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DENKSCHRIFTEN
DER
KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
MATHEMATISCH-l\ TURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
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SECHSUNDSECHZIGSTER BAND.
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n. THEIL.
MIT 14 TAFELN.
m COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN,
BUCHHÄNDLEK DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
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MUSEUM OF OOMPAEATIVE ZOÖLOGY.
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FEß 15 1900
DENKSCHRIFTEN
DER
KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
SECHSUNDSECHZIGSTER BAND.
IL THEIL.
WIEN.
AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
'■■'1898.
INHALT.
Seile
Über die Beulenpest in Bombay im Jahre 1897.
Albrecht und Ghou: II. Wissenschaftlicher Theil des Berichtes. B. Pathologisch-anatomische
Untersuchungen mit Einschluss der pathologischen Histologie und
Bacteriologie. fMit 14 Tafeln) 1—354
227
ÜBER
DIE BEULENPEST IN BOMBAY IM JAHRE 1897.
IL
WISSENSCHAFTLICHER THEIL DES BERICHTES.
B.
PATHOLOGISCH -ANATOMISCHE UNTERSUCHUNGEN MIT EINSCHLUSS DER
PATHOLOGISCHEN HISTOLOGIE UND BACTERIOLOGIE
VON
Dr. HEINRICH ALBRECHT und Dr. ANTON GHON,
ASSISTENTEN AM PATHOLOGISCH-ANATOMISCHEN INSTITUTE IN WIEN.
(UNTER MITWIRKUNG DES HILFSARZTES Dr. RUDOLF PÖCH.)
VORGELEGT IN DER SITZUNG VOM 17. MÄRZ I89S.
Inhaltsverzei
Seite
Einleitung 3 [229]
I. Fülle mit primärem Bubo 5 [231]
A. Fälle mit primärem Halsbubo 5 [231]
Fall 1/IX (Bhavoo Sadu) 5 [231]
Fall 2/XV (Kondi Krishna) 13 [239]
Fall 3/XXI (Sacoo Cumbla) 18 [244]
Fall 4/XXII (Dhondu Saddoo) 24 [250]
Fall 5/XXX (Bhagee Ycmma) 28 [254]
Fall 6/XLVI (Vistnu Sakharam) 33 [259]
B. Fälle mit primärem axillaren Halsbubo . 35 [261]
Fall T/I (Francis Xavier Desouza) 35 [261]
Fall 8/XIII (Rama Jewa) , . 40 [266]
Fall 9/XXIII (Dhorii) 46 [272]
Fall 10/XXIX (Ittoo Koosaba) 51 [277]
Fall 11/XXXI (Lumba Bahojce) 56 [282]
Fall 12/XXXIV (Shewa Appa) 61 [287]
Fall 13/XXXVI (Bageerathi) 66 [292]
Fall 14/XXXVIII (Bhaguj 72 [298]
Fall 15/XL (Moorar Ramjee) 76 1 302]
Fall 16 XIJI (Chiwa .Makan) 82 [308]
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. LXVI. Bd.
chniss.
Seite
Fall 17;XLV (Phankoo Natto) 85 [311]
Fall 18/XLVni (Bayio Aranjee) 89 [315]
Fall 19/XLIX (Gopall Laximon) ....... 98 [324]
. Fälle mit primärem inguinalen Bubo . . 104 [330]
Fall 20/11 (Laximon Govint) 104 [330]
Fall 21/IV (Arjoon Teeki) 1 1 1 [337]
Fall 22/V (Bolkrishne Tatia) 116 [342]
Fall 23/VI (Dogdu Laximon) )20 [346]
Fall 24/VII (Bayo) . • 126 [352]
Fall 25/VIlI (Jujnnv Sookhlal) 131 [357]
Fall 26/X (Gajanam VenayaU) 135 [361]
Fall 27/XlV (Mahadia Khristna) 142 [368]
Fall 28/XVI (Rama Mahadu) 146 [372]
Fall 29/XVIII (Rugha Gangha) 150 [376]
Fall 30/XIX (Suckaram Gookaram) 157 [383]
Fall 31/XXIV (Bably Arjoon) 162 [388]
Fall 32/XXVII (Badliloo) 167 [393]
Fall 33/XXXII (Dhondu Appa) 170 [396]
Fall 34/XXXV (Bala Ishram) 175 [401]
Fall 35 XXXVII (l)ajcc Vittu Sawant) 184 [410]
31
228
H. Albrcclif iiiid A. Ghoii,
Seite I
Fall 36/XXXIX (Sonoo Rama) 189 [415]
Fall 37/XLI (Khuman Suhl) 193 [419]
Fall 38/LI (ßhania Kura) 198 [424;
11. Fälle ohne pi-imärem Biibo 203 [429]
A. Primiire Pcstpneumoni cii 203 [429]
Fall 39/XI (Siikubai) 203 [429]
Fall 40/XXXni (Boodhu CInindun) 206 [432]
Fall 41/XLlII (?) 213 [439]
B. Fälle mit allgemeiner D rüsensch weUu ng 218 [444]
Fall 42/XLIV (Mathias Fernandcz) 218 [444]
Fall 43/XLVII (Durgoh Byahii) 221 [447]
Fall 44/L (Krislna Joti) 226 [452]
III. Fälle von Marasmus nach Pest 229 [455]
Fall 45;'X11 (Janki Aoyojo) 229 [455]
Fall 46;XXVI (?) 232 [458]
IV. Fälle von SecundärerUrankungen nach Pest 236 [462]
Fall 47/XVII (Ramchandra Doorghii) 236 [462]
Fall 48/XX (Govind Pandoo) 239 [465]
V. Anhang 243 [469]
Influenza-Pneumonie 243 [469]
Gonocoecen-Peritonitis 246 [472]
Cholera
Tabellarische Übersicht der zur Obduction gc
Uommcncn Pcstfälle
Seile
248 [474]
252 [478]
Z u s a m m e n f a .s s u n g unserer anatomischen,
histologischen und b a c t e r i o 1 o g i s c h e n
Befunde bei d e r P e s t d e s M c n s c li e n . . 254 [480]
1. .\llgcmeine Lcichenvcrändcrungcn 254 [480]
2. Äusseres Integumentum 255 [481]
3. Muskel, Periost, Knochen und Knochenmark . . 259 [485]
4. Lymphdrüsen und Lymphgelassc 260 [486]
5. Blut 285 [511]
6. Milz 303 [529|
7. Herz, Pericardium und Gcfässe 306 [532]
8. Respirationsorgane 308 [534]
9. Verdauungsorgane 313 [539]
10. Harn und Geschlechtsorgane 320 [546]
11. Centralnervensystem und seine Hüllen 321 [547]
Protokoll über die bacteriologischen Bkitunter-
suchungen bei Pestkranken 327 [553]
Erklärung der Abbildungen 351 [577]
Bculeupcst. II. Pathologisch-anatomischer Bericht. 229
Einleitung.
Eine der Hauptaufgaben, welche der nach Bombay zur Erforschung der Beulenpest entsandten Com-
mission zufielen, betraf das Studium der pathologischen Anatomie dieser Seuche. Das Gebiet derselben war
ja noch so wenig durchforscht wie bei keiner anderen hifectionskrankheit, und Virchow musste gelegentlich
seines Vortrages über die Pest in der Berliner medicinischen Gesellschaft am 19. Februar 1879 die Zuhörer
»um diejenige Entschuldigung bitten, die jeder in Anspruch nehmen muss, der über etwas spricht, \'on dem er
eigentlich nichts versteht. Ich spreche ■, fuhr er fort, «zwar nicht wie der Blinde von den Farben, aber doch
nur nach den Anhaltspunkten, welche gewisse Analogien der Pest mit Krankheiten, die uns geläufg sind,
mir darbieten. Wenn man die Pestliteratur durchgeht, so braucht man nicht lange zu lesen, um gänzlich
widerstreitende Angaben anzutreffen, und es wird schwer, diejenigen Autoren herauszusuchen, welche Einem
passen.« So richtig diese Worte Virchow's sind, so muss doch an jene kurze kritische Zusammenfassung der
pathologisch-anatomischen Befunde bei der Pest erinnert werden, die Griesinger im Jahre 1857 gab und die
viele Hauptpunkte des ganzen Processes bereits feststellte. Seit dieser Zeit bis zur Abreise der Commission
waren unsere Kenntnisse nur durch eine einzige Arbeit bereichert worden, die von dem Japanesen Aoyama
stammt und ein weites Gebiet zur Forschung in anatomischer Beziehung offen liess.
So hoffnungsvoll daher auch der Commission das Feld ihrer Arbeit erschien, ebenso ungewiss waren
aber die Aussichten auf Erlangung von Material, besonders da die Zeitungsnachrichten über den Widerstand
der einheimischen Bevölkerung ärztlichen Massnahmen gegenüber berichteten.
Dem Umstände jedoch, dass die Commission die erste am Platze war, verdankt sie eine glückliche
Erreichung ihres Zieles. Dasselbe wurde — wie selbstverständlich — in erster Linie durch das bereit-
willige Entgegenkommen der englischen Behörden gefördert, vor Allem durch die verständnissvolle Energie
des Surg-Colonel Dr. Weir, I. Health-Offlcier von Bombay, der es veranlasste, dass der Leiter des Arthur
Road Spitales Dr. Choksy uns das Leichenmateriale desselben überliess.
Die im Folgenden mitgetheilten Obductions-Befunde stammen daher zum grössten Theile von Leichen,
die wir im Arthur Road Spitale secirten. Nur zwei verdanken wir der Freundlichkeit des Professors Childe
vom Medical College in Bombay, der uns gestattete, die betreffenden Obductionen im Jamset Jeejeebhoi
Hospital vorzunehmen, wofür ihm an dieser Stelle unser bester Dank ausgesprochen sei. Eine Section
nahmen wir ferner im europäischen St. George Hospitale vor. Im Ganzen beläuft sich die Anzahl der von
uns durchgeführten Leicheneröffnungen auf 53. Unter diesen befinden sich 48, die theils an acuter Pest,
thcils an Nachkrankheiten oder Marasmus nach Pest verstorben \\-aren, ferner 2 Fälle von Cholera, 1 Fall
von diffuser Gonococcenperitonitis und 1 Fall von Influenza-Pneumonie. ^ Es waren dies ausschliesslich
Leichen von Hindu niederster Kasten; nur 2 waren Leichen von Goanesen (Christen).
In jenem Theile, der an der Spitze unseres Gesammtberichtes eine kurze Geschichte der Expedition
und ihrer Schicksale enthält, sind bereits in genügendem Masse die äusseren Schwierigkeiten bei der Durch
führung der Obductionen betont wurden, imd wir wollen hier davon absehen, auf dieselben m.ichmals einzu-
gehen. Aber in ihnen liegt zum grössten Theile der Grimd, dass unsere Protocolle und Untersuchungen mit-
unter Lücken aufweisen. Obv\'ohl wir redlich bestrebt waren, jeden einzelnen Fall in möglichst erschöpfender
Weise zu untersuchen, so muss doch zugegeben werden, dass z. B. die Untersuchungen der Nasenhöhle
und ihrer Nebenhöhlen, der Gelenke, des Knochenmarks in einer zu geringen Anzahl von Fällen 'geschehen
1 Ein Fall (Sullsa Peeroji, secirt am 19. Juni), der an croupöser Pneumonie (reiner Diplococceninfection) starb, wurde zu
weiteren Untersuchungen nicht verwendet.
31*
230 ^- Albrech/ intd A. Ghnii,
ist. Wir hatten eben auf allerlei Rücksichten zu achten. Vor Allem scheuten wir davor zurück, besonders
tiefgehende Eingriffe oder gar Entstellungen an den Leichen vorzunehmen, da wir wussten, dass dieselben
den .Angehörigen nach der Section wieder übergeben wurden. Um dies richtig beurtheilen zu können, muss
man sich in unsere Situation versetzen, die an und für sich eine Menge von anderen .Schwierigkeiten
für uns bot. Vor allem Anderen wären hier jene zu nennen, die unsere nur unvollkommene Kenntniss der
englischen Sprache mit sich brachte. Bei unseren Arbeiten im Spitale hatten wir nur mit Eingeborenen zu
verkehren, indem der Leiter derselben ein Parse, der eine Assistent ein Hindu, u. zw. Brahmine, dei- andere
ein eingeborener Jude war. Es galt nun einerseits das Zutrauen, dass die Genannten von Anfang an zu uns
gefasst hatten, zu bewahren und andererseits doch mit allen Mitteln darauf zu dringen, dass unsere Wünsche
in Betreff des Materiales erfüllt wurden und dass wir nicht aus der einmal erlangten günstigen Position ver-
drängt würden. Dabei waren wir fast in Allem auf uns allein angewiesen.
Sämmtliche Sectionsprotokolle wurden sofort während der Vornahme der Ohducti(.)n dictirt und sind
von dem Hilfsarzte der Commission, Herrn Dr. R. Pöch, gewissenhaft nachgeschrieben worden.
Die nach Europa mitgebrachten anatomischen Präparate haben wir, um ihren Farbenreichthum nach
Möglichkeit zu bewahren, in der Weise conservirt, dass wir sie auf kurze Zeit (6 — 12 Stunden) in eine
Mischung von Müller'scher Flüssigkeit und schwacher Formollösung legten und hierauf nach kurzem Aus-
wässern in 80"/(, Alkohol aufbewahrten. Dadurch war es möglich, besonders die Blutungen in ihrer natür-
lichen lebhaftrothen Farbe zu erhalten.
Die zahlreichen zur histologischen Untersuchung bestimmten Organstücke conservirten wir zum grössten
Theile und sorgfältigst ebenfalls in einer Mischung von Müller'scher Flüssigkeit und 10 % Formol, da wir
schon vorher in Europa mit dieser Conservirungsflüssigkeit die besten Erfahrungen gemacht hatten. Nur ein
geringer Theil der Präparate wurde in starkem Alkohol fixirt. In der früher genannten Mischung verbliehen
die Präparate nur wenige Tage, um hierauf in Alkohol steigender Concentration weiter gehärtet zu werden.
In Bombay nahmen wir, in Anbetracht der ungünstigen Verhältnisse unseres Laboratoriums, die auch schon
bereits in dem geschichtlichen Theile unseres Gesammtberichtes in genügender Weise auseinandergesetzt
wurden, nur mehr orientirende histologische Untersuchungen vor. Eine systematische Anfertigung von
Schnittpräparaten und genaue Durchmusterung unseres sehr umfänglichen histologischen Materiales geschah
erst in Wien; erstere wurde dem Hilfsarzte Herrn Dr. R. Pöch, der sich auch späterhin freiwillig in den
Dienst der Commission stellte, übertragen, der fast sämmtliche ausserordentlich zahlreichen Schnittpräparate
anfertigte. Zur Einbettung wurde fast ausschliesslich die gebräuchliche Celloidin-Methode verwendet, nur in
seltenen Fällen die Paraffinmethode. Die zur Untersuchung genommenen Schnitte hatten eine Dicke von
8—18 [>.. An Färbungsmethoden w^endeten wir die Doppelfärbung mit Hämalaun- oder Hämatoxjdin-Eosin,
manchmal auch die Färbung nach van Gieson an. Zur Bacterienfärbung erzielten wir gute Resultate mit
Boraxmethylenblau, die besten aber mit dem polychromen Methylenblau nach Unna. Bemerkt sei, dass wir
immer zur Differenzirung mit 95 "/g Alkohol mehr oder weniger stark verdünnte Glycerinäthermischung
anwendeten. Eine derartige Verdünnung leistete uns ausgezeichnete Dienste. Ausserdem wurden Schnitte
fast jedes einzelnen Organstückes nach der Weigert'schen Modification der Gram'schen Methode gefärbt
und untersucht. •
Besonders erschwert waren die bacteriologischen Untersuchungen an der Leiche, u. zw. sowohl in Folge
des Raummangels in unserem Secirraume, als auch in Folge der grossen Entfernung unseres Laboratoriums
vom Spitale. Je nach der Grösse der Organe wurden dieselben zur äusserlichen .Sterilisation entweder für
einige Zeit in Sublimatlösung gelegt und sodann mit heissen Instrumenten abgeglüht und eingeschnitten,
oder sie wurden direct mit glühenden Instrumenten an ihrer Oberfläche sorgfältig versengt und sodann
ebenfalls mit in der Flamme sterilisirten Instrumenten eingeschnitten. So gelang es uns, im Allgemeinen
grössere Verunreinigungen in den Culturen zu vermeiden, was durch die Übereinstimmung unserer Befunde
in den .Aussaaten, in den Deckglas- und histologischen Präparaten bewiesen ist.
Mit Rücksicht auf den leichteren Transport vom Spitale zu unserem Laboratorium mussten wir uns
begnügen, die Aussaaten statt in Petri'schen Schalen sehr häufig in Eprouvetten mit schief erstarrtem Nähr-
Beiücupcst. 11. Patliologisch-aualoiiiischcr Bericht. 231
materiale an/.ulegen unter HerslcllunL;' mehrerer \'erdünnungen. Wir verwendeten gewöhnlichen alkalischen
Agar, Glycerin- und Serumagar. Die angelegten Aussaaten wurden nun stets der Brüttemperatur (37° C.)
für 48 72 Stunden ausgesetzt. Von den verschiedenen Organen wurden zahlreiche Deckglaspräparate
angefertigt und sofort fixirt. Nur einen Theil derselben untersuchten wir gleich in Bombay, die übrigen wurden
genauest geordnet, signirt und sofort zur Mitnahme nach Wien verpackt, wo sie erst einer sorgfältigen
Durchmusterung unterzogen wLn\ien. Zur Färbung derselben verwendeten wir verschiedene Anilinfarben in
wässerig alkoholischer Lösung, am häufigsten Löffler'sches Methylenblau. Zur Darstellung der Kapseln
leistete uns die amerikanische, ursprünglich für Geisseifärbung angegebene Methode nach Pittfield
(Erwärmen in einem vor dem Gebrauche hergestellten Gemische aus Solutio aluminis 1 Theil, concentrirter
alkoholischer Gentianaviolettlösung 10 Theile, zusammen mit dem gleichen \'olumen 10 "/u Tanninlösung)
ausgezeichnete Dienste.
Über die Methode der Blutuntersuchungen an Lebenden soll in dem dieselben behandelnden Capitel
berichtet werden.
Was nun in Folgendem die Eintheilung des Stoffes anbelangt, so sind jedem Sectionsprotokolle zunächst
sämmtliche bacteriologische und histologische Untersuchungen, die wir am einzelnen Falle vorgenommen
haben, angeschlossen und am Schlüsse jedes einzelnen die Resultate derselben in Form einer kurzen,
zusammenfassenden Epikrise besprochen. Die verschiedenen Fälle sind in folgender Weise geordnet:
Zunächst sind angeführt jene, bei denen wir einen primären Bubo nachweisen konnten. Daraus ergibt sich
die Eintheilung in Fälle mit primärem Hals- (6), primärem axillaren (13) und primärem inguinalen (19) Bubo.
Wir unterscheiden fernerhin Fälle ohne primären Bubo, das sind die primären Pestpneumonien (3) und jene
mit allgemeiner Drüsenschwellung, bei denen wir keinen primären Bubo auffinden konnten (3). Denselben
sind 2 Fälle von reinem Pestmarasmus und 2, die mehr zufälligen Secundärerkrankungen nach Pest erlagen,
angereiht. Den Schluss bildet ein Anhang, der die Obductionsprotokolle jener Fälle, die mit der Pest in
keinem Zusammenhange stehen, als in dem, dass intra vitam die Diagnose auf Pest nicht vollständig aus-
geschlossen werden konnte, enthält.
In einer grösseren zusammenfassenden Besprechung haben wir endlich die Resultate unserer Unter-
suchungen dargestellt.
Was die anatomische Nomenclatur betrifft, so waren wir bestrebt, uns der Nomina anatomica (B. N. A.)
zu bedienen, heben aber ausdrücklich hervor, dass wir uns zur Bezeichnung der inguinalen Lymphdrüsen-
gruppen an die bequemere und einfachere Nomenclatur des Gegenbaur'schen Lehrbuches (1892) gehalten
haben.
I. Fälle mit primärem Bubo.
A. Fälle mit primärem Halsbubo.
Fall 1/IX. ^
Bhavoo Sadu,- 22jähriger Hindu, Diener, wurde am 6. März um 11 Uhr X'ormittags ins Spital auf-
genommen, angeblich am III. Krankheitstage, und starb am 8. März um 9 Uhr 20 Minuten Vormittags am
\'. Krankheitstage. Die Section wurde ungefähr eine Stunde post mortem vorgenommen.
Männliches Cadaver, \50 cm lang, von gracilem Knochenbau, gut entwickelter Musculatur, gut genährt.
Todtenstarre stark entwickelt. Todtenflecke an den abhängigen Körperpartien diffus.
Gesicht asymmetrisch, linke Gesichtshälfte geschwollen, und zwar ziemlich gleichmässig bis
hinaufreichend über das Planum temporale rechterseits. .Auch die äussere Hälfte beider .Augenlider etwas
< Bei der Numerirung der einzelnen Fälle bedeuten die arabischen Ziffern die t'urtUiufende, die römi.schcn die nrsprünslicli in
lidinhay gewühlte Numerirung. E.s war nothwendig, letztere beizubehalten, da die aus den einzelnen Fällen gewonnenen Pestculturcn.
mit welchen die im III. Theile unseres Berichtes enthaltenen Versuche ausgeführt wurden, dieselbe Bezeichnung führen.
- Vergl. Krankengeschichte II. A. p. 24.
232 H. Albrccht und A. Ghon,
ödematös. Gegen die Mittellinie zu reicht das Ödeni liis zum rechten Nasennügel und ziun rechten .äusseren
Mundwinkel. Nach hinten zu setzt es sich über die Parotisgegend auf die Aussenfläche des Halses fort, so
dass Hals- und Nackengegend auffallend geschwollen erscheinen. Diese ödematöse Durchtränkung setzt
sich unter das Kinn bis über die Mittellinie nach links fort, das Kinn freilassend, und begrenzt sich nach
abwärts ohne scharfe Grenze an der vorderen Fläche des Thorax, zwei Finger breit über der rechten
Mamilla. Nach aussen erstreckt es sich über die ganze rechte Schulter- und Nackengegend bis auf den
Rücken. Die Haut in der rechten Submaxillargegend, nach hinten zu bis zum vorderen Cucullaris-Rand
reichend, etwas prominent, bräunlich gefärbt. Die Epidermis unterhalb des rechten Ohres in Form vieler, kleiner,
mit seröser Flüssigkeit gefüllter Blasen abgehoben. Entsprechend diesem, im Vorstehenden beschriebenen
Gebiete, unter dem rechten Unterkiefer und rechten Ohr fühlt sich die Geschwulst sehr derb, pastös an. Weiter
in der Umgebung dieser Stelle fühlt sich das Infiltrat weicher pastös an, in der Gegend des Thorax und der
Schulter wie schwappend. Wo die Consistenz eine weichere oder fast fluctuirend weiche ist, ist die Haut
leicht verschieblich und faltbar, aber im Bereiche der früher beschriebenen, ungemein derb infiltrirten Partien,
erscheint die Haut kaum verschieblich, nicht faltbar, wie mit den tiefer liegenden Schichten verwachsen. An
der rechten Stirnhälfte eine Fingerbreite über dem Augenbrauenbogen eine ungefähr 4:Cm lange, 1 '/gcw breite,
braune, vertrocknete Excoration. Die Gruben der linken Halsseite sind von entsprechender Tiefe. Bei der
Präparation der .Schädeldecken fliesst aus dem succulenten Binde- und F"ettgewebe, das beträchtlich ver-
breitert ist, reichlich klares gelbliches Serum ab. Beim Einschneiden in der rechten Schultergegend findet
sich das succulente Gewebe fast ebenso reichlich serös, über dem Schlüsselbein serös-hämorrhagisch durch-
tränkt. In der Gegend des Acromions eine etwas grössere, scharf begrenzte, subcutane Blutung. Diese seröse
Durchtränkung des Bindegewebes reicht hinten nicht über die Mittellinie nach links. In beiden Achsel-
höhlen und Cubiten keine Lymphdrüsen tastbar.
Thorax entsprechend lang und breit, symmetrisch, gut gewölbt, Abdomen im Niveau des Thorax.
Bauchdecken gut gespannt.
Am äusseren Genitale nichts Pathologisches.
In beiden Leistengegenden erbsengrosse, ziemlich harte Drüsen palpabel.
In den Kniekehlen keine Veränderungen bemerkbar.
Keine Ödeme an den unteren Extremitäten.
Die Sohlenhaut stark rissig, mit oberflächlich vernarbten Stellen bedeckt. .Sonst nirgends frische Wunden
oder frisch vernarbte Stellen sichtbar.
In den mittleren Partien der Schädeldecken, im Bindegewebe zerstreut, punktförmige Blutungen.
Schädeldach länglich-oval, geräumig, symmetrisch. Der Längsdurchmesser 18r»/, der quere ll'/aCiw,
der Umfang 50 n« messend. Der Schädelknochen ist. bis etwas mehr als ^jiCm dick. Spongiosa fast
überall spärlich erhalten. Glastafel nirgends verdickt. Die Gefässfurchen und die Gruben der
Pacchioni'schen Granulationen seicht, die Nähte erhalten. Auch im Periost beider Scheitelbeine und des
Hinterhauptbeines kleine, bis erbsengrosse, ziemlich reichliche, stellenweise confluirende Hämorrhagien.
Dura mater gut gespannt, blutarm, zart. Sichelblutleiter flüssiges Blut enthaltend. An der Gehirnbasis
sind die Gefässe zartwandig, ungemein enge; Aieningen ziemlich blutreich, ebenso an der Convexität. Rinde
überall gleichmässig breit, grau-röthlich. Das weisse Marklager von reichlichen Blutpunkten durchsetzt.
Consistenz desselben, der kurzen Zeit post mortem entsprechend, ziemlich derb. Ventrikel ziemlich eng,
einige Trc^pfen klaren Serums enthaltend. Plexus lateralis gleichmässig bluti'dth. Stammganglien normal
gebildet, auf dem Durchschnitte ziemlich blutreich. Die Recessus laterales des vierten Ventrikels besitzen
etwas granulirtes Ependym. Kleinhirn ebenfalls ziemlich blutreich. In Pons und Medulla nichts Patho-
logisches.
Die früher beschriebene seröse Durchtränkung des LJnterhaut-Binde- und Fettgewebes am Thorax setzt
sich noch ungefähr zwei Querfinger breit, in gei'ingerem Grade entwickelt, nach links von der Mittellinie zu
fort, hinabreichend bis in die Gegend der Brustwarze nahe der Mittellinie, nach links hin in der Höhe der
fünften Rippe; im subcutanen Bindegewebe eine circa guldenstückgrosse, frische Hämorrhagie. Eine eben-
Beulenpesl. IL Pathologisch-ana/omischer Bericht. 233
solche unter der linken Clavicula. Das Binde- und Fettgewebe an der ganzen rechten Halsseite enorm
ödematös und hämorrhagisch infiltrirt, ebenso die Gegend des Sterno-cleidomastoideus und insbesondere
die Clavicularportion desselben. Diese hämorrhagische Infiltration reicht nach rückwärts bis in die Gegend
des Nackens. Hier finden sich ferner sehr zahlreiche, bis wallnussgrosse, vollständig hämorrhagisch infiltrirte,
ziemlich derbe Lymphdrüsen zur Seite der grossen Gefässe und hinter denselben (Lj^mphoglandulae
cervicales superf. et profundae.)
Die Schleimhaut des weichen Gaumens und der Uvula, des Zungengrundes, der Tonsillen, der Epi-
glottis, besonders an ihrem Rande und ihrer vorderen Fläche, und die rechte ary-epiglottische Falte von ganz
enorm reichlicher, seröser Flüssigkeit durchtränkt, plump geschwollen; die Schleimhaut über diesen Partien
theils gelblich transparent, theils trübe röthlich; Tonsillen selbst klein, nicht pathologisch verändert. Die rechte
arj'-epiglottische Falte so hochgradig ödematös, dass sie den rechten Sinus piriformis vollständig ausfüllt,
und in demselben Niveau mit dem grossen Zungenbeinhorn steht. Dieses gelbliche, erzitternd weiche Ödem
reicht bis an die Basis der Aryknorpel hinab. Die Schleimhaut der rechten Larynxhälfte, und zwar besonders
über dem rechten falschen Stimmbande, bis über die Mittellinie des Larynx nach links vorgewölbt. Der
Morgagni'sche Ventrikel von einer wie prolabirt aussehenden Schleimhaut ausgefüllt. Das rechte Stimmband
ebenfalls von gelblich serösem Infiltrat geschwollen.
Die Lymphdrüsengruppen längs der rechten grossen Halsgefässe in der Regio submaxillaris, nach hinten
bis in die Gegend der Parotis und des Ohres, sämmtlich vergrössert, gleichmässig dunkelschwarzroth, hämor-
rhagisch infiltrirt, mit der Musculatur, welche ebenfalls reichlich hämorrhagisch ist, und mit dem die Drüsen,
Muskel und Gefässe umgebenden, ebenso derb infiltrirten Bindegewebe wie verwachsen. Die Wand der
Vena jugularis rechterseits von zahllosen, verschieden grossen, nicht confluirenden Hämorrhagien durch-
setzt. Auch längs der Vena jugularis der linken Seite finden sich einige über haselnussgrosse, total hämor-
rhagisch infiltrirte Lymphdrüsen. Auch hier erscheint das Bindegewebe sulzig-hämorrhagisch infiltrirt und
die Venenwand ebenso an einigen Stellen in geringerem Grade von Blutungen durchsetzt.
Linke Lunge im Bereiche des Oberlappens angewachsen. An der Pleura des Unterlappens und auch
des Oberlappens (hier in geringerer Anzahl) zahlreiche Ecchymosen. Die Lunge fühlt sich lufthaltig an, ist
ziemlich klein, erscheint auf dem Durchschnitte sehr blutreich, etwas ödematös, die Bronchialschleimhaut
etwas geröthet. Rechte Lunge ebenfalls in ihren hinteren Partien durch Bindegewebsmembranen, die sehr stark
schwappend ödematös sind, angewachsen. An der Pleura des Unter- und Oberlappens zahllose kleine Ecchj^-
mosen. Lunge klein, lufthaltig, in den hinteren Partien etwas derber. Aui dem Durchschnitte erscheinen
die vorderen Lungenpartien lufthaltig, ziemlich blutreich, die hinteren etwas collabirt, stärker ödematös, sehr
blutreich, hypostatisch.
Im Herzbeutel etwas mehr gelbliches Serum, Pericard zart, an der Aussenfläche ein Paar Gruppen
von Ecchymosen. Linker Ventrikel contrahirt, rechter schlaft'. Im linken Herzen reichliches, halbfiüssiges,
dunkelrothes Blut. Im rechten Herzen reichliche, halbflüssige Blutmassen. Klappenapparate zart, Herzfleisch
ziemlich fest.
Die Lymphdrüsen in der Umgebung der Bronchien anthracotisch, nicht geschwollen.
Leber kaum etwas vergrössert, Oberfläche glatt, Kapsel zart, stellenweise kleinste punktförmige
Hämorrhagien sichtbar. Die vorderen Ränder scharf, Consistenz nur etwas vermindert. Auf dem Durch-
schnitte das Gewebe wenig blutreich, Läppchenzeichnung etwas undeutlicher, Farbe graubraun.
Gallenblase gut mit dunkler Galle gefüllt, unter ihrer Serosa vereinzelte Blutungen sichtbar.
Milz etwa um ein Drittel vergrössert. Kapsel leicht getrübt, ziemlich zart. Auf dem Durchschnitt
blutroth gefärbt, Pulpa etwas vorquellend, ziemlich leicht ausstreifbar, das grobe Stroma etwas vermehrt,
Follikel hie und da als graue Punkte wahrnehmbar; zerstreut finden sich im Milzgewebe scharf abgrenz-
bare, stärker prominente, dunkelroth gefärbte Herde von Hanfkorn- bis Erbsengrösse.
Nieren vergrössert, plump, schlaffer. Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt. Auf dem Durchschnitt
ziemlich blutreich. Rinde und Columnae Bertini deutlich verbreitert, etwas vorquellend, enthalten spärliche
pimktförmige Blutungen; Glomeruli etwas vergrössert und prominent, Pyramiden grauroth, heben sich gegen
234 H. Albrechl innl A. Cluni,
die gelblicli - graue Rindenschichte gut ab. Schleimliaiit des Nierenbeckens und der Ureteren niclit
verändert.
In der massig gefüllten Harnblase klarer, gelblicher Urin.
Die oberflächlichen und tiei'en inguinalen Lymphdrüsen etwas vergrössert, isolirt, derb, grau-röthlich
gefärbt, auf dem Durchschnitt etwas blutreicher.
Die retroperitonealen Lymphdrüsen längs der grossen Gefässe (Lj-mphoglandulae coeliacae, lumbales
et iliacae) ebenso v'ergrössert, ebenfalls isolirt, ziemlich derbe, auf dem Durchschnitte blutreich, saftig,
röthlich-gelblich, etwas vorquellend.
Im Magen schleimige, \'on schwarzbraunen Flocken durchsetzte Massen. Die Schleimhaut, besonders
längs der grossen Cur\-atur, von zahllosen bis hirsekorngrossen, auf den Höhen der Falten confluirenden
Blutungen durchsetzt und allenthalben etwas stärker gefaltet. Im Duodenum nichts Pathologisches. Im
Dünndarm gallig gefärbte Chymusmassen, Schleimhaut dünn. Im ganzen Dickdarme zahllose, punktförmige
Blutaustritte in der Schleimhaut, diese selbst fleckig geröthet, von galligen, schleimigen Fäcalmassen bedeckt.
Pankreas und Nebennieren nicht pathologisch verändert.
Die am 7. März, am IV. Krankheitstage, vorgenommene bacteriologische Blutunter-
suchung ergibt sehr reichliche Reinculturen von Pestcolonien.
Bacteriologischer Befund.
1. Die Aussaaten aus einer mit klarer, seröser Flüssigkeit gefüllten Hautblase der
rechten Halsseite unterhalb des Ohres zeigen ausschliesslich Pestcolonien in spärlicher Menge; im
Condenswasser der Agarröhrchen findet sich ein flockiger Niederschlag, der im Deckglaspräparat zu Ketten
angeordnete Pestbacillen zeigt, die von deutlichen Kapseln umgeben sind.
2. In der Üdemflüssigkeit am Kopfe, hinter dem rechten Ohre, findet man mikroskopisch
neben spärlichen Coccenformen vereinzelte Pestbacillen in typischen Formen mit bipolarer Färbung.
In den Aussaaten zeigen sich ausschliesslich Colonien einer weissen Staphylococcenart (15 Colonien).
2 a). Das hämorrhagische Ödem der rechten Brustseite zeigt mikroskopisch ziemlich reich-
lich Pestbacillen, einzeln und als Diplobacillen, gut und bipolar gefärbt.
3. Im Ödem an der unteren Seite des Kleinhirns lassen sich weder mikroskopisch noch
culturell Bacterien nachweisen.
4. Die Aussaaten aus der Flüssigkeit vom linken Gehirnventrikel zeigen keine Pest-
colonien, wohl aber einige Colonien einer nicht näher bestimmten Bacillenart (Verunreinigung).
5. Die Aussaaten aus dem Harn bleiben steril.
6. In den Aussaaten aus einer hämorrhagisch infiltrirten Lymphdrüse der rechten
Halsseite finden sich ausschliesslich Pestcolonien in sehr reichlicher Menge.
7. In einer zweiten Lymphdrüse der rechten Halsseite finden sich mikroskopisch ziemlich
reichlich Pestbacillen, meist einzeln, ovoid und länglich gestaltet, gut und bipolar gefärbt, oder als blass
gefärbte ovoide und rundliche, sowie als Ringformen. An vielen Bacillen sieht man in den mit wässeriger
Fuchsinlösung gefärbten Präparaten eine deutliche Kapsel, blässer tingirt und scharf abgegrenzt. In den
später mit Pittfield's Gemisch behandelten Präparaten ist die Kapsel auch noch sehr schön darstellbar als
blass violetter, scharf begrenzter Hof um den stärker tingirten Bacillenleib. In diesen Präparaten sieht man
ausserdem noch grössere, blassviolette, wie gebläht aussehende Gebilde, die in der Mitte einen winzig
kleinen, stark tingirten Punkt zeigen (Degenerationsformen).
8. In den Aussaaten aus dem Blute \'om linken X'orhof finden sich reichlich und ausschliess-
lich Pestcolonien.
IlLu!iii;h'sf. IL PiifIi('!'\L;isc!i-(.nmfo!ii/schcr Bericht. 235
9. In den Aussaaten aus der Galle gehen ausschliesslich Pestcolonien an (10 Colonien). In den
Deckglaspräparaten von diesen Colonien sieht man neben den typischen o\"uiden Formen ziemlich viele
gewundene Fäden.
10. Präparate aus den Faeces vom Dickdarm zeigen reichlich plumpe Kurzstäbchen, vor-
wiegend einer Art, gleichmässig gefärbt; unter diesen finden sich auch ovoide Formen mit bipolarer Färbung,
die man als Pestbacillen ansprechen könnte.
Die in Petri'schen Schalen gemachten Aussaaten (Strichculturen) ergeben keine Pestcolonien. Wohl
findet sich in der zweiten Platte bei der Durchmusterung derselben eine Colonie, die als Pestcolonie ange-
sprochen wird (jedoch nicht typische Form), sich aber bei der Weiterprüfung nicht als solche erweist.
Histologischer Befund.
1. Hämorrhagische Drüse aus der rechten Nackengegend. Das Drüsengewebe vollständig
durch Hämorrhagien zerstört, und zwar zum Theile ziemlich gleichmässig hämorrhagisch infiltrirt, zum
Theile finden sich Inseln von polynucleären Leukocyten und enormen Haufen von Bacillen. Daneben sieht
man auch in den hämorrhagisch infiltrirten Partien ziemlich gleichmässig zerstreut zumeist poly-
nucleäre Leucocyten. In der Rindenschicht ist die hämorrhagische Infiltration besonders massig. Die
peripherste Schichte der Drüse wird von einem ziemlich schmalen, mit Hämatoxylin blau gefärbten, fast
continuirlichen Saum gebildet, der nur aus Bacillen besteht. Die fibröse Kapsel durch Hämorrhagien-,
Bacillen- und Leucocyten-Infiltration auseinander geworfen. Ausserdem finden sich im Binde- und Fett-
gewebe unmittelbar ausserhalb der Kapsel zahlreiche stark erweiterte Lymphgefässe, die mit Blut, Rund-
zellen und massenhaften Bacillen erfüllt sind, so dass mehr als die Hälfte des Querschnittes von dem mit
Hämatoxylin blau gefärbten Bacillen eingenommen, das Lumen kleinerer von demselben vollkommen ver-
stopft ist. Die Wand vieler erweiterter Capillaren homogen, die Endothelzellkerne meistens schwach gefärbt,
das Lumen ganz oder zum Theil mit glänzenden, von Eosin stark roth gefärbten Balken oder Schollen
erfüllt. Die mehr peripheren Schichten des Binde- und Fettgewebes wie überschwemmt von einem Strome
etwas weniger dicht gelagerter Bacillen nebst rothen Blutkörperchen und polynucleären Leukocyten.
Im Innern der Lymphdrüse nur an vereinzelten kleinen Stellen Körnchenzerfall der polynucleären
Leukocyten. Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man im Innern der Lymphdrüse, wo die enorm
grossen Bacillenhaufen liegen, die einzelnen Bacillen nur ganz schwach und undeutlich gefärbt, schattenhaft,
oft die einzelnen gar nicht abgrenzbar. In den peripheren Schnitten des Bindegewebes dagegen sind sie
wenn auch etwas schwächer als die Kerne, so doch scharf gefärbt und hier überall als Diplobacillen erkenn-
bar, die häufig intracellulär gelagert sind.
2. Schnitte, welche durch die Vena jugularis int. und einige sie einscheidende Lymphdrüsen
gehen, zeigen im Allgemeinen dasselbe Bild, wie die im Vorstehenden beschriebenen. Auch hier wechseln
Hämorrhagien, Bacillen- und polynucleäre Leukocyten-Infiltration an In- und Extensität miteinander ab
und scheiden die Venenwand ein. Zahlreiche mit polynucleären Leukocyten und Bacillenmassen vollgefüllte
L\'mphgefässe finden sich in der unmittelbaren Umgebung der Lymphdrüsen.
Die Bacilleninfiltration ist eine derartig hochgradige, dass dieselben geradezu zahllos über den ganzen
.Schnitt verbreitet sind; an vielen Stellen liegen sie in so dichten und grossen Haufen, dass sie bei einfacher
Hämatoxylin-Färbung und schwacher Vergrösserung an der ziemlich intensiv blauen Farbe erkenntlich
sind. Oder es sind die adventitiellen Gefässscheiden wie von rundzellenarmem Ödem auseinandergeworfen,
das sich bei stärkerer Vergrösserung als aus zahllosen, gleichmässig vertheilten, aber etwas lockerer anein-
ander gelagerten Bacillen mit ziemlich spärlich dazwischen gelagerten Fibrinfäden bestehend zeigt. Die
Endothelien der kleinen Blut- und Lymphgefässe der Gefässscheide auffallend gross, rundlich, oft ganz
epithelähnlich, mit grossen, runden, manchmal bläschenähnlichen Kernen, so dass die Gefässlumina am
Querschnitt ganz drüsenähnlich aussehen.
Denkschriflen der mathem.-naturw. Gl. LXVJ. Bd. 32
236 H- A Jb reell l iitul A. (Umn,
Die Gefässvvand vielfach iKimogen aubsehcnd, das Gefässlumen häufig von einem homogenen Balken-
werk oder Schollen erfüllt. Auch Durchschnitte von Nerven sind von hämorrhagischer Infiltration dicht ein-
gescheidet. Ferner setzen sich reichliche Blutungen hinein in die Aledia der Vena jugularis fort und zwar
bis unter das Endothel der Vene. Letzteres ist auf den untersuchten Schnitten überall erhalten; nur dort,
wo diese Blutungen und zugleich grosse Bacillenhaufen die Musculatur bis in ihre obersten Schichten
durchsetzen und in die Intima einbrechen, ist es in zusammenhängender Kette abgehoben oder es fehlt
ganz. Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man neben den Blutungen ungemein reichliche, dicht
gedrängte Bacillenmassen, welche die Muskelschicht und die Intima derart durchsetzen, dass entweder zahl-
reiche Bacillen zwischen dem abgehobenen Endothel und der eigentlichen Intima liegen oder zwischen den
einzelnen aus ihrem Verbände gelösten Endothelien oder innerhalb derselben.
Von elastischen Membranen nichts sichtbar. Die Pestbacillen liegen auch im Bereiche der Blutungen
nicht selten innerhalb von Rundzellen, sind entweder von der Form der Diplobacillen, zwischen den
rothen Blutkörperchen oft zu deutlich gegliederten Fäden angeordnet, zeigen aber besonders dort, wo sie
schütterer liegen, Coccenformen in verschiedener Grösse. Aufschnitten, die nach Weigert's Fibrinfärbung
behandelt sind, behält ein Theil zweifelloser Pestbacillen einen roth-violetten Farbenton.
3. Schnitte, aus dem hämorrhagisch infiltrirten Musculus sterno-cleido-mastoideus der
rechten Seite angefertigt, zeigen die bindegewebigen Interstitiell desselben auf weite Strecken von Blutun-
gen durchsetzt, die auch zwischen die einzelnen Muskelfasern eindringen. Dieselben zeigen vielfach ihre
Querstreifung erhalten, manche sind aber verbreitert, stellenweise wie aufgetrieben und ganz homogen.
In den Blutaustritten reichliche polynucleäre Leukocyten und überall reichliche typische Pestbacillen nach-
weisbar.
4. Schnitte durch die rechtseitige, hochgradig geschwollene Plica aryepiglottica zeigen
den Epithelüberzug derselben überall erhalten. Besonders an ihrer lateralen Seite, wo die Schleimhaut in
den Sinus piriformis übergeht, ist das submucöse Bindegewebe derartig aufgelockert oder auseinander-
geworfen, dass die einzelnen Bindegewebszellen mit spinnen- oder sternförmiger Anordnung ihrer Fortsätze
und Bündel elastischer Fasern isolirt und nin- um Gefässe in ihrer Lage erhalten sind. In den dadurch ent-
standenen feinen Maschen ganz homogene, weder fädige noch irgendwie granulirte Massen und keine
Bacillen nachweisbar.
Unmittelbar unter dem Epithel erweiterte Lymphcapillaren mit ganz gleichmässig homogen aussehendem
und mit Eosin schwach gefärbtem Inhalt. Die der Höhe der Plica entsprechende grössere Schleimdrüsen-
gruppe nicht besonders verändert, in dem sie umhüllenden Bindegewebe stark erweiterte und gefüllte Blut-
gefässe, in denen sich reichliche polynucleäre Leukocyten finden. Erstere finden sicii auch in der Sub-
mucosa dieser Stelle mit ziemlich dichter Infiltration von polynucleären Leukocyten.
Das subcutane Bindegewebe an der ganzen laryngealen Seite der Plica in ganz ähnlicher Weise ver-
ändert, wie auf der pharyngealen. Doch liegen hier in den feinen Maschen des aufgelockerten Bindegewebes
neben wenigen rothen Blutkörperchen und polynucleären Leucocj'ten so massenhaft gleichmässig vertheilte
Bacillen, dass es so aussieht, als hätten diese das Bindegewebe derartig auseinandergeworfen. Die Blut-
gefässe prall mit Blut gefüllt. An einzelnen Stellen erscheint die oberfiächliche Hornschicht des Platten-
epithelüberzuges in Form kleiner, oft nebeneinander stehender Bläschen abgehoben. In einzelnen von ihnen
Pestbacillen auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten nachweisbar. Im übrigen ist die .Suhmucosa über-
schwemmt von Pestbacillen in typischer Form, hinaufreichend bis unmittelbar unter das Epithel. Sie sind
häufig intracellulär gelagert und liegen reichlich in dem Blute der erweiterten Gefässe.
5. Schnitte durch die stark ödematöse Uvula ergeben im Allgemeinen denselben Befund. Nur
finden sich in dem auseinander geworfenen Bindegewebe keine Bacillen, sondern nur ziemlich homogen
aussehende geronnene Massen. Pestbacillen finden sich überhaupt nur als kleinere Gruppen in einigen
Blutgefässen. Ebensu wie in der ödematösen Plica aryepiglottica sehr viele Mastzellen.
6. Das subcutane Bindegewebe, das die adenoide Substanz der rechten Tonsille ein-
hüllt, in ganz derselben Weise verändert, wie das der Plica aryepiglottica an der laryngealen Seite. Nur
Bcnlciipc^l. II. Pc!/!ii>l<>i;isch-aim/<i!/iiscl!Li' Bericht. 237
finden sich ausgedehntere Hämorrhagien und stellenweise Infiltration von polj'nucleären Leukocyten. Auch
hier ist die Submucosa überschwemmt von enormen Massen typischer Pestbacillen. Dieselben infiltriren
nicht nur die Submucosa bis unmittelbar an das Epithel, sondern dringen auch in Form von Zügen und
Ketten in die Epithelschicht ein und liegen dann in zahlreichen kleinen, von der obersten verhornten
Schichte begrenzten Bläschen oder zwischen den nicht abgehobenen Epithelien. Im übrigen ist das Ober-
flächenepithel vollkommen intact.
7. Schnitte durch die ödematöse Kopfhaut zeigen nur die tieferen Schichten des subcutanen
Bindegewebes verbreitert, die einzelnen Bindegewebsbündel von einer gleichmässig homogen geronnenen
Masse auseinandergedrängt. Pestbacillen nur sehr spärlich in einigen erweiterten Gefässen nachweisbar.
8. In Schnitten von der Haut der rechten Brustseite oberhalb der Mammilla ist das Rete
Malpighii und das Corium ebenso unverändert, wie an der Kopfhaut. Die oberflächlichen Schichten des sub-
cutanen Binde- und Fettgewebes reichlich durchsetzt von homogenen geronnenen Massen mit spärlichen
polynucleären Leukocyten, dagegen die tiefen Schichten dicht infiltrirt und zerrissen von ausgetretenen Blut-
massen, in welchen sich sehr reichliche Pestbacillen finden. Die zerrissenen Bindewebsbündel zwischen den
Blutmassen oft ganz homogen.
9. Eine wenig vergrösserte lumbale Lymphdrüse zeigt ihre Structur vollständig erhalten,
ihre Sinus erweitert und einzelne Keimcentren auffallend gross, ihre CapiUaren stark und gleichmässig
erweitert. Die die Sinus aufbauenden Zellen sehr gross, epithelähnlich mit einem oder mehreren grossen,
bläschenförmigen Kernen und stellenweise Fetttröpfchen enthaltend. Ausserdem finden sich in den Sinus
spärliche Rundzellen und rothe Blutkörperchen. In den Keimcentren Vermehrung der polynucleären Leuko-
cyten. In zweien liegt ein schlanker kurzer Wurm, der der Grösse und Form nach der Filaria sanguinis
Bankrofti entspricht. Irgendwelche Bacterien im Gewebe nicht nachweisbar, wohl aber ziemlich reichlich
Pestbacillen im Blute der CapiUaren,
10. Milz. Nicht nur die einzelnen Pulparäume mit Blut prall gefüllt, dasselbe findet sich auch zwischen
dieselben reichlich ausgetreten. Ausser sehr reichlichen polynucleären Leukocyten finden sich überall grosse
epithelähnliche Zellen mit einem oder mehreren grossen rundlichen oder gelappten Kernen, die den
geschwollenen Endothelien der Pulparäume entsprechen. Die makroskopisch auffallenden, etwas pro-
minenten, dunkel-bUitrothen Herde von Linsengrösse grenzen sich mikroskopisch dadurch ab, dass sie viel
zellärmer und dafür reicher an Blutaustritten sind, so dass eine ganz scharfe Grenze gegen das ungemein
zellreiche übrige Milzgewebe gebildet wird. Im Bereiche dieser Herde sehr zahlreiche Filarien, die sich in
der übrigen Milz nur vereinzelt finden, und stellenweise in Capillargefässen zu liegen scheinen. Pestbacillen
finden sich in enorm reichlicher Menge über die ganze Milz zerstreut, sehr spärlich in den Follikeln, häufig
intracellulär.
11. Leber. Die Leberepithelien gross, schlecht von einander abgrenzbar, mit ebenfalls grossem, blass-
blaugefärbten, bläschenartigen Kern und vereinzelte kleine Fetttröpfchen enthaltend. In der die Pfortader-
gefässe umgebenden Glisson'schen Kapsel kleinere Rundzelleninfiltrate und ganz vereinzelte Filarien, die
ebenso vereinzelt in den CapiUaren der nächsten Umgebung sich finden. In letzteren überall ziemlich
,.eichliche Pestbacillen, manchmal dieselben vollstopfend.
12. Epithel und Submucosa der Gallenblase intact. Im subserösen Bindegewebe in der Gegend
ihrer Verwachsung mit der Leber, sieht man auf den untersuchten Schnitten eine Blutung, die die Serosa
nicht durchbricht, wohl aber stellenweise in die Muscularis eindringt. In derselben Pestbacillen in Form
kleinerer dichtgedrängter Haufen auffindbar.
13. Niere. Die Epithelien der Rinde niedrig, von einander nicht abzugrenzen, die Harnkanälchen
erweitert, theils granulirte, theils homogen aussehende Massen, selten Blut enthaltend. Die Glomeruli von
unregelmässiger Form; in vielen Capillarschlingen eines jeden Glomerulus liegen, das Lumen verstopfend,
Filaria-Embryonen. In den Harncanälchen und in den übrigen Gefässen keine solchen nachweisbar. Die
Epithelien der Bowman'schen Kapsel sehr zahlreich, ihre Kerne gross. Zwischen denselben und dem Glome-
rulus geronnene granulirte Massen. In der Peripherie der Pyramiden zerstreute kleine Blutaustritte, die das
32*
238 ^- Albrech/ und A. Ghori ,
interstitielle Gewebe durchsetzen oder in die Harncanälchen eindringen und sie zerstören. In ihnen finden
sich massenhaft Pestbacillen.
14. Magen (grosse Curvatur). Die Schleimhaut beträchtlich verdickt, die Drüsenschläuche sehr
lang, Haupt- und Belegzellen schlecht von einander zu unterscheiden. Das adenoide Gewebe vermehrt, zum
Theii in Form nicht scharf abgegrenzter Follikel, zum Theil diffus angeordnet. Die zwischen den Drüsen-
schläuchen gegen die Schleimhautoberfläche zu ziehenden Gefässe erweitert, die oberste Schichte der
Schleimhaut blutig infiltrirt, und zwar oft auf weite Strecken hin. Jedoch durchsetzen diese Blutungen nie
die ganze Schleimhaut, sondern bleiben auf die Höhe der Schleimhautfalten beschränkt. In ihnen spärliche
kleinere Gruppen von Diplobacillen auffindbar, die manchmal bipolare P'ärbung zeigen, sanft abgerundete
Enden besitzen, also ihrer Form und Anordnung nach als zweifellose Pestbacillen erscheinen.
15. Schnitte durch die Lunge zeigen kleinere Blutungen in ihrem Pleuraüberzug. Pestbacillen
lassen sich in denselben nicht mit Sicherheit nacliweisen. Wohl aber in ebenfalls kleinen, nur wenige
Alveolen erfüllenden Blutungen der Lunge selbst. Ausserdem finden sich in denselben und innerhalb ein-
zelner Lungencapillaren Filariaembryonen in massiger Menge.
16. Am Plexus lateralis der Seitenventrikel ausser Erweiterung und starker Füllung der Gefässe
nichts Pathologisches. Im Blute derselben kleine und grössere Gruppen von Pestbacillen nach-
weisbar.
Epikrise.
Nach dem anatomischen Befunde, der einen typischen primären Bubo der oberflächlichen und tiefen
Cervical-Lj'mphdrüsen der rechten Seite ergibt, stellt sich vorliegender Fall als einer jener schweren dar, wo
augenscheinlich, entsprechend der gewaltigen Intensität und Ausbreitung der localen Veränderungen die
primäre Infection im Bereiche der Lymphdrüsengruppen der rechten Hals- und Nackengegend stattgefunden
hat. Das in weiter Umgehung sich findende sulzig-hämorrhagische Ödem setzt sich auf den weichen
Gaumen fort und bildet ein hochgradiges Ödem der rechten Plica aryepiglottica und der Schleimhaut der
ganzen rechten Larynxhälfte, während beide Tonsillen von schwereren Veränderungen frei bleiben.
Geringere, aber auch schwer hämorrhagische Schwellungen zeigen dieselben Lymphdrüsengruppen der
anderen Seite. Ausserdem finden sich noch geringe Schwelkmgen einiger retro-peritonealen und inguinalen
Gruppen. Zahlreiche Blutungen finden sich im Bereiche des primären Affectes, auch in den stark ödematösen
Gebieten selbst auf der linken Halsseite, z. B. unter der linken Clavicula, ferner in der typischen Weise in
der Wand der Vena jugularis interna dextra, spärlichere in der Wand der Vena jugularis interna sinistra,
ferner in der Schädelschwarte, im Periost der Scheitelbeine, reichliche in der Pleura, mehr vereinzelte im
Pericard und unter der Serosa der Leber und der Gallenblase. Ganz übersät von stecknadelkopfgrossen
Blutungen ist die chronisch katarrhalisch afficirte Magenschleimhaut und die des Dickdarmes, zahlreiche
kleinere finden sich in den Nierenpyramiden. Herzfleisch, Leber und Nieren zeigen Degenerationszeichen
des Parenchyms.
Der acute Milztumor zeigt ausser seinem für Pest typischen Verhalten (geringe Weichheit, tief dunkel-
blutrothe Farbe, massiges Vorquellen der Pulpa am Durchschnitte und geringe Ausstreifbarkeit derselben)
lymphomähnliche Herde, bedingt durch die Anwesenheit zahlreicher Ulariaembryonen.
Histologisch sind die Lymphdrüsen aus der Gegend des Primäraffectes zerstört durch Hämorrhagien
und enorme Bacilleninfiltration. Beide brechen unmittelbar in das Lumen der Vena jugularis ein. In den
Blutungen, die den Sterno-cleido-mastoideus durchsetzen, neben beginnender hyaliner Degeneration der
Muskelfasern reichliche Bacillenhaufen. In der ödematösen Plica aryepiglottica, dort, wo das Ödem hämor-
rhagisch ist, dichte Bacillenmassen, die stellenweise das intacte Epithel durchdringen. Derselbe
wichtige Befund an der Tonsille, wo reichliches Durchdringen der Pestbacillen durch das Epithel zu
constatiren ist. Dort, wo das Ödem nicht hämorrhagisch, sondern rein serös ist, spärliche oder keine Pest-
bacillen nachweisbar. In einer etwas vergrösserten lumbalen Lymphdrüse findet sich Erweiterung des Sinus
Beulenpest. IL Pathologisch-aiiafouiischer Bericht. 239
mit Anschwellungen der Lj'mphendothelien und der den Sinus aufbauenden Zellen, sowie deren Kerne,
jedoch Pestbacillen auf den untersuchten Schnitten nur innerhalb der erweiterten Capillaren.
Der acute Milztumor ist bedingt durch kleine Blutungen, zahllose Bacillen, reichliche Leucoc\-ten-
Infiltration und Anschwellung der Endothelien der Pulparäume.
Das Leberepithel im Zustande der trüben Schwellung, in den Capillaren finden sich reichliche Pest-
bacillen, desgleichen in der subserösen Blutung der Gallenblasenwand. Die Nierenepithelien stark degene-
rirt, in den Glomeruli massenhafte Filariaembryonen, die sich auch in kleinen Lungenblutungen und in
einer lumbalen Lymphdrüse finden; in den zerstreuten Pyramidenblutungen sehr zahlreiche Pestbacillen.
Desgleichen lassen sich kleinere Haufen von zweifellosen Pestbacillen in den Blutungen
der Magenschleimhaut, in den kleinen Blutaustritten der Lunge und in den stark erwei-
terten Gefässen des Plexus chorioideus lateralis auffinden.
Bacteriologisch ergeben sich reichliche Reinculturen von Pestbacillen aus einer Lj'mphdrüse der rechten
Halsseite und dem Blute, und ziemlich spärliche Reincultur aus der Galle und einer vom .Serum
abgehobenen Hautblase der rechten Halsseite. Steril blieben die Platten, angelegt aus der Ödem-
flüssigkeit der Kopfhaut, der rechten Brustseite, dem intermeningealen Ödem am Kleinhirn, aus dem Liquo
cerebralis der Seitenventrikel und aus dem Harn.
Fall 2/XV.
Kotidi Krishna,^ 22jähriger Hindu, Kutscher, wurde am 7. März, 8 Uhr 35 Minuten Vormittags, am
V. Krankheitstage, ins Spital aufgenommen und starb am 11. März, am IX. Krankheitstage, um 11 Uhr
10 Minuten Vormittags. Die Section fand am 12. März um 9 Uhr Vormittags, 22 Stunden post mortem statt.
Männliches Cadaver, 158 cm lang, von ziemlich gracilem Knochenbaue, gut entwickelter Musculatur,
abgemagert. Todtenstarre an den unteren Extremitäten stark entwickelt, an den oberen fehlend. Todtenflecke
reichlich an den abhängigen Körperpartien.
Die Haut des linken Gesichtes geschwollen, am meisten in der Regio parotidea-masseterica sinistra, stark
gespannt, dunkelviolett gefärbt, fühlt sich beim Versuche Falten aufzuheben dick, pastös an. Dieselbe Ver-
färbung und ödematöse Beschaffenheit der Haut setzt sich über die linke Schläfengegend, das linke Auge,
dessen Lider stark ödematös sind, bis zu den Nasenlöchern und zu dem linken Mundwinkel, wo die beiden
Lippen stark verdickt aussehen, ferner über den linken Unterkiefer, in die Regio submaxillaris und nach
hinten in die Nackengegend fort. Conjunctiva des linken Auges geschwollen und geröthet. Aus dem-
Munde ergiesst sich eine röthliche Flüssigkeit. Die Schleimhaut der linken Hälfte der Lippen rothviolett
gefärbt; Conjunctiva des rechten Auges weiss; beide Hornhäute trübe, Pupillen nicht erkennbar. An der
rechten Wangenhaut zahlreiche Comedonen.
Hals kurz und dick, Drüsen nicht deutlich tastbar; ebenso wenig in den Achselhöhlen.
Über der Haut der linken Schulter dunkelschwarzrothe, verschwommene Venenzeichnung sichtbar
(Fäulniss).
Thorax entsprechend lang, sehr breit, gut gewölbt, symmetrisch. Abdomen ungefähr im Niveau des
Thorax, etwas gebläht, Bauchdecken schlaff. Am äusseren Genitale nichts Pathologisches. An den unteren
Extremitäten zahlreiche, oberflächlich sitzende, ältere Narben; auch frischere finden sich, so an der äusseren
Seite des rechten Kniegelenkes, an der äusseren Seite des rechten Vorderarmes. Die Haut der linken Leisten-
grube leicht in Falten abhebbar. Die ganze Gegend aber etwas prominent, indem sich ungefähr entsprechend
dem Durchtritte der Vena saphena durch die Fascie eine längliche, etwa taubeneigrosse, harte, nach unten
besser wie nach oben abgrenzbare Geschwulst tasten lässt. Die Consistenz in der Gegend des Poupart'schen
Bandes etwas vermehrt. Auch in der rechten Leistengrube lässt sich ein circa haselnussgrosser Tumor tasten.
1 Vergl. Krankengeschichte II. .\. p. 18.
240 //. Alhrcclit itiul A. Ghoii,
Der linke Musculus temporalis und die linke Hälfte der Schädeldecken sulzig ödematös, von zahlreichen
Hämorrhagien durchsetzt, rothbraun und zum Theile schon etwas missfärbig (Fäulniss).
Dura mater gut gespannt, zart, durchscheinend, im Sichelblutleiter geronnenes, dunkles Blut, an der
InnenOäche der rechten Hälfte der Dura mater, in der Gegend des Hinterhauptlappens eine Gruppe von
ungefähr hanfkorngrossen Hämorrhagien.
Schädeldach länglich oval, Längsdurchmesser 18-5 c;;/, querer l2-riciii, j'eripherie 51 cm messend.
Knochen dünn, durchschnittlich 0-5 cm dick, Spongiosa überall erhalten, Glastafel nirgends verdickt, Furchen
und Gruben an der hinenfläche seicht.
Leptomeninx an der Basis und an der Convexität des Gehirns sehr stark durchfeuchtet, zart. Gehirn
faul, fast zerfliesslich weich, massig blutreich.
Bei der Präparation der Zunge und des weichen Gaumens findet sich das Bindegewebe in der Umgebung
der linken Regio parotideomasseterica und submaxillaris und des Kopfnickeransatzes stark sulzig, braunroth
gefärbt. Die Lymphdrüsen dieser Gegend rechterseits bis über haselnussgross, derb, auf dem Durchschnitt
röthlich-gelblich, medullär. Die entsprechenden Lymphdrüsen der linken Seite von gleicher Grösse, entleeren
beim Ein.schneiden röthlich-gelblichen, reichlichen Eiter. Beide Tonsillen etwas prominent und ulcerirt, der
Geschvvürsgrund entleert reichlichen, trüben, mit necrotischen Gewebspartikeln untermengten Saft, der
Geschwürsrand ganz unregelmässig, zerfallend. Linke Tonsille etwas weniger prominent; aus dem
Geschwürsgrunde derselben lässt sich ein eiterähnlicher Saft abstreifen, ihre Schleimhaut in der Umgebung
hämorrhagisch infiltrirt. Auf dem Durchschnitte erscheint die rechte Tonsille ungemein succulent, zum Theile
hämorrhagisch. Schleimhaut des Pharynx getrübt, düster geröthet. Schleimhaut des Larynx und der Trachea
etwas missfärbig, braunroth.
Linke Lunge mittelst Bindegewebsmembranen fast ganz mit der Thoraxwand verwachsen. Ihre Pleura
glatt, glänzend; das Lungengewebe lufthaltig, auf dem Durchschnitte blutreich, lufthaltig, in beginnender
Fäulniss. Rechte Lunge ebenso verwachsen, Pleura mit zahlreichen Bindegewebsmembranen bedeckt, sonst
derselbe Befund wie auf der anderen Seite.
Die Lymphdrüsen im vorderen Mediastinalraume zu einem etwas flachen, über taubeneigrossen Paquet
vereinigt, dasselbe hart, nicht gut abgrenzbar, von ödematös infiltrirtem Bindegewebe eingehüllt. Auf dem
Durchschnitte hämorrhagisch infiltrirt und zum Theile rothgelblich gefleckt und gesprenkelt, reichlichen'
bröckeligen Saft beim Abstreifen gebend.
Herz faul, daher .schlaff, Musculatur blutig imbibirt.
An der Pleura parietalis rechterseits finden sich Gruppen von hirsekorngrossen, ziemlich derben Knötchen,
die theils gelblich, theils schiefergrau gefärbt, ziemlich derb sind, theils einzeln, theils in Gruppen zu vielen
angeordnet und in lockere Bindegewebsmembranen eingehüllt sind.
Die bronchialen Lymphdrüsen anthracotisch, vergrössert, die Rinde deutlich geschwollen, grauroth, saftig.
Leber mit dem Zwerchfelle durch lockere Bindegewebsmembranen allenthalben verwachsen. Dieselben
Knötchen, wie an der Pleura, finden sich reichlich, stark pigmentirt in diesen Bindegewebsmembranen, im
Peritoneum des Zwerchfelles, der Bauchdecken bis hinunter in den Douglas'schen Raum, zahllos im grossen
Netze, auch an der Radix mesenterica, im Peritonealüberzuge des Dünndarm und an den Appendices
epiploicae des Dickdarmes, auch ziemlich reichlich im Peritoneum der hinteren Bauchwand.
Leber hochgradig faul, in der Gallenblase keine Blutungen.
Milz auf das Dreifache vergrössert, ungemein plump, an der Oberfiäche reichliche Bindegewebs-
membranen, am Durchschnitt scheint das grobe Stroma deutlich vermehrt, die Pulpa vorquellend, schwarz-
roth, leicht abstreifbar.
Nieren plump und weich, Kapsel leicht abziehbar, Oberfiäche glatt, Rinde geschwollen, verbreitert,
gelblich-röthlich gestreift, ziemlich faul. Schleimhaut des Nierenbeckens beiderseits intact. In der Harnblase
ziemlich reichlicher, gelblicher Urin.
Die oberfiächlichen, inguinalen Lymphdrüsen linkerseits zu einem über taubeneigrossen Paquet ver-
einigt, jedoch die einzelnen abgrenzbar, hart, von etwas ödematösem Bindegewebe umgeben.
Bciilcupcst. IT. Piitlwlogiscli-aualoniischer Bericht. 241
Ebenso die Lymphdrüse am inneren Sclieni<elringe , ihre Umhüllung etwas hämorrhagisch. Auf
dem Durchschnitte sind erstere zum Theile hämorrhagisch, zum Theile vorquellend, medullär. Die tiefen,
inguinalen Lymphdrüsen zeigen auf der Schnittfläche mehr central gelegene, trockene, käsige, bis linsen-
grosse Knötchen, die Peripherie der Drüsen in derselben Weise verändert wie die anderen. Kleine Lymph-
drüsen liegen längs des lleopsoas und rechts und links \on den grossen Bauchgefässen. Sie erscheinen auf
dem Durchschnitte gelblich-blutroth gesprenkelt, medullär, weich, leicht und reichlich abstreifbar.
Die rechtseitigen oberflächlichen Inguinaldrüsen ebenfalls vergrössert, isolirt, die central sitzenden voll-
ständig hämorrhagisch infiltrirt. Die Lymphdrüsen am rechten inneren Schenkelringe circa wallnussgross
hart. Auf dem Durchschnitte erscheint die centrale Parthie in typischer Weise vorquellend, gelblich-röthlich
gesprenkelt, reichlichen Saft gebend. In der Peripherie finden sich zahlreiche, prominente, hirsekorngrosse,
graugelbliche, meist in kleinen Gruppen beisammen stehende Knötchen.
Die Lymphdrüsen der linken Poplitea etwas vergrössert, sehr hart, auf dem Durchschnitte massig blut-
reich, aber vorquellend und saftgebend.
Die Lymphdrüsen in der rechten Poplitea von derselben Grösse, aber weniger blutreich und weniger
weich.
Die Lymphdrüsen beider Axillen stark vergrössert, aber isolirt, in dem das sie umgebende Bindegewebe
wenig ödematös ist. Auf dem Durchschnitte hämorrhagisch infiltrirt.
Magen und Darm stark faul, keine auffallenden Veränderungen.
Mesenteriallymphdrüsen massig vergrössert.
Die am 9. März (am VII. Krankheitstage) mit sehr wenig Blut vorgenommene Blutunter-
suchung ergab eine Colonie von Pestbacillen in Reincultur, die am nächsten Tage vor-
genommene zweite Blutuntersuchung massig reichliche Reincultur von Pestbacillen.
Bacteriologischer Befund.
1. Im Eiter einer Lymphdrüse der rechten Fossa submaxillaris (nicht völlig steril entnom-
men) finden sich mikroskopisch sehr reichlich Streptococcen in kurzen und langen Ketten, spärlich grosse
plumpe Bacillen, nur massig reichlich Pestbacillen, theils ovoid, theils länglich geformt, bipolar gefärbt.
Die Aussaaten erscheinen von Colonien der Coligruppe völlig überwuchert; Pestcolonien nicht nach-
weisbar.
2. Deckglaspräparate von der Milz enthalten Pestbacillen in massig reichlicher Menge, einzeln,
seltener als Diplobacillen, in ovoiden und länglichen, gut und bipolar gefärbten, oder blass tingirten rund-
lichen und geblähten Formen; weniger reichlich sind kürzere, gleichmässig tingirte Stäbchen, sowie anthrax-
ähnliche, in längeren oder kürzeren gegliederten Fäden angeordnete plumpe Bacillen nachweisbar. Spärlich
rinden sich Coccen in kürzeren Ketten.
In den Aussaaten finden sich vorwiegend und sehr reichlich Colonien von Stäbchen der Coligruppe,
spärlicher Colonien vom Tvpus des Bacillus subtilis; Pestcolonien sind nicht nachweisbar.
3. In Deckglaspräparaten einer linken, oberflächlichen, zum Theile hämorrhagisch
infiltrirten Ingunialdrüse finden sich sehr reichlich Pestbacillen in allen Formen; als ovoide, längliche,
ringförmige und geblähte Gebilde, theils gut und bipolar gefärbt, theils blass und undeutlich; spärlicher
plumpe, kurze, gleichmässig und dunkler als die Pestbacillen gefärbte Stäbchen mit abgerundeten Enden,
sowie grössere anthraxähnliche Bacillen.
4. Eine zweite inguinale oberflächliche Lymphdrüse derselben .Seite ergibt culturell den-
selben Befund wie Nr. 1.
5. Deckglaspräparate von der rechten Tonsille zeigen sehr reichlich Pestbacillen in allen Formen
wie bei Nr. 3. Spärlicher finden sich andere Bacterienformen, darunter kürzere plumpe und grössere anthrax-
ähnliche, oft lange, gegliederte Fäden darstellende Stäbchen und Kettencoccen.
242 H. Albrechl iiiicl A. Ghon,
Aussaaten ergeben denselben Befund wie Nr. 1 und Nr. 4.
6. In einer Lymphdrüse des vorderen Mediastinums finden sicli mii<roskopiscli sehr reiehlicii
Pestbacillen in den bei Nr. 3 beschriebenen Formen; spärlich anthraxähnliche grössere Bacillen.
In später mit Pittfield's Gemisch gefärbten Präparaten dieser Lymphdrüse sieht man an einzelnen
Stellen deutliche Kapselbilder.
Histologischer Befund.
Obwohl das Cadaver ziemlich stark faul war, lässt sich an den zur histologischen Untersuchung ver-
wendeten Organen überall gute Kernfärbung erzielen. Im Folgenden sollen aber nur die gröberen histolo-
gischen Veränderungen beschrieben werden.
1. Rechte Tonsille. Im ganzen Bereiche der Tonsille fehlt das Epithel, während dasselbe in der
Umgebung, sogar in seinen obersten Schichten erhalten ist. Der Grund des Geschwüres wird gebildet von
Gewebsmassen, die zumeist keine Kernfärbung mehr annehmen und von enormen Bacterienmassen. In den
tieferen Schichten finden sich letztere hauptsächlich innerhalb der Epitheleinsenkungen der Oberfläche,
während das übrige dicht infiltrirt von polynucleären Leukocj'ten ist, so dass nur spärliche Antheile der
adenoiden Tonsillarsubstanz erhalten sind. Das umgebende Bindegewebe von Blut durchsetzt, das auch
zwischen die Musculatur vordringt. Das intermusculäre Bindegewebe stark aufgelockert, wie auseinander-
geworfen. Hier finden sich auch erweiterte Lymphgefässe mit polynucleären Leukocyten, welche auch reich-
lich ausserhalb der Gefässe liegen, und mit einem reichlichen Gemenge von verschiedenen Bacterien erfüllt
unter welchen sich längere Ketten von Streptococcen nachweisen lassen. Ebensolche finden sich im Schnitte
fast überall zerstreut, theils mehr gleichmässig, theils zu dichten Haufen angeordnet, am zahlreichsten in den
mehr oberflächlichen Partien. Auch innerhalb der Blutgefässe sehr reichliche, stark mit Methylenblau gefärbte
lange Stäbchen mit scharf abgesetzten Enden. Dagegen sieht man besonders in den tieferen Schichten, meist
zu kleineren oder grösseren Häufchen angeordnet, reichliche typische Pestbacillen. Sie färben sich schwach
mit Methylenblau und besitzen vorzugsweise rundliche und ovoide Gestalt, die häufig ganz hefezellenähnlich
ist. Auch stark geblähte Formen, einem Siegelringe vergleichbar, finden sich; daneben solche mit exquisiter
bipolarer Färbung.
2. Tiefe inguinale Leistendrüse der linken Seite. Das pericapsuläre Binde- und
Fettgewebe und die fibröse Kapsel vollständig unverändert, die Blutgefässe stark erweitert,
auch die Follikel und Markstrahlen klein, aber grösstentheils erhalten. Die Gefässe erweitert, mit
Blut vollgefüllt. Dagegen erscheinen die Sinus wie injicirt von Bacillen, zwischen denen sich
verhältnissmässig wenige polynucleäre Leukocyten und ausgetretene Blutmassen vorfinden. Auf mit
iMethylenblau gefärbten Schnitten sieht man, dass diese Haufen fast ausschliesslich aus Pestbacillen
bestehen, die auch hier durch ihre runde, wie stark gebläht aussehende Form und ihre schwache
Färbbarkeit, ihre dichte Aneinanderlagerung wohl charakterisirt sind gegenüber kleinen, viel schütterer
angeordneten Häufchen von Bacillen, die sich \-iel stärker mit Meth\'lenblau färben und kurze,
massig schlanke, sanft abgerundete Stäbchen (Bacterium coli) vorstellen. Sie finden sich fast durch-
wegs in kleineren und grösseren Blutgefässen gelagert. Ausserdem findet sich in der Leistendrüse eine
ziemlich grosse Anzahl von Knötchen, von denen das grösste, reichlich verkäste, central sitzt und eine theils
aus fibrösem Gewebe, theils aus Epitheloidzellen bestehende Peripherie besitzt, wo sich auch kleinere
Knötchen, aus Epitheloid- und Riesenzellen bestehend, finden. Derartige Knötchen, deren Centrum zumeist
beginnenden käsigen Zerfall zeigt, sind in der ganzen Lymphdrüse zerstreut.
3. Eine vergrösserte, sehr saftige Lymphdrüse vom rechten inneren Schenkelringe
zeigt analoge Veränderungen wie die im vorherigen beschriebenen. Auch hier finden sich zahlreiche
Tuberkelknötchen, die, wie von einem breiten Pestbacillensaum eingesäumt erscheinen. Auch hier fällt die
enorme Menge der Pestbacillen auf. Dazwischen zahlreiche Häufchen von kurzen, schlanken Bacillen, die
sich durch ihre starke Färbung mit Methylenblau gegenüber den Pestbacillen scharf abheben.
Beulcupcsf. II. Piüholofisch-auatontischci- Bericht. 243
4. Auch die ungefähr bohnengrossen, geschwollenen Lymphdrüsen beider Kniekehlen
ergeben ähnlichen Befund. Sie sind stark hyperämisch, indem Blutgefässe und Blutcapillaren mit Blut erfüllt
sind. Auch hier sind die Sinus wie injicirt mit enormen Massen von Pestbacillen typischer Form und
Lagerung. Jedoch fehlen Hämorrhagien oder reichlichere Anhäufung von polynucleären Leukocyten.
Bacterium-coliähnliche Formen lassen sich nicht auffinden.
4. Die trotz der beginnenden Fäulniss gut erhaltene Milz ist sehr blutreich. Ihre Pulpa-
räume erhalten, stark erweitert, in denselben liegen zahlreiche grosse, rothe Blutkörperchen oder dunkles
Pigment enthaltende, meist vielkernige Zellen, das zarte reticuläre Bindegewebe vermehrt (Malaria). Herd-
weise ist das Milzgewebe von ausgetretenem Blute durchsetzt, und in geringer Menge von meist mono-
nucleären Leukocyten. Follikel ziemlich gross, unverändert. Auf mit Methylenblau gefärbten .Schnitten
zahlreiche schüttere Haufen von schlanken, an den Enden sanft abgerundeten und gut gefärbten Bacillen
(Bacterium coli), die häufig in Gefässen liegen; ferner lange gegliederte Fäden von anthraxähnlichen Bacillen
und nur vereinzelte kleine Haufen (aus 5 — 8 Bacillen bestehend) von typischen Pestbacillen.
5. Die histologische Untersuchung verschiedener, von den über das Peritoneum zer-
streuten Knötchen ergibt den gewöhnlichen Befund von Tuberkelknötchen, die aus Epitheloid- und
Riesenzellen bestehen, mit oder ohne centralen käsigen Zerfall und meist mit libröser Umgebung.
Epikrise.
Das enorm hochgradige und weit ausgebreitete Ödem der linken Hals- und Kopfseite, die Schwellung
und Vereiterung der linksseitigen submaxillaren und auricularen Lymphdrüsen sprechen unbedingt für die
Primärinfection dieser Gegend. Beide Tonsillen sind unter diphteritisch-nekrotischem Gewebszerfälle ulcerirt,
die Wand des weichen Gaumens und des Pharynx intensix' hämorrhagisch-ödematös durchtränkt. Dieser
Befund entspricht dem eines primären Bubo, und es müssen nach dem ganzen anatomischen Bilde die Ton-
sillen oder die Lymphdrüsen der linken Regio submaxillaris im vorliegenden Falle als die Eingangspforten
betrachtet werden. Ob nun die hifection von der Rachenhöhle aus oder \-on der Haut der linken Halsseite
erfolgte, ist nicht zu entscheiden. Die \'eränderungen an den übrigen Lymphdrüsengruppen stehen hinter
denen an der linken Halsseite, was In- und Extensität betrifft, zurück. Wohl zeigen auch die beiderseitigen
inguinalen Lymphdrüsengruppen beträchtlichere Schwellungen und Hämorrhagien. Aber diese \'er-
änderungen, wenn auch stark entwickelt, halten sich in dem Maasse, wie wir dies makro-
und mikroskopisch bei secundären oder metastatischen Bubonen sahen, wie sie sich auch
in den Lymphdrüsen des x'orderen Mediastinum und der Axillen finden. Besonders die
histologische Untersuchung der Lymphdrüsen aus beiden Inguinalgegenden zeigt, dass die ganz enorm
reichliche (vielleicht zum Theile durch postmortales Wachsthum bedingte) Infiltration der Sinus durch Pest-
bacillen, Leukocyten und Hämorrhagien nirgends die Kapsel durchbricht und die Umgebung
durchsetzt. Überall sind kleinere Haufen von Bacterium coli und Saprophyten, besonders in den Blut-
gefässen nachweisbar. Die angelegten Platten wurden vollständig von denselben überwuchert, so
dass trotz der ungeheueren Menge von auf den Deckgiaspräparaten und auf den
Schnitten vorhandenen Pestbacillen diese culturell nicht nachweisbar waren. Der Befund
von reichlichen Streptococcen im Deckglaspräparate aus dem Eiter einer Halslymphdrüse erlaubt den
Schluss auf eine locale Infection durch denselben von den ulcerirtcn Tonsillen aus. Streptococcen
konnten culturell nicht nachgewiesen werden. Auch auf den zur L'ntersuchung verwendeten Schnitten
von der Milz und verschiedenen Lymphdrüsen sind keine auffindbar. Es scheint daher nicht zur all-
gemeinen Secundärinfection in diesem Falle gekommen zu sein, was mit umso grösserer Sicherheit
angenommen werden kann, zumal sich die Streptococcen 22 Stunden post mortem im Blute beträchtlich
vermehrt haben würden.
Denkschriften der mathcm.-naturvv. Cl. LXVI. Bd. 33
244 //. Albrecht und A. (J/ioii,
Fall 3/XXI.
Sacoo Ctiinblci, 50jähnges Hinduweib, Arbeiterin, wurde am 15. März, am III. Krankheitstage, um 5 Uhr
Nachmittags ins Spital aufgenommen und starb am 16. März, am IV. Krankheitstage, um 2 Uhr 30 Minuten
Morgens.
Section am 16. März 9 Uhr 30 Minuten Vormittags, 7 Stunden post mortem.
Weibliches Cadaver, 141 cm lang, von gracilem Knochenbaue, schecht entwickelter Musculatur, ziemlich
schlecht genährt, Todtenflecke reichlich, violett an den abhängigen Körperpartien, Todtenstarre noch vorhan-
den. Pupillen enge, Hornhäute glänzend, Conjunctiva und Mundschleimhaut blutleer. Hals kurz, ziemlich
kräftig, in seinen Gruben keine Drüsen tastbar, ebensowenig in den Achselhöhlen. Thorax entsprechend lang
und breit, symmetrisch. Abdomen unter dem Niveau des Thorax, Bauchdecken schlaff. Mammae sehr
schlecht entwickelt, zur Seite herunterhängend, spärlich Drüsengewebe tastbar. An der Beugeseite des
linken Vorderarmes, etwa in der Mitte, eine linsengrosse Hautblutung. Am äusseren Genitale nichts Auffal-
lendes. An den unteren Extremitäten keine Ödeme. Keine Wunden oder Narben an denselben.
Schädeldecken blut- und fettarm. Schädeldach rundlich-oval, .symmetrisch, im Längs r'urchmesser
16 c;;;, im queren \3 cm und in der Peripherie 48 cm messend. Der Knochen dünn, etwa O'ö cm dick,
Spongiosa fast überall erhalten, bis zu 2 ;;;;;; dick; Nähte erhalten, Tabula interna und externa nirgends
verdickt. Furchen und Gruben an der Innenseite der ersteren ziemlich tief.
Meningen an der Basis zart, blutarm, ihre Gefässe stellenweise fleckig, gelblich, atheromatös verdickt, ihr
Lumen klaffend, aq der Convexität die Häute etwas getrübt und verdickt, stärker durchfeuchtet, nirgends an
der Rinde adhärent. Rinde graugelb, gleichmässig breit, Marklager sehr weich, massig reichlich von Blut-
punkten durchsetzt, Ventrikel enge, ihr Ependym zart. Medulla, Kleinhirn, Pons, ebenso wie die Stamm-
ganglien normal gebildet, sehr weich.
Oberkiefer zahnlos, die Alveolarfortsätze atrophisch, beiderseits die ersten Backenzähne des Unter-
kiefers cariös.
Zwerchtell links am unteren Rande der vierten Rippe, ebenso rechts.
Schilddrüse klein, die sie bedeckende Musculatur stark sulzig durchfeuchtet, zum Theile blutig imbibirt
und zum Theile von Blutungen durchsetzt, ebenso die die Schilddrüse einschliessende Bindegewebskapsel;
auf dem Durchschnitte blutreich, gekörnt, gleichmässig colloid. Das Bindegewebe der linken Halsseite bis in
die Nackengegend an den vorderen Cucullarisrand reichend, stark ödematös und ebenso ganz difTus, blutig-
roth durchtränkt. Auch in der Fascia praevertebralis und im Bindegewebe um die tiefen, langen Hals-
muskeln an der hinteren Seite des Ösophagus derselbe sulzig hämorrhagische Erguss.
Beide Tonsillen etwas vergrössert, stark prominent, in ihren centralen Antheilen ulcerirt, von grünlich-
gelben Massen belegt, der Geschwürsrand wallartig prominent. Ahnliche mit fibrinähnlichen und bröckligen
Massen belegte, aber mehr flach aussehende Geschwüre an der rechten Pharynxseite, Uvula geschwollen,
enthält gelbliche, prominente Körner. Die Schleimhaut dieser ganzen Gegend gelockert und von grauröth-
licher Farbe. Am Zungengrunde erscheinen zwei symmetrisch angeordnete Gruppen von BalgfoUikeln sehr
stark prominent, von schwarzrothem, hämorrhagischem Hofe umgeben; ihr Centrum ebenfalls reichlich mit
grünlich-gelblichen Membranen und Bröckeln belegt, geschwürig, zerfallen. Rechte Tonsille auf dem Durch-
schnitte weich, etwas missfärbig, vorquellend, reichliche Pfropfe enthaltend. Die Lymphdrüsen in der Gegend
der Theilungsstelle der linken Carotis, in der linken Submaxillargegend und Parotisgegend auf Haselnuss-
grösse geschwollen und etwas derber, von aussen dunkelroth, auf dem Durchschnitte ebenfalls gleichmässig
dunkelroth gefärbt, sehr stark succulent. Die entsprechenden Lymphdrüsen der rechten Seite kleiner, sonst
ähnlich verändert wie die linksseitigen. In der Umgebung wenig Ödem.
Im linken Pleuraräume wenige Tropfen klarer Flüssigkeit, linke Pleura glatt, glänzend, linke Lunge
nur im Unterlappen etwas adhärent, fühlt sich flaumig, substanzarm an. Auf dem Durchschnitte ergiesst
sich aus dem Gewebe und den Bronchien eine reichliche, rasch abmessende, schaumige Flüssigkeit, im
übrigen ist die Lunge blutreich, lufthaltig, die Bronchialschleimhaut wenig geröthet.
Beiih'upcsf. II. PütlioJo^i^isch-auütouiischcr Bcriclit. 245
Ductus tliDraciciis enge.
Hechte Lunge ganz frei, Pleuraraum leer, Pleura glatt, glänzend; die Lunge fühlt sich substanzarm, aber
lufthaltig an, auf dem Durchschnitte derselbe Befund wie links.
\m Herzbeutel einige Tropfen seröser Flüssigkeit, derselbe ganz zart, am visceralen und parietalen
Blatte kleine Gruppen punktförmiger Ecchymosen. Das epicardiale Fettgewebe ziemlich stark entwickelt;
Herz von entsprechender Grösse, beiderseits schlaff, im linken Herzen spärliche Cruormassen, im rechten
\'ürhof spärliche Fibringerinsel; alle Klappenapparate vollständig zart, schlussfähig, Alyocard gelblich,
morsch.
Schleimhaut der Speiseröhre weisslich. In der Trachea und den grossen Bronchien reichliche, schaumige
Flüssigkeit. Die Lymphdrüsen an der Bifurcation etwas vergrössert, anthracotisch. Die hinteren und vorderen
mediastinalen nicht vergrössert. Aorta thoracica ziemlich starrwandig. Intima verdickt, herdweise pro-
minent imd graugelb gefärbt, theils Kalkplatten enthaltend.
Leber durch lockere Bindegewebsmembranen mit dem Zwerchfelle verwachsen, ungefähr \'on nor-
maler Grösse, die vorderen Ränder ziemlich scharf. Oberfläche sonst glatt, lässt spärliche, stecknadel-
kopfgrosse Blutaustritte erkennen. Auf dem Durchschnitte massig blutreich, gelblich-braun gefärbt; acinöse
Zeichnung undeutlich.
Milz klein, 9 ein lang, 6 cm breit, ziemlich flach, von ziemlich normaler Consistenz, auf dem Durch-
schnitte gleichmässig hkitroth, von glatter .Schnittfläche, das grobe .Stroma nicht vermehrt, Follikel reichlich,
deutlich erkennbar, indem sie ein punktförmiges, helles Centram besitzen mit rothem Hofe, Pulpa gelockert,
leicht ausstreitT^ar.
Nebennieren stark verfettet.
Nieren vergrössert, plumper, etwas schlaffer, Kapsel schlecht abziehbar, indem oberflächliche Rinden-
substanz an derselben haften bleibt. Obei-Iläche glatt, aber übersäet von zahllosen, stecknadelkopfgrossen
Hämorrhagien. Auf dem Durchschnitte erscheint die Niere blassgelb und röthlich gefleckt, Rinde und Colum-
nae Bertini etwas vorquellend. Die Glomeruli als rothe, prominente Punkte reichlich sichtbar, die Pyramiden-
grenzen gegen die Rinde zu verschwommen. Die Schleimhaut des Nierenbeckens und der Ureteren blass,
weisslich. Harnblase massig mit Harn gefüllt, in ihr ziemlich reichlicher, trüber, gelber Urin, die Schleim-
haut weisslichgelb.
Am inneren Schenkelringe links eine bohnengrosse, röthlich aussehende Lymphdrüse, die auf dem Durch-
schnitte grauroth, wie markig infiltrirt aussieht und etwas saftiger ist. Die oberflächlichen inguinalen Lymph-
drüsen links nicht besonders vergrössert, grau, auf dem Durchschnitte graugelblich, keinen Saft gebend. Die
rechtseitigen etwas vergrössert, röthlich, auf dem Durchschnitte kleine Blutaustritte zeigend und etwas
markig geschwollen, leicht gelb-röthlich gefleckt.
In der Bauchaorta reichliche Kalkablagerungen in der \-erdickten Intima, neben stark prominenten
derben, graugelben Auflagerungen.
Die mesenterialen Lymphdrüsen nicht vergrössert.
Magen gross, von Gasen gebläht, wenig schleimige, braunrothe Massen enthaltend, die Schleimhaut
etwas gelockert, massig reichlich übersäet von punktförmigen Hämorrhagien. Die Schleimhaut des Duodenum
gallig imbibirt, etwas gelockert, im ganzen Dünndarm gallig gefärbte Chymusmassen, die Schleimhaut des-
selben nicht verändert, Plaques schwer sichtbar. Im Dickdarme schleimige, gallig gefärbte Faecalien. Die
Schleimhaut auf der Höhe der Falten geröthet, in derselben spärliche, punktförmige Blutaustritte, die
Schleimhaut der Flexura sigmoidea und des Enddarmes stark geschwollen, gelockert und auch hier von
zahlreichen Blutungen durchsetzt.
In beiden Achselhöhlen mehrere, circa bohnengrosse, isolirt stehende, dunkelrothe Lymphdrüsen. .Auf
dem Durchschnitte das Gewebe roth, succulent, nicht medullär.
Uterus klein, seine Schleimhaut dünn und gelblich, Ovarien klein, gekerbt, hart. Tuben geschlängelt,
durch Bindegewebsmembranen mit der Umgebung locker verwachsen.
33*
246 H. AI brecht und A. GIiou,
Bacteriologischer Befund.
1. Deckgiaspräparate von der rechten Tonsille zeigen ein massig reichliches Bacteriengemenge,
vorwiegend bestehend aus Diplococcen, die oft Lanzettform zeigen; spärlicher finden sich Ketten von
Coccen, ziemlich reichlich kurze Bacillen, die sich bipolar färben und oft in grösseren Haufen angeordnet
sind, in geringerer Anzahl längere schlanke Bacillen. X'ereinzelt sieht man typische Pestbacillen, einzeln
liegend, meist bipolar tingirt.
Culturen zeigen ziemlich reichlich Colonien des Streptococcus pyogenes und Staphylococcus pyo-
genes aureus.
2. In Präparaten von einem geschwollenen Baigfollikel am linken Zungengrunde sieht
man neben Coccen, die als Diplococcen und in Ketten angeordnet sind, spärlicher schlankere und dickere
Bacillen; ferner Pestbacillen, theils in gut und bipolar gefärbten Formen, theils als rundliche, schwach
tingirte oder ringförmige Gebilde.
Die Aussaaten zeigen eine spärliche Reincultur des Streptococcus pyogenes.
3. Aussaaten von der Leber enthalten reichlich Colonien des Pestbacillus und spärlich solche des
Streptococcus pyogenes.
4. Präparate von der Milz zeigen massig reichlich Pestbacillen, einzeln oder als Diplobacillen
liegend, theils in typischen ovoiden oder etwas länglichen bipolar tingirten Formen, theils als rundliche, blass
gefärbte oder ringförmige Gebilde, oft auch in ganz schattenhaft aussehenden, grossen rundlichen Formen,
die nur aus den zahlreichen verschiedenen Übergangsformen ihre Zugehörigkeit zu den Pestbacillen
erkennen lassen.
Neben den Pestbacillen finden sich in spärlicher Anzahl etwas stärker und gleichmässig tingirte plumpe
Bacillen, und in Präparaten, die nach Gram's Methode behandelt sind, noch dunkelviolett gefärbte Doppel-
coccen.
Die Aussaaten zeigen reichlich Colonien von Pestbacillen neben spärlichen des Staphylococcus
pyogenes aureus und drei Colonien von Bacillen der Coligruppe.
5. Aussaaten von der Niere enthalten voi'wiegend und reichlich Colonien des .Streptococcus pyo-
genes, spärlich solche des I^estbacillus.
6. Die culturelle Untersuchung der Galle ergibt eine Reincultur von vier Colonien des Pest-
bacillus.
Histologischer Befund.
I. Ixechte Tonsille. Das Epithel in den centralen Partien fehlend, der so gebildete Geschwürsgrund
wird von kernlosen schollig-bröckeligen Massen gebildet, zwischen denen sich wenige Leukocytenkerne
färben und zahllose Bacterien liegen. Ferner finden sich hier zahlreiche CapiUaren mit und ohne gefärbten
Endothelkernen, deren Wand homogen eosinroth aussieht und in deren Lumen balkig oder hyalin aus-
sehende Massen sich finden neben einzelnen rothen Blutkörperchen. Manche von ihnen sind ganz ausgefüllt
mit Bacterienmassen, die sich mit Hämatoxylin bläulich färben. Die Ränder des Geschwüres etwas über-
hängend, das Epithel hört ohne Übergang auf, nur die zu runden kernlosen Gebilden umgewandelte
Basalzellenschicht lässt sich noch eine Strecke weit verfolgen.
In den tieferen Schichten des Geschwürsgrundes finden sich neben sehr zahlreichen stark erweiterten
CapiUaren kleinere Hämorrhagien.
Einzelne Follikel erscheinen wie aus dem Verbände gerissen und umgehen von enormen Massen
gleichmässig und ziemlich dicht gelagerter Bacterien, zwischen denen zahlreiche Leukocyten oder
homogenwandige, erweiterte CapiUaren oder kleine Blutgefässe sich finden. Die Follikel sehr zellreich,
sonst weiter nicht verändert. Das umgebende fibröse Bindegewebe stellenweise dicht von meist poly ucleären
Leukocyten infiltrirt. In demselben einige Lymphgefässe vollgepfropft mit Bacterienmassen.
Beitlenpest. II. Palholo^^i.tch-aiiafoniischcr Bericht. 247
Das Zwischengewebe der benachbarten Schleimdrüsen von Leukocyten infilti'irt, die Drüsen selbst in
starker Schleimsecretion begriften.
Allenthalben finden sich Granulazellen. Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man im ganzen
Bereiche des adenoiden Gewebes zahllose Coccen von überwiegend lanzettähnlicher, seltener rundlicher
P\irm, die häufig in kurzen K'etten oder zu kleinen Häufchen angeordnet liegen. Sie finden sich auch im
fibrösen Gewebe, die Spalten erfüllend, oder in erweiterten Lymphgefässen und Blutcapillaren, dieselben
vollpfropfend, meistens extracellulär gelagert. Ausserdem sieht man, besonders in den oberflächlichen
Schichten des Geschwürsgrundes, grosse Mengen kurzer plumper, scharf abgesetzter Stäbchen, die lange
gegliederte Fäden bilden.
Pestbacillen in diesem ungemein reichlichen Bacteriengemische nicht mit Sicherheit nachweisbar. Hin-
gegen finden sich in den Blutgefässen oder Capillaren. sei es, dass sie Blut oder homogen aussehende
Balken und Schollen enthalten, ganz blassblau gefärbte bläschenartige oder plump ovoide Gebilde in
Häufchen angeordnet, die zweifellos Pestbacillen entsprechen. Manchmal sind sie nur ganz schattenhaft
gefärbt und entfärben sich nach der Gram-Weigert'schen Methode. Daneben zahlreiche Blutplättchen.
Die Coccen und die plumpen Bacillen nach der Gram-Weigert'schen Methode intensiv blau gefärbt.
2. BalgfoUikel von der rechten Seite des Zungengrundes mit beginnenderUlceration. DerSchnitt
trifft mehrere Follikel, welche in ihrem centralen Antheile des Epithels entblösst sind. Im Allgemeinen ist der
histologische Befund ganz analog dem früher beschriebenen. Auch hier sind einzelne Follikel wie aus dem
übrigen Gewebe herausgerissen und umgeben von Blut, Bacterienmassen, polynucleären Leukocyten und
spärlichen Fibrinfäden.
Das Lumen der Capillaren und kleinen Gefässe erfüllt mit homogenen Schollen und Granula. Das
umgebende Gewebe herdweise von pol3'nucleären Leukocyten infiltrirt. Der Bacterienbefund ist ebenfalls
wie bei 1. Auch hier finden sich vereinzelte Häufchen von Pestbacillen in den kleinen Blutgefässen und
-Capillaren.
3. Schnitte durch die Uvula zeigen den Epithelüberzug derselben überall erhalten. ' Unter dem-
selben an verschiedenen Stellen kleine Anhäufungen von polynucleären Leukocyten um stark erweiterte
kleine Blutgefässe. Solche finden sich sehr zahlreich in der Mucosa und Submucosa. Die Schleimdrüsen
sehr gross, ihre Epithelien, mit Hämatoxylin blau gefärbt, enthalten viel fädigen oder feinstkörnigen Schleim.
Die Ausführungsgänge erweitert und vollgepfropft mit Schleim. An der Musculatm- keine besondere Ver-
änderung. Fast in jedem Blutgefässe einige Paare von typischen Diplococcen nachweisbar, manchmal auch
in Form längerer Ketten, in vielen auch Pestbacillen von plump ovoider Form, die blass gefärbt sind und
entweder einzeln oder zu zwei oder drei bei einander liegen.
4. Schnitte durch zwei benachbarte, circa haselnussgrosse Lymphdrüsen aus der Gegend
des Theilungswinkels der linken Carotis zeigen sehr schwere Veränderungen. Die Bindegewebs-
kapsel durch reichliche Hämorrhagien auseinandergeworfen, so dass die Drüsen wie von einem hämor-
rhagischen Hofe umgeben erscheinen und von einander schwer abzugrenzen sind.
Diese Blutungen stehen in unmittelbarem Zusammenhange mit solchen im Parenchym selbst. Die Blut-
gefässe im periglandulären Gewebe stark erweitert, mit Blut und zahlreichen polynucleären Leukocyten
vollgefüllt; ferner finden sich hier sehr zahlreiche erweiterte Lj-mphgefässe, die meisten entweder innerhalb
der fibrösen Kapsel oder unmittelbar nach aussen von ihr gelegen, die zahlreiche polynucleären Leukocyten,
wenig rothe Blutkörperchen und massenhaft Bacterien enthalten. Letztere färben sich lichtblau-violett mit
Hämatoxylin (bei schwacher Vergrösserung betrachtet). Auch im Bindegewehe, dasselbe diffus infiltrirend,
zwischen ausgedehnten Hämorrhagien, finden sich enorme Mengen solcher Bacterien. Das eigentliche Lymph-
drüsenparenchym ist an vielen Stellen begrenzt von einem ungleich breiten Saum, der fast nur aus ganz
dicht gedrängten Bacterien besteht, denen wenig Leukocyten beigemengt erscheinen. Von der Drüse selbst
weder ein Follikel, noch ein Sinus auch nur andeutungsw'eise erhalten, indem sie ganz gleichmässig infiltrirt
1 Die Basalzellenschicht des Rete Malpighii SüWulil der Tuiisillc und der UiilgruUiUel wie der Uvula starli pigmcnlirt.
248 H. Alhrechl nud A. Ghon,
ist von geradezu enormen ßacterienmassen. Unter denselben zunächst finden sich relativ spärliche mono-
und polj'nucleäre Leukoeyten und dazwischen ganz vom übrigen Gewebe isolirte, sehr zahlreiche prall mit
Blut gefüllte Gefässe und Capillaren. Dieselben besitzen häufig eine liDmogen glänzende, etwas verdickte
und mit Eosin stark gefärbte Wand neben Schwund aller oder einzelner Endothelzellenkerne und enthalten
in ihrem Lumen oft ähnlich homogene schollige, wie coagulirt aussehende Massen. K'ernzcrfall nur sehr
spärlich. An manchen Stellen finden sich grössere Haufen von Bacterien, die sich ebenfalls mit
Hämatoxjiin — aber mehr blau — färben.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man, dass die enormen Haufen der mit Hämatoxylin
blauviolett gefärbten Bacterien Pestbacillen entsprechen. Sie haben zumeist die rundliche bläschenähnliche
Form, ohne dass sich ihre Peripherie stärker färben würde als ihr Centrum. Sie färben sich überhaupt mit
Methylenblau sehr schwach. Auch stäbchenartige und ovoide Formen finden sich. In den vollgepfropftent
Lymphgefässen ebenfalls typische Pestbacillen, aber daneben auch Coccen, die oft deutliche Lanzettform
besitzen und in Diplococcenform gelagert sind. Solche finden sich auch sehr zahlreich im Bereiche der
Lymphdrüsen selbst neben Haufen mehr rundlicher Coccen von der Form der Staphylococcen und langer
Ketten von Streptococcen. Letztgenannte Formen behalten nach der Gram-Weigert'schen Methode die
blaue Farbe, während die Pestbacillen sich vollständig oder fast vollständig entfärben. Eine bestimmte An-
ordnung der Coccen in der Lymphdrüse nicht erkennbar, dieselben liegen zerstreut im ganzen Bereiche
derselben.
5. Ungefähr erbsengrosse Lymphdrüse vom linken inneren Schenkelringe. Das Lymph-
drüsengewebe stark hyperämisch, indem zahlreiche Capillaren erweitert und mit Blut und sehr vielen poly-
nucleären Leukoeyten gefüllt sind. Die Sinus stellenweise auffallend erweitert, enthalten reichlich grosse
rundliche oder mehr polygonale Zellen mit grossem blassgefärbten, ovalen Kerne, spärliche, meist polynucleäre
Leukoeyten und hie und da homogen aussehende, unregelmässig geformte Massen. Die Follikel und Mark-
strahlen sehr zahlreiche Pigmentkörnchenzellen enthaltend. Die fibröse Kapsel nicht besonders verändert. Auf
mit Ivlethylenblau gefärbten Schnitten sieht man in den erweiterten Blutgefässen Pestbacillen in wechselnder
Menge, oft recht reichlich; sie haben meist die ovoide Stäbchenform, sind schwach gefärbt, häufig an den
Polen etwas stärker. Ausserdem sieht man auf nach der Gi'am-Weigert'schen Methode gefärbten Schnitten
Capillaren verstopft durch Emboli, die aus Diplococcen mit häufiger Lanzettform bestehen und kürzere
Ketten bilden.
Ganz ähnlichen Befund ergibt eine zweite Lymphdrüse aus der Gegend des linken inneren .Schenkel-
ringes, die etwas grösser ist. Nur sind ihre P'ollikel grösser und ihre Keimcentren ebenfalls gross und sehr
locker gebaut.
6. Schnitte durch eine kleine Hautblutung von der Beuge seite des linken Vorderarmes
zeigen, dass die Gewebsspalten des subcutanen Bindegewebes und zum Theile des Corium erweitert und
vollgefüllt mit rothen Blutkörperchen sind, und zwar in einer 4 mm langen Strecke. Polynucleäre Leukoeyten
fehlen ganz. Pestbacillen sind keine auffindbar, dagegen sowohl auf mit Methylenblau wie nach Gram-
Weigert gefärbten Schnitten ziemlich spärliche Coccen in Form von Diplococcen.
7. Niere. Am auffallendsten verändert sind die Glomeruli. Sie sind sehr gross, ihre Capillaren theils
prall mit Blut gefüllt, theils färben sie sich gut mit Eosin, indem ihre Wand verdickt, wie geschwollen,
homogen aussieht, und in ihrem Lumen theils homogene, theils grob granulirte oder schollige Thromben-
ähnliche Massen liegen. Oder ihr Lumen ist wie ausgegossen durch Emboli von ßacterienmassen, die sich
mit Hämatoxylin färben. Dasselbe zeigen viele Vasa afferentia. Vielfach sieht man Blut, ausgetreten
zwischen den Glomerulus und seine Kapsel.
Auch die Tubuli contorti vielfach mit Blut gefüllt. Die Nierenepithelien der Rinde besitzen ein gröber
oder feiner granulirtes Protoplasma, manchmal ungefärbte Tröpfchen, Fetttröpfchen entsprechend. Die Epi-
thelien schlecht unter einander abgegrenzt, ihre Kerne gross, blass gefärbt. Stellenweise sieht man überhaupt
nichts mehr von den Contouren der Epithelien, indem ihr Protoplasma gleichsam zerfallen ist in kleinste und
kleine Tröpfchen, die die Grösse eines Kernes bei weitem nicht erreichen und sich mit Eosin blass rosa
Bciilciifcst. II. Pathologisch-anatomischer Bericht. 249
färben. Häufig wird das ganze Lumen eines Harnkanälchens von denselben ausgefüllt. Die Kerne des
Epithels sind aber immer, wenn auch sehr blass gefärbt, erhalten. Auch in den Capillaren zwischen den
Harnkanälchen der Rinde zahlreiche Bacterienembolien; ebenso in den Pyramiden, wo sich häufig
Hämorrhagien um dieselben finden. Die Capillarembolien bestehen aus Coccen, zu Diplococcen ange-
ordnet, die auch kürzere Ketten bilden imd häufig Lanzettform zeigen, und sich nach der Gram-
Weigert'schen Methode intensiv blau färben. Im Blute grösserer Gefässe spärliche Pestbacillen mit Sicherheit
nachweisbar.
8. Leber. Dieselbe ist blutreich, ihre Epithelien feinst granulirt, besitzen einen grossen blass gefärbten
Kern. Stellenweise grosse Fetttropfen im Protoplasma des Epithels. Die Kerne der Endothelien der Capil-
laren auffallend gross, bläschenförmig. Sonst keine Besonderheiten. Im Blute ziemlich reichlich Coccen in
Form \'on Diplococcen oder zu kürzeren Ketten angeordnet und ovoide Formen von Pestbacillen häufig mit
bipolarer Färbung. Erstere färben sich nach Gram-Weigert bei schwächerer Entfernung intensiv blau,
die Pestbacillen schwach rothviolett.
9. Milz. Dieselbe ist sehr blutreich, wie blutig infiltrirt, von der feineren .Structur nichts erhalten, indem
Alles überschwemmt ist \'on rothen Blutkörperchen und Leukocyten meist polj'nucleärer Form. Die
Pulparäume nirgends deutlich zu erkennen, nur ihre grossen Epithelzellen stellenweise auffindbar. Die
Follikel klein. Im Übrigen finden sich ausserordentlich zahlreiche, kleine Herde, die aus einem
grobgranulirten oder grobbalkigen, stark mit Eosin gefärbten Centrum bestehen und deren Peripherie von
radiär gestellten Kernen gebildet wird, die oft lange, blau gefärbte Fäden gegen das Centrum zu entsenden,
so dass das Ganze einige Ähnlichkeit mit einem kleinen Strahlenpilz hat.
\'ielfach kann man erkennen, dass ein Capillarrohr zu einem solchen kleinsten Herde
hinführt und in denselben übergeht, welches mit ebendenselben balkig-scholligen Massen erfüllt ist
und noch zum Theile die Kerne der grossen, wie gebläht aussehenden Endothelzellen erkennen lässt.
Zahlreiche kleine Arterien besitzen eine beträchtlich verdickte homogene Wand.
Mit Methylenblau gefärbte Schnitte zeigen ziemlich gleichmässig über die ganze Milz zerstreut zahl-
reiche Pestbacillen, die blau gefärbt sind, meistens die Stäbchenform, häufig mit bipolarer Färbung, besitzen
Ausserdem finden sich auch ovoide oder rundliche, auch bläschenähnliche Formen. In den oben erwähnten
Herden kein besonderer Bacillenreichthum, wohl aber in ihrer unmittelbaren Umgebung. Ferner finden sich
auf nach Gram-Weigert gefärbten Schnitten massig zahlreiche Coccen als Diplococcen oder zu kürzeren
Ketten angeordnet; Pestbacillen nach dieser Methode entfärbt.
Epikrise.
Die Infection ist nach dem anatomischen Befunde zweifellos auf der linken Hals-Kopfseite erfolgt (sei
es von der Haut oder von der Mundrachenhöhle au.s).
Es könnte nur die Frage entstehen, ob der primäre Bubo in die Tonsillen oder in die Lymphdrüsen
der linken Fossa submaxillaris (Lymphoglandulae submaxillares und cervicales superiores) zu verlegen ist.
In der Umgebung derselben finden sich reichliches sulziges Ödem und reichliche Hämorrhagien, die Drüsen
selbst sind dunkelblutroth infiltrirt. Diese Veränderungen sprechen unbedingt dafür, dass es
sich hier um den primären Bubo handelt, der allerdings durch seine geringe Grösse auffällt, so dass
von aussen nichts zu bemerken war.
Auch der histologische Befund von zahllosen Pestbacillen, von reichlichen Blutungen in der Lymph-
drüse der linken Halsseite, in der Kapsel und in dem periglandulären Gewebe bestätigt diese Annahme.
Weiters zeigen Ulceration, Schwellung und Hämorrhagien beide Tonsillen und die Follikel des Pharynx
und Zungengrundes. Diese Veränderungen sind jedoch makroskopisch und besonders mikroskopisch
entschieden nicht so in- und extensiv, wie wir gewohnt sind, sie bei primären Bubonen zu sehen. Es
fehlt die reichliche ödematös-hämorrhagische Durchtränkung ihrer unmittelbaren Umgebung und der reich-
liche Untergang des adenoiden Gewebes. Ausserdem findet sich das ganze Gewebe überschwemmt
2rjO H. Albrecht und A. Glion,
mit Coccen (zumeist Streptococcen), die von hier aus Eingang in den Organismus gefunden
und zur Mischinfection geführt haben
\m Deckglaspräparate sind nur spärlich, in den Schnitten niu- in den Blutgefässen Pestbacillen nach-
weisbar. Es macht den Eindruck, als ob bei der enormen Reichlichkeit der Coccen die Pestbacillen in irgend
einer Weise verdrängt worden wären.
Aus Allem geht daher hervor, dass als primärer Bubo die hämorrhagische Lymphdrüsen-
gruppe in der linken Fossa subma.xillaris anzusprechen ist. Dies schliesst jedoch keines-
wegs aus, dass die Infection trotzdem von der Rachenhöhle aus, vielleicht selbst von den Tonsillen
aus, erfolgt ist. Denn es ist sehr gut denkbar, dass alsbald nach dieser Primärinfection die Pestbacillen in
die regionär benachbarten Lymphdrüsen der linken Fossa submaxillaris eingedrungen sind und dort das
Bild eines primären Bubo erzeugt haben, während andererseits die Tonsillen und Follikel in Folge der
Secimdär- oder Mischinfection und einer — wie scheint — damit verbundenen Wachsthumsbehinderung
der Pestbacillen das anatomische Bild von einfach durch Eitererreger bedingten Veränderungen zeigen.
Hervorzuheben ist im vorliegenden Falle ferner — wie schon erwähnt — die Kleinheit des primären Bubo
(altes Individuum?) der leicht in Folge dessen zu übersehen ist, und der Umstand, dass nur die Lymph-
drüsen beider .Axillae und in geringem Grade die inguinalen Lymphdrüsen meta.statisch afficirt sind.
Blutungen finden sich - abgesehen von denen der linken Halsseite — in der flaut des linken Vorder-
armes, im Peri- und Epicard, in der Leberkapsel, in der Niere, im Magen, Darm, meist als kleine Ecchy-
mosen.
Histologisch sieht man in der Milz sehr zahlreiche kleine nekrotische Herde ganz charakteristischer
Gestalt bedingt durch eigenartige Coagulationen innerhalb kleiner nekrotischer Gefässe. hi der Milz und in
einer Lymphdrüse von der linken Halsseite sind histologisch sehr viele Pestbacillen auffindbar, spärliche im
Blute der Gefässe, in den Tonsillen und den Balgfollikeln, in der Niere und Leber, ferner in den Lymphdrüsen
der linken Inguinalgegend, überall neben mehr oder weniger reichlichen Coccen. In der Niere finden sich
zahlreiche Capillarembolien der Coccen, in der Milz sind sie spärlich.
Leber imd Nierenepithelien sind ziemlich stark fettig degenerirt.
Culturell ergaben nur die Platten, die mit der Galle beschickt wurden, Reinculturen von Pestbacillen.
Reichliche Colonien von Pestbacillen ergeben ferner die Platten aus Leber und Milz, daneben aber auch in
ersterer spärliche Streptococcenculturen, in letzterer reichliche Culturen von Staphylococcus pyogenus
aureus. Dementsprechend zeigen die Culturen aus der rechten Tonsille reichliche Colonien von Strepto-
coccus pyogenes und Staphylococcus pyogenes aiu-eus, die aus der Niere sehr reichliche Streptococcen-
und spärliche Pestcolonien.
Fall 4/XXII.
Dhondu Saddu, 22jähriger Hindu, ins Spital aufgenommen am 16. März um 1 LIhr 30 Minuten Nach-
mittags, am VII. Krankheitstage, gestorben am selben Tage um 8 LHir 15 Minuten Abends.
Die Section fand am 17. März um 1 1 Uhr Vormittags (ungefähr 15 .Stunden post mortem) statt.
Männliches Cadaver, 153 cm lang, von gracilem Knochenbau, schlecht entwickelter Musculatur, schlecht
genährt, an den abhängigen Körperpartien violette Todtenflecke und besonders an den Seiten des Thorax
violette Venenzeichnungen. Todtenstarre geschwunden. An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Hornhäute etwas getrübt, Pupillen mittelweit, beiderseits gleich. Die linke Conjunctiva diffus geröthet,
rechte weiss; Mundschleimhaut blassröthlich, Zähne gesund.
Linke Parotisgegend etwas geschwollen, die Haut über derselben und über der ganzen linken Hals-
seite schwer faltbar, wie pastös. Diese Geschwulst setzt sich nach hinten links bis an die Wirbelsäule
fort; ebenso nach abwärts zwei Finger über das linke Schlüsselbein. Isolirte Drüsen oder Paquete lassen
sich in dem beschriebenen Bereiche nicht abtasten; ebensowenig in beiden Achselhöhlen.
Benlenpest. IL Pathologisch -auatomisclter Bericht. 251
Thorax entsprechend lang, breit; seine rechte Hälfte etwas prominenter als die linke. Abdomen im
Niveau des Thorax, Bauchdecken ziemlich schlaff. Die Haut der Nasenlöcher und ihrer Umgebung von
schwärzlich-schleimiger Flüssigkeit bedeckt. Am äusseren Genitale nichts Auffallendes.
Die weichen Schädeldecken sind fettarm, blutreich, Schädeldach länglich-oval, asj-mmetrisch, indem
der linke Scheitelbeinhöcker flacher und nach vorne verschoben erscheint; Längsdurchmesser 16'/j cm,
querer l-'/a ''"' '-'■'''-1 Peripherie 48 cm messend. Schädeldach dünn, Spongiosa stellenweise verschwunden.
Gruben und Furchen seicht.
Gehirn faul, aber ohne besondere Veränderungen.
Das subcutane Bindegewebe der linken Halsseite, die ganze Musculatur derselben einschliesslich der
tiefen Halsmuskeln und des Cucullaris stark ödematös und durchsetzt von reichlichen, schwarzrothen
Blutungen, so dass die einzelnen Muskeln auf dem Durchschnitt ganz starr schwarzroth aussehen. Dieselbe
sulzig-hämorrhagische Infiltration setzt sich bis auf die Wirbelsäule fort und umschliesst den ganzen Pharjmx
und den Halstheil des Oesophagus. Auch in der Musculatur und in der Schleimhaut des Pharynx ähnliche,
ganz unregelmässig begrenzte, fast die ganze linke Hälfte der genannten Körpertheile betreffende Blut-
austritte. Dabei erscheint das Ligamentum glosso-epiglotticum medium, das laterale der linken Seite, die
ary-epiglottische Falte der linken Seite stark hämorrhagisch-ödematös.
Die Blutung der linken Pharj^nxhälfte scheidet die linke Tonsille ein; letztere ist vergrössert, prominent,
gelblich-röthlich, entleert auf Druck schwarzrothen Saft und erscheint auf dem Durchschnitte vollständig
eingehüllt in das sulzig-hämorrhagische Infiltrat, stark vorquellend, stellenweise erweicht, gelblich-röthlich
gefärbt, zum Theile dunkelrothe Pfropfe enthaltend. Die rechte Tonsille, ebenso vergrössert, ergibt am
Durchschnitte denselben Befund.
Uvula stark ödematös, an ihrer vorderen Fläche hämorrhagisch. Schleimhaut des Larynx und der
Trachea blutig, von Fäulniss imbibirt. Auf dem Durchschnitte durch die Muskeln der linken Halsseite, die
in Folge der starren blutigen Infiltration nicht einzeln zu präpariren sind, findet sich dieselbe schwarzrothe
Infiltration gleichmässig in den Muskel- und Gefässscheiden der linken Halsseite; die Lymphdrüsen, und
zwar die cervicalen, submaxillaren und die vorderen auricularen der linken Seite, auf dem Durchschnitte
schwarzroth vorquellend, von ihrer ebenso infiltrirten Umgebung kaum abgegrenzt. Die hämorrhagische
Infiltration überschreitet vorne die Mittellinie nach rechts, wo die entsprechenden Lymphdrüsen nur wenig
geschwollen, blutreich und saftig sind und hüllt die Schilddrüse ein.
Schilddrüse selbst gleichmässig gekörnt, colloid.
Linke Lunge frei, in der Pleurahöhle kein pathologischer Erguss, an der sonst glänzenden Pleura zer-
streute Ecchj-mosen. Lunge flaumig, auf dem Durchschnitte ziemlich blutreich, vollständig lufthaltig, in
den Bronchien wenig schaumige Flüssigkeit. An der rechten Pleura diaphragmatica circa guldenstück-
grosse, unregelmässige Blutungen, an der linken mehrere kleinere. An der Pleura der rechten Lunge
ziemlich zahlreiche Ecchj'mosen. Sonst derselbe Befund wie linkerseits.
Im Bindegewebe des vorderen Mediastinum setzt sich die sulzig-hämorrhagische Infiltration von der
linken Halsseite fort; weiter nach abwärts finden sich isolirte, circa hohnengrosse Blutungen.
Herzbeutel zart, am Epicard, besonders an der hinteren Wand des linken Ventrikels reichliche Ecchy-
mosen. Herz entsprechend gross, schlaff, faul. Alle Klappenapparate zart, schlussfähig. Herzfleisch blutig
imbibirt, faul.
Leber nicht besonders vergrössert, beginnende Fäulnissverfärbung zeigend.
Milz ungefähr 14 cm lang, 9 cm breit, etwas plumper und ebenfalls in beginnender Fäulnis
begriffen.
Beide Nieren etwas vergrössert, plumper, sehr schlaff, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, am
Durchschnitte blutig imbibirt und fäulnisverfärbt. Harnblase stark gefüllt, in derselben gelblich-trüber
Urin, ihre Schleimhaut blassgelb.
Im Magen massig reichlicher, gallig gefärbter, dünnflüssiger Inhalt, Schleimhaut dünn und übersäet von
bis hirsekorngrossen, nur selten confluirenden Blutaustritten, hauptsächlich in der Gegend des Fundus und
Denkschriften der mathcm.-nalurw. Gl. LXVI. Bd. 34
252 H. Albrecht und A. Ghon,
der grossen Curvatiir. Schleimhaut des Duodenum galHg imbibirt, sonst nicht verändert. Im Jejunum
nichts Pathologisches. Im Ileum gallig gefärbte Chymusmassen, Schleimhaut dünn, die Plaques deutlich
sichtbar, nicht vergrössert, nicht injicirt.
Die mesenterialen Lymphdrüsen kaum etwas vergrössert, röthlichgelb, isolirt.
Dickdarmschleimhaut gelockert und geschwollen, besonders auf den Höhen der Falten injicirt und
durchsetzt von massig zahlreichen, höchstens punktgrossen Blutungen.
Die Lymphdrüsen der rechten Axilla etwas vergrössert. Das sie umgebende Bindegewebe blutig
infiltrirt; die Drüsen selbst etwas über erbsengross, schwarzroth, derbe, auf dem Durchschnitte gleichmässig
schwarzroth, hämorrhagisch.
Die Lj'mphdrüsen der linken Axilla etwas grösser, ähnlich beschaffen wie die der anderen Seite. Die
oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen beiderseits nicht vergrössert, derbe.
Bacteriologischer Befund.
1. Präparate von der linken Tonsille enthalten ein reichliches Bacteriengemenge, vorwiegend
Coccen, als Diplococcen in Ketten, in Knäuelform und in Haufen, etwas geringer an Zahl Bacillenformen
aller Art, spärlich dünne Fadenformen. Unter diesen Formen finden sich massig reichlich Bacillen vom Aus-
sehen der PestbaciUen.
Die Plattenculturen zur Bestimmung ganz unbrauchbar.
2. In der Milz finden sich mikroskopisch reichlich PestbaciUen in allen Formen: rundlich, ovoid und
vom Stäbchentypus. Sie liegen meist einzeln, seltener als Diplobacillen.
Neben gut und bipolar gefärbten Exemplaren finden sich gleichmässig tingirte Formen und reichlich
schwach tingirte, in allen Übergängen bis zu grossen, wie gebläht aussehenden rundlichen Gebilden.
Sowohl unter den gut, wie auch unter den schwach gefärbten Formen fallen viele durch ihre unregelmässig
begrenzte Gestalt auf, eine Erscheinung, die auch in anderen Fällen beobachtet wurde. (Kunst- oder
Fäulnissproduct?)
Neben den PestbaciUen finden sich in fast gleicher Anzahl Coccen in längeren, seltener in kürzeren
Ketten.
Die Aussaaten ergaben reichlich Streptococcencolonien und zwei Colonien von Bacterium coli. Pest-
colonien sind nicht nachweisbar.
3. Deckglaspräparate von einer Lymphdrüse der linken Achselhöhle zeigen neben Strepto-
coccen PestbaciUen, an Anzahl geringer als in dem Milzsafte, die oft bei guter Tinction auffallend grosse und
plumpe Formen zeigen.
Histologischer Befund.
1. Linke exulcerirte Tonsille. Der epitheliale Überzug fast überall verloren gegangen. Nur an
wenigen Stellen ist noch die Basalzellenschichte erhalten. An der Peripherie und in der weiteren Umgebung
der Tonsille ist das Plattenepithel mit Ausnahme des Stratum corneum intact. An den vom Epithel ent-
blössten Stellen findet sich der Grund des so gebildeten Geschwüres hauptsächlich von Bacterienmassen
gebildet, die sich herdweise mit Hämatoxylin blauviolett färben. Zwischen diesen Bacterienanhäufungen
finden sich bald mehr homogen, bald mehr streifig oder granulirt aussehende, mit Eosin diffus roth
gefärbte Massen und zwischen denselben Anhäufungen von Eiterzellen oder ausgedehnte Hämoi-rhagien.
Auch zahlreiche Capillaren mit \-erbreiterter, homogen roth gefärbter Wand finden sich hier. In den
tieferen Schichten nur spärliche Reste des adenoiden Gewebes erhalten in ganz unregelmässiger Form,
umgeben von enormen Bacterienmassen und ungemein reichlichen Hämorrhagien. Letztere erstrecken sich
überall zwischen die Musculatur des Gaumens hinein.
Beulenpesf. IL Pathologisch-anatomischer Bericht. 253
Zwischen den ausgetretenen Blutmassen häufig unregelmässig geformte homogene Gerinnsel-ähnliche
Massen. Vielfach sind einzelne kleine Muskelbündel durch die reichlichen Hämorrhagien ganz isolirt,
von dem übrigen Gewebe getrennt.
Die Blutgefässe, wo sie erhalten sind, überall stark erweitert. Die früher erwähnten grossen Bacterien-
haufen bestehen — wie mit Methylenblau gefärbte Schnitte zeigen — grösstentheils aus längeren und
kürzeren Ketten \'on Streptococcen neben anderen Coccen, die mehr zu Häufchen angeordnet liegen, und
dünneren und dickeren Bacillen. Ausserdem aber finden sich überall Pestbacillen, die in den tieferen
Schichten der ulcerirten Tonsille besonders reichlich liegen. Sie sind zu grösseren oder kleineren Haufen
angeordnet und haben vorwiegend die runde oder ovale Form. Sie sind zumeist zu Zweien gelagert und
fallen durch ihre blasse Färbung auf, so dass sie häufig bläschenähnlich aussehen. Wo sie mehr die Stäbchen-
form besitzen, sieht man deutliche bipolare Färbung. Vielfach finden sich im Lumen kleiner Arterien zahl-
reiche Streptococcen und t3'pische Pestbacillen nebeneinander.
2. Uvula. Das Plattenepithel derselben an ihrer ganzen hinteren Fläche erhalten, an der vorderen fehlt
es zum Theile vollständig, zum Theile ist nur die Basalzellenschicht erhalten.
Das Bindegewebe der Mucosa und Submucosa aufgelockert, feinst faserig, die Kerne erscheinen spärlich
und blässer gefärbt, oder es finden sich zwischen den welligen Bindegewebsfasern homogen aussehende
geronnene Massen. Die Gefässe daselbst zeigen eine etwas verbreiterte homogen aussehende Wand, ihre
Endothelien sind dabei erhalten, ihre Kerne gut gefärbt.
An der vorderen Seite der Uvula ist die Submucosa und Mucosa ziemlich gleichmässig von Leukoc3'ten
infiltrirt, in den Gewebsspalten grosse protoplasmareiche rundliche oder mehr polygonale Zellen. Vereinzelte
kleine Blutaustritte. An einer Stelle findet sich eine foUikelähnliche Anhäufung von Rundzellen, die sich ganz
gut gegen das allerdings auch herdweise infiltrirte Bindegewebe der Umgebung abgrenzt. In den centralen
Antheilen liegen die Zellen lockerer.
Die Epithelien der Schleimdrüsen vollgefüllt mit bläulich gefärbtem Schleim, der sich auch reichlich im
Lumen der Drüsen findet.
Im Bereiche der früher beschriebenen Stellen der Submucosa, die von Ödem durchsetzt sind, finden sich
kleine Blutgefässe und Capillaren ausgefüllt mit Streptococcen, zwischen denen sich deutlich Pestbacillen
nachweisen lassen. In den oberfiächlichsten, von Epithelien entblössten Schichten ein Gemenge von verschie-
denen Bacterien, wie es sich gewöhnlich in der Mundrachenhöhle findet, unter welchen sich aber auch
zweifellos Pestbacillen nachweisen lassen. Solche liegen auch ziemlich zahlreich im Bereiche der
follikelähnlichen Anhäufung von Rundzellen.
3. Lymphdrüse von der Theilungsstelle der linken Carotis. Das Parenchym vollständig zer-
stört, und zwar sowohl durch frisch ausgetretenes Blut, wie durch enorme, die Ljmiphdrüse durchsetzende
Bacterienmassen, die sich gleichmässig röthlich-violett mit Hämatoxylin färben oder in grossen Haufen
angeordnet sind, welche sich stärker violett färben. Zwischen diesen Bacterienmassen finden sich oft nur
sehr spärliche polynucleäre Leukocyten oder ganz schwach gefärbte Zellkerne. Auch die Umgebung
der L3'mphdrüse ist vollständig hämorrhagisch infiltrirt, das Bindegewebe in Form homogen aus-
sehender Bündel auseinandergedrängt. Die Bacterienmassen bestehen — bei starker Vergrösserung auf mit
Methylenblau gefärbten Schnitten betrachtet — aus Pestbacillen von zumeist rundlicher, bläschenähnlicher
Form, die häufig so zahlreich, dicht und gleichmässig angeordnet sind, dass die wenigen
Leukocj'tenkerne innerhalb dieser zusammenhängenden Rasen leicht zu zählen sind.
Ausserdem grosse Haufen von Kettencoccen, überall eingestreut zwischen die Pestbacillen.
4. Lymphdrüse der linken Axilla (über bohnengross). Die durch die nicht veränderte Kapsel
abgegrenzte Lymphdrüse zeigt ausserordentlich hochgradige Hyperämie, indem sie übersäet ist mit dicht
bei einander stehenden, hochgradig erweiterten und mit Blut vollgefüllten Capillaren und kleinen Blut-
gefässen. Die Sinus überall erweitert, enthalten ziemlich reichlich rothe Blutkörperchen, polynucleäre Leuko-
cyten und vor Allem grosse protoplasmareiche, runde oder polj'gonale Zellen mit bläschenartigem grossen
Kern und manchmal granulirtem Protoplasma. In den Blutgefässen und auch in einzelnen dieser grossen Sinus-
34»
254 H. AI brecht und A. Ghoii,
Zellen sieht man mit starker Vergrösserung runde oder etwas ovüide, gebläht aussehende Gebilde, die selir
schwach mit Methylenblau gefärbt sind. Von ihnen lässt es sich nicht entscheiden, ob es degenerirte Pest-
bacillen sind oder nicht. Streptococcen keine auffindbar.
5. Milz. Die Bluträume der Pulpa stellenweise stark erweitert und mit Blut gefüllt, an anderen Stellen
findet sich blutige Infiltration des Milzgewebes neben reichlichen polynucleären Leukocyten. Am Auf-
fallendsten erscheint, dass die ganze Milz durchsetzt ist von unregelmässig geformten kleinen Herden, die
feinst granulirt, mit Eosin blass gefärbt aussehen, in deren Bereich sich schlecht contourirte Zellleiber mit
ganz blass gefärbtem Kerne finden. Diese Herde stehen nicht isolirt im Milzgewebe, sondern hängen gleich-
sam miteinander zusammen. Innerhalb derselben finden sich zahlreiche kleinere Gefässe von Bacterien-
haufen verstopft, deren Wand nicht nach aussen hin abgrenzbar ist. Die Follikel sind so klein, dass sie nur
eine ganz schmale adenoide Scheide um die Arterien bilden. Mit der Immersion untersucht, finden sich zahl-
lose mit Methylenblau sehr blass gefärbte Pestbacillen in allen Formen, aber vorwiegend in der plump
ovoiden, als DiplobaciUen mit häufiger bipolarer Färbung, ferner sehr zahlreiche Häufchen von zu langen
Ketten ausgewachsenen Coccen.
Epikrise.
Die Infection erfolgte im vorliegenden Falle entsprechend den im Sectionsbefunde gezeichneten Ver-
änderungen zweifellos von der linken Hals-Kopfseite aus. Der Entscheid, ob die linke Tonsille oder die
Lymphdrüsengruppen der linken Parotis und Unterkiefergegend im engeren .Sinne als Sitz des primären
Bubo anzusehen sind — beide zeigen sowohl anatomisch als histologisch derartige Veränderungen — wird
dadurch erschwert, dass eine schwere Secundärinfection durch Streptococcen von der Mund-Rachenhöhle
aus das Bild völlig trübt. Damit fällt auch die Möglichkeit der Orientirung über den Eintritt des Pestvirus
überhaupt. Sowohl die den erwähnten Lymphdrüsengruppen zugehörigen Haut- und .Schleimhautbezirke
(Augenlid und Nase) der linken Hals-Kopfseite, als auch die Mund-Rachenhöhle, einschliesslich der linken
Tonsille selbst, kämen diesbezüglich in Frage.
Histologisch finden sich in recht gut conservirten Präparaten von einer linksseitigen Halslymphdrüse
und in der linken Tonsille neben schwerer hämorrhagischer Infiltration zahllose Pestbacillen und sehr
reichlich Streptococcen. Der Geschwürsgrund der ulcerirten Tonsillen ist in dicker Lage von denselben
belegt. Auch in der Milz finden sich enorme Mengen von Pestbacillen und Streptococcen. Die axillare
Lymphdrüse der linken Seite zeigt histologisch die für die Pest so charakteristischen Anfangsstadien der
Entzündung: Enorme Überfüllung zahlloser Blutcapillaren mit Blut und Erweiterung der Sinus, die aus-
gefüllt sind mit sehr grossen Sinuszellen. Die zahlreichen in der Milz vorkommenden nekrotischen Herde
sind nicht als postmortale Veränderungen, da ja das übrige Milzgewebe gut erhalten ist, sondern als Folge
der Streptococcenwirkung aufzufassen; ihre Form ist eine abweichende von den in der Milz vorkommenden
ähnlichen, durch den Pestbacillus allein bedingten Herden. Ausser den Lymphdrüsen der linken Halsseite
sind anatomisch nur die in beiden Achselhöhlen in massigem Grade verändert. Blutungen finden sich
an der Pleura und am Epicard, in der Schleimhaut des Magens und Dickdarms.
Fall 5/XXX.
Bhagee Yemma, 35jähriges Hindu-Weib, ohne Beschäftigung, wurde ins Spital am 22. März am
VI. Krankheitstage aufgenommen und starb am 23. März um 12 LIhr 30 Minuten Nachts am VII. Krankheits-
tage. Section am 23. März um '/äl2 Uhr Mittags, 11 Stunden post mortem.
Weibliches Cadaver, 157 cm lang, von gracilem Knochenbau, schlecht entwickelter Musculatur, schlecht
genährt. Todtenstarre geschwunden, Todtenflecke an den abhängigen Körperstellen ziemlich reichlich vor-
handen. Pupillen beiderseits gleichweit, mittelweit, die .sichtbaren Schleimhäute blutarm, Zähne anscheinend
wohlerhalten.
Beulenpesf. II. PaUiologisch-anatomischer Bericht. 2t55
Die Haut der linken Parotisgegend ungefähr in Handflächcngrösse beträchtlich geschwollen, prominent,
bretthart sich anfühlend; die Haut der linken Halsseite nach hinten in den Nacken bis fast zur Wirbelsäule
reichend, nach abwärts sich hinziehend einerseits bis gegen die linke Schulter, andererseits bis auf die vor-
dere Thoraxw^and, wie pastös, nicht in Falten abhebbar. Die Supra- und Infraclaviculargruben dieser Seite
verstrichen. Auch die rechte Regio parotidea ist etwas geschwollen, die Haut daselbst dicker, teigig.
Thorax von entsprechenden Dimensionen, symmetrisch. Brustdrüsen spärlich entwickelt. .Abdomen im
Niveau des Thorax ; Bauchdecken schlaff. Am äusseren Genitale nichts Pathologisches.
In beiden Inguinalgegenden über dem Poupart'schen Bande und in den Schenkelgruben längliche, harte,
etwas vergrösserte, gut abgrenzbare Lj'mphdrüsen tastbar. An den unteren E.xtremitäten keine Ödeme.
Die weichen Schädeldecken im Bereiche beider Temporalmuskeln, sowie in der Gegend des ganzen
Hinterhauptes sulzig ödematös, erzitternd, von kleinen Blutaustritten durchsetzt, sonst blut- und fettarm.
Schädeldach symmetrisch, länglich o\"al, im Längsdurchmesser 17' 2 c»;, im queren 12 c;;/, in der
Peripherie 48 COT messend, im Allgemeinen circa 1 c;;; dick; Spongiosa erhalten, ziemlich blutarm; seine
Innenfläche glatt, glänzend. Nähte erhalten.
Im Sichelblutleiter reichliche, frische Blutgerinsel. Dura mater gut gespannt, blutarm, nicht verdickt.
Die inneren Meningen an der Basis blutarm, zart; Gefässe zartwandig. Die inneren Meningen an der Con-
vexität etwas blutreicher, sonst ebenfalls zart. Grosshirnrinde gleichmässig breit, grauroth; Marklager von
reichlichen Blutpunkten durchsetzt, teigig weich. Ventrikel enge. Stammganglien normal gebildet, ebenso
wie Kleinhirn, Pons und Medulla ziemlich blutarm.
Zwerchfellstand rechts an der 4. Rippe; ebenso links; das Binde- und Fettgewebe über dem Sternum
und namentlich das der linken Thoraxwand ödematös, gelblich; desgleichen auch das Binde- und Fett-
gewebe des vorderen Mediastinum.
Die Lj'mphdrüsen längs der grossen Halsgefässe rechterseits vergrössert, isolirt, hart, am Durch-
schnitte röthlichgelb, succulenter, ebensolche massig angeschwollene in der rechten Submaxillargrube. Das
Unterhautbindegewebe der rechten Parotisgegend, namentlich aber das der ganzen linken Halsgegend in der
oben bezeichneten Ausdehnung gelblich, ödematös, erzitternd, zum Theile auch hämorrhagisch infiltrirt. Die
Lymphdrüsen der Unterkiefergegend und des Halses längs der Gefässe dieser Seite zu einem starren läng-
lichen Paquet vereinigt, ihre Umgebung starr hämorrhagisch infiltrirt. Auf dem Durchschnitte erscheinen die
dieses Paquet zusammensetzenden L3'mphdrüsen vielfach bis auf Taubeneigrösse angeschwollen, theils
gleichmässig starr hämorrhagisch infiltrirt, theils medullär röthlichgelb gefleckt, vorquellend, theils auch
schon im centralen Antheil völlig erweicht, eitrig eingeschmolzen; sie lassen sich von einander nur zum
Theile noch abgrenzen, zum Theile aber sind ihre Grenzen gegen das sie umgebende ödematös hämor-
rhagische Infiltrat völlig verwischt.
Die grossen Halsgefässe dieser Seite von diesem starren Infiltrate ganz eingescheidet.
Schleimhaut des weichen Gaumens grauroth, stark verschleimt; rechte Tonsille etwas vergrössert,
die linke kleiner, zeigt jedoch in ihrem Centrum ein längliches, unregelmässig begrenztes Geschwür
mit nekrotisch-gelblichen Rändern. Die Follikel am Zungengrunde geschwollen, zum Theile lebhaft geröthet,
besonders an ihrer Peripherie ; der centrale Theil röthlichgelb. Schleimhaut der Epiglottis , ihrer
Umgebung, sowie der ary-epiglottischen Falten sehr stark geschwollen, ödematös, gelblich. Schleimhaut
des Pharynx und des oberen Theiles der Trachea lebhaft geröthet. In der Wand der Vena jugularis sinistra
sehr zahlreiche, bis hanfkorngrosse, zum Theile confluirende Blutaustritte.
Die Lymphdrüsen der rechten Axilla vergrössert, ziemlich blutreich, isolirt; die der linken .Axilla eben-
falls isolirt, bis auf fast Wallnussgrösse angeschwollen, ziemlich derb sich anfühlend, am Durchschnitte
jedoch vorquellend, röthlich, reichlich blutig-serösen Saft gebend.
Die linke Lunge, im Bereiche des Unterlappens durch Bindegewebsmembranen angewachsen, fühlt sich
an ihren vorderen Rändern und an der Spitze völlig lufthaltig an, lässt aber in den übrigen Partien isolirtC)
circa hühnereigrosse, derbe Herde tasten, die oberfiächlich liegen und durch die Pleura, die über denselben
256 H. Albreclü und A. Ghoii,
vielfach von fibrinösen Aullagerungen bedeckt und reichlich ecchymosirt erscheint, als gelbröthlich
gesprenkelte, ziemlich scharf begrenzte, rundliche oder fast rundliche Bezirke durchschimmern.
Auf dem Durchschnitte erscheinen diese inliltrirten Partien gleichmässig gelblichroth , sehr saftreich,
undeutlich feinst granulirt, oder viele zeigen eine stärker schvvarzrothe und sehr stark durchfeuchtete peri-
phere Zone, während der centrale Theil mehr gelblichroth erscheint. Viele dieser Herde zeigen Keilform. Das
übrige Lungegewebe am Durchschnitte flaumig, blutreich. Die Schleimhaut der Bronchien allenthalben
geschwollen und gerothet, mit reichlichem, glasigen Schleim bedeckt.
Auch die rechte Lunge zeigt reichlich derartige Herde von Hanfkorn- bis Nussgrösse. Sonst dieselben
Veränderungen wie an der linken. (V^ergl. Tafel VII, Fig. L)
Herzbeutel zart, wenige Tropfen klaren, gelben Serums enthaltend. Epicard fettarm, frei von Blutungen,
beide Ventrikel schlaff, spärliche Cruor- und Fibrinmassen enthaltend, Klappenapparate zart, schlussfähig.
Myocard gelhlichbraun, morscher.
Schleimhaut der Speiseröhre weisslich. Die bronchialen Lymphdrüsen und die des hinteren Media-
stinalraumes anthracotisch und nicht vergrössert.
Schleimhaut der Trachea und der grossen Bronchien lebhaft gerothet und mit Schleim bedeckt.
Leber gross, ihre Ränder plump, Oberfläche glatt, Kapsel zart, graubraun, am Durchschnitte massig
blutreich, Läppchenzeichnung undeutlich, Parenchym etwas vorquellend.
Gallenblase klein, mit dunkler Galle gefüllt.
Milz 17 cm lang, 10 cm breit, ziemlich flach, auf dem Durchschnitte dunkelblutroth, sehr weich,
Pulpa vorquellend, Stroma nicht vermehrt, Follikel nicht sichtbar.
Pancreas derb, gekörnt.
Nebennieren nicht verändert.
Nieren plump, schlaffer, Oberfläche glatt, Kapsel leicht abziehbar, gelblichgrau, auf dem Durchschnitte
ziemlich blutreich, Rinde beträchtlich verbreitert, ebenso wie die Columnae Bertini röthlich-gelblich gestreift;
Pyramiden an der Peripherie wie gefasert, schlecht abgrenzbar. Nierenbecken unverändert.
In der Harnblase wenig trüber Urin, Schleimhaut weisslich.
Uterus klein, Musculatur kräftii^.
Ovarien kleincystisch degenerirt, blutreich.
Die oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen beiderseits vergrössert, isolirt, hart, auf dem
Durchschnitte theils etwas blutreicher und saftiger, theils nicht weiter verändert.
Der Magen ist ziemlich reichlich mit galligem, dünnflüssigen Inhalt gefüllt, seine Schleimhaut fleckig,
gerothet, sonst grau, mit Schleim belegt; die Schleimhaut des Duodenum etwas gelockert, gallig imbibirt.
Im ganzen Dünndarm gallig gefärbte Chymusmassen, Schleimhaut dünn, Plaques nicht verändert. Im Dick-
darm dickliche, gallige Fäcalien, Schleimhaut nicht besonders verändert.
Im rechten Kniegelenk wenig klare Synovialflüssigkeit.
Bei der am 22. März am VI. Krankheitstage vorgenommenen Blutuntersuchung blieben
die Aussaaten steril.
Bacteriologischer Befund.
1. Im Ödem der Brust finden sich mikroskopisch keine Bacterien.
2. Ein pneumonischer Herd im Unterlappen der linken Lunge zeigt mikroskopisch enorm
reichlich Pestbacillen, fast ausschliesslich extracellulär, einzeln oder als Diplobacillen liegend, vereinzelt auch
in Kettenanordnung, vorwiegend in ovalen Formen, spärlicher in Stäbchen- oder runden Formen; die Mehr-
zahl der Pestbacillen ist gut und bipolar, nur wenige blass tingirt. Bei Anwendung der Gram'schen Methode
rasche Entfärbung der Pestbacillen. Neben den Pestbacillen finden sich spärlich Diplococcen von Lanzett-
form oder Coccen in kurzen Ketten.
Beitlenpest. II. Patliologisch-anatomisclicr Berichl. 257
Die Aussaaten zeigen zum Theile reichliche Reincultur von Pestcolonien, zAim Theil neben reichlichen
Pestcolonien spärliche Colonien des Diplococcus pneumoniae.
3. Aussaaten vom Harn ergeben spärliche Reinculturen von Pestcolonien.
4. Deckglaspräparate von der Milz zeigen nur spärlich Pestbacillen neben ebenfalls spärlich vorhan-
denen Diplococcen. Die Aussaat ergibt reichlich Pestcolonien, daneben in ungefähr gleicher Anzahl Colonien
des Diplococcus pneumoniae.
5. Präparate aus einer linken Achseldrüse ergeben mikroskopisch denselben Befund wie 4; culturell
jedoch finden sich ausschliesslich Colonien des Diplococcus pneumoniae. Pestcolonien nicht nachweisbar.
6. Aussaaten von der Galle ergeben eine ziemlich reichliche Reincultur von Pestcolonien.
Histologischer Befund.
1. Schnitte durch die peripher sitzenden embolischen Herde der linken Lunge zeigen die
Alveolen besonders in den centralen Antheilen der Herde hochgradig erweitert, von polynucleären Leukocyten
dicht erfüllt, die stellenweise Körnchenzerfall ihrer I\erne zeigen. Die Alveolarsepta zeigen die eigenthüm-
liche Veränderung, dass sie fast überall zu Strängen umgewandelt sind, die grobschollig oder streifig, seltener
ganz homogen aussehen, mit Eosin sich gut färben und beiderseits von feinen, blau gefärbten Körnchen oder
Kerntrümmern oder von unregelmässig gestalteten , in Fäden auslaufenden Kernen eingesäumt sind.
Manchmal kann man noch ein Gefässrohr in dem Alveolarseptum erkennen, indem dasselbe homogene,
etwas stärker mit Eosin gefärbte Contouren besitzt; an anderen Stellen sind zweifellos Theile der Alveolar-
septa ganz zu Grunde gegangen und nur mehr sporenartig vorspringende Reste derselben erhalten, die in
der früher erwähnten Weise verändert sind. In vielen Lungenalveolen sieht man schon bei schwacher Ver-
grösserung grosse Bacterienhaufen neben den Leukocyten, die sich blassblau färben. Besonders in den
peripheren Antheilen des pneumonischen Herdes sind die Alveolen mit Blut und homogen geronnenen
Massen erfüllt. Die Gefässe der Pleura strotzend mit Blut gefüllt, das stellenweise auch das Pleuragewebe
durchsetzt. Fibrin ist äusserst spärlich in den Alveolen nachweisbar. Dagegen ist das ganze Gebiet des
pneumonischen Infiltrates wie überschwemmt mit zahllosen, typisch aussehenden Pestbacillen, die oft
zusammenhängende Rasen bilden oder sich überall zwischen die Leukocyten eindrängen. Sie sind blass mit
Methjienblau gefärbt und in der gewöhnlichen Weise pleomorph. Dazwischen kleine Häufchen von lanzett-
förmigen Diplococcen, die stärker mit Methylenblau gefärbt sind und nach der Gram - Weigerfschen
Färbungsmethode die blaue Farbe behalten. Viele Bronchiolen ganz ausgefüllt von Pestbacillen
Leukocyten und geringen Mengen von Diplococcen.
2. Milz. Die Milz ist blutarm, nur spärlich finden sich grössere Blutmengen in der Umgebung von,
Gefässen. Die Pulparäume zumeist erhalten und abgrenzbar, die Pulpazellen in starker Desquamation
begriffen, so dass sie häufig das ganze Lumen eines solchen Raumes erfüllen, sehr gross, ihr Kern nur etwas
blässer gefärbt mit zahlreichen Kernkörperchen. Sehr spärlich lassen sich auf mit Methylenblau gefärbten
Schnitten Pestbacillen nachweisen; sie liegen zu kleinen Häufchen beieinander, auch intracellulär und haben
die plumpe, ovoide Stäbchenform, seltener die rundliche. Auf nach Gram-Weigert gefärbten Schnitten finden
sich ebenfalls spärliche Diplococcen zu zweien oder vieren gelagert.
3. Leber. Die Epithelien schlecht oder gar nicht von einander abzugrenzen, die Kerne gross und
blassblau gefärbt, das Protoplasma glatt, nicht granulirt, keine Fetttröpfchen enthaltend. Sonst nichts Auf-
fallendes. Im Blute der Capillaren sehr spärliche Pestbacillen nachweisbar.
4. Niere. Das Protoplasma der Nierenepithelien feinst gekörnt, die Kerne gross, etwas blässer gefärbt,
die ganze Zelle von unregelmässiger Form. Die Rinde hyperämisch, indem die Glomeruli und die Capillaren
der Interstitien stark mit Blut erfüllt sind, in welchem sich spärliche Pestbacillen neben Diplococcen nach-
weisen lassen.
5. Lymphdrüse aus der linken Axilla. Dieselbe gibt das gewöhnliche Bild frischer metastatischer
Infection: hochgradige Erweiterung und Blutfüllung aller Blutgefässe im Bereiche der ganzen Drüse, beson-
258 H. Albrechi und A. Glioit,
ders der Sinus, und Erweiterung der Sinus. In denselben sind zahlreiche polynucleare Leukocyten und
grosse protoplasmareiche Zellen enthalten, welch letztere häufig Leukocyten eingeschlossen haben. Beson-
ders in den Randsinus sehr reichliche Pestbacillen, die dort, wo sie .spärlicher sind, deutlich intracellulär
liegen. In einigen Blutgefässen Diplococcun mit au.sgesprochener Lanzettl'urm in grösseren Haufen, die sich
nach der Gram-Weigert'schen Methode intensiv blau färben.
6. Über haselnussgrosse Lj'mphdrüse aus dem Paquet der linksseitigen cervicalen. Das peri-
glanduläre Binde- und Fettgewebe dicht von polynucleären Leukocyten infiltrirt, ebenso das intermusculäre
eines Antheiles eines Halsmuskels, der noch durch den .Schnitt getroffen ist. Die einzelnen Muskelbündel
homogen aufgequollen. Besonders um erweiterte kleine Blutgefässe (Venen und Arterien) findet sich hier reich-
licher Körnchenzerfall (Karyorrhexis) der Leukocytenkerne, und dieselben sind vielfach umgeben von einem
homogenen, bald feineren, bald gröberen Balkenwerk, das sich peripherwärts in etwas zartere Balken auflöst
oder in mehr schollige Formen übergeht. Auch im Lumen der Gefässe finden sich häufig derartige balkig oder
mehr zusammenhängend geronnene Massen, die noch weisse und rothe Blutzellen einschliessen. Die Gefäss-
wand selbst ist dabei entweder mehr homogen oder ebenso balkig, die Endothelzellen und ihre Kerne viel-
fach ganz erhalten. Dazwischen breiten sich bald mehr, bald weniger reichliche Blutungen aus. Im Bereiche
der durchwegs ganz dicht von polynucleären Leukocyten infiltrirten fibrösen Kapsel der Drüse, deren
Bindegeweb-sbündel vielfach ganz homogen aussehen, zahlreiche mit Leukocyten und Bacterien erfüllte und
erweiterte Lymphgefässe. Von Follikeln, Markstrahlen oder Sinus ist im Bereiche der eigentlichen Lymph-
drüse nichts mehr zu entdecken, indem entweder Alles gleichmässig von poly- und mononucleären Leuko-
cyten infiltrirt oder von Hämorrhagien durchsetzt ist. An zahlreicheren kleineren Stellen ist bereits Kern-
schwund der Zellen eingetreten, die einzelnen blass mit Eosin gefärbten Zellleiber contouriren sich noch,
oder sie sind mehr bläulich gefärbt oder es findet sich Alles überlagert von reichUchem Kerndetritus.
Im Übrigen finden sich auch im Bereiche der Lymphdrüse dieselben Gefässveränderungen und ist die-
selbe nirgends mehr vom periglandulären Gewebe abzugrenzen. Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten
sieht man besonders zahlreich in der Peripherie der Lymphdrüse und zwischen den auseinandergeworfenen
Muskelbündeln Pestbacillen von fast ausschliesslicher Coccenform. Sie .sind klein und rund, blassgefärbt,
stellen häufig Ringformen dar und treten zu kürzeren Ketten aneinander. In den centralen Partien der
Lymphdrüse sieht man grössere und kleinere Rasen von ganz blass, nur schattenhaft gefärbten, ebenfalls
rundlichen, geblähten Formen, die etwas grösser sind. Auf nach Weigert gefärbten Schnitten sind in ein-
zelnen Blutgefässen Diplococcen von der Form des Diplococcus pneumoniae nachweisbar.
7. Linke Tonsille. Die Schnitte treffen das im Sectionsprotokolle erwähnte Geschwür. Im Bereich
desselben fehlt das Plattenepithel entweder vollständig und es liegt das von Bacterienmassen infiltrirte
adenoide Gewebe bloss, oder es ist über den Schleimhautpapillen noch die Basalzellenschichte des Rete
erhalten. Erstere sind verbreitert und \-iele von ihnen ganz gleichmässig mit Bacterien infiltrirt. Das übrige
adenoide Gewebe desgleichen von zahlreichen Schwärmen oder Rasen durchsetzt, viele Gefässe homogen-
wandig, mit balkenartigen, wie geronnen aussehenden Massen erfüllt, die sich auch in ihrer Umgebung
finden. Hämorrhagien sind spärlich. Die fibröse Kapsel und namentlich das umgebende lockere Binde-
gewebe von reichlichem Ödem durchsetzt. Mit Methylenblau gefärbte Schnitte lehren, dass die genannten
Bacterienmassen ausschlies.slich aus Pestbacillen bestehen, die dieselbe Form wie bei 6. zeigen. Grosse
Schwärme derselben finden sich auch frei an der Oberfläche.
Interessant ist folgender Befund. An verschiedenen Stellen finden sich nämlich in kleinen Vacuolen
oder zwischen den Zellen des sonst vollständig unveränderten Rete zahlreiche Pestbacillen, die von den
mehr oder ^weniger reichlich von Pestbacillen infiltrirten Papillen aus in das Epithel
hineinwachsen (vergi. Tafel XIV, Fig. 2). Diplococcen lassen sich auf nach Weigert gefärbten Schnitten
nur in spärlichen Häufchen oberflächlich nachweisen.
8. Schnitte durch die Epiglottis zeigen homogen oder feinstfädig geronnene Ödemflüssigkeit,
hauptsächlich an der ventralen Seite, die ziemlich reichlich Fibrin enthält.
Bettlcnpest. II. Pallwlogisch-aiialotiiisdici- Bericht. 259
Epikrise.
Vorstehender Fall ist zu den pyämischen zu rechnen, weil es zur Bildung metastatisch-emholischer
Herde in beiden Lungen gekommen ist. "Dieselben sind zweifellos erzeugt durch Einbruch von Bacillen-
massen in die Venen der linken Halsseite, worauf es zu multiplen Embolien in beiden Lungen gekommen
ist. Im Bereiche des primären Bubo, der anatomisch als solcher evident zu erkennen ist und die Lymph-
drüsen der linken Parotis- und Submaxillargegend und der linken Halsseite betrifft, findet sich weit in die
Umgebung reichende starr-hämorrhagische Infiltration und hochgradige sulzig-ödematöse Durchtränkung
des Bindegewebes. Als Theilerscheinung desselben ist das die unmittelbare Todesursache bil-
dende Ödem der Epiglottis und der aryepiglottischen Falten anzusehen.
Makroskopisch sind die embolischen Pneumonien durch ihr ganz eigenartig lebhaft gelb imd roth
gesprenkeltes Colorit, durch ihren grossen .Saftreichthiim und die äusserst fein granulirte Schnittnäche
charakterisirt. Mikroskopisch zeichnen sie sich durch Hämorrhagien und enormen Bacillenreichthimi aus,
ferner durch eigenartige Gerinnungen und Coagulationen innerhalb der Blutcapillaren und der Alveolarsepta
selbst, in deren Umgebung ein ebenfalls eigenthümlicher Kernzerfall eintritt. Auch Zerfall der Alveolarsepta
findet sich. Fibrin ist äusserst spärlich. Die Lymphdrüsen der rechten Halsseite und der linken Axilla sind
am stärksten von allen übrigen afficirt, indem ihnen, als dem primären Bubo unmittelbar benachbart, durch
den Lymphstrom die Pesterreger zugeführt werden. Ganz geringe entzündliche Veränderungen zeigen die
Lymphdrüsen der rechten Axilla und der Inguinalgegenden. Im Blute und in der Milz sind mikroskopisch nur
sehr wenig Pestbacillen nachweisbar, indem das Glottisödem offenbar früher zum Tode führte, als der
Infectionsprocess seinen Höhepunkt erreicht hatte. Damit im Zusammenhange erscheint auch das "auffallende
Fehlen aller sonst für die Pest so charakteristischen Blutungen. In den pneumonischen Herden in einer
Lymphdrüse aus der linken Axilla und in der Milz findet sich durch das Culturverfahren und auch histo-
logisch (mit Ausnahme der Milz) neben Pestbacillen auch der Diplococcus pneumoniae, der aller Wahr-
scheinlichkeit nach von diesen pneumonischen Herden aus Eingang gefunden hat, indem histologisch ein
Einbruch desselben von dem Geschwür der linken Tonsille aus nicht constatirt werden konnte. Es handelt
sich also auch in diesem Falle um eine Secundärinfection; der nicht gelungene Nachweis des Diplo-
coccus in den Schnitten hat dem spärlichen culturellen Befunde nach nichts Auffallendes an sich.
Fall 6/XLVI.
Vistnu Sakharam,^ 45jähriger Hindu. Kupferschmied, wurde am 16. April, am III. Krankheitstage, um
9 Uhr Vormittags ins Spital aufgenommen und starb am IV. Krankheitstage um 1 Uhr Nachts.
Section am 17. April um 9 Uhr Vormittags, 8 Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 152 cm lang, von gracilem Knochenhau, ziemlich schlecht genährt; Todtenstarre
nicht mehr vorhanden, Todtenfiecke diffus, die Hautvenen deutlich als violett gefärbte Stränge .sichtbar.
Hornhäute trübe, Scleren und Conjunctiven injicirt und blutig iinbibirt. Schleimhaut der
Lippen livid.
Hals lang, schmal, Thorax lang, gut gewölbt, Abdomen im Niveau des Thorax, an demselben entlang
dem rechten Rippenbogen eine zarte, etwa über 20 cm lange Hautnarbe.
Am äusseren Genitale nichts Abnormes bemerkbar.
In beiden Achselhöhlen und Inguinalgegenden flache Drüsen, leicht verschieblich, tastbar.
Die weichen Schädeldecken fett- und blutarm, imbibirt. Schädeldach \7 cm im Längsdurchmesser,
\?) cm im queren und in der Peripherie 49 cm messend, symmetrisch, bis zu 5 mm dick, seine Innenfiächc
glatt, Diploe erhalten.
Im oberen Sichelblutleiter geringe Mengen geronnenen Blutes. Dura mater gut gespannt, stärker
blutreich, nicht verdickt. Gehirn weich, faul.
^ Vergl. Krankengcscliichlc II. .\. pag. 131.
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl, LXVl. Bd. 35
260 H. Alb rech t und A. Glion
Zwerchfellstand beiderseits am unteren Rande der vierten Rippe.
Die Lymphdrüsen am Halse /.u beiden Seiten der Gefässe vergrössert, markig geschwullen, hämorr-
hagisch infiltrirt. Auch das sie umgebende Bindegewebe, namentlich in der Regio parotideo-masse-
terica linkerseits thcils gicichmiissig blutig durchtränkt , theils von deutlich erkennbaren Hämorrhagien
durchsetzt.
Ein genauer pathologisch-anatomischer Befund lässt sich jedoch schwer erheben, weil das Cadaver
stark faul ist und allenthalben stark ausgesprochene Fäulniss-Imbition zeigt.
Ebenso erscheinen auch die Halsorgane stark imbibirt, doch kann man erkennen, dass beide Tonsillen
geschwollen und an ihren Obernächen ulcerirt erscheinen. fJie Epiglottis zeigt reichliches Ödem.
Beide Lungen frei, ihre Pleura zart und glatt. Beide Lungen vollständig lufthaltig, ziemlich stark
pigmentirt, über ihre Schnittfläche reichlich flaumige, blutig gefärbte Flüssigkeit vorquellend; pneumonische
Veränderungen nirgends nachzuweisen.
Schleimhaut der Bronchien und der Trachea von Fäulniss blutig imbibirt.
Herz sehr schlaff, Klappenapparate zart, Myocard morsch und blutig imbibirt.
Leber gross, sehr weich, glatt, gelblich-braun, von der acinüsen Zeichnung nichts mehr zu erkennen
in beginnender Fäulniss.
Milz 14 ein lang, 7 cm breit, zerfliesslich weich, dunkelblutroth, Pulpa reichlich \-orquellend.
Nieren sehr vergrössert, plump, schlaff, Oberfläche glatt, Rinde deutlich geschwollen.
Harnblase geringe Mengen trüben Urins enthaltend, ihre Schleimhaut imbibirt.
Magen fast leer, seine Schleimhaut ebenfalls imbibirt, doch lässt sie namentlich im Fundus unregel-
mässige, schwarzröthlich gefärbte Hämorrhagien erkennen, die vorwiegend auf den Höhen der P'alten stehen
und in der Mitte stellenweise Erosionen zeigen.
Im Dünndarm massig reichliche Mengen breiiger, gallig gefärbter Fäces.
Im Dickdarm gallig gefärbte Fäces, seine Schleimhaut ziemlich gleichmässig von kleinsten Hämor-
rhagien durchsetzt.
Die Drüsen in beiden Inguinalgegenden, sowie auch die in beiden Axillargegenden sind ziemlich
gleichmässig verändert, höchstens bis kleinbohnengross, saftreicher, manchmal fast schwarzroth, sämmtliche
distinct, ihre Umgebung ausser blutiger Imbition nichts Pathologisches zeigend.
Die am 16. .April am III. Krankheitstage vorgenommene bacteriologische Blutunter-
suchung ergab sehr reichliche Colonien von Pestbacillen und etwas weniger reichliche
von Streptococcen.
Das Sputum vom 16. April zeigte mikroskopisch sehr reichlich und fast ausschliesslich
Pestbacillen. Die Aussaaten davon waren überwuchert von verschiedenen Bacterien-
colonien.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckglaspräparate aus der Milz zeigen wenig reichlich Pestbacillen, nur in geringer Anzahl
in typischen, gut tingirten Formen, meist als schwach gefärbte Gebilde; reichlicher finden sich Coccen als
Diplococcen und in langen Ketten angeordnet vom Typus des Streptococcus pyogenes.
2. Im Tracheaischleim findet sich mikroskopisch ein reichliches Bacteriengemisch, bestehend aus
Coccen, die zu Paaren, in kurzen Ketten und zu Häufchen angeordnet erscheinen, und aus Bacillen ver-
schiedener Form und Grösse, darunter solchen, die ihrer Form, Anordnung und ihrem färberischen \'erhalten
nach völlig identisch mit Pestbacillen sich erweisen.
3. In einer linken inguinalen Drüse finden sich mikroskopisch spärlicher typische, reichlicher
schlecht tingirte Formen von Pestbacillen, sowie reichlich Coccen vom Typus der bei Nr. 1 beschriebenen.
In'iihiiih'sf. II. riithologisch-üihitoniiscliii- Befiehl. 261
Epi krisc.
Trotz der \-orgeschrittenen l-"äLilniss lässt sich aus dem Sectionsbefunde der sichere Schkiss ziehen,
dass die hifection \-om Halse aus erfolgt ist, sei es von den Tonsillen aus, die ulcerirt sind, sei es von der
Haut aus. Die Gruppen der cervicalen und submaxillaren Lymphdrüsen zeigen hämorrhagische Infiltration,
und es lässt sich trotz starker Fäulnissimbibition noch die tiefgehende ödematös hämorrhagische Infiltration
ihrer Umgebung deutlich erkennen. Weder an den axillaren noch an den inguinalen Ljanphdrüsen, noch an
irgend welchen anderen sind Veränderungen, die einem primären Bubo zukommen würden, zu constatiren.
Sowohl durch die intra \-itam x'orgenommene bacteriologische Blutuntersuchung, als auch durch die
Befunde der Deckglaspräparate ist — entsprechend den diphtheritischen Ulcerationen der Tonsillen — eine
Secundärinfection durch dei Streptococcus pyogenes sichergestellt.
Zur histologischen Untersuchung wurde in Folge der hochgradigen Fäulniss des Cadavers nichts
conservirt.
B. Fälle mit primärem axillaren Bubo.
Fall 7/1.
Franzis Desonza, ISjähriger Goanese, erkrankte (nach Angabe des Surg. Captain Dr. Leumann) am
22. Februar Abends und bemerkte bereits am 23. Februar Morgens Schmerzen in der rechten Axilla, welche
sich in den nächsten Tagen beträchtlich steigerten. Der Tod erfolgte am 26. Februar Abends, am V. Krank-
heitstage. Die Section fand um 10 Uhr Abends, zwei Stunden post mortem statt.
Körper mittelgross, ziemlich gracil gebaut, gut genährt, Musculatur gut entwickelt, Todtenstarre im
Beginne. Todtenflecke diffus, röthlich \'iolett, gegen die aufliegenden Körpertheile, namentlich Nates, scharf
abgegrenzt.
An beiden Handrücken und Vorderarmen zahlreiche, unregelmässig zerstreute, hirsekorn- bis erbsengrosse
Hautblutungen; ebensolche in geringerer Anzahl an der Streckseite des rechten Oberarmes. Einzelne steck-
nadelkopfgrosse an der rechten Wange, zwei circa hanfkorngrosse in der Regio submaxillaris dextra.
Linke Achselgrube beträchtlich seichter, mehr abgeflacht als die rechte. Die Haut im Bereiche der
ersteren und in ihrer Umgebung leicht verschieblich, aber für den tastenden Finger verdickt, wie pastös. Am
\'orderen Ende der oberen Haargrenze eine 3 mm lange Incisionswunde, entsprechend welcher sich in der
Tiefe der Achselhöhle ein ziemlich harter, über taubeneigrosser, etwas beweglicher Tumor tasten lässt. Beim
Einschneiden findet sich das subcutane Bindegewebe imi die tiefen und oberflächlichen Axillarlymphdrüsen
starr hämorrhagisch infiltrirt. Diese schwarzrothe Infiltration scheidet die Axillargefässe ebenfalls ganz starr
ein, durchsetzt in Herden den Musculus pectoralis minor, erstreckt sich noch eine Strecke weit längs der
Thoraxwand nach abwärts, endet oben in der Gegend des vorderen Randes des Deltoides, indem sie mehr
gelblich sulzig ödematös wird; die Axillarlymphdrüsen selbst zu einem über hühnereigrossen harten Paquet
vereinigt, in welchem sich auf dem Durchschnitte die einzelnen, verschieden grossen, aber durchaus schvvarz-
roth hämorrhagisch infiltrirten und auf der Schnittfläche vorquellenden Drüsen gut abgrenzen lassen. Weitere
Einschnitte an der Beugeseite des linken Oberarmes gegen die Cubita zu weisen keine pathologischen \'er-
ändenmgen auf. (Die Vena axillaris und brachialis dextra wurden nicht untersucht.)
Trotz sorgfältiger Untersuchimg der äusseren Körpertheile konnten irgendwelche äusserlich sichtbare
\'erletzungen nicht gefunden \\-erden.
Pupillen mittelweit, beiderseits gleich, Conjunctiven und Mundschleimhaut blutleer. In der Schleim-
haut der Unterlippe, nahe dem rechten Mundwinkel, eine kleine oberflächliche Blutung. Hals lang und kräftig,
Thorax entsprechend lang und breit, symmetrisch, etwas flach, Bauchdecken gespannt, ungefähr im Niveau
des Thorax; am äusseren Genitale nichts Abnormes. An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
35*
262 H. Albrecht lind A. Ghnu,
Bei der Err)ffnLing des Abdomens erweisen sich die obersten Zacken des Ohliquus externus dexter
hämorrhagisch inültrirt; auch im Rectus abdominis, der einen auffallenden Oianz zeigt, kleinere undeutlich
begrenzte Blutaustritte.
Die Venen des Halses strotzend mit tlüssigem dunklen Blut gefüllt. Ungefähr in der Mitte des
rechten Zungenrandes eine etwa über linsengrosse Blutung. An beiden Gaumenbögen rechts und
links zwei symmetrische, flach prominente, über linsengrosse Hämorrhagien. Beide Tonsillen gross; in der
Schleimhaut der rechten eine circa hirsekorngrosse Blutung. Schleimhaut des Kehlkopfes und der oberen
Hälfte der Trachea blutarm, jedoch ziemlich reichlich durchsetzt von bis hirsekorngrossen Blutungen. Die
Zungenmusculatur frei \'on Blutungen, etwas bleicher, Schleimhaut des Pharynx und des Oesophagus
blutleer. Schleimhaut der unteren Hälfte der Trachea und der grossen Bronchien nicht \'erändert.
Die Lymphdrüsen des Mediastinum und die bronchialen klein, letztere etwas anthracotisch, die Lymph-
drüsen an beiden Seiten des Halses nicht pathologisch verändert.
An der Schilddrüse nichts Auffallendes.
Linke Lunge frei, in der linken Pleurahöhle kein abnormer hihalt, Pleura selbst glatt, glänzend,
frei von Blutungen; die Lunge fühlt sich überall lufthaltig an, Oberlappen auf dem Durchschnitte ödema-
tös, \'ollständig lufthaltig, Unterlappen blutreich, überall lufthaltig. Derselbe Befund findet sich an Pleura
und Lunge auch rechterseits.
Im Herzbeutel einige Tropfen klaren Serums, Pericard frei von Hämorrhagien. Am Epicard des
rechten Ventrikels, und zwar an seiner Kante, zwei etwa über hirsekorngrosse Blutungen, ebenso am Epicard
des linken Vorhofes. Linker Ventrikel contrahirt, rechter etwas schlaffer. Im linken Herzen spärliche
frische Cruormassen, im rechten Ventrikel ziemlich reichliche gelbliche Fibringerinsel. Herzfleisch
etwas getrübt, aber nicht morsch. Alle Klappenapparate zar: und schlussfähig. Aorta von entsprechender
Weite, ihre Intima ganz zart.
Leber etwas vergrössert, ihre vorderen Ränder plumper, ihre Consistenz vermindert, ihre Kapsel
gespannt, zart, Oberfläche theils gelblich, theils braunroth gefärbt, die einzelnen P'arbennuancen ziemlich
scharf von einander abgegrenzt. Auf dem Durchschnitte erscheint die Leber ziemlich blutreich, ebenso mar-
morirt gefärbt wie an der Oberfläche , ihre acinöse Zeichnung ziemlich undeutlich. Gallenblase von
entsprechender Grösse, schlaff, zeigt massenhafte, grösstentheils mit einander confluirende subperitoneale
Blutungen, die sich hauptsächlich an der Grenze des Bettes der Gallenblase gegen das Leberparenchym
finden und in die umgebenden Leberantheile hineinzureichen scheinen. In der Gallenblase ziemlich reich-
liche, braune, schleimige Galle, in ihrer Schleimhaut reichliche, confluirende, \'erschieden grosse (bis kreuzer-
grosse) Hämorrhagien.
Milz etwa auf das Dreifache vergrössert, und zwar in allen ihren Dimensionen, plump; Kapsel
glänzend, glatt, gut gespannt, Consistenz ziemlich schlaff; an der Con\-exität lassen sich verschieden
grosse, schwarzroth gefärbte Herde \on dem mehr lichtrothen übrigen Milzgewebe abgrenzen. Auf dem
Durchschnitte erscheint das capsuläre Gewebe und die unmittelbar darunter sich befindlichen Milzantheile
wie blutig infiltrirt. Milzpulpa dunkel-blutroth, auf der .Schnittfläche etwas vorquellend, wie fein chagrinirt,
ziemlich leicht abstreifbar, Stroma deutlich erkennbar.
Nieren gross und plump; im pericapsulären Binde- und Fettgewebe und in der Nierenkapsel selbst
zahlreiche, dunkel-blutrothe, unregelmässige, über kreuzergrosse Hämorrhagien. Auf dem Durchschnitte
erweisen sich das Nierenbecken und die Kelche sowohl mit Blutmassen ausgefüllt, wie auch ihre Schleim-
haut und das sie umgebende Fettgewebe vollständig hämorrhagisch infiltrirt, so dass sich das Ganze in
zackiger, schwarzrother Zeichnung von dem graugelben Columnae Bertini und den lichtrothen Nierenpyra-
miden abgrenzt. Auch die Peripherie der Nierenpyramiden durch hämorrhagische Infiltration in eine unregei-
mässige bis 2 uiin breite zackige Linie umgewandelt. Kinde und Columnae Bertini beträchtlicli \-erbreitert.
Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, an ihr vereinzelte hirsekorngrosse Hämorrhagien nachweisbar.
Genau denselben Befund ergibt die Section der linken Niere.
Bciilciipcs/. Fl. PiUlioloo'iscJi aim/nmischcr Bericht. 263
Ureteren etwas erweitert. \on reinem, frisch geronnenen Blute wie tamponirt. In der Harnblase,
die massig ausgedehnt ist, blutig gefärbter Urin; die tiefgelegensten Partien der Blasenschleimhaut mit
kaffeesatzbraunem Sedimente bedeckt.
\m Bindegewebe des Ligamentum hepato-duodenale zahlreiche confluirende Hämorrhagien.
Die Lymphdrüsen an der Leberpforte etwas geschwollen, \\m ziemlich derber Consistenz, auf dem
Durchschnitte grauri'tthlich, siicculent: die Lymphdrüsen an der grossen und kleinen Nhxgencur\'atur ebenfalls
etwas vergrössert, grauroth, ziemlich hart und blutreich. Die Lymphdrüsen am Pankreaskopfe ebenso ver-
ändert. Im Bindegewebe, das den Pankreasschweif umgibt, eine ziemlich ausgedehnte Hämorrhagie. Die
Lymphdrüsen der Radix mesenterica noch mehr vergrössert, scharf abgrenzbar, manchmal in Paqueten
angeordnet, zeigen auf dem Durchschnitte eine licht-blutrothe Marksubstanz und eine x'erbreiterte, gelbgraue
etwas gesprenkelte, \"on der letzteren scharf abgesetzte Rinde.
Im Magen schleimiger, massig reichlicher, kaffeesatzähnlicher Inhalt. Die geschwollene und gelockerte
Schleimhaut durchsetzt von zahllosen, dicht nebeneinander stehenden, theils ganz frischen, punktgrossen
Blutungen, theils ganz flachen beginnenden bis deutlich ausgesprochenen hämorrhagischen Erosionen. Die
grössten Blutungen sind mehr wie linsengross. Schleimhaut des Duodenum mit galligem Schleime
bedeckt; in der Schleimhaut des Jejunum ganz unregelmässig zei'streute punktgrosse Hämorrhagien.
Schleimhaut des ganzen Dünndarmes etwas geschwollen, von gallig gefärbten Chj'musmassen bedeckt,
Plaques injicirt, deutlich erkennbar. Im Anfangstheile des Dickdarmes und hinaufreichend bis zur Flexura
linealis coli dünnflüssige, wenig gallig gefärbte, stark schleimige Faecalmassen. Schleimhaut stark
geschwollen, zum Theile fleckig injicirt, zeigt am Beginne des Colon ascendens eine Gruppe von zahlreichen,
punktförmigen Hämorrhagien. Ebensolche finden sich im LImkreise der Bauhini'schen Klappe und der Mün-
dung des Processus vermiformis.
Pankreas gekörnt, derbe.
Beide Hoden und Nebenhoden zeigen nichts Pathologisches.
Die inguinalen Lymphdrüsen beiderseits nicht verändert.
(jehirn und Rückenmark konnten aus äusseren Gründen nicht secirt werden.
Die bacteriologische Untersuchung musste bei diesem Falle leider unterbleiben, da unser Laboratorium
zur Zeit noch nicht in Stand gesetzt war.
Histologischer Befund.
Die zur histologischen Untersuchung verwendeten Gewebsstücke waren in absolutem Alcohol conservirt.
1. Niere. Das Gewebe des Nierenbeckens und der Kelche ist vollständig hämorrhagisch infiltrirt, des-
gleichen das F"ettgewebe zwischen Pyramiden und Kelchen. .Auch die Papillen der Pyramiden erscheinen
von Blutungen wie zerwühlt, indem an vielen Stellen die einzelnen Tubuli recti durch das ausgetretene Blut
aus ihrem Verbände gerissen und zertrümmert und in dem Blute suspendirt erscheinen. Zwischen den aus-
einander gerissenen Bündeln des Bindegewebes und der glatten Musculatur des Nierenbeckens ein reiches
grobes Netzwerk von F"ibrin, das zahlreiche polynucleäre Leukocyten einschliesst. Die hämorrhagische und
Leukocj'teninhltration reicht bis in die oberste Schichte des Nierenbeckens, welche nur an ganz kleinen
Stellen noch ihr Epithel erhalten hat und \ielfach \-on den Blutmassen durchbrochen ist.
