCMk    aSk    KaCk 


iHA-k  (Ha) 


Anmerkungen  zu  B,  b :  Z.  1  vorn  fehlen  einige  Worte,  der  Abscliluss  dos  auf  der  vorigen  Seite  begon- 
nenen Wortes  noca'k/t,H({,  dann  "kBH  "kKO  und  Ha,  das  zu  dem  .sichtbaren  CkMpkTHHKH  gehört;  nach  'kKO  sieht 
man  noch  die  Spur  des  n,  am  Ende  der  Zeile  stand  also  no.  —  Z.  2  enthielt  zu  Anfang  30p*Y,  wovon  nur  fi9y 
zu  sehen  ist.  Am  Ende  dieser  Zeile  sieht  man  noch  a.  —  Z.  3  wird  mit  I^AOMk  angefangen  haben,  davon  ist 
noch  Mk  sichtbar;  am  Endo  der  Zeile  scheint  nichts  zu  fehlen.  —  Z.  4  beginnt  mit  I,  vor  welchem  KH  X  ge- 
standen haben  mag.  —  Z.  5  zu  Anfang  fehlt  HtM,  das  Anfangswort  lautete  HriUOl|JkHH ;  am  Ende  der  Zeile  ist 
wohl  BN  zu  ergänzen.  —  Z.  6  zu  den  erhaltenen  Buchstaben  KHH  muss  caa  ergänzt  werden :  caaBHH.  Sonst  kann 
man  in  dieser  Zeile  nur  noch  /WH  ;K  K  entziffern,  alles  übrige  ist  beim  Ablösen  verloren  gegangen.  —  Z.  7  beginnt 
mit  deutlichem  CH'kro,  wozu  ich  AkHt  vorn  ergänzen  möchte.  —  Die  zweite  Hälfte  der  Zeile  ist  nicht  mehr  zu 
entziffern.  —  Z.  8  lässt  noch  die  Spur  des  glagolitischen  k  erblicken,  vor  welchem  M  gestanden  haben  mag,  das 
Wort  lautete  nach  dem  Zusammenhange  }K(/K^(Mk.  In  der  zweiten  Hälfte  der  Zeile  ist  noch  ein  grosses  I  zu 
sehen,  nach  welchem  möglicher  Weise  CTpa>K^(/Uk  folgte.  —  Z.  9  lässt  noch  TaCMk  Cf  deutlich  erkennen,  wozu 
vorn  CKH  zu  ergänzen  ist;  von  dem  nächsten  Wort  ist  eigentlich  nur  KJi,A  sichtbar,  d.  h.  Tpotcai/l,a(/Hk  CJ;  weiter 
sieht  man  noch  ein  4,,  wohl  zu  ;j,'krta  gehörend.  —  Z.  10  liest  man  noch  i  CßOHMH,  zu  (  möchte  ich  ioi|J  er- 
gänzen, zusammen  ,\'kaaiOl|il ;  weiter  kann  man  in  dieser  Zeile  nur  noch  HH  .sehen,  das  zum  vollen  Wort  rOHHiWH 
gehört  zu  haben  scheint,  doch  kann  zwischen  CKOH/UH  und  rOHHMH  nur  ein  oder  zwei  Worte  gestanden  haben, 
alles  das  was  die  gewöhnlichen  Texte  hier  bieten,  poy'Ka/UH  OKAfEfTatiMH  KarocaOKHA\k,  könnte  in  dieser  Zeile 
nicht  untergebracht  werden.  —  Z.  11  ist  kJKH/Uk  C(  noch  gut  zu  sehen,  also:  ;t,pkH<HiUk  Cf.  In  dieser  Zeile  sind 
ausserdem  Spuren  von  Y^VAK/MH,  namentlich  aber  A\aHiV\  Cl  deutlich  zu  lesen.  Dann  aber  beginnt  eine  Lücke 
von  vier  Zeilen,  welche  ganz  verwischt  sind,  nur  in  der  Zeile  13  sieht  man  Spuren  zweier  Buchstaben,  die  wie 
}Kp  oder  aH?  aussehen ;  im  letzten  Falle  dürften  sie  mit  ^OCIA'fe  im  Zusammenhang  .stehen.  Erst  Z.  15  kann  wieder 
IHaiv  entziffert  werden,  das  wohl  zu  RkBaoyKAiHa'k  gehört.  —  Z.  16  sieht  man  aaaiO  RH,  wozu  vorn  HaK  zu  er- 
gänzen ist,  wovon  ein  Theil  zu  Ende  der  Z.  15  gestanden  haben  kann;  in  derselben  Zeile  gegen  Ende  ist  noch 
nlkCTOy  deutlich  zu  sehen,  also  H'kcTOYH'»  oder  n^JCTOyK.  —  Z.  17  beginnt  mit  AT(,  was  zu  H/VtaTE  ergänzt 
werden  muss.  Am  Ende  dieser  und  zu  Anfang  der  nächsten  Zeile  sind  die  Worte  C  Jfk  oder  0  Jfk  HC'b  gewesen. 
Der  Schloss  der  Lectio  sowie  das  Evangelium,  das  darauf  folgte,  befanden  sich  auf  dem  nächsten,  verloren  gegan- 
genen Blatt. 


Ich  komme  nun  zur  Analyse  des  Textes  dieser  zwei  Jililtter,  deren  Ergebnis»  zu  einer 
möglichst  genauen  üebersetzung  derselben  ins  Lateinische  führen  soll.  Es  handelt  sich  vor 
allem  um  die  richtige  Reihenfolge  der  Blätter.  Verleitet  durch  den  Umstand,  dass  auf  dem 
einen  Blatt  mit  grossen  Buclistaben  ,Mi88a  unius'  (sc.  Apostoli),  auf  dem  anderen  ,Missa 
altera  Apostolorum'  geschrieben  ist,  ging  icli  anfänglich  von  der  falschen  Voraussetzung 
aus.  das»  das  jetzt  mit  B  bezeichnete  Blatt  die  erste  Stelle  einnehmen  müsse.  In  der  Regel 
geht  ja  die  Missa  unius  apostoli  einer  solchen  plurimonim  apostolorum  voraus.  Nachträg- 
licli    stellte   es   sich  jedoch  heraus,   dass   die  umgekehrte  Reihenfolge  der  Blätter   die  allein 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  15 

riclitig'e  ist.  Ungeachtet  dessen,  dass  auf  dem  einen  Blatte  von  Missa  altera  Apostolormn 
die  Rede  ist,  muss  doch  gerade  dieses  Blatt  als  das  erste  angesetzt  werden,  weil  der  auf 
der  Rückseite  desselben  befindliche  Text  auf  dem  anderen  Blatte  ohne  Unterbrechung  fort- 
gesetzt wird.  Dass  aber  die  ,Missa  altera  Apostolorum'  vorangeht,  das  wird  wohl  so  zu 
verstehen  sein,  dass  es  sich  hier  um  die  ,Vigilia  Apostolorum'  und  bei  der  nachfolgenden 
,Missa  unius'  (sc.  Apostoli)  um  das  ,Natale  Apostoli'  handelt.  Also  der  Inhalt  entscheidet 
über  die  Aufeinanderfolge  der  Blätter  und  wir  beginnen  mit  dem  Blatt  A. 

In  der  Mitte  von  A,  a,  in  der  zehnten  Zeile,  liest  man  die  Ueberschrift  MÜJÜ  B  flffAM, 
d.  h.  Missa  altera  apostolorum.  Die  Abbreviatur  aham  kann  nvir  als  Dativus  plur.  aufgefasst 
Averden  (anocTOrtO/Wk),  welcher  in  altslovenischer  Weise  den  lateinischen  Genetivus  Aposto- 
lorum wiedergibt. 

Das  erste  darauf  folgende  Gebet  lautet  so  (mit  ausgefüllten  Lücken) : 

ripOCHiUk  rt,  ß'cf/MOrH  KivH'HH  KOXt,  Ji,A  'kKO  }K(  COlfTK  CAaHfEHH  dHOCTOAH  CAh3(l|IC  nO(MOl|JH  npOCHAH 
HAiWk,    /UOAHTBa<V\H    H)(k    OTk    HAM}KH\m^h.    HanaCTH   fi,A   »3HARHMh.    C(. 

Wörtliche  Uebersetzung :  Quaesumus  te,  omnipotens  sempiterne  deus,  ut  sicut  heati  apo- 
stoli lacrimantes  auxilium  imploraverunt  pro  nohis,  ita  orationibus  eorum  ab  imminentibus  ten- 
tationibiLS  Uberemur. 

Eine  gleichlautende  Oratio  finde  ich  allerdings  nirgends,  allein  Anklänge  sind  in  den 
alten  Sacramentarien  reichlich  vorhanden.  Für  die  Construction  ut  sicut  verweise  ich  auf 
folgende  Parallelen:  aus  Liber  Sacramentorum  Gregorii  Magni  (ed.  Migne  P.  L.  LXXVIII, 
46):  supplices  exoramus,  ut  sicut  etc.;  aus  Sacramentarium  Gelasianum  (ib.  LXXIV,  1169): 
concede,  quaesumus,  ut  sicut  etc.  Den  Ausdruck  lacrimantes  kann  ich  nicht  belegen,  da- 
gegen steht  uns  für  die  in  die  Uebersetzung  aufgenommene  Wendung  implorare  auxilium 
folgende  Parallele  aus  der  Oratio  in  vigilia  S.  Andreae  (1.  c.  LXXVIII,  150)  zu  Gebote: 
Quaesumus,  omnipotens  deus,  ut  beatus  Andreas  ajjostolus  pro  nobis  imploret  auxilium,  vergl. 
noch  1.  c.  LXXIV,  1182.  Statt  der  wörtlichen  Uebersetzung  ,orationibus  eorum'  kann  im 
lateinischen  Original  der  slavischen  Uebersetzung  möglicher  Weise  auch  ein  anderer  Aus- 
druck gestanden  haben,  z.  B.  intercessione,  wie  1.  c.  LXXVIII,  43 :  ut  —  martyris  interces- 
sione  liberemur,  oder  ib.  50:  ut  intercessionis  eins  auxilio  —  liberemur.  Der  Schluss  der 
Oratio,  den  ich  nacli  dem  slavischen  Wortlaute  durch  ,ab  imminentibus  tentationibus'  wieder- 
geben musste,  erinnert  sehr  stark  an  das  häufig  wiederkehrende  lateinische :  ut  .  .  a  cunctis 
malis  imminentibus  eins  intercessione  liberemur,  vergl.  Migne  P.  L.  LXXVIII,  50,  101,  103, 
118,  137.  Uebrigens  das  Verbum  H3i;aBH<uk  «  könnte  auch  dem  lateinischen  eruamur  ent- 
sprechen und  HanacTk  das  lateinische  periculum  vertreten;  dann  hätten  wir  folgende  nahe- 
liegende Parallele  (1.  c.  LXXVIII,  137):  ut  —  de  instantibus  periculis  eruamur,  vergl.  auch 
den  Schluss  der  Oratio  in  natali  S.  Andreae  (1.  c.  LXXIV,  1182):  ut  —  a  cunctis  peri- 
culis eruamur. 

In  der  Mitte  des  Blattes  B,  a,  Z.  12,  liest  man  ebenso:  A\lDfl  6AlH0r0  (sc.  nnOGTOAfl), 

Missa  unius  (sc.  Apostoli).  Dass  von  einem  Apostel  (und  nicht  Märtyrer)  die  Rede  ist,  das 
ersieht  man  aus  dem  Inhalt  des  ersten  Gebetes,  welches"  ich,  da  es  dem  vorenvähnten  der 
Stellung  und  dem  Charakter  nach  genau  entspricht,  gleich  hier  aneinander  reihe : 

ncA'*5*^A''?  'M«>aH(V\k  cf,  ß'cf/WorH  R-knkHH  bO/Ks,  ji,A  BAa^KfHaro  aiiocToaa  TBOtro  (H/wpK.)  npc>uj(HH(A\k 
tro  OTk  Kckyk  riaroi,'Bk  js,a  ckKa-kMf/VAk  ct. 


16  II.  Abhandlung:   V.  Jagiö. 

Wörtliche  Uebersetzuug :  Praesta  (oder  Tribue),  quaestimus,  omnipotens  sempiterne  deus. 
ut  beati  apostoU  tut  (N.)  imploratione  a  cunctis  periculis  exuamur. 

Dieses  Gebet  stimmt  zwar  nicht  wörtHch  überein,  doch  kommt  es  sehr  nahe  derjenigen 
Oratio,  die  in  alten  Missalen  unter  der  ,Missa  in  natali  unius  Apostoli'  an  erster  Stelle 
gelesen  wird  und  nach  dem  Wiener  Codex  saec.  X,  Nr.  1888  (fol.  139),  folgendermassen  lautet: 

Quaesumus,  omnipotens  deus,  ut  beatus  apostolus  tuus  (N.)  pro  nobis  imploret  auxilium, 
ut  a  nostris  reatibtis  absoluti,  a  cunctis  etiam  periculis  exuamur} 

Es  ist  schwer  zu  sagen,  ob  die  abweichende  Redaction  des  slavischen  Textes  auf  unserem 
Blatt  einer  anderen  lateinischen  Vorlage  des  Gebets  ihren  Ursprung  verdankt  oder  ob  der 
einstige  slavische  Uebersetzer  sich  die  Mühe  der  wörtlichen  Uebersetzuug  durch  einige 
Kürzungen  oder  Vereinfachungen  erleichtert  hat.  Denn  soviel  ich  auch  suchte,  ich  fand 
überall  nur  Anklänge  an  die  oben  citirte  Redaction  des  Codex  Nr.  1888.  Vergl.  z.  B.  im 
S  acramentarium  Gelasianum  die  Oratio  in  natali  S.  Andreae  (bei  Migne  P.  L.  LXXIV, 
1182)  oder  in  Lib.  Sacramentorum  S.  Gregorii  in  vigilia  s.  Andreae  (ib.  LXXVIII,  150). 
Zum  Schluss  stimmt  auch  im  Sacramentarium  Codex  Vind.  saec.  IX,  Nr.  1815,  fol,  188  (es 
ist  ad  Complendum  in  Dom.  III  post  oct.  Paschae):  ut  .  .  et  purgemur  a  vitiis  et  a  ijericulis 
Omnibus  exuamur. 

In  den  glagolitischen  Missalen  späterer  Zeit  ist  der  slavische  Text  schon  in  Einklang 
gebracht  mit  der  besagten  Redaction,  wie  man  das  am  Missale  Novak's  (vom  Jahre  1368) 
und  an  der  mit  diesem  genau  übereinstimmenden  editio  princeps  vom  Jahre  1483  erkennt: 

M0AHA\k    Tl,    KC(<UOrH    CCM^E,    XA    BiiaJKEHH    (H/Mp.)    dllOCTOAk    TKOII    nO;MOl|IK    »AiWW    HCnpOCHTK,    A«*    *'•''»    "<*' 
UIH)fK    KpHKHHk    OTp-kuiCHH    KO«|'Af'Mk    H    OTh    KCkyii    nOPHB'kAH    /k,<t   CKrt'kMfMk    Cf.^ 

Bekanntlich  werden  in  den  alten  Sacramentarien  nur  selten  die  Lectionen  der  Epistel 
und  des  Evangeliums  besonders  angefülirt,  das  geschieht  nur  für  missa  communis  oder  für 
bestimmte  Festtage,  wie  z.  B.  in  Codex  Nr.  1888  auf  fol.  155  die  Messe  de  sancta  trinitate 
alle  Bestandtheile  enthält.  In  der  Regel  folgt  auf  die  erste  Oratio  (selten  auf  zwei)  gleich 
das  Gebet  ,Secreta'  oder  nach  der  Bezeichnung  des  Liber  sacramentorum  des  Gregorius 
,super  Oblata'.  Die  beiden  Benennungen  gelten  für  die  alten  Handschriften  als  synonym, 
so  im  Wiener  Codex  Nr.  1815  (saec.  IX)  findet  man  abwechselnd  bald  ,Secreta'  bald  ,super 
Oblata*.  Auf  unseren  Blättern  begegnet  zweimal  ,Secreta'  (auf  A,  a,  Z.  16  und  auf  der- 
selben Seite  schon  oben  A,  a,  Z.  1),  das  eine  Mal  steht  deutlich  dafür  ein  slavisches  ta» 
geschrieben,  das  zweite  Mal  lässt  sich  nur  die  Spur  des  ersten  Buchstaben  t  errathen,  aber 
offenbar  stand  auch  hier  im  Texte  ta».  Wir  haben  also  auf  demselben  Blatte,  ja  sogar  auf 
derselben  Seite  A,  a  zwei  Gebete  ,Secreta',  das  eine  gehörte  zur  Missa  altera  apostolorum, 
das  andere,  vor  diesem  stehende,  offenbar  zur  ,Missa  prima  Apostolorum',  deren  Anfang  für 
ims  verloren  gegangen  ist.  Ob  bei  der  ersten  Messe  ,plurimorum  Apostolorum'  die  Lectionen 
der  Secreta  vorausgegangen  waren,  das  wissen  wir  nicht ;  bei  der  zweiten  aber,  wie  man 
sieht,  folgt  auf  die  Oratio  gleich  Secreta.  Dagegen  schliesst  sich  bei  der  Missa  miius  (sc. 
Apo.stoH)  an  das  erste  Gebet  zunächst  die  Lectio  an ;  von  dieser  ist  uns  aber  nur  die  Epistel 
erhalten  (auch  sehr  lückenhaft),  auf  B,  a,  17 — 18  und  ganz  B,  b.  Wir  wollen  diese,  da  sie 
nach  der  üblichen  Reihenfolge  der  Secreta  vorausgeht,  hier  zuerst  der  Betrachtung  unterziehen. 


•  Ganz  8o  auch  in  Codex  saec.  XllI,  Nr.  1933,  fol.  113;   etwas  abweicheuil  iu  Codex  Nr.  1H45,  .saec.  XI,  fol.  20'2;   Quaesuimis 

omnipoten«  deas,  ut  beatus  apostolus  tuus  N.  te  pro  nobis  iugiter  imploret,  ut  a  nostris  etc. 
'  Zu  den  8chlusswortcn  des  Gebetes  vergl.  noch  in  miss.  nov.  251a:  HAiH-,«f  «Tk  iidcTOii|iH)('  .sjak  h  i;«\-a8i|ihx'  cki\hi|ih  cf  »yii'Kjf,«. 


Glagolitica.    Würdigung  neüentdeckter  Fragmente.  17 

Auf  unserem  ]31att  B,  a  beginnt  sie  in  der  Zeile  16  und  setzt  sich  auf  der  ganzen 
Rückseite  fort,  sie  unifasst  I  ad  Corinthios  Cap.  IV,  von  9 — 16.  Diese  Lectio  kommt  in 
dem  Wiener  Codex  Nr.  1888,  trotzdem  dieser  auf  alle  vier  Messen  (vigil.  et  natal.  unius  und 
vigil.  et  natal.  plur.  Apostolorum)  Lectionen  bietet,  gar  nicht  vor.  In  dem  Codex  Nr.  1836 
(saec.  XII)  Avird  sie  in  natali  plurimorum  mai'tyrum,  und  zwar  in  der  ,alia  missa'  mit  An- 
fangsworten citirt  (fol.  lld):  ,Speculum  facti  sumus  mundo'.  In  einem  Salzburger  Missale 
saec.  XIV  (Codex  Nr.  1798,  fol.  204  b)  wird  sie  gleichfalls  in  der  Missa  ,de  Martyribus'  an 
zweiter  Stelle  gelesen.  Ein  anderes  Salzburger  Missale  saec.  XIV  (Codex  Nr.  1790,  fol.  197) 
enthält  sie  an  demsell)en  Feste  ,de  pluribus  martyribus'  als  die  sechste  Lectio.  In  dem  zu 
Venedig  im  Jahre  1563  gedruckten  Missale  romanum  fand  ich  diesell)e  Epistel  in  vigilia 
plurimorum  Apostolorum  als  dritte  Lectio,  und  ganz  so  liest  man  sie  schon  in  dem  glago- 
litischen Missale  Novak's  vom  Jahre  1368  und  in  der  glagolitischen  editio  princeps  vom 
Jahre  1483. 

Vergleicht  man  den  Anfang  dieser  Lectio  in  allen  vorerwähnten,  sei  es  lateinischen, 
sei  es  glagolitischen  Texten  mit  dem  Anfang  derselben  auf  unserem  Blatt,  so  fällt  ein  sehr 
beachtenswerther  Unterschied  auf.  Während  sonst  in  allen  Texten  die  Perikope  mit  den 
Worten  ,spectaculum  facti  sumus  mundo'  beginnt,  lauten  bei  xms  die  Anfaugsworte  derselben  so : 
KpdTH-k  KOPK  HH  anocTOAH  no(c/\-kAKHH) :  Fratres,  Dens  nos  apostolos  novissimos.  Dagegen  schon 
in  miss.  nov.  ganz  nach  dem  lateinischen  Texte  mit  diesem  Anfang:  npaTH-k,  ii030pHi|i(  ctko- 
pEHH  fc<Mk.  Woher  diese  Abweichung  ?  Ich  erkläre  mir  die  Sache  so :  Mit  den  Worten 
unseres  Blattes  beginnend  stand  die  Perikope  Ijereits  fertig  in  einem  nach  griechischem 
Ritus  eingerichteten  Praxapostohis.  Zum  Beweis  dafür  genügt  es  auf  den  Apostel  Sisatova- 
censis  zu  verweisen.  Audi  in  einem  griechischen  Ajjostolus  der  k.  u.  k.  Hofbibliothek 
(Cod.  tlieolog.  Nr.  308)  liest  man  auf  fol.  24  b  unsere  Epistel  auf  den  10.  Sonntag  (oder  wie 
es  am  Rande  angemerkt  ist:  auf  einen  Apostel).  Sie  beginnt  mit  den  Woi'ten :  "ASsX^ot,  6 
Osöc  YjjAäc  zci'jc,  aTzrjazöXriOC,  iajdzo'jz  etc.,  also  ganz  so,  wie  auf  unserem  Blättclien.  Als 
es  nun  darauf  ankam  die  Lectio  aus  dem  griechisch -sla vischen  Praxapostohis  in  das 
römische  Missale  zu  übertragen,  nahm  man  fürs  erste  die  ganze  griechische  Perikope 
in  ihrem  vollen  Umfange  auf,  ohne  die  geringen  Unterschiede  zu  Anfang  und,  wie  wir 
später  sehen  werden,  zu  Ende  derselben  zu  beachten.  Erst  später  nahm  man  diesen  Unter- 
schied im  Umfange  der  Perikope  wahr  und  machte  der  Abweichung  in  späteren  glago- 
litischen Missalen  ein  P'.nde.  Die  Wahrscheinlichkeit  dieser  Erklärung  wird  durch  den 
Charakter  der  slavischen  Uebersetzung,  wie  sie  in  unserer  Perikope  zum  Vorschein  kommt, 
fast  bis  zur  Gewissheit  erhoben.  In  der  Lectio  unseres  Blattes  hat  sicli  noch  die  uralte 
altslovenische  Uebersetzung  des  Corintherbriefes  erhalten,  die  wir  aus  den  zalilreichen  cyril- 
lischen Aposteln  kennen,  während  das  Missale  Novak's  und  ebenso  die  erste  gedruckte 
Ausgabe  an  vielen  Stellen  schon  den  Einfluss  des  lateinischen  Textes  verräth,  nach  welchem 
die  ursprüngliclie,  aus  dem  Griechischen  geflossene  Uebersetzung  umgearbeitet  worden  ist. 
Nun  besitzen  wir  in  der  höchst  verdienstliclien  Ausgabe  der  glagolitischen  Bibeltexte' 
Berßic's  auch  den  Text  unserer'  Epistel  nach  dem  ältesten  (ersten)  Brevier  der  Kirche  zu 
Vrbnik  (auf  der  Insel  Veglia),  das  der  verstorbene  tüchtige  Kenner  der  glagolitischen  Schrift 
in  das  XIII.  Jahrhimdert  gesetzt  hatte,  und  es  ist  gewiss  nicht  unwichtig  zu  constatiren,  dass 


'  Ulomci  svetoga  pisma  obojega  nvjeta  staroslovenskim  jezikora  sknpio  iz  rukopisali  i  tiskaiiili  knjigali  lirvatskoga  razreda  svp- 
<!enik  Ivan  Bercid    Fünf  Theiln,  herausgegeben  in  Prag  1804 — 1871;  vergl.  ib.  V,  34 — .35. 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  nd.    II.  Abb.  3 


18  II.  Abhandlung  :    V.  Jagic. 

schon  hier  einige  Spuren  der  alhnähhg  vor  sich  gegangenen  Umarbeitung  der  ursprüng- 
lichen akslovenischeu  Uebersetzung  dem  lateinischen  Vorbild  gemäss  begegnen.  Es  ergibt  sich 
daraus  ein  neues,  inneres,  aus  der  Gestalt  des  Textes  gewonnenes  Kriterivun  tiir  das  höhere 
(als  das  Xlll.  Jahrhundex't)  Alter  unseres  Fragmentes. 

Diese  Behauptung  soll  durch  Beispiele  beleuchtet  werden : 

Die  Lectio  beginnt,  wie  gesagt,  auf  unseren  Blättern  ganz  so  wie  in  ap.  sis.'  KparH'k, 
Kork  HH  aiiocTO.Mi  iic^cA'kAHtf  HiKH  'kKO  Ha)ck<upkT'HHKii  (sis.  nur  orthographisch  abweichend : 
KpaTHHi,  Kork  Hki  aiiocTOAki  iiocab,VM'<"-'<5  M'^"  '^'^'>  HaciMpkTHHKki).  Ali  dicscn  Anfang  schliessen  sich 
die  Worte  an:  'kKO  iioaopoy  Kii\'Oi\\k  is'ciiHoy  MHpoy,  (aHkf/\0(Mk)  h  sAOK'kKOjUk,  in  fast  Avörtlicher 
Uebereinstimmung  mit  ap.  §is.,  in  einem  Punkte  diesen  sogar  übertreffend:  das  griechische 
zq)  xoa|Aqj  Avird  in  sis.  bloss  durch  AtHpoy  wiedergegeben,  während  bei  uns  K'ciMoy  MHpoy  da- 
fiir  steht,  bekanntlich  eine  ältere  Uebersetzung  des  griechischen  %öa[j.oc.^  In  der  That,  auch 
der  sogenannte  karpiuskisclie  AjjosteP  hat  KCfA\8  /uiipoy.  In  dem  vrbnik.  brev.,  ferner  in 
miss.  nov.  und  ed.  1483  lauten  die  letzten  AVorte  schon  ganz  nach  dem  Lateinischen  um- 
geändert:   n030pHl|l(   CTBOpiHH   ICMk   /HHpO\'    U.  S.  W. 

Weiter  schreibt  unser  Text:  m»  KoyHyk  pa^H,  (kh  }K)f  /mo^aphyi»  o  )f'k  Hck.  Hier  hat  der 
Schreiber  oder  einer  seiner  Vorgänger  ein  Versehen  begangen,  indem  er  Koyii  )f''  P^'A"  ^Is 
Koij'HYk  paAH  las  imd  wahrscheinlich  als  weitere  Folge  dieses  Fehlers  auch  aus  mo\'aP"  den 
Genetiv  /Mov'APHyk  bildete.  Genetive  sind  natürlich  hier  falsch,  doch  selbst  in  dieser  ver- 
derbten Lesart  erkennt  man  noch  die  ursprüngliche  Uebersetzung,  die  so  lautete :  iwki  ko^h 
YPHCTa  pa^H,  K'ki  }Kf  MXx\()H  0  \-pHCT-k,  die  übereinstimmend  in  allen  ältesten  cyrillischen  Texten 
wiederkehrt  (vergl.  die  Nachweise  bei  Amphilochius).  Dagegen  schreiben  vrbn.  brev,  und 
Ulis.  nov.  oder  ed.  1483  statt  ko^-h  das  Adjectiv  ki30\-/m'hh.  Das  hinter  ^-k  auf  unserem  Blatt 
sichtbare  Hcb  ist  zwar  hier  überflüssig,  aber  keincsAvegs  durch  den  lateinischen  Text  her- 
vorgerufen. Ebenso  bietet  unser  Text  /hh  jk«  H(/uoi|ikHH,  kh  xf  Kp'kiiki^H,  in  vollem  Einklänge 
mit  dem  sis.  oder  karp.  ap.  (nur  hat  sis.  nach  mu  das  Wörtchen  H«t  ausgelassen),  und  hier 
hat  auch  vrbn,  brev.  die  ursprüngliche  Lesart  <hh  hemoijihh  noch  bewahrt,  während  miss.  nov. 
und  ed.  1483  schreiben:  mh  caaKH. 

Im  Folgenden  ist  der  Text  unseres  Blättcheus  leider  stark  verwischt,  dennoch  kann  man 
aus  dem  deutlicli  ersichtliclien  k'hh,  mh  jki  k  mit  Sicherheit  folgenden  Zusammenhang  er- 
schliessen :  rh  »;«  caaKHH,  a\h  xt  Kta  HkCTH  (oder  KCikCTkHH),  ebenfalls  übereinstimmend  mit  den 
ältesten  cyrillischen  Texten,  denen  hier  auch  noch  vrbn.  brev.  treu  bleibt,  wogegen  mis. 
nov,  und  ed.  1483  schreiben:  bh  nAtMfHUT»,  a  mh  h(ii/\ea\(hhth,  nach  dem  lateinischen:  vos 
uobiles,  nos  autem  ignobiles. 

In  der  nächsten  Zeile  kann  man  nur  cirkro  saca  :  aahh  entziffern,  ich  vermuthe  daher 
A«  A''M"M'kro  Haca  :  aakscMk,  Avofür  in  den  cyrillischen  Texten  jy,o  NkiH'kujkH'kro  haca  steht;  dem 
griechischen  [xsypc  zfjQ  apti  "/ojpac  entspricht  das  letztere  genauer;  vrbn.  brev.  und  mis. 
nov.  haben  schon  nach  dem  lateinischen  usque  in  lianc  horam :  fi,AKi  a«  cfro  saca.  Der  bosn. 
Codex  Hval's  bietet  AOH>^AMUiHaro,  vielleicht  ebenfalls  a*'  A'^h^i^'M'»''*  ^^h  lesen. 


'  Apiistolu»   6  codice  monasterii  Siäatovac,  palaeoslovouice   ed.  Fr.  Miklosich.  Viudobonae  1853.    Uu.seie  Loctio   liü.st  mau  da- 

Hftlbst  auf  8.  97. 
5  Zum  Beweis  verwoiso  ich  auf  moiuen  Index  zu  Codex  Marianus  s.  v.  «bCt  und  miipi.;  vergl.  auch  l'pnropiii  BocKpeceHCüift, 

Api'BHiü  cjaii.  nepcB04t  AnocTO.ja.    MocKia  1879,  8".  S.  216—217,  und  PoHvka  im  Arcliiv  für  slav.  Phil.  X,  467. 
'■>  Herausgegeben  von  Archim.  Amphilocliius  in  dem  Werke:  ^pcBie-CAaBflucKiii    KapiiHHCKifi  Aiiocio.ii>  XIU  BiKa  .  .    MocKua 

188.Ö.    Unser  Text  steht  auf  S.  346— 35(J. 


Glagolitica.    WüRDiraiNG  neuentdeckter  Fragmente.  19 

In  der  achten  Zeile  treten  bloss  die  Worte  Ha3H  GHBaciiik  klar  hervor,  sie  sind  ein  recht 
beaehtenswerther  Beleg  für  die  Uebereinstimmnng  der  Lesart  unseres  Blattes  mit  dem  kar- 
pinskischen  Apostel,  wälu-end  sonst  alle  cyrillischen  Texte  (vergl.  die  Belege  bei  Amphilo- 
chius  imd  betreffs  Hval's  Stainne  III,  S.  129)  wörtlich  das  griechische  '(0\).Tf]Zt'j'j\xt^/  durch 
HaroTo»,'i6/Mk  übersetzen,  ja  selbst  das  glagolitische  vrbn.  brev.  folgt  ihnen  darin.  Würde  nicht 
ap.  karp.  die  Lesart  Haan  KKiKatMk  stützen,  so  könnte  man  versucht  sein  an  einen  unmittelbaren 
lateinischen  Einfluss  zu  glauben,  wo  es  nudi  sumus  heisst;  allein  eine  solche  Schluss- 
folgerung wäre  schon  darum  voreilig,  weil  noch  in  mis.  nov.  und  ed.  1483  diese  Lesart 
fehlt,   man  findet  daselbst  ein  anderes  Verbum  dafür:  oi^cHaoYf'Wk. 

Auf  der  nächstfolgenden  Zeile  des  Blättchens  sind  nur  mit  schwerer  Noth  die  Btich- 
staben  ratiMk  et  zu  entziffern,  sie  gehörten  zum  vollen  Worte  cKH-rat/Mk  et,  welches  in  allen 
cyrillischen  Texten  und  selbst  noch  in  vrbn.  brev.  an  dieser  Stelle  steht,  nur  mis.  nov.  und 
ed.  1483  halten  sich  ganz  an  die  lateinische  Vorlage,  da  sie  statt  crpa^Af-Mk,  welches  wahr- 
scheinlich auch  auf  unserem  Blatt  Z.  8  ans  Ende  zu  setzen  ist,  da  es  so  in  allen  cyrillischen 
Aposteln,  ja  selbst  noch  in  vrbn.  brev.  gelesen  wird,  in  starker  Alihängigkeit  vom  lateinischen 
colaphis  caedinmr  also  schreiben :  na  uihh  Ttnotf t'  hh  und  für  cKHTafA\k  et,  entsprechend  dem 
lateinischen  instabiles  sumus,  diese  Lesart  haben:  craHa  Ht  Hjv\a/Uk. 

In  der  zehnten  Zeile  ist  nur  noch  das  Wort  crohiuh  ziemlich  sichtbar,  es  geliört  offen- 
bar zu  CROH/UH  po^Ka/MH,  das  man  auch  in  den  cyrillischen  Aposteln  und  vrbn.  brev.  liest; 
mis.  nov.  und  ed.  1483  schreiben  dafür  poyKaMH  HauiiiiUH,  nach  dem  lateinischen:  manlbus  nostris. 

In  der  sechzehnten  Zeile  haben  sich  die  Worte,  eigentlich  Bruchstücke  von  Worten, 
3AK  BH  deutlich  erhalten,  sie  beziehen  sich  ohne  Zweifel  auf  den  Vers  14:  ^(ji,A  Rk.saiOKafHa'k 
HaKaaaio  rh  und  bestätigen  ganz  die  Lesart  des  karpinskischen  Apostels,  wo  ebenfalls  das 
Wörtchen  Rki  steht,  das  sis.  ausgelassen  hat.  Vrbn.  brev.  gibt  das  Particip  HaKasoyf,  nicht 
dem  lateinischen,  sondern  dem  griechischen  Texte  vouGäTwv  gleichkomuiend.  Im  sis. 
könnte  HaKasaw  ebenfalls  als  serbische  Umprägung  der  mittelbulgarischen  Form  HaKasoyiA« 
(im  Sinne  des  Particips  HaKaso^-iA)  aufgefasst  werden.  Denn  so  wie  es  jetzt  im  Texte  steht, 
gibt  es  keine  richtige  Construction :  hc  cpa/uarai«  jkc  Rack  11111110^  chh,  Hk  laKC  Hf,\<»  RksawKaieHaa 
ndKA3AK>.  Wenigstens  he  cpa/waiaio  muss  entschieden  als  Particip  ni  cpaiuaiaie  genommen  werden, 
da  ja  auch  vrbn.  brev.  und  hval.  hi  cpa/uaac  bieten.  Mis.  nov.  richtet  sich  auch  hier  ganz 
nach  der  lateinischen  Vorlage :  hi  ji,A  iiocpa/waio  rh  cf  nHuioy,  Ha  ivKo  hij^a  a\o-k  RsawRAfHa-k  nc>«\,-i|iaio 
(non  ut  confundam  vos,  haec  scribo,  sed  ut  filios  meos  charissiraos  moneo). 

In  den  jetzigen  lateinischen  Missalen  schliesst  diese  Perikope  mit  dem  Vers  14,  mit 
Hinzufügung  der  gewöhnlichen  Formel:  in  Christo  domino  nostro.  Dieselbe  Regel  befolgt 
auch  mis.  nov.  und  ed.  1483.  Auf  unserem  Blättchen  wird  dagegen  die  Lectio  über  den 
Vers  14  hinaus  fortgesetzt,  offenbar  auch  hier  aus  demselben  Grunde,  den  ich  oben  an- 
gegeben habe.  In  der  That  ist  in  ap.  §is  das  Anagnosma  um  die  nächsten  zwei  Verse  ver- 
längert worden,  die  ohne  Zweifel  auch  hier,  auf  unserem  Blatte  und  dem  darauf  folgenden, 
für  uns  verloren  gegangenen,  zu  lesen  waren.  Die  Lesarten  stimmen  abermals  mit  den 
ältesten  cyrillischen  Aposteln  übereiii.  Man  kann  bei  uns  noch  ganz  deutlicli  folgende 
Worte  lesen:  ai|it  h  tmo\"  n-kcTOY»"*  H/warf,  Hk  he  A\HC>rHE  OTkne  (Z.  16 — 17),  in  Uebereinstimmung 
mit  sis.  ai|iE  ko  Tk/Mo^f  n-kcTo»,-Hk  hmati  w  )fpHCT'k,  Hk  he  MHOrki  WTkUE.  Alle  älteren  Texte  geben 
hier  das  griechische  Wort  (jL'jpiou^  durch  Tk/Mo^  wieder,'  erst  die  späteren  cyrillischen  Apostel 


'  Verel.  das  oben  citirte  Werk  Voskresenskij's,  S.  257. 

^  3* 


20  II-  Abhandlung  :    V.  Jagic. 

und  ihnen  lulgx'ud  auch  vrl)n.  brev.  schroibeu  dafür  <v\Horiü  (oder  (UHorki()  HacraKHHKKi.  Der  karpiu- 
skisehe  Apt)stel  weicht  in  der  Wahl  des  Ausdrucks  etwas  ab:  ai|i£  ko  h  ThA^;K  o^ihts/m»,  alleiu  nach 
den  Angaben  des  Aiuphilochius  (1.  c.  350)  steht  irkcroyHh  noch  im  Achrider  und  Slepcer  Apostolus. 

Da  in  der  letzten  Zeile  noch  deutlich  die  Worte  {KaHkcAiHAtk  ahk  KacK  zu  lesen  sind,  so 
wird  der  Text  der  Lectio  ohne  Zweifel  auf  dem  nächstfolgenden  IJlatt  bis  Vers  16,  d.  h.  bis 
zu  den  AVorten  /uc>aK>  tm  hu,  noACKHH  a\h  KMKaHTC,  fortgeführt  gewesen  sein.  Bis  hieher  reicht 
die  Perikope  auch  in  dem  oben  erwähnten  griechischen  Apostolus  der  k.  u.  k.  Wiener  Hof- 
bibliothek, wo  sie  mit  folgenden  Worten  abschliesst:  xapaxaXcö  o6v  üjjiä;  \^.l\l:f^~ai  [jlod  yivscöc. 
Ich  habe  bereits  oben  auseinandergesetzt,  welche  wichtige  Schlussfolgerungen  sich  aus  dieser 
an  sich  ganz  geringfügigen  Thatsache  ergeben. 

Nach  der  Lectio  der  Epistel  sollte  auf  dem  nächsten  nicht  erhaltenen  Blatt  der  Hand- 
schrift das  Evangelium  folgen.  Wenn  uns  unsere  Berechnungen  nicht  täuschen,  so  dürfte 
das  Johannes  XV.   1 — 7  gewesen  sein. 

Ich  komme  nun  zu  den  beiden  Gebeten,  die  Secreta  oder  Super  Oblata  heissen.  Es 
wurde  bereits  erwähnt  (vergl.  oben  S.  16),  dass  auf  unserem  Blatt  A,  a  zweimal  die  ent- 
sprechende slavische  Ueberschrift  TAH  zu  lesen  war,  oben  Z.  1,  wo  sie  beim  Beschneiden 
des  Blattes  zu  Grunde  gegangen  ist,  und  weiter  unten  Z.  16,  wo  man  sie  noch  jetzt  klar 
sieht.  Die  Kijewer  Blätter  befolgen  eine  andere  Nomenclatur  für  dieselbe  Sache,  in  ihrer 
Vorlage  stand  nicht  , Secreta',  sondern  , Super  Oblata'.  Das  ,übersetzten'  sie  mit  der  Bei- 
behaltung des  lateinischen  Ausdrucks  in  ,nij\,-k.  onaaT'KMk',  also  oblata  lautete  damals :  onaar'k, 
als  Subst.  masc.  gen.  Man  liest  in  den  Kijewer  Blättern  die  Phrase  ,HaA'K  oii/iar'KMh'  zehn- 
mal und  niemals  raii.  Ob  nicht  in  dem  Missale,  zu  welchem  unsere  zwei  Blätter  einst 
gehörten,  neben  tam  zuweilen  auch  Ha^h  onaaTO/Mk  vorkam,  das  lässt  sich  nicht  sagen.  Der 
Ausdruck  cnaarnvK'k  war  in  der  spcciellen  Bedeutung  des  katholischen,  ungesäuerten  Brotes 
(Hostie)  selbst  bis  nach  Russland  verbreitet.  Man  liest  russ.  Chronik  Laur.  Text  ed.  2,  S.  84: 
ca\-a;aTk  ko  onpkcHOKii,  piKuif  onaaTKH,  Ipat.  Text  ed.  2,  S.  58:  cayjKaTk  ko  oiip'kcHOKki,  piKUJi 
oiiaaT'kKki.  Noch  in  s^iäteren  glagolitischen  Missalen  wird  das  Wort  , Hostie'  bald  durch 
ouji'Ha^  bald  durch  den  an  oiiaar-k  nur  schwach  erinnernden  Ausdruck  o\j-KaaTHna  wieder- 
gegeben: (PA«»  Moiik  iioaa(ra)rrk  oyKaaTHHo\-  Ha  oa'rapk  Ha  na'rkHH  AP^KtMaciHO  mis.  nov.  155b, 

lipH.lUI    CKCTH    OTkHf,    BCtMOPH    K'ksHH    KO^C,     CHK)    M(nOpOMH01f    O^'BAaTHI^Oy    lOHU    a.3k    HE;l,OCTOHHH    paBk 

TKOH  iipnHomoy  u.  s.  w.  ib.,  h  cTKopHTk  KpH%k  Kp')fo^'  o\"KaaTHHf  H  KaA(»;a  Koynno   156  b. 

Von  den  beiden  .Secreta'- Gebeten  hat  sich  der  Inhalt  des  ersten,  das  auf  Blatt  A,  a 
die  Zeilen  2  bis  5  einnimmt,  vollständig  erhalten,  es  fehlt  bloss  die  abgeschnittene  Ueber- 
schrift, dennoch  glaube  ich  in  der  1,  Zeile  die  Spuren  des  grossen  glagolitischen  Buch- 
staben üö  noch  zu  sehen.    Das  Gebet  lautet  mit  nothwendigen  Ergänzungen  so : 

,\apM,   rocnoAH,  t'Ait  3a  ikCTk  anocroak  TKOH)fk  npHHOCHmk,   iipH/viH  h  ß'ca  .saak  "kacf  criiopHaik 

(c'TKOpiI\'Oa\k  y)   OTKpaTH   OTk   Hack. 

Wörtliche  Uebersetzung :  Munera,  domine,  quae  pro  lionore  apostolorum  tuorum  dcfeiH- 
mus,  suscipe  et  omnia  mala  quae  facimus  (f  fecimus  9)  averte  a  nobis.  In  der  Wirklichkeit 
lautet  die  Secreta  in  natali  plurimorum  Apostolorum  nach  Cod.  Vind.  Nr.  1888,  fol.  142 
folgendermaesen :  Munera,  domine,  quae  pro  apostolorum  tuorum  sollemnitate  deferimus,  propi- 
cius  suscipe  et  mala  omnia  quae  iuste  meremur  averte}    Der  slavische  Uebersetzer  wird  ent- 

1  Codex  18:^0,  fol.  10 1)  ganz  so,  mir  lässt  er  iusto  aus.  In  L'ebBreinstiinmuiig  damit  fehlt  das  Wort  iuste  a«i:h  in  einem 
Missale  antiipium  vom  .lalire  1075,  das  »ich  in  Rom  in  der  ,lJiljliotheea  Vallicelliana',  15.  24,  befindet  (nach  einer  briefliclieu 
Angabe  L)r  Cni^ic'»).  Vergl.  iiocli  eine  gleiclilautendo  Secreta  (bis  auf  ausgelassenes  iuste)  auf  Natale  der  Apostel  Philipp 
niid  .I;iii.b  in  T,ib   sacram.  Gregorii  bei  Migne  P.  L.  LXXVIII,  101. 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdbckter  Fragmente.  21 

weder  den  lateinischen  Ausdruck  soUemnitas  durch  skCTh  (eigentlich  honor)  übersetzt  haben, 
wie  er,  wir  werden  es  später  sehen,  auch  celebro  durch  M'Toy  zii  übersetzen  pflegte,  oder 
aber  in  seiner  lateinischen  Vorlage  das  einfachere  pro  honore  vorgefunden  haben.  Dass  eine 
solche  Lesart  nicht  ausgeschlossen  ist,  zeigen  folgende  Parallelen:  muneribus,  quae  pro 
sanctorum  martyrum  Grervasii  et  Protasii  honore  deferimus  Migne  1.  c,  120,  2:)ro  tuorum 
honore  sanctorum  ib.  134,  pro  cunctorum  honore  sanctorum  ib.  146,  cuius  honore  exhi- 
Ijetur  ib.  151,  quae  pro  tuorum  tibi  grata  sunt  honore  iustorum  ib.  166  etc.  Ob  hinter 
iipHHCcHMk  (deferimus)  nicht  das  Adjectiv  iuhaocthbii  oder  MHAOcpKAk;  dem  lateinischen  propi- 
cius  oder  benignus  entsprechend,  folgte  (abbrevirt  als  (MÄctbk  würde  es  nicht  zu  viel  Raum 
einnehmen),  das  lässt  sich  wegen  des  an  dieser  Stelle  schief  abgeschnittenen  Randes  nicht 
mehr  bestimmen.  Einige  Bedenken  erweckt  das  in  der  vierten  Zeile  nach  -kjKi  folgende 
Verbum.  Ich  glaube  c'tk  deutlich  zu  sehen,  darnach  sollte  man  ctkoph^mi»  oder  c'TBopH)fO/Mk 
lesen;  man  muss  aber  gestehen,  dass  dieses  Verbum  nicht  recht  in  den  Zusammenhang 
passt;  besser  wäre  jedenfalls  CTpa>KA«'Mh,  was  durch  die  neueren  Texte  gestützt  werden 
kann.     Denn  in  mis.  nov.  (233)  lautet  das  Gebet  so :   ^''P"?  rocnoAH,  ixi  aa  anocTOAK  TBOiiYk 

(HAAp.  HiUp.)  npaSAHHKH  lipHHOCH/Uh,  <UH/\OCTHBh  npHMH  H  BCa  3aAa  'k>K(  npaBO  3a  rpii)^H  HAlUl  Tp'nH/U, 
OTBpaTH. 

Die  andere  ,Secreta',  die  auf  Blatt  A,  a,  Z.  16  beginnt  und  bis  in  die  ersten  Zeilen 
der  Rückseite  reicht,  kann  nur  zur  Hälfte  entziffert  werden,  da  die  beiden  oberen  Zeilen 
der  Rückseite  beim  Beschneiden  des  Pergaments  sehr  viel  gelitten  haben.  Der  erhaltene 
Text  lautet  so : 

GßtTH  rocnoAH  npHHOiufHH'k  Hauia,  •kjKt  ecmk  npHHccAH  anocTO/i  .  .  .  Sanctißca,  domine,  ohla- 
tiones  nostras,  quas  detuUmus  apostolis  (wahrscheinlich  intercedentibus). 

Das  Verbum  cBn-n  ist  Uebersetzung  des  lateinischen  sanctifico,  welches  in  Secretis  häufig 
sich  wiederholt,  so  in  Sacram.  Gelasii  (ed.  Migne  LXXIV,  1074) :  ieiunia  sanctifica,  in  Lib. 
sacr.  Gregorii  (ib.  LXXVIII,  44):  dona  sanctifica,  ib.  62:  ieiunia  sanctifica;  vor  allem  häufig: 
munera  sanctifica.'  Da  ich  au  keiner  Stelle  ,oblationes  sanctifica'  gelesen  habe,  obgleich 
sonst  ,oblationes'  nicht  selten  in  Secretis  begegnen,^  so  darf  die  Vemuithung  geäussert  wer- 
d'Cn,  ob  nicht  der  slavische  Uebersetzer  wirklich  auch  hier  in  seiner  lateinischen  Vorlage 
folgende  Worte  vorfand:  Munera,  domine,  oblata  sanctifica,  wie  es  Öfters  in  den  lateinischen 
, Super  oblata'  des  Gregorius  Magnus  lautet.  Aus  mis.  nov.  führe  ich  noch  folgende  Parallele 
an    (fol.   185):    cbith,  MoaHiUk  t(,  fochoah  ko^ks,  ch(  ji,ApH  ixt  b'  sacrk  CBiTaro  NHKoyaH  ap'yHtp'k'k 

TBOfrO    npHHOCH<Uk. 

In  diesem  Gebete  verdient  das  Wort  npHNomcHHc  besonders  beachtet  zu  werden,  da  durch 
dieses  vmsere  Blätter  schon  an  die  später  übliche  Ausdrucksweise  erinnern.  In  den  glago- 
litischen Missalen  des  XIV. — XV.  Jahrhunderts  wird  nämlich  das  Gebet  , Super  Oblata', 
welches,  wie  wir  sahen,  das  Kijewer  Denkmal  mit  Ha^'k  cnaaTTsMk  bezeichnet,  regelmässig 
durch  Ha^k  npHHCiiiJEHH(<uk  übersetzt.  In  gekürzter  Form  schrieb  man  h^  oder  H^npHO,  oder 
mis.  nov.  22  b,  48  a  hjs,  npHiuHH.  Daraus  entstand  das  Compositum  HaAnpHHOiufHHt  (Offertorium), 
das  schon  in  mis.  nov.  nachweisbar  ist:  HAnptiHuiEHHe  124,  3A'k  p'hh  Ha^ cpHHOUJtHHt  t>K.i  no^*- 
KacTk,  noTO<Hk  npo<)>ai;HKi  157  a.    Für  oblatio  oder  munus  gebrauchten  aber  auch  die  Kijewer 


'  Liber  sacramentorum  Gregorii  Magni  ed.  Migne,  P.  L.  t.  LXXVIII,  p.  103,  112,  117,  121,  12a,  i:-i7,  150  etc. 
2  Sacrament.  Gelasii   ed.  Migne,   P.  L.  t.  LXXIV,  1117,  1160,  1167,  1183;    Liber  sacrament.  Gregorii,  ib.  LXXVIII,   67,  73, 
127. 


22  II-  Abhandlung  :    V.  Jagic. 

Blätter  im  Text  der  Gebete  das  Wort  npHHOCK :  ckH  iipiiHOCh  npHHEccH'ki  (hoc  nimius  oblatuni), 
npHHOCK  ck  (ipHHfCfH'Ki  Tjuli,  oder  aucli  A'^P'"*  (eigentlich  mumis,  wie  bei  uns  oben) :  "kKTvi  ^Kf 
Aap'ki  H.waiWK.  Diese  Form  lebt,  neben  der  üblicheren  iipiiHOiiiEHiic,  noch  in  den  Missalen  des 
XIV. — XV.  Jahrhunderts  fort:  iipH-kTaH'  tik-I;  ko^^ah,  <wortHA\k  rt,  rocnoA",  cKiriijf'  awah  TBOH)fk 
iipHHCck  mis.  nov.  185,  k' A\OAHTBa/V\k,  rocnoAH,  ii  k  iipiiHOco/Wk  K'kpHHY"  iipHspH  ib.  187. 

Nach  der  ,Secreta',  oder  gemäss  der  anderen  Bezeichnung,  nach  der  jSu^Der  Oblata' 
folgt,  wenn  sie  überhaupt  da  ist,  die  ,Praefatio'.  Unsere  Blätter  enthalten  eine  vollständige 
.Missa'  und  zwei  Bruchstücke.  Beim  ersten  Bruchstück,  das  auf  Blatt  A,  a  zehn  Zeilen 
umfasst,  fehlt  die  Praefatio  gänzlich;  beim  zweiten  Bruchstück,  das  auf  Blatt  B,  a,  Z.  12 
beginnt  und  bis  zu  Ende  von  B,  b  reicht,  kann  man  nicht  wissen,  ob  die  Praefatio  vor- 
handen war  oder  nicht,  da  das  Bruchstück  schon  mit  der  Lectio  epistolae  abbricht.  Somit 
bleibt  nur  eine  vollständige  ,Missa  altera  Apostolorum'  in  der  Mitte,  auf  A,  a,  Z.  10  begin- 
nend bis  B,  a,  Z.  12  reichend.  Diese  Messe  hat  ihre  eigene  Praefatio,  wenn  ich  mich  nicht 
täusche  in  der  Voraussetzung,  dass  jene  drei  ziemlich  weit  auseinanderstellenden  Initialen 
auf  A,  b,  Z.  3,  die  ich  11  fl  IJ^  lese,  als  np-k<]^ai^H'k  zu  deuten  sind.  Nach  der  üblichen  Reihen- 
folge der  Gebete  erwartet  man  in  der  That  jetzt  —  d.  h.  an  die  Secreta  sich  anschliessend  — 
die  Praefatio.  Die  Ueberschrift  Ilfm  sieht  zwar  etwas  sonderbar  aus,  namentlich  sollte,  wenn 
schon  n  abseits  steht,  wenigstens  Uli,  zusammengeschrieben  sein ;  und  doch  wüsste  ich  nicht, 
welche  andere  Deutung  für  jene  drei  Buchstaben  näher  läge.  Ich  fasse  also  MÜH,  als  die 
Kürzung  (in  der  Ueberschrift)  des  Wortes  llp-kijianH'k  auf.  In  dieser  Form  kommt  das  Wort 
schon  in  den  Kijewer  Blättern  siebenmal  vor.  Auch  die  späteren  Missale  halten  an  dem 
seit  alten  Zeiten  üblichen  Ausdruck  fest,  nur  dass  sie  neben  der  genau  die  lateinischen 
Laute  wedergebende  Hp'k^^auH'k  (z.  B.  mis.  nov.  88  b  np-k^a^Hi«)  auch  noch  npo^lianH-k  sehr 
lieben  und,  fast  möchte  ich  es  behaupten,  häufiger  anwenden,  als  jene  erste  Form :  npo^ai^H-k 
mis.  nov.  10  b,  npo^auHio  12  a,  vergl.  noch  ib.  78  b,  108  a,  157  a  u.  s.  w.  Kroatisirt  liest  mau 
das  Wort  auch  noch  in  der  Form  nponai^Hii  I 

Leider  ist  gerade  diese  Seite  des  Blattes  A,  wo  der  Text  der  Praefatio  steht,  so  sehr 
verstümmelt,  dass  man  ohne  Aushilfe  des  lateinischen  Textes  keinen  rechten  Sinn  heraus- 
bringt und  diesen  zu  finden  —  das  wollte  mir,  ungeachtet  des  vielen  Nachschlagens  und 
Nachfragens,  bisher  nicht  gelingen.  Ich  habe  sie  nicht  nur  selbst  in  den  reichen  Schätzen 
der  k.  u.  k.  Hofbibliothek  vergebens  gesucht,  sondern  auch  in  Rom  blieben  die  eifrigen 
Nachforschungen  meines  hochverehrten  Freundes,  Dr.  Crnci(^,  ohne  Erfolg,  obgleich  er  in 
der  Vaticana  und  anderen  Bibliotheken  die  ältesten  Missalen  aufgeschlagen  hatte.  Es  bleibt 
also  nichts  anderes  übrig,  als  eine  wortgetreue  lateinische  Uebersetzung  einzelner  Stellen, 
die  leserlich  sind,  zu  versuchen. 

Der  Anfang  (A,  b,  Z.  4)  lautet  so :  (6)rA'J  Jki  Ha  cxpauiH-k/Mk  covahi|ih  cijyirw  rociiOAk  ck  ijii 
(d.  h.  12  oder  vielleicht  nur  k,  d.  h.  2)  anocToak/wa  Kk  epoycaaH/M'k,  d.  h.  quando  i>ro  horriljili 
tribunali  sedebit  (oder  sederit)  dominus  cum  duodecim  (oder :  duobus)  apostolis  in  Jerusalem. 
Weiter  lässt  sich  in  dieser  Zeile  fast  nichts  lesen :  ein  Toy  (ibi  ?)  scheint  den  Anfang  des 
Nachsatzes  zu  dem  mit  irAa^it  eingeleiteten  Vordersatz  zu  bilden.  In  der  nächsten  Zeile 
sieht  man  ii.  i3HKk  .  .  k.  ishhoma,  vielleicht  vor  e  ein  ck  einzuschalten,  also  septuaginta 
duae(?)  gentes?  es  wird  etwas  von  ihnen  gesagt,  vielleicht  to^  iipHcroYneTk  (oder  ckKepoyrk  et 
oder  ckKoii'rifTk  ce) :  ibi  accedent  (congregabuntur)  scptuagintaduac  gentes?  Doch  könnte 
nach  T©y  auch  ein  Verbum  futur.  sing.  3  pers.  folgen,  dessen  Subject  das  im  Vordersatze  erwähnte 


Glagolitica.   Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  23 

rcciioAi»  wäre ;  dann  würden  h.  esHKh  und  k.  oHKOiwa  den  Dativns  coniniodi  ausdrücken.  Aus 
den  weiter  in  dieser  und  der  nächsten  Zeile  einzeln  auftauchenden  Buchstaben  bin  ich  nicht 
im  Stande  einen  Sinn  zusammenzustellen. 

Etwas  mehr  bieten  die  weiterfolgenden  Zeilen :  TkrAa  HaMHnk  radroAdTH  rocno^k  Kk  OHii/Uk 
(3HK0A\k :  tunc  incipiet  loqui  dominus  ad  illas  gentes.  Das  Wort  Kk  OH'kMk  ist  allerdings  nicht 
ganz  sicher.  Unmittelbar  daran  sich  anschliessend  lautet  der  Text  so :  o  roh'to  hi  nucaoY- 
uiAcrt  sanoB-kA"  'Wd«:  o  quare  non  obediistis  legi  meae  (oder  mandato  meo?).  Auch  hier 
sind  die  Buchstaben  m'to  hc  mehr  errathen,  als  wirklich  gelesen.  Dann  heisst  es  weiter  (ein- 
schliesslich meiner  Conjecturen) :  caMk  ko  K'k)fk  iiocaaak  mo(  anocroAH  h  npopoKH  cKtraro  (BaHhcaH'k 
rAaroaaTk(?)  Kk  Ba<uk:  ipse  enim  miseram  meos  apostolos  et  prophetas  ut  sanctum  evangelium 
loquerentur  ad  vos.  Das  erste  Wort  ca/Uk  (ipse),  von  welchem  nur  die  Buchstaben  a/Wk  sicht- 
l)ar  sind,  habe  ich  aus  der  weiter  unten  folgenden  Wiederholung  desselben  Anfangs  (Ana- 
phora) erschlossen.  Von  dem  Verbum  nockaaak  (miseram)  können  nur  die  Buchstaben  noc 
mit  Sicherheit  angesetzt  werden.  Zwischen  dem  deutlichen  nppoKH  und  CBl^AHiv  bleibt  für  das 
von  mir  vemiuthungsweise  eingeschaltete  Wort  cBtraro  (sanctum)  Raum  genug  übrig  und  vor 
dem  in  der  nächsten  Zeile  deutlich  hervortretenden  k  RaMk  (ad  vos)  gehört  am  Anfang  der- 
selben Zeile  ein  Wort,  vielleicht  ein  Verbum  im  Supinum,  das  ich  mit  Rücksicht  auf  I  Thess. 
IL  2  durch  raaroaaTk  ausdrücke.  Der  nächste  Satz  beginnt  wieder  mit  ca<Hk,  nach-  Avelchem 
ein  Verbum  folgte  und  nach  diesem  in  der  15.  Zeile  das  ganz  gut  lesbare  Back,  also  ipse 
—  vos,  ich  conjicire:  caiMk  K-k^k  o\f  Back:  ipse  fui  apud  vos. 

Mit  Leichtigkeit  kann  der  gleich  darauf  folgende  Satz  gelesen  werden :  llo  h'to  m  nocaoy- 
ujacTf  .3anc>B'kAH  mc«:  quare  non  obediistis  legi  meae  (mandato  meo).  Also  abermals  eine 
Wiederholung,  eine  Anaphora,  Avie  mir  ähnliche  bei  der  Prüfung  und  Vergleichung  der  ver- 
schiedenen Praefatien  häufig  begegneten.  Leider  folgen  schon  wieder  unmittelbar  darauf 
vereinzelte  Worte,  aus  denen  ich  nichts  herauszubringen  vermag.  Denn  bei  js,fi(ctAn  oyHHKkiuE, 
tristes  anxiati,  hält  es  schwer  den  Zusammenhang  mit  dem  nachfolgenden  Text  herzustellen. 
Erst  in  der  letzten  Zeile  kann  man  mit  einiger  Sicherheit  lesen:  bhahtj  Koak  caa/k,kKk  (videtis 
(|uam  dulcis)  und  nun  schliesst  sich  unmittelbar  an  diese  Worte  der  Anfang  des  nächsten 
Blattes  an:  ecTk  pan  (d.  h.  quam  dulcis  sit  paradisus).  Abgesehen  davon,  dass  der  Satz 
KHAHTt  KOAk  caa^kKk  fCTk  paH  cincn  ganz  annehmbaren  Sinn  gibt  (videtis  quam  dulcis  oder  suaAas 
sit  paradisus),  unterstützt  diesen  Zusammenhang  auch  noch  die  gleich  darauf  folgende  Anti- 
these :  a  BH^HTf  AH,  KOAk  cTpaujkHk  fCTk  nkKAk :  nonne  videtis  autem,  quam  horribilis  sit  in- 
ternus. Es  ist  von  dem  Gegensatz  zwischen  Paradies  und  Hölle  die  Rede.  Die  Hölle  -närd 
so  näher  beschrieben :  HA'kJKf  MAkBHTH  fCTk  Bck/Uk  Ak>KHBH/Hk  A»''kKACt(Hk  Bk  B-kKH :  ubi  tumultuan- 
dimi  est  Omnibus  mendacibus  diabolis  in  sempiternmn ;  oder  vielleicht :  mendacibus  et  diabolis  ? 

Ganz  an  die  üblichen  Praefatien  erinnern  die  Schlusssätze:  ask  fCMk  OTki^k,  cHHk,  cbith 
A^VX"»»  '«Wb  «  KAaH'kwTk  ahI^cah  h  apyaHliEAH,  rocnctA*'""»  HaiUHMk:  ego  sum  pater,  filius,  sanctus 
Spiritus,  nie  adorant  angeli  et  archangeli,  per  dominum  nostrum. 

Die  ganze  Praefatio,  so  trümmerhaft  sie  auch  sein  mag,  würde  nach  meinen  Muth- 
massungen  ungefähr  so  in  der  lateinischen  Uebersetzung  lauten: 

Qiiando  autem  pro  horribüi  tribunali  sederit  dominus  cum  duobos  (oder  duodecim)  apo- 
stolis  in  lerusalem,  ibi  accedent  (congrarjabuntur)  septitaginta  gentes  cum  duabus  gentibus  (oder 
vielleicht:  ibi  apparebit  septuaginta  gentibus  et  duabus  gentibus)  .  .  Tunc  incipiet  loqui 
dominus  ad  illas  gentes:  o  quare  non  obediistis  mandato  meo  (legi  meae).    Ipse  namque  mise- 


24  II.  Abhandlung  :    V.  jAcnd. 

ram  meos  (?)  apostolos  et  prophetas  ut  sanctum  evangelium  (oder  vielleicht:  verbum  evangelii) 
loquerentur  ad  vos.  Ipse  eram  (?)  apud  vos.  Quare  non  ohediistis  mandato  meo  (legi  meae). 
Et  .  .  .  tristes  anxiati  .  .  .  videtis,  quam  didcis  (suavis)  sit  paradisus  .  .  .  Nonne  autem 
videtis,  qiunn  horrihilis  sit  infertms,  uhi  tumidtuandum  est  Omnibus  mendacibus  (et)  diabolis  in 
saecida.  Ego  sum  pater,  filius,  sancttcs  spiritus;  me  adorant  angelt  et  archangeli,  per  domi- 
num nostitim. 

Indem  ich  anderen,  die  sich  grösserer  Belesenheit  in  solchen  Texten  rühmen  können, 
die  glückliche  Aufiindung  des  Originals  zu  dieser  Praefatio  überlasse,  will  ich  meinerseits 
alles  beitragen,  was  einigermassen  zur  Beleuchtung  derselben  oder  der  darin  enthaltenen 
Gedanken  dienen  kann.  Einige  Gedanken  fand  ich  in  folgenden  Sätzen,  dem  Liber  anti- 
phonarius  Gregorii  Magni  entnommen  (bei  Migne  P.  L.  LXXVIII,  685) :  Cum  venerit  filius 
hominis  in  sede  maiestatis  suae  et  coeperit  iudicare  saeculum  per  ignem,  tunc  assistet  ante 
eum  omnis  chorus  angelorum  et  congregabuntur  ante  eum  omnes  gentes.  In  dem  griechi- 
schen Kovtdxtov  auf  den  Apostel  Philipp,  das  mir  nur  aus  dem  Wiederabdruck  bei  Archi- 
mandrit  Amphilochius  bekannt  ist,*  stehen  folgende  an  unsere  Praefatio  anklingende  Wen- 
dungen: 'Hvixa  5c6§£xa  Öpövotc  itaÖT^aYj  aov  tqi  Kupt(p  xäv  (pu/.(t)v  toO  'lapavjX  xataxpivcov 
lO'ji;  äictatoOvrac,  tots  etc.  Auch  in  den  aus  dem  Sacramentarium  Gallicanum  bei  Migne 
(P.  L.  t.  LXXII)  abgedruckten  ,Contestationen'  finden  sich  schwache  Anklänge  an  unsere 
Praefatio  (1.  c.  S.  552) :  ut  cognoscantur  mendaces  et  veraces  in  illo  die  iudicii  .  .  .  o  mag- 
num  diem  iudicii,  oder  (1.  c.  S.  553) :  qui  per  filium  tuum  dominum  nostrum  genus  hinna- 
num  iudicare  disposuisti  .  .  .  o  quam  terribilis  et  horribilis  est  dies  illa  .  .  .  Und  im  Missale 
mixtum  (Liturgia  Mozarabica)  wird  in  einer  ,Inlatio'  (bei  Migne  P.  L.  LXXXV,  p.  578) 
gesagt:    Ante  tribunal  presidis  stetit,  cuius  metuenda  tribunalia  universi  siuit  coeli. 

Bekanntlich  ging  man  in  den  älteren  Messbüchern  mit  den  Praefatien  sehr  frei  um 
und  bildete  sie  in  sehr  grosser  Anzahl ,  die  erst  später  eingeschränkt  wurde.  Dr.  Crncid 
fand  in  Rom,  als  er  das  Original  unserer  Praefatio  suchte,  folgenden  merkwürdigen  Text 
in  der  Praefatio  zur  Missa  sancti  Hieronymi :  ,ut  omnium  pene  sacrarmn  scripturarum  Volu- 
mina graecae  hebraicaeque  caldaicae  suo  eloquentiae  fönte  disertaque  latina  et  materna  lingua 
nobis  aperte  et  magnifice  explanaret.'  Der  Verfasser  dieser  Praefatio  dürfte  ein  Illyrier 
(d.  h.  ein  Dalmatiner)  gewesen  sein,  der  die  falsche  Ansicht  theilte,  dass  der  heil.  Hieronymus 
das  glagolitische  Alphabet  erfunden,  folglich  auch  die  Bibel  ins  Kirchenslavische  übersetzt 
hat.  Die  lateinische  Handschrift  stammt  ungefähr  aus  dem  XV.  Jahrhundert  luid  auch  in 
dem  glagolitischen  Missale  Ko2i(5i6's  vom  Jahre  1531  liest  man  dieselbe  geschichtliche 
Unwahrheit  in  folgender  Uebersetzung :  ,da  vseh  maloman'  svetih  pisam  knigi:  grcke,  ebreiske  i 
haldeiske  recnosti  svoee  istocnikom  i  urisenim  latinskini  i  otocaskim  ezikom  ocito  nam  i 
vzveliceno  istlmaßi.' 

Nach  der  Praefatio  pflegt  in  der  üblichen  Reihenfolge  das  Gebet  ,Ad  complendum'  zu 
folgen.  So  wird  in  den  alten  Sacramentarien  das  letzte  Gebet  genannt,  wenn  das  vor  der 
Praefatio  stehende  , Super  Oblata'  heisst.  Bei  der  Bezeichnung  dieses  Gebetes  mit  dem  Aus- 
druck ,Secreta'  scheint  es  üblicher  zu  sein,  das  Schlussgebet  der  Missa  ,Po8t  communionem' 
zu  nennen.  Doch  fand  ich  schon  in  dem  Wiener  Codex  Nr.  1818  (saec.  IX)  neben  , Super 
oblata'  auch  ,Po8t  communionem',  z.  B.  fol.  59  a  (Fest.  s.  Stephani),  fol.  86  a  (Nat.  s.  Vitalis), 
fol.  88  a  (am  13.  Mai)   u.  s.  w.    Auf  diesem   Standpunkt   stehen   die  Kijewer  Blätter,   da   sie 


'  KoHAaKapifi  «h  rpciecKOai  no4>iHHHHKt,  Mockbe  1879,  fol.    In  der  Beilage  auf  S.  72. 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  25 

das  erste  Gebet  immer  HaA'K  «n/ur-KAMi  (Super  oblata)  und  das  letzte  nc  RTkC&A'b  i'^-  li>  post 
commiraiouem)  nemien.  Die  letztere  Bezeichnung  ist  auf  unseren  Blättern  durch  einen 
neueren,  sjiäteren  Ausdruck  ersetzt:  no  KpauikHkUH,  welcher  in  den  Messbücliern  des  XIV.  und 
XV.  Jalu-hunderts  fortwährend  gebraucht  wird.  In  der  Regel  schreibt  man  gekürzt  Ilo  spa 
oder  FTo  Kpui,  doch  dann  und  wann  wird  es  auch  vollständig  ausgeschrieben,  so  mis.  nov. 
28 :  no  Epam'HUH,  ed.  princ.  1483  weiter  kroatisirt  zu  no  KpaiuaHi^H,  so  aucli  schon  mis. 
nov,  246  b :  no  BpaniaHi|H  cm  n'kcHH  HHJKt  nHcane.  In  diesen  Ueberscliriften  bedeutet  also 
BpauikHkut :  connnunio.  Das  Agramer  akademische  Wörterbuch  bringt  einige  hübsche 
Belege  aus  der  altkroatischen  Literatur  für  brasance  in  der  Bedeutung  ,corpus  domini, 
und  ,commimio',  doch  hat  es  vergessen  auf  das  so  häufige  Vorkommen  des  Wortes  in 
den  glagolitischen  Missalen  aufmerksam  zu  machen.  Seit  wann  das  Wort  cpauikHki^t  in 
dieser  sjjecielleu  Bedeutung  in  der  kirchenslavischen  Literatur  gebraucht  wird,  das  lässt 
sich  nicht  bestimmen:  durcli  unsere  Blätter  ist  es  für  das  XII.  Jaln-lumdert  sichergestellt. 
Denn  die  auf  B,  a,  Z.  8  enthaltenen  Buchstaben  110  KPfl  müssen  zu  110  KPflUlhNIiLtH  ergänzt 
werden ;  und  so  ist  auch  auf  A,  a,  Z,  5  zu  HO  dasselbe  Wort  hinzuzudenken.  Ich  venuuthe, 
dass  EpauikHkiM  seine  Einführung  in  die  kirchenslavische  Literatur  den  Kroaten  verdankt. 
In  den  Kijewer  Blättern,  die  ich,  wie  oben  gesagt,  nach  Mähren-Pannonien  versetze,  kommt  es 
nocli  niclit  vor,  dort  wird  ,Communio'  immer,  sei  es  in  der  Ueberschrift,  sei  es  in  dem  Texte, 
durcli  R'Kc;^,»,'»'  wiedergegeben.  Als  Uebersetzung  von  ,post  comnumionem'  liest  man  daselbst 
no  BTvc^^.'k  neunmal ;  ausserdem  im  Texte  der  Gebete :  ckattii  troh  R'kc;^^'^  J^ks  Nomin.  sing, 
(sacra  tua  communio)  und  als  Accus,  sing,  (sacram  tuam  communionem),  dann  B-hCÄ^a  xROfro, 
rocno;^H,  Hac'kiii.cHH  (connnunione  tua,  domine,  satiati),  R'kc;f;4,i>'Mi'  CHiMk  R-kSAT-KLMk  (hac  comniu- 
nione  sumpta),  endlich  als  Adjectiv :  B'kc;^A>>Ha'k  MoanTRa  nauj-k  (communionis  nostrae  oratio). 
Es  ist  kein  geringer  Vorzug  der  neu  entdeckten  Blätter,  ja  es  illustrirt  sehr  schön  ihre 
Vermittlerrolle  für  den  Uebergang  der  slavischen  Liturgie  aus  Mähren-Pannonien  nach 
Kroatien,  dass  auch  sie  das  so  seltene  Wort  B'kCÄA'K  kennen.  In  der  Ueberschrift  fanden 
wir  zwar  bloss  Spuren  des  Ausdrucks  spaujkHkt;«,  im  Texte  des  Gebetes  kommt  aber  Rkcoy;t,k 
in  der  kroatischen  Form  wenigstens  einmal  vor,  im  Genet.  sing.  Rkcc^-^a  TRotro  pa^n 
(propter  oder  per  communionem  tuam).  Dadurch  wird  es  zur  Gewissheit,  dass  das  Wort, 
welclies  bisher  in  einem  einzigen  Denkmal  nachzuweisen  war,  in  der  Wirklichkeit  ein  längeres 
Leben  fristete  und  nicht  auf  die  mährisch  -  pannonischen  Grenzmarken  beschränkt  blieb, 
sondern  auch  in  den  glagolitischen  Denkmälern  des  Südens  einst  üblich  war. 

Zwei  Gebete  ,post  communionem'  sind  auf  unseren  Blättern  zu  lesen.  Das  erste  auf 
Blatt  A,  a,  Z.  5 — 10  lautet  so  (mit  Ausfüllungen  und  Ergänzimgen) : 

no(RpauikHkUH).    G'nacEHH)(^k  HacHi|ikujE  c(  TaHHk;  lUoaiiMk  TH  et,  ji,A  H\h  -Ait  naA\iTk  MTcaxk   ano- 

CTOAk    TROHj^k,    Tk^W    MOAHTRAMH    X^    H.3KaRH/Mk    Ct. 

Wörtlich  üljersetzt:  Saliotaribus  satiati  mysteriis,  quaesumus  te,  ut  quorum  memoriam 
veneraraur  apostolorum  tuorum,  eorum  orationibas  liberemur. 

In  der  Wirklichkeit  kennt  man  ein  solches  Gebet  ,in  natali  plurimorum  apostolorum' 
in  folgender  Fassung  (nach  Cod.  Vindob.  Nr.  1888,  foL  142):  Ad  complendum.  Quaesu- 
mus, domine,  salutarihus  repleti  mysteriis,  ut  quorum  soUemnia  celebramus,  eorum  orationibus 
adiuvemur.  P]benso  im  Codex  der  Bibliotheca  Vallicelliana,  B.  24,  vom  Jahre  1075  ;  vergl. 
auch  Migne  P.  L.  LXXVIII,  41.  Es  ist  damit  nicht  gesagt,  dass  der  slavische  Ueber- 
setzer  gerade  diese  Worte  übersetzen  wollte.  Statt  repleti  kann  er  ja  auch  satiati  in 
seiner  Vorlage    gelesen   haben,    denn    die  Wendungen    ,caelesti    munere    satiati'    oder    ,8acro 

Denkschriften  der  phil.-liist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    II.  Abh.  4 


26  II-  Abhandlung:  V.  Jagiö. 

mutiere  satiati'  begegnen  ungemein  häufig,  auch  ,sahitari  munere  satiati'  kaun  nach- 
gewiesen werden  (Migne,  \.  c.  59).  Die  Kijewer  lilätter  liieten  dafiir  eine  wörthchere,  wenn 
ich  so  sagen  soll,  aljer  weniger  empt'elileuswerthe  üebersetzung  durch  das  Participium  pas- 
sivae:  R'h.cikXA  troipo  HackiuiHH.  In  den  späteren  glagolitischen  Missalen  hat  man  die  ältere 
Participfonn  Hdc-kit|ikiii{  ca   durch  die  später   üblich  gewordene  HacKiTHR-kuit  ca   ersetzt:   KOSKk- 

CTRIHdrO    MP^    OKHAH©    HaCH'l'HBUH    Cl     mis.    nOV.    252b,     HaCHTHBUIE    C(    npMHEI|l(HH(A\'    ^apk    CKfTH\-'    ib. 

239  a.  Allein  da  in  dem  oben  citirten  lateinischen  Texte  auf  dieser  Stelle  des  Gebetes 
nicht  satiati,  sondern  repleti  steht,  so  haben  die  späteren  glagolitischen  Handschnften  auch 
in  der  slavischen  üebersetzung  HaciiTHKUij  et  (oder  HacHi{ikui(  ci)  in  Hana'HHKUJC  et  geändert. 
Ebenso  g-laubte  man  das  Wort  naiucTk,  welches  eigentlich  memoria  oder  commemoratio 
bedeutet,  wegen  des  lateinischen  soUemnia  in  npasAHHKH  ändern  zu  müssen.  Am  Schlnss 
des  Gebetes  näherte  man  sich  der  lateinischen  Vorlage  dadurch,  dass  man  adiuvenmr  wört- 
lich, aber  schwerfällig,  diu-ch  iioaxopah  ci  khyO'Vxk  wiedergab.  Endlich  auch  cnac{HH\'k  raHHk  für 
salutaribus  mysteriis  schien  nicht  genau  zu  sein ;  allerdings  würden  auch  wir  nicht  cnacEHH\'k 
als  Part.  pass.  (c-KiiactH-kijfk),  sondern  entweder  als  cknackHTviY'k  oder  als  cknactHhH'kiY'k  erAvartcn. 
Die  Emendatoren  späterer  Zeit  zogen  jedoch  die  Fomi  cknacHTtakHiv  vor,  und  so  liest  man 
criacHTiaHHiMH  raHHaiUH  mis.  uov.  an  unserer  Stelle  oder  ib.  ISli:  a\caii/m' ti,  rocnoAH,  Haria'HiiR'iiK 
c(  ciiacHTt,\Hii\-"  Tj'kHk.     Das   ganze   Gebet  lautet    mis.  nov.  233    folgendermnssen :    A\oaH,v\  Tt, 

l'OCIICi,l,H,  CliaCHTfa'HHiVlH  HailAHHKlUE  C(  TAHHAMH,  M  H^JK!  lipaSAHHKH  HTf*«',  »)('  iWOAHTRAAm  IIOA\Or/\H 
CI    KH)fO<Hk. 

Das   zweite   Gebet   ,post   communionem'   steht   auf  Blatt  B,  a,   Z.  8  — 12   imd   lautet  so: 
Kkcoi'Aa  TEOiro  pa,\,H,  i*,ki  icmk  RksiAH,  iMoaHTKaa\H  anocTUAk  TRCHyk,  H^k»:!  naMiTk  MkTfA\k, 

nOAtHAOril    HH. 

Wörtliche  Üebersetzung:  Fropter  communionem  tuam,  quam  sumpsimibs,  oratiordhus  apo- 
stolorum  tuorum,  quorum  memoriam  veneramur,  miserere  nohis.  Der  Phraseologie  alter  Gebete 
,ad  complendum'  käme  folgender  Wortlaut  näher:  Per  communionem  tuam  quam  sumpsimus, 
interventione  (oder  inteixessione)  apostolorum  tuorum  quorum  memoriam  veneramur,  refove  nos 
(oder  adiuva  nos).  Aber  auch  eine  so  lautende  Postcommunio  kann  ich  nicht  nachweisen, 
ja  ich  möchte  gar  nicht  behaupten,  dass  die  slavische  Üebersetzung  sklavisch  wörtlich 
gemacht  ist.  Dass  ich  Kkcoi'Aa  tkoipo  pa^H  richtig  durch  ,per  commimionem  tuam'  ausdrücke, 
beweist  mir  folgende  Parallele :  haec  nos  conmiuuio,  domine,  purget  a  crimine  et  caelesti- 
bus  remediis  (al.  caelestis  remedii)  faciat  esse  consortes  (Cod.  vindob.  1815,  fol.  22,  ib.  33b, 
vergl.  Migne  P.  L.  LXXVIII,  128).  Der  ganzen  Phrase  ,per  conmmnionem  tiiam  quam 
sumpsimus'  steht  sehr  nahe  diese  Postcomnmnio :  ,Sacramentorum  tuorum,  domine,  com- 
muuio  smnpta'  etc.  (Migne  ib.  132.)  Durch  diese,  sowde  durch  die  Fonnel  ,tui  communio 
sacramenti'  (Migne  ib.  180)  wird  der  Sinn  des  Pronomens  tuus  bei  communio  beleuchtet; 
vergl.  auch  Migne  P.  L.  LXXIV,  1118:  tua  nos  (piae  sumpsimus  sancta.  Die  üebersetzung 
,A\oAHTRa(MH  anocTOAk  TROH)fk'  kauu  statt  der  Avöi-tlichen  ,orationibu8  apostolorum'  oder  ,pre- 
ciljus  apostolorum  tuorum'  auch  folgende  lateinische  Vorlage  gehabt  haben:  ,intercedentibus 
apostolis  tuis'.  In  der  That  in  ,Vigilia  omnium  apostolorum'  lesen  wir  natdi  Sacrament. 
Gelasii  folgendes  Gebet  post  communionem : '  ,sumpto  domine  sacrameuto  suppliciter  depre- 
(ramtn-,  xit  intercedentibus  beatis  apostolis'  etc.,  oder  auf  Natale  Sti.  Pauli  (Migne  P.  L. 
LXXVIII,  125):  Perceptis,  domine,  sacramentis,  beatis  aijostolis  intervenientibus,  deprecamur 


'  A.  Muratori,  Litnrgia  roinann  vetus,  Veiietüs  1740,  I,  655,  vergl.  ib.  I,  340  oder  Cod.  vindob.  Nr.  188«,  fol.  142. 


GiiAGOLiTiCA.   Würdigung  neuentdecktbr  Fragmente.  27 

etc. ;  ähnlieli  in  Vigilia  s.  Audreae,  ib.  150.  H^fhait  naiucTk  HTf/Uk  wurde  wörtlich  dem  latei- 
nischen ,quormn  nietnoriam  veneramur',  entsprechen ;  das  liest  man  ziemlich  häufig,  es  kann 
aber  im  lateinischen  Original  auch  eine  andere  Phrase,  z.  B.  quorum  soUemnia  celebramus 
oder  quorum  soUemnitatem  veneramur  gestanden  haben.  Der  slavische  Uebersetzer  jener 
frülien  Zeit,  als  solche  Bücher,  vielleicht  mit  einiger  Hast,  zusammengestellt  wurden,  nahm 
die  Aufgabe  von  der  leichtesten  Seite  auf,  vereinfachte  was  nur  möglich  war  einfacher  aus- 
zudrücken, selbst  wenn  im  Original  die  Phrase  complicirter  lautete.  So  liest  man  Cod. 
vind.  1888,  fol.  140b  ,ad  complendum'  folgendes  Gebet:  Perceptis,  domine,  sacramentis  sup- 
pliciter  exoramus,  tit  intercedente  beato  N.  apostolo  tuo,  quae  pro  Ulms  veneranda  gerimus 
sollempnitate,  nobis  proficiant  ad  medelam.  Eine  wörtliche  Uebersetzung  davon  gibt  mis.  nov. 
(in  ,natale  nnius  apostoll') :    npH-kTH<v\H,  rocnoAH,  TaHHa<MH  npHAE»:HC  ri  MOtWMh.,  )(9j\,ArAVii\i<»y  eaa- 

•AitHOiWOy    (HiUp.)    anOCTOACy    TKOIMCHj',    tJKt    3d    HtrO    SaCTh    npaSAHHKa    TROpH/Hk,    Ha-MK    JS,A    lipCCri'klOTk    Bk 

iicunjAfHHf.  Etwas  abweichend  (in  vigil.  plur.  Apostolorum) :  npHlsTow,  rocno^H,  CKtTHHtK«  npHA(»;HC> 
Tt  MCAHiUk,  ji,A  \(>ji,ATAHCTß^Mh  (als(j :  interccssionc)  Eaa»;(HHYk  ( H/Mp.  HiMp.)  anccToak  tkoh)^',  ijkj 
Bp-k.uiHH-k  TKopHAtk,  K  HiHROToy  R-kMHOMoy  A'»  npHfAXAf.Mk  (d.  li.  wörtHcli :  quod  temporaliter  geri- 
mus, ad  vitain  capiamus  aeternam). 

Der  Schluss  unseres  Gebetes  lautet  nach  der  slavischen  Uebersetzung  auffallend  ein- 
fach: nOiUHAo\,''H  HH  miserere  nobis.  Solchen  Schluss  las  ich  nirgends  und  darum  komme  ich 
auf  die  Vermutlumg,  dass  auch  hier  im  lateinischen  Original  eine  andere  Phrase  gewesen 
sein  möchte,  etwa  so  wie  bei  Migne  LXXVIII,  42 :  eins  quaesumus  semper  interventione 
nos  refove  cuius  sollemnia  celebramus,  oder  vielleicht  adiixva  nos,  wie  bei  Migne  ib.  127: 
beati  apostoli  tui  lacobi  .  .  .  nos  intercessione  adiuva. 

In  kürzester  Uebersicht  sieht  der  Inhalt  unserer  Blätter  so  aus : 

Secreta.  Munera,  domine,  quae  pro  apostolorum  tuorum  honore  (sollemnitate)  deferi- 
nuis  etc. 

Post  communionem.  Salutaribus  satiati  (repleti)  mysteriis,  quaesumus  ut  quorum 
sollemnia  celebramus  etc. 

Missa  altera  Apostolorum. 

Quaesunms  te,  omnipotens  sempiterne  deus,  ut  sicuti  beati  apostoli  lacrimantes  etc. 

Secreta.     Sanctifica  domine  oblationes  nostras,  quas  detulimus  etc. 

Praefatio.    Quando  pro  horribili  tribunali  sederit  dominus  cum  duodecim  apostolis  etc. 

Post   communionem.    Per  communionem  tuam  quam  sumpsimus  etc. 

Missa  unius  (Apostoli). 

Da  (tribue)  nobis,  quaesumus,  omnipotens  sempiterne  deus,  ut  beati  apostoli  tui  (N.) 
interventione  etc. 

Epistola  ad  Corinthios.    Fratres,  deus  nos  apostolos  novissimos  ostendit  etc. 

Vergleicht  man  mit  dieser  Inhaltsangabe  den  entsprechenden  Text  des  Missale  Novak's 
vom  Jahre  1368  oder  der  editio  princeps  vom  Jahre  1483  auf  der  einen  und  des  Wiener 
Missale  Cod.  Nr.  1888,  saec.  X,  auf  der  anderen  Seite,  so  ergibt  sich  das  merkwürdige 
Resultat,  dass  die  glagolitischen  Messbücher  des  XIV. — XV.  Jahrhunderts  dem  oben  citirten 
lateinischen  des  X.  Jahrhunderts  sehr  nahe  kommen,  während  der  Inhalt  unserer  Blätter 
wesentlich    abweicht.     Die   Uebereinstimmung  beschränkt    sich    nändich    bloss    auf  folgende 

4* 


28  n.  Abhandlung  :   V.  Jagic. 

Punkte:  die  erste  ,Secreta'  (Miinera  doniine)  ist  auch  in  Cod.  1888  und  mis.  nov.  in  der 
Missa  in  natali  plurimorum  Apostolorum  enthalten;  ebenso  die  ,Postconimunio'  (,SahitarIbus 
repleti  mysteriis');  ferner  stimmt  noch  in  der  Missa  unius  apostoli  das  erste  Gebet  einiger- 
massen  zu  dem  in  Cod.  1888  und  mis.  nov.  enthaltenen.  Die  Lectio  epistolae  ad  Corinthios 
tindet  sieh  in  Cod.  1888  gar  nicht,  in  einem  anderen  Nr.  1836,  saec.  XII,  in  der  Messe  für 
Märtyrer  und  in  mis.  nov.  in  Vigilia  phu-imorum  apostolorum.  Weiter  reicht  die  Ueberein- 
stinunung  nicht.  Dagegen  hat  mis.  nov.  für  die  meisten  Antiphonen  und  Verse,  so  wie  für 
alle  Gebete  und  auch  für  einige  (aber  nicht  alle)  Lectionen  sein  Vorbild  bereits  in  dem 
Cod.  1888,  saec.  X.  Es  wäre  also  verfehlt  zu  sagen,  zur  Zeit,  als  das  Missale  der  jetzigen 
zwei  Wiener  Blätter  geschrieben  wurde,  sei  eine  solche  Anordnung  des  Stoffes,  wie  ihn 
mis.  nov.  darstellt,  noch  nicht  vorhanden  gewesen,  da  ja  der  Codex  1888  schon  fürs  X.  Jahr- 
hundert das  Gegentheil  beweist.'  Der  Grund  der  abweichenden  Einrichtung  imserer  Blätter 
muss  augenscheinlich  nicht  bloss  in  ihrem  hohen  Alter,  sondern  auch  in  localen  Verhält- 
nissen liegen.  Ich  vermuthe,  dass  Messbücher,  die  nachweislich  im  X. — XII.  Jahrhimdert 
im  Bereich  des  Patriarchats  von  Aquilea  geschrieben  wurden,  uns  nähere  Aufschlüsse  darüljer 
geben  könnten ;  leider  ist  mir  eine  solche  Handschrift  augenblicklich  nicht  zugänglich.  Ich 
kann  nur  noch  constatiren,  dass  auch  jenes  glagolitische  Missale  des  XIV.  Jahrlnmdei-ts,  das 
aus  der  Bibliothek  Kukuljevic's  später  in  die  Bibliothek  der  südslaviscJien  Akademie  gekom- 
men ist  (es  wird  jetzt  mis.  giagol.  brebirense  III,  br.  3  bezeichnet),  Avelches  ich  einst  häufig 
in  Händen  hatte  imd  als  mk.  zu  citiren  pflegte  —  im  Ganzen  mit  mis.  nov.  und  edit.  1483 
übereinstimmt  (IVIittheilung  des  Herrn  Prof.  Dr.  Broz  in  Agram).  Ebenso  theilt  man  mir  aus 
Eom  mit,  dass  das  glagolitische  in  der  Propaganda  befindliche  Missale  vom  Jahre  1387 
ganz  dieselbe  Redaction  vertritt,  die  Abweichungen  beschränken  sich  auf  einzelne  Ausdrücke, 
so  z.  B.  in  dem  Graduale  ,Justus  ut  palma'  steht  es  dort  nicht  npaKAHHKk  ivKO  na/\Ma,  son- 
dern das  letzte  Wort  ist  durch  hhhhk'  vertreten.  Endlich  war  es  mir  möglich  auch  in  das 
Missale  Hrvoja's  (c.  1404 — 1415  geschrieben)  einen  Einl)lick  zu  tliun  und  auch  darin  ganz 
dasselbe,  wie  in  allen  übrigen  vorerwähnten  Exemplaren  zu   finden. 

III.  Sprache  und  Graphik. 

Die  Sprache  unserer  Blätter  bietet  nicht  viel  bemerkenswerthes,  dafür  ist  ja  schon  der 
Umfang  zu  gering;  sie  enthält  Av^eder  seltene  Sprachfonnen,  da  für  diese  kein  Anlass  im 
Texte  vorlag,  noch  weicht  sie  von  der  üblichen  Kegelmässigkeit  des  Altslovenischen  ins 
Dialectische  mehr  ab,  als  es  die  Grundsätze  der  kroatischen  Redaction  erheischten.  Das 
Wort  f.SHKK  z.  B.  ist  hier  nocli  nicht  dialectisch  in  iiSHKh  (jazik)  geändert  worden,  trotzdem 
die  letztere  Form  schon  sehr  früh,  d.  h.  in  den  ältesten  glagolitischen  Texten  der  eckigen 
Schrift  vorkonmit.  Vergleiche  -bsHKk  hom.  lab.  in  Saf.  pam.  56  oder  Berc.  cit.  32.  Das  Zeichen 
ti  fglagol.  itt)  beschränkt  sich  auf  die  Wiedergabe  des  g-Lautes,  in  Beispielen  wie  iBdHlifAHi, 
aHtifAH;  ein  KHl^k  (statt  KiiHtAi^)?  wie  man  es  schon  in  mis.  nov.  liest,  kennt  unser  Denkmal 
noch  nicht,  vielmehr  vergleiche  no^'^'^Ak.  Kein  Beispiel  für  den  Ersatz  des  h,  sei  es  durch 
a,   sei   es   durch   i,   konmit   vor,    vergleiche   nkKAk,  Mkcrk,    während   sonst   in   den  kroatischen 


'  Auch  Schulting  macht  in  seiner  Bibliotheci  ecclesiastica  (ed.  Colon.  1590,  II,  p.  24 — 20)  der  Antijdionen,  Ver.se,  Gebete 
n.  B.  w.  ganz  in  üblicher  Weise  Erwähnung,  nur  die  l)ei  uns  enthaltene  Lectio  kommt  bei  iiini  weder  in  Vigilia  nocli  in 
Xatali  Apostolorum  vor. 


Glagolitica.    Würdigung  neuektdeckter  Fragmente.  29 

Spraclidenkmalern  glagolitischer  Schrift  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  (also  seit  der  zweiten 
Hälfte  des  XIII.  Jahrhunderts)  k  zuweilen  durch  a  ersetzt  wird,  vergleiche  ca  MAOB-kKk  hom. 
lab.  bei  Saf.  pam.  56.  K-kcHii  jkj  ca  il)..  Ha  (sed)  h  ca-knk  ib.;  npIvcartK,  cpkA'>U'»  ioan.  bapt.  lab. 
bei  Saf.  pam.  63,  b'  uik'to  cat'hoi  A-kro  fragin.  brev.  in  Berc.  Cit.  41,  a<«JKA'*-A'»>kA'J  (phivia)  ib., 
;K(HacKk  ib.,  js,RAfiH  ib. 

Ueberhaupt  ist  in  der  Wahrung  des  k  dieses  Fragment  noch  ziemlich  feinfühlig,  wie 
es  schon  der  Umstand  zeigt,  dass  sowohl  im  Inlaut  wie  im  Auslaut  regelmässig  k  geschrieben 
wird,  was  in  den  späteren  Denkmälern  bekanntlich  durchaus  nicht  so  genau  genommen 
wird.    Vergleiche  solche  Beispiele,  wie:    (Unii.uk  th  et,   c'ßrt-kMf/Uk  et,   iisRaBHMk   ci,   fCTk,  coyxk, 

Ak/KHBHA\k.     H\-KJKf,    HaCHl|Jklltf    Cf,     BkCU^A'')     KliCf/MOl',    BkSEAH,     HaCk/Upkr'HHKH,    HE<V\Ol|lkHH,     Kp-kokl^H.      ÜaS 

den  Vocal  k  vertretende  Zeichen  '  steht  meistens  richtig:  n'ca,  kcemo^,  Rt'kv^  Kct/worH,  c'tb«- 

pH<Uk,    MTf/Mk,    HaMHtTk,    ROMTO,    MH%    CTpaiUHlwMk,    B-fcHNH,    CAaBHH,    T/MO^",    KAaNivIOT',    <V\/\H/Vt'c(.       Docll 

wird  es  mehrere  Male  aucli  üljerfiiissig  zwischen  zwei  beliebige  Consonanten  gesetzt: 
c'ak3(i)JE,  fcMk,  fcTk,  npHHfc'aH,  nocaoriuac'Ti.  Das  erinnert  stark  an  das  Mihan.  Fragment,  wo 
k  geradezu  sehr  oft  überflüssiger  Weise  eingeschaltet  ist. 

Da  in  der  kroatischen  Recension  des  Altslovenischen  die  verschiedenen  Casusendunsren, 
namentlich  bei  der  sogenannten  pronominalen  Declinatiou  des  Adjectivs,  seit  ältesten  Zeiten 
zusammengezogen  vorkommen,  so  kann  die  Form  saalc  (ß'ca  3AA'k  "kKi)  als  eine  Alterthüm- 
lichkeit  gelten,  die  man  in  gewöhnlichen  kroatisch-glagolitischen  Texten  durch  aaa,  oder 
dialectisch  sogar  saaa,  wiedergeben  würde.  Sonst  schi*eibt  unser  Denkmal,  wie  alle  alt- 
kroatischen (glagolitischen):  rci/moph  (statt  Bkci/HoniiH),  B-kskHH  (statt  B'kskH'km),  akH^HBH/Uk  (statt 
a-kSKUB-KiHMTi),  A\oyApH)f'k  (statt  /H*AP''»^'")f '0'  cncfHH\-k  (statt  c'knactH'KiHY'k),  HarttH;tijiH)fk  (statt  haa(- 
jkauitiihy'k),  HanacTH  (statt  HanacTHH)  und  Ha  cxpauiH-kiMk  (statt  cTpam'H-kf/Hk).  Der  letzte  Fall 
ist  in  den  ältesten  glagolitischen  Texten  dieser  Recension  allerdings  auch  noch  durch  die 
volle,  nicht  contrahirte  Fonn  auf  "kt/Mk  vertreten,  z.  B.  hom.  lab.  (nach  Facsimile  bei  Geitler) : 
B  cfA\5K4,'  HTHH  (BH^Ai^'kEAAk ;  fragm.  mis.  jader.  b  a^opH  spk/UH'kfmk  Saf.  57.  Nur  im  Genitiv  sing, 
hat  sich  der  Auslaut-«  (moh,  TBOft)  sehr  lange  erhalten;  noch  in  den  Texten  des  XIV.  und 
XV.  Jahrhunderts  bildete  er  die  Regel.  Darum  fällt  in  unserem  Fragment  Gen.  sanoB-kAH 
A\OH  A,  b,  Z.  11,  in  lautlicher  Hinsicht  gar  nicht  auf,  wohl  aber  ist  die  graphische  Darstel- 
lung des  u  beachtens\\'erth,  wovon  im  Cap.  IV  die  Rede  sein  wird. 

Dass  die  in  Rede  stehende  Contraction  schon  sehr  früh  in  mährisch-pannonischen  und 
kroatischen  Denkmälern  festen  Fuss  gefasst  hatte,  das  l)eweisen  uns  sowohl  die  Kijewer 
Blätter  mit  ihren  Fonnen:  KaaJKtHaro,  KaajKfHoymo^-,  MkCTkHaro,  cBATarc,  ß-ksknaro,  BiiSkN-k/Uk, 
RnvimkHH/WH,  Toy.3Ha\k,  npoTHKrftUHY-k;  als  auch  die  Prager  Fragmente,  avo  es  gleichfalls  heisst: 
npaß'KA'ivHaro,  anocToa'kCKaro,  HacTvin'kuiaro,  TaiAnaro,  ckTBop-kiuaro,  ca-kno/wo^,  YBaaAi^HiWk. 

Mit  den  Kijewer  Blättern  theilt  unser  Text  auch  noch  die  Vorliebe  für  die  Anwendung 
der  zusammengesetzten  Praeterita,  namentlich  in  den  Relativsätzen.  Dort  liest  man:  hjkj 
tcH  KaarocaoBKTHa-k,  »xt  ic»  OK-kn-ka-K,  ajkj  jch  nockaaa-k;  hjkj  (CM-k  Bn^at^aH,  "kKOJK«  htiI  ich  ncKick- 
cnnvi/f^  fiHUA  HackiTHa-K,  (tS^jk!  kh  OKpa.s'kMk  CBona^k  oyncACGHak,  "kKOJKt  a  «ch  caasoM;  tboj»*  HCBfCk- 
CKoyK>»  oyxBpkAHa'k,   hjk(   H'ki   B'k3BJCfaHa'k   fCH ;    und    hier   ebenso :    -kKO/Kt  coyxk  BaaH;(HH   anccToaH 

lipOCHAH,    -k'Ail    fCiWh    ripHHCCaH,    t}K(    (C/Uk    BkSCAH. 

Das  lexicalisch  Merkwürdige  ist  schon  im  Cap.  II  zur  Sprache  gekommen  (BpaiukHkiM 
Rkco»|'Ak,  npiiHcnuHHO.  Hier  möchte  ich  noch  den  Ausdruck  nkKa^k  in  der  Bedeutung  infernus 
als  einen  jjeachtenswerthen  Kroatisnuis  hervorhel^en.  In  dt-h  kirchenslavischen  Bibeltexten, 
nicht   bloss   der  ältesten,    sondern   auch   der  späteren   Zeit,    wird  infermis    immer  und   aus- 


30  n.  Abhandlung:   V.  Jagi<5. 

schliesslich  durch  ax^  übersetzt.  Auch  in  den  bei  Bercic  gesammelten  glagolitischen  Texten 
oder  in  der  Apocalypse  Hval's  u.  s.  w.  kennt  man  nur  den  letztgenannten  Ausdruck. 
Matth.  IB,  18  ist  die  übliche  üebersetzung  Kpara  a^^Ka  erst  im  Messbuchc  Levakovic's  (die 
Zeugger  oder  Fiumaner  Ausgabe  steht  mir  nicht  zur  Hand)  und  in  der  vulgaren  Üeber- 
setzung Dalmatiens.  deren  älteste  Ausgabe  Bernardin  von  Spalato  besorgt  hatte,  in  ,vrata 
paklena*  geändert  worden.^  Das  so  frühe  Aultreten  des  Wortes  nKKak  auf  unserem  Blättchen 
erklärt  sich  wohl  aus  dem  nichtbiblischen  Charakter  der  Stelle.  Vergleiche  im  glagolitischen 
Brevier  vom  Jahre  1561,  in  einem  Kirchenliede :  ,zatvori  preispodnfie  pakla  pro§adb'  Berc. 
cit.  82.  Dr.  Crncic  aus  Rom  theilt  mir  noch  folgende  Beispiele  mit :  In  einer  der  römischen 
Propaganda  angehörenden  glagolitischen  Handschrift,  welche  1445  ,zakan  Luka'  (Diaconus 
Lucas)  in  Vrbnik  auf  der  Insel  Veglia  unter  der  Ueberschrift  ,Zrcalo'  (Speculum)  schrieb, 
liest  man :  ,Lucifer  bi§e  se  dvigaV  proti  bogu  svoemu  stvoritelju  i  zato  v  m'gnovni  oka  s 
visoti  nebeske  do  prop'sti  p'klene  svr2en'  e'.  Ein  anderes  glagolitisches  Büchlein  aus  dem 
XVI.  Jahrhundert  (vor  dem  Jahre  1567  geschrieben),  im  Besitze  Dr.  Crnßic's  befindlich, 
dessen  Inhalt  die  aus  dem  Lateinischen  übersetzten  Predigten  bilden,  enthält  u.  a.  tblgendes : 
,Ako  bih  znal  otca  moega  v  pakli,  nebih  za  nego  molil  kako  za  devla'  (si  scirem  patrem 
meum  in  infemo,  non  plus  orarem  pro  eo,  quam  pro  diabolo),  ,mnogi  paklenogo  ogna 
strase  se'  (multi  gehennam  horrent),  ,5  deferencii  i  razluöen'i  e  meju  ognem'  paklenim'  i 
sgastnm'  (est  quintuplex  ditferentia  inter  ignem  inferni  et  praesentis  saeculi)  u.  s.  w. 

Das  Wort  ist  nicht  bloss  süd-  sondern  auch  westslavisch,  nur  dass  es  im  Böhmischen 
als  Neutrum  gebraucht  wird.  Als  Masculinum  ist  es  daher  bei  uns  jedenfalls  ein  Kroatis- 
mus. Unter  den  cyrillischen  Denkmälern  kommt  es  in  der  von  einem  Serben  etwa  im 
XII. — Xni.  Jahrhundert  gemachten  Üebersetzung  des  Gregorius  Dialogus  vor,  wo  inferni 
poenas  durch  ,nkKaa  A\o\'Kki'  übersetzt  worden  ist. 

Bei  einem  zweiten  Worte  kann  wenigstens  von  einer  gex-ingen  Modification  in  der 
Form  die  Rede  sein,  durch  welche  es  zum  kroatischen  Ausdruck  gestempelt  wird.  Das 
griechische  oidßoXoc,  diabolus,  lautet  altslovenisch  ;t,H»BO/\'k  oder  ;i,KniRO/\'h,  gen.  ^.ktüKOAa,  dat. 
AkBKoaoy  u.  s.  av.  In  glagolitischen  Texten  kroatischer  Provenienz  wird  jedoch  das  AVort 
schon  sehr  früh  so  declinirt,  dass  in  den  Casus  obliqui  das  o  vor  l  (dijavolt)  ausfällt,  also 
dijavla,  dijavlu,  dijavlomb  u.  s.  w.  Daraus  hat  sich  dann  ein  Nominativ  ;i,k-kKkak  und  selbst 
Ak'kBaak  (djaval)  entwickelt.  So  liest  man  in  dem  sonst  recht  alten  (saec.  XIII)  hom.  lab. 
noicTk  H  A'^'t^KkAk,  raaRa  7Kt  h  Bci5)fk  A'^'t^^kak  fCTk,  rocnoA«»  Haiufro  a'^'I^k'»'*'»  HCKoycH;  gen.  oTk 
AkiwKaa  Saf  pam.  55 ;  Matth.  IV,  5  steht  in  der  edit.  princeps  des  glagolitischen  Missais  vom 
Jahre  1483  ,vii'kK<i'^k-  So  erklärt  sich  auch  auf  Blättchen  B,  a,  5  4,'''l»Kacia\K  statt  des  früheren 
Ak'kKoaoa\k. 

Wegen  der  sonstigen  Grleichartigkeit  der  beiden  Denkmäler  darf  man  mit  Bestimmtheit 
sagen,  dass  auch  solche  charakteristische  Ausdrücke  der  Kijewer  Blätter,  wie  nancHtk,  aaKOHk- 
HMKit,  piiCHOTHRkH'k,  R'kp-kcHHTH  CA,  KaakCTRo,  HfMpH'ksHk,  dcm  Missalc  unscres  Fragments  keines- 
wegs fremd  waren.  Sie  sind  ja  bis  in  die  spätesten  Zeiten  Gemeingut  aller  kroatisch-glago- 
litischen Texte  geblieben.  So  lese  ich  mis.  nov.  18a:  r'  K-ksHOH  p-kcHor-k,  ib.  21b:  p-kcH-k 
HciipaRHTH,  ib.  51a:  piiCHOE  ciucchhe,  ib.  268 :  r' cnaccHHc  TROtro  eaakCTRa,  und  auch  sonst  häufig. 

Die  Orthographie  des  Fragmentes  ist  die  übliche  kroatische,  sie  kennt  also  keine  Nasal- 
zeichen, keinen  Unterschied  zwischen  u  und  h,  sondern  immer  h.    Neben  dem  gewöhnli(;hen 


Vergl,  meine  Bemerkungen  darüber  in  ,Ti»uenica'.    Agram  1863,  S.  58. 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  31 

8  kann  Avenigstens  einmal  auf  Blatt  B,  b,  8  S  als  grosser  Buchstal)c  nachgewiesen  werden. 
Es  scheint  auch  auf  A,  b,  Z.  16  zu  stehen.  Ausserdem  findet  man  zweimal  I  statt  'S  oder 
8:  B,  a,  12  in  der  Üeberschrift  6AIH0r  und  ib.  15  in  i/MpK.  Diese  Zeichen  i,  welclies  zuerst 
Greitler  auf  den  ältesten  glagolitischen  Inschriften  Veglias  constatirt  hat,  wird  unten  im 
Cap.  IV  zur  Sprache  kommen.  Das  MerkAvürdigste  an  unserem  Bruchstück  in  orthographi- 
scher Hinsicht  ist  das  gänzliche  Fehlen  des  Zeichens  i  in  der  Geltung  des  Halbvocals  und 
die  ausschhessliche  Geltung  dafür  des  Zeichens  -s.  Diese  Eigenschaft  theilt  mit  ihm  unter 
den  zur  kroatischen  Gruppe  gerechneten  Denkmälern  glagolitischer  Schrift  nur  noch  das 
Mihanoviii'sche  Fragment.  Alle  anderen  bisher  bekannt  gewordenen  glagolitischen  Texte 
kroatischer  Abkunft,  selbst  die  ältesten,  die  gerade  wegen  des  in  ihnen  vorkommenden 
Zeichens  -s  als  ziemlich  alt  gelten  müssen  (saec.  XIII),  lassen  schon  das  Zeichen  i  in  der 
Eigenschaft  des  cyrillischen  w  entschieden  zur  Geltung  kommen,  und  wenn  einst  Safaffk 
pam.  65  aus  der  Häufigkeit  des  Vorkommens  des  Zeichens  -8  auf  ein  relativ  höheres  Alter 
des  Denkmals  schloss,  so  würde  er  einen  Text,  in  welchem  ausschliesslich  «  und  kein  einziges 
Mal  I  gebraucht  wird,  gewiss  allen  anderen  vorangestellt  haben.  Diese  Schlussfolgerung 
wäre  auch  ganz  richtig,  mag  er  auch  das  Alter  der  ihm  bekannt  gewesenen  glagolitischen 
BruclistiK'ke  mit  dem  Zeichen  -8  etwas  überschätzt  haben.  Man  kann  mit  einiger  Sicher- 
heit nur  so  viel  sagen,  dass  sie  nicht  jünger  sind  als  aus  dem  XIIL,  und  die  spätesten 
unter  ihnen  etwa  aus  dem  XIV.  Jahrhundert. 

Das  so  charakteristische  Zeichen  ,o  unserer  Blätter  beruht  auf  dem  älteren  pannonisch- 
macedonischen  -8,  während  das  in  dem  Mihanovid'schen  Fragment  angewendete  Zeichen  /ff 
sich  von  dem  pannonisch-macedonischen  «  ableitet.  Darin  gehen  sie  auseinander:  das  Miha- 
noviö'sche  Fragment  kommt  der  serbischen  Orthographie  näher,  welche  seit  dem  Ende  des 
XIII.  Jahrhunderts  ausschliesslich  h  schrieb :  unsere  Blätter  stehen  im  Zusammenhang  mit 
solchen  Denkmälern  der  runden  g-lag'olitischen  Schrift,  welche  von  den  beiden  Zeichen  -8  und 
■8  dem  ersteren,  also  cyrillisch  umgeschrieben,  dem  -k  den  Vorzug  gaben.  Ein  derartiges 
Denkmal   ist  das   zweite   Prager  Fragment  oder   die   in   den  Zographus  eingelegten  Blätter. 


IV.  Palaeograpliisclie  Bedeutung. 

Die  grösste  Bedeutung  muss  unseren  zAvei  Blättern  in  palaeographischer  Beziehung  zu- 
geschrieben werden.  In  dieser  Hinsicht  sind  sie  geradezu  ein  Unicmn  zu  nennen,  aber  ein 
er^vartetes,  und  daher  höchst  erwünschtes  Unicum.  Safaffk  hatte  in  seiner  letzten  Schrift 
(vergl.  oben  S.  4)  die  Ansicht  ausgesprochen,  dass  schon  im  IX. — X.  Jahrhundert  ein 
Reformator  in  Kroatien  das  Alphabet  vereinfacht  und  der  kroatischen  Mundart  angepasst 
habe.  Diese  Ansicht  lässt  sich  heute  nicht  mehr  halten,  abgesehen  davon  dass  in  den 
Worten  Safarfk's  zwei  verschiedene  Dinge  zusanmiengeworfen  sind:  die  Eigenthümlichkeiten 
der  Orthographie,  d.  h.  die  Einrichtixng  der  sogenannten  kroatischen  Recensiou  des  Alt- 
slovenischeu  und  der  palaeographisclie  Cliarakter  der  Schrift,  d.  h.  die  abweiclienden  Schrift- 
züge der  kroatischen  Glagolitza.  Offenbar  hatte  er  sich  beides  im  innigsten  Zusammen- 
hang gedacht.  Ein  ,Refonnator'  sollte  im  IX. — X.  Jahrhundert  nicht  nur  die  der  Physio- 
logie der  kroatischen  Sprache  widei-strebendeu  Nasallaute  und  ihre  Bezeichnung  (also  3€, 
«,  9€,  ^)  und  die  combinatorische  Lautbezeichnung  -st  für  den  nicht  mehr  wahrgenom- 
menen Laut    kl,   und  den  Unterschied   zwischen  4  und  «  (-k  und  \)   aus  dem  glagolitischen 


32  11.  Abhandlung  :   V.  Jagic. 

Sclirifttliimi  Kroatiens  (ich  verstehe  darunter  immer  Istrien,  kroatisches  Küstenland,  alle 
Quarnero-Inseln  nud  Dalmatieu  bis  Makarska  und  Curzola)  beseitigt,  sondern  ausserdem 
noch  der  ganzen  Schrift  einen  besonderen,  der  lateinischen  Graphik  näher  kommenden, 
eckigen  Typus  gegeben  haben.  Neuere  Entdeckungen,  wie  das  von  mir  herausgegebene 
Mihanovid-Fragment  imd  die  von  Crnöi6,  Racki,  Geitler  bearbeiteten  ältesten  glagolitischen 
Inschriften,  haben  entgegen  der  Ansicht  Bafarik's  den  Beweis  geliefert,  dass  die  Reform  der 
Orthographie  und  die  Umgestaltung  der  Schriftzüge  nicht  Hand  in  Hand  gingen,  sondern 
unabhängig  von  einander  sich  entwickelten.  Die  ki'oatische  Recensiou,  d.  h.  die  Gesammt- 
heit  der  Aenderuugen,  die  im  Altslovenischen  zu  Gunsten  der  kroatischen  Aussprache  vor- 
genommen ^\nirden,  war,  wie  man  jetzt  weiss,  bereits  längst  durchgeführt  —  das  zeigen 
eben  aufs  unzweideutigste  die  Mihanovic'schen  und  jetzt  die  Wiener  Blätter  —  während  der 
Charakter  der  glagolitischen  Sclirift  noch  immer  die  ursprünglichen,  mehr  gerundeten  als 
eckigen  Züge  wahrte.  Die  orthographische  Vereinfachung  liatte  also  einen  merklichen  Vor- 
spruug  vor  der  palaeographischen  Entfaltung.  Der  ersteren  können  wir  nicht  in  ihren  einzel- 
nen Entwicklungsphasen  beikonnnen,  man  kann  auch  hier  nur  die  Vermuthung  aussprechen, 
dass  die  endgiltige  Consolidirung  der  kroatischen  Recensiou  nicht  das  Werk  eines  Reforma- 
tors war,  sondern  allmählig  zu  Stande  kam.'  Die  Nebeneinanderstellung  der  Mihanovic'schen 
und  der  Wiener  Blätter,  die  sich  sonst  palaeographisch  ziemlich  nahe  stehen,  spricht  stark 
zu  Gunsten  einer  solchen  Vermuthung.  Denn  in  beiden  herrscht  zwar  durchgehends  die 
serbo-kroatische  Redaction  des  Altslovenischen,  aber  in  Einzellieiten  weichen  sie  von  ein- 
ander ab :  die  Mihanovic'schen  Blätter  kennen  das  Zeichen  i  der  Wiener  Blätter  gar  nicht, 
dafür  AN-issen  die  letzteren  nichts  von  dem  cyrillisch  aussehenden  h  bei  Mihauovic.  Beide 
Fragiiiente  gehen  aucli  dem  Inhalte  nach  wesentlich  auseinander,  was  auf  einen  nicht 
unbeträchtlichen  localen  Abstand  schliessen  lässt.  Ich  hatte  bereits  vor  22  Jahren  aus- 
gesprochen und  halte  noch  immer  an  der  damaligen  Ansiclit  fest,  dass  die  Mihanovic'schen 
Blätter  eigentlich  mehr  serbisch  als  kroatisch  sind.^  Die  jetzt  entdeckten  Wiener  Blätter 
mü.ssen  dagegen  unbedingt  Kroatien  zugesproclien  werden.  Die  ersteren  stellen  einen  nach 
griechischem  Brauch  eingerichteten  Praxapostolus  dar,  die  letzteren  sind,  wie  wir  oben  gesehen 
haben,  Bruchstücke  eines  römischen  Missais.  Gerade  darin  liegt  auch  die  grosse  principielle 
Bedeutung  des  neuen  Fundes.  Denn  während  das  MihanoviC'sche  Fragment  für  jetzt  wenigstens 
noch  ganz  vereinzelt  dasteht,  darf  man  unsere  Blätter  geradezu  an  die  Spitze  der  reich 
genug  entwickelten  kroatisch-glagolitischen  Literatur  stellen,  in  welcher  sie  vdn  nun  an  als 
der  erste  sichere  Repräsentant  des  halbrunden  Sclaifttypus  gelten  werden,  einer,  wie  man 
jetzt  .sieht,  einst  durch  viele  Denkmäler  vertretenen,  später  aber  für  unsere  Kenntnisse  fast 
ganz  entschwundenen  Epoche,  deren  Dauer  man  bis  in  den  Anfang  des  XIII.  Jahrhunderts 
setzen  kann. 

Man    liatte   allerdings   schon   seit    langem    theoretisch    die  Ansicht  vertreten,    dass    die 
eckige   glagolitische  Schrift   aus   der  gerundeten  hervorgegangen,^    allein   materielle  Belege 


'  Diese  meine  Vermuthung  scheint  in  neuester  Zeit  eine  thatsäohliche  Bestätigung  gefunden  zu  liaben.  Ich  erfahre  durch 
eine  briefliche  Mittlieilung  des  Domherrn  Dr.  C'rncid  aus  Rom,  dass  unlängst  in  Vrbnik,  also  abermals  auf  der  Insel  Veglia, 
dieser  Va^na  rerum  glagoliticarum,  vier  glagolitische  Pergamentblätter  entdeckt  worden  sind  (der  Inhalt  ist  —  Apostolus), 
deren  Schriftziige  rund  sind,  wo  -8  ausscliliesslich  angewendet  wird,  ebenso  VS,  einmal  *,  aber  die  spätere  kroatische 
Redaction  der  Sprache  noch  nicht  durchgeführt  zu  sein  scheint,  da  man  auch  •flS  (für  ■*!)  und  einige  Male  selbst  3€ 
fstatt  3)  findet.  Sollte  dieses  Bruchsfilck  nicht  rein  altslovenisch  sein,  in  der  Art  des  Glagolita  clozianus,  dann  liaben  wir  es 
abermals  mit  einer  merkwürdigen  Entdeckung  zu  thun. 

'  Vergl.  Rad,  B.  II,  .S.  15. 

'  Vergl.  u.  a.  meine  Darstellung  in  Rad  II,  17. 


t 


l 


k 


Glagoutica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  33 

für  diese  Ansicht  fehlten  anfangs  gänzlich,  dann  kamen  als  erste  Stütze  derselben  die  Miha- 
novic'schen  Blätter  auf,  die  jedoch,  weil  sie  auf  einen  anderen  Ursprung  hinwiesen,  keinen 
vollgiltigen  Beweis  zu  liefern  im  Stande  waren.  Ich  selbst  sprach  damals,  als  ich  das 
Fragment  herausgab,  die  Ansicht  aus,  dass  dieses  einen  bulgarisch-kroatischen  (besser  wäre 
es  zu  sagen:  bulgarisch-serbischen)  Uebergangstypus  bildet,  neben  welchem  gleichzeitig 
anderswo  (d.  li.  in  Istrien,  Kroatien,  Dalmatien)  die  eckige  Glagolitza  bereits  ausschliesslich 
im  Grebrauch  gewesen.  Diese  falsche  Ansicht  von  der  sehr  früh  vor  sich  gegangenen  Um- 
prägung der  glagolitischen  Schrift  aus  dem  runden  in  den  eckigen  Charakter  konnte  nur 
so  lange  aufrecht  erlialten  werden,  als  man  auf  die  bei  Safafik  und  Bercid  gesammelten 
Texte  beschränkt  war  und  diese  als  die  alleinigen  Repräsentanten  des  ältesten  kroatisch- 
glagolitischen Schriftthums  ansah.  Einige  Jahre  darauf  kamen  jedoch  die  ältesten  glago- 
litischen Inschriften  Veglias  zimi  Vorschein,  in  welchen  schon  deutliche  Zeichen  einer  runden 
glagolitischen  Schrift  gegeben  wurden.  Von  nun  an  konnte  man  allerdings  mit  grösserer 
Bestimmtheit  Ijehaupteu,  auch  in  Kroatien  sei  einmal  die  runde  Glagolitza  im  wirkliclien 
Gebrauch  gewesen,  die  man  bis  dahin  in  der  Wissenschaft  ausschliesslich  als  etwas  specifisch 
bulgarisches  bezeichnet  hatte.  Allein  Inschriften  sind  noch  keine  Handschriften,  die  Schrift- 
züge einer  Inschrift  müssen  nicht  gerade  mit  der  in  den  Büchern  üblichen  Schrift  identisch 
sein.  Ausserdem  enthalten  gerade  jene  wenigen  Inschriften,  sei  es  in  Folge  der  Unleser- 
lichkeit,  sei  es  in  Folge  der  Ungeübtheit  der  Steinmetze,  sehr  viel  Sonderbares  und  Räthsel- 
haftes,  so  dass  man  aucli  fernerhin  nach  sichereren  Stützen  und  deutlicher  sprechenden  Zeug- 
nissen sich  sehnen  musste.  Hat  ja  doch  noch  unlängst  Geitler  seinen  Zweifel  an  der  un- 
mittelbaren Zusammengehörigkeit  des  Mihanovic-Fragmentes  und  der  ältesten  Inschriften 
mit  der  später  üblichen  kroatischen  Glagolitza  in  folgende  Worte  gekleidet:'  ,Die  Inschrift 
von  Baska  ist  einiger  Eigenthümlichkeiten  halber  nicht  in  allen  Stücken  die  Vorgängerin 
der  kroatischen  Schrift.  I)assel1)e  gilt  vom  kroatischen  Fragment  Mihanovic  trotz  seiner 
eckigen  Züge.'  Niin  ist  der  Zweifel  ein  für  alle  Mal  behoben  und  der  Beweis  fiir  das  Hei- 
matsrecht der  kroatischen  Glagolitza  auch  in  ihrem  runden  Typus  erbracht.  Diesen  liefern 
unsere  Blätter,  der  erste  Fall,  dass  ein  in  kroatischer  Redaction  für  den  Ge- 
brauch einer  katholischen  Kirche  abgefasster  Text  mit  runden  Schriftzügen  zum 
Vorschein  kommt. 

Der  runde  Charakter  der  Schriftzüge  unseres  Fragmentes  liegt  für  Jedermann,  selbst 
bei  flüchtiger  Betrachtung  klar  zu  Tage.  Er  tritt  besonders  bei  den  Buchstaben  .n,  v  «.  s 
f  b  »  und  ^  stark  hervor,  aber  auch  od  as  a  &  a  w  ».  können  eher  gerundet,  als  eckig  ge- 
nannt werden.     Bloss  in  der  Ueberschrift  A,  a,  16  TflH  ist  sowohl 

LI  LJ         als  auch         o 

bereits  ganz  eckig  und  an  den  späteren  kroatischen  Ductus  erinnernd.  Die  ruhige  Gleich- 
mässigkeit  der  Schrift  verräth  eine  geübte,  sichere  Hand,  welche  offenbar  mit  grosser  Leich- 
tigkeit schrieb.  Selbst  der  Druck  der  Feder  war  nicht  stark,  sie  hat  eher  gezeichnet  als 
geritzt;  ganz  feine  Striche,  die  scharfes  Schreibzeug  voraussetzen,  kommen  überhaupt  nicht 
vor.  Daraus  kann  man  mit  voller  Gewissheit  den  Schluss  ziehen,  dass  unsere  zwei  Blätter, 
respective  das  betreffende  Missale,  für  ilire  Zeit  durchaus  nicht  vereinzelt  dastanden,  son- 
dern den  allgemein  üblichen  Schrifttypus  ausprägten.     Sieht  man  sich   nacli  den  Parallelen 


'  L.  Geitler,  Die  albanesisciien  und  slavischen  Schriften,  S.  147. 
Dentscliriften  der  phil -iist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.     II.  Abh. 


34  II.  Abhandlung:    V.  JagiO. 

zu  unserer  Schrift  um,  so  stehen  ihr  ohne  Zweifel  die  Mihanovid'scheu  Blatter  am  nächsten. 
Doch  macht  unser  Fragment  auf  mich  den  Eindruck  einer  schöneren,  gleichmilssigeren  und 
au  mehreren  Buchstaben  den  alten  runden  Typus  treuer  wahrenden  Schrift.  Ferner  be- 
rilhren  sich  die  Schriftzüge  unserer  Blätter  mit  der  in  den  Zographensis  eingelegten  Er- 
gänzung, doch  ist  diese  mehr  dem  Mihanoviö' sehen  Fragment  als  unserem  verwandt.  Zu 
den  Zügen  der  grösseren  Verwandtschaft  rechne  ich  die  nach  rechts  geneigte  Haltung  der 
Buchstaben  und  den  in  ungeraden  •  Linien  ziemlich  roh  und  nachlässig  gehaltenen  Ductus 
jener  Schrift.  Der  paläographische  Typus  unserer  Blätter  steht  ungefälir  in  der  Mitte  zwi- 
schen diesen  ZAvei  letztgeuannten  Denkmälern  und  etwa  dem  Achrider  Evaug-elienfragment. 
Die  Kijewer  Blätter,  dem  Inhalte  nach  sonst  sehr  nahe  kommend,  weichen  in  paläogra- 
phischer  Hinsicht  bedeutend  ab;    ebenso  die  Prager  Fragmente. 

Während  noch  vor  wenigen  Jahren  Geitler  das  Wesen  der  späteren  kroatischen  Gla- 
golitza  in  der  Weise  definiren  zu  müssen  glaubte,  dass  er  sie  ,eine  eckige  langfüssige 
Majuskel  der  Bulgaren'  nannte,^  entfällt  jetzt  für  uns  dieser  Zwang,  ,die  Uebergänge  zur 
kroatischen  Schrift'  ausserhalb  Kroatiens  suchen  zu  müssen,  gänzlich.  Der  spätere  kroatische 
(eckige)  Typus  ist,  wie  ja  das  jetzt  auch  im  Werke  Geitlers  zur  Anerkennung  kommt,  nicht 
plötzlich  entstanden.  In  den  ältesten  bisher  bekannt  gewesenen  kroatisch-glagolitischen  Denk- 
mälern kommen  fortwährend  einzelne  Buchstaben  in  einer  an  den  alten  runden  Typus 
erinnernden  Gestalt  vor.  Wären  einige  Fragmente  aus  dem  Nachlass  Berciö's,  der  jetzt  in 
der  kaiserlichen  öflfentlichen  Bibliotliek  zu  Petei'sburg  aufTjewahrt  wird,  paläographisch  heraus- 
gegeben, so  würde  die  Zahl  der  Buchstaben  des  alten  Typus  bedeutend  grösser  sein.  Ich 
mache  auch  auf  die  zwei  zu  Anfang  und  zu  Elnde  an  das  Missale  Novaks  angebundenen  glago- 
litischen Blätter  aufmerksam,  die  entschieden  älter  als  dieser  Codex,  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  in's  XIII.  Jahrlumdert  fallen  und  für  die  allmähligen  Uebergänge  aus  der  runden  in 
die  eckige  Schrift  einige  nicht  unwichtige  Belege  bieten.  Nun  kommt  unser  Fund  jenen 
ältesten  Repräsentanten  des  eckigen  Typus  von  der  entgegengesetzten  Seite,  als  der  letzte 
Ausläufer  des  runden  Typus,  mit  seinen  zahlreichen  Uebergangs-  und  VeiTnittelungsfiguren 
entgegen,  er  liilft  uns  die  paläograpliische  Brücke  zu  schlagen,  und  während  früher  Geitler 
in  den  ,bulgarisclven'  Ueberschriften,  im  jüngeren  Zographus  und  in  den  Prager  Fragmenten 
die  Vorbilder  suchte,  liegt  uns  jetzt  alles  das  viel  näher,  zu  Hause,  auf  unseren  Blättern. 
Ueberhaupt  wird  die  ganze  Theorie  Geitlers  von  der  totalen  Abhängigkeit  des  eckigen 
Tyjius  von  der  ,bulgarischen'  Glagolitza  (jede  irgendAvie  bemerkbare  kroatische  Eigen- 
thümlichkeit  hat  ihr  Prototyp  in  der  bulgarischen  Schrift',  so  lautete  sein  Grundsatz  auf 
S.  147)  durch  die  Tliatsachen  unserer  Blätter  ü1>er  den  Haufen  gcAvorfen. 

Um  diesen  Beweis  durchzuführen,  wollen  wir  einzelne  Buchstaben  nach  ihrer  paläo- 
graphischen  Eigenthümlichkeit  prüfen. 

1.    Zeichen  für  Vocale. 

+  +  ■!-  rti 

Für  das  spätere  langfüssige  a  hat  man  bei  uns  schon  auf  A,  a,  16,  B,  a,  8  oder  12  ein 
fertiges  Vorbild;  da  gibt  es  aber  auch  allerlei  kurzfüssige  Uebergangsformen,  z.  B.  auf  A,  a, 
4,  5,  6,  10,  B,  a,  2,  16,  17.  Nichts  zwingt  vms  also  mit  Geitler  (a.  a.  0.  91)  nach  Bulgarien 
zu  wandern,  lun  das  später  übliche  kroatische  a  zu  erklären. 

<  l.  c,  8.  164. 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  35 


I 


Das  älteste  glagolitische  3  ist  in  der  Regel  zweimal  durchstrichen,  das  spätere  kroatische 
entweder  nur  einmal  oder  gar  nicht.  Ganz  willkürlich  und  im  Widerspruch  mit  den  That- 
sachen  wollte  Geitler  das  einmal  durchstrichene  zum  ältesten  Typus  des  Buchstaben  stem- 
peln. Nun  bieten  aber  unsere  Blätter,  trotz  ihres  runden  Charakters,  das  einmal  durch- 
strichene Zeiclien  als  das  Vorbild  für  das  gewöhnliche  Kroatische.  Hier  sei  noch  des 
Zeichens  3€  gedacht,  das  ich  auf  A,  b,  Z.  11  zu  sehen  glaube,  der  Ligatur  zweier  3  zu 
einer  eigenthündichen  Figur  3€,  die  selbst  in  dem  gedruckten  Missale  vom  Jahre  1483  öfters 
vorkommt.  Ich  fand  es  (die  Blätternach  dem  Petersburger  Exemplar  gezählt)  auf  fol.  197  b : 
KHiuHK  Krtro;i,-kTH,  auf  fol.  201b:  h  ckc3€  pocH  oKpon/WHHiiM'.  Geitler  hatte  Reclit  (S.  69),  dass 
diese  Ligatur  von  dem  Nasalzeichen  se   ganz  verschieden  ist. 

S  S  B 

Für  das  glagolitische  ii  kommt  auf  unseren  Blättern  nicht  blos  das  runde,  wie  eine 
arabische  8  aussehende  Zeichen  vor,  sondern  auf  Bl.  A,  a,  16  schon  das  spätere  länglich- 
sclmiale,  oben  und  unten  eckige,  in  der  Mitte  nur  massig  eingebogene.  Also  schon  wieder 
zwei  Typen  auf  demselben  Denkmal  vereinigt,  deren  zweiten,  den  eckigen,  die  spätere 
Schrift  vorg'ezooren  hat. 

Ä  t  I  ' 

Das  zweite  in  der  späteren  kroatischen  Glagolitza  immer  mehr  aus  dem  Gebrauch  konmiende 
glagolitische  Zeichen  für  l  sieht  man  noch  auf  Blatt  B,  b,  8  (und  in  Spui-en  auf  A,  b,  16). 
Die  oberen  Bestandtheile  des  Buchstaben  sind  hier  noch  gerundet,  während  sie  in  der  spä- 
teren Schrift  eckige  Form  bekommen.  Eckig  sieht  dieser  Theil  des  Buchstaben  auch  schon 
in  dem  Achrider  Fragment  (bei  Geitler  auf  der  zweiten  Tafel)  aus.  Das  untere  Dreieck  ist 
bei  uns  stark  entwickelt,  während  es  im  mis.  kuk.  (das  Facsimile  bei  Geitler)  sehr  schmal 
aussieht.  Unzweifelhaft  kann  dieses  Zeiclien  als  ein  Kriterium  bei  der  Altersbestimmung 
verwerthet  werden.  Nur  in  den  älteren  Denkmälern  der  kroatischen  Glagolitza  kommt  es 
noch  als  selbstständiger  Buchstabe,  als  Initiale,  vor,  z.  B.  auf  Blatt  271,  welches  dem  mis. 
nov.  ganz  am  Ende  nur  angebunden  ist,  ohne  ursprünglich  dazu  zu  gehören  (s.  oben  S.  34), 
sieht  man  in  dieser  Weise,  als  Initiale,  den  Buchstaben  zehnmal  angewendet;  auf  dem 
Blatte  1,  in  gleicher  Weise  vorn  angebunden  an  mis.  nov.,  ohne  dazu  zu  geh(3ren,  kommt 
es  zweimal  vor.  Dagegen  im  mis.  nov.  herrscht  durchgehends  das  andere  glagolitisclie  Zei- 
clien fi  und  das  'S  ist  beschränkt  auf  den  Gebrauch  in  den  Ligaturen,  als  hjk  und  ha. 

Eine  merkwürdige  Analogie  zu  dem  bisher  nur  in  einigen  kroatischen  Inschriften 
Veglias  nachgewiesenen  Zeichen  i  in  der  Bedeutung  des  Lautes  i  bieten  jetzt  unsere 
Blätter,  wo  i  zweimal  vertreten  ist:  in  a-sw-fa».  B,  a,  12  und  in  iMb  ib.  15.  Die  Combi- 
nationen  Geitlers  Uljer  den  angeblich  albanesischen  Ursprung  dieses  Zeichens  haben  für 
mich  auch  jetzt  noch  nichts  Ueberzeugendes  (1.  c.  S.  80),  mir  erscheint  noch  immer'  als  das 
Wahrscheinlichste,  dass  dieses  Zeichen  ein  Eindringling  aus  der  lateinischen  Schrift  ist,  der, 
vielleicht   als  eine  Kürzung   des  •?  aufgefasst,    dieses    ersetzte.     Dass    gerade    aus    diesem    i 


'  Vergl.  Archiv  für  slavische  Pliilolorrie  VII,  4.54. 

5* 


36  n.  Abhandlung  :    V.  Jagiö. 

{=  i)  jene  spflter  allgemein  verbreitete  Function  des  i  (als  Zeichen  für  k)  hervorgegangen  sein 
sollte,  wie  Geitler  meinte,  der  von  einer  Umstempelung  sprach,  das  klingt  in  hohem  Grade 
unwahrscheinlich.  Abgesehen  von  der  Bedeutungsverschiedenheit  ist  noch  das  sehr  seltene 
und  nur  zut^Uige  Vorkommen  des  i  als  i  in  Betracht  zu  ziehen.  Hätte  i  als  i  in  einer 
gewissen  Periode  des  glagolitischen  Schrifttlumis  sich  allgemeine  Geltung  verschajffen  können, 
so  wtirde  es  a)  nicht  so  leicht  sich  verdrängen  lassen  und  b)  nicht  die  Bedeutung  gewechselt 
haben.  Ich  glaube  aber  jetzt  gerade  durch  unsere  Fragmente  auf  die  richtige  Fährte  ge- 
kommen zu  sein,  um  die  Entstehung  des  gewöhnlichen  i  als  Halbvocals  erklären  zu  können. 
Es  ist  walu'scheinlich  nichts  weiter  als  eine  Versteifung  und  Verlängerung  des  in  das  Niveau  der 
gewöhnlichen  Buchstaben  eingereihten  Zeichens  t.  Man  beachte  den  Umstand,  dass  dieses 
Zeichen  nicht  immer  die  volle  Höhe  des  Buchstaben  erreicht,  als  ein  ganzes  i,  sondern  zuweilen 
auch  wie  t  (also  wie  die  obere  Hälfte  des  ganzen  t)  aussieht.  Darin  hat  sicli  wohl  die 
Erinnerung  an  den  Ursprung  des  Buchstaben  (aus  dem  steifen  j)  erhalten.  Ich  nehme 
daher  meine  früher  im  Archiv  VII,  455,  ausgesprochene  Vemuithung  zurück  und  halte  jetzt 
an  der  schon  in  der  russisch  geschriebenen  Abhandlung  (^lexLipe  cTaTBii,  S.  131)  vom  Jahre 
1884  versuchsweise  gegebenen  Deutung  fest. 

9 

Das  Zeichen  für  o  kann  mit  vollem  Recht  als  eine  Uebergangsform  bezeichnet  werden. 
Die  beiden  Schlingen  des  Buchstaben  sind  auf  unseren  Blättern  noch  immer  rund  oder 
oval,  aber  der  Vex-binduugsstrich  sieht  nicht  mehr  bogenartig  aus,  sondern  fällt  meistens 
senkrecht  lieral).  Aehnliche  Figur  dieses  Buchstaben  findet  man  im  Fragment  Mihanovic 
und  in  dem  Laibacher  Homiliarium. 


9^        9a-         a^        $ 


Bezeichnend  ist  die  Figur  des  Buchstaben  oy,  auch  hier  liegt  schon  das  fertige  Vor- 
bild des  späteren  kroatischen  Zeichens  vor.  Von  einer  abgesonderten  Stellung  zweier  83, 
wie  sie  in  den  Kijewer  Blättern  und  Prager  Fragmenten  die  Regel  bildet,  findet  man  hier 
keine  Spur,  die  beiden  Bestandtheile  sind  schon  zusammengeschweisst  in  eine  einheitliche 
Figur.  Die  einstige  Selbstständigkeit  derselben  ist  allerdings  einigermassen  noch  sichtbar, 
namentlich  in  der  ersten  Hälfte  tritt  das  ursprüngliche  3  deutlich  hervor,  während  in  der 
späteren  Gestaltung  des  Buchstaben  der  Rücken  dieses  ersten  Bestandtheiles  geradlinig 
aussieht.  Eine  solche  Form  des  liuclistaben,  wie  sie  hier  erscheint,  kehrt  dann  und  wann 
noch  in  den  ältesten  eckigen  Denkmälern  der  glagolitischen  Schrift  wieder  (Fragm.  mis. 
kuk.,  Theklafragm.,  Hom.  lab.);  sie  ist  aber  auch  schon  in  eniigeu  macedo-bulgarisclien 
Denkmälern  vorhanden,  z.  B.  im  Achrider  Evangelienfragment,  im  Eucholog.  und  Psalt. 
sinait.  Fflr  wesentlich  halte  ich  bei  diesen  Buchstaben  nicht  die  geringere  oder  stäi-kere 
Zusammenrückung,  sondern  die  vollständige  Bewahrung  der  wahren  Gestalt  beider  Bestand- 
theile, die  man  namentlich  daran  beobachten  kann,  ob  der  zweite,  angelehnte  Theil  gleich- 
falls die  beiden  Schlingen  noch  deutlich  erkennen  lässt  oder  nicht;  auf  unseren  Blättern 
und  in  den  tlbrigen  kroatischen,  soAvie  in  den  vorerwähnten  macedo-bulgarischen  Denk- 
mälern ist  das  nicht  mehr  der  Fall,  der  zweite  Theil  der  Buchstaben  sieht  da  Avie  e,,  nicht 
wie  a  aus. 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  37 


yo  ^ 


Das  Zeichen  für  w  ist  auf  unseren  Blättern  sehr  beachtenswerth,  es  hat  sich  in  der 
alten  Figur  p-  erhalten,  deren  oberer  Theil  noch  nicht  eine  compacte  trapezfönnige  Gestalt 
angenommen  hat,  wie  das  in  den  kroatischen  Denkmälern  des  eckigen  Typus  der  Fall  ist, 
sondern  aus  zwei  abgesonderten,  fast  wie  ein  ro  aussehenden  Elementen  besteht.  Diese 
Figur  nun  ist  gerade  den  ältesten  Denkmälern  eigen,  wird  aber  schon  in  dem  Achrid. 
Evangelien-Fragment,  in  dem  Mihanovic'schen  Fragment,  im  Abecenar.  bulgar.  durch  die 
andere,  an  das  spätere  kroatische  mehr  erinnernde  Zeichen  ersetzt. 


°8 


'tQ 


off 


Das  charakteristischeste  Merkmal  unserer  Blätter  in  paläographischer  Hinsicht  ist  ihr 
rO,  neben  welchem,  \A-ie  bereits  gesagt  worden,  keine  Spur  des  späteren  kroatischen  i  zu 
finden  ist.  Auf  diesem  graphischen  Standpunkt  sehen  wir  zunächst  das  Fragment  Mihanovi(!;, 
doch  ist  sein  /ff  bedeutend  eckiger  und  links  hinausragend  zeigt  es  nicht  eine  Schlinge, 
sondern  einen  nagelartigen  Kopf,  beruht  also  nicht  auf  dem  älteren  «,  sondern  auf  fl. 
Zum  .Mihanovic'schen  Typus  stimmt  stellenweise  das  Zeichen,  welches  für  diesen  Buch- 
staben in  den  späteren  Bestandtheilen  des  Zographus  zu  sehen  ist,  während  auf  der  drei- 
zeiligen  Interpretation  des  sinait.  Psalters  (nach  Geitler  a.  a.  O.  S.  85)  das  gleiche  Zeichen 
schon  mit  der  Schlinge  versehen  ist,  also  ein  «  voraussetzt.  Der  ellipsenartige  Körper  des 
Buchstaben  begegnet  schon  in  einigen  späteren  macedo-bulgarischen  Denkmälern  (z.  B.  auf 
Achrid.  Fragm.)  und  ferner  auf  einer  Inschrift  in  Veglia  (vergl.  Geitler  a.  a.  0.  S.  85).  Der 
Grundsatz,  den  betreffenden  Vocal  (es  werden  nicht  mehr  zwei  unterschieden)  durch  -8 
wiederzugeben,  kommt  auch  im  Prager  Fragment  II  und  in  dem  späteren  Zusatz  der 
Kijewer  Blätter  zur  Geltung.  Das  in  den  ki'oatischen  Denkmälern  eckiger  Schrift  neben  i 
gebrauchte  Zeichen,  welches,  wie  wir  bereits  sagten,  seit  Safafik  als  Kriterium  des  hohen 
Alters  angesehen  wird,  beruht  unzweifelhaft  auf  einer  Umgestaltung  dieser  Figur:  aus  der 
Ellipse  machte  man  ein  Viereck,  der  Schlinge  gab  man  ebenfalls  ein  viereckiges  Aussehen^ 
zuweilen  senkt  sich  dieser  links  hinausragende  Theil  bis  an  den  Fuss  der  Buchstaben  und 
■n-ird  mit  dem  viereckigen  Körper  innig  verknüpft  £ß_.  Auf  unseren  Blättern  gehört  der 
Buchstabe  noch  zu  den  entschieden  runden  Typen.  Das  merkwürdig  starke  Herausragen 
der  Schlinge  nach  links  erinnert  an  die  Gestalt  des  Buchstaben  im  Abecenarium  bulgaricum, 
an  die  Kijewer  Fragmente  imd  Prager  Blätter,  zum  Theil  an  die  Achrider  Evangelien-Frag- 
mente, an  die  glagolitischen  Buchstaben  des  Bologner  Psalters  u.  a. 

Als  Stellvertreter  des  einzigen  Halbvocales  r«  figurirt  ein  Zeichen  t,  welches  sich  nicht 
an  die  üblichen  Spiritus  asper  oder  lenis  anschliesst,  sondern  ein  eckiges  Aussehen  hat,  un- 
gefähr wie  T. 

A 

Das  Zeichen  für  -k  bietet  keinen  Anlass  zu  besonderen  Bemerkungen,  der  Buchstabe 
ist  nach  der  Gestalt,  die  er  auf  unseren  Blättern  hat,  oben  etwas  breit  abgestumpft,  was 
auch  sonst  recht  liänfig  vorzukommen  pflegt. 

Das  Omega  ist  auf  unseren  Blättern  eben  so  wie  das  Ypsilon  unvertreten  geblieben. 
Die  Präposition  ot-r  wird  immer  durch  o  mit  einem  fast  in  gleicher  Grösse  überschrie- 
benen  t  ausgedrückt. 


38  n.  Abhandlung  :    V.  Jagiö. 

2.    Zeichen  für  Consonante. 
V  QJ3  Ä       —       odOI]  Cftl  Ob 

Von  den  Consonanten  haben  den  eclitrunden  Typus  vor  allem  die  Buchstaben  v  und  a 
bewahrt.  Die  schön  gestalteten  Rundungen  dieser  Buchstaben  sind  mit  spitzförmigem 
Bogen  (besonders  stark  bemerkbar  bei  ,-j^  auf  Blatt  B,  a,  12)  verbunden.  Der  Tyjms 
dieser  Buchstaben  auf  unseren  Blättern  überragt  jenen  des  Mihanovic 'sehen  Fragments  und 
der  eingeschalteten  Zographusblätter,  was  die  Rundung  betrifft.  In  kroatischen  Denkmälern 
späterer  Zeit  wrd  a  ganz  eckig,  allein  in  den  ältesten  derselben  ist  die  rechte  Hälfte  der 
Buchstaben  noch  immer  fast  so  hoch,  wie  die  linke,  so  dass  der  Unterschied  zwischen 
X  und  T  (ih  imd  ot)  ein  minimaler  ist.  (Vergleiche  Fragm.  mis.  kiik.  oder  Hom.  lab.,  wo 
man  noch  die  bogenförmige  Verbindung  beider  Vierecke  sehen  kann).  In  späterer  Gestaltung 
sinkt  das  rechte  Viereck  des  Buchstaben   bis  zur  halben  Höhe  des  linken  herab. 

Der  Kopf  und  der  Schweif  dieses  Buchstaben  sind  gerundet,  wie  noch  im  hom.  lab., 
der  Schweif  erstreckt  sich  zuweilen  sehr  weit  nach  rechts,  steckt  nicht  so  tief  unter  dem 
Kopf,  wie  z.  B.  auf  dem  später  geschriebenen  Blatt  der  Kijewer  Fragmente  oder  im  Assem. 
Sonst  bietet  die  Gestalt  dieses  Buchstaben   nichts  bezeichnendes. 


Die  erste,  linke  Hälfte  des  Buchstaben  »>  ist  oval,  wie  der  Hauptkörper  bei  »e  (vergl. 
A,  a,  2,  13,  B,  a,  5,  B,  b,  8). 

h 

Auffallend  gross  ist  «>,  die  nach  links  geneigte  Hauptlinie  ist  oben  imd  zum  Tlieil  auch 
unten  abgegrenzt  durch  einen  feinen  horizontalen  Strich,  sie  reicht  zuweilen  (A,  a  7)  selbst 
bis  unter  das  Niveau  der  Linie  und  die  Schlinge  erstreckt  sich  in  ziemlich  horizontaler 
Richtung  nach  rechts,  ohne  jedoch  die  Basis  der  Hauptlinie  zu  berühren.  Mit  dem  horizon- 
talen Strich  ist  die  Hauptlinie  dieses  Buchstaben  auch  sonst  versehen,  z.  B.  im  Achrider 
Evangelienfragment,  in  dem  Prager  Fragment  und  in  den  späteren  kroatischen  Texten,  so 
im  Fragm.  mis.  kuk.,  Hom.  lab. 

Sehr  auffallend  ist  die  Figur  des  as  und  merkwürdig  wegen  der  Uebereinstimmung  mit 
der  Gestalt,  die  derselbe  Buclistabe  auf  der  grossen  Bagka-Insclirift  zeigt.  Diese  Ueberein- 
stimmung beschränkt  sich  allerdings  hauptsächlich  auf  die  Hörnchen,  die  in  diesen  zwei 
Denkmälern,  ganz  getrennt  von  einander,  parallel  in  die  Höhe  emporragen,  während  sie 
sonst  überall  von  einem  spitzen  Winkel  aus  in  divergirender  Richtung  auseinandergehen. 
Die  beiden  Striche,  die  ich  Hörnchen  des  Buchstaben  genannt  habe,  stehen  auf  unseren 
Blättern  weit  auseinander  als  immittelbare  Verlängerung  der  beiden  inneren  Seiten  der 
Untertlieile.  Je  isolirter  sonst  dieser  Typus  des  Buchstaben  ist,  da  ilnn  die  übrigen  bekannten 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente.  89 

Denkmäler  nichts  entsprechendes  zur  Seite  stellen,  um  so  erwünschter  konunt  uns  die 
Parallele  auf  einem  Denkmal,  mag  es  auch  eine  Inschrift  sein,  auf  heimatlichem  Boden. 
Das  Psalterium  Sinaiticum  zeigt  eine  kleine  Aehnlichkeit,  insofern  auch  dort  die  Hörnchen 
zunächst  getrennt  von  einander,  aber  parallel  emporstreben,  doch  später  biegen  sie  nach 
rechts  und  links  ab. 


A 


nf 


Die  Figur  des  Buchstaben  t  gleicht  auf  unseren  Blättern  entschieden  dem  alten  und 
nicht  dem  späteren  kroatischen  Typus.  Das  bezeichnende  Merkmal  besteht  darin,  dass  später 
der  Oberkörper  aus  drei  parallel  laufenden  senkrechten  Säulen  gebildet  wurde,  deren  äusserste 
(rechte)  oben  mit  einer  Schlinge  versehen  ist  und  wie  ein  lateinisches  P  aussieht.  Die  untere 
Schweifung  dieser  Schlinge  reichte  in  älteren  Denkmälern  nur  bis  zur  mittleren  Säule  (so 
im  miss.  nov.  und  auch  schon  im  Fragm.  miss.  kuk.),  in  späteren  (z.  B.  in  der  edit.  1483) 
umschlingt  sie  bandartig  alle  drei  Säulen.  Ausserdem  waren  in  älteren  Texten  von  den  drei 
Säulen  die  erstell  zwei  (die  linke  und  die  mittlere)  oben  durch  horizontalen  Strich  verbunden, 
die  dritte  stand  frei;  in  späteren  Texten  (z.  B.  edit.  1483)  sind  alle  drei  nach  oben  offen 
und  frei.  Dass  die  erste  Art  der  Zeichnung  dieses  Buchstaben  die  ältere  ist,  das  zeigt  die 
andere  Gestalt  dieses  Buchstaben,  die  in  den  ältesten  macedo-bidgarischen  Denkmälern  und 
auch  auf  unseren  Blättern  vertreten  ist.  In  diesen  älteren  Denkmälern  kommen  nändich 
neben  dem  P  nicht  noch  zwei  gleich  hohe  Säulen  vor.  sondern  nur  links  zu  Fuss  jener 
wie  P  aussehenden  Bestandtheile  sieht  man  einen  kleinen  mit  horizontalem  Strich  gleich- 
sam angebu.ndenen  Kreis,  oder  statt  des  vollständig  geschlossenen  Kreises  (wie  z.  B.  in  glag. 
cloz.)  ist  dieses  Anhängsel  noch  viel  häufiger  nach  unten  offen,  so  dass  es  zuweilen  nicht  das 
Aussehen  eines  umgestürzten  gewölbten  Bechers  hat.  sondern  spitzig  ist,  einer  kleinen  Pira- 
mide  ähnlich.  Die  letztere  Abart,  die  man  gelegentlich  auch  im  Assem.  beobachten  kann, 
ist  auf  unseren  Blättern  vertreten.  Auf  unserem  Blatt  (II,  A,  Z.  7)  sieht  nämlich  der  eine 
Bestandtheil  des  Buchstaben  AAae  ein  kleines  umgestürztes  a  aus,  das  an  ein  etwas  höheres 
rechts  stehendes  P  durch  einen  kleinen  Strich  gebunden  ist. 


Beim  Buchstaben  k  unterscheidet  man  im  Glagolitischen  zwei  Typen.  Der  eine  von 
ihnen,  den  man  füglich  als  den  älteren  ansehen  kann,  zerfällt  in  zwei  von  einander  getrennte 
Theile:  eine  dreimal  gebrochene  Linie  bildet  den  Hauptkörper  des  Buchstaben,  zur  linken 
Seite  des  dritten  Stücks  dieser  Linie  geht  parallel  laufend  mit  diesem  eine  kleine  Linie,  die 
sich  in  der  Regel  mit  jenem  Hauptkörper  gar  nicht  verbindet.  So  sieht  der  Buchstabe  in 
den  ältesten  Denkmälern  aus,  z.  B.  assem.,  zogr.,  mar.,  kijew.  Der  untere  Strich  kann  mit 
der  gebrochenen  Linie  zu  einem  Ganzen  verbunden  sein,  wie  es  zuweil  im  glag.  cloz.  (a.  a.  0. 
S.  123),  namentlich  in  den  Ueberschriften,  der  Fall  ist.  Jener  untere  vollständige  Strich 
kann  bei  kleineren  Schriftzügen,  dann  und  wann,  zu  einem  eckigen  Pvmkt  zusammen- 
schrumpfen, wie  im  Sin.  psalt.,  im  Prager  Fragment  und  Fragment  Mihanoviö.  Es  kann 
aber  auch  jede  Spur  desselben  versch^vinden  —  und  das  ist  der  zweite  Haupttypus  des 
Buchstaben,  der  in  allen  kroatischen  Texten  regelmässig  zum  Vorschein  kommt,  selbst  die 
ältesten  Denkmäler  der  eckigen  Schrift,  Fragm.  miss.  kuk.  oder  hom.  lab.  nicht  ausgenommen. 
Bisher  hatte  es  einen  Anschein  der  Berechtigung,  den  ersten  Typus  ,bulgarisch',  den  zweiten 


40  H.  Abhandlung  :    V.  Jagii'. 

.kroatisch'  zu  neunen.  So  ungefähr  stellte  sich  Geitler  die  Sache  vor  (vergleiche  a.  a.  0. 
S.  123).  Nuu  legt  sich  auch  hier  unser  Fragment  ins  Mittel  und  zeigt,  dass  auf  dem  kroatischen 
Boden  beide  Typen,  sowohl  der  altere  wie  der  jüngere,  vertreten  waren.  Auf  unseren  Blättern  ist 
!>  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  entschieden  mit  einem  punktartigen  Strichlein  versehen,  so  B,  a,  2 
!>8A«,  ib.  5  vAi-8,  ib.  7  ^A+<'AP'(ro',  ib.  15  t-  welches  über  imk  steht,  B,  b,  1  am.  Aber  auch  ohne 
Pimkt  scheint  ^  vorzukommen:  A,  a,  12  As-a,  A,  b,  10  3%8^3M.e,  ib.  14  .'■v+m«,  B,  a,  3  f-e^A«, 
B,  b,  5  !>bAf^'8.  Es  ist  allerdings  die  Annahme  nicht  ausgeschlossen,  dass  in  den  zuletzt 
angeftihrten  Stellen  der  Punkt  bei  :■  verwischt  worden  ist,  weil  er  ja  auch  dort,  wo  ich 
ihn  als  vorhanden  annehme,  sehr  klein  aussieht  und  einige  Male  so  sehr  abseits  steht,  dass 
mau  sogar  im  Zweifel  sein  kann,  ob  jener  Punkt  wirklich  zu  dem  Buchstaben  ^  gehört. 
AUein  selbst  angenommen,  dass  auf  unseren  Blättern  an  allen  Stellen  .■■  mit  einem  Punkt 
versehen  war,  auch  da  erklärt  gerade  die  Geringfügigkeit  dieses  Punktes  den  weiteren 
Scliritt  der  Graphik  —  nämlich  seinen  völligen  Schwund. 

cß)       A       A       dfi       rfb 

Schon  in  der  runden  Glagolitza  finden  sich  zwei  Arten  des  Buchstaben  a.  Im  Assem. 
ev.  besteht  die  Figur  aus  drei  runden  in  ein  ganzes  Bild  verbundenen  Schlingen;  eben  so  im 
Cod.  mar.  Schon  im  Sin.  psalt.  Avird  die  obere  Schlinge  massig  eckig.  Auf  dieser  Modifi- 
cation  beruht  dann  die  weitere  Versteifung  des  Buchstaben  bis  zur  gewölmliclien  kroatischen 
Gestalt  desselben,  in  welcher  auch  die  unteren  Theile  eckig  sind,  so  dass  das  ganze 
Bild  eine  Verbindung  von  drei  Vierecken  darstellt.  Eine  zweite  Art  desselben  Buchstaben, 
die  auch  schon  in  den  ältesten  Denkmälern  vertreten  ist,  besteht  darin,  dass  die  obere  Run- 
dung über  den  beiden  unteren,  mit  einem  horizontalen  Strich  vei'bundenen  Schlingen  sich 
wie  auf  einen  ausgestreckten  Hals  emporhebt.  Das  musste  namentlich  in  den  Ueberschriften, 
wo  A  als  Majuskel  geschrieben  wurde,  stark  hervortreten  (vergleiche  a  als  Majuskel  auf  dem 
Facsimile  zu  meiner  Ausgabe  des  Cod.  Marianus).  Nur  selten  blieb  bei  dieser  Emjjor- 
streckung  des  oberen  Theiles  die  Lage  des  Kreises  central  en  face  (wie  im  Cod.  Mar.);  in 
der  Regel  ist  da  das  Köpfchen  nach  links  oder  (seltener)  nach  rechts  gewendet,  sieht  gleich- 
sam en  profil  aus  (man  vergleiche  das  in  der  Ueberschrift  stehende  a  im  Facsiinile  meiner 
Ausgabe  des  Cod.  Zographensis  oder  im  Glag.  Cloz.  bei  Kopitar,  hier  rechts  blickend).  Dieses 
gibt  dem  Buchstaben  ein  etwas  verändertes  Aussehen,  bei  Minuskeln  allerdings  kaum  be- 
merkbar, wenn  nicht  alle  Einzelheiten  scharf  ins  Auge  gefasst  werden.  Und  doch  beruht 
selbst  in  der  Minuskelschrit't  des  Cod.  Zogr.  das  a  auf  der  letzten,  profilartigen  Stellung  des 
Köpfchens;  desgleichen  die  Figur  des  gewöhnlichen  a  im  Psalt.  Sinait.  und  auf  dem  zweiten 
Prager  Fragmente.  Ins  Eckige  umgestaltet,  muss  ein  solches  a  ebenfalls  etwas  anders  aus- 
sehen, als  das  aus  der  ersten  Abart  ins  Eckige  umgeprägte  a,  d.  h.  statt  eines  viereckigen 
Aufsatzes,  der  sich  über  den  beiden  länglichen  Vierecken  erhebt,  kann  das  nach  links  hin- 
blickende Köpfchen,  ins  Eckige  übertragen,  nur  ein  auf  die  Spitze  gestelltes  Dreieck  bilden. 
Das  ist  auch  in  der  Tliat  der  Fall.  Man  vergleiche  die  Figur  dieses  Buchstaben  im  hom. 
lab.  nach  dem  Facsimile  bei  Geitler  oder  auf  dem  zweiten  Prager  Fragment.  Auch  auf  dem 
ersten,  dem  Miss.  Nov.  angehängten  Blatt  findet  man  ein  solches  a  öfters.  Auf  imseren 
Blättern  sind  beide  Arten  des  a  vertreten.  Einerseits  findet  man  schon  die  stark  ins  Eckige 
umschlagende  Gestalt  des  Biichstaben  als  Prototyp  des  später  allgemein  üblichen  kroatischen 


Glagolitica.    WCedigung  nkuentdeckter  Fragmente.  41 

Zeichens  (vergleiche  A,  a,  3,  8,  12,  13,  14,  18  u.  s.  av,);  andererseits  begegnet  auch  noch  die 
andere  Figur,  wo  auf  der  Unterlage  ein  birnenartiger  Aufsatz  liegt,  mit  seinem  dünneren 
Ende  nach  unten  gekehrt  (vergleiche  A,  a,  13,  B,  a,  3,  4,  7,  8  u.  s.  w.). 

Am  entschiedensten  prägt  sich  der  ,kroatische'  Charakter  der  Schrift  unserer  Blätter 
in  dem  Buchstaben  m  aus.  Dieser  wird  in  selbstständiger  Stellung,  also  ohne  Ligatur  mit 
einem  anderen  Buchstaben,  immer  in  der  auch  in  allen  Denkmälern  eckiger  Schrift  con- 
sequent  beobachteten  Gestalt  als  m  geschrieben.  So  auch  in  dem  Fragment  Mihanovid's. 
Geitler  hat  dasselbe  Zeichen  auch  im  Sinait.  psalt.  zweimal  constatirt  (a.  a.  O.  S.  108),  allein 
desswegen  seinen  Ursprung  auf  den  macedonischen  Boden  versetzen  wollen  —  dazu  fehlt 
uns  jeder  Grund.  Ich  habe  bereits  anderswo  die  Sache  so  aufgefasst,  dass  ich  von  einem 
lateinischen  Eindringling  sprach.  Ich  halte  auch  jetzt  mit  aller  Entschiedenheit  daran  fest. 
Zum  Beweis,  dass  der  Zusammenhang  dieses  Buchstaben  mit  der  lateinischen  Schrift  gefühlt 
wurde,  möge  die  Thatsache  dienen,  dass  in  recht  alten  kroatischen  Denkmälern  das  ge- 
wöhnliche itt  dann  vmd  wann  zu  444  der  Fractur  werden  konnte.  Ich  fand  solche  m  einige 
Male  in  den  beiden  an  das  Missale  Novaks  angebundenen  Blättern. 

Unsere  Blätter  kennen  auch  die  ältere,  mit  vier  Schlingen  versehene  Figur  des  Buchstaben 
(M,  nändich  ?s,  sowohl  als  Initiale  wie  auch  im  Texte,  aber  immer  nur  in  der  Ligatur.  So  ist 
zweimal  a\ui  derart  verbunden  (A,  a,  10,  B,  a,  1 2),  dann  am  in  der  Ueberschrift  anÄM  (A,  a,  10), 
und  öfters  im  Texte:  anA/wa  (A,  b,  6),  tpcÄM'k  ib.,  oder  ma:  mahmk  (A,  a  7,  B,  a  13,  B,  b,  11), 
MAHTBdMH  (A,  a,  9,  14,  B,  a,  10),  ho/mao^h  (B,  a,  12).  Einmal  wurden  drei  Consonanten  mar 
in  ein  Monogramm  vereinigt,  dessen  Hauptbestandtheil  das  geschlungene  a\  bildet  (B,  a,  3). 
Die  Figur  des  Buchstaben  ist  in  allen  diesen  Ligaturen  so  geschrieben,  dass  die  vier 
Schlingen  noch  rund  aussehen  und  die  oberen  zwei  etwas  enger  zu  einander  gespannt  sind 
(durch  einen  horizontalen  Strich)  als  die  weit  auseinander  gehenden  unteren  Schlingen, 
deren  Verbindungslinie  meistens  bogenförmig,  wie  bei  a,  aussieht;  immer  jedoch  wird  das 
obere  Schlingenpaar  mit  dem  unteren  durch  eine  kurze  senkrechte  Linie  verbunden. 
Vergleicht  man  damit  die  Figur  dieses  Buchstaben  in  anderen  alten  Denkmälern,  so  wird 
man  bemerken,  dass  z.  B.  im  Assem.  das  obere  Paar  der  Kreise  (oder  Schlingen)  breiter 
auseinandersteht  als  das  untere,  und  dass  die  senkrechte  Verbindungslinie  fehlt,  vielmehr 
ein  Knotenpimkt  da  ist,  indem  der  Bogen  des  unteren  Paares  der  Kreise  (oder  Schlingen) 
bis  an  die  obere  horizontale  Linie  reicht.  Fast  ebenso  sieht  der  Buchstabe  im  Cod. 
Mar.  aus,  doch  eine  kurze  Verbindungslinie  ist  schon  da,  eben  so  im  Achrid.  Fragm., 
Zograph.  b.,  noch  deutlicher  in  den  Kijewer  und  Prager  Fragmenten.  Schon  in  den  ältesten 
Fragmenten  der  eckigen  Schrift  (Fragm.  miss.  kuk.,  hom.  lab.)  wurden  die  einstigen  Schhngen 
oder  Kreise  zu  kleinen  Vierecken,  und  zwar  reichen  die  unteren  zwei  Vierecke  an  die  oberen, 
so  dass  das  Ganze  eine  compacte,  gleichsam  aus  mehreren  Würfeln  aufgebaute  Figur  dar- 
stellt: für  die  Ligatur  ml:    ifl?,    oder  für  mz:    ^    u.  s.  w. 

Dennoch  fand  ich  in  den  beiden  an  das  Missale  Novaks  angebundenen  Blättern  (Blatt 
1  und  271)  noch  die  ältere  Gestalt  dieses  Buchstaben:  die  Schlingen  sind  schon  zwar  zu  kleinen 
Vierecken  versteift,  allein  das  obere  Paar  der  Vierecke  steht  noch  frei  von  dem  unteren  und 
es  verbindet  sie  der  wohl  bekannte  senkrechte  Strich.   Ein  neuer  Beweis  von  der  allmäligen 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXTIII.  Bd.    II.  Al>h.  6 


42  II.  Abhandlung:    V.  Jaoic.  . 

Veränderung  der  einzelnen  Buchstaben  auf  dem  Gebiete  der  kroatischen  Glagohtza.  Es  ist 
Schade,  dass  Geitler  jene  zwei  Blätter  nicht  beachtet  hat,  es  war  aus  ihnen  so  manches  zur 
besseren  Einsicht  zu  schöpfen. 

S'  d*  ^  V 

Beim  Buchstaben  h  (-P)  sind  auf  unseren  Blättern  die  alten  Züge  noch  deutlich  erkennbar, 
die  Rundung  eines  lateinischen  P  verlängert  ihren  unteren  Theil  in  gerader  Linie  über  die 
Grimdsäule  links  hinaus  und  schliesst  diese  wie  mit  einem  Knopf  ab.  Diese  Verlängerung 
tritt  stark  hervor,  wie  in  allen  älteren  glagolitischen  Denkmälern,  während  sie  in  den  spä- 
teren kroatischen  Texten  fast  oder  geradezu  ganz  verschwindet.  Im  Fragm.  mis.  kuk.  oder 
mis.  nov.  ist  kaum  noch  ein  ganz  dünner  kurzer  Strich  sichtbar,  im  hom.  lab.  oder  thecla- 
fragm.  schon  gar  nichts  mehr.  Auch  am  Fusse  des  Buchstaben  findet  man  einen  ähnlichen 
horizontalen  Strich. 


-P 


P 


In  ähnlicher  Weise  ist  bei  dem  Buchstaben  r  der  aus  der  Mitte  der  Säule  lieraus- 
ragende  kleine  Strich  bezeichnend,  da  auch  hier  die  späteren  glagolitischen  Texte  eckiger 
Schrift  (z.  B.  Fragment  mis.  kuk.,  hom.  lab.,  theclafragm.,  mis.  nov.)  diese  Verzierung  gänzlich 
aufgegeben  haben.    Unsere  Blätter  wahren  also  noch  den  älteren  Typus. 

Die  untere  Hälfte  des  Buchstaben  c,  soweit  er  nicht  einer  8  ganz  nahe  kommt,  be- 
steht auf  imseren  Blättern  aus  einem  Dreieck.  So  sieht  auch  in  allen  übrigen  alten  Denk- 
mälern dieser  Bestandtheil  aus.  Dagegen  hat  in  den  kroatischen  Texten  diese  Basis  des 
Buchstaben  die  Form  eines  Vierecks  angenommen,  und  zwar  schon  sehr  früh,  in  den  ältesten 
Repräsentanten  der  eckigen  Schrift. 

Pö  [IT]  UJ 

Die  beiden  Schenkel  des  glagolitischen  Buchstaben  m  sind  nach  unten  noch  meistens 
abgerundet  und  im  Ganzen  klein,  so  dass  sie  dann  und  wann  nicht  einmal  bis  zum  Grund 
der  Linie  reichen,  was  in  der  eckigen  Schrift  seit  jeher  der  Fall  war.  Dasselbe  gilt  für 
manches  ui  (vergleiche  A,  a,  6,  17,  A,  b,  4,  B,  a,  8,  15).  Man  erinnert  sich  dabei  der  kleinen 
Figur  dieser  Buchstaben  auf  den  Kijewer  Blättern.  Wenn  Geitler  erst  in  dem  verlängerten 
uj  und  OT  den  ,kroatischen'  Charakter  erblickt  (a.  a.  O.  S.  146),  so  beweisen  abermals  unsere 
Blätter,  dass  seine  Schlussfolgerung  übereilt  war. 

Bei  dem  Buchstaben  i^  finde  ich  die  obere  Oeffnung  der  gabellormigen  Gestalt  ent- 
schieden grösser  als  in  den  späteren  kroatischen  Texten. 

Der  runde  Charakter  unserer  Schriftzüge  hat  sich  selbst  bei  diesem  Buchstaben  nicht 
verläugnet,  insofern  der  Nabel  desselben  noch  nicht  viereckig  geworden,  sondern  oval  ge- 
l)heben  ist. 


Glagolitica.    Würdiguno  neuentdeckter  Fragmente.  43 

8.    Die  Ligaturen,  Zeichen,  Initialen. 

Der  paläograpliisclien  Eigentliümlichkeit  der  SchriftzUge  miiss  noch  die  besondere  Vor- 
liebe für  die  Ligaturen  benachbarter  Buchstaben  beigezählt  werden.  In  dieser  Hinsicht  ge- 
hören unsere  Blätter  ganz  entschieden  der  kroatischen  paläographischen  Schule  an.  Sel})st 
in  den  spätesten  glagolitischen  Texten  der  pannonisch-macedonischen  Redaction  findet  man 
nicht  so  häufig  und  so  sichtbar  das  Bestreben  nach  Verkettung  gemeinsamer  Bestandtheile 
zweier  benachbarter  Buchstaben,  wie  das  bei  allen  kroatischen  Texten  eckiger  Schrift  und 
auch  bei  unseren  Blättern  der  Fall  ist.  So  oft  sich  die  Lautgrujjpen  tv,  tr,  pr,  gd,  zd,  zl, 
pl,  ml,  gl,  vi,  sei  es  im  Anlaut  sei  es  im  Inlaut,  einstellen,  gleich  findet  auch  die  Ligatur  statt. 
Ich  habe  auf  unseren  zwei  Blättern,  so  weit  man  den  Text  lesen  kann,  nicht  weniger  als 
43  Ligaturen  gezählt.  Dieser  Hang  zur  Abkürzung  ist  bezeichnend,  er  steht  off"enbar  mit 
der  häiifigen  Anwendung  der  Schrift  im  Zusammenhang.  Die  anderen  uns  paläographisch 
bekannten  Denkmäler  des  runden  Typus  kennen  zwar  diese  Ligaturen  ebenfalls,  doch 
wenden  sie  dieselben  nur  massig  und  selten  an.  Nur  das  Fragment  Milianovi(j's  tritt  in 
diesem  Punkte  ganz  in  die  Fussstapfen  der  kroatischen  Denkmäler.  Um  die  Häufigkeit  der 
Ligaturen  in  Zahlen  auszudrücken,  bemerke  ich,  dass  ich  auf  einer  einzigen  Seite  des  mis. 
nov..  die  bei  Geitler  facsimilirt  ist,  55  Fälle  der  Ligatur  gezählt  habe. 

Auch  der  Apostroph,  d.  h.  das  den  ausgelassenen  oder  unbeachteten  Vocal  ^andeu- 
tende Zeichen,  verdient  mit  einem  Worte  hervorgehoben  zu  wei'den.  Es  sieht  entscliieden 
eckig  aus  und  gleicht  einigermassen  dem  Spiritus  lenis  der  griechischen  Minuskel  in  den 
Handschriften  des  X. — XI.  Jahrhunderts.  Ich  schliesse  aus  der  eckigen  Form,  die  sich  be- 
kanntlich auch  noch  in  den  Kijewer  Blättern  vorfindet,  auf  die  treue  Bewahrung  alter  Tra- 
dition. Diese  Thatsache  fällt  um  so  bedeutungsvoller  in  die  Wagschale,  als  ja  in  den  späteren 
kroatischen  Denkmälern,  trotz  ihrer  eckigen  Schrift,  gerade  dieses  Zeichen  nicht  mehr 
eckig,  sondern  rund  gebogen  aussieht.  Man  vergleiche  das  Facsimile  des  Laibacher  Ho- 
miliariums  bei  Geitler. 

Endlich  will  ich  noch  auf  die  merkwürdige  Uebereinstimmung  der  Initiale  V  .(B,  a, 
Z.  9 — 10)  mit  einer  gleichen  im  Glagolita  Clozianus.  die  bei  Kopitar  in  einem  Specimen 
abgebildet  ist,  hinweisen  und  den  nicht  bedeutungslosen  Umstand  hervorheben,  dass  auf 
unseren  Blättern  die  Ueberschriften  mit  gewöhnlicher  schwarzer  Tinte  geschrieben  und  nur 
zwischen  den  schwarzen  Umrissen  mit  Roth  übertüncht  sind.  Auch  das  ist  der  paläogra- 
phische  Usus  älterer  Handschriften,  die  in  der  Anwendung  des  Cinoberroths  sehr  massig 
vorgehen,  falls  sie  sich  nicht  ganz  desselben  enthalten.  Auch  jene  an  das  Missale  Novaks 
angebundenen  Blätter,  von  denen  schon  öfters  die  Rede  war,  befolgen  diese  Regel. 


6* 


44  II-  Abhandlung:    V.  Jaök^. 


Erster  Anhang. 


Bei  der  Wichtigkeit  des  glagolitischen  Textes  der  Kijewer  Blätter,  auf  den  ich  mich  so  oft 
im  Verlaufe  dieser  Abhandlung  berufen  musste,  wird  es  hoffentlich  Vielen  erwünscht  sein  einen 
getreuen  Abdruck  dieses  Denkmals  nebst  der  lateinischen  Uebersetzung  hier  zu  finden.  Bekannt- 
lich hat  dieses  Denkmal  mein  verstorbener  Freund  und  Gönner,  der  Akademiker  I.  I.  Srez- 
nevskij,  zuerst  gelegentlich  des  im  Jahre  1874  in  Kijew  abgehaltenen  Archäologen -Con- 
gresses  ans  Licht  gezogen  imd  einige  Jahre  später  (im  XV.  Bande  des  Cbophhkt>  OTjjßnieiiin 
pyccKaro  H3i>iKa  ii  cjigbcchocth,  C.  üeTepByprT.  1877)  in  glagolitischer  Urschrift  und  cyrillischer 
Transscription,  sanmit  seinen  Bemerkungen  herausgegeben.  Nicht  Vielen  wird  die  Ausgabe 
Sreznevskij's  zugänglich  sein,  sie  ist  auch  nicht  ganz  fehlerfrei.  Doch  nicht  diese  Gründe 
allein  bestimmen  mich  das  Denkmal  hier  von  neuem  herauszugeben,  sondern  vor  Allem  ist  der 
Wunsch  massgebend,  durch  die  lateinische  Uebersetzung  dieses  Bruchstück  eines  Missais,  das 
zu  recht  alten  liturgischen  Büchern  der  römischen  Kirche  zählt,  den  europäischen  Gelehrten, 
die  sich  um  die  Geschichte  der  Liturgie  des  christlichen  Orients  und  Occidents  interessiren, 
zugänglich  zu  machen.  Wie  ich  nämlich  überzeugt  bin,  dass  die  slavischen  Kirchenbücher 
der  orthodoxen  Kirche  für  die  Einsicht  in  die  noch  wenig  aufgehellten  Zustände  der  griechi- 
schen Liturgie  des  IX. — XL  Jahrliunderts  von  grosser  Wiclitigkeit  sind,  so  halte  ich  auch  diese 
beiden  Bruchstiicke  des  römischen  Missais  in  slavischer  Uebersetzung  für  beachtenswerth 
vom  allgemeineren  Standpunkte,  als  einen  zwar  kleinen,  aber  durch  das  Alter  hervorragenden 
Beitrag  zur  Geschichte  der  römischen  Liturgie  bei  den  Westslaven.  Zumal  die  Kijewer  Blätter, 
die  ich  spätestens  ins  XL  Jahrhundert  nach  ihrer  gegenwärtigen  Gestalt,  nach  ihrem  Ursprünge 
aber  ans  Ende  des  IX.  Jahrhundertes  setzen  möchte,  lenken  schon  dadurch  die  Aufmerksamkeit 
auf  sich,  dass  sie  nach  den  inneren  (sprachlichen)  Kriterien  des  Denkmals  auf  die  Länder  hin- 
weisen, wo  einst  der  Schauplatz  der  beiden  slavischen  Apostel,  des  Cyrill  und  Methodius, 
war.  Ich  habe  der  Erklärung  dieses  Denkmals  vor  mehreren  Jahren  ziemlich  viel  Zeit  ge- 
opfert und  mir  Mühe  gegeben,  die  Lücke,  die  selbst  nach  den  Bemerkungen  und  Zusätzen 
Sreznevskij's  betreffs  der  lateinischen  Quellen  offen  geblieben  waren,  auszufüllen.  Leider  waren 
auch  meine  Forschungen  bezüglich  des  Kijewer  Fragments  damals  eben  so  wenig  von  einem 
vollständigen  Erfolg  gekrönt,  wie  gegenwärtig  bezüglich  unserer  neuentdeckten  zwei  Blätter. 
Ein  gleichlautendes  lateinisches  Missale  liess  sich  ni<!ht  entdecken.  Das  war  mit  auch  ein 
Grund,  warum  ich  von  der  vor  Jahren  beabsichtigten  Ausgabe  abstand,  trotzdem  für  eine 
kleine  Auflage  sellist  die  photographische  lieproduction  des  ganzen  Denkmals  vorbereitet 
war.  Die  letztere  soll  übrigens  bei  dieser  Gelegenheit  verwerthet  werden.  Ich  gebe  den 
Text  nur  in  einer  möglichst  genauen  cyrillischen  Transscription  wieder,  da  das  glagolitische 
()rii.nn;il   ans  der  Beilage  ersiclitlich   sein  wird. 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckteu  Fragmente. 


45 


Fol.  Ib.  B'h  SV  AHHh  KAIM6HTfl. 

(Taf.m.)  .  .         . 

b'W    ITKt    HlkH    '    AliTA    OPpbftA^U'K 

MfHiKa  TKCfrc  i  nanfMta 
5  MhCThütx  Kcccaiuii:  n6ji,Ä- 

3k    lUlAOCTIB'kl    '    Ji,ä    CrOMff 
MkCTh    MkCTI/Wk    •    CiaÖl^ 

•-  -I 

M-K  :    :  r-Hk:- 

HflA'h  OnAHTMh. 

10  PoBaHHbft    n    npiHECCH'kHbft 

CBbftTi  •  i  )f04,aTaiAi;K> 
BaaHtcHov'.uotf  kah/Mihto»/' 

M;t;H(HHKO^'    TBOCUOlf    '    CHiUk 
H'kH    CT-K    rp-kjfk    CKBpkHOCTHl 

15  Hauji)("k  OMiCTi  :  r,Mk  : 

riPii(DniJiH-B  :  Ao  BkHkH-ki  KJKf. 

(H)kcTkHaro  KaHMCHTa  saKO- 
HkHi'Ka  i  <u;KMCHn;a  MkcT 

20  Tl    Baa^KEHOyiUOY*    <>f'OCTO- 

aoy  TBOf/MO^  niTpoy  •  bti,  f- 

HOKOCTI    nCAPOV'""*    '    ^'^J    HCIIO- 
Fol.  IL  R'I^A'    O^'MfHIKTv        KTi    HkCTI    Ha- 

-M'kcTkH'lK'k    •    ß1.    M^^(HH\    Hä- 
CA'kxhHIK'h    :    Y'"!»    '"'"'»    HaUJ(Mk: 

110  RhO/^AÜ    : 

s  T-katcf  cBiATarc  i  iip-kApj- 

riiHbft    Kp'kBE    HailAkHEHi    Bli- 
AHTMii    lipOCLU'k    PI    BHtE    HaiiJk  : 

Aa  eh;«  MHACCTiBa'k  OK'ku'k- 

HH-k    HOCl/U'k    -    p'kCHOTIBkHa'k 
10   HSA^kuiEHH-k    OBk<V\Ea\'k    :    PMk  . 


Die  XXIII.  Clement!  s. 

Deus  qui  nos  annua  beati  Cle- 
mentis  martyris  tui  atque  pontiücis 
solleranitate  laetiricas,  concede  propi- 
tius,  ut  cuius  natalieia  colimus,  virtutem 
quoqiie  passionis  imitemur.' 


Super  oblata. 

Munera,  cloniine,  oblata  sanctifica, 
et  intercedente  beato  demente  martyre 
tuo,  nos  per  hunc  a  peccatorum  nostro- 
runi   maculis   eraunda.    Per  dominum.'^ 


Praetatio  usque  aeterne  deus. 

Venerabilis  Clementis  sacerdotis 
et  martyris  natalieia  recolentes,  qui 
beato  apostolo  tuo  Peti-o  in  peregri- 
natione  comes,  in  praedicatione  disci- 
pulus,  in  dignitate  vicarius,  in  passione 
(martyrio)  successor  esse  promeruit. 
Per  Christum  Dominum  nostrum.' 


Post  Comiuuiiioneiu. 

Corporis  sacri  et  pretiosi  sanguinis 
repleti  libamine,  quaesumus,  domine 
deus  noster,  ut  quod  pia  devotione  geri- 
mus,  certa  redemptione  capiamus.  Per 
dominum.  •• 


46 


B'h  T'h36  AIiHh  cDOAHUHTTiH 

KKCfMOr'KHl    K>Kf    '    KAaHifH'KH 
Mi    pa^l    M;kH(HIIU^    TBCXM 
15   «{^(AIIUT'KH    K-KKOYIIkH;K(^ 

a\oahtba;  :  i  Toi>ft3c  fiAxi 

SaiUsl^TI    HTvH    :    PiWk  : 

HA'h  ÖllA 

Ha    CiXCHj'JKkKTvH    AWAMl    TKCIY'*' 

mhaocthm;  npiskpi  -  i  .  .  . 

20  Cf    H'kll    MkCTkW»    CRI»ftT-kH]fk    Hk- 

CThvx'k  :  ckTßopi  H'kll  pa^o- 

CTkNlvH    •    KTk    KlvSkN-k/Mk    :KHBOT('k) 

Fol.  IIb.  nO  B'hGAvAli 

(Taf.  IV.)        G'kM-kpkHO   TIA   MOaH/M-k   Kkci- 
AtOr'KI    KiKf    ■    MO/\HTKa/V\l    CKMk- 
■rkH)fK    TKC>l\"k    ■    l   T'kH    CAMls. 
5  B^A'    ■    l   A'IP''^    TK*'    K'KCtAI 
ß'k    H-kH    '    l   Kp^iMIA    HaUlC    &!%. 

npaiikA^  iiocTa'Ki  :  •     fmw  : 
MhiJJ-&  NH  ßhGhft  AIiHL  Bh 

Gero  AüTa  ökia^Uü  : 

10  ß'k    1>K(    TKapk    CRÖHUk    B(- 

AkAti  nOiUiAOBa  '  i  110  rnH;- 

R-k    CBOEiUk    •    H.SKOai    R-k- 

iiA'kTHTi  CIA  c'kiiac(HH-k  pa- 

A'    MAOR-kHkCKa    •    l    B'kCJfO- 

15  T-liR'k  Haivt'k  oyTRpkAi  cpk- 

Akl^ii    Hailliv    ■    l    iMHAOCIHW; 
TKOfUi»   iipocB'kTi    H'WH   :    P/Wk  : 

HflA''  ÖlIAflT'fiMFj  : 

Rai.3'k  Hac'k  ba;ai  ■'■  »pöci- 
20  M'w  TIA  ■  i  /MoaiTR*  Haiu;^ 


II.  Abhandlung  :    V.  Jagiö. 

£od(;iu  die  Felicitatis. 


Tribue  nobis,  quaesumus  te,  omni- 
potens  deus,  per  beatam  martyrem 
tuam  Felicitatem  completam  orationera 
et  per  eandem  protege  nos.  Per  do- 
minum.'^ 

Super  oblata. 

Vota  populi  tui  propiciatus  respice, 
et  quorum  nunc  nos  sollemnia  sancto- 
nun  celebramus,  fac  nos  gaudere  in 
vita  aeterna." 

Post  coiuimmioiit'iu. 

Supplices  te  rogainus,  omnipotens 
deus,  suftplicationibus  sanetorum  tuo- 
rum  et  tu  ipse  adsis,  et  munus  tuuru 
colloces  in  nobis  et  tempus  nostrum 
iuste  disponas.    Per  dominum.' 

Missa  ad  omiius  dies  totiiis 
aniii  (annua).'' 

Deus,  qui  creaturam  tuam  valdc 
miseratus  es  et  post  iracundiam  tuam 
pro  Salute  hominum  incarnari  digna- 
tus  es,  et  benevolus  nobis  confirma 
corda  nostra  et  gratia  tua  iUumina  nos. 
Per  dominum." 


Super  oblata. 

Adesto  nobis,   quaesumus,   dominc, 
et  preces  nostras   exaudi,   ut  fiduciam 


Glagolitica.    Würdigung  neobntdeckter  Fragmente. 


47 


OVCAHiHUII    '    4,d    Oyn'kKdHHE 
(B'k)HkA\fM'k    A'^ATk    CKOIjfk    ' 
l    B'k    AKVBIvBk    A'^PI^    (1^    '^^- 

kIc  npiHOciiU'k  :  rA\k  : 
Fol.  III.  IIP-B^Dfll^H-fi:  B'kHhHki  Ka?f: 

H(KECkCK'kHM\    TßObA    CUlvH 
npOcf/H'k    l    lUÖ/MiWk    •    JS,&    CK 

R'kHiUkmiUi  TKOi.Mi  '  ;v,o- 

5  CTOIHHiH    C'kTßOpllUI    H'kH    :    l- 
B'kskHa'k    TBÖii    l]^'K»C    7tiMi,\A- 
IM^K    n<l4,dCk    HatWK    iUlAOCTI- 
KkHO    :    Y<Uk    r<Uk    HaiUlMk    '    IMk 

110  B'hG/^A'B  :  • 

10  ripÖCI/MTv    TIA    ri   A<>3''    HdA^-k    * 
fi,i    CBMT-kl    TBOI    B'kC;^A'»' 
nptfMA\ihH,l    AÖCTOIHI    K». 
fi,lM'K    OMIlUMfHH'k    TßOfrO   ' 

i  B-kpa  TKO-k  B'k  Ha'ck  m  b'k- 

15  SApäcTITTi    :    TMk    HaUIIMk    HCM  ' 

^  MFiIll-B     e     Ö  T0Mh36 

ripOCIiVt'k    Tbft    BkCCiUOr'kl    R^k- 
HkH'M    EXt    ■    npi3kpi    Ha    MQ- 
MTRJk    HAUlik    •    l    K'kH;t;- 
20  TpkH'k'k    HAluii    OMICTI    "    "klKf 
HTkH   COY'UIIAT'k   rp'k)fKH    HaUJI- 
A»l    :    A^    /WiaOCTIWi    TBOf- 

Kk  iseaBi  H'kH  :  riUk  naiui 

HflAt  ÖnAÜThMFi  : 

Fol.  nib.      Gkl    npiHOCk    npiHCCCH'M    TtK-k 

CTaf  V  )  «     ' 

V  '      n  npociM-K  Tb»  npiiMi  :  i- 

«t  (ci  KaarocacKtcTiATk 

Ha  c'knaccHHE  Hauii  :  rMh  Hauii  : 


operum  nostrorum  capiamus  et  in  cari- 
tate  donum  hoc  tibi  offeramus.  Per 
domimim.  "• 


Praefatio.   Aeterne  deus. 

Caelestes  tuas  virtutes,  quaesumus 
et  rogamus,  ut  supernis  tuis  dignos 
nos  efficias  atque  aeterna  tua,  quae 
appetimus,  tribuas  nobis  clementer.  Per 
Christum  dominum  nostrum,  per  quem 


Post  communioiiem. 

Quaesumus  te,  domine,  praesta  no- 
bis, ut  Sacra  tua  communione  sumpta 
digni  efliciamur  purificatione  tua  et 
lides  tua  in  nobis  ut  succrescat.**  Per 
dominum  nostrum. 


Missa  altera  de  eodeiu. 

Quaesumus  te,  omnipotens  sempi- 
terne  deus,  respice  preces  nostras  et 
interna  nostra  purifica,  quae  nos  sic- 
cant  peccatis  nostris,  atque  per  miseri- 
cordiam  tuam  redime  nos.  Per  domi- 
num nostrum. 


Super  oblata. 

Hanc  oblationem  tibi  delatam,  do- 
raine,  quaesumus  te,  suscipe,  quam  bene- 
dixisti  ad  salutem  nostram.  Per  domi- 
num nostrum. 


48 


11.  Abhandlung  :   V.  Jagiö. 


CTI    TKCCIrfk   lipOCIiU'K   :   npi- 

3'kKdA'k  HiiH  fci  n  '  A^  Hcnpa- 

Kl    H-hH    l    OHIC'l'l    '    HC    Häuil-     . 

cro  pa^,!  i>K(  (ci  OE'ku'ka'h 

HÄMTk    :    M    R'k3/H0}KIA\'K    A®V' 
Uliv/Ul    l    rljaiCkH    l   «UliHCAk- 

Mi  Haiiii/v\i  '  iipibftTH  3ano- 

15   K-k^l    TKOIA    :    MiJKf    fCI    nOC'k- 
AAA'K    K'k    HAM'h.    :    J^AAk    TiWk    Ha- 
lUlMh    l<Uk;K(    RCaiMk     . 

110  BTiG/^A'fe  : 

GrIATtTi    TROI    R'kCKKA'K 
20  Fl    l«(    icM'K    R-KahfiM    A\0- 
ai.U'k   TIA    •    Ji,A    OMICTHT'k 
H'kH   OT'k   rp'kjf'k   HaUll\"k   :   l 
K'k    HfRCCkCI^-ki    AlCR-kRI 

iipHRf^\n"k  H'kH  :   PMk  Haui  : 
Fol.  IV.  Mhlllli     V     0  T0AVIi36  : 

llpOctuU'k    TIA    KkCI/MCT'kl 

SXt    jS,A    'kKOH<(    (CA\'k    CKp'kRkHI 

rp'k]('kH  Hauji<ui  :  ««laocTk- 

5   Kk.    TROCM;    OT'k    Rkck^Ti    3'k- 
AHI    HaUIIY'k    OHICTI    H'kH    : 

PA^k  : 

imA'i-  öiiAnri.AVh  : 

llpiiiUH  ri  ripoci<v\'k  tia  iipn- 

HOCk    eil    '    npiHCCCH'kl    TfR-k- 

10  HSKaRrttHii'k  paA«  laoR'k  • 
MkCKa  ■  i  ckApaRii  Ha<Mk 

Aa3k    •    l   AM'UIIA   HailllA   i   T'k- 


Praefatio  ustjue  aetfriie  deiis. 

Ut  to  sequaiuur  et  misericordiaiu 
tuam  exoreums,  vocasti  nos,  domine, 
itaque  corrige  uos  et  iniinda  non  per 
opera  nostra  sed  per  votiini  tuum  quod 
nobis  proinisisti,  ut  animis  et  corpo- 
ribus  et  mentibus  nosti'is  praecepta 
tua  suscipere  valeamus  (mereamur), 
quae  misisti  nobis.  Per  Christum  domi- 
num nostrum,  per  quem 


Post  coiumiiitioiieiu. 

Sacra  tua  communio,  domiiic,  quam 
sumpsimus,  quaesumus  te,  purget  nos 
a  peccatis  nostris  et  ad  amorem  cae- 
lestem  nos  perducat.'^  Per  dominum 
nosti'um. 


Missa  tertia  de  eodeiu. 