In den reichlichen, zwischen Pyramiden und Nierenbecken ausgetretenen Blutmassen liegen allenthalben
kleinere und grössere Haufen \'orwiegend polynucleärer Leukocyten. Die kleinen Blutgefässe und Capillaren
der Pyramiden sind strotzend mit Blut gefüllt, in vielen fällt der Reichthum an polvnucleären Leukocyten
auf. In der Mitte und der Peripherie der Pj'ramiden finden sich isolirte kleinere Blutungen, an manchen
Stellen um stark erweiterte Capillaren oder kleine nicht näher bestimmbare Blutgefässe, deren Wand homogen
halkig erscheint und die an einer Stelle zerrissen ihr Blut ins Nachbargewebe ergiessen. Auch im Lumen
kleiner Gefässe findet sich hie und da ein stark mit Eosin gefärbtes Balkenwerk, der Wand angelagert. Das
Epithel der Tubuli recti und Henle'schen Schleifen nicht besonders verändert, in manchen \on diesen einige
264 H. Albrcclit und A. Ghoii,
polynucleäre Leucocyten oder rothe Blutzellcn, oder kurze hyaline Cylinder. Dai^ei^en erscheinen die Epithe-
lien der TubuH contorti (Schaltstücke) stark angeschwollen, schlecht unter sich abgrenzbar. Die Kerne sind
gross und blass gefärbt, manche dieser Canälchen enthalten feinst granulirte Massen oder kleine hyalin aus-
sehende Tropfen, wenige sind mit Pikit gefüllt. Die Kerne der I)Owman'schen Kapsel und der Glomei'uli
selbst gut tingirt, sehr reichlich und gross. Zwischen Kapsel und Glomerulus keine Blutaustritte, wohl aber
fein granulirte, mit Eosin sich färbende Massen.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man im Bereiche der grossen Blutaustritte, besonders
innei'halb der Ansammlungen polynucleärer Leukocyten, grosse Haufen ovoider oder mehr länglicher Bacillen,
die häufig scharfe bipolare F"ärbung zeigen und zu zweien in der Form von Diplobacillen liegen oder kürzere
Fäden bilden. Sie liegen sowohl intracellulär als auch zwischen roihen und weissen Blutzellen und sind
im Allgemeinen beträchtlich weniger stark und scharf gefärbt als die Kerne der Leukocyten. Besonders reich-
lich finden sie sich in dem von Blutungen infiltrirten Gewebe des Beckens, nicht nur bis an die ihres Epithels
entblösste Oberfläche massenhaft nachweisbar, sondern auch in den Blutschichten, welche dieselbe bedecken.
Desgleichen sind Bacillen nachweisbar im Bereiche der kleineren, isolirt und mehr an der Peripherie der
Pyramiden stehenden Blutungen. Hier sieht man an manchen Stellen in der nächsten Umgebung des Blut-
austrittes stark erweitei-te Capillaren, die zahlreiche Bacillen enthalten. Im Lumen der Harnkanälchen dieser
Stellen selten und nur wenige Bacillen. In den Gefässschlingen der Glomeruli und in den Gerinnseln zwischen
denselben und der Kapsel keine Bacillen mit Sicherheit nachweisbar. An den mit Methylenblau gefärbten
Schnitten tritt die schlechte Färbbarkeit der Kerne in den Epithelien der Kinde besonders deutlich zu Tage.
2. Leber und Gallenblase. Die Schnitte sind ungefähr senkrecht auf die Längsrichtung der Gallen-
blase geführt, so dass gleichzeitig Gallenblasenwand und Leber in den .Schnitt fallen. Das lockere und zarte
Bindegewebe, das die Gallenblase umhüllt, ist vollständig hämorrhagisch infiltrirt. Die ausgetretenen Blut-
massen brechen aber nirgends in die Muskelschichte derselben ein, wohl aber reichen sie eine beträchtliche
Strecke über das Bett der Gallenblase hinaus, indem sie zwischen die Schichten der Glisson'schen Kapsel
eindringen. Das Peritonealepithel ist überall erhalten. Innerhalb der Blutung finden sich reichliche, aus
dickeren, mehr homogen aussehenden Balken gebildete Netzwerke, und losgerissene homogen aus-
sehende Bindegewebsbündel, sowie aus ihrem Verbände gerissene erweiterte kleine Gefässe. Ebensolche
stark erweiterte sieht man in den Schichten der Glisson'schen Kapsel, welche unmittelbar die Leber über-
ziehen und nirgends von der Blutung durchbrochen sind. Ferner finden sich innerhalb der hämorrhagischen
Infiltration, besonders reichlich nahe der Oberfläche, Anhäufungen von fast durchwegs polynucleären Leuko-
cyten. Das Epithel der Gallenblase schön erhalten. Die Leberzellen undeutlich von einander abgrenzbar,
etwas geschwollen, zeigen gute Eosinfärbung und stellenweise blässer gefärbte Kerne. Manche enthalten
grosse Fetttropfen. An der Glisson'schen Kapsel um die Äste der Leberpfortegefässe keine Veränderungen.
Die Endothelzellen der Lebercapillaren gross, besitzen einen auffallend grossen, blass gefärbten, bläschen-
artigen Kern. In den Capillaren erscheint die Anzahl der polynucleären Leukocyten entschieden vermehrt
und stellenweise sind massenhafte Bacillen vorhanden, die häufig schöne bipolare Färbung zeigen und im
Übrigen die für die Pestbacillen charakteristische Form haben. Sie liegen theilweise innerhalb der
Endothelzellen. Ebenso finden sich massenhaft Pestbacillen im Bereiche der hämorrhagischen Infiltration,
am meisten in den Leukocytenhaufen.
3. Milz. Auch in der Milz finden sich, schon bei schwacher Vergrösserung betrachtet, reichliche
Hämorrhagien, u. zw. nicht nur in den oberflächlichen, sondern auch in den centralen Partien. Durch diese
Blutungen erscheinen die Pulpastränge vielfach unterbrochen und ihr Gewebe ist durch die ausgetretenen
Blutungen auseinander geworfen und um enorm ausgedehnte Capillaren angeordnet. Die Follikel sind klein,
aber zahlreich. Bei stärkerer Vergrösserung sieht man nur an wenigen Stellen die mit hohem Epithel aus-
gekleideten Pulparäume erhalten. Die Zellen der Pulpa sind zumeist mehrkernige Rundzellen, deren Kerne
sich sehr verschieden stark mit Hämatoxylin tingiren, häufig in Theilung begriffen sind, und welche gemäss
der Anzahl ihrer Kerne und der grossen Vielgestaltigkeit derselben grossen polynucleären Leukocyten
entsprechen. Zwischen diesen finden sich auch grosse epithelähnliche Zellen mit grossem, viel schwächer
Bcult'upcsl. IL Pdthnlogisch-aiuifonuscher Bericht. 265
sich färbendem Kern, der zahlreiche Kernkörperchen enthält. Zwischen beiden Formen scheint es eine Art von
Übergänge zu geben, indem man Formen sieht, wo die eben erwähnten Kerne deutlich lappig sind, oder in
einer Zelle bereits zwei Kerne liegen, die nur durch eine schmale Brücke verbunden sind. Die Kerne der
Zellen, die das adenoide Gewebe der Follikel ausmachen, färben sich etwas stärker als die oben beschrie-
benen, die Zellen selbst sind ziemlich klein und rund. Doch gibt es auch in den Follikeln seihst Zellformen,
die ganz den früher beschriebenen gleichen. Die Wand mancher kleinen Arterien leicht verdickt, im Bereiche
der .Media etwas homogen.
Pigmentkörnchen- oder Blutschollen führende Zellen sind nicht auffindbar..
Was den Bacillenreichthum der Milz betrifft, so erscheint dieselbe gleichsam überschwemmt von zahl-
reichen Bacillen, die in Form und Tingirbarkeit den Pestbacillen entsprechen. Sie entfärben sich prompt
nach Weigert (auch bei Entfärbung durch Anilinxylol). Sie liegen häuptsächlich im Pulpagewebe oder inner-
halb der Hämorrhagien, spärlich in den F"ollikeln, u. zw. entweder dicht gedrängt zwischen den Zellen oder
deutlich intracellulär, indem eine Zelle oft eine grosse Anzahl von Bacillen enthält.
4. Musculus rectus abdominis. Die einzelnen Bündel der Muskelfasern sind \'on Blutungen
nicht nur auseinander gedrängt, sondern \ielfach auch zerbrochen und das intermusculäre Bindegewebe in
einzelne dünne und ebenfalls xielfach zerrissene Lamellen zerlegt. Auch hifiltrate von meist polj'nucleären
Leukocyten finden sich. Die einzelnen Muskelfasern zeigen zum Theile sehr schön erhaltene Ouerstreifung
bei typisch erhaltener Form, zum Theile ist erstere verschwommen und nur eine zarte Längsstreifung
angedeutet, oder es ist auch diese nicht mehr vorhanden und die Muskelfaser ist entweder dicker, wie ange-
schwollen oder imgieichmässig buckelig, ganz homogen und sieht an vielen Stellen wie in unregelmässige
homogene Zacken und Schollen zerbrochen aus. Die Kerne der Muskelfasern und des Perimysium stark
gefärbt, von unregelmässiger Form und zahlreich.
In den Blutungen und den Infiltraten ziemlich zahlreiche Bacillen von denselben Eigenschaften wie in
den anderen Organen.
Epikrise.
Als primärer Bubo ist in vorliegendem Falle das vollständig hämorrhagisch infiltrirte Lymphdrüsen-
paquet der linken Axilla anzusprechen, indem sich hier die schwersten Veränderungen der Lymphdrüsen
und ihrer Umgebung finden (sulziges Ödem mit theilweiser hämorrhagischer Infiltration). Irgendwelche Ver-
letzung als Einbruchspforte anatomisch nicht constatirbar. Bedeutend minderwerthiger und geringer sind die
\'eränderungen an den Lymphdrüsen der Leberpforte, der grossen und kleinen Magencurvatur, am Pankreas-
kopf und in der Radix mesenterica. Sie bestehen in vorliegendem Falle in medullärer Schwellung ohne
Veränderung in ihrer Umgebung und sind zweifellos nach dem anatomischen Befunde als secundär oder
metastatisch anzusprechen. Die übrigen Lymphdrüsen wenigstens makroskopisch un\'erändert. Der ausge-
sprochen hämorrhagische Charakter dieses Falles spricht sich ferner aus in den zahlreichen Hämorrhagien
der verschiedenen Organe: der Haut beider Handrücken und Vorderaj^me, des rechten Oberarmes, der
rechten Wange und Regio submaxillaris, der Schleimhaut der Lippe, Zunge, des weichen Gaumens, der Ton-
sillen, des Larj'nx, Magens, Dick- und Dünndarms, des Epicards und des Ligamentum hepato-duodenale, der
Bauchmusculatm-, der Gallenblase und ihrer bindegewebigen Umgebung, der Milz, der Niere, ihrer Fett- und
Bindegewebskapsel und ihres Beckens. Von Wichtigkeit erscheint der histologische Nachweis zahlreicher
Bacillen in den zur Untersuchung gelangten Blutungen verschiedener Organe, indem dieselben dadurch und
nach dem ganzen anatomisch histologischen Bilde als nach Art von Embolien entstanden zu denken sind. Leber
und Niere parenchymatös degenerirt, der Bauchmuskel zeigt im Bereiche der Blutung hyaline oder Zenker-
sche Degeneration. Durch die das Nierenbecken durchbrechenden Blutmassen gelangen zweifellos reich-
liche Bacillen in die mit Blut erfüllten Ureteren und in die Harnblase und damit in die Aussenwelt.
Auffallend erscheint der Reichthum an poh'nucleären Leukocyten sow^ohl in den Blutaustritten, wie
auch in den erweiterten Capillaren der Umgebung derselben und vor Allem in der Milz.
In letzterer massenhafte Pestbacillen.
266 H. Albrccht und A. Ghon,
Fall 8/XIII.
Raiua Jewa^ 25jähriger Hindu, Arbeiter, wurde am 8. März um 1 Uhr 45 Minuten Nachmittag, am
III. Krankheitstage ins Spital aufgenommen und staiii am 9. März um .5 Uhr 20 Minuten Abends am
l\'. Krankheitstage. Die Section wurde am 10. März, ungefähr um 9 Uhr Vormittags, Kö'/a Stunden post
mortem, v o rge n o m m e n .
Männliches Cadaver, 153 cm lang, von gracilem Knochenbau, gut entwickelter Musculatur, sehr .schlecht
genährt. Todtenflecke ziemlich reichlich an den abhängigen Körperpartien. Todtenstarre \'orhanden. In der
Haut beider oberen Extremitäten, des Halses, des Thorax finden sich ziemlich zahlreiche, meist hirsekorn-
grosse, ganz oberflächliche Blutaustritte; spärliche an der Haut der unteren Extremitäten. An den unteren
Extremitäten keine Ödeme.
Conjunctiva des linken Auges etwas injicirt, die des rechten blutleer; Pupillen beiderseits gleich
weit. Lippen und Mundschleimhaut etwas cyanotisch. Zähne erhalten, anscheinend gesund. Hals schlank,
entsprechend lang, Thorax lang, breit, symmetrisch, etwas flach. Abdomen unter dem Niveau des Thorax,
ziemlich gespannt. Am äusseren Genitale nichts Auffallendes. Über beiden Tibien und am Fussrücken zahl-
reiche ältere Narben; Sohlenhaut sehr dick.
hl den Gruben des Halses und der linken Axilla keine Lymphdrüsen ta.stbar. Dagegen fühlt man in der
rechten deutlich vermehrte Consistenz. Die oberflächlichen Inguinaldrüsen rechterseits sind tastbar, aber
nicht einzeln abgrenzbar.
Synovia des rechten Kniegelenkes sehr stark dunkel-blutroth geschwollen, besonders in dem zottigen
Antheil und in der Gegend des Ligamentum cruciatum. Synovialflüssigkeit schleimig, etwas reichlicher,
klar. Dieselben Veränderimgen, aber weniger in- und extensiv finden sich an der Synovia des linken
Kniegelenkes.
Die weichen Schädeldecken ziemlich blutreich, einige hirsekorngrosse Hämorrhagien in der vorderen
Hälfte der Schädeldecken. Schädeldach längs-oval, Längsdurchmesser 17 V4 n», querer 1 272 "«■ Umfang
48 cm. Die Knochen nirgends verdickt, bis 1 cm dick. Spongiosa überall erhalten, ziemlich blutreich,
Glastafel über 1 mm dick, Furchen und Gruben an der Innenfläche der Tabula interna seicht.
Die inneren Meningen an der Basis massig blutreich, zart, ebenso die Gefässe; an der Convexität die
Meningen etwas blutreicher, leicht abziehbar. Rinde gleich breit, röthlich-grau. Das weisse Marklager von reich-
lichen Blutpunkten durchsetzt, sehr weich; Kleinhirn, Pons und Medulla ebenfalls ziemlich blutreich und
sehr weich. Ventrikel enge; Stammganglien normal gebildet, blutarm. Dura mater gut gespannt, durch-
scheinend, zart. Im Sichelblutleiter halbflüssiges Blut.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der vierten Rippe, links etwas höher.
Das Bindegewebe am vorderen I^ande des rechten Pectoralis major und das lockere Bindegewebe unter
demselben, sich hineinerstreckend in die rechte Achselhöhle, dunkelschwarzroth, hämorrhagisch infiltrirt, in
seinem peripheren Antheil sehr stark gelblich serös, hüllt ein circa taubeneigrosses Paquet von Lymphdrüsen
in starres Infiltrat ein. Ebenso erscheinen die lateralen Antheile des Musculus pectoralis minor reichlich
hämorrhagisch infiltrirt; dessgieichen die angrenzenden Theile des Deltoideus. Das Binde- und Fettgewebe
des Plexus brachialis und der grossen Achselgefässe von hämorrhagischem Infiltrate starr durchsetzt, welches
sich bis fast zur Hälfte des Oberarmes in der Scheide der Gefässe und Nerven in etwas geringerem Grade,
allmählig abnehmend, fortsetzt und nach hinten und unten bis an den Latissimus dorsi reicht.
In der Cubita derselben Seite, angeschlossen an die Vena brachialis eine flache, kleine, bohnengrosse,
rothe, ziemlich weiche Lymphdrüse. In ihrer Umgebung eine frische, ungefähr erbsengrosse Hämorrhagie.
Das Bindegewebe in dieser Gegend sonst nirgends hämorrhagisch oder ödematös.
Am Daumen der rechten Hand, an der medialen Seite, eine vernarbte '/a cm lange, oberllächliche
Schnittwunde. In der Mitte der Aussenseite des Metacarpus des kleinen Fingers eine etwas prominente,
1 Vergl. Krankeiigescbichte II. A. pag. 108.
Benlenpest. II. Pathologisch-anatomischer Bericht. 26 7
circa linsengrosse, blauroth gefärbte Hautstelle, an welcher das Corium und das subcutane Bindegewebe
infiltrirt und etwas hämorrhagisch ist.
Auf dem Durchschnitte durch das früher angegebene taubeneigrosse Lymphdrüsenpaquet sieht man,
dass dasselbe hauptsächlich aus zwei, circa haselnussgrossen, dicht aneinander gedrängten Lymphdrüsen
besteht, welche hart und auf dem Durchschnitte sehr succulent, gelblich-roth gesprenkelt und vorquellend
sind, und in deren Umgebung sich kleinere erbsen- und bohnengrosse, theils vollständig schwarzroth hämor-
rhagisch infiltrirte, theils gelblich-roth gesprenkelte Lymphdrüsen finden, die ebenfalls in starres, hämor-
rhagisches Bindegewebe eingehüllt erscheinen. Die Vena subclaviti, axillaris und brachialis dextra zeigen in
ihrer Intima zahlreiche, confluirende Hämorrhagien, so dass die Venenwand wie blutig suffundirt aussieht und
die \"ena subclavia im aufgeschnittenen Zustande gieichmässig schwarzroth gefärbt ist. Diese hämorrhagische
hifiltration in der Umgebung der Gefässe setzt sich unter das Schlüsselbein in die Umgebung der Scaleni
fort bis zum Bulbus der Vena jugularis und ebenso die Blutungen in der Wand der Venen, die sich auch
noch an der Vereinigungsstelle der Axillaris und Jugularis finden. Linkes Schultergelenk ohne Verände-
rungen.
Die Lymphdrüsen der linken Axilla ebenfalls vergrössert, bis über bohnengross, hart, isolirt, dunkel-
blutroth, auf dem Durchschnitte reichlich Saft gebend, grauroth gefleckt. Das umgebende Bindegewebe
etwas ödematös.
Schilddrüse klein, blutarm, fein gekörnt.
Die Lymphdrüsen zu beiden Seiten der grossen Halsgefässe ebenfalls etwas vergrössert, besonders
rechts, geröthet, auf dem Durchschnitte stark durchfeuchtet; auch die Lymphdrüsen in beiden Submaxillar-
und Parotisgegenden über bohnengross, hart, isolirt, blutroth, auf dem Durchschnitte succulent, dunkelblut-
roth, gelblich-grau gesprenkelt, etwas vorquellend.
Schleimhaut des Gaumens und des Pharynx trübroth; beide Tonsillen nicht vergrösseit, jedoch aul
dem Durchschnitte sehr succulent, blutigroth gefärbt. Schleimhaut des Larynx ziemlich blutreich, in der
oberen Hälfte der Trachea vereinzelte Blutungen.
Linke Lunge ganz frei, Pleurahöhle leer, Pleura glatt, glänzend. .'\uf dem Durchschnitte entleert
sich aus dem Lungengewebe und aus den Bronchien reichliche, rasch abfliessende, schaumige Flüssigkeit,
im Übrigen ist die Lunge vollständig lufthaltig, ziemlich blutreich. Rechte Lunge ebenfalls ganz frei,
Pleurahöhle leer, an der Pleura vereinzelte Ecchymosen; auf dem Durchschnitte derselbe Befund wie links.
Herzbeutel zart, einige Tropfen klaren Serums enthaltend; am fettarmen Epicard zerstreute, bis unge-
fähr hantl^orngrosse Ecchymosen. Herz \'on entsprechender Grösse, schlaff, im linken Herzen reichliche
Cruormassen, ebenso im rechten Herzen, an der Tricuspidalis eme hirsekorngrosse Blutung. Herzfleisch
etwas getrübt, aber ziemlich fest. Klappenapparate zart, schlussfähig.
An der Schleimhaut des unteren Theiles des Ösophagus ziemlich reichliche Blutungen von kaum sicht-
barer Grösse bis über Hanfkorngrösse; die unteren länglich, entsprechend der Längsrichtung der Falten des
Ösophagus angeordnet, über ihnen das Epithel getrübt und zum Theile gelblich, ziemlich fest haftend. Diese
Blutungen sitzen auch an der Cardia und dort reichlicher und etwas grösser.
An der Bifurcation eine haselnussgrosse, stark anthracotische Lymphdrüse.
Leber etwas vergrössert, zu beiden Seiten des Ligamentum Suspensorium hepatis zahlreiche, punkt-
förmige, peritoneale Ecchymosen, das Peritoneum über der Gallenblase und die Gallenblasenwand selbst von
zahllosen Blutungen durchsetzt. Ungefähr in der Mitte des rechten Leberlappens ein länglich-ovaler, bohnen-
grosser Herd durchschimmernd, von bkitrother Peripherie und etwas eingesunkenem, gelblichen Centrum
der auf dem Durchschnitte ein derberes, gelbliches Centrum und in der Peripherie eine spongiöse Structur
besitzt (cavernöser Tumor). Sonst die Oberfläche glatt, glänzend, Consistenz ziemlich normal, die Läppchen-
zeichnung nicht ganz deutlich, blutreich.
Auch am peritonealen Zwerchfellüberzug über der Milz reichliche Blutaustritte. Milz ungefäiir um
die Hälfte vergrössert, plump, Consistenz wenig vermindert, auf dem Durchschnitte gleichmässig blutroth,
Denlibchriflen der mathem.-naturw. Gl. LXVI. Bd. 36
268 H. AIhrccht inul A. Ghon,
das grobe Stroma nicht vermehrt, die Pulpa etwas prominent, die Foliil<el deutlich sichtbar, grau mit rothem
Hofe, die Pulpa ziemlich leicht abstreifliar.
Am Peritoneum der Coecalgegend ganz kleine, punktförmige Hämorrhagien.
Nebennieren nicht verändert.
Beide Nieren gross, plump, von verminderter Consistenz, auf dem Durchschnitte massig blutreich,
Rinde stark verbreitert, ebenso die (Jolumnae Bertini, lichtröthlich, ihre Grenze gegen die Pyramiden
undeutlich, dieselben in ihrem centralen Antheil etwas erbleicht, in ihrem peripheren dunkelroth. An der
Aussenseite der Kelche der linken Niere Blutaustritte.
Harnblase ziemlich contrahirt, wenigen, etwas flockigen, trüben Urin enthaltend, ihre Schleimhaut
massig injicirt.
Die inguinale Lymphdrüse am inneren Schenkelringe rechterseits etwas vergrössert, derb, roth gefärbt,
auf dem Durchschnitte stark succulent, fein röthlichgrau gesprenkelt, ebenso die der linken Seite. Die ober-
flächlichen inguinalen Lymphdrüsen rechterseits ebenlalls beträchtlich vergrössert, ziemlich flach, roth, auf
dem Durchschnitte erscheint besonders die Rindensubstanz verbreitert, röthlich-gelb gesprenkelt, zum Theile
hämorrhagisch, succulent. Das Bindegewebe in der Umgebung nicht besonders verändert.
Auch die oberflächlichen Lymphdrüsen der linken Seite vergrössert, mehr grauroth, auf dem Durch-
schnitte ziemlich blutreich und succulent.
Die retroperitonealen Lymphdrüsen um die grossen Gefässe (Lymphoglandulae iliacae et lumbales)
ebenfalls vergrössert, dunkelroth, zum Theile hämorrhagisch, zum Theile succulent, medullär geschwollen.
Pankreas ziemlich derb, gekörnt.
Im Magen ziemlich reichlicher, gallig gefärbter, dünnflüssiger hihalt. Schleimhaut längs der grossen
Curvatur in reichliche P^alten gelegt, geschwollen, gleichmässig übersäet von zahllosen Stecknadelkopf- bis
hirsekorngrossen, confluirenden Blutaustritten. Im Duodenum reichlicher, gallig gefärbter Schleim. Auch
hier vereinzelte Blutungen in der Schleimhaut. Schleimhaut des Jejunum von reichlichen, schleimig-galligen
Chymusmassen bedeckt, etwas gelockert und an vielen Stellen von durchschnittlich punktgrossen Blutungen
durchsetzt. \m unteren Theile des Jejunum zahlreiche, punktförmige Blutaustritte. Auch in der etwas
weniger gelockerten Schleimhaut des Ileum zahlreiche, punktförmige Blutaustritte. Die Plaques im ganzen
Dünndarme weder vergrössert noch geschwollen.
Die mesenterialen Lymphdrüsen vergrössert, bis fast haselnussgross, prominent, isolirt, grauröthlich;
auf dem Durchschnitte ebenfalls grauröthlich, saftig.
\m Coecum finden sich im Bereiche der Bauhini'schen Klappe Gruppen von stecknadelkopfgrossen
Hämorrhagien, ebenso in der gelockerten Schleimhaut des Wurmfortsatzes zahlreiche. In der Gegend des
Flexura hepatica coli ziemlich zahlreiche, bis linsengrosse Hämorrhagien. Im Colon transversum zahlreiche,
stecknadelkopfgrosse, die sich nach unten in das Colon descendens und das S. Romanum fortsetzen. Im
Dickdarme ziemlich reichliche, theils halbflüssige, theils geformte Faecalmassen. Die beschriebenen Blutungen
reichen in derselben Grösse und Reichlichkeit bis zum Anus.
Beide Hoden am Durchschnitte normal.
Stirnbein- und Keilbeinhöhle vollständig frei; Schleimhaut der Nasenhöhle verdickt, ziemlich blutarm,
mit Schleim bedeckt.
Das Knochenmark des rechten Femur ist Fettmark und nur an der oberen Epiphysengrenze fleckig roth.
Die am 9. März (am III. Krankheitstage) vorgenommene bacteriologische Blutunter-
suchung ergibt sehr reichliche Reincultur von Pestcolonien.
Beulcnpesf. II. PathoIogisch-anafoiiiiscJicr Bericht. 269
Bacteriologischer Befund.
1. Die Aussaat vom Sj'novialsecret des rechten Kniegelenkes ergibt fünf Colonien des
Pestbacillus.
2. In der Blutung des Unterhautbindegewebes um die Drüsen der rechten Achselhöhle
finden sich mikroskopisch reichlich Pestbacillen, ausschliesslich einzeln liegend, meist von ovoider l'"nrm und
bipolarer Färbung, zum Theile auch in grösseren, wie gebläht aussehenden Formen, ebenfalls bipolar tingirt.
An fast allen Bacillen deutliche Kapseln (Fuchsinfärbung).
In den Aussaaten reichlich und ausschliesslich Pestcoionien.
3. Deckglaspräparate einer hämorrhagisch infiltrirten Lymphdrüse der rechten Achsel-
höhle zeigen sehr reichlich Pestbacillen, fast ausschliesslich einzeln und extracellulär gelegen; neben gut
und bipolar tingirten rundlichen, ovoiden und länglichen Formen vielfach unregelmässig gefärbte und
begrenzte, sowie schwach tingirte rundliche, ringförmige und grosse, wie gebläht aussehende, kugelige
Formen.
4. Aussaaten aus einer hämorrhagisch infiltrirten Lymphdrüse der linken .Achsel-
höhle zeigen ausschliesslich und reichlich Pestcoionien.
5. In Deckglaspräparaten einer hämorrhagisch infiltrirten Lymphdrüse der Regio paro-
tidea rechterseits finden sich massig reichlich und ausschliesslich Pestbacillen, einzeln, seltener als Diplo-
bacillen gelagert, in ovoiden und länglichen, gut und bipolar tingirten Formen, seltener als grössere, schwächer
tingirte Gebilde. In später mit Pittflelds Gemisch gefärbten Präparaten lassen sich, allerdings nur an einzelnen
Bacillen, an diesen jedoch deutliche Kapselbilder darstellen.
6. Aussaaten aus der Galle zeigen keine Pestcoionien, jedoch reichlich Colonien von Bacterium
coli und einer Sarcineart.
7. In den Aussaaten aus der Milz finden sich reichlich Pestcoionien und fünf Colonien von
Stäbchen der Coligruppe.
8. Deckglaspräparate von einer inguinalen oberflächlichen, zum Theile hämorrhagisch
infiltrirten Lymphdrüse der rechten Seite geben im Allgemeinen denselben Befund wie Nr. 5, nur
finden sich die Pestbacillen hier in etwas grösserer Menge. Auch hier lassen sich noch in den später ange-
fertigten Präparaten mit Pittfield's Gemisch stellenweise deutliche Kapseln an den Pestbacillen darstellen.
Histologischer Befund.
1. Lymphdrüse aus der rechten Axilla. Vom Parenchym nur ganz vereinzelte Follikel erhalten,
das Übrige durchsetzt von Blut und enormen Massen von Pestbacillen, dazwischen in wechselnder Menge
polynucleäre Leukocyten. Letztere zeigen häufig Körnchenzerfall ihrer Kerne, seltener sieht man mit Eosin
schwach gefärbte Zellleiber ohne Kerne Die Wand kleiner oder mittelgrosser Blutgefässe glänzend, homogen
mit Eosin stark gefärbt, zeigt nur vereinzelte Kerne erhalten. Im Lumen, der Gefässwand angelagert, ein
feineres und gröberes Balkenwerk, das ebenfalls mit Eosin stark gefärbt ist. Oft sieht man Gefässquerschnitte,
die nur aus diesen homogenen, auch scholligen Massen bestehen und kaum mehr ein Lumen erkennen
lassen. Die Lymphdrüse von einem fast continuirlichen schmalen, nur aus Pestbacillen bestehenden Saum
begrenzt. Die fibröse Kapsel nur stellenweise erhalten, im Übrigen von Hämorrhagien zerstört, die auf weite
Strecken das umgebende Binde- und Fettgewebe dicht infiltriren.
Auch hier erscheint die Wand selbst grösserer Gefässe vollständig glänzend homogen. .Sowohl im Bereiche
der Kapsel als auch unmittelbar nach .Aussen von derselben gelegen, sehr zahlreiche mit Piacillen und Leuko-
cyten ganz vollgepfropfte Lymphgefässe.
la. Die auf circa Bohnengrösse geschwollene Lymphdrüse der rechten Cubita zeigt
histologisch eine vollständig erhaltene fibröse Kapsel und im Binde- und F^ettgewebe der Umgebung ganz
kleine vereinzelte Blutungen. Die Follikel sind erhalten, gross, die Blutgefässe stark erweitert, in ihnen zahl-
36»
270 H. Alhrccht und A. GJioii,
reiche Pestbacillen nachweisbar. Letztere finden sich auch in den zum Theile mit Blut gefüllten Sinus der
Peripherie der Lymphdrüse.
2. Lymphdrüse aus der linlvcn Axilla. Schnitte, die aus zwei, ungefähr l^ohnenftrossen Lympli-
drüsen angefertigt sind, zeigen in der einen eine sehr iiuchgradige, über das ganze Parenchym ausgebreitete
Erweiterung imd BlutüberfüUung besonders capillaix'i- Iilutgefässe. In den .Sinus sehr grosse epithelähnlichc
Zellen mit gelappten, bläschenartig aussehenden Kernen. Die Follikel und Markstrahlen nicht besonders ver-
ändert, die Keimcentren manchmal auffallend klein. In den erweiterten Capillaren oft massenweise Pest-
bacillen enthalten, nur ganz vereinzelt in den Sinus. Dagegen ist der grösste Theil der zweiten Lymphdrüse
schon hämorrhagisch infiltrirt, Follikel und Markstrahlen nur in einem kleinen Antheile noch erhalten. Im
Bereiche dieser hämorrhagischen Infiltration einzelne homogenwandige Blutgefässe und mono-, seltener
polynucleäre Leukocyten und dazwischen grosse Haufen von Pestbacillen. Die Kapsel der Lymphdrüse an
einigen Stellen von den Blutungen durchsetzt, die sich auch spärlich ins periglanduläre P'ettgewebe fortsetzen.
3. Schnitte von Lymphdrüsen aus der linken Regio parotidea ergeben einen ähnlichen
Befund als die erste der früher beschriebenen. Es findet sich eine gleichmässig verbreitete Erweiterung der
kleinen Blutgefässe und Capillaren sowohl in der Drüse als auch in der überall intacten bindegewebigen
Kapsel und ihrer Umgebung. Dieselben sind prallgefüllt mit Blut und enthalten ausserdem sehr zahlreiche
polynucleäre Leukocyten und sehr reichlich Pestbacillen. Manche von ihnen sind geradezu verstopft durch
dieselben. Auch in der unmittelbaren Umgebung der Gefässe, manchmal intracellulär in grossen einkernigen
Zellen oder in polynucleären Leukocyten finden sich solche sehr spärlich in den Sinus.
4. Die linke Tonsille zeigt ebenfalls hochgradige, gleichmässig über das ganze Organ verbreitete
Hyperämie. Daneben finden sich aber auch, namentlich in der Submucosa, kleine Blutungen neben Infiltration
von polynucleären Leukocyten. Sonst ist die bindegewebige Kapsel der Tonsille überall intact. Desgleichen
das sie überziehende Plattenepithel. Die Keimcentren sehr gross, zahlreiche polynucleäre Leukocyten ent-
haltend. Auch hier in den Blutgefässen reichliche Pestbacillen nachweisbar, spärliche im Gewebe. Das Platten-
epithel im Bereiche der Epitheleinsenkungen vielfach von polynucleären Leukocyten durchsetzt und bedeckt
von einem Gemenge verschiedener Bacterien und polynucleären Leukocyten, Pestbacillen hier nicht mit
Sicherheit nachweisbar.
5. Eine oberflächliche inguinale Lymphdrüse ergibt histologisch annähernd denselben Befund
wie die aus der linken Regio parotidea. Die Keimcentren grösser, locker gefügt; in einem Theile der Lymph-
drüse finden sich in den Sinus zahlreiche rothe Blutkörperchen und polynucleäre Leukocyten. Die Kapsel
überall volständig erhalten, ihre Umgebung nicht verändert. Pestbacillen sehr reichlich in grossen und kleinen
Blutgefässen vorhanden, spärlicher, zu kleinen Gruppen angehäuft, innerhalb der Sinus.
6. Hämorrhagisches Hautinfiltrat von der Mitte des Metacarpus des rechten kleinen
Fingers (Aussenseite). Das Plattenepithel vollkommen intact, das Stratum corneum mächtig entwickelt. Die
Gefässe des Corium und des subcutanen Bindegewebes bis an die oberfiächliche Fascie stark erweitert, mit
Blut und polynucleären Leukocyten erfüllt. Fast in jedem Gefässe mehr oder weniger reichlich Pestbacillen
nachweisbar. In den Spalten zwischen den aufgequollen aussehenden Bündeln des kernarmen subcutanen
Bindegewebes kleinere Hämorrhagien oder Infiltrate \-on polynucleären Leukocyten, die bereits stellenweise
Körnchenzerfall erkennen lassen. Zwischen und in ihnen ziemlich zahlreiche Pestbacillen nach-
weisbar. Im subcutanen Fettgewebe kleinere zerstreute Blutungen.
7. Schnitte durch eine Hautstelle mit kleinen Blutaustritten vom rechten Oberarme
zeigen, dass letztere in den oberflächlichen Schichten des subcutanen Bindegewebes in geringer Ausdehnung
ihren Sitz haben. Im Bereiche derselben spärliche Pestbacillen nachweisbar.
8. Die Milz ist von Blutma.ssen derart durchsetzt, dass zumeist die Pulparäume nicht mehr erhalten
sind und Blut, polynucleäre Leukocyten und grosse, fast epithelähnliche Zellen untereinander liegen. Viele
kleine Arterien besitzen eine so hochgradig homogen verdickte Wand, dass dieselbe als breiter, glänzendroth
gefärbter Ring das enge Lumen umgibt. Ferner sieht man über die ganze Milz zerstreut zahlreiche, mehr
weniger rundliche Gebilde, die aus homogenen, oft etwas concentrisch gelagerten Schollen oder Balken
Benlenpest. Tl. Pathologisch-anatomischer Bericht. 271
bestehen und die Ouerschnitten von kleinen Gefässen entsprechen. Oder es finden sich längs getroffene kleine
Gefässe, deren W'and eine Strecke lang erhalten, weiterhin in derartige homogene Balken und Schollen ohne
Kernfärhung umgewandelt ist, in deren unmittelbarer Umgebung jedoch sehr häufig die Kerne höchst eigen-
thümlichc Formen besitzen. Die kleinen runden oder eckigen, gut gefärbten Kerne haben einen schwanz-
oder fadenförmigen, manchmal sehr langen und geschlängelten Fortsatz, der sich ebenfalls gut färbt und
gegen das liomogene Centrum gerichtet ist. So entstehen manchmal Bilder, die an ein Pilzmycel erinnern.
Ziemlich gleichmässig erscheint die Milz übersäet von zahllosen Pestbacillen, die oft inlracelliilär, auch inner-
halb der Endothelzellen kleiner Gefässe liegen. Letztere sind hochgradig angeschwollen, ihr Kern ähnlich
einem Bläschen. Auch Fetttröpfchen sind in ihnen nachweisbar. In den F'ollikeln äusserst spärliche Pest-
bacillen.
9. Die histologische Untersuchung der Niere ergibt schwere EpithcK'eränderungen, besonders
in der Rinde. Die Epithelien sind stark angeschwollen, enthalten oft Fetttropfen, die einzelnen \on einander
nicht abgrenzbar, ihre Kerne ganz hlass gefärbt. Das Lumen des Harnkanälchens mit fein granulirten oder
tröpfchenförmigen Massen erfüllt. Dabei ist das Lumen oft sehr stark erweitert, die Epithelien ganz niedrig,
homogen. Die Glomeruli sehr gross, zwischen denselben und der Bowman'schen Kapsel kein Zwischenraum,
ihre einzelnen Gefässschlingen in der Form erhalten, aber homogen, glänzend roth mit Eosin gefärbt, mit
sehr spärlicher Kernfärbung. Bei starker Vergrösserung betrachtet (Zeiss Oc.4. Obj.E.) enthalten sie glänzende
Balken und Schollen oder Brökel, die in ihrer Anordnung den Längs- und Querschnitten der Capillaren
entsprechen, deren Endothelzellkerne oft, wenn auch blass färbbar sind. Ähnlich verändert auch kleine
Arterien der Rinden- und Marksubstanz. Hier sieht man derartige, meist aus nebeneinander gelagerten
Balken bestehende, wie Gerinsel aussehende Massen deutlich im Lumen des Gefässes, deren Zellen
erhalten, die Wand aber stellenweise homogen gequollen aussieht. (V'ergl. Tafel XI, Fig. 1.)
Diese beschriebenen Massen färben sich nach der van Gieson 'sehen Methode gelb , und
nicht nach der Weigert 'sehen Fibrin - Färbungsmethode. In zahlreichen Harnkanälchen, sowohl der
Rinde wie des Markes sieht man röthlichviolette bis schwarzblau gefärbte, verschieden grosse
Körnchen oder Tröpfchen, die dicht gedrängt aneinander liegen und zu grösseren tropfenähnlichen Gebilden
confluiren. Die Kerne der Epithelien stellenweise verschwunden. Andererseits sieht man in zahlreichen Harn-
kanälchen die Kerne in eine Anzahl verschieden grosser Körnchen oder Tröpfchen zerfallen. Auf mit Methy-
lenblau gefärbten Schnitten sieht man in den Capillaren der Glomeruli zahlreiche Pestbacillen, das Lumen
entweder fast verstopfend, oder sie liegen zwischen den homogenen Balken oder Schollen, die sich mit
Methylenblau blass färben. .Auch in den nicht weiter veränderten Gefässchen der Rinde und des Markes
reichlich Pestbacillen, in den Harnkanälchen spärlichere, aber mit Sicherheit nach-
weisbar.
10. Im untersten Theile des Ösophagus finden sich die oberflächlichen Epithelschichten abge-
hoben, nur mittelst dünner Züge ausgezogener Epithelien in Verbindung mit der Basalzellenschicht. In den
so entstandenen bläschenähnlichen Räumen ausgetretenes Blut und pi)lynucleäre Leukocyten. Diesen Stellen
entsprechend sind die Submucosa und die angrenzenden Muskelschichten hämorrhagisch infiltrirt. Die Blut-
gefässe überall erweitert, zahlreiche polynucleäre Leukocyten enthaltend. Sowohl in denselben wie auch im
Bereiche der Blutung zahlreiche typische Pestbacillen. Solche finden sich aber auch in den Hohlräumen
zwischen den abgehobenen Epithelschichten bis an die Oberfläche reichend, wo auch \-ereinzelte Haufen
\'on Coccen liegen.
11. In Schnitten durch eine kleine Blutung im fibrösen Gewebe der Tricuspidalklappe
lassen sich im Bereiche der Blutung Pestbacillen nachweisen.
12. Schnitte durch die Synovia des rechten Kniegelenkes zeigen hochgradige Hyperämie.
In den erweiterten Blutgefässen zahlreiche polynucleäre Leukocyten und Pestbacillen auf-
findbar.
272 H. Alb rech/ und A. Ghon,
Epikrisc.
Der zweifellose Sitz des primären Bubo ist die rechte Achselhöhle, wo derselbe aus mehreren, die
Axillargefässe umgebenden Lymphdrüsen besteht. Die Umgebung ist stark hämorrhagisch infiltrirt, die Wand
der Vena axillaris und subclavia von confluirenden Blutungen durchsetzt. Fast sämmtliche übrigen
Lymphdrüsengruppen sind acut verändert, sie zeigen Hyperämie, vereinzelte Blutungen und Schwellung.
Ausserdem finden sich Petechien oder Ecchymosen in der Haut der oberen Extremitäten, des Tiiorax, spär-
licher der unteren Extremitäten, der weichen Schädeldecken, in der Schleimhaut der Trachea, des ganzen
Intestinaltractes und des Nierenbeckens, in der Pleura, dem Epicardium, im Peritoneum besonders
der Gallenblase. Mikroskopisch finden sich in allen Blutgefässen reichlich Pestbacillen, es ist daher
die Infection der Lymphdrüsen auf metastatischem Wege duch die Blutbahn erfolgt. Die Gefässe
sowohl im primären Bubo, als auch in anderen Lymphdrüsen, in der Milz und Niere sind allenthalben
homogenwandig oder mit grobscholligen und homogenen Massen erfüllt. In der Milz finden sich multiple
kleine Herde, die durch einen ähnlichen eigenartigen Coagulationsprocess und durch schwere Degeneration
und Nekrose der Wand kleinster Milzgefässe erzeugt sind. Zwischen den durch Blutungen abgehobenen
Epithelien des Ösophagus finden sich zahlreiche Pestbacillen, wie sich überhaupt solche in allen
Blutungen nachweisen lassen.
Das kleine pustulös hämorrhagische Infiltrat an der Aussenseite des Metacarpus des kleinen Fingers
könnte ohneweiters und von Vornherein als Eingangspforte für das Virus imponiren. Da jedoch erfahrungs-
gemäss derartige Hautinfiltrate sicher secundär und gar nicht selten im Verlaufe der Erkrankung auftreten,
erscheint auch im vorliegenden Falle die secundäre (metastatische) Entstehung desselben wahrscheinlicher
als die primäre. Auch der histologische Befund spricht für diese Annahme.
Die bacteriologische Untersuchung ergibt entsprechend reichliche Reinculturen von Pestbacillen aus
der Milz, einer hämorrhagisch infiltrirten Lymphdrüse der linken Axilla, aus dem subcutanen hämor-
rhagischen Bindegewebe der rechten Axilla und dem Synovialsecrete des rechten Kniegelenkes, die Platten
aus der Galle überwuchert von Bacterium coli.
Fall 9/XXIII.
Dhoru, 3 Jahre altes Hindumädchen (Enkelkind von Sacoo Cnmbla), wurde ins Spital am 15. März um
5 Uhr Nachmittags am II. Krankheitstage aufgenommen und starb am 16. März um 8 Uhr 30 Minuten am
III. Krankheitstage.
Section am 17. März um 12 Uhr Mittags, 21 Stunden post mortem.
Körper gut genährt, Todtenstarre verschwunden, Todtenflecke nicht wahrnehmbar. Pupillen über
mittelweit, beiderseits gleich. Die sichtbaren Schleimhäute geröthet, Hals schlank, Thorax von entspre-
chenden Dimensionen. Abdomen etwas über dem Niveau des Thorax, Bauchdecken schlaff. An der Streck-
seite des linken Oberarmes und an der Beugeseite des rechten hanfkorngrosse Blutaustritte in der Haut.
Sichtbare Hautverletzungen nicht aufzufinden.
Die weichen Schädeldecken fett- und blutarm, in denselben ein Paar punktförmige Blutungen.
Schädeldach länglich-oval, Längsdurchmesser 14^^ cm, querer Wem, Peripherie 41^^ em messend,
symmetrisch.
Dura mater am Schädeldache adhärent, zart, blutreich; Sichelhlutleiter strotzend mit frischen
Cruormassen gefüllt, Gefässe an der Basis sehr zartwandig und enge, Meningen zart, Venen blutreich,
geschlängelt. Auf dem horizontalen Durchschnitte Rinde gleichmässig verbreitert, Marklager von zahlreichen
Blutpunkten durchsetzt, etwas weicher, Ventrikel enge, Ependym ungemein zart, Kleinhirn sehr weich,
ebenso wie die Stammganglien, Pons und Medulla normal gebildet.
Zwerchfellstand rechts und links am unteren Rande der vierten Rippe.
Schilddrüse klein, blutreich, gekörnt, coUoid.
Beulcupcst. II. PalhoJogisch-aualoiuischcr Bericht. 273
Die Lymphdrüsen an beiden Seiten des Halses um die grossen Halsgefässe vergrössert, diinl<cibkitr(.)th,
isolirt stehend, ziemlich derbe. Auf dem Durchschnitte stark succulent, von trübrother Farbe, besonders in
dem Rindenantheile gelblich-rothiich gefleckt, blutreich. Ebenso verändert die Lymphdrüsen in beiden
Submaxillargruben; dieselben isolirt, das Bindegewebe in ihrer Umgebung nicht weiter verändert.
Schleimhaut des Zungengrundes, des Gaumens und des Pharynx lebhaft geröthet, beide Tonsillen gross,
stark prominent, auf dem Durchschnitte sind die Schnittflächen ziemlich glatt, massig blutreich, etwas
succulenter. Schleimhaut des Larynx und des oberen Theiles der Trachea injicirt. Schleimhaut des oberen
Theiles des Ösophagus gelblichweiss.
Linker Pleuraraum leer, Pleura glatt, glänzend; die linke Lunge fühlt sich überall lufthaltig an, auf dem
Durchschnitte übei'all lufthaltig, blutarm, trocken. Auch der rechte Pleuraraum frei von Erguss, Pleura und
Lunge am Durchschnitte ergeben denselben Befund wie links.
Herzbeutel gespannt, einige Tropfen klaren Serums enthaltend; an dem fettarmen Epicard, an der
hinteren Fläche des rechten Ventrikels einige wenige Ecchymosen. Herz gross, besonders der rechte
Ventrikel, mit sehr reichlichen, dunkelrothen Cruormassen prall gefüllt. Herzfleisch erbleicht, gelblich,
morsch.
Schleimhaut der unteren Hälfte der Speiseröhre blassrothlich, die der Trachea und der grossen
Bronchien lebhaft geröthet. Die Lymphdrüsen an der Bifurcation etwas vergrössert, am Durchschnitte
grauroth, stark succulent, wenig anthracotisch.
Thymus vorhanden, ziemlich gross, gleichmässig grauroth. Leber etwas vergrössert, vordere Ränder
ziemlich scharf, Oberfläche glatt, Kapsel zart, Consistenz etwas vermindert; auf dem Durchschnitte blutarm,
graugelb, Läppchenzeichnung deutlich erkennbar, Peripherie der Läppchen fettgelb.
Gallenblase gross, reichlich mit lichter Galle gefüllt.
Milz fast 9 cm lang, ß'/j cm breit, etwas plumper, Kapsel stark gespannt, Consistenz ziemlich derb.
Pulpa kaum etwas vorquellend, leichter abstreifhar. Die Schnittfläche ziemlich glatt, gleichmässig lichtroth,
das grobe Stroma kaum sichtbar. Follikel zahlreich, als bis hirsekorngrosse, graue Punkte deutlich erkenn-
bar, die an manchen Stellen einen dunkelrothen Hof besitzen.
Nieren vergrössert, plumper, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, röthlich-gelblich. Die Schnitt-
flächen der besonders an ihrer Peripherie dunkelroth gefärbten Pyramiden heben sich von der erbleichten
gelblichen Rinde und den Columnae Bertini sehr scharf ab, Nierenbecken und Ureteren nicht besonders
verändert.
Nebennieren blassgelblich, normal gebildet.
Harnblase ziemlich gut gefüllt, in derselben lichtgelber, klarer Harn. Schleimhaut weisslich-gelb.
Die mesenterialen Lymphdrüsen vergrössert, und zwar über bohnengross bis haselnussgross, von etwas
erhöhter Consistenz, röthlichgelblich oder gelblichweiss, auf dem Durchschnitte von glatter Schnittfläche,
wenig saftig.
Im Magen wenig schleimiger, von schwarzbraunen Flocken durchsetzter Inhalt. Schleimhaut mit
reichlichem Schleim überzogen und übersäet von zahllosen, punktförmigen Hämorrhagien. Die Schleimhaut
des Duodenum zeigt keine pathologischen Veränderungen. Im Dünndarm gallig gefärbte Chjmius-
massen, Schleimhaut dünn, wenig injicirt. Plaques im Jejunum von entsprechender Grösse, deutlich sichtbar,
kaum etwas prominent. Im Ileum sind die Plaques etwas blutreicher. In ihnen und der übrigen Schleim-
haut spärliche punktförmige Hämorrhagien. Ein Plaque nahe der Bauhinischen Klappe stärker prominent,
fleckig injicirt. Die dem Dickdarm zugehörigen Lymphdrüsen kaum etwas vergrössert, Schleimhaut desselben
gelockert, geschwollen, lebhaft injicirt auf der Höhe der Falten, ziemlich reichlich übersäet mit punkt-
förmigen Hämorrhagien.
Die Lj'mphdrüsen in beiden Inguinalgegenden kaum etwas vergrössert, geröthet, isolirt, auf dem
Durchschnitte röthlich.
Die Lymphdrüsen der linken Axilla eingehüllt in sulzig-ödematöses Bindegewebe, die mehr central
sitzenden zu einem kleinen etwa walnussgrossen Paquet vereinigt. In diesem ödematösen Binde- und Fett-
274 H. Albrecht und A. Ghon,
gewebe zahlreiche, zum grössten Theile isolirt stehende, bis linsengrosse schwarzrothe Blutungen. Die
einzelnen Lymphdrüsen bis fast haselnussgross, ziemlich hart, auf dem Durchschnitte zum Theile dunkel-
schwarzmth hämorrhagisch, zum Theile gelb und roth gefleckt oder gesprenkelt, auf der Schnittfläche
etwas vorquellend, saftig. Die Lymphdrüsen der rechten Axilla kaum vergrössert, röthlich, saftig.
Bacteriologischer Befund.
1. Die Milz zeigt mikroskopisch sehr reichlich Pestbacillen, vorwiegend einzeln, spärlicher als Diplo-
bacillen liegend, fast durchaus gut tingirt mit schöner bipolarer Färbung, theils runde, theils ovoide, seltener
Stäbchenform zeigend; letztere oft von bedeutender Grösse und manchmal an den Enden wie spitz aus-
gezogen: spindelförmig. Vereinzelt finden sich die Pestbacillen auch in kurzen Fäden. Spärlich rundliche
oder bläschenförmige schwach gefärbte Formen.
Die Aussaaten ergeben sehr reichlich Pestcolonien und eine Colonie von Bacterium coli.
2. Aussaaten vom Harn zeigen keine Pestcolonien, wohl aber spärlich Colonien eines Streptococcus.
3. Aussaaten aus einer mesenterialen Lj^mphdrüse ergeben eine reichliche Reincultur von
Colonien des Pestbacillus.
4. Aussaaten von der Galle enthalten keine Pestcolonien; neben einigen grösseren Colonien einer
Coccenart finden sich einige Colonien von Stäbchen der Coligruppe.
5. In Deckglaspräparaten von einer linken Achseldrüse finden sich noch viel reichlicher Pest-
bacillen als in der Milz, im allgemeinen aber von derselben Form und Anordnung; nur erscheinen die
Degenerationsformen reichlicher und unter ihnen viele Ringformen. Vereinzelt finden sich auch in den
Präparaten plumpe, gleichmässig und intensiver gefärbte Stäbchen mit abgehackten Enden.
Histologischer Befund.
1. Lymphdrüsenpaquet aus der linken Axilla. (5 fast haselnussgrosse Lymphdrüsen.) Die ein-
zelnen zeigen ganz analoge Veränderungen, nur geringe Schwankungen in der Intensität. Die Bindegewebs-
kapsel zeigt entweder Blutüberfüllung der erweiterten Gefässe oder sie ist hämorrhagisch infiltrirt. Daneben
finden sich Stellen, wo sie dicht und gleichmässig von Bacterienmassen, die sich mit Hämalaun bläulich-
violett färben oder von zahlreichen polynucleären Leukocyten durchsetzt ist. Dadurch ist sie von dem ebenso
infiltrirten Lymphdrüsenparenchym nicht abzugrenzen. Ferner finden sich sowohl in der Kapsel, als auch
unmittelbar nach aussen \-on ihr im Fettgewebe sehr zahlreiche Ljanphgefässe, die strotzend vollgefüllt sind
mit Bacterien, polynucleären Leukocyten und wenigen rothen Blutkörperchen. Auch die Blutgefässe im
pericapsulären Bindegewebe stark erweitert und mit Blut überfüllt, daneben überall zahlreiche grössere und
kleinere Blutaustritte oder feinste Fibrinfäden, die stellenweise das Gewebe durchsetzen.
Das Drüsenparenchym nur an einigen wenigen Stellen erhalten, daselbst sind die Rindenfollikel gross,
ein Keimcentrum nicht abzugrenzen, die Sinus sehr weit, das Ganze ausserordentlich hyperämisch. Die
polj'nucleäre Leukocytenform überall stark vorherrschend. Sonst scheint Alles von Bacterien, denen wenige
Leukocyten beigemengt sind, infiltrirt. Zwischen den enormen Bacterienmassen sieht man erweiterte
Capillaren, die entweder mit Blut oder mit homogen aussehenden schoUig-balkigen Massen erfüllt sind,
oder ausgedehnte Blutaustritte. Vom Drüsenparenchym nichts zu sehen; dieselbe dichte Bacterieninfiltration
durchsetzt vielfach die Kapsel und reicht zugleich mit ausgedehnten Blutungen vielfach in das pericapsuläre
Bindegewebe hinein. Hier finden sich Gefässe, die eine verdickte homogen aussehende Wand besitzen.
Auch innerhalb der Nervenquerschnitte, zwischen ihnen und dem Perineurium, Blutungen, die den Nerv oft
sehr stark comprimiren. Bei starker Vergrösserung sieht man, dass die enormen Bacterienmassen duichwegs
aus typischen Pestbacillen bestehen, die häufig schwach mit Methylenblau gefärbt sind und sowohl die
runde als auch die ovoide stäbchenförmige Gestalt besitzen. Wo sie nicht gar zu dicht liegen, zeigen sie
bipolare Färbung und sind als Diplobacillen gelagert. Die Lymphgefässe sind von ihnen vollgepfropft, in
Beuleupest. II. Pathologisch-anatomischer Bericht. 275
den Blutgefässen liegen sie sehr zahlreich. Nach der Gram-Weigert's^hen Methode (Differenzirung mit
Anilinön tritt prompte Entfärbung ein. Andere Mikroorganismen nicht auffindbar.
2. Lj'mphdrüse von der linken Halsseite. Dieselbe zeigt die typischen Veränderungen der
Lymphdrüsen im Beginne der Affection: Hochgradige diffuse Hyperämie durch Erweiterung und Blutüber-
füllung zahlreicher Capillaren, auffallende Erweiterung der Sinus, die ausser mit polynucleären Leukocyten
mit grossen protoplasmareichen Zellen ausgefüllt sind, die entweder rundlich oder polygonal sind oder
Fortsätze besitzen. Ihr Protoplasma ist häufig gekörnt, vielfach sieht man kleine, ungefärbte Tröpfchen in
demselben, ihre Kerne gross, Bläschen ähnlich oder gelappt oder unregelmässig geformt. An einigen Stellen
findet sich Körnchenzerfall der Kerne. Die Keimcentren klein, ihre Zellen bilden ein maschiges Reticulum.
Bei starker Vergrösserung sieht man \'or Allem in den erweiterten Blutgefässen zahlreiche Pestbacillen,
aber auch häufig und zahlreich in den Sinus und spärlicher in den Follikeln und dann meist in der
Umgebung der Capillaren.
3. Mesenteriale Lymphdrüsen aus der Radix mesenterica. Dieselben zeigen ausserErweiterung
\'on Capillaren an einzelnen Stellen keine besondere Abweichung vom Normalen. Im Gewebe keine Pest-
bacillen nachweisbar, dagegen sehr zahlreiche in den Blutgefässen.
4. Rechte Tonsille. Der Epithelüberzug vollkommen erhalten, desgleichen das adenoide Gewebe.
Sehr zahlreiche kleine Blutgefässe und Capillaren strotzend mit Blut gefüllt. In den weiten Sinus zahlreiche
polynucleäre Leukocyten, die Sinuszellen, von denen oft nicht zu entscheiden ist, ob sie Endothelien oder
Stromazellen sind, sehr gross, ihr Protoplasma vielfach gekörnt oder kleine ungefärbte Tröpfchen enthaltend.
Die Follikel sehr zahlreich, sonst nicht weiter verändert. Pestbacillen liegen ausserordentlich zahl-
reich in den Blutgefässen und sehr häufig in grösseren und kleineren Gruppen im Gewebe
um dieselben, hauptsächlich in den Sinus.
5. Schnitte durch einen Peyer'schen Plaque des Ileum nahe der Bauhinischen Klappe,
zeigen, dass die denselben überziehenden Schichten der Schleimhaut nur inselartig erhalten sind. Die
Zotten sind sehr spärlich, besitzen keinen Epithelüberzug. Wo die Schleimhaut zu fehlen scheint, sieht man
bei stärkerer Vergrösserung den Plaque überzogen \'on einer dünnen Bindegewebsschichte, .Stratum
proprium, dessen Zellleiber noch deutlich erkennbar sind, aber nur diffus färbbar erscheinen und keine
Kernfärbung mehr zeigen.
Die Follikel und ihre Keimcentren gross, sehr zellreich, so da.ss sie sich nur ganz undeutlich abgrenzen.
In den Keimcentren sehr viele polynucleäre Leukocyten, desgleichen im adenoiden Gewebe. Dasselbe ist
gegen das schlecht färbbare Stratum proprium durch eine schmale Schichte abgegrenzt, die sehr zellreich
ist und aus dicht aneinander gelagerten Leukocyten besteht, deren Kerne stark gefärbt sind. Hier finden
sich auch stellenweise massig zahlreiche Körnchen x'erschiedener Grösse zwischen den oft unregelmässig
geformten Kernen.
Viele Capillaren mit Blut injicirt. Der Plaque ist gegen die Submucosa hin scharf abgegrenzt, in der-
selben finden sich grössere Lymphgefässe mit Leukocyten angefüllt.
In den erhaltenen Schleimdrüsen zahlreiche Becherzellen. Mit der Immersion sieht man im Ij'mpha-
tischen Gewebe der Schleimhaut auch in den Drüsenschläuchen und in den blossliegenden schlecht gefärbten
Schichten des Stratum proprium ziemlich zahlreiche mit Methj'lenblau gut gefärbte längere Stäbchen mit
scharf abgesetzten Enden und in schütterer Vertheilung (Bacterium coli). Auch spärliche Coccen sind auf-
findbar. Dagegen sieht man fast in jedem Capillarrohr oder Blutgefäss blass gefärbte ovoide, plumpe Bacillen
(häufig als Diplobacillen oder einzeln in Bläschenform), die als Pestbacillen zweifellos anzusprechen sind.
Ganz dieselben finden sich auch zu kleinen Haufen angeordnet im Gewebe, wo sie nicht nur durch
ihre charakteristische Form, sondern auch durch ihre blassblaue Farbe sich von den anderen Stäbchen
deutlich differenziren.
6. Processus vermiformis. Zur Untersuchung kamen Querschnitte von mehreren Stellen. Die
Schleimhaut überall erhalten, die Krypten zeigen zahlreiche Becherzellen. Im adenoiden Gewebe derselben
nichts Auffallendes als die Grösse der Follikel und Keimcentren (dem jugendlichen Alter des Indix'iduums
Denkschriften der mathera.-naturw. Cl. LXVI. Bd. 37
276 H. Albrecht und G. Ghoii,
entsprechend) und Erweiterung und Blutüberfüllung der Capillaren, die nur stellenweise stark ausgesprochen
ist. In denselben liegen zahlreiche Pestbacillen, jedoch nirgends solche im Gewebe. Im Bereiche der
Lieberkühn'schen Krypten zahlreiche stark mit Methylenblau gefärbte, längere Stäbchen von derselben
Form und Anordnving wie bei 5.
7. Magen. Die Schleimhaut im Allgemeinen gut conservirt, nur das (Iberflächenepithel stellenweise
verloren gegangen und die Firsten der Schleimhaut zeigen hie und da ganz schwache Kernfärbung
(Leichenveränderung). Die Zellen der Pepsindrüsen in ihrer charakteristischen Form und Färhbarkeit
erhalten, das Netz der feinen Blutgefässe mit Blut injicirt, auch die grossen Gefässe der Submucosa
erweitert und mit Blut angefüllt. Die LymphfoUikel klein. Massig zahlreich finden sich kleine, ganz ober-
flächlich gelegene Blutaustritte der Schleimhaut.
In jedem Capillarrohr des reichen Netzes liegen zahlreiche Bacillen von \-erschiedener Form. Die
einen sind ziemlich schlanke und lange Stäbchen mit sanft abgerundeten Enden und färben sich gut
mit Methylenblau, die anderen sind etwas plumper und mehr weniger ovoid und färben sich betj-ächtlich
schwächer — oft nur schattenhaft — mit Methylenblau, und endlich finden sich grosse runde, bläschen-
ähnliche Formen, die manchmal ringähnlich aussehen und sich ebenfalls sehr blass färben. Auch in den
grossen Gefässen der Submucosa und Muscularis liegen zahlreiche derartige Bacillen. Doch lassen sich
Übergangsformen zwischen den einzelnen constatiren. Obwohl daher — was die schlankeren und längeren
Bacillen betrifft — die Form einzelner, nicht mit dem gewöhnlichen morphologischen Bilde der Pestbacillen
übereinstimmt, müssen sie doch in diesem Falle, wo, wie die Präparate aller übrigen untersuchten Organe
zeigen, die Blutbahn von Pestbacillen geradezu überschwemmt ist, als solche aufgefasst werden. Dazu
kommt, dass an ein agonales oder postmortales Einwandern \on Bacillen \-on der Magenoberfläche aus
nicht zu denken ist, denn nirgends finden sich hier irgendwelche Bacillen, die nicht in Blutgefässen
oder innerhalb der kleinen Capillarblutungen liegen.
8. Schnitte durch die Wand des linken Herzventrikels mit kleinen Blutungen im Endo-
card zeigen, dass letztere unter dem Endocard im Herzmuskel sitzen, und zwar in der Umgebung einer
kleinen Arterie, von wo aus sie zwischen die Muskelbündel eine kurze Strecke weit hineinreichen. In ihrem
Bereiche sehr zahlreiche polynucleäre Leukocj'ten und typische plump ovoid e, blassbläulich
gefärbte Pestbacillen. Man findet solche auch allerdings in geringer Anzahl in den Capillaren zwischen
der Musculatur. Die Kerne der letzteren blau gefärbt, die Querstreifung undeutlich.
9. Milz. Die Follikel deutlich abgrenzbar und gross, besitzen ein locker gefügtes Keimcentrum.
Sonst lässt sich vom Bau einer normalen Milz nichts erkennen, indem rothe Blutkörperchen, Leukocyten
und Pulpazellen regellos durcheinander liegen. Ausserdem finden sich sehr zahlreiche kleine Herde,
die ihrer Form nach Quer- oder Längsschnitten kleiner Gefässe entsprechen. Sie sind mit Eosin roth
gefärbt und bestehen aus balkigen oder grob granulirten Massen, in deren Centruin die homogene, etwas
leuchtender roth gefärbte und verbreiterte Gefässwand noch zu erkennen ist. Im Bereiche eines solchen
Herdes Leukocyten, deren Kerne Körnchenzerfall zeigen. Häufig sieht man Kerne mit Ausläufern, die wie
geschwänzt, Spermatozoen vergleichbar, aussehen. Die Leukocyten vorwiegend polynucleär, häufig
eosinophil. Auch grössere, stark erweiterte Blutgefässe sind mit derartigen glänzend roth gefärbten Balken
oder Schollen ganz oder nur theilweise erfüllt.
Die Milz geradezu infiltrirt von Bacillen, die überwiegend ausgesprochene Stäbchenform besitzen,
manchmal blässer, manchmal ziemlich intensiv mit Methylenblau gefärbt sind. Sie finden sich häufig in
Doppelformen, zeigen bipolare Färbung, daneben auch solche von plumper, ovoider Gestalt und rundlich
bläschenförmigem Aussehen. Sie liegen intra- und extracellulär, besonders zahlreich den früher beschrie-
benen Herden entsprechend. Andere Bacterien nicht auffindbar.
Bciilciipcst. IL Pathologisch-anatomischer Bericht. 277
I-^pi krise.
Den anatomischen und niikruskopischen Veränderungen gemäss ist als primärer Bubo die Lymph-
drüsengruppe der linken Axilla aufzufassen. Geringere, oft erst ganz im Beginne stehende Veränderungen
zeigen die Lymphdrüsen an beiden Halsseiten, die Tonsillen, die Lymphdrüsen der rechten Axilla, beider
Inguinalgegenden, der Radix mesenterica und der Bifurcation der Trachea. Sie bestehen in hochgradiger
Hyperämie, besonders der Sinus, und mehr oder weniger ausgesprochener medullärer Schwellung, die sich
mikroskopisch x'orwiegend in Erweiterung der Sinus, Schwellung und Degeneration der Sinuszellen und
reichlicher Emigration von polynucleären Leukocyten ausspricht.
Zweifellos sind die genannten Lymphdrüsen auf metastatischem Wege inficirt worden, da die Blutbahn
von Pestbacillen geradezu überschwemmt ist. Fast in jedem Blutgefässe oder Capillarrohre lassen sich
mikroskopisch Pestbacillen nachweisen. Auch in den Blutungen im Endocard des linken Ventrikels und der
Magenschleimhaut sind Pestbacillen mikroskopisch nachweisbar, ferner im Gewebe eines Dünndarm-
plaque. Ausserdem finden sich Blutungen in den weichen Schädeldecken, in der Haut des linken Über-
armes, im Epicard und in der Dickdarmschleimhaut.
Der primäre Bubo ist mikroskopisch dadurch ausgezeichnet, dass fast das ganze Lymphdrüsengewebe
substituirt ist durch enorme zusammenhängende Pestbacillenmassen und Blutungen, durch hämorrhagisch-
bacilläre Infiltration der Kapsel und des umgebenden Binde- und Fettgewebes.
Die Milz ist dicht infiltrirt von Pestbacillen und zeigt zahllose kleine necrotisirende Herde, kleinen
durch Coagulation necrotischen und mit balkig-scholligen Massen erfüllten Gefässen entsprechend mit
eigenartigem Kernzerfall in der Umgebung.
Nach dem mikroskopischen und bacteriologischen Befunde handelt es sich um Reininfection durch den
Pesterreger. Culturell ergeben sich Reinculturen von Pestbacillen aus der Milz und aus den mesenterialen
Lymphdrüsen.
Sowohl am Deckglaspräparate wie in den Schnitten finden sich die \"erschiedenen Formen des Pest-
hacillus, sowohl die ausgesprochene Stäbchenform, als auch die runde bläschen- oder ringähnliche.
Fall 10/XXIX.
Itoo Koosaba,^ SOjähriger Hindu, Arbeiter, wurde ins Spital am 2 L März am III. Krankheitstage auf-
genommen und starb am 23. März am V. Krankheitstage um 2 Uhr 40 Minuten Nachts.
Section am 23. März um 9 Uhr 30 Minuten, 7 Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 156 ein lang, von kräftigem Knochenbau, kräftig entwickelter Musculatui-,
ziemlich gut genährt. Todtenstarre ausgesprochen, Todtenflecke undeutlich sichtbar an den abhängigen
Körperpartien. In der Haut des Gesichtes zahlreiche Blatternarben; Hornhäute glänzend, Pupillen beider-
seits gleich weit, mittelweit. Lippen- und Mundschleimhaut leicht cj'anotisch, aus beiden Nasenlöchern
quillt schaumige Flüssigkeit; Zähne gut erhalten. Halz kurz, kräftig, in seinen Gruben und in den
Achselhöhlen keine Drüsen palpabel. Thorax kräftig, breit, gut gewölbt, entsprechend lang, sj'mmetrisch.
Abdomen im Niveau des Thorax, Bauchdecken gespannt, linkerseits eine handtellergrosse, alte Hautnarbe.
Beiderseits in der Gegend des Poupart'schen Bandes und rechterseits in der Schenkelgrube vergrösserte
harte Lymphdrüsen palpabel.
Am äusseren Genitale nichts Pathologisches. An den unteren Extremitäten keine Ödeme. Sonst an den
allgemeinen Decken nichts Auffallendes, nur an der Beugeseite des rechten Vorderarmes, ungefähr in der
Mitte der äusseren Ulnarkante, erscheint eine kreuzergrosse Hautstelle blauroth gefärbt, am Durchschnitte
derselben ist das subcutane Binde- und Fettgewebe derb hämorrhagisch infiltirt und über die angegebenen
Grenzen hinaus blutig serös infiltrirt.
Die weichen Schädeldecken blutarm, ziemlich fettreich. Schädeldach länglich -oval, symmetrisch;
der Längsdurchmesser desselben misst 17 Vj r;», der quere 13' ^ r;;/ und die Peripherie 50 r;;;. Schädel-
' Vergl. Krankengeschichte, 11. A. pag, 7Ü.
37«
278 H. Albrechl und A. Ghoii.
l<nochen .nlciclimässig circa 1 ein dick, Spongiosa erhalten, ziemlich blutreich, Tabula interna glatt, I-"urchen
und ('ii-uhen seicht, Nähte erhalten.
Dura mater stark gespannt, rechts stärker vorgewölbt wie links, links sehr zart, durchscheinend, blutarm,
ihre rechte Hälfte lässt bläulich aussehende, ausgetretene Blutmassen durchschimmern. Der hinenfläche
aufgelagert findet sich ein fast 1 cm dicker Blutkuchen von schwarzrother Farbe, welcher der sonst ganz
zarten, glänzenden Dura mater locker anhaftet und ungefähr in der Mitte, nahe dem Sichelblutleiter, von
Fibi'ininassen mehr gelblich gefärbt erscheint. Auch an der Gehirnbasis, und zwar an der rechten Hälfte,
findet sich eine dünne .Schichte frischen, zum Theile geronnenen Blutes. Die rechte Hemisphäre, ent-
sprechend dem Hämatom, etwas abgeflacht. Innere Meningen dünn, an der Convexität sehr zart, blutarm,
Gefässe sehr zartwandig und enge. Grosshirnrinde gleichmässig breit, graugelblich. Das weisse Marklager
von spärlichen Blutpunkten durchsetzt, teigig weich, Ventrikel enge, Stammganglien normal gebildet, auf
dem Durchschnitte ebenso v\-ie Kleinhirn, Pens und Medulla sehr blutarm.
Zwerchfellstand linkerseits an der \-ierten Rippe, ebenso rechterseits.
Die Lymphdrüsen längs der grossen Halsgefässe vergrössert, isolirt, grauroth, derb. Auf dem Durch-
schnitte gleichmässig roth, sehr stark succulent; ebenso die Drüsen in beiden Submaxillargegenden.
Schleimhaut des weichen Gaumens und des Pharynx mit Schleim bedeckt, grauroth gefärbt.
Rechte Tonsille vergrössert, stark prominent, auf dem Durchschnitte röthlichgrau, sehr stark saftig; etwas
nach vorne von den Tonsillen und nach aussen ein sehr stark geschwollener BalgfoUikel, der fleckig dunkel-
roth gefärbt, in seiner Längsrichtung exulcerirt erscheint und auf dem Durchschnitte sulzig-hämor-
rhagisch infiltrirt ist. Linke Tonsille nicht weiter verändert. Schleimhaut des Larynx und der Trachea
mit schaumiger Flüssigkeit bedeckt, düster geröthet.
Linke Lunge ganz frei, im Pleuraraum wenige Tropfen klarer Flüssigkeit enthalten. Im Bereiche des
Unterlappens vereinzelte Ecchymosen, sonst ist die Pleura ganz glatt und glänzend; Lunge flaumig,
lufthaltig, auf dem Durchschnitte sehr blutreich, Oberlappen stark ödematös, \-ollständig lufthaltig. Rechte
Lunge und Pleura zeigen denselben Befund wie links. Schleimhaut der grossen Bronchien etwas
geröthet.
Herzbeutel zart, enthält ungefähr einen Esslöffel gelben Serums. An seiner Innenfläche in der Gegend
der beiden Lungenvenen eine kleine Gruppe spritzerartiger, punktförmiger Hämorrhagien. Das ziemlich
fettarme Epicard zeigt nur ganz vereinzelte kleine Ecchymosen. Im linken Herzen wenige Cruormassen und
Fibringerinsel. Im rechten Herzen etwas mehr Fibrin. Beide Ventrikel schlaff, alle Klappenapparate zart
und schlussfähig, Myocard gelblichbraun, morscher.
Schleimhaut des Oesophagus gallig imbibirt. Schleimhaut der Trachea und der Bronchien geröthet.
Die Lymphdrüsen an der Bifurcationsstelle anthracotisch, die an der rechten Seite der Trachea,
hinaufreichend bis unter die rechte Clavicula, vergrössert, hart, isolirt, auf dem Durchschnitte schwarz-
roth, hämorrhagisch. Nach dem Abpräpariren des Musculus pectoralis major dexter, der nicht weiter
verändert ist, findet sich entsprechend dem vorderen Rande des Musculus pectoralis minor eine circa
hühnereigrosse Geschwulst, deren Umgebung sehr stark sulzig durchfeuchtet ist. Diese ödematöse Durch-
tränkung reicht nach abwärts bis zu der letzten Rippe und ins subcutane Binde- und Fettgewebe hinein
dasselbe reichlich durchtränkend. Auf dem Durchschnitte erscheinen die Lymphdrüsen unter dem Musculus
pectoralis minor hart infiltrirt, eingeschlossen von ganz starr-hämorrhagisch infiltrirtem oder mehr sulzigem
Bindegewebe. Dieselbe sulzige, ödematöse Durchtränkung des Binde- und Fettgewebes findet sich in der
Umgebung des Plexus axillaris.
Die Drüsen selbst, zum Theile nicht ganz scharf abgrenzbar, erscheinen entweder schwarzroth, hämor-
rhagisch infiltrirt, mit einem gelben, wie nekrotisch aussehenden, etwas weicheren Centrum, oder gelblich-
röthlich gesprenkelt, stärker \'orquellend. Die Läppchen des ins Infiltrat einbezogenen Fettgewebes ziemlich
gut abgrenzbar, etwas mehr prominent. Längs der Innenfläche des Latissimus dorsi zieht sich in den
Fascienblättern ein sulziges, gelbliches, von reichlichen Blutaustritten durchsetztes Infiltrat nach abwärts.
Auch an der Beugeseite des rechten Oberarmes findet sich im subcutanen Bindegewebe, die Muskelfascie
Beitleiipcst. IL Palholoifiscli-audtDUiisclicr Befiehl. 279
>.lurchsetzend und längs der Miiskeldissepimentc in die Tiefe sich erstreckend, ein reiciiliches, salziges Ödem
mit bis linsengrossen frischen Blutungen, die auch den Biceps durchsetzen.
Die Lymphdrüsen der rechten Cubita etwas über hanfkorngross, das sie umgebende Bindegewebe
sulzig ödematös.
Leber vergrössert, ihre X'orderen Ränder plumper, K'apsel zart, Consistenz \'ermindert, (3bertläche
gelblich marmorirt, auf dem Durchschnitte massig blutreich, biMungrau, Parenchym etwas \'orquellend, die
Läppchenzeichnung undeutlich.
Gallenblase prall mit dunkler Galle gefüllt.
Milz 21 cm lang, 17 n» breit, 6 cw« dick, plump, Kapsel zart, an umschriebenen .Stellen getrübt, auf
dem Durchschnitte dunkelroth. Pulpa etwas vorquellend, leicht abstreifbar, P'ollikel reichlich, deutlich
sichtbar, stecknadelkopfgross, graugelb, von dunkelblutrothem Hofe umgeben. Das grobe Stroma etwas
\' ermehrt.
Nieren etwas vergrössert, plump, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, gelblich - bräunlich
gefärbt, von schlaffer Consistenz. Rinde beträchtlich verbreitert, gelblich - röthlich gestreift, von den
Pyramiden nicht scharf abgesetzt; dieselben erbleicht. Nierenbecken- und Ureterenschleimhaut nicht
besonders verändert.
In der Harnblase reichlicher trüber, gelblicher Urin. Schleimhaut gelblichweiss.
Die tiefen inguinalen Lymphdrüsen linkerseits etwas vergrössert, auf dem Durchschnitte blutigroth,
stark succulent, die rechtsseitigen kaum etwas vergrössert. Auch die oberflächlichen Lymphdrüsen in
beiden Leistengegenden \"ergrössert, isolirt, ziemlich derb, ihre Rinde verbreitert, gelblich-röthlich, stark
saftig.
Schleimhaut des Magens bedeckt mit galligem Schleim, gefaltet, übersäet mit zahllosen punkt-
förmigen Blutaustritten. Schleimhaut des Duodenum gallig imbibirt. Im Ileum reichliche gallige Chymus-
massen. Schleimhaut dünn, Plaques klein und flach, ebenso im Jejunum. Im Dickdarme gallig gefärbte
ungeformte Fäcalien, Schleimhaut dünn, nicht verändert.
Das rechte .Schultergelenk zeigt keine Besonderheiten.
Die Lymphdrüsen der linken .Axilla bis über haselnussgro.ss, hart, isolirt, dunkelblutroth.
Am 22. März, am 1\'. Krankheitstage, wurde das Blut bacterio logisch untersucht un»
ergab massig reichliche Pestcolonien in Reincultur.
Bacteriologischer Befund.
1. In Deckglaspräparaten vom rechtsseitigen subduralen Haematom finden sich ver-
einzelt Pestbacillen von kurzovaler Form und bipolarer Färbung.
Die Aussaaten zeigen eine reichliche Reincultur \-on Pestcolonien.
2. Deckglaspäparate einer linken Halslymphdrüse enthalten wenig reichlich Pestbacillen,
einzeln oder als Diplobacillen liegend, gut und bipolar gefärbt, in ovoiden Formen.
3. Das Ödem der rechten Brustseite zeigt mikroskopisch keine Bacterien.
4. Deckglaspräparate einer rechten Achseldrüse zeigen enorm reichlich Pestbacillen in allen
Formen und Grössen: Neben gut und bipolar gefärbten Formen von o\'alem oder Stäbchentypus finden
sich reichlich schlecht gefärbte, rundliche Formen, Ringformen und geblähte, oft ganz schattenhaft aus-
sehende Gebilde, deren Zugehörigkeit zu den Pestbacillen nur aus den zahlreichen vorhandenen Über-
gangsformen zu erkennen ist.
Die Pestbacillen liegen fast ausschliesslich extracellulär, meist einzeln, seltener als Diplobacillen.
5. Aussaaten vom Urin bleiben steril.
280 H. Albrecht und A. Ghoii.
ü. Präparate von der Milz zeigen ziemlich reichlich Pestbacillen, einzeln oder als Diplobacillen
liegend, fast ausschliesslich extracellulär, meist vom Stäbchentypus, seltener von kurz ovaler Form, fast
allenthalben gut und bipolar, spärlich blass gefärbt. Bei Anwendung der Gram'schen Methode erfolgt
rasche Entfärbung der Pestbacillen.
Die Aussaat ergibt eine sehr reichliche Reincultur von Pestcolonien.
7. Eine Lymphdrüse aus der linken Achselhöhle zeigt mikroskopisch wenig reichlich, \-or-
vviegend gut und bipolar gefärbte Pestbacillen vom Stäbchentypus, extracellulär, einzeln oder als Diplo-
bacillen gelagert.
Aussaaten ergeben eine reichliche Reincultur von Pestcolonien.
8. Aussaaten von der Galle zeigen eine Reincultur von acht Pestcolonien.
Histologischer Befund.
1. Auf Schnitten durch ein Paquet kleiner (bis erbsengrosser) Lymphdrüsen aus der
rechten Fossa supraclavicularis sieht man von dem adenoiden Gewebe derselben nichts mehr
erhalten, indem dasselbe vollständig durch Blut und Bacterienmassen substituirt ist. Leukocyten finden sich
im Allgemeinen nicht sehr reichlich; sie haben die mono- oder die polynucleäre Form und liegen nur hie
und da zu Haufen bei einander.
Im Innern der Lymphdrüsen fallen mit Blut gefüllte kleine Gefässe auf, deren verdickte Wand sich
intensiv mit Eosin färbt und aus homogenen Balken oder Schollen besteht, die nach aussen von
dem Gefässrohre manchmal in ein ebensolches, etwas feineres Netz- und Balkenwerk
übergehen oder auch das Gefässlumen ausfüllen.
Die Sinus wie ausgegossen von blauvioletten, zusammenhängenden Bacterienhaufen, die die
Lymphdrüsen in Form eines breiten Saumes einsäumen und sich auch im Inneren der Lymphdrüse
vorfinden. Das umgebende Fettgewebe reichlich von Blutungen und feinfädigen oder mehr homogenen
Gerinnseln nebst zahlreichen polynucleären Leukocyten und grossen Mengen von Bacterien durchsetzt.
Hochgradig erweiterte, von Bacterien, Leukocyten und Blut erfüllte Lymph- und Blutgefässe finden sich
hier zahlreich.
Andere mehr an der Trachealseite gelagerte und etwas grössere Lymphdrüsen zeigen
nicht so intensive Veränderungen. Zunächst fällt die starke Anthrakose derselben auf, indem die voll-
ständig erhaltenen Markstrahlen und Follikel sehr zahlreiche, mit schwarzem feinkörnigen Pigment
beladene Zellen enthalten. Sehr prägnant wird das Bild dadurch, dass die erweiterten Sinus ganz x^on Blut
erfüllt sind, in welchem Leukocyten oder die grossen Sinuszellen wenig zahlreich suspendirt erscheinen.
In dem die Lymphdrüse einhüllenden Bindegewebe \'ereinzelte Blutaustritte. Körnchenzerfall ist nirgends
zu sehen.
Mit Methylenblau gefärbte Schnitte zeigen sowohl in der Lymphdrüse wie im periglandulären Gewebe
ganz enorme Massen von Pestbacillen, die theils ausgesprochene, an den Enden abgerundete Stäbchen
vorstellen, theils plumper, ovoid sind, besonders dann, wenn sie — wie häufig — intracellulär liegen, oder
welche dort, wo sie dichter liegen, die runde Coccenform haben. Vielfach zeigen sie stärkere bipolare
Färbung, sind zu zweien gelagert oder färben sich sehr blass, bläschenähnlich. In den Blutaustritten, die
sich in den Sinus der Lymphdrüsen von der Seite der Trachea vorfinden, spärliche Pestbacillen.
2. Eine mandelgrosse Lymphdrüse von der rechten Halsseite zeigt die gewöhnliche gleich-
massig über das ganze Parenchym sich erstreckende hochgradige Hyperämie und starke Erweiterung der
.Sinus, die mit Leukocyten imd grossen protoplasmareichen Zellen mit blassem Kerne erfüllt sind. .Ausserdem
finden sich in ihnen zahlreiche, vorwiegend stäbchenförmige, typische Pestbacillen, die häufig intracellulär
gelagert sind und kurze Ketten \'on Coccen. Im adenoiden Ge\vebe finden sich sowohl Pestbacillen als
auch Coccen spärlicher, im Blute der Capillaren sehr spärlich.
Beuleupcst. IL Pathologisch-auatontischer Bericht. 281
3. Rechte Tonsille. Das Bindegewebe unter dem Epithel, die Bindegewebskapsel der Tonsille und
ihre Dissepimente von mono- und polynucleären Leukocyten infiltrirt und herdweise von Blutungen durch-
setzt. Das adenoide Gewebe der Tonsille selbst zeigt keine Besonderheiten, die Keimcentren gross, locker
und wenig zahlreich.
\m Bereiche der früher erwähnten Infiltrate und Blutungen zahlreiche kleine Coccen, die bald rund,
bald länglich geformt sind, und kürzere Ketten bilden. In einzelnen Blutgefässen ziemlich zahlreiche Pest-
bacillen enthalten.
4. Schnitte durch zwei etwas über han fkorngrosse Lymph drüsen der rechten Cubita
zeigen die Umgebung und die Kapsel der Drüsen \'öllig unverändert.
Im Drüsenparenchym selbst finden sich, ausserordendich zahlreich und dichtstehend, bluterfüllte
Capillaren und Gefässe und zahlreiche Blutungen in die erweiterten Sinus. Die Rindenfollikel und ihre
Markstrahlen sind ganz un\-erändert. In den .Sinus, besonders der Markschichte zahlreiche Pestbacillen,
wenige in den Blutgefässen.
5. Die Milz ist mikroskopisch ungemein blutreich. Das Blut durchsetzt überall wandungslos die
Pulpa, die kein bestimmtes Gefüge mehr erkennen lässt.
Auffallend ist der Reichthum an polynucleären Leukocyten. Ausser diesen finden sich sehr viele proto-
plasmareiche Zellen mit einem oder mehreren grossen, oft bläschenähnlich aussehenden oder gelappten
Kernen, die manchmal blass, manchmal intensiver gefärbt sind. Follikel sind überall erhalten, ziemlich gross.
Die Milz ist reich an Pestbacillen. Sie liegen extra- und intracellulär, fast ausschliesslich im Bereiche der
Blutungen, nur spärlich im adenoiden Gewebe und sind sehr blass gefärbt. Sie zeigen hochgradige Pleo-
morphie, indem man alle Übergänge von reinen Stäbchenformen mit sanft abgerundeten Enden zu den
grossen, bläschenartigen Formen findet. Andere Mikroorganismen nicht nachweisbar.
6. Blutung \-om rechten Vorderarme. Das subcutane Binde- und Fettgewebe im Bereiche \on
circa 2 cm hämorrhagisch infiltrirt, und zwar bis in die tieferen .Schichten; das Corium frei. Innerhalb der
Blutung herdweise Anhäufung von polj'nucleären Leukocyten, wo sich auch zahlreiche stäbchenförmige
Pestbacillen finden.
7. Rechtsseitiges Hämatom der Dura. Die der Innenfläche der Pachj^meninx aufgelagerte, frisch-
geronnene Blutschicht zeigt histologisch keine Besonderheiten. Sie besteht aus Massen rother Blutkörper-
chen, sehr viel Fibrin in Form feinfädiger und feinmaschiger Netze, in deren Maschen feingranulirte
geronnene Massen liegen. Ferner findet sich eine dicke Schichte derartigen Fibrins den Blutmassen auf-
gelagert, also die innerste Schichte der Blutung bildend.
Überall liegen zahlreiche polynucleäre Leukocyten, oft zu Haufen angeordnet. Sowohl innerhalb der
Blut- als auch der Fibrinmassen finden sich in Form kleiner Häufchen Pestbacillen, am reichlichsten
beisammen mit den Leukocyten (Gerinnungserscheinung).
8. Niere. Die Epithelien der Harnkanälchen, sowohl der Rinde wie der Pyramiden, von unregel-
mässiger Form, wie angeschwollen, schlecht abgrenzbar, manchmal erscheint ihr Protoplasma fein granulirt,
die Kerne gross und blass gefärbt. Im Lumen der Harnkanälchen und zwischen den Glomeruli und ihrer
Kapsel fein granulirte geronnene Massen, und in ersterem hyaline Cylinder. Die Glomeruli ausser-
ordentlich blutreich, die Capillaren zwischen den Harnkanälchen gleichmässig erweitert und mit Blut gefüllt.
In denselben Pestbacillen, wenn auch nicht sehr zahlreich nachweisbar.
9. Auch die Leber zeigt sehr weite blutgefüllte Capillaren, und ausserdem die gewöhnlichen
Erscheinungen parenchymatöser Degeneration. Sonst nichts Auffallendes. In den Capillaren zahlreiche
Pestbacillen.
10. Herzmuskel \-om linken Ventrikel. Die Ouerstreifung überall erhalten, am gehärteten Präparat
Degenerationserscheinungen nicht sicher zu constatiren, die Muskelkerne sind gross und bla.ssblau gefärbt.
Spärliche Fragmentatio cordis.
282 H. Albrccht und A. Ghoii,
Epikrise.
Der primäre Bubo in der rechten Achselhöhle ist seiner Grösse und der Reichlichkeit der Hämorrhagien
und des Ödems in seiner Umgebung nach typisch entwickelt. Die Lymphdrüsen der rechten Fossa supra-
cla\'icularis zeigen uns ebenfalls sehr intensive Veränderungen, ausgebreitete Hämorrhagien und massen-
hafte Bacillenintiltration, nur sind die Drüsen beträchtlich kleiner. Bedeutend geringere Grade der Affection
zeigen die L\'mphdrüsen von der rechten Seite der Trachea und des Halses und zwei kaum über hanfkorn-
grosse Lymphdrüsen der rechten Cubita. Sowohl der makro- wie der mikroskopische Befund spricht dafür,
dass letztere gleichsam retrograd von der Axilla aus inficirt wurden.
Die rechte Tonsille etwas vergrössert und medullär geschwollen, die linke nicht. Es kann keinem
Zweifel unterliegen, dass die Infection von der rechten oberen Extremität aus ihren Weg genommen und
\-on da aus die früher erwähnten Lymphdrüsengruppen auf der rechten Halsseite ergriffen hat. Hyperämisch
und leicht medullär geschwollen sind die Lymphdrüsengruppen in beiden Leistengegenden und der
linken Axilla, die metastatisch auf dem Wege der Blutbahn inficirt wurden.
Blutungen finden sich an der Convexität des Gehirns in der Form einer ausgedehnten subduralen
Blutung, am Peri- und Epicard, in der Schleimhaut des Magens und Dickdarmes, in der Haut des rechten
Vorderarmes.
Histologisch finden sich überall in der Blutbahn und in den Blutungen Pestbacillen, ziemlich zahlreiche
in der Milz.
In der rechten Tonsille und den Halslymphdrüsen finden sich neben Pestbacillen Coccen von der Form
der Streptococcen. Es handelt sich hier um eine Secundärinfection, ausgehend entweder von der Tonsille
oder einem ulcerirten Balgfollikel, die local geblieben ist, indem nirgends sonst, weder culturell, noch im
Schnitte Streptococcen nachzuweisen sind.
Bacteriologisch stellt der Fall somit eine reine Pestinfection dar.
Fall 11/XXXL
Luiiiba BaJiojee, 7jähriger Hinduknabe, wm^de am 22. März, am III. Krankheitstage ins Spital auf-
genommen und starb am 24. März, am V. Krankheitstage, um 6 Uhr 50 Minuten Früh.
Section am 24. März 10 Uhr Vormittags, drei Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, dem Alter entsprechend lang, von gracilem Knochenbau, sehr mager, Todtenflecke
an den abhängigen Körperpartien kaum sichtbar. Todtenstarre nur an den unteren Extremitäten ausge-
sprochen. Hornhäute glänzend, Pupillen mittelweit, beiderseits gleich weit, Conjunctiven blutleer. Lippen-
und Mundschleimhaut leicht cyanotisch. Die oberen und unteren äusseren Schneidezähne fehlend; die unteren
inneren etwas rifflg (rhachitische Käsezähne). An der rechten Wange eine handtellergrosse Hautnarbe, hinter
dem linken Ohre eine ungefähr 4 ein lange, lineare, mit Hautkelloiden besetzte, alte Narbe. Hals schlank, in
seinen Gruben und in der rechten Achselhöhle keine Drüsen tastbar.
In der linken Axillargegend, an der äusseren Thoraxwand die Haut flach vorgewölbt, verdickt, wie
pastös und in der Ausdehnung einer grossen Handfläche erzitternd fluctuirend. Die Haut nur in dicken
Phallen abhebbar. Bei der Präparation erscheint das Binde- und Fettgewebe dieser Gegend gelblich sulzig,
erzitternd, ödematös, und zwar hauptsächlich um den Pectoralis major, aber auch in der Tiefe den
Pectoralis minor durchsetzend, bis an die Rippen reichend. Nach hinten reicht diese sulzige Infiltration bis
über den lateralen Scapularrand, nach unten bis ungefähr zur 10. Rippe, nach vorne bis nahe an die Mittel-
linie und nach oben bis unter das Schlüsselbein.
Die Lymphdrüsen am vorderen Rande des Pectoralis major in sulzig- und hämorrhagisch infiltrirtes
Bindegewebe gehüllt, über haselnussgross, hart, auf dem Durchschnitte vorquellend, gelblich und dunkelroth
gesprenkelt, von starrem, hämorrhagischen Hof umgeben. In der Wand der aufgeschnittenen Vena axillaris
einige frische, rothe Blutungen.
Beulenpest. II. Pathologisch-anatomischer Bericht. 283
Thorax von entsprechenden Dimensionen, symmetrisch, gut gewölbt. Abdomen unter dem Niveau des
Thorax. Bauchdecken gespannt. Im Hodensacke nur ein Testikel tastbar. In beiden Leistengegenden erbsen-
grosse, ziemlich harte Drüsen palpabel. An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Die weichen Schädeldecken fast blutleer, fettarm; Schädeldach rund. Die beiden Scheitelbeine auf-
fallend stark ausgebuchtet. Der Längsdurchmesser des Schädels beträgt IS'/j cm, der quere 13 c;« und
die Peripherie AA cm. Schädeldach bis 2> mm dick, Spongiosa erhalten. Tabula interna glatt, Nähte
erhalten.
Im Sichelblutleiter spärliche Fibringerinsel. Dura mater gut gespannt, zart, durchscheinend,
Innenfläche glatt, glänzend. Die inneren Meningen an der Basis zart, ziemlich gut injicirt, Gefässe
zartwandig, enge, Meningen an der Con\'exität ebenfalls zart, zerreisslich, Grosshirnrinde geschwollen,
grauroth, Marklager von massig reichlichen Blutpunkten durchsetzt, \'entrikel enge, Stammganglien normal
gebildet; auf dem Durchschnitte ebenso wie Kleinhirn, Pons und Medulla blutarm.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der fünften Rippe, links am unteren Rande der vierten Rippe.
Die Lymphdrüsen am Halse zu beiden Seiten der grossen Gefässe vergrössert, fast haselnussgross,
isolirt, hart, dunkelgrauroth, auf dem Durchschnitte ebenso gleichmässig gefärbt, sehr saftig. Auch die in
beiden Submaxillargruben analog verändert.
Schleimhaut des weichen Gaumens und des Pharynx röthlichgrau, Tonsillen gross, die sie bedeckende
Schleimhaut blass, gelblichröthlich, auf dem Durchschnitte saftig, röthlichgelb. Einzelne Follikel des
Pharynx vergrössert, stark prominent; Schleimhaut des Larynx und der Trachea blutleer.
Schilddrüse klein, fein gekörnt, colloid.
Linke Pleurahöhle leer, Pleura glatt, glänzend, nur am Unterlappen eine Gruppe \'on hirsekorngrossen
Blutaustritten. Die Lunge fühlt sich lufthaltig an, ist auf dem Durchschnitte ebenfalls lufthaltig, sehr blutreich.
Auch am Unterlappen der rechten Lunge Gruppen von Ecchymosen. Auf dem Durchschnitte ebenso luft-
haltig und blutreich wie linkerseits.
Herzbeutel zart, wenige Tropfen Serum enthaltend; Epicard fettarm, frei von Ecchymosen. Herz-
fleisch gelblich, etwas morscher.
Schleimhaut der Speiseröhre blassgrau, die der Trachea und der grossen Bronchien gelblich; die
bronchialen Ljanphdrüsen anthracotisch, vergrössert, ihre Rinde verbreitert, blutreich. Die hinteren media-
stinalen Lj^mphdrüsen kleinbohnengross, blutreich, saftig.
Leber etwas vergrössert, ihre vorderen Ränder etwas plumper, Oberfläche glatt, Kapsel zart,
gut gespannt, auf dem Durchschnitte blutreich, graubraun, gelblich marmorirt, Läppchenzeichnung
undeutlich.
Alilz beträchtlich vergrössert, 14r;;Hang, 8 '/^ cm breit, A cm dick, plump, weich, gleichmässig blut-
roth, Pulpa etwas vorquellend, ziemlich leicht ausstreifbar, Follikel sehr reichlich als kleinste, graue Punkte
sichtbar. Stroma nicht vermehrt; die Lymphdrüsen am Hilus stark geröthet, hart, bis haselnussgross.
Pankreas blutreich, gekörnt.
Nebennieren klein.
Beide Nieren plumper, schlaff, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche gelblichröthlich, mit dunkelrothen
Stellen. Schnittfläche gleichmässig gelblichröthlich, Rinde stark verbreitert, Pj-ramiden sehr schlecht von der
Rinde abgrenzbar. In der Schleimhaut des Nierenbeckens und der Ureteren, ebenso der Harnblase
kleinste punktförmige Blutaustritte, sonst die Schleimhaut dünn. In der Harnblase reichlicher, klarer,
gelber Urin.
Die beiderseitigen tiefen inguinalen Lymphdrüsen am inneren Schenkelringe etw'as vergrössert, derbe,
blutroth, am Durchschnitte saftiger. Die oberflächlichen Lymphdrüsen am Poupart 'sehen Bande beider-
seits über erbsengross, graugelblich, hart, aber nicht weiter verändert.
Die Lymphdrüsen an der linken Seite der Aorta in einer Kette angeordnet, vergrössert, hart, blutroth,
auf dem Durchschnitte sehr saftreich. Die Lymphdrüsen an der Leberpforte ebenfalls vergrössert, dunkel-
blutroth, ebenfalls sehr blutreich und succulent.
Denkschrifien der mathem.-naturw. Gl. LXVI. Bd. 38
284 H. Albrecht niid A. G/ioii,
jMagen massig gross, etwas von Gasen gebläht, gallig und schwärzlich gefärbte Schleimmassen
enthaltend. Seine ganze Schleimhaut übersäet von zahllosen, punktförmigen, dicht neben einander stehen-
den, aber selten contluirenden Bliitaustritten, welche sich längs der Cardia auf die Schleimhaut des Öso-
phagus bis nahe an die Bifurcation fortsetzen. Ähnliche solche Blutungen, aber etwas weniger reichlich,
finden sich im ganzen Dünndarme. Die Schleimhaut desselben stark gelockert und verschleimt. Die Plaques
lebhaft geröthet, prominirend, sehr gross, auch die Schleimhaut der Umgebung lebhaft geröthet.
Die mesenterialen Lymphdrüsen nur wenig vergrössert, blutreich.
Im ganzen Dünndarme gallig gefärbte Chymusmassen. Im Dickdarme reichliche, gallige, dickflüssige
P'äcalmassen. Schleimhaut ebenfalls geschwollen, ziemlich spärliche punktförmige Blutaustritte zeigend.
Der linke Hode in der Mitte des linken Leistencanals.
Die Lymphdrüsen der rechten Axilla circa erbsengross, dunkelblaurulh, auf dem Durchschnitte ebenso
gleichmässig gefärbt, sehr saftig.
Die am 1\'. Krankheitstage vorgenommene bacteriologische Blutuntersuchung ergab
reichliche R e i n c u 1 1 u r von P e s t c o 1 o n i e n.
Bacteriologischer Befund.
1. Im Ödem der linken Brustseite finden sich culturell spärlich Pestcolonien in Keincultur.
2. In Deckglaspräparaten einer Lymphdrüse der linken Achselhöhle sieht man sehr
reichlich Pestbacillen, extracellulär, einzeln oder als Diplobacillen gelagert; neben typischen t)valen und
Stäbchenformen mit guter bipolarer F'ärbimg finden sich reichlich schwach gefärbte i'imLltiche und
Ringformen.
In bedeutend geringerer Anzahl zeigen die Präparate Diplococcen von Lanzettform, im Gegensatze zu
den Pestbacillen positiv zur Gram'schen Methode.
Die Aussaaten (Glycerinagar) zeigen eine reichliche Reinciiltur von Colonien des Diplococcus
pneumoniae; Pestcolonien konnten in den Eprouvetten-Aussaaten nicht nachgewiesen werden.
3. Aussaaten von der Galle bleiben steril.
4. Aussaaten von der Leber zeigen massig reichlich Pestcolonien und ungefähr in gleicher Anzahl
Colonien des Diplococcus pneumoniae.
5. Die Milz zeigt mikroskopisch ziemlich reichlich Pestbacillen, extracellulär, sowohl in den typischen
gut tingirten, als auch den bereits oft erwähnten Degenerationsformen. Spärlich Diplococcen, meist von
Lanzettform.
Die Aussaaten zeigen in ungefähr gleicher Anzahl Colonien des Pestbacillus inid Diplococcus
pneumoniae.
6. Culturen vom Harn bleiben steril.
7. Deckglaspräparate vom Inhalte des unteren Ileum enthalten massig viele Bacterien:
vorherrschend kurze, plumpe, gleichmässig und ziemlich intensiv gefärbte Bacillen; spärlich finden
sich auch Bacillenformen, die nach Grösse, Form und Färbe\-erhalten den Pestbacillen völlig gleich
erscheinen.
In den Aussaaten findet sich eine Reincultur von Colonien der Coligruppe; Pestcolonien nicht nach-
weisbar.
8. In Deckglaspräparaten einer mesenterialen Lymphdrüse sieht man spärlich Pestbacillen,
meist einzeln und in typischer Form; daneben in ungefähr gleicher Anzahl Coccen, theils als Diplococcen
von Lanzettform, theils in kurzen Ketten angeordnet.
Die Aussaalen ergeben wenige Colonien des Pestbacillus, etwas reichlicher solche des Diplococcus
pneumoniae.
Bciih'tipcsf. IL rüfhologisch-üihilonnschcv Bcridit. 285
Histologischer Befund.
1. Lymphdrüse aus der linken Axilla. Zur Untersuchung gelangten Schnitte von einer etwa
wallnussgrossen und Schnitte von einer über bohnengrossen Lymphdrüse sammt Umgebung. Dieselben
j;eigen alle für einen primären Bube charakteristischen Veränderungen. Das Drüsenparenchym fast voll-
ständig durch Blutungen und Bacterieninfiltration zerstört, daneben finden sich reichliche Leukocj'tcn-
infiltrationen und homogenwandige, verdickte oder mit balkig-schoUigen, durch Eosin glänzend rothgefärbte
Massen erfüllte, kleine Gefässe. \'ielfach zeigen die Leukocyten einen feinkörnigen Zerfall ihrer Kerne. Die
Kapsel meist nicht abgrenzbar, im umgebenden Fettgewebe ganz dieselben Veränderungen und zahlreiche
erweiterte, mit Leukocyten und colossalen Bacterienmengen ausgefüllte Lymphgefässe, ausserdem reich-
liche Durchtränkung mit geronnener Ödemflüssigkeit, die stellenu-eise feine Fibrinfäden erkennen lässt. In
der Media der vom Schnitte getroffenen Vena axillaris kleinere Blutaustritte, die sich zwischen die Muskel-
bündel eindrängen. Auf mit Methjienblau gefärbten Schnitten massenhafte Rasen oder Haufen von typi-
schen Pestbacillen aller Formen, die spärlicher in den ödematösen Antheilen des Fettgewebes zu finden sind,
und kleine Häufchen oft intracellulär gelegener Diplococcen von Lanzettform, die sich nach der Gram-
Weigert'schen Färbungsmethode im Gegensatze zu den Pestbacillen nicht entfärben.
2. Schnitte durch eine Reihe von Balgfollikel vom Zungengrunde zeigen diese zum Theile
erhalten, jedoch stark hyperämisch. Zum anderen Theile sind sie von Blutungen und Bacterienmassen der-
artig durchsetzt, dass nur einige EinzelfoUikel mehr zu erkennen sind. Ausserdem finden sich zwischen den
Blut- und Bacterienmassen Leukocyten und kleine Gefässe, die ebenso verändert sind wie bei 1. Die binde-
gewebige Umgebung \'on homogen geronnener Ödemflüssigkeit und Leukocyten durchsetzt, viele kleine
Blutgefässe mit letzteren vollgepfropft. Das Oberfiächenepithel in kürzeren Strecken und besonders dort, wo
es sich zwischen zwei Balgfollikel einsenkt, in grob granulirte oder schollige Massen umgewandelt, die sich
mit Eosin blass diffus rosa färben und manchmal noch die Zellcontouren erkennen lassen. Auf mit Methylen-
blau gefärbten Schnitten sieht man in den Blutgefässen zahlreiche Pestbacillen meist von plumper, stäbchen-
artiger Form. Im Übrigen finden sich sowohl im Bereiche des adenoiden Gewebes \vie im umgebenden
Bindegewebe enorme Mengen von lanzettförmigen Diplococcen, die auch vielfach zugleich mit polynucleären
Leukocyten zwischen die Plattenepithelien eindringen. Daneben finden sich ebenfalls zwischen den Epithe-
lien grössere Mengen von typischen, blass gefärbten Pestbacillen. In den tieferen Schichten, nur dort, wo die
Diplococcen spärlicher liegen, Haufen \-on Pestbacillen nachweisbar. Nach der Gram - Weigert'schen
Methode prompte Entfärbung der Pestbacillen, die Diplococcen blau gefärbt.
3. Haselnussgrosse Lymphdrüse aus der rechten Axilla. Dieselbe zeigt die gewöhnliche,
über die ganze Lymphdrüse ausgebreitete Hyperämie, die weiten Sinus von grossen protoplasmareichen
Zellen mit grossen runden, blassgefärbten Kernen ausgefüllt, zwischen denen sich zahlreiche poljmucleäre
Leukocyten finden. In den Sinus und in den Blutgefässen zahlreiche Diplococcen, äusserst spärliche, sehr
blassgefärbte Pestbacillen.
4. Lymphdrüsen aus der linken Cubita (erbsengross). Die Lymphdrüse ist von der unver-
änderten Bindegewebskapsel scharf begrenzt. Die meisten Sinus von enormen Bacterienmassen ausgefüllt, wie
injicirt, besonders dieRandsinus. Ausserdem zahlreiche polynucleäre Leukocyten, aber nirgendsHämorrhagien.
Auf mit Methylenblau gefärbten .Schnitten sieht man die grossen Bacterienmassen aus kurzen Stäbchen
bestehen, die meist als Diplohacillen angeordnet sind, öfter auch plumpere, mehr ovale Formen darstellen.
Sie sind zweifellos als Pestbacillen zu betrachten und entfärben sich nach der Gram-Weigert'schen Methode.
Ausserdem finden sich Diplococcen mit Lanzettformen in kleinen Häufchen gruppirt, die sich nach oben-
genannter Färbungsmethode intensiv blau färben.
5. Eine etwa haselnussgrosse Lymphdrüse vom Hilus der Milz zeigt die gewöhnlichen
acut entzündlichen Veränderungen wie 3. Keine Hämorrhagien, die Kapsel und ihre Umgebung nicht ver-
ändert. Im Blute der erweiterten Capillaren und Blutgefässe spärliche Pestbacillen und Diplococcen nach-
weisbar.
3S*
286 H. Albrecht inul A. Gliou.
6. Schnitte durch zwei längliche bohnengrosse Lymphdi-üscn aus dem Gekröse des
Dünndarmes zeigen ähnliche Veränderungen wie die Vorstehende, nur nicht .so hochgradig und nicht so
gleichmässig ausgebreitet. Im Blute wenige Diplococcen und noch weniger typische Pestbacillen auf-
zufinden.
7. Milz. Dieselbe ist zum Theile hochgradig h3'perämisch, indem die erweiterten Pulparäume vim Blut
erfüllt sind, zum Theile ist die Pulpa diffus von Blut und polynucleären l.eukocyten infiltrirt. Am .Auffallendsten
sind die sehr zahlreichen kleinen Herde, die an Grösse und Form Längs- oder Querschnitten kleiner Gefässe
entsprechen. Sie bestehen im Centrum aus homogenen oder grob granulirten Massen, die mit Eosin sich
gut färben, und ihre Peripherie wird von Kerntrümmern oder feinen Körnchen oder langfädig ausgezogenen
Kernen gebildet. Häufig ist das Gefässrohr noch an seiner Form zu ei'kennen. Auf mit Methylenblau
gefärbten Schnitten finden sich sehr zahlreiche Haufen von stark gefärbten lanzettförmigen Diplococcen und
etwas spärlichere Pestbacillen. Diese haben entweder die rundliche, blassgefärbte und bläschenähnliche Form
oder stellen plumpe und länglich ovale Stäbchen vor. hnmer sind sie \'iel blässer gefärbt als die Diplococcen
und liegen am zahlreichsten um die eben beschriebenen Herde.
8. Die Leberepithelien zeigen den gewöhnlichen Befund der parenchymatösen Degeneration. Die
Capillaren und Blutgefässe enthalten auffallend \'iele polynucleäre Leukocj-'ten. Im Blute reichliche lanzett-
förmige Diplococcen und äusserst spärliche zweifellose Pestbacillen. Vielfach sieht man in den Capillaren
unregelmässige, gröber und feiner granulirte Häufchen, die sich mit Methylenblau blass färben und deren
Natur nicht sicherzustellen ist (abgestorbene Bacterien?).
9. Niere. Die Epithelien sowohl der Rinden- wie der Marksubstanz zeigen ausgesprochene Zeichen
parenchymatöser und fettiger Degeneration. Die Capillaren überall stark mit Blut gefüllt. In denselben sehr
zahlreiche Diplococcen und nur äusserst spärliche Pestbacillen nach genauem Durchmustern der Schnitte
auffindbar.
10. Unterstes Viertel des Ösophagus. In dei- Bindegewebsschicht, unmittelbar unter dem überall
unverletzten Plattenepithel, zahlreiche kleine, oft mit einander zusammenhängende Blutungen. Um die
erweiterten Blutgefässe Leukocyteninfiltrate. In den Blutungen überall Pestbacillen und Diplococcen in
gleicher Menge vorhanden.
11. Adagen. Alikroskopisch zeigt sich, dass die zahlreichen kleinen Blutungen der .Schleimhaut ganz
oberflächlich sitzen und dieselbe in unregelmässiger Form, ungefähr zur Hälfte gegen die Tiefe zu, dinx~h-
setzen. Sonst keine besonderen pathologischen Veränderungen. In den erweiterten Capillaren und auch in
den Blutungen, wo nicht bereits die Wirkung des verdauenden Magensaftes zu erkennen ist, finden sich
Pestbacillen und reichlich Diplococcen.
12. Schnitte durch einen Plaque des Dünndarmes zeigen, dass derselbe überall scharf abge-
grenzt ist und durch dieselbe hochgradige Erweiterung und Blutfüllung seiner Gefässe ausgezeichnet ist,
wie andere Lymphdrüsen. Sehr beträchtlich vergrössert sind die sogenannten Keimcentren, die von dicht-
gedrängten epithelähnlichen Zellen und pol^mucleären Leukocyten gebildet sind. In denselben finden sich
einzelne Herde, die von blaugefärbten Körnchen, Kerntrümmern und lang, fädenartig ausgezogenen Kernen
gebildet sind. Dieser Kernzerfall ist in ausgezeichneter Weise noch in Zellen zu sehen, deren Protoplasma
erhalten und vollgefüllt mit blauen Körnern und Kerntrümmern ist. Die überziehende Schleimhaut überall
erhalten, von den vergrösserten Follikeln stellenweise vorgewölbt, ausserordentlich hyperämisch.
Blutungen im Bereiche des Plaques fehlen vollständig, vereinzelte kleine finden sich zwischen den
Lieberkühn 'sehen Krypten, die mit Becherzellen ausgefüllt sind. Im Bereiche der Keimcentren und
besonders des Kernzerfalles in denselben liegen ziemlich reichliche, sehr blass gefärbte Pestbacillen,
häufig intracellulär gelagert, von runder oder rund ovaler Form. Diplococcen nur innerhalb der Gefässe
reichlich neben Pestbacillen. Im übrigen adenoiden Gewebe weder Pestbacillen noch Diplococcen nach-
weisbar.
Bcttleupcsf. IT. PathnJogisclt-auatouiischer Bericht. 287
13. Schnitte durch die Harnblase zeigen überall das Epithel in ausgezeichneter Weise erhalten.
Die subepithelialen Bindegewebsschichten reichlich und gleichmässig von Rundzellen intiltrirt, die
Gefässe überall erweitert. In den Gefässen reichlich lanzettförmige Diplococcen, spärliche, rundliche, blass-
gefärbte Pestbacillen.
Epikrise.
Der vorliegende Fall zeigt den primären Bubo mit seinen charakteristischen Veränderungen in der
Ljnnphdrüsengruppe der linken Achselhöhle; auffallend erscheint an ihm die geringe Grösse der hämor-
rhagisch infiltrirten Lymphdrüsen.
Fast alle übrigen Lymphdrüsen zeigen Schwellung, Hyperämie und grösseren Saftreichthuni.
Ebenso ist eine Reihe \'on Plaques im Dünndarme ganz auffallend hyperämisch und geschwollen.
Blutungen finden sich, abgesehen \-on gewissen Ljmiphdrüsen, in der Pleura, in der Schleimhaut des
Nierenbeckens, der Ureteren, der Harnblase, des Magens und des Dünn- und Dickdarmes.
Dem histologisch und bacteriologischen Befunde nach erweist sich dieser Fall complicirt durch eine
Secundärinfection, bedingt durch den Diplococcus pneumoniae. Aus dem anatomisch-histologischen Befunde
geht mit Sicherheit hervor, dass der Diplococcus von den Tonsillen aus, die zweifellos vorher durch Pest
x'erändert waren, in das Gefässsystem gelangt ist.
Histologisch lässt sich die ganz frische, metastatische Infection durch den Pest-
erreger in den Follikeln des Darmes nachweisen; die Schleimhaut nirgends exulcerirt.
In der Milz finden sich zahlreiche kleinere Herde, bedingt durch Coagulationsnekrose kleiner Gefässe
verbunden mit einer eigenartigen Coagulation innerhalb und ausserhalb derselben und mit reichlichem
Körnchenzerfall, sehr reichliche Diplococcen und etwas spärlichere Pestbacillen.
Fall 12, XXXIV.
Shewa Appa, ' 35jähriger Hindu, Arbeiter, wurde am '1\. März, am X. Krankheitstage, ins .Spital aufge-
nommen und starb am 26. März, am X\'. Krankheitstage, um 1 1 Uhr 35 Minuten Nachts.
Section am 27. März um 9 Uhr \'ormittags, ungefähr 10 Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 175 cm lang, von gracilem Knochenbau, massig entwickelter Musculatur, schlecht
genährt.
Todtenstarre gut entwickelt, Todtenflecke kaum wahrnehmbar.
Pupillen mittelweit, beiderseits gleich. Conjunctiven blutleer, Mundschleimhaut etwas cyanotisch,
Zähne anscheinend gesund.
Hals kurz, kräftig, in seinen Gruben keine Drüsen tastbar.
In der rechten Axilla ein Paar circa haselnussgrosse, leicht \-erschiebliche, ebenso in der linken etwas
kleinere Lymphdrüsen tastbar.
Thorax von entsprechenden Dimensionen, symmetrisch, gut gewi'ilbt.
Abdomen im Niveau des Thorax.
In beiden Leistengegenden über bohnengrosse, harte Drüsen tastbar.
Am äusseren Genitale nichts Pathologisches.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Die weichen Schädeldecken ziemlich fettreich, aber blutarm. Schädeldach länglich oval, circa 8 nun
dick, Spongiosa überall erhalten, bis 4 mm dick, blutarm. Der Längsdurchmesser des Schädeldaches
misst 18 cm, der quere 13 cm und die Peripherie öO'/j cm. Glastafel ziemlich dünn, an der Innenfläche glatt.
Im Sichelblutleiter reichliche Blutgerinsel. Dura mater ziemlich gut gespannt, zart, durchscheinend,
blutarm. Die Meningen an der Gehirnbasis, und zwar hauptsächlich in der Gegend des Chiasma der Sehner\'en
1 Vergl. Krankengeschichte, 11. A. pag. 122.
288 H. Albrcchl mul A. Ghnn.
lind lies Pons, an den Seiten und dei' ( )bern;iche des Kleinhirns, elrienso beiderseits in den Sylvi'schen
Fui'eiien sind \'on diclvixlumpigen, eitrigen Exsudatmassen durchsetzt, sehr starl< durchfeuchtet, sonst fleckig
geröthet, die Meningen an der Convexität starl< üdcmatös und getrübt, aber zart. Venen prall gefüllt.
Das vveis.se Marklager von spärlichen Blutpunkten durchsetzt, weicher, Rinde gelblich. Seitenventrikel
erweitert, trübe, mit gelblichen, eiterigen Flocken vermischte Flüssigkeit enthaltend. Beide Plexus
laterales wie angeschwollen, trübroth und belegt mit ziemlich dicken, ebenfalls klumpigen, grünlichgelben
Exsudatmembranen. Das Ependym überall gelockert und fleckig gerötliet, besonders im x'ierten Ventrikel.
Kleinhirn sehr weich, etwas blutreicher, ebenso Pons und MeduUa.
Zwerchfellstand rechts an der vierten Rippe, links am oberen Rande der fünften.
An der hinteren Seite des rechten Rectus abdominis, in dem dem Peritoneum parietale anliegenden
Bindegewebe, ein unregelmässiger, handtellergrosser Blutaustritt.
Schilddrüse klein, blutarm, coUoid, körnig.
Die Lymphdrüsen zu beiden Seiten der grossen Halsgefässe fast haselnussgross, röthlichgelblich. Auf
dem Durchschnitte entleert eine der linken submaxillaren Lymphdrüsen reichlichen, dünnflüssigen Eiter aus
einer kleinen Höhle. Das übrige Drüsengewebe dunkel-blutroth, sehr saftig. Die anderen Halsdrüsen
erscheinen theils sehr blutreich und succulent, theils etwas derber röthlichgrau.
Schleimhaut des Pharynx und des Gaumens etwas geröthet, Tonsillen nicht verändert. An der Schleim-
haut des Larynx und der Trachea nichts Besonderes sichtbar.
In der linken Pleurahöhle ungefähr '/^ Liter trüben, gelblichen Exsudates, das reichlich mit Fibrinflocken
vermischt ist. Die Pleura überall belegt mit gelblichen Fibrinmembranen und frisch geronnenen Blutmassen,
zum Theile auch übersäet mit Gruppen von Ecchymosen. Die linke Lunge fühlt sich lufthaltig an, nur in
den hinteren Partien erscheint sie etwas derber. An der \'orderen Fläche des Oherlappens, nahe dem Unter-
lappen und an dem hinteren Antheil des Unterlappens erscheint das Lungengewebe in circa guldenstück-
grosser Ausdehnung besonders prominent, die Pleura daselbst mit dicken Fibrinmembranen reichlich bedeckt,
von zahlreichen Blutungen in der Peripherie dieses Bezirkes durchsetzt, während das Centrum missfärbig,
grünlich erscheint. Entsprechend dieser Stelle findet sich im Unterlappen eine haselnussgrosse Höhle, die
mit missfärbigem Eiter gefüllt ist und deren Wand ziemlich glatt vom Lungengewebe gebildet erscheint.
Derselbe Befund an der entsprechenden Stelle am Oberlappen. Das übrige Lungengewebe stark durch-
feuchtet, aber lufthaltig. Bronchien mit dickem, gelblichröthlichen Eiter gefüllt, ihre .Schleimhaut tief
geröthet.
Rechte Lunge vollständig angewachsen, auch mit dem Herzbeutel verwachsen, überall lufthaltig
anzufühlen, in den hinteren Partien etwas derber. Auf dem Durchschnitte erscheint diese Lunge sehr stark
durchfeuchtet, wenig blutreich, die Bronchien mit dicklichem Eiter gefüllt. An der Spitze des Oberlappens
findet sich eine peripher sitzende infiltrirte Partie, die etwas missfärbig erscheint und in ihrer Mitte eine
Höhle, erfüllt mit bröcklig-krümligen Massen, enthält. Genau dieselben Massen finden sich in den grossen
Bronchien dieser Lunge. Ausserdem finden sich zerstreut im Gewebe der Lunge einige granulirte, gelbliche,
prominente, luftleere Herde; sonst erscheint die Lunge lufthaltig.
Schleimhaut der Trachea und der grossen Bronchien lebhaft geröthet.
Die bronchialen Lymphdrüsen sind etwas vergrössert, succulenter, blutroth.
Herz \'on entsprechender Grösse, im Herzbeutel ziemlich reichlich klares .Serum; derselbe zart;
beide Ventrikel schlaff; Herzlleisch gelblich und morsch, alle Klappenapparate zart und schlussfähig; Intima
der Aorta grauweisslich, atheromatös verdickt.
Leber sehr schlaff, etwas vergrössert, ihre Oberfläche glatt, ziemlich blutarm, Läppchenzeichnung
undeutlich, graubraun.
Milz etwas vergrössert, sehr schlaff, am Durchschnitte lichtroth, Pulpa etwas leichter ausstreifbar.
Nieren gross und plump, weich, Rinde geschwollen, am Durchschnitte vorquellend, gelblich-röthlich
gestreift. Pyramiden etwas verbreitert, besonders an der Peripherie, das Nierenbecken intact, ebenso die
Harnleiterschleimhaut.
nLiiU-upcsf. IL PathoJogisch-auatoiiiischcr Bericht. 28Ö
In der Harnblase reichlicher, gelber, trüber Urin.
Im Magen reichlich schleimige Massen, seine Schleimhaut grau, mit reichlichem Schleim belegt.
Im Dünndarme gallig gefärbte Chymusmassen. An einer Stelle des Ileum die Schleimhaut stark gelockert,
lebhaft roth, auf den Höhen der Falten lichtblutroth gefärbt. Ähnliche solche Stellen am Anfange des Dick-
darmes.
In der rechten Axilla findet sich neben mehreren fast haselnussgrossen, harten, dunkelblutrothen Lymph-
drüsen, die auf dem Durchschnitte stark succulent und zum Theile ganz schwarzroth erscheinen, ein Abscess,
taubeneigross, einer Lymphdrüse entsprechend, mit deutlicher Kapsel versehen, mit dicklichem, klumpigen
Eiter gefüllt. Das umgebende Bindegewebe leicht ödematos.
Die Lymphdrüsen in beiden Leistengegenden, die Iliacae und Lumbales und die in der linken Axilla
nicht N'erändert.
Die am 21., 22., 23., 24. und 25. März vorgenommene bacteriologische Blutuntersuchung
gab jedesmal ein negatives Resultat. Die Aussaaten blieben steril.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckglaspräparate aus dem meningealen Exsudate von der Gehirnbasis und den
Ventrikeln zeigen spärlich Pestbacillen; dieselben liegen entweder einzeln und extracellulär, oder —
und zwar verhältnissmässig reichlicher — intracellulär; nur vereinzelt linden sich in den Präparaten die
Pestbacillen in kleineren oder grö.sseren rasenförmigen Gruppen vereinigt. Nur zum geringen Theile sind die
Pestbacillen gut tingirt und von typischem Aussehen; die intracellulär gelegenen, sowie die in Gruppen
angeordneten erscheinen meist schwach gefärbt, rundlich, in Ringformen oder aber mit eigenthümlich unre-
gelmässiger Polarfärbung und fast völlig entfärbtem Mittelstücke, so dass man an vielen Stellen Detritus-
massen oder Kernreste vor sich zu haben glaubt, und die sichere Deutung dieser Bilder nur aus den umlie-
genden, zahlreich vorhandenen Übergangsformen möglich wird. Nur sehr vereinzelt sieht man ausserdem
schlankere und etwas längere Bacillen mit abgerundeten Enden und meist gleichmässig stärkerer Färbung
als die Pestbacillen. Coccen sind nicht nachweisbar.
In den Aus,saaten vom Exsudate der Gehirnbasis finden sich neben 10 Colonien von Bacillen der Coli-
gruppe 6 Pestcolonien.
In den Aussaaten von der Ventrikelflüssigkeit gehen nur Colonien der Coligruppe an.
Von der aus den Aussaaten des basalen Exsudates angelegten Reincultur auf Glycerinagar wird 1 ccni
der reichlichen Aufschwemmung einem jungen weissen Kaninchen subcutan injicirt. Das Thier verendet
nach drei Tagen. Die sofort post mortem vorgenommene Section des Thieres ergibt typischen Pestbefund:
typischer primärer Bubo der linken Inguinaldrüsen, entsprechend der Injectionsstelle, typischer Milztumor,
Hämorrhagien im Dickdarme etc. In allen Organen lassen sich Pestbacillen nachweisen.
2. In den Aussaaten vom pleuritischen Exsudate der linken Seite finden sich vorwiegend
Colonien des Diplococcus pneumoniae, spärlich solche des Staphylococcus pyogenes aureus und albus und
solche \-on Bacillen der Coligruppe.
3. In der vereiterten Lymphdrüse der linken Submaxillargegend finden sich nur sehr
vereinzelt kurz ovale Bacillen vom Aussehen der Pestbacillen; in zahlreich vorhandenen Eiterzellen sind
Gebilde sichtbar, die nicht sicher zu deuten sind, wahrscheinlich aber degenerirte Bacillenformen darstellen.
Coccen sind nicht nachweisbar.
In den Aussaaten finden sich spärlich, aber ausschliesslich Pestcolonien (8 Colonien).
4. Das eitrige Secret aus dem Abscesse im Oberlappen der linken Lunge zeigt mikro-
skopisch ein sehr reichliches Bacteriengemenge, vorwiegend Coccen, theils als Diplococcen, theils in längeren
Ketten angeordnet, und Bacillen verschiedener Grösse und Form.
290 H. Albrccht luul A. Chon,
Pestbacillen sind nicht nachweisbar.
4a. Die Aussaaten \- o m Inhalte des ähnlichen A b s c e s s e s im U n t e r 1 a p p e n der linken
Lunge zeigen gleichfalls Colonien \'erschiedener Bacterienfnrmen, jeduch keine Pestcolonien.
5. Die Aussaaten aus der Milz bleiben steril.
6. In der vereiterten Lymphdrüse der rechten Achselhöhle sind mikroskopisch Bacterien
nicht mit Sicherheit nachweisbar.
In den .Aussaaten (nicht völlig steril angelegt) finden sich 8 Colonien von Bacillen der Coligruppe.
7. In einer hj'perämi sehen .Achseldrüse der linken Seite finden sich mikroskopisch wenige,
jedoch typische Pestbacillen, meist einzeln liegend; an vereinzelten Stellen erscheinen sie auch zu kleineren
Gruppen angeordnet und zeigen in diesen ähnliche Formen wie bei Nr. 1. Coccen sind nicht nachweisbar.
Die Aussaaten (nicht steril angelegt) sind überwuchert von Bacillen der Coligruppe.
Histologischer Befund.
L Vereiterte Lymphdrüse der rechten AxiUa. Im periglandulären Fettgewebe, um Gefässe
angeordnet, finden sich Infiltrate von meist polynucleären Leukocyten mit intensiver Kernfärbung. Die Binde-
gewebskapsel der Lymphdrüse überall erhalten und gegen das Fettgewebe scharf abgegrenzt, aber etwas
verbreitert, indem sich auch hier Infiltrate und dickere Balken \'on mehr homogenem Fibrin zwischen den
Bindegewebsbündeln eingelagert finden. Das adenoide Gewebe ist in der Rindenschicht zumeist noch erhalten,
in den Sinus sehr zahlreiche mono- und polynucleäre Leukocyten und Balken oder Schollen von homogenen
Massen. An anderen Stellen sind auch diese Reste des Drüsenparenchyms nicht mehr erhalten und an dessen
Stelle findet sich ein reichliches Netzwer'k von homogenen, stark mit Eosin gefärbten Balken, die poly-
nucleäre Leukocyten einschliessen. In den mehr central gelegenen Antheilen ist das Netz viel weitmaschiger
und enthält ganz schwach mit Eosin gefärbte, fein granulirte Detritusmassen und oft auch zahlreiche feine
und gröbere, stark blau gefärbte Körnchen, die man auch vielfach innerhalb von noch erhaltenen Zellleibern
sieht. Ganz im Centrum finden sich ganz unregelmässig granulirte, mit Eosin gut gefärbte Massen, in denen
sich noch manche, undeutlich contourirte Zellleiber erkennen lassen und massig zahlreiche polynucleäre
Leukocyten mit ausserordentlich reichlichem Körnchenzerfalle. An anderen Stellen liegen die polj'nucleären
Leukocyten sehr dicht, und man findet unter ihnen Formen von der gewöhnlichen Grösse eines Leukocj'ten,
die keine Kernfärbung mehr zeigen, sondern diffus lichtblau mit Hämatoxylin gefärbt sind, oder eine
stärkere Blaufärbung der Peripherie erkennen lassen.
An einigen Stellen, wo kein adenoides Gewebe oder nur mehr Spuren davon erhalten sind, sieht man
die centralen Antheile der Lymphdrüsen von einer ziemlich breiten Schichte Bindegewebes begrenzt, das
aus schlanken Spindelzellen mit plumpen, blass und bläschenartig gefärbten Kernen und dünnwandigen
Blutgefässen besteht und von polynucleären Leukocyten oder Fibrinfäden durchsetzt ist. Es steht mit der
eigentlichen Bindegewebskapsel der Lymphdrüsen in unmittelbarem Zusammenhange, oder dieselbe ist an
vielen Stellen in derartiges Gewebe umgewandelt. Auch viele Sinus zwischen den angrenzenden erhaltenen
Follikeln und Markstrahlen sind davon durchwachsen. Auch die bindegewebigen Septa des umgebenden
Fettgewebes sind verdickt, indem sie in breiter Lage aus denselben Spindelzellen, die oft 3 — 4 Kerne oder
einen grossen gelappten Kern besitzen, bestehen. Auf mit polychromem Methylenblau gefärbten Schnitten
sind nur äusserst vereinzelte Diplobacillen von der typischen F'orm der Pestbacillen aufzufinden, dagegen
finden sich ganz blassblau gefärbte runde Gebilde, von der Grösse der Pestbacillen, ebenfalls in ziemlich
geringer Anzahl. Sie müssen entsprechend ihrer F'orm, Grösse und Färbbarkeit mit grösster Wahrschein-
lichkeit als in Degeneration begriffene Pestbacillen angesehen werden. Ausserdem finden sich ganz ver-
schieden grosse runde Gebilde, die sich mit dem polychromen Methylenblau deutlich roth färben. Die-
selben scheinen Derivate der zerfallenen Kerne zu sein. Andere Bacterien nicht nachweisbar.
2. Zwei erbsen- bis bohnengrosse Lymphdrüsen aus der rechten Achselhöhle zeigen
hochgradige Erweiterung und Blutfüllung der Capillaren und Blutgefässe. Viele Sinus sind mit zahlreichen
Betilenpest. II. Pathologisch-anatontischer Bericht. 291
rothen Blutkörperchen angefüllt, sonst keine besondere Veränderung zu constatiren. Irgend welche Mikro-
organismen sind nicht auffindbar.
3. Zwei etwa bohnengrosse Lymphdrüsen von der linken Halsseite. Beide zeigen im
Wesentlichen dieselben geringgradigen Veränderungen wie die Vorstehenden. Nur findet sich sowohl im
umgebenden Fettgewebe wie auch zum Theile in den Sinus eine homogen geronnene, mit Eosin blassrosa
gefärbte Flüssigkeit; dieselbe findet sich auch in einigen stark erweiterten Lymphgefässen nebst wenigen
polynucleären Leukocyten. Auch hier der Bacterienbefund vollständig negativ.
4. Eitrige Meningitis. Zur histologischen Untersuchung wurden beide wie eitrig infiltrirt aussehende
Plexus lateralis und die mit eitriger Meningitis behaftete Kleinhirnconvexität verwendet. Überall findet sich
das gewöhnliche Bild der fibrinös eitrigen Entzündung der Gehirnhäute. Fibrin ist reichlich vorhanden,
und zwar in Form feinster Fäden, die Eiterkörperchen fast überall in reichlichem Körnchenzerfall
begriffen. Das Exsudat dringt allenthalben zwischen die Zotten des Plexus ein, deren Gelasse mit Blut voll-
gefüllt sind.
Besonders über dem Kleinhirn ist das Exsudat reich an zerfallenden Leukocyten; dasselbe überzieht
in breiter .Schicht die Kleinhirnoberfläche, und ausser den stark mit Blut gefüllten Gefässen sind nin-
wenige durch den Eiter auseinander gedrängte Bindegewebsfasern der Pia erhalten. Auf einer Reihe
\'on Schnitten, die mit polychromem Methylenblau gefärbt sind, finden sich trotz sorgfältiger Durch-
musterung überhaupt keine typischen Bacillen, wohl aber stellenweise runde, sehr blass gefärbte Gebilde
von der Grösse der Pestbacillen, die mehr vereinzelt liegen. Nur auf Schnitten durch einen
Plexus lateralis sieht man innerlialb reichlicher Anhäufung von Eiterzellen (an zwei Stellen) kleine
Gruppen oder Häufchen von Bacillen, die meist extra- aber auch intracellulär liegen und ziemlich
blass gefärbt sind. Es sind zum Theile schlankere Stäbchen mit sanft abgerundeten Enden, zum Theile
kürzere, plumpere Stäbchen, die auch zu Diplobacillen angeordnet sind. Dazwischen findet man ovoide
oder ganz runde Formen, die besonders blass gefärbt, ebenfalls manchmal zu zweien gelagert sind. Ausser
diesen früher erwähnten Häufchen finden sich (in der Umgebung derselben) nur ganz vereinzelte
Bacillen derselben Form. Andere Mikroorganismen weder auf den mit Methj'lenblau, noch
auf nach Gram-Weigert gefärbten Schnitten nachweisbar.
5. Milz. Dieselbe ist sehr blutarm, die meisten Pulparäume collabirt, leer \-on Blut; in den grösseren
mit Blut gefüllten Gefässen fällt der Reichthum an polynucleären Leukocj'^ten auf. Die Trabekel sind sehr
dick. Nirgends besondere pathologische Veränderungen bemerkbar. Ebensowenig sind Bacterien
aufzufinden.
Epikrise.
In der rechten Axilla findet sich neben mehreren haselnussgrossen, hyperämischen Lymphdrüsen ein
mit dickem, klumpigen Eiter erfüllter Abscess, der einer Lymphdrüse entspricht; ein ganz ähnlicher femer
in der linken Submaxillargegend, ebenfalls umgeben von mehreren geschwollenen Lymphdrüsen. Irgend ein
anderer Anhaltspunkt dafür, dass ursprünglich eine Erkrankung an Pest vorlag, besteht anatomisch nicht.
Ausserdem finden sich peripher sitzende, von missfärbigem Eiter erfüllte und vom Lungengewebe begrenzte
Abscesse beider Lungen und schliesslich eine diffuse eitrige Meningitis des Gehirns, deren Exsudat ebenfalls
dicker Eiter ist, der sich hauptsächlich an der Gehirnbasis findet. Nach der Krankengeschichte (II. A. pag. 1 22)
handelt es sich um einen typischen Pestüül mit Affection der rechtsseitigen axillaren Lymphdrüsen, von
denen eine — ebenso wie eine submaxillare der linken Seite — in Vereiterung begriffen ist. Nach dem
bacteriologischen und histologischen Befunde, sowie nach dem Thierversuche, welcher mit der aus dem
meningitischen Exsudate gewonnenen Cultur angestellt wurde, erscheint es zweifellos, dass die eitrige
Meningitis durch den Pestbacillus erzeugt ist. Sowohl in den Deckglaspräparaten von dem meningitischen
Exsudate und einer hyperämischen linksseitigen Axillardrüse, als auch culturell aus dem Eiter der Meningitis
und einer linksseitigen submaxillaren Lymphdrüse sind mit voller Sicherheit Pestbacillen nachweisbar.
Andere pathogcne Bacterien fehlen \nllständig, Bacterium coli findet sich cullurell in entsprechend geringer
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. L.WI. Bd. 39
292 H. Albrecht und A. Glioii,
Menge. Was die Lungenabscesse betrifft, so sind sie sicherlich auf metastatischem, embolischen Wege
entstanden, wenn auch der Sectionsbefund nirgends eine ihre Entstehung aufklärende Thrombophlebitis
angibt. Ihr Alter kann schätzungsweise auf etwa acht Tage bemessen werden, ungefähr ebenso alt dürfte
die Meningitis sein. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist letztere auf metastatische Weise von diesen Lungen-
abscessen aus entstanden, wie wir ja Ähnliches bei anderen eitrigen Lungenprocessen, z. B. bei Bronchiec-
tasien häufig genug beobachten. Der Befund eines reichlichen Bacteriengemenges in denselben spricht kaum
gegen obige Annahme, da die genannten Bacterien zweifellos von den Luftwegen aus in die Lungenherde
gelangt sind, und da es sich keineswegs um eine durch dieses Bacteriengemenge bedingte Pyämie handelt,
indem sich weder im Blute noch in der Milz, die nicht acut geschwollen ist, irgendwelche Mikroorganismen
nachweisen lassen. Wahrscheinlicherweise sind die Lungenabscesse aus ursprünglichen metastatischen
Pestherden der Lunge entstanden, deren wahre Natur nach dem secundären Hinzutritte verschiedener anderer
Bacterien aus den Luftwegen, nicht mehr aufzudecken war. Durch diese Annahme ist auch das F'ehlen einer
irgendwo peripher sitzenden Thrombophlebitis erklärlich, da eine solche zum Zustandekommen von metasta-
tischen Pestpneumonien nicht nothwendig ist. Auf den untersuchten Schnitten von der vereiterten Lymph-
drüse der rechten Axilla und von der Meningitis finden sich nur sehr spädiche Bacillen, die ihrer Form und
Färbbarkeit nach vollkommen Pestbacillen entsprechen.
Die von diesem Falle stammende Pestcultur wurde späterhin zu vielfachen Thierversuchen verwendet,
und ergab in ihren Wirkungen vollständige Übereinstimmung mit anderen Pestculturen, zeigte aber
doch gewisse Eigenthümlichkeiten in Hinsicht ihrer Virulenz, worauf wir später des Näheren zurück-
kommen werden.
Fall 13/XXXVI.
Bageerathi, SOjähriges Hinduvveib, Fabriksarbeiterin, wurde am 30. März, am III. Krankheitstage, um
1 1 Uhr Vormittags ins Spital aufgenommen und starb am selben Tage um 6 Uhr 20 Minuten Nachmittags.
Section am 31. März um 10 Uhr Vormittags (16 Stunden post mortem).
Weibliches Cadaver, 147 cm lang, von gracilem Knochenbau, schwächlicher Musculatur, sehr schlecht
genährt. Todtenstarre vorhanden, ebenso Todtenflecke an den abhängigen Körperpartien.
Hornhäute trübe, Pupillen nicht sichtbar, Conjunctiven bleichj Mundschleimhaut etwas cyanotisch;
Zähne anscheinend nicht verändert.
Hals kurz und schlank. Rechte Fossa supraclavicularis und infracla\-icularis fast vollständig ver-
strichen, die Haut dieser Gegend leicht in Falten abhebbar und sehr leicht verschieblich, sich sehr weich,
aber wie geschwollen anfühlend.
In den Gruben des Halses und in der rechten Axilla keine Drüsen tastbar.
Die linke Axilla fast verstrichen, die sie bedeckende Haut ebenfalls weich, pastos, bedeckt von einigen
ganz frischen und oberflächlichen Excoriationen. In der Tiefe ein ganz undeutlich abgrenzbares, circa
hühnereigrosses Paquet tastbar.
Thorax kurz, schmal, seine rechte Hälfte mehr prominent wie die linke; Mammae zur Seite hinunter-
hängend, ihr Drüsengewebe spärlich.
Bauchdecken im Niveau des Thorax, gespannt.
Am äusseren Genitale nichts Auffallendes.
Beiderseits in inguine kleine Drüsen tastbar.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Die weichen Schädeldecken blut- und fettarm. Schädeldach länglich - oval, symmetrisch, Längs-
durchmesser I6V2 cm, querer 12 cm und Peripherie 48 cm messend, circa 6 mm dick, Spongiosa 3 mm
dick, blutreich, fast überall erhalten. Tabula interna glatt; am Periost des Schädeldaches, und zwar an
beiden Scheitelbeinen fünf bis guldenstückgrosse, unregelmässige Blutaustritte.
Bculciipcsf. FF. Pathologisch-anatnmi^chcy Bcriclif. 293
Dura matcr gut gespannt, zart, blutreich. Sichclhlutleiter mit Filiringerinseln gefüllt. .An der sonst
glatten und glänzenden Innenfläche der Dura mater zerstreute, leicht abziehbare, frischrothe Mem-
branen geronnenen Blutes. Aleningen an der Basis und an der Convexität des Gehirns zart, wenig blutreich;
Rinde grauroth, gleichmässig breit. Marklager teigig, weich, von spärlichen Blutpunkten durchsetzt;
\'entrikel enge, wenig klares Serum enthaltend. Kleinhirn, Pons und Medulla normal gebildet, ziemlich
blutarm,
Musculatur des Stammes morsch. Beim Abpräpariren zeigt sich das Bindegewebe vor und hinter
dem linken Pectoralis major sulzig ödematös, von zahlreichen, hirsekorngrossen, theils confluirenden
Blutungen durchsetzt.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der vierten Rippe, links ebenso.
Schilddrüse klein, gekörnt, coUoid.
Die L^'mphdrüsen an der Seite der grossen Halsgefässe rechterseits und in der rechten Fossa sub-
maxiUaris etwas vergrössert und in blutigrothes Bindegewebe eingehüllt. Auf dem Durchschnitte erscheinen
sie theils gelblich, etwas vorquellend oder von Blutungen durchsetzt, sehr saftig, besonders die Rinde vor-
quellend und zum Theile fleckig-gelblichroth.
Die Lymphdrüsen der linken Halsseite analog verändert.
Auch das Bindegewebe an der hinteren Fläche des Pharynx und Larynx von Blutungen durchsetzt
und hauptsächlich rechterseits blauroth, blutig infiltrirt.
Rechte Tonsille wenig geschwollen, die Schleimhaut über ihren centralen Partien fehlend, auf dem
Durchschnitte ei'scheint die Tonsille graugelblich, von kleinen Blutaustritten durchsetzt, die Umgebung
starr, schwarzroth intiltrirt. Auch die Schleimhaut über einzelnen Gruppen der Balgfollikel der
hinteren Pharynxwand missfärbig und getrübt. Linke Tonsille ähnlich verändert. In der Trachea nichts
Besonderes.
Linke Lunge durch Bindegew^ebsmembranen zum Theile angewachsen, lufthaltig. Im linken Pleuraraum
ungefähr '/j Liter blutig tingirten Serum. Besonders die Pleura des Oberlappens übersäet von hann<orn-
grossen Ecchymosen. Auf dem Durchschnitte erscheint die Lunge sehr blutarm, wenig durchfeuchtet; in
den Bronchien glasiger Schleim, ihre Schleimhaut geröthet. Genau derselbe Befund rechterseits.
Herzbeutel zart, in ihm circa 3 Esslöffel voll blutigen Serum enthalten. Linke Aurikel übersäet mit
hirsekorngrossen Ecchymosen, an der vorderen Wand des rechten Ventrikels und der hinteren Wand
des linken zahlreiche, hanfkorngrosse Ecchymosen. Epicard fettarm, im linken Ventrikel massig reich-
liche Cruormassen, im rechten Hbringerinsel. Alle Klappenapparate zart und schlussfähig, etwas Fäulniss-
imbibition zeigend. Myocard gelblich, morsch.
Schleimhaut der Speiseröhre weisslichgrau, ihr Epithel in Fetzen sich ablösend.
Schleimhaut der Trachea und der grossen Bronchien gelblichgrau.
Die Lymphdrüsen an der Bifurcation anthracotisch.
Leber ungefähr von normaler Grösse, weicher, die vorderen Ränder etwas plumper, ihre Oberfläche
glatt, Kapsel zart. Auf dem Durchschnitte gelblich gesprenkelt, im .Allgemeinen graubraun gefärbt, mit
undeutlicher Läppchenzeichnung, blutarm.
Gallenblase gut mit dunkler Galle gefüllt.
Milz fest durch Bindegewebsmembranen mit dem Zwerchfell verwachsen, stark gelappt, 13 cm lang,
6 cm breit, 4 cm hoch, auf dem Durchschnitte gleichmässig blutreich, weich. Pulpa etwas vorquellend
feinst granulirt, leicht abstreif bar, Follikel als graue Punkte mit rothem Hofe sichtbar, Stroma nicht vermehrt.
Nieren etwas plumper, ihre Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, Rinde gelblich, ebenso wie die
Columnae Bertini stark verbreitert, vorquellend, \on den ebenfalls stark erbleichten Pyramiden kaum
abgesetzt. In beiden Nierenbecken Gruppen von hirsekorngrossen Blutaustritten. Beide Nieren schlaff
und blutarm.
Harnblase enthält nur ein paar Tropfen trüben Urins, ihre Schleimhaut ist röthlich -gelblich, am
Blasenhalse finden sich einige punktförmige Blutaustritte.
39"
294 H. Albvcchl und A. Chou,
Schleimhaut der Vagina verdickt und auff^elockert. Beide Lippen der Portio sehr derb und dick,
t'erx'ix etwas verlängert, ihre Schleimhaut gelockei-t und röthlich. Uterushöhle von blutigem Schleim
und Blutgerinsel ausgefüllt, ihre Schleimhaut lebhaft roth injicirt, etwas geschwollen. Die Uteruswand
etwas verdickt. Beide Ovarien gross, gekerbt, im rechten ein frisches Corpus luteum, an der Serosa
der hinteren Uterusfläche im Cavum Douglasii ebenso wie an eien .Appcndices epiploicae des Dickdarmes
reichliche bis linscngro.sse Blutungen.
[m i'Jcctum bröcklige, gallig gefärbte Fäcalien, seine Schleimhaut gelockert, übei-säet von zahlreichen
punktförmigen Blutaustritten.
Pankreas gelblich, derb, gekörnt.
Magen sehr gross, gefüllt von flüssigen, galligen Massen ; im Fundus einige Gruppen von Blut-
austritten, sonst ist die Schleimhaut dünn, graugelblich.
Im Duodenum nichts Pathologisches.
Schleimhaut des Jejunum gelockert, \-erschleimt und übersäet mit zahllosen, höchstens stecknadel-
kopfgrossen Blutaustritten.
Im ganzen Dickdarm, dessen Schleimhaut ebenfalls diffus geröthet und gelockert ist, zahllose Blut-
austritte.
Im lleum sehr spärliche, gallige Chymusmassen, keine Blutaustritte.
In beiden Inguinulgegenden die Lymphdrüsen nicht besonders vergrössert, nicht weiter verändert.
In der rechten Axilla dieselben etwas vergrössert, bis bohnengross, isolirt und hart, auf dem Dui'ch-
schnitte röthlichgelb, vorquellend und saftiger.
Das Bindegewebe der linken Axilla vor und hinter dem Musculus pectoralis major nach abwärts
reichend längs des Latissimus dorsi bis zu der letzten Rippe und nach vorn bis über die .Schlüsselbein-
gegend sulzig-gelblich-ödematös, von feinsten Blutungen durchsetzt. Dieselben durchsetzen auch den
Musculus pectoralis major und minor und ebenso das das Paquet der axillaren Lymphdrüsen einhüllende
Bindegewebe, das starr schwarzroth infiltrirt ist. Diese Infiltration setzt sich nach aufwärts längs der grossen
Gefässe in die Fossa infraclavicularis fort und nach abwärts längs der Gefässe bis zur Cubita, auf die
Gefässscheiden beschränkt. Eine oberflächliche cubitale Lymphdrüse an der Kleinfingerseite des Ellbogen-
gelenkes ist circa haselnussgross, von reichlichen Hämorrhagien umgeben, auf dem Durchschnitte stark
vorquellend, etwas granulirt, dunkelrothgelb, gefleckt, reichlichen, blutigen Saft gebend. Das axillare Lymph-
drüsenpaquet lässt auf dem Dui^chschnitte noch einzelne, haselnussgrosse Lymphdrüsen erkennen, die sich
aber kaum von der schwarzrothen, infiltrirten Umgebung differenziren und deren Centrum mehr trocken,
hämorrhagisch, röthlichgelb, bröcklig erscheint. Angeschlossen an dieses Lymphdrüsenpaquet sind kleinere
Drüsen in der linken Fossa infrachwicularis, vor und hinter dem Pectoralis, sämmtliche grösstentheils vor-
quellend, hämorrhagisch.
Die axillare vmd brachiale Vene zeigt im aufgeschnittenen Zustande in ihrer Wand zahllose, dicht
aneinanderstehende, punktförmige Blutaustritte.
Die bacteriologische Blutuntersuchung (vom 30. März) ergab ziemlich reichliche Pest-
colonien und massig reichliche Colonien von Kettencoccen.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckgiaspräparate aus der Milz zeigen sehr reichlich Pestbacillen, einzeln oder als Diplo-
bacillen, oval und länglich geformt, vorwiegend gut und bipolar tingirt; blassgefärbte rundliche Formen
sind spärlicher vorhanden. Vereinzelt finden sich auch Diplococcenformen.
In den Aussaaten sind neben ziemlich reichlichen Colonien des Pe&tbaciUus fast ebenso zahlreich
Colonien des Streptococcus pyogenes angegangen.
2. Die der Uterusschleimhaut aufliegenden Blutmassen zeigen mikroskopisch ziemlich
reichlich Pestbacillen, typisch in Form und Färbeverhalten, und etwas spärlicher Kettencoccen.
Bculcupcst. IT. Pathologisch-auatomischcr Bericht. 295
Die Aussaaten ergeben massig \-iele Colonien des Pestbacillus und Streptococcus p3^ogenes, in ungefähr
gleicher Anzahl, und wenige Colonien von Bacillen der Coligruppe.
3. Präparate aus einer Lymphdrüse der linken Achselhöhle ergeben sehr reichlich und aus-
schliesslich Pestbacillen, meist einzeln liegend, vorwiegend in kurz ovalen oder rundlichen Formen; neben
gut und bipolar gefärbten finden sich viele theils unregelmässig, theils blass gefärbte, sowie King- und
geblähte P'ormen.
In den Aussaaten sind sehr reiclTJich Pestcolonien und zwei Colonien von Bacillen der Coligruppe
angegangen.
Histologischer Befund.
1. Hämorrhagisches Lymphdrüsenpaquet der linken Axilla. Zur Untersuchung gelangten
Schnitte von zwei verschiedenen Stellen dieses Paquetes.
Vom adenoiden Gewebe der Lymphdrüsen ist nirgends mehr irgend ein Rest erhalten, indem Alles \on
Blut, dem niii- bald mehr, bald weniger monn- uhlI polynucleäre Leukocyten beigemengt sind, infiltrirt ist.
Dazwischen sieht man unregelmässig geformte, zusammenhängende Massen von Bacterien, homogen aus-
sehende breitere und schmälere Balken, die auch Netze bilden, und von Bacterien und Leukocyten um-
säumte, stark erweiterte, homogenwandige kleine Blutgefässe, in deren Lumen und unmittelbarerUmgebung
sich fein granulirte, fädige Massen oder gröbere Balken finden, die starke Eosinfärbung zeigen.
Die Contouren der Lymphdrüsen nur durch einen ziemlich gleichmässig breiten, blauvioletten Saum \-on
Bacterien zu erkennen. \'on der Kapsel nur wenige homogene mit Eosin stark gefärbte Bindegewebsbündel
nachweisbar. LTnmittelbar nach aussen \'on derselben zahlreiche ganz enorm erweiterte Lymphgefässe, die
fast nur von Bacterien erfüllt sind. Nur in ihrem Centrum Ansammlung von polynucleären Leukocj'ten und
wenig rothen Blutkin-perchen. (\'ergl. Tafel IX, Fig. 1.)
Die Lymphgefässe von grossen Blutmassen umgeben, welche Netze von fein- oder grobbalkigen wie
geronnen aussehenden Massen und ebenfalls enorme Mengen von Bacterien zeigen. Dieselbe dichte hämor-
rhagische und bacilläre Infiltration überall im Fettgewebe der untersuchten Schnitte; desgleichen in den
Nervenscheiden , die einzelnen Nerven dadurch häufig auf einer Seite abgefiacht. Die V'asa vasorum
und die des adventitiellen Bindegewebes der Vena axillaris und brachialis, die der Quere nach vom Schnitte
getroffen sind, sehr stark erweitert und x'ielfach ebenso \-erändert wie die Blutgefässe der Lymphdrüse
selbst. Die Venenwand derart von Blut durchsetzt, dass einzelne Muskelbündel isolirt sind und die Blutmassen
bis in die Intima vordringen, deren Endothelbelag vielfach fehlt. .Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten
sieht man überall geradezu colossale Mengen von Pestbacillen. Im Centrum der Lymphdrüse, wo sie
ausserordentlich reichlich liegen, sind sie sehr blass gefärbt und haben die runde coccenähnliche oder
bläschenartige Form und \-erschiedene Grösse. In den erweiterten Lymphgefässen finden sich auch sehr
reichliche als Diplobacillen gelagerte \-on typisch plumper Form. Auch in der Blutinfiltration des um-
gebenden Gewebes sind sie sehr zahlreich, hier aber innig gemengt mit Diplo- und Streptococcen. Dasselbe
Gemenge sieht man in der von Blutungen wie zerwühlten Venenwand, und zwar sowohl dort, wo die
Blutmassen die Intima durchbrechen, als auch derselben in Form kleiner Häufchen angelagert. .Auf nach
Gram-Weigert gefärbten Schnitten finden sich sehr zahlreiche blau gefärbte Coccen, die nur ausnahms-
weise längere Ketten bilden.
2. Eine etwa bohnengrosse Lj'mphdrüse aus der linken Cubita zeigt histologisch im Allge-
meinen denselben Befund wie die Lymphdrüse der linken Axilla. Nur ist die Kapsel überall erhalten oder
wenigstens abgrenzbar, wenn auch vielfach durchsetzt von Blutungen und Bacterienhaufen, die sicli auch
weiterhin in das Fettgewebe fortsetzen. Innerhalb und nach aussen von der fibrösen Kapsel finden sich
sehr zahlreiche hochgradig erweiterte Lymphgefässe, die fast ganz mit bläulichviolett gefärbten Bacterien-
massen wie mit Injectionsmasse vollgepfropft sind; nur im Centrum liegen wenige Leukocyten und rothe
Blutkörperchen. Ganz dicht gedrängt, nur getrennt \'on schmalen Streifen hämorrhagisch inOllrirten Binde-
296 IL Alhrcclü jntd A. Ghon,
gewebes, finden sich ebensolche \'on vci'sclTicdener Grösse in ganz erstaunlicher Anzahl im Bereiche des
Hilus der Lymphdrüse.
Sowt)hl auf Schnitten mit Methylenblau wie auf solchen nach Clram-Weigert gefärbt, derselbe Befimd
wie bei 1.
3. Eine bohnengrosse Lymphdrüse aus der rechte n Axilla zeigt nur stellenweise leichte
Hyperämie. Auch die Sinus sind im Allgemeinen enge, nur stellenweise etwas erweitert. Dagegen sieht man
vielfach in denselben grosse polygonale Zellen mit granulirtem Protoplasma und grossem, blass gefärbten
Kern, der mehrere Kernkörperchen und feinst granulirte Kernstructur zeigt. Nirgends Hämorrhagien, doch
findet man in allen Sinus sehr zahlreiche, zum Theile intracellulär gelagerte Pestbacillen die hie und da
einen Sinus wie Injectionsmasse erfüllen. Auch in den Blutgefässen Pestbacillen massig reichlich vorhanden.
Ebenso auf nach Gram-Weigert gefärbten Schnitten zahlreiche Diplococcen und Kettencoccen.
4. Eine fast mandelgrosse Lymphdrüse von der Seite der rechten grossen Halsgefässe
zeigt im Wesentlichen dasselbe Bild wie die vorstehende. Nur ist hier die Hyperämie hochgradiger und
gleichmässiger und das Fett- und Bindegewebe der Umgebung ziemlich reichlich blutig infiltrirt (bei scharf
abgrenzharer Kapsel der Lymphdrüse). Im Lymphdrüsenparenchym selbst keine Hämorrhagien.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten zahlreiche Pestbacillen in den Sinus und im Blute der
Capillaren und Blutgefässe, spärlichere im adenoiden Gewebe und fast noch zahlreicher kleine Diplococcen,
die auch kürzere Ketten bilden und nach Gram-Weigert leicht färbbar sind.
5. Linke Tonsille. Das Oberflächenepithel an einer Stelle, einer tiefen Epitheleinsenkung und ihrer
Umgebung entsprechend, zu Grunde gegangen, indem es in schollige oder granulirte Massen zerfallen ist,
welche, \-ermengt mit zahlreichen Bacterien, die Oberfläche bedecken. Das subepitheliale und submucöse
Bindegewebe fast gleichmässig von Blut, Ödem und Bacterien infiltrirt und auseinandergeworfen. Die
kleinen Blutgefässe erfüllt oder umgeben von homogenen, netzartig angeordneten, balkigen oder mehr
scholligen Massen, ihre Wand stellenweise verbreitert und ebenfalls homogen. Das adenoide Gewebe
theilweise erhalten, zum gr(')ssten Theile von Bacterien, polynucleären Leukocyten und Blut durchsetzt.
Von demselben Exsudat sind einzelne Bündel quergestreifter Muskelfasern infiltrirt, welch' letztere
stark gequollen und ganz homogen sind. Die Bindegewebskapsel des adenoiden Gewebes stellenweise
intact, stellenweise durch Blutungen auseinandergeworfen.
An der Oberfläche der Schleimhaut, besonders wo sie exulcerirt ist, ein reichliches Gemenge von \'er-
schiedenen Coccen und .Stäbchen. In den tieferen .Schichten zahllose Diplococcen oder .Streptococcen, die
sich nach Gram-Weigert intensiv färben und mit ihnen \'ermengt ebenfalls zahlreiche Pestbacillen, die
sich nach Gram-Weigert entfärben.
Balgfollikel aus der Gegend des Zungengrundes sind vergrössert, reich an polynucleären
Leukocyten und kleinen Blutungen. Auch die Keimcentren sind gross und wie von Leukocyten infiltrirt.
Die Follikel selbst sind von Bacterien eingesäumt, die ebenfalls ein Gemenge von Pestbacillen und Coccen
vorstellen.
6. Milz. Dieselbe zeigt die gewöhnlichen Veränderungen: Hochgradige Hyperämie und blutige
Infiltration der Pulpa, grossen Reichthum an polynucleären Leukocyten. Besondere Veränderungen an den
Pulpazellen fehlen. Die Wand kleiner Arterien stellenweise verdickt und homogen. Die Trabekel mitunter
homogen schollig aussehend.
Pestbacillen sind nur ganz vereinzelt, sehr blass gefärbt, Coccen auf den untersuchten Schnitten über-
haupt keine aufzufinden.
7. Leber. Die Epithelien zeigen die Veränderungen ziemlich hochgradiger fettiger Degeneration. Die
Capillaren enge und wenig mit Blut gefüllt. In denselben sowohl ziemlich zahlreiche Pestbacillen als auch
Coccen der beschriebenen Form vorhanden.
8. Schnitte durch das Corpus uteri zeigen die Schleimhaut in entsprechender Dicke erhalten.
Sehr zahlreiche Blutgefässe besonders in den oberflächlichen Schichten erweitert und mit Blut gefüllt,
Das Oberflächenepithel nirgends erhalten.
Beulenpest. IL Pathologisch-anatomisclier Bericht. 297
Zwischen dem Struma der oberflächlichen Schichten und dem der tiefen besteht der auffallende Unter-
schied, dass die Kerne des letzteren intensiv blau gefärbt sind und sehr dicht liegen, die Zellen selbst kleine
Spindelzellen darstellen, während mehr gegen die Schleimhautoberfläche zu die Kerne des Stromas grösser
werden, viel blässer gefärbt sind und etwas gebläht aussehen. Auch die Zellleiber sind viel grösser, oft ganz
epithelähnlich, ihr Protoplasma granulirt. Fast überall ist hier das Stroma durchsetzt von Blut, das auch in
die Dilisen eindringt. Dieselben besitzen ein reichlich desquamirtes Epithel, aus grossen, oft lichten Zellen
bestehend.
Im Lumen der Drüsen Fäden von Schleim. Im ausgetretenen Blute und in dem der Gefässe zahlreiche
Diplococccn und etwas spärlichere typische Pestbacillen. Erstere behalten die Farbe bei der Färbung nach
Gram-Weigert.
Ein Blutgerinsel aus der Uterushöhle zeigt mikroskopisch, dass es aus den obersten abge-
stossenen Schichten der Schleimhaut besteht, die, so wie im Vorstehenden beschrieben, verändert sind
(Decidua menstrualis), ferner aus reichlichem frischgeronnenen Blute mit viel geschichtetem feinfädigen
Fibrin und polynucleäi-en Leukocyten.
Der Bacterienbefund derselbe wie Oben.
9. Im Ovarium ein typisches Corpus luteum, dessen Centrum von flbrinreichen Blutmassen
gebildet ist. Auch in diesen Pestbacillen und die beschriebenen Coccen nachweisbar, ebenso wie in den
erweiterten Blutgefässen.
10. Schnitte durch das linke Herzohr ergeben den gewöhnlichen Befund von zahlreichen sub-
serösen Blutungen. In den Nischen des Herzohres frische fibrinöse Gerinsel mit Beimengung zahlreicher
Leukocvten. Sowohl in diesen wie in den Blutungen zahlreiche Pestbacillen und Coccen.
Epikrise.
Vorstehender am Abend des III. Krankheitstages letal verlaufener Fall ist als Misch-, respective
Secundärinfection aufzufassen, da sich sowohl Pestbacillen wie Streptococcen reichlich in der Blutbahn
vorfinden. Der primäre Bubo betrifft die Lymphdrüsen der linken Axilla.
Die regionär benachbarten Lymphdrüsen des Halses, die Follikel am Zungengrunde und die Tonsillen
zeigen ebenfalls schwere Veränderungen. Letztere sind ulcerirt, und zweifellos erfolgte von hier aus die
Secundärinfection durch den Streptococcus.
Ausser den genannten Lj'mphdrüsen zeigen die der rechten Axilla makroskopisch beträchtlichere
Schwellung. Isolirte Blutungen finden sich im Periost des Schädeldaches, in der Pleura und im Epicard, in
der Schleimhaut des Nierenbeckens, der Harnblase, des Magens, des ganzen Dünn- und Dickdarmes.
Ferner findet sich im vorstehenden Falle eine auf Haselnussgrösse angeschwollene, von Hämorrhagien
umgebene, oberflächliche Lymphdrüse in der linken Cubita, in der mikroskopisch die enorme Bacillen-
infiltration auffällt. Dieselbe könnte nun ohne weiteres gleichsam als eine erste Etappe zwischen der
Infectionsstelle der Haut und dem eigentlichen primären Bubo in der linken Axilla aufgefasst werden; doch
besteht immer die Möglichkeit, — wie wir dies thatsächlich bei anderen Fällen beobachten konnten — dass
diese cubitale Lymphdrüse auf retrogradem Wege vom primären Axillarbubo aus inflcirt worden ist. Das
von demselben ausgehende Ödem reicht gerade bis zu dieser Lymphdrüse.
In der Wand der Vena axillaris und brachialis sinistra finden sich reichliche Blutungen.
Auf allen untersuchten Schnitten — auch in der .Schleimhaut und im Blute des menstruirenden Uterus
— reichliche Pestbacillen und Streptococcen, ganz vereinzelte in der Milz; doch sind sie culturell in derselben
ziemlich reichlich nachweisbar.
298 H. Albrecht und A. Ghon,
Fall 14/XXXVIII.
BJiagii, ' Witwe nach Dhondti, ISjähriges Hinduweib ohne Beschäftigung, wurde am 26. März, am
11. Krankheitstage um 1 Uhr 30 Minuten Nachts ins .Spital aufgenommen und starb am 31. März um 1 1 Uhr
Nachts am VII. Krankheitstage.
Section am 1. April um 11 Uhr Vormittags (12 Stunden post mortem).
Weibliches Cadaver, 153 an lang, von gracilem Knochenbau und schwächlicher Musculatur, schlecht
genährt.
Todtenstarre stark entwickelt, Todtenflecke reichlich, umschrieben, an den abhängigen Körperpartien.
Hornhäute etwas getrübt, Pupillen mittelweit, beiderseits gleichweit. Conjunctiven blutleer, Mundlippen-
schleimhaut etwas cyanotisch. Gesicht stark verfallen.
Hals lang, schlank, in seinen Gruben keine Drüsen tastbar. Ungefähr drei Querfinger unterhalb
der rechten Schulterhöhe, entsprechend dem unteren Rande des Pectoralis, befindet sich eine Gruppe von
zahlreichen Blasen, von denen die grösste bohnengross, die kleinste hirsekorngross ist, und die in einem
über guldenstückgrossem Bezirke ziemlich nahe bei einander stehen; die Haut der Umgebung ist geröthet,
einige der Blasen sind zusammengefallen, an diesen Stellen ist das oberfiächliche Epithel vertrocknet. Andere
enthalten leicht getrübtes Serum.
Unterhalb des Pectoralisrandes und hinter demselben lässt sich in der rechten Axilla ein circa wallnuss-
grosser harter, aber undeutlich begrenzter Tumor tasten, über dem die Haut sich pastös, verdickt anfühlt,
schwer faltbar und schwer verschieblich ist.
Die Lymphdrüsen der linken Axilla über bohnengross, hart, isolirt, palpabel.
In beiden Leistengegenden nichts Pathologisches tastbar.
Thorax entsprechend lang, breit, etwas flacher, symmetrisch.
Mammae klein, schlecht entwickelt.
Abdomen im Niveau des Thorax, Bauchdecken ziemlich gespannt.
Am äusseren Genitale nichts Auffallendes. An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
An der Streckseite in der Miüe des rechten Vorderarmes eine circa 1 cm lange, unregelmässig
begrenzte, schwarz gefärbte Hautstelle, unter welcher das Binde- und Fettgewebe sulzig-blutig infiltrirt
erscheint.
Die weichen Schädeldecken massig fettreich, blutleer. Schädeldach länglich - oval, symmetrisch;
Nähte erhalten. Der Längsdurchmesser desselben misst le'/^ cm, der quere 12 cm und die Peripherie
47 cm; der Knochen ist circa 4 mm dick, die Spongiosa fast überall verschwunden, seine Innenfläche glatt,
Furchen und Gruben seicht.
Im Sichelblutleiter spärliche Fibringerinsel. Dura mater zart , durchscheinend , glatt , glänzend,
blutarm, gut gespannt. Die inneren Meningen sind zart, blutarm, leicht abziehbar, die Gefässe zartwandig,
enge; Rinde gelblichgrau, Marklager teigig-weich; Ventrikel enge, Stammganglien, Kleinhirn, Pons und
MeduUa normal gebildet, blutarm.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der dritten Rippe, links am oberen Rande der vierten Rippe.
Schilddrüse klein, röthlichgelb, gekörnt, colloid.
Die Lymphdrüsen in der rechten Fossa supraclavicularis bis erbsengross, isolirt, hart, blutroth, auf dem
Durchschnitte blutreich, prominent, etwas granulirt und succulent. Ebenso verändert erscheint eine Lymph-
drüse in der linken Unterkiefergegend.
Schleimhaut des Gaumens und des Pharynx grauröthlich; Tonsillen und Balgfollikel am Zungen-
grunde ziemlich gross, auf dem Durchschnitte grau, Schleimhaut des Larynx und des oberen' Tneiles der
Trachea gelblich.
1 Vergl. Krankengeschichte, II. A. pug. 20.
Bcnlcnpcsl. II. Pathologisch-anatomisclicr Bericlil. 299
Linke Lunge frei, Pleuraraum leer; die Pleura glatt, glänzend, zeigt keine Ecchymosen; die Lunge
klein, fühlt sich vollständig lufthaltig an, erscheint am Durchschnitte sehr blutreich, wenig durchfeuchtet,
vollständig lufthaltig; in den Bronchien findet sich wenig Schleim. Rechte Lunge ebenfalls frei und
klein, auf dem Durchschnitte sehr blutreich, in der Umgebung der Hauptbronchien des Unterlappens ein
scharf umgrenzter gelblicher, käsiger, bröckeliger Herd. Sonst genau derselbe Befund wie linkerseits.
Herzbeutel zart, in ihm ein Kaffeelöffel \-oll klaren, gelben Serum enthalten, ohne Ecchymosen.
Das Epicard ist zart und fettarm, das Herz entsprechend gross, beide Ventrikel schlaff, der linke leer,
im rechten spärliche Fibringerinsel. Das Myocard schlaff, morsch, gelblich, alle Klappenapparate zart,
schlussfähig, die Intima der Aorta zart, leicht fettgelb.
Schleimhaut der Speiseröhre graugelb, mit Schleim bedeckt, Schleimhaut der Trachea und der grossen
Bi'onchien gelblich.
Die Lymphdrüsen an der Bifurcation vergrössert, länglich von zahlreichen confluirenden, gelblich-
käsigen bis linsengrossen Herden durchsetzt.
Leber von entsprechender Grösse, etwas weicher, ihre x'orderen Ränder etwas plumper, ihre Oberfläche
glatt, Kapsel zart, am Durchschnitte ziemlich blutarm; die einzelnen Läppchen gross, in der Peripherie
graugelblich, die acinöse Zeichnung nicht ganz deutlich.
Gallenblase gut mit Galle gefüllt.
Milz 12 cm lang, Z'/j cm breit, 3 cm dick, ihre Kapsel zart, gut gespannt, glatt. Auf dem Durch-
schnitte erscheint sie röthlichgrau und dunkelroth gesprenkelt, die Pulpa ist vorquellend, hie und da ein
mohnkorngrosser grauer Follikel sichtbar mit dunkelrothem Hofe; Pulpa ziemlich leicht ausstreif bar.
Nebennieren unverändert.
Nieren plump, von ziemlich normaler Consistenz, ihre Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt,
gelblich, reichliche Stellulae zeigend, auf dem Durchschnitte ziemlich blutreich, Rinde verbreitert, Glomeruli
als rothe Pünktchen deudich sichtbar. Pyramiden rothgrau, sehr scharf von der blassgelben Rinde abgesetzt.
Schleimhaut des Nierenbeckens beiderseit weiss, dünn. Harnblase contrahirt, wenig trüben, gelblichen
Urin enthaltend, ihre Schleimhaut leicht injicirt.
Uterus leicht anteflectirt, seine Schleimhaut dünn, gelblich. Ovarien ziemlich gross, glatt, im rechten
eine kleine Cyste, am Durchschnitte saftig, grauröthlich; beide Adnexe frei.
Die oberflächlichen Lymphdrüsen in beiden Inguinalgegenden flach, circa kreuzergross, auf dem Durch-
schnitte in der Rinde pigmentirt, ziemlich derb.
Eine Lymphdrüse in der rechten Schenkelgrube etwas grösser, die Rinde saftiger, blutreicher.
Die retroperitonealen Lymphdrüsen nicht vergrössert, nicht verändert.
Im Magen spärliche, schleimige, gallige Massen, seine Schleimhaut dünn, nur auf den Höhen der Falten
etwas geröthet.
Im Duodenum reichlicher, galliger Schleim.
Die Lymphdrüsen der Radix mesenterica vergrössert, auf dem Durchschnitte von hantl^orngrossen,
käsigen, bröckeligen, gelben Herden durchsetzt; andere, etwas kleinere, ziemlich weiche, erscheinen auf
dem Durchschnitte saftig; ihre Rinde geschwollen und dieselbe gelblichröthlich feinst gestreift.
Im unteren Ileum, dem Ende eines Plaques entsprechend, ein circa kreuzergrosses, mit blutigen
Rändern versehenes, ziemlich flaches Geschwür, in dessen Mitte sich ein hirsekorngrosses, gelbliches, flaches
Knötchen befindet.
Die SolitärfoUikel des Dünndarmes sehr reichlich, circa hirsekorngross, etwas prominent, grau.
Im Dickdarm reichliche flüssige, gallige Fäcalien. Schleimhaut dünn, Follikel ebenfalls sehr zahl-
reich. In der Flexura und im Enddarm ist sie etwas mehr geröthet.
Beim Abpräpariren der Haut der rechten Achselgegend erscheint dieselbe am unteren Rande des
Pectoralis major fester an ihrer Unterlage fixirt und das Bindegewebe längs des Musculus latissimus dorsi
sulzig, gelblich ödematös; in dem starr infiltrirten Bindegewebe am imteren Rande des Pectoralis major
finden sich fleckige Blutaustritte.
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. LXVI. Bd. 40
300 //. Alb recht und A. Ghoii,
Entsprechend dem palpablen Tumor findet sich ein nicht scharf abgrenzbares Infiltrat, das zwischen
Pectoralis major und minor in der Achselhöhle sitzt und in beide Muskeln hineingreift. Auf dem Durch-
schnitte zeigt sich ein rundlicher, circa hühnereigrosser Tumor, der eine unregelmässige, central sitzende,
circa haselnussgrosse Hi'jhle besitzt, deren Wand \'on weichen, bröckeligen, röthlichgelben Gewebs-
partien ausgekleidet ist, und in welcher sich braunrothe, krümlige Massen finden. Der übrige Antheil
der Schnittfläche erscheint ziemlich grob, aber unregelmässig höckerig, grauroth, von gelblichen
und röthlichen Flecken und Sprenkeln, sowie schwarzrothen Herden durchsetzt. Nach hinten grenzt
sich auf der Schnittfläche ein halbmondförmiger Bezirk ab, der weisslich-grau, etwas mehr prominent
und weicher ist. In der Umgebung dieses grossen Tumors finden sich haselnussgrosse Lymphdrüsen,
die auf dem Durchschnitte weisslichgrau sind, vorquellen und ziemlich reichlichen, etwas schleimigen
Saft geben. Gruppen \-on kleineren solchen Lymphdrüsen finden sich auch an der äusseren Fläche
der Thoraxwand und in der Umgebung der Ansatzstelle des Pectoralis major. Auch die Umgebung
der früher beschriebenen schwarzen Hautstelle an der Streckseite des Oberarmes sulzig, blutig infiltrirt.
Die Lymphdrüsen der linken Axilla vergrössert, erbsengross bis über bohnengross, isolirt, das sie
umgebende Fettgewebe etwas feuchter, am Durchschnitte blutreich, sehr saftig; die Schnittfläche glatt,
grauroth, von etwas bleicheren, mehr grauen, hanfl-corngrossen Bezirken durchsetzt.
Die fünfmal vorgenommene bacteriologische Blutuntersuchung (am IV'., V., VI., VII. und
VIII. Krankheitstage) ergab jedesmal ein negatives Resultat; die angelegten Aussaaten
blieben steril.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckglaspräparate aus dem leicht trüben Inhalt einer Blase der rechten Schulter
zeigen keine Bacterien.
In den Aussaaten gehen circa 5 Colonien einer weissen Staphylococcenart an, jedoch keine Pest-
colonien.
2. Die Aussaaten aus der Galle bleiben steril.
3. In der Milz sind mikroskopisch Bacterien nicht nachweisbar.
In den Aussaaten finden sich ausschliesslich Pestcolonien, jedoch in spärlicher Menge.
4. In den Aussaaten aus dem Harn finden sich massig viele Pestcolonien, ausserdem 4 Colonien
von Bacillen der Coligruppe.
5. Im Dickdarminhalt sind culturell Pestbacillen nicht nachweisbar; die Aussaaten zeigen eine \'öllige
Reincultur von Colonien der Coligruppe.
6. Im Ödem am unteren Rande des Musculus pectoralis major der rechten Seite finden
sich culturell keine Pestcolonien, wohl aber massig viele Colonien des Streptococcus pyogenes und spärlich
solche der Coligruppe. (Die Flüssigkeit wurde nicht unter sterilen Cautelen entnommen.)
7. Eine Lymphdrüse aus dem primären Bubo der rechten Axilla zeigt mikroskopisch Pest-
bacillen in massig reichlicher Menge, einzeln, seltener als Diplobacillen oder in kleinen Häufchen, theils gut
und bipolar gefärbt, theils in schwach tingirten Exemplaren verschiedener Form und Grösse.
In den Aussaaten dieser Drüse finden sich reichlich Colonien des Pestbacillus und circa 5 Colonien von
Bacillen der Coligruppe.
8. In einer Li'mplulrüse der linken .-\xilla lassen sich weder mikroskLipisch noch culturell
Bacterien nachweisen.
Histologischer Befund.
1. Schnitte aus einem Antheile des primären Bubo in der rechten Axilla zeigen die einem
solchen zukommenden \'eränderungen. Reichliche Bacillen-, Blut- und Leukocyteninliltration des um-
gebenden Fettgewebes und dei- Bindegewebskapsel der Lymphdrüse nebst theils fädiger, theils homogen
BcitlciipiS/. IL Piit/!ologiscJi-aimfoiiii.<;cIicr Bericht. 301
.geronnener Odemflüssigkeit, die Kapsel nach keiner Seite abi^renzbar. Ebenso i-eicliliche Lenkt icyten-
intiltration des noch eiiialtenen adenoiden Gewebes und in den mehr centralen Antheilen Zerfall des
Ciewebes entweder mit einfachem Kernschwund oder mit Bildung zahlreicher feiner Körnchen.
Überall reichliche Hämorrhagien und Gefässe mit homogen angeschwollener Wand imd homogenen
balkigen Gerinseln, die sie ausfüllen oder ihre Wand nach innen und aussen umgeben, hier immer feiner
und zartei- werdend. Häufig sind die Gefässe auch dicht eingescheidet von verschieden grossen blauen
Kiii'nchen.
An der Peripherie der Lymphdrüse zahlreiche mit Bacillen vollgepfropfte Lymphgefässe. Die einzelnen
Lymphdrüsen nur an wenigen Stellen \'on einander abgrenzbar. Bei starker \'ergrösserung finden sich
zahllose Pestbacillen, am reichlichsten in den pei'ipheren Schichten, weniger zahlreich, oft sogar spärlich in
den centralen. K'eine anderen Bacterien.
2. Lymphdrüsen aus der linken Axilla zeigen starke ödematöse Durchtränkung ihrer Umgebung
nebst vereinzelten Hämorrhagien und hochgradiger Erweiterung der Blutgefässe. Die Kapsel intact. Die
Lymphgefässe ebenfalls erweitert, in ihnen nur wenige Leukocyten und homogen geronnenes .Serum ent-
halten. Das Drüsenparenchym gleichmässig hochgradig hyperämisch. Das adenoide Gewebe sehr zellreich,
die .Sinus weit, ausgefüllt \'on sehr grossen epithelähnlichen Zellen mit grossem häufig gelappten KeiMie und
vielen polynucleären Leukocyten; Pestbacillen in einigen Blutgefässen und im Odem des umgebenden Eetl-
gewebes sehr spärlich aufzufinden. Ebenso spärlich in den Sinus.
3. Ein wesentlich anderes Bild gibt eine etwa bohnengrosse Lymphdrüse aus der rechten
Fossa supracla\'icularis. Es fehlt zunächst die Hyperämie, und die Abgrenzung der Sinus vom
adenoiden Gewebe ist ganz undeutlich, indem die Lymphdi'üse \-on mono- und polynucleären Leukocyten
dicht durchsetzt ist. Die Sinuszellen sind gross, protoplasmareich, von runder wie gebläht aussehender
Form, enthalten oft Fetttröpfchen. An einzelnen kleinen Stellen sind die Kerne entweder nicht mehr färbbar,
oder es finden sich spärliche kleine blasse Körnchen zwischen den Zellleibern. In diesen kleinen Herden
sind nach Methylenblau-Färbung spärliche Häufchen \"on Pestbacillen auffindbar, die sehr blass gefärbt
sind und häufig verschieden grosse, rundliche, schattenhafte Formen zeigen. Auch das umgebende Binde-
und Fettgewebe ist von polynucleären Leukocyten und fädigem Fibrin infiltrirt. Auch hier niu^ spärliche,
oft intracellulär gelagerte Pestbacillen.
4. Mesenteriale Lymphdrüsen. Dieselben sind durchsetzt \'on zahlreichen Tuberkeln, die \-on
fibrösem Gewebe oder von Epitheloidzellen gebildet sind, ziemlich \-iele Riesenzellen besitzen und meist
im Centrum verkäst sind. Das übrige adenoide Gewebe hyperämisch. Sonst nichts .Auffallendes. In den
Blutgefässen sind ganz vereinzelte plumpe, schwachgefärbte Stäbchen nachweisbar.
5. Eine bohnengrosse oberflächliche Lymphdrüse aus der rechte n Inguinalgegend zeigt
reicliliches intracelluläres, gelbbraunes Pigment in den Follikeln der Rindenschicht. Ausser gleichmässig
ausgebreiteter leichter Hyperämie nichts Auffallendes. Auch hier finden sich nur ganz vereinzelte Pest-
bacillen in den Blutgefässen.
6. Aufschnitten durch zwei der H a u t b 1 a s e n \' o n der rechten S c h u 1 1 e r h ü h e sieht man das
gesammte Rete Malpighii von den Coriumpapillen abgehoben, welche in die Länge ausgezogen, etwas
aufgequollen und verbreitert sind. Sie sind von spärlichen Leukocyten durchsetzt. Den Inhalt dieser Haut-
blase bildet feinstfädig geronnene Ödemflüssigkeit, die ganz vereinzelte Leukocyten enthält und auch
die Schichten des subcutanen Bindegewebes durchsetzt. In derselben kleinere Ansammlungen von pol}'-
nucleären Leukocyten. Nirgends Hämorrhagien. In dem Ödem sehr spärliche rundliche, ganz blass gefärbte
Formen von Pestbacillen auffindbar.
7. Milz. Im Allgemeinen blutarm, nui' wenige .Stellen sind hämorrhagisch infiltrirt. Die Zellen der
vielfach erhaltenen und mit wenig rothen Blutkörperchen gefüllten Pulparäume sehr gross, desgleichen ihre
Kerne, die oft gelappt oder in zwei zertheilt sind und sich mehr oder weniger blass färben. Nach Färbung
mit Methylenblau finden sich nur nach langer Durchmusterung spärliche blass gefärbte plumpe Formen, die
man als Pestbacillen ansprechen könnte.
40*
302 H. Alb VC c h I n ml A. ( ! hon.
8. Leber. Ausser den Zeichen parenchynialüser und fettiger Degeneration der Epithelzellcn nichts
Besonderes. Im Blute dieselben spärlichen blass gefärbten Formen wie in der Milz.
9. Niere. .Starke fettige Degeneration der Epithelien (besonders in der Rinde.) Die Harnkanälchen
etwas erweitert, mit zart granulirten, geronnenen Massen erfüllt, die sich auch zwischen den Cilomeruli und
ihrer Kapsel x'orfinden. Die Rinde nur stellenweise hyperämisch. Derselbe äusserst spärliche Pestbacillen-
befund im Blute der Gefässe.
Epikrise.
Reine Pestinfection mit Bildung eines t_vpischen hühnereigrossen primären Bubo in der rechten Axilla,
der den axillaren und pectoralen Lymphdrüsen entspricht. In der Umgebung desselben sehr reichliches
Ödem und durch dasselbe abgehobene Blasen der Haut an der rechten Schulter. Die unmittelbar benach-
barten Lymphdrüsen der rechten Fossa supraclavicularis erheblich hyperämisch und markig geschwollen;
ganz geringe derartige Veränderungen zeigen die mesenterialen und die linksseitigen axillaren Lymph-
drüsen, ferner eine Lymphdrüse in der linken Regio parotidea und eine in der rechten Schenkelgrube.
Reichliche Pestbacillen finden sich nur im Bereiche des primären Bubo, in der einen Lymph-
drüse der rechten Fossa supraclavicularis sind sie recht spärlich, ebenso in den nekrotisch zerfallenen
centralen Partien des primären Bubo.
Äusserst spärlich findet man sie in den Blutgefässen der übrigen untersuchten Lj'mphdrüsen und
Organe, auch in der Milz und in den mit üdemflüssigkeit gefüllten Hautblasen.
Ausser einer kleinen Blutung an der Streckseite des rechten Vorderarmes finden sich
keine Hämorrhagien.
In der rechten Lunge ein älterer, käsig zerfallener tuberculöser Herd, desgleichen \'erkäste
Tuberkel in den bronchialen und mesenterialen Lymphdrüsen, im untersten Ileum ein älteres tuberculrises
Geschwür.
Fall 15/XL.
Mooray Ramjee, ' 45jähriger Hindu, wurde ins Spital am 5. April um 2 Uhr 30 Minuten, am III. Krank-
heitstage aufgenommen und starb am selben Tage um 10 Uhr Abends.
Section am 6. April um 1 1 Uhr 30 Minuten Vormittags (ungefähr IS'/^ Stunden post mortem).
Männliches Cadaver, 1 75 cm lang, von kräftigem Knochenbaue und gut ausgebildeter Musculatur.
An den Schultern und der Haut des Thorax scharf umschriebene, gut entwickelte Todtenflecke, Todten-
starre schwach entwickelt.
Hornhäute durchsichtig, Pupillen mittelweit, beiderseits gleich weit, Conjuncti\'en pigmentirt, blut-
leer. Mund- und Lippenschleimhaut leicht cyanotisch, Zähne intact.
Hals kurz, kräftig, in seinen Gruben keine Drüsen palpabel.
Thorax lang, breit, gut gewölbt, symmetrisch; Abdomen unter dem' Niveau des Thorax. Bauchdecken
schlaff.
Am Genitale nichts Abnormes; an den unteren Extremitäten keine Ödeme.
In der rechten Axilla eine circa taubeneigrosse, verschiebliche, harte, nicht ganz scharf begrenzte
Geschwulst tastbar. In der linken Axilla erbsengrosse, harte, leicht verschiebliche Lymphdrüsen palpabel.
Die Haut in der rechten Axillargegend in Falten leicht abhebbar, aber für den tastenden Finger etwas
pastös, dicker.
In beiden Inguinalgegenden längliche, harte, über bohnengrosse Drüsen palpabel, ebenso beiderseits in
den Schenkelgruben; rechterseits in der Tiefe eine über bohnengrosse Drüse tastbar.
Vergl. Krankengeschichte II. A. pag. 100.
Bailciipc^f. Tl. Pafhologisch-anatomischer Bericht. 303
In der rechten Ellbogengegend eine ungefähr linsengrosse, \'ertrocknete Kxcoriation. eine ähnliche in
der linken Ellbogengegend, zwei kleinere am linken X'orderarme.
An der Haut des rechten Ober- und \'orderarmes hanfkorngrosse Blutaustritte; ebenso links an der \-or-
deren Thoraxwand.
Am rechten Knie eine linsengrosse, frisch \'ertrocknete Excoriation.
Die weichen Schädeldecken massig fettreich, blutarm, über dem linken Scheitelbeine eine circa gulden-
stückgrosse Blutung im Unterhautbindegevvebe.
Schädeldach länglich-oval, symmetrisch, im Längsdurchmesser 18 c;;/, im queren 13 c;;; und in der
Peripherie 50 c;;; messend; der Knochen circa 5 mm dick, Spongiosa erhalten, Tabula interna glatt, Gruben
und l-'urchen ziemlich seicht.
Im Sichelblutleiter reichliche Fibringerinsel und Cruormassen.
Dura mater gut gespannt, zart, blutreich. An der sonst glatten Innenfläche einzelne, zerstreute, punkt-
förmige Blutaustritte. Meningen an der Gehirnbasis zart, ziemlich blutreich, an der Convexität stärker durch-
feuchtet, die Gefässe an der Basis zartwandig, enge; Rinde grauroth-gelblich, Marklager weich, von massig
reichlichen Blutpunkten durchsetzt; Ventrikel ziemlich enge, ihr Ependym zart; Stammganglien, Kleinhirn
blutarm, ebenso Pons und Medulla.
Zwerchfellstand beiderseits am unteren Rande der vierten Rippe.
Die Lymphdrüsen beiderseits längs der grossen Halsgefässe bis über bohnengross, ziemlich hart, isolirt,
geröthet, auf dem Durchschnitte saftig, etwas gekörnt, grauroth. Lj'mphdrüsen in beiden Submaxillar-
gruben ebenso verändert.
Schilddrüse klein, gelblich, gekörnt.
Schleimhaut der hinteren Pharynxwand stark aufgelockert und durchsetzt von unregeimässig con-
fluirenden Blutaustritten, hauptsächlich in der Gegend hinter beiden Tonsillen. Rechterseits erscheint diese
Blutung unregelmässig begrenzt, circa guldenstückgross, und im Bereiche derselben findet sich die Schleim-
haut an verschiedenen Stellen gelblich gefärbt und getrübt. An der entsprechenden Stelle linkerseits eine
circa kreuzergrosse Blutung, deren Centrum trübe, grünlich-gelblich gefärbt erscheint und etwas mehr pro-
minent ist.
Beide Tonsillen etwas grösser und stärker prominirend, ihre centralen Partien länglich — napfförmig
eingesunken, auf dem Durchschnitte theils dunkelblauroth, theils mehr gelblich; aus einer hanfkorngrossen
Höhle ergiesst sich gelber Eiter. Schleimhaut der Epiglottis und des Sinus piriformis lebhaft geröthet, die
des Larynx und der Trachea gelblich.
In der linken Pleurahöhle ungefähr V^ Liter klares, gelbes Serum. Linke Lunge durch Bindegewebs-
membranen, besonders im Bereiche der Oberlappen, mit der Thoraxwand verwachsen; die Bindegewebs-
membranen sehr reichlich von gelbem Serum durchtränkt. Pleura \-on zahlreichen, dichtgedrängten,
punktförmigen Ecchymosen bedeckt. Der Oberlappen fühlt sich luftkissenartig, der Unterlappen etwas
dichter an. Auf dem Durchschnitte erscheint die Lunge \-ollständig lufthaltig, blutreich; Schleimhaut der
Bronchien etwas geröthet.
Im Fettgewebe des vorderen Mediastinum eine über erbsengrosse, harte, dunkelrothe Lymphdrüse, die
auf dem Durchschnitte saftig, röthlichgrau erscheint.
Auch im rechten Pleuraräume ist gelblich seröse Flüssigkeit enthalten. Im Bereiche des Oberlappens ist
auch die rechte Lunge mit der Thoraxwand verwachsen. Ebenso im Bereiche des Mittel- und Unterlappens,
auch die Lappen untereinander. In der Pleura einzelne, punktförmige Ecchymosen, sonst glatt und glän-
zend. Die rechte Lunge fühlt sich an den vorderen Rändern luftkissenartig an; auf dem Durchschnitte ist
sie lufthaltig, blutreich. Die .Spitze ist zum Theile geschrumpft, weniger lufthaltig und blutreich, das Gewebe
daselbst schiefergrau, derb.
Herzbeutel zart, in ihm ein Paar Esslöffel voll klaren, gelben .Serum enthalten, über den beiden Lungen-
venen Gruppen von spritzerartigen Blutaustritten.
Herz ziemlich gross, der linke \'entrikel leicht contrahirt, der rechte schlaffer.
304 H. AIhvccht iiinl A. Gliov.
Epicard zicnilicli fettreich, im rechten Herzen reichhche I''ibrinoerinsel, spärUche im hnken.
Herzfleisch yr;uihr;uiii, ;ille Klappenapparate zart, schlussfähig, Intima der Aorta bedeckt mit beetartigen,
weisslich-gelblichen Verdickungen, an einzehnen unrcgelmässig begrenzten, linsengrossen Stellen blutroth,
indem auf dem Durchschnitte sich in der Media kleine Blutaustritte finden.
Das Bindegewebe des hinteren Mediastinalraumes gelblich, sulzig ()dematös, von spärlichen punkt-
förmigen Blutaustritten durchsetzt.
Die L^'mphdrüsen an der Bifurcation tlach, bohnengross, ziemlich stark anthracotisch. Die Lymph-
drüsen zu beiden Seiten der Trachea erbsengross, dunkelblutroth, saftig.
Schleimhaut der Trachea und grossen Bronchien mit Schleim bedeckt, etwas geröthet.
Leber etwas vei-grössert, die vorderen Ränder etwas plumper, ihre Consistenz vielleicht etwas ver-
mindert, ihre Oberfläche glatt, braun und gelb marmorirt, theils graugelb, auf dem Durchschnitte ziemlich
blutarm, \'on undeutlicher Läppchenzeichnung, morscher, braungrau.
Gallenblase klein, lichte Galle enthaltend.
Milz mit der Umgebung durch Bindegewebsmembranen verwachsen, 20 cm lang, 13 cnt breit, 4'^ cm
dick; ihre Kapsel zart, gespannt, Consistenz vermmdert. Auf dem Durchschnitte ist die Pulpa dunkelblutroth,
etwas vorquellend, die Follikel erscheinen als graue Punkte mit dunkelblutrothem Hofe deutlich sichtbar,
geschwollen. Die Schnittfläche zeigt Andeutung von ( "hagrinirung. Pulpa abstreitl^ar, das grobe Stroma nicht
vermehrt.
Nebennieren nicht verändert.
Nieren vergrössert, plump, schlaff, ihre Kapsel leicht abziehbar, ihre Oberfläche glatt, reichliche
.Stellulae Verheyni zeigend. Rinde stark verbreitert, ebenso wie die Columnae Bertini, gelblichgrau
gesprenkelt, Glomeruli als rothe Pünktchen etwas prominent, Pyramiden breit, an der Peripherie wie
gefasert, im Centrum erbleicht. Schleimhaut des Nierenbeckens und der Ureteren nicht verändert.
Die retroperitonealen (lumbalen) Lymphdrüsen längs der grossen Gefässe länglich, kleinbohnengross,
röthlichgelb, auf dem Durchschnitte saftig. Follikel etwas prominent.
In der Harnblase reichlich gelber Urin mit Sediment enthalten, ihre Schleimhaut weisslich.
Die tiefen inguinalen Lymphdrüsen am inneren Schenkelringe linkerseits haselnussgross, länglich,
derb, röthlichgelblich, auf dem Durchschnitte ebenso gefärbt; Schnittfläche glatt, aber saftig.
Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen linkerseits circa erbsengross, hart, isolirt, grauroth, auf
dem Durchschnitte blutreich, gelblichroth fleckig, saftig, die der rechten Seite zeigen dasselbe Bild. Die
tiefen inguinalen Lymphdrüsen rechterseits erbsengross, gelblich, \-on glatter .Schnittfläche, etwas
weniger saftig.
Pankreas derb, körnig, ziemlich blutreich.
Der Magen sehr gross, von Gasen gebläht, enthält zum Theile graurrithliche, flüssige Massen, zum Theile
klumpige, schleimige, die auch die gesammte Schleimhaut überziehen. Die .Schleimhaut, besonders am P\mdus
ist übersäet von bis hirsekorngrossen, nur wenig confluirenden, stellenweise dicht gedrängt stehenden
Blutaustritten; daneben finden sich an der hinteren Magenwand streifenförmige, vom Pylorus gegen die
Cardia zu angeordnete, längliche, aneinandergereihte, ganz flache, mit grünlichem Schleim belegte Ulcera-
tionen, die in der Pylorusgegend am reichlichsten sind. Schleimhaut ihrer Umgebung sehr stark geschwollen,
dunkelblutroth infiltru-t. (Vide Tafel VIII, Fig. 3.)
Im Duodenum sehr schleimige, reichliche, wenig gallig gefärbte Inhaltsmassen. In der Schleimhaut
spärliche, punktförmige Blutaustritte.
Der Übergangstheil des Ösophagus zur Cardia in Längsfalten gelegt. Die .Schleimhaut über diesen
Falten ist graugelblich, wie gekocht, zum Theile in kleinsten, gelblichen Bröckeln abstreiflDar, die Umgebung
dieser Falten braunroth gefärbt.
Im ganzen Jejunum und Ileum finden sich in der Schleimhaut wenig reichliche, kleinpunktgrosse
Blutungen. Schleimhaut selbst stärker verschleimt.
Im ganzen Dünndarme gallig gefärbte, schleimige Chymusmassen.
Beuhiipcst. II. Pathologisch-anatomischer Bericht. 305
Schleimhaut des Dickdarmes sehr starl< gelockert und geschwollen, mit lichtgallig gefärbten Fäcalien
überzogen, trübe, roth, von zahllosen, punktförmigen Blutungen durchsetzt. Die Blutungen im Enddarme
etwas reichlicher wie im übrigen Colon.
Die mesenterialen Lymphdrüsen circa erbsengross, hart, blutroth und saftig.
Das Unterhauthinde- und Fettgewebe um den früher beschriebenen Tumor der rechten Axilla blutig,
ödematös, ganz starr infiltrirt. Diese Infiltration reicht hinein in die angrenzenden Partien des Pectoralis
major; daselbst finden sich in dem Muskel zahlreiche, dunkelschwarzrothe Blutaustritte. Längs des Latis-
simus dorsi ist das Bindegewebe sehr reichlich von gelbem Serum durchsetzt, erzitternd weich, sulzig,
daneben finden sich fleckige Blutaustritte. Dieselben Blutaustritte im Pectoralis minor.
.Auch hinter dem Pectoralis minor im Bindegewebe schwarzrothe, dichtstehende Blutaustritte um die
circa haselnussgrossen und ganz schwarzroth infiltrirten, infraclavicularen Lymphdrüsen. Diese Blutungen
umscheiden die Vena subclavia und axillaris, in deren Intima sich zahlreiche, hirsekorngrosse und zum
Theile confluirende bis kreuzergrosse Blutaustritte finden.
Die eigentlichen axillaren Lymphdrüsen durch die früher erwähnte, starre, blutig-ödematöse Infiltration
zu einem über hühnereigrossen Paquet vereinigt. Auf dem Durchschnitte setzt sich dasselbe aus einer
Gruppe von ungefähr sechs Lymphdrüsen zusammen, von denen die grösste circa wallnussgross ist; sämmt-
liche starr hämorrhagisch, schwarzroth, auf dem Durchschnitte prominent.
An der Beugeseite des Oberarmes, an der Grenze zwischen mittlerem und proximalem Drittel eine circa
linsengrosse, geschwollene und geröthete Lymphdrüse.
Die Lymphdrüsen der linken .Axilla derb, isolirt, bohnengross, geröthet, auf dem Durchschnitte saftig,
leicht röthlichgelblich gesprenkelt. Das sie vimgebende Bindegewebe etwas feuchter.
Bacteriologischer Befund.
1. In Deckglaspräparaten einer saftreichen Lymphdrüse der rechten Halsseite finden
sich Pestbacillen in massiger Menge, einzeln liegend, meist \"on länglich-ovaler Form, gut und bipolar gefärbt,
und fast in gleicher Anzahl Lanzettcoccen.
In den Aussaaten davon sind reichlich Colonien des Diplococcus pneimioniae und drei Colonien \'on
Bacillen der Coligruppe, doch keine Pestcolonien nachweisbar.
'1. Im eiterigen Secrete der linken T(.)nsille sind mikroskopisch Bacterien mit Sicherheit nicht
nachweisbar.
In den Aussaaten finden sich Colonien verschiedener Bacterien, jedoch keine Pestcolonien.
3. In den Aussaaten aus der Galle gehen reichlich Colonien des Pestbacillus, vereinzelt solche
des Diplococcus pneumoniae an.
4. Präparate aus der Milz zeigen ziemlich reichlich Pestbacillen, einzeln und als Diplobacillen,
theils in ovalen, gut und bipolar gefärbten, theils in schwach tingirten, bläschenartigen Formen. Spärlich
lassen sich Diplococcen nachweisen.
In den Aussaaten aus der Milz finden sich reichlich Ci>li)nicn des Pestbacillus, spärlicher solche des
Diplococcus pneumoniae.
5. Die Aussaaten aus dem Harn bleiben steril.
6. Im Mageninhalte ist mikroskopisch ein Bacteriengemenge von Coccen und Bacillen verschiedene
Form und Grösse sichtbar, darunter spärlich auch Bacillen, die in allen Punkten mit Pestbacillen überein-
stimmen.
In den Aussaaten lassen sich jedoch keine Pestcolonien nachweisen, wohl aber ix'ichlich Colonien \er-
schiedener Bacterien, unter denen solche der Coligruppe x'orherrschen.
7. Auch in den Aussaaten aus dem Dickdarminhalte finden sich keine Pestcolonien, sondern
\orwiegend Colonien der Coligruppe.
306 H. Albrccht nud A. Ghoii,
8. In einer Lymphdrüse aus dem Bubo der rechten Achselhöhle sieht man mikroskopisch
reichlich Pestbacillen, doch nur spärlich in typischen Formen, vielmehr vorwiegend als blass gefärbte rund-
liche — bläschenartige — und Kingformen, sowie als grössere schattenhaft aussehende Gebilde. In spär-
licher Menge finden sich Diplococcen.
In den Aussaaten gehen reichlich Colonien des Pestbacillus, spärlicher solche des Diplococcus pneu-
moniae an.
9. Im Knochenmarke \-om rechten Oberarme finden sich culturell vorwiegend Colonien des
Diplococcus pneumoniae, spärlich solche des Pestbacillus.
Von der Cultur aus Nr. 9 werden 0-2 ccm einer Aufschwemmung einer weissen Maus subcutan injicirt.
Tod des Thieres innerhalb 24 Stunden: Reine Diplococceninfection.
Von der Cultur aus Nr. 4 werden ebenfalls 0'2 ccin der Aufschwemmung einer weissen Maus subcutan
einverleibt; das Thier verendet nach zwei Tagen. Bei der Section findet sich ein hämorrhagisch sulziges
Exsudat mit Nekrose an der Injectionsstelle und Milztumor. In allen Organen finden sich enorme Mengen
von Pestbacillen und spärlich Coccen von der Form des Diplococcus.
Histologischer Befund.
1. Haselnussgrosse Lymphdrüse aus der rechten Axilla mit umgebendem Bindegewebe
und mit Vena axillaris. Die Lymphdrüse vollständig von Hämorrhagien und BaciUeninfiltration zerstört.
.Auch das umgebende Binde- und Fettgewebe ist vollständig von Hämorrhagien und von homogen geron-
nener und ausserordentlich bacillenreicher Ödemflüssigkeit infiltrirt. Die Blutmassen setzen sich in continuo
in die Venenwand hinein fort, die Muskelbündel weit von einander drängend, bis unter das Endothel, das,
streckenweise in isolirter Schichte abgehoben, die sich ins Lumen vorwölbenden Blutmassen bedeckt. An
vielen Stellen ist diese Endothelschichte unterbrochen. Innerhalb derBlutungen zahlreiche, grosse Anhäufungen
\'on pohmucleären Leukocyten. Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten findet man überall, sowohl inner-
halb der Lymphdrüse wie im Bereiche des Ödems und der Hämorrhagien sehr zahlreiche Pestbacillen. Im
Bereiche der Lymphdrüse bilden sie zusammenhängende Rasen und haben rundliche, coccenähnliche Form,
mehr in der Peripherie liegen sie zu kleineren und grösseren Haufen beisammen und stellen plumpe Diplo-
bacillen vor. Überall finden sich denselben beigemengte Häufchen von lanzettförmigen Diplococcen. Auch
im Bereiche der Venenblutung finden sich zahlreiche Pestbacillen. Sie sind auch in Form kleiner Gruppen
oder mehr einzeln dem Endothel, wo es erhalten ist, aufgelagert.
2. Etwas über hanfkorngrosse Lymphdrüse vom oberen Drittel des rechten Oberarmes
(den Gefässen angelagert) zeigt histologisch Hyperämie, starke Erweiterung der Sinus, in denen
ausser den stark angeschwollenen .Sinuszellen der Reichthum an polynucleären Leukocyten auffällt.
In, den Sinus reichlich auch intracellulär gelagerte Pestbacillen und grössere Haufen dicht gedrängter
Diplococcen. In den Blutgefässen massig reichliche Pestbacillen neben spärlichen, lanzettförmigen Diplo-
coccen.
3. Eine mandelgrosse Lymphdrüse aus der rechten Fossa submaxillaris ergibt denselben
wenig bemerkenswerthen histologischen Befund wie die vorstehende. Nur findet sich in vielen erweiterten
Gefässen statt Blut ein Netzwerk von röthlich violetten, feinen Fäden oder Nadeln und zwischen denselben
mehr fein granulirte Massen. Letztere erweisen sich — nach Methylenblaufärbung — als Pestbacillen in
reichlicher Anzahl und DiplobaciUenform. .Solche finden sich auch sehr zahlreich in den Sinus häufig intra-
cellulär; Diplococcen weniger reichlich in den Blutgefässen, aber in sehr grossen Mengen in den Randsinus,
die geradezu von ihnen vollgepfropft sind. Auch in einzelnen Lymphgefässen, im pericapsulären Bindegewebe
liegen dieselben massenhaft.
4. Schnitte durch ein Stück der Pharynxwand zeigen das Epithel überall erhalten. Das Binde-
gewebe der Mucosa und Submucosa gleichmässig hämorrhagisch infiltrirt, so dass auch die Läppchen
Bciilcnpcsl. II. PatlioJoi^isch-auatouiiychcr Bcriclit. 307
der Schleimdrüsen \'on Blut ganz eingescheidet sind. Manche von diesen sind von einem Wall \-on poly-
nucleären Leukocj'ten umgeben. Die Gefässe überall hochgradig erweitert. Das Bindegewebe zwischen
den Muskelbündehi des Pharynx und an der Peripherie der Blutungen von feinstfädigem Ödem aus-
einander geworfen. Überall massenhafte Diplococcen von Lanzettform, zu kürzeren Ketten stellenweise
angeordnet, nur sehr spärliche Pestbacillen auffindbar. Die Diplococcen nach der Gram -Weigert 'sehen
Methode intensiv blau gefärbt.
5. Eine tiefe inguinale Lymphdrüse vonMinks (über haselnussgross) ergibt denselben
histologischen Befund wie 2. In den Sinus ziemlich spärliche, häufig intracellulär gelagerte Pestbacillen, im
Blute der erweiterten Gefässe sehr spärliche Pestbacillen und Diplococcen.
6. Eine ebenso grosse, tiefe inguinale Lymphdrüse v'on rechts zeigt geringere Hyperämie.
Die wie gebläht aussehenden Sinuszellen enthalten reichlich Fetttröpfchen. Der Bacillenbefund der analoge
wie der Vorstehende.
7. Den ganz gleichen Befund ergibt eine kaum bohnengrosse retroperitoneale Lymph-
drüse. Bei allen im Vorstehenden untersuchten Lymphdrüsen — abgesehen von denen des primären Bubo
— ist sowohl Kapsel als periglanduläres Bindegewebe un\-erändert.
8. Niere. Die Epithelien sehr plump, in das Lumen des Harnkanälchens unregelmässig vorspringend,
letzteres erfüllt mit granulirten geronnenen Massen. Die Kerne der Epithelien gross und sehr biass. Die
Glomeruli zum Theile sehr gross und blutreich, die Kapsel ganz ausfüllend, zum Theile wie geschrumpft
oder collabirt, zwischen ihnen und der Kapsel ebenfalls granulirte Gerinsel. Die Capillaren und Gefässe der
Niere erweitert, einzelne viillgefüUt mit bläulich sich färbenden Bacterienpfröpfen. Sie bestehen aus das
Gefässlumen verlegenden Massen von lanzettförmigen Diplococcen, ferner sind im Blute der Gefässe massig
reichliche Pestbacillen zu constatiren.
9. Ausser den Veränderungen trüber Schwellung der Epithelien ergibt die Leber keinen bemerkens-
werthen Befund. In den Capillaren reichlich Pestbacillen und Diplococcen.
10. Milz. Dieselbe ist sehr blutreich, theilweise diffus \'on Blut infiltrirt und sehr reich an p(.)lynucleären
Leukocyten. Die Pulpazellen sehr gross, ihr Kern noch auffallender vergrössert, häufig zwei- oder dreilappig
mit dichter Kernstructur. Die meisten kleinen Arterien besitzen eine verdickte, homogen gequollene Wand.
Manche Trabekel etwas verbreitert, nicht glatt, sondern grob granulirt aussehend. Die Follikel sehr klein.
Ausserdem finden sich zahlreiche, schon wiederholt im Vorstehenden beschriebene kleinere Herde, die aus
einem granulirten oder balkigen, roth gefärbten Centrum bestehen, das \-on radiär gestellten, birnförmig oder
spermatazoenähnlich in die Länge gezogenen Kernen umgrenzt wird. Auf mit Methylenblau gefärbten
Schnitten reichliche Pestbacillen, und auf nach Gram-Weigert gefärbten spärliche, blau gefärbte Lanzett-
coccen nachweisbar.
11. Im Knochen marke des rechten Femur fällt die Grösse der Markzellen und ihrer Kerne auf
letztere sind sehr blass gefärbt und besitzen mehrere Kernkörperchen und zahlreiche feine Granula. Auch
ihr Protoplasma häufig granulirt. Auch eosinophile Zellen und kernhaltige rothe Blutkörperchen und poly-
nucleäre LeuKocyten sind reichlich, ferner finden sich ziemlich zahlreiche Mitosen, deren Zugehörigkeit nicht
näher bestimmbar ist. Ausserdem fallen riesenzellenähnliche Formen auf in nicht geringer Anzahl. Reich-
liche, meist intracellulär gelagerte Pestbacillen und noch reichlichere Diplococcen.
12. Eine am Schnitte circa 1 cui lange Hautblutung zeigt die .Spalten der oberfiächlichen
Schichten des subcutanen Bindegewebes blutig infiltrirt, die Coriumpapillen sind frei. Spärlich finden sich
polynucleäre Leukocyten. Nur sehr spärliche Pestbacillen, dagegen etwas reichlichere Diplococcen nach-
weisbar, die auch innerhalb einiger hämorrhagisch umscheideten Schweissdrüsen liegen.
L3. Schnitte durch die Wand der Aorta asccndens mit einer kleinen Blutung. Die Intima
atheromatös verdickt. An ihrer (irenze gegen die Media zahlreiche Gewebsspalten mit Blut erfüllt. Die eben-
falls verbreiterte Media färbt sich an einer nicht scharf umschriebenen Stelle stark bläulich, indem die Muskel-
fasern zwischen den erhaltenen imd verbreiterten elastischen Membranen in grob granulirte Massen zerfallen
sind, die sehr zahlreiche grosse und kleinere, stärker und schwächer gefärbte Körnchen enthalten. Die
Denliscliriflcn der matheni.-naturw. CI. LX\'l. Bd. 41
308 H. AlbrccJil und A. C/ioii.
Gefässe der Ad\-entitia erweitert, diese selbst \'on Leukocyten infiltrirt. In den Gefässen zahlreiche Diplo-
coccen, in den beschriebenen Stellen der Media in Folge der zahlreichen K'iirnchen Bacillen nicht mit Sicher-
heit 7,u erkennen, ebensow'enig in den kleinen Blutaustritten der Intima.
Auf allen untersuchten Schnitten findet man nach der Gram-Weigert'schen Methode prompte Ent-
färbung der Pestbacillen und intensive Blaufärbung der Diplococcen.
Epikrise.
Neben schwerer Pestinfection, die im Bereiche der den rechtsseitigen axillaren Lymphdrüsen zuge-
hörigen Körperregion erfolgt ist, findet sich in \'orliegendem Falle eine Misch- oder Secundärinfection
durch den Diplococcus pneumoniae lanceolatus, der sich in sehr grossen Mengen histologisch neben dem
Pestbacillus im Blute findet. Sein ganz enorm reichliches Vorkommen in den Blutungen der Pharynxwand
lässt mit grösster Wahrscheinlichkeit darauf schliessen, dass die Einbruchspforte für die Secundärinfection
auch in diesem Falle in die lymphatischen Apparate des Gaumens und Pharjmx zu verlegen ist, die auch
makroskopisch .Schwellung und Abscedirung zeigen.
Eine Lymphdrüse aus der rechten Fossa submaxillaris lässt histologisch erkennen, dass ihre
Infection durch den Diplococcus pneumoniae \'or Allem auf dem Wege der Lj'mphbahnen erfolgt
ist, indem die Lymphgefässe in unmittelbarer Umgebung der Kapsel, die Randsinus der Lymphdrüse von
Diplococcen geradezu vollgepfropft sind. In den untersuchten Organen finden sich nun sowohl im Blute als
auch im Gewebe Pestbacillen und Diplococcen in wechselndem Mengenverhältniss. Sie dringen auch direct
mit den die Venenwand durchbrechenden Blutungen in das Lumen der Vena axillaris im Bereiche des stark
hämorrhagischen, primären Bubo ein.
Blutungen finden sich ausserdem in der Haut der rechten oberen Extremität, der rechten Thoraxhälfte,
der weichen Schädeldecken, an der Innenseite der Dura mater, im Pharynx, in der Pleura und im Epicard
ferner in der Schleimhaut des Magens, wo es auch zur Geschwürsbildung gekommen ist, und in der des
Darmtractes, am reichlichsten im Dickdarme.
Folgende Lymphdrüsen zeigen mehr weniger intensive Veränderungen (abgesehen von den rechtsseitigen
axillaren Lymphdrüsen, welche den primären Bubo bilden): Eine isolirte Lymphdrüse an der Beugeseite des
rechten Oberarmes, die Lymphdrüsen längs der grossen Halsgefässe, längs der Trachea, im vorderen
Mediastinum, der linken Axilla, die retroperitonealen, mesenterialen und die tiefen inguinalen beiderseits,
besonders aber rechts, wo auch die oberflächlichen entsprechend \-ei-ändert sind. In der Milz finden sich
zahlreiche nekrosirende Pestherde t\'pischer Form.
Fall 16/XLlI.
Chiwa Alakaii, 30jähriger Hindu, win-de am 12. April in das Wari Bunder-Hospital aulgenommen und
starb am 14. .April um 7 Uhr 30 Minuten Früh.
Die .Section des ins Arthur Koad Hospital übertragenen Cada\'ers wurde am 14. April um 11 Uhr \'or-
mittags (ß'/j Stunden post mortem) vorgenommen.
Männliches Cadaver, mittelgross, von kräftigem Knochenbau, kräftig entwickelter Musculatui', gut
genährt; Todtenstarre vorhanden, Todtenflecke in geringem Grade an den abhängigen Körperpartien
ausgeprägt; Conjunctiven stark injicirt, ebenso die Scleren, beide H<jrnhäute trübe. Schleimhaut der Lippen
li\-id verfärbt, Zähne erhalten und gesund.
Das Gesicht ist gleichmässig bedeckt mit Pockennarben, am rechten Jochbein eine pfenniggrosse,
unregelmässig begrenzte, eingetrocknete Excoriation.
Hals kurz, kräftig, an demselben, sowie in den Axillen keine Drüsen tastbar.
Thorax breit, gut gewölbt, Abdomen im Ni\'eaii des Thorax.
In der linken Axilla ein über hühnereigrosser, nicht scharf abgrenzbarer Tumor tastbar, der die Haut,
flach vorwölbt und ziemlich hart ist. Die Haut über demselben und in seiner LTmgebung \'erdickt, schwer
in Falten abhebbar, der Fingereindruck bleibt bestehen.
Mi'iili'iipi's/. II Pj//io!oo'iscJ!-ciucitoiii!sc/uT BericIiL 309
In beiden In^Liiiialgegundcn llaclie, xt-rscliiebliche iJrüsen palpabel.
An beiden Unterschenkeln, und zwar an dei' x'ordefen Seite glatte Narben sichtbar. Verletzungen
nirgends aufzufinden.
Weiche Schädeldecken ziemlich blutreich, .Schädeldach u\-al, im Längsdurchniesser 17'/^ cui, im queren
m'/jf»; imd in der Peripherie 49 t-;;; messend, symmetrisch. Seine Innenfläche glatt, glänzend, Knochen
bis zu f) ;;;;;/ dick, Spongiosa erhalten.
iJLua niater am Schädeldache leicht adhärent, sie selbst nicht \'erdickt, glatt, glänzend, ziemlich blut-
reich; im oberen .Sichelblutleiter geronnenes Blut. Die inneren Meningen an der Basis und Con\-exität des
(lehirns zart, massig blutreich, Gefässe an der Basis zartwandig.
Kinde gleichmässig breit, grauröthlich, Marklager \on massig zahlreichen Blutpunkten durchsetzt.
X'entrikel enge, ihr Ependym zart. Stammganglien, Medulla und Pons zeigen keine Veränderungen.
Zwerchfellstand beiderseits am unteren Rande der \'ierten Rippe.
Das Bindegewebe vor und hinter dem Musculus pectoralis major linkerseits nahezu bis zur Mittellinie
des Thorax gelblich, sulzig, ödematös.
Die Lymphdrüsen an beiden Seiten des Halses entlang der Gefässe grösser, dunkelroth, auf dem Durch-
schnitte succulenter, mehr .Saft gebend.
Zunge von ziemlich dickem, gelblichen Belage bedeckt, beide Tonsillen \ orspringend, etwas \er-
grössert, am Durchschnitte saftreicher, Schleimhaut des Pharynx und des Larynx li\id, die Follikel an
der Epiglottis und am Pharynx stärker prominirend.
Schleimhaut der Trachea etwas stärker geröthet.
Linke Lunge allenthalben durch bindegewebige Membranen fixirt, ihre Pleura \-erdickt, zum Theile
sulzig-üdematös; ziemlich reichlich, namentlich an den hinteren Partien der Lunge von theils distincten,
theils conOuirenden Blutungen durchsetzt. Die linke Lunge ist allenthalben lufthaltig, ziemlich blutreich.
Die rechte Lunge ist in ihrem hinteren Antheile ebenfalls durch bindegewebige Membranen fixirt, ihre
Pleura dort verdickt, ebenfalls von reichlichen Blutungen durchsetzt, die Lunge lufthaltig, stärker blutreich.
Ductus thoracicus nicht verändert.
Im Herzbeutel geringe Mengen gelblicher Flüssigkeit, derselbe zart. Das Herz in seinem rechten .An-
theile etwas grösser und schlaff, links contrahirt.
Rechter Ventrikel etwas mehr von Fett umwachsen. Das Epicard der hinteren Seite des rechten
\'entrikels nahe der Spitze, ebenso das Epicard des linken Ventrikels nahe dem Vorhof und das Epicard des
rechten Vorhofes ziemlich reichlich von grösseren und kleineren Blutungen durchsetzt. In beiden Ventrikeln
geringe Mengen geronnenen Blutes.
Myocard gelblichbraun, bleicher, etwas morscher. Alle Klappenapparate intact.
Leber etwas grösser, ihre Ränder plumper, ihre Kapsel zart, ihre Oberfläche glatt, glänzend, stellen-
weise grössere, intensiv gelbe Flecke zeigend. Am Durchschnitte blutreicher, die acinöse Structur undeut-
licher. Das Parenchym der erwähnten, gelblichen Partien durch entsprechend intensivere gelbliche Farbe
\'om übrigen Lebergewebe abgegrenzt.
Gallenblase ziemlich stark gefüllt von dunkler Galle, ihr Serosaüberzug von kleineren Blutungen
durchsetzt.
Milz \S cm lang, b cm dick, 11 cm breit, plump. Ihr Kapselüberzug zart, auf dem Durchschnitte
das Parenchym vorquellend, wie feinst chagrinirt, blutreich, massig weich.
Nebennieren klein, keine besonderen Veränderungen zeigend.
Beide Nieren plumper, etwas grösser, ihre Kapsel leicht abziehbar, zart, ihre Oberfläche glatt, glänzend.
Rinde verbreitert, stärker gelblich gefärbt, ziemlich blutreich, \-on den Pyramiden gut abgrenzbar.
Schleimhaut des Beckens wenig blutreich.
Blase leer, ihre Schleimhaut blutarm.
Pankreas blutarm, ziemlich derb, gekörnt.
41 •
310 //. Mbrcchl iiinl A. Giinii,
Im Magen .ncrin.nc Mengen schwaiv.i'citli yelärbler, schleimiger l'"lüssigkeit. I.)ic Schleiinliaut desselben
bedeckt mit blutiggelblichem Schleim und übersäet X'un zahlreichen, bis hik'hstens stecknailelkopfgrDSsen,
distincten Hkitiingen.
Im Duodenum ziemlich reichliche, gallig gefärbte Massen, Schleimliaut gelockert, vereinzelte kleine
ßlutaustritte zeigend.
Die mesenterialen Dymphdri^isen an der Radix stäi'ker prominent, Hach, am Durchschnitte n'Uhlich,
sat'treicher.
\m ganzen Dünndarm reichliche, flüssige, schleimige, intensiv- gelblich gefärbte Chymusmassen. Die
Schleimhaut des Dünndai-ms gelockert, blutreich.
Der Dickdarm enthält breiige, intensiv gelbliche Fäces. .Seine Schleimhaut weniger blutreich, etwas
gelockert, nur \'on \ereinzelten Blutaustritten durchsetzt.
Die obeiilächlichen inguinalen Lymphdrüsen der rechten .Seite \'ergr(')ssert, flach, über bohnengross,
dunkler, am Durchschnitte deutlich graurc'Uhlich, gesprenkelt, saftreicher. Das sie umgebende Binde-
gewebe nicht \ei'ändert. Die tiefen inguinalen derselben Seite im Allgemeinen in derselben Weise \'ei'ändert,
niu' kleiner.
Die inguinalen Lymphdrüsen der linken Seite, und zwar sowohl die oberflächlichen als tiefen in
gleicher Weise \'erändert, nur erscheint die tiefe Lymphdrüse am inneren .Schenkelringe stark vergrr)ssert,
am Durchschnitte succulenter und saftiger als die übrigen.
Das Bindegewebe um die oberflächlichen inguinalen Drüsen linkerseits erscheint gelblich - sulzig-
ödematös.
In der linken Achselhiihle ein fast faustgrosses Paquet, umgeben von gelblichem, sulzigen, zum Theile
von Blutungen durchsetzten Bindegewebe, das auf dem Durchschnitte eine Reihe vergrösserter, abgrenz-
barer Lymphdrüsen zeigt, die deutlich gelbröthlich gesprenkelt sind, stellenweise von schwarzrothen
Blutungen durchsetzt erscheinen und von ihrer Schnittfläche ziemlich reichlichen, graun'Uhlichen, oft
deutlich fadenziehenden .Saft abstreifen lassen.
Die Intima der Vena axillaris dieser .Seite von ziemlich reichlichen, distinct stehenden, hellroth gefärbten
Blutungen durchsetzt.
In der Cubita des linken Armes keine Veränderungen, ebensowenig an der Hand.
Die Lymphdrüsen der rechten Achselhöhle sind in ähnlicher Weise verändert wie die inguinalen.
Bacteriologischer Befund.
L Aussaaten aus der Galle bleiben steril.
2. Deckglaspräparate aus der Milz zeigen Pestbacillen in sehr reichlicher Menge, vorwiegend
einzeln liegend, gut und bipolar gefärbt.
Die Aussaaten enthalten ebenfalls sehr reichlich Pestcolonien, ausserdem zwei Colonien von Bacillen der
Coligruppe.
3. Eine tiefe inguinale Lymphdrüse der linken Seite zeigt mikroskopisch enorme Mengen von
Pestbacillen, fast einem reichlichen Ausstrich einer Reincultur gleichend, vorwiegend einzeln liegend, gut
und bipolar gefärbt, in ovalen oder länglich ovalen Formen.
4. Deckglaspräparate vom Bubo der linken Achselhöhle geben dasselbe Bild wie Nr. 3.
In den Aussaaten davon finden sich sehr reichlich Pestcolonien, ausserdem einige wenige Colonien
einer nicht näher bestimmten Bacillenart (Verunreinigung).
In Deckglaspräparaten aus der 48 Stunden alten Cultur lassen sich an den Pestbacillen durch Behand-
lung der Präparate mit Essigsäure und nachträglicher Färbung mit x'erdünnter Gentianaviolettlösung schöne
Kapselbilder darstellen.
Bcnh-iipcs/. IL Piitliologisch-duat<iiiii><cln'r Bericht. 311
Histologischer Befund.
1. Priinärci' |-)iibo aus der linkLMi Axilla. Der histdlogische Befund desselben weicht in iTiclits \-iin
dem bei einem primären i-Jubo ,<;ew(>hnlichen ab. Her\-i)i-gehöben sei. dass in dem \-ollstiindig \'i)n Leukn-
cj'ten, Peslbacillen und Hämm'i'hagien intiltrirten Bindegewebe seiner Umgebung sich sehr reichliche, stark
erweiterte und mit Bacillen und polynucleären Leuknc\'ten ganz \'iillgeptV(ipfte i,ymphgetasse finden, deren
Wand \'erbreitert und homogen ist.
Überall zahllose Pestbacillen \ieltach ganz gleichmässig zu grossen Rasen angeordnet; x'iele besitzen
Coccenrorm, dann sind sie ganz blass, oft bläschenartig oder schattenhaft gefärbt. An anderen Stellen liegen
sie ungeordneter, in Diplobacillenform.
2. .Schnitte durch mehrere bohnengrosse Lymphdrüsen aus der rechten Inguinalgegend
zeigen hochgradige Hyperämie des Parenchjnns. Die ziemlich engen Sinus enthalten zahlreiche, meist
mononucleäreLeukocj'ten und grosse, epithelähnliche Zellen. Sonst kein besonderer pathologischer Befund.
In d<:n Blutgefässen ziemlich reichliche Pestbacillen, im Gewebe keine auffindbar.
3. Leber. Die Epithelien zeigen das gewöhnliche Bild au.sgesprochener trüber Schwellung, die Capil-
laren sind stellenweise weit, mit Blut gefüllt, im Gewebe der Glisson'schen Kapsel kleine Herde kleinzelliger
Infiltration. Im Blute der Capillaren und Gefässe ziemlich reichlich Pestbacillen.
4. Milz. Dieselbe ist ausserordentlich hyperämisch. Die Pulparäume vielfach erhalten, ihre Zellen
untereinandergeworfen, wie desquamirt.
Überall zahlreiche polynucleäre Leukocyten. Die Follikel klein, an den Trabekeln nichts .Auffallendes.
Pestbacillen ziemlich zahlreich, meist extracellulär. Andere Bacterien nicht nachweisbar.
Epikrisis.
Die Lymphdrüsen der linken Achselhöhle sind zu einem hämorrhagischen Paquet vereinigt, das als
primärer Bubo anzusehen ist. Die Umgebung ist starr hämorrhagisch und bacillär infiltrirt, in der Wand der
Vena axillaris reichliche Blutungen. Von peripheren Lymphdrüsen sind die Halslymphdrüsen beiderseits
längs der grossen Gefässe, die linke Tonsille, die rechtsseitigen axillaren, die mesenterialen und alle
inguinalen Lymphdrüsen geschwollen, hyperämisch und mehr oder weniger saftig. Im Bindegewebe um die
linksseitigen inguinalen Lymphdrüsen findet sich ebenfalls leichtes gelbliches Ödem. Blutungen finden sich
in der Pleura, dem Epicard, in der Leberkapsel und der Gallenblasenwand und in der .Schleimhaut des
Magens, Duodenum und Dickdarmes. Bacteriologisch und histologisch erscheint der Fall als reine Pest-
infection mit ungeheuren Mengen von Bacillen im primären Bubo und im Blute; desgleichen finden sich
in Deckglaspräparaten einer tiefen inguinalen Lymphdrüse linkerseits enorme Mengen \'on Pestbacillen.
Fall 17/XLV.
Phüukoo Naftno, 5jähriges Hindumädchen, wurde am 14. April um 12 Uhr 30 Minuten Nachmittags, am
III. Krankheitstage ins Spital aufgenommen und starb am IG. April, am V. Krankheitstage, um 6 Uhr
50 Minuten Abends.
Section am 17. April um 7 ühr 30 Minuten \'ormittags, ungefähr 12'/2 Stunden post mortem.
Kindliches weibliches Cadaver, 97 cm lang, von gracilem Kochenbau, ziemlich gut genährt, Todten-
starre an den unteren Extremitäten gut ausgesprochen, TodtenÜecke diffus an den hinteren Körperpartien.
Hornhäute getrübt, Conjunctiven blutarm, aus dem Munde und der Nase schaumige Flüssigkeit hervor-
quellend, Schleimhaut der Lippen blutarm.
Hals schlank, massig lang, Thorax von entsprechender Länge und Breite, gut gewölbt. Abdomen
etwas unter dem Niveau des Thorax.
Die Haut des ganzen Körpers, vorwiegend aber des Abdomen und der unteren Extremitäten übersäet
von bis linsengrossen, unregelmässig begrenzten, in ihren Grenzen etwas xerschwommenen, li\'id gefärbten,
zarten Narben (überstandene Pocken).
312 H. Albrcchl nuJ A. Glmu.
Zu beiden Seiten des Halses entlang der Gefässe keine aultallciKl veränderten Di-üsen lastbai', ebenso
nicht in der rechten Axilla und in beiden Inguinalgegenden.
In der linken Axilla jedoch ein etwa wallnussgrosser Tumoi-, der pi'üiiiinii't und den hier befnidliehen,
zu einem Paquet vereinigten, nicht abgrenzbaren Lymphdrüsen entspricht. Die Haut über diesem Tumor
etwas schwerer abhebbar und dicker sich anfühlend.
In der linken Cubita, wie auch an der linken Hand keine pathologischen Veränderungen tast- oder
sichtbar.
An tier Innenseite des rechten Oberschenkels, im t)beren Drittel desselben, eine ö'/a cm lange und circa
1 cm breite, oberflächliche Excorlation, deren Ränder unregelmässig begrenzt und deren Grund mit ein-
getrockneten Blutkrusten bedeckt erscheint. Die Haut und das Unterhauthindegewebe in ihi-er Umgehung
nicht verändert.
Die weichen .Schädeldecken blut- und fettarm. In denselben oberhalb der Nasenwurzel eine circa
3 cm lange Hämorrhagie.
Das Schädeldach misst im Längsdurchmesser 15 cm, im quei'en 12 cm und in der Peripheiie 44 cm, ist
Sj'mmetrisch, dünn, bis höchstens 3 mm an den dicksten Stellen, Spongiosa meist völlig eiiialten.
Innenfläche glatt, glänzend, die Nähte erhalten.
Im oberen Sichelhlutleiter geringe Mengen von Fibringerinsel.
Dura mater gut gespannt, zart und glänzend, durchscheinend. Die inneren Hirnhäute an der Basis und
Convexität zart, massig blutreich; Gefässe zartwandig, enge. Rinde gieichmässig breit, graurijth, das weisse
Marklager von zahlreichen Blutpunkten durchsetzt, weicher.
Die Ventrikel nicht erweitert, ihr Ependym zart und glatt.
Stammganglien, Medulla, Pons imd Kleinhirn ohne pathologische Veränderungen.
Zwerchfellstand beidei'seits am unteren Rande der vierten Rippe. Das LTnterhautbindegevvebe an der
linken Brustseite gelblich, ödematös und in der Gegend des Knorpelansatzes der drei ersten Rippen von
mehreren confluirenden Blutungen durchsetzt.
Die Lymphdrüsen zu beiden .Seiten des Halses entlang der Gefässe etwas vergrössert, kaum klein-
bohnengross, jedoch stärker geröthet, auf ihrem Duichschnilte ist ziemlich reichlich rothlicher Saft
abstreifbar.
Thymusdrüse vorhanden, jedoch ohne Veränderungen.
Schilddrüse klein, gekörnt, ziemlich derb und blutreich.
Eine Lymphdrüse der rechten Unterkiefergegend über haselnussgross, auf dem Durchschnitte sehr
reichlich schleimigen, graugelben ,Saft gebend und roth und gelb gesprenkelt.
Beide Tonsillen etwas prominent, auf dem Durchschnitte saftreicher. .Schleimhaut des Pharynx und
der Epiglottis etwas stärker geröthet, die Follikel daselbst stärker prominent. Schleimhaut des Larynx und
der Trachea blutarm. Zunge mit dickem, fuliginösen Belag bedeckt.
Linke Lunge frei, Pleurahöhle leer, Pleuraüberzug zart und glänzend. Die Lunge selbst ist allenthalben
lufthaltig, auf dem Durchschnitte blutreich, an den Bronchien keine Veränderungen.
Rechte Lunge in ihren vorderen und hinteren Partien durch bindegewebige Membranen ange-
wachsen. Pleura daselbst verdickt, die Lunge ist ebenfalls lufthaltig, bis auf einige kleinere, derbere Knöt-
chen in den oberen Partien des Unterlappens, welche Knötchen aus graugelb aussehenden, kleinen, kaum
stecknadelkopfgrossen Tuberkeln zusammengesetzt erscheinen. Im übrigen auch diese Lunge stärker
blutreich.
Im Herzbeutel geringe Mengen klarer Flüssigkeit, derselbe zart.
Herz nicht vergrössert, schlaff, in beiden Ventrikeln geringe Mengen von Cruor- und Fibrinmassen,
Myocard gelblichbraun, bleich, morscher.
Ductus thoracicus enge und leer.
Die Lymphdrüsen an der Bifurcation vergrössert, namentlich die der rechten Seite, derb, durchsetzt
von einer gelblichweissen, aus kleineren Knötchen bestehenden Aftermasse.
Bciih-iipcs/. IL Pafhologisclt-analoinischcr Bcriclit. 313
Leber vergrössert, ihre Ränder etwas plumper, ihre Kapsel zart, Oberfläche glatt: auf dem Durch-
schnitte die acinöse Structur vollständig verwischt, das Parenchym gleichmässig gelblich, morscher.
Gallenblase wenig reichlich gefüllt mit dunkler, etwas zäher Galle.
Milz vergrössert, S'/ä cm lang, 6 cm breit, 2 cm dick, plumper, ihre Kapsel zart, auf dem Durch-
schnitte erscheint die Milz wie gesprenkelt, fein chagrinirt, Pulpa etwas vorquellend, Follikel deutlich
sichtbar; im .Allgemeinen nicht besonders weich.
Nebennieren etwas blutreicher. Nieren grösser, plumper, ihre Kapsel zart, ziemlich leicht abziehbar;
Oberfläche von einzelnen unregelmässigen Einziehungen durchsetzt und ziemlich gleichmässig von
kleineren, nicht besonders reichlich vorhandenen, punktförmigen Hämorrhagien übersäet. Rinde \-er-
breitert, bleich, gelblich, von der etwas stärker blutreichen Marksubstanz deuüich abgrenzbar. Auf der
Schnittfläche dieselben punktförmigen Hämorrhagien sichtbar.
Schleimhaut des Beckens und der Kelche etwas stärker geröthet. Schleimhaut der Blase blutarm.
Pankreas derbe, blutarm, gekörnt.
Die mesenterialen Lymphdrüsen im .Allgemeinen geschwollen, jedoch nicht hochgradig \-erändert, meist
distinct stehend, an der Radix auch zu einzelnen kleinen Paqueten vereinigt, ziemlich derbe, auf dem Durch-
schnitte jedoch saftreicher, oft gleichmässig, oft auch nur partienweise stärker geröthet.
Magen fast leer, seine Schleimhaut im Allgemeinen blutarm, Follikel namentlich am Fundus stärker
\'orspringend und an ihrer Kuppe etwas stärker geröthet.
Der ganze Dünn- und Dickdarm spärliche, gallig gefärbte Chymus- und Fäcalmassen und reichlich
Spulwürmer enthaltend, Schleimhaut durchwegs blutarm, ohne Hämorrhagien, nur die Follikel in sehr
geringem Grade stellenweise vergrössert.
Die inguinalen L3'mphdrüsen, und zwar sowohl die oberflächlichen als tiefen, beiderseits vergrössert,
oft über bohnengross, dunkler, distinct stehend, auf ihrem Durchschnitte grauröthlich gesprenkelt, sehr
saftreich. Das sie umgebende Bindegewebe nicht weiter verändert.
Desgleichen verändert erscheinen die Lymphdrüsen der rechten .Achselhöhle.
Der eingangs erwähnten Geschwulst der linken .Achselhöhle entsprechend, findet sich daselbst ein
etwa kindsfaustgrosser Tumor, bestehend aus einem Paquet vergrösserter und geschwollener Lymphdrüsen,
die auf dem Durchschnitte dieses Tumors noch abgrenzbar erscheinen, zum Theile vollständig hämor-
rhagisch, derb infiltrirt sind, zum Theile mehr gelblich-röthlich, weicher imd morscher erscheinen. Das sie
umgebende Bindegewebe ist sulzig-ödematös, zum Theile hänK^rrhagisch infiltrirt. Diese hämorrhagische
Infiltration setzt sich nach der vorderen Brustseite zu bis gegen die .Mittellinie fort. .Auch entlang der
Gefässe des linken Oberarmes erscheint das Bindegewebe leicht ödematös, und es finden sich etwa in der
Mitte des linken Oberarmes zwei (und in der linken Cubita eine) fast bohnengrosse, dunkel aussehende, auf
dem Durchschnitte gelblich-röthlich erscheinende L3miphdrüsen.
Die am 15. .April, am III. Krankheitstage vorgenommene bacteriologische Blutunter-
suchung ergab massig reichliche Reinculturen von Pestbacillen.
Bacteriologischer Befund.
I. In der Milz finden sich mikroskopisch reichlich Pestbacillen, meist einzeln, seltener als Diplo-
bacillen, fast ausschliesslich extracellulär gelagert; \-orwiegend in grösserer, oft auch plumperer, jedoch gut
und bipolar gefärbter Stäbchenform; neben dieser sieht man aber auch ziemlich \-iele blassgefärbte, rund-
liche, meist grosse Formen und Ringformen. In geringer .Anzahl finden sich ausserdem noch Cocccn als
Diplococcen und seltener in kurzen Ketten, meist von Lanzettform.
Die Aussaaten enthalten massig reichlich Colonien \-on Pestbacillen imd in etwas grösserer Menge
solche des Diplococcus pneumoniae, ausserdem 5 bis 6 Colonien von Bacillen der Coligruppe.
314 H. Albrecht und A. Glton.
2. Deckglaspräparate aus dem Bubo der linken Achselhöhle zeigen wenig reichlich typische,
gut gefärbte Pestbacillen, dagegen sehr reichlich schlecht tingirte Formen und grössere rundliche, schatten-
haft aussehende Gebilde, die, aus den verschiedenen Übergangsformen zu schliessen, als degenerirte Pest-
bacillen an/Aisehen sind.
3. Aussaaten aus der Galle ergeben eine spärliche Reincultur \'on Pestcolonien (3 Col.).
4. Deckglaspräparate aus einer mesenterialen Lymphdrüse zeigen reichlich Pestbacillen,
einzeln und als Diplobacillen, in theils typischen, theils schlecht gefärbten rundlichen; bläschenförmigen
Formen, ausserdem Coccen in spärlicher Menge, als Diplococcen oder in kurzen Ketten, von schöner
Kapsel umgeben.
Histologischer Befund.
1. Schnitte aus dem primären Bubo der linken Axilla. Derselbe bietet mikroskopisch das
gewöhnliche Bild eines primären Bubo. Die Lymphdrüse ist unter Bacterieninfiltration vollständig zu Grunde
gegangen und \"on Hämorrhagien durchsetzt. Das Gewebe ist zum grössten Theile necrosirt, ent-
weder findet man noch schwach mit Eosin gefärbte imdeutliche Zellleiber ohne Kern oder reichlichen
KTirnchenzerfall der Kerne. Die Gefässe zeigen überall die typische Veränderung in ausgezeichneter
Weise, sie sind von einem Netzwerk homogener Balken umgeben, das auch die Gefässwand durchsetzt
und derselben häufig auch nach innen gegen das Lumen zu angelagert erscheint, oder letzteres voll-
ständig erfüllt.
Die erhaltenen Leukocyten sind meist polynucleärer Form. Auch die Bindegewebskapsel ist nur
schwer mehr abgrenzbar, das Binde- und Fettgewebe der Umgebung von enormen Bacterienmassen, sehr
zahlreichen polynucleären Leukocyten und Blutungen infiltrirt.
Die Bacterienmassen bestehen vor Allem aus Pestbacillen, die meist die coccenartige oder bläschen-
ähnliche Form besitzen, manchmal mehr einzeln oder in kleineren Haufen, manchmal in grossen Rasen bei-
einander liegen. Sie liegen zahlreich innerhalb von Lymphgefässen, ausserordentlich reichlich in der Um-
gebung derselben und durchdringen überall die Wand derselben. Wo der Gewebszerfall am reichlichsten ist,
finden sie sich nur sehr spärlich. Ausserdem finden sich zahlreiche lanzettförmige Diplococcen ebenfalls
reichlich in Blutgefässen, die sich nach Gram-Weigert intensiv blau färben.
2. Eine etwa linsengrosse Lymphdrüse von der Beugeseite des linken Oberarmes ist
ausserordentlich hyperämisch; zahllose Capillaren sind erweitert und mit Blut gefüllt. Sowohl die Randsinus
wie die mehr central gelegenen Sinus erweitert und von bläulich sich färbenden Bacterienmassen vollgefüllt,
zwischen denen oft spärliche Leukocyten und grosse Sinuszellen erhalten sind. Die Kapsel nicht weiter
verändert, auch das umgebende Fettgewebe nicht, jedoch sind die Blut- und Lymphgefässe desselben stark
erweitert, letztere mit Leukocyten und Bacterien vollgefüllt. Dieselben besitzen — bei starker Vergrösserung
betrachtet — meist die Form kurzer plumper Diplobacillen, die sich gut färben, nicht nur sehr zahlreich in
den Sinus, sondern auch in den Lymphgefässen und -Spalten und im Blute sich vorfinden. In letzterem
ausserdem reichliche lanzettförmige Diplococcen, die sich nach Gram-Weigert nicht entfärben.
3. Eine bohnengrosse Lymphdrüse von der linken Halsseite ergibt ungefähr denselben Befund,
wie die vorstehende; nur ist die bacilläre Infiltration noch reichlicher. Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten
finden sich geradezu enorme Mengen von Pestbacillen, die die ganze Lymphdrüse inflltriren. Lymphgefässe in
der Peripherie derselben sind ganz vollgepfropft von denselben. Sie liegen auch vielfach intracellulär, auch
innerhalb der Endothelien der Lymphgefässe. Auch innerhalb von Blutgefässen sind sie reichlich \'orzu-
finden. Ferner finden sich grosse Haufen von Diplococcen, die auch kürzere Ketten bilden, sowohl in den
Blutgefässen als auch in den Randsinus.
4. Ganz ähnlichen Befund ergibt eine überbohnengrosse Lymphdrüse der linken
Inguinalgegend. Besondere Veränderungen der Kapsel oder des pericapsulären Bindegewebes fehlen,
'desgleichen mit Bacterien angepfropfte Lymphgefässe. Doch ist die Lymphdrüse hochgradig hyperämisch.
Bciilciipcst. IL Pathologisch-aiiatouiisdicr Bericht. 315
Auch der Bacterienbefund ist insoferne derselbe, als in den Blutgefässen neben Pestbacillen reichliche
Diplococcen mit Lanzettform aufzufinden sind.
5. Eine etwa olivengrosse, mesenteriale Lymphdrüse zeigt die gewöhnliche Hyperämie und
Erweiterung der Sinus, deren stark angeschwollene Zellen häufig als Zeichen der Degeneration ein granu-
lirtes oder tröpfchenhältiges Protoplasma besitzen.
Sonst ergibt sich histologisch kein neuer bemerkenswerther Befund. In den Sinus allenthalben massig
reichliche intracellulär liegende, sehr blass gefärbte Pestbacillen. Auch im Blute der Gefässe spärliche neben
reichlichen, zu zweien oder zu kurzen Ketten angeordneten Coccen von mehr lanzettförmiger oder rund-
licher Gestalt, die nach der Gram-Weigert'schen Methode leicht färbbar sind.
6. Milz. Dieselbe ist wie gewöhnlich hämorrhagisch und von reichlichen polynucleären Leukocyten
inflltrirt. Die Trabekel breit, etwas verquollen, die Follikel gross. Irgendwelche necrotische Herde fehlen.
Nach Methylenblaufärbung finden sich Pestbacillen ziemlich spärlich, sehr blass gefärbt und fast immer
intracellulär. Hingegen sind die schon bei anderen Organen beschriebenen Coccen sehr reichlich, besonders
im Lumen kleiner Gefässe.
7. Die Leberepithelien sehr gross und plump, nicht von einander abgrenzbar, ihre Kerne ebenfalls
sehr gross und sehr blass gefärbt. Die Capillaren enge, wenig mit Blut gefüllt. In denselben reichlich, häufig
zweifellos innerhalb der Endothelien liegende Pestbacillen, spärlichere Coccen.
8. Niere. Die Epithelien ebenfalls stark degenerirt, die Glomeruli gross und blutreich, an manchen
Stellen die Harncanälchen mit Blut vollgefüllt. In den Capillaren sehr zahlreiche Coccen, manchmal sind sie
von denselben ganz ausgefüllt. Pestbacillen sind nur spärlich nachweisbar.
E p i k r i s i s.
In der linken Axilla findet sich ein hämorrhagisches, kindsfaustgrosses Drüsenpaquet, das als primärer
Bubo anzusprechen ist, an der Beugeseite des linken Oberarmes einige erbsengrosse Lymphdrüsen mit den
Zeichen frischer Pestinfection (vom primären Bubo aus, zugleich mit der Ausbreitung des Ödems und der
Hämorrhagien).
Weiterhin finden sich beträchtliche Schwellungen an beiden Tonsillen und den Follikeln des Zungen-
grundes, leichte Schwellung an den Lymphdrüsen zu beiden Seiten der grossen Halsgefässe und an einer
Lymphdrüse der rechten Unterkiefergegend. Ausserdem sind die rechtsseitigen axillaren, inguinalen und
mesenterialen Lymphdrüsen hyperämisch und saftiger.
Sowohl histologisch als culturell finden sich neben Pestbacillen in wechselnder Menge in allen unter-
suchten Organen Diplococcen, es handelt sich demnach um eine Misch- oder Secundäri nfection durch
den Diplococcus pneumoniae, die auch hier aller Wahrscheinlichkeit nach von den durch metastatische Pest-
infection geschwollenen Tonsillen ausgeht; dafür spricht die auffallend hervortretende Veränderung der
einen Lymphdrüse der rechten L'nterkiefergegend, die zweifellos durch die stärkere locale Diplococcen-
thätigkeit bedingt ist. Blutungen finden sich nur im Periost des Stirnbeins und in der Rinde der Nieren.
Ausserdem finden sich Herde chronischer Tuberkulose im Unterlappen der j-echten Lunge und in den
bronchialen Lymphdrüsen.
Fall 18/XLVIII.
Bayio Arcuijcc,^ 25jähriges HindLiweib, Fabriksarbeiterin, wurde ins Spital am 10. .\pril, am \'. Kraul
heitstage aufgenommen und starb am 18. April, am \'ll. Krankheitstage um 10 Uhr Vormittags.
Section am seihen Tage um 1 1 Uhr 30 Minuten Vormittags, 1 '/a Stunden post mortem.
' Vcrgl. Krankengeschichte 11. .\. p. 17.
4')
Denkschriflen der niathem.-nalurw. Cl. LXVI. Bd.
316 H. Albrecht und A. Glioii,
Weibliches Cadaver, 155 cm lang, von gracilem Knochenbau und schwächlicher Musculatur, massig
gut genährt, Todtenstarre im Beginne, Todtenflecke ganz spärlich.
Hornhäi.ite durchsichtig, glänzend, Pupillen beiderseits über mittelweit, gleich. An beiden Conjunctiven
und zwar an den Lidern und dem Bulbus frische confluirende Blutaustritte. Mund- und Lippenschleimhaut
leicht cyanotisch, Zähne wohl erhalten und gesund.
Beiderseits die Lymphdrüsen in der Gegend des Ansatzes des Sterno-cleido-mastoideus am Processus
mastoideus als harte, über haselnussgrosse Tumoren tastbar, die verschieblich erscheinen. Halz kurz imd
kräftig. In den Gruben ober und unter dem Schlüsselbein nichts Auffallendes tastbar. In der rechten Axilla
eine harte, olivengrosse, verschiebliche Drüse tastbar.
Der rechte Ober- und Vorderarm beträchtlich dicker als der linke. Haut pastös und verdickt, nur in
dicken Falten und wenig abhebbar, ödematös, so dass der Fingereindruck schon bei leichtem Druck stehen
bleibt.
Dieses Ödem reicht bis zur Handwurzel. Die Haut an der Innenseite des oberen Drittels des Oberarmes
dunkelbraunroth pigmentirt. P'erner an der Innenseite des Oberarmes zwei Querfinger oberhalb des inneren
Humerusknöchels eine etwa 2 cm im Durchmesser haltende, rundliche Hautstelle, über welcher die Epi-
dermis fehlt und das Gorium schwarzbraun vertrocknet ist (Nativsalbe). In der Umgebung dieser Stelle
lässt sich die ebenso gefärbte Epidermis in Fetzen abziehen und zeigt ein saftiges, gelblich-röthlich feinst
gesprenkeltes, biossliegendes Corium (vergi. Tafel III).
In der Wand der aufgeschnittenen rechten Vena brachialis zahlreiche confluirende Blutaustritte.
Gerade entsprechend dem inneren Humerusknöchel eine ganz oberflächliche, circa guldenstückgrosse
Blutung.
Auf dem Durchschnitte durch die früher beschriebene Stelle zeigt sich in der Tiefe im Fettgewebe ober
der gemeinsamen Muskelfascie eine circa haselnussgrosse, braunrothgefärbte Lymphdrüse mit lichterer,
gelblich-rother Rinde, welche eingebettet erscheint in starr, serös-blutig infiltrirtes Bindegewebe im Umkreise
von mehreren Centimetern (vergl. Tafel VII, Fig. 3 und 3 a).
In weiterer Entfernung \'(>n der Drüse selbst stehen die einzelnen punktgrossen Blutungen mehr
distinct in reichlich, gelblich sulzig durchtränktem Bindegewebe. Dasselbe gelblich sulzige Ödem reicht nach
abwärts bis zur Handwurzel, nach aufwärts bis in die Gegend der axillaren Lymphdrüsen. Dieselben sind
zu einem circa taubeneigrossen Paquet vereinigt, die einzelnen hart, alle noch abgrenzbar, in ödematöses
Bindegewebe gehüllt. Auf dem Durchschnitte ergiesst sich trüber Saft, der sich leicht von der .Schnittfläche
abstreifen lässt. Die einzelnen Drüsen gelblichgrau, stark prominent. Dasselbe Ödem, von punktförmigen
Blutaustritten durchsetzt, zieht sich längs des Latissimus dorsi bis handbreit imterhalb der rechten Mamilla
nach abwärts.
Lhigefähr in der Mitte des linken Vorderarmes über der äusseren Kante des Radius eine über erbsen-
grosse, prominente, im Centrum etwas eingesunkene Beule, die hart, gut abgrenzbar und mit der Haut ver-
schieblich ist.
Auf dem Durchschnitte erscheint das subcutane Bindegewebe im Bereiche dieser Beule reichlich durch-
setzt von gelblicher Flüssigkeit und zahlreichen punktförmigen Blutaustritten. Das weiterhin umgebende
Bindegewebe ebenfalls stark ödematös.
An der rechten oberen Extremität keine Spur einer Verwundung oder Narbe, ebenso an der linken.
Die weichen Schädeldecken fett- und blutarm. Schädeldach länglich-oval, symmetrisch. Im Periost des
linken Scheitelbeines Gruppen von Blutaustritten: Der Längsdurchmesser des Schädeldaches 17 c-;;/, der
quere 12 cm und die Peripherie 48 cm. Schädelknochen compact, 4 bis 5 mm- dick, Nähte erhalten, Innen-
fläche bedeckt von älteren weissen Schwangerschaftsosteophyten. Furchen und Gruben seicht.
Dura mater zart, durchscheinend, gut gespannt, beiderseits glatt, glänzend. Im Sichelhlutleiter reich-
liche, halbgeronnene Blutmassen.
Meningen an der Gehirnbasis zart, sehr blutarm, ziemlich stark durchfeu:htet. Gefässe zartwandig, enge.
Rinde gleichmässig breit, graugelb, im Marklager sehr spärliche Blutpunkte, dasselbe von ziemlich fester
Bcnlcupcsl. IL l\illioU)gisch-analoii:isclicr Bcriclil. 317
Consistenz; X'ciilrikcl enge, Ependym zart, Stammganglien ebenfalls sehr blutarm; sonst nichts Patho-
logisches.
Schilddrüse klein, blutarm, gekörnt, colloid.
Die Lj-mphdrüsen in beiden Submaxillargruben beträchtlich vergrösscrt, über bohnengross, isolirt, hart.
Von aussen erscheinen sie gelblich-grau, mit kleinsten Blutungen bedeckt, auf dem Durchschnitte saftig,
vorquellend.
Die Lymphdrüsen zu beiden Seiten der \'ena jugularis beiderseits bis über haselnussgross, röthlich-
gelb, nicht gut isolirt, weicher, auf dem Durchschnitte stark vorquellend oder medullär weich, reichlich Saft
gebend, zum Theile zerfliesslich weich.
In der Intima der rechten Jugular\'ene reichliche, bis stecknadelkopfgi-osse Rlutaustritte. An einer linsen-
grossen Stelle in der Mitte derselben die Intima gelblich v^erfärbt, prciminent, x'on einem röthlichen Hof
umgeben; das die Vene und die Lymphdrüsen ihrer Umgebung einschliessende Bindegewebe reichlich
blutig infiltrirt, und zwar bis ins Jiigulum imd die Fossa supraclavicularis, wo sich auch ebenso x'eränderte
Lj'mphdrüsen finden.
Spärlichere Blutungen finden sich in der linken \'ena jugularis.
Entsprechend dem früher erwähnten, fast wallnussgrossen Tumor in der Gegend des Ansatzes des
linken Sterno-cleido-mastoideus findet sich eine längliche, über olivengrosse, harte Lymphdrüse, die, auf dem
Durchschnitte vorquellend, ungemein saftreich, gelblich-röthlich gesprenkelt, granulirt, zum Theile schwarz-
roth und von Blutungen durchsetzt ist.
Schleimhaut des weichen Gaumens und des Pharj-nx verdickt, gelblich-riUhlich, wie necrotisch oder
verätzt aussehend, an manchen .Stellen wie in dicke Falten gelegt und eigenthümlich gefeldert erscheinend,
die einzelnen Felder den confluirten P'oUikeln entsprechend.
In der nächsten Umgebung beider Tonsillen die Schleimhaut ödematös, blutreich, hämorrhagisch.
Beide Tonsillen wie ausgefressen, der Geschwürsgrund mit gelblich-grünen fest anhaftenden A-Iem-
branen belegt.
Die Follikel am Zungengrunde, dem Kehldeckel gegenüber, als ein länglicher Plaque vorspringend, der
sehr hart ist, und in dem sich die einzelnen, oft halbkugelförmig sich \-orwölbenden Follikel abgrenzen
lassen, dieselben mit gelben, etwas missfärbigen Membranen bedeckt.
Allenthalben zerstreut finden sich in der Schleimhaut entweder ganz begrenzte oder mit einander con-
Huirende Blutaustritte.
Das stärkste Schleimhautödem findet sich in der Gegend der grossen Zungenbeinhörner, ebenfalls
durchsetzt von zahlreichen Blutaustritten, das sich vom linken Zungenbeinhoi-n auf die ary-epiglottische
Falte zu fortsetzt, so dass der linke Sinus piriformis fast vollständig verstrichen ist und die Schleimhaut der
linken Wand des Kehlkopfvorraumes bis gegen die Mittellinie vorgebaucht ist. (Vergl. Tafel VI, Fig. 1.)
Die rechte ary-epiglottische Falte etwas weniger ödematös.
Um die Follikel an der Innenfläche der Epiglottis frische Blutaustritte.
Zwerchfellstand beiderseits am unteren Rande der vierten Rippe.
Die Lymphdrüsen des vorderen Mediastinalraumes in stark ödematöses und von Blutungen durch-
setztes Bindegewebe gehüllt, sie selbst flach, fast guldenstückgross, lebhaft gelblichroth gesprenkelt, auf
dem Durchschnitte vorquellend, ungieichmässig granulirt, reichlich saftgebend.
Herzbeutel, entsprechend der Herzkrone, linkerseits und rechterseits von den Lungenrändern
bedeckt und an einer über guldenstückgrossen Stelle mit ihnen leicht verklebt, von frischen, kleinen Blut-
austritten gesprenkelt, verdickt, am Durchschnitte von röthlich-gelbem Infiltrat durchsetzt. Das Binde- und
Fettgewebe in der Umgebung des Pericards lebhaft roth, von bis linsengrossen Blutungen gefleckt.
Linke Lunge nur in einem ganz kleinen Bezirke durch derbe Bindegewebsmembranen mit dem Thorax
verwachsen. Oberlappen lufthaltig, an seiner Pleura Gruppen von Ecchymosen. Nur im Bereiche von
ziemlich zahlreichen, bis über erbsengrossen Herden erscheint die Pleura dunkelblutroth, getrübt, im
Centrum dieser Herde gelblich gefärbt, das darunter liegende Lungengewebe lufileer, derb infiltrirt.
42*
318 H. Albrcchl und A. Ghon,
Auf dem Durchschnitte ist ein solchei- immer ganz peripherisch im Limgengewebe sitzender Herd, im
Centriim rötiilichgeib, deutlich fein graniilirt und prominent, x'on rothem hämorrhagischen Hof umgeben.
Die Pleura des Unterlappens an einer handtellergrossen Fläche der äusseren hinteren Lungenober-
fläche von zahllosen, grösstentheils confluirenden Blutungen durchsetzt, die Pleura zum Theile von feinsten
Membranen belegt, zum Theile rauh, wie gestichelt, an einer anderen, noch mehr nach hinten gelegenen,
mehrere Centimeter langen, 2—3 ciii bi'eiten Stelle erscheint sie von frischen Blutaustritten dunkelbluti'oth
und von feinen Fibrinmembranen belegt.
Entsprechend den intiltrirten Antheilen ist der Unterlappen von zahlreichen, ebenfalls bis erbsen-
grossen, luftleeren Herden durchsetzt, die ebenfalls ein mehr prominentes, röthlichgelbes Centrum besitzen.
Sonst fühlt er sich lufthaltig an.
Im übrigen ist der Oberlappen massig blutreich, stärker durchfeuchtet. Der Unterlappen sehr blutreich,
etwas coUabirt.
Pleura parietalis rechterseits von zahlreichen confluirenden, bis über thalergrossen Blutungen
durchsetzt.
in beiden Pleurahöhlen blutig-seröse Flüssigkeit.
Rechte Lunge in analoger Weise verändert, niu" die Pleura des Unterlappens von noch reichlicheren
Blutungen durchsetzt, mit reichlichen Fibrinmembranen belegt und die ganze Lunge von zahlreichen, eben-
falls nicht über haselnussgrossen, peripherisch sitzenden Herden durchsetzt.
An der Innenfläche des Herzbeutels sehr zahlreiche, verschieden grosse Gruppen von Blutungen. Am
fettarmen Epicard über der Aorta und Arteria pulnionalis zahlreiche, schwarzrothe confluirende Blutungen,
auch über den Lungen\'enen und der unteren Hohlvene.
Herz klein, schlaff. Im linken Ventrikel ziemlich reichliche Cruormassen. Am äusseren Zipfel der
Mitralklappe an zwei Stellen bis zu 3 mm lange, gelblichrothe, warzige Excrescenzen, in der Umgebung
der grösseren eine kleine frische Blutung im Endocard.
Im rechten Ventrikel spärliche P'ibrinmassen, alle Klappenapparate schlussfähig, das Herzfleisch stark
erbleicht und morscher.
Leber gross, plump, vordere Ränder abgerundet, etwas schlaffer, Oberfläche glatt, von graubrauner
Farbe, etwas undeutlicher Läppchenzeichnung, ziemlich blutreich.
Milz 12 cm lang, 8 an breit, circa 3 cm dick, weicher, auf dem Durchschnitte dunkelbluti'oth, weich,
leicht vorquellend, Follikel als dunkelgraurothe Punkte ei'kennbar, Stroma vermehrt, Pulpa sehr wenig aus-
streifbar.
Gallenblase sehr klein, Wand ziemlich dick. Nebennieren nicht besonders verändert.
Beide Nieren gross und plump, sehr schlaff, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, aber durch
setzt von ziemlich zahlreichen stecknadelkopfgrossen, etwas prominirenden Blutungen, die ein gelbliches
Centrum besitzen. Nierenrinde verbreitert, lichtgelb, von den Pyramiden, die \'erbreitert, und an ihrer
Peripherie wie gefasert erscheinen, gut abgesetzt, Glomeruli prominent.
Schleimhaut des Nierenbeckens geschwollen und injicirt.
Harnblase contrahirt, einige Tropfen gelben Urins enthaltend, Schleimhaut rüthlich.
Uterus kräftig, seine Schleimhaut dünn, beide Adnexe frei, Ovarien glatt, gross, blutreich, im linken ein
Paar erbsengrosse Cysten.
Die mesenterialen Lymphdrüsen alle vergrössert, flach, prominent, grauroth, über erbsengross, blutreich,
auf dem Durchschnitte ziemlich reichlichen Saft gebend.
Im Magen reichlich gallig gefärbter Schleim. Schleimhaut von reichlichen Blutiuigen durchsetzt, die zu
Gruppen confluiren, und belegt von gallig gefärbten, derselben ziemlich fest anhaftenden, schleimigen
Massen. Bei Entfernung derselben gehen die oberllächliche'n Schleimhautschichten mit, so dass die lebhaft
rothen Blutungen blossliegen.
Schleimhaut des Duodenum etwas geschwollen, gallig imbibirt.
Im Jejunum sehr zahlreiche, längs der Falten angeordnete, bis hanfkorngrosse Gruppen von Blutungen.
Beulenpest. IL Pathologisch-auatomischer Bericht. 319
Die I'ollikcl und Plaques nicht besonders \-erändert.
Im lleum reichliche, gallig gefärbte Chymusmassen, spärlichere Blutaustritte.
Im Dickdarm breiige Fäcalmassen, in seiner Schleimhaut ebenfalls reichliche ßlutaustritte, die sich auch
im Colon descendens und im Enddarm finden. Follikel sehr zahlreich, prominent, nicht weiter pathologisch
verändert.
Die oberflächlichen Lymphdrüsen in beiden Inguinalgegenden etwas vei'gri'jssert; einige rüthlich
gefleckt. Etwas mehr geschwollen sind die tiefen inguinalen, besonders die am inneren Schenkelringe, diese
auch saftiger und mehr vorquellend am Durchschnitte.
Die Lymphdrüsen in der linken Axilla bis haselnussgross, hart, graugelb, ihre Bindegewebskapsel \'on
reichlichen Blutpunkten durchsetzt, auf dem Durchschnitte saftig", gleichmässig grau, etwas schleimig.
In der rechten Poplitea eine haselnussgrosse Lj'mphdrüse, grauroth, hart, auf dem Durchschnitte aus-
nehmend saftig.
Die iliacalen Lymphdrüsen nicht verändert. Die retroperitonealen (lumbalen) Lj'mphdrüsen nur etwas
grösser, hart, gelblich.
Im rechten Kniegelenke ist die Syno\üalflüssigkeit vermehrt, gelblich, schleimig. .Synovia lebhaft roth.
Die Brustdrüse auf dem Durchschnitte grau, gelappt, blutarm.
Das Knochenmark des rechten Femur in seiner oberen Hälfte roth, nach unten zu lichter roth werdend,
in der unteren Hälfte nur stellenweise röthliche Flecken.
Die bronchialen Lymphdrüsen anthracotisch.
Pankreas gelblich, derb, gekörnt.
Die am 16. April, am \'. Krankheitstage vorgenommene bacteriologische Blutunter-
suchung ergab massig reichliche Colonien von Pestbacillen und drei Colonien ver-
unreinigender Stäbchen.
Das Sputum vom 16. April zeigt mikroskopisch sehr reichlich Pestbacillen und spär-
licher Kettencoccen, während die Aussaaten keine Pestcolonien nachweisen Hessen.
Bacteriologischer Befund.
1. In Deckglaspräparaten der Lj'mphdrüse aus der rechten Cubita sieht man ziemlich
reichlich Pestbacillen, vorwiegend als blassgefärbte, rundliche Gebilde, spärlicher in gut und bipolar tingirten,
ovalen oder länglichen Formen.
2. Deckglaspräparate von dem Gewebssafte des infiltrirten Bindegewebes um die
rechte Cubitaldrüse zeigen mikroskopisch reichlich Pestbacillen in tj'pischer Form, einzeln oder als
Diplobacillen, geringer an Zahl blassgefärbte, rundliche und Ringformen.
3. Eine erweichte Lymphdrüse der rechten Achselhöhle zeigt mikroskopisch wenig Pest-
bacillen, theils in typischer F(.)rm, theils als blassgefärbte, rundliche Formen. Andere Bacterien sind nicht
nachweisbar.
4. Präparate aus der Pestbeule am linken Vorderarme zeigen sehr reichlich Pestbacillen,
sowohl in gut und bipolar gefärbten, als auch blässer tingirten, rundlichen oder wie gebläht aussehenden
grösseren Formen.
5. Deckglaspräparate einer linken saftreichen Axillarlymphdrüse enthalten gleichfalls
reichlich Pestbacillen, jedoch spärlicher in blass gefärbten, degenerirten Formen.
Die Aussaaten davon zeigen reichlich Colonien des Pestbacillus und vier Colonien des Sttiphylococcus
pyogenes albus.
5a. Eine andere linke Axillarlymphdrüse zeigt mikroskopisch reichlich Pestbacillen, \-orwiegend
in typischen Formen, einzeln, als Diplobacillen, auffallend häutig auch in grösseren oder kleineren Häufchen,
vereinzelt in kurzen Fäden.
320 H. Albrcclit und A. Ghoii,
6. In einer erweichten Lymphdrüse der rechten llulsse ite finden sich mii<roskopisch sehr
reichlich Streptococcen meist in sehr langen Ketten und spärlicher Diplococcen von Lanzettform, ausserdem
weniy reichlich Pestbacillcn, seltener gut getarbl, häufiger in blassgefärbten, i-undlichen Formen.
7. Abstreifpräparate vom Belage der Follikel im Pharynx enthalten ein reichliches Bacterien-
gcmenge; \-orherrschend darin sind ("occenformen, zum Theile vom Typus des Streptococcus, zum Theile
als Diplococcen oder zu Häufchen angeoi-dnet, spärlicher Stäbchen x'erschiedener Form und Clrösse. In
massig reichlicher Menge finden sich Bacillen \-or, die in Form, Anordnung und Färbeverhalten völlig den
Pestbacillcn gleichen und daher auch als solche angesprochen wei'den müssen.
8. In der endocarditischen Auflagerung der Valvula liicuspidalis k(^nnten mikroskopisch
Bacterien nicht nachgewiesen werden.
Die Aussaaten — wozu das Material nicht unter sterilen Caiitelen \-erarbeitet werden konnte — zeigen
mehrere ('olonien \-erschiedener Bacterienformen, imter denen jedoch Pestbacillcn sicher nicht \-orhanden
wai'en.
9. Präparate aus einem embolischen Herde der rechten Lunge zeigen sehr reichlich Pest-
bacillcn, zum grössten Theile in gut und bipolar gefärbten, ovalen Formen, zum geringeren Theile als
schlecht tingirte, rundliche Gebilde.
Die Aussaaten enthalten sehr reichlich Pestcolonien, spärlicher — doch auch n<ich reichlich — Colonicn
des Staphylococcus pyogenes albus. Die Pestcolonien erscheinen im Wachsthum gegenüber den anderen
Aussaaten desselben Falles stark zurückgeblieben.
10. Aussaaten aus der Galle zeigen sehr reichlich und ausschliesslich Pestcolonien.
11. In der Milz finden sich mikroskopisch weniger reichlich Pestbacillcn, meist in tj'pischen, gut
gefärbten Exemplaren, und spärlich Gebilde, die jedoch nicht mit Sicherheit als Coccen angesprochen
werden können.
In den Aussaaten gehen ebenfalls nur in geringer Anzahl Pestcolonien an, reichlicher Colonien des
Staphylococcus pyogenes albus.
12. In Abstreifpräparaten von der Magenschleimhaut (über den Blutungen) sieht man reichlich
grössere, plumpe Bacillen, daneben spärlicher typische Pestbacillcn, theils in gut, thcils in schlecht gefärbten
Formen.
13. Präparate aus der rechten Popliteallymphdrüse zeigen reichlich Pestbacillcn, vorwiegend
als ovale oder längliche, gut und bipolar gefärbte F"ormen.
14. Aussaaten aus einer mesenterialen Lymphdrüse enthalten sehr reichlich Colonien des
Pesthacillus und .3 Colonien des Staphylococcus pyogenes albus.
Histologischer Befund.
1. Schnitte aus dem primären Bubo der rechten Axilla. Im weiten Umkreise ist das umgebende
Fettgewebe von Pestbacillcn und polynucleären Leukocyten dicht infiltrirt. Zahlreiche erweiterte Lymph-
gefässe finden sich in demselben.
Viele Gewebsspalten sind von homogen geronnener üdemtlüssigkeit erfüllt, die Kapsel nirgends mehr
in F'olge der dichten Infiltration abgrenzbar.
Das adenoide Gewebe unter enormer Bacilleninfiltration zu Grunde gegangen. Polynucleäre Leuko-
cyten sind sehr reichlich, häufig findet sich Körnchenzerfall der Kerne. Im Centrum der Lymphdrüsen
ausserdem über grosse Strecken verbreitet Kernschwund der Zellen, die als blassrothe Scheiben erhalten
sind. Sehr auffallend sind die Veränderungen an den Gefässen. (Vergl. Tafel XI, Fig. 2.) An grösseren
sieht man noch die Endothelien erhalten, gross, ihre ebenfalls sehr grossen Kerne färbbar, aber sehr
blass. Im Übrigen ist dieses Endothelrohr von einem breiten Netzwerk von groben, starkglänzenden,
homogenen Balken umgeben, das stark mit Eosin gefärbt, gegen die Peripherie zu immer feiner und
undeutlicher werdend, sich allmählig verliert.
niiilcupcsf. II. Piitliologisch-auatouiischcr Bericht. 321
In den Maschen polyniicleäre Leiikocyten und in der Umgebung meistens grosse Mengen von Bacillen.
Andererseits bemerkt man im Lumen von zum grössten Theile mit Blut gefüllten Gefässen, der vollständig
erhaltenen Gefässwand dieselben homogenen Balken angelagert, oder die Gefässwand von denselben durch-
setzt, oder in dieselben umgewandelt. Besonders an vielen Capillaren sieht man nicht nur die Wand der-
selben von derartigen homogenen Balken und Schollen gebildet, sondern auch am Querschnitte das Lumen
von ihnen erfüllt. Im umgebenden Fettgewebe sind dieselben länger.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten enorm zahlreiche Pestbacillen fast durchgehends in Diplo-
bacillenform, häufig innerhalb sehr grosser, einkerniger Zellen, deren Protoplasma Fetttröpfchen enthält
Andere Bacterien nicht nachweisbar.
2. Drüse aus der rechten Cubita. Dieselbe ergibt denselben Befund wie die vorstehende. Die
überaus reichliche Bacillen-, Leukocyten- und Biiitinfiltration reicht besonders weit in die Umgebung, auch
zwischen die Bündel der quergestreiften Musculatur hinein. Was den BaciUenbefund betrifft, so ist ihre
]Menge eine geradezu enorme. Sie haben fast durchwegs Coccenform und liegen in grossen Rasen bei
einander. Deutlich tritt die verschiedene Grosse und Färbbarkeit hervor.
3. Bohnengrosse Lymphdrüse aus der linken Regio parotidea. Das Binde- und Fettgewebe
der Umgebung derselben von nur wenig Ödem durchsetzt, die Kapsel nicht verändert, das Parenchym nur
wenig hyperämisch, die Sinus deutlich erweitert, voll von den grossen, zum Theile P'etttrripfchen führenden
Sinuszellen und polynucleären Leukocyten. Enorme Mengen von Pestbacillen vorwiegend in den Sinus
durchwegs als gut gefärbte Diplobacillen, häufig in ganz ungewöhnlich dichten Haufen, auch intracellulär.
Keine anderen Bacterien aufzufinden.
4. Schnitte durch eine kleinhaselnussgrosse Lymphdrüse und die Wand der Vena
jugularis dextra (welche makroskopisch gelblich verfärbt aussah und der die genannte Lymphdrüse
angelagert ist) zeigen an Stelle des Lymphdrüsenparenchyms grosse, unregelmässig angeordnete Haufen \-nn
Bacterien, zwischen denen dicht von polynucleären Leukocyten infiltrirtes Gewebe erhalten ist.
Die Kapsel stellenweise hämorrhagisch infiltrirt, in ihrer Umgebung viele mit Leukocj'ten und Bacterien
vollgefüllte Lymphgefässe.
Das umgebende Fett- und Bindegewebe wie bei einer Phlegmone dicht von polynucleären Leukocyten
und Bacterien infiltrirt, und zwar geht diese Infiltration unimterbrochen in die W'and der Jugular\-ene, in
deren Media zwischen schmalen Bündeln von Musculatur grosse rundliche Haufen von Bacterien liegen
über. Die Leukocyteninfiltration reicht überall bis an die unveränderte Intinia.
Sowohl innerhalb der Lymphdrüsen, wie der phlegmonösen Infiltration ausserordentlich grosse Mengen
grosser, zu sehr langen Ketten angeordneter Coccen, zwischen denen ziemlich zahlreiche blassgefärbte
Pestbacillen aller Formen liegen. Ausserdem kleinere Häufchen lanzettförmiger Diplococcen.
5. Pestpustel vom linken Vorderarme (vergl. Tafel X, Fig. 2). Die tiefen .Schichten des sub-
cutanen Binde- und Fettgewebes von Hämorrhagien und bacillenreicher, etwas feinfädiger Ödemflüssigkeit
durchsetzt. Die Bündel des collagenen Bindegewebes der mehr oberflächlichen Schichten weit auseinander-
gedrängt von Pestbacillen- und Leukocytenifiltration. Letztere zeigen ausserordentlich reichlichen KiHMichen-
zerfall, besonders in der Umgebung von Gefässen, die \-on dem charakteristischen Balkenwerk um-
geben sind.
Dasselbe findet sich im Corium, dessen Papillen ganz abgeflacht sind.
Das Rete eigenartig verändert, und zwar so, dass an der Peripherie die Basalzellenschicht im Zusam-
menhange mit dem Corium ist imd sich im Stratum lucidum zwischen lang ausgezogenen, spindelförmigen
Epithelzellen, deren Kern zart blau gefärbt ist, länglich-ovale Lücken bilden, die vcm Leukocyten imd
lichtbläulichen Massen erfüllt sind.
Mehr im Centrum ist das ganze Rete abgehoben, aber einzelne lang ausgezogene Epithelstränge, die
noch gleichsam am Corium haften und vielfach in homogene, glänzende Balken umgewandelt sind, sind
fächerartig (ähnlich wie bei VarioUi) angeordnet, und es dringt das aus Bacillen, blau gefärbten Körnchen
322 H. Albrccht und A. Glion,
und Lcukucyten bestehende Exsudat bis ans Stratum corneum vor, ohne dass eine Grenze gegen das
Corium erhalten wäre.
Das genannte Exsudat dringt auch zwischen die Schweissdrüsen reichlich ein, dieselben von einander
isolirend.
Überall enorme Massen von Pestbacillen; auch in den Lücken zwischen den Epithelzellen, unter dem
Stratum corneum, wo auch grössere rundliche, gut mit Methylenblau gefärbte Gebilde liegen, die, den Über-
gangsbildern entsprechend, als Pestbacillen anzusprechen sind.
6. Schnitte durch 3 verschiedene, etwa bohnengrosse Drüsen aus dem Jugukim und aus
dem Mediastinum zeigen einen förmlichen Ausguss ihrer Sinus durch Bacterienmassen, in denen relativ
wenige, meist polynucleäre Leukocyten oder rothe Blutkörperchen gleichsam suspendirt sind. Das Gewebe
des Mediastinum von reichlichem, fädig oder mehr homogen geronnenem Ödem vollständig durchsetzt, oder
es finden sich grössere Hämorrhagien. Das überziehende Pleuraepithel überall in Form einfacher cubischer
Zellen erhalten.
Die genannten Bacterienmassen bestehen aus Pestbacillen in allen Formen. Andere Bacterien nicht auf-
findbar.
7. Flache, olivengrosse L\'mphdrüse aus der linken Axilla. Dieselbe zeigt sehr geringgradig
und nur tfcckweise ausgesprochene Hyperämie und massige Erweiterung der Sinus. Die Follikel sind sehr
gross, die Kerne der Lymphocyten sehr dicht gelagert. In einigen Sinus kleinere Blutungen, zwischen denen
man Bacterienhaufen erkennt. Kapsel unverändert, die Gefässe des pericapsulären Bindegewebes mit Blut
gefüllt. Die Bacterienhaufen bestehen aus Pestbacillen von Stäbchenform; spärliche sind in den Blutgefässen
vorhanden.
8. Viel stärkere Hyperämie zeigt eine erbsengrosse Lymphdrüse aus der rechten
Poplitea. Die Follikel sind klein, die Markstrahlen sehr schmal und von den mit zahlreichen sehr grossen
Sinuszellen und polynucleären Leukocyten und erweiterten Capillaren vollgefüllten Sinus undeutlich ab-
grenzbar. Kapsel vollständig unverändert. Innerhalb der Sinus reichliche Pestbacillen, häufig intracellulär
gelagert, weniger reichliche innerhalb der Blutgefässe.
9. Schnitte durch ein kleines Paquet mesenterialer Lymphdrüsen (aus 4 kleinbohnen-
grossen bestehend) ergeben denselben histologischen Befund wie die vorstehende. Nur sind die Pest-
bacillen etwas spärlicher.
10. Pneumonische Herde beider Lungen. Dieselben zeigen in Allem das charakteristische Bild
der Pestpneumonie. Die erweiterten AU'eolen mit ungemein hacillenreichem Exsudat, das aus in Zerfall
begriffenen poljmucleären Leukocyten, vielen rothen Blutkörperchen und abgestossenen Alveolarepithelien
und aus nur sehr spärlichem Fibrin besteht, erfüllt.
Die Capillaren der Alveolarsepta zum Theile stark erweitert und mit Blut gefüllt, zum Theile sind die
Septa von homogenen, stark mit Eosin gefärbten Balken und Schollen durchsetzt, die von zahlreichen
Körnchen umgeben sind.
DasBindegewebe der Pleura von Blut und Ödem durchsetzt, sowohl im Gewebe der Pleura, wie derselben
aufgelagert ein aus ebensolchen breiten, glänzenden und mit Eosin gefärbten Balken bestehendes Exsudat.
Im pneumonischen Exsudat zahllose Pestbacillen, denen lanzettförmige Diplococcen beigemengt sind.
1 1. Endocarditis an der Valvula mitralis. Die der Klappe angelagerten Excrescenzen bestehen
aus breiten Balken homogenen Fibrins, die Blut und polynucleäre Leukocyten einschliessen und mit
schmalem Stiel der Klappenoberfläche aufgelagert sind, ohne in dieselbe hineinzureichen. Das fibröse
Gewebe der Klappe nicht weiter verändert, nur einzelne Spalten von kleineren Blutmassen erfüllt. Innerhalb
der eingeschlossenen Blutmassen ganz vereinzelte Pestbacillen nachweisbar.
12. Milz. An vielen Stellen erkennt man noch vollständig erhaltene, mit Blut vollgefüllte Pulparäume
mit grossen Epithelzellen und sehr grossen Kernen; vielfach sind sie aber auch wie zerrissen, ihre Membrana
propria wie gequollen, homogen und von diffus ausgetretenen Blutmassen umgeben. Die Trabekel breit, ihr
Bindegewebe stellenweise zu homogenen Balken aufgequollen. Die Intima kleinerer Arterien verbreitert, stark
Benleupesl. II. Pathologisch-aimtoniischcr Inru/i/. 323
mit Eosin getarhl, niciit tileichmässig homogen, sondern meiir baikig. Das l.imun mancJTer Gefässe erfüllt
\-on ähnlichen Balken oder Schollen. Die Follikel klein, sonst nicht besonders verändert, ['estbacillen
ziemlich spärlich, auch intracellulär gelagert, keine anderen Bacterien auffindbar.
13. Die Capillaren und Blutgefässe der Nierenpyramiden mit Blut vollgefüllt, die der Rinde
nur herdweise. Die Epithelien besonders in der letztgenannten sehr gross, in unregelmässiger Weise ins
Lumen \'orragend, blass gefärbt, granulirt oder deutliche Fetttröpfchen enthaltend. Die Kerne sehr blass.
hii Blute der Gefässe spärliche Pestbacillen. h^gendwelche Herde oder Blutungen sind auf den untersuchten
Schnitten nicht \'orhanden.
14. Auch die Leberepithelien zeigen starke degenerative Veränderungen. Im Blute ebenfalls nur
wenige Pestbacillen.
15. Magen. Die .Schleimhautoberfläche von einer continuirlichen schmalen Schichte von fädigen oder
granulirten Schleimmassen bedeckt, die sich bläulich oder mehr röthlich färben, und Leukocyten oder nicht
näher bestimmbare Zellen oder Kernfragmente einschliessen. Auch mit Eosin stark gefärbte, unregelmässig
angeordnete Balken und Schollen finden sich hier.
Die meist polynucleären Leukocyten dringen noch eine Strecke weit in die Schleimhaut ein, die in
ihrer oberen Schichte von meist zusammenhängenden Blutungen durchsetzt ist. In der der Schleimhaut
aufgelagerten Schichte sehr reichlich Bacillen, von denen ein grosser Theil stark mit Methylenblau gefärbte,
längere und meist auch ziemlich schlanke, auch zu Fäden aneinander tretende Bacillen sind. Sie finden sich
mehr in der obersten Schichte. Ausserdem sieht man zahlreiche blassgefärbte, plumpo\ale Diplobacillen,
die auch in Zellen eingeschlossen sind, und rundliche Formen, die nach Allem Pestbacillen entsprechen. In
den ausgetretenen Blutmassen nur spärliche Pestbacillen aufzufinden.
16. Schnitte durch eine Stelle des Jejunum zeigen das Oberflächenepithel sehr schön erhalten.
In einigen Zotten sieht man wenige rothe Blutkörperchen ausgetreten, zahlreiche Leukocyten, und zwar
um Häufchen N'on Bacterien angeordnet, die sich nach Methylenblau-Färbung als typische Pestbacillen
erweisen.
17. Knochenmark des rechten Femur. Zahlreich finden sich grosse, protoplasmareiche, rundliche
oder polygonale Zellen mit einem grossen, oft lappig abgeschnürten, sehr blassen und bläschenförmigen Kern,
ferner zahlreiche polynucleäre Leukocyten und eosinophile und blutkörperchenhaltige Zellen. Sogenannte
Myeloplaxen sind spärlich, desgleichen kernhaltige rothe Blutkörperchen. Ziemlich reichlich finden sich ein-
kernige kleine Zellen mit rundem, stark gefärbten Kerne. Die Capillaren stark erweitert und mit Blut gefüllt.
In denselben spärliche Pestbacillen.
Epikrise.
Nach der zweifellos von der rechten oberen Extremität aus erfolgten Infection kommt es zur Bildung
eines Bubo in der rechten Ellbogenbeuge und eines zweiten grösseren in der rechten Axilla. Es ist also
hier die Zwischenstation, die uns die Lymphdrüse in der rechten Cubita vorstellt, nicht umgangen worden,
und so zur Bildung von zwei primären Bubonen gekommen, die makroskopisch und mikroskopisch den
ganz entsprechenden Befund geben.
In der Wand der Vena brachialis und axillaris finden sich sehr reichlich Hämorrhagien, spärliche in
beiden Venae jugulares.
An den Tonsillen finden sich diphteritische Beläge und ülcerationen.
Nach dem makroskopischen Befunde sind erstere sowohl als die Follikel in ihrer Umgebung durch
Pest inficirt. Die schweren Veränderungen der ganzen linken Halsseite sind nun auf eine .Secundärinfeclion
zu beziehen, die \on den Tonsillargeschwüren ausgeht und durch den Streptococcus pyogenes und durch
den Diplococcus pneumoniae bedingt ist, wie durch den hacteriologischen und histologischen Befund
bewiesen ist.
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. LX\'I. Bd. 43
324 H. Albrccht und A. Ghoii,
Diese secundäre Infection ist in diesem Falle local geblieben und hat \'or allem Anderen — zugleich
mit dem Pestbacillus, der sich hier überall neben Streptococcen findet — das letale Glottisodem erzeugt,
besonders an der linken T'lica aryepiglottica.
Bemerkensvverth ist die durch den Pestbacillus allein erzeugte, unzweifelhaft secundär oder
metastatisch entstandene Pestpustel am linken Vorderarme. In beiden Lungen multiple, peripher sitzende
pneumonische Herde, die ihrer Form und ihrem Sitze nach als metastatisch bezeichnet werden müssen.
.Auch in den Nieren finden sich metastatische Herde.
Ausser den am stärksten \'eränderten Lymphdrüsen der rechten Ellbogenbeuge und Axilla zeigen
folgende Lymphdrüsengruppen mehr oder weniger hochgradige Pestveränderungen: Die Lymphdrüsen
beiderseits am Halse längs der Gefässe, im Jugulum und in der linken Fossa supraclavicularis, in beiden
Fossae submaxillares und in beiden Regiones parotideae, in der linken Axilla, beide Tonsillen und zahlreiche
Follikel der Zunge und des Pharynx, die Lymphdrüsen im vorderen Mediastinum, in beiden Inguinal-
gegenden, die retroperitonalen und mesenterialen und eine Ljnnphdrüse der rechten Kniekehle.
Blutungen finden sich im Periost des linken Scheitelbeines, in beiden Conjunctiven überall im Bereiche
der geschwollenen Halslymphdrüsen, auch in der Wand beider Venae jugulares, im Gewebe des vorderen
Mediastinum, in der Pleura, dem Peri- und Epicard, in den Nieren und in der Schleimhaut des ganzen
Verdauungstractes.
Am wenigsten Pestbacillen sind sowohl histologisch als auch bacteriologisch in der Milz nachzuweisen.
In den Aussaaten finden sich ausser Pestbacillencolonien solche von Staphylococcus pyogenes albus, die
auf den Schnitten nicht nachgewiesen werden konnten. Ebensowenig sind die verrucösen Excrescenzen
an der Mitralklappe irgendwelcher mycotischer Natur.
Fall 19/XLIX.
Gopall Laximoii, ' 40jähriger Hindu, Arbeiter, wurde am 19. April um 9 Uhr Vormittags, am IIL Krank-
heitstage, ins Spital aufgenommen und starb am 20. April, am IV. Krankheitstage um 8 Uhr 45 Minuten
Vormittags.
Section am selben Tage, ungefähr 1 .Stunde post mortem.
Männliches Cadaver, 150 cm lang, von gracilem Knochenbau und ziemlich schlechter Ernährung;
Todtenstarre noch nicht vorhanden, Todtenfiecke nirgends zu erkennen.
Beide Hornhäute leicht trüb, Pupillen mittelweit, beiderseits gleich, Conjunctiven stärker injicirt, einige
kleine, bis hanfkorngrosse Blutungen zeigend.
Schleimhaut der Lippen cyanotisch, Zähne gut erhalten.
Kais kräftig, entsprechend lang, Thorax lang, breit, gut gewölbt, Abdomen etwas unter dem Niveau des
Thorax, am Genitale keine besondere Veränderung.
In der Haut des Halses, und zwar rechterseits nahe der Mittellinie, links gegen den Nacken zu, beider
Akromien, beider oberer Extremitäten, und zwar links vorwiegend an der Streckseite, rechts sowohl an der
Streck- als Beugeseite, ferner in der Haut des ganzen Abdomens, beider Inguinalgegenden, des linken Ober-
schenkels und \'ereinzelt auch in der des Rückens kleinere hanfl<orngrosse, seltener bis über linsengrosse,
schwarzrothe Blutungen; die kleineren oft in Gruppen stehend, die grossen vereinzelt und meist etwas
erhaben. Die Blutungen sind meist scharf umschrieben, nur vereinzelte zeigen eine etwas verwaschene
Grenze.
Am Halse, in der linken .Achselgrube imd in beiden Inguinalgegenden keine auffallenden Veränderungen
tastbar.
In der rechten Achselgrube die Haut verdickt, schwer abhebbar, durch dieselbe keine sicher bestimm-
baren Drüsen tastbar. Die Haut daselbst in einem Bezirke von weit über Handtellergrösse, nach \-orne fast
' Vergl. Krankengeschichte II, ,\. p.ig. iV.i.
Beuleiipest. IL Pathologisch-anatonüsclicr Bericht. 325
7.ur Mamilla. nach unten bis ziii' Mitte des Thi>ra\ dunkelschwarzroth gefärbt. Die Ränder dieses Bezirkes
erscheinen nicht schart" abgegrenzt, sondern unregelmässig und verwischt.
Die weichen Schädeldecken ziemlich blutreich, fettarm, von einzelnen Hämorrhagien durchsetzt.
Das Schädeldach länglich-oval, beträgt im Längsdurchmesser 18 cm, im queren 12 cm und in der Peri-
pherie 50 cm, ist nicht vollkommen symmetrisch, indem das rechte Hinterhauptbein etwas stärker
prominirt.
Tabula interna glatt und glänzend, das Periost an der Aussenseite über dem rechten Scheitel- und
Hinterhauptbein von einzelnen bis fast bohnengrossen, unregelmässigen Blutungen durchsetzt. Schädel-
knochen bis 8 mm dick, seine Diploe überall erhalten, ebenso die Nähte.
Dura mater gut gespannt, an der Aussentläche glatt, glänzend, an der Innentläche, und zwar im rechten
Antheile, zeigt sie eine grössere Gruppe kleinster, bis kaum stecknadelkopfgrosser, hellrother Blutungen.
Im oberen Sichelblutleiter geringe Mengen geronnenen Blutes.
Die inneren Hirnhäute zart, glatt, ziemlich blutreich. Die Gefässe an der Gehirnbasis enge und zart-
wandig. Rinde gleichmässig breit, grauröthlich, Marksubstanz ziemlich fest, von reichlichen Blutpunkten
durchsetzt. Ventrikel leer, enge, ihr Ependym glatt, glänzend.
Stammganglien ohne pathologische Veränderungen. Ebenso Kleinhirn, Pons und Medulla.
Zwerchfellstand beiderseits am oberen Rande der fünften Rippe.
Im Bindegewebe beider Musculi recti abdominis grössere, fri.sche Blutaustritte.
Das Bindegewebe der rechten vorderen Brustwand theils gelblich, sulzig erzitternd oder hämorrhagisch
infiltrirt.
Das Bindegewebe am Halse beiderseits in der Umgebung der Gefässe reichlich von grösseren, schwarz-
rothen Blutungen durchsetzt.
Die Lymphdrüsen daselbst nicht besonders vergrössert, linsen- bis bohnengross, ziemlich derb, röthlich,
auf dem Durchschnitte saftreich, oft kleinere Blutungen zeigend, in beiden Submaxillargegenden in sulziges
oder vollständig hämoi-rhagisch infiltrirtes Bindegewebe eingescheidet.
Beide Carotiden, namentlich aber die rechte, vollständig in hämorrhagisch infiltrirtes, dunkelschwarzroth
aussehendes Bindegewebe eingehüllt, die Gefässwand selbst jedoch ohne Veränderungen.
Die Schilddrüse klein, gekörnt, coUoid, braunroth.
Zunge mit dickem, gelblichen Belage bedeckt; am Zungengrunde und in der Pharyn.xwand die Follikel
prominent, \'on Blutungen durchsetzt, in ihrer Umgebung das suhmucöse Bindegewebe oft in breiter .Aus-
dehnung von schwarzrothen Blutungen durchsetzt.
Linke Tonsille prominent, von kleineren und grösseren Blutungen durchsetzt, rechte Tonsille noch
stärker vortretend, an ihrer Kuppe einen etwa linsengrossen obertlächlichen Substanzverlust zeigend, dessen
Grund dunkelschwarzroth gefärbt ist; am Durchschnitte ist das Drüsengewebe dunkel schwarzroth, das
Bindegewebe der Umgebung im Umkreise \-on circa 1 cm \-on Blutungen durchsetzt.
Auch das submucöse Bindegewebe des Pharynx und des linken Sinus piriformis enthält eine circa
3 cm lange, 1 cm breite, unregelmässig begrenzte Blutung.
Schleimhaut des Larynx etwas blutreicher, die des oberen Theiles der Trachea von distinct stehenden,
kleinsten bis hanfkorngrossen, frischen, scharf begrenzten Blutungen übersäet.
Das Bindegewebe des vorderen Mediastinum gelblich, sulzig erzitternd, die Lymphdrüsen desselben
kaum vergrössert, auf dem Durchschnitte ist ihr Rindenantheil jedoch succulent, stärker geröthet, das sie
umgebende Bindegewebe spärlich von kleinen, rothen Blutungen durchsetzt.
Linke Lunge fast vollständig durch zartere Bindegewebsmembranen adhärent, die reichlich \un gelb-
licher Ödemflüssigkeit durchtränkt sind. Pleuraüberzug an dieser Stelle verdickt, sulzig, reichlich von
Blutungen durchsetzt. Lunge allenthalben lufthaltig, stärker blutreich, auf ihrer Schnittfläche reichlich
röthliche, schaumige Flüssigkeit herx'orquellend.
Bronchien erfüllt von demselben schaumigen Secret.
Ductus thoracius zart, enge.
4.5*
326 H. Albrecht und A. Choii,
Rechte Lunge ebenfalls durch älmlich aussehende (idematöse, von I^luUingcn durchsetzte .Membranen
adhiirent. Sonst zeigt die rechte Lunge dasselbe Verhalten wie die linke.
Die Schleimhaut des Oesophagus blulai'm. Die Lymphdrüsen an der Bifureation stark anlhracotisch,
weiter nicht verändert.
Herzbeutel zart, geringe Mengen klarer Flüssigkeit enthaltend, an seiner hmennäche, namentlich der
des linken Ventrikels entsprechend, eine grössere Gruppe kleinster, punktfiirmiger Hämorrhagien.
Herz nicht vergrössert, am Epicard beider Ventrikel und des linken Vorhot'es bis über hantl<orngrosse,
dunkelrothe Blutungen.
Klappenapparate zart und schlusstahig. Myocard gelblich verfärbt, bilichiger.
Leber grösser, ihre Ränder plumper, ihr Kapselüberzug zart, ihre Oberfläche glatt und glänzend; im
Ligamentum Suspensorium zahlreiche Blutungen, auch subcapsuläre im rechten Leberlappen, theils einzeln
stehend, theils confluirend. Leber auf dem Durchschnitte fast gleichmässig gelblich-braun, ihre acinöse
Structur verwischt, ihr Parenchym brüchig, ziemlich blutreich.
Gallenblase gefüllt von dicker, schleimiger Galle, ihre Wand allenthalben von Blutungen durchsetzt, so
reichlich, dass nur an x'ereinzelten Stellen dieselbe noch normal erscheint.
Milz 17 cm lang, 12 cm breit, 6 cm hoch, plump, ihre Kapsel leicht verdickt, ihre Pulpa dunkelblauroth,
vorquellend, wie feinst chagrinirt; Follikel sichtbar, allenthalben fast gleichmässig von einem dunkelrothen
Hof umgeben.
Beide Nebennieren ziemlich fettreich, das sie umgebende Bindegewebe reichlich von grösseren und
kleineren Blutungen intiltrirt.
Beide Nieren grösser, ebenfalls in Bindegewebe, das reichlich \on Blutungen durchsetzt ist, ein-
gescheidet. Ihre fibröse Kapsel sehr reichlich von grösseren, scharf be,grenzten, jedoch unregelmässig
gestalteten und zum Theile confluirenden, dunkelschwarzrothen Blutungen durchsetzt, welche fast durch-
wegs ein rundliches, hirsekorngrosses, gelbliches Centrum besitzen, ziemlich leicht ablösbar. Nierenoberfläche
glatt, nur vereinzelte, kleinste, punktförmige Blutungen zeigend; Rinde etwas breiter, gelbbraun, von \^er-
einzelten kleineren Blutungen durchsetzt, Glomeruli als roth gefärbte, kleinste Pünktchen vorspringend.
Auch die Pyramiden stärker geröthet und stellenweise von einzelnen kleinen Blutungen durchsetzt. Die
Nierenkelche und das Becken sind wie ausgegossen mit dunkelschwarzrothem Blute; ihre Wandung durch-
setzt von zusammenhängenden schwarzrothen Blutungen, welche noch \-ielfach von einem zarten Gewebs-
häutchen überzogen sind, das allenthalben durch dieselben durchbrochen ist (vergl. Tafel VIII, Fig. 1 und 2).
Schleimhaut der Ureteren blutarm, ohne Veränderungen.
Harnblase gefüllt mit blutigem Harn, in ihrer Wandung vereinzelte hanfkorngrosse ßlutaustritte.
Das retroperitoneale Bindegewebe, namentlich in der Gegend der Leber und der Milz, von kleineren
und grösseren Blutungen durchsetzt. Ebenso auch das Fettgewebe des Mesenterium, namentlich am An-
sätze des Colon transversum und das Fettgewebe im kleinen Netze an der Pylorusgegend.
Die mesenterialen Lymphdrüsen und die an der grossen Magencurvatur geschwollen, circa bohnengross,
auf ihrem Durchschnitte succulent, ziemlich reichlich röthlichen Saft heim Abstreifen gebend, von einzelnen
kleinsten Blutungen durchsetzt.
Pankreas in seinem Kopfantheile in vollständig hämorrhagisch infiltrirtes Bindegewebe eingescheidet,
das dieselbe Veränderung auch zwischen den Läppchen des Kopfantheiles zeigt.
Magen stark erweitert, von reichlichen grauen, dickflüssigen Massen erfüllt. Seine Schleimhaut verdickt,
am P'undus Etat mamellonne zeigend, etwas gefaltet, ziemlich gleichmässig von kleinsten bis fast linsen-
grossen, hellroth gefärbten Blutungen durchsetzt; am Fundus confluiren diese Blutungen zu einem beinahe
15 cm langen, 1 cm breiten Streifen, in dessen Mitte die Schleimhaut nekrotisch, graugelb erscheint. Auch
bei einzelnen distinct stehenden Blutungen ist das Centrum derselben grau verfärbt.
Das Duodenum enthält gallig gefärbte, breiige Chymusmassen, seine Schleimhaut zeigt vereinzelte
kleine Blutaustritte. Im Jejunum und Ileum lichtgelb gefärbte, breiige Massen, Schleimhaut gelockert, über-
säet von stecknadelkopfgrossen Blutungen.
Beulenpest. II. Pathologisch- anatomischer Bericht. 327
Der Dickdarm enthält reichliche gelbliche, breiige Fäces, seine SchleimJiaut geiocivert und allent-
halben gleichmässig, am stärksten im Coecum und Colon ascendens, von bis hanl'korngrossen, Irischen
Blutungen durchsetzt.
Die Lymphdrüsen in beiden Inguinalgegenden, sowohl die obertlächlichen als auch die tiefen, nicht
vergrössert, derb, auf dem Durchschnitte gleichmässig gelblichweis, sehr wenig Saft gebend.
Die Wandung der rechten Vena femoralis von grösseren, distinct stehenden Blutungen durchsetzt.
In der rechten Axilla die Lymphdrüsen vergrössert, bis fast wallnussgross, sehr weich, röthlich-gelblich
gesprenkelt, von Hämorrhagien durchsetzt, untereinander durch ödematöses oder schwarzroth hämorrha-
gisches Bindegewebe vereinigt, aber noch abgrenzbar. das Bindegewebe ihrer Umgebung in den eingangs
erwähnten Grenzen und bis in die Ellbogengegend entlang der Gefässe ebenfalls ödematös oder schwarz-
roth infiltrirt. Die Wandung der Vena axillaris und subclavia ebenfalls gleichmässig von schwarzrothen
Blutmassen infiltrirt.
Von der Lymphdrüsengruppe der linken Axilla nur eine plumper, circa bohnengross, saftreicher und
stärker injicirt, die anderen erscheinen makroskopisch nicht verändert.
Die Lymphdrüsen in der rechten Cubita nicht besonders verändert.
Die am 19. April vorgenommene bacteriologische Blutuntersuchung ergab massig
reichliche Reinculturen von Pestcolonien.
Das gleichfalls am 19. .April mikroskopisch untersuchte .Sputum zeigt ein reichliches
Bacteriengemenge von Coccen und Bacillen verschiedener Form und Grösse, sowie Hefe-
zellen; ausserdem aber auch — und zwar wenig reichlich — Bacillen, die in Allem mit
Pestbacillen identisch sind.
Bacteriologischer Befund.
1. In der hämorrhagischen Ödemflüssigkeit der rechten Achselhöhle finden sich mikro-
skopisch reichlich Pestbacillen, einzeln oder als DiplobaciUen, meist als gut und bipolar gefärbte, ovale oder
längliche Formen.
2. Eine Lymphdrüse der linken Submaxillargegend zeigt mikroskopisch reichlich Pestbacillen,
vorwiegend gut und bipolar gefärbt, als ovale, extracellulär gelegene Formen; spärlicher finden sich Diplo-
coccen in schönen Lanzettformen, fast alle \'on gieichmässigen, jedoch ungefärbten Höfen umgeben.
3. Deckglaspräparate aus der rechten Tonsille zeigen ein reichliches Bacteriengemenge,
bestehend aus vorwiegend kleineren länglichen Coccen, in Paaren oder zu Gruppen angeordnet, spärlicheren
Kettencoccen vom Typus des Streptococcus pyogenes und dünneren, längeren Bacillen, sowie typischen
Pestbacillen in massig reichlicher Menge.
4. In einer Hautblutung der linken Schulter finden sich mikroskopisch ziemlich viele Pest-
bacillen, meist in typischer Form, einzeln oder als DiplobaciUen, vereinzelt auch in kurzen Fäden und
spärlich Diplococcen.
5. Aussaaten aus der Galle bleiben steril.
6. In Deckglaspräparaten der Milz finden sich reichlich Pestbacillen, einzeln oder als DiplobaciUen,
vereinzelt auch in kurzen, ungegliederten Fäden. Die Bacillen erscheinen vorwiegend gut und bipolar
gefärbt, spärlicher als blassgefärbte, rundliche oder länglich ovale Formen. Coccen sind nicht mit Sicherheit
nachzuweisen.
Die Aussaaten zeigen überwiegend Colonien des Diplococcus pneumoniae, spärlicher solche des Pest-
bacillus.
7. Die Aussaaten aus dem Harn enthalten reichlich und ausschliesslich Colonien des Pcst-
bacillus.
328 H. Albrecht niid A. Ghoii,
S. In Deckglaspräparaton einer mesenterialen l.y in piidrüse finden sieh ziemlicli reichlieh
Pestbaeillen, meist gut und bipolar gefärbt, oval oder länglieh geformt, ziemlich zahlreich in grossen Zellen
(Sinuszellen) gelagert. Coccen sind in den Präparaten nicht mit Sicherheit nachzuweisen.
9. In einer wenig veränderten Lymphdrüse der rechten Inguinalgegend zeigen sich mikro-
skopisch Pestbaeillen in mäs.sig reichlicher Menge, meist einzeln liegend und von typischem Aussehen,
.spärlicher Diplococcen von Lanzettform.
10. In einer Lymphdrüse aus dem primären Bubo der rechten .-Kch sei h() hie linden sich
reichlich Pestbaeillen, vorwiegend einzeln gelegen, theils in ovalen oder länglichen, gut und bipolar gefärbten
Formen, theils als rundliche, blassgefärbte Gebilde oder Kingformen. Sehr spärlich lassen sich in den
Präparaten Diplococcen nachweisen, die sich im Gegensatze zu den Pestbaeillen nach Gram überall
dunkelblau färben,
Histologischer Befund.
1. T^rimärer Bubo aus der rechten Axilla. Das subcutane Fett- und Bindegewebe um die a.xillai'cn
Drüsen bis in das Corium ziemlich gleichmässig- hämorrhagisch infiltrirt, die auseinander geworfenen
Bindegewebsbündel aufgequollen, oder es finden sich grosse Haufen oder Schwärme von Bacterien oder
polynucleären Leukocyten.
Im Bereiche der Drüsenkapsel nehmen die grossen Rasen der Bacterien noch mehr an Ausdehnung zu,
hauptsächlich um erweiterte und ebenfalls von Bacterien und polynucleären Leukocyten erfüllte Lymph-
gefässe. Die Kapsel nirgends erhalten, ebenfalls nichts vom adenoiden Gewebe der auf den Schnitt gefallenen
Lymphdrüse, die vollständig von bläulichroth gefärbten Bacterien infiltrirt ist. In den Capillaren und Blut-
gefässen Netze von homogenen, balkigen Massen, die häufig auch das Lumen derselben umgeben.
Die Bacterienhaufen entsprechen auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten geradezu colossalen Massen
von Pestbaeillen, die entweder in grossen Rasen oder zu kleineren Häufchen bei einander liegen. Ebenfalls
zu kleinen Gruppen angeordnet finden sich Diplococcen mit Lanzettform.
-. LymphfoUikel der Pharynxwand. Dieselben sind, ebenso wie die umgebenden .Schleimdrüsen,
\-on Blutmassen, die Havifen \-on Bacterien enthalten, vollständig eingehüllt. Diese Blutungen reichen
\'ielfach in die Musculatur hinein und setzen sich beiderseits ins subcutane Bindegewebe des Pharynx fort;
sie durchbrechen aber auch an vielen Stellen die Bindegewebshülle der Follikel und durchsetzen dieselben so
vollständig, dass nur wenig adenoides Gewebe in dieser hämorrhagischen Infiltration erhalten ist. .Auch gegen
die Oberfläche zu dringen sie bis ans Epithel vor, das sie an einigen .Stellen durchbrechen und abheben.
Besonders in den Epitheleinsenkungen zwischen den Follikeln ist das Epithel verloren gegangen und das
hämorrhagisch inliltrirte Gewebe von grossen Bacterienhaufen bedeckt. Vielfacli sieht man die typischen,
durch homogene Balken und Schollen verstopften Capillaren.
Die oberflächlich liegenden Bacterienhaufen bestehen vorwiegend aus lanzettförmigen Diplococcen in
Staunenswerther Menge, denen spärliche lange, dicke Fäden beigemengt sind. .Sie dringen überall in das
hämorrhagisch infiltrirte Gewebe in grossen Massen ein. In den tieferen .Schichten sieht man \-or\viegend
typische Pestbaeillen ebenfalls in sehr grossen Mengen, die sich neben Diplocciccen auch in dem aus-
getretenen Blute finden.
3. Kleine (bohnengrosse) Lymphdrüsen aus der linken Fossa submaxiUaris. Im umgebenden
Gewebe einige kleinere Blutaustritte und weite, mit homogen geronnenem Serum erfüllte Lymphgefässe.
Die .Sinus, in gewöhnlicher Weise erweitert, enthalten \-iele polynucFeäre Leukocyten und rothe Blut-
körperchen und die stark angeschwollenen Sinuszellen. Ausserdem sieht man sehr grosse, Kiesenzellen-
ähnliche Zellen, die gewöhnlich einen ovalen oder gelappten, sehr blass gefärbten Kern besitzen (Sinus-
zellen) und 2, 'S oder 4 kleine unregelmässig geformte Kerne, deren zugehöriger Zellleib manchmal noch
ganz undeutlich abgrenzbar ist, einschliessen.
Benleiipesf. 11. Pathologisch-anatomischer Bericht. 329
Nach Methylenblau - Färbun.u zahllose Pesthacillen \-on ausschliesslich Diplobacillenform, häufig
intracellulär auch innerhalb der eben beschriebenen Zellen gelagert, nachweisbar. Weniger reichlich Diplo-
coccen.
4. Ganz denselben Befund ergeben Sehn itte durch zwei verschiedene, ebenfalls klein-
bohnengrosse Lymphdrüsen von der Gegend der grossen Magencurvatur. Nur ist hier die
Erweiterung der Capillaren in den Sinus ganz besonders hochgradig. In denselben und in den Sinus sehr
zahlreiche Pestbacillen und sehr spärlich Diplococcen.
5. Schnitte durch das Pankreas zeigen das die Läppchen und die Ausführungsgänge einhüllende
Bindegewebe auf weite Strecken gleichmässig hämorrhagisch infiltrirt, nirgends ist das Drüsengewehe
durchbrochen. In diesen Blutungen und im Blute der Gefässe sehr zahlreiche Pestbacillen.
6. Milz. Dieselbe ist blutreich und fast überall von Blut infiltrirt. Auffallend ist der Reichthum an poly-
nucleären Leukocyten. Die kleineren Arterien sehen dickwandig aus, indem sich nach aussen von dem
erhaltenen Endothel, dessen Kerne blass und gross sind, homogene, stark und glänzend mit Eosin gefärbte
Balken finden, entweder unregelmässig oder ringförmig angeordnet. An anderen sieht man das Balkenwerk
im Lumen der Gefässe dem Endothel angelagert, oder ersteres ganz verstopfend. Auch das adventitielle
Gewebe grösserer Gefässe gequollen, glänzend homogen, halkig, kernlos. Auch an vielen Trabekeln sieht
man eine ähnliche Veränderung.
Viele Capillaren sind ganz ausgegossen von solchen balkig-scholligen Pfropfen, und man kann deutlich
erkennen, dass die vorhandenen zahlreichen kleinsten Herde jener Form, die im Vorstehenden wiederholt
beschrieben ist, gleichsam einem Ende eines solchen nekrotisierten, am Längsschnitte getroffenen Capillar-
rohres entsprechen (vergl. Tafel XI, Fig. 3). Die Follikel sehr klein. Die Schnitte gleichmässig von enormen
Massen auch intracellulär gelagerter Pestbacillen überschwemmt, stellenweise kleine Haufen von Diplo-
coccen mit Lanzettform.
7. Die Querstreifung des Herzmuskels äusserst undeutlich, die Kerne sehr blass, .stellenwei.se
Fragmentatio cordis. Im Fettgewebe des Epicards kleine, unregelmässig geformte Blutaustritte. In denselben
und in den erweiterten Gelassen sehr reichliche Pestbacillen nachweisbar.
8. Die mikroskopische Untersuchung der blutig suffundirten Gallenblase zeigt, dass die
ausgetretenen Blutmassen sich vorwiegend im subserösen Bindegewebe ausbreiten, dasselbe in breiter
Schichte durch.setzen. .Sie dringen nur wenig zwischen die Musculatur ein, und die Serosa ist nirgends
durchbrochen. In der Blutung reichlich Pestbacillen, sehr spärlich Diplococcen.
9. Die Blutungen an der Leberoberfläche sind ebenfalls subserös, im Gewebe der Glisson' sehen
Kapsel, und ergeben denselben Bacillenbefund wie 8. Sie sind immer ungemein reich an polynucleären
Leukocyten.
10. Schnitte durch eine Hautblutung vom linken Oberarme zeigen, dass dieselbe die ober-
flächlichen .Schichten des subcutanen Fettgewebes, die Schichte des coUagenen Bindegewebes und das
Corium bis unter das Epithel durchsetzt und sehr reich an polynucleären Leukocyten und Bacterienhaufen
i.st. Die Bündel des Bindegewebes verbreitert, wie aufgequollen, ganz homogen und kernlos. Überall sehr
reichlich Pestbacillen und spärlich Diplococcen nachweisbar.
IL Niere. Die äusseren Schichten der Bindegewebskapsel derselben von reichlichen Blutungen, die
grosse Anhäufungen von polynucleären Leukocyten und Bacterien zwischen roth gefärbten Fibrinbalken
und -Fäden in ihren centralen Antheilen enthalten, durchsetzt. Diese Blutungen sind nur auf die
Kapsel beschränkt, brechen nirgends in die Rinde ein, von welcher sie durch einen sehr schmalen
Bindegewebsstreifen getrennt sind.
Das Epithel, besonders der Tubuli contorti der Rinde, in gewöhnlicher hochgradiger Weise degenerirt,
in den einzelnen Zellen und auch frei im Lumen der Harnkanälchen verschieden grosse, mit Eosin gefärbte
Kugeln in Haufen bei einander liegend. Die Glomeruli ganz verschieden gross, zum Theile sehr blutreich,
füllen die Kapsel ganz aus, zum Theile sind die einzelnen Gefässschlingen von homogenen Balken,
dicken Fäden oder Schollen ganz oder zum Theile erfüllt. Die Endothelzellkerne meist erhalten. Derartige
330 H. Albreclü iiud A. Glioii,
gerinselähnliclie Massen finden sich auch in anderen Capillaren als in den < ildmeriili. Die Niere überhaupt
stark hyperämisch.
Das Fettgewehe des Nierenbeci<ens und das Bindegewebe desselben von reichlichen zusammen-
hängenden Blutmassen infiltrirt, die an einigen Stellen das sonst erhaltene Epithel desselben durchbrechen.
Auch in diesen grosse Haufen von polynucleären Leukocyten und Bacterien. Auch an einigen Stellen an
der Grenze zwischen Rinden- und Markschichte kleinere, unregelmässig zwischen die Harnkanälchen ein-
dringende Blutungen. Den genannten Bacterienmassen entsprechen enorm reichliche Pestbacilien von
durchwegs Diplohacillenform neben sehr spärlichen Diplococcen.
Epikrise.
Auch im vorliegenden Falle handelt es sich um Misch- oder Secundärinfection, die von den
ulcerirten Follikeln oder Tonsillen der Rachenhöhle ausgeht. In denselben finden sich makro- und
mikroskopisch die typischen Pestx'eränderungen und grosse Mengen \-on Pestbacilien , und \'on der
ulcerirten Oberfläche dringen in grossen Massen lanzettförmige Diplococcen (Diplococcus pneumo-
niae) ins Gewebe ein, die sich in Gesellschaft zahlreicher Pestbacilien im Blute aller untersuchten Organe
finden. Ein primärer Bubo findet sich in gewöhnlicher Weise ausgebildet in der rechten Axilla.
Geringe Schwellung und Hyperämie zeigen die Lymphdrüsen des Halses beiderseits längs der grossen
Gefässe, in den .Submaxillargruben und im vorderen Mediastinum, etwas hochgradigere die Lymphdrüsen
der linken Axilla, des Mesenterium, besonders an der grossen Magencurxatur, die retroperitonealen und
endlich die Tonsillen und Follikel des Zungengrundes und des Pharynx.
Ferner zeichnet sich vorstehender Fall durch den exquisit hämorrhagischen Charakter aus. Vor
Allem finden sich zahllose Blutungen in der Haut der Extremitäten, des Thorax und Abdomen, auch in beiden
Conjunctiven, in den weichen Schädeldecken, im Periost des rechten Scheitel- und Hinterhauptbeines, in der
Dura mater, im Musculus rectus abdominis, im Bindegewebe des Halses, hauptsächlich in der .Submucosa
und Mucosa des Pharynx und Larynx, in der Pleura, dem Peri- und Epicard, im Ligamentum Suspensorium
hepatis, in der Leberkapsel und der Gallenblasenwand, in der Fett- und Bindegewebskapsel der Neben-
nieren und Nieren, im Pankreas und in der Rinde der Nieren, endlich in der .Schleimhaut der Nierenbecken,
der Harnblase, des Magens und des ganzen Darmtractes und auffallenderweise in der Wand der rechten
Vena femoralis.
In allen untersuchten Organen finden sich sowohl histologisch als am Deckglaspräparate und culturell
sehr grosse Mengen von Pestbacilien und wechselnde Mengen von Lanzettcoccen. In der Milz überwiegen
histologisch und im Deckglaspräparate bedeutend an Zahl die Pestbacilien, culturell zeigt sich das umge-
kehrte Verhältniss. Im Blute der Gefässe und in jeder Blutung reichlich Pestbacilien. Im Harne
fand sich culturell ausschliesslich der Pestbacillus.
C. Fälle mit primärem inguinalen Bubo.
Fall 20/11.
Laximon Govmt, 14 Jahre alter Hindu, Diener. Ins Spital aufgenommen am 28. Februar um 1 L'hr
15 Minuten Nachmittags, am IL Krankheitstage, gestorben am 2. März, am I\'. Krankheitstage um 8 Uhr
45 Minuten Vormittags. Die Section wurde am selben Tage um 10 L'hr Vormittags begonnen, ungefähr
1 '/a Stunden post mortem.
Laximon Govint wurde am 28. F'ebruar um 11 Uhr 30 Minuten Nachts von Haffkine injicirt (ob mit
einem Serum oder mit abgetödteten Culturen, war nicht zu ermitteln).
Männliches Cadaver, 134 cm lang, von gracilem Knochenbau, schlecht entwickelter Musculatur, ziemlich
schlecht genährt, Todtenstarre noch kaum angedeutet, Todtenflecke nicht sichtbar, keine Fäulniss-
erscheinungen.
Beulenpest. IL Pathologisch-anatomischer Bericht. 331
Hornhiiutc leicht getrübt, Pupillen mittehveit, beiderseits gleich; Conjunctiven und Mundschleimhaut
fast blutleer. Lippenschleimhaut eingetrocknet, Hals schlank. Entsprechend dem linken Unterkieferwinkel
eine circa taubeneigrosse, allseitig gegen die Umgebung nicht scharf abgegrenzte prominente Geschwulst
von beträchtlicher Härte. Die Haut über derselben und in ihrer Umgebung wie verdickt, steif, lässt sich
schwer in Falten legen. Thorax entsprechend lang und breit, symmetrisch und in seiner unteren Apertur
etwas ausgedehnt, Abdomen metcoristisch gebläht, etwas über dem Niveau des Thorax.
Beiderseits, entsprechend der Fossa ileo-pectinea, erscheint die Haut durch Tumoren flach vorgewölbt,
welche sich grobknollig anfühlen, ziemlich hart sind, sich \-on der Umgebung nicht ganz scharf abgrenzen
lassen, indem die Haut dieser Gegend stark gespannt und wie hart infiltrirt erscheint. Diese eigenthümlichc
harte Infiltration scheint sich bei der Palpation beiderseits in die Tiefe gegen die grossen Schenkelgefässe
fortzusetzen. Auch über dem linken Poupart'schen Bande lassen sich stark vergrösserte, harte
L\'mphdrüsen nachweisen, deren Zusammenhang mit den vorher erwähnten Drüsen durch dieselbe harte
Infiltration ihrer Umgebung hergestellt wird.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
An der Streckseite der mittleren Zehe des rechten Fusses, entsprechend dem letzten Phalangeal-
gelenke, eine circa linsengrosse, rundliche, in Vernarbung begriffene, mit leicht entfernbarem Schorf bedeckte,
reactionslose Wunde nachweisbar.
Am Genitale nichts Pathologisches.
.Schädeldecken massig fettreich, blutarm. Das Schädeldach symmetrisch, misst im längsten geraden
Durchmesser 1574 f", im längsten queren Durchmesser 13 '/2 <:""', in seinem Umfange 48 r;;/. Knochen
nirgends verdickt, Diploe bis 2 nun dick. Tabula interna glatt, Nähte erhalten.
Dura mater gut gespannt, glatt, glänzend, ziemlich blutreich, Gefässe an der Gehirnbasis sehr zart-
wandig, die Meningen daselbst sehr zart, ziemlich gut injicirt, ebenso die Meningen an der Convexität; hier
die Venen stark mit Blut gefüllt, geschlängelt. Hirnrinde röthlichgrau, überall gleich breit, das weisse Mark-
lager von massig reichlichen Blutpunkten durchsetzt. Gehirnsubstanz weicher, stärker durchfeuchtet,
Stammganglien normal gebildet, etwas blutarm, Ventrikel enge. Kleinhirn, Pons und MeduUa oblongata
ebenfalls etwas stärker durchfeuchtet und blutarm.
Schilddrüse klein, blutarm, gekörnt.
Bei der Präparation der früher erwähnten geschwollenen Lymphdrüsengruppe am linken Kieferwinkel,
die den tiefen Halslymphdrüsen entspricht, finden sich zunächst zahlreiche kleinere, bis über bohnengrosse,
mehr isolirte Lymphdrüsen, welche ein über taubeneigrosses Paquet von hart geschwollenen Lymphdrüsen
umgeben, und welche in eigenthümlich gelblich-sulziges Bindegewebe eingehüllt sind. Beim Einschneiden
in dieses Paquet ergiessen sich aus den peripheren .^ntheilen einige Tropfen gelbrothen Eiters, die mehr
centralen Antheile härter, jedoch stärker glänzend und feucht, saftgebend, stellenweise von frischrothen
Hämorrhagien durchsetzt. Die einzelnen Lymphdrüsen lassen sich in diesem Paquet nicht ganz deutlich
abgrenzen.
Zähne alle erhalten und nicht cariös. Schleimhaut des Pharynx röthlichviolett, etwas geschwollen. Die
Lymphdrüsen zu beiden Seiten der Halsgefässe etwas vergrössert, auf dem Durchschnitte succulent, gi-au-
röthlich. Tonsillen nicht pathologisch verändert, Schleimhaut des Kehlkopfes und des oberen Theiles der
Trachea gelblichweiss, blutleer.
Beide Lungen frei, fühlen sich allenthalben lufthaltig an, auf dem Durchschnitte blutreich, gleichmässig
ödematös. Die kleinen Bronchien gefüllt mit eitrigem Schleim, ihre Schleimhaut geröthet. Ungefähr in der
Mitte des rechten Oberlappens ein scharf abgegrenzter, circa haselnussgrosser, käsiger, trockener Knoten.
Schleimhaut der grossen Bronchien geröthet, die des unteren Abschnittes der Trachea ziemlich blutleer,
ebenso die des Oesophagus. Pleura nicht verändert.
Etwas oberhalb der Bifurcation der Trachea an der linken Seite derselben eine taubeneigrosse,
längliche, ziemlich hart geschwollene Lymphdrüse, die auf dem Durchschnitte röthlich-gelblichgrau gefärbt
ist und reichlichen Saft abstreifen lässt. Ausserdem finden sich rechts und links von der Bifurcation dar
Denkscliriften der malhem.-naturw. IJI. L.WI. Bd. 44
332 H. Albrcclil iiitd A. Ghon,
Trachea kleinere, dunkelroth gefärbte, ziemlich harte Lymphdrüsen die auf dem Durchschnitte ebenfalls
gleichmässig dunkelroth aussehen, theils aber Gruppen von \-erkästen oder grauen Knötchen enthalten. Die
Lymphdrüsengruppe gerade im W'inkel der Bifurcation vvallnussgross und fast x'ollständig verkäst. Eine
kleinere Lymphdrüse an der Bifurcation ist weicher, und auf dem Durchschnitte quillt ein dunkelgraurother,
dicklicher Saft hervor.
Herz entsprechend gross, schlaff, in den Herzhöhlen überall spärliche Fibringerinsel und lockere
Cruormassen. Herzfleisch trübe, wie gekocht, etwas morscher, alle Klappen zart, ebenso die Intima der
Aorta. An der hinteren Wand des linken Ventrikels eine Gruppe von punktgrossen Ecchymosen.
Leber etwas vergrössert, weicher, ziemlich blutreich, Kapsel zart, Oberfläche glatt, die acinöse Zeichnung
verwischt, Parenchym etwas vorquellend, graubraun. In der Gallenblase schleimige, dunkle Galie, ihre
Wandung nicht verändert.
Ductus choledochus durchgängig.
Milz beträchtlich vergrössert, 13 cm lang und mehr als 7 cm breit, plump. Auf dem Durchschnitte
erscheint die Pulpa dunkelblutroth, etwas vorquellend, weich, Follikel und Stroma nicht deutlich erkennbar.
Nieren gross, ziemlich weich, auf dem Durchschnitte blutarm, Rinde verbreitert, scharf gegen die
röthlichgrauen Pyramiden abgesetzt, Oberfläche glatt, Kapsel leicht abziehbar; einige kleine punktförmige
Blutungen sind über die Oberfläche zerstreut. Nierenbecken und Ureteren nicht verändert. Harnblase enthält
wenig Urin, ihre Schleimhaut blutleer.
Die Lymphdrüsen längs der Wirbelsäule, ungefähr von der Höhe der Bifurcation der Trachea ange-
fangen, vergrössert, bedecken, zu Paqueten vereinigt, die Wirbelsäule. In der Gegend der Cysterna chyli
sind sie zu einem circa apfelgrossen Paquet angeordnet. Der Ductus thoracius, der über diese Lymphdrüse
hinzieht, ist erweitert. Diese ziemlich harten Lymphdrüsenpaquete setzen sich längs der grossen Bauch-
gefässe fort und lassen sich in knolligen Strängen rechts und links, entsprechend der Vasa iliaca verfolgen
und hängen zusammen mit den grossen Lymphdrüsenpaqueten in der Gegend des Poupart'schen Bandes
und mit den am stärksten geschwollenen Lymphdrüsengruppen in der Regio ileo-pectinea, den oberfläch-
lichen sowohl, als auch den tiefen beiderseits und mit Lymphdrüsengruppen im kleinen Becken. Auf dem
Durchschnitte der einzelnen Paquete erscheinen die einzelnen Lymphdrüsen entweder dunkelhämorrhagisch,
starr infiltrirt, manche gelblichroth gesprenkelt im Rindenantheile, oder es quillt ein graurother, eiter-
ähnlicher, dicker Saft hervor, oder die Lymphdrüsensubstanz ist gelbgrau gefärbt, markig weich und leicht
abstreifbar. Am intensivsten derartig verändert erscheinen die Lymphdrüsen der linken
Inguinalgegend, und die, welche am linken inneren Schenkelringe gelagert sind. Hier reicht auch die ziem-
lich starre, aber wenig hämorrhagische Infiltration weit in das die Drüsen umgebende Gewebe.
Im Magen schleimiger, dünnflüssiger, theils gallig gefärbter Inhalt; seine Schleimhaut blutarm. Die des
Duodenum und Jejunum gallig imbibirt, stärker verschleimt. Im Ileum spärliche, gallig gefärbte Chymus-
massen; Schleimhaut des Ileum und die Plaques nicht besonders verändert. Im Dickdarm halbflüssige
gallige Fäcalien, nichts Abnormes.
Hoden und Nebenhoden am Durchschnitte nicht verändert.
Die Lymphdrüsen beider Axillae etwas vergrössert, derber, succulent. In der Fossa poplitea beider-
seits nichts Pathologisches nachweisbar.
Pankreas derbe, körnig.
Nebennieren gross, ebenso wie die Lymphdrüsen im Bereiche des Peritoneum nicht besonders
verändert.
Bacteriologischer Befund.
L Deckgiaspräparate einer erweichten Lymphdrüse der linken Halsseite zeigen sehr
reichlich Pestbacillen, vorwiegend einzeln, seltener als DiplobaciUen liegend oder zu kleineren, an den
dickeren Stellen der Präparate auch zu grösseren Haufen angeordnet , in rundlichen , ovoiden oder
länglichen Formen und von verschiedener Grösse. Neben gut und bipolar gefärbten Exemplaren finden
Bciilciipcsl. IL Pafhologisch-aualoniischcr Bcriclit. 333
sich auch gleichmässig gut tingirte und solche, die sicli schwächer fäi-ben; unler letzteren alle l'\irmen
von rundlichen oder ovoiden bis zu grossen rundlichen, wie gebläht aussehenden, oft fast unkenntlichen
Gebilden.
Die Pestbacillen liegen fast ausschliesslich extracellulär.
Bei einem mit verdünnter Carbolfuchsinlösung gefärbten Präparate sieht man um viele der Pestbacillen
einen schwach roth gefärbten, jedoch nicht deutlich abgegrenzten Hof. Bei Anwendung der Gram'schen
Methode erfolgt rasche Entfärbung der Pestbacillen. Andere Bacterienformen nicht nachweisbar.
In den Aussaaten, die nicht unter völlig sterilen Cautelen gemacht werden konnten, finden sich reichlich
Pestcolonien; im ersten Rohrchen ausserdem noch 6 Colonien von Staphylococcus pyogenes aureus.
2. Eine Lymphdrüse von der Bifurcation der Trachea zeigt mikroskopisch im Allgemeinen dasselbe
Bild wie Nr. 1, nur sind die Bacillen in noch reichlicheren Mengen, aber weniger häufig schlecht gefärbt,
\'orhanden. \n Präparaten, die mit Pittfield's Gemisch hergestellt sind, sieht man um die meisten Bacillen
einen breiten, meist auch scharf begrenzten, blass gefärbten Hof, der jedoch gegenüber dem eigentlichen
Bacillenleib ziemlich schlecht differenzirt erscheint.
Die Aussaaten ergeben eine sehr reichliche Reincultur von Pestcolonien.
3. In Deckgiaspräparaten aus der Milz finden sich wenig zahlreich Pestbacillen, die nur zum
geringen Theile gut und bipolar gefärbt erscheinen.
Die Aussaaten zeigen reichlich und ausschliesslich Pestcolonien.
In Deckglaspräparaten von solchen Colonien (1. Gen., 48 Stunden alt, Glycerinagar) finden sich
neben typischen ovoiden Formen längliche, stäbchenartige Gebilde, kürzere und längere, oft gewundene
und ungleich dicke Fäden und grössere ovoide, seltener rundliche oder auch birnförmige, blässer gefärbte
Formen.
4. Eine inguinale oberflächliche Lymphdrüse der linken Seite zeigt mikroskopisch wenig
Pestbacillen, einzeln oder in kleineren Gruppen, theils gut und bipolar, theils schlechter gefärbt.
In den Aussaaten finden sich reichlich und ausschliesslich Colonien des Pestbacillus.
Histologischer Befund.
1. Auf Schnitten, die durch eine Anzahl von stark vergrösserten Lymphdrüsen aus dem
Paquet der linken inguinalen angefertigt sind, zeigen sich die schwersten entzündlichen Verände-
rungen. Zunächst erscheint an den verschiedenen Lymphdrüsen vorzugsweise die Rindenschichte von
vielen kleineren Hämorrhagien durchsetzt, die sich auch ziemlich reichlich im umgebenden Fettgewebe
finden. Ebenso in der Gegend des Terminalsinus und Hilus der einzelnen Drüsen. Die Follikel sind,
soferne sie überhaupt erhalten sind, frei von Blutungen.
Bei den am intensivsten ergriffenen L3n'nphdrüsen erscheint die typische Anordnung von Follikel und
Sinus ganz undeutlich, indem die Rinde überall von kleineren Blutungen durchsetzt und ganz über-
schwemmt erscheint von fast durchwegs polynucleären Leukocyten. Dadurch wird auch die Abgrenzung
von Sinus und Markstrahlen recht undeutlich. Andererseits durchsetzt eine Infiltration von polynucleären
Leukocyten die fibröse Kapsel der Drüsen, bleibt aber nicht auf dieselbe beschränkt, sondern es ist auch
das pericapsuläre Fettgewebe auf weite Strecken von sehr reichlichen polynucleären Leukocyten durch-
setzt. An anderen Drüsen ist aber diese Leukocyteninfiltration nur in den äussersten Rindenschichten und
in der Kapsel sammt Umgebung erhalten.
Die übrigen Antheile färben sich stark mit Eosin, indem nämlich theils die Kernfärbung der Leuko-
cyten ganz verschwunden ist, und die mit Eosin gefärbten Zellleiber schlecht sich abgrenzen oder, indem
sich nur mehr die etwas vergrösserten Kerne, hauptsächlich des zarten reticulären Bindegewebes, nur ganz
blass wie Bläschen oder schattenhaft färben. Im Bereiche dieser Stellen finden sich überall oft ausser-
ordentlich zahlreiche, stark mit Hämatoxylin gefärbte, verschieden grosse Körnchen, die oft ganz gleich-
44*
334 //. Albrccht und A. Glioii,
massig im Gesichtsfelde zerstreut sind. Hie und da Clruppen von feinstkörniges, braunrothes Pigment
führenden Zellen.
Einige Follikel sind erhalten, die sich bei schwacher Vergrösserung als blaue Herde gut gegen das
übrige mit Eosin stark tingirte Gewebe, das keine Kernfärbung mehr aufweist, abheben. Jedoch sind sie
klein und unregelmässig begrenzt, ein sogenanntes Keimcentrum nirgends zu sehen.
Dasselbe Bild sieht man im Marke der einzelnen Lymphdrüsen, wo nur mehr ganz schmale Reste der
Markstrahlen erhalten sind. Auch homogen aussehende Bindegewebszüge und Gefässquerschnitte ohne
Kernfärbung sind nachweisbar, in deren Lumen sich vielfach ein grobes, stark mit Eosin gefärbtes Balken-
werk findet. Die Gefässe am Hilus sind ganz eingescheidet von polynucleären Leukocyten und mit Blut
gefüllt
Was die Lymphgefässe betrifft, so sind sowohl die zu- wie die abführenden erweitert, von polynucleären
Leukocyten erfüllt und enthalten hie und da einzelne rothe Blutkörperchen.
Die Kerne des adenoiden Gewebes der erhaltenen Follikel im Allgemeinen stark und scharf gefärbt,
die polynucleären Leukocyten enthalten meist mehrere kleine Kerne oder einen verzweigten oder gelappten,
manchmal sehr blass gefärbten Kern.
Auf Schnitten, die nach der Weigert'schen Fibrinfärbung gefärbt sind, nur m einigen Lymphgefässchen
wenige Fäden von Fibrin nachweisbar.
Schnitte, die mit Boraxmethylenblau gefärbt sind, zeigen zunächst schon mit schwacher Vergrösserung,
dass stark blau gefärbte, grosse Massen von Bacillen überall dort liegen, wo reichliche Leukocytenintiltration
zu finden ist, also in der äussersten Rindenschichte der Lymphdrüsen und im infiltrirten Fettgewebe ihrer
Umgebung. (Diese grossen Bacillenhaufen sind übrigens auch schon nach Hämatoxylinfärbung gut
erkenntlich, bei stärkerer Vergrösserung auch die einzelnen blass\'iolett gefärbten Bacillen.)
Die Markantheile, die im Vorstehenden als nekrotisch beschrieben wurden, sind frei von grösseren
Haufen von Bacillen. In einigen Lymphgefässstämmen bilden diese förmliche Ausgüsse.
Sie sind meist ovoid, seltener bipolar gefärbt und manchmal in gegliederten, kettenartigen F'äden
angeordnet, oft sehr schwach gefärbt. Sie bilden entweder dichtgedrängte, grosse Haufen oder
Rasen oder kleinere Häufchen, welche zwischen polynucleären Leukocyten, die sehr häufig ein viel-
fach verzweigtes Kerngerüst besitzen, liegen. Sie finden sich sehr häufig intracelluiär. In jenen Partien,
wo die Kernfärbung verschwunden ist und die übersäet sind von den zahllosen Körnchen, findet man
sehr spärliche und ganz schattenhaft tingirte Bacillen. Dagegen massenhaft Granulazellen, auch mit
aus dem Zellleib ausgetretenen Granulis, die sich stark mit Methylenblau färben, und an einzelnen
Stellen grosse, gleichmässig blass gefärbte, meist rundliche oder unregelmässige Gebilde, die sich nicht
näher definiren lassen. In den Blutgefässen nicht mit Sicherheit Bacillen nachweisbar.
2. Schnitte, die von verschiedenen Ljmiphdrüsen aus dem rechtsseitigen inguinalen
Paquet angefertigt sind, ergeben einen ähnlichen Befund.
Hervorgehoben sei Folgendes: Auf einigen Schnitten sieht man ein erweitertes zuführendes Lymph-
gefäss in einer beträchtlichen Strecke der Länge nach getroffen ; dasselbe ist ziemlich reichlich erfüllt von
polynucleären Leukocyten, und zwischen ihnen finden sich durch das ganze Gefäss geradezu zahllose
Bacillen. Dieselben liegen ebenfalls sehr reichlich in dem dicht infiltrirten Fettgewebe der Umgebung und
der fibrösen Kapsel der Lymphdrüsen, jedoch keine im Bereiche der Rinde und des Markes der
Drüsen, die reichlich Kernschwund und Kernzerfall zeigen. Ebenso finden sich in den Vasa efferentia
des Hilus keine Bacillen. Die Wand der Lymphgefässe sieht ganz homogen aus.
3. Schnitte, die durch ein Paquet vergrösserter Lymphdrüsen aus der Gegend der
Cysterna chyli angelegt sind, zeigen als hervorstechendste Veränderung zahlreiche frische Hämorrhagien,
besonders in der Rindenschicht stark erweiterte und blutgefüllte Capillaren und Überschwemmung der
Lymphsinus durch Leukocyten. Nur ganz vereinzelte kleine Herde, die Kernzerfall oder -Schwund zeigen.
Die Leukocyten sind theils mono- theils polynucleärer Form, die Zellen der Sinus gross, mit grossem, sehr
BLii/ciijHsf. II. rathologisch-aiiülomischcr Dcriclü 335
blass gefärbten Kern, zwischen denen sich kleine, rundUche Zellen mit gut gefärbtem Kerne und mehreren
Ausläufern finden.
Die F'oUikel und Markstrahlen im Allgemeinen besser von den überfüllten Sinus abgegrenzt wie in den
früher beschriebenen Lymphdrüsen. Doch erstreckt sich auch hier reichliche Leukocyteninfiltration in das
die Drüsen umgebende Binde- und Fettgewebe. Hier liegen zahlreiche, stark erweiterte Lymph-
gefässe, die angefüllt sind mit polynucleären Leukocyten, rothen Blutkörperchen und
dichten Haufen von Bacillen. Was deren Vorkommen in den Drüsen betrifft, so liegen sie in ausser-
ordentlich grossen Mengen in den Sinus, am reichlichsten in den periphersten Antheilen, wo man sie
schon auf den mit Hämatoxylin gefärbten Schnitten mit schwächerer Vergrösserung als lichtviolette
Haufen erkennt, die umgeben sind von reichlichen Hämorrhagien. Auch enorm erweiterte, die Kapsel
schief durchbrechende Vasa efferentia sieht man mit Bacillenhaufen und polynucleären Leukocyten
erfüllt.
Das adenoide Gewebe der Follikel ziemlich gut abgrenzbar gegen die Sinus, die Kerne desselben stark
tingirt.
Auf den mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man in den Follikeln wenig oder keine Bacillen.
Im Allgemeinen färben sie sich auch in den Sinus dieser Drüsen sehr schwach mit Methylenblau, haben
aber überall das für Pestbacillen charakteristische Verhalten.
Ferner wurden Schnitte untersucht von einer vergrösserten Lymphdrüse oberhalb des
Zwerchfells, über welche der Ductus thoracicus hinwegzieht. Zunächst finden sich in der Rindenschicht
derselben ziemlich zahlreiche Knötchen aus grossen, epitheloiden Zellen mit oder ohne Verkäsung bestehend,
die auch Riesenzellen enthalten. Um diese Knötchen schmälere Sinus erhalten, die vollgepfropft sind mit
polynucleären Leukocyten und grossen Bacillenhaufen. Fast nirgends Kernschwund oder Körnchenzerfall.
Wo keine Tuberkelknötchen liegen, sind die Follikel sehr gut als rundliche Anhäufung adenoiden Gewebes
mit deutlich ausgebildeten Keimcentren erhalten.
Keine Leukocj'teniniiltration des umgehenden Fettgewebes. Der Ductus thoracicus stark
erweitert, sehr reichlich polynucleäre Leukocyten enthaltend neben fein granulirten
geronnenen Massen und sehr reichlichen zu Haufen angeordneten Pestbacillen.
4. Die histologische Untersuchung einer stark vergrösserten Lymphdrüse von der
linken Seite der Bifurcation der Trachea ergibt zunächst starke Erweiterung der Sinus durch
reichliche Infiltration von Leukocyten und sehr zahlreiche kleinere Haufen von Pestbacillen. Letztere liegen
in den Randsinus der Rindenschichte so zahlreich, dass sie gleichsam eine von der fibrösen Kapsel um-
schlossene äusserste Schichte der Lymphdrüse bilden.
An den P'ollikeln keine besonderen Veränderungen. Die Leukocyten sind entweder polynucleärer
Form, oder sie besitzen einen grossen runden, blassgefärbten Kern mit Kernkörperchen, oder er ist mehr
weniger gelappt. Die Leukocytenüberfüllung der Sinus reicht zwischen den Markstrahlen bis zum Terminal-
sinus, die Bacillenhäufchen daselbst spärlicher.
Nirgends Kernschwund oder Zerfall der Kerne. Im pericapsulären Fettgewebe keine Leukocyten-
infiltration.
Schnitte von einer Lymphdrüse von der rechten Seite der Bifurcation angefertigt zeigen
zahlreiche von Epitheloidzellen gebildete Knötchen, die ausgedehnt verkäst sind oder Riesenzellen besitzen.
Zwischen den Knötchen schmale Stränge von adenoidem Gewebe erhalten mit stark erweiterten Capillaren,
oder es ziehen zwischen den KncUchen schmale Sinus, die stellenweise erweitert sind und zahlreiche poly-
nucleäre Leukocyten enthalten, zugleich mit grossen Mengen in Haufen liegender Pestbacillen.
Im übrigen derselbe Befund wie bei den früher beschriebenen.
In mit Carbolfuchsin gefärbten Schnitten sehr spärliche Tuberkelbacillen nachweisbar.
5. Schnitte, die von dem Lymphdrüsenpaquet vom linken Kieferwinkel angefertigt sind,
zeigen in den peripheren Antheilen eine auffallende Verbreiterung der Sinus, bedingt durch grosse Mengen
336 H. Albrechl und A. Glion,
mi.)no- Lind polynucleärer Leukocyten und grosse Haufen \'on Bacillen. Letztere, oft unmittelbar unter der
Kapsel liegend, säumen gleichsam die einzelnen L3nnphdrüsen ein.
Das adenoide Gewebe der Follikel imd Markstrahlen gut abgrenzbar, etwas verschmälert. Hämorrhagien
sind seltener, dagegen starke Blutübcrfüllung der kleinen Gefässe. Nur in den centralen Partien Gewebs-
zerfall mit Kernschwund. Hier fehlen die Bacillen ebenso wie in den Follikeln und Markstrahlen.
ü. Die Milz zeigt mikroskopisch zunächst hochgradige Hyperämie, indem die Pulpa sehr blutreich ist.
Ihre Blutraume sind erweitert und sämmtlich prall mit rothen Blutkörperchen gefüllt. Auch in den soge-
nannten Pulparäumen, die normaler Weise mit hohen, epithelähnlichen Zellen ausgekleidet sind imd d;iher
drüsenähnlich aussehen, finden sich solche. Daneben sieht man in ihnen grosse Leukocyten mit einem gut
gefärbten oder mehreren schwächer gefärbten Kernen liegen. Bei vielen Zellen sind die Kerne ganz
schattenhaft gefärbt, treten erst bei stärkerer Methylenblaufärbung einigermassen deutlich zu Tage, oder
man sieht homogen aussehende, ganz schwach mit Eosin sich tingirende Zellleiber. Die die eigentlichen
Pulparäume auskleidenden, cylinderepithelähnlichen Zellen erscheinen sehr gross und besitzen einen ausser-
ordentlich grossen, sich blass färbenden Kern. Manchmal erscheinen diese Zellen abgestossen im Räume
liegend, oder man sieht ziemlich reichliche Kerntheilungsfiguren an denselben. Die Kerne des adenoiden Ge-
webes der überall erhaltenen Follikel stark gefärbt, die Zellen klein, doch liegen zwischen diesen hie und da
sehr grosse, epithelähnliche, runde Zellen mit grossem, blass gefärbten Kerne. Zahlreiche Blutkörperchen
oder Blutschollen führende Zellen, besonders in den Pulparäumen, spärliche eosinophile und basophile
Granulazellen.
Pestbacillen finden sich auf den Schnitten nur sehr spärlich; sie sind blass gefärbt und liegen zu dreien
oder \-ieren bei einander.
7. Niere. Die Epithelien, besonders die der Tuhuli contorti, angeschwollen, zahlreiche Fetttröpfchen
enthaltend, der Kern gross, blass gefärbt. An den Glomeruli nichts Besonderes.
In den untersuchten Schnitten keine Blutung auffindbar. Jedoch findet sich im Centrum einer Pyramide
em kleiner Herd, der aus einem rundlichen Haufen dichtgedrängter Bacillen besteht, welcher von zahlreichen
Leukocyten verschiedener Form in dichter Schichte umgeben ist. Daneben ein mehr länglich geformter
kleinerer Haufen, der in einem Capillargefäss zu liegen scheint. Die zu diesen Herden führenden Capillaren
erweitert, zahlreiche polynucleäre Leukocyten und rothe Blutkörperchen enthaltend. Die Kerne ihrer Endo-
thelzellen gross und sehr blass. Ausser in diesen Herden keine Pestbacillen nachweisbar.
8. Leber. Die Epithelien derselben gross, undeutlich von einander abgegrenzt, einzelne enthalten
kleine Fetttröpfchen. Die Capillaren gut mit Blut gefüllt. Bacillen nicht auffindbar.
9. Schnitte durch den Herzmuskel (hintere Wand des linken Ventrikels) zeigen keine besondere
pathologische Veränderung, ausser ganz Kleinen isolirten Blutaustritten unmittelbar unter dem Epicard im
fibrösen Perimj'sium. In demselben sind auf den untersuchten Schnitten Pestbacillen nicht nachweisbar.
Epikrise.
Vorstehender Fall ist ausgezeichnet durch die schwere Affection einer grossen Anzahl von Lymph-
drüsen. Sehr beträchtliche Vergrösserung und sehr schwere Veränderungen im Allgemeinen finden sich an
den Paqueten der inguinalen Lymphdrüsen (und zwar links entschieden noch in- und extensivere wie rechts),
und von hier aus lässt sich nun anatomisch längs der Wirbelsäule eine ununterbrochene
Kette von X'erschieden stark veränderten Lymphdrüsen, die auch zu grösseren Paqueten
vereinigt sind, bis über die Bifurcation der Luftröhre hinauf nachweisen. Jedoch nimmt
im Allgemeinen die Schwere der Veränderungen, je weiter man kopfwärts kommt, ab.
Besonders das Ödem in der Umgebung der Lymphdrüsen ist in der linken Inguinalgegend am stärksten
entwickelt und fehlt bei weiter entfernteren vollständig. Hingegen zeigt ein taubeneigrosses Lymphdrüsen-
paquet am linken Kieferwinkel ebenfalls hochgradige Veränderungen, auch Ödem in seiner Umgebung.
Es könnte nun die Frage entstehen, ob die Infection von der linken Halsseite oder \-on den unteren
Extremitäten aus erfolgt ist. Das ganze anatomische Bild spricht nach dem Vorstehenden nun unbedingt
Beulenpes/. II. Palhologisch-anatowisclicr Bericht. 337
dafür, dass der Weg der Infection von unten nach oben gegangen ist, und da die Gruppe der linksseitigen
inguinalen Lymphdrüsen von allen am stärksten verändert ist, so erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass
irgendwo in der denselben zugehörigen Hautregion die Infection erfolgt sei. Auch die verhältnissmässig
geringe Anzahl von Pestbacillen in den grösstentheils nekrotischen Lymphdrüsen der linken Leistengegend
und das Überwiegen der Degenerationsformen daselbst spricht dafür, dass hier der erste, das heisst am
längsten bestandene Infectionsherd gewesen sein muss.
In den weiter kopfwärts liegenden Lymphdrüsengruppen, auch in der am linken Kieferwinkel, finden
sich sowohl am Deckglaspräparate, als auch in den Schnitten viel reichlichere Massen von Pestbacillen, die
vorwiegend die plumpovale Diplobacillenform besitzen. Auch der übrige histologische Befund spricht für
die Annahme des primären Bubo in der linken Leistengegend. Dass derselbe nicht ganz typisch ausgebildet
ist, liegt in dem auffallenden Fehlen des hämorrhagischen Charakters in diesem Falle.
Die Hämorrhagien stehen ganz im Hintergrunde, es finden sich nur vereinzelte punktförmige Ecchy-
mosen im Epicard und in der Nierenrinde.
Wie das anatomische und histologische Bild zeigt, hat sich hier der Pesthacillus vor allem
Anderen auf dem Lymphwege, von Drüsengruppe zu Drüsengruppe fortgepflanzt. Histo-
logisch finden sich sowohl in den zu- als in den abführenden Lymphgefässen grosse Haufen von Bacillen.
Zur. Erklärung der auffallend hochgradigen Veränderungen der linken Unterkiefergegend muss ferner
auf den culturellen, wenn auch ziemlich spärlichen Nachweis von Staphylococcus aureus in einer Lymph-
drüse dieser Gegend hingewiesen werden. Dadurch erscheint es sehr wahrscheinlich, dass es sich um eine
locale Secundärinfection dieser Gegend handelt, welche zu stärkerem Ödem und ausgebreiteten
Hämorrhagien geführt hat.
Häufig sind die inneren Lymphbahnen und Sinus um die Follikel geradezu vollgepfropft von Pest-
bacillen. Ebenso sind sie reichlich im erweiterten Ductus thoracicus nachweisbar. Entsprechend dem fast
vollständigen Fehlen der Hämorrhagien in den inneren Organen ist auch der mikroskopische Nachweis von
Pestbacillen in denselben spärlich (Milz, Leber), und der in einer Nierenpyramide aufgefundene embolische
Herd ist zweifellos frisch, erst kurze Zeit ante mortem entstanden.
Bacteriologisch stellt sich der Fall als reine Pestinfection dar. In den bronchialen und trachealen
Lymphdrüsen finden sich zahlreiche verkäste Tuberkeln neben reichlicher Invasion von Pestbacillen in die
Sinus.
Histologisch ergibt sich ferner in den geschwollenen Lymphdrüsen, in welchen der Process am längsten
dauert, neben massenhafter Infiltration polynucleärer Leukocyten ausgedehnte Nekrose mit reichlichem
Körnchenzerfall und Nekrose der Gefässwände und einer eigenartigen Coagulation, sowohl innerhalb wie
ausserhalb des Gefässlumens, in Form von homogenen Balken und Schollen. Die eitrige Infiltration durch-
setzt die fibröse Kapsel und das pericapsuläre Bindegewebe.
Bei frischer afficirten Lymphdrüsen fehlt die eiterige Infiltration und die Nekrose, doch erscheinen die
Sinus und feinen inneren Lymphbahnen so vollgepfropft mit mono- und polynucleären Leukocyten, dass
eine Trennung von Follikeln und Markstrahlen bei schwächerer Vergrösserung unmöglich ist.
Der acute Milztumor ist bedingt durch starke Hyperämie, zahlreiche polynucleäre Leukocyten und
Proliferation vornehmlich der Pulpazellen.
In der Leber parenchymatöse und fettige Degeneration. Hochgradige fettige Degeneration der Niere,
besonders ihrer Rinde.
Fall 21/IV.
Arjooii Teelii, 40jähriger Hindu, Fabriksarbeiter, wurde am 1. März um ^A Uhr Nachmittags, am
IL Krankheitstage, aufgenommen und starb am 4. März um ^/^d Uhr Früh, am V. Krankheitstage. Von
Haffkine am 1. März injicirt. Die Section fand am 4. März um 10 Uhr Vormittags statt, 5 '/4 Stunden
post mortem.
338 ^ Alhrcchl innf A. Ghon,
Männliches Cadaver, \Q>Q) cm lang, gracil gebaut, Musculatur ziemlich gut entwickelt, gut genährt,
Todtenflecke reichlich vorhanden an den abhängigen Körperpartien, röthlichviolett, umschrieben, Todten-
starre stark entwickelt. Keine Fäulnisserscheinungen.
An der Kopfhaut und an der Stirne, in der Mitte des Nasenrückens, über der linken Augenbraue, am
rechten äusseren Augenwinkel vertrocknete, braunrothe, unregelmässig begrenzte, bis 2 cm lange Excoria-
tionen. Die Haut an der äusseren .Seite des rechten .Supraorbitalbogens suffundirt, beide Nasenlöcher fast
ausgefüllt mit Blutkrusten, welche auch an den Haaren des .Schnurrbartes haften. (Trauma.)
Hornhäute trübe, Pupillen mittelweit, beiderseits gleich. Hals kurz und kräftig. Weder in den Gruben
des Halses, noch in den Achselhöhlen vergrösserte Lymphdrüsen tastbar. Thorax lang, etwas schmal, gut
gewölbt, symmetrisch; Abdomen unter dem Niveau des Thorax, Bauchdecken schlaff; am äusseren Genitale
nichts Abnormes. In der Haut der Bauchdecken in der Gürtelgegend, beider Hände, in der Ellenbogengegend
beiderseits, an beiden Vorderarmen, in der Haut der rechten Kniescheibe, an beiden Füssen, besonders in
der Gegend der inneren Knöchel und beider Schenkelbeugen weisse, unregelmässig begrenzte, bis
kreuzergrosse, meist confluirende Flecken (Pityriasis). Am rechten und linken Ellenbogen und an der linken
Hand vertrocknete, bis bohnengrosse Excoriationen.
In der linken Leistengegend finden sich an der typischen Stelle die oberflächlichen Lymphdrüsen zu
einem circa taubeneigrossen Pacjuet \-ereinigt, das sich von seiner Umgebung nicht scharf abgrenzen lässt;
die Haut über den Drüsen und in der Umgebung consistenter, sonst nicht \'erändert. Dieselbe vermehrte
Consistenz erstreckt sich nach aufwärts gegen das Poupart'sche Band.
Äusserlich sichtbare Verletzungen an den unteren Extremitäten nicht nachweisbar.
Im rechten Musculus frontalis eine unregelmässig begrenzte, über guldenstückgrosse Hämorrhagie;
Schädeldecken blutarm, fettreich. Schädeldach länglich oval, symmetrisch, im Längendurchmesser 17'/o cm,
im queren 14 c/», im Umfange 52 n« messend. Schädelknochen dünn, Spongiosa überall erhalten, ebenso
die Nähte. Tabula interna und externa ungefähr 1 mm dick, die Gruben der Pacchioni'schen Granulationen
und die Furchen der Gefässe an der Innenfläche ziemlich tief.
Gefässe an der Gehirnbasis zartwandig. Meningen daselbst zart, blutarm, Meningen an der Convexität
stark ödematös, leicht abziehbar, längs der grösseren Venen leicht getrübt, letztere geschlängelt, strotzend
mit Blut gefüllt, Gehirnrinde grau, überall gleichmässig breit, das weisse Marklager sehr stark durchfeuchtet,
von reichlichen Blutpunkten durchsetzt; Ventrikel entsprechend enge; Kleinhirn ebenfalls ödematös, massig
blutreich, ebenso Rons und MeduUa oblongata. Dura mater der Schädelgruben fast vollständig bedeckt von
einer dünnen Schichte frisch geronnenen Blutes.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der vierten Rippe, links am oberen Rande der fünften.
Schilddrüse klein, auf dem Durchschnitte ziemlich blutarm, grob gekörnt, gelblich braun.
An der äusseren, linken Seite des Halses und der grossen Halsgefässe eine Kette von 4 — 5 etwas ver-
grösserten, harten Lymphdrüsen, die auf dem Durchschnitte hyperämisch, sehr stark durchfeuchtet sind,
aber keinen Saft geben.
Zähne gesund. Zunge bedeckt mit fuliginösen Massen. Schleimhaut des Gaumens, des Pharynx, der
aryepiglottischen Falten, beider Seiten der Epiglottis fleckig, rothviolett, mit Schleim bedeckt, geschwollen.
Der hintere Antheil der aryepiglottischen Falten ödematös. Schleimhaut des Larynx blutarm, gelblich.
Die axillaren Lymphdrüsen nicht besonders verändert.
Linke Lunge nur in der Mitte des vorderen Randes des Oberlappens durch Bindegewebsmembranen
angewachsen, sonst frei.
Pleura überall glatt, glänzend; der Unterlappen collabirt, weniger lufthaltig als der Oberlappen. Auf
dem Durchschnitte erscheint der Oberlappen sehr blutreich, ödematös, der Unterlappen noch blutreicher,
weniger lufthaltig, Schleimhaut der Bronchien geröthet, Bronchien mit Schleim gefüllt. In der Mitte des
Unterlappens ein gelblicher, circa kreuzergrosser, körniger, nicht scharf abgegrenzter, luftleerer Herd. Rechte
Lunge frei, ihr Pleuraüberzug leicht getrübt. Ober- und Mittellappen ödematös, ziemlich blutreich, Unter-
Bciilciipcst. II. Palliolos^iscli-aualotiiischer Bcridit. 339
läppen sehr stark blutreich, weniger lufthaltig, collabirt, auf der Schnittfläche glatt, dunkelbhuiroth, nur
einige bis kreuzergrosse, gelbliche, infiltrirte, gekörnte, luftleere Herde enthaltend.