Quaesumus  te,  omnipotens  deus, 
ut  sicuti  peccatis  nostris  contristati  su- 
luus,  per  misei-icordiam  tuam  ab  Omni- 
bus pravitatibus  purges  nos.  Per  do- 
minum. 


Super  oblata. 

Suscipe,  domine,  quaesumus  te,  lio- 
stiam  hanc  tibi  oblatam  pro  redemptione 
hominum  et  sanitatem  nobis  da  et  ani- 
mas     nostras    atque     corpora    emunda 


Glagolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente. 


49 


MCA    OMHCTI    •    a    MOrtlTK* 

HdiiiA;  npHUUi   :   P/Uk   : 

15  y\0    K'kskH'hi    KJKf     ;  • 

TliH    fCI    «HBOT'k    HaiUk    PI    0- 
TTi    HCB'kHTI'k    KO    BTi    K'kHT(H() 
CkTKOpiATv    WkH    (Cl    "    l   OTTk- 

naA'KUJbft  K-kCKpfiCi  naK-KH  ' 

20  fl,A    Ha/MTi    Hl    A*CT«''T1»    TtK'fc 

CTirp+iUiari  :  TRcix  JKt  c;&- 

T-k    BkCK    •    HEEECkCKa-k    l   3f- 

lUAkCKa'k  n  •  a**  "•"»^h  ca^MTv 
OTTk  rp-k)fTk  Hauji^nv  HSEaBH 
25  HTiH  :  ]f(Hk  ratk   ; 


Fol.  IV  b. 
(Taf.  VI). 


JSt,A3W    HAM-h.    KkCEMOr'kl    R»:(    ' 
fi,A    'kKO^KC    HlvH    ECl    HEBECkCK'kHbA 
llll^hK    HaC'kHTIrt'K    :    TaK03E 
5   :KE    l    >KHKOT'k    HaUlk    CIAO- 
Mx  TROEKK  OYTBpk^i    :    r<Mk    : 

MhUI-B  :  ^  :     Ö  'rOMh36 

(L^liicapkCTB'li  HaiiiEjUk  ri  /ui- 
aocTkKi;  TBOEiAx  npiSkpr  : 

10  l    HE    0T'k/l,a3k    HaiUEPO    TO^" 
3lM'k    ■    l    HE    OKpaTI    HaCk 

Rix  na'KH'k  Hapo,v,o<u'k  iiora- 
HhCK'h'iiAt'k  :  Y<>  PMi  r'i  "a- 

lilEPO    ■    ia?E    HljCapiTTv    C'k    OTk- 
15   l^E/Mk    l    CTv    CBI>ftT'kHiUk     : 

TboIj    l^npK'kHa'k    TBpk^h    3a- 
UIMITI    HHiH    n    °    l«H<E    ECl 


OBpasikAik  cBOiMk  oyno- 

iJenkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII,  B'l.  11.  AhU. 


precesque    iiostras  suscipe.     Per   domi- 
num. 

Pracfatio  usque  Aetcriie  deus. 

Tu  es  vita  nostra,  domine,  namque 
a  iion  essentia  in  essentiam  nos  creasti 
et  cadentes  (deficientes)  iterum  suscitasti. 
Neque  nos  decet  tibi  peccare;  tua  enim 
sunt  omnia,  caelestia  et  terrena,  domine; 
tu  autem  ipse  a  peccatis  nostris  libera 
(redime)  nos,  per  Christum  dominum. 


Post  couimuiiionem. 

Da  nobis,  omnipotens  deus,  ut  sicut 
nos  coelesti  cibo  satiasti,  sie  et  vitam 
nostram  virtute  tua  eonürmes.  '^  Per 
dominum. 

Missa  quarta  de  eodeiii. 

In  regnum  nosti'um,  domine,  miseri- 
cordia  tua  intuere,  et  quae  nostra  sunt 
alienigenis  tradere  noK,  neque  nos  in 
rapinam  paganarum  gentium  convertas. 
Per  Christum  dominum  nostrum,  qui 
regnat  cum  patre  et  sancto  (spiritu). 


Super  oblata. 

Tuae  ceclesiae  tinnitas  protegat  nos, 
domine,  quam  imagini  tuae  assimila- 
visti,    quam    nos    colimus  ad   medelam 


50 


II.  Abhandlung  :    V.  Jaoiö. 


20  A^KIA'K    •    HiyXl    H-KH    HkCTI- 
«WK    HÄ   KaAkCTKO    HÄUlt    '    TO- 

(r)o  paAi  cci  HäiWk  Kicsk- 

rMw  HauiiiWk  : 
Fol.  V.  nP1i<I>(fli;H1i  .     .  .) 

Ad    iiK'kHH«    C^r-K    TBOMk    Cl 
CAOl^'HCkBnvH    K'k»;AIÖBA(H'kH- 
M>    '    TaK'kH»:(    iWkHCakMI    CBO- 
5  liUI    HTkH    TKOpiAtTi    '    A    TTiH 
CAM1%.    PH    npHCHO    H'kH    lipiCiWAl    : 
fi,A    K'k3/M0»;(/U'k    npaBk4,k- 

HA-k  TKO-k  HacA-k^'^KaTi  • 

10  i    OT'k    HEnpi'k.3NIH^    A'^'^''' 

OMICTHTI    CA    :    )fiMk    T/Mk    HaUI- 
iUk    :    liV\kH;(    BiAISkCTBO    : 


nostrain,  proptor  quam  nobis  sempiterna 
promissa'^  adtulisti.  Per  dominum  no- 
strum. 


Praefatio. 

Ut  sicut  haec  tua  ofticia  gratissima 
sunt,  talia  nos  mentibus  nostris  fa- 
ciamus ;  tu  autem  ipse,  domine,  semper 
nos  sustine,  ut  iusta  tua  imitari  et  ab 
operibus  diaboli  mundari  valeamus.  Per 
Christum  dominum  nostrum,  cuius  ma- 
iestas. 


* 


110  BliG/^AÜ  : 
TboIi  cBMkTa'k  KkciMor-ki 

B>K(    '    'k^Kt    C(    H'kH    npiCMACM'k    : 
lö   Ha    pa3;l,p'klll(HH(    °    l    Ha    OMHUIMt- 
HHf    HaA\-k    KA;,\^    :    A    T-kH    CA 
/Wk    nOMOUklA«    TROfKK    Riv- 
HkHOK»»    .SaillHITI    H'kH    :    T/Mk 

AYI.IIlli  ■  6h  ■  6   rOA\l,36 

20  llpoci/U'k    Tl/A    n    B'k.3AKI- 

PHi  cpk^ki^a  Haurk  ktv  TfK-k  o- 

T'k    3(<U/\kCK-kH)^'k    nO)('OT(HI) 
Ji,A    RTkSiHOHil/M'k    JfOTilTI    (HJ-) 
KfCkCK'kHiU'k    TBOlAX'k    ■     • 


Fol.  Vb. 


(UnA'ii  oiiAnr'i.Mii 


(Taf.Vn.)  ^ 

llKkHIKf    ,\A(I-KH    IMAiWk    '    Hp'k^'k 
TOKOKK    c;üT'k    '    l    HpOCIAX'k 


Post  eomiuunioiiem. 

Sancta  tua,  ''^  omnipotens  deus,  quae 
nos  hie  sumimus,  in  absolutionem  et 
purificationem  nobis  sunto,  tu  autem 
ipse  praesidiis  tuis  perpetuis  tuere  "> 
nos.  Per  dominum. 


Missa  qninta  de  codem. 

Quaesunaus  te,  doniinc,  excita  corda 
nostra  "  ad  te,  a  terrenis  cupiditatibus 
ut  caelestia  tua  appetere  valeamus. 


Super  oblata. 

Qualia  mimera  liabemus,  eoram  te 
sunt   et,  quaesumus  te,   suscipe  ea,   ut 


Glagolitica.    Würdiguno  neuentdeckter  Fragmente. 


51 


TIA    npil/MI    bA    •   A<»    'HTkH    KTiSi««- 
Ö  »E/U'h    B'k    B'KH^/MORAiHHI    TKOC- 

EMK  :  r<v\k  HauiiiUh  : 


np-BOfl 


S'KAOBa    HAlwk    HC    K'hp'kCHI    Cbft    B'k 
HaCK    '    H'k    H3;t,P'klllEHHC    B'ksk- 
10  HOE   npiCHO   Ha'iM'k   K^A'    '    ri 

HaiuEro  paAi  :  T-k  ko  H-kH  ca- 

/Wk   OTTi   Tk/MkH'kH)fk    OTTiBE- 

AE  :  i  OMicTi  •  i  saKAEnE  ■ 
i  A*<^T*iH<>  HSBaßi  :  )f/«k 
16  r/Uk  HaiiiHA\k  : 


alia  in  cariüite  tun  promereamus.    Per 
dominum  nostrum. 


Praefatio  usque  aeterne  deiis. 

Neqnitia  nostra  ne  inveterescat  in 
nobis,  sed  redemptio  aeterna  continuo 
nobis  Sit,  per  dominum  nostrum;  hie 
enim  nos  ipse  a  tenebrosis  abduxit  et 
purgavit  et  reelusit  et  dignanter  re- 
demit.  Per  Christum  dominum  nostrum. 


HO  BTiO/fxA'fi  : 
B'kCA^A'^Ha'k  lUOAiTBa  Haiui: 

«YTBpkAI    H'kH    ri    R'kHkH'kHMI 

TBCi/Mi  :  i  no4,a3k  Ha'/Wk  ck- 
nacEHHE  TBOE  :  r<ük  Hauii/Uk  : 


Post  communionem. 

Preces  nostrae  communionis  mu- 
niant  nos,  domine,  aeternis  tuis  et  tri- 
buat  nobis  salutare  tuum.  Per  dominum 
nostrum. 


20      Mhlllli     3:0  T0/Uh36  :  • 

(T)TkH    n    OTk<UI    H'kH    OT'k    A;i;KaBk- 

cTBa  HaujEro  •  i  tboeja;  m\a<>- 

CTHM;    OEpaTH    H'kH    Ha    HpaBk^^ 

tbom;  :  Piük  Haiuhuk  : 
Fol. VI.  mXi^  ÖnAHThMh  : 

npinECEHlCl    TEK'k    ri    Ckl    Mfi-K 
l«?E    T'kH    ICI    Ji,AA'K    l    C'kTBO- 
pWk    ■    l^ip-kK-kBE    paA?   TKOE- 

5  MV  -  t  »<IBOTa  l  np'kcTaBAE- 
HH-k  HauiEPO  pa^i  :  i  ckB^kcroy- 

E/U'k    H'kH    '    'kKO    BaakCTBO    E 

CT'k  t6   «HROTa  K'kHkHaro    : 
rmk  : 


Missa  sexta  de  eodeiu. 

Tu  domine  eripe  nos  a  malitia  nostra 
et  per  misericordiam  tuam  converte  nos 
in  iustitiam  tuam.  Per  dominum  no- 
strum. 

Super  oblata. 

Oblatum  tibi  domine  hoc  munus, 
quod  tu  dedisti  et  instituisti  pro  eccle- 
sia  tua  et  pro  vita  atque  morte  nostra, 
nos  profitemur  medicinam  esse  vitae 
aeternae.  '** 

Per  dominum. 


52 


II.  Abhandlung  :    V.  Jagiö. 


npii<i>flunii    AO 

10  K'kHkH'KI    K}K(    : 

AVoAliWK    CIA    HCOy    \-0V|'    C'KHHOy 

TBOEAioy  n  HauifMcy  •  a<* 

.UlAOCTkUK   CKCCKK   aaiiiHi- 
TITTk    HTkH    l   CknaCfTTv    :    Kl- 
15  }K    HirOHCf    KO    lUlAOCTI    Hi    K'K- 
3iU0>KE<U'K    HHMhCOJKI    C'KTKO- 

piTi  :  T-t/Mk  ««  ca/Mcro 
Uro  pa^i  A'ipi^H  ■'  'Hi'tocTk 

npi(<UA(iU'k    l    KTv    rtWK'kKI 
20   ;KHBEi\\'k    :    YMk    FMh    HMUlMk 

110  H'hGi1\A'B  : 
H'Kc;i;/k,a  TBOcro  n  HackH- 

l^iHI    npOCI/M'k    TIA    ;    OTTi    Kk- 
Fol.  VIb.       ('^X'*'    "POTHKIAUlX-k    CIA    Ha'- 

(Taf.  Vni.)  M'K  ckiiaci  htiH  :  r^Mk  Hauii  ; 
A\;(;hehikii  TKOi)("k  n  Hk- 

5   CTI    HkCTIAHC    /MOrtliM'k    TIA 

npociA^c  :  fi,A  'Ukoke  ia  fci 

CaaKCHAv    TKOfl^    HEKCCkCKÖY- 

m;  oyTspkAi'^'K  :  TaK03(  }KE 

l   HliH    /UlAOCTIKk^    TR0(M; 

10  npiiur  PiUk  : 

NflA'l'  OIIAflTMEi  : 

liplHOC'k    n    lipiNECMTkl    TCB'k 

/UAi^iwiiKni  cKiAT'kHY'k  pa- 
4,1  npH/u^  :  i  A\oaiTKa<ui 
i^'k  i  sanoK-kAkMi  troi- 

15  Ml    lipicn-kl    HÄM'h.    IIOMOUk 
TROli    ■    r/Mk    : 


Praclatio  usque  aeterne  deus. 

Oremus  Jcsuni  Christum  filium  tu- 
um,  dominum  nostrum,  ut  gratia  sua 
protegat  nos  et  salvet.  Nam  sine  eins 
misericordia  nihil  efficere  possumus. 
Ideo  per  eum  ipsum  et  gratias  accipi- 
mus  et  in  caritate  vivimus.  Per  Chri- 
stum dominum  nostrum. 


Post  comniHiiioiiem. 

Communionc  tua,  domine,  satiati, 
qaesumus  te,  ab  omnibus  adversis** 
nobis  salva  nos.  Per  dominum  nostrum. 


Missa  de  martyribiis. 

Martyrum  tuorum,  domine,  natalicia 
celebrantes,  suppliees  te  rogamus,  ut 
sicut  eos  gloria  tua  caelesti  confirmasti, 
sie  etiam  nos  per  gratiam  tuam  susti- 
neas.^"  Per  dominum. 


Super  oblata. 

Hostiam,  doraine,  oblatam  tibi  per 
sanctos  martyres  suscipe  et  interceden- 
tibus  precibus  eorum  tuisque  mandatis 
adesto  nobis  praesidium  tuum.  Per  do- 
minum. 


Glagolitica.    Würdiguno  neuentdeckteu  Fkaomente. 


53 


110  B'iiG;i\A'B 

OsiicTii  HTiH  n  npoci/U'K  tmi 

HfEfCkCK'KHY'h    TKOI\"k    pa- 

fl,i  sanoB'kAk'i  :  i  o^'XBph 

20  fi,\    HTvIl    JH,A    CAARliWh.    Tbft    (Ipiv- 
ATi    CBbftT'KHfUI    TKOliUl 

<MOAiTBa/v\i  Haiiiijui  : 
rmk  Hami/Uk  :  • 


Post  oommunionciu. 

Eiminda  nos,  domine,  quaesumus  tc, 
per  praecepta  tua  caelestia  et  confirma 
nos,  ut  glorificemus  te  coram  sanctis 
tuis  precibus  nostris.  Per  dominum  no- 
stnim. 


Fol.  VII    *MI,lll1iÖF.hG1iX'hH6K6GLGKT,l       Missa  de  omnibus  virtutibus  eae- 
XTi  GtAfIX'h  :  ÜOMAiM'k  CMk :  •  lestibus.2' 


B'k    IHfC    H'kH    /UOAl.TB'kH    paXl 
KAaH^EH'kHbft    EU,Mk    l    npiCHO- 
5   A'^KI^H    /UapiMi    °    l    KaaHtEH'kH- 
)f'K    paA?   aHlil/\T>    TBOI^fk    ■    l 
BkC'k^^'k    HfBCCkCK'kHY'k    ClAA- 

jfk  :  i  anocTOATi  ■  i  ,\\*hi- 

HlKHv    °    l   np'knOAOKbH'KHY'K    ' 
10  l   HICT'kHJf'K    A'kß'K    ■    l    K'kckjfk 
CKlAT'KH)f'k    TK«l)f'k    /MOAl- 
TBaMI    '    lipiCHO    H'kH    B'kSBt- 

cfAiA'k  (ci   :   npociM'k  TM> 

n    •    fi,&    'kKOM^i    H'kH    HkCTLM'k 
15  MkCTI    Cil^'k    Ha    BkCbft    J\,hHI 
MHAOCTklA«    TBOCM;    AÄ3k. 

HAMii.  npHCHO  HacA'kAOBari  * 

HEEfCkCK'kHIrfk    TBOMl    CHA'kH     !  • 
TMk    HaiU/Uk    : 


Oremus.  Domine,  qui  nos  precibus 
beatae  deiparae  et  semper  virginis 
Mariae  et  beatorum  angelorum  tuorum 
et  omnium  celestium  virtutum,  et  apo- 
stolorum  atque  martyrum  et  venera- 
bilium  atque  castarum  virginum  omni- 
umque  sanctorum  tuorum  precibus 
continuo  laetificasti:  praesta  nobis,  quae- 
sumus, domine,  ut  qui  eos  cotidiano 
veneramur  officio,  per  misericordiam 
tuam  continuo  tuas  caelestes  virtutes 
imitemur.  Per  dominum  nosti-um. 


20  A'^P'^    ^1^    lipHHfCtH'kH    TCB'k    PI 
BkC'k)f'k    CBIAT'kH){"k    HfBECk- 
CK'kHJf'k    ClA'k    pa^^    :    l    B'kC'k- 
)f'k    CBIAT'kHJf'k    •    TBOIX'K    pa^l 


Super  oblata. 

Munus  hoc  tibi,  domine,  oblatum 
per  omnes  sacras  caelestes  virtutes  et 
omnes   sanctos   tuos    et   iustos   tuos    sit 


54 


II.  Abhandlung  :    V.  Jagk!-. 


Pol.  VII  b.    i  npdRk4,kH'kHX"k  pdA^  :  k*- 

'  ^^      A'    TIB-k    RTi   YBaAA;    :    A    HAM^h 

HOf    CT-kdAari    :    VMh    HJUII.Wk 

6  110  B'hO/l^A'B  :  • 

llpOCIAt'k    TIrft    n    '    ,\A3K    HAiWh. 
<UC<tlTBa<UI    Rkck^f^lk    H(K(- 
CkCKTiHlfK    CHAa)fk    •    l    Rkckjfk 
CRbÄTTTHY'k    TROIJf'k    "    l   A.'^A'^h. 
10  lY'tk    PM'    HpaRkAkH'kHJIfk    :    RTv- 
c;i;^'K<Uk    ClMh    RTkSliÄThH- 

,\\k      OMicTi  opkAki^Hv  Haiuiv 
CTTk  rpHc^Ti  HaiiiijfK  :  r,Mk  Ha 

<UOAHTfifl      VI  : 

15  GnvTRCpi    H'kM    ri    Eikl    npHMI<ft- 
CTkH-kH    CRIAT-k"!    KH,\    l    lipH- 
CHO^'ljB'k    /MapHJ    :    l   AÖCTOI- 
HTkH    CBIAT'kH)f'k    aHliCAnv    '    l 

Baa/KCH'kHY'k  anocTOrtTv  •  ma;- 

20  •ICHHK'K    ■    l   np'kn«i,\CKkH'kH]CTv 
(l)    MICTTvHJf-k    A'feRT'    "    l    RkCk- 
(jfk)    CRIAT'kHX"K    TBOIJ^^Tv    :    M9- 
i\HTKAM\    llfk    .3aUIHITI    HtLh    . 


tibi  in  laudem,  nobis  autem  precibus 
illorum  salutare  reddatur.  '■^'^  Per  do- 
minum nostrum. 

Post  coiuiuiiiii(»ne]n. 

Quaesumus  te,  domine,  tribue  no- 
bis precibus  oranium  caelestium  vir- 
tutum  et  omnium  sanctorum  tuorum  et 
operibus  eorum  iustis,  ut  hac  commu- 
nione  sumpta  corda  nostra  a  peccatis 
nostris  emundentur.  Per  dominum  no- 
strum. 

Oratio  altera. 

Fac  ^^  iios,  domine  deus,  consortcs 
sanetae  deiparae  et  semper  virginis 
Mariae  et  dignos  sanctis  angelis  et  be- 
atis  apostolis,  martyribus,  et  venerabili- 
bus  et  castis  virginibus  et  omnibus 
sanctis  tuis,  precibus  eorum  protege  nos. 


'  Ho  lautet  der  lateinische  Text  im  Sacramentarium  öregorianum  (Muratori  II,  129),  deu  ich  auch  in  dem 
Codex  der  k.  Bibliothek  zu  Berlin  (ms.  theol.  fol.  11,  saec.  XI,  fol.  223  b  et  ss.),  ferner  in  drei  Präger  Missalon 
saec.  XIV  constatirt  habe.  Der  Uebersetzer  fasste  annua  nicht  als  Ablativ  zu  sollemnitato  auf,  sondern  als  Accus. 
plur.,  seine  Uebersetzung  würde  wörtlich  ,annos  circumeuntes'  in  der  lateinischen  Vorlage  voi-auasotzen.  Da  durch 
HkCTkM^  der  lat.  Ausdruck  sollcmnitate  wiedergegeben  ist,  so  sollte  auch  statt  natalicia  im  lateinischen  Text  sollem- 
nitatem  stehen ;  der  Uebersetzer  wählte  auch  hier  denselben  Ausdruck.  Endlich  übersetzte  er  den  Schluss  so,  als 
stände  im  Original:  virtute  quoque  passionis  oum  imitcmur.  In  mis.  nov.  lautet  die  Oratio  folgendermassen  : 
Ko^Kf  H«t  HH  OII)fOAMH'M  K/\a}KtHarO  K/1HMaHTa  -MOYMfHHKa  TROfrO  H  Ap\H((fk  npaSAHHKO.Vt'  RfCfAHUJH, 
nOA<lH    /«HrtOCTHK-k,   XA    trOiKl    CaaRHa  pOHCTRa  MTlMk,    CHilO\-  OtfKO  MO^KH    frO    HaCA'kAORa/VH    KH)(^C><Vtk  ■  rTMk. 

^  Muratori  ib.  130,  eben.so  in  dem  Berliner  Cod.  1.  c,  dann  in  dem  Wiener  Cod.  181.^,  Präger  IE.  10,  saec.  XIV, 
Agramer  Missale  saec.  XIII,  Jfr.  314.  Nach  martyre  tue  lesen  der  Agramer  und  ein  Prager  Codex  (univers.  B.  20. 
»aec.  XIV)  ,atque  pontifice'.  Das  auffallende  und  unerklärte  PoRaHHbft  rührt  vielleicht  daher,  dass  in  einer  früheren 
Vorlage  Ji,A,  zum  Worte  y^apOBaHHCI  gehörig,  nicht  ausgeschrieben  war  (freigelassen  wegen  der  nachträglich  vor- 
zanehmenden   Omamentation),    der    spätere  Abschreiber   machte   dann   aus   dem   nicht   verstandenen   ,PoBaHHtil'  ein 


GlAüüLITICA.      WüHDlOUNG    NEUENTDECKTER    FRAGMENTE.  55 

Subst.  fem.  gem.  und  .setzte  es  von  neuem  in  den  Aec.  plur.,  daher  —  pOKaHHIift  npHKiCCHnvIbA !  In  mis.  nov. 
lautet  das  Gebet  so:  A^'P"?  rCCnOAH,  TtK'k  npHHCCCHH  CRITH  H  )f«'A<>''''*'«l4'0V  KAdXttHCuMOy-  KAHAtaHTOlf  MO^- 
MEHHKOy  TKO((HO\'  CH/HH  HACh  OT  rp-fc^fl»  HamH^K  H  CKEpH*  OHHCTH.  Im  Kijewcr  Text  stellt  die  richtigere 
Form  des  l'articips  Y*A'*'''<"'*U'*)  wenn  das  Verbum  )fO/l,aTdHTH  lautete,  während  mis.  nov.  und  ed.  1483  in 
einem  fort  jfCiAaTahMlIOY"  sehrieben  (vergl.  mis.  nov.  217  a:  )f<>A<>TaM>l|IOY  KAaJKIHOMOy  AOKp'kH'nOY',  246  b:  )fO- 
A<«TaiOI|IO\-  Ka}KfHOA\0«f  HCnOK'kAHHKO»f).  Mikl.  lex.  führt  auch  aus  hom.  mih.  )fO,4,aTai«l|IHH  an.  Das  Wort 
nostrorum  steht  im  Kijewer  Text  nach  dem  Substantiv  ,maculis'.  Die  Uebersetzung  CHMk  wäre  nur  dann  genau, 
wenn  im  Vorhergehenden  gesagt  worden  wäre  ,,A,apOBaHH(',  an  welches  der  erste  Uebersotzer  gedacht  haben  mag. 
■'  Eine  solche  Praefatio  fand  ich  nil-gends  in  den  von  mir  zu  Käthe  gezogenen  Handschriften,  darum  über- 
setzte ich  sie  selbst  ins  Lateinische.  Für  HKCTH  wählte  ich  ,natalicia'  nach  dem  Vorbild  des  früheren  Gebetes; 
0\'TA}K(  KTvITH  könnte  auch  durch  dignatus  est  fieri  übersetzt  werden.  Der  Ausdruck  begegnet  in  den  Gebeten 
lateinischer  Missalc  häutig:  oyTiraH  EH)^C>jUk  SpaKO/U  KtCfrtHTH  «  mis.  nov.  213b.,  fi^A  tt  «yTfiVLAH»  y\  )^^fL,A- 
TaHCTKC/Mk  Ha  ropov'  jfpHCTOKoy  k'shth  oi|'TfrrtH  KH)^OiV\k  ib.  231  a,  fx,t  HaujHMH  oy"''*^''""  Mf  oyTiraiAtk 
fr«  nO/l^Ol{JiUH  Ji,A  A*CTHrH(/Mk  ib.  251  b.  Dm-ch  in  praedicationc  gab  ich  die  Worte  RTi  HCnOBicAH  wieder,  es 
könnte  auch  lauten  in  confessione. 

^  Diese  Postcommunio  kommt  in  Sacram.  Gregorianum  vor  (Muratori  II,  130),  ich  constatirte  sie  ausserdem 
in  den  meisten  vorerwähnten  Handschriften,  so  in  den  Wiener  Codd.  Nr.  1815  (saec.  IX),  Nr.  1803  (saec.  XIV), 
in  dem  präg.  Miss.  Univers.  B.  20  u.  s.  w.  Die  slavischo  Uebersetzung  ist  nicht  genau,  sie  lautet  so,  als  würde  im 
lateinischen  Original  vorgelegen  haben :  ut  quod  pias  devotiones  gerimus,  certas  redemptiones  capiamus !  In  der 
Ausgabe  1483   lautet  das  Gebet  so:    T'kafCf  cro  H  npiiHacTHHE  KpKH  HanaHHRUif  et  }KpTKOM>,    Ma    Tt,    PH   Ef 

HUJk,    ,A,a    (;KE    AiaCTBHMk    OB^kTaHHEiUk    TROpH/Uk,    HCTHHHH/Uk    OTKOynaCHHCMk    ,A,a    npHM(/V\k    '    TMk    HUI. 

'•  Ich  lasse  die  wörtliche  Uebersetzung  stehen,  die  freilich  keinen  guten  Sinn  gibt.  In  allen  gedruckten  und 
handschriftlichen  Texten  lautet  die  Oratio  vielmehr  so :  Praesta,  quaesumus,  omnipotcns  deus,  ut  beatae  Felicitatis 
martj-ris  tuae  sollcmnia  recensentes  meritis  ipsius  protegamur  et  precibus.  B'KKOynkHaiv  /MOAHTBa  entspricht  ent- 
weder dem  lateinischen  completa  oratio  (completae  preces)  oder  coUata  deprecatio  (Migno  78.  134),  collata  suffragia 
(Migne  55.  24).  Hier  vielleicht  so :  tribue  nobis  .  .  spiritum  orationis  perfectae.  In  mis.  nov.  ist  das  Gebet  nach 
dem  Lateinischen  berichtigt :  IloA-JH,  iVtoaH/V\'  Tf,  BCf/MOPH  K0;K(,  ji,A  KAAl^tüHt  OtAHHHTaXH  iMO^EHHl^C  TBOH 
npaSAHHKH  BCnOiUHHaHHIÖ  ((  OyTOKaHHC/Uk  A**  3aOA'b*'W  C(  H  /MOAHTBaatH.  P/Hk.  Hier  ist  auffallend  Bcno- 
(MHHa(HH)w,  es  sieht  so  aus,  als  hätte  ein  Abschreiber  die  Silbe  IJIt  ausgelassen.   Und  so  war  auch  im  J.  1483  gedruckt! 

''  Im  glagolitischen  Texte  haben  sich  hier  einige  Buchstaben  am  Ende  des  Blattes,  in  Folge  des  starken  Ge- 
brauches, abgewetzt.  In  der  neunzehnten  Linie  muss  nach  t  etwa  ny'k^KE  (auf  CBAT'kHYTi  bezogen)  oder  bft^f 
gestanden  haben,  Cf  wäre  dann  ecce  oder  nunc  und  HTil  als  Nom.  plur.  aufzufassen,  wozu  ja  gerade  in  unserem 
Texte  Parallelen  vorliegen.  Ha  caoy^KkBkl  lipHSkpH  könnte  auch  Officia  respice  lauten;  MHAOCTHMi  wörtlich: 
gratia;  das  lateinische  ^'erbum  tribuis  fehlt  in  der  Uebersetzung,  eben  so  das  suffragiis  (quorum  nos  tribuis  sol- 
lemnia  celebrare,  fac  gaudere  suffragiis,  so  lautet  der  übliche  lateinische  Text).  In  mis.  nov.  entsprechend  dem 
lateinischen  :  Oß-kTH  AK>Ji,\\  TBOH^k,  rOCIlOAHj  /HHaOCTHBk  BaH/UH  Ji,A  H)fa<l  Ha/Mk  nOA'^tUJH  npaSHHKH  MHCTH, 
CTROpH    HH    H^k    nOMOltl'jUH    p^fA^R'»'''"    f'- 

'  Ich  habe  auch  hier  wörtlich  übersetzt,  um  die  Schwerfälligkeit  des  slavischen  Textes  zu  veranschaulichen. 
Lateinisch  lautet  die  Postcommunio  zu  diesem  Feste  so :  Supplices  te  rogamus,  omnipotcns  deus,  ut  intervenicntibus 
sanctis  tuis  et  tua  in  nobis  dona  multipliccs  et  tcmpora  nostra  disponas.  So  auch  in  mis.  nov.  llpHACHtHO  Tl 
(MOaH/Mk,    RCE/UOrH    KOJKI,    Ji,A    )fOAaTai«l|JH/MH    CRfTHMH    TBOHMH,    H    TBOt  b'  HaCk  f^A^H    OY"'""*^"    "    RpICiHtHa 

HauiH  O^'CTpOH.    Die  Phrase  ,supplicationibus  adesto'  schliesst  sich  an  Vorbilder  bei  Migne  LXXVIII.   106.   109. 

*•  Vielleicht  einfacher  zu  übersetzen:   Missa  singulis  diobus  per  annum. 

"  Man  vergl.  damit  folgende  mir  vor  Jahren  aus  Prag  zugeschickte  Uebersetzung:  Deus,  qui  creaturao  tuae 
multum  misereris  et  quantumvis  offensus  pro  salute  hominum  inoarnari  dignatus  es  :  contirma  benignus  corda  nostra 
et  gratia  tua  nos  illumina.  Das  Wort  creatura,  altslov.  TBapk,  begegnet  sehr  häufig  in  den  Benedictionen,  vergl. 
Migne  78.  231.  233.  Es  kommt  auch  im  Lateinischen  der  Ausdruck  ,factura'  vor  (vergl.  Migne  78.  233),  was  auf 
den   Menschen  bezogen  dem  slav.   TBapk  näher  zu  sein   scheint. 

'»  Der  lateinische  Text  auch  dieser  Oratio  beruht  auf  wörtlicher  Uebersetzung.  Für  Adesto  nobis  könnte  Prope 
esto  oder  Praesto  nobis  esto  stehen.  Man  vergl.  bei  Gerbert  folgendes  Gebet  (I  230):  Adesto  nobis  qu.  D.  et  preces 
nostras  benignus  exaudi,   ut  quod   fiducia  non  habet  meritorum,   placatio  obtineat  hostiarum 


56  n.  Abhandlung  :    V.  Jagiö. 

••  Vergl.  die  Phrase:  ut  cum  frequentatione  mysterii  erescat  uostrac  salutis  etfectus,  Migne  74.  1125.  1186,  und 
für  den  ersten  Theil :  Tui  nobis,  Domine,  communio  sacramenti  purificationem  eonferat  ib.  1198.  Vergl.  auch  Migne 
78.  245:  erescat  in  nobis  sanctarum  augmentum  virtutum. 

1'  Aehnlich  ist  dieses  Gebet  im  Cod.  Vindob.  theol.  1815  f.  22:  Haec  nos  communio,  domine,  purgct  a  criminc 
et  caelestibus  remediis  faciat  esse  consortos.  Vergl.  Migne   78.  63.  128. 

"  Vergl.  Migne  78.  51 :  per  ea  nos  gratiae  tuae  virtate  confirma. 

•■•  Vergl.  bei  Migne  ib.  64  :  quae  nos  ...  ad  sempiterna  promissa  perducant. 

"  Vergl.  Sancta  tua  nos  vivicent.  Migne  78.  208. 

**  Perpetuis  nos  tuere  praesidiia  ib.  136.  Vergl.  noch  ib.  199  :  continuis  tuerc  praesidiis;  ib.  74  perpetuis 
defende  praesidiis.  Gerbert  Mon.  vet.  lit.  Alem.  I.  231 :  Tua  sancta  nobis,  o.  D.  quae  sumsimus,  et  indulgentiam 
praebeant  et  auxilium  perpetuae  defensionis  impendant. 

"  Die  Phrase  ,excita  corda'  vergl.  Migne  78.  191.  199.  Zu  ,terrenae  cupiditates'  vergl.  ib.  107:  a  terrona 
cupiditatc  mundati,  oder  ib.   104  :  ut  terrena  desideria  respuentes  discamus  amare  caelestia. 

'*  Vergl.  Migne   78.  37:  perpetuae  nobis  redemptionis  eonferat  medicinara. 

'^  Ab  Omnibus  tueatur  adversis,  Migne  78.  72.  lieber  die  Wendung  ,Sacro  muncrc  satiati',  die  häufig  wieder- 
kehrt, vergl.  S.  25,  26. 

^o  Vergl.  bei  Gerbert  Mou.  vet.  liturg.  Alemanniae  1777.  I.  217  :  In  vigilia  plurimorum  Martyrum.  Beatorum 
Martyrum  tuorum,  domine,  veneranda  natalicia  praeeuntes  supplices  te  e.xoramus,  ut  quos  caelesti  gloria  sublimasti, 
ipsos  etiam  intercessores  habeamus. 

^'  Vergl.  im  Cod.  theol.  vindob.  1815  Fol.  163:  Missa  cotidiana  in  Sanctorum :  Deus  qui  nos  beatae  Mariae 
semper  virginis  et  beatorum  apostolorum,  martyrum,  confessorum  atque  omnium  simul  sanctorum  continua  lactificas 
sollemnitate,  praesta,  quaesumus,  ut  quos  cotidiano  veneramur  officio,  etiam  piae  conversationis  semper  sequamur 
exemplo.  Vergl.  Gerbert  Mon.  veter.  liturg.  Alemanniae  I,  p.  264  (Ausg.  vom  J.  1777). 

2*  In  dem  Wiener  Cod.  Secreta.  Munera  tibi  domine  nostrae  devotionis  offerimus,  quae  et  pro  tuorum  tibi 
grata  sint  honore  iustornm  et  nobis  salutaria  te  miserante  reddantur.  Vergl,  Gerbert  1.  c.  265. 

23  Vergl.  ebendaselbst  Fol.  163  b,  oder  Gerbort  1.  c. :  fac  no^,  quaesumus  domine,  sanctae  Mariae  semper  vir- 
ginis snbsidiis  attolli  et  gloriosa  beatorum  spirituum,  apostolorum,  martyrum,  confessorum,  virgimim  atque  omnium 
simul  sanctorum  protectione  defendi :  ut  dum  eorum  pariter  quotidie  festa  celebramus,  corum  pariter  quotidie  au- 
xiliis  ab  omnibus  protegamur  adversis. 


Auf  der  Vorderseite  des  ersten  Blattes,  also  vor  dem  hier  abgedruckten  Bruchstücke 
des  Missais,  steht  folgender,  von  einer  anderen,  offenbar  späteren  Hand  geschriebener  Text 
(die  Schriftzüge  zeigt  die  Tafel  X) : 

BpaTH-k  H'KHH-k  KAH;K(  (HM'K  CIICH)  HC  •  AH  fr fi,A  K-kpOUaYO/WK  •  HO(L||-k  O^'Cn-k)  I  a  A'MI*  IipHKAHa<H 
CA  •  0T'kKp'k(3'kiM'k)  |  0»('K0  ^HvAa  TfMTkHa'k  '  H  OKa'kn-k(rH'k  Ca)  |  K'h.  OpÄJKHI  CKkroy  '  -UkO  K'h  ,1,HH 
B(  aTrOO)  Bpaan^HO  )fOAH<Wk  ■  H(  K03'KA0rp(a  .  .  .)  i  HHMH  •  H  IIK-kH-KCTKUMH  ■  H  aiOKO(^'kHH)  <hh  ■  h  cto^-- 
A<'A'kHHH/«H  •  H  p'KK(H(HH/ltH)  |  H  3aKHCT'K<MH  '  HTk  OKA-ku'kTf  CA  (P/Mk  h)[cYPiM'K  '  H  IMTiTH  O^TOAH-k 
H(     TKOp(HT«    Kjl'k     IIO)fOTH    '    H3H(/Uaraijltl|iar0    >K{    K('kp0l7l[i)   j   lipHI/MaiiTf     •    H(    BTi    CA^/U'kH'kHH'k    II(0/M'kH)| 

uiafHHM'k  ■  OKTv  KO  KlvpotCfTTv  'kcT(H  Kca)  |  a  H3He<uaraAH  3faHi  js,A  •kcr-h  •  'k(A'kH  h)  f   •kA^M''"'«'  A^   **' 

9C!k}¥iJi,A    M     H(     (i\f{KA(>-k)\n"K    '    H    Hf    "kA'"^"    'kA^ll''"''^'    A**     "f     0(cä}Ka)  aiT'k    ■     K'k    KO    H    lipHAT'k    "    TTiH 

KTkTO  (ich  o) c;)i^h;a<><ah  (c iTOYiuAfro  paca  :  cKO(fMi>\j')  |  voy  crom-k  ah  naAfTiv  ■  cTaH«(T'k  aif)  |  chachhi 

KO    PTk    nOCTaKHT'kH    H. 

Dieser  Text,  dem  Römerbrief  Cap.  XIII,  11 — ^14,  XIV,  1  —  4  entnommen,  bedarf  natür- 
lich keines  parallelen  lateinischen  oder  griechischen  Textes.  Die  fehlenden  in  den  Klammern 
beigesetzten  Buchstaben,  die  beim  nachträglichen  Beschneiden  der  Blätter  zu  Grunde  ge- 
gangen sind,  war  nicht  schwer  aus  dem  Zusammenhang  zu  ergänzen,  nur  in  der  sechsten 
Zeile  sollte  man  nach  dem  Apostolus  Sisatovacensis  (und  einigen  anderen)  KOS'kAoraacoKaHHH/MH 
erwarten,  statt  dessen  liest  man  deutlich  K03TkA0rp(aj  .  .  .  hh/UH.  Wie  soll  man  sich  das  er- 
klären?   Amphilochius  gibt  in  seiner  Ausgabe  des  Apostolus  die  Lesart  HrpaHHiiUk.    Vielleicht 


GlAGOLITICA.     WüEDItilJNO    NEUENTDECKTKR    FRAGMENTE.  57 

wollte  man  nun  in  unserem  Texte  K03rtorAdcoRaHHH/Mn  und  HrpaHHf/Mk  vereinigen  und  machte 
K03'k/\orpaHHH/MH  daraus?!  Im  übrigen  stimmt  dieser  Text  am  nächsten  zu  dem  Sisatovacensis 
apostolus;  nicht  die  geringste  Beeinflussung  seitens  des  lateinischen  Textes  ist  bemerkbar, 
obgleich  hier,  an  dieser  Stelle,  die  Lectio  vmzweifelhaft  nach  dem  lateinischen  Ritus  fungiren 
sollte.    Denn  unmittelbar  nach  derselben  folgt  auf  derselben  Seite  noch  folgendes  Gebet : 

GT liH  MHPH  :  nOMl)M(GA). 

3ai|JHTH     f»     paKTiH      CKCA     (MHp'k)    H*KH/MH      SanOK'kA'K'HH     :     H      0»f"('''K'*)l'M|''*A      ß-k      3aCT*nAfHHI     " 

KA(a}Kf)  H-kH  MAfi»»,  H  OT'k  Kc-fe^-k  c(o>fncc)|TaT-k  HauiH^^-k  CkTRopH  H('kH  Kt)  c  niMaAH  "  pä  paAH 
Hauicro. 

Die  fast  wörtliche  üebersetzung  dieses  Gebetes  lautet:  Protege,  domine,  famulos  tuos, 
subsidiis  pacis  et  beatae  Mariae  patrociniis  confidentes,  a  cunctis  hostibus  (nostris)  rede  (nos) 
securos.  Per  dominum  nostrum.  Ganz  so  liest  man  das  Gebet  in  dem  Liber  Sacramen- 
torum  Gregorii  Magni,  unter  dem  25.  März,  zum  Fest  der  Maria  Verkündigung  ,super  populum' 
(vergl.  Migne  patrolog.  c.  c.  ser.  lat.  78.  52).  Mit  Hilfe  des  lateinischen  Textes  war  es  nicht 
schwer  die  Lücken  in  der  21.  Zeile  auszufüllen. 


Auch  diese  26  Zeilen  fesseln  hauptsächlich  durch  ihren  paläographischen  Charakter. 
Geitler  hat  es  richtig  hervorgehoben  (S.  185  seiner  , Schriften'),  dass  sich  diese  erste  Seite 
von  dem  ganzen  übrigen  Theile  des  Denkmals  merklich  durch  ihren  Ductus  unterscheidet, 
man  traut  aber  kaum  seinen  Augen,  wenn  man  daselbst  folgenden  Zusatz  liest:  ,wiewohl 
sie  gewiss  zu  gleicher  Zeit  geschrieben,  derselben  Schreiberschule  angehört'.  Man  sollte 
eigentlich  nicht  ein  Wort  verlieren  um  diese  verkehrte  Behauptung  zu  bekämpfen!  Wer 
sich  die  Mühe  nimmt  die  einzelnen  Buchstaben  zu  vergleichen,  z.  B.  a,  »e,  «e,  »,  •«,  f,  wird 
sogleich  erkennen,  dass  hier  nicht  blos  vom  Unterschied  zweier  Hände  die  Rede  sein  kann, 
dass  vielmehr  hier  zwei  ganz  verschiedene  Schreiberschulen  vertreten  sind,  die  zwar  auf 
unserem  Blättchen  parallel  nebeneinander  gehen,  in  der  Wirklichkeit  aber  aus  ganz  ver- 
schiedenen Zeiten  und  Orten  herstammen.  Von  der  feinen  Unterscheidung  zwischen  «  (tw) 
und  fl  (k)  ist  auf  dieser  Seite  nichts  mehr  vorhanden:  sie  wendet  überall  das  eine  Zeichen 
fl  an  (ganz  wie  die  Wiener  Blätter) ;  ausserdem  fehlt  der  Vocal  in  a""i  Rckjfk  gänzlich.  Der 
Schreiber  dieser  Zeilen  scheint  das  Zeichen  se  gar  nicht  gebraucht  zu  haben  (er  schreibt 
€  auch  für  ia),  während  umgekehrt  auf  allen  übrigen  Blättern  iiur  se  und  nicht  €  vor- 
kommt. Den  Laut  "ki  schreibt  er  immer  «s  (also  tvh),  nicht  -st,  ja  das  Zeichen  "f"  oder  S 
begegnet  überhaupt  in  diesen  26  Zeilen  nicht  ein  einziges  Mal.  Da  aber  weder  &  statt  asA, 
noch  "v  oder  uiw  statt  ly  angewendet  wird,  so  kann  von  sicheren  Merkmalen  des  mährischen 
Ursprungs  dieser  26  Zeilen  ebenfalls  keine  Rede  sein.  Folglich  können  diese  Zeilen  auf  die 
ursprünglich  leer  gebliebene  erste  Seite  des  ersten  Blättchens  auch  nachträglich,  entweder 
irgendwo  in  Macedonien  oder  in  Kroatien,  eingetragen  worden  sein.  Vor  kurzer  Zeit  noch 
hätte  man  sich  gesträubt,  wegen  des  Vorkommens  der  Nasale  «,  se  imd  «e,  an  Kroatien 
auch  nur  zu  denken.  Gegenwärtig  scheinen  die  Thatsachen  so  zu  stehen,  dass  auch  die 
letztere  Annahme  nicht  ausgeschlossen  ist,  ja  vieles  spricht  sogar  dafür.  Vor  allem  der 
Typus  der  Schrift,  der  unstreitig  mit  den  Wiener  Blättern  manche  Aehnlichkeit  hat ;  ferner 
die  ausschliessliche  Anwendung  von  «,  ganz  wie  in  den  Wiener  Blättern.  Auch  die  Be- 
zeichnung   des    -kl    durch    «8    kann    durch    den    neuesten    in  Vrbnik    auf  der   Insel  Veglia 

Dfinkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    II.  Abh.  8 


r)8  n.  Abhandlung:   V.  Jaok''. 

gemachten  Fund  gestützt  werden,  was  ich  auf  Grund  einer  brieflichen  Mittheilung  Dr.  Orn- 
ific's  constatiren  kann.  Was  mich  vor  allem  veranlasst  bei  diesem  Znsatz  eher  an  Kroatien 
als  an  Macedonien  zu  denken,  das  ist  der  römisch-lateinische  Charakter  desselben,  Avomit 
ich  natürlich  nicht  an  dem  uralten  Zusammenhang  der  Lectio  mit  der  ältesten  Uebersetzung 
des  Apostolus  rütteln  will  —  sie  war  ebenso  tür  die  neuen  Bedürfnisse  fertig  schon  lierüber- 
genommeu,  wie  ich  das  bei  der  Lectio  der  Wiener  Blätter  nachgewiesen  habe  —  sondern 
nur  wegen  des  darauf  folgenden,  offenbar  aus  dem  Lateinischen  übersetzten  Grebetes  möchte 
ich  behaupten,  dass  demjenigen,  der  diese  26  Zeilen  schrieb,  jedenfalls  ein  in  römisclier 
Weise  eingerichtetes  Sacramentarium  oder  Missale  vorscliM'ebte. 

Ist  meine  Combination  richtig,  dann  stellt  die  erste  Seite  der  Kijewer  Blätter  den 
Ductus  der  glagolitischen  Schrift  Kroatiens  dar,  wie  dieser  etwa  zu  Ende  des  XI.  oder  zu 
Anfang  des  XII.  Jahrhunderts  aussah,  als  die  kroatische  Redaction  in  der  altslovenischen 
Sprache  noch  nicht  durchgeführt  war.  Für  zwei  eigenthümlicli  aussehende  Buchstaben 
dieser  Schrift,  nämlich  für  die  eng  aneinander  gedrückten  Bestandtlieile  der  Buchstaben  sc 
und  «€,  wo  der  mittlere  Verbindungsring  gänzlich  fehlt,  vermag  ich  auf  eine  treffende  Paral- 
lele zu  verweisen,  nämlich  auf  die  verwischte  glagohtische  Schrift  des  später  cyrillisch  be- 
schriebenen Bojaner  Evangeliums.  Auf  mehreren  Blättern  dieses  jetzt  in  Moskau  befindlichen 
Denkmals  kann  man  ganze  Zeilen  des  ursprünglichen  glagolitischen  Textes  noch  lesen. 
Da  sieht  man  auch  einige  Male  ganz  deutlich  dasselbe  »e  und  w,  wie  auf  der  ersten  Seite 
der  Kijewer  Blätter.  Sonst  ist  der  Typus  jener  Schrift  runder  und  den  übrigen  mace- 
donischen  Schriftzügen  ähnlicher,  als  dieser  hier.  Es  wäre  also  übereilt  aus  der  unliiug- 
baren  Gleichheit  der  erwähnten  zwei  Buchstaben  in  beiden  Fällen  gleicli  auf  die  mace- 
donische  Heimat  dieses  Zusatzes  zu  den  Kijewer  BUlttern  zu  schliessen. 


GlACtOLITICA.      WüRDIOlINd    NEUBNTDECKTEH    FrAÖMENTK.  59 


Zweiter  Anhang. 


Aus  der  in  der  Anmerkung  zu  S.  3  erwälmteu  Handschrift  des  Dalmatiners  Pastrid, 
die  sich  in  Rom  im  Museo  Borgiano  de  propaganda  tide  befindet,  als  Miscellanea  Joannis 
Pastritii,  unter  Lettera  N.  Fila  VI  Nr.  3  eingetragen,  theile  ich  hier  nach  einer  im  Jahre  188.5 
gemachten  Copie  das  Capitel  III  mit,  welches  zu  diesem  Zwecke  Dr.  J.  Crncic  die  grosse 
Gefälligkeit  hatte  nochmals  genau  mit  dem  Original  zu  vergleichen. 


Cap.  III. 

QiMenam  luca  u,sa  fuerint  utanturque  missall  huiusmodi  et  hrevlariu  romano  illyrico. 

Ex  praecedenti  capite  vidimus  in  Moravia  et  superioribus  partibus  institutam  celebra- 
tionem  divinorum  officiorum  circa  880  Christi  annum  in  slavis  populis  ex  idololatria  ad 
Cüiristianam  religionem  conversis.  Sed  cum  S.  Methodius  persecutione  regis  urgente  coactus  (?) 
fuerit  discedere  900  anno,  sie  et  alii,  unde  in  Croatiam,  Istriam  et  Interamniam  confugium 
sibi  quaerentes,  extra  oppida  in  villis,  vicis  et  s(!()pidis  consedere ;  praecipue  in  Modruscensi 
et  Segniensi  episcopatu. 

Hac  in  re  affirmare  ausim  necpiaquam  auctum  sed  minutum  numerum,  ita  ut  multo 
plura  loca  glagolitis  patuerint;  id  n(umer)o  cui([ue  patebit,  si  singulorum  episcopatuum  et 
metropolium  sedes  Imius  nationis  pomim,  tarn  religiosas  quam  saeculares. 

In  Istria. 

Sub  archiepiscopo  Parentino  glagolitarum  Parochiae  sunt  sequentes : 
1.  Fontana.  —  2.  Villa  Rovigni.  —  3.  Fosculin.  —  4.  Mongeto.  —  h.  Sban- 
daja  vel  Sbandati.  —  6.  Villa  nova  Parochia  (S.  Rocchi,  S.  Hieronymi).  —  7.  Frata. 
—  8.  Abriga.  —  9.  Tur  seu  Torre.  —  10.  Sancta  Dominica.  —  11.  Visignan.  — 
12.  Bacqua  seu  Monasterium  dictum  delle  Botte.  —  13.  S.  Joannes  de  Sterne  territorii 
Montone.  —  14.  Montrel  seu  Montreo  (S.  Rocchi).  —  1.5.  S.  Vitalins  (ubi  Cirion  [?] 
et  s.  Matthaei,  abb:  s.  Valentlnus).  —  16.  Racobole.  —  17.  Caroiba-Bados  lacus  (?) 
prope  est  vic.  s.  Maria.  —   18.  Novaco.  —  19.  Caldier.' 

Hunc  catalogum  mihi  dedenmt  duo  presbyteri  glagolitae,  exinde  Romain  advenientes, 
antefpiam  inciperet  Breviarii  impressio.  Coepi  ego  1686  mense  Aprilis,  per  duos  annos.  ad- 


'  .Man  findet  alle  diese  Namen  auf  der  Karte;  Fontane,  Villa  di  Kovijrno,  Foscolino,  Mongliebbo,  Sbandati,  Villanova,  Fratta, 
Abrepa,  Torre,  S.  Domenica,  Visignano,  Bacva-Mondellebotte,  S.  Giovanni  di  Sterna,  Montreo,  S.  Vitale,  Kaccotole,  Caroiba, 
M"  di  Badosch,  Novaco,  Caldier.  Betreffs  einiger  von  diesen  Ortschaften  ist  es  nachweisbar,  dass  sie  erst  spät  von  Dalmazien 
aus  neu  besiedelt  worden  sind,  daher  wohl  auch  ilir  Glagolisnius.  Allein  im  Centrnm  und  im  Osten  Istriens  war  dieser  seit 
den  ältesten  Zeiten   weit  verbreitet. 

8» 


60  II.  Abhandlung:  V.  Jagiö. 

moiiitus  aiitea  1682  cepit  (sie!).  Itaque  circa  1680  vel  1681  presbyteri  illi  duo  reliquerunt 
a  nie  rogaute. 

In  Croatia  villae  glagolitarum  suh  episcopatu  Modrusceiisi  et  Segniensi. 

1,  Tersatum  300  domoriini,  quae  diciintur  .■■Mairaa  knieto,  sicut  familia  dicitur  bsuM-  Hiscia. 
Eundeni  t'ere  nmuermn  habent  subsequentia  loca.  —  2.  Grobnich  (ex)  8  canonicis.  — 
3.  Bacar,  Bucar  ital.,  et  habet  8  vel  12  canonicos.  —  4.  Hi-iglien.  —  5.  Driuenich  seu 
Dreueuich.  —  6.  Grisane,  patria  Gregorii  Papicli'  presbyteri,  ex  quo  hanc  notulam  con- 
feci.  —  7.  Bribir  ex  8  canonicis,  sedes  aiitem  est  vicarii  Modrusciensis  episcopi.  Cnni  enim 
Rlodrussia  ulterius  in  niediterraneas  partes  esset  eversa  per  Turcas,  episcopus  Brebiriuui 
transtulit  sedem.  Licet  autem  nnitiis  fuerit  hie  episcopatus  Segniensi,  tarnen  idem  episcopus 
pro  Segniensi  vicariuni   tenet  Segniae,   pro  Modruscensi   episcopatu  vicariiim  tenet  Brebirii. 

—  8  Noui,  ubi  8  canonici.  —  9.  Ledenizze.  —  10.  Segnia.  CathedraHs  ubi  10  canonici, 
et  Modrusia,  sedes  episcopalis  destrueta,  in  monte  inter  sylvas,  600  domiis.  Eeclesia  ibi  B. 
V.  assimiptae,  ubi  plebanus  cum  cappellano.  —  11.  Togiigin  castelhim  in  piano  (?)  monte, 
ubi  plebamis.  —  12.  Hostariae,  in  planitie,  400  domorum,  destrueta  a  Turcis,  habet  eccle- 
siam  parvam,  antea  valde  magnam  B.  V.  assumptae,  habet  parochiam.  —  13.  Hxigolino  in 
planitie,  200  domorum,  destrueta.  Eeclesia  s.  Bemardi,  plebanmB  habet.  —  14.  Leschie 
150  domorum,  in  planitie,  ecclesiam  habet  cum  plebano.  —  15.  Lucoiidol  cum  cappellano. 

—  16.  Muravize  in  monte,  eeclesia  s.  Nieolaii;  parochus  cum  capellano.  —  17.  Brod. 
Parochus  cum  capellano,  torrens  Cupa;  s.  Georgii  et  s.  Mariae  Magdalenae.  —  18.  Delnize, 
eeclesia  s.  Jo.  B.  Parochus  et  presbyter.  —  19.  Lic-Fusina.  Cappellan.  s.  Antonii  de 
Padua.  —  20.  Ciabar  villa,  eeclesia  s.  Antonii  de  Padua.  —  21.  Gheruo  villa.  Pleban. 
Hermagorae  et  Fortunati. '^ 

Omnia  ista  loca  voeabat  dominus  Papich  eivitates,  quae  habent  vocabulum  distinetum 
a  villis,  nam  eivitas  dicitur  «>b+,n,i  grad,  et  villa  dicitur  83äa9  sello,  forte  oppidum,  italice 
terra  murata,  habet  idem  nomine  grad;  et  singulas  habere  suum  gubernatorem,  die.  fab.'-sA+ar 
(poreulab)  et  magistratum  ex   12  judicibus,  (|ui  singulis  aunis  a  eivitate  eliguntur. 

Episcopus  Segniensis  mortuus  anno  1685  erat  dominieanus  dalmata,  Fr.  Hiacynthus 
Dimitrio,  post  euius  obitum  vaeat  sedes  in  hoc  anno   1688  ab  varias  eontroversias. 

In  Vegliensi  insula. 

Sub  episeopo  Vegliensi. 

1.  Besca,  40  sacerdotes,  praeter  diaconos  et  inferiores  elericos  et  ope.  canen.  (operatione 
canenda?).  —  2.  Verbonico  ex  60  saccrdotibus,  praeter  inferiores.  Hie  quoque  cantus  ex- 
eellit.  Ne  ad  triremes  sumantur,  fiunt  sacerdotes.  —  3.  Dobrigno,  ex  20  saccrdotibus, 
praeter  inferiores.  —  4.  Castel  Muschio,  ex  15  circiter  saccrdotibus  et  ultra.  —  5.  Du- 
bascniza,  ex  10  circiter  saccrdotibus.  —  6.  S.  Maria  de  Cao,  ex  6  sacerdotibus,  estque  eonven- 
tus  canonicorum.  —  7.  Pogliza,  alia  est  a  provineia  prope  Spalatum,  ex  5  vel  6  sacerdotibus. 


'  Dieser  GreporiuK  Papich  war  Domherr  des  Colle^um  illyricuiri  St.  Hieroiiymi, 

2  Die  meisten  dieser  Namen  sind  klar:  Trsat,  Grobnik,  Bakar,  Hreljin,  Driveuik,  üri^aui,  Bribir,  Novi,  Ledeuice,  Senj, 
ModniSe,  To^unj  oder  Tounj,  OStarije,  Ogulin,  Les(-e,  Lukovdol,  Brod  (natiirlicli  das  liei  Delnice),  Delniee,  Li(?,  Fniina, 
Cabar,  Grerovo  (so  mficthte  i<th  ,Gherno'  deuten).  Allein  zwischen  Nr.  7 — 8  steht  am  Itande  des  Te.\tes  selbst  noch  folgender 
Znsatz  in  der  Hand.schrift :  Belgrad  ad.  occid.  (sie)  Dreuenich.  —  Cotor,  plebamis  in  monte  1  mill.  a  mari.  —  Cer- 
qneniza  ad  mare.  Est  eeclesia  B.  V.  Assumptae  cum  monasterio,  religiosi  Panlini  S.  Paulif  primi  erem.  et  alicjuae  domus 
sub  plebano  Cotor.  —  Carompote  (d.  li.  das  heutige  Krmpote). 


GlAGOLITICA.      WüRblOtKG    NEUENTDECKTER    FRAGMENTE.  61 

Haec*  ex  Francisco  Georgiceo  Spalatensi  ex  Suciixracz  archipresbytero  S.  Hieronynii 
Illyricoruiii  et  Abb.  SS.  Cosmi  et  Damiani  Jadren.  Dioec.  ingenioso  ac  doctrina  rerumqiie 
scientia  expedito  et  sane  non  ex  scripto,  sed  ex  memoriae  thesauro,  cnm  ibi  per  multos 
annos  una  cum  episcopo  Vegliensi  suo  avnnculo''*  .  .  .  Georgiceo  mausisset. 

In  Äbsarensi  dioecesi. 

1.  Loscin  par^^lm  (piccolo).  —  2.  Loscin  magnum  (grande).  Haec  duo  tantum  loca 
anno  1688  episcopus  Cattarensis  Marinus  Drago  ehisque  parochus  Marcus  Petrovich  referre 
potuit.  Alia  sciebat  esse,  sed  quiquam  explicare  non  poterat.^ 

Unter  den  Ueberschriften  ,In  Arbensi'  und  ,In  Pagensi'  kommen  keine  Namen  vor. 

In  Jadrensi  dioecesi. 

Retulerunt  mihi  Georgius  Carestus  Sil)enicensis  et  Vincentius  Parcich  Sibenicensis  archi- 
presbyter,  postea  archidiaconns,  nee  non  alii,  40  loca  in  insulis  et  villis  esse  glagolitas  sub 
Jadrensi  archiepiscopo,  sed  numerarunt  tantimi : 

1.  Zara  vecchia,  quae  antiqua  fama  clarebat  et  modo  in  villam  transiit.  —  2.  Mulat 
insiila.  —  3.  Cuplieza  insula.  —  4.  Torrette.  —  5.  S.  Cassiano.  —  6.  Säle  insula  abun- 
dans  nmiiero  presbyterorum.  —  7.  S.  Philippi  et  Jacobi  in  mediterraneo,  praeter  plurima 
alia.*  —  In  bis  ergo  cantus  eximius  est  et  processiones  et  quaevis  aliae  exequiae  benedictiones 
fiunt  illyrice. 

In  Noniensi. 

1.  Zaton,  in  mediterraneis,  habet  sacerdotem  cvmi  clerico.  —  2.  Brevilacqua  similiter. 

—  3.  Pontadura.  —  4.  Giuba  (sie).  —  5.  Castel  Venier.  —  6.  Razance.  —  7.  Po- 
sedaria.  —  8.  Nouegradi.  —  9.  Pogliza,  alia  a  supradicta,  et  sane  noAAc,  rawAs  poglie, 
idem  est  ac  campus,  inde  Pogliza  videtur  esse  Campania  vel  ager,  ut  olim  ager  latinus, 
ager  sabinus  etc.   audiebat.   —    10.  Draciuaz,   id  est  spina  vel   sjiinosa.   —   11.  Obroazo. 

—  12.  Walcia  (?).^  —  Habent  praeterea  tres  provincias  dioecesis  Nonensis,  in  quibus  facile 
sunt  Glagoglitae  (sie),  sed  episcopus  non  habet  curam,  cimi  traditione  Tvircarmn  ciu-a  Missio- 
nario  sit  demandata  a  Sancta  Congregatione  de  Propaganda  Fide.  Et  nmnero  sunt:   1.  Lica. 

—  2.  Banatego"  (?)  provincia.  —   3.  Corbava  provincia. 

In  Sibenicensi  dioecesi. 

1.  Morter  scopulus,  habet  4  villas:  a)  Stretto,  4  presbyteros  praeter  inferiores,  b)  Ge- 
zerach   (sie!),    3    presbyteros    praeter  inferiores,    c)    Betirine  (?),    1    presbyt.   cxmi   clerico. 


'■  Klar  sind   hier   Beska  oder  Baska,  Vrbnik,   Dobrinje,   Omlsalj   (Castel  Muschio),   Dubasnica.    Unter   Nr.  6  ist  S«  Maria  de 

Capo   (Cao   oder  Cavo,  venezianisch  statt  C'apo)  gemeint,  slavisch  Glavotok.  Nr.  7  Pogliza  ist  ein  nahe  liegender  Ort  dazu. 
'  Der  hier   genannte  ,Avunculus'  war  nach   freundlicher  Auskunft  Dr.  CrnÄic's  Georgius  Georgiceo,   und  eigentlich  hätte  er 

sollen  patnms  genannt  werden.    Als  Bischof  waltete  er  seines  Amtes  von  1653  bis  1660.   ,Suciuracz'  ist  Sucurje  ,Sveti  Gju- 

ragj'  ein  Dorf  bei  Spajato. 
'  Klar  sind  die  Ortsnamen  Lussin  piccolo  und  Lussin  grande. 
'  Klar   sind   Zara  vecchia  (Biograd),  Mulat,   d.  h.  die   Insel   Melada  (lat.  Melida),   Torrette  (Turanj),  Cassiano,  Sale  auf  der 

Insel  Lunga  (slav.  Luka)  und  S.  Philippo  et  Giacomo  (auf  dem  Festland  bei  Zara  vecchia).  Doch  was  bedeutet  Cuplieza? 

Soll  es  nicht  Cuclizza  (Kukljica)  gelesen  werden?  Dann  ist  es  auf  der  Insel  Ugliano  (Uljan). 
5  Klar  sind  Zaton,  Brevilaciua  (=  Prevlaka),  Puntadura,  Gliuba  (Ljulja),  Castel  Venier  (Vinjerac),  Kazanze  (Kaiauce),  Posse- 

daria,  Poglizza,  Decanato  di  Nona  (oder  Polazza?,  Decanato  di  Zara  vecchia?),  Draeevac,  Obrovac.  Nr.  8  ist  Novigrad  und 

Nr.  12  vielleicht  Nadin? 
"  Dieser  mittlere  Name  ist  mir  unklar.  Ob  Hanjaluka  dahinter  steckt?  Dr.  Ömfiic  vermuthet  ,Banovina'. 


82  n.  Abhandlunq:    V.  Jagi(\    Gi^agolitica.    Würdigung  neuentdeckter  Fragmente. 

d)  Morter,  3  presbyteros  cmu  inferior.  —  2.  Slosella,  1  presbyterum  cum  8  der.  — 
3.  Sustinapaz,  nenipe  Sveti  Stipan,  S.  Steplumi,  datur(?)  monasteriiim  fratriim  S.  Francisci 
tertii  ordiiiis.  —  4.  Parvicchio,  iuaulä,  liabet  item  nionasteriuni  seu  conventuiii  similem 
S.  Franc,  tertii  ordinis  et  4  presbyteros.  —  5.  Crapano,  villa,  1  vel  2  presbyt.  —  6.  Cavo- 
eesto,    peninsula,    1    presbyt.    —    7.  Azuri,    scopuhis,    1    presbyt.    —    8.  Zlari,    1  presbyt. 

—  9.  Vodize/  villa  in  mediterr.,   1  presbyter. 

Retulit  haec  mihi  diligenter  superius  laudatus  Vincentius  Parcich,  dum  Maio  mense 
1688  Romam  venit  ad  ibi  canonicatnm  theologalem  expetendum;  erat  eo  tempore  etiam 
Marinua  Drago  episcopus  Catarensis. 

In  dioecesi  archiepiscopatus  Spalatensis. 

1.  Suburbiis,  2  presbyteri.  —  2.  Almissa,  3  presb.  —  3.  Subm-bio  Clissae,  3  presb., 
der.  1.  —  4.  Id.  Sigu,  1  presb.  —  h.  Id.  Duare,  3  presb.,  der.  1.  —  6.  Grohote,  villa 
Seite,    1    presb.    —    7.  Vragniza,    2   presb.   —   8.    Sasso,    1    presb.    —    9.    Stobrez   (?), 

1  presb.  —  10.  Xarnounizza,  2  presb.  —  11.  Podatrana,  4  presb.,  1  der.  —  12.  Gre- 
senize,  4  presb.,  2  der.  —  13.  Duchie,  2  presb.,  1  der.  —  14.  Zacuzaz,  1  presb.  — 
15.  Cuzichie,  2  presb.  —  16.  Gorgne  Poglie,  2  presb.,  der.    1.  —  17.  Dogne  Poglie, 

2  presb.   —   18.  Tugare,  2  presb.  —  19.  Costagne,  2  presb.  —   20.  Zuezagn,  2  presb. 

—  21.  Osterviza,  1  presb.  —  22.  Gata,  1  presb.  —  23.  Dubrava,  3  presb.,  2  der.  — 
24.  Trimbusi,  2  presb.,  1  der.  —  25.  Sricane  (?),  2  presb.  —  26.  Srignia,  2  presb.  — 
27.  Sitno,  2  presb.  —  28.  Biscouo,  1  presb.  —  29.  Diigo  Poglie,  1  presb.  —  30.  Gar- 
dun, 1  presb.  —  31.  Radobiglia,  1  jjresb.  —  32.  Contado,  3  presb.'' 

Summa  omnium  est  58  presbiterorum,   11  dericorum. 

Haec  ex  Matthaeo  Joanicio  Juauovicli,  Spalatrensi  Poglizano,  jussu  Cosmi  archiepiscopi 
Spalatensis,  qui  ad  limina  et  ad  alia  negotia  venit  Romam,  lioc.  anno  1688  us(pie  ad  Jimii 
mensis  fiuera. 

Anno  vero  Jubilaei  1700,  16  Aprili  Thomas  Boijdi  (V),  Traguriensis  presbyter,  cum 
me  inviseret,  dixit  Grohote  villam  habere  presbyterorum  alium  in  villa  dicta  Stomoria  (Sto- 
morska),  qui  tunc  erat  Antonius  Pagliatovich  (?)  ex  Wragniza  de  Salona,  dioecesi  Spalatensi, 
sicut  in  ea  Wragniza  erat  Nicolaus  Laiich  ex  eodem  loco  curatus,  alium  liabens  presbyterum 
Antonium  Mattasovich,  in  villa  (?)  Stobrecz  (?),  Johannes  Bubidi  curatus  ex  Wragniza. 
Podstrane  4  villas  habere,  quibus  unus  et  idem  presbyter. 


'  In  diesem  Verzeichiüss  sind  klar:  Morter,  Stretto  (Tisno),  Jezera  (dio  Absclirift  bietet  üezerach,  als  LocalV),  Zlosela,  Frvic 
(ital.  Provicchio),  Krapanj,  Capocesto  (slav.  Primoäten),  Zlarin  und  Vodife.  Dunkel  ist  der  Name  unter  1,  c  Betirine, 
wenn  nicht  Betinne  oder  Betinna  zu  lesen  ist  (so  heisst  ein  Ort  auf  der  Insel  Morter),  unter  Nr.  .S  wird  Sustipanac,  zu  lesen 
«ein  (d.  h.  S"  Stefano).  Nr.  8  ist  die  Insel  Zuri  (Azuromni  insula). 

'  Die  meisten  Namen  sind  unzweifelhaft:  Almissa  (Omi»),  Clissa  (Klis),  Sinj,  Dvare,  Grohote,  Vranjica,  8a.sso  (Kamen),  Stobrez, 
Zrnovnica,  I'odstrana,  Jeseniee,  Du4e,  Zakufiac,  Ku(?i9ce  (?),  Gornje  Polje,  Donje  Polje,  Tugare,  Kostanjo,  Zvecanje,  Ostrvica, 
Gata,  Dubrava  (Pimnova),  Trimbusi,  Srinjine,  Sitno,  Bisko,  Duffopolje,  Grdun,  Radobilja  oder  Radopolje  (?).  Ich  verstehe 
nicht  Nr.  2.5  und  Nr.  .32. 


Uie  unerwartete  Bereicherung'  der  ohnehin  nicht  grossen  Anzahl  von  glagolitischen  Denk- 
mälern durch  die'  zwei  in  Wien  gefundenen  Blätter,  deren  Bedeutung  in  der  nachfolgenden 
Abhandlung  nach  verschiedenen  Gesichtspunkten  beleuchtet  wird,  veranlasste  mich  in  dem 
ersten  Anliang  zu  der  Abhandlung  auch  die  Kijewer  Blätter  zu  berücksichtigen,  wozu  ich 
in  der  Lage  war  die  phototypische  Reproduction  derselben,  auf  den  Tafeln  III — X,  beizulegen. 
Diese  Tafeln  waren  schon  vor  Jahren  auf  meine  Kosten  in  St.  Petersburg  angefertigt  und 
ursprünglich  zu  einer  anderen,  selbständigen  Publication  bestimmt,  die  jedoch  damals  unter- 
blieb. Da  die  Auflage  nicht  so  gross  ist,  um  allen  Exemplaren  der  Denkschriften  beigelegt 
zu  Averden,  so  musste  man  sich  auf  die  Sonderabdrücke  dieser  Abhandlung  beschränken :  nur 
diese  konnten  mit  den  Tafeln  III — X  ausgestattet  werden,  was,  um  Missverstftndnissen  vor- 
zubeugen, hiermit  ausdnicklich  gesagt  wird. 

Wien,  den  6.  Jidi  1890. 

V.  Jagic. 


^^^^ 

OL 


3 


Du 


^ 

■o 
b 


1^    f  f^    ^    *^ 


iSr 


T>Ö 


o 


♦1 

Ifl. 


5  4 


m>. 


^1  I    r^ 


^1 


g  t  I  I 


irr5 


äa 


¥S? 


•*. 


v'   ? 


IMIlil^ri 


#^  ;«3t 


•^ 


1 


O 

iE 


'* 


-»^' 


■ »   TT  •  •• 


•15: 


CJ-     5.      »ti     ;■'  '^''^    *'"^'    -Vs»»  --Ö^  '"'(•r 

jj;  .t.'    »•  ^  -^v  .i^.>  k  i.,,  ^-  V  m 


ff    $4 


III. 


DIE  DARSTELLUNG 

IM 

SLAYISCHEN    VOLK8EP08. 


D^   FRANZ    MIKLOSICH, 

WIRKLICHEM  MITGUEDE  DER  KAISERLICHEN'  AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 


VORGELEGT  IN  DER  SITZUNG  A5I  S.  JULI  ]86i(. 


-L'er  Geg'ensatz  von  Natixr  und  Kunst  liegt  dem  vcjn  Natur-  und  Kunstpoesie,  dem  von 
Natur-  und  Kunstepos  zu  Grunde:  in  jenem  ist  der  Geist  des  Volkes,  in  diesem  der  Geist 
des  Individuums  tliätig.  Es  darf'  dalier  der  Ausdruck  Naturepos  durch  den  Ausdruck  Volks- 
epos ersetzt  werden:  man  spricht  daher  vom  singenden  Volksgeist  und  vom  singenden 
individuellen  Geist.'  Die  Bezeichnung  ist  für  eine  Thätigkeit,  deren  Wesen  der  Mensch  niu* 
ahnen  kaim,  gerechtfertigt,  und  der  singende  Volksgeist  wäre  nicht  so  oft  belächelt  worden, 
wenn  man  eingesehen  hätte,  dass  auch  die  Thätigkeit  des  Kunstdichters  dem  dem  Vor- 
gange nachspürenden  Verstände  ein  Geheimniss  ist.^  Der  Streit,  ob  das  Volk  in  seiner 
Kindheit  mit  instinctartiger  Nothwendigkeit  ziu-  Poesie  getrieben  —  O'K'Ktq  6u(jlöc  sxorpuVTjatv 
äst^stv  Odyss.  8,  45  —  oder  durch  die  Vorstellung  eines  Zweckes  bestimmt  wird,  diesen  im 
Wort  zu  verwirklichen,  ist  uralt  und  wird  wohl  ewig  währen:  es  wird  iirnner  Menschen 
geben,  die  alle  Poesie  auf  bewusste  Thätigkeit  zurückführen  und  bewusstlos  schaffende 
Naturkraft  des  Geistes  auch  in  der  Natur-  oder  Volkspoesie  für  ein  Hirngespinnst  erklären.^ 
Der  Streit  betrifft  nicht  nur  die  Poesie,  sondern  auch  die  Sprache,''  den  Mythus,  die  Sitte, 
die  das  Recht  in  sich  schliesst,  und  die  Gemeinde  mit  dem  Staat:  nur  die  Familie  wird  der 
Herrschaft  des  Verstandes  entzogen. 

Gegenstand  dieser  Abhandlung  ist  das  Volksepos,  daher  die  Volk8j)oesie  mit  Ausschluss 
der  Lyrik.  Der  Grund  der  Bevorzugung  des  Volksepos  liegt  in  dessen  höherem  Alter.'*  Es 
ist  kaum  i-ichtig,  wenn  man  meint,  aus  dem  epischen  Gesänge  winde  sich  die  Lyrik  los: 
die  Geschichte  des  serbischen  Volksliedes  lehrt,  dass  die  lyrische  Poesie  eine  Nachfolgerin 
der  epischen  ist,  ohne  aus  ihr  hervorgegangen  zu  sein.    Ausgeschlossen  .sind  ferner  Balladen 


'  ,Epopee  nazionali,  poeiiii  individuali.'     Gubernatis. 

*  ,Das  Bewusstlose  mit  dem  IJesonueuen  maclit  den  poetischen  Künstler  aus.'     Schiller. 

'  , Vogelgesang  und  Menschengesang  sind  freie  Aensserungen  des  Lebensgefiihles',  sagt  selbst  W.  .Scherer,  Poetik  79,  während 
J.  Grimm  meinte,  die  Volksepen  dichten  sich  selbst. 

*  jQuoique  les  langues  soient  notre  ouvrage,  elles  se  sont  formöes,  ponr  ainsi  dire,  saii."!  nous.'     Condillac. 
"  ,Alle  Poesie  ist  zuerst  nur  episch  gewesen.'     W.  Wackernagel. 

Denkschriften  der  phiL-hist.  CI.    XX.WIII.  Bd.    III.  Abb.  1 


2  III.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

iiud  RüHiauzen,  die,  nicht  iiotliAveudig  aus  epischeu  Liedern  entstanden,  sich  von  diesen  durch 
die  aiis  der  erregten  Stimmung  hervorgehende  sprunghalte  Darstelhing# unterscheiden,  welche 
sich  im  Epos  durch  Stetigkeit,  behagliche  Euhe  und  Breite  auszeichnet.  Eine  weitere  Ein- 
schränkung liegt  darin,  dass  ich  zunächst  nur  das  slavische  Volksepos  untersuche  und  das 
griechische  nur  vergleichend  heranziehe. 

Unter  Volksepen  verstehe  ich  jene  Epen,  die  uns  in  ihrer  volksthündiclien  Form 
vorliegen.  Ausgeschlossen  sind  demnach  die  zwar  auf  volksthümlicliem  Grunde  ruhenden, 
jedoch  der  volksthündiclien  Form  verlustig  gewordenen  Epen,  wie  die  Nibelungen. 

Von  den  slavischen  Völkern  besitzen  Volksepen  die  Serben,  die  Kroaten,  die  Bulgaren 
und  die  Russen.  Unter  diesen  nehmen  die  serbischen  den  ersten  Rang  ein;  ihnen  zvmäclist 
stehen  die  kroatischen,  von  denen  ich  die  das  fünfzelmsilbige  Metrvun  bietenden  für  alt  und 
für  specitisch  kroatisch  halte,  während  nach  meiner  Ansicht  diejenigen,  deren  Verse  aus  je 
zehn  Silben  bestehen,  aus  dem  Serbischen  stammen.  Das  bulgarische  Epos  bildet  mit  dem 
serbischen  6ine    Gruppe.      Die   reiche  Volksepik   der  Grossrussen    ist    ein   Ganzes   für    sich. 

Was  Homer  anlangt,  so  bemerke  ich  gleich  hier,  dass  ich  der  sogenannten  Kleinlieder- 
theorie  anhänge.  Die  Abhandlung  wird  zeigen,  inwieferne  die  Darstellung  in  den  Liedern 
Homers,  den  einzigen  Volksepen  des  classischen  Alterthums,  ^  mit  der  in  den  slavischen 
Volksepen  zusammenfällt. 

Was  hier  vorgetragen  wird,  hat  auch  jetzt  noch  so  viele  Gegner,  dass,  wenn  das  in  politischen 
Dingen  übliche  Mittel,  das  Rechte  zu  finden,  die  Abstimmung,  angewandt  würde,  es  höchst- 
wahrscheinlich in  der  Minorität  bliebe.  Die  Gegner  können  sich  auf  Goethe  berufen,  der  meinte, 
die  Volkslieder  seien  , weder  vom  Volke,  noch  fürs  Volk  gedichtet'.  Dieses  Votum  acceptiren 
wir  nicht,  da  in  dieser  Frage  nicht  die  Dichter,  selbst  die  grössten  nicht,  competent  sind: 
hier  können  wir  nur  Alterthumsforschem  ein  Stimmrecht  einräumen  und  sind  in  der  Lage, 
uns  auf  hervorragende  unter  ihnen  zu  berufen.  Wir  können  ausserdem  jetzt  auf  That- 
sachen  hinweisen,  die  zur  Zeit,  als  Goethe  jene  Worte  schrieb,  nicht  bekannt  waren.  Durch 
den  Bericht  eines  über  alle  Anfechtung  erhabenen  Zeugen  erhalten  Avir  Kunde  von  einem 
Volke,  bei  dem  eine  in  der  ganzen  Welt  bewunderte  Poesie  erblüht  ist,  deren  alleinige 
Schöpfer  ungeschulte  Leute  sind,  eine  Poesie,  von  der  man  daher  mit  vollem  Rechte  sagen 
darf,  dass  sie  vom  Volke  ausgegangen.  In  dem  hier  behandelten  Streite  hat  man  sich  wohl 
nur  selten  auf  die  serbische  Epik  berufen,  über  deren  Entstehung  wir  durch  Vuk  Stefanovic 
Karad^id  so  genau  unterrichtet  sind,  als  dies  bei  einem  solchen  Gegenstande  nur  immer 
möglich  ist.  Der  hier  erwähnte  Bericht  bestimmte  die  ausgezeichnete  Kennerin  aller  Volks- 
poesie, Talvj,  zu  der  Behauptung,  dass,  ,was  lebendige  Volkspoesie  sei,  in  ihrem  Entstehen, 
Fortdauern  und  Wirken  man  doch  nur  in  Serbien  lernen  könne.'  Ueber  Goethe's  Klag- 
gesang 79.  Nach  J.  Grimm  ist  eigentlich  in  Europa  seit  den  homerischen  Gesängen  keine 
Erscheinung  zu  nennen,  die  uns  wie  die  serbische  Naturpoesie  über  das  Wesen  imd  Ent- 
springen des  Epos  klar  verständigen  könnte.  Kleinere  Schriften  4.  419.'''  Wer  vom  Volke 
gedichtete  Lieder  in  Abrede  stellt,  leugnet  alle  Volkspoesie  und  kann  nur  von  sogenannten 


'  ,Wolfs  Prolegomena  verrathen  überall  das  tiefe  Gefühl  von  der  Verschiedenheit  der  homerischen  Eiieii  und  der  sonstigen 
Kunstepen  des  Alterthums'. 

'  ,Le»  chants  serbes,  qui  ravissaient  Goethe,  que  TAllemapne  admire,  et  que  nous  avons  le  tort  de  ncgliger,  car 
depai«  1'  antiquite  on  n'a  rien  fait  de  plus  dpique,  de  plus  nai'f  et  de  plus  grand.'  Laboulaye.  ,Littdrairement,  il  n'y  a  pas 
en  Europe  de  peuple  plus  interessant  que  les  Serbes.  Par  loi  nous  pouvons  pdn^trer  le  mystere  des  poesies  primitives.' 
Mont^gtit.  Daj»  nur  Serben  genannt  werden,  hat  seinen  Gnind  in  dem  sjiäten  Bekanntwerden  der  Epen  der  anderen 
slavischen  Völker,  der  Kroaten,  Bulgaren  und  Küssen. 


Die  Darstelt.unu  im  slavischen  Volksepos.  3 

Volksliedern  sprechen.  Es  gibt  indessen  auch  solche,  die  die  Existenz  der  Volkspoesie  zugeben, 
jedoch  die  hier  vertretene  Ansicht  von  ihrer  Entstehung  als  falsch  bekämpfen:  diese  meinen,  das 
Erhabene  und  Schöne  sei  zu  allen  Zeiten  nur  das  Werk  ausgezeichneter  Geister  gewesen,^ 
sie  stellen  sich  vor,  begabte  Dichter  hätten  Lieder  geschaffen,  die  beim  Volke  Eingang 
gefunden,  was  in  der  vorgeschrittenen  Elntwicklung  wohl  nur  dadurch  möglich  sei,  dass  die 
Lieder  von  berufsmässigen  Sängern  gelernt  und  beim  Volke  verbreitet  werden.  Dass  dadurch 
keine  Volkspoesie  geschaffen  wird,  leuchtet  nur  jenen  ein,  die  da  wissen,  dass  Natur-  und 
Kunstdichtung  einander  ausschliessen,  dass  ,die  Greburtsstunde  der  Literatur  zugleich  die 
Todesstunde  des  Volksliedes  ist'. 

Der  Unterschied  zwischen  Natur-  und  Kunstepik  ei-gibt  sich  aus  dem  Satze,  dass  in 
jenem  das  Volk  und  in  diesem  das  Individuum  singt.  Die  Gegner  dieser  Ansicht  fragen, 
ob  man  denn  glaube,  ein  Volkshaufe  habe,  etwa  in  einer  Versammlung,  je  ein  Gedicht 
gemacht,  worauf  man  entgegnen  kann,  dass  man  daran  nie  gedacht,  dass  man  jedoch  der 
Ueberzeugung  sei,  in  der  Entwicklung  jedes  Volkes  habe  es  eine  Periode  gegeben,  wo 
das  ganze  Volk  von  6inem  Geist  durchdrungen  war,  das  Individuum  im  Banne  dieses 
Geistes  stand:  da  gab  es  nur  6ine  grosse  Gesammtpersönlichkeit.  ,Die  Summe  der  indivi- 
duellen Seelen  erscheint  wie  eine  in  sich  geschlossene  Volksseele',  meinte  J.  Grimm."  ,In  jedem 
singenden  Zeitalter  ist  fast  ein  Säculum  wie  6in  Mann.  Alles  ist  ein  Geist  und  eine  Seele.' 
Fr.  Aug.  Wolf.  ,Not  in  the  heads  of  a  few,  but  in  the  hearts  of  all.  This  is  a  poetry  of 
which  the  people  is  the  poet,  the  people  which  is  yet  in  that  rüde  and  elementary  condition, 
wliich  consists  but  of  a  single  class,  and  admits  but  one  aspect  of  life,  one  mode  of  thought, 
one  series  of  sensations,  one  train  of  association  —  wlien  the  many  are  still  one.'  Diese  Einheit 
der  Gedankenwelt  begreifen  diejenigen  schwer,  die  inmitten  eines  hochcultivirten  Volkes 
leben:  sie  bezeichnen  die  Ansicht,  dass  sich  ein  Lied  nicht  aus  dem  subjectiven  Empfinden 
und  Denken  eines  Menschen,  sondern  aus  dem  innersten  Wesen  eines  ganzen  Volkes  heraus- 
bildet, als  eine  unklare  Vorstellung,  während  diejenigen,  die  wenig  entwickelte  Völker  zu 
beobachten  Gelegenheit  hatten,  schon  in  den  gleichen  Physiognomien  die  Gleichheit  des 
Geistes  verkörj)ert  sehen.  Aus  der  Einheit  der  Gemüthswelt  ergibt  sich,  dass  kein  Lied 
als  einem  Individimm  eigen  angesehen  wird.  Wie  die  Sprache,  so  ist  die  Poesie  Eigenthum 
des  ganzen  Volkes,  daher  poesie  impersonnelle  der  Franzosen.  Diese  Einheit  des  geistigen 
Lebens  hat  nur  6inen  Feind,  den  Verkehr  mit  anderen  Völkern:  dieser  bewirkt,  dass  sich 
einzelne  Individuen  von  dem  Banne  des  Volksgeistes  losmachen,  es  geschieht  dies  vor  allem 
in  den  Mittelpimkten  des  Verkehrs.  Städte  bewohnende  Serben  singen  keine  epischen 
Lieder.  Daraus  ergibt  sicli,  dass  die  Volksepik  auf  eine  bestimmte  Periode  besclu*änkt  ist, 
die  Hegel  den  epischen  Weltzustand  nennt,  Aesthetik  1.  229;  3.  340;  denn  kein  Volk  kann 
sich  dauernd  dem  Verkehr  mit  anderen  Völkern  verschli  essen.  Die  sich  durch  diesen 
Verkehr  entwickelnde  Cultur  und  die  mit  ihr  einziehende  Sonderung  des  Volkes  in  Stände 
nuicht   der  Volksepik  ein   Ende.     Aus   dem   Gesagten  folgt,  dass   die  epische  Periode  nicht 


,Die  IJiclitkmist  ist  eine  Welt-  und  ViJlkergjibe,  nicht  ein  Privaterbtlieil  einiger  freien,  gebildeten  Männer.'  Herder. 
Dagegen  W.  Schefer:  ,Der  Gegensatz  von  Allgemeinheit  und  Individualität  für  ältere  und  jüngere  Zeit  (wo  in  der  älteren 
das  Individuum  sich  in  der  Masse  verlieren  soll)  ist  falsch:  es  ist  nur  die  fortschreitende  Arbeitstheilung  zu  beobachten. 
Darauf  führt  der  ganze  Gegensatz  zurUck.'  Poetik  301.  Scherer's  verkehrte  Ansicht  ist  daraus  erklärbar,  das  er  Talvj's 
oben  citirten  Spruch  nicht  beachtet  hat:  diese  Frau  ist  in  solchen  Dingen  wie  wenig  Männer  stimmberechtigt.  Auch  der  vor- 
treffliche Grillparzer  weiss  mit  Mittelhochdeutsch  und  Volkspoesie  nichts  zu  machen,  er  vergleicht  beide  mit  ,Wegspur  und 
Lachen'   und  weist  den  Dürstenden  an  Homer,  also  nach  einer  immer  allgemeiner   werdenden   Theorie   an   das  Volkslied. 

1* 


4  111.   Abhandlung:  Fkanz  Miklosich. 

bei  alleu  Völkern  uud  nicht  bei  allen  Tlieilen  desselben  Volkes  zu  derselben  Zeit  endet. 
Die  Serben  haben  iti  einzelnen  verborgenen  Winkeln  ihres  Sprachgebietes  den  epischen 
Gesang  bis  in  unsere  Tag"e  bewalu^t.  Seine  Tage  sind  jedoch  gezählt.  Dass  sich  die 
Volksepik  bei  den  Serben  bis  in  die  jilngste  Zeit  erhalten  hat,  ist  ein  Verdienst  der  Ttü-ken, 
die,  mit  dem  Haratsch  ixnd  dem  Zehent  zufrieden,  das  geistige  Leben  der  Raja  ilu-er  Be- 
achtung nicht  werth  hielten.  Was  von  den  Serben,  gilt  von  den  Kroaten  und  den  Bulgaren.* 
Und  was  die  Russen  anlaugt,  so  lebt  das  epische  Lied  nur  in  den  dem  Weltverkehr  ent- 
rückten Theilen  des  Carenreiches.  Die  Schritt  ist  ein  Theil  der  Cultur:  auch  sie  verscheucht 
das  Volksepos. 

Die  epischen  Lieder  gehen  von  Mund  zu  Munde,* von  Geschlecht  zu  Geschlecht.  ,Sie 
erben  sich  fort  wie  die  Sprache  selbst.'  Die  Vorstellung,  dass  die  Sänger  das  gehörte 
Lied  ihrem  Gedächtnisse  von  Wort  zu  Wort  einprägen,  ist  irrig,  und  das  ausserordentliche 
Gedächtniss,  das  man  den  Sängern  epischer  Lieder  zuschreibt,  gehört  in  das  Reich  der 
Fabel.  Es  ist  vielmehr  Sache  der  Erfahrung,  dass  kein  Sänger  ein  von  ihm  gehörtes  Lied 
wörtlich  wiederholt,  er  ist  ein  Nachdichter,  der  Einzelnes  anders  auffasst  oder  vielleicht  nur 
anders  ausdrückt:  viele  Gegenstände  werden  durch  stehende  Epitheta  veranschaulicht,  Gleich- 
nisse wiederholen  sich  wörtlich,  manclies  ist  typisch.  Von  jedem  epischen  Liede  gibt  es 
so  \aele  Varianten  als  Sänger,  die  es  gesungen;  das  Lied  befindet  sich,  so  lange  es  im 
Munde  des  Volkes  lebt,  in  fortwährender  Fluctuation.  Jedes  solche  Lied  ist  alt  und  jung- 
alt in  seiner  ursprünglichen  Anlage,  da  es  an  die  Zeit  der  besvingenen  Begebenheit  reicht, 
jmig  in  seiner  jetzigen  Form. 

Der  epische  Sänger  kann  nur  Begebenheiten  besingen,  die  im  Bewusstsein  seines  Volkes 
leben,  für  anderes  wäre  der  Geist  seiner  Zuhörer  nicht  empfänglich. 

Der  epische  Sänger  theilt  mit  seinem  Volke  den  naiven  Glauben  an  das  Wunderbare, 
an  das  Eingreifen  höherer  Wesen  in  das  Leben  der  Menschen:  dem  Serben  ist  die  Vila, 
eine  geisterhafte  Halbgöttin,  ein  wirkliches  Wesen,  nicht  eine  literarische  Reminiscenz,  wie 
etwa  die  Muse  dem  Virgil  oder  dem  Tasso.  Die  Götter  sind  bei  diesen  ein  schwer 
begreitlicher  äusserer  Aufputz. 

Der  epische  Sänger  kann  von  der  in  seinem  Volke  herrschenden  Form  des  Liedes 
nicht  abweichen.  Dies  gilt  auch  vom  Verse:  der  serbische  Sänger  kann  nur  den  zehn- 
silbigen  Vers  gebrauchen,  es  ist  ihm  nicht  gestattet,  ein  anderes,  etwa  eines  von  den  in  der 
lyrischen  Poesie  üblichen  Versmassen  anzuAvenden.  Für  den  Kunstdichter  bestellt  eine 
solche  Gebundenheit  nicht. 

Mit  der  Abwesenheit  der  Cultur,  die  stets  auf  einem  importirten  Ferment  beruht,  häng-t 
die  Gemüthsruhe  zusannnen,  die  das  ganze  Volk  durchweht  und  in  der  Bedürfnisslosigkeit 
und  der  dadurch  bedingten  Leichtlebigkeit  des  Volkes  eine  Bundesgenossin  findet.  In  dieser 
Ruhe  des  Gemüthes,  in  der  von  heftigen  Erregningen  freien  Stinmumg,  dem  Gegensatze 
der  Nervosität  vmseres  Jahrhund eils,  ist  die  behagliche  Ruhe  begründet,  mit  der  epische 
Lieder  vorgetragen  —  der  Vortrag  ist  Singen  oder  Sagen  —  werden  und  mit  der  ihnen  seit 
Jalirhunderten  das  Volk  lauscht.     Tage  und  Nächte  folgt  der    Serbe    in  Selbstvergessenheit 


•  .Supiiriniez  de  l'liistoire  Tiiivasion  turijue,  et  los  rögioiis,  (lui  s'ötendent  eritre  1' Adriatique,  lo  Dajiube  et  la  luer  Eg(!e, 
seraieut  aujourd'bui  au  meme  degr6  de  civilisatiou  que  l'Europe  occidentale,'  Dozon  XXXIV,  d.  li.,  das  Volksepos  wäre 
auch  Lier  verstummt.  Dasselbe  Verdien.st  haben  die  Veiietianer  in  Dalmatien :  sie  standen  dem  geistigen  Leben  des  Volkes, 
da»  sie  beherrschten,  gleichgiltig  gegenüber. 


'.Die  Dakstellunö  im  slavischen  Volksepos.  5 

nicht  etwa  einer  einsclmieiclielnden  Melodie  —  denn  diese  ist  äusserst  eintönig-  —  nicht 
einem  fesselnden  Vortrage  —  denn  dieser  ist  höchst  einförmig  — ,  sondern  der  Erzählung  von 
den  ihm  bekannten  kühnen  Thatenund  Abenteuern  der  Helden  seines  Volkes.  Nur  Kinder  sind 
heutzutage  fähig,  sich  in  die  Erzählung  so  zu  versenken  wie  in  der  epischen  Periode  das  ganze 
Volk.  Dieser  Ruhe  entspricht  die  Breite  der  Darstellung.  Die  Erzählung  bewegt  sich  vor^värts 
,ohne  den  pathetischen  Drang  nach  dem  Ende'.  Sie  erzeugt  ])ei  unverbildeten  Gremtlthern 
das  Gefühl  ruhiger  Heiterkeit,  behaglichen  Genusses.  Diese  Eigenschaft  der  homerischen 
Dichtung  hat  seit  Jahrtausenden    auf  die  Menschheit  einen  unwiderstehlichen  Zauber  geübt. 

Die  Breite  der  Darstelhmg  kann  durch  den  Vergleicli  des  epischen  Liedes  mit  der 
Ballade  (Romanze)  zmii  Bewusstsein  gebracht  werden.  Zu  diesem  Ende  kann  man  das 
serbische  Lied  von  der  Erbauung  Skutaris,  Vuk  2.  115,  Talvj  1.  18,  vergleichen  mit  dem 
einen  ähnlichen  Stoff  behandelnden  rumunischen  von  dem  Kloster  Arges,  Alecsandri  186, 
und  einem  neugriechischen,  Tommaseo,  II  genio  del  ponte  1 74  imd  in  einer  andern  Fassung 
179;  jenes  von  33,  dieses  von  35  politischen  Versen  von  je  fünfzehn  Silben.  Das  serbische 
Lied,  242  zehnsilbige  Verse  umfassend,  ist  als  episch  zu  bezeichnen.  Das  ebenso  ergreifende 
riununische  Lied  von  mehr  als  340  fünf-  oder  sechssilbigen  Versen  nähert  sich  hinsichtlich 
der  Ausführlichkeit  und  Anschaulichkeit  der  serbischen  Dichtung,  während  die  neugriechische 
in  raschem  Tempo  dem  Ende  zueilt.  Tommaseo  bezeichnet  von  seinem  subjectiven  Stand- 
punkte aus  das  serbische  Lied  als  troppo  posato,  das  neugriechische  als  rapido  troppo. 
Nur  die  Serben.  Kroaten,  Bulgaren  und  Russen  erfreuen  sich  eines  Volksepos:  die  übrigen 
slavischen  Völker  haben  in  ihren  traditionellen  Balladen  einzelne  Züge  desselben  bewahrt, 
am  meisten  die  Kleinrussen. 

Es  entsteht  nun  die  Frage:  gibt  es  zwischen  Natm'-  und  Kunstepos,  etwa  zwischen  der 
Ilias  imd  der  Aeneis,  abgesehen  von  der  bisher  behandelten  Entstehung  beider  Epen,  einen 
Unterschied  und  worin  bestellt  er?  in  welchen  Erscheinungen  tritt  er  zu  Tage?  Ein  Unter- 
schied wird  wohl  allgemein  zugegeben,  allein  die  weitere  Frage  unbeantwortet  gelassen. 
M.  Haupt,  Opuscula  academica  1.  246,  sagt,  ,dass  beide  Arten  des  Epos  nicht  blos  durch 
den  Grad  der  Schönheit  und  Vollendung,  sondern  durch  den  verschiedenen  Boden,  aus  dem 
sie  hervorgingen,  durch  die  Weise  der  Entstehung  und  durch  ilu-  eigenthümlichstes  Wesen 
von  einander  getrennt  sind;  das  ist  erst  spät  und  allmählich  zu  Tage  gekonmien,  ja  diese 
Erkenntniss  ist  in  der  Tliat  erst  von  der  neuesten  Zeit  gewonnen  worden,  und  sie  ist  zu 
grossem  Theile  das  Ergebniss  der  Betrachtung  mannigfaltiger  Analogien,  durch  die  endlich 
die  Augen  für  die  volksmässige  erzählende  Dichtung  aufgethan  wurden'.  Worin  jedoch  ,da8 
eigen thümlichste  Wesen'  dieser  Dichtung  besteht,  ist  von  Haupt  nicht  dargelegt  worden. 
W.  Scherer,  Poetik  133,  meint,  zwischen  Volks-  und  Kimstpoesie  bestehe  kein  fimdamentaler 
Unterschied,  es  sei  ein  Stilgesetz  und  nicht  anders  zu  beurtheilen  als  andere  Stilgesetze. 
Scherer  erklärt  leider  nicht,  was  ein  ,fundamentaler  Unterschied'  sei.  Freilich  ist  das 
dichterische  Geschäft  überall  dasselbe,  indem  die  Phantasie  die  Quelle  aller  Poesie  ist. 
Audi  ülier  das  Wesen  des  Stils  hat  sich  Scherer  nicht  ausgesprochen,  und  wir  erfahren 
nicht,  woi-iu  sich  der  Stil  der  Ilias  von  dem  der  Aeneis  unterscheidet.  Wir  lesen  bei  ihm  134, 
135,  dass  der  individuelle  Stil  in  der  Naturpoesie  zurücktritt,  allein  wir  erfahren  nicht, 
was  individueller  und  was  der  Stil  der  Naturpoesie  sei. 

Die  Aufgabe  dieser  Abhandlung  ist,  den  Unterschied  zwischen  Natur-  und  Kunstepos 
in  der  Darstellung  und  nur  in  der  Darstellung  klar  zu  machen.  Dieser  Unterschied  beruht 
auf  folgenden  vier  Punkten: 


6  III.  Abhandlung  :  Franz  MiKr.osiCH. 

1.  Auf  der  Stetigkeit  der  Erzählung  im  Naturepos,  indem  der  Silnger  bei  einzelnen 
auch  minder  bedeutenden  Momenten  der  Handlung  verweilt,  während  der  Dichter  des  Kunst- 
epos nur  die  bedeutenderen  Stadien  festhält; 

2.  auf  der  Wiederholung,  indem  der  Sänger  des  Naturepos  einen  Gedanken  und  ganze 
Gedankenreihen  mein*  als  einmal  ausspricht;  er  kann  sich  von  einer  Vorstellung  nicht 
allsogleich  losmachen  und  kommt  durch  Wiederholung  nicht  nur  dem  Gedächtnisse  der 
Hörer  zu  Hilfe,  sondern  verstärkt  auch  den  Eindruck:  der  Kunstdichter  meidet  Wieder- 
holungen : 

3.  auf  dem  Gebrauch  stehender  Epitheta,  indem  der  Sänger  des  Naturepos  bestrebt 
ist,  den  Gegenstand  in  seiner  sinnfälligen  Bestimmtheit  darzustellen:  der  Kunstdichter  kennt 
keine  stehenden  Epitheta.  Grillparzer  würde  sagen,  der  Hörer  des  Naturepos  möchte 
sehen,  was  geschieht;  der  Hörer  des  Kuustepos  ist  zufrieden  es  zu  hören; 

4.  auf  der  Anwendung  von  Vei'gleichungen,  wodiirch  der  Gegenstand  veranschaulicht 
und  die  Seele  des  Hörers  dabei  längere  Zeit  festgehalten  wird:  dem  Kunstdichter  ist  die 
Vergleichung  ein  entbehrlicher  Schmuck. 

Gegen  diese  Auffassung  wird  bemerkt,  das  Angeführte  treffe  nur  Aeusserlichkeiten,  der 
Unterschied  zwischen  Natur-  und  Kunstepos  müsse  tiefer  liegen.  Dieser  tiefer  liegende 
Unterschied  beruht  auf  der  Psyche  des  epischen  Volkes:  diese  Psyche  selbst  zu  schauen 
ist  uns  nicht  gegeben,  wir  müssen  uns  damit  begnügen,  ihre  Aeusserungen  zu  erkennen. 
Diese  Aeusserungen  nehmen  wir  in  den  angegebenen  vier  Punkten  wahr.  Die  angeführten 
Erscheinungen  sind  nicht  etwa  blos  technische  Darstellungsmittel,  was  schon  daraus  hervor- 
geht, dass  die  Kunstepik  von  ihnen  keinen  Gebrauch  macht.  Sie  betreffen  die  Form,  was 
unserer  Theorie  wohl  nicht  entgegengestellt  werden  wird,  wenn  man  bedenkt,  ,das8',  wie 
ein  berühmter  Schriftsteller  meint,  ,in  der  Kunst  die  Form  alles  ist,  der  Stoff  nichts  gilt*. 
Sie  sind  für  Homer  oft  vmd  gründlich  dargestellt  worden,  freilich  ohne  dass  man  ihre 
Bedeutung  erkannt  hätte:  sie  für  die  slavische  Volksepik  zu  iintersuchen,  das  ist  die  Auf- 
gabe dieser  Abhandlung.  Da  dies  hier  vollständig  zum  ersten  Male  geschieht,  so  ist  grössere 
Ausführlichkeit  wohl  am  Platze. 

I.  Stetigkeit. 

Der  Sänger  des  Naturepos  verweilt  bei  einzelnen  auch  minder  bedeutenden  Momenten 
der  Handlung.  Kr  eilt  daher  nicht  ungeduldig  von  einem  Punkt  zum  andern,  um  am  Ende 
anzulangen,  er  weilt  mit  Liebe  und  Behagen  bei  den  einzelnen  Stadien.  Darin  besteht  die 
Stetigkeit,  Continuität  der  Darstellung. 

Serbisch: 

Igraju(5i  pod  goricu  dojde,  —  igrajuci  i  goricu  projde,  —  igrajuci  na  Kratovo  dojde,  — 
igrajuci  i  Kratovo  projde,  —  igrajuci  i  do  dvora  dojde. 

Milo  majci,  da  o2eni  sina,  —  pa  skocila  na  noge  od  tala,  —  svom  djetetu  donese  ha- 
Ijine:  —  najpre  b'jele  gade  i  ko§ulju;  —  kaki  su  mu  b'jeli  camasiri!  —  n'jesu  tkati,  n'jesu 
opredeni,  —  ni  u  cesto  brdo  uvedeni,  —  na  curinske  prste  ispleteni.  —  A  jjo  njima  navuce 
(Saksire,  —  i  po  njima  zelenu  dolamu,  —  po  dolami  troje  toke  sjajne,  —  a  na  glavu  krila 
i  Gelenke.  —  Opasa  se  zelenijem  pasom  —  od  bedara,  tamam  do  njedara,  —  za  pas  zadje 
morske  vedenike,  —  a  jabuke  od  srme  kovane,  —  a  cvjetovi  dragi  kamenovi  u.  s.  w. 
Hör.  2.  413. 


Die  Darstellung  im  slavischen  Volksepos.  7 

Vec  se  svrati  na  bijelu  kulii,  —  kada  dodje  na  bijelu  kulu. 

Hode  pravo  bijelome  dvoru.  —  kada  dodje  dvoru  bijelome. 

S  njime  podje  niz  novii  carsijn,  —  kad  su  bili  niz  novu  carSiju. 

Russisch: 

Raz8tavljal:5  sater-b  —  poly  belyja;  —  Razstavja  sateri,  stalt  ogon&  seöi;  —  Vysecä  ogoni, 
stall  rasklady vatb ;  —  Razlo2a  ogons  stall,  kasu  varitB;  —  Svarja  kasu  stall  raschlebyvatb; 

—  Raschlebavi  kasu  stall  pocivi  der2atb. 

Er  stellte  auf  sein  Zelt,  das  aus  weissem  Lein;  —  als  er  es  aufgestellt,  schlug  er  Feuer; 

—  als  er  Feuer  geschlagen,  legte  er  es  an;  —  als  er  es  angelegt  hatte,  kochte  er  Grütze; 

—  als  er  sie  gekocht  hatte,  verzehrte  er  die  Grütze;  —  als  er  sie  verzehret,  da  schlief  er 
ein.  Kir.    1.   3.  Bistrom  V.  187. 

Daneben:  Onl  raskinuli  uze  polotnjani  satgri.  —   oni  raskinuvsi  stall  poßivi  derzatb. 

Er  stellte  sein  leinenes  Zelt  auf,  —  als  er  es  aufgestellt,  schlief  er  ein.  Kir.  1.  16. 
Bistrom  V.   188. 

Vynimaeti  oni  Potoki  —  izi  nalusna  svoj  tugoj  luki,  —  izi  kolcana  vynimali  kalenu 
strelu,  —  i  bereti  oni  tugoj  luki  vi  ruku  levuju,  —  kalenu  strelu  vi  pravuju,  —  nakla- 
dyvaeti  na  tetivocku  selkovuju,  —  potjanuli  oni  tugoj  luki  za  ucho,  —  kalenu  strelu  semi 
cetvertej,  —  zaskripeli  polosy  bulatnyja,  —  i  zavyli  roga  u  tuga  luka,  —  a  i  cutb  bylo 
spustiti  kalenu  strelu. 

Potok  nimmt  aus  der  Scheide  seinen  straffen  Bogen,  —  aus  dem  Köcher  nimmt  er  den 
gehärteten  Pfeil,  —  und  er  nimmt  den  straffen  Bogen  in  die  linke  Hand  —  und  den  ge- 
härteten Pfeil  in  die  rechte,  —  und  er  legt  ihn  auf  die  seidene  Sehne,  —  und  er  spannt 
den  straffen  Bogen  u.   s.  w.  Kirsa  Dan.  217. 

I  skoro  beziti  'oni  vo  konju§eni  dvori,  —  i  bereti  sebe  konja  dobrago,  —  lucsago 
konja  i  samolucsago,  —  i  skoro  sedlaeti  i  uzdaeti  konja  dobrago,  —  i  skoro  izi  goroda 
izi  Kieva  povyedeti,  —  i  skoro  budeti  na  tomi  pole  na  Eleskiny.     Ryb.  1.  116. 

Elin  schönes  Beispiel  von  Stetigkeit  bietet  Homer,  Odyssee  21.  42—53:  Vj  rfriZB  ^tj 
W.Xa(i,ov  xöv  ä'^ixsto  5ta  '(O-^aiv.ihv.  Penelope  holt  den  Bogen  des  Odysseus:  sie  steigt  hinauf 
zum  Gemach,  nimmt  den  Schlüssel  von  Erz  mit  dem  elfenbeinernen  Griffe  und  geht  zur 
hintern  Kammer  hinab,  wo  die  Kleinode  des  Königs  ruhen.  Dort  tritt  sie  auf  die  eichene 
Schwelle,  löst  den  Riemen  vom  Ring  der  Pforte,  steckt  den  Schlüssel  hinein  und  schiebt 
den  Riegel  zurück;  krachend  breiten  sich  die  Thürflügel  auseinander,  und  sie  geht  hin 
zur  Wand,  sie  reckt  sich  empor  und  enthebt  dem  Nagel  den  Bogen. 

Dieselbe  Ausführlichkeit  wie  in  der  Erzählung  gewahren  wir  in  der  Beschreibung. 
Man  vergleiche  das  Lied  Novak  i  Radivoj  prodaju  Gruicu,  Vuk  3.  4,  wo  Kleidung  und 
Rüstung  des  Gruica  Vers  56  bis  83  beschrieben  werden. 

II.  Wiederholung. 

Der  Sänger  des  Naturepos  kann  sich  von  einer  Vorstellung  nicht  sogleich  losmachen, 
spricht  daher  einen  Gedanken  oder  ganze  Gedankeureihen  mehr  als  einmal  aus.  Quae 
narrantur,    ita    solent    describi,   ut  semper    ex    praegressis    aliqua    pars  repetatur,    quo    tit. 


8  in.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

ut  et  ea.  quae  jam  audita  sunt,  faciliiis  retineantiir,  fimiiusque  iniprimantur  auimis  et 
laxius  atque  reinissius  fliiat  oratio,  quam  si  novis  semper  constipatis  attentionem  difficilem 
et  molestam  redderet.  G.  Hermannus.  Una  caratteristica  del  canto  epico  finlandese  fe  la 
ripetizione  di  una  stessa  idea  in  varie  forme  in  due  o  piii  versi  successivi:  malgrado  la 
varietk  di  colorito  poetico  che  spesso  suol  esservi  dentro,  la  frequente  ricorrenza  di  tali 
ripetizioni   o   il    troppo   prolungarsi  di  esse  puo  rinscir  peso  e  stancare.     Comparetti. 

1.  Einfache  Wiederholung. 

Von  der  einfachen  Wiederholung  eines  Wortes  macht  nur  die  russische  Volksepik 
Gebrauch. 

Russisch: 

Prjamoezzaja  dorozka  prjamoezzaja.    Ryb.  2.  6. 

Cudnymii  cudnymt  cudno,  —  divnymoj  divnymt  divno.    1.  74. 

Vvezzaet-b  tutt  staryj  kozak-B,  —  star-B  staryj  kozak-B,  Ilbja  Muromecb.     Kir.  1.  93. 

Ont  Ijubilt,  Ijubil-B  smejatt  sja  na  ßu^iicht  ^ent.     2.  17. 

Pozdnym-B  pozdno.  Kirsa  Dan.  Vergl.  göre  gortkoe.  göre  gorbkaja,  moja  rusa  kosa. 

Zagorali  sja,  zagorali  sja  dubovija  drova.    Kir.  2.  43. 

Serbisch: 

Aehnlich  cudno  cudo.  kad  je  bilo  veßer  u  veßeri.  Kaß.  kada  bude  noci  u  ponoci. 
Kac.  kad  u  jutru  jutro  osvanulo.  kad  u  jutro  jutra  docekali.  Kaß.  svilen  öador  od  zelene 
svile  Hör.  2.  246.  u  jutro  rano  podraniH.  ne  rani  rano  na  vodu.  kad  su  zore  bjele  zabjelile 
Kaß.  120.  tu  mi  je  zora  zazorila.  kad  se  tavna  nocca  uno6ala.  pa  ja  mislim  i  razmisljam  misli. 

Bulgarisch: 
Dur  se  zora  obzorilo  milad.  425.  sitnom  sitno  zborvat  403.  Vergl.  sirak  siromah. 

Kleinrussisch: 

Do/om,  doJom,  ta  sucho.  doJom  iz  za  hory,  hory.  oj  v  Tisku,  lisku.  oj  poJem,  poiem 
Kyiyimskym.  oj  rano,  rano  kury  zapüy.  oj  sydyf,  sydyf,  kosoAku  ce§e.  stojif  mi,  stojif 
Soikovyj  namet. 

Dem  wiederholten  Worte  wird  eine  nähere  Bestimmung  hinzugefügt. 

Russisch: 

Ocht  vy  Ijudi  moi,  Ijudi  dobrye,   —  Ijudi  dobrye,  sabry  bli^nie.    Kir.  1.  4. 
Izpodü  togo  li  to  vjaza,  vjaza  öernago.     Ryb.  2.   185. 
Izi.  lesu  to  bylo,  lesu  temnago.     3.  69. 

2.  Wiederholung  der  Präposition. 

Präpositionen  werden  vor  den  einzelnen  syntaktisch  zusammengehörigen  Nomina 
wiederholt.  Dass  es  sich  hiebei  nicht  um  die  Ausfüllung  der  Silbenzahl,  sondern  um  nach- 
druckvolle Darstellung  handelt,  ergibt  sich  aus  russ.  vb  pecali  bystb  vh  velice  aus  dem  XI., 
RT)  posadnikom-B  st  Miroskoju  aus  dem  XIII.  Jahrhundert,  na  prevczt  na  Kyjevt  bei  Nestor. 


DiK  Dausteli.ing  im  .slavischen  Volksepos.  9 

na  sestru  na  Mihailovu.  Krmc.  335  u.  s.  \v.  Serb.  uzl  potokb  ixzb  Belusb,  u  rtti,  u  KurijacB, 
uzb  potokB  uzb  LovBCb,  u  reku  u  Pbnukju,  u  stenu  u  Pbcelinju,  za  vbse  za  to,  u  rbtbkb  u  ostryj, 
u  BnSije  u  gorbnje,  na  Krbste  na  dolbnje  in  Urkunden.  Dies  deutet  darauf  hin,  dass  die 
Wiederholung  der  Präposition,  der  alten  Sprache  eigen,  sich  heute  im  Serbischen  nur  im  Volks- 
epos erhalten  hat. 

Serbisch,  Kroatisch: 

A  bez  suza  bez  sirotinskijeh.     Vuk.  2.  83. 
Ukraj  Laba  ukraj  vode  ladne.     2.  31. 
Na  uba%^i  na  polju  Kosovu.    2.  34. 
Po  cestitoj  po  Ma6edoniji.    2.  38. 
Za  Maksima  za  sina  svojega.    2.  89. 

Prije  boja,  prije  razboji§ta.  za  jedinkom  za  banovim  sinom.  iz  dalcke  iz  zemlje  moskovske. 
U  prokletoj  u  kuli  Nebojsi.     Kac. 
A  Milos  se  dignuo  iz  gosposke  iz  trpeze.     Bog.   7. 
Nego  tebi  obecavani  prid  svom  ovom  prid  gospodom.    7. 
Strah  je  mene,  da  nije  u  potrebi  u  velikom.    9. 
I  mene  je  uveo  pod  svoj  sator  pod  svileni.    16. 
Prvi  glas  niu  dopade  od  kralja  od  ugarskoga.     20. 
Janko  mu  je  vojvoda  za  kuma  za  vjenßanoga.    28. 
Ter  mu  Ijubi  udari  po  grlu  po  bijelonm.    112. 
Tu  je  sator  raspeo  u  planini  u  zelenoj.    13. 
A  Milo§a  Kobilovica  na  moju  na  desnu  ruku.    9. 

Da  je   mlada   robinja  u  bana  u  Modrinskoga,  —  da  je   baue    on  neda  na  odkupe  na 
nijedne.    117, 

Man  vergleiche  Bog.  4,  8,  10,  11,   12,   13,  14,  21,  32,  43,  58,  (iO,  61,  74,  81,  90,  95. 

Bulgarisch: 
Der  bulgarischen  Epik  scheint  dieses  Darstellungsmittel  zu  fehlen. 

Russisch: 

Kto  by  nami)  skazalt  pro  staroe,  —  pro   staroe   pro    byvaloe,  —  pro    tog6  Ilbju    pro 
Muromca?     Kir.   1.   1. 

Vo  2ist6  pole,  k-b  vysoku  bugru,  —  kT)  vysokü  bugru,  ko  raskatistu.    1.  2. 

Pod'b  toe  li  ze  podi)  matusku  —  pod  Sofii  rekii.     1.  4. 

Iz'b  za  gort  bylo,  gorb  vysokiichii,  —  iz-b  za  lesovt,  lesovb  temnyichi>.    1.  31. 

Vo  slavnom'b  vo  gorode  voMurome, — vo  seleKaracarove, — tutii  zil'b  byli.  starik-b  u.s.w.  1. 77. 

Za  chleb'b,  za  solb  za  stolovuju.     Ryb.  3.  43. 

A  ne  st  ochoty  sla,  a  so  pristrastki  so  knjazeskija.    3.  89. 

Na  tvoem-b  na  kameni  na  latyre.    3.   165. 

Na  nase  na  selo  na  prekrasnoe,  —  na  slavent  na  Kievb  grad-b.     1.  97. 

Iz  stolbnago  iz'b  goroda  izi  Kieva.    3.  54. 

Ko  tonm  li  ko  gorodu  ko  latinskomu  3.  46. 

Vt>  toem-b  bylo  vo  gorode  vo  Krjakove.    3.   13. 

Za  ego  za  brata  za  krestovago.     Gilbf.  354. 

Po  gorani'b,  goramo,,  po  vysokiimOj,  —  po  razdolbicamt,  po  türokümi.. 

Ucnkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.   III.  Abh.  -2 


10  III.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

Man  lüge  hinzu  die  Reste  dieses  Gebrauches  im  Ivleinrussisclien,  im  (Jechischen,  im 
Polnischen  und  im  Litauisdien. 

Kleinrussisch: 

U  selach  u  veseiych.  pöd  borom,  hej  pod  borom.  oj  z  za  hory,  ta  z  za  zeleno'],  ta  z  za 
kamjanoj.  oj  za  hory,  ta  za  krutoj,  oj  iz  za  hör)',  po  pod  horu,  po  pod  zeienu.  do  horoda 
do  Koziova.  bila  horoda,  bila  kyfiji.  a  tarn  na  iuhach,  na  barz  syrokych.  u  poli,  u  syrokom. 
V  poFi,  V    poli,  V  cystejkom   pol'i.     u  sadu,   v  sadu,   u  sadocku.    pöd  verboju,   pod  zeJenoju. 

V 

Cechisch: 
Spadly  ste  mi  do  hlbokej  do  vody.    Sbor.  12.    pod  javorem,  pod  zelenym. 

Polnisch: 
Przy  gajiczku,  przy  zielonym. 

Litauisch: 

Is  po  akmenju,  i§  po  sgrojo.  vandenelis  tekejo.  —  Unter  dem  Stein,  unter  dem  grauen, 
ttoss  ein  Wässerlein. 

Es  sind  dies  Reste  der  alten  Sprache.     Archiv  für  slavische  Philologie.  Xll.  103. 

3.  Palillogie. 

Palillogie  [TzaXiWrjfia,  dvaoiicXtoat?)  ist  Wiederholung  desselben  Wortes  oder  derselben 
Worte  in  zwei  oder  mehreren  aufeinanderfolgenden  Versen. 

Bogisic,  Predgovor  44,  meint,  die  Palillogie  könne  zur  Wahrung  der  syntaktischen 
Selbstständigkeit  des  Verses,  zur  Vermeidung  des  Enjambement  dienen.  Nach  der  Ansicht 
Anderer  hat  sie  die  Bestinnnung,  die  Rede  nach  einem  augenblicklichen  Stocken  in  neuen 
Schwung  zu  bringen.  Mir  scheint  sie  in  der  epischen  Darstellung  überhaupt  begründet, 
die  gerne  mit  behaglicher  Ruhe  bei  dem  Gregenstande  verweilt.    Vergl.  Zima   165.  298. 

Serbisch,  Kroatisch: 

aj  Osta  jadna  gospa  kukajuci,  —  kukajuci  kano  kukavica.    Vuk.  4.  14.  122. 

Kad  u  jutru  bijel  dan  osvanu,  —  dan  osvauu  i  (igranu  sünce.    3.  16.  27. 

Ali  na  njeg'  uagazila  guja,  —  Ijuta  guja,  sa  Kladuse  Mujo.    3.  24.  591. 

A  Stojanu  krsno  ime  bje.se,    —  krsno  ime  lijep  Djurdjev  danak.    3.  36.  113. 

A  kapija  pusta  zatvorena,  —  zatvorena  i  zamandaljena.    3.  5,^.  159. 

Svakoga  je  svata  pokrivala,  —  pokrivala  svilenom  kosuljom.    3.  74.  82. 

Tad'  stari  Vlah  oni  poharase,  —  poliarase  ga  i  popali§e  —  popalise  ga  i  porobi§e.   3.  525. 

Siri  ruke  i  u  lice  Ijubi,  —  Ijubi  zeta  Jankovi6-Stojana.    Ma2.  47. 

Ja  djevojci  rzu  kidisati,  —  rzu  kidisati  i  obrazu.    Bos.  vila. 

b)  Da  jedno  mi  bise  vitez  Marko  Kraljevicu,  —  vitez  Marko  Kraljeviöu  i  brajen  mu  An- 
drijaSu.    Bog.  18. 

Neka  mi  se  s^alosnu  od  gr'jeha  ispovidjeti,  —  od  gr'jeha  ispovidjeti,  dusu  moju  na- 
miriti.    50. 

Dopust'  meni,  moj  bo2e,  tihu  rosu  u  ravnici,  —  tihu  rosu  u  ravnici,  sinju  maglu  u 
planini.    72. 


Die  Darstellung  im  slavischen  Volksepos.  11 

Turci  glavu  osjekose  slavnomu  Lazani  knezu,  —  slavnonm  Lazaru  kuezu  i  Milosu 
Obilicu.    10. 

Za  gledati  Jerina  divne  svate  i  kraljicu,  —  divue  svate  i  kraljicu  starca  Djurdja  medju 
svatini.    28. 

Koja  n'jesuKosovo  l'jepijem  selim  uaselill, — rjejjijeni  seliin  naselili,  vinogradini  nasadili.  94. 

Uboga  sirotica  milo  je  zdahnula,  —  milo  je  zdalmula,  bogii  zafalila. 

Es  kann  das  Ende,  aber  auch  der  Anfang  wiederholt  werden. 

a)  Nadje  majku  Jankovid  Stojane,  —  uadje  niajku  ii  svom  vinogradu;  —  kosu  reJce 
ostarila  majka,  —  kosu  reze,  pa  vinograd  ve^e.    Vuk.  3.  25.  47. 

Vila  gnjizdo  tica  lastavica,  —  vda  ga  je  za  deset  godina.    3.  25.  92. 

Stade  jeka  bubnja  i  svirala,  —  stade  praska  nialijeh  pusaka,  —  stade  vika  dobrijeh 
junaka.    3.  68.  250. 

Oderase  trojica  hajduka,  —  ocerase  trideset  Turaka  —  oderase  senju  na  krajinu.  3.  39. 168. 

h)  Svilen  §ator  raspeo  mladi  Marko  Kraljevicu,  —  on  je  Sator  raspeo  na  llvadi  od  Bu- 
dinia.    Bog.   14. 

L'jepu  jezdu  jezdijahu  dva  Jaksic^a  mihi  brata,  —  oni  jezdu  jezdijahu  goricome  zele- 
nonie.    113. 

Sam  donese  napokonje  rogatije  djevojcine,  —  sam  donese  napokonje  rogatije  i  po- 
zdrave.    136. 

Bulgarisch: 

a)  Tamo  fati  nianastir  da  prave,  —  manastir  (da)  prave  sveti  DImitrja  (gegen  das 
Metrum).   Milad.  207. 

Marko  pravi  tamo  lep  manastir,  —  lej)  manastir  sveti  Dimitrija.    208. 

Ajde,  Grrujo,  tebe  da  te  vidam,  —  da  te  vidam,  sto  junastvo  ima§.    211. 

A  ti  toga  mosne  strah  imase,  —  strah  imase  ot  goli  dervisi.    ib. 

Sekulov  konj  vo  vcas-o  si  legna,  —  on  si  legna  na  zelena  treva.    216. 

Ako  da'aS  tvoje  belo  lice,  —  tvoje  lice,  kako  jasno  s:Bnce.    128. 

Ta  kupiha  tri  tovara,  —  tri  tovara  siten  barut,  —  siten  barut  i  zli  korguni.   172. 

h)  öedba  sete  Marko  Prilepßanec,  —  sedba  sete  niz  Kosovo  pole.    Milad.  207. 

Cabur  caSa  plna  mi  ispilo,  —  cabur  (!;asa  sedumdeset  oka  148. 

Svadba  cinit  kralja  Latinina,  —  svadba  cinit,  sina  ke  si  2enit.   116. 

Mu  dadoe  te2ok  kamen,  —  te2ok  kamen,  sco  tegle§e,  —  S8o  tegleSe  trista  oki. 

Kniga  ne  ostavi,  hlebec  da  si  hapne,  —  hlebec  da  si  hapne,  i  vodica  pijne. 

Russisch: 

Sostroit-B  koloda  dubovaja,  —  dubovaja  koloda  prostoraja.    Ryb.    2.  62. 
PriSla  k-B  emu  vi)  kabak-B  vesto2ka  skoraja,  —  skoraja  vestocka,  neveselaja.    2.  62. 
Kak-B  posel-B  to  ja  ko  sinjii  morjü,  —  ko  sinju  morju,  ko  Dunaj  reke.    2.  239. 
Pervaja  zastava  bolota  aybuöija,  —  bolota  zybußija,  korby  dremußija.  2.  239. 
I  sedlaetii  skoro  na  skoro,  —  skoro  na  skoro,  i  krepko  na  krepko.    3.  56. 
Togo    li-to   sobolja    zamorskago,  —    zamorskago    sobolja    uSistago,  —    usistago    sobolja 
pusistago.    3.   181. 

Razgorelo  sb  serdce  bogatyrskoe,  —  bogatyrskoe  serdce,  molodeckoe.    1.   104. 

2* 


12  III.  Abhandlung:  Fuanz  ^Iiki.oskh. 

Dobryj  molodec^b,  bell  Boris  Kozlovt!  —  Ty  ue  bej  inenja  po  belu  licii,  —  po  belli  licu,  po 
riunjauomu:  — ja  stopCu  tebja  ua  dobri^in-B  koue,  —  na  dobryni'B  kone  bogatyrskiem'b.  Kir.  1.  6. 

Hüutig  ist  die  Palillogie  in  der  traditionellen  Ballade  der  Kleinriissen: 

Sidiaj  mi,  tatu,  koÄa  bystrolio,  —  ko6a  bystrolio,  meca  ostrolio. 

Radu  radyZy,  —  radu  radyJy  ne  jednakujii,  —  ne  jednakiijn,  a  trojakiiju. 

Oj  cliodimo  2  my  do  kovalöyka,  —  do  kovalcyka,  do   zoJotnyka. 

Oj  daje  ua  rök  po  sto  cervonycli,  —  po  sto  cervonycli,  po  kouykovi,  —  po  konykovi, 
taj  po  §abeI6i,  —  taj  po  gabelci,  po  pari  sukon,  —  po  pari  siikon,  taj  po  Sapocdi,  —  taj 
po  äapoßdi,  taj  po  pannocci. 

Kupiijmo,  bratfa,  soJkovi  snury,  —  soikovi  snury,  inidaAi  coiny. 

A  poperedii  kouykom  liraje,  —  konykom  liraje,  nieceiu  niachaje. 

Me2  tymy  pauamy  krasnyj  panycu,  —  krasuyj  panyßu,  pane  Ivane. 

Sapockii  zujai,  §ce  j  pokJouyi  ^a,  —  i  pokionyi  ^a,  i  pokoryl  ^a. 

Oj  vysZy  k  Äomu  usi  panove,  —  u5i  panove,  vöi  hetmanove. 

Po  rynku  chodat,  riiceÄky  iomjaf,  —  rußeAky  iomjaf,  j  radorikii  radjat. 

A  zhodiivavgy,  v  voj^ko  posiala,  —  v  voj^ko  posiaJa,  da  j  naiiCaia.  Vergl.  Antonovyß 
l.  31.  33.  35.  38.  52.  79.  86.  138. 

DiePalillogie  istHomer  nicht  fremd,  sie  findet  sich  V(jrnehni  lieh  in  den  letzten  Büchern  der Ilias. 

T^  5'  £Y"*  öLvrtoc  si[JLi,  %al  st  itypi  /slpa?  socvisv,  —  si  irapt  x^l^'^c.  soixs,  p,svoc  3'  ai'^tovt 
ai^ptp.    II.  20.  371. 

Oi  8'  äp"  saav  8{5'j[AOf  6  {asv  £{jixs8ov  '^vto/s'JcV,  —  sixicsSov  rjViiyt'S,  i  5'  apa  [idartYi 
xsXc'jsv.  23.  641. 

Tö)  öap'.CsjJ-sva'.,  d  ts  irapösvo;  r^t^soc  ts,  —  Tcap^lsvoc  -r^^iH^öc  t  öaptCs'cov  dXXr^Xoäv.  22. 127. 

T(bv  [iiv  dp  A[X'fi[Jia/0(;  xal  Ndor/jc  T^YTjadaO'/jV ,  —  NdaiTj?  'A[A?pc[j,axöc  xs,  No[iiovoi; 
dy/vaa  tsxva.    2.  870. 

Die  Palillogie  bei  Virgil  verdankt  ihre   Entstehung  der  Nachahmung  seines  Vorbildes. 

—  —  videmus  —  Italiam.  Italiam  primus  conclamat  Achates,  —  Italiam  laeto  socii 
clamore  salutant.    Aen.  3.  523. 

Atlantis  duri,  coelum  qui  vertice  fulcit,  —  Atlantis,  cinctum  adsidne  cui  nubibus  atris  — 
piniferum  Caput.    4.  247. 

4.  Wiederholung  durch  Negierung  des  Gegensatzes. 

Die  Wiederholung  enthält  den  negierten  Gegensatz. 

Serbisch,  Kroatisch: 
aj  Ona  »jede  briXna  nevesela. 
Sto  s'  u  obraz  sjetno  neveselo? 
Mitre  mudi,  ne  besjedi  ni.sta. 
Muri  Stojan,  ni§ta  ne  divani. 
Budi  mudar,  ne  moj  hidovati. 

S  malo  bilo,  za  diigo  ne  bilo.  malo  vr'jeme,  za  dugo  ne  bilo.  Typisch,  nirve  stalo,  za 
diigo  ne  bilo.    Hör.  2.  536. 

bj  Sto  mi,  Suro,  ti  stoji.s  zlovoljno  i  neveselo.    Bog.  109. 


Die  Darstellunu  im  slavischen  Volksbpos.  13 

Rxissisch: 

Prjamoj  dorozkoj,  neokoli>noej.    Kyb.  3.  13. 

Za  velikuju  dosadu,  ne  za  malnju.    3.  75. 

A  i  cholost'B  ja  chozu,  ne  zenate  guljaju.    Kirsa  Dan.  86. 

Kleinrussisch: 
Mali)  nenmoho.    malyj  neveiykyj.    smuten  neveseiyj. 

5.  Paarung  sinnverwandter  Wörter. 

Der  Wiederliolunfi'  nahe  stellt  die  Paarung  sinnverwandter  Wörter  und  solclier  Ausdrücke, 
von  denen  der  eine  neben  dem  anderen  entbehrlich  ersclieint.  Wie  die  Wiederholung,  so 
soll  das  Synonymum  die  Seele  bei  einer  Vorstellung  festhalten.  Die  wiederholten  Wörter 
können  Substantiva,  Adjectiva,  Adverbia  oder  Verba  sein. 

Serbisch,  Kroatisch: 

aj  To  je  nama  bruka,  zazor  i  sramota.  —  puno  Ijeta  i  godina.    Hör.  2.  566. 

Cuvaj  nama  obraz  i  postenje. 

Od  koje  si  zemlje  i  krajine? 

Ni  ce  imat'  groba  ni  iikopa,  —  ni  ce  s'  Marku  groba  opojati.  vec  prosipaj  riznicu  i 
blago.  —  moja  mati,  mio  roditelju.    Hör.  2.  182.    Zima  175.  177. 

Svijet  i  krajina  —  mizda  (aus  der  Kirchensprache)  i  nevolja.  Hör.  1,  83.  —  jer  zadade 
jada  i  nevolje.  —  hranila  ih  tugom  i  nevoljom.  niuka  i  nevolja.  muka  i  rana.  kod  vrela 
izvora.     kr§  i  kamenje:  krS  ist  Fels,  in  Montenegro  Stein. 

Brda  i  krSine.    Kac. 

Baci(5u  je  u  kamen  pedinu.    Petr.  122. 

Um  i  pamet.    Prokleto  mu  pleme  i  koljeno. 

Kojega  je  roda  i  plemena. 

U  zeljez  ga  gvozdje  okuj  tezko. 

Tuga  i  2alo8t.    jadi  i   cemeri.     evo   zore  i  bijela  dana.     pa   on  daje  oganj  vatru  2ivu. 

Te  pocini  trudan  i  umoran. 

Zaludu  ti  sretno  i  cestito. 

Dje  pogibe  ludo  i  bezumno.  Zima  175.  pravo  meni  i  pravicno  kazi.  Hör.  2.  445. 
sviono  i  obicno.  2.  494. 

Cvjeli,  place  suzanj  va  tamnici.  Vien.  145. 

Cvjeli,  tu2i  Todor  Salacanin  126. 

Strah  je  mene,  ja  se  bojim  Ijuto.    ve<S  sam  cula  i  Ijudi  mi  kazu.    Hör. 

I  pricaju  i  kazuju  Ijudi. 

Da  banvijes  i  da  gospodujeS.    Zima  175.  177. 

b)  Poklon  i  dar.    Bog.  157. 

Sve  mi  one  bijahu  jedne  slike  i  prilike.   73. 

Kad  svanulo  i  granulo  sunce. 

Za  to  placem  i  suze  proljevam.    kola  i  koßije.     oganj  vatra  2iva. 

Man  merke  sva6a  i  svatovi.    Ma2.  81. 


14  in.  Abhakülunu  :  Franz  Mielosich. 

An  erster  Stelle  steht  nur  der  Aul'aug  des  zu  wiederholenden  Wortes : 

U  njega  mi  bijaSe  bri  njegova  britka  sablja.    Bog.  112.     per  kosulja  do  pojasa  pirlitaua. 

In  einer  Besclnvöningstonnel :  nstn,  ustupite,  auatemnici.  Man  vergleiche  kleinrussisch: 
clmieie,  chniernyce6ku.    pomaj  boh,  maj  l^oh. 

Diese  Stellen  erinnern  einigemiassen  an  die  türkische,  der  Verstärkung  dienende  Re- 
duplication,  die  darin  besteht,  dass  der  erste  Laut  des  Adjectivs  mit  dem  der  Vocalharaionie 
entsprechenden  Vocal  und  mit  Zufügung  eines  p,  m,  s  vor  das  Adjectiv  gesetzt  wird:  ap 
ac^k  ganz   often.  bom  bos  ganz  leer,  inas  mavi  ganz  blau.  Wahrnmnd  49. 

Bulgarisch: 
Urnen  i  raziunen. 
Te  zasviri  zalno,  t/L^no.   Verk.  237. 

Rtissisch: 

Bez-b  boju,  bez-b  draki,  krovoprolitbja.  Kir.  2.  26.  Vergl.  Ryb.  2.  41.  l)ezi,  boju,  bezt 
draki  velikija.     Kirsa  Uau. 

So  togo  so  gorja  so  krucinu§ki.    Ryb.  3.  233. 

A  u  menja  göre  peßalb  e§2e  bolbse  tvoej.    2.  42. 

Djukovo  imenbe  bogaßestvo.  2.  174.  Vergl.  2.  177. 

Krasotoju  basotoju  vb  Osipa  prekrasnago.  3.  85. 

Zili}  u  kupca  gostja  torgovago.  3.  155. 

I  prichodjatb  S'B   lestbju  prelestbju.    Kirsa  Dan.  49. 

Do  temnogo  lesu  boru  dotaskivatt.    Ryb.  2.  133. 

Sobirala  sja  Mariska   vh  pirb  besediisku.    Kir.  2.  42. 

Prochodil'b  pory  vremeni  rovno  tri  gody.    Ryb.  3.  4.    Vergl.  2.  126;  3.  32;  3.  115. 

Stolovanbe  pocestnoj  pirb.  bylo  stolovaiiie,  poßestnoj  stoH.  KirSa  Dan.  155.  Vergl. 
Rvb.  2.  93.    2.  221;  3.  3. 

PrjaXki  spilbki  krasnago  zolota.   2.  22. 

Bez-b  styda,  bezi»  soroniu.    Kir§a  Dan. 

Priletala  malaja  pticka  ptaSka.  Ryb.  2.  311.  —  ptica  ptasica.   1.  2. 

Poechal-b  putem-b  da   i  dorogoju.  3.  53.  Vergl.  2.  136 ;  3.  33 ;  3.  43. 

Kakogo  ty  roda   plemeniV  3.  2. 

Primi  ko  menja  vo  slugi,  raby.  3.  283. 

Ne  svet-b  zorjuska  prosvetila  sb.  2.  125. 

Toskoj  pecalbju  velikoju.  2.  15. 

Ne  moget-b  primenitb  uma  razuma.  2.  177.    Vergl.  3.  131;  3.  227. 

Stall,  sluzitt  veroju  i  pravdoju.  Kir.  2.  80.  Vergl.  3.  305. 

Volosomi.  rostom-b  rovnym-b  st  menja.  KirSa  Dan.  92:  volosTi  und  rosti)  sind  syno- 
nyme Wörter. 

A  ne  kaliki  estb,  vsß  vory  grabiteli.    Ryb.  2.  91. 

Ostavalo  Sb  2itbe  bytbe  bogatestvo.    Kir.  2.  49. 

Vy   glupyi    da  nerazunmyi.    1.  80.     a   glupy  bojara,   vy  nerazumnye.    Kirsa   Dan.  327. 

Ja  jirivezT.  te))e  vestocku  radostnuju  i  veseluju.    Ryb.  3.  88. 

Tut'b  ne  dva  f)rla  sletaeti.  sja,  —  a  dva  silbnychi)  mogucichi)  bogatyrja.    3.  175. 

Umnyj  razumnyj  chvastat-b  staryni-b  batjugkoniij.    2.  211. 


Die  Darstelluno  im  bLAviscHEN  Volksepos.  15 

Kogda  ja  vesela  radoSna.    Kyb.  3.  323. 

Slugam  vemyim,  neizmennyim.    Kir.  1.  69. 

Bylo    bitb    sja,    rati    sja.    Kyb.  3.  25.    biti    sja,  drati   sja.     st  kemi.   pobitb  »ja,  podratb 
8Ja  i  poratitB  sja.    Kirsa  Dan.  260. 

Hill}  sja,  rubilt  sja  st  Neve2ej  bogatyremi..    Kyb.  3.  70. 

Da  ne  boj  sja  tko,  ne  polosaj  sja.    3.  124. 

Dobrynjii  s'Bem'B   sozru.    Ryb.  3.  62.    Vergl.  Kir.  2.  25.    otkulb    ideät,  otkulb    piitL    der- 
zisT>y    iiyb.  3.  35. 

Krioal'B  zySalii  zycnyni'B  golosoni'B.    Kir.  2.  69. 

Cto  ides:b  krucinovatb  pecalovatb.    Ryb.  3.  236. 

Plylo  vyplyvalcj  tri  karablja.    2.  185. 

Proechal-b  proezzivalt.    Kir.  1.  33. 

Razrostili  sb,  razplodili  sb  po  kratyint  bereganit.    Kir.  1.  90. 

Razrubil'b  razseki)  ua  nielki  casti.    Ryb.  2.  17. 

Gljadiic\  na  nich-b  iilybaetob  sa  i  nasniecliaetB  sa.  Kir.  2.  91.  smiluj  sja,  smiloserdi 
sja,  —  smiloserdi  sja,  pokazi  milostb.    Kirsa  Dan.  277. 

Sli  vybegali  cetyre  tura  zlatorogie.    Ryb.  2.  39. 

En-b  zrelt  smotrel'b  vo  cisto  pole.    2.  16.    Vergl.  3.  119. 

Pochvaliti  sja  i  pochvastati.    Kirsa  Dan.  327. 

Ne  dlja  radi  kaliki  prochozago.  Ryb.  3.  35.  Vi-gl.  3.  50;  3.  85.  Kir.  1.  87:  dlja  radi 
puti,  dlja  dorozenbki.    Kirsa  Dan.  256. 

Nynb  teperb  vo  zamuzb  posla.    Ryb.  3.  82. 

A  laty-kolbßuga  prizar2aveli.    Ryb.  1.  102. 

A  po  utru  rano  ranesenbko,  —  na  svetloj  zare,  rauo  ntrennej,  —  na  vschode  krasnago 
solny§ka.    Kirsa  Dan.  259.  299. 

Murava  trava.  rod'b  plemja.  pocestb-chvala.  sila  vojsk(j.  salbstvo  beziuubice.  uni-b 
raziun-b.  vozraste  volos-b.  gljazu  smotrju.  spisi.  iisypaeSl  sja.  Ryb.  2.  215.  vych<Klila  vy- 
bögala.  3.  132.  znaju  vedaju.  Kirsa  Dan.  ne  znaesi»  ne  vedaesT».  Ryb.  2.  6.  zrit-b  i  glja- 
ditt.  2.  13.    zdete  poMet/B.    Kir.  1.  61. 

Dasselbe  findet  sich  im  Kleininissischen :  da  nedola  moja,  da  nesßa^ce  moje.  za  hor- 
dostu,  za  pysnosfu.  pyiy  tnmany.  barzo  rano,  poraneAku.  styty,  sanuvaty,  povazaty.  ctyty 
i  pova2aty.  ta  vony  staiy  duniat,  sta2y  i  hadaty.  Ai  duniaje,  Ai  liadaje.  piare,  i-ydaje. 
stucyt,  hremyf.  za2uryf  ^a,  zacIiJopoßef  ^a  staraja  hoiova.  bizyf,  podbihaje.  chvaJyty,  so- 
chvaPaty.  kJyce,  poklykaje.  kl'asty,  prokJynaty.  kvyfyt,  prokvyl'aje.  pyiy,  pyiy,  podpy- 
vaJy.     sluchaje,  prosluchaje.    ävidcyt,  vy^vidcaje.    §yje,  vygyvaje. 

Der  eine  der  sinnverwandten  Ausdrücke  ist  einheimisch,  der  andere  fremd: 

Serbisch: 

Pf)kraj   puta  druma  junackoga. 

Vjest  boju  i  niejdanu. 

Ki  vodise  cete  i  hordije.    Juk.  41. 

Ozdjeldijom  i  dobrodoslicom.    Petr.  409. 

iSve  niii  jade  i  avale  kaze.    Petr.  662. 

No  trazite  hak»   i  bijeda.  ' 


« 


1 6  III.  Abhandlung  :  Franz  Miklosich. 

Ka  svojemu  seiitu  i  krajiui.    Jiik.  486.  535. 

Tebe  fali  serat  i  krajina.  507.    Vergl.  168.  182.  516. 

Odbacili  pusat  i  oriigje.  443. 

Da  mu  daiuo  silah  i  oruzje. 

Cemerom  se  opasala  pasom.    Jiik.  219.    Vergl.  446. 

U  knjizi  je  selam  i  pozdravi.  483. 

I  skiniit'  niii  zecir  prsten  s  ruke.    Petr.  300. 

Prosti  meni  i  lialali.  152.    Vergl.  376. 

Muju  baci  ii  ziudan  tavnicu.  Jiik.  440.  od  soja  i  plemena.  stohi  i  devletu.  Hör.  2. 
424.    ATati  njega  stolu  i  stanibolu. 

A  danas  je  vakat  i  vrijeuie.    Petr.  531.    Vergl.  269.    Nar.-bl.  370. 

Vee  on  ode  k  sentu  zavicaju.    Jiik.  211.    iiiost  i  cuprija.   Hör.  2.  389.    pancijer  kosulja. 

Dokle  nocca  kara  aksam  dodje.  —  nigdje  zore  ni  sabaha  iienia.  Hör.  2.  79.  sabah 
zora  2.   116. 

Pa  povika  grloni  i  avazom. 

Onda  Nnkmi  glasoni  i  avazom. 

Ne  Stade  joj  glasa  ni  avaza. 

Ti  se  projdi  mejdana  i  vraga.     no  se  prodji  vraga  i  belaja. 

Idu  svati  zemljoni  i  denarom.     zid  i  bedem.    Hör.  2.  344. 

Ka2i  meni  jade  i  belaje. 

Burma  prsten  zlaten.  ovcar  coljanin.  troSak  i  liarSlnk.  zindan  tavnica.  In-ana  i  idara. 
Hör.  2.  550.  izmi  i  besjeda.  2.  105.  solra  i  gospoda.  tuce  strogom  i  mamuzom.  saba 
zora  dodje.  simit  hlijeb  bijeli.  sa  srei^om  i  hajinmi.  vranac  karavrimac.  Kac.  22.  sretna 
i  hairli.  kiirsimi  i  olovo.  koplje  dzidovina.  Hör.  2.  358.  u  tebi,  kiicice,  sam  rahat  i  ve- 
sela.  sahtli  neveselo.  kvar  i  zarar.  otac  babajko.  sve  svi  age  senli  i  veselo.  semno  i  ve- 
selo.     al'  je  senhik  al'  veselje  te2ko.    Hör.  2.  425.    Sudur  bogu  fala. 

Iz  nsiju  oganj  vatra  pali. 

Sve  vam  dzal)a  i  sve  vam  poklanjam.    Kac.  67.     raniti  se  i  timariti.  41. 

Pobice  nas  hala  i  vremena.  Petr.  109.  ja  sam  ßuo  i  haber  uzeo.  Hör.  2.  394.  kobac 
avanica.    sargan  gnja.    Hör.  2.  198. 

Bulgarisch: 

I  pronese  pri)8ten  biirmanlija.    Kac.  328.    Vergl.  265. 
Oti  simi  tugin,  mome,  tiigin  jabanec.    Milad.  456. 
Ot  koja  fara  i  rodnina  si?    Milad.  229. 

Russisch: 

Kakü  begitii  tuti.  konb-dobra  losadb.    Bus.  241. 

Talanomi  ucastbju  vh  Ilbju  Muromca.    Kir.  2.  31  ;  KirSa  Dan.  130. 

Nesi^astnyj  i  netalannyj.    Ryb.  1.  120. 

Krasno  snarjadilt  sja,  chupavo.  2.227:  chupavt   schön:  bulg.  hubav,  ])ers.  yub. 

Kleinrussiscli: 
Poturßyia  6,  pobusumianyJ'a  k 

Beide  Ausdrficke  sind  fremd: 


Die  Darstelluno  im  slavischen  Volksepos.  17 

Serbisch: 

Sve  razbija  bale  i  tovare.    Hör. 

Bas6e  i  basßaluci.    Hör.  2.  436.    bostan  basca.  2.  416. 

Eto,  Mujo,  cara  i  si(5ara.    Juk.  135.   Vergl.  138. 

Pridje  cekmi  i  pendzeru.  Hör.  1.  161.  dzam  i  pend2er.  2.  437.  wohl  für  dzamli  pen- 
dzer.     dolazi  djozu  i  pendzeru.    Hör.  2.  147. 

Hosdjeldija  i  sefadjeldija.    Hör.  1.  368. 

Seir  cini  kiilu  i  avliju. 

Sa  musebaka  i  pendzera. 

Eto  pljacke  i  §i6ara.    Hör.  1.  420. 

To  se  sjase  rati  i  piisati.    Juk.  533. 

Mi  ne  znamo  senta  memleceta.    Hör.  1.  517. 

Tain  i  fiSeci. 

Bez  careve  tugre  i  femiana.    Juk.  491. 

Neka  vam  bude  niöali  s  ugurom  i  bahtom. 

U  onome  vaktu  i  zenianu.    Hör.  1.  462. 

Nuto  vidi  hala  i  belaja.    Juk.  457. 

Na  svom  sentu,  na  svom  vilajetu. 

Pa  im  kaza  hale  i  ahvale.    Hör.  1.  119. 

I  u  kom  smo  halu  i  ahvahi.  1.  35.  Vergl.  105.  —  prodj'  se  hala  i  mejdana.  —  prodj' 
86  ala  i  belaja. 

Izun  i  testir.    Hör.  2.  105.     more  i  liman.  2.  9. 

Zapali  mume  i  fenjere.    Hör.  2.  21. 

Daj  ti  meni  papir  arte  b'jele.  Marian.  102.  pare  ni  dinara.  Hör.  2.  473.  sahtli  i  ka- 
harli.    Hör.  2.  36.     na  silahu  i  na  bensilahu.    2.  415. 

Postavljaj  nam  sofru  i  trpezu.    Kaß.    tola  i  trpeza.    Hör.  2.  109. 

Zapali  ßibuk  i  duhana.    Kaß. 

Karta  i  artija.    83. 

Ako  meni  vakt  i  sahat  dodje.  evo  vakta  a  evo  zemana.  Hör.  2.  250.  tajin  i  idara. 
2.  553. 

Bulgarisch: 
Tam  da  prave  ceSma  sadrvam.    Milad.  484. 

Russisch: 
Igraete  vo  saski  vo  gachmaty.    Ryb.  1.  117. 

Mit  der  hier  behandelten  Paarung  sinnverwandter  Ausdrücke  vergleiche  man  bei  Homer 

TCÖX'-c  xat,  aaxu,  '^d\i.aboz  xs  xövtc  'cs,  M\).>xz  xai.  bi^oq,  06  §£|jiai;  o65s  fpori,  rpor^  xat  ci^o?, 
ÄCip-coc  is  ßc'/]  IS,  Bo\i.bz  %al  '^oyri,  otpaSir;  %ai  Ou(xös,  %atd  (pp£Va  xat  xatd  6'J[j.6v  usw. 
Ebenso  dppr;xtoc  aKoxoc,  äiGZOQ  6.tzoozoq,  aattoc  dTraaio?,  XcSvö-cato?  %ai  (pikzaioQ,  aya^^bz  xai 
ri%irjQ  vtsw.  und  o^pa  iö(o|xat,  svi  «ppsaw  '/jos  oasta),  ou  iro)  löov  000  EVOYjaa,  ir£ipY]ao(JLai  tjoe 
i5(oji.ai,  vosco  %ai  ^pdaao[i.a'.,  ayopTTjoaro  xat  iXcTsetTcsv,  ä%oz  (pdzo  (pcovr^OcV  t£  usw. 

Deuksoliriften  der  phil.-bist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.    III.  Abh.  3 


18  ni.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

6.  Paarung  engerer  und  weiterer  Ausdrücke. 

Die  neben  einander  gebrauchten  Ausdrücke  verlialten  sicli  zu  einander  wie  der  weitere 
und  der  engere,  AAÜe  Gattimg  und  Art. 

Serbisch,  Kroatisch: 

a)  A  zaTa2e  mesom  ovnovinom.  Juk.  164:  und  er  speist  ihn  mit  Fleisch,  mit  Schöpsen- 
fleisch. 

Hodi  za  nniom  u  sasikii  travu.    400. 

Sadrvanu  ka  vodi  studenoj.   512. 

Na  avUji  sadrvan  vodica.    151. 

Zaklinjem  te  postom  ramazanom.  207:  ich  beschwöre  dich  bei  der  Faste,  dem  Ramazan. 

Ode  cura  do  vode  jezera;  —  kako  vodi  i  jezeru  dodje.    Petr.  7. 

Ne  bih  ti  se  poturcila,  mlada,  —  da  mi  dadeS  pola  carevine,  —  i  han-kucu.  Petr.  695. 

AI'  ste  gladni  vi  baskota  kruha.    Marian.   111. 

Baskot  hhjeb  bijeli.  cvijet  karamfil.  riba  nioruna.  kod  vode  bunara.  bunar  voda 
ladna.  zvijezda  danica.  —  mramor  kamen,  kapa  kamilavka.  konj  dorat.  kouj  vranin. 
knjige  i  ind2ih.    Hör.  2.  72. 

bj  Sv'jetla  zv'jezda  danica  u  istoku  suncanomu.    Bog.  3. 

Papiiö  mu  se  popuze  po  travi,  po  djetelini.     108. 

Sitnu  travu  djeteHnu.    230. 

A  sestrica  i  Ijubovca  kako  ptica  lastovica.     79.    Vergl.  129. 

Cvilu  to  mi  cviljaSe  drobna  ptica  lastovica.    226. 

Soko  ptica,  soko  siva  ptica.    133. 

Dje  se  savi  vihar  vitar.    129.  354. 

Bulgarisch: 
Leb  pesimid.     pile  kukavica. 

Russisch: 

Rybu  sorogu  povylovili.    Ryb.  3.  119.     ryba  scuka.    1.  7.     osetrt  ryba. 
I  ne  vidali  ty  pticki  siniCki?    2.  6. 
Ne  kuvilb  trava  sataett  sja.    2.  158. 

!Man   vergleiche  Kleinrussisch:  kajdany  zaiizo.    Anton.  1.  89.     scuka  ryba.     zvir  ptyda. 

Derselben  Erscheinung  begegnen  wir  bei  Homer:  äv3p£C  r^piotQ,  "{OYfj  -a|j,{r;,  oöQ  %d- 
TCpoc,  opvic  aiY'JTCcöc,  ßaatXc'JC  'ivYjp,  dotc)os  ävY^p,  5(j,coat  yuvaasc,  rxlszoz  opvtc. 


7.  Wiederholung  ganzer  Stellen. 

Es  werden  ganze  Stellen  der  Erzählung  wiederholt.  Der  dem  Boten  ertheilte  Auf- 
trag wird  meist  zweimal  und  zwar  mit  denselben  Worten  angeführt,  zuerst  wo  er  ertheilt, 
dann  wo  er  auegeführt  Avird.  Mandata  iisdem  verbis,  quibus  accepta  sunt,  perferuntur. 
G.  Hermannus. 


-Die  Darstellunu  im  slavischen  Volksepos.  19 

Serbisch: 

1.  In  dem  Liede  ,Dusan's  Hochzeit'  erhält  Todor  den  Auftrag,  zum  Caren  Mihail  zu  gehen 
und  mit  ihm  die  Heirat  DuSan's  mit  dessen  Tochter  zu  verabreden: 

Da  mi  g  njime  svadbu  ugovoris,  —  kada  6emo  poci  po  djevojku,  —  kohko  li  povesti 
svatova:  —  da  mu  vidig  Roksandu  djevojku,  —  moze  1'  biti  za  cara  carica,  —  mo2e  1'  biti 
svoj  zemlji  gospodja;  —  da  je  vidis,  i  da  prstenuje§.  Vuk  2.  132.  12 — 18. 

Geh',  mit  ihm  die  Hochzeit  zu  besprechen,  —  Avann  wir  um  das  Mädchen  kommen 
sollen  —  und  wie  viel  der  Hochzeitsgäste  bringen;  —  sieh  mir,  Todor,  an  die  Bravit 
Roksanda,  —  ob  sie  mir,  dem  Garen,  Carin  sein  kann,  —  ob  sie  ihres  Landes  Herrin  sein 
kann,  —  sieh  sie  an  und  reiche  ihr  den  Brautring. 

Todor  vollzieht  den  Auftrag,  die  Verse  1,  2,  3,  4  und  7  sinngemäss  wiederholend. 
Der  Vers:  U  koje  li  doba  od  godine  ist  wahrscheinlich  in  dem  Auftrage  ausgefallen,  während 
die  Verse  5  und  6  aus  Höflichkeit  ausgelassen  worden  sind. 

Mihail  spricht  zu  Todor: 

Stp  me  care  za  svatove  pita,  —  neka  kupi,  koliko  mu  drago,  —  po  djevojku,  kada 
njemu  drago ;  —  nego  6es  mi  cara  pozdraviti,  —  nek  ne  vodi  svoja  dva  sestrica,  —  dva 
sestrica,  dva  Voinovi6a,  —  Vukasina  i  s  njim  PetraSina ;  —  u  pidu  su  teSke  pijanice,  — 
a  u  kavzi  Ijute  kavgadzije,  —  opiöe  se,  zametnuce  kavgu,  —  pak  je  tesko  d2evap  dati 
kavzi,  —  u  nasemu  bijelu  Ledjanu.  Viik  2.  133.  V.  37 — 48. 

Wenn  der  Gar  mich  nach   den  Gästen  frage,  —  bringen  mag  er  ihrer  nach  Belieben, 

—  wann  er  will,  kann  er  um's  Mädchen  konunen ;  —  doch  entrichte  meinen  Gruss  dem 
Garen,  —  bringen  soll  er  nicht  die  Schwestersöhne,  —  Schwestersölme,  die  Voinovice,  — 
den  Vukasin  und  mit  ihm  Petrasin:  —  beim  Gelage  sind  sie  arge  Säufer,  —  und  im 
Streite  grinunige  Raufljolde,  —  imd  im  Rausche  werden  Streit  sie  stiften,  —  schwer  ist's 
hier  zu  Land  den  Streit  zu  schlichten. 

Heimgekehrt  erzählt  Todor  das  Vorgefallene  in  der  Hauptsache  mit  denselben  Worten. 

Dusan's  Schwester  mll  den  Kaiser  nicht  ohne  Verwandte  in  die  Fremde  ziehen  lassen, 
ihr  dem  Garen  imbekannter  dritter  Sohn  Milos  soll  ihn  auf  seinem  Zuge  begleiten.  Vuka- 
sin  und  Petrasin  sollen  den  Milos,  der  auf  der  Alpe  1)ei  den  Heerden  weilt,  zur  Mutter 
bescheiden  unter  dem  Vorwande,  sie  liege  im  Sterben: 

Majka  je  na  smrti,  —  pak  te  zove,  da  te  blagoslovi,  —  da  na  tebe  kletva  ne  ostane, 

—  nego  brze  liodi  b'jelu  dvoru,  —  ne  bi  1'  2ivu  zastanuo  majku.   Vuk.  H.  136. 

Bruder,  unsre  Mutter  liegt  im  Sterben,  —  eile,  Bruder,  heim,  dass  sie  dich  segne,  — 
dass  der  Mutter  Flucli  nicht  auf  dir  bleibe,  —  komme,  Milos,  schnell  zum  weissen  Hofe, 
• —  dass  du  lebend  noch  die  Greisin  treffest. 

Die  ersten  drei  Verse  wiederholen  die  Brüder  in  dem  Schreiben  an  MiloS  und  dieser 
beim  Abschiede  von  den  andern  Hirten  usw. 

2.  In  dem  Liede  von  der  Erl)auung  von  Skadar  (Skutari)  heisst  es: 

Grad  gradili  Skadar  na  Bojani,  —  grad  gradili  tri  godine  dana,  —  tri  godine  sa  trista 
majstora,  —  ne  mogose  temelj  podignuti,  —  a  kanio  li  sagraditi  gi-ada.    6 — 10. 

Sclion  drei  Jahre  bau'n  sie  an  der  Feste,  —  an  Skadar,  der  Fest'  an  der  Bojana,  — 
schon    drei  Jahre    bau'n    dreihundei-t  Meister,  —  können  nicht  einmal  den  Grund  erheben, 

—  minder  noch  die  J"'este  selbst  erbauen. 

3* 


20  m.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

Die  beiden  letzten  Verse  spricht  die  Vila  fast  unverändert  ans  17.  18.  VukaSin  wieder- 
holt sie  39.  40.  und  die  Vila  nochmals  67.  68.     Ebenso  VidiaSin  81.  82. 

3.  In  dem  Liede  vom  Untergange  Smail-Aga  Cengijc,  Vuk  4.  463.  wird  diesem  von  Djoko 
Maloviö  gemeldet,  dass  seine  Raja  von  ihm  abgefallen: 

AI'  ne  8uje§,  al'  ne  hajeä  za  me?  —  sva  se  tvoja  odmetmila  raja  —  od  tvojega  zen- 
djila  Drobnjaka,  —  odmetnuse  tri  bana  Drobnjacka.  —  Ja  da  ti  ih  po  unenu  ka2em:  — 
od  Tusine  Cero\'i6  No\aca,  —  od  Malinska  Damjanovic  Mirko,  —  od  Petnice  Karadzidu  §ujo. 

—  Sve  prizivljii  Kr§ikapu  starog,  —  koj'  je  k  nama  uskoßio  davno  —  od  naSega  krSna  Ko- 
lasina, —  pa  on  sebi  odmede  Brdjane.   V.  7 — 18. 

Lengijd  gibt  von  der  Empörung  Nachricht  dem  Ali-Pasa  Rizvanbegovic,  so  weit  mög- 
lich mit  denselben  Worten,  V.  124 — 135.  Die  gleiche  Nachricht  wird  dem  Achmet  Bank 
gegeben,  wieder  mit  denselben  Worten,  V.  146 — 157.  Dasselbe  gilt  von  der  Meldung  an 
Muso\'ic-Mujaga,  V.  175—286. 

Bulgarisch: 

Sedna  Marko  snosti,  da  veßerja  —  sts  negova  mila  stara  majka.  —  IVIajka  mu  ve- 
Cerja,  Marko  ne  veCerja.  —  Mama  Marku  tihom  otgovarja:  —  Lele  Marko,  lele  moji  sinko! 

—  2o  ti  sinko  s  mene  ne  vecerjas?  —  da  li  ti  je  gozba  ne  ugodna?  —  ili  ti  se  vince  ne 
uslaMa?  —  üi  ti  se  j'  libe  pobolelo?  —  ili  ti  je  majka  ostarela? 

Im  Verlauf  der  Erzählung  werden  die  meisten  dieser  Verse  von  Marko  in  sinngemässer 
Änderung  wiederholt.    Slavejkov  1.  2. 

Beispiele  der  Wiederholung  bietet  auch  Milad.  Seite  117.  Die  Verse  11 — 23  wieder- 
holt Seite  120  und  122.     Ähnliches  findet  sich  Seite  126.  127.  128.  129. 

Russisch: 

1.  Ein  Lied,  Kireevskij  2.  34,  erzählt,  dass  Dobrynja,  in  den  Krieg  ziehend,  von  seinem 
Pferde  erfährt,  dass  seine  Frau  sich  mit  einem  andern  Helden,  Alesa,  verheirathet.  Er  eilt 
nach  Hause,  und  da  heisst  es  396: 

Na  dvorb  zaechal^s  bezobsylocno,  —  v:b  palaty  idett  bezdokladocno ;  —  ne  spraiivalt 
u  voroti  podvorotnikovt  —  u  dverej  ne  spra§ivalt  pridvemikovB,  —  vseht  oni)  vb-za^ej 
pro2b  ottalkivalt. 

In  den  Hof  kam  er  ohne  sich  anzumelden,  —  in  die  Zimmer  ging  er  ohne  sich  an- 
zukündigen, —  bei  der  Pforte  fragte  er  nicht  die  Pförtner,  —  bei  der  Thür  fragte  er  nicht 
die  Thürhüter  —  schlug  sie  alle  mit  einem  Genickstosse  von  sich  fort. 

So  kommt  er  zu  seiner  Mutter,  die  ihn  aber  nicht  erkennt.  Hinter  ihm  kommen  die 
Pförtner  und  die  Thürhüter,  und  beklagen  sich,  indem  sie  die  angeführten  Verse  wiederholen. 
Die  Mutter  stellt  ilm  deswegen  zur  Rede,  indem  sie  die  Verse  zum  dritten  Male  vorbringt. 
Dobrynja  geht  dann  zum  Fürsten  Vladimir,  bei  dem  die  Hochzeit  gefeiert  wird,  und  hier 
benimmt  er  sich  wie  früher,  was  fast  mit  denselben  Worten  geschildert  wird.  Allein  das 
Lied  hat  noch  andere  Wiederholungen.  Dobrynja  hatte  nämlich  bei  seiner  Abreise  seiner 
Frau  befohlen,  sechs  Jahre  auf  ihn  zu  warten,  dann  könne  sie  jeden,  nur  nicht  Ale§a  zum 
Manne  nehmen.     Nun  heisst  es  V.  313: 

Stala  doXidatb  ego  po  tri  godu,  —  kaki,  denb  za  dnemi,  budto  dozdb  dozziti.,  —  ne- 
ddlja  za  nedelej,  kaki  trava  rasteti»,  —  a  gotlt  za  godomt,  kaki  reka  bezitoj.  —  Pro§lo 
tomu  vremeni  da  tri  godu,  —  ne  byvali  Dobrynja  izt  ßista  polja. 


Die  Darstellung  im  slavischen  Volksepos.  21 

Sie  wartete  auf  ihn  drei  volle  Jahre:  —  ein  Tag  nach  dem  andern  vergeht,  wie  der 
Regen  fällt,  —  eine  Woche  nach  der  andern,  wie  das  Gras  wächst,  —  ein  Jahr  nach  dem 
andern,  wie  der  Strom  fliesst.  —  So  vergingen  drei  volle  Jahre,  —  aus  dem  offenen  Felde 
war  Dobrynja  nicht  gekommen. 

Die  Frau  wartet  abermals  drei  Jahre,  und  es  werden  die  Verse  314 — 317  wieder- 
holt. Nim  kommt  Alesa  imd  bringt  die  Nachricht,  Dobrynja  sei  todt.  Dieses  wird  mit 
wesentlich  gleichen  Worten  beschrieben  in  V.  326,  435,  465: 

Priezzal-B  Alesa  izii  cista  polja,  —  privozil-B  on-B.  vestocku  neradostnu :  —  8to  net-b  2iva 
Dobryni  Nikitica :  —  ubitü  lezitt  vo  cistom-B  poli,  —  bujna  golova  isprolomana,  —  mogu2i 
pleci  isprostreleny,  —  golovoj  leXitt  crez^B  rakitovt  kustt.  —  Tak-B  togda  gosudarynja 
rodna  matuska  —  zelesenBko  s:b  po  mnö  plakala,  — -  slezila  svoi  oci  jasnyja,  —  skorbila 
svoe  lice  beloe. 

Es  kam  Aleäa  aus  dem  offenen  Feld,  —  eine  gar  traurige  Nachricht  brachte  er:  — 
es  lebe  nicht  mehr  Dobrynja,  des  Nikita  Sohn:  —  todt  liege  er  im  offenen  Felde,  —  zer- 
schlagen sei  sein  kühnes  Haupt,  ■ —  zerschossen  seine  mächtigen  Schultern,  —  über  einem 
Weidenbusch  hänge  sein  Kopf.  —  Die  liebe  Herrin,  die  leibliche  Mutter,  — -  die  weinte 
dann  gar  bitterlich,  —  weinte  sich  wund  die  lichten  Augen,  —  zergrämte  sich  das  weisse 
Antlitz.    Bistrom  V.  180. 

Als  Dobrynja  NikitbeviS  ins  Feld  zieht,  spricht  er  zu  seiner  Mutter: 

Ty  ne  zdi  domoj  so  rjadü  SestB  let-B,  —  a  esce  ne  idi  so  rjadii  pjatB  let'B,  —  ty  eice 

ne  2di  rovno  krugloj  gods,  —  tomu  delu  stalo  dvenadcatb  lett. 

Erwarte  mich  nicht  nach  Hause  sechs  Jahre  nach  einander,  —  imd  erwarte  mich  nicht 

fünf  Jahre   nach    einander,   —    und    erwarte    mich    nicht    noch    ein    ganzes   Jahr;    —    das 

währt  zwölf  Jahre.    Kir.  2.  5. 

Dieselben  Worte  richtet  er  an  seine  junge  Frau. 

2.  Vladimir  spricht  beim  Gelage  zu  seinen  Gästen: 

Estb  li  VI,  Kieve  takovt  celovek-B  —  iz^B  silbnych'B  mogucichs  bogatyrej,  —  a  kto  by 
soslu^il'b  sluzbu  dalbnuju,  —  a  i  dalbnu  sluzbu  zaocnuju?  —  kto  by  s-bezdilt  vb  ordy  ne- 
mirnyja  —  i  oßistil'B  dorogi  prjamoez2ija  —  do  moego  testja  Ijubimago,  —  do  grozna  ko- 
rolja  Etmanujla  Etmanujlovica  —  vyrubil^B  Cudb  beloglazuju,  —  prekrotilb  Sorocinu  dolgo- 
poluju  —  a  i  techi.  Cerkes-B  Pjatigorskiich'B  —  i  tech-B  Kalmykov^B  st  Tatarami,  —  Cuk§i 
vse  by  i  Aljutory? 

Gibt  es  in  Kiev  einen  Mann  —  unter  den  starken  gewaltigen  Helden,  —  der  einen 
weiten  Dienst  ausrichte,  —  einen  weiten  Dienst  in  weiter  Ferne,  —  der  zu  den  unruhigen 
Horden  gehe,  —  der  die  geraden  Wege  säubere  —  zu  meinem  geliebten  Schwiegersohn,  — 
zu  dem  grimmigen  König  Etmanujl  Etmanujloviß,  —  der  ausrotte  das  weissäugige  Cuden- 
volk,  —  der  bändige  die  langschojjfigen  Soroken  (Saracenen)  —  iind  die  Cerkesen  von 
Pjatigor  —  und  die  Kalmüken  mit  den  Tataren  —  und  die  Cuksen  und  Aljutoren?   Kir.  2.  18. 

Dobrynja  Nikitic  will  den  Dienst  leisten,  wobei  er  wesentlich  die  angeführten  Verse 
wiederholt. 

3.  Väterchen  Vladimir  knjaz  spricht  zu  Vasilij  KazimiroviS: 

U  menja  tebe,  Vasilij,  sluzba  javlennaja,  —  ehati  Vasilbju  vb  Bolb§uju  ordu  —  V'B 
BolbSuju   ordu  za6danskuju,  —  ko  carju  li  ko  Batyju,  —  vezti  li  tebe  dani,  vezti  posliny: 


22  III.  Abhakdluno:  Franz  Miklosich. 

—  vezti  tebe  dveuadcatb  jasiiycli'B   sökolovB,  —  vezti    tebe    dvenadcatb   belychi.  kreeetovi,. 

—  vezti  tebe  niisa  ü-ista  z61ota,  —  vezti  tebe  misa  cista  sörebra,  —  vezti  tebe  misa  skatna 
ä^mcuga.    Kir.  2.  83.  Y.  5 — 14. 

Ich  verkünde  dir,  Vasilij,  einen  Dienst:  —  reisen  sollst  du,  Vasilij,  zur  Grossen  Hoi-de, 

—  zur  Grossen  Horde  jenseits  des  Don  —  zu  dem  Garen,  zu  Batyj,  —  bringen  sollst  du 
ihm  den  Tribut,  die  Abgabe ;  —  bringen  sollst  du  ilmi  zwölf  helle  Falken,  —  bringen 
sollst  du  ilmi  zwölf  Aveisse  Gerfalken,  —  bringen  sollst  du  ihm  eine  Schüssel  reinen  Gol- 
des, —  bringen  sollst  du  ihm  eine  Schüssel  reinen  Silbers,  —  bringen  sollst  du  ihm  eine 
Scliüssel  rollender  Perlen. 

Vasilij  strSubt  sich  nicht  den  Auftrag  zu  übernehmen,  er  verlangt  jedoch  zwei  Gefälu"- 
ten,  Dobrynja  Nikitic  und  Marko ;  der  Vasilij  ertheilte  Auftrag  ergeht  nun  an  die  drei,  und 
Madimir  wiederholt  die  angeführten  Verse.  Die  Gesandtschaft  erscheint  vor  Batyj  und 
spricht  die  Verse  9 — 14  mit  den  nothwendigen  Änderimgen,  den  Tribut  anbietend.  Batyj 
fragt,  ob  die  Gesandtschaft  einen  Toccatillenspieler  in  ihrer  Mitte  habe.    Vasilij  antwortet: 

Ja  ne  znalü,  pravo,  ochoty  tvoej  carskoj,  —  ne  znalij  ochoty  tvoej  bojarskoj :  —  ne 
bralt  izi  goroda  umelbnychii  igrokov^ ;  —  a  nadeju  sja  na  spasa,  na  preßistuju,  —  na  ma- 
tuSku  na  bo^iju  bogorodicu,  —  nadeju  sb  na  bratca  na  nazvAnago,  —  na  moloda  Dobrynja 
Nikitica:  —  st>  izmali'clioubka  Dobrynjuska  tesil-B  sja,  —  sii  malymi  rebjatami  igrvvalt. 
V.  55—63. 

In  Wahrheit,  ich  A\-U88te  nicht  um  deine  carische  Liebhaberei  —  ich  wusste  nicht  um 
deine  bojarische  Liebliabcrei :  —  ich  nahm  aus  der  Stadt  nicht  nüt  kimdige  Spieler ;  — 
aber  ich  vertraue  auf  den  Erlöser,  auf  die  allerreinste,  —  auf  die  Mutter,  die  göttliche  Gottes- 
gebärerin,  —  auf  den  erkorenen  Bruder,  —  auf  den  jungen  Dobrynja  Nikitic:  —  von 
Jugend  auf  unterhielt  sich  Dobrynja,  —  spielte  mit  kleinen  Jungen. 

Gar  Batyj  verliei-t,  luid  abermals  bietet  ihm  Vasilij  den  Tribut  an,  indem  er  die 
Verse  9 — 14  spricht.  Doch  Batyj  fragt,  ob  sich  unter  den  Gesandten  ein  Ringkämpfer 
befindet.  Vasilij  antwortet,  die  Verse  55 — 63  mit  geringen  Änderungen  wiederholend.  Do- 
brynja siegt.  Vasilij  bietet  den  Tribut  zimi  dritten  Mal  an  mit  den  Versen  9 — 14.  Batyj 
fragt,  ob  die  Gesandten  einen  Bogenschützen  mitgebracht:  Vasilij  Aviederholt  die  Verse 
55 — 63.  Dobrynja  bleibt  auch  hier  Sieger.  Die  Gesandten  kehren  heim  ohne  einen  Tribut  zu 
entrichten.    Ein  grosser  Theil  des  178  Verse  enthaltenden  Liedes  besteht  aus  Wiederholungen. 

Beispiele  von  Wiederholungen  Bistrom  V.  196.  Derselben  Erscheinung  begegnen  wir 
im  Homer:  Ilias  VI.  V.  90—97  werden  V.  271—278,  XI.  V.  187—194  werden  V.  202—209 
wiederholt.    Ody.ss.  I.  281   und  II.  215.    G.  Hermannus  6.    H.  Bonitz  80. 

8.  Verbindung  von  etymologisch  verwandten  Wörtern. 

Verlja  werden  mit  ihnen  etymologisch  vei-wandten  Substantiven  im  Accusativ  oder  im 
Instnmiental,  Sul^stantiva  mit  ihnen  etymologisch  verwandten  Adjectiven  verbunden.  Ver- 
gleichende Grammatik  4.  385.  713. 

Serbisch,  Kroatisch: 

Bigom  ubignuo  fuga  aufiigit.  Kac.  bojak  biti.  bolju  boli  dolore  dolet.  Kac.  cjenom 
ucjeniti  aestimatione  aestimare.    Kac.  56.     t\\  se  Omer  cudom  zacudio.    Hör.  2.  316. 


Dje  Darstellung  im  slavischen  Volksepos.  23 

a)  Jesu  Olli  cete  cetovali. 
Pa  se  öudoni  zacudio. 

Dan  danili,  dv'je  noci  nocili.  Juk.  336.    nodcii  nodevati.    nikom  poniknuti.    piite  putovati. 

Dvorbii  dvori  bogat  u  bogata.    Vuk.  2.  96. 

Hodom  hajdmo  preko  polja.    Kac.     jade  izjadujem.    Hör.  2.  225. 

Gorica  listom  prolistava.    Kac.  136. 

Ljeto  Ijetovati. 

Lov  lovio  Sava  patrijare.  Vien.  132. 

Ludo  izluditi.    Kac.  7. 

Mamom  se  je  pomamio.  ,,,(  ,,  t, 

Misli  misli,  sve  na  jedno  smisli.  274.  svakom  sam  se  mukom  namußio.  Hör.  2.  222. 
skoro  sani  tri  noci  iiocio.  2.  356.  rod  rodila,  prerodila.  san  sanjati.  nimiknuti,  zaniuknuti 
mukom. 

Da  bi  kaki  Sicar  .sicariti.    Vuk.  3.  26.    trkom  trci.    Hör.  2.  548. 

Da  zajedno  vecer  veßeramo.    Vuk.  3.  22.     pa  zavika  viku  na  sejize.    Hör.  2.  417. 

vezak  veze  ajkuna  djevojka.  Vien.  29.  mi  gdje  cemo  zimovati  ziniu.  Juk.  381.  Ähnlich 
cuvati  strazu. 

b)  Pusti  mene  Vu2e  Janko,  ere  cu  s  Tm-cim  boj  biti.    Bog.  56. 
Cvilu  ti  mi  cviljahu  dvije  ptice  lastovice.    129.  226. 

Turcin  dvorbu  dvoraäe  u  Iva  Hrvacanina.    101. 

Zivo  srce  bjese  kamenom  okamenila.    140. 

Ma  ti  ide  Ivane  u  planinu  lov  loviti.    101. 

Kada  bjehu  gospoda  objeda  objedovali.    84. 

U  susretu  susrete  Mihaila  Svilojevica.    32. 

Ona  sedbu  seta§e  po  mire  od  Smedereva.    35.  230. 

Tu  SU  stall  pocinut'  veßericu  veßerati.    6.  94. 

Oni  v'jece  v'jecahu  u  Sibinju  bijelomu  gradu.    25.  84. 

Divan  divaniti.  eglen  eglendisati  sich  unterhalten,  grad  graditi.  jade  jadovati.  ko- 
nak  konaciti.  san  sanjati.  muku  promuciti.  slavu  slaviti.  sluzbu  slu^iti.  vijek  vjekovati. 
zbor  zboriti.     Alt  stregli  strazu.     Sogar  nslov.  cudom  se  precuditi.     Kroat.  boj  biti. 

Das  Substantiv  wird  durch  ein  Adjectiv  näher  bestimmt. 

Serbisch,  Kroatisch: 

a)  Ti  si  dobar  sicar  Sicario.  Hör.  1.  287.  hitar  lov  loviti.  Kac.  Pa  ili  muci  mukam 
svakojakim.  100.  slatki  sanak  spava.  grubi  san  sasnio.  drobak  givak  §ivati.  sitan  ve- 
zak veze.     velikoiu  je  zviznjom  zazviznjala.    Kac.     zviznut'  zviMom  sirokijem. 

h)  l'jepu  jezdu  jezdija§e  Ugrin  Janko  i  Sekule.  Bog.  52.  63.  l'jepu  je2dju  jezdijahu 
dva  Jaksica,  l'jepa  bratca.  110.  l'jepu  §etu  poseta  Milica  Lazarovica.  10.  86.  plemeniti 
zbor  zborahu  sv'jetla  Sibinjska  gospoda.  25.    tanko  jedro  jedraSe  iz  plodnive  Arbanije.   156. 

Bulgarisch: 

Borba  da  se  borim.  öudom  se  cudi.  duma  duman.  ta  si  kacn-Bla,  ta  gugom  guguvase. 
Bezs.  1.  52.  Russ.  vorkom-b  vorkovala.  hvalba  livalja.  licba  se  licila.  Milad.  319.  lova  da 
si  lovi.     majum  maje§e.     nigde  niSto  obor  ne  obrali.    Bezs.  1.  108.     Russ.  nigde  ni  skolbko 


24  m.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

dobvci  ne  obobrali.     ptt  pttiivaui.     prekom  preßi.    rano  ranil.    svet  svetuvam.     stn,  s'BU'Bk 

stnja,  8'bnuvam.    Milad.  15(5.     sT>n  zaspal.     sluzba  sluza.     iika  vicese.     vecerja  vecerja.    i  sa 

veselba  veseljaha.    slizi  roni.    vikom  vika.  Milad.  50.    vikom  provikna.  Bezs.  1.  142.    ticom 

tiöe.      thga   tbie&e.     zgovor    zgovorjat.    Milad.  172.     duri  mi  se  zora  obzorila.    180.      2alba 

do^elja. 

Das  Substantiv  hat  ein  Adjectiv  neben  sich: 

Postil  Marko  posti  veligdeuski.  v 

Russisch: 

Tuci  nätb,  a  tolbko  dozd-B  dozziti.    Kyb.  3.  61. 

PoSelt  carB  klicB  klikatb,  kto  bi  do(5b  izleßil'B.    1.  227. 

Osmeem-B  sja  my  nasmeSku  VasilBJuske.  1.  353.  ne  tumenbe,  da  ne  tement  temnit-B 
se.    Kir.  2.  11.     denB  ko  veceru  vecerjaet-B  sja.    Kir§a  Dan.  258. 

Melkie-to  rucejki  brodom^b  brela,  —  glubokija  reki  plyvomt  plyla.  Ryb.  3.  227.  dumu, 
dumuäku  duinatB.  zimu  zimovatB.  tvorki  tvoril-B.  Kirsa  Dan.  254.  zolotonTB  zolotilij.  272. 
cernye  vorony  tabunomt  tabunili  sja  288.  vh  polou'B  polonit'B  243.  Kleinrussisch:  dyvom 
dyvovaty.     mur  muruvaty.     noßku  nocovaty,  perenocuvaty.     radu  radyty,  radovaty. 

Das  Substantiv  hat  ein  Adjectiv  neben  sich: 

Diunaet^b  diunuSku  ne  dobruju,  —  sovetuet'B  sovety  ne  chorosie.  Ryb.  1.  114.  dumati 
diunuiku  krepku.    KirSa  Dan. 

Ja  soslu2u  slu2bu  dalBuuju.    Kir.  2.  19. 
Zaveßalt  zavety  velikie.    Ryb.  3.  17. 
Sutki  sutit-B  ne  malenkija.    2.  202. 

Kleinrussisch: 

Veiykym  dyvom  dyvova2y  ^a.     radyty  dobruju  radu. 

Dergleichen  Verbindungen  sind  bei  Homer  sehr  häufig:  ayopd?  aYOpsüsw,  ßouXd?  ßou- 
).£'j£!.v,  cpYa,  Ipya  %X'Jza  spYdCcOÖat,  [idytp  [xd/saSctc,  -tcöXcIjlov  tioXsiaiCsw,  yoi^v  yzlaBai  usw. 

Serbisch,  Kroatisch: 

a)  tamnica  tavna. 

b)  bijahu  se  ta  braca  cudnu  cudu  zacudili.  Bog.  109.  i  to  mi  se  bijaie  cudno  ßudo 
ußinilo.    111. 

Ali  si  se  podn'jela  tvojom  pril'jepom  Ijepotom?    14. 

Bulgarisch: 

Oudno  cudo.  Milad.  84.  "Xl-Bti  2li.tici.  171.  202.  temna  temnica.  201.  zdravega 
zdravca,    473.     zelen  zclnik.    321. 

Russisch: 

Molodym^B  molodecestvom'B.    Ryb.  2.  211. 
MolodenBki  nioloduSki. 

VedutT,  staru  staruchu,  staro-materu.  Ryb.  2.  174.  Vergl.  3.  122;  3.  160.  3.  220.  Kir. 
1.  18;  1.  20. 

Ostavleju  ja  na  volju§ku  voIbuuju.    2.  11. 

Svetlaja  svetlica,     tbma  tBmusöaja  eine  zahllose  Menge. 


Die  Darstellung  im  hlavischen  Volksepos.  25 

Kleinrussiscli: 

Cu2aja  cuzyna.  cuzyj  cu^enyda.  pi§yj  pichotyned,  piSenyca,  pichotyna.  syi'oju  syiy- 
ceju  ruky  povjazano,  wörtlich :  mit  rohem  rohledernen  Riemen  wurden  die  Hände  gebunden. 
Anton.  1.  90.  temnaja  temnyda.  Man  vergleiche  dolom,  doiynoju.  stoj,  kaiyna,  stoj,  kaJ!y- 
no6ka.     storoza,  ta  storo2e6ka. 

Hier  seien  auch  jene  Fälle  erwähnt,  in  denen  das  Verbum  von  Substantiven  begleitet 
wird,  die  dem  Sinne  nach  in  der  durch  das  Verbvim  ausgedrückten  Tliätigkeit  enthalten 
sind:  es  tritt  eine  Wiederholung  nicht  des  Wortes,  wohl  aber  der  Vorstellung  ein.  xXso- 
vaa{xö^  £C3TCv,  o-av  Xiyjo  [jLopcov  lupoaisö'^  icsptTTov  xöcijlou  JÖ.^^"^  t^  £|j.^dascoc,  o(5  dtfaips- 
ÖsVlOC  Tj  Scdvoia  oöSsv  ßXdTC-srat.  Zonaeus.  ,Cum  ad  verba  applicatur  supervacanei  quiddam', 
sagt  ein  neuerer  Homerforscher. 

Serbisch: 

Prohesapi  i  umom  razmisli  berechnete  es  und  überlegte  es  mit  dem  Verstände,  srcem 
pomisliti.  Hör.  2.  51.  mislom  misli  i  namislio  je.  Kac.  141.  Verschieden  ist  misli  misli. 
i  uSima  jeku  poslu§ati  i  ocima  seir  pogledati  mit  den  Ohren  den  Schall  hören  und  mit  den 
Augen  das  Schauspiel  sehen,  junackijem  ocim'  prevaljiva  er  sieht  ihn  mit  seinen  Helden- 
augen scheel  an.  Hör.  2.  235.  knjigu  stije,  drugii  rukom  pise  liest  das  Schreiben,  schreibt 
ein  anderes  mit  der  Hand,  pa  skocio  na  noge  lagane  er  sprang  auf  seine  leichten  Füsse. 
od  zemlje  na  noge  skocio.  ja  ga  n'jesam  cula  u  ßuvenju.  Hör.  2.  186.  grlom  viknu. 
2.  80.  grlom  bijelijem  viknu.  2.  82.  Anders  iz  sveg  grla  viknu.  2.  446.  jer  's  izgubit 
sa  rameua  glavu.    2.  488. 

Russisch: 

Dumaeti  razumom^b  svoimt.  slychomi  ne  slychatb,  vidomt  ne  vidatb.  Kirsa  Dan.  15. 
Bei  Homer:  itup:  vr//;  svi^ipT^aco.  ivcV  uSaro?  ^aXr^at  po-^atv.  k%izo(zi  xpö^  d)J.Y;Xou<;  ayö- 
Ocuov.  ö'fOa).SJ.ol3W  öp(ö{J.7.t.  o'jaac  TwdvucC  d7.oaov  (quid  magis  pleonasticvmi  quam  quod 
verbis  cernendi  oculorum  suljjuugitur  sensus,  audiendi  aurium?  fragt  ein  Homeriker).  ypia. 
XdCcXO  yspo'lv.  y,a^p£  Ss  Ou(jlü).  IX-ttcTO  6(j[jl(j>.  yiyvcbsxco  lypsacv.  £t  au  ys  Öujjlco  aqi  sös- 
Xct?.  lo'.ooc  [i-iyx  vsixoc  opcöps'.  dpYaÄS'/jc  II.  17.  384,  wobei  W.  Jordan  die  Bemerkung 
macht:  Wie  leer  das  Wortgeklingel  ist,  mit  welchem  die  Verunstalter  der  Ilias  ihre  Hexa- 
meter füllen! 

Verschieden  von  den  Wiederholungen  sind  die  Fälle,  in  denen  ein  Gedanke  stets  mit 
denselben  Worten  ausgesprochen  wird.  Darin  besteht  das  Formelhafte,  Typische  der 
Volksepik. 

AI'  da  vidi§  öuda  velikoga! 

MiU  BoZe,  cuda  velikoga! 

Vala  bogu,  vala  istinome! 

AI'  ne  cujes,  al'  ne  hajeä  za  me? 

To  govori,  a  s  dusom  se  bori. 

To  izusti,  laku  duSu  pusti. 

To  izusti,  a  duSicu  pusti. 

Ruke  siri,  te  g'  u  lice  Ijubi.  —  ruke  §ire  i  grla  se  grle.  —  knjigu  stije,  a  na  nju  se 
smije.  —  knjigu  stije,  grozne  suze  lije, 

Malo  stalo,  za  dugo  ne  bilo. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.  III.  Abb.  4 


26  III.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

Kako  ga  je  milno  (smiluo)  iKl,ano.    Pjesm.  Kac.  143. 

Kako  ji  je  gorko  udario. 

Kako  i  je  slabo  (lahko)  udario. 

San  je  §ala,  a  bog  je  istina. 

Pa  §to  nama  bog  i  sreca  dade. 

Ako  bog  da  i  sreöa  junacka. 

Jovan  ode  preko  polja  ravna,  ka'  no  zvjezda  preko  neba  sjajna. 

Kratki  danci,  diigaßki  konaci. 

Wie  man  sieht,  bietet  das  slavische  Volksepos  eine  Unzahl  von  Wiederliohmgeu :  der- 
selben Erscheinung  begegnen  wir  im  homerischen  Epos.  Wie  unendlicli  oft,  sagt  C.  E.  Schmidt, 
Homer  sich  wiederholt,  weiss  jeder  Homeriker;  welchen  Umfang  die  Wiederholungen  aber 
erreichen,  hat  meines  Wissens  noch  Niemand  berechnet.  Icli  habe  1804  sich  wiederholende 
Verse  gezählt,  welche  zusammen  4730  Mal  vorkommen;  sieht  man  von  geringfügigen  Ab- 
weichimgen  ab,  so  sind  es  2118,  die  5612  Mal  erscheinen.  Rechnet  man  zu  diesen  noch 
diejenigen,  die  in  ihren  beiden  Hälften  oder  in  ihren  einzelnen  Theilen  sich  wiederholen, 
so  beträgt  die  Zahl  9253  (II.  5605,  Od.  3648),  fast  genau  ein  Drittel  sämmtlicher  Homer- 
verse (II.  15693,  Od.  12160,  zusammen  27853).  Diese  Zahl  wird  bedeutend  vermehrt  durch 
die  vereinzelt  vorkommenden  Wiederholungen  in  den  andern:  setzt  man  nämlich  diese  zu 
Versen  zusammen  und  rechnet  sie  jenen  zu,  so  ergibt  dies  die  Summe  von  etwa  16000  Versen, 
also  stark  den  Umfang  der  Ilias.  Will  man  zuselien,  wie  viel  von  den  beiden  Ej^en  nach 
Abzug  aller  Wiederholungen  —  der  Vers  xai  (jliv  (atpsac)  <p(ov/]aac  (-aaa')  STisa  irrspÖEVTa 
icpooTjuSa  (-5(ov)  findet  sich  51  Mal,  darf  aber  natürlich  nur  50  Mal  in  Abzug  gebracht 
werden  —  übrig  bleibt,  so  hat  man  etwa  12000  Verse  abzurechnen,  was  ungefähr  dem 
Umfang  der  Odyssee  gleichkommt.  Parallel -Homer  oder  Index  aller  homerischen  Iterati 
in  lexicalischer  Anordnung.  VIII.    Göttingen  1885. 