An der Innenfläche des Pericards und am Epicard des linken Ventrikels zahlreiche, flohstichgrosse
Hämorrhagien. In den Herzhöhlen reichliche Fibringerinsel, alle Klappenapparate sehr zart: an der Intima
der Aorta kleine, weissliche, etwas prominente P'lecken. Herzfleisch etwas trübe und moi-scher.
Schleimhaut der Trachea über der Bifurcation, ebenso die der grossen Bronchien diffus geröthet, mit
trübem Schleim bedeckt. Die bronchialen Lymphdrüsen nicht vergrössert.
Leber entsprechend gross, ihre Oberfläche glatt, Kapsel zart, ihre Consistenz verringert, am Durch-
schnitte ziemlich blutreich, bräunlich grau, ihre Läppchenzeichnung verwischt. Gallenblase mit \-iel dunkler
Galle gefüllt.
Milz vielleicht um ein Drittel vergrössert, von ziemlich weicher Consistenz, ihre Kapsel weisslich
fleckig, verdickt; auf dem Durchschnitte dunkelblutroth gefärbt, Pulpa etwas vorquellend, wie feinst
chagrinirt, leicht abstreifl^ar, Follikel anscheinend vergrössert.
Fettkapsel der Nieren reichlich entwickelt. Nieren plump, schlaff, nicht auffallend vergrössert; beim
Abziehen der Kapsel bleibt etwas Nierenparenchym an derselben haften. Oberfläche ganz fein granulirt,
übersät mit feinsten, gelblichen Pünktchen, den obsoleten Glomerulis entsprechend. Einige zerstreute kleine
Cysten an der Oberfläche. Rinde und die Columnae Bertini etwas verbreitert und bleicher, Pyramiden eben-
falls erbleicht, von der Rinde scharf abgesetzt. In der Harnblase reichlicher, lichtgelber Urin, ihre Schleim-
haut blutleer.
Nebennieren nicht pathologisch verändert.
Entsprechend der oben beschriebenen Stelle des linken Oberschenkels findet sich ein fast hühnerei-
grosses, ziemlich hartes Paquet wie mit einander verwachsener Lymphdrüsen, den oberflächlichen und
tiefen inguinalen entsprechend, und eine mehr isolirte, über bohnengrosse gegen das Poupart'sche Band
und den inneren Schenkelring zu gelagert. In ihrer Umgebung lassen sich einige etwas erweiterte Lymph-
gefässe nachweisen. Das sie umgebende Bindegewebe sulzig -hämorrhagisch infiltrirt. .Auf dem Durch-
schnitte erscheinen die Drüsen in ihren centralen Partien medullär, gelblich, vorquellend, die Peripherie hin-
gegen starr, hämorrhagisch. Die einzelnen Lymphdrüsen zum Theile abgrenzbar; an der Innenseite des
Poupart'schen Bandes, medial von der Vena femoralis, eine fast wallnussgrosse Lymphdrüse, die ziemlich
hart imd auf dem Durchschnitte gelblich, medullär erscheint. .Solche vergrösserte, auf dem Durchschnitte \-or-
quellende, medulläre Lymphdrüsen setzen sich linkerseits längs der Vasa iliaca und der grossen Bauch-
gefässe noch eine kurze Strecke weit fort.
Die Lymphdrüsen in der linken Poplitea nicht verändert.
Die inguinalen Lymphdrüsen der anderen Seite, ebenfalls etwas vergrössert, zeigen auf dem Durch-
schnitte käsige, gelblichweisse Herde, die von einer grauen Kapsel umgeben erscheinen.
Schleimhaut des Magens etwas gallig imbibirt, stark verschleimt, grau; auch die Schleimhaut des Duo-
denum stark verschleimt. Ductus choledochus durchgängig. Dünn- imd Dickdarm ohne Veränderungen.
Sämmtliche mesenteriale Lymphdrüsen nicht geschwollen.
Pankreas sehr derbe, körnig.
Bacteriologischer Befund.
l.Im Blute aus dem rechten Vorhofe sind mikroskopisch Bacterien nicht nachweisbar.
In den Aussaaten finden sich ausschliesslich und ziemlich reichlich Colonien des Staphylococcus
pyogenes aureus.
2. Präparate aus der Milz zeigen wenig Pesthacillen, meist einzeln liegend, seltener als Diplo-
bacillen, von ovoider oder Stäbchenform, extracellulär, meist gut und bipolar, seltener schlecht oder
undeutlich gefärbt. Bei Anwendung der Gram'schen Methode erfolgt rasche Entfärbung der Pesthacillen. In
einem Präparate finden sich neben den Pesthacillen vereinzelt kleinere Häufchen von Coccen, die bei der
Gram'schen Methode dunkeh-iolett gefärbt bleiben.
Denkbcliriflen der mathem.-nalurw. CI. LXVI. Bd. 45
340 H. Alb recht iiiul A. GIioii,
In den Aussaaten gehen reichlieh Colonien des Pestbacillus an, spärlich solche des Staphylucoccus
pyogenes aureus.
3. Eine inguinale, hämorrhagisch infiltrirte Lymphdrüse der linken Seite zeigt mikro-
skopisch sehr reichlich Pestbacillen, meist einzeln, seltener als Diplobacillen, fast ausschliessHch extracellulär
gelegen, vorwiegend in ovoiden, bipolar gefärbten Formen, spärlicher in rundlichen, coccenartigen oder läng-
lichen. Neben gut tingirten Exemplaren finden sich reichlich schlecht und undeutlich gefärbte, in allen Über-
gängen bis zu ganz schattenhaften Gebilden. Bei Anwendung der Gram'schen Methode erfolgt rasche
Entfärbung der Pestbacillen. Andere Bacterien sind nicht nachweisbar. Bei Benützung von Pittfield's Gemisch
gelingt es, fast um alle Bacillen einen schwächer als der Bacillenleib gefärbten Hof zu erhalten, der jedoch
meist nicht sehr scharf begrenzt erscheint.
Die Aussaaten ergeben reichlich Colonien des Pestbacillus und zwei Colonien des Staphylococcus
pyogenes aureus.
4. Die Aussaaten aus der Galle bleiben steril.
Histologischer Befund.
1. Schnitte, die aus dem linksseitigen inguinalen Lymphdrüsenpaquet angefertigt wurden,
zeigen dichte Infiltration von polynucleären Leukocyten im umgebenden Fettgewebe und der fibrösen Kapsel.
Ferner erscheint von derselben sowohl Rinde wie Markschicht der Lymphdrüse durchsetzt, und zwar so
dicht, dass man vielfach nicht zwischen den Anhäufungen adenoiden Gewebes und den dicht infiltrirten
Sinus unterscheiden kann. Nur wenige kleine Follikel sind abgrenzbar. Sie gehen in ihrer Peripherie in die
Leukocyteninfiltration über, indem die Zellen grösser werden und einen grossen, oft gelappten, schwächer
gefärbten Kern besitzen. Hier sieht man auch Kerntheilungsfiguren. Die kleinen erweiterten Gefässe oft von
dicht gedrängten, polynucleären Leukocyten eingescheidet. An ganz kleinen Stellen findet sich Kernzerfall
in viele ungleich grosse, kleine Körnchen und schollige homogene, mit Eosin gefärbte Zellleiber. Auch
Zellen mit zahlreichen, stark mit Methylenblau sich färbenden Granula finden sich.
Enorm reichliche Bacterienhaufen und zwischen ihnen Haufen von polynucleären Leukocyten und
kleinere Blutungen bilden im Bereiche der auseinander geworfenen Kapsel gleichsam einen schmalen Saum
um die Lymphknoten. Im Übrigen erscheinen die ganzen Lymphdrüsen geradezu überschwemmt \'on ganz
enormen Massen von Pestbacillen. Sie liegen im Innern ziemlich gleichmässig zerstreut; wo grössere Rasen
beisammen liegen, zeigt sich in den sie umgebenden Gewebsmassen Kernschwund und Körnchenzerfall. Auch
um kleine Blutgefässe sind sie gelagert, dieselben geradezu einscheidend. Deren Wand ist homogen, mit
Eosin gleichmässig gefärbt, oder es findet sich ihr Lumen ganz oder theilweise von balkigen, stark mit Eosin
gefärbten Massen wie thrombosirt. Die Bacillen liegen meist extracellulär und zeigen häufig bipolare
Färbung, auch rundliche, coccenähnliche Form und Bildung von Fäden. Viele sind ganz schwach,
bläschenähnlich, mit Methylenblau gefärbt.
2. Auf Schnitten von einer der am meisten vergrösserten Lymphdrüsen der rechten
Leistengegend sieht man schon mit freiem Auge eine Anzahl von rundlichen, hirsekorn- bis linsen-
grossen Herden, die sich stark mit Eosin färben. Mikroskopisch sind dielben begrenzt durch eine breite, aus
sehr zellarmem fibrösen Bindegewebe bestehende Kapsel, die sich nach aussen scharf gegen das adenoide
Gewebe absetzt. Weiter gegen das Centrum der Knoten findet sich eine schm.ale Schicht von schlanken
Spindelzellen mit länglichem, blass gefärbten Kern, die mit ihren Fortsätzen ein zartes Netzwerk bilden,
worin homogene glänzende, mit Eosin stärker tingirte Schollen oder Bröckel liegen. Die centralen Antheile
des Knötchens, die bei Weitem die Hauptsache ausmachen, werden \-on grob granulirten, scholligen, mit
Eosin gleichmässig blassrosa gefärbten Massen gebildet. Das erhaltene Lymphdrüsengevvebe durchsetzt
von reichlichen Strängen von Bindegewebe, das sich besonders reichlich um die Gefässe entwickelt findet.
Die Zellen der Lymphsinus gross, ihre Kerne ebenfalls gross und blass gefärbt. Sonst keine Veränderungen
auffindbar, auch keine Mikroorganismen, weder auf mit alkalischem Methylenblau, noch auf nach Weigert
Beulenpesf. IL Pathologisch-auatoiuischer Bericht. 341
gefärbten Sclinittcn. Im äussersten Antheile der K'indenschichte sehr zahlreiche gelbhche Pigmentkörnchen-
zellen und Granulazellen, deren Granula stark mit Methylenblau gefärbt sind.
3. Eine angeschwollene Lymphdrüse vom Halse zeigt mikroskopisch bei vollständig normal
erhaltenen Follikeln und Marksträngen beträchtliche Erweiterung und starke Füllung der Rindcngefässe
und Erweiterung der Sinus. In denselben sind zahlreiche rothe Blutkörperchen und einige polynucleäre
Leukocjlen und hauptsächlich sehr grosse, ganz epithelähnliche, meist rundliche Zellen enthalten, welche
einen grossen entweder runden oder gelappten, schwach gefärbten Kern besitzen. Ähnliche etwas weniger
grosse Zellen bilden die Begrenzung gegen das adenoide Gewebe der Follikel oder Markstrahlen. Weder
mittelst Methylenblau, noch Weigert'scher F"ärbung sind Bacterien nachweisbar.
4. Die Untersuchung von Schnitten durch die rechte Tonsille ergibt keinen bemerkens-
werthen Befund ausser massiger Hyperämie.
5. Ligamentum aryepiglotticum. Die Schnitte sind in frontaler Richtung angefertigt. An der
pharyngealen Seite des Ligamentum ist das geschichtete Plattenepithel vollkommen intact. Hier scheinen
die dicht unter dem Epithel liegenden Capillaren stark erweitert, prall mit Blut gefüllt, desgleichen die
Gefässchen der Submucosa. In derselben, hauptsächlich um die Gefässe und die Drüsengänge, Infiltration
von poly- und mononucleären Leukocyten. Die Kerne des Bindegewebes gross und blass tingirt. Ungefähr
auf der Höhe der Falte fehlt die epitheliale Bekleidung, indem die Epithelzellen entweder ganz verloren
gegangen sind oder in homogen glänzende Schollen oder in ein solches verzweigtes Balkenwerk in dünner
Schichte umgewandelt sind. Ent.sprechend dieser .Stelle hochgradige Erweiterung der Capillaren, um einige
Rundzelleninfiltration. Mit Ausnahme einer kurzen Strecke, wo das Epithel noch erhalten ist, ergibt sich an
der ganzen laryngealen Seite derselbe Befund. Die Bindegewebschichten der Submucosa verbreitert,
zwischen ihnen homogene, wie geronnen aussehende Massen. Auf den nach Weigert oder mit Borax-
Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man, abgesehen von grossen, dicken, plumpen, ganz oberflächlich
liegenden Stäbchen, in kleinen oder grösseren Haufen angeordnete, ziemlich grosse, runde Coccen sowohl
in dem netzartigen Balkenwerk als auch im Gewebe liegen. Sie sind nach beiden Methoden stark gefärbt.
Ausserdem liegen sowohl oberflächlich als auch in dem Bindegewebe knapp unter dem Epithel Häufchen
von kurzen, meist ovoiden Stäbchen, dicht gedrängt in gleichmässiger Vertheilung. Sie färben sich nur
schwach röthlich nach Weigert (bei nicht vollständiger Differenzirung) und verschieden scharf mit Methylen-
blau. Sie bilden an manchen Stellen förmliche Ausgüsse der erweiterten Capillaren und sind ihrer Form,
Anordnung und Färbbarkeit nach mit Sicherheit als PestbaciUen erkennbar. Im Stratum proprium und im
submucösen Bindegewebe sehr zahlreiche Granulazellen (mit Methylenblau stark gefärbt).
6. Milz. Die Pulpa sehr blutreich, die Follikel gut abgegrenzt. In der Pulpa neben den rothen Blut-
körperchen ziemlich viele polynucleäre Leukocyten und vor Allem grosse, epithelähnliche Zellen, die ent-
weder einen grossen, runden Kern oder einen vielfach gelappten besitzen oder Mitosen zeigen. Dieselben
Zellen finden sich als epithelähnlicher Zellbelag der Pulparäume, oft füllen sie zusammen mit rothen Blut-
körperchen diese Räume aus. Die Zellen des adenoiden Gewebes der Follikel klein, ihre Kerne rund und
stark mit Hämatoxylin gefärbt. In der Pulpa — nicht in den Follikeln — spärliche PestbaciUen zumeist in den
grossen, epithelähnlichen Zellen, oft schwach, fast schattenhaft gefärbt. In nach Weigert gefärbten Schnitten
keine Coccen nachweisbar. Fast über den ganzen Schnitt vertheilt findet sich ein häufig intracellulär gela-
gertes, schwarzbraunes Pigment (Malaria).
7. Die histologische Untersuchung der Leber ergibt, dass stellenweise die Leberzellen
kleinere oder grössere Fetttröpfchen enthalten und einen grossen, blass gefärbten Kern besitzen mit gleich-
mässiger Granulirung des Protoplasmas.
In den grösseren Ästen der Lebervenen zahlreiche Leukocyten. In den Capillaren allenthalben mit
Methylenblau sehr blass gefärbte, rundlich geformte Körperchen oder undeutlich granulirte Massen. Hie und
da sehr spärliche, zu zweien gelagerte, kurze ovoide Stäbchen.
45»
342 H. Albvccht und A. GIiou,
Epikrise.
Der primäre Rubo betrifft die obertlächlichen und tiefen inguinalen Lymplidi'üsen der linken Seite und
ist ausgezeichnet tlureh seine Grösse und Häni()rrhaij.ien, die zu.L;leieh mit reichlichem Ödem auch die
Umgebuni; durchsetzen. Gleichzeitig zeigen Anschwellung die linksseitigen l^ymphnglandulae iliacae und
lumbales.
Die Schwellung der Lymphdrüsen im primären Rubo ist in erster Linie bedingt durch eine ganz enorm
dichte Bacilleninliltration und nebenbei durch Leukocyteninllltration und Blutungen. Die Wände mancher
Capillaren zeigen beginnende Nekrose und im Lumen findet sich ein Balkenwerk von JTomogen aus-
sehenden Gerinseln; von besonderem Interesse erscheinen die Veränderungen am Larynx und Phaiynx,
welch letztere makroskopisch sich im Zustande acuten Katarrhs mit acutem Ödem befinden. Mikroskopisch
zeigt sich an der aryepiglottischen Falte oberflächlich nekrosirende pjitzündung und kleine Capillar-
embolien durch Pestbacillen. Es lässt sich ferner auf diesen Schnitten der Einbruch des Staphylococcus
pyogenes aureus im Bereiche dieser necrosirenden Entzündung constatiren, welcher sich in den vom
Blute, Milzsafte und primären Bubo angelegten Culturen vorfindet und somit eine Misch-, respective
Secundärinfection veranlasst hat. Hämorrhagien finden sich, abgesehen von den im Bereiche des
primären Bubo constatirten, nur im Peri- und Epicard.
Im acuten Milztumor sieht man histologisch hochgradige Hyperämie, Erweiterung der Pulparäume,
Proliferation der Pulpazellen und spärliche Pestbacillen. Die Leberepithelien parenchymatös oder fettig
degenerirt, in den Capillaren sehr spärliche Pestbacillen neben Gebilden, die \'ielleicht als Degenerations-
formen anzusprechen sind.
In der Nierenrinde Verödungen der Glomeruli dinx-h Arteriosklerose.
In dei- Tonsille und einer geschwollenen Lymphdrüse am Halse keine Pestbacillen und keine anderen
Mikroorganismen im Schnitte nachweisbar.
Die eigenthümlichen käsigen Herde in den oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen der rechten Seite
erscheinen bedingt durch einen chronischen Entzündungsprocess, der Ähnlichkeit mit dem tuberculösen hat.
Tuberkelbacillen konnten nicht aufgefimden werden, und es sind Llahei' die Knötchen \'ielleicht als durch
irgendwelche Fremdkörper bedingt aufzufassen. Die pneumonischen Herde in beiden Lungenunter-
lappen, die das Aussehen gewöhnlicher ganz frischer Lobulärpneumonien boten, wurden nicht weiter
untersucht.
Fall 22/V.
Bolkrisli-iie Tatia, 35jähriger Hindu, von unbekannter Beschäftigung, ins Spital aufgenommen am
2. März um 6 Uhr 45 Minuten Abends, gestorben am 3. März um 8 Uhr 30 Minuten Abends. Krankheits-
dauer unbekannt. Section am 4. März, 14 Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, lß4 cm lang, gracil gebaut, mit massig entwickelter Musculatur, schlecht genährt.
Todtenstarre wenig ausgeprägt. Todtenflecke an den abhängigen Kin-perpartien sichtbar. Äusserlich keine
Fäulnisserscheinungen zu constatiren.
Pupillen mittelweit, beiderseits gleich; die sichtbaren Schleimhäute blutai'm; Hals lang, schmal, keine
Drüsen tastbar; Thorax \'on entsprechenden Dimensionen, symmetrisch, Abdomen unter dem Ni\eau
des Thorax.
In der Gegend der Fossa ileo-pectinea des linken Oberschenkels eine \-ermehrte Consistenz tastbar,
über welcher die Haut sich zwar etwas verdickt anfühlt, sich aber in Falten legen lässt. In der rechten
Schenkelgrube einige bohnengrosse, ziemlich harte Lymphdrüsen tastbar.
Am äusseren Genitale nichts Pathologisches. An den unteren Extremitäten keine Ödeme. In der Gegend
des rechten Ellenbogengelenkes und beider Kniescheiben vertrocknete, rothbraune, unregelmässig begrenzte
Excoriationen; die Sohlen beiderseits sehr rissig.
Benlenpest. II. Pafhologisch-an atomischer Bericht. 343
Schädeldecken blut- und fettarm: Schädeldach länglich oval, symmetrisch, nirgends verdickt. Tabula
interna glatt, Knochen blutarm.
Dura mater gut gespannt, zart, Meningen an der Gehirnbasis und Convexität zart, ziemlich blutarm.
Gefässe an der Basis zartwandig. Rinde gleich breit, röthlichgrau, Marklager weich, von spärlichen Blut-
punkten durchsetzt; \'entrikel entsprechend enge, Stammganglien normal gebildet, ödematös, desgleichen
Kleinhirn, Pons und Medulla oblongata.
Zähne gesund, die Tonsillen nicht \erändert, Schleimhaut des Gaumens und Pharj-nx etwas gercHhet,
die des Larynx blutleer.
.Schilddrüse klein, normal.
Linke Lunge, durch Bindegewebsmembranen x'ollständig mit der Thoraxwand \'er\vachsen, fühlt sich
lufthaltig an. Am Durchschnitte sehr blutreich und ödematös, im Gewebe des Unterlappens unregelmässig
zerstreute, sehr reichliche, über linsengrosse Blutaustritte. Rechte Lunge ganz frei, ihre Pleura glatt und
glänzend, Oberlappen gebläht, Unterlappen etwas dichter sich anfühlend. Auf der Schnittfläche ist sie eben-
falls stark ödematös und blutreich, und über die ganze Lunge zerstreut finden sich sehr reichliche, etwa
linsengrosse, frische Blutungen. Bronchien beider Lungen mit Schleim imd (JdemlTüssigkeit gefüllt, ihre
Schleimhaut geröthet.
Die bronchialen Lymphdrüsen nicht vergrössert.
Pericard zart, Epicard ziemlich fettreich. Im Herzbeutel einige Ti^opfen seröser Flüssigkeit. Herz ent-
sprechend gross, linker \'entrikel fast leer, im rechten reichliche .Speckgerinsel. Alle Klappenapparate zart
und schlussfähig, Herzfleisch ziemlich fest.
Leber nicht vergrössert, etwas weicher, ihre Läppchenzeichnung etwas undeutlicher, ziemlich blutreich,
sonst normal. Gallenblase gut mit Galle gefüllt.
Milz auf das Doppelte vergrössert, etwas weicher und plumper, zeigt am Durchschnitte eine blutrothe
Farbe, nicht x'orquellende, aber etwas abstreifbare Pulpa und sehr reichlich entwickeltes Stroma.
Nieren vergrössert, plump, weicher, ihre Kapsel leicht abziehbar, auf dem Durchschnitte blutreich,
erbleicht, Rinde verbreitert. In der Harnblase gelblicher Urin, ihre .Schleimhaut dünn, weiss.
Nebennieren nicht verändert.
In der linken Fossa ileo-pectinea ein obernächliches, wallnussgrosses Paquet \'on N'ollständig hämor-
rhagisch infiltrirten Lymphdrüsen, die in ein theils üdematöses, theils hämorrhagisch infiltrirtes Bindegewebe
gehüllt sind. Ausserdem finden sich in der Umgebung des erwähnten Paquets einige kleinere, succulente
und geschwollene Lymphdrüsen. An der medialen Seite dieser hämorrhagisch infiltrirten Lj'mphdrüse findet
sich bei der Präparation eine frisch dunkelroth thrombosirte Vene von circa 2 mm Durchmesser. An der
medialen Hälfte des Ligamentum Pouparti, medial von der Vena femoralis, dem horizontalen Schambeinast
aufgelagert, findet sich eine haselnussgrosse, gelblich aussehende Lymphdrüse \on derber Consistenz imd
röthlichgelber, etwas vorquellender .Schnittfiäche. Ähnliche kleinere Lymphdrüsen längs der Vasa iliaca und
zu beiden Seiten der unteren Hohlvene.
Rechterseits erscheinen die oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen etwas vergrössert und
isolirt, auf dem Durchschnitte röthlich succulent. An der medialen Seite der rechten Vena femoralis eine
ebenfalls fast haselnussgrosse Lymphdrüse, sj-mmetrisch gelagert mit der entsprechenden der anderen Seite,
von derselben Beschaffenheit wie diese.
In beiden Kniekehlen keine makroskopisch veränderten L3'mphdrüsen.
Im Magen gallig gefärbte Schleimmassen, in seiner Schleimhaut reichliche, zerstreute Gruppen von
punktförmigen Hämorrhagien. Der Darmtractus zeigt keine besonderen \'eränderungen.
Die .Axillai'- und Mesenteriallymphdrüsen nicht geschwollen.
Pankreas nicht verändert.
Bacteriologischer Befund.
1. Im Blute aus dem rechten \'orhofe sind mikroskopisch keine Bacterien nachweisbar. In den
Aussaaten finden sich spärlich, aber ausschliesslich Colonien des Pestbacillus.
344 H. Alb rech I n iid A . G h o ii,
2. Im Secrete aus dem linken ßronchu.s, das ziemlich reichlich i'nthe Bhilkfirperchen zeigt,
findet sich miki'oskopisch ein ziemlich reichliches Bacteriengemenge, vorwiegend bestehend aus Diplo-
coccenformen, in geringerer Anzahl aus Stäbchen, theils feineren, theils dickeren; spärlich finden sich in dem
Gemenge Bacillen mit bipolarer Färbung, in Form und Grösse identisch mit Pcsthacillen, die sich bei
Anwendung der Gram'schen Methode rasch entfärben.
3. Präparate aus der Milz zeigen spärlich Pestbacillen, meist einzeln und extracellulär gelagert,
theils gut imd bipolar gefärbt, theils in blass gefärbten, rundlichen Formen.
Die Aussaaten ergeben ausschliesslich, jedoch spärlich Colonien des Pestbacillus.
4. In Präparaten aus einer oberflächlichen, hämorrhagisch infiltrirten Inguinal drüse
der linken Seite finden sich massig viele Pestbacillen, einzeln und extracellulär gelegen, gut und bipolar
gefärbt.
Die Aussaaten zeigen reichlich und ausschliesslich Colonien des Pestbacillus.
Histologischer Befund.
1. Primärer Bubo in der linken Inguinalgegend. Die von verschiedenen Stellen angefertigten
.Schnitte treffen menrere kleinere und eine bedeutend vergrösserte Lymphdrüse sammt Umgebung. Letztere
zeigt in ausgedehntem Masse Kernschwund der Zellen, besonders im Centrum, indem dieselben theils als
mit Eosin gefärbte, rundliche Gebilde erhalten oder in mehr glänzende Schollen und Trümmer oder
ungleichmässig granulirte Massen zerfallen sind. Vielfach sieht man zahlreiche verschieden grosse, stark
mit Hämatoxj'lin gefärbte Kiirnchen dazwischen zerstreut.
Auch homogen aussehende Capillaren ohne Kernfärbung finden sich hier, und nur hie und da ist
adenoides Gewebe in Form \'on kleinen Anhäufungen erhalten , mehr weniger deutlich Follikeln
entsprechend. Dazwischen manchmal sogar ziemlich ausgedehnte Hämorrhagien. Die fibröse Kapsel so
dicht von polynucleären Leukocyten und Hämorrhagien durchsetzt, dass man sie kaum abgrenzen kann,
ebenso das Fettgewebe der Umgebung ähnlich einer Phlegmone. Auch in diesem herdweise angeordnete
Stellen, wo jede Kernfärbung fehlt, die Zellen in homogen aussehende Trümmer zerfallen sind und sich
zahlreiche Körnchen finden. Letztere besonders zahlreich um einige kleinere Arterien angeordnet, deren
Wand durchaus homogen und etwas verdickt ist und in deren Umgebung sich ein homogenes Balkenwerk
findet, das stark mit Eosin gefärbt ist und stark glänzend erscheint. Manchmal sind die Endothelkerne blass
gefärbt erhalten und denselben ein ähnliches Balkenwerk angelagert. .Auch erweiterte, mit Leukocyten imd
Bacillen vollgefüllte Lymphgefässe finden sich. Im Binde- und Fettgewebe, knapp nach aussen von der
Kapsel und im Umkreise eben beschriebener .Stellen grosse Haufen dichtgedrängter, typisch aus-
sehender Pestbacillen. Auch in den zerfallenen Partien sind sie ziemlich zahlreich, polymorph und ziemlich
gut gefärbt. Ferner sieht man auch in einigen grösseren Gefässstämmen neben in ihrer Form erhaltenen
rothen Blutkörperchen reichliche homogene .Schollen und Balken, die der Wand angelagert sind und
deutlich erhaltene rothe Blutkörperchen einschliessen.
An den kleineren Lymphdrüsen sind die Veränderungen bei Weitem geringer ; die Sinus etwas
erweitert, enthalten viele ein- oder mehrkernige Leukocyten, ihre Zellen gross, oft epithelähnlich tlach, mit
grossem, häufig gelappten, sehr blass gefärbten Kern. Besonders in den Markstrahlen reichliche, mit
Methylenblau sich färbende Granulazellen. Nur sehr spärliche Pestbacillen nachweisbar.
2. Schnitte, angefertigt aus einer Lymphdrüse vom linken horizontalen Schambeinast,
zeigen zum Theile die Structur derselben erhalten, indem sich die weiten Sinus von dem adenoiden
Gewebe der Follikel und Markstrahlen scharf abgrenzen. Doch sind die .Sinus dicht infiltrirt von Leuko-
cyten, manche enthalten auch viele rothe Blutkörperchen. Auch kleine Häufchen von Pestbacillen finden sich in
ihnen. An anderen .Stellen ist aber von adenoidem Gewebe nichts zu sehen, sondern es findet sich eine dichte
Infiltration von polynucleären Leukocyten neben reichlichen Blutungen, besonders in den peripheren Rinden-
antheilen. Hier liegen auch grosse Rasen von Pestbacillen, häufig umgeben von Hämorrhagien oder Leuko-
cyten, deren Kerne in eine Anzahl \-on Körnchen zerfallen sind.
Bciilcnpcst. IL PütJwlogisch-aiialoiuisciicr Bcriclit. 345
Auch Kapsel und umgebendes Binde- und Fettgewebe reichlich infiltrirt, stellenweise von Blutungen
und zahlreichen Fibrinfäden oder Balken durchsetzt; dazwischen viele grosse und kleinere Bacillenhaufen.
3. Lumbale Lymphdrüse von der linken Seite der grossen Bauchgefässe. An der
1.3-mphdrüse selbst histologisch keine besondere Veränderung, nur starke Füllung der Blutgefässe. In
einigen erweiterten Lymphgefässchen und Gewebsspalten der Kapsel Vermehrung der Leukocyten. Keine
Bacterien auffindbar.
4. Auch die histologische Untersuchung einer makroskopisch nicht vergrösserten
Lymphdrüse aus dem hinteren Mediastinalraume ergibt keinen erwähnenswerthen Befund. In
dieser (ebenso wie in der früher erwähnten) reichliche Granulazellen. (Mit Methylenblau stark gefärbt.)
5. Milz. Die Trabekel erscheinen beträchtlich verdickt, desgleichen die Wand der kleineren Arterien.
Ferner finden sich in der Pulpa Züge von spinnenförmigen Bindegewebszellen, die stellenweise mit den
Pulparäumen im Zusammenhange stehen oder sie umgeben. Letztere überall stark erweitert und mit
rothen Blutkörperchen gefüllt. Poly- und mononucleäre Leukocyten liegen massig reichlich sowohl in diesen
wie auch zwischen ihnen. Die epithelartigen Endothelien der Pulparäume sehr gross, entweder von platter
oder hoch cubischer P'orm, besitzen einen oder auch zwei sehr grosse Kerne, die entweder gelappt oder ver-
zweigt sind oder Mitosen erkennen lassen. Solche grosse Endothelzellen liegen auch im Inneren der Räume.
Die Follikel sehr kernreich, die Kerne stark mit Hämatoxjiin gefärbt, nichts Besonderes an ihnen
bemerkbar. In der Milz sind Bacterien nicht auffindbar.
6. Schnitte, die durch die hintersten Antheile des linken Lungenunterlappen geführt
sind, zeigen die wenig erweiterten Alveolen mit Blut fast vollständig gefüllt, die Ah'eolarwände nur selten zer-
rissen. Ausserdem finden sich in den Lungenaveolen spärliche Leukocyten, reichlich abgestossene Epithelien
und fein granulirte, geronnen aussehende Massen, auch zahlreiche mit Kohlenpigment beladene Zellen. Das
Epithel der kleinen Bronchien grösstentheils erhalten, in denselben viel Blut und zahlreiche polynucleäre
Leukocyten und abgestossene AK'eolarepithelien. Ferner zahlreiche Diplococcen von der F'orm des Diplo-
coccus pneumoniae und spärliche kurze Stäbchen von häufig ovoider Gestalt und bipolarer Färbung,
die Pestbacillen vollkommen entsprechen. Beide finden sich auch in den Blutungen. Die Bacillen entfärben
sich nach Weigert.
7. Magen (aus der Gegend der grossen Curvatur). Die obersten Schichten der Schleimhaut
in Folge postmortaler Veränderung schlecht färbbar. Jedoch sieht man dieselben an zahlreichen Stellen,
oft auf weite Strecken hin, von Blutungen durchsetzt, die aber nie bis in die tieferen Schichten reichen.
Die Blutgefässe sowohl in der Schleimhaut selbst, als auch in der Submucosa stark erweitert und gefüllt.
Die Lymphfollikel nicht vergrössert, das Gewebe zwischen den Drüsenschläuchen stellenweise sehr reich
an mononucleären Leukocyten.
An vielen Stellen, auch über den Blutungen, sieht man Gruppen von längeren oder kürzeren Bacillen,
auch in Fäden angeordnet, manchmal von bipolarer Färbung und grosser Ähnlichkeit mit Pestbacillen. Sie
finden sich auch im zellreichen Gewebe zwischen den Drüsenschläuchen , behalten aber nach der
Weigert'schen Färbungsmethode, wenigstens grösstentheils, die Farbe.
Epikrise.
Die hochgradigen Veränderungen an den oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen der
linken Seite sprechen zweifellos dafür , dass es sich hier um den primären Bubo handelt. Geringe
Schwellung zeigen nur noch die untersten retroperitonealen (Lymphoglandulae iliacae et lumbales) und die
inguinalen der rechten Seite. Alle übrigen Lymphdrüsen sind nicht \-erändert. Blutungen finden sich sehr
reichlich in der Magenschleimhaut, im Unterlappen der linken Lunge und fast in der ganzen rechten Lunge.
Die Excoriationen an verschiedenen .Stellen der Haut sind als traumatisch aufzufassen (erworben in den
Fieberdelirien).
Die bacteriologische Untersuchung ergibt Reinculturen von Pestbacillen, reichlich aus dem primären
Bubo, spärlich aus Milz und Blut.
346 H. Albrecht und A. Chon,
Histologisch ergibt sicJT ausgedehnte Nekrose im Bereiche des primären Biibo mit ödematr)s eiteriger
hililtralion seiner Umgebung. In erstercr fehlen die Bacillen, in let^.terer sind sie sehr reichlich.
Ferner zahlreiche Hämorrhagien und hyaline Degeneration und Nekrose der Gefässe mit eigenartiger Coagu-
lation oder Gerinnung sowohl in ihrem Lumen wie in ihrer Umgebung in Form homogener Balken oder
Schollen. Die tiefe higuinale Lymphdrüse vom linken inneren .Schenkelringe zeigt gleichmässig dichte Infil-
tration polynucleärer Leukocyten, als beginnende Vereiterung aufzufassen, mit massenhaften Pestbacillen.
An den übrigen untersuchten Lymphdrüsen nur reichlichere Leukocyten in den Sinus nachweisbar, jedoch
keine Pestbacillen.
In den Blutungen im linken Liuigenunterlappen reichliche Diplococcen, ebenso in dem Exsudat-
inhalte der kleinen Bronchien; neben diesen auch zweifellose Pestbacillen nachweisbar.
In den zahlreichen kleinen Schleimhautblutungen des Magens Pestbacillen mit Sicherheit nicht
auffindbar.
Die Milz zeigt neben älteren, in Verdickung der Trabekel und Zunahme des feinen Stromas beste-
henden Veränderungen grossen Blutreichthum und Proliferationserscheinungen an den epithelähnlichen
Endothelien der Pulparäume. Pestbacillen sind auf den untersuchten Schnitten nicht aufzufinden.
Fall 23/VL
Dogdll Laximon, SOjähriger Hindu, von unbekannter Beschäftigung, wurde ins .Spital am 2. IVLärz um
6 Uhr 1 5 Minuten Abends, am III. Krankheitstage, aufgenommen und starb am 5. März um 2 Uhr P'rüh, am
VI. Krankheitstage. Die Section wurde am selben Tage um 10 Uhr Vormittags, 8 Stunden post mortem,
vorgenommen.
Körper über mittelgross, von ziemlich kräftigem Knochenbau und gut entwickelter Musculatur,
ziemlich schlecht genährt. Todtenstarre noch erhalten, Todtenflecke spärlich, rothlichviolett.
An der Stirnhaut und an der Haut des Thorax rundliche, lichtere, von hanfkorn- bis kreuzergrosse
Stellen, welche besonders rechterseits mit einander confluiren; die Haut über diesen Flecken abschilfernd
und leicht gefaltet (Pityriasis versicolor).
Pupillen mittelweit. Conjunctiven leicht injicirt, Lippen etwas cyanotisch. Hals kräftig, lang, Thorax
lang, breit, etwas flach. Abdomen gebläht, über dem Niveau des Thorax.
In der linken .Schenkelbeuge einige kleine Lymphdrüsen tastbar, die Haut über der rechten Fossa ileo-
pectinea flach prominent, unter derselben ein harter, taubeneigrosser Knoten tastbar, über dem die Haut
verschieblich ist; letztere etwas verdickt. Nach oben über das I'ouparfsche Band setzt sich eine vermehrte
Consistenz fort.
Am Genitale von aussen nichts Abnormes bemerkbar.
In beiden Kniekehlen Drüsen nicht tastbar. An beiden Kniescheiben vertrocknete, kleinere, unregel-
mässige Excoriationen sichtbar.
Die Sohlen beiderseits stark rissig, anderweitige Verletzungen aber weder hier, noch an den Händen
nachweisbar.
Schädeldecken ziemlicl: fettreich, blutarm, .Schädeldach dolichocephal, asymmetrisch, indem der rechte
Scheitelbeinhöcker stärker prominent ist wie der flachere linke; der Knochen an den dicksten Stellen über
'/•2 cm, Spongiosa über 1 mm dick. Zahlreiche Gruben von Pacchyoni'schen Granulationen an der Innenfläche
des Schädeldaches; Nähte erhalten.
Im .Sichelblutleiter geronnenes Blut. Dura mater etwas an das Schädeldach adhärent, sonst zart. Gefässe
an der Gehirnbasis "zartwandig, ihr Lumen enge; Meningen an der Basis und Convexität ziemlich gut
injicirt, zart; Rinde grauroth, gleich breit, Gehirnsubstanz etwas weicher; das weisse Marklager von reich-
lichen Blutpunkten durchsetzt, .Seitenventrikel etwas erweitert, klares Serum enthaltend, ihi" Ependym etwas
dicker; Kleinhirn ödematös, Stammganglien normal gebildet, massig blutreich. Pons und Medulla zeigen
keine Veränderungen.
.Schilddrüse klein, ziemlich blutreich, gekörnt, colloid.
Benlenpest. IL Pathologisch-auatoiiüscher Bericht. 347
Die Lymphdrüsen am Halse nicht verändert.
Beide Tonsillen etwas vergrössert, am Durchschnitte blutreich; in der linken ein erbsengrosser, hämor-
rhagisch aussehender Herd, in beiden reichliche, gelbliche Pfropfe. Das linke Stimmband, etwas geschwollen,
zeigt eine kleine Schleimhautblutung an seiner Kante; ebensolche kleine Blutungen zerstreut in der Schleim-
haut des Larynx. Zähne vollständig erhalten, anscheinend gesund.
Linke Lunge in ihren hinteren Partien durch Bindegewebsmembranen mit dem Thorax verwachsen;
an der Pleura des Unterlappens zerstreute, punktförmige Ecchymosen. Die Lunge fühlt sich lufthaltig an,
erscheint auf dem Durchschnitte blutreich, vollständig lufthaltig. Schleimhaut der Bronchien etwas geröthet,
mit Schleim bedeckt. Die rechte Lunge, im Bereiche des Unterlappens durch lockere Bindegewebs-
membranen angewachsen, ergibt denselben Befund wie die linke.
Im Herzbeutel wenige Tropfen gelben, klaren Serums; am Epicard des linken und rechten Ventrikels
sehr zahlreiche, punktförmige Hämorrhagien. Das epicardiale Fettgewebe reichlich entwickelt. Herz von ent-
sprechender Grösse, ziemlich schlaff; besonders im rechten Ventrikel reichlich Fibringerinsel. Alle Klappen
zart, schlussfähig, Herzfleisch etwas getrübt, aber ziemlich fest.
Leber etwas vergrössert und etwas schlaffer; Oberfläche glatt, auf dem Durchschnitte ziemlich blutreich,
die acinöse Zeichnung verwischt, Parenchym braungrau, etwas vorquellend. Gallenblase entsprechend gross,
reichlich mit gelblichbrauner Galle gefüllt, ihre .Schleimhaut nicht verändert.
Milz um ein Drittel vergrössert, plump, ihre Kapsel gespannt, auf dem Durchschnitte dunkelblutroth,
Pulpa etwas A'orquellend, ganz zart granulirt, Stroma vermehrt.
Rechte Niere gross und plump, die linke Niere kleiner; ihre Consistenz schlaff, Kapsel leicht abziehbar,
auf dem Durchschnitte blutreich; Rinde beträchtlich verbreitert, graugelblich gefärbt, roth gestreift und
gesprenkelt. An der Oberfläche kleine, punktförmige Blutungen nachweisbar, auch in der Schleimhaut des
Nierenbeckens und an der Aussenseite desselben.
Nebennieren nicht verändert,
Harnblase enthält massig reichliche Mengen klaren Urins; ihre Schleimhaut nicht verändert.
Die rechten inguinalen, und zwar die oberflächlichen und die tiefen Lymphdrüsen bis zu Wallnussgrösse
geschwollen, in Paqueten angeordnet, sulzig hämorrhagisch infiltrirt, auch das umgebende Bindegewebe von
zahlreichen Blutungen und gelblichem Ödem durchsetzt. Längs des Ileopsoas setzen sich 'die starren Ketten
\-on L3-mphdrüsen nach oben zu fort, scheiden die \'asa iliaca und die Vena cava ebenfalls ganz starr ein.
Auch hier ist das sie umgebende Bindegewebe, sowie das sie überziehende Peritoneum von zahllosen con-
fluirenden, dunkelblaurothen Hämorrhagien durchsetzt.
In der Wand der unteren Hohlvene finden sich nach ihrer Eröffnung zahllose, unregelmässige, con-
fluirende und zusammenhängende Blutungen, hinaufreichend bis zur Leber, ebenso in der rechten Vena
femoralis. Auf Querschnitten durch die Hohlvene und die sie umgebenden, miteinander verschmolzenen
Ljmiphdrüsen erscheint das ganze Venenrohr eingescheidet von den letzteren; diese selbst gelb und roth
feinst gesprenkelt. Das taubeneigrosse Paquet in der Fossa ileo-pectinea ist auf dem Durchschnitte sehr stark
durchfeuchtet, vorquellend und ebenso vollständig blutroth und gelblich gesprenkelt.
Die Lymphdrüsen der linken Leistengegend nur etwas vergrössert, auf dem Durchschnitte etwas
succulenter.
Die Lj'mphdrüsen in beiden Kniekehlen nicht verändert.
Im Magen schleimig galliger Inhalt, in der Schleimhaut massenhaft kleine, punktförmige Blutaustritte;
seine Schleimhaut etwas geschwollen.
Die mesenterialen Drüsen über bohnengross, prominent, Lsolirt, auf dem Durchschnitte saftreich.
In der Schleimhaut des Jejunum reichliche, punktförmige Hämorrhagien. Dieselbe stark verschleimt
imd gelockert. Im Ileum reichliche, gallig gefärbte Chymusmassen. Im Dickdarm zahllose, punktförmige
Hämorrhagien, die über den ganzen Dickdarm zerstreut erscheinen. Derselbe enthält sehr reichliche, gallig
gefärbte, dünnflüssige Fäcalien, Schleimhaut grauweiss, stark verschleimt und geschwollen. Im Processus
vermiformis, dessen Serosa fleckig geröthet ist, findet sich nahe seinem Ende an einer schmalen, ungefähr
Denkbchriften der mathem.-naturw. Cl. LXVI. Bd. 46
348 FI. Albrecht und A. Ghou,
I cm langen Linie ein grünlich gelber, ciiphtheritischer, ziemlich festhaftender Belag; seine Umgebung von
zahlreichen, confluirenden Hämon-hagien durchsetzt. Im ganzen iJarm zahlreich Ascariden.
Pankreas normal.
Genitale ohne pathologische Veränderungen.
Die bronchialen und axillaren Lymphdrüsen nicht verändert.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckglaspräparate aus dem hämorrhagisch infiltrirten Herd der linken Tonsille
zeigen ein reichliches Bacteriengemisch von Coccen, Bacillen, Vibrionen imd Spirillen; in massig reichlicher
Menge lassen sich in diesem Gemenge Bacillen erkennen, die hinsichtlich ihrer F^jrm und ihres F'ärhe-
verhaltens völlig mit den Pestbacillen übereinstimmen.
In den Aussaaten gehen reichlich an Colonien des .Streptococcus pyogenes und Diplococcus pneu-
moniae, weniger zahlreich solche des Staphyloccus pyogenes aureus und. der Coligruppe. Pestcolonien sind
nicht nachweisbar.
2. In den Aussaaten aus dem Blute des linken Herzventrikels finden sich neben reich-
lichen Pestcolonien drei Colonien von Bacillen der Coligruppe.
3. Die Aussaaten aus der Galle bleiben steril.
4. Präparate aus der Milz zeigen reichlich Pestbacillen, einzeln und als Diplobacillen, in o\'oiden
und länglichen Formen, vorwiegend extracellulär gelagert. Neben gut und bipolar gefärbten Exemplaren
finden sich viele schlecht gefärbte, meist rundliche Gebilde, oft fast unkenntlich und nur aus den zahl-
reichen Übergangsformen als degenerirte Pestformen deutbar. In den Aussaaten finden sich reichlich und
ausschliesslich Pestcolonien.
5. Eine derb infiltrirte, oberflächliche Inguinaldrüse der linken Seite zeigt mikro-
skopisch reichlich Pestbacillen, fast ausschliesslich einzeln liegend und nur zum geringen Theile noch gut
gefärbt, vielmehr meist in schlecht tingirten, rundlichen Formen. Namentlich die stellenweise in den Präpa-
raten sich vorfindenden grösseren Bacillengruppen zeigen besonders deutlich die verschiedenen Abstufungen
in der Färbbarkeit und die Übergänge in der F"orm von der typisch ovoiden bis zu schattenhaft aus-
sehenden grösseren, rundlichen Gebilden.
Bei Behandlung mit Pittfield's Gemisch findet man in den Präparaten um sehr viele Bacillen einen fast
ungefärbten Hof mit scharf begrenztem und stärker gefärbtem Contour; vereinzelt erscheint jedoch auch
dieser Hof gleichmässig blass tingirt, scharf und glatt begrenzt.
In den Aussaaten gehen reichlich und ausschliesslich Pestcolonien an.
6. Präparate aus dem Dickdarminhalte zeigen ein reichliches Bacteriengemenge, in dem sich
auch massig reichlich Bacillen nachweisen lassen, die als Pestbacillen angesprochen werden können.
Die Aussaaten ergeben ausschliesslich Colonien der Coligruppe.
7. Ein Ascaris aus dem Dünndarm \vurde unter sterilen Cautelen zerkleinert und zer-
rieben. Von dem so erlangten Brei wurden einerseits Platten mit Glj'cerin- und Serum-Agar beschickt,
andererseits 0'5 cni^ davon einer Maus subcutan einverleibt. Die Aussaaten ergaben ausschliesslich Colonien
der Coligruppe; auch durch das Thierexperiment Pestbacillen nicht nachweisbar.
Histologischer Befund.
1. Hämorrhagisch infiltrirte Lymphdrüse aus der linken Inguinalgegend (primärer
Bubci). Das pericapsuläre Binde- und F'ettgewebe \'on sehr reichlichen Hämorrhagien durchsetzt, zwischen
welchen sich dichte Infiltrate \'on polynucleären Leukocyten finden und die \'on reichlichen, mit Eosin stark
gefärbten und stark glänzenden Balken und groben Fäden netzartig durchsetzt werden. Letztere haben oft
ganz homogenes Aussehen und finden sich auch im Lumen grösserer Arterien, dem oft noch erhaltenen
Endothel in breiter, homogener Schicht angelagert oder unregelmässig das Lumen erfüllend. An vielen
BenJeiipest. IL Patholoi^isch-auatoiuischcr Bericht. 349
Stellen sieht man Schwund der Kerne oder Körnchenzerfal! derselben. Dabei erscheint das ganze Gewebe
\-on zahllosen Bacillen überschwemmt. Auch die fibröse Kapsel der Lymphdrüse dicht von polynucleären
Rundzellen durchsetzt. Die mikroskopische Structur der Drüse selbst vollkommen durch ausgetretene
Blutungen zerstört. Besonders in der Rindenschicht grosse Haufen von Kundzellen zwischen Haufen von
Bacillen, in deren Umgebung die Leukocyten keine Kernfärbung zeigen, in homogene oder fein granulirte
Bröckel zerfallen sind, zwischen denen sich kleine, stark blau gefärbte Körnchen finden. Viele Gefässe
zeigen etwas verbreiterte, ganz homogene Wand oder ein homogenes, feineres und gröberes Balkenwerk,
das oft das Lumen von Capillaren ganz verlegt; die in ihrer Form vollständig typischen Pestbacillen sowohl
zu grösseren, mehr umschriebenen Rasen angeordnet, als auch in enormer Zahl gleichmässig über die
Drüse zerstreut. Andere Bacterien nicht nachweisbar.
2. Schnitte durch den untersten Antheil der Vena cava und ihre unmittelbare
Umgebung zeigen dieselbe eingescheidet von reichlichen, ausgetretenen Blutmassen und fein granuürten,
selten fädigen geronnenen Massen, die polynucleäre Leukocyten einschliessen. An einigen Stellen dringt
Blut und ebengenanntes E.xsudat zwischen die Bündel der Venenmusculatur ein. Dieselben sind überall wie
auseinandergeworfen. Im Bereiche der Blutungen und Exsudatmassen, auch zw'ischen den Muskelbündeln
Netze von homogen aussehenden Balken und sehr zahlreiche grössere und kleinere Haufen von typischen
Pestbacillen. Das Endothel der Vena cava nur in kurzen Strecken erhalten, meistens abgehoben. Zw'ischen
diesen Endothelzellen und aufgelagerten polynucleären Leukocj'ten oder knapp unter der
Endothelschicht oft zahlreiche Haufen von Pestbacillen. Zahlreiche, enorm erweiterte Lymph-
gefässe, die in dem vollständig und gleichmässig hämorrhagisch infiltrirten Binde- und Fettgewebe der
adventitiellen Gefässscheide sitzen, säumen die Vene ein. Sie sind ausser von Blutmassen häufig von einer
Infiltration polj'nucleärer Leukocj^ten oder enormen Bacillenmassen umgeben. Die Wand der Lymph-
gefässe oft nur durch einen homogenen, mit Eosin gefärbten Streifen gekennzeichnet, der hie und da
unterbrochen ist, so dass der aus zahllosen Bacillen und vielen polynucleären Leukocyten, weniger aus
Fibrin bestehende Inhalt direct in die Umgebung des Gefässes übergeht. Im Bereiche des hämorrhagisch
infiltrirten Bindegewebes zahlreiche kleinere Gefässe mit vollständig homogener und oft vielfach zerrissener
Wandung und erfüllt oder umgeben von den im \'orstehenden beschriebenen eigenthümlichen, homogenen
Balken oder Schollen. Vielfach sieht man in den Leukocj'tenhäufchen Kernschwund oder feinkörnigen
Zerfall ihrer Kerne.
Eine in den Schnitt fallende, ungefähr haselnussgrosse Lymphdrüse ist als solche nur an ihrer all-
seitigen Begrenzung durch einen schmalen, homogenen Saum zu erkennen, der sich nach Aussen gegen die
hämorrhagische Infiltration abgrenzt. Vom Drüsenparenchym ist nichts in seiner normalen Form erhalten,
indem Alles durchsetzt ist von Hämorrhagien und dichtgedrängten, fast durchwegs polynucleären Leuko-
cyten. Dazwischen liegen enorm grosse Haufen ebenfalls ganz dichtgedrängter Pestbacillen und kleinere
Gruppen überall zwischen Blutkörperchen und Eiterzellen. An vielen kleineren Stellen Kernschwund und
Kürnchenzerfall der Kerne und sehr zahlreiche, kleine Bacillengruppen. Fast alle Blutgefässe der Lymph-
drüsen zeigen eine wie hyaline, gequollene, auch zerrissene Wandung und homogene Gerinsel oder
.Schollen sowohl im Lumen derselben, wie auch ausserhalb in Form von gröberen Netzen. Andere Bacterien
als Pestbacillen nirgends nachweisbar.
3. Schnitte durch eine mesenteriale Lj'mphdrüse zeigen keine besondere Veränderung.
Keine Bacterien nachweisbar.
4. Linke Tonsille. Dieselbe ist ausserordentlich blutreich, ihre Gefässe stark erweitert und blut-
gefüllt. In den tiefen Schichten des adenoiden Gewebes vereinzelte, kleinere Blutaustritte, die Zellen
desselben entweder polynucleär oder sie besitzen einen gelappten, häufig in Mitose sich befindlichen Kern.
An einer Stelle ein mit zahlreichen, polynucleären Leukocyten gefülltes Gefäss, das ausserdem zahlreiche
Bacillen enthält. Ferner finden sich im Bereiche der Blutung grosse Mengen von Bacillen, die sowohl nach
ihrer .Anordnung zu kleinen, dichten Haufen, welche sich gleichsam zwischen die Leukocyten eindrängen,
wie auch nach ihrer Form (kurze o\-oide oder coccenähnliche Bacillen mit häufiger bipolarer Färbung) auf
46»
350 H. Alb rc ch t und A. Gh o n,
das \-cillkiimmenste Pestbacillen entsprechen. In den Epitheleinsenkun.^en der Tonsille ein reichliches
Gemenge der verschiedensten Bacterien, welches aber auf die Epithelschichte beschränkt bleibt.
5. Milz. Dieselbe ist enorm blutreich, und zwar findet sich das Blut nicht in Capillargefassen, sondern
frei zwischen den zelligen Elementen der Pulpa. Nur vereinzelt sind die mit epithelähnlichen Zellen aus-
gekleideten Pulparäume erhalten und mit Blut erfüllt. Viele besitzen eine unvollständige, zerrissen aus-
sehende Wandung. Die Zellen der Pulpa sind entweder grosse, mono- oder polynucleäre Leukocyten mit
halbmondförmigen oder vielfach gelappten, in der Regel stark gefärbten Kernen oder grosse, epithelähnliche,
mit sehr grossem, mehr bläschenähnlichen Kern, der oft in Theilung begriffen oder bereits getheilt ist.
Dieselben Zellen, oft dicht gedrängt und übereinandergelagert, finden sich in den noch erhaltenen Pulpa-
räumen. Die Follikel erhalten, sehr zellreich, in ihnen Mitosen nachweisbar. An den kleineren Arterien
erscheinen die innersten Schichten homogen, das Endothel grösstentheils erhalten.
Durch die ganze Milz zerstreut findet man typische kleine Herde, die dem Quer- oder Längsschnitte
eines kleinen Gefässes entsprechen und deren Centrum aus scholligen oder balkigen, grob granulirt aus-
sehenden Massen gebildet wird. Sie werden eingesäumt \'(in ein- oder mehrkernigen Zellen, die vielfach
feinkörnigen Kernzerfall zeigen. Oder man findet die Kerne an einem ^^:lle zu langen Fäden ausgezogen
(spermatozoenähnlich) und radiärwärts gegen das Centrum zu gerichtet.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten erscheint die Milz ganz überschwemmt, wie infiltrirt \'on
Pe.stbacillen, die in ziemlich gleichmässiger Vertheilung zerstreut sind. Wenig oder keine finden sich in den
Follikeln. Sie liegen überwiegend extracellulär und bilden oft gegliederte Fäden.
Die Trabekel sind etwas verbreitert, von ungleichmässig grob granulirtem Aussehen, ihre Zellkerne
blass gefärbt.
6. Leber. Dieselbe erscheint mikroskopisch blutreich, die Capillaren sind reichlich mit Blut gefüllt. Die
Epithelien weniger gut von einander abgrenzbar, keine Fetttropfen enthaltend. Im Blute ziemlich zahlreiche,
kleine Gruppen von Bacillen, die der Form nach vollständig Pestbacillen entsprechen.
7. Niere. Die Epithelien, besondei's der Tubuli contorti gross, wie angeschwollen, von einander nicht
abgrenzbar, ragen in un regelmässiger F'orm in das Lumen des Harncanälchens V(_)r, ihre Kerne meist blass
gefärbt. Sowohl in der Rinden- wie in der Marksubstanz sieht man vereinzelte Harncanälchen von Blut
erfüllt. In einzelnen Sammelröhrchen kleine Gruppen von wenigen, kurzen Bacillen nachweisbar. Die
Glomeruli intact. Die an das Nierenbecken angrenzenden Antheile der Nierenpyramiden wie blutig infarcirt,
desgleichen das ganze in den Schnitt fallende Gewebe des Nierenbeckens. Dessen Epithel fast überall von
udrchbrechenden Blutmassen abgestossen. Innerhalb der Blutungen zahlreiche Anhäufungen von Leuko-
cyten und Fibrin und überall geradezu enorme Mengen von Pestbacillen.
8. Jejunum. Die epitheliale Bekleidung der Schleimhaut verloren gegangen, nur mehr das Epithel
in den tiefsten Antheilen der Lieberkühn'schen Krypten erhalten. Die Gefässe der Submucosa stark mit Blut
gefüllt, sonst kein bemerkenswerther Befund.
9. Processus vermiformis. Die Schnitte treffen das diphteritisch belegte Geschwür nahe der Spitze
desselben. Im Bereiche derselben ist die Schleimhaut umgewandelt in mehr oder weniger mit Eosin gefärbte
granulirte oder schollige Massen, die häufig keine Zellform mehr erkennen lassen, häufig aber noch in ihrer
Anordnung den Lieberkühn'schen Krypten entsprechen. Dazwischen mit Hämatox^'Iin blau gefärbte, zahl-
reiche Haufen von Bacterien. Oder es findet sich anstatt der Schleimhaut ein ziemlich grobes, mit Eosin
roth gefärbtes Balkenwerk, das bis in die Submucosa reicht. Die Muscularis mucosae ebenfalls in fein granu-
lirte Massen zerfallen und die obersten Schichten der Submucosa stellenweise umgewandelt in ein fein-
faseriges Maschenwerk, in welchen Leukocyten oder feinst granulirte, blassblau gefärbte Massen liegen.
Ausserhalb eben beschriebener Stellen die Schleimhaut gut erhalten, die Lymphfollikel von entsprechender
Grösse. Auf mit alkalischem Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man im Bereiche der zu Grunde gegan-
genen Schleimhaut grosse Mengen von kurzen Bacillen in Haufen angeordnet, von häufig bipolarer Färbung,
in der Form von Diplobacillen, innerhalb der Haufen selbst, in ganz gleichmässiger Vertheilung, Rasen oder
Schwärme bildend. Viele sehen auch wie grosse Coccen aus. Daneben zahlreiche dicke, plumpe und längere.
Beiüenpesf. IT. Pcifhologisch-aualoniischcv Bericht. 351
stärker mit Methylenblau gefärbte Stäbchen. Auch in der Submucosa sieht man dieselben Bacillen, /.um
Theile mehr diffus zwischen den Zellausläufern liegend, zum Theile in Gewebsspalten oder Capillaren
liegend, dieselben geradezu verstopfend. Auf nach Weigert gefärbten Schnitten mit schwacher Entfärbung
sieht man zahlreiche blau gefärbte Bacterien verschiedener Form (schlanke und längere Stäbchen und
Coccen). Ausserdem aber kürzere, ovoide Diplobacillen, die unxoUkommen entfärbt sind, einen mehr rülh-
lichen Farbenton und .scharf blau gefärbte Pole besitzen. Dieselben liegen auch in den Capillaren der ver-
schiedenen Schichten der Submucosa und sind zweifellos Pestbacillen.
10. Das Epithel der Dickdarmschleimhaut überall fehlend. Die obersten Schichten derselben
durchsetzt von zahlreichen kleinen, bis an die Oberfläche reichenden Blutaustritten. In diesen und in ihrer
Umgebung ziemlich spärliche Bacillen, die auch in den Drüsenschläuchen liegen, aber nicht mit Sicherheit
als Pestbacillen angesprochen werden können.
11. In Querschnitten durch einen im Dünndarm gefundenen Spulwurm sind keine
Bacillen auflindbar.
Epikrise.
Primärer Bubo in der rechten Inguinalgegend , die oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymph-
drüsen betreffend. Ais seine unmittelbare P'ortsetzung finden sich die stark geschwollenen retroperitonealen
Lj'mphdrüsen um die Vasa iliaca und Vena cava bis fast an die Leber hinaufreichend. Die übrigen Lymph-
drüsen sind nicht ergriffen, nur leichte V'ergrösserung an den Tonsillen constatirhar. Blutungen finden sich,
abgesehen von denen, die im Bereiche des primären Bubo und seiner unmittelbaren Fortsetzung und in der
Wand der grossen Venenstämme, die von den geschwollenen Lymphdrüsen eingescheidet sind, constatirt
wurden, in der linken Tonsille, dem linken wahren Stimmband, in der Schleimhaut des Magens, Jejunum
und Dickdarms, ferner des Nierenbeckens, von da direct übergreifend auf das Nierenparenchym, im Epicard
und in der Pleura.
Im Processus vermiformis ein diphtheritisches Geschwür. Das Herzfleisch, die Leber und die Nieren
zeigen parenchymatöse Degeneration, die Milz ist acut geschwollen, und zwar in ganz eigenthümlicher
Weise, indem die tief dunkelrothe Schnittfläche wie feinst granulirt oder chagrinirt - bei geringem
Vorquellen der Pulpa — aussieht. Die bacteriologische Untersuchung ergibt sehr reichliche Reinculturen
von Pestbacillen.
Histologisch zeigt sich Zerstörung der Lj'mphdrüsen im Bereiche des primären Bubo durch Hämor-
rhagien und Infiltration von polynucleären Leukocyten mit massenhaften Pestbaci Heuhaufen und durch begin-
nende Nekrose mit reichlicher Degeneration und Nekrose der Gefässwand und einer eigenthümlichen
Coagulation, als deren Product sich sowohl im Lumen der Capillaren und Blutgefässe, als auch ausserhalb
desselben, die Gefässwand in Form von groben Netzen durchsetzend, homogene Balken und Schollen
finden, was ein sehr charakteristisches Bild erzeugt. Dasselbe Bild im pericapsulären Binde- und Fettgew'ebc.
Der Einbruch der enorm bacillenreichen Blutmassen, die sich in die adventitiellen Gefässscheiden ergossen
haben, in das Venenlumen lässt sich mikroskopisch direct nachweisen.
Als Ursache für die Blutung in die linke Tonsille und für das diphtheritische Geschwür im Processus
vermiformis ergeben sich Capillarembolien von Pestbacillen mit Verstopfung des Lumen.
Die Blutmassen, welche das Nierenbecken und die angrenzenden Nierentheile infiltriren, enthalten
grosse Mengen von Pestbacillen; solche sind jedoch nicht mit voller Sicherheit nachweisbar in den ganz
kleinen Blutaustritten der Dickdarmschleimhaut.
Die Epithelien der Leber und besonders der Niere im Zustande der parenchymösen Degeneration.
Der acute Milztumor besteht in einer gleichmässigen, hämorrhagischen Infiltration der Pulpa mit Zer-
reissung der drüsenähnlichen Pulparäume, in Proliferation und Schwellung der Endothelien derselben
und geradezu colossalen Mengen über die ganze Milz gleichmässig zerstreuter Pestbacillen, neben Infiltration
von polynucleären Leukocyten. Ausserdem finden sich in der Milz sehr zahlreiche, mikroskopisch kleine
352 H. Albrecht und A. Ghon,
Herde charakteristischer Form, die zweifellos aus De.nencralioii und Nekrose \'on Capillaren mit homogen
balkiger Coagulation im Rereiche ihres Lumens und ihrei' unmittelbaren Umgebung entstanden sind und in
deren Umgebung sich reichlicher Körnchenzerfall der Kerne findet.
Fall 24/VII.
Bayo, 40jähriges Hinduweib, Fabriksarbeiterin, wurde am 3. März um 2 Uhr Nachmittags, am IV. Krank-
heitstage, ins Spital aufgenommen und starb am 5. März um 1 1 Uhr 55 Minuten Nachts, am VI. Krank-
heitstage. Die Section wurde am 6. März, ungefähr 10 Stunden post mortem vorgenommen.
Weibliches Cadaver, 149 cm lang, Knochenbau schwächlich, Musculatur sehr schlecht entwickelt, sehr
schlecht genährt. Todtenflecke ziemlich reichlich, schlecht umschrieben an den abhängigen Körperpartien,
Todtenstarre ausgesprochen vorhanden.
Pupillen beiderseits mittelweit. Die Haut der ganzen linken Gesichtsseite, der Unterkiefergegend,
hinabreichend am Halse bis über die Gegend des Larynx, nach rechts herüberreichend bis zum rechten
Mundwinkel, nach hinten bis zum linken Meatus acusticus externus und am Halse bis zum vorderen Rande
des linken Cucullaris in ganz unregelmässigen Contouren abgetragen. Mundhöhle linkerseits eröffnet, indem
die ganze Wange fehlt; der linke Unterkiefer blossgelegt, wie abgenagt, ebenso das linke Jochbein. Linke
Fossa inframaxillaris ausgeräumt, so dass man von der Seite her die Gaumenbögen und den Zungengrund
erblickt; der ganze Kehlkopf mit dem Pharynx und dem oberen Theile des Ösophagus und die linke Hälfte
des Zungenbeines fehlend; ebenso das untere linke Lid und das linke äussere Ohr (iiächtlicherweile von
Schakalen abgefressen). Hals schlank, in seinen Gruben und beiden AxiUen keine Drüsen tastbar; Thorax
von proportionirten Dimensionen, Brustdrüsen fast gar nicht entwickelt; Abdomen im Niveau des Thorax.
Nach rechts und knapp oberhalb vom Nabel findet sich eine ungefähr guldengrosse Hautstelle, die an
ihrer Peripherie einen verdickten, derben Wall besitzt; in ihrem Centrum erscheint die Epidermis blasenartig
abgehoben, an einer 2 mm langen Stelle eröffnet, leicht verschieblich, 1 cm weit überall unterminirt. In der
collabirten Blase noch etwas blutiges Serum enthalten. Auf dem Durchschnitte erscheint das subcutane
Binde- und Fettgewebe im Bereiche dieser Pustel ungefähr 2 cm tief markig, gelblich infiltrirt, vorquellend
und reichlich eiterähnlichen Saft gebend; dazwischen finden sich zahlreiche punkt- und streifenförmige
Hämorrhagien. Das Bindegewebe in der Umgebung dieser starren Infiltation stark sulzig, gelblich, von zahl-
reichen kleinen Hämorrhagien durchsetzt. In der Gürtelgegend beiderseits die Haut pigmentirt, schilfernd.
In beiden Inguinalgegenden etwas vergrösserte Lymphdrüsen tastbar. An den Kniescheiben je eine
unregelmässige, ungefähr kreuzergrosse, vertrocknete Excoriation. Die Haut an den Sohlen sehr rissig. An
den unteren Extremitäten keine Ödeme. Irgend welche Verletzungen nicht nachweisbar.
.Schädeldecken blut- und fettarm, Schädeldach länglichoval, fast ovoid, symmetrisch, 1 7 '/a cm im langen
Durchmesser, 12 cm im queren, und in seiner Peripherie 48 cm messend. Knochen bis 1 cm dick, Spongiosa
bis 2 mm dick, ziemlich blutarm. Tabula externa und interna nirgends verdickt, letztere glatt, Gefässfurchen
sehr seicht. Gruben von Pacchyonischen Granulationen sehr spärlich und ebenfalls sehr seicht. Nähte
erhalten.
Dura mater am Schädeldach adhärent, zart, blutarm. Im Sichelblutleiter schwarzrothes, geronnenes
Blut. Meningen an der Gehirnbasis sehr zart und blutarm, Gefässe eng und zartwandig, Meningen an der
Convexität ebenso beschaffen, Rinde röthlichgrau, an den Meningen nicht adhärent, gleichmässig breit. Das
weisse Marklager von spärlichen Blutpunkten durchsetzt, fleckig lichtrosenroth, sehr weich; Ventrikel enge;
die grossen Ganglien blutarm, normal gebildet, ebenso Kleinhirn, Pons und MeduUa oblongata.
Zwerchfellstand rechts am oberen Rande der dritten Rippe, links etwas tiefer.
Schilddrüse fehlend (von .Schakalen gefressen).
Die linke Lunge fast völlig durch lockere Bindegewebsmembranen mit der Thoraxwand verwachsen, fühlt
sich überall lufthaltig, flaumig an; an der Pleura keine Blutungen, am Durchschnitte lufthaltig, ziemlich
blutreich, etwas ödematös. Die kleineren Bronchien enthalten reichlichen Schleim, ihre Schleimhaut geröthet.
Benlenpest. IL Pathologisch-anatouüscher Bericht. 353
Die rechte Lunge im Bereiche des Unterlappens mit dem Zwerchfell verwachsen, am Durchschnitte etwas
mehr ödematös als die linke, ergibt sonst denselben Befund wie diese.
Herzbeutel sehr zart, vereinzelte, ganz kleine Hämorrhagien an seiner Innenfläche; ebensolche finden
sich am Epicard des linken Herzohres, vereinzelte an der Wurzel der aufsteigenden Aorta; Herz klein. Im
linken Ventrikel spärliche Cruormassen und ziemlich reichliche Fibringerinsel; noch mehr im rechten
Ventrikel und Vorhof Alle Klappenapparate zart. Aorta normal weit, an der Intima derselben, besonders
über den Klappen, ungefähr hanfkorngrosse, gelblichweisse, prominente Verdickungen. Herzfleisch etwas
bleicher und morscher.
Der weiche Gaumen und die Tonsillen röthlichviolett, auf dem Durchschnitte durch die Tonsillen
nichts Pathologisches.
Ductus thoracicus etwas erweitert, aber frei von Blutungen.
Die bronchialen Lymphdrüsen klein, bohnengross.
Leber an ihrer Oberfläche mit dem Zwerchfell durch ziemlich straffe Bindegewebsmembranen ver-
wachsen, von normaler Grösse, Kapsel dort, wo sie frei von Bindegewebsmembranen ist, glatt. Consistenz
der Leber etwas \'ermindert, auf dem Durchschnitte ziemlich blutreich, von braungrauer Farbe, ihre acinöse
Zeichnung nicht ganz deutlich, Parenchym etwas mehr vorquellend als normal. Gallenblase von ent-
sprechender Grösse, mit flüssiger, lichtgelber Galle gefüllt; ihr Serosaüberzug intact, ihre Schleimhaut
normal.
Milz etwa um ein Drittel vergrössert, nicht besonders weich, Kapsel gespannt, glatt, auf dem Durch-
schnitte erscheint die Milzpulpa gleichmässig blutroth gefärbt, nur etwas vorquellend und ziemlich leicht
abstreifbar, das Stroma etwas vermehrt, P'ollikel nicht gut abgrenzbar.
Durch das Peritoneum parietale durchschimmernd finden sich über dem rechten Ileopsoas und ent-
sprechend dem rechten Leistenringe, ferner an der Theilungsstelle der Vena cava unregelmässige Blutungen,
welche sich aus der Confiuenz von kleineren, durchschnittlich hanfkorngrossen zusammensetzen, dunkel-
blauroth gefärbt und bis 3 cm lang sind. Ähnliche confiuirende Blutungen finden sich längs des
rechten Ureters und in dem die Vena cava umschliessenden Bindegewebe, besonders an der Aussenseite
derselben.
Linke Nebenniere im Centrum erweicht, blutig seröse Flüssigkeit enthaltend; desgleichen die rechte
Nebenniere; beide von normaler Grösse.
Rechte Niere ziemlich klein, etwas schlaffer, Kapsel leicht abziehbar, über die Oberfiäche zerstreut
vereinzelte, punktförmige Hämorrhagien.
Parenchym erbleicht, gelblich, Rinde etwas verbreitert, die Grenze gegen die Pyramiden nicht ganz
scharf. Linke Niere ebenso verändert wie die rechte. Schleimhaut beider Nierenbecken gelblichweiss.
Harnblase ziemlich gut mit gelblichem, klaren Urin gefüllt. Schleimhaut dünn, ihre Venen injicirt.
Beide Adnexe mit dem Peritoneum locker \-erwachsen, ebenso die hintere Wand des Uterus; derselbe
klein, Schleimhaut dünn, injicirt. Beide Ovarien klein, derb, gekerbt, am Durchschnitte einige Corpora albida.
Die der medialen Wand der Femoralvene und dem horizontalen Schambeinaste angelagerte Lymph-
drüse rechterseits fast wallnussgross, derbe, in hämorrhagisches, ödematöses Bindegewebe eingehüllt; auf
ihrem Durchschnitte erscheint die Peripherie der Drüse hämorrhagisch infiltrirt und von kleinen, gelblichen,
stecknadelkopfgrossen, medullären Herden durchsetzt, wie gesprenkelt, das Centrum hingegen mehr gleich-
mässig gelblich, medullär.
Das Bindegewebe um die \'asa iliaca ebenfalls ödematös und \"on zahlreichen unregelmässigen Hämor-
rhagien durchsetzt und infiltrirt. Dieses serös hämorrhagische Infiltrat setzt sich längs der grossen Bauch-
gefässe fort und umgibt die auf ungefähr Bohnengrösse geschwollenen, ziemlich derben Ketten der retro-
peritonealen Lymphdrüsen. Desgleichen erscheint das Bindegewebe um die untere Hohlvene von zahllosen,
dunkelroth gefärbten Blutungen durchsetzt, welche confiuirend die Venenwand derartig durchsetzen, dass
dieselbe von ihrem Theilungswinkel angefangen bis zu ihrem Eintritte in die Leber wie
suffundirt aussieht.
354 H. Albrecht und A. Ghon,
Die oberflächlichen inguinalen Lj'mphdrüsen unter dem Poupart'schen Bande rechterseits vergrössert,
zum Theile isolirt stehend, zum Theile zu einem circa 5 cm langen, dem Poupart'schen Bande parallelen
Paquet vereinigt, auf dem Durchschnitte medullär und hämorrhagisch. Die inguinalen Lymphdrüsen der
linken Seite nur in ganz geringem Grade vergrössert, in dem sie umgebenden Bindegewebe nirgends
Hämorrhagien.
Der Magen enthält reichliche, gallig gefärbte, schleimige Massen; seine Schleimhaut in der Gegend
der grossen Curvatur zeigt geringgradiges Etat mamellonne. An der hinteren Magenwand sehr reichliche,
punktförmige, zerstreute Hämorrhagien.
Schleimhaut des Duodenum gallig imbibirt, etwas geschwollen. Im Jejunum reichliche, schleimige,
gallige Chymusmassen, ungefähr in der Mitte desselben eine hämorrhagisch infiltrirte, kleine Stelle, die
anscheinend einem Peyer'schen Plaque entspricht, die aber deutlich prominent ist. hn Ileum ebenfalls reich-
liche, gallige Chymusmassen, Schleimhaut dünn. Im Dickdarm, knapp oberhalb der Bauhinischen Klappe
finden sich drei, in einem rechtwinkeligen Dreieck angeordnete Geschwüre, \'on denen das kleinste erbsen-
gross und das grösste im Durchmesser circa 1 1/2 cm lang ist; letzteres sitzt ganz nahe am Bauhinischen
Klappenringe, sein Geschwürsgrund ziemlich tief und glatt, dunkelroth, seine Ränder unregelmässig zackig,
etwas überhängend, geschwollen und etwas unterminirt. In der Umgebung des mittleren, ungefähr 1 cm
langen und ganz ähnlich beschaffenen Geschwüres zwei circa hanfkorngrosse, blaurothe Hämorrhagien.
Das kleinste Geschwür scheint aus zwei, ungefähr hirsekorngrossen Geschwürchen hervorgegangen zu sein,
indem in der Mitte dieses Geschwüres eine sehr zarte, vollständig unterminirte Schleimhautbrücke durch-
zieht; die Ränder scharf contourirt, etwas überhängend und die nächste Umgebung derselben geröthet und
geschwollen. Schleimhaut des Dickdarmes ebenfalls gelockert und geschwollen; ungefähr bis in die Mitte
des Colon transversum von zahllosen, punktförmigen Hämorrhagien durchsetzt.
Die mesenterialen Lymphdrüsen etwas vergrössert und prominent, am Durchschnitte röthlich-gelblich,
etwas medullär.
Die Lymphdrüsen beider Axillargruben und der beiden Kniekehlen nicht verändert.
Pankreas derbe, gekörnt.
Das Knochenmark des rechten Femur an seinem unteren Epiphysenende gleichmässig gelbes Fettmark,
im oberen epiphysären Antheile und zum Theile noch in der Diaphyse lichtblutrothe, verschieden grosse,
gegen das erhaltene Fettmark ziemlich scharf begrenzte Stellen zeigend.
Stirnhöhlen, Nasenhöhlen und Keilbeinhöhle nicht verändert.
Bacteriologischer Befund.
1. Präparate aus der Pestbeule in der Nabelgegend zeigen ziemlich reichlich Pestbacillen, meist
einzeln, seltener als Diplobacillen liegend; neben gut und bipolar tingirten Formen, die vielfach in ihren
Grenzen verschwommen erscheinen, als ob sich ein lichter gefärbter Hof anschliessen würde, finden sich
reichlich auffallend plumpe und schlecht tingirte, geblähte, grössere Exemplare.
Bei Anwendung der Gram'schen Methode erfolgt rasche Entfärbung der Pestbacillen.
Andere Bacterien nicht nachweisbar. Die Aussaaten hingegen zeigen neben reichlichen Colonien des
Pestbacillus noch vereinzelt solche des Bacillus pyocyaneus.
2. Aussaaten aus dem Blute des linken Herzventrikels ergeben reichlich und ausschliesslich
Colonien des Pestbacillus.
3. Aussaaten aus der Galle zeigen keine Pestcolonien, reichlich solche der Coligruppe.
4. In der Milz finden sich mikroskopisch reichlich Pestbacillen, einzeln oder als Diplobacillen, fast
ausschliesslich extracellulär gelagert, in überwiegender .Anzahl gut und bipolar gefärbt, seltener in Degene-
rationsformen; erstere erscheinen vielfach ziemlich plump, meist ovoid, spärlicher länglich. Mit Pittfield's
Gemisch lassen sich an einzelnen Stellen der Präparate sehr schöne und deutliche Kapseln nachweisen.
Die Aussaaten ergeben ausschliesslich Pestcolonien in reichlicher Menge.
iHiihiijhsl. II PiiHioloL^isch-üiialinuischcr Bericht. 355
5. Oeckglaspräparate von der hämorrhagisch infillrirten Lymphdrüse am rechten
inneren Schenkelringe enthalten sehr reichlich Pestbacillen in \-erschiedenen Formen und Grössen, ver-
einzelt auch als kurze Käden; neben gut und bipolar gefärbten finden sich ziemlich reichlich Degenerations-
formen.
Im Allgemeinen zeigen auch hier die Pestbacillen einen mehr plumpen Typus. Bei Färbung mit Carbol-
fuchsin unter Krwärnien und nachträglicher Differenzirung in circa 60"/^ Alkohol sieht man die meisten
Bacillen von einer meist undeutlich begrenzten, schwach roth gefärbten Hülle umgeben; bei vielen Bacillen
ist die Hülle jedoch scharf begrenzt (Kapsel).
Bei Anwendung der Gram'schen Methode entfärben sich die Pestbacillen rasch.
. Die Aussaaten zeigen reichlich und ausschliesslich Pestcolonien.
6. Aussaaten aus dem Knochenmark vom rechten Femur ergeben ausschliesslich Pestcolonien
in sehr reichlicher Menge.
Histologischer Befund.
1. Schnitte von einer über haselnussgrossen Lymphdrüse vom rechten Poupart'schen
Bande (tiefe inguinale Lymph drüse) zeigen die peripheren Rindenschichten derselben gebildet von
einem continuirlichen bläulich gefärbten Saum von enorm reichlichen Pestbacillenhaufen.
Zwischen ihnen verhältnissmässig wenige, polynucleäre Leukocyten, von denen ein grosser Theil reich-
lichen Körnchenzerfall seiner Kerne zeigt. Follikel luid Markstrahlen nur vereinzelt erhalten, die Sinus
erfüllt mit Blut, polynucleären Leukocyten und Pestbacillenhaufen, stark erweitert und vielfach nicht mehr
abgrenzbar, indem sich ihr obengenannter Inhalt in die Umgebung fortsetzt.
Andererseits sieht man auch in den centralen Antheilen weite Strecken fast nur von Bacillen infiltrirt,
zwischen denen sich spärliche Leukocyten finden. Im pericapsulären Gewebe vereinzelte, aber grössere
Hämorrhagien und erweiterte, mit Leukocyten und Pestbacillen vollgepfropfte Lymphgefässe.
Die Bacillen haben die typische Form der Pestbacillen und liegen fast immer extracellulär.
2. Schnitte von dem vesiculüs-pustulösen Infiltrate der Haut von der rechten Nabel-
gegend zeigen das subcutane Fett- und Bindegewebe sehr reichlich und dicht infiltrirt von polynucleären
Leukocyten, die vielfach Körnchenzerfall zeigen. Das zu Bündeln angeordnete subcutane Bindegewebe
auseinandergeworfen, indem sich überall massenhaft Leukocyten zwischen denselben finden. Daneben oft
ausgedehnte Hämorrhagien, und besonders im Fettgewebe schon mit schwacher Vergrösserung an der ver-
schiedenen Färbung sehr grosse Pestbacillenhaufen erkennbar, oder kleinere, erweiterte, mit Leukocj'ten
und Pestbacillen vollgepfropfte Lj^mphgefässe; auch mittlere Arterien, die wenig Blut und viele Leukocyten
enthalten und zum Theile homogen aussehende oder von Leukocyten durchsetzte Wandung besitzen. Auch
Capillaren mit homogener Wand und von homogenen Balken ausgefülltem Lumen finden sich.
Wo die Leukocyteninfiltration in den peripheren Antheilen aufliört, findet sich das Bindegewebe von
feinstfädig geronnenen, sehr wenig Leukocyten enthaltenen iMassen durchsetzt. Die Bindegewebsbündel der
an das Corium angrenzenden Schichten in homogene Bruchstücke zerfallen, die wie in den Leukocj'ten und
Pestbacillenmassen suspendirt erscheinen und zwischen denen zahllose, kleine und kleinste Körnchen liegen.
Die Coriumpapillen selbst vollständig von Eiterzellen durchsetzt. In dem centralen Antheile der Pustel ist
das Oberfiächenepithel in seiner Gesammtheit durch die genannten Exsudat- und Blutmassen abgehoben,
so dass eine ziemlich grosse Blase gebildet ist. Die pigmentirte Basalzellenschicht ist an dem die Blasen-
decke bildenden Epithelhäutchen überall erhalten. An der Peripherie der Blase sieht man Züge von Platten-
epithelien, die stark in die Länge gezogen sind und fächerartige, ovale Hohlräume begrenzen. Dieselben
liegen innerhalb der Epithelschichte, indem sie stets von der pigmentirten Basalzellschicht begrenzt werden
und sind entweder ausgefüllt von Blut und polj'nucleären Leukocyten, oder es finden sich in ihnen oft von
einem Centrum auseinanderstrahlende, sehr zarte, verzweigte Fäden, die sich mit Eosin schwach, nicht aber
nach Weigert färben. An anderen Stellen sieht man, zwischen das Rete Malpighii und die Coriumpapillen
eingedrungen, eine Schichte von feinfädig geronnenen Massen.
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. LX\'I. Bd. 47
356 H. Albrcclü iiiiJ A. Ghoii,
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man überall, wo sich Leukocyteninfiltration findet,
massenhafte Pestbacillen, auch in erweiterten Lymph- und Blutgefässen. Sie fehlen in den Hohlräumen des
Epithels, die nur von geronnener Ödemflüssigkeit erfüllt sind, und liegen in enormen Mengen in der
Epidermisblase. Sie fehlen ferner in den von feinfädigen Massen durchsetzten Antheilen. Zwischen den
subcutanen Bindegewebsbündeln haben sie oft Coccenform und sind in ziemlich langen, gegliederten P'äden
angeordnet.
S.Milz. Dieselbe erscheint ziemlich blutreich, jedoch findet sich das Blut vorzugsweise in den Prä-
capillaren, die Räume der Pulpa wenig mit Blut gefüllt; daneben finden sich sehr zahlreiche, polynucleäre
Leukocyten, zum Theile dem Blute beigemengt, zum Theile den Inhalt der Pulparäume bildend. Viele
besitzen einen blass mit Eosin gefärbten, grossen Protoplasmaleib und zeigen beginnenden Zerfall ihrer
Kerne.
Blutaustritte in das Pulpagewebe nur vereinzelt, die Zellen der Pulparäume gross, Proliferationsvorgänge
zeigend.
Die ganze Milz übersäet mit zahllosen Pestbacillen, die sich viel schwächer mit Methylenblau färben
als die Kerne, und nicht in Haufen angeordnet, sondern gleichmässig zerstreut liegen. In den P\)llikeln
sind keine auffindbar. Zahlreich sind eosinophile Zellen.
4. Die Nebenniere zeigt keine besonderen pathologischen Veränderungen. In einzelnen kleinen
Arterien und Capillaren Gruppen von Pestbacillen nachweisbar.
5. Schnitte, die durch eine hämorrhagische Stelle des Jejunum geführt sind, welche makro-
skopisch wie ein hämorrhagisch infiltrirter Plaque aussah, ergeben, dass die Schleimhaut überall erhalten,
dagegen die Submucosa bis an die Muscularis mucosae in ziemlicher Ausdehnung (ungefähr dem Quer-
schnitte eines grösseren Plaques entsprechend) vollständig hämorrhagisch infiltrirt ist. Die auseinander
gedrängten Bindegewebsbündel erhalten, in der Blutung zahlreiche polj'nucleäre Leukocyten eingelagert.
Im Bereiche der ganzen Blutung zahlreiche, grössere und kleinere Haufen von Pestbacillen mit vollständig
typischer Form und Anordnung. Sehr zahlreich sind sie in kleinen Gefässen und Capillaren gelagert. Auch
im Bindegewebe der Darmschleimhaut unmittelbar über der Muscularis mucosae, die frei von Hämorrhagien
ist, aber sehr zellreich erscheint, kleinere Gruppen von Bacillen, die sich in nichts von den früher
genannten unterscheiden.
6. Die kleinen im Coecum sitzenden Geschwüre zeigen mikroskopisch einen von ziemlich
dichtem Bindegewebe gebildeten Grund, der von granulirten oder bröckeligen Massen belegt ist, die sich
theils mit Eosin diffus färben, theils einen bläulichen Farbenton besitzen. Zwischen den Bindegewebssträngen
kleine Blutungen und Rundzellenanhäufungen. Die Geschwürsränder stark überhängend und unterminirt,
überall gegen den Geschwünsgrund zu mit denselben bröckeligen Massen belegt. Der Peripherie der
Geschwüre entsprechend, finden sich mehrere Knoten, gebildet aus epitheloiden Zellen, mehrere Riesen-
zellen enthaltend und von mononucleären Leukocyten eingescheidet.
Auf den mit alkalischem Methylenblau gefärbten Schnitten zahlreiche Haufen von Bacillen, sow(.>h1 in
den den Grund bedeckenden Massen, wie auch an den Rändern des Geschwüres und der umgehenden
Schleimhaut. Sie haben ein den Pestbacillen ähnliches, doch deutlich differentes Aussehen, indem sie etwas
dicker sind, scharf abgestufte Enden besitzen und sich mit Methylenblau intensiv färben. Nach der Weigert'-
schen Färbungsmethode bleiben sie gefärbt.
Epikrise.
Die stärksten Veränderungen an Lymphdrüsen und ihrer Umgebung finden sich an der oberflächlichen
und tiefen inguinalen Lymphdrüsengruppe der rechten Seite und setzen sich in typischer Weise längs der
Gefässe fort bis in die Gegend der Leber.
Die einzelnen angeschwollenen Lymphdrüsen des primären Bubo, der vor Allem von der tiefen
inguinalen Lymphdrüse am inneren Schenkelringe gebildet ist, nicht beträchtlich vergrössert, von Bohnen-
bis kaum Wallnussgrösse, aber vorwiegend hämorrhagisch, in ihrer Umgebung starkes Ödem und Blutungen,
Bcnlaipcsf. II. I\i/Iioloi;isch-üiia/n!jiiscln'r Bericht. 357
letztere auch die Wand der grossen V'enenstämme durchsetzend. Die linl<sseitigen inguinalen Lymphdrüsen
zeigen nur geringe Schwellung, ebenso die mesenterialen. Blutungen finden sich ferner in der Pleura, im
Peri- und Epicard, in der Schleimhaut des Magens, Jejunum und des Dickdarmes, vereinzelte endlich in
der Nierenrinde. Der Befund von zweifellosen, zahlreichen Pestbacillen in einer subcutanen Blutung des
Jejunmn \'on der Grösse eines keinen Plaques beweist die specifisch embolische Natiu' derselben. Die in
der Coecalgegend sich findenden Geschwüre sind nach dem anatomisch-histologischen Befunde tuberculöser
Natur.
In dem typischen acuten Milztumor ausserordentlich zahlreiche, polynucleäre Leukocyten neben zahl-
losen Pestbacillen; desgleichen in der Lymphdrüse aus dem Paquet unterhalb des rechten Poupart'schen
Bandes; ein Theil der Lymphdrüse noch fast intact, im Übrigen kommt die Vergrösserung derselben in
erster Linie auf Rechnung der enormen Bacilleninfiltration.
Was schliesslich den Pestcarbunkel in der Haut der rechten Nabelgegend anlangt, so sind zur Erklärung
seiner Entstehung zwei Möglichkeiten abzuwägen: primäre Hautinfection oder secundärer Herd, auf dem
Wege der Lymphbahnen regionär metastatisch entstanden.
Der histologische, sowie der bacteriologische Befund lässt einen sicheren Entscheid darüber nicht zu;
jedoch ist die anatomische \'ertheilung der oberflächlichen Lymphgefässe, die von dieser Hautregion
sowohl zu den inguinalen, als auch zu den axillaren Lymphdrüsen führen, zu beachten.
Das völlige Freibleiben letzterer von solchen Veränderungen, wie sie primären Lymphdrüsenbubonen
zukommen, spricht eher für die zweite Annahme ; desgleichen der Umstand, dass wir wiederholt Gelegenheit
hatten, am Krankenbette zu beobachten, wie sich ein derartiges Infiltrat in der Umgebung des primären
Bubo geraume Zeit nach der Entstehung desselben entwickeln kann. Wir sind daher eher der Ansicht,
dass diese Pestbeule als eine secundäre aufzufassen sei, indem zu Gunsten der M(')glichkeit, sie als den
primären Hautherd hinzustellen, nur wenige Umstände sprechen.
Bacteriologisch erweist sich der Fall als reine Pestinfection.
Fall 25/VIII.
Jajrotv Sooldhal,^ 25jähriger Hindu, Kutscher. Aufgenommen und gestorben am 6. März. Krankheits-
beginn unbekannt.
Section am 7. März um 9 Uhr Vormittags.
Männliches Cadaver, 165 an lang, gracil gebaut, Musculatur gut entwickelt, gut genährt. Todtenstarre
fast völlig geschwunden, Todtenflecke nicht sichtbar.
Hornhäute getrübt, Pupillen kaum sichtbar, mittelweit, gleich. Conjunctiven injicirt, besonders die linke
etwas pigmentirt.
Schleimhaut der Mundhöhle ziemlich blutarm. Im Bereiche der Schneide- und Eckzähne des Ober-
und Unterkiefers ist die Gingiva missfärbig und ulcerirt, mit gelblich-grünlichem, übelriechenden Belag
belegt.
Hals kräftig, in den Gruben desselben und in beiden Achselhöhlen keine Drüsen tastbar. Thorax
symmetrisch, proportionirt gebaut, gut gewölbt. Abdomen gespannt, ungefähr im Niveau des Thorax.
Am äusseren Genitale erscheint der rechte Hode auf das Doppelte vergrössert, ziemlich derbe.
Die Haut über dem Abdomen zeigt zahlreiche, linsengrosse, abschilfernde Stellen.
In beiden Leistengegenden einzelne Drüsen tastbar, die ziemlich hart sind, besonders linkerseits, wo
sich unter dem Poupart'schen Bande, der Mittellinie nahe, eine über haselnussgrosse Lymphdrüse tasten
lässt.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme. Die Sohlenhaut sehr rissig; äussere Verletzungen nicht
sichtbar.
Vergl. Krankengescliichte II. .\. pag. 73.
47'
358 H. Alhrcchl und A. CIiou,
Die weichen Schädeidecken ziemich i'ett- und blutreicli. Sciiädeldach länglich-oval, symmetrisch, im
Längsdurchmesser \9 cm, im queren IS'/a cm, in der Peripherie 53 cm messend, der Knochen an den dicksten
Stellen bis fast '/^ cm breit. Spongiosa überall erhalten, circa 2 iinii dick, wenig blutreich, Tabula externa
und interna circa 1 tiiiii dick, die Fui'chen der Gefässe seicht, die Gruben der Pacchionischen Granulationen
spärlich und seicht.
Dura mater an das Schädeldach adhärent, sonst zart, an ihrer hmenfläche glatt und glänzend, ziemlich
blutreich. Meningen an der Gehirnbasis zart, massig blutreich, die Gefässe normal angeordnet, zartwandig,
enge; Meningen an der Convexität sehr zart, etwas blutreicher, die Venen mit Blut gefüllt und geschlängelt,
Rinde etwas verbreitert, geschwollen, grauröthlich; Gehirn gross, sehr weich. Ventrikel entsprechend
erweitert, das weisse Marklager von ziemlich zahlreichen Blutpunkten durchsetzt. Kleinhirn ebenfalls
ödematös, massig blutreich, sehr weich, ebenso Pons und Medulla.
Zwerchfellstand am unteren Rande der vierten Rippe beiderseits.
Schilddrüse klein, blutreich, colloid, gekörnt.
Die Lymphdrüsen in beiden Submaxillargruben über bohnengross, isolirt, am Durchschnitte dunkel-
blutroth, saftig.
Beide Tonsillen vergrössert, stark prominent, am Durchschnitte ziemlich reichlich gelbe Pfropfe ent-
haltend, linkerseits markig weich infiltrirt, sehr .saftig, dunkelblutroth, etwas gelblich gesprenkelt. Schleim-
haut des Pharynx roth\iolett, geschwollen, auch die Schleimhaut der Epiglottis ist lebhaft geröthet und
geschwollen. Die Follikel am Zungengrunde geröthet und geschwollen; im Larynx imd am Zungengrunde
zahlreiche, punktförmige Ecchymosen.
Linke Lunge frei, im Pleuraraum wenige Tropfen Flüssigkeit, Pleura glatt und glänzend. Die Lunge
fühlt sich überall lufthaltig an, auf dem Durchschnitte allenthalben blutreich, vollständig lufthaltig, wenig
ödematös. Rechte Lunge durch derbe Bindegewebsmembranen mit der Thoraxwand verwachsen, etwas
kleiner wie die linke, gebläht. Pleura durch derbe, schwielige Bindegewebsmembranen überall verwachsen.
Die Lunge fühlt sich überall lufthaltig, flaumig an; auf dem Durchschnitte derselbe Befund wie linkerseits.
Pericard zart; im Herzbeutel wenige Tropfen klarer, seröser Flüssigkeit. Das ziemlich fettarme Epicard
übersäet von theils gruppirten, bis hirsekorngrossen, frischen Ecchymosen. Herz von entsprechender Grösse,
beide Ventrikel schlaff, im linken Herzen wenig Fibringerinsel und Cruor, im rechten Herzen mehr F'ibrin-
gerinsel. Alle Klappenapparate sehr zart und schlussfähig. Herzmusculatur etwas bleicher imd morscher.
Schleimhaut der Trachea und der grossen Bronchien etwas geröthet. Die Lymphdrüsen an der Bifur-
cation bohnengross, anthracotisch.
Speiseröhre nicht pathologisch verändert.
Leber weich, ihre Ränder etwas dicker, annähernd von normaler Grösse, auf dem Durchschnitte ziemlich
blutreich, gelblich-fleckig, im Allgemeinen braungrau, Läppchenzeichnung verwischt. Gallenblase ent-
sprechend mit dunkler Galle gefüllt, Schleimhaut gelblichbraun, dünn.
Milz 18 cm lang, 13 cm breit, 3 cm dick, ihre Kapsel zart, sehr weich, auf dem Durchschnitte dunkel-
blutroth, Pulpa vorquellend, Stroma nicht vermehrt, Follikel stellenweise erkennbar.
Rechte Niere etwas vergrössert und plumper, ihre Kapsel leicht abziehbar. Oberfläche glatt und
glänzend, auf dem Durchschnitte blutreich, Rinde deutlich geschwollen, graugelblich und roth gestreift und
gesprenkelt, von den Pyramiden gut abgrenzbar, indem die Peripherie der letzteren lebhaft roth injicirt ist.
Die linke Niere gibt denselben Befund. Beide Nierenbecken normal.
Harnblase mit gelblichem Harn gefüllt; ihre Schleimhaut weisslich.
Beim Einschneiden auf den linken vergrösserten Hoden ergiesst sich reichliche, seröse Flüssigkeit, die
über der Epididymis in einem circa wallnussgrosssen, von verdickter Serosa begrenzten Sack sich
befindet.
Die tiefen inguinalen Lymphdrüsen am inneren linksseitigen Schenkelring haselnussgross, in ihrer
Umgebung drei ungefähr bohnengrosse Lymphdrüsen. Das Bindegewebe um dieselben und um die Vasa
iliaca stark sulzig durchfeuchtet und blutig infiltrirt; ebenso die Umgebung beider Ureteren. In der Wand der
Ih-ii!viij\'s/ IL ralhologisch-aualmuisclicr Bericht. 359
linken N'ena fenioralis bis iini^efäiir hinauf zur Tliciiunysstelie der V'asa iliaca zahlreiche, confluirende,
dunkelblain-othe Blutungen, die sich aus kleineren, durchschnittlich hirsekorngrossen zusammensetzen und
fast die ganze Intima in der bezeichneten Strecke durchsetzen. Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen
beiderseits sind grösstentheils isolirt, klein, ziemlich derbe und etwas pigmentirt. Die mehr medial gelagerten
der linken Seite beträchtlich geschwollen, ziemlich derbe, auf dem Durchschnitte vorquellend, blutreich und
hämorrhagisch, von gelblichen Sprenkeln durchsetzt.
Im Magen reichliche, dünnflüssige, gallig gefärbte Massen, Schleimhaut etwas gelockert, ebenso die des
Duodenum und Jejunum, beide sehr reichliche, dünnflüssige, gallige Chjanusmassen enthaltend; im ganzen
Dünndarm die Schleimhaut normal. Im Dickdarm ziemlich spärliche, gelblich gefärbte, dünnflüssige Fäcal-
massen, Schleimhaut nicht besonders verändert.
Pankreas derbe, blutreich.
An den Nebennieren nichts Pathologisches.
In beiden Kniekehlen keine besonderen Veränderungen.
Bacteriologischer Befund.
1. In Deckglaspräparaten der linken Tonsille findet man di'eierlei Bacterienformen, alle in nicht
besonders reichlicher Menge. \'orherrschend erscheint eine längere, dünne Bacillenart, etwas weniger
reichlich finden sich tj'pische Pestbacillen in ovoiden oder länglichen Formen, gut und bipolar gefärbt, meist
einzeln liegend, seltener als Diplobacillen; die dritte, in geringster Anzahl vorhandene Art bildet ein sehr
kleines Stäbchen mit ebenfalls bipolarer Färbung, das Ähnlichkeit mit kleinsten Diplococcen hat.
In den Aussaaten sind keine Pestcolonien nachweisbar, reichlich jedoch Colonien der Coligruppe und
solche sporentragender .Stäbchen.
2. Eine hämorrhagisch infiltrirte Halslymphdrüse aus der linken Submaxillargrube
zeigt mikroskopisch in massig reichlicher Menge typische Pestbacillen, einzeln oder als Diplobacillen, in
ovoiden, länglichen oder rundlichen Formen; neben gut und bipolar tingirten finden sich blässer gefärbte,
ovoide und grosse, rundliche, geblähte Formen.
Die Aussaaten sind verunreinigt, daher unbrauchbar.
3. Im Milzsaft finden sich mikroskopisch reichlich Pestbacillen, meist einzeln liegend, in rund-
lichen, ovoiden und länglichen Formen mit bipolarer Färbung oder als schwach tingirte, verschieden-
gestaltige Formen.
Die Aussaaten zeigen ausschliesslich Pestcolonien in sehr reichlicher Menge.
4. Deckgiaspräparate einer hämorrhagisch infiltrirten, oberflächlichen inguinalen
Lymphdrüse der rechten Seite zeigen sehr reichlich Pestbacillen, in Form und Anordnung wie
bei 3, nur erscheinen die Degenerationsformen reichlicher vorhanden: man findet alle Formen bis
zu grösseren, geblähten Gebilden, an denen oft nur mehr die Contouren etwas deutlicher gefärbt sind (Ring-
formen).
Bei Anwendung von Pittfield's Gemisch sieht man keine deutlichen Kapselbilder; man findet wohl bei
einer Anzahl von Bacillen einen schwach violett gefärbten Hof, der mehr oder weniger deutlich begrenzt
ist, oder aber einen ungefärbten Hof, der durch einen stärker gefärbten Contour abgegrenzt ist.
In den Aussaaten sind sehr reichlich Colonien des Pestbacillus und 6 Colonien einer nicht näher
bestimmten Bacillenart (Verunreinigung) angegangen.
Histologischer Befund.
1. Vergrösserte oberflächliche Lymph drüse aus der linken Leistengegend. Vom Paren-
chym derselben nur vereinzelte Follikel in der Rindenschichte erhalten, ausserdem einige von polynucleären
Leukocyten ganz dicht infiltrirte Bindegewebssepta und zahlreiche mit Blut vollgefüllte, kleinere und
grössere Gefässe, deren Wand auch stellenweise dicht \on Leukocyten infiltrirt ist.
3r,0 H. AI brecht innl A. Ghon,
Im Übrigen erscheint die Vergrösserung der Lj-mphdrüse in erster Linie bedingt durcli colossale Pest-
bacillenmengen, die die ganze Lymphdrüse in zusammenhängenden Massen durchsetzen, die Gefässe überall
einscheiden und verhältnissmässig wenig Leukocyten einschliessen. Dazwischen finden sich allenthalben
kleinere Hämorrhagien, oft um Gefässe mit vollkommen humogener Wand. Dieselben (sowohl Venen wie
Arterien und Lymphgefässe) enthalten oft sehr reichlich polynucleäre Leukocyten und besonders letztere
massenhafte Bacillen.
Die fibröse Kapsel der Lymphdrüse von reichlicher Rundzellen- und Bacilleninfiltratiün durchsetzt, so
dass keine scharfe Grenze zwischen Drüse und Umgebung besteht. In letzterer finden sich ebenfalls enorme
Bacillenmassen und reichliche, confluirende Blutungen. Besonders das Fettgewebe erscheint an manchen
Stellen so dicht von Bacillenmassen infiltrirt, dass seine Maschen von breiten Bacillensäumen umgeben
erscheinen. Kernschwund oder ein Zerfall der Zellen nur spärlich. Die Pestbacillen färben sich nur schwach
mit Methylenblau und zeigen besonders dort, wo sie in grossen Mengen und sehr dicht bei einander liegen,
ausgesprochene Coccenform (die einzelnen oft auffallend gross). Sie liegen sowohl intra- wie extracellulär.
Fibrin nur sehr spärlich nachweisbar, keine anderen Bacterien.
2. Ungefähr bohnengrosse Lymphdrüse von der linken Halsseite (Fossa submaxillaris)
Die Drüse zeigt sehr starke Hyperämie, indem die ausserordentlich zahlreichen Capillaren und kleinen Blut-
gefässe prall mit Blut gefüllt sind. Kleinere Blutaustritte finden sich nur ganz vereinzelt. Die Sinus
erscheinen etwas erweitert, und zwar finden sich in ihnen hie und da einzelne rothe Blutkiirperchen und
polynucleäre Leukocyten in massiger Menge. Vor Allem aber fällt die Grösse der Endothelzellen und ihrer
Kerne auf, die den feinen Lymphbahnen der Sinus angehören und die Markstrahlen und Follikel bekleiden
und vielfach die Sinus ganz auszufüllen scheinen. Sie haben oft ganz epithelähnliche Form, entweder einen
grossen, wie gebläht aussehenden, sich blass färbenden Kern mit mehreren Kernkörperchen, der entweder
rund oder gelappt aussieht, oder auch mehrere solche. Das adenoide Gewebe sehr zellreich, enthält \'iele
polynucleäre Leukocyten.
Auch das Endothel der Blutgefässe gross, mit grossem, blas.sgefärbten Kern. Auf mit alkalischem
Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man zunächst fast in jedem der zahlreichen Blutgefässe mehr oder
weniger reichliche Pestbacillen meist in der Form von Diplobacillen, die immer den Endothelzellen angelagert
oder auch innerhalb derselben liegen. Nur ganz vereinzelte kleine Gruppen finden sich in den Sinus.
3. Schnitte durch die linke Tonsille ergeben im Allgemeinen denselben Befund wie die vorher
beschriebene Lymphdrüse: Hochgradige Hyperämie, mit Vermehrung der polynucleären Leukocyten, dabei
gut erhaltene Abgrenzung des adenoiden Gewebes gegen das umgebende Bindegewebe und vollständig
erhaltener epithelialer Überzug. Hämorrhagien fehlen.
Auch hier finden sich fast in jedem erweiterten Blutgefässe grössere oder kleinere Haufen von Pest-
bacillen, dem Endothel angelagert oder auch zweifellos intracellulär liegend. Ganz kleine Gruppen, aus
einigen Bacillen bestehend, im adenoiden Gewebe, und zwar immer intracellulär gelagert. Die sie ein-
schliessenden Zellen von der Form grosser Endothelzellen, die nicht gefüllten, collabirten Blut- oder Lymph-
capillaren angehören.
4. Auch die histologische Untersuchung von makroskopisch etwas vergrösserten
Follikeln am Zungengrunde ergibt denselben Befund. Hier erscheinen die sogenannten Keimcentra
reichlich von poljmucleären Leukocyten durchsetzt. Auch der Pestbacillenbefund ist der analoge.
5. Milz. Dieselbe zeigt histologisch eine sehr reichliche Infiltration von polynucleären Leukocyten im
Bereiche der Pulpa und starke Hyperämie derselben.
Viele Pulparäume erhalten und mit Blut vollgefüllt, ihre Endothelien sehr gross; dort, wo sich blutige
Infiltration der Pulpa findet, sind dieselben regellos dem ausgetretenen Blute beigemengt.
Die Follikel oft auffallend klein. Über die ganze Milz zerstreut findet sich ein schwarzbraunes, theils
extra-, theils intracellulär gelagertes Pigment (Malaria). Ferner ist sie von wahrhaft ungeheuren Mengen
von Pestbacillen im wahren Wortsinne infiltrirt. Sie liegen häufig intracellulär. Die Follikel frei von Bacillen.
An manchen .Stellen vereinzelte, sehr lange, ziemlich dicke und stark mit Methylenblau gefärbte Stäbchen
Bciilcupcsl. IL Püthnlo^i^ischiiuafouiischcrBcricIit. 301
(Saprciphytfn). Die Trabckel etwas verbreitert, l^ilass gefärbt und stellenweise ungleichmässig grob granulirt,
ihre Kerne ebenfalls sehr blass.
6. Niere. Die Epithelien der Nierenrinde, besonders der Tubuli contorti, entweder unförmlich gross,
wie angeschwollen, mit ganz blass gefärbtem Kerne, oder ohne Kern, und dann lassen sie sich von einander
nicht oder undeutlich abgrenzen, und enthalten verschieden grosse Fetttröpfchen. Im Innern der Harn-
kanälchen reichlich mit Eosin gefärbte, undeutlich granulirte Massen. Die Capillaren stellenweise sehr stark
erweitert, im interstitiellen Bindegewebe zwischen den Canälchen \-ereinzelte kleine Blutaustritte. Die
Glomeruli gross, manche sehr stark mit Blut gefüllt, die einzelnen Capillarschlingen erweitert. Die Kerne
der Epithelien der Bowman'schen Kapsel sehr zahlreich und gross. In den Nierenp3Tamiden keine besonderen
Veränderungen.
In den erweiterten Capillaren der Glomeruli und der Bindegewebs-Interstitien der Rinde kleine Gruppen
von Pestbacillen nachweisbar.
Epikrise.
Die Infection geht im vorliegenden Falle zweifellos von der den linken inguinalen Lymphdrüsengruppen
zugehörigen Hautregion aus. An dieser Seite finden sich besonders die tiefliegenden inguinalen L3'mph-
drüsen in der Gegend des inneren Schenkelringes sehr stark verändert, hier finden sich auch reichliche
Blutungen, namentlich in der Wand der grossen Venen und das typische, sulzig gelbliche Ödem.
Von anderen Lymphapparaten sind nur die linke Tonsille, die Follikel am Zungen-
grunde und Lymphdrüsen der linken Fossa submaxillaris insoferne betroffen, als sie
geringe Schwellung und Röthung zeigen.
Leber und Nieren zeigen makroskopisch deutliche Degenerationserscheinungen, die Milz ist acut
geschwollen. Ausser den Blutungen im Bereiche des primären Bubo keine auffindbar.
Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigt sich die Vergrösserung einer oberflächlichen inguinalen
Lymphdrüse, vor Allem bedingt durch enorme Bacilleninfiltration und in viel geringerem Grade durch Ver-
mehrung der polj'nucleären Leukocyten und Hämorrhagien.
Die Schwellung der früher genannten Lymphapparate am Halse ist bedingt durch Einschwemmung von
Pestbacillen. Dieselben sind im Lumen der Gefässe, oft auch in ihren Endothelzellen nachweisbar. Während
wir also in den ganz frisch metastatisch, auf dem Wege der Blutbahn inficirten Lymph-
knoten und -Drüsen zunächst eine hochgradige active Hyperämie sehen, findet man in den
erweiterten .Sinus und Keimcentren schon V'ermehrung der polynucleären Leukocj'ten und
eine auffallende Anschwellung der Lymphendothelien und der die Sinus aufbauenden
Zellen mit Anschwellung und L a p p u n g i h r er K e r n e.
Der acute Milztumor ist bedingt durch Hyperämie, massenhafte, gleichmässig die Milz durchsetzende
Infiltration von Bacillen und Leukocyten und Proliferation des Endothels der Pulparäume.
In der Niere findet sich hochgradige fettige Degeneration, namentlich in den Epithelien der Tubuli
contorti, gesteigert bis zum vollstängen Kernschwunde. Die Glomeruli gross, oft prall mit Blut gefüllt, ver-
einzelte Blutungen im interstitiellen Gewebe. In den Capillaren überall Pestbacillen nachweisbar.
Bacteriologisch erweist sich der Fall als eine reine Pestinfection.
Fall 26/X.
GajiUitun Vciiayal;,^ SOjähriger Hindu, Tischler, wurde am ö. März um 10 Uhr 40 Minuten Vormittags,
am I. Krankheitstage, ins Spital aufgenommen und starb am 8. März um l'iUhr 23 Minuten Nachts, am
IV. Krankheitstage. Die Section wurde am selben Tage um 4 Uhr Nachmittags, ungefähr Ki Stunden post
mortem, vorgenommen.
Verg!. Krankengeschichte II. .\. pag. 57.
:W2 //. Mbrcihl und A. GIioii,
Krirpcr 148 r;» lang, Knnchcnbaii Ki"!^*-"''; Musculatiir massig entwickelt, schlecht geniihrt. T(.)dtenstarre
an den oberen Extremitäten geschwunden, an den unteren erhalten. Todtenflecke ziemlich reichlich,
umschrieben.
Die Hornhäute sind trübe, beide Pupillen fast maximal erweitert, linke Conjunctiva lebhaft injicirt,
rechte Conjunctiv'a und die Mundschleimhaut ziemlich blutarm.
Zähne intact, der Hals kräftig, in seinen Gruben keine besonders vergrösserten Drüsen tastbar, auch
nicht in den Achselhöhlen. Thorax von entsprechenden Dimensionen, symmetrisch. Abdomen etwas über
dem Niveau des Thorax, Bauchdecken gespannt. Am äusseren Genitale niclits Pathologisches.
In beiden Leistengegenden bohnengrosse Drüsen tastbar.
Unter der linken Mamilla findet sich eine rechteckige, diffus geröthete Hautstelle. An der Haut der
oberen Extremitäten und der Schulter flohstich- bis hirsekorngrosse Petechien. An beiden Händen keine
Verwundungen oder Narben constatirbar, mit Ausnahme einer einen halben Centimeter langen, ganz ober-
flächlichen, vernarbten Schnittwunde am linken Zeigefinger. In der Mitte des rechten Schienbeines einige
circa linsengrosse Excoriationen. An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Schädeldach längsoval, 18 cm lang, 12 cm breit, 50 n« in der Circumferenz messend. Schädelknochen
dünn, Tabula externa und interna nirgends verdickt. Die Gruben und Furchen an der Innenseite der Tabula
interna seicht. Spongiosa stellenweise verschwunden.
Im Sichelblutleiter frisch geronnenes Blut. Dura mater zart, gut gespannt, glatt und glänzend. In der
Dura der linken, mittleren Schädelgrube eine Gruppe von punktförmigen Hämorrhagien. An der Basis nichts
Abnormes. Leptomeninx ziemlich blutarm, an der Convexität erscheint sie etwas verdickt imd getrübt,
massig blutreich, leicht von der Gehirnrinde abziehbar. Letztere grauröthlich, gleichmässig breit, Marklager
von zahlreichen Blutpunkten durchsetzt. An Kleinhirn, Pons und JMedulla nichts Pathologisches. Stamm-
ganglien normal gebildet, blutarm.
Schilddrüse klein, auf dem Durchschnitte blutarm, fein gekörnt.
Entlang der rechten grossen Halsgefässe finden sich nach aussen und nach innen von denselben Ketten
\'on bis über haselnussgrossen Lj^mphdrüsen von röthlich gelblicher Farbe. Einen F'inger breit unter der
Theilungsstelle der Carotis an der Aussenseite der Vena jugularis fliesst beim Anschneiden einer oliven-
grossen Drüse röthlich-gelblicher Eiter aus. Ähnlich angeordnete und vergrösserte Lymphdrüsen auf der
linken Seite. Auch aus ihnen quillt auf dem Durchschnitte derselbe eiterähnliche Saft heraus. Auf dem
Durchschnitte sind die Drüsen theils vollständig hämorrhagisch infiltrirt, theils besitzen sie eine vorquellende,
N'erbreiterte, gelbliche Rinde und ein \"on Hämorrhagien gelblich-röthlich gesprenkeltes Centrum, das beim
Abstreifen sehr reichlichen Saft gibt. Ebenso verändert die submaxillaren Lymphdrüsen und die auricularen.
Letztere erbsengross, meistens hämorrhagisch.
Schleimhaut des weichen Gaumens und des Pharynx mit .Schleim bedeckt, düster violett-roth, beide
Tonsillen sehr beträchtlich vergrössert, an ihrer Oberfläche exulcerirt, mit gelblichen, nekrotisch-blutigen
Massen bedeckt. Die Geschwürsränder ganz unregelmässig, wie fransig zerfressen, der Geschwürsgrund
reichlichen, gelblich-blutig tingirten Saft gebend. Schleimhaut des Pharynx hinter den Tonsillen und an der
Aussenseite derselben ebenfalls ganz unregelmässig exulcerirt, wie zerfressen. Der Geschwürsgrund allent-
halben von grünlich- und röthlich - gelbem, diphtheritisch - nekrotischen Gewebe bedeckt. Daneben die
markig infiltrirten, stark prominirenden Follikel am Zungengrunde. Auf dem Durchschnitte erscheint die
Schleimhaut hämorrhagisch infiltrirt und von verschieden grossen, gelblichen oder hämorrhagischen Herden
durchsetzt, ebenso wie die Musculatur stark (klematös. Beide Tonsillen auf dem Durchschnitte succulent,
blutroth. Medial \'on der linken Tonsille ein ähnliches Geschwür, entsprechend einer Gruppe von Balg-
follikeln am Zungengrunde.
Linke Lunge frei, Oberlappen ziemlich lufthaltig, der UnteHappen coUabirt, fühlt sich etwas dichter an,
indem sich von dem tastenden Finger kleine resistente Herde durchfühlen lassen. Pleura des Unterlappens
übersäet von zahllosen, kleinen Ecchymosen. Der Oberlappen auf dem Durchschnitte blutreich, zeigt
ungefähr in seinem Centrum einen hämorrhagischen, unregelmässig begrenzten Herd von ungefähr Kreuzer-
Bculciipist. IT. Patlinlo^i^iscli auatoiiiischcr Bcridit. 363
grosse, der in seincMii Centrum st;irk prominent, gekörnt und gelblieh ist. Ein ähnlieher solcher Herd von
derselben Grösse nahe der Spitze. Der Unterlappen sehr blutreich, in ihm zahlreiche kleinere Blutaustritte.
Rechte Lunge ziemlich klein, an der Aussenseite des Unterlappens ist die Pleura reichlich ecchymosirt. Zer-
streut über die ganze Lunge lassen sich ziemlich zahlreiche, bis haselnussgrosse, derb infiltrirte Herde
durchtasten. Über denselben erscheint die Pleura allenthalben hämorrhagisch und lässt ein gelbliches Infiltrat
durchschimmern und ist im Bereiche des ganzen Herdes \-on zarten Fibrinmembranen bedeckt. Auf dem
Durchschnitte erscheinen diese Herde ebenso wie die der anderen Seite gelb oder gelblich-röthlich
gesprenkelt, theils undeutlich gekörnt, theils medullär vorquellend, die Peripherie unregelmässig, reichlich
hämorrhagisch infiltrirt. Schleimhaut der Bronchien mit eitrigem .Schleim belegt, dunkelgeröthet.
\m Herzbeutel einige Tropfen klaren Serums, an der Linenwand des sonst glatten Pericard einige
Gruppen kleinster Ecchymosen. Epicard fettarm. Über dem linken Vorhof hirsekorngrosse , con-
fluirende Ecchymosen. Herz klein, linker Ventrikel etwas contrahirt, der rechte etwas schlaffer, in
beiden wenig fibrinöse Gerinsel. Alle Klappenapparate zart, schlussfähig, Herzfleisch etwas getrübt, aber
ziemlich fest.
Leber ungefähr von normaler Grösse, ihre vorderen Ränder etwas plumper, weicher, Oberfläche glatt,
auf dem Durchschnitte ist das Organ massig blutreich, von graubrauner Farbe, Läppchenzeichnung ziemlich
gut erhalten. Gallenblase klein, dunkle Galle enthaltend.
Milz ungefähr von entsprechender Grösse, Kapsel getrübt, auf dem Durchschnitte gleichmässig blutroth,
in der Pulpa findet sich ein circa linsengrosser Herd von dunkelblutrother, hämorrhagischer Peripherie und
graugelbem Centrum. Ein zweiter solcher Herd in der Mitte der hinteren Milzkante, ungefähr keilförmig
begrenzt, von ähnlichem Aussehen wie die früheren.
Nebennieren gross, blutreich.
Nieren klein, etwas plumper, Kapsel leicht abziehbar. An der Oberfläche zahlreiche, bis über hanfl\orn-
grosse, gelblich-weisse, von hämorrhagischen Höfen umgebene Herde, welche zum Theile beim Abziehen
der Kapsel an derselben hängen bleiben, deutlich prominent sind, auf dem Durchschnitte mitunter streifen-
förmig in die Rinde reichen und beim Abstreifen wenig oder keinen eiterähnlichen Saft ergeben. Dieselben
Herde finden sich auch tiefer, in den Columnae Bertini, den Grenzen der Pyramiden und in diesen selbst.
Ausser diesen abscessähnlichen Herden in der Niere finden sich an der Oberfläche sehr zahlreiche kleinste
Hämorrhagien. Die Nierenrinde stark verbreitert, erbleicht und geschwollen. Im Nierenbecken nichts Patho-
logisches. Die linke Niere ist ebenso verändert wie die rechte (vergl. Tafel VI, Fig. 3).
Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen der rechten Seite sämmtlich vergrössert, bis über bohnen-
gross, von aussen dunkelblutroth, auf dem Durchschnitt vorquellend, succulent, leicht abstreifbar, stellenweise
blutig-eitrig. Das umgebende Bindegewebe stark ödematös. Die inguinale Lymphdrüse am inneren rechten
Schenkelringe hühnereigross, ihre Umgebung hämorrhagisch infiltrirt, theils derb, theils fast fluctuirend
weich. Die Lymphdrüsen längs der Vasa iliaca bis über die Theilungsstelle der Vena cava hinauf (Lympho-
glandulae iliacae und lumbales) ebenfalls vergrössert, ihre Umgebung ödematös und hämorrhagisch. Auf dem
Durchschnitte erscheint die früher genannte inguinale Lymphdrüse aus einem Paquet \'on mehreren
bestehend. Die grösste ist in ihrem Centrum eitrig erweicht, von röthlich-gelblicher Farbe, in der Peripherie
finden sich kleinere, vollständig hämorrhagische Lymphdrüsen und kleine Gruppen von röthlich-gelblich
gesprenkelten, medullar-inflltrirten, weichen Lymphdrüsen; ähnlich beschaffen sind die retroperitonealen
Lymphdrüsen (Lymphoglandulae iliacae et lumbales).
Die oberfLächlichen inguinalen Lymphdrüsen links ebenfalls über hohnengross, auf dem Durchschnitte
theils succulent hämorrhagisch, theils medullär vorquellend, theils eitrig. Die tiefen inguinalen Lymphdrüsen
ebenfalls etwas vergrössert und medullär.
Im Magen reichlich schleimige, gallige Flüssigkeit, in der Nähe des Pylorus eine Gruppe von punkt-
förmigen Hämorrhagien. Im Duodenum nichts Pathologisches. Im Dünndarm gallig gefärbte Chymusmassen,
Schleimhaut dünn. Im Dickdarm gallig gefärbte Fäces. Schleimhaut nicht verändert.
Denkscliriftett der malhem.-nalurw. Cl. LXVI. Bd. 48
3G4 H. Albrcclil inul A. (ihoii,
Harnblase normal.
Die axillaren und mesenterialen Lymphdrüsen hyperämisch und saftig.
Die am 7. März, am 111. Krankeitstage, vorgenommene bacteriologische Blutunter-
suchung fiel negativ aus, indem die Aussaaten steril blieben.
Bacteriologischer Befund.
1. Präparate aus einer vereiterten Lymphdrüse der linken Halsseite zeigen massig
reichlich Pestbacillen, theils ovoid mit bipolarer Färbung, theils in schwach tingirten, geblähten Formen, oft
auch coccenähnlich. Daneben finden sich reichlich Coccen, meist als Diplococcen, seltener in kurzen Ketten,
oft lanzettförmig. Ausserdem sieht man schlecht gefärbte Gebilde, deren Zugehörigkeit zu Diplococcen oder
I^estbacillen schwer zu entscheiden ist. Bei Anwendung der Gram'schen Methode sieht man neben den ent-
färbten, respective mit der Contrastfarbe tingirten Pestbacillen stärker oder schwächer violett gefärbte
Diplococcen.
In den Aussaaten finden sich fast ausschliesslich Colonien des Diplococcus pneumoniae, nur .spärlich
Pestcolonien.
2. Präparate aus einer ebenfalls vereiterten Lymphdrüse der rechten Halsseite zeigen
denselben Befund wie Nr. 1. Ebenso auch die Aussaaten.
3. Secret, abgestreift von der Oberfläche des Pharynxgeschwürs, lässt mikroskopisch ein
sehr reichliches Bacteriengemisch erkennen: Neben verschieden grossen und dicken Bacillenformen finden
sich ziemlich zahlreich Coccen, einzeln, als Diplococcen, in kürzeren, seltener in längeren Ketten und als
grössere Häufchen, ausserdem reichlich Pestbacillen, meist ovoid mit bipolarer Färbung oder in Kingformen,
einzeln, als Diplobacillen, in kleineren und grösseren, oft auch sehr grossen Gruppen angeordnet.
Die Aussaaten sind für die Bestimmung unbrauchbar.
4. Deckglaspräparate aus der rechten Tonsille zeigen im Allgemeinen dasselbe Gemisch wie
Nr. 3, doch etwas weniger reichlich. Die Pestbacillen sind auch hier wieder in Gruppen angeordnet, bilden
jedoch nicht so grosse Haufen; in diesen finden sich, wie auch bei Nr. 3, viele schlecht gefärbte, geblähte
Formen. Unter den Coccen treten tj^pische Streptococcen häufiger hervor.
In den Aussaaten finden sich massig reichlich Colonien des Diplococcus pneumoniae, spärlich solche
des Streptococcus pj'ogenes und reichlich saftig grünliche Colonien einer Bacillenart. Pestcolonien sind nicht
nachweisbar.
5. Im Secrete aus dem rechten Bronchus finden sich mikroskopisch sehr reichlich Diplococcen
von typischer Lanzettform, spärlicher Streptococcen, sowie kleinere Coccen und Bacillenformen. Die Coccen
liegen hier vielfach intracellulär. Nur spärlich finden sich ovoide, bipolar gefärbte Bacillen vom Aussehen der
Pestbacillen.
In den Aussaaten treten Colonien des Diplococcus pneumoniae in den Vordergrund, spärlicher tinden
sich Colonien einer Stäbchenart, ähnlich aussehend wie die bei Nr. 4.
Pestcolonien sind nicht nachweisbar.
6. In den Präparaten aus einem pneumonischen Herd der rechten Lunge finden sich
ziemlich reichlich Pestbacillen in ovoiden, bipolar gefärbten, seltener blass gefärbten geblähten Formen; sie
liegen seltener einzeln oder als Diplobacillen, häufiger in kleineren und grösseren Haufen, in denen die
ungleiche Grosse und die verschieden starke Färbbarkeit der Pestbacillen sehr deutlich hervortritt. Nur sehr
vereinzelt sieht man in den Präparaten Lanzettcoccen.
In den Aussaaten finden sich ziemlich reichlich Colonien des Diplococcus pneumoniae, spärlicher solche
des Pestbacillus.
7. Die Aussaaten aus der Milz zeigen spärlich Pestcolonien, etwas reichlicher Colonien des
Diplococcus pneumoniae.
Bculciipcst. IT. Pcüliolni^isch-ainüntiiischcr Bericht. 365
8. In Präparaten aus einer tiefen inguinalen Lymphdrüse der rechten Seite sieht
man ausschlieslich Pestbacillen in geringer Menge, theils cn'oid mit bipolarer Färbung, theils undeutlich
tingirt, meist einzeln liegend.
Die Aussaaten zeigen ausschliesslich Pestcolonien in ziemlich reichlicher Menge.
9. In Deckglaspräparaten eines Nierenherdes sieht man ausschliesslich Pestbacillen in
massiger Menge, in P'orm, Aussehen und Färbeverhalten wie bei Nr. 8.
In den Aussaaten finden sich ausschliesslich Colonien des Pestbacillus in reichlicher Menge.
Histologischer Befund.
1. Schnitte aus .Antheilen des circa hühnereigrossen Paquets der tiefen inguinalen
Lymphdrüsen am rechten inneren Schenkelringe zeigen den grössten Theil des Parenchyms
(hauptsächlich die centralen Antheile) der vergrösserten einzelnen Lymphdrüsen zu Grunde gegangen, indem
ein grosser Theil der Zellen keine Kernfärbung zeigt, sondern als blassrosa oder bläuliche schollige Gebilde
noch ihre Contouren erkennen lassen. Dazwischen finden sich auch mehr oder weniger zahlreiche kleine,
stark blau gefärbte Körnchen, wie darüber gestreut, und noch erhaltene, meist polynucleäre Leukocj'ten,
auch oft ziemlich reichliche rothe Blutkörperchen. Die meisten kleinen, aber stark erweiterten Gefässe besitzen
eine fast homogene, bläulich roth gefärbte Wand, die sich nicht deutlich gegen das im Zerfalle begriffene
Gewebe der Umgebung abgrenzt und oft zahlreiche kleine, runde Körnchen zeigt. In ihrem Lumen häufig
unregelmässig angeordnete breite Balken oder schollig-klumpige Massen, die homogen und mit Eosin stark
roth gefärbt sind. .Sie schliessen zwischen sich Leukocyten ein. Auch aus zarten oder groben homogenen
Balken bestehende Netzwerke finden sich innerhalb der Hämorrhagien und Leukocyten - Infiltrationen;
besonders mehr in der Peripherie dieser zerfallenden .\ntheile ebenfalls zahlreiche Hämorrhagien und reich-
liche Leukocyteninfiltration und erweiterte, mit grossen Pestbacillenmengen erfüllte L\'mphgefässe. Sinus oder
Follikel nur in einem kleinen Theile der Drüse undeutlich abgrenzbar, indem die Sinus erfüllt sind \i)n pnl\'-
nucleären Leukocyten oder rothen Blutkörperchen. An \-ielen Stellen die Kapsel der Lymphdrüsen nicht
mehr abgrenzbar, indem sie von Blutungen und sehr dichten Leukocyten durchsetzt, in einzelne homogen
aussehende, schmale Bündel aufgelöst ist, so dass vielfach die infiltrirte und im Zerfalle begriffene Lymph-
drüse unmittelbar in die ebenso dicht von Blutungen und poljmucleären Leukocyten durchsetzte Umgebung
übergeht (\"ergl. Tafel IX, Fig. 2). Auch die einzelnen Lymphdrüsen des Paquetes dadurch von einander
nicht abgrenzbar. .Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten finden sich nur stellenweise Pestbacillenhaufen,
aber dann sehr reichliche. Die mehr centralen Antheile der Lymphdrüsen, wo der Zerfall vorgeschritten ist,
lassen keine Bacillen erkennen. Dagegen sieht man Stellen, wo man wenige rundliche, sehr
blass gefärbte Bacillenleiber erkennt in dem sonst mit Methylenblau gar nicht gefärbten
Gesichtsfelde, in dem auch keine Zellkerne sichtbar sind. In der Umgebung dieser Herde
zahlreiche mit Methylenblau gut gefärbte Körnchen. Oder man sieht an der Peripherie der Drüsen,
besonders in dem dicht infiltrirten, pericapsulären Fettgewebe grössere Haufen dicht gelagerter Pest-
bacillen, die dort, wo sie schütter liegen, ausgesprochen rundliche Formen besitzen, oft im Ganzen
sehr blass oder nur an den Contouren stärker gefärbt sind. Andere Bacterien als Pestbacillen nicht
nachweisbar.
2. Eine Lymphdrüse aus der Gruppe der rechtsseitigen oberflächlichen inguinalen
zeigt ihren mikroskopischen Bau vollständig erhalten. Die etwas erweiterten Sinus enthalten polynucleäre
Leukocyten, manchmal viele rothe Blutkörperchen und immer grosse, ganz epithelähnliche Zellen mit
grossem, oft gelappten Kern und Mitosen, welche Lj'mphendothelien oder den das Gerüste des Sinus bildenden
Zellen entsprechen. In der fibrösen Kapsel einzelne Blutaustritte. Das pericapsuläre Binde- und Fettgewebe
von polynucleären Leukocyten in grösseren Strecken infiltrirt, in demselben vereinzelte mit ebensolchen
Rundzellen und Pestbacillen vollgepfropfte Lymphgefässe. Im Bereiche dieser Leukocyteninfiltration
Haufen von Pestbacillen (häufig intracellulär), jedoch in der Drüse selbst keine solchen auf-
findbar.
48*
366 H. Alhrccht und A. Ghon,
3. Lymphdrüsen vom Halse, beiderseits längs der Gefässe angeordnet, zeigen mikroskopisch aus-
gedehnte Antheile, gleichmässig infiltrirt von polynucleären Leukocyten, die stellenweise Körnchenzerfall
ihrer Kerne zeigen. Oder es finden sich, mehr central gelegen, kleinere Herde, wo die Kernfärbung voll-
kommen verschwunden ist und die Zellen nur blass mit Eosin gefärbt sind.
Entsprechend diesen Antheilen sieht die Lymphdrüse daher aus wie ein Abscess, der von der überall
deutlich erhaltenen Kapsel umgeben ist. An anderen Stellen sind Follikel und Markstrahlen erhalten, aber
die Sinus auffallend erweitert und dicht mit polynucleären Leukocyten und grossen, epithelähnlichen Zellen
gefüllt. Sie enthalten wenig rothe Blutkörperchen, Hämorrhagien fehlen vollständig. Einige Lymphgefässe
an der Convexität der Drüsen vollgepfropft mit polynucleären Leukocyten und rothen Blutkörperchen. Auf
mit Methylenblau und nach Weigert gefärbten Schnitten sieht man zahlreiche Haufen von lanzettförmigen
Diplococcen, häufig zu Ketten angeordnet und vor Allem dort liegend, wo die Zellen der diffusen Leuko-
cj^ten-Infiltration in homogen aussehende, rundliche Gebilde umgewandelt sind, sowohl in der Cortical- wie
in der Medullarsubstanz der Drüse. Ausser diesen manchmal massenhaft sich \-orfindenden Haufen von
Diplococcus pneumoniae sieht man ziemlich spärliche, immer dicht zu Häufchen aneinander gelagerte Pest-
bacillen, die eine auffallende Polymorphie zeigen.
4. Rechte Tonsille. Im ganzen Bereiche derselben ist das Epithel zu Grunde gegangen und
umgewandelt in ein feines Gitterwerk von homogenen, stark glänzenden Bälkchen, die zwischen sich zahl-
reiche Leukocyten oder stark gefärbte Körnchen einschliessen. Wo das Epithel in der unmittelbaren
Umgebung der Tonsille erhalten ist, findet sich im submucösen Bindegewebe reichliche Infiltration von
mono- und polynucleären Leukocyten und hochgradige Hyperämie. Das Bindegewebe, das die Tonsille
gegen die tiefen Schichten des Gaumens abgrenzt, nur sehr spärlich von Leukocyten herdweise durchsetzt
und überall scharf erhalten. Das adenoide Gewebe der Tonsille sehr zellreich, indem sich reichliche Leuko-
cyten der mono- und polynucleären Form finden und grosse, epithelähnliche Endothelien. Hämorrhagien
sind sehr vereinzelt und klein. Dafür findet sich aber überall im adenoiden Gewehe eine hochgradige Hyper-
ämie mit prall gefüllten Blutgefässen.
Nur kleine Häufchen von Pestbacillen in den tieferen Schichten der Tonsille nachweisbar. Im Bereiche
des zu Grunde gegangenen Epithels grosse Stäbchen zumeist vereinzelt oder in kurzen Fäden und Häufchen
von Diplococcen mit Lanzettform. Letztere finden sich auch zahlreich in tieferen Antheilen der Tonsille zer-
streut (auf nach Weigert gefärbten Schnitten).
5. Schnitte, geführt durch ein kleines Geschwür medial von der linken Tonsille,
den Balgfollikeln am Zungengrunde entsprechend, ergeben im Allgemeinen denselben Befund
wie der vorstehende. Auch hier ist das Oberfiächenepithel in ein homogenes Balkenwerk verwandelt und
dadurch ein Geschwür gebildet, das einige nebeneinander stehende Follikel betrifft; auch hier fehlen grössere
Hämorrhagien und die Infiltration der Umgebung. Während Pestbacillen nur in den tieferen Schichten des
adenoiden Gewebes der Follikel in Form von kleineren Häufchen nachweisbar sind, finden sich, von der
ulcerirten Oberfläche her in die tieferen Schichten vordringend, zahlreiche Diplococcen von der Form des
Diplococcus pneumoniae.
6. Pneumonischer Herd. In den massig erweiterten Alveolen vorwiegend dichtgedrängte poly-
nucleäre Leukocyten, die allenthalben Körnchenzerfall ihrer Kerne zeigen. Das Bild dieser pneumonischen
Infiltration wird aber dadurch ein höchst eigenthümliches, dass die Capillaren der Alveolarsepta in bald mehr
homogene, bald mehr grobschollige Streifen umgewandelt sind, wie von balkigen oder homogenen Massen
thrombosirt oder umgeben aussehen, in deren Umgebung der Körnchenzerfall besonders reichlich ist. In
wechselnder Menge ist dem Exsudat Blut beigemischt, in manchen Alveolen finden sich nur wenige rothe
Blutkörperchen, andere unmittelbar benachbarte sind vollgepropft von Blut. Fibrinnetze sehr spärlich.
Dagegen fallen grosse, epithelähnliche Zellen auf, die sich besonders in continuirlicher Lage um die Quer-
schnitte grösserer Blutgefässe — im Stroma zwischen deren Wand und dem Alveolarepithel — angeordnet
finden und den Lymphgefässendothelien entsprechen. Sie besitzen entweder einen grossen Kern mit grossem
Kernkörperchen oder mehrere.
Beulenpest. IL Pathologisch-aiialouiischer Bericht. 367
Die Bronchiolen mit Leukiicyten und ab^estossenen Alveolarepithelien voll gefüllt. In der Umgehung
des pneumonisch infiltrirten Herdes finden sich in den Alveolen ziemlich homogen aussehende, geronnene
Massen. Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten lassen sich ziemlich zahlreiche grössere Haufen \-on
Pestbacillen in den Alveolen nachweisen. Diplococcen finden sich auf nach Weigert gefärbten Schnitten nur
wenig zahlreich in den Bronchien.
7. Milz. Mikroskopisch erscheint die Milz ungemein blutreich, die Pulparäume sind meist erweitert und
mit Blut gefüllt. An manchen Stellen finden sich kleine Blutaustritte, in denen sich wenige Leukocyten und
grosse Pulpazellen finden. An solchen Stellen sind Pulparäume nicht erhalten. Im Allgemeinen ver-
misst man eine reichlichere Durchsetzung der Milz von Leukocyten. Doch sind auch hier die Zellen der
Pulparäume sehr gross, cylindrisch oder polygonal, oft mit mehreren Kernen versehen. Follikel zahlreich
und klein.
Weder in Schnitten, die mit Methylenblau gefärbt sind, noch in solchen, die nach
Weigert gefärbt sind, irgend welche Bacterien nachweisbar.
8. Niere. Die Nierenepithelien wie angeschwollen, ins Lumen der Harncälchen unregelmässig vor-
ragend, viele kleine Fetttröpfchen enthaltend. Zahlreiche Capillaren und grössere Gefässe mit Blut stark
gefüllt. Die Glomeruli gross und blutreich. An verschiedenen Stellen der Rinde (auch bis in die Pyramiden
reichend) finden sich sehr zahlreiche theils rundliche, theils streifenförmige Herde. In ihrer Peripherie sieht
man vereinzelte kleine Hämorrhagien und allenthalben prall gefüllte Blutcapillaren. In der äussersten Schichte
eines solchen Herdes finden sich zumeist grosse, polymorphe, protoplasmareiche Zellen mit einem oder zwei
grossen, runden Kernen oder mit Mitosen. Dieselbe Zellform sieht man dort, wo die Harncanälchen noch
vollständig erhalten sind, zwischen denselben liegend und innerhalb der erweiterten Capillaren. Sie ent-
sprechen zweifellos, wenigstens zum grossen Theile, den Endothelzellen derselben. Im Bereiche des Herdes
auch einzelne isolirte Harncanälchen mit ganz undeutlicher oder bereits geschwundener Färbbarkeit ihrer
Epithelzellkerne noch erhalten. Mehr gegen das Centrum zu werden die polynucleären Leukocyten immer
zahlreicher, ihre oft zahlreichen Kerne sind in verschiedenster Form gelagert und vielfach sieht man zer-
streute, sehr zahlreiche, stark gefärbte Körnchen, besonders in der Umgebung der ziemlich grossen
Häufchen von Pestbacillen, die mehr oder weniger reichlich sich in der Mitte eines jeden
solchen Herdes finden. (Vergl. Tafel XIII, Fig. 1.) Diplococcen nicht auffindbar.
Epikrise.
Vorstehender Fall bietet das Bild einer Pestpyämie, indem sich metastatische Pestherde in Niere und
Lunge finden. Die Ersteren stellen multiple embolische Abscesse (vorwiegend Rindenabscesse) von ganz
eigenthümlicher Form vor, letztere sind Lobulärpneumonien, die zahlreich und nicht miteinander con-
fluirend die Lungen durchsetzen. Isolirte Hämorrhagien finden sich als Petechien in der Haut der oberen
Extremitäten und der Schulter, als Ecchymosen in der Dura mater der mittleren Schädelgrube, in der Pleura,
dem Peri- und Epicard und der Magenschleimhaut.
Jedoch erscheint der Fall in Bezug auf die Eingangspforte. complicirt dadurch, dass sich schwere Ver-
änderungen sowohl an den Lymphapparaten des Halses als auch an der tiefen inguinalen Lymphdrüsen-
gruppe der rechten Seite finden. Besonders makroskopisch, aber auch mikroskopisch sind die
Veränderungen an dem Lymphdrüsenpaquet am rechten inneren Schenkelringe ent-
schieden die schwersten an In- und Extensität, indem das ganze Drüsenparenchym durch
Nekrose und Eiterung zerstört ist und nicht mehr von der reichlich hämorrhagisch und
eitrig infiltrirten Umgebung abzugrenzen ist, und indem sich derselbe schwere Process,
allmälig abnehmend, auf die lumbalen Lymphdrüsengruppen fortsetzt. In den Halslymph-
drüsen findet sich zwar ebenfalls ausgedehnte Vereiterung, daneben aber grössere Drüsenantheile und \'or
allem Anderen Kapsel und deren Umgebung überall erhalten. Es ist daher das inguinale Lymphdrüsen-
paquet als primärer Bubo aufzufassen. An den Tonsillen und den Balgfollikeln des Zungengrundes fällt —
abgesehen von der Zellvermehrung und den kleineren Hämorrhagien in denselben — die Nekrose des
.168 H. Albrcrhl iiiul A. Ghnu.
Kpithels und diu dadurch bedingte frische UIceration auf. Im Bereiche der Letzteren findet sich massenhaft
der Diplococcus pneumoniae, desgleichen in den vereiterten Halslymphdrüsen. Daher stellt sich dieser Fall
culturell als M ischin fection dar und es ist sicherlich ein Theil der schweren Veränderungen an den Hals-
lymphdri.Lsen auf die Wirkung des Diplococcus pneumoniae zurück/Aiführen. Die Culturen ergeben reich-
liche Diplococcencolonien aus den vereiterten Halslymphdrüsen und ziemlich reichliche aus der Milz. Es
kann nach dem histologischen Befunde keinem Zweifel unterliegen, dass der Einbruch der Diplococcen in
den Tonsillen und Baigfollikeln erfolgt ist, die vorher auf metastatischem Wege von Pest inficirt waren.
Histologisch fällt an den metastatischen Herden sowohl in der Lunge wie in der Niere die besondere
Schwellung der Endothelien und die geringe Exsudation von Fibrin auf.
In der Milz finden sich auf den untersuchten Schnitten keine Bacterien. Culturell ergeben sich spärliche
Colonien von Pestbacillen und etwas reichlichere von Diplococcus pneumoniae.
Fall 27/XIV.
MahaJia Khn's/iia,' 25jähriger Hindu, Arbeiter, wurde am 8. März um 2 Uhr 30 Minuten Nachmittags
ins Spital aufgenommen und starb am 10. März um 5 Uhr Nachmittags. Die Krankheitsdauer ist unbekannt.
Die Section wurde am 11. März um 9 Uhr Vormittags, 1(3 Stunden nach dem Tode vorgenommen.
Männliches Cadaver, 1G9 cm lang, von gracilem Knochenbau, ziemlich kräftig entwickelter Musculatur,
schlecht genährt. Todtenstarre vorhanden, Todtenflecke reichlich diffus an den abhängigen Körperpartien.
Hornhäute glänzend, Pupillen mittelweit, beiderseits gleich, rechte Conjunctiva weisslich, Conjunctiva
der linken Augenlider von reichlichen, punktförmigen Ecchj^mosen durchsetzt. Mundschleimhaut blutarm,
alle Zähne erhalten, gesund; der Hals lang, schlank, in seinen Gruben keine Drüsen tastbar, ebensowenig in
der rechten Axilla; in der linken Axilla eine circa haselnussgrosse, ziemlich derbe Drüse tastbar. An der Haut
des Thorax und auch \ereinzelt an den oberen Extremitäten bis hirsekorngrosse Blutungen. Thorax lang,
schmal, gut gewölbt, Abdomen etwas unter dem Niveau des Thorax. Die linke Leistengegend etwas mehr
vorgewölbt als die rechte, die Haut derselben fühlt sich beim Faltenabheben etwas dicker an. Ungefähr ent-
sprechend dem Durchtritte der Vena saphena durch die Fascie eine über taubeneigrosse Geschwulst tastbar,
die nach unten zu gut abgrenzbar, gegen das Poupart'sche Band zu fast gar nicht abgrenzbar ist. In der
Umgebung derselben einige harte, bohnengrosse Drüsen tastbar. In der rechten Leistengegend deutlich auf
Bohnengrösse vergrösserte, harte Lymplidrüsen tastbar. Über der unteren Hälfte des linken Schienbeines
erscheint die Haut an einer circa handtellergrossen Fläche dünn, glänzend, ganz glatt, an der Peripherie
dieser Stelle leicht abschilfernd, stärker pigmentirt, im Centrum eine linsengrosse, etwas mehr eingezogene,
excoriirte, vertrocknete Hautstelle, in deren Umgebung die Haut stark abschilfert. Am Fussrücken beider
Füsse ektasirte Venen. An der unteren Hälfte der rechten Tibia eine kleinere, an den Knochen nicht fixirte,
stärker pigmentirte, unregelmässig geformte Hautnarbe.
Die weichen Schädeldecken ziemlich fett- und blutarm. Im Unterhautbindegewebe vereinzelte fri-sche,
linsengrosse Blutaustritte.
Dura mater gut gespannt, zart, zu beiden Seiten der Mitte des Sichelblutleiters, besonders links,
Gruppen von kleinen, bis hirsekorngrossen Blutungen. Ebenso an der sonst ganz zarten Innenfläche der
Dura mater, besonders an der Innenfläche der rechten Hälfte. Die inneren Meningen an der Gehirnbasis
sehr zart, blutarm, Gefässe zartwandig, enge; Meningen an der Con\-exität stärker durchfeuchtet, die Venen
mit Blut gefüllt und geschlängelt; Meningen leicht abziehbar. Rinde etwas verbreitert, grauröthlich, das
weisse Marklager sehr weich, von ziemlich spärlichen Blutpunkten durchsetzt. An der oberen Fläche der
rechten Kleinhirnhemisphäre, nahe dem Oberwurm, eine unregelmässig begrenzte, circa guldenstückgrosse
intrameningeale Hämorrhagie. Kleinhirn sehr weich, ebenso Pons und Medulla. Ependym aller Ven-
trikel zart.
1 Vergl. Krankengeschichte II. ,-\. pag. 92.
Bciilfi/jh-s/. IL PiilhoIoiiisili-iiUiünuiiscIicr Bericht. 369
Schädeldach rundlich, asymnietrisch, indem der Unke Scheitelbcinhöcker bedeutend mehr vorragt und
etwas nach aussen und unten verschoben erscheint. .Schädelknochen bis 1 cm dick, Spongiosa fast überall
erhalten, Tabula externa und interna ungefähr 1 ;;/;// dick. Nähte erhalten. .Auch an der Dura mater der vor-
deren Schädelgrube einige kleine Hämorrhagien.
Zwerchfellstand rechts an der vierten Rippe, ebenso links.
Schilddrüse klein, blutarm, gekörnt.
Lymphdrüsen in beiden Subma.\illargruben etwas vergrössert, röthlichgrau, am Durchschnitte stark
durchfeuchtet.
Schleimhaut des weichen Gaumens und des Pharynx trüb-violettroth; beide Tonsillen etwas ver-
grössert, Pfropfe enthaltend, succulent. Schleimhaut des Larynx und der oberen Hälfte der Trachea ziemlich
blutreich.
Linke Lunge frei, in der Pleurahöhle kein pathologischer Erguss; an der Pleura costalis und zwar
ziemlich nahe den Wirbeln und an der Pleura diaphragmatica Ecchymosen; auch an der Pleura der Lunge
vereinzelte; dieselbe sonst glatt und glänzend. Die Lunge fühlt sich lufthaltig, flaumig an, auf dem Durch-
schnitte ganz lufthaltig, ziemlich blutreich; in den Bronchien des Unterlappens glasiger Schleim. An der
rechten Pleura finden sich ganz dieselben Blutungen wie linkerseits; rechte Lunge lufthaltig, etwas gebläht,
im Mittellappen nahe dem vorderen Rande einige atelektatische Herde.
Im Herzbeutel, der ganz zart ist, einige Tropfen klaren, gelben Serums; Epicard über beiden Ventrikeln
mit ziemlich reichlichen bis hanfkorngrossen Ecchymosen übersäet. Herz ziemlich klein, beide Ventrikel
schlaff. In den Herzhöhlen reichliche Fibringerinsel, spärliche Cruormassen. Klappenapparate zart, schluss-
fähig; an der Mitralis eine ganz kleine Blutung. Aorta von entsprechender Weite.
Die Lymphdrüsen an der Bifurcation der Trachea etwas vergrössert, anthracotisch, auf dem Durch-
schnitte im Centrum schwarz, die Rinde grauröthlich, ziemlich saftig.
Leber von entsprechender Grösse und Consistenz, Oberfläche glatt, Farbe graubraun, auf dem Durch-
schnitte ziemlich blutreich, Läppchenzeichnung etwas undeutlich.
Milz ungefähr auf das Doppelte vergrössert, Oberfläche glatt, Consistenz ziemlich derbe, auf dem
Durchschnitte gleichmässig dunkel-blutroth, das grobe Stroma beträchtlich vermehrt, Follikel als graue
Punkte erkennbar, Pulpa fast gar nicht vorquellend, wenig ausstreifbar, wie feinst chagrinirt.
Gallenblase enthält reichliche, dunkle Galle.
Rechte Niere etwas vergrössert, sehr schlaff, Kapsel leicht abziehbar, \-on zahllosen bis hirsekorn-
grossen Blutungen gesprenkelt. Oberfläche der Niere ganz glatt, von zahllnsen stecknadelkopfgrossen
Blutungen durchsetzt. Rinde deutlich verbreitert, gelb und roth gefleckt, von den Pyramiden nicht scharf ab-
gesetzt. Im Gewebe um die Nierenkelche vereinzelte Hämorrhagien, ebenso einzelne bis hanfl'Corngrosse in
der Schleimhaut des Ureters. Auch die linke Niere etwas vergrössert, plumper, schlaffer, sieht von aussen
reichlich dunkel-schwarzroth gesprenkelt aus, indem auch hier zahlreiche Hämurrhagien im Bindegewebe
der Kapsel sitzen. Das Bindegewebe um beide Ureteren sulzig hämorrhagisch inflltrirt, auch in der Schleim-
haut des linken sehr zahlreiche Hämorrhagien.
Harnblase reichlich mit Harn gefüllt, ihre Schleimhaut blutleer.
Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen linkerseits beträchtlich vergrössert und hart, das sie
umhüllende Bindegewebe stark .sulzig und zum Theile hämorrhagisch ödematös, die einzelnen Lymphdrüsen
von einander ziemlich schlecht abgrenzbar. Diese Infiltration setzt sich in gleicher Weise auf die ebenfalls
vergrösserten tiefen Lymphdrüsen fort und nach oben, xnr imd hinter dem Poupart'schen Bande, auf den
Psoas; daselbst erscheint das Bindegewebe reichlich hänn)rrhagisch imd umhüllt Ketten von bis über hasel-
nussgrossen, derben Lymphdrüsen, die sich ziu" linken Seite der unteren Huhlvene nach aufwärts zu fort-
setzen. Die Lymphdrüsen hart, gleichsam miteinander \erwachsen, auf dem Durchschnitte vorquellend, gelb-
roth gesprenkelt, in manchen Antiieilen ganz hämui'rhagisch. in manchen sogar fein gekörnt, reichlich Saft
gebend. In der Wand der Vena iliaca und der Hohlvene bis hinauf an die Leber zahlreiche confluirende
Blutungen (vergl. Tafel VII, Fig. 2),
370 H. Albi't'clil lind A. C/ion,
Die oberflächlichen und tiefen Lymphdrüsen in der rechten Leistengegend vergrössert, isolirt, röthlich,
hart, auf dem Durchschnitte saftig.
hn Magen schvvärzlichgrau gesprenkelte, gallige Schleimmassen, Schleimhaut weisslichgrau, mit zahl-
losen bis hanfkorngrossen Blutungen übersäet. Im Dundenum und im ganzen Dünndarm reichliche gallig-
gefärbte und schleimige Chymusmassen. Im Dickdarm wenig geformte, gallige Fäcalien. Schleimhaut des
ganzen Dickdarms und des Processus vermiformis übersäet von zahllosen punktförmigen Hämorrhagien.
In der linken Achselhöhle eine Gruppe von isolirten, harten, rothen, bis haselnussgrossen Lymph-
drüsen, die auf dem Durchschnitte stark saftig sind; etwas kleinere in der anderen Achselgrube.
Die Lymphdrüsen in der linken Poplitea etwas vergrössert, auf dem Durchschnitte blutreich, diejenigen
der rechten etwas grösser, etwas weniger blutreich.
Die am 9. März (am II. Tage des Spitalaufenthaltes) vorgenommene bacteriologische
Blutuntersuchung ergab eine Reincultur von drei Pestcolonien (sehr geringe Blut-
mengen zur Impfung verwendet).
Bacteriologischer Befund.
L Aussaaten aus der Galle bleiben steril.
2. Aussaaten aus der Milz ergeben eine sehr reichliche Reincultur von Pestcolonien.
3. Aussaaten aus dem Harne zeigen vereinzelte Colonien des Pestbacillus in Reincultur. Im
Condenswasser der Eprouvetten flockiger Satz; die davon angelegten Deckglaspräparate zeigen Pestbacillen
in kürzerer und längerer Kettenanordnung; die Ketten oft scharfwinkelig geknickt. Neben diesen Ketten-
formen auch ungegliederte, kürzere Fäden.
4. In den Aussaaten aus der Niere finden sich sehr reichlich Colonien des Pestbacillus; daneben
drei Colonien von Bacillen der Coligruppe.
5. Aussaaten aus einer linken inguinalen Lymphdrüse ergeben eine reichliche Reincultur
von Pestcolonien.
6. In Deckglaspräparaten einer Lymphdrüse der linken Achselhöhle finden sich massig
reichlich Pestbacillen, meist einzeln liegend, in ovoiden oder länglichen Formen, gut und bipolar tingirt. In
Präparaten mit wässeriger Fuchsinlösung, unter leichtem Erwärmen gefärbt, finden sich an \-ielen Bacillen
deutliche Kapseln.
Die Aussaaten zeigen sehr reichlich Pestcolonien neben einigen wenigen Colonien einer nicht näher
bestimmten Stäbchenart (Verunreinigung).
Histologischer Befund.
\. Lymphdrüsen aus beiden Kniekehlen zeigen mikroskopisch geringe Veränderungen. Kapsel
imd umgebendes Gewebe sind intact, aber über die ganze Lymphdrüse verbreitet findet sich starke Erwei-
terung der Capillaren und Blutgefässe, die prall mit Blut vollgefüllt sind. In den Sinus spärliche rothe Blut-
körperchen, die Sinuszellen gross, ihre Kerne oft gelappt, blass gefärbt, einzelne Fetttrüpfchen im Proto-
plasma nachweisbar. Im Blute der vom Schnitte getroffenen Blutgefässe überall reichliche Pestbacillen und
sehr spärliche in den Sinus nachweisbar.
2. Lymphdrüsen der rechten Axilla zeigen dieselbe hochgradige Blutüberfüllung der Gefässe
und leichte Verbreiterung der Sinus, in denen sehr grosse Zellen mit grossen, blassen Kernen liegen. Der
Befund von Pestbacillen derselbe wie bei 1.
3. Schnitte durch die Dura mater, deren Innenfläche von Hämorrhagien bedeckt war, zeigen,
dass die inneren Schichten derselben von ausgedehnten Blutungen abgehoben sind, so dass oft nur eine
einfache Zelllage die Blutmassen gegen die Pia zu einschliesst. Die oberflächlichen Bindegewebsschichten
überall frei von Blutungen. Innerhalb derselben ein feines Netzwerk von Fibrin, zwischen welchem sich
Beulenpest. IL I\ill!ologisc]i-aualoiuischcv Bericht. 371
zahlreiche polynucleäre Leukocyten finden. Ausserdem linden sich hier sehr zahlreiche typische Pest-
bacillen, zu Häufchen angeordnet oder sehr zerstreut.
4. Die Blutung am Oberwurm des Kleinhirns findet sich in breiter Schichte zwischen
Arachnoidea und Pia, stellenweise ist auch diese von der Gehirnrinde weggerissen.
Überall in der Blutung, ziemlich gieichmässig vertheilt, sehr zahlreiche Pestbacillen.
5. Auch aufschnitten durch eine kleine Blutung im epicardialen Fettgewebe der
hinteren Wand des linken Herz Ventrikels finden sich Pestbacillen. Am Herzmuskel selbst keine
V'eränderungen zu constatiren.
6. Auf Schnitten durch den linken Ureter ist hauptsächlich das ihn einhüllende Binde- und
P'ettgewebe dicht hämorrhagisch infiltrirt, darin eingeschlossen finden sich zahlreiche polynucleäre Leuko-
cyten. Diese Blutungen durchbrechen die Muskelschicht und dringen, spärlicher werdend, bis knapp unter
das Epithel vor, das jedoch überall vollständig erhalten ist. Sie sind sehr reich an Pestbacillen, die in Form
von Diplobacillen oder längerer Ketten ziemlich gieichmässig vertheilt sind.
7. Schnitte durch die linke Nebenniere zeigen ausser hochgradiger Erweiterung sämmtlicher
Blutgefässe und Blutüberfüllung derselben nichts Pathologisches. In denselben zahlreiche Pestbacillen ent-
halten und zwar so, dass sie in jedem Capillarrohr reichlich nachweisbar sind.
8. Niere. Die Kerne der Epithelien färben sich im Allgemeinen ziemlich gut, das Protoplasma deutlich
granulirt, dichte Tröpfchen enthaltend. Im Lumen der Harncanälchen, die erweitert sind, fädige oder fein
granulirte Massen, stellenweise auch Blut. Die Blutgefässe überall erweitert, die Glomeruli sehr gross,
zwischen ihnen und der Bowman'schen Kapsel hie und da Blutaustritte. Solche finden sich auch zahlreich in
der fibrösen Nierenkapsel. In allen Blutungen und in allen Blutgefässen, auch in den Schlingen
der Glomeruli, Pestbacillen nachweisbar, keine in den von Blutungen freien Harnkanälchen.
9. Milz. Die Pulpa ist durchsetzt von zahlreichen polynucleären Leukocyten und Blutmassen, die
wandungslos die Pulpa durchsetzen. Von Endothelien ausgekleidete Pulparäume vielfach nicht nachweisbar.
Dagegen finden sich zwischen dem ausgetretenen Blute grosse protoplasmareiche, ganz epithelähnliche
Zellen mit stark geblähtem Kern; dieselben kleiden auch die erweiterten Pulparäume aus. Stellenweise
sieht man kleine Herde aus homogenen Bröckeln, groben Granula oder Balken bestehend, in deren Umgebung
stark blau gefärbte Körnchen liegen und die die Grösse von Querschnitten kleiner Arterien haben. Auf mit
Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man die ganze Milz gieichmässig infiltrirt von Pestbacillen, die nur
in den Follikeln etwas spärlicher liegen. Sie stellen Diplobacillen oder längere kettenartige Fäden vor und
zeigen sehr häufig bipolare Färbung. Auch rundliche coccenähnliche oder grössere, blässer gefärbte wie
gebläht aussehende Formen finden sich.
Epikrise.
Die oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen der linken Seite sind zu einem grossen hämor-
rhagischen Paquet vereinigt und bilden zweifellos nach der Schwere ihrer Veränderungen und nach der
ihrer Umgebung den primären Bubo; im Zusammenhange mit ihm finden sich auch die retroperitonealen
Lymphoglandulae iliacae et lumbales, besonders links, stark medullär geschwdllen und zum Theile hämor-
rhagisch. Ähnliche, aber geringere Veränderungen finden sich an den secundär und \-or\viegend auf dem
Wege der Blutbahn inficirten Lymphdrüsen der rechten Inguinalgegend und beider Achselhöhlen, und
ebenso auch in kleinen Lymphdrüsen beider Kniekehlen. In der Umgebung des primären Bubo finden sich
ausgebreitete Blutungen in der Venenwand und ausserdem kleinere, mehr oder weniger zahlreiche in der
Haut der oberen Extremitäten und des Thorax, in den weichen Schädeldecken, in der Dura mater, eine
grössere intermeningeale Hämorrhagie über dem Kleinhirn, in der Pleura und dem Epicard, in der Nieren-
rinde und -Kapsel, in der Wand des Nierenbeckens und Ureters, in der Schleimhaut des Magens und Dick-
darms. Histologisch lassen sich mit Sicherheit in allen Blutungen und im Lumen aller
erweiterten Gefässe Pestbacillen nachweisen. In der Milz finden sich kleine nekrotische Herde
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. LXVI. Bd. '*■'
372 II. Albrecht und A. Ghon,
und massenhaft Peslbacillcn. Culturen ergeben reichliche Colonien vnn Pesthacillen aus der Milz, aus der
Niere und aus Lj'mphdrüsen der linken Leistengegend und der linken AchselhTihle in Keincultur. Auch im
Urin sind Pesthacillen cullui-cll nachweisbar.
Fall 28/XVI.
Rania Mahadu,^ 25jährit;cr Hindu, Begari, wurde am 11. März um 4 Uhr Nachmittags, am II. Krank-
heitstage, ins Spital aufgenommen und starb am 12. März um 5 Uhr 15 Minuten Nachmittags, am III. Krank-
heitstage. Die Section wurde am \?>. März um 9 Uhr Vormittags (ungefähr 16 Stunden post mortem) \'or-
genommen.
Männliches Cadaver, ziemlich faul, Körper 164r;;/ lang, von gracilem Knochenbau, massig entwickelter
Musculatur, schlecht genährt; Todtenstarre vorhanden, Todtentlecke reichlich an den abhängigen
Kiirperpartien.
Gesicht etwas gedunsen. Hornhäute etwas getrübt, Conjunctiven blutleer, Mundschleimhaut desgleichen.
In den Gruben am Halse keine Drüsen tastbar, auch nicht in den Achselhöhlen. Thorax entsprechend lang,
breit, gut gewölbt, symmetrisch.
In der Mitte der Palma der rechten Hand ein rundliches, linsengrosses, im Centrum mit Boi'ken
bedecktes, vernarbtes und ausgeheiltes Geschwür.
Die Haut des Abdomen etwas eingesunken und schlaff. Über beiden Poupart'schen Bändern alte, ganz
oberflächlich sitzende Hautnarben.
An der Vorderseite beider Oberschenkel finden sich kleine, eingetrocknete, borkige Excoriationen oder
vertrocknete und aufgekratzte Haarfollikel. In beiden Kniekehlen nichts tastbar, an den rissigen Sohlen
oberflächliche Hautnarben.
Die rechte Leistengegend etwtis prominent, die Haut fühlt sich über derselben etwas dicker an, und
entsprechend der Mitte des Poupart'schen Bandes sind über haselnussgrosse, harte, nicht scharf abgrenz-
bare Lymphdrüsen tastbar.
Die weichen Schädeldecken fett- und blutarm; Schädeldach länglich oval, symmetrisch, 18% cw im
langen, \2 cm im breiten und im Umfange 51 cm messend. Schädelknochen bis fast 1 cm dick, Spongiosa
überall erhalten, Tabula externa und interna nirgends verdickt, die Furchen und Gruben an der Innenseite
der letzteren seicht. Im Sichelblutleiter geronnene Blutmassen.
Dura mater gespannt, durchscheinend, zart. Leptomeningen an der Basis zart, blutarm. Gefässe zart-
wandig, enge. Meningen an der Convexität etwas stärker durchfeuchtet, Rinde röthlichgrau. Das weisse
Marklager sehr weich, von reichlichen Blutpunkten durchsetzt. Ventrikel ziemlich enge, etwas klares Serum
enthaltend. Stammganglien normal gebildet, ebenso wie Kleinhirn, Pons und Medulla, blutarm und stark
durchfeuchtet.
Zwerchfellstand beiderseits am unteren Rande der vierten Rippe.
Zähne gesund, alle erhalten.
Schilddrüse klein, gekörnt, ziemlich blutarm.
Die Lymphdrüsen in beiden Submaxillargruben vergrössert, isolirt, ziemlich derbe; das Bindegewebe
um dieselben nicht verändert, auf dem Durchschnitte succulent, gelblich-röthlich gesprenkelt.
Schleimhaut des Pharynx und des weichen Gaumens etwas geröthet, beide Tonsillen gross, geschwollen,
reichliche Pfropfe enthaltend, auf dem Durchschnitte grauröthlich, sehr saftig. Ebenso die Follikel am
Zungengrund, die sie bedeckende Schleimhaut wenig geröthet. Schleimhaut des Larynx und des oberen
Theiles der Trachea nicht verändert.
Linke Lunge frei, für das Gefühl vollständig lufthaltig und flaumig, auf dem Durchschnitte blutreich,
wenig ödematös, Pleura glatt, glänzend; in den Bronchien nichts Pathologisches.
1 Vergl. Krankengeschichte 11. ,\. pag. 1 10.
Beiilenpest. IL Pathologisch-aiialomischer Bericht. 373
Ductus thoraciciis nicht erweitert.
Rechte Lunge ebenfalls ganz frei, ebenso flaumig mit Ausnahme einer circa guldensti.ickgrossen, derb
infiltrirten Stelle an der hinteren Seite des Unterlappens. Pleura darüber glatt, glänzend. Das Lungengewebe
ergibt auf dem Durchschnitte denselben Befund wie linkerseits. Schleimhaut der Bronchien etwas geröthet
und von Schleim bedeckt. Dem früher beschriebenen derben Herde im Unterlappen entspricht auf
dem Durchschnitte kein entzündliches Infiltrat, vielmehr erscheint das Lungengewebe coUabirt, sehr
blutreich.
Herzbeutel zart, in ihm ungefähr zwei Esslöffel klaren, gelben Serums enthalten. In den Herzhöhlen
ziemlich reichliche Gerinsel.
Die Tricuspidalis blutig imbibirt, im Übrigen die Klappenapparate zart und schlussfähig. An der Intima
der Aorta kleine, erhabene, gelbliche Verdickungen. Herzfleisch fest.
Leber etwas vergrössert, ihre \-orderen Ränder etwas plumper, Oberfläche des rechten Lappens ganz
glatt, die des linken ziemlich fein granulirt. Die Consistenz etwas vermindert, auf dem Durchschnitte massig
blutreich, Schnittfläche deutlich granulirt, die Granula ziemlich gleich gross, das Bindegewebe zwischen
ihnen eingesunken, die einzelnen Läppchen bräunlichgelb gefärbt, sehr gut isolirbar, bis über hanfkorngross.
Gallenblase massig mit lichter, dünner Galle gefüllt.
Milz auf das Doppelte vergrössert, Consistenz für den tastenden Finger nur etwas weicher. Auf dem
Durchschnitte quillt die zerfliessend weiche Pulpa reichlich vor.
Rechte Niere in serös durchtränkte?., blutig imbibirtes Bindegewebe gehüllt. An der Oberfläche sieht
man zerstreute, nicht scharf begrenzte, weissliche Herde, die auf dem Durchschnitte theils ebenso beschaffen
sind, theils einen hämorrhagischen Hof und ein hirsekorngrosses, weisslichgeibes Centrum besitzen; theils
finden sich grössere Hämorrhagien an der Oberfläche. Die Niere ist beträchtlich geschwollen, am Durch-
schnitte die Farbe erbleicht. Derselbe Befund in der linken Niere. Beide Ureteren ebenso in blutig-seröses
Bindegewebe gehüllt.
In der Harnblase ziemlich reichlicher klarer, gelblicher Harn.
Die oberflächlichen und tiefen rechtsseitigen inguinalen Lymphdrüsen alle geschwollen, zu einem
hühnereigrossen Paquet vereinigt, die einzelnen noch abgrenzbar. Auf dem Durchschnitte theils hämor-
rhagisch, theils röthlich -gelblich gesprenkelt, vorquellend, reichlich Saft gebend. Das Bindegewebe
um die tiefen inguinalen Lymphdrüsen unter dem Poupart'schen Bande stark ödematös
und hämorrhagisch, die Lymphdrüsen selbst ebenfalls hämorrhagisch.
Auch die inguinalen Lymphdrüsen der anderen Seite in analoger Weise verändert, aber nicht so
geschwollen.
Ebenso die retroperitonealen Lymphdrüsen zur Seite der grossen Gefässe (Lymphoglandulae iliacae et
lumbales). Eine tiefe Lymphdrüse der rechten Poplitea etwas vergrössert, blassgelblich, ziemlich hart.
Die ganze Synovia des rechten Kniegelenkes lebhaft, diffus geröthet, die Synovialflüssigkeit etwas
\ermehrt.
Die Lymphdrüsen beider Axillargruben sämmtlich beträchtlich vergrössert, ziemlich flach, blauroth, auf
dem Durchschnitte blutreich, saftig.
Im Magen massig reichliche schleimige, kaffeesatzähnliche Flüssigkeit. Die Schleimhaut zeigt leicht
ausgebildetes Etat mamellonne und ist übersäet von zahllosen punktförmigen Hämorrhagien. Im Dünn- und
Dickdarm nichts Pathologisches.
Pankreas gekörnt, ziemlich derbe.
Die mesenterialen Lymphdrüsen leicht \'ergrössert, auf dem Durchschnitte graiu-oth, etwas saftiger.
Die am 12. März, am 11. Krankheitstage, \-orgenomme ne bacteriologische Blutunter-
suchung ergibt reichliche Colonien des Pestbacillus, daneben in bedeutend geringerer
Anzahl Streptococcencolonien.
49*
374 H. Albrecht und A. Ghon,
Die hactcriologische Untersuchuni; des mit Blut untermen.qtcn Sputum ergibt cuitureil i<eine Pest-
colonien. Miknisicopisch wurde dasselbe niclit untersucht. Eine weisse Maus, der O'l cm' subcutan
injicirt wuixie, war nach einem i\h)nate n(_)cli vollständig gesund.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckgiaspräparate aus ei ner L ym phd rüse der linken H alsseite zeigen wenig zahlreich
Pestbacillen, meist einzeln, seltener als Diplobacillen liegend, von ovoider oder länglicher Form, V(jr\viegend
gut und bipolar tingirt; etwas zahlreicher finden sich Coccen als Diplo- und Streptococcen.
2. Im See rat der rechten Tonsille finden sich mikroskopisch neben reichlichen Mengen von
Bacillen verschiedener Form und Grösse zahlreich Coccen als Diplococcen, in kürzeren und längeren Ketten,
seltener in kleineren und auch grösseren Häufchen angeordnet; spärlich typische, einzeln liegende
Pestbacillen.
Die Aussaaten ergeben reichlich Colonien des Staphylococcus pyogenes aureus und albus und in
ziemlich gleicher Anzahl solche des Streptococcus pyogenes.
Pestcolonien sind nicht auffindbar.
3. In Deckglaspräparaten vom Milzsafte finden sich ziemlich reichlich Pestbacillen, einzeln
oder als Diplobacillen, meist von ovoider oder länglicher Form und gut, bipolar tingirt, spärlicher in kleineren
und grösseren, rundlichen, blass gefärbten Formen: in geringerer Anzahl Coccen als Diplo- und
Streptococcen.
Die Aussaaten ergeben reichlich und ausschliesslich Colonien des Streptococcus pyogenes.
4. Die Nierenherde zeigen mikroskopisch wenig zahlreich Coccen als Diplo- und Streptococcen,
vereinzelt typische Pestbacillen.
In den Aussaaten finden sich reichlich Colonien des Streptococcus pyogenes.
5. Eine erweichte Inguinaldrüse der rechten Seite zeigt mikroskopisch und cuitureil den-
selben Befund wie 4.
6. Im Safte einer linken Achseldrüse finden sich mikroskopisch neben spärlich x'orhandenen
Diplococcenformen vereinzelt typische Pestbacillen.
Die Aussaaten davon bleiben steril.
Histologischer Befund.
1. Oberflächliche inguinale Lj'mphdrüse von rechts. Das die Lymphdrüse umgebende Binde-
und Fettgewebe, sowie ihre fibröse Kapsel nicht verändert. Capillaren und Gefässe stark erweitert, manche
kleine Arterien etwas dickwandiger, ebenso die bindegewebigen Septa verbreitert, stellenweise aus zellarmem
Bindegewebe bestehend. Die Sinus sehr schmal, spärliche mononucleäre Leukocyten enthaltend. Die Follikel
gross, besonders ihre Keimcentren, die sehr locker gefügt sind. Schon bei schwacher Vergrösserung sieht
man einzelne kleine Blutgefässe durch einen Embolus verstopft, der, bei starker Vergrösserung betrachtet,
aus Ketten von Streptococcen besteht. Solche finden sich auch zu langen Ketten ausgewachsen in grösseren
Arterien. Die kleinen, embolisirten Gefässe eingescheidet von polynucleären Leukocyten. Pestbacillen nur
sehr spärlich auffindbar.
2. Lymphdrüse aus der rechten Axilla. Dieselbe ergibt ganz denselben histologischen Befund wie
die vorstehende. An beiden von den Schnitten getroffenen Lymphdrüsen fällt das Fehlen der grossen
geschwollenen, epithelähnlichen Zellen in den Sinus auf. Auch hier finden sich kleine Arterien oder
Capillaren oft ganz vollgefüllt von .Streptococcen, in grösseren Gefässen lange Ketten und ganz vereinzelte,
sehr spärliche Pestbacillen, die sich sehr schwach färben und sehr stark geblähte Form besitzen.
3. Rechte Tonsille. Der epitheliale Überzug derselben vollkommen erhalten. Das adenoide
Gewebe ungemein zellreich, überall herrscht die mononucleäre Form der Zellen vor. Die erweiterten
Gefässe mit Blut vollgefüllt; in zahlreichen kleineren das Lumen ganz oder theilweise ausfüllende Pfropfe
\-on Coccen (entweder zu Haufen oder in Ketten angeordnet). Daneben finden sich im Blute der
Beulenpest. II. Paflioloi^isch-anatoinischcr Bericht. 375
Gefässe sehr spärliche Pestbacillen, im adenoiden Gewebe ebenfalls sehr vereinzelte blass gefärbte,
rundliche Gebilde von dem Aussehen degenerirter Pestbacillen, die meist intracellulär gelagert sind.
4. Schnitte durch Follikel des Zungengrundes zeigen die analogen Veränderungen wie die
Tonsille. Auch hier finden sich neben Coccen in Häufchen- oder Kettenform spärliche Pestbacillen in den
Blutgefässen in Häufchen zu 5—10 angeordnet.
5. Lymphdrüse von der linken Halsseite. Dieselbe zeigt ebenfalls im Ganzen dasselbe Bild
wie die L\-mphdrüse aus der rechten Inguinalgegend. Nur sind hier einige der Sinus etwas erweitert, mit
wenigen epithelähnlichen Zellen und mit massig reichlichen rothen Blutkörperchen angefüllt. In vielen kleinen
Gefässen Embolien grosser Mengen von Streptococcen, daneben auch spärliche Pestbacillen typischer Form
nachweisbar. Ebensolche äusserst spärliche in den Sinus, meist stark gebläht aussehende, schwach
tingirte Formen.
6. Milz. Die Milzpulpa ganz gieichmässig von zumeist polynucleären Leukocj'ten infiltrirt, so dass
die sogenannten Pulparäume nirgends abgrenzbar sind. Dazwischen rothe Blutkörperchen in massiger
Anzahl und kleinere Hämorrhagien. Bei stärkerer Vergrösserung sieht man, dass die polynucleären Leuko-
cyten die gewöhnliche Form besitzen, also rundliche Zellen mit 3 oder 4 Kernen sind und dass unter ihnen
zahlreiche sich finden mit einem grossen, blass gefärbten, runden oder gelappten Kern, der vielfach in 2 oder
3 getheilt ist. Die Follikel gross, zellreich, auch in ihnen grosse, epithelähnliche Zellen mit grossem, bläschen-
förmigen Kern enthalten. Multipel über den ganzen Schnitt zerstreut, hauptsächlich an der Peripherie der
Follikel, finden sich schon bei schwacher Vergrösserung runde Häufchen von Bacterien, die dem Lumen
kleiner Arterien entsprechen und von einem dichten Leukocytenwall umgeben sind. Bei starker Ver-
grösserung sieht man dichtgedrängte Ketten von Streptococcen, die entweder das Lumen der Seitenäste
der Follikelarterien oder Capillargefässe ausfüllen. Daneben sieht man überall in der Pulpa häutig
intracellulär gelagerte Pestbacillen, die entweder blass bipolar gefärbte, kurze, ovoide Stäbchen oder
grössere, rundliche, sehr blasse Gebilde vorstellen. Daneben auch in der Pulpa kleinere Häufchen von
Streptococcen.