Das  Gegentheil  gewahren  wir  in  neuerer  Zeit.  Von  der  Scheu  moderner  Menschen, 
denselben  Ausdruck  innerhalb  einer  verhältnissmässig  kurzen  Zeit  mehr  als  einmal  zu  ge- 
brauchen, gibt  Lothar  Bucher  ,Der  Parlamentarismus  wie  er  ist'  235  ein  recht  hübsches 
Beispiel.  ,Der  „Reader",  der  in  den  englischen  Druckereien  nicht  nur  die  Correctur  besorgt, 
sondern  auch  den  Ausdruck  feilt,  wird  ein  Substantivum,  das  binnen  drei  Zeilen  zum  zweiten 
Male  wiederkehrt,  mit  einem  Fragezeichen  versehen  oder,  wenn  er  die  Ermächtigung  zu 
eigenen  Verbesserungen  hat,  mit  irgend  einem  sinnverwandten  Ausdruck  vertauschen,  den 
er   nöthigenfalls    aus  Johnson    oder    einem    ähnliclien  synonymischen  Wörterbuch   ermittelt.' 

III.  Stehende  Epitheta. 

Der  Volksepik  eigen  sind  die  stehenden  Epitheta.  So  nennt  das  griechische  Volks- 
epo8  den  Zeus  VcipsX'AjYSpSTa  Wolkenversammler,  den  Krieg  «pÖiOY^viop  männerverderbend; 
dem  Serben  ist  der  Tag  bijel  weiss,  hell,  das  Ross  dobar  gut,  tüchtig ;  dem  Bulgaren  heisst 
der  Mond  jasen  licht,  der  Wein  rujen  roth ;  der  Russe  nennt  den  Schlaf  zubuduscij  ver- 
gessend, den  Wald  stojacij  stehend. 

Die  stehenden  Epitheta  haben  zur  augenblicklichen  Situation  keine  Beziehung:  Home- 
rus  satis  habuit  ponere  ad  personam  apta  epitheta,  etsi  ad  actionem  nihil  facientia.  Damm. 
Menelaos  heisst  qavÖö?  ebenso,  wenn   er  den  Leichnam  des  Patroklos  gegen   die   rings  an- 


Die  Dabstellunq  im  slavischen  Volksepos.  ,27 

stürmenden  Troer  vertheidigt  als  wenn  er  daheim  in  seinem  Palaste  weilt:  ('05  -rtspi  llatpo- 
xÄ(p  ßaivs  CavÖöc  MevsÄaoi;  IL  17.  6.  und  tw  xai  5£txv6[j.svoc  itpoastpTj  ^avOö«  MsviXaoc  Od. 
4.  59.  Und  wenn  sich  xopuÖacoXo?  im  engeren  Gebrauch  für  den  Hektor  als  itp6|j.a)(0C 
eignet,  so  verfehlt  es  doch  auch  nicht  seine  Wirkung  in  der  Abschiedsscene,  wo  das  Sehnen 
des  Helden  nach  der  Feldschlacht  gei-ichtet  ist:  Tpcoal  {iäv  •^Y£|ji,öv£a£  [isyac  /.oouQatoXoc 
"Exttop  IL  2.  816.     TTjV  5'  au-ce  icpoasstirc  [Asyac  xopoBaloXoQ  "Exxmp  IL  4.  440.    Schuster  19. 

Das  stehende  Epitheton  kann  mit  der  Situation  selbst  im  Widerspruche  stehen :  tov  5s 
tSwv  piYYjOc  ßoTjv  dyaööc  AcofAi^Sr^c  IL  5.  596. 

Noch  überraschender  ist  es,  wenn  das  Epitheton  mit  seinem  Substantiv  unvereinbar 
ist:  im  Serbischen  hat  auch  der  Mohr  weisse  Hände:  das  Epitheton  ,weiss'  ist  mit  ,Hand' 
innig  verwachsen.^  Selten  ist  crnogrivi  djogo  Schimmel  mit  schwarzer  Mähne.  Hör.  2.  538. 
Ebenso  nennt  die  englische  Ballade  auch  die  ungetreue  Geliebte  my  own  true  love.  Eri- 
phile  verräth  ihren  lieben  Gatten,  (ptXov  avSpa,  für  ein  Halsband.  Odyssee  11.  327.  Tele- 
mach  nennt  die  Freier  die  lieben  Söhne  der  (besten)  Männer  twv  dvÖptbv  (plXoi  üIsq.  2.  51. 

Viele  stehende  Epitheta  fügen  dem  Substantiv  keine  Eigenschaft  hinzu :  QvTrjroc  bei 
dvYjp,  alsv  lovtcC  bei  Ösol,  {jlwvj^  bei  ticico?  usw^  Poetis  satis  est  convenire  verbo  cui  appo- 
nitur:  itaque  et  dentes  albi  et  humida  vina  in  his  non  reprehenduntur.  Dergleichen  Ver- 
bindungen, die  dem  Verstände  der  Gegenwart  mindestens  kindisch  erscheinen,  stammen  aus 
jener  Periode  der  Entwicklung  der  Menschheit,  die  wir  die  Kindheit  oder  das  Jünglings- 
alter nennen. 

Die  griechischen  Grammatiker  sprechen  von  constanter  Verbindung  des  stehenden  Epi- 
theton mit  demselben  Worte  (auvcyö)!;)  und  bezeichnen  die  Übertragung  eines  stehenden 
Epithetons  auf  andere  Namen  mit  dem  Ausdruck  d%upta,  dxupoXoy^a  oder  xazaj^prjOiQ,  lat. 
abusio  oder  improprietas.  Unter  einer  Gesammtzahl  von  286  stehenden  Epitheta  finden 
sich  nur  97  solche,  welche  nie  mit  einem  anderen  als  ihrem  ständigen  Substantiv  verbunden 
auftreten ;  darunter  §oXi)(öa%wv  (ey)(oc,)  6vTyT6(;  (dvÖpwTCOc,  dvT^p,  ßporöi;),  pela  Ctoovrs?  (9soQ. 
Schuster  6.  8.  Man  vergleiche  aus  der  sla\'ischen  Volksepik:  vedar  heiter,  das  nur  mit 
nebo  Himmel,  istini  wahr,  das  nur  mit  bog  Gott,  ogrijan  wärmend,  das  nur  mit  sunce  Sonne 
verbunden  ward. 

Das  Studium  Homers  Hess  schon  die  alten  griechischen  Grammatiker  die  eigenthüm- 
liche  Natur  der  hier  behandelten  Epitheta  bemerken :  sie  hiessen  ihnen  xupia,  t5uövf>(ia ;  die 
Römer  nannten  sie  perpetua,  fixa,  nicht  ganz  passend  ornantia:  ornat  epitheton.  Quinti- 
lian.  Im  Deutschen  hat  sich  der  Ausdruck  ,stehend'  eingebürgert,  seltener  werden  sie  sta- 
bile oder  stereotype  Beiwörter  genannt.  Die  Serben  bezeichnen  sie  mit  dem  Worte  stajaci, 
das  wohl  auch  , stehend'  bedeutet,  wenn  es  auch  mit  haljina  verbunden  durch  ,feierlicli, 
sonntäglich'  zu  übersetzen  ist. 

Das  stehende  Epitheton  veranschaulicht  den  Gegenstand  durch  belebende  Eigenschafts- 
bestimmung. Es  ist  kein  blosser  Schmuck.  Es  ist  ferner  unrichtig,  wenn  man  in  dem 
Gebrauch  dieser  Epitheta  Willkür  walten  lässt,  und  wenn  der  Dichter  ,aus  dem  Mangel- 
topfe voll  formelhafter  Beiwörter'  ganz  nach  Belieben  eines  herausgreife.  Manche  meinen, 
dass,   wo  die   Dichtung  nicht  gelesen,  sondern  frei  vorgetragen  wird,   sich  von   selbst  eine 


'  The  words  ,cleep  sea'  and  ,black  earth'  imperceptibly  cease  to  express  anytliing-  raore  than  ,tlie  sea'  and  ,tlie  earth'.  Man 
beachte  serb.  6ekaj  mene  tri  bijela  dana  harre  meiner  drei  weisse  Tage.  Hör.  2.  102.  dva  bijela  dana  predaniti.  2.  166. 
molili  smo  tri  bijela  dana.  2.  530.  grlom  bijelijem  viknu  rief  mit  seiner  weissen  Kehle.  2.  82.  pa  pogleda  crnijem  o£ima 
er  blickte  mit  seinen  schwarzen  Augen.    2.  16.     zar  ne  vidiä  crnijem  oöima?    2.  30. 

4* 


28  m.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

Anzahl  von  stehenden  Forniehi  herausbildet,  die  sieh  darbieten,  wenn  den  Rhapsoden  das 
GedHehtniss  verlässt  oder  er  der  Riiliepunkte  bedarf",  um  für  das  Nachfolgende  sich  zu 
sammeln.  Als  ebenso  falsch  zu  bezeichnen  ist  die  Ansicht,  nach  welcher  dem  Dichter  bei 
der  Bildung  imd  bei  der  Wahl  der  stehenden  Beiwörter  das  metrische  Bedfirfniss  in  erster 
Reihe  stehe:  Poeta  nusquam  arripit  epitheton,  ut  versum  expleat,  sicut  nee  ullam  aliam 
vocem.    Damm. 

Was  die  Kunstepik  anlangt,  so  ist  Voss  in  seiner  Louise  Homer  in  mechanischer  Nach- 
ahmung in  der  Anwendung  des  stehenden  Epitheton^  nachgefolgt,  während  Goethe  in 
Henuann  und  Dorothea  in  richtigem  Tacte  die  stellenden  Beiwörter  hat  fallen  lassen:  die 
seinigen  wechseln  und  sind  stets  der  einzelnen  Situation  angepasst.  Was  Goethe  in  Her- 
mann und  Dorothea  aus  dem  Jahre  1796,  hat  schon  Virgil  gethan,  Avährend  ApoUouius  Rho- 
dius  und  Quintus  Smyrnaeus  der  stehenden  Epitheta  nicht  entrathen  konnten:  6paa6c  Y^pcoc, 
(bx'jwoScC  iTcicot,  'n:oXid,  ^iXtj  rpo'foc  und  ßa66ax'.o?  uXtj,  ßap^Y^oo-rcoc  BöXaiGa,  äpYt>pöirsC^ 
BsT'-C  usw.,  ja  Goethe  selbst  ist  in  der  Achilleis  aus  dem  Jahre  1799  zu  Homer  zurückgekehrt: 
die  göttliche  Here,  die  seligen,  die  ewigen  Götter,  die  hellleuchtende  Sonne,  die  Schlacht, 
die  männertödtende  usw. 

Wenn  diese  Epitheta  einen  Reiz  ausüben,  so  tritt  dies  nur  bei  Jenen  ein,  die  sich 
in  ihre  Kindheit  zurückversetzen  können :  qui  peuvent  se  replacer  dans  un  6tat  d'esprit,  qui 
leur  permette  de  goüter  la  po^sie  simple,  non  alambiqu^e,  des  ages  primitifs.  Dozon  XHI. 
Homers  geflügeltes  Wort,  hauptiuulockte  Achaier,  langhinstreckeuder  Tod  lassen  uns  nie 
stumpf,  so  oft  sie  auch  wiederkehren.  Vischer  Aesthetik  3.  1221.  Dasselbe  gilt  von  den 
traditionellen  Balladen : 

Er  nahm  sie  bei  ihrer  schneeweissen  Hand, 

Er  fuhrt,  sie  durch  den  grünen  Wald, 

Da  brach  er  ihr  ein  Zweig. 

Sie  küsset  ihti  auf  seinen  rothen  Mund  usw.    L.  ühland,  Schriften  3.  488. 

Im  Nachfolgenden  werden  die  am  häufigsten  vorkommenden  Epitheta  verzeichnet,  sammt 
den  Objecten,  denen  sie  beigelegt  werden.  Manche  dieser  Epitheta  sind  nur  in  der  Epik 
erhalten:  bojni  Kriegs-:  bojno  koplje.  britki  scharf:  corda,  mac,  no2,  sablja;  brijetka,  bri- 
jetkinja,  brijatkinja  corda.  golijeman  gross :  golijemno  blago.  grozan  traubenreich :  grozan 
vinograd ;  dagegen  grozne  suze.  2arko,  jarko  sunce  die  warme  Sonne,  zlacen  golden,  kicen 
geschmückt,  ogrijano  sunce  wärmende  Sonne,  rujno  vino  rother  Wein,  rusa  glava  rother 
Kopf,  ubojito  koplje  Schlachtlanze.  Einige  sind  der  Bedeutung  nach  dunkel :  vidovni  bo2e : 
neg  se  pomnjom  pomolimo  vidovnomu  dobru  bogu.    Bog.  99.     samohite  vile.    Hör.  2.  142. 

Serbisch,  Kroatisch: 

Bijel  weiss,  eines  der  liäufigsten  stehenden  Epitheta:  Perle  biser,  basilicum  bosiljak, 
Türkin  bula,  Vila:  bijela,  bjelogrla  vila,  Wlachin  vlahinja,  Strasse  sokak.  Weg  put,  Burg, 
Stadt  grad,  Tag  dan,  Osten  istok.  Morgen  jutro,  Morgenröthe  zora,  Hof  dvor,  avlija,  Palast 
polaca,  Pferdestall  ahar,  Zimmer  kamara,  Mauer  bedem,  Brief  knjiga,  Ferman  ferman,  bu- 
runtija,  Hemd  koSulja,  Thurm  kula,  Haus  kuca,  Keller  podrum,  Lateiner  latince,  Latei- 
nerin latinka,  Brücke  most,  cuprija,  Welt  svijet  (rum.  lumea  alb§),  Silber  srebro,  Brot  hljeb, 
kruh,  kolaß,  pogaca,    Kirche  crkva,    Kloster  manastir,    Zelt  cador,  sator,  Marktplatz  car§ija. 


'  Die  rosenwangige,  rosige  .Tnngfrau;  der  edle  bescheidene  Walter;  die  weissstämmige  Birke  usw. 


Die  Darstellung  im  slavischen  Volksepos.  29 

Schenke  krcma,  mehana,  Altane  cardak,  Weizen  senica,  Weihrauch  tamjan,  Schaum  pjena, 
Lamm  jagnje,  Schaf  ovca,  Milch  mlijeko,  Leinwand  platno,  Mond  mjesec,  Schwan  labud. 
Orte:  Budim,  Ledjan,  Venedig  Mleci,  Prilip,  Senj,  Vilindar,  Donau  Dunav,  Lim,  Sibinj. 
Weiss  sind  auch  die  Theile  des  menschlichen  Kcirpers :  Gesicht  obraz,  lice,  Hand  ruka, 
Hals  grlo  (bjelogrla  Janja),  die  weibliche  Brust  dojka  usw.  Man  merke  bjelo  pljeno  za- 
pljenio.  Kaß.  115.  In  manchen  Fällen  mag  bijel  weiss  als  ,glücklich'  aufzufassen  sein, 
daher  al'  mi  b'jeli  dvori  potavnili  mein  weisser  Hof  ist  dunkel  geworden;  tako  na§i  dvori 
potavnjese.     Bei  Homer  Xcuxoc :  xpt,  ö^ovTS?,  ir?j)(UC ;  TZÖhz  II.  2.  739.  usw. 

Bojni,  ubojni,  ubojit  Schlacht-,  Kriegs-:  Lanze  koplje,  Wurfspiess  d2ida,  Sattel  sedlo, 
Kanone  top,  Bombe  lubarda  bojnica,  Flinte  puska  ubojnica,   Amselfeld  Kosovo. 

Britka,  brijetka  f.  scharf,  Säbel  sablja,  Schwert  corda. 

Brz  schnell:  Pferd  konj,  Bote  knjigonosa,  Pulver  und  Blei  prah  i  olovo:  sitna  praha 
i  brza  olova.    Kac.  47. 

Crn,  cam  schwarz:  Mohr  arapin,  Rabe  gavran,  Dohle  cavka,  Zigeuner  ciganin,  Bulgar 
bugarin,  Mönch  kaludjer,  Augen  oci,  Erde  zemlja,  zemljica,  Pulver  prah,  Wald  gora,  Winter 
zima,  Waise  sirotica  (vergl.  bijel),  auch  carno  more;  ak§am  Abend  ist  crn. 

Crven,  crljen  roth:  Wein  vino. 

Y 

Casni  geehrt,  heilig:  nur  das  Kreuz  krst. 

v 

Cestit  glücklich:  Kaiser  car,  Pascha  pasa,  Bosnien  Bosna. 

Debel  dick:  Kühle,  Schatten  hlad,  mit  debelo  more  vergl.  man  franz.  la  rivifere  est 
grosse.     Dunkel  ist  u  Skadru  debelome.     eno  muke  i  debela  ala.    Kras.  35. 

Divan  wunderbar,  wunderschön :  Kleidung  odijelo,  auch  cudno  odijelo,  Reigen  kolo, 
Handel  car.  Wache  8tra2a,  wohl  nicht  für  vidan  in  der  Bedeutung  vigilis.    Bog.  358. 

Dobar  gut,  tüchtig:  Ross  konj,  Held  junak,  Türke  turßin.  Beute  sicar. 

Droban  minutus:  Schrift  knjiga.    Vergl.  sitan. 

Dug  lang:  Flinte  putska,  daher  duga  granajlija:  puSka,  po  kojoj   su  grane  izvezene. 

Gizdav  stolz:  Mädchen  djevojka,  Rappe  vranac. 

Glavan  wacker:  Freund  prijatelj. 

Golem  gross:  Noth  nevolja  (Homer  \i.i-(a  msvQoc),  Gewalt  zulum,  Gut  blago,  Held 
junak,  Ross  konj. 

Gorski  Wald-:  Schnee  snijeg,  Wolf  vuk,  Räuber  hajduk,  Vile  vila. 

Gospodski  Herren-:  Beute,  Gewand  odora,  Essen  jelo. 

Grdan  hässlich:  Wunde  rana. 

Grozan  etwa  dick:  Thränen  suze;  daneben  grozni  vinogradi. 

Hitar  hm-tig,  schnell  fliessend:  Bote  glasonosa,  knjigonosa,  tatarin,  telal,  Ross  konj, 
Jagd  lov,  Fuss  noga,  Pulver  prah :  dok  to  polje  magla  pritisnula  —  od  hitroga  praha  i  olova, 
Sperber  avanica,  Lieutenant  lac^man,  Diener  sluga:  hzrj'qpoQ  Ospdiccov,  Barbier  berber,  Donau 
Dunaj  usw. 

Hladan,  ladan,  hladjan,  ladjan  kühl:  Eisen  gvozdje,  Kerker  tamnica,  Wein  vino, 
Wasser  voda,  Wind  vjetar. 

Jasan  hell,  laut:  Mond  mjesec,  allerlei  Musik  davorije,   Flöte   svirala,   Pauke  talambas. 

Javorov  ahornen:  Geige  gusle. 

Junacki  heldenhaft,  heldenmässig  ist  alles,  was  dem  Helden  zukommt,  was  er  ge- 
braucht: Weg  drum,  Schwert  öorda,  Lanze  kopje,  Kampfplatz,  Kampf  megdan,  mejdan, 
razbojiSte,  Glück  sreca,  Gesundheit  zdravlje,  Waffen  oruzje,  Antlitz  lice,  Hände  ruke,  Füsse : 


30  III.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

brzo  bjese  skocio  ua  junacke  svoje  uoge  schnell  war  er  auf  seine  Heldenfüsse  gesprungen, 
Schultern:  junaeke  §iroke  pleri,  Brust  prsi,  Glilck  sreda,  Herz  srce  usw.  Ebenso  grloni 
junackijem  vikni.  Hör.  2.  10.  pa  zavika  grlom  arapskijeni  rief"  mit  seiner  Araberkehle.  2.  14. 
u  starome  Vlahu  junackonie.    Vuk  5.  525. 

Kamen,  kamenit,  steinern:  Bosnien  Bosna,  Kerker  kamen-,  kamena  tavnica,  Thumi 
kula,  Keller  kamen-pi\Tiica,  Burg  grad. 

Kitan,  kicen,  kican  geschmückt:  Mädchen  djevojka,  Frau  kaduna,  Hochzeitsgäste  svatovi. 

Klet,  proklet  verflucht:  Kerker  tamnica,  Flinte  d2everdan,  Pocken  ospice. 

Krasan  schön:  J^eld  polje,  Kind  ßedo,  Freund  prijatelj,  Hof  dvor,  zakon  Sitte, 
ReUgion. 

Krsan,  krsovit  felsig:  Alpe  planina,  Meeresküste  primorje,  Hercegovina  krsna  zemlja 
hercegova,  krSovit  Mucanj.     Dunkel  ist  krsan  junak.    Hör.  2.  610.     krSni  Sarac.  2.  193. 

Lak,  lagau,  lagun  leicht:  Seele  diisa:  to  izusti,  laku  dusu  pusti,  Gesundheit  zdravlje, 
Wagen  hintov,  kola,  koßija,  Schiff  ladja,  Damascenerflinte  d2everdan,  Keule  buzdohan, 
Pulver  prah,  Eilbote  ulak,  Fuss:  skoßi  na  noge  lagane,  lagahne,  laguhne. 

Lijep  schön:  das  Mädchen  djevojka  selbst  nennt  sich  so:  daj  mi  izun  lijepoj  djevojci. 
Juk.  410.  Strauss  kita,  Feld  polje,  Frau  kaduna,  Versammlimg  vjede.  Die  gleiche  Bedeu- 
tung wie  lijep  hat  das  fremde  hubav,  ubav:  Tag  dan,  Sitte,  Religion  zakon  na§  usw. 

Ljut,  Ijutit  heftig,  böse,  hart:  Arnaut  arnautin,  Stahl  celik,  Eisen  gvo^dje,  Sporn 
mamuza,  Kampf  boj,  Schlange  guja,  zmija:  Ijuta  zmija  krilatica,  Ijuta  zmija  skripaäe.  Drache 
zmaj,  Löwe  lav,  arslau,  Hund  vaSka,  Wunde  rana,  Cmogorac  usw. 

Loman  steinig:  Berg  brdo,  Montenegro  lomna,  lovna  Gora  Crna. 

Medan  honigsüss:  Mund  usta.  Vergl.  russ.  sacharnyj. 

Mek,  mekan,  mekahan  weich:  Federbett  blazinja,  minder,  siljte,  Matratze  dusek,  Bett 
lo2nica,  posteljica.     Befremdend  mekani  cekini.    Hör.  2.  341. 

Mio  lieb:  Vater  babo,  Sohn  sin,  Tochter  derka,  Schwester  seka  usw.  moj  miosau  sine. 
Man  beachte  za  nemila  draga.  Homer:  ^Ckoz  icariQp,  icaiij,  ixopöz,  «piATj  {JLY^'vjp,  (pO.ov  zi- 
xrjQ  usw. 

Mo  dar  blau:  Flamme  plamen,  Wolke  oblak. 

Mrk,  mrkov  dunkel,  schwarz:  Bart  brci.  Locken  solufe,  Haupt  glava:  mrko  klimnu 
mrkom  glavom  kne2e,  Gjaur  kaurin,  Nebel  duman,  Schrift  jazija,  Nacht :  mrka,  mrkla  nocca. 

Mracan  dunkel:  Kerker  tavnica. 

Mut  an  trübe:  Narenta  neretva. 

Nebrojen  unzählig:  Geld,  Gut  blago,  spenza. 

Ognjan  feurig:  Mohr  arapin.     vatra  ognjevita. 

Ogrijan  warm:  Sonne  ogrijano,  ogrijalo  sunce. 

Ostar  schart:  Sporn  mamuza. 

Peran  mit  hervorragenden  Bogen  versehen:  Keule  buzdovan,  sestoperan. 

Pijan  trunken:  Schenke  meliana. 

Pirlitan  bunt:  Flinte  sara,  Hemd  koSulja. 

Pitom  bebaut,  durch  Cultur  veredelt:  Land  zemlja.     u  Lijevnu  mjestu  pitomome. 

Plauinski  Alpen-:  Drache  zmaj. 

Plav  blond,  licht:  Himmel  nebo.    Vergl.  plavoSke  djevojke.    Kras.  144. 

Pomanian  toll,  feurig:    Ross  konj.     Daffir  falsch  pometan. 

Ponoaan,  ponosit  Stolz:  Bosnien  Bosna  ponosna. 


Die  Darstellung  im  slavischen  Volksepos.  31 

Pust  öde,  verlassen,  herrenlos,  ursprünglich  ein  Scheltwort,  etwa  verwünscht:  Pferd 
at,  Stute  bedevija,  Gut  blago  (kamo  blago,  ostalo  ti  pusto!),  dugovanje,  Schwert  dorda, 
Flinte  puSka  (kam'  ti  puSka,  ostala  ti  pusta !  Hör.  2.  548) :  a  pusnica  puäka  haraclija, 
Streit  kavga,  Trauer  zalost.  Hör.  2.  294.  Säbel  sablja,  Pfeil  strela,  Kerker  tamnica  usw. 
In  pusta  planina  ist  pust  wüst,  öde:  ebenso  das  Meer  more,  denjiz;  pusti  mu  ostali  dvori. 
Man  merke  lijepa  je  pusta  kao  vila  und  das  ngriech.  [xöv  vXrxlc,  zd  pirjiAa  t  ap{j.ara  Firme- 
nich 2.  26.  Dunkel:  zajjjevase  oba  brata  pusta.  Hör.  2.  348.  pusto  junaStvo.  2.  374. 
psenica  pusta.  2.  207.  blago  njemu  sve  do  v'jeka  pusta.  2.  322.  sva  se  sjaji  od  pustoga 
zlata.    2.  279. 

Ravan  eben:  das  Feld  polje,  poljana,  Meeresküste,  primorje;  Misir  zemlja  Bosna,  Ko- 
sovo, Prizren,  Turcija  usw. 

Rodjen  geboren,  leiblich:  Vater,  Mutter,  Bruder,  Schwester:  babo,  majka,  brat,  seka. 
u  nje  nema  roda  rodjenoga.    Kaß.  130.     brat,  majka  po  rodjenju. 

Ro2an  hörnen:  Bogen  luk. 

Rujan  gelblich:  der  Wein  rujano,  rujno  vino,  Morgenröthe  rujna  zorica.  Daneben 
rujeno,  rujenovo  vino.  Kaß.     at6o(|^  ov/oq. 

Rumen  roth:  Rose  ru2a,  djul,  Wein  vino,  Gesicht  lice. 

Runajlija  wolletragend:  Schaf  ovca. 

Rus  röthlich,  blond:  Kopf  glava.  Haar  kosa,  daher  rudokos,  nise  pletenice  usw.  Das 
Epitheton  muss  uralt  sein,  da  heutzutage  röthliches  Haar  bei  den  Serben  zu  den  Selten- 
heiten gehört,     ruso  vino.    Kac. 

Silan,  silen,  silovit  kräftig,  gewaltig,  gross:  Heer  vojska,  Held:  silan  Bojicidu;  da- 
neben do  tog  dvora  sile  Osman-bega;  izici  de  sila  Bojiöida.  Schar  ßeta,  ordija,  Heer  voj- 
ska, Pferd  konj,  Gut  blago,  sileni  car.     Homer:  [asvoc  'Arpstöao. 

Sinj  bläulich:  Blitz  grom,  Stein  kamen,  kamik,  Bergpass  klisura,  Guckguck  kukavica, 
Wolke  magla,  Meer  more.     Homer :  iroXiöc :  o.\z. 

Sitan,  sican  klein,  minutus:  Haber  zobca,  Locken  pletenice,  Treppenstufen  basamaci, 
Tamburine  tambura,  tamburica,  Perle  biser.  Zechine  cekin,  Pulver  prah,  Schaf  ovca,  Brief 
knjiga,  buruntija  mit  kleinen  Buchstaben  geschrieben,  daher  auch  sitan  ferman,  sicana  ja- 
zija  usw.  Netz  mreza  usw.  Vergl.  sitno  pisati,  podigravati,  kucati.  sitna  in  sitna  karaula 
Hör.  2.  427;  entspricht  dem  türk.  indze  2.  595.  sitni  sokak  2.  38.  ist  zu  vergleichen  mit 
tijesni,  uski  sokak  2.  187;  2.  249.  Daneben  droban:  Perlen  biser,  daher  auch  drobni 
djerdani. 

Siv  grau:  Falke  soko:  soko  tica  siva,  Taube  golub,  Blitz  mixnja,  Stute  bedevija. 

Sjajan  glänzend,  Perle  biser,  Knopf  puce,  Sonne  sunce,  Morgenstern  danica,  Himmel 
nebo,  Mond,  Mondlicht  mjesec,  mjeseßina,  Spiegel  ogledalo,  Brustriemen  silembet,  Damasce- 
nerflinte  d^eferdar  usw.  Homer:  Xa\).Tzpb-^  ^doci^sXioto. 

Sjenovit,  wohl  betäubend:  Wein  sjenovito  hladno  vino.  Bog.  57.  Verwandt  ist  senb, 
stönb:  Wurzel  s6,  st6. 

Slan  salzig:  Meer  more,  Blut  krv.    Vuk  2.  25.  72. 

Star  alt:  Vater,  Mutter  ostario  babo,  majka  ostarjela,  Patriarch  patrijar,  Mönch  kaludjer. 

Stedi  stehend:  Fels  stijena. 

Studen  kalt:   Brimnen  bunar,   Quelle  vrelo,   Fels  greda,  stijena,   Stein  kamen,  kamik. 

Suh  trocken:  nur  Gold:  vas  u  srmi  i  suhomu  zlatu.     Dunkel  ist  suSnjica  munja. 

Sur  blass,  grau:  Adler  orao,  Vogel  tica,  die  arabische  Stute  bedevija. 


32  III.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

Svijetao  gläuzeud:  Walfeii  oruzje,  Schwert  corda,  Zar  cur. 

Svilen  seiden:  Fahne  barjak,  Zelt  Sator,  Bettdecke  jorgan,  Tasche  dzep,  Gürtel ■  pojas. 

Saren,  SaroAdt,  ua§arau  bunt,  bunt  beschrieben:  Sclilange  guja,  zmija,  Brief  kujiga, 
Netz  mre2a,  Flinte  puska,  piiSka  sarka,  daher  Sara  sarka  Flinte,  Schaf  sarka  Juk.  437.  541. 
§ara  pirlitana  250.  Gleichbedeutend  ist  piüi:  pidi  duvak  zlatan.  Schenke  mehana,  Truhe 
sandiik,  Sonne  sunce.    Homer:  TCJuiXa  ZBoyßa. 

öirok  breit:  Feld  polje,  Weg  dnun,  Schulter  junaoke  siroke  ^^^e^^i-  I^og.  70.  Be- 
fremdend siroki  jazuuik. 

Taman  finster:  Nacht  noc,  Kerker  tanmica:  no6  ist  auch  strahovita.  Hör.  2.  556. 

Tanak,  tanan,  tanen,  tanjeu,  tanahan,  tauau,  tankovit  dünn,  fein,  schlank:  Griechin 
grkinja,  Lateiner  latince,  Lateinerin  tanahna  latinka,  Mädchen  djevojka,  Sklavin  robinja, 
ropkinja,  Held  junak,  Magyar  madzar,  Tanne  jela,  Thurm  kida.  Brauen  obrvice,  Kette  sin- 
d2ir,  Hals  grlo,  Brief  tanka,  tanana  knjiga,  Tanne  tanka,  tankovita,  tankovrha  jela.  Weg 
tanjena  stazica  Ka2.  Hemd  kosulja,  Baststrick  litarje,  Leiter  merdevine,  Bahre  nosilo, 
Leinwand  platno,  Feder  tanano  pero,  Schiff  tanena  galija,  golica,  Reisezehrung  tanke  bra- 
Senice,  tanka  anterija,  koSuljica.    Vergl.  sitan. 

TeSki  schwer:  Keule  buzdohan  (vergl.  lak):  vergl.  s  crnim  prahom  i  teskim  olovom, 
od  teskoga  praha  i  olova.    Kaß.  42. 

Till  still,  ruhig:  Donau  Dunav,  Save  Sava,  See  jezero,  Thaii  rosa,  Regen  da2dic,  kiSa, 
Save  voda  Sava. 

Tijesan  eng:  Engpass:  tjesni  klanci,  jadiklanci. 

Topal  warm:  Stall  podrvmi:  daneben  podrumi  vru(5i.    Hör.  2.  262. 

Tu2an  unselig:  Gefangener:  tuzan,  nevoljni  su2anj. 

Vedar  heiter:  Himmel  nebo,  Perle  biser. 

Vilen,  vilovit  vilenhaft;  wohl  nicht  muthig,  sondern  schnell  ist  Eigenschaft  desRosses: 
konj,  dorat,  §arac,  vranac.  na  djogatu  konju  vilovnome.  jasi  vilovna  hajvaua.  vilski  konji 
Jastr. :  konj  mu  leti  kano  vila. 

Vit,  vitak  gewunden,  schlank :  Fichte  omorika,  vitaJc  borak,  Tanne  jela,  jelva,  Auge 
oko,  Rippe  rebro,  Stute  vitka  bedevija. 

Vjeran  treu:  Gattin  Ijuba,  vjerenica  Ijuba,  Freund  prijatelj,  drug,  Diener  sluga. 

Vran,  vranSid  schwarz:  Rabe  gavran,  Pferd  konj. 

Zelen  grün:  Tanne  jela,  Föhre  bor,  Garten  ba«ca.  Wiese  livada,  Wald  gora,  Hain  lug 
(the  green  wood  der  englischen  Ballade),  daneben  cma  gora.  Gras  trava,  Blatt  list,  Tanne 
jelva,  See  jezero,  Bojana,  Feld  polje,  Schwert  mac,  Fahne  barjak,  P"'lamme  plamen,  Zelt:  svi- 
len cador  od  zelene  svile. 

Zlatan,  zlacan,  zlacen,  pozlacen,  zlatali,  od  zlata  golden:  Schabracke  abajija,  Zaum 
uzda,  Kleid  roba,  Tuch  zlacana  marama,  majolika  Krug",  majolika  zlatna,  Tuch  od  zlata  jagluk, 
Strick  od  zlata  konopi.  Kac.  Griff  balcak,  Ring  bumia,  Halsband  djendar,  djerdan,  Schlüssel 
kljuc,  Schrank  ormar.  Wiege  kolevka,  Schemmel  gdemlija,  Becher  kondir,  kupa  pehar,  casa, 
Krug  testija,  Dukaten  dukat,  Krone  kruna.  Tisch  sto  usw.  zlatokosa,  zlatnokosa  Ru2a.  utva 
zlatokrila.    Homer:  ;fG'jC£c-(;:  SsTcac,  xuTCcXXov. 

Zarak,  2aren,  jarak,  2aran  heiss :  die  Sonne  2arko,  jarko  sunce,  zarano  sunce, 
Feuer  oganj. 

Zestok  feurig:  Brantvvein  rakija,  Pferd  konj,  Kampf  boj,  Feuer  oganj,  cau§. 

Ze2en  gebrannt:  Brantwein  rakija,  i-akija  triput  preze2ena,  Gold  zlato,  Dukaten  dukat. 


Die  Därstellunu  im  slavischen  Volksepos.  33 

Ziv  lebendig:  Feuer  ogauj,  vatra:  planu  kao  oganj  2ivi,  Herz  srce. 
Zut  gelb:   Gold  zlato,  Dukaten  dukat,  cekin,  ruSpija,  Wachs  vosak,  Pomeranze  neran- 
dza,  naranca,  Pantoffel  papuca,  Ranzen  telet'ak,  Dukaten  dukat,  niadzarija. 

Man  findet  sogar  mrtvi  lesevi  todte  Äser,  wie  bei  Homer  vsxuc,  vsxpöc  reövr;«?,  ähn- 
lich öpuxxT^  xd'fpoc. 

Das  stehende  Epitheton  spielt  auch  in  den  Liedern  von  Kacic  eine  grosse  Rolle,  denn 
sie  sollten  als  Volkslieder  angesehen  werden:  bijeli  grad,  sivi  soko,  gizdava  divojka,  dobri, 
brzi  konji,  Bosna  ponosna,  studena  vodica,  rusa  glava  usw.  Dem  Einflüsse  des  Volksepos 
zuzuschreiben  ist  der  häufige  Gebrauch  des  stehenden  Epitheton  im  Osman  von  Gundulic: 
britka  sablja,  hrli  konj,  kleti  turci,  rusa  glava,  sinje  more,  sitne  zvijezde,  sivi  soko,  suho 
zlato,  vito  koplje,  vrli  turci  usw.  Bogisic  99.  Die  Slovenen  besitzen  gegenwärtig  nur  Bal- 
laden, in  denen  sich  aus  der  Volksepik  einige  stehende  Epitheta  erhalten  haben:  da  ni 
videl  belega  dne  ino  solnca  rumenega.  beli  grad ;  bela  pristavica.  bistra  voda.  6ma  gora 
Wald;  crne  o2i.  gorko  solnce.  kelder  hladan;  hladna  sencica.  zelen  gozd;  zelena  meja 
wahrscheinlich  Wald. 

Das  Epitheton  ist  meist  ein  Adjectiv;  es  kann  jedoch  auch  1.  ein  Substantiv  oder  2.  ein 
Substantiv  mit  einer  Präposition  sein. 

Serbisch: 
1.  Bjelica  psenica. 

Brijetkinja,  brijatkinja  neben  britka,  brijetka  corda  das  scharfe  Schwert:  britka  sablja. 
Brzac  konj  das  schnelle  Pferd. 

Vjerenica  Ijuba  neben  vjerna  Ijuba  die  treue  Liebe. 
Vranac,  vrancic  konj  der  Rappe,  vranka  bede\äja. 
DimiSkinja,  diniiSkija  corda  das  Damascener  Sclnvert. 
Gorkinja,  nagorkinja,  prigorkinja  vila  die  bergbewohnende  Vila. 

Kostolovka  koplje  neben  bulg.  kostenovo  kopje,  wohl  eine  aus  Holz  gefertigte  Lanze. 
Ljepota  djevojka  neben  lijepa  djevojka  das  schöne  Mädchen. 
Ljutac  kamen  harter  Stein. 
Mermer  avlija. 

Oblica  kula  der  runde  Thurm. 
Pjanica  mejhana  die  tranken  machende  Schenke. 
Planinkinja  vila  die  alpenbewohnende  Vila,  sa  planine  vila.    Kac. 
Postalica  sablja,  koja  je  dugo  postajala  i  nije  u  ruke  uzimana. 
Prisojkinja,  prisojnica  guja,  zmija  die  sich  sonnende  Schlange. 
Stanac  kamen  unbeweglicher  Stein:  kamen  stanoviti. 
Starica  majka. 
Studenica,  studenika  voda. 
Sarac  konj  der  Schecke. 
Tancica  kula. 
Crvenika,  rumenika  vino. 
Jarnik  jecam. 
Vitezovi  konji. 
Pelivan  djogin.     simsir  odaja  Syntax  5. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.   XXXVIII.  Bd.    III.  Abb.  5 


34  ni.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

2.  Ott  «rore  b'jela  vila  Bog.  70.,  ueben  prigorkiiija  20.  283.  od  planine  b "jela  vila  114. 
vila  od  planine  87.  neben  planinkinja  78.  114.  226.  sUisa  ga  iz  oblaka  vila.  iz  göre  haj- 
duk.     konj  od  razboja. 

Das  Substantiv,  welches  das  P^pitlieton  bezeichnen  soll,  wird  nicht  selten  dem  Substan- 
tiv, das  naher  bestimmt  wird,  durch  i  beigeordnet.  Die  schmucken,  geschmückten  Hoch- 
zeitsgnate  nennt  der  Bulgare  kiteni  oder  kitovni  svatove.  Milad.  74.  218.  Bezs.  1.  59.  Dafür 
sagt  der  Serbe  nicht  nur  kiöeni  svatovi,  sondern  auch  kita  i  svatovl  elg.  der  Schmuck  und 
die  Hoclizeitsgäste.  Juk.  132.  231.  Petr.  35.  36.  Nar.-blago  336.  339.  Daneben  kita  svatova  : 
ode  Komnen  za  kitom  svatova  es  ging  Komnen  hinter  dem  Schmuck  der  Hochzeitsgäste. 
tri  kite  svatovi.  Jastr.  268.  lijepa  kita  svatova.  divna  kita  od  svatova..  Kac.  Wie  kita  i 
svatovi  ist  zu  beurtheilen:  nu  potrudi  endo  i  gospostvo  für  cudno  gospostvo.  a  ti  kupi 
8uda  i  junake.  primakni  se  demir  i  pendzeru  zum  eisernen,  mit  eisernen  Stöcken  versehenen 
Fenster.  Juk.  134.  poletje  dXamu  i  pendzeru.  Hör.  103.  otide  drumom  i  planinom.  Jastr.  253. 
ona  dodje  gradu  i  kapiji  sie  kam  zum  Stadtthore.  137.  Vergl.  nek  mi  dade  izun  i  besjedu 
das  Wort  der  Erlaubniss.  Petr.  449.  654.  da  ja  smijem  kolu  i  djevojkam.  Juk.  391.  iz  crnoga 
pakla  i  jezera  aus  dem  See  von  schwarzem  Pech,  sila  i  krajina.  Juk.  183.  387.  sila  i  or- 
dija.  202.  Petr.  290.  sila  i  turci.  sila  i  soldati.  sila  i  svatovi  neben  silni  svatovi  die  starken, 
gewaltigen  Hochzeitsgäste,  kovde  i  caksire  neben  kovcali  caksire.  sofra  i  gospoda  die  u  m 
den  Tisch  sitzenden  Herren.  Vergl.  der  se  prodji  hoda  i  belaja.  Juk.  53.  Das  heisst  doch 
wohl  ,unterla88e  den  gefahrbringenden  Gang',  poletje  dzamu  i  pendzeru  ad  vitrum  et  fe- 
nestram  d.  i.  ad  vitream  fenestram.  Hör.  1.  103.  d2amli  pendzeru.  otvori  dzame  i  pendzere. 
prikußise  gradu  i  kapiji.  Hör.  2.  28.  te  se  Rimu  kune  i  zakonu  d.  i.  rimskomu  zakonu. 
odvede  ih  stolu  i  Stambolu  ist  stolnomu  Stambolu.  Vergl.  udara  ga  cizmom  i  mamuzom. 
idu  svati  zendjom  i  cenarom. 

Wir  haljen  hier  die  Hendiadys  £V  5td  Suolv  genannte  Figur  zur  Bezeichnung  eines  Epi- 
theton angewandt.     Man  vergleiche  pateris  libamus  et  auro  bei  Virgil.    Zima  255. 

Anders  zu  beurtheilen  ist  pa  ti  udri  gradu  i  Janjoku.    Bosanska  Vila  3.  204.  205. 

Zwei  stehende  Epitheta  werden  nicht  selten  mit  demselben  Substantiv  verbunden,  neg' 
se  pomnjom  pomolimo  vidovnomu  dobru  bogu.  Bog.  99.  dva  vitezka  konja  dobra  56. 
Ebenso  131.  tanka  b'jela  koSulja  126.  tanahna  bijela  koSulja  139.  crveno  hladno 
vino  23.  junacko  2ivo  srce  24.  l'jepa  gospodska  vecera  26.  od  planine  b'jela  vila  114. 
od  göre  Ijjela  vila  70.  planinkinja  b'jela  vila  78.  114.  226.  sjenovito  hladno  vino  57. 
gospodski  bijeli  obraz  24.  vladiski  b'jeli  obraz  135.  l'jepa  zelena  planina  12.  vladicka 
l'jepa  nika  13.  jimacke  b'jele  ruke  108.  l'jepu  b'jelu  ruku  66.  demeskija  .britka  sablja 
17.  l'jepe  zakonje  zdravice  39.  Ijuta  zmija  krilatica  57.  zlatna  kruna  od  bisera  83.  go- 
spodsko  bijelo  lice  80.  rumeno  bijelo  lice,  h§ce  47.  68.  visoko  vedro  nebo  3.  lijepa 
mrkla  no6ca  23.  l'jepi  gospodski  objed  103.  tvrda  luka  rozanoga  57.  sitna  knjiga  bjela. 
.siv  zelen  sokol.  Kac.  146.  stara  mila  majka.  tanka  vita  jela.  do  Dunava  tihe  vode  hladne. 
Ijuta  zmija  prisojkinja. 

Homer  hat  für  &\n  Ding  gemeiniglich  nur  (^inen  Zug:  ein  Schiff  ist  ihm  bald  das 
schwarze  Schiff,  bald  das  hohle  Schiff,  bald  das  schnelle  Schiff,  höchstens  das  wohlberuderte 
schwarze  Schiff;  weiter  lässt  er  sieli  in  die  Malerei  des  Schiffes  nicht  ein.  Lessing  6.  115.  Doch 
jii-Ca?  7.oryjOa':o/.o?''Extcop.  ßp'.O-J  \xiya  artßapöv  iy/o;.  rq'joi  Oor^atv  rotys  itETüotBötcC  (i)vici-(iotv. 
•/.'Xiiit'y//x  v/y/j.-j.,  /d'f.-Az'J.,  >jyrAy.Tq'^i  11.  5.  723.   äa-'^^a  Tcav-c-:;"  iiayjv,  xa/a;/,  s^r/.arov  II.  12.  294. 


Die  Darstellung  im  sua.vischen  Volksepos.  35 

Kühn  sind  folgende  Verbindungen:  debeli  liari  die  Ställe,  in  denen  wohlgenährte 
Rosse  stehen;  pijana  mehana  die  Schenke,  avo  man  sich  betrinkt;  oruzje  plasivo  die  Waffe 
die  uns  schreckt.  Bog.  158.  hitren  nisan  das  Ziel,  nach  welchem  mit  schnell  fliegenden 
Kugeln  geschossen  wird. 

Widersprechend  sind  Verbindungen  wie:  od  zla  mile  majke  tvoje.  Herc.  55.  kriva 
mila  majka  187.     nemila  draga.   Jastr.  381.     ku£ko  jedna,  mila  snaho  moja.   Herc.  93. 

Bulgarisch: 

Bei  weiss:  Kirche  crskva,  Zelt  cadir  (bei,  belan),  Quelle  8esma,  Weg  pst,  drvim,  Donau 
Dunav,  Burg  grad,  Brust  grtdi,  Griechin  griikinja,  Brot  hieb,  Frau  kaduna,  Schwan  lebed, 
Brief  kniga,  Papier  hartija,  Kuchen  kravaj,  pogaca,  presnik,  Antlitz  lice,  obraz,  Bett  po- 
stelja,  Tuch  marama.  Weizen  pgenica,  Hand  rtka,  Hemd,  Tuch  riza,  Hochzeitsgäste  sva- 
tove  usw.     Sogar  beli  kai-agrog.     Man  füge  hinzu  bcloliki  devujki,  kmetici  belopoli. 

Bisti>r  klar;  Brantwein  rakija,  Wasser  voda. 

Bojni  Schlacht-:  bojno  kopje.    Vergl.  puska  bujlija.    Sbor.  H.  63. 

Brz  hui'tig:  Ross  konj,  Wagen  taliga,  Schiff"  gimijka,  Brief  kniga. 

Cesni   ehrwürdig:  Kirche  cr^kva,  Evangelium  vangelie,  Pathe  kum,  Kreuz  krtst  usw. 

y 

Cest  dicht:  Wald  gora.     Ebenso  gtsta  planina. 

Cestit  glücklich:  Kaiser  car,  König  kral.     Serb.  cestito  koljeno. 

Crn,  cr-hu  schwarz:  Mohr  arapin,  Rabe  cer  gavran,  Mönch  kaluger,  Pest  cuma  i  pa- 
nukla,  Milad.  317.  Blut  krv,  Haar  kosa,  Meer  more,  Auge  oko,  Pferd:  da  si  kove  crna  vrana 
konja,  Erde  zemja  usw.  crnooka  devojka,  nevesta. 

Crven,  crven  roth:  Fahne  bajrak,  Kleid  dolama,  Rose  ruza,  trandafil,  Wein  vino  usw. 

Dobijr  gut:  Held  junak,  Kopf  glava,  Ross  konj  usw. 

Droben,  drel)en  fein,  zart:  Kette  sindzir,  Münzen  aspri,  Pulver  barut,  Thränen  sldzi, 
slzi,  Sterne  dzvezdi,  Kinder  deca. 

Frengija,  frenglija  fränkisch,  europäisch:  Säbel  sabja.  Gleichbedeutend  fruzki  (aslov. 
frazEsk-B):  Messer  no2,  nozina. 

Gizdav  stolz:  Mädchen  devojka,  Adrianopel  Drjanopole. 

Golem  gross:  Wunder  endo  golemo,  Schatz  azna. 

Gospodarski  Herren-:  Mahl  mand2a,  ru^eg. 

Hl  ade  n  kühl:  Schenke  mehana,  Stall  jah-br,  Wein  vino. 

Hubav  schön:  Braut  nevesta,  Mädchen;  devojka;  daher  serb.  ubav:  mjesto  ubavo,  na 
ubavu  na  polju  K<;sovu,  ubavo  ruho  usw. 

Jasen  hell:  Mond  mesec,  meseßina,  Sonne  sl^Bnce,  Sterne  dzvezdi. 

Junadki  Helden-:  Brust  grxdi,  Kampf  megdan,  Fuss  noga,  Kleid  ruho. 

Kiteii,  kitoven  geschmückt:  Hochzeitsgäste  kiteni,  kitovni  svatove. 

Lek  leicht:  Streitkolben  bozdugan. 

Licen  hübsch:  Mädchen  moma.  Braut  nevesta. 

Ljut  heftig:  Brantwein  rakija,  Säbel  sabja,  Heer  vojska,  Türke  turcin,  Schlange  zmija, 
litica  stijena  ist  steiler  Fels. 

Lud  unerfahren:  ludo  mlado  djaöe. 

Mek  weich:  Bett  postelja. 

Mil,  milen,  milic"Lk  lieb:  Gott  mili  boze.  Verwandte:  majka,  male,  brat,  sestra,  sinko, 
sterka,  mnuCe,  vujko ;  ebenso  pobratim. 


36  in.  Abhandlükg:  Franz  Miklosich. 

Nebrojen  uiifiezälilt :  Geld  aspri  uebrojeni,  nemereni. 

Ost-br  scharf:  Silbel:  ttnka  ostra  sabja,  Messer  nozce. 

Pisa  11  bunt:  Zimmer  odaja. 

Pust  öde,  verlassen,  herrenlos:  Maulthiere  m-Bski. 

Kaven  eben:  Feld  pole,  Weg  drmii,  Hof  dvor,  wohl  der  in  der  Ebene  liegende. 

Rujen,  rojen  roth:  Wein  vino. 

Rus  rötlüich,  röthlichblond :  Haar  kosa,  perce.  rusokos:  Kopf  glava  usw.  Damit  stimmt 
die  Nachricht  von  Prokopios  überein,  wonach  die  Slaven  blond  uirspoöpoi  waren. 

Silen  gewaltig:  AVind  vetsr,  Feuer  og^Bu,  Heer  vojska,  Held  junak,  Donau  Dunav, 
silen  Dunav  porovit,    Milad.  460. 

Sin  grau:  Guckguck  kukavica,  Zelt  sator,  Feuer  ogiu,  Himmel  nebo. 

Siten  klein  minutus:  Pulver  barut,  Netz  mreza,  Schrift  pismo,  Tliau  rosa,  Tliränen 
sl'Bzi,  Sterne  dzvezdi:  vergl.  sitnom  sitno  zborvat.    Milad.  403. 

Siv  grau:  Falke  sokol,  Taube  goltböe. 

Slan  salzig:  Meer  more. 

Star,  ostarel  alt:  Mutter  mila  stara  majka,  majcica. 

Studen  kalt:  Brunnen  kladenec,  Waffen  oruzje.  Stein  kamen,  Wasser  voda,  Schatten  osoj. 

Suh  trocken:  Gold  zlato,  Silber  srebro. 

Sur  blass:  Schlange  lamija,  Hirsch  jelen. 

Surov  feucht:  Erde  zemja. 

Svilen  seiden:  Gürtel  pojas,  Bettdecke  jorgan,  Bett  postelja,  Windel  pelena,  Hemd  ko- 
sulja.  Schnur  gajtan. 

Saren  bunt:  Ross  konj,  Zimmer  odaja,  Flöte  kaval,  coffre  kovceg,  sandtk,  Quelle  öe§ma, 
Spiegel  ogledalo,  Bettdecke  jorgan  usw. 

§irok  breit:  Weg  drum,  kaldi-mi,  Hof  dvor,  Erde  zemja,  Feld  pole. 

Temen  dunkel:  Pferdestall  konusnica,  ah-Br,  Engpass  klisura,  Kerker  z-Bndan,  temnica, 
Wolke  oblak,  t-bvna  m-Bgla. 

Tenek,  ti>nek  dünn,  fein:  Hemd  kosulja,  Flinte  puska,  Säbel  sabja,  Wimpern  ve2da, 
Netz  nireZa. 

Tihok  still,  sanft:  Wind  vet'Br,  Vardar  Vardar,  Donau:  tih  bei  Dunav. 

Vedtr  heiter:  Himmel  nebo. 

Veren  treu:  Genossen  druXina,  Wahlbruder  pobratim,  Wahlschwester  posestrhna. 

Vit  gewunden,  schlank:  Tanz  oro,  Thurm  kale,  Thor  porta. 

Vran  schwarz:  Pferd  k<jn. 

Vrl  feurig:  Brantwein  rakija,  Türken  turci,  Feind  dusman. 

Zelen  grün:  Zelt  cad'br,  Wald  gora,  bor.  Gras  trava,  Wiese  livada,  Baum  drvo, 
zelen  sinor. 

Zlat,  zlaten  golden:  Keule  buzdovan,  Hufeisen  podkovi,  Ring  bumia,  prsten,  Steig- 
bügel zengija. 

Zezen  gebrannt:  Gold  zlato,  daneben  zlato  plaveno.    Milad.  113. 

ZHt  gelb:  Keule  bozdogan,  Quitte  duna,  Weizen  pcenica,  Ducaten  dukat,  21'Btica, 
Schuhe  ZevW,  skomi,  Jude  evrein.  Milad.  130.  228. 

Zwei  Epitlifta  finden  sich  in  druXina  venia  zgovorna.  Milad.  239.  rumeni  sivi  konji 
275.  siv  bei  sok(d  85.  pusti  ztbi  beli  64.  sura  lamja  mrsoedna  79.  twiini  izbi  glboki. 
mila  stara  majka.     gijsta  zelena  gora. 


Die  Darstellung  im  slavisches  Volksepos.  37 

Statt  des  Adjectivs  tritt  das  Substantiv  ein:  zmija  Ijutica.  Ijutina  sabja.  sabja  nava- 
lica.  osoinica  die  den  Schatten  suchende,  prisojnica  die  sich  sonnende  zmija,  zamja.  sesto- 
redica  pcenica.     Dunkel  ist  devojka  crnoklasica.    Milad.  509.     cimisir  porta. 

Russisch: 

Beloglazyj  helläugig:  Tschuden  cudb. 

Belyj  weiss,  licht :  Birke  berezka,  Brust  grudB,  Tag  denb,  Gerfalk  krecet'B,  Schwan  le- 
bedb,  Hermelin  gornostaj,  Hand  ruka,  Tageslicht  svet:B ;  temna  nocb  do  bela  sveta,  Schnee 
snegi),  Zelt  satert  usw.  gridnja,  stoly,  svetlica,  vorota:  belodubovy  Ryb.  1.  115.  Kirsa 
Dan.  11.     Man  beachte  posluzllx  on'b  carju  belomu.    Ryb.  2.  246. 

Bogat'b  reich:  Kaufhiann  gostb,  kupec:b. 

Bogatyrskyj  Helden-:  vergl.  serb.  bulg.  junacki.  Stimme:  kriknuls  golosom:b  boga- 
tyrskümt  er  rief  mit  seiner  Heldenstimme.  Ross  konb,  Insadb,  Kraft  sila,  Schlaf  son'b, 
Beute  dobyßa  usw.     Dieselbe  Bedeutung  wie  bogatyrskij  hat  molodeckij. 

Bujnyj  ungestüm:  Wind  vetr-b,  Haupt  golova. 

Bulatnyj  stählern:  Messer  cingalisce,  Beil  toporik-b  usw. 

Bystryj  schnell,  reissend:  Don  Don-b. 

Castyj  dicht:  Sterne  zvezdy. 

Cernyj  schwarz:  Zobel  sobolb,  Rabe  voront  usw. 

Cestnyj  ehrbar:  Witwe  vdova. 

Cistyj  rein:  Feld  pole  (serb.  cistina  ravna).  Grold  zoloto,  Silber  serebro. 

Dikij  wild:  Eber  veprb. 

Dobryj  gut:  Ross  konb,  Jüngling  molodeci. 

Dolgopolyj  langschössig:  Sarazenen  sorocina. 

Dremucij  dicht:  Wald  les-b,  Gresträuch  korba.  ' 

Dubovyj    eichen:    Laube  beseda,    Zimmerdecke  potolok-b,    Pfosten  stolbt.    Tisch  stolt. 

Glubok-b  tief:  Keller  podvalis,  pogreb-b.    glubota  okeant  more. 

Guedi>  braun:  wilder  Stier  tur:b. 

Chodjacij  wandelnd:  Wolke  oblakoi:  vyse  lösu  stojacago,  nize  oblaka  chodjacago  über 
dem  Walde,  dem  stehenden,  unter  der  Wolke,  der  wandelnden. 

Jasnyj  hell,  licht:  Augen  oci,  Falke  sokol-b,  Sonne  solnce. 

Kalen^  gehärtet:  Pfeil  strela. 

Kamennyj  steinern:  Moskau  Moskva.  belokamennyj  :  Gebäude  palata.  Höhle  peScera, 
Mauer  stena. 

Klenovyj  ahornen:  Pfeil  strela. 

Kosja§catyj  mit  Pfosten  versehen:  Fenster  okosecko,  Vorhaus  seni. 

Krasnyj  roth:  Sonne  solnce,  solnysko,  Gold  zoloto.  Ukatilo  sja  krasnoe  solnysko, 
—  za  gory  ono  da  za  vysokija,  —  za  lesuiska  ono  da  za  dremucija,  —  za  oblacka  ono  da 
za  chodjacija,  —  za  casty  zvezdy  za  podvostocnyja.  Untergieng  die  rothe  Sonne  —  hinter 
die  Berge,  die  hohen,  —  hinter  die  Wälder,  die  dichten,  —  hinter  die  Wolken,  die  wandeln- 
den, —    hinter  die   dichten   Sterne,    die  westlichen.     Pricitanija  I.    1.    dusa   krasnaja   devica, 

Krutoj  steil:  Ufer  bereg'b. 

Laskovb  freundlich:  knjazb  Vladimiri). 

Ljutyj  grimmig:   Sclilange  zmej.   Wild  zverb. 


38  111-  Abhandlung  :  Franz  Miklosich. 

Materyj  nlt:  Witwe  vclova. 

Mclkij  klein  niinutus:   Perlen  2eniciig"j>.    Vergl.  serb.  sitan. 

Milyj   lieb:  Kind  cado,  Fremid  drugi.. 

Mogui5ij  mächtig,  kräftig:  Held  bogatyrb,  Schultern  pleci. 

Ostryj  scharf,  spitzig:  Lanze  kopBe. 

PerechoXij  wandernd:  Bettler  kalika. 

Pocestnyj   Ehren-:   Gastiuahl  pirt. 

Prjaniyj.  prjaniochozij,  prjamoez^ij   gerade:  Weg  putb,  doroga. 

Rezvij  wohl  Hink:  Fnss  noga. 

Rodnyj,  rodinnyj  leiblich:  Vater  batjuska,  Mutter  niatuSka,  Schwester  sestra. 

Rusyj  röthlichblond :  Haar  kosa,  kudri. 

Sacharnyj  zuckersüss:  Speise  jastvo,  Mund  usta. 

Sedyi  grau :  Biber  bobr-s. 

Sßrvj    grau:     Wolf   volkt,    Gans   gusB,    Enterich    selezenb,    Ente    utka,    utica,    utuska. 
Vergl.  s^roplavka,   söroplavnaja  utuska. 

Sinij  grau:  Meer  more. 

Sizyj  graublau,  wohl  grau:  Adler  orel'h. 

Skatnyj,  skacnyj  rund,  rollend:  Perlen  zemcugii. 

Skoryj  flink:  Bote  posolt.    jarlyka>  skoropiseatyj. 

Sorocinskij  sarazenisch:  Teppich  koveri). 

Stekolbßatyj  Glas-:  Fenster  okonnica,  Spiegel  zerkalo. 

Stojacij  stehend:  Baiun  derevo,  Wald  les-b,  See  ozero. 

Svetlyj  licht:  Stube  gridnja. 

Syri  feucht:  Erde  zemlja:   matuska  syra  zenilja,  Eiche  dubt. 

Selkovyj  seiden:  Gürtel  pojast,  Hügel  povodt. 

Sirokij  breit:  Hof  dvorB,   Steppe  stepb,   Weg  doroga,  Thal  dolt,  razdolbe. 

Temnyj  dunkel:  Wald  löst,  Kerker  temnica. 

Tichij  still:  Don  DouB. 

Tugyj   straif:  Bogen  lukoi. 

Udaloj  kühn:  Jüngling  molodec^b. 

Vernyj  treu:  Diener  sluga. 

ZabuduSßij  vergessend:  Schlaf  sont. 

ZoleuT)  grün:  der  Wein  vino,  Garten  sadt. 

Zlatoverchij,  zlatoverchovatyj  mit  goldener  Kuppel:  Schloss  teremt. 

Zolotyj,  zlatyj  golden:  Schatz  kazna,  Kreuz  krestt,  Schlüssel  kljußi),  Becher  cara, 
Krone  venecs  usw.    zlacßn'B  persteub. 

Zvoncatyj  tönend:  Harfe  gusli. 

Zybucij  .schwankend:  Sumpf  boloto,  Moos  mocht. 

Zwei  E])itheta  sind  ün  russischen  Epos,  wie  es  scheint,  nicht  sehr  häufig :  ugodila  strela 
VI  syrb  krjakovistoj  dubii.  Kir.  1.  24.  udalyj  dobryj  molodecb.  udaßa  dobroj  molodec/b. 
vdova  (festnaja  nmogorazumnaja.  silbnyj  mogucb  bogatyrb.  zeltyja  razsypnyja  peski.  sen- 
nyja  krasnyja  devicy.     slavnyj  tichyj  Don^b. 

Als  Epitheta  treten  nicht  nur  Adjective,  sondern  auch  Substantive  auf:  zlatogrivica 
mit  g(d<lener  Mähne:  Stute  kobylica.  Ähnlich  safbjant  sapog-b.  ty  primi  meiija  matuska 
zemlja  Mutter  Erde,   iiimiii   mich   auf,  klagt  die  Witwe.    Priß. 


Die  Darstellunu  im  slavischen  Volksepos.  39 

Statt  der  possessiven  Composita  stehen  nicht  sehen  die  componirenden  Theile,  Adjectiv 
und  Substantiv:  krovatoSka  rybij-zubTi  das  lischbeinerne  Bett,  stoly  dorogt  rybij-zubt. 
podvorotina  rybij-zubt.  sapozki  zelen'B-safBJanib.  semb  teremovB  zlatyverchy.  utuska  zo- 
lotykrylbja.  turt  zolotye-rega.  Daneben  krovatb  slonovychib  koste].  KirSa  Dan.  9.  Vergl. 
A.  Rambaud,  La  Russie  ^pique  27.  W.  Bistrom,  Das  russische  Volkgepos.  I.  Zeitschrift  für 
Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft  V.  188 — 193. 

Die  Kleinrussen  besitzen  keine  epischen  Lieder,  sind  dagegen  an  Balladen  ausser- 
ordentlich reich,  in  denen  sich  viele  Züge  des  Volksepos  vorfinden:  so  stehende  Epitheta: 
Podaj  sestru  Oienocku  —  za  konyky  voroAiji,  —  ta  za  ^idla  zoJotiji,  —  za  vuzdelsL  §oi- 
koviji  —  i  za  stanli   zoiofiji. 

BiZyj,  bilenkyj  weiss:  Art  Tuch  haba  (aba)^  Antlitz  Jyce,  Fuss  noha,  no2eÄka,  Hand 
ruka,  rucka,  Welt  ^vit.     büyj  für  Schnee   ^Aih. 

Bozyj  Gottes:  Welt  §vit. 

Bujnyj  gewaltig:  Wind  viter. 

Bystryj  reissend  schnell:  Ross  koA,   FIuss  rika.  , 

Bytyj  gebahnt:  Weg  doroha,  doro2e6ka,  Strasse  slach. 

Oervonyj  roth:  viburuum  opulus  kaiyna. 

Cystyj  rein,  baundos:  Feld  poJe. 

Cornyj,  comeAkyj  schwarz,  dunkel:  Hain  haj,  Wolke  clunara,  Auge  oko,  oceAko, 
Rabe  voron,  Adler  oret  comokrylec. 

Dobryj  gut,  tüchtig:  Ross  koA,  Held  molodec. 

Drobnyj  klein  minutus:  Brief  Jyst,   Thräne  sloza. 

Horj'aiJyj  heiss:  Thräne   sloza. 

Jasnyj,  jasneAkyj  hell,  glänzend,  klar:  Schwert  meß,  Mond  mi^ac,  Falke  sokoJ,  soko- 
Joiikij,  Sonne  sonce,  Rüstung   zbroja,  Morgenröthe  zorja. 

Kamjanyj  steinern:  Kerker  temnyda. 

Karyj  schwarz:  Auge  oko. 

Krutyj  steil:  Ufer  bereh. 

MyJyj  lieb :  Bruder  brat. 

Ostryj,  ostreÄkyj  scharf:  Schwert  mec,  Messer  n62,  Säbel  sabla. 

Pravednyj  gerecht:  bo2oho  ^vitu,  sonca  pravednoho  v  vici  sobi  ne  vydajut.  Anton.  1.  230. 

Rodnyj,  rodneAkyj,  rödnesefikyj  leiblich:  Verwandte:  bafko,  batenko,  ba(^,uchno,  neAka, 
brat,  .sestra. 

Rusyj,  ruäavyj  blond:  Haar  kosa. 

Öiryj,  siroman,  §iromane6, öirochmaned  grau :  Wolf  voik.  Vergh  Anton.  1. 117. 123.126. 132. 

Studenyj  kalt:  Brunnen  kyrnyda. 

Svitovyj  Licht-:  Morgenröthe  zorja. 

Svjatyj  heilig:  Gott  höh,  Himmel  nebo:  Vergl.  to  spovidajte  ä  vy  napered  bohu,  isce 
j  övjatomxi  morju,  i  mirii,  hefmanu  staromu.    Anton.  1.  182. 

SyAij  bläulich:  Meer  more.  Vergl.  zJatosyAij  kyndak. 

Syryj  feucht:  Erde  zemla. 

Syvyj,  syveAkyj  grau:  Taube  hoiub,  Ross  koA,  Nebel  tuman,  Guckguck  zozula. 

Syzyj  bläulich:  Adler  orei,  auch  syzokryl,  syzoper,  syzopere6;  Guckguck  zozula. 

Soikovyj  seiden:  Zelt  namet. 


40  III.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

Temuvj,  teinuei'ikvi  üuster:  Wald  lis,  Gebüsch  Juli,  Nacht  n62. 
I'a2kyj  schwer:  Gefaugensehaft  uevola. 

Tychyj  still,  sanft:  Donau  Dunaj,  Wind  viter,  Wasser  voda. 
Tuhyj,  tuheseßkyj  straff:  Bogen  Jiik,  Ju<5ok. 
Virnyj  treu:  Diener  sluha. 
Vorouyj  schwarz:  Ross  kon. 
Vvsokyj  hoch:  Berg  hora,  Gemach  terem. 

Zeieuyj,  zeieneAkyj  grün:    Wald  bajrak,    Eiche  dub,    Eichenwald  dubrova,   Hain  haj. 
^oltyj  gelb:  Sand  pisok. 

Zwei  Epitheta  t'tir  denselben  Gegenstand  sind  selten:  jasen  sokoi  bilozered,  biio:^ired. 
Anton.  1.  190.  194. 

Bog  Gott  hat  im  Serb.  die  Epitheta  veliki  gross,  vidovan  Bog.  99.  230.  354,  das 
wohl  ,der  allsehende'  bedeutet  und  dem  vidovit  in  vidovito  dijete  Sonntagskind  nahe  steht ; 
dunkel  ist  i  ona  ode  vidu  proroku,  wofür  andere  singen:  i  ona  ode  ocu  proroku.  Nikol.  19. 
visnji,  der  Höchste,  istiui  der  Wahrhaftige,  mio  lieb. 

Avlija  der  Hof  ist  von  Marmor  mermerli;  ebenso  sokak  die  Strasse,  kula  der  Thurm 
ist  tanka,  tanana  schlank,  oblica  rund. 

Öador,  sator  das  Zelt  ist  bijel  weiss,  zelen  grün,  svilen  seiden. 

Das  Pferd  (konj,  parip,  bedevija,  dorat,  dorin,  djogat,  putalj,  Sarac,  vranac,  zelenko, 
2dralin)  ist  bijesan  ungestüm,  vilen,  vilovit  vileuhaft,  vitez,  vitezki  heldenmässig,  vitak  bieg- 
sam, schlank,  dobar  gut,  tüchtig,  mamen,  pomaman  toll,  ognjevit  feurig,  ponosit  stolz,  de- 
beo,  pretil  wohlgenährt,  hitar  schnell. 

Das  Schwert,  der  Säbel  (mac,  sablja,  corda)  ist  scharf  britki,  ostri,  plamenit ;  danic- 
kinja,  \^'ie  man  meint,  aus  Danzig,  demiskinja  aus  Damascus. 

Koplje  die  Lanze  ist  bojno,  ubojito,  ubojno  Schlacht-,  kriegerisch,  kostolovka  wohl  hölzern. 

Was  dem  Helden,  junak,  zukommt,  hat  das  Epitheton  juna2ki,  daher  junacki  mejdan 
Kampfplatz,  junaßko  oru2je  Rüstung,  junacko  bojno  kopje  Schlachtlanze;  junacko  razbojiste 
Wahlstatt,  junacko  vojevanje  Krieg,  junacka  sreca  Glück,  junacke  kosti  Knochen,  junacka  noga 
Fuss:  brzo  bjese  skocio  na  junacke  svoje  noge  schnell  war  er  auf  seine  Heldenfüsse  gesprungen. 

Sunce  die  Sonne  ist  ogrijano,  ogrijalo,  2arko,  jarko  warm,  jasno  licht. 

Die  Vila  ist  bijela  weiss,  gorska,  gorkinja,  nagorkinja,  prigorkiuja  waldbeA\'ohnend. 
samohita  vila.  Hör.  2.  142.  ist  mh-  dunkel. 

Die  Farbe  der  Menschen  ist  bijel  weiss:  bula  Türkin,  vlahinja  Wlachin.  arapin  der 
Mohr  ist  cm  schwarz ;  dasselbe  Epitheton  kommt  dem  bugarin  Bulgaren  zu.  Häufig  ist  im 
Epos  das  sonst  nicht  vorkonuuende  rus  röthlichblond :  rusa  glava,  rusa  kosa,  ruse  pletenice. 
Das  Epitheton    ist    uralt,  da    heutzutage    blonde  Serben    wohl  zu  den  Seltenheiten  gehören. 

IV.  Vergleicliimg. 

Die  Vergleichung,  ein  Wort,  das  hier  in  seiner  weitesten  Bedeutung  gebraucht  wird, 
daher  neben  der  eigentlichen  Vergleichung  das  Gleichniss  in  sich  begreift,  dient,  wie  die 
anderen  Darstellungsmittel  der  Volksepik,  der  sinnlichen  Veranschaulichung ;  es  ist  dadurch 
wirkuugsv(jll,  dass  es  die  Seele  des  Hörers  länger  bei  dem  Gegenstand  festhält.  Dadurch 
wird  namentlich  das  ausgeführte  Gleichniss,  im  Gegensatze  zur  blossen  Vergleichung,  ein 
wesentlicher    Bestandtlieil    des   Volksepos,    während    es    dem    Kunstepos    ein    entbehrlicher 


Die  Darstellung  im  sla vischen  Volksepos.  41 

Schmuck  ist ;  ja  Goethe  geht  so  weit,  ,da8  Zudringen  von  Bildern  aus  der  physischen  Natur 
bei  einem  mehr  sittUchen  Gregenstand'  geradezu  für  lästig  zu  erklären:  er  wendet  in  Her- 
mann und  Dorothea  nur  ein  einziges  Gleiclmiss  an,  Erato  1—7.  Es  ist  nicht  ohne  Interesse 
zu  bemerken,  dass  die  Ilias  neben  140  Vergleichungen  203  Gleichnisse,  die  Odyssee  neben 
70  Vergleichungen  37  Gleichnisse,  darunter  drei  wiederholte,  enthält,  was  durch  die  An- 
nalune  erklärt  wird,  dass  in  die  Ilias  mehr  Bestandtheile  der  gleichnissreichen  altepischen 
Dichtung  übergegangen  sind  als  in  die  Odyssee.  Der  Dichter  der  Aneis  folgt  Homer: 
von  den  95  Gleichnissen  und  18  Vergleichungen  sind  einige  unverändert  herübergenommen, 
andere  melir  oder  weniger  verändert  worden.  Krupp  31.  Das  Nibelungenlied  macht,  ab- 
gesehen von  Vergleichungen  wie:  alsam  die  lewen  wilde,  sam  zweiwildiu  pantel,  nur  fünfmal, 
und  eigentlich  nur  zweimal  in  wirkungsvoller  Weise  von  dem  Gleichniss  Gebrauch.  Krupj)  1 — 4. 
Es  folgt  nun  eine  Reihe  von  Vergleichungen  aus  dem  slavischen  Volksepos.  Von  einer 
Eintheilung  derselben  nach  irgend  welchem  Gesichtspunkte  wurde  abgesehen. 

Serbisch: 

Leka  schweigt  wie  der  kalte  Stein.  Momir  ist  dem  Garen  Stefan  ein  schöner  Blumen- 
strauss.  Das  Mädchen,  das  Gold  der  Mutter,  zlato  materino,  nennt  den  Geliebten  ihre 
8cliwai*zen  Augen.  Die  Vojvoden  sind  die  (schützenden)  Flügel  des  Landes.  Der  heran- 
rückende Feind  ist  eine  dunkle  Wolke.  Des  guten  Helden  gedenkt  man  wie  eines  guten 
Tages  im  Jahre.  Der  Held  fliegt  über  das  Blachfeld  wie  ein  Stern  durch  den  heiteren 
Himmelsraum.  Milos  erglänzt  wie  die  helle  Sonne.  Der  Mensch  flammt  im  Zorne  auf  wie 
lebendiges  Feuer.  Der  Held  klagt  wie  die  grimme  Schlange  oder  der  Kuckuk  oder  der 
graue  Falke  oder  das  Wild  des  Waldes :  sein  Auge  ist  trübe  wie  das  des  hungrigen  Wolfes. 
Der  Held  treibt  die  Türken  auseinander  wie  der  Falke  die  Tauben. 

Muci  Leka  kako  kamen  studen. 

Ej  Momire,  lepa  kito  cveda. 

Davor  zlate,  biserova  grano.    Hör.  2.  295. 

Pozlacena  grano.    2.  279. 

Oj  ö6epane,  oßi  moje  crne. 

Moj  Omere,  moj  oßinji  vide  mein  Augenlicht. 

Oj  Anice,  iz  oka  zenice  mein  Augapfel. 

Te  pogubi  tolike  vojvode,  —  i  polomi  krila  od  krajine. 

Davor  djogo,  oba  krila  moja.    Hör.  2.  391. 

Vidite  li  onaj  pramen  magle,  —  pramen  magle  ispod  göre  carne,  —  u  magli  je  Kra- 
Ijevicu  Marko. 

Te  s'  spominje  junak  po  juna§tvu,  —  kao  dobar  danak  u  godini. 

Pak  se  manu  preko  polja  ravna,  —  kano  zvezda  preko  vedra  neba. 

Pak  on  öde  (sinu)  preko  polja  ravna,  — •  kano  zv'jezda  preko  neba  sjajna. 

Sinu  Milos  u  polju  zelenu  —  kao  jarko  iza  göre  sunce. 

Sinu  lice  kano  2arko  sunce. 

Planu  Marko  kao  oganj  2ivi. 

Cvili  Milos  kao  Ijuta  guja. 

Pa  procvilje  iz  grla  bijela,  —  cvili  Anto  kako  Ijuta  guja,  —  kako  Ijuta  guja  pod  ka- 
menom.     Damit  vergleiche  man  serb.  pisnu  majka  kako  zmija  Ijuta.     zapis6ese  kako  zmije 

Denkschriften  der  phil.-hist.  CI.    XXXVIII.  Bd.    III.  Abh.  g 


42  III.  Abhandlunö:  Franz  Miklosich. 

Ijute.  stoji  piska  kako  Ijiite  gnje.  bulg.  zi.mja  stska.  russ.  zaäipelt  razbojnika>  po  zme- 
inomu.     gipt  zinein-B.  Kirsa  Dau.  353.  354.     magy.  a  kigy6  sziszeg. 

Da  ti  kukaui  kao  kiikavica. 

Vrisnu  junak  kao  soko  sivi. 

Bor'  vam,  sinci,  sinji  sokolovi. 

Cikmi  Marko  kao  gorsko  zvere. 

Oßi  mu  se  bjehu  uzmutile,  —  k'o  ii  gladna  u  gori  kurjaka. 

Jos  razgoni  turke  u  buljuke  —  kao  soko  tice  golubove. 

PobjegoSe  po  polju  delije  —  kao  vrabci  od  kobca  po  trnju. 

Öeri  moja,  cisto  zlato  moje. 

Kud  pogleda,  kan'  da  munja  sine. 

Puce  Sarka  kao  i  grom  sinji. 

Cuprilijcu,  ogrijalo  sunce. 

Zaspa  Jovo  kako  jagnje  ludo. 

Sam  ostade  u  Srijemu  Rajko  —  kao  suvo  drvo  u  planini. 

Oj  Stojane,  jabuko  od  zlata. 

Da  je  lepsa  od  beloga  dana. 

S  kojima  (sabljom  i  konjem)  se  rani  po  krajini  —  kao  soko  s  kril'nia  po  oblaku. 

Bojna  koplja  kako  carna  gora,  —  a  barjaci  kako  i  oblaci. 

Jer  se  digla  magla  od  Kotara,  —  a  kroz  maglu  sijevaju  miinje;  —  sto  se  ona  magla 
podignula,  —  to  se  diglo  praha  od  kopita:  —  sto  kroz  maglu  sijevaju  munje,  —  to  s'je- 
vaju  toke  na  junaeim. 

Sjaju  mu  se  toke  kroz  brkove,  —  kao  mjesec  kroz  jelove  grane. 

Ode  Tale  od  brda  do  brda,  —  kao  vijor  od  göre  do  göre. 

Paviini  SU  braca  moja  mila,  —  pavunice,  to  su  ml  snasice,  —  mudra  vidra,  to  je  naSa 
raajka,  —  zlatoutva,  to  je  nasa  seka. 

Sarac  ide  kao  gorska  vila. 

Na  djogatu  ka'  na  vili  b'jeloj.    Kac.  84. 

V 

Cobanin  Kostadin,  —  koji  sece  pred  oveama  —  kano  mesec  pred  zvezdama.  Vergl. 
sam  der  lichte  mäne  vor  den  stemen  stät,  Nibel.    Str.  283. 

Osu  se  nebo  zvezdama  —  i  ravno  polje  oveama  es  bedeckte  sich  der  Himmel  mit 
Stemen  —  und  das  ebne  Feld  mit  Schafen. 

Dva  obraza  ka'  ruma  djulaja,  —  biser  zubi,  usta  su  malena,  —  k'o  da  su  joj  duka- 
tom  krojena,  —  dvi  ocice  bjesne  badamice,  —  obrvice  s  mora  pijavice. 

Krmzi  merdXan  ispod  b'jela  vrata,  —  a  kako  je  l'jepo  pogledati!  —  bas  ko  krvca  po 
prol'jetnom  snjegu.    Hör.  2.  302. 

Lijepa  je,  Ijepäa  bit'  ne  mo2e :  —  u  struku  je  tanka  i  visoka,  —  u  obrazu  b'jela  i 
rumena,  —  kao  da  je  do  podne  uzrasla  —  prema  tlhom  suncu  proljetnome ;  —  oci  su  joj 
dva  draga  kamena.  —  a  obrve  morske  pijavice,  —  trepavice  krila  lastavice,  —  rusa  kosa 
kita  ibrisima,  —  usta  su  joj  kutija  sec^era,  —  b'jeli  zubi  dva  niza  bisera,  —  ruke  su  joj 
krila  labudova,  —  b'jele  dojke  dva  siva  goluba,  —  kad  govori,  kan  da  golub  guce,  —  kad 
se  smije,  kan  da  sunce  grije. 

Pred  dvorom  mu  divno  kolo  igra,  —  kolovodja  sestra  Stojanova,  —  a  kakva  je,  da 
od  Ijoga  nadjfg,  —  ta  Ijepsa  je  od  bijölc  vile:  —  oci  su  joj  dva  kamena  draga,  —  dva 
ol>ni/.!i  dva  djula  rumena,  —  obrvice  s  mora  pijavice,  —  trepavice  krila  lastavice,  —  b'jeli 


Die  Darstellung  im  slavischen  Volksepos.  43 

zubi  dva  niza  bisera,  —  a  tanka  je  kako  i  Sibljika,  —  visoka  je  kako  omorika,  —  kada 
igra,  kan'  da  paun  se6e,  —  kad  govori,  k'o  da  golub  guce,  —  kad  se  smije,  kan  da  sunce 
grije.    Vergl.  Kae.  70. 

Dusmani  ti  pod  nogama  bili,  —  ko  djogatu  ploce  sve  cetiri  —  i  jos  viSe  trides't  i 
dva  klinca.  Höi*.  2.  167.  —  dusmani  ti  pod  nogama  bili,  —  ko  djogatu  cavli  i  potkove.  191. 

Mili  boze,  na  svemu  ti  vala!  —  dvije  su  se  zavadile  guje,  —  dvije  guje,  dva  brata 
rodjena. 

Lete  suze  niz  bijelo  lice  —  kano  biser  niz  bijelu  svilu. 

Oj  Rosuljo,  srce  iz  njedara. 

Da  se,  braco,  u  so  premetnemo,  —  ne  bi  turkom  osolili  rucka:  —  tolika  je  sila  u  turcina. 

Bog  ubio  onu  svaku  majku,  —  koja  voli  bratu  nego  sinu,  —  koja  daje  sunce  za 
mesece. 

Nije  rijec  svilena  marama,  —  da  je  svijes  pa  u  njedra  metnes:  —  vec  je  rijec  jedna 
hodilica,  —  otici  ce  od  usta  do  usta. 

Und  das  Wort,  es  ist  kein  Tucb  von  Seide,  —  das  du  faltest,  in  den  Busen  steckest; 

—  denn  das  Wort,  es  ist  ein  hurt'ger  Wand'rer,  —  das  da  wandeln  wird  von  Mund  zu  Munde. 

Rijeci  su  hodilice  puste. 

Eigentbümlicli  ist  folgender,  nicht  selten  vorkommender  Vergleich,  der  die  Verlegen- 
heit schildert: 

Sve    mi    sluge    nikom    ponikose,  —  i    u   crnu    zemlju  pogledaSe :  —  svi  gledaju,  kako 

trava  raste,  - —  trava    raste,    kada    kisa    pade,  —  ka'no    dojke    u    mlade   djevojke.    Kac.  37. 

Vergl.  10.  38. 

Bulgarisch: 

Tvoj'  te  vezi  kak  morski  pijajci,  —  tvoj'  te  oci  kako  crno  grozje. 
Das  bulgarische  Epos  macht  vom  Vergleiche  selten  Gebrauch. 

Russisch: 

Dem  Russen  ist  die  Erde,  Russland,  die  Volga,  der  Dnieper  und  andere  Flüsse  die  Mutter, 
Vladimir  die  Sonne :  kons  bezitt,  matb  zemlja  dro^itt  das  Pferd  läuft,  die  Mutter  Erde  bebt. 
Matuska  Rusb  svjataja.  sirokaja  matu§ka  bystra  Volga  reka.  ezeli  ti  ne  pereskocisb  crezt 
matusku  Nepru'reku.     solnyiko  Vladimirs,     laskovo  solnce  ty  Vladimirs  knjazs. 

Evo  konb  be^its,  kakt  sokols  letits,  —  reki  i  ozera  prome^s  nogs  berets,  —  chvo- 
stoms  polja  ustilajuts  sja.    Kir.  1.  78. 

Sein  Ross  läuft,  wie  der  Falke  fliegt,  nimmt  Flüsse  und  Seen  zwischen  die  Beine,  — 
sein  Schwanz  bedeckt  die  Felder. 

Umoms  umna  i  stanomt  statna,  —  lico  belo  budto  belyj  snegs,  —  Scecki  budto  ma- 
kovB  cvets,  —  pochodocka  u  nej  taks  pavinaja,  —  recb-to  u  nej  lebedinaja. 

Opjatb  denb  za  dnemt,  budto  do2db  do^^its,  —  nedelja  za  nedelej,  kaks  trava  rastets, 

—  a  gods  za  godoms,  kakt  reka  beXits.    Kir.  2.  32. 

Wieder  verrinnt  Tag  auf  Tag,  wie  der  Regen  fällt,  —  Woche  auf  Woche,  wie  das 
Gras  wächst,  —  Jahr  auf  Jahr,  wie  der  Fluss  verrinnt. 

Beloc  lice  kakü  by  beloj  snegs,  —  a  jagodicy  kaks  raakovb  cv6tt,  —  cernyja  brovi 
kaks  by  soboli,  —  jasnyja  oci  kaki»  u  sokola.    Kirsa  Dan.  87. 

Kaks  by  belb  zabclela  sja  —  budto  cernb  zaöernela  sja,  —  zabeleli  sja  na  korabljachi. 
parusy  polotnjanye  —  i  zacerneli  sja  na  more  tuts  dvenadcatb  korablej.   107. 

6* 


44  in.  Abhandlung:  Franz  Miklostch. 

U  Ilbi  koub  stoit-b,  kalcB  gora  leXit-b.    Kir.  1.  83. 

Vzjali  Maroju  lebedb  beluju.    Vyb.  3.  328. 

Aoli-B  vy  detoobki  da  gohibciki.    Kir.  1.  80. 

Tugarint  poßernel'b  kakt  osennja  nocb.    Kirsa  Dan.  189. 

Ona  po  dvoru  idet-b,  budto  utocka  plyvett.    128. 

Kaki  ^'bjun'b  okolo  ee  (materi)  ubivaet-b  sja  (richtig  uvivaett  sja)  167. 

'  Kleinrussisch: 

Stojaf  namety  jak  bil  bilenki.  Anton.  1.  31.  koSuIka  jak  Jyst  tonenka.  za^ajaJy  Sabli 
jak  sonce  z  chmary. 

Von  den  Gleichnissen  verdienen  einige  wegen  ihrer  Form  hervorgehoben  zu  werden. 
Hieher  gehören: 

a)  jene  Gleiclinisse,  in  denen  von  einem  Gegenstande  etwas  ausgesagt  wird,  um  daran 
den  Satz  zu  knüpfen,  dass  es  nicht  jener  Gegenstand,  sondern  ein  anderer  war. 

Serbisch: 

Dva  SU  bora  naporedo  rasla,  —  medju  njima  tankovrha  jela;  —  to  ne  bila  dva  bora 
zelena,  —  ni  niedj  njima  tankovrha  jela,  —  vec  to  bila  dva  brata  rodjena,  —  jedno  Pavle, 
a  drugo  Radule,  —  medju  njima  sestrica  Jelica. 

Wuchsen    einst    zwei  Kiefern    bei    einander,  —   mitten   eine  Tanne   schlanken  Wipfels, 

—  aber  nicht  zwei  grüne  Kiefern    waren  's,   —   war  nicht  eine   Tanne   schlanken  Wipfels, 

—  waren  Brüder,  Söhne  eines  Leibes,  —  Paul  der  eine,  und  der  andere  Radul,  —  zwischen 
ihnen  Jelica,  die  Schwester.    Talvj. 

Poletio  soko,  tica  siva,  —  od  svetinje,  od  Jerusalima,  —  i  on  nosi  ticu  lastavicu:  — 
to  ne  bio  soko,  tica  siva,  —  vece  bio  svetitelj  Ilija;  —  on  ne  nosi  tice  lastavice,  —  vede 
knjign  od  bogorodice,  —  odnese  je  caru  na  Kosovo. 

Kam  ein  grauer  Edelfalk  geflogen,  —  weit  her  von  Jerusalem,  der  Heil'gen,  —  und 
er  trägt  ein  kleines  Schwalbenvöglein ;  —  doch  es  war  kein  grauer  Edelfalke,  —  nein,  es 
war  der  heilige  Elias,  —  und  er  trug  kein  kleines  Schwalbenvöglein,  —  trug  ein  Schreiben 
von  der  Mutter  Gottes,  —   trug  es  auf  das  Amselfeld  zum  Garen.     Talvj. 

Zakukala    sinja   kukavica,  —  na   glavici    vise  Bijeljine ;  —  to   ne  bila  sinja  kukavica, 

—  vede  majka  Orugdzijca  Meha. 

Schmerzensklage  klagt  der  graue  Kuckuk,  —  auf  dem  Hügel  über  Bijeljina;  —  aber 
es  ist  nicht  der  graue  Kuckuk,  —  's  ist  Orugd2ic  Meho's  arme  Mutter.    Talvj. 

Zakukala  kukavica  sinja  —  u  Kunari  na  visokoj  grani,  —  ona  kuka,  kad  joj  vakta 
nema.  —  usred  zime,  kad  joj  nije  vr'jeme :  —  a  to  nije  kukavica  sinja,  —  vece  mati  Boji- 
ei(5  Alije.    Hör.  2.  1 75. 

Pramen  niagle  polje  pritiskao,  —  ne  bijase  magla  od  dazdica,  —  no  od  pare  konjske 
i  junacke:  —  eto  sile  Fazli  haraclije, 

Zavijala  do  tri  gorska  vuka,  —  jedan  vije  u  vrh  Romanije,  —  drugi  vije  u  sred  Ro- 
manije,  —  tre(;i  vije  u  dnu  Romanije:  —  to  ne  bila  do  tri  gorska  vuka,  —  vec  to  bila 
tri  gorska  hajduka. 


Die  Darstellung  im  slavischen  Volksepos.  45 

b)  Die  durch  eine  negative  Aussage  eingeleiteten  Gleichnisse,  welche  eine  affirmative 
Aussage  voraussetzen,  die  als  mit  der  Wirklichkeit  nicht  übereinstimmend  und  nur  durch 
übergrosse  Ähnlichkeit  hervorgerufen,  verworfen  wird,  woraiif  der  Sänger  das  ausspricht, 
was  sich  wirklich  vollzieht:  diese  Form  des  Gleichnisses  ist  besonders  häufig  in  der  rus- 
sischen Volksepik. 

Ne  grom'B  gremitt,  ne  stuks  stucit-B,  —  govorit/b  tut:B  Ilbjuska  svomu  batjuske.   Kir.  1.25. 

Nicht  der  Donner  donnert,  nicht  der  Schall  erschallt,  —  es  spricht  der  Iljuska  zu 
seinem  Vater,  d.  i.  donnergleich  tönt  des  Sohnes  Stimme. 

Diesem  Gleichniss  liegt  folgender  Gedankengang  zu  Grunde :  der  Donner  donnert  usw. ; 
doch  es  donnert  nicht,  es  schien  nur  so,  so  gewaltig  war  die  Stimme,  sondern  es  spricht  usw. 

Ne  berezynbka  Sataet-B  sja,  —  ne  kudrjavaja  svivaet^B  sja,  —  kak-B  sataet'B  sja,  svi- 
vaett  sja  —  tvoja  da  moloda  zena,  spricht  die  Witwe  am  Grabe  des  Mannes. 

Die  Birke  schwankt  nicht,  —  die  buschige  schrumpft  nicht  zusammen,  —  wie  da 
schwankt,  zusammenschrumjjft,  —  dein  junges  Weib.    Rybn.  1.  35. 

U  dusecki,  u  krasnoj  devicy  —  ne  dozXiekom'B  beloe  lico  smocilo :  —  smocilo  b^lo  licko 
slezami,  —  tu2a-placa   po    mileubkom-b    druzecke,  —  po    laskavom'B-privet'livom'B    slovecke. 

Dem  Seelchen,  dem  schönen  Mädchen,  —  netzte  nicht  Regen  das  weisse  Antlitz :  — 
es  netzten  das  weisse  Antlitz  Thränen,  —  sie  trauert,  weint  um  den  lieben  Freund,  —  um 
das  liebe  traute  Gespräch.    Kir.  9.  225. 

Ne  jasent  sokol'B  tut-B  vyl6tyvalT>,  —  ne  cemoj  voron-B  tut'B  vyporchyval'B,  —  vyözXaet'B 
tutü  zloj  Tatärcenok'B. 

Nicht  der  helle  Falke  flog  heraus,  —  nicht  der  schwarze  Rabe  flatterte  heraus :  —  es 
ritt  da  heraus  der  grimme  Tatar.    Kir.  1.  5. 

Ne  belye-to  sne2ki  zabeleli  sja,  —  zabelöla  sja  u  stiirago  sedaja  l)oroda. 

Niclit  weisser  Schnee  erglänzte,  —  es  erglänzte  des  Alten  grauer  Bart.    Kir.  1.  15. 

Ne  pylb-to  VB  pole  zapylila  sja,  —  ne  tuman'b  to  ss  morja  podymaet'B  sja,  —  i  ne 
bely  snezki  vb  cistymt  pole  zabeleli  sja :  —  a  zabelöla  sja  u  nego  bujnaja  golovuska  — 
so  castoj  so  sedoj  melkoj  boroduskoj,  —  a  zatumanil'B  sja  podt  emt  dobroj  kouB,  —  a  za- 
pylila SB  za  6mt  slla  dobraja. 

Nicht  Staub  stob  auf  dem  Felde,  —  nicht  erhob  sich  Nebel  aus  dem  Meere,  —  und 
nicht  erglänzte  der  weisse  Schnee  auf  dem  Felde:  —  es  erglänzte  sein  muthiges  Haupt  — 
mit  dem  dichten,  grauen,  weichen  Barte,  —  und  es  schimmerte  unter  ilun  sein  gutes  Ross, 

—  und  es  stob  hinter  ihm  seine  tapfere  Schaar.    Kir.  1.  19. 

Ne  belyja  snezeßki  vi,  pole  zabeleli  sja,  —  ne  tumanuäki  zatumanili  sja,  —  ne  by- 
linka  vb  pole  zasatala  sja:  —  zasatal-B  sja  vb  pole  staryj  kazak'B,  —  zabßlelt  sja  pod-B 
nim^B  dobryj  konb. 

Nicht  weisser  Schnee  erglänzte  auf  dem  Felde,  —  nicht  nebelte  der  Nebel,  —  nicht 
schwankte  das  Hälmchen  auf  dem  Felde :  —  es  bewegte  sich  auf  dem  Felde  der  alte  Kozak, 

—  es  erglänzte  unter  ihm  sein  gutes  Ross.    Kir.  1.  25. 

Izü  za  gor-B  bylo,  gori,  vysokiich'b,  —  izü  za  lesovB,  lösovt  temnyich^b,  —  ne  bela 
zarja    zanimala    sja,  —  ne  krasno   solnce  vykatalo  sja;  —  vyez^al'B  tut^B  dobryj  molodecB, 

—  dobryj  molodecB,  IlBJa  MuromecB   —  na  svoem-B  konö  bogatyrskimi^b. 

Hinter  den  Bergen,  den  hohen  Bergen,  —  hinter  den  Wäldern,  den  finstem  Wäldern 

—  erhob    sich    nicht    die    weisse  Morgenröthe,  —  nicht    die    helle  Sonne    gieng    empor:  — 


46  lU.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

es  ritt  da  heraus  der  tapfere  Held,  —  der  tapfere  Held  llja  von  Muroni  —  auf  seinem 
Heldenrosse.    Kir.  1.  31. 

Ne  svroj  duh-b  kt  zemle  klonitü  sja,  —  ne  buma^nyi  listocki  rastilajutt  sja:  —  rasti- 
Iaet"6  sja  syni  peredt  batjuskom-B,  —  ou-b  i  prositt  seö  blagosloveuBica. 

Nicht  die  grftne  Eiche  beugt  zur  Erde  sich,  —  nicht  papierne  Blätter  breiten  auf 
dem  Boden  sich  aus:  —  es  verneigt  sich  der  Sohn  vor  dem  Vater,  —  und  bittet  ihn  um 
seinen  Segen.    Kir.  1.  34.    Vergl.  2.  4.  17. 

Ni  jasUui  sokol-B  s-b  ti^plh  gnezda  solätyvati.  —  ni  beloj  krecoti.  st,  tgplä  gnezda  so- 
porchyvat-B:  —  vostaet-B  samt  batjuSka  VolodimirB  kujazB,  —  iz-B  svovk  iz-B  mesta  knja- 
2eneckovo.    Kir.  2.  90. 

Nicht  fliegt  der  helle  Falke  herab  vom  warmen  Neste,  —  nicht  flattert  der  weisse 
Gerfalk  herab  vom  warmen  Neste,  —  es  erhebt  sich  Väterchen  Vladimir  der  Fürst  selbst 

—  aus  seiner  Stadt,  der  fürstlichen.    Kir.  2.  90. 

Ne  jasen-B  sokoli  pereletyval'B,  —  ne  belyj  krecetko  voni,  proporchivalü,  —  na  gusja 
Schall»  Djuk-B.  na  lebedja,  —  na  seru  pernatu  malu  uticu:  —  ne  echal'B  Djukt  ni  na  gusja, 
ni  na  lebedja,  —  ni  na  seroj  pernatoj   maloj    uticy,  —    i    rastrelival'B  Djuki    trista    streit, 

—  trista  strel'B  da  rovno  tri  strely. 

Nicht  der  helle  Falke  flatterte  hin  und  her,  —  nicht  der  weisse  Gerfalk  flog  heraus  — 
auf  die  Gans  zog  Djuk  aus,  auf  den  Schwan,  —  auf  die  graue,  befiederte,  kleine  Ente:  — 
Nicht  zog  Djuk  aus  auf  die  Gans,  nicht  auf  den  Schwan,  —  nicht  auf  die  graue,  befiederte, 
kleine  Ente,  —  er  schoss  ab  dreihundert  Pfeile,  —  dreihundert  Pfeile  und  gerade  drei  Pfeile. 

Och  dalece,  och-B  dalece  vo  ßist6m:B  pole,  —  a  esc6  togo  podalBse  vo  razdoltice,  —  ne 
belye  to  snfegi  zabeleli  sja,  —  zabelela  sja  grudB  molodeckaja,  —  molodeckaja,  voevod- 
skaja.  —  Kakt  i  ryscett  borzyj  konb  po  cistomu  polju,  —  kaki,  neseti,  on'B  na  sebe  llbju 
Murouica.    Kir.  1.  30. 

Derselbe  Gedanke  wird  Avie  im  Serbischen  affirmativ  ausgedrückt. 

Zakatilo  sja  krasnoe  solnysko  za  lösuski  za  temnye,  —  za  morja,  za  ozera  sirokija :  — 
uechalo  ßado  moe  miloe,  cadelko  Ijubimoe,  —  molodoj  Dobrynjuska  NikitinicB. 

Untergegangen   ist  die   liebe   rothe  Sonne  —  hinter  den  Wäldern,  hinter  den  dunklen, 

—  hinter  den  Meeren,  hinter  den  weiten  Seen,  —  weggezogen  ist  mein  liebes,  theures 
Kind.    Ryb.  1.  141. 

c)  Eine  andere  Form  des  Gleichnisses  ist  die  Frage.  Es  wird  nämlich  gefragt,  woher 
die  Erscheinung  komme,  und  auf  die  Frage  geantwortet,  was  vor  sich  gehe;  oder  es  ent- 
hält die  Antwort  zunächst  nur  den  möglichen  Gegenstand,  worauf  der  wirkliche  auf- 
gezeigt Avird. 

Serbisch: 

Sto  se  bili  u  gori  zelenoj?  —  al  su  snizi,  al  su  labutovi?  —  da  su  snizi,  ve6  bi  okop- 
nili.  —  labutovi  vec^  l)i  poletili :  —  ni  su  snizi,  nit  su  labutovi,  —  nego  cator  age  Asan  age. 

Was  ist  weisses  dort  am  grünen  Bergwald?  —  Ist  es  Sclmee  wohl,  oder  sind  es 
Schwäne?  —  war  es  Schnee,  er  wäre  weggeschmolzen,  —  wären  's  Schwäne,  wären 
weggeflogen:  —  weder  ist  es  Schnee,  noch  sind  es  Schwäne,  —  's  ist  das  Zelt  des  Aga 
Hassan- Aga.  ,Klaggesang  von  der  edlen  Frauen  des  Asan  Aga.'  Talvj.  —  Während  J.  Grimm 
meint,  es  gebe  nichts  Herrlicheres  als  diesen  wolilbekannten  Eingang  des  Gesanges  von 
der  Frau  des  Asaji  Aga,  enscheint  derselbe  den  ganz  Modernen  naiv,  wo  nicht  läppisch. 


UiE  Darstellung  im  slavischen  Volksepos.  47 

Sta  se  ono  bjeli  u  Krajinu?  —  al' je  snijeg,  al'  bijele.  ovce?  —  nit' je  snijeg,  ni  bijele 
ovce,  —  nego  knie  nasijeh  serdara. 

Sto  se  ono  pod  Maricom  bjeli?  —  il'  su  snjezi,  il'  su  labudovi?  —  il' je  ono  brodarlca 
vila?  —  nit'  su  ono  snjezi,  nit'  labudi,  —  nit'  je  ono  brodarica  vila,  —  vec  je  ono  Jano- 
.skinja  seka,  —  izvela  je  tridest  djevojaka.    Kac.  48. 

Sta  se  bili  u  gori  zelenoj?  —  ol'  su  stine,  ol'  su  bile  vile?  —  nit'  su  stine,  nit'  su 
bile  vile,  —  neg'  su  kosti  tvoje  brace  mile.    Kac. 

Sto  procvilje  u  Banjane  gornje?  —  da  1'  je  vila,  da  li  guja  Ijuta?  —  da  je  vila,  na 
vi§e  bi  bila,  —  da  je  guja,  pod  kamen  bi  bila:  —  nit' je  vila,  niti  guja  Ijuta,  —  vec  to 
cvili  Perovid-Batricu  —  u  rukama  Corovic  Osmana. 

Mili  boze!  cuda  velikoga!  —  ili  grmi,  il'  se  zemlja  trese?  —  il'  udara  more  u  bre- 
gove?  —  niti  grmi,  nit'  se  zemlja  trese,  —  nit'  udara  more  u  bregove,  —  ve6  dijele  blago 
svetitelji.  « 

Lieber  Gott!  o  übergrosses  Wunder!  —  rollt  der  Donner  oder  bebt  die  Erde?  — 
schlagen  Meereswogen  an's  Gestade?  —  Nicht  der  Donner  ist  es,  noch  die  Erde,  —  noch 
das  Meer,  das  an's  Gestade  schlaget:  —  theilen  sich  die  Heil'gen  in  die  Segen.    Talvj. 

Ili  grmi,  il'  se  zemlja  trese?  —  il'  se  ore  niz  planine  st'jene?  —  il  planine  u  debelo 
more?  —  il'  se  vozi  po  krsu  djemija?  —  niti  grmi,  nit'  se  zemlja  trese,  —  nit'  se  ore  niz 
planine  st'jene,  —  nit'  planine  u  debelo  more,  —  nit'  se  voze  po  krsu  djemije :  —  ve6  pu- 
caju  tojji  na  Ostrogu. 

Donnert  es,  oder  bebt  die  Erde?  —  oder  stürzen  Felsen  von  den  Bergen  —  oder 
Berge  in  die  wogende  See?  —  oder  fährt  ein  Schiff  auf  Felsen?  —  Weder  donnert  es, 
noch  bebt  die  Erde,  —  noch  usw.,  es  krachen  Kanonen  auf  Ostrog. 

Sto  protuzi  rano  u  nedelju,  —  u  nedelju  prije  jarkog  sunca,  —  u  Sokolu,  gradu  bi- 
jelome,  —  u  tamnici  Petra  Mrkonjica?  —  o  glasu  je,  da  je  soko  sivi,  —  po  istinu  voj- 
voda  Todore. 

Was  klagt  früh  am  Sonntag,  —  am  Sonntag  vor  der  warmen  Sonne  —  in  Sokol,  der 
weissen  Burg,  —  in  dem  Gefängnisse  des  Petar  Mrkonjic?  —  der  Stimme  nach  ist  es  ein 
grauer  Falke,  —  in  Wahrheit  der  Vojvode  Todor. 

y 

Sta  r  procvili  jutrom  na  uranku  —  nasred  Senja,  grada  bijeloga,  —  pred  cemerli  Iva 
novom  kulom?  —  da  je  vila,  u  gori  bi  bila;  —  da  je  zmija,  u  st'jenam  bi  bila:  —  vece 
cvili  mali  Radojica. 

Was  wehklagt  so  in  aller  Frühe  —  mitten  in  Senj,  der  weissen  Burg,  —  vor  Ivo's 
neuer  gewölbter  Burg  ?  —  War'  es  eine  Vila,  sie  wäre  im  Walde ;  —  war'  es  eine  Schlange, 
sie  wäre  in  den  Felsen :  —  es  klagt  jung  Radojica. 

Mili  boze,  cuda  velikoga!  —  da  1'  pucaju  zadarski  topovi?  —  da  1'  duhaju  jirimorski 
vjetrovi,  —  te  udara  jeka  u  planinu?  —  nit'  pucaju  zadarski  topovi,  —  ni  duhaju  pri- 
morski  vjetrovi,  —  ve(5  svatovi,  i  vode  djevojku. 

Bulgarisch: 

Ili  totnet  il'  se  zemja  treset?  —  il'  talasi  po  more  frljajet?  —  il'  vojnici  na  vojska 
mi  odit?  —  il'  ad2iji  na  adzisto  odit?  —  ne  mi  totnet,  ni  se  zemja  treset,  —  ni  vojnici  na 


48  III.  Abhandlung:  Franz  Miklosich. 

vojska  Uli  odit.  —  ni  ad2iji  na  adXisto  odit:  —  tok  mi  bile  Cetiri  Hudjela,  —  se  karajet  i 
se  zgovarajet. 

§to  beleje,  §to  leleje  —  na  vriAi  bela  Belasica?  —  dali  mi  st  sosjii  snegi?  —  eli  stt 
bell  Icbede?  —  ne  «"Bt  beli  sospi  snegi,  —  ne  stt  beli  lebede,  —  tuk  je  bil  jeden  bei 
Öadir,  —  pod  cadiro  mladi  Stojau. 

Die  neirative  und  die  fraafende  Form  des  Gleichnisses  sind  auch  der  traditionellen 
Ballade  der  Kleiurussen  und  Cechen  nicht  fremd: 

Kleinrussisch: 

Jak  iz  zemli  tureckoji,  —  da  z  viri  busurmen^koji,  —  iz  horoda  iz  Azova  —  ne  pyJy 
tumony  vstavaiy,  —  fikal  poJcok,  —  maJyj  ueveZycok,  —  fikaZo  try  bratyky  rodneAki. 
Anton.  1.  113.  » 

Oj  to  ne  pyiyZy,  —  ne  tumany  ustavaJy,  —  jak  iz  horoda  Azova  —  iz  fazkoji  nevoli 

—  try  bratyki  vfikafy.  127.  Vergl.  332. 

See  5i  V  poli  zabililo?  —  oj  cy  husy,  cy  lebedi?  —  teper  husy  ne  litajuf  —  a  le- 
bedi  ne  pZy^ajut,  —  tatarove  poton  2enuf.    287, 

Cy  to  V  poli  tuman  köptyt,  —  cy  hrom  hremyt,  cy  zvon  zvenyt?  —  ne  tuman  to 
V  poli  köptyt,  —  fii  hrom  hremji;,  fii  zvon  zvenyt,  —  aj  to  tvoje  ide  ve^ile.    300. 

Oj  §co  V  poli  za  dymove?  —  cy  vövcari  vohiii  kZadut,  —  cy  tatary  ludej  berut?  — 
ni  vovßari  vohni  kJadut,  —  rii  tatary  ludej  berut,  —  oj,  to,  svnu  (richtig  Tochter)  za  tobov 
idut.    302.    Vergl.  305. 

Cy  ratajenki  oruf,  oj  cy  voZyky  pasuf?  —  oj,  HapuJe,  sestro,  ne  ratajenki  oruf,  i  ne 
voiyky  pasuf,  —  ono  po  tebe,  Hapulu,  turofiky  iduf.    312. 

Cechisch: 

U  naseho  jazera  —  stoji  lipka  zelena,  —  a  na  tej  lipg,  na  tej  zelenej  —  zpivaju  tH 
pta^;kove,  —  a  nejsu  to  ptackove,  —  to  jsu  Sohajickove,   —  rozmluvaju  o  svarnej  devcine, 

—  keremu  se  dostane. 

Au  unserem  See  —  da  steht  eine  grüne  Linde,  —  auf  der  Linde,  der  grünen,  — 
singen  drei  Vöglein,  —  aber  dies  sind  keine  Vöglein,  —  es  sind  Burschen,  —  sie  sprechen 
von  dem  schönen  Mädchen,  —  wem  es  zu  Theil  wird.    Sus.  369. 

Zdalo  86  mi,  zdalo,  —  2e    v  poli    horalo,    —  a    to    moji    nejmilejsi  —  licko    zakvitalo. 

—  Ne  bylo  to  licko,  —  byly  to  hfebicky  usw. 

V  poledne,  s  poledne  —  slunecko  kolem  jde:  —  to  nebylo  slunce,  —  bylo  sväm^ 
dgvce  usw.    444. 

Co  se  to  cervenä  nad  t6  dgdin6?  —  je  li  to  tam  kvftf,  ja  tam  pobghno.  —  A  to  nenf 
kvftf,  to  je  müj  rniU,  —  proto  se  cerventl,  2e  je  up¥hnn^.    SuSil  248. 

Rojily  se  vßelicky,  —  nebyly  to  vcelicky:  —  to  byli  dobri  \u(U,  —  dobh'  lud6  mC- 
*6an^.  —  Pro  dceruSku  pfijeli,  —  vezma  dcerku  pryß  jeli  usw.    Sus.  100. 


Die  DARSTELLUNCi  im  slavischen  Volksepos. 


49 


Na  h(jnieli,  na  doldch  —  co  sa  to  tarn  bela?  —  liusy  li  to  sedtl,  —  nebo  snihy  le2ä? 

—  dyby  byly  husy,  —  u2  by  iiletaly ;  —  dyby  snghy  byly,  —  uz  by  otajaly.  —  A  to  sa 
tarn  bela  —  postelka  vystlanä,  —  lezi  tarn  §oliajek,  —  blava  poriibana  usw. 

Auf  der  Höhe,  im  Thale,  —  was  erglänzt  dort  Weisses  ?  —  sitzen  Gänse   dorten,  —  ist 
dort  Schnee  gefallen?  —  Wären  es  Gänse,  —  wären   sie  weggeflogen;  —  wäre  es  Schnee, 

—  wäre  er  weggeschniolzen.  —  Was  dort  Weisses    glänzet,  —  ist    ein    gebettet  Lager,  — 
darauf  liegt  ein  Jüngling  —  zum  Tode  verwundet.    Sus.  122. 

Hora,  cemii  hora,  —  cosi    tarn    volä ;  —  ci    vcelenky    brha,  —  ci   niia  niily  volä  ?  — 
vcelenkv  nebrnd,  —  to  mia  mily  vola  usw.    Sus.  339. 

Man  vergleiche  ngriech. :  zi  sxo'jv  oi  xd[xxot  xai  ßpovroöv  iiai  zä  ßouvd  xai  xptCouv ;  — 
xai  ab  %aö;j.svTj  'Poü;x=X7j  %at,  gxo'j(^sic  v.rd  cptovdCci?;  Legrand  164. 


LITTERATUR. 


Aleksandri,  V.,  Poesii  populäre  ale  Eomanilor.  Buku- 
rescl.   1866. 

Antonovj'öT>,  VI.,  i  M.  Dragomanovt,  Istoriöeskija  pe- 
sni  malonwskago  naroda.  I.  II.  a.  KievB.  1874. 
187.5. 

Bistrom,  W.,  Da.s  russische  Volksepos  I.  in  der  Zeit- 
schrift für  Völkerpsychologie.   5.  180. 

Bodjanskij,  0  narodnoj  poDzii  slavjanskieh'B  plemenl). 
Moskva.   1837. 

Boissicr,  G.,  Los  theories  nouvelles  du  poeme  epi- 
que.  Kevuc  des  deux  mondes.  1867.  Tome  67. 
848-879.  H.  Steinthal  in  der  Zeitschrift  für  Völ- 
kerpsj^chologie  und   Sprachwissenschaft,   ö.  112. 

Bonitz,  H.,  Über  den  Ursprung  der  homerischen  Ge- 
dichte. Vierte  Auflage.  Wien.   1875. 

Bratranek,  F.  Th.,  Das  mährische  Volkslied.  Öster- 
reichische Revue.  I.   1865. 

Carricre,  M.,  Die  Poesie.  Ihr  Wesen  und  ihre  Formen 
Leipzig.   1844. 

C'olakov,  V.,  B'Llgarskyj  narodent  sbornikT..  Belgrads. 
1872. 

Daniea.    Zabavnik  za  godinu  1826.    U  Beßu. 

DanilovT>,  Kirsa,  Drevnija  rossijskija  stichotvorenija. 
Moskva.    1818. 

Dora  d'Istria,  La  nationalite  serbe  d'apres  les  chants 
populaires.  Revue  des  deux  mondes.  1865.  Tome 
55.   315-360. 

Filipovic,  I.,  Kraljevic  Marko  u  narodnih  pjesmah. 
U  Zagrebu.    1880. 

Filipsky,  A. ,  Das  stehende  Beiwort  im  Volksepos. 
Gymnasialprogramm.   Villaeh.    1876. 

Gautier,   Leon,    Des    epopöes    francjaises.    Paris.  1865. 

67.     2   voll. 

Gebauer,  J.,  0  metaforick^ch  obrazech  bäsnictvi  narod- 

nilio,  zvlasto  slovanskcho  in  Listy  filologicke.  1874. 

Gerber,  G.,    Die  Sprache  als  Kunst.    Bromberg.  1871 

bis  1874. 

Denkschriften  der  phil.bist.  CI.    XXXVin,  Bd.  III.  Abb. 


Gilbferding,  E.  Th.,  OneÄskija  byliny.  Sanktpeterburg. 
1873. 

Gubernatis,  A.  de,  Storia  universale  della  letteratura. 
VI.   Florilegio   epico.   Milano.    1883. 

Hagen,  H.,  Über  Wesen  und  Bedeutung  der  Homer- 
frage.  Hamburg.    1889. 

Hcricoult,  Charles  d',  Essai  sur  l'origine  de  l'epopee 
francjaise.   Paris.    1859. 

Hermannus,  G.,  De  iteratis  apud  Homerum.  Lipsiae. 
1840. 

Holzhausen,  P. ,  Ballade  und  Romanze  von  ihrem 
ersten  Auftreten  in  der  deutschen  Kunstdichtung 
bis  zu  ihrer  Ausbildung  durch  Bürger.  Dissertation. 
Halle.   1882. 

Homerus,  Iliadis  carmina  XVI.  scholarum  in  usum  re- 
stituta  edidit  H.  A.  Th.  Köchly.  Lipsiae.   1861. 

Hörmann,  Kosta,  Narodne  pjosme  Muhamedovaca  u 
Bosni  i  Hercegovini.  Sarajevo.   I.   1888.  II.   1889. 

Husse,  0.,  Die  schmückenden  Beiwörter  und  Beisätze 
in  den  altfranzösischen  Chansons  de  Geste.  Halle. 
1887. 

Jagic,  V.,  Jihoslovane  im  Slovni'k  nauäny.  IV.  Prag. 
1865. 

JastrebovB,  I.  8.,  Obyöai  i  pesni  tureckichT>  SerbovTi 
(vi)  Prizrenfi,  Ipeke,  Moravß  i  Dibre).  S.  Peter- 
burgt.   1886. 

Jukic,  F.,  i  Gr.  Martic,  Narodno  piesnie  bosanske  i 
hercegovaßke.  U  Osieku.  I.  Piesmo  junaöke.   1858. 

Kaö.  Vienac  uzdarja  naroduoga  0.  Andriji  Kaäic-Mio.sicu 
na  stolietni  dan  preminutja.     U  Zadru.     1861. 

Kapetanovic  Ljubusak,  Mohmed  beg,  Narodno  blago. 
U  Sarajevu.    1887. 

Karadzic,  Vuk  Stef.,  Srpske  narodne  pjesme.  U  Beßu. 
1841. 

Kireevskij,  P.  V.,  Pesni  sobrannyja.  Moskva.  1860 — 
1874.    10  Bände. 


50 


III.  Abhandlung:  Franz  Miklosich.     Die  Darstellung  im  sla vischen  Volksepos. 


Krasic,  VI.,    Srpske    narodne    pjesme    starijeg  i  novijeg 

vremena.  I.  PanCevo.   1880. 
Krohn,  J..    Die  Entütchung   der  einheitlichen  Epen  im 

.allgemeinen.    Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und 

Sprachforschung.  XIX. 
Krupp,  Fr..    Die   homerischen    Gleichnisse.    Programm. 

Zweibrücken.    1883. 
Lechner,   M.,    De  pleonasmis  homericis.    Programm.   I. 

IL  Onoldi.   1882.   1883. 
Leiffholdt,    Fr.,    Etymologische    Figuren    im    Eoma- 

niscbon.  Erlangen.   1884. 
Lönnrot,  Elias,  geb.  1802,  Kalevala.  Die  einzelnen  üe- 

sünge,  Jahrlmndcrte    lang    durch    mündliche  Über- 
lieferung   aufbewahrt,    wurden    von   L.  gesammelt 

und   geordnet    1835,    2.  Aufl.  1849.    Deutsch   von 

Schiefner  Cäsar   1862. 
itaiuranic,   St.,    Hrvatske   narodne   pjesme   sakupljene 

stranom  po  Primorju  i  stranom  po  Granici.  U  Senju. 

I.   1876. 
Meinhof,   H.,    Die  Vergleiche    in    den   altfranzösischen 

Karlscpen.  Dissertation.  Marburg.  1886. 
Meredith,  Owen,  Serbski  pesme ;  or,  National  songs  of 

Servia.  London.   1861. 
Merimee,  P.,  La  gouzla  ou  choix  de  poesies  illyriques, 

recueillies   dans  la  Dalmatie,  la  Bosnie,  la  Croatie 

et  l'Herzegowine.  Paris.   1827. 
Mikulit'ic,  F.,  Xarodne  pripovietke  i  pjesme  iz  hrvat- 

skoga  primoija.  U  Kraljevici.   1876. 
MiladinoTci,  Bratbja  D.  i  K.,  B'tlgarski  narodni  pesni, 

Vi.  Zagreb!,.   1861. 
!fikoli6,  G.  A.,    Srpske   narodne  pesme  iz  Srema,  Like 

i  Banije.  U  Novome  Sadu.   1889. 
Petranovic,  B.,  Srpske  narodne  pjesme  iz  Bosne  i  Her- 

cegovine.  U  Biogradu.   1867. 
Pypin^,  A.  N.,  i  V.  D.  Spasoviöt,  Istorija  slavjanskichx 

litcratun,.  IL  Ausgabe.  S.-Peterburgi..  1879.  I.  261. 


Iladlof,  AV.,  Über  die  Formen  der  gebundenen  Hede 
bei  den  altaiseben  Tataren  in  Steinthal's  Zeitschrift 
für  Völkerpsychologie  4.  85. 

Rambaud,  A.,  La  Russie  epique.  Paris.   1876. 

Richardson,  G.  M. ,  Goethe's  Homeric  Studies.  In 
Transactions  of  the  American  Philological  Associa- 
tion.   1888.   XIX.   Proocedings  XVI. 

Rosen,  G.,  Bulgarische  Volksdichtungen.  Leipzig.   1879. 

Rybnikovx,    P.  N.,    Pesni    sobrannyja.    Moskva.    1861 

bis   1867. 
Sbornik%   za   narodni    umotvorenija,   nauka   i  kniinina. 

Kniga  I.  IL  Sofija.   1889.   1890. 
Schuster,    A. ,    Untersuchungen    über    die    homerischen 

stabilen  Beiwörter.  I.  Programm.  Stade.   1886. 
Smailagic,  Meho.  Pjesan  nasih   muhamedovaca   zabilje- 

i'io  Dr.  Fr.  S.  Krauss.    Aus  der  Narodna  Biblioteka. 

XIX.  U  Dubrovniku.   1886. 
Smith,  C.  W.,  Russisk  Folkcpoesie.  I.  IL  Infor  Ide  og 

Virkelighed.   1869.  Heft  4.  5. 
Susil,  Fr.,  Moravske  narodni  pi'sno.   V  Brn<5.   1860. 
Tobler,  A.,  Über  das  volksthümliche  Epos  der  Franzosen 

in  der  Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  4.  139. 

Vardar.  Kalondar  za  godinu  1885.  1886.  1887.  Vo  Bcß. 

Wackernagel,  W.,  Schweizerisches  Museum  für  histo- 
rische  Wissenschaften.   I. 

Walser,  J.,  Über  die  Einführung  der  Gleichnisse  bei 
den  Epikern.  Zeitschrift  für  die  östcrreichi.schen 
Gymnasien.   1878.  595  —  607. 

Wolf,  Fr.  A.,  Prolegomena  ad  Homerum.   1795. 

Wollner,  W.,  Untersuchungen  über  die  Volksepik  der 
Grossrussen.   Leipzig.   1879. 

Zima,  L.,  Figure  u  nasem  narodnom  pjesnißtvu  s  nji- 
hovom  teorijom.  U  Zagrebu.   1880. 

Zima,  L.,  Nacrt  naÄe  metrike  narodne  obzirom  na  stihove 
drugih  naroda  a    osobito   Slovena.    Rad  48.   49. 


INHALT. 

Seite 

Einleitende  Vorbemerkungen 1 

I.  Stetigkeit 6 

II.  Wiederholung 7 

1.  Einfache  Wiederholung 8 

2.  Wiederholung  der  Präposition 8 

3.  Palillogie 10 

4.  Wiederholung  durch  Steigerung  des  Gegensatzes 12 

5.  Paarung  sinnverwandter  Worte 13 

6.  Paarung  engerer  und   weiterer  Ausdrücke 18 

7.  Wiederholung  ganzer  Stellen 18 

8.  Verbindung  von  etymologisch  verwandten  Wörtern 22 

III.  Stehende  Epitheta 26 

IV.  Vergleichung 40 

Litteratur 49 


DENKSCHRIFTEN,  BAND  XXXVIII. 

ni. 
DIE  DARSTELLUNG  IM  8LAVI8CHEN  VOLKSEPOS. 

VON 

D^    FRANZ   MIKLOSICH. 


Verbesserungen.    Zusätze. 

Seite  2,  Zeile  44.  par  loi:  par  lui.  —  3,  40.  Dagegen:  ^  Dagegen.  —  8,  30.  nach- 
druckvolle: naclidrucksvolle.  —  9,  4.  im  Serbischen:  im  Serbischen  und  im  Russischen.  — 
9,  26.  zu  fehlen:  zu  fehlen;  sehr  selten  sind  Verse  wie  iznese  go  na  cardaci,  —  na  cardaci 
na  visoki.  Sbornik  11.  12.  —  10,  4  selach:  selach.  — -  10,  6.  kyliji:  KyKji.  —  15,  35.  ^vidcyf: 
Svidcyf.  —  16,  10.  stambolu:  Stambolu.  —  16,  23.  karavrunac:  karavranac.  —  19,  20.  frage: 
fraget.  —  20,  9.  11.  12.  13.  40.  V:  v.  (vers).  Ebenso  21,  7.  und  22,  3,  19,  33.  — 
21,  37.  langschopfigen:  langschossigen  (dolgopolyj).  —  21,  42.  fehati:  echati.  —  22,  14.  Toc- 
catillenspieler:  tavlei,  igra  v:b  saSki.  —  22,  17.  Dobrynja:  Dobrynju.  — ■  24,  3.  roni  vikom: 
roni,  vikom.  —  26,  10.  Wie:  ,Wie.  —  26,  24.  gleichkommmt:  gleichkommt.'  —  27,  39.  wenn 
der  Dichter  .  .  .  herausgreife:  wenn  man  glaubt,  dass  der  Dichter  .  .  .  herausgreift.  — 
28,  33.  vidovnome  bogu:  Vergl.  40,  12.  —  29,  3.  vigihs:  vigil.  —  30,  30.  solufe:  solufi.  — 
30,  33.  neretva:  Neretva.  —  30,  45.  Stolz:  stolz.  —  31,  26.  dXc:  alz.  —  32,  32.  basöa: 
baSca.  —  32,  44.  oganj,:  oganj;.  —  35,  22.  ruza:  ru2a.  —  36,  23.  coffre:  Koffer.  — 
37,  37.  dremucija,  chodjacija:  dremucii,  chodjacii.  —  40,  9.  :^oltyj:  zoityj.  —  41,  10. 
zweiwildiu:  zwei  wildiu.  —  42,  33.  ruma:  rnma  für  rumena.  —  44,  2.  Maroju  .  .  .  Vyb.: 
MarBJu  .  .  .  Ryb.  —  45,  16.  privet'livomü :  privetlivom-B.  —  45,  28.  melkij  (melkaja  boroduska) 
ist  nicht  ,weiss':  die  Stelle  ist  dunkel.  —  46,  27.  sirokija:  sirokie.  —  48,  10.  tumony: 
tumany.  —  49,  10.  IxoüV:  l^^uv.  —  50,  a  16.  Cäsar:  zu  streichen.  —  50,  b  18.  Infor: 
In:  For.  —  50,  43.  Steigerung:  Negierung. 


IV. 


KE.ITISCHB     STUDIEN 

zu  DEN 

SIBYLLINISCHEN  ORAKELN. 

VON 

ALOIS  RZACH. 


VORGELEGT  IN  DER  SITZUNG  AM  18.  DECEMBEE  1889. 


Uer  Text  der  apokryphen  sogenannten  Sibyllinischen  Orakeln  gehört  zu  den  am 
schlechtesten  überlieferten  Werken  des  griechischen  Alterthums.  Je  länger  man  sich 
mit  der  Sammlung  dieser  Prophetien  beschäftigt,  desto  mehr  gelangt  man  zu  der  Einsicht, 
dass  die  vielen  Fehler,  denen  man  auf  Schritt  und  Tritt  begegnet,  bei  weitem  nicht  in 
dem  Maasse  auf  Rechnung  der  Sibyllisten  zu  setzen  sind,  wie  man  es  früher  glaubte. 
Vielmehr  ist  eine  der  hauptsächlichsten  Fehlerquellen  in  der  schlechten  Beschaffenheit 
der  Tradition  zu  suchen:  hiezu  kommt  noch,  dass  von  den  meisten  Kritikern  die 
Stellung  der  Handschriften  zu  einander  und  ihr  relativer  Wert  nicht  gehörig  erkannt 
und  bestimmt  ward. 

Unsere  Handschriften,  welche  ich  für  meine  im  Drucke  befindliche  kritische  Ausgabe 
der  Sibyllinischen  Bücher  neu  verglichen  habe,  zerfallen,  wie  ich  anderwärts  näher 
ausführen  werde,  in  drei  Sippen.  Die  erste  Stelle  gebührt  der  Gruppe,  deren  Consensus 
ich  in  meiner  neuen  Ausgabe  mit  £2  bezeichne,  umfassend  die  Handschriften  Q  =  Vati- 
can.  1120,  saec.  XIV,  M  =  Ambrosian.  E  64  super,  saec.  XV,  V  =  Vatican.  743  saec.  XIV, 
H  =  Monacens.  gr.  312  saec.  XVI.  Letztere  beide  stehen  unter  einander  in  engem 
Verhältnis,  es  stellt  sich  H  als  Abschrift  von  V  heraus.  Diese  Familie  i2  enthält  nur 
einen  Theil  der  Sibyllinen  und  zwar  die  Codd.  QVH  Buch  IV,  VI,  XI— XIV,  Stücke 
des  VIII.,  Cod.  M  nur  Buch  IV,  VI,  XIV  und  dieselben  Stücke  des  VIII.  Buches.  Wie 
sich  bei  der  kritischen  Betrachtung  der  Bücher  IV,  VI  und  zum  Theile  VIII  ergibt,  welche 
auch  in  den  beiden  anderen  Handschriften-Familien  vorliegen,  stellt  sich  die  Ueber- 
lieferung  dieser  Sippe  £2  wenigstens  für  die  erwähnten  Partien  als  die  relativ  bessere  dar; 
dies  wird  auch  durch  die  bei  den  Kirchenvätern,  namentlich  bei  Lactantius,  vorfind- 
lichen  Citate  aus  den  Sibyllinen  bestätigt,  insoferne  sich  zumeist  eine  Uebereinstimmung 
derselben  mit  den  in  S2  gebotenen  besseren  Lesearten  ergibt.  An  zweiter  Stelle  ist  zu 
nennen  die  Familie  <^,  welcher  die  folgenden  Codices  angehören:  P=  Monacens.  gr.  351 
saec.  XV,  A  =  Vindobonens.  bist.  gr.  96,  6  saec.  XV,  von  minderem  Werte  B  =  Bodleian. 
saec.  XV  und  *S'  =  Scorialens.  II  S  1  saec.  XV.  Die  Handschrift  A  nimmt  insoferne  eine 
besondere  Stellung  ein,    als  ihrem  Schreiber  offenbar  auch  die  in  der  dritten  Familie  W 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    IV.  Abh.  1 


2  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

vorliegende  Tradition  nicht  unbekannt  war.  Die  Sippe  <P  enthält  dieselben  Bücher  I— VIII, 
wie  die  gleich  anzuführende  dritte  W,  zeigt  aber  einen  verhältnismässig  viel  weniger 
zerrütteten  Text,  als  die  letztere,  obgleich  auch  in  ihr  arge  Interpolationen  genugsam 
wahrzunehmen  sind.  Der  dritten  schlechtesten  Familie  W  sind  beizuzählen:  F  =  Lauren- 
tian.  pl.  XI  17  saec.  XV,  der  Hauptrepräsentant  dieser  Sippe,  dann  L  =  Parisin.  2850 
saec.  XV  und  R  =  Parisin.  2851   saec.  XV. 

An  einer  Anzahl  von  Stellen  kommen  der  Kritik  die  bei  den  Kirchenvätern 
(besonders  die  bei  Lactantius)  vorliegenden  Citate  zu  Hilfe.  Indess,  solange  nicht 
irgendwo  eine  Handschrift  auftaucht,  die  einen  reineren  Text  vermittelt,  als  die  uns 
bisher  bekannten,  wird  Jeder,  der  sich  mit  den  Sibyllinen  beschäftigt,  in  gar  vielen 
Fällen  zur  Conjecturalkritik  seine  Zuflucht  nehmen  müssen.  Von  dieser  ist,  wenn  sich 
jener  Wunsch  nicht  erfüllt,  allein  noch  eine  Besserung  des  so  mannigfach  zerstörten 
Textes  zu  erhoffen. 

Auf  den  folgenden  Blättern  lege  ich  den  Fachgenossen  eine  Reihe  von  kritischen 
Versuchen  und  Betrachtungen  vor,  wie  sie  sich  mir  bei  den  Vorstudien  zu  meiner  neuen 
Edition  ergaben.  Es  würde  mir  zur  Freude  gereichen,  wenn  meine  Auseinandersetzungen 
wenigstens  zum  Theile  die  Billigung  der  Kenner  fänden. 

Prooem.  44  Alex,  =  Prooem.  Fr.  II  6  Friedl.  Die  Handschriften  des  Theophilos  ad 
Autol.  n  36,  wo  das  sogenannte  Prooemium  der  Sibyllinen  erhalten  ist,  bieten 

Das  corrupte  zweite  Hemistichion  Hessen  auch  die  beiden  letzten  Herausgeber  stehen, 
ja  Friedlieb  hat  die  Ueberlieferung  sogar  noch  verschlechtert,  indem  er  nach  der  Ausgabe 
des  Theophilos  bei  Gallandius  Biblioth.  vet.  patr.,  Venedig  1765,  x  devvaa  in  den  Text 
setzte.  Hätte  er  aber  nur  einen  Blick  in  den  in  eben  dieser  Sammlung  der  Kirchen- 
väter vorliegenden  Abdruck  der  Sibyllinischen  Orakel  (tom.  I  p.  336)  geworfen,  so  hätte 
ihm  die  Note  zu  unserer  Stelle  einen  andern,  besseren  Weg  zur  Emendation  gezeigt; 
der  Editor  bemerkt  hier:  , Anonymus  Londinensis  in  notis  ad  editionem  Opsopoei  Paris, 
an.  1607,  quam  penes  me  habeo,  heic  legendum  statuit  dsvdwv  Tr6[xa  tttjyäv  ut  infra 
lib.  IV  V.  15.'  Dieser  Anon.  Londin.  hat  damit  ganz  richtig  die  Parallelstelle  gewiesen: 
wir  brauchen  nur  die  ihm  noch  nicht  bekannte,  in  den  Handschriften  QVH  erhaltene 
genauere  Fassung  at6(Jia  ir-/]Y«>v  anzunehmen,  um  die  Stelle  völlig  zu  heilen.  Der  Vers 
hat  also  zu  lauten: 

oöpsd  -&■'  O'^Tgsvia  xal  dsvdcov  ar6[JLa  ir/jy*'^- 

Ich  verweise  auch  auf  XIV  143,  wo  die  überlieferte  Fassung  des  Versschlusses 
icap'  üoxdxtov  ir6|Jia  'Krq^fjZ  von  Meineke  nach  jener  Stelle  IV  15  in  at6|j,a  tctjy'^C  ver- 
bessert ward. 

Prooem.  49  Alex.  =  Prooem.  Fr.  II  11: 

£V  5i  vdicatc  öpscov  dyptav  fi'^'^a'^  östo  ÖTjpÄv. 

Unwillkürlich  erinnert  sich  Jeder  der  sophokleischen  Stelle  Antig.  345  ÖTjpwv  dyptwv 
i^VTji;  auch  in  unserem  Verse  ist  vermuthlich  die  gewähltere  Fügung  dYptcov  ys^^^av  oder 
YEVöT^v  9eto  6ir)p(bv  die  ursprüngliche  gewesen. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  3 

I  50  sqq.     zoloiv  8'  dödtvatoi;  xotov  IvÖsxo  x&ßaXsv  s^o) 
dÖavdxou  /cbpou*     röSs  y<^P  xstcXsafisvov  '^£V 

döavdTou  (jLcydXoto  öcoö  Xöyov  staa'foavccc. 

Zunächst  bemerke  ich,  dass  das  Schlusswort  in  Vers  53  c'iaataavTSC,  wie  Alexandre 
schrieb,  nachdem  schon  Turnebus  und  Auratus  cioatovTSC  vermuthet  hatten,  kaum  zweifel- 
haft sein  kann.  Zwar  hat  die  bessere  Handschriftenclasse  <P  dcoaVTcC,  die  schlechtere  ??" 
dstoavtoc,  aber  derselbe  Sibyllist  gebraucht  das  Compositum  I  171  ciaatovrcC  und  I  354 
ciaatao'JOt.  Meineke's  Vorschlag,  es  sei  vielleicht  düaav-coc  (ösoö)  zu  schreiben,  empfiehlt 
sich,  von  dem  prosodischen  Bedenken  abgesehen  (vgl.  Hom.  Sswov  duaavxsc  U  566), 
schon  wegen  des  unserer  Stelle  zu  Grunde  liegenden  Berichtes   der  Genesis  nicht:  3,  8 

Grössere  Schwierigkeit  bereitet  die  Herstellung  des  Anfanges  von  Vers  52:  ÖVTjrotc 
£V  X">P¥  hietet  A,  die  übrigen  Handschriften  der  Classe  *  övyjtoIc  £V  X">P^?  ^^^  Familie  ?F 
zeigt,  wie  zumeist,  die  Ueberlieferung  noch  weiter  verderbt  in  der  Fassung  Övvjtolaiv 
£V  X"^P'^-  Schon  Castalio  sah  die  Nothwendigkeit  ein,  die  Conjecturalkritik  zu  Hilfe  zu 
nehmen,  indem  er  am  Eande  seiner  Ausgabe  bemerkte,  ,f.  (fortasse)  £V  Övyjt^'  (x(opC(:). 
Volkmann  erkannte  die  Richtigkeit  des  nur  in  A  überlieferten  X^P^  ^^^  schrieb  £v 
6v7jX(p  X'^PM^  (i^  seinem  ,Specimen  novae  Sibyllinorum  Oraculorum  editionis').  Allein 
meines  Erachtens  verlangt  der  Gegensatz  zu  dem  unmittelbar  voraufgehenden  döavdxou 
Xcopoo  die  Beibehaltung  des  ^V7jZ(p  am  Anfange  des  Verses,  und  thatsächlich  findet  sich 
das  Adjectiv,  wenn  auch  in  verderbter  Form,  in  allen  Handschriften  an  dieser  Stelle 
vor.  Hiezu  kommt,  dass  auch  im  nächsten  Verse  53  mit  nicht  zu  verkennender 
Absichtlich keit  wiederum  döavdrou  an  die  Spitze  gestellt  ist.  Deshalb  ist  wohl  an 
6v'/j-q)  £vl  X'^P'P  ^^  denken,  vgl.  in  demselben  Buche  'JC£pt^£at(p  £vl  X^^P^P  I  215  £p7][JLat(i) 
£vi  X^^P'P  I  356.  Die  ausnahmsweise  Zulassung  der  Längung  der  Schlusssilbe  von  £Vi 
vor  folgender  Aspirata  hat  ihr  Analogen  an  derselben  Versstelle  bei  Aratos  1019  aozri 
£vl  X^9Xi  ^^^  ^^  einem  inschriftlich  erhaltenen  Epigramme  bei  Kaibel  Epigramm,  graeca 
ex  lapid.  conl.  330,  6  (=  C.  I.  G.  2211)  AEoßq)  £Vt  X^P^P;  '^S^'  auch  meine  Schrift  ,Neue 
Beitr.  zur  Technik  des  nachhom.  Hexam.'  p.  14.  Die  Schreibung  OvTjTcp  £V  X^PV  i^* 
unstatthaft,  da  sich  aus  unseren  Sibyllinen  die  Erhaltung  der  Länge  eines  auslautenden  (p 
(resp.  co)  in  der  Senkung  vor  folgendem  vocalischen  Anlaute  nicht  nachweisen  lässt,  wie 
ich  anderwärts  ausführen  werde.  Die  Vermuthungen  von  üpsopoeus  6v7]'colat(v)  X^'^P^^ 
,seorsim  —  nempe  extra  hortum  dei'  und  von  Friedlieb  QvYjtwv  iv  X'^^P^  können  auf 
Beachtung  keinen  Anspruch  erheben. 

I  57     aö^£a9£  irXYjOuVEoÖ'  spyttCcOÖ'  etü  yairiz. 

So  0,  während  die  Sippe  W  a'j^dv£aO£  TrXyjGyvsaOo  xai  im  ersten  Halbverse  bietet. 
Diesem  Hemistichion,  welches  auch  in  den  besseren  Handschriften  schwerfällig  klingt, 
da  die  Hauptcäsur  des  Verses  gänzlich  mangelt,  suchten  einzelne  Kritiker  aufzuhelfen, 
wie  namentlich  Volkmann,  der  die  Verba  umsetzte  und  '7rX7j66v£a6'  au^£a6£  xal  her- 
gestellt wissen  wollte;  Meineke  wieder  schlug  vor  au^£T£  TcXYjöüvEaÖE  xat  und  zwar 
mit  Berufung  auf  I  66,  wo  überliefert  ist  xai  au^av£V  aXkctc,  iz  d)>.X(|)  |  Xaö?  d-TTStpsatoc, 
so  dass  hier  das  Activum  au^dvo)  im  Sinne  von  ,sich  mehren'  vorläge.     So  willkommen 


^  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

es  wäre,  statt  jenes  holperigen  cäsurlosen  Verses  einen  metrisch  tadellosen  zu  gewinnen, 
glaube  ich  doch  an  der  Ueberlieferung  von  <P  festhalten  zu  sollen.  Zunächst  fällt 
schwer  ins  Gewicht  der  Umstand,  dass  im  Septuaginta- Texte  der  Genesis  zu  wieder- 
holten Malen  der  Spruch  ,Wachset  und  mehret  euch'  in  einer  Form  erscheint,  an 
welche  sich  die  in  den  Sibyllinen  vorliegende  Fassung  offenbar  ganz-  direct  anschliesst, 
vgl.  Genes.  1,  28  xai  süXÖY'/jasv  aütouc  6  Qsöc  /.Eywv  ao^dvsaös  xal  icXifjÖuvsaes  %w. 
irXr^p(6aai£  r^v  7"*}^  xal  xaiaxuptsuaats  aÜTTjc;  ähnliche  Stellen  bezüglich  Noe's  Nach- 
kommen Genes.  9,  1  (wie  1,  28),  weiters  8,  18  mt  auidvsaÖs  %at  Tzkipö^ZQ^z  ztü  r^c 
■j-t^c;  9,  7  G^zlz  8s  atj^dv£a8£  xat  nXr^öuvsoöe  %zk.  (vgl.  auch  1,  22  aö^dvcaes  mi 
T:ÄTj96v£aös  xrX.).  Diese  Stellen  verlangen  kategorisch  die  Aufrechterhaltung  der 
medialen  Formen  in  unserem  Sibyllenverse,  zumal  der  Verfasser  selbst  später  I  271  sq. 
auf  Grund  von  Genes.  9,  1  solche  ebenfalls  gebraucht: 

xal  x>.7^aax£  yalav  dicaaav 
aü^6(j.cVoc  TrXrj9uvö|JL£voi. 

Ja  es  ist  wahrscheinlich,  dass  demgemäss  Orac.  Sib.  I  66,  so  wie  im  vorangehenden 
V^erse  das  Medium  steht, 

xal  TÖtE  81^  -^B-^zii  TcXirjöuVoTo,  coc  ExsXsoasv 
aöröi;  6  '::avroxpd'ca)p, 
gleichfalls  xal  aö^Eto  BXXoz  ex  dXXcp  zu  schreiben  ist;    ay^avEV  scheint  durch  das  Streben 
den  an  dieser  Stelle  (in  der  bukol.- Diärese)  entschuldigten  Hiatus  zu  vermeiden  veranlasst 
(der  ja  auch,    allerdings    noch    nachdrücklicher    durch    die  Interpunction    paralysirt,    im 
Verse  zuvor  vorliegt). 

I  70  sqq.  00  ydp  dvtatc 

x£tp6(i,£Vot  Öv^axov,  dXX'  (oc  §e8[at^[jlevoi  5irv(p 

oXßiot.  o£  [xspoTTEC  [isyaKif^-opEc,  o5c  sfpt^asv 
acoTT^p  dOdvaroc  ßaacXs'Jc  öeöc 

In  dieser  Stelle,  die,  wie  manche  andere  aus  ihrer  Umgebung,  den  hesiodischen 
Erga  nachgebildet  ist  (vgl.  Erg.  112  vöatpw  disp  te  xövtov  xai  ötCö^C,  Erg.  116  öv^axov 
V  cijc  5icv(p  8£8[i7][i£Voc,  Erg.  120  d'f vewi  [iv^Xotai,  ^{Xot  jxaxdpEaai  ßsolaiv),  stört  der  Artikel 
in  der  Verbindung  oAßiot  01  [iEpoxä?  [lEY^XigtopEC  sehr;  es  empfiehlt  sich,  diese  Schwierigkeit 
durch  den  bei  späteren  Dichtern  mehrfach  begegnenden  Superlativ  oXßtatot  (OABICTOI 
konnte  einst  leicht  zu  OABIOIOI  werden)  zu  beheben. 

I  87  sqq.  aördp  eiceL  toutou?  öizzhi'i'xzo^  ÖEUTEpov  auGic 
T(öv  xata^EffÖEV-cov  t£  8txaiordx(ov  ävßpcÖTiKov 
dXXo  Y^voc  xE'j^EV  icoXuTcotxdov. 

Der  Vers  88  ist  ganz  offenbar  eine  ziemlich  nüchterne  und  ungeschickte  Interpolation, 
durch  welche  der  Zusammenhang  in  unangenehmer  Weise  zerrissen  wird;  der  Verfasser 
musste  zu  dem  hier  recht  unstatthaften  Wörtchen  t£  greifen,  um  den  Hexameter  zu  Stande 
zu  bringen.  Ebensowenig  vermag  der  Inhalt  der  Kritik  Stand  zu  halten:  obzwar  es 
I  80  heisst,  dass  das  erste  Geschlecht  in  den  Hades  eingehen  musste,  sollen  doch  gerechte 
Männer  übrig  geblieben  sein.  Das  hat  der  Interpolator  sich  aus  der  folgenden  Schilderung 
des   neuen  Geschlechtes    herausgeklügelt.     Von    demselben  Urheber    stammt    zweifellos 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  5 

auch  ein  weiteres  Einschiebsel  in  dieser  dem  hesiodischen  Mythos  von  den  Weltaltern 
nachgebildeten  Partie.     I  120  sqq.  heisst  es  nämlich  in  Alexandre's  Fassung: 

•  xai  TzdXv^  akko  ysv&c  iroXu  jß-ipöispov  (icXO'TrcaOsv 

ä6dva'coc  6=öc  tsücsv,  sicsl  %axd  icö/X  sicovoövxo. 

Auch  hier  ist  Vers  121,  dessen  erstes  Hemistichion  in  <P  ävöpobircov  TcotTjoac,  in  !F  dv9p(OTC(ov 
•JtO'lTjGSV  Ol?  lautet,  aus  dem  Texte  zu  entfernen,  was  auch  der  Pariser  Anonymus  am 
Rande  seiner  Opsopoeus-Ausgabe  schon  vermerkte.  Wiederum  ist  der  armselige  Vers 
an  derselben  Stelle  angebracht,  wie  in  jenem  Abschnitte.  In  Vers  122  ist  übrigens  nach 
Alexandre's  Vorschlag  statt  Osoc  TcO^sv,  i%zi  zu  lesen  tsö^sv,  sirsi  '^. 

I  94   sq.  dXX(p    §£    TcXsStV    [JL£[i£X7]tO, 

d/.Aq)  8'  äarpovo(j.civ  xai  ovsipoicoXslv  td  Ttsxatvd. 

Hier  ist  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  der  Artikel  vä  erst  jüngeren  Ursprunges  und 
daher  die  den  Sibyllisten  aus  dem  epischen  Sprach  gebrauche  geläufige  Form  irsTSTjvd 
vorzuziehen. 

I  98  sqq.     ypT^yöpot  dXipTjaT^pcC,  EiccoVüiAtrjC  [AStr/ovxcC 
taütTj^,  otxt  (paaiv  d%6|ji.avxov  vöov  st^^ov 
dz/.T^tov  TS  5£[iai;. 

In  Vers  99  bietet  ozzi  (paatv  cod.  P,  aber  P  hat  oti:  (ppaaiv,  wie  auch  die  Handschrift 
des  Pithoeus  nach  Opsopoeus'  Angabe  bot:  in  A  liegt,  wie  in  der  schlechteren  Sippe  W, 
die  Leseart  otti  (ppsoatv  (Ä  ^psatv)  vor;  jenes  ^aatv  in  P,  das  offenkundiger  Schreib- 
fehler ist,  ausgenommen,  weist  also  die  Ueberlieferung  auf  den  Dativ  Pluralis  (ppaaiv 
oder  '^psaaiv  hin,  und  es  war  daher  ein  wenig  glücklicher  Einfall  Alexandre's,  gerade 
von  'faaiv  auszugehen  und  die  Conjectur  totaÜTTj;;,  ozi  yaatv  zu  versuchen  (worin  ihm 
Volkmann  gefolgt  ist);  mit  mehr  Berechtigung  hat  Meineke  zaözrfi,  ozzi  tppa'^aiaiv  vor- 
geschlagen. Indess,  wenn  wir  bedenken,  dass  unbedeutende  Wörtchen  bei  der  so  schlechten 
Beschaifenheit  unserer  Sibyllentexte  öfter  ausgefallen  sind,  so  liegt  es  nahe,  an  xaunrj?, 
Izzi  [xäzd  'fpsaiv  zu  denken,  vgl.  Hom.  2"  419  t?iq  iv  jaev  vöoc  iozi  \).^za  «ppsatv. 

Auch  der  folgende  Ausdruck  dx6jxav"ov  ist  wohl  keineswegs  ursprünglich.  Die  von 
Volkmann  (in  den  Noten  zur  Specialausgabe  des  I.  Buches)  gebilligte  Interpretation  des 
Opsopoeus  ,quia  in  pectore  sedatum,  hoc  est  praesentem  et  sollertem  animum  gerunt' 
befriedigt  nicht,  ebensowenig  aber  Meineke's  Ansicht,  welcher  dx6[jLaVTov  im  Sinne  von 
iroX'JX'j[JLavT:ov  fasste.  Am  ehesten  kann  man  sich  mit  dem  von  einem  Ungenannten 
herrührenden  dxo{{A'/jtov  befreunden;  doch  macht  dann  die  metrische  Form  dieses  Aus- 
druckes eine  etwas  andere  Fassung  des  Vorausgehenden  noth wendig: 

"caunrjc,  ozzi  {isxd  <pp£a'  dxoi[i7]-ov  vöov  si/ov. 

Indess  Hesse  sich  auch  an  [ictd  «ppcOiv  dxd(jiarov  vöov  denken,  was  mit  Rücksicht  auf 
YpTyYOpot  d/.'fTjO'ctipci  eben  so  gut  dem  Sinne  entspricht.  Aehnliche  Verbindungen  liebt 
der  epische  Sprachgebrauch  wie  d%d[j.aTov . . .  [xsvoc  Hesiod.  Fragm.  V  3  P.,  {livoc  dxdjJLatov 
Apollon.  Rhod.  Argon.  B  274.  Rhythmisch  freilich  wäre  diese  Gestaltung  des  Verses 
von  geringerer  Qualität  als  die  vorhin  erwähnte. 


g  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

I  189  sq.     xat  töts  %6o^oz  airac  zs  aTCStpsatcov  dv6pc6z(öv 

In  der  Mitte  des  Verses  I  189  findet  sich  das  Flickwörtclien  zs  ebenso  vor,  wie  in 
der  Ueberlieferung  von  II  21  aötdp  xöa[J.o<;  oXoc  ts  dirsipsaicov  äv6p(0TC(öV  xtX.;  vergleichen 
wir  1  162  eatat  fdp  ore  %6a|JL0C  oXo?  dicspsbioc  dvSpcbv  xtX.,  so  ergibt  sich  mit  grosser 
Wahrscheinlichkeit  zunächst,  dass  für  d-TzaQ  auch  I  189  5Xoc  zu  lesen  ist;  statt  des  ganz 
ungehörigen  ts  aber  vermuthe  ich  icsp  an  beiden  genannten  Stellen. 

I  193     irXsüast  y'^'  TcXsuaoüatv  opvj,  icXsuast  8s  xat  aWiQp. 
Der  Vers  kehrt  VII  9   wieder:    nur  lautet  die  Ueberlieferung   daselbst  etwas  anders 
icXsuasc  Ss  SpTj,  was  von  Meineke  richtig  in  Tzkadosie  8'  opifj  verbessert  ward.     Auch   an 
unserer  Stelle  muss  zweifelsohne  ebenso  geschrieben  werden. 

I  201  sq.     ■JjSt]  xaipö?  sirsaxT],  N(ö£,  td  sxaa-c'  d^opsostv 
oaaa  zs.  r^^\).azi  x(p  aol  uiceottjv  xai  xatsvsüoa.' 

Die  handschriftliche  Leseart  eicsatiQ  muss  umso  grösseres  Bedenken  erregen,  als  es 
den  Anschein  hat,  dass  der  im  folgenden  Verse  begegnende  Ausdruck  UTcearYjV  nicht 
ohne  Einfluss  auf  die  Gestaltung  derselben  geblieben  ist:  •  man  erwartet  naturgemäss 
ZTZzozi  und  daher  wollte  der  Anonymus  Londinensis  '^Syj  xaipöc  lusati,  Ntös  in  den  Text 
setzen.  Aber  die  prosodische  Messung  von  Nws,  wo  gleichzeitig  co  als  Kürze  und  £  vor 
folgendem  einfachen  Consonanten  als  Länge  erschiene,  ist  bedenklich;  ich  vermuthe 
deshalb  mit  leichter  Umsetzung  vtatpo?  iiicax'  rß-f],  Nü)£;  die  hier  nothwendige  Längung 
des  Auslautes  im  Namen  Nebe  ist  durch  die  analoge  Stelle  I  269  Ncbi  TcstpuXaYtiivs  Tctars 
5c%ais  vollständig  entschuldigt. 

I  220  sqq.  ouVciuTjYS^povro  8'  dTjTat 

Tcdvtsc  xal  68dxo)V  tpXe^aQ  eXuovco  diuaaat 
oüpavoösv  [j.£YdX(ov  dv£otYO|Ji£va)v  xaxapaxtwv 
xal  [JLU^cöv  yairiQ  xat  dßuaaou  d^afidtoio 
58ara  |jiup!,Ö£Vta  (pdvTj  %al  y'^  exaXuyOT] 
icäaa  dicstpsato^. 

An  dieser  Stelle  ist  vor  Allem  der  Vers  221,  den  ich  in  der  von  *  gegebenen 
Fassung  hergesetzt  habe,  in  rhythmischer  Beziehung  recht  bedenklich:  die  Classe  ^  hat 
gar  (pXsßati;  (<pX£ß£C  R)  Xuovto  dxaaat;  von  Emendationsversuchen  sind  zu  verzeichnen 
der  des  Auratus,  welcher  rpXsßez  eXXoovxo  dTuaaat  vorschlug  (von  Alexandre  aufgenommen), 
ferner  des  Opsopoeus  Conjectur  ^Xi^sc,  £^£X6ovxo  dicaaat,  endlich  die  des  Anonymus 
Londinensis,  welcher  an  rpX£ß£S  äßXuovto  dicaaai  dachte.  Näher  scheint  es  mir  zu  liegen, 
wenn  wir  mit  Itücksicht  auf  Hom.  ß  105  dXXu£oxov  ß  109  dXX6ouaav,  dann  auf  Apollon. 
Rhod.  Argon.  // 150,  wo  dv£Xu£'c'  mit  langem  o  begegnet,  die  Correctur  icdaat  (pXäßsc 
dXX'Jovio  (gegen  das  etwaige  (pki^eQ  dXXuovto  ditaoat  spricht  meiner  Ansicht  nach  der 
Hiatus  und  der  unschöne  Versrhythmus)  versuchen,  was  auch  dem  Sinne  mehr  ange- 
messen ist. 

In  Vers  222  ist  das  in  <P  vorliegende  dv£oiYO{i£V(ov  (dvotY^iiEVcov  W)  bereits  von  Struve 
in   dvaotYO{A£V(ov    verbessert    worden    (vgl.  Hom.  i2  455    dvaoiY^oxov),    worauf   die   letzten 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  7 

Herausgeber  keine  Rücksicht  nahmen.  Auch  im  nächsten  Verse  223  ist  eine  Corruptel 
zu  beseitigen:  für  das  verdächtige  xal  [xy^wv  empfahl  derselbe  Gelehrte  xal  jj,U)(£(ov  (von 
\>.oiri),  wogegen  Nauck  xat  jJLU)(dx(ov,  Volkmann  aber  eine  Umsetzung  xal  yaiT]?  zs  [iU)(ö)V 
vorschlug.  Da  sich  in  den  Sibyllinen  sonst  nur  die  Form  [i'-^X^"^  vorfindet,  (vgl.  in 
derselben  Verbindung  VIII  362  ofSa  [loyobz  yaiTjc),  so  ist  meines  Erachtens  [jlu)((öv  fest- 
zuhalten. Es  wird  daher  wahrscheinlich,  dass  eine  bereits  von  Auratus  vorgebrachte, 
seither  aber  ganz  verschollene  Conjectur  er.  t£  jxu)((öv  yatTjc  das  Richtige  trifft.  Schliesslich 
ist  zu  bemerken,  dass  zu  Ende  von  Vers  224  und  zu  Anfang  des  nächsten  vielleicht  eine 
Wortverschiebung  erfolgt  ist,  welche  den  unerträglichen  Hiatus  Tzdaa  d'jrstpcotoc  ver- 
ursachte. Hier  könnte  xat,  iräaa  v.akotpB'q  |  yo-iy]  äTzeipiaioz  die  ursprüngliche  Leseart 
gewesen  sein.  Die  Form  ■^ait]  gehört  zu  den  bei  den  Sibyllisten  üblichen.  Indess  lässt 
sich  auch  an  die  Correctur  ndvrrj  aTzeipioioQ  denken,  während  am  Schlüsse  des  voran- 
gehenden Verses  yq  exaXuyöv]  beibehalten  werden  kann. 

I  225  sqq.  auxöc  §'  iTrsv/^/sto  ^[ißptp 

(üpvuto  8£t[JiaX£co<;. 

Befremden  erregt  die  Wiederholung  des  Begriffes  ■^rijBGBcLi^  mehr  noch  die  Ver- 
wendung des  V7jy6(X£V0(;  neben  dem  kräftigen  p7jYv6[jLcVoc  und  den  übrigen  den  Aufruhr 
der  Elemente  treffend  kennzeichnenden  Ausdrücken.  Ich  halte  es  deshalb  nicht  für 
gewagt,  in  jenem  v*ir3"/6[i£VOC  eine  Corruptel  zu  vermuthen,  welche  sich  aus  ETZZ-^riyszo  in 
den  Vers  227  eingeschlichen  hat.  Die  ursprüngliche  Fassung  mag  wohl  irXTjaaöjJLSVOC 
oder  vielleicht  vuaaö[X£VOC  gelautet  haben. 

I  230     dXX'  otE  xoofiov  d'Tcavxa  ösöc  v.azsvXoa   oszoiai 

Alle  Handschriften  ausser  A  haben  xa~£%Xuo'  UErotat,  diese  mit  einer  Lücke  v.'xzevXo . . 
toiat;  selbstverständlich  ist  ÄatsxXuaa'  UEXOtai  herzustellen.  Die  bisherigen  Herausgeber 
hatten  an  v.aziifXöo''   nichts  auszusetzen. 

I  244  sq.  "Jj  8s  TzzBpöfsaof.  v.a\xoöoa 

Tcdvra  icsptirxi^oaaa  Tzakvi  zpiTZaz' ' 

Verschiedene  monströse  Formen  sind  durch  die  traurige  Verderbnis  der  Ueberlieferung 
in  den  Text  der  Sibyllinen  eingedrungen;  kein  Vernünftiger  wird,  um  speciell  auf  einige 
Verbalformen  zu  verweisen,  in  OavEOVXcov  HI  554,  ixXaö^ovcEC  III  34,  ixoXoüvtSi;  I  85, 
ßoXTjÖctc  XIV  75,  TCcOOoövcat  XIV  145  u.  a.  irgendwelche  eigenartige  Bildungen  sehen, 
die  doch  ihre  Analoga  in  der  gleichzeitigen  Litteratur  haben  müssten.  Vielmehr  sind 
solche  Misformen  als  Textcorruptelen  erkannt  und  zum  Theile  verbessert.  Wenn  sich 
nun  derlei  Monstrositäten  noch  in  unseren  Ausgaben  vorfinden,  so  rührt  das  daher,  weil 
man  vielfach  gewohnt  war,  in  den  Sibyllinischen  Weissagungen  alle  möglichen  Verstösse 
gegen  Grammatik  oder  Metrik  ohne  weiters  als  von  den  Verfassern  derselben  herrührend 
anzusehen,  während,  wie  oben  bemerkt,  ein  sehr  grosser  Theil  der  Fehler  auf  die 
Verderbnis  der  Ueberlieferung  zu  setzen  ist.  Eine  meiner  Ueberzeugung  nach  ebenfalls 
zu  den  Unmöglichkeiten  zu  zählende  Form  ist  das  Particip  irEpnuTTjaaaa.     In  unmittelbarer 


0  'IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

Nähe  dieser  handschriftlich   überlieferten  Unform   lesen  wir  I  249    ganz   regelrecht  7)  5' 

aoa  x(orr£aoa  8t£it-aro;  anderseits  liegt  in  den  Handschriften  I  256  bei  demselben  Verbum 

eine  Corruptel  vor:    TCpO'fpovsax;  izizoLzö,  fulri  v-zk.,  die  von  Ludwich  durch  die  Schreibung 

xcoTötTO    behoben  ward.     Und    so   ist   auch   izepnzzTjOaoa   als   verderbte   Form   anzusehen, 

die   wohl   durch   Missverstiindnis   eines  Compendiums   im   Schlüsse   des  Wortes   veranlasst 

ward,   und   in  TZBpnzza\i.i'Jri   zu   verändern   ist,   wonach,   um   das    Metrum  nicht   zu  stören, 

nur  noch  die  augmentirte  P'orm  kzpiTzsz    statt  z^btibz    herzustellen  ist,   so  dass  der  Vers 

jetzt  lautet: 

■Tcdvca  icspncxa[X£VYj  TtdXiv  erpsicsr . 

I  247     aürdp  öc  riooidaac,  %akiv  Yj(j.ara 

Wie  ausserordentlich  oft  die  Sibyllisten  von  den  Formeln  und  Wortverbindungen 
des  alten  Epos  Gebrauch  machen,  wird  sich  aus  den  in  meiner  Ausgabe  gegebenen 
Nachweisen  herausstellen,  die  natürlich  da  und  dort  zur  Emendation  beitragen.  Auch 
in  unserem  Verse  ist  statt  aotdp  Ic.  die  aus  Homer  so  geläufige  Formel  autdp  o  y'  zu 
schreiben,  vgl.  T  328,  £308,  327,  585,  0  268,  ^154,  y^  461,  483,  M  40,  iV  164,  399, 
0  479,  P  108,  <P  550,  W  896,  v  140  (aürdp  o  -{B  I  206,  0  523,  x  480).  Für  icdÄ'.v 
vermuthete  Meineke  sehr  ansprechend  s%z\ 

I  261   sq.      lOTl   §£    ZIZ    ^pUYlYJC    ilZ    YJTTStpOlO    [isXaiVTjC 

TjXtßatov  zrj.w\i:qif.sQ  5po?. 

Beide  Handschriftenclassen  bieten  die  angeführte  Fassung.  Die  Herausgeber 
begnügten  sich  mit  der  auf  Castalio  zurückgehenden  Aenderung 

lau  §£  u  OpuycTjc  stcI  'Qizzipoio  [JisXaiVT^? 

welche  einen  auch  in  der  sibyllinischen  Verstechnik  unerhörten  Hiatus  am  Schlüsse  des 
dritten  Fusses,  also  in  der  Mitte  des  Hexameters,  enthält,  der  nicht  einmal  in  der  ver- 
derbten Ueberlieferung  zugelassen  ist.     Ich  vermuthe,  es  sei  zu  lesen 

§.azi  5'  £vt  Opuytotatv  iir'  rjTZBipoio  [i,£A0LW7]c. 

Das  unantastbare  Hemistichion  et:  '/;'jr£(poto  \i.sXaiYrfi  liegt  vor  schon  im  Hom.  Hymn.  VII  22 
und  bei  Antimachos  Fragm.  59,  1  Kinkel,  vgl.  Hom.  ^97  o'Jt  Yjir£{poto  [i,£XatVY]S  und 
Hom.  Hymn.  auf  Demet.  130  5t'  TjTCctpoto  [X£)vatV7](;. 

I  293  sq.  zpBiz  Y°^P  ßa<3tA£ic  (iEydÖajxoi 

dvop£  Saaiöxatot,  (Jiotpac  5s  zb  SYjXfpovcat. 

So  stellt  sich  die  Ueberlieferung  dar  nach  P;  dv3p£  bietet  er  allein,  dvSpsc  die 
tibrigen  Codd.;  5£  ts  5rj).Yjaovrai  (ZaO.rp'j^^zrxi  B)  hat  q5,  die  schlechtere  Sippe  W  5i]  zz  Sy^Xt]- 
aov-at  (L  von  1.  Hand  oi^  t£  Sadaovtai).  Die  Verderbnis  am  Schlüsse  des  Verses  294 
hat  verschiedene  Emendationsversuche  hervorgerufen:  Alexandre  conjicirte  schon  in  der 
ersten  Ausgabe  Sia^YjXYjaovrat  ,etsi  distrahendi  aut  discerpendi  potius  quam  dividendi 
sensu':    er  fühlte  also  selbst  die  Unzulänglichkeit  dieses  Vorschlages;   Volkmann  dachte  an 

dv3pa  Sixato-caxov  [xotp-^j  5ta5YjXYjaovtat 

(wohl  nach  I  364)  ,iu8tis8imum  virum  calamitate  afficient',  was  aber  zum  Zusammenhange 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  9 

gar  nicht  passen  will.  Einen  Fingerzeig  zur  Heilung  der  Stelle  scheint  mir  der  hesio- 
dische  Ausdruck  Theog.  544  StsSdaaao  (JLOtpac  zu  geben.  Nur  dieses  Verbum  kann  dem 
Sinne  auch  an  unserer  Stelle  Genüge  leisten  und  es  ist  sehr  wohl  möglich,  dass  dem 
Verfasser  jener  hesiodische  Versausgang  vorschwebte.  Denn  Anklänge  an  Hesiod  gibt 
es  in  diesem  Buche  genug,  z.  B.  I  46,  vgl.  Hesiod.  Theog.  585,  I  69  sq.  —  Hesiod. 
Erg.  113  sq.,  I  71  —  Erg.  116,  I  72  sq.  —  Erg.  120,  I  75  —  Erg.  185  sq.,  I  77  — 
Erg.  145  sq.,  I  78  sqq.  —  Erg.  152  sqq.,  I  83  sq.  —  Erg.  141  sq.,  I  85  —  Erg.  153, 
I  86  —  Erg.  142,  I  100  —  Theog.  153,  I  104  sqq.  —  Erg.  143  sqq.,  I  112  —  Erg.  136, 
I  115  —  Erg.  161  und  163,  I  120  —  Erg.  127,  I  254  —  Erg.  212,  I  297  sq.  — 
Erg.  117  sq.,  I  300  —  Erg.  91  sq.,  I  301  —  Erg.  116,  I  303  —  Erg.  142,  I  307  — 
Erg.  127  und  143  u.  a. 

Die  Sage  von  der  Theilung  des  Weltalls  schwebt  deutlich  dem  Verfasser  vor;  sie 
findet  sich  in  dem  von  einem  judischen  Verfasser,  der  absichtlich  jüdische  und  griechische 
Mythen  contaminirt,  herrührenden  dritten   Buche  der  Sibyllinen  deutlich  ausgesprochen: 

ni  110     xal  ßaatXsuas  Kpövo?  xai  Ttrdv  "IdicsToc  zs, 

wozu  ni  114  sq.  zu  ziehen  ist: 

Tptaaal  Zri  [xspiSsc  yacTjc  xard  xX-^pov  iv-aozno 
*al  ßaatXsuasv  sxaatoc  e/wv  [lipoQ  o6§"  e[Jid-/ovro. 

Es  ist  daher  nicht  allzu  kühn,  wenn  ich  vermuthe,  es  sei  StaSdaaovxat  x6ts  (Jiotpac 
zu  schreiben.  Die  Corruptel  §£  ts  ÖYjXT^aovtat  konnte  sich  leicht  ergeben,  da  das  Verbum 
STjXsioöai  bei  den  Sibyllisten  häufig  im  Gebrauche  steht,  so  z.  B.  lesen  wir  es  nahe 
unserer  Stelle  I  364. 

I  309  sq.  ojAotoc  8s  zöizrjz  eict  xdct  xsxaarat 

In  Vers  309  haben  sich  die  Herausgeber  mit  der  angeführten  Fassung  begnügt. 
Zunächst  ist  jedoch  unbedingt  slhic  xs  iisycöoc  x£  nach  Homer  herzustellen,  da  die 
Sibyllisten  die  Längungen  vor  liquidem  Anlaute  keineswegs  perhorresciren,  vgl.  z.  B. 
HI  579  ßto[iö)  £711  [icydXfp,  V  480  TC£pt  (Aiyav  oüpavov,  XI  119  AIjützxs  \ieydQo\i.s;  jenes 
vermutheten  schon  der  Anonym.  Londin.  und  nach  ihm  Meineke.  Minder  einfach  steht 
die  Sache  betreffs  der  folgenden  Worte.  Ueberliefert  ist  (po'ri  in  fp,  (poT,v  in  W'  der 
Accusativ  ist  hier  notliwendig,  er  gibt  die  Eelation  zu  o{j,otoc  tuiuo?  (xExaaxat  lese  ich 
mit  Meineke).  Unmöglich  aber  kann  '^ut^v  ohne  ein  Bindewort  angefügt  sein,  wie  schon 
aus  der  offenbaren  Vorlage  bei  Homer  B  58  hervorgeht: 

elhöc  T£  [j,£Yc66c  x£  (pu7]v  x'  dYX^cs'a  £otx,£t. 

Zwar  ist  man  mit  dem  Wörtchen  X£  in  der  Ueberlieferung  der  Sibyllinen  eigenthümlich 
umgesprungen  und  hat  es  an  mancher  Stelle  zur  Verklebung  und  Verkleisterung  von 
Corruptelen  missbraucht,  anderseits  ist  es  auch  mitunter  da  ausgefallen,  wo  es  ursprüng- 
lich stand.  Ein  Beispiel  letzterer  Art  haben  wir  vor  uns.  Vergleichen  wir  unsere 
Stelle  mit  Hom.  2"  419 

z'QQ  £V  (i,£V  v6o(;  eaxl  [Asxd  <pp£atv,  ev  8s  xal  ao^rj 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.   XXXVUl.  Bd.   IV.  Abh.  2 


JQ  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

oder  mit  der  Verbindung  t^ixsv  8£[xa?  'qtz  xat  aö^iQV  bei  Hom.  ß  268,  401,  x  206,  w  503,  548, 
stellen  wir  ferner  den  sibyllinisohen  Vers  mit  sammt  dem  folgenden 

gvQsto 

zusammen  mit  Hom.  J  430  I/ovt'  iv   cn^Qsaiv   aö5-»^v,    so   dürfte   kein  Zweifel   obwalten, 
dass  zu  emendiren  sei: 

ciSoi;  t£  jjL£Y£6öc  Tc  ipuTjV  T  .     aü3'/j  §£  [if  iaxai. 

I  324     §1^  TOTS  xat  {A£Yd>.oio  6£oö  ircHic  dvöptoirotatv 

rfiBi  aapxoipöpoc. 

Das  überlieferte  Si^  tots  xac  muss  in  xal  zöxs  §7^  verändert  werden,  vgl.  z.  B.  gleich 
den  Anfang  von  Vers  351.  Dergleichen  Versetzungen  kleiner  Wörtchen,  speciell  bei  dieser 
den  Sibyllisten  so  geläufigen  Verbindung,  kommen  in  den  Handschriften  wiederholt'' vor. 

I  353     ßX£(j;ouatv  8s  zs  zorp^oi,  dtdp  ßaStaouai  t£  )((o>.ot, 
xcoipot  z  £iaataouai,  Xakr^ood  oü  XaXsovtE?. 

Der  Schluss  von  Vers  353  kann  in  dieser  Form,  welche  <P  bietet  (W  ßaSioöat  ts 
y(oAot)  nicht  ursprünglich  sein;  es  ist  meines  Erachtens  naturgemäss  drdp  )^(oXol  ßaSiaooatv 
herzustellen.  Wegen  der  cliiastischen  Stellung  ist  die  Parallelstelle  VIII  207  zu  ver- 
gleichen: xal  zotpkcii  ßX£(j;ouac,  XaXT^ooua'  oü  XaXsovxs?. 

I  364     oupdvtov  orc  Tiaßa  6£0'j  5t£87]>.7^oavi:o. 

Es  kommt  nicht  darauf  an,  dass  die  'Eßpaiot  den  himmlischen  Sohn  Gottes  miss- 
handelt haben,  als  vielmehr  darauf,  dass  es  der  Sohn  des  himmlischen  Gottes  gewesen: 
Daher  ist  wahrscheinlich  oöpavtou  ort  itai^a  Ösoö  zu  schreiben,  zumal  der  Ausdruck  oupdvtoc 
ösoc  bei  den  Sibyllisten  ganz  geläufig  ist.  Die  Nothwendigkeit  des  Genetivs  oüpavtou 
fühlte  auch  Alexandre,  insoferne  er  in  der  lateinischen  Uebersetzung  sagt:  ,aeterni 
quoniam  natum  sprevere  parentis'.  ^ 

II  22  sq.     aüxdp  v.6o[xoz  okoz  zz  d';c£ip£at(i)V  dvöptoitwv 
aK'kriK'joz  xxstvoüat  (i,£[j,T^v6'C£C. 

Im  ersten  Verse  muss,  wie  ich  oben  schon  ausführte,  statt  des  unmöglichen  zb 
vielmehr  ic£p  geschrieben  werden.  Die  Präsensform  x-£tvouai  in  Vers  23  hat  man  ohne 
Anstoss  im  Texte  belassen,  wohl  weil  sich  die  Ansicht  herausbildete,  es  könnten  bei 
den  Sibyllisten  Präsentia  auch  im  Sinne  des  Futurums  gebraucht  werden,  da  an  einigen 
Stellen,  wo  dieses  Tempus  zu  erwarten  ist,  thatsächlich  Präsensformen  überliefert  sind. 
Dieser  Umstand  hat  denn  auch  Alexandre  veranlasst,  in  seinem  Excursus  ad  Sibyllina 
Vn  (p.  591)  diesen  Gebrauch  als  eine  Eigenthümlichkeit  für  die  Sibyllinischen  Gedichte 
in  Anspruch  zu  nehmen.  Allein  dieser  Punkt  verlangt  nochmalige  Erwägung,  die 
vielleicht  zu  einem  etwas  anderen  Ergebnis  führen  wird. 

Um  von  unserem  Falle  auszugehen,  hat  man  sich  die  Frage  vorzulegen,  ob  xtctvouat 
auch   sonst  in  Futurbedeutung   nachweisbar  ist.     Eine  willkommene  Parallele   zu   dieser 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  11 

Stelle  bietet  uns  das  letzte  Buch  der  Sibyllineu,  wo  XIV  93  dasselbe  Hemistichion  in 
der  Form  äX/.T^Xouc  xrsvsouat  vorliegt:  nun  aber  ist  dies  Buch  durch  die  Handschriften- 
classe  i2  (=  QMVH)  überliefert,  die  da,  wo  sie  neben  den  anderen  in  Betracht  kommt, 
sich  als  die  verhältnismässig  beste  Tradition  darstellt.  Wir  werden  daher  nur  nach 
einem  vernünftigen  kritischen  Grundsatze  verfahren,  wenn  wir  auch  II  23  für  jenes 
auffällige  xtctvouat  die  Futurform  %r£Vso'j'ai  herstellen,  da  uns  für  das  zweite  Buch  nur 
Handschriften  der  beiden  schlechteren  Sippen  zu  Gebote  stehen.  Wie  leicht  xtsvlouatv 
und  xTcivouatv  verwechselt  werden  konnte,  das  sehen  wir  auch  in  der  Ueberlieferung 
in  zwei  anderen  Versen  des  XIV.  Buches:  Vers  26,  wo  xtstvouatv  in  sämmtlichen  Hand- 
schriften statt  des  Futurs  steht,  wogegen  bald  nachher,  in  Vers  39,  die  Codd.  QVH  die 
Futurform  xravsouatv,   M  aber  xTsavsouatv  (d.  i.  aus  xxivsouatv  entstanden)  bieten. 

Im  Anschluss  an  diesen  speciellen  Fall  empfiehlt  es  sich,  die  beregte  Frage  näher 
zu  berühren.  Von  den  bei  Alexandre  a.  a.  O.  beigebrachten  (übrigens  nicht  ganz 
vollständigen)  Beispielen  müssen  diejenigen  ausser  Betracht  bleiben,  wo  es  sich  um  eine 
erst  durch  Conjectur  herzustellende  Form  handelt;  es  betrifft  dies  die  Verse  III  450, 
V  195,  VII  52.     Auf  einfache  Art  erledigt  sich  IV  19,  wo  die  beste  Ueberlieferung  (QVH) 

dvÖpcoTcotc  5aa  (oaaa  QVH)  vuv  ts  xal  oTUTcöaa  saasxat  ahxiz  {txözolc,  QVH) 

bietet,  während  in  den  übrigen  Handschriften  ylvctai  (statt  Icaciat)  steht;  in  den 
Excurs.  a.  a.  O.  hat  Alexandre  ytVcrai  noch  als  Beleg  für  den  in  Rede  stehenden 
Gebraucli  angeführt,  während  er  späterhin  in  der  zweiten  Ausgabe  des  Textes  die 
richtige  Form  saaerai  aufnahm  (yiVcrat  ward  in  einem  Theile  der  Handschriften  wohl 
durch  das  Streben,  den  scheinbaren  Hiatus  zu  beseitigen,  und  durch  die  Scheu  vor  der 
Verbindung  oaa  vüv  ts  xal  0TTz6aa  —  auxt^  veranlasst).  Andere  vermeintliche  Belege 
verschwinden,  da  man  unter  gehöriger  Erwägung  der  Umstände  durch  eine  geringfügige 
Aenderung  ohne  Störung  des  Zusammenhanges  die  regelmässige  Futurform  herstellen 
kann.  Dies  ist  der  Fall  VIII  57,  wo  mitten  unter  einer  ganzen  Reihe  regelrechter  Futura 
eine  Präsensform  handschriftlich  überliefert  ist: 

Schon  Opsopoeus  hat  die  ebenso  einfache  als  zutreffende  Correctur  Ssavucci  vorgebracht, 
das  Futurum  zu  dem  bei  den  Späteren  gebrauchten  Präsens  Scixvuo).  Aehnlich  ist  V  340 
zu  emendiren:    es  heisst  da  339  sq.: 

(IlajX'fuX'.oi  £V  ntoi^-OGi  die  Handschriften,  was  Alexandre  seinerzeit  verbesserte, 
während  er  im  Texte  der  zweiten  Ausgabe  die  Corruptel  merkwürdiger  Weise  stehen 
Hess.)  Alexandre  hat  für  diese  Präsensform,  die  er  in  den  Excursus  ad  Sibyll.  anzu- 
führen versäumte,  selbst  das  Futurum  %paV£ooot  passend  vorgeschlagen.  Hieher  gehört 
auch  das  von  demselben  Forscher  unbeachtete  Beispiel 

VlI  126     oü^£  6o(öc  ö).£xov'car     äiroX/vUiJ-svot  o  {i%h  aapxcöv  x-cX., 

wo  im  Hinblicke  auf  die  benachbarten  Futura  E^oXäasic  VII  119,  ki,rj\iizzi  121.  «pXc^st  122, 
xaöact  122,  xsvwast  122  u.  a.  auch  für  bXszovtat  eine  Futurform  zu  erwarten  ist;  es  ist 
wohl  öXsaovzat  oder  diroXoävtat,  ursprünglich  geschrieben  gewesen.     Ebenso  bedarf  es  nur 


j2  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

einer  geringfügigen  Aenderung,  um  die  regelrechte  Futurform  in  III  689  zu  gewinnen. 
Die  Classe  0  und  Cod.  L  bieten  xal  xpiVoi  Tcdvxac  icoXsiJKp  ösöc,  FR  %aX  xpivst;  wenn 
anders  nicht  überhaupt  xoXdasi  zu  schreiben  ist,  so  lässt  sich  einfach  xal  xpwsst  herstellen. 
Hier  ist  anzufügen  III  286  sq,   (bei  Alexandre  a.  a.  O.  ebenfalls  unbeachtet): 

xal  xörs  ^y]  6e6c  oüpavöösv  it£(JL']^si  ßaatX-^a- 
xpcvsl  8'  äv8pa  sxaoTov  £V  ac(xati  xal  Tcopöc  ady-r). 

Die  Handschriften  überliefern  das  ganz  unstatthafte  xpivst  mit  falscher  Länge  des  c,  wofür 
Alexandre  xpivst  vermuthete.  Ein  einfacheres  Auskunftsmittel  fand  Nauck,  der  hier  den 
Infinitivus  finalis  xptvstv  zu  schreiben  vorschlug.  Es  kann  mit  Rücksicht  auf  VIII  218  sq. 
auch  an  xplvai  gedacht  werden,    denn  hier  heisst  es  ganz  analog: 

adpxa  Tcapwv  Ttrloa"^  xplvai  xai  xöa[JLOV  dxavca. 

Alexandre's  Hinweis  auf  VIII  222  ist  nicht  stichhältig,  weil  dort,  abgesehen  davon,  dass 
die  Conjunctivform  des  Aorists  %ptv*/j  leicht  herzustellen  ist,   in  dem  Satze 

auch  eia  wirkliches  Präsens  zulässig  ist,  da  die  Vorstellung  von  dem  kommenden 
Gerichte  bereits  in  den  vorausgehenden  Versen  betont  wird: 

218     rfizi  5'  oapavöösv  ^aaikzoc,  auöatv  6  [xsXXtov 
adpxa  -juapcov  Tcdaav  xptvat  xat  xöa[jiov  diravca 
vgl.  auch 

220     O'jiovxai  §£  ösov  {lepoTusc  iccotoI  xal  diccarot  v.z'k. 

Als  Präsens  hat  es  auch  der  Uebersetzer  des  Akrostichons  Christi  bei  Augustin.  de  Civit. 
Dei  XVin  23  gefasst,  indem  er  den  Vers  222  wiedergibt  mit  ,sic  animae  cum  carne 
aderunt,  quas  iudicat  ipse'. 

Ebenso  liegt  ein  wirkliches  Präsens  vor 

I  297     yai'/j  8'  otu  xapirolc  STcaYdXXstat  autojxdxotat 
'f'jo]X£votc  iroXXolatv. 

Vorher  hat  der  Verfasser  von  der  Herrschaft  der  zpslc,  ßaatAsi?  [KS^dQüiim  (293)  erzählt, 
die  lange  Jahre  gerecht  der  Menschen  Geschicke  lenken  werden.  Indem  der  Sibyllist 
sich  nun  in  diese  Zeit  versetzt,  kann  er  das  Präsens  sTza'fdWazai  ganz  wohl  gebrauchen, 
da  schon  früher  gesagt  ist,  dass  dies  in  der  Zukunft  geschehe.     Ebenso  verhält  es  sich  mit 

VIII  304  sq.     d)X  ÖTCOt  dv  h'q  taöta  (vgl.  unten  zu  d.  St.)  zBkei(oBri,  d  -jcsp  sficov, 
.  £'.;  ot'jTÖv  TÖTE  lud?  Xöazai  vöjxoc  xrX. 

Ein  Futurbegriff  selbst  liegt  schon  im  Präsens  VII  55  [li-^a  aoi  xp£|xaTai  ^oßepöv  icöp, 
und  in  einem  ähnlichen  Sinne  ist  izikszai  zu  fassen  in 

HI  475     KaiATiavotc  dpaßo;;  xsXsxat  Zid  zhv  TzzrAvKrj^Bov 

/.'.[JLOV. 

Im  fünften  Buche  lesen  wir  Vers  465  vom  Einfalle  eines  ßdpßapoc  o)(Xo?  in  Kleinasien, 
dessen    grause    Folgen    der   Sibyllist  Vers  467 — 47Ü   andeutet.      Auch   hier   finden    sich 


Kritische  Studikn  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  13 

Präsentia,  denn  es  entrollt  der  Verfasser  gewissermassen  vor  uns  die  Greuel  der  Noth; 
man  muss  nicht  Xat<pd^ovtac  schreiben  und  xarsSouat  als  eine  Futurbildung  ansehen  (für 
iMGi^axa  vermuthet  Kloucek  äÖsa^a-ca,  ich  denke  an  i-^xaza,  vgl.  Ilom.  P64): 

%ai  tOT  ä6sa[JLoß6pot  [Aspoxsc  KaxsSo'jat  yoVTjac 
XqjLö)  Tct.p6[jt£Vot  xat  £0£a[ji.a~a  Xatfpdaaovxat. 
TcdvKov  8'  £x  (XcXdOptov  ÖTjps?  xarsSouat  ipdicsCav, 
aüToi  T  otcovot  x£  ßpoto'jc  xax£8ouacv  diuavcsc. 

Nach  Abzug  der  besprochenen  Stellen,  von  denen  ein  Theil  bei  Alexandre  a.  a.  O. 
unerwähnt  blieb,  sind  noch  etliche  wenige  Fälle  zu  erledigen.  Von  vornlierein  muss 
es  Bedenken  erregen,  dass,  wenn  thatsächlich  die  Verwendung  des  Präsens  im  Sinne 
des  Futurums  bei  den  Sibyllisten  möglich  war,  sich  dieser  Gebrauch  unter  den  unge- 
zählten Belegen  der  echten  Futurformen,  deren  sich  die  Verfasser  bei  ihren  Weissagungen 
naturgemäss  bedienten,  nur  ganz  spärlich  (die  Belege  reduciren  sich  auf  5 — 6)  vorfinden 
sollte.  Schon  der  Abwechslung  wegen  liätten  wohl  die  Sibyllisten  das  Präsens  öfter 
für  das  Futurum  verwendet.  Diese  Erwägung  legt  die  Frage  nahe,  ob  denn  jene  Fälle 
nicht  eine  andere  einfache  und  befriedigende  Lösung  zvilassen. 

Unleugbar  steht  die  Thatsache  fest,  dass  in  den  Sibyllinen  der  in  der  epischen 
Sprache  vorkommende  Gebrauch  des  Conjunctivs  Aoristi  für  einen  Futurbegriff  wiederholt 
vorliege.  Schon  bei  Homer  kann  auch  in  unabhängigen  Sätzen  der  Conjunctiv  (mit 
oder  ohne  dv,  resp.  %cv)  im  Sinne  des  Futurs  stehen.  Unantastbare  Belege  in  den 
sibyllinischen  Orakeln  hiefür  sind  (bei  Alexandre  a.  a.  O.  nicht  vollständig  aufgezählt): 
öXiaa-Q  XIV  13,  Öpa6a-(]  XIV  14,  stceXÖ'/]  IV  72,  yEr^xat  II  28,  II  169,  hial'filriQ'qx(j.i  XII  72, 
XII  276,  o(f)9'(i  VIII  318,  oyio%-l  VIII  305,  «ptopaOcöa-.  II  191  (£ia£X9coatv  II  153  lasse 
ich  ausser  Betracht,  da  es  nur  in  der  schlechteren  Familie  W  steht,  während  fp  5c£X£6aoVTat 
bietet).  Da  nun  die  noch  zu  erledigenden  Beispiele  sich  ohne  Mühe  und  Schwierigkeit 
durch  ganz  leichte  Veränderung  in  derartige  Conjunctivformen  verwandeln  lassen,  so  ist 
es  fürwahr  weit  weniger  gewagt,  durch  Vornahme  dieser  Correctur  die  Zahl  der  Fälle 
eines  unzweifelhaft  vorliegenden  Gebrauches  zu  vermehren,  als  durch  starres  Festhalten 
an  der  so  schlechten  handschriftlichen  Ueberlieferung  eine  sehr  problematische  syntaktische 
Eigenthümlichkeit,  die  durch  ein  paar  Belege  repräsentirt  wäre,  statuiren  zu  wollen. 
Diese  Annahme  gewinnt  dadurch  an  Wahrscheinllclikeit,  dass  sich  Spuren  dieser  Auffassung 
auch  handschriftlich  vorfinden.      Voran  stelle  ich  III  359  sqq.: 

ICoXXdxi    5'   dßpTjV    OclO    x6[JL7]V    ÖEOTUOlVd   XZ   %£Cp£t 

■ifA  SixYjV  StcTCOuaa  zö.  oüpavö6£V  iroxi  yalav 
p{'|»£t,  k%  tk  yatTjc  icdXiv  o'jpavov  £tc  dv£Y£tp£c. 

So  Alexandre.  Im  zweiten  Verse  hat  Volkmann  mit  Recht  TJ  a£  (statt  rfii)  und  6.% 
oöpavööcV  (statt  -cd  oupavööcv)  vorgeschlagen.  Im  ersten  Verse  ändere  ich  Ssairotvd  zz 
%£ip£t.  zu  OcOTCOtv'  d'7C0X£{p'(],  da  ti  ganz  sinnlos  ist;  ebenso  muss  =xz  im  dritten  geschrieben 
werden  [A  hat  oo^ayb-^  £aav£Y£{p£t).  Hier  nun  bietet  die  eine  Handschriftenclasse  W 
dv£Y=^p'(]»  diejenige  Form,  die  nach  meiner  Ueberzeugung  in  den  Text  zu  setzen  ist, 
wie  dirowctpTj  in  Vers  359.  Auch  p{r];£i  in  die  Conjunctivform  des  Aorists  pt<|^irj  zu  ver- 
ändern, halte  ich  nicht  gerade  für  nothwendig,  da  auch  anderwärts  ein  Wechsel  von 
Indicativen  Futuri  und  Conjunctiven  des  Aorists  vorliegt,  namcntlicli  in  Fällen,  wo  die 
betreffenden  Formen  äusseriich   ziemlich   verschiedenes  Aussehen  zeigen,  wie  z.  B, : 


H  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

VIll  305  sq.     vaoö  xs  o/taOi^  tö  Tzezrtaiia  xat  ri\xazi  [xsaaq) 
.    v6^  sarat  axoröcaaa  irsXcöptoc  £V  xptaiv  (opaic. 

VIU  318     TCptbra  Ss  zoiz  tStot?  yavspö^  töts  xupioc  otpf)-?] 

adpxivo?,  (öc  TTCtpo?  -^v,  yB^abi  ts  icoatv  x'  STrt3cti;ct 
rsaoapa  tote  iStoic  ^X'^'/j  iCTjxösVTa  [JLsXsaatv. 

Indess  ist  pitj^Tj  zu  schreiben  auch  nicht  allzu  gewagt.  Bios  die  Veränderung  eines  o 
zu  (0  ist  nothwendig,  um  eine  weitere  Stelle  zu  erledigen, 

V  250  sq.     äxpt  §£  ^^«^  'Iötctj?  rs^x^C  \i.i^0L  xüxXcöaavxec 
ütj^öo'  dstpovtai  axpt  %al  Vctpscov  spsßsvvwv; 

hier  haben  wir  äsipwvtai  als  Conjunctiv  Aoristi  herzustellen;  übrigens  ist  Vers  251  aypi 
xac  wohl  in  sactypi?  zu  bessern;  xac  scheint  aus  dem  vorausgehenden  Verse  eingedrungen 
zu  sein.     Hier  sei  auch  der  Stelle  V  431  gedacht: 

OGzazoc  saÖ'  (d.  i.  saxai)  dyttov  xatpöc,  ots  taüta  icspaivso 
6cö?  6'|tßp£jxsnrj?. 

Statt  des  von  Castalio  aus  der  handschriftlichen  Corruptel  Tcapatvst  hergestellten  -rtcpatvst, 
ist  vielmehr  TCSpdvY]  zu  schreiben.  Zwei  Stellen,  III  304  und  III  779,  sind  unter  Einem 
zu  betrachten. 

lU  304     TTdaav  dfiapttoXwv  y'^'^o^v  po^Cö?  ito6'  txvsixat 

xat  Tidaav  x^pav  [ispö-Tctov  d>.aAaY|J.öc  öXeaast. 

lU  779     Tcdaa  ydp  cipT^VY]  dyaGcöv  etui  yalav  cxvslrat. 