7. Niere. Die Harncanälchen, besonders der Rinde, enveitert, ihre Epithelien vielfach sehr niedrig oder
unförmlich, deutlich nachweisbare Fetttröpfchen enthaltend. Im Lumen fein granulirte oder tröpfchenähnliche
Massen. Die Glomeruli sehr gross, ihre Gefässschlingen zum Theile mit Blut gefüllt, zum Theile enthalten
sie glänzend roth gefärbte, schollige, granulirte oder balkenähnliche ALassen, die thrombenähnlich das Lumen
ausfüllen. An einzelnen Stellen — den makroskopisch weisslich, nicht scharf begrenzt aussehenden Herden
entsprechend — findet sich ein zumeist aus Epitheloid- oder Spindelzellen bestehendes Granulations-
gewebe, das oft Herde \-on mononucleären Leukocyten einschliesst und knötchenartige Centren begrenzt,
wo sich Riesenzellen oder beginnende Verkäsung finden. Das Granulationsgewebe zieht sich an der Peri-
pherie vielfach zwischen erhaltene Harncanälchen hinein. In seiner Umgebung vielfach Blutaustritte. .Ausser-
dem findet sich das Lumen vieler kleiner Gefässe und Capillaren verstopft durch einen Embolus, der aus
dicht liegenden Ketten von Streptococcen besteht. Pestbacillen lassen sich nur in geringer Anzahl in ein-
zelnen Harncanälchen nachweisen, meist haben sie die rundliche, schwach gefärbte Form.
8. Leber. Die Glisson'sche Kapsel verbreitert, reichlich kleinzellig infiltrirt, begrenzt in normaler
Anordnung die ziemlich grossen Läppchen. Die Leberepithelien gross, enthalten reichlich mittelgrosse Fett-
tröpfchen und sehr blass gefärbte Kerne. In den grösseren Gefässen und Capillaren zahlreiche Strepto-
coccen und geringe Mengen von Pestbacillen.
Epikrise.
In dem vorliegenden Falle finden sich die dem primären Bubo zukommenden Veränderungen
an den Gruppen der rechten tiefen inguinalen Lymphdrüsen, und es ist die Infection zweifellos
\'on der dieser Lymphdrüsengruppe zugehörigen Hautregion erfolgt. (.Schwellung und Hämorrhagien der
Lj'mphdrüsen und starke ödematös-hämorrhagische Durchtränkung ihrer Umgebung.) Einfache Schwellung
oder Hyperämie zeigen die Lymphdrüsen der linken Leistengegend, der rechten Kniekehle, beider Axillen,
376 H. Albrechl und A. Ghon,
der Gruben des Halses, die Tonsillen und die Follikel am Zungcnyrunde. Jedoch erscheint der Fall dadurch
complicirl, dass eine Misch infection, durch den Streptococcus pyogenes bedingt, vorliegt.
Was zunächst die Eingangspforte für denselben betrifft, so lässt sich nichts mit Sicherheit ermitteln;
\-ielleicht ist dieselbe — trotz des Fehlens eines entsprechenden makroskopischen und mikroskopischen
Befundes — doch in die Tonsillen zu verlegen, da wir in einer Reihe von Fällen gerade den Einbruch des
Streptococcus daselbst finden konnten. Histologisch und bacteriologisch steht jedenfalls die
Streptococcensepticämie im V^ord ergrunde.
In allen untersuchten Organen lassen sich ausserordentlich reichliche Streptococcenembolien nach-
weisen und nur sehr spärliche Pestbacillen im Blute, reichlichere in der iMilz. Es macht den Eindruck, als
wäre die Pestsepticämie unter der Überschwemmung des Körpers durch Streptococcen unterdrückt worden.
Die Pestbacillen zeigen überall ausgesprochene Degenerationsformen. In der Milz fällt der Reichthum an
polynucleären Leukocyten auf, in der Niere finden sich homogene, thrombenähnliche Massen in den
Gefässschlingen der Glomeruli, welche spärliche Pestbacillen einschhessen. In den Lymphdrüsen treten die
Hämorrhagien, die Erweiterung der Sinus und der Befund von zahlreichen, rothen Blutkörperchen, poly-
nucleären Leukocyten und von den grossen, epithel ähnlichen Zellen in den Hintergrund; dagegen finden
sich die Keimcentren gross imd wie aufgelockert.
Die weisslichen Herde in der Niere entsprechen Tuberkelknötchen. Auf Deckglaspräparaten aus
einer Lymphdrüse von der linken Halsseite, der rechten Tonsille, der Milz und Niere, aus einer rechts-
seitigen Inguinaldrüse und einer Lymphdrüse der linken Axilla lassen sich überall spärliche Pestbacillen und
reichlichere Streptococcen nachweisen. Die Culturen ergeben nur Reincultur von Streptococcen. Die bacte-
riologische Blutuntersuchung, am Tage ante mortem ausgeführt, ergibt culturell ein
umgekehrtes Verhältniss wie oben, nämlich mehr Pest- als Streptococcencolonien, und
gerade dieser Umstand spricht unseren Erfahrungen gemäss für die später erfolgte Streptococceninfection,
Fall 29/XVni.
Rtigha Gangha, 55jähriger Hindu, Hamal. Ins Spital aufgenommen am 15. März, am X. Krankheitstage,
gestorben am 16. März, am XI. Krankheitstage, um 1 Uhr 30 Minuten Nachts.
Section am selben Tage um 9 Uhr 30 Minuten Vormittags, 8 Stunden post mortem.
Körper 162 cm lang, von massig kräftigem Knochenbau, schwacher Musculatur, schlecht genährt.
Todtenflecke reichlich, diffus an den abhängigen Körperpartien. Todtenstarre zum Theile noch erhalten.
Cornea etwas getrübt, Pupillen mittelweit, beiderseits gleich weit, Conjunctiven weiss; Mundschleim-
haut sehr blutarm, alle Zähne gesund und erhalten. Hals lang, schlank, in seinen Gruben keine Drüsen
tastbar. In der rechten Axilla ein längliches, ungefähr taubeneigrosses, hartes, verschiebliches Lymph-
drüsenpaquet tastbar. Ein etwas kleineres, ähnlich beschaffenes in der linken Axilla. An der Streckseite des
ersten Phalangealgelenkes des linken Zeigefingers eine hantlcorngrosse, vertrocknete Excoration. Thorax
von entsprechender Dimension, symmetrisch, gut gewölbt, Abdomen im Niveau des Thorax, Bauchdecken
schlaff. In beiden Leistengegenden erscheint die Haut flach vorgewölbt und zwar in einer Strecke, die ober
dem Poupart'schen Bande beginnt und sich über das obere Drittel des Oberschenkels hinaus erstreckt. Die
Haut in dieser Gegend stark verdickt, fast gar nicht faltbar, wie an der Unterlage fixirt. Links erscheint auf
der Höhe dieser Geschwulst die Epidermis in Fetzen ablösbar. Der Tumor der linken Seite fast hühnerei-
gross, aber sowohl nach oben als nach unten nicht scharf abgrenzbar, derbe, leicht knollig. Der Tumor in
der rechten Leistengegend beträchtlich grösser, die ebenso diffuse Geschwulst reicht
hier weiter nach abwärts und lässt sich in Form von harten, knolligen Geschwülsten drei
Finger breit über das Poupart'sche Band hinauf abtasten, wo sie sich gegen die Tiefe zu
verliert. Am äusseren Genitale nichts Auffallendes. Die Haut der rechten Kniekehle fühlt sich etwas dicker
an als die der linken. An den unteren Extremitäten keine Ödeme. In der Gegend des rechten Malleolus
externus, schon am Fussrücken, eine ganz oberflächlich sitzende, vertrocknete Excoriation.
Beulenpesl. IL PathoJogisch-anatouüsclicr Berichf. 377
Die weichen Schädeldecken fett- und blutarm, Schädeldach läng1ich-o\'al, im Längsdurchmesser 17^/2 cm,
im queren 1 1 '/ä <^'", 49 cm im Umfange messend, symmetrisch, Schädelknochen im Allgemeinen dünn, bis
zu 4 mm dick. Diploe erhalten. Innenfläche des Schädeldaches glatt, glänzend. Alle Nähte erhalten.
Dura mater gespannt, wenig blutreich, sowohl an der Aussen- als an der Innenfläche glatt, glänzend.
Im oberen Sichelblutleiter geringe Mengen von Fibringerinsel. Leptomeningen an der Convexität ziemlich
stark ödematös, sulzig, weisslich getrübt, an den Occipitallappen blutig imbibirt, von massigem Blutgehalt. Die
inneren Meningen an der Basis ebenfalls ödematös, jedoch in leichterem Grade, verdickt, Gefässe zartwandig.
Rinde gleichmässig breit, grauröthlich. Das weisse Marklager teigig, von ziemlich reichlichen Blutpunkten
durchsetzt. Seitenventrikel und der dritte Ventrikel nicht erweitert, geringe Mengen klarer Flüssigkeit ent-
haltend, ihr Ependym glatt und zart. Den gleichen Befund ergibt der vierte Ventrikel. Kleinhirn und Pons
etwas ödematös. Stammganglien zeigen keine pathologischen Veränderungen.
Schilddrüse klein, wenig blutreich, gekörnt.
Die Lymphdrüsen an der rechten Seite des Halses (zu beiden Seite der grossen Gefässe) nicht \-er-
ändert; an der linken Seite erscheinen diese im Allgemeinen vergrössert, von dunklem Aussehen auf dem
Durchschnitte sehr succulent und dunkelroth gefärbt. Einige derselben, und zwar in der linken Regio sub-
maxillaris, sind erweicht, lassen von ihren Schnittflächen breiigen, gelblich aussehenden Saft abstreifen.
Zwei kleinere Lymphdrüsen, unmittelbar an der linken Submaxillaris gelegen, entleeren auf Druck eine
geringe Menge gelblich-blutigen Saftes. Beide Tonsillen erscheinen stark geschwollen und sind an ihrer
Oberfläche etwas mehr geröthet, dabei auf Druck reichliches, gelbliches Secret entleerend. Auf dem Durch-
schnitte erscheint ihr Gewebe succulent, zum Theile stärker injicirt, zum Theile von gelblichen Streifen
durchsetzt. Die Follikel an der hinteren Pharynxwand sind stark geschwollen, prominent, zum Theile distinct
stehend, zum Theile confluiren dieselben; die grössten bis über linsengross, an ihrer Oberfläche zum Theile
schon geringe Substanzverluste zeigend, auf ihrem Durchschnitte succulenter, roth und gelb gesprenkelt.
Die Balgdrüsen am Zungengrunde, namentlich die der rechten Seite, ebenfalls stark geschwollen und
prominent, sonst im Allgemeinen dasselbe Aussehen zeigend wie die Follikel an der Pharynxwand, nur sind
sie zum Theile ganz weich, wie zerfliesslich. Uvula etwas dicker und stärker geröthet. Die übrige Pharynx-
schleimhaut röthlich-violett gefärbt, etwas succulent. Schleimhaut des oberen Theiles des Ösophagus, des
Larynx und des oberen Theiles der Trachea wenig blutreich.
Linke Lunke völlig frei, ihr Pleuraüberzug glatt, glänzend und zart. Am unteren Theile des Unter-
lappens, und zwar auf beiden Flächen, erscheint die Pleura durch zahllose kleinste, bis stark stecknadelkopf-
grosse Knötchen vorgewölbt, die in ihrem centralen Antheile gelblich erscheinen, in ihrer Peripherie hellroth.
Diese Knötchen sitzen jedoch nicht in der Pleura, sondern überall reichlich im Lungengewebe und sind auf
ihrem Durchschnitte aus einer gelblichweissen, weichen Masse zusammengesetzt. Nur an der unteren Fläche
des Unterlappens springt ein grösserer, sonst aber ähnlich beschaffener Herd hervor. Oberlappen in seinen
vorderen Partien gebläht, am Durchschnitt ziemlich reichliche blutige Flüssigkeit entleerend. Unterlappen
stärker blutreich, aus den Bronchien beider Lappen schleimig-eiteriges Seci'et hervorquellend. Rechte Limge
ebenfalls frei, Pleura glatt, zart. Ober- und Mittellappen gebläht, am Durchschnitte ödematös, Unterlappen
blutreicher, namentlich in den hinteren Partien, weniger lufthaltig daselbst, über diesen Partien die Pleura
etwas eingesunken, das Gewebe weniger lufthaltig und in seinem unteren Theile ebenso reichlich von den-
selben kleinen, knötchenförmigen Herden durchsetzt wie der Unterlappen der anderen Seite.
Im Herzbeutel geringe Mengen klarer Flüssigkeit. Pericard zart. Herz nicht vergrössert, sein epicardialer
Überzug glatt, fettarm, an der hinteren Fläche des linken Ventrikels kleinste Blutungen zeigend. Herzfleisch
gelbbraun, etwas brüchiger, alle Klappenapparate vollständig zart und schlussfähig. Intima der Aorta
ziemlich reichlich \"on gelben, opaken, prominenten, verschieden grossen Flecken durchsetzt.
Die Lymphdrüsen an der Bifurcation wenig geschwollen, anthracotisch, auf ihrem Durchschnitte
succulenter und stärker geröthet.
Der untere Theil der Trachea zeigt stärker geröthete Schleimhaut; die des unteren Theiles des Öso-
phagus postmortal erweicht.
378 H. Albrecht und A. Ghoii,
Milz vergrössert, 1 1 -5 o;/ lang', 9 rj« breit und bis zu 4 '5 c»» dick, ihre Kapsel zart, glatt, auf dem
Durchschnitte die Pulpa in massig reichlichem Grade vorquellend, durchsetzt von etwas stärker hervor-
tretenden, grauroth gefärbten Follikeln. Consistenz der Milz weich, zum Theile zerfliesslich.
Leber vergrössert, ihre vorderen Ränder plumper, ihr Kapselüberzug glatt, glänzend, Oberfläche glatt,
(_'onsistenz brüchig, auf dem Durchschnitte mehr gleichmässig gelbbraun gefärbt, dabei die acinöse Structur
undeutlich hervortretend und von massig reichlichem l^lutgehalte. Gallenblase ziemlich prall gefüllt mit
dunklei' Galle, keine pathologischen Veränderimgen zeigend.
Nebennieren ohne besondere Veränderung.
Beide Nieren geschwollen, ihre Kapsel zart, glatt, leicht abziehbar. Oberfläche der Nieren sehr blutreich,
auf dem Durchschnitte das Parenchym vorquellend, Rinde verbreitert, reichlich von hellrothen Streifen durch-
setzt. Glomeruli dabei stärker hervortretend, allenthalben in der Rinde kleinste, nur ausnahmsweise bis
stecknadelkopfgrosse Hämorrhagien. Pyramiden blässer, .Schleimhaut des Beckens und der Kelche stärker
injicirt. .Schleimhaut der Ureteren im oberen Antheile geschwollen, auch von kleineren Blutungen durch-
setzt. Harnblase prall gefüllt mit klarem Urin. Schleimhaut blutarm.
Die Lymphdrüsen der rechten Inguinalgegend, und zwar sowohl die oberflächlichen als die tiefen, sind
beträchtlich geschwollen und vergrössert (von Haselnuss- bis Wallnussgrösse), weicher, auf ihrem Durch-
schnitte im Allgemeinen von röthlich-grauem Aussehen, succulent, an einzelnen Stellen dunkelrothe, unregel-
mässig begrenzte Partien zeigend, an anderen wieder etwas consistenter, gelblich gefärbt. Das Gewebe um
die Drüsen herum gelockert, von röthlich-grauem oder mehr gelblichem Exsudat infiltrirt. Die Lymphdrüse
hinter dem Poupart'schen Bande, medial von der Vena femoralis über wallnussgross, zeigt im Allgemeinen
dasselbe Aussehen, nur ist sie stärker erweicht. Das sie bedeckende Peritoneum und das ihrer
Umgebung von gelblich aussehenden, zarten Exsudatmembranen bedeckt. Auch die in den
abhängigen Partien der Bauchhöhle in geringer Menge vorhandene Flüssigkeit ist getrübt. Auf dem
Durchschnitte quillt aus der eben beschriebenen Drüse in reichlicher Menge röthlicher oder graugelber Saft
hervor.
Die inguinalen Lymphdrüsen der linken Seite im Allgemeinen dieselben Veränderungen zeigend, nur in
geringerem Grade. Die tiefe inguinale Drüse medial von der Vena femoralis ist in gleicher Weise erweicht.
Auch das umgebende Bindegewebe ist in derselben Weise verändert wie das der anderen Seite. Beide Venae
iliacae und die Vena cava inferior sind an ihrer Innenfläche frei von Veränderungen.
Die retro-peritonealen Lymphdrüsen (Lymphoglandulae iliacae et lumbales) erscheinen durchaus \'er-
grö,ssert, geschwollen, oft noch distinct stehend, oft zu Paqueten vereinigt, auf ihrem Durchschnitte
succulent, morsch, gelblich-weiss und roth gesprenkelt.
Magen von massig reichlichen, dunkel gefärbten, flüssigen Massen gefüllt. Seine Schleimhaut leicht
verdickt, etwas gelockert, wenig blutreich, hn Duodenum geringe Mengen schleimigen, gallig gefärbten
Inhaltes, in der Schleimhaut des oberen Querstückes an der hinteren Fläche in einem begrenzten und zwar
etwas über guldenstückgrossen Bezirke kleinste, hellrothe, punktförmige Hämorrhagien. Im Jejunum
und Ileum massig reichliche Mengen dünnen, gallig gefärbten Inhaltes; Schleimhaut derselben blutarm. Im
Dickdarm reichliche Mengen von breiigen, gallig gefärbten Fäces; Schleimhaut blutarm und ohne Ver-
änderungen.
Die mesenterialen Lymphdrüsen, namentlich an der Radix, allenthalben vergrössert, meist distinct
stehend, die grössten bis klein nussgross, auf ihrem Durchschnitte ein weiches, gelblich-weisses, abstreif-
bares Gewebe zeigend, wenig blutreich.
Die Achsellymphdrüsen der rechten Seite sind zu einem kleineigrossen Paquet vereinigt, das auf seinem
Durchschnitte deutlich vergrösserte, deutlich abgegrenzte, harte, infiltrirte, gelb und roth gesprenkelte Drüsen
erkennen lässt.
Dieselben Veränderungen zeigen die Achseldrüsen der linken Seite.
Das subcutane Bindegewebe der rechten unteren Extremität ist stark ödematös.
Weder in der rechten, noch in der linken Poplitea irgendwelche pathologische Veränderungen.
Beuleupcst. II. Pathologisdi-auatouiischcr Bericht. 379
Bacteriologischer Befund.
1. Das fibrinös eiterige Exsudat über den tiefen inguinalen Lymphdrüsen der
rechten Seite (Peritonealseite) zeigt mii<roskopisch massig viele Coccen, als Diplococcen und in
kurzen Ketten, oft von deutlicher Lanzettform und spärlich einzeln liegende, gut und bipolar tingirtc
Pestbacillen.
In den Aussäten finden sich vereinzelt Colonien des Pestbacillus, reichlicher Colonien des -Staphylo-
coccus pyogenes aureus und Diplococcus pneumoniae und spärlich Colonien von Bacillen der Coligruppe.
2. Im eiterigen Exsudat der Lymphdrüse am inneren Schenkelringe rechterseits
finden sich mikroskopisch nur spärlich Bacterien, darunter \-or\viegend Coccen als Diplo- und Streptococcen,
zum Theile schlecht gefärbt, und vereinzelt Pestbacillen.
In der Aussaat keine Pestcolonien nachweisbar; massig zahlreich Colonien des Diplococcus
pneumoniae.
8. Eiter von einer an der linken Halsseite unterhalb der Submaxillaris gelegenen
Lymphdrüse. In Deckglaspräparaten ziemlich reichlich Pestbacillen, doch nur zum geringsten Theile gut
gefärbt und in tj'pischen, ovoiden oder länglichen Formen, vielmehr meist als rundliche, blass tingirte Gebilde,
die öfters in grösseren Haufen angeordnet erscheinen. Weniger zahlreich sind Coccen nachweisbar als
Diplococcen, oft von ausgesprochener Lanzetlform. Ziemlich zahlreich finden sich Bacterienformen, deren
Zugehörigkeit zu den Pestbacillen oder Diplococcen nicht mehr mit Sicherheit zu entscheiden ist.
4. Das Exsudat eines Follikels am linken Zungengrunde zeigt mikroskopisch ein reichliches
Bacteriengemenge, darunter vorwiegend Coccen vom Typus des Diplo-, .Strepto- und Staphylococcus;
weniger reichlich verschiedene Bacillenformen: Dicke, plumpe Bacillen, kürzere Diplobacillen und lange,
dünne Fadenformen. Am spärlichsten an Zahl finden sich Pestbacillen, theils als ovoide oder längliche
Formen mit bipolarer Färbung, theils als rundliche, schlecht tingirte Gebilde.
5. Aussaaten von der rechten Tonsille zeigen ein Bacteriengemenge, dessen genauere
Bestimmung jedoch deshalb unmöglich ist, weil die Platten noch überdies überzogen sind von einer
grünlich irisirenden Bacillenart.
6. In Deckglaspräparaten eines pneumonischen Herdes vom Unterlappen der rechten
Lunge findet sich ebenfalls ein Bacteriengemenge von Coccen als Diplococcen und in Häufchen, kleinen
zarten Stäbchen, theils extracellulär, theils, und zwar reichlicher, intracellulär gelagert, dickeren, plumpen
Bacillen und spärlichen Pestbacillen in ovoiden, gut tingirten oder Ringformen, des öfteren zu kleinen
Gruppen angeordnet.
Die Aussaaten ergeben dasselbe Resultat wie bei Nr. 5.
7. Aussaaten von der Milz zeigen vereinzelte Colonien \'on Bacterium coli, jedoch keine
Pestcolonien.
8. Aussaaten von der Galle bleiben steril.
Histologischer Befund.
]. .Schnitte durch eine oberflächliche Lymphdrüse der rechten Inguinalgegend und
durch die über ihr fixirte Haut geben im Allgemeinen das Bild einer Phlegmone. Die Coriumpapillen
verlängert und verbreitert, theils von Hämorrhagien, theils von polynucleären Leukocyten oder homogen,
manchmal feinst faserig aussehenden Gerinseln durchsetzt. Die Hornschicht des Rate Malpighi vielfach
fehlend, letzteres jedoch überall erhalten. Die übrigen Antheile des Corium und das subcutane Binde- und
r-'ettgewebe dicht von polynucleären Leukocyten infiltrirt, zwischen denen sich enorme Bacterienmassen
finden. Die Bündel des subcutanen Bindegewebes wie auseinandergeworfen und zerbrochen, meist homogen.
Gegen die tieferen Schichten nimmt die Dichte der Leukocyten-Infiltration zu. Hier findet sich auch aus-
gedehnter Körnchenzerfall der Kerne, häufig sind die Zellleiher dabei noch erhalten, schwach mit Eosin
gefärbt. An diesen Stellen finden sich auch mit Blut gefüllte Gefässe, die ausserdem vielfach entweder
Denkschriften der raathem.-naturw. Gl. LXVl. Bd. S*J
380 H. Alb recht und A. Ghoit,
homogen aussehende Netzwerke von Balken und Bröckel enthalten oder deren Wand ganz homogen aus-
sieht. Diese Netzwerke setzen sich auch allmählig zarter werdend in die Umgebung der Blutgefässe fort. Die
L\Tnphdrüse gegen das umgebende, ausserordentlich dicht infiltrirte Gewebe nicht abgrenzbar, vom Lymph-
drüsengewebe selbst nichts mehr zu sehen, indem man entweder dichte Infiltration von polynucleären
Leukocjten oder in weiten Strecken Kemschwund oder ausserordentlich reichlichen Körnchenzerfall findet.
Auf Schnitten, die mit Methylenblau gefärbt sind, sieht man, dass die grossen Bacterienhaufen aus dicht
gedrängten Pestbacillen bestehen, die fast durchwegs die Form grosser runder, wie gebläht aussehender
Coccen haben, die aber nicht alle ganz gleich gross sind und sich zumeist sehr schwach, ganz schattenhaft
mii Methylenblau färben. Bei manchen sind die Contouren etwas stärker gefärbt (ringförmige Degene-
rationsformen). In den .\ntheilen, wo der Kömchenzerfall ausserordentlich reichlich ist, ist es nicht zu
entscheiden, ob sich nicht unter den ganz verschieden grossen Kömchen des Kemdetritus, die sich auch
verschieden stark mit Methjienblau färben, Pestbacillen befinden. Besonders im Bereiche der Haut und
des subcutanen Gewebes sieht man sehr zahlreiche meist zerstreut liegende Diplococcen von der Form
des Diplococcus pneumoniae, seltener zu kurzen Ketten angeordnet. Dieselben behalten die Farbe
nach der Weigert'schen Färbungsmethode, während die Pestbacillen nur ganz schwach violett gefärbt
erscheinen.
2. Tiefe inguinale Lymphdrüse von rechts. Zur Untersuchung gelangte die nicht von Peri-
toneum überzogene Hälfte derselben. Das umgebende Binde- und Fettgewebe dicht von polj'nucleären
Leukoc\len infiltrirt oder von Blutungen durchsetzt Dieselben Veränderungen finden sich auch im Zwischen-
gewebe des im Schnitte liegenden, quergestreiften Muskels. Auch die fibröse Kapsel der L}'mphdrüse aus-
einandergeworfen, die einzelnen Fasern ganz homogen, das adenoide Gewebe überall zerstört. Enttveder
findet sich gleichmässig dichte Infiltration von Eiterzellen oder es finden sich ausgedehnte Hämorrhagien
mit imigebender homogen geronnener Ödemflüssigkeit, oder weite Antheile sind durchsetzt von einem mehr
oder weniger dichten Netzwerke homogen glänzend aussehender Balken, zwischen denen wenig vollständig
erhaltene, \-iele nur blass rosa gefärbte Leukocyten liegen. Dazwischen finden sich überall sehr zahlreiche
blassgefarbte Kömchen ganz verschiedener Grösse, wie über das Ganze darüber gestreut. Innerhalb solcher
Stellen zahlreiche Gefasse von ganz homogener Wand, in deren Lumen und deren Umgebung ebenfalls
homogen aussehende, gerinselähnliche Massen liegen. Auch sehr zahlreiche kleine und grosse, mit
Bacterien und Leukocyten ganz vollgepfropfte Lymphgefässe finden sich. Nach Färbung
mit Methylenblau sieht man in den peripheren Schichten der Lymphdrüse und in ihrer Umgebung ziemlich
zahlreiche grössere Haufen dichtgelagerter Pestbacillen, die meist rundliche, geblähte Formen besitzen und
sich sehr schwach färben. Ausserdem zahlreiche Coccen von dem Aussehen des Diplococcus pneumoniae.
In den centralen, den meisten Kernzerfall und Kernschwund aufweisenden Partien keine Diplococcen
und nicht mit Sicherheit Pestbacillen nachweisbar.
3. Schnitte durch eine über haselnussgrosse, lumbale Lymphdrüse der linken Seite
zeigen ebenfalls ziemlich reichliche Leukocj'teninfiltration der fibrösen Kapsel, dieselbe jedoch überall
erhalten. In derselben und nach aussen von ihr zahlreiche, sehr stark erweiterte Lymphgefässe, die mit
poh-nucleären Leukoc\-ten vollgepfropft sind und wenige rothe Blutkörperchen enthalten. Nur in einem
geringen Antheile des Drüsenparenchyms sind die weiten, mit grossen, protoplasmareichen Zellen und
Leukocj^en erfüllten Sinus erkennbar. Alles L'brige ist dicht infiltrirt von polynucleären Leukocyten, die
vielfach bereits in Zerfall begriffen sind, indem man Stellen sieht, wo in einer granulirt aussehenden,
gleichmässig roth gefärbten Grundsubstanz zahlreiche verschieden grosse Körnchen liegen. Dazwischen
allenthalben kleinere Hämorrhagien. Besonders in den Randsinus und den Ljmphgefässen liegen grössere
und kleinere Haufen von dichtgedrängten Pestbacillen, die meist rundliche, geblähte Formen besitzen.
4. Schnitte durch zwei mesenteriale Lymphdrüsen zeigen sowohl die Randsinus wie die
central gelegenen erweitert und erfüllt entweder von sehr zahlreichen poh'nucleären Leukocyten oder von
grossen Bacterienhaufen. Hämorrhagien fehlen, ebenso besondere Hyperämie, die Kapsel vollkommen
erhalten. Auf mit alkalischem Methjienblau gefärbten Schnitten sieht man, dass die Bacterienhaufen aus
Beulenpest. II. Pathologisch-anatomischer Bericht. 381
dicht gelagerten, kurzen, ovoiden Stäbchen bestehen, die manchmal Fäden bilden und zwischen denen sich
sehr blass gefärbte und dichtgedrängte, rundlich gebläht aussehende Formen finden (Pestbacillen). Bei der
Weigertschen Färbung nehmen dieselben keine blaue, sondern eine roth\-iolette Farbe an, indessen die
Kerne der Leukocyten fast durchwegs (von der Vorlarbung mit Carmin) roth gefärbt erscheinen.
5. Schnitte durch zwei benachbarte Lymphdrüsen aus der rechten Axilla zeigen das
periglanduläre Binde- und Fettgewebe reichlich von polynucleären Leukocyten infiltrirt. In demselben
liegen erweiterte, mit Leukocyten ganz vollgepfropfte Lymphgefasse ; desgleichen ist die Drüsenkapsel
reichlich infiltrirt. Hämorrhagien spärlich und klein, dagegen sieht man vielfach von homogen geronnener
Ödemflüssigkeit auseinandergedrängte Bindegewebsbündel. Im Cbrigen ist das L\-mphdrüsenparench\Tn
gleichmässig dicht infiltrirt von polynucleären Leukocj-ten. Herdweise findet sich reichlicher Kömchenzerfall
derselben neben Kemschwund, so dass kleine, roth gefärbte, von dichtem, blauen Kömchensaum umgebene
Herde entstehen. Besonders in den Randsinus zahlreiche Haufen von Pestbacillen, letztere theils von
rundlicher Form, theils von Stäbchenform, die einzelnen oft hintereinander zu Reihen angeordnet, die sich
gleichsam zwischen den Leukocjten durchdrängen. Auf Schnitten, nach Weigert's Fibrinmethode gefärbt,
sieht man zahlreiche Diplococcen wie bei 1 ; die Pestbacillen sind zum Theile entfärbt, zum Theile purpur-
roth gefärbt, femer sieht man im Bereiche der Pestbacillen Haufen von ebenso wie diese gefärbten, ganz
verschieden grossen Kugeln, den Kernzerfallsproducten entsprechend.
6. Linke Tonsille. Dieselbe zeigt in grosser Ausdehnung das adenoide Gewebe erhalten, seine
Blutgefässe stark erweitert und mit Blut gefüllt, besonders in den seitlichen Antheilen des die Tonsillen der
Länge nach treffenden Schnittes. In der Mitte derselben fehlt das Epithel und es liegt das von Eiterzellen
dicht infiltrirte adenoide Gewebe blos. Hämorrhagien sind sehr spärlich und klein. Das die Tonsillen
umgebende Bindegewebe nicht besonders verändert Die Schläuche der angrenzenden Schleimdrüsen
erweitert, viel Schleim enthaltend.
Im infiltrirten Drüsenparenchym zahlreiche und grosse Bacterienhaufen. Auf mit Meth\ienblau
gefärbten Schnitten sieht man, dass dieselben \ielfach aus Pestbacillen bestehen, die meist die rundliche
Form besitzen, oft stark gebläht aussehen und verschieden gross sind. Auf nach Weigert gefärbten
Schnitten finden sich intensiv blau gefärbte, ziemlich zaMreiche lanzettförmige Coccen (piplococcus
pneumoniae). Femer sieht man, wo die Bacterien zu grösseren Haufen bei einander liegen, ebenfalls blau
gefärbte, mehr oder weniger schlanke Stäbchen, die in ihrer Anordnung Pestbacillen nicht entsprechen. Sie
liegen vielfach gekreuzt übereinander, ungleichmässig dicht und auch in Reihen hintereinander angeordnet
Dazwischen sind aber zahlreich die runden, blass-purpur\-iolett gefärbten Formen der Pestbacillen nach-
weisbar.
7. Schnitte durch ulcerirte Balgfollikel am Zungengrunde zeigen im Allgemeinen dieselben
\'eränderungen wie die Tonsillen. In denselben finden sich zahlreiche Haufen von Pestbacillen, meist sehr
blass gefärbt.
8. Schnitte durch pneumonische Herde beider Unterlappen zeigen das Bild zerstreuter
lobulärer oder bronchopneumonischer Herde. Neben reichlich desquamirten Alveolarepithelien finden sich
in den überall erhaltenen und massig erweiterten Alveolen sehr zahlreiche polraucleäre Leukoc_\^en, die
vielfach körnigen Zerfall ihrer Kerne zeigen und weniger zahlreiche rothe Blutkörperchen. Die lobulären
Herde sind häufig um einen weiten, mit Eiterzellen und Bacterienhaufen gefüllten Bronchiolus a.ngeordnet
dessen Epithel in Ablösung begrififen ist Die mehr peripheren Lungenpartien wie collabirt die Alveolen
leer, länglich, spaltenartig. Das übrige Lungengewebe stellenweise von homogen geronnener Ödemflüssig-
keit durchsetzt
Sowohl innerhalb der mit Eiter gefüllten Bronchien als auch innerhalb der Lobulärpneumonien haufen-
weise typische Pestbacillen nachzuweisen, meist von mndlicher Form, aber auch deutlich bipolar gefärbte
Formen. Daneben findet sich aber auch in den Bronchien, in dem von dem Ödem durchsetzten Lungen-
gewebe und stellenweise in den pneumonischen Herden ein Gemenge verschiedenster Bacterien (Strepto-
und Diplococcen, Stäbchen verschiedenster Form).
50»
3S2 II. Albrcchl iiinl A. Clmu,
\). iJic l.eber zeigt mikroskopisch ausser leichter Blähung und schwächerer Färbung der Kerne der
Epithelzellen keine degenerativen Veränderungen. In der Glisson'schen Kapsel vereinzelte Herde klein-
zelliger RundzelleninfiUration. Die Capillaren gut mit Blut gefüllt, desgleichen die erweiterten Centralvenen
und Gelasse der Glisson'schen Kapsel. In ihnen zahlreiche polynucleäre Leukocyten enthalten, beson-
ders in den Centralvenen finden sich im Blute ganz isolirte und wohlerhaltene Leberzellen. Auch in den
Capillaren zwischen den Leberbalken liegen grosse, häufig polygonale Zellen, von denen sich aber nicht
mit Sicherheit entscheiden lässt, ob sie losgelöste Leberepithelien oder Endothelien sind. Irgendwelche
Bacterien nicht mit Sicherheit auffindbar.
10. Niere. Die Nierenepithelien, besonders der Rinde, gross, unregelmässig geformt und fein granulirt
aussehend. Die Harncanälchen häufig verschieden grosse, mit Gentianaviolett gut tingirbare Kugeln oder
fädig aussehende Massen, kein Blut enthaltend. Die Capillaren der Interstitien zwischen den Canälchen der
Rinde stellenweise mit Blut gefüllt, oder es ist das interstitielle Bindegewebe von Blut infiltrirt oder dicht
von Zellen, \"on denen die einen polynucleären Leukocyten entsprechen, die anderen grosse, protoplasma-
reiche Zellen mit grossem, runden oder etwas gelappten Kern vorstellen. Die Glomeruli zumeist gross und
mit Blut gefüllt. Die Gefässe der Pyramide reichlich mit Blut gefüllt. Weder mit A4eth3'lenblau noch nach
der Weigert'schen Färbung Bacterien nachweisbar.
11. Milz. Dieselbe ist sehr blutreich, Pulparäume nirgends deutlich erhalten, das Milzgewebe stellen-
weise von reichlichen Blutmassen durchsetzt, zwischen welchen sich zahlreiche mono- und polynucleäre
Leukocyten und sehr grosse, protoplasmareiche Pulpazellen finden. Die Trabekel etwas dicker, die Follikel
auffallend klein und schlecht abgrenzbar, nicht besonders zellreich.
Pestbacillen sind äusserst spärlich nachweisbar (auf einem Schnitte nur ein oder zwei Häufchen aus
zwei oder drei Bacillen bestehend) — keine Diplococcen.
Epikrise.
Fast sämmtliche Lymphdrüsengruppen sind in verschiedenem Grade geschwollen, am stärksten die
Gruppen der oberflächlichen und tiefen inguiiialen Lymphdrüsen der rechten Seite; und zwar sind es hier
vor Allem die tiefen, besonders jene am inneren Schenkelringe, die stark in die Bauchhöhle vorgewölbt ist
und über welcher sich peritonitische Fibrinmembranen finden. Nach dem anatomischen Befunde und
nach unseren Erfahrungen handelt es sich hier zweifellos um den primären Bubo. Doch
erscheinen auch die entsprechenden Lymphdrüsen der linken Seite sehr beträchtlich — wenn auch weniger
stark wie die der rechten Seite — geschwollen, so dass es den Eindruck machen könnte^ als handle es sich
um eine Doppelinfection. Jedoch ist es erfahrungsgemäss Regel, dass die Lymphdrüsen der anderen
Körperseite, die dem primären Bubo entsprechen, mehr weniger intensive Veränderungen zeigen. Dazu
kommt noch, dass es sich im vorliegenden Falle um eine Mischinfectiun, bedingt durch den Diplo-
coccus pneumoniae, handelt. Nach dem anatomischen Befunde erfolgte dieselbe von den Tonsillen und
den ulcerirten Follikeln des Pharynx und Zungengrundes aus. Die Vereiterung der Halslymphdrüsen
spricht entschieden für diese Annahme.
In allen untersuchten Lymphdrüsen, mit Ausnahme der lumbalen und mesenterialen, finden sich
reichliche Diplococcen neben Pestbacillen, sowohl im Schnitte wie im Deckglaspräparate. Zweifellos ist
diese Secundärinfection die Ursache der stärkeren Veränderungen in den linksseitigen inguinalen und
auch in den axillaren Lymphdrüsen. — Der negative histologische und culturelle Befund von Diplococcen in
der Milz hat nach unseren Erfahrungen nichts Auffallendes an sich. Pestbacillen finden sich histologisch
sehr spärlich in derselben. Die Lobulärpneumonien in beiden Lungen entsprechen anatomisch
und mikroskopisch Bronchopneumonien, die durch Aspiration entstanden sind. Daher
findet sich auch in ihnen culturell und histologisch ein so buntes Gemisch verschie-
denster Bacterien neben reichlichen Pestbacillen, die Alle zusammen aus der Mund-
Rachenhöhle und den ulcerirten Tonsillen und Follikeln stammen. — Von Interesse ist
Bcitleiipcst. IL Path(ilogi^cJi-aiui/oniischer Bericht. 383
es ferner, dass sich in dem F2.\sudat der frischen, fibrinös eitcriocn Peritonitis bacterio-
logisch neben anderen Bactei'ien Pestbacillen nachweisen lassen. Blutungen finden sich nur
am Epicard und in den Nieren.
Fall 30/XIX.
Siickarain Gookaniiii, ,50jähriger Hindu, Mali, ins Spital aufgenommen am lö. März, gestorben am
selben Tage um 7 Uhr Abends (am I\'. Krankheitstage).
Die Section fand am 16. März um 1 1 Uhr 30 Minuten Vormittags, IßVa Stunden post mortem, statt.
Männliches Cadaver, 168 cm lang, von ziemlich gracilem Knochenbau und massig entwickelter
Musculatur, ziemlich schlecht genährt. TodtenOecke ziemlich reichlich, diffus, Todtenstarre der Extremi-
täten erhalten. Hornhäute etwas getrübt, Conjunctiven und Mundschleimhaut fast blutleer. Hals kurz,
kräftig. Thorax entsprechend lang, breit, symmetrisch, in der unteren Apertur etwas ausgeweitet. Abdomen
im Niveau des Thorax, Bauchdecken ziemlich gespannt. Am äusseren Genitale nichts Auffallendes. In der
rechten Leistengrube die Haut für den tastenden Finger leicht verdickt und eine nicht ganz scharf abgrenz-
bare, harte Lymphdrüse tastbar. In der Gegend des linken Poupart'schen Bandes einzelne kleine, bis
erbsengrosse Drüsen tastbar. In den Kniekehlen nichts Pathologisches palpabel. An der medialen Seite des
linken Schienbeines, ungefähr an der Grenze zwischen dem unteren und mittleren Drittel, eine längliche,
circa 1 '/iCin lange, wenige Millimeter breite, eingetrocknete Excoriation. Das subcutane Bindegewebe unter
derselben erscheint beim Einschneiden blutig infiltrirt. Sohlenhaut dick, rissig. Die oberen Schneidezähne
fehlend, sonst das Gebiss anscheinend gesund.
Die weichen Schädeldecken fett- und blutarm. Schädeldach sj-mmetrisch, länglich-oval, im Längsdurch-
messer \8cm, im queren 12 cm und im Umfange 49 cm messend. Schädelknochen dünn, Spongiosa an
vielen Stellen verschwunden, Tabula interna und externa nirgends verdickt, die Innenfläche der Tabula
interna glatt, die Gefässfurchen und Gruben der Pacchioni'schen Granulationen ziemlich seicht. Beide
Temporalmuskeln von reichlichen, schwarzrothen, confluirenden Hämorrhagien durchsetzt.
Im Sinus falciformis major ziemlich reichliche Fibringerinsel. Dura mater gut gespannt, ziemlich blut-
reich, glatt, glänzend, durchscheinend. Leptomeningen an der Gehirnbasis zart, ziemlich stark durchfeuchtet,
wenig blutreich, Gefässe daselbst zartwandig, enge; Meningen an der Convexität längs der Venen leicht
getrübt und verdickt, diese geschlängelt, mit Blut gefüllt. Rinde gleichbreit, graugelb, das weisse Marklager
von spärlichen Blutpunkten durchsetzt, zerfliesslich weich (beginnende Fäulnis). Seitenventrikel enge, wenige
Tropfen klarer Flüssigkeit enthaltend, ebenso die übrigen Ventrikel. Kleinhirn, MeduUa und Pons sehr
weich und ziemlich blutarm.
Zwerchfellstand rechts am oberen Rande der vierten Rippe, links am unteren Rande der vierten Rippe.
In beiden Musculi sternocleido-mastoidei, sternothyreoidei und sternohyoidei unregelmässig geformte,
schwarzrothe Blutaustritte, die sich in das umgebende Bindegewebe confluirend fortsetzen. Auch die tiefen
langen Halsmuskeln, besonders in ihrer Fascienbekleidung, bis an die Halswirbeln von zahlreichen Hämor-
rhagien durchsetzt. Auch in der Musculatur des Gaumens und des Pharynx finden sich solche. Schleimhaut
des Pharynx, des weichen Gaumens, des Anfangsstückes des Ösophagus, des Larjmx, des obersten Stückes
der Trachea von spärlichem Schleim bedeckt, ziemlich blutarm. Beide Tonsillen nicht auffallend vergrössert,
auf dem Durchschnitte einige Pfropfe enthaltend, sonst grau-gelblich gefärbt. Desgleichen die Follikel am
Zungengrunde und die Lj'mphdrüsen des Halses.
Im linken Pleuraräume kein pathologischer Erguss, in der Pleura costalis, diaphragmatica und media-
stinalis zahlreiche über kreuzergrosse, rundlicne oder unregelmässig geformte, schwarzrothe Blutungen.
Pleura der linken Lunge glatt, glänzend. Die Lunge fühlt sich lufthaltig, luftkissenähnlich an, auf dem
Durchschnitte vollständig lufthaltig, besonders im Oberlappen fliesst von der Schnittfläche reichlich
schaumige Flüssigkeit aus dem Gewebe und den Bronchien ziemlich rasch ab. Im rechten Pleuraräume
wenige Tropfen gelblicher Flüssigkeit enthalten; Pleura und Lunge rechterseits ebenso beschaffen wie links
384 H. Albrecht niul A. Ghoii,
Ductus thoiacicus erscheint etwas erweitert, an der I'leiii-a und im Bindegewebe des vorderen Media-
stinum zahlreiche Blutungen, ebenso an der Aussenfläche des Peiucards.
Herz von entsprechender Grösse, schlaff, das epicardiale Fettgewebe massig reichlich, am Epicard
sowohl des rechten wie des linken Herzens zahlreiche bis linsengrosse, meist isolirt stehende Ecchj^mosen.
Im linken Ventrikel ziemlich spärliche Cruormassen. Im rechten Ventrikel etwas reichlichere Fibringerinsel.
Klappenapparate vollständig zart, schlussfähig. Myocard erbleicht, gelblich, morsch.
Schleimhaut des Ösophagus blassgelb, Schleimhaut der Trachea an der Bifurcation und der grossen
Bronchien diffus geröthet.
Die Lymphdrüsen an der Bifurcation anthracotisch, kaum etwas vergrössert, die Lymphdrüsen des
hinteren Mediastinum nicht geschwollen.
Am Peritoneum parietale dieselben Blutaustritte wie an der Pleura, nur etwas grosser, am reichlichsten
in beiden Lumbaigegenden, hier confluirend, so dass das Peritoneum über beiden Musculi ileopsoas gleich-
massig blauroth, suffundirt aussieht.
Leber etwas vergrössert, ihre vorderen Ränder plumper, Kapsel zart, Oberfläche glatt, daselbst braun-
roth, zum Theile gelblich marmorirt aussehend; auch im Ligamentum Suspensorium hepatis zahlreiche con-
fluirende Blutaustritte. Gallenblase massig mit Galle gefüllt, an den Grenzen gegen ihr Lager ist das sie
umgebende Bindegewebe hämorrhagisch. Schleimhaut gallig imbibirt, stark gelockert. Auf dem Durch-
schnitte ist die Leber ziemlich blutarm, gelblich graubraun, morsch; die acinöse Zeichnung undeutlich.
Milz plump, ungefähr \3ait lang, Kapsel etwas verdickt, auf dem Durchschnitte blutroth, das grobe
Stroma beträchtlich vermehrt; Pulpa etwas vorquellend und leichter abstreifbar, wie chagrinirt; zerstreut im
Parcnchym rundliche, ziemlich scharf abgegrenzte, dunkelblutroth gefärbte Herde.
Beide Nieren in sulziges, hämorrhagisches Bindegewebe gehüllt, etwas plumper und grösser, schlaff,
Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, an ihr spärliche, bis punktförmige Blutungen sichtbar. Rinde ver-
breitert, Parenchym etwas vorquellend, graugelblich, Schleimhaut des Nierenbeckens und der Ureteren
dünn, blutleei-. Auch die Harnblase in sulzig hämorrhagisches Bindegewebe eingehüllt. In derselben spär-
licher etwas trüber, gelblicher Urin, in der Schleimhaut drei bis vier etwa über linsengrosse Blut-
austritte.
Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen linkerseits über bohnengross, isolirt, derb, röthlich-grau,
auf dem Durchschnitte erscheint die Rindenschichte etwas grau pigmentirt, aber schmal. Das Lj'mphdrüsen-
gewebe wenig saftig. Die tiefen Lymphdrüsen am inneren Schenkelringe etwas mehr vergrössert, aber auch
isolirt. Am Durchschnitte röthlichgrau, succulent, aber keinen eigentlichen Saft gebend. Das Binde-
gewebe um die oberflächlichen und tiefen weder ödematös, noch hämorrhagisch. Das die rechten
inguinalen Lymphdrüsen einhüllende Bindegewebe stark ödematös und hämorrhagisch.
Die oberflächlichen und die tiefen höchstens bis haselnussgross, zu einem Paquet vereinigt, nur die
peripheren isolirt, weniger vergrössert. Auf dem Durchschnitte gelblich-röthlich, etwas saftiger. Die übrigen
zu einem Paquet vereinigt, auf dem Durchschnitte theils starr hämorrhagisch, theils auf der Schnitttläche
vorquellend, gelblich-röthlich gesprenkelt, sehr stark saftig.
Die rechte Vena femoralis zeigt im aufgeschnittenen Zustande in ihrer Intima zahlreiche Blutungen,
theils isolirt, in Gruppen stehend, theils zu grossen Blutflecken zusammenfliessend. Diese Blutungen finden
sich hinauf bis zum Theilungswinkel der Vena iliaca dextra. Die sulzige, hämorrhagische Infiltration des
Bindegewebes um die Gefässe reicht längs des Psoas hinauf bis in die Nierengegend.
Im Magen massig reichlicher schleimiger, gallig gefärbter, mit schwarzbraunen Flocken untermischter
Inhalt. Schleimhaut etwas geschwollen und gewulstet, theils in Falten gelegt, übersäet von zahllosen, bis
hanfkorngrossen, immer isolirt stehenden Blutungen. Schleimhaut des Duodenum gelockert, gallig imbibirt,
stark verschleimt. Ungefähr in der Mitte des Jejunum in der Schleimhaut linsengrosse Hämorrhagien. Im
ganzen Dünndarm gallig gefärbte Chymusmassen. Plaques überall deutlich sichtbar, vergrössert, die Einzel-
follikel pigmentirt.
Die mesenterialen Lymphdrüsen kaum etwas vergrössert, gelblich, wenig saftig.
Bciilenpest. IL Pathologiscli-aualouiisclicr Bericht. 385
Im Dickdarm erscheint die gelockerte, geschwollene Schleimhaut \'on zahllosen punktförmigen Blut-
austritten übersäet. Dieselben finden sich auch noch ebenso reichlich im S romanum.
Pankreas derb, gekörnt.
Die Lymphdrüsen beider Achselhöhlen isolirt, vergrössert, dunkelroth gefärbt, auf ihrem Durch-
schnitte succulenter imd hlutroth, im Centrum eine gelblich gefärbte Partie aufweisend.
Bacteriologischer Befund.
1. De ckgiaspräparate von der Milz zeigen reichlich Pestbacillen : Neben gut und bipolar
gefärbten ovoiden und länglichen Formen finden sich schwach gefärbte, rundliche, ringförmige und grössere
rundliche, wie gebläht aussehende Formen.
In den Aussaaten finden sich reichlich Colonien des Pestbacillus und spärlich Colonien des Strepto-
coccus p3'ogenes.
2. Aussaaten aus einer Lymphdrüse der rechten Achselhöhle ergeben eine reichliche
Reincultur von Pestcolonien.
Die von diesen Culturen (48 Stunden alt, Glycerinagar) angefertigten Deckglaspräparate zeigen ein
sehr pleomorphes Bild: Bacillen verschiedener Grösse und Form, daneben vielfach lange und gewundene
Fäden und wie aufgetrieben aussehende, grössere Baciilenformen. An einigen Stellen des Präparates
finden sich Gebilde, die an echte Verzweigungen denken lassen.
Histologischer Befund.
Die zur Untersuchung gelangten Gewebstücke sind sämmtlich sehr gut conservirt, keine Fäulniss-
veränderungen nachweisbar, trotzdem sie erst 16 Stunden post mortem der Leiche entnommen wurden.
1. Fast bohnengrosse Lymphdrüse aus der Gegend des primären Bubo in der
rechten Inguinalgegend sammt der Wand der Vena femoralis. Die fibröse Kapsel der Lymphdrüse
überall abgrenzbar, wenn sie auch stellenweise von polynucleären Leukocyten infiltrirt oder von Blutungen
durchsetzt ist. Vom adenoiden Gewebe der Lymphdrüse überhaupt nichts mehr erhalten, indem dieselbe
geradezu überschwemmt ist von Pestbacillen, die an der Peripherie besonders dicht liegen, so dass sie schon
bei schwacher Vergrösserung, nach einfacher Hämatoxylinfärbung betrachtet, von einem blauen Saum ein-
gesäumt erscheint. Vielfach sieht man im Gesichtsfelde wenige, meist polynucleäre Leukocyten oder rothe
Blutkörperchen, sonst nur dicht gedrängte und gleichmässig gelagerte Pestbacillen. Dazwischen stellenweise
Anhäufungen polynucleärer Leukocyten oder ausgedehntere Blutungen. Zahlreiche kleinere Blutgefässe
besitzen eine dicke homogene, mit Eosin stark gefärbte Wand; wo die Endothelzellen erhalten sind, besitzen
sie einen sehr grossen, blassblau gefärbten, bläschenähnlichen Kern. Vielfach ist das Lumen mit homogen
aussehenden, balkigen Gerinseln ganz oder zum Theile erfüllt. Das die Drüse umgebende Fettgewebe
sehr reichlich durchsetzt von Blutungen, die Lymphgefässe erweitert und prall gefüllt mit Bacillen und
polynucleären Leukocyten. Solche auch zahlreich in den erweiterten Venen enthalten. Das die Vena
femoralis umgebende Bindegewebe wie blutig infarcirt, die Blutmassen dringen zwischen die Muskel-
bündel der Media, diese auseinander werfend, bis unter die Intima vor, so dass sie am Schnitte von einer
einfachen, nicht überall erhaltenen Zelllage bedeckt sind. Im Bereiche dieser Blutungen oft Anhäufun-
gen von polynucleären Leukocyten. Auf mit polychromem Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man, dass
die Bacillenmassen aus kurzen, ovoiden, blassgefärbten Stäbchen bestehen, die extra- und intracellulär
liegen und typische Pestbacillen vorstellen. Sie finden sich auch überall im Bereiche der Blutungen zu
grösseren oder kleineren Häufchen angeordnet.
2. Ungefähr haselnussgrosse Lymphdrüse aus der linken Inguinalgegend. Die auf-
fallendste Veränderung bilden die Sinus, indem sie stark erweitert sind und vollgefüllt erscheinen von
grossen, protoplasmareichen und epithelähnlichen Zellen mit grossem Kern. Die kleinen Blutgefässe stark
mit Blut gefüllt und reich an Leukocyten. Stellenweise enthalten die .Sinus auch viele rothe Blutkörperchen.
386 H. Albrecht und A. Ghoii.
P'ollikel und Markstrahlcn sehr zahlreich, sonst nicht weiter verändert. Besonders in den Blutgefässen
zahlreiche typische Pestbacillen nachweisbar. Wo sie spärlicher sind, liegen sie immer an der Peripherie
des Gefässlumen und häufig zweifellos innerhalb der Endothelien. Auch ausserhalb von Gefässen
finden sie sich in den Sinus, zu kleineren Häufchen angeordnet.
3. Schnitte durch eine kleinere Lymphdrüse von den oberflächlichen inguinalen der
rechten Seite zeigen im Allgemeinen dieselben Veränderungen wie 1. Nur ist hier die Bacilleninfiltration,
sowohl der Drüse selbst wie ihrer Kapsel und Umgebung, noch viel reichlicher, so dass nur an einigen
wenigen Stellen die Leukocyten einigermassen dichter zu Haufen bei einander liegen, meist sieht man nur
wenige Leukocyten in dem gleichmässig von Pestbacillen durchsetzten Gesichtsfeld liegen. Die Umgebung
allenthalben hämorrhagisch infiltrirt, die Lymphgefässe erweitert und vollgepfropft mit Pestbacillen.
Fibrinöse Exsudation ebensowenig wie bei 1 nachweisbar. Dagegen sind zahlreiche Capillaren erfüllt von
meist balkigen, mit Eosin stark gefärbten, glänzenden, thrombenähnlichen Massen.
4. Schnitte durch eine bohnengrosse Lymphdrüse der linken Achselhöhle zeigen die-
selben Veränderungen wie die unter 2 beschriebene. Die protoplasmareichen, grossen Sinuszellen besitzen
einen ebenfalls sehr grossen, blassgefärbten Kern, ihr Protoplasma wie feinst gekörnt. Granulazellen sehr
zahlreich und gross. Die einzelnen Granula mit polychromem Methylenblau röthlich-violett gefärbt. Der
Befund an Pestbacillen derselbe wie bei 2.
5. Auf Schnitten, die durch die subcutane Blutung an der medianen Seite des
linken Schienbeines geführt sind, sieht man das Epithel überall mit Blutkrusten bedeckt, aber fast
überall erhalten; nur an einer Stelle, ungefähr in der Mitte der Blutung, sieht es wie zerrissen aus, indem sich
Blutmassen aus den tieferen Schichten an die Oberfläche drängen. Die dünneren Spalten zwischen den
Bündeln des zellarmen, sclerotischen, subcutanen Bindegewebes mit Blut erfüllt. Ausgedehnte hämor-
rhagische Infiltration findet sich im subcutanen Fettgewebe. Gleichsam im Centrum dieser Blutung findet
sich eine grössere Anhäufung von polynucleären Leukocyten; innerhalb derselben Querschnitte von
Gefässen mit vollständig homogener Wandung und homogen aussehende Bindegewebsbündel und zahllose
gut gefärbte, typische Pestbacillen meist länglich ovoider Form. Hie und da deutliche Bildung längerer,
kettenartig gegliederter Fäden.
6. Ecchymosen am Epicard des linken Herzventrikels. Die Blutungen befinden sich im
ziemlich reichlich entwickelten, epicardialen Fettgewebe, näher der Oberfläche des Epicards. Sie umgeben
gleichsam ein kleines Centrum, das von polynucleären Leukocyten, die bereits Körnchenzerfall zeigen, und
von sehr zahlreichen tj'pischen, dicht aneinander gelagerten Pestbacillen gebildet wird. An den Herz-
muskeln keine besondere Veränderung im Schnitte constatirbar.
7. Der Peritoneal- und Bindegewebsüberzug des Zwerchfells der linken Seite ist sehr
reichlich von Blutungen durchsetzt. Dieselben dringen nur spärlich zwischen den Muskelfasern ein und ent-
halten sehr viele polynucleäre Leukocyten beigemengt. Zwischen ihnen zahllose Pestbacillen. Die Muskel-
fasern, besonders in den den Blutungen angrenzenden Partien, zeigen häufig Einschnürungen, zwischen
welchen sie stark, oft buckelig angeschwollen sind. Oder sie sind mehr gleichmässig verbreitert, manchmal
wie abgebrochen. Vielfach sieht man in ihnen eine Art Segmentirung, indem die ganz unregelmässig
geformten Theilstücke sich blässer oder auch intensiver mit Eosin färben. An allen diesen Fasern ist die
Streifung undeutlich oder gar nicht vorhanden. Die Kerne der Muskelfasern vielfach sehr gross, rund, blass-
blau gefärbt. Ausserdem finden sich im Bereiche der oben erwähnten Blutung ziemlich zahlreiche
Filariaembryonen.
8. Schnitte durch den hämorrhagischen Musculus temporalis der linken Seite ergeben
einen im Wesentlichen dem Vorstehenden ganz ähnlichen Befund. Filarien nicht nachweisbar.
9. Milz. Die Milzpulpa sehr blutreich. Ohne bestimmte Anordnung besteht sie zumeist aus rothen
Blutkörperchen, poljmucleären Leukocyten und grossen epithelähnlichen Zellen mit grossem, häufig
gelapptem Kern. Die Blutmassen sind häufig so zahlreich, dass nur wenige Zellkerne bei stärkerer Vergrös-
serung im Gesichtsfelde zu sehen sind. Pulparäume sehr spärlich erhalten, dagegen finden sich sehr zahl-
Benlenpesl. II. Patliologiscli-aiuiloniischcr Bcriclü. 387
reiche kleine Herde vain der Grcisse eines Querschnittes eines derartigen Pulparaumes oder Capiilarrohres,
die ein grob granulirt oder mehr fädig aussehendes, mit Eosin gut gefärbtes Centrum besitzen. Die Peripherie
wird entweder von blau gefärbten Körnchen gebildet oder von ganz eigenthümlich geformten, lang
geschwänzten Kernen, die Ähnlichkeit mit Spermatozoen haben. Ihre schwanzartigen Fortsätze sind gegen
das Centrum gerichtet. Oder man sieht im Centrum noch ein kleines Gefässlumen ohne Kernfärbung
erhalten, das noch einige rothe Blutkörperchen enthält und umgeben ist von grob granulirten, gerinselähn-
lichen Massen und den geschwänzten Kernen. Wo Capillaren der Länge nach getroffen sind, sieht man
deutlich, dass sie in derartige Herde übergehen: die Kerne der Endothelien sind meist noch gefärbt, die
Wand verbreitert homogen und das Lumen mit balkigen, mit Eosin gefärbten Gerinseln erfüllt. Ein solches
Capillarrohr endigt im Schnitte gleichsam in einen solchen früher beschriebenen Herd. Ausserdem finden
sich grössere Herde (z. B. auf einem Schnitte von der Grösse 20 : 24 mm zwei), die aus einem grob granu-
lirten, mit Eosin sich lichtroth färbenden Grundgewebe ohne Kernfärbung bestehen, das von spärlichen
Spindelzellen durchzogen ist oder stellenweise ein feinmaschiges Aussehen besitzt und die Ähnlichkeit mit
kleinen, älteren, anämischen Infarcten haben. Dazwischen finden sich spärlich zerstreute, pol3'nucieäre Leuko-
cyten. Diese Herde erscheinen ziemlich gut gegen das übrige Milzgewebe abgegrenzt. In den peripheren
und centralen Theilen dieser Herde massig reichliche Filariaembryonen auffindbar. Dieselben fehlen im
übrigen Milzgewebe. Die Wand zahlreicher, kleiner Arterien verdickt, ganz homogen, die Endothelien
erhalten, ihre Kerne gut gefärbt. Die Follikel klein und spärlich, die Trabekel dick, ihre Kerne blass gefärbt.
Im Übrigen ist die Milz ganz dicht infiltrirt von Pestbacillen, die intra- und extracellulär gelagert sind.
Streptococcen auf nach Weigert gefärbten Schnitten nicht auffindbar.
In den früher beschriebenen grösseren Herden liegen auffallend wenig Pestbacillen, zu Häufchen
angeordnet.
Epikrise.
Die oberflächlich und üef gelegenen Lymphdrüsen der rechten Leistengegend zu einem Paquet ver-
einigt, das auf dem Durchschnitte theils röthHch-gelblich medullär, theils hämorrhagisch infiltrirt ist. Das
Bindegewebe in der Umgebung in ausgedehnter Weise sulzig gelblich bis hämorrhagisch infiltrirt. In der
Wand der grossen Venen (von der rechten Vena femoralis in der Gegend des Bubo angefangen bis hinauf
in die Vena Cava inferior) zahlreiche confluirende Blutungen. Zweifellos handelt es sich hier um
den primären Bubo, der sowohl die oberflächlichen wie die tiefen Lymphdrüsen der
rechten Leistengegend betrifft.
Von den übrigen Lymphdrüsengruppen zeigen massige Schwellung und Hyperämie die inguinalen
der linken Seite und diejenigen beider Axillae, die hämorrhagisch sind. Die retroperitonealen Lymphdrüsen
sind in diesem Falle nicht besonders verändert. Dagegen ist im Allgemeinen der hämorrhagische Charakter
stark ausgesprochen. Zahlreiche Blutungen finden sich im Epicard und Peritoneum und in der Pleura, in
den Scheiden verschiedener Muskeln, wie der Hals und Gaumenmusculatur, in der Schleimhaut des Magens,
Jejunum, Colon und der Harnblase und in der Nierenrinde, sehr ausgedehnte ferner im Bereiche des
primären Bubo und von da im Bindegewebe hinaufreichend bis in die Nierengegend und einbrechend in die
grossen Venenstämme.
Bacteriologisch stellt sich der Fall als reine Pestinfection dar. Die wenigen Colonien von Strepto-
coccus pyogenes aus der Milz sind jedenfalls belanglos und vielleicht auf agonale Einwanderung
zu beziehen, indem im Schnittpräparate keine solchen zu finden sind. Pestbacillen sind sowohl in den
Lymphdrüsen und in der Milz, sowie innerhalb der Blutungen sehr zahlreich nachweisbar, in den Lymph-
drüsen aus der Gegend des primären Bubo und in der Milz sogar so massenhaft, dass man von Bacillcn-
infiltration sprechen kann. In der Milz finden sich zahlreiche kleine nekrotische Herde ganz eigenthüm-
licher Form, ausserdem ziemlich zahlreiche Filariaembryonen , die auch innerhalb der Blutungen des
Zwerchfells liegen.
Denk.schriften der mathem.-naturw. Cl. LX\'I Bd. 51
388 H' Albrccht niul A. Ghoii,
Fall 31/XXIV.
Bahlv Ar/onii,^ ISjahriK'-''' Hindu, l'abriksarbeiter, wurde ins Spital am Ifi, März um 4 Uhr 30 Minuten
Naclimittai^s aufgenommen und starb am 18. März um 8 Uhr 10 Minuten Nachmittags. (Ki'ankheits-
dauer unbekannt.)
Scction am 19. März um ü Uhr 30 Minuten (13 Stunden post mortem).
Körper 163 cm lang, von ziemlich gracilem Knochenbau, massig gut entwickelter Musculatur,
schlecht genährt; Todtenstarre geschwunden; Todtenflecke massig reichlich an den abhängigen Körper-
partien. Die Haut und die oberflächliche Musculatur beider Gesichtshälften bis an die Augen, ferner
die äussere Nase und die Ohrmuscheln von Schakalen abgefressen.
Hals lang, schlank; in den Gruben des Halses keine Lymphdrüsen, in der linken Achselhöhle eine
circa haselnussgrosse, ziemlich derbe, isolirte tastbar. An der Streckseite des linken Vorderarmes, in der
Gegend des linken Vorderarmgelenkes, hauptsächlich an der hinteren Seite und am linken Handrücken
zahlreiche vertrocknete Excoriationen und ältere Hautnarben. Ebenso am rechten Vorderarm. Thorax von
entsprechenden Dimensionen, symmetrisch, gut gewölbt. Abdomen ungefähr im Niveau des Thorax, Bauch-
decken schlaff. Am äusseren Genitale nichts Pathologisches. In der linken Leistengegend vergrösserte,
ziemlich derbe Lymphdrüsen undeutlich palpabel, die sich nach aufwärts über das Poupart'sche Band hin
erstrecken. Auch in der rechten Leistengegend einige vergrösserte, harte Lymphdrüsen tastbar. Über der
Mitte des rechten Schienbeines eine linsengrosse, vertrocknete, mit Borken bedeckte Excoriation, in der
Umgebung derselben die Haut abschilfernd. An der unteren Extremität keine Ödeme, Sohlenhaut
dick, rissig.
Schädeldecken ziemlich fettreich, blutarm. Schädeldach rundlich, im Längsdurchmesser IG'/j cm, im
queren 13 r»/ und im Umfange 48 cm messend, asymmetrisch, indem der rechte Scheitelbeinköcker etwas nach
vorn verschoben erscheint. Im Periost am hinteren Ende der Sagittalnaht eine circa kreuzergrosse Hämor-
rhagie. Nähte erhalten, Schädelknochen dünn, '/^cw dick, Spongiosa erhalten, Tabula interna glatt, Furchen
und Gruben ziemlich seicht.
Dura mater gut gespannt, blutreich, durchscheinend. Im Sichelblutleiter frisch geronnene Cruormassen.
Die inneren Meningen an der Basis zart; Gefässe zartwandig, enge. Meningen an der Convexität stärker
durchfeuchtet, blutreicher, die Rinde grauröthlich, Marklager von reichlichen Blutpunkten durchsetzt.
Gehirnsubstanz sehr weich, Ventrikel enge. Stamrnganglien normal gebildet, ebenso wie Kleinhirn, Pons
und Medulla sehr weich, ziemlich blutreich.
Der zweite Backenzahn des linken und rechten Unterkiefers fehlend, sonst das Gebiss erhalten und
gesund.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der dritten Rippe, links am oberen Rande der vierten.
Schilddrüse klein, blutreich, gekörnt, colloid.
Die Lymphdrüsen längs der grossen Halsgefässe, besonders linkerseits, vergrössert (bis mandelgross),
isolirt, ziemlich derb, blutroth, ebenso die in beiden SubmaxiUargegenden; auf dem Durchschnitte blutroth,
in der Rindensubstanz leicht gelblich gefleckt, succulent, Saft gebend.
Schleimhaut des Gaumens, des Pharynx und des Zungengrundes düster geröthet, Tonsillen und Balg-
foUikel gross, auf dem Durchschnitte ebenfalls succulent, gelblichroth. Im Larynx und der Trachea
schaumige Flüssigkeit, Schleimhaut lebhaft injicirt. Ebenso die Pleura mediastinalis.
Linke Lunge frei, im Pleuraraum wenige Cubikcentimeter gelblich seröser Flüssigkeit, an der Pleura
diaphragmatica einige kleine Ecchymosen. Pleura visceralis glatt, glänzend, Lunge für das Gefühl lufthaltig,
flaumig. Auf dem Durchschnitte erscheint sie blutreich, aus Bronchien und Lungengewebe ergiesst sich
rasch abfliessende, schaumige Flüssigkeit. Rechte Lunge ebenfalls ganz frei. An der Pleura c(xstalis und
diaphragmatica vereinzelte bis lin.sengrosse Blutaustritte. Sonst ist die Pleura glatt, glänzend, über dem
Vei'gl. Krankengeschichte II A., Seite
Benlenpest. II. Pathologisch-aiiaoinischer Bericht. 389
Unterlappen zwetschkenblau gefärbt, und zwar über etwas eingesunkenen, derberen Stellen, welche auf dem
Durchschnitte sehr blutreich sind; Schleimhaut der Bronchien des Unterlappens geschwollen, geröthet, mit
trübem Schleim bedeckt, sonst derselbe Befund wie links.
Im Herzbeutel ungefähr zwei Esslöffel klaren, gelben Serums enthalten, Epicard, hauptsächlich im
Bereiche des linken Ventrikels, übersäet von bis hanfkorngrossen Ecchymosen. Herz ziemlich gross, beide
\'entrikel ziemlich schlaff. In den Herzhöhlen frisch geronnene Cruormassen. Im linken Vorhofe reichliche
Fibringerinsel, am Endocard des linken Ventrikels an der Septumseite eine haselnussgrosse Ecchymose.
Alle Klappenapparate zart und schlussfähig; Myocard etwas erbleicht, morscher.
Ductus thoracicus erscheint etwas erweitert, mit röthlicher , seröser Flüssigkeit gefüllt, in seiner
Umgebung die Lymphdrüsen des hinteren Mediastinalraumes vergrössert, blutroth, am Durchschnitte
succulent. Lymphdrüsen an der Bifurcation anthracotisch, nicht besonders vergrössert. Die vorderen medi-
astinalen Lj'mphdrüsen ebensowenig.
Leber etwas vergrössert, ihre vorderen Ränder etwas weniger scharf, Oberfläche glatt, gelblichbraun,
am Durchschnitte ziemlich blutarm, Läppchenzeichnug ziemlich deutlich, Peripherie der Läppchen fettgelb,
morscher. Gallenblase gut mit dunkler Galle gefüllt, an der Grenze gegen das Lebergewebe zu ganz ober-
flächlich sitzende Gruppen von hirsekorngrossen Blutaustritten.
Milz circa 17 cm lang, 10 cm breit. Kapsel zart, Oberfläche glatt, Consistenz etwas vermindert, auf dem
Durchschnitte gleichmässig blutroth, die Pulpa etwas vorquellend, leicht ausstreifbar. Überall in der Pulpa
foUikelähnliche, kleine Herde deutlich erkennbar, mit graugelbem Centrum und dunkelrothem Hof; grobes
Stroma nicht vermehrt.
Beide Nieren etwas plumper, ihre Consistenz vermindert, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, am
Durchschnitte ziemlich blutreich, Rinde deutlich verbreitert, grau-gelblich-röthlich gestreift, Pyramiden eben-
falls etwas bleicher, ihre Grenze gegen die Rinde undeutlich. Nierenbecken, Ureteren nicht besonders ver-
ändert. Harnblase stark mit Harn gefüllt, Harn gelblich, etwas trübe, Schleimhaut wenig injicirt.
Das Peritoneum im Bereiche des linken inneren Schenkelringes lebhaft geröthet, von
zahlreichen kleineren Hämorrhagien durchsetzt, getrübt und mit zarten, dünnen Fibrin-
membranen belegt. An der medialen Seite des linken Psoas schimmern durch das Peritoneum
blaurothe Blutaustritte durch, \on unregelmässiger Begrenzung, circa guldenstückgross, die im Binde-
gewebe um den Ileopsoas sitzen. Kleinere derartige Blutaustritte setzen sich nach oben hin im Binde-
gewebe längs der grossen Gefässe fort. Dasselbe erscheint sehr stark sulzig, ödematös.
Die beschriebenen peritonealen Exsudatmembranen sind einer hühnereigrossen Geschwulst auf-
gelagert, die der tiefen inguinalen Lymphdrüse am inneren Schenkelringe entspricht; dieselbe erscheint
am Durchschnitte gelb und roth lebhaft gefleckt und gesprenkelt, leicht feinst gekörnt, vorquellend,
succulent und reichlich röthlich trüben Saft gebend. Besonders die Peripherie ist reichlich hämorrhagisch,
die Kapsel gelb, gleichmässig eiterig infiltrirt. Die übrigen tiefen inguinalen Lymphdrüsen auf dem
Durchschnitte ähnlich gesprenkelt und succulent. Überall ist das Bindegewebe sehr stark ödematös,
hämorrhagisch infiltrirt. Die linksseitigen Lymphoglandulae iliacae imd die lumbalen Lj'mphdrüsengruppen
beträchtlich vergrössert, die einzelnen bis über haselnussgross, geben auf dem Durchschnitte denselben
charakteristischen Befund, bei manchen sind die Hämorrhagien spärlicher, sie sind mehr medullär,
gelblich, geschwollen, vorquellend und saftig. In der W'and der Vena femoralis und iliaca sinistra zahlreiche
confluirende, schwarzrothe, unregelmässige Hämorrhagien; kleinere, bis linsengrosse sitzen knapp unter der
Intima ganz isolirt in der Venenwand, in dem das umgebende Bindegewebe nur ödematös, nicht hämor-
rhagisch ist. Ähnliche solche in der Vena cava vor dem Eintritte der Lebervenen. Das Binde-
gewebe um die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen der linken Seite hochgradig ödematös und fleckig
hämorrhagisch. Diese selbst noch in dem starr-sulzigen Gewebe isolirbar, dunkelgrauroth, hart, theils ganz
blutroth und sehr stark succulent, theils markig infiltrirt, vorquellend und besonders in der verbreiterten
Rinde gefleckt.
51*
390 //. Albrcclü iiiul A. Choii,
Die l.yniphdrüsen in dci' rechten Ini^uinalgegend ähnlich \'ei'ändei1, kleinei'; das Rindegewebe in ihi'ei'
UnigebLing wenig (.knchleuchtel. Die tiefe inguinale l,yinphdrdsc am innei'en Schenkeli'inge gross, sehr
platt, dunkeiroth, am Durchschnitte gieiciimässig tief dimkclblutroth, sehr saftig.
Die Lymphdrüsen in beiden Axillen isolirt, bis haselniissgross, diinkelblauroth, ihre bindegewebige
Umgebung wenig sulzig. Auf dem Durchschnitte ebenfalls gleichmässig dunkelbkitroth, hart, aber reich-
lichen blutig serösen Saft gebend.
In beiden Kniekehlen nichts Pathologisches.
Nebennieren und Pankreas normal.
Magen ziemlich klein, enthält dünnflüssige, gallige Massen, seine stark gelockerte und \-erschleimte
Schleimhaut übersäet mit isolirt stehenden, bis hanfkorngrossen Blutungen. Dieselben reichen nur bis an
den Pylorusring. Schleimhaut des Duodenum gallig imbibirt, gelockert. Im ganzen Dünndarm gallig gefärbte
Chymusmassen, Plaques nicht \'erändert. Die mesenterialen Lymphdrüsen deutlich sichtbar prominent,
etwas (auf Bohnengrösse) geschwollen, succulent. Im Dickdarm reichliche gallige, ungeformte Fäcalien, in
der gelockerten Schleimhaut zahllose punktförmige Hämorrhagien durch den ganzen Dickdarm.
Die Sjmovialmembranen beider Kniegelenke sehr lebhaft geröthet, mit reichlichem klaren,
gelblichen, Faden ziehenden Schleim bedeckt.
Die am 18. März, am Tage des Todes, vorgenommene bacteriologische ßlutunter-
suchung ergab reichliche Reincultur von Pestbacillen.
Bacteriologischer Befund.
L Das peritoneale Exsudat über der tiefen inguinalen Lymphdrüse am inneren .Schenkel-
ringe linkerseits (nicht völlig steril entnommen) zeigt neben vereinzelten, typisch geformten Pestbacillen
ebenfalls spärlich sich mit alkalischem Methylenblau intensiver färbende, schlanke Bacillen.
In den Culturen finden sich wenig zahlreich Colonien des Pestbacillu.s, reichlicher Colonien des Pyo-
cyaneus. In den Deckglaspräparaten von den Pestcolonien (Glycerinagar, 48 Stunden alt) finden sich neben
den typischen Formen ziemlich zahlreich längere Fäden, oft gewunden und ungleich dick.
2. In Präparaten von der Milz finden sich ausschliesslich Pestbacillen in sehr reichlicher Menge,
meist einzeln liegend, vorwiegend in ovoiden und runden Formen, seltener in Stäbchenform ; neben den gut
und bipolar gefärbten typischen Formen finden sich reichlich schwach gefärbte, rundliche, ringförmige und
bläschenartige, grössere Formen.
Die Aussaat zeigt eine reichliche Reincultur von Pestcolonien.
3. Die tiefe inguinale Lymphdrüse am inneren Schenkelring linkerseits zeigt mikroskopisch
weniger reichlich Pestbacillen als die Milz; neben rundlichen, ovoiden und stäbchenförmigen, gut und
bipolar gefärbten Formen finden sich noch zahlreicher als in der iMilz schwach gefärbte, rundliche Formen
in allen Übergängen bis zu grossen, schattenhaften Gebilden.
In den Culturen reichlich Pestcolonien und eine Colonie von Bacterium cc.ili,
4. Culturen aus der Synovialflüssigkeit vom rechten Kniegelenke bleiben steril.
Histologischer Befund.
1. Tiefe inguinale Lymphdrüse von links. Das die Lymphdrüse umgebende Binde- und Fett-
gewebe in weitem Umkreise durchsetzt und auseinandergedrängt von feinst granulirt oder feinfädig aus-
sehenden Massen, denen sehr zahlreiche polynucleäre Leukocyten beigemengt sind, die stellenweise das
Gewebe dicht infiltriren. Daneben finden sich ausgedehnte Hämorrhagien. Die Bindegewebsbündel vielfach
in homogene Balken ohne Kernfärbung umgewandelt.
Sehr zahlreiche Lymphgefässe sind stark erweitert, mit polynucleären Leukocyten und denselben
geronnenen Massen vollgefüllt, die das Gewebe durchsetzen. Ihre Wand glänzend homogen, ebenso die
Bcuhitpcst. II. Pathologisdi-üiiatomischer Bericht. 391
vieler kleiner und grösserer, mit Blut prall gefüllter Blutgefässe, in deren Umgebung sich zahlreiche poly-
nucleäre Leukocyten finden. In den Ner\-enscheiden häufig Blutaustritte, die die Nerven sehr stark ab-
platten. Die Lymphdrüse selbst fast vollständig von einem homogen glänzenden, schmalen Streifen, dem
innersten Antheile der hbrüsen Kapsel entsprechend, eingesäumt.
Vom Parench\-m der auf dem Schnitte fast wallnussgrossen L>'mphdrüse nichts mehr erhalten, indem
sich nur regellos untereinandergemengt enorme, zusammenhängende Bacterienmassen und^ ausgedehnte
Blutungen finden; zwischen denselben Anhäufungen von polynucleären Leukocyten oder homogenwandige
Gefässe, die oft in breiter Schichte von Blutungen umgeben sind. Die Leukocyten zeigen stellenweise feinen,
körnigen Zerfall der Kerne. Die Bacterienmassen bestehen nur aus Pestbacillen, die dichtgedrängt, rasen-
bildend, aneinander liegen. Sie haben vorwiegend die runde Form, doch sind die einzelnen verschieden
gross und verschieden stark, oft sehr blass mit Methylenblau gefärbt. Sie finden sich nicht nur im Bereiche
des Lymphdrüsenparenchyms, hier am reichlichsten, sondern auch in den Blut- und Lymphgefässen und in
dem von Ödem auseinandergeworfenen Bindegewebe, das die Lymphdrüse einschliesst.
2. Eine über bohnengrosse Lymphdrüse, die retroperitoneal zur Seite der grossen Gefässe
gelegen ist, zeigt im Allgemeinen dieselben Veränderungen wie die vorstehende. Nur fällt in Allem der
viel geringere Grad der Veränderungen in der Lymphdrüsenkapsel und ihrer Umgebung auf. Auch hier ist
das Lymphdrüsenparenchym vollständig substituirt durch Pestbacillenrasen imd Blutungen.
Bei einer zweiten, ebenso grossen, retroperitonealen Lymphdrüse fehlen die Ver-
änderungen in dem pericapsulären Bindegewebe vollständig, nur einzelne mit Pest-
bacillen und Leukocyten vollgefüllte Lymphge fasse finden sich. Dagegen sind sämmtliche
Lymphsinus wie injicirt mit Bacillen, und zwar findet sich dabei sehr wenig zellige Beimengung poly-
nucleärer Leukocyten und spärliche, ganz isolirte, protoplasmareiche Zellen mit sehr blass gefärbten
Kernen. Mit der Immersion sieht man in beiden Lymphdrüsen ausschliesslich Pestbacillen, von der runden
coccenähnlichen Form in colossaler Menge. Sie haben meist ein bläschenähnliches Aussehen, häufig
ziemlich deutliche Kingform, indem sich ihre Peripherie etwas stärker färbt. Sie finden sich in der
zuletzt beschriebenen hauptsächlich in den Sinus, sehr spärlich in den angrenzenden Partien des adenoiden
Gewebes.
3. Schnitte durch eine mandelgrosse Lymphdrüse vom rechten inneren Schenkelringe
zeigen Erweiterung und starke Blutlüllung der Gefässe der Kapsel und ihrer Umgehung. Die Lymphdrüse
ist in ihrem Bau \-ollständig erhalten. Die Rindenfollikel nicht vergrössert, dagegen sind die Keimcentra
gross, das Reticulum ihrer Zellen sehr deutlich, die Sinus breiter als die Markstrahlen, als lichte, zum Theile
mit Blut gefüllte Bahnen sehr gut vom adenoiden Gewebe abgrenzbar. Sie bestehen aus grossen, proto-
plasmareichen Zellen, zwischen denen sich homogene, mit Eosin lichtrosa gefärbte Gerinsel oder oft sehr
zahlreiche rothe Blutkörperchen und spärliche Leukocyten finden.
Am ganzen Schnitte starke Erweiterung und F"üllung der kleinen Blutgefässe, besonders der Capillaren
und vereinzelte Blutungen, die auch in die Follikel hineinreichen.
Sowohl in den Blutungen wie auch in den erweiterten Gefässen mehr oder weniger zahlreiche Pest-
bacillen vorhanden, die bald rund, bald ovoid sind. Vereinzelt findet man sie auch in kleinen Häufchen
innerhalb der Sinus, häufig intracellulär gelagert.
4. Ganz ähnlichen Befund ergeben zwei erbsengrosse oberflächliche Lymphdrüsen aus
der rechten Ingui nalgegend. Blutungen fehlen hier. Die Bindegewebskapsel aus schön welligem
Bindegewebe in wesentlich verdickter Lage bestehend, auch die Adventitia kleiner Arterien verdickt. \m
adenoiden Gewebe zahlreiche Hämatoidinkörnchen enthaltende Zellen. In allen Capillaren und Blutgefässen
auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten oft sehr zahlreiche Pestbacillen, die häufig in Diplobacillenform
liegen, seltener die runde Form besitzen.
5. Desgleichen zeigt eine Lymphdrüse aus der linken .\\illa im .Mlgemeinen denselben mikro-
skopischen Befund wie 3: Enorme Hyperämie und aulTallend starke Erweiterung der scharf begrenzten
392 H. Albrecht und A. Ghon,
Sinus. Besonders präi^naiit erseheint die Sehvveliiing der Siniiszellen und die blasse Färbbarkeil ihrer sehr
grossen Kerne, hi den Sinus ist stellenweise sehr \iel Blut enthalten.
6. Eine noeh stärkere und fast allLj;emeine hämorrhagische Inliltratioii der Sinus zeigen zwei
untersuchte Lymphdrüsen von der Seite der linken grossen Halsgefässe. Die Follikel
und Markstrahlen auffallend klein oder schmal, wie comprimirt durch die Erweiterung der Sinus. Kapsel
und umgebendes Bindegewebe hyperämisch, sonst nicht verändert.
in den Blutgefässen zahlreiche tj'pische Pestbacillen, ebenso linden sich reichliche in den .Sinus, beson-
ders, wo viel Blut ausgetreten ist. Ausserdem hier aber auch Häufchen von Coccen, die mitunter zu langen
Ketten angeordnet und manchmal etwas lanzettförmig gestaltet sind.
7. Tonsille von links. Dieselbe zeigt ebenso wie die Lymphdrüsen starke, gleichmässig verbreitete
Hyperämie.
Die Keimcentren sehr gross, enthalten viele polynucleäre Leukocyten. Das Epithel übei'all erhalten.
Innerhalb der Epitheleinsenkungen zahlreiche Bacterienhaufen. Das Plattenepithel hier vielfach zu Grunde
gegangen. Die Blutgefässe der benachbarten Gaumenschleimhaut stark mit Blut gefüllt. Die Drüsen-
schläuche mit Schleim gefüllt, desgleichen die erweiterten Ausführungsgänge. Auch hier finden sich inner-
halb der Blutgefässe zahlreiche Pestbacillen. Die Bacterienmassen innerhalb der Epitheleinsenkungen stellen
ein Gemisch von Bacillen und Coccen vor.
8. Schnitte durch zwei kleinbohnengrosse Lymphdrüsen aus dem hinteren Mediastinum
zeigen im umgebenden Binde- und Fettgewebe sowie in der fibrösen Kapsel der Lymphdrüsen reichliche
Hämorrhagien. Die Drüsen selbst von ausserordentlich reichlichen Pestbacillenmassen inflltrirt, so dass nur in
einem ganz kleinen Bezirke die Structur erhalten ist, im Übrigen finden sich zwischen den zusammen-
hängenden Bacillenmassen isolirte, mit Blut vollgefüllte Blutgefässe und kleine Reste von Follikeln. Der
zugleich auf den Schnitten getroffene Ductus thoracicus ist leer (offenbar bei der Präparation ausgeflossen).
Mit starker Vergrösserung finden sich nur Pestbacillen in enormer Menge und von meist rundlicher,
bläschenähnlicher Form, sowohl in den Lymphdrüsen, wie im Blute der Gefässe.
9. Schnitte durch die Vena ca\'a (nahe der Leber) zeigen zahlreiche kleinere und ausgedehntere
Blutungen in der Adventitia sowohl, als auch in der Media und Intima bis unter das Endothel reichend.
Dieses vielfach verloren gegangen, hinerhalb der Blutungen vereinzelte Häufchen typischer Pestbacillen.
10. Milz. Die P'ollikel von entsprechender Grösse. Die Pulpa besteht aus regellos untereinander
geworfenen Blut- und Zellmassen, und zwar sind es vor Allem polynucleäre Leukocyten, die die ganze
Milz in sehr grosser Anzahl durchsetzen; ferner zahlreiche grosse Pulpazellen, die ohne bestimmte Anord-
nung in den Blutmassen liegen, indem von den Pulparäumen nichts mehr zu erkennen ist. Sie besitzen
einen grossen, rundlich-ovalen, sehr blass gefärbten Kern oder einen gelappten Kern. Massig zahlreich
finden sich kleine Herde, deren Centrum aus granulirten oder scholligen, mit Eosin roth gefärbten Massen
besteht, das noch den Längs- oder Querschnitt eines kleinen Gefässes erkennen lässt und umgeben ist von
kernlosen, schattenhaften Zellleihern oder von zahlreichen langgeschvvänzten, stark gefärbten Kernen.
Die Milz überall übersäet von zahllosen oft ganz dicht aneinander gedrängten Pestbacillen, die extra-
und intracellulär gelagert sind, und die rundliche, oft ganz bläschenähnliche oder die stäbchenähnliche,
ovoide Form besitzen. Auch deutlich bipolare Färbung und Diplobacillenanordnung findet sich. Keine
Streptococcen.
IL Niere. Die Epithelien wie angeschwollen, von unregelmässiger Form, das Protoplasma fein granulirt,
der Kern gross und blass. Die Glomeruli blutüberfüllt. In einzelnen Harnkanälchen Haufen von verschieden
grossen, dunkelblauviolett gefärbten Kugeln verschiedener Grösse. Sonst keine pathologischen Verände-
rungen, hl allen CapiUaren und Blutgefässen, auch in den Schlingen der Glomeruli, zahlreiche Pestbacillen.
12. Die Synovialzotten des linken Kniegelenkes hyperämisch, ihre obersten platten Zellenlagen
erhalten, auch die Gefässe des Binde- und Fettgewebes der Synovia sind überfüllt, hi allen CapiUaren und
Blutgefässen manchmal sogar zahlreiche Pestbacillen nachweisbar, jedoch keine solchen in den Schichten
der obersten rundlichen oder platten Zellenlagen, ebenso nicht im Bindegewebe der Gelenkshaut.
Beulenpest. II. Pathologisch-anatomischer Bericht. 393
Epikrise.
Der in der linken Leistengegend sitzende primäre Bubo betrifft die Gruppe der tiefen inguinalen
Lymphdrüsen, hauptsächlich jene, die am inneren Schenkelringe gelagert ist. Von da aus zieht zur Seite der
grossen Bauchgefässe eine Kette retroperitonealer Lymphdrüsen nach aufwärts, die ebenfalls schwer ver-
ändert sind.
Über der früher erwähnten stark in den Peritonealraum vorgebauchten Lymphdrüse ist es zur
umschriebenen fibrinösen Peritonitis, die direct von der Lymphdrüse aus weiter geleitet und durch
den Pestbacillus erregt ist, gekommen. In geringem Grade sind die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen
derselben Seite betroffen.
Ausserdem zeigen fast sämmtliche anderen Lymphdrüsen Hyperämie und bald mehr, bald weniger
ausgesprochene markige Schwellung. Sie sind auf dem Wege der Blutbahn inficirt, indem sich in allen
Capillaren und Blutgefässen der untersuchten Organe reichliche Pestbacillen \-orfinden.
Der Befund \-on Streptococcen in den L3'mphdrüsen am Halse ist auf eine Secundärinfection zu
beziehen, die höchst wahrscheinlich von den Tonsillen aus erfolgt und local geblieben ist. hi der Milz
ziemlich zahlreiche Herde charakteristischer Form, erzeugt durch Nekrose von Capillaren, mit Coagulation
derselben und ihrer Umgebung und eigenartigem Körnchenzerfall der umgebenden Zellen. Blutungen finden
sich im Periost des Schädeldaches, in der Pleura und im Epicard, in der Wand der Gallenblase und in der
Schleimhaut des Magens und Dickdarmes.
Die Form der Pestbacillen in den Schnittpräparaten ist vorwiegend die rundliche, coccenähnliche. Nur
wo sie spärlicher (weniger dicht gedrängt und nicht Rasen bildend) liegen, besitzen sie die ovoide Stäbchen-
forni als Diplobacillen, häufig mit bipolarer stärkerer Färbung.
Culturell re.sultiren Reinculturen von Pestbacillen aus der Milz und dem primären Bubo. Den wenig-
reichlichen Colonien von Pestbacillen auf den Platten aus dem peritonealen Exsudate sind spärlich Colonien
von Pyocyaneus beigemengt, die jedenfalls Verunreinigungen darstellen, da einerseits das Exsudat nicht
einwandsfrei entnommen wurde, andererseits sich nirgends ein Grund für ihre Anwesenheit finden lässt.
Fall 32/XXVII.
Badhill, 40jähriger Hindu, Wäscher, ins Spital aufgenommen am 20. März um 10 Uhr 30 Minuten \'or-
mittags, am 111. Krankheitstage, gestorben am 2L März um 7 Uhr 50 .Minuten, am I\'. Krankheitstage.
Die Section wurde am 22. März um 9 Uhr 30 Minuten \'ormittags, ungefähr 14 Stunden post mortem
vorgenommen.
Körper 169 cm lang, von kräftigem Knochenbau, ziemlich gut entwickelter Musculatur, mager
Todtentlecke undeutlich wahrnehmbar. Todtenstarre vorhanden. Gesicht verfallen, Hornhäute getrübt
Pupillen mittelweit, beiderseits gleich weit. Conjunctivae etwas injicirt, Mundschleimhaut pigmentirt,,
fast blutleer, Zähne anscheinend gesund. Halz kurz, kräftig, in seinen Gruben keine Drüsen tastbar, auch
nicht in der Achselhöhle. Thorax von entsprechenden Dimensionen, symmetrisch, gut gewölbt, in seiner
unteren Apertur etwas ausgeweitet. Abdomen im Niveau des Thorax; Bauchdecken gespannt. In beiden
Leistengegenden und zwar am Poupart'schen Bande, besonders rechterseits, Paquete von harten, nicht ganz
scharf abgrenzbaren, länglichen, bohnengrossen Lymphdrüsen tastbar. Die Haut über denselben nicht
besonders verändert, in der rechten Schenkelgrube eine circa 4 cm lange, längliche, harte Lymphdrüse
tastbar.
Am äusseren Genitale nichts Pathologisches. In beiden Kniekehlen nichts palpabel. An der oberen und
unteren Extremität ausser älteren Narben nichts Pathologisches.
Weiche Schädeldecken massig blut- und fettreich. Über dem linken Scheitelbein findet sich in denselben
ein unregelmässig begrenzter, frischer Blutaustritt.
394 H. Alhrecht und A. Glioii.
Scliädeldach länglich-o\'al, symmetrisch, im Län.usdurchmesser I<S' 2 ''"'. mi queren \2'/.^ cm und m
der Peripherie 53 cm messend, im AllKemeinen dünn, kaum '/^ cm dick, 'l'abuia extei'na und interna nirgends
verdickt, Spontiiosa blutreich, fast überall erhalten, ebenso die Nähte; Innenfläche der Tabula interna glatt,
(iruben und Furchen seicht.
Im .'sichelblutleiter reichliche llockige Cruormassen. Dui\'i mater gut gespannt, durchscheinend, ziemlich
blutreich, glatt, glänzend. Leptomeningen an der Basis zart, wenig blutreich, Gefässe zartwandig, Meningen
an der Convexität stärker dLirchfeuchtet, die Venen stmtzend mit Pjjut gefüllt, geschlängelt. Rinde grau-
gelblich, gleichmässig schmal, Marklager von ziemlich spärlichen Blutpunkten durchsetzt. Ventrikel enge,
Gehirnsubstanz etwas weicher, .Stammganglien normal gebildet; diese, sowie Kleinhirn, Pens und MeduUa
ziemlich blutleer; Meningen an der Convexität der MeduUa leicht pigmentirt.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der dritten Rippe, links etwas höher.
Schilddrüse klein, am Durchschnitte colloid, fein gekörnt, wenig blutreich.
Die Lymphdrüsen beiderseits längs der grossen Halsgefässe etwas vergrössert, röthlichgrau. .Auf dem
Durchschnitte ebenso gefärbt, wenig succulent.
Schleimhaut des Gaumens und Pharynx trüb geröthet. Beide Tonsillen etwas vergrössert, auf dem
Durchschnitte saftig, grauröthlich. Alle Balgfollikel am Zungengrunde klein. Schleimhaut des Larynx und
der Trachea röthlich-gelblich, mit reichlichen Schleimtrr)pfchen übersäet.
Im linken Pleuraräume kein pathologischer Erguss, an der Pleura diaphragmatica einige Ecchymosen.
Ebensolche an der Pleura des Unterlappens. Diese sonst überall glatt, glänzend. Die linke Lunge fühlt sich
flaumig an, auf dem Durchschnitte blutreich, vollständig lufthaltig, wenig ödematös. Rechte Pleurahöhle
ebenfalls fast leer, in der Pleura des Unterlappens reichliche Ecchymosen, sonst ist diese überall glatt,
glänzend, auf dem Durchschnitte ziemlich blutreich, Oberlappen mehr ridemat(")S, vollständig lufthaltig.
Die pericardiale Flüssigkeit etwas vermehrt, an der Innenfläche des sehr zarten Pericards ganz kleine,
spritzerartige Blutaustritte; reichliche grössere, zum Theile confluirende, am Epicard über der unteren Hohl-
vene und den Lungenvenen; dasselbe fettarm. Herz ziemlich schlaff und klein. Im rechten und linken
Ventrikel Fibringerinsel und ziemlich reichliche Cruormassen. Beide Ventrikel etwas schlaffer, alle Klappen-
apparate sehr zart und schlussfähig, Myocard braun-gelblich.
Ductus thoracicus etwas erweitert.
Leber vergrössert, Consistenz etwas verringert, Oberfläche glatt, auf dem Durchschnitte graubraun,
Läppchenzeichnung etwas weniger deutlich, blutreich, Gallenblase gut mit dunkler Galle gefüllt.
Milz vergrössert, 14 cm lang, 1 1 cm breit, ziemlich flach, Kapsel leicht getrübt, auf dem Durchschnitte
gleichmässig dunkelblutrothe, einzelne mehr schwarzrothe, nicht ganz scharf abgegrenzte Herde zeigend.
Pulpa vorquellend, nur etwas abstreifbar, wie chagrinirt, grobes Stroma vermehrt, von den Follikeln nichts
zu sehen.
Nebennieren klein.
Nieren vergrössert und plump. Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, graugelblich, morsch. Rinde
etwas vorquellend, röthlich gestreift, Pyramiden in ihrer Peripherie etwas gefasert, aber ziemlich scharf \'on
der Rinde abgesetzt. Das Gewebe morsch. Nierenbecken unverändert.
Harnblase massig mit Harn gefüllt, in derselben etwas trüber, gelber Urin, Schleimhaut blassgelblich.
Die oberflächlichen und tiefen Lymphdrüsen der rechten Inguinalgegend etwas ver-
grössert, hart, isolirt, auf dem Durchschnitte nicht succulent, nicht weiter verändert.
Die Lymphdrüsen in der rechten AxiUa in derselben Weise leicht vergrössert, bis bohnengross, die der
linken Axilla ebenso gross, isolirt, blutreicher und consistenter.
Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen links, gerade über der Schenkelgrube, in hämor-
rhagisch infiltrirtes, sulzig-ödematöses Bindegewebe gehüllt, sie selbst ebenfalls schwarzroth, hämorrhagisch,
aber nicht über erbsengross. Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen am Poupart'schen Bande mehr an
der Aussenseite etwas vergrössert, ziemlich derb, auf dem Durchschnitte gelblich, nicht weiter verändert. Die
tiefen inguinalen Lymphdrüsen an der medialen Seite der linken Vena femoralis hinter dem Poupart'schen
Btii/Liijhs/ IL l'ülholoi^isch-aualoiuisclic)- Bericht. 395
Bande zu einem taubeneigrossen Puquet v'crcinigt, ziemlich derb. Auf dem Durchschnitte scheint das Paquet
aus zwei grösseren und einer kleineren Drüse zu bestehen; ihr Parenchym quillt vor, erscheint ganz unregel-
mässig, röthlich-gelblich gefleckt, in der Rinde fast fein granulirt, sehr reichlichen trüben, serösen Saft
gebend, an manchen Stellen lleckig hämorrlnagisch. Jn der Wand der Vena femoralis reichliche circumscriptc
Blutimgen. Die dem horizontalen Sctiambeinaste angelagerte Drüse beträchtlich vergrössert, weicher, reich-
lichen, milchig-bröckeligen Saft gebend, ebenfalls eigenthümlich gesprenkelt. Die Lymphoglandulae iliacae
derselben vSeite kaum etwas geschwollen, die lumbalen Lymphdrüsen längs der grossen Gefässe haupt-
sächlich linkerseits beträchtlich vergrössert, bis bohnengross, zu einem taubeneigrossen Paquet vereinigt,
das sie einhüllende Bindegewebe sulzig-ikiematös, die Drüsen auf dem Durchschnitte dunkelgrauroth
gefärbt, vorquellend, reichlichen Saft gebend und stellenweise an der Peripherie wie granulirt aussehend.
Die mesenterialen Lymphdrüsen nicht vergrössert.
Im Magen spärliche flüssige, kaffeesatzähnlich gefärbte I\hissen. Schleimhaut dünn, längs der grossen
Curvatur in Falten gelegt, übersäet von zahllosen bis punktgrossen, isolirt stehenden Ecchymosen. Schleim-
haut des Duodenum mit reichlichem Schleim bedeckt, sonst nicht verändert. Im lleum reichliche gallig
gefärbte Chymusmassen. Schleimhaut und Plaques nicht besonders verändert; ebenso im Jejunum. Im
Dickdarm gallige, schleimige, ungeformte Fäcalien; Schleimhaut etwas gelockert. Keine Blutungen.
Die am 20. IMärz, am 111. Krankheitstage, vorgenommene bacteriologische Blutunter-
suchung ergab eine verunreinigende Colonie, aber keine Pestcolonien. Am nächsten
Tage Vormittags (d. i. am IV^ Krankheits-, dem Todestage) wiederholt, ergab die Blut-
untersuchung eine Reincultur von vier Pestcolonien.
Bacteriologischer Befund.
1. Die M il z zeigt mikroskopisch spärlich Pestbacillen, meist einzeln liegend, oft in etwas plumpen
Formen.
Die Aussaat enthält eine ziemlich reichliche Reincultur von Pestcolonien.
2. Aussaaten vom Harn ergeben keine Pestcolonien, wohl aber einige Colonien einer Staphylococcen-
art und eines diphtherieähnlichen Bacillus.
3. Aussaaten von der Galle zeigen reichlich Colonien von Bacterium coli; keine Pestcolonien.
4. Deckglaspräparate von einer tiefen inguinalen Lymphdrüse der linken Seite zeigen
reichlich Pestbacillen, vorwiegend in rundlichen, spärlicher in ovoiden, noch spärlicher in Stäbchenformen,
meist einzeln liegend.
Neben gut und bipolar gefärbten Exemplaren finden sich reichlich schwach tingirte, rundliche, sowie ■
Ringformen und grössere rundliche oder stäbchenartige, wie gebläht aussehende Gebilde.
Aussaaten zeigen eine reichliche Reincultur von Pestcolonien.
Histologischer Befund.
L Flache, etwa Olivengrosse Lymphdrüse aus der Gruppe der tiefen inguinalen von
links. Das die Lymphdrüse einhüllende Binde- und Fettgewebe ist an vielen Stellen von massenhaften
polj'nucleären Leukocyten und Bactericnmassen infiltrirt, auch erweiterte und mit denselben ganz ange-
füllte Lymphgefässe finden sich hier. P'ast nirgends ist die Bindegewebskapsel der Lymphdrüsen voll-
ständig abgrenzbar, vielfach kann man nur mehr einzelne, durch Infiltrate auseinander gedrängte Binde-
gewebsbündel erkennen, die mit mächtig erweiterten, von Ödemflüssigkeit, Leukocyten und Bacterienmassen
erfüllten Gefässen zusammenhängen.
Im Bereiche der Lymphdrüse selbst die gewöhnliche Structur derselben nur ganz undeutlich
erkennbar, indem Alles \'on polynucleären Leukocyten und Bacterien überschwemmt ist. Nur stellenweise
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. LXVI. Bd. 52
390 //. Alhrcchl und A. (ilioii,
markircn dichte Kusen von Hactcrien den Verhuir der Sinus, bcsundcrs der Kandsinus. An diesen Stellen
ist das Gewebe zu Grunde gegangen, man findet melir weniger reichlichen Körnchenzerfall, namentlich um
Gefässe, die das charakteristische Netzwerk der stark roth gefärbten Balken, entweder ebenfalls homogen
ihrer Wand angelagert oder ihr Lumen erfüllend oder sie in Vovm zarterer Netze umgebend, aufweisen.
Dazwischen kleinere Hämorrhagien. Nirgends ausgedehnterer Gewebszerfall.
Die genannten Bacterienmassen bestehen aus vorwiegend sehr blass gefärbten Pestbacillen, die rund-
liche Formen zeigen, und zwar von sehr verschiedener Grösse. Manche haben bläschenähnliches Aussehen.
An anderen Stellen sind sie typische Diplobacillen. Oft liegen sie intracellulär, eingeschlossen in grosse,
runde Zellen, deren Kern zur Seite gedrängt ist und die den Sinuszellen entsprechen.
2. Schnitte durch eine über bohnengrosse Lymphdrüse aus einem Paquet retroperi-
tonealer (lumbaler) Lymphdrüsen zeigen das umgebende Gewebe und die Kapsel von einer sehr bac-
terienreichen, liomogen geronnenen Ödemflüssigkeit durchsetzt. Selten fmden sich kleinere Blutungen, zahl-
reiche Blutgefässe sind mächtig erweitert. Auch mit Leukocyten und Bacterienhaufen vollgefüllte Lymph-
gefässe liegen an der Peripherie der Drüse. Im Übrigen ist die auffallendste Veränderung die Erweiterung der
Sinus, welche ausser zahlreichen Leukocyten und rothen Blutkörperchen wie gebläht aussehende Sinus-
zellen enthalten, deren Protoplasma kleinste Fetttröpfchen enthält oder unregelmässig granulirt ist. Die
zahlreichen Capillaren der Sinus mit Blut vollgefüllt.
Pestbacillen finden sich nach Methylenblaufärbung im Lymphdrüsengewebe selbst massig reichlich,
und zwar in den Sinus, besonders in den Randsinus. Sie liegen vorwiegend in kleinen Häufchen zu
wenigen beisammen und sehr häufig intracellulär in den geblähten Sinuszellen. Sehr reichlich liegen sie
im periglandulären Gewebe und innerhalb der I^ymphgefässe. Auch im Blute der Capillaren finden sie sich.
Sie zeigen dieselben Degenerationsformen wie bei 1.
3. Die Milz ergibt den gewöhnlichen Befund. Nur sind Pestbacillen äusserst spärlich und sehr blass
gefärbt nachweisbar.
Epikrise.
Der primäre Bubo betrifft die linksseitigen inguinalen Lymphdrüsen, und zwar hauptsächlich die
tiefen, unter welchen wieder die dem horizontalen Schambeinaste aufgelagerte die grösste und am inten-
sivsten veränderte ist. Ganz geringe Schwellung zeigen die Lymphoglandulae iliacae derselben Seite,
viel stärkere die lumbalen. Bis zu ihnen hinauf zieht sich längs der grossen Gefässe ein sulzig-hämor-
rhagisches Ödem.
Die rechtsseitigen inguinalen Lymphdrüsen sind nur wenig vergrössert, sehr blutreich. Ähnliche
Veränderungen zeigen die axillaren und die Halslymphdrüsen beiderseits von den grossen Halsgefässen
und die Tonsillen. Blutungen finden sich im Periost des linken Scheitelbeines, in der Pleura, dem Peri-
und Epicard und in der Schleimhaut des Magens.
Histologisch und bacteriologisch erscheint der Fall als reine Pestinfection.
Während auf den Schnitten von der Milz sich nur spärliche Pestbacillen auffinden lassen, ergibt das
culturelle Verfahren reichliche Reinculturen.
Die Pestbacillen zeigen in den Schnitten ausgesprochene Degenerationsformen und liegen häufig
intracellulär, besonders in den Sinuszellen.
Fall 33/XXXn.
Dhondn Appa,^ 40jähriger Hindu, Arbeiter, wurde ins Spital am 23. März, am VI. Krankheitstage, auf-
genommen und starb am 25. März, am VIII. Krankheitstage, um 2 Uhr 20 Minuten Nachmittags. Die
Section wurde am selben Tage um 6 Uhr 30 Minuten Nachmittags, vier Stunden post mortem, vor-
genommen.
I Vergl. Krankengeschichte II. A. p. 49.
Bi-iihiipcsf. II. J'iillh'loLiisLli-üualoiuiscIiLr Bcridil. 397
Männliches Cadaver, lG5c;» lang, von ziemlich kräftigem Knochenbau, kräftig entwickelter Musculatur,
schlecht genährt. In der rechten Schläfengegend eine 2 ctn lange, oberflächliche, vertrocknete Excoriation.
Linke Conjuncti\'a bulbi lebhaft injicirt, rechte weniger; Hornhäute durchsichtig, Pupillen mittelweit, beider-
seits gleichweit; Mund- und Lippenschleimhaut etwas cyanotisch, Zähne erhalten und gesimd.
Hals kurz und kräftig, in seinen Gruben imd in beiden Axillen nichts Pathologisches tastbar. Thorax
von entsprechenden Dimensionen, gut gewölbt, .symmetrisch, Abdomen im selben Niveau, Bauchdecken
gespannt. Am äusseren Genitale nichts Pathologisches.
Entsprechend der rechten Schenkelgrube ein über hühnereigrosser, stark prominenter Tumor, über
dem die Haut verdickt, schwer faltbar erscheint, derselbe gegen seine Umgebung und in der Tiefe nicht
abgrenzbar, hart.
hl beiden Kniekehlen nichts Auffallendes. Li der Gegend des linken Malleolus externus eine \'öllig
reactionslose, ganz oberflächliche Excoriation mit blossliegendem Corium. Sonst an den Füssen nichts
Pathologisches.
Die Lymphdrüsen der linken Inguinalgegend palpabel, aber nicht besonders vergrössert.
Die weichen Schädeldecken fettarm, ziemlich blutreich. .Schädeldach länglich-oval, sj'mmetrisch, der
Knochen ziemlich gleichmässig circa 8 mm dick, Spongiosa überall erhalten, ebenso die Nähte. Die Gruben
der Pacchioni'schen Granulationen massig tief; der Längsdiu'chmesser misst 17'/^ ein, der quere 13 cm und
die Peripherie 50 cm.
Sichelblutleiter fast leer, Dura mater gut gespannt, blutarm, durchscheinend. Leptomeningen an der
Con\'exität ziemlich blutarm, aber stark ödematüs, ebenso wie an der Gehirnbasis sehr zart. Gefässe an der
Basis zartwandig, Rinde gleichmässig breit, grau, Marklager von spärlichen Blutpunkten durchsetzt, teigig
weich; Ventrikel enge; Stammganglien normal gebildet, sehr blutarm, ebenso Pons und Medulla.
Zwerchfellstand rechts an der vierten Rippe, links ebenfalls.
Schilddrüse klein, blutarm, gelblich, gekörnt.
Die Lymphdrüsen längs der grossen Halsgefässe nicht vergrössert.
Schleimhaut des Gaumens und Pharynx grauröthlich. Beide Tonsillen ziejnlich klein, auf dem Durch-
schnitte grauroth, wenig succulent; auch die Balgfollikel am Zungengrund nicht vergrössert. Schleimhaut
des Larynx und des Anfangsstückes der Trachea blutleer, gelblich.
Linke Lunge frei, ebenso die rechte; im Pleuraraum beiderseits kein pathologischer Erguss. Pleura des
linken Oberlappens glatt und glänzend, an der des Unterlappens Gruppen \on Ecch\'mosen. Das Lungen-
gewebe an vielen Stellen bläulich, eingesunken. An diesen Stellen fühlt sich die Lunge wie infiltrirt an,
sonst lufthaltig, etwas gebläht. Auf dem Durchschnitte des Oberlappens erscheint das Lungengewebe,
diesen Stellen entsprechend, schwarzroth infiltrirt, an manchen Stellen fein granulirt. Ähnliche solche
luftleere, sehr blutreiche und zum Theile hämorrhagische Herde finden sich im Unterlappen. Diese auf
dem Diu'chschnitte stellenweise ebenfalls feinst granulirt oder stärker prominent, graugelb und deutlich
gekörnt.
Ähnliche Befunde, aber mehr extensiv, in der rechten Lunge. Auf dem Durchschnitte des Unter-
lappens- der Lunge erscheint das Gewebe wie blutig infiltrirt, coUabirt, luftleer und zugleich durchsetzt
von zahlreichen graugelben ader hämorrhagisch infiltrirten Herden. Ähnliche solche stark feuchte und
hämorrhagische Herde im Ober- und Mittellappen. Pleura über denselben nur ganz leicht getrübt, wie auf-
gelockert.
Herzbeutel zart, in ihm wenige Tropfen klaren Serums enthalten. Epicard fettarm, keine Ecchymosen.
Linker Ventrikel contrahirt, rechter schlaffer. In ihm wenig Fibringerinsel, alle Klappenapparate zart. Myocard
gelblich, leichter zerreisslich.
Leber etwas vergrössert, vordere Ränder etwas plumper, Oberfiäche glatt, Kapsel zart, Farbe grau-
braun, etwas morscher, auf dem Durchschnitte blutarm, Läppchenzeichnung erhalten; Gallenblase klein,
schlecht mit Galle gefüllt.
52'
398 H. Albrcchf und A. Glmn,
Milz durch ]}indeg"ewebsmembr;inen mit dem reritoneinii parietale \^er\vachsen, \-ert>rössert, plump
16Vj "» lang, 1 1 cm breit, ziemlich weich. Auf dem Durchschnitte blutroth, Pulpa vorquellend, abstreifbar,
Follikel als graue, hirsekorngrossc Punkte mit graurothem Hofe sichtbar, das grobe Stroma nicht
vermehrt.
Beide Nieren etwas vergrössert, plumper, schlaffer, Oberfläche glatt, Kapsel leicht abziehbar. Kinde
braungelblich gefleckt, verbreitert, ebenso die Columnae Bertini. Pyramiden ziemlich klein, schwärzlich
in der Peripherie pigmentirt, ziemlich blutreich, gut von der Rinde abgesetzt. \m Nierenbecken beiderseits
vereinzelte Blutaustritte. Harnblase fast bis zum Nabel reichend, prall mit Harn gefüllt, in der Schleimhaut
Gruppen von bis hirsekorngrossen, frischen Blutaustritten.
Die retroperitonealen Drüsen von lockerem, etwas stärker durchfeuchteten Bindegewebe umgeben,
vergr()ssert, bis über bohnengross, röthlich-gelblich, succulent, auf dem Durchschnitte etwas vorquellend,
röthlich-gelblich fleckig, medullär. Ebenso zwei oder drei Lymphdrüsen längs der rechten Vasa iliaca.
Die tiefe inguinale Lymphdrüse am rechten inneren Schenkelring taubeneigross, stark prominent, hart.
Das sie bedeckende Peritoneum glänzend, aber von durchscheinenden Blutaustritten blauroth gesprenkelt.
Auf dem Durchschnitte erscheint die Rinde verbreitert, dunkelroth hämorrhagisch, das Centrum gelblich-
röthlich, etwas einsinkend, sehr stark morsch und reichlich eiterähnlichen Saft gebend. Die oberflächlichen
und die übrigen tiefen inguinalen Lymphdrüsen der rechten Seite zu einem fast hühnereigrossen Paquet
vereinigt. Ihre bindegewebige Kapsel und das sie umgebende Fett- und Bindegewebe bis ins Corium der
Haut hinein sulzig-eitrig und stark hämorrhagisch infiltrirt. Auf dem Durchschnitte erscheint das Drüsen-
paquet aus mehreren über haselnussgrossen, aber nicht scharf abgrenzbaren Drüsen zu bestehen; die-
selben sind fast vollständig starr hämorrhagisch infiltrirt, am Durchschnitte vorquellend, an manchen
.Stellen die Rinde wie gesprenkelt aussehend, an anderen mehr homogen, gelblich-röthlich, morsch (\'ei-gl.
Tafel VI, Fig. 2).
Magen contrahirt, spärliche gallige, schwärzlich gesprenkelte, schleimige Flüssigkeit enthaltend. .Seine
Schleimhaut stark in Falten gelegt, an der grossen Curvatiir finden sich spärliche kleinste Blutaiistritte. Im
Duodenum und im ganzen Jejunum galliger Schleim. Plaques nicht verändert. Im Dickdarm breiige,
reichlich gallige Fäcalien, in der Mitte des Quercolon eine Anzahl von ungefähr 1 — 2 cm langen, quer-
gestellten, dunkelblutrothen, etwas prominenten Blutaustritten, daneben einige kleinere, hanfkorn- bis
erbsengrosse. Sonst die Schleimhaut dünn, wenig injicirt.
Die mesenterialen Lymphdrüsen nicht verändert.
In der rechten Axilla circa bohnengrosse, röthlichgelbe, wenig succulente Drüsen.
Die Lymphdrüsen der linken Axilla hart, etwas grösser, auf dem Durchschnitte gelblich, dunkelroth
gefleckt, hart.
In der rechten Poplitea nichts Pathologisches auffindbar.
Pankreas derbe, gekörnt.
An beiden Nebennieren nichts Besonderes.
Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen der linken Seite durchschnittlich bohncngruss, graugelb,
auf dem Durchschnitte in der Rinde schwärzlich pigmentirt; das Centrum gelblich, keinen Saft gebend.
Ebenso die tiefen.
Am 24. und 25. März, am VII. und VIII. Krankheitstage, wurde das Blut bacteriologisch
untersucht; die Aussaaten blieben steril.
Bacteriologischer Befund.
L Deckglaspräparate von einem hämorrhagisch infiltrirten Herd der rechten Lunge
zeigen spärlich Pestbacillen, einzeln liegend, gut und bipolar tingirt. Ebenso spärlich finden sich extra-
cellulär liegende Diplococcen. In manchen Leukocyten mehr weniger reichlich Bacterien nachweisbar, \'on
Berilciipcsf. IL Pa/Iiolog/sc/i-ciiui/oiiiisciicr Bcric/if. 399
denen einige Ringformen darstellen, andere feinen Stäbchen mit ungefärbter Mitte oder schlecht tingirten
Diplococcen gleichen, wieder andere als Coccen in Tetraden angeordnet erscheinen.
In den angelegten Culturen keine Pestcolonien nachweisbar; fast völlige Reincultur eines i^acillus der
Coligruppe.
2. In der Milz sind mikroskopisch keine Racterien nachweisbar.
Auch die Aussaaten bleiben steril.
3. Aussaaten von der Galle bleiben steril.
4. Ebenso bleiben auch die Aussaaten vom Harne steril.
5. Aussaaten vom Dickdarminhalt zeigen reichlich Colonien von Darmbacterien, überwiegend
solche von Bacillen der Coligruppe.
Pestcolonien nicht nachweisbar.
6. In Deckglaspräparaten von einer oberflächlichen inguinalen Drüse i-echtersei t s
finden sich ziemlich reichlich Pestbacillen, meist einzeln mul e.vtracellulär liegend, vorwiegend in t\'pischen
gut und bipolar gefärbten Formen.
Histologischer Befund.
1. Pneumonische Herde des Unterlappens der rechten Lunge und des Oberlappens
der linken Lunge. Die Alveolen massig erweitert, ihre Septa sehr blutreich; in ganz unregelmässiger
Anordnung sind sie erfüllt zum Theil von Blut, zum Theil von E.KSudat, das in ganz wechselnder Menge
aus Fibrin, polynucleären Leukocyten und desquamirten Alveolarepithelien besteht, zum Theile aber auch
von .sich bläulich mit Hämatoxylin färbenden, grösstentheils aus Bacterien zusammengesetzten Massen. An
der Peripherie dieser Herde sind die Alveolen von homogen oder fein granulirt geronnenen Massen ausgefüllt.
Auf mit Methylenblau gefärbten Präparaten sieht man sehr ungleichmässig vertheilt grosse Mengen von
verschiedenen Bacterien. Sie liegen in manchen Gruppen von Alveolen sehr reichlich, die einzelnen Alveolen
ausfüllend, in anderen recht spärlich und intracelkilär gelagert. .Sie stellen entweder kleine rundliche oder
lanzettförmige, oder grössere in Tetragenusform gruppirte ' Coccen vor, oder Kurzstäbchen von plump-
ovaler Form, die auch nach ihrer Lagerung in Form kleiner Rasen als Pestbacillen angesprochen werden
könnten. Dieselben Formen auch in den von Blut und Leukocyten erfüllten Bronchien.
Präparate, nach der Gram-Weigert'schen Methode gefärbt, zeigen die Coccen und einen Theil der
Bacillen intensiv blau gefärbt, die plumperen, dicht gedrängt liegenden, sind entfärbt.
2. An der sehr blutreichen Milz ist histologisch nur eine geringe, nicht gleichmässig vertheilte
Infiltration der Pulpa und der Markstränge von Blut bemerkenswerth. In mit Methylenblau gefärbten
Schnitten irgendwelche Bacterien mit Sicherheit nicht zu erkennen.
3. Leber. Die einzelnen Leberepithelien durchaus nicht von einander abzugrenzen, ihre Kerne gross,
rund, blassblau gefärbt. Sonst keine pathologischen Veränderungen. Auch in der Leber finden sich keine
Bacterien.
4. Auch die Nieren epithelien zeigen nur geringe Zeichen der Degeneration und massige Hyper-
ämie der Rinden- und Marksubstanz. Sonst nichts Auffallendes. Nur in den Gefässschlingen einzelner
Glomeruli sehr spärliche lanzettförmige Diplococcen auffindbar. In anderen Capillaren oder grösseren
Gefässen sind keine Bacterien zu erkennen.
5. Eine nicht vergrösserte Lymphdrüse aus der linken Axilla zeigt keinerlei pathologische
Veränderung mit Ausnahme einer Blutung, die einen kleinen Theil der Drüse und zwar Sinus, sowie
Follikel und Markstrahlen durchsetzt. Mikroorganismen nicht mit Sicherheit nachweisbar.
6. Dickdarm. Die Schleimhaut in grösseren Strecken hämorrhagisch infiltrirt, so dass nur wenige
Krypten erhalten sind, deren Epithel abgestossen ist. Die oberste Schichte in ein gröberes oder feineres
Balkenwerk untermengt mit verschieden grossen Schollen und Bröckeln umgewandelt, wo jede Kern-
färbung fehlt, oder es ist die Schleimhaut in ihrer ganzen Dicke derartig vei'ändert. Das Bindegewebe der-
400 //. Albrccht und A. GJioit,
selben reichlich von polynucleären Leukocyten intiltrirt. In den Drüsenschläuchen liegen zahlreiche gut-
gefärbte, ziemlich schlanke und lange Stäbchen, vereinzelte solche in den Blutungen. Wo die Schleimhaut
necrosirt ist, findet sich ein ausserordentlich reichliches Gemisch von Bacterien der verschiedensten Form.
In den erweiterten Gefässen der Darmwand nirgends irgend welche Bacterien vorzufinden. Haupt-
sächlich zwischen Längs- und Quermuscularis finden sich kurze Spalten, die mit grossen, ganz Drüsen-
epithel-ähnlichen Zellen vollständig ausgefüllt sind. Sie entsprechen zweifellos Endothelien von Lymph-
gefä-ssen, in der Form und .Anordnung, wie es Orth in seinem Lehrbuch (I. p. 797) als Lymphangioitis
hyperplastica beschreibt.
7. Etwa wallnussgrosse Lymphdrüse aus dem Paquet der rechtsseitigen inguinalen
Lymphdrüsen. Das periglanduläre Binde- und Fettgewebe ist ziemlich reichlich von Leukocyten inflltrirt,
die vorwiegend mononucleäre Form besitzen. Doch finden sich auch mehrkernige Leukocyten und runde
Zellen mit einem bläschenähnlichen Kern und grossem Protoplasmaleib. Die Bindegewebskapsel der Lymph-
drüse ist nirgends mehr deutlich abzugrenzen, indem ihre Bindegewebsbündel durch Leukocyten und Blut
auseinandergedrängt sind. In unmittelbarer Umgebung der Drüse sieht man einige sehr weite Lymphgefässe,
die mit Leukocyten, Blut und zahlreichen kleinen Körnchen vollgefüllt sind, aber auch reichliche feine Fibrin-
netze enthalten. Auch zahlreiche erweiterte Capillaren und Blutgefässe finden sich neben Hämorrhagien.
In der Lymphdrüse selbst ist eine Structur nicht mehr zu erkennen, indem sie \-on dichter, zelliger Infil-
tration durchsetzt ist. Nur einzelne, von der Kapsel gegen das Centrum ausstrahlende Bindegewebs-
dissepimente sind deutlich abgrenzbar.
Hauptsächlich in den peripheren Schichten finden sich ausgedehntere Hämorrhagien und hier kann
man auch noch Züge von grossen, oft polygonalen Zellen erkennen, die den Sinuszellen entsprechen und
zwischen denen zahlreiche Leukocyten liegen. Die centralen Antheile der Lymphdrüse zeigen reichlichen
Gewebszerfall. Vielfach haben die Zellkerne ihre Färbbarkeit verloren und die Zellleiber sind als blass mit
Eosin gefärbte Scheiben oder unregelmässig geformte Schollen noch zu erkennen, zwischen denen sich
feine, verschieden grosse, blaugefärbte Körnchen finden. Auch zahlreiche feine und gröbere Fibrinnetze
durchsetzen das Gewebe, und viele Blutcapillaren sind von solchen erfüllt, die sich nach der Weigert'schen
Methode färben lassen.
Neben vorwiegend mononucleären Leukocyten sieht man auch in den centralen Antheilen grosse,
epithelähnliche Zellen (den Sinuszellen entsprechend), die häufig Leukocyten eingeschlossen haben und
eine bestimmte Anordnung nicht erkennen lassen.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sind innerhalb der Lj'mphdrüse keine Bacterien mit .Sicher-
heit auffindbar. In den nekrotischen Herden, die durch reichlichen Körnchenzerfall ausgezeichnet sind,
kann man diese oft sehr blass gefärbten Körnchen nicht von degenerirten Bacterien differenziren. Nur in
dem infiltrirten periglandulären Fettgewebe finden sich fast durchwegs intracellulär gelagerte, recht
schwach gefärbte und spärliche Diplobacillen von plumper, ovaler oder mehr runder Form und zwar in den
einzelnen Zellen mitunter in grosser Anzahl. Andere Bacterien nicht auffindbar.
Epikrise.
In der rechten Inguinalgegend findet sich ein primärer Bubo von erheblicher Grösse, der sowohl die
tiefen wie auch die oberfiächlichen inguinalen Lymphdrüsen betrifft. Auch die rechtsseitigen Lympho-
glandulae iliacae und lumbales sind stark geschwollen und hämorrhagisch oder medullär.
In beiden Lungenunterlappen finden sich lobulärpneumonische Herde, die ein Gemenge von Bacterien
aufweisen, in welchem Pestbacillen zweifellos am Deckglaspräparate und im Schnitte zu erkennen sind.
Den Pneumonien scheint die Bedeutung zuzukommen, dass sie den letalen Ausgang jedenfalls früher
herbeigeführt haben, bevor es zu reichlicher Überschwemmung des Organismus durch Pestbacillen gekom-
men ist. Sowohl die zweimal intra vitam vorgenommene bacteriologische Blutuntersuchung, als auch die
bacteriologisch-histologische Untersuchung verschiedener Organe des Cadavers ergibt in Bezug auf Pest-
BciiL-upLst. IL l'ülliologisch-auüloiiiischcr Iniiclil. 401
bacillen ein negatives Resultat: nur im primären Biiho sind sie massig reichlich nachweisbar (ebenso in den
schon erwähnten pneumonischen Herden).
Dementsprechend sind auch die L.j'mphdrüsengruppen der übrigen Körperregionen kaum bemerkens-
wert verändert. Auch Blutungen finden sich sehr spärlich nur in der Schleimhaut des Magens und Dick-
darmes, in letzteren ein Gemenge verschiedenster Bacterien.
hl dem Blute der Gefässe und in der Milz sind Pestbacillen nirgends aufzufinden.
Fall 34/XXXV.
Bcüa Isliram, ' 30jähriger Hindu, wurde am 24. März, am III. Krankheitstage, ins Spital aufgenommen
und starb am 2y. März, am VIII. Krankheitstage, um 8 Uhr 1.5 Minuten Nachmittags. Section am
29. März, 5 Uhr Nachmittags, zwei Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 160 c;» lang, von gracilem Knochenbau, ziemlich kräftiger Musculatur, schlecht
genährt.
Todtenflecke undeutlich, röthlich-violett, an den abhängigen Körperpartien, Todtenstarre stark aus-
gesprochen.
Hornhäute glänzend, Pupillen mittelweit, beiderseits gleichweit. Linke Conjunctiva injicirt, rechte
blutleer, Lippen cyanotisch, ebenso die Mundschleimhaut; aus dem Munde entleert sich schaumige, mit
gelblichen Bröckeln untermengte Flüssigkeit. Etwas hinter den beiden Unterkiefern erscheint die Haut
beiderseits etwas prominent und etwas verdickt; unter derselben lassen sich harte, undeutlich abgrenz-
bare, ungefähr taubeneigrosse, etwas verschiebliche Tumoren tasten.
Hals kurz und kräftig, in den Gruben ober- und unterhalb der Schlüsselbeine nichts Pathologisches
palpabel, auch nicht in den Axillen.
Thorax lang, schmal, s^ymmetrisch, ziemlich gut gewölbt.
.Abdomen im Niveau des Thorax, Bauchdecken straff gespannt.
Entsprechend dem rechten Poupart'schen Bande eine längliche, ungefähr hühnereigrosse Geschwulst,
über welcher die Haut verdickt, schlecht faltbar, etwas weniger verschieblich erscheint. Die Geschwulst
nach keiner Richtung deutlich abgrenzbar. Nach oben zu gegen die Bauchdecken vermehrte Consistenz.
Die Haut hier und an der Aussenseite der Geschwulst \'erdickt, ödematös, so dass der Fingereindruck schon
bei leichtem Druck stehen bleibt. Bei kräftigerem Palpiren in der Tiefe der Schenkelgrube eine längliche,
harte Drüse tastbar.
In der linken Leistengegend unter dem Poupart'schen Bande eine harte, bohnengrosse Drüse
tastbar.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
In den Kniekehlen nichts tastbar.
Ausser einigen alten Hautnarben keine pathologischen Veränderungen an der Haut der unteren
Extremitäten nachweisbar.
Die weichen .Schädeldecken ziemlich fettarm, blutreich. In denselben über den Scheitelbeinen zer-
streute, bis hirsekorngrosse Blutaustritte. Schädeldach länglich -oval, im Längsdurchmesser \d>ciii, im
queren li cm und in der Peripherie 50 cot messend, asymmetrisch, indem der rechte Scheitelbeinhöcker
etwas flacher erscheint; Schädelknochen 7 mm dick, Spongiosa erhalten, 4 iinii dick, ziemlich blutreich;
Furchen und Gruben der sonst glatten Tabula interna deutlich sichtbar.
Der obere .Sichelblutleiter leer, Dura mater gut gespannt, glatt, glänzend, durchscheinend, blutreich.
Die inneren Meningen an der Gehirnbasis zart, blutarm, Gefässe zartwandig, enge; Meningen an der Con-
vexität stark durchfeuchtet, längs der Venen etwas getrübt und verdickt, leicht abziehbar. Rinde röthlich-
grau, gleichmässig breit, Marklager von spärlichen Blutpunkten durchsetzt, Consistenz, der Frische ent-
1 Vergl. Krankengeschichte, II. A. p. 13.
402 H. Albrcclil mnl A. Clnni,
sprechend, eine ziemlich derb teigige, Ventrikel enge, l^lares Serum enthaltend; am rechten Plexus lateralis
zwei circa erbsengrosse Cysten. Stammganglien, Kleinhirn, Pons und Medulla normal gebildet, ziemlich
blutarm.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der lunftcn Hippe, ebenso links.
Die Lymphdrüsen beiderseits längs der grossen Halsgefässe, besonders tiber rechterseits bis über
bohnengross, mit einander zu Ketten vereinigt, derb, auf dem Durchschnitte gelblich-röthlich gefleckt,
markig, vorquellend, ausserordentlich succulent. Die Lymphdrüsen in beiden Submaxillargruben bis in die
Ohrgegend bis taubeneigross, ebenfalls sehr hart^ wie mit einander verwachsen, auf dem Durchschnitte
ausserordentlich viel trüben, blutigen Saft ergiessend, vorquellend, gelblich-roth gefleckt, zum Theil fein
granulirt.
Die Lymphdrüsen an der linken Seite des Halses etwas kleiner, mehr gelblich, sonst ebenso
verändert.
Schleimhaut des weichen Gaumens düster gerothet, beide Tonsillen gross, stark prominent, von der
linken nur die peripheren Antheile erhalten, indem sich im Centrum ein tiefer Substanzverlust zeigt \'on
2 cm Länge, dessen Ränder von einer geschwollenen, gerötheten, überhängenden Schleimhaut gebildet
werden und in dessen Tiefe kleine, mit Eiter gefüllte Hohlräume klaffen. Die rechte Tonsille ist belegt mit
gelblichen, leicht abziehbaren, schleimigen Membranen. Nach Entfernung derselben erscheinen die
centralen Partien der Tonsille von Schleimhaut entblösst, fein granulirt, röthlich-gelblich saftig. Auf dem
Durchschnitte ist das Gewebe vorquellend und ebenso verändert. Die BalgfoUikel des Pharynx sind im All-
gemeinen sehr stark prominent und hart, auf dem Durchschnitte starr infiltrirt, ebenfalls röthlich-gelblich
gefleckt, einzelne gelbe Follikel etwas mehr prominent. In analoger Weise verändert erscheinen die Balg-
foUikel am Zungengrunde, welche in Form von zwei stark prominenten, kronenstückgrossen Plaques zu
beiden Seiten des Ligamentum glosso-epiglotticum mediale angeordnet sind. Der linke Plaque grösser als
der rechte, die sie überziehende Schleimhaut hochgradig aufgelockert, ebenfalls eigenthümlich gelblich-
röthlich gefleckt, wie feinst granulirt aussehend. Auf dem Durchschnitte erscheint die Zone des adenoiden
Gewebes prominent, sehr saftig und ebenfalls röthlich und gelblich gefleckt. Unter denselben findet sich
ein unregelmässig begrenzter, zackiger Streifen mehr gelblichen, weniger prominenten Gewebes, welches
zwischen die einzelnen Muskelbündel hineinreicht. Schleimhaut an der oralen Seite der Epiglottis gelblich,
hochgradig ödematös, ebenso hochgradig die rechte ary-epiglottische Falte und die Schleimhaut des
Larynx an der entsprechenden Seite. Schleimhaut der Trachea gelblich, blutleer.
Linke Lunge im Bereiche des Oberlappens angewachsen, im Oberlappen gebläht, luftkissenartig; im
Unterlappen fühlt sie sich kleinknollig an, indem an ihrer Peripherie bis haselnussgrosse, dichtere Herde,
durchfühlbar sind. Die Pleura des Oberlappens glatt, glänzend, die des Unterlappens ebenfalls nur über
dem erwähnten derben Antheil etwas getrübt, dunkelblauroth, von Ecchymosen durchsetzt. Im Pleuraraum
kein pathologischer Erguss.
Auf dem Durchschnitte erscheint der Lhiterlappcn blutarm, wenig durchfeuchtet, durchsetzt von bis
kreuzergrossen, umschriebenen Herden von dunkelblutrother , sehr saftreicher Peripherie und gelblich-
röthlichem, feinst granulirten Centrum. Schleimhaut der kleinen Bronchien gerothet, geschwollen, mit
eitrigem Schleim gefüllt. Oberlappen etwas mehr durchfeuchtet, vollständig lufthaltig.
Rechte Lunge etwas kleiner, im Bereiche des Oberlappens angewachsen, ihre Pleurahöhle leer. Vordere
Ränder und Spitze sind emphysematös gebläht. Pleura im Allgemeinen glatt, glänzend. Weniger im Ober-
lappen, aber ziemlich reichlich im Mittel- und Unteriappen sind dieselben Herde palpabel wie linkerseits,
die Pleura über ihnen ebenso verändert. Auf dem Durchschnitte ergeben sie denselben Befund wie rechter-
seits; sonst ist die Lunge lufthaltig.
Herzbeutel zart, in ihm wenige Tropfen klaren, gelben Serums enthalten, Epicard fettarm, sehr zart,
Herz klein, ziemlich schlaft", in beiden Herzhöhlen massig reichliche Fibringerinsel und Cruormassen.
Alle Klappenapparate zart und schlussfähig. Myocard gelblich, morsch. Intima der Aorta zart, gelblich.
Schleimhaut der grossen Bronchien gerothet, mit blutigem Schleim bedeckt.
Bciilenpcst. II. Pafliologisch-aiuitomischer Bericlit. 403
Die L\'mphdmsen an der Bifurcation flach, über guldenstückgross, anthracotisch, die Rinde stellen-
weise grauroth und sehr saftig, weich.
Schleimhaut des Ösophagus grauweiss.
Leber etwas vergrössert, ihre Ränder plumper, Oberfläche glatt, Kapsel zart, Consistenz vermindert,
am iJurchschnitte ziemlich blutarm, graubraun, die einzelnen Läppchen gross, aber undeutlich abgrenzbar.
Gallenblase mit dünner Galle gefüllt.
Milz 15 a» lang, \2 cm breit, A cm hoch, plump, Kapsel zart, ziemlich stark gespannt, Schnitt-
fläche blutroth, stark glänzend, die Follikel als graue Punkte ziemlich zahlreich wahrnehmbar, Pulpa leicht
ausstreifbar, wenig vorquellend, das grobe Stroma nicht vermehrt.
Pankreas derbe, gekörnt.
Beide Nieren nicht besonders gross, plump, schlaff, ihre Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt,
gelbbraun, Rinde etwas vorquellend, verbreitert, Pyrarniden blutreich.
Schleimhaut des Nierenbeckens und der Ureteren intact.
Das Bindegewebe um die Harnblase sulzig , blutig infiltrirt, desgleichen erscheint das subperitoneale
Bindegewebe der Bauchdecken ungefähr bis Handbreite unterhalb des Nabels von frisch ausgetretenem
Blut durchsetzt.
Auch beide Recti und die übrige Bauchmusculatur der rechten Seite blutig infiltrirt.
In der Harnblase massig reichlicher gelber, klarer Urin.
Entsprechend dem früher beschriebenen Tumor längs des rechten Poupart'schen Bandes finden sich
die oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen zu einem hühnereigrossen, harten Paquet vereinigt
das in sulzig-hämorrhagisches, starr infiltrirtes Bindegewebe gehüllt ist. Diese Infiltration durchsetzt alle
Schichten bis ins Corium der Haut und reicht noch eine Strecke abwärts längs der vorderen und äusseren
Schenkelfläche und nach aufwärts über die Spina anterior superior des rechten Schambeines hinauf. Auf
dem Durchschnitt erscheinen die einzelnen Drüsen des Paquetes theils schwarzroth blutig infiltrirt, stark
\'orquellend und reichlich Saft gebend, theils ist ihr Centrum gelblich-röthlich, mehr trocken und morsch.
Die einzelnen Lymphdrüsen nur undeutlich von einander abgrenzbar. Die tiefe inguinale Lj'mphdrüse am
inneren Schenkelringe taubeneigross, rund, das sie überziehende Peritoneum stark gespannt, aber
glänzend, auf dem Durchschnitte erscheint sie stark vorquellend, gelblich und roth gesprenkelt und gefleckt,
zum Theile \\\e fein granulirt, reichlichen Saft gebend.
Die Lymphdrüsen längs der rechten Vasa iliaca länglich, ungefähr olivengross, isolirt und ziemlich
hart, auf dem Durchschnitte ebenfalls stark vorquellend und ebenso beschaffen wie die früher beschriebene
Drüse. Desgleichen die etwas kleineren, zu starren Ketten durch das sulzige, sie umgebende Bindegewebe
vereinigten retroperitonealen (lumbalen) Lymphdrüsen längs der grossen Bauchgefässe.
Die linke tiefe inguinale Lymphdrüse am inneren Schenkelringe ungefähr haselnussgross, ziemlich
derb, auf dem Durchschnitte etwas medullär und saftig. Die übrigen inguinalen Lj'mphdrüsen kaum etwas
geschwollen, grösser und saftiger am Durchschnitte.
In der rechten Fossa poplitea nichts Pathologisches.
Magen etwas von Gasen gebläht, schleimige Massen enthaltend. Seine Schleimhaut längs der grossen
Curvatur in Falten gelegt, geröthet.
Schleimhaut des Duodenimi etwas gelockert, gallig imbibirt.
Im Jejunum und Ileum gallig gefärbte, reichliche Chj-musmassen.
Im ganzen Ileum finden sich zerstreute, massig reichliche, stark prominente Herde, die gelblich-röthlich
gesprenkelt sind und von einem lebhaft rothen Hof umgeben erscheinen. Dieselben sind circa linsengross,
stehen entweder einzeln oder in länglichen Gruppen, den einzelnen Solitärfollikeln eines Plaques ent-
sprechend. Die Serosa über ihnen ist nicht verändert. Schleimhaut ihrer Umgebung im Allgemeinen dünn,
wenig injicirt, nur gerade vor der Bauhini 'sehen Klappe, wo sich eine Gruppe von circa 8 bis erbsen-
grossen, derartig geschwollenen Follikeln findet, trüb, geröthet, gelockert.
Denkschriften der mathem.-naturw. Gl. LXVI. Bd. 53
404 H. Albrecht und A. Ghoii,
Die zugehörigen mesenterialen Lymphdrüsen nicht über haselnussgross, aber stark prominent und
hart. Auf dem Durchschnitt ebenfalls rüthlich -gelblich, gesprenkelt, sehr stark vorquellend, reichlichen
Saft gebend und weich.
Im Dickdarm gallig gefärbte, breiige, weiche Fäces. Schleimhaut nicht weiter verändert.
Die Lymphdrüsen beider Achselhöhlen circa haselnussgross, isolirt, derbe, auf dem Durchschnitt
thcils blutigroth, saftig, theils von hämorrhagischen, .schwarzrothen Herden durchsetzt. Das sie einhüllende
Bindegewebe sehr stark durchfeuchtet.
Die bacteriologischen Blutuntersuchungen ergaben folgende I^efunde:
Am 24. März, am III. Krankheitstage, 9 Colonien von Pestbacillen in Reincultur.
» 25. » •■ IV. >■ 12
» 26. » \'. » 8—10 Colonien von Pestbacillen in Reincultm-,
» 27. ■ VI. » 15—18 » »
» 28. » > VII. » 4
y 29. » V^III. >^ neben wenigen Pestcolonien sehr rci chliche Strepto-
coccen colonien.
Bacteriologischer Befund.
1. In einer Lymphdrüse der rechten Halsseite finden sich mikroskopisch reichlich Pest-
bacillen in allen F'ormen, einzeln oder als Diplobacillen, in grösseren Haufen und auffallend reichlich in
Kettenanordnung, theils gut und bipolar, theils blass gefärbt.
Ausserdem finden sich noch ziemlich reichlich Coccen als Diplococcen und in kürzeren Ketten, sowie
feinere Stäbchenformen.
2. Eine etwas kleinere Lymphdrüse derselben Halsseite ergibt culturell ein Bacterien-
gemenge, bestehend aus Colonien des Diplococcus pneumoniae und Streptococcus pj'ogenes, sowie solchen
von feinen Stäbchen in reichlicher iVIenge, und spärlichen Pestcolonien.
3. Deckgiaspräparate von der Oberfläche eines BalgfoUikels an der linken Zungen-
seite zeigen sehr reichlich Pestbacillen, die in Form, Anordnung und Färbbarkeit im Allgemeinen den-
selben Befund geben, wie bei Nr. 1, nur findet sich in diesen Präparaten keine Anordnung zu Ketten. Ausser-
dem finden sich noch Coccen als Diplococcen und in kurzen Ketten, ferner schlankere und plumpere
Stäbchenformen, doch stehen alle diese Arten an Zahl weit hinter den Pestbacillen.
In den Aussaaten sind Pestcolonien jedoch nicht nachweisbar, wohl aber reichlich Colonien des Staphj'-
lococcus pyogenes aureus, Streptococcus pyogenes und einer Kapselbacillenart.
4. In der linken Tonsille finden sich mikroskopisch ebenfalls sehr reichlich Pestbacillen wie bei
Nr. 2, ausserdem Kapsel- und Kettencoccen und diphtherieähnliche Bacillenformen.
In den Aussaaten sind Pestcolonien nur in spärlicher Menge nachweisbar, reichlicher Colonien des
Staphylococcus pyogenes aureus und albus, Streptococcus pyogenes und eines der Diphtheriegruppe zuge-
hörigen Stäbchens.
5. In den Aussaaten vom Secret eines Bronchus der rechten Lunge sind Pestcolonien nicht
mit Sicherheit nachweisbar, reichlich jedoch Colonien des Staphjdococcus pyogenes aureus und Diplo-
coccus pneumoniae.
6. Deckglaspräparate aus einem pneumonischen Herd vom LInterlappen der linken
Lunge zeigen sehr reichlich Pestbacillen in allen Formen und Grössen, gut und schlecht tingirt, vorwiegend
extracellulär, spärlicher Diplococcen und Coccen in kurzen Ketten.
In den Aussaaten finden sich nur spärlich Pestcoldnien, reichlicher Colonien des Diplococcus pneu-
moniae und einer Kapselbacillenart.
BLiilcitpcst. IL I\illioloi:;isch-iiiuiloiiiiscIicr Bcriclü. -lOö
7. In den Aussaaten vom Urin finden sich Colonien des Pestbacillus in massiger Menge, einige
Cülonien des Streptococcus pyogenes und eine Colonic einer weissen Staphylococcenart.
8. In den Aussaaten aus der Milz sind spärlicii Colonien des Pestbacillus, reichlicher solche
des Streptococcus pyogenes nachweisbar.
9. Die Aussaaten aus der Galle bleiben steril.
10. In den Aussaaten aus dem Inhalte vom Coecum sind Pestcolonien nicht nachweisbar;
die angegangenen Colonien gehören sämmtliche der Coligruppe an.
11. In Deckglaspräparaten einer oberflächlichen inguinalen Lyniphdrüse der rechten
Seite finden sich reichlich Pestbacillen, einzeln liegend, fast ausschliesslich in blassgefärbten, rundlichen
P'ormen verschiedener Grösse.
Die aus dem nekrotischen, centralen Antheile dieser Drüse angelegten Aussaaten bleiben
steril.
Histologischer Befund.
1 . O b e r f 1 ä c h li c h e i n g u i n a 1 c L v' m p h d r ü s e d e r r e c h t e n S e i t e s a m m t der sie bedeckenden
Haut. Das Oberflächenepithel überall erhalten, seine Basalzellenschicht intensiv schwai'zbraun pigmentirt.
Das Bindegewebe des Corium auseinandergeworfen, zwischen den einzelnen Zellen des Corium fein
granulirt oder feinfädig geronnene Ödemflüssigkeit und polynucleäre Leukocyten, in den tieferen Schichten
dasselbe zwischen den auseinandergeworfenen Bandeln collagenen Bindegewebes.
DieGefässe eingescheidet von polynucleären Leukocyten, welche auch die Schweissdrüsen und das sub-
cutane Fettgewebe infiltriren. In den tieferen Schichten wird diese Leukocyteninfiltration immer dichter,
derselben sind viele rothe Blutkörperchen beigemengt und die Bindegewebsbündel sind vollständig aus
dem Zusammenhange gerissen und homogen. Ferner sieht man hier schon mit der schwachen Vergrösse-
rung grosse Bacterienmassen in zusammenhängenden Rasen dem Exsudate beigemengt.
In noch tieferen Schichten, die bereits dem periglandulären Fett- und Bindegewebe der Lymphdrüsen
entsprechen, sieht man in dem überaus dichten, aus Bacterien, poljmucleären Leukocyten und Blut
bestehenden Exsudate nur mehr vereinzelte homogene Bindegewebsbündel ohne Kerne, wenige Fettzellen
und erweiterte Blutgefässe erhalten. Die kleineren derselben sind von homogenen, stark mit Eosin
gefärbten Balken, groben Fäden oder Schollen ganz erfüllt, auch ihre Wand ist homogen, die Kerne der-
selben nur spärlich gefärbt, und stellenweise finden sich dieselben homogenen Balken auch ausserhalb
der Gefässe, unmittelbar im Zusammenhang mit der Wand.
Die Bindegewebskapsel der Lymphdrüse an vielen Stellen so dicht von Leukocyten infiltrirt, dass sie
gegen ihre Umgebung nicht abgrenzbar erscheint, an anderen ist sie in ein reichliches homogenes Balken-
oder Netzwerk lungewandelt, das sich besser abgrenzt. In der auf dem Schnittpräparate über haselnuss-
grossen Lymphdrüse ist von adenoidem Gewebe überhaupt nichts mehr zu sehen Entweder findet sich
dasselbe im Vorstehenden beschriebene Exsudat mit reichlichem Körnchenzerfall der Leukocyten oder es
ist mehr feinfädiges Fibrin nachweisbar.
An .solchen Stellen findet sich auch ein reiches feineres oder gröberes Balkenwerk, das homogen
glänzend aussieht und mit Eosin stark gefärbt ist.
Im Centrum haben die meisten Leukocyten ihre Kernfärbung verloren und sind diffus mit Eosin
gefärbt, von einander schlecht abgrenzbar. Dazwischen stellenweise reichlicher feinkörniger Zerfall der
Kerne und oft ausgedehnte Blutungen.
Auf mit polychromem Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man in den von Üdemflüssigkeit durch-
setzten Schichten des Corium nur spärliche Pestbacillen. Dagegen finden sie sich enorm reichlich in dem
subcutanen, inflltrirten Fettgewebe, zusammenhängende Rasen bildend. Hier haben sie die typische, plumpe,
kurze Stäbchenform, häufig mit ausgesprochen bipolarer Färbung. An anderen Stellen sieht man das
Gesichtsfeld übersäet von manchmal weniger dicht beisammen liegenden Pestbacillen, die ausgesprochene
Coccenform besitzen, vollständig rund und ganz verschieden stark gefärbt sind. Daneben Übergangsformen
oval-ovoider Gestalt.
53»
406 ^- Alb recht iiinl A. G/imi,
In den centralen Antheilen der Lymphdrüse, besonders dorl, wo die Nekrose ausgebreilet ist, sind
"ut gefärbte Pestbacillen sehr spärlich nachweisbar, wohl aber sieht man in grosser Anzahl
äusserst blass gefärbte, ganz schattenhafte, runde Formen im Detritus des zerfallenen
Gewebes.
In den erweiterten Blutgefässen ziemlich spärliche Pestbacillen. Auf nach Weigert gefärbten Schnitten
ziemlich spärliche Coccen, die manchmal lange Ketten bilden, manchmal auch lanzettähnliche Form
haben.
2. Die tiefe inguinale Lymphdrüse vom rechten inneren Schenkelring und eine dem
Psoas angelagerte Lymphoglandula iliaca (beide über haselnussgross) bieten im Wesentlichen
dieselben Veränderungen, wie die vorstehende. Im Fettgewebe ihrer Umgebung, das von reichlicher
homogen oder fädig geronnener Ödemflüssigkeit, Leukocyteninfiltration und Hämorrhagien durchsetzt ist,
zahlreiche enorm erweiterte Lymphgefässe, die mit polynucleären Leukocyten, Bacillen und wenig Blut
vollt^epfropft sind, hn Allgemeinen sind weniger Pestbacillen vorhanden; besonders was die dem Psoas
angelagerte Lymphdrüse betrifft, finden sie sich hier, zu grösseren Massen angeordnet, nur in den Lymph-
gefässen der Kapsel und ihrer Umgebung.
Auf nach Gram-Weigert gefärbten Schnitten in der ersteren .spärliche Coccen nachweisbar, entweder
in Form, lanzettförmiger Diplococcen oder längerer Ketten, in der letzteren nach der Gram-Weigert 'sehen
Methode keine Coccen aufzufinden.
3. Schnitte durch zwei retroperitoneale (lumbale) Lymphdrüsen (beide über mandel-
gross) zeigen an vielen Stellen weit geringere Veränderung. Neben allgemein ausgebreiteter, hochgradiger
Hyperämie kann man vielfach Follikel und Markstrahlen noch abgrenzen. Die Sinus sind stark erweitert
und vollgefüllt mit polynucleären Leukocyten und grossen, sehr protoplasmareichen Zellen, die polygonal
oder rundlich sind, einen unregelmässigen, sehr blassen Kern mit ein oder zwei Kernkörperchen besitzen.
An vielen Stellen aber sieht man in den Sinus herdweise reichlichen Körnchenzerfall der Kerne oder
ziemlich ausgebreitet Kernschwund der Zellen, wo man deren Leiber kaum noch zwischen fein granulirten,
schwach mit Eosin gefärbten Massen abgrenzen kann. Ausserdem finden sich kleinere Blutungen.
An anderen Stellen greift diese Veränderung weit über die Sinus hinaus, so dass grössere derartige
Zerfallsherde entstehen. Innerhalb derselben Blutgefässe, die dieselben Veränderungen zeigen wie bei 1.
In dem die Lymphdrüse umgebenden Binde- und Fettgewebe ziemlich reichliche Infiltration von poly-
nucleären Leukocyten und auch vielfach fädig oder homogen geronnene Ödemflüssigkeit, welche die Bündel
welligen Bindegewebes auseinander drängt, und zahlreiche mit Leukocyten und Körnchen vollgefüllte
Lymphgefässe.
Pestbacillen sind auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten in den Sinus nicht sehr reichlich aufzu-
finden. Sie liegen in grösseren Haufen beisammen; in weiten Strecken, wo reichlicher Zerfall der Leuko-
cyten herrscht, sind sie nur ganz vereinzelt zu constatiren. Sie zeigen alle den Pestbacillen eigenthümlichen
Formen und lassen Übergänge zwischen der runden und der exquisiten Stäbchenform der Diplobacillen
erkennen. Auch ganz blass gefärbte, runde, etwas grössere, sogenannte schattenhafte Formen
finden sich.
Nach Gram-Weigert gefärbt tritt prompte Entfärbung ein, und lassen sich auf den untersuchten
Schnitten keine anderen Mikroorganismen auffinden.
4. Schnitte durch eine Gruppe von drei circa bohnengrossen Lymphdrüsen der
linken Axilla lassen im umgebenden Fettgewebe ausser Erweiterung und Blutüberfüllung der Gefässe
nichts Pathologisches erkennen. Das Parenchym ist nicht nur stark hyperämisch, sondern es sind die Sinus
fast durchwegs von Blut infiltrirt, und überall finden sich zahlreiche meist polynucleäre Leukocyten. Pest-
bacillen liegen besonders reichlich in den Randsinus in Form plumper Diplobacillen, in den mehr central
gelegenen Sinus sind sie spärlicher und liegen deutlich innerhalb der grossen, protoplasmareichen Sinus-
zellen. Im Blute der erweiterten Gefässe nur ganz vereinzelte nachweisbar. Auf nach Gram-Weigert
gefärbten Schnitten keine anderen Bacterien aufzufinden.
Beiileitpcst. IL Püthologisdi-ciiuitoinischcr Bcridit. 407
5. Rechte Tonsille. Im Bereiche der adenoiden Substanz derselben ist das Oberflächenepithel fast
überall verloren gegangen, nur wenige kleine Inseln sind erhalten, zwischen den einzelnen Plattenepithelien
polynucleäre Leukocyten. Die oberste Schichte des so entstandenen Geschwürsgrundes wird an vielen
Stellen von einer Lage von Bacterien gebildet oder es finden sich dicht gedrängte, polynucleäre Leukocyten,
die allenthalben Körnchenzerfall ihrer Kerne zeigen und oft homogene Schollen oder Balken ein-
scheiden.
Vielfach sind auch kleinere mit Blut gefüllte Gefässe ganz biossliegend, deren Endothelzellkerne
erhalten sind, aber deren Wand von homogenen, stark mit Eosin gefärbten Balken gebildet wird, welche,
ein Netzwerk bildend, das wie enorm verdickt aussehende Gefässrohr umgeben. In unmittelbarer Umgebung
desselben dichtgedrängte, stark blau gefärbte Körnchen. Dazwischen sieht man kleinere Hämorrhagien und
enorme Massen von Bacterien nebst reichlicher Infiltration von polynucleären Leukocyten, zwischen denen
massenhafte, blau gefärbte, kleinere und grössere Körnchen liegen, so dass vom adenoiden Gewebe über-
haupt nichts mehr zu erkennen ist. Überall findet sich an den Gefässen die früher erwähnte Veränderung.
Ausserdem sieht man, besonders in. den tiefen Schichten, sehr zahlreiche kleine Lymphgefässe, die so mit
Bacterien vollgepfropft sind, dass sie wie blauviolett injicirt aussehen.
Die Bindegewebskapsel des adenoiden Gewebes nicht überall gut erhalten; an einigen Stellen ist sie
dicht infiltrirt und dann setzt sich diese Infiltration von polynucleären Leukocyten und Bacterien reichlich
in das Bindegewebe um die Bündel der Gaumenmusculatur fort, oder dasselbe sieht stark aufgelockert aus,
indem es von feinkörnigen oder -fädigen, geronnenen Massen durchsetzt ist.
Auf nach Gram-Weigert gefärbten Schnitten finden sich in den oberflächlichen, weniger in den tieferen
Schichten sehr zahlreiche Coccen, die häufig lanzettförmig zu Zweien gelagert sind oder längere Ketten
bilden, und spärliche schlanke Stäbchen. Sie finden sich äusserst spärlich in den an die Bindegewebskapsel
angrenzenden, tiefsten Partien der Tonsille, jedoch sehr reichlich in den erweiterten Lymphgefässen. Hin-
gegen liegen hier geradezu enorme, zusammenhängende Massen von t3'pischen Pestbacillen rundlicher,
coccenähnlicher Form. Sie finden sich ebenfalls in sehr grossen Mengen über die ganze Tonsille zerstreut,
liegen auch an den Rändern des Geschwüres zwischen den noch erhaltenen Epithelzellen und bedecken in
gleichmässiger Schichte an manchen Stellen den Geschwürsgrund.
Auch innerhalb der die bindegewebigen Interstitien zwischen der Gaumenmusculatur durchsetzenden
Leukocyteninfiltration sind sie reichlich nachweisbar. Nach der Gram-Weigert'schen Methode entfärben
sie sich.
In nichts Wesentlichem weichen die Befunde der auf den Schnitten bedeutend verbreiterten und zu
Plaques in Folge der reichlichen Infiltration vereinigten BalgfoUikel des Zungengrundes ab. Das Binde-
gewebe zwischen den Bündeln der Zungenmusculatur überall — wie bei einer Phlegmone — von poh'-
nucleären Leukocyten- und Pestbacillenmassen infiltrirt, die auch längs der Bindegewebszüge in grossen
Massen zwischen die Acini der Schleimdrüsen eindringen. Daneben, hauptsächlich in den mehr oberfläch-
lichen Schichten, zahlreiche Häufchen von Kettencoccen und runden, etwas grösseren Coccen (nach Gram-
Weigert intensiv blau gefärbt).
6. Über bohnengrosse Lymphdrüse von der rechten Halsseite. Dieselbe ist ungemein dicht
von fast durchwegs polynucleären Leukocyten infiltrirt, so dass nur mehr ganz vereinzelte kleine Reste vom
adenoiden Gewebe der Follikel erhalten sind. Die Kerne der Zellen desselben gross, blassgefärbt, mit einem
oder zwei Kernkörperchen.
Die kleinen Blutgefässe stellenweise erweitert. Die Kerne der polynucleären Leukocj'ten herdweise,
besonders in der Umgebung der Gefässe, in Körnchenzerfall begriffen. Letztere vielfach \'on homogenen
Balken erfüllt und umgeben, die sich stark mit Eosin färben. Die Kapsel der Lymphdrüse überall deutlich
abgrenzbar, nur stellenweise von Leukocyten infiltrirt.
Über die ganze Lymphdrüse verbreitet finden sich, zu grossen, zusammenhängenden Massen oder zu
kleineren Häufchen angeordnet, auch vielfach intracellulär liegend, Pestbacillen, die überwiegend die plumpe,
ovale oder ovoide Stäbchenform und die Anordnung zu Diplobacillen besitzen. Sie sind im Allgemeinen gut
408 H. Albrcchl itiid A. Cltoii,
mit Methylenblau gefärbt. Besonders in den Randpartien sieht man auf nach Gram-Weigert gefärbten
Schnitten sehr zahlreiche Coccen, die entweder längere Ketten bilden oder zu Zweien gelagert sind und
auch Lanzettform zeigen. Sie finden sich äusserst spärlich in den centralen Partien.
7. Zwei weit über hascl n ussgrosse Lymphdinisen von der linken Halsseite zeigen viel
stärkere Hyperämie imd zahlreiche Blutungen. Aussei-dem fällt der enorme Keichthum an Bacterien auf,
indem nämlich die ganze Peripherie der Lymphdrüse von einer breiten , bläulich-violett mit Hämalaun
gefärbten Schichte von Bacterien gebildet ist, in welcher sich intensiv violett gefärbte, kleine Haufen
differenziren. Zwischen denselben zahlreiche, wie aus dem Gewebsverbande gerissene, erweiterte Blut-
gefässe, welche die bei der vorstehenden Lymphdrüse beschriebenen Veränderungen in noch exquisiterer
Weise zeigen.
hn Übrigen derselbe Befund wie bei 6. Nur haben die Pestbacillen hier vorwiegend die runde, coccen-
ähnliche Form mit sehr blasser Färbung. Den früher erwähnten, schon durch die einfache Hämalaunfärbung
stärker hervorgetretenen Bacterienhäufchen entsprechen auf nach Gram-Weigert gefärbten Schnitten dicht-
gedrängte Massen von Kettencoccen oder kleinere Haufen von runden Coccen und .Stäbchen. Die noch
ö
abgrenzbare Kapsel gleichmässig von poly- und mononucleären Leukocyten inliltrirt, zwischen denen sich
reichliche Pestbacillen und auch (etwas geringer an Zahl) .Streptococcen finden.
8. \'on den lobulären Pneumonien des Unterlappens der linken Lunge wurden mehrere
histologisch untersucht, hn Allgemeinen sind die Alveolen, auch dort wo kein E.xsudat liegt, erweitert, ihre
Wand sehr dünn, zwischen den einzelnen oft weite Communicationsöffnungen. In der Peripherie der pneu-
monischen Herde sind die Alveolen mit homogen oder fein und gleichmässig granulirt geronnenem Serum
erfüllt, dem stellenweise reichlich Blut beigemengt ist oder in dem grosse, runde, anthrakotische Zellen oder
spärliche, poljmucleäre Leukocj'ten suspendirt sind. Je näher man an den eigentlichen pneumonischen
Herd kommt, um so reichlicher wird die Leukocytenintiltration, und man tindet grosse, bläulich-violett
gefärbte Bacterienmassen in den erweiterten Alveolen.
Fibrin ist äusserst spärlich nachweisbar. Grössere und kleinere Bronchien sind erfüllt mit Eiter-
körperchen und enormen Mengen von Bacterien , ihr Epithel desquamirt. An einzelnen kleineren kann
man ihre Wand nicht mehr begrenzen, indem alles von Blut, Bacterien und Leukocyten infiltrirt ist.
-Am Auffallendsten sind viele Alveolarsepten \'erändert, sie sind etwas verbreitert und in Balken,
Schollen oder Fäden umgewandelt, die bald mehr homogen, bald mehr granulirt aussehen, einzelne rothe
Blutkörperchen einschliessen und noch spärliche grosse, blaugefärbte Zellkerne erkennen lassen. Manchmal
lässt sich noch ein schmales Gefässrohr mit erhaltenen, grossen Endothelkernen und verbreiterter Wand
erkennen, das wie »hyalin« thrombosirt aussieht.
Zu beiden Seiten eines solchen Septum sieht man einen schmalen .Saum vi_>n \-ielkernigen Leuko-
cyten oder von gröberen oder feineren Körnchen. Auch birnförmige oder spermatozoenähnliche, noch gut
gefärbte Kerne linden sich hier.
Überall im Bereiche der Pneumonie enorme Mengen von Pestbacillen. Auch in den von Ödemflüssigkeit
erfüllten Alveolen der Umgebung ausserordentlich zahlreiche Pestbacillen, wenig dicht gelagert, wie in
derselben suspendirt. Ebenso finden sie sich massenhaft in den Bronchien. Dazwischen an vielen Stellen
Häufchen von Coccen, zu kurzen oder längeren Ketten angeordnet.
9. Milz. Die Pulpa nicht nur hochgradig hyperämisch, sondern wie infiltrirt von Blut. Die grossen,
epithelähnlichen Pulpazellen x'ielfach aus dem V'erbande gerissen, von ganz verschiedener Form, ihr Kern
gros.s, blass gefärbt, rundlich-oval uder mehrfach gelappt mit mehreren Kernkörperchen. Leukocyten nicht
auffallend reichlich nachweisbai\
Die Follikel kaum etwas vergrössert, in ihnen ebensolche epithelähnliche Zellen auffindbar. Die Wand
kleiner Arterien sieht leicht verdickt und stellenweise homogen aus, die Endothelzellenkerne gross, blass
gefärbt.
Bculenpcsl. II. PdllioJoiiisch-aualoniiscJicr Bcriclü. 409
Im Blute grösserer Gefässe vereinzelte Diplobacillen, typischen Pestbacillen entsprechend, und ebenso
vereinzelte kurze, stärker gefärbte Ketten von Coccen. Weder auf mit Methylenblau, noch nach Gram-
Weigert gefärbten Schnitten grössere Anhäufungen von Bacterien.
10. Lebei. Die Capillaren eng, wenig mit Blut gefüllt. Die P^pithelzellen häufig schlecht von ein-
ander abgrenzbar, homogen, ihre Kerne rund, gross, blass gefärbt. In der Glisson'schcn Kapsel kleine
Anhäufungen von Rundzellen.
In den Capillaren finden sich vereinzelte Pestbacillen.
11. Niere. Die Epithelien, besonders der Rinde, stark angeschwollen, springen buckelig in das Lumen
des Harncanälchens vor. Ihr Protoplasma färbt sich gut mit Eosin, ist feinst granulirt, der Kern gross, blass
und rund. Blutgefässe und Capillaren überall erweitert, sonst nichts Pathologisches. In denselben ziemlich
reichlich Pestbacillen und Coccen, als Diplococcen und kurze Ketten angeordnet, nachweisbar.
12. Schnitte durch einige Plaques des unteren Ileum mit gelblicher Schwellung einer
Gruppe von Follikeln ergeben den interessanten Befund, dass die Plaques von breiten Bacterien-
rasen durchsetzt sind, zwischen denen das adenoide Gewebe erhalten, aber reichlich von
polynucleären Leukocyten durchsetzt ist. Das umgebende Bindegewebe ganz unverändert. In ein-
zelnen Gefässen homogene Balken oder Schollen, die sich auch in der Umgebung derselben netzartig
finden. Nur in den Zotten sieht man kleinere Blutungen neben reichlichen Bacterien-
massen, die oft die stark verbreiterten Zotten vollständig infiltriren.
Das Oberflächenepithel verloren gegangen, stellenweise sind die Z(.)tten mit Schleim bedeckt, welcher
homogene oder zu Balken zusammengetretene Zelltrümmer enthält. Die Bacterienmassen aus dicht
gedrängten Pestbacillen bestehend, die vorwiegend die rundliche, blass gefärbte Form besitzen.
Spärliche Diplococcen sind ihnen beigemengt.
lo. Eine hanfkorngrosse mesenteriale Lymphdrüse, die im Fettgewebe ganz in der Nähe der
im Vorstehenden beschriebenen Darmstelle sich findet, und zwei etwa bohnengrosse aus der
Radix mesenterica zeigen histologisch starke, gleichmä.ssig vertheilte Hyperämie. In den Sinus überall
dieselben grossen Massen von Bacterien. Die Kapsel vollständig unverändert, im umgebenden Fettge\vebe
nichts Auffallendes. Abgesehen von den ausschliesslich aus Pestbacillen bestehenden Bacterienmassen, sind
in den Blutgefässen auch spärliche Diplococcen zu constatiren.
Epikrise.
Der in der rechten Leistengegend sitzende primäre Bubo ist von erheblicher Grosse und betrifft die
oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen. Er ist ausgezeichnet durch starre hämorrhagische
Infiltration, die auch die Umgebung durchsetzt, durch weit über die Grenzen des Bubo hinausreichendes
Ödem und durch centrale reichliche Nekrose.
Dui'ch directe regionäre Metastasirung sind die retroperitonealen Lymphdrüsen (iliacae et lumbales)
derselben Seite intensiv ergriffen, viel weniger die tiefen inguinalen Lymphdrüsen von links. Intensive
nekrosirende Entzündung und Ulceration zeigen beide Tonsillen und die zu Plaques confluirten Follikel am
Zungengrund. Dementsprechend sind auch die regionär benachbarten Lymphdrüsen beider Unterkiefer-
gruben und am Halse längs der grossen Gefässe stark markig - hämorrhagisch angeschwollen. Von dieser
Ulceration der Tonsillen aus ist es nun zu reichlicher In vasion von Streptococcen in die Blut-
bahn, zu einer Secundärinfection durch dieselben gekommen; sie finden sich auf den Schnitten reichlich
neben enormen Massen von Pestbacillen und den durch dieselben erzeugten charakteristischen Gewebs-
veränderungen. Zweifellos liegt der Anlass für diese Secundärinfection in der früher auf metastatischem
Wege erfolgten Infection der Tonsillen und Follikel durch den Pest-Erreger.
In beiden Lungen finden sich weiters lobulär-pneumonische Herde fast ausschliesslich in den Unter-
lappen und zwar in den hinteren Partien, aller Wahrscheinlichkeit nach entstanden aus eiteriger Bronchitis,
die ihren Ursprung der Aspiration des Sccretes der ulceriiten Tonsillen verdankt.
4i0 //. Albrechl iiiid A. Ghon,
Histologisch zeigen sie die der Pestpneumonie eigenartigen Veränderungen der Alveolarsepten
neben enormen Massen von Pestbacillen, aber auch zahlreichen Haufen von Streptococcen. Letztere
finden sich in sehr wechselnder Menge fast in allen histologisch untersuchten Organen theils im Blute, theils
im Gewebe neben Pestbacillen. Auch in den Lymphdrüsen des primären Bubo, hier allerdings recht spär-
lich, dagegen sehr reichlich in den Halslymphdrüsen, wohin sie wohl zunächst direct von den Tonsillen
aus gelangt sind.
Ausser diesen ebengenannten Lymphdrüsen zeigen mehr weniger hochgradige, auf metastatischem
Wege durch die Blutbahn entstandene .Schwellung und Hämorrhagien die axillaren imd die mesenterialen
Lymphdrüsen.
Sehr bemerkenswerth sind die gelblichen Schwellungen der Follikel zahlreicher
Plaques im Ileum neben geringen entzündlichen Veränderungen der Schleimhaut. Sie sind sicherlich
ebenfalls auf metastatischem Wege entstanden zu denken und nicht durch Verschlucken des Sputum, weil
jede intensivere Veränderung der Darmwand und der Mesenteriallymphdrüsen fehlt.
Ebenso zeigen die Lymphdrüsen an der Bifurcation der Trachea Erscheinungen frischer medullärer
Schwellung. In der acut geschwollenen — entsprechend der Misch- oder Secundärinfection sehr weichen —
Milz ebenso spärliche Pestbacillen als Streptococcen nachweisbar.
Blutungen finden sich in den weichen Schädeldecken, in der Pleura und in den Musculi recti
abdominis.
Fall 35/XXXVII.
Dajcc Vitfii Sawaut, 45jähriger Hindu, Gärtner, wurde am 26. März, am IL Krankheitstage, um 3 Uhr
25 Minuten Nachts ins Spital aufgenommen und starb am 31. März, am VII. Krankheitstage, um 8 Uhr
10 Minuten Früh.
Section am selben Tage um ungefähr 12 Uhr Mittags, 4 .Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 164 cm lang, von gracilem Knochenbau, schlecht entwickelter Musculatur, hoch-
gradig abgemagert.
Todtenflecke undeutlich an den abhängigen Körperpartien, Todtenstarre schwach entwickelt.
Auf der Stirne vertrocknete Excoriationen, Pupillen mittehveit, beiderseits gleich, Hornhäute glänzend.
Hals kurz und kräftig, in seinen Gruben keine Lymphdrüsen, auch nicht in der rechten Axilla, linker-
seits jedoch verschiebliche, bohnengrosse, ziemlich harte tastbar.
In beiden Leistengegenden ebenso grosse, ziemlich harte, in der rechten Schenkelgrube eine oliven-
grosse, ebenfalls harte Lymphdrüse palpabel.
In beiden Kniekehlen nichts Pathologisches tastbar.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
An den Extremitäten keine nachweisbaren Wunden und Narben.
Die weichen Schädeldecken ziemlich fettreich, blutarm, in denselben stellenweise punktförmige
Hämorrhagien. Schädeldach länghch-oval, S3^mmetrisch, geräumig, im Längsdurchmesser IS'/z cm, im
queren 13 cm und in der Peripherie 51 cm messend. Spongiosa fast überall verschwunden, Schädel-
knochen dünn, 4 mm dick. Tabula interna glatt, Furchen und Gruben sehr seicht.
Dura mater gut gespannt, zart, durchscheinend, ziemlich blutreich, im Sichelhlutleiter reichliches,
frisch geronnenes Blut. Die inneren Meningen an der Gehirnbasis zart, wenig blutreich, ziemlich stark
durchfeuchtet, mehr noch an der Convexität, Gefässe zartwandig, Rinde schmal, grauroth, das weisse
Marklager von spärlichen Blutpunkten durchsetzt, teigig weich, Ventrikel etwas mehr Serum enthaltend
Ependym zart, Stammganglien und Kleinhirn normal gebildet, ziemlich blutreich, ebenso Medulla und
Pons.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der vierten Rippe, ebenso links.
Schilddrüse klein, blutreich, gekörnt, colloid.
BciiIciij-'ls/. II. Patliologisch-aiialoiiiischcr Bericht. 411
In der rechten Siibmaxillargrube einige kleine, bohnengrosse, harte Lymphdrüsen, die auf dem Durch-
schnitte grauroth, sehr saftig erscheinen.
Schleimhaut des weichen Gaumens und des Pharynx trübe geröthet, beide Tonsillen ziemlich gross,
reichlich Pfropfe enthaltend. Schleimhaut des Laryn.x und der Trachea gelblich.
Linke Lunge frei, im Pleuraraum ein Paar Esslöffel gelben Serums, Pleura glatt, gliinzend. Die Lunge
fühlt sich vollständig lufthaltig an, auf dem Durchschnitte entleert sich aus dem (Gewebe und den grossen
Bronchien reichliche schaumige, rasch abfliessende Flüssigkeit. Oberlappen massig, Unterlappen sehr
blutreich. In den grossen Bronchien reichlicher gelblicher Schleim.
Ductus thoracicus nicht erweitert, an einer Stelle etwas geröthet.
Rechte Lunge angewachsen, lufthaltig beim .Anfühlen, Pleura des Unterlappens ecchymosirt. Ober-
lappen ziemlich blutreich, weniger der Llntcrlappen, im Ganzen weniger ödematös als die linke, vollständig
lufthaltig.
Herzbeutel zart, in ihm ein Paar Esslöffel klaren Serums enthalten. .-\n seiner visceralen Fläche, haupt-
sächlich linkerseits, Gruppen xntn kleinsten Ecchymosen.
Epicard zart, massig fettreich; im linken Herzen wenige Cruormassen, im rechten reichliche Plbrin-
gerinsel. Beide \'entrikel schlaff, Herz klein, Myocard bräunlichgelb, morscher, alle Klappenapparate zart.
Die Lymphdrüsen des hinteren Mediastinalraumes unter dem Bogen der Aorta vergrössert, hart,
isolirt, in etwas ödematöses Bindegewebe gehüllt, auf dem Durchschnitte dunkelblutroth, vorquellend,
saftig.
Das Bindegewebe um die bronchialen Lymphdrüsen gelblich-ödematös, dieselben anthracotisch.
Leber gross, ihre vorderen Ränder etwas plumper, schlaffer, Oberfläche glatt, Kapsel zart, von bräunlich-
grauer Farbe, auf dem Durchschnitte blutreich, braungrau, Läppchenzeichnung undeutlich, einzelne Herde
fettgelb gefärbt, von unregelmässiger Begrenzung und verschiedener Grösse.
Gallenblase gut gefüllt, in derselben grünlichgelbe, schleimige Galle.
Milz 16 cm lang, 8 cm breit, ziemlich plump, Kapsel leicht getrübt, gut gespannt, auf dem Durchschnitt
gleichmässig blutroth, etwas vorquellend, zwischen dem etwas vermehrten Stroma wie feinst chagrinirt,
Follikel zahlreich sichtbar, als kleinste, graue Punkte mit dunkelrothem Hof Pulpa leicht ausstreifbar.
Beide Nieren vergrössert, plump, schlaffer, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, Rinde und
Columnae Bertini verbreitert, röthlichgelb gestreift. Pj'ramiden etwas dunkler blutroth, nicht scharf von der
Rinde abgesetzt. Nierenbecken beiderseits nicht verändert.
Beide Nebennieren gross.
Pankreas derbe, gekörnt.
Harnblase gut mit gelbem, klaren Harn gefüllt. In der sonst dünnen, gelblichen Schleimhaut ver-
einzelte hirsekorngrosse Blutaustritte. Schleimhaut der Urethra blutarm.
Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen rechterseits in suizig-ödematöses, gelbliches Binde-
gewebe gehüllt, isolirt, von Bohnen- bis Olivengrösse, ebenso die tiefen inguinalen Ljnnphdrüsen. Die
grösste unter ihnen, die tiefe inguinale Lymphdrüse am inneren Schenkelringe, über olivengross, auf dem
Durchschnitte gleichmässig gelblich vorquellend, trüben, deutlich schleimigen Saft gebend, ihre Schnitt-
fläche stark glänzend, aber glatt, desgleichen die oberflächlichen inguinalen Lj^mphdrüsen am Durch-
schnitte.
Die Lymphdrüsen längs der Vasa iliaca derselben Seite wenig vergrössert, aber in sulziges, etwas
blutig infiltrirtes Bindegewebe gehüllt, hart und isolirt, besitzen eine ebenso glatte, glänzende, etwas
schleimige Schnittfläche.
Die retroperitonealen (lumbalen) Lymphdrüsen zu beiden Seiten der grossen Bauchgefässe in ganz
analoger Weiser verändert; sowohl in der Vena femoralis, als auch iliaca und in der oberen Hohh'ene bis
vier Querfinger oberhalb der Theilungsstelle ziemlich reichliche Gruppen von kleinen, punktgrossen Blut-
austritten.
Denkschriften der mathem.-naturw. Gl. LXVI. Bd. *^^
-112 //• Alb reell I iniJ A. G/ioii,
Die inguinalen l^yniphdrüsen liiiker.scits nur etwas vcrgrössert, bolmengross, auf dem Durchschnitte
etwas succulenter und blutreich.
Magen ziemlich contrahirt, in ihm wenige lichte, gallig gefiirbte Schleimmassen enthalten, längs der
grossen Curvatur ist die Schleimhaut in Falten gelegt, Etat mamellonne zeigend und übersäet von frischen,
lebhaft- bis schwarzrothen gruppirten Blutungen, die sich aus kaum punktförmigen zusammensetzen.