Die  Präsentia  txvslxac  sind,  da  sie  an  beiden  Stellen  mitten  unter  Futura  stehen,  überaus 
störend;  hiezu  kommt,  dass  in  den  gesammten  Sibyllinen  einzig  in  diesen  zwei  Versen 
das  Präsens  {xv£0[i.a'.  überliefert  ist,  während  sonst  nur  die  Futurformen  öfter  vorkommen; 
ferner  erregt  die  Vernachlässigung  der  Positionslänge  innerhalb  des  Wortes  vor  xv 
Bedenken.  Ganz  einfach  aber  gestaltet  sich  Alles,  wenn  nach  Analogie  des  zweimaligen 
YSVTjra'.  (II  28,  169)  geschrieben  wird  h.y]zai.  Was  endlich  die  zwei  noch  erübrigenden 
Stellen,  welche  von  Alexandre  a.  a.  0.  herangezogen  wurden^  anbelangt,  so  ist  zunächst 
in  dem  verderbten  Verse 

III  450     EüpcoTir^:  h'  Aoctjc  -£  Xstbc  ptyiatd  TTcp  ahct] 

(t  fehlt  in  A,  Zc.  Äctö?  hat  W  nicht,  ^rf^iGza  bietet  (p)  von  Alexandre  zuerst  dz-y^,  später 
ä'KfZi  conjicirt  worden  ,pro  dXyTjOEt',  ein  Versuch,  den  wir  nicht  gutheissen  können. 
Es  ist  vielleicht  ein  Vers  ausgefallen,  der  das  Verbum  zum  Accusativ  okyt]  enthielt,  oder 
es  steckt  in  •jrsp  äy^r,  etwa  irspav-fj.  Dass  nun  auch  in  dem  letzten  noch  zu  berührenden 
Falle 

V  337     r/^v  ■:*  MaxTjiSovtTjV  ßaaiAsüc  AbfÖTZzi'jQ  atpsl, 

wo  atpsi  zwischen  echten  Futura  (C£'j;;£t,  i^aXaTzd^ei,  pi']/st)  steht,  diese  Form  nicht  als 
ursprünglich  gelten  kann,  dürfte  nach  dem  bisher  Gesagten  ausgemacht  sein.  Es  lautete 
der  Vers  dereinst  vielleicht 

YY)c  ts  McxYj^ovtT^c  ßaatXcUC  iMfÖTzzirjc  dpqst. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinisciien  Orakeln.  15 

II  34     xal  tÖT£  Stq  [li-^a  aYj[xa  öcoc  (Jicrsiccixa  xot'/^asc. 

Diese  Schreibung  der  Handscliriften  blieb  bisher  ganz  unbeanstandet,  obgleich 
[iBzeTZBiza  neben  xai  toxs  St^  Bedenken  erregen  muss.  Vergleichen  wir  aber  die  Ueber- 
lieferung  von 

XIV  220     a/X  ÖTcÖTttv  {isya  OYjfxa  Qsöc  [xspöicsaat  xoi7]a-(], 

so   wird  Niemand  umhin   können,'  in  jenem  jAcTSTüctra   eine  Vei'derbnis   aus  [xspömsaac   zu 
erblicken.     Zum  Ueberflusse  möge  auch  noch  auf  XIV  158  verwiesen  sein: 

oupavoQsv  Sst^st. 

II  39     vm  zöxs  Y<ip  [J-ST'^'^  o'jzoz  dycöv  iasXaattxö«;  iatat. 

Die  beiden  letzten  Herausgeber,  Alexandre  und  Friedlieb,  setzten  xal  tote  ydp  nach 
der  schlechteren  Classe  W  in  den  Text,  wir  müssen  aber  von  der  Sippe  <P  ausgehen, 
zumal  jenes  "^dp  doch  nur  aus  dem  unmittelbar  (Vers  37)  vorausgehenden  xoxs  ydp 
o-zs'foc.  eingedrungen  zu  sein  scheint.  In  P  finden  wir  corrupt  xai  röO[Jiai,  während  A 
xal  tö  .  .  .  6{Aai  bietet.  Dies  scheint  mir  auf  die  Leseart  ■xal  tots  jXaV  (v  ging  vor  folgendem  [x 
verloren)  hinzuweisen,  die  der  ganzen  Stelle  gut  entspricht. 

II  52  sq.     ol  8'  dya'jrwat  ydiJiov  ze,  yaiJtoxXoTCtcöv  8'  dir£)(0VT:at, 

So  Alexandre.  Ein  allgemeiner  Fehler  der  Handschriften,  welche  am  Eingange 
des  Verses  52  Yj5'  bieten,  ist  stillschweigend  schon  von  Betuleius  verbessert  worden;  ein 
zweiter  blieb  bisher  unbeanstandet.  Das  zs  nacli  Yd[iov  ist  ganz  unstatthaft  und  wie  in 
so  vielen  anderen  Fällen  nur  ein  schlechtes  Füllsel,  um  einen  Schaden  der  Ueberlieferung 
zu  verdecken.  Es  ist  zu  schreiben  ot  Si  ydfJtou?  (oder  Yd[ji,ov,  in  A  weist  vielleicht  das 
über  ydjxov  stehende  cov  auf  den  ursprünglichen  Plural)  dyairwat  '(rx^o^XoTzuo-^  z  dicsyovtat 
(statt  des  handschriftlichen  x  hat  Alexandre  unberechtigt  8'  geschrieben).  Im  nächsten 
Verse  53  aber  ist  in  der  Ueberlieferung  ganz  offenbar  eine  Versetzung  der  Anfangs- 
und Schluss Worte  erfolgt:    ich  lese 

v.cd  xoic  ir).o6ata  8töp',  aitovtov  sXittSa  Stöasc. 

II   71  sq.     0TC£p|xaTa  \xri  xXs'JT'csiv     STrapdatiJLoc  oq  ziq  sXTjtat 
sie  '(ö'^zo.c,  Ysvewv,  8td  axopTtiajjiöv  ^lizoio. 

Bernays  hat  in  seiner  bekannten  schönen  Untersuchung  über  das  pseudophokylideische 
Gedicht  (p.  XXIII)  angenommen,  es  sei  in  dem  unserer  Sibyllenstelle  entsprechenden 
Verse  18  der  Pseudophokylidea  ursprünglich  täpixata  statt  GTzip[s.aza  gelesen  worden, 
was  er  mit  dem  Hinweise  auf  Deuteron.  27,  17  eTziv.azdpazoz  6  \s.ezaziBziQ  opia  xoü  icXvjawv 
zu  begründen  suchte.  Unser  Sibyllist  wenigstens  las  jedoch  sicher  aTTspixara.  Es  heisst 
nämlich  II  100  sq.:  ttypoö  y^^'^ovsovco^  (die  sibyllinischen  Handschriften  W  yzizo'^soo'^zoc) 
d-Jtöa/cO  (so  ist  mit  der  Mehrheit  der  Handschriften  der  Pseudophokylidea  zu  schreiben, 
die  sibyllinischen  [d.  h.  hier  nur  W]  haben  dTCOoyou)  [atjS'  dp'  (die  sibyll.  Codd.  falsch  \).ri 
töv  5'  dp')  ÖTTcpjS'^c'  I  Tzdc.  '6poz  sati  öixaioc,  üitspßaciY)  8'  d>.£Y^^'*''*'i' 


IQ  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

Der  erstgenannte  Vers  entspricht  dem  Verse  35  der  Pseudophokylidea,  der  zweite 
stellt  eine  Umänderung  von  36  dar,   welcher 

irdvrtov  [isxpov  aptdtov,  UTcspßaatat  8'  äKZ'(etyai 
lautet.  Wenn  nun  der  Sibyllist  statt  des  erwälmten  Einganges  die  Worte  izä-z  öpo?  iazi 
Sixaioc  setzte,  so  geht  hieraus  hervor,  dass  er  diese  Stelle  für  passend  erachtete,  um 
seine  Warnung  vor  Schädigung  des  nachbarlichen  Ackers  durch  Hinzufügung  jener  Worte 
zu  begründen  und  auszuführen.  Das  wäre  aber  keineswegs  nothwendig  gewesen,  wenn 
er  auch  schon  rspjJLOcza  (jlt^  xXcZTSIV  gelesen  hätte. 

Im  Verse  72  kennen  die  Handschriften  8td  nicht,  es  ist  von  Alexandre  eingesetzt, 
der  das  metrische  Bedenken  nicht  scheute,  um  die  Lücke  zu  füllen.  Ich  vermuthe,  dass 
e;  zu  ergänzen  ist,  ,in  alle  Ewigkeit,  bis  zur  Vernichtung  alles  Lebens'. 

II  74  sqq.     jitaööv  {loyÖiQaavxt  SiSou*     [ir]  ÖXtßs  TcsVTjta. 

■^XlOOG'Q   VOÜV   £y£[i,SV      XpUTCCÖV   X6'(0V   £v   (ppcolv   üayciv. 

öp^avaotc,  yr^paiQ,  sTciScUOjxsvotc  8s  'jcapdayou. 
Der  Vers  76,    welcher  einer    geringfügigen  Besserung  bedarf,    indem    X''1P'^^^   '^'  ^'^^' 
Säuofisvoii;  TS  zu  schreiben  ist  (an  xs  für  M  dachte  auch  Alexandre),   ist  von  dem  Com- 
positor  der  gnomischen  Partie  selbst  gefertigt.     Zweifellos  ward  er  durch  die  Mahnung 

|jLta9ov  [AoyÖT^aavrt  ScSou"     pf^  ÖXlßs  irsvTjta 
veranlasst.      Deshalb    wird    es    sich    auch    empfehlen,    ihn    unmittelbar   hinter   den   eben- 
erwälinten  Vers  treten  zu  lassen,    während  er   in  der  Ueberlieferung  durch  Vers  75,    der 
ein  ganz  anderes  Thema  berührt,  von  jenem  getrennt  ist. 

U  105     Tidvcs^  Y°^P  ^svtTjc  TCStpT^aovcat  Tzohj\i,6iQoo. 
So    muss    nach    meiner  Ueberzeugvmg    der  Vers    lauten.      Die   Handschriften    haben 
l;£v{r^C  TTSptpr^aaovra'.  icoXujxöyOo'j.     Mit  vollem  Rechte  haben  Nauck  und  Bergk  nach  dem 
pseudophokylideischen  Verse  40 

Tcccvtc?  Y°^P  ''^«vtr^i;  irstptoixsGa  z^c,  TzoXoTtkd-cx.z'-jO 
die  Corruptel  -TCcp'.pT^aoovxat.  emendirt.     Dagegen  kann  ich  mich  der  Forderung  der  beiden 
Forscher  in  den  Sibyllinen  auch  -JCäVtYji;  zu  schreiben  (^svcyjc  sei  erst  durch  die  Abschreiber 
an  Stelle  von  ■rtsviv]«;  eingedrungen)  nicht  anschliessen.     Der  Einleger  der  Pseudophoky- 
lidea las,  wie  die  von  ihm  selbst  hinzugefügten  Verse 

saasr,  kTzai  Ttdvxcs  ßpotol  aljioccoc  s^  £v6c  eois 
deutlich    zeigen,    wohl    zweifellos    ^svlyjC-     Und    dieses    hat    Bernays    unter    dem   Beifalle 
von  Goram   auch    für   die  Pseudophokylidea   gefordert    (vgl.   hiezu  Exod.  22,  21,    23,  9, 
Levit.  19,  34;   24,  22  u.  f.). 

II  109  sq.     [XTjSs  biXriQ  icXooxslv  (xyjS'  s^yoü-     dXXd  xö8'  z^^oo 
C'Jjv  dTcö  tÄv  öXtYwv  [iTjSev  zs  syovca  dotxov. 
Bei  der  Emendation  dieser  Verse  ist  zu  beachten,  dass  sie  von  dem  Compositor  aus 
den  Theognideen  1155  sq.  /i.*  entnommen  sind: 


*  8o  rerbewjere  ich  ftir  das  überlieferte  ys. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  17 

C'?;v  äitö  tcöv  öXtycov  [jl'/jSsv  i/ovrt  xaviöv. 

Etwas  näher  nocK  steht  unserem  Sibyllisten  die  Fassung,  in  welcher  sich  die  Verse  als 
ein  £7rtYpa[JL[Jia  ä^sazotov  in  der  Anthol.  Palat.  X  113  vorfinden: 

C"^/;  £%  -cwv  öXtycov  [ir^^sv  E/ovta  (l/ovcc  Planud.)  xaxöv. 

Zunächst  ist  der  Optativ  ÖsXotc  herzustellen  und  mit  dem  Sibyllen-Codex  i^  im  ersten  Verse 
\).rß'  S'j"/cO  zu  schreiben,  vgl.  II  100,  wo  in  den  hier  in  Betracht  kommenden  sibyllinischen 
Handschriften  W  aTZÖoyoo,  in  den  der  Pseudophokylidea  aber  d'!roo)(£0  vorliegt.  Im 
zweiten  Verse  ist  das  metrische  Monstrum  [xt^osv  ts  s/ovia  doaov  auch  unserem  Compilator 
kaum  zuzutrauen.  Aber  ebensowenig  wird  man  sich  der  von  Alexandre  in  den  Text 
eingesetzten  Umformung  dSwov  M  ~e  [xtjSsv  c"/oVTa  anschliessen  können,  da  das  Particip 
s/ovta  an  den  Infinitiv  C'^^v  mit  0£  T£  nicht  angefügt  werden  darf.  Es  ist  Doppeltes 
möglich:  zunächst  konnte  hier  von  dem  Compilator  der  Pentameter  einfach  mit  aus  jenem 
Distichon  herübergenommen  werden,  also  in  der  Form: 

C"?iV  d-TTÖ  rcüv  ö^iycov  \i.rfiiy  £)(ovt  dSwov. 

Dies  hatte  auch  Alexandre  einst  vermuthungsweise  ausgesprochen  (Note  in  der  ersten 
Ausgabe).  Für  die  Möglichkeit  der  Reception  des  Pentameters  mitten  in  den  hexa- 
metrischen Fluss  der  Rede  gibt  es  ein  Beispiel  in  den  Sibyllinen  I  146,  wo  ein  solcher 
(o'jx  ä(j.6r|tOC  Igt]  rqQ  irap'  £(j.o!.  aocprrjc)  die  ainigmatisch  gehaltene  Schilderung  von  Gottes 
Macht  und  Herrlichkeit  beschliesst.  Durch  letzteren  Umstand  erscheint  diese  starke 
Abweichung  von  der  epischen  Oekonomie  gerechtfertigt.  Das  wäre  aber  an  unserer 
Stelle  nicht  der  Fall.  Deshalb  ist  die  Annahme  einer  vom  Compilator  dieser  Partie 
vorgenommenen  Umformung  des  Pentameters,  um  ihn  seiner  Umgebung  anzupassen, 
nicht  ausgeschlossen,  und  dies  halte  ich  für  das  Wahrscheinlichere;  und  so  mag  die 
ursprüngliche  Fassung  gewesen  sein: 

C'?iv  äzö  Tcbv  öXi'ycov  d^'.xöv  Tisp  (xr^Ssv  i/ovra. 


II  121     |JLr^5'  öic.  Tüsrpo'fUTjC  TzrAoTZooc,  xaTd  ycopav  äjxsißsw. 

Der  offenbar  verderbte  Versschluss  muss  aus  den  Pseudophokylidea  hergestellt  werden, 
indem  v.azrj.  yÄpov  ä|X£cßo'j  geschrieben  wird  (xaxd  yÄpov  vermuthete  zweifelnd  auch 
Alexandre);  das  Medium  äjxsißou  verlangt  der  Sinn:  übrigens  ist  die  corrupte  Leseart 
xazd  ytöpav  auch  in  einem  Theile  der  Handschriften  des  Ttot'^jJia  Vouöctixov  überliefert. 
Noch  andere  Kleinigkeiten  sind  aus  den  Pseudojihokylidea  zu  bessern,  wie  II  117  asö 
für  ao'j  der  Sibyllencodices  (Pseudophok.  46),  ebenso  II  85  6  ydp  tzXöoq  eoüv  aZrfkoQ 
(statt  TcXoO^),  vgl.  Pseudophok.  25  stcsi  ttXooc  saüv  ä^-qkrjQ,  Auch  hätten  die  bisherigen 
Herausgeber  unbedingt  II  146  [i'i]  [i.t[j.oü  aus  Pseudophok.  77  in  den  Text  einsetzen  sollen, 
da  [i'f^^Ä  |J.t[ioO  der  Sibyllinenhandschriften  nur  Corruptel  ist,  veranlasst  durch  den  Anfang 
von  11  144. 

DenltschriftCD  der  plil.-hist.  Cl.    XXXVIIJ,  Ed.    IV.  Abb.  3 


]^3  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

II  161     aiiJiaat  %ai  xovtYjot  irsipupfJLcVoi. 

Das  Particip  ist  ia  correcter  Form  in  der  sclilecliterea  Classe  W  erhalten,  während 
<P  verderbt  TCcSopaiJLSv'  bietet.  Aber  der  Plural  aii^aa'.  kann,  obzwar  von  allen  Hand- 
schriften tiberliefert,  nicht  richtig  sein,  vgl.  die  ständige  homerische  Phrase  aifxati  v-aL 
xoviT^Gtv  0  118,  /7  639,  796,  ;t  383  und  daneben  t  397  ':r£cpDp[isvov  ai[Aarc  TioXXcp.  Es  ist 
demnach  der  Singular  'JX]yr:i  herzustellen. 

II  182  sq.     f^i^l  Y^p  ""  "^i«"?  ^i  oscXy^c  -/^  jxsaov  rj|j.ap- 

So  ist  noch  in  den  letzten  Ausgaben  zu  lesen.  Die  Handschriftenclasse  <?  bietet 
■/i(bo;,  die  schlechtere  Sippe  tjoö?;  nach  Opsopoeus'  Bemerkung  soll  in  des  Pithoeus' 
Handschrift  '/jÄvoc  (wohl  7;(öoc)  gestanden  sein.  Alexandre,  dem  sich  Friedlieb  ohne 
Weiteres  anschloss,  muthet  uns  in  der  obigen  Fassung  der  Stelle  zu,  r^wc  ,adverbii  loeo 
pro  '/jäSev  seu  icoösv'  (Note  in  der  ersten  Ausgabe)  zu  fassen  mit  Hinweis  auf  Sib. 
Or.  III  252,  eine  Stelle,  wo  eine  unzweifelhafte  Textesverderbnis  vorliegt.  Er  nahm 
als  Subject  zu  y;|£1  ydip  das  in  Vers  180  vorangehende  6  Ssait&Cwv,  das  dann  wieder 
Vers  183  bei  fj^st  8'  äTps^sw?  als  Subject  fortgeführt  ist;  demgemäss  fasste  er  die  in 
Vers  182  vorliegenden  Zeitbestimmungen  als  Adverbia,  wobei  SciXyjs  als  Genetiv  und 
•Jjcb;  als  eine  Art  erstarrten  Nominativs  in  adverbialer  Geltung  angesehen  werden  müsste: 
demgemäss  ist  bei  Alexandre  auch  übersetzt:  ,namq[ue  aderit  (dominus)  mane  aut  sero 
mediove  diei'.  Ich  kann  mir  nur  denken,  dass  sich  Alexandre  durch  die  handschrift- 
lichen Corruptelen  '/)(boc  und  TjOöc  zu  diesem  ganz  verkehrten  Vorgange  verleiten  liess. 
Der  Sibyllist  hat  sich,  um  die  "Worte  des  Evang.  Matth.  25,  42  Yp-z^yopcirs  ouv,  orc  oöx 
oi5a-£  icotcf.  Äpcf  ö  %'jpioc  u[xtt)V  ip/cxat  (vgl.  Luc.  12,  46  f^^si  y<^P  "^  y.'Jptoc  zoü  8o6Xou 
ivts'vo'j  £V  '^ili-spcf,  '^  oO  7üpoa5ox(^  xcti  £V  copcj.  -^  o6  YWd)ax£i)  auszudrücken,  des  homerischen 
Verses  «?»  111  bedient: 

£aa£tat  y^  vjtoc  '?;  8£{X7]  '^  [Ji£aov  Y;[JLap. 

An  dieser  Stelle  besteht  die  Variante  SctÄTj?  im  besten  Cod.  Ven.  A^  im  syrischen  Palim- 
psest,  weiter  im  Lexikon  des  ApoUonios  Soph.  85,  23,  im  Etymolog.  Mag.  261,  24  und 
im  Schol.  zu  K  252,  wozu  noch  Suidas  I  2,  866,  3  und  Eustathios  p.  1226,  29  hinzu- 
kommen, während  letzterer  auch  1225,  35  von  SeiXy]?  jXard  twa?'  berichtet.  Diese  Lese- 
art ttu:r^z  lag  auch  dem  Sibyllisten  in  seinem  Homertexte  vor.  Aristarchos  schrieb  nach 
Didymos  Os'D.y^:  i^pbrap/oc  ywpis  toü  a  SeiXy),  vgl.  Schol.  des  Nikanor:  cjüco?  Zk  /(opi? 
zrt'j  3  ^(^ar^zi^jv,  cö?  v.al  Ai^-jjjiq)  Soxsi  sv  r?j  ^LopOcoasr,  hiezu  Schol.  V  rj  SsOvTjs*  oXoci 
s'JÖclcii  cbf  otya  toö  ä  ^stX'/j.  Auch  an  unserer  Stelle  müssen  wir  mit  dem  Homer- 
scholion  sagen  ,oÄat  söOciai  siaiv'.  Die  Corruptel,  die  zur  irrigen  Auffassung  des  ganzen 
Verses  Veranlassung  gab,  steckt  nur  im  Eingange  desselben,  in  y;^cI  '{dp  z  .  Der  nächste 
\ers  183  hebt  mit  "f^iei  8'  an,  der  zweitnächste  mit  saacrat:  wie  leicht  war  es  da 
möglich,  im  Eingange  von  Vers  182  Y^^et  aus  dem  folgenden  Verse  fälschlich  eintreten 
zu  lassen,  während  entweder  i<ZQ~.zai  Y;  aus  Homer  ^111  denselben  einleitete,  oder  etwa 
mit  geringer  Veränderung  von  dem  Sibyllisten  satai  y^P  ''^  geschrieben  ward.  Der 
ganze  Vers  ist  blosse  Zeitangabe  und  als  solche  eine  Art  Zwischensatz,  sein  Subject 
aber  war  niemals  ö  osaxöCwv,   sondern  (wie  bei  Homer)  die  folgenden  Nominative  7)(oc, 

OS'l/.Y,;    und    [AS^OV    Y|]J.7.p. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  19 

11  184  sqq.     ^aasxat  £u5o{Ji£Voic,  ot  cxtc'   oupavoO  daxsposvcoc 

auv  §'jat  ^(oatYjpatv. 

Für  das  unzulässige  datpa  X£  xdv-:a  muss  datpa  TTpÖTravxa  geschrieben  werden;  das  den 
Begriff  ^d?  verstärkende  Compositum  lüpoTrac  gebrauchen  die  Sibyllisten  öfter,  z.  B.  II  206, 
III  80,  herzustellen  auch  VIII  337,  worüber  zu  11  206  zu  vergleichen  ist. 

II  204  sqq.     '|uyai  S'  dvöpcb'ircov  ludaat  ßp'J^ouotv  öSoüatv 

£V   OOtlCSOCl)    [ji,aX£pcp. 

Nach  YIII  350,  III  558,  678  muss  zunächst  icdaat  5'  dvöpfOTUCov  '|u)raC  umgesetzt  werden. 
Weiters  ist  die  Verbindung  Tco-a[i(j)  %al  Ocfq)  xal  irupo?  &p|J.T;  unter  allen  Umständen  auffällig. 
Mag  man  sich  auch  erinnern,  dass  dieser  7COxa[Ji.6?  der  Feuerstrom  ist,  so  macht  doch 
wieder  die  Gegenüberstellung  mit  TC'jpoc  i^^'Q  grosse  Schwierigkeiten.  Deshalb  ist  viel- 
leicht zu  vermuthen,  dass  ursprünglich  Tzrjza\i.(a  ZB  6££tO'J  gelesen  wurde.  Die  Form 
Osctov  kommt  auch  anderweitig  in  den  Sibyllinen  vor. 

II  206     xai  TÖTS  ■/r^psuasi  aror/sia  -irpoxav-ra  xd  %6a|xo'j. 

So  haben  die  letzten  Herausgeber  nach  den  Handschriften  im  Texte  belassen.  Aber 
längst  schon  hatte  Castalio  %öa[J.O'j  ozoiyzia  irpöiravxa  emendirt,  das,  obgleich  von  Opsopoeus 
aufgenommen,  sjjäter  wieder  unbeachtet  blieb.  Eine  Stelle  wie  III  80  sq.  z6~z.  o"/j  Gzov/ela 
-TTpÖTravta  |  /Y^psoast  %öa(JLoa  lässt  keinen  Zweifel  übrig,  dass  Castalio  das  Richtige  getroffen 
hat.  In  VIII  337,  wo  der  Vers  wiederkehrt,  ist  er  stärker  verderbt.  Die  Handschriften 
bieten  daselbst 

yqpz'joBi  zöza  Tudvra  XP'^'^^^  ciotysla  xd  %6c[iou 

(xd  zrjö  ■AÖajJi.o'j   !F),  was  mit  Hilfe  der  beiden  genannten  Stellen  zu  verbessern  ist  in 

7.7.1  xoxs  '/ripBOG^i  xöaiJioo  azo{;/ß.ia  irpoicavxa. 

Der  interpolirte  Ausdruck  '/pö^np  neben  xöxs  ist  ganz  unstatthaft,    vgl.  II  34   die   Inter- 
polation [A£X£7:£ixry.  (für  [xapö^rsact)  neben  xöx£  §'/]. 

II  213     zlc,  £V  )ra)V£6a£:  'aoX  eIc  xaSapov  ^lakiiSL 

Für  otaXslc'.  wollte  der  Anonymus  Londinensis  entsprechend  ^racpXscst  (Struve  auf- 
fallender Weise  Ziahrfizi).  Aber  auch  III  87  steht  3c7.X£^cC  und  VIII  412  bieten  die  besten 
der  uns  zu  Gebote  stehenden  Handschriften  QMVH,  welche  die  Classe  i2  repräsentiren, 
70)V£'J3co  ydp  diravxa  '/.rt).  £'.s  %a6apöv  otaXs^o),  während  in  den  beiden  anderen  Classen  fp 
und  W  fälschlich  3iaxd^£!,  überliefert  ist.  Das  Zeugnis  von  ü,  ist  besonders  gewichtig, 
übrigens  ist  zu  vergleichen  Hesychios:    öiaXsY^^'^"     dvaxaOatps'.v. 

II  229     %X£i6pa  irsÄcopa  ituacöv  x£  d)r7.Xy,£6xou  Aioao. 

Dies  ist  die  Leseart  von  *,  wogegen  '7*  xs  d/aXwc'JXOO  x'  bietet.  Meineke  schlug 
(allerdings  selbst  zweifelnd)  vor,  cö"/7.Xxs6xo'J  herzustellen:  indess  ist  offenbar  das  Thor 
der  Unterwelt  ehern,  das  der  Engel  Uriel,  wie  es  im  nächsten  Verse  heisst,  zertrümmert 
(vgl.  das  Evang.  Nicodemi  II  [descensus  Christi  ad  inferos]  6  =  p.  307  Tischendorf:    xai 


20  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

süösü);  d[i.a  tw  /.ÖYtp  zouzto  at  yaXv.al  -iryXac  auv£-p{ß-/]aav  und  die  hesiodische  Bezeichnung 
^(iXa-  —  ^^aXxscac  Theog.  732).  Yolkmann  wollte  daher  dxa/.xsu-tov,  allein  da  dxdXxs'jro; 
mit  a  privans  zusammengesetzt  ist  und  immer  die  Bedeutung  , nicht  aus  Erz  geschmiedet' 
besitzt,  so  ist  es  für  unsere  Stelle  unbrauchbar.  Ich  vermuthe  als  ursprüngliche  Lesung 
zaY/aXxs'JTCov,  vgl.  die  Bildungen  TrdyyaXxo;,  T.rx^-/6.Kf.zrjZ. 

II  230  sqq.     xai  xdaac  [JLopcpdc  icoXuTCcveEa;  sie  xpbw  d^si, 
ci5(oXü)V  td  [j.dXta'ia  TraXaiYSVscov  Titt^vcov 

7)02    Z£    F'.YdVTCOV. 

In  Vers  231  ist  zä  eine  bisher  stehen  gebliebene  Corruptel  der  Ueberlieferung.  Es 
muss  hiefür  pa  geschrieben  werden;  auch  könnte  man,  um  den  lästigen  Genetiv  slScoXtov 
zu  beseitigen,  etwa  sfSwAd  pa  jxdXiaxa  vermuthen,  wenn  nicht  das  in  Vers  232  folgende 
ooac  wieder  den  Begriff  Tcdaa?  |i.op<pdc  aufnähme. 

II  234  sqq.  xat  oaac  siXsv  v.'Xzou.Xoq^xIz 

xai  xds  £V  ircXdYsaatv  dTrtoXsas  xüjxa  8aXdaa'A]i; 
7)5'  OTTÖaac  ÖTypc?  xai  spxs-d  xat  xsrc'rjvd 
ÖoWTjaavTo,  oXa?  Ta'j-ac  stci.  ß'?i[J.a  7,aX£aa£t. 

Mit  Rücksicht  auf  das  in  Vers  234  vorliegende  xai  oca?  £rX£V  xaraxXuciJLOS,  wofür. 
übrigens  vielleicht  oaa?  §£  6'  §X£V  xaxaxX'jajJ.6?  zu  schreiben  wäre,  weiters  in  Erwägung 
des  Umstandes,  dass  auch  öitöaat;  im  Vers  236  folgt,  lässt  sich  xac  zaQ  in  Vers  235  nicht 
rechtfertigen  und  wird  in  oaaac  5'  zu  verändern  sein.  Im  nächsten  Verse  236  ist  nach 
6"^p£C  ein  -£  einzuschieben.  Eine  stärkere  Verderbnis  scheint  mir  in  Vers  237  vorzuliegen, 
da  der  Hiatus  8ot.vV^aavi:o,  oXa?  nach  der  ersten  Kürze  des  zweiten  Fusses  keine  Analogie 
in  den  Sibyllinen  findet.     Ich  denke,  es  sei  Öoivr^aavö',  dX£ac  zu  lesen. 

II  240  sq.     vj).  xaOca£i  SaßadtÖ  'Aocovalo?  ü^l^ixspauvo? 

£tS  Opövov  o'jpdviov  T£,  [ji.£Yav  M  zz  xtova  %rfiZ'.. 

Abermals  haben  wir  in  II  241  ein  interpolirtes  t£,  wofür  !P"  y«  bietet,  Wörtchen,  die 
eine  Textesverderbnis  zu  verkleistern  bestimmt  sind.     Es  ist  einfach  zu  emendiren 

iz  Opövov  oupdvtov,  |a.£YdX7jv  Zz  zz  xcova  xy^^cC, 

vgl.  z.  B.  Hom.  X  466  xtovo?  iiö.'\rxc  \xz'^6.Xrfi.  In  Vers  240  hat  Alexandre  mit  der 
schlechteren  Classe  'A5(ovat  geschrieben. 

II  249     "A[Aßaxo'j[j,  xai  'Icovdc  xat  oOc  Ixtav  'Eßpaiot. 

So  Alexandre  nach  der  Ueberlieferung  von  0;  in  !F  liest  man  dßaxo6{j.  xat  TS  icovdt; 
xai  6"  o'Ji  xr£ivc/.v  'Eßpaloi  (dßaxo6|JL  hat  übrigens  auch  eine  Handschrift  der  Sippe  0, 
nämlich  y/).  Richtig  hat  Volkmann  statt  £xt7.v  (respective  x'C£tvav)  geschrieben  ix-ttvav, 
aber  auch  sonst  bleibt  der  Vers  noch  zu  verbessern;  ich  lese  I\;jLßay.o'j[x 'lojvd?  zz  xai  o'jz 
ixTcivav  'Eßpalot. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllisischen  Orakeln.  21 

11  253     f.'xi  zizz  Sy;  -TcdvTcC  o'.d  ai9o[isvo'j  Trorafi-oio. 
P  bietet  aia9o|j.£Vou;   mit  diesem  Verse  verbinden  wir  gleich 

II  316  aYYsXot.  alp6[X£Vot  Std  atöojjisvou  ':cota[jioio, 
wo  derselbe  Versschluss  vorliegt.  An  letzterer  Stelle  bietet  die  Handscbriftenfamilie  <P 
5t7.)(6o[X£VO'J,  W  aber  ts  Si'  äy6o[JL£Vou;  Castalio  hat  nach  der  ersten  auch  hier  Sid  at9o[i£VOü 
geschrieben.  Der  arge  Hiatus  am  Schlüsse  des  dritten  Fusses,  also  in  der  Mitte  des 
Hexameters,  ist  jedoch  unzulässig.  Die  Emendation  liegt  nahe:  es  ist  beide  Male  ?)td  §ato- 
[JL£Vo'j  (oder  y,a'.'j[j.£VO'j?)  'TzotaiJ.oio  herzustellen,  vgl.  Hom.  ^227  sq.  dxdjxatov  xüp  j  §aiö[JL£Vov 
T  376  a£/>7.c  —  xaiojXEVOco  itupöc;  hiezu  kommt  Orac.  Sib.  II  306  öatöjisvot  irupi  ■TcoXXqi. 
Die  Corruptel  a'.6o[j.£VOü  ist  wohl  wegen  II  196  tzofoc,  ai9o[j,iVoio  eingedrungen. 

II  284  sq.     9ap[i.a%oi  '/j  xat  cpap{JLaxi3£i;  •  g6v  -colat  %at  aüroü^ 

öpy/j  £7toupavcoco  w.  dcpödp-coto  6£oio 

xiovt  '3rpoaTC£Xda£i£v. 
Den  Vers  284  formulirte  so  Alexandre  auf  Grund  von  P;  A  bietet  cpotpfxaxol  fj  (fap- 
[iaÄi3£(;,  !?■  (f apjJLaxiScC  xat.  ^apjJLaxoc.  Zunächst  muss  bemerkt  werden,  dass  die  Interpunction 
vor  G'JV  xolai  zu  streichen  und  in  den  vorausgehenden  Substantiven,  wie  schon  Volkmann 
sah,  der  Accusativ  herzustellen  ist,  abhängig  von  '!ipoa'7:£Xda£t£V.  Ausser  den  in  der 
vorangehenden  Partie  aufgezählten  Verbrechern  sind  es  auch  die  Giftmischer,  denen 
schwere  Strafe  angedroht  wird.  Der  genannte  Kritiker  wollte  ^ap^id^ouc  "fj  <pap|JLaÄt5ac 
O'JV  totat  XZK.  schreiben,  unter  Hinweis  auf  Hipponax  Fr.  5,  2  B*.  Aber  der  Gebrauch  dieses 
Wortes  mit  d  ist  für  das  Epos  nicht  zu  belegen.  Viel  näher  liegt  es,  (pap[j.a%£a?  §'  y;  (oder 
%al)  «papfxax'vSac  zu  schreiben;  ähnlich  hat  III  225  Dausqueius,  wie  ich  meine  mit  Eecht, 
vorgeschlagen  o6  [xavTEtc,  oü  rpapjJ-axEa;  (statt  des  überlieferten  (pap|xa%o6c),  o6  [xi^v  STuaoioou?. 

II  288     6.-^^z\ni  dödva-co'.  6£oö  at£V  eöv'C£C. 
Dies  die  Leseart  von  0,  während  in   ?F  geschrieben  steht 

rx-^-^zi.rjt.  dOavdxoto  6£ol6  x£  al£V  sovio?. 
Castalio  vermuthete  ar^^zisA  dQavdTOio  6£oö  toü  aisv  eovto?  und  dabei  ist  es  geblieben. 
Allein  wenn  wir 

II  214     r^vwa  S'döavdrou  ösoö  dfpöfcot  dYY£^'''ip=C 
zu  ßathe  ziehen,    so  wird  es  sehr  wahrscheinlich,   dass  in  unserem  Verse  das  Epitheton 
d'^Oizoi  ausgefallen  ist,  so  dass  zu  schreiben  wäre 

dYY«^-^^  d9avdtot>  6£oö  dfpöaoi,  ai£V  £6vto<;. 
Auch  aliv  £Övt£C,  wie  die  Classe  ^  (ecövtcC  P)  ausweist,  aufzunehmen  wird  man  sich  nicht 
leicht  entschliessen  können.  Wollte  Jemand  etwa  die  Fassung  B.'^'^zKoi  d9avdioa  dY^ou 
6eoö  al£V  EÖvtoc  vorschlagen  (vgl.  meine  Lesung  von  XIII  2  aBäyazoc,  äyioz  Bsoq  ärpOizriQ), 
so  steht  dem  die  Erwägung  entgegen,  dass  dann  ä'^^ekoi  ohne  ein  Epitheton  dastünde, 
das  wir  doch  erwarten  müssen. 

II  317     Eic  '^CoQ  d^o'jciv  ~£  y.ai.  elc  C^nr^v  d|X£pt[i.vov. 
Der    schwerfällige    Rhythmus    im   Eingange   des  Verses   ist  zu  beseitigen  durch   die 
andei'wärts  in  den  Sibyllinen   so  geläufige  offene  Form  bq  ^drjQ;    das  Wörtchen  T£  steht 
nur  in   f  und  ist,  da  es  eine  ungewöhnliche  Stelle  inne  hätte,  zu  streichen. 


22  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

II  319  xai  tptoaal  71x^7°"-^  ^^^'^'^^  [xsXixoc  ts  ydXa'Äro?. 
So  Alexandre  nach  der  Schreibung  von  Opsopoeus.  Am  Schlüsse  des  Verses  bietet 
aber  P  oivou  zk-  jjlsXito;  •  YaAax,-oc,  A  oivou  ts  [Jiskioc;  f.w.  yäXa'Azoz,  während  in  W  t'  'oivou 
t£  H=u-oc  •(6Xa%z'JZ  überliefert  ist,  Meineke  versuchte  unter  Berufung  auf  Eustath.  1761, 
38  und  1818,  24  die  Conjectur  oivou  [i.ilizoz  ydcXaTÖ;  ts:  indess  da  die  Form  Y^ayo;  in 
den  Sibyllinen  (V  282)  vorkommt,  liegt  es  viel  näher,  oivou  [i.ihz6z  ts  yXdYOü;  ts  zu 
emendiren.  Die  Verderbnis  [iSActö;;  ts  ^üXoxz'jc,  ist  wahrscheinlich  veranlasst  worden 
durch  die  Parallelstelle  VIII  211 

TCYiYdc  5s  Y^"**P^'^  ^'■'^*^^  Xsuxoü  ts  Ya^vaxto? 
xal  [isXctoi;  Stoast. 

II  320  sq.     yr.a  S'iavj  Ttdvttov,  06  zziyßov),  oö  itspi'fpaYfJiotc 
oüös  [j.sptCo[iSV7j  xap'irouc  'cöts  ':tXsiovac  oi'aso. 

Der  Ausdruck  o'J5s  {j.spiCo!J.£V7i  ist  eine  unrichtige  Conjectur  von  Alexandre,  die  er 
eigentlich  aus  Castalio's  A^orschlag  zu  VIII  210  entnahm,  wo  dieselben  Verse  so  wieder- 
kehren.   Castalio  selbst  aber  hat  oö5s  jj.spcCö[ASvr;  geschrieben  nach  II  30  sq.,  wo  es  ganz 

regelrecht  heisst 

xai  Y'^  xapTto'föpoc  xap'jrou?  näXi  TcXscova?  oiasi 
oöSs  {ASptCo[J.sv'^  o'jö'  stastt  Xatpsuouaa. 

Jener  Ausdruck  kann  aber  an  unserer  Stelle  ebensowenig  zugelassen  werden  wie 
an  der  parallelen  VIII  210.  Die  Familie  «^  bietet  au  der  ersteren  sx[jLspiCo[Jisv'/j  (nur  A 
hat  sxjJLsp'.C^j[jLSVOu),  W  dagegen  5ta[XcptCo[Ji.sv7] ;  VIII  210  steht  in  <P  sx  5s  [xsptCoiJ-sVT],  in  ?F 
iv.5'waiAsp'.C'^lJ-svr^;  hiernach  dürfte  an  beiden  Stellen  sv.7i:po[xsptC^tA£V-^  zu  verbessern  sein, 
da  Täai  {iSptC^tisr/j,  wofür  VIII  28  sq.  zu  sprechen  scheint, 

Yttid  Ö'opoac  £.;st  vm.  cppoupou?  Tudaa  6dXaaaa 
icdat  tJisptC<>!J'£VYj  3o)i(oc  tolc  ypyaov  s/ouat 

im  Hinblicke   auf  das  in  Vers  320  vorausgehende   Wq  ■Tidvtcov  nicht   empfehlenswert  ist; 
ebenso  wenig  möchte  ich  für  ein  etwaiges  w.o.]i.z^i(^<j]i.iTri  (trotz  Hom.  i""  357  5ld)  eintreten. 

II  322  y,oivoi  ts  ßtot  xai  -jrXoCitos  d[xotpoc. 

Vergleichen  wir  VIII  208  xai  xo'.voc  Trdvtsaat  ßtoc  xai  TtXoötoc  sasltat,  so  ist  die 
Herstellung  des  Singulars  xoivoc  ts  ßio^  mehr  als  wahrscheinlich. 

II  343  sq.     dÄXd  %a'.  sv  [xsXdQpoiatv  s[xol?  -TToXuTüdfJLOVos  dvSpö? 
os'joptsvo'j^  dTisxXstaa. 

Alexandre  setzte  in  beiden  Ausgaben  7coX'J7id|xovoc  in  den  Text;  die  Üeberlieferung 
ist  getheilt,  W  bietet  TcoXozdiJiiiovoc  (von  Friedlieb  aufgenommen),  die  sonst  bessere 
Gruppe  fp  ::oX'j[xd[ji,[Jiovoc,  welches  frühere  Herausgeber  ohne  Weiteres  recipirt  hatten.  Aber 
7:o/.'jzd[i|jiovo;  dv^pö;  ist  eine  homerische  Wendung,  aus  J  433  stammend;  ausser  anderen 
Kritikern  hat  Hinrichs  den  Aeolismus  ':roXu'!rd[j.[j.ovoc  für  Homer  mit  vollstem  Rechte 
gefordert  (de  Homer,  elocut.  vestigiis  Aeol.  p.  59  sq.),  der  ja  auch  in  den  Iliashandschriften 
Laur.  CD  vorliegt,  während  Venet.  A  TtoX'j-diJLOvo;  bietet.  Es  ist  nicht  uninteressant,  auch 
in    unserer  Sibyllenstelle   die  Schreibung   mit   doppeltem  [x   erhalten   zu  sehen;    dass   in 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinisches  Orakeln.  23 

einem  Theile  der  Ueberlieferung-  durch,  eine  naheliegende  VerAvechslung  die  Schreibung 
'r;oX'J[i,d"JL[JLOvoc  eindrang,  ist  nicht  zu  verwundern.  Kaum  zu  halten  ist  das  vorausgehende 
sjJLoi?.  Ich  kann  mir  nicht  vorstellen,  dass  der  Verfasser  anders  als  sv  [x=Xd6potatv  sjxoö 
':roXu'iid[j.[iovoc  dvöpo?  sagen  konnte.  AVie  sollte  sich,  da  die  Sibylle  von  sich  spricht, 
der  Genetiv  syntaktisch  erklären  lassen?  Da  das  Possessiv  ja  auch  einen  Genetiv  vertritt, 
wäre  kein  Zusammenhang  zwischen  dem  Possessivpronomen  und  dem  Genetiv  herzustellen, 
wogegen  durch  die  Schreibung  sjjloO  sich  die  Sache  einfach  gestaltet. 

II  345  sq.  GÖ  OS,  ctotcp,  sficbv  dirö  [iaaia-cT^pcov 

pyaac  St^  jxs  äuvcotciv  dvacosa  xpr^^aadv  ys. 

Den  Fehler  ä'jvcottc  der  Familie  tp,  wofür  in  !F  x'jvwira  zu  lesen  ist,  hat  schon 
Castalio  beseitigt,  indem  er  xüvcöirtv  schrieb.  Aber  der  Schluss  des  Hexameters  bedarf 
noch,  der  Heilung.  Das  in  unseren  Ausgaben  geläufige  irpf^^aadv  y*  ist  die  corrupte 
Ueberlieferung  von  ?P",  <?  bietet  TtpT^^aaav.  Der  Emendationsversuch.  von  Volkmann  und 
Meineke  dvac^sa  xs  xpTjSaaav  hat  die  Sache  nicht  gefördert,  da  das  eingeflickte  xs 
unzulässig  ist.  Die  Sibylle  will  gerettet  werden,  obgleich  sie  Schmachvolles  begangen 
hat.  Beachten  wir  das  in  V.  344  Gesagte:  xd  3' £xvo[ia  -irpöaÖsv  Ips^a  |  st§uia,  so  liegt  die 
Correctur  dvaiSsa  x=p  ps^aaav  sehr  nahe;  die  beiden  letzten  Worte  flössen  zusammen  und 
hieraus  ward  durch,  das  Bestreben,  den  Vers  metrisch  vollständig  zu  gestalten,  einerseits 
irpr/l^cxaav,  anderseits  xpY^Saaav  ys.  An  dvaiBsa  xsp  xpr^^aaav  zu  denken,  dürfte  im  Hin- 
blicke auf  den  angezogenen  Vers  344  nicht  gerathen  sein.  Wegen  der  Stellung  des  xsp 
hinter  dem  Adjectiv  vgl.  die  homerischen  Beispiele  saOXd  xsp  6.y-(BikaQ  K  448  ycpsiovd 
Tsp  xaxsxs'fvsv  P  439  y-axd  xsp  xdayovxs^  X  104,  111  [x  138,  271,  340  xuäwöv  xsp  d)(£6(i)V 
/s  88  u.  a. 

n  348     dytc  [i,avvo5öxa,  ßaatXsü  jj-syd/vT^c  ßaadsi'/jc. 

Wir  finden  hier  a.'{iz  mit  auffallender  Längung  des  anlautenden  a.  Dieselbe  Er- 
scheinung kehrt  zwar  nochmals  wieder  in  der  Ueberlieferung  der  Sibyllinen  XIII  2  äyinQ 
dödvaxoc  Öcöc  d'^6txoc;  da  jedoch  daselbst  wahrscheinlich  einfach  umzusetzen  ist  dQdvaxo? 
dyioc  Ö£Ö?  d'fö'.xoc,  so  lässt  sich  auch,  für  unsere  Stelle  die  Schreibung  [xavvoSöxa  dyts, 
ßaaiAcö  xxX.  vermuthen.  Die  Längung  des  auslautenden  Vocals  im  Vocativ  dyts  findet  ihr 
genaues  Analogon  in  XII  294 

ßaatXsö  (Handschr.  ßaaiXsoc)  xdaYji;  ßaatXsc'/jC 
d'I^s'jox'  dOdvaxi,  a6  yap  alz  £[jlov  ^xop  zBr^Aaz 
a'J5-/jV  d[xßpoatrjV 

Beide  Male  erfolgt  die  Längung  in  der  dritten  Hebung  des  Verses  vor  der  Hauptcäsur, 
und  zwar  auch  noch  durch  die  Interpunction  unterstützt.  Andere  Beispiele  aus  den  Si- 
byllinen sind: 

XI  305     AiYUxxE  xoXuoXßc 

I  269       XOlOV  ZTIOQ,    N(b£   X£'^UAaY[A£V£ 

vgl.  I  201,  wo  ich  lese  xacpoc  Ixäax' YjS"/],  Neos,  xd  ixaax'   äyopsoscv. 
XI  33     al  rjx  coi,  MsjJt'fi,  ai  al  |X£YdX'/]  ßaaiAcia. 


24  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

Ueber  diese  Erscheinung  im  epischen  Gebrauche  sind  zu  vergleichen  Hartel,  Homer. 
Stud.  I  264  und  meine  Neuen  Beiträge  zur  Teclmik  des  nachhom.  Hexam.  40  sq. 

III  36  sq.     ai  ysvoc  atjxo'/aps?  SoXtov  viaxöv  ässßscov  rs 
'J;£y5(bv  5tYX(633(ov  dvÖpcoTTCov  xat  -/.axor^öcöv 

Die  bessere  Handschriftenclasse  ^  bietet  den  Vers  36  in  der  vorliegenden  Fassung, 
wogegen  in  W  die  Leseart  xawbv  x'  dasßscov  rs  steht.  Ganz  unmöglich  erscheint  äasßsoiv  xs 
(mit  langem  a).  Ausserdem,  glaube  ich,  verlangt  es  die  Symmetrie,  dass  im  ersten  Verse 
lauter  Epitheta  zu  y^vo?  stehen,  wornach  im  nächsten  die  von  yevo?  abhängigen  Genetive 
nachfolgen.  Deshalb  ist  kaum  anzunehmen,  dass  der  Versschluss  von  36  etwa  durch 
SöXtöv  Zc  xaxtöv  -'  dasßcCöV  (mit  Synizese)  rs  gebildet  war.    Ich  vermuthe  daher  im  V.  36 

Aber  auch  der  andere  Vers  bedarf  der  Emendation.  Die  Ueberlieferung  lautet  in  ^: 
'|£'j5cöv  r^  SiY^waacov  xal  %a'A.'jrß6)-^  dvöpwTccov,  in  W  '|c'j5ü)v  r^  S'-Y^cbaacov  xaxo7]6(bv  dvOpw- 
rcov;  Castalio  schrieb  '|£u5(öv  otYXcbascov  dvöpcoircov  xat  'AaxoTjöcbv,  dem  sich  Alexandre 
anschloss,  indem  er  zugleich  (sielie  die  Curae  poster.)  hinter  hv^KiöaooiV  ein  x'  einschob,  ohne 
jedoch  dies  in  der  zweiten  Ausgabe  auch  in  den  Text  zu  setzen.  Der  zweite  Verstheil 
ist  unleugbar  ein  sehr  schwerfälliger;  beachten  wir  aber,  dass  öfter  dvöpfoiicov  und  dvSpwv 
verwechselt   wird,    so   ist   vielleicht   dvSptbv   7^  v.ai   die    ursprüngliche    Fassung  gewesen. 

III  84  sqq.  ps'jast  §£  Tcupöc  [xaXspo'j  y.arapdxr/ji; 

rj.v.di}.azoz,  ^Kä^zi  §£  yalrr^,  «pXs^eC  0£  OdXasaav 
y-ai  ::öXov  o'jpdvcov  xa:  Yj[Jia-:a  '/.ai  xrtatv  aür/jv 
sie  SV  y{0V£6a£t  xal  £tc  xaöapov  otaX£i;£i. 

Auffallend  ist  hier  der  Umstand,  dass  nur  von  den  Yj[j,a-a  die  Rede  ist,  während 
in  solchen  Zusammenstellungen  bei  den  Sibyllisten  neben  dem  ,Tage'  regelmässig  die 
,Nacht'  genannt  zu  werden  pflegt.    Ziehen  wir  Stellen  in  Betracht  wie 

VIII  339  sq.     xal  iröXo?  oüpdvtoc  xal  v6^  xal  fjfiaza  irdvta 
£i;  £v  auppY^iouai  xal  £?  [J-^p'f^v  icavspr^ixov, 

die  ebenso  zu  den  obengenannten  Versen  in  Beziehung  steht  wie 

II  206  sq.     xai  zözt  yr^p£6c£i  x6a|Ji.ou  arot)(£la  -jrpÖTcav-a 

dv^p  Y'^ta  ÖdXaaaa  ^doc  xoXo?  rj^ara  v6x':£?, 

so  dürfte  es  nicht  zu  gewagt  sein,  in  xal  ■qii.aza  eine  Verderbnis  etwa  aus  v6xr  f^fiata 
zu  sehen. 

III  106     aoTdp  £T:£i  TrupYoc  ""  iTTcGsv  Y^^*=3aat  x  dvGpwTrtov 

Yaia  ßpotcuv  -äAT^poOro  [ji,eptC^j[j.£VO)V  ßaatXcttbv. 

Dass  hier  a'j-dp  in  V.  107  nach  a'j-rdp  im  Verse  zuvor  nicht  möglich  ist,  liegt  auf 
der  Hand.     Alexandre   meint  merkwürdiger  Weise  ,ceterum   aOrdp   passim  redundat  III 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  25 

106,  181',  Excurs.  ad  Sibyll.  598.  Es  ist  aber  einfach  aärt-/'  herzustellen;  die  beiden 
Wörtchen  sind  wiederholt  verwechselt  worden,  der  umgekehrte  Fall  liegt  z.  B.  vor  in 
Sibyll.  XII  147,  wo  aOrrA  iTTStza  für  aurdp  Eirstta  überliefert  ist.  Das  vorausgehende 
5i£atp£?pov  der  Handschriften  ist  sehr  bedenklich:  eine  treffliche  Emendation  theilte  mir 
brieflich  Herr  Hofrath  von  Hartel  mit,  welcher  einfach  Stsaxpa'fSV  herstellt.  Am  Schlüsse 
von  Vers  108  ist  ßotaiXsubv  zu  schreiben,  wie  schon  Alexandre  (Cur.  post.)  meinte  statt  des 
überlieferten  ßaai^cov. 

III  118  xat  Tial^cC  UTcspßaotYjv  opxotai 

Der  Dativ  opxoiai  (W  opxot?)  ist  nicht  leicht  zu  erklären.  Vielleicht  ist  S'iütopxoi 
zu  lesen,  denn  der  Vater  Uranos  hatte  nach  III  116  den  Kronos,  Titan  und  lapetos 
durch  Eid  verpflichtet,  und  es  herrschte  früher  nach  Vers  115  jeder  über  das  ihm  zu- 
gewiesene Drittel  der  Erde,  ohne  dass  sie  miteinander  in  Streit  geriethen.  Nach  des 
Vaters  Tode  aber  erhoben  sie  sich  sofort  gegen  einander,  des  Eidschwurs  uneingedenk; 
so  werden  sie  iTTtopvioi.   Dem  Sibyllisten  schwebte  wol  die  homerische  Stelle  F  107  vor: 

III  123     Atj[xt)t;yjp  xs  xarEaxtvj    £äirX6xajj.os  ts  Auovtj. 

Die  schlechtere  Handschriftenclasse  W  bietet  37j[j.'/]rY]p  iazia  ts  xat.  Volkmann  ver- 
muthete  einst  .AT^[AY;tr^p  Eazi'fi  i'j%Xiv.a\).6z  zs.  Amv-q.  Das  erste  Hemistichion  ist  wohl 
dem  hesiodischen  Halbverse '[atiT^v  AT^jXYjrpa  Theog.  454  nachgebildet;  Hesse  man  nun  den 
Nominativ  bestehen,  indem  nur  die  Namen  umgesetzt  würden  'Ea-tvj  Arj\i.rf:-qp,  so  würde 
der  Vers  ebenso  wie  in  der  überlieferten  Fassung  fehlerhafter  Weise  inmitten  zerschnitten 
bleiben.     Es  muss  also  ein  anderer  Weg  versucht  werden.     Man  könnte 

vermuthen,  wobei  'EartTj  bei  gleichzeitiger  Kürzung  des  tj  in  der  Thesis  mit  Synizese 
zu  lesen  wäre,  wie  'lauatav  bei  Hom.  B  537  oder  AlyoTzzirjZ  Hom.  d  127.  Wahrscheinlicher 
aber  ist  es,  dass  die  ursprüngliche  Fassung  gelautet  hat: 

ATjixT^tYjp  'Eatr/]  zt  i'JT:\6if.a\i.öz  zs  i^KovTj 

mit  der  erwähnten  Synizese  bei  'Eozi'q;  der  Hiatus  nach  ts  ist  hier  entschuldigt. 

HI  129  sq.     opxouc  S'auts  Kpovq)  [iSYd^ou?  Tttdv  eTziHrjXz., 

aozii  v-zh 

Merkwürdiger  Weise  hat  noch  Niemand  die  Verbindung  [irq  6p£']^'  dpOEVa  xai  ■x.al- 
5(ov  Y^'''^?  IQ  Vers  130  beanstandet,  obgleich  sie  sinnlos  ist.  Mit  Berücksichtigung  von 
Vers  133  xai  tsxva  5t£air(ov  dpaEva  irdvra  und  Vers  138  xat  sirEtta  'Pettj  tsxEV  dpasva 
iral^a  wird  herzustellen  sein  \i-i]  ^pi'Wi  dpoEV  T:ai5(ov  yEVoc;  weniger  empfiehlt  sich  eben 
wegen  dieser  Stellen  jx'^  6pE'|  dpaEVwwv  itatScov  yEvoc,  wenngleich  diese  Verbindung  bei 
den  Sibyllisten  nicht  unerhört  ist,  vgl.  HI  596  dpoEVtxo'JC  -TcatSa«;. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    IV.  Ahh.  4 


26  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

III  135     6.}X   OTS  rr;  rpctdr(i  ysvs-^  tsxc  xotvca    FstTj 

Der  SibylHst  hält  sich  hier  an  Hesiod.  Theog.  468,  wie  denn  in  der  ganzen  Erzäh- 
lung III  105 — 155  im  Allgemeinen  die  hesiodische  Theogonie  453  sqq.  zum  Muster  diente. 
Nun  heisst  es  in  dem  angegebenen  hesiodischen  Verse  von  Rhea: 

Darnach  ist  wohl,  da  der  Artikel  xt;  in  auffallender  Weise  gebraucht  ist,  auch  bei  dem 
Sibyllisten  die  ohnehin  geläufige  Formel  ä)X  ozs  ^ri  wahrscheinlich. 

III  162  sq.     xat  tois  {Aot  [XcYdXoto  ÖsoO  (pdric  sv  atiQÖsaatv 

ITZZazrj. 

Das  hier  in  eigenthümlicher  Art  verwendete  iTZzazo  kann  ich  nicht  für  richtig  halten. 
An  zwei  Stellen  desselben  Buches,  III  298  und  491,  wiederholen  sich  dieselben  Verse, 
beide  Male  aber  ist  nicht  l'irxaro,  sondern  tararo  überliefert.  Demgemäss  wird  auch  in 
unserem  Falle  unbedingt  ij-ato,  welches  durchaus  sinngemäss  ist,  für  iitraro  zu 
schreiben  sein. 

III  165  sq.     y,ac  |iot.  zoO-o  Osö;  zpcoTov  (lövoc  iycjdhcv^, 
03aa'.  ävOptoiücov  ßocaiXTjtSsc  r^ys.rAb'jvzaL 

Der  metrische  P^ehler  im  Eingange  des  Verses  166  muss  beseitigt  werden.  Alexandre 
wollte  (in  den  Curae  posterior,  und  in  der  zweiten  Ausgabe)  öiüTroaat,  aber  die  ursprüngliche 
Fassung  lautete  oaaac  •(  (oder  oaaai  x );  wenn  wir  nämlich  die  parallele  Stelle  III  300  sq. 
ins  Auge  fassen,  nach  welcher  Opsopoeus  richtig  vöqi  für  [xövoc  vermuthete, 

xa:  \i.'ji  xoüxo  Ösöc  -irpcbxov  voco  evösxo  Xs^ac, 
oaaa  xs  x-^  Baß'j/.wvt  £[jLT;aaxo  a.}qs,a  XuYpd, 

so  deutet  das  überlieferte  oaaa  Xc  (^foaaa  xai),  da  v.s  unmöglich  ist,  deutlich  auf  oaaa  ys 
(oder  xs),  was  auch  Volkmann  mit  Recht  verlangte;  dies  aber  ist  zugleich  ein  Beweis 
dafür,  dass  in  unserem  Verse  oaaott  •('   (oder  x')  und  nicht  oitTcoacti  gestanden  ist. 

III  167  sq.     oixoc  \iiv  yäp  xptöxtaxoc    SoXo[j.a)vcoi;  dpQSi 
OoivtxYjC  X  AatYjC  smßYjXopotc   y^^s  xai  dXXwv 
Trp(av,  üa.\i'£ÖKoyj  xs  ysvoc  Ikpacbv  x£  «Dpuycöv  X£ 
Krxpwv  xal  Muacuv,  A'j5(T3V  x£  jevoc  iroXu/puawv. 

Mit  dp^st  in  Vers  167  ist  nichts  anzufangen,  die  Construction  mit  dem  Accusativ 
weist  auf  eine  Corruptel  hin.  Es  hat  deshalb  bereits  Opsopoeus  £l'p^£t  vermuthet,  das 
nur  zu  £p?£'.  zu  verändern  ist,  im  Sinne  von  , umfassen';  die  Corruptel  dpSct  drang  aus 
^  ers  172  ein.  In  Vers  168  ist  ferner  OowIxYj?  i  Agcy;?  STCißV^xopa?  unmöglich  richtig  über- 
liefert; zunächst  fehlt  vor  äirißV^xopac  die  Partikel  x',  die  auch  Alexandre  in  der  letzten 
Ausgabe  nicht  in  den  Text  setzte,  obzwar  er  in  den  Curae  posterior,  selbst  daran  gedacht 
hatte.  Aber  auch  AotY^c  ist  bedenklich:  wie  kann  der  Sibyllist  neben  Phoenike,  neben 
den  Völkerschaften  der  Pamphyler,  Perser,  Phryger,  Karer,  Mysier  und  Lyder  speciell 
noch    von   AaiY^;    sicßV^xopEC    sprechen?    Kleinasiaten    können   dies   nicht   sein,   weil   eine 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllikischen  Orakeln.  27 

Anzahl  kleinasiatischer  Stämme  namentlich  aufgeführt  wird,  Asiaten  überhaupt  ebenfalls 
nicht,  da  Phoenike  und  Persien  eben  auch  zu  Asien  gehört.    Es  liegt  daher  nahe,  OotvcxT]? 

SuptTjC  ''  STCißv^ropa?  zu  vermuthen,  aus  CYPIHC  konnte  leicht  TACIHC  (==  z  AatT^c)  werden. 

III  175  sq.     aötdp  STCSit   aXXvj?  ßaadr/l^oc  saosTat  äp/-^ 

Xcux-^  7.a'.  TüoXyxpavoc  d^/   saTcspio'j  ts  OaXctaarjc 

Die  Handschriften  Pi?  bieten  d'^'  soTTsptoü  ts,  ^  dcp'  saTcspo'j  rs,  wogegen  in  der 
schlechteren  Classe  W  ä'/  s3::sptou  ohne  zs  steht.  Das  ts  ist  ganz  unstatthaft:  es  ist 
d'f  SG'Jüsptoto  6aXdaa7j?  in  den  Text  zu  setzen,  umsomehr,  als  dasselbe  Hemistichion  später 
in  XII  14  in  dieser  Fassung  begegnet.  Dass  ioTzirAOZ  als  Adjectiv  zweier  Endungen 
behandelt  wird,  ist  nichts  Auffälliges,  die  Sibyllisten  haben  dies  nach  bekanntem  ho- 
merischem Muster  öfter  gethan,  so  z.  ß.  im  selben  Buche  III  634  '^OjSspolo  bi%rfi.  Uebrigens 
hatte  bereits  der  Anonym.  Paris,  in  seinen  handschriftlichen  Noten  an  saitsptoto  gedacht 
und  auch  Alexandre  selbst  in  der  Anmerkung  zur  ersten  Ausgabe,  ohne  sich  jedoch 
veranlasst  zu  sehen,   die  Form  in  den  Text  einzusetzen. 


'■^ 


III  224     00  TczapjJLWv  ot;[jls'.'  oio)vo':t6X(ov  xs  zs-stvd. 

So  0,  während  die  schlechtere  Classe  'F  oö  xaXjiwv  ar^^sla,  oöx  oicovoTuöXwv  tcütjVcov 
bietet.  In  den  Versen  221 — 228  wird  jede  einzelne  Thätigkeit,  deren  sich  die  Juden 
nach  der  Ansicht  des  Verfassers  in  löblichem  Gegensatze  zu  anderen  Völkern  enthalten, 
in  pathetischer  Art  mit  starker  Betonung  der  Negation  hervorgehoben;  an  der  Spitze 
jedes  einzelnen  Gliedes  erscheint  no,  riozs.  oder  oöM  als  einleitende  Partikel.  Ein  Ne- 
gations wörtchen  ist  demnach  auch  zu  Anfang  des  zweiten  Hemistichions  unseres  Verses 
zu  erwarten.  Und  dies  steht  wenigstens  in  der  einen  Handschriftenclasse  ??",  während  die 
im  Allgemeinen  bessere  0  das  beliebte  Flickwort  xs  verwendet  hat,  um  die  offenkundige 
Corruptel  zu  verkleben.  Auch  in  einer  anderen  Beziehung  gibt  diesmal  die  Classe  !P"  einen 
Anhaltspunkt  zur  Emendation,  indem  am  Schlüsse  des  Verses  die  Form  Tcnrjvcöv  erscheint: 
diese  deutet  auf  TCcts-ZjVÄv.  Bedenken  wir  nun,  dass  es  bei  der  Vogelschau  zunächst- 
auf  die  durch  die  Vögel  selbst  bedingten  aTjjXsla  ankam,  nicht  auf  die  o'uovoTCÖXot,  und 
beachten  wir  ferner,  dass  in  den  einzelnen  Versen  stets  Gleichartiges  zusammengestellt 
wird  (wie  z.  B.  im  folgenden  verschiedene  Personen:  Zauberer,  Giftmischer,  Beschwörer, 
oder  221  die  Bahn  der  Sonne  und  des  Mondes),  so  werden  wir  uns  veranlasst  fühlen, 
auch  in  unserem  Verse  eine  Fassung  herzustellen,  welche  sämmtliche  Bedenken  beseitigt. 
nämlich  oO  TCzapjJKöv  aTjji,=r,  o6%  oi(ov(bv  xäTsr^vwv.  Dass  nach  Ausfall  des  oöx,  respeotive 
nach  Zerstörung  des  ursprünglichen  Verses  leicht  aus  oicovcbv  das  geläufige  ouovoTröXcov 
werden  konnte,  zumal  im  folgenden  Verse  der  Ausdruck  od  jxdvcsi?  hiezu  gewissermassen 
verlockte,  ist  leicht  einzusehen.  Die  Ueberlieferung  von  »P  zeigt  einen  nur  oberflächlich 
geglätteten  Text. 

m  226     oü  [jl66(ov  [jL(op(i)V  d-Tdrac  k'('(aazpi\i.'j%i'^. 

Die  Form  iy'(aoz(ji\i.'jBui-/  mit  nothwendig  langem  i  ist  an  unserer  Stelle  unzulässig, 
zumal  sie  den  Vers  rhythmisch  zu  einem  monströsen  gestaltet.  Dass  diese  in  der  Prosa 
vorkommende  Form  in  den  Text  eindrang,  erklärt  sich,  wenn  wir  bedenken,  dass  ähnliche 


28  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

Bildungen,  allerdings  rhythmisch  untadelig,  im  Hexameter  gebraucht  worden  sind,  z.  B. 
Hipponax  Fr.  85,  2  B*. 

Es  hat  nun  seinerzeit  Alexandre  in  den  Excurs.  ad  Sibyll.  602  im  Vorbeigehen  die 
Vermuthung  ausgesprochen,  es  sei  vielleicht  i'('(a.azzpo\s.6Bio'^  zu  schreiben,  später  jedoch 
in  den  Curae  posterior,  zu  d.  St.  gemeint  ,sed  nihil  mutandum'.  Allein  die  Nothwendigkeit 
einer  Aenderung  ist  einleuchtend  und  die  von  Alexandre  vermuthete  Form  durchaus 
nicht  sprachwidrig,  wenn  wir  an  faazspoyß.ip  oder  Yaai:po[iav'CcUO(Jiat  denken.  Es  ist  aber 
auch  die  Bildung  iffaazzpiii'jBw^  keineswegs  unmöglich,  da  einerseits  im  epischen 
Sprachgebrauche  die  Dativform  yaatspi  neben  ycnGzpi  vorliegt  (z.  B.  Hom.  N  372,  398 
[iSG*/;  5"  SV  Y^3T£pt  TTtj^cV)  und  anderseits  öfter  mit  der  Präposition  £V  zusammengesetzte 
Composita  die  Dativform  als  eines  der  Compositionsglieder  aufweisen,  wie  kf^aoz^i^rx^ziz, 
SYYaarf'.[Ad/atpa  u.  a. 

III  234  sqq.     oi  Ss  [isptjJLVwai  TS  §cxatoauVTjv  äpstv^v  xs* 

%oO  YtXoypY||xoc6vrj  zic  -f  yj  xavcd  [lupia  xaxsi 
övr^rolc  dv6p{OTiotc,  'JuöXsfxov  xai  Xtfiov  dicstpov. 

So  schrieb  Friedlieb  nach  fp  (nur  bietet  diese  Gruppe  [ispc|j.V(baiv).  Für  den  ersten 
Vers  ist  zu  bemerken,  dass  hier,  wie  ich  anderwärts  begründe,  zu  lesen  ist  o'i  §£  (ispt- 
|jLVco(03i  SuatoaüVTjv  t  dpstiQV  xs.  Die  Verse  235  sq.  fehlen  in  ?F.  Dass  in  235  eine  Cor- 
ruptel  vorliege,  sah  Alexandre,  der  für  zIq  y'  ^^^  Dativ  xotc  Y  vermuthete.  Einfacher 
suchte  Meineke  zu  helfen,  indem  er  tj  zic  herstellte.  Dass  diese  Fassung  dem  ursprüng- 
lichen Wortlaute  entspricht  oder  nahe  kommt,  beweist  die  Vorlage  dieses  Verses  in  den 
Theognideen  389  B.*: 

yp7ja[j.oa6vr]  svxwv,  -Jj  Sig  xaicd  iroXXd  3i5daxst 

(vgl.  Psgudophok.  37  B.*).  Vielleicht  ist  auch  hier  tri  i^^ch  Theognis  zu  schreiben.  Indess 
noch  bleibt  ein  Anstoss  übrig:  wir  vermissen  den  Zusammenhang  mit  dem  Voraus- 
gehenden, denn  an  eine  Ellipse  von  satlv  aözolz  ist  umsoweniger  zu  denken,  als  im  voran- 
stehenden Verse  (234)  sowohl  wie  im  folgenden  (237)  bestimmte  Verba  finita  vorliegen. 
Es  liegt  deshalb  nahe,  hinter  dpstVjV  is  ein  Komma  zu  setzen  und  dann  xoü  9t)sO)(pTj[JLoa6v7]V 
zu  schreiben. 

III  261  sq.     TTdat  ya^  oupdvto?   v.rji^riy  srsXsaaaxo  ■^rxia'i 
xai  irdoiv  x,at.  dptaxov  svl  azrßäOGi  vör^iia. 

Hier  ist  oöpdvioc  von  Castalio  nach  247  hergestellt  worden,  während  überliefert  ist 
o'jpoLVtoi^;  in  Vers  262  hat  Opsopoeus  aus  III  585  irbttv  für  irdai  vermuthet.  Beide  Verse 
aber  machen  an  dieser  Stelle  einen  befremdlichen  Eindruck:  sie  sind  offenbar  interpolirt. 
Man  braucht  nur  die  Stellen,  denen  sie  entnommen  sind,  naclizulesen,  um  zu  sehen,  wie 
vortrefflich  sie  dort  in  den  Zusammenhang  passen  (261  =  247  und  262  =  585);  hier 
aber  vermag  man  keine  Beziehung  der  zwei  Verse  zu  einander  und  zu  den  übrigen  zu 
entdecken.  Wie  geriethen  sie  nun  hieher?  Der  Gang  der  Erzählung  (Vers  248 — 260)  zeigt 
deutlich,  dass  hinter  260  eine  Lücke  anzunehmen  ist.  Es  dürfte  hier  etwa  vom  gelobten 
Lande   gesprochen    gewesen   sein:     denn    die    zwei   nächsten  Verse    263  sq.    xoiat   {Aovotc 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  29 

xapTTÖv  tsXsOcV  (so  nach  dem  Vorschlage  Alexandre's  in  der  ersten  Ausgabe,  zeXiHzi  die 
Hdschr.)  Cc^^föp^C  apoopa  |  £$  svöc  sii;  sxaröv,  x£/.£6ovtö  ts  jAExpa  Ösolo  weisen  darauf  hin, 
dass  unmittelbar  vorher  etwa  die  Wolfahrt  und  der  Segen  erwähnt  ward,  welche  das 
jüdische  Volk  in  Kanaan  genoss.  Um  jene  Lücke  nun  in  etwas  zu  verkleistern,  suchte,  so 
scheint  es,  der  Interpolator  in  diesem  Buche  nach  Versen,  die  hiezu  geeignet  wären;  der 
eine  247,  der  in  nächster  Nähe  zu  finden  war,  erwies  sich  ihm  als  passend,  weil  Vers  263 
von  der  C=^i^^t>p'^Q  apoypa  die  Rede  ist;  und  um  nun  noch  dem  materiellen  Segen  auch 
einen  geistigen  Vorzug  hinzuzufügen,  wurde  der  weit  entfernte  Vers  585  herbeigeholt. 
Ich  vermuthe,  dass  die  hier  überlieferte  Leseart  -Tcäai  von  dem  Interpolator  selbst  herrührt, 
der  mit  xtariv,  das  an  der  richtigen  Stelle  einen  guten  Sinn  gibt,  nichts  anzufangen 
wusste.  Alexandre  hat  in  der  Note  zu  585  in  der  zweiten  Ausgabe  den  Sachverhalt 
auf  den  Kopf  gestellt,  wenn  er  meint:  , melius  infra,  262,  xai  iräoc  xat  apiatov:  nam  Titatcv 
christiana  videtur  emendatio'. 

III  295     T^vt'xa  tfj  (J.OU  6u[Jiö?  £ira6aato  svösov  ö[xvov. 

Die  Parallelstelle  III  489  lehrt,  dass  hier  [xou  in  (xot  zu  ändern  ist;  beide  Male  aber 
ist  der  Accusativ  svösov  5[xvov  durch  den  Genetiv  svösou  5(j,vof>  zu  ersetzen,  da  die  Si- 
byllisten  von  der  regelmässigen  Construction  des  Mediums  TraücaOat  sonst  nicht  abweichen. 
Von  Volkmann's  Vorschlage,  der  an  der  erstangeführten  Stelle  STcauas  xöv  svösov  ö|xvov 
schreiben  wollte,  muss  abgesehen  werden. 

III  299     xai  ßaatXsüot  zd  t  iaaöjjisva  ypsal  öclvat.. 
Nach  dem  gleichlautenden  Verse  III  164  ist  herzustellen 

zd  z'  £aa6[ji=v'  £v  9p£al  6£ivat. 

III  301     ocaa  xs  zfj  BaßuXwvi  ifXT^aato  aXysa  X'JYpd. 

Die  Partikel  %£,  welche  (P  bietet,  während  in  W  xal  geschrieben  steht,  hat  bereits 
Volkmann  richtig  durch  y£  ersetzt,  vgl.  das  zu  III 165  sq.  Bemerkte.  Aber  auch  das  folgende 
Wörtchen  r?;  ist  hier  als  Artikel  unstatthaft;  wir  werden,  obgleich  r/j  durch  <P  überliefert 
ist,  entweder  Sf;  einsetzen,  oder  der  Leseart  von  ^  zoi  folgen,  da  der  absolute  Wert  jener 
ersten  Handschriftenclasse  kein  solcher  ist,  dass  sie  unter  allen  Umständen  vor  W  den 
Vorzug  verdiente,  zumal  in  solchen  Quisquilien. 

III  333     -^rda  £pYj[AO?  aTcaaa  a£Ö£V  xai  ipYjjxa  tcöXt^o?. 

Dieser  Vers  steht,  wenn  er  echt  und  ursprünglich  ist,  dem  Verse  III  273  parallel; 
nur  der  Versschluss  erscheint  dem  Zusammenhange  gemäss  verändert:  allein  er  ist  corrupt 
überliefert.  Die  Herausgeber  nahmen  sich  nicht  die  Mühe,  eine  Conjectur  zu  versuchen, 
ja  Alexandre  scheint  IpTjjJia  gar  für  einen  Aeolismus  gehalten  zu  haben,  wenn  er  Excurs.  ad 
Sibyll.  584  sagt:  ,ex  aeolismo  unum  fere  notandum  est,  £pTj|JLa  in  feminino  (pro  i^rili-fi 
vel  ^pr^\xrlZ)  III  333'.  Es  lässt  sich  kaum  an  etwas  Anderes  denken  als  an  den  aus 
Homer  bekannten  Ausdruck  ip\xa  TÖhqoz,  vgl.  77549  £ir£t  a'ftacv  £p[j.a  itöXyjoc  £a%£,  !iP"121 
rj\).alQ  (j  £p[j.ot  xöay/jC  'J.Tziv.zrj.^B^ .  Dem  Sinne  nach  aber  ist  es  bei  unserem  Sibyllisten 
nicht   wie    bei   Homer    von   Personen    gesagt,    sondern    Umschreibung   für   , Stadt'.     Der 


30  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

Sibyllist  scheint  übrigens  diesen  Ausdruck  gewählt  zu  haben,  um  wie  III  273,  wo  der 
Versschluss  %aL  ß(0[iöc  £pD[j.vöc  lautet,  mit  den  Worten  zu  spielen  (£p-/j(jLOC  —  spjJ-a),  wie  das 
in  diesen. Orakeln  öfters  der  Brauch  ist.  Selbstverständlich  ist  aus  dem  Femininum  spr^jAO? 
derselbe  Begriff  der  Oede  auch  für  die  tzö'Kiq  herauszuheben:  , verlassen  und  öde  ist  das 
Land,  verlassen  und  öde  des  Landes  schirmende  Burg'.  Noch  ist  hinzuzufügen,  dass  die 
bisherigen  Herausgeber  verabsäumt  haben,  um  den  argen  Hiatus  '(oia  spr/^oc  zu  beseitigen, 
einfach  nach   dem  Muster  von  HI  273  yata  ^5"   zu  verbessern. 

III  334  sqq.     ev  8s  o'jast.  äati^p  Ad|JL']^=t,  6v  ipoOst.  xofiTjZYjv, 
po[i'fatac  Xt[JioO  6avdxotö  xs  3ry[ia  ßporolotv 
r^Y=!J-^v{ov  -s  tpBrjprXQ  a^^'i^pih^/  pisydXcov  t  s-^itaTjjjKov. 

So  liest  man  bei  Alexandre,  der  «pÖopäi;  nach  Opsopoeus  statt  des  handschriftlichen 
(p6opdv  in  den  Text  aufnahm,  ohne  sich  an  die  Messung  von  rs  vor  Doppelconsonanz 
zu  stossen;  Volkmann  wollte  deshalb  einmal  xai  cpGopdv  TJYSjxövmv  mit  kurzgebrauchtem 
Accusativausgang,  was  bei  den  Sibyllisten  niclit  ganz  unerhört  ist  —  aber  er  hat  dabei 
die  Construction  des  Satzes  ganz  unbeachtet  gelassen.  Es  ist  'rj-(B\).6'Hov  zz  '^ov'TjC  herzu- 
stellen, ausserdem  aber  dv8po)V  jjiSYdXcov  umzusetzen  zu  [JiSYdXwv  dv8p(öv,  so  dass  nunmehr 
das  r'  vor  k^zlzr^\s.^o'^  statthaft  wird:  den  r^'^ziyjvzc  [xsYdXo:  werden  dv^ps^  izia'Q\x.'Ji  bei- 
gefügt. Weit  weniger  würde  es  sich  empfehlen,  jenes  z  einfach  wegzulassen,  so  dass 
dann  die  'q'(=,'^6y2C,  selbst  als  dv8ps(;  [XSYdXoi  STTtar^jxoi  bezeichnet  wären,  zumal  wiederholt 
in  den  Sibyllineu  den  Königen  und  Fürsten  noch  die  ausgezeichneten  Männer  des  Reiches 
an  die  Seite  gestellt  werden,  z.  B.  V  108  Tcdvrac  okzi  ßaacXsi?  [xsYdXoyc  xal  f^ibzaz  aplozooQ, 
fast  ebenso  V  379. 

ni  371     (0  [xaxapcaröc,  sxslvov  Zc,  ic,  /povov  saasrat  dv/^p 
•Äj£  '[orq,  (xaxdpcov  xävsT/faro;  oaaov  dYpoc'jXoc. 

So  die  Handschriften,  nur  hat  die  Classe  W  i'Ktiyrjz.  Die  Redeweise  s'^tsivov  oc,  bq 
5(p6vov  laasrai,  die  nur  besagt,  ,wer  da  bis  zu  jener  Zelt  sein,  d.  i.  leben  wird',  muss 
auffallen,  da  wir  allenfalls  erwarten:  ,wer  da  zu  jener  Zeit  lebt'.  Dieser  Vers  ist  nun 
auch  im  vierten  Buche  (als  letzter)  zu  finden,  wohin  er,  wie  sich  später  ergeben  wird,  von 
unserer  Stelle  versetzt  ward.  Dort  aber  steht  uns  auch  noch  die  Handschriftenclasse  £2 
=  QVH  zu  Gebote,  und  diese  hat  eine  Fassung  erhalten,  die  offenbar  die  richtige 
ist,  nämlich  c6  {laxaptaioc  sxsivoc  kizl  -/6ovös  zootzai  dv/^p.  Das  stimmt  an  unserer  Stelle 
trefflich  zum  Zusammenhange;  schildert  doch  der  Sibyllist  ein  Zeitalter  der  Glückseligkeit 
auf  Erden.  Wir  werden  demgemäss  auch  kein  Bedenken  tragen,  statt  des  sinnlosen 
dYpa'JÄoc  vielmehr  i7ua'j/.oc  (Wohnsitz  der  Seligen)  in  den  Text  aufzunehmen. 

III  382     E'Jp(oirr^^  -s  \i.i'(i'3Z'jV  dvaarayucoasTat  d^YOC 

Der  Vers  kehrt  wieder  XI  200;  da  uns  hier  bessere  Handschriften  (die  Familie  i2) 
zu  Gebote  stehen  als  im  dritten  Buche,  so  ist  aus  diesen  sowohl  5s  für  ts,  als  auch 
namentlich  s'Äxo;  für  dAyos  herzustellen,  beides  PJmendationen,  die  selber  für  sich  sprechen. 
Den  Dativ  E'jp(i)7:-(j  für  Eüpcö::-/);,  der  gleichfalls  in  XI  200  erhalten  ist,  haben  schon 
früher  Struve  und  Volkmann  mit  Recht  gefordert. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  31 

III  385     %ai  177.07]?  oTuoaYjc  eiri^spy.srai  tjX'.o?  yatr^c 
OBGTziviQ  aoÖT^Östaa  xaxatc  axYjatv  ö^^cita'.. 

So  bieten  die  Handschriften;  in  P  hat  Betuleius,  der  seine  Ausgabe  nach  dieser 
Handschrift  veranstaltete,  das  y  ^on  Ycitr^c  mit  rotheni  Striche  als  zu  tilgen  bezeichnet, 
und  so  ward  seither  rfkioQ  aiTyC  edirt.  Indess  hat  sich  anderwärts  die  richtige  Fassung 
des  Versschlusses  erhalten,  XI  202 

und  demgemäss  ist  auch  an  der  in  ßede  stehenden  Stelle  sowohl  ött&gtqv  wie  tjsXioc  ytJc 
zu  schreiben;  dem  Verfasser  schwebte  die  homerische  Stelle  A  16  o'J§c  tcot:"  aozoUw  [  v)£)vto? 
'fasötov  STT'.Sspxs-ac  dxTivsaatv  (y.azaospxcrat  Aristophanes  und  Aristarchos)  vor  (vgl. 
Hesiod.  Theog.  759).  ♦ 

III  396  sq.     ptCoLV  lav  y=  5t8o6c,  fjV  xac  %6'^zi  ßpOToXoiyöc 

£%  5£%a  Si^  x3pd~(ov,  irapd  5s  (putöv  «.aXo  fJzeÖGZ'.. 

Das  von  <;P  gebotene  lotv  ys  o'.8o6c  ist  offenkundig  eine  Fassung,  um  eine  mangelnde 
Silbe  zu  ersetzen,  die  anderen  Handschriften  haben  ys  nicht;  ich  vermuthe,  da  mir 
auch  ptC^.v  5t5o6?  unmöglich  erscheint,  vielmehr  fitCav  lav  äva5o6c.  Auch  V]V  xai  muss 
meines  Erachtens  in  y^v  TüSp  corrigirt  werden.  Im  folgenden  Verse  steht  irapd  8s  ^utöv 
in  der  Sippe  *,  während  W  zocpä  ^tj  rfurov  bietet.  Welches  die  richtige  Leseart  ist. 
zeigt  die  Parallelstelle  XI  251  luplv  8i^  'fozbv  dXXo  ?putc6a£i,  wo  uns  die  verhältnissmässig 
beste  Handschriftenfamilie  i2  zu  Gebote  steht.  Es  hat  also  in  unserem  Verse  die  Sippe  W 
das  ursprüngliche  8*/^  bewahrt;  Ss  wäre  auch  in  metrisch-prosodischer  Beziehung  höchst 
auffallend.  Wird  aber  8r^  Aviederhergestellt,  so  liest  man  in  demselben  Verse  rasch 
hinter  einander  zwei  Sy^,  von  denen  das  erste  noch  dazu  eine  merkwürdige  Stellung 
inne  hat.  Dies  nun  scheint  mir  aus  dem  Eingange  von  Vers  395  ev.  tcbv  ^Tj  -{B'Vb9]Q  ein- 
gedrungen zu  sein,  ich  vermuthe  [Jisv,  vielleicht  aber  wäre  auch  an  ix  hs-^d^OQ  xspdttov 
zu  denken;    demnach  würden  die  beiden  Verse  lauten: 

piC^y.v  lav  dva8o6?,  Vjv  icsp  7.ö(|^st  ßpo-coXotYÖ? 

£y.  ^jiv.a  [xsv  y.spdircov,  Tcapd  oyj  fozty  dXXo  tpursüast. 

III  398  sqq.       y.O']/£l   TCOp^UpiYjC    Y*''*'^^    •(^^^^Zf^rJrx   [JiayYj-Tjv 

v.ci/jzbz  d(p"  uäöv,  wv  s?  6[iö(ppova  aüacov  dppTjc 
cp6£l-oif     xai  -örs  87;  '3tapa'fu6[JL£Vov  xspac  dp^Et. 

Die  heillos  verderbte  Stelle  ist  bisher  wenig  gefördert  worden.  Die  vorstehende 
Fassung  steht  in  den  Handschriften,  nur  bieten  A  und  !F  dpY;?.  Glücklicher  Weise  findet 
sich  eine  Nachbildung  dieser  Verse  im  Buche  XI  250  sq.,  aber  freilich  nur  in  verkürzter 
Version.  Immerhin  ergibt  sich,  da  die  Üeberlieferung  daselbst  bei  weitem  besser  ist, 
zunächst,  dass  für  itop'^'jpsY^c  Y=^^'^i^  ^^^  lesen  ist  -reop'füpEOC  '(Z'^izr^^.  Wichtiger  noch  ist 
der  Umstand,  dass  wir  XI  251  xaö-öc  off  oir^rjc,  —  zv.Kzi')^=.i  vorfinden.  Der  Verfasser  las 
demnach  wahrscheinlich  den  Singular,  der  sich  leicht  aus  dem  überlieferten  dcp'  uuöv  (ov 
ergibt,   indem  69'  'JtcovoO   geschrieben  wird   (seil,  ^bzlzai).     Volkmann   dachte   an  oiwvcbv. 


32  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

Für  die  folgenden  Worte  aber  versagt  uns  die  Stelle  im  XI.  Buche  ihre  Unterstützung. 
Vielleicht  lag  sie  dem  Verfasser  bereits  verderbt  vor.  Alexandre  dachte  in  der  Note 
zur  ersten  Ausgabe  an  atp  uüöv,  (ov  §<;  6{iö?ppova  Ss^srat  apyr^v  oder  oiaiv  6|xö'fpovoi;  aixtoc 
doyt^C;  M.  Schmidt  suchte  den  Vers  so  herzustellen:  '/.aozoz  6(fi'  uuöv,  (ov  W  (wofür  ein 
Anonymus  in  Hilgenfeld's  Theol.  Zeitschrift  1861,  p.  438,  -cöQ'  vorschlug)  6[x6'fp(ov  aaoctai 
'ApYj?  (oder  5rxioc  "-^pftZ)  unter  Hinweis  auf  Herod.  VIII  3.  Bei  der  völligen  Zerstörung 
der  Worte  wage  auch  ich  nur  neue  Vermuthungen:    entweder  ist  zu  schreiben: 

%a.'jzbc  ö'-p  uuovoO  öXoö'fpovoi;,  ainoi;  dpX''J<;) 


oder  etwa 


%aö-bz  rj'-f  üüovoö,  öXoötppcov  St^coi;  'ApTjc, 


isirat. 


« 


III  421     voöv  5s  TCoXuv,  Ittoc  6'  scst  £[jL(JicTpov  Siavoia?. 

Dies  ist  die  Leseart  von  *,  wogegen  in  *?"  Ittoc  6'  l^si  a[J.£rpov  Stavota?  steht,  woran 
sich  merkwürdiger  Weise  die  beiden  letzten  Herausgeber  gehalten  haben.  Schon 
Castalio  versuchte  die  Stelle  zu  heilen,  indem  er  xai  stto?  Siavoiaic  £[A[JL£'cpov  iizi  vor- 
schlug, eine  Fassung,  durch  welche  der  Vers  alle  Modulation  verlieren  würde.  Volkmann 
dachte  zweifelnd  an  xai  Itto?  Siavoiaii;  £0[j,c-pov  i^si.  Ich  nun  bin  der  Meinung,  es  sei 
unter  Beachtung  der  unserer  Stelle  im  XI.  Buche  Vers  163  sqq.  nachgebildeten  Fassung, 
wo  sich  in  Vers  166  der  Ausdruck  STCtvo'.a  findet,  etwa  zu  schreiben  xat  sttt]  6'  £^£t  £|i.[j.£rp' 

ni  439  sq.     %al  xpdto?  ü'j^YjXov  Auxcttjc  Spoc  eä  xopü'^dcov 
Xdo|xar    dvotY^^[A£VYjc  TcsrpTjc  XEXapu^Eiat  ü5(op, 
{jLsypt  t£  xat  Ilardpcov  [AavTT^tot  a'/][Jiaxa   TcauoTj. 

Dies  schrieb  Alexandre,  der  das  handschriftliche  xopocpatcov  (^  xopocpscov)  richtig  in 
xop'j'fdo)V  veränderte  und  Ila-dptov  aus  Tuaxcpwv  herstellte.  Die  hauptsächlichste  Ver- 
derbniss  jedoch  sah  erst  Meineke,  der  xpdroc  vortrefflich  in  Kpdyoc  emendirte.  Noch 
bleibt  aber  eine  kleine  Nachlese.  Das  den  Vers  439  anhebende  xat  ist  unstatthaft,  es 
fehlt  ein  Ausdruck,  von  dem  i%  xopu?pd(ov  abhängt,  da  Kpdyoe,  6({;7jXöv  Aaxtvjc  ^p^C  nur 
Vocativ  sein  kann;  es  liegt  nahe,  für  xai  das  Pronomen  aoö  zu  setzen,  wodurch  Alles 
ins  Geleise  kommt.  Dies  Wörtchen  konnte  um  so  leichter  verdrängt  werden,  als  die 
beiden  unmittelbar  vorangehenden  Verse  437  und  438  mit  xa{  beginnen.  Der  Ausdruck 
fiQfyxz  kann  nur  Dativ  sein,  abhängig  von  dvoiyofxiv/jc;  da  aber  das  t  des  Dativ  Singul. 
bei  den  Sibyllisten  sonst  keine  Elision  erfährt,  so  ist  wohl  "/dafjiaa  zu  schreiben.  End- 
lich muss  |Jt£Xpi  "£  durch  {Ai/p'.  x£  (oder  |j,£-/pi??)  ersetzt  werden. 

ni  451  sq.     2:5ov{(ov  V  ÖAoöc  ßaaiXs'JC  xal  ipuXoxt?  d/Acov 

Die  Herausgeber  bemühten  sich,  in  diese  Worte  einen  Sinn  hineinzubringen:  Castalio 
übersetzte:  ,at  rex  Sidonius  aliorumque  agmina  pugnae  exitium  Samiis  conflabunt  triste 
per  aequor',  Alexandre:  ,Sidonios  variasque  trahens  in  proelia  gentes  rex  saevus  Samiis 
feret  aspera  bella  per  undas';    und  ähnlich  Friedlieb:    ,Sidons  verderblicher  König  und 


Kkitische  Studien  zu  den  Sibyllinischbn  Orakeln.  33 

Anderer  reisige  Kriegsschaar  werden  vernichtenden  Tod  übers  Meer  zu  den  Samiern 
bringen.'  Wie  soll  aber  v.ol  (i'JKOTZiQ  dXXcov  ,aliorum  agmina'  oder  , Anderer  reisige 
Kriegsschaar'  bedeuten?  Hier  hat  sich  offenbar  eine  böse  Corruptel  eingeschlichen  und 
die  ursprüngliche  Fassung  lautete  xatd  tpuXoTriv  alvT^v,  vgl.  den  homerischen  Versschluss 
xai  tpöXoTCW  aiVTjV  J  16.  Im  folgenden  Verse  aber  ist  zunächst  das  erste  Adjectiv  richtig 
zu  stellen:  die  Sippe  <P  hat  irovcotpopov,  W  wovcoicopov,  was  die  Herausgeber  recipirten; 
allein  die  Concinnität  verlangt  eine  Beziehung  zu  Xa[i{occ,  und  diese  ist  gegeben  mit 
der  Schreibung  xovtOTCÖpotS',  aber  auch  öXoov  kann  als  Attribut  zu  oXsÖpov  unmöglich 
stehen  bleiben;  dies  Adjectiv  ist  vielmehr  offenbar  aus  dem  vorangehenden  Verse  an 
Stelle  eines  der  im  epischen  Sprachgebrauche  geläufigen  Epitheta  von  ^XcÖpoc  ein- 
gedrungen, etwa  Xo'f^öv  oder  alicüv  oder,  was  der  Corruptel  noch  näher  liegt,  o'.xTpov, 
vgl.  V  380  oarpoc  oXsöpoc.  ^ 

Das  Prädicat  des  Satzes  ist  gleichfalls  in  den  Handschriften  verderbt,  in  <P  steht 
8'  r^o'jaw  [A  8'  i^ouatv),  in  W  5'  f^^ouatv:  hieraus  machte  Castalio  ^st^ouacv,  womit  sich 
die  bisherigen  Herausgeber  zufrieden  stellten.  Indess  passt  dies  Verbum  gar  nicht  in 
den  Zusammenhang:  den  richtigen  Fingerzeig  gibt,  wie  ich  glaube,  eine  homerische 
Stelle  M345:  k%ei  tdya  r^Ss' Tctcucstat  aiiroc  oXsOpoc.  Ich  vermuthe  darnach  xsüScisv 
mit  ßaaiXc'JC  als  Subject  und  dem  für  den  Sprachgebrauch  der  Sibyllinischen  Orakel  so 
charakteristischen  Optativ  (als  Vertreter  des  Futurums).  Demnach  gestalten  sich  die  beiden 
Verse  nunmehr  folgendermassen: 

StSovuov  8'  öXoö?  ßaatXsuc  xatä  (föXomv  aivi^v 
-icovcoitöpot?  Sa[i'loic  oixTpöv  xsuSotsv  oXsÖpov. 

in  453  sq.     ai\s.a.zi  [isv  SdirsSov  xsXap'j^czat  elz  dXa  «fcotcäv 

öXAU[i,EVü)V. 

,Und  zum  Meere  hin  wird  vom  Blute  der  gefallenen  Männer  rinnen  das  Land', 
übersetzt  Friedlieb  die  Stelle;  aber  es  rinnt  das  Blut,  nicht  das  Land!  Mit  geringer 
Aenderung  lässt  sich  der  Stelle  helfen,  wenn  man  schreibt  al\).a  jjisXav  SazsSq)  xsXa- 
p'j^szat  sie  dXa;  der  Ausdruck  al[xa  pteXav  begegnet  mit  demselben  Verbum  verbunden 
schon  bei  Homer,  und  unserem  Sibyllisten  schwebte,  wie  es  scheint,  die  betreffende 
Stelle  vor:    ^813  äizb  3'  zkxz'jc,  dpYaXsoio  a.i[i.a.  (xeXav  xsXdpoCs. 

lU  454  sqq.  dXoyot  os  a6v  dy/^aotcapsat  %o6paic 

ößpiv  dcWS/irjV  iStirjv  diroÖcopYj^ouat, 
tat  |JL£V  o-jcsp  V£x6(i)V,  tat  <j  ö)Au(jlsv(ov  üicip  otÄv. 

Im  Verse  455  ist  das  corrupte  dTCOÖcopY^^ouat  der  Handschriften  von  Struve  in  6.TZ0- 
OpTjVY^aouat  geändert  worden;  noch  bleibt  aber  die  offenkundige  Verderbniss  in  Vers  456 
zu  heilen.  Unmöglich  kann  man  sich  denken,  dass  hier  vsxutov  und  öXXu[j.£Vcov  den 
Hauptgegensatz  bilden  sollten,  so  dass  utö)V  durch  diese  Begriffe  disjungirt  würde;  es 
müsste  dann  unter  tat  [loV  und  tat  8s  verstanden  werden  je  ein  Theil  der  äXoyoi  und 
■KO'jpat  zusammen,  und  nicht  unter  tat  |i£V  die  xoöpat,  unter  tat  8s  die  dXoyot.  Jeder 
Unbefangene    muss    zugeben,    dass    all    dies    überaus    geschraubt    und    unnatürlich   wäre: 

Denkschriften  der  phil.-hist.  CI.    XXXVIII.  Bd.    IV.  Abb.  6 


34  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

das  Einfachste  ist,  in  vsx6(ov  eine  Corruptel  zu  vermuthen.  Doch  ist  es  nicht  so  leicht, 
mit  Gewissheit  die  ursprüngliche  Leseart  festzustellen.  Man  kann  zunächst  an  y'jVSCov 
, Väter'  denken  (Alexandre  beliess  vsx6(ov  ohne  eine  Bemerkung  im  Texte,  übersetzte 
aber  ,flebunt  hae  fata  parentum  occisorum',  d.  h.  er  fasst  Väitucov  ohne  Weiteres  als 
,getödtete  Väter'),  Aber  auch  der  Begriif  , Bräutigam'  konnte  möglicherweise  ursprüng- 
lich hier  stehen,  also  vujAcptoc,  das  freilich  in  dieser  Form  nicht  in  den  Vers  passt. 
Erinnern  wir  uns  aber  an  die  Tliatsache,  dass  ein  Vocal  mit  folgendem  Nasal  vor 
Explosiven  in  gewissen  griechischen  Dialekten  als  Nasalvocal  gesprochen  ward,  so  wäre 
immerhin  auch  dieser  Begriff  hier  unterzubringen.  Die  berührte  Erscheinung  ist  in 
grossem  Masstabe  im  Kyprischen  zu  finden  (vgl.  jetzt  Meister,  die  griech.  Dial.  II  262), 
weiters  im  Pamphylischen :  aber  auch  andere  Dialekte  weisen  sie  aus,  insoferne  in- 
schrlftlich  der  Jjetreffende  Nasal  gar  nicht  ausgedrückt  erscheint.  Auf  der  ionischen 
Inschrift  von  Siphnos  I.  G.  A.  ed.  ßoehl  399  steht  vutpscov  (=  vu[j.!p£(ov),  das  demselben 
Stamme  angehört  wie  unser  vu{itpuov;  smyrnäischen  Ursprungs  ist  Nui:pö^(opoc  C.  I.  G. 
3155,  8;  auch  auf  Vasen  liest  man  z.  B.  v6(p7]C,  C.  I.  G.  7760,  vj'fat  C.  I.  G.  8185; 
mitunter  scheint  man  v6[A<p7]  zwar  geschrieben,  aber  iambisch,  d.  i.  mit  nasalirtem  Vocal  u 
gesprochen  zu  haben,  wie  Sophokl.  Antig.  1115  TcoA'j{ovu[i£  Ka^fistac  v6|JL!pai;  ayaXjAa  (wo 
von  Nauck  dya^iAa  w\i.'^aQ  umgesetzt  ward);  dass  auch  in  der  epischen  Sprache  die 
in  Rede  stehende  Erscheinung  zulässig  war,  scheint  das  homerische  dvÖpOTTjTa  11  857, 
X  363,  i2  6  zu  beweisen,  vgl.  meine  Bemerkung  zu  /Z  857  meiner  Iliasausgabe,  wo  noch 
andere  einschlägige  Beispiele  berührt  sind.  Darnach  wäre  es  keineswegs  unmöglich, 
dass  der  Vers  456  gelautet  hätte: 

tai  jjisv  ÜTCsp  vu|ji(pt(ov,  Tai  5'  oX>.u|i,£V(ov  uirsp  uuöv, 

wobei  dann  die  erste  Silbe  von  vu[j.(pi(ov  oder  vjfpuov  als  Kürze  gemessen,  d.  h.  mit 
Nasalvocal  gesprochen  wäre.  Endlich  bleibt  für  vufji'fiwv  auch  noch  der  Ausweg  der 
Lesung  mit  Synizese  (also  vo[X'fj(ov). 

111  457     arj[i£iov  Kuirpo'j  ostoficp"     'fbiozi  5s  'fdXayyac. 

So  schreibt  man  seit  Opsopoeus:  die  Handschriften  aber  bieten  o£ta[A(p  5s  (pöiast. 
Da  das  Subject  zu  ^Ötost  deutlich  hervortreten  soll,  hat  Volkmann  scharfsinnig  (wie  auch 
Alexandre  in  den  Curae  posterior.)  die  Interpunction  nach  KuTcpou  gesetzt  und  0£ca|JLÖc 
^bijzi  3s  geschrieben;  indess  dies  genügt  noch  nicht.  Meines  Erachten«  muss  weiters 
das  hier  auffällige  5s  beseitigt  werden  durch  die  Schreibung  'fObsts  für  '^Öiast  5s;  dieser 
bei  den  Sibyllisten  so  beliebte  Optativ  ist  in  der  Ueberlieferung  öfters  hinter  Futur- 
formen versteckt.  Auch  Alexandre  dachte  an  die  Herstellung  dieser  Form  in  den  Curae 
posteriores,  ohne  jedoch  in  der  zweiten  Ausgabe  ihrer  auch  nur  zu  erwähnen. 

UI  500  sqq.  -co'jv£x  dp'  aüto^s 

sx^dyÄtos  Tzkri-^alGi  SctfJLdaastsv  itapd  irdaav 

Man  erwartet  eine  Präposition,  welche  , darüber  hin'  bedeutet,  also  statt  -Tucipd  viel- 
mehr -Aazd,  was  ich  ohne  Bedenken  in  den  Text  setze. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  35 

III  512  sq.     ac  at  Fcoy  '»oii  -Jiäatv  scps^stTjc  a[Aa  MaYtoy, 

Mapamv  y^  Adxcov,  oaa  aoi  xa/,a  [j,otpa  icsXdCst. 

Diese  von  Alexandre  aufgenommene  Fassung  ist  schwer  zu  billigen.  Eine  absolut 
sichere  Entscheidung  übrigens  wird  sich  betreffs  dieser  schlimmen  Stelle  kaum  fällen 
lassen.  Die  Handschriften  bieten  in  Vers  512  at  ai  aoi  Fcoy  xai  iräatv  Eips^f^^  d{Jia  Maytoy. 
Volkmann  dürfte  der  ursprünglichen  Leseart  bisher  am  nächsten  gekommen  sein,  wenn  er 

ai  djxa  aot,  Fcoy  rfii  Maytoy,  xal  irdaw  e^s^Tj^ 

vorschlug.  Unter  genauerem  Anschlüsse  an  die  Ueberlieferung  empfiehlt  es  sich  jedoch, 
mit  Beibehaltung  des  so  gewöhnlichen  doppelten  ai  und  Ersetzung  von  xai  durch  r^§s 
zu  schreiben:  • 

ai  ai'  aot  Fcoy  tj^s  Maycoy  ä\),a  xäacv  s^SuTj?. 

Misslicher  steht  es  mit  den  im  folgenden  Verse  vorliegenden  Völkernamen,  welche  in  <P 
als  |i.apa(bv  rfi'  dyYwv  (in  ^  stehen  über  (o  zwei  Accente,  der  Circumflex  und  der  Gravis), 
in  W  als  |i.apa(bv  Y^Gaycov  überliefert  sind.  Es  würden  sich  diese  Formen,  falls  man  in 
ihnen,  wie  von  Seiten  der  Herausgeber  geschehen  ist,  Genetive  erblickt,  nur  als  von 
7udc3'.v  abhängig  auffassen  lassen,  aber  auch  dann  wäre  die  Ausdrucksweise  eine  eigen- 
thümlich  geschraubte:  deshalb  ist  wohl,  zumal  in  Anbetracht  der  so  häufigen  Ver- 
wechslung der  Genetiv-  und  Dativausgänge  in  den  Handschriften,  an  die  Herstellung 
von  Dativen  zu  denken.  Was  nun  die  Völkernamen  selbst  betrifft,  so  ist,  da  wir  uns 
unter  den  aus  der  Bibel  bekannten  PtÖY  und  Maycoy  wohl  nördliche  Völkerschaften 
vorzustellen  haben,  anzunehmen,  dass  auch  hier  irgendwelche  abgelegene  Barbaren- 
stämme gemeint  seien.  Unter  den  Geschichtschreibern  gibt  Herodot  I  125  vielleicht 
den  richtigen  Wink,  indem  er  von  verschiedenen  Stämmen  Persiens  spricht:  dXXot  Ss 
Ilspaat  ziai  o't§£'  Ha^biaKaioi,  Ar^pouatalot,  Fspii-dvior  outoi  |jl£V  xdvts?  dpoTYjpsc  slai,  oi 
rii  dXXoi  vojxdosc,  Adot,  Mdp5ot,  Apoiraoi,  laydpxtot.  Die  Zusammenstellung  der  in  den 
Steppen  der  Ostküste  des  kaspischen  Meeres  sesshaften  Adoi  und  der  im  mittleren  Iran 
nomadisirenden  Mdp5ot  lässt  vermuthen,  dass  auch  .der  Sibyllist  diese  Stämme  vor  Augen 
hatte.  Deshalb  ist  es  am  wahrscheinlichsten,  die  Anführung  der  MdpSoi  und  Adot,  wie 
Alexandre  in  den  Curae  posteriores  zur  ersten  Ausgabe  gethan  hat,  an  unserer  Stelle  zu 
vermuthen-,  leider  hat  dieser  Gelehrte,  wie  erwähnt,  in  der  zweiten  Ausgabe  (p.  358) 
wieder  einer  ganz  anderen  Ansicht  Ausdruck  gegeben,  wenn  er  sagt:  ,Etiam  Augusti 
tempore  Marsorum  in  Italia  vultus  ferox  ac  terribilis  ab  Horatio  diffingitur;  Daci  seu 
Daae  inter  Scythas  maxime  formidabiles  semper  habiti  sunt,  seroque,  si  unquam,  penitus 
subacti.'  Ebensowenig  ist  an  den  germanischen  Stamm  der  Mapaoc,  dessen  Strabon 
VI  290,  3  (vgl.  Tacit.  Germ.  2,  ab  excess.  div.  Aug.  I  50,  II  25)  Erwähnung  thut, 
zu  denken. 

Meines  Erachtens  wären  die  Dative  Md^hoiQ  T/  (oder  ifii)  Adotc  in  den  Text  zu  setzen. 
An  dem  goi  des  folgenden  Satzes  ist  nicht  Anstoss  zu  nehmen,  da  sich  dies  auf  den 
Hauptbegrift'  Vtay  und  Maytoy  bezieht,  wovor  selbst  aot  steht.  Der  Plural  d[Aa  xdatv 
S'fS^tyC  I  MdpSoic  TjSi  Adoic  steht  in  zweiter  Linie  und  ist  gewissermassen  parenthetisch 
aufzufassen. 


36  IV.  Abhakdlung:   Alois  Rzach. 

111  516  sq.     Maufxov  t   AtötöiKov  zt  xcti  sövtöv  ßapßapocpcöv(ov 
KawiraSoxibv  f  "Apctßwv  ts. 

In   den   vorausgehenden  Versen   ist   von    kleinasiatischen    Stämmen    die    Rede,    von 

Lykiern,   Mysern,   Phrygern,   Pamphylern,    Lydern;     es  hat   deshalb  schon  Opsopoeus  in 

dem  überlieferten  Maöpcov  die  hier  vermissten,  anderwärts  (III  170,  V  287)  sonst  in  dieser 

Gesellschaft  von  den  Sibyllisten  erwähnten  Karer  vermuthet.    Allein  auch  die  im  Vers  517 

folgende  Anführung  der  Kappadokier  neben  den  Arabern  muss  Bedenken  erregen;    viel 

natürlicher  wäre  es,  wenn  letztere  mit  den  Aethiopen  zusammen  genannt  wären.     Daher 

vermuthe  ich,  es  habe  die  Stelle  eine  Verschiebung  der  Namen  erlitten  und  ursprünglich 

gelautet: 

KapÄv  KaicTraSöxcov  ts  %ai  s9v(öv  ßapßapo'ftovwv 

,  AiöioTKov  T  'Apdß(ov  ts. 

Hiedurch  wird  zugleich  Alliteration,  resp.  Assonanz,  in  den  Namen  der  Völker- 
schaften erzielt.  Für  =Ov(öv  dürfte,  da  der  Avisdruck  i6voc  in  Vers  515,  519  und  520 
wiederum  vorliegt,  äv5p(öv  zu  schreiben  sein;  vielleicht  ist  auch  519  dv^pdai  für  söveac 
herzustellen  im  Hinblicke  auf  oaoc  /^öva  vatsrdo'jaw,  wenn  man  nicht  mit  Badt  oaa 
(sOvsa)  vorzieht. 

III  528  sq.     o'|ovtac  Ssajjioiatv  6%  tjfipüf^  ßapßapo'fcövcov 
TCäaav  rjßptv  izda/o-Krxc,  5ctVTQV 

Der  vorausgehende  Vers  527  ist  mit  einer  starken  Interpunction  abzuschliessen,  wie 
Volkmann  mit  Hecht  verlangte.  Das  in  Vers  528  vorliegende  Subject  ist  ein  anderes 
als  vorher,  nämlich  ,die  Unterlegenen',  während  es  früher  ,die  Sieger'  sind;  allein 
gleich  das  erste  Wort,  das  Prädicat,  macht  sehr  grosse  Schwierigkeiten,  wenn  man  es 
als  richtig  überliefert  ansehen  wollte,  wie  die  bisherigen  Herausgeber  gethan.  Volkmann 
wollte  sauroüc  ergänzen,  was  unmöglich  ist.  Es  scheint  vielmehr  odiovtai  offenbar  aus 
dem  Eingange  des  gleich  folgenden  Verses  531  eingedrungen  zu  sein  an  Stelle  von 
ST^ovrai  (vielleicht  hiess  es  ursprünglich  d(|<ovtai,  was  die  Corruptel  noch  einfacher 
erklären  würde;  vgl.  Piaton.  Krat.  ^11  Ji:  zb  dTixsiv  xai  zb  5civ  zaozöv  kazi).  In  Ver- 
bindung mit  SäajJLOlat  bildet  Sälv  eine  seit  Homer  gebräuchliche  epische  Wendung  (vgl. 
z.  B.  K  443  ^r^or/yzBZ — vtjXsI  8£a[A(j));  wir  haben  hier  ein  J"'uturum  Medii  in  passiver 
Bedeutung.  Es  empfiehlt  sich  zugleich  ein  S'  einzufügen  und  demnach  SiQOoVTat  8£a|Jiotat 
5  'jt:  £)rOpo)v  ßapßapo'f(ov(ov  zu  schreiben;  im  nächsten  Verse  muss  es  dann  heissen  iidaav 
Oßp'.v  ^stvrjv  Tiday/jV-cC,  während  0  irdcav  üßptv  Tida/ovrac  5ctVT]V,  W  aber  irdaav  yßptv 
Tzdzy/j-K'xz  /aXsZTjV  bieten. 

in  529  sq.  xoDic  iosx'   aürolc 

|j,iy.pöv  sTrctpxsoacov  t:oX£[ao'j  Cw/J?  t'  sitapwYÖc. 

Gegenüber  den  Handschriften  ist  diese  von  den  Herausgebern  gebotene  Fassung  nur 
insoferne  verändert,  als  xo'Jx  säst  durch  Opsopoeus  hergestellt  ward:  <P  bietet  %oöx  lar  , 
W  aber  v.riÖY.iz  •  statt  ico).£|xoo  steht  in  F  Tco^spiov.  Was  soll  nun  aber  [Atxpov  sTrapxsaacov, 
(für  welch  letztere  Form  Vulkmann  mit  Hecht  STcapxsccov  vorschlug)  tto/vSjxo'j  heissen? 
Castalio,  welcher   nach   Betuleius   die   Leseart  von  P  [iapöv   ETrapxsaacov  TtöX£|xov  in  den 


» 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  37 

Text  aufnahm,  übersetzt  ,nec  erit  tarnen  uUa  potestas  saevum  pellendi  bellum  vitamque 
tueudi',  während  bei  Alexandre  ebenfalls  ungenau  steht  ,nec  grave  quisquam  avertet 
miseris  bellum  aut  discrimina  vitae'.  Der  Ausdruck  {J.i%p6v  ist  zweifellos  corrupt:  ich 
glaube  nicht  zu  irren,  wenn  ich  [xöyöov  oder  (jläXov  i-jcapxstcov  xo^sjaou  für  die  ursprüngliche 
Fassung  halte.  ,Sie  werden  Niemand  haben,  der  ihnen  abwehren  wollte  die  Last,  die 
der  Krieg  ihnen  auferlegt,  und  im  Leben  beistehe.'  Der  Ausdruck  C^o'qc  ixapcoy^^  is* 
auch  anderweitig  nachweisbar,  vgl.  Antipatros  in  der  Anthol.  Palat.  VI  219,  21  otcXov  —  tö 
C(oäc  STCapcoYOV. 

III  549  sq.  ttc  "cot   zXdvov  sv  'fpsal  Otjxs 

zaöza  rsXctv  irpoXtTcoöaa  ösoü  [xsydXoio  irpöawTCov. 

Die  Sibyllenhandschriften  0  bieten  irpoXf.iroöaa,  W  xpoXncriöat.  Das  Particip  könnte 
sich  nur  auf  das  in  den  vorausgehenden  Versen  angesprochene  EXXdc  (Vers  545)  beziehen, 
aber  der  Nominativ  ist  unmöglich,  daher  liegt  hier  eine  Corruptel  vor.  Eine  sofortige 
Heilung  derselben  gibt  uns  auch  Lactantius  nicht,  welcher  Div.  Inst.  I  15  (vol.  I,  p.  57, 
18 — 58,  2  Brandt)  die  Verse  III  545,  547 — 549  anführt.  Die  auf  einer  verhältnissmässig 
guten  Tradition  der  Sibyllinen  beruhenden  Citate  bei  diesem  Kirchenvater  sind  überall 
willkommen.  An  unserer  Stelle  nun  steht  bei  ihm  icpoXticovra  überliefert,  das  möglicher- 
weise durch  Vin  263 

(OGTS  Osov  xpoAixövra  Xatpcustv  fflöGi  B'^-qzoiQ 

veranlasst  war-,  auf  Grund  dessen  meinte  Opsopoeus  die  Dativform  des  Masculins  (auf 
Tot  =  EWüLQ  bezüglich)  herstellen  zu  können,  Tzpo\n:6vzi.  Allein  die  genuine  Leseart  war 
offenbar  xpoXtirsiv  xs,  und  auf  diese  weist  wenigstens  die  bei  Lactantius  erhaltene  Corruptel 
hin;  die  Sibyllenhandschriften  enthalten  in  der  Form  xpoXtTCoOaa  nichts  als  eine  ver- 
meintliche Besserung  des  Masculins  irpoXncovca.  Es  freut  mich,  constatiren  zu  können, 
dass  auch  der  neue  Herausgeber  des  Lactantius,  Herr  Professor  Brandt  in  Heidelberg, 
laut  brieflicher  Mittheilung  auf  ganz  dieselbe  Vermuthung  gekommen  ist.  Diese  Ueber- 
einstimmung  ist  mir  eine  Gewähr  für  die  Richtigkeit  der  Conjectur. 

HI  564  sqq.     vAc  'EXXdc.  t    ipps^c  ßowv  Ta6po)v  t    £ptjJi6x(ov 
lupöc  vocöv  [xzyrXXoitj  OsoO  öXoxapirojaaaa 

iv,tp=.6c,z.i  TToXifioco  ^oorfiäric  ririi  '^oßoto 

Dieser  Gestaltung  der  Verse  bei  Alexandre  wird  man  nicht  überall  zustimmen 
können.  Die  Handschriftensippe  fp  bietet  zu  Anfang  von  564  %at.  zobc  EXkaQ  Eps^^, 
W  aber  xo'Ji;  'EXXd<;  t  spps^e,  was  Alexandre  aufnahm.  Aber  weder  %at  Toyc  noch  to6c 
kann  mit  Rücksicht  auf  den  Zusammenhang  befriedigen.  Ich  möchte  deshalb  vermuthen 
oaaov  0'  'EWaz  sps^s  ßowv  xaupcöv  r  ip'.|i,'jxo)v,  d.  h,  soviel  als  Hellas  an  Kühen  und  Stieren 
opferte  am  Altare  des  wahren  Gottes,  insoweit  wird  es  dem  Kriege  entgehen  und  anderem 
Ungemach.  Ohne  Noth  ist  die  handschriftliche  Ueberlieferung  sx^psu^iQ  und  6zBr.rp^6S;r^ 
(P  'JTTSixrpsu^r])  in  die  Futurformen  Exrpsuist  und  uxsxrpiö^st  von  Alexandre  ver- 
ändert worden. 


3g  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

III  570  sqq.     o'j  ydp  jjlVj  böar^-s  6c<j),  (Jisypi  TCdvra  -^i^rizai, 
oaaa  [Jiövoc  ßouXcUcxat.  oü%  d-us).su'ca  Bzöz  y« 

In  der  Familie  0  liest  man 

oaaa  [jlövoc  ßooXsuastat  o6%  äzBkeoxa  öeöc  Y*' 
nur  hat  A  drs^sata   im  Texte,    mit   übergeschriebenem  sut  (d.  i.  die  Variante  dteXsuta), 
die  zweite    Handschriftenclasse   W  bietet  5aaa   (jlovoc   ßouXsosxat  Bzbc,  ouä  dtsXsaxa;   nach 
0  hat  Alexandre  die  oben  erwähnte  Fassung  des  Verses  in  den  Text  aufgenommen,  aber 
nicht  ohne  selbst  zu  bemerken  ,praestaret 

oaaa  [x6vo<;  ys  9=^C  ßouXcüstat  oüx  dtsXsata 

vel  ut  alii  codd.  oüx  dtE^Eara  .  Volkmann  entschied  sich  für 

oaca  ftsö«;  Y=  {aövoc  ßouXsooEtai   oüx  dtsXsuta. 

Dieser  Gestaltung  wird  man  sich  anzuschliessen  haben,  nur  muss  unter  allen  Umständen 
00%  dtSAcOza  geschrieben  werden.  Denn  nicht  blos  hat,  wie  bemerkt,  einer  der  Vertreter 
der  besseren  Handschriftenclasse  A  dzEÄsata  selbst  im  Texte  (mit  der  Variante  dtsXcUTa), 
auch  in  der  schlechteren  hat  sich  diese  Leseart,  und  zwar  als  einzige,  erhalten.  Hiezu 
kommt  als  schwerwiegendes  Moment,  dass  o6x  dxeXcata  eine  homerische  Formel  ist,  aus 
^168  entlehnt  (vgl.  a  345;  daneben  oü8'  dtsXsaxoc  ß  273  |i7]8'  dxsXsaTov  Hom.  Hymn. 
Dem.  323),  während  dteXsüTioc  in  der  homerischen  Sprache  gar  nicht  vorliegt;  letzteres 
ist  durch  äzzks.ozrjZ'JZ,  das  auch  die  Sibyllisten  verwenden,  veranlasst  worden.  Auch 
Huetius  schon  verlangte  dxsXsata. 

III  612     öc  Tcdaav  ancTudoct  y^^^*^'*'  ic£Cö>v  tc  %ai  tincscöv. 

Man  erwartet  statt  des  Genetivs  ttsC^öv  xe  xai  tTCJiStov  (wahrscheinlich  aus  III  804 
EV  VE'fE/.-o  [vEfpEXat??]  5'  I'^bqHz  [xd/TjV  tieC(öv  x£  xai  iiCTiEWV  eingedrungen)  den  Dativ.  Unter 
Beachtung  homerischer  Vorbilder,  welche  dem  Verfasser  offenbar  vorschwebten,  wie  ^  267 
^SKr^z'j  —  TCdv  tceSCov  itsCtöv  te  xac  finrcov  (ebenfalls  im  Versschlusse),  liegt  es  nahe  zu 
schreiben  TrsCciic  -£  v.'u  Itztzoiq, 

III  677     7rdv-a  Ss  OYjpia  Y'^iC  '/]§'  dciTExa  «pöXa  icexeiväv. 

In  dieser  Weise   hat   Alexandre    den  Vers    gestaltet;    die  Ueberlieferung   von  *  ist 

TtdvoE  ^E  ^Tjpta  falr^z  xaGits-ca  (xr^airExa  ^)  rpfAa  TistEivÄv, 
von  ?F 

xdvta  Se  Or^pta  Y<^^''iC  ''3^'  daicsta  ^öXa  itEtEWÄv. 

Ich  vermuthe,  es  sei  zu  schreiben 

irdvra  Se  Ovjpia  y^^C  TCErsY^voiv  t  dairsta  'föAa. 

III  680     Y/ußdrouc  y,opu«pd<;  t  6p£(ov  ßouvoüc  te  irEXwpwv 

FOCEl. 

Der  Genetiv  irEAojpo^v  ist  gänzlich  unstatthaft,  es  ist  statt  dessen  ßouvoa?  ts  icsÄcüpouc 
zu  lesen,  parallel  zu  Y^/.tßdzo'jc  "/.opu'xdc,  da  öpscov  offenbar  nur  zu  beiden  Begriffen 
gehören  kann. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischbn  Orakeln.  39 

III  699  sq.  xdSs  S'  eaastat  06%  ätsAsata 

Dass  der  Singular  oü5'  dTsXso-CYjtov  stehen  müsse  wie  Hom.  A  527,  woher  dieser 
Versanfang  entnommen  ist,  habe  ich  schon  früher,  einmal  vermuthet  unter  dem  Beifalle 
Nauck's,  zumal  das  Relativ  ort  —  [xövov  folgt;  demgemäss  aber  auch  xoSs  S'  Eaasxai  o6x 
drsÄsarov.  Der  Plural  scheint  durch  die  homerische  Stelle  td  [xsv  laocxai  o6x  dxEXsata 
^168  veranlasst  zu  sein.  Im  zweiten  Hemistichion  schlug  Nauck  vor  ors  xsv  {xovov 
O'fp'Jat  V£6a'(]  wegen  Hom.  J.  527  ou  xsv  xsrpaXt;  xaravcua».  Indess  die  Tradition  der 
Sibyllinen  ist  wohl  nicht  anzutasten,  ausser  dass  aus  der  auch  bei  Homer  mehrfach 
überlieferten,  unrichtig  geschriebenen  Form  QstTj,  welche  hier  zum  Optativ  ward,  der 
Conjunctiv  B'qr^  werden  muss  (Meineke  wollte  östT],  dessen  Existenzberechtigung  nicht 
erweisbar  ist).  Denn  auch  dieser  Versschluss  ist  von  dem  Sibyllisten  aus  Homer  entlehnt 
worden,  vgl.  sv  (^ psai  öi^co    (6suo  die  Codd.)  II 83,  und  durchaus  dem  Sinne  angemessen. 

III  704     oic  Scöoct  xtiaTYji;  6  StxatoxpirTjC  tc  [lovap/oi;. 

Es  ist  zu  corrigiren  xrta-T^c  '=■  öixat.oxptrrjc  ts  (iovap/oc,  da  [JLÖvap"/oc  zu  beiden  Aus- 
drücken gehört  und  das  handschriftlich  erhaltene  ts  auf  ein  vorausgehendes  is  hinweist. 

m  761  sqq.     dXXd  xaTaaitsuaavrsc  £|J.dc  fpi^ac,  ev  ati^Ösaatv 
«ps^Yctc  Aaxpstas  dStxous"  tö)  Ctövrt  ^.dxpcus- 
(xot/ctav  ics<p6Xa^o  xai  dxptxov  dpacvoc  sövt^v. 

Von  diesen  Versen  hat  Lactantius  die  zwei  letzten  (mit  764  und  765)  in  seiner 
Schrift  de  Ira  Div.  c.  22  citirt  und  zwar  wie  sich  nach  den  besten  zwei  Handschriften  ergibt, 
deren  Collation  mir  mit  Genehmigung  der  kais.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien 
durch  gütige  Vermittlung  des  Herrn  Hofrathes  von  Hartel  von  dem  neuen  Herausgeber 
des  Lactantius  Prof.  Brandt  zur  Einsicht  vorlag,  mit  folgenden  Varianten  gegenüber  der 
Ueberlieferung  der  Sibyllinen:  rpsöYc  hi  (Par.  AG),  dvö[Jioui;  statt  d^ixouc,  welch  letzteres 
von  Castalio  aus  dem  d5txo'j  der  Sibyllen handschriften  hergestellt  ward,  jj-ot/sta^  (MOIXIAC 
Bon.,  MUIXIAC  Par.)  §£  (poÄaaas  (und  zwar  Cod.  Par.  06  OVAAIAI,  Bon.  GG  WAAie),  endlich 
dpssvoc  dxp'.-ov  (APCeNAC  AKPieUN  Par.)  suvYjV.  Dagegen  wird  tcp  C«>vtt  bestätigt  durch 
die  Ueberlieferung  TOZONTI  des  Cod.  Bon.,  während  Cod.  Par.  GU  ZÜGÜNTI  bietet  (Fritzsclie 
edirte  Öscp  Cö>VTc).  Bemerkenswert  ist  in  der  Sibyllenüberlieferung  der  Wechsel  des 
Numerus  nach  dem  ersten  Satze;  zwar  ist  dem  ^siysrs  entsprechend  in  den  sibyllinischen 
Handschriften  auch  XatpcUSTS  überliefert,  aber  dies  verbietet  schon  das  Metrum;  beachtet 
man,  dass  auch  in  dem  weiteren  Verse  764  der  Singular  steht  und  bei  Lactantius  Vers 
762  mit  (pcOys  5c  beginnt,  so  wird  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  ganze  Stelle  den 
Imperativ  Singularis  enthielt.  Es  ist  deshalb  zu  vermuthen,  dass  erst  als  cpcOysTc  in 
den  Text  gekommen  war,  in  den  Vers  761  ein  plurales  Particip  eindrang.  Wir  werden 
aber  nicht  blos  den  Singular  herzustellen  haben,  sondern  auch  den  Begriff  des  xataaicsuSstv 
<lurch  einen  anderen  ersetzen  müssen,  der  in  den  Context  passt;  ich  vermuthe  dXXd 
xa-dotps'j^ov  |i.iv  sdc  ^pcvac  £V  arv^Osaat  —  , wende  doch  deinen  Sinn  in  der  Brust';  wegen 
idz  für  die  zweite  Person  vgl.  I  128  Neos,  8£[xac  ftdpo'jvov  iov.  Das  überlieferte  £[xdc 
'fpsvac  lässt  keine    befriedigende   Erklärung  zu.     Wie  Alexandre  übersetzen  konnte  ,sed 


4Q  IV^.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

mea  vos  animis  assumite  dicta',  ist  mir  unverständlich.  Die  dem  Lactantius  vorgelegene 
Fassung  des  Verses  lautete  nach  den  Varianten  wohl  [xot/sta?  tc  (oder  Öe)  tpÖKa^at.  15' 
(so  vermuthe  ich  für  xal)  apasvo?  aviptrov  £üvi]V. 

III  765     toia§£  yotp  äOävatoc  xcyoXcoastai,  o<;  xsv  dfidpriQ. 

Statt  lotaSs  bietet  die  Ueberlieferung  bei  Lactantius  zaöza  (GAYGA  Par.).  Diese  scheint 
mir  die  ursprüngliche  zu  sein.  Indem  man  nämlich  den  Accusativ  taüra,  welcher  das 
Vorausgehende  bündig  zusammenfasst  und  zugleich  den  Bereich  des  d(j.apt£iv  angibt, 
nicht  richtig  bezog,  ward  zotaSc  geschrieben,  das  überflüssig  wäre,  weil  ja  ohnehin 
oc  XcV  äixdp-ro  genau  angibt,  wem  der  Zorn  gilt. 

in  787  sq.     SV  Si  Xuxoi  zb  xal  dpvsc  £V  oupeatv  oc[i(jiiy'  sSovxai 

yÖpTOV. 

Die  Lesfcart  EV  5s  bieten  die  Sibyllenhandschriften,  allein  sie  lässt  keinerlei  Be- 
ziehung zu;  auch  Volkmann's  svOa  macht  die  Sache  nicht  viel  besser.  Beachten  wir  die 
Quelle  für  die  Verse  787 — 794,  nämlich  Jesaias  11,  6  —  9,  die  mit  den  Worten  beginnt: 
y.ai  o'jjißoaxY^ÖY^astai  Xuxoc  [AStd  dpvoc,  so  kann  es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass 
nicht  die  Sibyllenhandschriften,  sondern  das  bei  Lactantius  Divin.  Inst.  VII  24,  12  ==^ 
vol.  I  p.  661,  20  Brandt  vorliegende  Citat  die  richtige  Leseart  enthält,  nämlich  7j8c  X'jxoi; 
geht  ja  doch  auch  a.\i\ii'f  auf  Lactantius  zurück,  während  die  Sibyllencodices  d[J.{ii(;  (<?) 
oder  gar  d[ia  (?F)  bieten.  Demgemäss  entfällt  auch  die  Nothwendigkeit,  mit  Meineke 
G'jv  <ji  Auxoic  zu  lesen. 

III  790  sqq.  aapxoßopoc  t£  Xswv  d^upov  rpdyezai  stcI  (paz-^-qc 
(OC  ßoöi;-  xal  -jraiSsG  {JidXa  VT^icwt,  sv  8ca|Aolaw 
d^ouaiv. 

In  Vers  790  hat  Alexandre  die  Leseart  der  schlechteren  Classe  STCt,  «pdxvTjc  auf- 
genommen, während  *  sv  tpdTV'o  bietet.  Das  Richtige  liegt  in  der  Mitte,  ich  schreibe 
mit  Homer  l  411  (oc  —  ßoOv  £-7:1  'fdtvvj  auch  hier  sicl  (^dtv/j;  (paysTai  hat  Opsopoeus  aus 
dem  handschriftlichen  ^dys'  hergestellt.  Die  Fassung  des  Versschlusses  bei  Lactantius 
ffftfBzm  dyupov  icapd  tpdtVTj  dürfte  auf  einer  alten  Variante  von  Vers  790  beruhen.  Statt 
%al  TraiSsc  wird  vielleicht,  da  kein  Object  ausgedrückt  ist,  entsprechend  den  Worten  des 
Jesaias  11,  6  xat  -TcaiStov  (Atiipov  d^st  aozrioz  zu  schreiben  sein  töv  oder  ov  Tzai^SQ  xtX. 

Üebrigens  hat  Lactantius  a.  a.  O.  nicht  alle  Verse  dieser  Stelle,  es  fehlen  791  sq., 
dann  794,  die  für  seinen  Zweck  nicht  absolut  nöthig  waren.  An  eine  Interpolation  in 
den  Sibyllenhandschriften  aber,  denen  gegenüber  dann  Lactantius  eine  zwar  kürzere, 
aber  scheinbar  ursprünglichere  Fassung  böte,  ist  wegen  der  schon  erwähnten  Stelle 
beim  Propheten  Jesaias  nicht  zu  denken,  da  deren  Gedanken  in  der  Sibyllenüberlieferung 
genau  paraphrasirt  sind. 

III  803     al^rxzi  xoci  ctaYOVsaot  i:stp(i)v  8'  dico  OYjfAa  ysvTjrai. 

So  bietet  0,  während  in  der  anderen  Handschriftenclasse  W  ganz  verwahrlost  at|JLatt 
%iü  GTaYÖvsc  steht.     Auch  in  Alexandre's  zweiter  Ausgabe  ist  jene  Leseart  von  0  nicht 


I 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  41 

verändert  worden,  obgleich  der  Ausdruck  al\i.an.  xat  oraYÖvsoat  sehr  anstössig  ist.  Und 
doch  hatte  derselbe  Kritiker  gelegentlich  bei  einer  anderen  Stelle  XII  75  (in  der  ersten 
Ausgabe)  einen  zutreffenden  Vorschlag  gemacht,  den  er  späterhin  selbst  ganz  unbeachtet 
Hess,  nämlich  ai[i.az'.%alQ  atayövsaat;  nur  muss  dann  auch  irsrpcöv  aiio  geschrieben  werden. 
Der  ganze  Vers  ist  zu  vergleichen  mit  III  683  sq. 

^  pcüaouat  §£  Ttstpat 

(n\iazi,  xai  ttcSiov  itXTjpwast  iräaa  yapaSpa. 

Vielleicht  hat  der  ähnliche  Versanfang  atjjiart  "/.ai  zur  Entstehung  der  Corruptel  an 
unserer  Stelle  beigetragen. 

III  806     xoöxo  zsXoQ  iroXsjjLoio  xsXci  6sö^  oöpavov  oixcöv. 
Vergleicht  man  den  Vers  mit  III  796 

so  liegt  der  Gedanke  nahe,  auch  hier  statt  des  auffälligen  xoXc[Ji,oio  xsXst  vielmehr  irdvrcov 
TsXsst  zu  schreiben.  Denn  nicht  um  die  Beendigung  eines  'KÖXe^oc,  handelt  es  sich  hier, 
sondern  um  die  Zeichen,  welche  das  Weltende  bedeuten.  Nachdem  der  Sibyllist  sie 
angeführt  liat,  erwartet  man  in  Vers  806  einen  zusammenfassenden  Hinweis,  der  mit  der 
Schreibung  TrdvTcov  auch  in  ganz  entsprechender  Weise  gegeben  wird:  dadurch  erst  wird 
ein  dem  einleitenden  Verse  796  correspondirender  Abschluss  der  Partie  gewonnen. 
Dieselbe  Auffassung  theilt  laut  freundlicher  brieflicher  Mittheilung  Herr  Professor  Nauck, 
nur  möchte  er 

Toöto  zeXoz  irdvccov  öi^asc  Bzoc.  aWspt  vai'tov 
vorziehen. 

III  808  sqq.     taütd  aoi,  Aaa'Jptr;i;  BaßuXcovia  xziyza  [j,a%pd 

o'.a-po|j.avr^s  icpoXMioüaa,  ec'EXXdSa  irsjXTroiJLSVov  -jtöp 
Tcdat  -Tcpo^Tjtsuouaa  Qso'j  [i.T^vi[i.cLza  ÖvtjxoIc, 
&azB  TrpofpYjTEöaat  [xs  ßpoxolc  abjiy\i.aza  Bsla. 

In  dieser  von  den  Herausgebern  gänzlich  unbeanstandeten  Fassung  sieht  man  sich 
vergeblich  nach  einem  Verbum  finitum  um.  Zum  Glücke  braucht  man  nur  den  Schluss 
von  Vers  810  mit  dem  von  VIII  2  Osoö  (XTjVtfxa-ua  ^aw(o  zu  vergleichen,  um  es  zu  ge- 
winnen. Auch  an  unserer  Stelle  war  dies  die  genuine  Leseart,  die  nur  durch  eine 
Interpolation  verderbt  ward.  Wir  sind  in  der  Lage  aus  den  Handschriften  selbst  den 
Weg  kennen  zu  lernen,  welchen  die  Verderbnis  nahm.  Die  Leseart  övvjxoli;  bietet  nur 
die  Classe  *,  in  W  steht  ßporoic-  Von  besonderer  Wichtigkeit  sind  die  in  den  einzelnen 
Handschriften  der  Familie  *  vorliegenden  Spuren,  welche  auf  eine  Lücke  an  dieser 
Stelle  weisen:  in  P  steht  am  Rande  mit  rother  Schrift  ,).£t7r£t  (sie)  3üo  au)(ot',  und  in 
ähnlicher  Weise  war  nach  dem  Berichte  des  Opsopoeus  in  dem  derselben  Classe  zuzuzählenden 
Codex  des  Pithoeus  eine  solche  Notiz  vorhanden;  ebenso  enthält  auch  der  dieser  Sippe 
mit  angehörige  Scorialensis  (S)  diese  Bemerkung;  in  A  findet  sich  zwar  keinerlei  Hinweis 
dieser  Art,  dafür  aber  deutet  ein  freies  Spatium  für  zwei  Verse  auf  die  Lücke  hin. 
Auf  Grund  dieses  Sachverhaltes  wird  es  offenbar,  dass  im  Archetyp  der  ersten  Hand- 
schriftenclasse  *  das  letzte  Wort  von  Vers  810  unleserlich  geworden  war,  sammt  einem 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    IV.  Abh.  6 


^2  IV.  Abhandlung:    Alois  Kzach. 

oder  zwei  unmittelbar  folgenden  Versen.  Denn  dass  trotz  Alexandre's  Ansicht  (in  den 
Cur.  poster.),  es  sei  hinter  Vers  810  keine  Lücke  anzunehmen  (,forte  accidit  ut  pars 
aliqua  paginae  vacua  remaneret  in  codice  primario,  ex  quo  omnes  superstites  orti  sunt. 
inde  communis  omnibus  lacunae  nota'),  etwas  ausgefallen  ist,  dafür  spricht  der  Wortlaut 
der  Stelle;  es  wird  der  Sibyllist  nicht  unmittelbar  hintereinander  zwei  so  ähnlich 
klingende  Verse  gesetzt  haben.  Nachdem  aber  einmal  das  Schlusswort  von  810  verloren 
war.  ist  aus  dem  nun  folgenden  Verse  811  das  Wort  ßpo-oiij  am  Ende  des  ersteren  ein- 
gedrungen, wie  es  noch  die  Sippe  ?F  ausweist,  in  <P  aber  ward  dafür  in  einer  dem 
Metrum  entsprechenderen,  äusserlich  glatteren  Fassung  övtjtoic  eingesetzt.  Auf  diese  Weise 
erklärt  sich  die  Verderbnis  einfach.  Uebrigens  ist  zu  bemerken,  dass  [iTjVt[JLara  von 
Castalio  für  das  verderbte  [jLY]v6[Aara  von  ?P",  resp.  [JLt[JL7^[JLara  von  <i>  hergestellt  ward; 
ausserdem  aber  ist,  wie  schon  Opsopoeus  vorgeschlagen  hat,  statt  'Aaaupir^^  BaßuXcbvta 
nach  III  160  "Aaauprr^c  BaßuX(bvoc  zu  emendiren,  so  dass  jene  Verse  nunmehr  folgende 
Gestaltung  erfahren: 

raöxd  ooi  'AoauptTjc  BaßuXtövo?  zzijzrx  {Aaxpd 
oioxpo]jLar^?  icpoXcTCoöaa  kz  'EXXdSa  xsjJLi:6[i£Vov  %ö^ 

TCäai  ':ipo(p7]Ts6oüaa  ösoö  jJLYjvtjjia-a  ?patV(o, 
*  * 

«Ja-c  Tipo'fiTirc'jaai  [is  ßpoxolc  aivcY{JLara  Ösia. 

IV  1     xXOic,  Actbc  'AaiTjc  (j.£Yc.Xa6/£o?  Eupwii-^c  ts 

Die  beste  uns  zu  Gebote  stehende  Ueberlieferung  des  vierten  Buches,  die  Hand- 
schriftengruppe £1  [=  QV H^  in  M  liegt  es  nicht  vor)  enthält  die  Leseart  fXöxs  (QxX6rc) 
Xscoc,  während  in  den  übrigen  Codices  die  Corruptel  xXals  steht,  woraus  Opsopoeus  xXOc 
machte.  Wenn  auch  die  Verbindung  des  Singulars  Xscbc  mit  dem  Plural  xXöts  durch 
den  Collectivbegriff  gut  erklärlich  wäre,  so  scheint  doch  der  Umstand,  dass  am  Schlüsse 
des  Prooimions  dieses  Buches  (Vers  22)  au  ^£  -nidvra,  \z6iZ,  öirdxo'js  xxX.  zu  lesen  ist,  auch 
zu  Anfang  den  Singular  xXö6t  zu  verlangen.  Unter  allen  Umständen  ist  Volkmann' s 
Vorschlag  xXüts  A£^  unzulässig,  gegen  welchen  auch  III  450  EüpcbirYjC  z  'AaiTj?  -:£ 
X£(Oi;  spricht. 

IV  13     o5  TJc,  x£  5vo<p£pf^  zz  xat  "/ilA^pir]   ''r^iXiiz  zz. 

So  die  Ausgaben  von  Alexandre  und  Friedlieb  nach  den  Handschriftenclassen  0 
und  W  {P  hat  ^üo'f  sp-Tj) ;  Boissonade  (zu  Philostr.  Epist.  XII  adn.  5)  hat  diese  wegen 
des  doppelten  -£  anstössige  Lesung  verbessert,  indem  er  oo  v6^  t£  8voy£pi^  xal  i^fJ-Ep*'] 
vorschlug,  was  auch  von  Badt  in  seinem  Texte  des  IV.  Buches  (üeber  das  vierte  Buch 
der  sibyllin.  Orakel,  Breslau  1878)  geschrieben  ward.  Die  für  dieses  Buch  sonst  mass- 
gebende beste  Sippe  12  bietet  hier  eine  Corruptel  oö  vui;  3'  (opa  zzBzazrxi  xai  '^[i£pYj;  indess 
es  scheint  fast,  als  ob  hierin  die  ursprüngliche  Leseart  steckte,  welche  etwa  o6  vjxroc 
(lipr^  ■:£  %iü  ■/;|i.£p'/j  (*?)(Jiaroc?)  lauten  mochte.  Jenes  zzfUazai  dürfte  nämlich  eine  aus  T£  6£dTat 
entstandene,  durch  das  am  Schlüsse  des  vorausgehenden  Verses  12  vorliegende  opdiat 
veranlasste  Interpolation  sein,  die  etwa  ursprünglich  am  Rande  zu  Vers  13  beigesetzt  war, 
und  zwar  von  Jemandem,  der  in  den  Worten  v6^  und  r/!X£pY;  Zeitbestimmungen  sah,  die 
ihm    zu  Vers  12   zu  gehören  schienen  (ötc    o-j^evöc  aozbz  öpdrat,   Gott  ist  unsichtbar  für 


k 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  43 

Jedermann  bei  Nachtzeit  und  bei  Tage).  Als  aus  dem  Genetiv  •^0%z6c,  dann  v6q  ts  geworden 
war,  könnte,  wie  es  scheint,  an  Stelle  von  copTj  in  den  zwei  oben  genannten  Handschriften- 
gruppen das  seit  Homer  v  259  o  50  geläufige  Epitheton  Svo^spT]  eingedrungen  sein. 
Wegen  der  Längung  der  auslautenden  Silbe  in  vuxrö?  vgl.  meine  Neuen  Beiträge  zur 
Technik  des  nachhom.  Hexameters  p.  100. 

IV  44     xat  z6z^  s-rriyvcoGov-ai,  oavjv  dasßötav  sps^av. 

Diesen  Yers  kennen  nur  die  zwei  schlechteren  Handschriftenclassen;  dagegen  fehlt 
er  in  S2.  Offenbar  hat  ihn  auch  Lactantius  nicht  gelesen,  der  Divin.  Inst.  VII  23,  4 
(vol.  I,  p.  657,  1  —  6  Brandt)  die  Verse  IV  40  —  43  citirt  und  hierauf  zwar  nicht  die 
in  45  und  46  vorliegende  Fassung,  aber  doch  IV  186  und  188  (Alexandre,  =  186  und 
187  Friedlieb),  welche  denselben  Inhalt  wie  45  sq.  aufweisen,  unmittelbar  folgen  lässt. 
In  Anbetracht  des  Umstandes,  dass  die  Uebereinstimmung  der  Lactantiuscitate  mit  der 
Ueberlieferung  von  £2  als  die  beste  Gewähr  für  die  ursprüngliche  Gestalt  einer  Stelle 
der  Sibyllinen  gelten  muss,  wird  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  Vers  44  eine  Interpolation 
darstellt.  Thatsächlich  unterbricht  er  auch  in  ziemlich  nüchterner  Weise  den  Gedanken- 
gang: wir  erwarten,  dass  nach  der  Erwähnung  des  Schicksales  der  SuoacßscC  sofort, 
zumal  ja  durch  [jlcV  und  5s  ein  enger  Contact  zwischen  Vers  43  und  45  hergestellt  ist, 
auch  das  Geschick  der  cöasßss?  mitgetheilt  wird.  Nicht  angenehm  berührt  auch  der 
gleichlautende  Versbeginn  %ai  tots  in  Vers  43  und  dem  in  Rede  stehenden  verdächtigen 
Verse  44. 

IV  108     xal  aö,  Köpivös  xdXaiva,  Tc-k^v  tzoz    sirotj^st  aXcooiv. 

Dieser  bei  Alexandre  und  Friedlieb  als  Vers  108  begegnende  Satz  steht  in  der 
besten  Handschriftengruppe  an  einer  anderen,  offenbar  an  der  einzig  richtigen  Stelle,  vor 
dem  bisherigen  Averse  105  (Kapyr^Scbv  xxX.),  während  er  in  <^  als  Vers  108,  in  ?F  aber 
hinter  106  (tXr^jxov  AaoStXcta)  vorliegt.  Badt  hat  denn  auch  in  seiner  Abhandlung  über 
das  vierte  Buch  der  Sibyllen  den  Vers  mit  Recht  auf  den  ihm  zugehörigen  Platz  (hinter 
dem  bisherigen  Verse  104)  im  Texte  verwiesen.  Die  Erwähnung  der  Einnahme  Korinths 
gehört  zu  den  welthistorischen  Ereignissen,  die  in  den  Versen  102 — 105  berührt  werden 
(Bezwingung  Makedoniens  und  Karthagos  von  Seiten  der  Römer),  daher  darf  sie  nicht 
erst  nach  einem  minder  wichtigen  Factum,  wie  die  Heimsuchung  von  Laodikeia  durch 
ein  Erdbeben,  angeführt  werden.    Der  Wortlaut  dieses  Verses  nun  ist  in  S2  folgender: 

xai,  aoi  tdXaiva  Köptvös,  isViV  icoXtv  odet  d/aoast. 

Im  Eingange  ist  natürlich  %ai  c6,  zäXaiva  Köpwös  (gegen  xat  a6,  KopWÖs  zrimvirj.  der 
übrigen  Handschriften)  in  den  Text  zu  setzen.  Nicht  so  einfach  jedoch  ist  die  Ent- 
scheidung über  das  zweite  Hemistichion,  welches  von  <P  in  der  in  den  letzten  Ausgaben 
üblichen,  oben  verzeichneten  Fassung  (P  Sit'  5«|^£t)  vorliegt,  während  die  Classe  W  Zs.ip  O'^si 
7./,o)3tv  bietet.  Die  etwas  verderbte  Ueberlieferung  von  i2  scheint  auf  die  Leseart  TcT^v 
Tcöuv  h^z.1  aAoöaav  hinzudeuten.  Für  den  ersten  Blick  müsste  diese  Redeweise  Bedenken 
erregen,  da  der  Sibyllist  doch  Korinthos  anspricht:  indess  ist  immerhin  möglich,  dass 
die  Landschaft  Korinthos   angeredet  wird;    dann  könnte  der  Sibyllist  sagen,  sie  werde 


44  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

den   Fall   ihrer   Stadt   schauen,    ähnlich  wie  in  dem  benachbarten  Verse   bemerkt   wird 

Da  aber  anderseits  die  in  <P  vorliegende  Fassung  dem  Inhalt  und  der  Form  nach  tadellos 
erscheint,  so  liegt  die  Vermuthung  nahe,  dass  in  £2  und  ^  zwei  alte  Varianten  über- 
liefert sind. 

IV  114    ApiASViTj,  xai  aol  §e  (jlsvsi  SouXsioc  äyd'fv.ri. 

Diese  Schreibung  Alexandre' s,  der  sich  hiebei  an  die  schlechteste  Vorlage  ^f  (Ss 
%cd  001  tJ''^'*'*0  gehalten  hat,  ist  ganz  unmöglich.  Die  beste  Classe  £2  bietet  xai  as  5s 
•xsvät,  0  aber  5s  ze  imi  as  jXcVsc.  Badt  dachte  an  xai  ai^  8s  |xsv£i,  was  meiner  Ansicht 
nach  nicht  statthaft  ist.  Die  ursprüngliche  Leseart  dürfte  allem  Anscheine  nach  %w.  ötj 
OS  pisvsi  gewesen  sein. 

IV  166  sq.     X'^P^^"^  ^'  E'^i^^vuaavisi;  ic,  alQipa  xcbv  iidpoc  spytov 

Dieser  Leseart  von  <P  und  ?F  steht  gegenüber  die  der  besten  Sippe  i2  X^lpctQ  sxastpavtsc 
SV  aiöspt  (nur  H  hat  durch  Versehen  STrastpaviac).  Wenn  man  die  Bedeutung  der  letzt- 
genannten Handschriftenclasse  erwägt,  so  wird  man  sich  kaum  zu  der  Annahme  entschliessen 
können,  dass  der  Wortlaut  derselben  hier  bloss  eine  Corruptel  vorstelle,  wogegen  das 
Richtige  in  4>?P"  gegeben  sei.  Allerdings  bietet  das  Particip  s:rascpav:sc  eine  metrische 
Schwierigkeit,  da  es  langes  a  dem  sonstigen  Gebrauche  zuwider  ausweist.  Man  könnte 
nun  daran  denken,  dass  etwa  X^^P^  ^'  öcE(pav~sc  bIz  atOspa  zu  emendiren  sei,  allein  sowohl 
i2  wie  fpyP'  deuten  auf  ein  Verbum  compositum.  Hiezu  kommt,  dass  jene  Quantität  in 
den  sibyllinischen  Orakeln  nicht  singulär  ist,  sie  ÜQgt  auch  III  591   vor: 

dXXd  [Jisv  dsipouai  itpoc  otjpavöv  (bXsva?  dyvdc. 

Wie  aber  die  Sibyllisten  dazu  kamen  diesen  Vocal  lang  zu  gebrauchen,  ist  wohl  durch 
die  Macht  der  Analogie  zu  erklären.  Vielleicht  war  das  dem  Verbum  dstpco  äusserlich 
sehr  ähnliche  Wort  dst5(o  massgebend:  im  älteren  wie  jüngeren  Epos  erscheint  die 
erste  Silbe  von  dsßo)  (auf  aüst^co  aus  dFsi5(o  zurückgehend)  in  der  Vershebung  als  Kürze 
sowie  als  Länge  gemessen,  woneben  in  der  Senkung  die  Kürze  das  Ilegelmässige  ist ; 
vgl.  Hom.  Q  519  ästS'o;  Hom.  Hymn.  XII  1,  XVIII  1,  XXVII  1  und  Ilias  mikra  Fr.  I  1 
ästSo),  ebenso  Kallimach.  Fr,  138,  2,  ausserdem  Fr.  42  SstSst,  Hymn  auf  Delos  304  orcä- 
sioo'joiv,  ApoUon.  Rhod.  Argon.  J  1399  äst3ouaat,  Orph.  Litlüka  727  (Abel)  astS'/jaiv 
und  320  ä£too)V  u.  a.  Nach  diesem  Muster  scheinen  sich  die  Verfasser  der  beiden  Stellen 
auch  die  Länge  des  a  in  dstpo)  gestattet  zu  haben.  Da  eine  Verbindung  zu  Anfang  des 
Verses  166  nothwendig  hergestellt  werden  muss,  so  ist  wohl  x^^P^  (oder  x=^P°^)  ^'  ^'^'^' 
stpavxsc  SV  alöspi  die  einstige  Schreibung  gewesen. 

IV  168  sq.  -Tcauast  5s  x^^^^'i'  icdXtv,  -fjv  itsp  dTcavcsi; 

£uasßt'/]v  sp{rt[jLov  svl  ^psaiv  dax'/^OTjts. 

Der  Ausdruck  spitt{iov  ist  von  Alexandre  und  Friedlieb  sowie  auch  von  Badt  in  den 
Text  aufgenommen  worden,  obzwar  er  nur  in  der  schlechtesten  Handschriftenclasse  steht. 
Die  Sippe  £i  gibt  OTSptrtiAOV,  welches  durch  das  bei  Lactantius  de  Ira  Div.  c.  23  vorliegende 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  45 

Citat  eine  willkommene  Bestätigung   erfahrt.     Die  beiden  ältesten  Codices  dieser  Schrift 

ri 
bieten    dies:     Bon.    nfPITIMCJN,    Par.   PHPIGIMCl)   (das  ri   von   erster  Hand   übergeschrieben). 

Die  Handschriftengruppe  *  der  Sibyllinen  zeugt  gleichfalls  für  iCcpittiJLOV,  indem  aus 
den  etwas  verderbten  Lesearten  von  PB  -Tispi'kixov  und  A  iCcpi^TjjJLOV  deutlich  das  ur- 
sprüngliche iüsptxc[j.ov  sich  erkennen  lässt.  Das  Schlusswort  von  Vers  169  daxi^OTjts,  welches 
0F  bieten  unter  Bestätigung  durch  Lactantius  (Par.  ACKHCHGH,  Bon.  ACX€CAIT§t),  ist  in 
i2  diesmal  verderbt,  indem  offenbar  durch  den  Ausgang  des  vorangehenden  Verses 
(dTcavCi?)  die  Corruptel  daxf/oavcsc  sich  einschlich.  Für  f^v  xsp,  welches  die  Leseart  von 
£1  ist,  liest  man  in   den  übrigen   Sibyllencodices  st  Tisp,   bei  Lactantius  tjv   apa  (irdvxsc). 

IV  172  sq.     Ti'jp  IcjTai  xazd  %öa[Jiov  ö)/jV  %rjX  a'^[j,a  (JicytaTov 
po[x'falat  adXTcoYTsC  d[JL'  •JjsXtq)  avtovrt. 

So  lautet  der  Text  bei  Friedlieb  (und  Badt),  welcher  für  Vers  172  die  einzig  richtige 
Ueberlieferung  von  i2  berücksichtigte,  während  Alexandre  in  der  ersten  Ausgabe  an 
der  Leseart  der  Handschriftenclassen  <1>  und  W 

TC'jp  zozrjx  xatd  xoafJiov,  sv  cp  zo^jz  a'^|Jia  zizot.zrn 

festhielt,  in  der  zweiten  aber  gar  noch  xarä  xoajAov  in  xard  -(rd'Xi  verwandelte.  Was 
den  zweiten  Vers  173  aber  betrifft,  so  hat  weder  Friedlieb  noch  Alexandre  beachtet, 
dass  auch  hier  die  beste  Classe  i2  den  richtigen  Text  bietet,  nämlich  den  Dativ  pO[jL!pa{q, 
( VH  po[i'f ata)  adXiriyY^  (^i^^r  möchte  ich  poiJi'patr^  herstellen).  ,Flammenlohe  wird  erglühen 
im  ganzen  Weltall  und  ein  gewaltiges  Zeichen  wird  es  geben  durch  ein  feuriges  Schwert 
und  Trompetengetön  bei  Aufgang  der  Sonne'.  Da  aber  po|JL(patcf.  oäX'szv^^i  ohne  Verbindung 
nicht  wohl  neben  einander  stehen  können,  so  ist  hinter  den  zweiten  Ausdruck  ein  6' 
einzufügen.  Durch  den  Verlust  dieses  Wörtchens  erklärt  sich  auch  die  Corruptel  oaXTrcYT**^ 
leicht,  ebenso  konnte  POM<t)AIAI  als  Plural  (statt  als  Dativ  Singularis)  aufgefasst  werden. 
Nachdem  die  Verderbnis  po(X'faiat  adXiriYY'^  ^^*^^  einmal  eingeschlichen  hatte,  fand  sich 
Jemand  veranlasst,  in  der  Vorlage,  auf  welche  ^  W  zurückgehen,  auch  den  Schluss  von 
Vers  172  entsprechender  umzugestalten. 

IV  183  sqq.  ocot  S'  ()%l  SuaasßtTjOtv 

f;[jLapTov,  Touc  5'  auts  'P'^'h  xard  -^oirL  %aX6'];ct 
Tdprapd  t  säpcosvTa,  |Xü/ot,  oz'r;l'q  Ss  zs  yi'^'^a, 
oaaoi  fj  cüOcßsouat,  irdXtv  C'''jaovt  stti  xtia[Jiov 
döavdzou  [jtsydXoto  ösoü  xai  drpöttov  oXßov 
TcvsOfia  6eoü  Sovxoc  C^öiiIV  6'  äfia  xaL  /dptv  aarol? 
c'JOcßsaiv     Tcdvrs?  5s  rör'  siao^l^ovcai  saurou^ 
VY^iJ'Jixov  TjsXCo'j  xspTcvöv  rpdo?  claop6o)VX£C. 
(o  [jLaxaptaToc,  sxstvov  o?  sie  /pövov  saasrat  dvT^p. 

Dies  die  Fassung  in  der  zweiten  Ausgabe  Alexandre' s,  nur  habe  ich  gleich  im 
Verse  184,  wie  Friedlieb  und  Badt,  den  von  den  Sibyllenhandschriften  gebotenen  Wortlaut 
aufgenommen,  während  Alexandre's  Schreibung  zobz  3"  auzz  yozrj  icdXt  yata  xaXutj^cC  eine 
Contamination  aus  der  Ueberlieferung  der  Sibyllencodices  und  der  zweifellos  alten  Variante 


^g  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

in  den  Coustitutiones  Apostolorum  Y  7  (p.  133,  11  Lagarde)  ist,  wo  die  Verse  179  — 191 
angeführt  werden.     Da  heisst  es  Vers  185 

Mit  den  Constit.  Apost.  stimmt  ein  offenbar  denselben  entstammendes  Excerpt  im  Cod. 
Paris.  1043  fol.  76  verso,  das  ausser  der  Sibyllenstelle  V  92  b  sqq.  die  Verse  IV  178—189 
umfasst.  Hier  lesen  wir  dieselbe  Version,  nur  ist  ÖVTjtoC  ausgelassen.  Der  folgende 
Vers  185  steht  nur  in  den  Handschriften  der  Classe  i2,  die  übrigen  Quellen  (arich  Constit. 
Apost.)  kennen  ihn  nicht.  Nebenbei  bemerkt,  rührt  der  Versschluss  8s  TS  -j-swa  von 
Volkmann  (vgl.  VII  93),  in  den  Handschriften  steht  8s  ze  yssvva  (Alexandre  in  den 
Curae  posterior,  dachte  an  8s  •^iB\va).  Der  ganze  Vers  ist  für  eine  Interpolation  zu 
erklären,  da  wir  an  der  correspondirenden  Stelle  IV  43,  45,  46,  wo  fast  dieselben 
Worte  vorliegen,  in  der  gesammten  Ueberlieferung  keine  Spur  eines  ähnlichen  Verses 
(wie  unser  185)  vorfinden: 

43     xaX  zizs  Suoosßsa?  (xsv  öizb  C^^^v  £(jixaXt  Ttstx'^st, 

45  süasßscC  8s  (i.svoöaiv  iizi  C£^8(opov  äpoupav 

46  TrvsO[ia  ösoü  hövzoc,  Co>t<v  6'  ä\ia.  -/.cd  yö-pi"^  aürolc. 

Auch  Lactantius,  der  Divin,  Inst.  VII  23,  4  (=  vol.  I,  p.  657,  1 — 6  Brandt)  die  Verse 
IV  40—43.  dann  186  und  188  anführt,  scheint  den  genannten  Vers  nicht  vor  sich  gehabt 
zu  haben.  Schon  an  und  für  sich  ist  derselbe  bedenklich.  Denn  was  für  ein  Unterschied 
wäre  zwischen  dem  Ausdrucke  Tdprapoc  und  \>.oyoi  zu  constatiren?  Es  können  eben 
nur  die  {Auyol  -caprapso',  sein-,  zudem  ist  es  sehr  auffällig,  dass  [VjyrÄ  allein  im  Gegen- 
satze zu  den  übrigen  Begriffen  kein  Epitheton  besitzt.  Während  Tdptapa  und  \xoyoi  als 
identisch  aufgefasst  werden  müssen,  ist  aber  auch  die  Nebeneinanderstellung  des  Tartaros 
und  der  Gehenna  nichts  anderes  als  eine  Häufung  von  synonymen  Begriffen:  alles,  was 
Vers  185  besagt,  ist  eigentlich  schon  in  dem  Ausdrucke  xou:  8'  aozz  X^tirj  xaza.  yala 
y.a/.'j'l'Si  eingeschlossen,  parallel  mit  Vers  187,  wo  von  dem.Loose  der  Gerechten  die 
Rede  ist.  Wollte  nun  Jemand  die  Echtheit  von  185  mit  dem  Hinweise  darauf  begründen, 
dass  gerade  die  bessere  Handschriftenclasse  £2  diesen  Vers  überliefert,  so  ist,  abgesehen 
davon,  dass  auch  die  dieser  Sippe  angehörigen  Codices  nur  relativ  gut  sind,  an  und 
für  sich  aber  gleichfalls  viele  Fehler  enthalten,  zu  entgegnen,  dass  schon  nach  dem 
folgenden  Verse  186  dieselbe  Sippe  S2  und  zwar  wiederum  allein  einen  Vers  d6avdtoü 
|JicY^^^-'^  ^-^'^  "^-^^  d'f6t-ov  oXßov  eingefügt  enthält,  der  in  diesem  Zusammenhange  ganz 
sinnlos  ist  und  ohne  weiters  aus  dem  Texte  entfernt  werden  muss  (nur  Alexandre  hat  ihn 
in  unbegreifliclier  Weise  in  der  zweiten  Ausgabe  ohne  jedes  Bedenken  aufgenommen). 
Badt  bildete  aus  dem  Verse  188  und  den  Worten  ^ai  d'fÖtrov  '6)vßov  einen  neuen  Vers 

i:vsO{xa  ÖsoO  8övro?  C">'»iv  Ö'  d[j.a  xdrpQirov  oXßov, 

indem  er  annahm,  es  sei  die  ursprüngliche  Fassung  durch  den  von  einem  Leser  am  Rande 
beigesetzten  ähnlichen  Vers  46  verdrängt  worden,  so  zwar,  dass  nur  die  Clausula  xd(p6lT0V 
oÄßov  übrig  geblieben  wäre.  Hiezu  sei  das  öfter  in  den  Sibyllinen  vorkommende  döavd-cou 
IiSYdXo'.o  Osoö  vorgesetzt  worden.  Diese  Annahme  erscheint  mir  zu  unwahrscheinlich 
und  gekünstelt.  Der  ganze  Vers  187  ist  eine  Interpolation,  welche  weder  Lactantius 
noch  die  Constitut.  Apost.  kennen  und  ebensowenig  die  übrigen  Sibyllenliandschriften. 
Die  Verse  186   und   188  (=  187   bei  Friedlieb)   enthalten   beachtenswerte  Differenzen   in 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyixinischen  Orakeln.  47 

dea  Lesearten.  i2  bietet  am  Schlüsse  von  186  'Trduv  C'^^ovi  E-rrt  %öa[i,ov,  und  dieses  wird 
wenigstens  hinsichtlich  des  Begriffs  %6a[JL0C  bestätigt  durch  die  Constitut.  Apostel,  (und 
das  mit  diesen  übereinstimmende  oben  erwähnte  Excerpt  im  Pariser  Cod.  1043),  insofern 
hier  izakiv  C''1<30VT  (Crpoyzai  Excerpt  Par.)  £vl  %öa[JLCp  gelesen  wird.  Die  anderen  Sibyllen- 
handschriften haben  £tci  yatav,  Lactantius  iirt  yaiYjC.  Es  ist  demnach  auch  hier  (wie  in 
Vers  185)  die  Existenz  von  alten  Varianten  zu  verzeichnen  kizi  %öa[iov  (ivi  /töa[JLq))  einer- 
seits und  £7ci  '(avqz  (iicl  '[alrj.'^)  anderseits.  Beachten  wir  nun,  dass  in  dem  parallelen 
Verse  IV  45  sici  C^^^copov  apoupav  gesagt  wird,  so  wird  man  sich  für  die  Leseart  des 
Lactantius  entscheiden.  Auch  im  Verse  188  hat  frühzeitig  eine  Variante  bestanden. 
Denn  am  Schlüsse  desselben  geht  die  Ueberlieferung  auseinander,  indem  i2  (^iiir^v  5'  d[JLOt 
viai  "/dpw  aÖTTolc  bietet,  was  auch  (bis  auf  das  richtigere  6'  statt  5')  in  den  Constit.  Apost. 
und  Excerpta  Paris,  zu  finden  ist,  während  Lactantius  dieser  Fassung  selbständig  gegen- 
übersteht, da  er  zi\).'qv  H'ä\>.a  xai  ßcov  aoxolz  citirt.  Die  beiden  minderen  Classen  der 
Sibyllenhandschriften  geben  eine  aus  jenen  Versionen  gemischte  Leseart  C^r^v  6'd[xa  xai 
ßtov  wjzrjlQ,  die  den  Stempel  ihrer  Verkehrtheit  an  der  Stirne  trägt. 

Mit   dem  Verse   188    hat    meines   Erachtens   ursprünglich   das   Buch  IV  geschlossen. 
Was  noch  folgt,  ist  später  angefügt  worden.     Zunächst  der  Vers  189 

c'JOcßsaiv  Tzdvzzz  3s  ziz    cb6'J;ovta:  ia'JzcÖQ. 

Diesen  kennen  zwar  die  Constit.  Apost.  und  sonach  auch  das  Pariser  Excerpt,  schon 
das  erste  Wort  jedoch  macht  ihn  sehr  verdächtig.  Wozu  muss  betont  werden,  dass  von 
den  suasßss?  die  Rede  ist,  da  es  doch  186  ausdrücklich  heisst  oggo!.  3  söasßcoyct?  Warum 
war  es  denn  nach  dem  mit  188  (187  Friedl.)  gleichlautenden  Verse  IV  46  nicht  noth- 
wendig  nochmals  zu  bemerken,  dass  die  aörot  die  söasßss^  sind?  Uebrigens  schwankt  die 
Ueberlieferung  in  diesem  Ausdrucke  stark:  £2  bietet  cüasßcOt  (//  süacßsast),  in  den  Constit. 
Apost.  haben  die  Codd.  y  lo  ctjasßsat,  aber  z  s'jasßs'josc,  w  oi  s'jasßsii:,  das  Pariser  Excerpt 
S'JosßoOor,  die  übrigen  Sibyllenhandschriften  theils  soasßctTj  (0,  unter  dieser  Familie 
bietet  A  eöae^i-Q),  theils  cüacßtTj  (f).  Der  luterpolator  hat  offenbar  den  Dativ  eüasßsatv 
gewählt,  um  einen  gewissen  Anschluss  an  den  vorausgehenden  Vers  zu  gewinnen.  Der 
weitere  Wortlaut  ist  kritisch  höchst  unsicher:  i2  gibt  unmetrisch  'jcdvrS(;  3s  zizz  %6(];ov~ai 
ia'JZijÖQ  (in  Q  ist  übrigens  durch  die  Buchstaben  sa  über  der  Endsilbe  von  xo'iovrat  die 
Variante  '/.o'j/ovrc^  angedeutet);  in  fp  dagegen  lautet  die  Leseart  %mzsz  Zk  ziz  ciac/Vrat 
ydpiv  aöroi?  (aötoic  Ä)^  was  dem  Schlüsse  des  vorangehenden  Verses  entnommen  zu  sein 
scheint.  Als  einzig  annehmbare  Ueberlieferung  ist  die  von  den  Constit.  Apost.  (und  dem 
darauf  basirenden  Excerpt)  gebotene  TcdvtcC  os  ziz  sloodiovrai  ia'jro'j?  (cod.  x  zlz  o'|ovxat 
und  so  auch  das  Pariser  Excerpt,  wo  -/.ai  züzz  tr^  xäv  für  TcdVTcC  3*  zhz  steht);  auf  die- 
selbe Version  scheint  die  Corruptel  in  f  Tidvcsc  3o  zrtz  otaovtat,  saytou?  zurückzugehen 
und  auch  die  von  i2  dürfte  mit  ihr  zusammenhängen.  Ist  nun  aber  die  Ueberlieferung 
in  den  Constit.  Apost.  überhaupt  richtig,  so  muss  gleichwohl  der  Vers  als  ein  sehr 
unglücklicher  bezeichnet  werden:  er  ist  ebenso  nichtssagend  in  Bezug  auf  den  Inhalt 
wie  unbeholfen  im  Ausdrucke.  Wie  soll  man  sich  darnach  das  selige  Leben  der  Gerecliten 
vorstellen?  Und  nur  einem  Versuch  des  Interpolators,  diesem  augenfälligen  Gebrechen 
abzuhelfen,  sclieint  der  nächste  Vers  190  vyj3u[jiov  Y^eXiou  TspTcvöv  tpdoc  siaopöcovrs?  seine 
Existenz  zu  verdanken,  den  einzig  die  Handschriftenclasse  i2  enthält.     Weder  die  anderen 


43  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

Sibyllenhandschriften  noch  die  Constit.  Apost.  (respective  das  Pariser  Excerpt)  haben  eine 
Spur  davon.  Er  besteht  fast  ganz  aus  homerischen  Wendungen:  V7]3u|Jiov  aus  Hom.  B  2, 
wegen  tjcMou  -spicvöv  (pdoz  vgl.  Hom.  J  605  Xa|j.7cpöv  rpdoz  vjsXtoto,  eiaopöwvTSt;  aus  Hom. 
/  229.  Unangenehm  berührt  ausserdem  die  Wiederholung  desselben  Verbalausdruckes 
cböfl'OV'cat  und  sioopöwvtsc 

Was  endlich  den  letzten  Vers  191  anbelangt 

Co  |xaxapca-öc,  sxslvov  ö?  ec  ^povov  laoc-cai  ävv^p, 

wie  die  letzten  Herausgeber  nach.  <P  und  W  geschrieben  haben   (nur  hat  letztere  Classe 

sxctvoc),  so  ist  zunächst  zu  bemerken,   dass  die  Sippe  £2  die  bisher  unbeachtet  gebliebene 

richtigere  Version 

(0  [i.axapto'cö?  sxslvoi;  stti  y%ovhz  saactat  ävVjp 

bewahrt  hat.  Allein  ursprünglich  ist  der  Vers  an  dieser  Stelle  keineswegs  (die  Constit. 
Apost.  kennen  ihn  nicht),  sondern  er  ist  aus  III  371,  wie  schon  Opsopoeus  vermuthete, 
hierher  versetzt  worden,  wahrscheinlich,  um  einen  emphatischeren  Abschluss  des  Buches 
zu  erzielen.  Während  er  aber  an  seiner  eigentlichen  Stelle  III  371  vortrefflich  in  den 
Zusammenhang  passt,  wird  es  jeder  Leser  fühlen,  wie  wenig  er  hier  angemessen  ist. 
In  geschraubter  Weise  muss,  wenn  man  eine  nur  einigermassen  angehende  Relation 
gewinnen  will,  der  Ausdruck  sxclvoc  ävVjp  auf  die  in  Vers  186  (resp.  189)  genannten 
c'J3£ßscC  bezogen  werden.  Demnach  wird  auch  dieser  Vers  als  eingeschoben  in  Klammern 
zu  setzen  sein.  Und  so  gestaltet  sich  der  Schluss  des  vierten  Buches,  wenn  Vers  187  (der 
zweiten   Ausgabe  Alexandre' s)   ganz    aus    dem   Texte    gestrichen   wird,    folgendermassen: 

öaoi  5'  uTcö  SuoasßtTjatv 
Y;[iapTov,  xouc  8'  aurs  ypvri  xaxd  -^oXa  xa).6(|;£t 
[Tdpxapd  z  sopcbsvra  {Jiu)(oi  ozo-^bq  ts  '{izvva..'] 
oaaoi  8'  £6a£(3iOaat,  irdXtv  Z'fio'j^z   iid  yaiYjc 
-jcvcötxa  6£oO  8ÖVT0C  C.wri'^  6'  djxa  xai  x^P'*^  a6xol<; 
[£6asߣat.v  r^oyzzz  8£  xox'  £laö']/ovcai  iwjzmci 
VT^o'jjjLov  TjEÄiou  T£p'n;vöv  <pdoc  £iaopö(OVC£C.] 
[(o  {laitaptatö?  ixctvoc  sici  yBo^oi^  üaazzai  dvT^p.] 

Hiebei  ist  zu  beachten,  dass  in  den  ersten  Versen  alte  Varianten  bestanden,  und 
zwar  '^ixap-ov  ÖVTjrot,  zo'jz  o  ao  ird/a  yalri  %rx\ö<hai  nach  den  Constit.  Apost.,  C'»/<30vx  eici 
y.öa|JL0V  nach  i2,  ujxyjV  Ö'  d[JL7.  xal  ßtov  aütoic  nach  Lactantius. 

V  1  sqq.     dX).'  dY£  [xot  axovösvxa  ipövjv  %A£cvcT)V  xs  Aaxtvcüv. 
TJ  xo:  |x£V  Trpoixiaxa  jX£x  £aaojX£vouc  ßaaüTjac 
AcY'Jirxoo,  zrj'jQ  -jrdvxac  ia'/j  itaxd  'cata  (p£p£a%£ 
xal  [jL£xd  xöv  TIeXXyjS  xoXiYjXopa,  xqi  uico  icdaa 
dvxoXtTj  (iärJd\xaazo  v.a[  EoircptTj  itoX'joXßoc, 
ov  BaßuXdüv  '/^XcY^E,  vexuv  S'  (iopsee  $iXtxTü(p 
oö  Atöc,   o'J%  i\|xiJL0iV0(;  älribia  r^YjjxiyOsvxa, 
saaovxat  y£V£-?;c  xs  %ai  a't|Jiaxo?  'Aaaapdxoto 

oOc    X£^£t,    TpOtTj?    OC    XIC    TCUpÖC    loXlOcV    ÖpjAYjV. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  49 

xoXXouc  5'  au  [ist  avaxtac,  dp7]t<pOvO!Jc  jj,std  (pcöta?, 
xal  [isxd  ÖYjpö?  Tsxva  -cd  UTzkoa  iiTj^wOcpayoio 
sarat  ava^  icpcorta-os,  oziq  §sy.a  Sic  xopu^oöast 
YpdjJLfJiaroc  dpyoiJLSVou. 

Die  Verse  habe  ich  in  der  Fassung  der  zweiten  Ausgabe  Alexandre's  hergesetzt. 
Zum  Glück  ist  der  Anfang  des  zwölften  Buches  der  Sibyllinen  vollständig  diesem 
Prooimion  des  fünften  entnommen.  Da  wir  nun  jenes  durch  die  Handschriften  QVH 
überliefert  besitzen,  deren  Wert  gegenüber  den  beiden  anderen  Classen  schon  öfter 
betont  ward,  so  wird  es  mit  Hilfe  derselben  möglich,  die  im  Eingange  des  fünften 
Buches  begegnenden  Corruptelen,  welche  in  der  minderwertigen  Ueberlieferung  der 
Familien  <P  und  W  vorliegen,  zu  beseitigen. 

In  Vers  1  fehlt  in  der  Fassung  dieser  letzteren  das  Verbum,  resp.  der  Imperativ,  den 
wir  nach  dys  erwarten,  und  ausserdem  ist  TS  nach  /.Xstvcöv  durchaus  unstatthaft.  Alexandre 
beliess  aber,  wie  die  übrigen  Herausgeber,  diesen  Wortlaut,  ja  er  sucht  ihn  in  der  zweiten 
Ausgabe  zu  vertheidigen  durch  die  Bemerkung:  vacare  potest  ista  vocula  (xs)  Sibyllino 
more  vel  copulae  vicem  gerit  ,etiam,  praeterea'.  Die  Wendung  xXstvwv  ts  Aarivtov 
kommt  allerdings  in  den  Sibyllinen  vor  XII  34  (XIV  31  ist  es  falsche  Conjectur  von 
Alexandre),  aber  an  unserer  Stelle  hat  sie  nicht  die  mindeste  Existenzberechtigung.  Es  ist 
vielmehr  nach  der  Leseart  von  QVH  in  XII  1  (xX'jaXaTtvaSdwv)  zu  corrigiren  xX6s  Aanvt- 
3d(ov,  wie  in  dem  letztgenannten  Buche  von  Alexandre  selbst  im  Texte  geschrieben  ward. 

Nicht  minder  ist  (xs-:'  SGao(j.sv&'j?  ßaaiÄTjac  zu  beanstanden,  wie  die  Sippe  ^  bietet 
(P  jxs'sasoiXsVO'Jc),  während  die  Classe  ^  gar  die  ganz  verderbte  Leseart  [xst(ovo|J.aa{A£Vouc 
überliefert.  Der  ganze  Tenor  der  Stelle  spricht  gegen  ein  Participium  Futuri:  die  Ereig- 
nisse, welche  der  Weltherrschaft  der  Bömer  vorausgehen,  werden  als  bereits  geschehen 
erzählt,  wie  die  Praeterita  in  den  Verbalausdrücken  anzeigen.  Wiederum  bietet  der 
Eingang  des  zwölften  Buches  eine  befriedigendere  Fassung,  indem  dort  in  QVH  {ist' 
ö/.).'j[JL£Vou?  ßaaiAtjOts  zu  lesen  ist. 

In  Vers  4  dürfte  für  z(b  Otuo  die  im  zwölften  Buche  vorliegende  Leseart  q)  otzo  vor- 
zuziehen sein;  es  ist  wohl  zq)  uico  durch  den  scheinbaren  an  dieser  Versstelle  ganz 
legitimen  Hiatus  veranlasst  worden. 

Die  Differenz  in  der  Ueberlieferung  des  Verses  5,  wo  an  unserer  Stelle  §s§d[j.aato, 
im  zwölften  Buche  aber  ßsßöXYjto  gelesen  wird,  ist  dadurch  zu  erklären,  dass  ßsßöXTjto 
als  der  ungewöhnlichere  Ausdruck  (der  aber  gerade  bei  den  Sibyllisten  beliebt  ist) 
durch  SsSdiiaaro  glossirt  und  dann  in  den  Familien  fp  und  W  im  fünften  Buche  durch 
dieses  verdrängt  worden  ist.  Im  folgenden  Vers  6  hat  schon  Alexandre  das  corrupte 
vsY^v  von  <P  (resp.  vaisiv  von  W)  durch  vsxuv  aus  S2  im  selben  Verse  des  zwölften  Buches 
ersetzt,  ebenso  in  Vers  7  dXTjQca,  während  die  Codices  an  unserer  Stelle  aky]bri  bieten 
(vgl.  auch  XI  197). 

Noch  mehr  in  die  Augen  fällt  die  Wichtigkeit  der  Familie  ^  =  Q  V  H  in  den 
Versen  8  sqq.,  die  in  den  Codices,  welche  den  Anfang  von  Buch  V  enthalten,  stark 
verderbt  vorliegen.  Zunächst  ist  zu  bemerken,  dass  der  Name  'Aaaapdxoto,  welchen  fp 
als  ir.  aapaxoio,  W  gar  in  cö?  aapxö?  rs  verderbt  bieten,  in  £2  nur  wenig  entstellt  bewahrt 
ist   in    der   Form    dadpxoto;     das   Richtige    hat    schon    Castalio    restituirt.     Am    Eingange 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    IV.  Abb.  7 


50  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

des  Verses  8  lautet  die  Ueberlieferuug  im  fünften  Buche  saaovxat,  so  dass  also  hier 
bereits  das  Verbum  finitum  des  Hauptsatzes  in  der  mit  Vers  2  beginnenden  Periode 
vorläge.  Und  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  haben  sich  denn  auch  die  Kritiker  bemüht, 
einen  leidlichen  Sinn  in  die  verderbte  Stelle  hineinzubringen;  es  heisst  nämlich  im 
folgenden  Verse  9  in  0  d?  sSst  TpotTjv,  in  W  aber  oaÖ'  s^st  TpocTjv;  hiefür  vermuthete 
Castalio  oQc  ts^sc  oder  tc'jl;si  und  später  veränderte  Huetius  den  Accusativ  TpoiYjv  in 
den  Genetiv  TpoiiQi;,  der  dann  von  wupöc  6p|J.TjV  abhängig  Aväre.  Darnach  hiesse  es:  ,nach 
der  Herrschaft  der  ägyptischen  Könige  und  der  Makedonier  werden  des  Assarakos 
Nachkommen  erstehen,  die  da  erzeugen  wird  der,  welcher  Trojas  Flammengluthen 
durcheilte'.  Man  sollte  meinen,  dass,  da  nach  einer  längeren,  vorbereitenden  Aus- 
einandersetzung das  Hauptverbum  einsetzt,  nunmehr  eine  wichtige  Thatsache  ausführ- 
licher berührt,  also  etwa  eine  Weissagung  über  das  römische  Königthum  und  die 
Republik  angefülirt  werde.  Allein  hierüber  wird  mit  zwei  kurzen  Versen  hinweg- 
gegangen und  erst  mit  Vers  12  gelangt  der  Sibyllist  zu  seinem  Gegenstande,  den  Prophe- 
zeiungen über  die  römische  Kaiserzeit.  Diesem  Vorgange  gemäss  wäre  zu  erwarten, 
dass  dann  auch  die  Verse  8  und  9  zu  der  einleitenden  Partie  gehören,  d.  h.  dass  das 
erste  Hauptverbum  erst  im  Vers  12  vorliege,  wo  vom  Begründer  der  Kaiserepoche, 
Julius  Cäsar,  die  Rede  ist.  Diese  Vermuthung  wird  zur  Gewissheit,  wenn  man  die 
entsprechende  Stelle  im  zwölften  Buche  ins  Auge  fasst,  wo  thatsächlich  jenes  auch  an 
und  für  sich  schwäcliliche  Saaovtat  durch  xai  |JL£Td  tov  ersetzt  ist;  statt  der  Corruptel 
im  folgenden  Verse  9  aber  lesen  wir  da  hz  (xöXsv  sx  TpoiY^c,  oc  zic  zupo?  SGyiasv  6p[i.T^v 
mit  Bezug  auf  rov  ysVcTj?  ts  xal  ai|JLaxo<;  Aaaapdxof;.  Damit  erscheinen  auch  die  Verse  8 
und  9  in  die  Einleitung  eingefügt,  und  es  werden  als  Vorläufer  der  römischen  Kaiser, 
wie  früher  die  Könige  Aegyptens  und  Makedoniens,  auch  Aeneas  und  die  Könige  von 
Latium  (Vers  10)  und  dann  die  eigentlichen  Stifter  des  römischen  Reiches,  die  von  der 
Wölfin  gesäugten  Kinder,  angeführt.  Wir  werden  uns  also  auch  hier  an  die  bessere 
Tradition  der  Codd.  £1  =  Q  VH  in  Buch  XII  halten  und  aus  diesen  den  Wortlaut  von 
Vers  9  emendiren  müssen.  Für  xal  [AcTd  Or^po?  tsxva  xd  ScTcXöa  !J.7jXo<pdYOto,  wie  unsere 
Handschriften  in  Buch  V  überliefern,  ist  demnach  aus  £i  (in  Buch  XII)  zu  schreiben 

%w.  |Actd  Tfi'Kiä'/'j'JZ  ÖTjpöc  rsxva  jXTjXo'fdYoto. 

Im  letzteren  Buche  folgen  nun  noch  zwei  Verse,  welche  die  republikanische  Epoche 
Roms  erwähnen,  und  dann  erst  wird  zum  römischen  Kaiserreiche  übergegangen.  Dass 
diese  ursprünglich  auch  im  fünften  Buche,  dessen  Prooimion  vom  Verfasser  des  zwölften 
herübergenommen  ward,  gestanden  haben,  ist  wohl  zu  vermuthen,  zumal  der  Anfang  des 
Verses  12  im  fünften  und  des  Verses  14  im  zwölften  Buche  wieder  zusammen  stimmen; 
im  Buche  V  ist  aus  XII  loasx'  zu  schreiben,  während  die  Handschriften  des  erstgenannten 
das  minderwertige  iozai  bieten. 

V  51     rpcic  dp^o'jotv     6  8s  TpttaToc  a'fwv  ö'^s  xpati^ast. 

So  liest  man  in  den  letzten  Ausgaben  auf  Grund  der  von  Alexandre  herrührenden 
Fassung  des  Verses.    Die  handschriftliche  Ueberlieferung  ist  corrupt:    die  Classe  <P  bietet 

tpclc  dp^ouoiv     6  §£  rptto;  Ö(|j£  xpatv^ast  icdvrcov, 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  51 

woraus  Opsopoeus  seinerzeit  dTcdvccov  machte,  um  einen  möglichen  Vers  zu  erhalten;  in 
der  anderen  Handschriftenclasse  ?F  hingegen  steht 

Tpcl?  dp^ouaw     6  §s  xpiTaTO?  atpcöv  btj^e  ts  xpati^asi, 

was  Alexandre  zur  Grundlage  seiner  Version  nahm,  obgleich  es  die  Leseart  der 
schlechteren  Codices  ist.  Von  vornherein  muss  jedem  Leser  die  abrupte  Ausdrucksweise 
zpzlz  dp^ouatv,  die  mit  dem  Vorausgehenden  in  gar  keinem  Contacte  steht,  besonders 
auffallen.  Aus  diesem  Bedenken  ergibt  sich  aber  sofort  auch  der  richtige  Fingerzeig 
zur  Heilung  des  Verses:  er  ist  am  Anfange  verderbt  und  am  Ende  interpolirt.  Merk- 
würdiger Weise  verfiel  noch  kein  Kritiker  darauf,  diesen  Vers  mit  der  wiederum  im 
zwölften  Buche  begegnenden  Nachbildung  zusammenzustellen.    Dort  lesen  wir  Vers  176: 

TÖv  [iSTa  zpscc  ap^ouacv     6  Ss  zplzoz  h'^k  xpar/]a£t. 

Die  Handschriften  des  zwölften  Buches  12  =  QVH  haben  also  die  richtigere  Version 
bewahrt.  Nach  dem  Verluste  des  die  Verbindung  mit  dem  Vorausgehenden  vermittelnden 
xöv  \iiza  ist,  wie  <P  ausweist,  ein  allerdings  etwas  kläglicher  Versuch  gemacht  worden, 
den  vollständigen  Hexameter  durch  Anfügung  des  unstatthaften  itdvTWV  herzustellen, 
während  in  der  Vorlage  von  ?F  die  Interpolation  in  der  Mitte  des  Verses  angebracht 
ward  (und  zwar  noch  mit  überflüssiger  Einschiebung  des  Wörtchens  xe).  Sollte  es  noch 
nothwendig  sein,  die  Richtigkeit  unserer  Auseinandersetzung  durch  ein  weiteres  Argument 
zu  stützen,  so  ist  nur  darauf  zu  verweisen,  dass  die  Eingangsworte,  resp.  das  erste 
Hemistichion  bei  den  Sibyllisten  in  der  auch  hier  nothwendigen  Fassung  wiederholt 
verwendet  wird;    ausser  XII  176   verzeichne  ich 

VIII  65     tov  [isra  xpcic  dp^ouai  iravuaratov  "^iJ-ap  s^ovrec 

XII  95     röv  [isxa  rpstc  dp^ouatv  §'jra)Vü[j.{-(jac  Xa/ovcsc 

XIV  58     TÖv  (xs-ca  Tpslc  dp^ouatv  uicspßtov  -^xop  £)(ovtsc. 

V  55  sqq.  xat  ev  iraXdjxatai  xaxaiaw 

saastat  ri\s.azi  z(ptz,  orav  Tcoti  NscXoc  öSsuaifj 

hc,  %X6a£t  y-^v  'Jtäaav,  snapScüaai  8s  ßporoiat. 

Unmöglich  kann  gesagt  werden  NsiXo?  68£6a'(]  yo^tav  oX*/jv,  da  eine  solche  Verbindung 
dieses  Verbums  mit  dem  Accusativ  unerhört  wäre,  vgl.  V  465 

£tj6'X  ßdpßapoc  lyKoz  ez  'Aai8a  yalav  65£6a£t; 

es  hat  daher  Ludwich  mit  Recht  die  verderbte  Stelle  III  367 

£ipT^V7j  §£  '(aXri'^bz  sv  'Aai8t  -^cdav  i^zöosi 

durch  die  Schreibung  £C  oder  e%  'AatSa  yatav  verbessert.  Man  könnte  nun  auch  hier 
daran  denken,  etwa  o^suarj  y'^'*'  ^<p'  ^^t^v  zu  schreiben:  indess  mahnt  der  Umstand,  dass 
von  der  Ueberschwemmung  des  Nils  die  Rede  ist  und  scoc  iCTjytbv  hiv-o.  xat  £^  hinzugefügt 
wird,  was  zu  ö5£6aifj  nicht  wohl  passen  könnte,  eine  andere  Emendation  zu  versuchen. 
Ich  vermuthe,  es  habe  die  genuine  Leseart  gelautet:  orav  Neiaöc  '7uox£  Seuot]  yatav  oXtjV 
AiyoTZ'rjy,  zumal  der  Sibyllist  an  der  homerischen  Wendung  Seö«  §£  ya^^v  A  655,  0  119, 


52  .  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

y220,  i  290  eine  directe  Vorlage  haben  mochte.  Dass  es  dann  in  Vers  57  heisst  siiap- 
Ssüoct  5s  ßpoiotat,  kann  für  diese  Conjectur  kein  Hinderniss  sein,  da  der  ganze  Vers 
die  Wirkung  der  Nilschwelle,  die  Ueberfluthung  des  Landes  und  die  Bewässerung  desselben 
im  Interesse  der  Bewohner  auszudrücken  bat,  während  in  Vers  55  einfach  der  Eintritt 
der  Ueberschwemmung  erwähnt  wird. 

In  Vers  58  ist  die  von  den  Herausgebern  reciplrte  Conjectur  von  Opsopoeus  xX'jast 
für  das  handschriftliche  xXaöasv  (*),  resp.  •äXüos  {W\  zu  %/.6aa£C  zu  verbessern.  Die 
Corruptel  x^aOasv  drang  aus  Vers  60  (xXaua'o)  ein.  Derselbe  Kritiker  hat  auch  schon 
sicap5s'J3£i  aus  dem  in  <P  überlieferten  STCap^süaat,  wofür  \F  STcdpScUOc  bietet,  hergestellt. 

V  60     Meix^c,  O'j  (jlsv  xXaua-/]  üirsp  Abfdizz'jii  va  \).i'(ioza. 

Da  wir  V  64  in  der  Clausula  lesen  aüyoOaa  [xiyiaza,  scheint  es  nicht  unmöglich, 
dass  in  unserem  Verse  ursprünglich  (iirsp  AiyÖTTTOio  [idhaza.  gestanden  hat,  welch  letzteres 
durch  |ASYt3ta  verdrängt  worden  wäre. 

V  68  sqq.     dv6'  wv  e^sfidvTjC  iz  sfiouc  T.al^az  6soyptaTouc 

■Arxi  Tc  xrfxqy  (orp'jvac  £V  dv5pdac  tois  dYaQotaiv, 
iisiQ  öy-i  TÖaojv  rotav  xpo'föv  stvsxa  ttoiv'^c. 

Statt  ^axT^v  haben  einzelne  Handschriften  'mv-rf^j  worauf  Alexandre  in  der  Note 
zur  ersten  Ausgabe  aufmerksam  machte,  ohne  sich  indess  veranlasst  zu  sehen,  diesen 
Accent  zu  recipiren;  vielmehr  bezieht  er  x,a%T)V  in  der  zweiten  Ausgabe  seltsamer  Weise 
auf  Rom:  ,Romam  enim  intelligit  Noster  ab  Aegyptiis  contra  Judaeos  exasperatam' 
(er  möchte  deshalb  auch  zt:  dv5pdat  geschrieben  wissen),  indem  er  unter  rotav  xpotpöv 
(soviel  als  6p£{Ji{j.a,  ,raro  sensu')  wieder  Rom  versteht,  die  ,alumna  Aegypti  dura  et  in- 
grata'.  Kein  Unbefangener  dürfte  dieser  Ansicht  beipflichten.  Es  ist  vielmehr  entweder 
xat  Tc  xdxr^v  oder  besser,  wie  früher  schon  Badt  vermuthet  hat,  %ai  f.ifi-qv  zu  schreiben 
und  statt  -cotav  tpo'fov  etwa  toIov  xpooc  (solche  Drangsal)  oder  xolov  rpoirov,  wie  mir 
Hofrath  von  Hartel  vorschlug.  Möglicherweise  hiess  es  ursprünglich  auch  sv  dvOpwTioii; 
dyjiOo'.atv  statt  des  überlieferten  sv  dvSpdat  znlz  dYa6oloiv. 