Schleimhaut des Jejunum gelockert und geschwollen, auf den Höhen vieler Plicae lebhaft rothe,
kleinste Blutaustritte; Schleimhaut des Ileum nicht verändert. Der ganze Dünndarm mit schleimig galligen
Chymusmassen gefüllt.
Im Dickdarm breiige, gallig gefärbte Fäcalien, in der Schleimhaut spärliche punktförmige Blutungen.
Die mesenterialen Lymphdrüsen etwas vergrössert und etwas mehr prominent, auf dem Durchschnitte
gelblich, leicht vorquellend und etwas medullär.
Die Lymphdrüsen in beiden Achselhöhlen vergrössert, in der rechten bis über bohnengross, dunk'el-
grauroth aussehend, auf dem Durchschnitte sehr stark blutreich, succulent, vorquellend, ihi-e Umgebung
leicht ödematös.
Oberhalb des Malleolus internus rechterseits findet sich eine ungefähr linsengrosse, eingefallene Blase,
auf derem Durchschnitte man unter der abgehobenen Epidermisschichte das röthlichgrau aussehende
Corium erkennen kann, welches bis zu einer Tiefe von ungefähr '/j cm röthlich infiltrirt erscheint.
In der linken Poplitea eine etwa bohnengrosse Lymphdrüse, die auf ihrem Durchschnitte sehr stark
blutreich ist und vorquellendes Parenchym zeigt.
In der rechten Poplitea ist die correspondirende Lymphdrüse kaum vergrössert, jedoch blutreicher.
Die wiederholt vorgenommene bacteriologische Blutuntersuchung ergab folgende
Befunde :
Am 27. März, am 111. Krankheitstage, sechs Colonien von Pestbacillen in Reincultur,
am 28. März, am IV. Krankheitstage, massig reichliche Reincultur von Pestbacillen,
am 29. März, am V. Krankheitstage, massig reichliche Rei n cultur von Pestbacillen,
am 30. März, am VI. Krankheitstage, reichliche Reincultur von Pestbacillen.
Bacteriologischer Befund.
1. Aussaaten aus der Galle bleiben steril.
2. Aussaaten aus dem Harn bleiben ebenfalls steril.
3. In der Milz finden sich mikroskopisch sehr reichlich Pestbacillen, in einigen Präparaten einem
dichten Ausstrich einer Reincultur gleichend, meist einzeln und extracellulär liegend, vorwiegend in gut
und bipolar gefärbten, ovalen oder länglich-ovalen Formen.
Die Aussaaten enthalten sehr reichlich Pestcolonien und vereinzelt Colonien von Bacillen der Coli-
gruppe.
4. In Deckglaspräparaten einer oberflächlichen i nguinalen Drüse der rechten Seite
sieht man enorme Mengen von Pestbacillen, fast gar keine zelligen Elemente. Form und Anordnung der
Pestbacillen sind wie bei Nr. 3.
Die Aussaaten zeigen sehr reichlich Pestcolonien und einige Colonien der Coligruppe.
In den aus der drei Tage alten Cultur auf Glycerinagar angefertigten Deckglaspräparaten der Pest-
colonien finden sich neben völlig blass gefärbten, ovale]T und rundlichen Formen in auffallend reichlicher
Menge grosse, rundliche, hefezellenähnliche Gebilde.
5. In den Aussaaten aus dem Dick darminhalte sind Pestcolonien nicht nachweisbar.
In Deckglaspräparaten von einigen verdächtigen Colonien finden sich allerdings Stäbchen, die bipolar
gefärbt sind und in Form und Grösse völlig den Pestbacillen gleichen; doch erweisen sich diese Bacillen bei
Bciihiipcsf. IL Patltnlogisch-analouii^clicr Bericht. 413
weiterer genauer Prüfiiny in der Cuitur und im Thierexpei'imcnt als nicht zu den lY'slbacillen gehörig.
(Solche Bacillen wurden übrigens des Öfteren aus dem Darminhalte durch das Culturverfahren erhalten.)
6. Deckglaspräparate aus einer Lymphdrüse der linken Achselhöhle zeigen Pestbacillen
in massig reichlicher Menge, sowohl in gut und bipolar gefärbten, als auch blassen Formen.
Histologischer Befund.
1. Schnitte von oberflächlich en inguinalen Lj'mphdrüsen der rechten Seite und von
der tiefen inguinalen am inneren Schenkelringe derselben Seite ergeben ganz denselben Befund.
Das Drüsengewebe ist so vollständig von Pestbacillen infiltrirt, dass nur mehr wenige Follikel erhalten sind.
Die Drüse ist gleichsam in eine Reincultur von Pestbacillen umgewandelt, zwischen denen relativ recht
spärliche mono- und polynucleäre Leukocyten oder grosse, blassgefärbte, ovale Kerne, deren zugehöriger
Zellleib nicht abgrenzbar ist, oder spärliche rothe Blutkörperchen suspendirt sind. Nirgends grössere
Hämi)rrhagien und Körnchenzerfall der Kerne.
Die Kapsel überall abgrenzbar, nur an wenigen Stellen von Bacillen und Leukocyten durchsetzt.
De.sgleichen die Umgebung der Lymphdrüsen, wo das Bindegewebe durch ÖdemtUissigkeit, der spärliche
rothe Blutkörperchen beigemengt sind, auseinandergeworfen ist. Ziemlich zahlreiche Lj'mphgefässe der
Kapsel und des sie umgebenden Bindegewebes mit Bacillen vollgefüllt. Die Bacillenmassen aus
zusammenhängenden Rasen von Pestbacillen \-on sowohl stäbchenförmigem als rundlichem Aussehen
bestehend, andere Bacterien mikroskopisch nicht aufzufinden. In den Blutgefässen sind sie ebenfalls
ziemlich zahlreich.
2. Retroperitoneale (lumbale) Lymphdrüse. Dieselbe ist auffallend blutleer, nirgends sind
gefüllte Gefässe zu finden. Die Sinus stark erweitert, ihre Zellen gross und protoplasmareich; die
Kerne derselben ebenfalls gross, oval, blassgefärbt, in den Sinus reichlichere, meist polynucleäre Leuko-
cyten enthalten.
Ferner finden sich in denselben stellenweise zahlreiche Pestbacillen in Form von Diplobacillen, im
adenoiden Gewebe keine solchen nachweisbar. Dagegen ziemlich zahlreiche in den Blutgefässen, spärliche
in den Lj^mphgefässen des umgebenden Fettgewebes.
3. Die bohnengrosse Lymphdrüse aus der linken Poplitea ergibt einen nicht wesentlich von
dem vorstehenden abweichenden Befund. Nur ist sie viel blutreicher. In den Sinus finden sich wenig Pest-
bacillen, zahlreichere in den Blutgefässen, der Wand angelagert, manchmal zweifellos in Endothelzellen
eingeschlossen, deren Kern sehr gross ist.
4. Vergrösserte Lymphdrüsen aus dem hinteren Mediastinalraume ergeben denselben
Befimd. Die Hyperämie ist hochgradig, die Sinuszellen sehr gross. Die Kerne der Endothelien besonders
gross, manchmal sieht die Gefässwand der Capillaren etwas breiter aus, wie aus homogenen Balken
bestehend. In der Umgebung der Lymphdrüsen einige erweiterte, mit Leukocyten ausgefüllte Lymph-
gefässe. Reichliche Pestbacillen in den Blutgefässen, spärliche in den Sinus.
5. Haselnussgrosse Lymphdrüse aus der linken Axilla. Dieselbe zeigt etwas schwerere
Veränderungen. Zunächst ist das pericapsuläre Gewebe von reichlicher Ödemfiüssigkeit, dem Blut und sehr
viele Bacillen beigemengt sind, durchsetzt, desgleichen die Kapsel an \"ielen Stellen. Auch die Rinden-
schichte der Lymphdrüse ist von dieser zum Theile fein granulirt, zum Theile feinfädig oder ganz homogen
geronnenen Ödemfiüssigkeit durchtränkt, die zelligen Elemente der Sinus sind in derselben wie auf-
geschw'emmt und dadurch die Sinus selbst noch stärker erweitert, manche ganz vollgefüllt mit Bacillen.
Die Follikel und Markstrahlen zum grössten Theile erhalten. Überall geradezu massenhafte Pestbacillen,
die häufig intracellulär liegen.
6. Schnitte durch den Ductus thoracicus zeigen, dass derselbe collabirt ist und wenig homogen
geronnene Massen enthält. Dagegen sind zwei kleine Lymphgefässe seiner Umgebung ganz vollgefüllt mit
Pestbacillen und polynucleären Leukocyten. Ihre Wand nicht besonders verändert.
54*
414 H. Albrcclit luid A. Clioii,
7. Die Milz \'on Bliil Lind sehr reiciiiiciicn polynuclcärcn Lcukocytcn inliltrii'l, eine bcstinimtc StmcUir
niclit mehr zu erkennen. Die Follikel sehr klein, häufig durchsetzt von homogenen Balken oder K'lumpcn,
die wie Gerinsel aussehen. Die Trabekel sehr hreit, ihre Kerne erhalten, grösser und blässer, besonders
auf den Querschnitten bestehen sie ebenfalls aus homogenen, stark glänzenden Schollen, Klumpen oder
P,alkcn.
.\uf mit Methylenblau gefärbten Schnitten ist das Milzgewebe dicht von Pestbacillen infiltrii'l, die viel-
fach intracellulär liegen, meist die Furni pkmipei- Diplobacillen haben. Andere Bacterien nicht auf-
zulinden.
8. Eingefallene Blase von der Innenfläche des rechten Unterschenkels (vergl. Tafel X>
Fig. 1). Das Oberflächenephitel im Centrum der Blase abgehoben, die Schichten der Verhornung intact,
die Basalzellenschichte und der grösste Theil des Stratum lucidum sind zum Theile in ein homogenes
Netz- oder Balkenwerk umgewandelt, das grössere Lücken begrenzt, zum Theile sind innerhalb grob
granulirter Massen noch blasse Zellkerne zu erkennen, oder das braune Pigment der Basalzellen.
Das eigentliche Lumen der Blase oder der ebengenannten Lücken im Epithel leer.
Ähnliche derartige Lücken finden sich im Epithel an der Peripherie der Blase, das noch im Zusammen-
hange mit dem Corium ist, und sind stellenweise fächerartig durch ausgezogene, homogen aussehende
Kpithelien abgegrenzt (ähnlich wie bei Variola).
Die Coriumpapillen ragen dort, wo das Epithel zur Blasenbildung abgehoben ist, vollständig ihres
Epithelüberzuges entblösst, isolirt vor und sind bläulichviolett gefärbt, indem sie vollständig von Pest-
bacillen infiltrirt sind.
Nur wenige mit Eosin gefärbte, granulirte Gewebsreste und die Gefässschlingen sind hie und da
erhalten. Die erweiterten Spalten der tieferen Schichten des Corium, des subcutanen Binde- und Fett-
gewebes von zusammenhängenden, enormen Massen von Pestbacillen infiltrirt, denen nur spärliche poly-
nucleäre Leukocyten beigemengt sind. Nirgends Hämorrhagien, nirgends grössere Ansammlungen von
Leukocyten.
Auch die Schweissdrüsen von einem dichten Mantel von Bacillen umgeben.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten erweisen sich die Bacillenmassen überall als bestehend aus
Pestbacillen, die sowohl die Form von Diplobacillen, als auch sehr reichlich die runde, manchmal ganz
bläschenähnliche Form haben.
An der Peripherie der Hautblase, wo das Oberflächenephitel mit dem Corium noch im Zusammenhange
ist, sieht man grosse Schwärme oder Colonnen zwischen den unveränderten Epithelzellen liegen, und zwar
bis an das Stratum corneum. In den kernlosen Lamellen desselben sind keine aufzufinden.
Dort wo das Epithel bei der Blasenbildung abgehoben wurde, liegen sie massenhaft, sowohl in den
Lücken als zwischen den Epithelzellen, als auch der Oberfläche in Form von Häufchen aufgelagert, nicht
aber zwischen den Hornlamellen.
9. Leber. Die Leberepithelien zeigen das gewöhnliche Bild trüber Schwellung bei erhaltenen, blass
tingirten, grossen Kernen. An einer Stelle findet sich ein scharf umschriebener, runder Herd von der
Durchschnittsgrösse eines miliaren Tuberkels, der sich in seiner Hauptmasse mit Hämatoxylin bläulichviolett
färbt. In seinem Centrum finden sich zerstreut kurze Balken ganz homogener und kernloser Leberzellen, die
vielfach zu ebenso aussehenden Bröckeln zerfallen sind. Dazwischen ausserordentlich spärliche Leuko-
cyten, die etwas reichlicher an der Grenze des ganz intacten Lebergewebes liegen, oder auch sehr
spärliche ausgetretene, rothe Blutkörperchen. Nach Färbung mit Methylenblau sieht man, dass dieser Herd
fast nur aus Pestbacillen besteht, die an der Peripherie viel reichlicher liegen als im Centrum. Auch in den
Capillaren überall zahlreiche Pestbacillen.
10. Herz. Die einzelnen Muskelfasern schmal, zeigen manchmal eine undeutliche Querstreifung, und
das Protoplasma sieht etwas granulirt aus.
Dem Endocard sind einige grössere Gerinsel aufgelagert, die vorwiegend aus polynucleären Leuko-
cyten und zwischen diesen aus fein granulirten Massen bestehen. Auch zahlreiche eosinophile Zellen
Benlenpcst. IL I\ilIiolo_i(isch-a!uiloinischer Bericht. 415
finden sich. Nacli Metiivlenblaularluing- sieht man zwischen den i.eukocj'tcn zahllose Pestbncillen extra-
cclluhir gelagert.
11. Die Magenschleimhaut vielfach von Blutungen durch.setzt, die das interstitielle Gewebe
zwischen den Schläuchen zerstören und vielfach conüuiren. An einigen Stellen sieht man ungefähr in der
Mitte der Schleimhautdicke kleinste Herde, in deren Bereich die Zellkerne sich nicht oder nur ganz schatten-
haft färben, oder in feine blaue Körnchen zerfallen sind, und welche Herde von rothen Blutkörperchen und
Leukncytcn eingefasst sind. Im Bereiche derselben finden sich zahlreiche äusserst blass gefärbte, theils
kugelige, theils stäbchenförmige und zu Zweien gelagerte, plumpe Pestbacillen Ebensolche auch im
Bereiche der Blutungen und innerhalb der Blutgefässe reichlich auffindbar.
Epikrise.
Reine Pestinfection. Nach der Grösse der Lymphdrüsentumoren (sowohl der oberflächlichen wie der
tiefen) in der rechten Inguinalgegend, nach der starken Ausbildung des Ödems in ihrer Umgebung und
nach den Blutungen in der Wand der Vena femoralis und iliaca dextra, ist es zweifellos, dass es sich hier
um den primären Bubo handelt. Von ihm aus zieht sich eine Kette stark \-ergrösserter, rechtsseitiger, retro-
peritonealer Lymphdrüsen nach aufwärts. .Auffallend ist das fast vollständige Fehlen der Blutungen inner-
halb aller Bubonen und das makroskopische Bild derselben, indem sie auf der Schnittfläche gleichmässig
lichtgelb erscheinen und einen fadenziehenden, fast schleimigen Saft geben. Dem entspricht mikroskopisch
ein geradezu colossaler Reichthum an Pestbacillen, eine wahre Reincultur derselben, ohne dass die Gewebs-
veränderung eine dementsprechend schwere wäre, ein Umstand, der entweder aus verminderter Virulenz
der Bacillen, oder aus hoher Widerstandsfähigkeit der Gewebe zu erklären ist.
Dasselbe tritt evident mikroskopisch bei der Hautblase vom rechten Unterschenkel zu Tage, wo die
histologischen Veränderungen minimale sind, im Gegensatze zu dem enormen Reichthume an Pestbacillen.
Bei derselben ist es schwer zu entscheiden, ob dieselbe als Primäraffect oder als .secundär metastatisch
zu betrachten ist.
Sicher ist nach dem mikroskopischen Befunde die vergrösserte Lymphdrüse der rechten Poplitea
metastatisch auf dem Wege der Blutbahn inficirt worden und es ist nach Allem sehr wahrscheinlich, dass
auch obgenannte Hautaffection als secundär entstanden aufzufassen ist, zumal es sich um siebentägige
Krankheitsdauer handelt, nach welcher Zeit doch jedenfalls ein ausgebreiteter Carbunkel zu erwarten wäre.
Bemerkenswerth sind die metastatischen Pestherde in der Leber und der Magen-
schleimhaut, die der Hauptsache nach aus Bacilleninfiltration mit einfacher Zellnekrose bestehen.
Blutungen finden sich nur spärlich in den Schädeldecken und im Pericard, ebenso spärlich in der Dick-
darmschleimhaut, reichlich in der des Magens, dagegen ist die Vergrösserung und Schwellung der L3-mph-
drüsen fast eine allgemeine zu nennen, indem sie die inguinalen, retroperitonealen, mesenterialen, axillaren
die hinteren mediastinalen und jene in beiden Submaxillarregionen betreffen.
Fall 36/XXXIX.
Souoo Ratia, 28jähriger Hindu von unbekannter Beschäftigung, wurde am 2. April, am IL Krank-
heitstage, um 1 1 Uhr Vormittags ins Spital aufgenommen und starb um 1 Uhr Nachmittags desselben
Tages.
Section um 5 Uhr 30 Minuten, A^^ Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 153 cm lang, von gracilem Knochenbau, ziemlich schlecht genährt. Todtenstarre
namentlich an den unteren Extremitäten stark ausgeprägt, Todtenflecke besonders an der hinteren Seite gut
entwickelt.
Hornhäute leicht getrübt, Schleimhaut der Lippen und Conjunctiven blutleer. Die Zähne gut erhalten
nur der obere äussere Schneidezahn fehlend.
Hals schlank, längs der Gefässe keine Drüsen tastbar. Thoi-ax lang, proportionirt, gut gewölbt.
416 H. AI b rech I und A . C! liou.
In beiden Axillcn etwas vergrösserte, verschiebliclic, ziemlich teste IJrüsen tastbar, an beiden Vorder-
armen je sechs Impfnarben.
Abdomen etwas unter dem Ni\'eau des Thorax.
Die Haut in der lini^en Leistengegend etwas verdickt, durch dieselbe einige Drüsen undeutlich
fühlbar.
Die rechte Leistengegend starlv prominent. Die Haut daselbst mächtig verdickt, nicht abhebbar, vor-
gewölbt durch ein fast faustgrosses Paquet vereinigter Drüsen.
Scrotum und Penis mächtig ödematös geschwollen.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Am Fussrücken der rechten unteren Extremität eine vertrocknete, circa linsengrosse Excoriation. Eine
gleiche ebenso beschaffene an der Innenseite des linken Fasses etwas unterhalb des Malleolus und am
Rücken des linken kleinen Fingers, entsprechend den beiden Phalangealgelenken, je eine rundliche, linsen-
grosse Excoriation.
Die weichen Schädeldecken fett- und blutarm. Das Schädeldach asymmetrisch, indem der rechte
Scheitelbeinhücker stärker prominent ist. Der Längsdurchmesser beträgt 16 c;m, der quere 13 cm und die
Peripherie 47 cm, Schädelknochen bis 5 mm dick, Diploe überall \'orhanden, Tabula interna glatt.
Im oberen Sichelblutleiter geringe Mengen von Fibringerinsel. Dura mater gespannt, nicht verdickt,
blutarm, glatt, glänzend. Die Meningen an der Gehirnbasis zart, Gefässe enge, zartvvandig, Meningen an
der Convexität zart. Rinde gleichmässig breit, blassgrau, die weisse Marksubstanz ziemlich fest, von
spärlichen Blutpunkten durchsetzt, Ventrikel nicht erweitert, ihr Ependym zart und glatt; Stammganglien,
Kleinhirn, Pons und MeduUa ohne pathologische Veränderungen.
Die Lymphdrüsen längs der Gefässe am Halse nicht vergrössert, auf ihrem Durchschnitte gelblichweiss.
Schilddrüse klein, gekörnt, gelblich, colloid.
Die Follikel am Zungengrunde etwas vergrössert, derb; beide Tonsillen ebenfalls leicht vergrössert,
auf ihrem Durchschnitte etwas succulenter. Schleimhaut des Pharynx trübe geröthet, die des Larynx und
des oberen Theiles der Trachea blutarm.
Zwerchfellstand beiderseits am unteren Rande der vierten Rippe.
Linke Lunge allenthalben frei, der Pleuraüberzug zart, glänzend, die Lunge vr)llig lufthaltig, auf ihrem
Durchschnitte sehr blutreich. Denselben Befund zeigt die rechte Lunge.
Herzbeutel zart, in demselben geringe Mengen klarer Flüssigkeit. Herz nicht vergrössert, spärlich mit
Fett bewachsen; linker Ventrikel contrahirt, rechter schlaff. Am Epicard des linken Ventrikels und Vorhofes
vereinzelte Blutaustritte. Alle Klappenapparate zart und schlussfähig. Myocard braunroth, ziemlich fest.
Leber leicht vergrössert, die vorderen Ränder des linken Lappens scharf, des rechten stumpf; Kapsel
zart, Oberfläche glatt und glänzend. Das Leberparenchym .stellenweise stärker gelblich gefärbt und daselbst
die acinose Structur undeutlich; an anderen Partien stärker blutreich, brüchig.
Gallenblase prall gefüllt mit dickflüssiger, dunkler Galle.
Milz 14 cm lang, 10 cm breit, 4 cm hoch. Ihr Kapselüberzug zart, Pulpa weicher, leicht abstreifbar, wie
feinst chagrinirt, blutreicher, Trabekel deutlich sichtbar.
Beide Nebennieren etwas blutreicher.
Nieren etwas vergrössert, plumper, ihre Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, Rinde etwas breiter,
gelb gestreift, Glomeruli deutlich vorspringend, von der Marksubstanz gut abgegrenzt.
Harnblase prall gefüllt mit klarem Urin, ihre Schleimhaut blutarm.
Das retroperitoneale Bindegewebe ist mächtig ödematös geschwollen. Die Lymphdrüsen entlang der
Gefässe sind vergrössert, bis über bohnengross, isolirt, auf ihrem Durchschnitte succulent, theils gelblich-
sulzig, theils blutreicher. An der linken Seite der Aorta zeigt eine Lymphdrüse eine Länge von 7 cm, auf
ihrem Durchschnitte erscheint diese glatt, blutarm, jedoch succulenter, gelblich. Die Intima der Vena femo-
ralis, iliaca und cava inferior zeigt keine Veränderung.
Bcitlciipcst. II. Pathologiscliaihüniuischcr Bcriclit. 417
Die erwähnte V'orwölbung in der rechten Inguinalgegend zeigt auf ihrem Durchschnitte ein Con-
glomerat von Drüsen, das sowohl die oberflcächlichen als auch die tiefen inguinalen betrifft. Diese Drüsen
sind zum Theile wenig verändert; so die unter dem Poupart'schen Bande gelegenen oberflächlichen ingui-
nalen Drüsen, die wohl leicht vergrössert erscheinen, jedoch nicht besonders blutreich und wenig succulent
sind. Die oberhalb des Poupart'schen Bandes gelegenen oberflächlichen und die tiefen inguinalen Lymph-
drüsen sind stark geschwollen, zum Theile derb, zum Theile weicher, auf ihrem Durchschnitte succulent,
blutreich, manche hämorrhagisch infiltrirt. Das Bindegewebe zwischen den Drüsen ist intiltrirt, ödematös.
Getrennt von den zu einem Paquet vereinigten tiefen inguinalen Drüsen steht die mächtig geschwollene
Drüse am inneren Schenkelringe, die über wallnussgross und weich anzufühlen ist, auf dem Durchschnitte
das Parenchym beinahe hervorquellen lässt und rothe und gelbe Sprenkelung zeigt.
Die Infiltration des succulenten Bindegewebes erstreckt sich auch über die nächste Umgebung dieses
Drüsenpaquetes hinaus und zwar entlang des Poupart'schen Bandes aufwärts bis an den unteren Rand des
Musculus latissimus dorsi.
Die Lymphdrüsen der rechten Leistengegend sind wenig verändert, die oberflächlichen fast gar nicht
vergrössert, auf ihrem Durchschnitte wenig blutreich, gelblich, jedoch succulenter. Grösser erscheinen die
tiefen inguinalen rechtei'seits, zeigen sonst aber im Allgemeinen denselben Befund. Wohl aber erscheint
das subcutane Bindegewebe in der Umgebung der rechten inguinalen Lymphdrüsen ziemlich stark
ödematös, gelblich, sulzig.
Ebenso stark ödematös erscheint das Bindegewebe des Scrotum und des Penis.
Der Magen ist fast leer, seine Schleimhaut zeigt stark ausgesprochenes Etat mamellonne. Duodenum,
Jejununi und lleum enthalten geringe Mengen gallig gefärbter Chymusmassen, ihre Schleimhaut ist blutleer
und ohne Veränderungen. Im Dickdarm finden sich geringe Mengen dünntlüssiger, grünlichgelb gefärbter
Faeces; Schleimhaut desselben fast blutleer, ohne Veränderung.
Die mesenterialen Lymphdrüsen etwa bohnengross, derb, auf ihrem Durchschnitte blutleer, gelblich,
etwas succulent.
Die Lymphdrüsen in beiden Achselgruben sind vergrössert, auf dem Durchschnitte succulenter und
blutreicher, zumal die der linken Seite.
Die Fossa poplitea rechterseits zeigt nichts Abnormes.
Die Synovia beider Kniegelenke ist etwas stärker injicirt.
Schleimhaut des Oesophagus blass.
Die bronchialen Lymphdrüsen sind nicht vergrössert, stark anthracotisch.
Die Schleimhaut der Bronchien zeigt keine Veränderung.
Bacteriologischer Befund.
1. Aussaaten aus der Galle bleiben steril.
2. In Deckglaspräparaten aus der Milz finden sich Pestbacillen in massig reichlicher Menge,
meist einzeln liegend, von länglicher Form, theils gut und bipolar gefärbt, theils schlecht tingirt.
In den Aussaaten finden sich ausschliesslich Pestcolonien in massig reichlicher Menge.
3. Die Aussaaten aus dem Harn bleiben steril.
4. Deckglaspräparate aus einer tiefen inguinalen Drüse der linken Seite (primärer Bubo)
zeigen reichlich Pestbacillen in allen Formen und Grössen von ovalen, gut und bipolar gefärbten bis zu
schattenhaft aussehenden, grösseren Gebilden.
In den Aussaaten finden sich reichlich Colonien des Pestbacillus und einige wenige Colonien von
Bacillen der Coligruppe.
Histologischer Befund.
1. Schnitte durch eine oberflächliche und tiefe inguinale Lymphdrüse (beide oliven-
gross) der linken Seite zeigen die gewöhnlichen dem primären Bubo zukommenden Veränderungen.
418 H. Albrecht und A. Ghoii,
Im Centrum bereits vorgeschrittener Zerfall des Gewebes und zwar sieht man die Kerne der Leuko-
cyten in zahhx'iche, verschieden grosse und verschieden geformte Körnchen zerfallen, sowohl bei erhaltenem
Zcllleib als auch frei, oder die Kerne sind gross, blassblau gefärbt, nicht scharf contourirt, so dass sie den
ganzen Zcllleib cinzLinehmen scheinen, oder man sieht nur mehr blass mit Eosin gefärbte Zellleiber. Vom
adenoiden Gewebe überhaupt nichts mehr erhalten. Die Gefässe zeigen die gewöhnlichen Veränderungen,
sie sind oft innerhalb von grossen und zahlreichen Hämorrhagien oder innerhalb enormer, zusammen-
hängender Pestbacillenmassen isolirt in ihrer Form erhalten. Die Kapsel nicht abzugrenzen, indem sich die-
selben Veränderungen in das umgebende Bindegewebe fortsetzen. Auf den .Schnitten durch die oberfläch-
liche inguinale Lymphdrüse ist das sie bedeckende, subcutane Bindegewebe dicht von polynucleären
Leukocyten und enormen Pestbacillenmassen wie bei einer Phlegmone infiltrii't, das Corium von homogen
geronnener Ödemflüssigkeit auseinandergeworfen.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man in den nekrotisch zerfallenen, ganz centralen
Antheilen der Drüsen äusserst spärliche Pestbacillen, dagegen unmittelbar peripheriewärts von denselben
enorme, dichtgedrängte Massen typischer Pestbacillen (vorwiegend Diplobacillen von plumper,
ovaler Form).
.Sie sind sehr häutig intracellulär gelagert. Aufschnitten durch die oberflächliche inguinale Lymph-
drüse ist ein kleiner Rindenantheil einer noch in ihrer Form erhaltenen benachbarten Lymphdrüse vorhanden.
In den Kandsinus derselben sieht man nun die ausserordentlich grossen Sinuszellen derselben ganz voll-
gefüllt mit Pestbacillen. Ferner ist nicht nur das subcutane Bindegewebe ganz dicht von Pestbacillen
infiltrirt, auch das Corium mit seinen Papillen. Auch zwischen die tieferen Schichten des Epithels sind sie
stellenweise eingedrungen.
2. O b e r f 1 ä c h 1 i c h e in g u i n a 1 e Ly m p h d r ü s e der r e c h t e n S e i t e. Die Si nus stark erweitert, viele
von ihnen mit homogen geronnener Ödemflüssigkeit erfüllt, welche auch das die Drüse umgebende Binde-
gewebe durchsetzt; das Parenchym blutarm, die Sinuszellen und ihre Kerne sehr gross. Das Binde-
gewebe der Umgebung ödematös. Pestbacillen ausschliesslich in den Sinus, und zwar massig reichlich und
vorwiegend intracellulär, in den eben erwähnten Zellen eingeschlossen.
3. Schnitte durch das ödematöse Scrotum zeigen das gesammte subcutane Bindegewebe bis ans
Corium von homogen geronnener Ödemtlüssigkeit durchsetzt, die einzelnen Bindegewebsbündel dadurch
wie auseinandergeworfen. Wenige Leukocyten um die erweiterten Gefässe gruppirt. Überall ziemlich
gleichmässig vertheilt Pestbacillen nachweisbar.
4. Retroperitoneale Lymphdrüse (längs der Aorta abdominalis gelagert). Die Sinus so
stark erweitert, dass die Markstrahlen zwischen ihnen als schmale Streifen adenoiden Gewebes verlaufen,
und die Follikel ganz klein erscheinen. Sie enthalten entweder sehr dicht gedrängte Bacillenmassen, denen
wenige Leukocyten beigemengt sind, oder die Bacillen liegen mehr schütter, indem sie gleichsam in
homogen geronnenem Serum suspendirt sind. Dasselbe durchdringt auch das umgebende Fett- und Binde-
gewebe.
Die genannten Bacillenmassen bestehen aus typischen Pestbacillen in Reincultur, die auch bereits
vielfach das noch erhaltene adenoide Gewebe durchsetzen, ebenso wie die Kapsel und das Bindegewebe
der Umgebung.
5. Eine bohnengrosse, mesenteriale Lymphdrüse ergibt im Wesentlichen denselben histo-
logischen Befund wie die untersuchte oberflächliche inguinale Lymphdrüse von links. Kapsel und Um-
gebung vollständig intact. Innerhalb der Sinuszellen spärliche blassgefärbte und mehr rundliche Pest-
bacillen auffindbar.
6. Axillare Lymphdrüsen von links (Gruppe von zwei kleinbohnengrossen Lymph-
drüsen). An denselben fällt die gleichmässig ausgebreitete, hochgradige Hyperämie auf, während der
sonstige Befund von dem vorstehenden nicht abweicht. Im Blute der erweiterten Gefässe spärliche Pest-
bacillen, keine in den Sinus nachweisbar.
Beuleiipesf. IL Pathologisch-anatomischer Bericht. 419
7. Milz. Der histologische Befund weicht in nichts von dem gewöhnlichen ab. Herde von zerfallendem
Gewebe fehlen. Hämorrhagien (respective hämorrhagische Infiltration) sind reichlich. Pestbacillen finden
sich meist intracellulär innerhalb von Pulpazellen oder polynucleären Leukocytcn, sind im Ganzen massig
reichlich.
8. Leber. Die Leberepithelien zeigen die Veränderungen hochgradiger parenchymatöser Degeneration.
In den Capillaren sind die polynucleären Leukocyten ziemlich beträchtlich vermehrt, sie durchsetzen stellen-
weise auch die Wand grösserer Gefässe und dringen in die Spalten des Bindegewebes der Glisson'schen
Kapsel ein. Im Blute der Capillaren sind Pestbacillen ziemlich reichlich. Sie liegen sowohl extracellulär,
als auch häufig eingeschlossen in Leukocyten und in Endothelzellen, die sehr gross sind und einen sehr
grossen Kern besitzen.
O.Niere. Dieselbe ist ziemlich stark hyperämisch, indem besonders die Capillaren zwischen den
gewundenen Harnkanälchen der Rinde stark erweitert sind. Das Epithel zeigt exquisit die Veränderungen
starker parenchymatöser und stellenweise auch fettiger Degeneration. Sonst nichts Besonderes. Auch die
Glomeruli hyperämisch. Im Blute der Gefässe recht spärliche Pestbacillen vorhanden.
10. Herz. Ausser reichlicher Fragmentirung der Muskelfasern zeigen letztere ganz allgemein eine
grosse Undeutlichkeit ihrer Querstreifung, manche sind geradezu homogen und stärker mit Eosin färbbar.
An den Kernen nichts Besonderes zu erkennen.
Epikrise.
Der primäre Bubo betrifft den grösseren Theil der oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen
der linken Seite, am stärksten die tiefe inguinale Lymphdrüse am inneren Schenkelring. Besonders reichlich
ist das Ödem der Umgebung entwickelt, das sich weit hinauf in das retroperitoneale Gewebe (entlang den
Ketten der regionär metastatisch geschwollenen Lymphdrüsen), in die Haut des äusseren Genitales, sogar
bis in die rechte Inguinalgegend fortsetzt.
Ausser den genannten zeigen die Lymphdrüsen der rechten Inguinalgegend, die Tonsillen und Follikel
am Zungengrunde nur ganz leichte Hyperämie und Schwellung, eine etwas hochgradigere die L\'mphdrüsen
beider Axillae. Blutungen fehlen, abgesehen von den im Bereiche des primären Bubo vorhandenen und
einigen Ecchj'mosen des Epicards. Auch die grossen Venenstämme dieser Gegend sind frei. Die im
primären Bubo ausserordentlich reichlichen Pestbacillen durchsetzen in Form dichter Rasen weithin die
Umgebung der inficirten Lymphdrüsen und dringen zwischen die Epithelien des sonst intacten Rete
Malpighii ein. Sie liegen sehr häufig intracellulär. In Milz und Blut sind sie spärlich.
Fall 37, XLI.
Kliiiiiiau Siuiih, 26jähriger Hindu, wurde am 13. April um 3 Uhr Nachmittags in das Wari Bunder-
spital aufgenommen und starb am 14. April um 3 Uhr 15 Minuten Früh.
Die Leiche wurde ins Arthur Road Spital gebracht und die Section daselbst am 14. April um 9 Uhr
30 Minuten (6 Stunden post mortem) vorgenommen.
Männliches Cadaver, 151 cm lang, von gracilem Knochenbau, schlecht entwickelter Musculatur,
schlecht genährt; Todtenstarre gut entwickelt, Todtenfiecke nicht deutlich wahrnehmbar.
Das Gesicht bedeckt mit zahlreichen vertrockneten, unregelmässig geformten, schwarzroten Excori-
ationen; beide Augenlider blutig suffundirt, Oberlippe bedeckt mit schwarzrothen Blutkrusten, geschwollen,
ebenso die Unterlippe.
Beide Conjuncti\-en lebhaft hlutroth suffimdirt, sehr stark geschwollen, zum Theile gelblich-sulzig;
Hornhäute trübe, Pupillen weit, Mund- und Lippenschleimhaut mit missfärbigen, abstreifbaren, dicklichen
Massen belegt.
In den Gruben des Halses und in beiden Axillen keine Lymphdrüsen tastbar. In beiden Ellbogen-
gegenden, tim rechten Dorsum manus, an der linken Palma reichliche vertrocknete Excoriationen.
Denkschriften der mathem.-naturw. Gl. LXVI. Bd. 55
420 H. Albr c c h t n ii d A . C, h o ii,
Hals lang, schlank.
Thorax von entsprechenden Dimensionen, symmetrisch, gut gewölbt; Abdomen etwas unter dem
Niveau des Thorax. Bauchdecken schlaff.
Am äusseren Genitale nichts .auffallendes.
In der rechten Leistengegend unter dem Poupart'schen Bande ein harter, länglicher, ungefähr taubenei-
grosser, gegen die Umgebung nicht gut abgrenzbarei-, etwas prominenter Tumor palpabel, über dem die
Haut sich derb und dick anfühlt und weniger leicht in Falten abhebbar ist.
An beiden Knieen reichlich vertrocknete Excoriationen, in beiden Kniekehlen Drüsen nicht tastbar,
an den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Schädeldecken fettreich, blutreich, beide Temporalmuskel und das sie umgebende Bindegewebe sehr
stark ödematös und durchsetzt von zahlreichen connuirenden, frischen Hämorrhagien.
Schädeldach länglich-oval, symmetrisch; der Längsdurchinesser beträgt 19 an, der quere 12 <.;// und
die Peripherie 51 cur, Schädelknochen bis 6 mm dick, Spongiosa erhalten, blutreich. Tabula interna glatt,
Furchen und Gruben seicht.
Im Sichelblutleiter reichliche Cruormassen. Dura mater gut gespannt, glatt, glänzend, durchscheinend.
Die inneren IVIeningen zart, gut injicirt, Gefässe zartwandig, enge, Rinde gleichmässig breit, das weisse
Marklager von reichlichen Blutpunkten durchsetzt, weicher. Ventrikel enge, ihr Epend3nn zart. Kleinhirn,
Pons und Medulla etwas weicher, ebenso die .Stammganglien.
Dura mater der Schädelbasis, besonders in der vorderen Schädelgrube von einer dünnen Schichte
frisch geronnenen Blutes bedeckt.
hn Pectoralis major bis an die Mittellinie reichend frische, schwarzrothe Blutaustritte, auch am Periost
der zweiten Rippe rechts.
Die Lymphdrüsen längs der grossen Haisgefässe vergrössert, über bohnengross, dunkelblutroth, auf
dem Durchschnitte sehr saftig und vorquellend. Auch einige Lymphdrüsen in beiden Submaxillargruben
ebenso verändert.
Zunge mit missfärbigem, fuliginösen Belag bedeckt. Schleimhaut des Gaumens und Pharynx grauroth;
rechte Tonsille vergrössert, stärker prominent, auf dem Durchschnitte gelblich-röthlich gefleckt, sehr saftig.
Schleimhaut des Larynx und der Trachea gelblich und mit schwärzlich gesprenkeltem Schleim bedeckt,
in der Trachea missfärbige Flüssigkeit, Schleimhaut des Ösophagus blassgrau.
Linke Lunge fast vollständig frei, ihr Pleuraraum leer, an der Pleura diaphragmatica ein Paar Blut-
austritte. Der pleurale Überzug des Unterlappens an einer thalergrossen Stelle von reichlichen Ecchymosen
bedeckt, sonst glatt, glänzend.
Die Lunge selbst vollständig lufthaltig, blutreich.
Ductus thoracicus nicht erweitert.
Rechte Lunge vollständig frei, ihr Pleuraraum leer, an der Pleura spärliche Ecchymosen; sonst derselbe
Befund wie links.
Im Herzbeutel ein Esslöffel voll klaren, gelben Serums; an seiner Innenfläche Gruppen von kleinsten
Ecchymosen, an dem fettarmen Epicard allenthalben sehr zahlreiche bis linsengrosse Ecchymosen, das linke
Herzohr ist übersäet von solchen. Auch am Anfangstück der Vena cava superior finden sich solche.
Alle Klappenapparate zart, schlussfähig, Myocard gelblich, am Septum ventriculi einen Querfinger
unterhalb der mittleren Pulmonalklappe eine linsengrosse Blutung.
Die bronchialen Lymphdrüsen stark anthracotisch, Schleimhaut der grossen Bronchien geröthet, mit
grünlichem Schleim bedeckt.
Leber etwas vergrössert, ihre vorderen Ränder etwas stumpfer, Oberfläche glatt, Kapsel glänzend,
hauptsächlich zu beiden Seiten des Ligamentum Suspensorium hepatis übersäet von zahllosen, theils punkt-
f()rmigen, theils bis zu kreuzergrossen, confluirenden Blutaustritten. Ebensogrosse finden sich auch in der
Mitte des rechten Lappens, nahe an seinem \'orderen Rande, bedeckt von älteren Bindegewebs-
membranen.
Beiüenpest. IL Pathologisch-aiiüloniischer Bericht. 421
Gallenblase prall mit Galle gefüllt, auch an der unteren Fläche der Leber ebensolche zahllose in der
Kapsel sitzende Blutaustritte. Auf dem Durchschnitte erscheint die Leber sehr blutreich, ihre Läppchen-
zeichnung etwas weniger deutlich, von gelblichbrauner Farbe.
Milz plump, gross, auf dem Durchschnitte H'/^ cm lang, 5 cm dick, weich, etwas \-orquellend, die
Schnittfläche wie feinst chagrinirt, die Follikel stellenweise stecknadelkopfgross, deutlich sichtbar, grobes
Stroma \-ermehrt, Pulpa ziemlich leicht ausstreifbar.
Pankreas blassgelblich, derb, gekörnt.
Am Hilus der Milz bis erbsengrosse, dunkelblutrothe Lymphdrüsen.
Das Bindegewebe um beide Nieren ziemlich reichlich von gelblichem Serum durchfeuchtet.
Beide Nebennieren blutreich.
Die Nieren plump, schlaff, ihre Rinde gelhlich-röthlich gestreift, etwas vorquellend, von den blutrothen
Pyramiden scharf abgesetzt, Glomeruli prominent, als rothe Pünktchen gut sichtbar; in der Schleimhaut des
Nierenbeckens theils kleinere, bis hanfkorngrosse Blutaustritte, theils erscheinen die Kelche dunkelschwarz-
roth infiltrirt, indem eine starre hämorrhagische Infiltration das Fettgewebe des Nierenbeckens fast voll-
ständig durchsetzt, so dass die Papillen der Pyramiden \-on diesem schwarzrothen Infiltrate scharf begrenzt
erscheinen. Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt.
Ebenso zieht sich eine sulzig-hämorrhagische Infiltration längs der Ureteren nach abwärts, längs des
Ileopsoas immer mehr und mehr zunehmend, bis in die rechte Inguinalgegend sich fortsetzend. Das
Peritoneum dieser Gegend von Blutungen durchsetzt und bedeckt von reichlichen gelblichen, leicht abzieh-
baren Fibrinmembranen. Die ganze Gegend wie vorgewölbt. Diese hämorrhagische Infiltration scheidet so
die sehr derben, zu einer Kette \'ereinigten Lymphdrüsen längs der rechten Vasa iliaca ein, die auf dem
Durchschnitte sehr stark prominent sind, fast vollständig schwarzroth infiltrirt und deutlich gekörnt
erscheinen. In dasselbe starre hämorrhagische Exsudat gehüllt erscheinen die tiefen hypogastrischen und
die sacralen Lymphdrüsen.
Harnblase enthält geringe Mengen leicht blutig gefärbten Harns; ihre Schleimhaut stark geschwollen
und gelockert, übersäet \"on kleinen, punktfiirmigen Blutaustritten. Das sie umgebende Bindegewebe
sulzig-blutig infiltrirt.
Die oberflächlichen und die tiefen inguinalen Lymphdrüsen der rechten Seite ebenfalls vollständig
hämorrhagisch, schwarzroth infiltrirt, zu einem fast hühnereigrossen Paquet vereinigt, von der ebenso infil-
trirten Umgebung nicht gut abgrenzbar, die einzelnen stellenweise in ihrem Centrum mehr gelblichroth
und morscher. Die Intima der rechten Vena femoralis, iliaca und der V^ena ca\'a inferior bis ungefähr
zwei Ouerfinger unterhalb der Leber schwarzroth blutig suffundirt.
Die retroperitonealen (lumbalen) Ljmiphdrüsen zu beiden Seiten der grossen Bauchgefässe zu ketten-
artigen Paqueten vereinigt, die einzelnen fast olivengross, von starrem, hämorrhagischen Infiltrat um-
scheidet.
Die oberflächlichen und die tiefen inguinalen Lymphdrüsen der linken Seite ebenfalls etwas \-er-
grössert, grauroth, auf dem Durchschnitte saftig und etwas graugelb gesprenkelt.
Im Magen reichliche gallige, schleimige, mit schwarzbraunen Flocken untermengte Massen. Schleim-
haut selbst stark x'erschleimt und geschwollen, übersäet von zahllosen bis hirsekorngrossen Blutungen.
Vom Pylorus aus ziehen sich streifenartig angeordnet bis zum Fundus Ketten \-on linsengrossen,
frischen, hämorrhagischen, flachen Erosionen, welche alle überdies noch einen lebhaft rothen hämor-
rhagischen Hof besitzen.
Schleimhaut des Duodenum aufgelockert, gallig imbibirt.
Die mesenterialen Lymphdrüsen bis auf Bohnengrösse geschwollen, theils dunkelblutroth, theils mehr
gelblich gesprenkelt, saftig.
Im Jejunum schleimige, gallige Inhaltsmassen, Schleimhaut stark verschleimt und \on feinsten
Blutungen bedeckt.
Im Ileum gallige und kaffeesatzähnliche Massen; seine Schleimhaut dünn.
55*
422 H. Albrcchl und A. Ghou,
Im Dickdarm gallig gefärbte, etwas geformte Fäcalien; die Schleimhaut übersäet von zahllosen bis
hirsckorngrossen Blutaustritten, am stärksten am Colon ascendens.
in der rechten ebenso wie in der linken AxiUa ungefähr kleinolivengrosse Lymphdrüsenpaquete, hart,
am Durchschnitte dunkelblutroth und gelb getleckt, stark vorquellend und saftig.
Bacteriologischer Befund.
1. Aussaaten aus der Galle ergeben 15 Colonien des Pestbacillus und 1 Colonie von Bacillen der
Coligruppe.
2. In Deckglaspräparaten aus der Milz findet man reichlich Pestbacillen, einzeln liegend und als
DiplobaciUen, meist gut und bipolar gefärbt, seltener in blassgefärbten, rundlichen, bläschenartigen Formen.
\'ereinzelt sieht man auch Fäden einer sich gleichmässig stärker färbenden Bacillenart.
In den Aussaaten finden sich neben reichlichen Pestcolonien etwas weniger zahlreich Colonien \'on
Bacillen der Coligruppe.
3. In Aussaaten aus dem Harn finden sich ausschliesslich Colonien eines gasbildenden Bacillus, der
in Deckglaspräparaten dem Pestbacillus ähnlich sieht.
4. Präparate aus einer Lymphdrüse vom Bubo der rechten Leistengegend zeigen reichlich
Pestbacillen, vorwiegend einzeln und extracellulär liegend, theils in gut und bipolar gefärbten, ovalen, theils
in blass tingirten, ovalen und rundlichen Formen.
Die Aussaaten ergeben reichlich und ausschliesslich Colonien des Pestbacillus.
Histologischer Befund.
1. Oberflächliche über hase Inussgrosse Lymphdrüse aus der rechten Leistengegend.
Vom Parenchym ist nichts mehr erhalten, entweder ist dasselbe von Hämorrhagien zerstört, oder die Gewebs-
zellen zeigen zum grössten Theile keine Kernfärbung mehr, indess ihr runder Leib mit Eosin sich noch
färbt und abgrenzbar ist. Zwischen ihnen finden sich noch ganz erhaltene, oft recht spärliche ein- oder
mehrkernige Zellen oder Zellen mit unregelmässig zerfallendem Kern und viele kleine, blaugefärbte Körn-
chen. Die Blutgefässe erweitert, mit Blut gefüllt und nicht weiter verändert. Die Kapsel stellenweise nur
mehr andeutungsweise erhalten, indem sich noch einige homogene Bindegewebsbündel vorfinden. An
anderen Stellen ist sie durch einen bläulichen Saum \-on Pestbacillen markirt; ihre Umgebung überall hämur-
rhagisch oder von Bacillenmassen infiltrirt.
Im Inneren der Lymphdrüse finden sich — bei Untersuchung von mit Methylenblau gefärbten Schnitten
mittelst der Immersion — keine gut gefärbten Pestbacillen. Wohl aber sieht man sehr zahlreiche gleich-
massige Rasen bildende Pestbacillenmassen, die sich ausserordentlich blass, nur schattenhaft färben und rund-
liche, verschieden grosse Form besitzen. Nur an der Peripherie der Lymphdrüse treten besser gefärbte,
plump-stäbchenartige Formen auf und in der die Lymphdrüse umgebenden hämorrhagischen Zone finden
sich ausserordentlich reichliche DiplobaciUen von plump-ovaler Form und Andeutung einer bipolaren
Färbung. Sie sind auch häufig intracellulär gelagert. Andere Bacterien nicht auffindbar.
2. Eine circa olivengrosse retroperitoneale Lymphdrüse mit einemTheile der Wand
der Vena cava inferior zeigt fast alle Sinus wie mit Bacillenmassen injicirt. In der Umgebung derselben
durchsetzen Blutungen das Binde- und adenoide Gewebe der Lymphdrüse, welch' letzteres überall erhalten ist.
Die Kapsel überall gut abgrenzbar, nur an einigen Stellen von Blutungen und Pestbacillenmassen durchsetzt.
Desgleichen ist das umgebende Fett- und Bindegew^ebe ganz gleichmässig hämorrhagisch infiltrirt. Wo die
Blutungen geringer sind, finden sich dafür grosse Massen von Pestbacillen. Diese hämorrhagische Infiltration
dringt auch in die Wand der Hohlvene ein. Die Bindegewebs- und Muskelbündel sind dadurch weit aus-
einander gedrängt, stellenweise homogen mit ganz blassen, grossen Kernen, und die Blutmassen sind infolge
dessen vielfach nur von einfacher Endothelschichte überdeckt, die auch hie und da unterbrochen ist. Die
Pestbacillen innerhalb der Lymphdrüse zeigen bald stärkere, bald schwächere Färbung und sowohl die
Coccen- wie die Stäbchenform. Letztere bilden wohl auch kettenartige Fäden. Sie liegen häufig intra-
Beulenpest. II. Palholo!ii.'ich-anatonii.<cher Bericht. 423
cclliilar und enorm reichlich. Überali dringen sie in Schwärmen in das noch eilialtene adenoide Gewebe ein.
Sie liegen auch innerhalb der Blutungen reichlich. Je weiter man aber peripherwärts kommt, umso
spärlicher finden sie sich, so dass sie in der Venenwandblutung, sowohl einzeln wie zu kleineren Häufchen
angeordnet, sehr spärlich nachweisbar sind.
3. Platte, mandelgrosse Lymphdrüse aus der rechten Axilla. Dieselbe zeigt in ausgezeichneter
Weise bis auf die Capillaren ausgedehnte, gleichmässig \erbreitete Hyperämie. Die sehr weiten Sinus weisen
die grossen, epithelähnlichen Zellen auf und sind reich an rothen Blutkörperchen und polynucleären Leuko-
cyten. In den erweiterten Gefässen und Capillaren ziemlich zahlreiche Pestbacillen, die häufig der Wand
derselben angelagert sind und manchmal zweifellos innerhalb der Endothelzellen liegen.
Auch in der Umgebung der Gefässe, namentlich in den Sinus zahlreiche Häufchen von Pestbacillen.
4. Milz. Dieselbe ist ganz gleichmässig von Blut- und polynucleären Leukocyten infiltrirt, feinere
Structur\-erhältnisse sind nicht mehr zu sehen. Die Pulpazellen zumeist isolirt, sehr gross, besitzen einen
auffallend gelappten Kern, der manchmal rosettenähnliche Formen besitzt. An den Trabekeln nichts Auf-
fallendes, die Follikel sehr klein. Über die ganzen Schnitte zerstreut finden sich kleinste, nekrosirende Herde,
die sich in nichts von den hei früheren Fällen beschriebenen unterscheiden.
Bei starker Vergrösserung nach Methylenblaufärbung zeigt sich die Milz von enormen Pestbacillen-
mengen infiltrirt, die sich überall zwischen die einzelnen Zellen eindrängen und vielfach intracellulär liegen.
Sie stellen vorwiegend gut gefärbte, plump-ovale Diplobacillen vor, manchmal tritt deutlich bipolare Färbung
zu Tage (vergl. Tafel XIV, Fig. 3). Andere Bacterien nicht auffindbar.
5. Leber. Die Leberepithelien kaum verändert, nur ihre Grenzen stellenweise ganz undeutlich. Die
Kerne überall \on entsprechender Grösse und Färbbarkeit. In den Capillaren und Blutgefässen reichliche
Pestbacillen, ausserdem lange, zu Fäden angeordnete, anthraxähnliche Bacillen (Saprophyten). Im Binde-
gewebe der die Leberoberfläche überziehenden Gli.sson'schen Kapsel zahlreiche kleine Blutungen, die oft
confluiren. In denselben zahlreiche Pestbacillen nachweisbar.
6. Niere. Die Pyramiden hyperämisch, die Capillaren der Rinde nur stellenweise mit Blut gefüllt und
erweitert. Die Epithelien, besonders der Rinde, gross, von unregelmässiger Form und stark granulirtem
Protoplasma. Die Kerne gross, undeutlich, blass. In den Harnkanälchen häufig granulirte Gerinsel enthalten,
auch zwischen Glomeruli und seiner Kapsel feinkörnig geronnene Massen. Einzelne Gefässschlingen derselben
ausgefüllt von mehr homogenen und grobfädigen, mit Eosin stark gefärbten Massen, die Kerne der Endothel-
zellen solcher Capillaren grösser und blässer als andere. In den Capillaren und Gefässen sehr zahlreiche
Pestbacillen.
7. Schnitte durch das linke Herzohr zeigen Blutungen im Epicard, welche an vielen Stellen das
Bindegewebe desselben vollständig infiltriren und das epicardiale Epithel abheben. In denselben sind
reichlich typische Pestbacillen vorhanden.
Epikrise.
In der rechten Leistengegend findet sich der primäre Bubo, der die oberflächlichen und tiefen
inguinalen Lymphdrüsen betrifft und durch intensive hämorrhagische Infiltration seiner Umgebung aus-
gezeichnet ist, die sich retroperitoneal bis in die Nierengegend fortsetzt. In dieser Strecke sind alle l.ymph-
drüsengruppen (auch die hypogastrischen und sacralen) beträchtlich geschwollen, theils hämorrhagisch,
theils medullär gelb und roth gesprenkelt, und an dem sie überziehenden Peritoneum finden
sich frische, fibrinöse Entzündungsmembranen. Ferner zeigen mehr oder weniger hochgradige
Veränderungen die linksseitigen oberflächlichen und tiefen inguinalen, die mesenterialen, die axillaren
und die Halslymphdrüsen längs der grossen Gefässe, ferner die submaxillaren Lymphdrüsen und die rechte
Tonsille.
Bacteriologisch und histologisch handelt es sich um Reininfection durch den Pesterreger, der sich im
Blute aller Organe reichlich nachweisen lässt, besonders reichlich in der Milz, wo sich auch zahlreiche
424 H. AlbrccJil und A. Glion.
nekrosirende Herde finden. Blutungen finden sich in der Conjunctiva, in beiden Temporalmuskeln, an der
Dura mater der vorderen Schädelgrube, im Periost der zweiten Rippe (traumatisch??), in der Pleura, dem
Peri- und Epicard, in der Leberkapsel und unter dem Peritoneum der Gallenblase, in der Schleimhaut des
Nierenbeckens, der Harnblase, des Magens, Jejunum und Dickdarms.
In der Wand der dem primären Bubo zugehörigen Venen reichliche Blutungen.
Im Magen finden sich grössere, aus confluirenden Blutungen hervorgegangene Erosionen.
Fall 38/LI.
Bhania Kitra,^ 25jähriger Hindu, wurde ins Spital am 18. April, am II. Krankheitstage, um 2 Uhr
Nachmittags aufgenommen und starb am 21. April, am V. Krankheitstage, um 3 Uhr 15 Minuten Früh.
Section am 21. April um 10 Uhr Vormittags, 7 Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 164 cm lang, von kräftigem Knochenbau und ziemlich guter Ernährung; Todten-
flecke undeutlich, diffus an den abhängigen Partien, Todtenstarre vorhanden.
Hornhäute leicht trübe, Pupillen weit, gleich; Conjunctiven stärker injicirt und von einzelnen bis
Stecknadelknopfgrossen Blutungen durchsetzt.
Schleimhaut der Lippen cyanotisch, einzelne fast linsengrosse Blutungen zeigend.
Zähne gesund, alle erhalten.
Hals kräftig, kurz. Thorax breit, gut gewölbt. Abdomen etwas unter dem Niveau des Thorax, Bauch-
decken ziemlich schlaff.
Am Abdomen, in der Mitte zwischen Processus xiphoideus und dem Nabel, in der Mittellinie zwei
scharf begrenzte, ovoide, zarte, eingesunkene Narben.
Ähnliche in der Gegend des linken Hypochondriums.
In der rechten Leistengegend isolirte, glatte, harte, circa bohnengrosse Drüsen tastbar, in der linken
ist die Haut verdickt, durch dieselbe ebenfalls isolirte, jedoch grössere Drüsen fühlbar. Am äusseren
Genitale nichts Auffallendes.
Die Lymphdrüsen in beiden Achselhöhlen sind als derbe, über bohnengrosse Knoten zu tasten.
Zu beiden Seiten des Halses auch kleinere, verschiebliche, derbere Drüsen tastbar.
Im Gesichte und zwar im linken äusseren Augenwinkel, an der Stirne, oberhalb der Orbitalbögen und
unterhalb des linken Nasenloches unregelmässig geformte, bis über linsengrosse, mit dunkelschwarzrother
Kruste bedeckte Excoriationen.
Die v.eichen Schädeldecken fettarm, etwas blutreicher, ziemlich reichlich übersäet von kleinsten, etwa
hanfkorngrossen Blutungen; im linken Musculus temporalis einzeln stehende und confluirende, schwarz-
rothe Blutaustritte.
Ebenso zeigt das Periost über dem rechten Scheitelbein Blutaustritte.
Schädeldach länglich oval, im Längsdurchmesser 19 cm, im queren 12 cm und in der Peripherie 52 cm
messend, bis 7 mm dick. Diploe erhalten. Innenfläche glatt; Nähte erhalten.
Im oberen Sichelblutleiter geringe Mengen flüssigen Blutes. Dura mater gespannt, nicht verdickt, wenig
blutreich, an der Aussen- und Innenfläche glatt und glänzend.
Die inneren Hirnhäute zart und glänzend, etwas feuchter, leicht blutig imbibirt. Rinde gleichmässig
breit, grauröthlich, Marksubstanz von ziemlich zahlreichen Blutpunkten durchsetzt, feucht. Ventrikel nicht
erweitert, leer, ihr Ependym zart; Stammganglien, Kleinhirn, Pens stärker feucht, sonst ohne Veränderung.
Zwerchfellstand am oberen Rande der vierten Rippe beiderseits.
Die Lj'mphdrüsen zu beiden Seiten der Halsgefässe linsen- bis bohnengross, dunkel, ziemlich derb,
auf dem Durchschnitte succulent, reichlich dunkelrothen Saft gebend, von grösseren und kleineren Blutungen
durchsetzt. Das sie umgebende Bindegewebe ebenfalls von zahlreichen Blutungen durchsetzt.
' Vergl. Krankengeschichte II. A. pag. 22.
Benlenpesl. II. Pathologisch-anatomischer Bericht. 425
Beide Tonsillen sehr stark vergrössert, prominent, an der Oberfläche zerklüftet, die rechte mit einem
missfärbigen Belag bedeckt, beide saftreicher, partienweise stärker geröthet. Die rechte in ihren vorderen
Antheilen hämorrhagisch infiltrirt; diese Infiltration erstreckt sich auch etwas in ihre Umgebung.
Schleimhaut des Pharynx livid, in derselben sowie am Zungengrunde die Follikel stärker prominent,
gelblich-weiss. Auch an der hinteren Fläche der Epiglottis und im oberen Theile der Trachea finden
sich Follikel als deutlich prominente, gelblich-weisse Knötchen. Zunge mit dickem, gelblichen Belag
bedeckt.
Schilddrüse rechterseits etwas grösser, sonst beide Lappen blutreicher, grob gekörnt.
Linke Lunge frei, ihr pleuraler Überzug über den unteren und hinteren Partien des Oberlappens und
des ganzen Unterlappens, namentlich an der unteren Fläche des letzteren, sehr reichlich übersäet von
kleinsten bis linsengrossen, distinct stehenden, hellrothen Blutaustritten.
Desgleichen zeigt auch die Pleura costalis dieser Seite, besonders aber die Pleura diaphragmatica,
reichliche meist confluirende, grössere, an letzterer bis handtellergrosse, schwarzrothe Blutungen.
Die Lunge selbst ist vollständig lufthaltig, sehr blutreich, in ihren vorderen Partien etwas gebläht.
Ductus thoracicus etwas weiter, makroskopisch ohne Veränderung; die ihn begleitenden Lymphdrüsen
vergrössert, selbst bis Bohnengrösse und darüber, stärker geröthet, succulent.
Rechte Lunge ebenfalls frei, ihr Pleuraüberzug auch von zahlreichen Blutaustritten übersäet, ebenso
auch die Pleura diaphragmatica dieser Seite; die Lunge lufthaltig, sehr stark blutreich. Im Unterlappen sehr
blutreiche, jedoch lufthaltige Partien und vereinzelte atelectatische Stellen.
Der Herzbeutel zart, enthält ziemlich reichlich gelbliche, leicht blutig aussehende Flüssigkeit, an der
Aussenfläche einzelne grössere, schwarzrothe, an der Innenfläche, namentlich in der Gegend des linken
Vorhofes, kleinste, hellrothe, dicht stehende Blutaustritte.
Herz nicht vergrössert, sein epicardialer Überzug allenthalben, besonders reichlich aber über dem
linken Vorhof, bis linsengrosse schwarzrothe Blutungen enthaltend.
In beiden Ventrikeln ziemlich reichliche Fibrin- und Blutgerinsel. Im Endocard des Septumantheiles
des linken Ventrikels sieben schwarzrothe, bis linsengrosse, das Endocard vorwölbende Hämorrhagien.
Myocard braunroth, etwas morscher, alle Klappenapparate zart und schlussfähig.
In der Intima der Aorta (in ihrem Anfangstheile) vereinzelte bis stecknadelkopfgrosse, opake, gelbliche,
prominente Stellen.
Schleimhaut des Ösophagus blutarm, im oberen Theile prominente, gelbliche Follikel zeigend.
Die bronchialen Lj'mphdrüsen geschwollen, stark anthracotisch, in ihrem Rindenantheile blutreicher
und succulenter.
Leber ziemlich gross, ihre Kapsel zart, glatt, von stecknadelkopfgrossen, hellrothen Blutungen ziemlich
reichlich übersäet; grössere, schwarzrothe Blutungen finden sich im Ligamentum Suspensorium hepatis. Die
Oberfläche der Leber glatt, ihr Parenchym gelblich-braun, stellenweise intensiv gelblich, die acinöse Structar
verwischt, Consistenz morscher. Die Wandung der grösseren Lebenenen reichlich durchsetzt von bis über
linsengrossen, schwarzrothen Blutungen; ebenso enthält auch die Wand der Vena cava inferior reichliche
grössere und kleinere, confluirende, schwarzrothe Blutungen.
Milz 19 cm lang, 12 cm breit, 5 cm hoch, plump, ihre Kapsel zart; am Durchschnitte ist die Pulpa leicht
vorquellend, chagrinirt, dunkelbraunroth, Follikel deutlich vorspringend, die trabeculäre Structur deutlich.
Das Bindegewebe um die Milz und Leber reichlich durchsetzt von grösseren, schwarzrothen Blutungen.
Beide Nebennieren blutreicher.
Beide Nieren gross, plump, in eine ziemlich fettarme, von zahlreichen Blutungen durchsetzte Kapsel
eingehüllt; namentlich zahlreich sind die Blutungen in dem die Ureteren einscheidenden Bindegewebe,
so dass dieselben als dicke, schwarzrothe, ödematöse Stränge erscheinen. Die fibröse Kapsel der Nieren
leicht ablösbar, reichlich durchsetzt von schwarzrothen, bis über linsengrossen Blutungen.
Oberfläche der Nieren glatt, Rinde verbreitert, ziemlich blutreich, von kleinsten Blutungen spärlich
durchsetzt, gelblich gestreift, Pyramiden blutreicher, ebenfalls Blutaustritte zeigend, Schleimhaut
426 H. Albrcchi und A. G/ioii,
der Kelche und des Beckens leicht (kicmatös, wie mit Blutungen infiltrirt, welche die Schleimhaut \iir-
wölben.
Auch in der Schleimhaut der Ureteren tinden .sich vereinzelte kleinste, bis über stecknadelkopfgrosse
Blutaustritte.
Harnblase eingehüllt in \-üllstandig von Blutungen durchsetztes Bindegewebe, ihre Schleimhaut etwas
stärker injicirt.
Die retroperitonealen (iliacalen und lumbalen) Drüsen allenthalben geschwollen, etwas weicher, auf
dem Durchschnitte ziemlich gleichmässig gelblich-röthlich gesprenkelt, in ödematöses, von Blutungen durch-
setztes Bindegewebe gehüllt.
Die mesenterialen Lymphdrüsen ebenfalls leicht geschwollen, derb, am Durchschnitte saftreicher, ent-
weder gleichmässig gelblich-weiss oder aber stellenweise stärker geröthet und injicirt.
Pankreas derb, gekörnt, das umgebende Bindegewebe, namentlich im Schweifantheile von grösseren
Blutungen durchsetzt.
Auch im Omentum majus an der grossen Magencurvatur zwei grössere Hämorrhagien.
Der Magen ist gross, mit schwarzrothen Schleimmassen gefüllt, seine Schleimhaut gelockert, übersäet
von bis hanflcorngrossen Blutungen.
Im Duodenum finden sich reichliche schleimige, braungelbe Chjanusmassen, seine Schleimhaut
gelockert, sammtartig, an den F'alten stärker injicirt.
Im übrigen Dünndarm reichlich gelblich-grünliche, breiige Massen. Die Schleimhaut desselben etwas
gelockert, nur von vereinzelten kleinsten Blutungen durchsetzt.
Die Plaques leicht geschwollen, ebenso die Follikel; dieselben besonders im unteren Antheile des Ileum
von einigen kleineren Blutungen durchsetzt.
Im Dickdarm breiige, gelbliche Fäces, seine Schleimhaut geschwollen, gleichmässig übersäet von bis
nadelkopfgrossen, hellrothen Blutungen.
Die oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen der rechten Seite derber, flach, bis über dattelkerngross.
Etwas stärker geröthet, saftreicher, stärker geschwollen erscheinen die tiefen inguinalen Lymphdrüsen
derselben Seite, zumal die am inneren Schenkelringe.
Die inguinalen Lymphdrüsen der linken Seite bedeutend stärker vergrössert, auch derb, am Durch-
schnitte jedoch reichlich von Blutungen durchsetzt und in ödematöses, hämorrhagisch infiltrirtes Binde-
gewebe eingescheidet, welche Infiltration sich längs der Vasa iliaca nach aufwärts zu fortsetzt.
Die Vena iliaca dieser Seite wie auch die der anderen Seite enthält in ihrer Wandung reichlich
schwarzrothe Blutungen.
Die Lymphdrüsen in beiden Achselgruben isolirt, geschwollen, bis über bohnengross, dunkelroth, hart,
auf dem Durchschnitte saftreicher, gelbröthlich gesprenkelt, von kleinsten Hämorrhagien durchsetzt.
Das sie umgebende Bindegewebe, wie auch das die rechten inguinalen Drüsen einhüllende, unver-
ändert.
In der linken Kniekehle keine pathologischen Veränderimgen.
Bei der am 18. und 19. .-^pril, am II. und III. Krankheitstage, vorgenommenen bacterio-
logischen Blutuntersuchung blieben die Aussaaten jedesmal steril.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckglaspräparate aus einer linken Halslymphdrüse zeigen massig viele Pestbacillen,
vorwiegend in gut gefärbten, meist länglichen, seltener ovalen Formen; daneben finden sich spärlich Diplo-
coccen, oft von deutlicher Lanzettform.
2. Die rechte Tonsille lässt mikroskopisch ein reichliches Bacteriengemenge erkennen, aus Coccen,
Bacillen und zu Haufen angeordneten Fäden bestehend; ziemlich reichlich finden sich auch Pestbacillen,
Bcithiipcst. II. riilhi>l<>iiiscJi-aiuiliiiiiisclici' Bericht. 427
vereinzelt in grösseren Rasen anL;et)i\inet. Bei intensiver I'"ai'bun.L;- mit Carbulfiichsin und iiaclifoli^ender
Differenzirung in Alkohol lassen sich um viele der Pestbacillen blassrothe, allerdings nicht scharf begrenzte
Höfe sichtbar machen.
3. Präparate aus der Milz zeigen reichlich Pestbacillen, einzeln liegend und als Diplobacillen, gut
und bipolar tingirt, theils von ovaler, theils von länglicher Form, und spärlicher Diplococcen von
Lanzettform.
Die Aussaaten zeigen reichlich Colonien des Pestbacillus und spärlich Colunien des Diplococcus
pneumoniae.
4. In Deckglaspräparaten aus einer mesenterialen Drüse linden sich wenig Pestbacillen
in typischer Form. Coccen sind mit .Sicherheit darin nicht nachweisbar.
5. Eine oberflächliche inguinale Lymphdrüse der linken Seite zeigt mikroskopisch
enorme Mengen von Pestbacillen, einem dichten Ausstrich einer Reincultur gleichend, meist einzeln, seltener
als Diplobacillen, vereinzelt in kurzen, ungegliederten Fäden. Die Mehrzahl der Bacillen hat ovale Form und
ist gut und bipolar gefärbt, spärlicher sieht man blassgefärbte, längliche und rundliche Formen (vergl.
Tafel XIII, Fig. 2).
Histologischer Befund.
1. Schnitte durch drei Lymphdrüsen der oberflächlichen inguinalen von der linken
Seite zeigen vollständigen Untergang des adenoiden Gewebes unter enorm reichlicher Bacterieninfiltration,
so dass die Lymphdrüsen mit grossen, von Bacterien und wenig Leukocyten erfüllten Cavernen zu ver-
gleichen wären. Die Kapsel grösstentheils hämorrhagisch infiltrirt, ebenso wie das umgebende Binde- und
Fettgewebe auf weite Strecken. Sowohl in den Bindegewebsschichten der Kapsel, wie unmittelbar nach
aussen von derselben zahlreiche erweiterte, mit Bacterien und Leukocyten vollgefüllte Lymphgefässe. Auf
mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man enorme Massen grosse Rasen bildender Pestbacillen, die
meist die blassgefärbte Coccenform haben. Andere Bacterien nicht nachweisbar.
2. Lymphdrüse aus der rechten Axilla. Dieselbe ist etwas hyperämisch, einzelne Sinus massig
erweitert und grosse Sinuszellen nebst rothen Blutkörperchen enthaltend. Kapsel und Umgebung nicht ver-
ändert. In dem Blute der Gefässe zahlreiche lanzettförmige Diplococcen, spärliche blass gefärbte, rundliche
Pestbacillen und vereinzelte lange Ketten etwas grösserer Coccen.
3. Schnitte durch eine mesenteriale Lymphdrüse ergeben denselben Befund. Nur liegen hier
im Blute der erweiterten Gefässe zahlreiche Pestbacillen neben ebenso zahlreichen Diplococcen.
4. Eine etwa bohnengrosse Lymphdrüse aus der rechten Halsgegend zeigt unmittelbar
nach aussen von der Kapsel verschiedene kleine Hämorrhagien. Das Parenchym ist sehr hyperämisch, viele
der Sinus, besonders die Randsinus stark erweitert, vorzugsweise von fein granulirter Ödemflüssigkeit
erfüllt. In den Sinus zahlreiche auch intracellulär gelagerte Pestbacillen neben spärlicheren Diplococcen.
Ebenso in den Blutgefässen.
5. Rechte Tonsille. Das adenoide Gewebe ist erhalten, stellenweise von kleinen Blutungen durch-
setzt; in der bindegewebigen Umgebung finden sich einige grössere Blutungen. Das submucöse Binde-
gewebe in dem Bereiche des adenoiden Gewebes von reichlichem rothe Blutkörperchen enthaltenden Ödem
durchsetzt, welches das Epithel streckenweise abhebt. Dasselbe ist aber sonst überall auf den untersuchten
Schnitten intact. Im Blute der Gefässe zahlreiche Pestbacillen und Diplococcen enthalten. Dieselben liegen
auch in grosser Anzahl innerhalb des adenoiden Gewebes, vielfach untermengt mit langen, plumpen
Stäbchen. Auch im Blute der Hämorrhagien spärlichere Pestbacillen und Diplococcen nachweisbar.
6. Einige etwas über erbsengrosse Lymphdrüsen aus dem hinteren Mediastinal-
raume. In dem umgebenden Bindegewebe einige grössere Hämorrhagien. Die in demselben eingeschlos-
senen Lymphgefässe und der Ductus thoracicus leer. Die erweiterten Blutgefässe mit Blut vollgefüllt. In den
erweiterten Sinus der Lymphdrüsen so zahlreiche Bacterien, dass sie schon mit schwacher Vergrösserung
als zusammenhängende, bläuüch-rüthlich gefärbte Massen zu erkennen sind. Mit starker Vergrösserung
Denkschriften der mathem.-naturw. Gl. LXVI. Bd. "^
428 II. Albreclü iiiul A. Chan,
und nach Methylcnblau-l''ärbung" betrachtet, bestehen letztere aus sehr reichlichen und dichtgedrängten Pest-
bacillen, die durchwegs die Form plumper Diplobacillen haben. Solche sieht man auch spärlicher im Blute
der Gefässe und I-Slutungen neben ganz \'creinzelten Diplococcen.
7. Die Milz gibt histologisch ganz dasselbe Bild wie im vorigen Falle; die Wand kleiner
Arterien homogen verdickt. Zahllose auch intracellulär gelagerte Pestbacillen von Stäbchenform und iJiplo-
bacillenlagerung. Diplococcen nicht mit Sicherheit aufzufinden.
8. Schnitte aus atelectatischen Stellen des Unterlappens der rechten l.unge. Die nicht
erweiterten, ja stellenweise wie collabirt aussehenden Alveolen vielfach mit frisch ausgetretenem Blute voll-
gefüllt, zwischen solchen vollständig lufthaltige Partien. Im Blute zahlreiche gequollen aussehende Alveolar-
epithelien eingeschlossen. Das Epithel der Bronchien ganz erhalten, in denselben wenig Schleim, dem rothe
Blutkörperchen beigemengt sind, enthalten. Sonst keine besonderen pathologischen Veränderungen. Im
Blute sehr spärliche Pestbacillen nachweisbar. Ebenso im Bronchialschleim.
9. Schnitte durch kleine Blutungen im Pericard zeigen, dass dieselben im sehnig fibrösen
Antheile desselben, und zwar direct unter dem Epithelüberzug, sich befinden. \n denselben massig reichlich
Pestbacillen .vorhanden. Sehr reichliche finden sich in den Blutungen des Endocard, die auch
zwischen die Bündel der Herzmusculatur hineinreichen, sonst aber nichts Besonderes zeigen.
Epikrise.
Der primäre Bubo sitzt in der linken higuinalgegend, und zwar sind die tiefliegenden Lymphdrüsen
mehr betroffen als die oberfiächlichen. Die correspondirenden Lymphdrüsen der rechten higuinalgegend
(die oberfiächlichen und tiefen) sind auch ziemlich beträchtlich geschwollen, fleckig geröthet und saft-
reicher; jedoch stehen diese Veränderungen weit hinter denen der rechten Seite zurück. Vor Allem fehlen
reichliche Hämorrhagien im Parenchym und in der Umgebung der Lymphdrüsen, die auch nicht von Ödem
durchsetzt ist. Auch hier ist es zweifellos von den Tonsillen aus zu einer Secundärinfection durch
den Diplococcus pneumoniae gekommen. Ausser den inguinalen Lymphdrüsen zeigen acute ent-
zündliche Veränderungen die Lymphdrüsen des Halses, beide Tonsillen und die Follikel am Zungen-
grunde und Pharynx, die bronchialen, axillaren und hinteren mediastinalen, die mesenterialen und
retroperitonealen. Auch die Plaques des Dünndarmes sind gelblich geschwollen und zeigen kleine
Hämorrhagien.
Blutungen finden sich in den weichen Schädeldecken im linken Temporalmuskel und im Periost des
rechten Scheitelbeines, in der Pleura, dem Peri-, Epi- und Endocard, im Ligamentum Suspensorium hepatis,
in der Leberkapsel und Gallenblasenvvand, im retroperitonealen Bindegewebe, in der Nierenkapsel und
-Rinde, im Omentum majus und in der Schleimhaut der Conjunctiven, der Lippen, der Nierenkelche,
Ureteren, des Magens und des Dünn- und Dickdarms.
Bemerkenswerth sind die zahlreichen Venenwandhlutungen beider \'enae femoralis, der Vena cava
inferior imd der Lebervenen bis in die feineren Verzweigungen.
Schliesslich wurde noch eine Lymphdrüse zur histologischen Untersuchung verwendet, welche
Dr. Choksy aus der Liguinalgegend eines an Pest Erkrankten exstirpirte. Dieselbe Hess sich nach
erfolgter Incision mit grosser Leichtigkeit einfach als kugeliges Gebilde ausschälen.
Die periphere Schichte dieser Lymphdrüse wird von dichter Infiltration poljmucleärer Leukocj'ten
gebildet, die in Körnchenzerfall begriffen sind und zwischen denen sich zahlreiche kleinere Blutungen
finden. Auch Netzwerke homogener Balken, die Leukocyten oder Körnchen einschliessen, finden sich hier.
Die Leukocyteninfiltration nimmt allmählig gegen das Centrum zu ab, wo auch die erweiterten Sinus gegen
die Markstrahlen zu gut abgrenzbar sind. Auch in ersteren stellenweise Blutungen und feiner Körnchen-
zerfall. Pestbacillen sind sowohl in der Rindenschichte wie in den beginnenden Zerfall zeigenden Sinus
nicht mit Sicherheit nachweisbar.
Benleiipest. IL Pathologisch-anatontischcr Bericht. 429
Auch innerhalb einiger grosser Zellen finden sich Gebilde, deren Deutung als Bacillen mit Sicher-
heit nicht möglich ist.
Eine Lj-mphdrüse, die uns Dr. Yersin übersandte und die aus der frischen Leiche eines trotz Serum-
injection an Pest verstorbenen Patienten stammte, wurde in absolutem Alkohol gehärtet. Es sei nur kurz
erwähnt, dass sie sich in nichts von dem gewöhnlichen Befunde eines primären Buho unterscheidet. Pest-
bacillen sind sehr reichlich vorhanden. Sie haben die Coccenform, sind von verschiedener Grösse und blass
gefärbt, häufig bläschenähnlich (Degenerationsformen).
Die bacteriologische Untersuchung ergibt bei der ersteren Drüse mikroskopisch und culturcU ein völlii.
negatives Resultat, bei der zweiten mikroskopisch und culturell reichliche Reincultur von Pestbacillen.
II. Fälle ohne primären Bubo.
A. Primäre Pestpneuraonien.
Fall 39/XI.
Snkiibai, 45jähriges Hinduweib, Fabriksarbeiterin, wurde am 8. März um 6 Uhr Nachmittags, am
III. Krankheitstage, ins Spital aufgenommen imd starb am 9. März, am IV. Krankheitstage, um 7 Uhr
30 Minuten Früh.
Die Section wurde am selben Tage um 10 Uhr, ungefähr 2V-> Stunden post mortem, vorgenommen.
Körper, 158 cra lang, von gracilem Knochenbau, wenig entwickelter Musculatur, ziemlich gut genährt.
Todtenstarre nicht vorhanden. Todtenflecke auf der Rückseite ganz schwach angedeutet.
Hornhäute glänzend, Pupillen mittelweit, beiderseits gleich weit, Conjunctiven blutleer, ebenso die
Mundschleimhaut. Zähne gesund und alle erhalten.
Hals schlank, in den Gruben keine Drüsen tastbar, auch nicht in beiden Achselhöhlen.
Thorax entsprechend lang und breit, gut gewölbt, s^ymmetrisch, Brustdrüsen gut entwickelt.
Abdomen etwas unter dem Niveau des Thorax, seine Haut von reichlichen Schwangerschaftsnarben
bedeckt, aus dem äusseren Genitale ein milchiger Ausfiuss.
In beiden Leistengegenden erbsengrosse Lymphdrüsen tastbar, keine solchen in den Kniekehlen, kein
Ödem an den unteren Extremitäten. Die Sohlenhaut stark verdickt. Altere oder frische Verletzungen an den
allgemeinen Decken nicht nachweisbar, letztere ziemlich fettreich.
Im Bindegewebe unter der Stirnhaut zahlreiche bis hirsekorngrosse Blutaustritte gruppirt. Am Periost
im Bereiche der .Scheitelbeine, nahe dem hinteren Ende der Sagittalnaht, einige ganz kleine Blutaustritte.
Schädel symmetrisch, längs-oval, \7 cm im längsten, II cm im queren messend, Circumferenz 47 cm.
Schädelknochen an den dicksten Stellen circa 8 min dick, Spongiosa bis 4 mm dick, überall erhalten,
ziemlich blutreich, Tabula interna auf der Innenfläche glatt, Furchen und Gruben ziemlich tief.
Dura mater gut gespannt, ziemlich blutreich, zart, Sichelblutleiter fast leer. In der Dura mater nirgends
Blutungen. Die inneren Hirnhäiite an der Gehirnbasis blutarm, Gefässe daselbst zartwandig, eng. Meningen
über der Medulla oblongata bräunlich-grau pigmentirt, Meningen an der Convexität des Gehirns sehr zart,
etwas stärker durchfeuchtet, leicht abziehbar. Rinde grau-gelblich, das weisse Marklager von sehr zahl-
reichen Blutpunkten durchsetzt. Consistenz des Gehirns trotz der Frische etwas vermindert, Seitenventrikel
eng, ebenso der vierte, Kleinhirn blutarm, desgleichen Pons und Medulla auf dem Durchschnitte. Stamm-
ganglien normal gebildet, auf dem Durchschnitte blutarm, grau, Rinde grau-gelblich.
Zvverchfellstand am unteren Rande der vierten Rippe rechts und ebenso links.
Schilddrüse in ihren Seitenlappen blutarm, coUoid, gekörnt, im linken .Seitenlappen einen central
sitzenden, scharf umschriebenen Knollen zeigend; auch der Isthmus vergrössert.
56*
430 H. Albrcchl iiiid A. (j/ion,
Schleinihaiit des Ciaumcns, des Pharynx und der oberen Theile der Speiseröhre blutarm. Beide Ton-
sillen ziemlieh gross, ihre Schleimhaut gelblieh-vveiss, auf dem Durehschnitte gelbHch, blutarm.
Linke Lunge, besonders im Bereiche des Untcrlappens, durch Bindegevvebsmembranen angewachsen,
entsprechend gross, fühlt sich überall lufthaltig an, Pleura glatt und glänzend, an den hinteren Partien des
Oberlappens einige Gruppen von Ecchymosen. Im Unterlappen, und zwar in seinen unteren Partien etwas
näher dem vorderen Rande, fühlt sich eine kleinapfelgrosse Stelle etwas dichter an. Auf dem Durchschnitte
erscheint diese Stelle, in guldenstückgrosser Ausdehnung, dicht, röthlich-gelblich infiltrirt, im Centrum
gelblich und ganz fein gekörnt. Ähnliche solche, aber höchstens kreuzergrosse Partien im Oberlappen.
Rechte Lunge gross, nur die Spitze und die angrenzenden Partien, die vorderen Ränder der Lappen und
vielleicht die Hälfte des Unterlappens fühlen sich lufthaltig an; die anderen Antheile der Lunge derb
infiltrirt. Die Pleura des Oberlappens entsprechend den infiltrirten Partien ist getrübt, mit leicht abziehbaren,
zarten P'ibrinmembranen bedeckt; unter denselben übersäet mit zahllosen zum Theile confluirenden, punkt-
förmigen Hämorrhagien, zwischen denen gelbliche Exsudatpunkte und -Streifen sich von der
lichtrothen Farbe der Blutungen scharf abheben. Dieselben Veränderungen der Pleura an den
hinteren, infiltrirten Partien des Unterlappens.
Auf dem Durchschnitte erscheint die Lunge sehr stark ödematös. Die hinteren Partien des Ober-
lappens von ungefähr guklenstückgrossen, conflm'renden, luftleeren Herden durchsetzt, entsprechend
den mit Fibrinmembranen bedeckten Pleuraantheilen , von einem gelblich - röthlichen Infiltrat starr
infiltrirt, auf dem Durchschnitte feinst gekörnt. In seinen peripheren Antheilen lassen sich deutlich
gelbe, prominente Alveolarpfröpfe erkennen; die mehr centralen Antheile sind lebhaft gelbroth
gesprenkelt und undeutlicher gekörnt. Einen ähnlichen Befund ergeben die Herde des Unter-
lappens, beim Einschneiden von aussen her fiiesst reichlich trübe üdemflüssigkeit ab. In den Bronchien
reichliche schleimige Flüssigkeit, ihre Schleimhaut geröthet. Beide Lungen massig blutreich.
Herzbeutel sehr zart, in ihm einige Tropfen klaren, gelblichen Serums enthalten. Epicard fettreich, im
linken Ventrikel zwei punktförmige Ecchymosen. Herz klein. In den Herzhöhlen spärliche frische Cruor-
massen enthalten; alle Herzklappen zart, schlussfähig. Herzfleisch etwas bleicher, etwas morscher.
Die bronchialen Lymphdrüsen etwas vergrössert, anthracotisch, zum Theile auf dem Durch-
schnitte sehr saftig und weich, blutroth, besonders die Icleinerbsengrossen zu beiden
Seiten der Trachea über der Bifurcation.
Leber ungefähr von normaler Grösse, Consistenz etwas verringert, etwas brüchiger, auf dem Durch-
schnitte blutreich, Läppchenzeichnung ziemlich erhalten.
Milz annähernd von normaler Grösse, Consistenz etwas verringert, etwas brüchiger, auf dem Durch-
schnitte blutroth, das grobe Stroma deutlich vermehrt, Follikel zahlreich und vergrössert, stellenweise etwas
lichter, gut erkennbar. Pulpa nicht vorquellend, wie feinst chagrinirt, nicht ausstreifbar.
Nieren klein, ihre Consistenz etwas verringert, Kapsel leicht abziehbar, auf dem Durchschnitte massig
blutreich, Rinde röthlich-gelblich, erbleicht, nicht scharf \-on den Pyi-amiden abgrenzbar; ganz vereinzelt
punktförmige Blutaustritte an der Oberfiäche der Niere.
Beide Nebennieren nicht besonders verändert.
In der Harnblase wenig klarer Urin.
Uterus etwas retrofiectirt, Musculatur gut entwickelt, Schleimhaut blutleer. Die beiden Adnexe durch
IVindegewebsmembranen mit dem Peritoneum verwachsen. Beide Ovarien gross.
Die Lymphdrüsen um die grossen Bauchgefässe bis bohnengross, auf dem Durchschnitte gelblich.
An den übrigen Lymphdrüsen nichts Besonderes.
Im Magen schleimiger, wenig gallig gefärbter Inhalt. Schleimhaut nicht besonders verändert. Im Ileum
gallig gefärbte Chymusmassen, seine Schleimhaut zeigt nichts Auffallendes, ebenso im Jejunum. Im Dick-
darm gallig gefärbte Fäcalien, Schleimhaut dünn.
Beiileiipcsf. IL Palliologisch-aiiiitomisclicr Bericht. 431
Bacteriologischer Befund.
1. Präparate \'om pleiiritischen Exsudat der rechten Seite zeigen zicmlicli reichlich l^est-
bacillen, einzehi oder als Diplobacillen, ovoid oder länglich, meist gut und bipolar gefärbt. Andere Bacterien
nicht nachweisbar. Bei Anwendung der Gram'schen Methode entfärben sich die Pestbacillen rasch.
2. In Präparaten aus dem pneumonischen Herd des rechten Oberlappens findet man
reichlich Pestbacillen, einzeln, als Diplobacillen, vereinzelt auch in kurz-kettenförmiger Anordnung oder
als kurze, ungegliederte Fäden. Neben ovoiden oder länglichen, gut und bipolar gefärbten P'ormen finden
sich ringförmige, sowie blass gefärbte, rundliche und geblähte Exemplare. Andere Bacterien sind nicht
nachweisbar.
Die Aussaaten zeigen ausschliesslich Pestcolonien in sehr reichlicher Menge.
3. Präparate aus der Milz zeigen nur Pestbacillen in geringer Anzahl, einzeln, länglich-oval, gut
und bipolar gefärbt.
Die Aussaaten enthalten ausschliesslich und reichlich Pestcolonien.
Histologischer Befund.
1. Die histologische Untersuchung pneumonisch infiltrirter Antheile der rechten
Lunge zeigt die ganz verschieden stark erweiterten Alveolen in wechselnder Reichlichkeit von Pestbacillen,
polynucleären Leukocyten und Blutmassen vollgefüllt. In vielen derselben bilden die Hauptmasse des
Exsudats die Eiterkörperchen, andere sind vollgepfropft mit Pestbacillen, die wie in einer homogen aus-
sehenden, lichtroth gefärbten Grundsubstanz (Ödemfiüssigkeit) suspendirt erscheinen. Daneben finden sich
ganz leere Alveolen oder von Blutungen erfüllte, so dass auch das histologische Bild ein sehr buntes
wird. Vielfach sieht man auch unter der Fülle des Exsudates zerrissene Alveolarsepta, und wo die
Leukocyten- und Bacilleninfiltration sehr dicht ist, sind dieselben überhaupt nicht mehr zu sehen. An
anderen Stellen sieht man die Alveolarsepta und ihre Capillaren von stark mit Eosin gefärbten,
grobfädigen oder -balkigen, auch homogenen Massen erfüllt, denen Leukocyten beiderseits angelagert
sind, ohne dass man die Kerne der Endothelien oder des Bindegewebes erkennen kann. Oder es
sind die so entstandenen Stränge von ganz eigenthümlichen, wie in die Länge ausgezogenen Kernen
oder verschieden gestalteten , blass gefärbten Körnchen umsäumt. Auch die Wand grösserer, quer-
getroffener Gefässe homogen gequollen , mit erhaltenen , grossen Endothelien. In ihrer Umgebung und
auch in ihrem Lumen finden sich dieselben gröberen oder etwas feineren Netze von homogenen, mit
Eosin stark gefärbten Balken, die sich auch längs der Alveolarsepta stellenueise fortsetzen.
Die Lungenoberfiäche von einer leukocytenreichen Fibrinmembran bedeckt, die sich in nichts von einer
gewöhnlichen pleuritischen Exsudatmembran unterscheidet. Die Bronchien, deren Epithel überall erhalten
ist, vollgefüllt mit derselben homogen geronnenen Ödemfiüssigkeit, der zahllose Pestbacillen, polynucleäre
Leukocyten und rothe Blutkörperchen beigemengt sind. Ganz dasselbe findet sich auch in grösseren Blut-
gefässen. .Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten zeigt sich bei .starker Vergrösserung, dass die Pest-
bacillen so reichlich in den pneumonischen Lungenantheilen liegen, dass sie sich zwischen die einzelnen
Exsudatzellen in dichten Zügen eindrängen. .Andere Bacterien nicht nachweisbar. Fibrin nach der
Weigert'schen Färbung nur sehr spärlich nachweisbar.
2. Schnitte von zwei makroskopisch wenig vergrösserten, aber sehr saftreichen
Lymphdrüsen von der Gegend der Bifurcation der Trachea zeigen auffallende Verbreiterung
der Sinus und stellenweise hochgradige Erweiterung von Blut- und Lymphcapillaren. In den Sinus finden
sich zahlreiche polynucleäre Leukocyten und die grossen, epithelähnlichen Zellen mit einem oder mehreren
Kernen. Die Endothelzellen der Capillaren wie angeschwollen, ihre Kerne ganz auftauend gross, bläschen-
förmig, oft gelappt. Die Follikel überall erhalten, kleiner, Hämorrhagien fehlen.
432 H. Albi-ccht und A. C/nni,
In den Sinns zahllose sehr hiiiilit; inti-acellulär gelagerte Pesthacillen. Die erweiterten Capillaren
zumeist erfüllt von einer homogenen, mit Eosin leicht gefärbten, wie geronnen aussehenden Masse, in der
enorme Mengen von Pesthacillen, ziemlich reichliche polynucleäre Leukocyten und wenig rothe Blut-
körperchen suspendirt sind.
Nirgends Kernzerfall oder Kernschwund nachweisbar. Herdvveise lindet sich in dem pericapsulären
Bindegewebe Infiltration von polynucleären Leukocyten, zwischen denen sich ebenfalls ziemlich reichliche
Pesthacillen nachweisen lassen.
4. Die Milz zeigt histologisch eine gleichmässig verbreitete Hyperämie, indem vielfach die
Pulparäume mit Blut prall erftillt sind. Hämorrhagien oder auffallende Leukocyten-Infiltrate fehlen. Dagegen
sind die Zellen der Pulparäume gross, von unregelmässiger Form, oft mehrkernig und eigenthümlich
granulirt, indem sie lichtere, zweifellos Fetttröpfchen entsprechende Stellen zeigen. Die Basalmembranen
der Pulparäume verbreitert, von den Zellen nicht abgrenzbar. An den Follikeln ausser grossem Kernreich-
thum nichts Auffallendes. Allenthalben finden sich mit Hämatoidin beladene Zellen, die Trabekel sind ver-
dickt. Pesthacillen nur spärlich in kleinen Gruppen angeordnet nachweisbar.
Epi krise.
Die durch die Pesthacillen erzeugte Lungenaffection erscheint zweifellos als primäre, indem beide
Lungen in ausgedehnter Weise von confluirenden Lobulärpneumonien, die nirgends das Bild metastatisch
embolischer Pneumonien zeigen, durchsetzt sind und an keiner Lymphdrüsengruppe — mit Ausnahme der
bronchialen — irgend welche durch frische Pestinfection erzeugte Veränderungen makroskopisch nachweis-
bar sind. Die Pestpneu monie erscheint durch das ganz eigenthümliche, lichtroth und gelb
gesprenkelte Bild anatomisch wohl charakterisirt. Als Begleiterscheinung findet sich frische,
fibrinös-seröse Pleuritis. Die relativ geringen Veränderungen an den Lymphdrüsen an der Bifurcation
sprechen unbedingt für die secundäre Affection derselben. Kleinere Blutungen finden sich nur im .sub-
cutanen Bindegewebe der Stirnhaut, im Periost beider Scheitelbeine, im Epicard, sehr reichliche in den
Pleuren und vereinzelte in der Nierenrinde.
Histologisch findet sich enorm reichliche Infiltration von polynucleären Leukocyten und gewaltige
Massen von Pesthacillen, die oft fast ohne zellige Beimischung die Alveolen erfüllen.
Sehr charakteristisch sind die gröberen oder feineren Netzwerke von Balken, welche die Blutgefässe
umgeben und die ebenso homogenen Balken und Schollen, die sich in den Alveolarcapillaren oft bei noch
erhaltenen Endothelzellen derselben finden, sowie der reichliche Körnchenzerfall in der Umgehung der-
selben. Fibrin ist äusserst spärlich.
Dagegen findet sich reichlich homogen geronnene Ödemfiüssigkeit, die nicht nur Bronchien, sondern
auch grössere Lungengefässe erfüllt.
Dieselbe dringt auch in das Bindegewehe um die Hauptbronchien und in die peribronchialen Lymph-
drüsen ein, die im Stadium ganz frischer Pestentzündung stehen. Auch die Milz zeigt eben beginnende
Schwellung. In den Bronchial-Lymphdrüsen massenhaft Pesthacillen, in der Milz kleine Gruppen histo-
logisch nachweisbar.
Bacteriologisch stellt sich der Fall als reine Pestinfection dar, indem sich sowohl im pneumonischen
wie im pleuritischen Exsudat, als auch in der Milz der Pestbacillus in massenhaften Reinculturen
vorfindet.
Fall 40/XXXIII.
Boodhn Chiiiidiiii,' öOjähriger Hindu, \\-urde im Spitale aufgenommen am 22. März, am II. Krankheits-
tage, und starb am 26. März, am VI. Krankheitstage, um 9 Uhr 25 Minuten Abends.
Section am 27. März, ungefähr 12 Stunden post mortem.
' Vergl. Kranliengeschichte II. A. pag
Beulenpest. II. Palhologisch-auatomischer Bericht. 433
Männliches Cadaver, 164 cnt lang, von gracilem Knochenbau, schlecht entwickelter Musculatur, hoch-
gradig abgemagert.
Todtenstarre ausgesprochen, Todtenfiecke an den abhängigen Körperpartien violett.
Hornhäute etwas getrübt, Pupillen weit, beiderseits gleich, Conjunctiven blutarm, Mundschleimhaut
etwas cj'anotisch; Zähne gesund, alle erhalten.
Hals lang und schlank, in seinen Gruben imd in beiden Axillen nichts Auffallendes palpabel.
Thorax lang, schmal, flach, symmetrisch.
Abdomen im Niveau des Thorax, Bauchdecken gespannt.
Am Genitale nichts Auffallendes, ebenso in beiden Inguinalgegenden.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Die weichen Schädeldecken tett- und blutarm, ein unregelmässig begrenzter, circa guldenstückgrosser
Blutaustritt über dem .Stirnbein. Schädeldach länglich -oval, bis fast 1 cm dick, compact (Spongiosa
nur spurenvveise erhalten), im Längsdurchmesser 18'/i r«/, im cqueren \2> cm und in der Peripherie 51 cm
messend.
Dura mater an der ganzen Cah'aria fest adhärent, ziemlich schwer abziehbar. S(.inst zart; im Sichelblut-
leiter Fibringerinsel. Meningen an der Gehirnbasis zart, blutarm, Gefässe zartwandig, Meningen an der
Convexität etwas stärker durchfeuchtet imd blutreicher. Ventrikel enge, Stammganglien, Kleinhirn, Pons
und Medulla etwas ödematös und blutarm, sonst nicht verändert. An der Dura mater der hinteren Schädel-
grube einige hirsekorngrosse, ganz frische Blutaustritte.
Bei der Eröffnung der Bauchhöhle erscheinen beide Musculi recti abdominis blutig infiltrirt, etwas
ödematös, stark glänzend.
Auch das Bindegewebe um die Harnblase herum blutig infiltrirt und das Peritoneum im genannten,
über handtellergrossen Bereiche blauroth, wie suffundirt.
Schilddrüse klein, blutreich, gekörnt, colloid.
Die Lymphdrüsen zu beiden Seiten der grossen Halsgefässe etwas vergrössert, bis höchstens klein-
bohnengross, dunkelblutroth, ebenso die in beiden Submaxillargegenden, dieselben sind auf dem Durch-
schnitte gelblich-röthlich, fleckig, ziemlich blutreich und succulenter.
Schleimhaut des Gaumens und des Pharynx im Allgemeinen blutarm, gelblich, nur über einigen Gruppen
von Balgfollikeln am Zungengrunde etwas lebhafter geröthet. Beide Tonsillen klein, nicht weiter verändert.
Schleimhaut des Larynx und der Trachea gelblich, mit zähem, röthlichen Schleim bedeckt.
Im linken Pleuraräume nur wenige Tropfen seröser Flüssigkeit enthalten. Linke Lunge besonders im
Unterlappen mit der Thoraxwand verwachsen, Oberlappen sehr stark gebläht, der Unterlappen fühlt sich an
einzelnen circa haselnussgrossen, peripherisch sitzenden Stellen luftleer, wie knollig an, die Pleura darüber
geröthet und zum Theile von kleinen Blutungen durchsetzt, getrübt; ein grösserer, circa taubeneigrosser
Herd am vorderen Rande des Unterlappens, der sich vollständig luftleer anfühlt, über dem die Pleura stark
getrübt, geröthet und von Blutungen durchsetzt ist. Auf dem Durchschnitte erscheint der betreffende Herd
gleichmässig gelblich-röthlich, das Lungengewebe vollständig luftleer, auf der Schnittfläche nicht prominent
und nur stellenweise feinst granulirt, sehr reichlichen Saft gebend, seine Peripherie dunkelblutroth, sehr
stark durchfeuchtet, fast luftleer. Ein anderer, mehr central sitzender Herd des Unterlappens, von ungefähr
Wallnussgrösse, besitzt in seiner Peripherie dieselbe Beschaffenheit, dagegen erscheint sein Centrum sehr
stark prominent, gelblich-röthlich, deutlich fein granulirt und lebhaft gesprenkelt. Die kleineren Herde des
Unterlappens erscheinen am Durchschnitte gleichmässig blutig infiltrirt, sehr saftig, nicht granulirt oder
prominent. Im Oberlappen finden sich mehr centrale Gruppen von perlgrauen, hirsekorngrossen Knötchen,
die in verdichtetem Gewebe stehen und zum Theile confluiren. Die ganze Lunge ziemlich blutreich.
Rechte Lunge besonders im Bereiche des Oberlappens fest mit der Thoraxwand verwachsen, des-
gleichen sind alle drei Lappen miteinander verwachsen. Entprechend der vorderen Hälfte des Mittellappens
erscheint die Pleura mit gelblichem Fibrin belegt, von reichlichen Blutpunkten durchsetzt und lässt kleine,
bis höchstens hirsekorngrosse, weisslich-gelbliche, knötchenähnliche, ganz dicht nebeneinander stehende
434 //. Allu-cchl Hin/ A. (iinni,
Herde, den inliltrirten Alveolen entsprechend, mit blutrother Peripherie durchscheinen. Fast der ganze
Unterlappen fühlt sich infiltrirt an. Die Pleui'a von reichlichen abziehbaren, gelben Fibrinmembranen belegt.
Nach dem .Abziehen derselben erscheint durch die Pleura hindurch das Lungengewebe ebenso durchsetzt
von gelblichen, bis hirsekorngrossen, dicht stehenden Knötchen oder abscessähnlichen Infiltraten, rothgelb
gesprenkelt. Auf dem Durchschnitte durch den Unterlappen entleert sich eine reichliche blutige, seröse
Flüssigkeit; entsprechend den früher erwähnten, röthlich und gelb gesprenkelten Pleuraantheilen ist das
Lungengewebe starr, röthlich-gelblich infiltrirt, etwas prominent, eigenartig feinst granulirt. In der Umgebung
dieses ungefähr das vordere untere Drittel des ganzen Unterlappens einnehmenden Bezirkes ist das Lungen-
gewebe sehr wenig lufthaltig, sulzig, dunkelblutroth infiltrirt, so dass reichliche blutrothe, seröse Flüssigkeit
sich von der Schnittfläche ergiesst. Der ungefähr die Hälfte des Mittellappens einnehmende Herd erscheint
auf dem Durchschnitte ebenso röthlich-gelblich gleichmässig gefärbt, eigenthümlich feinst granulirt, wie
chagrinirt, ungemein saftig, sonst ebenso beschaffen wie im Unterlappen. Die etwas verschrumpften
Antheile des Oberlappens nahe der Spitze erscheinen auf dem Durchschnitte schiefergrau, fibrös, luftleer.
In der Mitte derselben eine haselnussgrosse, glattrandige, mit bröckeligem, käsigen Eiter belegte Caverne.
Schleimhaut der grossen Bronchien lebhaft geröthet, mit blutig tingirtem Schleim bedeckt.
Schleimhaut der Speiseröhre graugelblich.
Die Lymphdrüsen an der Bifurcation vergrössert, im Centrum fibröser, anthracotisch, die Kinde aber
deutlich geschwollen, röthlich und sehr saftreich.
Auch die Lymphdrüsen längs der Trachea etwas vergrössert, in ödematöses Binde-
gewebe gehüllt, sonst ebenso verändert wie die an der Bifurcation.
Herzbeutel zart, wenig gelbes, klares Serum enthaltend, entsprechend der hinteren Fläche des linken
Ventrikels eine Gruppe von Ecchymosen, solche auch an dem ziemlich fettarmen Epicard. Herz klein,
schlaff, alle Klappenapparate vollständig zart und schlussfähig, Myocard braungelb, an der Intima der Aorta
einige kleine, graugelbliche, erhabene Stellen beginnenden Atheroms.
Leber etwas vergrössert, ihre Consistenz vermindert, Oberfläche glatt, Kapsel zart, Gallenblase gut ml
dunkler Galle gefüllt. Leber graubraun, auf dem Durchschnitte ziemlich blutreich, morscher, acinöse
Zeichnung undeutlich.
Milz 22 cm lang, 14 cm breit, 7 cm dick, Kapsel etwas verdickt, Consistenz eigenthümlich teigig weich,
auf dem Durchschnitte gleichmässig dunkelblutroth, etwas vorquellend, das grobe Stroma vermehrt, die
Gefässe etwas sclerotisch, die Follikel stellenweise als kleinste, graue Punkte sichtbar, Pulpa ziemlich
leicht ausstreif bar.
Nebennieren klein, blutreich.
Beide Nieren etwas grösser, plumper, schlaff. Kapsel sehr zart, leicht abziehbar. Oberfiäche glatt,
übersäet mit ziemlich reichlichen punktförmigen Blutungen, an einer Stelle der Oberfläche der rechten Niere
ein circa hanfkorngrosser, gelblich-röthlicher Herd, ganz oberflächlich sitzend, von einem hämorrhagischen
Hof umgeben, prominent. Sonst erscheinen die Rinde und die Columnae Bertini verbreitert und vorquellend,
braun-gelblich, Pyramiden ebenfalls erbleicht, ihre Grenzen undeutlich.
Nierenbecken und Ureteren sind nicht besonders verändert.
Das Bindegewebe um die Harnblase sulzig, hämorrhagisch infiltrirt. In der Harnblase ziemlich reich-
licher dunkelgelber Urin. Schleimhaut gelblich, dünn.
Die lumbalen und retroperitonealen Lymphdrüsen und sämmfiiche inguinalen nicht weiter verändert.
Im Magen reichliche flüssige, gallige Massen, seine Schleimhaut grünlich-grau, in Falten gelegt, von
sehr wenigen Blutungen durchsetzt.
In der Radix m e s e n t e r i c a , ganz in der Nähe der V a 1 \' u 1 a B a u h i n i , eine G i- u p p e von
drei bis vier bohnengrossen Lymphdrüsen, die in von einzelnen Blutungen durchsetztes
und sulzig-ödematöses Bindegewebe gehüllt und hart sind und auf dem Durchschnitte
fast vollständig blutig infiltrirt erscheinen oder grauroth fleckig \-orquellen und stark
Beiilenpesf. II. Pafhologisch-anafonüschcr Bericht. 435
succLiIent sind. In ihrer Umgebung centralwärts eine Kette von etwas vergrösserten, lebhaft rothen,
liarten Lymphdrüsen.
Im untersten Ileum finden sich an zwei Stellen quergestellte, seichte, scharf umran-
dete Geschwüre, deren Umgebung wenig injicirt erscheint. Daneben zwei hanfkorn-
grosse Follikel mit gelblichem Centrum und lebhaft injicirtem Hof.
Im Coecum finden sich in der Schleimhaut zerstreut ziemlich reichliche weissliche Follikel. Im Dick-
darm geformte, gallige Fäcalien. Schleimhaut normal; auch die im Processus vermiformis.
Die Lymphdrüsen in beiden Axillen etwas vergrössert, hart, isolirt, dunkelblutroth, auf dem Durch-
schnitte gleichmässig blutroth, sehr succulent.
Die Synovia des rechten Kniegelenkes ziemlich lebhaft injicirt, die synoviale Flüssigkeit nicht vermehrt.
Die wiederholt vorgenommene bacteriologische Blutuntersuchung ergab folgende
Befunde :
Am 22. März, am IL Krankheitstage, steril,
» 23. » >• III. » Reincultur von spärlichen Pestcolonien,
» 24. » » IV. » steril,
» 25. » V. Y. » steril,
» 26. » » VI. » zehn Colonien von Pestbacillen in Reincultur.
Sputum, am Todestage untersucht, zeigt mikroskopisch neben zahlreichen feinen Stäbchen und weniger
reichlichen Coccenformen reichlich typische Pestbacillen. In der Cultin- davon finden sich neben Colonien
von Staphylococcus pyogenes aureus, Diplococcus pneumoniae und solchen feiner Stäbchen massig reichlich
Pestcolonien.
Exsudat aus dem Unterlappen der rechten Lunge, am Todestage steril durch Punction entnommen,
zeigt mikroskopisch ausschliesslich Pestbacillen in sehr reichlicher Menge und culturell ebenso eine reich-
liche Reincultur dieser Bacterienart.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckglaspräparate aus der Hämorrhagie im AI. rectus abdominis zeigen massig viele
typische Pestbacillen, einzeln oder als Diplobacillen.
In den Aussaaten davon finden sich reichlich und ausschliesslich Pestcolonien.
2. In der submaxillar gelegenen Lymphdrüse der linken Halsseite sind mikroskopisch
sehr reichlich Pestbacillen nachweisbar, vorwiegend in typischer Form, spärlicher als blassgefärbte, rundliche
oder länglich-ovale Formen.
3. In einem pneumonischen Herd der linken Lunge finden sich mikroskopisch sehr reichlich
Pestbacillen, meist extracellular gelegen, einzeln oder als Diplobacillen, in verschiedenen Grössen imd
Formen, theils in gut und bipolar gefärbten, theils in blass tingirten Formen.
Andere Bacterien sind nicht nachweisbar.
4. Die Aussaaten vom pleuritischen Exsudat der rechten Lunge (nicht steril entnommen)
sind \erunreinigt.
5. In den Aussaaten vom Secret des Hauptbronchus des linken Unterlappens sind
Pestcolonien nicht nachweisbar; dieselben zeigen neben wenigen Coccencolonien reichlich schleimige
Colonien einer Bacillenart.
6. Deckglaspräparate aus dem pneumonischen Herde des rechten Oberlappens geben
dasselbe Bild wie die von Nr. 3.
Die Aussaaten zeigen ausschliesslich Pestcolonien in sehr reichlicher Menge.
7. Die Aussaaten aus der Galle enthalten neben \ier Colonien dei' Coligruppe vereinzelte
Colonien des Pestbacillus.
Denkschriften der mathem.-nalurw. Cl. LXVI. Hd. 57
436 H. AIhrecht und A. Ghou,
8. Präparate aus der Milz zeigen vereinzelt typische Pestbacillen, etwas reichlicher an Zahl blass-
gefärbte, längliche und rundliche Formen.
In den Aussaaten gehen ausschliesslich Pestcolonien in spärlicher Menge an.
9. Die Aussaaten aus dem Harn bleiben steril.
10. In einer mesenterialen Lymphdrüse finden sich mikroskopisch sehr reichlich Pestbacillen
in allen Formen und Grössen, gut und schlecht gefärbt, einzeln und als Üiplobacillen, vereinzelt auch in
kurzen, ungegliederten Hiden.
Die Aussaaten zeigen sehi- reichlich Colonien des Pestbacillus und eine Colonie des Bacterium coli
commune.
11. Deckglaspräparate aus einer rechten Achseldrüse zeigen spärlich Pestbacillen, einzeln
liegend, theils gut, theils blass gefärbt.
Die Aussaaten davon (nicht völlig steril entnommen) enthalten reichlich Colonien des Pestbacillus und
circa 20 Colonien von Bacillen der Coligruppe.
12. Deckglaspräparate aus einem pneumonischen Herde des rechten Unterlappens
geben denselben Befund wie die von Nr. 3 und 6.
Histologischer Befund.
1. Pneumonie vom rechten Oberlappen und vom linken Unterlappen. Die Präparate
wurden von mehreren Stellen der betreffenden Pneumonien angefertigt. Alle geben im Wesentlichen den-
selben Befund. Das Lungengewebe zeigt das Bild schwerster acuter Entzündung. Die ziemlich stark erwei-
terten Alveolen sind erfüllt von polj^nucleären Leukocyten, Blut und Pestbacillen, und zwar in sehr
wechselndem Verhältnisse; in den centralen Antheilen der Herde ist die Leukocyten-Emigration so reichlich,
dass das Bild einer lobären (croupösen) Pneumonie erzeugt wird. Jedoch fehlt im Exsudate Fibrin fast \-oll-
ständig. Mehr an der Peripherie herrscht der' hämorrhagische Charakter vor. Die Alveolen sind hier
erfüllt entweder nur von Blut oder es sind demselben enorme bläulich-gefärbte Bacillenmassen beigemengt;
häufig findet sich auch homogen geronnene Ödemflüssigkeit nebst spärlichen Leukocyten und Blut. Die
Kerne der Leukocyten vielfach im Körnchenzerfall.
Die Alveolarwände zeigen fast überall die eigenthümliche Veränderung, dass sie in grobschollige oder
fein granulirte, manchmal auch mehr homogene oder homogen balkige, breite Stränge umgewandelt sind, die
sich mit Eosin lebhafter roth färben und von zahlreichen verschieden grossen Körnchen oder wie zerbrochen
aussehenden Kernen beiderseits umgeben sind. Vielfach aber ist die Structur des Lungengewebes nicht
mehr erhalten und man sieht nur Bacillen und Leukocytenmassen, zwischen denen sich wie zerbrochene,
oft spornartig vorragende Reste der Alveolarsepta finden. In den Bronchien dasselbe Exsudat wie in den
Alveolen enthalten, das Epithel in langen Strecken abgehoben. Die Pleura ist auffallend verbreitert, indem sich
zwischen den auseinandergedrängten Bindegewebszellen und um die stark erweiterten Blutgefässe fein-
granulirte geronnene Massen finden. Fibrin ist auch hier sehr spärlich. An der Oberfläche ist das Pleura-
epithel streckenweise erhalten, nirgends ist auf den untersuchten Schnitten eine Fibrinschichte aufgelagert.
In den mit Methylenblau gefärbten Präparaten finden sich überall reichliche Pestbacillen, die oft so dicht
gedrängt liegen, dass nur wenige Leukocyten zwischen ihnen zu finden sind. Massenhaft finden sie sich
auch in den Bronchien, sehr spärlich in den Blutgefässen. Sie liegen häufiger extra- wie intracellulär und
besitzen sowohl die rundliche wie die Stäbchenform, zeigen sehr schöne bipolare Färbung und sind meist
als Diplobacillen angeordnet. Andere Bacterien nicht auffindbar.
2. Bohnengrosse Lymphdrüse aus der linken Regio submaxillaris. Dieselbe ist so reichlich
von fast ausschlies-slich polynucleären Leukocyten infiltrirt, dass sich die Follikel nicht abgrenzen. Dagegen
sind die meisten Sinus, sowohl die Randsinus wie die gegen den Terminalsinus zu \erlaufenden, ganz
vollgefüllt mit Pestbacillen, wie injicirt. Kapsel überall erhalten, die Capillaren und kleinen Blutgefässe
überall stark erweitert und mit Blut gefüllt. Die Lymphgefässe am Drüsenhilus vollgepfropft mit Pestbacillen.
Nur in einzelnen Sinus wenig rothe Blutkörperchen enthalten, nirgends eine grössere Blutung. Die ganze
Bcithiipcsl. TL PLitlKiJogisch-audloniisclu'r Bericht. 437
Lymphdrüse erweist sich bei starker Vergrösseriing \'on Pestbacillen so dicht infiltrirt, dass selten zwei
Leukocyten nebeneinander liegen, ohne dass sich zwischen oder in denselben Pestbacillen linden ; viele
kleine Lymphgefässe überhaupt nur \-on Pestbacillen vollgepfropft. In den erweiterten Blutgefässen sind
sie nur sehr spärlich nachweisbar.
3. Zwei etwa mandelgrosse Lymphdrüsen \-on der Bifurcation der Trachea ergeben im
Wesentlichen denselben Befund wie die vorstehende. Auch hier ist die Bindegewebskapsel vollkommen
imN'erändert, im Übrigen zeigen sie die gewöhnlichen Veränderungen massiger Anthracose und einige
typische Tuberkel, die aus Epitheloidzellen bestehen und in ihrem Centrum beginnende Verkäsung zeigen.
Auch hier liegen sehr reichliche Pestbacillen hauptsächlich in den Sinus, spärlich im adenoiden Gewebe und
.ganz vereinzelt im Blute der erweiterten Gefässe.
4. Lymphdrüsen von der Grösse und F'orm einer kleinen Bohne aus der rechten Axilla
zeigen starke Erweiterung und Blutfüllung ungemein zahlreicher Capillaren und Blutgefässe, sowohl inner-
halb des Drüsenparenchyms als auch im umgebenden Fettgewebe. Die Sinus sehr weit, gegen die sehr zell-
reichen Follikel und Markstrahlen scharf abgegrenzt, enthalten sehr grosse und protoplasmareiche Zellen mit
grossem, runden Kern, deren Protoplasma granulirt, von ungefärbten Tröpfchen durchsetzt erscheint. Stellen-
weise viele rothe Blutkörperchen, wenige Leukocyten. In den Kandsinus spärliche, im Blute innerhalb der
Gefässe nur ganz vereinzelte Pestbacillen nachweisbar.
5. Milz. Dieselbe ist ungemein blutreich, indem nicht nur die sogenannten Pulparäume dort, wo sie
erhalten sind, erweitert und mit Blut vollgefüllt sind, sondern die Pulpa überall von Blut infiltrirt erscheint.
Die Pulpa ist ziemlich zellarm, die Follikel sind sehr klein. Trotz sorgfältigen Durchsuchens der Präparate
konnten Pestbacillen nicht mit voller Sicherheit aufgefunden werden, wohl aber spärliche runde Gebilde von
der Grösse und Färbbarkeit derselben, deren Natur aber nicht definitiv zu entscheiden ist.
6. Niere. Die Epith^lien sowohl der Rinde wie des Markes im Zustande hochgradiger trüber
Schwellung und fettiger Degeneration. Besonders die Rinde sehr blutreich. In einzelnen gewundenen Harn-
canälchen ist Blut enthalten. Einige Glomeruli sind bindegewebig \-erödet. — Im Centrum des metastatischen
Herdes der rechten Niere ist das Parenchym vollständig zu Grunde gegangen, statt dessen finden sich licht
\'ioIett gefärbte, zusammenhängende Massen von Pestbacillen, zahlreiche intensiv blau gefärbte Körnchen und
polynucleäre Leukocyten, deren Kerne im Zerfalle begriffen sind. Ausserdem drängen sich überall Blutungen
dazwischen. Weiter in der Peripherie sind die Harncanälchen in ihrer Form erhalten, aber ihr Epithel ist
entweder in ein zusammenhängendes, homogenes Band umgewandelt oder in homogene Schollen zerfallen.
In anderen sind einzelne Epithelzellen mit ganz blass tingirtem Kern erhalten. Zwischen den einzelnen Harn-
canälchen sehr zahlreiche Leukocyten, die häufig Körnchenzerfall ihrer Kerne zeigen, massenhafte Bacillen
und Blut.
In der peripheren Schichte sind die Harncanälchen in dicker Lage von polynucleären Leukocyten
umscheidet. Im Bereiche dieses Herdes finden sich überall grosse Massen von Pestbacillen. In den centralen
Antheilen sind sie ausserordentlich blass gefärbt, durchwegs rundlich, von verschiedener Grösse, in der Peri-
pherie haben sie die typische, plump-ovoide Stäbchenform, sind bedeutend besser gefärbt und liegen häufig
intracellulär, zu Diplobacillen geordnet. In den Gefässen und kleinen Blutungen der übrigen Theile der Niere
nur spärliche zu kleinen Häufchen gelagerte Pestbacillen nachweisbar.
7. Herz. Die Muskelfasern etwas \'erschmälert, an beiden Polen der Kerne reichliches gelbes, körniges
Pigment abgelagert. Fragmentatio cordis reichlich vorhanden. Keine besonderen pathologischen Ver-
änderungen.
8. Ungefähr I cm langes Geschwür aus dem untersten lleum. Im Bereiche desselben fehlt
die Schleimhaut vollständig. In der obersten Schichte des Geschwürsgrundes finden sich neben spärlichen
gleichmässig vertheilten, rothen Blutkörperchen entweder undeutlich sich abgrenzende, wie in einer Grund-
substanz eingebettete, zahlreiche und mit Eosin gefärbte Zellleiber ohne Kern, zwischen denen einige poly-
nucleäre Leukocyten liegen, oder an manchen Stellen findet sich ein homogenes, mit Eosin gut gefärbtes
Balkenwerk, das ebenfalls Leukocyten oder rothe Blutkörperchen einschliesst. In den tieferen Schichten
57'
438 H. Albrcch t und A. Ghon,
Hilden sich dieselben ivcrnlosen, rdthgefärbten Zellleiber, aber die \-ollständig ciiiallenen, meist mono-
nucleären Leukocyten sind viel reichlicher, und ausserdem sieht man zwischen ihnen lichtblau gefärbte
Massen, die entweder mehr homogen oder mehr graniiürt, in den tieferen Schichten deutlich fädig sind. Die
Veränderung setzt sich bis in die (}berflächlichen Schichten der Submucosa fort, deren Zellkerne und
fibrilläre Structur nur ganz undeutlich zu erkennen sind. Uie tiefen Schichten der Submucosa und die
Muskelschichten des Darmes zeigen nur spärliche herdweise zellige Infiltration und einige erweiterte und
mit Blut gefüllte Gefässe, nirgends Hämorrhagien. Die früher erwähnten, lichtblau oder \i(_ilett gefärbten
Gewebsmassen gehen allmälig, den Geschwürsrändern entsprechend, in adenoides Gewebe über, das
typisch aus kleinen, mononucleären Zellen mit Reticulum und kleinen Blutgefässen besteht, dessen
Kerne sich intensiv färben. Die Zotten der umgebenden Schleimhaut von Leukocyten infiltrirt, sonst
intact, nur das Epithel ist fast nirgends mehr erhalten. In mit Methylenblau gefärbten Schnitten findet man
in den obersten Schichten des Geschwürsgrundes zwischen den nekrotischen Gewebsmassen ein ziemlich
reichliches Gemisch von schlankeren und dickeren Stäbchen und \on Goccen. Pestbacillen nirgends mit
Sicherheit zu erkennen, jedoch sieht man auch Diplobacillen \'on plump-ovaler Fi)rm, die meist schwach
gefärbt sind.
9. Drei circa erbsengrosse Lymphdrüsen aus dem Dünndarmgekröse, die dem eben
beschriebenen Geschwür entsprechen, zeigen verschiedene Veränderungen. Die am hochgradigsten ergriffene
ist vollständig von Blut und Pestbacillen infiltrirt. In dieser Infiltration finden sich wenige polynucleäre Leuko-
cyten, ganz homogenwandige, kleine Blutgefässe, deren Lumen entweder vollständig oder nur zum Theile
von homogen balkigen und mit Eosin stark gefärbten Gerinseln erfüllt ist. In der Umgebung eines solchen
Gefässes sehr reichlicher Körnchenzerfall der Leukoc3'tenkerne. Vom adenoiden Gewebe ist gar nichts mehr
erhalten, die Drüsengrenze ist nur dadurch deutlich, dass dieselbe \dn einem bläulich gefärbten .Saum \on
Bacillen fast continuirlich eingesäumt ist. Die fibröse Bindegewebskapsel und das sie unmittelbar umgebende
Fettgewebe ganz dicht von Blut und pol3'nucleären Leukocyten, die vielfach Körnchenzerfall zeigen, infiltrirt.
Hier sieht man ferner auch zahlreiche stark erweiterte Lymphgefässe, die mit Pestbacillen, Blut und Leuko-
cyten vollgefüllt sind.
Zwei andere unmittelbar benachbarte und ebenso grosse Lymphdrüsen zeigen weit weniger
intensive Veränderungen. Vor Allem ist die Bindegewebskapsel ganz intact und die Follikel und Mark-
strahlen erhalten. Zahlreiche Blutgefässe und Capillaren sind erweitert und prall vollgefüllt mit Blut. In den
sehr weiten Sinus fällt. der Reichthum an polynucleären Leukocyten und rothen Blutkörperchen auf. Die
Sinuszellen sind ausserordentlich gross, ihr Kern blass gefärbt, bläschenähnlich. Ausserdem sind in den
Sinus sehr zahlreich Pestbacillen auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten nachweisbar, die fast durchwegs
die Form von kurzen, plumpen, oft ovalen oder ovoiden Diplobacillen besitzen und häufig bipolare Färbung
zeigen. Solche finden sich auch massenhaft in der zuerst beschriebenen Lymphdrüse, dieselbe infiltrirend,
sowie in den erweiterten Lymphgefässen. Auch in den Blutgefässen sind spärliche nachweisbar.
10. Schnitte durch den hämorrhagischen Musculus rectus abdominis zeigen die ein-
zelnen Bündel der quergestreiften Muskelfasern auseinandergedrängt \-on Blutaustritten, und solche linden
sich auch reichlich im Fasciengewebe, das den Muskel einhüllt.
Innerhalb dieser Blutungen sieht inan zahlreiche Anhäufungen von polynucleären Leukocyten. Die ein-
zelnen Muskelfasern haben vielfach ihre Querstreifung verloren, dann sind sie angeschwollen, oder sie sehen
wie in Balken oder unregelmässige Schollen zerbrochen aus. Manchmal zeigen sie auch eine Art von
Vacuolenbildung. Die Kerne des Perimysiums, sowie die Muskelkerne sehr zahlreich und auffallend ver-
grössert, liegen häufig in Ketten oder in Haufen aneinander. Innerhalb der Blutung zahlreiche Pestbacillen
von typischer Diplobacillenform.
Epikrise.
Nach dem Sectionsbefund handelt es sich im vorliegenden Falle um eine primäre Lungeninfection
durch den Pest- Erreger, der sich daselbst bacteriologisch und histologisch in Reincultur \'orfindet.
In-iiUiijns/. IL I\intologiscli-aiialontischcr Hcricltl. 439
Hyperämie und geringe mari<ige Sciiwellung zeigen nur die bronchialen, traciieaien und axillaren Lymph-
drü^en und die beider Submaxillargegenden. Umso auffallender sind die sich besonders histologisch an drei,
allerdings kaum bohnengrossen Lymphdrüsen im Gekröse des Dünndarms vorfindenden intensiven Verände-
rungen, die, histologisch wenigstens, was ihre Intensität betrifft, ganz den Bildern bei einem primären Bubo
gleichen. Es muss daher die Mi'iglichkeit ins Auge gefasst werden, dass es sich hier um eine primäre Darm-
infection handelt, die sich mit Bildung der kleinen Geschwüre im untersten Ileum entwickelt hat, wonach es
zu einer Pestpyämie mit metastatischer Pneumonie und einem metastatischen Pestherd in der Niere gekom-
men wäre. Gegen diese Annahme spricht vor Allem die anatomische Form dieser Pneumonien. Die-
selben haben keineswegs das Aussehen metastatisch-embolischer, an der Peripherie sitzender und .scharf
umschriebener Pestherde in der Lunge, sondern entsprechen vollkommen dem Bilde der confluirenden, aus
Bronchitis hervorgegangenen Lobulärpneumonien, die sogar fast den ganzen Unterlappen der rechten Lunge
gleichmässig infiltriren. Ferner spricht entschieden gegen die Annahme einer Darminfection die unx'erhält-
nissmässig geringe Grösse der drei Lymphdrüsen im Mesenterium des Dünndarms bei sechs Tage langem
Bestände der Infection, wobei dieselben durch Bacilleninfiltration und Hämorrhagien gänzlich zerstört sind.
Umgekehrt spricht für die primäre Lungeninfection, abgesehen von der anatomischen Form der Pneumonie,
der Umstand, dass eine secundäre Auto-Infection vom Darm aus bei solchen Pestpneumo-
nikern, die im Delirium ihr ganzes Sputum verschlucken, ungemein leicht möglich
erscheint. Die histologische Untersuchung eines der Geschwüre, die im untersten Ileum sitzen, zeigt, dass
sie aus frischer Nekrose mit nachfolgender Abstossung der nekrotischen Gewebsmassen hervorgegangen
sind und aller Wahrscheinlichkeit nach Peyer'schen Plaques entsprechen.
Ausser geringer zelliger Infiltration findet sich keine bemerkenswerthe X'eränderung der üarm-
wand, ebenfalls ein Umstand, der nicht der Annahme einer primären Darminfection entspricht.
Auf ähnliche Weise wie die Infection der Plaques des unteren Ileums ist möglicher Weise auch die
Infection der zur histologischen Untersuchung gelangten Lymphdrüse aus der linken Regio submaxillaris
zu Stande gekommen, nämlich durch das in die Mundhöhle gelangte Sputum. Sie ist fast noch
intensiver verändert und von noch grösseren Pestbacillenmassen durchsetzt wie die bronchialen
Lymphdrüsen.
Ausser den schon genannten zeigen die Lymphdrüsen zu- beiden Seiten der grossen Htilsgefässe und
die beider Axillae Hyperämie und leichte Schwellung. Mikroskopisch finden sich in einer Lymphdrüse der
rechten Axilla spärliche Pestbacillen. Die pneumonischen Infiltrate sind histologisch gekennzeichnet durch
enormen Reichthum an Pestbacillen und Leukocyten, deren Kerne in lebhaftem Zerfalle begriffen sind, und
durch die relativ geringe Menge von Fibrin und die eigenthümliche Nekrose der Capillaren und Gefässe
der Alveolarsepta, deren Blut eine eigenartige Coagulation zeigt; in dem metastatischen Nieranherd findet
sich central durch enorme Pestbacillenmengen erzeugte Nekrose und peripheriewärts sehr reichliche Infil-
tration von Eiterkörperchen.
Blutungen verschiedener Grösse finden sich in den weichen Schädeldecken, der Dura mater, im
Musculus rectus abdominis, im retroperitonealen Bindegewebe um die Harnblase, im !\'ri- und Epicard
und in gewöhnlicher Weise, wenn auch spärlich, in der Magenschleimhaut.
Die bacteriologische Untersuchung der Milz ergibt spärliche Keincultur von Pestbacillen; histologisch
konnten solche nicht mit voller Sicherheit nachgewiesen werden.
Fall 41/XLin.
Unbekannter, auf der Stra.sse krank aufgefundener Hindu, 00 Jahre alt, starb am 14. April um 10 Uhr
15 Minuten.
Section am selben Tage um 1 Uhr Nachmittags, 3 Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 170 c;;/ lang, von gracilem Knochenbau, ziemlich schlecht genährt.
Todtenstarre an den unteren Extremitäten vorhanden, Todtenfiecke diffus.
440 H. Albrecht ninl A. d/ioii,
Conjunctiven leicht injicirt, Schleimhaut der Lippen blutarm.
Am Halse und in beiden Achselhöhlen keine Drüsen tastbar.
In beiden Inguinalgegenden kleine, verschiebliche Drüsen tastbar.
Hydrokele rechterseits.
Die weichen Schädeldecken fettarm, ziemlich blutreich. Schädeldach länglich-oval, im Längsdurch-
messer 19 cm, im queren 12'/., cm und in der Peripherie 52 cm messend, symmetrisch; Schädelknochen bis
4 mm dick, compact, seine Innenfläche rauh.
Im Sichelblutleiter geringe Mengen geronnenen Blutes; Dura mater etwas dicker, an ihrer Aussenfläche
rauh, innen glatt, glänzend. Die inneren Hirnhäute zart, stellenweise längs der Gefässe etwas getrübt,
Gefässe zartwandig, enge.
Rinde gleichmässig breit, grau, die weisse Marksubstanz von massig zahlreichen Blutpunkten durch-
setzt, teigig; Ventrikel nicht erweitert, ihr Ependym zart, glatt; Stammganglien, Medulla und Pons normal
gebildet.
Zu beiden Seiten des Halses, namentlich linkerseits, die Lymphdrüsen etwas vergrössert, dunkelroth,
am Durchschnitte saftreicher. Zunge mit dickem, missfärbigen Belage bedeckt, beide Tonsillen vorspringend,
etwas weicher, am Durchschnitte röthlich, saftreich.
Schleimhaut des Pharynx gelockert, reichlich durchsetzt von vergrösserten, theils blässer gefärbten,
theils stärker roth gefärbten Follikeln, am Durchschnitte ziemlich saftreich.
Die Balgfollikel des Zungengrundes sind deutlich hervortretend. In der Schleimhaut an der unteren
Fläche der Epigiottis vergrösserte Follikel. Schleimhaut des Larynx und der oberen Trachea blutleer.
Linke Lunge überall frei, ihr Pleuraüberzug zart, glatt, glänzend. Die Lunge selbst vollständig luft-
haltig, stärker blutreich.
Die rechte Lunge ebenfalls nirgends angewachsen, im Pleuraräume einige Cubikcentimeter gelben
Serums enthalten, ihr Pleuraüberzug zart und glatt; über den hinteren Partien des Oberlappens zarte,
gelbliche Fibrinauflagerungen. Der Oberlappen in seinen unteren und hinteren Partien verdichtet, luftleer
sich anfühlend; entsprechend diesen Partien unterhalb der Pleura zahlreiche kleinste, gelblich-weissliche
Punkte sichtbar, die oft kettenförmig oder gruppenweise aneinander gelagert und von lebhaft blut-
rothem Hofe umgeben erscheinen, was diesen pneumonischen Antheilen ein ganz eigenartiges Aussehen
verleiht.
Auf dem Durchschnitte erscheint der Oberlappen, entsprechend seiner verdichteten Partie, prominent,
auf der Schnittfläche luftleer, ziemlich gleichmässig infiltrirt und nur zum Theile feinst gekörnt, roth und gelb
gesprenkelt, reichlich dickeren, röthlich-gelben Saft gebend. Die übrigen Theile des Oberlappens, die Spitze
und die vorderen Ränder sind lufthaltig, stärker durchfeuchtet und blutreich.
Der Unterlappen zeigt in seinen vorderen Partien vereinzelte begrenzte, tiefer eingesunkene und blau-
rothe Stellen, die auf dem Durchschnitte dunkelblutroth, glatt aussehen und luftarm bis luftleer sind; sonst
i.st der Unterlappen lufthaltig, blutarm.
Die Bronchien, namentlich die dem pneumonischen Bezirke des Oberlappens entsprechenden, enthalten
ziemlich reichlich gelblich-röthliches, dickes Secret, ihre Schleimhaut stärker geröthet.
Die bronchialen Lymphdrüsen etwas grösser, anthracotisch, auf dem Durchschnitte etwas saftreicher.
Im Herzbeutel geringe Mengen klarer Flüssigkeit; derselbe zart, an seiner Innenfläche vereinzelte
kleinste Blutaustritte zeigend.
Das Epicard zart, fettarm, in beiden Ventrikeln geringe Mengen geronnenen Blutes; Myocard dunkel-
braunroth, atrophisch; alle Klappenapparate zart und schlussfähig.
Leber vergrössert, besonders der rechte Lappen von plumper Form, ihre Ränder abgerundet, Kapsel
zart," Oberfläche glatt, glänzend. Im rechten Lappen unmittelbar am Ligamentum Suspensorium hepatis eine
ungefähr kreuzergrosse Stelle, wo die Kapsel ziemlich stark fibrös \'erdickt ist. Ebenfalls im rechten Lappen,
in seinem oberen hinteren Theil, findet sich ein kleiner, etwa stecknadelkopfgrosser, weissgelblicher, durch
die Kapsel durchscheinender Herd, der auf seinem Durchschnitte scharf begrenzt erscheint und aus einer
Beulenpest. II. Pathologisch-aiiatoniischer Bericht. 441
grauröthlichen oder gelblichen, fast käsig aussehenden Masse besteht. Ein ebenso aussehender, beinahe
kreuzergrosser Herd befindet sich ungefähr in der Mitte des Leberparenchyms des linken Lappens. Derselbe
ist auf dem Durchschnitte prominent, ungieichmässig gekörnt und bröcklig, von gelblicher Farbe, roth
gesprenkelt durch kleine Blutaustritte imd gibt sehr reichlichen Saft beim Abstreifen. Gegen das übrige
Lebergewebe ist er gut begrenzt, indem seine Peripherie von einem bis 2 uitn breiten, gelben Streifen
gebildet wird, der hie und da noch Andeutung von Leberjäppchenzeichnung erkennen lässt und stellen-
weise von Blutungen unterbrochen ist. Kleinere, ebenso beschaffene Herde, 3 bis 4 an Zahl, finden sich
zerstreut im Parenchym des rechten Lappens. In der Umgebung dieser Herde ist das Lebergewebe in einem
ziemlich scharf abgrenzbaren Bezirke etwas blutreicher. Das übrige Lebergewebe zeigt noch deutlich erhal-
tene acinöse Structur, ist brüchiger, ziemlich blutreich.
Milz 18 '/a CJM lang, 10 cw breit, 3'/2 c» hoch, Kapsel zart, glatt, Parenchym sehr weich, vorquellend,
sehr stark blutreich, leicht abstreifbar.
An den Nebennieren nichts Pathologisches erkennbar.
Nieren vergrössert, ihre Kapsel etwas schwerer abziehbar, Oberfläche fein granulirt, Rinde ungleich
breit, Glomeruli stärker hervortretend. Die .Schleimhaut des Beckens ist blutarm. In der Blase ziemlich \iel
klarer, gelblich-röthlicher Harn, Schleimhaut blutarm.
Die mesenterialen Lymphdrüsen flach, kaum vergrö.ssert, dunkler, auf dem Durchschnitte succulent und
blutreicher.
Pankreas geiblich-weiss, gekörnt, derb.
Im Magen geringe Mengen schleimigen, gallig gefärbten Inhalts. Seine .Schleimhaut stark verdickt, in
Falten gelegt, deutlich Etat mameljonne zeigend, auf der Höhe der Falten \'on ziemlich reichlichen kleinsten
Blutungen durchsetzt.
Im Duodenum massig reichliche Mengen gallig gefärbten Inhaltes, seine Schleimhaut gelockert, die
Follikel deutlich \-orspringend.
Im Dünndarm und Dickdarm geringe Mengen gallig gefärbter Faeces. -Schleimhaut etwas gelockert,
jedoch frei von Blutungen.
Die inguinalen Lymphdrüsen beiderseits kaum verändert. Die tiefen am Durchschnitte etwas blutreicher,
ebenso die axillaren Drüsen.
D a s S p u t u m V o m 1 4. .A p r i 1 z e i g t c u 1 1 u r e 1 1 r e i c h 1 i c h P e s t c o 1 o n i e n , daneben in ungefähr
gleicher Anzahl Colonien des .Staphylococcus pyogen es albus.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckglaspräparate vom pneumonischen Herde des überlapp ens der rechten Lunge
zeigen enorme Mengen von Pestbacillen, fast ausschliesslich extracellulär gelagert, einzeln oder als Diplo-
bacillen, seltener in Kettenanordnung, häufiger in dichten Rasen liegend. Vorwiegend finden sich gut und
bipolar gefärbte, länglich-ovale Formen, daneben jedoch alle Übergangsformen bis zu grösseren, blass-
gefärbten, rundlichen Gebilden, unter ihnen viele Ringformen. Neben den Pestbacillen — im Verhältnisse zu
diesen jedoch spärlich — sieht man Coccen als Diplococcen und in kürzeren Ketten, meist von deutlicher
Lanzettform. Die Pestbacillen entfärben sich rasch bei .Anwendung der Gram'schen Methode. —
Die Aussaaten enthalten reichlich Colonien des Pestbacillus, daneben in geringerer Anzahl Colonien
des Staphylococcus pyogenes albus und des Diplococcus pneumoniae.
Im Vergleiche zu den Culturen aus der Milz und Leber desselben Falles zeigen die Pestcolonien in
diesen Culturen ein auffallendes Zurückbleiben im Wachsthum.
2. In einem grösseren gelblichen Herde der Leber finden sich mikroskopisch ebenfalls sehr
reichliche Mengen des Pestbacillus, in Form, Färbbarkeit und Anordnung wie bei Nr. 1.
Die Aussaaten zeigen reichlich Colonien des Pestbacillus und zwei Colonien der Coligruppe angciiö-
riger Bacillen.
442 H. A Ibrccht uticl A. Ghon,
3. Deckglaspräparate aus der Milz zeigen späriicii einzeln und extracellulär liegende Pest-
bacillen.
Auch in den Aussaaten finden sich niu' spärlich Pestcolonien — jedijch in Reincultur.
Histologischer Befund.
1. Pneumonie vom Oberlappen der rechten Lunge. Zur Untersuchung wurden mehrere
Stücke von verschiedenen Stellen verwendet. Die Lungenaveolen sehr stark erweitert und mit Exsudat
angefüllt; dasselbe besteht vorwiegend aus Bacterienmassen, die in Form grosser, zusammenhängender
Rasen in homogen geronnener Ödemflüssigkeit suspendirt sind. Das Mengenverhältniss der Bacterien
gegenüber dem Ödem sehr wechselnd, stellenweise sind die Alveolen fast nur von Bacterien erfüllt.
An anderen Stellen finden sich hingegen sehr zahlreiche Leukocyten mit 3 — 5 Kernen, vermischt mit
Blut, so dass auf weite Strecken hin das gewöhnliche Bild einer Pneumonie entsteht. Innerhalb dieser
Exsudatmassen ist Fibrin nur äusserst spärlich nachweisbar. Andererseits finden sich wieder einzelne
Alveolen, die ganz oder fast ganz frei von Exsudat sind (\'ergl. Tafel XII, Fig. 1).
Die auffallendste Veränderung zeigen aber die Alveolarsepta. Während man an vielen von ihnen nur
hochgradige Erweiterung und Blutüberfüllung der Capillaren findet, sieht man bei anderen das Capillarrohr
von stark mit Eosin gefärbten, schmalen, homogenen Balken und ebensolchen Schollen erfüllt und beiderseits
zahlreiche Zellen mit einem grossen oder mit mehreren Kernen angelagert, letztere auch zu Klumpen
zusammengeflossen. Die Endothelzellenkerne gross, plump und blass gefärbt. Viele Alveolarsepta etwas
verbreitert, indem diese Balken und grobscholligen Massen auch das Capillarrohr oft in ziemlich hi'eiter
Schichte umgeben und das Gewebe des Septum durchsetzen. Dann sieht man die Kerne der das Septum
umgebenden Zellen in noch stark färbbare, dichtgedrängte Bruchstücke zerfallen oder zu birnartiger und
langschwänziger, spermatozoenähnlicher Form ausgezogen. Diese Verbreiterung der Septa wird nun an sehr
vielen Stellen dadurch ausserordentlich mächtig, dass sehr reichliche derartig homogen balkige Massen zu
beiden Seiten des Septum austreten und ein dichtes Netz bilden, in dessen Maschen zahlreiche verschieden
grosse Körnchen liegen. Das Lumen eines Alveolus sieht dadurch oft sehr enge aus, indem diese bereits im
Lumen desselben liegenden Gerinsel als Verdickung der Alveolarwand imponiren, mit der sie unmittelbar im
Zusammenhange stehen. Wo kleine Blutgefässe auf dem Querschnitte zu sehen sind, umgibt sie circulär ein
breiter, mit Eosin roth gefärbter Hof, der aus einem engmaschigen Netzwerke solcher Balken besteht (vergl.
Tafel XII, Fig. 2).
Nach der Weigert 'sehen Fibrinfärbungsmethode färbt sich nur das in einigen
grösseren Gefässen enthaltene, feinfädige Fibrin blau, die Balken und Netze sind ent-
färbt. Das Pleuragewebe von feineren und gröberen Fibrinbalken durchsetzt, die auch der Ober-
fläche aufgelagert sind. Die Pleuraepithelien desquamirt, zu Haufen beieinander liegend, sehr gross, blass
gefärbt, ihr Protoplasma oft deutlich granulirt, ihr Kern gross, gut gefärbt. Kleinere und grössere Bronchien
sind mit Bacterienmassen und polynucleären Leukocyten gefüllt, ihr Epithel ganz oder theilweise desqua-
mirt, aber auch bei einigen vollständig erhalten.
Im Exsudat der Alveolen enorme Mengen von Pestbacillen, fast überall in Diplobacillenform, meist zu
Rasen angeordnet, auch intracellulär, ebenso in den Bronchien. Sehr spärlich liegen sie zwischen den
im Vorstehenden beschriebenen Balken. Im Blute der grösseren Gefässe sind sie ziemlich spärlich aufzu-
finden. In einigen Alveolen ausserdem wenige Häufchen von lanzettförmigen Diplococcen.
2. Schnitte durch zwei benachbarte LymphfoUikel der Pharynxwand zeigen dieselben ver-
grössert. Besonders die sogenannten Keimcentren fallen durch ihre Grösse auf. In denselben finden sich
neben zahlreichen mono- und besonders polynucleären Leukocyten grosse, epithelähnliche Zellen mit sehr
grossem, ganz blass gefärbten Kern. Das Epithel vollständig intact.
Im Übrigen ist das adenoide Gewebe stark hyperämisch. In den Blutgefässen nur ganz vereinzelte, in
den sogenannten Keimcentren keine Pestbacillen aufzufinden.
Beiileupest. IL Pathologisch-aiiatoniischcr Bcriciü. 443
3. Schnitte durch eine l<leine, bohnengrosse Lymphdrüse ;uis der lini\en Axilla zeigen
gleichmässig verbreitete Hyperämie. Nur die Randsinus etwas weiter, grosse rundliche oder mehr pol}'-
gonale Zellen mit granulirtem Protoplasmaleib enthaltend. Im adenoiden Gewebe der Rinde zahlreiche mit
braungelbem Pigment beladene Zellen. In den Blutgefässen keine Pestbacillen nachweisbar. In den Rand-
sinus ganz blass mit Methylenblau gefärbte, runde Gebilde, die \'erschieden gross sind und von denen es
sich nicht mit Sicherheit entscheiden lässt, ob es Degenerationsformen der Pestbacillen sind oder nicht.
4. Leber. Von derselben wurden mehrere Stücke untersucht, in welchen sich die im Vorstehenden
beschriebenen Herde befinden. Was zunächst diese betrifft, so sind sie von ganz unregelmässiger Gestalt.
Ihre peripherste Zone wird fast überall \-on einem Wall von polynucleären Leukocyten gebildet, die bis fünf
kleine Kerne besitzen oder mit Kernfragmenten angefüllt sind. Zwischen ihnen finden sich zahlreiche
bläulich gefärbte Massen \'on Pestbacillen oder kurze, isolirte, sehr schmale Ketten von Leberzellen, die oft
gleichmässig homogen oder schollig aussehen.
Die Leberzellbalken an der Peripherie sehr schmal, oft um den Herd als Centrum concentrisch
angeordnet. Die Leukocyteninfiltration reicht stellenweise zwischen die ganz intacten Leberbalken hinein.
Auch zahlreiche Blutungen finden sich in dieser peripheren Zone. Im Centrum wechseln Leukocj'tenhaufen,
enorme Bacterienmassen und Blutungen miteinander ab, ausserdem finden sich Stellen mit reichlichem
Körnchenzerfall, wo die Zellleiber nur mehr ganz undeutlich erhalten und mit Eosin ganz schwach gefärbt
sind. Unweit des eben beschriebenen Herdes findet sich eine Stelle der Glisson'schen Kapsel, die dicht xon
meist polynucleären Leukocyten infiltrirt ist, so dass sie sehr beträchtlich erweitert ist. Dazwischen stark
erweiterte Capillaren, kleinere Hämcirrhagien und grosse Massen von Pestbacillen, die vorzugsweise (wie ein
Saum) um die Aste der V'ena porta angeordnet sind, deren Wand sie in Massen durchdringen.
Die Venenwand selbst in zum Theile homogene, zum Theile stark glänzende und stark licht brechende
Schollen umgewandelt ohne jede Kernfärbung. Das Lumen der Vene ausgefüllt \'on reichlichen Pestbacillen-
massen und Leukocyten und grobbalkigem, stark gefärbten homogenen Fibrin. Auch die vielfach von
Blutungen umgebenen kleineren Arterien besitzen eine homogene oder grobbalkige Wand, ihre Endothel-
zellenkerne gross und blass, die Zellen selbst unregelmässig abgehoben und auseinander geworfen.
Ähnliche Veränderungen der Glisson'schen Kapsel finden sich an mehreren Stellen. Im Übrigen ist die-
selbe auch dort, wo nur schmale Dissepimente derselben vom Schnitte getroffen sind, von mono- und poly-
nucleären Leukocyten infiltrirt. Ebenso die Wand und unmittelbare Umgebung \'ieler Centrah'enen. .An einer
Stelle, wo ein grosser Ast der Pfortader der Länge nach getroffen ist, findet sich das sie umgebende Binde-
gewebe der Glisson'schen Kapsel von Ödemflüssigkeit und feinfädigen Gerinseln auseinander geworfen, zum
Theile \"on polynucleären Leukocyten oder hämorrhagisch infiltrirt. Im Lumen der stark erweiterten \'cne
neben massenhafter Anhäufung von polynucleären Leukocyten und reichlichem grobbalkigen Fibrin sehr reich-
liche Pestbacillenmengen, die meist unmittelbar in Form eines breiten Streifens der Venenintima angelagert
sind und überall in breiten .Schwärmen in dieselbe einbrechen. Die Aste der Arterien meist von homogenem
Balkenwerk erfüllt und verbreitert. Das übrige Lebei-gewebe zeigt die Zeichen trüber Schwellung. Im
Bereiche der Herde und der beschriebenen Veränderungen der Glisson'schen Kapsel sehr reichliche typische
Pestbacillen meist \'on o\'aler oder Coccenform nach\\'eisbar. Auch in den Infiltraten in kleineren Verzwei-
gungen der Glisson'schen Kapsel und der Leber\enenäste sehr vereinzelte Pestbacillen.
5. Die Milz vielfach von Hämorrhagien durchsetzt, die sehr grossen Pulpazellen untereinander
geworfen. Follikel sehr klein. Die Trabekel breit, etwas verquollen aussehend. Die Wand kleiner Arterien
verdickt und homogen. Die Kerne der Endothelzellen alle erhalten. Sehr spärliche blassgefärbte Pestbacillen
nachweisbar.
6. Die Niere zeigt ausser Degenerationserscheinungen ihrer Epithelien, Erweiterung ihrer Capillaren
und kleiner Blutgefässe nichts Pathologisches. In den Gelassen Pestbacillen mit Sicherheit nicht
auffindbar.
Denkschriften der m.ithcm.-n.iturw. CI. LXVI. Bd. 58
444 H. Älbrcchl und A. (ilion,
Epikrise.
Beim Fehlen eines primären Biibo und dem anatomischen Liin^enhefunde entsprechend ist die den
grössten Theil des Oherlappens der linken Lunge einnehmende Pneumonie als primäre Pest pneumon ie
aufzufassen. Ihr anatomisches Bild gleicht mehr dem einer croupösen Pneumonie und ist ausgezeichnet durch
eine eigenthümliche gelbrothe Sprenkelung und Fleckung, die sowohl auf dem Durchschnitte wie auch
durch die Pleura hindurch zu Tage tritt. Auch mikroskopisch ist das Bild ein eigenartiges, besonders durch
die Form der homogen balkigen Gerinsel, die in Form breiter Netze die Gefässe der Alveolarsepta umgeben.
Bemerkenswerth sind die metastatischen Herde in der Leber, die histologisch aus enormen Bacillen-
massen und polynucleären Leukocytenansammlungen mit Nekrose des Lebergewebes bestehen. Sie ent-
stehen innerhalb der Glisson'schen Kapsel, die überall Infiltrate von mono- und polynucleären Leukocyten
aufweist.
Die schweren Veränderungen und die Bacilleninliltrati<in \'on Asten der Pfortader ist nach dem histo-
logischen Bilde nicht so aufzufassen, als ob die Bacillen durch die Pfortader in die Leber, also vielleicht vom
Darme aus dahin gelangt wären, vielmehr sieht man deutlich das massenhafte F.indiingen der Pestbacillen
in die Venenwand von aussen, von dem Gewebe der Glisson'schen Kapsel her.
Ausserdem findet sich im ganzen Darmtracte auch niclit der geringste Anhaltspunkt für die Annahme
einer \-on hier aus erfolgten Infection. Bkitimgen finden sich nur im Epicard und in der Schleimhaut des
Magens, Drüsenschwellung und -Hyperämie noch am stärksten in den bronchialen Lymphdrüsen, in ganz
geringem Grade in den Lymphdrüsen am Halse beiderseits längs der grossen Gefässe, in beiden Tonsillen
und den Follikeln am Zungengrunde und den mesenterialen Lj'mphdrüsen. Sowohl culturell wie histologisch
finden sich in der Milz nur spärlich Pestbacillen, ungeheure Mengen jedoch in der pneumonischen Lunge
neben spärlichen Diplococcen.
Was den Infectionsmodus dieses Falles betrifft, so ergibt der vorstehende Befund, dass es sich um eine
primäre Infection der Lunge auf dem Wege der Bronchien handelt; \-on dieser Pneimionie aus gelangten
weiterhin die Pestbacillen ins Blut.
Herr Professor Childe in Bombay hatte die Güte, uns mehrere Stücke einer Leber zur LTntersuchung
zu übergeben, die ebenfalls derartige umschriebene Pestherde zeigen. .Sie unterscheiden sich makroskopisch
in nichts von den im vorstehenden Falle beschriebenen, jedoch soll in dem \'on Childe secirten Falle die
ganze Leber übersäet von solchen Herden gewesen sein. Auch mikroskopisch weichen sie in nichts
Wesentlichem von den beschriebenen ab. Auch hier scheinen sie in der Glisson'schen Kapsel oder
wenigstens in ihrer unmittelbaren Umgebung entsttinden zu sein. Im Centrum erkennt man an einigen \-on
ihnen die Contouren eines kleinen, aber erweiterten dickwandigen Gefässes, dessen Kerne sich nicht mehr
färben und das \-on einem stark mit Eosin gefärbten Balkenwerk durchsetzt und umgeben ist.
Bei anderen ist ein Theil der Glisson'schen Kapsel mit dem Querschnitte des Pfortaderastes und den
Gallengangscapillaren noch erhalten und der Herd greift in die Leberläppchen \-on ihrer Peripherie aus ein.
Körnchenzerfall ist ausserordentlich reichlich. — Im Übrigen soll sich hei dem Falle kein primärer Bubo,
nur allgemeine Drüsenschwelkmg x'orgefunden haben (nach mündlicher Mittheilung Childe's).
B. Fälle mit allgemeiner Drüsensehwellung.
Fall 42/XLIV.
Mathias Fernande::, lOjähriger Goanese, Kellner, starb am 15. April, angeblich am X. Krankheitstage,
um 3 Uhr 10 Minuten Nachmittags.
Die Section wurde im Jamsetjeejeebhoi Spital am 16. April um 11 Uhr Vormittags, 20 Stunden post
mortem, vorgenommen.
Bciilciipcst. IL Pdllioloi^isch-aiiatouiischcr BLiichl. 445
Männliches Cada\-er, \'on Mittelgrösse, kräftig gebaut, gut genährt, Musculalur gut ausgebildet. Todten-
starre geschwunden, Conjunctiven blutleer, Mund- und Lippenschleimhaut cyanntisch.
Hals lang und schlank; Thorax kräftig gebaut und sj-mmetrisch. \n beiden Inguinalgegenden zahl-
reiche vergrösserte, harte, isolirbare Lj'mphdrüsen tastbar. An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Am Genitale nichts Abnormes.
Schilddrüse klein, coUoid, blutreich.
Die Lymphdrüsen längs der Halsgefässe und in beiden Submaxillargruben bis bohnengross, isolirt,
blauroth, auf dem Durchschnitte gelbroth gesprenkelt, \-orquellend, sehr saftreich.
Beide Tonsillen vergrössert, mit dickem gelblichen Schleim belegt, die sie bedeckende Schleimhaut und
die ihrer Umgebung dunkelro-th, auf dem Durchschnitte weich und vorquellend, sehr saftig und ebenfalls
dunkelblutroth.
Die Follikel des Zungengrundes und der Epiglottis reichlich und stärker prominent.
Schleimhaut des Larynx und der Trachea etwas geröthet, die des Ösophagus blas.sgelblich.
Beide Lungen frei, ihre Pleura glatt, glänzend, in beiden Pleuraräumen je '/^ / einer bräunlich-rothen
Flüssigkeit. Lungen vollständig lufthaltig und blutreich, von der Schnittfläche fliesst reichliche schaumige
Flüssigkeit ab. Dieselbe ist auch in den Bronchien enthalten.
Herzbeutel zart, an seiner Innenfläche kleine Gruppen von punktgrossen Ecchymosen. Die pericardiale
Flüssigkeit vermehrt, gelblich.
Epicard fettarm, im Bereiche des rechten Ventrikels \'on einigen bis hanfkorngrossen Blutungen
durchsetzt.
Herz ziemlich gross, beide Ventrikel schlaff, in seinen Höhlen reichliche Cruormassen. Myocard gelblich,
morsch, alle Klappenapparate zart und schlussfähig, fäulnisimbibirt.
Ductus thoracicus nicht verändert.
Beiderseits an der Pleura diaphragmatica einige kreuzergrosse Blutaustritte.
Die bronchialen Lymphdrüsen vergrössert, ihr Centrum anthracotisch imd derbe, ihre Rindenschichte
grauroth, weich und reichlich Saft gebend.
Schleimhaut der grossen Bronchien leicht geröthet, mit gelblichem Schleim bedeckt.
Leber etwas vergrössert, sehr schlaff, von bräunlich-gelber Farbe, mit fettgelben Flecken; ihre Ober-
fläche glatt, auf dem Durchschnitte ziemlich blutreich, etwas vorquellend, von undeutlicher Läppchen-
zeichnung, gelblich-braungrau.
Gallenblase gut mit dunkler Galle gefüllt.
Milz sehr bedeutend vergrössert, und zwar in allen Dimensionen circa auf das Vierfache, Kapsel stark
gespannt, auf dem Durchschnitte quillt die Pulpa etwas vor und sieht wie feinst chagrinirt aus. Dieselbe
dunkelblutroth, nur massig leicht ausstreifbar, Follikel deutlich vergrössert, grau, das grobe Stroma etwas
vermehrt.
Im Bindegewebe um den rechten Nierenpol eine handtellergrosse Blutung. Rechte Niere gross und
plump, in ihrer Bindegewebskapsel zahlreiche bis linsengrosse Blutaustritte. Auf dem Durchschnitte blut-
reich, die Rinde stark verbreitert, gelblich-röthlich gestreift. Pyramiden breit, blutroth, Glomeruli vorsprin-
gend, Kapsel leicht abziehbar. In der peripheren Rindenschichte der hinteren Nierenoberfläche, nahe dem
oberen Pol, eine thalergrosse Gruppe \-on kleinen, zum Theile confluirenden Blutaustritten. Linke Niere mit
Ausnahme letztgenannter Blutungen ebenso verändert. Schleimhaut des Nierenbeckens beider Nieren
gelockert und geschwollen, enthält trüben, milchigen Harn.
In der Harnblase wenig trüber, gelblicher Urin. Schleimhaut dünn, blass gelblich.
Die tiefen inguinalen Lymphdrüsen, besonders die am inneren Schenkelringe linkei'seits, flacli, hascl-
nussgross, hart, gelblich-röthlich gefleckt, auf dem Durchschnitte sehr saftig und vorquellend.
Die linksseitigen iliacalen und lumbalen Lymphdrüsen nur wenig vergrössert, alle isolirt.
Im Übrigen sind die oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen beiderseits niu- bis über-
bohnengross, in reichliches Fettgewebe gehüllt, hart, dunkelblauroth, auf dem Durchschnitte dunkelblutroth,
58*
44Ü H. Albrcclil inid A. Ghoii,
vorquellend, sehr reichlich Saft gebend. Das sie umgebende Binde- und Fettgewebe nur etwas mehr durch-
feuchtet, frei von Blutungen. Ebenso verändert die Lymphdrüsen in beiden Axillen.
Die obcrllächlichen Lymphdrüsen der linken Cubita klein, erbsengro.ss, ebenso verändert wie die ingui-
nalen. In den Kniekehlen nichts Besonderes.
Die mesenterialen Lymphdrüsen flach, hrichstens kreuzergross, auf dem Durchschnitte gelb und rnth
gen eckt.
Im Magen reichliche gallige Schlcimmassen, die .Schleimhaut dünn, liings der grossen Curvatur nur
ganz \'ereinzelte punktgrosse Blutaustritte.
Im Dünndarm imd an seinen Plaques nichts Pathologisches.
Im Dickdarm breiige, gallige Fäcalien, die Schleimhaut etwas gelockert, frei von Blutungen.
Pankreas derbe, gekörnt, Nebennieren unverändert.
Bacteriologischer Befund.
1. In Deckglaspräparaten aus der Milz .sieht man Pestbacillen in massiger Menge, einzeln und
e.xtraccllulär gelegen, meist von länglich-ovaler Form, theils gut und bipolar, theils blass gefärbt; daneben
linden sich auch ziemlich viele bläschenartige Formen. Andere Bacterien sind nicht nachweisbar. Die Pest-
bacillen entfärben sich rasch bei Anwendung der Gram'schen Methode.
In den Aussaaten jedoch, die auf schief erstarrtem Agar in Eprouvetten angelegt sind, linden sich
reichlich und ausschliesslich Colonien des Staphylococcus pyogenes aureus.
2. Deckglaspräparate aus einer tiefen inguinalen Lymphdrüse der linken Seite zeigen
gut gefärbte, typische Pestbacillen nur in spärlicher Menge, reichlich jedoch in blass gefärbten, bläschen-
artigen Formen, oft von bedeutender Grösse und in schattenhaft aussehenden Gebilden, die in Folge der
zahlreich vorhandenen Übergangsbilder sicher als Degenerationsformen anzusprechen sind. Ausserdem
finden sich noch kurze, oft plumpe, gleichmässig und ziemlich intensiv gefärbte Stäbchen mit abgerundeten
Enden \'or.
In den Aussaaten finden sich reichlich Colonien einer der Coligruppe zugehörigen Bacillenart; Pest-
colonien sind nicht nachweisbar.
Histologischer Befund.
1. Oberflächliche inguinale Lymphdrüse von links. Die sehr weiten Sinus ausgefüllt \\m
Bacterien in zusammenhängenden Massen, zwischen welchen verhältnissmässig wenige mono-, seltener
polynucleäre Leukocyten oder isolirte, grosse, epithelähnliche Zellen mit grossem, blassen Kern und grob-
granulirtem Protoplasma sich vorfinden. Auch erweiterte Capillaren mit grossen, blassen Endothelzellkernen
und leicht verbreiterter, homogener Wand sieht man zwischen den Bacterienmassen.
Das adenoide Gewebe überall erhalten, die Keimcentren gross, wie aufgelockert aussehend. Auch die
fibröse Kapsel ist nirgends besonders verändert. Doch finden sich innerhalb derselben und im umgebenden
Fettgewebe sehr zahlreiche erweiterte, mit Bacterien und Leukocyten vollgefüllte Lymphgefässe.
Die genannten Bacterienmassen erweisen sich bei starker Vergrösserung betrachtet als typische Pest-
bacillen von plump-ovaler DiplobaciUenform in enormer Menge. Sie liegen häufig intrticellulär, auch inner-
halb der Endothelzellen von Blut und Lymphcapillaren. An anderen Stellen findet man degenerirte Formen
als grosse, rundliche, oft bläschenartige Gebilde in Haufen beieinander liegend.
2. Rechte Niere. In der Rinde derselben zahlreiche frische Blutungen. Das ausgetretene Blut reisst
die Harncanälchen \-on einander und vielfach finden sich Trümmer derselben innerhalb der Hämorrhagien.
Die Glomeruli sind sehr gross; in den einzelnen Capillarschlingen, deren Endothelkerne wenigstens zum
Theile erhalten, gross und blass gefärbt sind, balkig-fädige oder schollige Gerinsel, die sich mit Eosin stark
färben. Die Epithelien der Rinde gross und unförmlich, ihr Protoplasma entweder granulirt oder feine
Tröpfchen enthaltend, der Kern entweder ganz blass oder überhaupt nicht mehr färbbar.
Beulenpcst. II. I\illioh>gisch-aiuitiiiinsclur Hcrichl. 447
Pestbacillen sind im Bereiche der BiutunL;en in Form kleiner Haufciien naclnveisbar; sie finden sich
ferner spärlicii in den CapillarschlinL^en der (Womeruli und auch in einzehicn Harncanälchen. Hier liaben
sie runde, coccen-, manchmal bläschenähnliche P\)rm und liegen zu grösseren Rasen bei einander; die sie
umgebenden Epithelzellen im Zerfalle begriffen.
3. Milz. Dieselbe ist gleichmässig hämorrhagisch infiltrirt, von zahlreichen polynucleären Leukucyten
durchsetzt. Die Trabekel breit, etwas gequollen aussehend. \'on den intensiv gefärbten Kernen der poly-
nucleären Leukocyten heben sich die viel grösseren, etwas blässer gefärbten, kernkörperchenreichen Kerne
der regellos umher liegenden Pulpazellen scharf ab. Ferner linden sich nicht sehr reichliche kleinste Herde
mit einem grobscholligen oder balkigen, mit Eosin stark gefärbten Centrum und einer aus Körnchen und
wie in die Länge gezogenen, oft fadenförmigen Kernen bestehenden Peripherie; häufig sieht man, wie ein
blutgefülltes Capillarrohr in einen solchen Herd endet. Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sehr reich-
liche blassgefärbte Pestbacillen. .Sie liegen extra- und intracellulär und zeigen alle Formen von der c.xqui.sit
stäbchenartigen bis zu bläschenähnlicher Coccenfonn. Oft sehr deutliche bipolare Färbung. Coccen sind
nicht auffindbar.
Epikrise.
Das Bemerkenswerthe an dem oben beschriebenen Falle ist das Fehlen eines typischen
primären Bubo. Wohl erscheinen die linksseitigen tief liegenden inguinalen Lymphdrüsen vielleicht
noch am meisten vergrössert und auch die linksseitigen lumbalen zeigen geringe Schwellung. Doch fehlt
ihnen der hämorrhagisch-ödematöse Charakter, und auch die inguinalen Lymphdrüsen der rechten Seite
sind fast ebenso verändert wie die linksseitigen, nur etwas kleiner.
Auch der histologische Befund einer oberflächlichen inguinalen Lymphdrüse der linken Seite entspricht
nicht dem eines primären Bubo. Hingegen zeigen makroskopisch die Lymphdrüsen beider Axillae dieselben
Veränderungen wie die inguinalen, und in der linken Cubita findet sich überdies eine erbsengrosse Lymph-
drüse. Es ist daher in diesem Falle nicht zu eruiren, wo die Eingangspforte des Virus sich befindet.
Ausser den genannten Lymphdrüsen zeigen Schwellung und Hyperämie die Lymphdrüsen zu beiden
Seiten der grossen Halsgefässe, in beiden Submaxillargruben, beide Tonsillen und die Follikel des Zungen-
grundes und der Epiglottis, die bronchialen und die mesenterialen. Blutungen finden sich vereinzelt in der
Magenschleimhaut, im Peri- und Epicard, in der Pleura, in der Rinde der rechten Niere und in ihrer Binde-
gewebs- und Fettkapsel.
Histologisch finden sich sowohl in der Milz wie in einer Lymphdrüse aus der linken Inguinalgegend
sehr reichliche vielfach degenerirte Pestbacillen, spärlicher in den Nierenblutungen imd in einigen Harn-
canälchen. Auch auf den Deckglaspräparaten aus der Milz und einer linksseitigen inguinalen Lymphdrüse
reichliche Pestbacillen und keine Coccen. Culturell jedoch waren erstere nicht nachweisbar, indem sich statt
ihnen reichliche Culturen \on Staphylococcus pyogenes aureus und einer Coliart vorfinden. Ihr Vorhanden-
sein, das nur als F'olge \on \'erunreinigung, sei es durch nicht vollständig sterile Entnahme des Materiales,
sei es durch agonale oder postmortale Einwanderung ins Blut aufgeklärt werden kann, ist jedenfalls belanglos.
Fall 43/XLVII.
Diirgho Byahu, Hinduweib, wurde in der Nacht vom 16. auf den 17. .April krank und nach soeben
erfolgter Entbindung aufgefunden und um 1 1 Uhr Nachts ins Spital überbracht, wo sie am 1 7. April um
7 Uhr 55 Minuten Vormittags starb.
Die Section wurde am 17. April um 12 Uhr .Mittags, 4 Stunden post mortem, im Jamsctjeejeebhoi Spital
vorgenommen.
Weibliches Cadaver, 152 cui lang, zart gebaut, von schwächlicher Muscultur, schlecht genährt.
Beide Conjunctiven ge,schwollen, x'on kleinen Blutungen durchsetzt; Pupillen mittelweit, beider-
seits gleich.
448 H. Albi-eclit und .1. Clioii,
Am Halse und in der Axilla nichts l'athologisches tastbar.
Die Brustdrüsen gross, fettreich, Coidslrum ausdrückbai-, auf dem Durchschnitte gelappt, grauroth.
Thorax von entsprechenden Dimensionen, im Abdomen unter dem Nabel ein mannsfaustgrosscr
Tumor tastbar.
Aus dem äusseren Genitale Hiesst etwas Blut ab.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
In beiden Inguinalgegenden unter dem Poupart'schen Bande Gruppen von bcjhnengrossen, harten, iso-
lirten Lymphdrüsen tastbar.
Todtenstarre vorhanden, Todtenflecke undeutlich.
Die weichen Schiideldecken blut- und fettreich. In denselben zerstreute, hanfkorngrosse Blutungen.
Über dem rechten Scheitelbein, im Perioste desselben, eine über thalergrosse Blutung. Derselben ent-
sprechend in der Gegend des Höckers des rechten Scheitelbeines im Periost Gruppen von unregelmässig
begrenzten, confluirenden bis kreuzergrossen Blutaustritten.
Das Schädeldach misst im Längsdurchmesser 17 cm, im queren 12 cm und in der Peripherie 47 cm, ist
symmetrisch, bis zu 0 mm dick; .Spongiosa erhalten; Tabula interna glatt.
Die inneren Hirnhäute an der Gehirnbasis zart, wenig blutreich, Gefässe zartwandig, enge. Meningen
an der Con\-exität etwas stärker durchfeuchtet. Rinde graugelb, gieichmässig breit, das weisse Marklager
teigig-weich, von spärlichen Blutpunkten dinxhsetzt; Ventrikel enge, klares Serum enthaltend; ihr Ependym
zart, Stammganglien ziemlich blutarm, ebenso Kleinhirn, Pons und Medulla.
Die Lj'mphdrüsen längs der grossen Halsgefässe und in beiden Submaxillargruben bohnen- bis hasel-
nussgross, hart, isolirt, dunkelblauroth, auf dem Durchschnitte sehr saftig, lebhaft blutroth, etwas vor-
cjuellend, zum Theile von Blutungen durchsetzt.
An der linken Halsseite eine unregelmässig begrenzte, bis hinter den Pharynx reichende, sulzige
Blutung in dem die Drüsen umgebenden Bindegewebe. Die Blutung setzt sich in die Musculatur der hinteren
Pharynxwand bis unter die Schleimhaut in circa guldenstückgrosser Ausdehnung und auch nach abu'ärts
längs der Carotis fort.
Tonsillen klein, Schleimhaut des Pharynx etwas gesch\\'iillen, geröthet, Follikel stark prominent,
gelblich. In der Schleimhaut des Larynx vereinzelte punktförmige Hämorrhagien, sonst gelblich.
Schilddrüse blutreich, coUoid, gekörnt.
Linke Lunge im Oberlappen durch Bindegewebsmembranen an der Thoraxwand adhärent. Pleura
reichlich ecchymosirt. An einer circa guldenstückgrossen Stelle in tler Mitte der Oberfläche von reichlichen
Fibrinmembranen bedeckt, wie gestichelt imd \'on Blutungen dm-chsetzt, in den centralen Antheilen
gelblich-roth gefärbt. Entsprechend diesem Bezirke fühlt sich das Lungengewebe in ungefähr taubenei-
grosser Ausdehnung derb, luftleer an; sonst lufthaltig. Auf dem Durchschnitte zeigt sich dieser Herd von
eigenthümlich gefärbtem, röthlich-gelben Exsudat durchsetzt, feinst granulirt, wie chagrinirt, sehr reichlich
röthlich-gelblichen Saft gebend. In der Peripherie der Herde Blutaustritte.
Die übrige Lunge sehr stark durchfeuchtet, aus den Bronchien reichliche schaumige Flüssigkeit ent-
leerend, aber lufthaltig und blutreich.
Rechte Lunge mit ziemlich spärlichen lockeren Bindegewebsmembranen im Bereiche aller drei Lappen
angewachsen, vollständig lufthaltig und blutreich.
Im Herzbeutel ein paar Tropfen klaren, gelben Serums. An seiner Innenfläche allenthalben wie
bespritzt von Gruppen zahlreicher kleinster Ecchymosen. Solche ganz vereinzelt am fettarmen Epicard
beider Ventrikel. Myocard gelblich, morscher. Alle Klappenapparate sehr zart, schlussfähig.
Schleimhaut der Trachea und der Bronchien lebhaft geröthet.
Ductus thoracicus nicht erweitert.
Die bronchialen Lymphdrüsen bohnengross, anthracotisch.
Bcdlcupcst. IL Palhologisch-aualoinischcr Bericht. 449
Leber etwas \-ergrössert, plump, ihre Oberfläche glatt, Kapsel zart, fleckig fettgelb, das übrige Leber-
gewebe braungrau, Läppchenzeichnung undeutlich, ziemlich blutarm. Gallenblase gut mit Galle gefüllt. Im
Serosaüberzug an der Grenze gegen die Leber reichliche feinste Blutaustritte.
Milz 18 cm lang, 11 cm breit, S'/^ ein hoch, plump, ihre Kapsel zart, gespannt, auf dem Durchschnitte
dunkelblutroth, wie feinst chagrinirt, die Follikel als stecknadelkopfgrosse Punkte mit rothem Hofe sichtbar,
Pulpa etwas \-orquellend, leicht ausstreifbar, das grobe Stroma nicht vermehrt.
Pankreas blassgelb, derb, gekörnt.
An beiden Nebennieren nichts Auffallendes.
Nieren sehr gross und sehr plump, sehr schlaff, auf dem Durchschnitte ziemlich blutarm, Kapsel leicht
abziehbar, Oberfläche glatt, lichtgelb. .Auf dem Durchschnitte sind die Rinde und die Columnae Bertini stark
verbreitert und \'orquelIend, ebenfalls ziemlich gieichmässig lichtgelb. Pyramiden roth, \-erbreitert, \'on der
Rinde Scharf abgesetzt, im Nierenbecken beiderseits trüber, gelblicher Inhalt. Ihre Schleimhaut durchsetzt
von sehr zahlreichen etwas prominenten und confluirenden, schwarzrothen Blutaustritten, die in der oberen
Hälfte der Ureteren so reichlich werden und confluiren, dass die mit trübem Urin bedeckte Schleimhaut fast
gieichmässig schwarzroth aussieht. Die Blutungen in der unteren Hälfte der Ureteren spärlicher, das sie
umgebende Bindegewebe reichlich blutig infiltrirt, so dass beide Ureteren durch das zarte Peritoneum hin-
durch als blaurothe Stränge sichtbar sind.
Harnblase contrahirt, die .Schleimhaut gelblich, nur in der L^mgebung beider Ureterenmündungen kleine
Gruppen \-on Blutungen.
L'terus mannsfaustgross. Im rechten Ligamentum latum nahe dem uterinen Ende der Tube Gruppen
von kleinen Blutungen. Beide Adnexe frei; Tuben ungemein blutreich, 0\'arien gross und glatt, im linken ein
prominentes, haselnussgrosses Corpus luteum. Uteruskörper hart, contrahirt. Musculatur gelblich,
zwei Querfinger dick; die Uterushöhle von frischen Blutgerinseln ausgefüllt, die der vorderen Wand des
Uterus in 1 cm dicker, schwarzrother Schichte anhaften. Daselbst, dem Placentaransatz entsprechend, frisch
thrombosirte Gefässe. Cer\'ix x'erlängert, ihre .Schleimhaut mit gelblich-blutigem Schleim bedeckt; Portio
geschwollen, der Vaginalschlauch sehr weit, etwas verdickt, grauweiss.
Die oberfiächlichen und tiefen inguinalen Drüsen beiderseits bohnen- bis dattelkerngross, röthlich-gelb
oder blutroth, hart, isolirt, das umgebende Bindegewebe nicht weiter verändert, auf dem Durchschnitte reich-
lichen Saft gebend.
Im Magen spärliche schleimige, gallige Inhaltsmassen; die .Schleimhaut dünn, wenige bis hanfk^rn-
grosse Blutungen längs der grossen Curvatur.
Im ganzen Dünndarm gallige Fäcalien, Schleimhaut dünn.
Die mesenterialen Lymphdrüsen flach, wenig prominent, über bohnengross, ziemlich hart, gelblich-
rüthlich.
Am Anfangstheile des Dickdarms reichliche punktförmige Blutungen.
Im Rectum und der Flexura sigmoidea reichliche gallig-breiige Fäcalien. Schleimhaut aufgel<ickert, \'on
zahllosen punktförmigen Hämorrhagien durchsetzt.
Die retroperitonealen Lymphdrüsen (Lymphoglandulae lumbales et iliacae) etwas vergrössert, gelb-
lich, isolirt.
In beiden Achselhöhlen bis haselnussgrosse, stark geröthete, harte, isolirte Lymphdrüsen, die von nur
wenig durchfeuchtetem Bindegewebe umgeben und auf dem Durchschnitte blutreich und saftig sind.
Bacteriologischer Befund.
I. Im pneumonischen Herd der linken Lunge finden sich mikroskopisch (Deckglaspräparat)
sehr reichlich Pestbacillen, extracellulär, einzeln oder als Diplobacillen gelagert, theils gut und bipolar
gefärbt und von kurz-ovaler Form, theils als blassgefärbte, rundliche, Gebilde; spärlich sind neben den
Pestbacillen Diplococcen von Lanzettform nachweisbar.
450 H. Albrcchl niul A. Ghou,
In den Aussaaten finden sich neben reichlichen Colonien des Pesthacillvis spärlich solche des Diplo-
coccus pneumoniae.
2. Deckglaspräparate aus der Milz zci,i;en denselben Rjrund wie Nr. 1.
Die Aussaaten ergeben reichlich ("olonicn des Pestbacillus und Diplococcus pneumoniae in ungefähr
gleicher Anzahl.
3. In Präparaten aus den Blutmassen der Uterushöhle finden sich neben Pestbacillen in
weit geringerer Menge Lanzettcoccen ; die Pestbacillen geben hinsichtlich ihrer Form, Anordnung und ihres
Färbe\'erhaltens dasselbe Bild wie Nr. 1 und Nr. 2, nur sind sie in geringerer Anzahl vorhanden.
4. In Präparaten einer Lymphdrüse der rechten Inguinalseite finden sich sehr reichlich
Pestbacillen, meist einzeln und extracellulär gelegen, vorwiegend in typischer, ovaler P'orm mit bipolarer
Färbung, spärlicher in blass tingirten, ovalen und rundlichen Gebilden. Die spärlich auch hier nachweisbaren
Coccen erscheinen theils als Diplococcen in Lanzettform, theils zu kurzen Ketten angeordnet.
Histologischer Befund.
L Schnitte durch die hintere Pharynxwand. Das Oberflächenepithel ist überall erhalten. Die
Gefässe der Submucosa hochgradig erweitert und vollgefüllt mit Blut. Das Bindegewebe durch Ödemflüssig-
keit auseinandergeworfen, in der bläulich gefärbte Bacterien suspendirt sind, die stellenweise in grossen
Haufen angehäuft sind. Ferner sieht man — hauptsächlich in den tiefen .Schichten der .Submucosa — aus-
gedehnte Blutungen, die die Schleimdrüsen umscheiden und überall in die Musculatur eindringen. Diese
selbst auch stellenweise von Ödemflüssigkeit und Blutungen auseinandergeworfen. Letztere infiltriren in
breiter .Schichte das sich hinter der Musculatur befindliche Binde- und Fettgewebe. Einige am Schnitte
getroffene Follikel zeigen keine besonderen Veränderungen. Überall im Bereiche des Ödems und der Hämor-
rhagien in den oberfiächlichen .Schichten der .Submucosa sehr zahlreiche Diplococcen; in den mehr tief-
gelegenen Blutungen herrschen der Zahl nach Pestbacillen vor, von der Form blassgefärbter Diplobacillen.
Im Blute der Gefässe sowohl Diplococcen als auch Pestbacillen nachweisbar.
2. Pneumonischer Herd der linken Lunge. Am Aufftülendsten sind die Veränderungen der
Alveolarsepta. Dieselben sind sämmtlich beträchtlich und gieichmässig verdickt, indem die erweiterten
Capillaren von Balken oder .Schollen, die sich gut mit Eosin färben, vollgefüllt sind. Andere
sind strotzend mit Blut gefüllt. In den stark erweiterten Alveolen findet sich am häufigsten ein lockeres Ex-
sudat aus Bacterien, polynucleären Leukocyten, rothen Blutkörperchen und abgestossenen Alveolarepithelien
bestehend. Fibrin fehlt, dagegen sieht man Alveolen niu" \'on homogen geronnener Ödemfiüssigkeit und
Bacterien erfüllt. Zerfall der Kerne in der LImgebung der Alveolarsepta nur selten. Die genannten Bacterien-
mengen bestehen fast nur aus Pestbacillen, die die Form \'on Diplobacillen haben und manchmal zu
kurzen, gegliederten Fäden sich aneinanderreihen. Diplococcen sehr spärlich.
3. Das Epithel des linken Hauptbronchus nur mehr streckenweise erhalten und auch dort
schon theilweise \'on der Membrana propria abgehoben, so dass dieselbe bloss liegt. Das Bindegewebe der
.Submucosa \on leichtem Ödem auseinander geworfen, die Gefässe stark erweitert. In denselben zahlreiche
Pestbacillen.
4. Die Pulparäume der Milz sehr weit, mit Blut vollgefüllt, an vielen Stellen sind dieselben nicht
mehr nachweisbar, indem Alles von ausgetretenem Blute überströmt ist. Die Kerne der Pulpazellen ungemein
gross, blass gefärbt, rundlich-oval oder zwei- oder dreifach gelappt, auch in zwei getheilt, ihr Protoplasma
etwas granulirt, kaum mit Eosin gefärbt. Die Follikel ausserordentlich klein, an den Trabekeln nichts Auf-
fallendes. In der Milz enorm zahlreiche stäbchenförmige Pestbacillen, die sehr häufig intracellulär liegen.
5. Ausser Hyperämie und starker Epitheldegeneration der erw'eiterten Harncanälchen finden sich
die Capillarschlingen der Glomeruli mit eben denselben Balken und Schollen erfüllt wie die
Lungencapillaren. In denselben reichliche Pestbacillen und spärliche Diplococcen von Lanzettform.
6. Der linke Ureter ist fast in seiner ganzen Wand hämorrhagisch infiltrirt, und zwar ganz
besonders das lockere, ihn einhüllende Bindegewebe. Überall dringen die Blutmassen, die reich an poly-
Benhitpcsl IL PatIi(ilogisch-anatvinischcy Bericht. 451
nucleären Lcaikocytcn sind, zwisclion die Bündel der ghitten Miisculalur ein, dieselben vollständig von ein-
einander isolirend und einscheidend. Sie sind vielfach sehr blass gefärbt und imrcgelmässig granulirt. Im
Bindegewebe der Submucosa sind die ausgetretenen Blutmassen weniger dicht, dringen aber an vielen
Stellen bis an die Schleimhautoberfläche vor, deren Epithel überall verloren gegangen ist und welche an
einigen Stellen von den Blutungen durchbrochen ist. Überall im Bereiche der Blutungen zahlreiche Pest-
bacillen in Diplobacillenform und spärliche Diplococcen.
7. Die Leberepithelien etwas vergrössert, ihr Protoplasma etwas granulirt, ihre Kerne gross und
blass. In der üüsson'schen Kapsel um die kleinen Arterien Infiltrate von Leukocyten meist polynucleärer
Form. In den Capillaren sehr zahlreiche stäbchenförmige Pestbacillen, die häufig in Endothelzellen oder
Leukocyten eingeschlossen sind. Spärliche Diplococcen.
8. Schnitte durch die Wand des Uterus post partum zeigen nichts Besonderes. Der Innen-
fläche sind in mächtiger Lage frische Blutgerinsel und frisches Blut aufgelagert, in welchem sich noch einige
Placentarzotten finden. Auch zwischen der in gewöhnlicher Weise verfetteten Musculatur finden sich
Blutungen, ferner Riesenzellen der für den schwangeren Uterus gewöhnlichen Form. Innerhalb der
Blutungen und erweiterten Gefässe zahlreiche Diplococcen und spärlichere Pestbacillen.
9. Im Ovarium findet sich ein grosses Corpus luteum, das histologisch keine Abweichung vom
Gewöhnlichen zeigt. Die Gefässe, überall hochgradig erweitert und mit Blut gefüllt, enthalten zahlreiche
Diplococcen und Pestbacillen.
10. Die linke Mamma gibt das gewöhnliche Bild einer milchenden Brustdrüse. Die Läppchen sind
sehr gross, die Epithelzellen cubisch, die Kerne derselben ebenfalls gross und sehr dicht gedrängt; die Drüse
ausserordentlich hyperämisch. Im Lumen der Schläuche entweder coUoid-ähnliche, etwas geschrumpfte
Massen oder kleinere Tropfen, die sich auch im Inneren von Epithelzellen erkennen lassen. Nur im Blute
der Gefässe Diplococcen und Pestbacillen auffindbar.
11. Dickdarm. Im interstitiellen Gewebe zwischen den Krypten, dessen Capillaren voll mit Blut
gefüllt sind, zahlreiche kleine, nicht confluirende Blutaustritte. Sonst nichts Pathologische.s. Die ganze
Schleimhaut von Bacillen durchsetzt, die schlank und ziemlich lang sind, auch Fäden bilden und besonders
reichlich in den Drüsen liegen. Unter ihnen finden sich auch plumpere Formen, die Pestbacillen ganz
gleichen; in dem Blute der Gefässe spärliche Diplococcen und Pestbacillen vorhanden.
12. Eine etwa bohnengrosse, oberflächliche inguinale Lymphdrüse besitzt eine fast
vollständig erhaltene Kapsel, die an einigen Stellen von Blutungen, Bacterien und Leukocyten durchbrochen
ist, welche auch auf kurze Strecken das der Kapsel anliegende Fettgewebe durchsetzen, besonders reichlich
am Hilus der Drüse. Doch finden sich hier nirgends irgendwie veränderte Lymphgefässe. Im Inneren der
Lymphdrüse sind Follikel und Markstrahlen nicht überall mehr abgrenzbar, indem sich enorme Mengen von
Bacillen über das Parenchym verbreitet haben. Vielfach, wo die Follikel erhalten sind, sieht man die Sinus
ganz vollgepfropft mit Bacillen. Die Gefässe und Capillaren stark erweitert, entweder mit Blut injicirt oder
wie thrombosirt, indem ihr Lumen \-on mit Eosin stark gefärbten Balken oder Schollen vollgefüllt ist, die
sich vielfach auch der gequollenen Gefässwand angelegt finden. Die ganze Drüse \-on enorm reichlichen
Pestbacillen infiltrirt, die auch reichlich neben Diplococcen in den Blutgefässen liegen.
Epikrise.
An keiner der untersuchten Lymphdrüsengruppen finden sich so hochgradige Veränderungen, dass
man eine bestimmte Gruppe als primären Bubo bezeichnen könnte. Am stärksten angeschwollen sind die
cervicalen und submaxillaren Lymphdrüsen, welche auch von Blutungen umgeben sind, die sich linkerseits
nach abwärts längs der Carotis und bis in die Pharynxwand erstrecken. Die Follikel daselbst sind gelblich,
angeschwollen. Von dieser Gegend aus ist es zweifellos zu einer Secundärinfection durch den Diplo-
coccus pneumoniae gekommen, und gewiss kommt ein Theil der Lymphdrüsenschwellung und der
Blutungen auf Rechnung derselben.
Denlischriflen der malhem.-naturw. Cl. LXVI. Bd.
452 H. Alhrecht und A. Ghoii,
Die Tonsillen sind nicht besonders vei'ändert, jedoch finden sich in den Pharynxblutungen ganz enorme
Mengen xon Diplococcen. Solche sind auch neben reichlichen Pestbacillen im Blute aller untersuchten Organe
aufzulinden. Fei'ner sind die inguinalen und axillaren Lymphdrüsen jeder Seite beträchtlich geschwollen.
Die zur hisldlogischen Llntersuclning verwendete Lymphdrüse von den oberflächlichen inguinalen
zeigt zwar sehr schwere Veränderungen gemäss der enorm reichlichen Bacilleninfiltration, so dass man
daran denken könnte, den primären Bubo hieher zu verlegen. Doch vermisst man histologisch die mit Pest-
bacillen und Leukocyten vollgepfropften Lymphgefässe an der Peripherie der Drüse, und die makroskopisch
constatirten \'eränderungen sind nicht die einem solchen entsprechenden. Vor Allem fehlen reichliche
Blutungen und das Ödem der LImgebung. Die mesenterialen und retroperitonealen Lymphdrüsen zeigen
nur ganz geringe Schwellung.
Es lässt sich daher in diesem Falle nicht entscheiden, ob die Infection von einer Hals-
gegend oder ein er Inguinalgegend ausgegangen ist.
hl der linken Limge findet sich ein taubeneigrosser pneumonischer Herd, der die für die Pestpneumonie
charakteristischen makro- und mikroskopischen Veränderungen und enorme Bacillenmengen aufweist.
Seiner Grösse und seinem peripheren, scharf umschriebenen Sitze nach muss derselbe als metastatisch
bezeichnet werden.
Blutungen weisen auf die Conjunctiwie, die weichen Schädeldecken, das Periost des Schlüsselbeines,
die Schleimhaut des Larj-nx, des Magens und Dickdarms, der Nierenbecken und Ureteren, ferner Pleura,
Peri- und Epicard und die Leberkapsel, schliesslich das Bindegewebe der linken Halsseite.
Fall 44/L.
Klirisfiiü Joti ' wurde am 19. April, am IIL Krankheitstage, um 10 Uhr Vormittags ins Spital auf-
genommen und starb am 20. April, am IV. Krankheitstage um 5 Uhr Nächmittags.
Section am 21. April um 8 LIhr 30 Minuten Vormittags, 15'/2 Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 170 cm lang, von kräftigem Knochenbau und ziemlich gut entwickelter Musculatur,
schlecht genährt; Todtenstarre vorhanden. An den seitlichen und hinteren Körperpartien die Hautvenen in
Form eines Netzes rothvioletter Streifen sichtbar, Todtenflecke undeutlich an den abhängigen Körper-
partien sichtbar.
Beide linken Augenlider von Schakalen weggefressen. Beide Hornhäute trüb, Pupillen nicht sichtbar;
rechte Conjunctiva gelblich, Mund- und Lippenschleimhaut cyanotisch.
Hals kurz, kräftig, in seinen Gruben keine Lymphdrüsen palpabel, in der rechten Axilla kleinere, harte
tastbar. In der Haut des rechten Oberarmes ungefähr linsengrosse, schwarzrothe Blutungen.
Thorax entsprechend lang und breit, gut gewölbt, symmetrisch. Ahdiimen im Niveau des Thorax,
Bauchdecken gut gespannt.
In beiden Leistengegenden erbsen- bis bohnengrosse, harte, verschiebliche Lymphdrüsen tastbar. Der
rechte Hode ganseigross, fluctuirend. Der linke Hode etwas über hühnereigross, sehr hart.
An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Beim Durchschneiden beider Hodentumoren fliesst reichlich klares, gelbes Serum ab, und zwar aus mit
glatter Innenfläche versehenen, cystischen Hohlräumen, an deren unterem Pole die Hoden sitzen. Die Wand
der rechtsseitigen Hydrokele bindegewebig dünn, die der linken mehrere Millimeter dick, knorpelähnlich.
Die weichen Schädeldecken blutleer, fettarm, circa hanfkorngrosse, zerstreute Blutaustritte enthaltend.
Schädeldach länglich-oval, symmetrisch, Knochen 5 nun dick, Spongiosa erhalten; Innenfläche glatt,
Furchen und Gruben seicht, Nähte erhalten. Der Längsdurchmesser beträgt 18 cm, der quere 13 cm und die
Peripherie 51 cm.
Dura mater etwas dicker, blutarm; im Sichelblutleiter spärliche Cruormassen. Die inneren Hirnhäute an
der Gehirnbasis zart, stark durchfeuchtet, leichte Fäulnisimbibition zeigend, Gefässe zartvvandig; ebenso die
Vergl. Krankengeschichte II. A. pag. 78.
Betilenpest. TL Patliolo^s^isclt-anatoiuiscltcr Bcriclü. 453
Meningen an der Con\'exität zart, Rinde graugelb, gleichmässig breit, das weisse .Marklager sehr weieh, von
reichlichen Blutpunkten durchsetzt.
Kleinhirn gross, ebenso wie die .Stammgangiien, Pons und Medulla sehr weich, ziemlich blutarm.
Zwerchfellstand beiderseits am unteren Rande der vierten Rippe.
Schilddrüse klein, blutarm, gekörnt, colloid.
Die Lymphdrüsen beiderseits längs der grossen Halsgefässe vergrössert, über bohnengross, bunt, auf
dem Durchschnitte grauroth, von einzelnen Blutpunkten durchsetzt, saftig, alle isolirt, hart. Die Lymphdrüsen
in beiden Subma.xillargruben nur etwas vergrössert und saftiger. Beide Tonsillen wenig vergrössert, aber
stärker prominent. Über der einen Hälfte der linken ist die Schleimhaut von Blutungen durchsetzt, im
Bereiche einer linsengrossen Stelle gelblich-röthlich \-erfärht, auf dem Durchschnitte \on reichlichen
Blutungen durchsetzt, vorquellend, gelb und roth gesprenkelt, saftig.
Die rechte Tonsille, auf dem Durchschnitte ebenfalls sehr saftig, zeigt in ihrer Rindenschichte graugelb-
liche Herde von zackigem, frisch-rothen Hof umgeben.
Die Follikel an der Zungenbasis ebenfalls mehr prominent, einige in ihrem Centrum eine hirsekorn-
grosse Blutung zeigend, zum Theile contluirend, auf dem Durchschnitte gelblich-röthlich gefleckt und saftig.
Linke Lunge frei, die Pleura parietalis frei \-on Blutungen, ebenso die des Oberlappens. Derselbe fühlt
sich flaumig an. Pleura des Unterlappens in ihrem hinteren Antheile in einem handtellergrossen Bezirke \'oii
reichlich confluirenden Blutungen durchsetzt, getrübt, wie gestichelt. Der Unterlappen fühlt sich in den
hinteren Partien etwas derber an, in den \'orderen flaumig. Auf dem Durchschnitte erscheint das Lungen-
gewebe vollständig lufthaltig, ziemlich blutreich; von der Schnittfläche ergiesst sich aus dem Lungengewebe
und aus den Bronchien reichliche rasch abfliessende, schaumige Flüssigkeit.
Rechte Lunge ebenfalls ganz frei, an der Pleura des LTnterlappens ebenfalls Gruppen \'on Ecchymosen,
sonst derselbe Befund wie linkerseits.
Im Herzbeutel wenige Tropfen gelben Serums ; Herzbeutel zart, an seiner Aussenseite über dem Ein-
tritte der oberen Hohh'ene eine kreuzergrosse Blutung. Das ziemlich fettreiche Flpicard frei \'on Blutungen.
Herz schlaff, im linken Ventrikel spärliche Cruormassen, der rechte fast leer, Klappen und Myocard fäulnis-
imbibirt; letzteres gelblich, leicht zerreisslich. Linke und rechte Aortenklappe an ihrer Commissur mit ein-
ander verwachsen, knorpelhart, beide mitsammen tiefer stehend, am Schliessungsrande der Verwachsungs-
stelle eine feinwarzige, 3 min lange E.xcrescenz. Eine ebenso lange kleinere entsprechend dem Nodulus
.■\rantii der hinteren Klappe. Der Schliessungsrand der Lunulae leicht \-erdickt und abgei'undet.
Schleimhaut der Speiseröhre licht-gelblich.
Die bronchialen Lymphdrüsen flach, anthracotisch.
Schleimhaut der Trachea und der grossen Bronchien mit schaumigem Schleim bedeckt, weisslich.
Leber von ncirmaler Grösse, ihre vorderen Ränder scharf, Oberfläche glatt.
Auf dem Durchschnitte blutarm, Läppchenzeichnung erhalten, die einzelnen Läppchen sind im Centi'um
braun, an der Peripherie mehr lichtgelb, die Leber morscher.
Gallenblase klein, besonders an der Peripherie derselben finden sich im subperitonealen Bindegewebe
bis linsengrosse, aus Confluenz kleinerer entstandene Blutaustritte.
Milz 16 r«/ lang, 12 r;» breit, circa 3 r;« dick, auf dem Durchschnitte dunkelblutnith, stark glänzend.
Pulpa reichlich ausstreifbar, etwas vorquellend. Follikel als graue Punkte sichtbar, .Stroma etwas \'ermehrt.
Beide Nieren etwas plumper, Kapsel schwer abziehbar, indem das Nierenparenchj-m stellenweise an
derselben haften bleibt, Oberfläche nicht glatt, zeigt unregelmässige, flache, grauroth gefärbte Absumptionen.
Das übrige Nierengewebe gelblich, Rinde verbreitert, gelblich-röthlich gestreift, Pyramiden blassroth, \-on der
Rinde nicht scharf abgesetzt. Glomeruli stark prominent. In der Harnblase trüber, gelblicher Urin.
Die oberflächlichen Lymphdrüsen der rechten Inguinalgegend gelblichgrau, pigmentirt, derb, des-
gleichen die der linken .Seite; manche fibrös. Die tiefen inguinalen Lymphdrüsen beiderseits etwas ver-
grössert, graugelblich, saftig. Ebenso die retroperitonealen (lumbalen) Lymphdrüsen längs der grossen
Bauchgefässe, nirgends eine Veränderung des umgebenden Bindegewebes.
59*
454 H. Albrcclit nud A. Ghon,
Im Magen schmiitzig-grünc Flüssigkeit, Schleimhaut dünn, im l"\indiisantheile schmutzig-rothe, verbrei-
terte Venennetze zeigend, allenthalben übersäet von ziemlich reichlichen bis hirsekorngrossen Blutaustritten.
Im Duodenum reichlich galliger Schleim, seine Schleimhaut leicht gallig imbibirt. Im Ileum reichlich
gallig gefärbte Chymusmassen. Schleimhaut etwas gelockert, im Endantheil des Jejunum erscheint die Serosa
an einer mehr als Centimeter langen Stelle dunkelblutroth, in unregelmässiger Begrenzung suffundirt, an der
Peripherie finden sich kleinere Blutaustritte; dieser Stelle entsprechend ist die Schleimhaut von ausgetretenem
Blute prominent, in einem thalergrossen Bezirke wie abgehoben. Im übrigen Jejunum nichts Pathologisches.
Die mesenterialen Lymphdrüsen nicht verändert.
Die Lymphdrüsen beider Achselhöhlen und Claviculargruben hart, bis dattelkerngross, isolirt, in etwas
feuchteres Binde- und Fettgewebe gehüllt, auf dem Durchschnitte erscheint die Rinde verbreitert, die Schnitt-
fläche aber ziemlich glatt, roth und gelb leicht gesprenkelt, aber sehr saftig.
In der rechten und linken Ellbogenbeuge keine Drüsen.
Pankreas und Nebennieren frei von pathologischen Veränderungen.
Die am 19. April, am III. Krankheitstage, vorgenommene bacteriologische Blutunter-
suchung ergab spärliche Reincultur von Pestbacillen.
Bacteriologischer Befund.
1. In einer Lymphdrüse der linken Halsseite finden sich mikroskopisch (Deckglaspräparat)
sehr reichlich Pestbacillen in allen Formen und Grössen, theils gut und bipolar, theils blass gefärbt; auf-
fallend reichlich finden sich grosse, rundliche, blassgefärbte Formen. Spärlich sind in dem Präparate Diplo-
coccen nachweisbar.
2. Die Ödemflüssigkeit der linken Lunge zeigt mikroskopisch ziemlich reichlich Coccen als
Diplococcen und in Ketten, erstere zum Theile von Lanzettform, und massig viele typisch geformte
Pestbacillen.
3. Deckglaspräparate aus der Milz zeigen reichlich Coccen als Diplococcen und in kurzen
Ketten (Streptococcentypus), späriicher Pestbacillen, meist in blassgefärbten, rundlichen Formen.
Die Aussaaten aus der Milz enthalten reichlich und ausschliesslich Colonien des Streptococcus
pyogenes. Pestcolonien sind nicht nachweisbar.
4. Präparate aus einer derben linken Achseldrüse zeigen sehr reichlich Diplococcen und
kurze Ketten vom Streptococcentypus, spärlich Pestbacillen, meist als blassgefärbte, rundliche Formen,
seltener von ovalem Aussehen mit guter und bipolarer Färbung.
5. Präparate aus einer ebenfalls lin ksseitigen, jedoch saftigeren Achseldrüse enthalten
auch reichlich Coccen, in Form und Aussehen wie bei Nr. 4, doch auch ziemlich reichlich Pestbacillen, fast
ausschliesslich in grösseren, rundlichen, blass gefärbten Formen.
Histologischer Befund.
1. Milz. Dieselbe ist entsprechend der vorgeschrittenen Fäulnis ziemlich schlecht conservirt. Doch
erkennt man an den kleinen Arterien eine deutliche Verdickung der Wand, die durch hom(3gene, balken-
artige Umwandlung der Media bedingt ist. Auch im Lumen einzelner sind solche Balken und Schollen ent-
halten. Die Trabekel verbreitert, wie aufgequollen oder wie von homogenen Balken und Schollen durchsetzt.
Die Follikel sind klein. Schon mit schwächerer Vergrösserung sieht man ziemlich zahlreiche Häufchen
bläulich mit Hämatoxylin gefärbter Bacterien, häufig in Capillaren liegend. Diesen Bacterienmassen ent-
sprechen überwiegend Coccen, zumeist in längeren Ketten angeordnet, die sowohl inner- wie ausserhalb
von Capillaren liegen. Viel spärlicher sieht man bedeutend blässer als die Streptococcen gefärbte und zumeist
intracellulär gelagerte Pestbacillen von meist runder, bläschenähnlicher Form, aber auch plump-ovale Pest-
bacillen in Diplobacillenform.
Bciilcnpcst. IL Pathologisch-anatontischer Bericht. 455
2. Lj-mphdrüsc \'on der linken Halsseite. Das umgebende Binde- und Fettgewebe von fein-
granulirter Ödemflüssigkeit durchsetzt. In den weiten Sinus dieselbe geronnene Ödemflüssigkeit, die stellen-
weise auch feinfädig ist, und grosse Massen von Bacterien neben polynucleären Leukocyten. Auch das
adenoide Gewebe dadurch stellenweise auseinandergeworfen. Die Bacterienmassen erweisen sich auf mit
Methylenblau gefärbten Schnitten als zum grossen Theile aus Pestbacillen typischer Form und zum anderen
Theile aus lanzettförmigen Diplococcen bestehend; daneben finden sich mehr rundliche Coccenformen,
die längere Ketten bilden.
3. Schnitte durch einige kaum bohnengrosse Lymphdrüsen der linken A.xilla zeigen
ausser ungleichmässig vertheilter Hyperämie kaum etwas Pathologisches. In den Sinus nirgends Bacterien,
im Blute der Capillaren zahlreiche Coccen sowohl in Diplococcenform als in ausgesprochenen Ketten.
4. Schnitte durch die Blutung im Jejunum. Die reichlich ausgetretenen Blutmassen durch-
setzen in weiter Ausdehnung hauptsächlich die Submucosa und heben die nirgends durchbrochene Mucosa
in Form eines dünnen Streifens ab; sie dringen überall zwischen die Muskelbündel ein, nur die querdurch-
schnittene Längsmuscularis ist intact. Im Centrum der Blutung eine grosse Anhäufung \-on polynucleären
Leukocyten, zwischen denen grobe Balken von Fibrin durchziehen und sich kleinere Häufchen von Bacte-
rien finden.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sehr zahlreiche .Streptococcen, oft in langen Ketten, manche
in Diplococcenform, und sehr spärliche Pestbacillen.
Epikrise.
An keiner Stelle ist ein charakteristischer primärer Bubo ausgebildet. Leichte Schwellung und Hyper-
ämie zeigen beiderseits die tiefen inguinalen, die retroperitonealen und die axillaren Lymphdrüsen. Am
stärksten sind beide Tonsillen, die Follikel am Zungengrunde und die Halslymphdrüsen verändert.
Unzweifelhaft geht von ersteien die Infection durch den diplococcenähnlichen Streptococcus pyogenes aus,
der sich im Blute und sehr reichlich in der Milz findet. Auch in einer Lymphdrüse von der linken Halsseite
findet er sich sehr reichlich und in Gesellschaft mit ihm ebenso reichliche Pestbacillen. Auffallend erscheint
im Gegensatze dazu der Umstand, dass in einem Drüsenpaquet der rechten Axilla sich nur sehr spärliche
Pestbacillen, wohl aber reichliche Streptococcen im Blute der Capillaren finden. Auch in der Milz sind die
Streptococcen ungemein reichlich, Pestbacillen viel spärlicher nachweisbar. Es handelt sich daher in diesem
Falle mehr um eine allgemeine Streptococceninfection als um eine Pestinfection, und es ist die
Annahme nicht unwahrscheinlich, dass es sich um eine primäre Pestinfection der Tonsillen handelt, bei
der es aber unter der gleichzeitig erfolgten Doppelinfection (durch den Streptococcus pyogenes) vor
Allem nicht zur t\'pischen Ausbildung der dem Primäraffecte zukommenden Veränderungen gekommen
ist, und bei der nur wenig Pestbacillen ins Blut gelangt sind, wo sie sich vielfach in dcgenerirter Form
vorfinden.
Blutungen finden sich in der Haut des rechten Oberarmes, in den weichen Schädeldecken, im Pcricard,
subserös an der Gallenblase und in der Schleimhaut des Magens und Jejunum.
III. Fälle von Marasmus nach Pest.
Fall 45, XII.
Janki Aoyojo, 35jähriges Hinduweib, wurde am 24, Jänner mit einer Drüsengeschwulst in der linken
Achselhöhle und allgemeinen Pestsymptomen (nach .'\ngabe Dr. Choksy's) ins Spital aufgenommen. In diese
Drüsengeschwulst wurde Chlorzink injicirt. Unter langsam zunehmendem Marasmus trat der Tod am 9. März
um 5 Uhr Früh, am LH. Krankheitstage ein.
Die Section wurde am selben Tage um 10 Uhr Vormittags, also 5 Stunden post mortem, vorgenommen.
Weibliches Cadaver, 154 cm lang, sehr gradier Knochenbau, hochgradig abgemagert.
456 H. Albrcchl iiiid A. G/ioit,
Gesicht verfallen, Pupillen beiderseits niittehveit, Cdnjunetiven und Mundschleimhaut blutleer. Zähne
vvdhl erhalten, gesund. Hals sehr schmal und schlank. Die Haut der linken äusseren Thoraxfläche in einem
über handtellergrossen Bereiche vom Axillarbogen herabreichend bis an den oberen Hand der siebenten
Kippe, nach vorn bis zwei Querfinger zur MamiUa und nach hinten bis zum Scapularrand fehlend. Der
bezeichnete Bezirk von zartrothen Granulationen bedeckt. Die Ränder dieses granulirenden Geschwüres
nicht geschwollen, scharIVandig. Thorax von entsprechenden Dimensionen, gut gewölbt, symmetrisch,
Mammae fast gar nicht entwickelt. Abdomen über dem Niveau des Thorax. Aus dem äusseren Genitale fliesst
missfärbiges Secret. An den unteren Extremitäten keine Ödeme. Über dem rechten Trochanter major eine
\-ernarbte, kreuzergrosse Hautstelle. Zahlreiche ältere Narben über beiden Schienbeinen und dem Fuss-
rücken. \n den verschiedenen Gruben nirgends Lymphdrüsen tastbar.
Die weichen Schädeldecken blut- und fettarm, Schädeldach dick, fast gieichmässig 8 ;//;// dick, im
Längsdurchmesser IS'/j cm, im Ouerdurchmesser 1 1 cm, im schrägen 147^ cm, im Umfange 45 cm messend.
Spongiosa überall, circa 4 min dick, erhalten. Tabula interna ist glatt, Gruben und Furchen seicht, Nähte
erhalten.
Dura mater sehr blutarm, zart, fast durchscheinend. Meningen an der Gehirnbasis sehr blutarm, Gefässe
sehr eng und zartwandig. Gehirn klein, Meningen an der Convexität ebenfalls sehr zart. Rinde gelblich,
überall gleich breit. Das weisse Marklager von spädichen Blutpunkten durchsetzt, anämisch. Ganglien normal
gebildet, am Durchschnitte sehr blutarm, ebenso Kleinhirn, Pons und Medulla. Die Musculatur des Thorax
röthlichgelb, sehr morsch.
Zwerchfellstand rechts am oberen Rande der vierten Rippe, links am unteren Rande der vierten Rippe.
Schilddrüse sehr klein, blutleer, gekörnt, gelblich.
Schleimhaut des Pharynx und des Gaumens anämisch, beide Tonsillen nicht vergrössert; auch die
Schleimhaut des Larynx blutarm.
Linke Limge ganz frei, Pleura etwas getrübt, im Bereiche des Unterlappens von Gruppen confluirender
Ecchymosen durchsetzt. Die Lunge fühlt sich lufthaltig an, auf dem Durchschnitte sehr stark ödematös,
wenig blutreich, \^on ziemlich zahlreichen gelblichgrauen, stark ödematösen Flecken durchsetzt. Die rechte
Lunge ebenfalls frei, zeigt am Unterlappen ganz kleine Ecchymosen. Die hinteren Partien etwas dichter.
Am Durchschnitte ebenfalls ödematös, sonst derselbe Befund wie auf der anderen Seite.
Herzbeutel zart, wenige Tropfen Serums enthaltend. Herz klein und schlaff, in den Herzhöhlen wenig
Fibringerinsel und Cruormassen. An der Intima der Aorta wenige atheromatöse, leicht prominirende P4ecken;
Herzfleisch morsch und weich.
Schleimhaut der Trachea etwas geröthet, ebenso die des rechten Bronchus. In der Schleimhaut des
linken Hauptbronchus ziemlich reichliche kleine Hämorrhagien, die sich in die kleineren Bronchien fort-
setzen. Die bronchialen Lymphdrüsen anthracotisch, nicht besonders \'ergrössert.
Leber etwas vergrössert, die vorderen Ränder etwas plumper, Kapsel glatt, glänzend, Consistenz teigig
weich. Auf dem Durchschnitte ziemlich blutarm, Läppchenzeichnung sehr deutlich, die Acini in ihrer
Peripherie fettgelb, im Centrum braunmth. Gallenblase entsprechend mit dunkler Galle gefüllt.
Milz annähei'nd von normaler Grösse, Kapsel zart, Consistenz weich, auf dem Durchschnitte gleich-
massig blutroth, nicht \'oi-quellend, wenig blutigen Saft gebend.
Nieren klein, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, auf dem Durchschnitte blutarm, von gelblicher
Farbe und schlaffer Consistenz. Rinde etwas verbreitert, gegen die Pyramiden, die ebenfalls stark erbleicht
sind, nicht gut abgrenzbar.
In der Harnblase wenig Urin, dieselbe ziemlich contrahirt, Schleimhaut blass.
Uterus klein, anämisch, die Musculatur ziemlich gut entwickelt. 0\'arien klein, flach, blutleer. Neben-
nieren nicht pathologisch verändert.
Magen dilatirt, von reichlichen graugrünen Schleimmassen erfüllt, die auch die Schleimhaut bedecken.
Schleimhaut grauweiss und dünn. Im Dünndarm reichliche Chymusmassen und sehr zahlreiche Ascariden.
Bcnlcupcst. II. PathoJoi^isch-dnatomischer Bericht. 457
Schleimhaut dünn und lilatt. \m Dickdarm ziemlich reichliche gallig gefärbte Fäcalien. Schleimhaut dünn
und blutarm.
Die mesenterialen L^ymphdrüsen nur etwas geschwollen.
Bei der Präparation der linken Achselhöhle finden sich in der Umgebung der Achselgefässe und des
Plexus brachialis einige kurze Fistelgänge, von denen einer mit dickem, klumpigen Eiter gefüllt ist. In der
Tiefe der Achselhöhle, angeschlossen an die Blutgefässe, findet sich eine circa haselnussgrosse, ziemlich
dicke Drüse. Das auf dem Durchschnitte röthlich-succulent aussehende, in der Umgebung dieser Drüse
narbige Gewebe nirgends besonders ödematös oder hämorrhagisch.
Alle übrigen Lymphdrüsen nicht besonders verändert.
Bacteriologischer Befund.
1. In Deckglaspräparaten aus der Milz sieht man vereinzelt typische Pesthacillen in o\-oiden oder
länglich-ovalen, gut und bipolar gefärbten oder in blass tingirten, länglichen Formen.
In den Aussaaten findet sich auch nach drei Mal 24 Stunden kein makroskopisch sichtbares Wachs-
thum, doch lassen Ahstreifpräparate, wenn auch spärlich, zweifellos sichere Pesthacillen -erkennen.
2. In den Aussaaten aus einer wenig infiltrirten Lj'mphdrüse der linken Achselhöhle
finden sich neben spärlichen tj'pischen Pestcolonien mehrere Colonien eines gasbildenden Bacillus.
3. Eine zweite, jedoch vereiterte Lymphdrüse der linken Achselhöhle zeigt mikroskopisch
spärlich Bacillen, die bei Anwendung der Gram'schen Methode intensiv violett gefärbt bleiben, sowie Coccen,
als Diplococcen, seltener in kürzeren oder längeren Ketten angeordnet.
Vereinzelt finden sich auch Bacillen, die Pesthacillen gleichsehen, doch nicht mit \-oller Sicherheit als
solche angesprochen werden können.
Histologischer Befund.
\. Lymphdrüse aus der linken Axilla. Die Keimcentra gross, locker reticulär gebaut, in den
Maschen liegen mononucleäre Rundzellen imd stellenweise hyalin aussehende, polymorphe Körper. Die
Sinus enge, nicht besonders verändert. Das fibrilläre Bindegewebe um grössere Gefässe verbreitert, oft
aus langen Spindelzellen bestehend, in Zügen die Lymphdrüse durchsetzend, die vielfach im Zusammenhang
mit der ebenfalls oft sehr wesentlich verbreiterten und fibrösen Kapsel sind. Die Wand der kleinen Arterien
oft beträchtlich verdickt, und zwar ihre Media und Adventitia.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man — abgesehen von den zahlreichen Granulazellen
— stäbchenähnliche oder mehr rundliche Gebilde, die im Allgemeinen blass, manchnrial an den Polen etwas
stärker gefärbt sind, von denen sich aber nicht entscheiden lässt, ob es Pesthacillen sind oder nicht.
2. Milz. Dieselbe zeigt keine besondere Abweichung vom Normalen. Sie enthält zahlreiche Blut-
pigmentkörnchenzellen.
Auch in der Milz finden sich — auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten — ähnliche Gebilde wie in
vorstehender Lymphdrüse. Doch lässt sich auch \-on ihnen nicht mit Sicherheit entscheiden, ob es sich
um Pesthacillen handelt oder nicht.
3. Die Leber zeigt mikroskopisch zahlreiche grosse Fetttropfen in den Epithelien der Läppchen-
peripherie und die einzelnen Epithelien gut erhalten. Kein besonderer pathologischer Befund.
Epikrise.
Als Todesursache ist im vorliegenden Falle Marasmus zu bezeichnen, der sich an die acute Pest-
erkrankung angeschlossen hat. Die bacteriologische Untersuchung ergibt den zweifellos sicheren Befund
von Pesthacillen in einer linken Axillarlymphdrüse und der Milz. Damit erscheint die Bezeichnung
chronische Pest für diesen Fall gerechtfertigt.
Die ziemlich ausgebreitete, oberfiächliche Ulceration in der linken Achselgegend ist erzeugt durch Chlor-
zinkinjection im Beginne der Erkrankung, die erst am LH. Krankheitstage zum Tode führte.
458 //. Alb IC cht iiiid A. (ilioii,
Es erscheint von besonderem Interesse, dass sich hacteriologisch selbst nach so langer Zeit noch Pest-
bacillen im menschlichen Körper bei Fehlen jedes anatomischen Befundes nachweisen lassen. Histologisch
lallt an der axillaren Lymphdrüse die Bindegevvcbszimahmc in der Umgebung der Gefcässe und die Ver-
dickung der Wand derselben auf bei sonst ziemlich normalem Verhalten des eigentlichen Drüsenparenchyms.
Der nicht absolut sichere histologische Befund von Pestbacillen in Lymphdrüse und Milz hat bei der Spärlich-
keit derselben im Deckglaspräparate und der Cultur nichts Auffallendes an sich. Irgend welche andere
Mikroben sind nirgends auffindbar, und es ist in hohem Grade wahrscheinlich, dass die nicht mit Sicherheit
als Pestbacillen zu erkennenden, rundlichen, schattenhaft aussehenden Gebilde in Milz und Lymphdrüse doch
Pestbacillen entsprechen.
Fall 46/XXVI.
Unbekanntes Hinduweib, wurde am 1 1. Februar, am IV. Krankheitstage, ins Spital aufgenommen, und
zwar mit allgemeinen Pestsymptomen und einer vergrösserten Drüse der linken Halsseite (nach Angabe der
Spitalsärzte) und starb am 20. März, am XLL Krankheitstage um 4 Uhr Früh.
Section am 2L März, um 9 Uhr Vormittags, 17 Stunden post mortem.
Körper, 150 cm lang, von sehr gracilem Knochenbau, sehr schlecht entwickelter Musculatur,
hochgradig abgemagert ; Hornhäute glänzend , Pupillen mittelweit , beiderseits gleichweit ; sichtbare
Schleimhäute fast blutleer. Hals lang und schlank. Keine Drüsen in den Gruben des Halses, auch
nicht in den Achselhöhlen tastbar. Thorax entsprechend lang, breit, symmetrisch. Mammae massig ent-
wickelt, fettarm. Die Haut des Abdomen übersäet von hirsekorngrossen Miliariabläschen, am äusseren
Genitale nichts Auffallendes. In beiden Leistengruben keine Drüsen palpabel. An der linken unteren
Extremität Spuren von Ödem. Todtenstarre massig entwickelt. Todtenflecke violett auf der Rückseite. An
der Streckseite des linken Vorderarmes, ungefähr zwei Querfinger unter der Ellbogengelenkslinie, eine circa
2 cm lange, vertrocknete, schmale, oberflächliche Excoriation. Zähne gesund, alle erhalten.
Die weichen Schädeldecken ziemlich fettreich und fast blutleer. Schädeldach länglich-oval, im Längs-
durchmesser lö"'/^ cm, im queren 12 cm und in der Peripherie 47 cm messend, etwas asymmetrisch, indem
der rechte Scheitelbeinhöcker etwas flacher ist, durchschnittlich '/a <■""' dick; -Spongiosa fast überall erhalten,
Glastafel nirgends verdickt. Die Innenfläche der Tabula interna glatt, Furchen und Gruben seicht.
Dura mater am Knochen überall adhärent, ziemlich schwer abziehbar, zart, blutarm. Im Sichelblutleiter
wenig, noch flüssiges Blut. Leptomeningen an der Gehirnbasis sehr zart, die Gefässe ebenfalls zartwandig,
an der Convexität sind die Meningen stärker durchfeuchtet, ebenfalls blutarm. Rinde ziemlich schmal,
röthlichgrau. Das weisse Marklager von spärlichen Blutpunkten durchsetzt, weicher; Ventrikel enge, Klein-
hirn, Pons und Medulla blutarm, etwas weicher, desgleichen die Stammganglien.
Musculatur des Stammes gelblich-röthlich, morsch.
Schilddrüse klein, blutarm, gelblich, gekörnt.
Die Lymphdrüsen beiderseits längs der grossen Halsgefässe vergrössert, länglich, bis über bohnengross,
graugelblich, auf dem Durchschnitte ist die Rinde etwas injicirt, im Allgemeinen aber ebenfalls blass, grau-
gelblich. Ebenso die Lymphdrüsen in beiden Submaxillargruben verändert; alle ziemlich derbe und isolirt.
Schleimhaut des weichen Gaumens und des Pharynx mit milchigem, flockig-zähen Schleim bedeckt.
Beide Tonsillen nicht vergrössert. Aus dem Durchschnitte der linken entleert sich aus einem ziemlich scharf
begrenzten, erbsengrossen Hohlraum dicklicher, grüngelber Eiter. Das Gewebe auf dem Durchschnitte zart,
röthlichgrau. Ein ganz ähnlicher Befund ergibt sich auf dem Durchschnitte der anderen Tonsille, nur
erscheint dieselbe im Allgemeinen etwas kleiner. Schleimhaut des Larynx und der Trachea mit schleimigem
Schaum bedeckt, blassgelb.
Linke Lunge frei, Pleuraraum leer, an der Pleura des Unterlappens ganz vereinzelte Ecchymosen, dieselbe
zart. Die Lunge fühlt sich lufthaltig an, in ihrem Unterlappen etwas derber; auf dem Durchschnitte ergiesst
sich reichlich schaumige Flüssigkeit aus dem Lungengewebe, das massig blutreich, besonders im LTnter-
lappen aber vollständig lufthaltig erscheint. Rechte Lunge an den hinteren Antheilen durch derbe Binde-
Bciilciipcst. IL Fitlholii^iiiscli-iiudloiuischcr Bcriclil. 459
gewebsmembranen angewachsen, Ober- und Mittellappen lufthaltig, Unterlappen derbe, wie infiltrirt. Pleura
glatt, glänzend. Auf dem Durchschnitte scheint der Oberlappen etwas weniger durchfeuchtet und ziemlich
blutarm; der Unterlappen blutreicher, hypostatisch, in den hinteren Partien luftarm bis luftleer, indem das
Lungengewebe theils grauroth, theils röthlichgelh und in Form von bis kreuzergrossen Herden inliltrirt ist
und auf der Schnittfläche granulirt erscheint.
Merzbeutel zart, in ihm circa zwei Esslöffel klaren, gelblichen Serums enthalten. Das epicardiale Fett-
gewebe spärlich, sonst das Epicard intact. Herz klein, schlaff. Im rechten und linken Herzen ziemlich
reichliche Fibringerinsel. Alle Klappenapparate sehr zart, schlussfähig, Myocard erbleicht, etwas morscher.
Schleimhaut der Trachea imd grossen Bronchien etwas geröthet. .Schleimhaut der .Speiseröhre blass-
grau. Die Lymphdrüsen an der Bifurcation etwas geschwollen, anthracotisch, mit nicht anthracotischen
Rindenpartien, etwas mehr \-orquellend, blutreich saftig. Die L\'mphdrüsen des hinteren Mediastinum
vergrössert, grauroth, auf dem Durchschnitte ebenso gefärbt, sehr saftig und leicht röthlich-gelblich gefleckt.
Leber etwas vergrössert, die \'orderen Ränder etwas plumper, Consistenz vermindert, Oberfläche glatt,
Kapsel zart; auf dem Durchschnitte ziemlich blutarm, Läppchenzeichnung ziemlich deutlich, das Centrum
der Läppchen lichtroth, Peripherie gelblichgrau, Gallenblase ziemlich schlaff.
Milz 13 cm lang, 6 cm breit, flach, Kapsel zart, von ziemlich weicher Consistenz; auf dem Durch-
schnitte ziemlich blutreich, indem sich die dunkelblutrothe Pulpa von den zahlreichen bis hirsekorngro.ssen,
grauen, aber nicht vorquellenden Follikeln scharf abgrenzt. Pulpa wenig ausstreifbar, das grobe Stroma
nicht \-ermehrt.
Nieren klein, etwas schlaffer, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, auf dem Durchschnitte
massig blutreich. Rinde verbreitert, blass graugelblich, mit röthlichen Streifen, Pyramiden ziemlich breit, im
centralen Antheil erbleicht, in der Peripherie dunkelroth, scharf von der Rinde abgesetzt. In der Schleimhaut
des Nierenbeckens einige kleinpunktförmige Blutaustritte. Die rechte Niere ergibt im Allgemeinen denselben
Befund. Auch hier finden sich im Nierenbecken kleine, punktförmige Blutaustritte. L^reteren nicht besonders
verändert, ebenso Nebennieren. Harnblase contrahirt, wenig gelben Urin enthaltend. Schleimhaut blass-
gelblich.
Uterus klein, Schleimhaut leicht injicirt, ungefähr 1 mm dick. Ovarien ziemlich gross, an der Oberfläche
leicht gekerbt, auf dem Durchschnitte blutreich, ziemlich derbe. Tuben dünn, beiderseits ganz frei.
Die Lymphdrüsen in der rechten Inguinalgegend nicht vergrössert, ziemlich derb, die tiefen inguinalen
Lymphdrüsen, insbesondere die in der Umgebung des inneren Schenkelringes \-ergrössert, über 3 cm lang,
ziemlich plump auf dem Durchschnitte. Die Rinde entschieden verbreitert, gelblich gefärbt, lässt reichlich
durchschnittene Gefässchen erkennen, succulent, fast medullär. Schnittfläche ganz glatt. Eine zweite platte,
tiefe Inguinaldrüse erscheint etwas weicher, auf dem Durchschnitte grauröthlich, sehr lebhaft fleckig injicirt
und an einer circa hanfkorngrossen Stelle hämorrhagisch. Ebenso verändert, aber etwas grösser, sind die
tiefen inguinalen Lymphdrüsen der linken Seite; auf dem Durchschnitte noch blutreicher und saftiger, auch
stellenweise fleckig, hämorrhagisch; eine von ihnen auf dem Durchschnitte fast medullär vorquellend,
gelblich-röthlich, leicht gesprenkelt. Die oberflächlichen Lymphdrüsen dieser Seite ebenfalls etwas grösser,
auf dem Durchschnitte etwas \-orquellend, blutreicher, fast medullär. Die Lymphdrüsen längs der grossen
Bauchgefässe kaum etwas vergrössert, theils grau, theils grauröthlich. .Alle beschriebenen Lymphdrüsen
sind ziemlich derb, isolirt. Binde- und Fettgewebe der Umgebung nirgends verändert.
Im Magen massig reichlicher galliger, dünnflüssiger Inhalt, Schleimhaut dünn, grau. Schleimhaut des
Duodenum dünn, von massig reichlichem galligen Schleim bedecRt.
Die mesenterialen Lymphdrüsen isolirt, bis bohnengross, grauröthlich, auf dem Durchschnitte ebenso
gefärbt, wenig succulent, aber ziemlich weich.
Im Dünndarm gallig gefärbte, ziemlich reichliche Chymusmassen. Schleimhaut des Jejunum etwas
gallig imbibirt, auf den Höhen der Falten und in der Umgebung der Plaques lebhaft injicirt, ebenso im
lleum. Im Dickdarm massig \-iel geformte, gallige Fäcalien, Schleimhaut auch über den Fallen lebhaft injicirt,
ziemlich stark verschleimt.
Denkschiiflen der malhem.-naturw. Gl. LXVI. Bd. ""
4t30 H. Alb recht itiid A. Ghon,
Pankreas ziemlich derb, gckr.nit, IMass röthlichgelb.
Die Lymphdrüsen der rechten AxiUa bis fast auf Hasehiussgrösse vergrössert, isolirt, grauroth, ziemlich
weich, auf dem Durchschnitte grau, die Schnittlläche etwas vorquellend, ziemlich saftig, wie medullär. Die
Rinde auf dem Durchschnitte fleckige, schiefergraue Pigmentirung zeigend. Andere erscheinen auf dem
Durchschnitte mehr gelblich-röthlich gefleckt. Die Lymphdrüsen der linken Axilla weniger vergrössert.
et\\-as derber, am Durchschnitt gleichmässig graugelb, etwas weniger saftig, pigmentirt.
In beiden Kniegelenken erscheint die Synovialflüssigkeit vermehrt, Synovialmembran blassrrithlich.
Bacteriologischer Befund.
L Im Eiter der linken Tonsille finden sich mikroskopisch ausser einigen Coccen keine anderen
Bacterien.
Die Aussaaten zeigen in nvässig reichlicher Menge Colonien des Streptococcus pyogenes und Staphylo-
coccus pyogenes aureus, jedoch keine Pestcolonien.
2. In Deckglaspräparaten von einer Lymphdrüse der linken Halsseite können Bacterien mit
Sicherheit nicht nachgewiesen werden; wohl finden sich einige rundliche, bläschenartige Gebilde, deren
Deutung jedoch nicht möglich ist.
In den Aussaaten finden sich nur einige Colonien eines dünnen, fadenbildenden Bacillus.
3. In der Milz können weder mikroskopisch, noch auch durch Culturversuche Bacterien nachgewiesen
werden.
4. In Aussaaten aus der Galle findet sich ein dichter Überzug eines plumpen, gasbildenden, kurzen
Stäbchens.
5. Präparate aus einer oberflächlichen linken Inguinaldrüse zeigen wohl spärlich kurze
Bacillen, die jedoch nicht mit Sicherheit als Pestbacillen angesprochen werden können.
Die angelegten Aussaaten ergeben einige Colonien der Coligruppe, jedoch keine des Pestbacillus.
6. In einer Lymphdrüse der linken Achseldrüse sind mikroskopisch ebenfalls Bacterien nicht
mit Sicherheit nachzuweisen; auch hier finden sich vereinzelt schwach tingirte Gebilde, die gewissen
Degenerationsformen des Pestbacillus gleichsehen.
Die davon angelegten Aussaaten bleiben steril.
Histologischer Befund.
1. Lymphdrüsen \on beiden Seiten des Halses aus der Gegend der Theilung der Carotis
zeigen eine auffallende Verdickung der fibrösen Kapsel und der Bindegewebszüge, die, mit denselben im
Zusammenhange, das periglanduläre Fettgewebe durchziehen. Besonders verdickt erscheint das Binde-
gewebe um die kleinen Arterien, auch innerhalb der Lymphdrüsen selbst. In der Umgebung derselben einige
mit Leukocyten oder mit homogen geronnenen Massen erfüllte Lymphgefässe. An einigen Stellen sind
kleinere Blutgefässe mit Blut gefüllt, im Allgemeinen ist die Lymphdrüse blutarm. Im Übrigen erscheint sie
nicht besonders verändert.
2. Beide Tonsillen. Die Balghöhlen (Lacunae) stark erweitert mit abgestossenen und zum Theile
rundlich gequollenen Epithelien und zahlreichen polynucleären Leukocyten erfüllt. Zwischen denselben
stellenweise Bacterienhaufen. Die Bindegewebshülle der Tonsillen und die in dieselben hineinziehenden
Septa und das adventitielle Gewebe der Arterien auch hier wesentlich verdickt. Sonst keine Abweichung
vom Normalen.
3. Eine bohnengrosse Lymphdrüse aus dem hinteren Mediastinum weicht in nichts vom Normalen
ab, .Sie ist im Allgemeinen blutarm, nur stellenweise sind die Blutgefässe injicirt.
4. An zwei circa bohnengrossen, oberflächlich gelegenen Inguinaldrüsen von rechts ist
ausser beträchtlicher Verdickung der Ad\-entitia und Media der Arterien nichts Pathologisches aufzufinden.
5. Drei zur Untersuchung gekommene Lymphdrüsen aus der Gruppe der tiefen Inguinal-
drüsen von rechts zeigen besonders auffallende Verdickung der fibrösen Kapsel, von welcher aus Septa
Bculenpesl . II. I'dthologisch-aiHttoniisdicr Bericht. 4Ü1
ins Parenchym ziehen. Dieselben bestehen aus zellamiem, fibrillären Bindegewebe. Etwas schmälere finden
sich auch, Milztrabekeln ähnlich, mitten im Parenchym um kleine Arterien angeordnet. Einige Sinus sind
erweitert und enthalten viele rothe Blutkrirperchen und meist mononucleäre Leukocyten. Sonst keine Ab-
weichung vom Normalen.
6. Zwei Lymphdrüsen aus der rechten Axilla. Die Sinus derselben erweitert, und zwar haupt-
sächlich durch ganz homogen geronnene Massen, die spärliche polynucleäre Leukocyten einschliessen. Auch
enthalten sie Blut, stellenweise ziemlich viel. Zahlreiche Blutgefässe injicirt. P'oUikel und Markstrahlen
übei-all erhalten, gut abgegrenzt. Keine anderen pathologischen Veränderungen.
In Schnitten von sämmtlichen, im Vorstehenden beschriebenen Lymphdri.isen sind keine
Mikroben mit Sicherheit auffindbar. Nur in den Lacunen der Tonsillen liegen — wie gewöhnlich — Haufen
von runden, auch zu Ketten geordneten Coccen. Zwar finden sich besonders in den Sinus der Lymphdrüsen
und in den Lymphgefässen im umgebenden Bindegewebe ziemlich zahlreiche runde Gebilde N'on der
Durchschnittsgrösse eines Coccus bis zu der eines sehr kleinen Leukocytenkernes. Sie sind sehr blass mit
Methylenblau gefärbt, manchmal \-on bläschenähnlichem Aussehen und liegen frei oder intracellulär. Von
ihnen lässt es sich nicht mit Sicherheit entscheiden, ob sie Kerndegenerationsproducte oder degenerirte
Pestbacillen sind.
7. Milz. Die Follikel zahlreich und gross; die meisten besitzen ein hauptsächlich aus grossen,
epitheloiden Zellen bestehendes Centrum. Die Trabekel etwas dicker, keine Pigmentzellen auffindbar. An
einigen Stellen ist das Milzgefüge durch Blutaustritte zerstört, sonst die Pulparäume erhalten, mit Blut
gefüllt. Irgendwelche Bacterien nicht auffindbar, spärlich die früher erwähnten, rundlichen Gebilde.
8. Unterlappenpneumonie x'on rechts. Dieselbe gibt das gewöhnliche Bild einer Lobulär-
pneum<inie. Die Alveolen massig erweitert und theils frei, theils erfüllt von feinsten Fibrinfäden, zwischen
denen sich polynucleäre Leukocyten und Epithelien finden, theils nur \Tin solchen oder von Blut und
homogen geronnenen Massen. Die Capillaren der Alveolarsepta reichlich injicirt. Die Bronchien mit Kiter
gefüllt. Mikroorganismen auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten nicht auffindbar.
9. Die Niere zeigt besonders in der Rinde grosse, unregelmässig geformte Epithelien, deren Kern
erhalten ist und deren Protoplasma granulirt aussieht, und ungleichmässige Injection.
10. Die Leberzellbalken in der Umgebung der Centralvene etwas verschmälert, die Capillaren stark
erweitert. Sonst keine besonderen Abweichungen vom Normalen.
Epikrise.
Der Sectionsbefund gibt das Bild eines Marasmus, der unter Hinzutritt einer Lobulärpneumonie des
Unterlappens der rechten Lunge, die ungefähr 24 Stunden lang bestand, zum Tode führte. Der Marasmus
schloss sich an eine Pestinfection an, die mit Bildung eines Bubo an der linken Halsseite vor 42 Tagen
erfolgte, soweit es der klinischen Aufzeichnung Dr. Choksy's zu entnehmen ist. Besondere, specielle Residuen
dieser Infection sind nicht zu entdecken, mit Ausnahme der Verdickung der fibrösen Bindegewebskapsel und
der von ihr ausgehenden Septa in einigen Lymphdrüsen.
Pestbacillen sind nirgends mit Sicherheit aufzufinden, weder in den Schnittpräparaten noch in den
Deckglaspräparaten, die von den frischen Organen angefertigt wurden. Auch die angelegten Culturen
ergeben keine Colonien von Pestbacillen.
Ob nicht die in den Sinus und Lymphspalten einiger Lymphdrüsen aufgefundenen, sehr blass gefärbten,
coccenähnlichen Gebilde degenerirten Pestbacillen entsprechen, ist nicht zu entscheiden.
60»
462 H- Alb recht und A. Ghou,
IV. Secundärerkrankungen nach Pest.
Fall 47/XVII.
RaiiicJtandra Doorgliii, 3.')jährigcr Hindu, Arbeiter, wurde am 19. Februar, am VIII. Krankheitstage, ins
Spital aufgenommen und starb am 15. März, am XXXII. Krankheitstage um 7 Uhr 30 Minuten Früh.
Die Section wurde am selben Tage um 9 Uhr ViM'mittags, ungefähr 2 Stunden post mortem
vorgenommen.
Männliches Cada\'er, 158 cm lang, von schwächlichem Knochenbau, schlecht entwickelter Musculatur,
hochgradig abgemagert. Todtenflecke spärlich an der hinteren Körperseite. In der Kreuzbeingegend eine
unregelmässige, handtellergrosse, schwarzbraun gefärbte, zum Theile von der Epidermis entblösste Decu-
bitusstelle, Gesicht verfallen. Pupillen ungleich weit, die linke maximal erweitert, die rechte sehr enge. Horn-
häute glänzend, die sichtbaren Schleimhäute blutleer, Zähne gesund.
Hals lang, schlank, in seinen Gruben, sowie in beiden Axillen nichts tastbar.
Ungefähr zwei Finger unterhalb der linken Cubita, an der Beugeseite des Vorderarmes ein längliches,
circa 2 iiiiii langes, mit Borken bedecktes Geschwür, dessen Grund mit reichlichem grünlich-gelben Eiter
bedeckt ist, dessen Ränder ziemlich scharll-iantig sind, und welches besonders in proximaler Richtung in
1 cm langer Strecke unterminirbar ist und auf dem Durchschnitte bis an die oberflächliche Muskelfascie
reicht. Sonst an der oberen Extremität nichts Auffallendes.
Thorax lang, schmal, symmetrisch, gut gewölbt, Abdomen eingesunken, unter dem Niveau des Thorax.
In der linken Inguinalgegend, knapp unter der Mitte des Poupart'schen Bandes ein scharf begrenzter,
länglich-ovaler Substanzverlust mit eingesunkenem Grunde, der mit Jodoformpul\-er bestreut ist und im
Längsdurchmesser 4 cm, im queren 2 cm misst. Der Geschwürsgrund wird \-on leicht zerreisslichem Granu-
lationsgewebe gebildet, die Geschwürsränder erscheinen überall mindestens 2 cm weit mit der Sonde unter-
minirbar. Ein zweiter kleinerer Substanzverlust in der linken .Schenkelgrube von 2 cm Länge, 1 cm Breite
und 1 cm Tiefe. Der Grund und die Ränder so beschaffen wie die des früher erwähnten Geschwürs, weniger
unterminirbar und nicht im Zusammenhange mit demselben. Die Lymphdrüsen in der rechten Leistengrube
deutlich \-ergrüssert und durch die sehr dünne Haut leicht tastbar.
Der rechte Hode grösser als der linke.
.An den unteren Extremitäten keine Ödeme. An beiden Knien zahlreiche obertlächlich sitzende Narben.
Sohlen dick, rissig.
Die weichen Schädeldecken blut- und fettarm. Schädeldach rundlich, im langen 17 ^j^cm, im breiten lA cm.
Lind in der Peripherie 49 '/g cm messend. Schädelknochen an der dicksten Stelle 7 mm dick. Spongiosa
überall erhalten, bis zu 4 mm dick, blutarm. Tabula interna und externa nirgends verdickt, Gruben und
Furchen an der Innenseite ziemlich tief, Nähte erhalten; Schädeldach asymmetrisch, indem der rechte
Scheitelbeinhöcker tlacher und nach vorne zu \'erschoben erscheint.
Dura mater gut gespannt, durchscheinend, blutarm Meningen an der Gehirnbasis zart, blutarm, Gefässe
enge, zartwandig. Meningen an der Convexität sehr stark durchfeuchtet und diffus weisslich getrübt, etwas
verdickt. Gehirnrinde gleichmässig schmal, das weisse Marklager von spärlichen Blutpunkten durchsetzt, um
ein Geringes weicher, Ventrikel etwas weiter, klares Serum enthaltend; Stammganglien normal gebildet,
ziemlich blutarm, ebenso Kleinhirn, Pons und Medulla.
Zwerchfellstand links an der fünften, rechts an der vierten Rippe.
Schilddrüse klein, blutarm, gekörnt.
Beim Präpariren der linken Unterkiefergegend ergiesst sich aus der Gegend des Kieferwinkels ziemlich
reichlicher grünlicher, dicker Eiter. Nach der Herausnahme der Halseingeweide zeigt sich in der Gegend der
linken hintern Pharynxwand eine Abscesshöhle mit deutlich abgegrenzter Wand. Daneben findet sich eine
circa haselnussgrosse Lymphdrüse von gelblich-grauer Farbe, welche einen etwas excentrisch sitzenden
Benlenpest. TL Pafhologisch-anatoinischcr Bericht. 463
Eiterherd zeigt, aus dessen Centrum derselbe grünlichgelbe, dicke Eiter vorquillt und dessen Peripherie eine
aus nekrotischem oder \erfettetem Gewebe gebildete Wand vorstellt.
Die Schleimhaut des Pharynx und des Zungengrundes leicht geröthet und von reichlichem Schleim
bedeckt.
Die übrigen Lymphdrüsen in der L'nterkiefergegend beiderseits und längs der grossen Halsgefässe
kaum etwas vergrössert.
Die linke Lunge, leicht durch Bindegewebsmembranen mit der Thoraxwand verwachsen, fühlt sich an
der Spitze und den vorderen Rändern lufthaltig an, in den abhängigen Partien lassen sich luftleere Partien
tasten, über denselben die Pleura etwas getrübt und mit Fibrinmembranen bedeckt. Auf dem Durchschnitte
erscheint die Lunge massig blutreich, im Gewebe finden sich über beiden Lappen zerstreut ziemlich scharf
abgrenzbare, n'Jthlich-gelbliche, gekörnte, auf der Durchschnittsfläche prominente Herde; manche von ihnen
zeigen einen verwaschenen Hof und eine deutlich röthlichgelb gesprenkelte Farbe. Die rechte Lunge, noch
stärker mit der Thoraxwand verwachsen wie die linke, fühlt sich fast vollständig lufthaltig, etwas gebläht an,
nur die hintersten Partien des ^httellappens derb, infiltrirt. Auf dem Durchschnitte im Allgemeinen derselbe
Befund wie links, in allen Lappen kleine, intiltrirte Herde; in den Bronchien beider Lungen reichlicher
eiteriger Schleim, ihre .Schleimhaut geröthet.
Ductus thoracicus enge.
Die bronchialen Lymphdrüsen anthracotisch, ganz leicht geschwollen. Im Herzbeutel einige Tropfen
Serum, derselbe zart, epicardiales Fettgewebe kaum entwickelt. Herz klein, in den Herzhöhlen wenig
frische Cruormassen; alle Klappenapparate zart, schlussfähig, Herzfleisch etwas trüber und morscher.
Leber nur im Bereiche des rechten Lappens etwas vergrössert, ihre Kapsel glatt; nahe dem vorderen
Rande des rechten Leberlappens, etwas nach aussen und hinten von der Gallenblasengegend, erscheint die
Leberoberfläche durch eine kleinapfelgrosse Geschwulst vorgewölbt, im Bereiche derselben gelblich-röthlich
gefleckt und gesprenkelt; an der unteren Fläche der Leber bis an den Rand derselben findet sich dieselbe
Veränderung, hier erscheint der Tumor weniger prominent, seine Consistenz lluctuirend. Das Peritoneum
im Bereiche derselben getrübt, mit zarter Fibrinmembran bedeckt. Consistenz der übrigen Leber etwas
vermindert. Farbe hraunroth mit gelblichen Flecken, beim Durchschnitte durch diesen Tumor entleert sich
reichlicher grünlich-gelber, schleimiger Eiter. Seine Grenze gegen das übrige Lebergewebe zum Theile
ziemlich scharf, zum Theile erscheint das Lebergewebe an der Perpherie erbleicht und in unregelmässiger,
zackiger Linie von Eiterherden duchsetzt. Das übrige Lebergewebe braunroth, ziemlich blutarm, Läppchen-
zeichnung nicht ganz deutlich. Gallenblase gut mit gelblicher Galle gefüllt.
Milz ungefähr um ein Drittel vergrössert, die Kapsel getrübt, etwas verdickt. Consistenz vermindert;
auf dem Durchschnitte erscheint die Milz lichtroth mit einem Stich ins Rostbraune, das grobe Stroma überall
vermehrt. Die Follikel nicht deutlich sichtbar. Im centralen Antheile dunkelroth gefärbt, Pulpa massig leicht
ausstreifbar.
Beide Nieren klein, von ziemlich normaler Consistenz; Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, keine
ausgesprochenen Stellulae Verheynii zeigend; ihre Farbe blass gelblich-röthlich; Rinde kaum etwas
geschwollen, von den Pyramiden scharf abgesetzt, das Centrum derselben erbleicht; Schleimhaut des
Nierenbeckens beiderseits nicht verändert, ebenso die beider Ureteren.
Beide Nebennieren von entsprechender Form und Grösse.
Die Flexura sigmoidea coli in der Gegend des Poupart'schen Bandes mit dem Peritoneum parietale
verwachsen. Beim Abpräpariren derselben stösst man auf Eiter, der sich aus Fistelgängen ergiesst, die in
sondirbarer \'erbindung mit dem früher beschriebenen Substanzverlust in der linken Leistengegend stehen
und sich an der medialen Fläche des Ileopsoas noch eine kurze Strecke weit fortsetzen. Die Wand dieser
Fistelgänge und Abscesse ziemlich dick, von ganz zarten, röthlichen Granulationen bedeckt.
In der Harnblase, die ziemlich contrahirt ist, wenig klarer, röthlichgelber Harn.
Auf dem Durchschnitte findet sich über dem Poupart'schen Bande noch erhaltenes, grauröthliches
Lj'mphdrüsengewebe an der Peripherie eines Abscesses. Die Lymphdrüsen in der rechten Leistengegend,
464 H. Albrecht und A. Glioii,
und zwar die oberflächlichen inguinalen und die tiefen etwas vergi össert, blass gelblich-rüthlich, derb. Die
Lymphoglandulae iliacae kaum etwas vergrössert, die retroperitonealcn Lymphdrüsen zu beiden Seiten der
Gefässe (lumbales) isolirt, durh, blass graugelblich, keinen Saft gebend. Die mesenteiialen Lymphdrüsen
ebenfalls ungefähr auf Pxihnengrösse vergrössert, isolirt, etwas derber, auf dem Durchschnitte blassgelb.
Vollständig reactionslose, leicht lösbare, agonale Intussusceptionen des Dünndarms. Über den ganzen
Dickdarm zerstreut finden sich verschieden grosse, meist rundliche Geschwüre, von denen die grössten fast
guldenstückgross sind, meist mit eiterigem Grunde; der Eiter selbst an demselben ziemlich fest haftend,
gelb-grünlich, etwas rotzig. Die Ränder dieser Geschwüre im .'allgemeinen etwas infiltrirt Lmd überhängend,
leicht unterminii-bar und lebhaft geröthet. Der Längsdurchmesser dieser Geschwüre meist quer zin- Längs-
achse des Darmrohres; besonders im Enddarm confluiren diese Geschwüre zu grossen buchtigen
Geschwürsflächen, deren Grund ebenfalls eiterig belegt und meist geglättet aussieht. An verschiedenen
Stellen des Darmes finden sich, anscheinend den Follikeln entsprechend, höchstens linsengrosse Substanz-
x'erluste, welche deutlich pmminiren und sich ziemlich derb anfühlen. Die zahlreichsten dieser frischen und
ältere]! Geschwüre sitzen im Coecum und im Rectum. Die zum Dickdarm zugehörigen Lymphdrüsen niu"
wenig vergrössert, von aussen und am Durchschnitte blassgelb, blutarm, keinen Saft gebend.
In der rechten .Achselhiihle keine vergrösserten Lymphdrüsen. In der linken Achselhöhle einige bis
über bohnengrosse, blaurnthe, harte, isoliile Lymphdrüsen; beim Din-chschneiden der grössten Lymphdrüsen
quillt F'.itei' aus dem Centrum her\(ir; ihre Peripherie blaui'oth, blutreich, succulent.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckglaspräparate vom Eiter aus der offenen, mit Jodoform bedeckten Wunde in der
linken Inguinalgegend zeigen ziemlich reichlich Coccen in Gruppen und Häufchen, und ungefähr in
gleicher Anzahl solche in längeren Ketten; daneben ziemlich \'iele Bacillen, mit den gewcihnlichen .Anilin-
farbstoffen leicht tingirbar, \-om Aussehen der Smegmabacillen.
Die angelegten Aussaaten ergeben in reichlicher Menge Colonien des Staphylococcus pyogenes
aureus und albus und solche des Streptococcus pyogenes.
'1. Im Eiter aus dem Geschwüre der linken C'ubita finden sich mikroskopisch ziemlich reichlich
Coccen in langen Ketten, weniger reichlich Coccen in kleineren Häufchen.
Die Aussaaten ergeben den gleichen Befund wie 1.
3. Im Eiter vom Leberabscess weder mikroskopisch noch cultui-ell Bacterien nachweisbar (völlig
steril).
4. Eiter aus einer Halslymphdrüse linkerseits. Mikroskopisch massig viele Coccen, meist als
Diplobacillen und in Ketten angeordnet, und öfters mit einer schwächer tingirten Kapsel umgeben.
Culturell ziemlich reichlich Colonien des Streptococcus pyogenes, weniger reichlich solche des Staphylo-
coccus pyogenes aureus und albus.
5. A u s s a a t e n aus einem p n e u m o n i s c h e n H e r d i m LT n t e r 1 a p p e n d er link e n L u n g e zeigen
eine Reincultur eines Kapselbacillus (Friedländer?).
6. .-Aussaaten aus der Milz bleiben völlig steril.
7. Der Eiter aus den Fistelgängen der linken Ingui nalgegend (Peritonealseite) enthält
mikroskopisch massig reichlich Coccen in längeren Ketten.
Aussaaten zeigen reichlich Colonien des Streptococcus pyogenes und spärlich Colonien von Stäbchen
der Coligruppe.
8. Der Harn erweist sich culturell vollkommen steril,
9. Deckglaspräparate vom Eiter des Geschwürs im untersten Dickdarm zeigen ein reich-
liches Bacteriengemenge. Aussaaten unbrauchbar, vorherrschend Colonien der Coligruppe.
Pestbacillen konnten nirgends, weder mikroskopisch noch culturell nachgewiesen werden.
Beil! eil pcst. II. I'Li/lKiloj^isch-aiuUoiiiisclicr Bcrichl. 465
Histologischer Befund.
Die histologische Untersuchung verschiedener Di ckdarmgeschwüre ergibt das Bild gewiWinlicher
diphtheritisch-dysenterischer (jeschwüre. Der Geschwürsgrund ist mit einer dici<en Lage Eiters bedeci<t, die
Submucosa und Muscularis mucosae eiterig zerfallen, so dass bei älteren Geschwüren die dichte, polynucleäre
Leukocyteninfiltration auch noch die Ringmuskelschicht durchsetzt. An der Oberfläche, besonders in der
Nähe der Ränder, ein homogen aussehendes Balkenwerk. Im Eiter sieht man ziemlich zahlreiche runde,
bläschenförmige Gebilde, die ungefähr drei Mal grösser sind als ein polynucleärer Leukocyt, sich mit Eosin
schwach färben oder einen mehr bläulichen Farbenton annehmen und einen e.xcentrisch gelegenen, kleinen
röthlich gefärbten Kern besitzen. Sie entsprechen der Amoeba coli.
Ganz dieselben finden sich auch im Eiter des Leberabscesses. Die Wand desselben be.steht stellen-
weise aus zartem Granulationsgewebe oder wird von zerfallendem Lebergewebe gebildet.
Schnitte durch pneumonische Lungenh erde zeigen überall das Bild einer ungemein leuk(icyten-
reichen Lobulärpneumonie mit theilweisem eiterigen Zerfall des Lungengewebes. Die Bronchien \'oll-
gepfropft mit Eiter, der hier sowohl wie im Lungengevvebe zahlreiche meist intracellulär geltigerte, kürzere
und schlankere Bacillen enthält.
Im Eiter der herdweise eiterig eingeschmolzenen Lymplidrüse der linken Halsseite und
der linken Inguinalgegend Haufen und Ketten von Coccen nachweisbar.
Epikrise.
Nach Allem handelt es sich im vorstehenden Falle um tropische Amoebendysento-;e mit Bildung eines
Leberabscesses. In dem Eiter der Darmgeschwüre und des Leberabscesses ist auf Schn.tten ziemlich zahl-
reich die Amoeba coli nachweisbar. Hervorgehoben sei, dass weder culturell Tioch histologisch
sich in den Abscessen irgend welche andere Eitererreger nachweisen la- e n.
Der letale Ausgang erfolgte am XXXII. Krankheitstage nach erfolgter Pestinfection,
Ein Bubo in der linken Inguinalgegend wurde operativ vor längerer Zeit entfernt.
Als unmittelbare Todesursache ist die Lobulärpneumonie heider Lungen zu bezeichnen. Weder bacte-
riologisch oder histologisch noch makroskopisch lässt sich ein Anhaltspunkt für Residuen nach Pest erkennen.
Vielmehr spricht der Befund von Staphylo- imd .Streptococcen in den vereiterten Lj'mphdrüsen für eine
Secundärinfection, ausgegangen \-on der eiternden, \'on Fisteln unterminirten Geschwürsfläche an der Stelle
der Exstirpation des Bubo.
Fall 48 'XX.
Govind Paiidn, 25jähriger Hindu, Fabriksarbeiter, wurde am 18. Februar ins Spital mit Drüsen-
schwellungen der linken Leistengegend aufgenommen.
Am 6. März wurde eine grosse Lymphdrüse derselben Gegend operativ entfernt oder eröffnet. Der Tod
trat in der Nacht vom 15. auf den 16. März ein.
Section am 16. März um 1 Uhr Nachmittags (ungefähr 12 Stunden post mortem).
Männliches Cadaver, 162 cm lang, von gracilem Knochenbau, abgemagert, Todtenstarre in leichtem
Grade noch vorhanden, Todtenflecke an den abhängigen Partien diffus sichtbar. Hornhäute getrübt. Con-
junctiven, Schleimhaut der Lippen und die Gingiva blass, Zähne erhalten und gesund, Hals schlank. Thorax
ziemlich lang, gut gewölbt, proportionirt, Abdomen unter dem Niveau des Thorax. .Am Halse keine Drüsen
tastbar. In beiden Achselhöhlen mehrere bis haselnussgrosse, isolirte Drüsen tastbar, über denen die Haut
verschieblich erscheint. An der Innenfläche des Oberarmes ein länglicher, imgefähr 1 '/^ cm gn.isser Substanz-
verlust mit unregelmässigen Rändern und unregelmässigem, mit eiterigem Secret bedeckten Grunde. Von
der hinteren Seite dieses Geschwüres gelangt man in eine sich längs der Gefässe erstreckende Tasche, die
mit Eiter gefüllt erscheint. An den Händen keine Verletzungen sichtbar. In der rechten Inguinalgegend
mehrere leicht \-ergrösserte Lymphdrüsen tastbar, über denen die Haut gut verschieblich erscheint. In der
466 H. Albrcclü itiul A. (ihnii,
linken In.uiiinalgei^end unter dem F'nupart'schen Bande ein kleinliandtellergrosser, unregelmässig gestalteter
Substanzverlust, dessen Ränder bis über 3 und 4 cm unterminirbar erscheinen, dessen Grund reichlich mit
Jodoformpuh'er und nach Entfernung desselben mit zarten, rJUhlichen Granulationen bedeckt erscheint. Am
oberen Rande dieses Substanzverlustes ein ungefähr 1 cm im IJurchmesser haltender, rundlicher, mit
Kautschukrohr drainirter Fistelgang, der gegen die Bauchhohle zu sehr tief hineinreicht. An der
vorderen Fläche des linken Unterschenkels, nahe dem Sprunggelenke, eine unregelmässig gestaltete, un-
gefähr 5 cm im Längsdurchmesser haltende, dunkelgefärbte Hautpartie, deren Ränder ein \'on Bläschen
gebildeter Saum umschliesst. Die linke untere Extremität gleichmässig, ziemlich stark ödematös.
Weiche Schädeldecken blut- und fettarm, Schädeldach länglich-oval, asymmetrisch, indem der rechte
Scheitelbeinhöcker stärker vorspringt, im Längsdurchmesser 17 cm im queren 12'/j cm, in der Peripherie
49 cm messend. Knochen im Allgemeinen dünn, an den dicksten Stellen bis 5 mm dick, Diploe erhalten.
Innenfläche der Tabiüa interna glatt, glänzend.
Im oberen Sichelblutleiter geringe Mengen \'on Gerinsel. Dura mater gespannt, blutarm, an der Aussen-
und Innenfläche glatt. Die Meningen an der Convexität zart, wenig blutreich, an der Gehirnbasis sind die
Meningen ebenfalls zart, die Gefässe zartwandig, ziemlich enge. Rinde gleichmässig breit, graubraun, die
weisse Marksubstanz weich, massig reichlich von Blutpunkten durchsetzt. Ventrikel nicht erweitert, Ependym
zart, Kleinhirn, Pons und Medulla keine Veränderungen zeigend, ebenso die Ganglien.
Schilddrüse leicht vergrössert, blutarm, coUoid.
Die Lymphdrüsen zu beiden Seiten des Halses etwas vergrössert, auf ihrem Durchschnitte succulent,
etwas röthlich gefärbt. Rechte Tonsille etwas grösser wie die linke, blutarm, wenige weisslich-gelbe Pfropfe
auf Druck entleerend. Balgdrüsen an der hinteren Pharynxwand und am Zungengrunde gross. Schleimhaut
des Pharynx röthlich-violett, Schleimhaut des Larynx und oberen Theiles des Ösophagus blutarm.
Linke Lunge vollständig frei, Pleuraüherzug glatt, glänzend. Die Lunge selbst lufthaltig, in ihren
x'orderen Partien etwas gebläht, im Oberlappen, nahe der Spitze, ein etwas über haselnussgrosser, v'erdichteter,
unregelmässig begrenzter Herd sitzend, von gelblich-grauem Aussehen, der im Centrum grössere Mengen
rotzigen, grünlich-gelben Eiters enthält. Einige sehr kleine, über stecknadelkopfgrosse, verdichtete, grau-
röthliche Herde sitzen zerstreut im oberen Theile des Unterlappens. Der Unterlappen sonst etwas blut-
reicher. Rechte Lunge frei, Pleura glatt, Oberlappen gebläht, in den hinteren Partien blutreicher, lufthaltig,
im vorderen Antheile des Unterlappens ein ebenso grosser und ebenso beschaffener Herd wie der im linken
Oberlappen. Ausserdem finden sich in den hinteren Partien des Unterlappens zahlreiche verdichtete,
gekörnte Partien, grauröthlich gefärbt. In den Bronchien beider Lungen massige Mengen glasigen Schleims.
Im Herzbeutel geringe Mengen klaren Serums. Herz nicht vergrössert, der epicardiale Überzug an der
vorderen Seite des rechten Ventrikels massig fettreich. Am Epicard der hinteren F"läche des linken Ventrikels
zwei kleinste Hämorrhagien. Im linken Herz wenig, im rechten mehr Gerinsel. Myocard braungelb, etwas
morscher, alle Klappenapparate zart und schlussfähig.
Schleimhaut im unteren Theile des Ösophagus blutarm, ebenso im unteren Theile der Trachea.
Die Lymphdrüsen an der Bifurcation anthracotisch, nicht verändert.
Leber nicht vergrössert, ihre Ränder scharf, Kapselüberzug zart, glänzend, Oberfläche glatt. Acinöse
Zeichnung erhalten, die Peripherie der Läppchen stärker gelblicli, das Lebergewebe brüchig, morsch, massig
blutreich. Gallenblase wenig mit lichter Galle gefüllt.
Milz nicht vergrössert, 12 cm lang, T'/^ cm breit, ihre Oberfläche glatt, Kapsel zart. Pulpa stellenweise
schwarzroth gefärbt, stellenweise lichter, an den dunkler gefärbten Partien etwas vorspringend. Das grobe
Stroma sichtbar.
Beide Nebennieren ziemlich fettreich, blutarm.
Nieren etwas vergrössert, ihre Oberfläche glatt, Kapsel leicht abziehbar. Rinde verbreitert, gelbbraun,
etwas vorquellend, Consistenz etwas verringert. Pyramiden deutlich von der Rinde abgrenzbar, etwas stärker
blutreich.' Schleimhaut der Kelche und des Beckens etwas stärker geröthet. Im oberen Theile des LTreters
kleinste, zum Theile confluirende Hämorrhagien. Harnblase wenig gefüllt, Schleimhaut blutarm.
Iniihiipcs/. ff. f\iUioIooisclt-aualouiif:cficr Bericht. 467
Die retroperitonealen Lymphdrüsen (Lymphoglandulae iliacae et lumbales) vergrössert, dunkler, am
Durchschnitte succulenter, einige mehr dunkel-, einige lichtröthlich gefärbt. Die oberflächlichen L>'mph-
drüsen der rechten Inguinalgegend kaum merklich vergrössert, auf ihrem Durchschnitte blutarm, die tiefen
inguinalen Lymphdrüsen etwas mehr vergrössert, succulenter.
Im Magen reichliche Mengen lichtgelb gefärbten Inhaltes, Schleimhaut etwas gelockert, geschwollen;
auf der Höhe der Falten stärker injicirt. Schleimhaut des Duodenum im oberen Theile, namentlich auf der
Höhe der Falten kleinere, meist confkiirende Blutungen zeigend. Im Dünndarm massig reichliche breiige,
lichtgelb gefärbte Ch\'musmassen. Schleimhaut etwas gelockert, stellenweise stärker geröthet und manchmal
vereinzelte kleinste Blutaustritte zeigend. Im Dickdarm breiige, lichtgefärbte Faeces in massig reichlicher
Menge, .Schleimhaut im oberen Theile des Colon stärker geröthet.
Pankreas derb, blass, gelblich. Die mesenterialen Lymphdrüsen nicht vergrössert, auf ihrem Durch-
schnitte blass, gelblich, hart. Die linke Vena femoralis, angefangen ungefähr von der Einmündungssteile der
Vena saphena bis hinauf fast zum Theilungswinkel, beinahe vollständig erfüllt von der Wand ziemlich fest
anhaftenden, theils dunkelroth bröckeligen, theils gelblichrothen Thrombenmassen, welche, gerade der
Gegend des Poupart'schen Bandes entsprechend, beim Aufschneiden der Vene in Form von bröckeligen
und eiterähnlichen Massen hervorquellen. Hier erscheint das die grossen Gefässe einhüllende Bindegewebe
derb, weisslich, narbig. In diesem eingebettet finden sich längliche, bohnengrosse, ziemlich derbe, isolirte
Lymphdrüsen in geringer Anzahl, die auf dem Durchschnitte grauröthlich, succulent erscheinen. Ent-
sprechend dem früher beschriebenen, drainirten Fistelgang gelangt man in eine mit gelblichem Eiter belegte,
\-on fast glatten Wänden \-ersehene, tauheneigrosse Abscesshöhle, welche noch zur Hälfte mit klumpig-
gelbem Eiter erfüllt ist, und ihrer Lage nach den tiefen inguinalen Lymphdi-üsen am horizontalen Scham-
beinast entspricht.
Bacteriologischer Befund.
1. Deckglaspräparate vom Eiter der Caverne im Oberlappen der linken Lunge lassen keine
Bacterien auffinden, zeigen jedoch ziemlich reichlich hyphenartige Gebilde, die verzweigt erscheinen und
untereinander anastomosiren, theils zerstreut liegen, theils in grösseren oder kleineren, mycelartigen Haufen
angeordnet erscheinen. Bei Meth^denblaufärbung (Löffler's Methylenblau) erscheinen diese Gebilde nicht
gieichmässig gefärbt, sondern zeigen abwechselnd stärker und schwächer gefärbte Partien.
Die Aussaat ergibt eine reichliche Reincultur einer Pilzart, die anfangs ein weisses, später ein fast orange-
farben aussehendes, krümeliges Mycellager bildet, und einer vorläufigen ohertlächlichen Bestimmung nach
wahrscheinlich der Gattung Streptothrix (Streptothrix Eppingeri ?) angehört. (Die genauere Bestimmung
erfolgt ausführlicher.)
2. In Deckglaspräparaten von der Milz sieht man wenig reichlich Coccen als Diplococcen und in
kurzen Ketten, vom Typus des Streptococcus.
Die Aussaaten sind überwuchert von einem grünlich irisirenden Rasen einer schlanken Bacillenart
(Pyocyaneus).
3. Der Eiter von der Thrombophlebitis der linken Vena femoralis zeigt mikroskopisch nicht
mit Sicherheit Bacterien.
Die daraus angelegten Aussaaten ergeben dasselbe Resultat wie Nr. 2.
4. Aussaaten von einer Lymphdrüse der rechten Achselhöhle ergeben eine reichliche Rein-
cultur \'on Colonien des Streptococcus pj'ogenes.
5. Im Eiter der mit dem Fistelgange der linken Inguinalseite verbundenen .Abscesshöhle
findet sich mikroskopisch ein reichliches Bacteriengemenge, bestehend aus Streptococcen, spärlichen Dipk)-
coccen und Coccen in kleineren Häufchen, dünnen längeren, sowie plumperen und diphtherieähnlichen
Bacillenformen.
Die (Ailturen zeigen dasselbe Resultat wie Nr. 2 und 3.
Denkschriften der mathem.-nalurw. Gl. l.XVI. Bd. "*
468 H. Albrcchf nuJ A. Ghon,
Histologischer Befund.
1. Ungefähr hohncngrosse Lymphdrüse aus der linken Inguinalgegend. Die Lymphdrüse
fast vollständig in ein zellarmes, faseriges Bindegewebe gehüllt, in das ihre fibröse Kapsel unmittelbar über-
geht, und in welchem sich Leukocytenansammlungen, meist üefässe einscheidend, und reichlich körniges
Blutpigment finden. An einigen Stellen ist die fibröse Kapsel gut abgrenzbar. In den Spalten des um-
gebenden, lockeren Bindegewebes Anhäufungen \'on Leukucyten mono- imd polynucleärer Form imd
spärliche rothe Blutkörperchen. Auch die Bindegewebssepta, die \dn der Kapsel ins Lymphdrüsenparenchym
ziehen, \-erdickt, aus Spindelzellen bestehend. An den Sinus keine besondere Veränderung bemerkbar,
ebenso wenig am adenoiden Gewebe der Lymphdrüsen. Auffallend ist hingegen die Verdickung der Wand
kleiner Arterien am Querschnitte. Sowohl die Media als insbesondere die Adventitia sind verbreitert und
das Bindegewebe der letzteren steht in directem Zusammenhange mit den Bindegewebssepta. Granulazellen
sind ausserordentlich zahlreich.
Irgendwelche Bacterien im Lymphdrüsengewebe sind nicht mit Sicherheit auffindbar. Dagegen finden
sich in den mit Leukocyten erfüllten Spalten der Umgebung theils plumpe, kurze, theils längere und schlanke
Stäbchen und kleine Coccen, die zu zweien oder in kurzen Ketten angeordnet sind. Ausserdem aber sieht
man, zu zwei oder drei gelagert, ovoide, blass gefärbte Stäbchen mit stärkerer bipolarer Färbung, die zweifel-
los als Pestbacillen anzusprechen sind. Sie entfärben sich nach der Gram-Weigert'schen Methode.
2. Eine oberflächliche Lymphdrüse aus der linken Inguinalgegend (kleinbohnengross).
Die Bindegewebszunahme in derUmgebung der Lymphdrüse und die Verdickung der Gefässwand besonders
auffallend. i\m Lymphdrüsenparenchym nichts Besonderes. Keine Bacterien.
3. Über bohnengrosse Lymphdrüse aus der linken Achselhöhle. Dieselbe ist hyperämisch,
ihre Sinus enthalten reichlich grosse, epitheloide Zellen, manchmal zahlreiche rothe Blutkörperchen. .Sonst
keine Besonderheiten. Bacterien nicht auffindbar.
4. Milz. Dieselbe ist durchsetzt von grösseren, abgrenzbaren Blutaustritten; die Basalmembran der erhal-
tenen Pulparäume breit, ihre Epithelien häufig mehrkernig, mit Kiesenzellen ähnlichen Formen. Die Ai-terien
etwas dickwandiger, indem das adventitielle Bindegewebe \'erbreitert ist. .Sonst nichts Besonderes. Vereinzelt
finden sich CapiUarembolien von Streptococcen, das Lumen ganz erfüllend. Keine anderen Bacterien.
5. Eiterig pneumonischer Herd vom linken Lungenoberlappen. Das Lungengewebe in ganz
unregelmässiger Weise eiterig zerfallen, an vielen Stellen ist der P',iter durch ein Granulationsgewebe
abgegrenzt, das aus zahlreichen sehr zartwandigen Gefässen und schlanken, dünnen, kurzen .Spindelzellen
besteht, welche sich peripherwärts zu Bündeln aneinanderlegen.
Ein ähnliches Gewebe findet sich um viele Gefässe der Umgebung des Abscesses, und die Septa der
erhaltenen Lungenalveolen sind ebenso verdickt. Am auffallendsten ist die Eigenthümlichkeit des Eiters,
dass viele Leukocyten (in grösseren Haufen bei einander liegend) sich ganz diffus blass bläulich mit
Hämalaun färben, indem sich gleichsam das Chromatin der Kerne über den ganzen Zellleib in dünner
Schicht vertheilt. Diese Zellen sintern vielfach zu förmlichen Balken zusammen, die ein Netzwerk bilden,
zwischen denen erhaltene polynucleäre Leukocyten liegen. Anderwärts ist der Eiter zu granulirten, mit
Eosin schwach färbbaren Detritusmassen zerfallen. Auch in noch erhaltenen Alveolen der Umgebung findet
sich derselbe Eiter.
Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man mittelst Immersion reichliche lange, sehr
dünne, blass gefärbte Fäden, die sich manchmal dichotomisch theilen, oft in grösseren,
Pilzdrusen ähnlichen Haufen bei einander liegen. .Sie entfärben sich nach der Gram-Weigert'schen
Methode; andere Bacterien nicht auffindbar.
Epikrise.
Im vorliegenden Falle ist die Todesursache Septicämie, welche sich an die E.xstirpation eines links-
seitigen inguinalen Bubo (10 Tage ante mortem) angeschlossen hat. In der linken Vena femoralis finden
Bailciipcxt. II. Pathologiscli-auatoniischci- Bericht. 469
sich eitrig eingeschmolzene Thromben, das Gefäss selbst ist von Narbengewebe umgeben, das einige
bohnengrosse, succulente Lymphdrüsen einschliesst.
Nirgends ergibt sich anatomisch irgend ein für Pest charakteristischer Befund. Die bacteriologisch-histo-
logische Untersuchung zeigt, dass es sich um eine Allgemeininfection durch den Streptococcus pyogencs
handelt, der sich auch in Form von Capillarembolien in der Milz findet.
Interessant erscheinen die Lungenabscesse; sie sind durch einen Pilz (wahrscheinlich eine Streptothrix-
art) erzeugt, der sich sowohl culturell als histologisch in Reincultur in den Abscessen findet. Ob deren
Entstehungsweise metastatisch (von dem Geschwür oder den Fistelgängen in der linken Inguinaigegend aus)
oder per aspirationem zu denken ist, lässt sich nicht entscheiden. Der anatomische Befund spricht für die
metastatische Natur derselben.
In einer Lj'mphdrüse der linken Inguinaigegend lassen sich histologisch mit Sicherheit, wenn auch
spärlich, Pestbacillen nachweisen.
V. Anhang.
Influenza-Pneumonie.
Ranta Narsa,^ 40jährigcr Hindu, Bettler, wurde ins Spital am 17. März um 9 Uhr 30 Minuten Vor-
mittags, am VIII. Krankheitstage aufgenommen und starb am 22. März um 12 Uhr 10 Minuten Nachts, am
XIII. Krankheitstage.
Section am 22. März 1 1 Uhr V' urmittags, 1 1 .Stunden post mortem.
Männliches Cadaver, 162 cm lang, von gracilem Knochenbau, hochgradig abgemagert; Todtenstarre an
den oberen Extremitäten geschwunden, nicht an den unteren, Todtenflecke nicht deutlich; Hals lang,
schlank, in seinen Gruben und in den Achselhöhlen keine Drüsen tastbar. Thorax lang, schmal, symmetrisch.
Abdomen unter dem Niveau des Thorax. Rechter Hode über hühnereigross. In beiden Leistengegenden
keine Drüsen tastbar. An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Hornhäute getrübt, Pupillen nicht sichtbar; Gesicht stark verfallen, die sichtbaren Schleimhäute leicht
cyanotisch. Zähne gesund, alle erhalten.
Die weichen Schädeldecken sehr fett- und blutarm. Schädeldach länglich-oval, symmetrisch, im Längs-
durchmesser Xdi^liCm, im queren \'&cm und in der Peripherie 52cim messend. Knochen dünn, 4 — 5-mm dick,
überall erhalten, ebenso die Nähte.
Im Sichelblutleiter spärliche Cruormassen. Dura mater gut gespannt, zart, durchscheinend, blutarm.
Meningen an der Gehirnbasis ebenfalls sehr zart und blutarm, Gefässe zartwandig, ziemlich weit. Meningen
an der Convexität des Gehirns stärker durchfeuchtet, leicht abziehbar. Rinde grauroth, gleichmässig breit;
Seiten\-entrikel etwas erweitert, klares Serum enthaltend, Ependym zart; das weisse Marklager etwas
weicher, von spärlichen Blutimgen durchsetzt. Stammganglien normal gebildet, ziemlich blutarm, ebenso
Kleinhirn, Pons und Medulla.
Zwerchfellstand rechts am unteren Rande der \'ierten, links an der fünften Rippe.
Schilddrüse klein, körnig, colloid.
Schleimhaut des weichen Gaumens und des Pharynx grauroth; Tonsillen, Balgfollikel klein; Schleim-
haut des Larynx und der Trachea dünn.
Linke Lunge vollständig an die Thoraxwand angewachsen. Oberlappen emphysematisch gebläht, der
Unterlappen fühlt sich in seiner unteren Hälfte derb, luftleer, infiltrirt an. In den Bindegewebsmembranen an
der unteren Hälfte des Unterlappens reichliche Blutaustritte. Oberlappen am Durchschnitte lufthaltig, blut-
reich; aus den Bronchien und dem Lungengewebe fliesst reichliche schaumige Flüssigkeit ab. Den infiltrirt
sich anfühlenden Lungenpartien entsprechend erscheint das Lungengewebe luftleer, indem die Alveo'en
Vergl. Krankengeschichte 11. A. pag. 111.
er
470 H. Albrcclit und A. Chan,
(.Kirch deutlich sichtbare, hTichstcns stccknadclkopfgrosse Pfropfe ausgefüllt sind. Die einzelnen Lobuli
deutlich abgrenzbar, die Schnittllächen deutlich granulirt, \'on gesprenkeltem Aussehen, indem die einzelnen
Antheile von gelbem Aussehen, grob granulii't sind oder niehi' dunkelblutroth und viel feiner granulirt
erscheinen. Der ganze derartig pneumonisch infiltrirte Bezirk hebt sich scharf von dem lufthaltigen, etwas
einsinkenden Lungengewebe ab; in den Bronchien dicklicher Schleim, ihre Schleimhaut geröthet.
Rechte Lunge vollständig frei, gross, Pleurahöhle leer, Pleura glatt, glänzend, besonders Spitze und
\iii-dere Lungenränder luftkissenartig, nirgends verdichtet. Auf dem Durchschnitte scheint die Lunge ziemlich
blutreich, vollständig lufthaltig, aber wenig durchfeuchtet.
Pericardiale Flüssigkeit nicht vermehrt, Pericard zart, Epicard ebenialls zart und fettarm. \m linken
X'cntrilvel ziemlich reichliche Fibrin- und Cruormassen, im rechten Herzen reichliche Fibrinmengen, Herz-
fleisch gelblich, morscher, Klappenapparate zart, schlussfähig, ebenso die Intima der Aorta.
Schleimhaut der Trachea und der Bronchien fleckig geröthet, überall von Schluimflocken bedeckt. Die
Lymphdrüsen an der Bifurcation wenig anthracotisch, aber geschwollen, indem die Rinde um das anthra-
cotische Centrum herum grauröthlich, etwas prominent erscheint und sehr reichlich etwas blutigen Saft
gibt. Die Lymphdrüsen zu beiden Seiten der Trachea ebenfalls vergrössert, ziemlich hart, auf dem Durch-
schnitte saftig, röthlichgVau, linkerseits in ziemlich langen Ketten angeordnet.
Leber vergrössert, plump, Consistenz etwas vermindert, Kapsel zart, Oberfläche glatt, gelblichbraun.
Gallenblase gross, prall mit üalle gefüllt. Auf dem Durchschnitte erscheinen die Läppchen ziemlich gross, in
der Peripherie blassgelb, im Centrum graubraun, Läppchenzeichnung sehr undeutlich.
Milz an ihrer Oberfläche durch Bindegewebsmembranen angewachsen, vergrössert, 20 '^r;» lang, 13t';«
bi'cit, plump und dick, etwas weicher. Auf dem Durchschnitte erscheint die Milz grauroth, die Schnittfläche
ziemlich glatt, die Pulpa kaum \orc|uellend. Das grobe Stroma deutlich \'ermehrt, \'on den P'ollikcln nichts
zu sehen; Pulpa etwas leichter ausstreifl^ar.
Pankreas blassgelblich, derb, körnig; Nieren vergrössert, plump, weicher; Oberfläche glatt, gelblich, auf
dem Durchschnitte blutarm, Rinde und Columnae Bertini verbreitert, Pyramiden erbleicht, ihre Grenze gegen
die Rinde imdeutlich, Schleimhaut des Nierenbeckens dünn, weisslich. Linke Niere ebenso verändert. Harn-
blase contrahirt, in derselben ein Paar Tropfen LIrins enthalten, Schleimhaut blassrfUhlich.
Die mesenterialen Lymphdrüsen geschwollen, bis über bohnengross, fast haselnussgross, isolirt, auf
dem Durchschnitte gelblich oder röthlichgelblich, fleckig, \-orquelIend, medullär. Auch die periportalen
Lymphdrüsen ähnlich geschwollen.
Im Magen ziemlich reichliche dickliche, gallige, grün gefärbte Massen, seine Schleimhaut längs der
grossen Curvatur in reichliche Falten gelegt, röthlichgrau gefleckt, stark verschleimt. Schleimhaut des
Duodenum gequollen, von reichlichem galligen Schleim bedeckt. Ileum contrahirt, seine Schleimhaut
weisslichgrau, reichlich gefaltet, gelockert und schleimig; über manchen Plaques lebhaft, fleckig geröthet,
die Plaques aber nicht vergrössert und nicht stärker prominent. Ebenso die Schleimhaut des Jejunum. Im
Dickdarm sehr reichliche grünliche, ungeformte, dickliche Fäcalien, nur die Schleimhaut des Coecum dünn,
aber reichlich fleckig, düster geröthet. Im Colon transversum finden sich meist auf der Höhe der Falten
grössere, unregelmässige Blutaustritte. Dieselben nehmen nach abwärts an Menge und Extensität zu,
besonders im Colon descendens, wo auf den Höhen der Falten die ziemlich grossen confluirenden
Blutimgen unregelmässig schwarzroth aussehen.
Die retroperitonealen Lymphdrüsen kaum etwas vergrössert, ziemlich weich, gelblich.
Die inguinalen Lymphdrüsen beiderseits etwas \-ergrössert, hart, Rindenschichte pigmentirt, trocken.
Die axillaren Lymphdrüsen nicht besonders verändert.
Im rechten Kniegelenk nichts Abnormes.
Die am 17., 19. und 21. März vorgenommene bact eriologische Blutuntersuchung — der
Fall Hess klinisch eine Pest er krankung nicht aussch Messen — ergab jedesmal ein negatives
Resultat; die Blutaussaaten blieben steril.
Pi-nh-iijh-sf. ff. Pdlliologisch-dUiiliiiüsclicr Bericht. 471
Bacteriologischer Befund.
1. Der pneumonische Herd des Unterlappens der linken l.unse zeigt mikroskopisch ein
Hacteriengemenge. Vorherrschend sind zwei Coccenformen: Die eine, meist Lanzcttcoccen darstellend, als
Diplococcen, in kurzen Ketten oder zu kleinen Gruppen angeordnet, die andere, meist intracellulär gelagert,
\om Typus der Gonococcengruppe, negativ zur Gram'schen Methode. Neben diesen Coccenformen linden
sich ziemlich reichlich kleine, zarte Bacillen, in der Mitte meist ungefärbt und zu kleineren Häufchen ver-
einigt und spärlicher dickere, plumpe, einzeln liegende Bacillen; unter letzteren zeigen einige Formen, wie
sie den Pestbacillen zukommen.
Die Aussaaten sind unbrauchbar; sie erweisen sich fast völlig überwuchert von gasbildenden Bacillen-
colonien (Kapselbacillen).
2. Das Secret des linken Bronchus zeigt mikroskopisch im .Allgemeinen dieselben Coccen-
formen wie die Pneumonie, nur in geringerer Anzahl; auch die bei der Pneumonie beschriebenen feinen
Bacillen sind hier vorhanden, nur viel reichlicher, sehr häufig intracellulär und oft grosse Rasen bildend,
völlig dem Bilde der Influenza entsprechend.
In geringerer Anzahl finden sich noch grössere, dickere und dünnere Stäbchenformen.
Bacillen vom Typus der Pestbacillen sind nicht vorhanden.
Das culturelle Ergebniss entspricht dem bei Nr. 1.
3. Die Milz lässt mikroskopisch keine Bacterien erkennen und zeigt in den angelegten Aussaaten
einige Colonien einer plumpen Bacillenart.
4. Eine mesenteriale Lymphdrüse zeigt weder mikroskopisch mich culturell Bacterienformen.
5. Im Dickdarminhalt ündet sich mikroskopisch ein reichliches Bacteriengemenge von Coccen und
Bacillen \crschiedenster Form und Griisse; unter den Bacillen finden sich auch solche, die in Form und
Aussehen, ebenso hinsichtlich der Färbbarkeit Pestbacillen gleichen.
Die Culturen sind völlig von Colimien der Coligruppe überwuchert.
6. Culturen von der Galle zeigen eine reichliche Reincultur von Bacterium coli.
Histologischer Befund.
1. Pneumonie vom Unterlappen der linken Lunge. Die Inbulärpneumonischen Herde zeichnen
sich durch ihren Keichthum an fibrinösem Exsudat und Hämorrhagien aus. Viele Aheolen sind \-on homogen
geronnener Ödemfiüssigkeit erfüllt, der zahlreiche polynucleäre Leukocyten beigemengt sind. Die Blutgefässe
und Capillaren stark mit Blut gefüllt. Im Übrigen keine besonderen Abweichungen vom gewöhnlichen Bilde
einer lobulären Pneumonie. Auf mit Methylenblau gefärbten Schnitten sieht man sehr zahlreiche vorwiegend
intracellulär gelagerte Coccen, die entweder zu kleinen Häufchen angeordnet sind oder Gonococcen- und
Tetragenus-ähnliche Formen bilden. Ausserdem finden sich ebenfalls zahlreiche lange, dicke Stäbchen, die
manchmal Fäden bilden und in Form kleiner Büschel bei einander liegen. Pestbacillen nirgends nachweisbar.
Im Eiter einzelner Bronchien kleinere Häufchen feiner, kurzer Stäbchen, die häufig intracellulär
gelagert sind.
2. Ly'mphdrüsen, die zu einer kurzen Kette an der rechten und an der linken Seite
der Trachea angeordnet sind, zeigen mikroskopisch eine ungleichmässig vertheilte starke Blutfüllung
der Blutgefässe. In der Umgebung der Lymphdrüsen einige mit homogen geronnenem Serum erfüllte
Lymphgefässe, welches auch stellenweise das Bindegewebe durchsetzt. Die nicht auffallend veränderten
Sinus reich an leukocytären Elementen. Nach Färbung der Schnitte mit polychromem Methylenblau sind
keine Mikroorganismen nachweisbar. Besonders in den Sinus liegen zahlreiche kleine, runde Gebilde, die
sich mit Methylenblau röthlich färben.
472 //. Albrecht und A. Ghoii,
3. Schnitte durch diu pcrihronchialen Lymphdrüsen ergel:ien einen ganz ähnlichen Befund:
Hyperämie, serös-ödematöse Durchti-änkung des Bindegewebes ihrer Umgebung, leichte Krweiterimg der
Sinus und Anfüllung derselben mit Leukocyten. Ziemlich zahlreiche mit Kohlenpigment erfüllte Zellen.
Mittelst iMethylenhlaufärbung keine Mikroorganismen nachweisbar.
4. Auch die mesenterialen Lymphdrüsen ergeben keinen besonderen Befund.
5. In der Milz findet sich feinkörniges oder etwas gröber-klumpiges, schwarzbraunes Pigment, das
zumeist cxtracellulär liegt und gieichmässig über das Schnittpräparat vertheilt ist. (Malaria.) iJie Milz ist
ziemlich blutreich und zeigt sonst keine Besonderheiten. Keine Bacterien auffindbar.
G. Die Dickdarmschleimhaut zeigt ausgedehnte und zusammenhängende Blutungen, welche die
Krypten oft vollständig einhüllen und auch bis in die Submucosa dringen. In den Lieberkühn'schen Krypten
zahlreiche Becherzellen, die Schleimhautoberfläche mit leukocytenreichem Schleim bedeckt; sowohl der
Oberfläche aufgelagert wie innerhalb der Blutungen und im Lumen der Schleimdrüsen zahlreiche Coccen
und dicke imd schlankere Stäbchen.
Epikrise.
Als 'rudesursache ist die Lobulärpneumonie der linken Lunge anzusehen, die bacteriologisch durch
G(_)nococcen-ähnlich intracellulär gelagerte Coccen und intracellulär gelagerte feine Bacillen, welche V(.)ll-
ständig Influenzahacillen entsprechen und jedenfalls auch als solche anzusehen sind, hervorgerufen ist.
Weder in den bronchialen und trachealen Lymphdrüsen noch in der Milz sind irgendwelche Bacterien
histologisch auffindbar. Nirgends irgend ein Anhaltspunkt für eine abgelaufene oder frischere Pestinfection.
Die in den Deckglaspräparaten der pneumonischen Herde spärlich nachweisbaren Pestbacillen ähnlichen
Formen dürften wohl nur den in den Aussaaten angegangenen Stäbchen der Kapselbacillengruppe ent-
sprechen. Auch die Veränderungen im Darmtracte sind zweifellos auf die Influenzainfection zu beziehen.
Gonoeoeeen-Peritonitis.
Jcmki Natliyo, Weib, 25 Jahre alt, ohne Beschäftigung, wurde am 18. März, 8 Uhr Abends, am
IV. Krankheitstage ins Spital aufgenommen und starb am 20. März um 2 Uhr Nachts, am VI. Krankheitstage.
Section am selben Tage, ungefähr 7 .Stunden post mortem.
Weibliches Cadaver, lAAcni lang, \'on gracilem Knochenbau, massig entwickelter Musculatur, ziemlich
gut genährt, Todtenflecke spärlich, diffus, röthlichviolett an den abhängigen Körperpartien, Todtenstarre
erhalten. Pupillen weit, beiderseits gleich, sichtbare Schleimhäute fast blutleer. Am Gebiss nichts Patho-
logisches nachweisbar.
Hals kurz, schlank, in seinen Gruben und in den Achselhöhlen keine Drüsen palpabel. Thorax kiu'z,
gut gewölbt, breit, symmetrisch.
Brustdrüsen ziemlich gut entwickelt, fettarm. Abdomen unter dem Niveau des Thorax. Schleimhaut des
äusseren Genitale von missfärbigen Massen bedeckt; aus demselben ergiesst sich übelriechende, missfärbige
Flüssigkeit. Leistendrüsen nicht tastbar. An den unteren Extremitäten keine Ödeme.
Die weichen Schädeldecken blut- und fettarm. Dura mater am knöchernen Schädeldach adhärent.
Schädeldach länglich-oval, symmetrisch, sein Längsdurchmesser beträgt Iß'/aC'w, sein querer '\2cin imd
seine Peripherie 48 cm. Knochen an den dicksten Stellen fast 1 cm dick. Spongiosa stellenweise ver-
schwunden, Innenfläche der Tabula interna glatt und glänzend. Dura mater gut gespannt, glatt, glänzend.
Im Sichelblutleiter halbflüssige Cruormassen. Die inneren Hirnhäute an der Gehirnbasis zart, ziemlich
blutreich. Die Gefässe zartwandig. Gehirnrinde röthlichgrau, gleich breit. Das weisse Marklager \'on
spärlichen Blutpunkten durchsetzt, weicher. Sonst am Gehirn nichts Pathologisches. Die Ventrikel sehr enge.
Schilddrüse klein, auf dem Durchschnitte röthlichgelblich, gekörnt, colloid.
Betihnpest. IL PathologiscJi-aiia/oniiscJier Bericht. 473
Die Lymphdrüsen zu beiden Seiten der grossen Halsgefässe etwas vergrössert, isolirt, röthlichgrau, auf
dem Durchschnitte ziemlich blutreich, gleichmässig röthlich gefärbt. Auch die Lymphdrüsen in beiden
Submaxillargegenden etwas geschwollen und ähnliche Veränderungen zeigend.
Schleimhaut des weichen Gaumens geröthet, geschwollen. Beide Tonsillen vergrössert, stark prominent,
ihre Schleimhaut und Umgebung blassgelb, ödematös. Aus den Ffropfciffnungen entleert sich auf Druck
gelbliche, eiterähnliche Flüssigkeit. Auf dem Durchschnitte sind sie sehr saftreich, massig blutreich,
entleeren eiterähnlichen, schleimigen Saft. Ebenso die Schleimhaut im Bereiche der Zungenfollikel iidematös.
Die ary-epiglottischen Falten und die Epiglottis ebenfalls sehr lebhaft gen'Uhet und etwas ()demat()S.
.Schleimhaut des Larynx und der Trachea geröthet, ödematös.
An der Pleura costalis und besonders an der Pleura mediastinalis linkerseits zahlreiche bis linsengrosse
Hämorrhagien. Ebenso an der Pleura des linken Unterlappens reichliche Gruppen von erbsengrossen
Blutungen.
Linke Lunge flaumig, auf dem Durchschnitte blutreich. Im Unterlappen etwas mehr ödematös. .Auf dem
Durchschnitte finden sich hanfkorngrosse, blutroth gefärbte, gleichmässig über das Lungengewebe verbreitete
Hämorrhagien. Sonst ist das Lungengewehe lufthaltig. Schleimhaut der Bronchien etwas gen'Uhet
reichlichen Schleim enthaltend.
Auf der rechten Seite finden sich an der Pleura mediastinalis sehr zahlreiche confluirende Blutungen.
Pleura der rechten Lunge zeigt spärliche Ecchymosen. Das Lungengewebe ist vollständig lufthaltig,
ergibt auf dem Durchschnitte einen ähnlichen Befund wie linkerseits, doch sind die dunkelblutrothen Flecken
auf dem Unterlappen beschränkt und spärlicher.
Herzbeutel zart, wenige Tropfen Serums enthaltend. Herz ziemlich klein, rechter Ventrikel schlaff.
Am F^picard der hinteren Wand des rechten Ventrikels spärliche punktförmige Blutaustritte. Epicard sonst
ziemlich fettarm. In den Herzhöhlen spärliche Cruormassen, im rechten Ventrikel ziemlich reichliche F'ibrin-
gerinsel. Alle Klappen zart, schlussfähig. Myocard blass-gelblich, morscher.
Schleimhaut der Speiseröhre blutig imbibirt, das Epithel postmortal getrübt und gelockert.
Schleimhaut der Trachea und der grossen Bronchien mit reichlichem Schleim bedeckt, lebhaft gerc'Uhet.
Die Lymphdrüsen der Bifurcation anthracotisch, ihre Rinde etwas röther, saftiger, die Lymphdrüsen zu
beiden Seiten der Trachea lebhaft geröthet, etwas geschwollen, bis erbsengross.
Das Peritoneum fleckig geröthet, und zwar hauptsächlich über dem Dünndarm, allenthalben getrübt
und bedeckt \-on zarten, gelblichen Fibrinmembranen, besonders reichlich am Peritonealüberzug der Leber.
Die einzelnen Darmschlingen miteinander verklebt. Im Cavum Douglasii etwas dickere Fibrinmemhranen
und etwas Eiter.
Das rechte Ligamentum latum an seiner hinteren Fläche von kleinen Blutaustritten und darüber \'on
blutig tingirten Fibrinmembranen bedeckt. Die hintere Fläche der Ovarien übersäet \-on punktförmigen Blut-
austritten und mit Exsudatmembranen bedeckt.
Leber von entsprechender Grösse, Kapsel getrübt, mit P'ibrin belegt, von ziemlich derber Consistenz,
auf dem Durchschnitte blutreich, Läppchenzeichnung undeutlich, graubraun.
Gallenblase massig mit dunkler Galle gefüllt, Schleimhaut dunkel gallig-braun, sonst nicht weitei-
verändert.
Milz nicht vergrösseit, Wem lang, bcm breit, ziemlich flach, von ziemlich derber Consistenz, auf dem
Durchschnitte blutreich, dunkelblutroth, grobes Stroma erheblich \-ermehrt, Schnitttläche glatt, Follikel als
graue Punkte stellenweise sichtbar, Pulpa nicht ausstreifbar.
Rechte Niere etwas grösser, plump. Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, auf dem Durchschnitte
grauroth gefärbt, Rinde verbreitert, ebenso die Columnae Bertini. Pyramiden an der Peripherie dunkelblut-
roth. von der Rinde abgesetzt, Glomeruü auf der Schnittfläche gut sichtbar. Schleimhaut des Nierenbeckens
nicht xerändert. Die linke Niere noch blutreicher, sonst derselbe Befund. Eine Gruppe von kleinen, punkt-
tVirmigen Hämorrhagien im Becken der linken Niere.
474 //. Alhrcchl und A. Glion,
Das Peritoneum an beiden Adnexen inlensi\' gerüthet, beide Adnexe frei. Ovarien gross, Oberfläche
leicht gekerbt. Tuben geschlängelt, dünn, ihre Schleimhaut tief geröthet und geschwollen.
Harnblase massig mit Harn gefüllt, derselbe gelblich, klar; Schleimhaut der Harnblase vveisslich, in der-
selben reichlich Venennetze sichtbar.
Schleimhaut der Vagina getrübt, etwas verdickt im Fornix, sowie an der vorderen und hinteren Wand
einige ganz Hache, oberflächliche Geschwüre, Schleimhaut des Uterus leicht verdickt, mit blutigen Massen
belegt, die im Fundus der Schleimhaut fest anhaften. Diese überall vorhanden, gelblich, circa 1 mm dick.
In der Schleimhaut des Kectums nichts Pathologisches.
Im Magen neben Spulwürmern reichliche gallige Massen enthalten. Schleimhaut geschwollen, grau.
Schleimhaut des Duodenum ebenfalls geschwollen, stark gallig imbibirt. Im ganzen Dünndarm reichlich
gallig gefärbte, schleimige Chymusmassen. Die Plaques an manchen Stellen mehr prominent. .Schleimhaut
geröthet. Sonst an der ganzen Schleimhaut nichts Pathologisches. Ebensowenig an der Bauhini 'sehen
Klappe und am Processus \-ermiformis.
Im Dickdarm sehr reichliche gallige, ungeformte, dickliche Fäcalien. Vom Quercolon abwärts finden
sich in der gelockerten und stärker verschleimten Schleimhaut ziemlich zahlreiche punktgrosse Blutaustritte,
bis zum Rectum reichend.
Die oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphdrüsen etwas vergrössert, flach, derb, auf dem Durch-
schnitte erscheint die Rinde etwas verbreitert, grauröthlich, succulent.
Die Lymphdrüsen in beiden Axillen ebenfalls etwas vergrössert, hart, auf dem Dui'chschnitte ist das
Mark grau-gelblich, die Rinde fleckig-roth, verbreitert, succulent.
Die mesenterialen Lymphdrüsen auch vergrössert, bis hasclnussgross, auf dem Durchschnitte etwas
medullär, blassgelb.
Wie die bacteriologischen und histologischen Untersuchungen \'orliegendcn Falles
beweisen, handelte es sich um eine diffuse eiterige Gonococcen-Peritonitis , die \'om
Genitale ihren Ausgangspunkt nahm. Der Fall soll ausführlich an anderer Stelle publicirt werden.
Cholera.
Unbekannter Hindu. Section am 10. April.
Männliches Cadaver, 162 c;;? lang, gracil, ziemlich mager. Todtentlecke reichlich an den abhängigen
Kiirperpartien. Todtenstarre ausgesprochen. Augen halonirt. Lippen und Mund cyanotisch.
In der rechten Fossa supraclavicularis ein hühnereigrosses Lipom.
Thorax von entsprechenden Dimensionen. Abdomen unter dem Niveau des Thorax, Haiit in F"alten
abhebbar, letztere bleiben stehen.
Weiche Schädeldecken blutreich, Schädel länglich-oval. Im Sichelblutleiter flüssiges Blut. Dura mater
zart und blutreich, innere Meningen sehr blutreich, zart, Gefässe zartvvandig. Hirnrinde graiu-oth, das weisse
Marklager massig reichlich mit Blutpunkten durchsetzt, teigig-weich. Ventrikel enge, Kleinhirn blutreich.
Musculatur ziemlich trocken, bleicher.
Schilddrüse klein, colloid.
Schleimhaut des Larj'nx imd der Trachea gelblich.
Linke Lunge frei, Pleura glatt, glänzend, wie mit zartem, fadenziehenden Schleim belegt, sehr blut-
reich. Rechte Lunge etwas mehr gebläht als die linke, sonst derselbe Befund wie links.
Herzbeutel sehr zart, in ihm einige Tropfen schleimigen Serums. Am Epicard des rechten und linken
Ventrikels einige Gruppen kleiner Blutungen. Herz schlaff, im linken Ventrikel wenig flüssiges Blut, ebenso
in dem rechten, neben spärlichen Fibringerinseln. Klappen schlussfähig. Myocard grau-gelblich, morsch.
Leber nicht vergrössert, Kapsel glatt, zart. Das Parenchym ist auf dem Durchschnitte bi'aim, ziemlich
blutarm, aus den grossen \'enen fliesst schwarzrothes, dickliches Blut langsam ab.
Bcnhupcil. II. Patliologisch-anatomischcr licrichf. 475
Milz klein, lichtblutroth, blutarm. Auch in den grossen Milzgefässcn dasselbe eingedickte Blut wie in
Lebervenen.
Netz und Schlingen des Dünndarms wie verklebt durch lange Fäden ziehenden Schleim. Serosa des
Dünndarms geröthet, die des Dickdarms nicht.
Nieren klein, etwas bleicher, Rinde nicht verbreitert, Grenze zwischen Rinde und Pyramiden nicht ganz
deutlich,
Harnblase contrahirt, ein paar Tropfen gelblichen Urins enthaltend.
Magen in seinem Fundusantheile etwas gebläht, daselbst die Schleimhaut in Jvilten gelegt und geröthet,
erfüllt \-on grau-grünlichem, schleimigen, bröckligen hihalte. Schleimhaut der Pylorusgegend zeigt
Andeutung von Etat mamellonne.
Die Schleimhaut des Duodenum ist mit reichlichem, grünlichgrauen, lockeren Schleim bedeckt,
geschwollen, gelockert, rosenroth.
hn mittleren und oberen Theile des Jejunum findet sich etwas mehr Schleim, der der Schleimhaut
ctw-as fester anhaftet.
Schleimhaut des Jejunum ist sehr stark geschwollen und gelockert, mit Schleim bedeckt, gleichmässig
rosenroth. Die Schleimhaut des Ileum ist stark geschwollen und gelockert, stark verschleimt und intensiv
fleckig geröthet, die Plaques sind nicht besonders verändert, auch nicht die mesenterialen Lymphdrüsen.
Im unteren Ileum reiswasserähnlicher Inhalt, untermengt mit grünlichen, der Schleimhaut leicht
anhaftenden Schleimflocken.
Im Dickdarm flüssige, grünliche Massen enthalten. Schleimhaut im Allgemeinen gelockert und stark
verschleimt, rosenroth, im Colon descendens intensiv fleckig geröthet.
Histologischer Befund.
1. Niere. Das Epithel der Harncanälchen der Tubuli contorti ist niedrig, die Harncanälchen sind
erweitert. Die Epithelzellen sind zum Theile mehr gleichmässig mit Eosin gefärbt, zum Theile fein granulirt,
wie wenn Fetttröpfchen darin liegen würden, die Epithelgrenzen sind oft undeutlich oder verschwunden. In
den Harncanälchen liegen fein granulirte Massen, ebenso zwischen Knäuel und Kapsel der Glomeruli. Die
Glomeruli sind blutreich. Desgleichen sind die Gefässe und Capillaren sowohl der Rinde wie des Markes
stark erweitert und mit Blut gelullt.
2. Herz. Die Muskelfibrillen sind manchmal wie angeschwollen, die Querstreifung fehlt stellenweise.
Die Kerne der Muskelzellen sind gut färbbar.
Entsprechend der Conservirung in Müller-Formol lassen sich feinere Zeichen der Degeneration nicht
nachweisen.
Cholera.
Männliches Cadaver, \Q2 an lang, von kräftigem Knochenbau, gut entwickelter Musculatur, guter
Ernährung. Todtenstarre stark ausgeprägt, Todtenflecke diffus an den abhängigen Partien. Gesicht ver-
fallen, Hornhäute getrübt, Conjunctiven blutarm, ebenso die Lippenschleimhaut. Zähne erhalten und gesund.
Hals lang, kräftig, Thorax lang, breit, gut gewölbt, Abdomen im Niveau des Thorax.
Weder am Halse noch in den Achselhöhlen, noch in inguine auffällig veränderte Drüsen tastbar.
Im oberen Drittel des linken Unterschenkels eine 2 cm lange, 1 cm breite, mit Blutkrusten bedeckte Ex-
coriation, zwei ähnlich beschaffene an der rechten Tibia.
Die weichen Schädeldecken fett- und blutarm. Schädeldach länglich-oval, IS'/a"" im Längs-, 12'/2 im
queren Durchmesser, 51 cm im Umfange messend, symmetrisch. Schädelknochen bis zu 8«/;» dick, Diploe
erhalten, Innenfläche glatt, glänzend, seine Nähte vorhanden. Im Sichelblutleiter geringe Mengen von Fibrin-
gerinseln. Dura mater gut gespannt, glatt. Die Meningen an der Gehirnbasis imd Convexität zart, ziemlich
lienkschrifteii der m.ithem.-n.iturw. Cl, LXVI. I'.J.
47G 1!. AIhrecht iiiid A. (Hioii,
bkiti-eich, Clelasse iin der Basis zai't und enge, Rinde L;leichni;issig breit, graunitli, tlas weisse Marklager vun
zahlreichen Blulpunkten durchsetzt, teigig. X'entrikel nicht erweitert, K.pendym zart, glatt. Stammgangiien,
Kleinhirn, Medulla, Pons ohne pathologische X'eränderungen.
Zwerchfellstand beiderseits am unteren Rande der vierten Rippe.
Die Lymphdrüsen zu beiden Seiten des Halses flach, gelblich, nicht vergr(')ssert, ziemlich derb.
Schilddrüse nicht vergrössert, ziemlich blutreich, gekörnt.
Tonsillen prominent, zerklüftet, am Durchschnitte saftreicher, Schleimhaut des Pharyn.x und des
Larj'nx blutreicher. Die Follikel an der Pharynxwand und am Zungengrunde ziemlich derb, prominent.
Linke Pleura zart, glatt, sehr klebrig. Die linke Lunge allenthalben lufthaltig, hellroth, blutreich. Dieselben
W'ihältnisse an Pleura und Lunge auch rechts, nur erscheint hier der Unterlappen stärker blutreich.
Herzbeutel mit dem Herzen durch bindegewebige Membranen xerwachsen und schwer ablösbar. I^Iei-z
nicht \-ergrössert, Epicard über dem rechten Ventrikel kleine pimktförmige, über dem linl<en X'entrikel
grössere confluirende, schwarzrothe Blutausti'itte zeigend.
Ductus thoracicus nicht verändert.
•Schleimhaut des Ösophagus blutarm, die Trachea und die Bronchien mit schaumiger Flüssigkeit erfülli,
etwas blutreicher. Die Drüsen an der Bifurcation grösser, blutreicher, saftiger.
Das Peritoneum allenthalben lebhaft injicirt, sehr klebi'ig, wie mit fadenziehendem .Schleim bedeckt.
Leber vergrössert, ihre Ränder etwas plumper, Kapsel zart, ObertTäche glatt, auf der Schnittfläche die
acinöse Structur vollständig \-erwischt, Parenchym lehmfarben, stellenweise gefleckt, brüchig.
Gallenblase prall gefüllt mit dunkler, zäher Galle, ihre Schleimhaut nicht verändert.
Milz 13 cm lang, 6^/2011 breit, Sein dick, ihre Kapsel nicht x'erdickt, etwas gerunzelt. Auf dem Durch-
schnitte nicht erweicht, Pulpa nicht \-orquellend, F'ollikel \'orspringend, Trabekel erhalten.
Nebennieren etwas blutreicher.
Niei^en plumper, Kapsel zart, Oberfläche glatt, Stellulae Verheyni deutlich injicirt, die Rinde etwas
breiter, gelb gestreift, Glomeruli vorspringend, Pyramiden blutreicher. Schleimhaut des Nierenbeckens
stärker geröthet.
Blase fast leer, Schleimhaut blutarm.
Pankreas gelblichweiss, derb gekörnt.
Der Magen enthält spärliche gallig gefärbte Massen, seine Schleimhaut ist gelockert, auf der HiWie der
Falten injicirt.
Das Duodenum enthält i-cichlich gallig gefärbte Chymusmasscn. Seine Schleimhaut stärker injicirt,
geschwollen, gelockert.
Der Dünndarm, besonders das Ileum, enthält reichlich weisslichgraue, dünnflüssige Massen, seine
Schleimhaut bedeckt mit reichlichen schleimigen Flocken, die Plaques und die Follikel springen vor und
sind stark geröthet.
Ähnliche Veränderungen finden sich auch am Dickdarm.
Die Lymphdrüsen des Mesenteriums sind etwas grösser, doch flach, gelblich, ziemlich derb, am Durch-
schnitte wenig saftreich. Die Lymphdrüsen in der rechten Inguinalgegend sind nicht vergrössert, flach, ein
wenig saftreicher, die in der linken grösser, namentlich die oberflächlichen, derb, stellenweise geröthet. Die
Lymphdrüsen in den beiden Achselgruben über bohnengross, etwas weicher, auf dem Dm-chschnitte saft-
reicher imd stärker geröthet.
Histologischer Befund.
L Niere. Die Epithelzellen der Hai'ncanälchen sind gross und angeschwollen, ihr Protoplasma enthält
vielfach ungefärbte Tröpfchen, ihr Kern ist gross und blass, die Harncanälchen sind nicht erweitert, jedoch
vielfach mit hyalinen Cylindern ausgefüllt, in den Glomeruli befinden sich zwischen Knfiucl 'und Kapsel
feinkörnig geronnene Exsudatmassen. Kein übermässiger Blutgehalt des Organes.
Bculciipcst. II. Patlioloiiisch-analouiisclicy Bericht. 477
2. Dünndarm, 3 Stücke. Sanimtliche Zotten sind des Epithels entblösst. Das Epithel ist nehst zahlreichen
Leukocytcn in ziemlich reichlichen Schleimmassen suspendirt, die in manchmal ziemlich breiter Schichte die
eigentliche Schleimhaut bedecken und in zusammenhängender Schichte überziehen.
Das Schleimhautgewehe zwischen den Lieberkühn'schen Krypten ist ebenso wie die Darmzotten ausser-
ordentlich zellreich, wie inliltrirt \'on meist mononucleären Leuküc\'ten. Die Epithelzellen der Lieber-
kühn'schen Krypten zeigen, soweit sie erhalten sind, jedenfalls keine besondere schleimige Degeneration,
indem man fast nirgends Becherzellen sieht, vielmehr sind die neben einander stehenden Epithelzellen von
einander kaum abgrenzbar und ihr Protoplasma färbt sich mit Eosin schön roth.
In einem der Präparate ist ein Peyer'scher Plaque enthalten. Die Keimcentren sind sehr gross. In einem
besonders grossen Keimcentrum sind die Zellen schlecht abgrenzbar, die Kerne sind schwach gefärbt,
bläschenartig. An der Peripherie desselben finden sich massig zahlreiche \-erschieden grosse, aber immer
kleine, stark mit Hämalaun gefärbte Körnchen (Kerndetritus), blass mit Eosin gefärbte Schollen.
Die Blutgefässe und Capillaren sind stark erweitert und mit Blut gefüllt.
Die Endotheiien der Lymphgefässe zwischen den beiden Darmmuskelschichten sind sehr gross, ihr
Protoplasma ungleichmässig mit Eosin gefärbt, deutlich granulirt.
In Präparaten, die in derselben Weise nach Unna gefärbt wurden wie die der Pestleichen, erscheinen
die Cholerabacillen deutlich, aber blassblau gefärbt.
Man sieht in diesen Präparaten in den Schleimmassen und dem Zelldetritus zwischen den Darmzotten
und innerhalb des Drüsenlumens der Lieberkühn'schen Krypten zahlreiche Cholera- Vibrionen, in geringerer
Anzahl daneben gerade, plumpe Stäbchen, die sich viel intensiver blau gefärbt haben, und vereinzelte
Haufen von ebenfalls stark gefärbten Coccen von verschiedener Grösse.
In beiden Cholerafällen gelang es uns durch die bacteriologischc Untersuchung den
\'ibrio cholerae asiaticae Koch im Darminhalte sow(.)hl culturull als auch mikroskopisch
nachzuweisen.
62"
478
hl. Albrcclit nihi A. O/ioii,
Tabellarische Übersicht der zur übduction g-ekommenen Pestfälle.
N a m (
Goschlecht
Alter
Beschäftigung
Krank-
heitsdauer
in Tagen
Anatomische
l'urm der Erkrankung
Niininie
Bhavoo Sadu
Kondi Krishna
Sacoo Cumbla .
Dhondu Saddoo
Bhagee Yemma
Vislnu Sakharam
Francis Xavier
Desouza . .
Rama Jewa
Dhoru
Ittoo Koosaba
Lumba Bahojee
Shewa Appa
Bageerathi . .
Bhagu
Moorar Ramjee
Chiwa Makan
Phankoo Natto
Bayio Aranjee
Gopall Laximon
Laximon Govint
Arjoon Teelu .
Bolkrishne Tatia
Dogdu Laximon
Bayo
Jajrow Sookhlal
Mann
Diener
Kutscher
Weib
50
Fabriksarbeiterin
Mann
Weib
35
ohne Beschäftigung
Mann
45
Kupferschmied
Mann
(Portugiese)
18
Mann
25
Fabriksarbeiter
Mädchen
Mann
3
30
Fabriksarbeiter
Knabe
Mann
Weib
35
30
Fabriksarbeiter
lö
Fabriksarbeiterin
ohne Beschäftigung
Mann
45
Mädchen
30
5
3 (?)
Weib
Mann
25
40
Fabriksarbeiterin
Fabriksarbeiter
14
Diener
40
Fabriksarbeiter
Weib
35
30
40
Fabriksarbeiterin
Mann
Kutscher
Primärer Bubo d. rechten Halsseite. R. F.
linken
L. M.
M.
M.
M.
rechten und linken
Halsseite. M.
linken Axilla. R. P.
rechten
R. P.
» » linken
R. P.
» ■' rechten
L. M.
linken
.M.
rechten »
R. P.
linken
M.
rechten
R. P.
M.
linken »
R. P.
M.
rechten >
und Cubita. L. M.
rechten .Axilla. M.
Prim. Bubo d. linken Inguinalgegend. R. P.
M.
R. P.
rechten
R. P.
» >
R. P.
linken
R. P.
1/IX.
2/XV.
3/XXI.
4/XXII.
5/XXX.
6/XLVI.
8/XIII.
9/XXIlI.
10/XXIX.
1 l/XXXI.
12/XXXIV.
13/XXXVI.
14/xxxvni.
15/XL.
Ißj-XLII.
17/XLV.
I8/XLVIII.
19/XLIX.
20/11.
21/lV.
2/V.
23/VI.
24/VII.
25/Vm.
Bculcupcst. IL Pci/Iio!og!Sch-üiuifoiii/Siiier Bericht.
470
Name
Geschlecht
Alter
Beschilftigiing
Krank-
heitsdauer
in Tagen
Anatomische
Form der Erkrankung
Nummer
Gajanam Venayak
Mahadia Khristna .
Rama Mahadu
Rugha Gangha .
Suckaram Gookaram
Bably Arjoon . . .
Badhloo
Dhondu Appa
Bala Ishram . . .
Dajee Vittu Sawant
Sonoo Rama
Khuman Suhl
Bhania Kura
Sukubai
Boodhu Chundun
Mann
30
Tischler
Fabriksarbeiter
25
Begari
55
50
Hausdiener (Hamal)
n
Mali (?)
Fabriksarbeiter
40
Wäscher
40
Fabriksarbeiter
Prim. Bubo d. rechten Inguinalgegend. M.
» linken
R, P.
» » rechten
M.
M.
R. P.
linken
R. P.
R. P.
rechten
R. P.
30
45
Gärtner
Weib
Mann
Mathias Fernandez
Durguh Bj'ahu .
Kristna Joti
Janki Aoyojo
Ramchandra
Doorghu .
Govind Pandoo . .
(Portugiese)
Weib
Mann
Weib
Mann
26
25
45
50
60
19
35
35
Fabriksarbeiterin
Kellner
Fabriksarbeiter
10
M.
» » Unken
R. P.
» » rechten
R. P.
linken
R. P.
rechten
M.
Primäre Pestpneumonie. R. P.
R. P.
R. P
Kein primärer Bubo. Allgemeine
Drüsenschwellung. R. P.
2(?)
42
Kein primärer Bubo. Allgemeine
Drüsenschwellung. M.
Kein primärer Bubo. Allgemeine
Drüsenschwellung. M.
Pestmarasmus.
.\moebendysenterie mit Leberabscessen.
- Secundäre Septicämie durch Eitercoccen
nach Exstirpation des primären Bubo.
Secundäre Septicämie durch Eitercoccen
nach E.xstirpation des primären Bubo.
.\ninerkung: R. P. = Reine Pcstinlcction.
.M. = Misch- (Secundär-)Inlection.
L. .M. = Localc Misch- (Secundär-)lnrection.
26/X.
27/XIV.
28/XVI.
29/XVIII.
30/XIX.
31/XXIV.
32/XXVII.
33/XXXII.
34/XXXV.
35/XXXVlI.
36/XXXIX.
37/XLI.
38/LI.
39;XI.
40/XXXIII.
41/XLIII.
42/XLIV.
43/XLVII.
44/L.
4ö/xn.
46/XXVI.
47;'XVI1.
48/XX.
AHO //. Alhrcilil iiinl A. ('.Inui,
Zusammenfassung unserer anatomischen, histologischen und bacteriologischen Befunde
bei der Pest des Menschen.
1. Allgemeine Leichenveränderungen.
W'as die Zeit des Totleseintrittes betrifft, so schwankt diesell^e l^ei den 41 zur Obdiiction gelangten
Pestfällen, die im acuten Stadium verstorben waren, zwischen 2 und 15 Tagen. Es erfolgte der Tod nach
einer Krankheitsdauer
von 2 Tacfen in 3 Fällen
»
•i
»
»
o
»
»
4
»
»
10
»
»
5
»
»
5
»
»
6
»
»
3
»
»
7
»
»
5
»
»
8
»
»
3
.^
>>
9
10
»
»
1
1
Falle
»
»
11
»
>.
1
»
»
15
»
>•
1
»
nach unbekannter Krankheitsdauer
»
5 Fällen
Summe . 44 Fälle.
Wie die vorstehende Tabelle zeigt, trat der Exitus bei den meisten innerhalb der ersten 8 Tage ein
und innerhalb dieses Zeitraumes weist der IV. Krankheitstag die grössten Zahlen auf. Schijn um die Hälfte
kleiner ist die Anzahl der Fälle, die am 3., 5. und 7. Krankheitstage verstarben.
Bemerkt sei, dass bei allen zur tabellarischen Verwerthung herbeigezogenen Fällen der Beginn der Er-
krankung durch genaue, verlässliche .Anamnese von Seite des Klinikers festgestellt war. Was jene 5 Fälle
mit unbekannter Krankheitsdauer anbelangt, so lässt sich mit Bestimmtheit aussagen, dass sie im ganz
acuten Stadium, also innerhalb der ersten Tage (höchstens 8 Tage) verstorben waren. Dazu kommt noch
die verschwindend kleine Anzahl \-on 4 Obductionen, welche Fälle betrafen, die entweder einem Pest-
marasmus — in 1 Falle nach 42, im 2. nach 52 Tagen — oder einer im .\nschlusse an die Pestinfection
hinzugetretenen Krankheit erlagen.
Entsprechend dem Umstände, dass in den meisten Fällen der Tod zur Zeit der höchsten Entwicklung
der Krankheitsyptome und unter hohem Fieber erfolgt ist, müssen die äusseren Zeichen des eingetretenen
Todes bei der Pest beurtheilt werden, und es sollen im Nachstehenden zunächst nur die oben angefl^ihrten
44 acuten Fälle berücksichtigt werden.
Die Todtenflecke sind sehr x'erschieden reichlich entwickelt, und zwar umso weniger reichlich,
je mehr der hämorrhagische Charakter der Krankheit ausgebildet ist. Manchmal fielen sie durch ihre
dunkle Farbe auf, entsprechend der dunklen Farbe des Blutes Pestkranker und -Leichen, doch nie in dem
Grade, da.ss man davon die Bezeichnung »schwarzer Tod^ hätte ableiten können. Im .A.llgemeinen waren
sie oft recht schwer wahrnehmbar in Folge der dunklen Hautpigmentirung vieler Hindu. ^
Die Todtenstarre ist im .Allgemeinen stark entwickelt. Wir konnten in einem Falle ungefähr
1 Stunde post mortem, nachdem der Verstorbene direct aus dem Krankenzimmer auf den Obductions-
tisch gebracht worden war, und in einem anderen Falle 2 Stunden post mortem starken Rigor mortis
Bciilciipcs/. Ff. Patliologisch-anüfoniischcy Bcriclif. 481
constatircn. Jedoch ist dieses frühe und starke Eintreten der Todiienstarre keineswegs die Regel, wir sahen
dieselbe auch nach 4 und 5 Stunden nur schwach entwickelt. Auch konnten wir nicht bemerken, dass sie
besonders lang anhielte; in einem Falle reiner Pestinfection sahen wir sie nach 20 Stimden post mortem ganz
gescliwunden und ein anderes Mal, ebenfalls bei reiner Pestinfection, nach 22 Stunden nur an den unteren
Extremitäten stark ausgesprochen. Ausser diesen beiden Fällen fehlt ims eine Erfahrung über das VerJialten
der Todtenstarre in späterer Zeit, da wir die meisten Sectionen wenige Stunden nach eingetretenem Tode
\-ornahmen, wo dieselbe noch stark entwickelt war. Manchmal war der Rigor mortis aber schon nach 8
oder 12 bis 15 Stunden vollständig x'erschwunden, und zwar konnten wir immer dann ein derartiges \-or-
zeitiges X'ersch winden der Starre beobachten, wenn es sich nicht um reine Infectionen mit dem Pest-
erreger, sondern um Mischinfectionen, durch einen anderen pathogenen Mikroorganismus bedingt,
handelte. Auch die Fäulniss war in solchen Fällen immer eine mehr oder weniger vorgeschrittene. Im All-
gemeinen war es staunenswerth, wie lange sich die Pestcadaver in Bombay in frischem Zustande erhielten.
Für raschen Eintritt der Fäulniss wären jedenfalls zwei Bedingungen \'on vorneherein gegeben gewesen,
nämlich die grosse Hitze und der septische Charakter der Pest. Was erstere betrifft, so wurde ihr Einfluss
wohl dadurch aufgehoben, dass man die Cadaver der frisch \'erstorbenen niclit in geschlossenen Räumen
unterbrachte, sondern sozusagen auf freiem Felde beisetzte, nämlich auf einem kleinen Platze, der noth-
dürftig \-on Bambusmatten umgeben und bedeckt, dem immer streichenden Luftzuge gut zugänglich war,
also unter Bedingungen, die eher EintrocJ\nung als Fäulniss förderten. Dazu kommt, dass die Pest, im
Gegensatze zu anderen septisch-pyämischen Erkrankungen sicherlich die Fäulniss der Cadax'cr nicht
beschleunigt, ja dieselbe eher \erzögert. Denn wir sahen wiederholt trotz der enormen Hitze bei
Cadavern, wenn es sich um reine Pestinfection handelte, keine \'erwesungserscheinungen selbst nach
20 Stunden post mortem.
Geradezu pathognostisch für das Vorhandensein einer Mischinfection, besonders durch Strepto-
coccen, war aber die vorgeschrittene P'äulniss und das rasche \'erschwinden der sonst sehr stark
ausgesprochenen Todtenstarre nach \'erhältnissmässig kurzer Zeit, so da.ss wir bald, gleichsam schon \'on
weitem, eine solche diagnosticiren konnten. Auch bei den bacteriologischen Untersuchugen der Leichen-
i)rgane zeigte es sich, dass die postmortale Einwanderung \-on Bacterium coli oder irgend welchen Sapro-
phyten eine äusserst massige war und sich jedenfalls innerhalb derselben Grenzen hielt, wie unter gewi'ihn-
lichen europäischen Verhältnissen. Auch die zur histologischen Untersuchung aufbewahrten Organstücke
Hessen sich sämmtlich in ausgezeichneter Weise conserviren.
Zu wiederholten Malen bekamen wir Leichen zur Obduction, denen während der Naciit \'on Schakalen
Nase, Ohren und Theile der Gesichtshaut und -Musculatur abgefressen worden waren.
2. Äusseres Integumentuiii.
Die häufigste Veränderung der aligemeinen Decke besteht in multiplen Hauthämorrhagien. Sie
sind bald nur stecknadelkopfgross, bald erreichen sie eine Grösse von mehreren Centimetern im Durchmesser.
Grössere, weit ausgedehnte und isolirte Hautblutungen haben wir nicht gesehen, so dass der Name »schwarzer
Tod« in diesem Sinne auf die Pest im Bombay im Jahre 1897 wohl nicht passt. Manchmal sind sie zahllos
über den ganzen Körper zerstreut, in der Regel aber nur auf einzelne Theile, z. B. obere Extremitäten, Hais,
Schulter oder Kopf beschränkt, häufig gerade in der Umgebung eines primären Bubo. Ungemein häufig
findet man sie zerstreut in den weichen Schädeldecken, sowohl in ihren \'orderen wie in ihren hinteren
Antheilen. .Sind sie sehr klein, so kann ihre L'nterscheidung von jenen kleinen, häutig auch multiplen Blut-
austritten, die nach Mosquitostichen entstehen, schwer oder unmöglich werden. Grössere und tiefergehende
Hautblutungen sind sicherlich häufig traumatischer Natur, \on den Pestkranken gelegentlich der Flucht-
versuche in den Delirien erworben. Man findet dann über denselben, besonders an der Haut der Knie-
scheiben, der Schienbeine, der Fussknr)chel oder der Stirne u. s. f., frische oder vertrocknete Excoriationen,
die dann eine Untei-scheidung ermiiglichen.
482 II. A I h r c c h I ii in! A. Ghnii,
Mikroskopiscli xcigt sich, dass bald das Coriiim ganz frei von Pjlulauslrillcn ist und nur die Spalten des
subcutanen Binde- und I'^ettgewebes mit Blut erfüllt sind, bald die Blutung die Coriumpapillcn inliltrirt. Das
F.pithel ist dabei intact; nur in einem Falle (3tJ/XIX.) zeigte sich dasselbe von den Blutmassen durchbrochen
imd mit Blutkrusten bedeckt. Dieliämorrhagien sind reich an polynucleären Leukocyten, die gelegentlich auch
feinen Körnchenzerfall ihrer Kerne zeigen. Die Bündel des Bindegewebes sehen mitunter wie aufgequollen,
fast homogen aus und in einem Falle zeigten die Gefässwände die Zeichen frischer hyaliner Degeneration
hl jedtir der zur Untersuchung verwendeten Hauthämorrhagie fanden sich Pestbacillen, manchmal sogar sehr
reichlich, nur in einem Falle, der eine Mischinfection betraf, nur Diplococcen (Diplococcus pneumoniae).
Vergleicht man die bacteriologischen und histologischen Befunde von Blut und Milz in den einzelnen
Fallen mit der Rcichlichkeit der multiplen Hauthlutungen, so muss auffallen, dass sich letztere immer dann
reichlich oder zahllos vorfinden, wenn auch Blut und Alilz reichliche Mengen von Pestbacillen aufweisen
und wenn überhaupt im einzelnen Falle der hämorrhagische Charakter der Krankheit sehr ausgesprochen
ist. Diese äusserlich sichtbaren multiplen Hautblutungen sind dann eben nur eine Theilerscheinung dieser
so häufig exquisit hämorrhagischen Bacteriämie. Sie sind zweifellos unter die embolischen zu rechnen,
wenn sich auch kein das Gefässlumen \'erstopfender Bacterienembolus wie bei anderen findet. Dass sie
nicht — ebensowenig wie die übrigen zahlreichen Blutungen bei der Pest, auf welche wir im Folgenden
noch wiederholt zurückkommen werden — rein toxischer Natur sind, beweist der Umstand, dass sich im
Allgemeinen in allen jenen Fällen, wo nin- wenig oder keine Pestbacillen im Blute kreisen, auch nur wenig
Hämorrhagien finden oder ganz fehlen.
hl einem Falle (S/XIII) ist es, sicherlich im Anschlüsse an Blutung und reichliche Überschwemmung
von Pestbacillen, zur Ausbildung eines pustuir)s-hämorrhagischen Infiltrats in der Haut der Hand
gekommen.
Eine andere von Alters her bekannte und immer wieder in Zweifel gezogene Veränderung der Haut
bei der Pest ist die Bildung von Carbunkcln. Wir hatten nur drei Mal (im Falle 24/VII, 3Ö/XXXVII und
18/XLVIII) Gelegenheit, derartige Hautaffectionen an der Leiche zu sehen und sie genauerer Untersuchung
zu unterziehen, zu verschiedenen Malen beobachteten wir sie an Patienten. Sie stellen ziemlich umfängliche
bis 8 cm im längsten Durchmesser messende, rundliche und prominente Hautinfiltrate vor, die einen
erhabenen, derb infiltrirten Wall besitzen. Im Centrum ist das Epithel gewöhnlich blasenartig abgehoben,
die so gebildete Blase mit trübem, röthlichen Exsudate gefüllt. Platzt die Blase und fliesst ihr sehr bacillcn-
reicher Inhalt aus, so schrumpft das \'ertrocknende Epithelhäutchen (wie bei jeder anderen derartigen,
exsudativ-entzündlichen Epidermisblase) zusammen, und es liegt ein saftiges, feuchtes, lebhaft roth und gelb
geflecktes und gesprenkeltes Corium, einen Geschwürsgrund bildend, bloss (vergl. Tafel IV).
Am Durchschnitte ist das Corium und das subcutane Fett- und Bindegewebe in mehrere Centimeter
dicker Schichte derb und starr von saftigem, gelblichen und eiterähnlichen Exsudate in ziemlich weiter
Strecke infiltrirt und \'on zahlreichen kleinen, pimkt- oder streifenförmigen Blutungen diu'chsetzt, so dass das
Ganze ein eigenartig bunt gesprenkeltes Bild bietet. In weiterer Umgebung und allmälig abnehmend
findet sich dann ein sulzig-gelbliches Ödem. Mikroskopisch zeigt sich ausser zerstreut stehenden Blutungen
eine enorm reichliche Infiltration der subcutanen Gewebsschichten von meist polynucleären Leukocyten,
ganz ähnlich wie bei einer Phlegmone, und von Pestbacillen, in grossen, dichten Rasen angeordnet. Die
Bündel des collagenen Bindegewebes sind vielfach homogen aufgequollen oder in Bruchstücke zerfallen,
nekrotisch. Die Kerne der Leukocyten des eiterigen Exsudats zeigen vielfach feinkörnigen Zerfall und die
Blutgefässe besitzen verbreiterte homogene Wand mit eigenartigen Gerinnungen in ihrem Lumen, worauf
später ausführlich zurückgekommen werden soll.
In der Peripherie eines solchen Carbunkels, wo die Infiltration weniger reichlich ist, erscheint das Binde-
gewebe \-on homogen oder feinst granulirt geronnener Ödemflüssigkeit auseinander geworfen und von sehr
zahlreichen basophilen Granulazellen durchsetzt. Plbrin ist ausserordentlich spärlich nachweisbar. Interessant
sind die Veränderungen am Epithel, die in \ielen denen bei Variola gleichen. Das massenhaft gegen die
C)bei-fläche zu \-ordringendc pA'sudat hebt eine \dm F^pithel gebildete, meist centra' gelegene Blase ab und
Bciilciipcsf. IL Piilhologitich-mmtouüsclicr Bcriclü. 483
zwar wird entweder das ganze Rele Malphit^ii liiezii \erwendet oder es bleibt die pit;nientirtc Bcisalzellen-
scliichte im Zusammenhani;e mit dem Corium.
Zwischen der Decke und dem Grunde der Blase spannen sich nun tacherfi'H-mig zahlreiche in die
Länge ausgezogene und zum Theile hnmogen gewordene F.pithelzellen, so dass namentlich an der Peri-
pherie einer solchen Hautblase rundliche, xon ungemein bacillenreichcr Odemncissigkeit und Leukocj^ten
erfüllte Lücken und Spalten entstehen (vergi. Tafel LX, Fig. 1 und 2).
Pestbacillen und polynuclcäre Leukocyten wandern — wie wir wiederholt nachweisen
konnten — durch die Epithelschichten hindurch an die Oberfläche.
In allen zur Untersuchung gelangten Fällen fand sich sowohl bacteriologisch wie histologisch der Pest-
bacillus in Reincultin- (abgesehen von einigen \-erLmi-einigenden Colonien).
An der Leiche sahen wir einen derartigen Carbunkel einmal in der Bauchhaut in der Nähe des
Nabels (:£4/VII), einmal in der Cubita über einer in einen Bubo \erwandelten oberflächlichen Cubital-
lymphdrüse des rechten .Armes (18/XLVIII, vergl. Tafel III) und bei demselben F"alle gleichzeitig einen
zweiten Carbunkel am linken \'orderarm und einmal in der Gegend des Malleolus internus des Unter-
schenkels (35/XXXVII).
Eine kurze besondere Besprechung erfordert jener Fall (18/XL\'I1I, Taf. \'II, Fig. 3 und 3a), wo sich ein
Carbunkel über einer oberflächlichen, von Pest inficirten Lymphdrüse entwickelt hat. Seine Entstehung ist
durch die directe Fortsetzung der schweren Entzündung, von welcher die oberflächliche cubitale Lymph-
drüse und ihre Umgebung ergriffen ist, erklärlich.
Gewiss kommen derartige Carbunkel öfters über solch' obertlächlich sitzenden, bereits intensiv ent-
zündeten Lymphdrüsen vor, also namentlich in der Inguinalgegend, wenn nicht der Eintritt des Todes ihre
Ausbildung verhindert. Damit ist auch gleichzeitig gesagt, dass ihre Entstehung als secundär zu denken
ist, dass also solche Carbunkel nicht als Primäraffect aufzufassen sind, sondern sich gleich-
sam secundär über primären Bubonen entwickeln können.
.Schwieriger ist die primäre oder secundäre Natin- anderer Carbunkel zu entscheiden. Der Fall 18/XL\'I1I
gibt diesbezüglich einen guten Fingerzeig, indem sich hier neben dem in der rechten Cubita über der schwer
von Pest inficirten Lymphdrüse sich befindlichen Carbunkel ein zweiter am linken \'orderarme findet, der
viel kleiner ist und sich nach dem klinischen Befunde erst später entwickelt hat, und zwar ohne intensive
Betheilung der linksseitigen cubitalen und axillaren Lymphdrüsen. Derselbe ist zweifellos secundärer, d. i.
metastatischer Natur, auf dem Wege der Blutbahn entstanden.
Die beiden anderen von uns an der Leiche beobachteten Carbunkel (Fall 24/VIl imd 35/XXX\'II) finden
sich jedesmal im Bereiche des primären Bubo, d. h. innerhalb jenes Hauptbezirkes, dessen Lymphge fasse in
die zu einem primären Bubo umgewandelte Lymphdrüsengruppe münden, ein LTmstand, der \-on \-orneherein
dafür sprechen würde, dass diese Carbunkel einen Primäraffect x'orstellen.
Genauere Erwägungen lassen aber diese .Annahme für eine gewisse Gruppe \on Fällen, zu denen auch
der in der Nabelgegend beobachtete gehört, als nicht wahrscheinlich erscheinen. Zimächst konnten wir mit
.Sicherheit bei Patienten constatiren, dass sich ein solcher Carbunkel erst später, nach der Aus-
bildung eines typischen Bubo irgendwo entwickelte.
Ferner kann für jene P'älle von Carbunkeln in der Nähe des primären Bubo die Möglichkeit nicht von
der Hand gewiesen werden, dass sie durch sogenannte regionäre Metastasirung auf dem Wege der
Lymphbahnen entstanden sind, zufolge der ja zweifellos in diesen stattfindenden Rückstauung oder viel-
leicht sogar Umkehrung des Lymphstromes. Diese Art der Erklärung muss z. B. für den in der
Nabelgegend beschriebenen Carbunkel herangezogen werden, welche noch durch den Umstand gestützt
wird, dass die axillaren Lymphdrüsen derselben Seite nur in geringem Grade und sicherlich ausschliesslich
metastatisch auf dem Wege der Blutbahn ergriffen sind, was wohl kaum nach der anatomischen Ver-
theilung der Lymphgefässe der Fall sein könnte, wenn das Pestgift primär in der genannten Hautgegend
(Nabelgegend) eingedrungen wäre.
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. LX\'l. Bd. 6*^
484 H. Alhrecht und A. Ghoii,
Was den Carbunkcl am Malleolus internus des rechten Unterschenkels betrifft, so kann für denselben
die gleiche Erklärung herangezogen werden; doch kann er auch miiglicherweise metastatisch auf dem Wege
der Blutbahn entstanden sein, vielleicht auf (Irund eines traumatisch entstandenen Locus minoris resistentia'e.
Jedenfalls spricht seine geringe Ausdehnung und die geringgradige Gewebsveränderung gegen seine primäre
Natur, wenn man die Krankheitsdauer \'on mindestens 7 Tagen berücksichtigt (vergl Tafel X, Mg. 1).
Jedoch soll hiemit keineswegs das Vorkommen echter primärer Carbunkel geleugnet
werden. Jedenfalls sind sie aber ausserordentlich selten, wenn man bedenkt, da.ss weitaus in den me'isten
J'"ällen zweifellos die Infection \-on der Haut aus erfolgt.
Aus dem Vorstehenden ist es erkläriich, dass wir in keinem einzigen Falle mit voller Sicherheit und
ganz einwandsfrei die unmittelbare Eingangspforte des Pestxirus constatiren konnten. Dazu k,,mmt, dass
der Körper der Hindu niederer Kasten ausserordentlich häufig von zahlreichen frischen und älteren Narben,
Riss-, Quetsch- und Schnittwunden bedeckt ist, die nicht nur an den unteren Extremitäten, sondern auch
vielfach am Stamme sich finden und jede Verwerthung der einzelnen unmüglich machen.
Eine Besprechung erfordern noch die Hautveränderungen, welche in der Umgebung jener Lymph-
drüsengruppen entstehen, die, am frühzeitigsten entwickelt, die schwersten Entzündungserscheinungen auf-
weisen, und von uns daher primäre Bubonen genannt werden. Schon für den tastenden Plnger'ist das
cigenthümliche pastüs-weiche Ödem auffallend, das sich bis in weite Umgebung des primären Bubo findet.
Manchmal ist es so reichlich entwickelt, da,ss die Haut sich schwappend anfühlt. Über der eigentlichen Lymph-
drüsengruppe aber fühlt sich die Haut oft bretthart an. In der Regel gelingt es leicht, das Bestehenbleihen
des Fingereindruckes zu constatiren. In einer Reihe von Fällen konnten wir nun beobachten, dass unter enorm
reichlich ausgetretener Ödemflüssigkeit sich Hautblasen abheben, genau so, wie man dies bei einfachem
hochgradigen Hydrops der Haut oft zu sehen Gelegenheit hat. Entweder sind es grössere einzelnstehende,
oder mehrere kleinere, zu Gruppen angeordnet. Ihr Zustandekommen ist wohl mechanisch leicht erkläi-lich'
indem die Ödemflüssigkeit, wenn der Druck ein sehr grosser wird, einfach durch die Gewebe durchgepresst
an die Hautoberfläche tritt, wo sie sich, zurückgehalten von dem widerstandsfähigerem Plattenepithel, in
Form von Blasen ansammelt (vergl. Tafel I und V).
Auf dem Durchschnitte durch derartige Hautpartien erscheint das Ödem in Folge des reichlichen
gelösten Blutfarbstoff-es immer sulzig-gelblich, häufig von vielen kleinen Blutungen durchsetzt. Bemerkens-
werth ist die Ausbreitung dieses Hautödems. Dasselbe ist immer am stärksten entwickelt im nächsten
Bereiche des primären Bubo und breitet sich von diesem Centrum nach der Peripherie hin aus. Besonders
auffallend ist dieses Verhalten an den Extremitäten zu beobachten. So kann z. B. bei einem axillaren Bubo
der entsprechende Oberarm beträchtlich dicker erscheinen als der andere, aber das Ödem und die Hämor-
rhagien nehmen immer an Intensität gegen die Cubita zu ab und sind meistens an derselben begrenzt.
Daneben kann dieses Ödem so reichlich entwickelt sein, dass es sich über die Schulter auf den Rücken und
den Thorax erstreckt, häufig die Medianebene überschreitend und nach abwärts bis ans Darmbein reichend.
Im ganzen Bereiche dieses, natürlich nicht nur auf die Haut im engeren Sinne beschränkten Ödems kr.nnen
sich derartige Blasen vorfinden. Mikroskopisch besteht dieses Ödem aus homogenen oder mehr granulirt
geronnenen Massen, welche wenige zellige Elemente und fast kein Fibrin enthalten. Es ist in der Regel auch
arm an Pestbacillen. Wir konnten im Inhalte der Hautblase oder in der Ödemflüssigkeit wiederholt dann
überhaupt keine Pestbacillen finden, wenn jede hämorrhagische Beimengung fehlte, aber immer reichlich
dann, sowie das Ödem hämorrhagisch war.
Ebenso ausgedehnt wie in dem Beispiele des axillaren Bubo kann dieses Ödem auch bei einem
inguinalen Bubo sein. Nicht nur, dass dadurch der Oberschenkel der betreffenden Seite wesentlich \erdickt
erscheint, setzt sich das Ödem auch auf das Scrotum fort, das oft kindskopfgross \\-ird, und auch in
geringerem Grade selbst auf den Oberschenkel der anderen Seite.
Bei Affectionen der Halslymphdrüsen, sei es primärer oder secundärer Natur, tritt das Ödem in gleich
enorm reichlicher Weise auf Die entsprechende Gesichtsseite erscheint dann \-on dem mehr weniger
weichen Ödem dickgeschwollen, besonders die Parotisgegend; die Gruben des Halses sind verstrichen. An
Beulenpest. IL Pathologisch-anatoiuischer Bericht. 485
dem Ohre oder im Bereiche des Cucullaris linden sich Gruppen von Hautblasen (vergl. Tafel I), und die
weichen Schädeldecken sind zu Folge des sulzigen Ödems bis auf mehrere Centimeter Dicke ange-
schwollen. Auf dieselben Veränderungen soll gelegentlich der eingehenden Besprechung der verschiedenen
Formen der Bubonen noch einmal zurückgekommen werden.
Sehr häufig sind \'eränderungen an den Conjunctiven. Man findet die an Lebenden fast regelmässig
zu beobachtende feine, entzündliche Hyperämie mit starker Schwellung der Conjuncti\'a bulbi et tarsi noch
an der Leiche erhalten. Dieselbe beschränkt sich häufig nur auf ein Auge, zumal dann, wenn die Lymph-
drüsengruppen einer Halsseite oder einer Achselhöhle besonders stark ergriffen sind. Auch reichliche
punktfcu-mige Hämorrhagien gehören nicht zu den Seltenheiten. Dabei sind die Augenlider häufig in Folge der
reichlichen Secretion verklebt, entsprechend den übrigen Erscheinungen einer acuten infectiösen Conjuncti-
\-itis. Sicherlich sind nach unserer Anschauung in diesem Secrete Pestkeime enthalten, wenn wir auch keine
diesbezüglichen Untersuchungen angestellt haben. Aus äusseren Gründen standen wir von der Conservirung
solcher Bindehäute zu histologischen Zwecken ab.
3. Museulatur, Periost, Knochen und Knochenmark.
Die willkürliche Museulatur, besonders die des Thorax, wies in manchen Fällen eine erhöhte Trocken-
heit auf, doch mag es dahin gestellt bleiben, ob dies nicht auf Rechnung des tropischen Klimas und der Art
der verhältnissmässig freien und dem Luftzuge ausgesetzten Aufbewahrung der Leichen zu setzen ist.
Ziemlich häufig sind Blutungen. Sie finden sich am häufigsten in der Bauchmusculatur und
in den Temporalmuskeln.
\'or Allem ist der Musculus rectus abdominis bevorzugt, der auch, ganz ähnlich wie bei Typhus oder
anderen hifectionskrankheiten, schon makroskopisch Erbleichung und den eigenthümlichen, speckartigen
Glanz erkennen liess, welcher der hyalinen oder wachsartigen Degeneration (Zenker) zukommt. Dasselbe
sieht man auch an den Schläfemuskeln, seltener an den schiefen Bauchmuskeln. Auch mikroskopisch ergibt
sich, wenigstens innerhalb der von den ausgetretenen Blutmassen durchsetzten Muskelantheile, das typische
Bild der Zenker'schen Degeneration. Die Blutungen sind reich an polynucleären Leukocyten
und an Pestbacillen in jedem der zur Lhitersuchung genommenen Pralle.
Ausser diesen isolirt, sozusagen metastatisch vorkommenden Muskelblutungen findet man auch die
Museulatur in der Umgebung primärer Bubonen, wie naturgemäss, oft sehr reichlich hämorrhagisch infiltrirt.
Auch das Periost der Knochen weist sehr häufig multiple, isolirt stehende Hämorrhagien auf, die
meistens klein, bis zu 1 cm im längsten Durchmesser, und \'on lebhaft rother F^arbe sind. Sie finden sich oft
in grosser Anzahl im Periost der Schädelknochen, und zwar sowohl des Stirnbeins und der Scheitelheine wie
auch des Occiput.
In manchen Fällen waren sie so reichlich \-orhanden, dass wir schon beim Ablösen der \veichen
Schädeldecken die Diagnose auf schwer hämorrhagischen Charakter des vorliegenden Falles stellen konnten.
Auch im Periost der Rippen haben wir sie in multipler Anzahl beobachtet.
Einige ALaie untersuchten wir Gelenke verschiedener Gegenden, hi keinem Falle sahen wir an der
Gelenkssynovia besondere Localisationen, weder an den einem primären Bubo benachbarten noch an
irgend welchen anderen Gelenken, hnmer schien die Gelenksflüssigkeit in massigem Grade vermehrt zu
sein, sie war stark schleimig, fadenziehend und von gelblicher Farbe. Aber jedesmal fanden wir eine hoch-
gradige lebhafte und diffuse Röthung mit leichter Schwellung der Gelenkshaut. Dementsprechend zeigt
das mikroskopische Bild starke Erweiterung und Blutfüllung der zahlreichen tieferen und oberflächlichen
Gefässschlingen der Gelenkszotten mit leichter Quellung der grossen, epithelähnlichen Zellen, welche die
Oberfläche überziehen. Im Blute der Gefässe und Capillaren fanden sich in den beiden zur histologischen
Untersuchung verwendeten Fällen reichliche Pestbacillen. Culturell ergab sich in dem einem Falle Rein-
cultur \i_in Pestbacillen, im anderen blieben die Aussaaten steril.
63*
486 H. Albi'cclil und A. Glioii,
Die Veränderiin gen des Knochenmarks, lias wir in vier Phallen untersuchten, waren jedesmal nur
geringe. Wir iintei'siichten immer lange Riihrenknuchcn und fanden fleckige Writhiing des Markes an den
epiphj'särcn Knochenenden, während das übrige in Form von normalem P'ettmarke erhalten war. Histo-
logisch zeigt sich das wenig charakteristische Bild, das sich bei vielen Infectionskrankheiten findet; Um-
wandlung in lymphoides Mark konnten wir nicht constatiren. Auffallend war die hochgradige Hyperämie
und der Reichthum an polynucleären Leukocyten. Entweder in den erweiterten Capillaren oder im Mark-
gewebe, und dann meist intracellulär, linden sich reichliche Pestbacillen, desgleichen in den aus dem Marke
angelegten Culturen.
4. Lymphdrüsen und Lymphg-efässe.
Seit langem ist es bekannt, dass bei der Pest vor Allem die Lj'mphdrüsen erkranken, und zwar nicht
nin- die sogenannten äusseren, sondern auch die inneren, und der alte Ausdruck »Bubonen« deutet ebenfalls
darauf hin, dass man unter den Beulen immer angeschwollene Lymphdrüsen verstand und dadurch die
Krankheit als eine Polyadenitis kennzeichnete. Thatsächlich gibt es keine andere acute
Infectionskrankheit, bei der es eine ähnliche multiple Entzündung der Lymphdrüsen gäbe.
Doch schwankt diese entzündliche, vor Allem exsudati\'e und nekrotisirende Affection derselben im Grade
und in der Form ganz ausserordentlich.
Unter den 44 zur Obduction gekommenen Fällen fanden wir nun 38, wo eine bestimmte Lymph-
drüsengruppe in derart hervorstechender Weise verändert war, dass man dieselbe mit Berücksichtigung
des ganzen anatomischen Bildes als primären Bubo bezeichnen musste, d. h. als jene Lymph-
drüsengruppe, wo das Pestvirus am ersten und intensivsten eingewirkt und die hoch-
gradigsten Veränderungen hervorgebracht hatte, und von welcher aus sich das Gift auf
die benachbarten Lymphdrüsen verbreitete. Darin ist ferner der Schluss enthalten, dass
im Bereiche dieser Lymphdrüsengruppe der Einbruch des Pestgiftes erfolgt ist.
Was speciell den Ausdruck "Bubo« betrifft, so sei gleich hier erwähnt, dass wir denselben sowohl für
ein ganzes Paquet veränderter Lymphdrüsen, wie auch für eine einzeln stehende, in Folge der Pest-
infection angeschwollene Lymphdrüse gebrauchen.
Unter den 38 zur Section gekommenen acuten Fällen, bei welchen zweifellos ein primärer Bubo
zu constatiren war, war der Sitz desselben 19 mal in der Inguinalgegend, 13 mal in der Axillar-
gegend und 6 mal in der Submaxillargegend des Halses. In vielen Fällen ist derselbe schon äusserlich
leicht erkennbar. Besonders in der Inguinalgegend wölbt sich oft eine bis über faustgrosse Beule vor imd
die Affection der Halslyniphdrüsen ist durch eine geradezu unförmliche Geschwulst einer Halskupfseite
gekennzeichnet (\-ergl. 'i'afel I und II).
Bei einem axillaren Bubo sieht man ein Seichterwerden oder fast vollständiges Verstreichen der
betreffenden Achselhöhle. Die Geschwulst ist aber niemals eine scharf umgrenzte.
Wie schon bei Besprechung der Haut\'eränderungen her\'orgehoben wurde, ergiesst sich \"on dem
Centrum, das die Lymphdrüsengruppe des primären Bubo bildet, nach allen Seiten hin ein ungemein reich-
liches Ödem, das nicht nur die Haut, sondern auch Fascien- und Muskelschichlen durchsetzt und bewii-kt,
dass der tastende Finger nie den harten Tumor des primären Bubo scharf imd genau nach irgend einer
Richtung hin abgrenzen kann, indem derselbe langsam und allmälig in seine inliltiirte und ödematöse Um-
gebung übergeht. Gerade darin liegt schon bei der einfachen Inspection und Palpation ein für den
primären Bubo ungemein charakterisches Zeichen, das sich an einer metastatisch oder secundär afticii'ten
Lymphdrüsengruppe in solchem Grade nie \or(indet. Dazu kommt noch, dass in Fällen, wo der Bubo gross
und das Ödem sehr reichlich ist, die entsprechende Extremität oder Halsseite ganz auffallend dicker erscheint
als die andere. Auch das Auftreten von Hautblasen oder von kleinen multiplen Hautblutungen in einer
bestimmten Körperregion deutet mit Sicherheit auf den piimären Bubo hin. An den unteren Extremitäten
Bcnlciipcst. II. Pdthologiscli-aiuüoniischcr Bericht. 487
fällt manchmal eine noch in der Todtenstarre erhaltene pathof;nomonische Beugimg im Hüftgelenke der
vom primären Bubo betroffenen Seite auf.
Gewöhnlich zeigt eine ganze Gruppe von Lymphdrüsen, seltener eine einzelne, die einem primären
Bubo zukommenden anatomischen Veränderungen. Dieselben betreffen nicht nur das eigentliche Lymph-
drüsengewebe, sondern immer auch die unmittelbare Umgebung desselben in fast gleichem Grade, so dass
die schweren Entzündungserscheinungen der Lymphdrüsen selbst und des sogenannten periglandulären
Gewebes dem Wesen nach nicht zu trennen sind. Es sei aber hervorgehoben, dass nach unseren
]<■ rfahrungen beide zusammengenommen ein so typisches und charakteristisches Bild
geben, dass man daraus mit Sicherheit die Diagnose auf -primären Bubo« stellen und einen
Schluss auf den Ort der Infection ziehen kann.
Wenn nun ein solcher primärer Bubo — wie es die Regel ist — aus mehreren angeschwollenen
Lymphdrüsen besteht, so lassen sich die einzelnen, in F'olge der über ihre Grenzen hinausreichenden, stark
exsudati\'en Entzündung oft schwer \'on einander abgrenzen. Sie scheinen wie mit einander verwachsen
zu sein, und auf dem Durchschnitte durch ein solches Paquet sind ihre Grenzen nur ganz undeutlich oder
gar nicht wahrzunehmen.
Was die Grösse der einzelnen angeschwollenen Lymphdrüsen anbelangt, so waren die grössten, die
wir zu Gesichte bekamen, wallnuss- bis hühnereigross. Doch ist dieselbe sehr schwankend. Fast immer
finden sich in einem solchen Paquet einzelne Lymphdrüsen, sowohl an der Peripherie wie im Centrum, die
erbscn- und haselnussgross sind, ja, der ganze primäre Bubo kann gelegentlich nur aus kleineren, allerdings
sehr schwer veränderten Lymphdrüsen bestehen. Daher ist auch die Grösse des primären Bubo als solchen
ungemein verschieden. Während die grössten ungefähr mannsfaustgross sind, gibt es Fälle, wo äusserlich
kein Anzeichen zu entdecken ist, das zur Erkenntniss des primären Bubo führen würde,
indem derselbe vor allem Anderen so klein ist, dass ihn weder das Auge noch der tastende Finger mit
Sicherheit nachweisen kann.
Es muss schon an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass in einer Reihe von Fällen gerade bei der
Pest nur die anatomische Untersuchung im Stande ist, eine richtige Beurtheilung des
einzelnen Falles auch in ätiologischer Hinsicht, namentlich hinsichtlich der Eingangs-
pforte, durchzufüliren. Denn \'or Allem können durch dieselbe primäre Bubonen aufgedeckt werden,
von deren Existenz der Kliniker vermöge der minimalen Grösse derselben oder x'ermöge scheinbar gleich-
zeitiger Schwellung verschiedener Lymphdrüsengruppen keine Ahnung hatte.
Makroskopisch betrachtet kommt die Vergrösserung der Lymphdrüsen in erster Linie auf Rechnung
\'on Hämorrhagien. Handelt es sich um Fälle, die nach foudroyantem Verlaufe innerhalb weniger Tage zum
Tode führten, so sind die Lymphdrüsen des primären Bubo entweder ganz oder zum grossen Theile wie
hämorrhagisch infarcirt, auf dem Durchschnitte schwarzroth und etwas granulirt. Diese Hämorrhagien durch-
brechen allenthalben die Kapsel und infiltriren zugleich mit der austretenden ÖdemOüssigkeit das umgebende
Binde- und Fettgewebe, so dass das Ganze ein derbes, hämorrhagisches Paquet \-orstellt. Selbstverständlich
zeigen die einzelnen Lymphdrüsen eines solchen Paquets meist verschiedene Stadien der Fintzündung, und
auch innerhalb einer Lymphdrüse können sie neben einander bestehen. Sehr charakteristisch ist nun eine
Art \'on medullärer Schwellung, die sich bei der Pest sehr häufig auch in primären Bubonen findet. Die
x'ergrösserten Lj'mphdrüsen sind dabei ziemlich hart, indem ihre Kapsel sehr stark gespannt ist. Auf
dem Durchschnitte quillt das Parenchj'm vor und bietet ein sehr buntes Farbenbild, indem der licht-
strohgelbe Grund durch gi-össere und kleinere, punkt- oder streifenförmige, lebhaft rothe Blutaustritte, die
auch N'iclfach mit einander connuiren, gefleckt und gesprenkelt ist. Besonders an der Peripherie der Lj'mph-
drüsen tritt häufig eine feine Granulirung durch kleine, gelbe Knötchen zu Tage. \'on der Schnittfläche
lässt sich immer ungemein reichlicher Saft abstreifen, der häufig durch seine ausgesprochen faden-
ziehende Beschaffenheit auffällt.
Wie schon erwähnt, ist es nun in den einzelnen Fällen sehr \-crschieden, ob diese medulläre Schwellung
der Lymphdrüsen in ihrer so charakteristischen Form erhalten ist, oder ob das ganze Parenchym hämor-
488 H. Alb recht und A. GJion,
rhagisch verstört ist. Letzteres ist hauptsächlich dann der I'"all, wenn sich überhaupt auch in anderen
Organen zahh-ciclic Blutungen linden, dnch Icimnen dieselben auch fast ganz fehlen. In Fällen aber, wo der
Krankheitsverlauf ein etwas protrahirter war, der primäre Bubo also etwas längere Zeit bestand, finden sich
im Centrum der am meisten angeschwollenen und am stärksten hämorrhagischen Lymphdrüsen die Zeichen
beginnender Nekrose. Hier tritt im allmäligen Übergange von der schwarz- oder lebhaftrothen Peripherie
und Umgebung der Lymphdrüsen eine Verfärbung des Extravasates und des Gewebes ins verwaschen
Bräunliche und Röthlichgelbe ein, häutig in marmorirter Zeichnung. Dabei wird die noch mächtig ange-
schwollene Lymphdrüse am Durchschnitte trockener und morscher und glatt, ja, es lösen sich sequester-
ähnlich krümelig-briickelige Massen im Centrum aus dem Gewebsverbande. Auch Einschmelzung oder
Erweichung kann nun weiterhin entweder im Centrum oder in verschiedenen Antheilen der Lymphdrüse
eintreten. Es tritt dann auf dem Durchschnitte aus einer grösseren oder mehreren kleineren, frischen
Cavernen ähnlichen Höhlen dicker, häufig rahmähnlicher, röthlichgelber oder ganz eitergelber Inhalt aus,
der oft nekrotische Gewebsbrockel enthält (vergl. Tafel VI, Fig. 2).