V  85     TCoiY^aavro,  {idrrjv  ys  TCcTrotOörsi;  £V  z'jirjözrjic,. 

Diese  Schreibweise  der  schlechteren  Classe  W  haben  die  letzten  Herausgeber  ohne 
Bedenken  in  den  Text  gesetzt;  aber  eine  Construction  TzzizfAböz^z  iv  toco'jzoi?  ist  etwas 
Unerhörtes.  Wir  werden  auch  hier  zunächst  von  der  Ueberlieferung  der  besseren  Sippe  ^ 
auszugehen  haben;  diese  enthält  nur  die  Worte  irotiQaavxo  [xarr^v  to6-oic,  die  Lücke  ist 
in  P  eigens  mit  rother  Schrift  vermerkt:  Xsotsc  ro  ttXeov  toü  (jziyoo.  An  dem  erhaltenen 
Versreste  icoiV^'javro  (xdnrjv  Toutotc  darf  nichts  geändert  werden;  dagegen  scheint  sich 
in  W  aus  der  ursprünglichen  Fassung  noch  der  Ausdruck  iteTzoiBözaQ  (nebst  '(s.)  gerettet 
zu  haben,  so  dass  wohl  die  Worte  Tror/^aavto  [j.dxYjV  touTOtc  ys  oder  xoÜTOtat  irsTcoiOötci; 
als  echt  anzusehen  sind;  oder  sollte  der  Vers  icotT^aavro  [idTTjV  ys  TCSTCOtöÖTS?  siötöXoiatv 
gelautet  haben?  Im  Archetyp  sind  die.ser  und  die  folgenden  Verse  (vgl.  V  87 — 92) 
durch  Zerstörung  des- Handschriftenrandes  am  Schlüsse  verstümmelt  worden. 


Kritische  Studien  zu  den  kSibyllinischen  Orakeln.  53 

V  92  b  sqq.     -^^cC  5'  "Jjspcoc  sici  ab"^  Sdicoc,  mazB  jaka^a 

xai  OYjv  Tzdoav  bXsi  yai^av  avQpcoTcoi;  xa^ö-cs^voc 
al[j.att  xat  vsxusaat  icap'  EXTCdyXoiat  ts  ßa)|xol<; 
ßapßapöfppwv  aöcvapöc  xoXuSct'j.axoi;  d^pova  Xyaacöv 
ica|j.x>.7j6si  (j;a[xa97j5öv  dirat^tov  aov  oXsOpov. 

Dies  ist  die  Fassung  der  Stelle  in  Alexandre' s  zweiter  Ausgabe.  Den  Vers  92  b 
hat  er  hier  zum  ersten  Male  aus  einem  im  Cod.  Paris.  1043  enthaltenen  Excerpt  auf- 
genommen. Durch  die  Grüte  des  Herrn  Professors  Wessely,  welcher  während  seines 
Pariser  Aufenthaltes  im  Sommer  1888  die  Handschrift  für  mich  einsah,  bin  ich  im  Stande, 
verschiedene  Verbesserungen  des  Textes  beizubringen,  die  sich  aus  der  neuen  Collation 
ergaben.  Die  Handschrift,  über  welche  Alexandre  nur  ganz  oberflächlich  und  ungenau 
in  der  Note  zu  dem  Verse  in  der  zweiten  Ausgabe  eine  Bemerkung  macht,  ist  eine 
dem  15.  Jahrhunderte  angehörige  Miscellanhandschrift  in  12",  Papier,  mit  den  alten 
Nummern  2215  und  3533,  jetzt  mit  der  oben  erwähnten  Signatur  1043  (=  Catalogus 
codicum  ms.  bibl.  regiae  tom.  secund.,  pag.  207  a,  ms.  Graec.  MXLHl).  Sie  enthält 
meist  theologische  und  patristische  Schriften  und  Excerpte,  mystische  Excurse,  Astro- 
logisches und  Astronomisches,  auch  ein  metrologisches  Excerpt.  Auf  p.  76  (nicht  96, 
wie  Alexandre  angibt)  verso  stehen  zwei  Stellen  aus  den  Sibyllinen  mit  der  Rand- 
bemerkung ai^oXkriz  i%  zoö  ß'  Xöyou  (oi^o^  ev.^  ß'  Xöt)  in  rother  Schrift,  und  zwar 
V  92b — 96,  dann  nach  einem  besonderen  Verse,  den  ich  unten  anführe,  V  100 — 110 
inclusive,  und  zwar  ohne  Versabgrenzung;  darnach  die  Worte  r^c  auf/jc  otßöXXyjc  £*  t^C 
SsoTspac  TcapooiicLC,  zoö  yptaxoö  mit  der  dem  Citate  in  den  Constitutiones  Apostol.  V  7 
(p.  113,  11  Lagarde)  entsprechenden  Stelle  der  Sibyllinen  IV  178—189  (siehe  zu  IV  183). 
Hieran  schliesst  sich  dann  eine  spfJiTjVcia,  d.  i.  eine  Paraphrase  der  Partie  V  92  b  sqq., 
zu  deren  Besprechung  wir  zurückkehren. 

Der  durch  das  Pariser  Excerpt  neu  gewonnene  Vers  92  b,  welcher  in  den  Sibyllen- 
handschriften in  die  grössere  Lücke  nach  92  fällt,  ist  von  Alexandre  schlecht  gelesen 
worden,  denn  in  der  Handschrift  steht  klar  tj^cL  ydp  lleparfi  und  nicht  tj^sc  §'  vjsptoi;. 
Entsprechend  heisst  es  in  der  £p(JLYjVs{a:  l§otJ  sie  aöti^v  töv  irspoYjV  Xi-^Bi  epyßoHoLi  auv  zC^ 
dvTt^^piarq)  oto?  oua|i,(bv  xtL  Damit  gewinnen  wir  sofort  das  vermisste  Subject.  Die 
folgenden  Worte  lauten  siri  aov  Saic,  d.  i.  ^dizoc,,  was  Alexandre  durch  V  342,  wo  öXoov 
Sdirot;  überliefert  ist,  zu  stützen  suchte.  Da  aber  der  Ausdruck  Sdrcoc,  welchen  der 
genannte  Kritiker  für  eine  abgekürzte  Form  von  Sd'jreSov  hält,  sonst  nicht  belegt  ist,  so 
bleibt  .es  sehr  fraglich,  ob  nicht  -^oltzoz  (oder  tc£§ov?)  herzustellen  ist. 

Im  nächsten  Verse  93  ist  es  mit  der  üeberlieferung  nicht  besonders  gut  bestellt, 
in  ff»  steht 

•AO-i  a'/jv  icdaav  öXst  yatav  dvöpcoTtouc  *axox£)(Vou?, 

in  W 

xai  OT^v  Tidaav  oXsi  yalav  xai  dvGpwTCotJc  xaxotäpoüc, 
im  Pariser  Excerpt 

xai  Y>3V  hkzizai  Ttdaav  a.[C  dvSpcöv  xaxor£/v(o; 

Castalio  versuchte  die  Schreibung  xal  ai^v  icdaav  oXsl  yaiav  dv6p(OTC0c  xaxö-cs/voc,  Volkmann 
wollte  xdvÖpwTCOi:  aifjv  irdaav  öXsi  '{alav  %a%6zeyyoQ.  Beachten  wir  die  Version  im  Pariser 
Excerpt  und  den  oben    erwähnten  Anfang   der  £p(X7jvsta,    worin    a6v   ttp    dvityptaTcp    nur 


54  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

auf  das  etwas  verderbte  5.\L  ävSpwv  xaxozspco  gehen  kann,  so  ist  vielleicht  zu  schreiben 
xai  Y^''  itäoav  öXsl  d|JLa  z  dvöptöiroo;  %a%oziyyvjz. 

Sehr  schlimm  steht  es  mit  dem  Verse  94.  Die  Ueberlieferung  der  Sibyllenhandschriften 

al[).azi  xal  Vcxusaat  itap'  sxitdyXoiat  xs  ßa)|jLoi(; 
(wofür  LA  zap"  ExirdYXotc  zs,   F  -jcapsxicdYXot?  ts  bieten),   ist   sinnlos;    leider  bringt  uns 
hier  das  Excerpt  keine  Heilung,  auch  in  diesem  ist  der  Vers  verderbt  in  der  Form: 

ai|Aau  xai  vsxüeai  ■rcapel  spst  %cd  ■Tcapd  ßcojjioic. 
Das  eine  aber  geht  aus  dieser  Leseart  hervor,  dass  izap'  exirdYÄocai  rs  ßco[j,ol^  offenbar 
auf  Interpolation  beruht  und  der  Versschluss  wahrscheinlich  so  gelautet  hat,  wie  ihn  die 
Vorlage  des  Excerptes  bot;  das  vorangehende  Epitheton  scheint  mir,  soweit  die  Corruptel 
Ipsi  xat  einen  Fingerzeig  gibt,  ispoic  gelautet  zu  haben.  Was  endlich  in  itapsi  steckt, 
wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Demnach  wäre  wenigstens  ein  Theil  des  Verses  herzustellen: 

aifiati  xal  vsxüsaat  ....  ispotc  irapd  ßo)[Aolc. 
Im    folgenden   Verse  95    gibt    das    Excerpt    statt    -iroXo^scixaroc    der    Sibyllencodices 
den  Ausdruck   iroXuatfiatOi:,    der  viel   besser   in    den   Sinn    passt;    letzterer   begegnet   in 
diesem  Buche  auch  Vers  461. 

Der  Eingang  des  Verses  96  wird  so  festzuhalten  sein,  wie  ihn  im  Allgemeinen  die 
Sibyllenhandschriften  bieten:  Tzrx^%K-fibs.i  (<P  icajjnrXTjÖl)  '];a[JLa6Yj5öv  (so  A^  die  übrigen  Codd. 
^j;a|j.{iaOTj5öv),  während  das  Excerpt  auvjuXiQÖci  (j;a[iji.a6'.5(«v  enthält.  Im  zweiten  Hemi- 
stichion  liest  man  nach  der  Ueberlieferung  der  Sibyllenhandschriften  dicat^tov  aov  oXcÖpov, 
im  Excerpte  aber  £[xiraiC<üV  aov  oXsQpov;  Volkmann  hat  STcat^cov  vorgeschlagen,  während 
Alexandre  zweifelnd  an  diccf^cov  iz  aov  SXcOpov  dachte.  Die  von  Volkmann  vorgebrachte 
Conjectur  hat  jedoch  das  Missliche,  dass  der  Accusativ  aov  ^XsÖpov  davon  nicht  abhängen 
kann:  man  sagt  zwar  zeiyoz  BTzai^ai  Hom.  M  308  im  Sinne  von  , angreifen'  oder  STcai'^at 
[iöOov  tiuxcov  H  240  , heranstürmen  in  das  Getümmel',  aber  hier  bezeichnet  oXsöpov  den 
Zweck;  mit  Rücksicht  nun  auf  die  Leseart  des  Excerptes  sixTcaiC^JV  möchte  ich  an  sicat- 
Y'wCw  £c  oXs6pov  denken  (das  Particip  schon  homerisch  B  148),  da  das  Wörtchen  aov  im 
Zusammenhange  wohl  entbehrt  werden  kann. 

V  98     vlaöaszai  Aati;  oXtj 

Das  Excerpt  kennt  den  Vers  97  nicht,  aber  auch  für  die  beiden  folgenden  98  und  99 
finden  wir  nur  die  Worte  icdaa  )rO(i)V  9pr^VT;a£t.  ßaadstav  iroXüxXuarov.  Vermuthlich  war 
die  Vorlage  an  dieser  Stelle  irgendwie  unvollständig  oder  verderbt,  so  dass  sich  der 
Schreiber  mit  den  Worten  iröiaa  y6(bv  6p7]V7]act  begnügte.  Die  £p(JLrjV£{a  sagt  uns  nichts 
Neues:  *ai  KiyBi  xäaav  dqv  y'^Jv  ÖpiQVslv  tY/V  ßaadstav  twv  p(o|JLa{(ov.  In  Bezug  auf  die 
beiden  letzten  Worte  ist  zu  beachten,  dass  sie  umgestellt  einen  Hexameterschluss 
ergeben  xoXuxXoc-ov  (iroX6x).auatov?)  ßaaiAstav.  Immerhin  konnte  daher  noch  eine  andere 
Version  an  dieser  Stelle  existiren. 

V  100  sqq.     aötö;  S'  6c  llspaöw  Xdyßy,  AiY^irtov  TuroÄcixt^st, 
xTstvac  dvöpa  sxaorov  oAov  ßiov  BQi.k'j.Tzd^si, 
Äaic  [JL£V£W  [Aotpav  xpcrdtTjV  o£tXolat  ßpotoiatv. 

Auch  für  diese  Stelle  bietet  das  Pariser  Excerpt,  welches  Alexandre  zum  Schaden 
des  Textes  nur  für  den  Vers  92  b  beachtete,  einige  willkommene  Verbesserungen.    Jetzt 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  55 

erst  wird  der  bisher  sinnlose  Vers  100  richtiggestellt.  Hier  wird  zunächst  das  von  P 
allein  gebotene  aüto?  5'  (die  anderen  Sibyllenhandschriften  a()zöz  6')  durch  das  Excerpt 
bestätigt,  sonst  aber  der  Vers  wesentlich  emendirt  durch  die  Fassung  aütö?  §',  (o?  Dcpacbv 
E)^a/sv  yaiav  (yatav  Exe.)  7CoX£[j(,{(;£i.  Nunmehr  wird  Ilopacöv  verständlich,  das  von  yalav 
abhängig  ist,  während  in  der  bisher  bekannten  Fassung  üepacov  Xd)(cV  zusammengestellt 
werden  musste,  was  keinen  Sinn  ergab.  Aiyuntov  im  bisherigen  Texte  ist  nur  eine 
Glosse  zu  dem  missverstandenen  yjxoy^  das  man  von  -xcoXsjxt^si  abhängig  machte,  was 
nicht  zulässig  ist:  das  letztere  Verbum  ist  vielmehr  absolut  gebraucht.  Das  Missliche 
unserer  Stelle  fühlte  übrigens  auch  Alexandre,  wenn  er  in  den  Excurs.  ad  Sibyll.  p.  594 
unter  der  E-ubrik  ,Accusativi  usus  haud  ita  rectus'  auch  diesen  Vers  [Av^OTZxnv  r:zokz.^lt,zC) 
anführt.  Zu  bemerken  ist  noch,  dass  durch  die  Leseart  -TCoXsixt^st  nunmehr  auch  die 
Conjectur  des  Opsopoeus,  welcher  aus  dem  %zrikz\i.[t,'-n  der  Sibyllenhandschriften  xtoXs- 
(it^ä'.  machte,  eine  Bestätigung  erfährt. 

Im  nächsten  Verse  lesen  wir  im  Excerpt  xzcivac  t  avSpa  sxaaTov,  während  in  den 
Handschriften  das  t  fehlt,  obzwar  es  wegen  der  Verbindung  der  zwei  Sätze  durchaus 
nothwendig  ist.  Deshalb  hat  auch  Alexandre  an  die  Einfügung  dieser  Partikel  gedacht, 
ohne  sie  indess  wirklich  in  den  Text  zu  setzen.  Am  Schlüsse  des  Verses  ist  im  Excerpte 
irrthümlich  iz'XTzaXkö.izi  statt  s^aXaird^st  geschrieben,  im  Verse  102  in  byzantinischer 
Schreibweise  {j,6pav  für  {xotpav. 

V  104     a6[jL7:aaav  •^aXtri  xoXcopxwv,  iräaav  spvjjjicöv. 

In  diesem  Verse  liefert  das  Excerpt  abermals  eine  beachtenswerte  Leseart  im  Vers- 
schlusse:  xal  %ar£p7j[i(öv.  Diese  ist  der  in  den  Sibyllenhandschriften  vorliegenden  Tcäaav 
£pY)[ji,(öv  entschieden  vorzuziehen,  da  ja  iräaav  zu  a'JiJLiraaav  keine  Anaphora  vorstellt  und 
eine  Verbindung  sehr  erwünscht  erscheint. 

V  105  sqq.     kkX  ötav  ö'];oc  s/'^Q  ^pot'cspöv  %al  xdpßoc  ä'/jSsc, 
rfißi  S'  ay  |xaxdpcov  iösXcov  itöXiv  i^aXaTid^ai 
xdxsl  ziQ  GcöQcV  aQsvapöc  ßaatXsy?  k.r.'m]i.'f%zlz 
Tzdvzaz  bXci  ßactXsis  \izyakooc,  xat  dvSpac  äpiaxou?" 
eW  ouTO)  xrÄGiz  Eotai  uir'  d(p6(tof)  dv6p(o7roiatv. 

Von  besonderem  Werte  für  diese  Stelle  ist  der  Umstand,  dass  sie  nicht  bloss  in 
dem  Pariser  Excerpt,  sondern  mit  Ausnahme  von  Vers  105  auch  bei  Lactantius  Divin. 
Inst.  VII  18,  6  (p.  643,  1 — 4  Brandt)  vorliegt.  Mehrere  vortreffliche  Lesearten,  die  wir 
in  den  Sibyllenhandschriften  nicht  vorfinden,  gewinnen  dadurch,  dass  sie  in  den  beiden 
genannten  Quellen  geboten  werden,  gegenseitige  Bestätigung.  Zunächst  lesen  wir  bei 
Lactantius  sowohl  wie  im  Excerpte 

riQBi  xal  {xaxdpwv  eÖsXcov  iröXtv  e^aXaird^ac. 

Dies  verlangt   auch   der  Sinn,    das   steigernde   %at    lässt   das    frevelhafte  Beginnen   ganz 
anders  hervortreten  als  das  schwächliche  5'  au. 

Weit  wichtiger  ist  die  Uebereinstimmung  des  Excerptes  und  des  Citates  bei 
Lactantius  für  die  richtige  Gestaltung  des  Verses  107.     Im  letzteren  heisst  es: 

xai  x£V  TIC  öeöOev  ßaaiXEOc  'KB\s.fpfizic,  iiti  toötov, 


56  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

im  ersteren 

und  in  wesentlich  derselben  Form  (nur  am  Anfange  erscheint  die  Corruptel  %cd  xtaaii;, 
was  auf  xai  xsv  zii  deutet)  findet  sich  der  Vers  auch  in  den  Sibyllenhandschriften  au 
einer  unrichtigen  Stelle,  nämlich  hinter  Vers  101,  eingesetzt,  während  er  als  Vers  107 
die  oben  angeführte  Fassung  bietet.  Diese  entliält  eine  offenbare  Interpolation,  die 
durch  Corruptel  des  Versschlusses  hervorgerufen  ward;  hier  ging  nämlich  in  der  Vor- 
lage das  siri  toütov  verloren,  wornach,  um  den  Vers  zu  vervollständigen,  oösvapöc  aus 
Vers  95  eingesetzt  und  exircixtpÖstc  für  7ce[i.'^Bziz  geschrieben  ward.  Im  Eingange  des 
Verses  werden  wir  der  Leseart  des  Lactantius  xat  xsv  tt?  (vgl.  jenes  xai  xtaatc)  zu 
folgen  haben. 

Im  Verse  108  wird  ferner  die  in  unseren  Sibyllenhandschriften  begegnende  Ver- 
bindung xai  avSpac  dptaxo'Jc  zu  verändern  sein.  Vergleichen  wir  damit  die  bei 
Lactantius  bewahrte  Leseart  xai  (fihzaz  dpiaiouc,  so  werden  wir  ohne  Zögern  letztere  in 
den  Text  setzen,  zumal  sowohl  das  Excerpt,  welches  xai  Tzdvzac,  äpiGzooc,  bietet,  gegen 
dvopac  spricht,  als  auch  die  Parallelstelle  V  379,  woselbst  sogar  die  Sibyllencodices 
nicht  xai  dvSpa?  äpbtou?,  sondern  xai  zfJOQ  zöz  (Ä  nur  tot)  dptaroüc  bieten;  in  der 
Verderbniss  touc  zot  ist  die  Lesung  «pÄrac  versteckt. 

Auch  im  Verse  109  endlich  begegnen  sich  Lactantius  und  das  Excerpt  in  der 
Erhaltung  der  richtigen  Leseart,  die  in  den  Text  der  Sibyllen  aufgenommen  werden 
muss.     Bei  Lactantius  liest  man: 

zlb''  ouxcoc  xpbic  iazrxi  6t:  dtpÖtrou  dvÖpcbiiototv, 

während  im  Excerpte  eben  dasselbe,  nur  mit  der  Corruptel  d';:a[JL'fotTOO  für  6tz  dcpOkou, 
begegnet.  Die  Sibyllenhandschriften  geben  das  ganz  unbrauchbare  sfQ'  outco?  zäXoQ 
sazai  d^OtTov  dvöpcoirotatv. 

\'  133  sq.     Bsaaa)v{'iQV  X^^P'']^  ditoXst  -TUOTaixöc  ßaÖuStvvjc, 
Ilr^vcio^  ßaöupoui;,  [xop^dc  ör^pwv  dicö  '(alrjZ. 

Die  verderbten  Worte  |i.op<pdc  ÖT^pcöv  zu  heilen  ist  bisher  nicht  gelungen.  Für  [loprpdc 
schlug  Castalio  ptspoxa?  vor,  während  Alexandre  an  Stelle  von  ÖYjpwv  das  Particip  aupüov 
schrieb.     Wäre  etwa  an  jj.dp'|ac  Övtqtouc  zu  denken? 

V  143     ov  -irdvrsc  oxuYSouat  ßpoxol  xat  irdvcsc  dpiorot. 

Mit  Rücksicht  auf  V  108 

Tzd^zaz  l'kai  ßaaiXslt;  \xz-^d\rj(jQ  xat  (pöizac,  dpiatou^, 
was  V  379  wiederkehrt  in  der  Form 

TcdvToti;  6(jLoö  t  oXsast  ßaatXstc  xac  (pwtac  dptaroui;, 

dürfte  auch  liier  (finztc  d^Acztii  zu  schreiben  sein,  ein  Hexameterschluss,  der  bereits  bei 
Homer  2"  230  vorliegt.  Zugleich  sei  zur  Bestätigung  dieser  Ansicht  auf  das  zu  V  108 
oben  Bemerkte  hingewiesen. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  57 

V  158     w.  (pXs^ci  TCÖvtov  ßaöuv  aüti^v  xs  BaßuXwva. 

Die  letzten  Herausgeber  haben  sich  begnügt,  die  vorstehende  Leseart  der  einen 
Handschriftenclasse  <P  in  den  Text  aufzunehmen;    die  zweite  W  bietet 

xal  tfXiizi  Tr6vTov  ßa66v  xat  aorirjv  BaßuXÄva. 

Der  Vers  weist  schon  durch  seinen  sehr  schlechten  Bau  auf  eine  Corruptel,  er  zerfiele 
in  der  Mitte  durch  eine  Diairesis  zertheilt  in  zwei  Hälften;  hiezu  kommt  die  in  der 
einen  Handschriftengruppe  vorliegende  ungewöhnliche  Längung  TS  BaßuXwva,  wenngleich 
diese  in  der  späteren  hexametrischen  Poesie  einzelne  Analoga  findet.  Deshalb  meine 
ich,  sei  die  ursprüngliche  Schreibweise  gewesen 

xat.  (pXs^ei  irovTov  xs  ßaöuv  xa'jti^v  BaßoXcbva. 

r 

V  159  sq.  riz  ehs%a  xoXXol  6Xovto 

'Eßpai(ov  aytot  tzigzoI  xai  vao?  dXvjöiQ?. 

Am  Schlüsse  des  Verses  160  muss  für  vaöc  wohl  Xaöc.  geschrieben  werden,  denn  so 
dürfte  Lactantius,  dessen  vortreffliche  Lesearten  in  den  Sibyllencitaten  wir  wiederholt 
gegenüber  denen  der  Handschriften  selbst  zu  rühmen  Gelegenheit  hatten,  in  seinem 
Sibyllenexemplar  vorgefunden  haben,  vgl.  Divin.  Inst.  VH  15,  18  (vol.  I  p.  634,  12  sqq. 
Brandt):  ,Sibyllae  tarnen  aperte  interituram  esse  ßomam  locuntur  et  quidem  iudicio  dei, 
quod  nomen  eins  habuerit  invisum  et  inimica  iustitiae  alumnum  veritatis  populum 
trucidarit. ' 

V  177     xaptdpcov  oixYjaov  iz  Ai8ou  ywpov  aöcOfAov. 

An  eine  besonders  geartete  Gebrauchsweise  von  zq  ist  hier  nicht  zu  denken,  es  ist 
einfach  £V  zu  corrigiren. 

V  179  sq.     M£[A'ft,  irövfov  ap-pj^bz  sot],  irXTjaöciaa  9avövxo)v 

Mit  der  Fassung  des  ersten  Hemistichions  von  V  179  durch  Alexandre  wird  man 
sich  nicht  ganz  einverstanden  erklären  können.  Die  handschriftliche  Ueberlieferung 
lautet  in  0:  MsjX'ft,  -tcovwv  apyr^ys,  as  tc,  in  der  anderen  Classe  Msfxtpc,  dp/YjY£,  au;  das  darf 
nicht  in  äpyvjYOS  saTj  verändert  werden,  da  hier  offenbare  Nachahmung  vorliegt  nach 
Pseudophokyl.  44  ypuas,  xaxcöv  dpyiQY^  i'^S^-  Sib.  Orak.  H  115),  und  ähnlich  finden  wir 
in  unserem  Buche  V  241  xaxcöv  dpyTjYS  tASYtotcov  und  nach  der  überzeugenden  Conjectur 
Nauck's  auch  V  230  ößpc,  xa%«)V  dp/TjYS-  Der  Vocativ  ist  demnach  unter  allen  Umständen 
festzuhalten;  irövwv  ä^yriys.  stellt  hier  ebenso  eine  Apposition  vor  wie  in  den  angeführten 
Beispielen.  Dagegen  hat  Alexandre's  Conjectur  sar^  sehr  viel  für  sich:  das  Prädicat 
des  Satzes  bildet  dann  die  Umschreibung  £a'(]  TcXTjoQciaa,  die  echt  sibyllinisch  ist.  Die 
einzige  Verbesserung,  die  hier  an  der  Ueberlieferung  vorzunehmen  ist,  darf  sich  also 
nur  auf  a£  te,  beziehungsweise  aö  erstrecken.  Der  Schluss  des  Verses  muss  dann,  indem 
für  das  corrupte  xsvovxoi;  der  Handschriften  mit  Alexandre  Öavovtwv  aufgenommen  wird, 
EG'o  TT^TjaOciaa  Öavövxcov  lauten.  (Gegen  ein  allfälliges  a6  y*  statt  oe  x£  spricht  der 
im  folgenden  Verse  stehende  Dativ  £v  aot;  zugleich  müssten  die  beiden  Verse  179  sq. 
als  ein  Satz  gefasst  werden.) 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    IV.  Abh.  8 


^g  IV.  Abhandlung:    Alois  Kzach. 

V  186  sq.     äXX  otav  -q  Bdpxv]  tö  Ä'jTzäaatov  afxcptßdXTj-ca'v 
/vE'Jxov  £iri  puirapfp,  jatj-'  sir^v  |XY^ts  ■{BvrA\t.rj.y. 

Der  Artikel  vor  BdpxY]  ist  sehr  auffällig,  es  ist  öicöt  av  Bdp%7j  zu  schreiben;  im 
folgenden  Verse  aber  ist  die  Form  yz'^rjl^a'^  ganz  unberechtigt  und  gewiss  ebenso  nur 
zufällig  eingedrungen,  wie  III  323  ödXaocd  zz  xai  yd. 

V  193  sqq.     Suy^vtjv  8'  öXsaeis  [isya;  tpwc,  AiÖtöircov  ts 
Tsv-'jptv  oWTQaouc.  ßicf  [ji£Xavö)rpo£c  'IvSoi. 

Diese  bei  Alexandre  vorliegende  Fassung  der  Stelle  bedarf  in  mehrfacher  Beziehung 
einer  Richtigstellung.  Zunächst  ist  am  Schlüsse  von  193  AiötOTtcov  xs,  das  nach  dieser 
Interpunction  nur  zum  folgenden  Verse  gehören  könnte,  zu  emendiren.  Wir  brauchen 
diesmal  nicht  weit  zu  gehen:  das  Richtige  hat  uns  die  sonst  schlechtere  Handschriften- 
classe  W  bewahrt,  wie  sich  hin  und  wieder,  namentlich  in  Eigennamen,  die  ursprüngliche 
Form  oder  wenigstens  eine  Andeutung  derselben  darin  erhalten  hat:  es  ist  mit  ihr 
AiO'.oTn^ojv  zu  schreiben,  wodurch  jener  \i.iyaz  rpcöc  genauer  als  ein  Aethiopenfürst  charak- 
terisirt  wird,  der  die  Grenzstadt  Aegyptens  gegen  Aethiopien,  Syene  überfällt.  So  bildet 
auch  der  Vers  193  einen  Gedanken  für  sich.  Die  Form  AiÖiOTi'^^cov  muss  bald  nach  diesem 
Verse  auch  V  212  (in  demselben  Versfusse)  aus  dem  wiederum  in  fp  überlieferten  AiÖcoircov 
TS  (y  AiÖcoiKov)  hergestellt  werden,  wie  das  durch  Alexandre  geschah,  der  an  unserer 
Stelle  an  der  Corruptel  festhielt,  ja  dieselbe  gar  nicht  wahrnahm. 

Im  folgenden  Verse  ist  Tsvtuptv  Conjectur  von  Alexandre  für  das  handschriftliche 
Tcüyapiv.  Aus  zwei  Gründen  wird  man  sich  mit  dieser  Aenderung  nicht  befreunden 
können:  wegen  der  diplomatischen  Tradition  und  wegen  der  gleich  darnach  folgenden 
Erwähnung  der  ägyptischen  Pentapolis.  Beide  Umstände  weisen  vielmehr  auf  eine 
andere  ägyptische  Stadt,  die  der  Pentapolis  angehörte  und  von  Kyrene,  das  selbst  kurz 
darauf  vom  Sibyllisten  genannt  wird  (Vers  197),  gegründet  ward,  nämlich  Teucheir, 
bei  den  griechischen  Schriftstellern  entweder  als  Femininum  Singulare  Tj  Teoyeip  oder 
als  Neutrum  Plurale  td  T£6yctpa  genannt.  Es  ist  demnach  Tcüystp'  oixigaooct  v.zK.  zu 
schreiben;    aus  jener  Form  konnte  leicht  die  corrupte  Tsuyaptv  hervorgehen. 

Den  dritten  Vers  195  liest  man  in  PB  (in  A  ist  hier  eine  Lücke)  in  der  Form 

'TcsvTairö^.tt  %Xa6asi  5s  ootj?  jjicYaXöaQcVoc  dvTQp, 

in  W {=  FL)  aber:  TCSVcaitöXst  xXauast  ydp  oöyj  xrX.,  woraus  Alexandre  die  oben  angeführte 
Fassung  herstellte.  Allein  diese  erscheint  mir  höchst  bedenklich.  Da  von  einem  [Asya- 
/.öaOcVO?  dvTjp  die  Rede  ist,  erwarten  wir  die  Erwähnung  einer  That  desselben.  Und  da 
liegt  es  am  nächsten,  die  Verderbnis  zunächst  in  xXauasi  zu  suchen,  das  so  häufig  mit 
xaöasi  verwechselt  wird.  Es  wirkte  offenbar  das  im  nächsten  Verse  stehende  Aißur^ 
icdy/tXaoa-s  störend  ein.  Das  Verbum  xatoj  gibt  einen  hier  ganz  passenden  Begriff; 
unfl  so  möchte  ich  vorschlagen  Ilsv-azöXc,  xayasi  as  5'  oXtjv  oder  IkvrdicoX'.v  x,a6act£V  oäyjv 
(*a'j3c'wS  5"  o)w-/jv)  lAcyciÄÖa^svoc  dvTyp.  Die  im  ersten  Falle  nothwendige  Längung  in 
llävrdTCoXt  ist  ebenso  zulässig  wie  z.  B.  bei  V  167 

rd  ac  icdvz'  dxdOaptc  iröXt  AativtSoc  ah^z, 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  59 

Vgl.  Epigramm,  gr.  ed.  Kaibel  1074,  2 

V  198     o6  TCa'JOY]  öpf^vou  OTUYSpoö  Tzpbz  %aipöv  oA.s6pov. 

Als  wenn  oXsftpriV  förmlich  adjectivisches  Attribut  zu  irpöc  %atpöv  wäre,  haben  die 
Herausgeber  sich  mit  der  handschriftlichen  Ueberlieferung  (L  oXsGpov  tz^jOC,  /.atpov)  begnügt. 
Es  muss  hier  der  Genetiv  öXsöpoo  hergestellt  werden.  Uebrigens  finden  wir  ganz  die- 
selbe Corruptel  späterhin  nochmals  im  Versschluss  von  XI  35  ttsSov  'TToXoxapiiov  ^Xsöpov, 
wo  gleichfalls  öÄiOpou  zu  schreiben  ist. 

V  205     'Iv5oi,  [XT^  -uapßclts,  xai  AlötoircC  |j.£Yd';('j[Aoi. 

Während  in  den  folgenden  Versen  (vgl.  211  sq.)  böses  Verderben  von  der  Sibylle 
geweissagt  wird,  ist  hier  in  den  Handschriften  [atj  tapßslts  überliefert,  wo  man  gerade 
das  Gegentheil  erwartet.  Deshalb  schlug  schon  Castalio  5yj  vor  und  Alexandre  schrieb 
in  der  ersten  Ausgabe  [j.£V  -apiSclXc,  in  den  Curae  posteriores  aber  und  in  der  zweiten 
Ausgabe  entschied  er  sich  für  [at^  Öapaslxc.  Aber  an  rappcixc,  das  durchaus  sinngemäss 
ist,  darf  nicht  gerüttelt  werden.     Es  ist  vielmehr  zu  schreiben: 

'IvSoi  ö[Jioü  rapßctrc  xai  Aibir>Tzsc,  \s.z-^rXfjo\i>ji. 

V  221  sqq.     Trpcöta  |i£V  iv.  zptaacbv  %S(pa)at3V  o'jv  luXT^ydoc  piCo^C 
a7uaaad|xsvo?  [jL£YdX(oc  sispoti;  otoasis  xdaaaGat, 
dJatc  ^aysiv  adpxa?  y^^^^*^^  ßaaiXfja?  dvdYVOoc 

Die  Stelle  ist  nach  der  zweiten  Ausgabe  Alexandre's  angeführt;  ptC^C  hat  aus  dem 
handschriftlichen  pcC'O*  schon  Ewald  emendirt,  während  Alexandre  CTraoadfiSVOc  schrieb 
für  überliefertes  aiT^adfiSVO^,  nachdem  vorher  derselbe  Ewald  o-jraaadiJLcVot  conjicirt  hatte. 
Am  Schlüsse  des  Verses  222  bietet  die  Classe  <P  Scbast  airdaacBat,  die  andere  aber  Stooctc 
irdaaoGat;  den  letzteren  Infinitiv  verlangte  bereits  Struve  mit  Hecht,  worauf  Alexandre 
SwGcts  nach  Analogie  von  oyrpBiz.  edirte;  auch  ßaatX'?)a;  a.yd'(yooQ  ist  von  diesem  Heraus- 
geber aus  dem  von  <?>  gebotenen  ^aoiKrj'jQ  dvdYVou  (die  schlechtere  Classe  ßaotXr^os 
dYVOü)  verbessert  worden.  Indess  scheint  mir  zunächst  airaaadtJLcVo?  nicht  das  richtige 
Verbum  zu  sein,  ich  vermuthe  als  ursprüngliche  Schreibweise  a)rtaad[Ji£VOC.  Zugleich 
dürfte  die  Präposition  a6v  vor  TzXriya/ji  in  dito  zu  verändern  sein,  vgl.  die  homerische 
Wendung  dTco  5'  saytasv  aözrfJ  d  507.  Endlich  ist  vielleicht  einfacher  ocbast  sispotat 
TzdGaobrxi  umzusetzen,  so  dass  jenes  Scoocts  ganz  entbehrlich  wird. 

V  246  sq.     ä}X  ÖTcöxav  llspalc  yat'  d'jr6a)(oixo  tcxoXsijloio 

Xoi|xoü  Tc  axovayyjc  Xc,  tot'  saasxat  Yj[JLaxi  Xctvqi 
'lou^attov  [Aaxdpwv  Öecov  y^voc;  oöpavtcovcov, 

o:  iccpcvatsxdouat  Ösoö  zoXiv  £V  [XcCOYaiot?. 

Im  ersten  Verse,  der  in  den  Ausgaben  nach  der  Ueberlieferung  von  fp  gelesen  wird 
(nur  A  hat  Ti'jXäiJLOu),  muss  mit  Nauck  y"^  Il£paii:  dTcoayTjtat  itoXeiaoio  geändert  werden 
(?F  bietet   icEpacY^c   [d.   i.  icepolc   Ytj]  diröayoito    itoäeijlow).     Aber   auch    das   nichtssagende 


gQ  IV.  Abhandluno:    Alois  Rzach. 

loostat  bedarf  einer  Verbesserung.  Wir  erwarten  namentlich  im  Hinblicke  auf  die 
Verse  250  sq.  einen  Begriff,  der  das  Gedeihen  und  Wachsthum  des  jüdischen  Volkes 
ausdrückt;  denn  etwa  im  Sinne  von  ,wird  leben'  lässt  sich  iassxai  nicht  nehmen,  da 
dies  ein  zu  schwacher  xiusdruck  wäre.  Auch  Alexandre  muss  Aehnliches  empfunden 
haben,  denn  er  übersetzt  ,hoc  demum  tempore  crescet  stirps  ludaeorum  felix  et  caelitus 
orta'.     Es  dürfte  deshalb  an  z,  ao^riaszai  oder  x,  dp6iQ0Sxat  zu  denken  sein. 

V  272     a'jzo'jz  5s  vip6'}ouacv,  sto?  x6a(j,oc  aX^aj-?]. 

Der  ganz  unrhythmische  und  wegen  der  unmöglichen  Länge  des  zweiten  a  in 
ä/vXaYTJ  sogar  unmetrische  Versschluss  bedarf  der  Emendation.  Dass  mindestens  dXXayö-^ 
gelesen  werden  muss,  ergibt  sich  aus  V  290  zlc.  xövtv  aXkayßalaai  und  ist  schon  früher 
von  Boissonade  und  mir  bemerkt  worden.  Aber  dies  genügt  nicht,  um  den  Vers  rhyth- 
misch geniessbar  zu  machen;  es  ist  noch  eine  Umsetzung  vorzunehmen:  stoc  dXXayö*^ 
6  xöofjioc.     Boissonade's  Conjectur  iwc  v-ziaic,  äXkayßeiri  halte  ich  für  zu  weitgehend. 

V  311  sqq.     xai  zöz  ävatd^ouaiv  6[jloö  xaxötTita  [JLSvovtsi;. 

ElSl^aSl   a7){JL£lOV    BJ^f»-^,    dv9'   tOV    S(XÖY7]C£, 

Ku[Aa{(ov  hri\i.oc  /aXsTcoc  v-cd  «püXov  a.'fyii,Q. 

So  Alexandre  mit  richtiger  Correctur  dvatd^ouatv  für  das  handschriftliche  dv  i^ouatv 
nach  V  136  (und  314).    Statt  {xsvovrsc  wird  vielleicht  tpspovxcC  herzustellen  sein,  cf.  III  62 

oaaati;  £v  'jröXsatv  [ispo-üSi;  %av.6z'qza  «pspouatv. 

Aber  in  Vers  313  ist  Ku[iatcov  der  schlechteren  Familie  entnommen,  während  die  bessere 
KuiAcov  ydp  bietet,  wofür  Kujjköv  ydp  Opsopoeus  conjicirte.  Die  Leseart  K6[i(ov  ydp  der 
besseren  Sippe  kann  nicht  gut  durch  Interpolation  aus  Ku[iata)V  entstanden  sein,  da  sie 
die  auffälligere,  schwieriger  zu  erklärende  ist.  Gehört  aber  ydp  zur  genuinen  Schreibung, 
dann  lässt  sich  die  Vermuthung  aussprechen,  dass  dieser  Vers  vor  den  vorausgehenden 
(cl^Tf^asi  xzh)  zu  setzen  wäre,  so  dass  sich  ein  besserer  Anschluss  an  Vers  311  ergäbe.  Für 
Küjxcov  der  Handschriften  aber  wäre  dann,  da  Ku[jläv  nicht  statthaft  ist,  weil  Kö\i.ai  = 
K'JjJLTj  (wie  BYjßcit  und  ÖV^ßT])  sich  sonst  nicht  nachweisen  lässt,  entweder  K6[X7]c  oder 
besser  K'j|jl£(ov  mit  Synizese  zu  lesen,  welch'  letzteres  auch  die  Schreibung  K'j[Aauov 
in  der  schlechteren  Sippe  erklärte.  Ueber  die  Form  KujXcUC  vergleiche  Stephanus  Byz. 
8.  h.  V.  Statt  (pOXov  dTjösc  am  Schlüsse  von  Vers  313  ist  ^öXov  dvatSsc  zu  schreiben,  wie 
V  357  bei  Lactantius  erhalten  ist,  vgl.  zu  d.  St.  Die  beiden  letzten  Verse  hätten  dann 
also  zu  lauten: 

K'j|i£a)v  Ydf  ^r^l-iot;  yaXsTcöc  xai  «pOXov  dvacSs? 

sihr^GZl  3T;{isiov  iytov,  dv6'  (ov  eiiÖYTjasv. 

V  316     at  ai  co'.  Ksp^upa,  xaXi^  zoXi,  itauso  /,(t)[jiov. 

Die  Form  Kspx'jpa  ist  unrechtmässig  in  den  Text  zugelassen,  denn  sie  findet  sich 
nur  in  der  schlechteren  Classe  der  Handschriften  vor.  Dagegen  bietet  0  x6pyopa,  wozu 
in  P  von  derselben  Hand  am  Rande  notirt  ist  lacoc  'xöpxopa,  während  in  A  über  dem  y 
ein  *  steht.  Dies  beweist,  dass  im  Texte  ursprünglich  die  epichorische  Form  Köpx'jpa 
atand,  die  natürlich  auch  wieder  herzustellen  ist,  wie  dies  seinerzeit  schon  durch  Opsopoeus 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  61 

geschehen  war.  Am  Schlüsse  des  Verses  hatte  Alexandre  in  der  ersten  Ausgabe  richtig 
-/.(ojJLO'j  geschrieben,  während  er  seltsamer  AVeise  in  der  zweiten  auf  das  zuerst  von 
Huetius  vorgeschlagene  xcöjjiriV  zurUckgriff;  handschriftlich  ist  in  der  besseren  Classe 
%(6[jL7jV,  in  der  schlechteren  xcö[X"/;  überliefert.  Ob  auch  xaXirj  -JCÖAt,  wie  Opsopoeus  meinte, 
in  xaxTj  icöXt  zu  ändern  sei,  bleibt  zu  bedenken  (vgl.  V  393). 

V  352  sqq.     aüxöc  cioG\).eveaz  o   avSpa^  zozb  oöv.  sXcTgast 

äpvwv  Yy8'  ö{o)v  [jLÖa/o)v  z  ayiXac,  ipi\i.öv.(r>y 
£x6uaidCr>vxa?  [AÖa/cov  (jisyakov  xspo/püawv 

Da  in  Vers  352  der  Hiatus  xöts  oÜä  ganz  unstatthaft  ist,  in  der  zweiten  Hand- 
schriftenclasse  aber  SoofAcVsac  avSpac  z6zb  5'  vorliegt,  so  dürfte  ouafJLSVsa?  5'  av5pac  töts  S-^ 
oöx  (mit  Synizese)  ursprünglich  geschrieben  gewesen  sein.  In  den  beiden  folgenden 
Versen  sind,  wie  jeder  Leser  sofort  sieht,  Interpolationen  eingedrungen.  Zunächst  i^t 
in  Vers  354  (xca/MV  deutlich  aus  dem  vorangehenden  wiederholt  und  in  Vers  353  offenbar 
ayiXrxz  nicht  am  Platze,  da  dieser  Ausdruck  in  der  epischen  Sprache  nur  von  ßinder- 
heerden  gebraucht  ward.  Ferner  muss  es  als  sehr  bedenklich  bezeichnet  werden,  wenn 
in  Vers  354  hinter  dem  Partieipe  sxQuaodCovtac  noch  weitere  Opferthiere  ohne  jede 
Anknüpfung  mittelst  einer  Conjunction  genannt  werden;  denn  die  Wiederholung  des 
{iöa^TtoV  ist  schon  durch  die  Epitheta  ixsydXwv  und  Xcpoypüacov  als  Interpolation  gekenn- 
zeichnet. Diesen  verschiedenen  Schwierigkeiten  abzuhelfen  werden  wir  uns  entschliessen 
müssen,  etwa  zu  schreiben:  [jiöaycöv  -'  alY<öv  z  epc[i6>«ov  (vgl.  homer.  jjiYjxdSac  aiya^)  und 
im  nächsten  Verse  mit  Struve  ta6p(ov  z  dys^ac  xspo)(p6ao)v.  Dass  ä.'feXac.  an  Stelle  von 
a'-YÄv  eindringen  und  anderseits  t'  dysXac  durch  jJLSYdX(ov  ersetzt  werden  konnte,  ist  bei 
der  äussern  Aehnlichkeit  der  Worte  durchaus  nicht  unwahrscheinlich.  Dass  das  Object 
afi'Kac  erst  in  Vers  354  steht,  ist  zwar  etwas  hart,  aber  erträglich. 

Im  Verse  355  endlich  lautet  die  Ueberlieferung  d'^6)(oic  9'  op\i.aiQ  xai  zoic,  )^i9tvota: 
630101;  in  öpjxalc  hat  bereits  Opsopoeus  das  ßichtige  gesehen,  indem  er'Epixatc  emendirte. 
Indess  ist  wohl  noch  eine  weitere  kleine  Verbesserung  anzubringen:  warum  soll  nur 
vor  XtÖLVocat  der  Artikel  stehen,  das  doch  dem  voranstehenden  Ausdrucke  durchaus 
concinn  ist?     Ich  vermuthe  deshalb: 

ä^ö-ioiQ  6'  'Ep(At^atv  lös  Xiötvoiot  Ösotacv. 

Die  Längung   des  Auslautes   von   iSs   vor   MStvoiot  ist   durchaus   legitim,   vgl.  Hom.   itsoc 
U  UbrjQ  ehio  M459  ß'rjXqi  b%i  u6s(j)  ^202. 

V  356  sqq.     r^'^ziobio  Sä  Bi\).iz  aorpr^c  %ai  So^a  §aai(ov, 

5£l  oxspystv  ysvsrTjpa  Qsöv  oo^öv  atsv  sövta, 
{JLT^  Y^"*"^^  dvöpojTctov  ßiÖTo'j  ■Kol  Tzd'izr/LC,  hXeao'q. 

Die  von  den  Herausgebern  nach  den  Handschriften  der  Sibyllinen  recipirte  Fassung 
dieser  Verse  enthält  so  bedeutende  Mängel,  dass  man  sich  nur  wundern  muss,  wie  sie 
sich  mit  derselben  zufrieden  geben  konnten.  Zum  Glücke  finden  sich  die  Verse  357 — 359 
als  Citat  wiederum  bei  Lactantius  vor,  in  der  Schrift  de  Ira  Div.  c.  23;    obgleich  dieser 


(32  IV.  Abhandluno:    Alois  Rzach. 

Umstand  den  Corrupteleu  iu  ganz  zufriedeustelleiider  Weise  aufhilft,  ward  merkwürdiger 
AVeise  bisher  von  Seiten  der  Editoren  dieser  vorzüglichen  Ueberlieferung  bei  dem  Kirchen- 
vater gar  keine  Beachtung  zugewendet.  Lactantius,  bezüglich  dessen  ich  wiederum  die 
Collationen  der  ältesten  Handschriften  einsehen  konnte,  sagt  a.  a.  0.:  .deinde  Sibylla 
caelestium  terrenorumque  genitorem  diligi  oportere  deuuntiat,  ne  ad  perdendos  homines 
indignatio  eius  insurgat: 

itäv  •(ivjQ  äv6p(Ö7U(i)v  ßcorov  xai.  ^öÄov  ävai^sc, 
5si  axspYcLV  '(svBzrirja  Ösöv,  ao'fov  aisv  sovta.' 

Hiernach  sind  die  Verse  in  den  Sibyllinea  richtigzustellen  und  zu  ordnen,  also 
in  dieser  Reihenfolge:  357,  359,  358;  jetzt  haben  wir  das  vermisste  Object  zu  i^- 
aTcoXsjOTj.  Kachdem  die  Verse  358  und  359  ihren  Platz  gewechselt  hatten,  ist  das  ein- 
leitende Wort  Tcäv  unter  dem  Einflüsse  von  (Af^TCors  zu  {j.'/j  geworden,  und  die  Schlussworte 
«fOXov  ävatSsc  wurden  durcli  die  nach  s^aicoÄsaa'/]  gebildete  Interpolation  itdvta^  öXsaoT) 
verdrängt.  Noch  aber  ist  ein  Wort  in  der  Textesüberlieferung  richtigzustellen,  der 
Accusativ  ßtotov  (cod.  Par.  BIUTUN).  Wenn  nicht  eine  tiefer  gehende  Verderbnis  hier 
vorliegt,  haben  wir  den  auch  von  Alexandre  vermutheten  Genetiv  ßiozoo  in  den  Text 
zu  setzen,  welcher  dann  von  SsOc^roXsaarj  abhängig  ist  (,aus  dem  Leben  austilgen'),  vgl. 
Hom.  i2  725  avsp,  dir"  aicövoi;  vioc,  (oXso  (vgl.  auch  Hom.  ^  290  i^aT:6k(t>\e  3ö[jLa)V  %ct[XT^XtoL, 
V  357  Tiikioz  oüpavoü  s^aTCÖAtoXs).  Sonst  Hesse  sich  eventuell  an  iräv  ysvo?  ävQpojircDV 
ß/^aßspöv  denken. 

V  394  sqq.     otjxstt  yäp  xapd  asio  xo  ttjc  cptXoOps|JL[j,ovoc  okrjC 
TuotpÖcVixaL  ÄoOpai  iröp  cvQsov  £'jpY^aouat.v. 

So  liest  man  bei  Alexandre,  die  Classe  0  ausser  Ä  bietet  -irapä  aoio  xyjV  x'^c,  ^  irapd 
aoö  n^v  XYjc,  ?F':rapd  aslo  x'^c.  Verschiedene  Kritiker  haben  hier  eine  Emendation  versucht: 
Struve  schrieb  xs'^c,  Castalio  hatte  xo  xvjc  vorgeschlagen  (indem  sie  beide  irapd  asio  beliessen), 
Alexandre  -Tcapd  aoi  ex  xtjc  oder  dTco  x^C-  Unbedingt  corrupt  ist  xapd  cslo  ebenso  wie 
im  gleich  folgenden  Verse  396.  Der  Dativ  ist  durchaus  nothwendig,  er  ist  auch  deutlich 
aus  der  in  P  enthaltenen  Corruptel  7:apd  aoto  herauszulesen.  Ob  nun  xs'^?  nach  Struve 
zu  schreiben  ist,  wobei  natürlich  Tcotpd  aot  ys  herzustellen  wäre,  oder  ob  etwa  irapd  aot 
Y'  ispffi  zu  verbessern  ist,  hierüber  wage  ich  noch  keine  Entscheidung.  Wohl  aber  muss 
im  nächsten  Verse  395  an  Stelle  des  überlieferten  süpi^aoaatv  das  bereits  von  Opsopoeus 
gefundene  treffliche  (opr^aouatv  in  den  Text  gesetzt  werden. 

V  39G     äaßsoxat  itapd  Ocio  -jrdXat,  'ttstcoÖ-^ij.svo^  oaoc. 

Für  das  verderbte  itapd  Octo  ird/.at  ist  hier  einfach  icapd  aoi.  xö  -TrdXoti  zu  verbessern; 
xö  xd^ai  lesen  wir  kurz  vorher  in  Vers  386. 

V  405  sq.     dXXd  [xsYav  ysvsxijpa  6cöv  itdvxcöv  Osottvsüoxcov 
EV  OuaCatc  syspatpov  xat  dytatc  £%axö|j,ßatc. 

Der  zweite  Vers  ist  fehlerhaft,  er  besitzt  keine  Hauptcäsur  und  ausserdem  ist  die 
Senkung  des  Spondeus    im   dritten  Fusse   durch  Positionslänge   einer  Endsilbe   bewirkt. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Ouakeln.  63 

Ich    schlage    vor,    unter    Festhaltung    des    im    Vorangehenden    vorliegenden    singularen 
Subjectes  zu  schreiben: 

Ev  HoGiaic,  syspaip'  ä'^iaiz  xaXal?  6'  exarö[jißat<;. 

V  421  sq.     xal  /,6a[Jiov  Y.rj.ziB'qy'  dytöv  xs  vswv  ixotTjasv 

svaapxov  %aXöv  XopwaXXsrx. 

üeberliefert  ist  im  ersten  Verse  aytöv  -s  STUotYjasv  (aY^ov  x'  STCOiTTjas  A)  in  ^;  aywv 
TTor'  swoiTjasv  in  T;  das  ausgefallene  Wort  ergänzte  Castalio,  indem  er  aytöv  ZB  vaov 
.schrieb,  was  von  Alexandre  in  dytov  t£  vs(6v  umgeändert  ward;  aber  es  lässt  sich  mit 
yx6z  auskommen,  wenn  gesagt  wird  dytov  vaöv  z  ;  oder  sollte  an  dytov  z  ofitov  zu 
denken  sein? 

Einen  oflFenlcundigen  Fehler  enthält  der  folgende  Vers,  denn  xaXov  kann  nicht 
wohl  neben  xsptxaÄAca  stehen.  Ich  vermuthe,  dass  ursprünglich  xaOapov  irsptxaXXsa 
geschrieben  war. 

V  426     565av  dt^'loto  Qcoü,  TrciroG7][xsvov  eiSoi;. 

Bisher  ist  der  schlimme  metrische  Verstoss  am  Eingange  des  Verses  ganz  unan- 
getastet geblieben;  die  Verwendung  des  dv  als  auslautende  Länge  in  der  Senkung  ist 
ganz  unerhört;  die  Heilung  geschieht  auf  einfache  Weise  durch  Umsetzung  dtöcoto 
Osoü  86cav. 

V  428     ouxett  ydp  TcsXsxai  SsiXolat  ßpoxolat  Sötvd. 

Den  verderbten  Versschluss  (wo  A  jBpoTolatv  bietet)  versuchte  Castalio  durch  die 
Schreibung  '(jrjrjZ'jlQi  zrj.  5£wd  zu  bessern.  Meiner  Ansicht  nach  ist  vielmehr  ßporoii;  TÖts 
Octvd  herzustellen. 

V  437     Qz^iüb'qo-q  OctGjJLOlo  XP^^'^'^P* 

Mit  geringer  Aenderung  ist  hier  nach  IV  58  y?)  5s  «Xövq)  actajJLOio  xtvaaao[JL£V7)  [ASyd- 
Äoio  offenbar  x/.ovq)  für  ypövtp  einzusetzen. 

V  448     Aat?  o  r^  [JLSYdXT]  xöxc  Ti:d[j,i^opoi;  iaosxat  u^wp. 

Hier  ist  totc  -rediv^opo?  verdächtig.  Nach  dem  Beispiele  der  beiden  vorangehenden 
\  erse  wäre,  wie  Alexandre  schon  vermuthete,  iroxs  zu  schreiben:  das  Epitheton  TrdfJi- 
'fopoc  aber  ist,  da  schon  [ASYdXyj  vorausgeht,  kaum  als  ursprünglich  anzusehen:  viel- 
leicht ist  deshalb  an  xoxc  icdjxjiopoc  zu  denken. 

V  486  sq.     %ai  au,  Sspaici  Xiboic,  STcastfJLSVS,  itoXXd  [i.oYTQastc ' 

%zior^  'KzCf>]i.n  \}.i'{iozo-^  £V  AtYUirxq)  xpixaXaivr]. 

Diese  Fassung  haben  die  Ausgaben  nach  der  Ueberlieferung  der  Sibyllenhandschriften 
in  den  Text  aufgenommen.  Indess  stehen  die  Verse  486  sq.  auch  als  Citat  bei  Clemens 
Alexandr.  Protr.  IV  50  (vol.  I,  p.  55,  16  Dind.),  und  zwar  mit  Varianten,  die  zweifelsohne 
auf  besserer  Tradition  beruhen.    Zunächst  hat  Clemens  die  Form  Y.6.^0.%1  bewahrt,  weiter 


64  I^^-  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

aber  heisst  es  Aiöouc  äpYOÜc  sirusipLcVs  IC0XX061;;  beachten  wir,  dass  im  folgenden  Verse 
das  Verbuni  xsiaTj  ohne  irgend  directe  Verbindung  an  das  frühere  angeschlossen  erscheint, 
so  wird  jeder  unbefangene  Leser  zugeben,  dass  hier  wie  an  so  manchen  anderen  Stellen 
in  den  Sibyllenhandschriften  eine  interpolirte  Fassung  vorliegt:  wie  nüchtern  und 
sogar  unverständlich  ist  hier  der  Umstand  berührt,  dass  der  Tempel  des  Sarapis  zu 
Alexandria  auf  vielen  Stufen  ruhte,  wie  Rufinus  Hist.  Eccl.  XI  23  berichtet.  Nach 
Verlust  des  genuinen  ap-^fjöz  ist  offenbar  zunächst  izoWoÖQ  zu  iroXXd  umgewandelt  und 
hernach  der  Vers  durch  [JLOyTjastc  ergänzt  worden,  da  dieser  Schluss  iroXXd  jJLOYT^actc 
anderweitig  vorlag.  Der  Interpolator  führte  sich  nicht  im  Geringsten  zu  Gemüthe,  dass 
dieser  Ausdruck  hier  nicht  am  Platze  sei.  Eine  Veränderung  des  Accusativs  XcÖouc 
dpYO'JC  —  iroXXouc  in  den  Dativ  ist  keineswegs  nothwendig,  da  diese  Construction  nament- 
lich bei  Späteren  in  Verbindung  mit  dem  Participe  eTZiv.Bi\).BVOC.,  das  dann  in  passivischem 
Sinne  (auf  sich  liegen  habend)  so  viel  ist  als  ,angethan'  oder  , versehen  mit  etwas',  keine 
ungewöhnliche  ist.  Auch  dies  ist  bei  der  Interpolation  abgestreift  worden.  Hingegen 
wird  man  im  Verse  487  bei  der  von  den  Sibyllenhandschriften  gebotenen  Futurform 
xsta'o  beharren  müssen,  xstaat  in  den  Codices  des  Clemens  ist  nur  Schreibfehler;  vgl. 
die  benachbarten  Futura  V  483  [isvcii;,  485  (j.£V£t,  489  xXaöaovcat.  Darnach  werden  die 
beiden  Verse  folgendermassen  zu  fassen  sein: 

xal  a6,  XdpaTTL,  XiBooq  dpyouc  sirf/.c'ljj.svs  itoXXoüc, 

V  491     xat  zic,  spst  ttöv  ispscov  XtvoaxoXoc  dvT^p. 

Der  xVusdruck  kvöatoXoc  ist  von  mehreren  Kritikern,  Dausqueius,  Huetius  und  zuletzt 
von  Struve,  aus  der  handschriftlichen  Corruptel  Xwaöaaioc,  wie  <P^  oder  Kivaöaaioz,  wie 
die  übrigen  Handschriften  bieten,  emendirt  worden.  Vorher  schon  hatte  dasselbe  wohl 
Castalio  im  Sinne,  wenn  er  übersetzte  ,amictus  lino'.  Aber  der  Anfang  des  Verses 
bedarf  gleichfalls  einer  Besserung:  dem  Sibyllisten  schwebte  ganz  offenbar  eine  bekannte 
homerische  Formel  vor,  es  wird  zu  schreiben  sein:  v.aC  Tcors  ziQ  spsst  tspcU«;.  Damit 
schwindet  auch  der  arge  metrische  Verstoss,  den  die  Verwendung  des  i  von  ispscov 
({spÄv  FL)  im  überlieferten  Texte  enthält. 

V  502     xstvotat  Swast  Bsbz  d^Otxwc  ßiox£6ctv. 

Da  man  gewohnt  war,  den  Sibyllisten  die  ärgsten  metrischen  Fehler  zu  unterschieben, 
liat  bisher  Niemand  diesen  Vers  beanstandet.  Und  doch  bedarf  es  nur  der  Veränderung 
eines  einzigen  Buchstaben,  um  die  richtige  Leseart  zu  gewinnen:  es  ist  einfach  dtpÖdptcoi; 
aus  d'fÖtToic  herzustellen,  oder  vielleicht  d'fÖapTO?  (auf  Öso;  bezogen);  auch  lässt  sich  die 
Provenienz  der  Corruptel  nachweisen,  sie  stammt  aus  dem  vorausgehenden  Verse  496 
Htb'/  d'fOiTOV.  Im  Eingange  des  Verses  muss  natürlich  mit  P  xstvoiaw  geschrieben 
werden.  Alexandre  hielt  sich  wie  die  anderen  Herausgeber  hinsichtlich  des  v  stpsXviu- 
OT'.xöv  immer  an  die  schlechtere  Ueberlieferung  (die  hier  auch  von  A  repräsentirt  wird). 

V  508     &GZ  öXsaat  irdvxac  '£  v.axoüc  ndv'ac  z  dvö[jL0uc  rs. 

Die  Herausgeber  folgen  hier  den  Handschriften,  die  am  Schlüsse  das  ganz  unstatt- 
hafte -£  offenbar  nur  aus  dem  Grunde  angefügt  haben,  weil  dieser  Vers  durch  Corruptel 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  65 

verstümmelt  ward.  Opsopoeus  wollte  das  eine  ts  dadurch  beseitigen,  dass  er  (in  den 
Noten)  •irdvtac  "f  dvö[J,o(j;  rs  (falsch  gedruckt  steht  am  Schlüsse  z)  ,ad  explendum  versum' 
vorschlug;  später  notirte  der  schon  erwähnte  Anonymus  Londinensis  die  Vermuthung 
xdvra^  ■:"  dvo[JLoOvzas;    das  Wahrscheinlichste  scheint  mir  aber  Jidvia?  r  dvoT^xooc  zu  sein. 

V  525     ri  5s  K6cov  (oXia6£V  d-rco  tpXoyrjQ  'HsXcoto. 

Der  Umstand,  dass  in  dieser  astronomisch-astrologischen  Schlusspartie  des  fünften 
Buclies  bei  Anführung  der  Sternbilder  nirgends  ein  Artikel  erscheint,  hätte  die  Heraus- 
geber sowohl  hier  wie  am  Eingange  des  Verses  516  stutzig  machen  sollen.  Nun  aber 
kann  ich  nach  meinen  Neucollationen  constatiren,  dass  in  den  zunächst  in  Betracht 
kommenden  Handschriften  der  Classe  fp  auch  in  diesen  beiden  Fällen  nicht  7J  M,  sondern 
das  offenbar  richtige  rßi  überliefert  ist,  und  zwar  in  A  an  beiden  Stellen,  in  P  wenig- 
stens Vers  516. 

VI  5    'lopMvou,  oz  (fipszai  y^a^'J^fp  ^o5l  x6[JLata  a6p(ov. 

So  liest  man  bei  Alexandre.  Das  eigenthümliche  y'ka'JY.C^  ■tto^i  x6[Jiara  a6ptov  steht 
in  der  Classe  <^,  noch  verderbter  lautet  die  Ueberlieferung  in  W:  yXauxcp  icoSi  xö[),a 
a6p(ov.  Den  richtigen  Fingerzeig,  wie  hier  die  ursprüngliche  Fassung  lautete,  gibt  die 
Leseart  der  besten  Handschriftenclasse  i2  (hier  =  QÄIVH),  in  welcher  dies  kurze  Buch 
mit  überliefert  ist:  da  es  hier  •^y.aov.fiiTzi.h  v-oiiazi  (Cod.  V  x6[ji,aat)  heisst,  so  wird  yXao- 
xcoTT'.Sa  '/.'j\xaza  aupcov  herzustellen  sein. 

VI  11     ciccsi  S'  SIC  ZB  Scxr^v  xai  Trsbct  Xaov  aTz^yß'}]. 

Auch  hier  müssen  wir  von  der  massgebendsten  Handschriftenfamilie  i2  ausgehen. 
In  dem  angeführten  Verse  steht  das  von  den  Herausgebern  in  den  Text  recipirte  a^si 
in  den  beiden  minderwertigen  Classen  (tö^st  Ä)^  wogegen  gerade  die  in  S2  gebotene 
Leseart  f^cs'.  als  die  einzig  berechtigte  gelten  kann.  , Kommen  wird  Christus  zur  Uebung 
der  Gerechtigkeit.'  Es  ist  also  nicht  zu  verstehen  a^zi — Xaöv.  Dagegen  empfiehlt  es 
sich  nicht,  an  Stelle  des  bisher  geduldeten  xal  iTcbst  auf  Grund  der  Leseart  von  £2  xal 
•juidast  etwa  zidasc  M  zt  in  den  Text  zu  setzen.  Am  Schlüsse  ist  das  von  sämmtlichen 
Codices  überlieferte  aTZByßy]  nach  Alexandre's  Vorschlage  (vgl.  III  668,  I  204)  in  dicstQYj 
zu  ändern. 

VI  13     Y.'j\).az'x  TZB^BOGB'.,  vouaoDC  S  dv^ptöv  dTCoX'jasc, 

kv.  §£  |jLiy;^  W'CfiQ  dpTOO  xopoc  iaastai  dvopcbv. 

Diese  Stelle  ist  insoferne  kritisch  von  grosser  Wichtigkeit,  als  sie  uns  nicht  blos 
von  allen  drei  Classen  der  Sibyllenhandschriften,  sondern  auch  von  Lactantius  Divin. 
Inst.  IV  15,  25  (vol.  I,  p.  335,  3  sqq.  Brandt)  bewahrt  ist.  Hier  tritt  wiederum  so  recht 
hervor,  wie  sehr  die  Sippe  i2  der  anerkannt  vortreiflichen  Ueberlieferung  bei  Lactantius 
nahesteht,  wenn  auch  durch  leichte  Verderbnisse  etwas  getrübt.  Selbstverständlich 
wird  diese  Fassung  denn  auch  einzig  zu  berücksiclitigen  sein. 

Im  Verse  13  ist  für  die  Textgestaltung,  da  %6[xa~a  TZzC^öaai  auch  I  356  vorliegt, 
vornehmlich   das    zweite   Hemistichion   von  Bedeutung:    Lactantius   gibt  voaov   dvOpto'ictov 

Denischriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    IT.  Abh.  9 


66  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

aTCoX'jast,  die  Sibyllenhandschriften  sondern  sich  in  zwei  Gruppen,  i2  bietet  v6[Ariii;  (vöjxouc 
mit  übergeschriebenem  otc  -M)  v  dvGfcoTtOUC  dico^Uct,  während  in  <I>  einerseits  vöoouc 
8'  äv5p(bv  äzoXuoct,,  in  ?f  (=  FL)  aber  vöfxouc  S  ävSpwv  ä-jroXöasc  zu  lesen  ist.  Für  die 
Richtigkeit  von  voaov  ävOpwiccov  spricht  der  Umstand,  dass,  falls  man  (TTcCcUasts,) 
vöcouc  h'  äv^ptbv  lesen  wollte,  wegen  des  gleich  wieder  (Vers  15)  folgenden  dvSpwv  eine 
unschöne  Kakophonie  entstünde.  Die  Variante  der  ersten  Classe  weist  trotz  der  Corruptel 
deutlich  auf  dieselbe  Leseart  wie  Lactantius.  Dass  nach  der  Verderbnis  iz^C^öasis,  das 
in  <ß  (P  lUcCiüas'w?)  überliefert  ist,  auch  in  die  Sippe  S2  eindrang,  ist  begreiflich  (^  =  FL 
bietet  tzsC^özzi). 

Dieselbe  Beobachtung  wie  bei  Vers  13  lässt  sich  bei  dem  folgenden  machen.  Der 
Leseart  des  Lactantius  rsöVY^wra^  und  dTüwasTai  entspricht  in  i2  XcöVYjcbra?  (H  TsOvuötac) 
und  äiuowcTai,  während  P  -sövsozac  xdircöasTat,  A  zsBys.(bzaQ  %':^ir(ba£xa'.  bieten,  W  =  FL 
aber  "UsOvccözac  xä-iKÖastat.  Ebenso  stimmt  am  Schlüsse  desselben  Verses  die  Familie  i2 
mit  Lactantius,  indem  diese  beiden  Quellen  aAyca  xoXXd,  die  übrigen  Sibyllenhandschriften 
aber  dÄysa  Xo-^pd  überliefern. 

Von  besonderem  Interesse  aber  ist  der  Vers  15.  Lactantius'  Leseart  kv.  Ss  jJLt^c  T^'/jp'^jC 
wird  von  ihm  selbst  p.  385,  16  illustrirt,  indem  er  sagt  ,vocavit  discipulos  quaerens, 
quantos  secum  cibos  gestarent;  at  illi  quinque  panes  et  duos  pisces  in  pera  se  habere 
dixerunt';  die  Sippe  S2  der  Sibyllenhandschriften  hat  nun  £%  5s  [itTj?  OTCSipTjC,  was  durch 
Wiederholung  des  auslautenden  a  von  (jl^tjc  und  durch  Verwechslung  von  vj  und  st  ent- 
stand, also  dieselbe  Variante  repräsentirt  wie  Lactantius;  die  übrigen  Handschriften 
enthalten  hier  eine  ganz  verderbte  Leseart,  piC'^C)  die  sich  nur  durch  den  folgenden 
Vers  oh.iJZ  o-av  Aaoi5  'f'j-(j  cputov  einigermassen  erklären  lässt,  indem  der  Interpolator 
vielleicht  an  den  Stamm  Davids  dachte. 

Die  erwähnten  drei  Verse  müssen  demnach  in  derselben  Fassung,  wie  sie  jetzt  bei 
Brandt  in  dem  Lactantiuscitat  stehen,  auch  im  Sibyllentexte  formulirt  werden: 

xu[Aa-a  TicCä^oEC,  vöaov  dvöpwircov  d7coX6acC, 
ix  8s  |j.i7)c  TZTjprfi  dprou  %öpo<;  §oasxat  dvSpÄv. 
VI  24  sq.  (poßcpTQV  5s  X^^"^/^  sxspaaaac 

So  schrieb  Alexandre.  Die  Leseart  von  £2  lautet  7CVs6[xaxoc  ot,  während  ^P  -Jivsyixa 
(ir/e6|JLa  ^)  vi  aoi,  ^P"  aber  '7cv£6[iaxö(;  aoi  bieten.  Die  Aenderung  Alexandre's  TCcJöfia,  x6  aot 
halte  ich  nicht  für  möglich.  Er  übersetzt  ,et  lita  feile  dedisti  pocula'.  Nun  bleibt  vor 
Allem  zu  bedenken,  dass  die  Galle,  '/^o^'Qi  Christo  nicht  zum  Trinken  gereicht  ward, 
wie  auch  ausdrücklich  die  ähnliche  Stelle  VIII  300  sie  8s  xo  ßp(b[Aa  -/oXt^v  v.rxl  7Ci«jJisv  (so 
lese  ich  für  icsiv)  o^oc  c8(o%av  besagt  (vgl.  I  367  sie  8e  xo  ßpcöfA«  )(oX'/jv  xai  sie  ttoxöv 
ogoc  dvipaxov  |  8uaasßs«)C  8(bc30ooi).  Es  wäre  daher  ßpÄjJLa  und  nicht  7ü{i)|JLa  zu  sagen 
(allenfalls  könnte  man  sich  mit  sc  ßpcbatv  xal  Trtö|JLa  befreunden).  Aber  auch  die  Ver- 
bindung sie  Oßpiv  vc7.i  ßp(i)|xa  wird  uns  kaum  behagen.  Es  dürfte  vielmehr  icvsOjJia  etwa 
im  Sinne  von  , aufgeblasener  Uebermuth'  zu  nehmen  sein,  so  dass  dann  der  Sibyllist 
absichtlich  in  seiner  Drohung  xo  aot  /.otxd  iC7]|xaxa  Xc6l:st  einen  äusserlich  anklingenden 
Ausdruck  gewählt   hätte:     wie    die   Xo8o[Jitxte   yoLirj   (Vers  21)   Christo   frevelhaft  ein   Leid 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  67 

bereitete,    indem    ihm    die    Galle    zum    Genüsse    geboten    ward,    so    werden    ihr    hieraus 
ebenfalls  xaxd  zf^iAa-a  erwachsen. 

VI  26     (0  ^6Xov  (0  jxaxap'.azöv,  E'f  q)  Bzoq  sSsravuaÖT]. 

So  die  Ausgaben.  Allein  S2  bietet  irp"  o5  und  so  steht  auch  in  dem  Citate  bei 
Sozomenos  Hist.  Eccl.  II  1,  ausserdem  gibt  Gramer  Anekd.  Par.  1334  6(p'  ou,  das  eben- 
falls für  £(p'  oö  spricht.  Natürlich  wird  £fp'  o5  in  den  Text  aufzunehmen  sein,  £«p'  co 
beruht  nur  auf  ^,  in  'F  (hier  =  i^L)  steht  gar  nur  fy  allein. 

VII  7     o6§"  dXcYötv  rö  Ösoö  fpoßspöv  %ai  sicf^patov  öScop. 

Der  bisher  von  allen  Herausgebern  beibehaltene  Ausdruck  siTYjpaxov,  wie  ihn  die 
Handschriften  an  dieser  Stelle  überliefern,  ist  widersinnig.  Da  aber  im  ersten  Buche 
der  Sibyllinen  eine  Nachahmung,  resp.  Parallele  zu  dieser  Partie,  vorliegt  (I  183  zoözo, 
Acyco,  xö  6cOö  (poßcpöv  xal  ZTzrjhjxriV  ö§cop),  so  werden  wir  das  durchaus  annehmbare 
ETiTjA'JZOV  auch  in  unseren  Vers  einzusetzen  haben.  Auch  sonst  sind  im  ersten  Buche  in 
der  Nachbildung  des  im  siebenten  Buche  zerstörten  Einganges  etliche  bessere  Lese- 
arten enthalten. 

VII  12  sq.     (0  Op'JYtY],  TTpco-y;  S'  ävaÄd|i,'|ctc  otazciQ  dxpou, 
TcpwtT]  §'  SIC  docßctav  di:apVTja'(]  6cOV  aöir^ 

Warum  hier  besonders  betont  sein  soll,  dass  Phrygien  selbst  Gott  zuerst  verleugnen 
werde,  ist  unverständlich.  Dagegen  verlangt  der  Context  einen  starken  Gegensatz 
zwischen  dem  wahren  Gotte  und  den  falschen  Götzen;  dieser  wird  erzielt,  wenn  Ösöv 
aötov  geschrieben  wird.  Meineke  wollte  nach  IV  7  siSwXois  öXakoic,  in  den  Text  setzen, 
indess  vgl.  III  31   slStoXot?  -:'  äWoiz. 

VII  32     z&  ydp  T  aÖTÖc  eöcoxs  Bs.bz  6p6vov  iy^oaXitaQ. 

Handschriftlich  lautet  der  Versschluss  in  P  ypö^rjQ  iyyoakiS,ac,^  in  den  übrigen  Codices 
/pövov  i-^-^oaXiS^nz'^  öpovov  ist  von  Castalio  vorgeschlagen  worden.  Allein  dies  passt 
keineswegs  zu  dem  unmittelbar  vorausgehenden  Satze  AaulS  8s  8t'  oiicou  iidvca  tcXst-cai. 
Ich  vermuthe  xpdto?  iyyoaU^az,  zumal  diese  Wendung  vom  Sibyllisten  aus  Homer  ent- 
nommen werden  konnte,  .//  192  xpdxo^  i'c^'jaLi^io  (ebenfalls  am  Schlüsse  des  Verses). 
Auch  das  erste  Hemistichion  ist  Homer  nachgebildet,  vgl.  H  288  tot  sStoxs  Beöz  an 
derselben  Versstelle.  Der  Ausdruck  xpdto?  gibt  den  entsprechenden  Sinn,  und  dass  es 
leicht  zu  /pövo?  verderbt  werden  konnte,  ist  um  so  begreiflicher,  als  zwei  Verse  vorher 
(Vers  29)  an  der  nämlichen  Stelle  derselbe  Begriff  zu  finden  ist. 

VII  34  sq.     ol  t£  Tzo^jac,  tpaivouat  %ai  o'i  '7ro'ca[xo6c  ^atvou'aw, 

Es  ist  die  Hede  von  Engeln,  welche  als  Repräsentanten  der  vier  Elemente  gedacht 
sind.  Dass  im  Verse  34  nicht  zweimal  dasselbe  Prädicat  stehen  kann,  ist  klar.  Die 
Corruptel  entstand  offenbar  dadurch,  dass  das  eine  Verbum  ausfiel  und  durch  Wiederholung 

9* 


gg  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

des  im  selben  Verse  vorliegenden  ersetzt  ward.  Mit  Rücksicht  auf  VllI  387  xai  Xuyvouc 
dTC-ooji  möchte  ich  auch  hier  ot  rs  Tcupdc  (oder  oi  zupaouc?)  aiCTOUOi  geschrieben,  wissen; 
denn  iroTa[io6;  ^atvouoiv  kann  ganz  wohl  verstanden  werden:  sie  bringen  die  Flüsse 
ans  Licht,  d.  h.  sie  lassen  sie  entspringen  und  wachsen. 

VII  48  sqq.     'haXl-qz  §e  %p6[i.oz  zöze  fzo^zai  ex  öopöc  aK%fiZ. 

SV  irpojjLdxoi?  TÖ  (fspoua  aist  a7j[X£lov  ävdyxrji;. 

Dies  ist  die  Fassung  der  Stelle  bei  Alexandre,  die  nicht  ganz  befriedigend  genannt 
werden  kann:  ^'(yoz  ist  Conjectur  von  Castalio  für  überliefertes  oyBoQ,  während  Meineke 
cVtoc  vorschlug.  Im  folgenden  Verse  50  nun  ist  die  Leseart  von  4»  £XTCpo[xoX6vta  (pcpoua 
aisi  orj[islov  dvdYXYjc  ebenso  corrupt  wie  die  von  ?P"  £XTrpo[J.oXövxa  cpspov  ys  d=l  aYj[i£iov 
dvdyTir^^.  Ausser  dem  oben  verzeichneten  Versuche  Alexandre's,  die  Stelle  zu  heilen, 
scheinen  mir  auch  der  von  Volkmann,  welcher  iv.Tcpo\i.rAov  rö  (pspoua'  alst,  wie  der  von 
Meineke,  welcher  sxTtpojJLO/vtbv  tö  tpep-rja  alsi  aYj[A'/]tov  dpY;c  conjicirte,  wenig  annehmbar. 
Vielleicht  liegt  6  i:pö|xa)(ot  «popsooa  aisl  der  Wahrheit  näher.  Am  Schlüsse  des  Verses 
ist  nach  Alexandre's  früherer  Conjectur  OY^jn^tov  dp^c^JC  in  den  Text  aufzunehmen,  dem 
auch  Volkmann  beipflichtete. 

VII  51  sq.     sarat  |j.7]V,  ots  icdaa  xaxTj  xai  56a[i.opoc  c/ixTpcT)? 
'IXtdc  clatcxat  idcpov,  oo  Yd[xov,  £v6a  ßaöeia 
xXauaoüot  vü[jL(pat. 

Diese  Fassung  Alexandre's  muss  in  mehr  als  einem  Punkte  verbessert  werden. 
Zunächst  ist  aus  PB  [idv  (statt  [jltqv  in  Vers  51)  herzustellen,  eine  dem  alten  epischen 
Sprachgebrauche  entnommene  Form;  A  hat  ]j,£V,  die  Handschriften  der  schlechteren 
Classe  jJLYjV.  An  Stelle  des  überlieferten  i%Tzizzai  schlug  Alexandre,  nachdem  früher 
Castalio  £xx£a£iiat  vermuthet  hatte,  das  in  seinem  Texte  stehende  £lai£xat  vor  mit  der 
Bemerkung:  ,est  vero  nobis  Eiaieiat  pro  ctOctat  futuri  sensu'.  Die  Heilung  der  Stelle 
dürfte  in  anderer  Weise  zu  versuchen  sein.  Bei  Homer  lesen  wir  einerseits  XcXsaat 
xd(pov  12  660,  anderseits  roiatv  §£  Gsot  ydjJLOV  £^£r£X£iov  ö'  7.  Demgemäss,  glaube  ich, 
ist  an  unserer  Stelle  iv.izKZGBi  zu  schreiben,  ein  Verbum,  das  ebenso  xdrpov  wie  y^H-^V 
zum  Objecte  haben  kann.  Uebrigens  dürfte  dßm  Verfasser  auch  der  homerische  Gedanke 
vorgeschwebt  haben  v  307 

xat  x,£  tot  dv-ct  Yd|xoto  ica-cYjp  td'fov  dfA'fEwovElTo 
£v0d5£. 

Keine  geringen  Schwierigkeiten  macht  auch  der  Ausdruck  ßaösia  xXauaouatv  v6jj,!pai; 
ßaOsia  steht  in  *,  wogegen  ßa9£iai  die  schlechtere  Classe  W  (hier  durch  i^L  vertreten) 
bietet.  Mit  diesem  Ausdrucke  aber  kommen  wir  nicht  aus;  nur  wenn  etwa  ein  Begriff 
wie  xatd  'fpsva  vorhanden  wäre,  könnte  man  unbedenklich  an  dem  Adjectivum  festhalten, 
vgl.   Hom.  7*125 

xöv  fj   d/oc  h^'j  xatd  (ppsva  t6'];£  ßaO£lav, 

Vergil.  Aen.  I  26  ,manet  alta  mente  repostum'.  Die  Variante  ßaÖstat  auf  den  Wohnsitz 
der  Nymphen  in  der  Tiefe  der  Gewässer  zu  beziehen,  ist  ebenfalls  ganz  unstatthaft.    Es 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  69 

bleibt  deshalb  nur  übrig,  an  ßap'j?  (wie  Melneke  gethan)  zu  denken  und  ßapsta  mit 
xXa'jjO'jatv  zu  verbinden,  wie  in  ßapEa  atcvd/ovta  0  334,  d  516  u.  s.  Die  auffällige  Form 
des  Neutrum  Plur.  aber  darf  uns  zumal  in  den  Sibyllinen  nicht  allzu  selir  beirren,  denn 
schon  in  unserem  Texte  von  Hesiod's  Aspis  348  steht  ö^sta  xpsfxtaav  und  bei  Aratos  1068 
ÖYyXsw.  03  [JLtyXa,  ja  diese  aus  dem  Femininstamme  durch  Analogie  gebildete  Form  öif^Xcca 
kehrt  auch  auf  einer  Inschrift  von  Thera  C.  J.  G.  2448  III  29  wieder.  Als  neues  Bei- 
spiel wäre  dies  ßapsia  den  genannten  anzuschliessen,  und  wir  sind  nicht  genöthigt,  mit 
Meineke  an  ßapstat  , gravi  dolore  oppressae'  zu  denken. 

VII  58  sq.     o'JTCoc,  co  tXtjiaov,  a%6ßaXov  itoXsjxou  Xaypöv  saair] 
(0  xuci  '/,ai  Trora|i,ois  xai  po[x'fat'(]at  irsaoöaa. 

Schon  Castalio  hat  das  Widersinnige  des  überlieferten  co  xuat  xoi  'n;ota[iOii:  gefühlt 
und  die  falsche  Form  cb%6at  conjicirt  (die  Friedlieb  unbedenklich  aufnahm).  Um  so 
unbegreiflicher  ist  es,  dass  die  oben  stehende  Corruptel  auch  noch  in  der  zweiten  Aus- 
gabe Alexandre's  ohne  jegliche  Bemerkung  Platz  gefunden  hat,  obzwar  er  selbst  wenigstens 
in  den  Curae  posteriores  jenes  (i)%6at  zu  (oxsat  verbesserte.  Indess  (oxsat  xac  i:oT;a[JLolc  '^ai 
pojJL'f atrial  könnte  nur  dann  allenfalls  gesagt  werden,  wenn  das  Adjectiv  auch  zu  pojxiyatTjai 
gehörte,  was,  abgesehen  von  der  Verschiedenheit  des  Geschlechtes,  der  Bedeutung  wegen 
nicht  der  Fall  sein  kann.  Dann  aber  ist  das  xac  vor  luotaixoic  unstatthaft  und  es  wird 
offenkundig,  dass  sich  die  Verderbnis  auch  auf  dies  Wörtchen  erstreckt.  Es  ist  wohl 
zweifellos  (ox'jpöoc?  TrorajJiois  herzustellen,  wofür  ein  Muster  bei  Homer  vorliegt,  E  598 
cij^'jpöcp  TCO-cajJKp.     In  Vers  58  hat  Alexandre  oörcoc  aus  aozolc,  verbessert. 

VII  76     663SIS  5'  dQavdtcp  [j.£YdXq>  öscp  rfi^  dyspto^^q). 

Diese  Form  hat  Castalio  dem  Verse  gegeben,  und  die  folgenden  Herausgeber  haben 
an  ihr  festgehalten.  Die  bessere  Handschriftenclasse  <P  bietet  Öuact?  5'  d6avdt(p  6c(j> 
jJiSYdXq)  dY=pcöy(p,  während  die  schlechtere  W  die  interpolirte  Variante  66asti;  §'  döavdttp 
-C;  6£cb  Tüa-pl  jJicYdXto  dY£p(6)(co  enthält.  Demgemäss  halte  ich  die  Einschiebung  jenes  tjS' 
für  vinzulässig  und  möchte  meinerseits  vorschlagen:  Quaste  5'  döavdtfp  [XSYdXtp  Tc  öciji 
dY£poV/ü). 

VII  79  sq.  Xaßcbv  dYptvjvd  xötctvd 

cücdfxsvjc  'rt£jjL'|i£c?  £1?  oöpavov  ojj.[jLata  tcwai;. 

Vergleichen  wir  mit  dem  zweiten  Halbverse  die  Stelle  VII  162  %(u  sc  oupavöv  '6[JL[iara 
TT^to),  so  drängt  sich  sofort  die  Frage  auf,  ob  nicht  auch  im  Verse  80  für  den  auffälligen 
Ausdruck  TStvac  vielmehr  TCYj^ac  einzusetzen  ist.  Der  epische  Sprachgebrauch  kennt 
nur  das  letztere  Verbum  in  dieser  Verbindung,  vgl.  z.  B.  Hom.  7^217  xa'd  yßrj-^bc  6\i\).rxza 
T.r^-'-j.c,  Apollon.  ßhod.  Argon,  r  422  tcoöcöv  irdpoc  0[X[J.aTa  Tz-q^ac,  Nonnos  Metab.  T  43  im 
yd-Q  I  -/.oipavoc  5[X{JiaTa  itvj^e  Kolluth.  Harp.  Helen.  305  (Abel)  siri  -/öovi  tttj^sv  otccottyjv 
Musaios  160  szl  yööva  -TTf^iisv  oxco-iTYiV.  Darnach  ist  auch  an  unserer  Sibyllenstelle  Tscva? 
zu  beseitigen,  zumal  es  sofort  klar  ist,  wie  es  in  den  Text  dringen  konnte:  unmittelbar 
darüber  steht  am  Schlüsse  des  vorausgehenden  Verses  Tcsrsivd  —  wie  leicht  irrte  das 
Auge  eines  Abschreibers,  so  dass  er  darunter  auch  Tsivac  schrieb  statt  m'/^^ac! 


70  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

VII  119     ßpcöÖTf^OTj  zupi  iraaa  xai  kio^iosic,  Xaöv  d).ii.'(]. 

Der  Umstand,  dass  in  dem  gleich  folgenden  Verse  121  das  zweite  Hemistichion 
ähnlich  lautet  wie  an  unserer  Stelle  ,xac  s^oXsasi  yßiva  'luäaav',  veranlasst  mich  zu  der 
Vermuthung,  es  sei  mit  besserer  Prosodie  xal  dX[i'(]  Xaöv  öXsaact?  zu  lesen.  Der  Schluss 
von  Vers  121  scheint  die  Aenderung  verschuldet  zu  haben. 

VII  145  anlast  3s  isöv  -^i^oQ,  coc  zdpoc  r^v  oot. 

Der  Schluss  des  V'erses  ist  verderbt:  wie  an  anderen  Stellen  der  Sibyllinen,  so  ist 
auch  hier  a>c  irdpo?  -^sv  zu  schreiben,  vgl.  II  33  BOGazai,  (o;  irdpoc  "^sv  im  Inneren  des 
Verses,  während  III  294  schon  Opsopoeus  im  Versschlusse  so  für  das  in  ^P  überlieferte  oJc 
rdoo^  TjV  zsp  geschrieben  hat,  wo  die  schlechtere  Classe  W  blos  uk  Tcdpo?  '^v  bietet. 
Ausserdem  sind  in  Vergleich  zu  ziehen  die  Stellen  XI  77  i^  -Tcdpoc  -^£V,  XIV  48  (ö;  zb 
Tcpiv  fjSV,  ferner  im  Versinnern  VIII  319  («c  icdpoc  "^v  und  endlich  im  Hexameterausgang 
auch  IV  81  (ö?  Tcdpoc  -^aav  und  XIV  214  mq  zb  'icplv  -^aöa.  Auch  Alexandre  hatte  einmal 
(in  der  Note  zur  ersten  Ausgabe)  an  jene  Correctur  gedacht,  zugleich  aber  auch  an  die 
Möglichkeit  der  Schreibung  (tx;  itdpo?  -^v  Xcp,  die  mit  Rücksicht  auf  die  angeführten 
Stellen  weniger  empfohlen  werden  kann. 

VII  157  sq.  oüSs  ydp  aozi} 

CiQaotiat,  älX  öXcOct  [xs  xaxöc  )(pövos,  Ivöa  zdfoy  [xoi 
dvöpooirot  ZBÖ^oooi  7cap£pyö[j.cV0t  [as  6aXdoa'(j 
xaC  [XS  AWot?  öXsaoua'. 

Vorher  heisst  es,  dass  die  Sibylle  vom  Feuer  verzehrt  werden  würde  (iröp  [Jls  — 
ßpoiastai).  Statt  des  aür»^  erwarten  wir  einen  Ausdruck,  der  den  in  den  folgenden  Worten 
enthaltenen  Gegensatz  hervortreten  lässt:  es  ist  offenbar  alst  dafür  zu  schreiben.  Nicht 
ewig  wird  die  Sibylle  leben,    schlimme  Zeit  wird  über   sie  kommen  und   sie  verderben. 

Aerger  verdorben  ist  der  zweite  Theil  des  Verses  159,  wo  die  Herausgeber  sich  an 
die  Ueberlieferung  der  schlechteren  Sippe  W  hielten,  ohne  sich  bezüglich  des  Sinnes 
viel  Scrupeln  zu  machen.  Zwar  lässt  uns  auch  die  bessere  Handschriftenclasse  0,  welche 
£iravsp"/ö|isvoc  |xs  6aXdao'r]  bietet,  im  Stiche,  doch  scheinen  mir  hier  in  den  Buchstaben 
wenigstens  Spuren  der  ursprünglichen  Fassung  erhalten  zu  sein.  Ich  vermuthe  nämlich 
siel  pTj[j.lvi  6a).daar/S,  so  dass  sich  der  Gedanke  ergeben  würde:  die  Sibylle  kündet,  wie 
sie  ihr  Grab  am  Meeresstrande  finden  wird, 

VII  161  ßdXotrs  (AS,  ßd/.Xsts  irdvrsc. 

So  steht  in  den  Codd.  PS,  während  in  B  der  Vers  am  Schlüsse  zerstört  ist  (es  fehlen 
die  zwei  vorletzten  Worte);  in  A  ist  ßdXot-s  |xs,  ßdXsts  xdvrsc  geschrieben.  Die  sonst 
minderwertige  Familie  W  aber  bietet  ßdXotts,  ßdXocrs  [jls  Tcdv'sc.  Ein  Wechsel  der  Modi 
und  Tempora,  wie  er  in  der  ersteren  Handschriftenclasse  <P  vorliegt,  ist  meines  Erachtens 
ausgeschlossen,  wir  sehen  diesmal  die  genuine  Leseart  mit  der  natürlichen  Wortstellung 
in  V  erhalten.  Die  Zulassung  der  Cäsur  '/.azd  xsxapTov  z^v/aloy  erscheint  hier  genug.sam 
entschuldigt. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  71 

VIII  1  sqq.  Bisher  hat  man  für  den  Anfang  des  achten  Buches  nur  die  Ueber- 
lieferung  der  zwei  schlechteren  Handschriftensippen  <P  und  W  als  Grundlage  für  die 
Constituirung  des  Textes  gekannt.  Allein  es  finden  sich  in  zwei  Handschriften  der  besten 
Classe,  in  V  und  dessen  Abschrift  i7,  hinter  dem  XIV.  Buche  noch  acht  vollständige 
Verse  nebst  einem  corrupten  Worte,  welches  den  Eingang  des  neunten  bildet.  Voran 
geht  der  Titel  oi'^öXkrfi  Xöyoc  ti;  es  werden  also  diese  Verse  als  einem  XV.  Buche 
angehorig  bezeichnet.  Nun  sind  es  aber  dieselben  wie  die  den  Eingang  von  Buch  VIH 
bildenden  acht  Verse.  Es  ist  auch  kaum  anzunehmen,  dass  es  wirklich  noch  ein  fünf- 
zehntes Buch  gegeben  hat,  das  etwa  das  Prooimion  des  Buches  VIII  ebenso  wiederholt 
hätte,  wie  dies  im  zwölften  Buche  mit  Bezug  auf  den  Eingang  des  fünften  der  Fall  ist. 
Es  hätte  sich  merkwürdig  gefügt,  dass  dann  nur  gerade  der  ohnehin  im  sogenannten 
achten  Buche  vorliegende  Anfang  und  nichts  weiter  erhalten  geblieben  wäre.  Vielmehr 
meine  ich,  dass  in  der  Vorlage  jener  Handschriften  eben  auch  der  Anfang  unseres 
zum  Theile  nur  aus  den  schlechteren  Handschriftengruppen  bekannten  achten  Buches 
vorhanden  war,  und  zwar  als  fünfzehntes  Buch.  Damit  gewinnen  wir  für  diese  acht 
Verse  eine  neue  Quelle,  die,  wie  von  vornherein  zu  erwarten,  reiner  fliesst  als  die  bisher 
bekannte  Ueberlieferung  (Friedlieb  verzeichnet  im  kritischen  Apparate  nur  den  Titel, 
und  zwar  aus  H).     Leider  versiegt  sie  so  schnell! 

VIII  1  sq.     spyo[i,sV7](;  {JLSYdXvji;  öpy/ji;  iw.  x6a|xov  ä^stöv] 

xöcat  xpo'f^Tc6ouaa  xaid  irtoXtv  dvöptÖTCotaiv. 

Für  diese  drei  Verse  kommt  ausser  den  drei  Handschriftensippen  auch  noch  das 
Citat  bei  Lactantius  de  Ira  div.  23  in  Betracht.  Im  Verse  1  bietet  zwar  letzteres  eine 
andere  Wortfolge  (opyYjC  ^^yj.k'ric)^  aber  da  VH  mit  den  anderen  Handschriften  stimmen 
und  die  Voranstellung  des  Adjectivs  hier  ganz  passend  erscheint,  so  werden  wir  uns 
nicht  veranlasst  sehen,  diesmal  dem  Lactantius  zu  folgen.  Hingegen  ist  in  Vers  2  ia/axov 
für  oara'ov  einzusetzen,  da  jenes  sowohl  VH  wie  Lactantius  bieten  und  der  Ausdruck 
zweifellos  ein  gewählterer  ist.     Am  Ende  des  Verses  steht  in  VH  verderbt  ^(o^^rj. 

VIII  6  sqq.     'Tcpcbta  [jlsv  AiY^Tirou  ßaat^tov,  sita  x6  IIspaÄv 
My^5(ov  AlÖtÖTcoov  xai  Aaaopivjc  BaßuXwvoc, 
SIT«  Max'^5ovtYjc  tö'fov  [Asyav  aaÖT^oaaa 
'Ki\i.'j:ci\i.ai  zlc,  'l-caXcöv  xXctv^v  ßaadstav  dGcafAov. 
ücrdztov  Tcdat  Seiest  %am  iro^Xd  ßpo-colat 
%al  Tziorfi  "^'^i'QQ  dvSpcbv  [xo/Gouc  SairavT^ast. 

Die  Stelle  ist  nach  Alexandre's  zweiter  Ausgabe  angeführt.  Zunächst  ist  hinter 
Alötöxwv  das  in  VH  vorliegende  zs  einzusetzen,  wie  einst  schon  Castalio  nach  III  160 
vermuthet  hatte;  in  etwas  anderer  Gestalt  stehen  die  Verse  6 — 9  auch  im  dritten  Buche 
158 — 161.  Andere  Verderbnisse  treten  jetzt,  da  wir  die  Ueberlieferung  von  VH  heran- 
ziehen können,  noch  deutlicher  hervor  als  bisher.  Zunächst  muss  man  nach  dem  Neben- 
satze Vers  4  sq.  ein  Hauptverbum  erwarten,  welches  die  Entstehung  der  verschiedenen 
Reiche  nach  dem  Sturze  des  Thurmes  von  Babel  angibt;  man  vermisst  einen  Ausdruck 
etwa  wie  , erstand',   wie   ein  solcher  an   der  parallelen  Stelle  III  159  Al'{6%zoü   ßaatXscov 


Y2  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

i^si^azo  (ich  lese  ßaacAf^iov  la-azo)-  eka  zb  IlspacüV  v.zh  sich  vorfindet.  Nach  dem  au 
unserer  Stelle  vorliegenden  Wortlaute  aber  wäre  erst  T:i\s.Tzo^ai  das  Verbum  des  Haupt- 
satzes und  die  Ausdrtlcke  Aiy^tctou  ßaatXi^iov  xzh  würden  wie  auch  die  ganz  seltsame 
Verbindung  MaxYj^ovtYjc  Tüyov  (asy^v  von  dem  Participe  aö^rpaca  abhängig  sein.  .4.ber 
der  ganze  Tenor  dieser  Stelle  verlangt  das  oben  angedeutete  Hauptverbum.  "Werfen 
wir  nun  einen  Blick  auf  die  Ueberlieferung  von  VH,  so  wird  uns  sofort  das  geforderte  Prä- 
dicat  gegeben,  indem  für  sita  xö  —  lazazo  vorliegt;  zugleich  aber  wird  jene  oberwähnte 
widersinnige  Wendung  beseitigt,  da  wir  MaxTjSoviYjc  zö'.{»j-^  {JLsyav  aöyrp'xorfi  vorfinden: 
, Makedoniens,  das  da  in  gewaltigem  Dünkel  sich  brüstete',  eine  Leseart,  der  Jedermann 
den  Vorzug  vor  der  bisher  allein  bekannten  einräumen  wird.  Damit  Avären  die  Schwierig- 
keiten bis  einschliesslich  zum  achten  Verse  beseitigt.  Ein  fataler  Umstand  aber  lässt  die 
Codd.  VH  am  Eingange  des  Verses  9  mit  dem  verderbten  Ausdrucke  x6[jn:o...  abbrechen. 
In  H  ist  dann  nur  noch  die  Lücke  mit  jXstTCSt'  angedeutet,  die  anderen  Handschriften 
sind  hier  ebenfalls  corrupt,  denn  <P  bietet  irsixirtov,  die  Gruppe  W  (=  FL)  aber  7rs[j.T:o[Jiat, 
das  allem  Anscheine  nach  auf  selbstständiger  Aenderung  eines  Schreibers  beruht  und 
ohne  Berechtigung  von  den  Herausgebern  in  den  Text  gesetzt  ward.  Es  muss  hier  ein 
Ausdruck  gestanden  sein,  der  die  Anführung  des  letzten  Weltreiches,  des  römischen,  im 
Anschlüsse  an  die  vorher  genannten  vermittelte.  Ist  es  möglich,  die  genannten  Welt- 
reiche in  der  Weise  aufzufassen,  dass  ihrer  fünf  sich  ergeben,  so  hätte  Vers  9  etwa  'Ki^nzr^ 
susit  'IxaXü)V  TtXs'.vÄv  ßaatXeiY]  <i6£a[Jioc  zu  lauten  und  wäre  mit  Vers  10  ohne  Interpunction 
zu  verbinden:  es  ist  dies  der  Fall,  wenn  als  erstes  Aegypten,  als  zweites  Persien  und 
Medien  (wozu  etwa  die  Aethiopen  hinzuzufügen  wären),  als  drittes  Assyrien  mit  Babylon, 
als  viertes  Makedonien  und  als  fünftes  Rom  bezeichnet  wird.  Sollte  hieran  Anstoss 
genommen  werden,  so  wäre  der  Anfang  von  Vers  9  als  stärker  verderbt  anzusehen. 
Man  könnte  dann  etwa  an  die  Conjectur  autdp  ztzbiz  'kaXcöv  xz\.  denken.  Der  Genetiv 
xXcivwv  (statt  xXstvifjv)  empfiehlt  sich  als  Epitheton  zu  'IxaXcöv,  da  die  Italer  oder  Latiner 
bei  den  Sibyllisten  wiederholt  xXetvot  lieissen;  die  ßaatXsca  selbst  besitzt  ohnehin  schon 
das  Epitheton  a6ca[i.oc. 

VIII  12     oc^ct  5'  aiyjjLYjxdc  ßaadsic  sÖväv  siti  Sua[JLd?. 

So  schrieb  Alexandre;  überliefert  aber  ist  in  P  <rf.\iff^z(i(i^  in  A  axji'?j  tac,  m  den 
Handschriften  der  schlechteren  Classe  W  äx.jj.yjra? ;  dxjiYjtac  stand  nach  Opsopoeus'  Angabe 
im  Codex  des  Pithoeus.  Da  es  hier  darauf  ankommt,  die  übergewaltige  Macht  Roms 
zu  betonen,  so  scheint  mir  die  von  Alexandre  vorgeschlagene  Schreibung  a'./jj.TjTd;;,  die 
auf  der  bekannten  homerischen  Verbindung  ßaatXc'JC  t  ä-fuMz  xpaxspoc  t  aly [!,•/) "y^c  i"  179 
beruhen  mag,  nicht  am  Platze  zu  sein.  Weit  eher  erwarten  wir  ein  Epitheton,  welches 
besagt,  dass  durch  Roms  siegreiche  Obmacht  selbst  die  noch  unbezwungenen  Könige 
des  Ostens  geknechtet  nach  dem  Westen  geschleppt  werden.  Und  deshalb  lag  es  nahe, 
dass  der  Anon.  Paris.  (Hase)  aZ\xrizrjoz  vorschlug,  was  in  äZ\xrjZac  umzuwandeln  ist,  um 
der  diplomatischen  Tradition  noch  genauer  angepasst  zu  werden. 

VIII  14     h'^i  Osoö  |xöXot  dXsouai  zb  ).£xzöv  dXsupov. 

Diese  Fassung  steht  in  *,  während  y^  (=  FL)  6*00  [lOXot  y  dXsouat  (in  />  ist  von 
jüngerer  Hand  d).£aou3t  übergeschrieben)  bieten;    dieser  auf  dem  bekannten  Sprichworte 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  .,  73 

ö'l/£  ftcwv  dXsoua'.  [xuXot,  dXio'jzi  Ss  Xsxid  (vgl.  Macarius  VI  85  =  Paroemiogr.  Gr.  II, 
p.  199,  8  und  Append.  Proverb.  I,  p.  444,  6  sq.  Leutsch)  beruhende  Vers  muss  in  etwas 
richtiggestellt  werden,  indem  b'^k  Osoio  [jlöXoi  zu  corrigiren  ist;  der  Gebrauch  des  u 
von  {JL'JAOt  als  Länge  ist  unstatthaft, 

VIII  25     [jL7]yav(rj  tcoXsjjlcov,  cipYjVTjC  i'/ß^^  ":  dvoia. 

Den  Schluss  des  Verses  haben  die  letzten  Herausgeber  aus  den  Varianten  von  <? 
£/Ofa?  ■:'  dvota  (sie)  und  F  (=  FL)  iyßpd  r  dvOpcoirsia  contaminirt;  unbedingt  unrichtig. 
Es  muss  unter  Beachtung  jenes  iyÖpa?  entweder  sipT^vr^c  "c'  i/^^^  dvoia  oder  mindestens 
cipfjvyjs  t'  ^X^P*^  (^X^P'^i)  '^'^'^^'^  gelesen  werden,  wodurch  die  Kürzung  der  auslautenden 
Silbe  in  £X^pd  (t/firj-q)  ihren  Anstoss  verliert. 

VIII  44     xp'-*^^-'^'^  '^1  ^W'.vo?  7j  X'^^^=^'^- 

Da  sich  keine  Norm  constatiren  lässt,  wornach  der  Verfasser  dieser  Partie  speciell 
den  Spondeus  im  ersten  Fusse  begünstigt  hätte,  so  ist  angesichts  der  Form  yak-KtoQ 
auch  xp'->3S0C  in  den  Text  aufzunehmen. 

VIII  52     ioz^z  dva£  icoÄtoxpavoc  sy/ov  TziXac  o5vo[j,a  icövtoy. 

,In  iro/.'.oxpavoc  metri  vitium  est  immedicabile'  bemerkt  Alexandre  in  der  Note  zur 
zweiten  Ausgabe;  auch  andere  Kritiker  haben  an  der  Form  Anstoss  genommen,  wie 
Struve  und  Meineke.  Letzterer  glaubte  deshalb  icsXoxpavoi;  vorschlagen  zu  sollen.  Allein 
die  Synizese,  welche  in  ':rok6xpavo?  nothwendig  wird,  ist  nicht  der  Art,  dass  sie  zu  den 
unerhörten  zählte  —  im  Gegentheil,  der  Sibyllist  konnte  getrost  in  den  homerischen 
Gedichten  eine  Entschuldigung  finden,  vgl.  5  811  'iozi  5i  viQ  TUpoirdpoiÖs  TiöXioc,  aiTzzlrx 
%oX(6vY;  oder  <f>  567  si  ^i  %i  oi  icpoTcdpotOs  tiöXioc  viarsvavTiov  sXOco  u.  s.  (vgl.  liartel 
Homer,  Stud.  III  12),  wo  derselbe  Fall  im  Worte  TröXto?  vorliegt.  Ja  man  könnte 
sich  versucht  fühlen,  auch  an  einer  anderen  Stelle  III  176,  wo  von  der  Weltherrschaft 
Homs  die  Rede  ist  und  diese  dpx'»^  als  XcUä'/]  xai  TroXoxpavoc  (offenbar  mit  Bezug  auf  den 
römischen  Senat)  bezeichnet  wird,  jenes  iroXiöxpavoc  als  ursprüngliche  Leseart  zu  ver- 
muthen,  die  wegen  der  berührten  Synizese  vielleicht  durch  das  metrisch  einfache  xoXü- 
xpavoc  ersetzt  ward.  Indess  bleibt,  obzwar  jener  Ausdruck  für  die  bejahrten  Senatoren 
vorzüglich  passen  würde,  doch  zu  bedenken,  dass  der  Sibyllist  auch  die  grosse  Zahl  der 
Mitglieder  des  Senates  durch  iroXuicpavo?  kennzeichnen  mochte. 

VIII  54  sq.     ypoobv  (asv  irdpiTcXsiarov  üyoi'i  -Kai  dpy'jpov  kyßptbv 

Mehrere  Ausdrücke  geben  hier  zu  Bedenken  Anlass.  Zu  bemerken  ist  vorerst,  dass 
=y/jp(üv  blos  Conjectur  von  Castalio  ist,  die  Handschriften  haben  iyBpö-^.  Werfen  wir 
nun  einen  Blick  auf  XIII  127,  wo  wir  die  Verbindung  Tcdvta  §c  auX'/]aa?  xat  yujJLVcoaac 
vorfinden,  so  werden  wir  uns  nicht  der  Erkenntnis  entziehen  können,  dass  auch  in 
unserem  Verse  55  an  Stelle  von  auWi^az  richtig  cJAT^aac  einzusetzen  ist,  zumal  das 
damit  verknüpfte  •['J\x-marxc,  , beraubend'  einen  so  harmlosen  Ausdruck  wie  aulXs^ac  nicht 
neben  sich  verträgt.  Jetzt  gewinnt  auch  die  handschriftliche  Ueberlieferung  äyOpov  an 
Bedeutung.     Zweifellos    stand   ursprünglich    ein   Accusativ    im   Texte,    von    aoXriQaz,    das 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    X.XXVIII.  Bd.    IV.  Abh.  10 


Y4  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

den  Accusativ  der  Person  und  der  Sache  regiert,  abhängig.  Man  kann  nur  zweifeln, 
ob  der  Singular  s^Öp^^  ^^^^  ^^^  Plural  sy8po6c  besser  am  Platze  ist.  Endlich  besagt 
der  Ausdruck  dvaXüact  nichts  Bestimmtes.  Ich  vermuthe  dafür  dvaXs^st,  ,er  wird  auf- 
häufen', was  durchaus  sinngemäss  ist.  Die  Corruptel  erklärt  sich  leicht,  da  zwei  Verse 
weiter  das  Verbum  Xuost  am  Ende  des  Hexameters  steht,  ausserdem  aber  auch  die 
Verderbnis  des  ayX-f^aa;  zu  oolki^ac,  den  Ausdruck  ävaXs^si  naturgemäss  beeinflussen 
musste.    An  eine  Aenderung  des  ävaXuast  zu  dvaXtoost  zu  denken,  scheint  mir  unstatthaft. 

VIII  58     %di  äp/TiZ  tä  irXdvirjc  [xuoti^pta  icdaw  dvo£^st. 

Der  Anfang  des  Verses  ist  zweifellos  verderbt  {FL  haben  xai  k^).  Es  dürfte  xai  z 
oder  xcft  ä.pyala  (seil,  [luarr^pta)  zu  lesen  sein.  Das  folgende  TrXdv^c  ist  dann  als  Nomi- 
nativ zu  fassen  mit  Bezug  auf  Hadrian  selbst  (man  denke  an  seine  Reisen),  nicht  als 
Genetiv  von  TcXdvT],   wie  man  es  zu  verstehen  pflegt, 

VIII  78     xal  ydp  dTjro'föpwv  \s'(eöi'^o>v  ti^a  Tzazlzai. 

Die  Form  dYjTO'föpwv  hat  Alexandre  in  den  Text  gesetzt,  während  die  liandschrift- 
liche  Ueberlieferung  dexotpopcov  lautet.  Struve's  Conjectur  dcÖXocpöpcov  wäre  nicht  zu 
verschmähen,  wenn  nicht  die  Form  dT^-coc  schon  aus  alexandrinischer  Zeit  bezeugt  wäre 
durch  Aratos,  der  hin  und  wieder  den  Sibyllisten  zum  Muster  diente:  vgl.  die  Schluss- 
partie des  fünften  Buches  Vers  511  sqq.,  wo  z.  B.  523  iSscas  ydp  'Qapcwva  nach  Arat. 
Phain.  636  (poßsst  \i.i^ay  'ßaptcova  gebildet  ist,  ferner  XIII  70,  wo  Cfpo'.axoO  %'jxXou, 
Kptöi;  Taüpo«;  ABu|i,ot  zs  aus  Arat.  544  Cff^iUto^  xuxXcov  und  549  Kptoc  TaOpoc  5"  £irl  tcp 
AtS'JjJLOt  TS  contaminirt  ist;  XIII  71  sq.  tv5dXXovi:at  |  darspsc  ist  wörtlich  aus  Arat.  194  sq. 
entlehnt,  und  zwar  finden  sich  die  beiden  Ausdrücke  genau  an  denselben  Versstellen 
vor.  Er  hat  auch  jenes  dTjios  verwendet  Phain.  315  %ai  [xtv  'x,a).souaw  Ar^xov,  und  zweimal 
atTjtoc:  522  oü  [xtjv  Aitjioö  dT:o[jL£ip£-ai,  691  opvti;  t  Alr^xoz  ts  xd  zb  Tcxspösv-oc  'ÜiatOü|xs{p£a. 

VIII  95  al  ax  aot,  irafJLYj  "/(üpv],  [Asya  ßdpßapov  sövoc. 
In  sämmtlichen  Handschriften  (auch  F,  dessen  Leseart  Friedlieb  falsch  angibt)  steht 
ita[i7;  X^P''i-  Hieraus  hat  Opsopoeus  'Ira/.Tj  /töpY]  gemacht,  da  yTj  und  "^nir^  öfter  in 
Verbindung  mit  einem  von  einem  Landesnamen  abgeleiteten  Adjectiv  in  den  Sibyllinen 
vorkommen,  wie  ■f')  lläpc:^?,  KcXit  YOiiTj,  i^o^oixlit  ^aif]  u.  s.  Die  genannte  Conjectur 
haben  die  Herausgeber  aufgenommen,  allein  für  unsere  Stelle  bleibt  zu  bedenken,  dass, 
nachdem  Vers  93  ausdrücklich  die  Römer  genannt  werden,  eine  geographische  Be- 
zeichnung weiter  nicht  nöthig  war;  wir  werden  um  so  eher  bei  dem  überlieferten 
Ausdrucke  bleiben  können,  als  das  vorwurfsvolle  t.xa|JLYj  ycop'']  ™^*  ^^°^  folgenden  [ASya 
ßdpßapov  aOvo?  ebenso  wie  mit  dem,  was  der  Sibyllist  unmittelbar  vorher  (Vers  96—98) 
gegen  Italien  sagt,  trefflich  zusammenstimmt. 

VIII  129  !-''^XP^  ■'^dv  dicouasic. 

Das  handschriftliche  i:dv  muss  in  iidvt  verbessert  werden,  nicht  blos  weil  im  vor- 
ausgelienden  Verse  ebenfalls  der  Plural  oa  STCpa^ac  steht,  sondern  auch  weil  die  vor- 
liegende Phrase  ständig  rdvx"  dTTOuas'.?  lautet,  wie  V  190,  XI  50,  62,  286,  ebenso  irdvT 
d;rot{o£i  Xll  227. 


Kritische  Studien  zu  des  Sibyllinischen  Orakeln.  75 

VIII  131     sx-ots  5'  au  Aartvwv  sx-cy]  ysvstj  ßaaiX7](ov. 

Den  Ausdruck  £/,-T;  y«"^**']  ^^*  Opsopoeus  hergestellt  (0  sxtTj  ycVsÄV,  /•'  i')ix-/]Y£V£(ov, 
Z«  sxTTj  YOVoOJv);  3"  au  Aa-ctvwv  bietet  0,  !F  ys  Aartvcov.  Keines  von  beiden  kann  richtig 
sein,  da  die  hier  sonst  vorliegende  Messung  von  Aauvcov  mit  kurzem  t  aus  den  Sibyl- 
listen  nicht  belegt  werden  kann.  Denn  das  Patronymikon  AativtSdcov  V  1,  XII  1  darf 
nicht  in  Vergleich  kommen.  Wie  zu  schreiben  ist,  lehrt  XIV  280  xac  tÖTS  Aartvcov 
ysvci^  iruiAatOi;  ^aaiXr^cov,  wornach  man  Ixiotc  Aarivwv  mit  Weglassung  von  5'  au  in  den 
Text  setzen  wird. 

VIII  135  sq.     dp^ct  8'  aütoxspaaxa  6£oö  ßouXaiai  {xsytarou 
iraiScC  xal  icaiScov  tourou  y^"*'*''^  daaXsuTtov. 

Mit  dem  merkwürdigen  Ausdrucke  aozoxipaoza  ist,  wie  Jeder  sieht,  an  unserer 
Stelle  niclits  anzufangen.  Volkmann  erkannte  richtig,  dass  eine  Verderbnis  anzunehmen 
sei,  und  wollte  dp^si  3'  autoxparv^c  te  schreiben.  Allein  abgesehen  von  dem  nichtssagen- 
den Flick  Worte  x£,  das  hier  ganz  unbegründet  wäre,  bildet  auch  der  Singular  dp^sc 
einen  Anstoss,  da  unmittelbar  ein  plurales  Subject  folgt.  Die  parallele  Stelle  XIV  282 
luai^cC  xai  iraiocov  '{B'^e'q  dadXsuxoc  ü-redp^st  bietet  keine  Entschuldigung  hiefür,  weil  hier 
YäVcYj  dem  \'erbum  singulare  zunächst  steht.  Ich  schlage  daher  vor,  aÜTOxpatcic  3'  dp^ouat 
zu  schreiben,  womit  alle  Schwierigkeiten  schwinden.  Der  Singular  dp^st  scheint  übrigens 
durch  das  im  Verse  zuvor  (134)  vorliegende  dp^sc  veranlasst  worden  zu  sein. 

VIII  139     £v9cV  oiav  tpocvixo^  BTziXfi'Q  •jcsvraxpovoto 

Diese  Worte,  welche  einen  vollständigen  Temporalsatz  darstellen  sollen,  haben  bei 
den  Herausgebern  keinerlei  Bedenken  erregt*,  Alexandre  übersetzt:  ,hinc  ubi  Phoenicis 
iam  quinta  recurrerit  aetas'!  Wo  das  mangelnde  Subject  stecke,  darum  kümmerte  man 
sich  nicht.  Zum  Glücke  gibt  uns  wieder  einmal  eine  Parallelstelle  den  Fingerzeig  zur 
Emendation.  Nach  XI  272  aXK  ÖTCÖz'  dv  XuxdßaVTac  ETCsXö'r]?  zip\).a  xp6voto  ist  zweifelsohne 
xsv-a/pövoto  an  unserer  Stelle  durch  x£p[xa  y^pövoto  zu  ersetzen;  letzteren  Ausdruck  findet 
man  auch  XI  94. 

VIII  143     (oXeto  tYj?  'P6i[i.ric  a^yi}  xöie  zrikzBöiooa. 

Das  Wörtchen  ttj?  liest  man  seit  Opsopoeus  in  den  Ausgaben,  während  die  Hand- 
schriften hier  eine  kleine  Lücke  haben.  Am  ehesten  ist  yap  ausgefallen,  nicht  aber 
der  hier  unstatthafte  Artikel  zfjZ. 

VIII  151  sq.     oi^rji  sya)  zpizakaiva,  tzöz  S«|;o|i.ai  "^[iap  £X£tvo 
a£io  TTOTo  'P«)[JL7],  Tcdoi  §£  [AdXtota  x\auvotc; 

Soll  irdatv  (so  richtig  in  PB)  §£  [xdXtata  Aartvotc  etwa  mit  oi'  in  oi  (xot  verknüpft  werden? 
Da  dies  Niemand  zugeben  wird,  so  muss  man  billig  fragen,  wovon  dann  der  Dativ 
Td-'.v — Aa"ivotc  abhängig  wäre.  Hiezu  kommt,  dass  in  sehr  auffälliger  Weise  nach  dem 
fragenden  reo-"  im  nächsten  Verse  das  indefinite  Ttozi  im  selben  Satze  auftritt.  Auch  ist 
T^[JLap  svsivo  0£io  nur  sehr  unbestimmt  gesagt.  Allen  diesen  schwerwiegenden  Bedenken 
können    wir    auf  einmal   begegnen,    wenn    wir   den   offenkundig   corrupten   Eingang    von 

10* 


fß  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

Vers  152  in  30i  y'  ^'-'^<i''  äuderu;  öfter  ist  in  den  Sibyllinen  der  Dativ  ac-t  (y')  zu  aslo 
verderbt.  Dann  steht  zäs'.v — Aauvoic  diesem  ooi  parallel  und  jenes  anstössige  zorä  ist 
beseitigt. 

VIII  161     xai  ÖTQßata'.  %ax7]  ys  jjlsvsi  ixsrÖTriaOsv  d/.coatc. 

In  y^  fehlt  hier  ys.  Mit  Rücksicht  auf  die  Construction  wäre  mindestens  y.at  ÖY^ßac 
ys  xax-^  |A£VSci  zu  erwarten.  Das  ys  ist  wieder  ganz  unverkennbar  ein  jämmerliclier 
Nothbehelf.  Aber  ich  meine,  es  sei  ys  |J,£V£t  überhaupt  interpolirt  worden,  nachdem 
der  Verseingang  verstümmelt  war,  so  dass  der  Vers  ebenso  gelautet  hätte  wie  IV  89 
soTtti  xai  Oi^ßTjOt  xaxT^  (xstÖTrtaOsv  aXiooiQ.  Man  ist  nach  den  Erfahrungen,  die  man  bei 
längerer  Beschäftigung  mit  den  Sibyllinen  gewinnt,  zu  dieser  Annahme  eher  geneigt 
als  zur  Aufnahme  des  obenerwähnten  Vorschlages,  zumal  sich  dann  die  Ausdrucksweise 
zu  Anfang  des  Verses  der  des  unmittelbar  vorausgehenden  Verseinganges  concinner 
gestaltet  {rjCBi  xai  'Po5ioc?  xaxöv  uaxa-ov).  Ein  ganz  paralleles  und  zutreffendes  Analogen 
findet  sich  V  51,  wo  man  ebenfalls  nach  Verstümmelung  des  Versanfanges  durch  kläg- 
liche Interpolation  die  Stelle  lesbar  zu  machen  suchte,  worüber  meine  Auseinander- 
setzung zu  dem  genannten  Verse  zu  vergleichen  ist. 

VIII  163  sq.     OK  5s  xai  oc  |i.£röirtaÖ'  s^uyov  ßpoxoi  aiirov  o/.sOpov, 
Tptafiaxdpiaroc  eyjv  xat  -s-pdxic  SXßtoc  dvYjp. 

Den  ersten  Vers  versuchte  Alexandre  (Curae  poster.)  zu  emendiren,  indem  er  o'i!  8s 
xal  co;  tJLSiomaÖ'  ^'f^yc/V  ßpotot  oder  ö?  Ss  xai  Az  [xsroTciaÖc  (p6yot  ßpoio?  vorschlug;  hievon 
ist  die  letztere  Lesung  annehmbar,  wenn  im  engeren  Anschlüsse  an  die  Ueberlieferung 
gesagt  wird  oq  5o  xai  ibz  ixcTTÖicwO'  l^uysv  ßpoxö?  ain'jv  oXsOpov.  Betreffs  des  im  folgenden 
Verse  stehenden  Ausdruckes  Tptaixaxdpiaroc  oTjv  xal  rs-pdxic  möchte  ich  zunächst  einer 
Erwägung  hier  Raum  geben:  vergleichen  wir  Musterstellen  im  älteren  Epos  wie 
Hom.  «  306  tplc  [xdxapsc  Aavaoi  xal  zzzrjdxic,  o'i  xöt'  VkriVzo  oder  das  näher  liegende  Bei- 
spiel bei  Hesiod.  Fragm.  102,  1  meiner  Ausgabe  tpic  |xdx7.p,  AcaxtÖTj,  xai  -cxpdxtc,  ^Xßis- 
IIy^.c'j  (wozu  ein  jenem  Homerverse  nachgebildetes  Orakel  bei  Pausan.  VII  5,  3  =  Oracul. 
ed.  Hendess  142,  1  hinzukommt:  xpic  [J.dxap£C  xsivot  xal  xstpdxtc  dvopsc  soov-at),  so  scheint 
es  mir  immerhin  wert  zu  überlegen,  ob  nicht  etwa  xpi?  jo-dx^p  o6ro?  ct^v  xai  zsrpdxic, 
oXßtoc  dvr^p  zu  schreiben  wäre,  zumal  wenn  man  noch  an  den  Anfang  des  der  Sage  nach 
dem  Hesiod  zu  Theil  gewordenen  Orakels  im  Agon  des  Homer  und  Hesiod  211  R. 
(=  Oracul.  ed.  Hendess  45,  1)  denkt:  EÄß'wOC  outoc  dvY^p.  Indess  kann  man  sich  mit 
der  Aenderung  tpi?  jJLaxapia-os  begnügen,  vgl.  [xaxaptatö:  111  371,  IV  191. 

VIII  171  sq.     rote  'P(6[A'rj  'j'J/'.jtoc  dyoi  oixTpf^v  töts  jJLOtpr^v, 
TCdaw  "^  dvOpwzoiGiv,  opotc  iizi  toiocv  ö/.oOvTat. 

Dies  die  Leseart  von  0  und  ?F  (B  hat  ö'^tazoic) ;  Alexandre  schrieb  in  Vers  172  x' 
für  5"  und  opo'.c  8'  iiü  obtv  für  opo'.c  STci  xotaw.  Aber  dies  hilft  der  Stelle  nicht  auf. 
Sie  muss  im  Zusammenhange  mit  zwei  anderen  parallelen  betrachtet  werden,  die  selbst 
auch  wieder  theilweise  Verderbnisse  aufweisen.    Glücklicherweise  ergänzen  sie  sich  aber 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  77 

gegenseitig.     Es  ist  dies  XIV  264  sq.,  wo  in  i2  überliefert  ist 

oic  ToiYjv  06  TüpÄTOv  ayetv  oi%rp7)V  töte  öaifjicov, 
itdvta?  5'  dvöpcoTCOüc  IStotc  epY^^'^^'^  oXsaacr 
und  XIV  303,  wo  wir  in  £i,  lesen 

tpic  towov  ö(j^cato^  aYst  SstpTjv  töts  Ssivt^v. 
Im  letzteren  Verse  hat  Alexandre  dyot  aus  VIII  171  hergestellt  und  Gutschmid  mit 
vollem  Rechte  für  Sstpr^v  (das  durch  das  folgende  SetVT^v  veranlasst  ward)  [xotpTjV  aus 
derselben  Stelle  vorgeschlagen  (Litt.  Centralbl.  1861,  N.  28).  Mit  Hilfe  dieses  so  wieder- 
hergestellten Verses  ist  in  VIII  171  für  das  höchst  anstössige  zriiz  ebenfalls  tpi?  zu 
emendiren.  Am  meisten  aber  gewinnt  nun  durch  Vergleichung  von  VIII  171  und 
XIV  303  der  Vers  XIV  264,  wo  ich  dem  ganz  zerstörten  Wortlaute  durch  die  Schreibung 
tp'lc  totvuv  ü^iQZOZ  ayoc  [AOipYjV  töts  8ct.v/]V  wiederum  die  genuine  Fassung  wiedergegeben 
zu  haben  glaube;  der  Ausdruck  oixtpT^v  wiese  zwar  auf  VIII  171,  aber  das  Schlusswort 
SatjAcov  spricht  für  die  Verderbnis  aus  5stV7^v  (vgl.  XIV  303),  so  dass  dann  für  oatpi^v 
einzusetzen  ist  (xoipTjv.  Alexandre  begnügte  sich  in  XIV  264  mit  der  Lesung  §lc  toiTjv 
oö  TTpibtov  ayot  (AOipr^v  T:ot£  §atix(i)V.  Während  so  der  Vers  XIV  264  aus  VIII  171  und 
XIV  303  emendirt  werden  konnte,  bietet  der  mit  ihm  zusammenhängende  XIV  265  seiner- 
seits wieder  die  Mittel  zur  Heilung  von  VIII  172.  Es  ist  hier  entweder  icäaiv  t  dvÖpcbxotc, 
epyotc  ^'  t^tocatv  öXoOvtai  zu  schreiben,  oder  eine  tiefer  gehende  Verderbnis  anzunehmen 
und  ganz  nach  XIV  265  Tcdvta?  5'  dvöptoTio'JC  i^toc?  spyGiow  hXioozi  in  den  Text  aufzu- 
nehmen. Letzteres  wäre  in  dem  Falle  unbedingt  zu  thun,  wenn  etwa  auch  'P(0[jl'(j  in 
VIII  171  aus  toiv'JV  verderbt  wäre. 

VIII  194  sq.     |iTj  Tuot"  £Y<"  C^'^jV,  ots  7J  iXapd  ßaadsöa'o, 

dXXd  tot,  o'jpavtTj  otav  i^  X^P^^  sjA^aaiAEuar;. 

Der  Schluss  von  V.  194  ist  von  den  letzten  Herausgebern  aus  der  schlechteren  Sippe  W 
entnommen;  in  4>  steht  ot£  iXapd.  Dass  an  dem  Ausdrucke  tXapd  (eventuell  iKapri) 
nicht  zu  rütteln  ist,  scheint  mir  im  Hinblicke  auf  Vers  200  ÖYjXutopYjc  \i.zxe%ziza  [xsya  y.pdtoc, 
•worin  mit  Alexandre  Anspielungen  auf  Johann.  Apokal.  XVII  4  zu  sehen  sind,  ausgemacht 
zu  sein.  Deshalb  ist  auf  das  von  dem  Anonymus  ßernensis  am  Rande  seines  Exemplars 
vorgeschlagene  r^  'ItaXd,  von  Alexandre  in  den  Curae  posteriores  in  '[ta^T]  verändert,  und 
auf  die  Conjectur  des  Anon.  Paris.  (Hase)  r^  'J^'C^i  keine  Rücksicht  zu  nehmen.  Ich  vermuthe 
ÖTCÖt"  dv  i'kap'q  oder  mit  Beibehaltung  von  'q  (wie  Alexandre),  ot  dv  ig  tXapi^;  die  Längung 
von  dv  in  der  Verbindung  OTCOt  dv  kommt  Öfter  vor.  Ebenso  ist  im  folgenden  Verse 
O'JpaviTy  irJjZ  dv  "/dpcc  £[JLßaatXc'ja'(j  zu  schreiben,  während  0  diesmal  otav  tj  ydpic,,  W  aber 
otav  ydptc  bieten;     die  Conjunction  oicot"  dv  ist  im  folgenden  Verse   196  überliefert. 

VIII  196  sq.     xai  ÖTCötav  iralc  •JtoÖ'  tspo?  §oXo(p(i)V  d-jrdvtcov 
£^oÄ£a'(]  ^^^[xrÄz  öXoö'fpova  [S'joaöv  dvoiytov. 

Die  Versuche,  die  Stelle  zu  heilen,  die  ich  in  der  Fassung  der  Handschriften  (¥•"  hat 
oo).o'f(bv)  hiehersetzte,  sind  bisher  nicht  gelungen.  Alexandre  schrieb  xatc  Tic  tEpö?  §0X0- 
'fövtai;  (?!)  dicdvtojv,  Volkmann  dachte  an  SoXio'fpov"  diudvtcov;  ich  vermuthe,  es  sei  zu  corri- 
giren  xat.  OTCÖt"  dv  ^/q  tzaXc,  c'cpö^  5yj)v7^|xov'  dzdvtcov  |  EgoXeor^  cissjjioic  öXoocppova  ßuaaov 
dvoiywv.     Leicht  konnte  ^Yp.T^jxova  wegen  des  nahen  oXoofppova  zu  i5o/.otpa)V  verderbt  werden. 


78  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

VIII  203     -/jsuoc  jAsv  a'J/|X7jpd  tpr/cov  vjxTspivd  «pacvst. 

So  steht  in  den  Handschriften:  Alexandre  suchte  die  Corruptel  zu  beseitigen,  indem 
er  ätJi'j^pd  tpa/cöv  vuy6rj|xspa  sclirieb.  Aber  ä[j.ü5pd  xpsywv  kann  man  nicht  von  -/jaXioc 
sagen  in  dem  von  Alexandre  in  der  Uebersetzung  zum  Ausdruck  gebrachten  Sinne: 
,sol  obscurus  perget  noctuque  dieque'.  Ich  möchte  daher  eher  d[xa'jpd  ß)^£7t(ov  vor- 
schlagen, vgl.  z.  B.  Anthol.  Pal.  XII  254,  2  d[Aaupd  ßXsito).  Auch  VJ/ör^iAspa  (wofür 
eher  der  Ueberlieferung  entsprechend  vuxTT^iJLcpa  zu  setzen  war),  ist  nicht  ganz  sicher; 
möglicherweise  steckt  in  vuxisptvd  «patVct  der  Ausdruck  vuxxcop  dva^atvsi,  welch  letzteres 
Verbum  dann  im  intransitiven  Sinne  gebraucht  wäre. 

VIII  213     xai  xptaiv  dGavaroto  Ösoö 


Der  in  den  Handschriften  erhaltene  Rest  des  Verses  ist  aus  einer  bisher  unbeach- 
teten zweiten  Stelle  zu  ergänzen.      Wenn  wir  nämlich  III  55  sq.  heranziehen: 

Ol  jj.ot  ^ctXaiY],  %0-z  sXsuastat  "^[xap  säsivo 
xai  xpiatc  döavdioto  Osoö,  [isy'^^^'^'-*  ßaatXr^oc, 

so  ist  nicht  zu  zweifeln,  dass  wir  eine  Parallele  vor  uns  haben.  Nach  III  56  wird  also 
unser  Vers  herzustellen  sein,  indem  zugleich  xptatc  für  das  überlieferte  xpiaw  geschrieben 
wird.  Weiter  folgt  aber,  dass  in  der  Lücke  an  unserer  Stelle  auch  der  in  III  55  vor- 
liegende Vers  dem  Verse  VIII  213  voranging.  Die  Worte  beziehen  sich  auf  das  gött- 
liche Gericht. 

VIH  225  sq.     ixxa6act  Se  to  irOp  yyjv  oüpavov  tjSs  ÖdXaaaav 

ipcuov    (pXs^st  §£  'KÖXn.ci  cipxx'Tjc  'A{5ao. 

Das  Verbum  (pXs^ct  liest  man  noch  in  den  letzten  Ausgaben.  Und  doch  hatte  schon 
Mai  in  der  Publication  des  Cod.  M  (Mailand  1817)  «ypu^si  M  edirt.  In  M  selbst  steht 
'^pü^si  £,  d.  h.  mit  einem  für  einen  Buchstaben  auslangenden  Raum  vor  dem  letzten  s 
(jedoch  keine  Rasur).  Dieselbe  Lesung  rpp'j^stc  ergeben  auch  alle  anderen  Handschriften 
dieser  besten  Classe  (QVH)\  '.fkiZß.i  5s  bieten  die  beiden  schlechteren  Gruppen.  Die 
gewähltere  Leseart  von  12  wird  nur  mit  Mai's  Aenderung  in  den  Text  gesetzt  werden 
können :  es  muss  eine  Verbindung  mit  dem  vorausgehenden  hergestellt  werden  durch 
das  Wörtchen  5=  (oder  t£?),  denn  es  ist  nicht  daran  zu  denken,  dass  etwa  nach 
6d/.aaaav  ein  Interpunctionszeichen  zu  setzen  und  dann  lyvsöov  (ppöSsts  asyndetisch  an- 
zufügen wäre.  Uebrigens  ist  zu  beachten,  dass  im  Alterthume  bereits  eine  Variante 
an  unserer  Stelle  existirte.  In  der  bei  Augustin,  de  Civ.  dei  XVIII  23  vorliegen<len 
lateinischen  Uebersetzung  eines  Theiles  des,  Akrostichons  Christi  werden  die  Worte  des 
Verses  226  wiedergegeben  durch  ,inquirens  taetri  portas  effringet  Averni'.  Hieraus  geht 
zunächst  hervor,  dass  der  Uebersetzer  TZ'jktxi  ozo-fzpo'J  (oder  [xtapoö?)  'Aiöao  las,  vgl.  die 
homerische  Versclausula  0  368,  anderseits  aber  wei.st  , effringet'  auf  pr^^ct,  welches  that- 
sächlich  in  der  Constantini  oratio  ad  sanctorum  coetum  c.  XVIII,  wo  das  Akrostichon 
angeführt  wird,  vorliegt;  hier  i.st  pYj^äi  Tc  geschrieben,  wir  finden  also  auch  eine  Con- 
junction  vor.  Diese  Variante  (/'ffiti  geht  offenbar  ebenso  wie  (pXsict  auf  die  gemeinsame 
Quelle  (ppu^ct  zurück. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  79 

VIII  249  sq.     o'jToc  ö  vöv  xpoypa'fci^  ev  äxpoarr/totc  ösoc  i^fKöv 

Jedem  Unbefangenen  muss  der  gleiche  Ausgang  der  beiden  Verse  einiges  Bedenken 
erregen;  werfen  wir  einen  Blick  auf  die  Ueberlieferung,  so  wird  dasselbe  noch  verstärkt. 
Denn  während  die  beiden  Classen  <P^  die  von  den  Herausgebern  recipirte  Leseart  Qsöc 
T^jJLWV  in  Vers  249  enthalten,  weicht  die  beste  Handschriftensippe  i2  ab,  indem  sie  öso- 
avjixstoi?  bietet.  Und  hierin  steckt  meiner  Ueberzeugung  nach  die  genuine  Schreibweise 
6soair(|xotc,  ein  Adjectiv,  gebildet  wie  £irta7j[JLoc.  Die  d%poa'ci)(ia  können  mit  vollstem  Recbte 
Ö£6a*/]|xa  heissen,  da  sie  den  Namen  des  Gottessohnes  bezeichnen.  Aus  ösooT^ixoti;  konnte 
in  <^?F  leicht  Öso?  7J(j.ö)V  werden  unter  dem  Einflüsse  des  folgenden  Versschlusses  sv=)(' 
TjjJKöv,   während  6c0a-/][JLcC0t?  in  i2  durch  die  Erinnerung  an   die   9£oai^|J.cta   entstanden   ist, 

VIII  302     afX  OTS  raOrd  ys  Tzdvza  zeXzKüBrl,  dicsp  swcov. 

Dies  setzte  Alexandre  nach  <P  in  den  Text;  die  beste  Classe  £2  und  die  schlechteste 
y  stimmen  darin  überein,  dass  bei  ihnen  ys  gänzlich  fehlt.  Lactantius,  der  diesen  Vers 
in  dem  Citate  Div.  Inst.  IV  17  (=  vol.  I,  p.  344,  6  sq.  Brandt)  gleichfalls  überliefert  hat, 
.sclieint  den  Eingang  bereits  verderbt  gelesen  zu  haben  in  der  Fassung  dXX'  ots  Si^  taOta 
■Ttdvra  (die  einzelnen  Handschriften  geben  Folgendes:  S  AAA  ÖT£  AH  TAYTAIIANTA, 
F  AMOre  ANTAYTAnANTA,  V  AAAOTG  ATXYTAAnANTA,  7)'  AMATeTAYTAAnANTA,  in  Sedulius' 
Excerpt  wird  gelesen  AAA  [aus  AMA]  TOTG  AE  TAYTA  HANTA):  Struve  vermuthete  dafür 
ä\X  ot£  Si^  td5'  dTuavra,  Brandt  dXX'  ots  taOra  diravta.  Während  aber  an  unserer  Stelle 
alle  Quellen  trübe  fliessen,  sind  wir  in  der  Lage,  aus  den  späteren  Büchern  die  offenbar 
ursprüngliche  Gestalt  des  Verseinganges  zu  gewinnen.  Wir  finden  ihn  nämlich  XII  201 
(und  XI  172)  in  der  Fassung  akk'  oicor  dv  ^-q  zaöza  rsXcKoQ-^,  welche  auch  an  unserer 
Stelle   in  den  Text  aufgenommen  werden  muss. 

VIII  313  sqq.     xai  xot   aizb  (p9t[Jisv(ov  dvaXuaa?  zlz  «pdoc  '^^sc 
TCpcöTOC  dvaardacco?  %XrizolQ  dp/igv  uiroSst^a?, 
dOavdiof>  'KTf^-qc.  Iva  >«o!jad[j.£Voi  ui^drsaat. 
xdc  icpö-cpov  f,rm.rj.z  rjyar(Bwrßivzc.c  dvcoOsv 
[i.-/jx£u  SouXcücoaw  dösajJLOtc  fjQsat  xöa[xou. 

Die  Verse  315  sqq.  hat  Alexandre,  dessen  Text  ich  hier  anführe,  ganz  vergriffen. 
8tatt  des  in  den  besten  Handschriften  vorliegenden  diuoXouadjxsvoc  und  Iva  ^(SVvrfiivzBZ, 
wofür  in  fp  dxoXouadfxsvoi  und  dvaYSVVijÖsvccC,  in  W  (=  FL)  ditoXouaafJLSVirjs  und  dvaysv- 
vy/Jsvtsc  steht,  hat  er  tva  XouadjjLsvoi  und  dvaYsvvYjQsvcsc  geschrieben.  Es  ist  jedoch  die 
Leseart  der  P"'amilie  £2  in  den  Text  zu  setzen.  Würde  d7UoXouad[j,svoi  nach  <P  aufgenommen, 
.so  müsste  man  mit  Recht  daran  Anstoss  nehmen,  dass  der  eigentliche  mit  Iva  ein- 
geleitete Satz  erst  nach  der  umständlichen,  anderthalb  Verse  umfassenden  Bestimmung 
dOavdrou  'ii:"'iY''i?  —  '/.axiaz  nachhinke.  Dass  aber  anderseits  iva  YSVV/jQsvtsc  dvwösv  richtig- 
ist, geht  aus  Johann.  Evang.  III  3  sdv  jat^  ziq  '(BVvriBri  dvwösv  und  III  7  Ssi  6[i.rXc.  y^vvyj- 
ÖYjvai  dvcoOsv  hervor.  Der  Ausdruck  dvaY£VV7]6cVt£?  dvcoöcV  der  beiden  minderwertigen 
Ilandschriftenclassen  enthält  zudem  einen  Pleonasmus.  Zum  Ueberfluss  wird  jene  Fassung 
auch    noch    durch    die   Sibyllenstelle   I  340,    wo    das   Hemistichion    wiederkehrt,    vollauf 


gO  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

bestätifft.  Schliesslicli  ist  zweifellos  auch  5o'jXs'J3(031V  aus  S2  zu  entnehmen,  das  etwas 
entstellt  auch  in  A  vorliegt  (8o'JAs6aouacv),  während  die  übrigen  Handschriften  theils 
8o'j/w£6(03tv  (¥*),  theils  SouXsuouaiv  (P)  bieten. 

VIII  318     ■;up(b'ca  Ss  tot;  tStotc  (pavspö;  xörs  x6ptoc  bipÖ-Tj. 

Gegenüber  dieser  Schreibung  Alexandre 's  steht  bei  Friedlieb  irptbta  8s  zoi;  l<jioiz 
^avspÄ;  rote  x'jpto^  satat.  Beide  Herausgeber  haben  die  verschiedenen  Handschriften- 
gruppen confundirt.  In  der  besten  Sippe  £2  steht  (pavspcöc  töts  x6ptoc  O'^B-q,  was  ohne 
Bedenken  in  den  Text  gesetzt  werden  kann;  wegen  des  Conjunctivs  ötpö*^  ist  das  früher 
zu  II  22  Gesagte  zu  vergleichen.  Die  anderen  Familien  bieten,  und  zwar  <P  cpavspö; 
töte  xüptoc  c3tat,  'F  aber  «pavcpo;  %6pco<;  satai  töts.  Die  Contamination  ist  durchaus 
unstatthaft. 

VllI  324  sqq.     ysJ-ip  ,  äyv/]  Guyatcp  Suov,  w  icoXXd  Tra8o'jaa' 
aütoc  ooü  ßaotXsoc  sictßd;  sm  tccöXov  sadyst 
irpdo;  i:äai  (pavst;,  tva  tot  C'->T'^'*''  ^^  ^*P  ^iryJfjieV, 
So'jXov  Suaßdataxtov  etc'  au/svt  xsijjicvov  dp'(]. 

So  lautet  der  Text  bei  Alexandre.  Im  Vers  324  zunächst  gibt  zwar  £2  statt  Xtcöv 
die  Leseart  [J.=(iVY;,  aber  da  hier  Zaehar.  IX  9  zu  Grunde  liegt  (/atps  acpoSpa  öuyatsp 
üttöv  %z\.),  so  werden  wir  Siwv,  welches  in  den  übrigen  Sibyllenhandsohriften  vorliegt, 
beizubehalten  haben.  Weiters  steht  in  sämmtlichen  Codices  nicht  xal  icoXXd  icaOoOaa, 
sondern  nur  Tzokkä  T:a6o!)aa,  das  Wörtchen  xai  ist  von  Betuleius  eingeschoben  worden. 
Aber  es  will  nicht  recht  passen,  ich  vermuthe  vielmehr  nach  Hom.  /  492  ([idXa  iroXXd 
icdöov)  auch  hier  [i.d'/.n  TzrjXXä  iraOoüaa.  Im  nächsten  Verse  325  ist  die  Corruptel  der 
Handschriften  izdfBi  (4»),  siadYci  {£iW)  durch  Nauck's  annehmbare  Conjectur  ETCCf'aact 
beseitigt.  Sehr  schlimm  steht  es  mit  der  Ueberlieferung  der  Sibyllenhandschriften  im 
Verse  327.  Eine  Heilung  war  nur  von  der  Neucollation  der  Codices  des  Lactantius, 
welcher  die  Verse  327—329  in  seinen  Div.  Inst.  VII  18,  8  (=  vol.  I  p.  643,  8  sqq. 
Brandt)  citirt,  zu  erwarten.  Wie  Brandt's  neue  Lactantiusausgabe  zeigt,  enthalten  leider 
auch  die  Handschriften  dieses  Schriftstellers  hier  arge  Entstellungen,  doch  so,  dass  sich 
immerhin  mit  Wahrscheinlichkeit  die  genuinen  Lesearten  eruiren  lassen.  Die  Stelle 
nimmt  ausser  auf  Zaehar.  IX  9  offenbaren  Bezug  auf  Matth.  Evang.  XI  5  i^o'j  6  ßaatXs'j; 
30'j  £py£ta{  aot  •Kpay;  und  Johann.  Evang.  XII  15  [xifj  (poßoO,  QuydtYjp  Xuov,  18 o6  6  ßaat- 
Xä'JC  oo'j  sp/ctai  xaGr^iASVOc  siti  -jtcöXov  ovou.  Als  ersten  Ausdruck  im  Verse  entlialten 
nun  die  Codices  des  Lactantius  folgende  Lesearten  P  OPACe,  S  OriACe,  //  praese,  B  0<J>PAC6 
(im  SeduHusexcerpt  fehlt  der  ganze  Verseingang);  in  den  Sibyllenhandschriften  liest 
man,  und  zwar  in  i2  icpaöv,  in  <I>W  -^rpdo;.  Auf  Grund  dieser  Thatsachen  vermuthete  ich 
oc  pd  x£,  was  Brandt  auch  aufnahm.  Stadtmüller  dachte  wegen  jJiYi  tpoßoö  im  Johannes- 
evangelium an  6dpa£t,  das  sich  zu  weit  von  der  Ueberlieferung  entfernt.  Die  nächsten 
Worte  hat,  wie  ich  glaube,  Brandt  mit  Glück  emendirt,  indem  er  aus  den  Lactantius- 
handschriften  unter  Benützung  der  Schriftstellen  irpaO;  t8ou  Tj^st  eruirte.  Von  den 
Sibyllencodices  unterstützt  die  Classe  £i  diese  Emendation,  indem  sie  xpdo?  s^st  bietet, 
in  fl^V  steht  corrupt  7cd3t  'favstc.  Den  Versschluss  gibt  in  der  ursprünglichen  Fassung 
wiederum  Lactantius,   dessen  Handschriften  Iva  tö   (^tj^(hv  tjijköv  bieten,   womit  £i  tva   töv 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  81 

Cyyöv  Yj|Ji(öv  fast  genau  übereinstimmt.  Dieser  Thatsache  gegenüber  ist  die  Leseart  von 
<PW  iva  "Ol  Ct^Y<iv,  ovirsp  utctj^jisv  als  durchaus  corrupt  bei  Seite  zu  lassen.  Der  Anfang 
von  Vers  326  v?ird  demnach  so  zu  lauten  haben,  wie  ihn  Brandt  bereits  formulirte:  oc 
pä  %£  irpaöc  i^o'j  fj^st.  In  der  Ueberlieferung  des  letztangeführten  Verses  327  decken 
sich  die  Handschriftenclassen  ^  W  mit  dem  bei  Lactantius  vorliegenden  Wortlaute, 
während  in  i2  die  Corruptelen  ^o'jXsiov  und  aipY]  (Q  atpTj)  zu  lesen  sind. 

VIII  333     o6  ydp  oolz  s6{[xoic  cXdaxsrat  outs  Xii^aiv. 

Seltsamer  Weise  ist  der  letzte  Herausgeber  in  diesem  Verse  gerade  der  Leseart 
der  schlechtesten  Sippe  W  gefolgt,  indem  er  aus  dem  in  derselben  gebotenen  aot 
sOijxocc  jenes  aoic  iötjxotc  machte.  Und  doch  gibt  unsere  beste  Quelle  i2  auch  hier 
eine  vortreflfliche,  von  Friedlieb  mit  Recht  recipirte  Leseart  aale  oqxatc,  an  deren  Ur- 
sprünglichkeit nicht  im  Mindesten  zu  zweifeln  ist,  zumal  diesem  Ausdruck  der  folgende 
\.i-rpv)  vollständig  parallel  zur  Seite  steht.  Die  Corruptelen  in  ^  aot  jj,60ocaw  wie  in  W 
aolt;  sOifioic  müssen  daneben  ganz  ausser  Betracht  bleiben.  Für  oötc  ist  aus  i2  oüSI  zu 
schreiben. 

VIII  335  sq.     a.)X  dyiou  Qz6]s.rxx'ic,  Ho\x&  ydptv  sxTcpowspo'jaa 
YV(t)9t  xic,  koH'  ouzo?  xoX  tov  Ycvsr?jpa  tot  o'Lst. 

So  Alexandre.  Angesprochen  ist  noch  immer  die  ayv-rj  ÖUYaTYjp  Suov  (vgl.  Vers  324). 
Der  genannte  Herausgeber  folgte  der  Leseart  von  4>W  äXX'  dytou  OTÖjxaTOC  6u[jl^  ';rpo<p£- 
povTcij  laatv,  indem  er  den  Versschluss  in  ydptv  ixirpoiipspooaa  veränderte.  Allein  wiederum 
ist  der  Text  auf  Grundlage  der  besten  Classc  12  herzustellen,  welche  hier  aX)^  5[jlvov 
aTO|xdT<ov  o'JVSTÄv  TÖT£  sxTcpo'fSpoVTc?  bietet.  Mit  Hücksiclit  darauf,  dass  in  0?F  der  Aus- 
druck dYtou  vorliegt  und  in  dem  Participium  jedesfalls  die  Femininform  herzustellen 
ist,  möchte  ich  vorschlagen  zu  schreiben: 

6Xk  u{Jivov  aT0(j.dTO)V  aovsTcöv  dytov  Trpo<pspouaa. 
Im  nächsten  Verse  hat  i2  zwar  YVtöa'(],  indess  verlangt  das  Metrum  die    durch  0  und  ¥• 
überlieferte  Leseart  Y'»'<öOt,  welche  dem  Sinne  ganz  angemessen  ist. 

VIII  344     %vy/.  dv5p(»)V  (payvrxi,  oü  Ovjpwv  o'jts  irsTStvwv. 

Am  Schlüsse  des  Verses  muss  oO  xstsyjvcöv  geschrieben  werden,  denn  P  bietet  oute 
TCcT£TiV(öv,  ^  aber  o6  -rtSTcStvcöv ;  outs  xstscvwv  ist  die  Leseart  der  schlechteren  Classe  W] 
durch  diese  Schreibung  wird  die  Anaphora  oö  Qyjpwv,  oä  'JlStsyjvcov  aufrecht  erhalten; 
vgl.  auch  den  bald  folgenden  Versschluss  VIII  365  öpvi9(ov  ttstsyjVcöv. 

VIII  350  sqq.     icdaat  5'  dv6pd)X(DV  'l'jyai  ßpü^ouacv  oSoOac 
T(T)v  dvö|jL(ov  '^u/wv  hXr)Xo-^\i.rji(^i  zb  'föjStp  ts 

T7]X0[JLcV0t    ^ji'h=.l    k|i.(j)    X0C[JL(p    T£    ©ÖVOtC    T£. 

Der  Genetiv  'jioycöv  in  Vers  351  ist,  da  ']/'jya'l  vorausgeht,  verderbt;  es  muss  hier 
mindestens  ein  Ausdruck  stehen,  der  dem  dvö|Ji(ov  entspricht,  also  etwa  T(bv  dvö|xa)V 
'|oYcpcöv  T  mit  Bezug  auf  dvftpcoxcov.  Nun  ist  aber  nicht  zu  leugnen,  dass  dann  das  folgende 
bXrjX'j'f^rjlai^  X£  (p6ß(j)  ts  nicht  sehr  glücklich  und  passend  sich  anschliesst:  es  ist  deshalb 
nicht    zu    gewagt,    den  Vers  351    als   Interpolation    aufzufassen.     Wenigstens    lassen    sich 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    IV.  Abli.  11 


82  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

ausser  seinem  verdächtigen  Inhalte  einige  Momente  anführen,  die  für  diese  Annahme 
sprechen.  Dass  er  in  i2  felilt,  muss  hier  zwar  ausser  Betracht  bleiben,  weil  dies  auch 
betreffs  352  und  einiger  anderen  Verse,  die  in  der  Nähe  dieser  Stelle  stehen,  der  Fall 
ist:  bemerkenswert  aber  ist  es,  dass  ein  ähnlicher  Vers  II  203  sq.  nicht  vorliegt,  wo 
unsere  Stelle  offenbar  nachgebildet  wai-d:  'r:äaat  §'  äv6pco7C(ov  t[u)(al  ßpu^ouatv  öSoöatv  |  xatö- 
jjLSvai  TcoraiAcp  "=  Össiou  vtai  irupoc  <ip[A^  (so  vermuthe  ich);  vgl.  auch  11  306  sq.  etci- 
ßpü^ouai  S'  öSoOaiv  1  xdvrs;  TTjÄ6[j.£V0t  U<^'Q  [xaXsp^  irstVYj  xe  (TCStVY]  -es  Meineke  für  hand- 
schriftliches X£  ßtY]  Ts).  Ist  die  vorgebrachte  Vermuthung  richtig,  so  wäre  noch  nach  der 
Veranlassung  einer  solchen  Interpolation  zu  fragen.  Diese  dürfte  eingeführt  worden 
sein,  weil  ein  Leser  es  als  zu  weitgehend  ansehen  mochte,  wenn  hier  von  der  Angst 
imd  Pein  der  zäaai  dvÖpWTTtov  '|uyac  die  Itede  war,  er  wollte  diese,  wie  es  scheint,  unbe- 
rechtigter Weise  auf  die  dvojjiot  beschränkt  wissen. 

Uebrigens  ist  Vers  352  rr^xöjJLSVat.  nacli  fp  (vgl.  xaw[JLcVat  II  204)  zu  lesen,  Alexandre 
hat  sich  wiederum  an  die  schlechtere  Ueberlieferung  von  W  gehalten.  Dagegen  muss 
nach  seinem  Vorschlage  von  der  Leseart  der  besseren  Classe  Xt[JL^  5tt|;-(]  (A  Öo[X(p  mit 
übergeschriebenem  h)  zu  Gunsten  der  von  W  3{(|^st  Xt|JL(p,  wo  nur  ^i^'Q  herzustellen  ist, 
abgewichen  werden,  wie  die  Parallelstelle  im  zweiten  Buche  lehrt.  Hiefür  spricht 
auch  der  Umstand,  dass  dann  die  im  epischen  Sprachgebrauche  oft  neben  einander 
stehenden  Begrifl'e  Xt[Ji(p  und  XotfJKJ)  unmittelbar  hinter  einander  gereiht  werden. 

VIII  358  8td  jsif^Q  -jcapösvou  ayv-f^c. 

Warum  die  letzten  Herausgeber  Alexandre  und  Friedlieb  den  Singular  8id  "/cipöc 
in  den  Text  setzten,  während  alle  Handschriften  das  metrisch  correctere  hiä  ystpcöv 
bieten,  ist  unerfindlich.  Mit  Recht  sind  die  älteren  Ausgaben  bei  dem  Plural  geblieben. 
Auch  II  312,  wo  die  Verse  357  sq.  ebenfalls  vorliegen,  jedoch  Std  X*^P^'^  überliefert  ist, 
muss  nach  unserer  Stelle  der  Plural  hergestellt  werden,  da  wir  im  achten  Buche  die 
Autorität  der  besten  Handschriften  (i2)  für  denselben  besitzen,  die  uns  im  zweiten 
Buche  mangelt.     Uebrigens  vermuthet  Kloucek  an  beiden  Stellen  otd  -/ctXoJV. 

VIII  366     rx'jz'rjc  ydp  [xop'fd?  dvSpwv  xai  voöv  etuiccbaa. 

Am  Schlüsse  hat  Alexandre  das  durch  den  Zusammenhang  erforderliche  sx'jiKoaa 
aus  st'JittoOc  (resp.  exuTKoasv)  der  Handschriften  hergestellt;  (x&p^pdc  dvopcov  xal  voüv  steht 
in  den  zwei  schlechteren  Classen,  wogegen  die  beste  £2  [Aopcfdi;  v.rj.[  voöv  dv«)V  (d.  i.  dv- 
QpwTüOJv)  bietet.    Demgemäss  wird  es  sich  empfehlen,  ixopcpd?  v.at  voOv  dvöpÄv  zu  schreiben. 

VIII  369  sq.     '/.al  zäv  £v06|jLY^|j,a  vo(öv  /.al  xdat  auvioKop 

ot'jröc  £(öv,  atyöjv  '/.ai  oarspov  aözbc  saey/wv. 

Wiederum  haben  die  letzten  Herausgeber  den  Vers  370  nach  den  beiden  schlechteren 
(Jlassen  gestaltet,  wogegen  die  in  £2  vorliegende  Variante  svcög  i'(di  aiyO)  für  den  Zu- 
sammenhang  beachtenswert  ist;    es  wird    mit  Hilfe   dieser  Codices   zu   lesen  sein:    £vxö? 


Kritischk  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  83 

VIII  378     clxova  BzGTziCrjoavj  £[jlyjv  Xr^fp^sloav  äcp'  uXyjc. 

Auch  hier  ist  abermals  eine  vortreffliche  Leseart  der  besten  Classe  der  Codices, 
xXaa6staav,  für  das  verderbte  X7]'fOst->av  der  übrigen  ohne  Bedenken  in  den  Text  zu 
setzen,  was  bisher  in  den  Ausgaben  merkwürdigerweise  nicht  geschehen  ist. 

VIII  388  sq.     y/oc  5i«|jö)Vti  öscp  ÖvyjxoL  aizs^tnoai  töv   otvov 

In  Vers  388,  der  in  £2  fehlt,  ist  das  Wörtchen  tov  um  so  auffälliger,  als  kurz  vorher, 
Vers  386,  ähnlich  gesagt  ist  xai  Sat^ioatv  al\i.a  ysouatv  ohne  jeden  Artikel.  Vielleicht  ist 
•xoi  für  TÖV  zu  schreiben,  doch  mahnt  VIII  404  xov  dprov  zur  Vorsicht.  Der  Schluss  von 
Vers  389  iit  dypT^axotai  ösolaiv,  der  in  den  beiden  minderwertigen  Classen  vorliegt,  ist 
durch  die  mittelst  einfacher  Umstellung  zu  corrigirende  Leseart  von  i2,  welche  eiz 
dypY^a'cocc  c'.öojXoiaiv  lautet,  zu  ersetzen.  Wir  werden  nämlich  ett'  bI^mXoioiv  äiprpzoiQ  in 
den  Text  aufnehmen.  Denn  nicht  blos  liest  man  kurz  zuvor  VIII  380  sx'  st^cbXotaiv 
dva65oic,  sondern  es  begegnet  sogar  ganz  dasselbe  Hemistichion  (kiz  ci^töXotatv  dypTQOTOO?) 
in  einem  der  bei  Theophilos  erhaltenen  Fragmente,  dem  sogenannten  Prooimion,  Vers  83 
(Alex.). 

VIII  403     Tou-ccp  Bkc,  xa^apdv  zz  dvat[i,a%TÖv  ze  xpdxsCav. 

So  schrieb  Alexandre  in  der  zweiten  Ausgabe,  während  er  in  der  ersten  xaöapdv 
aö  in  den  Text  aufgenommen  hatte.  Friedlieb  hat  %at  dvaijJiaxTÖv  aou  rpdxsCav  mit 
argem  metrischen  Verstösse  stehen  lassen.  Die  Leseart  von  S2  lautet  Toürq)  (VH  to6t(ov) 
xaöapdv  xat,  dvatixa^-cov  aoc  TpdxsCotv,  wogegen  <P  -o6t(p  Ös?  a-j  %aOapdv  x,ai,  dvatjjiaxxov 
tpdxsCotv,  W  aber  Toitti)  ßsc  xaOapdv  xai  dvat|iaÄ-ov  aoo  xpdxECav  überliefern.  Ich  glaube, 
es  dürfte  zu  schreiben  sein: 

TO'jtq)  [JLSV  %aOap-^v  Ose  dvac[a,ai(,TÖv  is   ■updxcC'v.v. 

VIII  408     xai  C«>3av  Ouatav  tauTTjV  -A  C^vu  xopcCs. 

Diese  von  den  letzten  Herausgebern  in  den  Text  zugelassene  Leseart  der  schlech- 
teren Codices  stimmt  keineswegs  zu  der  ganzen  Stelle,  wo  Grott  redend  eingeführt  ist: 
wir  erwarten  eine  besondere  Hervorhebung  der  ersten  Person.  Diese  liegt  nun  that- 
sächlich  vor  in  einer  in  der  besten  Ueberlieferung  S2  enthaltenen  Version:  %al  C^if^ 
B(J(jirty  £[xot  x(p  C^vu  icoptCä-  Hier  ist  nur  Cw^v  etwas  verderbt.  Mit  Rücksicht  auf 
jenes  Cö>aav  der  übrigen  Handschriften  und  zugleich  auf  die  zu  Grunde  liegende  Stelle 
des  Paulus,  Epist.  an  die  Römer  XII  1  (xapaxaXd)  ouv  ujxäc,  dosX'fot,  oid  rcbv  oaTt-pixÄv 
zw  OcoO  Tzrxpaazfioai  xd  a(o[xata  Ü[jlwv  Ouatav  C^^av  dycctv  E'Jdpsaiov  tcj)  6£(p  r^v  Xoywi^v 
Xaxpc'lav  'j[X(t)v)  ist  meines  Erachtens  zu  schreiben: 

xai  O'jai-rjV  C^öooaav  £(j,ot  zC^t  C«)Vti  xöptC«. 

VIII  425  oux  Yj[j,axa  [xaxpd  [i.cpt[j,vrjC. 

Die  Leseart  \iSi.t,yx^  welche  in  die  Ausgaben  überging,  gehört  einer  der  schlechteren 

Classen    W   an,    0    bietet  noch    verderbter    [jitvipd.     Das    richtige    xoXXd    liegt    wieder    in 

11* 


34  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

li  vor,  was  durcli  die  Parallelstellen  II  327  oöv.  7](iata  TZoXkä.   \itpi\iVTjZ   (fälschlich   über- 
liefert ist  dort  iA£pt|Jiväv)  und  III  89   zur  Evidenz  erwiesen  wird. 

Vni  426     oüx  lap,  oüxi  öspoc,  o6  )rst(i.iöv,  o6  [jLSTÖirwpov. 

Dieselbe  Fassung  des  Verses  steht  in  den  Handschriftengruppen  <P  und  W  auch 
11  328  und  IIl  90.  Bemerkenswert  aber  ist  es,  dass  an  unserer  Stelle  die  beste  Classe  £2, 
eine  etwas  andere  Anordnung  bietet:  oOx  eap,  oü  )(£1[jl(6v,  out  dp  Ospo^,  oü  (jiszÖTTOipov 
(o'jrs  statt  oÖT  dp  il/).  Da  nun  die  Ueberlieferung  von  ^  und  W  die  natürliche  Folge 
der  Jahreszeiten  ebenso  wenig  einhält,  indem  )(ct|xcov  vor  [icTÖiccopov  steht,  und  die 
Sippe  i2  sonst  gewöhnlich  die  genuine  Schreibung  ausweist,  stell e  ich  nicht  an,  auch 
hier  den  letzterwähnten  Handschriften  zu  folgen.  Ich  tliue  dies  mit  um  so  grösserer 
Beruhigung,  als  der  in  Rede  stehende  Vers  in  der  von  S2  gebotenen  Fassung  deutliche 
Anklänge  an  gewisse  Muster  bei  Homer  zeigt,  denen  er  von  den  Sibyllisten  nachgebildet 
ward,  und  zwar  einerseits  8  566  otj  yitpezoc.  out  dp  y£t[ji,tov  TzrAijc,  ooze  irot  h\xßpoQ,  ander- 
seits [i  76  OUT  £v  öspst  ooz  EV  öir(op'(],  Tj  118  ou  Tcoxc...  I  y^Bi\).azcic,  o'JSs  Ospso?.  Ja,  es 
erscheint  mir  ganz  methodisch,  dieselbe  Version  auch  an  den  beiden  anderen  Stellen, 
die  uns  zufällig  nur  in  der  Fassung  der  zwei  schlechteren  Sippen  vorliegen,  herzustellen. 

VIII  430     aötoYSVT^roc  dypavcoc  dsvvao?  dtStö?  Xc. 

Für  die  Partie  des  achten  Buches,  welcher  dieser  Vers  angeliört,  stehen  uns  leider 
nur  die  beiden  geringeren  Classen  zu  Gebote.  Den  ersten  Ausdruck  hat  bereits  Opso- 
poeus  hergestellt  aus  der  Leseart  von  W  aüroYSVVYjxoc,  wogegen  *  gar  djEW^TOC  über- 
liefert. Für  d/pav-oc  schlug  Nauck  dvap-/o;  vor,  was  neben  den  anderen  Epithetis  sehr 
ansprechend  ist.  Arg  gelitten  hat  zweifelsohne  der  Schluss  des  Verses:  die  Form  dsv- 
vaoc  ist  in  den  Sibyllinen  ganz  unerhört,  es  kommt  nur  die  Messung  äsvao?  vor.  Dieser 
Umstand  veranlasste  Nauck  zu  dem  Vorschlage  diSto?  divaöc  ts.  Dann  aber  müsste 
dl8ioi  gelesen  werden,  was  aus  den  Sibyllisten,  welche  es  nur  in  der  Gestalt  ac5toc 
kennen,  ebenfalls  nicht  belegbar  ist.  Auch  würde  dsvao?  und  dtöioc  fast  dasselbe  besagen. 
Und  deshalb  scheint  es  mir  nicht  unmöglich,  dass  der  Vers  ursprünglich  ebenso  ge- 
schlossen habe,  wie  Prooim.  20  und  84  Alex.,  nämlich  mit  der  Verbindung  ä'KrfitytQ 
dsvaöc  t£.     "Wie  leicht  konnte  dt^toc  aus  dX7]6cvöc  verderbt  werden! 

\  11 1  436  s(|.     xal  OTcpo-iKov  \xdaz{.~(aQ  dTraiißXoVct  iroporp cyYclc, 
0|ißp(ov  0   doxcia  ys.'J\i.r/.za  stapivyjc  "£  /aXdC'i']? 

%pO[J,a).£Y^?    V£?p£X(T3V    I£    ßoXtjC    XOtl   /EljXatOC    6p]X'?3C. 

Im  ersten  Verse  hat  Struve  mit  liecht  TZO[Atpi'(yzlz  verlangt:  dagegen  ist  die  von 
ihm  vorgeschlagene  und  von  Alexandre  angenommene  (nicht  herrührende,  wie  es  in 
der  zweiten  Auflage  heisst)  Fassimg  yß.'J^i.a.za  eia^jiY'qz  ini  zweiten  Verse  ganz  unstatthaft. 
Alexandre  begnügte  sich  mit  der  höchst  fragwürdigen  Bemerkung  ,sed  praestaret  metri 
causa,  si  liceret,  iccapir/j?'.  Die  corrupte  Ueberlieferung  von  *  lautet  yz6\).'xza  TjpaxwTjc 
5s,  von  W  Epiv.iv?);  Zi.  Ich  möchte  die  Conjectur  o[j.ßpa>v  Z"  daircta  y£6|Aa-c"  öii;o)pivY;c 
re  •/rxkri!^-qQ  empfehlen.  In  Vers  437  ist  X£  ßoX'Tjc  richtige  Vermuthung  des  Opsopoeus  für 
das  handschriftliche  ßouX'/jc?  nur  ist  zz  ßoÄY^c  V£(p£X(bv  umzusetzen. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  85 

VIII  438  sqq.     aütot  |isv  ydip  ev-aoza  vö(p  Statsicixatpovcat, 

oaaa  Ttsp  aörq)  aot  hoxezi  xpv^aastv  x'  sirtVcUcic 
aw  iracSt  irpo  xuasfoc  icdoYjC  atspvoiat  iT£<pox,(Ji)? 
aufißouXoc,  xXdaxTj?  [Aspö'TKov  xpixT^i;  xs  ßtoio. 

Mancherlei  bleibt  in  dieser  von  Alexandre  in  den  Text  zugelassenen  Gestalt  der 
Verse  zu  bessern.  Zunächst  scheint  mir  die  auf  Grundlage  von  Huetius'  Conjeetur  xpo 
xxias(oc  irdoYjc  aö?  Tzalz  durch  Volkmann  hergestellte  Formulirung  des  Verses  440  gciQ  -jralc 
TCpö  xzioc-ioc,  oxspvotatv  ooloi  irsfpoxcbc  |  a6[JLßoDXoc  zwar  besser  als  Alexandre's  Fassung, 
aber  noch  nicht  ganz  zureichend.     Die  Sippe  fp  bietet 

0(p  xatSl  xpö  xxtoccoc  TzdoTfi  axspvois  laota:  Tiscpuviö)? 
(sie),   in  W  lautet  der  Schluss  etwas  verändert:    irötac  axepvotc   laotat  xsfpüxwi;.     Ich   ver- 
muthe,  dass  zu  schreiben  sei: 

irpT^aastv  x'  ixtvsast 

aols  iratc  icpo  xx{as(oc  TcdoTjc  axspvotat  xscpuxtbc 

o6[jLßouXoc, 
denn  der  Ausdruck  icpö  xxtaswc  irdoY}?  muss  voll  erhalten  bleiben,  da  er  offenbar  aus 
Paulus'  Brief  an  die  Kolosser  stammt:  I  15  oq  soxw  slxoov  xoö  ösoü  xoö  dopdxou  xpwxo- 
xöxo?  TtdoTjC  xxtOcfoc.  Gott  Vater  und  Sohn  beschliessen  gemeinschaftlich.  In  Vers  441 
endlich  könnte  daran  gedacht  werden,  für  xXdaxTjC  (Ji£pÖ7i(ov  xpixigi;  x£  ßioco  etwa  itXdaxYjc 
[AcpöiKov  X£  xptXY^c  X£  ßtoio  ZU  setzen,  da  Gottes  Sohn  das  Gericht  über  alle,  die  ein- 
mal auf  Erden  gelebt,  halten  wird;  indess  scheint  mir  doch  der  Vorschlag  Alexandre's 
in  der  ersten  Ausgabe  (den  er,  obzwar  xpixT^c  einen  metrischen  Fehler  enthält,  in  der 
zweiten  gar  nicht  einmal  anführt),  xxtaxTQC  herzustellen,  sehr  plausibel,  indem  hiedurch 
der  Ausdruck  xXdaxTjc  (xspoiKOV  in  poetischer  Weise  variirt  erscheint, 

VIII  450     oüpavöc  d-^p  xöp  )(9«)V  xs  xal  /Eö[JLa  öaXdaayjc. 

Den  zweiten  Halbvers  hat  Alexandre  aus  dem  in  <P  überlieferten  ^9(bv  y^  xai  )(£Ö[i.a 
QaXdaoYj?  (in  W  fehlt  xai)  in  wenig  glücklicher  Weise  umgeändert,  indem  er  das  ganz 
unbedeutende  Wortchen  x£  vor  einem  Explosivlaute  (x)  gelängt  werden  Hess;  Friedlieb's 
Schreibung,  welcher  )(6(6v  y£  xal  xxX.  in  den  Text  setzte,  ist  ebenso  fragwürdig.  Volk- 
mann schlug  xal  ^6«)v  xal  )(£0{JLa  ÖaXdaavjc  vor,  allein  diese  Art  der  Anknüpfung  scheint 
mir  bedenklich.  Steckt  nun  in  yßiav  y^  xal  yB'j\i.a  öaXdaoTj^  nicht  etwa  eine  Leseart 
wie  y£i[xa)V  yT)  /£ö|JLa  BrxKdaar^Q  oder  y£t[j.a)V  xal  jsö[>.a  6aXdaa'^c,  wobei  )(£t[i(6v  zunächst 
zu  yOo)v  verderbt  und  dann  y/]  interpolirt  worden  wäre,  so  möchtft  ich  y6(bv  y^3£  X£  yeö\i.a 
firilAQO'ffi  vorschlagen  in  Anlehnung  an  einen  ähnlichen  Vers  des  Empedokles  187  Stein: 

■/jXExxoop  xc  y6(bv  x£  xal  oopavöc  rfii  ÖdXaaaa. 

VIII  452  sq.     Tj[j.dp  x'  £ü^pöv7j,  ütcvoi;  lyEpaic,  irvcöfjia  xal  6p|J.7j, 
fj^uyi^  xal  a6v£at?,  x£yvrj  ipwvYj  Xc  xal  dXxv^. 

Am  Schlüsse  des  Verses  451  liegt  eine  von  Alexandre  richtig  erkannte  Lücke  vor, 
die  in  den  Handschriften  äusserlich  ausgefüllt  erscheint  durch  den  Anfang  von  452, 
indem  in  4>  die  Worte  oup£d  x'  vjixap,  in  W  aber  oöpcd  x'  '^[J.spTj  EÜ^poVTj  den  Schluss  des 
Verses  452  bilden;    in  P  ist  die  Lücke  durch  die  Notiz  ,X£lir£i'  fälschlich   bei  Vers  452 


gg  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

vermerkt.  Ist  nun  nicht  auch  oupsa  corrupt,  so  dürfte  mit  Alexandre  oupsa  [xavipd  zu 
ergänzen  sein.  Unrichtig  aber  Hess  er  den  Vers  452  mit  '^jxdp  z  sü^pövv]  beginnen,  wir 
müssten  offenbar  noch  ein  zweites  rs  verlangen.  Da  die  Leseart  von  ?F  rj\i.ipri  £Ü«pp6vY) 
gar  zu  kakophonisch  ist,  ist  mindestens  in  Vers  452  umzusetzen  sü'fpövv]  '^[Adp  6', 
Oicvoc  sYcpa'.c  %"/-•  Di©  unschöne  Dreitheilung  des  Verses  ist  von  dem  unpoetischen  Ver- 
fasser offenbar  beabsichtigt,  um  die  drei  Paare  von  Begriffen  auch  in  der  metrischen 
Form  hervortreten  zu  lassen.  Im  nächsten  Verse  453  muss  die  Verbindung  TS/v/j  tpcoviQ 
TE  xal  ähLTi  gerechtes  Bedenken  erregen.  Ich  kann  mir  nur  vorstellen,  dass  etwa  te/vtj 
pto[i7j  t£  xal  dXy.75  die  ursprüngliche  Leseart  darstellte.  Oder  sollte  dieselbe  durch  Wort- 
versetzung zu  erzielen  sein,  indem  dies  zweite  Hemistichion  dereinst  (pcovirj  ziyyt]  zs  xai 
öXxT^  gelautet  hätte? 

VIII  454  sq.     C^po)"»'  '^'  dypta  ^üXa  zä  vyjxtwv  xat  irsicYjvwv 
irsCwv  t  d(jLtptßttov  z=.  %ai  £p7:s'CE(ov  Stipacöv  ts. 

Statt  (pöXa  td  vyjxtcöv  dürfte  (püX'  djxa  vyjx-cöv  zu  schreiben  sein.  Offenbar  verderbt 
aber  ist  die  unmögliche  Form  sp-TTStscDV.  Vergebens  versuchte  sie  Alexandre  zu  halten 
mit  der  verunglückten  Bemerkung:  jSpTCStscov  minime  barbarum  est,  sed  mere  ionicum'. 
Die  Familie  ¥*"  bietet  zwar  spTUsrcöv,  aber  diese  Form  ist  wieder  ganz  unmetrisch.  Die 
üeberlieferung  werden  wir  so  weit  als  möglich  festhalten  können,  wenn  wir  den  von 
demselben  Stamme  abgeleiteten  Ausdruck  EpitryarscDV  (von  spirTjaxT^c)  in  den  Text  einsetzen, 
das  z.  B.  Nikandros  dreimal  in  den  Theriaka  verwendet,  397  spTCT^attöv  ßaatXYya,  206  h'/^ri- 
psoc  spmr^ardo,  9  i^Tirpzac  sx'^di;  zs. 

VIII  465  sq.  vöoc  8s  ot  sicrotTjto 

Dies  die  Leseart  der  Handschriften;  ^öoq  hat  A  bewahrt,  während  die  übrigen 
Vertreter  von  0  V£OC,  die  Classe  W  aber  Vcdoc  verderbt  bieten  (letztere  gibt  auch 
eirtÖT^-o).  Wir  erwarten  im  Folgenden  einen  auf  das  Pronomen  01  bezüglichen  Ausdruck, 
nicht  aber  den  unabhängigeu  Genetivus  absolutus  xaXXoixsvYjC  xpaSr/jc;  ich  vermuthe,  es 
sei  zu  schreiben  TzaXkrj^iYQ  xpai^tvjv,  zumal  die  Phrase  aus  Homer  X  461  entnommen  ist: 
ÄC  <pa{X£V»]  [s.^ydpoio  Stsaauto  [xaivd^t  iotj  |  TcaXXojxivir]  xpaStvjv.  Im  zweiten  Hemistichion 
hat  Meineke  conjicirt  'JTc'  dvwiaTOtatv  dxoual(;,  was  ich  um  so  lieber  annehme,  als  eine 
eventuelle  Wortumsetzung  'jtt'  rj.Y.ooaiQ  ayvcoaTOtaw  den  Vers  sehr  schleppend  gestalten 
würde.  Alexandre 's  Schreibunu-  'Jiro  dYVO)arotatv  dicoDalc  ist  des  argen  Hiatus  wegen  zu 
verwerfen. 

VIII  478     aTcapYCiiv(o6£V  8s  ßps'fo?  Ssi/Öv]  OsoTistOsat  'fdrv'o. 

Der  Eingang  des  Verses  ist  verderbt  überliefert;  airapY^vcoOsv  bietet  die  minder- 
wertige Classe  f,  ^irapYOtvoiOstc  steht  in  0.  Hieraus  meinte  Alexandre  die  seltsame 
Unform  azapYVtoOsv  in  den  Text  setzen  zu  können.  Aber  auch  OTuapYcoösv,  von  einem 
Präsens  airapYOoj,  wie  Boissonade  vorschlug,  ist  nicht  nachzuweisen.  Ich  vermuthete, 
es  sei  zu  schreiben  G7capYÖ[JL=vov,  von  airdpY«),  wovon  z.  ß.  der  Aorist  aicdp^av  im  Hom. 
Hymn.  auf  Apoll.  Del.  121  vorliegt.  Eine  Analogie  hätte  das  Particip  Präsentis  in  syn- 
taktischer Beziehung  an  dem  kurz  vorher  (Vers  475)  vorkommenden  itxroixsvov  5s  ßpsipoi;. 
Mittlerweile  schlug  Mendelssohn  aitsipwösv  vor,  dem  ich  den  Vorzug  gebe. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  87 

VIII  478  sqq.     anstptoösv  ös  ßpe<poi;  ScI/Gt]  ösoTCStösat  (pdxVTj 
xai  XÖYou  7^  Byj6XcS|jl  iraxp'.?  ösöxX'/jtoi;  kkeyßy] 
ßouTcsXdxat?  xs  xal  aiYOVÖ(j,oic  *ai  TrotiAsatv  dpvcJüv. 

Die  überlieferte  Reihenfolge  dieser  Verse  kann  nicht  aufrecht  erhalten  werden;  es 
hat  vielmehr  der  Vers  480  mit  479  den  Platz  zu  wechseln,  da  die  Dative  ^ooTzskdzaiz 
atYovöjAotc  und  irotiisacv  dpvcöv,  zu  denen  das  Particip  öcOicsiOsai  (478)  gehört,  von  hBijßri 
abhängig  sind.  Erst  nachdem  von  dem  Stern  der  Magier  erzählt  (477)  und  gesagt  ist, 
dass  die  frommen  Hirten  das  Kind  in  den  Windeln  schauen  durften,  wird  vom  Sibyl- 
listen  hinzugefügt,  Bethlehem  sei  des  Logos  Geburtsstätte.  Uebrigens  ist  der  Anfang 
von  Vers  479  nicht  ganz  intact.  Dass  für  BtjGXssjjl  der  Handschriften  B7j6X£[Ji  zu  schreiben 
sei,  meinte  bereits  Alexandre,  aber  auch  der  Artikel  davor  ist  auffällig,  so  dass  vielleicht 
rfik  XÖYOU  Brfl\B\).  herzustellen  sein  wird.  Müssig  ist  Alexandre 's  Bemerkung  in  der 
Mote  zur  zweiten  Ausgabe:  ,in  fine  vero  an  i^eiyßri  pro  el.iyiß'q?''  Denn  Sst/ÖTj  ist 
geschützt  durch  VIII  460  Faßpii^X  aösvapöv  osjxas  dfvbv  e^cI/Öt],  wo  freilich  derselbe 
Herausgeber  den  Passivaorist  nicht  richtig  verstand,  indem  er  meinte  ,sed  est  eMyßt] 
legendum  neoterica  licentia  pro  sSs^axo'  und  oGsvapov  §e[JLa?  als  davon  abhängigen  Accu- 
sativ  ansah.     Die  Umsetzung  der  beiden  Verse  479  sq.  bringt  Alles  ins  ßeine. 

XI  13  sqq.  oi  8s  xaxTjv  ydp  iit  dX^Xou?  Ipcv  (opaav. 

hri  z6zB  xal  SsxdtY]  Y^'^'^i'i  (xspoirtov  dvöpwirwv. 

Die  Conjunction  Y^p  in  Vers  13  halte  ich  für  unstatthaft,  da  der  Streit,  welcher 
sich  zwischen  den  Völkern  erhebt,  eben  eine  Folge  des  göttlichen  Zornes  (Vers  11)  ist, 
der  in  Gestalt  von  Sprachverwirrung  über  sie  kam  und  den  Sturz  des  Thurmes  Babel 
herbeiführte.  Ich  vermuthe,  es  sei  y'  dp'  zu  schreiben.  Zu  Anfang  des  nächsten  Verses  14 
muss  xal  totc  hrj  hergestellt  werden  nach  III  108,  woher  der  ganze  Vers  stammt. 
M.  Schmidt's  Conjectur  xai  töts  8r;  sßSofJidTirj  erscheint  mir  nicht  zwingend. 

XI  25  sqq.     ayjjjia  8'  iazai  ixcivtp  |J.£Y°^  zrjozoo  xpazcovroc 
YotiTj  £V  Ai-^'j%z(i()j  fi  z(.z  |J.£Ya  xuöaivouaa 
bXXujJLSvac  '^oycLQ  \i\).(p  z6z=.  aito^orv^aci. 

Um  die  Corruptel  des  Verses  25,  den  ich  hier  in  der  handschriftlichen  Ueberlieferung 
gebe,  richtig  zu  emendiren,  ist  es  nothwendig,  auf  die  anderen  Stellen,  wo  derselbe 
Gedanke  wiederkehrt,  Rücksicht  zu  nehmen.  Die  Tradition  weist  auf  zwei  in  den 
letzten  Büchern  der  Sibyllinen  vorkommende  Typen  hin,  die  sich  nur  durch  eine  geringe 
Differenz  unterscheiden,  welche  jedoch  nicht  ohne  Weiteres  beseitigt  werden  darf. 

Der  eine  ist  am  reinsten  bewahrt  in  der  Ueberlieferung  des  Verses  XII  214  o'q\i.a 
Oc  oi  zozai  (poßcpov  zoözod  xpatsovxoc;  dieselbe  Fassung  kehrt  verderbt  wieder  XIV  179 
OY^jAa  Zi  zot  iozai  %patcpöv  To6tou  xpareovcoc  und  in  schlimmerer  Gestalt  XIV  98  aYjfia 
'js  tot  £cxai  |X£Ya  zo'j  v.pazirjyz'jQ  dvavixoc.  Für  XII  214  gewinnen  wir  aus  der  Ueber- 
einstimmung  der  beiden  anderen  Stellen  im  ersten  Hemistichion  die  Correctur  xoi  für 
das  unmögliche  ot;  der  zweite  Halbvers  aber  ist  in  XII  214  unversehrt  bewahrt;  in 
XIV  179   ist   durch   das   Schlusswort  oipa-csovcos  die   Corruptel  xpazspov  für   rpoßcpov   ver- 


gg  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

anlasst  worden;  in  XIV  98  ward  offenbar  die  Mitte  des  Verses  irgendwie  zerstört  und 
es  mag  sich  nur  eine  Silbe  von  xo6-o'j  erhalten  haben  —  tou;  diese  ward  zu  toü  und 
ausserdem  setzte  man  [xsyx  (aus  XIV  158  jisya  aYj[Jia?)  in  die  Lücke  ein;  da  aber 
gleichwohl  der  Vers  zu  kurz  geworden  war,  fügte  man  noch  das  Wort  avaxtoc  am 
Ende  hinzu,  das  aus  der  Clausula  von  XIV  94  (icoXüjXYjtic  ävdx-fop)  und  zugleich  aus 
dem  Inhalte  des  Verses  selbst  entnommen  werden  konnte.  Aehnlich  ist  in  den  Sibyllinen 
wiederholt  verfahren  worden,  wo  ein  Verlust  im  Innern  des  Verses  eingetreten  war. 
An  eine  etwaige  Schreibung  \i.s-^6Xoo  xpaxEovcoc  avaxtoc  darf  nicht  gedacht  werden,  da 
zu  ar^jjia  ein  Epitheton  nothwendig  ist.  An  allen  drei  genannten  Stellen  ist  demnach 
zweifellos  zu  schreiben:     aYj[Aa  §£  rot  eatac  tpoßspov  toOTOo  xparsovcoc. 

Den  zweiten  Typus  repräsentirt  der  intact  erhaltene  Vers  XII  72  otjjjicIov  5'  satat 
^oßspöv  TOUTOU  xpaTsovTOi;,  der  also  nur  in  Bezug  auf  den  Anfang  von  den  vorhin  ange- 
führten abweicht.  Ich  halte  es  nicht  für  berechtigt,  um  vollständige  Gleichheit  in  allen 
Belegen  herbeizuführen,  durchwegs  entweder  aY;[JLa  M  zoi  oder  ar^jAclov  ö'  in  den  Text 
zu  setzen,  da  solche  kleine  Abweichungen  in  sonst  gleichlautenden  Versen  in  der  dich- 
terischen Oekonomie  der  Sibyllisten  begründet  sind.  Um  nun  wieder  zu  unserer  Stelle 
XI  25  zurückzukehren,  so  entsteht  hier  die  Frage,  ob  dieser  Vers  nach  dem  ersten 
oder  zweiten  Typus  zu  emendiren,  d.  h.  ob  der  Anfang  in  der  J'orm  Gtj\iOi  5s  toi  iatai 
oder  OYjiJisiov  8'  iazai  herzvistellen  ist.  Ich  neige  micli  dem  letzteren  zu,  da  8'  satat 
überliefert  ist  und  avjfjiclov  leicht  in  das  geläufigere  afj\i.a,  das  bei  den  Sibyllisten  so  oft 
begegnet,  verderbt  werden  konnte.  Das  folgende  sxstvq)  [x^ya  stellt  eine  arge  Inter- 
polation dar;  [li'fa  stammt  aus  dem  nächsten  Verse  und  e%£{v(|)  ist  ein  jämmerliches 
Füllsel  mit  Bezug  auf  Sscvoc  dvigp  (Vers  22),  wobei  zoözoo  xpatsovro?  gar  nicht  beachtet 
ward;  natürlich  muss  auch  hier  ^oßspöv  eingesetzt  werden  (Alexandre 's  Schreibung 
o'r,\i.a.  5'  sast-cat  £%£ivo  [JiEYa  zoözoo  xpatsovro?  ist  höchst  unglücklich). 

XI  35  sq.     £v6'  öicöxav  Xsttl/coot  xsSov  TioXü'xap'jrov  oXsOpov 
'Kaoz  6  5(o5£7(,d'f'jXoc  dir'  dOavdroto  visXcuaOsi?. 

Dies  bieten  die  Handschriften  und  Alexandre,  der  nur  £v6'  aus  £V  S'  herstellte  und  ü-rc" 
(statt  ÖLTz)  unter  Hinweis  auf  III  582  richtig  vermufhet  hat.  Dass  its^ov  TToX'Jxap-JCOV 
oXsöpou  zu  schreiben  ist,  habe  ich  früher  schon  bemerkt  zu  V  199.  Im  selben  Verse 
muss  wohl  auch  Xsitj^ojat  noch  emendirt  werden,  das  in  mehr  als  einer  Beziehung  Anstoss 
erregt;  ich  vermuthe  irpoXiTCr^ai,  eine  Conjunctivform,  die  um  so  leichter  in  X£t'|(oot 
übergehen  konnte,  als  kurz  nachher  Vers  47  axTjTt-pa  izpoXzl'YQ  vorkommt. 

XI  51  sq.     %aX  ziz  äa-iQ  n£pa'/)ot  Xd-cpt^  Mt^Sococ  SoÖEioa 
irXTjYatc  öXX'j[A£V)rj  Std  x£  %pai:£pd?  6a|JLivac. 

Ohne  Zögern  werden  wir  in  Vers  51  statt  des  handschriftlichen  MYjSotat  natürlich 
Mr^^otc  XE  schreiben;  das  mangelnde  Wörtchen  t£  gerieth  dafür  unrechtmässiger  Weise 
in  den  folgenden  Vers  52,  der  mittelst  ganz  einfacher  Wortumstellung  sofort  geheilt 
wird:  öX).'Jtx£VYj  irÄTjy^ac  5td  xpa-CEpd?  63(j.tvac.  Die  Handschriften  QV  bieten  hvx  zz  xpa- 
zipac  'JOtxtvac,  woraus  Mai  fälschlich  5id  zz  xpatEpdc  6o|j.tvai;  (sie!).  Friedlieb  8id  r£  xpa- 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  89 

tspäs  üOjJitVTjc   machte.     Zum  Ueberflusse  vergleiche  man   die  Formel   otd  xpaTSpd?   uajJit- 
vac  XI  70,   124.  * 

XI  53  sq.     a'Juxa  3'/;  llspaatai  xai  'Aao'Jptc/ic  %a-AÖv  iatai 
Tcdo'/]  t  Al^oTzzü^  Atß6'(]  t  TjS'  AiGtöirsaai 
■Tcdai  rs  Ila[iu6Xotatv  t§'  äWoiz  izrloi  ßpoiolot. 

In  Vers  54  ist  t  VjS'  nach  III  208  von  Alexandre  hergestellt,  überliefert  ist  tyj5'  in 
QV-i  zf^  in  H.  Dagegen  kann  ich  mich  mit  seiner  Formulirung  des  Einganges  von 
Vers  55  nicht  einverstanden  erklären.  Er  schrieb  im  Texte  TZäol  zz  Ila[J,'p6Xotatv  i5'  für 
das  handschriftliche  xal  Tcäat,  na[irp6Äotat.v  rj5\  obwohl  er  selbst  in  der  Note  die  Ver- 
muthung  aussprach,  ,an,  sicut  III  209,  Kapai  legas  pro  iräat?'  Es  ist  unbedingt  noth- 
wendig,  dieses  Kapat,  das  an  der  genannten  Parallelstelle  in  derselben  Verbindung 
(Kapat  x£  lJa[X(p6Xocc  zz)  vorliegt,  in  den  Text  aufzunehmen.  Wie  icäai  eindrang,  wird 
klar,  wenn  man  den  Eingang  des  vorausgehenden  Verses  liest,  der  mit  irdoTj  anhebt. 

XI  61  sq.     xai  töts  ao:,  Mv^Sca  YaiTj,  v.oy.ri,  izoXka  iz'jirpei 
'IvSoycvfyC  xoXuoXßo?,  d/pt  irdvc'  aTzr^ziazic,. 

Im  Verse  61  ist  '(ait]  ganz  richtig  von  Alexandre  hergestellt  worden  für  das  hand- 
schriftliche ze-Q,  vgl.  Ilspaic  yatTj  XI  106  Xo8o[i,ltt  yaiT]  VI  21  oder  KsXzl  yai-q  VII  103. 
Aber  Mrfiia  mit  langem  i  ist  prosodisch  um  so  bedenklicher,  als  wir  gleich  im  Verse  64 
Mr^Sctov  ißvoi;  lesen.  Ich  möchte  deshalb  nach  dem  Vorbilde  jenes  Ilspatc  yatT]  hier  das 
aus  Herodotos  und  Stephanos  von  Byzanz  belegte  Adjectiv  Mrfiiz  einsetzen  (eventuell  xal 
tözs  5'/j  aoi,  Mrfii  yatTj).  Im  nächsten  Verse  vermuthete  Volkmann  den  Ausfall  von  dvaQ, 
Alexandre  den  von  dvT^p.  Ist  thatsächlich  ein  Wort  im  Texte  verloren  gegangen,  so 
war  es  dva^,  vgl.  XI  69  "IvSoc  dva^.  Vielleicht  aber  ist  nur  iad)(pc€  ditavr  dTTO-bct?  zu 
corrigiren. 

XI  67  ^'jaTTjVS,  xai  6zb  C^^ov  a6)(£Va  Ör^astc. 

Den  metrisclien  Fehler  töazrjys  %at,  axö  wollte  Volkmann  durch  die  Schreibung 
56a~T//c  ^^ö-TUÖ  beseitigen,  wobei  aber  die  contrahirte  Silbe  als  Länge  ebenfalls  einen 
metrischen  Verstoss  darstellen  würde.  Deshalb  schlug  Nauck  -^  otto  vor.  Da  aber  die 
Elision  von  v.at  in  den  sibyllinischen  Orakeln  nirgends  sicher  nachweisbar  ist,  so  ist 
entweder  o6ar/)v',  uiro  5s  herzustellen  oder  etwa  Süa-cTjV'  t5'  oitö  Z^~(6v. 

XI  73  sqq.  zözo  3'/;  ßaatXsto'J  dp)(Yj(; 

xdv  £6voc  oiaxpi^act  xai  sXsuöäpwv  dvaoct^ct 
Act'^a?  oouXstov  atjj,'  sirt,  rpsi?  [iovaSa;;  svtautwv. 

Dies  ist  die  Schreibweise  der  Handschriften.  Für  ßaadätou  ^P'/Jfi  ^^*  Alexandre 
ßactXTjtou  dpyr^c  geschrieben.  Dem  sibyllinischen  Sprachgebrauche  entspricht  aber  mehr 
das  von  demselben  Kritiker  in  der  Note  zur  ersten  Ausgabe  vorgeschlagene  ßaatXTjc5oc 
dpyYjS.  Ebenso  richtig  verlangte  Alexandre  iXsaÖcptYjV  für  EÄeuÖspiov  und  oo6Xtov  in 
Vers  75  für  5o6Xstov.  Aber  auch  ksbhaQ  muss  noch  in  Ä£L'|av  verändert  werden,  da  an 
eine  logische  Construction  mit  Bezug  auf  iövoc  =  Xaöc  um  so  weniger  zu  denken  ist, 
als  einige  Verse  weiter  (77  sq.)  in  den  Handschriften  -jrdv  eÖvck;  —  SouXsöov   thatsächlich 

Denkschriften  der  phil.-liist.  Cl.    XS.WIII.  Bd.    IV.  Abh.  12 


90  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

aberliefert  ist;  hier  hat  Mai  in  seiaem  Abdrucke  der  vaticanischen  Handschriften  ohne 
jede  Gewähr  fälschlich  5ri'JÄ£6(ov  edirt,  und  die  letzten  Herausgeber  sind  ihm  ohne 
Bedenken  darin  gefolgt. 

XI  95     saaov-ac  5s  töaoc  ßaatXsli;  oaa  «puXa  xd  Ovrjtfov. 

Q  allein  hat  lajovrac,  VH  oaaovrat.  Die  Corruptel  tote  ot  der  Codices  hat  Alexandre 
zu  töaoi  verbessert,  ebenso  wie  das  handschriftliche  «putd  zu  (püXa.  Auch,  xd  Övy^xcöv 
gefällt  mir  nicht,  ich  vermuthe  als  genuine  Schreibung  oaa  «pOX'  dvöptÖTKov. 

XI  109  sqq.     dXX'  oxav  'IxaXiY]  ':cpo'f6-(]  [isy'*  Baö^ia  ßpoxolac 
Yf^Tzia/jj^  {itvupLOjxa  d%7ipaar(;  -jrapd  xr^Yt 
dvxptj)  iiri  axt£p{j)  ÖTjpöc  xsxva  jXTjXo'fdyoto. 

So  die  Herausgeber,  wobei  Alexandre  die  Correcturen  Trpo'fj'fj  für  Tupofp'JY^,  dx'/)pa3trj 
für  äx£paat'(]  und  ■jtapd  'KTjY'^  für  irapd  ■jtXtjytj  von  Q,  respective  '7capa'jcXr^Y''i  "^"^^  ^^  "vor- 
genommen hat.  Aber  die  Handschrift  V  bietet  vir)T:id)(wv  mit  übergeschriebenem  o,  2f  nur 
virjicid^^cov.  Erinnern  wir  uns,  dass  in  der  ähnlichen  Stelle  XII  11,  resp.  V  11  zu  lesen 
ist  xai  jicxd  VY^TCid^ouc,  ÖTjpoc  Xcxva  (XYjXofpdYOto,  so  dürfte  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit 
-n^TZ'sh/m  [xivuptana  (oder  (JLtvjpiatxax')  zu  vermuthen  sein. 

XI  114  sqq.     d[i(p6x£pot  dpiOjarov  sviaxöv,  o:c  oavojxa  8eti;si 

a'?i[j.a  (XSY  saaofxsvcov   %al  sirxd  Aö<poiat  5s  Xctyv] 
xapxspd  5(0[jLr^ao'jat  xal  d[i(p'  aüxol?  ßaptjv  'A.p'/j 
axY^ao'jatv. 
Der    einfache    locale    Dativ    ohne    Präposition    ZTZza    Xotpotat    muss    hier    befremden, 
zumal   da   das  Verbum    öa)|XYpouai   nicht  Compositum  ist;    die  Conjunction   zai   ist   hier 
durch    das   darunterstehende,    im   nächsten  Verse    folgende    xai    veranlasst    an  Stelle    der 
ursprünglichen  Präposition  i^  getreten,   nachdem   der  Auslaut  des   vorangehenden  Par- 
ticips  £ajO[X£V(j)v  verderbt  worden  war.     Denn  es  muss  vorher  tov  o'jvo|i.a  Ssi^st  at^na  [ji£y' 
E3ao{i£Voiaiv  heissen  (vgl.  Hesiod.  Erg.  56  aot  x'  auxcp  [xsycc  XYjjia  %al  dv^pdat-v  saaofisvotatv). 
Vers  115  hat  also  zu  lauten:    a-?j[xa  jj,£y   £aao(j,£votaw    £'/  £7:xd  Xötpoiat  Zi  x£i/Tj. 

XI  123  sq.     Y;^£c  Ydp  aot  dXcootc  d'/  'EXXdSoc  tTC7io5d[jLOto 
vtai  xöXsjxoc  3£ivöc  t£  5id  xpax£pdi;  6a[xW7.c. 

Kein  Kritiker  hat  bisher  an  der  offenkundigen  Verderbnis  zu  Anfang  des  Verses  124 
Anstoss  genommen,  obzwar  das  bei  der  Schreibung  teöäeixo?  3cWÖ?  x£  ganz  überflüssige 
und  unstatthafte  X£  einen  Fingerzeig  hätte  geben  können,  dass  hier  nicht  alles  in  Ordnung 
ist.  Es  ist  wohl  xai  TziX^iVjZ  Xoi|XÖc  x£  zu  schreiben  nach  der  bekannten,  schon  aus 
Hesiod.  Theog.  227  stammenden  Verbindung,  wie  z.  B.  III  603  Prooem.  58  xat.  icöX£[iOV 
xal  Xot{iöv  io  d/.Yäa  5axp'j6£vxa.  Mendelssohn,  der  diese  Stelle  seither  ebenfalls  behandelte, 
vermuthet  xal  Xt{iöc  Xot|i6s  x£. 

XI  134     tcXy^pco^y^  TcoXijxoto  [itat'föva  IpY«  /povoco. 

Der  Ausdruck  /povoio  ist  unverständlich;  es  muss  darin,  wie  Meineke  sah,  ein  zu 
-o/.£pLO'.o    gehöriges   Adjectiv    stecken:    also   ist   vielleicht   im    Anschlüsse   an   die    diplo- 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  91 

matische  Ueberliefenmg  Ipy'  (äyfioto  zu  schreiben;  das  Epitheton  dYptoc  lesen  wir 
bei  Homer  P  736  stc!,  0£  TTCÖÄciioc  zizazi  aiptv  |  ctypcoc  t/jüs  irüp.  Die  vorgeschlagene 
Conjectur  gilt  aber  nur  unter  der  Voraussetzung,  dass  Alexandre  xXYjpwö-^  richtig  aus 
dem  handschriftlichen  ir).Y]p(oa£i  verändert  hat.  Einen  anderen  Weg  zur  Emendation  wies 
ganz  neuerdings  Mendelssohn,  welcher  Tt/.T^pcöast  festhielt  und  am  Schlüsse  statt  )(pövoto 
KpovccöV  herstellte. 

XI  140  ÄYT^paTOV  0  saxat  xXsoc  saTtofxsvotaiv. 

Obzwar  £airo[j.£votaiv  die  Leseart  der  Handschriften  £i  (hier  =  Q  VH)  ist,  muss  doch 
unbedingt  das  an  der  Musterstelle  HI  418  vorliegende  eaaojJLSVoiaiv  in  den  Text  eingesetzt 
werden;  Alexandre  hat  es  in  der  zweiten  Ausgabe  nicht  gethan,  wiewohl  er  selbst  in 
der  ersten  daran  dachte;  Nauck  hat  mit  Recht  sich  hiefür  ausgesprochen.  Uebrigens  ist  zu 
vergleichen  Hom.  y  283  sq.  f.rj.i  oi  "A/atot.  |  oi'aouciv  v.Xioc,  söpu  %ai  saao|XcVotacv  äot^T^v. 

XI  146  sq.     'ffi^i  3'  iv.  zautTjC  [iSYdXcp  irupi  §7](o6£ca-/jc 

(psuYtov  ixTra-pic    ipoßspöv  8td  [jlwXov  'ApTjoc. 

Für  £7,  xau-TjC  hat  Alexandre  in  der  ersten  Ausgabe  kf.  TpotTj?  vermuthet.  Beachten 
wir  den  Anfang  von  XII  9  hz  jJiö).£V  it.  Tpoir^?,  so  müssen  wir  dieser  Conjectur.  da  ta'JTYjC 
unverständlich  ist,  unsere  Zustimmung  geben;  jJiEYdXtp  irupt  hat  aus  dem  handschriftlichen 
irupt  |i.£Yd/>.{p  bereits  Klausen  umgesetzt.  Derselbe  Gelehrte  war  es  auch,  der  Exitarptc 
für  das  corrupte  Exirocpt?  der  Codices  vorschlug.  Ich  möchte  jedoch  eher  an  die  Wendung 
Tüd-pT;?  oder  TtaxpcSo?  £%(p£6YCov  denken  (denn  i^cOyiov  if.  Tzdz^rfi  verbietet,  wie  auch 
Alexandre  sah,  das  vorausgehende  f^^zi  3'  £%  Tpoti]?). 

XI  153     o'jvojjia  5=  a/T^ast  to  -cp'vOuUaßov. 

Der  auffallende  Artikel  xö  ist  gewiss  erst  nach  der  Verderbnis  der  Verbalform  ein- 
gedrungen. Wie  anderwärts  (z.  B.  XI  23,  91,  XII  121),  so  dürfte  hier  die  bei  den 
Sibyllisten  so  beliebte  Optativform  als  Vertreter  des  Futurs  —  ay7]a£t£  —  die  ursprüng- 
liche Schreibweise  gewesen  sein, 

XI  155     xai  TÖ-£  rj  dvatTjOctc  tcoXw  xpatEpr^v  z=.  Aazivwv. 

So  Alexandre,  der  töxs  3'  dvaif^asic  für  das  handschriftliche  zote  o'  dvaatY;a£i£  schrieb. 
Aber  es  ist  mit  Volkmann  %a'.  zöz  dvaaxfja£i£  in  den  Text  aufzunehmen.  Den  Scliluss 
des  Verses  hat  noch  Niemand  zu  emendiren  versucht.  Was  soll  X£?  Es  ist  das  berüch- 
tigte Füllsel,  das  in  den  Sibyllinen  so  häufig  an  corrupten  Stellen  begegnet.  Ich  ver- 
muthe  xpax£poiat  Aaxivots- 

XI  156  sq.     z£vt  kizi  v.al  Scotdxq)  iz^i  £ici  ßEVÖEaiv  a\]^:qz 

Richtig  bat  Alexandre  öXX6jjl=vos  für  öXXu|X£V0t(;  verbessert,  aber  seine  Formulirung 
des  Verses  156  muss  als  sehr  problematisch  bezeichnet  werden.  Die  Handschriften  bieten 
liier  X£Vt"  STti,  osxdrq)  s.Zc.1  £7:i  ߣvO£at.v  dX[j,Tji;.  Dies  ist  meiner  Ansicht  nach  zu  emendiren 
in  iTEVts  0£  y.al  osxdTfo  srai:  svi  ߣvO£at.v  d/.jrr^c,  wodurcli  die  Schwierigkeit  mit  dem  doppelten 
STCi  entfällt. 

12* 


QO  IV'.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

XI  159  sqq.     ä^^i  ydp  Y=^='^i  toutou  [Xctöiriaösv  dT:dv-{ov 

d/pi?  zTt  E'Jtppd-oD  TiYptoc  iro-cajJKov  dvd  |j.£aaov 
-/(öpr^C  "Aaaupwov. 

In  Vers  160  kann  E'Jtppdzryj  und  Tiyptoc  nicht  ohne  Verbindung  stehen;  es  ist  hier 
EaypTjxou  xotajioO  Ttyptoc  t"  oder  EütppiQtou  Ttypto?  7COT:a[ioü  x    herzustellen. 

XI  167  sq.     xat  rors  aaipÄ?  yP^^'l'*^  t^*^^'  dQcOipata  äUors  xdXX'/j 
xai  -cotatv  s[jloi;  /.öyotc  (JiErpotc  sxssacj'.  ■x.patYjaac. 

Ich  habe  die  Stelle  in  der  verderbten  Gestalt  angeführt,  die  in  den  Handschriften 
steht.  Für  xal  zöze  schrieb  Alexandre  nicht  unpassend  x,at  xb.  Das  Adverb  aaipw?  ist 
nach  III  424  in  aorpöK  zu  ändern.  Besonderes  Befremden  aber  erregt  dXXors  xdXkrj. 
Das  Object  zu  ypd^^t.  ist  |JLdX'  dösofpata,  das  substantivisch  gebraucht  ist;  nur  durch  den 
Umstand,  dass  dies  einem  Abschreiber  unklar  war,  ist  xdXXrj,  in  dem  offenbar  öXXy] 
steckt,  in  den  Text  hereingekommen;  die  epische  Formel  aXkoxB  d).X7j,  die  hier  trefflich 
in  den  Context  passt,  steht  z.  B.  im  Hom.  Hymn.  auf  Herm.  558.  Auch  mag  der  Hiatus 
dazu  beigetragen  haben,  diese  Corruptel  xdXX'r]  an  Stelle  von  dXhf]  treten  zu  lassen. 

Im  nächsten  Verse  ist  die  genuine  Schreibweise  toiaw  s{iolat  ^öyot?  bereits  durcli 
Alexandre  zu  ihrem  Rechte  gelangt.  Möglicherweise  gehört  dieser  Dativ  nicht  zu  xparrpa;, 
sondern  zum  vorangehenden  Ypd?j;£t,  während  die  unmittelbar  folgenden  Worte  von  %par<^a(x? 
abhängen  würden.  Demgemäss  wäre  vielleicht  (denn  der  Verfasser  dieser  Stelle  spricht 
weit  freundlicher  von  Homer  als  der  des  dritten  Buches)  dann  statt  des  Dativs  [JLSrpoic 
sitisaat,  die  ohne  Verbindung  neben  einander  stünden,  zu  setzen  [Asrpcov  etTcCov  xs  xpa- 
xrp<3.z,  also  so  wie  es  in  der  Musterstelle  III  424  heissen  muss  sttscdv  ydp  ejjiäv  (JL£-pcov 
zs  xpatr^sst.  Denn  wenn  daselbst  auch  die  Ueberlieferung  einerseits  den  Dativ  (sTtssaat,  ydp 
*,  STCsat  '(dp  sjjiotat  ?F)  ausweist  (wonach  Castalio  sicsaiv  ydp  B[i.riiz  in  den  Text  setzte), 
anderseits  aber  [JisTpcov  -es,  was  Alexandre  zu  [AStpotc  ts  änderte,  so  scheint  mir  die  ganze 
Stelle  doch  den  Genetiv  zu  verlangen,  da  die  Sibylle  den  Sänger  Homeros  hier  als 
Fälscher  und  Usurpator  ihrer  eigenen  Dichtung  hinstellt:  wir  erwarten  daher  xpatsiv 
mit  dem  Genetiv,  zumal  es  vorher  heisst  Ypd'|3i  xd  y.ax  "IXiov,  o6  |JL£V  d\r/]Bihc„  \  dXXd 
QOffihQ.  Nun  folgt  die  Begründung:  kein  Wunder,  dass  er  so  prächtig  singen  wird:  er 
wird  ja  die  iTcsa  und  [xs-rpa  der  Sibylle  in  Beschlag  nehmen. 

XI   171       EQ    XSXOC    0'3X0[JLSV0U    öavdTOfi    ßcOTOlO    X=.'kBOX'qQ. 

Soll  man  hier  ßtöxoto  TsXeOrvj?  als  Apposition  zu  oüXotxsvou  Bmdxoo  auffassen?  Das 
wäre  doch  eine  seltsame  Fügung.  Es  ist  wohl  einfach  ßtotoo  xz  TsXeur/^v  herzustellen. 
Es  .stehen  dann  in  diesem  Verse  zwei  Ausdrücke  parallel,  welche  beide  seit  homerischer 
Zeit  der  epischen  Sprache  angehören,  vgl.  £  326  teXoc  OavdTOü  und  H  104  ßiÖTOCO  XcXsox'/]. 

XI  186  sqq.     IvQa  MaxYjoovtwv  irdXtv  sooBxai  'EXXd5t  %-'qii.OL 
xat  0p'(iX73V  oXsasi  itdaav  xal  [wbXov  'ApYjoc 

VY^aOtC     TfTZäiprjiC,    XB    tpiXoTCtoXsiiOt?    t£    TOpdlpOtC. 
SGGSZ"    £vi    TTpOlid/OtaC  •       TÖ    5'    OÖVO|Jia   XOÖXO    [XsGsQct 

^sxdy.i  TZö^x-ffAV/x'  dptOjjLÖJv  aror/siov  o  5t;XoL 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  93 

An  dieser  Stelle  habe  ich  seinerzeit  nach  III  381  (ä/J.d  Max'rj^ovcYj  ßapo  -CcIsTat 
'AaiSt  TCTjfia)  zu  schreiben  vorgeschlagen  Mav-rfiovioQ  itdXt  xs^oTat;  wegen  des  Accusativs 
xal  [JKöXov  'ApTjo?  dachte  ich  sei  der  Satz  9p'(j%TjV  oXsast  icäaav  als  Parenthese  zu  fassen, 
so  dass  [JKbXov  von  za^Bzai  abhinge.  Ich  sehe  mich  veranlasst,  diese  frühere  Meinung 
aufzugeben:  die  überlieferte  Satzfügung  macht  es  nämlich  wahrscheinlicher,  dass  nach 
Vers  188,  worin  die  Corruptel  xoparpot?  von  mir  durch  TptßaXXoi^  ersetzt  worden  ist,  ein 
Vers  ausfiel,  der  das  Verbum  enthielt,  von  dem  der  Accusativ  [acöXov  abhängt.  Für 
diese  Annalime  spricht  deutlich  der  Umstand,  dass  das  folgende  eaazz  svi  irpoiAdj^otac 
ohne  Verbindung  angefügt  ist,  zumal  dies  Sätzchen  kaum  darnach  aussieht,  als  sei  es 
etwa  aus  zazai  5'  ev  ■7cpo{id)(oiat  verderbt  worden. 

Auch  der  Vers  190  muss  Bedenken  erregen.  Dass  der  Hexameterbeginn,  so  wie  er 
überliefert  ist, ' Ssxdxt  TrcVtTjXOVx'  äpi6[iö)V.  sich  nicht  halten  lässt,  ist  klar;  immöglich  aber 
darf  man  sich,  wie  Alexandre  im  Texte  der  zweiten  Auflage  gethan,  darauf  beschränken, 
einfach  Scxdxtc  zu  Ssxdxt  zu  verändern  mit  unmöglicher  Prosodie.  Es  ist  vielmehr,  wie 
derselbe  Gelehrte  früher  (in  der  ersten  Ausgabe)  vermuthete,  durch  Wortumstellung 
TCsViTj'ÄOVi;'  dpiQjj.ä)V  5s%dxt?  zu  helfen. 

XI  191  sq.     dp/TjV  (o%6[j.opöc  xs  Y£V7]os~af     dXXd  jJiSYiazYjv 
xa)vX£t(|)cC  ßaacXstav  dxstpcatr^v  zs  xar  afctv. 

Wieder  einmal  finden  wir  in  Vers  191  das  Wörtchen  ZB.  an  unrechter  Stelle;  Friedlieb 
wollte  dafür  Ss:  man  könnte  auch  dp^YjV  5'  (i)%6[Jirjpo?  YcycVT^acTat  (vgl.  III  384  SsSofJii^as'cat) 
schreiben.  Im  folgenden  Verse  bietet  abermals  das  handschriftliche  Xc  argen  Anstoss, 
da  dT^scpcOtTjV  nicht  zu  ßaatXsiav  gehört.  Es  ist  deshalb  dTTctpcOtigv  xaxd  yalav  herzu- 
stellen, vgl.  Sib.  Orak.  I  224  sq.  yri  —  d-iisipsatoc  und  Hom.  W  58  yatav  diCctpcatTjV.  Auch 
Alexandre  war  einmal  diese  Leseart  (in  den  Curae  posteriores)  in  den  Sinn  gekommen, 
ohne  dass  er   später  in   der  zweiten  Auflage   davon  auch   nur  Erwähnung   gethan  hätte. 

XI  194  otd  iTsp  oörJsic 

Vergleichen  wir  diesen  Hexameterschluss  mit  XIV  243  ßX'/j6scc  ^'-d  irsp  o'j  zic,  ö'KO 
a'f£X£p(ov  dvOpcoTCCov.  so  ist,  da  hier  oö  ziQ  im  Inneren  des  Verses  durch  das  Metrum 
geschützt  ist,  der  Erwägung  ßaum  zu  geben,  ob  nicht  auch  in  unserem  Verse  sowie  in 
XIV  249,  wo  jener  Versschluss  wiederkehrt,  oo  ziQ  herzustellen  wäre. 

XI  198     Tüdvxsc  o|j.a)c  KpovtSao  vo6ov  5'  (oq  dvraTrXdaovxat. 

So  ist  der  Vers  überliefert;  zwei  Verderbnisse  .sind  hier  zu  beseitigen.  Zunächst 
kann  das  5'  hinter  voötov  unmöglich  an  seiner  Stelle  stehen  bleiben:  es  ward  eingeschoben, 
um  die  Längung  voOov  &z  zu  erklären.  (Den  Accent  auf  (oc  restituirte  Alexandre.) 
Dies  ist  eine  aus  Homer  geläufige  Verbindung,  welche  auch  im  nachhomerischen  Hexa- 
meter mitunter  Nachahmung  gefunden  hat,  vgl.  meine  Schrift  ,Neue  Beiträge  zur  Technik 
des  nachhom.  Hexameters'  p.  79  sq.  Die  zweite  Corruptel  ist  dvxaTrXdaovxac,  welches 
nicht,  wie  Alexandre  gethan,  in  das  metrisch  fehlerhafte  dvaTuXdaovxat,  sondern  in  dvxc- 
zXdaovtat  zu  verändern  ist. 


94  iV-  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

XI  202  sq.     itai  -daav  ö^öar^v  sTrtSspxstai  tjsXioc  Y'^'^ 

Unmöglich  kann  die  Verbindung  dvtoXtTjv  x6a[xrjV  ts  in  diesem  Zusammenhange  als 
ursprünglich  gelten;  es  ist  xöc3(i&v  zs  an  die  Stelle  von  x£  Suatv  ts  eingedrungen,  vgl. 
den  Versanfang  dvioXir^v  ts  höaiv  zs.  III  26,  VIII  321  und  als  Versschluss  XIV  189. 

XI  204  sqq.     al  ai  aoi,  BaßuXcov,  6pta[ißsu9cLaa  Xa.zpeÖGBiz 

hzoTzoziQ  aö^-rjöclaa  xal  'AcjGiboc,  ■    äpjBzai  "Apvjc, 
lpysT7.t  äxpcxswc  %at  o'fd^cc  aou  tsxva  iroX).d. 

Diese  in  Alexandre's  letzter  Ausgabe  vorliegende  Fassung  der  beiden  Verse  erfordert 
eine  doppelte  Correctur.  Den  Ausdruck  ÖptajJLßcUÖslaa  setzte  der  genannte  Kritiker  selbst 
in  den  Text,  die  Handschriften  bieten  Öpta[i.ß{£oat  {H  Öptajxßtsai).  Es  ist  hieraus  deutlich 
Öpcajißcir^ai  (von  Öpta[xߣta  =  Gp{a[Aßoc)  zu  entnehmen,  ,du  wirst  in  den  Triumphen  als 
geknechtet  erscheinen'.  Im  Folgenden  kann  nur  %at'  AatSo?  üpyszai  geschrieben  werden, 
nicht  7.a'.  AaiSo?  •  £p/£xai;  die  Würtchen  xat  und  xat  (mit  Elision)  sind  öfter  bei  den 
Sibyllisten  verwechselt  worden.      Ebenso  emendirt  jetzt  auch  Mendelssohn. 

XI  213     d/Jvd  ab  [xsv  'fuyc  tov  TCpÖTspov  ßaat>.£a,  Xitcc  5'  aötov. 

So  hat  Alexandre  den  von  den  Handschriften  verderbt  überlieferten  Vers  zu  bessern 
versucht.  Diese  bieten  ihn  in  folgender  Art:  aWa  go  [A£V  ((jlsv  fehlt  in  Q)  ^uys  irspov 
töv  (•nspov  zov  F,  itspov-ov  //)  ßaadyja,  Xclirs  S'  aüxov.  Mit  sorgfältigerer  Ausnutzung 
dieser  Tradition  ist  der  Vers  meines  Erachtens  so  herzustellen: 

dXXd  au  [AEv  ^coycov  irpotspov  ßaaiX-rja  Xtir'  aözoz. 

Jenes  'f'JYE  .scheint  aus  einem  Compendium  in  Anlehnung  an  den  folgenden  Imperativ 
hervorgegangen  zu  sein;  TCpöxspov  ßaatXf^a  ist  nothwendig  wegen  XII  145  5'.d  ydp  Tupo- 
tcpov  ßoc3'.).Y^a,  wo  gleichfalls  von  einem  Artikel,  den  Alexandre  in  den  Text  aufnahm, 
keine  Spur  vorliegt. 

XI  217  sq.  xaxöv  5'  Agiyj  C'-^Y^"^  ''/'^=^ 

'/.ai  TTspl  -Tcdaa  /^cbv  ictcrac  (pövov  öfißpYjcVTa. 

Auch  diese  in  der  letzten  Ausgabe  Alexandre's  vorliegende  Formulirung  der  Stelle 
gibt  zu  mehrfachen  Bedenken  Anlass.  Das  angeführte  Hemistichion  des  Verses  217  ist 
zwar  so  überliefert  ( VH  dat),  allein  der  Ausdruck  C^^T^'*'  ''i^^^  ^^*  verschroben,  weshalb 
Mai  in  der  ersten  Publication  dieser  Bücher  Aoi'Q  edirte.  Aber  auch  dies  ist  nicht  die 
richtige  Emendation;  vielmehr  ist  nach  der  Musterstelle  HI  391  xaxöv  5'  Aatirj  C^fb^ 
scct  dies  Verbum  statt  y^ccI  in  den  Text  aufzunehmen. 

Im  nächsten  V^erse  bieten  die  Codices  xal  -Tcdat  icdaa,  was  Meineke  zu  xat,  icdXt 
i:d3Ct,  Alexandre  in  der  Note  zur  ersten  Ausgabe  zu  xal  iCcpCTraaa,  im  Texte  der  ersten 
und  zweiten  Ausgabe  aber  zu  dem  unverständlichen  v.ai  icspl  iräaa  machte.  Alle 
diese  Versuche  sind  ganz  unzulänglich.  Die  genuine  Schreibweise  finden  wir  vielmehr 
offenbar  in  der  Vorlage  III  392,  woraus  zu  entnehmen,  dass  der  Vers  lautete  itdaa  (seil. 
AoiY^),  Tto^'jv  0=  yOwv  Tziczii  'fövov  ö|JLßpY/Jciaa.  Der  Eingang  scheint  an  unserer  Stelle 
verderbt   worden   zu   sein   unter  dem   Einflüsse   des   nahen  Verses  228    e^ots   xdaa   yÖdäV 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  95 

TCtsxat  Y.-X.  Nachdem  einmal  das  Beiwort  xoX'JV  in  der  Corruptel  untergegangen  war, 
ist  Ö(j.ßp7j6£laa  zu  einem  auf  ^övov  bezüglichen  masculinen  Epitheton  o[j,ßprpV-a  um- 
gestaltet worden,  dessen  Erklärung  übrigens  die  Herausgeber  schuldig  geblieben  sind. 
Demnach  gestalten  sich  jetzt  die  beiden  Verse  so: 

näaa,  xoXov  5s  yöcbv  iziszat.  ^övov  ö[jLßpYj6£laa. 

XI  219  sq.     6XX  otav  AIy'jtckp  ixsydXr^v  7:ö>.tv  öXßo^oTsipav 
atTjpi^st  OcXXatoc  Apv^c,  atixq)  8'  övo{j.tqv-(]. 

Den  in  den  Handschriften  verderbten  Anfang  von  219  ahX  i%6z''xv  Ai'(OtzzciQ  hat 
Alexandre  in  der  angeführten  Weise  verändert.  Allein  ich  glaube,  es  ist  zu  schreiben 
d/A'  or'  ev  Alyo^rq)  (oder  mindestens  dXX'  ot  dv  AtY^itTOu).  Auch  möchte  ich  neben  bvo- 
[X'/^VT]  noch  GtYjpt^'o  herstellen.  Uebrigens  ist  zu  bemerken,  dass  jenes  övo{i"/]V(j  einzig  die 
Handschrift  Q  bietet,  wogegen  die  beiden  anderen  VH  övjixtjo'o  ausweisen. 

XI  221  TTpo^oÖstc  8oX{(i)v  6'f    szatpcov. 

So  die  letzten  Herausgeber.  Aber  handschriftlich  ist  nur  8o/iö)C  überliefert.  Wenn 
wir  bedenken,  dass  nach  diesem  Verse  etwas  ausgefallen  ist,  so  haben  wir  meines  Er- 
achtens  kein  Recht,  5oÄt(ov  zu  schreiben,  so  sehr  sich  der  Genetiv  scheinbar  durch 
6'£  staipcov  empfiehlt.  Vielmehr  glaube  ich  annehmen  zu  können,  dass  SoXtcoc  hier 
ebenso  zum  Particip  irpoSoOcd;  gehört  wie  XII  140  in  der  Verbindung  SoXtcoc  XTjtpÖsti; 
üf  izalprj'j.  Endlich  kommt  hinzu,  dass  die  Phrase  TCpoöoöstc  6f  statptov  ohne  5oXtcov 
wiederkehrt  XIV  91.  Alle  diese  Umstände  sprechen  für  die  Beibehaltung  der  x^dverbial- 
form. 

XI  225  sq.     §'r][JLoß6pot  ßaatXstc  %otl  u-jrsp'ftaXoc  xat  ^mazoi 

siv  hki-(rjiQ  stcow  ot'Jxdp  ixsydöujxo?  dyYjVoip  v.zX. 

Den  unbefangenen  Leser  wird  zweifellos  das  vor  ÜTCcprptaXoi  stehende  AVörtchen  %at 
stören;  es  verschwindet,  wenn  man  die  zweifelsohne  ursprüngliche  Lesung  herstellt: 
ßaai/.7js<;  u-irsptpiaXoi  v.rv.  dvayvot.  Auch  im  zweiten  Verse  ist  eine  kleine  Verbesserung 
anzubringen,  indem  für  siv  (so  Alexandre  und  Volkmann  für  handschriftliches  sv)  bki'^oic, 
steatv  aürdp  zu  schreiben  ist  siv  hkb(Oiz  srcsaaiv  dtdp.  Wiederholt  sind  ähnliche  Cor- 
ruptelen  in  den  Sibyllentext  eingedrungen,  vgl.  III  5  dYysXXsiv  irdatv  aütdp,  wo  ich  mit 
Meineke  d-yy^^Xsiv  Tcdvcsaatv  didp  schreibe,  oder  III  213  dvopdaw  söocßsatv  Tj^st  xa%öv, 
wo  s'Jacßasaa'  herzustellen  sein  wird  (vgl.  II  332),  oder  II  292  £v  fzivQ  OiQpaiv  öiro  tap- 
raptotai  ßa/.oüvtat.,  was  wohl  ebenso  in  ÖTQpsaa'   zu  verändern  ist. 

XI  229     Xcttf'Et  dxdp  ßcöxou  {xop'fTjv  l^tocv  dvaXcoaa?. 

Diesen  in  den  Codices  arg  entstellten  Vers  hat  Alexandre  insoweit  verbessert,  als 
er  für  {xoprpYjV  offenbar  richtig  {xotpvjv  einsetzte.  Diese  Accusativform  ist  bei  solchen  Spät- 
lingen wie  der  Verfasser  unseres  Buches  nicht  zu  beanstanden  und  also  nicht  etwa 
txoipav  absolut  zu  fordern,  vgl.  was  hierüber  Nauck  auseinandersetzte  in  den  Melanges 
Grdco-Romains  IV  628.     Nur  ist  auch  IStYjv    zu   schreiben.     Das  Particip    äya/Maaz   muss 


()6  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

ZU  ävaX'Jsac  werden,  vgl.  VIII  414,  wo  wenigstens  das  Citat  bei  Lactantius  (xotpav  dva- 
X'jaa;  bietet.  Anderwärts  ist  das  Compositum  xaraXuaac  in  dieser  Verbindung  überliefert, 
wie  an  der  genannten  Stelle  VIII  414  in  den  Sibyllenliandschriften,  ebenso  II  239  [JLOtpac 
*aTa).'J3ac,  wo  wobl  mindestens  |Jiotpav  xa-aX6aac,  eher  aber  [xotpav  dvaXuaac  zu  schreiben 
ist  (wie  Vin  414);  XII  175  ist  überliefert  (J-oip'/j  Sit]  %avak6ciO.Q,  wofür  Alexandre  in 
der  Note  zur  ersten  Ausgabe  (xotpr^v  lUriv  xaxaXoaac  verlangte.  Auch  hier  möchte  ich 
ävaXuaa^  vorziehen. 

Doch  nicht  blos  am  Schlüsse,  aucli  im  Eingange  ist  unser  V^ers  XI  229  verderbt. 
Es  fehlt  das  Object  zu  Xst'J/Si  —  dies  gewinnen  wir  durch  die  Conjectur  ßiotov;  ein 
unbestimmtes  Gefühl  Hess  die  Nothwendigkeit  dieser  Aenderung  offenbar  auch  Alexandre 
vermuthen,  wenn  er  in  den  Curae  posteriores  meinte,  man  könne  auch  ßiotov  schreiben. 
Endlich  ist  ätdp  an  zweiter  Stelle  höchst  auffallend:  ich  vermuthe  hiefür  dcpap.  Dem- 
nach hat  der  Vers  zu  lauten: 

KcV^ai  a^ap  ßtoxov  jAoipr^v  iotr^v  dvaXuaac. 

XI  232  sqq.     5.Gzai  3'  Av(Otzzoz  v6|JL'fY;  zöis  xotpaveouaa 

7.ai  TiöAi;  Yj  [XcydXYj  ze  Max'/j5ovtoto  dvaxroc, 
Tuörvt.'  'AXc^dvSpcta,  xkozrj  öps-irtsipa  'sroXf^cov, 

xdXXet  ZB  GttXßouaa  [xovtj  [i.'QZ^jÖTzzo'kiQ  eazaL 

In  diesen  Versen  stecken  zwei  arge  Fehler,  die  bisher  merkwürdiger  Weise  gar 
nicht  bemerkt  wurden.  Es  wird  der  Preis  Alexandreia's  gesungen:  hiebei  kann  es 
keinem  Zweifel  unterworfen  sein,  dass  schon  im  Eingangsverse  232  von  Alexandreia  die 
Rede  ist,  zumal  sich  xat  am  Anfange  von  233  als  Corruptel  ergeben  wird.  Die  Stadt 
wird  (in  alttestamentlicher,  bei  den  Sibyllisten  gangbarer  Art)  als  Aiyunroo  v6|icp7]  bezeichnet 
und  nur  infoige  des  Eindringens  jenes  xal  und  der  Verderbnis  des  Einganges  von 
233  ward  der  Genetiv  zum  Nominativ  AifOTZOQ  corrumpirt.  Es  hiess  nämlich  ursprüng- 
lich nicht  xal  TZÖKIC,  'q  ^^yücq  zz,  wie  die  Handschriften  wunderlich  genug  bieten, 
sondern  zweifellos  3!a  iroXi?  jXcYdXTj  ts;  schon  an  und  für  sich  lässt  dies  der  Zusammen- 
hang ahnen,  zur  vollsten  Gewissheit  aber  wird  diese  Vermuthung  durch  die  Parallel- 
stelle XIII  49,  wo  wir  in  den  Handschriften  lesen  Zl(x  tzökiq  \i.Z'{aXt]  Ma%Yj5ovioio  dva%i:oc; 
hier  ist  wiederum  aus  unserem  Verse  das  ausgefallene  Tc  zu  ergänzen.  Und  so  gewinnen 
wir  für  die  Verse  232  sq.  folgende  Gestalt: 

Sarai  8'  Alyun-ou  v6(jL'f-/j  -uors  xoipavsouaa 
5ta  %rj)xz  {AsydXYj  -es  MaxYj^ovtoto  ayav.zoz. 

XI  258  sqq.     yp'jaoO  -'  dpYupio'J  ze  •    5öXoc  St;  iooszai  aor?j 
£c  iouov  dvi5pö)V 

Die  Leseart  der  Handschriften  5öÄo<;  3y^  ist  wegen  der  Erhaltung  der  Länge  in  der 
Senkung  unzulässig:  nalie  liegt  es,  an  (jÖXoq  5s  toi  zu  denken,  vgl.  XII  285  xaxi^  8s  oot 
saasra».  aiaa.  Oder  ist  unter  Berücksichtigung  von  III  191  vtai  TzrxQ  SöXoc  iaasrat  aözoiQ 
und  XII  268  y.7.'.  tz0.q  5ö/.o?  i'zzezr/.i  aötm  eher  ypoaofj  t  dpYUptou  x'  •  iSs  irdc  86Xoc  saasrat 
a'JT?^  herzustellen? 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  97 

XI  266  sqq.  -o6x(ov  5'  uatduo?  dp^st  §cX,d-ou  dpiÖ[ioto 
üordtcoi;  Kaiaapoc  sirtxÖövta  yota  %-s[v(ov 
'ApTjt  Bscvcp  ßcßXTjiJLsvoc  dvöpö?  ux  ex^poö. 

Im  Verse  267  versuchte  Alexandre  die  hier  angeführte  Corruptel  der  Handschriften 
durch  die  Conjectur  uard-cto?  Kaiaap,  oc  Sit:!.  yÖovl  yula  Tttaivcav  zu  heilen.  Durch  die 
Einführung  des  Relativs  '6c.  wäre  Alexandre  verpflichtet  gewesen,  auch  ein  Verbum 
finitum  dieses  Nebensatzes  beizustellen,  das  nicht  entbehrt  werden  kann.  So  annehm- 
bar auch  der  zweite  Verstheil  ist  (Meineke  schlug  im  /Öovl  yut'  s^rstvcov  vor),  so  wenig 
befriedigt  der  Anfang.  Eine  weitere  Corruptel  entstand  durch  Verstümmelung  des  Ein- 
ganges von  Vers  267,  wo  man  aus  dem  vorangehenden  Verse  das  Wort  uatduoc  zur 
Verdeckung  der  Lücke  einschob.  Es  scheint  etwa  Kabapoc  o5voja  sjtöv  oder  Aehnliches 
den  Versanfang  gebildet  zu  haben.  Aber  freilich  eine  bestimmte  Entscheidung  lässt 
sich  bei  dem  traurigen  Stande  der  Ueberlieferung  hier  kaum  oder  gar  nicht  fällen. 

XI  270  sq.  eirl  §'  a'Jxq)  aYjixa  ysouatv 

"fiQ  (pikiriQ  sxati,  [J.vtj[j.'/]  ydptv  (jLSxsyovcsi;. 

Schon  früher  ist  von  mir  und  Meineke  sicL  für  das  überlieferte  7C£pl  verbessert 
worden;  sxati  ist  zweifellos  aus  svsxsv  verderbt,  schüchtern  hat  auch  Alexandre  an 
sVcxa  gedacht  in  der  ersten  Ausgabe,  es  aber  wieder  fallen  gelassen.  Für  yäouatv  ist, 
da  das  Futurum  nothwendig  ist,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  die  Form  ysovcat  herzu- 
stellen; da  im  selben  Verse  6d'|ouat  unmittelbar  vorangeht,  ist  die  Endung  von  ysovtat 
leicht  verderbt  worden.  Endlich  muss  [j,V7][JL*(]ai  für  [JLViQ[i.*(]  gelesen  werden  unter  gleich- 
zeitiger Veränderung  des  [JLcXsyov-si;  zu  Tcapsyovtc?,  weich  letzteres  Alexandre  in  der 
Note  zur  ersten  Ausgabe  vorgeschlagen  hat.     Friedlieb' s  xaxsyovtsc  ist  unstatthaft. 

XI  292  sq.     xal  zizs  ZsiLairx  sv  ävöpcoicotatv  d^avcoc 

Tdaiv  ■    Xct'l'St.c  ydp  dvaiSsa  9ü[xöv  syouaa. 

Dies  ist  die  Lesung  der  Handschriften;  Alexandre  hat  in  Vers  292  zu  schreiben 
versucht  %ai  zöz  bo'q^  ZzikaiTj,  ev  7.zk.  und  im  folgenden  Verse  dann  icdatv  6jj.oü  nach 
VIII  107,  XI  178.  Ich  ziehe  es  vor,  5cdata,  resp.  die  epische  Form  SciXaC-rj  als  prä- 
dicatives  Adjectiv  zu  nehmen  und  mit  Ergänzung  eines  xai,  das  den  Rhythmus  bedeutend 
erträglicher  macht,  zu  lesen:    xai  zöxa.  SstXair^  xai  £v  dv9pco7COWtv  dcpavioc  'Tidaiv  eot]. 

XI  296     ZaiMkarjc,  .  .  .  tzo'jXoq  hi  as  xXauasxai  'kaÖQ. 

So  edirte  Alexandre.     Das  erste  Wort  hai^jälsoc.  bezieht  sich  auf  das  vorhergehende 

T6[JLßoc  (Vers  294).     Die  Lücke   ist  leicht  auszufüllen,    wenn   man   sich   der   homerischen 

Fügung   a  131    xaXov    SatSdXcOV    erinnert    (vgl.  11  222).      Alexandre    hat    5at5dXcO<;    Y.a\bz 

vermuthet,    was  jedoch   in  jene  bei  Homer   vorliegende   rhythmischere   und   natürlichere 

Wortfolge  xaXöc   SaiSdXcOC    umzusetzen    ist.     Am   Sclilusse    unseres  Verses    ist    ein    arger 

metrischer  Verstoss    bisher   unberichtigt  geblieben.     Meineke    glaubte    den  Vers    so   con- 

struiren  zu  können : 

^aiSdÄso?,  TcouXu?  Ss  as  xXayasrai  alhva  kaöz, 

aber   mit   dieser  weit   hergeholten  Conjectur    dürfte    er   wenig  Beifall    finden.     Viel    ein- 
Denkschriften der  phil.-hist.  Ci.   XXXVIII.  Bd.    IV.  Äbh.  13 


98 


IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 


fachen  stellt  sich  die  Sache,  wenn  man,  wie  ich  vermuthe,  schreibt:  mXöc  SaiSdXsoc  • 
tco'jXu;  U  ac  xXauasrai  oyXoc  oder  xXa'jasQ'  ojit/voc.  Vielleicht  schwebten  dem  Verfasser 
Homerstellen  vor  wie  £2  712  xXaüov  5'  ä|xrpiaT:a6'   o|JitXoc  und  ¥"  651  t:ouXuv  xa6'  5[j.tXov. 

XI  297     xai  ßaatXsuc  sitt  aoi  Ssivöv  aTOvaxT^asTat  oixTpöv. 

Statt  dieser  handschriftlichen  Ueberlieferung  hat  der  letzte  Herausgeber  geschrieben 
8stvöv  arovaxrpstai  ofxtov.  Mit  Rücksicht  jedoch  auf  die  wiederholt  begegnende  Fügung 
xazo56po|Jiat  clxtpÄc  im  Versschlusse,  wie  V  286,  VII  114,  XI  122,  XIII  119  möchte  ich 
hier  Sstvöc  (seil.  ßaaiXsuc)    oirjvayfpezai  oatptöc  herstellen. 

XI  303     dpiC^ei  [ATj>.o(pdYcov  ys^s'/jv  (poßspcbv  dvOptoircov. 

[iT/o'^ctY(ov  bieten  die  Handschriften;  bedenken  wir  aber,  dass  äv6p(öircov  schon 
ein  Epitheton  in  'foßspcöv  besitzt  und  andererseits  ysVcYjV  eines  solchen  nicht  wohl 
entrathen  kann,  so  werden  wir  nicht  umhin  können,  [XVjXo'fdYOV  -{Z-^zrp/  zu  schreiben. 
Dies  ist  aber  das  ,Geschlecht  der  Kleinvieh  verzehrenden  Wölfin',  dasselbe,  welches  in 
unserem  Buche  XI  1 1 1  als  ÖTjpö?  ziwa  (i'/j/.o(pdYO'.o  bezeichnet  wird.  Die  tpoßspoi  dvöpwirot, 
die  Römer,  als  jiTjXotpdYOt  schlechthin  zu  bezeichnen,  wäre  mindestens  etwas  geschmack- 
los. Auch  Alexandre  hat  einmal,  freilich  zweifelnd,  an  jxrjXoffdYOV  gedacht,  in  der  Note 
zur  ersten  Ausgabe. 

XI  304     ai  oTCÖaotc  Öfjpsoat  kdzpic.  xal  xup[j.a  -{BTqa'Q. 

Den  Dativ  ötzöooic,  haben  die  letzten  Herausgeber  richtig  aus  dem  überlieferten 
ÖTTÖaoi  hergestellt  (ebenso  Bripsaoi  für  QiQpsac).  Allein  die  hauptsächliche  Corruptel,  die 
hier  vorliegt,  hat  bisher  Niemand  auch  nur  bemerkt.  Was  soll  Xdtptc  %ai  %6p[j.a  bedeuten? 
Es    muss   vielmehr    sXtop    xai    %6p[Jia    heissen,    vergl.  den    homerischen    Mustervers    t  473 

An  Steile  vun  EMop  ist  kdz^iz  aus  dem  nahen  Verse  298  eingedrungen. 

XI  306     Tj  tö  Tcpiv  ßaatXcöatv  dYa/.>.o[jLSVTj  [XcYdXotatv. 

So  hat  Alexandre  in  den  Text  gesetzt:  die  Handschrift  Q  bietet  Tj  Ttptv,  Fi?  "i^  -Jrpiv 
7.a'l;  vielleicht  ist  eher  zu  schreiben  to  Tupiv  xac  ßaatXsüatv  xzX.  Damit  soll  aber  die 
Möglichkeit  jener  Alexandre'schen  Fassung  keineswegs  bestritten  sein. 

XII  16  sq.  %a{  as  -Es^'/^aa? 

"Apsoc  dvopo'fovoto  TraY'»]a£tai,  dY^aö^apTis. 

Zu  iraYT^ssrat,  welches  nacli  den  Handschriften  unverändert  in  den  Ausgaben  stehen 
blieb,  machte  Alexandre  in  der  zweiten  Auflage  die  eigenthUmliche  Bemerkung:  ,ser- 
vandum  zaY'r^astat:  est  enim  „pinguescet,  satiabitur",  quamvis  insolito  verbi  sensu,  unde 
tamen  processit  vox  ■!:of/6?'.  Allein  mit  iraY'rpsTat  ist  nichts  anzufangen.  Mit  geringer 
Aenderung  der  handschriftlichen  Ueberlieferung  schlage  ich  vor  zu  schreiben:  "Apso? 
dv5po'f6vo'j  ^K'/:^lzfi■f^ZzZ'■xl. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischbn  Orakeln.  99 

XII  21     Mi\).(piz  xpTjVtyOsiaa  §t'  yjY£(jlövo)v  %axör/]TOi;. 

Im  Versschlusse  ist  der  Accusativ  ot  rf[B\).övuiV  xaxoxT^Ta  herzustellen,  vergl.  ausser 
V  17,  woher  der  Vers  stammt,  noch  die  Stelle  XIII  53;  eine  andere  Verbindung  6(p' 
Yj£[j.öv(ov  v.av.6~r^^oc  liegt  vor  VIII  162.  Die  ganze  Phrase  5i'  fjcjjiövtov  xa%6Tf]za  begegnet 
in  der  uns  erhaltenen  Literatur  zum  ersten  Male  bei  Theognis  855  (Bergk*);  ein  Muster 
hiefür  aber  steht  schon  bei  Homer  N  108  TJYcfJLÖvoc  xaxörrjTt. 

XII  23     %a'.  §£a(Jio6c  ÜT^ast  Xaoi^. 

Die  Ausgaben  bieten  nach  der  handschriftlichen  Ueberlieferung  an  dieser  Stelle 
S£a[J.o6?,  obgleich  Alexandre  und  Friedlieb  selbst  Bedenken  dagegen  hatten.  Es  ist 
unbedingt  6£a|Jtouc  zu  schreiben,  vergl.  neben  dem  Muster verse  V  19,  der  VIII  13  wieder- 
kehrt, auch  XIV  56,  wo  wenigstens  %al  0£a|j.o6c  Ötqcjsi  (ohne  Xaol?)  zu  lesen  ist.  Aus 
sonstigem   epischen  Sprachgebrauche   führe   ich  Apollon.  Ehod.  Argon,  -ß  5  an:    ££tvotatV 

ä£t%£a    6£a[iÖV    £6t;%£V. 

XII  30     a)X  oTTotav  dati^p  icav£{x,c/.oc  vjcXioto 

)sa(j.Tcpö?  di:'  o6pavö6£v  Trpo^avfj  ivt  "^[iaat  (Jisoaoic- 

Die  prosodische  Messung  TZWZuakoQ  ist  um  so  auffälliger,  als  die  erste  Silbe  in  die 
Senkung  fällt.  Allem  Anscheine  nach  stand  hier  die  Form  '3raV"£t%£Xo?  geradeso  wie 
bei  Späteren  neben  iraVcTctaxoTtoc  —  xavtcTCtaxoTCOC,  neben  xaVcTCOTCiTjc  iravrsicöiü'CTji;  oder 
Ttrxyzs^yizr^Q  neben  itavcpyExr^?  u.  dgl.  sich  vorfindet. 

XII  32  sq.     xai  ~6zz  Zr^  v^^jo^ioq  f^^£t  )^öyoc  O'^iazoio 
aapxo'fdYtov  Övtjxoioiv  ojjLotcov. 

Statt  des  in  den  Handschriften  vorliegenden  aapxo<pdY(ov  hat  Alexandre  adpxa  i^£p(ov 
edirt.  Friedlieb  gar  aap/,o<s£p(ov,  ein  kleines  Ungethüm  von  Compositum.  Hätten  diese 
beiden  Herausgeber  genauer  zugesehen,  so  würden  sie  schon  in  Mai's  Publication  der 
vier  letzten  Bücher  nach  den  beiden  Vaticani,  freilich  an  einer  entlegenen  Stelle  versteckt 
(Addenda  p.  217),  die  richtige  Vermuthung  haben  entdecken  können,  nämlich  aapxoipopoc. 
Dass  diese  hier  zutrifft,  kann  ich   durch  eine  Parallele  beweisen,  I  324  sq.: 

ÖTj  tö-£  %ai  |j,£YdXoco  6£oü  izdiz  dvöptoirotatv 

■ffizi  aap%o^öpo?  ÖVTjtoii;  6|j.otou|j,£Vo?  £V  y"^- 
Ausserdem  wäre  zu  vergleichen  VIII  222  aapxocpöpwv  §'  dvSpwv.    Mai  begnügte  sich  mit 
der  Verbesserung  jenes    einen  Ausdruckes,    aber  die   Stelle   verlangt  noch   eine   weitere 
Emendation.     Schreibt  man  nämlich  aapxo'^öpoc,  so  muss  auch  Övr^rocaiv  6(aouoc  hergestellt 
werden,   ganz  übereinstimmend  mit  dem  in  der  angezogenen  Parallelstelle  vorliegenden 

XII  42  sqq.  y.al  rM.ei  Ah(6TZ(^  -^arf/j-i  iaasxat  Aaauptotc  -£ 
KöÄ/oic  'Hvtöyoic  xal  zrilc,  -juapd  y£6[Jiaai  NctXou 
r£p|xavrii?  dY^uctv  ÜTtsp  (la|j.|j.a0(()5£a?  dxrd?. 

So  lautet  die  Ueberlieferung  dieser  Verse.  Die  Corruptel  NsiAou  sowie  (};a[i|jia6«)0£ac 
ist    durch   'Pr^vou    (vergl.  XII  150   sq.)    und   (La(jLa6tö5£a?    von    Alexandre    richtig    ersetzt. 

13* 


IQQ  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

Für  ayoüsiv  schlug  er  ebenfalls  zutreffend  vatouatv  vor.  Noch  aber  bleibt  der  Anfang  des 
Verses  42  zu  verbessern.  Alexandre  schrieb  xai  tzoXo  Ah(6%zq>,  indem  er  glaubte,  man  könne 
etwa  noch  ein  8'  hinter  dies  tcoXü  setzen;  Friedlieb  aber  meinte  gar  v-cd  iröXst  AiY^irrou 
conjiciren  zu  können.  Die  Stelle  ist  einfach  durch  die  Lesung  xai  izakiv  AhfÜTZZo^  zu 
heilen;  ich  brauche  nicht  erst  auf  die  bei  den  Sibyllisten  so  geläufige  Verbindung  ■/.ai 
icdXtv  hinzuweisen.  Nicht  unbemerkt  aber  soll  es  bleiben,  dass  man  derselben  Corruptel 
icöXci  aus  irdXiv  nochmals  begegnet,  XIV  74. 

XII  51  sq.     xoüx  sarat  -irXoÜTOu  itouXuc  xopoc"  äXkd  z  dvaiScbc 
irXsbva  auXi^aa?  öv^ast  xaxd  yatav  diravra. 

Jeder  Leser  wird  an  dem  Ausdrucke  tcouXuc  xöpo?  nothwendig  Anstoss  nehmen. 
Man  könnte  sich  höchstens  irÄouTOU  iro/Aoü  xöpo?  als  zulässig  denken.  Stellt  man  aber 
unseren  Vers  in  Vergleich  mit  VIII  188  oüSs  O'fW  tt^oütou  xopoc  Eoacxat,  dXÄd  x  dvatScb?  | 
lüXstova  a'jXi^ao'jai,  so  wird  man  kaum  zögern  zu  schreiben  ■äoüx  aüttp  tcXoütou  xopo? 
^aasiat.  Jenes  seltsame  iiouXüc  ist,  nachdem  das  erste  Hemistichion  die  ursprüngliche 
Fassung  verloren  hatte,  aus  dem  vorangehenden  Versschlusse  )[puaöv  8s  tcoX'jv  auva6po{aci 
zur  Herstellung  des  Rhythmus  hereingezogen  worden,  oder  es  entstand  durch  eine 
fälschlich  emendirte  Dittographie  des  Wortes  iüXoutou. 

XII  60  sq.  h.\i.bc,  8s  rnGs^st 

Kaji-iravoüc  0p(^7,d?  xs  Maxir]86vac  '  IraXtfjrac 

Die  Schreibung  Ka[JLiravo6c  rührt  von  Alexandre;  allein  da  die  Handschriften  xaiCTuavou? 
bieten,  so  ist  dieselbe  um  so  problematischer,  als  unmittelbar  nach  dem  fraglichen 
Namen  die  Thraker,  dann  die  Makedonen  und  schliesslich  die  Italioten  überhaupt  ange- 
führt erscheinen.  Ich  vermuthe  deslialb,  dass  in  jenem  KaitTcavooc  ein  Compendium  für 
Ka7:i:d8o%a(;  steckt:  setzen  wir  dies  ein,  so  ergibt  sich  eine  natürliche  geographische 
Reihenfolge;  zugleich  schwindet  das  schwere  Bedenken,  welches  darin  läge,  dass  nach 
Anführung  der  Campaner  im  selben  Verse  auch  noch  im  Allgemeinen  die  Bewohner 
Italiens  überhaupt  als  von  der  Hungersnoth  betroffen  erwähnt  würden. 

XU  78 — 84.  Wer  diese  Stelle  über  Nero  zum  ersten  Male  liest,  so  wie  sie  in  den 
Handschriften  überliefert  ist,  muss  sich  fragen,  ob  es  denn  möglich  sei,  dass  einer  der 
Sibyllisten  solch  baren  Unsinn  geschrieben  hätte.  Im  fünften  Buche  (V  28  sqq.)  liegt 
uns  offenbar  das  Vorbild  und  Muster  für  dieselbe  vor.  Alexandre  nun  meinte,  der  Ver- 
fasser der  letzteren  hätte  eine  schlechte  Abschrift  jenes  fünften  Buches  vor  sich  gehabt 
und  habe  hiedurch  veranlasst  so  unverständliches  Zeug  geschrieben.  Aber  diese  Ansicht 
vermag  ich  keineswegs  zu  theilen.  Unmöglich  wird  man  zugeben  können,  dass  der 
Sibyllist,  wenn  er  wirklich  auf  so  arge  Corruptelen  gestossen  wäre,  wie  sie  hier  im 
zwölften  Buche  vorliegen,  als  vernünftiger  Mensch,  der  doch  anderwärts  keinen  solchen 
Widersinn  bietet,  sich  veranlasst  gesehen  hätte,  ganz  unverständliche  Sätze  und 
Worte  seinen  eigenen  Versen  einzuverleiben.  Er  wäre,  meine  ich,  wie  in  den  Pro- 
phetien  über  andere  Kaiser,  wenn  er  absolut  Sinnloses  vorgefunden  hätte,  selbständig 
vorgegangen,  ohne  sich  an  eine  so  heillos  verderbte  Vorlage  im  fünften  Buche  zu 
halten.      Da  aber  die    überlieferte   Fassung   der  in    Rede  stehenden   Stelle,    wenn   auch 


Kritische  Studien  zu  den  8ibyllinischen  Orakeln.  lOl 

arg  verstümmelt,  ganz  deutlich  an  das  im  fünften  Buche  vorliegende  Muster  sich  anschliesst, 
so  spricht  gerade  dieser  Umstand  dafür,  dass  unser  Sibyllist  jene  Schilderung  entsprechend 
charakteristisch  fand,  so  zwar,  dass  er  sich  hiedurch  bewogen  fühlte,  sie  in  sein  eigenes 
Product  einzufügen.  Wir  werden  daher  berechtigt  sein,  die  Entstellungen  in  den  Hand- 
schriften des  zwölften  Buches,  welche  eine  einfache  und  natürliche  Erklärung  ausschliessen, 
als  Corruptelen  anzusehen,  die  durch  die  schlechte  Verfassung  des  unseren  Handscliriften 
zu  Grunde  liegenden  Archetypus  zu  erklären  sind,  keineswegs  aber  auf  den  Verfasser 
des  zwölften  Buches  selbst  zurückgehen.  Uebrigens  ergibt  sich  durch  eine  Vergleichung 
beider  Stellen,  dass  auch  die  Kritik  des  fünften  Buches  aus  der  Ueberlieferung  des 
zwölften  Gewinn  ziehen  kann,  so  dass  hierin  ein  enger  Contact  der  beiden  Partien 
wahrzunehmen  ist. 

Die  drei  Eingangsverse  XII  78  —  80  sind  selbständig  nach  V  28  umgestaltet,  in 
XII  81 — 86  hält  sich  der  Verfasser  eng  an  V  29 — 34.  Da  ist  zunächst  die  arge  Corruptel 
in  Vers  81  5s wo?  h'fic,  rp'Jazioz,  ö  ßpa/jjc  Xoyoc  zu  beseitigen;  es  muss  nach  V  30  Sctvoc 
O'sic,  (p'JOÄv  TCÖ/vSjJLOV  ßap'jv  hergestellt  werden,  zumal  —  und  dies  ist  für  unsere  Auffassung 
ein  sehr  gewichtiger  Umstand  —  durch  XII  264  Sscvöc  miQ  'jröXc[i6v  ts  ßap6c  klar  erwiesen 
wird,  dass  der  Verfasser  die  im  fünften  Buche  begegnende  Version  der  Stelle  gekannt 
hat.  Er  las  also  nicht  den  Unsinn  6  ßpa)(6?  ^oyoc  und  gewiss  auch  nicht  «puascoc  davor! 
Uebrigens  hat  Alexandre  selbst  doch  jenes  6  ßpa)(u?  Aöyo^  beanstandet:  ,6  ^payoQ  Xoyoc 
nos  offendit  et  placeret  6u[AO(»6öpoc  ut  V  40,  XII  155',  ein  Vorschlag,  der  sich  in  diplo- 
matischer Beziehung  wahrlich  mindestens  ebensoweit  von  der  handschriftlichen  Ueber- 
lieferung entfernt  wie  die  Corruptel  im  zwölften  von  der  ursprünglichen  richtigen 
Fassung  im  fünften  Buche.  Ebensowenig  vermag  ich  den  Satz  (Vers  81  sq.)  oc,  tcots 
(so  schrieb  Alexandre  selbst  für  das  handschriftliche  otcots  nach  V  29)  /scpac  TJysixövac 
■cav'jas!.  v.n.i  h\el  irgendwie  zu  verstehen,  obzwar  Alexandre  sich  bemüht  hat,  hier  einen 
Sinn  zu  entdecken  ,pollice  verso  interimens  homines!'  Auch  hier  ist  nach  V  29  sq.  oq 
irors  yß^-''^Z  "^jC  YSVcYj?  ravuaac  b^socc  zu  schreiben.  Demgemäss  wohl  auch  %aL  irdvia 
xapdict  (wie  V  30)  für  das  überlieferte  xai  TzrAka  TsXsaasi,  da  das  letztere  Verbum 
nichts  weniger  denn  als  passend  oder  bezeichnend  gelten  kann.  Anderseits  wiederum 
ist  mit  Hilfe  von  XII  83  d6/.26(ov  sXdmv  xtstvtov  der  Vers  V  31,  wo  d6Xc6(ov  Xaov 
XTsivcov  in  den  Codices  steht,  zu  emendiren.  In  Vers  84  muss  die  verderbte  Futurform 
t[JLfjasi  durch  T|Ji.7]^£t  nach  V  32  ersetzt  werden,  während  der  Ausdruck  zb  5ä'j[jL0V  opoQ 
an  unserer  Stelle  richtig  bewahrt  ist  und  auch  V  32  für  das  dort  vorliegende  corrupte 
TÖ  5ti%[xov  u5o)p  in  den  Text  aufgenommen  werden  muss.  Nicht  minder  ist  auch  der 
in  XII  84  unversehrt  erhaltene  Versschluss  X'j6p(p  he  icaXd^si,  welcher  V  32  zu  dem  sinn- 
losen d6p(|)  (?FdpOptp)  TS  icard^ct  geworden  ist,  an  Stelle  desselben  zu  setzen.  Im  nächsten 
Verse  85  ist  Zioaoz  öXoiioc  nach  V  33  zu  emendiren,  da  jenes  trotz  scheinbarer  Glätte 
keine  plausible  Erklärung  zulässt.  Die  Vertheidigung  der  Stelle  durch  Alexandre  in 
der  Note  zur  ersten  Ausgabe:  ,sed  fortasse  pertinet  Siaaöc  ad  futurum  Neronis  reditum 
ideoque  duplex  eiusdem  regnum'  ist  nichts  als  eine  unerwiesene  Vermuthung.  Aus  V  33 
ist  zu  schreiben  dXX'  saxac  xai  äiazoc.  6  Xotyio;;.  Wie  leicht  6  XoCy^oi;  zu  öXottoc  werden 
konnte,  ist  klar,  wenn  man  erwägt,  dass  die  Gutturalmedia  in  späterer  Zeit  in  der 
Aussprache  zur  Spirans  j  ward,  wie  dies  aus  mancherlei  Belegen  aus  Inschriften  und 
Handschriften  bekannt  ist,  vergl.  auch  das  tareutinische  oXio?  =  fAv^oc  bei  Herodian 
I  141,   19  L.  oder  das  böotische  imv  =  sy^^i  Formen,  die  nur  durch  den  Uebergang  von 


102  I^'^-  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

Y  in  die  Spirans  j  erklärlich  sind.  Endlich  kann  im  Verse  86  unmöglich  richtig  über- 
liefert sein  sXsY'i^^  §7;|Jiov  sxövra.  Alexandre  übersetzt:  ,falletque  volentes',  d.  h.  das  Volk 
hätte  willig  den  Glauben  gehabt,  Nero,  der  Antichrist,  sei  ein  wahrer  Gott.  Dem  wider- 
spricht der  ganze  Tenor  der  Stelle,  ausserdem  vermisst  man  in  sprachlicher  Beziehung 
eine  Conjunction.  Beide  Schwierigkeiten  werden  behoben,  wenn  wiederum  nach  der 
Ueberlieferung  der  Vorlage,  welche  weit  eher  die  genuine  Leseart  darstellt,  sXsy^si 
5'  ou  [Ji'.v  iövta  geschrieben  wird:  er  wird  aber  darthun,  dass  er  es  nicht  ist  (nämlich  6sö(;). 

Zu  dieser  aus  V  28 — 34  entnommenen  Partie  hat  der  Verfasser  unserer  Stelle  eine 
selbständige  weitere  Weissagung  hinzugefügt,  die  sich  hier  recht  ungeschickt  ausnimmt, 
da  sie  theilweise  dasselbe  besagt  wie  die  früheren  Auseinandersetzungen,  theilweise 
wieder  aus  anderen  Lappen  der  Sibyllendichtungen  zusammengeleimt  ist. 

XII  87  sqq.     sipf^vr^  8"  satat  ßaöcla  xouiou  xpatsovcoc 

xai  xp6|jLoi  ävöptbirwv     ötzo  aö^ovtotai.8'  äiqaz 
ci^sV  uScop  atoirov  dir'  (bxsavoio  r^tirLiti^. 

So  ist  handschriftlich  überliefert.  In  Vers  87  steht  ßaOsla  wie  XI  237.  An  beiden 
Stellen  schrieb  Alexandre  ßaOsvj:  doch  ist  vielleiclit  ßaOstTj  zuzulassen,  indem  der 
Diphthong  et  mit  Uebergang  des  i  in  den  Halbvocal  j  als  Kürze  gemessen  wird;  der 
Umstand,  dass  die  Form  zweimal  vorliegt,  spricht  gegen  die  sonst  nicht  so  unmögliche 
Vermuthung,  dass  ßaOsla  etwa  an  Stelle  eines  andern  Adjectivs,  [XcydXTj,  eingedrungen 
sei,  da  wir  III  754  die  Version  vorfinden:  dXXd  |jl£V  stpr^VT]  {ASjaXT]  xaxd  yalav  d-jraaav. 
Eine  andere  Frage  ist  es,  ob  nicht  der  Eingang  von  Vers  88  zu  ändern  ist.  Unter  Nero 
wird,  heisst  es,  tiefer  Friede  herrschen  xai  rpöjioi  dv6p(67ca)v!  Diese  auffallende  Ver- 
bindung suchte  Alexandre  in  der  Note  zur  ersten  Ausgabe  zu  erklären,  indem  er  meint, 
,"pö[ioc  dvÖptÖTTcov  videntur  esse  gentium  subditarum  obsequia  metu  expressa'.  Vielleicht 
jedoch  wird  diese  etwas  geschraubte  Bemerkung  unnöthig,  wenn  wii-  xoü  Tpöfjiot  dvöpw-irwv 
herstellen,  was  eine  negative  Ausdrucksweise  für  sipTjVTQ  ßa^cla  wäre. 

Arg  verdorben  sind  die  folgenden  Worte.  Eine  Heilung  dieser  Stelle  scheint  mir 
nur  unter  Bezugnahme  auf  die  parallele  V  26  sq.  möglich  zu  sein,   wo  ich  lese: 

iccivoi;  Ss  xaö'  öa-ca-cov  'Qxscxvölo 
lizH'  ü5(op,  djATCcoriv  6%  Aüaovtotot  Sati^ac. 

Jener  (Nero)  wird  bis  zum  äussersten  Meer,  zum  Okeanos  gelangen,  die  Flut  durcli  der 
Ausonier  Macht  zertheilend.  In  ganz  ähnlicher  Weise  dürfte  unsere  Stelle  ursprünglich 
gelautet  haben,  während  sie  jetzt  gänzlich  zerstört  ist.  Mit  Rücksicht  auf  die  angeführte 
Parallele  empfiehlt  es  sich,  wie  ich  glaube,  den  Schluss  von  Vers  88  mit  dem  von  89 
den  Platz  tauschen  zu  lassen,  indem  zu  schreiben  wäre: 

lq,z'i  'joo)p  dazstTCTOv  öt:  Aüaovtoiai  3di(;a<:, 

80  dass  sich  der  Sinn  ergibt:  Nero  wird  von  des  Okeanos  Fluthen  heimkehren,  nachdem 
er  die  nur  schwer  oder  gar  nicht  betretbare  See  durch  der  Ausonier  Macht  zertheilt.  So 
wird  wenigstens  eine  erträgliche  Construction  gewonnen.  Eine  definitive  Entscheidung 
zu  fällen,  erscheint  bei  der  trostlosen  Zerstörung  dieser  Stelle  unmöglich. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  103 

XII  95  sq.     TÖv  [xsta  zpzic.  dpSooaw  kTZloy'Jii.i-QGi  Xa/ovisc 

sßSojJLT^xovT  dpi6[j.öv  060  zoipavot. 

Da  sß5o[jf<;xovx'  sich  dem  Verse  nicht  fügen  will,  haben  die  Kritiker  Verschiedenes 
versucht,  um  eine  ganz  regelrechte  Messung  zu  erzielen.  Alexandre  wagte  das  uner- 
hörte Eß5o[j.dÄOVx;',  während  Meineke  sich  gar  zu  einer  Form  STZZTjXrjVZ  verstieg.  Indess 
steht  die  Sache  meines  Erachtens  anders.  Zunächst  möge  hervorgehoben  werden,  dass 
Eßoo|jf»]icov-a  mit  derselben  Messung  weiter  vorliegt  in  den  Sibyllenhandschrii'ten  XIII  157 
und  XIV  28.  Dass  diese  Form  festzuhalten  und  durch  keine  andere  zu  ersetzen  ist, 
beweist,  wie  ich  meine,  zur  Genüge  der  Umstand,  dass  sie  auch  auf  metrischen  In- 
schriften in  ganz  derselben  Weise  gemessen  vorliegt,  und  zwar  bei  Kaibel,  Epigramm, 
graeca  ex  lapid.  conlecta,  zunächst  in  dem  Sepulcralepigramm  Nr.  305  aus  Smyrna 
(C.  I.  G.  3311),  welches  nicht  jünger  ist  als  aus  dem  zweiten  Jahrhunderte  nach  Christo, 
Vers  1  sq.: 

'Ep{xoY=vYjC  Xapi5Tj[i,ou  iTjxpsiTjV  dvaypdtj/ac 

STUtd  ETUI  Eßoo[i.'iQ%ovt  ETsaiv  xai  laaiQ  kizi  ßößXoic, 

weiters  in  einer  Grabinschrift  aus  Syrien,  Nr.  459a,  4  (p.  526)  in  dem  Pentameter: 

xai  CiQ^avxa  xaXcöc  Eß5o[i,7]xovTa  sz-q. 

Fragen   wir  nun,   wie   denn   eine  solche  Form   nur   einigermassen   den   prosodischen 

Gesetzen  entsprach,  so  dürfte  wohl  der  Vocal  0  vor  \i  bis  auf  ein  minimales  Zeittheilchen 

0 
herabgesunken  sein,   indem  etwa  Eß^jXT^^ovxa  ausgesprochen  ward,  d.  i.  etwa  so,  wie  dies 

ursprünglich  geschehen  sein  mag,   als   er  sich  als  Svarabhaktivocal  vor   dem  Nasal    ent- 
wickelte. 

XII  97  sq.  xat    eit'  akko^iz  ojX'jc,  öXsi-cai 

'ApTjC  itpatEpq)  uitö  oz^axiffi  TcaXajxdcov. 

Dem  Verse  98  fehlt  in  der  Ueberlieferung  in  metrischer  Beziehung  eine  kurze 
Silbe;  dieser  Umstand  veranlasste  Meineke,  an  die  Schreibung  yÖTio  statt  'jtüö  zu  denken. 
Diese  halte  ich  für  ganz  unstatthaft,  da  es  eigenthümlich  berühren  würde,  wenn 
der  Dativ  "ApYjt  ■nparsptp  mit  dem  Präpositionalausdruck  'jtco  arpa'iyj?  iraXaiidcov  coordi- 
nirt  wäre.  Ich  möchte  deshalb  vermuthen,  dass  der  Vers  ursprünglich  so  gelautet 
hat:  'Ap-zjo?  %parEpolr>  tiiuo  OTtßapcbv  TraXa[j.d(ov.  Wie  leicht  'ÄpT]'.  xpaiEptp  im  Eingange 
eindringen  konnte,  beweist  der  Umstand,  dass  anderwärts,  wie  z.  B.  in  unserem  Buche 
XII  249  und  275,  jener  Ausdruck  den  Versanfang  bildet.  Die  Corruptel  atpau'/jc  aber 
kommt  in  demselben  wiederholt  vor,  so  z.  B.  XII  116,  worüber  unten  zu  vergleichen  ist. 
Hingegen  findet  sich  das  ganze  Hemistichion  ÖTZO  aTpaxiTjC  TcaXaixdcov,  und  zwar  offenbar 
als  ursprüngliche  Leseart  XIV  124  vor.  Von  hier  aus  ist  die  Formel  auch  an  den 
genannten  Stellen  fälschlich  eingedrungen. 

XII  101     Eirtdxt  ziü  SExdScC  xEpat  OEt^o'jai  icpö^vjXov. 

So  die  Handschriften.  Alexandre's  Schreibung  sxxdxi  z6^  ^EvidSa;  /.spaiat  Ssi^ouai 
TCpo^TyXov  ist  mir  unverständlich.  Unter  Beihilfe  der  parallelen  Stelle  V  37  (vgl.  auch 
V  35  und  XII  99),  die  selbst  nicht  ganz  richtig  überliefert  ist,    glaube  ich  beide  heilen 


104  '  IV-  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

zu  können.  An  letzterer  lieisst  es:  iizzdY.iQ  Sc  SexdnrjV  xspatTjv  §savuat  -rtpöSTjAGV.  Es  bedarf 
nur  der  Herstellung  von  Sc  Ssxdr/jv  XEpaiYjv  zu  6v  Scxanr]  xspaiTj  und  wir  haben  das 
Muster  für  XII  101,  wo  diese  Leseart  gleichfalls  herzustellen  ist. 

XII  102     Oo'.vwYjv  öXsast  xat  AuStav  s^oXoöpsuast. 

Dass  hier  von  AuSia  nicht  wohl  die  Rede  sein  kann,  bemerkte  schon  Alexandre, 
welcher  das  metrisch  unmögliche  Supiav  dafür  einsetzen  wollte.  Allein  es  ist  weit 
annehmbarer  $oiv{xy^v  oXiotie  xal  'AaaupiYjv  öXoöpcuast  zu  lesen. 

XII  103     YySsi  xat  po[j.(paia  iic'  tcpoaoXo[jL7]i§a  yatav. 

Dies  bieten  die  Handschriften  FiT,  Q  weicht  nur  insoferne  ab,  als  darin  ÜTd  ispoao- 
>.u{iTjiSa  zu  lesen  ist.  Alexandre  setzte  fj^si  xal  po[J.(pata  s-Ttt  IoXu(JLTjt8a  YO^t^*^^  ii  den 
Text.  Allein  der  Wortanfang  in  i£poaoXu[j.y]i§a  darf  nicht  unbeachtet  bleiben.  Ich  ver- 
muthe,  es  sei  mit  Hinweglassung  des  überflüssigen  y,ai  herzustellen:  yj^si  po|JL!pai7j  fspi^v 
SoX'JixYjiSa  '^aXm. 

XII  105  sq.     a!  at,  <I>oiv{%7],  oaa  -cXi^asat  yj  ßapuTreVÖT,? 

Dies   ist    die   Lesung  Alexandre's.     In   den    Handschriften    steht   Q^ixzf^ai   tpozaiT^t, 
woraus  ohne  Weiteres  xp07:acoiai  gemacht  wurde,    ohne  dass  Alexandre    (und  Friedlieb) 
den    metrischen   Fehler    bemerkten;     es   ist   natürlich   'üpoira'lotc    zu    verbessern.     Für    das_ 
auffällige  'f^  ßapuTrsv^YjC  in  Vers  105  schlage  ich  vor  (5  ßapuirsvÖT^?. 

XII  107  sqq.     ai  ai,  iiz  'Aaauptouc  Ikr^,  '»at  VT^iita  xsxva 

oüv  t  akrtyrAQ  xat  iravtl  ßtq),  'TtXoöxoc  S'  dTCoXstxat. 

Den  Ausruf  ai  ai  hat  Alexandre  richtig  hergestellt  aus  dem  corrupten  aiv,  das  in 
den  Handschriften  steht.  Dagegen  ist  seine  Schreibung  i^  für  überliefertes  9fisi  nicht 
zu  billigen;  viel  näher  liegt  die  Correctur  zu  Y^cstc;  ebenso  muss  das  handschriftliche 
iTt  A33'jptooc  gegenüber  dem  bei  Alexandre  vorliegenden  sie'  'Aao'jpirtiQ  in  Schutz 
genommen  werden,  vgl.  übrigens  den  Wortlaut  der  Musterstelle  III  268  rj.yjirp'q  8s  'Tcpöc 

'Aso'Jptouc- 

Unmöglich  kann  endlich  der  Sibyllist  gesagt  haben  vriTzia  zsÄVa  Stj^si  3oüXc6ovta 
O'jv  z  d/.ö/o'.c  '/.ai  iravd  ßi(p.  Vergleichen  wir  hiemit  die  uns  tadellos  erhaltene  Parallel- 
stelle HI  270,  so  werden  wir  hiernach  unseren  Vers  zu  emendiren  haben.  Dort  heisst  es 
nämlich:  7}8'  d/.öyo'J?  •  *al  TZäz  ßto-oc  icXoOtoc  z  diroXsi-at.  Damit  ist  Alles  ins  richtige 
Geleise  gebracht. 

XII  115  sq.     ci?  5s  zb  z£p[j.a  ßtou  yz^rx^jbz  ßaadsuc  (AsydÖuixoc 
r/.'jzoz   dpic-c'joiv  TCEGcTat  arpaurj?  utt'  dvdyxT;?. 

Den  Ausdruck  'zzyiv.'r^z  (^tC  dvdY^TjC  duldet  Alexandre  im  Texte  der  zweiten  Ausgabe, 
ohne  auch  nur  eine  Bemerkung  liiezu  zu  machen.  Auch  hier  ist  wie  XII  98  dies  arpa- 
ziffi  nur  an  Stelle  eines  Epithetons  von  dvdYX'/jC  eingeschmuggelt  worden,  wie  Alexandre 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  105 

früher  (Note  zur  ersten  Ausgabe)  selbst  vermuthet  hatte;  er  hatte  an  «.patspYj?  oder 
xpatait^C  gedacht.  Das  erstere  muss  in  den  Text  recipirt  werden;  der  Sibyllist  konnte 
das  Hemistichion  xpaicpYjC  f>ic'  avotY^Tjc  aus  Hesiod's  Theogonie  517  vollständig  herüber- 
nehmen;   vgl.  auch  Hom.  Z  458  Äpaxsp-^  5'  btzusIgzz  a^dfif.'f]. 

XII  119     TzoXkä  §£  xo5tdovT£C  sv  dY/tiraXotat  [ia^Y^xatc. 

Was  äy/raa/vOC  [Jia/'rjrai  sind,  hat  uns  keiner  der  Herausgeber,  welche  diese  hand- 
schriftliche Leseart  in  den  Text  aufnahmen,  gesagt.  Zu  verwundern  ist,  dass  bis  heute 
Niemand  jene   Corruptel  in  das  so  naheliegende  ayziizakoiai  verbesserte. 

XII  121     i:o'jvo[Jia  Ss  a/TjOSt  rptrjxoaüov. 

Mit  Bezug  auf  XI  91,  153,  XII  258  ist  vielleicht  o'jvo[Jia  für  das  überlieferte  roövoixa 
zu  schreiben.  Unbedingt  aber  ist  a/T^asts  herzustellen,  wie  XI  91  die  Handschriften 
bieten;  letztere  den  Sibyllisten  eigenthümliche  Form  muss  ebenso  XI  153  und  XII  258 
in  den  Text  gesetzt  werden. 

XII  130  sq.     xal  tüoXsi^  auTÖfxatoi  OTzrjyeipirji  -^jS'  üxöSouXot 

In  den  Handschriften  steht  tzöXiq  und  3'  rß.,  beides  ward  von  Alexandre  in  der 
angeführten  Weise  verändert.  Metrisch  unzulässig  ist  xat  tioXsci;  aüxöfjiatot,  denn  dass 
etwa  ci  bereits  als  kurzes  i  gesprochen  und  gemessen  wäre,  ist  unmöglich  anzunehmen, 
da  diese  Erscheinung  dann  in  einer  Reihe  von  Belegen  nicht  blos  in  der  Sibyllenpoesie, 
sondern  ebenso  in  den  anderen  gleichzeitigen  Dichtungen  epischer  Art  auftreten  müsste. 
Ich  vermuthete  deshalb  früher  xai  izökiec,  (mit  Synizese  des  t),  vgl.  Wiener  Studien  1882, 
p.  123.     Jetzt  möchte  ich  a.6z6\i.aiZOi  5s  TcöXstc  vorziehen. 

XII  133  sq.     xrd  z6ze  navv'jvt-/jv  y.r/l  KsX-tSa  yilay  dicaaav 

Was  soll  ktz  d/v^T^Xotaw  bedeuten?  Es  ist  wohl  it:  dXXuSt?  dXXov  zu  emendiren; 
man  vergleiche  XIV  11  "-cal  £TC  d).X'j3t<;  d/.Xov  öXsaast,  XII  197  /,at  i%  dXXuStc  dXXoc 
hXzlzrxi. 

XII  135  sq.     saasrat  'Aaauptotc,  (oaTUcp  lüapcxXüCst  'OpövtTjc 

Ich  habe  die  Verse  hier  so  angeführt,  wie  sie  A.lexandre  in  der  letzten  Ausgabe 
gibt  —  ganz  nnhaltbar!  Die  handschriftliche  üeberlieferung  ist  icap'  kf.^\()(izz  imd 
%öa(ji,c<c,  dann  xctl  £i  tto'j  ti.  Das  zweite  Hemistichion  von  Vers  135  ward  von  Meineke 
besprochen,  welcher  (ov  i:£p  irapaxXuCct  'OpövcYjc  vorschlug;  nur  muss  hier  wie  XIII  132 
oaou?  5=  Atixoc  TcapaxXoCät  (wo  dies  Verbum  den  Schluss  des  Verses  bildet)  ebenfalls 
der  Accusativ  o'JC  'J^sp  und  das  Activ  icapaxX'jCst  in  den  Text  gesetzt  werden.  Auch 
lien  Schluss  des  folgenden  Verses  hat  derselbe  Gelehrte  verbessert  durch  die  Schrei- 
bung %£i  xou  Z.ZI  [J,£tC''-'V  öpdrai,  während  Alexandre  in  der  Note  zur  zweiten  Ausgabe 
an   das   minder  empfehlenswerte   xzl  ico6  zi  ji,£YcaTOV  opdxat  dachte.     Einen  entschiedenen 

Denkschriftnn  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    IV.  Alih.  U 


106  I^-  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

Missgriff  aber  beging  der  letztgenannte  Kritiker,  indem  er  (ooTTSp  TiapsxXuCct  'Opovnrj? 
x-ta|JLaat  xai  x6a|JL0ii;  in  den  Text  setzte  mit  der  Version  ,ceu  plenus  abundet  Orontes 
aedibus  et  templis'.  Vielmehr  ist  unter  Aufnahme  der  oben  erwähnten  Verbesserung 
xna|ia-a  xal  xoajioc  zu  schreiben,  vielleicht  auch  ä<z'ai  K  für  iaastat,  um  dem  Mangel 
einer  anknüpfenden  Conjunction  am  Eingange  des  Verses  135  zu  begegnen.  Darnach  ist 
die  ganze  Stelle  folgender  Weise  zu  formuliren: 

iaasiat  Äaauptotc,  ou;  icsp  icapavAüCsi  'OpovtrjC, 
Wegen   des   Ausdruckes   v-zio^iaza  xat,  xöa[j.O(;    ist  III  57    zu   vergleichen    apu  os  tot 

XII  138  sqq.  dXXd  (jlsv  aöto? 

Ss^stat  (ÖTStXi^v  [XcYÖiXTjv  £V  a-ci^ösi  [lEoatp 
sie  xö  TsXoc  ßwiou  SoXtcöc  X7j<p9ccc  69'  sxatpou 
£ia(ü  EVI  CaÖECp  jiEYaXq)  ßaadTjtSo?  oixq) 
xaTTirEactai  -cptoÖEi?. 

So  lesen  wir  in  den  Ausgaben.  Einige  kleine  Fehler  der  Handschriften  wie  azrßaGi, 
OTt  sind  von  Alexandre,  respective  Mai  beseitigt  worden.  In  £2  steht  Et?  z'o  xeXo?  ßtoroo 
ts;  ich  vermuthe  als  genuine  Schreibung  ez  zz  zeXoQ  ßtötou,  wodurch  die  Verbindung 
mit  dem  folgenden  Satze  hergestellt  wird.  Im  nächsten  Verse  muss,  zum  Theile  mit 
Benützung  von  Alexandre's  Conjectur,   hergestellt  werden:    oixcp  svc  C^Östp  [J.cYd/,YjC   ßaat- 

XII  147  sqq.     aöttx'  Itteix'  aXXo?  ßaadEu?  sarat  av/^rizr^Q, 

oz  z£  TptTjxoaicov  dpc9(i.(i)V  Xd/sv  eviotcov  dp-/Y]v. 

dpQct  xat  0pc(.x(üv  Y^^iQV  xoXuTTotxtXov  ooarxy 

EXTispast,  xat  -ou?  sirt  sa/ata  ßdpßapa  'Pt^vou  * 

TEpIxavou?  vatovra?  ötaroßoXo'j?  t  "Ißvjpac. 

Hier  unterlief  wiederum,  wie  schon  früher,  eine  Verwechslung  zwischen  aordp  und 
a'j-txa,  es  ist  aütdp  ETCsti  zu  schreiben.  Nach  der  bekannten  Homerstelle  7^179,  welche 
anderwärts  den  Sibyllisten  vorschwebte,  ist  weiter  dXXo?  ßaatXcUi;,  xparspoc  aiy\iy]xriQ  zu 
verbessern  und  nach  dpyi^v  ein  Komma  zu  setzen,  da  das  genuine  Prädicat  des  Haupt- 
satzes erst  in  dp^st  (Vers  149)  folgt. 

Auch  die  Mitte  des  Verses  150  ist  zerstört,  ohne  dass  die  Herausgeber  bisher  sich 
zu  einer  Heilung  der  Corruptel  bemüssigt  sahen.  Der  Ausdruck  i%i  zayaza  ßdpßapa  ist 
sprachlich  und  metrisch  bedenklich,  nicht  minder  auffällig  der  vorangehende  Artikel. 
Speciell  ßdpßapa  scheint  mir  überhaupt  interpolirt  zu  sein,  wenn  man  die  Parallelstelle 
XII  43  sq.  xat  -otc  xapd  '/ß6\i.aoi  'P'^^vou  |  rEp[iavoti;  vatouatv  vergleicht.  Der  Versschluss 
lautete  meines  Erachtens  auch  an  unserer  Stelle  ebenso  icapd  y£U[Aaat  Ttqvou  (vgl.  das 
öftere  icapd  /äuixaat'  NstKou),  davor  dürfte  etwa  xparspoüc  (woraus  xat  tou?  ward)  S"  oXEOEt 
gestanden  haben.  Wer  durch  längere  Uebung  mit  den  oft  unglaublichen  Interpolationen 
der  Sibyllinen  vertrauter  ist,  wird  unsere  Erörterung  nicht  allzu  kühn  finden. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  107 

XII  152     aüTtx  'louSatotc  %axov  saasrat  aXXo  lAEyiatov. 

So  schrieb  Alexandre,  überliefert  ist  adtaa  xal  'louSatotc  Auch  hier  ist  meines 
Erachtens  aözäp    loy^atocc  herzustellen. 

XII  163     OotvtxT]  S'  ETCt  tote  TCtsxai  rpövov  c/{j,ßpYjcV'ca. 

Die  Form  ö[i.ßp72£vra  liest  man  im  Codex  Q,  während  F  o|xßpi£VTa  (also  feixßpT^svca 
mit  Jotacismus),  M  aber  die  Corruptel  ö[JißptÖ£Vxa  bieten.  Meineke  hat  sich  für  letzteres 
ausgesprochen  gemäss  der  Analogie  von  [AUpiösi?  und  VYjTTtöstC-  Aber  was  soll  ein  ^ovoc 
ö[ißpiÖ£tc,  respective  ojJLßpT^ctc?  Wie  der  Ausdruck  ursprünglich  lautete,  sagt  uns  viel- 
mehr der  Mustervers  III  392  -jioXuv  5s  )(6(bv  Tctetai  tpovov  b[JLßp7]6£iaa,  vgl.  auch  das  zu 
XI  218  Bemerkte. 

XII  156     saaGVcat  §'  7]7U£tTa  ösoö  xpatEovtoi;  airsiXai. 

Alexandre  hat  5'  Yjitcira  in  den  Text  gesetzt,  die  Handschrift  Q  bietet  5'  iiCcCTa, 
VH  STjTCStra;    es  ist  deshalb  Sirj  citcita  mit  Synizese  zu  lesen. 

XII  162  sqq.     öv  xövic  äXÄöxptov  %p6(|;£i  vsiiav,  oövo[Aa  S'  eit) 

avOcO?  o5vo(jl'  £)(ouaa.    [jlst    aaxov  5'  dXXo?  dvä^Et 
äpyupöxpavof:  äv/jp'    toO  5'  iaasrat  oövo[j.a  itovtoü. 

Der  ganzen  Partie  160  sqq.  liegt  die  Stelle  V  43  sqq.  zu  Grunde,  wo  gleichfalls  von 
Traianus  und  Hadrianus  die  liede  ist.  Mit  Hecht  haben  deshalb  die  bisherigen  Heraus- 
geber jenes  Muster  zur  Emendation  benützt,  da  der  Text  dort  offenkundig  besser  be- 
wahrt ist;  so  ist  von  Alexandre  und  Friedlieb  aus  V  45  6v  xövt?  für  das  an  unserer 
Stelle  überlieferte  eIxöVcC  corrigirt  worden,  ebendaher  hat  mit  Recht  Friedlieb  aXXo- 
tpiTQ  statt  äXXÖTpiov  geschrieben.  Aber  auch  oövo[ia  S'  eitj  dvÖEOC  o6w\i!  spuaa  ist  nicht 
zu  halten;  man  könnte  nur  zu  der  höchst  geschraubten  Erklärung  greifen:  der  Name 
(jener  x6vt<;  äXXoxpr/))  wäre  (soj  unerklärlich)  die  y.övtc,  die  der  Blume  Namen  trägt! 
Gerade  die  Hauptsache,  die  Nennung  jener  Blume,  würde,  von  allen  sonstigen  Bedenken 
ganz  abgesehen,  verschwiegen  sein.  Deshalb  muss  auch  für  das  verderbte  oövo[Jia  5'  siT] 
die  Vorlage  V  45  in  Anspruch  genommen  werden,  wo  aus  der  handschriftlichen  Ueber- 
lieferung  ä/A'  dv£[ji£tYjC,  wie  die  Sippe  0,  und  6Xk'  ay=.\i.ris<.c,^  wie  die  übrigen  Codices 
bieten,  von  Scaliger  längst  das  richtige  dXXd  Nejxeitj?  dvÖEO?  oövo(jl'  i)(Ouaa  gefunden  ist: 
gemeint  ist  die  Stadt  ScXtvoöc,  wo  Traianus  auf  der  Rückkehr  aus  Syrien  und  Armenien 
starb,  mit  Anspielung  auf  den  Eppichkranz  (asXivov)  bei  den  nemeischen  Spielen.  Dass 
aus  dXXd  NEjXEtTjC  an  unserer  Stelle  wegen  des  benachbarten  ayQeoc  ouvo[a'  E)(Oüaa  leicht 
ot>vo[Aa  »5'  EiTj  werden  konnte,  ist  um  so  begreiflicher,  als  XII  164  ein  ähnlicher  Vers- 
schluss  o'jvojia  tcöv'O'j  vorliegt.  In  diesem  Verse  ist  übrigens  statt  xoö  3'  Eoasrat  oövo[ia 
TCOVto'j  nach  V  45  xq)  o'  herzustellen;  dpYUpöxpavoc  hat  Alexandre  aus  demselben  Verse 
für  das  corrupte  dpYEÖc  xsivoc  von  S2,  verbessert. 

XII  168     -/p'jaöv  z  riKzv.zp6y  ze  tcoXuv  tcoXXoioi  icaps^sc. 

Bei  Mai  und  Friedlieb  steht  das  te  hinter  YjXEXtpov  gar  nicht,  während  Alexandre 
es  in  eckiger  Klammer  beisetzte,  wie  wenn  es  durch  Conjectur  ergänzt  wäre.     Indess  die 

14* 


iQg  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

Handschrift  Q,  welche,  obgleich  im  Allgemeinen  aus  derselben  Quelle  wie  V  und  deren 
Abschrift  H  fliessend,  doch  an  einigen  Stellen  eine  correctere  Ueberlieferung  bewahrt 
hat,  bietet  dieses  zz  thatsächlich  im  Texte,  und  nur  in  VH  ist  es  weggeblieben. 

XII  179      »  TO'.c  o6v&[iaz'  iaastat  saQXd. 

In  i2  steht  nur  tol^,  doch  ist  zweifelsohne  rote  3'  zu  schreiben. 

XII  183     ^  TÖtc  riapötcf.  TCd/.tv  eiCsÄcuasrat  "ApTjc. 

Zur  Behebung  des  metrischen  Fehlers  dachte  Alexandre  an  IlapOoaioiat.  Die  Hand- 
schriften VH  bieten  TuapÖta  iraXw,  Q  icapösvta  -rrd^av;  Meineke  sah  richtig,  dass  ein 
Wortchen  ausgefallen  sein  dürfte,  und  conjicirte  IlapÖtcf.  icdXtv  a.6z  (oder  llapGicf.  aozs. 
icdXiv).  Vielleicht  ist  einfacher  lldp6oiatv  irdXiv  aSr',  da  auch  in  Vers  181  zuvor  die 
Völker-  und  nicht  die  Ländernamen  vorliegen. 

XII  190  sq.     xoÄ/.d  h'  dv  iv.Zc.KiG-Q  xpa-cspoc  [XcYdpotat  Aaitvoic 

Seit  Mai  (der  auch  x'  dv  ohne  handschriftliche  Gewähr  schrieb,  worin  ihm  Friedlieb 
folgte)  steht  in  den  Ausgaben  {Acydpotat,  welches  sich  in  keiner  Handschrift  findet  und 
nur  auf  flüchtiger  Lesung  beruht;  in  sämmtlichen  Codices  der  Familie  i2,  welche  dies 
Buch  enthalten,  liest  man  deutlich  (XcYdÄotat.  lieber  jenes  merkwürdige  [JLSYdpotot  sind 
die  Herausgeber  leicht  hinweggeglitten:  Alexandre  zum  Beispiel  übersetzt  , Latus  in 
sedibus  ardua  condet  exstincti  monumenta  patris',  was  ebenso  kühn  als  unberechtigt  ist. 
Auf  Grund  der  Ueberlieferung  wäre,  da  es  doch  darauf  ankommt,  dass  schon  in  diesem 
Verse  die  Pracht  und  Bedeutung  der  von  M.  Aurelius  errichteten,  in  den  folgenden 
Versen  191 — 193  erwähnten  Bauten  und  Denkmale  betont  werde,  herzustellen  xpatspö); 
[isydAcoc  *£  Aarivoic,  oder  wenigstens  xparspö)?  |jLSYdXocai  Aaxtvotc. 

XII  209  sq.     o'jto^  dv/jp  i^st  xspiasorspq)  zz  /.OYca[i(|) 
irdvza. 
Die  metrische  und  sprachliche  Schwierigkeit,  welche  in  diesem  Verse  steckt,  schwindet, 
wenn   ayVjactä   TTcptoaotspotat  XoYto[Aolc  geschrieben   wird;    an    die  Form   aiips.i=.,    welche 
bei  den  Sibyllisten  auch  sonst  nachweisbar  ist,    dachte   schon  Alexandre;    überliefert  ist 
oyi^astc  XI  91,  durch  das  Metrum  als  nothwendig  erweist  es  sich  XII  121,  258. 

XII  215     £v  ^aTis^cj)  'Vü>\xriZ  sarai  [läyakri  OfAr/Xr^  ze. 

So  die  Handschriften,  was  Alexandre  zu  (JiSYd)//]  Tic  ^V'^l^^^l  ('^t'-^.^  ^^.t  Mai  fälschlich 
eingeführt)  veränderte.  Näher  liegt  die  Correctur  [izjäkri  tox'  öfAcyXvj.  Auf  anderem 
Wege  suchte  unterdess  Mendelssohn  die  Stelle  zu  heilen. 

Xn   218    sq.       OTTTTOr    dv    rX'jz'rjQ    rxyaq,    £pO)-:0|XaV7JC    6    |Xc[iYjVOK 

Ty^s'.  £ira'.a/6vo)v  %t/.. 

Der  Vers  218,  dem  metrisch  eine  Silbe  fehlt,  ist  nicht  leicht  zu  emendiren;  es 
kann  vor  ipcorofiavT^c  etwa  das  Wörtcheu  jid):  ausgefallen  sein,  aber  vielleicht  Hesse  sich 


Kritische  Studikn  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  109 

auch  an  öicirö"'  dvdxuop  aozoc.  £p(0T0[xav7]^  denken.  Bedenklich  erscheint  ferner  der 
Begriff  ö  (JL£[AYyV(oc  neben  spwxojJiavfiC,  zumal  mit  dem  Artikel  verbunden!  Lautete  die 
genuine  Leseart  nicht  ä(X£V7]VÖi;  in  dem  bei  Späteren  gebräuchlichen  Sinne  , Schwächling'? 

XII  221  sqq.     5yj  TÖtc  yrjpoci6v-(]  xpatpösl?  (J-sya?  oöXijjlo?  dvi^p 

dvr^p    dvöpo'^övo?  SoXiat?  [xotpatac  ti:s5yj6c{?. 

üer  handschriftlichen  Ueberlieferung  im  Verse  222  meinte  Alexandre,  welcher 
im  Verse  zuvor  o'jXt[ioc  für  das  in  den  Codices  stehende  oüXajJLOC  in  den  Text  setzte 
(oder  ist  oöXtoc  vorzuziehen?),  durch  die  Schreibung  v(,aT:a)(coa£tai  aufzuhelfen.  Ich  ver- 
muthe  xa%d  Tzs.ios.zaLi.  Zu  Anfang  des  folgenden  Verses  ist  dvvjp  dvSpotpovoi;  offenbar 
verderbt;  dvY^p  ist  um  so  weniger  erträglich,  als  ja  im  Verse  221  oöXt|XO?  dvigp  voraus- 
geht. Es  ist  einfach  'Apyj?  (h^priffövoQ  herzustellen,  vgl.  Orac.  Sib.  XII  17  'Apsoc  dvSpo- 
(pövou  Hom.  J  441  "Ap£0?  dv^poipövow.     Die  Form   jjiotpatai  ist   durch  \i,oiprjOl  zu  ersetzen. 

XII  267  sq.     GoXriaac,  yOova  Tcäaav  d7co)Au[i,£V(ov  dvQpmzwv 

brioai  Ell'  dvTo/iiQV  •     xai  irä?  SöÄo?  laaETai,  aöioti;. 

Zu  ÖT^aEt,  vermissen  wir  ein  Object,  das  nicht  etwa  aus  dem  Ausdrucke  auXi^aac 
yÖova  TTdaocv  oder  den  vorausgehenden  Worten  zu  entnehmen  ist  (wie  Alexandre  meinte, 
wenn  er  übersetzt  .raptaque  ab  occasu  terrae  vastator  eoas  transferet  ad  gentes').  Der  Fehler 
steckt  meiner  Ansicht  nach  im  Verbum  selbst,  das  in  ßT^asT  zu  verändern  ist.  Am 
Schlüsse  des  Verses  muss  für  aöxolc  geschrieben  werden  aotcp. 

XII  275  z\vrßsic  atöovt  at^T^pq). 

So  steht  in  i2;  aiöovt  hat  Mai  corrigirt  zu  aiöcovi;  aber  auch  z[i.'qBeiQ  ist  selbst- 
verständlich in  ^\).'q^)sic,  zu  verbessern.  Vollständig  parallel  ist  die  Corruptel  von 
XIV  162,  wo  in  den  Handschriften  xa^XECC  a?6(DVi  (aiÖcDVt)  ai^T^pq)  sich  vorfindet,  das  von 
Nauck  in  §a|X£{c  emendirt  ward;  vgl.  auch  das  von  S2  gebotene  6'^iz\).T^z(jy  XIV  217, 
statt  6(j/t5[Ar)tov,  das  Meineke  herstellte. 

XII  289  sq.     (opat  ydp  irdvia  .  .  .  xdprrj  8'  dXXo  v.aBeZsi, 

aiOojJiEVou zb  h'  06/  djjLot  irdvxE?  laaatv. 

Die  Stelle  ist  verstümmelt  überliefert.  In  Vers  289  hat  Alexandre  in  beiden  Aus- 
gaben irdvxa  im  Texte  belassen,  ebenso  wie  das  verderbte  .  .  .  xdpxT].  Und  doch  hat  er 
selbst  in  der  Note  zur  ersten  Auflage  TcavTotar  sxdaxT]  vorgeschlagen,  eine  Vermuthung, 
die  unseren  Vers  trefflich  emendirt;  ich  sehe  nämlich  darin  eine  Nachahmung  einer 
hesiodischen  Stelle,  Erga  824  sq.: 

dXXoc  5'  dXX.ot7]V  alvEl,  icaüpot  Se  laaaw 

dXXriTE    [AYjXpUt'/j    TCEXEt    VJ[J.£p7],    dXXoXE    t^'/^XYJp. 

Auch  in  den  nächsten  zwei  Versen  291  sq.  scheinen  dem  Verfasser  die  Verse  826  sq.  des 
Epilogs  der  Erga  vorgeschwebt  zu  haben: 

xdtov  5'  E'JSatjjwov  xe  xat  oXßcoc,  oc,  xd3£  Ttdvxa 

EtSco?  spYdCTjxat  dvacxwc    dOavdxotacv. 


I  jQ  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

Xn  294  sq.  o'j  ydp  ÜQ  £(xöv  rjxop  ^By]%aQ 

in  \"ers  295  ist  iraOaov  Xöyo'J  zuerst  von  Mai  in  den  Text  gesetzt  worden,  während  in 
den  Handschriften  ^öyot  steht.  Dies  ist  in  den  Accusativ  Xöyov  zu  verbessern,  vgl.  z.  B. 
XI  322  vüv  iraüaov  £|ir^v  noXoi^patov  aöSiQV,  besonders  aber  in  der  ähnlichen  Stelle 
XllI  172  icaöaov  äoiSr^v  igjiSTsptov  £ir£(ov. 

XII  298  sq.  xsxixYjxs  ydp  sv^oösv  Tj-cop 

Die  hier  angeführte  handschriftliche  Fassung  suchte  Alexandre  zu  heilen,  indem  er 

xpoAEYOv  ßaaiX7]i5as  äpydj  schrieb.     Aber  es  muss  der  sonst  regelmässig  wiederkehrende 

Singular    beibehalten    werden,    nur    ist    ßaacXv^tov    äp^r^v    herzustellen.      Aber    noch    ein 

zweiter  Fehler  erheischt  eine  Verbesserung.     Alexandre's  Annahme,   der  Genetiv   Bsoize- 

aitov    STTSMV    hänge    mit   dem   vorausgehenden   v.e%\i.riv.e   ydp    e^boQey   fjTOp    zusammen,    ist 

unmöglich  (Note   in  der  zweiten  Ausgabe:     ,utique   manebit   anacoluthum   sive   syntaxeos 

mendum,    haud   raro,    fatemur   enim,    apud    Sibyllistas    vitio,    nisi    Ösairsattov    iTzicov    cum 

praecedenti  %£X{i7jXc   construatur').     Die  Construction   von  x£X[xY;%£    ist  hier   vielmehr   die 

ganz  regelmässige  xsxtiTjxs  -^top  .  .  -JcpoXcyov;  der  Genetiv  öeaTrsatoiV  sirswv  aber  ist  eine 

Corruptel,    durch   deren  Emendation   die   ganze   Stelle   erst  die   richtige   Fassung    erhält. 

Diese  muss  lauten: 

x£X|X7]X£  ydp  £v5o6£V  f;rop 

BbotzboLoic,  £T:£atv  xpo/.Eyov  ßaaiXfjtov  dp-/Tgv. 

XIII  1  sqq.     ösov  d£{5£tv  [i£  Xö^^v  x£X£xat  [XEyav  .... 

dytoc  dödvaxoc  Ococ  d'fötxo^,  6?  ßaatXEüat 

8(i)X£  xpdto;;  xai  a^eihazo,  Sr^  )(p6vov  Äpia£v  aurotc 

djA^OTEpaiV,  C«)'?js  x£  xat  oöXotxEvou  6avdxoco. 

Das  ist  die  handschriftliche  Ueberlieferung  dieser  Eingangstelle  in  den  Codices 
VH,  in  Q  fehlen  leider  die  ersten  sechs  Verse  ganz,  wie  der  Schluss  von  XII  vom 
Verse  259  ab.  Die  Kritiker  haben  wenigstens  theilweise  die  Verderbnisse  zu  beseitigen 
versucht.  Das  corrupte  Öeöv,  womit  das  Buch  beginnt,  sah  Alexandre  als  Glosse  für 
Xöyov  an  und  Hess  es  demgemäss  ganz  weg,  während  Meineke  an  BtiIo^^  dachte;  am 
Schlüsse  desselben  Verses  wollte  Alexandre  dv6p(07:otatv  nach  III  7  ergänzen,  wogegen 
Meineke  den  Vers  so  formulirte:  öi^tov  dst^Etv  [jls  Xöyov  %i'kBzai  iii-^az  alsi  xxX.;  Friedlieb 
endlich  fügte  wenigstens  hinter  [i.i'^rj.v  ein  aö6t<;  hinzu.  Ich  selbst  bin  nun  überzeugt, 
dass  in  jenem  Oeöv  keine  Glosse,  sondern  ein  falsch  aufgelöstes  Compendium  steckt, 
nämlich  OcSTUEacov,  das  als  Adjectiv  zu  Xoyov  gehört,  vgl.  ÖEOiTcaiotc  i'JCEOtv  XII  299.  Das 
göttliche  Wort  ist  es,  das  die  Sibylle  kündet;  [Jircav  kann  dann  entweder  zweites  Epi- 
theton zu  XÖYOV  sein,  oder  es  ist  [iifac,  mit  Bezug  auf  Oeöc;  in  Vers  2  zu  schreiben.  Der 
Infinitiv  dst^etv  aber  ist  unter  Annahme  des  von  Friedlieb  hinter  (JLEyav  ergänzten  aoHic, 
re.sp.  a'jziz  von  seiner  Stelle  an  das  Versende  zu  versetzen  (vgl.  z.  B.  Hom.  a  350  Aavawv 
xaxöv  of-ov  dctÖEtv),  so  dass  der  Vers  sich  nunmehr  annehmbar  darstellt  in  der  Fassung: 
6£aici3i6v  {JL£  Xö^ov  x£/.Exai  {jLEyav  oloziz  dEtÖEtv. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischbn  Orakeln.  111 

Im  zweiten  Verse  erscheint  dy'.oc  aödvatoc  bedenklich  wegen  der  Länge  des  a  in 
dyioc;  es  ist  deshalb  mit  Meineke  wiederum  eine  Umstellung  dÖdvaTOC  ayioz  vorzunehmen 
(vgl.  zu  II  348). 

Unmöglich  kann  ferner  dtpsiXaro,  St]  im  Texte  geduldet  werden;  es  ist  seltsam,  dass 
Alexandre,  der  in  der  Note  zur  ersten  Ausgabe  selbst  den  Vorschlag  dtpstXax'  t5s  hinwarf, 
späterhin  hievon  nicht  die  geringste  Notiz  nahm:  meines  Erachtens  ist  dies  zu  reci- 
piren,  wogegen  Meineke's  der  diplomatischen  Ueberlieferung  scheinbar  näher  stehender 
Vorschlag  d^stXaQ'  5  Stj  an  der  unstatthaften  Wiederholung  bc,  ßaatXsöaiv  Stöxe  xpdTOC 
v.cd  d'fctXaö',  '6  tr^  %zX.  scheitert.  Dagegen  wird  desselben  Gelehrten  Conjectur  d|JL<pö- 
Xcpov  statt  d[i.tpotsp(ov  in  Vers  5  zu  billigen  sein. 

Xin  13  sq.     y,ai  z6ze  Si^  llspaoöv  siravdataat?  dX^pTjaTT^pcov 
'Iv5(bv  Ap(i£v{(ov  'Apdßcov  9'  d|j.a. 

Mit  Rücksicht  auf  XIII  33  'IvSot  t'  'Ap[JLSVtoi  z  "ApaßcC  Ilspaa'.  BaßuXÄvsc  dürfte  auch 
hier    IvStbv  z  'x\p[iSVt(ov  z  'Apdßcov  6'  d[j,a  zu  schreiben  sein. 

XIII  21  sqq.     aözua  §' aur  dp^st  (piXoiröpfpupoc  alj^rizriz  zz 
iv.  SupiTjC  TTpo^avctc  'Apsoc  rpoßoi:  iv  xs  xal  uiqi 
Kataapt  xal  -tcc'IocI  icdaav  yööva. 

Für  das  verderbte  £V  "cs  xal  ut(p  muss  eine  Heilung  gefunden  werden:  ich  vermuthe, 
dass  zu  schreiben  sei:  "Apvjc  ^oßspöc  ze  xai  utö?  |  Kataap  oder  "Apso?  (pößoc  ifik  xat 
'Jiöc  I  Kalaap.  Ja,  auch  an  tpoßspcoxöc  "Ap-^?  (vgl.  XIII  78)  ze  xai  oibc.  \  Kacaap  Hesse  sich 
denken.  Dass  auch  xstOct  unmöglich  ist,  sah  schon  Alexandre  in  der  Note  zur  ersten 
Ausgabe;  nahe  liegt  seine  Vermuthung,  TCieoct  zu  schreiben.  Tliatsächlich  ist  TCSiasi  und 
xtsoct  anderwärts  (wie  VI  11)  in  den  Handschriften  verwechselt  worden. 

XIII  39  sqq.     wc,  ydp  £(p'  6'|7j).Yjc  iroXuSstpdSo^  TjvsfJLOEaaTji; 
Y^Xißdto'j  TTStpYj?  r/96c  oö  v-iq/sx'  in'  dxpirjc 

oüSs  x£^'-*<;  Tcszatai,  ai=zhc,  8'  o6  vi^xst'  e?  oScop 

In  diesem  Gleichnis  muss  avif  jeden  Leser  die  Verwendung  desselben  Ausdruckes 
VTj^sxat  bei  den  Subjecten  lyöuc  und  acsxö^  einen  recht  befremdenden  Eindruck  machen, 
zumal  bei  äszÖQ  gar  die  eigenthümliche  Fügung  o6  -^rf/ßz'  kz  uScop  steht.  Es  liegt  sehr 
nahe  zu  vermuthen,  dass  dies  Verbum  in  der  Vorlage,  auf  welche  die  Handschriften  zurück- 
gehen, nur  durch  das  im  vorangehenden  Verse  unmittelbar  darüber  stehende  vi^ysx'  ver- 
anlasst ist.  "Nehmen  wir  zugleich,  was  doch  sehr  wahrscheinlich  ist,  an,  dass  das  Wort 
ähnlich  gelautet  hat,  so  werden  wir  an  die  Schreibung  atsxö?  5'  oux  £px='c'  £C  öScop  zu 
denken  haben. 

XIII  55  sq.     aöxo6?  x'  £$o).£a£t  TCoxajjLoO  x£t[j.appoc,  5c  eXöwv 
Kataapos  ez  7cxo>.i£6pa  SsXTjvatouc  dSixT^oEi. 

Die  Stelle  ist  nach  Alexandre's  zweiter  Ausgabe  angeführt.  Die  Handschriften 
enthalten  mehrere  Divergenzen,  die  zum  Theil  bisher  richtig  emendirt  wurden.  Dahin 
gehört   die  Herstellung    des  Ausdruckes    sc   irxoJisÖpa   für   handschriftliches    £[j.'3rxo>.t£9pa 


1^12  I^-  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

durch  Alexandre;  ferner  liest  man  in  den  Codices  itoxatioto  /siiiappoc  oq  (nur  hat  II 
-/ctjiapo^,  Q  ioz  für  oc),  was  bei  Alexandre  in  Tcotafxoü  )(ct(J,appoc,  oc  geändert  ward.  Ich 
meine,  es  sei  nach  dem  Muster  von  Hom.  N  138  öv  ts  xatd  atS'fdvYj?  i:oT:a|JL&<;  ](ct|xdppoo(; 
ÄOTQ  zu  schreiben  Trotafio?  ^c{[jLappo^,  hQ. 

Ganz  anders  wird  sich  nunmehr  der  zweite  Vers  gestalten.  Hier  bieten  die  Hand- 
schriften VH  aaravaio'J?,  und  diese  Leseart  allein  steht  in  Mai's  erster  Publication  dieser 
Bücher  auf  Grund  der  vaticanischen  Handschriften.  Aber  der  an  verschiedenen  Steilen 
genauere  Codex  Q  gibt  hier  die  bisher  ganz  unbekannt  gebliebene  Leseart  Xavavatou?, 
die  Mai  offenbar  gar  nicht  gesehen  hat,  wie  er  denn  zumeist  den  leichter  lesbaren  und 
vollständigeren  Codex  V  seiner  Ausgabe  zu  Grunde  legte.  Dieses  Xavavatouc,  welches 
vortrefflich  in  den  Text  passt,  ist  die  genuine  Schreibung;  aus  ihr  erklärt  sich  auch 
leicht  die  Corruptel  Saravaiouc,  worin  nur  zwei  Buchstaben  verändert  erscheinen.  Die 
Conjectur  Alexandre's,  der  mit  dem  verzweifelten  Xatavatouc  nichts  Besseres  anzufangen 
wusste,  als  es  in  Sc/^Y^vatouc  zu  verwandeln  (,de  Seleucensibus  ad  Tigrim  tanquam  a  ScXiqv*(j, 
dea  Luna,   cognominatis,   falso  licet  etymo'),   erweist  sich   nunmehr  als  ganz  hinfällig. 

XIU  75  sq.  luouXu?  S'  dpa  Xaöc  öXsItat 

darcöv  ö/vX'j{i.svoDV  6ir'  dvnicdXtov  xs  xoXtqcov. 

Statt  des  Ausdruckes  ttoXii^cov  erwartet  jeder  Leser  einen  anderen,  die  Bürger  selbst 
bezeichnenden.  Und  bedürfte  es  noch  eines  Beweises,  dass  der  Versschluss  verderbt  ist, 
30  wäre  das  hier  ganz  unstatthafte  xs  ein  Fingerzeig  dafür.  Es  ist  zu  schreiben  6%  dvti- 
irdX(i)V  TCoXtTjTÄv ;  leider  enthält  auch  die  Mitte  des  Verses  einen  Fehler,  den  Alexandre 
damit  zu  beseitigen  suchte,  dass  er  das  handschriftliche,  6tz'  in  6tcö  umänderte,  wodurch 
ein  arger  Hiatus  in  der  Mitte  des  Hexameters  entstand.  Da  die  übrigen  Worte,  welche 
diesen  Vers  ausmachen,  in  festem  Gefüge  sitzen,  ist  offenbar  vor  6u'  ein  einsilbiges 
kurzes  Wörtchen  ausgefallen,  vielleicht  irsp  (vgl.  XIV  359)  oder  toO'  (tÖTs). 

XIH  77  sq.  d[i(pl  OS  xouxotc 

äiiaQ  (poiSspcoiröc  'Ap7)c  anlast  TcoXsixoto. 

So  die  Handschriften.  Die  Verderbnis,  welche  am  Schlüsse  von  Vers  78  vorliegt, 
kann  nicht  durch  die  Bemerkung  abgefertigt  werden  ,supple  aüxou^',  wie  Alexandre  in 
der  ersten  Ausgabe  that.  Vielmehr  ist  meines  Erachtens  axTQasi  aus  Xri^ei  verderbt.  Der 
wilde  Kriegsgott  wird  das  Mordgemetzel,  nachdem  viel  Volk  gefallen,  zum  Abschluss 
bringen;    vgl.  auch  die  homerische  Formel  Xvj^av  5s  i^övoco  Z  107. 

XIII  81  sq.     xöv  |JL£xa  5'  aoz  dp^si  xpaxspdc  'l^io\rfji  spiOv^Xo'j 
dXXo?  dvigp  \i.e'(dbo\)i.0Q  sirtaxdiJievo?  iroXsixiCstv. 

Da '  F(ö(A-/jc  Eptöi^Xo'j  kaum  noch  eines  zweiten  Epithetons  bedarf,  so  schlage  ich  vor, 
statt  xpaxspd;  das  naheliegende  xpaxcpcöi;  mit  Bezug  auf  dp^EC  in  den  Text  zu  setzen. 

XIII  87  sq.     a'jxixa  3'  ao  TCoXsfAot  xs  XsYjXaatai  xs  cpovoi  xe 
Eaaovx'  i^cLTÜTqz  y*  ^^<*  icpöxspov  ßaoiXt^a. 
itöXs[Ao{  X£  in  Vers  88  rührt  von  Alexandre  her,  der  das  verderbte  ittiuxcov  x£  so  ver- 
besserte.    Eventuell  Hesse  sich  auch  an  aüxaa  S'  auxe  ixdyat  xs  xxX.  denken  nach  11  117. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  113 

Dringend  verlangt  der  zweite  Vers  nach  einer  bessernden  Hand.  Jedem  wird  sofort 
einleuchten,  dass  die  Partikel  ys  ein  klägliches  Einschiebsel  ist.  An  laaovt'  s^aictVTjc 
aber  darf  nicht  gerührt  werden,  wir  lesen  es  abermals  kurz  nachher,  XIII  108;  ausserdem 
aber  ist  zu  vergleichen  I  164  iarat  8'  s^tt'TctVYjc  und  I  344,  wo  das  handschriftliche  saasrat 
£<;ai'fV7j^  von  mir  in  coactat.  k^a.Tzivrfi  corrigirt  worden  ist.  Darnach  erweist  sich  Meineke's 
Vorschlag,  lacovc'  s^airtvala  zu  schreiben,  als  unzulässig.  Es  muss  also  der  Fehler  im 
zweiten  Hemistichion  zu  suchen  sein.  Vergleichen  wir  nun  unsere  Stelle  mit  XIII  80, 
wo  zwar  8td  Tcpcaßütspov  ßaaiXctav  überliefert,  aber  nach  unserem  Verse  ßaatX'^a  herzu- 
stellen ist,  so  finden  wir  auch  die  Corruptel:  statt  Tcpsaßuxepov  ist  durch  Missverständnis 
der  vorgefundenen  Leseart  irpOTSpov  geschrieben  worden,  was  um  so  leichter  möglich 
war,  als  thatsächlich  auch  die  Verbindung  8id  ydp  TTpo-cspov  ßaatXvJa  XII  145  und  irpo- 
Tcpov  ßaad'?)a  XI  213  vorliegt.  Nachdem  einmal  der  Vers  metrisch  fehlerhaft  geworden 
war,  schob  man  jenes  anstössige  ys  ein. 

XIII  93     §Yy  zizs  000,  Tuava  xat  MdCaxa,  laasö'  dX(oacc. 

Bisher  Hess  man  diese  handschriftliche  Ueb  er  lieferung  stehen,  ohne  sich  an  dem 
groben  metrischen  Fehler,  welcher  in  der  Kurzmessung  des  xat  liegt,  zu  stossen.  Dass 
nicht  etwa,  wie  auf  in  schriftlichen  Epigrammen  später  Zeit,  bereits  die  Lesung  %e,  welche 
diesen  Gebrauch  erklärlich  machen  würde,  vorliegt,  beweist  die  sonstige  Behandlung 
der  formalen  Seite  seitens  dieses  Sibyllisten.  Es  bleibt  also  nichts  übrig,  als  aot,  T6av' 
I5s  MdCaxa  zu  schreiben.     Für  aou  setzte  Alexandre  richtig  aot  ein. 

XIII  94     Xa-cpsuasi?,  touttp  5s  'KrAoCo^o^  atjysva  B-qazi. 

Diese  in  den  Handschriften  gebotene  Leseart  suchte  Alexandre  durch  die  Schreibung 
Xaxpc'jasic,  tourq)  Si  luoX'jCoyov  aä)(£va  Ök^oy]  zu  berichtigen,  wobei  er  aber  selbst  gesteht, 
über  TCOKÖ^io^rj^j  nicht  im  Klaren  zu  sein.  Meiner  Ueberzeugung  nach  liegen  hier  zwei 
Fehler  vor:  zunächst  ist  Toözcp  unstatthaft,  da  die  Beziehung  auf  den  in  Vers  89  genannten 
5oXö[JLr;-ts  dvf^p  durch  den  Vers  93  Si^  toxs  aoi,  Toav'  183  MdCaxa,  laasÖ'  äXwatc  stark 
unterbrochen  ist;  der  zweite  Fehler  steckt  in  iroXuCuY^''-  beiden  wird  abgeholfen,  wenn 
geschrieben  wird  XarpcUOcti;,  Sstvov  8e  irdXiv  C^yb-^  aoysvt  brio-^i-  Dass  diese  Formulirung 
begründet  ist,  beweisen  Parallelstellen  wie  III  448  Sstvöv  C^T°^  aoyi'^i  öt^oy]  XI  67  otzo 
Zk  C^Y^''  aü/Eva  brpzii;  XI  76  %at  oiib  Ct^yov  ao^sva  öv^ast  XIV  308  §o6/.ctov  utcö  C^y^"^ 
aü/£va  ÖTjOSt.  Die  Verwechslung  von  -jrdXt.  und  iroXu  steht  nicht  vereinzelt  da,  vgl. 
hierüber  III  520,  wo  in  dem  überlieferten  Verse  "EXXyjoiv  8'  oicöxav  TroXußdpßapov  eÖvoc 
kziXb'q  von  Nauck  nach  dem  Parallelverse  XIV  313  öirotav  TcdXiv  ßdpßapoc  (so  i2,  -jcdXi 
ßdpßapov  £6vos  Nauck)  £'3rsX6'{j  jenes  iroXußdpßapov  richtig  in  Tzaki  ßdpßapov  emendirt  ward. 

Xni  95  sg^q.     xat  SuptYj  %Xa6a£t£V  dicoXXuixEvcov  dvöpmxcov 
oüSs  S£XY^vat'/]  ZOTE  p6a£tai  ispov  daru, 
•jgvaa  dv  ex  EupiTjs  (p6d(jLeVoc  '3r£pt<pu$avaa£XY'iQV 
T(OjjLa{ou^  irpoipuY'^'*'  ^^^  ^  Eotppi^xao  podcov 
oü^ETt  'P(o|j.7.tr>cc   £vaXtY%wc,  dXX'  dY£pa))(0(; 
loßöXoic  nEpaatc,  TÖ-c    xotpavo?  'IxaXtrj  /9(ov 
xa-irTCEOErat.  irard^si  aüOovt    ac87]p(p  xu<pGEt€ 
06  xöajAov  idaac. 

Denksobrittc-n  der  pliil.-hist.  Cl.    XXXVIIT.  Bd.    IV.  Abh.  #  15 


•U4  -  ^^-  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

Ich  habe  die  schwer  verderbte  Stelle  in  der  handschriftlichen  Fassung  angeführt, 
wobei  noch  zu  bemerken  ist,  dass  jenes  TZapitpo^rtia.Gihcq^  (Vers  97)  im  Codex  Q  steht, 
während  VH  icepttp'jiavaasXYctv  bieten.  Einzelne  der  Corruptelen  sind  durch  die  Be- 
mühungen der  Kritiker  bereits  behoben  worden.  In  Vers  97  hat  Alexandre  das  einfach 
zu  verbessernde  ä-^BpvnyoiQ  aus  ä.-(ip(üjoc,  hergestellt,  weiters  %otpavoc  'kaXtTj  ibCü'^  zu 
xotpavoc  'ItaXiYjtcbv  emendirt.  Fälschlich  ist  von  Mai  EurppdTao  eingeführt  und  von 
Alexandre  beibehalten  worden,  während  die  Handschriften  die  oben  erwähnte  Form 
enthalten,  welche  ich  wiederherstelle.  Weiters  hat  Mai  rutpösic  afflcovt  atoY^ptp  nach  XIII  20 
umgesetzt  (zugleich  aföcovt  aus  atöovt  corrigirt).  Hiezu  kam  noch  die  zutreffende  Con- 
jectur  von  Nauck,  welcher  gegenüber  dem  von  Alexandre  in  den  Text  aufgenommenen 
xaTCTüsaSTai  irarayci?,  indem  er  sich  sowohl  an  das  Muster  von  XIII  20  wie  auch  an  die 
überlieferte  Schreibung  Ttazd^Bi  genauer  anschloss,  xairTusocT  £V  tdSet  herstellte.  Immer 
bleibt  hier  aber  noch  genug  zu  thun.  Zunächst  muss  wohl  eine  stärkere  Interpunction 
den  Vers  97  vom  folgenden  scheiden;  das  i^vixa  dv  der  Handschriften  (Vers  97)  ist  zu 
TjVtxa  8'  (nicht  zu  TjVtx'  dv,  wie  Alexandre  wollte)  zu  verändern;  weiters  gilt  es  für  das 
überlieferte  irspt.ip'j^avaasXYY^v  (resp.  — £tv),  da  Alexandre's  Emendationsversuch  (xcpwöaav 
dvdYX'»]v)  ganz  unverständlich  ist,  die  Heilung  zu  finden.  Da  hier  allem  Anscheine  nach 
von  dem  schmählichen,  mit  allen  Lastern  befleckten  Flüchtling  Kyriades  die  Rede  ist, 
der  später  mit  den  Persern  gegen  sein  Vaterland  zieht  (Vers  122  sqq.),  so  möchte  ich 
unbedingt  als  letztes  Wort  des  Hexameters  dacXyT^c  festhalten;  in  dem  vorausgehenden 
■jcspf^Di^av  steckt  wohl  itpo^UY'fjat,  wovon  das  folgende  'Pio[i,aio'JZ  abhängt;  xporp^Ytov  aber 
scheint  mir  aus  dem,  wie  ich  glaube,  genuinen  X£pda'(]  durch  das  ersterwähnte  Verbum 
veranlasst  worden  zu  sein.     Es  empfiehlt  sich  daher  die  Lesung  zu  versuchen: 

Tjvixa  8'  i%  HopiriQ  ^Qd\).BVoc,  '!rpo(p6Y'(]c3tv  das^Yi^c 
'P(o|jiaiot)?,  TCEpdav]  Ss  8t'  Eütppy^rao  podcov  xxX. 

Die  homerische  Conjunctivform  TzpotpoyriGi  darf  nicht  beanstandet  werden,  liest  man  doch 
gleich  im  folgenden  Buche  XIV  49  sX8'(]at. 

Noch  aber  bleibt  das  seltsame  oö  xöa[i,ov  edaac,  der  Handschriften  zu  besprechen. 
Friedlieb  Hess  es  stehen,  ohne  eine  Vorstellung  von  dem  Sinne  zu  haben,  er  übersetzt 
kurzweg  ,lies8  nicht  in  Ruhe  die  Welt';  Alexandre  schrieb  &v  xöajxov  ädaa?,  indem  er 
sich  die  Sache  in  der  Art  zurechtzulegen  suclite,  dass  er  meinte  ,est  autem  edaac 
morte  relinquens,  amittens',  wornach  er  auch  die  Uebersetzung  ,suumque  destituet  mundum' 
construirte.  Eine  wie  die  andere  Auffassung  halte  ich  für  unmöglich.  Es  bleibt  nichts 
übrig,  als  auch  in  diesen  Worten  eine  Corruptel  zu  erblicken  und  eine  Emendation 
zu  versuchen.  Der  xotpavoi;  'Ixakirjtwv  wird,  heisst  es  in  Vers  lOl,  vom  Speere  getroffen 
niedersinken:  er  vollendet  also  sein  Geschick  —  und  dieser  Gedanke  ist,  glaube  ich, 
hier  ausgedrückt  gewesen.  Unter  Hinweis  auf  die  homerische  Wendung  tz6v\).ov  ävaTzX-^aaz 
A  264  möchte  ich  entweder  dies  Hemistichon  selbst  oder  öv  Tcötjxov  TrXfjaas  an  Stelle 
jenes  unerklärlichen  oö  xöa[iov  edaac  setzen. 

Xin  103     dXX'  oTcöirav  Y'xkK'jc,  ßaacXsu?  'P(o[i-^(;  ßaadsua-^j. 

_^    So  lesen  wir  in  den  Ausgaben   nach  der  Schreibung  der  beiden  Handschriften  VH 
(YoXXo;);   unter  diesem  FdXXoc  sieht  man  den  Kaiser  Gallus.     Wer  sich  aber  gegenwärtig 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischbn  Orakeln.  115 

hält,  dass  Namen  von  Personen,  über  welche  eine  Weissagung  ergeht,  von  dem  Ver- 
fasser dieses  Buches  ebensowenig  wirklich  angeführt  werden  wie  von  den  übrigen 
Sibyllisten,  da  die  Gepflogenheit  herrscht,  die  Namen  nur  anzudeuten  oder  in  Zahlen- 
räthseln  zu  verhüllen,  der  wird  sich  bass  wundern  müssen,  hier  auf  einmal  diese 
Gewohnheit  durchbrochen  zu  sehen.  Glücklicher  Weise  stellt  sich  die  Sache  sofort 
anders,  wenn  man  zunächst  nicht  blos  die  Codices  VII,  sondern  gerade  den  erprobtesten 
Q,  der  auch  sonst  mitunter  den  Text  genauer  bewahrte,  beachtet.  Mai  hat  nicht  gesehen, 
dass  dort  y'  dXXoc  steht,  und  ihm  folgten  Alexandre  wie  Friedlieb.  Jenes  y'  oXKoq  aber 
ist  zweifellos  die  richtige  Schreibung,  sie  wird  trefflich  bestätigt  durch  die  Parallel- 
stelle XII  187  xöv  (Acta  7'  aXXoQ  dvirjp  ap^ci.  Mit  der  Leseart  y'  alXoc,  ergab  sich  dem 
Verfasser  hinreichend  Gelegenheit,  den  Namen  des  Gallus  anzudeuten,  ohne  ihn  ganz 
offenkundig  zu  nennen,  üebrigens  ist  die  Wendung  äWoc,  ävv^p  oder  ßaaiXsu?  bei  den 
Sibyllisten  beliebt,  z.  B.  dUo?  dvf^p  XII  245,  XIV  137,  149,  aXloz  dva^  XII  178,  akloQ 
ßaadsus  XII  147,  ßaaiXsuc  .  .  .  alXoz  XIV  116  u.  s.  w. 

XIII  119     dpu  §2  Oc,  TAtjjjLov  SuptY],  xato§6po[Aat,  oarpcö?. 

Die  Vocativform  tX7j[iov  Suptv]  hat  Mai  in  den  Text  gesetzt  und  ihm  haben  die 
anderen  Herausgeber  nachgeschrieben.  In  den  Handschriften  aber  steht  tXtjIjkov  SuptYj, 
weiches  umsoweniger  anzutasten  ist,  als  man  gleich  im  folgenden  Verse  125  wiederum 
liest  t/v7^(JLa)V    Avciöysta  in  der  Anrede. 

XIII  130     XaX%t5t  aüyxXaüasaöc  Vcoxptototc  sitt  xs^votc. 

Die  Form  GoyAXarjaeofiz  hat  Alexandre  eingeführt  für  das  handschriftliche  a'JY%Xa6astat. 
Allein  die  diplomatische  Ueberliqferung  ist  genauer  zu  beachten:  in  derselben  steckt 
meines  Erachtens  der  den  Futurbegriff  (vgl.  zu  II  22  sq.)  öfters  ersetzende  Conjunctiv 
Aoristi  GO'(VJ.a'JO'f,zB,  vgl,  z.  B.  öiaSTjXf^aTjtai  XII  72,  y^VT^xat  II  28,  169  u.  f.  Die  Corruptel 
ergab  sich  auf  Grundlage  der  späteren  Aussprache. 

XIII  131  sqq.     ai  at  iizÖGOi  vatouat  Kdaiov  opo?  atirü 

T^o'  özöaot  xal  "AfJLtoVov,  oaouc  os  xai  Aüxo?  irapaxXuCct, 
Mapaöac  Bs  oaou?  xai  I16pa|X0(;  dpYupo3{vir](;. 

Die  Stelle  ist  verschiedenen  Verderbnissen  ausgesetzt  gewesen,  von  denen  etliche 
bereits  behoben  sind.  Nach  XIII  115  al  OTCoatov  xxX.  ist  von  Alexandre  at  OTcoaot  im 
Eingange  von  131  hergestellt  worden,  wogegen  Meineke  al  at  oaot  vorgeschlagen  hat, 
was  sich  schon  wegen  des  parallelen  Anfanges  von  Xlll  132  rfi'  OTUÖaot  nicht  empfiehlt. 
Ausserdem  entfernte  Alexandre  das  xat  vor  Aaxoij.  Dass  in  demselben  Verse  vor  Kdatov 
eine  Präposition  ausfiel,  sieht  Jedermann,  Alexandre  versuchte  6irö  (in  der  Note  zur  ersten 
Ausgabe  auch  TUcpt)  zu  ergänzen;  wollte  man  dies  einsetzen,  so  wäre  die  Form  üirat  vor- 
zuziehen. Indess  scheint  mir  weit  plausibler  der  Vorschlag  Meineke's,  welcher  xatd 
empfahl.  Zunächst  erklärt  sich  durch  den  Anklang  der  ersten  Silbe  der  Präposition 
an  die  erste  Silbe  des  Eigennamens  leichter  der  Ausfall  des  Wörtchens;  entscheidend 
aber  ist  für  mich  ein  bisher  unbeachteter  Umstand.  Im  folgenden  Verse  nämlich  liest 
man,  wenn  man  gleich  das  corrupte  d[Xü)Vov  wie  Q,  resp.  (0[X(0|XOV,  wie  VH  bieten,  mit 
Mai  (der  übrigens  falsch  accentuirte)  in  A[j,avöv   (vgl.  XIV  99)  rectificirt,  yjS'  oiröaot  xai 

15* 


116  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

"A{Jiav6v.  Allein  was  soll  hier  xai?  Oflfenbar  ist  es  aus  r.ruz  verderbt,  und  diesen  Umstand 
halte  ich  betreffs  xatd  Kdaiov  für  ausschlaggebend.  Die  Längung  der  auslautenden 
kurzen  Silbe  von  xatd  vor  folgendem  Explosivlaute  ist  zwar  etwas  Seltenes,  aber  durch 
den  Eigennamen  entschuldbar,  vgl.  meine  Neuen  Beiträge  zur  Technik  des  nachhomerischen 
Hexameters,  p.  21.  Uebrigens  ist  auch  Kdatov  in  Kaatou  zu  verändern,  wodurch  die 
Längung  der  auslautenden  Kürze  vor  folgendem  Vocal,  die  allerdings  zulässig  wäre, 
verschwindet,  ßegelmässig  nämlich  findet  sich  in  den  epischen  Formeln,  denen  die 
hier  vorliegende  Wendung  nachgebildet  ist,  der  Genetiv  des  Eigennamens  vor,  vgl.  6tcö 
KuUt^vyjc  Spoc  aiic6  Hom.  B  603,  T-/]p£t7jc  5poc  aiiru  B  829,  MaXstdcov  opoc  ak6  y  287, 
d  514,  AüzoxdvYjc  opo?  oXtzö  Hymn.  Apoll.  Del.  35,  AiaaYSTji;  opo^;  aliru  ibid.  40. 

Mit  dem  überlieferten  oaoüc  Sc  Auxoc  xapaxX6Cst  im  zweiten  Hemistichion  des 
Verses  132  ist  zu  vergleichen  XII  135  oöc  'Tcsp  Tzn^oyXd^c.i  'Opövrrjc,  worüber  früher 
gesprochen  ward. 

Im  Eingange  des  Verses  133  endlich  ist  statt  der  handschriftlichen  Fassung,  welche 
bisher  unbeanstandet  in  den  Texten  zu  lesen  war,  8'  otcogouc  (für  oi  oaoüc)  zu  verbessern, 
wodurch  das  Pronomen  oicöaot  auch  in  dem  dritten  Verse  wiederkehrt. 

XIII  134  sq^.     d)(pt  i£  ydp  'AatTj?  Ttspdrtov  ÖTjaoüoi  Xd'fopa 
datsa  YUjjLVcöaavcec  oXa  siSwX'  d(pcXoöv'cai. 

Den   Genetiv  'Aoitj?    haben   Alexandre    und    Friedlieb    aufgenommen,    Q   hat   dai'/j, 
VH  dotTjOi.     Allein    auch   dypt  -es  ydp   scheint  mir  bedenklich,    offenbar  ist  dyptc  ydp  z 
zu  emendiren.    Schlimmer  jedoch  steht  es  mit  Vers  135:  es  nützt  nichts,  wenn  Alexandre 
oXa  8'  ci5(o)J    oder  t  £i8o)A'  zu   schreiben   vorschlug:    die  Schwierigkeit  bleibt.     Ich  ver- 
muthe  6|Jioö  8'. 

XITI  137  sq.     xat  %ozz  FaXXtr;  xal  Hawovi"/]  [isya  tcyJjjloc 
Muaotc  B:6'jvolc  6'. 

Wegen  des  Ausdruckes  Muaoli;  Btöuvols  6'  sind  auch  im  Verse  137  statt  des  Länder- 
namens besser  die  Volksnamen  einzusetzen  rdXXotaiv  xat  Hawovcotc.  Dadurch  entfällt 
zugleich  die  merkwürdige  Längung  des  t  in  ra)vXt'(j. 

XIII  153     rm  tots  8'  TjsXtoa  icöXtc  soas-cac. 

Das  Verbum  laastat  ist  unmöglich,  da  wir  keinerlei  prägnante  Bedeutung,  die  in 
den  Context  passte,  hier  dafür  annehmen  können.  Es  dürfte  su^c-ai  oder  etwas  Aehnliches 
zu  schreiben  sein,  eine  sichere  Emendation  weiss  ich  nicht  anzugeben. 

XIU  156  sq.  &C  |J.2V  i'fic,zi 

£ß8o|j,YjXOVr    dpi9[iöv,  6  8s  tpttdtou  dpi6[jLolo. 

Unmöglich  kann  der  Accusativ  dpt9[xöv  von  kt^iqß.1  abhängig  sein,  zumal  gleich 
Tpitdrou  dpiOjxolo  folgt.  Es  ist  vielmehr  dptöfiojv  zu  schreiben.  Im  zweiten  Hemistichion 
muss  6c  8s  (entsprechend  dem  Iz  [asv)  hergestellt  werden. 

XIII  162     eüxspaoc  8'  iXrx'^oz  |X£td  töv8'  y;?£i  ludXiv  dXXoc. 

Die  Form  c'JXcpaoc  rührt  von  Alexandre  her,  dem  Mai  mit  der  ganz  unmetrischen 
Schreibung  soxspo)?  vorangegangen  war.    Allein  die  Handschriften  bieten  keinen  Anhalts- 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  117 

punkt  liiefür,  da  in  allen  T^vxcpcoc,  d.  i.  *?j6xsp(oc,  wie  Friedlieb  herstellte,  steht.  Jeder 
besonnene  Kritiker  wird  diese  Stelle  zugleich  mit  XIII  167  berücksichtigen.  In  letzterem 
Verse  nun  finden  wir  auffallender  Weise  ctixspatot'  geschrieben,  woraus  die  letzten 
Herausgeber  cuxspdo)-'  machten.  Es  stünde  also  der  Form  Tjuxspwc  eine  zweite  söxspaooc 
gegenüber.  Aber  diese  muss  Bedenken  erregen,  sie  könnte  nur  auf  einer  Missbildung 
beruhen,  da  wir  unbedingt  so^spaoc  erwarten  müssten.  Und  so  wird  denn  an  der  zweit- 
erwähnten Stelle  ebenfalls  Yj'jxspcor  herzustellen  sein,  zumal  wir  bei  Homer  k  158  U'^t- 
xspcov  zka^o^/  und  im  Hom.  Hymn.  auf  Pan  (XIX)  2   und  37  oaspcara  lesen. 

XIII  164  sq.  z6z  ekeöatzai  TJXtÖTCsii.'jr'uoc 

Sctvöc  xcti  cpoßspöc  "CS  Xe(ov  tcvsicov  (pXoya  ttoXXtjV. 

Die  Verbindung  Sswoc  xai  cpoßEpös  steht  im  Verseingange  bereits  XII  79  und  folgt 
XIV  173;  hier  aber  ist  sie  wegen  des  nachstehenden  zb  sehr  misslich.  Die  Heilung  ist 
nicht  so  sicher,  da  es  eben  verschiedene  Möglichkeiten  hiezu  gibt.  Man  kann  an  S.sivöc  xat. 
^oßcpöc  /^sccov  denken,  aber  die  unmittelbar  auf  einander  folgenden  Worte  Xstcov  und  TCVciwv 
wären  dann  durchaus  nicht  euphonisch  zu  nennen;  es  Hesse  sich  weiters  OcWoc  rs  (poßspoc  t£ 
schreiben  unter  Annahme  falscher  Analogie  nach  ähnlichen  Verbindungen,  wo  aber  ts 
durch  den  Einfluss  einer  folgenden  Liquida  gelängt  ist:  ist  doch  z.  B.  ganz  ähnlich  Sib. 
I  310  selbst  ciSoc  xai  [li-^aBöc,  xs  (statt  ccSöc  t£  [asysÖoc  ts)  in  die  Handschriften  ein- 
gedrungen. Auch  8£t[jiaX£0C  '^oßspö?  ts  wäre  nicht  unmöglich,  da  osi\).aKioQ  im  Sinne 
von  , furchtbar'  in  den  Sibyllinen  wirklich  vorkommt,  vgl.  II  293;  selbst  die  Verbindung 
SctvcoTCÖc  '^oßspöc  Xc  könnte  man  angemessen  finden.  Endlich  lässt  sich  im  Hinblicke 
darauf,  dass  der  folgende  Vers  mit  8t^  töts  aoz  beginnt,  der  Vermuthung  Raum  geben, 
dass  etwa  v,ai  und  5i]  ihre  Plätze  gewechselt  haben  und  Sstvoi;  o^^  (poßspos  zs  Xscov  zu 
lesen  sei.  Am  liebsten  möchte  ich  Sstvoc  ziQ  cpoßspö;;  ze  Xsfov  schreiben,  wie  Hom.  P  542 
ai\xazöeic,  (o;  zlz  zz  Xscov  und  P  133  üozrpksi  o)^  zic  zs.  Xccov. 

XIII  166  sqq.     3i^  zözz  aur  oXiazt.  TioXlfQ  xat,  dvaioet  zökii'q 
s'Jxspdfox  iXa'fov  rs  9o6v  xai  Oyjpa   [Jisytaiov 

loßoXov  {poßspöv. 

Mit  grosser  Wahrscheinliclikeit  ist  im  Eingange  von  Vers  166  zu  schreiben  xai 
xötö  3'  aur,  wodurch  zugleich  der  grobe  Hiatus  nach  dem  ersten  Fusse  verschwindet. 
Aber  auch  IXiosi  TZOfSkr^  xat.  ävatosi  x6X[J.'rj  ist  sehr  auffällig,  wenn  man  das  kurz  vorher 
begegnende  S"^  üic'  dvatSsi  i:öX[xtj  (XIII  142)  berücksichtigt.  Ich  zweifle  keinen  Augen- 
blick, dass  auch  an  unserer  Stelle  so  zu  lesen  ist  unter  gleichzeitiger  Veränderung  des 
Futurs  oXioei  in  den  Optativ  ö^sastsv;  demnach  hat  der  Vers  166  zu  lauten:  xai  toxs 
8'  (x'jz  öXsocisv  i'Q  ÖTt  dvaiSst  z6X\t.'Q. 

Ausserdem  ist  noch  die  bereits  oben  berührte  Veränderung  von  S'jxspdcot  zu  rpY.i- 
p(or  vorzunehmen. 

XIII  172  sq.     dXXd,  dva^  ßaadcö  v.6a\iw,  6c£,    iraOaov  dot8YyV 
7J|Ji£r£p(ov  £i:£(ov    Zbi  5'  i[j.£pÖ£aoav  dotor^v. 

Die  handschriftlichen  Fehler  älX  dva^  und  TJjj-Epav  icdo'.v  (statt  {[i£pÖ£aaav)  sind  von 
Alexandre   beseitigt  worden.     Nun  könnte  Jemand  allenfalls  an  dem  Umstände  Anstoss 


JJ8  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzäch. 

nehmen,  dass  Vers  172  und  173  mit  demselben  Ausdrucke  schliessen.  Indess  lagen  hier 
dem  Sibyllisten  mehrere  Muster  aus  den  homerischen  Hymnen  vor,  so  dass  an  eine 
Textesänderung  absolut  nicht  gedacht  werden  darf;  vgl.  Hom.  Hymn.  VI  20  sq.  £|j.i^v 
0  svTUvov  dotSijv.  I  atJTdp  i-^io  xai  aelo  xai  öXkriz  [ivif^aoti,'  dotSyjc.  X  5  sq.  hhz  S'  {|i.cpösaaav 
äoi5fjV.  j  aördp  syto  *a'.  asto  xai  dXXiQC  [ivv^aofi'  dotS-^c-  XIX  48  sq.  xaL  au  [aev  outo)  yalpc, 
dva^.  Xtrofiat  8s  a  dow^t^  •  |  aürdp  eyCo  xal  aslo  xal  dXX-rji;  ixv/^aoix'  doiS-^c  XXV  6  sq. 
•/aipsxs,  -rsxva  Atöc,  xai  sijlyjv  -t(JL7]aat  dotSr^v  •  |  aördp  sycbv  6ix£(ov  ts  xal  dX/^TjC  [AV»]ao{i'  doiS-rjc. 

XIV  7  sqq.     ouvsxsv  dvc'  dYaötöv  §pY(ov  Stxawov  ts  XoytoiJLtbv 
(papsa  7cop<p6p£a,  /Xatva?  icpouxpCvats  Trdvxsc 
Toüc  icoXsiiouc  itoÖsovcec  ötC^ac  te  (povouc  ts. 

In  V^ers  8  ist  die  Form  irpouxpwarc  durch  icposxptvats  zu  ersetzen,  vgl.  VIII  19  und 
23,  wo  beide  Male  icposxpivav  im  Versschlusse  steht.  Eine  grössere  Verderbnis  ist  in 
Vers  9  eingedrungen:  hier  ist  zunächst  der  Artikel  zoöz  auf  keinerlei  Weise  zu  ent- 
schuldigen; schon  Alexandre  hat  in  der  Note  bemerkt  ,vacat  zoöz  initio'.  Der  ganze 
Verseingang  macht  mir  den  Eindruck  einer  in  den  Text  eingeschmuggelten  Glosse.  Mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  lässt  sich  behaupten,  dass  derselbe  ursprünglich  lautete: 
üofiiva;;  'TCoÖsovcsc;  zu  üoixcvac  war  als  Interlinear-  oder  Marginalerklärung  notirt  tooc 
koXc|jlou;.  Ebenso  muss  aber  öiCüa?  emendirt  werden,  welches  in  höchst  auffälliger 
Weise  mit  langem  v  gebraucht  ist  und  in  Verbindung  mit  Begriffen  vorliegt,  wie  wir 
solche  im  epischen  Sprachgebrauche  gewöhnlich  nicht  finden.  Deshalb  vermuthe  ich, 
dass  öiC'Jpdc  (seil.  'ja|xtvac)  zu  schreiben  ist,  vgl.  das  homerische  irauaaaÖai  oiC^poö  ttoXs- 

[Aoio  r  112. 

XIV  14  sqq.     xai  yo\i.iaQ  Opauocis,  ßcTj  8'  oüx  Eaastat  aötoic, 
si  \i.ri  dp'  {oxünQtt  ttoScöv  ax6Xaxc(;  3td  ßi]aaa<; 
sie  eptv  dvnr^aouat  8tcox£[JL£Vat  [j,£(j.ad)'C£C. 

So  liest  man  bei  Alexandre.  Die  handschriftliche  Ueberlieferung  von  Vers  14  lautet 
jedoch  xai  vofisac  OpauoY],  ßtTj  8'  oöx  eaasrai  aötot?;  Öpauasie  rührt  von  Alexandre,  während 
Mai  Öpa'jast  edirt  hatte.  Allein  es  ist  OpauoTj  festzuhalten,  wie  auch  oXscav]  am  Schlüsse 
des  vorausgehenden  Verses  13,  wo  gleichfalls  von  den  Herausgebern  gegen  die  Hand- 
schriften öXsaasi  geschrieben  ward:  die  Conjunctive  stehen  hier  im  Sinne  eines  Futur- 
begriffes (vgl.  das  zu  II  22  sq.  Erwähnte).  Denn  mit  den  Worten  (in  Vers  13)  xai  Tcdvrac 
öXsaco  (oder  ist  ßoö?  diroXsaaYj  zu  vermuthen?)  beginnt  der  Nachsatz  zu  dem  Vordersatze 
öico-av  —  'f,iäi.  Die  metrische  Unzukömmlichkeit  aber,  welche  bei  der  Schreibung 
Öpa'ja'/),  ßir^  xrÄ.  sich  ergibt,  ist  mittelst  der  Ersetzung  von  ßiTj  durch  vixYj  zu  beseitigen; 
dieser  Begriff  wird  hier  vom  Contexte  verlangt,  und  überdies  ist  die  Phrase  vixYj  8'  o6x 
iooBzai  aöroic  eine  echt  sibyllinische,  vgl.  XIII  38,  XIV  334  (an  letzterer  Stelle  haben 
die  Handschriften  vtxoc). 

Auch  der  Eingang  des  Verses  15  ist  nicht  intact:  statt  ei  {jliq  dp  {bxy-ciQtt  iro8(«v, 
worin  ein  starker  metrisch-prosodischer  Anstoss  vorliegt,  ist  zweifelsohne  herzustellen 
£•  {J.-/;  d'fap  zay'JZTfZi  TCoSör^  xtX.;  diese  Verbindung  liegt  an  derselben  Versstelle  vor  bei 
Xenophanes  Eleg.  Fr.  2,  17  B.^  068s  \s.iv  ai  zayozf^zi  icoScbv,  z6  irsp  sau  icpouixov  xrX.; 
vgl.  auch  Hom.  0  339  x6ü)v  —  icoaiv  ra/ssaci  oubxcov. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  119 

XIV  22  sq.  [icYdX'/j  3'  STcl  Touxotc 

Eaoctai  aipriTfi  viöa[j.oto  TiaVTt  rs  §Y;|j.q). 

Statt  dieser  handschriftlichen  Leseart  edirte  Mai  in  der  Publication  dieses  Buches 
aus  dem  Ambrosianus  iTf  x6a[AOt6  rs,  was  auch  Alexandre  annahm,  obgleich  er  selbst  in 
den  Noten  zur  ersten  Ausgabe  %öa[JLqi  £Vt  vorgeschlagen  hatte.  Ich  erachte  nur  diese 
letztere  Conjectur  für  möglich;  die  Musterstelle  ist  Hom.  F  50  tcöXyji  x£  -Jtavti  t£  Sr^jJiq). 
Als  Parallele  für  unsern  Vers  ist  zu  vergleichen  XIV  198  x,öa^(p  £Vi  Tcavu. 

XIV  24  sqq.  zqöq  8'  aü  xopuÖatoXot  avSpss 

)(puaotJ  §cu6[A£V&t  %ai  dpyopoa,  o'JVExa  -courooi; 
8yaa£ß£a)c  xtEivouatv  £Vt  xaXd{A7jat  Xaßövtsc. 

Die  Worte  oövsxa  zoüvooq  in  Vers  25  enthalten  eine  offenbare  Verderbnis,  welche 
den  ganzen  Zusammenhang  zerstört.  Durch  eine  einfache  Aenderung  jedoch  wird  diese 
Schwierigkeit  beseitigt.  Schreibt  man  siVcxa  xouzcov  seil.  /p^aoO  v.a[  a.pyopoo,  oder  £fv£xa 
to'JTOU  (oder  £tv£7ia  /,£p8ouc?),  so  ergibt  sich  ein  ganz  annehmbarer  Sinn.  In  Vers  26 
ist,  wie  früher  auseinandergesetzt  worden,  das  Futurum  "»rcVEO'jatv  herzustellen.  Am 
Schlüsse  desselben  ist  überliefert  £V  iraXd[AiQat  Xaßövxsc,  was  von  Mai  in  svt  itakd\):ri<ji 
verändert  ward.  Ich  bin  der  Ansicht,  es  sei  v.zzivjoa  lUaic  (oder  xteivougw  irxlQ)  iraXd- 
{A'oai  ka^vKSQ  in  den  Text  einzusetzen,  vgl.  XI  269  tötai?  Tza.Kd\>.r^ai  cp£povr£C. 

XIV  31     TtpTjVt^ac  TTdadv  te  itöXtv  xXscvcbv  Xc  AattvcDV. 

Den  Versschluss  xXstvcöv  t£  Aauvcov  hat  Alexandre  nach  XII  34  formulirt,  ohne  zu 
beachten,  dass  dann  nicht  blos  ein  t£,  sondern  sogar  deren  zwei  in  dem  Verse  gänzlich 
überflüssig  wären.  Die  handschriftliche  Leseart  vXlvyp  x£  ist  etwa  in  "/topT^v  t£  zu  verändern, 
oder  besser  nach  Hartel's  Vorschlage  in  xXtGtYjV  rs. 

XTV  32  sq.    'PwjJLTj  5'  ooxet  iaxtv  szi  o68'  lat'  d%oüaat, 
otav  TiEp  Ttptoirjv  £i5£V  rotav  irapoSc-cTj«;. 

Die  vorstehende  verderbte  Fassung  bieten  alle  Handschriften,  nur  Q  hat  statt  ouxEt 
die  volle  Form  o6x£tt.  Schon  Mai  sah,  dass  für  £ariv  szi  hergestellt  werden  muss  iariv 
i5civ,  und  auch  sot  dxoöaai  ward  von  ihm  zu  £axcv  dxoüaai  corrigirt.  Am  Anfange  des 
Verses  ist,  wie  Alexandre  in  den  Curae  posteriores  vermuthete,  ohne  jedoch  darnach  den 
Text  zu  gestalten,  der  Accusativ  'P(b|JLrjV  zu  schreiben.  Für  oüx£t'  iativ  kann  aber  nicht 
die  Leseart  von  Q  ouxExt  EOttV,  die  einen  argen  Hiatus  enthält,  aufgenommen  werden, 
es  ist  vielmehr  offenbar  ein  Wörtchen  ausgefallen  :  ich  vermuthe  oü%iz  dp"  ioriv.  Schlimmer 
noch  ist  in  der  Ueberlieferung  der  nächste  Vers  weggekommen,  wo  unmöglich  o?av  und 
"ocav  neben  einander  stehen  können;  toiav  drang  offenbar  an  Stelle  eines  verderbten 
oder  ausgefallenen  Ausdruckes  ein.  Dieser  kann  wohl  kaum  etwas  Anderes  sein  als  ein 
Epitheton  zu  TCapoSixYjc;  wegen  XIV  358  dlXoc,  65tTYjc  (vgl.  Homer,  l  127)  möchte  ich 
diesfalls  an   dXXoc  TcapoSctTjc  denken,   so  dass  die  beiden  Verse  nunmehr  lauten  würden: 

'P(ojJLTjV  5'  ooT-iz  dp'  iattv  iSslv  oöS'  eotiv  dxo'joat 

otTjV  Hcp  iTpwTjV  cioöv  dXXoc  'jrapoStTYjc. 
Dieser  dXXoc  TCapoStxTj?  ist  ein  Wanderer,  der  von  anderswo  herkommt.    Oder  sollte  8i£pöc 
icapo^tTYj?  zu  vermuthen  sein? 


]^20  1^-  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

XIV  39  sq.     xai  tote  Sifj  %-cVsouatv  dvatSsa  xoipavov  aivöv 
VTiirtaxoi  Tto[xr^c  xpatspäc  'Pwjjltji;  ts  Aaüvoi. 

So  die  Handschriften,  nur  M  hat  xrsavsouaiv,  was  auf  die  Doppelleseart  xxsveouatv 
und  xravcouatv  hinweist.  An  v»]TCia/ot  ist  kein  Anstoss  zu  nehmen,  da  dies  hier  so  viel 
bedeutet  wie  sonst  rßaOi  (vgl.  XIII  7);  dagegen  ist  offenbar  das  zweite  Tcojxyjc,  durch 
das  Vorangehende  veranlasst,  an  Stelle  eines  Epithetons  zu  Aauvot  getreten.  Dies  aber 
dürfte  xXsivot  gewesen  sein,  vgl.  XII  34  xpätoc 'PfoiAirjC  xXsivÄv  ts  Aarcviov.  Mai's  Xao{  xs 
Aa-ivoi,  wie  er  in  der  Mailänder  Ausgabe  edirte,  ist  von  ihm  selbst  naclimals  in  der  Publi- 
cation  der  vaticanischen  Handschriften  unberücksichtigt  geblieben. 

Zweifelsohne  aber  hatte  auch  VY)TCta)^ot.  eine  Beifügung,  welche  in  dem  fälschlich 
zu  T(o|xr^c  bezogenen  xpa-uspötc  steckt.     Ich  möchte  daher  vorschlagen: 

vrjTctayot  'P«)[i.7]C  xpaTspot  fXzuoi  ts  Aaxlvot. 

XIV  50  sq.     xoipavo^  ix  §ua[JLtov  sirtßd^  [JLsrsTCStxa  öavcirai 
"ApY^t  %patsp(p  §£§alY[Ji£Voc  ö:;£i  yaXxw. 

In  dieser  Art  hat  Alexandre  für  das  überlieferte  "Apst  %ol  xpaxspq)  SsSsyI^^'''^?  g®" 
schrieben  nach  XII  249,  275,  XIII  146,  XIV  115.  Allein  das  Vorhandensein  jenes  %ai 
weist  auf  die  einstige  Existenz  eines  "Wörtchens  hin,  das  unter  den  gegebenen  Umständen 
nur  ütc6  gewesen  sein  kann  (demnach  'Äpst,  öito  xpatspcji).  Durch  Aufnahme  dieser  Prä- 
position wird  auch  dem  Misverhältnisse  begegnet,  das  in  der  Aufeinanderfolge  zweier 
reinen  Dative  in  einem  Verse  bestünde, 

XrV  52  sq.     xai  tots  5'  aöx'  äp^si  xat  uTcspjASVswv  Tco|jLa(cov 
äXXo?  av/jp  {AcYd6u[X0(;. 

VHM  bieten  dp^si  -/.ai,  Q  dp^ouat  xai  (vgl.  den  Vers  XIH  155  r^ixa  S'  aur'  dp^ooatv 
'jTcspiAEvecov  'Pfojiaicov);  aber  xat  ist  hier  ganz  unbegründet  und  unstatthaft,  es  ist  dp^sisv 
zu  schreiben.  Ganz  dieselbe  Corruptel  liegt  vor  XIV  127  T{D|ia{(ov  dp^et  xat  6';ccp[).cV£(ov 
dv^pw'rtwv,  wo  gleichfalls  %ai  eindrang,  nachdem  einmal  die  Form  dp^stsv  zu  dp^st  ver- 
dorben war. 

XIV  61  sq.     T/izh'Ji,  ot  ypuaöv  t£  xal  dpyopov  £V  itüpl  TCoXXtp 
y(ov£'jaouat,  vacbv  i5p6[j.a-a  ystpoTrotT^tojv. 

In  Vers  61  ist  ot  durch  Mai  ergänzt  worden,  y{öV£6aouat  im  nächsten  bietet  Q,  die 
übrigen  Handschriften  ya)V£6o'jat.  Den  folgenden  Ausdruck  vawv  t3p6(JLata  aber  halte 
ich  für  verderbt  und  schlage  vor  Ö£cbv  dcptSp'JjJLara  yscpox&tYjrcov  in  den  Text  zu  setzen, 
vgl.  IV  28  xai  ßo)|jio'j;  slxala  /iOo)v  drpt5p6[i.aia  xcocptöv.  Auch  III  31  ist  wohl  XiQtvoi? 
t  ä'ftop'j|i.aa'.  ^WTWV  zu  schreiben  (für  uHix'jiz  <f  cop6ixaat). 

XIV  74  sq.     xai  -6-£  (jloüvo^  dvac  diro  tpfcdtojv  iroXct  d).X(p 
dp^£i  xai  Tayj  [Aoipav  i'fö'jiErat  Soupt.  ßo/.r^Oöt?. 

Diese  Fassung  liegt  in  den  Handschriften  vor;  für  irp^i^zzai  ist  durch  Alexandre  und 
Friedlieb  STCÖ'I^STat  corrigirt  worden.  Einen  Versuch,  den  Schluss  von  Vers  75  zu  emen- 
diren,  machte  Alexandre,  indem  er  theilweise  Mai  folgend,  der  in  seinen  beiden  Ausgaben 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  121 

icoXo  aXXq)  in  den  Text  gesetzt  hatte,  izciXb  [AäXXov  schrieb,  ohne  in  den  Noten  und  in 
der  lateinischen  Uebersetzung  die  Bedeutung  dieses  Ausdruckes  irgendwie  klarzulegen. 
Die  ganze  Conjectur  muss  als  missglückt  bezeichnet  werden.  Die  Emendation  muss  schon 
hinter  ava^  beginnen:  denn  das  sinnlose  aTzb  tpttdTwv,  das  zugleich  einen  argen  prosodisch- 
metrischen  Fehler  enthält,  ist  durch  apt6[Jtoö  "cpttdtou  zu  ersetzen,  einem  in  den  letzten 
Büchern  der  Sibyllinen  geläufigen  Ausdrucke;  vgl.  z.  B.  XIII  157  z^izdzoo  dpt6[j.olo. 
Die  corrupten  Schlussworte  TCoXst  dXXcf»  aber  entstanden  zweifellos  aus  ursprünglichem 
irdXtv  aXXoQ,  vgl.  dieselbe  Fügung  z.  B.  [Asra  5'  aoz  dp^st  irdXtv  aWoz  XIII  144,  xöv  [ASta 
ircVtigxovx'  dpt6[xö)V  dp^sc  irdXw  aXkoz  XIV  163,  (xstd  töv§'  -^^ec  icdXtv  dXXoc  XIII  162  u.  a. 

Endlich  erfordert  auch  der  Schluss  des  Verses  75  eine  bessernde  Hand.  Die  Ver- 
bindung ETCÖ4'£'cai  §oupi  ßoXTjöst?  ist  ein  metrisches  und  grammatisches  Monstrum,  das 
seltsamer  Weise  bisher  ohne  Weiteres  in  den  Ausgaben  geduldet  ward.  Die  Kürzung 
des  auslautenden  Diphthongen  in  iizö'^Ezai  verlangt  folgenden  vocalischen  Anlaut, 
während  die  Form  ßoXvjöcic  ein  singuläres,  erst  durch  Interpolation  in  den  Text  gedrun- 
genes Product  darstellt,  das  ganz  äusserlich  dem  Particip  Perfecti  ßsßoX7j[jL£Voc,  welches 
etliche  Male  in  den  Sibyllinen  begegnet,  nachgebildet  erscheint.  Letzterer  Umstand 
ist  auch  Alexandre  nicht  entgangen,  der  wenigstens  in  der  Note  zur  ersten  Ausgabe 
bemerkte:  ,in  fine  denique  ßoXYjösi?  ad  exemplar  perfecti  ßsßoXvjiJLSVoc  audacter  ac  nisi 
fallimur,  barbare  fictum  est'.  Beachten  wir  die  zwei  berührten  Umstände,  so  ist  kaum 
daran  zu  zweifeln,  dass  der  Schluss  des  Verses  gelautet  habe  siröij^Erai  dopi  ßXyjQst?;  zu 
vergleichen  wären  homerische  Fügungen  wie  dopt  tüXyj^s  A  240  dopt  x6(j;i(j  F378.  Sonach 
sind  die  beiden  in  Rede  stehenden  Verse  folgendermassen  richtigzustellen: 

xat  zözs.  [ioövoc  dva^   dpt9{j.oü  zpizdzoo  icdXtv  dXXo? 
dp^st  xat  za-jio  [lotpav  sitötj^srat  dopt  ^Irßzic,. 

XIV  76  sq.     röv  [xstot  TcoXkoi  ützzizol  eii;'  dXXr^Xotatv  öXoövtat 

t<j!6t|Jiot  [i£poz£?  t£   ÜTtsp  ßaatXY]t5o(;  dp/fjc. 

Was  soll  i'fötixot  [AspoTCSC  Xe  bedeuten?  Es  stellt  nichts  als  eine  Corruptel  aus  t(p9t[xot 
TCsp  sov-css  vor,  das  trefflich  in  den  Zusammenhang  passt.  Zum  Ueberflusse  sei  auf 
homerische    Formeln    hingewiesen    wie  FF  620    tiyGtjj.öv    Tcsp    sövra,    M  410    Y  356   ttpötfjiq) 

TTEp    £ÖVU. 

XIV  80    xat  tÖTS  Ootvcxifj  xöXsjjloc  xat  Svjptc  saasxat. 

So  steht  in  den  Handschriften:  Mai  hat  easirat  in  seinen  Texten  edirt,  worin  ihm 
die  übrigen  Herausgeber  folgten.     Indess  ist  eitiazai  bei  Weitem  vorzuziehen. 

XrV  82     xal  iröaa  Ttpoaicsastat  6tz6  z  dvSpcbv  ßapßapo^cbvcov; 

Mai  hat  ßapßapofpcbvwv  verbessert,  QM  haben  ßapßapoipövtov,  VH  ßapßapofppövcov. 
Aber  auch  tiiro  z  dvSpJjv,  das  einstimmig  überliefert  ist,  darf  im  Texte  nicht  geduldet 
werden,  da  dies  z  absolut  widersinnig  wäre.  Es  ist  hier  einfach  durch  Umsetzung  zu 
helfen:  dv5p(öv  utto  ßapßapotpcovwv ;  vgl.  I  394,  wo  das  überlieferte  verderbte  ü'ir"  dv^pcbv 
ßoipßapo'foivcov  von  Meineke  in  derselben  Weise  richtiggestellt  ward. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIll.  Bd.    IV.  Abb.  16 


122  IV.  Abhandlung:    Alois  Rzach. 

XIV  87     af  [jLsXsOC  Tüptot  hk  xaxöv  Qspoc  ä.[i.rpa.G(Ja. 

Zunächst  ist  für  af,  das  Mai  in  cd  änderte,  d  zu  setzen,  denn  die  Verbindung  d 
(isXso?  ist  seit  homerischer  Zeit  ständig  und  bei  den  Sibyllisten  ebenfalls  zu  finden;  so 
muss  auch  XIV  215  d  {JisXeot  KsxpoTTSi;  geschrieben  werden.  Betreffs  des  auffälligen  Ss 
hinter  T6ptoc  aber  ist  unser  Vers  mit  I  387  zu  vergleichen:  ivOsv  orav  'Eßpalot  x6  xaxöv 
Ospoc  dfAirjaoöVTat.  Natürlich  werden  wir  auch  hier  für  8s  schreiben  müssen  xö,  wodurch 
die  Schwierigkeit  beseitigt  wird.  Ausserdem  ist  d[jL7]a£a6c  mit  Alexandre  für  d|X7^aaa9£ 
zu  corrigiren. 

XIV  97     TouvoiAa  8'  soöXov  £)((ov  soöXoic  Ipyo^C  irpotd^j^st. 

In  den  Curae  posteriores  schlug  Alexandre  vor  Ipyotat  Tcpoas^st,  meinte  aber,  es 
Hesse  sich  icpoidtj^ct  auch  durch  das  Supplement  von  sautöv  erklären,  was  unmöglich  ist. 
Eher  Hesse  sich  Struve's  Meinung  hören,  wonach  zu  'Kpoid'^oi  ovojJia  Object  wäre.  Ein- 
facher indess  stellt  sich  die  Sache,  wenn  man  in  Ttpoid<!^s,i  eine  Corruptel  sieht  und  hiefür 
etwa  (spYotat)  irpoodtj^ct  oder  itpoxö^l/st  vermuthet. 

XIV  99  sqq.  (XeoaTjYUi;  Ta6poü  -es  vt(poßX7^rot6  z  'A|JLavoü 
ix  KtXtxcov  •^rxiriQ  vsa  ttc  TöXii;  iiaTzoXelzai 
%aX'/]  -£  ^P'-W^i  '^*  ßapoaösvsoc  iroTajxoto. 

Die  Form  vtfpoßXi^roto  stellte  Mai  her  für  VLipYjßXrjroto  der  Handschriften.  Der  Genetiv 
ßapDOÖcVso^  iroTa|JLOto,  der  bisher  unangetastet  blieb,  ist  meines  Erachtens  nicht  zu  halten 
und  in  ßapuaöövsotv  icotaixotaiv  zu  ändern.  Wie  oft  dergleichen  Verwechslungen  in  den 
Endungen  vorkommen,  braucht  nicht  erst  betont  zu  werden. 

XIV  111  sqq.  o'^ji.'  saxac  dpa  irdacv  ZTH.yßo'ii.oii;  dvöpcoirot?- 
TiXciöxspot  6'  ücxoi,  vifpdSc^  saovcac  /dXaCaf 
E^oXscst  Xtjicov  xap'jroui;  sie'  d-jcstpova  yalav. 

In  dieser  verderbten  Form  ist  die  Stelle  überliefert;  zunächst  ist  wohl  iaxat 
8'  dpa  zu  verbessern.  Im  folgenden  Verse  begnügte  sich  Alexandre  mit  der  Schreibung 
itXetOTcpoi  6'  6cT0t,  vtipdScC  [t']  iaaovrat  y_d)^aCat,  wozu  er  in  der  zweiten  Ausgabe  zur 
Entschuldigung  bemerkt:  ,utique  metrum  laborat  et  syntaxis'.  Ich  vermuthe  als  ursprüng- 
liche Fassung:  icXciotcpoc  S'  saaovÖ'  6cT0i,  vctpdi;  tjSs  ydXaCa  |  s^oXeoet  vcxX.  Den  Singular 
•/dXaCa  hat  mit  Rücksicht  auf  das  folgende  s^oXsast  auch  Mai  in  den  Text  gesetzt. 
Die  von  mir  hergestellte  Verbindung  vtcpd^  'q^i  yakaCc/.  ist  der  homerischen  vtyd^  tjs 
■/dXaCa  0  170  nachgebildet.  Zum  Ueberflusse  lesen  wir  auch  in  den  Sibyllinen  III  691 
ganz  ähnlich  /iOo?  rfii  ydXaCa  im  Versschlusse. 

XIV  114     a'jtoi  8'  auxc  Xcaoövtai  £vl  ii;ToX£{jLOtat  8a[A£VT£?. 

Statt  auTc  'TCsaoOvcai  muss  mit  Rücksicht  auf  XIV  240  i:pYjVW[i.ois  '7r£a£ovxat  tiic'  aiöa- 
Xösoo'.  xspauvolc  (und  XIV  125  aötöc  8'  au  icsasrat  irpoSoÖEic  aiötovt  at8Yjpq))  geschrieben 
werden  aötol  8'  a'j  zsaEovxat  xxX.  Ebenso  hat  Nauck  XIV  145  icoXXol  8'/j  Tt£a£ovxai  für 
das  überlieferte  icoXXol  8t;  iTcaaoOvxai  hergestellt,  da  die  ersterwähnte  Form  wiederholt 
begegnet  III  275,  342,  685,  XII  244  u.  s.  Gemeinsame  Quelle  und  Muster  ist  Hom. 
A  824.     Die  contrahirte  Form  wird  nur  an  hervorragenden  Versstellen  verwendet,  wenn 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischbn  Orakeln.  123 

zugleich  die  Mittelsilbe    des  Wortes   in  die  Vershebung  treten   muss,   wie   XIII  57   svöa 

TTcOoOvrai  im  Versschlusse. 

XIV  129     ndpöoic  'Aaauptoiat  (jLSVsirtoXsfJLOt?  hi  -es  llspaatc 

In  dieser  Weise  wird  seit  Mai  der  Vers  geschrieben.  Allein  die  Handschriften 
QVH  bieten  {j,sv£TcroX£[i,oiai  ze  Ilspaati;,  und  nur  M  hat  (JLSVSTCtoXEjxot?  xs,  weshalb  Mai  ein 
M  einschob.  Selbstverständlich  ist  an  |j,eVcirtoX£[Jioiat  festzuhalten.  Vielleicht  ist  auch 
üdpöoic  t  'Aoauptoic  x£  zu  verbinden. 

XIV  131     xpua(jj  TjXsxxpq)  xs  xal  dpyupq)  7j5'  eXstpavri. 
Aus  XIV  211,  wo  dieser  Vers  wiederkehrt,  muss  XP'->o(p  z    verbessert  werden. 

XIV  137  sq.     dpsct  §'  alXoQ  dvvjp  rpcdSwv  Ssxa,  ÖYjpl  eocxcdi; 

SV  "/airv]  ßX&aupcoTcöc  •    dcp' 'EXXt^vcov  yi^oc,  sorat. 

So  die  Handschriften  bis  auf  AI,  welches  mit  einer  kleinen  Differenz  ßXoaupwtö? 
bietet.  Nicht  minder  auffällig  wie  das  unverständliche  iv  /acrY]  ßXocupwTcoc  ist  der  Um- 
stand, dass  das  kleine  Sätzchen  dy'  'EXJvTqvwv  y^'^^S  Bozai  abrupt  dem  Vorausgehenden 
angefügt  wäre.  Jedesfalls  brauchen  wir  hierin  nicht  etwa  eine  Eigenthümlichkeit  der 
Sibyllengräcität  zu  sehen,  sondern  es  liegt  eine  Corruptel  vor.  Vergleichen  wir 
nämlich  unseren  Vers  einerseits  mit  XIV  13  7j6xo(jloi;  ßXoaupOi;  B\  was  von  dem  TaopoöV 
öXcTY^p  gesagt  wird,  anderseits  aber  mit  III  193  Aiy^'J^'COU  ßaaiXeu?,  hc,  dtp'  'EXXtqvcov 
Y^voc  laxat  (siehe  auch  XIV  225  5c  AtY^^'J^^'^of^  '(i'^OQ  S^sc),  so  wird  es  Jedermann  klar,  dass 
unser  Vers  ursprünglich  gelautet  hat  £Ö)(a{xYj  ßXoaüptp  Q\  hc,  a(p  'EXXf^vtov  '{i'^oz  zozai. 
Betreffs  des  ersten  Wortes  sv  /atr/]  dachte  auch  Meineke  schon  an  die  etwaige  Correctur 
s^xattYj. 

XIV  139  sq.     Ttat  zözs  SV]  Oöiyjc  Tzoo'kozpötpoo  dato  MoXoaacöV 
xat  Adpioaa  -Kkoz-fi  xat  kiz  brppüat,  IlYjvstoIo. 

Man  vermisst  hier  ein  Prädicat;  das  betreffende  Verbum  musste,  soweit  sich  aus 
dem  Folgenden  schliessen  lässt,  irgend  ein  Unheil  bezeichnen,  welches  die  genannten 
Städte  heimsuchen  sollte.  Die  Corruptel  steckt  wohl  in  ikIozyi  v.ai:  ich  vermuthe  hiefür 
•/.hHrioez  ;  zu  vergleichen  ist  die  Stelle  VIII  77,  wo  es  in  Bezug  auf  Rom  heisst:  o6S' 
öpöcoÖT^aY]  icots  §6ajj,opoc,  dXXd  äXiötjot];  einen  ähnlichen  Gedanken  hatte  auch  Meineke, 
welcher  x,/.i6cirat  mit  Futurbedeutung  vorschlug,  was  jedoch  unstatthaft  ist.  Uebrigens 
dachte  dieser  Gelehrte  auch  daran,  es  sei  etwa  ein  Vers  ausgefallen.  Wegen  der  Ver- 
bindung £ir'  ö'fpüac  HtjvscoIo  ist  zu  vergleichen  Hom.  Y  151  sii'  o^puat  KaXXaoXcoVT]?. 
Seither  fand  diese  Stelle  eine  eingehende  Behandlung  durch  Mendelssohn,  mit  dem  ich 
MoXoaaoO  (als  Flussnamen,  vgl.  XIV  216)  schreiben  möchte. 

XIV  142  sqq.     xai  7ü6)v£[jloc  hziybQ  Marnzi^oQ  55aat  Xcjxvyjc 

satat  £7ci  irpo/oalat  i:ap'  üardtiov  Tcöiia  tcyjyvjc 
OdotSoc  UYP^^^QP''^^^  ^ö''^  dafpoSsXöv  X£t|j,ct)va. 

Ausser  iröixa  ■TtY^YVii;,  das  nach  IV  15  (vgl.  jetzt  das  oben  zu  Proöm.  44  Gesagte)  in 
a-cö|jLa  TZfiyriz  verbessert  ward,   hat  Meineke   auch  im  Vers  142  offenbar  richtig  MatcörtSoc 

16* 


J24  IV-  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

iy^'JBi  'Ki\v/r^z  geschrieben.  Ich  möchte  hier  auf  die  significante  Parallele  im  Hom. 
Hymaos  auf  Apollon  Pyth.  102  hinweisen,  wo  wir  an  derselben  Versstelle  KTjfptatSoc 
iyf'JBi  Xi|ivr|C  lesen. 

XIV  150  sq.  oaoi  TOVouat  irdvtoxov 

'Ap(j.svtoi  xpuaraXXov  ö-fw  jistovroc  'Apdi;£(o. 

Für  das  von  den  Handschriften  gebotene  irdviarov  vermuthete  Boissonade  icdvvjOTOv 
(Compositum  von  i^arov);  Alexandre  schrieb  ird'/wcov.  Ich  denke,  die  ursprüngliche 
Schreibung  hat  wohl  ■Tcivouotv   dptarov  gelautet. 

XIV  154  sqq.     saaovrat  TiöXsjxot  Sstvoi  dv§po%xaa{at  xs' 

■xat  ^p^Y^TQ  7°^^"^^  "■■*  npoTcovuöoc  dat=a  yaiTj«; 
tpdayavd  x'  ex  xoXscöv  djx'fi^xsa  yjiJLVwaavts? 
dX^Xac  xötj^ouat  5id  Suaasßstac  dXYStvd^. 

Im  Verse  154  scheint  mir  tz6Xb\).oi  Ssivot  eine  Corruptel  zu  sein,  aus  dem  Eingange 
von  Vers  142  hieher  eingedrungen;  eine  unzweifelhafte  Verderbnis,  die  ganz  analog 
wäre,  bietet  XI  124  xai  Tz6KB\i.oc,  Ssivo?  rs  (statt  Xoi\s.öz  zs).  Die  ursprüngliche  Leseart 
dürfte  TCÖXsjJioi  t£  [JLd)(ac  t'  ävSpoxTaaiai  ts  gewesen  sein,  wie  XII  113,  XIII  9. 

In  den  folgenden  Versen  sind  einige  der  handschriftlichen  Fehler  schon  verbessert 
worden:  so  schreibt  Mai  aWrikooQ  xöt|/ooat  (vgl.  XIV  196),  was  Meineke  in  %ö'];o(ja' 
oXXt^Xou?  umsetzte,  indem  er  den  metrischen  Fehler  hiemit  entfernte;  5id  Suoaeßtac  dXs- 
YStvd?  hat  Alexandre  hergestellt.  Es  bleiben  jedoch  der  Bedenken  noch  genug.  Wegen 
Y'J[iV(03avr£c  ist  ein  Subject  männlichen  Geschlechtes  zu  erwarten:  dies  steckt  offenbar 
am  Schlüsse  von  Vers  155;  denn  "^airiz  ist  Wiederholung  aus  -cxiri,  das  an  die  Stelle 
eines  ausgefallenen  Wortes  getreten  ist.  Ich  vermuthe  xat  ^poyiriQ  fairic,  zs.  flpoTcovzt^o«; 
doTs'  lj(OVrEC  *xX.     Für  (pdoYavd  i    dürfte  ^doYavd  p'   zu  schreiben  sein. 

XIV  158  sqq.     xal  tote  hii  [asy«  avjtia  Bztc,  jAcpÖTTcoac  ßpotocaiv 

(pd/.%-^v,  £aao(jL£VYjv  5s  xspac  icoXsiJLoto  xaxolo. 

Statt  eooojJiivYjv  5s  in  Vers  160,  woran  jeder  Anstoss  nehmen  wird,  ist  wohl  £aao[A£Voto 
herzustellen.  Eine  vollständig  parallele  Corruptel  liest  man  in  den  sibyllinischen  Hand- 
schriften III  817  6£0ö  jAcYdXTjv  Sc  TCpocp'Tjttv  statt  6eoö  jJiSYdXoto  Tcpofp'Tjttv.  Herr  Hofrath 
von  Hartel   möchte  laut   brieflicher  Mittheilung   £aco(JL£V7]V  t6  XEpac  in  den  Text  setzen. 

XIV  161  sq.     %ai  zözs.  or;  ßaaiÄc'j?  arpauTjc  ou  (pzö^Bzai  x^^?^^^ 
dXÄd  Oavctö'  uTcö  /Eipt  Sa[j.£lc  aiöcövt  ot^T^pcj). 

Mai  hat  0av£i6'  aus  dem  handschriftlichen  ödvvjQ',  3a[i£tc  Nauck  aus  ra|X£ic  corrigirt. 
Aber  'fsy^Etat  /slpai;  ist  bisher  stehen  geblieben  (ebenso  XIV  168,  wo  es  wiederkehrt). 
Die  Corruptel  scheint  unter  dem  Einflüsse  des  X=^P^  ™  folgenden  Verse  entstanden  zu 
sein,  vgl.  auch  das  verderbte  oz^jaziffi  äizb  X£tpöc  XIV  242  (siehe  zu  dieser  Stelle).  Ich 
vermuthe  für  beide  Stellen  die  Correctur  xpatcpiQV  ou  ^£6^£t'  dvdY^Yjv,  vgl.  zu  XU  115  sq. 
Oder  sollte  die  ursprüngliche  Leseart  azpauYj?  oo  ^zö^ezai  alyjxdc  oder  Aehnliches 
gewesen  sein? 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  125 

XrV  164     £^  'AoiYji;  upo^pavsic,  öäivö?  (pößo?,  ävu[JLa^7]TT^i;. 

Der  zweite  Theil  des  Verses  enthält  den  offenbaren  Fehler  dvtt(JLax7]T'iQC  für  dY)(t(JLa- 
yYjtr^C,  wie  sich  unzweifelhaft  aus  XIV  27,  wo  dies  Hemistichion  ebenfalls  zu  lesen  ist, 
ergibt. 

XrV  167     Eö^s{v(p  Tiövrtf)  0p*(]X7]?  '|a[i{jLa)5£i  ^öXictp. 

Die  Leseart  <]>a[JLjj,ü)5c'i  rührt  aus  M  her  und  ist  seit  Mai  in  die  Texte  aufgenommen 
worden.  Allein  VH  (in  Q  fehlen  die  Verse  146 — 167  inclusive)  bieten  t|^a|xa6(6o£i,  eine 
Form,  die  nicht  blos  durch  das  archaische  Epos  empfohlen  wird  (vgl.  Hom.  Hymn.  auf 
Herrn.  75,  347,  350  5id  ^J*a[JLa6(o5ca  )rc»)pov),  sondern  auch  durch  den  Gebrauch  der  Sibyl- 
listen  selbst,  vgl.  XII  44  uirsp  (}^a[xa6to3£ac  dxtdc  XIV  345  k%l  ({^a^xaStoSsac  dxTd?. 

XIV  175  sq.     BpcT-cavouc  Ilcpixavtouc  zz  rpaps-po'fopout;  t  "Ißr^pac 
MaacaysTac  axoÄwJC,  üspaac  5'  ÜTTSpr^vopcOV-a?. 

So  bieten  die  Handschriften.  Dass  in  dem  verderbten  Ilcp|J.avtotji:  der  Name  der 
Bewohner  von  Irland  stecke,  vermuthete  schon  Mai  mit  Recht.  Die  Corruptel  Jlspixavcoüi; 
ist  wohl  durch  den  Namen  rspjxavouc  im  vorangehenden  Verse  hervorgerufen  worden. 
Alexandre  schlug  'Ispvo'JC  TS  vor,  was  man  annehmen  müsste,  wenn  sich  die  Form 
'Ispvot  sonst  nachweisen  Hesse.  Demnach  kommt  nur  'IspvaiOi;  und  "loücpvoc,  resp.  das 
Feminin  'Ispvi?  als  Adjectiv  in  Betracht,  da  von  der  andern  Bildung  'loy^pvioc  im 
Hexameter  schwer  Gebrauch  gemacht  werden  kann.  Es  ist  deshalb  wohl  an  eine  Um- 
setzung zu  denken,  indem  man  schreibt  'Icpvatou?  Bpsiavou?  xe;  letztere  Form  ßpE-cavot 
steht  neben  Bpcttavot  in  Gebrauch.  In  Vers  176  ist  für  das  überlieferte  5'  vielmehr 
6'   zu  lesen. 

XIV  180  sq.     o'jpavöQcV  ozi(fawi  [isoTjixßptTjc  x£  xoci  dpÄTOu 
datpdat  (paivo[Jisvocc  iravofiriwt  dvTSt^toaiv. 

So  die  Handschriften.  Alexandre  schrieb  atstpavot  \i.eaori\i.^piriz  und  verbesserte 
icavofJLOicot.  Wäre  aber  nicht  vielleicht  ar£<pdvü)[JLa  jji,£a7]|Jißpt7]C  und  im  nächsten  Verse 
dann  iravo|j.o{tov  dvrciX£i£V  vorzuziehen?  Der  Ausdruck  aT£(pdv(o(j.a  gehört  dem  Sprach- 
gebrauche der  Sibyllisten  an,  vgl.  I  218  oapdvtov  a'C£(pdv(o[JLa. 

XIV  197     oö  ßaoiXciov  s/ovisc  dvdxxcov,  dXXd  -cupdvvwv. 

Diese  Fassung  hat  Alexandre  dem  Verse  gegeben,  während  derselbe  schon  bei  Mai 
etwas  besser  lautet:  oö  ^aoikeia  £)(&vt£(;  dvdxropoc,  dXXd  tupdvvwv.  Die  Handschriften 
bieten  oO  ßaaÜEl  l^ovis?  dvaxröptov,  dXXd  tupdvvtov.  Hieraus  entnehme  ich  die  Lesung 
o6  ßaatX'/^i  l/ovisc  dvdxxopo^,  dXXd  tüpavvot;  die  letztere  Phrase  dXXd  Tupavvot  liegt  auch 
XI  262  am  Versschlusse  vor:    ou  xi  ys  (jitjv  [xaxdpcov  icpo5£8£tY|J.£Vot,  dXXd  tupavvot. 

XIV  215     ai|X(xX£ot  K£%po7C£c  xat  Aap£iot  yjSe  Adx(ov£c. 

Dies  ist  die  Schreibart  der  Handschriften:  das  erste  Wort,  welches  Q  in  der  ange- 
führten Form  bietet,  während  VH  al[xdX£Ot,  M  aber  ai|xa  |  Xsot  in  zwei  Zeilen  getrennt 
aufweist,  ist  natürlich  d  [aeXeoi;  Mai  corrigirte  cd  [asXeoi,  was  in  Alexandre's  und  Friedlieb's 


126  IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach. 

Ausgaben  überging.  Schlimmer  steht  es  mit  dem  den  Rhythmus  des  Verses  vollständig 
zerstörenden  xai  Aapäiot.  Die  bisherigen  Emendationsversuche  müssen  als  verfehlt  bezeichnet 
werden.  Mit  Mai's  xai  AauXtot.  wird  sich  Niemand  befreunden  können.  Die  Stellung 
jenes  corrupten  Ausdruckes  zwischen  den  Worten  Ksxpoirsc,  also  der  Bezeichnung  der 
Athener,  und  Adxwvs?  weist  darauf  hin,  dass  ein  bedeutenderer  Volksstamm  als  die 
Bewohner  von  Daulis  hier  genannt  war.  Aus  diesem  Grunde  mag  Alexandre  %al  'ApYSloi 
in  den  Text  gesetzt  haben,  das  aber  aus  prosodisch-metrischen  Rücksichten  ganz  und 
gar  zurückzuweisen  ist.  Eher  wäre  an  Aavaof  zu  denken,  dessen  Einführung  jedoch  eine 
bedeutende  Metamorphose  in  der  Mitte  des  Verses  nöthig  machen  würde.  Am  nächsten 
scheint  mir  zu  liegen,  dass  aus  der  Corruptel  KAIAAPEIOI  der  Name  KAAMEIOI  zu  entnehmen 
ist,  wornach  dann  nur  ein  t,  mit  dem  in  den  Sibyllinen  so  willkürlich  umgesprungen 
worden,  einzusetzen  ist,  um  einen  auch  äusserlich  fehlerlosen  Vers  zu  erhalten.  Diese 
Conjectur  ist  umso  wahrscheinlicher,  als  hier  auch  die  Athener,  wie  die  Thebaner  als 
Ka5[Jistot,  in  poetischer  Weise  als  KsxpoTusc  bezeichnet  werden.  An  dieser  letzteren  Form 
ist  kein  Anstoss  zu  nehmen,  vgl.  Kaibel  Epigramm,  ex  lapid.  conl.  969,  3  (IL  Jahrhundert 
n.  Chr.)  c'jaxdpxTjv  Ksxpo'jcsaat  xai  dö/.TjTYjpat  Tpufpcova  ibid.  5  ÄXstvöxarov  KsxpÖTTCov  spatjSsoc 
=p|Aa  -jro/.Tjoc  120,  3  Stjjxöv  ts]  Ksxpöicwv  ispdv  ßou^v  ts  yspatpoov  168,  2  s?  yOova  r/jv 
KcXpOTUfov  u.  a.  Dass  die  Thebaner  neben  den  Athenern  und  Lakonen  in  einem  Verse 
genannt  werden,  entspricht  ihrer  politischen  Bedeutung:  es  sind  die  drei  Staaten,  welche 
nacheinander  (wenn  auch  nicht  in  der  vom  Sibyllisten  eingehaltenen  Reihenfolge)  die 
Hegemonie  in  Griechenland  innehatten.  Demnach  dürfte  die  genuine  Schreibung  ge- 
wesen sein: 

d  jjLeXsot  KsxpoTcsc  KaSjAsloi  t  tjSs  Adxoovsc. 

XIV  224    xat  töte  5'  aux  ap^st  6u[i.ri<fi9opoi;  daTCS'coc  aföcov. 

Unter  daiTctoc  atOwv  kann  man  sich  keine  bestimmte  Vorstellung  machen,  ich  ver- 
muthe  hier  eine  Corruptel  aus  cdoibz  aiöcov,  das  an  derselben  Versstelle  bei  Homer  0 
690  vorliegt  und  dorther  von  unserem  Sibyllisten  ebenso  entnommen  ward  wie  vom  Ver- 
fasser des  dritten  Buches  V.  611,  wo  dieselbe  Bezeichnung  von  einem  Könige  (Antiochos 
Epiphanes)  gebraucht  wird:    sXÖV)  8'  s^'AatTj^  ßaatXcU?  |J.£Y°^^5  aisxbz  al'9(ov. 

XIV  230  sqq.     §.zzai  yäp  [icpöicsaacv  B^f^iizpirAc,  dv9p(07COtc 
)/.[i.ol  'A.ai   Xot|JLo(,  7coXc[xot  z  dvSpoxxaaiac  ts 
%ai  G%6zoz  dxd\s.azrjv  xal  ixt  y6öva,  \s:qzipa  Xawv, 
'/)5'  axazaGzaGi-fj  xaipwv  xai  djAstXtyoc  öpyYj 
oäpavoOcV,  aEia\xoi  ts  xspauvot  zz  rpkS'^zfiovzBZ 
ÄcXaivoi  Ö'  üstoi  xai  a.'J■/\i:r^pai  (|;s%d5£C. 

In  Vers  230  ist  zunächst  eazai  ydp  unmöglich,  da  gleich  mehrere  plurale  Subjecte 
folgen;  denn  es  kann  keinen  Einfluss  üben,  dass  in  Vers  232  sq.  singulare  Begriffe 
folgen,  da  am  Schlüsse  der  Prophezeiung  des  Unheils  234  sq.  wieder  Pluralität  der  Sub- 
jecte eintritt.  Es  ist  deshalb  caaovr  dp'  oder  iaaovtat  wie  XI 260,  281  zu  schreiben.  Ebenso 
kann  das  Wörtchen  xai  in  Vers  232  vor  £irL  yööva  unmöglich  richtig  sein,  es  ist  meines 
Erachtens  durch  xsp  zu  ersetzen.  In  Vers  234  hat  Mai  das  zz  nach  xspayvoi  in  der 
Mailänder  Ausgabe   richtig   ergänzt,  während   im    folgenden  Verse  Alexandre  die  band- 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  127 

schriftliche  Leseart  xeXatvot  in  xai  >.d'.vo!.  änderte,  wie  XII  75  xsXatvo?  osxÖQ  in  xai  Xaivoc. 
Nicht  unmöglich  ist  es,  dass  an  beiden  Stellen,  wie  Meineke  bezüglich  der  ersteren  ver- 
muthete,  wegen  des  Metrums  xai  Xiötvo?  die  ursprüngliche  nachmals  durch  xat  Xdivo? 
verdrängte  Schreibung  war.  Die  weitere  Herstellung  des  Verses  durch  Alexandre  6'  usxot 
v.ai  a'J)(jj,7jpai  (J^cxa^cs;  ts  ist  ganz  unstatthaft:  es  dürfte  xal  Xdtvoc  öezoi  -c'  •JjSs  (oder  -es 
'Jjk)  'Iz.v.d'jez  aüyjXYjpat  zu  schreiben  sein. 

XIV  242  sq.     /,al  tö-s  5'  au  icsacxat  ^aoiXBOQ  azpaxifiz  äizo  X^^P^i^ 
ßXTjöcic,  otd  TCSp  ou  ttc,  UTTÖ  a(p£t£p(ov  dv6pü)Trcov. 

Der  Ausdruck  aipaTi'Tj?  äzö  )(cip6c  ist  um  so  seltsamer,  als  im  folgenden  Verse  öizb 
G!p=T£p(ov  dvOptoTKov  ZU  Icscn  ist.  Es  liegt  nahe,  auch  hier  wie  anderwärts  in  atpatf/j? 
eine  Verderbnis  aus  xpatspfj?  (oder  GZOfepf^c,)  zu  sehen.  Es  ist  merkwürdig,  wie  gern  die 
Abschreiber  das  Wort  azpaziffi  an  Stelle  eines  andern  in  den  Text  eindringen  Hessen, 
vgl.  zu  Xn  97  sq.,  Xu  115  sq.,  XTV  161,  168.  Dass  für  dico  zu  schreiben  sei  6%ö,  ver- 
muthete  schon  Alexandre  in  den  Curae  posteriores,  ohne  jedoch  die  Forderung  nach  einer 
Aenderung  im  Texte  zu  stellen. 

XIV  249     BIZ  §£  cpspcov  vlxoc  to  {jLS-ccbvufAov,  oid  TCsp  rjö^ziz. 

So  liest  man  bei  Alexandre,  welcher  vixot;  für  das  handschriftliche  velxoc,  in  den 
Text  gesetzt  hat.  Aber  die  Construction  verlangt  einen  Genetiv,  der  von  dem  selbst 
etwas  verderbten  Adjectiv  abhängig  ist,  ich  vermuthe  daher,  dass  vtxTjC  tö  etccöVüixov  die 
ursprüngliche  Leseart  darstellt,  was  mit  Berücksichtigung  von  XIV  311  sehr  wahrscheinlich 
wird:    ö  (ro?)  TCpiv  sÄcOÖcptTjatv  iTZ(övo\i.oz  'fi'{Z\i.o''^eÖGaQ. 

XIV  284  sqq.     £3U  5s  zii  '(0.l'q^  'fiKf}  tpo'^ö?  dv6pto7roiat, 

%ct[X£V7j    £V    TZzU(ll>,    '3l£pi    5'   aÖtl^V    N£lXoC    6ptC£t. 

irdaav  EirouptCov  AtßuT^v  -/jS' »AiötoTctav. 

Eine  den  beiden  ersten  Versen  ähnliche  Ausdrucksweise  finden  wir  XIII  43  sq.: 

ri\i.azi  T(p?  ^?  '^'^'^^  "^  '{^^'^i  Tpoipöc  'Itaki^cov 
%£t[JL£V7)  £V  TCE^ttj)  Nst^^ou  iiapd  ÖEoipaxov  uScop. 

An  der  früher  erwähnten  Stelle  ist  die  Messung  des  i  in  (piXt]  als  Länge  nothwendig, 
und  da  könnte  Jemand  auf  die  Idee  verfallen,  etwa  die  Form  cptXcYj  einzusetzen.  Allein 
dies  ist  aus  mehreren  Gründen  unzulässig:  zunächst  sind  die  beiden  Versschlüsse  in 
XIV  284  und  XIII  43  der  bekannten  homerischen  Verbindung  (pikri  tpo^öc  Eup'JxX££ta 
/?  361  nachgebildet;  ferner  schützen  sie  sich  gegenseitig,  da  man  für  Ecp'  ooov  t£  «pt^Tj 
nicht  wohl  wird  einsetzen  mögen  £'/  oaov  rpikl-q-  endlich  lässt  sich  auch  die  Längung  des 
i  entschuldigen:  der  Sibyllist  fand  bei  Homer  J  155,  E  359,  0  308  tpiks  xaatYVvjTS  mit 
langem  i  in  der  ersten  Vershebung  vor  (über  deren  Bedeutung  Hartel  Hom.  Stud.  P  122  sq. 
gesprochen  hat),  er  las  wiederholt  i^l'kaz'j  E  61,  (pi'ka.z'j  Y  304,  (plXac  ^117  K  280, 
'^tXcovzat  Hom.  Hymn.  Demet.  117,  487  mit  langem  t,  das  auch  von  jüngeren  Epikern 
gebraucht  ward:  dieser  Umstand  mag  ihn  veranlasst  haben,  sich  die  Länge  des  i  von 
'f  lÄTj  auch  einmal  in  der  Senkung  zu  gestatten,  zumal  es  sich  um  die  stereotype  Formel 
rfik-f]  Tpo^ö?  handelte. 


128  IV.  Abhandlckg:    Alois  Rzach. 

XrV  297  sqq.     oi  5'  fspi^v  Ai-^otzzov  äTC7]|j.ova  n^v  dadXsüxov 

ßdpßapov  olxTQaouatv,  orav  tpöövoc  sx-jcoösv  IXÖ-^. 
ystjjia  Ospoc  tcoisi-  röts  Bia^aza  itdvta  ts/^sltat. 

So  bieten  hier  die  Handschriften:  Alexandre  hat  ßdpßapot  für  ßdpßapov  geschrieben, 
ebenso  fühlte  er,  dass  ot  8'  im  Eingange  von  297  unmöglich  ist:  ,ot  8'  obscurum  est  et 
sane  vacat,  nisi  barbaros  Aegyptiis  opponit'.  Ausserdem  aber  ist  in  demselben  Verse 
auch  T/jv  dadXc'J"ov  eigenthümlich  mit  dem  Artikel  nach  dx7^[Aova  hinzugefügt.  Die 
genuine  Fassung  des  Verses  dürfte  vielmehr  gewesen  sein: 

dl  ispi^v  At^yicTov  diri^ixova  y^v  dadXsuxov 

ßdpßapoc   oiÄTQoouaw 

Der  Wehruf  ai  wird  nicht  blos  vor  einzelnen  Ausdrücken  wie  cd  al'  aot  TCupixauats  -rtoXic 
XIV  208  angewendet,  sondern  auch  vor  einem  ganzen  Satze,  der  eine  unheilkündende 
Prophetie  enthält,  wie  z.  B.  XIV  144  al  [iakspoö  yaXxolo  -TrÖGouc  Tza^aKrif^zzai  "A^riQ  oder 
XIV  344  al  ÖTcöaot  (pÄrsc  icspl  icufiara  VYjyTgaoviai. 

Nicht  minder  verderbt  sind  die  weiterhin  folgenden  Worte   « 

ycifxa  öspoc  Ttocsr  töte  9oa<para  irdvca  TsXciTat. 

Der  Vers  299  findet  sich  in  fast  derselben  Form  wie  an  der  in  den  Versschlüssen  ver- 
stümmelten Stelle  VIII  214  sq.: 

dXX'  or'  dv  äWa^ri  xatpou?  ösoc 

/cl[i.a  6£poc  Tcowöv,  töts  ösa'^ara  (irdvta  rsXslxat). 

Mit  Rücksicht  hierauf  nun  und  in  der  Erwägung,  dass  bei  den  Sibyllisten  oft  mit  dem 
Zorne  Gottes  gedroht  wird,  dürfte  zunächst  zu  emendiren  sein  orav  6£Ö6cV  jöXoz  £X9'(j. 
Ferner  Hesse  sich  yßlli-f^f-  Ospoc  irouöv  schreiben,  vorausgesetzt,  dass  OcöQsv  y6l.0Q  als  Sub- 
ject  (etwa  so  viel  wie  Ösöc  selbst)  gefasst  werden  könnte;  sonst  ist  der  Ausfall  eines 
ganzen  Verses  (wie  er  VIII  214  vorliegt)  zu  constatieren. 

XIV  301     xdv  {X£V  SyJ  ^pdCouac  bä6%\oza  ösa^a-ca  Xs^f]. 

Die  Leseart  Stq  ^pdCoaat  steht  in  QM,  während  die  Codices  VH  verderbt  Stj  <ppaCtöaoi 
bieten.  Aber  das  Activ  ist  unmöglich,  im  Sinne  des  Begriffes  ,sich  ein  Orakel  geben 
lassen'  muss  das  Medium  stehen,  weshalb  «ppaCofisvoiat  in  den  Text  zu  setzen  ist.  Um- 
gekehrt ist  XIV  273,  wo  von  dem  Inhalte  der  )rp7ja[j.ot  selbst  die  Rede  ist,  das  über- 
lieferte 'fpaCöjAcVoi,  woraus  Friedlieb  ^paCo[JL£Vou<;,  Alexandre  aber  (ppaCö[Jt£Vo?  gemacht 
hat,  in  ippdCovrac  zu  verändern. 

XIV  304     Bot  dv  -TTsvOaXsov  Söpu  |j,ay.pöv  irdai  xav6aa'(]. 

So  Alexandre.  Im  Verseingange  ist  aber  überliefert  o6  y  dv  in  FM,  oüy'  dv  in  i/, 
o6  ydp  in  Q:  ich  schreibe  '6q  -(  dv  mit  Bezug  auf  b^iozoz.  Weiters  bieten  die  Hand- 
schriften 8öp'j  |ia%pöv  £7:1  irdai.  Aus  metrischen  Rücksichten  hat  Nauck  [xaxpov  56pu  irdat 
umgesetzt,  Hilbcrg  minder  richtig  (mit  Zulassung  der  tojJLi^  v-aza  XEtaptov  xpoyalov)  86pu 
{Aaxpöv  dicaoc  vermuthet.  Vielleicht  ist  am  Schlüsse  des  Verses  tcvdaaY)  (vgl.  Hom.  M  289 
;f  419)  für  ravua*(]  der  Handschriften  einzusetzen. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  129 

XIV  308  sqq.     tov  y^p  Si^  SouXstov  6tc6  C^ybv  aö/sva  Öi^asc 
6  Tcplv  ekeoBzpi'Qaa  eirtovoiiov  sli;  sjjiovdastc 
ßouXdi;  £(A7cpoa9£V  [jisv  doc§t[jLov  o^toc  sXtaacov 
TotTjv   §ouXoa6v7]V  ÖTQOct  -TcoXusSpov  dvdxTcov. 

Ich.  habe  diese  Verse  nach  der  handschriftlichen  Ueberlieferung  gegeben;  zu  bemerken 
ist  noch,  dass  statt  o5toc  (in  Vers  310)  M  oütcoc  bietet,  der  auch  sie  (in  Vers  309)  hat. 
Betrachten  wir  die  vorhandenen  Corruptelen  der  Reihe  nach,  so  ist  gleich  das  erste 
Wort  TÖv  durch  zoic  zu  ersetzen,  vgl.  VIII  126  oöxsxi  aot  SouXstov  6%b  C^fo-^  aüysva  ÖTjOSI. 
Im  folgenden  Verse  hat  Mai  s7r(ovu[JL0i;  T^yciiövyjaai;,  von  Alexandre  zu  7JY£[Ji'^VYjaac  ver- 
bessert, geschrieben,  was  allenfalls  zugestanden  werden  kann,  obwohl  es  nicht  ganz 
befriedigt.  Mit'txsv  dot5:|JLOV  im  nächsten  Verse  ist  nichts  anzufangen:  man  muss  sich 
entschliessen,  mit  Meineke  [isy'  und  mit  Mai  doi§t[AO?  zu  schreiben  und  auch  outoc  nach 
Alexandre's  Vorschlage  in  oöwsö'  zu  verändern,  wenn  einigermassen  ein  Sinn  heraus- 
kommen soll.  Endlich  glaube  ich,  dürfte  in  Vers  311  ausser  der  schon  von  Meineke  vor- 
gebrachten Conjectur  dvdxxcop  das  räthselhafte  TToXusSpov  durch  icoXu^axpuv  (mit  Bezug 
auf  5ouXoa6v7jv)  zu  ersetzen  sein. 

XIV  315  sq.     zoiQ  xav.ov  dvxi  y.n.r.riü  Sebosc  Ösoc  U'kxcpauvoc, 
tßxVjQ  icivov  dci  'jrpovo[icUaa<;  ^püaöv  d'7C£X9*(]. 

In  dieser  Weise  liest  man  die  Stelle  in  Alexandre's  Ausgabe,  indem  statt  der 
handschriftlichen  Ueberlieferung  dvx'  dyaSoü  —  dvrl  7.axoü  geschrieben  worden  ist. 
Alexandre  hielt  sich  bei  seiner  Textesänderung  fälschlich  an  den  Vers  VIII  280,  der 
hier  jedoch  gar  nicht  analog  ist.  Im  Gegentheil,  jenes  dvt  dyaÖoö  muss  stehen  bleiben, 
da  es  seine  Stütze  an  einem  hesiodischen  Verse  findet,  der  offenbar  dem  Sibyllisten 
vorschwebte,  Theog.  585  TcOSs  itaXöv  %a%öv  dvt  dyaöoto.  Im  folgenden  Verse  bieten 
die  Handschriften  -rtpovoiJLSuaa?  ypuaöv  d-TTsyÖ'^;  Alexandre's  Schreibung  dicsXQir]  scheint 
mir  sehr  willkürlich;  ich  vermuthe,  dass  einfach  xpovo|i,£6aac  in  TTpovojAcüast  zu  ver- 
ändern ist  mit  Beibehaltung  von  liTzeyßi]. 

XIV  334     xauytTj  5'  saxat,  vao<;  8'  oüx  laasxac  aözoiQ. 

Den  Ausdruck  7,auycYj  hat  Alexandre  nach  Mai  recipirt,  der  ihn  aus  der  Hand- 
schrift Mf  wo  er.  sich  thatsächlich  findet,  entnahm.  Friedlieb  schrieb  richtig  nach  H 
va'j(i,axiTj,  was  von  Alexandre  als  unwahrscheinlich  erklärt  ward:  nun  aber  bieten  auch 
die  vaticanischen  Codices  Q  V  yao\i.ayiri,  so  dass  die  Variante  von  M  als  offenbare  Ver- 
derbnis sich  herausstellt;  im  zweiten  Verstheile  ist  oö%  saastat,  autol?  aus  dem  hand- 
schriftlichen aatolatv  o6x  latat  durch  Alexandre  aus  XIII  38  vwt]  8'  oü%  eoGZzai  aözrAz 
verbessert  worden;     ob  auch  vtxTj  für  vtxoc  zu  lesen  ist,  mag  dahingestellt  bleiben. 


XIV  336     xai  xoXs(jLotc  av.üXzo\xa  jEVi^aEtat  oux  im  Sirjpöv. 

Der  von  12  überlieferte  Dativ  -jcoXsjJiotc  muss  durch  den  Genetiv  iroXifJiou  (oder  iroXe- 
jiCüV  ersetzt  werden,  was  die  Satzconstruction  gebieterisch  verlangt,  vgl.  VII  58,   XI  185. 

Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    XXXVIII.  Bd.    IV.  Abb.  17 


J3Q  IV.  Abhandlung:    Alois  Kzach. 

XrV  340  sqq.     'louSaio'J?  öXeaouai  \i.e'/öTzvo\i\s.ooc.  dvGpwTiouc 

Ttoiixsvsc  d[i«p6r£pot  icspt.  TzavpvjOQ  rfis  xoxr/(ov  • 

Im  Verse  340  ist  hinter  'lorjhaiooc,  ein  S'  einzuschieben.  Mit  xoi[jl£Vc<;  a\i.^6zzpoi  }ässt 
sich  nichts  anfangen:  ich  bin  der  Ansicht,  dass  hier  ursprünglich  geschrieben  war:  äji'fö- 
rspov,  irpo|JLdxouc  icspi  icaiptSoi;  tjSs  ttoxk^cov.  Ich  erinnere  an  ähnliche  epische  Wendungen, 
wie  bei  llom.  ri79  dticpörcpov,  ßaotXsüc  t  äyaOöc  xparspö?  t  atyiiT^TT^c,  ii^  418  d|xcp6r3pov, 
vsx'jdc  T  dY£(X£V,  E-cspoi  0£  ixcö'  uX'rjv,  I  505  djicpö-cspov,  ^iközrfi  xii  aioc-i  u.  s.  Wegen 
Titoi  TzazrMoa  Yj5=  toxY/ov  vergleiche  man  das  Muster  llom.  t  34  yj<;  Tcaxpt^oc  oöSs  toxr/ov. 

XIV  347     8-^  xÖTc  i:ö)V  'Apdßcov  [AsrcXsuasrat  aL(ji.a  ßpörstov. 

In  dieser  Art  lautet  die  Ueberlieferung  der  Handschriften  ausser  Q,  worin  xal  ^r^ 
töte  t<bv  xtX.  zu  lesen 'ist.  Allein  tÄv  ist  hier  ganz  ungehörig:  der  Emendation  ist  die 
Leseart  von  Q  zu  Grunde  zu  legen,  wonach  ich  zu  schreiben  vorschlage  xal  töts  875; 
der  Versanfang  xal  töte  ist  ja  bei  den  Sibyllisten  ein  überaus  geläufiger.  Weiters  ist 
TVpaßac  zu  verbessern,  vgl.  VIII  157  %aL  töts  Br^pa  [xs-j-av  (XctcXc'jactat  al[i.rx  xsXawov. 

XIV  350     dvspcC  olxY^aouat  icöXcv  f^v  Tuo/./vd  iraöoöaav. 

Im  Versanfange  ist  eine  anreihende  Gonjunction  durchaus  von  Nöthen,  weshalb 
dvöpec  0'  herzustellen  ist;  statt  ti^v  Tzohka  itaöoöaav  wird  man  [xdXa  icoXXd  TcaÖoöoav 
schreiben  müssen. 

XIV  353     dXXd  |xtYj  «piXötYjc  xal  stc  tpöito?  surppovt  ^jjiq). 

Der  Sinn  verlangt  hier  vielmehr  c'J'fpovi  6'j[X(p,  einen  Ausdruck,  der  schon  zum 
älteren  epischen  Sprach  gute  gehört,  vgl.  Hom.  Hymn.  XXX  14  an  derselben  Versstelle. 
In  den  Sibyllinen  lesen  wir  ihn  VIII  497  und  anderwärts,  III  687,  722  wenigstens  den 
(Gegensatz  d^povt.  6a|JL(p.    Für  [a^yj  schlug  Nauck  [xövov  vor. 

XIV  356     xaX  töts  8'  iyYUC  vj^v  to  Ospoc  |xspÖ7to)V  dvöpcoTccov. 

Für  das  unmetrische  "^sv  der  Codices  liat  Alexandre  syjv  in  den  Text  gesetzt, 
obgleich  der  Zusammenhang  dies  Imperfectum  als  unstatthaft  erscheinen  lässt.  Wie  die 
genuine  Leseart  gelautet,  lehrt  die  Parallelstelle  II  164  lyu  to  Ospoc  [xspöi^cov  dvÖpwTucov. 
Dies  l(f'J  ergibt  hier  recipirt  den  verlangten  Sinn,  indem  es  einem  satt  gleichkommt. 

XIV  358  sq.     O'j  Ki^zi    töts  zic,  [XejiVYjfxsvoc  dÄXo?  öSitYjC, 

OK  pd  -rtot  dixTcaoact  [icpöircov  ysvoc  &XX'j|X£V(ov  -itcp. 

Den  Ausdruck  dXXoc  hat  bereits  Alexandre  aus  dem  verderbten  handschriftlichen 
dXöc  hergestellt.  Aber  das  vorangehende  |X£|XVYj(X£Voc  hat  gar  keinen  Bezug  auf  den 
Context.  Es  ist  seltsam,  dass  noch  keiner  der  Herausgeber  wahrgenommen  hat,  woher 
die  ganze  Wendung  stammt:  die  Erkenntnis  liievon  hätte  auch  die  Emendation  ermöglicht. 
Man  wird  keinen  Augenblick  zögern  nach  Hom.  X  127  au[xßXYj|XcVoc  äWriQ  o^itYjC  in  den 
Sibyllentext  zu  setzen.  Die  Aenderung  auch  auf  das  Wörtchen  tlc  zu  erstrecken  und 
dies  nach  dem  homerischen  Ausdrucke  in  tot  zu  verwandeln,  ist  nicht  erforderlich. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln.  131 

XIV  360  sq.     xai  z6vz  §'  otYVÖv   sövoc  TdariQ  yTjc  ax-^iTTpa  xpati^ast 

Statt  roxEüaiv  muss  rsxsaaiv  geschrieben  werden,  das  der  Sinn  dringend  verlangt,  da 
hier  nur  von  der  Nachkommenschaft  des  dyvöv  sövoc  die  Rede  sein  kann.  Alexandre 
hatte  in  den  Noten  zur  ersten  Ausgabe  an  xsxvotaiv  gedacht,  diese  Vermuthung  dann  aber 
wieder  vollständig  fallen  gelassen.  In  Vers  360  ist  Tzdariz  aus  dTrdoTjC  von  dem  ge- 
nannten Herausgeber  corrigirt  worden  nach  VIII  169,  vgl.  auch  III  49. 


17=» 


INDEX  CRITICÜS  *) 


Prooem.  44  Alex 2 

n    49  „   2 

I  50  sqq 3 

I  57 3 

I  66 4 

T  70  sqq 4 

I  87  sqq 4 

I  94sq 5 

I  98  sqq 5 

I  120  sqq 5 

I  189  sq 6 

1193 6 

I  201  sq 6 

I  220  sqq 6 

I  225  sqq 7 

I  230 7 

I  244  sq 7 

I  247 8 

I  261  sq 8 

I  293  sq 8 

I  309  sq 9 

I  324  sq 10 

I  344 113 

I  353  sq 10 

n  22  sq 10 

n  34 15 

n  39 15 

II  52  sq.  .  - 15 

n  71  sq 15 

n  74  sqq 16 

U  105 16 

n  109  sq 16 

n  121 17 

U  161 18 

n  182  sq 18 

II  184  sqq 19 

U  204  sqq 19 

n  206 19 

n  213 19 

U  229 19 

n  230  sqq 20 

11234  sqq 20 

n  239 96 


pag. 

II  240  sq 20 

n  249  20 

n  253  21 

II  284  sqq 21 

n288  21 

n316 21 

n  317  21 

n  319  22 

II  320  sq 22 

n  322 22 

II  343  sq 22 

n  345  sq 23 

II  348  • 23 

III  36  sq 24 

in  84  sqq 24 

III  106  sqq 24 

in  118  sq 25 

m  123 25 

III  129  sqq 25 

nil35 26 

m  162  sq 26 

III  165  sq 26 

III  167  sqq 26 

m  175  sq 27 

m  224  27 

m  226  27 

m  234  sqq 28 

ni  261  sq 28 

III  295 29 

lU  299 29 

III  301 29 

ni  304 14 

III  333 29 

III  334  sqq 30 

in  359  sqq 13 

III  371  sq 30 

III  382 30 

in  385  sq 31 

ni  396  sq 31 

III  398  sqq 31 

m  421 32 

III  439  sqq 32 

III  450 14 


pag- 

UI  451  sq 32 

in  453  sq 33 

III  454  sqq 33 

in  457  34 

in  501  34 

ni  512  sq 35 

m  516  sq 36 

ni  528  sq 36 

in  529  sq ,  36 

III  549  sq 37 

in  564  sqq 37 

in  570  sqq 38 

m  612 38 

m  677 38 

in  680  sq 38 

in  699  sq 39 

ni  704 39 

ni  761  sqq 39 

ni  765 40 

III  779 14 

ni  787  sq 40 

ni  790  sqq 40 

ni  803 40 

m  806 41 

ni  808  sqq 41 

IV  1  42 

IV  ]3 42 

IV  19 11 

IV  44  43 

IV  108 43 

IV  114 44 

IV  166  sq 44 

IV  168  sq 44 

IV  172  sq 45 

IV  183  sqq 45 

V  1  sqq 48 

V  37 103 

V  51  50 

V  55  sqq 51 

V  60 52 

V  68  sqq 52 

V  85 52 

V  92  b  sqq 53 


*)  Zählung  uach  Alexandre. 


Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln. 


133 


V  98 54 

V  100  sqq 54 

V  104 55 

V  105  sqq 55 

V  133  sq 56 

V  143 56 

V  158 57 

V  159  sq 57 

V  177 57 

V  179  sq 57 

V  186  sq 58 

V  193  sqq.    .  .  .  •. 58 

V  198 59 

V  205 59 

V  221  sqq 59 

V  246  sqq 59 

V  250  sq 14 

V  272 60 

V311  sqq 60 

V  316 60 

V  337 14 

V  .352  sqq 61 

V  356  sqq 61 

V  394  sq 62 

V  396 62 

V  405  sq 62 

V  421  sq 63 

V426 63 

V  428 63 

V431 14 

V437 63 

V448 63 

V467 13 

V486sq 63 

V491 64 

V  502 64 

V  508 64 

V  525 65 

VI  5 65 

VI    11 65 

VI    13  .sqq 65 

VI    24sq 66 

VI    26 67 

Vn      7 67 

VII    12  sq 67 

VIT    32 67 

VII    34  sq 67 

VII    48  sqq 68 

vn    51  sq 68 

vn    58  sq 69 

VII  76 69 


pag- 

VII    79  sq 69 

VII  119 70 

VII  126 11 

vn  145 70 

vn  157  sqq 70 

vn  161 70 

VIII      1  sqq 71 

Vm      6  sqq 71 

Vin    12 72 

VIII    14 72 

Vni    25 73 

VIII    44 73 

VIII    52 73 

VIII    54  sq 73 

VIII    58    74 

VIII    78 74 

VIII    95 74 

Vin  129 74 

Vni  131    75 

VIII  135  sq 75 

Vni  1.39 75 

Vin  143 75 

Vni  151  sq 75 

Vni  161 76 

Vni  163  sq 76 

VIII  171  sq 76 

Vni  194  sq 77 

VIII  196  sq 77 

VIII  203 78 

Vin  213 78 

VIII  225  sq 78 

VIII  249  sq 79 

VIII  302 79 

Vni  313  sqq 79 

Vin318 80 

VIII  324  sqq 80 

VIII  333 81 

VIII  335  sq 81 

VIII  337    19 

Vin  344 81 

Vni  350  sqq 81 

VIII  358 82 

Vin  366 82 

Vin  369  sq 82 

VIII  378 83 

Vin  388  sq 83 

Vni403 '.  .  83 

VIII  408 83 

Vin  425 83 

VIII  426 84 

Vni430 84 


pag- 

vm  436  sq 84 

Vin  438  sqq 85 

Vin  450 85 

Vin452sq 85 

VIII  454  sq 86 

Vin465sq 86 

Vin  478 86 

VIII  478  sq 87 

XI    13  sqq 87 

XI    25  sqq 87 

XI    .35  sq 88 

XI    51  sq 88 

XI    53  sqq 89 

XI    61  sq 89 

XI    67 89 

XI    73  sqq 89 

XI    95  sq 90 

XI  109  sqq 90 

XI  1 14  sqq 90 

XI  123  sq 90 

XI  134 90 

XI  140 91 

XI  146  sq 91 

XI  153 91 

XI  155 91 

XI  156  sq 91 

XI  159  sqq 92 

XI  167  sq 92 

XI  171    92 

XI  186  sqq 92 

XI  191  sq 93 

XI  194 93 

XI  198 93 

XI  202 31 

XI  202  sq 94 

XI  204  sqq 94 

XI 213 94 

XI  217  sq 94 

XI  219  sq 95 

XI  221    95 

XI  225  sq 95 

XI  229 95 

XI  232  sqq 96 

XI  258  sqq 96 

XI  266  sqq 97 

XI  270  sq 97 

XI292sq 97 

XI  296 97 

XI  297 98 

XI 303 98 

XI  304 98 


134 


IV.  Abhandlung:   Alois  Rzach.    Kritische  Studien  zu  den  Sibyllinischen  Orakeln. 


XI 

XII 

xn 

XII 
XII 
XII 
XII 

xn 
xn 

XU 

xn 

XII 

XII 
XII 
XII 
XII 
XII 
XII 
XII 
XII 
XII 
XII 
XII 

xn 

XU 
XII 
XU 
XII 
XU 
XU 
XU 
XU 
XII 
XII 
XII 
XII 
XII 
XII 
XII 
XU 
XU 
XU 
XII 


.30() 

16 

21 

23 

30 

32 

42 

51 

60 

78 

87 

95 

97 

101 

102 

103 

105 

107 

115 

119 

121 

130 

133 

135 

138 

147 

152 

153 

156 

162 

168 

175 

179 

183 

190 

209 

214 

215 

218 

221 

258 

267 

275 


sq. 


98 
98 
99 
99 


sq. 
sq. 
sqq. 
sq. 
sq.   . 
sqq. 
sqq. 
sq.    . 
sq.   . 


sq.  . 
sqq. 
sq. 


sq. 

sq. 

sq. 

sqq. 

sqq. 


sqq. 


sq. 


sq. 
sqq. 


sq. 


99 
99 
99 
100 
100 
UM) 
102 
103 
103 
103 
104 
104 
104 
104 
104 
105 
105 
105 
105 
105 
106 
10(5 
107 
107 
107 
107 
107 
96 
108 
108 
108 
108 
87 
108 
108 
109 
105 
109 
109 


XU  289  sq 109 

XU294sq 110 

XU  298  sq 110 

XIU       1  sqq 110 

XIII     13  sq 111 

XUI     21  sqq 111 

XIU    39  sqq 111 

XIU    55  sq 111 

XIU    75  sq 112 

XIII    77  sq 112 

XIU    81  sq 112 

XUI    87  sq 112 

XUI    93 113 

XUI    94 113 

XIII    95  sqq 113 

XIU  103 114 

XIII  119 115 

XIU  130 115 

XIU  131  sqq 115 

XIU  134  sq 116 

XIU  137  sq 116 

XUI  153  • 116 

XIII  156  sq 116 

XIII  162 116 

XUI  164  sq 117 

XUI  166  sqq 117 

XIII  172  sq 117 

XIV  7  sqq 118 

XIV     14  sqq 118 

XIV    22  sq 119 

XIV     24  sqq 119 

XIV    31    119 

XIV    32  sq 119 

XIV    39  sq 120 

XIV    50  sq 120 

XIV    52  sq 120 

XIV    61  sq 120 

XIV    74  sq 120 

XIV    76  sq 121 

XIV    80 121 

XIV    82 121 

XIV    87 122 

XIV    97    122 


XIV    98 88 

XIV    99  sqq 122 

XIV  111  sqq 122 

XIV  114 122 

XIV  127    120 

XIV  129 123 

XIV  131 123 

XIV  137  sq .  123 

XIV  139  sq 123 

XIV  142  sqq 123 

XIV  150  sq 124 

XIV  154  sqq 124 

XIV  158  sqq 124 

XIV  161  sq 124 

XIV  164 125 

XIV  167    125 

XIV  175  sq 125 

XIV  179 87 

XIV  180  sq 125 

XIV  197    125 

XIV  215 125 

XIV  224 126 

XIV  230  sqq 126 

XIV  242  sq 127 

XIV  249 127 

XIV  264  sq 77 

XIV  284  sqq 127 

XIV  297  sqq 128 

XIV  301    128 

XIV  303 77 

XIV  304 128 

XIV  308  sqq 129 

XIV  315  sq 129 

XIV  334 129 

XIV  336 .129 

XIV  340  sqq 130 

XIV  347    130 

XIV  350 130 

XIV  353 130 

XIV  356 130 

XIV  358  sq 130 

XIV  360  sq 131 


V. 
BEITRÄGE 


ZUR 


GESCHICHTE  DES  ALEXANDERROMANS 


PROF.  D«    TH.  NOLDEKE, 

CORKESPONDIRENDEM  MITGIIEIIE  DER  KAISERLICHEN  AKAliEMIE  HER  WISSENSCHAFTEN. 


VORGELEGT  IN  DER  SITZUNG  AM  16.  APRIL  1890 


JUiese  Arbeit  ist  veranlasst  durch  das  Erscheinen  des  syrischen  Textes  des  Pseudo- 
calhsthenes/  Ich  las  ihn  wiederholt,  verglich  ihn  mit  dem  griechischen  Text  und  Avurde 
so  inmier  weiter  geführt  zu  Untersuchungen  ilber  die  früheren  wie  die  späteren  Entwick- 
lungen dieser  Geschichte.  Aber  es  lag  mir  fern,  nach  Vollständigkeit  zu  streben.  Von 
den  jüngeren  occidentalischen  Zweigen  dieser  Litteratur  habe  ich  nur  zu  meiner  eigenen 
Belehrung  einzelnes  ein  wenig  ins  Auge  gefasst.  Darüber  haben  ja  wohl  auch  competente 
Grelehrte  genügend  gehandelt. "  Dagegen  lies»  sich  jetzt,  nachdem  die  Avichtigsten  ara- 
bischen Quellen  gedruckt  vorliegen,  ül^er  die  Verbreitung  der  Alexandergeschichten  im 
Morgenlande  manches  geben,  wovon  SpiegeP  noch  nicht  wissen  konnte.  Ich  habe  mich 
bemüht,  den  Nichtorientalisten  einen  Einblick  in  die  orientalischen  Grestalten  des  Romans 
zu  verschaffen,  und  zu  dem  Ende  auch  ein  paar  nur  im  Originaltext  herausgegebene  ara- 
bische Stücke  ins  Deutsche  übersetzt.  Einige  bloss  für  Fachleute  bestimmte  Angaben  und 
Erörterungen  mögen  jene  gefälligst  überspringen. 

Da  ich  leider  des  Armenischen  unkundig  bin,  war  ich  hinsichtlich  des  armenischen 
Pseudocallisthenes  zunächst  auf  die  Mittheilungen  bei  Zacher*  imd  bei  RömhehP  beschränkt; 
doch  hat  mir  mein  Freund  Hübschmann  noch  über  ziemlich  viele  Stellen  Auskunft  gegeben. 
Bei   der  isolierten   Stellung    der    armenischen   Litteratur  ist    dies   Alexanderbuch    allerdings 


'  Tlie  liistory  of  Alexander  the  great,  beiiig  the  syriac-  vorsion  of  Pseudo-Callisthenes.  Edited  t'rom  tive  maiiuscripts,  witli 
an  englisli  translation  and  notes,  by  Ernest  A.  Wallis  Budge.  Cambridge  1889'.  Das  IJucIi  enthält  ausser  dem,  was  der 
Titel  angiebt  und  einer  umfangreichen  Einleitung  noch  eine  weitere  syrische  Erzählung  mit  Uebersetzung  und  die  Ueber- 
setzung  zweier  anderer  syrischen  Schriften. 

'^  Vor  allem  verweise  ich  auf  den  zweiten  Band  von  Paul  Meyer's  bekanntem  Werk;  Alexandre  le  Grand  dans  la  litt^rature 
fran(;aise  du  Moyen  Age.    Paris  1886. 

^    Die  Alexandeisage  bei  den  Orientalen.    Leipzig  1851. 

'    Pseudocallisthenes.    Hallo  18fi7. 

'   Beiträge  zur  Geschichte  und  Kritik  der  Alexandersage.    Th.  1.;   Programm  des  Gymnasiums  in  Hersfeid  1873.     Es  ist  sehr 
zu  bedauern,  dass  diese  gründliche  Arbeit  nicht  fortgesetzt  worden  ist. 
IienkschriftPn  der  phil.-liist.  Cl.  XXXVIII.  Bd.  V.  AWi  ^  1 


2  V.  Abhandlung  :  Th.  Nöldeke. 

filr  die  orientalischen  Foniieu  des  Romans  von  keiner  besonderen  Bedeutung;  höchst  wichtig- 
Lst  es  jedt)ch  für  den  griechischen  Text,  da  der  Armenier  seine  Vorhige  sehi-  genau  über- 
setzt hat.' 

Ich  habe  noch  einige  ältere  und  jüngere  Ausläufer  dieser  Litteratur  behandelt.  Die 
von  Budge  herausgegebene  syrische  Legende  ist  durch  ihre  Nachwirkung  in  mancher 
Hinsicht  noch  bedeutsamer  als  der  Roman,  mit  dem  sie  im  Orient  vielfach  zusammen- 
geflossen ist. 

Aus  dem,  was  ich  hier  andeute,  ergiebt  sich  schon,  dass  meine  Arbeit  etwas  frag- 
mentarisch und  unsystematisch  ist.    Hotfentlich  ist  sie  trotzdem  einigermassen  brauchbar. 

Abkürzungen. 

A,  ß,  C   bezeichnen  in  bekannter  Weise   resp.  die  drei  griechischen  Handschriften  Müller's;    a.  ß,  y  resp.  die  drei 
Textgestaltcn,  welche  sie  repräsentieren. 
L:  die  Leydoner   Handschrift,    nach  Zacher's  Copie   herausgegeben   von   Meusel    (Jahrb.  für   class.   Philologie, 
Supplementband   .'j,   701  ff.;  auch  separat  erschienen  Leipzig  1864). 
St/r.:  die  syrische  Ucbersetzung  (resp.   ,der  syrische  Text'). 
Arm.:  die  armenische  Ucbersetzung   (resp.   ,der  armenische  Text'). 
Val.:  Julius   Valcrius. 

Uo:  die  Vita  Alexandri  Magni    des  Arehipresbyter  Leo,    ,Historia    de  prcliis'    nach   der   vorzüglichen    Ausgabe 
des  ältesten  Textes  von  Leo  Landgraff,   Erlangen    188.5. 
Venez.:  die  venezianische  Bearbeitung  in  politischen  Versen,    nach   den   Angaben  von   Steph.   Kapp    (Mittheilungen 
ans  zwei  griechischen  Handschriften  als  Beitrag  zur  Geschichte  der  Alexandorsage  im  Mittelalter,  Wien, 
1872;  Programm  des  Gymnasiums  im  IX.  Gemeindebezirk). 


Zur  Charakterisierung  des  griechischen  Romans. 

lieber  die  Entstehung  des  Pseudocallistlieues''  wird  man  wohl  schwerlich  viel  mehr 
ermitteln,  als  das,  was  Carl  Müller  in  der  Einleitung  zu  seiner  Ausgabe  und  Erwin  Rohde 
(Der  griechische  Roman,  S.  184  ff.)  dargelegt  haben.  Denn  wenn  es  schon  ziemlich  un- 
wahrsclieinlich  ist,  dass  zu  dem  einzigen  bekannten  Codex  (A)  der  ältesten  Textgestalt  (a) 
noch  ein  anderer  und  gar  besserer  aufgefunden  werde,'  so  ist  es  so  gut  wie  ausgeschlossen, 
da«8  wir  je  in  den  Besitz  einer  Handschrift  eines  einstmals  selbständigen  Theiles  des 
Romans  —  z.  B.   eines   Briefes  über  die   indischen  Abenteuer^  —   oder   aber   einer   Schrift 


Schon  die  genaue  Wiedergabe  der  Eigennamen  sticht  erfreulicli  von  der  Verunstaltung  im  syrisclien  Text  ab. 
Ich  behalte  den  beciuemen  Namen  hei,  obgleich  bekanntlicli  nur  vereinzelte  und  späte  Zeugnisse  das  Buch  dem  Callistlienes 
zuschreiben:  keine«  derselben  bezieht  siuli  auf  die  ursprüngliclie   Gestalt  a. 

iJagegen  ist  e»  reclit  wohl  denkbar,  dass  sicli  einzelne  Stücke  der  Recension  a  uocli  in  einer  der  ziemlich  zahlreichen 
Handschriften  finden,  welche  im  Ganzen  ß  oder  y  darstellen.  So  giebt  ja  L  den  Anfang  nach  a,  während  das  Uebrige  zu  ß 
gehört;  Venez.  folgt  bis  etwa  2,  '22  ot,  von  da  an  ß;  Arm.  umgekelirt  t)i»  ungefähr  1,  lU  ß,  von  da  an  a.  Abschreiber  und 
Debersetzer  ergänzton  eben  eine  lin vollständige  Vorlage  durch  eine  andere  Handschrift,  ohne  erst  viel  zu  untersuchen,  ob 
beide  derselben  .Recension'  angehörten.  Defecte  kommen  bei  Handschriften  bekanntlich  am  meisten  ganz  im  Anfang  und 
am  Schltiss  vor;  da  hätten  wir  also  auch  in  unserem  Falle  am  ersten  Ergänzungen  zu  erwarten.  Es  wäre  erfreulich,  wenn 
«ich  §o  z.  B.  noch  ein  zweiter  griechischer  Text  von  Alexander's  Testament  3,  33  fände.  —  Die  vollständige  Herausgabe  von 
Venez.,  wenigsten«  so  weit  sie  x  angehiirt,  ist  sehr  zu  wünsclien,  da  sie  sich  nacli  den  Proben  ziemlich  eng  an  ihre  Vor- 
lage hält. 

l'eber  diese  Wundermärihenlitteratur  s.  Rohde  a.  a.  ().  Natürlich  Hesse  sich  noch  manches  hinzufügen.  Da.ss  man  dem 
Alexander  schon  ziemlich  früh  fabelhafte  Berichte  über  ferne  Länder  untergeschoben  hat,  zeigt  unter  anderem  Plin.  6,  51 
(wonach  er  dem  caüpischen  Meere  süsses  Wasser  zugeschrieben  haben  soll).     Uebrigens  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  auch 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexandereomans.  3 

gelangen,  welche  dem  Verfasser  oder  Kedactor  des  Ganzen  als  eigentliche  Quelle  gedient 
hat.  Allerdings  spielt  nämlich  eine  gewisse,  wenn  auch  sehr  trübselige,  Grelehrsamkeit 
beim  Pseudocallisthenes  eine  grössere  Rolle,  als  man  anzunehmen  pflegt.  Man  braucht  nur 
Plutarch's  Alexander  zu  lesen,  der  von  Geschichten  fast  mein-  enthält  als  von  Geschichte, 
um  eine  ganze  Anzahl  von  Berührungen  mit  jenem  zu  finden.  Plutarch  hat  diese  Anec- 
doten  aber  nicht  etwa  der  Sage  entnommen,  sondern  bekannten  Geschichtsschreibern, 
zum  grössten  Theil  eben  den  ältesten  Biographen  Alexanders  wie  Clitarch  und  Onesicritus. 
Und  so  begegnen  wir  den  characteristischen  Zügen  des  Pseudocallisthenes  selbst  bei  Arrian, 
freilich  fast  nur  wo  er  Xcyöixsva  mittheilt,  nicht  wo  er  seine  beiden  Hauptquellen  wieder- 
giebt.  Viele  dieser  Erzählungen  mögen  durch  die  Schulen  und  öffentlichen  Redner  zimi 
Gemeingut  auch  der  Halbgebildeten  geworden,  aber  einige  können  doch  kaum  anders  als 
durch  directe  Benutzung  von  Büchern  in  den  Roman  gelangt  sein.  Das  gilt  natürlich  erst 
recht  von  allerlei  Avenig  bekannten  Namen  und  Aussprüchen,  von  den  Verzeichnissen  am 
Schluss,  von  den  Gedichten  u.  s.  w.  Ich  gebe  im  Folgenden  eine  Reihe  von  Zügen,  in 
denen  der  Roman  mit  der  gelehi-ten  Litteratur  mein-  oder  weniger  übereinstimmt.  Dabei 
lasse  ich  natürlich  die  Hauptbegebenheiten  weg,  wie  dass  Alexander  den  Darius  und  Porus 
besiegt  und  dass  er  Theben  zerstört  hat,  gehe  auch  keineswegs  auf  Vollständigkeit  aus 
imd  beanspruche  noch  weniger,  irgend  etwas  zu  bieten,  was  nicht  jeder  Kenner  der 
Quellen  leicht  auch  gefunden  hätte ;  manche  meiner  VerAveisungen  stehen  ja  auch  schon 
bei  C.  Midier  oder  bei  Zacher.  Ich  denke  aber,  dass  die  Zusammenstellung  als  solche 
doch  nicht  nutzlos  sein  dürfte. 

Die  Versieghmg  des  Leibes  der  Olympias  mit  dem  Löwenbilde  1,  8  steht  so  Plut'  2; 
Steph.  Byz.  s.  v.  "  AXsudvSfcia  (daraus  Eustath.  zu  Dionys.  v.  254).  Aus  Stephanus' Angabe, 
dass  Alexandria  desshalb  AsoViöiroXic  heisse,  ergiebt  sich  der  Alexandrinische  Ursprung 
dieses  Zuges.  Man  beachte  die  wöi-tliche  Uebereinstimmung  der  Deutung  bei  Plutarch  und 
im  Roman;  dort  oü5sv  "(ap  äTcoatppaYtC=<3^cti  tcbv  Xcvwv,  hier  oüösic  yäp  xsvöv  ä.'Cfsioy  acppa- 
ycCci.  Die  Geschichte  kann  schon  zu  Alexandei-'s  Lebzeiten  zurecht  gemacht  sein;  dass 
die  Deutung  seinem  Hofcaplan  Aristander  von  Telmissus  beigelegt  wird,  spricht  eher  dafür 
als  dagegen. 

Die  Erscheinung  (beachte  das  (ö'^i^Tj)  des  Drachens,  der  bei  Olympias  schläft,  imd  zwar 
als  Verkörpei'ung  des  Amnion  1,  10  haben  wir  Plut.  2;  Justin  12,  16,  2.  11,  11,  3;  vergl. 
Lucian,  Alex,  pseudom.  7 ;  Dio  Chrys.  de  regno  3  (R  149).^  Dieser  Zug  ist  sicher  schon 
auf  Alexanders  Geheiss  verbreitet  Avorden.  Dass  sich  Philipp  der  Olympias  Avirklich  ent- 
fremdet habe,  weil  er  ttvdc  [i.rx'^ziaQ  STc"  aöxq)  v.rjl  (pdpjxaxa  tt^c  ^(ovaur/Q  fürchtete  (Plut.), 
oder  Aveil  er  sie  wegen  des  Umgangs  mit  der  Amnum-Schlange  vehit  stupri  compertam  hielt 
Justin  11,  11,  (j,  dürfen  Avir  natürlich  nicht  annehmen.  Auch  haben  wir  in  einem  solchen 
angeblichen  Argwohn  Philipp's  nicht  etAva  den  Anlass  zu  der  Erzählung  zu  sehen,  dass 
Nectanebos  sie  durch  seine  Gaukeleien  bethört  habe. 

Von  den  Lehrern  Alexander's  1,  13  finden  Avir  ausser  dem  selbstveratändlichen  Aristo- 
teles wenigstens  den  Pädagogen  Leonides  bei  Plut.  5.  22  wieder;  vergl.  Plut.  25  =  Apophth. 


in  diese  abenteuerlichen  Erzählungen  zuweilen  wirkliche  Kunde  hineinspielt;  vergl.  x.  B.  die  auf  Rohr  gebaute  Stadt, 
3,  17  e  (nach  Zaeher's  Eintheilung;  Müller  S.  121  6).  Ganz  so  ist  es  mit  dem  schon  um  900  geschriebeneu  Buche  von 
Sindbädh  dem  Meerfahrer;   s.  de  Goeje,  De  reizen  van  Sindebaad  (aus  ,de  Gids'  1889), 

'    I'lvl.  schlechthin  liedeutet  hier  Plutarch's  Alexander. 

2   Die  rationalistische  Erklärung  bei  Plutarch  ist  des  Zaubergpuks  im  Roman  würdig! 

1* 


4  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldekb. 

regia  Alex.  4  und  Pliu.  12,  62.  Dazu  konuut  die  Amme,  denn  das«  AavipiVT; '  dieselbe  ist 
>\-ie  die  historische  AavtXYj  Arrian  4,  9,  3;  Athen.  129  a;  Aelian,  Var.  liist.  12,  26;  Curtius 
8,  1,  21  (wo  Hellanice),  ergiebt  sich  aus  dem  Zusatz  Vj  MsXavrx;  (Arm.  A),  oder  MsXavxoc 
(BLC)  dSsX'ff, :  Lanike  war  ja  die  Schwester  des  KXst'COi:  6  [AsXac  Arrian  1.  c. ;  Plut.  16; 
Diod.   17,20.-    In  einem  solchen  Falle  wird  docli  niemand  von  Sage  sprechen! 

Es  ist  schwerlich  Zufall,  dass  sowohl  Plut.  6  wie  im  Rcunan  1,  13  unmittelbar  hier- 
nach der  Bucephalus  (oder  Bucephalas)  auftritt.  Vergl.  die  Worte  ivX'fi^  8s  BouxscpaXoc 
kTZBi^y]  SV  zip  jATjpcp  siysv  SYxa'j[ia  ßoöc  xs<pdX7jv  1,  15  mit  a7j[ist:ov  5s  oi  -^v  ßoöc  xstpaXi^ 
SYxsxapaY|i.sV7j,  k'f  ozoo  xai  zb  ovofA«  X^y^^^'-'^  '^'^  sfpspsv  Arrian  5,  19,  5  (vmd  ab  insigni 
taurini  capitis  armo  impressi  Plin.  8,  154).^ 

Die  Theilnahme  Alexanders  an  den  Spielen  in  Olynxpia  1,  18  f.  beruht  vielleicht  auf 
einem  MissverstHndniss  der  Anecdote  bei  Plutarch,  Alexandri  apophth.  2;  de  Alex,  fortuna 
1,  9;  er  wollte  danach  in  Olympia  Wettrennen,  wenn  er  Könige  als  Antagonisten  hätte. 
Im  Roman  ist  sein  Hauptgegner  Nicolaus,  König  der  Acarnanen,  und  vier  andere  Mit- 
bewerber sind  Königs  söhne. 

Das  Auftreten  Alexander's  für  seine  Mutter  gegen  Cleopatra,  die  Schwester  (in  Wirk- 
lichkeit Nichte)  des  Attalus  und  was  sicli  daran  schliesst  bis  zur  Versöhnung  1,  20 — 22 
entspricht  in  den  Hauptsachen  der  Erzählung  Plut.  9;  vergl.  Justin.  9,  7,  3.  Man  beachte 
die  (schon  von  Müller  hervorgehobene)  wörtliche  Uebereinstimuumg  von  6  tr^v  'Aacav  (I)iX:ir- 
■rcoc  OTcs'jSfov  Xaßstv  xai  rr;v  EöptoicYjv  sx  ßäi^pcöv  .  .  .  *,  oöv.  y^^uvt^ö-yj  ßfjjjia  dXXd^aai>a!.  1,  21 
mit  o'jto?  jjtsvtot  (siTcsv)  dvSpsc,  si?  "Aacav  s^  E'jpcöiTYjc  TtapaaxsudCstai  otaßatvs'.v,  hc,  siui 
yC/dyriz  a%b  xXtVYjs  5taßatV(ov  dvaTstpaTr-at  Plut.  1.  c.  Uebrlgens  kann  die  Geschichte  wahr 
sein:  auf  alle  Fälle  ist  sie  schon  bei  Alexander's  Lebzeiten  zu  seinen  Gunsten  und  zum 
Nachtheil  seines  Vaters  erzählt  (von  Theopomp  ?). 

Die  Ausfragimg  der  persischen  Gesandten  durch  den  jungen  Alexander  Plut.  5  kann 
den  Anlass  zu  der  Erzählung  1,  23  gegeben  haben.  Es  ist  jedenfalls  merkwürdig,  dass 
Alexander  hier  die  Perser  schon  bescheidet,  als  Philipp  n(ich  lebt. 

Dass  der  Zug  Alexander's  nach  Italien  1,  29  auf  Verwechslung  mit  seinem  epiro tischen 
Oheim  Alexander  beruht,  hat  MüUer's  Scharfsinn  erkannt.  Audi  darin  hat  er  gewiss  Recht, 
dass  die  (sicher  historische)  Gesandtschaft  der  Römer  an  Alexander,  welche  Clitarch  erwähnte 
Plin.  3,  57,  in  der  Huldigung  wiedergespiegelt  wird,  die  im  Roman  die  Römer  dem  König 
leisten. 

Die  Gründung  Alexandria's  wird  bei  Diod.  17,  52  —  Curtius  4,  8  =  Just.  11,  11,  3 
nach  dem  Zuge  zur  Ammonsoase  erzählt;^  so  im  Roman,  der  auf  diese  Weise  auch  die 
ägyptische  Gottheit  bei  der  für  ihn  allerwichtigsten  Sache  besser  in  Thätigkeit  setzen  kann. 
Da  er  Alexander  von  Westen  nach  Aegypten  kommen  lässt,  so  ist  diese  Anordnung  für 
ihn    auch   sonst   beejuemer.   —    Das  Vorzei(!hen    bei    der    Gründung    1,    32    (vorne)    ebenso 


'   So  Arm.    Alacrinü  Val.     In  A  arg-  entstellt.  Acxävrj  BL.     Im  Syr.  fehlt  sie. 

'  Beilänfig  eine  historische  Bemerkung:  Der  .Sohn  der  Lanice  war  ein  berühmter  noXuTOxrj?  Athen.  I.e.  425a;  Aelian  I.e. 
Ihr  grosser  Plieglinfr  Alexander  bereitete  sich  durch  Trunksucht  ein  frühes  Grab.  Ihr  Bruder  Clitus  reixte  in  der  Trunken- 
heit den  trunkenen  Alexander  so,  dass  er  ihn  ermordete.  Auclx  Philipp  war  ein  starker  Trinker.  Sollte  nicht  die  nordische 
Trunksucht  der  Macedonier  mit  zu  den  Gründen  gehört  haben,  weshalb  die  in  dieser  Hinsicht  im  Allgemeinen  sehr  massigen 
Griechen  jene  nicht  als  Stammgenossen  anerkennen  mochten? 

'   Die  richtige  Erklärung  des  Namens  ist  wohl  die  bei  Strabo  698:  am  toS  TcXotxous  toü  [nxiänou. 

*   Zu  ergänzen  ävaxpi'io?,  ävcXöJv  oder  dgl. 

'  Das«  die  Gründung  in  Wirklichkeit  vor  den  Zug  fällt,  ergiebt  sich  aus  Arrian,  dessen  Haupterzählung  hier  deutlicli  die 
chronologische  Folge  seiner  Quelle  einhält. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  5 

Strabo  792  ([AV7)[xov£6ouat);  Arrian  3,  2,  1  f.  (XsYSxat);  Plut.  26;  Curtius  4,  8,  6;  Ötepli.  Byz. 
8.  V.  'AXs^dvSpcta  (der  lason  als  Quelle  nennt);  Valer.  Max.  4'',  1;  Ammian  22,  16,  7.  Vergl. 
(die  [xavTct?  sagten,  er  möge  guten  Miitlies  sein)  TUoX'japxsardr/jv  yäp  ol%tC£Oi)-at.  -^löXtv  ütt" 
aü-oO  xai  Travto^aTCtbv  dv9-p(oTrcov  saojJLSVr^v  tpö'fov  Plut.  26  und  (die  avjjJiiCOÄUTac  sagten)  ort 
■»2  TzöXic,  f^v  sxsXc'Joac  %-tc3\)'/;vat,  ßaat>.sö,  o)v-^v  r/jv  oi%r/U[jL£vr^v  ^>p£'|ict  %ai  Ttavxayoü  saovrat 
oc  £V  a'j-r^  '(^■ivri%-i^zzQ  dvä-pcoiroi.  An  der  Geschichte  mag  etwas  wahr  sein.  Der  Name 
des  Arcliitecten  Dinocrates  1,  31  (vergl.  die  Citate  Müller's')  kann  sich  übrigens  sehr 
wohl  durch  lebendige  Tradition  oder  durch  jedei-mann  zugängliche  Inschriften  in  Ale- 
xantlria  erhalten  haben ;  das  gilt  vielleicht  auch  von  den  anderen  Architecten,  die  der 
Roman  nennt-. 

Die  Traimierscheinung  des  Satyrs  bei  der  Belagerung  von  Tyrus  1,  35  ist  ähnlicli  der 
bei  Plut.  24.  In  dem  Satra^jen  Siüivfl-Yjp  1,  39.  2,  10  dürfen  wir  wohl  den  "E.TZiQ-piod'Z'qc, 
Arrian  1,  15  etc.  erkennen;  für  dessen  Genossen  'PotadxTj?  ('PwadxYjc)  ist  T^doTCT^c  sub- 
stituiert, wie  NaßapCdvr^C,  der  Genosse  des  BfpaCiQ,  den  bekannteren  Namen  ApioßapCdvTjc  er- 
hält 2,  20  f.  In  dem  Eunuchen  Bazanus  2,  19  bei  Val.  hat  Zacher  den  Btcjifdvr;!;  6  'Qj^rtO 
zaic  Ari'ian  3,  19,  4  f.  erkannt.  Dies  wird  noch  sicherer  diu'ch  die  Namensform  Gistanes 
bei  Arm.  Der  Satrap  von  Susa  'AßouXtx'/j?  Arrian  3,  16,  9  erscheint  2,  14  (am  Ende)  als 
A^jrj'Airr^c  ö  iizi  ^loöoriz;  so  ist  nämlich  nach  Arm.  die  Lesart  Aoüptr/jc  6  iif,T:t.aG'JG'fiz  A  zu 
verbessern;  nach  2,  22  ist  dieser  A^ouXifrjC  ein  Oheim  des  Darius. 

Die  Erwähnung  von  Arabien  beim  Kriege  gegen  Darius  1,  ,41  beruht  wohl  auf  dem 
Streifzug  gegen  gewisse  Araber  im  Antilibanus  während  der  Belagerung  von  Tyrus  Arrian 
2,  20,  4;  Plut.  24;  Curtius  4,  2,  24.  3,  1  (Polyän  4,  3,  4).  Hier  erscheint  auch  der  Mace- 
donier  Amyntas,   der  vor  Alexander  zu  Darius  geflohen  war  Plut.  20  u.  s.  w. 

Dass  die  Statue  des  Orpheus  in  dem  Musensitze  Pieria^  schwitzt  1,  42  Val.  Ami.  (in 
A  fehlt  hier  ein  Blatt;  Syr.  hat  den  Zug  nicht),  steht  Arrian  1,  11,  2;  Plut.  14.  Die  Deutung 
ist  im  Roman  aber  verdreht.  An  die  Stelle  des  Aristander,  der  die  Auslegung  wirklich 
gegeben  haben  wird,'  tritt  der  mythische  Seher  Melampus. 

Von  Alexander  werden  die  Heroen  glücklich  gepriesen  oi  ivru^^övicC  roco'JTOU  ■/.T^pyy.oc 
toO  '()[jLT;po'j  1,  42;  vergl.  Arrian  1,  12,  1,  dass  Achill  'OjATypoo  XT^puicoc  £1?  r/jv  ZTZziza 
jJLVY^iXTjV  £-'JX=  ('^?  "^  ^^T^?)?  Plut.  12;  Cicero  pro  Archia  24;  Vopiscus,  Probus  1,  2  u.  s.  w.'* 
Da  gewiss  jeder  Schulmeister  diese  Anecdote  kannte,  so  ist  auf  ihre  Aufnahme  in  den 
Roman  natürlich  kein  Gewicht  zu  legen.  Ursprünglich  war  in  diesem  übrigens  auch  wohl 
Ajax  genannt  wie  bei  Diod.  17,  17,  da  in  A  dessen  Schild  tö  £xraßÖ£iov  vorkommt. 

Vielleicht  stammt  das  Verzehren  der  Pferde  1,  44  an  der  Maeotis  1;  44  Val.,  Syr.° 
aus  dem  Zuge  durch  Gedrosien  Arrian  5,  25,  1  oder  dem  Zuge  durch  den  Paropanisus 
Aelian,  Var.  bist.  12,  37,  wie  das  Schneeabenteuer  im  Briefe  an  Aristoteles  3,  17  k  (Val.  124"; 
Syr.  184;  in  A  verstümmelt)   ebendahin  gehört  Arrian  3,  28,  9;  Diod.  17,  82;   Curt.  7,  3. 

Die  Füi-bitte  des  Flötenspielers  Ismenias  für  das  erstürmte  Theben  1,  46  ist  dem 
Producte    eines    einigermassen    gelehrten  Dichters    entnonmien,    das    allerdings    vermuthlich 


'   Vitruv,  Einleitung  znm  zweiten  üande  liat  über  diesen  Mann  fabelhafte  Züge  und  verwechselt  ilm  mit  einem  andern. 

"    Vergl.  Dio  Chrys.  de  regno  2  im  Anfang. 

'   Da.s  Schwitzen   der  Statue  ist  gewiss  eine   ganz   natürliche  Erscheinung,   die  in  unseni   feuchteren  und   kälteren  Ländern 

weniger  auffallen  würde;  dass  sie  als  böses  Vorzeichen  galt,   sehen  wir  aus  Diod.  17,  10. 
*   Die  zweite  ,Rede'  des  Dio  Chrys.  de  regno  ist  nur  eine  Ausführung  dieses  Themas. 
■*   Der  .zweite  Tod'  P-»'.i  |ZaiO  ist  durch  einen  klugen  Abschreiber  aus  einer  Entstellung  von  MaiwTt;  zurechtgemacht. 


g  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 

selir  geriiio-wertlng  war.*  Die  Auusihnie  Miiller's,  dies  sei  Soterichus  Oasita,  der  zur  Zeit 
Diocletian's  lebte,  wage  ich  gegeu  deu  Einspruch  eines  Kenners  wie  Rhode  (Der  griech. 
Konmn  185)  nicht  aufrecht  zu  lialten.  Das  Thema,  dass  Alexander  die  Gebiu-tsstätte  seines 
Ahnen  Herakles"  schonen  müsse,  ist  tibrigens  schon  früher  rhetorisch  behandelt  Justin  11, 
4.  5.  Den  Namen  des  Flötenspielers  ^Ismenias  erAvähnt  gerade  in  der  Rede  an  die  Alexan- 
driner Dio  Clu"ys.  (683  R),  und  zwar  neben  dem  Timotheus,  den  er  an  einer  anderen 
Stelle  (ganz  im  Anfang  von  de  regno   1)  in  enge  Beziehung  zu  Alexander  bringt.'' 

Die  l)erühmte  Geschichte  mit  dem  Arzte  Philipp  Arrian  2,  4  (ÄEycoat),  Plut.  19  u.  s.  w. 
kann  natürlich  auch  im  Roman  nicht  fehlen  2,  8.* 

Der  Rath  des  Parmenion,*  die  Vorschläge  des  Darius  anzunehmen,  2,  17  ist  ^^  Arrian  2, 
25,  2;  Plut.  29  u.  s.  w.;  nur  ist  hier  mi  Roman  die  Pointe  verloren. 

Bei  der  Anzündung  des  Xerxes- Palastes  hat  Pseudocallisthenes  auch  die  Reue  imd 
das  Löschen:  [JiLxpöv  8s  Tzakiv  [iBxavorprxQ  oßsa\)^vat  sxsXcUcV  2,  17  ganz  wie  Plut.  38 
Ott  5"  o'jv  jji£-svÖ7)as  -ayo  xai  xaiaaßsaai  izpoQBza^BV  öixoÄoystrat.  (Trotz  dieser  letzteren 
Versicherung  wissen  übrigens  die  andern:  Arrian  3,  19,  11;  Diod.  17,  72;  Cnrtius  5,  7,  3  ff.; 
Strabo  729  von  diesem  unhistorischen  Zusatz  nichts.) 

Das  Zusannuentreffen  mit  den  verstünunelten  Gefangenen  2,  18  :;=  Diod.  17,  69;  Cnr- 
tius 5,  5,  5  ff.;  Justin  11,  14,  11. 

Die  für  den  Roman  wesentliche  Abänderung  der  Geschichte,  dass  Alexander  den 
Darius  noch  lebend  trifft  2,  20,  findet  sich  schon  bei  , einigen'  älteren  Diod.  17,  73." 

Der  Einspruch  des  Heeres  gegen  den  Marsch  nach  Indien  3,  1  entspricht  dem  Wider- 
stand gegen  das  weitere  Vordringen  Arrian  5,  25  ff.;  Plut.  62;  Justin  12,  8,  10  ff.  Im 
Roman  überwandet  der  König  aber  die  Abneigung  des  Heeres. 

Der  Bucephalus  fällt  in  der  Schlacht  gegen  Porus  3,  3  nach  der  schlechten  Ueber- 
lieferung  Arrian  5,  14,  4;  Diod.  17,  95;  vergl.  Plut.  61  (so  Strabo  698  ohne  Einschränkung). 

Dass  Porus  dem  Alexander  hauptsächlich  durch  seine  Elephanten  gefährlich  gewesen, 
mochte  allgemein  bekannt  sein;  dass  er  aber  gerade  fünf  Ellen  hoch  Avar  3,  4,  kann  kaimi 
anders  als  diu-ch  litterarische  Ueberlieferuug  erklärt  werden,  s.  Diod.  17,  88.'  Die  Kleinheit 
Alexanders  3,  4  und  sonst  ist  erst  im  Gegensatze  zu  der  Grösse  des  Inderkönigs  ersonnen. 

Das  ganz  eigenartige  Stück  über  die  Gymnosopliisten  3,  4  Schluss  bis  6,  das  aus 
dem   Buche    herausgenommen   werden    kann,    ohne    dass    die   Spur    einer  Lücke    bhebe,    ist 


Das  gauze  Stück  war  allem  Anscheine  nach  in  Skazouten  geschrieben,   die  freilich  nicht  miistergiltig  gebaut  »ein  mochten. 
(Vielleicht  ward  hier  und  da  der  accentuierte  kurze  Vocal  der  vorletzten  ott'oneu  Silbe  eines  Wortes  als  lang  gerechnet,  was 
ja  unter  gewissen  Umständen  auch  bei  Babrius  vorkommt.)     Bei  Weitem  dio  meisten  Verse  geben  sich  noch  jetzt  als  Ska- 
zonten.    h'ia,  19  (Ann.  61)  hat  Müller  die  Lesart  des  Codex  ohne  Noth  geändert;  TupöJTo;  1.  29  gehört  als  Schluss  zum  vorigen 
Verse.    Auch  die  Erzählung  zwischen  Israenias'  Worten  und  des  Königs  Antwort  ist  in  Versen;  nur  der  erste  Satz  fügt  sich, 
wie  er  jetzt  dasteht,  durchaus  nicht  ins  Metrum.  —   Uebrigens  möchte  auch  ich  mit  Müller  annehmen,   dass  schon  in  dem 
Bericht  über  den   Kampf  gegen  Theben   das  Gedicht  benutzt  ist;   poetische  Ausdrücke  treten  stark  darin  hervor;   freilich 
verwendet  der  Koman  auch  sonst,  namentlich  in  den  Schlaehtenberichteu,  gern  einzelne  homerische  )ind   sonstige  poetische 
Wörter  und  Phrasen.    Beachte  aber  auch  die  mythologischen  Anspielungen   in  diesem  Berichte. 
Von  diesem  als  Vorfahren  Alexander'»  ist  auch  Arrian  5,  26,  5   und  sonst  die  Kede. 
Dass  die  Theban(^r  die  Itesten  Flötenspieler  waren,  derselbe  im  Venator  (263  f.  ß). 
C  hat  sie  noch  einmal   2,  25;  kurz  ohne  die  eigentliche  Pointe  in  BLC  noch   1,  41. 

Eigentlich  war  der  damals  schon  todt,  denn  xoXct^si  2,8  (am  Ende)  ist  doch  gewiss  mitVal.  und  Leo  als  ,lässt  hinrichten'  zu  fassen. 
Für  die  nöthigc  Rührseligkeit  sorgte  bei  Clitarch  (Justin  11,  15;  C'urtius  5  am  Ende,  von  Freinsheim  sinngemäss  ergänzt) 
ein  maccdonischer  Soldat,  der  mit  dem  sterlienden  König  sprach. 

Nach  Arrian  5,  19,  1  war  er  gar  ,Ubcr  fünf  Ellen  hoch',  nach  Plut.  60  dagegen  ,vier  Ellen  und  eine  Spanne'.  Val.  schwächt 
die  fünf  Ellen  durch  ein  ferme  ab.  Ursprünglich  sollte  es  wohl  heissen,  Porus  sei  noch  über  das  gewöhnliche  Kiesenmaass 
hinausfe^wachsen,  denn  das  ist  fünf  Ellen  weniger  eine  Hand  breit,  s.  Diels  im  Hermes  22,  425. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  7 

durchaus  litterarischen  Ursprungs.  Hier  ist  die  auf  Alexander's  Geheiss  geschehene  Sen- 
dung des  Onesicritus  an  Dandamis  und  die  andern  Brachmanen,  die  jener  selbst  erzählte, 
mit  den  von  Alexander  an  die  Gymnosophisten  gerichteten  zehn  Fragen  zusammengearbeitet 
und  mllkttrlich  abgeändert;  s.  Strabo  714  ff.  und  vor  allem  Plut.  64  f.  In  ß  ist  dies  Stück 
aus  der  Schrift  des  Palladius  (lebte  ungefähr  von  370 — 430  n.  Chr.)  interpoliert,  welche 
Müller  nach  Codex  A  als  3,   7 — 16  im  Pseudocallisthenes  mit  abdruckt.' 

In  dem  Briefe  an  Aristoteles,  auf  dessen  Wunder  und  Abenteuer  ich  liier  nicht  ein- 
gehe, steht  auch  die  Prophezeiung  über  den  gewaltsamen  Tod  der  Mutter,  der  Frau  und 
der  Schwestern^  Alexander's  3,  17  gegen  Ende.  Sie  ist  historisch  begründet:  über  den  Tod  der 
Olympias  s.  Diod.  19,  51;  Justin  14,  6;  Pausan.  9,  7,  2;  den  der  Roxane  Diod.  19,  105;  Justin 
15,  2,  5;  den  seiner  Schwester  Cleopatra  Diod.  20,  37;  den  seiner  Schwester  Tliessalonice 
Justin  16,  1,  1;  Plut.,  Demetr.  36;  Pausan.  9,  7,  3. 

Völlige  Anlehnung  an  die  ältesten,  aber  unzuverlässigen  Biographien  zeigt  sich  in  der 
F^rzählung  von  Alexander's  Tode  3,  31  f.  Selbst  Ai-rian  hält  es  für  nöthig,  die  Vergiftungs- 
geschichte kurz  zu  erwähnen  7,  27,  so  wenig  er  darauf  gibt.  S.  Plut.  77;  Diod.  17,  118; 
Curtius  10,  10,  14  ff.;  Justin  12,  14;  Plin.  30  am  Sclüuss.-'  Alles  wesentliche  ist  "gleich: 
Olympias  hat  Zwistigkeiten  mit  Antipater  und  verklagt  ihn;  Antipater  schickt  durch  seinen 
Sohn  Cassander  das  Gift,  welches  der  Mundschenk  lollas  dem  Könige  beibringt.  Bloss 
dass  Aristoteles  das  Gift  bereitet  haben  sollte,''  kann  Pseudocallisthenes  nicht  gebrauchen, 
da  er  nur  ein  zärtliches  Verhältniss  Alexander's  zu  seinem  Lehrer  kennt.  Die  Misshandlung 
Cassander's  Plut.  74  ist  passend  auf  seinen  Bruder,  den  sonst  von  Alexander  geliebten 
lollas  übertragen.  Der  todkranke  König  will  sich  in  den  Euphrat  stürzen  2,  32  A,  Arm., 
Syr.,  Leo  (damit  es  aussehe,  als  sei  er  zu  den  Göttern  entrückt);  auch  diese  ,unverschämte 
Erfindung'  stand  schon  in  älteren  Werken  Arrian  7,  37,  3.  Aus  der  besten  Quelle,  den 
p]phemeriden,  stammt  dagegen  die  Angabe,  dass  die  Macedonier  stürmisch  verlangten,  den 
König  zu  sehen,  und  an  dem  Sterbenden  vorüberzogen  3,  32  Arm.,  Syr.,  Leo,  BLC'*  = 
Arrian  7,  26,  1;  Plut.  76;  Justin  12,  15;  Curtius  10,  5,  1  (nur  der  Schluss  erhalten).  Der 
Unwille  i-ichtet  sich  im  Roman  wie  in  der  Geschichte  gegen  die  a(0[Jiaro'^6XaÄSC- 


'  Palladius  hat  diese  Vorbilder  mönchischer  Askese,  an  ileiien  sich  schon  vorchristliche  gelnidete  Schrittsteller  wie  Uio  C'hrys., 
Celaenis  Schluss  (72  R)  begeistert  hatten,  nach  Herzenslust  ausgemalt.  Erquickend  sind  gegenüber  diesem  ungesunden 
Quietismus  die  Schlussworte  Alexander's  im  Roman  Müller  101  h.  Palladius  hat  den  Onesicritus,  den  er  namentlich  citiert 
(3,  13),  direct  oder  indirect  benutzt.  —  Die  Fragen  Alexander's  an  die  ,Weisen  des  Südens'  und  ihre  Antworten  im  Talmud 
Tamid  32«  sind  weder  aus  dem  Konum  genommen,  noch  bilden  sie  eine  Quelle  desselben.  Denn  obwohl  der  Talmud  in 
dem  Nebenumstande  mit  Pseudocallisthenes  übereinkommt,  dass  die  Weisen  immer  zusammen  gefragt  worden,  nicht  einzeln,  wie 
bei  Plutarch,  so  stimmen  doch  die  Fragen  und  Antworten  selbst  besser  zu  denen  Plutarch's;  vergl.  die  achte  Frage:  ,was 
soll  der  Mensch  thun,  um  sich  dem  Menschen  angenehm  zu  machen?'  mit  der  sechsten  bei  Plutarch:  kw;  äv  ti;  tpiX^jOsir]  [xäXijtoc 
und  die  Antwort:  äv  /.pctTisTO?  m-i  [j.15  cpoßspö;  r,  mit  der  definitiven  Antwort:  ,er  lielie  Kfinigthum  und  Herrschaft,  und  erweise 
dem  Menschen  Güte'.  Dies  fehlt  alles  im  Roman  und  kann  da  nicht  gewesen  sein,  weil  überall  zehn  Fragen  sind.  Ent- 
scheidend ist  endlich,  dass  der  Talniuil  davon  weiss,  da.ss  die  Gefragten  gegen  Alexander  gehetzt  haben  und  dass  dieser  sie 
alle  umbringen  will;  davon  hat  der  Roman  nichts.  Der  Talmud  hat  also  aus  dem  Zusammenhange  eines  Historikers  ge- 
schupft, mag  das  nun  Plutarch  selbst,  oder  seine  Quelle,  oder  ein  ans  eben  dieser  Quelle  abgeleitetes  Werk  sein.  —  Die 
oötoxfdti;  9fov([Jituv  in  Fabricius,  Bibl.  graeca  17,  585  f  stammen  gewiss  direct  aus  Plutarch,  mit  dem  die  ganze  Anordnung 
stimmt.    Die  zehnte  Frage  fehlt  da,  weil  der  historische  Zusammenhang  nicht  gegeben  wird. 

^  So  A.  Arm.:  ,deine  Schwester'  (Sg.)  und  so  Syr.,  welcher  die  Frau  weglässt,  während  Val.  15LC  nur  die  Mutter  und  die 
Frau  geben. 

'    Vergl.  noch  Dio  Chrys.,  iJe  fortuiia  'A'M  R. 

*   Vergl.  Dio  C'assius  77,  7. 

^    In  A  fehlt  die  Stelle  durch  äussere  Beschädigung. 


g  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldüke. 

Das  in  deu  Komaii  aiit'geuonmiene  Testament  Alexanders  3,  33  ist  jedenfalls  ein  ziem- 
lich altes  Document,  das  für  eine  sehr  vorsichtige  Kritik  vielleicht  noch  eine  gewisse  histo- 
rische Ausbeute  ergiebt;  leider  ist  der  Text  fürchterlich  entstellt. 

Die  Listen  ganz  am  Ende  des  Buches  müssen  auf  schriftliche  Quellen  zurückgehen. 
Das   Lebensalter    Alexander's   ist    nach    der   besten    Ueberlieferung    des    Romans    32    Jahre 

7  Älonate;  so  Syr.  (danach  Lagarde's  Text*  und  so  Barhebraeus,  Chron.  syr.  39),  seine 
Kegierungszeit  12  Jahre  7  Monate  Syr.  Lag.  Gewöhnlich  wird  dies  abgekürzt  in  32  (und 
12)  BLC  u.  A.  m.;*  auch  wohl  in  33  Val.,  Arm.,  Leo.  Nun  hat  aber  der  Roman  die 
Wunderlichkeit,  dass  Alexander  nach  den  Kriegszügen  8  Jahre  Ruhe  gehabt  habe;  so  Syr. 
direct;  iudirect  ergeben  sich  so  8  Jahre  für  die  Ruhezeit  aus  Val.,  Leo.  Aehnlich  Mahilas 
(9  Kriegsjahre  von  17  Regienrngsjalu-en).  Das  beruht  aber  walii'scheinlich  auf  einem  alten 
Verseheu:  man  schriel)  oder  rechnete  Jahre  statt  Monate.  Die  Kämpfe  beginnen  mit  der 
Regierung;  wenn  er  nach  A  von  seinem  15.  Lebensjahre  an  17  Jahx'e  Krieg  fütae,  so 
stinuut    das.     Wirklich    gibt   ja    Arrian   7,  28,   1    für  Alexander's    Regierungszeit    12  Jalu-e 

8  Monate;  Diodor  17,  117  12  Jahre  7  Monate,  und  für  sein  ganzes  Leben  Aristobul  bei 
Arrian  h  c.  32  Jahre  8  Monate.'  Es  lag  sehr  nahe,  diese  8  letzten  Monate  als  Zeit  der 
Erholung  anzusetzen  nach  einem  siebzehnjährigen  Kriegerleben. 

Der  Todestag  Alexander's  ist  erst  dui-ch  das  ägyptische  Datimi  des  Romans,  den 
4.  Pharmuthi  (=  13.  Juni  323),  ganz  sichei-gestellt.*  Denn  da  dieser  Tag  in  Alexandria 
regelmässig  gefeiert  wurde,  ist  hier  ein  Irrthum  undenkbar.  Das  Datum  wird  durch  A, 
Arm.,  Leo  und  noch  Josippon  übereinstinmiend  gegeben,  abgesehen  von  unschädlichen 
Entstellungen  des  ägyptischen  Monatsnamens. 

Die  Zahlen  der  von  Alexander  unterworfeneu  Völker  —  22  barbarische,  14  hellenisclie*  — 
sind  durch  künstliche  Berechnimg  gewonnen.  Ebenso  das  Verzeichniss  der  12"  von  Ale- 
xander gegründeten  Städte.  Solcher  Listen  mag  es  mehrere  gegeben  haben;  vergl.  die  des 
Steph.  Byz.  Aus  dem  Gemrr  der  Entstelhmgen  lässt  sich  noch  folgende  Liste  mit  ziem- 
licher Sicherheit  als  die  ursprüngliche  von  a  herstellen;'  freilich  l)leibt  ungewiss,  in  welcher 
Reilien folge  die  Städte  geordnet  waren: 

1.    'A/.s^dv5p£ta  T,  TCpöc  'Opstzotc* 
2.    Y^  sirl  Ilcoptp 

'   Anal.  »yr.  "207.    Ueber  dies  Schriftclieu  unten  mehr. 

'  Ich  liabe  für  diese  Zaiileu  viel  Material  aus  byzantinischen  und  orientalischen  Schriftstellern  gesaunnelt.  Für  das  Lebens- 
alter habe  ich  noch  30  (durch  Auslassung-  des  zweiten  Zift'erbuchstaben  in  A);  36;  38;  spätere  Araber  wissen  gar  von 
seinen  72,  ja  1000  Lebensjahren  (Ibn  'Amid,  cod.  Goth.  fol.  100  6). 

'  Livius  45,  il  hat  für  die  Kejrierunfr  13  .Jahre;  1  Maccab.  1,  7  rechnet  12.  Nach  Cicero,  l'liilipi).  5,  4a  starb  Ale.xandir  im 
33.  Lebensjahre. 

*  8.  Gutschmid,  Geschichte  Irans  .  .  .  von  Alexander  dem  Grossen  bis  zum  Untergang  der  Arsacideu   Ki. 

*  Diese  Zahlen  sind  am  besten  beglaubigt,  und  ihre  iSumme,  36,  wird  noch  im  Schähnäme  1361  (Macau)  genannt.  Die  22 
erscheint  in  15  wieder  als  Zahl  der  durch  Alexander'»  metallenes  Thor  ausgeschlossenen  Barbaronvölker  3,  29. 

"  A,  dessen  Verzeichniss  nur  neun  Namen  giebt,  liat  die  Zahl  13;  ebenso  Syr.,  bei  welchem  einige  Namen  geändert  sind, 
und  die  arabische  Chronik  de»  Eutychiu.s  pag.  281. 

'  Namentlich  leisten  uns  dabei  Leo  und  Arm.  gute  Dienste.  Natürlich  beanspruche  ich  nicht,  auch  die  ursprüngliche  Form 
im  Einzelnen  wiederzugeben;  ob  der  Verfasser  z.  B.  wirklich  hd  mit  allen  drei  Casus  verbunden  hat,  wie  es  die  Hand- 
schriften geben,  und  »h  er  im  einzelnen  Falle  Irf  oder  npö;  hatte,  mögen  die  Götter  wissen.  Für  ß  tritt  L  und  Venez. 
ein  (in  B  fehlt  die  Liste);  femer  C  und  das  Chron.  Pasch.  (Bonn  321). 

'  8.  Arrian  6.  21,  6.  22,  2.  Diod.  17,  104;  Curtins  9,  10,  7;  und  mit  Keclit  hat  man  so  bei  Steph.  'tlpiTwv  für  N;ap-(Öv  ver- 
bessert. Nur  Leo  giebt  die  richtige  Lesart  durch  Ipronorilan  genau  wieder;  Val.  denkt  an  opo;  und  übersetzt  mmituosa;  der- 
selbe Fehler  wohl  beim  Syrer  134,  15  (3,  17)  in  einer  Erzählung,  die  in  unseren  griechischen  Texten  fehlt:  ,Aloxandrla 
ilie  Kflniginn  der  Berge'.  Daraus  jrpo;  'Op;:ä;  L,  Tipi?  tou;  "Opj:«;  Venez.;  Iv  "Opjn;  C;  npb;  "Apiiav  Cliron.  Pasch.  Arm.  dafür 
seltnamerweise  ,in  Mesopotamien'. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  9 

3.  rj  e%i  BoüXc^dXci) 

4.  ig  xat  "laaov^ 

5.  ig  sirt,  FpavtÄtp* 

6.  7J  SV  Sxuö-tq: 

7.  ig  ETci  xoü  TtyptSo^  icora[j.(p 

8.  vj  im  BaßuX(i)vo? 

9.  1^  eici  TpqxxSoc 

10.  1^  sirt  MaaaaYsxat?^ 

11.  Tj  irpös  Hdvt)-ov* 

12.  7J  xat    AiYt^'J^'cov 

Hierzu  kommt  noch  die  in  Val.,  Arm.,  Leo  fehlende,  aber  von  A  und  ursprünglich  vom 
Syrer,  femer  in  ß  (incl.  Chi'on.  Pasch.),  C  stehende  'AXc^dvSpsta  ig  itpö?  Jlspaac. 

So  werthlos  diese  Verzeichnisse  für  die  Geschichte  sind,  so  deutlich  ist  ilir  gelehrter 
Ursprang. 

Aiich  die  häufigen  mythologischen  und  astrologischen  Anspielungen  (z.  B.  1,  12)  passen 
zu  dem  Gesagten ;  sie  setzen  nirgends  tiefere  Gelehrsamkeit  voraus,  schmecken  aber  doch 
stärker  nach  der  Schule  als  nach  volksthiünlicher  Art. 

Ferner  hängen  die  Briefe,  welche  nicht  Abenteuer  erzählen,  sondern  den  Helden  cha- 
racterisieren  oder  Weisheit  lehren  sollen,  we  man  längst  gesehen  hat,  zum  Theil  mit  einer 
früh  entstandenen  Brieflitteratur  zusammen,  die  sich  um  Alexander  drehte,  vergl.  z.  B.  Cicero 
ad  Atticum  12,  40,  2.  13,  28,  2 ;  Offic.  2,  48.  2,  53.  Ich  denke  dabei  auch  an  die  Zeuxis- 
Correspondenz  1,  16,  die  Zacher  mit  Recht  gegen  Müller  als  alt  vertheidig-t.  Selbst  in  dem 
Briefwechsel  mit  Darius  und  Poras  spielen  rhetorische  oder  sophistische  Momente  eine  ziem- 
liche Rolle.  Als  Meisterstücke  sollten  für  den  Verfasser  offenbar  die  Reden  gelten,  welche 
er  dem  Demosthenes,  Aeschines  und  Demades  in  den  Mund  legt.  Er  hatte  einen  Anflug 
von  der  rhetorischen  Bildung  seiner  Zeit,  allein  es  bleibt  uns  schier  unverständlich,  wie 
einer,  der  die  letzte  Nachwirkung  attischer  Beredsamkeit  in  sich  verspürte,  den  von  ihm 
verehrten  Männern  solches  Zeug  in  den  Mund  legen  konnte.  Aber  freilich,  das  ganze 
Buch  verändert  ja  die  bekanntesten  Thatsachen  aufs  willkürlichste ;  es  ist  oft,  als  ob  der 
Verfasser  das,  was  er  wusste,  so  wiedergäbe,  wie  es  ilmi  ein  Traum  durcheinander  gewirrt 
hätte.^  Auf  jeden  Fall  haben  ungenaue  Reminiscenzen  aus  früher  Erlerntem  auf  die  Com- 
position  eine  starke  Wirkung  geübt,  aber  die  Benutzung  schriftlicher  Quellen  ist  dadurch 
keineswegs  ausgeschlossen.  Auffallend  bleibt  übrigens,  dass  einige  der  landläufigsten 
Alexander-Anecdoten  nicht  aufgenommen  sind,  z.  B.  die  vom  Gordischen  Knoten.    Dass  der 


'  Bloss  bei  Arm.  als  Kallison  richtig  erhalten.  (Bei  A  fehlt  sie.)  Bei  den  andern  entstellt  in  fj  /.paxiuTr]  Leo  (YcratistiJ 
Venez. ;  xpeiTicrcov  L ;  tt^v  Et;  KpciTioTov  C ;  so  ,die  befe.stigte'  Syr.  —  Chron.  Pasch,  hat  dafür  das  seltsame  Synonym  von  Ale- 
xandria  bei  Issus  (Alexandrette,  Iskcmderün)  KaßnuaOT,  womit  man  längst  KX.  Kajißüoou  Malalas  2,  112  (Ox.)  identificiert  hat 
(Im  Itin.  Burdigal.  [Wesseling  580]  Alex.  Scabiosa). 

'  Nur  Val.  Syr.;  Arm.  {endranikoj  d.  i.  h  rp«vix(i)).  Yaranicon  Leo.  —  Im  Kprj^itSo;  !:otoc[xou  LC;  Iv  jiota|j.<j)  Töi  Fpimot  Venez.; 
TOpi  KuTtpßo?  noTotfiOv  Chron.  Pasch. 

'   Nur  Val. ;  sonst  überall  arg  entstellt. 

*  So  Leo  (YproxanthonJ  und  Arm.;  apud  Sanctuvi  Val.  —  Bei  A  entspricht  vielleicht  r^  Ira  lousoi;;  im  Chron.  Pasch,  ttiv 
Käaov,  wenn  das  nicht  eine  zweite  Entstellung  von  Nr.  i  ist. 

'   Ueber  die  geographischen  Verstösse  darf  man  sich  aber  nicht  wundem,  wenn  man  sieht,  dass  selbst  ein  so  gelehrter  Mann 
wie  Heliodor  in  den  Aethiopica  die  Serer  (Chinesen)  als  Nachbaren  und  Vasallen  des  Königs  von  Meroe  darstellt  (weil  Serer 
und  Inder  zusammengenannt  wurden,  damals  aber  der  Name  ,Inder'  auch  die  Aethiojien  bezeichnete). 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.  IXXVIII.  Bd.  V  Ahh.  2 


jQ  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldekb. 

Roman  von  den  geschichtlich  feststehenden  Mängeln  und  schlimmen  Thaten  des  Königs' 
nichts  sagt,  ist  aber  gewiss  absichtlich.  Desto  widerwärtiger  erscheint  die  aus  blossem 
Uebemiuth  begangene  Ermordung  des  Nectanebos  1,  14,  von  der  gar  kein  Aufheben 
«remacht  wird. 

Die  iocal  Alexandrinische  Tendenz  des  Buches  hat  C.  Müller  mit  Reclit  scharf  hervor- 
gehoben. Boiu-iant  (Jotirn.  as.  1887,  1,  24)  und  Budge  (in  der  Einleitung  zur  Ausgabe 
des  syrischen  Textes)  möchten  nun  aber  wenigstens  einigen  Theilen  des  Buches  geradezu 
einen  national -ägyptischen  Ursprung  zuerkennen.  Das  grosse  Grewicht,  das  der  Anfang 
der  Erzählung  auf  das  ägyptische  Zauberwesen  legt,  und  einige  specielle  Berührungen  des- 
selben mit  den  Ausdrücken  in  ägyptischen  Beschwörungsformeln,  die  Budge  nachweist, 
scheinen  dafür  zu  sprechen.  Auch  liegt  die  Vermuthung  nahe,  die  Erzählung,  dass  Ale- 
xander der  Sohn  des  Nectanebos  gewesen,  sei  von  einem  echten  Aegypter  erfunden.  Doch 
ist  das  alles  meines  Erachtens  sehr  unsicher.  Den  Mittelpunct  bildet  doch,  wie  gesagt, 
die  Stadt  Alexandria,  durch  deren  Erbauung  der  Macedonier  sogar  den  Sesonchosis,  den 
Repräsentanten  ägyptischer  Herrschergrösse,  überstrahlt.  Für  diese  Stadt  konnte  aber  der 
National -Aegvpter  kaum  grosse  Vorliebe  haben.  Dagegen  mochte  sich  in  den  mitt- 
leren Schichten  ihrer  Bewohner,  die  gewiss  vielfach  mit  einheimischem  Blute  vermischt 
waren,  ein  gewisses  ägyptisches  Bewusstsein  ausbilden,  das  bei  hellenistischer  Sprache  und 
Denkweise  das  national-ägyptische  Wesen  nicht  schroff  ablehnte.^  Wie  der  Alexandriner 
die  Ptolemäer  als  rechtmässige  Nachfolger  Alexander's  auffasste,^  so  konnte  er  auch  auf 
den  Gedanken  kommen,  Alexander  an  den  letzten  einheimischen  König  zu  knüpfen.  Die 
Iialb  rationalistische  Art,  wie  zu  dem  Zweck  die  Abkunft  von  Ammon  umgedeutet  wird, 
sieht  doch  wohl  mehr  griechisch  als  ägyptisch  aus.  Uebrigens  findet  sich  ausser  im  An- 
fang schwerlich  etwas,  das  man  als  specifisch  ägyptisch  bezeichnen  könnte. 

Natürlich  leugne  ich  nicht,  dass  sich  im  Pseudocallisthenes  auch  echt  volksthümliche 
Züge  finden.  Dahin  kann  man  rechnen,  dass  Alexander  als  sein  eigener  Gesandter  zum 
Darius  und  zur  Candace  geht,*  die  Symbole,  die  Darius  dem  Alexander  schickt  und  die 
dieser  zu  seinen  Gunsten  deutet,''  und  die  Hauptzttge  der  Candace- Geschichte.^  Die  Be- 
nutzung von  Motiven  Aesopischer  Fabeln,'  die  wohl  allgemein  bekannt  waren,  steht  dem 
nahe.  Die  späteren  Umgestaltungen  haben  noch  einige  volksthümliche  Geschichten  hinzu- 
gefügt wie  die  Himmelfahrt  und  die  Ergründung  der  Meerestiefe.  Aber  wie  dem  auch  sei, 
im  Ganzen  und  Grossen  ist  der  Alexanderroman  nicht  das  Product  der  Volksüberlieferung, 
sondern  einer  halb  gelehrten  Schriftstellerei.  Den  Ausdruck  , Alexandersage'  vermeidet  man 
besser,  da  auch  die  Verbreitung  des  Romans  durchweg  auf  litterarischem  Wege   geschehen 


'   Davon  konnte  der  späte  Alexandriner  allerdings  keine  Ahnung  haben,  wie  anstfissig  die  Ueberhebung  des  GOttersohnes  und 

die  Formen  des  asiatischen  Despotismus  selbst  den  macedonischen  Soldaten  waren. 
'  Anders  ist  es  aber,   wenn  gebildete  Griechen  späterer  Zeit  wie  Heliodor  eine  gewisse  romantische  Vorliebe  für   ägyptische 

Religion  und  Weisheit  zeigen. 
»   8.  Müller,  Einleitung  XX  4. 

■*   Kohde  188;  meine  Tabari-Uebersetzung  6.5  Anm.   Als  ich  diese  Anmerkung  schrieb,  kannte  ich  jene  Stelle  Rohde's  noch  nicht. 
'  Man  wird  an  die  symbolischen  Geschenke  der  Skythen  Herod.  4,  131  f.  erinnert. 
•   Vergl.  auch  die  Geschichte  mit  der  Schlange,  die  aus  dem  Ei  kriecht  1,  11,  wozu  Kömlield  44  mit  Recht  auf  Lucian,  Alex. 

pseud.  1.3  f.  verweist. 
'   Da»  Huhn,   welche«  die  goldenen  Eier  legt,  1,  23  (.s.  unten  S.  19),  vergl.  Babrius  123;  Halm's  Sammlung  57;  der  Astronom, 

der  bei  der  Beobachtung  des  Himmels  in  die  Grube  stürzt  1,  14.   Zwar  kann  diese  Fabel  nicht  hoch  hinaufgehn  (die   alten 

Griechen   hatten  keine  Astronomen),   und  die   uns  vorliegende  Fassung   Halm  72   mag  sehr  jung  sein,  aber  die  Wendung 

im  Roman,  wonach  der  Astrolog  schliesslich  doch  Recht  hat,   ist  jedenfalls  secundär. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  11 

ist.  Aber  ein  Volksbuch  ist  das  seltsame  Werk  allerdings  geworden.  Trotz  der  bald  darauf 
erfolgenden  Christianisierung  ist  es  im  Osten  und  Westen  ungemein  viel  gelesen.  Das  ganze 
Mittelalter  hindurch  und  im  Orient  noch  sj)äter  hat  man  Alexander  fast  nur  als  den  farb- 
losen Helden  des  Romans  gekannt,  der  SiyjX^sv  sojc  axpO)V  tyjc  Y'^C  (1  Macc.  1,  3),  dessen 
Abenteuer  weit  über  die  Gränzen  der  Möglichkeit  hinausgehn,  der  aber  nicht  entfernt  an 
den  Titanen  heranreicht,  den  uns  die  Geschichte  zeigt.'  Allerdings  fehlt  es  nicht  ganz  an 
tieferen  Zügen:  dahin  gehört  der  wiederholte  Hinweis  darauf,  dass  dieser  Held  jung  sterben 
muss  und  dass  eine  höhere  Macht  ihn  an  die  Schranken  des  Irdischen  erinnert  und  am 
Weitergehn  hindert,  während  die  Thatsache,  dass  der  siegreiche  König  in  Indien  durch 
seine  eigenen  l^'uppen  zur  Umkehr  gezwungen  wurde,   nur  schwach  nachklingt. 

Der  syrische  Text. 

Budge  hat  den  Text,  von  dem  bisher  nur  einzelne  Stücke  bekannt  waren,  nach  fünf 
Handschriften  herausgegeben.  Diese  sind  alle  ganz  jung,  ziun  Theil  moderne  Copien  von 
im  Orient  befindlichen  Codices;  seine  älteste  Handsclu'ift  ist  vom  3.  October  1709  datiert. 
Alle  sind  nestorianisch  und,  wie  durchweg  die  jüngeren  nestorianischen  Manuscripte,  reich- 
lich und  im  Ganzen  gut  vocaUsiert.  Der  Text,  auf  den  sie  zunächst  zurückgehen,  lässt  sich 
fast  genau  wiederherstellen.^  Leider  war  aber  die  gemeinschaftliche  Quelle,  vielleicht  auch 
erst  eine  Handschrift  des  XVII.  oder  XVI.  Jahrhunderts,  schon  sehr  verderbt;  die  älteren 
Aljschreiber  müssen  zvmi  Theil  nachlässig  gearbeitet  haben.  Wenig  schaden  sprachliche 
Verstösse  wie  die  häufige  Setzung  von  Formen  des  pl.  m.  für  die  des  pl.  f.,  aber  die  kleinen 
und  grossen  Sinnfehler  sind  nur  zum  Theil  zu  heben.  Gar  manche  Stelle  bleibt,  auch 
wenn  mau  alle  Paralleltexte  heranzieht,  unverständlich.  Natürlich  ist  es  oftmals  zweifelhaft, 
ob  wir  es  mit  der  ungeschickten  Wiedergabe  einer  vielleicht  verderbten  Vorlage  durch 
den  Uebersetzer  oder  mit  Versehen  syrischer  Abschreiber  zu  thun  haben.  Bei  den  arg 
misshandelten  Eigennamen  wird  beides  zusammenkommen.  Auch  äussere  Beschädigung  des 
syrischen  Textes  ist  in  Rechnung  zu  ziehen.  So  möchte  ich  aber  kaum  die  grosse  Lücke 
erklären,  welche  unsere  Handschriften  zwischen  den  ersten  Worten  von  2,  6  und  der  Mitte 
von  2,  14  haben.  Diese  fand  nämlich,  wie  es  scheint,  der  syrische  Uebersetzer  schon  in 
seiner  Vorlage;  sonst  wäre  sie  kaum  durch  folgende  Worte  oberflächlich  verdeckt:  ,und  er 
kam  an  die  Grenze  von  Persien  und  lagerte  sich  am  Flusse  Tigris  (so,  nicht  Strangas!). 
Und  Alexander  begab  sich  als  Gesandter  zum  König  Darius,  bis  er  nach  Babel  hinein- 
ging.  Und  die  Perser  kamen  und  meldeten  es  dem  König  Darius,   und  als  sie  es  sagten'*. 

Der  Herausgeber  neigt  sich,  auf  das  gewichtige  Urtheil  Wright's  gestützt,  zu  der  An- 
nahme, Syr.  sei  die  Wiedergabe  einer  arabischen  Uebersetzung.  Dies  ist  daraus  erschlossen, 
dass  sich  manche  Entstellungen  von  Eigennamen  leicht  so  erklären  liessen,  dass  arabische 
Schreibungen  wegen  Wegfalls  oder  Vertauschung  von  diacritischen  Puncten  missverstanden 
wären.  Da  hat  nun  aber  der  häufigste  Fall,  die  Verwechslung  von  j  (n)  und  ..  (i)  wie  in 
asaa*,jüa3  stets  für  waoÄLj^oj  Nsxtavcßcbc,   ^sioaX  57,  15  für  v«^ioa^  'OXujJLTCia  1,  24  gar  keine 


'  Selbst  die  Kriegsthaten  sind  im  Roman,  bei  Lichte  besehen,  nicht  so  grossartig  wie  in  der  Wirlvlichkeit.  Man  vergleiche 
nur  den  von  Arrian  (oder  vielmehr  Ptolemäus)  so  klar  geschilderten  Kampf  gegen  Porus  mit  dem,  was  der  Roman  3,  3  f. 
erzählt. 

2   Absehen  muss  man  dabei  oft  von  den  Correcturen,  die  der  Abschreiber  von  D  selbständig  vorgenommen  hat. 

°   Da  tritt  wieder  der  Text  a  ein. 

2* 


12  V.  Abhandluncs:  Th.  Nöldeke. 

Bedeutimg,  denn  diese  beiden  Buchstaben,  die  nur  bei  sein*  sorgfältiger  Sclirift  immer 
deutlich  zu  unterscheiden  sind,  werden  auch  sonst  in  diesen  wie  in  andern  syrischen  Hand- 
schriften zuweilen  vertauscht.'  Steht  doch  gleich  auf  der  ersten  Seite,  wie  Budge  natürlich 
selbst  erkannte,  p^)  fiir  VH  ^^^  ebenso  76,  15.  143,  17;  vergl.  ferner  V'f^  für  p^  178,  5; 
jLu^ÄV-^i]  für  jaijjiVori  74,  4  äp)(iT£XT0Va?.  Aehnlich  v^  20,  8  aus  ]\^\c>  Mt^vtj.  Bei  einem 
unbekannten  Eigennamen  musste  selbst  der  beste  syrische  Abschreiber  oft  rathlos  sein,  ob 
er  ein  n  oder  ein  i  zu  schreiben  habe.  Auch  die  Verwechslung  von  i  (z)  und  i  (r)  in  m 
204,  7.  206,  14  für  jji,  wie  21,  12  Tea  richtig  geschrieben  wird,  und  i^ioios.  9,  4  fiir  -ly^hom 
darf  man  nicht  gleich  auf  Vertauschung  von  •  und  zurückführen,  denn  i  oder  ?  sind  auch 
im  Syrischen  einem  i  ziemlich  ähnlich;  vergl.  oi}^  15,  17  für  m^;  .wi.si  109,  7  für  aaai^^ 
und  umgekelu^;  in  der  ,Legende'  265  paen.  z^^|,  wo  noch  Dionysius  von  Telmahre  (56) 
richtig  zi}iel  gelesen  hat.  —  Bei  der  überaus  grossen  Verderbniss  der  Namen  ist  nun  aber 
auch  darauf  nicht  viel  zu  geben,  wenn  in  einigen  wenigen  Fällen  unser  Text  Buchstaben- 
verwechslungen zeigt,  die  im  Arabischen  leichter  vorkommen  als  im  Syrischen;  z.  B.  £  für 
9  in  ^cäsl.^  244,  13.  245,  15  fiir  usanau^s,  wie  sonst  immer  gesclirieben  wird,  osoi^b-.^  99,  3 
KooIjo;  legte  es  allerdings  sein*  nahe,  eine  Verlesung  von  ,_,^^.*va^  d.  i.  ,_y^y^jji  in  ^j^^x^jS 
anzuuelmien;  aber  aus  einem  einzelnen  Fall  darf  man  doch  nicht  zu  viel  schliessen,  zumal 
das  doppelte  2^^  sehr  wohl  erst  auf  Versehen  beruhen  kann.  In  pi-iaj^)  20,  9  'Ev§'j[j,ia)va  ent- 
spräche z  nicht  einem  einfachen  n,  was  avif  Missdeutung  von  x  als  x.  führte,  sondern  einem 
10]  also  ist  wohl  o.  in  ^  verlesen.  Endlich  würde  63,  5  durch  die  Verbesserung  in  29 
Myriaden  — ,  als  hätte  der  Uebersetzer  UJ\  ^^j-^jt-y^  in  ^;x^*-**-^  verlesen  —  noch  nichts  ge- 
wonnen, denn  die  \virkliche  Summe  ist  34  Myriaden;  wo  der  Fehler  steckt,  wird  nicht  zu 
finden  sein.*  —  Wäre  das  Buch  aus  dem  Arabischen  übersetzt,  so  müssten  meines  Erachtens 
Versehen  bei  -i,  x,  ^,  ^  in  den  Eigennamen  viel  häufiger  sein.  Ferner  fänden  sich  dann 
wohl  auch  einige  Verwechslungen  von  os'  und  J,  schliessenden  ,  j  und  o.  Die  in  Syr. 
sehr  zahlreiche  Verwechslung  von  r  und  l,  ferner  die  von  q  und  k  u.  s.  w.  sind  dagegen 
dem  Arabischen  ganz  fremd.  Aus  der  Buchstabenverwechslung  lässt  sich  also  eine  arabische 
Vorlage  nicht  erweisen. 

Wäre  Syr.  aus  dem  Arabischen  übersetzt,  so  fänden  sich  doch  gewiss  allerlei  Einwir- 
kungen des  höchst  eigenartigen  arabischen  Sprachgebrauchs.  Auf  solche  bin  aber  ich 
wenigstens  bei  mehrmaligem  aufmerksamem  Lesen  nicht  gestossen.  Die  Construction  ist 
frei  syrisch;  das  Verbum  steht  noch  öfter  hinter  dem  Subject  als  im  griechischen  Text, 
während  eine  arabische  Vorlage  gewiss  manchmal  die  umgekehrte  Stellung  veranlasst  hätte. 
Den  griechischen  Participialconstructionen  entspricht  häufig  die  Anwendung  von  ^;  beim 
Durchgang  diu-clus  Arabische  wären  jene  grösstentheils  verwischt.  Das  attributive  Adjectiv 
steht  öfter  als  sonst  im  Syrischen  voran,  ganz  abweichend  vom  arabischen  Gebrauch.  Satz- 
verschränkungen  wie  .A^  ^p-i  —--■]  p  UöÄ.i  v=r»-  Mioo  151,  2  =  Tcspi  Ss  xcöv  a)A(OV  oöx 
S'fdT)  {101  ö|xiA'7jaat  2,  22  (Müller  80,  Ann.  5)  sind  dem  Arabischen  wenig  geläufig.  Noch 
mehr  sprechen  gegen  arabischen  Ursprung  die  seltsamen  Nachbildungen  zusammengesetzter 
Adjective:  V^i*  -^^  1,   4.    14,   15.    16,   5   \).zGfjkiq,    von  dem  gar  ein  Fem.    V^^^  H^.   209 


*  Selbst  europäische  Hersasgeber  haben  manchmal  diesen  Fehler  begangen  und  aucli  •»  zuweilen  falsch  als  zwei  Buchstaben 
aufgefasst.  —  Man  beachte,  dass  die  Syrer  so  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  für  Jephlha  ■-•^aJ,  für  Jalnn  Richter  4  v*"^ 
schreiben. 

'  In  solchen  Aufzählungen  sind  Unrichtigkeiten  ganz  gewöhnlich.  Uebrigens  darf  man  doch  wohl  annehmen,  da.ss  der  Ueber- 
setzer selbst  seine  Zahlen  nachgerechnet   hat. 

'  So  Salomon  von  Bafra  (ed.  Budge)  75,  7. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  13 

paen.  |Ji£aY]<;  riXuiaz  zoyjäyrjooa  gebildet  wird;  ^a^]  ]^->  ^-^  i  xptöc  (?)  'AjJi[i.ojv  1,  12;  lij-^  zoio? 
p-iia  20,  8  ri  X£pa3(p6p0(;  Mt^vtj  1,  12.  Ebenso  ist  es  mit  Substantiven  wie  v=»^=  .  if«.  174  ult. 
jHnndszähnige' ;  v<^  ■^Oj^  175,  1  ,mit  Weibergesiclitern' ;  iL.^  ^'ioz  174  paen.  xaupcXsipavtcC 
u.  s.  w. 

In  einer  so  ausführlichen  Schrift,  die  manches  persische  Wort  enthält,  würden  sich 
gewiss  auch  einige  arabische  Wörter  finden,  wenn  Budge  recht  hätte ;  solche  fehlen  aber 
ganz.  Denn  l^o^j  200,  9  ist  persisch,  mag  nun  ]^^ja^]  oder  V»f=^*^'  ^^^  verbessern  oder 
aber  statt  der,  auch  ins  Arabische  aufgenommenen,  Form  auf  ak  (neupers.  a)  eine  kürzere 
gebraucht  sein.* 

Ferner  hätte  eine  arabische  Uebersetzung  schwerlich  das  Heidenthum  des  ursprüng- 
lichen Textes  ganz  unverletzt  erhalten,  wie  es  Syr.  noch  zeigt.  Dem  Muslim  waren 
Geschichten  von  Göttern  und  Orakeln  ein  Greuel,  und  ein  arabischer  Christ,  dem  das 
classische  Alterthum  nicht  ganz  unbekannt  war,^  musste  doch  den  heidnischen  Character 
verwischen,  um  den  Muslimen  keinen  Anstoss  zu  geben.^  Ein  Syrer  aber  brauchte  auf 
muslimische  Aengstlichkeit  keine  Rücksicht  zu  nehmen. 

Endlich  trägt  unser  Text  ein  älteres  Gepräge,  als  dass  eine  arabische  Vermittlung 
wahrscheinlich  wäre.  Zwar  kann  er  nicht  wohl  früher  sein  als  das  VII.  Jahrhundert,  da 
sonst  nicht  für  Esp^'rj?  durchweg  der  Königsname  Chosrau  o^oa  gesetzt  wäre,*  aber  er  zeigt 
noch  so  genaue  Kunde  älterer  persischer  Verhältnisse,  dass  er  auch  kaum  später  als  dieses 
Jahrhundert  anzusetzen  ist.  Der  alte  Uebersetzer  erkannte  noch  die  Identität  von  Ml^^ac, 
und  Mihr  ^oi_id"  oder  ^mio  81,  5.  86,  15.  128,  11,  worauf  kaum  ein  Späterer  gekommen  wäre, 
namentlich  kein  Araber.  Die  bekannten  persischen  Planetennamen  Hormizd  (Jupiter),  Anä- 
hedh  (Venus),  Tir  (Mercur),  Wahräm'^  (Mars),  oder  Hormizd  als  Name  des  höchsten  persischen 
Gottes  152,  10  ^^  Ad  2,  21  (Müller  81,  Ann.  23)  fallen  nicht  schwer  ins  Gewicht;  sehr  da- 
gegen, dass  im  Syr.  noch  die  PalhawVs''  =  Parther  erscheinen  und,  ganz  im  Einklang 
mit  der  alten  gelehrten  persischen  Ueberlieferung,  für  ,Meder'  stehn  3,  9.  3,  11.*  Noch 
bezeichnender  ist  es,  dass  Syr.  den  Namen  der  Festung  hat,  welche  zur  Säsänidenzeit  den 
Caucasus  sperrte;  denn  dass  ^^ox^o^o  140,  12  =  Bipiirapd/,  Btpaicapdx  Joh.  Lydus  de  Mag. 
3,  52  f.,  '  [o'JpOctirad/  Priscus  31.  37  (Dindorf)  ist,  wird  wohl  niemand  leugnen."  Von  diesem 


'  Natürlich  können  wir  kaum  genau  wissen,  wie  sich  dies  ,feste'  Seidenzeug  (arab.  k"_^X*ü\)  von  den  daneben  genannten 
\^',  X-  »So   (so  lies)  [iExa^a  und  V^'V*"  unterschied. 

'  Eine  gewisse  Fühlung  mit  der  alten  Litteratur  gehörte  auch  für  Christen  dazu,  um  ein  solches  Heidenthum  vertragen  zu 
können.  Später  werden  auch  die  griechischen  Texte  verchristlicht  (y).  Leo  erhält  den  heidnischen  Character  nicht  mehr 
rein.   Im  Pfaffen  Lamprecht  sind  nur  noch  Spuren  davon.   Die   (späteren)  arabischen  Texte  tilgen   das  Heidenthum   ganz. 

•  In  der  frühen  Zeit,  in  welche  die  arabische  Uebersetzung  allein  gesetzt  werden  könnte,  gebrauchten  die  Christen  noch 
nicht  die  den  Muslimen  unzugänglichen  syrischen  Buchstaben  zum  Schreiben  des  Arabischen. 

•  Da  dies  an  allen  (ungefähr  12)  Stellen  durchgeführt  wird,  so  darf  man  es  nicht  als  Verbesserung  eines  Späteren  ansehen. 
Merkwürdig  ist  die  Ersetzung  von  Naßoväaapo;  3,  18  und  einmal  sogar  von  Kupo;  3,  28  durch  Pakor  laas  138,  14.  235 
ult.  —  Aehnlich  dient  die  Verwendung  der  drei  säsänidischen  Königsnamen  Hormizd  (oder  Hormizdädh),  Jezdegerd 
und  Peröz  für  die  h.  drei  Könige  in  der  ,Schatzhölile'  (ed.  Bezold  236)  als  sicherer  Anhalt  dafür,  dass  das  Buch  frühestens 
um  500  geschrieben  ist. 

"  Entstellt  in  ioUiß. 

'   Beachte  die  unarabische  Schreibung  ^^oio  mit  o. 

'   \'-'r~^  Va  ist  zu   lesen   137,  4  für  ^."^  "^q,    141,  4  für  ^..^.'nVo     Diese  Form  i.st    alter   als    die    gewölinliche  PahJawi.    Sie 

findet  sich  auch  Tabari  1,  683,  6  f. 
'  Vergl.  Olshausen's  bekannte  Abhandlung  ,Parthava  und  Pahlav';  ferner  ZDMG  31,  bul;  meine  Tabari-Uebersetzung  437  f. 

•  Wie  der  barbarische  Name,  der  wohl  in  allen  drei  Ueberlieferungen  etwas  entstellt  i.st,  wirklich  lautete,  sagt  uns  vielleicht 
einmal  ein  Kenner  der  armenischen  oder  georgischen  Litteratur. 


J4  V.  Abhandlukg:  Th.  Nöldeke. 

Namen  wusste  schwerlich  ein  Araber.  Die  Namensfonn  "^ova'  für  das  bei  den  Arabern  allein 
gebräuchliche  Bahh  (Bactra)  und  die  Bekanntschaft  mit  den  Küsän-  ,-».a=  206,  11.  253,  10 
ist  wohl  nicht  von  so  grosser  Bedeutung,  stimmt  aber  sehr  gut  zu  einem  ziemlich  frühen 
Ansatz.  Ebenso  der  neunmalige  Gebrauch  des  persischen  v«^  iJ^)  '"^^^  ,Infanteristen',  der 
mir  wenigstens  nur  aus  Säsanidischer  Zeit  bekannt  ist.' 

Dies  alles  genügt,  den  arabischen  Ursprung  der  syrischen  Uebersetzung  selir  unwalir- 
scheinlich  zu  machen.  Vollends  dürfte  diese  Annahme  durch  das  beseitigt  werden,  was  ich  über 
ihren  wirklichen  Ursprung  glaube  ermittelt  zu  haben.  Vielleicht  ist  einem  oder  dem  andern 
Leser  schon  bei  dem  letzten  Absatz  der  Gedanke  gekonmien,  dass  das  nächste  Original 
des  Svr.  eben  ein  persisches  war.  Ich  habe  mich  gegen  diese  Vennuthung,  die  sich  mir  früh 
aufdraug-te,  lange  gewelui:  und  lange  an  der  Annalune  festgehalten,  Syr.  stanmie  unmittel- 
bar aus   dem   Griechischen,    habe  mich  aber  schliesslich  den  zwingenden   Gründen  gefugt. 

Schon  bei  obei-flächlichem  Lesen  fällt  auf,  dass  in  den  Eigennamen  sehr  oft  r  und  / 
vertauscht  werden,  was  weder  griechische,*  noch  syrische  (noch  arabische)  Sitte  ist.  Wir 
haben  so  1)  /  für  r  in  .au^gj  68,  15;  ja;.,N.rri  74,  12  "OaipK;;  \i<n]  70,  9  "Hpa;  iPtn  40,  7.  42, 
11  'ApS'lo'j;  M.v<o-.>,)  96,  1  Sxd[j.av5poc ;  p^v»  97,  4  f.  "AßÖTjpa;  v^f°  16>  9  Kpdtspoc; 
jB^i^aa^,^  251,  3  «Dpaxa'fspVYjc;  ■"^"■■»'^^  253,  6  Fpavticoc;  i|Lis  95,  9  Ikcpia;  .g^^vi.Nq  137,  8 
nap|X£vi(ov:  \ä:s\bs  222,  8  Marpessa  3,  23,  (Leo),^  .w.V  95  paen.  wahrscheinlich  ein  miss- 
verstandenes Y(p(oa?'^  und  noch  mehreren.  2)  r  für  l  in  ,oh.^h  52,  5  Aairti^-Äv ;  ~^q^j.^  113, 
2  nXazaidc;^  •ja^efol  1^7,  3  EüxXsiStj?;  anoiaiD)  133,  3,  5  Eu{ayjXoc;  ^oh^  212  ff.  KavSaüXTjc; 
^aia^i^^  96,  9  K/.£C':o|XTj57j(:  1,  42  (Leo);  .oiia^  187,  1  'löXXav  und  noch  mehreren.  Im  Peh- 
lewi  wird  aber  r  und  l  durch  dasselbe  Zeichen  ausgedrückt;  bei  unbekannten  Namen 
konnte  der  Leser  nicht  wissen,  wie  zu  sprechen. 

Im  Pehlewi  muss  griechisches  y  und  %  durch  denselben  Buchstaben  wiedergegeben 
werden.  Wenn  nun  in  Syr.  in  jajuna],  ^ai»nri,  \iMna\  (Vocativform)  117  ff.  ^Vtaytvrjc,  Aiayiv/] 
und  in  asoa^iau»  (imd  anderen  Entstellungen)  Y.s.oö'^jfüOic,  mit  £>,  das  sonst  für  %  steht,  um- 
gekehrt , o^i^\  107,  1  Axtatcov  mit  ^^  y  geschrieben  wird**,  so  weist  das  wieder  auf  den 
Durchgang  durch  Pehlewi -Schrift. 


•  In  •  '^  «•  <-^  206,  12  ist  das  ~»  schwerlich  die  ursprüngliche  Endung,  sondern  nur  eine  falsche  Zuthat;  eine  andere  Ent- 
stellung ist  \.ÄO  253,  10  (das  nicht  etwa  in  \.aO  zu  verändern  ist). 

*  Tabarl- Uebersetzung  17  f.   Ich  könnte  jetzt  noch  einiges  mehr  geben. 

'  Land,  Anecd.  3,  258,  2;  Hoffmann,  Pers.  Märtyrer  86,  Nr.  777;  Martyr.  1,  135,  6  v.  u.;  Julianos  165,  1.  1G6,  1;  überall  von 
persischen  Truppen.   An  anderer  Stolle  bedeutet  es  ,Polizeisoldaten'  oder  ,PoIizisten'. 

*  Dass  in  A  3,  33  einmal  "Op/.(a;  statt  des  im  selben  und  im  vorhergehenden  Capitel  wiederholt  vorkommenden  'OXwa;,  "OX- 
wo«  nnd  2,  14  AojpiTr,;  statt  'AiojXiir,;  (s.  oben  S.  5)  steht,  kann  bei  der  Menge  arger  Entstellungen  in  den  Eigennamen  nicht 
ins  Gewicht  fallen. 

'  Maf7:.3o  geht  aus  den  verschiedenen  C'orruptionen  ziemlich  sicher  als  ursprüngliche  Form  hervor;  nur  der  zweite  Vocal 
bleibt  zweifelhaft.  Identisch  ist  Marpoegia,  im  Aethicus  Ister  c.  68  Name  der  Amazonenköniginn  (das  alberne  Machwerk 
des  VII.  Jahrliunderts  bat  den  Pseudocallisthenes  in  der  Gestalt  ß  benutzt). 

•  Auch  Ann.  hat  da  .Hector,  Achill  und  den  andern  Heroen'. 
'    125,   8   -'"■•>l  •-  °. 

"  So  ist  wahrscheinlicli  auch  vco^^tsos  43,  3  =  <J>tij)caEu;.  Ich  habe  mich  vergeblich  bemüht,  die  syrischen  Namen  der  olym- 
pischen Kämpfer  1,  19  auf  die  griechischen  zu  reducieren,  während  die  Namen  in  Arm.  fast  genau  wie  in  A  sind.  Die 
Verwirmng  ist  dort  zu  gross.  Ein  und  derselbe  Name  hat  ganz  verschiedene  Formen.  Gewiss  war  hier  schon  die  Vorlage 
des  Syrer»  stark  entstellt,  und  die  Ab.schreiber  Laben  ein  Uebriges  gethan.  Nicht  immer  liegt  die  Sache  so  bequem  wie 
bei  >gQ4,  »Tf?^  44,  2.  46,  6;  jaOA^vHa  42,  12.  44,  6;  ^a^äis  43,8;  .  m.  r  ffTC  47,  4;  .  wn.^mm-,  42,  12,  alles  =  SavOio«. 
Das«  er  aus  einem  Bokötio;  zu  einem  Uithyner  wird,  kann  nidit  befremden;  dies  Land  kannten  die  christlichen  Abschreiber 
au»  der  Bibel.  So  haben  sie  denn  auch  einigemal  für  N'./.o[j.ayo?  den  biblischen  Namen  Nixoärjjio;  und  für  einen  andern,  nicht 
»icher  zu  stellenden,  TtpLoOsoj  gesetzt.  Ebenso  sind  die  4>i>.i;ctooioi  42,  12.  118  ult.  für  IhXosovvr^aioi,  205  für  MiX^jOioi  durch 
biblische  Reminiscenz  eingetreten 


Bbiteäge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  15 

Und  da  im  Pehlewi  (im  In-  und  Auslaut)  zuweilen  ein  k  stand,  wo  man  später  ein  g 
sprach,  so  hat  man  bei  fremden  Namen  auch  wohl  umgekehrt  k  statt  g  geschrieben,  indem 
man  annahm,  dass  k  überhaupt  für  g  gesetzt  werden  könne.  So  erklären  sich  \^o^  95,  12 
^pofia,  das  freilich  durch  das  daneben  stehende  V'^orsus  Bsßpoxia  beeinflusst  sein  könnte; 
r^r^  120,  15;  hoXDioji  119,  8  KovT^ystpoc ;  ^0.1^0^.^]  134,  5  ETpdYY»^^;  -^»0.3  131,  5  napaaapyäc- 

Viel  öfter  steht  z,  das  sonst  dem  d-  entspricht,  für  ^  ^=  x;  das  Pehlewi  hat  nur  einen 
Buchstaben  für  beide.  So  .tn.sz)  50,  1  "AxtaXoc;  ba:i]Zf&  Kpdtspoc  249,  1 ;  gao-iiQ^i^^^z  251,  3 
TX7jTcöXs|Ji05;  V'-^ils  65  paen.  (Daptxtöa;  aooiOßi  75  ult.  Apdxovcoc;  v^]öL.aai»i  60,  14 'Ajxcp'.xt'jovsi;' 
a5o]2.Ji  63,  9  [öspfJioi-jSovtoc;  ^oai^^^oj^  109  lüt.  {[xavcöjjiayo? ;  .o^^aiD  187,  2  Ma/Y^ry^v  und  noch 
einige.  Umgekelirt  w^  (z)  für  ^  (ß-)  in  ^  90  ult.  {Wjp;  )za^^ri  öpaauA-sovra  187,  2;  aa*^^ 
193,  13;  u»caaff^-iÄ  198,  2  Bopuaä-sVTjc;  ^04^^^  242,  6  Ikti^cov.  Und  einigemal  steht  auch  z 
oder  ^  für  5,  weil  man  im  Pehlewi  nicht  selten  ein  in-  oder  auslautendes  altes  t  später  wie 
d  (oder  dh)  sprach  und  deshalb  in  fremden  Namen  das  eigentlich  für  t  geltende  Zeichen 
gern  für  d  verwandte.  So  uaa^iiO.-iiV  127,  6  'AXxcßtd^'rjc;  ■^^a^^^i-i  109  ult.  'AXx£t5-^c;  ^i^ic 
V^^li  39  paen.  ==  rex  Arideorum  1,  18  (Leo)^  —  ^h.-ji^->,  ^o]i^:£u-)  u.  s.  w.  117  flf.  A7j[j.doYjc; 
^o^i-iiß  241  £  Mt^öiov;  ^z^io^^   74,  6  und  „-^ioi^^  74,  9  (lies  beidemal  ^*L.ia»j£)  KXcOJJlt^St^v. 

So  wenig  bei  der  grossen  Entstellung  der  Namen  auf  einzelne  Fälle  zu  geben  ist,  die 
Menge  tlieser  wiederkelu-enden,  im  Griechischen  und  sonst  auch  im  Syrischen  ganz  unj 
gewöhnlichen  Vertauschungen  spricht,  meine  ich,  entschieden  für  eine  Pehlewi -Vorlage. 

Die  Construction  des  Syrischen  stimmt  mit  der  des  unverwandten  Persischen  in  mancher 
Hinsicht  mein*  überein  als  mit  der  des  verwandten  Arabischen.  So  viel  ich  wenigstens  sehe, 
steht  der  Satzbau  des  Syr.  meiner  Annahme  nicht  entgegen.  Persisch  (nicht  griechisch  oder 
arabisch)  ist  die  Anrede  an  eine  vornehme  Person  mit  ,ihr'  90.  151  f  Von  einzlelnen  Aus- 
drücken, die  eine  Ueberset/Aing  aus  dem  Persischen  bekunden,  finde  ich  nur  ^a.  ,Meer'  statt 
,Fluss'  63,  9.  227  paen.  228,  3.  231,  10,  weil  im  Persischen  darjä  sowohl  ,Meer'  als  ,Fhiss'' 
heisst  (wie  allerdings  auch  arabisches  bahr  für  beides  steht),  und  l/ja-i.  ^*mo]i^A.  i-^^o]  w»oiaiis| 
237,  6  ,sie  assen  d.  h.  tranken  den  Wein',  wo  das  persische  ch^ardan,  das  , essen',  aber  auch 
,trinken'  heisst,  ziinächst  durch  jenes  übersetzt,  dann  aber  durch  dieses  erläutert  wird.* 
Persische  Form  zeigt  V'^iJar  (lies  \jJi^f^aw)  204,  5,  10,  11  ,Sogdianer'  =  pers.  Soghdik; 
vergl.  noch  die  beiden  Völkernamen  auf  iqäje  S.  3,   9. 

Hierzu  stmmit  nun  ganz,  dass  unser  Text  mit  der  Geographie  von  Iran  sein*  gut 
Bescheid  weiss.  Er  kennt  nicht  bloss  ,_^w?|  250,  6  Atropatene  mit  dem  Gentilicium  V^w?) 
3,  8;''  ioo  fSoghd'^  mehrmals;  ^us^ica  Samarkand  204,  7.  251,  1.  253,  10;  ^ouo  Balch]  ^oa  die 
,KüSän',  sondern  identificiert  auch  richtig  .^^'a,,^  251,  2  (wovon  3,  9  das  Gentilicium  v»iv'ii«)  mit 
Tpxavta;  ,Margianos'  mit  Merw  208  paen.  und,  wesentlich  richtig,  i(n.üj)  (lies  mit  dem  Heraus- 
geber ?m_»,y£2})  251,2  Abarsahr  -  Nesäpür  mit  llapi3-uata.  Allerdings  konnten  diese  Namen  auch 
wohl  einem  nestorianischen  Syrer  in  alter  Zeit  bekannt  sein.  Vielleicht  selbst  der  Flussname 
wouÄ  (so  lies  204,   14  für  \ob<n^),  den  auch  die  Armenier  als  Vehrot  für  den  Oxus  kennen.' 

'  An  andern  Stellen  anders  geschrieben  oder  vielmelir  verschrieben. 

'   Das  Echte  ist  allerdings  ulb?  'Apsiou  ßocaiXe'j;  'Azajsvivwv. 

'   Dass  das  auch  schon  im  Pehlewt  der  Fall  war,  zeigt  deutlich  Minochired  56,  7,  wo  nur  ,B^lüsse'   passt. 

*   Die  Erklärung  könnte  von  einem  Spätem  herrühren.    Der  Text  enthält  einige  Glossen,   die   zum  Theil    jedenfalls  später 

sind  z.  B.  11  paen. 
^   Den  Vülkernamen  1,  2  (S.  3)  werden  auch  in  Syr.  znm  Theil  andere  substituiert,  doch  sind  mehrere  in  Syr.    ebenso  unklar 

wie  in  den  übrigen  Texten.    Für   ^'ia.^  darf  man  wohl  ^^.050^  ,Türken'   lesen. 
'  Wohl  eine  Dialectforra. 
'   Journ.  as.  1866,  1,  187. 


16  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 

Noch  deutlicher  weist  auf  eine  persische  Vermittlung  hin,  dass  die  Namen  von  Orien- 
talen nicht  bloss  ihrer  gi-iechischen  Endung  verlustig  gehn  wie  ios  Iltöpo^/  sondern  zum 
Theil  geradezu  durch  persische  Namen  ersetzt  werden  wie  für  'P(oi;dvY]  steht  aai»,o^;  für 
'PoSoYOUvr^  (oder 'PoYo5o6vTj)  i^io*^),  i^o^^  144,  6.  150,  10.  151,  14,  worin  das  erste  Element 
unsicher,  das  zweite  sicher  cu^i  , Tochter',  das  in  persischen  Frauennamen  jener  Zeiten 
öfters  vorkommt;  für  'YozäcjTzrfi  (Val.)  oder  TSdanTjc  ^l^^o^  89,  18.  90,  ll;**  für  MtO-ptdSYji; 
j^ai^^l  130,  2.  Einen  gut  persischen  Namen  erhält  noch  der  (uns  aus  keinem  griechischen 
Text  bekannte)  chinesische  Feldlierr  js^a^^  195,  5.  Sehr  merkvi'ürdig  ist  der,  nur  im  Syr. 
vorkonmiende,  Bandenfülu-er  ^q-j^  207  £;*  denn  das  kann  doch  kaum  etwas  anderes  sein, 
als  ein  Ketlox  des  Kiisanischen  Häuptlings  Pariök,  der  ums  Jahr  595  Vasall  des  persischen 
Gegenköuigs  ^^'istaluu  ward;*  selir  lange  nachher  hätte  man  diesen  Namen  wohl  nicht  melir 
behalten. 

Aus  dem  Gebrauch  einzelner  persischer  Wörter  wie  iwriV  oder  ^avsa^  (Codd.  v^pni^) 
224,  13  alviäs  =  äSdixac  ixnd  der  persischen  Planetennamen'*  ist  nicht  viel  zu  schliessen, 
aber  einige  Vem'eisungen  auf  den  persischen  Sprachgebrauch  nöthigen  geradezu,  die  Ueber- 
setzung  aus  einem  persischen  Text  anzunehmen.  Die  Stelle  ,E8elziegen,  die  auf  persisch 
charbuz  heissen'  211,  8  ist  um  so  beweiskräftiger,  als  dies  y,jj  deutlich  erst  einem  griechischen 
JVort  Avie  *öv6':paY0C  nachgebildet  ist.  Ferner  ,vom  (Edelstein)  ^l^^,  der  auf  persisch  ^aj^ 
heisst'*  9,  6;  ,Thiere,  die  Nashörner  heissen  und  auf  persisch  kargadav/'  genannt  werden' 
211  unten;  ,Hector,  den  man  in  der  persischen  Sprache  Soti  (?)  nennt'  95  unten,  wo  ver- 
muthlich  Hector  mit  einem  Helden  der  persischen  Sage  identificiert  war." 

Was  hier  dargelegt,  scheint  mir  die  Annalune,  dass  Syr.  eine  Afterübersetzung  aus  dem 
Persischen  sei,  nothwendig  zu  machen.  Auch  das  litterarische  Verhältniss  der  ara- 
bischen Alexandergeschichten  stimmt  durchaus  hierzu.  Nun  könnte  man  freilich 
dagegen  anfülu-en,  dass  die  Beibehaltung  einiger  griechischer  Wörter  bei  Syr.  nämlich  »dy- 
xsÄ/vOV  24,  15,  (1,  13).  32  £  (1,  17);  dxoußt-ov  51,  6,  12  (1,  21);  §6pu  oder  Sopduov  42,  6 
(1,  18).  100,  14  (1,  46)  den  umnittelbaren  Ursprung  aus  einem  griechischen  Original  er- 
heische. Aber  diese  Wörter,  die  allerdings  auch  für  mich  lange  ein  Hauptgrund  gewesen 
sind,  eine  Pehlewl -Vorlage  abzulehnen,  können  gegenüber  den  zwingenden  Argumenten 
nicht  entscheidend  sein.  Wir  düi'fen  wohl  glauben,  dass  auch  der  persische  Uebersetzer 
gelegentlich  einen  griechischen  Ausdruck  beibehalten  hat,  den  dann  der  Syrer  Avieder  ver- 
wandte;" zum  Theil  kann  hier  auch  der  Zu^fall  spielen. 


'   Andre  130  oben,  freilich  zum  Tlioil  arg  verderbt. 

'   Mau   erwartet   ^.ajsh-^o^  ■  aber  \   wird   vor  ^   in   der  Ausspraelie   doch   zu  j»  geworden  sein. 

•  Dieser  Name  konnte  allerdings  schon  aus  den  Acten  des  Apostels  Thomas  weiteren  syrischen  Kreisen  bekannt  sein. 

*  Für  da«  sinnlose  ptol   ~  v^  207,  0  möchte  ich    ]icil^  Marzhän  als  Titel  des  Parwg  lesen. 
°   Patkanian  im  Joum.  as.  1806,  1,  195  aus  armenisdier  (Quelle. 

*  Auch  pi2?<jC£i  das  die  Lexica  ,Peitsche'  erklären,  das  aber  in  Syr.  für  oopiriov,  oopu  und  Xöyyr,  steht,  sieht  aus,  als  ob  es 
persisch  wäre;  aber  ich  finde  nichts  entsprechendes. 

'   Mit  dem  gleichlautenden  yÄ  ,Molone'  hat  es  natürlich  nichts  zu  thun. 

"   Leider  ist  da«  entstellte  syrische  Wort,  das  für  Xiiyoivo;  steht,  und  das  218,  13  ^iJi*  (=  övjys?)  geschrieben  wird,  uiclit  ins 
Beine  zu  bringen,  da  auch  die  persische  Erklärung  dunkel  bleibt. 

•  Unser  Text  bietet  zwei  verschiedene  Entstellungen  dieses  Wortes;  eine  davon  wird  aus  der  Correctur  eines  späteren  Lesers 
wieder  verderbt  sein.   Oder  gab   der  Uebersetzer  selbst  die  beiden  möglichen  Aussprachen   karkadan   und   kargadan    an? 

'"  G.  HofTmann,  der  im  Uebrigen  wenig  geneigt  ist,  eine  Pehlewi -Vorlage  anzunehmen,  weist  mich  noch  auf  ^^.aJo-^^ü»,  3,  8 
hin,  zu  lesen  ^ .  a  Hr.  <-  a  als  Uebersetzung  von  X<xXu|3£s  B,  da  Wj(iräna(k)  im  Persischen  ,Stahl'  ist.  Die  Form  iühiirän  ist 
aber  auch  von  den  Syrern  angenommen. 

"  Natürlich  ist  von  keinem  Belang,  wenn  sich  solche  griechische  Wörter,  die  im  Syrischen  gar  nicht  selten  sind,  wie  ]'"'\ 
Xoum),  -■"''"'■^.'  y/'V'''«  ""  derselben  Stelle  in  Syr.  wie  im  griechischen  Text  finden. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  17 

So  erklärt  es  sich  leicht,  class  Syr.  so  oft  vom  griechischen  Text  abweicht  und  häufig 
auch  da  schwer  zu  verstehn  ist,  wo  wir  kaum  Abschreibefehler  annehmen  dürfen.  Ein 
schwerlich  besonders  guter  griechischer  Text  war  ins  Pehlewi  übersetzt,  und  der  Syrer 
hatte  dann  die  ^äeldeutigen  Pehlewi -Zeichen  in  seine  Sprache  zu  übertragen:  das  musste 
manches  quid  pro  quo  ergeben! 

Wir  sahen  schon  oben  S.  13,  dass  unser  Text  etwa  in  die  allerletzte  SAsänidenzeit  zu 
setzen  ist;  der  Name  Paridg  (S.  16)  und  anderes  passt  dazu.  Natürlich  gilt  das  zunächst 
vom  Pehlewi- Text.  Aber  es  ist  wenig  wahrscheinlich,  dass  noch  lange  nach  dem  Unter- 
gange des  Sasänidenreichs  ein  Syrer  so  viel  Pehlewi  verstanden  hätte,  um  ein  solches 
Buch  zu  übersetzen.  Vermuthlich  ist  Syr.  nur  wenig  jünger  als  seine  Vorlage  (ähnlich  wie 
das  syrische  Kalilag  wDamnag  sehr  bald  nach  dem  Pehlewi- Text  entstanden  zu  sein 
scheint,  dem  es  folgt).  Jedenfalls  spricht  schon  das  Vorhandensein  von  Syr.  dafür,  dass 
der  Pehlewi -Text  nicht  später  als  ins  VII.  Jahrhundert  zu  setzen  ist. 

Der  reiche  und  nicht  aus  Glossaren  zusammengeraffte  Wortschatz,  über  den  Syr.  ver- 
fügt, deutet  auch  auf  eine  ziemlich  frühe  Zeit.'  Freilich  müssen  wir  einstweilen  noch  mit 
derartigen  Schlüssen  sehr  vorsichtig  sein. 

Gelehrte  Perser  haben  im  VIII.  Jahrhundert  verschiedene  Werke  aus  dem  Pehlewi  ins 
Arabische  übersetzt:  es  lag  ihnen  viel  daran,  die  siegreichen  Araber  mit  ihrer  nationalen 
Litteratur  bekannt  zu  machen.  Aber  für  syrische  Christen,  die  unter  den  Grosskönigen 
wie  unter  den  Chalifen  eine  gleich  bescheidene  Stellung  einnahmen,  in  ähnlicher  Weise  zu 
arbeiten,  konnte  einem  Perser  nicht  in  den  Sinn  kommen.  Nestorianische  Geistliche  per- 
sischer Nationalität  mussten  wohl  etwas  syrisch  lernen,  aber  eine  litterarische  Thätigkeit 
wie  die  Uebersetzung  eines  solchen  profanen  oder  vielmehr  heidnischen  Buchs  ist  bei  ihnen 
nicht  vorauszusetzen.  Also  haben  wir  anzunelimen,  dass  der  Uebersetzer  ein  Syrer  war. 
Und  zwar  ein  Ostsyrer,  denn  nur  auf  dem  Gebiete,  wo  die  Säsäniden  herrschten  oder  vor 
kurzem  geherrscht  hatten,  kann  man  bei  einem  Syrer  die  Kenntniss  des  Persischen  an- 
nehmen, welche  zu  einem  solchen  Werke  nothwendig  war.  Dass  der  Uebersetzer  gerade 
ein  Geistlicher  war,  ^\^e  Budge  meint,  ist  nicht  nothwendig;  die  sein-  wenigen  biblischen 
Anklänge,  die  sich  im  Syr.  zeigen,  würden  auch  bei  einem  Laien  nicht  auffallen.  Ver- 
muthlich war  der  Uebersetzer  ein  Nestorianer. 

In  gewissen  nestorianischen  Kreisen  scheint  das  Buch  viel  gelesen  zu  sein,  denn  die 
Textentstellungen  weisen  darauf  hin,  dass  es  viel  abgeschrieben  ist.  Sonst  fehlen  Zeugnisse 
dafür.  Benutzt  ist  es  in  einer  kleinen  syrischen  Schrift,  über  die  wir  unten  (S.  24  f.)  handeln 
werden.  Von  Späteren  scheint  Barhebraeus  unser  Buch,  aber  wohl  nur  mittelbar,  benutzt  zu 
haben,  da  er  die  Roxane  in  der  syrischen  Chronik  S.  39  wie  dieses  >ni*,o?  nennt,  wälu*end  er  in 
der  arabischen  S.  91  wie  die  arabischen  Schriftsteller  ,>^JJ^}^  hat.^  Auch  dass  er  von  der 
den  Arabern  unbekannten  Vergiftungsgeschichte  weiss  (Chron.  syr.  39;  arab.  96),  deutet  auf 
Bekanntschaft  mit  der  Erzählung  von  Syr.  Ferner  gehn  Stücke  der  äthiopischen  Ueber- 
setzung, deren  Inhalt  uns  Budge  XCI  kurz  angiebt,  durch  Vermittlung  eines  christlichen 
Arabers  auf  Syr.  zurück. 


'   Budge'»  Glossar  bedarf  in  melir  als  einer  Hinsicht  einer  gründlichen  Revision. 

''   IJer  Nestorianer  Salomon  von  Basra  (erste  Hälfte  des  XIH.  Jahrhunderts)  benutzte  einen  andern  syrischen  Text  des  Romans, 
welcher  zum  Zweige  y  gehörte   (S.  145  f.).    Daher  ist  auch  aus  dem  Namen    iwn.^  ■  ^  a.i  Nectanebos  85,  13  nicht  auf  Be- 
nutzung unseres  Buches  zu  schliessen. 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Ol.  XXXVIII.  Bd.  V.  Abh.  3 


jg  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldekb. 

Dass  Syr.  dem  Zweig-e  a  auo^ehört,  hat  man  länjjst  bemerkt.'  Die  Anordnung  im 
Ganzen  ist  die  von  a;  die  griechisclien  Angelegenheiten  stehen  1,  45  —  2,  6,  und  der 
Aristotelesbrief  3,  17  ersetzt  das,  was  ß  und  y  zum  grössten  Theil  an  andern  Stellen  haben. 
Und  so  stinnnt  Syr.  aiicli  sonst  durclig-ängig  zu  a.  Aber  im  Einzelnen  herrscht  hier  eine 
bunte  Mannigfaltigkeit.  Syr.  schliesst  sich  bald  an  A  gegen  Val.,  bald  an  Val.  gegen  A  und 
hat  auch  manchen  Zug,  der  ihm  eig'en  ist  und  doch  alt  sein  kann.  Hätten  wir  den  voll- 
ständigen griechischen  Text,  der  in  Leo  auszüglich  übersetzt  ist,  so  würde  sich  wohl  eine 
ziemlich  starke  Uebereinstimnuing  mit  Syr.  zeigen,  denn  auch  jetzt  geht  Syr.  oft  mit  Leo, 
wie  schon  Ründield  bemerkt,  während  Val.,  dessen  Rhetorik^  und  dessen  Abkürzung  freilich 
manches  verwischt,  mehr  mit  Arm.  übereinzukommen  scheint.  Geradezu  für  die  Verbesserung 
von  A  lässt  sich  Syr.  nur  ausnahmsweise  beiuitzen,  denn  er  übersetzt  nicht  sklavisch,  und 
wie  wir  oben  sahen,  muss  der  Durchgang  dm-chs  Pehlewl  manches  verändert  haben.  Dazu 
konmien  die  F^ntstellungen  der  Abschreiber.  Uebrigens  hat  es  wohl  nie  zwei  griechische 
Handsclu-iften  von  a  gegeben,  die  bis  auf  die  Partikeln  uiul  die  Wortstellung  mit  einander 
übereinstimmten. 

Im  Folgenden  will  ich  nun  eine  Anzahl  characteristischer  Stellen  von  Syr.  mit  Rück- 
sicht auf  den  Text  der  verwandten  Zeugen  A,  Val.,  Leo  und  Arm.  kurz  besprechen;  meine 
Auswahl  ist  allerdings  ziemlich  willkürlich. 

Der  Anfang  der  griechischen  Grundlage  von  Syr.  lautete  etwa  so:^   Ol  aocpcotaTOt,  y^P^ 

Iti'Cjy  NciXov  5ia[A£xp7ja7.[i,£V0'.,  oüpdvou  äarpoll-catav  Sta'j^-rj'ftadjJLSVO'.,  raOra  Trdvta  xapa- 
8£5<t)xaai  tfi  oixou|X£V'(i  sicia-cparcta?  (?)"  dXx-^  ^öyou  %al  lAa^w?)  5uvd[x£t.  <I>aai  ydp  xrX. 
Das  Folgende  weicht  schon  stärker  ab;  für  [JisiV  öv  7^  Al^UTr-coc  e^s-Jisasv  ttJc  totautr^c  ^o- 
vdns(oc  hatte  er  6z  TSAStcf  YV(oa£t  AiyjTcto'J  z<.\):q  f^v. 

1,  1  am  Ende  Svr.  wie  A  ,ein  Hund'  (Leo,  Arm.,  Venez..  ß  ,ein  Löwe';  L  verstümmelt). 

Das  Orakel  am  Schluss  von  1,  3  lautet:  ,Der  gewaltige,  starke  König  von  Aegypten, 
welcher  geflohen  ist,  bringt  nach  einiger  Zeit  einen  andern,  jungen  Herrn,  der  gewaltiger 
und  stärker  ist  als  er,  der  ihn  tödtet  imd  seine  Stelle  raubt,'  in  der  Welt  umherzieht  und 
aHe  Feinde  Aegyptens  eurer  Herrschaft  imterwirft.'  Also  auf  Grund  von  A  umgebildet; 
natürlich  ist  in  A  'J[ilv  zu  lesen.  Entsprechend  hat  Syr.  1,  34,  wo  A  kürzer  ist:  ,Der 
gewaltige,  schlaue,  betagte  König  von  Aegypten,  welcher  geflohen  ist,  bringt'  nach  einiger 
Zeit  einen  jungen  und  starken  König,  der  seine  Stärke  übertrifl^t  und  in  der  ganzen  Welt 
durch  seine  Kraft  umherzieht,  alle  Menschen  den  Aegyptern  dienstbar  macht  und  euch 
Gewalt  und  Kraft  giebt'  (Arm.  ungefähr  wie  B  C). 


'   So  Zacher,  Rlimbeld  und  nun  Budge. 

'   Ich  muss  gffHtehn,  dass  mir  die  gezierte  Sj)rache  des  Val.  viel  weniger  gefällt  als  die  derbe  Incorrectheit  Leo's. 

"   Natürlich  kann  ich  nicht  jedes  Wort  verbürgen.   Genau  genommen,  ergäbe  Syr.  z.  B.  eher  o\  0090!;  aber  ich  halte  mich,  wo 

nicht  dringende  Gründe  dagegen  vorliegen,  an  den  Wortlaut  von  A. 
*   Uie«  wunderliche  ,al»o'  hat  auch  Leo:  Sapieiüiitsimi  namque  Et/iptii. 
'  ,Die  erschütterten'. 
'    Wßrtlich  übersetzt  heisst  Syr.:    ,durch  die  Kraft  der  Worte  der  [Un-]besiegbarkeit'.    Das  ,Un'  (,Nicht')  muss  man  wohl   mit 

Budge  hinzufügen.    Ich  denke,  der  ursprüngliche  Uebersetzer  nahm  ImizpxTdxi  als  ,Heldenmutli'  oder  dgl.  und  construierte, 

als  Htändo  ila  siXx^  Xöyoj  IjciTrpsTitii;.    Doch  bleibt  dies  Wort  recht  unsicher.    Den  Dativ  Trj  otxojjiivr)  geben  alle  Texte   (A  L, 

Arm.,  Syr.)  wieder;  ,dies  alles'  mag  eine  Zuthat  des  Uehersetzers  sein. 
'   Da«  ginge  auf  die  Ermordung  de«  Nectanebos  durch  Alexander;  doch  vermuthlich  ist  zu  lesen  si^  '''■^1?  o<>i.ii  ""''    '■'^ 

überwtzen:  ,der  den  t«dtet,  welcher  seine  Stelle  geraubt  hat'  nämlich  den  Perserkünig.  1,  34  fehlen  diese  Worte. 
"   Zu  lesen  j^v*./^  j2~»io. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  19 

1,  4.  Die  Aufzählung-  von  verschiedenen  Arten  von  Wahrsagern  (S.  7,  4  ff.)  in  Syr. 
ganz  wie  in  A.  Für  ä[jL[JLO[idvTctc^  (A  d.\i\i.rjo^"  •  L  ä.\i.oo\i")  hat  er  einfach  V^5^  ([xdvtEtc); 
dann  wie  A  \i.ä.'(>ji.^  Das  seltsame  äTzpod-izat.,  das  Römheld  und  Andere  in  datpori-c'cat  ver- 
bessert haben,  fehlt  in  Syr.  —  Weiterhin,  im  Beginn  der  Schilderung  des  astrologischen 
Apparats  (Müller  4,  Ann.  3)  übersetzt  Syr.  unrichtig  Aioc  sixöva  statt  Ss^avoüc.' 

1,    10  fehlt  die  Verwandlung  des  Drachen  in  den  Adler   (Val.,  Arm.)   wie  in   A,   Leo. 

Zur  Herstellung  des  astrologischen  Capitels  1,  12  gewährt  Syr.  einige  Hülfe.  So  ent- 
stellt wie  in  A  ist  es  hier  nicht,  aber  sicher  hat  der  Uebersetzer  nicht  alles  verstanden,* 
und  der  blühende  Unsinn,  den  wir  zum  Theil  lesen,  kommt  schwerlich  allein  auf  Rechnung 
der  Abschreiber.    Etwas  hat  er  hier  verkürzt. 

1,  13.  Bucephalus  wird  in  Syr.  von  den  Cappadociern  gebracht  wie  in  A,  Arm.,  Leo; 
in  Val.,  BLC  von  den  eigenen  Pferdehirten.  —  Der  Zusatz  aus  Favorinus  in  Val.,  Arm. 
fehlt  auch  in  Syr. 

1,  14  haben  nur  Syr.  und  Arm.  ein  astrologisches  Gespräch  zwischen  Nectanebos  und 
Olympias. 

1,  16  und  1,  17  haben  in  Syr.  die  Stelle  vertauscht.  In  1,  16  hat  nur  er  auch  für  die 
andern  Königskinder,  die  mit  Alexander  geprtift  werden,  Namen,  aber  sie  sind  zu  sehr  verderbt, 
um  die  griechischen  Formen  sicher  zii  stellen.  —  Ueber  den  Zeuxis*- Briefwechsel  s.  oben  S.  9. 

1,  18  f.  Die  olympische  Wettfahrt  erzählt  Syr.  sehr  weitläufig.  Einiges  von  dem  gegen 
A  Ueberschiessenden  ist  wohl  ursprünglich,  aber  zum  Theil  sind  es  neuere  Zusätze;  so,  dass 
Bucephalus  den  Nicolaus  mit  den  Zähnen  packt,  und  die  Wiederholung  des  Wettlaufs.  Der 
Uebersetzer  musste  auch  hier  wohl  von  einer  Sache  sprechen,  die  ihm  gänzlich  fremd  war. 
Am  Schluss  hat  nur  er  die  Namen  der  vier  Pferde  und  des  Priesters,  deren  walu-e  Form 
aber  wieder  nicht  zu  erkennen  ist,  abgesehen  vom  Bucephalus. 

1,  20  Attalus  ist  in  Syr.,  Val.  Vater  der  Cleopatra,  nicht  Bruder. 

1,  23.  Alexander  antwortet  in  Syr.,  die  Hennen  seien  unfruchtbar  geworden,*^  welche 
die  goldenen  Eier  gelegt  hätten;  so  Leo,  nur  dass  dieser  richtiger  den  Singular  hat.  In  A 
Val.,  Ami.  fehlt  dies  ganz.  In  BLC  ist  daraus  ein  wirklicher  Tribut  von  goldenen  Eiern 
geworden.'  —  Wie  in  ß  lassen  die  Perser  Alexander  in  Syr.  abmalen.  Das  Bild  giebt  bei 
ihm  (1,  36)  Darius  der  Roxane,  die  es  in  hohen  Ehren  hält.  —  Mit  Leo  hat  Syr.  die 
Rebellion  der  Amienier  (am  Schluss  des  Capitels)  und  die  Rückkehr  aus  Armenien  1,   24. 

1,  28  hat  Syr.  die  Folge  der  Ereignisse  wie  A:  Themiodon,  Thracien,  Lucanieu,  Sici- 
lien  (dies  fehlt  in  A,  steht  aber  in  Val.,  Arm.),  Rom  u.  s.  w. 

1,  30.  Bei  Cai-thago  hat  Syr.  mehr  als  die  Aiidern.  Auch  das  erste  Anmion-Orakel 
ist  weit  ausführlicher:  die  eigenthümliche  Vermischung  von  Rationalismus  und  Grötterglauben, 
die  sich  darin  zeigt,  passt  zu  der  ganzen  Art  des  Buches. 


*  So  .Sandwahrsager'  ist  zu  lesen.  Die  Wabrsagerei  aus  dem  Sande  |J-<J\  fjs-,  welche  den  Lesern  von  1001  Nacht  bekannt 
sein  wird,  spielt  noch  heute  im  Orient  eine  Rolle. 

*  Natürlich  ]^ä_io    für  ^aSV'.a  zu  lesen. 

'  Nach  Römheld,  dessen  Annahme,  dass  er  vielleicht  beides:  Aib;  ^'.■/.6■^ol  xa;  oixaio\>i  gelesen  habe,  jedoch  unstatthaft  ist. 

*  Mit  der  einheimischen  Astrologie  scheint  er  allerdings  leidlich  vertraut  gewesen  zu  sein.  Darauf  deutet  der  Gebrauch  der 
alten  a.strononiischen  Namen.  Ich  venveise  z.  B.  auf  A'r.  >  im  Stat.  ab.s.,  den  Eigennamen  der  Sonne  als  Planeten  19  ult.  21, 
6.  26,  7,  der  mir  im  Syrischen  sonst  noch  nicht  begegnet  ist,  aber  im  Mandäischen  (IfaKtP)  oft  vorkommt. 

*  Der  auch  von  Arm.  gegebene  Name  Zsü^i;  ist  in  usoiJ^l  entstellt. 

*  So  übersetzt  Budge  •  av  /•]  hier  mit  Recht  (zum  Adj.  jnl.);  sonst  kenne  ich  diese  Bedeutung  allerdings  nicht.  Ethpaal 
oder  Ettaphal? 

'    So  bei  Firdau.sl;  s.  unten. 

3* 


20  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 

1,  31  vorne.  Die  stark  entstellten  Worte'  scheinen  zu  besagen,  dass  der  Hirsch,  der 
nicht  getroffen  ist,  eine  Strecke  weiter  läuft,  dann  strauchelt  und  stirbt.    Die  Andern  anders. 

1,  31  ff.  Zur  Herstellung  der  Greschichte  von  der  Gründung  Alexandria's  und  dessen, 
was  damit  zusauuneuhängt,  bietet  Syr.  nicht  viel  neues  Material,  wenn  auch  einzelne  Fetzen. 
Im  Ganzen  ist  sein  Text  stark  verkürzt,  wie  leider  selbst  auch  der  von  A.  Arm.  stimmt 
mehr  zu  A  als  Syr. 

1,  33  weicht  Syr.  stark  von  den  Andern  ab.  Er  hat  einen  Brief  des  Aristoteles,  der 
für  Alexandria's  Zukimft  besorgt  ist,  und  einen  diese  Besorgniss  zurückweisenden  Spruch 
der  Walirsager,  aber  die  Verse  werden  nur  ungenau  reflectiert ;  das  Zahlenspiel  fehlt. 

1,  34.  Das  Orakel  ist  in  Syr.  anders  als  in  A,  Val.,  melir  wie  in  BLC,  aber  doch 
ursprüug-licher  als  da.    In  Arm.  wieder  etwas  anders,  aber  auf  derselben  Grundlage. 

1,  34  vorne  hat  Syr.  wie  Leo  Ascalon^  als  Sammelplatz  statt  Tripolis  (A,  Val.,  Arm.). 
Jenes  beruht  wohl  auf  nachträglicher  Correctur,  da  Tripolis  erst  1,  35  am  Ende  erbaut 
wird,    ß  beseitigt  den  Widerspruch  durch  Streichung  1,  34. 

Grosse  Unordnung  ist  dadurch  in  Syr.  gerathen,  dass  er  die  Sendung  des  Sesams  von 
Darius  an  Alexander  zweimal  hat,  zuerst,  ganz  störend,  neben  der  Sendung  des  Balls  u.  s.  w., 
und  dann  an  der  richtigen  Stelle  1,  40  f.  Es  ist  nicht  ein  einfaches  Schreibversehen,  da 
die  beiden  Berichte  verschiedenen  Wortlaut  haben  und  der  erste  über  mehrere  Capitel 
zerstreut  ist. 

1,  39  vorne  fehlt  in  Syr.  (wie  Leo,  ß)  die  Unterwerfung  von  Syrien  (A,  Val.,  Arm.). 
1,  41.  In  Syr.  und  Leo  (1,  40.  42  am  Ende)  bricht  Alexander  den  Feldzug  gegen  Darius 
ab,  weil  er  hört,  dass  seine  Mutter  erkrankt  sei.  Nachdem  er  allerlei  Kreuz-  und  Querzüge 
gemacht,  hndet  er  sie  dann  wieder  genesen  1,  43  vorne.  Diese  Motivierung  des  Feldzuges 
von  der  A,  Val.,  Arm.  nichts  wissen,  sieht  jünger  aus.^ 

1,  41.  In  Syr.  und  Leo  kämpft  Alexander  in  Arabien  drei  Tage  lang  mit  Amyntas, 
dem  Feldherm  des  Darius.  Darauf,  dass  Darius  einen  Feldherrn  gesandt  habe,  statt  selbst 
zu  kämpfen,  wird  bei  Leo  2,   7  angespielt  (Syr.  fehlt  da).  —  Alle  Andern  anders. 

1,  42  vorne  nennen  Syr.,  Leo,  Val.,  Arm.,  also,  da  in  A  hier  ein  Blatt  fehlt,  alle 
bekannten  Zeugen  des  Zweiges  a  Achaja,  das  Budge  darum  nicht  anfechten  durfte.  Von 
den  Versen  (Skazonten)  des  Val.  (A  fehlt  noch)  hat  Syr.  nichts.  —  Der  in  Syr.  entstellte 
Name  des  Dichters,  welcher  den  Alexander  verherrlichen  will,  war  in  dessen  Urtext  gewiss, 
wie  bei  Leo,  KX£txo(iyj5-r]i;  (A  fehlt  noch). 

1,  45  vorne.  Das  jhu^^]  des  Syr.  unterstützt  das  überlieferte  'AxpayttVicvoö  Agragan- 
tivm  Val.,  ,der  Akragantiner'  Arm.,  (Leo  Tragachantes).  Josippon  cap.  9  (fol.  23  a  der  Ausgabe 
Venedig  1544)  hat  sogar  ausdrücklich  ,Acragacantos  in  Sicilien'.  So  toll  das  ist,  man  wird 
sich  dabei  beruhigen  müssen. 

1,  46.  Das  grosse  metrische  Stück  wird  im  Ganzen  in  Syr.  repräsentiert.  Aber  im 
Einzelnen  fehlt  vieles,  z.  B.  die  ganze  Stelle  'EXdiTjV  opcfC  —  \s.z^\i.'f)^a.Q  Müller  52  a  unten 
—  6,  1  und  alles,  was  sich  auf  die  Sieben  gegen  Theben  bezieht  52  b.  Im  Kleinen  kürzt 
Syr.  vielfach  ab,  wälirend  er  das  allgemein  Menschliche  (wie  die  Bitten)  zum  Theil  etwas 
erweitert.    Einiges  hat  Syr.  mehr,  z.  B.  den  Verweis  auf  die  drei  Götter  Herakles,  Ammon, 


'   68,  9  ist  vor  r,    /-.  wohl  noch  ]'    .)^  einzusetzen,  eb.  ))*~a  un<l  1.  10  ]ZQj»La     '-^  zu  streichen. 

'     Lies     ^InVi^mj 

'   Uer  Feldzuj?  gegen  Darius  ward  ja  in  Wirklichkeit  unterbrochen,  nämlich  durch  den  Zug  nach  Aegypten;  da  Alexander  im 
Koman  aber  von  Italien  nnd  Carthago  her  nach  Aegypten  kommt,  so  musste  der  Abzug  anders  gefasst  werden. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexasderromans.  21 

Dionysos  105  oben.  Ob  die  Erwähnung  des  ,gehörnten  Amnion'  104,  9  ursprünglich,  ist 
die  Frage.  In  der  Antwort  Alexander's  hat  Syr.  den  Schluss  anders,  da  er  sich  wenigstens 
insofern  erweichen  lässt,  dass  er  die .  noch  am  Leben  befindhchen  Thebaner  begnadigt. 
Das  Schhxssstück  ist  stark  verkürzt;  von  Pindar  ist  z.  B.  nicht  die  Rede.  Aber  der  Satz 
aTCOAcv  afJTtov  zrp  TZÖXiv  YSVVYjS'Tjvat  wird  repräsentiert  (109,  2).  Zur  Verbesserung  des 
griechischen  Textes  trägt  Syr.  kaum  bei. 

2,  14.  Die  Namen  am  Ende  wie  A;  aber  zum  Theil  absichtUch  verändert  und  dazu 
entstelh.    (Arm.  mehr  wie  A). 

2,    17.    Nur  im  Syr.  ist  Parmenion's  Rede  mit  Alexander's  confundiert. 

2,  19.  Der  Schluss  ist  in  Syr.  noch  etwas  melir  verkürzt  als  in  A,  nämlich  der 
Ueberläufer  ganz  weggelassen. 

2,  20  am  Schluss:  ,vind  mein  Weib  halte  wie  deine  Schwester'.  Das  spricht  vielleicht 
für  die,  jedenfalls  richtige,  Ansicht  von  Niederführ,^  dass  a6vs|xov  als  a6vat[j.ov  aufzufassen  ist. 

2,  21.  Alexander's  Proclamation  ist  in  Syr.  ziemlich  ausführlich;  doch  wird  der  Un- 
verständlichkeit  von  A  durch  Syr.  kamn  abgeholfen.  Zu  beachten,  dass  die  Religions- 
freiheit noch  etwas  deutlicher  hervorgehoben  wird:  ,und  ich  gebiete  auch,  dass  jedermann 
seine  Lehre,  Religion  und  seine  Gesetze  halte,  seine  Feste  und  Opfer  feiere'  für  ypäaö-at 
irÄc,   ioiot^   £»)-=ai  f.rxi  aavrj\)-ccatc  ^'xt^  ioptalc   xat.  ocavTjYupsat  %ac   sücoytatc  %ai  ßou^üccaic. 

3,  1.  Der  Zusatz  in  A  bei  Syr.  so  wenig  wie  bei  einem  Andern.  Man  sieht  wieder, 
dass  sich  auch  in  A  historische  Notizen  finden,  welche,  der  echten  Geschichte  entsprechend, 
hinzugefügt  sind. 

3,  2.  Im  Brief  des  Porus:  ,zum  dritten  Mal  fordere  ich  dich  auf  zurückzukehren'  Syr., 
Val.,  Leo,  (nicht  A,  Arm.). 

3,  3.  Syr.  lässt  die  glühenden  Statuen  mit  Zangen  auf  eiserne  Wagen  setzen  und 
diese  vorschieben;  die  Wagen  hat  auch  Arm.  —  Den  Text  von  A  irtirrct  5s  xal  ö'AXs^dv- 
Spo'j  iTCTCO?  6  BouxsffaXoc,  Sia/.TjiyS-cic  utto  xoö  IIcopou  hat  sich  Syr.  so  zurecht  gelegt:  ,und 
das  Ross,  das  Bucephalus  hiess  und  auf  dem  Alexander  ritt,  warf  den  Alexander  durch 
Zauberei  des  Porus  ab'.  Den  Tod  des  Pferdes  hat  Syr,  nicht.  Die  Worte  xai  Tja^sVTjac  r^ 
YV(ofjL'(j  bezieht  er  mit  Recht  auf  Alexander,  während  ß  sie,  wie  das  Participium  s^aa^sVT^- 
aac  zeigt,  auf  das  Pferd  gehen  lässt, 

3,  4,    Der  Zusatz  in  A  (Pausanias,  Aornos)  fehlt  auch  in  Syr. 

3,  17.^  Der  Uebergang  vorne,  der  in  A  fehlt,  in  Syr.  (als  Schluss  von  3,  6)  wie  in 
Leo  (eb.)  und  Val.  (3,   17  vorne). 

Der  Brief  an  Aristoteles  ist  in  Syr.  bedeutend  umfangreicher  als  sonst  in  a.  Von 
a  —  h  (nach  Zacher's  Abtheilung)  d,  i.  Müller  1206  —  122  6  (resp.  Val.  unten  123  6)  = 
Syr.  169,  2  —  176,  7  stimmt  Syr.  wesentlich  zu  A  und,  wo  dieser  lückenhaft,  zu  Val., 
wenn  auch  im  Einzelnen  manches  abweicht  und  wenigstens  zum  Theil  zurecht  gemacht 
ist.  Der  Odontotyrannii^  heisst  hier  ,in  der  Sprache  jenes  Landes'  i^o^io ,  wofür  ich  keine 
Erklärung  weiss.  —  Dann  folgt  ein  grosses  Stück  ( —  183,  4),  wovon  nichts  in  A  und 
Val.;    da   aber   das  Meiste    bei   Leo  und  da  ja  Leo   überhaupt  vielfach   verkürzt,    so   steht 


'  Quaestiones  Pseudo-Callistheneae  (Vratislaviae  1869)  ]>.  19. 

*  Wenn  es  auch  zweckmässiger  gewesen  wäre,  dass  Müller  die  Schrift  des  Palladius  als  Anliang,  nicht,  wie  A,  mitten  im  Text 
gegeben  hätte,  so  hätte  sich  doch  auch  Budge,  wie  es  Landgraft'  in  der  Ausgabe  des  Leo  thut,  hier  und  an  andern  Stellen 
ganz  an  die  nun  einmal  feststehende  Bezifferung  der  grundlegenden  MüUer'schen  Ausgabe  halten  sollen.  Es  schadet  ja  nicht, 
wenn  von  3,  6  gleich  auf  3,  17  übergesprungen  wird. 


22  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 

nichts  der  Auiiahine  im  Wege,  dass  das  eiiiuuil  alles  in  a  gestanden  habe,  zumal  es  durch- 
weg in  der  Erzithlung  bei  ß  am  Ende  des  zweiten  Buchs  reflectiei-t  wird.  —  Die  Absätze 
t,  k,  l  bis  zum  Schluss  des  Briefes  stimmen  leidlich  zu  A,  resp.  Val.*  —  Dann  aber  liat 
SvT.  noch  sein-  viel  mehr.  Zunächst  die  Geschichte  von  dem  Drachen,  der  ganze  Rinder 
verschlingt  und  den  Alexander  zwei  mit  Gips,  Pech,  Blei  und  Schwefel  ausgestopfte  Rinder- 
balge verschlucken  lässt  und  dann  mit  glühenden  Kugeln  vollends  umbringt.  Die  Geschichte 
erinnert  ein  wenig  an  den  Drachen,  den  Daniel  durch  Kugeln  aus  Pech,  Talg  und  Haar 
tödtet.  Identisch  ist  sie  mit  der  im  jerus.  Talnuid  Ned.  3,  2:  ,Die  Schlange  des  Königs 
Sapor*  verschlang  Kameele  und  Rinder;'  als  man  sie  zu  tödten  suchte,  füllte  man  einen 
Kameelbalg  mit  Stroh  und  steckte  Kohlen  hinein;  das  verschlang  sie  und  starb.'  Dies 
geschieht  am  Borystheues  193,  13,  vergl.  196,  2.  Dieser,  den  Orientalen  unbekannte,  vom 
ilthiopischen  Text  bestätigte*  Name  giebt  uns  die  Gewälu-,  dass  die  Geschichte  auch  in 
einem  griechischen  Text  gestanden  hat,  und  da  sie  noch  heidnisch  ist  (,Götter'  S.  194),  in 
einem  nicht  all  zu  späten.  Ursprünglich  braucht  sie  darum  noch  nicht  zu  sein.  Zmn 
Borvsthenes  passen  übrigens  die  später  erscheinenden  llpüxavtc  (d.  i.  "Vicavtt;)  3,  27  und 
Tdvais  3,  28  (beide  in  Syr.  231,  10  und  235  paen.  sehr  entstellt).  Dann  zieht  Alexander 
nach  China,  wo  er  Abenteuer  hat,  die  uns  weiter  imten  bei  den  Auszügen  aus  den  ums- 
limischen  Schriftstellern  wieder  vorkommen  werden,  darauf  ins  Land  der  Moschusthiere 
(d.  i.  Tibet)  und  weiter  über  Sogdiana  und  Bactrien  nach  Margiana.  Dass  auch  diese  Stücke 
auf  einen  griechischen  Text  zurückgehn,  ergiebt  sich  aus  den  Tempeln  des  Zeus  und  der 
Rhea,  die  Alexander  in  Bactra,  irad  dem  des  Amnion,  den  er  in  Merw  erbauen  lässt, 
sowie  aus  der  Fonn  Mapytavöc  208,   17.* 

3,  18  ff.  Die  Candace- Geschichte  stinmit  im  Ganzen  zu  den  übrigen  Texten."  —  Der 
Name  des  jüngsten  Sohnes  ist  wie  bei  Leo  Carator  '■>oz\^  (Val.  Charogos^  Arm.  Karogos; 
Venez.  ötöc;  zu  jenem  scheint  jnDin  bei  Josippon  zu  stinnnen,  das  in  Jljns  zu  verbessern 
sein  dürfte.    In  A  fehlt  der  Name). 

3,  24.  Die  Sesonchosis- Stelle  ist  zum  Theil  vollständiger  als  in  A.  Der  Name  Serapis 
in  Syr.  wie  in  Val.,  Arm.,  Leo. 

3,  27  ist  im  Ganzen  und  Grossen  wie  Val.,  während  A  mehrfach  abweicht  und  namentlich 
den  Brief  des  Aristoteles  nicht  hat. 

3,  28  ist  in  Syr.  vollständiger  als  in  A.  In  dem  Königspalaste  sieht  Alexander  die 
Statue  eines  griechischen'  Orakelgottes.  Die  Taube  (kürzer  besclu-ieben)  erklärt  das  Orakel. 
Er  findet  dann  im  Palast  von  Susa  grosse  silberne  Kugeln,  welche  je  360  Maass  Wein 
fassen  und  von  aixssen  mit  Bildwerken  geschmückt  sind  (die  beschrieben  werden),  und 
ausserdem  einen  sehr  grossen  Becher,  auf  dem  die  Seeschlacht  des  Chosrau  (Xerxes)  gegen 


'    Auch  in  Ann.  scheint  der  ürief  hier  «ufziihßron. 

'   Da  vorlior  von  Jnlianug  und  seinem  lleereszuge  die  Kode,  sd  ist  Sapor  II  (3Ü'J  —  379)  gemeint. 

»   Für  nn-p  lies  Onps.   Levy  s.  v.   ybnt  hat  l^^-np  carrucas. 

*  S.  Budge'«  Uetjersiicht  CHI.  Auch  die  folgenden  Abenteuer  sind  zum  Theil  in  die.ser  ausdrücklich  erwähnt  als  im  äthiopi- 
schen Text  vorkommend. 

'  Sollte  in  der  Zuriicklassmig  von  500  griecliischen  Soldaten  in  Hactra  206  f.  eine  Erinnerung  an  das  von  griechischen  Sol- 
daten gegriin<lete  bactrische  Reich  liegen  ? 

'  Obwohl  Candace  eine  würdige  Matrone  mit  verlieiratlieten  Sühnen  i.st,  die  zu  Alexander  eine  mütterliche  Stellung  einnimmt, 
W)  haben  doch  drei  von  einander  visUig  unabhängige  Erzähler  dem  Kitzel  nicht  widerstehen  künnen,  die  Beiden  in  ge- 
schlechtliche Beziehung  zn  bringen,  Malalas  1,  248,  der  Aethiope  (wohl  nach  seiner  arabischen  Quelle)  und  Lamprecht 
342  f.  (vermuthlich  nach  seiner  franzHsi.tchen  Vorlage,  während  Leo  davon  nicdit»  hat). 

'    Vergl.  ad  itpeciem  ijraeci  operiit  Val. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Albxandbrromans.  23 

die  Griechen  abgebildet  ist.  Die  Andern  ziehen  dies  zusammen.  Vielleicht  ist  hieraus  die 
Verdopplung  der  Erzählung  in  BLC  entstanden.  Wichtig  ist,  dass  Syr.  so  wenig  wie  A  und 
Val.  etwas  von  Nysa^  und  dem  bacchischen  Apparat  hat,  die  in  BLC  auf"  wunderliche 
Weise  hier  eingefügt  sind. 

3,  30  hat  Syr.  am  Schluss:  ,Deshalb  sagte  er  von  sich  seilest,  dass  er  der  dritte 
Sterbliche*  sei,  (der  in  die  Gemeinschaft  der  Götter  eintreten  müsse),  weil  sie  (Herakles 
und  Dionysos)  nicht  solchen  Ruhm  erworben,  sich  so  ausgezeichnet  und  solche  Heldenthaten 
vollbracht  hätten  wie  Alexander.'  Bei  A  ist  also  tpiTOV  Ss  xai  saüTOV  zu  lesen.  (Val.,  Arm. 
haben  anders.) 

3,  31  f.  Die  Vergiftung  und  was  damit  zusammenhängt  in  Syr.  im  Wesentlichen  wie 
in  A.  Der  in  unsern  griechischen  Texten  fehlende  Zug,  dass  Alexander,  nachdem  er  das 
Gift  genommen  hat,  durch  eine  Fedfer,  die  er  sich  in  den  Schlund  steckt,  Brechreiz  zu 
be\N'irken  sucht,  wie  er  zu  thun  pflegte,  wenn  er  zu  viel  getrvmken,  ist  in  Syr.  wie  in 
Arm.,  Leo.  Dass  er  sich  in  den  Euplirat  stürzen  will  und  der  Vertrag  zwischen  Perdiccas 
imd  Ptolemäus  in  A,  Arm.,  Syr.,  Leo. 

3,  32.  Am  Scliluss  hat  Syr.  mehr  als  die  Andern.  Die  Rede  des  Macedoniers  ist  aus- 
führlicher, und  dazu  kommt  eine,  in  Leo  abgekürzte,  Antwort  Alexander's. 

3,  33.  Dem  Testament,  das  (wie  in  Arm.)  an  Ammon  und  Olympias  gerichtet  ist, 
gehn  in  Syr.  einige  Trostworte  voran  (die  aber  von  dem  Trostbrief  in  L  durchaus  ver- 
schieden sind).  Der  Text  stimmt  nm-  einigermassen  zu  A.  Alles,  was  sich  auf  Rhodus 
bezieht,  ist  entfernt,  mit  Ausnahme  der  Bestimmung,  dass  Olympias  in  Rhodus  wohnen  soll. 
Dafür  hat  Syr.  eine  km*ze  Ermahnung  an  die  Macedonier  und  Griechen,  die  Tempel  und 
den  Palast  in  Stand  zu  halten.  Das  Testament  soll  im  Ammonstempel  verwahrt  werden. 
Manches  fehlt,  aber  hie  und  da  ist  Syr.  ausführlicher,  und  das  Mehr  ist  wenigstens  zum 
Theil  urspninglich.  Der  Schluss  ist:  ,Und  ich  gebiete,  einige'  von  den  Zeltbewohnern 
Dosin  (?  ?)  zu  bringen  und  sie  Beisassen  von  Alexandria  zu  nennen.  Meine  Leiche  aber 
soll  man,  wie  ich  oben  gesagt  habe,  in  einen  goldenen  Sarg  legen  und  auf  einen  Wagen 
heben,  den  16  zahme  Maulthiere  ziehen  sollen.  Das  Heer  der  Macedonier  soll  mit  Ptole- 
mäus und  den  Heeresobersten  (die  Leiche)  bewachen  und  fortfülu-en,  und  man  soll  ihnen 
zu  den  Kosten  des  Weges  aus  dem  königlichen  Besitz  1000  Talente  Gold  geben  und 
1600  Maulthiere,  den  Wagen  (abwechselnd)  zii  ziehen.'  Oben  war  gesagt,  die  Leiche  solle 
in  einen  goldenen  Sarg  gelegt  werden,  der  mit  weissem,  nicht  aufgelöstem  Honig  gefüllt 
sei;  so  auch  Leo. 

Im  Syrer  folgt  auf  den  Text,  was  Val.  32.  33^  vor  demselben  hat  =  34  BL.  Bei  Leo 
das  Testament  nocli  früher,  aber  ein  Stück  davon  erst  nachher  S.  135:  Tunc  direxit  etc. 
=  Syr.  250. 

3,  34.  Ueber  die  Zahlen  brauche  ich  zu  dem,  was  ich  oben  S.  8  gesagt  habe,  nichts 
weiter  hinzuzufügen. 

Die  Liste  der  Alexander -Städte,  von  denen  es  heisst,  dass  sie  theils  noch  blühen, 
theils  verödet  seien  (während  der  ursprüngliche  Text  sie  alle  als  noch  blühend  hinstellt) 
hat  in  Syr.  gegenüber  der  oben  S.  8  f.  gegebenen  Gestalt  einige  Veränderungen  erfahren.    Dass 


'  Da»  steckt  in  AJa((j)ou  Xi^i^^t.  —  Ver;,'!.  Arriaii  5,  2;  .Instin  12,  7,  C  und  8  u.  s.  w. 

*  Wahrscheinlich  ist  nämlich  )  -•^■vn    zu  lesen  statt  ]ä  .»^   ,Gestorbene'. 

3  Lies  ^.»1] 

■*  Die  Bezifferung  ist  bei  Müller  hier  mehrfach  verdruckt. 


24  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldbke. 

Syr.  13  statt  12  Städte  neunt,  mag  ursprünglich  sein,  denn  auch  A  hat  die  Zahl  13.  Die 
Keilieufolge  stimmt  in  Syr.  mit  A  überein,  natürlich  abgesehen  von  den  vier  in  A  fehlen- 
den. —  Für  "^  xat  ^laaov  las,  wie  wir  sahen,  Syr.  schon  ij  xpattaxYj,  was  er  mit  )M"-'^' 
wiedergegeben  hat.  Der  Zusatz  Vr=^-^  osaso^r  (fehlt  bei  Lag.)  ist  gewiss  von  der  andern 
Stadt  icpö;  "Opira?  ^  TCpöc  "Opstrac  talschlich  liierher  getragen. 

Für  ,Alexandria  am  Tigris'  hat  Syr.  ,Alexandria  am  grossen  Meer';  hier  ist  ,Meer' 
falsche  Uebersetzung  von  pers.  darjä  ,Fluss'  (s.  oben  S.  15).  Für  ,Alexandria  in  Troas', 
bei  den  Massageten'  und  ,am  Xanthus'  werden  die  grossen  orientalischen  Städte  Samarkand, 
Balch,  Merw  gesetzt.  Dazu  kommt  noch  ,Alexandria  jenseits  der  Ströme  im  Lande  der 
Inder.'  Wie  A  hat  die  Liste  bei  Lag.  auch  ,Alexandria  der  Perser';  in  den  Handschriften 
von  Svr.  ist  das  in  ,das  grosse  Alexandria'  entstellt;  diese  wichtigste  Stadt  ist  aber  am 
Schluss  als  ,(da8  grosse)*  Alexandria  in  Aegypten'  aufgeführt. 

Das  Todesdatum  hat  Syr.  nicht.  Den  rätliselhaften  Namen  des  Tages  VsO|i.a/iav  BC, 
Vsö(JiaYa  L  (A  fehlt),  Nuirads  Ai-m.  giebt  Syr.  mit  ,Jünglingstödter'  pn^^i^  \4.ii  wieder. 


Lagarde's  Alexander. 

In  Lagarde's  Analecta  syriaca  205  ff.  steht  eine  kurze  Lebensbeschreibung  (uoa*£)  ßtoc) 
Alexander's  nach  einer  Handsclirift  aus  dem  VUI.  oder  dem  Anfang  des  IX.  Jahrhunderts.' 
Es  ist  ein  ganz  kurzer,  •  aber  sorgfältiger  Auszug  des  Romans.  Die  erste  Hälfte  folgt  einem 
Text  des  Zweiges  ß  oder  y.  Griecheuland's  Unterwerfimg  geschieht  gleich  nach  der  Thron- 
besteigung. Der  Zug  über  Medien,  die  caspischen  Thore  und  durch  alle  Länder  der  sky- 
thischen  Völker  im  Norden  entspricht  den  (aus  dem  Aristotelesbrief  stammenden)  Aben- 
teuern in  BLC.  Die  Form  der  Eigennamen  ist  von  der  in  Syr.  verschieden:  ^amao^  genau 
nach  '  Pco^dv"/;  (nicht  ujJu,oi);  wro^os  ÜÄpoc  (nicht  ios).  Die  starke  Anwendung  von  Vocalbuch- 
staben  in  den  Namen  me  in  oooopV^Äj  NsxxavaßaJc  und  der  Ausdruck  ^^x^  ^"-°  205,  29. 
206,  7  ,er  that  itsiaai'  deuten  mit  ziemlicher  Sicherheit  auf  einen  Monophy siten ;  beides 
entspricht  jacobitischem  Brauch,  wälirend  die  Nestorianer  in  älterer  Zeit,  so  ^'iel  wir  wissen, 
weder  das  Streben,  die  griechischen  Vocale  so  genau  nachzubilden,  noch  die  Verbindung 
von  ,Ä-  und  Jon  mit  griechischen  Aorist -Infinitiven  kennen.  Aber  ob  unser  Verfasser  einen 
griechischen  Text  oder  einen  syrischen  vor  sich  hatte,  können  wir  nicht  sicher  sagen, 
wenn  auch  letzteres  wahrscheinlicher  ist.*  Der  Wunsch,  die  griechische  Aussprache  durch 
zalilreiche  Vocalbuchstaben  genau  auszudrücken,  war  ihm  selbst  eigen,  denn  er  setzt  solche 
auch    in    die   Formen    ein,    die    er    aus    Syr.    genonmien    hat;    z.  B.  in    ^.Nfiq^r^    lIa[JL'fuXia; 

Aber  beim  Aristotelesbrief  tritt  enge  Beziehung  zu  Syr.  ein.  Die  Chinesen  werden 
zwar  .^^    nicht  ^^  wie   in    Syr.,    imd    y^-;"   StjpSi;    genannt;    letzterer  Name    wird    durch 


'   Die  Codd.    )i.»aLi»Lc,  aber  Lagarde's  Text  (Anal.  syr.  207)  richtig. 

'  .So  hier  Lagarde's  Text. 

'   Wright,  C'atal.  976.  984.   Budj,'c  giebt  aiu^h  davoti  eine  englisclie  Ueltersetzung. 

*  Vielleicht  war  das  die  Uebersetzung,  welche  auch  von  Pseudo- Ephraim  (gegen  640)  und  von  Salomo  von  Basra  (XIII.  .lahr- 
hundert)  benutzt  igt;  s.  unten. 

*  Denkbar  wäre  immerhin,  das»  schon  ein  Früherer  den  Defect  der  aus  ß  oder  y  .stammeiulen  Uebersetzung  durch  den  letzten 
Theil  von  Syr.  ergänzt,  darin  aber  die  weitläufige  .Schroil)ting  der  Namen  durchgeführt  hätte. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromaks.  25 

das  persische  ^^Lx--*X-va^  T^-2ii-»4'  glossiert.  Aber  von  da  an  schliesst  er  sich  auch  in  den 
Wortformen  genau  au  Syr.,  sodass  eine  andere  Annalune,  als  directe  Benutzung  desselben 
ausgeschlossen  ist.  Vergl.  ^oo  (Küsän)  für  Bactra,  die  Form  ^aoau^  für  IlcpSiy.xas,  jaüoo^l 
=  .wtMi.^j  Syr.  250,  3  für  E'J[J.cVf^^  und  sogar  das  seltsame  hi^rtsn  für  MeXEaypoc  =  Syr. 
250,  4.  Der  im  ersten  Theil  ^o^os  genannte  König  heisst  im  Testament  Avie  in  Syr.  ios. 
Das  Testament,  die  Zahlen  und  die  Städteliste  stimmen  in  Inhalt  und  Form  bei  Beiden 
genau  überein.  Die  Lesart  der  Codd.  von  Syr.  ist  an  einigen  Stellen  nach  Lag.  zu  ver- 
bessern; so  ist  249,  17  nach  Lag.  ,o«  ^a^iam:^«  zu  lesen.  Auf  der  andern  Seite  hat  auch 
Lag.  zum  Theil  schlechte  Fonnen,  z.  B.  ;->.;. '^f^  für  ^^iaio.  Auf  alle  Fälle  ist  Lag.  ein 
Avichtiger  Zeuge  für  das  Alter  und  den  Gebrauch  des  Syr. 

Ueber  die  angeblich  jüdischen  Einflüsse  auf  den  Alexanderroman. 

Im  Pseudocallisthenes,  namentlich  in  BLC  kommen  einige  Geschichten  vor,  welche  sich 
ähnlich  auch  in  alten  jüdischen  Schriften  finden.  In  Folge  dessen  hat  man  jene  als  jüdische 
Eindringlinge  angesehen,  meines  Erachtens  aber  ganz  mit  Unrecht.  Die  jüdische  Aggada 
enthält  bekanntlich  ganz  heterogene  Bestandtheile ;  eine  Anecdote  in  Talmud  oder  Midrasch 
braucht  durchaus  noch  nicht  jüdischen  Urspnings  zu  sein. 

Dass  das  Stück  von  den  Gymnosophisten  im  Roman  und  das  im  Talmud  von  einander 
unabhängig  sind,  haben  wir  schon  oben  gesehen  (S.  7,  Anm.  1). 

Das  jetzt  nur  in  Syr.  vorkoimiiende,  einst  aber  auch  griechisch  vorliandene  Abenteuer 
Alexander's  mit  dem  Drachen  wird,  wie  wr  sahen,  im  Jenischalmi  von  Sapor  II.  erzählt 
(S.  22).  Die  syrische  Erzählung  ist  viel  vollständiger,  der  heidnische  Character  macht  die 
Entlehnung  aus  einer  jüdischen  Quelle  fast  undenkbar,  die  Geschichte  hat  nichts  specifisch 
jüdisches,  und  endlich  eignet  sie  sich  für  den  Märchenkönig,  zu  dem  Alexander  nun  einmal 
geworden  ist,  Aveit  besser  als  für  Sapor. 

Viel  bedeutsamer  ist  die  tiefsinnige  Geschichte  von  der  Fahrt  Alexander's  durch  die 
Finstemiss  nach  der  Quelle  des  Lebens  2,  39  ff.  ß  y.^  Wir  wollen  uns  nicht  auf  Unter- 
suchungen über  die  Vorstellung  vom  Lebensquell  einlassen;  jedenfalls  sind  hier  sehr  alte 
Züge  benutzt.*  Schon  der  syrische  Dichter  Jacob  von  Sarug  (f  521)  hat  diese  Erzählung 
in  seiner  Homilie  über  Alexander,  auf  die  wir  unten  (S.  30  f.)  zurückkommen.  Noch  älter  ist 
wohl  die  Stelle  hu  Talmud  Tamid  32  a 6,  vergl.  Lev.  r.  27  6;  Pesiqta  74a 6,  avo  einerseits  von 
der  Wanderung  dm'ch  die  Finsterniss,  andererseits  von  dem  gesalzenen  Fisch  die  Rede  ist,  der 
iu  jener  Quelle  Avieder  lebendig  wird.*  In  ß  ist  nun  aber  die  Geschichte,  obAvohl  deutlich 
spät  überarbeitet,  doch  noch  ganz  heidnisch;  der  Koch  Alexander's  uud  seine  Tochter, 
denen  es  geglückt  ist,  vom  Lebens\A'asser  zu  trinken,  gelangen  doch  nicht  zu  Avirklichem 
Heil,  sondern  Averden  zu  Seedämonen.  Das  weist  AAahrlich  nicht  auf  jüdischen  oder  christ- 
lichen  Ursprung.    Dazu   sind   die   Züge  in  der  jüdischen   Darstellung  unzusammenhängend 

'   Die  genaue  Darstellung  des  Lautes  g  durch  tPB  so  noch  in  pN3HPB  LOw,  Pflanzennamen  53  Anm.;  "^q  ^  ^  J>^  Moesinger, 

Mon.  syr.  2,  68,  5.  Vergl.  meine  mandäische  Grammatik  S.  2.    j  dafür  s.  Low  a.  a.  O.  "nnSB  =   .l.f.a«.;   Fleischer  zu  Levy's 

Lex.  2,  210Ä  xp-ixa  =   »J^. 
''   In  die  Erzählung  ist  (2,  40  vorne)  ein  fremdes  Stück  eingesprengt:   das  von  den  Vögeln,   die  Alexander  vorhalten,    dass  er 

das  Land  der  GfStter  betrete.    Dies  ist  aus  dem  Aristotelesbrief,  s.  Syr.  180,  14  ff. 
"   Die  Wanderung  durch  die  vollständige  Finstemi.ss  hat  sich  wohl  aus  Stellen  wie  3,  27.  3,  28  vorne  entwickelt. 
*   Das  goldene  Brot  «lürfte  aus  den  iu  der  Finsterniss  gefundenen  Schätzen  entstanden  sein   unter  Einwirkung  der  Erzählung 

von  Midas.   —    Mit  dem   gesalzenen  Fisch  vergl.  die  eingesalzenen  Vögel,   welche   durch   einen  Edelstein  wieder  lebendig 

werden,  ebenso  wie  die  Schlange,  der  der  Kopf  abgebissen  war  Baba  b.  74  A. 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Ol.    XXXVIII.  Bd.    V.  Abh.  4 


2$  V.  Abhandlung:  Tn.  Nöldeke. 

und  zum  Theil  verstümmelt,  so  dass  nur  der  sie  redit  verstehn  kann,  welcher  die  voll- 
ständige Geschichte  kennt,  fast  schon  wie  die  abgerissenen  Worte  über  den  (durchs  Lebens- 
wasser ^vieder  lebendig  werdenden,  gesalzenen)  Fisch  im  Koran  18,  62. 

Uebrigens  stinunen  die  einzelnen  Züge  im  Talmud  nicht  genau  zu  einander:  während 
einerseits,  nach  der  geAvöhulichen  Darstellung,  die  Reitthiere,  die  ihre  draussen  gelassenen 
Jungen  suchen,  Alexander  aus  der  P'insteruiss  hinausleiten,  dient  dazu  andererseits  ein 
Ariadnefaden.    —  Diese  Geschichte  ist  später  verdientermaassen  viel  benutzt. 

Die  Erzählung,  wie  sich  Alexander  in  einem  Kasten  durch  vier  hungrige  Adler,  die  ein 
auf  einer  Stange  über  ihnen  befestigtes  Stück  F'leisch  erhaschen  wollen,  in  die  höchste 
Höhe  tragen  lasst,  wo  ihm  die  Erde  wie  eine  Tenne,  der  sie  umgebende  Ocean  wie  eine 
Sclilange  erscheint  (2,  41  LC  und  merkwürdigerweise  auch  Leo  S.  131';  fehlt  aber  B  und 
wie  es  scheint,  Venez.)  kommt  auch  Jerus.  Ab.  z.  3,  1  vor;  vergl.  Nuni.  r.  c.  13  (nach  der 
Mitte);  kurz  erwähnt  Pirqe  Eliezer  c.  11.  Da  heisst  es,  Alexander  habe  aus  der  Höhe  die 
Welt  wie  einen  Ball  und  das  Meer  wie  eine  flache  Schüssel  gesehen.  Daraus  erhellt,  dass 
die  Geschichte  erst  aus  dem  Roman  genommen  ist.  Die  Vergleichung  der  Welt  mit  einem 
Ball,  um  die  sich  in  der  Talmudstelle  alles  dreht,  ist  eben  für  Pseudocallisthenes  wichtig, 
8.  1,  39  (so  1,  11  das  Ei  als  Bild  der  Welt).  Wie  eine  solche  Geschichte  jüdische  Erfindung 
sein  sollte,  ist  überhaupt  nicht  wohl  abzusehen. 

Auf  orientalischen  Ursprung  dieser  Geschichte  darf  man  nicht  etwa  deshalb  schliessen, 
weil  sie  auch  von  dem,  durch  den  Teufel  verführten,  persischen  mythischen  König  Kai 
Käos  erzählt  wird  (Dinawari  15;  Firdausi  1,  411  f.;  s.  Mohl's  französische  Uebersetzung, 
Separatausgabe  2,  32  f.).  Ursprünglich  lässt  sich  dieser  Fürst  nämlich  durch  Dämonen  eine 
Stadt*  bauen,  die  zwischen  Hinmiel  und  Erde  schweben  kann  Tabari  1,  602;  vergl.  Hamza 
35.    Erst  durch  Einfluss  der  Alexandergeschichte  ist  das  in  den  Flug  abgeändert. 

Alexander's  Fahrt  in  die  Meerestiefe  2,  38  ß  und  wieder  auch  Leo  S.  131'^  ist  gewisser- 
maassen  das  Complement  zu  dem  Flug  in  die  Höhe.  Pirqe  Eliezer  c.  11  schreibt  sie  kurz 
dem  Alexander  zu;  dagegen  wird  sie  im  Midrasch  zu  Psalm  93,  4  von  Hadrian  erzählt, 
während  sie  durcliaus  zum  Alexander  des  Romans  passt,  der  nach  allen  Richtungen  bis  zu 
den  äussersten  Gränzen  vordringt. 

Vom  Bau  des  Thors  oder  Walls  gegen  die  wilden  Völker'  wissen  die  rabbinischen 
Quellen  nichts.  Dagegen  zeigen  sie,  namentlich  die  Hauptstelle  Tamid  31  6  ganz  unten  — 
32  6,  wo  alles  mögliche  zusauunengestellt  ist,  das  sich  auf  Alexander  bezieht,  zum  Theil 
directe  Abhängigkeit  vom  Koman,  sogar  in  der  Anordnung  der  Geschicliten.  Die  Weiber, 
gegen  welche  Alexander  kämpfen  will,  sagen  wie  die  Amazonen  3,  25:  ,Wenn  du  uns 
tödtest,  sagt  man:  „er  hat  Weiber  getödtet";  wenn  wir  dich  tödten,  sagt  man:  „das  ist  der 
König,  den  die  Weiber  getödtet  haben".'  In  unklarer  Weise  Avird  die  , Stadt  der  Weiber'  mit 
,der  Stadt  Africa'  (=  Carthago)  identificiert;''  man  sieht,  dass  diese  Dinge  auf  mündlichem, 
nicht  auf  schriftlichem  Wege  zu  den  Rabbinen  gekommen  sind. 

Der  Process  der  Israeliten  gegen  die  Ansprüche  der  Africaner,  der  Abkömmlinge 
Canaans    (also   der  Punier),  vor  Alexander  Sanh.  91  a;     Genes,  r.    61   knüpft    wohl    an    die 


'  Josippon  c.  13  weist  kurz  ilaranf  hin. 

'  Es  ist  die  mytlÜBche  Stadt  Kaiiydiz,  s.  Taliari  a.  a.  O. 

•  Vergl.  Aethicns  Ifttricu«  c.  .36  (p.  23  Wiittke).  —  Josippon  c.  13  weist  auch  hierauf  kurz  hin. 

*  8.  den  folgenden  Abschnitt. 

'  Levit.  r.  27  vorne  wird  ,die  Weiberstadt  Carthago'  von  ,der  Stadt  Africa'  unterschieden. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Albxanderromans.  27 

Verhaudliiugeu  der  Cartliager  mit  Alexander  hinsichtlich  ilu'es  Verhältnisses  zu  den  Römern 
1,  30  an/ 

Die  vorne  im  Aristotelesbriefe  vorkommende  Geschichte  von  dem  für  eine  Insel  ge- 
haltenen grossen  Seethiere  findet  sich  auch  Baba  b.  73  b.  Sie  steht  aber  schon  in  früheren 
griechischen  Werken;  für  uns  ist  die  älteste  Stelle  wohl  Physiologus  (Pitra)  19.^ 

Auf  die  sonstigen  Alexanderanecdoten  in  den  rabbinischen  Quellen  brauchen  wir  hier 
nicht  einzugelm,  da  sie  keine  nähere  Berührung  mit  den  älteren  Gestalten  des  Pseudo- 
callisthenes  zeigen,^ 

Es  dürfte  sich  aus  dem  oben  Gesagten  ergeben,  dass  auch  in  ß  noch  kein  jüdischer 
Einfluss  zu  bemerken  ist.  Schon  Vogelstein^  betont  mit  Recht  den  unjüdischen  Character 
dieser  Geschichten;   dagegen  nimmt  er  gewiss  irrig  an,   sie  seien   persischen  Ursprungs. 

Die  syrische  Legende. 

Auf  den  syrischen  Text  des  Pseudocallisthenes  folgt  in  allen  Handschriften  eine  weit 
kürzere  Erzählung  über  Alexander,  welche  aus  den  königlichen  Archiven  von  Alexandria 
genommen  sein  will.  So  hat  auch  Budge  sie  hinter  jenem  abgedruckt.  Ilu-  Inhalt  ist 
folgender: 

Im  zweiten  oder  siebenten^  Jahre  seiner  Regierung  thut  Alexander  seinen  Räthen^ 
kund,  er  möclite  wissen,  wie  weit  die  Erde  sei,  worauf  der  Himmel  stehe  u.  s.  w.  Sie  be- 
richten ihm,  der  Mensch  könne  nicht  ans  Ende  der  Welt  kommen,  denn  die  zwölf  hellen 
Meere,  welche  die  Erde  umgäben,  seien  zwar  schiffbar,  nicht  aber  der  von  ihnen  durch 
ein  sclmiales  Festland  getrennte  stinkende  Ocean,  dessen  Wasser  wie  Eiter  sei.  Er  lässt 
sich  dadurch  aber  nicht  abschrecken,  im  Vertrauen  auf  Gott  und  im  Glauben  an  Christus, 
dessen  Ankunft  er  vielleicht  noch  erleben  werde.  Er  spricht  zu  Gott  u.  A.:  ,Ich  weiss, 
dass  du  mir  Hörner  auf  meinem  Haupte  hast  wachsen  lassen,'  dass  ich  damit  die  Reiche 
der  Welt  zerstosse.'  Mit  320.000  Mann  zieht  er  von  (seiner  Hauptstadt)  Alexandria  aus 
nach  dem  Sinai,  von  da  zu  Schiff  nach  Aegypten  (sie).  Sarnaqus,  König  von  Aegypten* 
giebt  ihm  7000  Erz-  und  Eisenarbeiter,  die  er  nicht  entbehren  kann."  Nach  einer  Fahrt 
von  4  Monaten  und  12  Tagen  über  die  hellen  Meere  kommen  sie  an  das  Land,  welches 
das  stinkende  Meer  begränzt.  Man  versucht  die  Möglichkeit,  über  dies  Meer  zu  fahren, 
mit  373  zum  Tode  verurtheilten  Verbrechern,  aber  sie  sterben  sofort,  schon  am  Ufer. 
Alexander  muss  also  umkehren. 

Nun  zieht  er  zwischen  dem  hellen  und  dem  stinkenden  Meere  weiter  bis  dahin,  wo 
die  Sonne  in  das  Fenster  des  Hinmiels  eintritt.  ,Denn  die  Sonne  ist  der  Diener  des  Herrn 
und  lässt  weder  bei  Tag  noch  bei  Nacht  ab  vom  Lauf  Sie  geht  über  dem  Meere  auf. 
Die  Menschen,  so  da  wohnen,  fliehen,  wenn  sie  aufgeht,  imd  verstecken  sich  im  Meer,   um 


Daran  reilien  »ich  dann,  nach  beliebtem  rabbinischeni  Schema,  entsprechende  Processe  anderer  Völker  gegen  Israel. 
S.  Zacher  148  f.;    Rohde    180;    de  Goeje,   De  Reizen  ran  Sindebaad-4  f.    Beachte,   dass  schon  in  der  Talmudstelle  auf  dem 
Fische  Rohr  wächst.  [Jetzt  vergl.  noch  de  Goeje,  La  lögende  de  Saint  Brandan   7.]  , 

Auf  Alexander's  Zug  zum  Paradies  Tamid  32  6  komme  ich  unten  (S.  29,  Anm.  1)  kurz  zurück. 
Adnotationes  ...  ad  fabula»  (juae  de  Alex.  Magno  circumferuntur  (Vratislaviae  1865)  20  ff. 
Wohl  eine  alte  in  den  Text  gerathene  Variante. 

255,  7  lies   .  mr,  .o..- ;,  aV.     und  danach   wohl   l^ö^ r^^  ,Patricier  und  Pädagogen  (?)'. 
Lies    2,_»i.o)  257,   14  wie  272,  12. 
mn Ai-m     Die  Vocalaussjjraclie  ist  natürlich  unsicher. 
Sie  werden  nachher  z\im  Bau  des  Thores  nöthig. 

4* 


28  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 

nicht  von  ihren  Strahlen  verbrannt  zu  werden.  So  geht  sie  mitten  am  Himmel  her,  bis 
sie  in  das  Fenster  des  Himmels  eintritt.  Wo  sie  voriib erkommt,  sind  schreckliche  Felsen. 
Die  dort  wohnen,  haben  in  das  Gestein  gehauene'  Höhlen,  und  sobald  sie  die  Sonne  vor- 
übergehn  sehen,  fliehen  sie,  Menschen*  und  Vögel,  vor  ihr  und  bergen  sich  in  die  Höhleu, 
weil  die  Steine  von  der  Gluth  zerspringen  und  herabstürzen.  Trifft/*  sie  aber  Mensch  oder 
Thier,  so  gerathen  sie  sofort  in  Brand.  Sobald  die  Sonne  in  das  Fenster  des  Hinrnncls 
eintritt,  wirft  sie  sich  nieder  und  betet  Gott,  ihren  Schöpfer,  an,  geht  dann  die  ganze  Nacht 
weiter  am  Himmel  hinunter,  bis  sie  sich  im  Lauf  (Morgens'  wieder)  da  findet,  wo  sie  auf- 
geht'* 

Alexander  sieht  den  äussersten  Westen,  geht  dann  zum  Berg  Masis  .ausaio,  nach  Clau- 
dia (im  Taurus),  Halöras,  wo  der  Tigris  entspringt,  und  nach  dem  Flusse  Kalath.''  Dann 
zieht  er  durch  Armenien  nach  Norden.  Zimi  Eingang  eines  hohen  Gebirges  (nämlich  des 
Caucasus)  gelangt,  lässt  er  ausrufen,  er  erscheine  nicht  als  Feind,  sondern  wolle  nur  Kunde 
erlangen.  Von  den  an  ihn  abgesandten  300  Greisen  erfahrt  er,  dass  dort  Tubarlaq,  König 
von  Persien  aus  dem  Geschlecht  des  Ahasverus,"  herrscht.  Der  dortige  .Berg  erstreckt  sich 
tiber  das  Meer  von  Qatar'  hin  bis  nach  dem  äusseren  Persien  und  nach  Indien.  Darüber 
tiihrt  bloss  ein  schmaler  Pfad;  nur  zu  Pferd  kommt  man  hinüber,  und  zwar  indem  man  durch 
Glocken  das  schädliche  Gethier  abschreckt.  Jenseits  wohnen  die  wilden  Völker  der  Hunnen. 
Die  Namen  ihrer  Fürsten  werden  aufgezählt  (bis  auf  die  biblischen  Gog  und  Magog  und 
et\\'a  Amraphel  Gen.  14,  1.,  wie  es  scheint,  lauter  willkürlich  gemachte).  Dann  folgt  eine 
Beschreibung  dieser  entsetzlichen  Barbaren  (auf  Grund  der  Wirkliclikeit,  aber  natürlich 
nicht  ohne  Uebertreibung).  Sie  essen  rohes  Fleisch  und  Gefallenes,  trinken  Menschenblut, 
sind  in  Felle  gekleidet  und  äusserst  rasch.  Ihre  Frauen  haben  nur  eine  Brust  und  sind 
noch  kriegerischer  als  die  Männer  (also  Amazonen).  Sie  machen  ihre  Waffen  dadurch  un- 
besiegbar, dass  sie  sie  mit  dem  Blute  eines  menschlichen  Embryos  bestreichen,  zu  dem  sie 
auf  schreckliche  Weise  gelangen.*  Die  Hunnen,  die  Gott  zur  Strafe  sendet,  liaben  auf 
persischem  und  römischem  Gebiet  viele  Burgen  zerstört.  Hinter  den  Hunnen  sitzen  Däum- 
linge, Hundsmenschen  und  ^iliio.'*  Dahinter  giebt  es  keine  Menschen  mehr,  sondern  nur 
Wüsten  voll  Sclriangen."'  Weiter  in  der  Ferne  ist  dann  das  Paradies  zwischen  Erd'  und 
Himmel,  von  Nebel  umgeben.  ,Gott  hat  vier  (Paradies-)Ströme  aus  dem  Eden -Paradies 
ausgehn  lassen.    Weil   er  wusste,   dass   die  Menschen   es   sonst  wagen   würden,  mittelst  der 


*  Lies   260,  9   ]J.^jJl}- 

*  Wolil  ,iind  vierfüssige  Thiere'  o.  ilgl.  zu  ergänzen 

*  Lies  260,  12   \^. 

*  Ich  habe  dies  ganze,  zum  Theil  reclit  unklar  gedaclite,  Stück  übersetzt  mit  Rücksicht  auf  die  unten  zu  behandelnde  Korän- 
stelle. 

'  HalCiras  ist  ein  Oertchen  an  der  Tigrisiiuelle,  zwei  Tagereisen  von  Amid  (DijärVjokr);  das  sagt  Jäijut  im  Einklang  mit 
unserer  Schrift.  Uer  Kalath  (Vocalausspradie  nicht  sicher)  ist  vvalirscheinlich  der  Nymphius  (Batman  Öäi),  s.  Wriglit's 
Uebersetzung  des  .losua  Styl.  S.  ÖO.    (Auf  Jii(|üt  und  Wright  weist  Bndge  hin.) 

*  Ans  dem  Buche  Esther. 

'  jhS  in  Ball^rain  (Nordost-Arabien).  Natürlich  sind  all  diese  geographischen  Vorstellungen  äusserst  confu».  Ueni  Verfas.ser 
schwebt  wohl  »o  etwa«  vor  wie  die  Ausdehnung  des  Taurus  über  ganz  Asien  Strabo  68.  129  oder  der  bei  Ihn  IJauqal  lOS  ff. 
vorgetragene  Zusammenhang  der  Gebirgssysteme  Asien's  und  Africa's. 

*  Tullberg  zu  Dionys.  Telm.  Ann.  65  bemerkt,  da.ss  Theophanes  a/o  6208  etwas  ganz  ähnliches  von  Maslama  h.  'Ahdalmolik 
erzählt.    Die  Byzantiner  hatten  denn  doch  von  den  Arabern  gar  zu  scheussliche  Vor.stellungon! 

"  Dionys  Telm.  .')6,  0   JäXuLO-    Zu   lesen   ^-iVi».^  ,Manichäer'?   Es  wäre  ilem  Syrer  schon   zuzutrauen,   dass  er  die  Manichäer 
mit  solchen  Monstren  zusammenstellte,   zumal  es  ja  in   entfernten  Gegenden  Hochasiens   wirklich  Manichäer  gab.    An   das 
unverstandene   und   viel  gedeutete   ]<  -i-q   Jes.  41,  14  ist  schwerlich  zu  denken. 
*•  266,  2   lies    w  ä»>|   «3rBe{  oder  allenfalls    MVamj  für    =iA  > ) 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  29 

Ströme  ins  Paradies  einzudringen,  hat,  er  sie  in  die  Erde  hineingezogen  nud  sie  in  Thäler 
[Berge]  und  Ebenen  gebraclit  und  sie  in  viele  ]5erge  gebracht  und  sie  aus  diesen  austreten 
lassen,  einige  auch  aus  einer  Höhle.  Das  Paradies  aber  hat  er  mit  Meeren,  Strömen  und 
dem  stinkenden  Meere  Oceanus  umgeben,  sodass  die  Menschen  dem  Paradiese  nicht  nahen 
und  nicht  sehen  können,  woher  die  Ströme  (wirklich)  kommen,  sondern  (nur)  sehen,  das» 
sie  entweder  aus  Bergen  oder  Thillem  kommen." 

Nun  erbaut  Alexander  das  mächtige  Thor  gegen  jene  Barbaren.  Der  Bau,  den  die 
ägyptischen  Handwerker  ausführen,  wird  im  Einzelnen  beschrieben.  Die  Hauptsache  ist  die 
Verwendung  ungeheurer  Massen  von  festem  und  gegossenem  Erz  und  Eisen. 

An  dem  Thor  bringt  er  dann  eine  Inschrift  an,  die  besagt,  die  Hunnen  würden  der- 
einst doch  (durch  das  Thor  dringen,)  das  Perser-  und  das  Römerland  libert'allen  und  T'feile 
in  UJii^ii  (ApixaysooV/  Apoc.  16,  16??)  werfen,  dann  aber  zurückkehren.  Ferner  würden 
sie  nach  826  Jahren  auf  dem  schmalen  Pfad,  der  nach  Haloras^  führt,  herausbrechen  und 
grosses  Unheil  anrichten.  Und  nach  940  Jahren,  wenn  die  Sünden  allzu  arg  geworden, 
werde  Gott  den  Hunnen  das  Thor  iiffnen.  Da  würden  die  24  Reiche  der  Hunnen,  Perser 
und  Araber  von  den  fanden  der  Erde  konmien  und  übereinander  herfallen,  so  dass  der 
Boden  in  Blut  schwimmen  müsse.  Dann  nehme  aber  das  griechische  Reich  einen  eisernen 
Hammer  in  die  Rechte,  einen  ehernen  in  die  Linke  und  schlage  sie  auf  einander:  damit 
werde  die  Kraft  aller  Reiche  vor  dem  griechischen,  d.  i.  dem  römischen,  hinschmelzen, 
Perser  und  Hunnen  würden  einander  vernichten,  und  nur  Wenige  heimkommen.  Alexander's 
Reich  werde  dann  die  ganze  Erde  einnehmen.  Dabei  wird  auf  Jerem.  1,  14  verwiesen.  Als 
Zeichen  des  Blutvergiessens  soll  dienen,  dass  an  dem  Thore  ein  Schwaumi  voll  Blut  hängen 
werde,  das  auf  den  Felsen'  hinabtröpfle;  damit  würden  sich  die  Hunnen  einreiben,  und  sie 
würden  es  trinken. 

Nun  erfährt  der  Perserkönig  Tubarlaq  von  Alexander,  sammelt  seine  Untergebenen 
und  konnnt  mit  82  Königen  und  120.000^  Maim.  Alexander  wird  von  Gott  im  Traum  er- 
mahnt, ihn  anzurufen:  ,lch  habe  dir  eiserne  Hörner  auf  dem  Haupte  Avachsen  lassen,  dass 
du  damit  die  Reiche  der  Erde  zerstossest' ;  er  werde  ihm  gegen  die  Feinde  helfen.  Der 
König,  dessen  einst  320.000  Mann  starkes  Heer  jetzt  noch  316.000  zählt,  lässt  Gott  Rauch- 
opfer darbringen.  Auf  sein  Gebet  erscheint  Gott  in  seiner  Herrlichkeit  und  stärkt  ihn. 
Alexander  tödtet  60''  Könige  und  ihre  Heere;  die  andern  entiliehn.  Tubarlaq  wird  gefangen, 
soll  erst  getödtet  werden,  aber  auf  das  Angebot,  all  seine  Schätze  und  Persien  zu  verpfänden 
und  nach  15  Jahren  dafür  Babylonieu  und  Assyrien  abzutreten,  wird  er  begnadigt.  Man 
beschliesst  nun,  dass  6000  Römer  und  6000  Perser  das  Thor  gegen  die  Hunnen  bewachen 
sollen.  Tubarlaq  holt  Zaiiberer,  Wahrsager,  Magier,''  Feuer  und  Wasser  und  alle  seine 
Götter;  die  weissagen  ihm,  dass  am  Ende  der  Tage  die  Römer  alles  Land  unterwerfen, 
der  derzeitige  König  von  Persien  getödtet,  Babylonien  und  Assyrien  verwüstet  werden 
sollen.    Das  römisclie  Reich   soll   dauern,   bis   es   seine  Gewalt   an   den  wiedererscheinenden 


'  Diese  Darstellung,  die  wieder  nicht  übermässig  klar  gedacht  ist,  scheint  mir  eine  Polemik  gegen  die  Erzählung,  dass  Ale- 
xander bis  ans  Paradies  gelangt  sei.  Wir  haben  davon  im  Talmud  Tamid  32 A  nur  die  Pointe;  ein  vollständiger,  wenn  auch 
ziemlich  später,  Text  ist  uns  in  ,Alexandri  Magni  Iter  ad  Paradisum'  (ed.  Zacher  1850)  erhalten.  Ob  sie  jüdischen  oder 
christlichen  Ursprungs  ist,  mag  dahin  stehn. 

*  S.  die  vorige  Seite. 

'   Lies   271.  8   ]mi  a  ;  umgekehrt  269  paen.  lies   Jii'a.    , Spitzen'  für    |2;JJL*,;  208,   11    \il^    ^ai^-iZ- 

*  Die  Zahl  muss  falsch  sein,  denn  so  hätte  Alexander  viel  mehr  Truppen. 
^   Dionys.  Telm.  5«  hat  62. 

"   Lies  wieder   ^.^a^iD  für  ^  a  nV-^,  275,  3. 


30  V.  Abhandlung  :  Th.  Nöldekb. 

Christus  abtritt.  Diuiu  veriässt  Alexander  Persieu,  geht  durch  die  Wüste  nach  dem  Gebirg 
der  Kömer  und  siedelt  die  ägyptischen  Handwerker  in  |ioi  2^1^  und  ^oi  h.^'-  an.  Nachdem 
er  noch  in  Jerusalem  angebetet  hat,  schifft  er  sich  nach  Alexandria  ein,  wo  er  stirbt. 
Seinen  silbernen  Thron  vermacht  er  Christo. 

Diese  Erzählung  wäre  zwar  "ohne  Pseudocallisthenes  kaum  denkbar,  denn  erst  aus 
der  Umbildung  des  geschiolitlichen  Helden  in  den  des  Romans  konnte  der  König  der 
Legende  werden,  aber  im  Einzelnen  hängt  sie  nur  durch  wenige  Züge  mit  ihm  zusanmien. 
Bei  weitem  am  wichtigsten  ist  da  der  Bau  des  Thores  gegen  die  Barbaren,  der  ja  auch 
den  eigentlichen  Mittelpunct  der  Legende  bildet.  Dass  Alexander  eiserne  Thore  gegen  die 
nordischen  Barbaren  errichtet  habe,  meldet  schon  Josephus,  ferner  Hieronymus  u.  A.  m.  ,^ 
aber  erst  im  Zweige  ß'  des  Pseudocallisthenes  ist  die  Geschichte  weitläufiger  dargestellt,' 
und  dass  diese  Eorm  unserer  Legende  zu  Grunde  liegt,  ergiebt  sich  aus  der  Aufzählung 
der  phantastischen  Völkernamen,  sowie  aus  der  ganzen  Schilderung  des  Baus.  Aber  der 
Verfasser  hat  sich  sonst  ganz  nach  eigenem  Gefallen  ergangen;  nicht  einmal  den  Namen 
Darius  hat  er  beibehalten. 

Die  Legende  ist  von  dem  sehr  fruchtbaren  syrischen  Dichter  Jacob  von  Sari'ig,  wie 
zahlreiche  andere  biblische  und  legendarische  Stoffe,  in  einer  metrischen  Homilie  bearbeitet.' 
Jacob  benutzt  seine  Vorlage  zwar  in  gewisser  Hinsicht  frei,  lässt  manche  Einzelheiten  weg 
und  fülui;  das  Apocalyptische  in  der  ihm  eignen  Breite  aus;  dazu  setzt  er  die  Erzählung 
von  der  Wanderung  durch  die  Finsterniss  und  dem  Suchen  nach  dem  Lebensquell  (s.  oben 
S.  25)  ein;  aber  auf  der  andern  Seite  folgt  er  der  Legende  sogar  in  Kleinigkeiten.  So  hat 
er  den  König  Tubarlaq^'  und  den  ägyptischen  König  Surnaq  oj^oiä  (Legende  a»anj^),  den 
Masis  («ÄAiiiia,  Legende  ..mwfasn),  die  300  Greise,  die  Jeremiasstelle  u.  s.  w. 

Die  300.000  Mann  des  Heeres  sind  nur  eine  Abbreviatur  der  320.0ÜÜ  in  der  Legende 
(woftlr  Dionys.  Telm.  324.000  giebt).  Besonders  wichtig,  dass  auch  Jacob  den  Fluss  Kalath 
imd  den  Ort  Hahrras  hervorhebt.  Auch  in  der  Sclülderung  des  Thorbaus  ist  viel  Aehnlich- 
keit  zwischen  den  beiden  Berichten.  Dass  Jacob  12.000  Handwerker  hat  statt  der  7000 
der  Legende,  hat  keine  besondere  Bedeutung.  Absichtlich  hat  er  den  Kampf  nüt  Tubarlaq 
vor  den  Bau  des  Thores  gelegt.  Den  Namen  der  Himnen  lässt  er  Aveg  wie  alle  nicht  in 
der  Bibel  vorkommenden  Völkernamen;  Gog  und  Magog  genügen  ihm.  Ueberhaupt  braucht 
er  weniger  Detail.    Auch  giebt  er  nicht  allen  geographischen  Unsinn  wieder. 

Daran,  dass  die  Legende  etwa  erst  der  Homilie  nachfolgte,  ist  nicht  zu  denken.  Elrst- 
lich  legt,  wie  wir  schon  erwähnten,  Jacob  überhaupt  seinen  Erzeugnissen  prosaische  'i^exte 
zu  Grunde;  dann  lässt  sich  durchweg  leicht  erkennen,  warum  Jacob  dies  oder  jenes  aus 
der    Legende    weggelassen    hat,    während    dies    Mehr    als    Zusatz    des    Legendenschreibers 


*  Leider  fimle  ioli   nicht«  zur  Erklärung  dieser  Ortsnamen. 

'  8.  die  Zeugnisse,  welche  der  Basier  Roth  ZDMG  9,  798  f.  gesammelt  hat. 
'   In  L  fehlt  die  Geschichte;  in  C  steht  sie  zweimal. 

*  Characteristisch  ist  das  noch  immer  angedeutete  Wort  äoöxiTov,  äuixütivov  3,  29  B;  äouxriTOv,  im-^xai  eb.  C;  äoixr;TOv  3,  26  C; 
äaoxirjrov  Venez.  (Kapp  24);  anniMum  Aothicus  Ister  c.  41  und  36;  jajJ^.aiJB2.  (au.s  m.|;  r,.f>i])  Salomo  von  Ba^ra  145  ult., 
ähnlich  hei   Bar  Bahliil  (s.  Budge  zu  der  Stelle),    und  noch   in    dem    späten  Araber,    über   den  wir   unten   sprechen   worden, 

ry*  'iwiS. '^  ,«)  yl      -Jb.). 

*  Sehr  fehlerhaft  abgedruckt  in  Knös,  Chrest.  syr.  Es  ist  schade,  dass  Budge,  der  seine  Uebersetzung  mit  den  Varianteu  der 
Londoner  Handschrift  begleitet,  nicht  den  ganzen  Text  noch  einmal  herausgegeben  hat.  —  Die  Echtheit  des  in  beiden 
Han(htchriften  dem  Jacob  von  Sarftg  zugeschriebenen  (Wright,  Catal.  782  a;  Zotenberg,  Catal.  .56  nr.  30)  Gedichtes  anzu- 
zweifeln  liegt,  so  viel  ich  sehe,  kein  Gnind  vor. 

'   Ich  folge  natürlich  den  besser  beglaubigten  Lesarten  (die  schlechtere  Losart  TiiharWi). 


Beiträge  zur  Geschichte  des   Alexanderromans.  31 

zum  Tlieil  unerklärlich  wäre.  Namentlich  aber  ist  kaum  denkbar,  da.ss  dieser  sich  die 
Erzählung  von  der  Finsterniss  und  dem  Lebensquell  hätte  entgehn  lassen,  wenn  er  Jacob'» 
Gedicht  vor  sich  gehabt  hätte.  » 

Jacob  starb  im  October  521.  Die  Legende  ist  nun  aber  nur  wenige  Jahre  jünger, 
denn  sie  ist,  wenn  nicht  alles  trügt,  514  oder  515  geschrieben.  Die  Zahl  826  für  den 
Hunneneinfall  wird  man  von  vom  herein  geneigt  sein  nach  der  Aera  Alexanders,  d.  h.  der 
Seleuciden  zu  rechnen;  wir  erhalten  so  das  mit  dem  1.  October  514  beginnende  Jahr.  Da 
nun  in  dieses  Jahr  wirklich  ein  grosser  Einfall  der  Sabir-Hunnen  durch  den  Caucasus 
nach  Armenien  und  den  benachbarten  Ländern  fällt,  also  eben  den  Gegenden,  in  denen 
die  Legende  allein  Bescheid  weiss, ^  so  ist  es  wohl  unzweifelhaft,  dass  der  Verfasser  hier 
aus  der  Wirklichkeit  redet.  Demnach  muss  Jacob  das  Gedicht  sehr  bald  nach  seiner  Ab- 
fassung erhalten  und  bearbeitet  haben.  Der  Verfasser  wusste,  dass  die  Hunnen  damals 
nicht  zum  ersten  Mal  eingedrungen  waren;  vermuthlich  war  ihm  aber  das  Jahr  früherer 
Einbrüche  nicht  genau  bekannt,  und  er  nannte  daher  dafür  keine  Zahl.  Allein  das  Jahr 
940  ^=  628/29  n.  Chr.  liegt  auch  für  ihn  in  der  Zukunft.  Freilich  sah  es  dauials  in  Wirk- 
lichkeit ebenfalls  recht  wild  aus;  auch  waren  627  die  Chazaren,  die  man  als  , Hunnen' 
gelten  lassen  könnte,  nach  Persien  eingefallen,  und  zwar  als  Bundesgenossen  der  Römer. 
Aber  damals  begann  der  Kampf  nicht,  wie  hier  vorausgesagt  wird,  sondern  der  langjährige 
Krieg  zwischen  Rom  und  Persien  war  eben  zu  Gunsten  Roms  entschieden.  Die  Araber 
aber,  welche  270,  1  genannt  werden,  können  nicht  die  Muslime  sein,  an  die  man  denken 
möchte,  denn  ein  im  Norden  lebender  Verfasser  konnte  629  nichts  von  diesen  wissen,  da 
Mohammed  damals  noch  nicht  einmal  Mekka  eingenommen  hatte.  Diese  Prophezeiung  ist 
also  ein  Phantasiegebilde,  theils  durch  die  Hunneneinfälle,  theils  durch  den  ewigen  Zwist 
der  beiden  Reiche  hervorgenifen,  bei  dem  sich  die  beiderseitigen  Araber  bekanntlich  stark 
bemerklich  machten.  Das  war  namentlich  auch  in  dem  Kriege  geschehen,  der  zur  Zeit  der 
Abfassimg  des  Buchs  erst  vor  Kurzem  beendet  war.^  Die  Ansetzung  von  940  als  Ent- 
scheidungsjahr ist  wohl  eben  so  willkürlich  wie  die  seltsamen  Völker-  und  Personennamen 
in  dieser  Schrift. 

Um  die  Einfälle  der  Hunnen  dreht  sich  das  wirkliche  Literesse  des  Verfassers.  Dazu 
passt  die  gemeinschaftliche  römisch-persische  Wacht  am  Caucasus,^  von  der  nach  dem  Unter- 
gange  des  Säsänidenreichs,  ja  wohl  schon  gegen  Ende  des  VI.  Jahrluuiderts  nicht  mehr  die 
Rede  sein  konnte.  Das  Werkchen  ist  nicht  weit  von  der  Nordostgränze  des  römischen 
Reichs  geschrieben.  Diese  Gegenden,  wo  Euphrat  und  Tigris  entspringen,  kennt  der  Ver- 
fasser, der  sonst  die  wirrsten  geographischen  Vorstellungen  hat.  Dass  er  von  dem  entfern- 
ten  Qatar   gehört    hat,    mag    daher   rühren,    dass   dieses    eine    nestorianische   Diöcese    war.' 

Benutzt  ist  die  Legende  in  'einem  fälschlich  dem  h.  Ephraim  zugeschriebenen  apoca- 
lyptischen  Gedicht  über  den  Antichrist  (in  dem  jüngst  erschienenen  III.  Bande  von  Lamy's 
Ausgabe    187    ff.).      Dasselbe     stammt     deutlich     aus     der    Zeit     der     ersten     muslimischen 


'  S.  Tillemont  zu  dem  Jahre;  Lebeau  (hg.  von  Saint  Martin)  7,  4H3  Ö'.  Das  Jahr  ist  diircli  die  Uebereinstimniung  von  Theo- 
plianes  und  Marcellinus  Comes  (Ind.  VlII)  ge.sichert.  —  Damit  ergiebt  sich  die  Zahl  864  (■=  t>52/'d)  beim  Aetliiopen 
(Budge  CV)  als  entstellt,  obwohl  sie  durch  ,860  des  letzten  Tausends'  in  Mugmil  attawärich  (Journ.  as.  1,  .S60)  unterstützt 
wird.  —  Jacob  macht  die  Zahl  absichtlich  unbestimmter,  da  er  nur  vom  VI.  Jahrtan.send  spricht  (Knös  92,  0.  94,  1.3); 
dieses  beginnt,  wenn  er  byzantinisch  rechnet,  49.3,  wenn  alexandrinisch,  508. 

^   S.  .Tosua  Stylites  c.  79  (Wright). 

'   S.  meine  Tabari-Uebersetzung  S.  109,  wo  noch  allerlei  hinzuzufügen  wiire. 

*    Assemani  3,'l,  l."!.?  fi\;  ZDMO.  4.S,  409;  vergl.  Wright,  Catal.  öS/,. 


32  V.  Abhandlung  :  Th.  Nöldeke. 

Eroberuugeu  (etwa  636 — 40).  lu  ziemlich  ungeschickter  Weise  führt  es  die  Hunnen  ein, 
die  es  nach  der  Legende  beschreibt;  vergl.  besonders  197.  199.  Die  Liste  der  wilden 
Völker  ist  nur  zum  kleinen  Theil  aus  jener  herausgenommen,  zum  Tlieil  aus  einem  andern 
syrischen  Verzeiclmiss,  das  zu  C  (3,  26;  Müller  139«)  und  etwas  auch  zu  B  (3,  29;  Müller 
143)'  stimmt,  aber  vollständig-  mit  allen  22  Namen  bei  Salomo  von  Basra  146  erhalten  ist. 
Drittens  fügt  das  Gedicht  dazu  noch  allerlei  Namen  aus  Gen.  10. 

Einen  ziendich  genauen  Auszug  aus  dieser  Legende  hat  Dionysius  von  Telmahre 
(t  845)  in  seine  Chronik  aufgenommen  (ed.  TuUberg  54  ff.).  Der  gelehrte  Mann  hat  aber 
einiges,  das  ftir  seine  Zeit  nicht  mehr  in  Betracht  kam,  z.  B.  die  Hunnen  und  die  Jahres- 
zahlen, Avcggelassen  und  einiges  all  zu  anstössige  abgeändert;  so  setzt  er  Darius  für  Tubar- 
\m\.    Die  Völkernamen  hat  er  auch,  aber  nicht  vollständig.^ 

Wie  schon  angedeutet,  ist  in  den  äthiopischen  Alexanderroman  die  Legende  ein- 
geschoben (Budge  CIV  f.)  und  zwar  wesentlich  so,  wie  sie  unser  syrischer  Text  giebt.  Das 
ganze  Buch  ist  zunächst  aus  einem  arabischen  Text  übersetzt.  Wie  immer  in  solcliem  Falle 
sind  die  Namen  stark  verändert.  Der  König  Tiibarlaq  heisst  hier  Aksejüs.^  Besonders  un- 
kenntlich sind  die  Ländernamen  geworden;  doch  ist  bei  einigen  aucli  da  noch  die  Identität 
deutlich  z.  B.  Hür  d.  i.  j>a.  aus  J>-^a.  =  "'^oa^  i^^  261,  9;  Qänem  ^U  aus  .^^^  ^^-^  2*^1»  ^• 
Die  Namen  der  wilden  Völker  sind  leichter  zu  identificieren.  —  Der  Aethiope  reiht  dai'an 
den  Zug  diu"ch  die  Finsterniss  nach  dem  Lebensquell;  aber  seine  Erzählung  ist  ganz  anders 
als  die  des  Jacob  von  Sarüg,  liat  keine  engere  Verbindung  mit  der  Legende  imd  geht  in- 
direct  auf  eine  muslimische  Quelle  zurück. 

Sehr  viel  wichtiger  als  diese  littcrarischen  Benutzungen  der  Legende  ist  aber  ihre 
EinT\'irkung  auf  den  Koran.  Aus  ihr  stammt  nämlich  die  Erzählung  vom  , Zweigehörnten' 
Sfira  18,  82  ff.  Wie  andre  Geschichten  so  hat  Muhammed  natürlich  auch  diese  auf  münd- 
lichem Wege  erhalten.  Vielleicht  wusste  schon  sein  Gewährsmann  den  Namen  Alexander 
nicht  mehr,  vielleiclit  hat  ihn  nur  der  Propliet  nicht  Ijehalten.  Die  characteristische  Be- 
zeichnung ,der  Zweigehörnte',  die  in  der  Legende  zweimal  vorkommt,  genügte.*  Dafür, 
dass  grade  sie  die  Quelle  Mnhanmied's  ist,  spricht  noch  ganz  besonders  die  Verbindung 
des  Wallbaues  durch  den  Zweigehörnten  mit  der  Stelle  über  den  Auf-  und  Untergang  der 
Sonne.  Vergl.  die  oben  S.  27  f.  übersetzten  Worte  mit  Süra  18,  89,  ,und  als  er  dann  zum 
Aufgang  der  Sonne  kam,  fand  er  sie  aufgclni  über  Leuten,  denen  wir  keinen  Schutz  vor 
ihr  gegeben  hatten'.  Die  Beschreibung  des  Tliorbaus  stimmt  in  der  Hauptsache;  namentlich 
beachte  den  Eisenguss.  Vor  allem  ist  wichtig,  dass  die  prophetische  Verkündigung  sich 
auch  im  Kon'in  unmittelbar  an  den  Bau  reiht.  Nach  seiner  Gewohnheit  hält  Muhammed 
auch  diese  Erzäldung  etwas  unbestimmt,  sodass  wir  sie  erst  recht  verstehn,  nachdem  wir 
die  ursprUnglicliere  Gestalt  kennen.  In  derselben  Süra  Icommt  auch  die  Geschichte  vom 
gesalzenen  Fisch  vor,  der  wieder  auflebt,  aber  durch  ein  Versehen  Muhammed' s  oder  des 
Erzählers,  dem  er  folgt,  ist  da  nicht  Alexander  der  Held,  sf)ndern  Moses.' 

'   Die  KuvoxiyaXoi  sind  dio  „^J^  .  '-.•   ^.  wiü  natürlich  aucli  Ps,  Ephr.  l'J5,  20  zu  lesen.  —  Vergl.  übrigens  oben  S.  28. 

'  Au»  dem  Koman  stammt  seine  Angabe,  dass  "5^03,   König  der  Inder,   im  Kampf  gegen  Alexander  gefallen  sei  60,  3  f.    Die 
Form  Pül  oder  /'«/  (mit  /  für  r)wei8t  darauf  hin,   dass  er  einen  Text  benutzte,   der  auf  der  Pehlewi-Uebersetzung  beruhte. 

'   Gewiss  =  Akrejdn,  das  .lohann  von  Nikiu  als  Heinamen  des  von  Alexander   besiegten  Königs  von  Persien  hat  (ed.  Zoten- 
berg 53,  3  V.  u.). 

Es  ist  für  un.s  gleichgültig,   ob  der  Verfasser  der  Legende  diese  Bezeichnung,   die  gewLss  von  den  Aninionshürnern  iiu.sgelit 
(vergl,  Atlienaeu»  .137  R),  im  eigentlichen  oder  ganz  im  übertragenen  Sinne  nahm. 

In  der  18.  Süra  wird  auch  die,  ebenfalls  von  Jacob  von  Sarüg  behandelte,  Geschichte  von  den  sieben  (oder  eigentlich  acht) 
Schläfern  in  derselben  vagen  Manier  erzählt. 


Beiträge  zuu  Geschichte  des  Alexandereomans.  33 

Die  ältesten  Ausleger  des  Korän's  im  VII.  und  VIII.  Jahrhundert  haben  noch  etwas 
mehr  von  der  Legende  gewusst.'  So  sagen  Qatada  und  Hasan  zu  v.  89:  ,Die  Menschen 
hatten  keinen  Schutz  vor  der  Sonne;  über  ihnen  hielt  nämlich  kein  Gebäude  fest;  so 
lebten  sie  in  Höhlen  und  begaben  sich  erst  an  ihre  Arbeit,  wenn  die  Sonne  aus  ihrer 
Gegend  fortging.'  Mit  dem,  was  aus  der  Legende  stammt,  mischt  sich  aber  allei'lei,  was 
auf  den  Thorbau  und  andre  Stellen  aus  dem  Zweige  ß  des  Romans  zurückgeht.  Wir  finden 
da  die  svcoroxolrat  und  andre  Wundervölker  wdeder  neben  NäwU  =  \qj-  (wahrscheinlich 
Nül  zu  lesen)  der  Legende  263,  6;  s.  Baghawi  225,  1;  Ibn  Faqih  298  ult. 

Kemitniss  unsrer  Legende  zeigt  noch  Salläm  ,der  Dolmetsch',  welcher  seine  842 — 844 
im  Auftrage  des  Chalifen  Wäthiq  gemachte  Reise  bis  an  die  chinesische  Mauer  selbst  dem 
ri)n  Chordadlil)eh  erzählt  hat,  der  sie  uns  berichtet.'  Der  Grundstock  der  Reisebeschreibimg 
ist,  wie  de  Goeje  gezeigt  hat,*  gut;  aber  in  die  Beschreibung  des  Thores,  das  den  wilden 
Völkern  den  Zugang  sperrt,  hat  Sallam  allerlei  Züge  nicht  bloss  aus  dem  Koran,  sondern 
auch  aus  der  Legende  aufgenommen.  Die  Pforte  scliildert  er  ähnlich  wie  diese,  nur  dass 
er  die  Maasse  meist  grösser  nimmt  und  sich  in  genaueren  Ausführungen  ergeht;  von  den 
Einzelheiten  beachte  namentlich  den  grossen  Schlüssel  mit  12  Zinken  Legende  268,  11; 
Ibn  Chord.  166,  8.  Auch  dass  die  prophetische  Verkündigung  des  Korans  als  Inschrift 
an  der  Pforte  steht,  wird  aus  der  Legende  stammen.  Ebenso  die,  selbstverständlich  anders 
als  da  angebrachte,  Verwendung  des  Anschlagens  mit  dem  Hammer;  ein  jedenfalls  märchen- 
hafter Zug.  Auch  die  von  Gog  und  Magog  zerstörten  Städte  Ibn  Chord.  163,  14  ff.  sind 
gewiss  die  von  den  Barbaren  der  Legende  verwüsteten  Burgen  265,  13  ff.''  Sallam  braucht 
die  Legende  nicht  gelesen  zu  haben;  es  genügte,  dass  etwa  ein  christlicher  Bekannter  sie 
ihm  erzählte. 

Auch  bei  einigen  anderen  arabischen  Schriftstellern  werden  wir  Bekanntschaft  mit  der 
Legende  finden." 

Der  Verfasser  der  willkürlich  ausgedachten,  im  Grunde  albernen  Geschichte  konnte 
sich  nicht  träumen  lassen,  dass  ihr  Inhalt  später  füi*  die  Anhänger  einer  siegreichen,  feind- 
lichen Religion  als  göttliche  Offenbarung  gelten  werde.  Was  Millionen  auf  Millionen  von 
Muslimen  zuverlässig  von  dem  Welteroberer  zu  wissen  glauben,  das  geht  eben  auf  die  Le- 
gende zurück.  Man  begreift  aber,  dass  spätere  muslimische  Gelehrte,  die  aus  dem  Roman 
oder  gar  aus  wirklichen  Geschichtswerken  Genaueres  über  Alexander  erfuln-en,  in  Zweifel 
waren,  ob  der  ,Zweigehörnte'  wirklich  derselbe  sei  wie  Alexander.  Weniger  verständlich 
ist  es,  dass  auch  neuere  europäische  Gelehrte  die  Identität  noch  haben  bestreiten  können. 
Jetzt  gegenüber  der  syrischen  Legende  ist  natürlich  jeder  Zweifel  ausgeschlossen. 


'    S.  den  Commentar  des  Baghawi  2,  223  ff.  der  Bombayer  Litliographie  von  1860;  vergl.  Ibn  Faqih  298  f. 

'  Aethiopiscli  Ntdi  oder  Nfijdl.  Merkwürdigerweise  hat  nicht  bloss  Pseudo-Ephraim  (Lamy  3,  195,  17),  sondern  auch  Salonio 
von  Ba§ra  146,  5  "^aJ  Aber  überhaupt  besteht  zwischen  den  Nouvoi  B  (Müller  143a  ult.),  'Avouyoi  C  (Müller  138«)  und 
\qJ  wahrscheinlich  ein  Zusammenhang. 

'   S.  162  ff.  in  de  Goeje's  Ausgabe,  S.  124  ff.  seiner  französischen  Uebersetzung. 

*  De  muur  van  Gog  en  Magog  (Verslagen  en  Mededeelingen  der  K.  Akad.  van  Wotenschapen,  Letterkunde,  3.  Reeks,  Deel 
5,  87  ft'.). 

°  So  begreiflich  es  ist,  dass  die  Muslime  mit  ihrer  besseren  Länderkenntniss  die  Pforte  gegen  Gog  und  Magog  nach  Hoch- 
asien verlegten  und  so  richtig  de  Goeje's  Deutung  auf  die  chinesische  Grenzbefestigung  sein  wird:  die  ursprüngliche  Stelle 
des  Alexanderthors  bleibt  der  Caucasus. 

'  Auch   das   stinkende,    dicke,    dunkle  Meer   in   der  Geschichte  der  acht  verschlagenen   Brüder  aus  Lissabon  Idrisi    (Dozy- 

de  Goeje  184  [223])  ist  wohl  das  der  Legende. 
Denkgchriftcn  der  phil.-ki»t.  Gl.    XXXVIII.  Bd.    V.  Abb.  5 


34  V.  Abhandlukg:  Th.  Nöldeke. 

Weiteres  über  Alexander  bei  den  Persern  und  Arabern. 

Die  Perser  hatten  von  Alexaniler  mir  sehr  schwache  Erinnerungen  bewahrt.  Die 
priesterHchen  Schriften*  kannten  ilm  als  Zerstörer  ihres  Reichs,  schrieben  ihm  die  Ver- 
brennung ilu'er  heiligen  Bücher  zu  und  steUten  ihn  mit  dem  Teufelsfürsten  Bewarasp 
und  mit  Frasjak,  der  Verkörperung  der  nöi-dlichen  Feinde  Iräu's,  in  eine  Linie.  Die  Wen- 
dung, die  alten  Bücher  seien  zum  Theil  damals  ins  ,Römische'  übersetzt,  geht  schon  aus 
einer  Reflexion  hervor:  man  vindicierte  der  westlichen  Bildung  persischen  Ursprung,  ähn- 
lich wie  sich  manche  Orientalen  heute  die  Ueberlegenheit  der  Europäer  durch  die  Annahme 
begreiflidi  machen,  diese  hätten  ihre  Weisheit  aus  den  nach  Europa  gebrachten  arabisclien 
Haiulscliriften  gewonnen.  Der  Beiname  Mucrdjikmänisn  ,der  in  Aegypten  Ansässige',  den 
Alexander  im  Ardä-Wiräf-Nämak  führt,  weist  darauf  hin,  dass  man  ihn  als  König  von 
Alexandria  ansah;  sicher  ein  späterer  Zug.  Noch  deutlicher  ist  das  späte  Alter  der  Bezeich- 
nung als  ,Römer';  in  ihr  ist  Alexander  der  Vertreter  des  dem  Säsanidischen  Reiche  feind- 
lichen römischen. 

Ganz  anders  gestaltete  sich  das  Bild  Alexander's  bei  den  Persern  durch  den  Roman. 
Wir  haben  oben  gesehen,  dass  derselbe  etwa  in  der  letzten  Zeit  des  Säsänidenreichs  ins 
l^ehlewi  übersetzt  worden  ist  und  dass  iins  der  syrische  Text  ein  Abbild  dieses  persisclien 
giebt.  Als  Ganzes  scheint  letzterer  früh  verloren  gegangen  zu  sein.  Aber  die  Uebereinstimmung 
gewisser  Züge  in  dem,  was  uns  ältere  arabische  Schriftsteller  und  persische  Dichter  von 
Alexander  melden,  mit  der  syrischen  Uebersetzung  fülu-t  doch  darauf,  dass  der  Pehlewi- 
Text  wenigstes  indirect  benutzt  worden  ist.  Da  nun  die  Geschichte  Alexander's  nach  dem 
Roman  ein  wesentliches  Stück  der  Gesammtgeschichte  Irän's  bildet,  wie  sie  bei  den  ara- 
bischen Historikern  und  in  Firdausfs  Königsbuch  dargestellt  wird,  so  ist  die  nächstliegende 
Annahme,  dass  der  Hauptinhalt  des  Romans  schon  ziemlicli  früh  in  diese  Gesaramtgescliichte 
autgenommen  ist,  vielleicht  sclion  in  das  im  Pehlewi  geschriebene  Chudhäi-nämak,  mindestens 
in  eine  von  dessen  ältesten  arabischen  Bearbeitungen  durch  Ibji  Moqaffa'  oder  einen  seiner 
Rivalen  im  VHI.  Jahrhundert.^  Bei  der  Gelegenheit  ist  eine  wichtige  Aenderung  voi-- 
genommen.  Nectanebos,  der  schon  an  sich  eine  unerfreuliche  Figur  ist,  wurde  beseitigt 
imd  Alexander  zimi  Sohn  eines  persischen  Königs  gemacht;  dabei  benutzte  man  eine 
wimderliche  P^tymologie  und  hängte  seiner  ,römisclien'  Mutter  eine  levis  macula  an. 
Schwerer  zu  erkhiren  ist,  dass  diese  Erzählung  auch  von  seinem  Tod  durcla  Vergiftung 
nicht«  weiss,  während  sie  doch  sonst  die  Schlusscapitel  des  Romans  benutzt  hat.  Dass 
alles  auf  Griechenland  und  auf  die  Gründvmg  von  Alexandria  bezügliche  gestrichen  ist, 
kann  nicht  Wunder  nehmen.  —  Nur  der  orthodoxe  ägyptische  Patriarch  Eutychius  (f  940) 


'  S.  den  Anfang  iles  Anlä  AViräf;  Minoch.  «,  28;  Anfang  des  Dinkart.  —  Entsprechend  arabische  Schriftsteller  Ja'qübi  1,  126; 
Tabari  fs.  unten  8.  42);  Mas'üdi  2,  125;  Fihrlst  239;  Ibn  Abt  lJ?aibi'a  1,  6.  Der  901  schreibende  Haniza  (S.  4U)  verwirft  in 
»einem  etwa«  künstlii-lieii  iranischen  Patriotismus  die  Angabe  des  Romans,  dass  Alexander  zwölf  Städte  gegründet  habe, 
denn  er  »ei  ein  Zerstörer,  kein  Erbauer  gewesen;  er  erzälilt  noch  einiges  schaurige  von  ihm.  Ihm  folgt  das  Mugrail  (Journ. 
a».  1841,  1,  361).  —  Ich  war  zu  weit  gegangen,  als  ich  zum  Kämämak  36  leugnete,  dass  die  Persei;  irgend  eigne  Erinne- 
rungen an  Alexander  gehabt  hätten.  Auch  der  Name  D&r&h,  IJärä,  der  regelrecht  aus  Därajäioahuf  entstanden  ist,  muss 
alt  aberliefert  »ein.  Aber  mehr  al»  den  Namen  und  dass  er  von  Alexander  getödtet  sei,  wussten  die  Perser  von  Darius 
nicht.  Der  erste  Därä  ist  vielleiclit  eigentlicli  einer  der  späteren  Könige  dieses  Namens,  die  in  der  Persis  regiert  haben. 
Der  gelegentlich  aufgeführte  Nanu;  ,Ardasir  Langhand'  ('ApT«$ip5'i«  lJi!«'-P'>'X''p)  g^'i'  ^1"^  eine  griecliische  Liste  zurück,  die 
durch  Syrer  vermittelt  war;    <lie  Identificierung   dieses  Manne»   mit  dem  mytliischen  Bahman  beruht  auf  gelehrter  Willkür. 

'  Ich  vorweise  für  das  hier  (Jesagte  und  einiircs  foltrende  auf  die  Darlegungen  in  der  Einleitung  zu  meiner  Tabari- Ueber- 
setzung. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alkxanderromans.  35 

der  überliiiupt  den  Roman  in  manchen  Stücken  getreuer  wiedergiebt  als  die  Muslime,  hat 
die  Hauptzüge  der  Vergiftungsgeschichte  ganz  wie  jener.  Daneben  aber  auch  anderes, 
was  nicht  dazu  stimmt.  Er  hat  also,  wenigstens  indirect,  neben  der  persisch -arabischen 
Form  des  Romans  noch  eine  genauere  benutzt. 

Gleich  den  andern  Theilen  der  Geschichte  Irän's  nach  persischer  Ueberlieferung  ist 
uns  auch  die  des  Alexander  einerseits  durch  arabische  Historiker  wie  Tabari,  Dinawari, 
andererseits  durch  das  Schälmame  erhalten.  Keiner  ist  vollständig,  denn  die  Chronisten 
müssen  kürzen,  und  Firdausi,  der  seinen  Stoff  als  Dichter  bearbeitet,  lässt  manches  fallen, 
während  er  anderes  weiter  ausffüu't.  Doch  ergänzen  sich  die  verschiedenen  Berichte  viel- 
fach. Aber  auch  an  Abweichungen  fehlt  es  nicht.  Das  Schwanken  der  Texte  des  Chudhäi- 
nämak,  worüber  geklagt  wird,  mag  sich  auch  darin  bemerkbar  machen,  vielleicht  auch  die 
Willkür  arabischer  Uebersetzer  und  Bearbeiter.  Dazu  kommt,  dass  gelegentlich  durch 
christliche  Vermittlung  auch  andere  Gestalten  des  Romans,  ja  selbst  die  wirkliche  Geschichte 
auf  die  Darstellung  der  gelehrten  Araber  eingewirkt  hat.  Mancherlei  reflectierende  oder 
gar  erbauliche  Zuthaten  bei  den  Arabern  werden  nicht  befremden.  Wie  sehr  nun  aber 
auch  die  verschiedenen  Erzählungen  bald  von  einander  abweichen,  bald  zusammenstimmen, 
nirgends  haben  wir  auch  hier  das  P^inwirken  volksthümlicher  Ueberlieferung;  alles  geht 
auf  gelehrte  Mittheilungen  zurück,  die  allerdings  zum  Theil  willkürlich  oder  aus  Nach- 
lässigkeit verändert  werden.  So  viel  ich  sehe,  hat  es  übrigens  in  älterer  Zeit  keine  selbst- 
ständige arabische  Uebersetzung  des  Romans  gegeben,  namentlich  keine  muslimische. 

Eines  der  frühesten  uns  erhaltenen  grösseren  arabischen  Geschichtswerke  ist  das  ,Buch 
der  langen  Geschichten'  von  Abu  Hanifa  adDlnawari  (f  895/6).'  Dasselbe  hat  die  Eigen- 
heit, manche  grosse  Perioden  mit  wenig  Worten  abzuthun  und  dafür  gewisse  Ereignisse 
sehr  ausfuhrlich  zu  behandeln.  Leider  folgt  Dinawari  seinen  Quellen  nicht  immer  genau 
und  schmückt  gelegentlich  etwas  aus.  Ich  gebe  den  ganzen  Abschnitt  über  Alexander 
(S.  31  ff.): 

„Dära  (I.)''  übergab  nach  zwölfjähriger  Herrschaft  auf  dem  Sterbebette  die  Regierung 
seinem  Sohne  Dara,  das  ist  der,  welchen  man  Durajaivas^  nennt,  der  Gegner  Alexander's. 
Zur  Herrschaft  gelangt,  ward  er  tyrannisch,  vermessen  und  frevelhaft.^  Die  Adresse  seiner 
Briefe  an  seine  Statthalter  lautete:  ,Von  Dara,  dem  Sohn  Dara's,  der  seine  Unterthanen 
wie  die  Sonne  erleuchtet,  an  den  und  den.'  Er  hatte  grosse  Macht,  zahlreiche  Truppen, 
und  zu  seiner  Zeit  gab  es  auf  der  ganzen  Erde  keinen  König  mehr,  der  ihm  nicht  gehorcht 
und  Tribut  gezahlt  hätte.'* 

„Inzwischen  wuchs  aber  Alexander  auf.  Ueber  dessen  Abstammung  sind  die  Gelehrten 
verschiedener  Meinung.  Die  Perser  behaujjten,  er  sei  nicht  der  Sohn  des  Plülipp,  sondern 
sein  Tochtersohn;  sein  Vater  sei  vielmehr  Dara  (L),  der  Sohn  Bahman's.  Wie  sie  sagen, 
hatte  sich  Philipp  nämlich,  als  Dara  das  Römerland  mit  Krieg  überzog,  im  Friedensvertrage 
zu  Tribut  verpflichtet.  Dann  hatte  dieser  seine  Tochter  zur  Frau  begehrt  und  sie,  nachdem 
er  sie  ihm  gegeben,  [32]  in  seine  Heimath  mitgenommen.  Als  er  ihr  aber  beiwohnen  wollte, 
bemerkte  er,  dass  sie  übel  roch,  und  empfand  Widerwillen  gegen  sie.    Er  gab  sie  also  der 


'    Ilg.  von  Wladimir  Girgas,  Leyden  1888. 

2  Ich  sclireibe  von  hier  an  der  Bequemlichkeit  halber  JJara  statt  Värä. 

3  ^i»i  \>  die   hebräisch  -  syrische  Form. 

*   Das  ist  eben  ans  der  im  Roman  entlehnten  Uebersclnift  seiner  Briefe  erschlossen. 

^   Die  iiersische  Reichsijeschichte  setzt  gerne  voraus,  dass  die  alten  Kdnige  von  Iran  Weltlierrsclier  gewesen  seien. 

5* 


3g  V.  Abhandlung  :  Th.  Nöldeke. 

Vor.steherinn  seiner  Fraueu  zurück  und  befahl  ihr,  Mittel  gegen  jenen  Geruch  anzuwenden. 
Wirklich  verschwand  der  Geruch  zum  Theil  durch  die  Kraft  eines  Krautes,  das  Sandar 
heisst.  Als  Dara  nun  seine  Frau  wiederkommen  Hess,  bemerkte  er  den  Duft  des  Sandar 
und  sprach  AI  Sandar  d.  h.  ,wie  stark  ist  der  Duft  des  Sandar!'  AI  bedeutet  nämlich  im 
Persischen  .Stärke'.'  Er  wohnte  ihr  dann  bei,  und  sie  ward  von  ihm  schwanger,  aber  da 
sein  Sinn  ilir  wegen  des  Geruches  abgeneigt  blieb,  schickte  er  sie  ihrem  Vater  Philipp 
zurik'k.  Da  gebar  sie  den  Alexander;-  so  nannte  sie  ihn  nach  dem  Namen  des  Krautes, 
womit  sie  behandelt  war,  entsprechend  den  Worten  Dara's  in  der  Nacht  der  Beiwohuung. 
Alexander  erwuchs  zu  einem  gescheiten,  wohl  erzogenen,  aufgeweckten  Knaben;  da  sein 
Grossvater  Philipp  seine  Umsicht  imd  Energie  erkannte,  vertraute  er  ihm  die  ganze  Regie- 
runsr  an.  Auf  dem  Sterbebette  übergab  er  ihm  die  Herrschaft  und  ermahnte  die  Grossen  des 
Reiches,  ihm  luiterthan  und  gehorsam  zu  sein.  Nach  der  Thronbesteigung  lag  dem  Ale- 
xander nichts  mehr  im  Sinn,  als  das  Reich  seines  Vaters  Dara,  des  Sohnes  Bahman  s,  zii 
gewinnen.  Darum  zog  er  gegen  seinen  Bruder  Dara  und  kämpfte  mit  ihm  um  das  Reich. 
—  Aber  die  römischen  Gelehrten  verwerfen  diese  Erzählung  und  behaupten,  Alexander  sei 
der  leibliche  Sohn  Philipp's.  Wie  sie  erzählen,  versagte  er,  als  er  nach  Philipp's  Tode 
König  geworden,  dem  Dara,  Sohn  Dara's,  die  Steuer,  die  ihm  sein  Vater  gezahlt  hatte.  ^ 
Da  schrieb  ihm  Dara,  er  möge  jenen  Tribut  schicken,  der  ja  auf  einem  Vertrage  zwischen 
ihm  und  seinem  Vater  beruhe;  allein  Alexander  schrieb  ihm  zurück,  die  Henne,  welche 
jene  Eier  gelegt  habe,  sei  gestorben.  Darob  ergrimmte  Dara  und  schwur,  er  wolle  per- 
sönlich nach  dem  Römerland  ziehn  und  es  verheeren,  aber  Alexander  kümmerte  sich  nicht 
im  geringsten  darum.  Uebrigens  war  Alexander  gleichfalls  tyrannisch  und  selbstgefällig. 
Im  Anfang  seiner  Regierung  [33]  hatte  er  sich  sehr  übermttthig  und  vermessen  gezeigt. 
Aber  im  Römerlande  gab  es  damals  einen  weisen  Philosophen  Namens  Aristoteles,  ein 
Ueberbleibsel  der  alten  Frommen,  der  Gott  allein  verehrte,  an  ihn  glaubte  und  an  keinen 
Abgott.  Als  dieser  von  dem  Uebermuth,  der  Härte  und  dem  ül^eln  Benehmen  Alexander's 
hörte,  begab  er  sich  von  den  entferntesten  Gegenden  des  Römerlandes  nach  Alexander's 
Hauptstadt,  trat  zu  ihm  ein,  während  seine  Grossen  und  die  Häupter  seiner  Unterthanen 
bei  ilmi  waren,  stellte  sich  ohne  Furcht  grade  vor  ihn  hin  und  hielt  ihm  eine  lange  Straf- 
predigt folgendermassen:  ,0  du  übermüthiger  Tyrann,  fürchtest  du  nicht  deinen  Herrn, 
der  dich  erschaffen  und  zurechtgemacht  und  dir  Wohlthaten  erwiesen  hat?  Lässt  du  dich 
nicht  dadurch  warnen,  wie  Gott  die  Tyrannen  vor  dir  umgebracht  hat,  als  sie  ihm  nur 
wenig  dankbar  und  gar  sehr  übermüthig  waren?  u.  s.  w.'  Ueber  diese  Worte  ward  Ale- 
xander sehr  zornig;  er  beschloss  seinen  Tod,  Hess  ihn  aber  zuerst  zum  warnenden  Beispiel 
für  seine  Unterthanen  gefangen  setzen.  Da  Gott  es  aber  gut  mit  Alexander  meinte,  ging 
er  in  sich,  tiberlegte  sich  des  Weisen  Worte,  sie  drangen  ihm  zu  Herzen  und  änderten 
völlig  seinen  Sinn.  So  Hess  er  den  Aristoteles  zu  einem  Zwiegespräch  holen,  hörte  auf 
ihn  und  ward  durch  seine  Warnungen  imd  Exempel  überzeugt.  Kr  erkannte,  dass  er 
Recht  habe  und  dass  alles,  was  ausser  Gott  angebetet  wird,  nichtig  sei,  bekehrte  sich, 
nahm  die  Walirheit  an  und  ward  rechtgläubig.  Da  sagte  er  zu  jenem  Gottesknecht:  , Ich 
bitte  dich,   immer  bei  mir^zu  bleiben,   damit  ich  mir  von  deinem  Wissen  Erleuchtung  hole 


'   Sandariu,  wie   andere   Quollen   liaboii,   Ut   wenigstens  der   Name  eines  stark   duftenden  Harzes,   aber  von   Cd  , Stärke'   ist 

nichts  bekannt. 
*    M-Iükandar, 
'   Hier  HchliesRen  »ich  die  beiden  Erzählungen  wieder  an  einander. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  37 

und  mich  mit  dem  Liclite  deiner  Weisheit  erhelle;'  jener  erwiderte,  wenn  er  das  wolle, 
müsse  er  sein  Gefolge  daran  hindern,  Ungerechtigkeit,  Unterdrückung  und  sonstige  Frevel 
zu  begehn.  Demgemäss  gab  nun  Alexander  drohende  Befehle,  versammelte  die  Häupter 
seiner  Unterthanen  und  seine  Kriegsobersten  und  sprach  zu  ihnen:  ,Wisset,  dass  wir  bis 
heute  bloss  Götzen  verehrt  haben,  die  uns  weder  nützten  noch  schadeten.  Nun  geb'  ich 
euch  aber  einen  Befehl,  der  keinen  Widerspruch  duldet ;  ich  wünsche  nämlich  zu  eurem 
Heile,  was  ich  zu  meinem  eignen  thue,  dass  ihr  Gott  allein  verehret,  keinen  Abgott,  und 
allem  andern,  das  wir  früher  angebetet  haben,  absagt.'  Da  sprachen  alle:  ,Wir  nehmen 
[34]  deine  Worte  an,  erkennen,  dass  du  die  Wahrheit  gesagt  hast,  und  glauben  an  deinen 
und  unsem  Gott.'  Da  ihm  so  die  Gesinnung  der  Vornehmen  gewonnen,  ihr  Wandel  recht- 
schaffen geworden  war  i;nd  sie  wie  er  die  Wahrheit  angenommen  hatten,  gebot  er,  der  Menge 
folgendes  kund  zu  thun :  ,Wir  befehlen,  die  Götzen,  die  ihr  verelirt  habt,  zu  zerbrechen.  Wenn 
ihr  wirklich  meint,  dass  sie  euch  nützen  oder  schaden  können,  so  lasst  sie  sich  doch  selbst 
gegen  ihr  Schicksal  vertheidigen.  Wisset  aber,  dass  ich  es  keinem  hingehn  lasse,  meinem 
Gebote  zu  widerstreben  und  einen  andern  Gott  als  meinen  zu  verehren,  denn  der  ist  der 
Gott,  der  uns  alle  erschaffen  hat.'  Briefe  dieses  Inhalts  gebot  er  im  Osten  wie  im  Westen 
der  Erde  zu  verbreiten,  damit  er  die  Menschen  behandle,  je  nachdem  sie  darauf  eingingen 
oder  nicht.  Da  begaben  sich  seine  Boten  mit  seinen  Briefen  zu  allen  Königen  der  Erde. 
Als  auch  Dara,  Sohn  Dara's,  seinen  Brief  erhielt,*  ward  er  darob  sehr  zornig  und  schrieb 
ihm  zurück:  ,Von  Dara,  der  seine  Unterthanen  wie  die  Sonne  erleuchtet,  an  Alexander 
den  Sohn  Philipp's.  Wir  hatten  uns  von  Philipp  im  Friedensvertrag  eine  bestimmte  Steuer 
ausbedungen,  die  er  uns  auch  sein  Leben  lang  bezahlt  hat.  Sobald  du  nun  diesen  Brief 
erhältst,  lass  mich  nicht  merken,  dass  du  mit  der  Zahlung  irgend  säumst,  sonst  geb'  ich 
dir  die  übeln  Folgen  deines  Benehmens  zu  kosten  und  nehme  fernerhin  keine  Entschuldigung 
mehr  an.'  Als  Alexander  seinen  Brief  bekam,  sammelte  er  seine  Truj^pen  und  zog  nach 
'Iräq  (Babylonien)  zu.  Auf  die  Kunde  davon  barg  Dara  seine  Schätze,  Frauen  und  Kinder 
in  der  Burg  von  Hamadhan  (Ecbatana),  die  er  erbaut  hatte.  Dann  ging  er  kräftig  mit 
seinem  Heer  gegen  Alexander  und  griff  ihn  wiederholt  an.  Da  dieser  nun  in  keiner  Schlacht 
gegen  ihn  etwas  ausrichten  konnte,  schickte  er  eine  heimliche  Botschaft  an  zwei  Männer 
von  Hamadhan,  die  zu  Dara's  Vertrauten  und  den  Ersten  seiner  Leibwache  gehörten,  und 
machte  ihnen  grosse  Versprechungen  (wenn  sie  Dara  umbrächten).  Sie  gingen  auch  darauf 
ein  und  verriethen  Dara,  indem  sie  ihn  eines  Tages,  als  er  dem  Alexander  eine  Schlacht 
lieferte,  von  hinten  überfielen  und  hinstreckten*  Da  lösten  sich  Dara's  Schaaren  auf,  und 
Alexander  drang  bis  zu  ihm  [35],  wie  er  hingestreckt  dalag.  Sofort  stieg  er  ab,  legte  das 
Haupt  Dara's,  der  noch  am  Leben  war,  in  seinen  Schooss,  und  sprach  voll  Trauer  um  ihn: 
,0  mein  Bruder,  wenn  du  wieder  genesest,  lass'  ich  dir  dein  Reich;  sag  mir  nun,  was  du 
bestimmst,  so  will  ich's  vollziehn.'  Dara  antwortete:  ,Nimm  dir  ein  Beispiel  daran,  wie  ich 
gestern  war  und  wie  ich  heute  bin.  War  ich  doch  der,  welchen  die  Könige  fürchteten,  dem 
sie  gehorchten  und  den  sie  sich  durch  Tribut  zum  Freunde  zu  machen  suchten.    Jetzt  liege 


Das  ganze  fromme  Intermezzo,  das  allein  Uinawari  hat,  kann  spurlos  wegfallen.  Da  es  aber  für  gut  muslimische  Gesinnung 

characteristisch  ist,  habe  ich  es  unverkürzt  wiedergegeben. 

Eutychius  erzählt  (273  f.)   weitläufig,   wie  es   Darius   anfängt,   Alexander   so   in  Noth  zu  bringen,   dass  dieser  gern  zurück 

möchte.  Er  macht  dem  Darius  einen  Vorschlag,   der  dahin  zielt,   wenigstens  den  Schein  eines  Sieges  zu  wahren.    Da  aber 

Darius   nicht  darauf  eingeht,  bietet  er  jedem,   der   ihn   aus  der  Klemme  befreie,   unerhörte   Belohnungen.    Darauf  tödten 

zwei  Leibwächter    (mit   den    echt   persischen  Namen    Gusnasp    und   Ädharsist  [?],    Söhne   des   Adharbocht)    den    Darius    mit 

Schwertern. 


gg  V.  Abhandlung  :  Tu.  Nöldeke. 

ich  nach  all  der  Heeresinacht  und  grossen  GeAvalt  einsam  da.'  Als  dann  Alexander  sag'te: 
,0  mein  Bruder,  das  Geschick  scheut  sich  vor  keinem  König  wegen  seines  Reichtlumis 
und  verachtet  keinen  Armen  ob  seiner  Bedürftigkeit.  Die  Welt  ist  ein  Schatten,  der  rasch 
flieht  und  schnell  dahingeht,'  sprach  Dara:  ,Icli  weiss,  dass  alles  von  Gottes  entscheidender 
Bestiumuiug  al)hängt  uiid  dass  alles  ausser  ihm  vergänglich  ist.  Nun  trage  ich  dir  auf, 
dich  meiner  hinterlassenen  Frauen  und  Kinder  anzunehmen  und  meine  Tochter  Rosanak, 
meines  Auges  Labsal  und  meines  Herzens  Freude,  zu  heirathen.'  Als  Alexander  das  zu- 
sagte und  noch  fragte,  wer  ihm  das  gethan  habe,  auf  dass  er  ihn  bestrafe,*  konnte  er  ihm 
nicht  mehr  antworten,  da  ihm  die  Zunge  starr  wurde.  Gleich  darauf  verschied  er.  Da 
Hess  Alexander  Dara's  Mörder  über  seinem  Grabe  ans  Kreuz  hängen  und,  als  sie  sich 
darauf  beriefen,  der  König  habe  ihnen  ja  verheissen,  sie  über  alle  seine  Heerschaaren  zu 
erhöhen,  sagte  er:  ,Da8  thue  ich  ja  gerade.'  Dann  Hess  er  sie  steinigen.^  —  Darauf  richtete 
er  an  Dara's  Mutter  und  Frau  in  Hamadhan  einen  Trostbrief  und  schrieb  an  seine  Mutter 
in  Alexandria,  sie  möge  nach  Babylonien  kommen,  Rosanak,  Dara's  Tochter,  aufs  schönste 
ausstatten  und  ihm  nach  Persis  schicken.  Das  that  sie  auch.  —  Sodann  brach  Alexander 
gegen  Füi*  (Porus),  König  von  Indien,  auf.  An  der  Gränze  von  Indien  trafen  sie  auf  ein- 
ander." Da  forderte  Alexander  den  Für  zum  Zweikampf  auf,  ohne  dass  die  beiden  Heere 
einander  umbrächten.  Für  ging  begierig  darauf  ein,  denn  er  war  ein  sehr  grosser  und 
sehr  starker  Mann  und  sah,  dass  Alexander  klein  und  schmächtig  war.  Als  er  aber  den 
Zweikampf  unternahm  [36]  und  sich  (nach  Beendigung  des  Kampfes)  der  Staub  verzog, 
zeigte  sich,  dass  Für  todt  war.  Da  unterwarfen  sich  ihm  seine  Truppen,  und  er  nahm  die 
Unterwerfung  an.  —  Darauf  zog  er  ins  Land  der  Schwarzen;  da  sah  er  Menschen  (schwarz) 
wie  Raben,  die  nackt  und  barfuss  im  Sumpfdickicht  herumschwärmten,  sich  von  Früchten 
nährten  und,    wenn    keine  wuchsen,    einander   auffrassen.*    An    ihnen    vorbei    ging   er    luid 


'  Hier  ist  eine  Discrepanz  iu  der  Ueberlieferung.  Oben  hat  er  ja  selbst  die  Mörder  angestiftet.  —  Eutychius  278  wesentlich 
wie  im  griechischen  Te.xt:  Nach  der  Bestattung  ergeht  die  Proclämation,  der  Mfirder  solle  über  alle  erhfiht  werden.  Sie 
stellen  sich  dann,  und  er  erhöht  sie  dadurch  (wie  bei  Dinawari  n.  s.  w.),  dass  er  sie  an  zwei  hohen  Bäumen  autliängen 
I&sst.  —  Die  Versionen,  welche  Alexander  noch  viel  zweideutiger  hinstellen,  sind  vielleicht  erst  durch  Verkürzung  entstan- 
den. Sehr  hägslich  wird  die  Sache  bei  Leo  und  noch  hässlicher  bei  Lamprecht,  wo  (S.  255)  der  feierliche  Eid  Alexander's 

al»  nichtig  angesehen  wird,  denn: 

mmi  ne  aal  dem  uiitrfiwen  man 

neheine  trüwe  leisten. 

'  Im  Orient  hängte  man  den  Verbrecher  entweder  lebend  ans  Kreuz,  um  ihn  dann  rasch  durch  Speerwerfen,  Steinigen  oder 
dgl.  zu  tödten,  oder  man  kreuzigte  erst  den  Leichnam.  Die  entsetzliche  römische  Art  der  Kreuzigung  war  bei  den  Orien- 
talen nicht  Üblich. 

•  Dinawari'»  Zeitgenosse  Ja'qühi  (schrieb  um  880)  hat  mehr  über  diesen  Krieg  (ed.  Houtsma  1,  06  f):  ,Zu  den  Königen  vnn 
Indien  gehört  auch  Für,  das  Ist  der,  in  dessen  Land  Alexander  einfiel,  nachdem  er  den  König  der  Perser  getödtet  und 
'Iräq  sowie  die  benachbarten  Länder,  die  unter  der  Herrschaft  des  Därajawas  gewesen  wai'en,  erobert  hatte.  Als  nämlich 
Alexander  in  einem  Briefe  verlangte,  da.ss  sich  Für  ihm  unterwerfe,  erwiederto  dieser,  er  ziehe  mit  seiner  Heeresmacht 
gegen  ihn.  Da  beeilte  sich  Alexander,  gegen  sein  Land  zu  marschieren,  und  da  Für  ihm  entgegenzog,  griff  er  ihn  an. 
Für  aber  führte  die  Elephanten  vor,  so  dass  Alexander,  weil  diesen  nichts  widerstand,  in  Nachtheil  kam.  Nun  machte 
Alexander  aber  Erzbilder,  füllte  sie  mit  Naphtha  uiul  Schwefel,  Hess  diese  inwendig  anzünden,  schaffte  die  Bilder  dann  mit 
Hebeln  auf  Wagen,  behängte  sie  mit  Waffen  und  stellte  sie  vor  die  Reihen.  Beim  Zu.sammonstoss  schoben  die  Männer  sie 
nach  den  Elejihanten  hin.  Die  Elephanten  stürzten  sogleich  mit  vorge.streckten  Küssein  auf  sie  zu  und  schlangen  diese 
um  das  glühende  Erz:  da  verbrannten  sie  sich,  wandten  sich  zur  Flucht  und  zersprengton  und  vernichteten  dabei  die  in- 
dischen Beiteriichaaren.  Dann  rief  Alezander  den  Für,  König  von  Indien,  zum  Zweikampf  auf,  und  als  er  darauf  einging, 
tOdtete  er  ihn  im  Zweikampf  und  nahm  sein  Lager  ein.'  —  Bei  Ihn  Athtr  (XIII.  Jahrh.)  sind  die  ehernen  Statuen  Ele- 
phantenbilder  (1,  204  f.).  —  Schon  die  Form  Für  weist  darauf  hin,  dass  überall  die  Pehlewi-Quelle  des  Syr.  zu  Grunde 
liegt.  Beachte  noch  die  Wagen  bei  Ja'(|fibi,  die  von  Arm.  und  von  dem  sjiäten  Ihn  'Aniid  abgesehn,  sonst  nur  in  Syr.  vor- 
kommen. —  Nach  Ja'()fibi  macht  Alexander  darauf  den  weisen  König  --f-^  zum  König  der  Inder,  auf  den  wir  unten 
(S.  47)  zurilckkonnnen. 

*  Die  Uymnosophijiten  scheinen  hier  mit  irgend  einem  der  wilden  oder  Thiervölker  des  Aristotelesbriefes  verschmolzen  zu  sein. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  39 

setzte  dann  nach  dem  Ufer  von  Aden  im  Lande  Jemen  über.  Da  zog  ihm  der  König  von 
Jemen  Tnbba'  alAqran*  entgegen,  unterwarf  sich  ihm,  verpflichtete  sicli  zu  einem  Tribut 
und  Hess  ilm  in  die  Stadt  Sanft  ein,  wo  er  ihm  allerkn  von  den  Kostbarkeiten  Jemen's 
gab.  Nachdem  Alexander  dort  einen  Monat  verweilt  hatte,  zog  er  nach  Tihama.^  Damals 
wohnten  in  Mekka  die  Chuzaa,  da  sie  sich  des  Ortes  bemächtigt  hatten.  Als  nun  Nadr, 
Sohn  Kinäna's^  zu  Alexander  trat,  sagte  er  ihm:  ,Was  wohnen  diese  Chuza  a  auf  dem 
heiligen  Gebiete?',  vertrieb  sie  dann  aus  Mekka  und  übergab  es  dem  Nadr  und  seinen 
Brüdern.  Er  vollzog  dann  die  Wallfalirt  nach  dem  heiligen  Hause  Gottes,  vertheilte  man- 
cherlei Geschenke  an  die  Kinder  des  Ma'add,  Sohnes  des  Adnan,^  welche  auf  dem  heiligen 

Gebiete  wohnten,  und  setzte  dann  von  Gudda  übers  Meer  nach  dem  Westen  über"' 

[37]  ...  .  Alexander  hörte  von  der  Candace,  der  Königinn  des  Westens,  von  der  Ausdehnung 
ihres  Gebiets,  der  Fruchtbarkeit  ihres  Landes  und  ihrer  grossen  Macht,  sowie  dass  ihre 
Stadt  vier  Wegstunden  breit  und  jeder  Stein  der  Stadtmauern  60  Ellen  lang  sei.  Ferner 
vernahm  er,  wie  verständig  und  umsichtig  Candace  sei.  Da  schrieb  er  an  sie:  ,Von  dem 
König,  der  über  alle  Könige  der  Erde  Gewalt  hat,  Alexander,  dem  Sohne  Philipj^'s,  an 
Candace,  die  Königinn  von  Samara. "  Du  hast  gehört,  wie  viel  Länder  mich  Gott  hat  ge- 
winnen lassen,  wie  er  mir  Macht  und  Sieg  verliehen  hat:  leistest  du  mir  nvxn  Geliorsam, 
glaubst  an  Gott  und  sagst  den  Götzen  ab,  die  ausser  Gott  verelu*t  werden,  und  schickst 
mir  die  geljürende  Abgabe,  so  nehme  ich  das  an,  verschone  diclv  und  vermeide  dein  Gebiet, 
(iehst  du  aber  nicht  darauf  ein,  so  zieh'  ich  gegen  dich.  Nur  in  Gott  ist  Kraft.'  Auf 
diesen  Brief  antwortete  sie:  ,Mir  so  zu  schreiben,  wie  du's  gethan  hast,  bist  du  bloss 
durch  deine  grosse  Ueberhebung  und  deine  Selbstgefälligkeit  veranlasst.'  Willst  du's,  so 
zieh  nur  gegen  mich:  dann  wirst  du  von  mir  anderes  zu  schmecken  bekommen  als  von 
den  Andern.  Schönen  Gmss!'  Nachdem  er  diese  Antwort  empfangen,  schickte  er  den 
König  von  Aegypten  (Ptolemäus),  der  ihm  dienstbar  war,  an  sie,  um  sie  zur  Unterwerfung 
aufzufordern  und  ihr  die  bösen  Folgen  des  Widerstandes  vorzuhalten.  Doch  als  dieser  mit 
100  von  seineu  Vertrauten  zu  ihr  reiste,  fand  er  bei  ihr  kein  Entgegenkommen,  kehrte 
also  zu  Alexander  zurück  und  meldete  es  ihm.  Nunmehr  rüstete  sich  der  König  selbst 
gegen  sie,  zog  mit  seinen  Truppen  bis  nach  der  Stadt  Qairawan,  die  eine  Monatsreise  von 
Aegypten  entfernt  ist,**  nahm  sie  mit  Anwendung  der  Belagerungsmaschinen  ein,  und  rückte 
dann  gegen  Candace.  Nachdem  sich  mit  ihnen  allerlei  Geschichten  begeben  hatten,'-'  schloss 
er  mit  ihr  einen  Friedensvertrag,  worin  er  versprach,  ihre  Macht  und  ihr  Gebiet  durchaus 
nicht  anzutasten.    —  Von  dort   zog   er  nach   der  Finsterniss  im  Norden,   drang  in   sie   ein 


'  Der  Zug  durch  Jemeu  uuil  der  König  alA(iraii  sind  aus  der  jemenischen  Lügengescliiclite  genommen  und  natürlich  ebenso 
erst  muslimischen  Ursprungs  wie  der  darauf  folgende  Besuch  von  Mekka. 

2   Die  Küstenebene  und  die  Vorberge  Westarabiens.  Von  den  Einwohnern  wird  auch  Mekka  dazugerechnet. 

'  Von  diesem  leiteten  sich  die  Korai.schiten  ab.  Die  Chuzä'a  wolinten  zu  Muhammed's  Zeit  in  der  Nähe  von  Mekka.  Dass 
sie  früher  das  Heiligtlium  verwaltet  hätten,  wird  aucli  sonst  angegeben.  Da.ss  Alexander  die  Koraiscli  an  ihre  Stelle  ge- 
setzt haben  soll,  ist  immerhin  ein  merkwürdiger  Beweis  davon,  was  man  alles  au  seine  Person  gehängt  hat! 

*  Stammvater  (oder  vielmehr  Eponym)  der  s.  g.  Ismaelitischon  Araber. 

*  Gudda,  heutzutage  Oidda.  Der  ,Westen'  (Maghrih)  ist  Nordafrica  (ausser  Aegypten)  und  Spanien.  Nach  einer  für  uns 
gleichgültigen  Stelle  über  die  Theilung  der  Erde  unter  die  drei  Söhne  Noah's  wird  mit  der  Candace -Geschichte  wieder 
der  Anschluss  an  den  Roman  erreicht.  ' 

"   l£[jLipi;i£Cü;  flx-TiXcia  .H,   17  f.  ist  auch  in  Syr.  missverstandon  als  ,Land  der  Semiräer'. 

'   Die  Antwort  weiss  nichts  von  den  frommen  Sätzen  in  Alexander's  Brief,  die  jedenfalls  eine  späte  Zuthat  sind. 

*  Die  Itinerare  der  arabischen  Geographen  ergeben  von  Alexandria  nach  Qairawan  (südlich  von  Tunis)  ungetahr  1  '/a  Monat 
für  Karavanen  (ohne  Ruhetage).  Ein  Heer  würde  weit  längere  Zeit  gebrauchen.  —  Der  Bericht  setzt  die  Candace  westlidi 
von  Aegypten  statt  8üdli(di. 

*  Das  Wichtigste,  die  Ueberlistung  Alexander's   durcli  Candace,  wird  hier  also  ausgelassen. 


40  ^  •  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 

lind  zo<r  durch  sie,  [38]  so  lauge  es  Gott  gefiel.  Dauu  kehrte  er  uui  l)is  au  die  Grftuze 
des  Rönierlandes,  wo  er  zwei  Städte  erbaute,  Cappadocia'  luid  Syrla.^  Als  er  darauf  nach 
dem  Ostmeer  Übersetzen  wollte,  sagten  seine  Wezire:  ,Wie  kannst  du  von  dieser  Seite  her 
nach  dem  Sonnenaufgang  übersetzen,  da  das  grüne  Meer  dazwischen  liegt,  auf  dem  die 
Schiffe  nicht  vorwärts  kommen;  sein  Wasser  ist  ja  me  Eiter,  und  kein  Mensch  kann  seineu 
Gestank  aushalten.'  Da  er  jedoch  darauf  bestand,  im  Nothfall  die  Fahrt  allein  zu  machen, 
sagten  sie:  ,Dann  gehn  wir  mit,  wohin  du  auch  gehst'  So  zog  er  weiter  durchs  ganze 
Römerlaud  gen  Sonnenaufgang,  erreichte  und  durchzog  die  Länder  der  Slaveu,  der  Chaza- 
ren  und  der  Tdrken;  all  diese  Völker  unterwarfen  sich  ihm.  Dann  kam  er  an  die  Wüste 
zwischen  dem  Türkenlande  und  China;  auch  in  diese  drang  er  ein.^  Als  er  al)er  nahe  bei 
China  war,  Hess  er  einen  seiner  Wezire  Namens  Fitäüs*  seine  Stelle  einnehmen  und  hiess 
ihn  sich  Alexander  nennen,  während  er  sich  selbst  unter  den  Namen  Fitäüs  zum  König 
von  China  begab.  Als  er  zu  diesem  eingetreten  war,  antwortete  er  auf  die  Frage:  ,Wer 
bist  du?'  ,Der  Gesandte  Alexander's,  der  über  alle  Könige  der  Erde  Gewalt  hat'.  ,Wo 
liast  du  ihn  gelassen?'  ,An  der  Gränze  deines  Landes.'  ,Welchen  Auftrag  hat  er  dir  ge- 
geben?' ,Dich  zu  ihm  zu  bringen.  Gehst  du  darauf  ein,  so  bestätigt  er  dich  im  Besitz 
deines  Landes  und  beschenkt  dich  schön;  sonst  tödtet  er  dich  und  verheert  dein  Land. 
Verstehst  du  meine  Worte  nicht,  so  frage  nur  nach  Dara,  dem  Sohn  Dara's,  dem  König 
von  Iran,  ob  es  je  auf  Eyden  einen  Fürsten  mit  grösserem  Gebiet,  mehr  Truppen  und 
gewaltigerer  Macht  gegeben  hat,  wie  aber  Alexander  gegen  ihn  gezogen  ist,  und  ihm 
Leben  und  Reich  geraubt  hat;  und  frage  nach  Für,  dem  König  von  Indien,  Avie  es  dem 
ergangen  ist'  Darauf  antwortete  der  König  von  China:  [39]  ,0  Fitäüs,  wohl  hab'  ich  von 
dem  Manne  gehört  und  welch  grosse  Erfolge  ihm  Gott  gewährt  hat.  Ich  war  auch  gerade 
im  Begriff,  eine  Gesandtschaft  mit  der  Bitte  um  Abschluss  eines  Friedensvertrags  an  ihn 
zu  schicken.  Drum  melde  ihm,  dass  ich  ihm  Gehorsam  leiste  und  einen  jährlichen  Tribut 
zahle;  so  l)raucht  er  mein  Land  nicht  zu  betreten.'  Dann  schickte  er  ihm  seine  Krone 
uüd  allerlei  Kostbarkeiten  seines  Landes  zum  Geschenk,  nämlich  Zobel-  und  Hermeliupelze, 
Seide,  chinesische  Seide,  "^  indische  Schwerter  und  Sättel,  Moschus,  Ambra,  goldene  und 
silberne  Schüsseln,  Panzer,  Armschienen  und  Helme.  Alexander  nahm  diese  Geschenke  au, 
kehrte  zu  seinem  Heere  zurück  und  liess  China  vmbetreteu. "  —  Alsdann  zog  er  zu  dem 
Volke,  von  dem  Gott  der  Erhabene  erzählt:  ,Da  sagten  sie:  0  Zweigehörnter,  Gog 
und  Magog  richten  Unheil  im  Lande  an',  und  nun  geschah  die  Erbauung  des  Walls  und 
was  Gott  sonst  in  seinem  Buche  bei-ichtet  (Süra  18,  93  ff.).  Da  fragte  er  sie,  wer  jene  ver- 
schiedenen Völker  seien;   sie  antworteten:   ,Wir  Avollen  dir  die  in  unsrer   Nähe   befindlichen 


'   MOglicli  wäre  auch,  das  entstellte  Wort  statt  in  Kappadolda  in  Kilikia  zu  verbessern  (vergl.  48,  8). 

*  Die  Quelle  ilieser  Angabe  ist  mir  unbekannt.  Das  Folgende  genau  iiacli  der  syrischen  Legende. 

*  Die  letzten  Sätze  leiten  von  der  Legende  wieder  zum  Koman  über.  Das  Folgende  ganz  wie  im  syri.schen  Text,  worauf 
um  »o  mehr  Gewicht  zu  legen,  als  es  sonst  in  keinem  erhaltenen  Text  des  Pseudocallisthenes  vorkommt. 

*  Dieser  Name  so  in  Syr.  195.  Vielleicht  aus  üsiOtuv,  der  als  DüOtuv  bei  A  3,  31  erscheint  (Arm.  PUhön,  Syr.  Priton). 

*  Den  Untentchicd  zwischen  lä.  und  ^^^-^.o  »J»a.  kenne  icli  so  wenig  wie  den  zwischen  den  entsprechenden  syrischen 
Ausdrucken. 

*  Die  abgekürzte  Darstellung  vorwischt  die  I'ointe,  welche  bei  Firdausi  genau  wie  in  Syr.  ist,  nämlicli  dass  der  König  von 
China  in  vollem  Uewusstsein  seiner  Kraft  zwar  sich  weigert,  zu  Alexander  zu  kommen,  aber  andererseits  aus  reiner  Friedens- 
liebe ihm  die  Geschenke  —  keinen  Tribut  —  schickt.  Sehr  gehoben  wird  die  Person  dos  Chinesen  noch  in  der  Darstellung 
bei  Ihn  Athir  1,  2(X>;  da  kommt  umgekehrt  der  König  von  China  zu  Alexander,  unterhandelt  mit  ihm  über  den  Tribut, 
scblieiist  ihn  aber,  nachdem  sie  sich  auf  ein  Drittel  der  jährlichen  Einkünfte  geeinigt  haben,  mit  seinen  Truppen  völlig 
ein,  nur  um  Alexander  zu  zeigen,  dass  er  sich  nicht  aus  Schwäche  unterworfen  habe.  Die  Nüchternheit  und  Klugheit  der 
Chinesen  bat  ja  noch  den  Europäern  des  XVIII.  Jahrhunderts  vielfach  als  hohe  Weisheit  gegolten. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  41 

nennen;  es  sind  Gog,  Magog,  Näwil,  Täris,  Minsak,  Kumärä/  Nachdem  er  dann  mit  dem 
Bau  des  Walles,  der  sie  von  jenen  Völkern  trennte,  fertig  geworden  war,  verliess  er  sie 
und  kam  zu  einem  Volke  von  rother  Farbe  mit  röthlichem  Haar,  bei  dem  Männer  und 
Frauen  getrennt  und  nur  drei  Tage  im  Jahre  zusammen  leben.  Wer  sich  von  ihnen  ver- 
heirathen  will,  muss  es  in  diesen  drei  Tagen  thun.  Gebiert  nun  eine  Frau  ein  mannliches 
Kind,  so  giebt  sie  es,  nachdem  es  entwöhnt  ist,  in  diesen  Tagen  dem  Vater  zurück;  ein 
weibliches  Kind  aber  behält  sie  bei  sich.^  —  Dann  verliess  er  diese  und  zog  bis  nach 
Ferghana;  dort  sah  er  kräftige  und  schöne  Leute,  welche  sich  ihm  imterwarfen.  Von  Fer- 
ghäna  zog  er  nach  Samarkand,  hielt  dort  an  und  verweilte  einen  Monat.  [40]  Darauf  zog 
er  weiter  über  Buchara  bis  zum  grossen  Strom  (Oxus),  über  diesen  setzte  er  auf  Schiffen 
nach  Amüje,  d.  i.  Amul  in  Choräsan.  Nachdem  er  dann  durch  das  Wüstenland  gezogen 
war,  kam  er  in  eine  Gegend,  die  vom  Wasser  überwältigt  und  zum  Sumpf-  und  Wiesen- 
gebiet geworden  war;  da  Hess  er  das  Wasser  durch  Dämme  absperren,  so  dass  das  Land 
trocken  ward,  und  baute  dann  dort  eine  Stadt,  siedelte  Leute  darin  an,  überwies  ihr  ein 
Landgebiet  mit  Dörfern  und  Burgen  und  nannte  sie  Margiänüs  d.  i.  Merw.  Man  nennt  es 
auch  Milanüs.^  Dann  zog  er  bei  Nesäpür  und  Tüs  vorbei  bis  Rai.*  Dieser  Ort  bestand 
damals  noch  nicht,  sondern  wurde  erst  später  unter  der  Regierung  des  Peroz,  Sohnes  des 
Jezdegerd,  Sohnes  des  Bahräm  Gör  erbaut.*  Von  dort  begab  er  sich  über  das  Bergland 
(Medien)  und  Holwän  nach  'Iräq,  machte  in  der  ,alten  Stadt',  die  Ctesiphon*'  heisst,  Halt 
und  blieb  dort  ein  Jahr  lang.  Dann  zog  er  nach  Syrien  und  kam  nach  Jerusalem.  Als 
er  dort  ruhig  sass,  sprach  er  zu  seinem  Lehrer  Aristoteles;  ,Ich  habe  mir  die  Todfeind- 
schaft aller  ErdenbeAvohner  zugezogen,  da  ich  ihre  Könige  umgebracht,  ihre  Länder  erobert 
und  ihr  Gut  genommen  habe;  deshalb  fürchte  ich,  dass  sie  aus  Hass  gegen  mich  nach 
meinem  Tode  gemeinsam  über  meine  Landsleute  herfallen  und  sie  gänzlich  ausrotten.  Dar- 
um will  ich  die  angesehnen  und  vornehmen  Leute,  Alle,  die  in  irgend  einem  Lande  eine 
leitende  Stellung  einnehmen,  und  alle  Königssöhne  kommen  lassen  und  umbringen.'  Doch 
sein  Lehrer  erwiederte  ihm:  ,Einen  solchen  Plan  kann  kein  weltentsagender'  imd  frommer 
Mann  hegen.  Ausserdem  werden  die  Leute,  wenn  du  die  Königssöhne,  die  Angesehnen 
und  Leitenden  tödtest,  dich  und  deine  Landsleute  nach  deinem  Tode  noch  ärger  hassen. 
Vielmehr  wäre  es  richtig,  du  liessest  die  Königssöhne  und  Angesehnen  zu  einer  Versamm- 
lung bei  dir  einladen,  gäbest  ihnen  Kronen  und  machtest  sie  alle  zu  Königen  je  über  ein 
einzelnes  Land.  Dann  werden  sie  sich  um  die  Herrschaft  streiten,  jeder  wird  dem  andern 
sein  Gebiet  [41]  nehmen  wollen,  und  so  verhinderst  du  sie  daran,  dein  Land  zu  verderben, 
wendest  ihre  Kraft  gegen  sie  selbst  und  machst,  dass  sie  genug  mit  einander  zu  thun 
haben.'    Diesen  Rath  nahm  Alexander  an  und  führte  ihn  aus:  so  entstanden  die  s.  g.  ,Theil- 


'  Näwil  ist  =  \aJ  der  Legende,  s.  oben  S.  33.  Also  nicht  Täivil  zu  lesen  und  =  Tubal  Gen.  10,  2  zu  setzen,  obwohl  die  fol- 
genden drei  Namen  sicher  =  Tiras,  Mesech  und  Goiuer  eb.  sind. 

^   Die  Amazonen  stehn  wie  die  Candace  an  einer  andern  Stelle  als  im  Roman. 

'  Das  beruht  sicher  auf  einer,  durch  kleine  Aenderungen  leicht  raüglichen,  Entstellung  des  Namens  im  Pehlewi  {l  und  r 
haben  ja  dasselbe  Zeichen;  auch  i  und  g). 

*  Aus  Hochasien  kehrt  ,der  Zweigehörnte'  auch  bei  Qodäma  (schrieb  um  930)  über  Transoxanien,  Choräsan  und  Medien  nach 
Babylonien  zurück;  s.  den  Text  hinter  de  Goeje's  Ibn  Chordädhbeli  26.5,  französische  Uebersetzung  206  f.  —  Kurz  ähnlich 
Mas'üdi  2,  250.    Alles  dies  wesentlicli  wie  in  Syr. 

^  Ptröz  regierte  459—484.  Rai  (Rhagao)  ist  aber  in  Wirklichkeit  eine  uralte  Stadt. 

'  Die  Hauptstadt  der  späteren  Reiche  wird  für  Babylon  substituiert.  ,Die  alte  Stadt'  ist  übrigens,  genau  genommen,  nur  ein 
Theil  von  C'tesiphon  oder  ein  Ort  neben  diesem. 

'   Schönes  Prädicat  für  den  Welteroberer!   Der  erste  Satz  ist  aber  eine  Zuthat,  die  wieder  den  klugen  Aristoteles  zum  from- 
men  machen  soll. 
Denkschriften  der  phil.-bist.  Cl,  XXXVIII.  Bd.    V,  Abb.  g 


42  V.  Abhandlung:  Th.  Nölueke. 

könige'.'  i>iiraul'  starb  Alexander  in  Jerusalem  nach  einer  Regierung  von  dreissig  Jahren. 
Vierundzwanzig  Jahre  durchzog  er  die  Erde,  drei  A\ar  er  voi'her  im  Anfang  seiner  Regie- 
rung in  Alexandria  geblieben  und  drei  blieb  er  nach  der  Heimkehr  in  Syrien.  Er  wurde 
in  einen  goldenen  Sarg  gelegt  und  nach  Alexandria  gebracht.*  Er  hat  zwölf  Städte  erbaut, 
nämlich 

1.  Alexandria  in  Aegypten. 

2.  Negrän  in  Arabien. 

3.  Merw  in  Choräsan. 

4.  Gai  im  Gebiete  von  Ispahiin. 

5.  Eine  Stadt  am  Ufer  des  Meeres  Namens  Saidüdä  (?). 

6.  Eine  Stadt  in  Indien  Namens  Garwin  (?). 

7.  Eine  Stadt  in  China  Namens  Faratija  (?). 
Die  übrigen  liegen  im  Römerlande.''" 


Tabari  (lebte  von  839 — 923)  stellt  in  seiner  grossen  Weltclironik  nach  seiner  Weise 
verschiedene  Berichte  über  Alexander  zusammen,  wobei  sich  allerlei  Widersprüche  und 
Wiederholungen  ergeben.     Ich  übersetze  diesen  ganzen  Abschnitt  (I,  693  ff.): 

„Hissim  ibn  Muhammed*  berichtet:  Nach  Dara,  dem  Sohn  des  ArdaSir,^  regierte  Dara, 
Sohn  Dara's,  14  Jahre  lang.  Er  behandelte  sein  Volk  schlecht  und  tödtete  dessen  Häupter; 
da  zog  Alexander  aus  Abscheu  vor  solchem  Thun  gegen  ihn.  Da  die  Unterthanen  seiner 
ganz  überdrüssig  geworden  waren  und  ihn  loszuwerden  [694]  wünschten,  so  gingen  viele 
ihrer  angesehensten  Leute  zu  Alexander  über,  zeigten  ihm,  wie  dem  Dara  am  leichtesten 
beizukommen  sei,  und  unterstützten  ihn  kräftig  gegen  ihn."  Sie  trafen  in  Mesopotamien  auf 
einander  und  kämpften  ein  Jahr  lang.'  Darauf  erhoben  sich  einige  von  Dara's  Genossen, 
tödteten  ihn  und  suchten  sich  durch  Ueberbringung  seines  Kopfes  dem  Alexander  angenehm 
zu  machen.     Er  aber  Hess   sie  tödten  und  sprach:    ,Das   ist  der  Lohn  dessen,   der  sich  an 

'  Dieser  Rath  steht  nicht  etwa  an  der  Stelle  des  Testaments,  sondern  an  der  des  Briefes  von  Aristoteles  3,  27  Val.  (Müller 
139  f.);  Syr.  (232);  d.xs  ergiebt  sich  noch  deutlicher  aus  Firdausi.  Mit  der  Bezeichnung  der  ,Theilkönige'  fassten  die  spätem 
Orientalen  die  ganze  Periode  zwischen  Alexander  und  dem  ersten  Säsänidischen  Grosskönig  zusammen,  der,  nicht  ganz 
mit  Unrecht,  als  Wiederhersteller  der  Einheit  Irän's  gilt.  Von  jener  Periode  wissen  sie  so  gut  wie  nichts.  —  Wie  noch 
Andre  hat  auch  Ibn  Athir  1,  205  f.  diesen  Rath  des  Aristoteles.  Dazu  fügt  er  einen  ähnlichen:  Da  Alexander  sich  vor 
einigen  tapfem  und  unternehmenden  Römern  fürchtet,  hei.sst  Aristoteles  ihn  brief  lieh  die,  welche  tapfer,  aber  ohne  Verstand 
seien,  durch  schöne  Weiber  und  sonstige  Ueppigkeit  weichlich  machen  —  also  ähnlicli  wie  nach  Horod.  1,  155  die  Lyder 
unschädlich  gemacht  sein  sollen. 

*  Eutychius  286  und  Firdausi  haben  auch,  dass  die  Leiche  in  Honig  gelegt  wurde,  wie  Syr.  und  Leo.  —  Bei  Mas'üdi  2,  257 
wird  PtolemSus  der  Sohn  des  .Hasen'  (Arnab  =  Lagos),  der  seine  Leiche  nach  Alexandria  zu  seiner  Mutter  bringen  soll, 
als  »ein  designierter  Nachfolger  bezeichnet,  ganz  im  Sinne  des  Romans.  —  Derselbe  schreibt,  das  Grab  von  weissem  Tind 
buntem  Marmor  (Porphyr?)  bestehe  noch  zu  seiner  Zeit  (940);  aus  dem  goldnen  Sarg  habe  ihn  schon  Olympias  nehmen 
lajwen,  um  die  Habgier  der  Spätem  nicht  zu  reizen.  Mas'üdJ  hat  das  Grab  vielleicht  noch  wesentlich  in  dem  Zustande  gesehen, 
den  .Septimius  Severns  eingerichtet  hatte  (Dio  Cassius  25,  132).  Wann  ist  dies  Grab  verschwunden? 

•  In  Nr.  2  steckt  der  Granicus;  in  7  violleicht  Map'  'Opsiroe;  (auch  nach  Syr.  194  i.st  , Alexandria  die  Königinn  der  Berge' 
wenigstens  nicht  all  zu  weit  von  China  gelegen).  Möglicherweise  hatte  der  Pehlewi-Text  hier  erst  eine  Transscription  des 
g^echischen  Namens  und  dann  die  Uebersetzung;  Syr.  gab  nur  diese,  die  arabische  Uebersetzung,  der  Dinawari  folgt,  nur 
jene  wieder.  —  5  entspricht  dem  .Alexandria  am  Ufer  des  grossen  Meers'  (falsch  für  , Flusses')  und  Saidfida  ist  eine  \voi- 
tere  Comiption  aus  Tivf.Sa;  »o  Ganvin  (6)  aus  ri'öpov.  —  Dass  Ispahän  oder  dessen  einer  Haupttheil  Gai  von  Alexander 
erbaut  sei,  finden  wir,  unabhängig  vom  Itoman,  auch  sonst  bei  orientjilischen  .Schriftstellern,  s.  S.  47  unten. 

*  Einer  der  eifrigsten  und  gelchrte8t<!n  Logographen  (starb  als  Greis  819/20). 

'   Die  Identifieierung  des  Bahman  mit  dem  Artaxerxes  Langhand  (s.  oben  S.  34  Anm.)  kann  sehr  wohl  von  Ilisäm  herrühren. 

•  Das  ist  eine  persische  Beschönigung:  Alexander  hat  Persien  mit  i)er8ischor  Hülfe  unterworfen. 
'   Nach  Eutychius  273  kämpften  sie  40  Tage  lang  in  Mesopotamien. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  43 

seinem  Könige  vergreift."  Er  heirathete  Dara's  Tochter  R6§anak.  Darauf  machte  er  einen 
Kriegszug  nach  Indien  und  den  Ostländern,  wandte  sich  sodann  zurück  nach  Alexandria. 
starb  aber  an  der  Gränze  des  Sawad  (=  'Iräq,  Babylonien).  Seine  Leiche  ward  in  einem 
goldenen  Sarge  nach  Alexandria  gebracht.  Er  hatte  14  Jahre  regiert.  Damals  wurde  das 
römische  Reich  geeint,  das  vor  Alexander  zersplittert,  und  das  persische  zersplittert,  das  vor 
ihm  geeint  gewesen  war. 

„Nach  einem  andern  Bericht  .  .  .  .^  war  Alexander's  Vater,  Philipp  der  Grieche,  aus  einem 
griechischen  Orte^  Namens  Makedonia,  dessen  König  er  war  wie  auch  andrer  Gegenden, 
die  er  dazu  gewonnen  hatte.  Durch  einen  Friedensvertrag  hatte  er  sich  zu  einer  jährlichen 
Abgabe  an  Dara  verpflichtet.  Als  aber  Philipp  gestorben  und  sein  Sohn  Alexander  sein 
Nachfolger  geworden  Avar,  schickte  er  ilun  die  Abgabe  nicht  wie  es  der  Vater  gethan  hatte. 
Dadurch  aufgebracht,  schrieb  Dara  ihm  einen  Brief,  worin  er  ihm  sein  schlechtes  Benehmen 
vorhielt,  dass  er  [695]  die  Abgabe  und  andres  nicht  mehr  schicke,  wie  der  Vater  sie  ge- 
schickt habe.  Dazu,  hiess  es,  habe  ihn  nur  die  Thorheit  des  Knabenalters  veranlasst. 
Zugleich  sandte  er  ihm  einen  Schlägel,  einen  Ball  und  einen  Scheff'el  Sesam,*  und  schrieb 
ihm  dazu,  da  er  noch  ein  Knabe  sei,  gezieme  es  sich,  dass  er  mit  Ball  und  Schlägel  spiele, 
die  er  ihm  hiemit  sende,  und  sich  nicht  mit  dem  Regieren  abgebe;  wenn  er  sich  nicht  aufs 
Spielen  beschränke,  die  Regierung  in  die  Hand  nehme  und  gegen  ihn  widerspänstig  sei,  so 
sende  er  ihm  Leute,  die  ihn  in  Ketten  zu  ihm  bringen  würden.  Die  Zahl  seiner  Truppen 
sei  so  gross  wie  die  der  Sesamkörner,  die  er  ihm  schicke.  Auf  diesen  Brief  schrieb  ihm 
Alexander,  er  habe  dessen  Inhalt  verstanden,  sich  den  Ball  und  den  Schlägel,  von  dessen 
Sendung  er  schreibe,  betrachtet  und  sie  als  gutes  Vorzeichen  aufgefasst,  weil  der  Werfende 
den  Ball  nach  dem  Schlägel  werfe  und  ihn  (wenn  er  von  dem  Gegner  zurückgeschlagen 
vnrd,  wieder)  zu  sich  heranziehe.  Er  vei-glich  dann  die  Erde  mit  dem  Ball;  so  ziehe  er 
Dara's  Herrschaft  zu  seiner,  dessen  Land  zu  seinem  eignen  Gebiet  heran.  Den  ihm  über- 
sandten Sesam  betrachtete  er  ebenso  wie  den  Ball  und  den  Schlägel  (als  ein  gutes  Vor- 
zeichen), da  er  fett  und  durchaus  nicht  bitter  und  scharf  sei.  Zugleich  mit  dem  Brief 
schickte  er  an  Dara  einen  Beutel  voll  Senf  und  schrieb  ihm  in  seiner  Antwort,  was  er  ihm 
schicke  [696],  sei  zwar  wenig,  aber  es  sei  doch  ebenso  viel,  als  was  Dara  ihm  gescldckt 
habe,  durch  Schjlrfe,  Bitterkeit  und  Kraft;  eben  diese  Eigenschaften  besässen  seine  Truppen 
durchaus.*  Als  Dara  diese  Antwort  Alexander's  erhielt,  sammelte  er  sein  Heer  gegen  ihn  und 
rüstete  sich  zum  Kampfe.  Ebenso  machte  es  Alexander  und  zog  nach  Dara's  Lande.  Sobald 
Dara  dies  vernahm,  rückte  er  ihm  entgegen.  Die  beiden  Heere  trafen  auf  einander,  und  nach 
heftigem  Kampf  wurde  das  Heer  Dara's  geschlagen.  Als  das  zwei  Männer  von  seiner  Leib- 
wache sahen,  die,  wie  man  sagt,  aus  Hamadhän  waren,  stachen  sie  ihn  von  hinten,  so  dass 
er  vom  Wagen  stürzte.  Sie  wollten  damit  Alexander's  Gunst  gewinnen.  Als  nun  Alexander 
rief,  man  solle  Dara  gefangen  nehmen  und  nicht  tödten,  wurde  ihm  gemeldet,  wie  es  mit 
diesem  stehe.  Sofort  eilte  er  hin,  fand  ihn  aber,  als  er  zu  ihm  gelangte,  schon  in  den 
letzten  Zügen.     Da  stieg  er  von  seinem  Thier   ab,   setzte  sich  ihm   zu  Häupten  und  sagte 


'  Dies  und  das  Folgende  zeigt,  dass  auch  dieser  Bericht  aus  dem  Roman  stammt,  vielleicht  nur  nach  mündlicher  Mittheiluug 
eines  Persers  an  Hisäm. 

2   Ich  übergehe  die  Stelle  über  die  angebliche  Erbauung  der  Stadt  Dara  (in  Mesopotamien)  durch  Dara  II. 

'  Der  Ausdruck  kann  auch  ,Land'  übersetzt  werden,  aber  Eutychius  269  und  Andre  sprechen  geradezu  von  der  ,Stadt'  Make- 
donia.   Nach  Mas'udt  2,  257  ist  Macedonien  —  Aegypten. 

*   Die  beides  Sendungen  im  Roman  werden  hier  also  zusammengefasst. 

"*   Diese  Correspondenz  ohne  Ball  und  Schlägel,  aber  auch  mit  Senf  statt  des  Pfeffers  ausführlicher  bei  Eutych.  269  ff. 


44  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 

ihm,  dass  er  ihn  nie  luibe  tödten  wollen,  imd  dass.  was  ihn  getroflfen,  nicht  von  ilnn  aus- 
feile. Als  er  Dara  dann  verhiess,  ihm  jede  Bitte,  die  er  äussere,  zu  gewähren,  sprach 
dieser:  Jch  begehre  von  dir  zwei  Dinge,  erstens,  dass  du  mich  an  den  beiden  Männern 
rächest,  die  sich  an  mir  vergriffen  haben'  —  dabei  nannte  er  ihre  Namen  und  ihre  Heimath  — 
,und  zweitens,  dass  du  meine  Tochter  RöSanak  heirathest'  Beides  sagte  er  zu.  Er  gebot 
also,  die  beiden  Männer,  welche  den  Frevel  an  Dara  begangen  liatten,  ans  Kreuz  zu  hängen 
und  heirathete  Rosanak.  Dann  zog  er  mitten  in  Dara's  Lande  ein,  und  das  Reich  war 
sein. 

„Nach  der  Behauptung  eines  Kenners  der  alten  Geschichte  war  Alexander,  der  den 
jüngeren  Dara  bekriegte,  der  Bruder  eben  dieses  und  ein  Sohn  des  älteren  Dara,  der  Ale- 
xanders Mutter  [697]  geheirathet  hatte.  Sie  war  die  Tochter  des  Königs  der  Römer  und 
hiess  Haläi.'  Als  deren  Gatte  Dara,  da  sie  ihm  gebracht  ward,  fand,  dass  ihr  Athem  und 
ihr  Schweiss  übel  roch,  befahl  er,  dagegen  Mittel  anzuwenden.  Da  die  Kunstverständigen 
nun  einstimmig  darüber  waren,  sie  mit  dem  Holz  eines  Baums  zu  behandeln,  der  auf  persisch 
Sandar  heisst,  so  kochte  man  es,  wusch  sie  damit  und  mit  der  Brühe,  und  dies  vertrieb  jenen 
Geruch  zum  grossen  Theil,  aber  doch  nicht  ganz.  Weil  also  an  ihr  davon  noch  etwas 
gebüeben  war,  empfand  er  Widerwillen  gegen  sie  und  schickte  sie  ihrer  Familie  zurück. 
Sie  hatte  aber  schon  ein  Kind  von  ihm  empfangen.  Als  sie  nun  einen  Knaben  gebar, 
setzte  sie  seinen  Namen  zusammen  aus  ihrem  eigenen  und  dem  des  Baumes,  mit  dem  sie 
gewaschen  war,  so  dass  der  Geruch  fortging,  nannte  ihn  also  Haldi-SandaiHs,  das  ist  die 
Grundform  von  AI  Iskandarils.  Darauf  stai'b  Dara  der  Aeltere,  und  Dara  der  Jüngere  wurde 
sein  Nachfolger.  Die  Könige  der  Römer  hatten  aber  jenem  eine  jährliche  Abgabe  gezahlt; 
als  nun  aber  auch  Haläi's  Vater,  Alexanders  Grossvater  von  Mutterseite,  gestorben  und  der 
Enkel  sein  Nachfolger  als  König  der  Römer  geworden  war,  Hess  ihm  Dara  der  Jüngere 
mit  Rücksicht  auf  das  Uebliche  sagen:  ,Du  zögerst  mit  der  Abgabe,  die  uns  von  dir  und 
deinen  Vorgängern  bezahlt  wurde;  schick'  uns  also  die  Abgabe  für  das  Land,  sonst  über- 
ziehen wir  dich  mit  Krieg.'  Allein  er  antwortete:  ,Ich  habe  die  Henne  geschlachtet  und 
ihr  Fleisch  gegessen,^  so  dass  nur  die  Extremitäten  übrig  geblieben  sind.  Wünschest  du's 
nun,  80  schliessen  wir  Frieden  mit  dir;  wo  nicht,  führen  wir  mit  dir  Krieg.'  Da  brach 
Dara  mit  ihm  und  begann  den  Krieg.  Alexander  aber  versprach  den  beiden  Kämmerern 
Dara's,  was  sie  verlangten,  wenn  sie  sich  an  Dara  vergriffen;  sie  bedangen  sich  etwas  ge- 
wisses aus,  aber  nicht  ilir  eigenes  Leben.  Als  die  Heere  nun  feindlich  auf  einander  trafen, 
versetzten  die  beiden  Kämmerer  dem  Dara  in  der  Sclilacht  einen  Stich.  Alexander  traf  ihn 
hingestreckt,  stieg  vom  Pferd  zu  ihm  hinab,  während  er  im  Sterben  lag,  wischte  ihm  den 
Staub  vom  [698]  Gesicht,  legte  sein  Haupt  in  seinen  Schooss  und  sagte  ihm:^  ,Deine  beiden 
Kämmerer  haben  dich  ermordet;  wahrlich  ich  habe  dir,  o  Edler  der  Edlen,  Freier  der 
Freien,  König  der  Könige,  dieses  Unheil  nicht  gewünscht.  Nun  gieb  mir  deine  letzten  Auf- 
träge.' Da  trug  ihm  Dara  auf,  dass  er  seine  Tochter  Rosanak  heirathe  und  zu  sich  nehme,  die 
Edlen  Persiens  am  Leben  lasse  und  ihnen  keinen  Andern  vorsetze.*    Diese  Aufträge  übernahm 


'   In  letzter  Instanz  wohl  eine  Entstellung  aus  Olympia(s). 

'   Beachte  die  Verstümmlung:  das  Wichtigste,  die  Eier,  fehlt  hier. 

*  Diese  .Sceno  wird  in  den  verschiedenen  arabischen  Berichten  (auch  bei  Eutych.  u.  s.  w.)  wesentlich  gleich  erzählt  und  zwar 
so,  das«  ziemlich  jeder  Bericht  bald  zu  einem,  bald  zu  einem  andern  genauer  stimmt. 

*  Eutych.  277  hat  folgende  drei  Bitten  1.  dass  er  dem  i)ersischen  hohen  Adel  gnädig  sein  2.  die  Feuertempel  nicht  zer- 
stören und  die  Priester  gut  behandeln  3.  die  Milrder  bestrafen  miige.  Die  zweite  Bitte  ist  von  muslimi.schen  Schrift- 
steilem  wohl  absichtlich  unterdrückt.     Die  Hand  der  Rosanak  erbittet  sich  bei  Eutych.  dagegen  Alexander  von  dem  Vater 

• 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  45 

Alexander  und  führte  sie  aus.  Als  also  die  beiden  Mörder  Dara's  zu  ihm  kamen,  gab  er 
ihnen  vollständig,  was  sie  sich  ausbedungen  hatten,  sprach  dann  aber:  , Jetzt  habe  ich  euch 
die  Bedingungen  genau  erfüllt,  aber  da  ihr  euch  nicht  euer  Leben  ausbedungen  habt,  so 
tödte  ich  euch,  denn  es  gebührt  sich  nicht,  dass  die  Königsmörder  am  Leben  bleiben, 
ausser  wenn  ihnen  völlig  bindende  Sicherheit  verheissen  war.'    Darauf  tödtete  er  sie. 

„Wie  Einer  erzählt,  pflegte  der  König  der  Römer  dem  altern  Dara,  so  lange  er  lebte,  den 
Tribut  zu  zahlen.  Nach  seinem  Tode  ward  Alexander  König  der  Römer;  der  war  ein  umsich- 
tiger, kräftiger  und  verschlagener  Mann.  Er  soll  erst  einen  der  Könige  des  Westens  bekriegt 
und  besiegt  haben'  und  sich  dabei  seiner  Kraft  bewusst  geworden  sein.  So  trat  er  gegen 
den  jüngeren  Dara  auf  und  verweigerte  ihm  die  Abgabe,  die  sein  Vater  gezahlt  hatte.  Da 
jener,  darob  ergrimmt,  ihm  grobe  Briefe  schrieb,  geriethen  sie  in  Feindschaft,  marschierten, 
nachdem  sie  sich  gerüstet,  gegen  einander  und  stiessen  an  der  Gränze  zusammen.  Mehr- 
mals gingen  Briefe  und  Gesandtschaften  zwischen  ihnen  hin  und  her,  denn  Alexander  scheute 
sich,  Dara  anzugreifen,  und  forderte  ihn  zum  Friedensschluss  auf,  aber  als  Dara  seine  Ge- 
nossen befragte,  riethen  sie  zum  Kriege,  gerade  weil  sie  ihm  übel  gesinnt  waren.*  Ueber 
die  Gränze  und  das  Schlachtfeld  hat  man  verschiedene  Angaben.  Nach  [699]  einem 
Erzähler  trafen  sie  an  der  Gränze  von  Chorasän  in  der  Richtung  nach  den  Chazaren  hin^ 
zusammen  und  lieferten  sich  eine  grosse  Schlacht,  in  der  beide  Fürsten  persönlich  in  den 
Kampf  verwickelt  wurden.  Alexander  ritt  ein  wunderbares  Pferd  Namens  Bükefaräs}  An 
dem  Tage  drang,  wie  man  erzählt,  ein  Perser  mitten  durch  die  Reihen  und  versetzte  dem 
Alexander  einen  Schwerthieb,  dass  man  für  sein  Leben  fürchtete.  Alexander  verwunderte 
sich  darüber  und  sprach:  ,Das  ist  einer  von  den  persischen  Rittern,  von  deren  Tapferkeit 
man  zu  erzählen  jiflegte.'*  Nun  wurde  aber  der  Hass  der  Gefährten  Dara's  gegen  ihn 
lebendig.  Zwei  von  seiner  Leibwache  aus  Hamadhäu  schickten  an  Alexander  eine  Meldung, 
und  wussten  es  dann  so  einzuri eilten,  ihm  Stiche  zu  versetzen,  die  seinen  Tod  herbeifülirten; 
dann  flohen  sie.  Wie  man  sagt,  ritt  Alexander,  als  der  Ruf  (von  jener  That)  erscholl  und 
ihn  die  Kunde  traf,  mit  seinen  Gefährten  zu  Dara  hin,  fand  ihn  in  den  letzten  Zügen, 
redete  ihn  an,  legte  sein  Haupt  in  seinen  Schooss,  weinte  über  ihn  und  sprach:  ,Vom  Orte 
deines  Vertrauens  her  bist  du  getroffen;  auf  die  du  dich  verliessest,  die  haben  dich  ver- 
rathen;  nun  bist  du  einsam  unter  deinen  Feinden:  so  sprich  aus,  was  du  von  mir  wünschest, 
denn  ich  beobachte  die  Pflicht,  die  mir  unsere  Verwandtschaft  auferlegt'  —  wie  dieser  Er- 
zähler behauptet,  meinte  er  damit  die  Verwandtschaft  zwischen  Salm  und  Herag,  den  Söhnen 
Fredhün's''  — .  Er  äusserte  femer  seinen  Schmerz  über  Dara's  Misgeschick  und  dankte  dem 
Herrn,  dass  er  es  nicht  vermittelst  seines  Befehls  über  ihn  verhängt  habe.  Dara  bat  ihn 
nun,   seine  Tochter  R6§anak   zu  heirathen  und   sie   in  geziemender  Ehre  zu  halten,   ferner. 


und  erhält  sie  unter  der  Bedingung,  dass  seine  Söhne  von  ihr  seine  Nachfolger  werden  sollen.  Hier  ist  also  das  liebliche, 
dass  der  Vater  um  die  Hand  der  Tochter  gebeten  wird,  hergestellt. 

1   Damit  werden  alle  Käm])fe  in  Griechenland,  Italien  u.  s.  w.  zu.sammengefasst. 

'   S.  oben  S.  42,  Anm.  6. 

'  Gemeint  igt  die  Kichtung  nach  ,dem  Meere  der  Chazaren',  dem  caspischen  Meer.  Es  ist  wohl  zufällig,  dass  die  hier  ge- 
nannte Gegend,  das  nordwestliche  Chorasän,  gerade  die  ist,  wo  Darius  wirklich  ermordet  wurde. 

*  So  die  richtige  Lesart,  genau  die  Wiedergabe  von  BouxsspäcXa?,  nur  dass  bei  der  Tran.sscription  ins  Arabische  der  zweideutige 
Pehlewi-IJuchstabe  r  statt  l  gelesen  ward.  Kür  einen  Abschreiber,  der  auch  nur  ein  wenig  persisch  verstand,  lag  es  nahe, 
den  Schluss  in  änp  (,Pferd')  zu  verändern;  ein  andrer  verbesserte  das  scheinbar  vulgärarabische  Bü  in  ÄMi  ,Vater'. 

^   S.  den  Roman  2,  9. 

'  Das  wäre  eine  etwas  weitläufige  Verwandtschaft!  Die  Römer  stammen  nämlich  nach  der  iranischen  Auffassung  von  Salm, 
die  Tränier  von  Erag,  der  hier  Hirag  heisst. 


46  V.  Abhandlung:  Tu.  Nöldeke. 

seinen  Tod  zii  reichen.  Das  versprach  Alexander.  Als  daher  die  beiden  Leute,  die  sich  an 
Dara  vergangen  hatten,  zu  ihm  kamen,  lun  ihren  Lolm  zu  erhalten,  gebot  er  sie  zu  ent- 
haupten [700],  (ihre  Leichen)  ans  Kreuz  zu  schlagen  und  auszurufen:  ,Das  ist  der  Lohn 
dessen,  der  sich  an  seinem  König  vergreift  und  seine  Landsleute  verräth.' 

„Nach  einer  Angabe  nahm  Alexander  allerlei  gelehrte  Bücher  über  Astronomie  und  son- 
stige Wissenschaften,  welche  die  Perser  hatten,  mit,  nachdem  sie  zuerst  ins  Syrische,  darauf 
ins  Römische  übersetzt  waren. 

„Einer  berichtet,  dass  Dara  bei  seinem  Tode  die  Söhne  Asak  ....  und  ArdaSir'  und 
die  Tochter  Rösanak  hinterliess.    Er  hatte  14  Jahre  regiert. 

„Nach  Einem  bestand  der  Tribut,  den  Alexander'»  Vater  den  Königen  von  Persien  be- 
zahlte, in  goldnen  Eiern.  Als  nun  Alexander  zur  Regierung  gelangt  war,  forderte  Dara 
durch  Gesandte  diese  Abgabe,  aber  er  Hess  ihm  zurück  sagen:  ,Ich  habe  die  Henne,  die 
jene  Eier  legte,  geschlachtet  und  ihr  Fleisch  gegessen.'  So  machte  er  sich  auf  den  Krieg 
gefasst. 

„Nach  Dara,  dem  Sohne  Dara's,  ward  also  König  Alexander.  Ich  habe  schon  erwähnt, 
dass  er  nach  einer  Angabe  dieses  Dara  Bruder  von  Vaterseite  war.  Die  Römer  aber  imd 
viele  Genealogen  sagen,  er  war  Alexander,  Sohn  des  Philipp,^  Sohnes  des  .  .  .  .^  [^01]. 
Nach  Dara's  Tode  fugte  er  dessen  Reich  zu  seinem  und  war  Herr  in  'Iraq,  Römerland, 
Syrien  imd  Aegypten.  Bei  der  Musterung  nach  dem  Tode  Dara's  soll  er  sein  Heer  1.400.000 
Manu  stark  gefunden  haben,  nämlich  800.000  von  seinem  eignen  und  600.000  von  Dara's 
Heere.*  Wie  man  erzählt,  sagte  er,  als  er  den  Thron  bestieg:  ,Gott  hat  uns  an  Dara's 
Stelle  gesetzt  und  uns  ganz  anderes  beschert,  als  was  jener  uns  drohte.'''  Er  zerstörte  dann 
die  Städte,  Burgen  und  Feuertempel  in  Persien,  tödtete  die  Herbedh's,"  verbrannte  ihre 
Büdier  und  die  Verwaltungsregister  Dara's'  imd  setzte  über  dessen  Reich  Männer  von  den 
Seinigen.  Dann  zog  er  vorwärts  nach  Indien,  tödtete  den  König  und  nahm  die  Plaupt- 
stadt  ein,  dann  nach  China  und  machte  es  da  ebenso  wie  in  Indien.  So  wurden  ihm  alle 
Länder  unterthan,  auch  Tibet  und  China.*    Er  drang  darauf  mit  400  Mann  in  die  Finster- 


A»ak   ist  Ariak  'Apaöxr,;,   der  Stifter  des  Arsacidenreichs;   Ardasir   ist  der  angebliche  Ahne  des  gleichnamigen   Stifters   des 
Säsänidenreicbs.     Beide  Häuser  werden  so  an  das  alte  angeschlossen.    Den  mittleren  Namen  kann  ich  nicht  verificiereii. 
Hier  werden  zwei  verschiedene  Transscriptionen  von  <l>fXntito5,  Filißls  nnd  BXUMis,  angeführt. 

Folgt  die  Genealogie  von  Amyntas  bis  Esan,  Isaac  und  Abraham.  Die  jüdische  Bezeichnung  der  Riimer  als  Edom,  eine 
Aeugserung  bitteren  Hasses,  ist  schon  früh  von  den  Syrern  buchstäblich  vorstanden,  und  so  gelten  auch  bei  den  Arabern  die 
Kölner  als  Abkömmlinge  Esan's.  Die  Namen  der  Genealogie  sind  zum  Tlieil  sehr  entstellt.  Vrgl.  Mas'üdi  2,  248 ;  Birünf 
Athär  40. 

Barhebr.  Chron.  syr.  39  gibt  nur  120.000  an. 

In  der  persischen  Reichsgeschichte  hält  der  neue  König  jedesmal  eine  Antrittsrede. 
Höhere  Gei.stliche  der  persischen  Religion,  die  ungefähr  den  cliri.stlichen  Bischöfen  entspreclien. 

Vergl.  oben  8.  34.  Ihn  Athir  lässt  ihn  entsprechend  auch  in  Indien  die  Götzentempel  zerstören  und  die  gelehrten  Bücher 
verbrennen.  Den  frommen  Muslimen  ist  diese  Zerstörung,  die  persischer  Hass  erfunden  hat,  natürlich  ein  Ruhmestitel.  — 
Da»  Folgende  geht  wieder  auf  den  Bericht  des  Romans  über. 

S.  oben  8.  22  und  40.  Qodäma  263  f.  (Uebersetznng  203  ff.)  hat  mehr  über  die  Erobenmg  von  Tibet  und  China  durch  den  Zwei- 
gehOmten:  die  Könige  dieser  Länder  unterwerfen  sich  ohne  Kampf  und  bringen  reiche  Geschenke:  alles  weitere  Ausge- 
staltung des  im  Roman  Erzählten.  Er  zielit  nach  Tibet,  nachdem  er  Porus  getödtet  und  Indien  unterworfen  hat.  Im  hohen 
Nordosten  vermauert  er  den  Pass,  der  den  wilden  Völkern,  hier  Türken,  Zugang  giebt;  der  Bau  wird  also  localislert  wie 
v<m  Salläm  (oben  S.  33).  Dabei  substituiert  er  für  Alexandria  ,Königinn  der  Berge'  (oben  S.  8,  Anm.  8)  die  ihm  aus 
Ptolemäus  bekannte  .Steinburg'  A{6wo;  räpyo?  Ptol.  6,  13  als  Alexandor's  dortige  Gründung;  vrgl.  de  Goeje's  oben  8.  33  citier- 
ten  Aufsatz  über  die  Mauer  von  Gog  nnd  Magog.  Ebenso  erwähnt  er  auch  das  ,äus8erste  Alexandria'  Ptol.  6,  12.  —  Die 
Eroberung  von  China  und  Tibet  auch  Mas'ödi  2,  250.  An  Stelle  Alexander's  hat  die  renommistische  Dichtung  der  Jemenier 
dem  oben  S.  39  genannten  himjarischen  König  Tubba'  alA(iran  diese  Eroberung  zugeschrieben:  das  bezeugt  schon  der 
HOO  Gl  gestorbene  Dichter  Di'bil,  s.  Ihn  Faqih  326;  Jäqüt  1,  818.  —  Vermuthlich  ist  al Aqran  ,der  Gehörnte'  geradezu  dem 
L/hulijarnain  ,dem  Zweigeliörnten'  nachgebildet. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Albxanderromans.  47 

niss  nach  dem  Nordpol  zu,  während  die  Sonne  südlich  von  ihm  stand/  um  die  Quelle 
des  ewigen  Lebens  zu  suchen.  Der  Zug  durch  die  Finsterniss  dauerte  18  Tage,  dann 
kam  er  heravis.  Auf  dem  Rückwege  nach  'Iräq  setzte  er  die  Theilkönige  ein  und  starb  in 
Sahrazür,^  Nach  einem  Bericht  ist  er  36  Jahr  alt  geworden.  Seine  Leiche  ward  zu  seiner 
Mutter  nach  Alexandria  gebracht.  [702]  Nach  den  Persern  hat  er  14  Jalu-  regiert.  Die 
Christen  aber  behaupten,  er  habe  13  Jahre  und  einige  Monat  regiert'  und  Dara  sei  im 
Anfang  seines  dritten  Regierungsjahres  getödtet. 

„Auf  seinen  Befehl  sollen  12  Städte  erbaut  worden  sein,  die  alle  Alexandria  genannt 
wurden.  Dahin  gehören  eine  Stadt  in  Ispahän,  Namens  Grai,  deren  Grundriss  eine  Schlange 
darstellt,  drei  Städte  in  Choräsän:  Herät,  Merw  und  Samarkand,  eine  in  Babylonien  für  Dara's 
Tochter  Rosanak,  eine  im  Lande  der  Griechen  im  Gebiet  von  Hiläqüs  (?)  für  die  Perser 
und  noch  einige  andre."* 

* 

Die  kürzere  Darstellung  von  Alexander's  Leben  bei  Ja'qübi  (schrieb  um  880)  1,  161  ff. 
zeigt  die  Grundzüge,  welche  wir  kennen.  Einige  Einzelheiten  habe  ich  schon  zu  Dinawari 
und  Tabari  bemerkt.  Interessant  ist,  dass  er  den  Namen  der  Mutter  Alexander's  Olympiada, 
(Acc.)  hat,  wie  übrigens  auch  Eutychius.  Ein  ganz  neuer  Zug  ist  das  Zusammentreffen 
mit  dem  weisen  König  der  Inder,  den  er  ^^^^  Kaihan  (?)  nennt,  1,  162  und  97.  Ueber 
diesen  erfahren  wir  Näheres  bei  Mas'üdi  2,  260  ff,  wo  er  jJ^  Kand  (?)  geschrieben  wird, 
und  bei  Firdaust  1295  (Macan),  wo  er  die  durch  den  Reim  gesicherte  Namensform  Kaid 
trägt,  für  die  auch  die  Pehlewl-Schreibung  fi"'3  im  Kärnämak^  spricht,  denn,  dass  der  weise 
Inder  des  dritten  nachchristlichen  mit  dem  des  vierten  vorchristlichen  identisch  ist,  bleibt 
immer  noch  wahrscheinlich.  HN  konnte  im  Pehlewl  leicht  aus  T(D)  entstehn.  Es  würde  uns 
gar  zu  weit  abführen,  wollten  wir  auf  diese  lehrhafte  Märchendichtung  weiter  eingehn.  Nur 
das  bemerke  ich,  dass  der  weise  König  zuletzt  kein  Anderer  ist  als  Dandamis,  der  Oberste 
der  Gymnosophisten,"  und  dass  der  Weise,  den  er  an  Alexander  schickt,  der  bekannte  Ca- 


Wozu  diese  selbstverständlichen  Worte  dienen  sollen,  verstehe  ich  nicht. 

In  Kurdistan.  Nach  dem  zweiten  Bericht  über  den  Tod  bei  Eutych.  285  f.  ward  er  auf  der  Rückkehr  in  Kümis  (Ko[j.i(J7)xi^) 
krank  und  starb  in  Sahrazür  auf  einem  Panzer,  von  einem  goldenen  Schilde  beschattet,  entsprechend  einer  Weissagung,  er 
werde  an  einem  Orte  sterben,  dessen  Boden  Eisen  und  dessen  Himmel  (=  Decke)  Gold  sei.  Wesentlich  dasselbe  wird 
von  einem  altjemenischen  König  erzählt,  dem  man  Alexander's  Züge  beilegt  Dinawari  27.  —  Dass  er  in  Sahrazür  gestorben, 
sagen  auch  Mas'üdi  2,  251;  Jäqüt  1,  257,  9  (nach  Ibn  Faqih?);  Mugmil  (Journ.  as.  1841,  1,  361);  Nizämi  (Bacher  117), 
und  den  Ort  meint  Hamza  40,  der  Alexander  auch  in  Kumis  erkranken  und  auf  dem  Weg  nach  Babel  sterben  lässt;  ähnlich 
Ja'nübi  1,  162.  Vielleicht  war  in  .'5ahrazür  ein  alter  Bau,  den  man  als  Grab  Alexander's  ansah,  wie  man  um  912  sogar 
in  den  Bergen  der  wilden  'Asir  im  nördlichen  Jemen  Alexander's  Grabmal  aufgefunden  haben  wollte  Hamdanä  118,  8.  — 
Uebrigens  verlegen  nach  Mas'üdi  Andre  seinen  Tod  nach  Nisibis,  und  er  kennt  auch  die  richtige  Stelle  seines  Todes; 
ebenso  kennen  sie  Ibn  Faqih  70  und  Jäqüt. 

Unter  den  sehr  zahlreichen  Angaben  über  Alexander's  Regierungszeit  finde  ich  sonst  nirgends  diese  Zahl.  13  dürfte  aus  12 
verdorben  sein.   12  Jahre  giebt  Ja'qübi  1,  163  an. 

Ueber  Gai  s.  oben  S.  42.  Ein  Zusatz  zu  einer  Handschrift  des  Ibn  Chordädhbeh  (161  Anm.)  nennt  geradezu  Ispahän  als 
die  von  Alexander  in  Gestalt  einer  Schlange  gebaute  Stadt.  Samarkand  hat  schon  Syr.  Herät  (persisch  Ilarew,  Hare)  als 
, Alexandria  bei  den  'Apaoi'  (so  wird  zu  schreiben  sein)  kennen  schon  die  griechischen  Quellen.  Vielleicht  ist  übrigens  der 
Wunsch,  die  alten  Hauptstädte  dem  Alexander  zuzuschreiben,  hier  nur  zufällig  mit  der  Wirklichkeit  zusammengetroffen. 
Ausser  Samarkand,  Balch,  Merw,  Herät  und  Ispahän  werden  von  arabischen  Schriftstellern  auch  noch  Buchara,  Serachs, 
Dabusija  (auch  in  Transoxanien),  Rai,  Zarang,  Hamadhän,  Ctesiplion  und  Obolla  (an  der  Tigrismündung)  als  Gründungen 
Alexander's  genannt.  Hamza  40  hat  eine  seltsame  Liste:  eine  Stadt  in  Ispahän,  eine  in  Herät,  eine  in  Merw,  eine  in 
Samarkand,  eine  in  Soghd  (wäre  mit  der  vorigen  identisch  I),  eine  in  Babel,  eine  in  Maisän  (Mesene),  vier  in  Sawäd  (wozu 
Babel  und  Mesene  auch  gehören!)'  Mit  dem  selbstverständlichen  Alexandria  in  Aegypten  giebt  das  allerdings  12. 
S.  64  meiner  Uebersetzung. 
Vrgl.  z.  B.  Alexander's  Brief  Mas'üdi  2,  261  mit  den  Worten  des  Oncsicritiis  Müller  1094,  110a. 


48  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 

lanus  ist.  Diese  nicht  aus  dem  ivrsprünglichen  Pseudocallistlienes,  sondern  aus  der  Schrift  des 
Palladius  stammenden  Gestalten  sind  aber  ganz  frei  benutzt.  Die  Orientalen  haben  ja  über- 
haupt mit  Vorliebe  lehrhafte  Zusätze  an  die  Geschichte  Alexander's  gehängt.  Namentlich  ge- 
hören hierhin  die  Aussprüche  der  Weisen  an  Alexander's  Sarg  bei  Mas  üdi  u.  s.  w.  u.  s.  w.  deren 
verschiedene  Gestalten  eine  kleine,  eben  so  gut  gemeinte  wie  einschläfernde,  Litteratur  bilden.' 
Von  diesen  Stücken  abgesehen 'behandelt  Mas' üdi  den  Alexander  nur  kurz;  er  verweist 
aber  (2,  248)  auf  die  weitläufigere  Darstellung  in  seinem  für  uns  verlornen  Werke  alAusat. 

Ibn  Faqih  (schrieb  um  900)  hat  in  seinem  geographiscli-belletristischen  Buclie^  manche 
Züge  aus  dem  Pseudocailisthenes. 

85  ff.  giebt  er  den  Brief  der  Brachmanen  (^J^^^^J^\)  d.  i.  der  Gymno Sophisten  an  Ale- 
xander 3,  5  in  der  Hauptsache  wie  Syr.  Val  (A  hier  verkürzt),  sowie  BLC,  aber,  wie  es  bei 
solchen  Dingen  immer  geschieht,  mit  etwas  frei  behandeltem  Wortlaut.  In  BLC  muss  Ale- 
xander, um  zu  den  Brachmanen  zu  gelangen,  über  den  Milchfluss;  hier  wird  daraiis  der 
Sandfluss,  der  bei  C  2,  30  vorkommt,  aber  zugleich  der  Sabbatfluss  ist,  der  am  Sabbat 
nicht  fliesst.*  Die  Ortsnamen  sind  aus  Num.  32,  3  genommen!*  Die  Fragen  an  die  Weisen 
sind  zimi  Theil  wörtlich  wie  im  Roman  3,  6,  aber  im  Ganzen  zeigen  sie  manche  Abweichung. 
Der  Fragen  sind  auch  weniger. 

S.  70  erzählt  Ibn  Faqih,  dass  dem  Alexander  in  einem  , Tempel  der  Griechen'  auf  eine 
Anfrage  von  den  Priestern  folgender  Spruch  über  die  Zukunft  der  Stadt  Alexandria  zu  Theil 
geworden  sei:  ,Du  baust  eine  Stadt,  deren  Ruf  sich  über  alle  Enden  der  Erde  verbreiten 
wird  und  die  unzählige  Menschen  bewohnen  werden.  Die  lieblichen  Winde  werden  sich  mit 
ihrer  Luft  mischen.  Die  Weisheit  ihrer  Einwohner  wird  fest  sein.  Die  Gewalt  des  Glut- 
windes und  der  Hitze  wird  von  ihr  fern  gehalten  und  die  Strenge  der  Kälte  und  des  Frostes 
weggelenkt.  Die  Uebel  werden  sie  vermeiden,  so  dass  sie  kein  Unheil  von  Seiten  des  Satans 
treffen  kann.  Wenn  auch  Könige  und  Völker  mit  ihren  Heeren  gegen  sie  rücken  und  sie 
belagern,  wird  sie  doch  keinen  Schaden  nehmen.'  ,Da  erbaute  er  sie'  fährt  Ibn  Faqih  fort 
,und  nannte  sie  Alexandria;  dann  zog  er  von  ihr  fort.  Wie  man  sagt  starb  er  in  Babel, 
wurde  dann  nach  Alexandria  gebracht  und  da  begraben.' 

In  Syr.  1,  32  (S.  72)  giebt  Serapis  dem  Alexander  folgenden  Spruch:  ,Wird  die  Stadt 
auf  diese  Weise  gebaut,  so  wird  man  sie  die  grosse  Stadt  nennen;  der  Ruf  von  ihrer  Grösse 
wird  in  aller  Welt  verkündet  werden  und  unzählige  Menschen  werden  darin  wohnen,  die 
durch  dich  (?)  berühmt  sein  werden.    Ferner  werden  ihr  liebliche  Winde  mit  der  Mischung 


I 


Auch  der  ,Trostbrief ,  das  Schreiben,  wodurch  der  sterbende  Alexander  bewirkt,  dass  seine  Mutter  einsieht,  dass  jeder  Mensch 
den  Verlust  eines  Angehürigen  zu  beklagen  habe,  und  sich  deshalb  über  den  Tod  ihres  grossen  Sohnes  in  Geduld  fasst, 
kommt  bei  den  Orientalen  mit  allerlei  Variationen  vor.  Schon  Syr.  248,  1  und  Firdausi  (Macan  1356  f.)  verbinden  mit  dem 
Testament  einige  kurze  Trostworte.  In  L  ist  daraus  der  ,Trostbrief  geworden.  Dieser  wird  von  manchen  Arabern,  die  Ale- 
xander's Ge.schichte  erzählen,  ohne  wesentliche  Sinnesänderungen  wiedergegeben;  so  Ja'(iübi,  Eutychius,  Barhebraeus,  Ibn 
'Amid.  Dagegen  hat  FJonain  (809—873)  ihn  weiter  ausgeführt  und  dabei  den,  m.  E.  nicht  glückliclien,  Zusatz  gemacht,  dass 
die  Mutter  eine  ganze  Stadt  baut.  Dieser  Form  folgen  der  jüdische  Text  (D'ÖDnn  piSl,  Luneville  1811,  Th.  :i,  Cap.  1)  und 
der  altspanische  bei  Zacher  184  f.     Auch  Mas'üdi's  Erzählung  berührt  sich  damit. 

Das  Gesammtwerk  ist  nur  in  verkürzter  Gestalt  erhalten  (hg.  von  de  Goeje  Leyden  1885);  viele  Stücke  aus  jenem  hat 
Jäqüt  mit  und  ohne  Nennung  der  Quelle  in  sein  grosses  geographisclies  Wörterbuch  aufgenommen. 

Plin.  31,  24.  Stellen  aus  Talmud  und  Midrasch  s.  bei  Levy  s.  v.  [VBSD-  Ursprünglich  liiess  es  wohl  wie  bei  Josephus,  B.  j. 
7,   5,    I,   der  Fluss   habe   nur  am  Sabbat  Wa.sser,  Systematisierung  des   intermittierenden  Fliessens   der  Quelle    (s.  Socin- 
Bädeker»  439).     Für  den  Sabbat  erschien  aber  die  Ruhe  des  Flusses  angemessener;  daher  die  Umkehr. 
Nur  drei   von  den   neun  Namen   sind  sehr  entstellt;   die  andern  sind  ohne  Weiteres  zu  identificieren.    Auch  Prof.  Siegm. 
Kraenkel  liat  gefanden,  dass  diese  Orte  aus  Num.  32  genommen  sind. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  49 

guter  Luft  dienen.  Und  das  Wissen  und  die  Geschicklichkeit  ihrer  Bewohner  mrd  in  der 
Weh  berühmt  sein,  weil  ich  sie  mit  Geschicklichkeit  baue  und  ihr  ein  Helfer  bin.  Das 
Meer  werden  (he\  ihr)  keine  Stürme  aufregen,  Gluth  und  Hitze  werden  nicht  darin  sein, 
und  Winter'  und  Kälte  nicht  darin  verweilen.  Schäden  und  Unheil  der  Dämonen  werden 
nicht  darin  sein;  nur  seltne  Erdbeben  wird  es  dort  geben,  aber  sie  werden  keinen  grossen 
Schaden  anrichten;  diese  kommen  vom  Neide  der  bösen  Dämonen.  Wenn  auch  das  Heer 
aller  Erdenkönige  sie  belagert,  werden  sie  ihr  doch  nichts  anhaben  können.  Und  ausge- 
sprochen ist,  dass  du  auf  Erden  berühmt  werden  und  lebend  oder  todt  hierher  kommen  und 
dass  du  in  der  von  dir  gegründeten  Stadt  ein  Grab  haben  wirst.' ^ 

Man  sieht,  fast  wörtliche  Gleichheit,  die  um  so  mehr  auffällt,  je  stärker  auch  Syr.  von 
den  griechischen  Texten  und  Val.  (1,  33)  abweicht,  die  allerdings  ursprünglicher  sind.  Dass 
die  Priester  an  die  Stelle  des  Serapis  treten,  kann  noch  von  einer  Verwechslung  mit  dem 
nur  im  Syr.  1,  33  vorhandenen  Ausspruch  der  Wahrsager  herrühren.  Der  Verf.  oder  seine 
Quelle  schöpft  also  entweder  durch  Vermittlung  eines  christlichen  Arabers  aus  dem  syrischer 
oder  durch  Vermittlung  eines  Pehlewi-Kenners  aus  dem  Pehlewi-Text. 

Ebenso  ist  es  mit  der  Städteliste,  welche  uns  Jäqüt  aus  Ihn  Faqih  in  seinem  grossia 
Werke  1,  255  und  noch  etwas  genauer  im  Mustarik  23  erhalten  hat.  Dieselbe  stimmt  gen"! 
zu  Syr.  253,  geht  aber  wahrscheinlich  doch  auf  den  Pehlewi-Text  ziuäick.^ 

Aus  Pseudocallisthenes  stammt  auch  der  Name  ,_^yj>\ji,  der  als  Verfertiger  von  Ti'S- 
manen  genannt  wird  (Ibn  Faqih  296,  3),  denn  das  ist  Nectanehos. 

Uebrigens  hat  dieser  Sclu-iftsteller  noch  allerlei  Lehrsames  imd  Fabelhaftes  überAle- 
xander, das  sich  bei  Pseudocallisthenes  nicht  findet,  aber  wenigstens  zum  Theil  in  desem 
oder  jenem  Texte  gestanden  haben  mag.  Dahin  gehört  auch  wohl  die,  wahrscheinlifä  aus 
Ibn  Faqih  genommene,  Angabe  Jäqüt's  (1,  257),  Alexander  habe  ein  ehernes  Reiter!)^'^^  i^i* 
der  Inschrift  aufgestellt:  ,Ueber  mich  hinaus  kann  man  nicht  kommen.' 

Ich  mache  noch  einmal  darauf  aufmerksam,  dass  Eutychius  eine  ziemlich  ai]s/^"'liche 
Darstellung  der  Geschichte  Alexander's  giebt,  die  sich  zimi  grossen  Theil  mit  der  rf'''  musli- 
mischen Chronisten  deckt,  aber  auch  allerlei  Züge  aus  anderen  Texten  des  Roma»  enthält, 
die  dem  ägyptischen  Christen  eher  zugänglich  waren.  Die  lateinische  Uebersetzu^j  welche 
Pococke  seiner  Ausgabe  beigefügt  hat,  ist  im  Allgemeinen  zuverlässig. 


Alle  älteren  und  jüngeren  Gestalten  des  Alexanderromans  überragt  das  ;«™hch  aus- 
führliche Stück  in  Firdaust's'  Schähnäme,  das  von  Alexander  handelt.  Per '^^ ^^^''^^hied 
zwischen  einem  Dichter  und  einem  Reimer  kann  man  erkennen,  wenn  man  '^'^  Stück  mit 
dem  Werke  des  Pfaffen  Lamprecht  vergleicht.  Wem  der  Text  unzugänglif'  ^^*'  ^^^  ^^^' 
weise  ich  auf  Mohl's  französische  Uebersetzung,  obwohl  sie  im  Kleinen  nicht "'  ^^^  genau  ist. 


'  Beiläufig  bemerke  ich,  dass  bei  Moses  von  Choren  3,  62  diese  und  andre  Stellen  des  Romans  über  «•''Ji"'^'"'^'  wörtlich  be- 
nutzt sind.  Wie  Moses  den  Roman,  und  zwar  dessen  armenischen  Text,  ausschreibt,  zeigt  Gildemf'"'^  ^"  '  illx  4J,  »S  fl. 
und  Baumgartner  ab.  504  ff. 

'  So  hat  sie  richtig  ,den  grossen  Fhiss'  (Tigris),  wo  der  Syrer  falsch  ,Meer'  giebt.  Die  Uebereir'"'"""*?  ^'°"  .^..-^asOl 
mit  )?'!""'«"'  ergiebt  sich  aus  der  Gleichheit  der  Bedeutungen,  wie  sich  in  dem  oben  gegeljene'''""'^  J-J^  ^''"  l'^-qdi 
70,  8   und  |1  ^'A  -  Syr.  72  paen.  entsprechen. 

'    Lebte  ungefähr  von  940—1020. 

*    Die  Separatau.sgabe  in  kleinem  Format  (7  Bändchen,  Paris  1876—78)  ist  sehr  bequem  zu  gebf**'"-    °'®  Geschichte  Ale- 
xander's steht  Band  5,  40  ff.   —   Für   den   Text  citiere  ich   die  Ausgabe   von  Vullers-Landsf  ^^   ^^"'^  ^"^  ^^^^    (durch 
meines  Freundes  Landauer  Güte  konnte  ich  schon  einige  Bogen  des  4.  Bandes  benutzen);  fü' 
Denkschriften  der  phil.-hist.  Cl.    X.\.\Vm.  Bd.    V.  Abh.  7 


5Q  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 

Im  Allgemeinen  hält  sich  Fird.  an  den  Roman,  so  dass  man  für  die  meisten  Abschnitte 
leicht  die  Capitel  des  griechischen  und  noch  mehr  des  syrischen  Textes  angeben  kann, 
denen  sie  entsprechen.  Er  schliesst  sich  aber  besonders  den  älteren  arabischen  Darstellungen 
an,  aus  denen  wir  oben  Mittheilungen  gegeben  haben.  Die  wichtigsten  Abweichungen,  die 
er  mit  ihnen  tlieilt,  sind  folgende:  1.  Dass  Alexander  auch  bei  Fird.  Sohn  des  ältereu  Dara 
von  der  Tochter  Philipp's  ist.  2.  Die  Episode  des  Kaid  (s.  oben  S.  47).  3.  Der  Zug  zur 
Kaba,  wobei  Mekka  dem  Chuza  a  genommen  und  dem  Nadr  gegeben  wird  (oben  S.  39). 
4.  Die  Einsetzung  der  Theilkönige  auf  den  Rath  des  Aristoteles.  5.  Das  Schweigen  über 
die  Vergiftung;  während  Fird.  doch  den  Zug  hat,  dass  d'as  Heer  ihn  krank  sieht  (Macan 
1357).  Von  den  griechischen  Kämpfen  hat  natürlich  auch  Fird.  nichts. 
A  Wir  wollen  nun  noch  einige  Einzelheiten  von  Fird.'s  Darstellung  anführen,  nur  um  das 

Ißtoflniche  Verhältniss  derselben  zu  den  arabischen  und  sonstigen  zu  bezeichnen. 
%        Der  Monarch  der  Römer  musste  jährUch  100.000  goldne  Eier,  40  Mithqäl  schwer,  dem 
Werserkönig    zahlen    1779.     Alexander   sagt,    der  Vogel,    welcher    die    goldnen  Eier    gelegt 
mbe,  sei  gestorben   1785.     Das  entspricht  1,  23  theils  nach  Syr.,  theils  nach  ß. 
■      Die  Tochter  Philipp's   wird   wegen  des  Geruches   zurückgeschickt  u.  s.  w.     Das  Kraut 
hei:?sr  Iskandar  (sie)   1780. 

Am  selben  Tage  mit  Alexander  wird  sein  Pferd  (=  Bucephalus)  geboren  1781.  Dass 
<lie*er  Zug  nicht  von  Fird.  ersonnen  ist,  sehen  wir  daran,  dass  er  auch  in  der  äthiopischen 
Übersetzung  vorkommt.     Er  muss  aus  einem  arabischen  Text  stammen. 

mristotelcs  hält  dem  Alexander  gleich  nach  seiner  Thronbesteigung  eine  Mahnrede  ganz 
allgemf-iii  moralischer  Natur  (nicht  dogmatischer  wie  bei  Dinawari  oben  S.  36)  1784  f. 

iider  nimmt  erst  Aegypten  nach  hartem  Kampf  (vielleicht  Verwechslung  mit  Theben 
oder  felar  Tyrus)  1786;  dann  zieht  er  gegen  Dara.  Er  geht  als  sein  eigener  Gesandter 
zu  diefcpi  und  steckt  bei  der  Gelegenheit  die  goldnen  Becher  ein   1789  ^=  2,   14. 

Ii»m  Briefe  Dara's  an  Alexander  1797  £  ist  an  einigen  Stellen  noch  der  Wortlaut 
von  2,  W  zu  erkennen.  Auch  den  in  der  höchsten  Noth  an  Porus  gerichteten  Brief  2,  19 
hat  Fira|1799. 

In  ilrii  Schlachten*  wird  Dara  besiegt.  Zur  vierten  kann  er  seine  Leute  nicht  bringen, 
er  wird  -Almehr  von  den  beiden  Priestern  (sie)  Mähjär  und  Gänüspär  (=  Pehlewi  Gän- 
awaspär)^*tödtet.  Bei  der  Sterbescene  heisst  es:  , Alexander  stieg  windschnell  vom  Pferde, 
legte  das  «upt  des  verwundeten  Mannes  auf  seinen  Schooss,  merkte  auf,  ob  der  Ver- 
wundete noli  8j)rechen  könne,  und  streichelte  ilim  mit  beiden  Händen  das  Gesicht'  1801, 
also  fast  wi^lich  wie  bei  den  Arabern,  abweichend  von  den  griechischen  Texten  und 
Syr.  Dara  ■tet  ihn  dann,  sich  der  Seinigen  anzunehmen  und  seine  Tochter  RöSanak  zu 
heirathen,  vAder  er  vielleicht  einen  Sohn  bekommen  werde,  der  das  persische  Reich 
kräftig  förderf 

Dem  BriAlexander's  an  die  neuen  Unterthanen  1805  ff.  liegt  2,  21  zu  Grunde;  der 
Correspondenz  ^t  Dara's  Wittwe  u.  s.  w.  1811  ff.  (Macan  1287  f.)  2,  22.  Auch  die  active 
Theilnahme  «li  rMntter  an  den  Vorbereitungen  zur  Heirath  (s.  oben  S.  38)  ist  aus  dem  Auf- 
trag an  01ympijt2,  22  am  Ende  herausgesponnen. 

'  Dag  8chlachtfel<l  Wnt  westlich  vom  Euphrat  gedacht  zu  sein,  also  wie  bei  Tabari  und  Eutychius  oben  S.  42  in  Meso- 
potamien. ^ 

'  Somit  gan»  andre  okn  als  bei  Kutychius  oben  S.  37.  Solche  Namen  bildet  Fird.  oft  nach  eigenem  Belieben.  So  macht 
er  e«  auch  mit  der  Bter  Alexander'»  (Nähedh)  und  der  Dara's  (Diläräi). 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  51 

Die  Episode  mit  Kaid  steht  vor  dem  Kampf  mit  Für.  Als  Alexander  gegen  liesen  zieht, 
wollen  die  Soldaten  zuerst  nicht  weiter  1838  (Macan  1306)  =  3,  1.  Gegen  di  Elephanten 
des  Inderkönigs  werden  eherne,  mit  Naphtha  gefüllte  Pferde  aufgestellt  1840  /ilacan  1308). 

Von  Indien  zieht  Alexander  über  Arabien  (mit  Mekka)  und  Aegypten  weswärts  1844  ff. 
(Macan  1310  ff.),  s.  oben  S.  39. 

Die  Candace- Geschichte  1847  ff.  (Macan  1313  ff.)  im  Wesentlichen  wi  in  den  grie- 
chischen Texten  und  Syr.  Fird.  verlegt  sie  nach  Spanien,  das  allerdings  zumilaghrib  gehört, 
wie  Dinawari  hat.  Die  Form  der  Eigennamen  zeigt  gleichfalls,  dass  F?d.'s  Vorlage  in 
arabischer  Schrift  war.^ 

Die  Gymnosophisten  1867  ff.  (Macan  1327  ff.)  folgen  erst  auf  die  fandace.  Die  an 
sie  gerichteten  PVagen  gleichen  ziemlich  denen  in  A,  Syr.,  zum  Theil  wftlich. 

Die  Abenteuer  des  Aristotelesbriefes  stimmen  am  meisten  zu  Syr.  Natürlich  schaltet 
der  Dichter  hier  aber  noch  freier  als  sonst.  Mit  Syr.  hat  er  den  RinÄr  verschlingenden 
Drachen  gemein  1873  ff.  (Macan  1333  f.)  =  Syr.  190  ff.  Darauf  folgt  »gleich  wie  in  Syr. 
die  Stimme,  die  ihm  sein  Ende  ankündigt  1876  (Macan  1335).  Dam  die  Amazonen  »y^ 
(sie),  welche,  wie  nur  noch  im  Syr.,  eine  männliche  und  eine  weiblicheßrust  haben  1877  ff. 
(Macan  1335  ff.).  Auf  dem  Wege  dahin  kommt  er  durch  Schnee  und  Feisr  zu  den  Schwarzen; 
das  ist  Ausführung  dessen,  was  Syr.  231  hat. 

Dann  wird  1883  ff.  (Macan  1339  ff.)  der  Zug  durch  die  Finste/uiss  zum  Lebensquell 
(ohne  den  gesalzenen  Fisch)  und  der  Bau  des  Thors  wider  Gog  un(/Magog  dargestellt  mit 
allerlei  weiteren  Abenteuern.  Es  fehlen  nicht  die  EVcotoxoixat  (göshisw)  und  andi-e  Monstra, 
aber  alles  prophetische. 

Darauf  folgt  1890  (Macan   1344  f.)   eine  freie  Bearbeitung   de/  Geschichte   vom  Palast 
des  Cyrus  Syr.  235  ff.     Dann  1891  ff.  (Macan  1345  ff.)  die  Orakel  gebenden  Bäume  =  Syr. 
-184  ff.;  Val.  124  f. 

Die  Begegnung  mit  dem  Kaiser  von  China  1893  ff.  (Macar  1347  ff.)  stimmt  wesent- 
lich zu  Syr.  195  ff.  (s.  oben  S.  40). 

Ueber  Caghwän,^  Sind  und  Jemen  geht  er  dann  nach  Bal)fl. 

Die  Einsetzung  der  ,Theilkönige'  ähnlich  wie  bei  Dinawari  »ach  einem  brieflichen  Rath 
des  Aristoteles,  der  an  Stelle  des  Briefes  3,  27  Val.  Syr.  tritt  W^  (Macan  1354  f.).  Die  auf 
Alexander's  Tod  deutende  Missgeburt  1904  (Macan  1355)  ^^  l  30. 

Der  Brief  an  die  Mutter  Macan  1356  mit  dem  Testament  üsst  noch  den  ursprünghchen 
Text  durchschimmern,  aber  natürlich  kann  der  Dichter  die  linzelheiten  der  Länderverthei- 
lung  u.  s.  w.  nicht  gebrauchen. 

Die  kurze  Notiz  ,36  Könige^  und  10  Städte'  zeigt,  da»«  die  Quelle  auch  die  Zahlen 
und  die  Liste  der  Gründungen  hatte.  Von  diesen  Städten  heisst  es,  sie  seien  alle  verödet 
(,Domenorte'  geworden),  während  Syr.  253,  1  sie  wenigstens  nur  zum  Theil  verfallen  sein, 
die  Anderen  alle  noch  blühen  lassen. 

Bei  Fird.  ist  Alexander  nicht  bloss  ,Kaiser  von  Rom',  sondern  auch  Christ.  Von  Bi- 
schöfen (b^sU.),  Christus  (g:^*^,  1^.^^)  und  dem  Kreuz  ist  öfter  die  Rede.    Aber  er  ist  dabei 


'  <)^\>>-ö  aus  rfsä\j^.  ^jij,.x^  (die  Endung  6S  durch  den  Reim  gesiclisrt)  aus  ,_^j^j^  ganz  wie  0005^  des  Syr.  Im 
Pehlewi  stand  wohl  oiblJS  für  KavSaüX/j;.  ^j^ikJ  aus  ^je'U\l  ('Avciyovo(  mit  ?  füf  ff.  s-  oben  S.  15.  Der  zweite  Sohn,  dessen 
eigentlicher  Name  sehr  unsicher  (s.  oben  S.  22),  heisst  hier  ^^X^. 

5   Mir  unbekannt.     Vielleicht  =  ^^UJLi,o  in  Transoxanien,  das  sonst  bei  Fird.  Cagh&ni  heisst. 

'   8.  oben  S.  8. 

7* 


52 


V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke. 


diirclians  t^rant  gegen  die  persische  Religion,  wie  denn  nach  des  Dichters  Auffassung 
zwischen  d*  Christenthum  und  dem  geläuterten  zoroastrischen  Glauben,  zu  dem  er  eine 
echt  roman1«he  Hinneigung  fühlte,  kein  grosser  Unterschied  gewesen  sein  kann. 

Wie  frefcun  auch  Fird.  mit  seinem  Stoff  umgeht,  das  zeigt  sofort  diese  kurze  Ueber- 
sicht,  dass  ermich  bei  Alexander  immer  nach  schriftlichen  Quellen  gearbeitet  und  nicht 
aus  der  SagV'eschöpft  hat.  Ebenso  ist  es  mit  dem  Theil  des  Schiilmäme,  der  die  Sasa- 
nidengeschicht»)etrifft,  und  nUhere  Untersuchung  wird  auch  wohl  für  die  altiränische  Ge- 
schichte dasseM  ergeben.  Freilich  mag  er  dabei  hier  und  da  Einzelnes  aus  mündlicher 
Ueberlieferung  kommen  haben:  bei  Alexander  ist  das  aber  gewiss  nirgends  der  Fall.  Von 
einer  AlexandAage  darf  man  also,  das  wiederhole  ich,  genau  genommen  auch  bei  ihm 
nicht  sprechen 


ken,  die  auch  uns 
Allgemeinen  auch 
Jedoch  hat  das  M 
den  die  Muslime  so 


Das  persischMßeschichUvferk  Mugmil  attawärtch  (geschrieben  1126)  beruht,  soweit  sich 
nach  den  bis  jetzr^rausgegebenen  Auszügen  urtheilen  lässt,  zum  grössten  Theil  auf  Wer- 

rliegen,  namentlich  auf  Hamza  und  Firdausi.  Ijctzterem  folgt  es  im 
der  Geschichte  Alexander's,  Journ.  as.  1841,  1,  175  f.  und  358  ff. 
^1  aus  einem  unbekannten  Alexanderbuche'  den  Anfang  des  Romans, 
nicht  kennen,  wie  Nectanebos,  König  von  Aegypten  und  Zauberer, 
die  Olympias,*  Tochtl  des  Philipp,  bethört  und  Vater  Alexander's  wird  u.  s.  w.  Zu  den 
Orten,  wo  Alexander  »storben  sein  soll,  kommt  hier  (361)  noch  Herat. 

Ganz  der  'syrisch«  Legende  268  f.  oder  dem  Jacob  von  Sarüg  entsprechend,  giebt  das 
Buch  die  prophetische  »chrift,  welche  Alexander  auf  das  von  ihm  erbaute  Thor  geschrieben 
habe;  als  Jahr  des  Einf«R  der  Barbaren  hat  er,  wie  wir  schon  S.  31  sagten,  ,860  des  letzten 
Jahrtausends'.  Diese  Infcirift  ist  in  arabischer  Sprache,  also  aus  einem  arabischen  Werke 
genommen. 

Ganz  anders  als  F^usi  stellt  sich  der  ebenfalls  hoch  berühmte  persische  Dichter 
Nizämi  in  seinem  1191  vlfassten,  in  zwei  Theile  zerfallenden  Alexanderepos  zu  der  alten 
Ueberlieferung.*  Er  ist  ei»-eflectierender  Dichter,  kein  epischer  Erzähler.  Es  kommt  ihm 
gar  nicht  auf  Einheitlichkeldes  Stoffes  an;  er  giebt  zuweilen  selbst  mehrere  abweichende 
Darstellungen  derselben  Säle  und  lässt  dem  Leser  die  Auswahl  oder  entscheidet  selbst. 
So  gleich  bei  der  Geburt  Axander's:  nach  der  einen  Erzählung  ist  Alexander  ein  Find- 
ling, nach  einer  aus  Dara's  »eschlecht,  nach  einer,  welche  Nizami  billigt,  der  Sohn  Plii- 
lipp's.  Vorne  im  zweiten  TheSist  eine  lange,  wenig  poetische  Erörterung  darüber,  woher  die 
Benennung  ,der  Zweigehömt«komme,  wie  wir  solche  in  vielen  arabischen  Prosawerken 
finden.  In  seiner  Darstellung  Mit  er  sich  zum  grossen  Theil  an  Firdausi,  liat  aber  dabei 
noch  manches  aus  andern  QuÄen.  Er  weiss  auch,  dass  Aristoteles  der  Sohn  des  Nico- 
machus  (^yjar»^  S.  108)  war,  wi  freilich  zu  einer  Zeit,  wo  des  grossen  Philosophen  Werke 
auch    im  Orient  viel    studiert  wVden,    wenig    bedeutet.     Alexander    verabredet    bei   Nizämi 

'  Nach  Mohl  eb.  163  von  ,Abou  Thalier  (ATartessiis',  liier  ,Abou  Tlialier  [ibn  Hasan  ibn  'Alt  ibn  Musä]  de  Tharsous'  (Ein- 
leitung zum  Schälmänie  [SeparatausgabolBr  Uobersetzung]  LXXXVI  f.).  Aber  Zotenberg  hat  auf  meine  Bitte  die  Hand- 
schrift des  Abu  Tähir  angesehen  und  geflden,  dass  Mohl  sich  irrt;  s.  unten  Ö.  54. 

'  Natürlich  ,.v  ■■  i  ^\\  für  j,,;^Ä.»3\  z"  lesen. 

'  Den  ersten  Theil  kenne  ich  aus  der  mimurzen  Erläuterungen  versehnen  Ausgabe  des  Muhammed  SirS^  von  Sijäldäh 
(beendet  den  26.  December  1862).  Ich  haDUas  Gedicht  aber  nicht  etwa  Wort  für  Wort  durchgelesen.  Vom  zweiten  Theil 
der  fUr  uns  wenig  in  Betracht  kommt,  stanfcir  nur  da»  erste  Heft  (^alcutta  1852)  zu  Gebote;  ich  habe  da.sselbe  nur  zum 
Theil  angesehn.  Es  genügt,  auf  Bacher's  Abfcdlung,  Nizämi's  Leben  und  Werke  (Leipzig  1871)  40  tf.  zu  verweisen.  Eine 
Uebereicht  über  den  ersten  Theil  giebt  SpieÄ,  Die  Alexander- Sage  bei  den  Orientalen  33  ff. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderkomans.  53 

■mit  zwei  vornehmen  Persern  die  Ermordung  Dara's.  Als  sie  die  That  vollführt  haben,  er- 
halten sie  erst  die  versproclienen  Schätze,  werden  dann  aber  hingericlitet;  also  wie  Tabarl 
oben  S.  45.    In  dem  Zuge  nach  dem  Lebensquell  liat  er  den  gesalzenen  Fisch.' 

Wenn  er  schon  im  ersten  Theil  willkürlich  verfährt,  so  noch  viel  mehr  im  zweiten, 
der  nur  ganz  schwach  mit  der  Ueberlieferung  verknüpft  ist. 

Ein  Hauptunterschied  von  Firdaust  ist,  dass  sich  bei  Nizami,  der  in  Arran,  an  der 
Gränze  der  iranischen  Welt  geboren  war  und  lebte,  und  zu  dessen  Zeit  die  Türken  defini- 
tiv Herren  von  Iran  geworden  waren,  keine  Spur  mehr  von  dem  iranischen  Nationalgefühl, 
noch  gar  von  der  Sympathie  für  die  alte  Religion  zeigt,  die  bei  dem  grossen  Epiker  so 
stark  hervortreten.  Sein  Alexander,  ein  Anhänger  der  ,Religion  Abraham'«',  zerstört  die 
persischen  Tempel,  vernichtet  die  heiligen  Bücher  und  die  heiligen  Feuer,  imd  bringt  die 
Priester  massenhaft  um  249  ff.  281.  346,  und  das  rechnet  ihm  der  Dichter  zum  hohen 
Verdienst  an.  Uebrigens  hat  er  von  der  zoroastrischen  Religion  ganz  unklare  Vorstellungen. 
Wiederholt  erwähnt  er  die  persischen  , Götzentempel'.  Und  wenn  er  von  den  Mädchen  in 
diesen  spricht,  so  beruht  das  zwar  in  letzter  Instanz  auf  Pseudocallisthenes  2,  21  (A.  Müller  79, 
Anm.  16  -c^v  Tcapi^svov  xt/..;  Syr.  147),  aber  ein  Perser  hätte  doch  so  etwas  nicht  sagen  sollen. 

Nizämi's  Gedicht  hängt,  %\ae  wir  sahen,  mit  dem  Roman  nur  noch  lose  zusammen.  Das- 
selbe wrd  von  späteren  persischen  Alexander-Epen  gelten;  icli  habe  allerdings  keines  der- 
selben gelesen. 

Aus  jüngeren  muslimischen  Chronisten  Hesse  sich  vielleicht  noch  ein  oder  der  andere,  oben 
nicht  erwähnte,  Zug  beibringen,  der  ans  dem  Roman  stammt.  Viel  wird  das  aber  kaiuu  sein. 

Der  cliristliche  Araber  Ibn  'Amld  (Elmacinus  f  1273/4),^  folgt  in  der  Geschichte  Ale- 
xander's  dem  Faden  des  Romans,  aber  ohne  die  verschiedenen  Versionen  auseinander  zu 
halten,  imd  mischt  allerlei  fremdes  ein.  So  macht  Aristoteles  dem  Alexander  mehrere  Talis- 
mane, von  denen  einer  das  Heer  vor  aller  Unkeuschheit  beschützt.^ 

Soviel  ich  weiss,  ist  keine  arabische  Uebersetzung  des  ganzen  Pseudocallisthenes  er- 
halten. In  älterer  Zeit  hat  es,  wie  ich  schon  gesagt  habe,  auch  kaum  eine  gegeben.  Wohl 
aber  dürfte  später  dieser  oder  jener  Christ  eine  gemacht  liaben.  Jedenfalls  repräsentiert 
uns  ein  solches  Werk  die  oben  schon  einigemal  erwälmte  äthiopische  Afterübersetzung 
von  der  uns,  nach  der  Handschrift  im  British  Museum,  Budge  S.  XCI  ff.  eine  Inhaltsübersicht 
giebt.  Diese  zeigt  ein  buntes  Gemisch  der  verschiedenen  Zweige.  Ganz  im  Anfang  liegt 
a  zu  Grunde,  darauf  ß  oder  y;  dann  A\'ird  die  Erzälilung  ziemlich  Avild.  Das  auf  Griechenland 
Bezügliclie  fehlt.  Von  Porus  an  stimmt  der  Aethiope  bis  zur  Candace  am  besten  zu  Syr., 
trotz  mancher  Abweichungen  und  Ausschmückungen  im  Einzelnen.'  Die  Uebereinstimmung 
in  den  Namen  Für  (Porus),  Qandaros  (Candaules)  u.  s.  w.  spricht  für  Abhängigkeit  von  Syr. 
Dann  wird  die  syrische  Legende  eingeschoben  (s.  oben  S.  32).  Danach  kommt  allerlei  aus 
ß  oder  Y  imd  ganz  Fremdes;  dabei  wird  der  Bau  des  Tliores  noch  einmal  erzählt.  Zidetzt 
kehrt  das  Buch  zu  a  zurück.  Am  Scliluss  die,  natürlich  zum  Tlieil  verdorbenen,  Zahlen 
und  die  Liste  der  Städte  (die  Budge  leider  nicht  selbst  mittheilt).    In  diesem  letzten  Tlieil  sind 

'   Vergl.  die  Uebersetzunjr  dieses  Stücks  bei  Etliö,  Alexander's  Zug  zum  Lebensquell  (Sitzungsber.  d.  k.  bayer.  Akad.,  Pliilos.- 

philol.  Classe.  1871,  6.  Mai). 
'   Ich  habe  den  karschunisclien  (Jothaer  Cod.  1557  beniatzt. 
3   Anders  die  neugriechische  Bearbeitung  bei  Kapp  66,  nach  der  Alexander  2000  schfine  Mädchen  unter  einem  XEpsapyö;  (von 

lEpiov  =  Itaüpiov,  Dim.  zu  Itaipa)  für  die  Soldaten  mitnimmt. 
*    Die  ehernen  Bildsäulen,   welclie   gegen   des  Ponis  Elephanten   gebraucht  werden,   haben  hier   die  Gestalt   von  Na.shörnern 


54  V.  Abhandlung  :  Tu.  Nöldekb. 

die  Namen  direct  nach  dem  Griechischen  (ins  Arabische)  umschrieben,  z.  B.  AhUksena  = 
'Pw^dvr^  (oben  Basiq  =  ^^^j  d.  i.  ^^-i^j  oder  wold  eher  ,3-^jj,  ganz  wie  in  Syr.);  Bardaksa 
=:  IlspStxxac  gegen  jraa»*^  des  Syr. 

Die  Geschichte  ist  hier  wesenthch  christlich  gemacht,  wenn  sich  auch,  namenthch  im 
Anfang,  noch  Reste  des  Hoidenthmns  finden.  Aber  auch  Mushmisches  kommt  vor.  Zu  dem 
Namen  ,der  Zweigehörute'  ^;^y>J\  ji  werden  die  verschiedenen  Illrklärungsversuche  vorgebracht, 
gsmz  vAq  in  musHmischen  Werken. 

Diese  Gestah  rafft  eben  alles  mögliche  über  Alexander  zusammen.  Vielleicht  liat  erst 
der  äthiopische  Uebersetzer  mit  seiner  Hauptgrundlage  anderes  aus  andern  arabischen 
Werken  verbunden.  Die  Liste  der  wilden  Völker  in  der  Legende  giebt  er  ausdrücklich 
mit  Verweisung  auf  ein  anderes  Buch  in  doppelter  Gestalt. 

Letzte  Ausläufer  des  Romans. 

Ich  rede  hier  nicht  von  ganz  willkürlichen,  an  Alexander's  Namen  geknüpften  Geschichten, 
wie  den  äthiopischen,  welche  Budge  CIX  characterisiert,  oder  auch  nur  so  freien  Erzählungen 
seiner  Thateu,  wie  sie  (nach  ein  paar  Proben  zu  urtheilen,  die  mir  Zotenberg  in  gewohnter 
Liebenswürdigkeit  geschickt  hat)  die  Pariser  Handschrift  3682^  giebt,  sondern  von  einem 
Werke,  in  dem  trotz  aller  Abweichungen  immer  noch  Pseudocallisthenes  wiederzuerkennen  ist, 
nändich  einer  jimgen  Gestalt  des  dritten  Zweiges  y-  Dieselbe  liegt  vor  in  einer  vulgär-griechi- 
schen Handschrift  in  Wien,  über  die  Kapp  in  dem  oben  S.  2  erwähnten  Programm  Näheres 
angiebt,  sowie  in  einer  von  dem  christlichen  Pfarrer  Joasaph,  genannt  Abu  Suwaidät,  ums 
JaJir  1670  theils  auf  dem  Sinai,  theils  in  Constantinopel  gemachten  arabischen  Uebersetzung,^ 
die  nach  verschiedenen  Zeichen  bei  den  Christen  Syriens  grossen  Beifall  gefunden  hat.^  Der 
Uebersetzer  lehnt  übrigens  die  Verantwortlichkeit  für  all  das  Wunderbare  ab,  das  er 
berichtet. 

Die  Zugehörigkeit  zum  Zweige  Y  zeigt  sich  u.  A.  in  folgenden  Zügen:  Die  Gesandten 
des  Darius  werden  gezwungen,  dem  Speer  Alexander's  zu  hiddigen  1,  26.  Dann  zieht  Ale- 
xander gegen  Thessalonice,  dessen  König  'Ap/Y^Sovouairjc  einen  Sohn  lloXuxpaxoüaTjc  hat, 
während  in  C  (1,  26)  der  König  selbst  lIoXuxpdTY]C  heisst.  Er  erstürmt  imd  zerstört  Athen, 
wobei  sich  die  Weisheit  des  Diogenes  zeigt  1,  27.*  Und  so  geht  es  durch  die  ganze  Ge- 
schichte bis  dahin,  wo  Bucephalus  Alexander's  Mörder  umbringt  3,  33,  wie  schon  Kapp's 
Auszüge  zeigen,  besser  aber  noch  die  arabische  Uebersetzung,  die  Aveit  mehr  enthält.  In 
der  Wiener  Handschrift  fehlt  nämhch  sehr  vieles.  So  gleich  die  Ermordung  des  Philipp 
durch  Anaxarchus  j^,i.jjU,  König  von  Paphlagonien  (fiir  Thessalonice)  1,  26,  an  deren  Stelle 
in  W*  ein  natürlicher  Tod  tritt,  und  alles,  was  zwischen  Porus'  Tode  und  Alexander's 
letzten  Tagen  liegt.  Im  Ganzen  stellt  der  Araber  überhaupt  eine  etwas  ursprünglichere 
Gestalt  dieses  Textes  dar. 


'   S.  den  neuen  Catelog  S.  628. 

'  Davon  drei  Handschriften  in  Gotlia  Nr.  4C,  3.  2398.  235)9  und  in  Pari.s  Nr.  3()81.  kli  liabo  die  beiden  ersten  Handschriften 
benutzt,  die  mir  Pertsch  gütigst  iiliersandte,  nachdem  er  micli  sellist  erst  auf  das  Werk  aufmerlisani  gemacht  hatte. 
Leider  hatte  ich   sie   schon   zurückgeschickt,  als  ich  durcli  Kapp'»  Programm  von  der  Wiener  Handschrift  Kunde  bekam. 

'  Die  Sprache  ist  natürlich  ziemlich  vulgär  und  der  oft  abgeschriebene  Text  stark  verdorben.  Die  Namen  in  griechischer 
Schrift  sind  in  dem  einen  Codex  fast  alle  weggela.ssen,  und  sonst,  wie  durchwog-  in  dem  andern,  nur  mechanisch  nach- 
gemalt und  meist  unleserlich. 

*   Die  Geschiclite  mit  dem  Arzt  Pliilipi)  ereignet  sich  in  Aegypten  2,  25. 

»   =  Wiener  Handschrift. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans.  55 

Sind  die  Abweichungen  von  ß,  welche  C  hat,  zum  grossen  Theil  schon  sehr  willkürUch 
und  manche  geradezu  unverständig,  so  gilt  das  noch  in  weit  höherem  Maasse  von  unserm 
Text.  Dass  das  Granze  christlich  gemacht  ist,  versteht  sich  von  selbst,  aber  die  grosse  Rolle, 
die  hier  der  Prophet  Jeremias  spielt,  der  zugleich  hoher  Priester  in  Jerusalem  ist  (zu  2,  24  C), 
die  Auslegung  der  Weissagung  Daniel's,  die  der  Priester  in  Rom  dem  König  überbringt,  durch 
Diogenes  (in  W  etwas  anders),  die  Kleinodien  Salomon's  (und  der  ägyptischen  Cleopatra!), 
die  er  dort  nebst  andern  schönen  Dingen  erhält,  sind  doch  des  Guten  etwas  zvi  viel.  So 
wird  die  Götterhöhle  3,  21  zur  Hölle,  was  in  C  schon  angebahnt  war.  Porus  lässt  gegen 
Alexander  Löwen  los,  die  dieser  nach  dem  Araber  durch  Büffel  und  Stiere  überwindet, 
während  nach  W  die  Löwen  die  ihnen  entgegengeschickten  Rinder  fressen  luad  damit  fttr 
sein  Heer  unschädlich  werden.  Unterdes  der  König  Alexandria  gründet,  erbaun  seine  Feld- 
herrn Seleucius,  Antiochus  imd  Byzantius  resp.  Seleucia  (in  Cilicien),  Antiochia  und  Byzanz. 
Und  so  geht  es  in  der  abenteuerlichsten  Weise  durch  das  ganze  Buch.  Dass,  nachdem 
Athen  schon  in  C  wie  Theben  mit  Gewalt  eingenommen  wird,  Theben  hier  ganz  Avegfällt, 
ist  aber  am  Ende  als  eine  Verbesserung  anzusehn. 

Das  einem  modernen  Leser  Auffallendste  ist  jedoch  die  Verwendung  von  Völker-  und 
Ländernamen,  die  in  eine  weit  jüngere  Zeit  gehören.  Das  geschieht  freilich  schon  etwas 
in  den  ältesten  Texten  des  Romans,^  aber  hier  in  ganz  anderem  Umfange.  Für  den  Zug 
gegen  die  Skythen  1,  23  setzt  dieser  Text  einen  gegen  die  Alamanen,  Kumanen  mid 
Sakulaten.^  Es  ist  fiir  uns  Deutsche  nicht  eben  schmeichelhaft,  an  die  Stelle  der  Skythen 
und  neben  die  wilden  Kumanen  zu  kommen;  aber  die  Byzantiner  werden  die  deutschen 
Kreuzfahrer  wohl  als  etwas  rohe  Gesellen  haben  kennen  lernen.  Grosse  Tapferkeit  mrd 
den  Alamanen  wenigstens  zugesprochen;  sie  zeichnen  sich  z.  B.  bei  der,  weitläufiger  als  in 
C  geschilderten,  Belagerung  von  Athen  aus.  Alexander's  Gesandter  an  die  Athener  ist  nach 
dem  Araber  ein  Alamane,  nach  W  ein  Fürst  der  Kumanen  und  Alamanen;  er  ist  leider  der 
Romaikf  nicht  mächtig  und  muss  sich  eines  Dolmetschers  bedienen.  Engländer  (Efxkizäpa 
j_yoUSo^;\)  und  Franzosen  kommen  auch  gelegentlich  vor.  Bei  der  Vertheilung  des  Reiches 
an  die  Statthalter,  welche  die  Stelle  des  Testaments  vertritt  (die  aber  in  W  zu  fehlen  scheint), 
erhält  Antigonus  Frankreich  UvJ\^  *XU-c  und  alle  Nordländer,  ^^\^y-^^  England.  An  einer 
andern  Stelle  steht  für  die  allerdings  räthselhaften  ßsXaupcii,  deren  König  Eurymithres 
^jX^_^\  ist  3,  26  C  (Müller  138a  unten),  UX;^^,  und  dass  das  wirklich  Marseille  sein  soll, 
zeigt  die  Erklärung  durch  ,Frankreich'  U*J\^.  Venedig  und  Morea  können  unter  diesen 
Umständen  nicht  befremden. 

Diese  Namen  genügen  zum  Beweis,  dass  die  Textgestalt  nicht  älter  ist  als  die  Kreuz- 
züge. Viel  später  ist  sie  auch  kaum.  Die  Wiener  Handschrift,  welche  ältere,  vollständigere 
voraussetzt,  soll  etwa  aus  dem  Ende  des  15.  Jahrhunderts  herrühren. 

Uebrigens  hat  diese  hier  besprochene  Umgestaltung  des  Romans,  obwohl  zum  Zweige 
Y  gehörig,  keine  näheren  Beziehungen  zu  den  Oxforder  Handschriften  dieses  Zweiges,  von 
denen  Mensel  im  Anhange  zum  Text  von  L  einige  Proben  giebt.  In  jener  ist  der  Wett- 
kampf des  jungen  Alexander's  zu  Olympia  (beim  Araber  ,Insel  der  Königinn  Olympias'  ge- 
nannt), in  den  Oxforder  Codices  zu  Rom,  und  die  Bäume  der  Sonne  und  des  Mondes  3,  17 
(Müller  123)  fehlen  in  jener  ganz. 


•   Die  Liste  der  von  Alexander  besiegten  Vülker,  welche  L  am  Schlüsse  giel)t,  weist  etwa  anfs  8.  oder  9.  Jahrhundert. 
2    Wer  diese  SaxojXätoci  ^j.;^-o'">)jSLo"^\  sind,  weiss  ich  nicht.    An  den  verschollenen  Namen  SxoXo'tai  ist  nicht  zu  denken. 
'   Wohl  Aaoii£TOuar,5  für  AaojjiiSwv.     Namou  auf  oiiuf;;  sind  in  VV  sehr  beliebt. 


56  V.  Abhandlung:  Th.  Nöldeke.   Beiträge  zur  Geschichte  des  Ai.bxanderromans. 

Ist  der  Bearbeiter  mm  sehr  \villkürlu;li  verfahren,  hat  er  viel  thörichtes  und  will  er 
mehr  Wissen  zeigen,  als  er  hat,  so  gilt  das  alles  im  Grunde  doch  schon  von  dem  Verfasser 
oder  Redactor  des  ursprünglichen  Romans.  Ja,  wenn  man  auf  den  Kern  der  Sache  sieht, 
so  ist  die  Abweichung  von  der  Geschichte  im  ursprünglichen  Pseudocallisthenes  weit  grösser 
als  der  Unterschied  zwischen  ihm  und  unserm  Byzantiner.  Und  dabei  muss  man  immer 
bedenken,  dass  letzterer  einen  allmiililich  schon  mannigfach  umgestalteten  Text  des  Romans 
vor  sich  hatte. 


.irt 

B  c  r  i  c  li  t  i  g  u  n  g. 

S.  lU,  Anm.  7  vorletzte  Zeile  muss  es  heisseii:   ,die  alten  Griechen  hatten  keine  Astrologen' 
(welche  aus  den  Gestirnen  die  Zukunft  erforschten). 


Ausgegeben  am  7.  Oetober  1890 

0 


BINDING  SECT.  »Ub 


O         V 


AS  Akademie  der  Wissenschafte 

142        Vienna.     Philosophisch-His 
A5  rische  Klasse 

Bd. 37-38    Denkschriften 


PLEASE  DO  NOT  REMOVE 
CARDS  OR  SLIPS  FROM  THIS  POCKE 

UNIVERSITY  OF  TORONTO  LIBRARY 


CIRCUL-A.TE  /^  '»'f-T'-^ff