Zum Elint ritte dieser Veränderung ist es aber immer erforderlich, dass der Krankheits-
\- erlauf mindestens 4 — 6 Tage gedauert hat. Währt derselbe noch länger, z. B. 8 oder 9 Tage, so
schreitet diese Einschmelzung weiter, während die schweren Veränderungen in der Umgebung der
Lymphdrüse langsam zurückgehen. Man findet dann das Lymphdrüsenparenchym fast ganz eiterig ein-
geschmolzen, es hat sich ein mit rein gelbem oder etwas röthlichgelbem dicken Eiter gefüllter
Abscess gebildet, der von der fibrösen Bindegewebskapsel der Drüse allseitig umschlossen ist.
Während in den tVüher erwähnten Stadien eine scharfe Unterscheidung zwischen rein nekrotischer
Einschmelzung (puriformer Erweichung) und echter Eiterung nicht zu treffen ist, weil sie thatsächlich neben
einander bestehen, handelt es sich in den späteren Stadien um wirkliche Eiterung, wie auch der
mikroskopische Befund zeigt. Jedoch besitzt der Pesteiter die Eigenthümlichkeit, dass seine Zellen ganz
besonders zum Zerfalle, zur Verfettung neigen, auf welche Eigenschaft bei Besprechung des mikro-
skopischen Befundes noch ausführlich zurückgekommen werden soll.
Wie schon bei der Schilderung der Haut\'eränderungen envähnt wurde, sind die Läsionen in der Um-
gebung eines primären Bubo von wahrhaft imponirender Schwere. Der reichliche hämorrhagische Erguss,
der die Lymphdrüse selbst zerstört, zertrümmert schliesslich allenthalben die Bindegewebskapsel, die ihm
bis dahin Widerstand geleistet hat, und es dringt nun in schweren, schnell zum Tode führenden Fällen ein
Strom frisch ausgetretenen Blutes in das periglanduläre Binde- und Fettgewebe ein, dasselbe starr hämor-
rhagisch infiltrirend.
Diese austretenden Blutmassen breiten sich nun in weitere Gebiete aus und zwar dorthin, wo ihnen
der geringste Widerstand entgegensteht, hautsächlich den Fascienblättern, die die Muskel umscheid en,
folgend und längs der Nervenplexus und innerhalb der Gefässrinnen; so namentlich bei einem primären
axillaren Bubo, wo die Blutung, in massigem Grade abnehmend, meist bis in die Cubita reicht, oder bei
einem primären Bubo des Halses, wo die Blutung längs der grossen Halsgefässe oft bis ins Mediastinum
reicht, zum Theile auch den natürlichen Gesetzen der Schwere folgend.
Hier müssen auch jene eigenthümlichen Venenwandblutungen hervorgehoben werden, die sich in
der LImgebung jedes primären hämorrhagischen Bubo reichlich finden, so dass oft die Wand einer auf-
geschnittenen \'ena jugularis, axillaris oder femoralis gleichmässig schwarzroth suffundirt oder von isolirt
stehenden, lebhaft rothen, kleineren Blutungen durchsetzt erscheint (vergl. Tafel VII, Fig. 2). Zugleich wird
alles von reichlicher entzündlicher Ödemflüssigkeit überschwemmt, die dem Gewebe sulziges, gelbliches
und dadurch höchst charakteristisches Aussehen verleiht.
Ausser dieser enormen Durchtränkung \on Ödemflüssigkeit und Blut zeigt die nächste Umgebung
eines primären Bubo ausnahmslos noch eine andere ebenso charakteristische Veränderung, nämlich
eine mehr starre, weil zellreiche Infiltration. Dieselbe ist nicht nur an der Starrheit des umgebenden
Fettgewebes, sondern auch an der lichtgelben Farbe erkenntlich, so dass sie oft einer ganz frischen,
beginnenden phlegmonösen Infiltration gleicht , und daran , dass man mit dem Messer reichlichen
Rcnlciipcsf. TL Patlwlogisch-anatoiuif^chcr Bericht. 489
trüben Saft abstreifen kann, der aus polj-nuclcären Leukocytcn und zahllosen Pestbacillen besteht. Auch
an einem solchen Infiltrat fällt die eigenthümliche Farbenmischung auf, die durch die zahlreichen lebhaft
rothen, grösseren und kleineren, fleckigen Blutaustritte auf üchtgelbem Grunde erzeugt wird. Besonders das
subcutane Bindegewebe über primären Buboncn ist derartig infiltrirt, aber in vielen l<'ällcn auch das Corium
und am Obernächenepithel zeigen sich die Anfänge der durch das I'.xsudat erzeugten Blasen- respecti\e
Carbunkelbildung, wie dies schon bei den Hautveränderungen beschrieben wurde.
So bietet der primäre Bubo ein ungemein typisches Bild, wenn man die X'eränderungen
an den in denselben einbezogenen Lymphdrüsen und ihrer Umgebung zusammen ins Auge
fasst, das sich nicht nur dem anatomischen Befunde anderer erst secundär inficirter
Lymphdrüsen gegenüber \v<ihl charakterisirt, sondern welches sich auch bei keiner anderen
bekannten Krankheit in ähnlicher Weise wiederfindet.
Aber auch jene Lymphdrüsen, welche sich, normalerweise in das Lymphgefässsj'stem eingeschaltet,
centripetalwärts vom primären Bubo finden, zeigen schwere und ganz bestimmte Veränderungen, welche
zweifellos darauf hindeuten, dass sie direct vom primären Bubo aus und nicht etwa
secundär oder metastatisch vom Blute aus inficirt wurden.
Besonders bei einem inguinalen Bubo tritt die Art der Infection von Lymphdrüse zu Lymphdrüse in
ganz klarer Weise zu Tage. Alan findet hier geschlossene und ungemein vielgiiedrige Ketten angeschwollener
Lymphdrüsen, die sich längs der Vasa iliaca nach aufwärts und weiterhin retroperitoneal längs der Wirbel-
säule hinziehen, ja, man kann die Ketten auch noch bis in die Brusthöhle hinein verfolgen. In manchen
Fällen sieht man dann die hinteren mediastinalen Lymphdrüsen angeschwollen, die dicht gedrängt den
deutlich erweiterten Ductus thoracicus umgeben. So hat man das eclatante Bild einer Polj^adenitis vor sich,
das allerdings nur dann zu Stande kommt, wenn der Organismus dem reichlichen Eindringen der Pestbacillen
in die Blutbahn eine gewisse Zeit lang Widerstand zu leisten vermag, oder wenn die aufgenommenen Bacillen
unschädlich gemacht werden, so dass genügend Zeit vorhanden ist, auf dass diese Form der direct weiter-
geleiteten Lymphdrüsenentzündung zu Stande kommen kann. Freilich bleibt sie häufig genug aus, wenn
alsbald ungeheure Bacterienmassen in die Blutbahn gelangen und der Tod in kürzester Zeit erfolgt. I n
einem solchen Falle findet man ein andere Art der Infection der Lymphdrüsen, nämlich
secundär, vom Blute aus. Man könnte daher die früher besprochenen, gleichsam vom primären Bub
ausgehenden Ketten geschwollener Lymphdrüsen »primäre Bubonen zweiter Ordnung« nennen,
im Gegensatze zu diesen, welche den Namen »secundäre Bubonen« verdienen.
Nicht immer aber nimmt die Infection der Lymphwege vom primären Bubo aus den natürlichen geraden
Weg. Bei einem inguinalen Bubo ist nicht immer nur die eine entsprechende Seite betheiligt, sondern es ist
geradezu die Regel, dass auch die Lymphoglandulae iliacae und sehr häufig auch die inguinalen Lymph-
drüsen der anderen Seite stark verändert sind, u. zw. in einer Weise, die zweifellos die directe Infection
auf dem Lymphwege erkennen lässt. Sicherlich erfolgt dieselbe hier zum Theile auf retrogradem Wege,
sei es durch Umkehrung des Lymphstromes in die centrifugale Richtung von den lumbalen Lymphdrüsen aus,
sei es durch Lymphgefässe der Bauchhaut und des Scrotum, wohin sich ja so häufig das hämorrhagische
Ödem des primären Bubo ausbreitet.
Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei einem axillaren Bubo. Man findet hier deutlich den Weg
der Infection von den axillaren zu den infra- und supraclavicularen, sogar zu den cer\icalen Lymphdrüsen.
Nach allem, was wir gesehen haben, gilt auch für die cubitalen Lymphdrüsen derselbe Modus der
Infection, d. h. sie werden sicherlich auf retrogradem Wege, wenigstens zum grössten Theile, inliciri. Zu
wiederholten Malen fanden wir in der Cubita kaum erbsengrosse Lymphdrüsen, eingehüllt in die hämor-
rhagisch ödematöse Infiltration, die sich, stetig abnehmend, von dem primären Bubo der Axilla aus bis hieher
erstreckte, in einem Falle auch eine etwas grössere ungefähr in der Mitte des Oberarmes, den Gelassen
angeschlossen. Nie — mit Ausnahme eines einzigen Falles, auf den wir besonders zurückkommen wollen —
fanden wir an den cubitalen Lymphdrüsen die einem primären Bubo zukoniiiicnden \'cränderungen; dabei
muss her\-orgehoben werden, dass dieselben — wie der mikroskopische Befund zeigt — immer auch gleich-
o
490 //. Albrech f und A. Glinu,
/.uilig sccuiulär vi^n dcv liUitbahn aus inlicirt waren. Letzteres gilt wnhl auch unzweil'elhat't für i.lie kleinen
l.yinplulrüsen iler Poplitea, die ihrei- anatumischen Lage nach nicht so sehr dem retrograd hereinbrechenden
Strome ausgesetzt sini.1 und thatsiichlich immer, wenn sie überhaupt \'ei-andei't waren, das I5ild secundärer
l')Ubonen boten.
Auch bei den so schwer zu beurtheilenden primären Bubonen des Halses fanden wir die Aiisbreitimg
der dii'eclen Infection nach allen Kichlungen hin, hauptsächlicli nach abwärts auf die obertlächlichcn imd
tiefen cerxicalen Lymphdrüsen un'.l \on hier auf die \di'dercn inediastinalen nebst reichlichem, sulzig-
hämori'hagischen Odem, das den ganzen Mediastinalraum erfüllte.
Die Veränderungen, welche diese auf dem Lymphwegc inficirtcn Lymphdrüsen (primäre Bubonen
zweiter Ordnung) zeigen, sind nun ebenso wechseh'oller Foi-m wie die des eigentlichen primären Bubo,
denn sie kiinnen sich nur an In- imd Extensität von diesen unterscheiden, da ja der Infectionsmodus bei
allen der gleiche ist. Aber der eine LImstand, dass die eine bestimmte Lymphdrüsengruppe des primären
Bubo zweifellos zuerst und am intensivsten der Giftwirkung ausgesetzt war, ergibt erhebliche Differenzen.
Schon ihre Form der Anordnung zu Ketten, innerhalb deren die einzelnen deutlich abgrenzbar sind, ist
sehr charakteristisch, und dementsprechend .sind auch die acut entzündlichen Veränderungen ihrer
LImgebung viel geringer als bei einem primären Bubo. Zwar setzt sich das Ödem und die Hämoi'rhagien
noch eine Strecke weit fort, aber in deutlicher, oft rascher Abnahme, so dass die entfernteren, noch stark
angeschwollenen nur mehr in feuchteres Bindegewebe eingehüllt sind.
Auch auf dem Durchschnitte durch solche »primäre Bubonen zweiter Ordnung« fällt die Abnahme des
hämorrhagischen Charakters der Entzündung, je weiter sie centralwärts liegen, auf, dagegen tritt dasselbe so
eigenthümliche, gelblichroth gesprenkelte Colorit zu Tage, wie hei manchen Lymphdrüsen des primären
Bubo. Dabei quillt das Parenchym auf der Schnittfläche \dr imd ist ungemein saftig. Dieser leicht abstreif-
bare Gcwebssaft ist nicht selten ausgesprochen schleimig und fadenziehend.
Aber auch hier ist, wie schon bemerkt, das Bild ein sehr wechselvolles. Bes<inders schwankt die Griisse
dieser Lj'mphdrüsen sehr beträchtlich, indem im selben Pralle die eine etwa erbsengross, die andere übei-
olivengross sein kann. Auch die .Ausbreitung der Hämorrhagien ist merkwürdig ungleichmässig. So kann
man neben einer fast vollständig hämorrhagisch infiltrirten Lymphdrüse andere finden, die ent-
weder das typische roth und gelb gefleckte und gesprenkelte Bild zeigen oder fast gleich-
massig licht strohgelb aussehen.
Daneben kann man aber auch im einzelnen Falle Lymphdrüsen antreffen, die keineswegs das für die
Pestinfection charakteristische Bild bieten, sondern eine Art von graurother medullärer Schwellung oder eine
einfache hochgradige Hyperämie zeigen, die dem Befunde bei Typhus oder einer ähnlichen Infection \'er-
gieichbar sind. Es sind dies Lymphdrüsen, die nicht auf dem Lymphwege vom primären Bubo aus
inficirt wurden, sondern nietastatisch oder secundär vom Blute aus. Man findet solche gar nicht selten auch
in der Nähe eines primären Bubo neben Lymphdrüsen, weiche die typischen Veränderungen eines Bubo
zweiter Ordnung zeigen. Sie sind einfach zufallsweise von der Lymphgefässinfection frei geblieben.
Während oben die Veränderungen beschrieben wurden, welche in voller Ausbildung stehende primäre
Bubonen zweiter Ordnung zeigen, erübrigt es noch, auf jene ausdrücklich hinzuweisen, welche wir bei
manchen typischen F"ällen bec.ibachten konnten, wo die hifection der einzelnen Lymphdrüsen auf dem
Lymphwege noch eine ganz frische war. Man findet bei solchen, wie ja erklärlich, hauptsächlich die
Rindenschicht zunächst verändert. Hier erscheint die Schnittfiäche deutlich granulirt, die Rinde von zahl-
reichen ausserordentlich feinen, punkt- oder streifenförmigen Blutungen reichlich durchsetzt, zwischen denen
man lichtgelbe, mehr oder weniger prominente Knötchen und Streifen erkennt. Oder manchmal sieht man
das Lymphdrüsenparenchym von einem schmalen, derartigen gelben Streifen wie eingesäumt. Diese Verände-
rungen betreffen entweder die ganze Rinde oder nur Theile derselben, alles übrige ist hochgradig hyper-
ämisch und sehr saftig. Wie es dem hifectionsmodus entspricht, schreitet also der Zerstörungsprocess von
der Peripherie der Lymphdrüse gegen das Centrum zu fort.
Biiilcnpcst II. Piilhologisch-aiiafoiuischcr Bcrichl. 491
Was die I.ym phge fasse betrifft, so lomnten wir sciion mai<roskopisch bei genauerer Präparation in
der Umgebung der primären Bubonen solche nachweisen, die als einzelne verdickte Stränge zu den Lymph-
drüsen zogen, niemals aber reichlichere, fein verzweigte Netze, Lymphgefässnetzen entsprechend.
Diese verdickten Lymphgefässe waren immer eingehüllt in ödematös hämorrhagisches Bindegewebe,
gemäss der Veränderungen in der Umgebung eines primären Bubo; letztere sind sicherlich nicht als Aus-
druck einer Lymphangioitis anzusehen, sondern als Theilerscheinung des im primären Bubo vor sich
gehenden schweren Zerstörungsprocesses. In grösserer Entfernung vom primären Bubo ist es einfach
unmöglich, irgend welche frisch veränderte Lymphgefässe aufzufinden.
Trotzdem wir uns wiederholt bemühten, dem Lymphwege nachzugehen, den das Pestgift bei seinem
Einzug in den menschlichen Körper gegangen wäre, kamen, wir in keinem Falle zu einem aufklärenden
Resultate. Darin liegt, wie scheint, eine besondere Eigenthümlichkeit dieser Erkrankung.
Es soll hervorgehoben werden, dass wir in keinem Falle eine als primär zu bezeichnende
Lymphangioitis gefunden haben, die eventuell zu einem primären Carbunkel hingeleitet
hätte. Auch der klinischen Beobachtung zeigte sich nur selten eine erysipelähnliche Lymphangioitis; noch
viel seltener war dieselbe einwandsfrei als primäre zu bezeichnen, und selbst dann wäre immer noch
der Beweis der reinen, unvermischten Pestinfection zu liefern.
Wenn wir nun aus den Beobachtungen an unserem verhältnissmässig reichen Alateriale aus der
Epidemie in Bombay 1897 diesbezügliche Schlüsse ziehen sollen, so müssen wir sagen, dass eine
primäre Pestlymphangioitis, wenn überhaupt, so ausserordentlich selten vorkam, ja, dass
es sogar als eine specifische Eigenthümlichkeit der Pest erscheint, ohne vorausgehende
Lymphangioitis Bubonen zu erzeugen. Wie soll man sich demnach die genauere Art der Infection,
vom pathologisch-anatomischen Standpunkte aus beurtheilt, vorstellen? Vorausgesetzt, dass wirklich im
Bereiche des Hauttractus der Einbruch in jenen Fällen erfolgt, wo es zur Ausbildung eines echten
primären Bubo kommt, was an anderer Stelle bewiesen werden soll.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass ganz geringfügige Hautverletzungen im
Allgemeinen genügen, um Anlass zur Pestinfection zu gewähren. Unter solchen Haut-
verletzungen darf man nun nicht nur deutlich sichtbare Schnitt-, Riss- oder Kratzwunden
verstehen, wie dies schon gelegentlich der Besprechung der Hautveränderungen hervor-
gehoben wurde, sondern es kommen hier vor allem Anderen jene für das freie Auge kaum
oder nicht sichtbaren kleinsten Verletzungen in Betracht, bei denen das Corium nur in
der allergeringfügigsten Weise betheiligt ist, ja, es macht auf uns wenigstens den Ein-
druck, als ob ein intensives Einreiben, wie dies z. B. beim heftigen Kratzen einer
juckenden Hautstelle geschieht, unter Umständen hinreichen würde, um eine Infection
zu ermöglichen. Es sei an dieser Stelle besonders hervorgehoben, dass wir zu wiederholten Malen das
Einwachsen der Pestbacillen zwischen die Epithelien des Rete Malpighii von den Coriumpapillcn aus
sehen konnten, sei es, dass bereits beginnende Blasenbildung voriag, sei es, dass das Epithel vollständig
unverändert war. Nur in den obersten Schichten des Rete Malpighii und zwischen den Hornlamellen
konnten wir sie nie finden und es scheint, als ob dieselben wenig oder keine Durchlässigkeit für Pestbacillen
besässen.
Man kann sich nun sehr gut vorstellen, dass vielleicht, wenn einmal durch Kratzen oder starkes Reiben
diese obersten Epithelschichten entfernt sind, den Pestbacillen der Eintritt offen stünde.
Gewiss würden bei der Annahme dieses Infectionsmodus nur eine geringe Anzahl von Keimen ins
Gewebe gelangen und, \'om Lymphstrome aufgenommen, in die Lymphdrüsen transportirt werden, wo sie
sich stetig und stetig vermehrend, das Werk ihrer fürchteriichen Zerstörung beginnen.
Damit wäre auch das fast regelmässige Fehlen einer primären Lymphangioitis
erklärlich, die sichedich in erster Linie nur dann zu Stande kommen kann, wenn grosse Mengen von
Pestbacillen xon x'orneherein in den. Lymphstrom aufgenommen werden, wobei ferner ja zweifellos auch
die X'irulenz der Bacillen eine Rolle spielt. Im Ly m pli Ji'üsenparen chym kommt es nun zur
Denkschriflen der mathem.-naturw. Cl. I..XV1. lid.
492 //. AI brecht und A. C/nni,
cniii-nien \'ci-nichrLini;- der l'eslkcinic, und es kann k ei nein Zwei fei u n terl ie.i^cn, tlass das-
selbe den besten Nälirbodcii lüi- d i e l'esterreL;er \-()rstelll, indem dieselben liiei- in einer Weise
sich zu \'ennelireii im Stande sind, wie niri^ends anderswci.
Diese Kntwicklun,^- der Krankheit aus ^anz kleinen Anfängen, aus einer ungemein
geringen Anzahl \(>n Keimen stimmt auch mit der \erh:ilt n issmässig langen I neubat i ons-
daucr überein, die allgemein auf 4 — 7 Tage geschätzt wird; die seh weren Symptome der
Pest treten eben dann erst zu Tage, wenn es zur en orm en Vermeh i'u ng der l^estbacill en
im I-Sereiche der Lymphdrüsen gekommen ist. Auch unsere zahlreichen, in dieser Beziehung
angestellten Thierversuche sprechen unbedingt für die Richtigkeit obiger Annahmen. Die genauen
Resultate derselben sollen in einem folgenden Theile unseres Berichtes dargelegt werden , hier soll
nur hervorgehoben werden, dass es z. B. bei der Ratte gelingt, durch einen einfachen Stich in den Kuss
mittelst einer durch \irulente Pest inlicirten Nadel einen typischen inguinalen Bubo und im Anschlüsse daran
tridtliche Allgemeininfection zu erzeugen ohne makroskopisch sichtbare Veränderung am Orte des Einstichs,
oder dass es beim Meerschweinchen, welches man an irgend einer Stelle derart rasirt hat, dass die ober-
flächlichsten Epithelschichten entfernt wurden, oder höchstens ein kleines Tröpfchen Blut aus einer Corium-
papüle austritt, durch einfaches sanftes Bestreichen dieser Stelle mit \-irulenten Pestkeimen, ja durch
stärkeres Einreiben sogar der ganz und gar intacten, d. h. nicht einmal rasirten Haut
in gleicher Weise gelingt, haselnussgrosse Bubonen und allgemeine l\-st hervorzurufen. Es sei hier auch
darauf hingewiesen, dass es gelingt, durch einfaches E;inträufeln von Pestbacillenculturen auf die voll-
kommen unverletzte Schleimhaut der Conjunctiva, der Nase oder des Rectum dieser Thiere typische
Allgemeinpest zu erzeugen. Allerdings besitzen die genannten Schleimhäute kein Plattenepithel, immerhin
zeigen aber diese Versuche, wie leicht der Pestbacillus durch unverietztes Gewebe einzudringen vermag.
Bei der Beurtheilung der ganzen Frage von der Hautinfection muss man sich aber insbesondere vor
dem Fehler, der seit jeher und sehr oft begangen wurde, hüten, die unmittelbare Pforte
für das Pestgift an die peripheren Enden der Extremitäten zu verlegen, was die primären
inguinalen und axillaren Bubonen betrifft.
Gewiss ist der Weg, den die Pestbacillen machen, um zu den Lymphdrüsen zu gelangen, nicht immer
so weit, dass er gerade von Hand oder Fuss aus bis in die Axilla oder higuinalgegend reicht, sondern er ist
sichedich ebenso oft ein beträchtlich kürzerer. Diesbezüglich kommt bei den primären inguinalen Bubonen
vor Allem die Haut des Oberschenkels, der Hüfte und der Leistengegend, aber auch des Bauches und ins-
besondere des Genitales in Betracht, hei den primären axillaren Bubonen die Haut des Oberarmes, der
ganzen Schulter, des Rückens, der Brust und eines Theiles des Bauches. Bei so kurzer Entfernung der
Eintrittspforte vom primären Bubo wird das Fehlen einer Lymphangioitis nicht nur leichter erkläriich,
sondern es erscheint auch natürlich, dass wenigstens an der Leiche bei den hochgradigen Veränderungen
in der Umgebung des Bubo eine solche kaum nachweisbar ist.
Auch die geringen oder vollständig fehlenden Veränderungen der Lymphdrüsen in der Cubita oder
Poplitea bei typischer Entwicklung des primären Bubo in der Axilla, respective in der Inguinalgegend, finden
durch obgenannte Verhältnisse ihre Erklärung, indem diese Lymphdrüsen sicherlich häufig gar nicht im
Bereiche der ursprünglichen Infection liegen. fXir jene Fälle aber, wo doch die Eingangspforte an den
distalen Enden der Extremitäten gelegen sein mag, sind die Erfahrungen bei anderen ähnlichen Infectionen
massgebend, wo ebenfalls die Lymphdrüsen der Cubita und Poplitea ganz oder fast ganz frei bleiben,
während sich Anschwellungen der grossen Lymphdrüsengruppen der Axilla und Leistengegend vorfinden,
ohne dass eine vollständig einleuchtende anatomische Begründung dafür erbracht werden könnte. Allerdings
scheint es, als ob die grösseren Lymphgefässe in tieferen Regionen und ohne allzu ausgiebige Communication
mit genannten Lymphdrüsen ziehen würden.
Was die X'erhältnisse im Bereiche des Halses und Kopfes betrifft, so sollen dieselben an anderer Stelle
erörtert werden.
Bcnlciipcst. IL Palliologiscli-ciualouiischey Bericht. 493
In einer Reihe von Fällen haben wir auch den Ductus thoracicus an der Leiche untersucht, besonders
in jenen, wo von einem primären Buho einer Inguinalgegend aus sich mächtige Ketten angeschwollener
Lj'mphdrüsen (primäre Bubonen zweiter Ordnung) bis ans Zwerchfell fortsetzten. Wir konnten häufig eine
ausgesprochene Erweiterung desselben constatiren, ebenso wie einiger zuführenden Astchen, niemals aber
irgendwelche Blutungen oder Infiltration seiner Wand.
Was den Sitz der primären Bubonen betrifft, so ist schon eingangs erwähnt worden, dass derselbe
in der überwiegenden Mehrheit aller Fälle entweder in einer Leistengegend oder in einer Achselhöhle oder
am Halse zu suchen ist. Nur in einem einzigen Falle sahen wir einen solchen in der Cubita neben einem
primären Bubo der Axilla derselben Seite. Es erübrigt noch, den genaueren anatomischen Sitz derselben
zu besprechen.
An der Bildung eines inguinalen Bubo waren immer sowohl die oberflächlichen wie die tiefen ingui-
nalen Lymphdrüsen betheiligt, jedoch meist in ganz verschiedener Intensität. Dies kommt in der Verschie-
denheit des Sitzes des Bubo in Bezug auf das Leistenband deutlich zum Ausdruck. Manchmal findet man
die beulenartige \'orwölbung gerade diesem Bande und seiner Verlaufsrichtung entsprechend, manchmal
sitzt die Beule zum grössten Theile oberhalb oder unterhalb desselben, wie ja auch Zahl und .Anordnung
der oberen und unteren oberflächlichen inguinalen Lymphdrüsen eine sehr verschiedene ist.
Ist überhaupt keine bemerkenswerthe Vorwölbung vorhanden, so kann man in der Leistengrube, knapp
unterhalb des Ligamentum Pouparti, beziehungsweise in der Fossa ileopectinea die beträchtlich erhcihte
Consistenz abtasten. Im Allgemeinen stehen die tiefen inguinalen Lymphdrüsen bei der Bildung eines
primären Bubo im Vordergrunde, jedoch so, dass sie zusammen mit einem grossen Theile der oberfläch-
lichen ein starr infiltrirtes Paquet bilden. In den meisten Fällen zeigt gerade eine Lymphdrüse die am
meisten vorgeschrittenen Veränderungen. Es ist dies jene, die, gerade am inneren Schenkelringe gelagert,
eine Art \'erschluss desselben bilden soll und unter dem Namen der RosenmüUer'schen Drüse bekannt
ist. Diese ist immer am grössten, oft mit anderen zusammen zu einem hühnereigrossen Tumor umgewandelt
und zeigt am frühesten Nekrose und Eiterung. Sie wölbt sich oft tumorartig halbkugelig in die Bauchhöhle
vor und über ihr kommt es nicht selten zu frischer fibrinöser Peritonitis. Es kann keinem Zweifel unter-
liegen, dass gerade sie es ist, die fast in allen Fällen zuerst inficirt wird.
In keinem Falle sahen wir eine isolirte Betheiligung der oberflächlichen inguinalen
L3^mphdrüsen; in vielen jedoch standen die Veränderungen an denselben um wenig denen der tiefen
zurück ; eine Anzahl derselben zeigte allerdings der Regel nach nur den Befund der primären Bubonen
zweiter Ordnung, und in einer anderen Reihe von Fällen endlich waren sowohl oberflächliche wie tiefe in
gleich schwerer Weise verändert und formirten zusammen den primären Bubo.
Bemerkenswerth ist, dass sehr häufig auch die inguinalen Lj'mphdrüsen der anderen .Seite schwer
verändert waren, allerdings immer in einem Grade, der hinter dem der Veränderungen des primären Bubo
zurückstand. Wie schon an anderer Stelle erwähnt, fanden wir auch an ihnen starke Schwellung, reichliche
Blutungen im Parenchym, kurz besonders hochgradige Veränderungen primärer Bubonen zweiter Ordnung,
auch ziemlich reichliches, gelblich-sulziges Ödem in der Umgebung dieser wohl auch zu Paqueten anein-
ander geschlossenen Lymphdrüsen. Dieselben waren aber immer noch von einander und \'on ihrer
Umgebung abgrenzbar, und vor Allem fehlte die reichliche und weit über die Grenzen hinausreichende
hämorrhagische Infiltration, die vor Allem den primären Bubo charakterisirt. Vielfach zeigten sie ganz den-
selben Grad der Veränderungen wie die Lymphoglandulae iliacae der anderen Seite, ein Umstand, der darauf
hindeutet, dass der vom primären Bubo ausgehende Infectionsstrom sich gleichzeitig in centripetaler
Richtung und hinüber auf die Lymphdrüsengruppen der anderen E.xtremität fortsetzt. Von letzteren aus
setzt sich dann ebenfalls eine Kette angeschwollener Lymphdrüsen längs der Vasa iliaca centripetalwärts
fort. Dieses Verhalten hat dazu Anlass gegeben, in solchen Fällen eine Doppelinfection von beiden unteren
Extremitäten aus anzunehmen, wofür aber anatomisch gewiss kein Anhaltspunkt vorliegt.
Die axillaren Bubonen waren fast immer durch mächtige Anschwellungen der eigentlichen axillaren
Lymphdrüsen erzeugt, nur ausnahmsweise fanden w'w den primären Bubo gerade den Lymphoglandulae
64'
494 //. Albrcclü iiiul A. Ghoii,
pectorales entsprechend. Letztere waren freilich fast regelmässig beiheiligt, jedoch mehr nach Art von
primären Bubonen zweiter Ordnung.
Was den Sitz der primären fial.sbubonen betrifft, von denen wir nur eine Anzahl von 6 ganz sicher-
gestellten beobachten konnten, so ist derselbe schwankend. Bald sind vorzugsweise die submaxillaren
Lymphdrüsenguppen betroffen, bald die vorderen auricularen oder die occipitalen. Oder es zeigen alle die
genannten die schweren Veränderungen eines primären Bubo. Wieder in anderen Fällen sind die cervicalen
Lymphdrüsengruppen, sowohl die oberflächlichen wie die tiefen, besonders stark ergriffen, jedoch ist es in
vielen Fällen nicht möglich, eine besondere Gruppe als in erster Linie betheiligt herauszuheben, da die
Lymphdrüsen des Kopfes und Halses, unmittelbar untereinander benachbart und durch zahllose Anasto-
mosen mit einander verbunden, oft in gleich hohem Grade von der Infectiun ergriffen sind.
Dazu kommt noch ein weiterer, die ßeurtheilung sehr erschwerender Umstand. Es handelt sich
nämlich gewöhnlich, wenn der primäre Bubo in der Halskopfgegend einer Seite sitzt, um Secundär-
infectionen, die \'on den so häufig diphtheritisch zerfallenen und exulcerirten Tonsillen
oder Baigfollikeln der Mund- Rachenhöhle ausgehen und naturgemäss ebenfalls Veränderungen
in den zugehörigen Lymphdrüsengruppen erzeugen müssen, so dass das Bild der reinen Pestinfection
vielfach ein vollständig verwischtes wird.
Dies führt zur Erörterung der Frage, ob beim Bestehen eines derartigen Halsbubos, der ganz den
Befund eines primären Bubo zeigt, die Pestinfection als von der entsprechenden Hautregion aus oder von
der Mund-Rachenhöhle aus erfolgt zu denken ist. Wie aus den entsprechenden Sectionsprotokollen und
histologisch-bacteriologischen Befunden zu ersehen ist, lässt sich häufig ein bestimmter Entscheid in dieser
Richtung nicht geben, und zwar deswegen nicht, weil nicht mit Sicherheit zu bestimmen ist, ob die häufig
gleichzeitig anzutreffenden Veränderungen an Tonsillen und Baigfollikeln primärer Natur sind oder secun-
därer. Im ersten Falle wäre die Infection von der Mund-Rachen- oder Nasenhöhle, vielleicht direct \'on den
Tonsillen aus erfolgt, und es wären dann die Bubonen des Halses mehr als primäre Bubonen zweiter
Ordnung aufzufassen; im zweiten Falle wäre es gerade umgekehrt, indem nach erfolgter Hautinfection es
zur Ausbildung eines primären Halsbubo gekommen wäre, der dann secundär auf directem Lymphwege
zur Infection der Tonsillen und Balgfollikel geführt hätte.
Ein anderer, ebenso schwer ins Gewicht fallender Punkt ist die Thatsache, dass ungemein häufig-
gerade die Lymphapparate der Mund-Rachenhöhle secundär metastatisch auf dem Blut-
wege hochgradig unter diphtheritisähnlichem Bilde afficirt werden, wenn auch der zweifellos
primäre Bubo sich zum Beispiel in der Axilla oder in inguine befindet.
Es sei besonders hervorgehoben, dass bei jenen obducirten Fällen, bei denen primäre Halsbubonen
constatirt wurden, die anatomische und histologische Untersuchung nirgends im Stande war, auch nur den
geringsten Anhaltspunkt für das Eindringen des Pestgiftes von einer anderen Stelle aus zu finden. Die
übrigen Lymphdrüsengruppen des Körpers waren immer nur sehr wenig oder doch nur in dem Grade ver-
ändert, wie wir dies der Regel nach bei »secundären Bubonen« sehen konnten. Was also den Infections-
modus bei den primären Halsbubonen betrifft, so liegen nach dem Vorstehenden eine ganze Reihe von
Möglichkeiten vor.
In jenen Fällen, wo die Tonsillen überhaupt keine bemerkenswerthen Veränderungen oder nur leichte
Schw^ellung mit Hyperämie zeigen, ist jedesfalls die Infection entweder von der Haut der betreffenden Hals-
Kopfseite einschliesslich des äusseren Ohres und der Conjunctiva oder von der Mundhöhle (Zahnfleisch,
Zunge, Mundhöhlenboden) oder von der Nase aus erfolgt, eine Annahme, deren Richtigkeit der Thier-
versuch in schlagender Weise bestätigt. Sind die Tonsillen und die Balgfollikel in schwerer Weise \'er-
ändert, so bleiben naturgemäss auch die oben angeführten Möglichkeiten zu Recht bestehen und es kommt
noch jene hinzu, dass die Tonsillen selbst die Einbruchspforte darstellen. Dafür können andere Infections-
krankheiten als Analogien genannt werden. Auch die Annahme, dass die Tonsille zugleich Einbruchspforte
und primären Bubo vorstelle, hat bei ihrer so exponirten Lage und bei ihrer Eigenthümlichkeit der Pfropf-
Bciileiipcsl. II. Pathologixch-aualoiitisclicv Bericht. 495
büdung, von welchen aus so leicht Bactericn ins adenoide Gewebe Eingang finden können, nichts Auf-
fallendes an sich. —
Es erübrigt noch, die im Vorstehenden wiederholt genannten >secundären Bubonen« eingehender
zu besprechen. Wie schon erwähnt, verstehen wir darunter solche Lymphdrüsen oder -Knoten, die erst
secundär durch den Einbruch der Pestbacillen in die Blutbahn inficirt worden sind. Sie können sich daher
in allen Regionen des menschlichen Körpers, ganz unabhängig vom Sitze des primären Bubo, entwickeln.
Anatomisch, sowohl makro- wie mikroskopisch, sind sie in typischen Fällen von den primären Bubonen
wohl zu unterscheiden imd hauptsächlich durch den Modus der Infection charakterisirt.
Solche secundäre Bubonen sind im Allgemeinen nicht besonders gross, sie überschreiten selten Hasel-
nuss- oder Olivengrösse. Ihre Umgebung ist entweder ganz unverändert oder nur von Ödemflüssigkeit
durchsetzt, die aber an Reichlichkeit immer weit hinter jener eines primären Bubo zurückbleibt. Die Lymph-
drüsen selbst sind immer hart imd derbe und fallen schon von aussen durch ihre mehr weniger dunkel-
oder graurothe P^u'be auf. Dementsprechend sind sie auf dem Durchschnitte zimächst durch ihren Blut-
reichthum charakterisirt, indem das ganze Parenchj-m gieichmässig hyperämisch und dabei sehr saftig
erscheint. Von der Schnittfläche lässt sich immer reichlicher blutiger Saft abstreifen. Dies könnte man als
erstes Stadium der vom Blute aus erfolgten Pestinfection bezeichnen, das nun in Folge der Thätigkeit der
Pestbacillen im Lymphdrüsenparenchym in weitere übergeht.
Man findet, wenn die Infection längere Zeit besteht, eine Art \'on medullärer Schwellung, die ebenfalls,
wie erklärlich, meist das ganze Parenchym ziemlich gieichmässig betrifft tmd darin besteht, dass das grau
rothe, von einzelnen distincteren Blutungen durchsetzte, weiche und stark vorquellende Gewebe reichlichen
Saft beim Abstreifen gibt und häufig frisch geschwollenen Typhuslymphdrüsen gleicht. Dauert aber der
Process noch länger, das heisst führt die schwere Bacteriämie nicht in kürzester Zeit zum Tode, so kann
auch an solchen sicher secundären Bubonen ein ähnliches Bild entstehen, wie dies primären Bubonen
zweiter Ordnung zukommt, ein Umstand, der darin seine Erklärung findet, dass es eben zu reichlicher
Vermehrung der auf dem Blutwege eingeführten Pestbacillen innerhalb des Lymphdrüsenparenchyms und
damit zur Zerstörung desselben gekommen ist.
Aus alldem geht hervor, dass im Anfangsstadium die secundären Bubonen genügend scharf in ihrer
anatomischen Form gegenüber den primären Bubonen abzugrenzen sind, dass aber in späteren Stadien,
was die Veränderungen des Parenchyms selbst betrifft, kein wesentlicher Unterschied zwischen beiden zu
machen ist. Es muss aber betont werden, dass trotzdem die secundären Bubonen
anatomisch im Ganzen von den anderen unterschieden werden können, schon deswegen,
weil der Grad der Veränderungen bei ersteren immer hinter dem der primären Bubonen
zurückbleibt, ganz besonders, was das umgebende Binde- und Fettgewebe betrifft. Es
muss eben hiebei immer das ganze anatomische Bild des speciellen Falles ins Auge gefasst werden mit
Berücksichtigung der oft Tage lang anhaltenden Bacteriämie, um zur richtigen Beurtheilung desselben
zu gelangen.
Ganz besonders klar und überzeugend tritt das wesentlich verschiedene Bild beider mikroskopisch zu
Tage, bedingt durch die Verschiedenheit in der Art der Infection, worauf wir im Folgenden zurückkommen
wollen.
Was nun den Sitz dieser secundären Bubonen betrifft, so entspricht derselbe, wie natürlich, den
normalerweise vorkommenden Lj'mphdrüsen und -Knoten, und erst in Folge der reichlichen Aus-
bildung dieser secundären Bubonen wird die Pest zur classischen Poh'adenitis. Nicht nur
die oft so zahlreichen primären Bubonen zweiter Oi'dnung erzeugen dieses Bild, sondern \or .Allem die
an ganz entfernter Stelle und oft gerade auf der entgegengesetzten Körperseitc in kürzester Zeit sich
entwickelnden secundären Bubonen tragen wesentlich hiezu bei.
Schon bei Besprechung der primären Bubonen sind jene Lymphdrüsengruppen aufgezählt worden, die
der Regel nach in Form \-on primären Bubonen zweiter Ordnung als Ausdruck der unmittelbaren Fort-
leitung der Infection vom primären Bubo aus \-erändert erscheinen, und es erübrigt noch, die in ihrer
496 H. Albrecht nml A. Ghon,
Betheiligiins als seciindäre Biibonen wichtigen Lymphdrüsen i.ini.1 -k'nnten anzuführen. Es soll hier auch
auf die Wichtigkeit in der Erkenntniss dieser secimdär oder metastatisch entstandenen l-iiihoncn hin-
gewiesen werden, weil sie es oft dem Kliniker unmöglich machen, den echten primären Bubo zu erkennen,
wenn sie ziemlich gross sind und die Untersuchung erst in einem späteren Krankheitsstadium möglich ist.
Das sind eben Fälle, wo nur die Nekropsie im Stande ist, den Weg der Infection aufzudecken, was wir in
Bombay zu wiederholten Malen erlebten.
In ausgesprochenen Fällen linden sich zunächst sämmtliche dem tastenden Finger zugängliche Lymph-
drüsengruppen angeschwollen, also vor Allem, um nur die grössten zu nennen, die inguinalen und axillaren
Lymphdrüsengruppen und diejenigen an beiden Seiten des Halses. Was die ersteren beiden betrifft, so ist
das Binde- und Fettgewebe ihrer Umgebung gar nicht selten stärker durchfeuchtet, ja sogar ödematös
durchtränkt, und, wenn der Fall durch zahlreiche Hämorrhagien überhaupt ausgezeichnet ist, können sich
hier auch einzelne kleinere vorfinden.
Nach dem anatomischen und histologischen Befunde ist ferner sicherlich auch ein Theil der ver-
grösserten Lymphdrüsen der Cubita und Poplitea zu den secundären Bubonen zu zählen, besonders dann,
wenn sich nicht in der entsprechenden Axillar- oder Inguinalgegend der primäre Bubo findet.
Viel complicirter liegen die Verhältnisse bei den Lymphdrüsen des Halses, insbesondere bei den
submaxillaren und oberen cervicalen. Zunächst muss betont werden, dass die verschiedenen Gruppen der
Halsdrüsen in jedem Pestfalle, der reichliche Pestbacillen, sei es intra vitam oder in der Leiche, im Blute
nachweisen Hess, starke Schwellung, Hyperämie oder auch die charakteristische gelbrothe Fieckung und
Sprenkelung zeigten, also nach dem anatomisch -histologischen Befunde zweifellos secundär- metastatisch
vom Blute aus inticirt wurden.
Neben den genannten Veränderungen fanden wir aber auch häufig solche, die vermöge ihrer Aus-
breitungsweise und Intensität nicht zum Bilde des rein secundären Bubo passten, wie zahlreiche Hämor-
rhagien, reichliches Ödem der Umgebung und hämorrhagische Infiltration der nicht besonders vergrössertcn
Lymphdrüsen neben Eiterung. Durch unsere bacteriologisch-histologischen Untersuchungen konnten wir
nun jedesmal feststellen, dass es sich um Secundärinfectionen dieser Lymphdrüsen durch
Streptococcen oder Diplococcen handelte, die entweder local geblieben war oder zur secundären
Allgemeininfection durch die genannten pathogenen Mikroorganismen geführt hatte. Dazu konnten wir regel-
mässig als Einbruchsteile die ulcerirten, diphtheritisch zerfallenen oder hochgradig geschwollenen Ton-
sillen oder Balgfollikel des Zungengrundes constatiren, worauf wir in einem anderen Capitel ausführlich
zurückkommen werden.
Solch' schwere Veränderungen im Bereiche der Halslymphdrüsen, die auf den ersten Blick einen
primären Halsbubo vortäuschen könnten, sahen wir in Fällen, wo sich sowohl typische primäre axillare
wie inguinale Bubonen vorfanden, und zwar unter den 44 acut \-erlaufenen Fällen 19mal, d. i. in 43-2"/o-
Es kann nach dem fast in jedem Falle erhobenen anatomisch-histologischen Befunde keinem Zweifel unter-
liegen, dass die Erreger der Secundärinfection in die schon früher durch den Pestbacillus ver-
änderten Lymphknoten und -Drüsen eingedrungen sind.
Auch die vorderen und hinteren mediastinalen und intercostalen Lymphdrüsen zeigen oft die Ver-
änderungen secundärer Bubonen, soferne sie nicht beim Bestände eines primären inguinalen odei' Halsbubo,
direct durch den Lymphstrom inficirt, die letzten Glieder der Kette der primären Bubonen zweiter Ordnung
bilden. Auch die Lymphoglandulae pulmonales, bronchiales und trach eales zeigen nicht selten das
reine Bild secundärer Bubonen, in anderen Fällen wieder kommt deren Schwellung auf Rechnung der Lymph-
infection auf retrogradem Wege vom Halse her, oder endlich ist sie veranlasst durch eine primäre Pest-
pneu mo nie; in allen drei zur Obduction gekommenen Fällen derartiger Pneumonien fanden wir frische
Pestveränderungen nach Art primärer Bubonen zweiter Ordnung in denselben. Aus dem Vorstehenden geht
aber hervor, dass gerade bei den genannten Lymphdrüsengruppen so häufig die Blut- und Lymphinfection
nebeneinander bestehen, so dass vielfach variirte Bilder entstehen, und dass man neben Lymphdrüsen mit
stark medullär geschwollener, roth und gelb gefleckter und granulirter Rinde andere, einfach saftig-hyper-
ßciilciipcsf IL Pdlhologisch-aiialoniischcr Bcriclil. 497
ämische finden kann. Lässt dann im lunzclncn der makroskopische Befimd keine siciiere Rntscheiduni;- 7,u,
so ist dieselbe doch der Re,L;el nacii durch das mikroskopische Biki mi">ii,iich.
Eine ausdrückliche Besprechung verlangen die Lymphdrüsen der Bauchhöhle mit Berücksichtigung
des Umstandes, dass man immer und immer wieder bis in die neueste Zeit geneigt war, den Magen-Darm-
tractus als Einbruchspforte für den Pestkeim z.u bezeichnen. Deshalb haben wir mit besonderer Genauigkeit
jedesmal die I.ymphapparate desselben untei'sucht und in keinem l''alle andere X'ei'äiiderungen an den \'er-
schiedenen Lymphdrüsengruppen gefunden als die secundärer Bubonen. Nur ein einziger (Fall 4()/XX.\llli
macht hie\'on eine Ausnahme.
Gerade an den Lymphdrüsen der Gekröse treten die einfach entzündlichen Schwellungen der frischen
secundären Bubonen in überzeugender Weise zu Tage, weil sie ihrer Lage nach nicht so leicht dem \-on
einem primären Bubo aus inficirten und zuströmenden Lymphstrome ausgesetzt sind. Man findet an ihnen
neben einfacher, gieichniässig über das Parenchym verbreiteter Hyperiimie und grossem .Saftreichthum auch
die graurothe, medullär vorquellende Beschaffenheit, die mit der markigen Schwellung der Typhus-
Ij'mphdrüsen zu vergleichen ist, und in besonders hacillenreichen und etwas protrahirten Fällen die gleich-
massig lichtgelbe Färbung mit einzelnen kleinen Blutaustritten ins Parenchym. Die einzelnen Lymphdrüsen
stehen gewöhnlich isolirt oder sie sind zu ganz lockeren Paqueten aneinander gefügt, indem jede schwei-ere
Veränderung ihi'er Umgebung fehlt.
LTnter den 44 acut verlaufenen Fällen ergaben sich uns 20mal derartige Befunde, und zwar betrafen sie
vor allem anderen die Lymphoglandulae mesentericae und mesocolicae, seltener die hepaticae,
gastricae superiores und inferiores unil die pancreatico-lienales. Was den oben besonders
angeführten Fall betrifft, so fand sich hier eine Gruppe \-on drei schwer veränderten mesenterialen Lymph-
drüsen, die dem untersten Ileum zugehörten und evident die Veränderungen eines primären Bubo auf-
wiesen; dazu ein kleines, frisch entstandenes Geschwür im Ileum.
Diese Befunde sollen bei Besprechung der pathologischen Anatomie des Darmes entsprechend
gewürdigt werden, an dieser Stelle mag genügen, hervorzuheben, dass es sich in diesem Falle um eine
zweifellose Autoinfection vom Darme aus handelt, erzeugt durch Verschlucken grosser Mengen pest-
pneumonischen Sputums.
Die Veränderungen an den in die Schleimhäute eingeschalteten Lymphknoten und -Follikeln sollen
zugleich mit jenen der betreffenden Organe besprochen werden.
In einer kleinen Reihe von Fällen aber — es sind nur drei — ist es uns nicht gelungen, eine
bestimmte Lymphdrüsengruppe als primären Bubo zu erkcn nen. Wir fanden multiple Lyniph-
drüsenschwellungen von der Art, wie sie sämmtlich noch in den Rahmen des Bildes der secundären
Bubonen passten. An keiner Lj-mphdrüsengruppe waren die makroskopischen Veränderungen so hoch-
gradige, dass es erlaubt u'äre, gerade eine herauszugreifen und als primären Bubo zu bezeichnen. Aber
auch histologisch konnten wir an den zur mikroskopischen Untersuchung \erwendeten Lymphdrüsen
nicht jene charakteristischen und schweren exsudati\-en Processe constatiren, welche wir sonst ausnahmslos
an primären Bubonen fanden.
Unter diesen drei Fällen ist übrigens einer (44/L), bei dem wir die primäre Tonsillaraffection nicht aus-
schliessen können. Wie die bacteriologische und histologische Untersuchung zeigt, handelt es sich um eine
Misch- oder Secundärinfection durch Streptococcen, die den Organismus in so reichlicher Weise über-
schwemmen, dass diese Streptococceninfection ganz, auch in Bezug auf die Todesursache, im \'ordergrund
steht und die Pest gleichsam \-erdrängt. Die stärksten makroskopischen Veränderungen zeigen die Ton-
sillen und die Follikel am Zungengrunde. Zweifellos geht von ihnen die Misch- oder Secundärinfection aus,
auf deren Rechnung auch die besonders intensiven Veränderungen zu setzen sind. Ob aber von hier aus
auch der Pest-Erreger eingedrungen ist, kann nicht entschieden werden, und in dem Sinne ist dieser Fall zu
jenen ohne streng localisirten primären Bubo zu rechnen.
498 //. AIhrccht nud A. Ghoii.
ßci den beiden anderen l^'üHen (4'2/XLl\', 43/XL\'ll) fehlt jeder Anhaltspimkt für die Invasion des
Pest-Erregers, indem der primäre Biibo fehlt. Den Einwand, dass eine genauere Untersuchung einen solchen
aufgedeckt hätte, kiinnen wir unter Hinweis auf unsere Sectionsprotuknlle nicht leicht gelten lassen.
Einer von diesen Fällen betrifft ein schwangeres Hinduweib, das kurze Zeit vor dem Tode entbunden
hatte. Dieser Umstand, vielleicht eine damit verbundene starke Blutung, kann jedesfalls die .Abnahme der
Widerstandskräfte des Körpers und damit den Eintritt des Todes beschleunigt haben.
Mir den dritten und letzten Fall, der angeblich erst am X. Krankheitstage letal endete, fehlt jede
ICrklänmg.
\m Allgemeinen kann es aber zu solchen Fällen ohne primären Bube kommen, wenn der Organismus
nicht jene Resistenzfähigkeit besitzt, welche bewirkt, dass die einmal eingedrungenen Krankheitserreger
wenigstens einige Zeit lang in einem bestimmten Lymphdrüsenpaquet zurückgehalten werden, sondern
wenn sofort entsprechend grosse Mengen von Pestbacillen ins Blut kinnmen. Für die .Annahme einer
primären Blutinfection haben wir weder einen anatomischen Anhaltspunkt, noch liefert
das Thierexperiment einen solchen.
Die zahlreichen histologischen Untersuchungen an Lymphdrüsen verschiedener Gegenden und ver-
schiedener Stadien des Processes bestätigten alle aus dem makroskopischen Befunde gemachten Annahmen
und zwar in solcher Übereinstimmung, dass man leicht einen Typus aus den Einzelbefunden hervorheben
kann. Es soll mit den histologischen Veränderungen primärer Bubonen begonnen werden (vergl. Tafel IX,
Fig. 1 und 2). Sie sind im Grade ebenso wechselnd wie das makroskopische Bild und bestehen, kurz
zusammengefasst^ in der Regel in vollständiger Zerstörung des Parenchyms unter Nekrose, Hämorrhagien,
Bacillen- und Leukocyteninfiltration, nebst schwerer hämorrhagisch-phlegmonöser Entzündung des um-
gebenden Binde- und Fettgewebes neben nie fehlender Lymphangioitis im Bereiche des primären Bubo, die
vor allem anderen durch die hochgradige Erweiterung und Anpfropfung der Lymphgefässe mit Pestbacillen
und Leukocyten gekennzeichnet ist.
So charakteristisch demnach auch das histologische Bild der Pest ist, so entbehrt es dennoch speci-
fischer Veränderungen im engsten Wortsinne. Was das Lymphdrüsenparenchym betrifft, so ist von
demselben wenig oder nichts mehr erhalten. Entweder sind es frisch ausgetretene Blutmassen, die sich an
seiner Stelle finden, oder es ist Alles ziemlich gleichmässig von poly- oder mononucleären Leukocyten
überschwemmt, die überall die Neigung zur Nekrose erkennen lassen. Meist in den centralen Drüsen-
antheilen finden sich ausgedehnte nekrotische Herde. Dabei kann an einzelnen Stellen noch ein oder
mehrere Follikel erhalten sein. Häufig sind sie ganz isolirt, wie aus dem Gewebsverbande gerissen, ungemein
zellreich und umgeben von Hämorrhagien und Nekrose.
Aber ebenso reichlich wie die hämorrhagische und die leukocytäre ist die Bacilleninfiltration. Schon
bei schwacher Vergrösserung kann man die grossen, mit Hämalaun blassblau gefärbten Rasen erkennen,
die in manchen Fällen die Hauptsache der Infiltration ausmachen. Man kann auf dem Durchschnitte durch
kleinere Paquete die Contouren der einzelnen Lymphdrüsen häufig nur daran erkennen, dass sie von einem
breiten, bandartigen Saum, der mit Hämalaun lichtblau gefärbt ist, gebildet werden. Dieser Saum besteht
fast ausschliesslich aus Pestbacillen, zwischen denen noch wenige Leukocyten erhalten sind. So entsteht ein
sehr wechselvolles Bild, je nachdem die Hämorrhagien, die Leukocyten- oder die Bacilleninfiltration oder die
Nekrose mehr oder weniger im Vordergrunde stehen. Immer aber besteht ein wesentliches Merkmal eines
primären Bubo, nämlich die vollständige oder fast vollständige Zerstörung des adenoiden Gewebes. Von
der normalen Structur der Lymphdrüsen ist nichts mehr zu erkennen, weder sind die Follikel von den
Sinus abzugrenzen, noch treten die Markstrahlen irgendwie deutlich zu Tage. Häufig sieht man einzelne
auch grössere Antheile des Parenchyms ganz dicht und ziemlich gleichmässig von Leukocyten infiltrirt,
wodurch ebenfalls die Abgrenzung der einzelnen Bestandtheile einer solchen Lymphdrüse unmöglich wird.
Diese Leukocyten sind zumeist polynucleärer Form, und so entsteht vielfach das Bild ausgesprochener
eitriger Infiltration; es sei hier hervorgehoben, dass der Pestbacillus demnach im Stande ist,
echte Eiterung zu erzeugen.
Benlenpest. II. Patliologtsclt-anafomisclier Bericht. 499
Diese Infiltration zeigt aber dort, wo sie am reichlichsten ist, alsbald die Zeichen des Zerfalles. Die-
selben sind verschiedener Form. Sehr häufig findet sich ein Körnchenzerfall der Kerne (Karyorrhexis),
sowohl der Leukocyten wie des infiltrirten adenoiden Gewebes, der so hochgradig sein kann, wie man dies
ganz charakteristisch bei Rotz zu sehen gewöhnt ist, nur sind die Körnchen im allgemeinen kleiner. Dieser
Kerndetritus bedeckt oft weite Strecken, der Zellleib ist dabei oft ganz zerfallen und verschwunden, oder
man sieht rundliche oder schollige, sehr blass mit Eosin färbbare Massen, die den zu Grunde gegangenen
Zellen entsprechen. Bei einer anderen Form der Nekrose bleiben die Contouren der Zellen mehr oder
weniger deutlich erhalten, diese selbst .sind ebenfalls sehr blass mit Eosin gefärbt und die Kerne ganz ver-
schwunden oder nur schattenhaft nachwei,sbar, oder es nehmen die nocli erhaltenen Zellleiber eine diffuse
blassblaue Färbung mit Hämalaun an, indem der Kern verschwindet und sein gelöstes Chromatin sich
ziemlich gleichmässig über den Zellleib verbreitet (Karyolj'sis).
Diese verschiedenen Formen der Nekrose finden sich nun in wechselndem Verhältnisse nebeneinander,
und zwar am reichlichsten in den centralen Partien der einzelnen Lymphdrüsen, während der Regel nach
in der Peripherie Hämorrhagien, Bacillen- und Leukocyteninfiltration \-orherrschen. Erstere .sind zweifellos
als die ältesten Herde der Infection anzusehen, sie sind auf die Thätigkeit der hier ursprünglich zu massen-
hafter Vermehrung gelangten Pestbacillen zurückzuführen. Dieselben sind aber im Bereiche dieser nekro-
tischen Antheile meist nur schwer nachweisbar, weil sie Degenerationsformen angenommen haben, die
nicht mehr leicht färbbar sind, w^orauf wir bei Be.sprechung des Verhaltens der Pestbacillen im Gewebe
noch zurückkommen wollen. Immer aber sind diese nekrotischen Herde von bald mehr, bald weniger zahl-
reichen polynucleären Leukocyten, die auch wiederum am reichlichsten in der Peripherie zu suchen sind,
durchsetzt. Es wird daher verständlich, dass zumeist Nekrose \-on Eiterung nicht zu trennen ist. Dies lehrt
auch die Untersuchung frischen Pesteiters, in dem regelmässig neben polynucleären Leukocyten zahlreiche
fettig degenerirte Zellen nebst Zell- und Kerntrümmern zu finden sind.
Eine besondere Besprechung verdienen die Veränderungen an den Blutcapillaren und
-ge fassen, weil sie Eigenthümlichkeiten zeigen, die man m solchem Grade und in solcher Häufigkeit bei
keinem anderen Processe wie bei der Pest antrifft und die demgemäss als für dieselbe geradezu
charakteristisch bezeichnet werden müssen. Sie bestehen in nekrosirenden Vorgängen der Gefässwand
und in einem höchst eigenartigen Gerinnungsprocess von Blutbestandtheilen, vielleicht auch der Inter-
cellularfiüssigkeit der Gewebe. Gleich hier sei hervorgehoben, dass sich genannte Verände-
rungen immer dort finden, wo die Pestbacillen besonders reichlich nachweisbar sind
wo unter dem Zerstörungsprocess nichts mehr vom Gewebe übrig geblieben ist, als die resistenteren
Gefässe. Dieselben sind meist erweitert und ihre Wand etwas verdickt, seltener gleichmässig homogen,
meist in homogen glänzende Balken oder auch Fasern umgewandelt und stark mit Eosin gefärbt. \m Lumen
eines solchen Gefässes findet sich nun ein ganz ähnliches Balkenwerk, das sich manchmal auch in etwas
feinere Fäden auflöst oder in unregelmässige Klumpen und Bröckel übergeht. Solche Gerinsel füllen
entweder das Lumen ganz aus, dasselbe verstopfend, oder sie legen sich nur in eigenartiger Weise an die
Gefässwand an, so dass dessen Centrum frei bleibt.
Man kann nachweisen, dass vielfach das die Gefässwand durchsetzende Balkenwerk mit dem sich im
Lumen befindlichen zusammenhängt. Während diese balken- oder fädenartigen Gerinsel bei Capillaren oder
Präcapillaren meist ziemlich schmal oder zart sind, nehmen sie an Breite mit der Grösse des Gefässes zu
und stellen dann oft ein schön entwickeltes Balkenwerk vor, das grosse Ähnlichkeit mit der Coagula-
tionsnekrose in der Epithelschicht diphtheritisch entzündeter Schleimhäute besitzt. Dasselbe schliesst
im Gefässlumen zwischen sich spärliche rothe und weisse Blutzellen ein oder einzelne abgestossene Endo-
thelzellen. Dieselben können aber auch entweder in Form und Lage erhalten oder zum Theile verschwunden
oder abgestossen sein.
Auch im Bereiche der Wand kleinerer Gefässe finden sich noch Zellkerne erhalten und gut tingirbar.
Aber nicht nur im Lumen und in der Wand der Gefässe finden sich diese wie geronnen aussehenden
balkigen Massen, sie breiten sich auch häufig, gleichmässig nach allen kichtungcn hin, in der Umgebung
Denkschriften der mathem.-naturw. CI. L.KVI.Bd. ''^
TiOO H. A 1 b r c chl und A. ( ,' li o ii,
des Gefässes ans. Dasselbe sieht dann wie umgehen x'on einem bald bi'eiten, bald sehmäleiXMi I\i-anze
\^(Mi Balken aus, welche peripherwärls immer schmäler werden, aber dieselbe homogen glänzende
Beschaffenheit und dieselbe starke Kärbbai'keit mit Kosin besitzen. Es macht oft den Eindruck, als
habe sich \x)m Gefässlumen aus ein Strom durch die Wand hindurch ergossen, der dann zur Gerinnung
gekommen wäre. Meist findet sich in der Umgebung eines von solchen Gerinseln umgebenen Gefässes
oder zwischen dem Balkenwerke besonders reichlicher Kerndetritus, hervorgegangen aus den Kernen der
zerfallenen Leukocyten (vergl. Tafel XI, Fig. 2).
Aber nicht nur um Gefässe angeordnet findet sich dieses eigenartige Balkenwerk, sondern auch unab-
hängig von diesen mitten in infiltrirtem, im Zugrundegehen begriffenen Parenchym. Zweifellos handelt es
sich hier um eine Art der Gerinnung oder der Nekrose, die unter dem Einflüsse der schweren, von den Pest-
bacillen ausgehenden und diffundirbaren Giftstoffe entsteht. Denn man findet sie, wie schon hervorgehoben
wurde, immer nur dort, wo enorme Mengen \'on Pestbacillen das Parenchym zerstört haben
und gleichsam in geschlossenen Schwärmen auf die noch übrig gebliebenen Gefässe von
allen Seiten her eindringen. Im Lumen solcher Gefässe haben wir immer nur verhältnissmässig wenige
Pestbacillen gefunden und immer entsprechend der Reichlichkeit der im speciellen P'alle überhaupt im Blute
\-orhandenen Pestbacillen.
Zum Zustandekommen dieser eigenthümlichen Veränderungen scheint aber nicht nur die .Anzahl der
Pestbacillen, sondern auch, wie ja natürlich, ein gewisses Maass von Zeit nothwendig zu sein, Bedingungen,
die gewöhnlich bei einem primären Bubo zutreffen. Sicherlich spielt auch die Virulenz eine Rolle.
Es fragt sich nun, welcher Natur dies eigenthümliche Balkenwerk geronnener Massen ist. Weder
nach seiner Form, noch nach seinem negativen Verhalten gegenübei" der Weigert'schen
Fibrinfärbungsmethode ist es als gewöhnliches Fibrin anzusehen, obwohl es manchmal auch
aus feineren Fäden besteht. Vielmehr muss man es nach allen unseren Untersuchungen als das Product einer
eigenthümlichen Gerinnung oder Coagulation betrachten, die unter der Wirkung des Pestgiftes im Blute der
Gefässe oder in ihrer Umgebung entsteht. Dafür spricht unbedingt sowohl die Anordnung wie die Form des
geronnenen Balkenwerkes.
Als weiterer Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme sind die analogen Veränderungen zu betrachten,
die wir im Bereich der Alveolarsepten bei Pestpneumonie, in besonders bacillenreichen Milzen und in den Glo-
meruli der Festniere nachweisen konnten und welche an anderen Stellen beschrieben werden sollen. Immer
zeigt dabei aber auch die Gefässwand selbst, sei es ganz oder theilweise, die Veränderungen ausgesprochener
Coagulationsnekrose. Welche Bestandtheile des Blutes es jedoch sind, die derartige Gerinnungsproducte
liefern, soll an dieser Stelle nicht entschieden werden. Jedes falls stellen dieselben eine Art der
Weigert'schen Coagulationsnekrose vor, wie sie in ähnlicher Weise entwickelt sich bei
keinem derzeit bekannten Process vorfindet. Wir behalten uns vor, auf das Wesen derselben bej
der Pest weiterhin zurückzukommen.
Ein weiteres, wesentlich charakteristisches Merkmal für die primären Bubonen ist die Ausbreitung des
exsudativ-infiltrirenden Entzündungsprocesses in die Umgebung der Lj'mphdrüsen, weit über die Grenzen
derselben hinaus. Dieses Merkmal wurde auch schon als makroskopisch für primäre Bubonen sehr charakte-
ristisch hervorgehoben. Die zahlreichen Hämorrhagien, die enormen Massen von Bacillen imd die reich-
lichen Leukocyten, die das eigentliche Lymphdrüsenparenchym durchsetzen und zerstören, durchbrechen
schliesslich die fibröse Kapsel der Lymphdrüse und ergiessen sich auf weite Strecken in das periglanduläre
Gewebe, dort dasselbe bunte Bild erzeugend. Die fibröse Kapsel wird dadurch gleichsam zerfasert und die
einzelnen auseinandergerissenen Bündel erscheinen aufgequollen, häufig homogen, oder sie sind über-
haupt zu Grunde gegangen, so dass zwischen der ursprünglichen Lymphdrüse und ihrer schwer veränderten
Umgebung keine Grenze mehr zu ziehen ist.
Im Allgemeinen hat dieses das periglanduläre Binde- und Fettgewebe durchsetzende Infiltrat oder
Exsudat das Aussehen einer schweren Phlegmone. Die Leukocyten haben zumeist die polynucleäre
Form, sie besitzen oft zahlreiche kleine Kerne und zeigen überall, mehr oder weniger hochgradig, Zerfall
Benlenpest. IL Pathologisch-aiiafomischer Bericht. 501
der Kei-ne in zahlreiche feine, immei' \erschieden grosse Körnchen, so dass ebenso wie im I.ymphdrüsen-
parenchym oft weite Strecken nur von Kerndetritus bedeckt sind. Dazu kommt noch ein sehr reichliches
Ödem, das im gehärteten Präparate entweder fein granulirte oder ganz homogene, immer mit Eosin blass-
rosa gefärbte Massen bildet.
Geradeso wie innerhalb der zerstörten Lj^mphdrüse das Fehlen oder wenigstens die Spärlichkeit des
Fibrins auffällt, so konnten wir dieselbe Eigenlhümlichkeit des Processes auch im umgebenden Gewebe an
zahllosen nach der Weigert'schen Fibrinfärbungsmethode behandelten Präparaten constatiren, wo immer
das Fibrin ganz unverhältnissmässig spärlich auffindbar war oder ganz fehlte. Dagegen zeigten auch hier
die kleineren Blutgefässe und Capillaren, entsprechend dem enormen Bacillenreichthum, die typischen Ver-
änderungen ihrer Wand und die eigenthünilichen Gerinsel in ihrem Lumen und ihrer Umgebung. Es macht
den Eindruck, als oh diese merkwürdigen Erscheinungen einerseits und das fast voll-
ständige Fehlen gewöhnlichen Fibrins andererseits miteinander in ursächlichem Zusam-
menhange stünden, als ob diese eigenthümliche Coagulation im Bereich der schwer geschädigten
Capillaren und Blutgefässe einer reichlichen Bildung von gewöhnlichem Fibrin hinderlich wäre. Gleich
hier sei bemerkt, dass ähnliche Verhältnisse auch bei den Pestpneumonien anzutreffen sind, wo dieselbe
Coagulation mit Nekrose der Alveolarwände bei auffälliger Armuth an nachweisbarem Fibrin ein ganz
eigenartiges Bild hervorrufen.
Während also häufig alle Zeichen einer das Gewebe zerstörenden Phlegmone ausgebildet sind, findet
man in anderen Fällen vor Allem eine enorme Überschwemmung des Binde- und Fettgewebes durch Pest-
bacillen, ohne dass reichliche Hämorrhagien oder Infiltrate gleichzeitig vorhanden wären. Die Pestbacillen
drängen sich hier in breiten Rasen oder kleineren Schwärmen zwischen die Bündel des Bindegewebes ein,
infiltriren vollständig das Fettgewebe und sind dann sehr häufig wie in Ödemfiüssigkeit suspendirt, so dass
es aussieht, wie wenn sie zugleich mit der von den Lymphdrüsen aus sich ergiessenden Ödemflüssigkeit
gleichsam ins Gewebe eingeschwemmt worden wären. Das Fehlen aller intensiven Veränderungen
spricht dafür, dass dies agonal oder wenigstens kürzere Zeit ante mortem eingetreten sein
m u s s.
Ein weiteres ganz charakteristisches Zeichen für einen primären Bubo sind ferner die zahlreichen
erweiterten Lymphgefässe, die sich in der Umgebung der zerstörten Lymphdrüsen regel-
mässig vorfinden. Sie sind nicht nur charakteristisch für den eigentlichen primären Bubo, sondern
auch — der Natur der Sache nach — für die »primären Bubonen zweiter Ordnung«. Solche Lymphgefässe
zeichnen sich durch geradezu enorme Erweiterung aus, die durch ihren überreichen Inhalt bedingt ist.
Derselbe besteht vorwiegend aus dichtgedrängten, zusammenhängenden Pestbacillenmassen, denen ver-
hältnissmässig spärliche weisse oder rothe Blutzellen beigemengt sind. Häufig erscheinen sie daher wie
mit einer Reincultur von Pestbacillen injicirt und solche Präparate sind vorzüglich dazu geeignet, um ein
Bild \on dem Ein- und Austritt der Lymphe, respective des an deren Stelle getretenen geformten (iiftes
zu verschaffen. Daneben sieht man zweifellose Lymphgefässe, die zum grössten Theile mit Blut, zum gerin-
geren mit Bacillen erfüllt sind, oder manche endlich sind mit polynucleären Leukocyten oder zerfallenen
Kernen vollgepfropft.
Entsprechend der .starken Erweiterung des Lumens ist die Gefässwand oft sehr verdünnt, jedoch sind
schwere Veränderungen derselben im Ganzen selten. Alan findet sie durchsetzt \-on Bacillen und Leuko-
cyten oder auch nekrotisch, indem sich die Kerne der zelligen Wandelemente nicht mehr färben oder in
feine Körnchen zerfallen sind und die Zellleiber in körnige, blaugefärbte, detritusähnliche Massen zerfallen
sind. Nie aber findet man an den Lymphgefässen jene eigenartigen Veränderungen, die im Lumen, in der
Wand und der Umgebung der Blutgefässe beschrieben wurden, ein neuerlicher Beweis, dass die-
selben auf Coagulationsvorgänge im Blute selbst zurückzuführen sind, die durch die Gifte
der in enormen Massen auf die Blutgefässe eindringenden Pestbacillen unter schwerer
Schädigung der Gefässwand entstehen.
65'
502 H. Albrcchl und A. C.hoiJ,
Diese so auffallenden Verschiedenheiten der Veränderungen im Bereiche der BhU- und
Lymphgefässe sind \-ielleicht auf die chemischen Unterschiede zwischen Pjlut und Lymphe
ü b e r h a u p t z u r ü c k z u f ü h r e n.
Die genannten Veränderungen an den Lymphgefässen finden sich nun sowohl an den Vasa afferentia,
wie an den Vasa efferentia. Erstere markiren, da sie fast immer noch in ihrer F'orm erhalten sind,
wenn auch das periglanduläre Gewebe ganz dicht und gleichmässig \'on Blut, Bacillen und Exsudat
durchsetzt ist und die \iillständig zu Grunde gegangene Lymphdrüse sich nicht mehr nach aussen begrenzt,
ihrer anatomischen Lage nach die unmittelbare Peripherie der einzelnen Lymphdrüsen.
Ebenso auffallend sind sehr häufig die Bilder am Hiius einer solchen Lymphdrüse, indem hier der
Terminalsinus und die zahlreichen Vasa efferentia wie mit Bacillenmassen ausgegossen erscheinen. .Sie
geben schon deswegen ein sehr markantes Bild, weil sich erstere nach einfacher Färbung mit Hämatoxylin
oder Hämalaun schön lichtblau färben.
Besonders deutlich treten diese Verhältnisse an den primären Bubonen zweiter Ordnung zu Tage.
Entspi-echend dem makroskopischen Befunde, dass von dem Zerstörungscentrum aus, das der primäre Bubo
bildet, die In- und Extensität des Processes an den regionär benachbarten Lymphdrüsen immer mehr und
mehr abnimmt, besonders was das periglanduläre Gewebe betrift't, erscheinen hier auch die mikrosknpischen
\'eränderungen an den Lymphgefässen, Sinus und am Lymphdrüsenparenchym im Ganzen in ganz klarem
Lichte. Man kann zunächst an Schnitten, die in geeigneter Weise, entsprechend der Längsachse der Lymph-
drüse geführt sind, nachweisen, wie der innerhalb der natürlichen Lymphwege \'orrückende Bacillenstrom
eine Lymphdrüse einer solchen Bubonenkette nach der anderen inficirt hat.
Mächtig erweiterte, mit Bacillen vollgepfropfte und in einzelne Zweige zerfallende Lymphgefässe an
einem Pole oder an der Convexität der Lymphdrüse (Vasa afferentia) zeigen den Eintritt des Giftes in die
Lymphdrüse an, der schon eingangs erwähnte breite, charakteristisch blau gefärbte Rindensaum, der sich
nach aussen wenigstens an vielen primären Bubonen zweiter Ordnung scharf begrenzt, deutet auf die all-
gemein erfolgte Ausbreitung der Bacillen in den Randsinus. Dabei sind aber zumeist noch Follikel imd
Markstrahlen erhalten, wenn sie auch schmal und klein erscheinen. Sie sind nun weiterhin gegen das Alark
der Lymphdrüse geradezu umspült von einem breiten Strom \-on Pestbacillen, der sich in den mächtigen
Sinus ausbreitet.
Dasselbe Bild zeigt sich am Hilus, wo ebenfalls der Terminalsinus und die Vasa efferentia die gleichen
Veränderungen zeigen. Letztere lassen sich häufig als Vasa afferentia bis zur nächstgelegenen Lymphdrüse
\"erfolgen, die wiederum dasselbe Bild bietet. Dabei sehen w^ir im periglandulären Gewebe wiederum sehr
reichliche entweder fein granulirte oder ganz homogen aussehende Ödemflüssigkeit, die Hämorrhagien
stehen aber m.ehr isolirt und die Leukocyteninfiltrate sind weniger gleichmässig.
Diese Befunde entsprechen \'ollständig der Eigenthümlichkeit des ganzen Processes, gerade in jener
Lymphdrüsengruppe, wo der Krankheitserreger zuerst eingedrungen ist und die meiste Zeit zur Entfaltung
seiner deletären Wirkungen zur Verfügung hatte, die schwersten nekrosirenden und hämorrhagischen Ver-
änderungen zu erzeugen. Daher stellen sich auch die Befunde an den primären Bubonen zweiter Ordnung
zumeist nur als solche dar, wie sie den Veränderungen ganz frischer und rapid erfolgter, aber massenhafter
Bacilleninvasion hervorgehen.
Vor allem anderen erscheint ein Befund im Bereiche der von den Bacillenmassen erfüllten .Sinus und
auch des angrenzenden adenoiden Gewebes auffallend, nämlich jener, dass es unter dieser Bacilleninfiltration
zum vollständigen Schwunde der die Sinus aufbauenden zelligen Elemente gekommen ist. Es sei ausdrück-
lich bemerkt, dass dieselben in der histologischen Beschreibung der entsprechenden Präparate einfach
zusammenfassend als »Sinuszellen« bezeichnet wurden, und zwar deshalb, w'eil sich oft nicht entscheiden
Hess, ob die einzelne Zelle mehr dem Reticulum angehöre oder als Endothelzelle aufzufassen sei.
In diesen Bacillenmassen eingeschlossen finden sich nur verhältnissmässig spärliche Leukocyten, freie
Kerne oder Kerntrümmer. Auch das Bindegewebe des Trabekularsystems ist entweder ganz verschwunden
oder auch in homogene Balkenzüge umgewandelt. Dazwischen finden sich überall bald kleinere bald
Biiilciipcsf. II. Patliologisch-aiialouiischcr Bcriciü. 50li
grössere Hämurrhagien, die aber nie ein solehes Maass annehmen, liass die im Vordergründe stehende
Bacillenintiltration in den Hintergrund gedrängt würde. Die letztere kann sich nun über das ganze oder fast
ganze Parenchym verbreiten, es verschwinden Follikel und Markstrahlen in derselben fast spurlosen Weise,
so dass schliesslich die Lymphdrüse als Ganzes nichts mehr anderes vorstellt als einen mit Pestbacillen
erfüllten Sack.
Überall zeigen die Gefässe und Capillaren die eigenartigen Gerinnungen in ihrem Lumen und ihrer
Umgebung und die erhaltenen Leukocyten zeigen vorwiegend die polynucleäre Form. Sind aber nur die
Sinus von solcher rapid erfolgten Bacterieninvasion betroffen, so zeigen die Knötchen und Markstrahlen des
adenoiden Gewebes eine hochgradige capillare Hyperämie. Zugleich sind sie ausserordentlich zellreich,
besonders an polynucleären Leukocyten, die sich auch zahlreich in den sogenannten Keimcentren nach-
weisen lassen. Vielfach kann man das gleichsam in geschlossenen Colonnen erfolgende Vorrücken der
Bacillenmasen in die Sinus auf den Schnitten verfolgen. Dabei erkennt man schwere degenerative Verände-
rungen an den Zellen der Sinus. Man findet hier sehr grosse, stark gebläht aussehende Zellleiber mit
grossem, runden oder ovalen Kern, die ganz epithelähnlich aussehen. Der Kern ist sehr blass gefärbt und
lässt ein complicirtes Kerngerüst erkennen und das Protoplasma zeigt vielfach ein granulirtes Aussehen oder
deutliche kleine Fetttröpfchen. Ohne Zweifel ist es gerade diese Form der Sinuszellen (Endothelien), die
zunächst Veränderungen zeigt und zuerst dem Untergange verfallen ist. Verhältnismässig lange halten die
IVLissen des adenoiden Gewebes Stand, erst wenn das Gewebe der Sinus vollständig zu Grunde gegangen
ist, setzt sich der Zerfallsprocess auf jene fort.
So ist auch der Grad, den die Veränderungen der primären Bubonen zweiter Ordnung mikroskopisch
zeigen, ein ungemein wechselnder, er hängt von der Masse der Bacillen, von der Raschheit der Inwasion und
von der Zeit ab, die für ihre weitere Vermehrung gegeben ist. Gerade in letztem Punkte liegt ein wesent-
licher Unterschied gegenüber dem primären Bubo erster Ordnung.
Die so hochgradigen und ausgebreiteten \'eränderungen, die beim primären Bubo sich im Lymph-
drüsenparenchym und dessen Umgebung finden, haben ihre Erklärung in dem Plus an Zeit, das den einmal
eingeführten Krankheitserregern nicht nur zu ihrer zerstörenden Wirkung zur Verfügung stand, sondern
auch zu ihrer ganz enormen Vermehrung. Es macht den Eindruck, als ob gerade in dieser ein besonders
störender Einfluss auf die Gewebe begründet sei, sei es, dass dadurch der verbrauchte Giftstoff immer sotort
nachgeschafft wird, sei es, dass gerade durch diese Vermehrung besonders giftige Stoffwechselproducte in
reichlicher Menge erzeugt werden, durch welche die so schweren Veränderungen eines primären Bubo erster
Ordnung veranlasst werden. Jedesfalls ist im Allgemeinen Zeit und zerstörende Wirkung der Pestbacillen
bei den primären Bubonen zweiter Ordnung \-ielmehr beschränkt als die Masse der Pestbacillen an und
für sich.
So ist, Alles zusammengefasst, der Unterschied zwischen den wechselnden Veränderungen der ver-
schiedenen primären Buhonen nur ein gradueller und gewiss spielen hier auch in den einzelnen Fällen die
Grade der Virulenz der Bacillen und der Widerstandsfähigkeit der Gewebe eine Rolle.
Ein wesentlich anderes Bild zeigen histologisch die secundären Bubonen. Bei diesen herrscht eine
gleichmässig über das ganze Parenchym verbreitete Hyperämie vor; zugleich ist immer die fibröse Kapsel
der Lymphdrüsen \-ollkommen erhalten und die Sinus ganz auffallend \-erbreitert. In fast allen Fällen finden
sich im Blute der erweiterten Capillaren und Gefässe bald mehr, bald weniger reichlichere Pestbacillen. Nicht
nur das reiche Gefässnetz des adenoiden Gewebes (Follikel und Markstrahlen) zeigt die hochgradige Hyper-
ämie, auch die zahlreichen Gefässchen, die von den Trabekeln aus die Sinus durchziehen.
Was zunächst die ganz auffallende Verbreiterung der Sinus betrifft, so ist dieselbe, abgesehen \-on der
Dilatation der Gefässe, vor Allem durch beträchtliches Aufquellen der Sinuszellen, verbunden mit einer Art
von Desquamation bedingt. Diese Zellen gleichen grossen Epithelien mit central gelagertem, ebenfalls
grossen, blass, oft bläschenähnlich gefärbten Kern.
Ihr Protoplasma sieht manchmal glasig, manchmal granulirt aus oder es enthält Fetttröptchen als
Zeichen beginnender fettiger Degeneration. An einzelnen dieser Zellen lassen .sich deutliche Ausläufer nach-
504 H. A Ihre c h l und A. Gh o u,
weisen. Ob sie dabei' nur den JMidothelzelien oder nieht \'ieileiclU tiueh den Ketieulumzellen der Sinus ent-
sprechen, soll hier nieht entschieden werden.
Ausser diesen Elementen finden sieh in den .Sinus oft zahhx'iche polynucleäre Leukocyten und rothe
Blutkörperchen, häufig um Gefässe angeordnet, oder kleinere Hämorrhcigien. Manchmal sind aber auch diese
Sinus ganz überschwemmt von Blut oder es finden sich in ihnen kleine nekrotische Herde mit reichlichem
I\(">rnchenzerfalle der Zellkerne in ihrer Umgebung.
Auch die Endothelien der Capillaren und Gefässe zeigen häufig, besonders in Fällen grossen Bacillen-
reichthunis im Blute, eine auffallende Anschwellung ihrer I'"(irm und ihrer Kerne, ganz ähnlich wie die Sinus-
zellen. Innerhalb derselben findet man auch gar nicht selten Pestbacillen.
Das im Vorstehenden geschilderte Bild findet sich nun immer wieder bei jenen secundären Bubonen,
die auch makroskopisch keine besonderen intensiven Veränderungen zeigten, weil die allgemeine Blutinfection
diu'ch den Pesterreger zu kurze Zeit bestanden hatte. In solch typischen Fällen kann man nun, wie einsicht-
lich, leicht die Differentialdiagnose zwischen secundären und primären Bubonen irgend welcher
Form stellen, wenn man den anatomischen Weg der Infection berücksichtigt. Dazu kommt noch als wesent-
liches Merkmal, dass in einem solchen Stadium die so charakteristischen Veränderungen an den Lymph-
gefässen der Umgebung immer fehlen. Wenn allerdings der Tod unter der erfolgten allgemeinen Blut-
infection nicht in ganz kurzer Zeit (am nächsten Tage) erfolgt, dann kann es auch in den vom Blute aus
inficirten secundären Bubonen zu Veränderungen kommen, die makro- und mikroskopisch sich kaum von
denen primärer Bubonen unterscheiden. Denn es geht dann in denselben der gleiche Zerstörungsprocess vor
sich, der sich auch in den Randsinus findet und sich von hier aus über die Grenzen der fibrösen Kapsel hinaus
fortpflanzt. Dementsprechend können auch die Lymphgefässe ganz die primären Bubonen entsprechenden
Veränderungen zeigen. Letzteres gehört jedoch entschieden zu den Ausnahmen, wenn mari auch sehr
bacillenreiche secundäre Bubonen antrifft.
Auch an den secundären Bubonen kann man die Beobachtung machen, dass das adenoide Gewebe von
den PestbacilUen viel weniger intensiv angegriffen wird als das aus Endothelien und einem zarten Reti-
culum bestehende Gewebe der .Sinus. Daher beginnt auch bei ganz zweifellos metastatisch, auf dem Wege
der Blutbahn inficirten Lymphdrüsen der Zerstörungsprocess in den Sinus. Ob nun die sicherlich auch aus
dem reichen Gellechte von Capillaren in den Follikeln und Markstrahlen ausgetretenen Pestbacillen daselbst
von der Zellthätigkeit unschädlich gemacht werden oder ob sie nicht vielleicht von da sofort in die Sinus
befördert werden, deren zellige Elemente vielleicht viel weniger widerstandsfähig sind als die Zellen
des adenoiden Gewebes, kann nicht ganz sicher entschieden werden.
Bevor wir nun im Speciellen auf unsere Bacterienbefunde in Schnittpräparaten eingehen wollen,
erscheint es geboten, unsere Erfahrungen bei den von uns geübten Methoden in Bezug auf
die Färbbarkeit der Pestbacillen in Kürze anzuführen und gleichzeitig gewisse dem Pest-
bacillus im Allgemeinen zukommende morphologische Eigenschaften zu besprechen.
Wie schon in der Einleitung zu diesem Theile des Berichtes bemerkt wurde, verwendeten wir zm'
Färbung der Pestbacillen in den Schnittpräparaten vorzugsweise Boraxmethylenblau oder polychromes
Methylenblau nach Unna. Mit beiden Farben ist der Pestbacillus in den durch eine Mischung von
Müller'scher Flüssigkeit und 107n Formol fixirten Präparaten leicht darstellbar. Nur färbt er sich im
Allgemeinen schwach, und zwar um so schwächer, je deutlicher Degenerationszeichen zu ei'kennen sind.
Bei den zahlreichen Misch- oder Secundärinfectionen, die wir zu untersuchen Gelegenheit hatten, trat
diese schwache Färbbarkeit des Pestbacillus gegenüber den starkgefärbten Strepto- oder Diplococcen, die
sich vielfach mit Pestbacillen untermengt vorfanden, besonders deutlich zu Tage. Auf Grund der zahlreichen
Versuche ferner, die wir in Hinsicht auf Färbbarkeit des Pestbacillus nach der Weigert'schen Modification
der Gram'schen Methode anstellten, müssen wir behaupten, dass sich derselbe bei exacter Ausführung der
Methode prompt entfärbt. Jedoch hängt, wie ja allgemein bekannt, gerade bei dieser Methode sehr viel von
dem Grade der Entfärbung durch das Anilinöl ab. Führt man dieselbe nur unvollständig durch, so sieht man
häufig die Pestbacillen blau-violett oder purpurroth gefärbt oder es tritt manchmal eine blaue bipolare
Betilenpesl. Tl. Paihologisch-ana/omisclicr Bericht. 505
Färbung der Bacillen zu Ta.^e, und zwar meist nicht aller, sondern nur eines Theiles derselben, Vorkomm-
nisse, die aber gewiss nicht im Sinne eines positiven tinctoriellen Verhallens der Pestbacillen zu dieser
Methode zu verwerthen sind.
Ganz dieselbe unvollständit^e Entfärbuni; kann man natürlicherweise dadurch erzielen, dass man — wie
man dies gewöhnlich zur färberischen Darstellung des Fibrins nach Weigert thut — ■ das Anilinöl mit X\'lol
in irgend einem Verhältnisse mischt.
Aus alldem geht hervor, dass sich der Pestbacillus der Weigert'schen Bacterienfärbung gegenüber
ähnlich verhält, wie manche aus der Gruppe der Kapselbacterien. Es sei hier nur auf den Friedländer'schen
Pneumoniebacillus verwiesen, der sich besonders nach Conservirung in Müller'scher Flüssigkeit bei der
Weigert'schen Methode häufig ziemlich schwer entfärbt.
Liegen Pestbacillen in grossen zusammenhängenden Massen bei einander, so färben sie sich auch schon
hei einfacher Hämatoxylin- oder Hämalaunfärbung der Schnitte, besonders wenn die Präparate in
Müller'scher Flüssigkeit oder in der Mischung derselben mit F'ormol fixirt waren, was namentlich im Interesse
eines raschen Überblickes von Werth ist. Sie nehmen durch die genannten einfachen Kernfärbungsmittel
einen lichtblauen Farbenton an, ohne dass sich dadurch die einzelnen Bacterienleiber scharf differenziren.
Im Übrigen sei bemerkt, dass sich die Pestbacillen, wie ja selbstverständlich, auch nach anderen
Methoden und mit anderen Farben mehr oder weniger leicht färben, so mit Fuchsin, Gentianaviolett und
Methylenblau etc. in wässeriger oder wässerig alkoholischer Lösung mit nachfolgender Säuredifferenzirung
oder mit alkalischem Methylenblau (Löf?ler).
Nicht nur am bequemsten und sichersten, sondern auch am schärfsten gefärbt zeigten sich die Pest-
bacillen nach allen unseren Versuchen bei Anwendung des polychromen Methylenblaus nach Unna. Über
die Technik dieser Methode haben wir schon in der Einleitung berichtet. Sie gab uns auch bei den Präpa-
raten der von uns obducirten Cholerafälle ganz ausgezeichnete Bilder.
In allen zur Untersuchung gelangten Fällen mit Bubonen konnten wii' in denselben
Pestbacillen nachweisen, und zwar zumeist in ganz enormen Massen, wie dies schon
wiederholt hervorgehoben wurde. Sie stimmen in allen so zahlreich angefertigten Präparaten nicht nur
unter sich in Form, Anordnung und Färbbarkeit vollkommen überein, sondern es sind auch die durch
sie erzeugten histologischen \'eränderungen im Allgemeinen immer dieselben. Wie aus den entsprechenden
Protokollen zu entnehmen ist, konnten wir auch die Identität der in den einzelnen Fällen vorhandenen
Bacillen durch die Controle der zur bacteriologischen Untersuchung angefertigten Deckglaspräparate und
der angelegten Culturen feststellen.
Der Erste, der überhaupt die Pestbacillen in Schnittpräparaten nachwies, war Aoyama, und es
stimmen seine Befunde im Wesentlichen mit unseren überein.
Im Gewebe stellt sich der Pestbacillus in so verschiedenen Formen dar, dass man sein morphologisches
Verhalten als pleomorph bezeichnen muss. .Seine Grundform ist ein kurzes und plumpes Stäbchen mit
gleichmässig abgerundeten Enden und von ovalem Typus, das sich etwas blässer als die Leukocytenkerne
färbt. Daneben gibt es auch, allerdings weniger häufig, etwas längere und schlankere Formen, die sich
stärker färben. Seiner Anordnung nach ist der Pestbacillus ein tj'pischer Diplobacillus. Aber es treten auch
im Schnittpräparate gar nicht selten eine Anzahl solcher Bacillenpaare zu bald längeren, bald kürzeren
gegliederten Fäden zusammen. Recht charakteristisch ist ferner das häufige Auftreten sogenannter »bipolarer
Färbung«, die durch eine besonders starke Tinction der beiden runden Pole des Stäbchens gekenn-
zeichnet ist.
Der Grund für seine ausgesprochene Pleomorphie liegt vor allem .Anderen in dem constanten Vor-
kommen zahlreicher verschiedener Degenerationsformen, die man ganz besonders reichlich im Bereiche
primärer Bubonen beobachten kann. Sie sind im Schnitte sowohl an ihrer Form wie an ihrer schwachen
Färbbarkeit deutlich erkennbar. Je mehr die Degeneration vorgeschritten ist, um so mehr nähert sich erstere
der runden Bläschenform, und so findet man Pestbacillen von regelmässig ovaler oder ovoider Gestalt, von
welcher aus es alle Übergänge zu rein kugeliger Bläschenform, respectivc im Schniue zur reinen kreis-
506 H. Albrecht und A. Ghon,
f()rmigcn Scheibenform gibt. Meistens ist dann die Methylenblaut'ärbung eine ungemein schwache, so dass
die cinzehien Bacillenleiber ganz schattenhaft erscheinen, oder es tritt nur an den Rändern der einzelnen
eine etwas stäri<ere Färbung zu Tage, wodurch ganz besonders das hläschenartige oder ringförmige
Aussehen zu Stande kommt.
Diese Degenerationserscheinungen betreffen nun in den primären Bubonen, wo die Pestbacillen in
grossen Massen und in Form von Rasen oder Schwärmen anzutreffen sind, nie einzelne Individuen, sondern
sie sind ziemlich gleichmässig über grössere Antheile der Bacilleninfiltration verbreitet, und zwar am vor-
geschrittensten in den mehr centralen Antheilen eines solchen Bubo, welche der
ursprünglichen Lymphdrüse entsprechen, wo also der Process am ältesten ist.
In den peripheren Antheilen, besonders im Bereiche der periglandulären Infiltration, ist in der Regel die
kurze, plumpe, ovale Gestalt der Pestbacillen erhalten und hier tritt ihre stärkere Färbung deutlich hervor.
Aber die Pestbacillen zeigen auch beträchtliche Grössenunterschiede, die ganz besonders an den stark
ovoiden und den hläschenartigen Formen auffallen, und zwar dann, wenn sie eine blasse, jedoch gleich-
mässig diffuse Farbe zeigen. Man sieht dann ganz cpccenähnliche Formen (die einzelnen von der Grösse eines
Staphylococcus) oder stark geblähte, hefezellenähnliche Formen, die gar keine Ähnlichkeit mehr mit der
Grundform des PestbaciUus haben. Ihre Lagerung in primären Bubonen, wo die Zerstörung des Gewebes
eine weit vorgeschrittene ist, ist fast ausschliesslich extrucellulär. Nur in der Peripherie, wo die Bacilleninfil-
tration eine frische ist, findet man sie innerhalb von Leukocyten eingeschlossen. Aber in primären Bubonen
zweiter Ordnung, die am häufigsten die eben erfolgte BaciUeninvasion zeigen, sind es vor Allem die als
Sinuszellen bezeichneten epithelähnlichen Endothelien, die häufig ganz vollgepfropft von Pestbacillen sind.
Ebenso sieht man die intracelluläre Lagerung derselben, mitunter ganz ausschliesslich, in den secundären
Bubonen, wo die noch spärlich aus den Blutgefässen ausgetretenen Pestbacillen sowohl von Leukocyten
wie \-on den angeschwollenen Sinuszellen aufgenommen werden. Jedesfalls sind es vor allem Anderen Endo-
thelien sowohl der Blut- wie der Lymphgefässe, die zuerst in den Kampf mit den Pestbacillen und ihren
Giften gerathen zu einer Zeit, wo das übrige Gewebe noch kaum Spuren einer Veränderung zeigt. In solchen
secundären Bubonen kann man auch nicht selten die intracelluläre Lagerung der Bacillen innerhalb der
stark angeschwollenen oder desquamirten Endothelien der Capillaren nachweisen, ein Befund, der die leichte
Durchgängigkeit der Capillaren für Pestbacillen beweist.
Von Wichtigkeit erscheinen die histologisch - bacteriologischen Befunde jener primären Bubonen,
die in ihrem Centrum ausgedehnte Nekrose und eitrige Einschmelzung erkennen lassen. Im Allgemeinen
finden sich hier nur recht spärliche Pestbacillen und zwar in stark degenerirter Form. Aber man ist
eben doch regelmässig im Stande, auch bei sehr ausgebreitetem Gewebszerfälle, Pest-
bacillen mit Sicherheit nachzuweisen, ja sogar manchmal sehr reichlich.
Gerade für den Nachweis solcher sich schwer färbender Formen leistete uns das polychrome
Methylenblau vorzügliche Dienste und wir sind überzeugt, dass uns der Nachweis bei Anwendung anderer
Conservirungs- und Färbungsmethoden überhaupt nicht oder wenigstens nicht so leicht gelungen wäre.
Was also die Reichlichkeit der Pestbacillen in primären Bubonen betrifft, so kann der Satz aufgestellt
werden, dass sie ausnahmslos in primären Bubonen reichlich oder sehr reichlich vorhanden
sind. Nur darf man seine Untersuchung nicht auf einzelne besonders hochgradig veränderte Lymphdrüsen
des eigentlichen primären Bubo beschränken, weil es vorkommen kann, dass sie eben in denselben schon zu
stark degenerirt oder ganz zu Grunde gegangen sind, während sie in unmittelbar benachbarten primären
Bubonen zweiter Ordnung in enorm reichlicher Menge anzutreffen sind.
Gerade dieses so massenhafte Auftreten der Pestbacillen im Gewebe ist als etwas ungemein Charakte-
ristisches hervorzuheben, weil sich eine ähnliche Masseninfiltration der specifischen Erreger bei keiner
derzeit bekannten mycotischen Erkrankung vorfindet. Es ist schi.m wiederholt darauf hingewiesen worden,
dass die Pestbacillen dort, wo ihnen längere Zeit zur Weiterentwicklung gegeben ist, immer in grösseren
Verbänden aufu-eten, die man am besten als Rasen oder Schwärme bezeichnen wird. Vor .Allem fällt sehr
häufig die ganz regelmässige Lagerung der Einzelbacillen auf, so dass es ganz den Eindruck macht, als ob
Bcuh'jipesl. IL Püfliologisch-aualoiuisclwr Bericht. 507
irgend ein Bindemittel zwischen den einzelnen sich befinden würde. Thatsächlich besitzen auch die Pest-
hacillen eine oft leicht nachweisbare Kapsel, und diese die einzelnen umgebende schleimige Hülle ist es,
welche die grosse Regelmässigkeit in den Zwischenräumen zwischen den einzelnen neben einander gela-
gerten Indi\'iduen erzeugt. Ganz an die Eigenthümlichkeiten einer echten Zoogloea erinnert ferner die mit-
unter sehr ausgesprochen schleimig-fadenziehende Beschaffenheit des Saftes, den man \'on der Schnilt-
Häche N'ieler Buhonen abstreifen kann.
Wie schon an anderer Stelle erwähnt, können sie auch in secundären Bubonen in grosser Anzahl
\nrhanden sein, wenn der Organismus der mit allgemeiner Bacillenüberschwemmung verbundenen Gift-
wirkung einige Zeit lang Widerstand hält. Man findet sie auch hier trotz der Infection vom Blutwege her
nicht in den Follikeln imd Mai'kstrahlen, sondern gerade in den Sinus. Bei frisch erfolgter Infection ist die
Reichlichkeit der PestbaciUen in Blutgefässen und Capillaren eine wechselnde. Man findet sie oft nur
spärlich, ja vereinzelt in manchen, nicht in allen erweiterten Lumina, in anderen Fällen aber liegen in jedem
erweiterten Gefässrohre ziemlich reichliche PestbaciUen, die allerdings nie das Lumen eines solchen Gefässes
nach .Art eines Embolus verstopfen. Hierin tritt eine gewisse Ähnlichkeit mit Milzbrand zu Tage, auf die
auch noch später wiederholt hingewiesen werden wird.
Ein anderes interessantes Resultat unserer histologischen Untersuchungen bezieht sich auf die Ein-
bruchspforte hei Mischinfectionen. Es sei gleich hier bemerkt, dass ungefähr ein Drittel der
zur Obduction gekommenen Fälle keine reinen Pestinfectionen betraf, sondern sogenannte
Misch- oder Secundärinfectionen durch Strepto-, Diplo- oder Staphylococcen. In keinem
einzigen Falle nun konnten wir den Einbruch letztgenannter pathogener Bacterien vom primären Bubo aus
nachweisen, sei es, dass diese Mischinfection gleichzeitig mit jener durch Pest oder im Anschlüsse an
dieselbe erfolgt wäre. Selbst in jenen Fällen, wo die Strepto- oder Diplococcen ungemein zahlreich in
den Blutgefässen nachweisbar waren, konnten wir sie im primären Bubo entweder auch nur im Blute der
noch erhaltenen Gefässe oder nur in geringer Zahl ausserhalb derselben auffinden, nie in solcher
Reichlichkeit oder Lagerung, dass man irgend wie daran denken konnte, dass die Mischinfection \"oni
primären Bubo aus erfolgt sei.
Hingegen konnten wir fast in jedem derartigen Falle den e.xacten Nachweis führen,
dass die secundäre Invasion der genannten Mikroorganismen von den Lymphknoten
des Rachens und Gaumens aus erfolgt ist.
In voller Übereinstimmung damit stehen die Befunde, welche uns die aus den primären Bubonen
angelegten Culturen ergaben.
Was zunächst die Deckglaspräparate betrifft, so wurde schon in der Einleitung die Methode der
Anfertigung in genügender Weise besprochen. Ein grosser Theil derselben wurde sogleich in Bombay fertig-
gestellt, ein noch grösserer, der nur einfach fixirt nach Wien mitgebracht wurde, erst daselbst gefärbt und
untersucht. Auch bei den Deckglaspräparaten erwies sich uns das Methylenblau als bestes Färbungsmittel,
namentlich alkalisches, ohne jede weitere Differenzirung. Ausserdem wandten wir regelmässig zur Controle
die Gram'sche Färbung der Deckglaspräparate an. .^.usdrücklich sei hier hervorgehoben, dass wir bei den
zahllos angefertigten Präparaten immer rasche Entfärbbarkeit der PestbaciUen nach der Gram'schen Methode
constatiren konnten.
Ebenso wie in den Schnittpräparaten die ganz einzig dastehende Reichlichkeit auffiel, so bieten auch
die Deckglaspräparate aus primären Bubonen ungemein häufig ein geradezu frappirendes Bild, was die
Masse der PestbaciUen betrifft (vergl. Tafel XIII, Fig. 1).
In den vorstehenden Protokollen finden sich zur Bezeichnung der Menge die Ausdrücke »sehr reichlich,
reichlich, mä,s.sig und wenig reichlich«. Dieselben sind jedoch nicht in dem für gewöhnlich üblichen Sinne
zur Bezeichnung der Menge von Bacterien in vom Menschen stammenden Exsudaten, Secreten etc. zu ver-
stehen, da dies der Wirklichkeit nicht einmal nahe kommen würde. In der Regel geben Deckglaspräparate
von bacillenreichen Fällen ein solches Bild, wie man es nach zu reichlichem Bestreichen derselben mit
irgend einer künstlich angelegten Cultur zu Gesichte bekommt. Seltener sieht man Präparate aus primären
Denkschriften der mathem.-naturw. Gl. LXVI. Bd. °"
fiOS //■ Albrech/ und A. CJtnu,
Buboncn, wo die Pcstbacillen thalsiichlich nur spärlich zu linden sind, nämlich bei jenen Fällen, wo es
bereits zu ausgedehnter Nekrose im Bereiche der Lymphdrüsen gekommen ist. Doch zeigen dann immer
noch die angelegten Culturen reichliche Colonien der Pestbacillen.
Was Grösse und Form derselben auf den Deckglaspräparaten betrifft, so entsprechen beide vollständig
den Befunden in histologischen Präparaten. Häufiger und klarer tritt hier die bipolare F'ärbung zu Tage,
sowie die zahlreichen Übergänge von der kurzen, plumpen, ovalen oder ovoiden Form zli den grossen,
gebläht aussehenden und hefezellenähnlichen Formen. Daneben findet sich aber auch die reine Stäbchen-
form. .Auch hier findet man ungemein reichliche Degenerationsformen, besonders solche, die als ringfiii-mige
bezeichnet wurden, oder solche, deren Contour sich ähnlich einem Siegelringe an einem Pole etvvas stärker
färbt. Aber auch hier sind im Allgemeinen die Pestbacillen schwach gefärbt.
Neben den grossen, geblähten Formen sieht man aber auch vielfach ganz ähnlich aussehende, aber viel
kleinere coccenähnliche. Selbst auf den einige iVIonate alten, nach Wien mitgebrachten fi.xirten Deck-
gläsern konnten wir noch in vielen Phallen bei Erwärmen in Carbolfuchsin oder bei Anwendung der
Pittfleld'schen Methode schöne breite Kapseln nachweisen, innerhalb deren hie und da der eigentliche
Bacillenleib als kleinstes starkgefärbtes Pünktchen erschien oder in seiner ovalen Form bei manchmal
schöner, manchmal schlechter gefärbter Kapsel erhalten war.
Auch die Lagerung der Pestbacillen als DiplobaciUen tritt auf den Deckglaspräparaten in evidenter
Weise zu Tage, desgleichen findet man längere oder kürzere gegliederte Fäden oder Ketten. Aber auch
ungegliederte, dickere und dünnere, bald längere, bald kürzere Fäden kommen vor, die, wie es scheint,
auch als Degenerationsformen zu deuten sind und in einem folgenden Theile des Berichtes näher gewürdigt
werden sollen.
Entsprechend den enormen Mengen von Pestbacillen auf dem nati\'en Präparate ergaben auch die
angelegten Aussaaten aus den Bubonen ungemein reichliche Colonien von Pestbacillen, selbst dann, wenn
ersteres nur »spärliche« Pestbacillen zeigte oder stark degenerirte Formen.
Auf näheres morphologisches oder biologisches Verhalten der Pestbacillen in der Cultur soll ebenfalls
hier nicht näher eingegangen werden; eine kurze Bemerkung erfordern nur unsere culturellen Befunde aus
primären Bubonen bei Mischinfectionen.
In einer Reihe von Fällen, wo das Deckglaspräparat neben zahlreichen Pestbacillen Strepto- oder Diplo-
coccen meist in spärlicher Anzahl zeigte, ergaben die Culturen ein anderes Resultat. In denselben herrschten
häufig die Coccen vor, die Pestcolonien waren in der Minderzahl oder fehlten überhaupt ganz. .Solche
Befunde sind, wie schon erwähnt, nicht in dem Sinne zu verwerthen, als (ib die Mischinfection vom primären
Bubo ausginge, und sie zeigen die unbedingte Nothwendigkeit neben der culturellen Untersuchung immer
auch eine solche von Deckglaspräparaten vorzunehmen. Den eigentlichen Sachverhalt, nämlich die rein
metastatische Herkunft der genannten Coccen, stellt allerdings erst die histologische Untersuchung fest.
Das Überwiegen anderer Colonien über die der Pestbacillen in den Culturen haben wir sehr häufig
auch bei Aussaaten aus anderen Organen beobachtet imd es soll hier nur kurz bemerkt werden, dass vor
Allem das relativ langsamere Wachsthum der Pestbacillen gegenüber den anderen, das noch durch
Anwendung von Glycerinagar eher verzögert wird, zur Erklärung herangezogen werden muss.
Was den mikroskopischen und culturellen Bacterienbefund an secundären Bubonen betrift't, so ist der-
selbe ganz den histologischen Befunden entsprechend, d. h. es sind bald mehr, bald weniger Pestbacillen in
denselben nachweisbar, je nach dem Alter des Processes. Ein vollständiges Fehlen von Pestbacillen in
solchen Lymphdrüsen (sowohl mikroskopisch wie culturell), die auch nur in geringem Grade die Zeichen
frischer Pestentzündung boten, haben wir nicht gesehen; nur in einem einzigen Falle (14/XXXVIII) von
primärem axillaren Bubo konnten wir durch die genannten Methoden in einer Lymphdrüse der anderen
Achselh()hle keine Pestbacillen nachweisen. Es betraf dies einen überhaupt bacillenarmen P'all. Da sich aber
histologisch in den Gefässen und Sinus dieser Lymphdrüsen allerdings sehr spärliche Pestbacillen nach-
weisen Hessen, so ist der negative mikrt)skopische und culturelle Befund wohl recht wahrscheinlich auf
Zufälligkeiten zu beziehen. Es erscheint aber hierdurch der immer gelungene positive Nachweis von Pest-
Bcnleiipcst. II. Pathologisch-aitatoniischer Bericht. 509
bacillen in secundären Bubonen von hoher Bedeutung deshalb, weil dadurch die in den Lymphdrüsen con-
statirten \'eränderungen nicht etwa als rein toxische Fernwirkung, sondern als directe Giftwirkung der
immer, und zwar sehr oft sehr reichlich \-orhandenen Pestbacillen aufzufassen sein werden.
In einem Falle, bei dem es sich ebenfalls um einen primären axillaren Bubo gehandelt hatte und wo es
zur eiterigen Meningitis gekommen war, Hessen sich noch nach 15 Tagen in einer submaxillaren und
axillaren Lymphdri^ise der anderen Seite sowohl mikroskopisch wie culturell Pestbacillen nachweisen, des-
gleichen auch histologisch in einer vereiterten Lj'mphdrüse des primären Bubo. Jedoch scheint besonders
der histologische Nachweis von Pestbacillen längere Zeit nach Ablauf des acuten Stadiums sehr schwer,
indem man Gebilde innerhalb der Sinus vereinzelt findet, von denen es sich nicht entscheiden lässt, ob es
sich um degenerirte Bacillen oder um irgend welche andere corpusculäre Elemente handelt. Ihre Färbbarkeit
spricht entschieden für ersteres und in einem Falle von Pestmarasmus, der erst am 52. Tage zum Tode
geführt hatte (45/XII), wurde diese Annahme durch das culturelle Verfahren bestätigt. An diesem Falle
konnten wir unter Anderem den nicht anzuzweifelnden Nachweis führen, dass sich im chronischen Stadium
der Pest einzelne Pestkeime in den Lymphdrüsen noch nach \'ielen W'ochen lebensfähig erhalten.
Was die histologischen Residua derartiger ausheilender oder ausgeheilter Bubonen betrifft, so sind die-
selben — wenigstens so viel wir gesehen haben — nur geringfügiger Natur. Die Kapsel erscheint fibrös ver-
dickt durch Zuniihme des fibrillären Bindegewebes und desgleichen auch die Bindegewebssepta, die von der
Kapsel aus sowohl in das Lymphdrüsenparenchym, wie in die Umgebung desselben entsendet werden, und
zwar hauptsächlich in der L^mgebung der Blut- und Lymphgefässe. Im Übrigen tritt vollständige Restitutio
ad integrum ein, sofern nicht tiefgreifende Vereiterung oder Nekrose bereits eingetreten ist.
Es erübrigt uns noch, im Anschlüsse an diese Auseinandersetzungen diejenigen Untersuchungen zu
besprechen, die wir an dem bei Lebenden durch Incision gewonnenen Buboinhalte ausführten.
Wir werden an anderer Stelle darlegen, wie wir uns zur Frage der Incision, respective Exstirpation des
pi-imären Bubo \-erhalten; bemerkt sei hier nur, dass die Incision des Bubo in dem uns zugetheilten Spitale
ausschliesslich durch den Leiter des Spitales, Dr. Chocksy, geschah, und zwar in solchen Fällen, die nicht
acut verliefen, und immer nur dann, wenn die klinische Untersuchung bereits ausgesprochene Zeichen ein-
getretener Erweichung nachweisen liess. Der dadurch entleerte Inhalt bestand theils aus dickem, gelben
Eiter, theils aus käsig aussehenden, bröckeligen, nekrotischen Massen, meist vermengt mit etwas Blut.
Die Untersuchungen betrafen lU F"älle, die alle genasen, und waren mit Ausnahme eines Falles, der im
Anschlüsse an unsere Sectionsbefunde bereits erörtert wurde, ausschliesslich bacteriologische, derart, dass
in jedem Falle Aussaaten auf entsprechendem Nährboden (Agar, Glycerin-Agar, Serum-Agar) angelegt
wurden, in einigen Fällen daneben auch noch eine Untersuchung durch das Deckglaspräparat erfolgte.
L^nter diesen 10 Fällen befinden sich 7 Fälle, von denen auch Blutuntersuchungen vorliegen und die in
dem am Schlüsse angefügten Blutprotokolle die Nr. 6, 32, 46, 79, 94, 108 und 125 führen.
Die Incision, die leider nicht immer unter entsprechenden Cautelen gemacht wurde, erfolgte bei diesen
7 Fällen mit Rücksicht auf den Krankheitstag in 2 Fällen (6 und 108) am VII. und in je einem Falle am
X. (79), XIV. (46), XV. (125), XIX. (32) und XX. (94) Erkrankungstage. 2 Fälle (6 und 108) betrafen Axillar-,
die übrigen 5 Inguinalbubonen. In 3 Fällen (32, 108 und 125) wurde nur der Pestbacillus nachgewiesen;
dabei zeigte der Fall, bei dem die Incision am XIX. Krankheitstage erfolgte (32), »massig reichlich«, die
beiden anderen Fälle, in denen die Incision am VII. (108) und XV. (125) Krankheitstage erfolgte, »ver-
einzelt«, respective »spärlich« Pestcolonien. 2 Fälle (46 und 94) zeigten neben vereinzelten Pestcolonien noch
Colonien des Staphjdococcus pyogenes albus. Bei dem einen (46) wurde die Incision am XIV'., bei dem anderen
(94) am XX. Krankheitstage ausgeführt, in beiden aber war, wie unsere Aufzeichnungen ausdrücklich
hervorheben, dieselbe nicht unter entsprechenden Cautelen ausgeführt worden. Es dürfte daher in beiden
Phallen das Vorhandensein der Staphylococcencolonien auf eine Hautverunreinigung zurückzuführen sein.
In einem Falle (6) — die Incision erfolgte am VII. Krankheitstage — blieb die Aussaat steril. Dieser Fall
hatte am 11. Krankheitstage im Blute »reichlich« Pestcolonien nachweisen lassen, am IX. und X\'l. Krank-
heitstage ergab er sterile Blutaussaaten und ging -- wie schon erwähnt — gleichfalls in Heilung über. Der
66*
510 H. Albrecht und A. Glioii,
Fall 79 endlich zeigte nur Streptococcencolonien. Die Incision war hei diesem Falle am X. Krankheitstage
ausgeführt worden. Der Schluss, dass hier Pestbacillen nicht mehr vorhanden waren, ist desshalh nicht zu-
lässig, weil die Untersuchung nur eine culturelle war, der Streptococcus aber, worauf wir später noch
zurückkommen werden, in der Cultur gegenüber dem Pestbacillus immer der stärkere ist. Es können also
auch in diesem Falle ganz gut noch Pestbacillen, wahrscheinlich allerdings in spärlicher Menge, vorhanden
gewesen sein. Da die Incision in diesem Falle in steriler Weise gemacht wurde, müssen wir das Vorhanden-
sein einer localen Mischinfection annehmen, aber nur einer localen, da der Fall in Genesung überging.
In 3 von den 10 untersuchten Fällen liegen keine Blutuntersuchungen vor. Der eine von ihnen betraf
einen Halsbubo und zeigte in dem am XV. Krankheitstage diuxh Incision entleerten Eiter ausschliesslich
Pestcolonien in reichlicher Menge.
Der zweite Fall zeigte ebenfalls ausschliesslich Pestcolonien in reichlicher Menge. Es fehlen uns von
diesem Falle leider die Daten über den Sitz des incidirten Bubo und über den Krankheitstag, an welchem die
Incision erfolgt war. Desgleichen auch von dem 3. Falle, der sterile Aussaaten zeigte und einen Portugiesen
betraf. Auch die bei diesem Falle ausgeführte bacteriologisch-histologische Untersuchung Hess Pestbacillen
nicht mit Sicherheit nachweisen.
Obwohl eigentlich nicht völlig hieher gehörend, mögen kurz noch jene Untersuchungen Erwähnung
finden, die wir an Hautblasen ausführten, die theils über einem primären Bubo selbst, theils im Bereiche
desselben sich vorfanden. 2 von diesen Untersuchungen sind bereits bei den Sectionsbefunden verzeichnet,
und zwar bei den Sectionsfällen 1/IX und 14/XXXVIII.
Bei dem Falle 1/IX sass die Blase über dem primären Bubo, der die rechte Halsseite betraf, bei dem
Falle 14/XXXVIlI, der einen Bubo der rechten Axilla zeigte, an der rechten Schulter. Die culturelle Unter-
suchung zeigte beim ersten Pralle ausschliesslich Pestcolonien in spärlicher Menge, beim zweiten ein
negatives Ergebnis.
Ausser diesen beiden derartigen Untersuchungen haben wir noch 3 in vi\'o ausgeführte, welche die im
Blutprotokolle mit Nr. 79, 83 und 98 bezeichneten Patienten betreffen. Der Fall 79, der genas, zeigte eine
Hautblase über dem Inguinalbubo der rechten Seite; ihr Inhalt, in sterilerWeise entnommen, wies ausschliess-
lich Streptococcencolonien auf, zeigt also dasselbe Ergebniss wie der bereits besprochene Buboinhalt selbst.
Beim Falle 83, der am VI. Krankheitstage starb, Hess die Hautblase, die sich über dem Inguinalbubo der
rechten Seite vorfand und nicht steril am III. Krankheitstage punktirt wurde, neben reichlichen Colonien des
Pestbacillus etwas spärHcher solche des Staphylococcus pyogenes albus und aureus nachweisen. Beim Falle
98 endlich, der einen Bubo in der linken Axilla hatte, konnten wir in einer Hautblase über dem Hnken Hand-
gelenke neben sehr reichlichen Pestcolonien noch wenige Colonien des Streptococcus pyogenes finden.
Auch dieser Fall starb. Da eine Section in den beiden letztgenannten FäHen nicht ausgeführt werden
konnte, fehlen uns genauere Anhaltspunkte für die Erklärung dieser beiden Resultate. Während aber für
Fall 83, bei dem die Punction der Blase nicht steril erfolgte , die Annahme einer Haut\'erunreinigung,
respective einer Einwanderung der Staphjdococcen von der Haut in die Blase, näher liegt, kann beim Falle
98 eine bestandene Secundärinfection desselben nicht von der Hand gewiesen werden.
Wir ersehen aus diesen Untersuchungen, dass in erweichten oder vereiterten
Bubonen lebensfähige Pestkeime selbst längere Zeit nachweisbar sind, dass demnach die
Annahme, der Pestkeim gehe darin rasch zu Grunde, eine unrichtige ist. .Selbst der Umstand,
dass die ausgeführte bacteriologische Untersuchung eines solchen Eiters keine Pestkeime mehr nach-
weisen Hesse, berechtigt unseren histologischen Untersuchungen nach nie zu dem Schlüsse, dass solche
absolut fehlen müssen, da in Drüsen, in denen die Einschmelzung oder Vereiterung noch den peripheren
.'\ntheil derselben mehr oder weniger frei gelassen hat, sich in diesem Antheile noch Pestkeime \-orfinden
können, während die erweichten Partien keine mehr zeigen. Es wird daher, wenn es aucli im Allgemeinen
richtig ist, dass die Anzahl der Pestkeime in solchen Bubonen vielfach keine grosse ist, ja manchmal die-
selben auch bereits wirkHch schon fehlen können, jeder Eiter, respective Inhalt einer Pestdrüse
als infectiös zu betrachten und dementsprechend zu behandeln sein, da sich eben dies-
BenU'upest. II. Pathologisch-auatonüschcr Bericht. 511
bezüglich keine feststehenden Normen aufstellen lassen und jeder Fall sich anders
verhalten kann. Auch unsere Befunde an Thieren sprechen dafür, indem wir in einer Reihe von
Fällen nach mehreren Wochen selbst reichliche Pestbacillen im Eiter spontan aufgebrochener Bubonen
nachweisen konnten.
Dasselbe gilt auch für die über Bubonen oder im Bereiche derselben sich vorfindenden Hautblasen.
5. Blut.
Unter den verschiedenen Gesichtspunkten, die bei der Untersuchung des Blutes in Betracht kommen,
waren es vor Allem drei, die uns bei den an Pestkranken ausgeführten Blutuntersuchungen geleitet haben :
1. Die Veränderungen festzustellen, die durch die Pest an den verschiedenen Elementen
des Blutes beim Menschen hervorgerufen werden; 2. Klarheit darüber zu erhalten, in-
wieweit bei der Pest eine Allgemeininfection im Spiele steht und 3. Aufschlüsse zu
erlangen, ob die Blutuntersuchung, specieli welche Methode derselben für diagnostische
und prognostische Zwecke dieser Krankheit irgend einen Werth besitzt.
Was zunächst den ersterwähnten Punkt betrifft, so verweisen wir bezüglich seiner auf den ersten
Theil dieses Berichtes, in welchem die an den einzelnen Blutbestandtheilen gesetzten pathologischen Ver-
änderungen, sowie das gegenseitige Zahlenverhältniss der Blutelemente an entsprechender Stelle Würdigung
erfahren haben. Besonders auffällige Befunde des Blutes und seiner Bestandtheile, soweit dieselben aus den
Schnittpräparaten der der Leiche entnommenen Organstückchen erhoben werden konnten, sind allerdings
auch in diesem Theile des Berichtes an den einschlägigen Stellen nochmals erwähnt.
Es erübrigt uns demnach noch, in diesem Abschnitte auf die Erörterung der beiden anderen erwähnten
Gesichtspunkte, die die Blutuntersuchung in bacteriologischer Beziehung betreffen, näher einzugehen. Die
nach dieser Richtung hin in den folgenden Zeilen niedergelegten Angaben und Befunde sind aus dem diesem
Theile des Berichtes beiliegenden Blutprotokoüe zusammengestellt und betreffen ausschliesslich Unter-
suchungen am Lebenden, da uns nur diese entsprechende Aufschlüsse geben können. Des Vergleiches und
der Vollständigkeit halber erscheint es allerdings nothwendig, in diesem Abschnitte bei denjenigen unter-
suchten Fällen, die später zur Obduction gekommen waren, den in vivo gemachten Befunden auch die an
der Leiche erhobenen bacteriologischen Resultate gegenüber zu stellen.
Zwei Wege standen uns für die Durchführung der Blutuntersuchungen nach der hervorgehobenen
Richtung hin offen: Der mikroskopische und der culturelle.
Da es nun bei derartigen Untersuchungen nicht nur darauf ankommt, dieselben an einer m(')glichst
grossen Anzahl \-on Patienten durchzuführen, sondern auch darauf, bei einer Reihe von Kranken das Blut
wenn möglich täglich oder doch wenigstens mehrmals zu untersuchen, entschlossen wir uns, zu diesen
systematisch durchzuführenden Untersuchungen nur einen der beiden bezeichneten Wege zu
wählen, um so mehr, als wir während unseres Aufenthaltes in Bombay auch für andere wichtige Arbeiten
mit der ims zur \'erfügung stehenden Zeit aufk(.immen mussten.
In einer kleinen Anzahl von Voruntersuchungen zeigte es sich nun, dass auch bei der Pest die cultu-
relle Blutuntersuchung oft noch ein sicheres positives Ergebniss aufwies, wenn die mikroskopische Prüfung
\üllständig negativ ausfiel oder wegen der nur vereinzelt aufzufindenden und deshalb oft nicht sicher zu
deutenden Pestkeime nur einen unsicheren Schluss gestattete. Deshalb entschieden wir uns bei den syste-
matisch auszuführenden Blutuntersuchungen für die culturelle Methode, untcdiessen es jedoch nicht,
auch die mikroskopische Prüfung im Auge zu behalten, da ja gerade diese Methode wegen der Raschheit der
Ausführung in diagnostischer Hinsicht den grösseren praktischen Werth besitzt. Wir verfertigten deshalb,
wenn es Zeit und andere Umstände eriaubten, gleichzeitig mit den culturellen Untersuchungen bei einer
Anzahl von Patienten auch immer mehrere Deckglaspräparate aus dem Blute, die nach entsprechender
Fixirung und genauer Signirung für die später bei den Laboratoriumsarbeiten in Wien in .Aussicht genom-
512 //. Albrecht itnd A. Ghoii,
mcnc Durchsiclit aiifhewahrt wurden. Ihi'c Ergebnisse werden in diesem Abschnitte eingehender abgehandelt
werden.
Was nun die Ausführung der culturellen Untersuchung anlangt, so war es wünschenswerth, möglichst
\iel Material für die Aussaat zu verwenden, da durch exacte Untersuchungen bei anderen Infectionserkran-
kungen erwiesen ist, dass grössere Mengen von Blut gegebenen Falles sicherer ein positives Resultat
ergeben. Von der Benützung der in dieser Hinsicht allein brauchbaren Methoden, des Schröpfkopfes und
der Venenpunction, musste jedoch aus massgebenden Gründen Abstand genommen werden. Für die
Anwendung des Schröpfkopfes waren wir nicht ausgerüstet, die Benützung der Venenpunction untersagte
uns in erster Linie der damit verbundene unvergleichlich grössere Zeitaufwand, der, wie bereits erwähnt,
bei ims sehr in die Wagschale fiel, und die weite Entfernung unseres eigentlichen Arbeitsraumes von dem
uns zugewiesenen Spitale, nicht minder aber die gebotene Rücksicht auf die Patienten und ihre Umgebung,
die jeden unserer Eingriffe genauestens verfolgten und in Folge ihrer Empfindlichkeit wegen der etwas
grösseren Schmerzhaftigkeit dieser Methode uns sicherlich Hindernisse in den Weg gelegt hätten.
Damit fiel von selbst die von uns für gewisse Fälle ursprünglich auch ins Auge gefasste Verwendung
des Thierexperimentes, eine Methode des Nachweises von Bacterien im Blute, die von einzelnen Autoren
bei anderen Infectionskrankheiten obenan gestellt wird, hiwieweit sie jedoch auch für den Erreger der Pest in
den entsprechenden Fällen besondere Vortheile gegenüber der culturellen geboten hätte, wollen wir dahin-
gestellt sein lassen, glauben jedoch, gestützt auf unsere grosse Menge von Thierexperimenten, hervorheben
zu müssen, dass die Virulenz des Keimes in den einzelnen Fällen und damit zusammenhängend die Menge
desselben keine untergeordnete Rolle spielt.
So mussten wir uns, gezwungen durch äussere Umstände, bei den culturellen Blutuntersuchungen mit
der einfachsten der Methoden begnügen, mit der Methode der Blutentnahme durch Fingerstich.
Die Ausführung derselben geschah ausschliesslich in der Art, dass meist der kleine Finger gründlich
zuerst mit Äther, dann mit Sublimat gereinigt, sodann mit Alkohol und nachher wieder mit Äther abgespült
wurde. Mit einer scharfen Nadel — für jeden Patienten wurde eine frische, noch ungebrauchte verwendet —
die vorher 24 Stunden in abs(.ilutem Alkohol gelegen hatte und unmittelbar vor Gebrauch noch ausgeglüht
wurde, wurde dann rasch ein stärkerer Stich in die Fingerbeere gemacht und das austretende Blut,
gewöhnlich in der Menge von 3 — 6 gi-össeren Tropfen, mit einer vorher entsprechend steril gemachten
Platinöse auf schief erstarrtem Agar aufgestrichen. Nur ausnahmsweise, und diese Fälle sind besonders
angeführt mit »wenig Blut-, konnte weniger als die bezeichnete Menge Blutes zur Aussaat verwendet
werden.
Als Nährboden wurde immer Agar verwendet, und zwar in Eprouvetten schief erstarrter Agar, da
die Benützung Petri'scher Schalen für diese Art der Blutuntersuchung entschieden unvortheilhafter
gewesen wäre. Da wir anfangs über die Brauchbarkeit der \'erschiedenen Agararten selbst keine Erfahrung
hatten, wurde sowohl gewöhnlicher alkalischer als auch Serum- und Glycerin-Agar für die Untersuchungen
benützt.
Durch unsere späteren, in dieser Richtung eingehend angestellten Prüfungen stellte es sich auch heraus,
dass eine Fehlerquelle bei unseren Blutuntersuchungen in der Verwendung des Nährmateriales absolut nicht
zu suchen sei. Der Glycerin-Agar steht allerdings hinsichtlich der Schnelligkeit des Wachsthums etwas
hinter den beiden anderen Agarsorten zurück, doch wurde die Beurtheilung der Aussaatsresultate ohnedem
erst nach zweimal 24 Stunden, bei negativem Ausfalle meist erst nach dreimal 24 Stunden abgeschlossen,
nachdem die angelegten C'ulturen während dieser Zeit der Bruttemperatur (37° C.) ausgesetzt gewesen
waren.
Dass die durch diese von uns geübte Methode der culturellen Blutuntersuchung erlangten Resultate
keine ein wandsfreien sind, soll, bevor wir an die Erörterung derselben gehen, nochmals hervorgehoben
werden. Eine der Fehlerquellen liegt in der Methode selbst, in der Verwendung zu geringer Blutmengen.
Wie das beiliegende Protokoll zeigt, w^eisen in einer Reihe von Fällen die Culturen nur vereinzelte Pest-
colonien auf Wie wir nun mit Recht annehmen können, dass in diesen Fällen die Culturen bei Verwendung
Beuleiipesi. IL Piifholo^^iscli-auafninischc-r Bericht. 513
noch geringerer Blutmengen als der benutzten wahrscheinlich überhaupt ein negatives Resultat ergeben
hätten, können wir andererseits mit demselben Rechte her\'orheben, duss in einer anderen Reihe von Fällen,
die als negative im Protokolle verzeichnet erscheinen, bei denen man aber in Folge ihres Verlaufes ein
positives Ergebniss erwarten musste, bei Verwendung grösserer Blutmengen es sicherlich noch gelungen
wäre, den Pestkeim im Blute nachzuweisen.
Eine zweite Fehlerquelle, und zwar unserer Meinung nach eine sehr wichtige, liegt darin, dass vielfach
der richtige Zeitpunkt für die Entnahme des Blutes versäumt wurde, sei es, dass die Untersuchung \-(>r der
erfolgten Allgemeininfection stattgefunden hatte, ohne später nochmals wiederholt zu werden, sei es, dass
die Allgemeininfection wohl erfolgt war, der betreffende Kranke derselben aber nicht erlag, sondern genas,
die Untersuchimg in diesen Fällen aber zu spät erfolgen konnte. Man hätte also bei einer Reihe von
Patienten mit negativem Fiesultate (\'on denen abgesehen, die nur rein locale Infectionen darstellten, also
immer ein negatives Resultat geben müssen) die Untersuchung noch systematischer durchführen müssen.
Die Unterlassung dieser systematischen Durchführung war, vielleicht vereinzelte Fälle ausgenommen, eben-
falls nicht unsere Schuld, sondern bedingt durch die oft vorliegenden schwierigen Verhältnisse, denen
Rechnung getragen werden musste.
Wenn wir nun nach diesen Bemerkungen zur Erörterung unserer Untersuchungsresultate schreiten
sollen, so ersehen wir zunäch.st, dass die 342 in der erwähnten Weise ausgeführten culturellen
Blutuntersuchungen, wie die angeschlossene Tabelle zeigt, 138 Patienten betreffen. Eine beson-
dere Auswahl der Fälle hatte dabei nicht stattgefunden, so dass sich unter den Untersuchten sowohl
Schwerkranke als auch leichte Fälle und bereits in das Reconvalescentenstadium eingetretene Patienten
befanden. Dadurch wurden wir in die Lage gesetzt, alle Formen der Pesterkrankung in unseren Unter-
suchungstabellen vertreten zu haben, wodurch die Bedeutung der Untersuchungsresultate für die
Beurtheilung der Pesterkrankung eine grössere wird und den daraus gezogenen Schlüssen einen höheren
Werth verleiht.
Einerseits durch die genaue klinische Untersuchung, andererseits durch die Nekropsie wurde jedoch
nachträglich festgestellt, dass in einer Anzahl von Fällen die Diagnose »Pest« nicht aufrecht erhalten werden
konnte, dass vielmehr die Anwesenheit dieser Patienten im Pestspitale, in welches sie unter dem Verdachte
der Pest gebracht worden waren, durch andere Krankheitsursachen bedingt war. Es sind dies im Ganzen
13 Fälle (28, 38, 41, 43, 56, 67, 84, 91, 95, 111, 115, 124 und 126), unter denen sich ein P^all von Influenza
(28), ein Fall von Gonococcenperitonitis (38), beide durch die Section und die angeschlossene bacterio-
logische Untersuchung bestätigt, ein Fall von Malaria (67), ein Fall von Dysenterie (56), ein Fall von Geistes-
störung (91), 3 Fälle von croupöser Pneumonie (41,111,124) und 3 Fälle von Tuberculose (43,95,115)
vorfinden. In 2 Fällen (84 und 126) ist die klinische Diagnose im Protokolle nicht näher verzeichnet; es lag
jedoch auch bei ihnen nach dem Ausspruche des Klinikers Pesterkrankung sicher nicht vor.
' In 3 weiteren Fällen (13, 49 und 88), die im Protokolle als »fragliche Pest« geführt werden, konnten
klinisch sichere Anhaltspunkte für die Pestinfection nicht gefunden werden. Damit hätten wir allerdings
noch nicht die Berechtigung, bei diesen Patienten das Vorhandensein der Pesterkrankung sicher auszu-
schüessen. Da wir jedoch gerade hinsichtlich der bacteriologischen Untersuchungen und der daraus zu
ziehenden Schlüsse mit einem möglichst einwandfreien Krankenmateriale arbeiten wollten, wurden auch
diese 3 Fälle bei der späteren Beurtheilung der Resultate nicht weiter in Betracht gezogen.
Nach Abzug dieser 16 Fälle verbleiben somit 122 klinisch sichergestellte Pestfälle, von denen 55
culturell den Pestbacillus — bald spärlicher, bald reichlicher — in vivo im Blute nachweisen Hessen, was
einem Verhältnisse von circa 45% entspräche.
Wie bereits erwähnt wurde, hatten wir für die Untersuchung keine besondere Au.swahl der l'estfälle
vorgenommen, in dieselbe vielmehr alle Formen der F'rkrankung einbezogen, neben rapid verlaufenden
schweren Fällen solche leichter .Art und auch wirkliche Reconvalescenten. Während nun die sogenannten
leichten Fälle, worunter solche zu verstehen sind, be'i denen die Erkrankung local beschränkt blieb,
unbedingt bei der Aufstellung des Procentverhältni.sses der positiven Fälle in Rechnung gezogen werden
514 //. Alb reell/ und A. Glnni,
müssen, weil der spätere Verlauf der Krankheit klinisch nicht mit Sicherheit vorauszusagen ist, unsere
Untersuchungen aber andererseits einwandfrei ergeben haben, dass es bei bereits feststehender Recon-
valescenz, also nach Ahlauf der Pesterkrankung, niemals gelingt, den Pestkeim im Blute nachzuweisen,
müssen bei der Aufstellung des Procentverhältnisses der positiven Befunde auch diejenigen 5 Fälle (14, 15,
16, 17 und 18) in Abrechnung gebracht werden, deren Blut nur einmal und da in dem bereits eingetretenen,
klinisch sicher gestellten Reconvalescenzstadium culturell geprüft wurde. Dadurch steigt der Procentsatz der
positiven Blutbefunde bereits auf 47.
Dass dieser aber auch jetzt noch immer kein richtiger ist, muss unbedingt zugegeben werden, wenn
man die beiden Fehlerquellen berücksichtigt, die unseren Untersuchungen zu Grunde liegen und die in ihrer
Bedeutung bereits eingehend erörtert wurden. Der Procentsatz der positiven Fälle wird demnach in Wirk-
lichkeit ein noch grösserer, und zwar wahrscheinlich bedeutend grösserer sein.
Wenn wir uns nun der näheren Besprechung dieser 55 culturell positiven Fälle zuwenden, und zwar
der Besprechung von verschiedenen Gesichtspunkten aus, so ist zunächst hervorzuheben, dass 51 dieser
Fälle (= über 92 "/o) ^^^^^ endeten und nur 4 (= nicht ganz 8 7o) 'ri Genesung übergingen. Von diesen
4 Fällen (6, 25, 77 und 123) sind allerdings nur 2 (77 und 123) eingehender, je 5 mal untersucht, während bei
den übrigen 2 (6 und 25) nur 3 mal, und da in grösseren Intervallen, die culturelle Prüfung ausgeführt wurde,
bei diesen demnach der gelungene positive Befund thatsächlich nur dem Zufalle zugeschrieben werden kann.
Gerade dieser Umstand zeigt uns aber die Wichtigkeit der systematisch durchzuführenden Untersuchung
und die Bedeutung der eingangs hervorgehobenen, in dieser Hinsicht unseren Untersuchungen zum Theile
zu Grunde liegenden Fehlerquelle. Das oben angegebene Verhältniss der 51 Verstorbenen zu den 4 Gene-
senen unter den 55 positiven Fällen wird daher nicht der Wirklichkeit entsprechen, d. h. es werden that-
sächlich unter den Pestkranken, bei denen die Allgemeininfection erfolgt ist, mehr wieder in Heilung über-
gehen, als durch das von uns aufgestellte Verhältniss ausgedrückt ist.
Immerhin kann man daraus mit Sicherheit ersehen, dass zwar nicht jeder Pestkranke, bei dem
Allgemeininfection erfolgt und nachweisbar ist, unbedingt sterben muss, dass aber die grössere, ja überwie-
gende Mehrzahl der Fälle, in denen während des Lebens der Pestkeini im Blute nachgewiesen werden kann,
letal endet, dass somit die Prognose durch den gelungenen Nachweis des Pestbacillus im Blute entschieden
eine ungünstige wird.
Was das Ergebniss dieser 55 positiven Fälle hinsichtlich der Menge der nachgewiesenen Keime im
Blute betrifft, so fanden wir:
1. »Sehr reichlich oder reichlich« Pestcolonien in 26 Fällen, davon genas 1 Fall,
2. »massig oder ziemlich reichlich« » » 12 » » » 1 »
3. »wenig reichlich oder spärlich« » » 9 » ;
4. »vereinzelt« » » 8 » » genasen 2 Fälle,
Summe . 55 Fälle.
Als »sehr reichlich« und M-eichlich« bezeichneten wir dabei diejenigen Culturen, die so dichtstehend
von Colonien bedeckt waren, dass eine Zählung derselben x'ollkommen ausgeschlossen war, alj, »massig
oder ziemlich reichlich« die, deren Colonien räumlich schon deutlicher getrennt waren, ihre Zählung aber
noch Schwierigkeiten bereitet hätte, als »wenig reichlich oder spärlich« die, bei denen die Colonienmenge
bestimmt werden konnte und die Zahl »fünf« überschritt, als »vereinzelt« endlich diejenigen Culturen, die
weniger als 5 Colonien aufwiesen.
Bei denjenigen Fällen, die öfter als einmal untersucht wurden und bei denen die mehrmalige Unter-
suchung hinsichtlich der Menge der Colonien ein verschiedenes Resultat ergab, wurde in der eben
angeführten Zusammenstellung immer die »grössere« Menge berücksichtigt.
Wenn wir nun die Frage aufwerfen, ob die Menge der verschiedenen Colonien irgend
welchen Schluss gestatte, so müssen wir diese Frage bejahen, wenn wir das Verhältniss der Aus-
saatsresultate hinsichtlich ihrer Colonienanzahl zum Todestage berücksichtigen. Wir fanden nämlich;
Bculciipcst. II. Patliologisch-aiiatoniischcr Bcriclü. 515
1. Am 'l"iidcstaL;e selbst ■ selir reiclilich dder reichlich« Colonien in 13 Fällen,
»massig oder ziemlich reichlich« » » 3 »
»wenig reichlich oder spärlich« » » 4 »
»vereinzelt« » » 2 »
L'. Einen Tag \cii' dem Tode -sehr reichlich oder reichlich« Colonien in 12 »
»massig oder ziemlich reichlich -^ » - V> »
»wenig reichlich oder spärlich« » » 3 »
»vereinzelt« » » 3 »
3. Zwei Tage voi' dem Tode »massig oder ziemlich reichlich« » » 2 »
'■wenig reichlich oder spärlich« » » 1 Fall,
»vereinzelt« » » 1 »
4. Fünf Tage \'or dem Tode »\'ereinzelt« Colonien in 1 »
Summe . 51 Fälle.
Wir glauben aber keinen Fehler zu begehen, wenn wir für die x'orstehende Zusammenstellung die \'er-
wendeten Ausdrücke des Mengenverhältnisses der Übersicht halber weniger scharf von einander trennen
und die vier aufgestellten Kategorien in zwei zusammenziehen, die wir im Allgemeinen mit »reichlich« und
»spärlich« bezeichnen. Es umfasst demnach die Bezeichnung »reichlich« die Ausdrücke »ziemlich reichlich
bis sehr reichlich« und die Bezeichnung »spärlich« die Ausdrücke »vereinzelt bis wenig reichlich«. Ein
Fehler kann deshalb dabei nicht unterlaufen, weil ja die Aufstellimg solcher Bezeichnungen immer eine sub-
jective ist und eine derart strenge Unterscheidung der Begriffe nur dann am Platze wäre, wenn die Bedin-
gungen der diesbezüglich massgebenden Untersuchungen immer die gleichen geblieben wären, was aber
durchaus nicht der Fall war. Es war einfach unmöglich, immer dieselbe Menge Blutes für die Untersuchung
zu x'erwenden. Eine Änderung der Bezeichnungen im Protokolle halten wir deshalb aber absolut nicht für
gerechtfertigt oder erlaubt.
Überblicken wir nach dieser Auseinandersetzving nunmehr das in X'orhergehender Tabelle aufgestellte
N'erhältniss, so finden wir:
1. Am Todestage »reichlich« Colonien in 16 Fällen.
»spärlich« » » . 6
2. Einen Tag \'or dem Tode »reichlich- Colonien in 18
»spärlich« » » 6
3. Zwei Tage \'or dem Tode »reichlich« » » 2
»spärlich- » » 2
4. P\inf Tage vor dem Tode »spärlich » » 1 Fall,
5. Geheilt, »reichlich« Colonien in 2 Fällen,
»spärlich- » •■ 2
Summe 55 Fälle.
Wir ersehen daraus zunächst, dass auch in Fällen, die in Genesung übergehen, in reich-
licherer Menge Pestbacillen im Blute nachgewiesen werden können, dass also das reichliche
culturelle Ergebniss nicht absolut eine schlechte Prognose geben muss, dass aber im Allgemeinen dem
reichlichen Auftreten der Pestbacillen im Blute bald der Tod folgt oder mit anderen
Worten eine reichliche Vermehrung des Pestbacillus im Blute, die Überschwemmung des
Organismus mit Pestkeimen tritt meist erst kurze Zeit vor dem Tode ein.
Diese Thatsache zeigt völlige Übereinstimmung mit der Anthra.x infection beim Menschen und
ist geeignet, im Vereine mit den erhobenen pathologischen Befunden und dem klinischen Bilde uns über das
Wesen der Pesterkrankung Aufschluss zu geben. Der Umstand, dass es uns nie gelungen ist, bei unserem
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. I.XVI. Bd. 6/
516 //. Albvcilü Hin! A. G/ion,
f^'mssen pathologisch-anatomischen Materiale Beweise für eine directe Blulinfection zu linden, dass die zahl-
reichen Thierexpcrimentc, die wir ausgeführt haben, uns vielmehr darin stützen, die diix'cte Blutinfection hei
der Pest leugnen zu krinnen, berechtigt uns, bei der I^estei'krankung immer einen primären localen
Infectionsprocess annehmen zu dih-fen. Dass derselbe nicht immer derart ausgebildet ist, um sofort oder
mit Sicherheit als solcher bezeichnet werden zu können, dass also die primären localen Veränderungen in
ihrer Intensität gewisse graduelle Unterschiede zeigen können, diese Thatsache steht im Einklänge mit den
Befunden bei anderen Infectionsprocessen und wurde eingehender bereits an anderer Stelle dieses Theiles
unseres Berichtes abgehandelt. In einer Reihe von Fällen nun wird es bei einer solchen localisirtcn Infeclinn
bleiben, die gesetzten localen Veränderungen gehen mehr oder weniger rasch zurück. In einer zweiten
Keihe \'on Fällen aber bleibt die ?"rkrankung nicht auf den primär localen Herd beschränkt, es erfolgt viel-
mehr Einbruch in die Blutbahn, es tritt Allgemeininfection ein, die früher oder später erfolgen kann.
Damit ist aber, wie unsere Blutbefunde in einwandfreier Weise zeigen, das Schicksal des betreffenden
Patienten noch nicht mit absoluter Sicherheit vorausbestimmt. Ks kann das Individuum auch in diesem
Stadium, also bei bereits erfolgter Allgemeininfection, noch genesen — allerdings dürfte es nur ein relatis-
geringer Bruchtheil der so Erkrankten sein — oder aber, und zwar in der Mehrzahl der Fälle, folgt der
Allgemeinfection in kürzerer oder längerer Zeit der Tod. Dieser Ausgang in Heilung oder Tod, bei Eintritt
des letzteren die Zeitdauer, die zwischen dem Auftreten der Allgemeininfection und dem Exitus liegt, ist
abhängig \'on verschiedenen Umständen, die uns noch nicht alle völlig klar sind, unter denen aber die
Virulenz des Infectionserregers und der Zustand des betreffenden Individuums, den wir als individuelle Dis-
position zu bezeichnen gewohnt sind, in erster Linie in Betracht kommen (dieselben Factoren müssen wir,
abgesehen von dem Sitze der Infection, wohl auch dafür verantwortlich machen, ob die Infection eine locale
bleibt oder zur allgemeinen wird.) Der jeweilige stärkere oder schwächere Kräftezustand des einen oder des
anderen dieser beiden Factoren wird für den Ausgang der Infection von entscheidendem Einflüsse sein. So
lange der Organismus in seiner Fähigkeit, seine Abwehrvorrichtungen gegen den ihn bedrängenden bacte-
riellen Feind ins Feld zu schicken, nicht in entsprechender und massgebender Weise geschwächt ist, wird
auch die eventuell eingetretene Allgemeininfection ohne besondere Bedeutung sein, der Organismus wii'd
sich derselben erwehren ki'innen. Erst wenn diese Fähigkeit des Körpers erlischt oder entsprechend \'ei'-
ringert ist, wird der Pestkeim Gelegenheit zu mehr oder weniger schrankenloser Vermehrung finden können.
Diese Beeinflussung des Organismus hinsichtlich seiner Schutzkräfte erfolgt nun bei der Pest in mass-
gebender Weise auch dann schon, so lange der Process noch ein local beschränkter ist, durch die gelösten
oder ausgelaugten giftigen Stoffe des Pestbacillus, auf die wir im dritten Theile des Berichtes nähei' einzu-
gehen gedenken. Wir müssen demnach gewisse Schädigungen des Organismus oder einzelner Organe
auch bei der Pest als Fernwirkungen ansehen, betonen jedoch hier nochmals, dass unsere histologisch-bacte-
riologischen Untersuchungen in eindeutiger Weise gezeigt haben, dass die der Pest e ige nthü milchen
Veränderungen vieler Organe, besonders des Gefässsystems, immer an das Vorhandensein
der Pestbacillen selbst gebunden sind. Die oft zahlreich vorhandenen Blutungen bei der
Pestinfection, die als Folge dieser Gefässveränderungcn anzusehen sind, können wir unseren Befunden
nach daher nicht als toxische F'ernwirkungen betrachten, sondern als Wirkungen gewisser
dem Bacillenleib selbst stärker anhaftender Substanzen. Damit stimmen auch unsere patho-
logisch-anatomischen Befunde völlig überein, desgleichen die zahlreichen Thierexperimente, die von uns
in dieser Frage angestellt wurden und auf die wir ebenfalls im letzten Theile unseres Berichtes in ausführ-
licher Weise eingehen werden.
Nach diesen Erörterungen ist es wohl klar, dass das kürzere oder längere Zeit vor dem Tode im Blute
nachgewiesene Mengenverhältniss der Keimzahl nicht immer dasselbe sein kann, ja dass oft relativ
kurze Zeit vor dem Tode nur sehr wenige, e\'entuell auch gar keine Pestbacillen im Blute
aufgefunden werden können.
Diese Thatsache erscheint uns wichtig und stimmt ebenfalls üherein mit Befunden, die in dieser
Hinsicht auch bei der Anthraxinfection des Menschen erhoben wurden. Wir werden dieselbe in einzelnen
Bciih'ii]H'st. IL Piüliologisch-analoiuischer Bericht. 517
Fällen zur Erklärung unserer negativen Resultate heranziehen müssen, werden es dabei jedoch nicht verab-
säumen, genau in jedem Falle abzuwägen, wieweit dabei nicht die eingangs hervorgehobenen, entschieden
wichtigen Fehlerquellen unserer Untersuchungsmethode oder andere Factoren in Betracht gezogen
werden müssen.
Wenn wir nun auf Grund dieser Bemerkungen uns zunächst zur Besprechung derjenigen 6 Fälle in der
obigen Tabelle wenden, die am Todestage selbst nur »spärlich« Pestcolonien im Blute nachweisen
liessen, so benöthigen 4 von ihnen keine weitere Erklärung. Der Tod erfolgte bei diesen 4 Fällen circa 8 bis
10 Stunden nach der Untersuchung, immerhin nach einer Zeit, die dem bereits nachweisbaren Pestbacillus
noch Gelegenheit zu entsprechend stärkerer Vermehrung gab. Es sei hier erwähnt, dass die Blutunter-
suchungen — mit wenigen Ausnahmen = unserer Zeiteintheilung halber immer in den Vormittagsstunden,
meist zwischen 1 1 und 12 Uhr, gemacht wurden.
Zwei von diesen 6 Fällen jedoch (73 und 82) zeigen in der Cultur neben spärlichen Pestcolonien reich-
licher solche des Streptococcus pyogenes. Diese Fälle stellen Secundärinfectionen dar und sind aus der
Gruppe, die mit »spärlich« bezeichnet ist, eigentlich auszuscheiden und den mit »reichlich« bezeichneten
Fällen zuzurechnen, weil nach unseren Erfahrungen, wie wir an anderer Stelle zeigen werden, durch die
gleichzeitige Anwesenheit des Streptococcus pyogenes in der Uultur die wirkliche Keimmenge des Pest-
bacillus immer mehr oder weniger verdeckt wird.
Auf die übrigen 9 Fälle, die 5, 2 und 1 Tag vor dem Tode nur »spärlich« Pestkeime zeigten, brauchen
wir nicht näher einzugehen, sie sind sämmtliche am Todestage selbst gar nicht untersucht worden und sind
nur geeignet, die Wichtigkeit der von uns bereits wiederholt betonten, nöthigen systematischen Untersuchung
für solche Zwecke zu beweisen. Der Fall 116, der 5 Tage vor dem Tode 2 Pestcolonien culturell ergab, am
4. und 3. Tage ante mortem jedoch sterile Aussaaten zeigte — die 3 letzten Tage wurde er überhaupt nicht
untersucht — zeigt uns neben dem Fehler hinsichtlich der Unterlassung der systematischen Untersuchung
auch den Fehler hinsichtlich der Anwendung zu geringer Blutungen. Denn wahrscheinlich nur darauf ist d^is
Sterilbleiben der Aussaaten am 3. und 4. Tage vor dem Tode zurückzuführen.
Ausser diesen 51 Verstorbenen, die einen positiven culturellen Blutbefund während des Lebens ergeben
haben, zeigt unser Protokoll aber noch 21 Fälle, die ebenfalls der Pest erlagen, in vivo aber keine
Pestbacillen nachweisen liessen. Von diesen 21 F"ällen nun wurde 1 Fall (103) drei Tage ante mortem,
2 Fälle (4 und 132) zwei Tage ante mortem und 9 Fälle (8, 22, 35, 58, 6(3, 85, 102, 134 und 137) einen Tag
ante mortem untersucht. Diese 12 Fälle können demnach ihre Erklärung bezüglich des negativen Blutbefundes
in dem bereits erwähnten Mangel der Blutuntersuchung am Todestage selbst finden. 4 Plüle (10, 27, 36 und
90) wurden am Todestage selbst, und zwar circa 9 Stunden, wahrscheinlich aber längere Zeit vor dem Tode
untersucht. Ihr negativer Befund kann nach den obigen Auseinandersetzungen damit erklärt werden, dass
die Zeit für die entsprechende Vermehrung eben noch nicht eingetreten und die eventuell schon spärlich
im Blute vorhandenen Pestkeime wegen der benützten geringen Blutmengen dem Nachweise entgangen
waren oder dass die Allgemeininfection überhaupt noch nicht erfolgt war, welche Annahme selbstverständ-
lich auch für die anderen Fälle dieser Gruppe zu Recht besteht. Ein Fall \on diesen vieren betraf übrigens
einen »Halsbubo«. Dass gerade der Sitz des primären Bubo am Halse wegen des solche Fälle complicirenden
Glottisödems von grosser Bedeutung ist, ist einzusehen und erklärt von seihst den negativen Blutbefund.
Der Patient stirbt in Folge des Glottisödems früher, als der Kampf zwischen Pestbacillus und Schutzkraft des
Organismus ausgetragen i.st. Dasselbe gilt auch vom Falle HO, der kaum länger als eine Stunde nach der
Untersuchung starb (Tod 10 Uhr 30 Minuten Vormittag.s).
Etwas Ähnliches müssen wir vielleicht auch bei den Fällen von Pestpneumonie in Rechnung ziehen,
die negativen Blutbefund selbst relativ kurze Zeit vor dem Tode aufweisen, insoferne nämlich, als die I^neu-
monie als solche den Tod beschleunigt. So könnte der Fall 1 14 erklärt werden, der eine primäre Pestpneu-
monie darstellte und circa 2 — 3 Stunden jmte mortem noch keine Pestbacillen im Blute durch die Cultur
nachweisen liess, wobei selbstx enständlich auch wieder die zur Au.ssaat verwendete geringe Menge des
Blutes entsprechend berücksichtigt werden muss.
G7*
518 H. Albrcclit und A. G/inii.
Es bleiben uns dann noch :5 Fälle (62, 68 und 113), die sämmtliche 3 circa 2 — 3 Stunden ante mortem
ein negatives Blutergebniss lieferten und für die eine besondere ICrklärung für ihren negativen Befund aus
den Krankengeschichten nicht zu ersehen ist, die demnach derart gedeutet werden müssten, dass es selbst
sehr kurze Zeit vor dem Tode — wenige Stunden — nicht zur stärkeren Vermehrung des Pestkeimes
kommen muss, denn die spärliche Anwesenheit desselben könnte der Untersuchung ja entgangen sein. Ein
P'all von diesen 3 zuletzt angeführten, und zwar der Fall 68, kam jedoch zur Section, zeigte bei derselben
ausser dem ausgesprochenen primären Bubo geringe Veränderungen der übrigen Lymphdrüsen, dafür aber
eine Pneumonie, die durch die bacteriologische Untersuchung sich als Diplococcenpneumonie erwies. Die
histologisch-bacteriologische Untersuchung dieses Falles ergab das Fehlen von Pestbacillen in der Milz und
im Blute. Es ist gewiss nicht unrichtig, wenn wir auch in diesem Falle in der vorhandenen Diplococcen-
pneumonie das für den vielleicht rascher erfolgten Tod des Patienten wichtige Moment ansehen. Gerade
dieser Fall beweist uns aber die Nothwendigkeit, bei der Deutung jedes einzelnen Falles vorsichtig zu sein.
E^ wird daher nicht als überflüssig erscheinen, wenn wir nunmehr die bacteriologischen Blutresultate
derjenigen Fälle, die nachträglich zur Section gelangten, mit den an der Leiche erhobenen anatomischen,
bacteriologischen und bacteriologisch-histologischen Befunden vergleichen. Dieser Vergleich ist uns umso
\vcrth\'oller, weil die erwähnten Befunde äusserer Umstände halber vielfach völlig unabhängig von einander
gemacht wurden, und wir werden auf Grund dieses Vergleiches Gelegenheit haben, in dem einen oder
anderen Falle einen eventuell gemachten Fehlschluss hinsichtlich seiner Deutung aufdecken zu können.
Von den untersuchten 72 Verstorbenen sind es im Ganzen 25 Fälle, bei denen die Obduction
gemacht werden konnte; es .sind dies die Fälle: 2, 3, 5, 11, 31, 54, 58, 60, 65, 66, 68, 70, 73, 85, 87, 100,
107, 128, 129, 130, 132, 133, 135, 137 und 138. — Die Zeit, in welcher die Section post mortem ausgeführt
werden konnte, war eine verschiedene, sie umfasst fast alle Stunden von 1 bis Maximum 22; sie erschien
uns, mit Ausnahme der Fälle, in denen Secundärinfectionen durch Streptococcus pyogenes vorlag, ohne
wesentlichen Einfluss auf das Untersuchungsresultat.
11 Fälle (2, 5, 11, 31, 54, 60, 87, 100, 107, 129 und 138) decken sich hinsichtlich der im Leben und in
der Leiche erhobenen Befunde vollständig, so dass auf sie nicht näher eingegangen zu werden braucht.
Auch der Fall 3 zeigt keinen Widerspruch, sondern bestätigt nur die des Öfteren gemachte Erfahrung, auf
die wir anderen Ortes noch zurückkommen werden, dass bei reichlicherer Anwesenheit von Bacterium coli
— in diesem Falle durch postmortale Einwanderung und Wucherung bedingt (die Section fand 22 Stunden
post mortem statt) — in der Cultur der Pestbacillus der schwächere ist; die Deckglaspräparate, sowie die
Schnitte aus den conservirten Organstückchen lassen auch hier noch reichlich den Pestbacillus nachweisen.
Diese Fälle sind durchwegs acut verlaufene, vielfach mit ausgesprochen hämorrhagischem Charakter, ohne
besondere Localisation des Pestvirus, theils reine Pestinfection darstellend, theils complicirt durch Secundär-
infection mit Streptococcus pyogenes, der immer auch schon in vivo nachgewiesen werden konnte.
5 Fälle (70, 128, 132, 133 und 135) zeigten bei der Section Secundärinfection, die während des Lebens
nicht nachgewiesen werden konnte, und zwar in einem Falle (133) durch Streptococcus pyogenes, in den
übrigen 4 Fällen durch Diplococcus pneumoniae bedingt. Auch dieser Befund bildet nichts Bemerkens-
werthes, wenn man dabei die Zeit der in vivo angestellten Blutuntersuchung berücksichtigt.
Ebenso enthalten auch die 4 Fälle 66, 73, 130 und 137 keinerlei Widerspruch hinsichtlich ihrer Llnter-
suchungsergebnisse im Leben und in der Leiche; sie stellen theils reine Pestinfectionen (130), theils aber
Secundärinfectionen mit Streptococcus pyogenes (73) oder Diplococcus pneumoniae (66 und 137) dar und
sind nur desh^ilb hier als eigene Gruppe angeführt, weil bei ihnen die pathologisch-anatomische Unter-
suchung besondere Localisationen des Pestvirus in Form metastatisch-embolischer Herde in Lunge, Niere
imd Haut erkennen Hess.
Der Fall 68 \\'urde des Näheren schon an anderer Stelle dieses Abschnittes erörtert. Die bei ihm kurz
vor dem Tode ausgeführte culturelle Blutuntersuchung war negativ, auch die histologisch-bacteriologische
Untersuchung Hess in der Milz und im Blute keine Pestbacillen nachweisen, wohl aber wurde durch die
Beiileupcsl. II. Pallviloi^isch-aiialoniischcy Bericht. 519
Section das X'orlnandcnscin einer Diplococcenpneiimonie cnnstatirt. Diese miiss in diesem F'alle al.^ Ursache
dafür angesprociien werden, dass der Organismus, der durch die im primären Bubo gebildeten Giftstoffe des
daselbst reichlich vorhandenen Pestbacillus schon schwer geschädigt war, früher erlag, bevor es zur ent-
sprechenden Vermehrung des Pestbacillus gekommen war.
Ebenso Hessen die beiden Fälle 65 und 85 in der Leiche den Pestbacillus im Blute und in der Milz
nicht in reichlicherer Menge nachweisen, während im Leben überhaupt nur der eine von ihnen Pestkeime
im Blute zeigte, und zwar in »spärlicher« Menge (65). Beide jedoch zeigten enorme Mengen des Pestvirus
an der primär localen Infectionsstelle. Dieser Befund bildet absolut keinen Gegensatz zu unserer Auffassung
vom Wesen der Pesterkrankung, er zeigt vielmehr, dass die bereits hervorgehobene Schädigung des
Organismus x'om primär localen Herde aus eine besonders schwere war, wozu sich dann noch der Einfluss
der im Kampfe bereits unterlegenen Bacterien gesellt, die, wie ebenfalls bereits hervorgehoben, stärker an
ihre Leiber gebundene Giftstoffe enthalten und durch diese, da sie ja im kreisenden Blute schon circulirt
haben, direct die Thätigkeit gewisser lebenswichtiger Organe beeintlussen, vor Allem die des Centralnerx'en-
systems und des Herzens, und zwar zu einer Zeit, in welcher die P'ähigkeit des Organismus, Schutzkräfte
zu produciren, noch nicht erloschen war. Dass speciell in dem einen Falle (65) auch noch der Sitz der
localen hifection — er betraf eine primäre Pestpneumonie — wahrscheinlich irgend welchen den Exitus
befördernden Einfluss gehabt hat, s(.)ll nicht geleugnet werden.
In ähnlicher Weise muss endlich auch der Fall 58 erklärt werden. Der interessante pathologisch-anato-
mische Befund dieses Falles, der an anderer Stelle eingehender besprochen wurde, zeigte einen vereiterten
primären axillaren Bubo und eine eiterige, allem Anscheine nach metastatische Meningitis, in beiden nur
mehr spärlich Pestbacillen nachweisbar und Lungenabscesse, die ein Bacteriengemisch enthielten. Die Milz
erwies sich steril. In diesem F'alle hätte selbstverständlich auch die unmittelbar vor dem Tode ausgeführte
bacteriologische Blutuntersuchung ein negati\'es Resultat ergeben müssen. Es wird daher dieser Fall, sowie
die übrigen eingehender besprochenen, aus der Gruppe unserer obigen Eintheilung, die das negati\'e
Ergebniss der Blutaussaaten auf Untersuchungsmängel zurückführen will, ausgeschieden werden müssen,
wobei jedoch nochmals hervorgehoben werden soll, dass die richtige Erklärung für den negativen Befund
erst durch die ausgeführte Obduction ermöglicht war.
Die Auseinandersetzungen in den vorhergehenden Zeilen x'eranlassen uns, mit wenigen Worten noch
auf eine besondere Gruppe von Fällen unter den Pesterkrankungen einzugehen. Es sind dies die Fälle, die
wir bei Besprechung der pathologisch-anatomischen Befunde als »Pestmarasmus« bezeichnet haben, Fälle
von Pesterkrankungen, die in unmittelbarem Zusammenhange mit der Infection meist mehrere Wochen
danach zu Grunde gingen, ohne dass die genau durchgeführte Section Anderes als Marasmus finden
liess. In einem dieser Fälle konnten nachträglich in Deckglaspräparaten und Schnitten aus der Milz
noch vereinzelt Bacillen nachgewiesen werden, die wegen ihrer morphologischen Eigenschaften als Pest-
bacillen angesprochen werden mussten. Solche Fälle würden natürlich ebenfalls durch die in vivo
kürzere Zeit vor dem Tode ausgeführte culturelle Blutuntersuchung nicht mehr Pestkeime nachweisen
lassen. — Sie zeigen uns vielmehr die schweren Schädigungen, die durch den Pestbacillus, respective
seine Giftstoffe gesetzt werden können und die es dem Organismus nicht mehr gestatten, sich davon
zu erholen.
Wenn wir uns nun nach diesen .-Xuseinandersetzungen wieder der Besprechung unserer 55 culturell
positiven P'älle zuwenden, um aus den Ergebnissen derselben nach einer anderen Richtung hin Aut-
schlüsse zu erhalten, die irgendwie bemerkenswerth erscheinen könnten, so wollen wir uns zunä chst
damit befassen, einen Vergleich zu ziehen zwischen den erhaltenen Blutbefunden einer-
seits und der Erkrankungsdauer anderseits. Dabei ist zu bemerken, dass die angebliche Erkran-
kungsdauer in den Fällen als fragliche bezeichnet wurde, in denen die Patienten nicht sichere Angaben
zu geben in der Lage waren.
520 //. Albrechl und G. Ghoii,
Wir fanden auf (Ji'Lind dieses \'erglciches PestbaciUen im Blute:
am I. Erkrankimgstage in 5 Fällen, sämmtliche starben,
» II. » » 6 » davon genas 1 Fall,
» III. » » 17 » » » 1 >'
» IV. » » 11 » sämmtliche starben.
>% V. » •> 5 » » »
» VII. » >■ 2 » da\'on genas 1 Fall,
>, VIII. ■• » 1 Fall, derselbe starb,
»XI. » » 1 » » genas,
» XIX. » » 1 » » starb,
» ? » » 6 Fällen, alle starben.
Summe . 55 Fälle.
Wir haben bereits hüher her\'(irgehoben, dass der gelungene Nachweis des Pestbacillus iin Plute
während des Lebens wohl im Allgemeinen eine schlechte Prognose gestattet, aber nicht ausnahmslos.
Aus der eben angeführten Zusammenstellung nun ersehen wir, dass selbst nicht in den Fällen die
Prognose absolut ungünstig zu stellen ist, bei denen der Pestbacillus verhältnissmässig früh im Blute
nachgewiesen werden kann, wo also der Eintritt der Allgemeininfection ein rascher war; denn von den
4 Fällen mit positivem Blutbefunde, die in Heilung übergingen, zeigt der eine (6) bereits am 2. Tage,
der andere (77) am 3. Tage der Erkrankung PestbaciUen im Blute.
Wir ersehen aus dieser Zusammenstellung weiters, dass es in einer Reihe von Fällen schon sehr
früh, am I. Erkrankungstage, zum Einbrüche des Infectionserregers in die Blutbahn, zur nachweisbaren
Allgemeininfection kommen kann. Bei einem der 5 hier angeführten Fälle (57, 80, 89, 118 und 135),
und zwar beim Falle 80, betrug die angebliche Krankheitsdauer gar nur 7 .Stunden. Diese Thatsache
erscheint von Wichtigkeit und zwar deshalb, weil sie uns beweist, dass wir es auch bei den rapid
verlaufenden Fällen der Pestinfection, die seit Alters her gekannt und auch bei der Epidemie in
Bombay vielfach beobachtet waren, mit einer Bacteriämie zu thun haben und nicht mit einer reinen
Toxinämie. DerWerth der auch bei solchen Infectionen in Frage klimmenden Giftwirkung wurde bereits
erörtert. Die histologische Untersuchung zeigt klar und überzeugend die ausgesprochen degenerative
Wirkung des Pestkeimes auf die Wandungen der Blutgefässe, die demnach in diesen foudroyanten
Fällen eine enorm ausgeprägte sein muss.
Wir entnehmen daraus weiters, dass die Mehrzahl der positiven Fälle acut verläuft, nach unseren
Befunden meist innerhalb 3—4 Tagen, dass also, anders ausgedrückt, der Nachweis des Pesterregers
in den ersten Tagen der Erkrankung im Allgemeinen — dass es Ausnahmen gibt, wurde bereits oben
LTwähnt — ein ungünstiges Zeichen quoad vitam bildet, während der negative culturelle Befund inner-
halb der ersten 8 Tage um so grössere Aussicht für das Überstehen der Infection bietet.
Dass es aber auch noch sehr spät zur nachweisbaren .Allgemeininfection kommen kann, beweist
der Fall 12, wo am XIX. Erkrankungstage der Pestbacillus im Blute nachgewiesen werden konnte. Der
Umstand nun, dass auch klinisch der Ausgang einer Pestinfection vielfach absolut nicht vorauszusagen
ist, d. h. dass es unmöglich ist, zu bestimmen, ob der Process ein localer bleibt oder zur Allgemein-
infection führen wird, lässt im Vereine mit dem oben erhobenen Befimde die .Ansicht gerechtfertigt
erscheinen, das Blut eines Pestkranken, so lange derselbe nicht in das wirkliche Kecon-
valescenzstadium eingetreten ist, immer und unter allen Umständen als eventuellen
Träger des Pestvirus anzusehen, der gegebenen Falles eine directe oder indirecte Weiterverbreitung
der Krankheit verursachen kann. Es kommt dabei namentlich das Blut solcher Hämorrhagien in Betracht,
BciilL'ii/h'sf. IT. PülJiflloQ'isch-ana/oiii/scIn'r Bericht. 521
die ,L;iir niclit im dirccten ZLisaniiiicnhan.nc mit dei- liifectii)n stehen, sondern \(in dei'sclben iinabliänf^ig
sind, wie !iei \'erletzLmL;en, P'^pistaxis, Mensti-Liatinn etc.
Bcrücksichtii^t man in den 55 positiven Fällen die Anzahl der in ileii einzelnen I'';illcn aiisi^eführten
Blutiintersuchungen, so linden wir:
1 mal untersucht 30 Falle,
2 -> » 14 »
3 " » 3 »
4 » » 3 »
5 » « 3 »
G .^ >- 2 .-
Summe . r)5 Fälle.
Von den 14 Fällen, die 2mal untersucht wurden, und zwar immer in unmittelbar aufeinander folgenden
Tagen, zeigten 4 Fälle (12, 54. 1 12 und 1 19) am ersten Tage der Blutuntersuchung ein negatives Ergebniss,
in 2 Fällen (120 und 128) waren die am zweiten Tage angelegten Aussaaten \ei-uni-einigt, so dass sich kein
Befund über die Reichhaltigkeit der angegangenen Pestcolonien daraus erheben liess. Dass aber auch sie
sicher als positiv an diesem Tage betrachtet werden müssen, können wii" aus dem rasch folgenden Tode
und dem Tags vorher erhaltenen Blutbefunde ohne Zweifel annehmen.
Von den 3 Fällen, die 3 mal untersucht wurden (6, 25 und 83) genasen 2. Beide zeigten nur einmal
positiven Blutbefund. Leider sind gerade diese beiden Fälle, was sicherlich \-on grossem Interesse gewesen
wäre, nicht an den diesem positi\'en F'rgebnisstage unmittelbar folgenden Tagen untersucht worden. Der
3. hieher gehörige Fall (83) liess nur an dem dem Todestage vorhergehenden Tage (V. Krankheitstage)
spärlich Pestbacillen nachweisen, während die Aussaaten, die am III. und IV. Krankheitstage angelegt
waren, steril blieben.
In den 3 Fällen, die 4 mal culturell untersucht wurden (82, 87 und 98), zeigten 2 Fälle (82 und 98) nur
am Todestage wenige Pestcolonien im Blute; dabei war der eine \-on ihnen, der Fall 82, complicirt durch
eine Secundärinfection mit Streptococcus pyogenes; auf ihn kommen wir deshalb später nochmals zurück.
Der 3. Fall jedoch (87) zeigte an allen 4 Untersuchungstagen ein positives Ergebniss und zwar in steigender
Menge.
Von den drei 5 mal untersuchten Fällen (65, 77 und 123) genasen 2 Fälle (77 und 123), beide aber Hessen
an dem der positiven Untersuchung folgenden Tage nicht mehr Pestbacillen im Blute nachweisen. Der
3. Fall (65), eine primäre Pestpneumonie betreffend, liess am III. Krankheitstage spärlich und am VI. Krank-
heitstage 10 Colonien, also auch nur spärlich, nachweisen, während die Aussaaten vom IV. und V. Krank-
heitstage steril blieben. Wir glauben diesen negativen Befund nur auf den schon des Öfteren betonten
Untersuchungsfehler der verwendeten zu geringen Blutmengen beziehen zu können.
Was endlich die 2 Fälle (73 und 1 10) anlangt, die 6mal untersucht wurden, und zwar in unmittelbar
folgenden Tagen, so sind beide interessant genug, um besonders erörtert zu werden. Der Fall 1 16 zeigt am
I\'. Krankheitstage 2 Colonien des Pestbacillus in der Blutaussaat, am IL, III., V., VII. und VIII. Krankheitstage
jedoch keine, was wahrscheinlich ebenfalls nur aus denverwendeten geringen Blutmengen zu erklären sein
dürfte. .An den beiden dem Todestage vorhergehenden Tagen wurde das Blut nicht untersucht; es hätte unserer
Ansicht nach sicher am letzten Tage mehr weniger reichlich Pestbacillen nachweisen la.ssen. Der positive
spärliche Blutbefund am IL Krankheitstage in Gegenüberstellung zu dem negativen der 3 folgenden Tage lässt
allerdings auch daran denken, dass wir zufälliger Weise den Eintritt der Allgemeininfection damit constatiren
konnten und nicht das bereits beginnende Erlöschen der Abwehrkräfte des Organismus. Dieselbe Erklärung
müsste eventuell auch für den oben angeführten Fall 65 in Rechnung gezogen werden. Der Fall 73 hingegen
522 H. Albreclil und A. GJioii,
licss an allen (3 Taigen, vom lil. bis zu dem am \I11. Krankheitstagc eii'nj^ten Ti>de, Pesthacillen im Blute
nachweisen. Dieser Fall, der uns sehr lebhaft in Erinnerung ist, zeigt in den ersten 4 Tagen der Unter-
suchung schwere Krankheitssymptome — was auch im Protokolle \'erzeichnet ist - bei Vorhandensein von
geringen und wenig von einander differirenden Keimmengen; am V. Tage bessert sich sein Zustand in auf-
fallender Weise mit einer gleichzeitigen Abnahme der Pestcolonien in den Blutaussaaten, am VI. Tage, dem
Todestage, erfolgt CoUaps; gleichzeitig damit erscheinen in den Aus.saaten neben Pestkeimen Colonien des
Streptococcus pyogenes. Es wäre zu gewagt, daraus Schlüsse ziehen zu wollen, doch bietet er Interessantes
genug, um seine besondere Besprechung zu rechtfertigen.
Wir haben gesehen, dass der positive culturelle Blutbefund bei einem Pestkranken zwar nicht
unbedingt, aber doch im Allgemeinen eine schlechte Prognose gibt. Unbedingt ungünstig aber muss die
Prognose gestellt werden, wenn die Blutuntersuchung, durch zwei oder mehr Tage hinter einander aus-
geführt, jedesmal den Pestkeim im Blute nachweisen lässt, die folgende Untersuchung, respective die letzte,
dabei aber eine auffallende Zunahme der Colonienanzahl des Pestbacillus aufweist. Alle derartigen von
uns untersuchten Fälle (3, 57, 74, 80, 81, 87. 89, 98 und 127), im Ganzen 9, starben. Hiehergehören
zweifellos auch die beiden Fälle 120 und 128, bei denen die zweite Untersuchung verunreinigte, daher
imbrauchbare Blutaussaaten ergab, die erste aber schon »massig reichlich« Pestcolonien aufwies.
Betrachtet man endlich bei den 55 positiven Fällen das Ergebniss der Blutuntersuchung nach der
Richtung hin, ob die Infection eine reine Pestinfection war oder ob eine Misch-, respecti\e
Secundärinfection durch einen anderen pathogenen Keim vorlag, so sehen wir, dass in 47 Fällen
(= circa 85-57i,) ausschliesslich der Pestbacillus, in 8 Fällen (= circa 14-57o) daneben noch andere patho-
gene Keime nachgewiesen werden konnten. In 7 von diesen 8 Fällen (11,73,82,97, 100, 104 und 129)
fanden sich neben Pesthacillen noch mehr oder weniger reichlich Colonien des Streptococcus pyogenes, in
einem Falle (86) ausserdem noch 5 Colonien des Staphylococcus pyogenes albus. Dieser letztere Befund
muss aber völlig ausser Acht gelassen werden, indem wir demselben keinerlei Bedeutung zuerkennen dürfen,
weil die .Art und die Colonienanzahl dieser Coccenart, sowie der Umstand, dass wir den Staphylococcus albus
auch noch in einigen anderen Fällen als belanglosen Befund erhalten haben, dafür sprechen, dass wir ihn nur
als Folge eines Arbeitsfehlers (Hautverunreinigung) anzusehen haben. Anschliessend daran sei hier auch
darauf hingewiesen, dass auch die andern manchmal in den Aussaaten angegangenen Bacterien, \vie Sarcina
lutea, Kartoffelbacillus und ein Bacillus der Pseudodiphtheriegruppe, theils als von der Haut, theils als aus
der Luft stammend zu betrachten sind. Die Anzahl der durch die Luft bedingten Verunreinigungen ist ohne
dem eine sehr geringe, wenn man erwägt, dass wir bei diesen Untersuchungen stets dem in den Kranken-
haraken meist stark fühlbaren Luftzuge ausgesetzt waren.
Wie unsere pathologischen Befunde zeigen, handelt es sich in allen diesen Fällen um eine Secundär-
infection durch den Streptococcus, und zwar fast ausnahmslos von der xMund-Rachenhöhle ausgehend.
Der Fall 82, der bei der 2. und 3. Blutuntersuchung ausschliesslich Colonien des Streptococcus
pyogenes und erst bei der 4. neben diesen noch Pestcolonien in geringer Anzahl nachweisen Hess, spricht
keineswegs gegen diese Auffassung und die Deutung dieses Falles, als ob sich dabei an eine bereits bestan-
dene Streptococceninfection erst die Pestinfection angeschlossen hätte, hält weder unseren pathologisch-
anatomischen Befunden Stand, noch auch unseren sonstigen bacteriologischen, die uns zeigen, dass bei
gleichzeitiger Anwesenheit des Streptococcus und des Pestbacillus der erstere in den Culturen immer das
Übergewicht erlangt, selbst wenn der mikroskopische Befund die Streptococcen gegenüber den Pesthacillen
nur in spärlicher Menge anwesend erscheinen lässt. Es ist daher in unseren Blutaussaaten die der Wirklich-
keit entsprechende Anzahl der Pestkeime verdeckt.
7 von diesen Befunden betreffen Untersuchungen, die am Todestage ausgeführt waren, und nur einer
(129) eine Aussaat, die 1 Tag vor dem Tode angelegt war.
/)i7//tv//'t'\/. //. Pci/hologiscJi-tiihi/niiiiscIwr Bericht. 523
Wenn wir im Ansclilusse an diese Aiiseinandersetzimgcn \on den positix'cn Italien, die nachträglich
zur Section gelangten, die an dei' Leiciie erhobenen bacteriologischen Bet'unde betrachten, finden wir, dass
von den diesbezüglichen 25 obducirten ['"allen, deren schon einmal an anderer Stelle dieses Abschnittes Erwäh-
nung gemacht wurde, einer (133) ebenfalls eine Secundärinfection mit Streptococcus pj^ogcnes und 6 P'älle ((5(5,
70, 128, 132, 135 und 137) eine solche mit Diplococcus pneumoniae nachweisen lassen, während die in \i\-o
ausgeführte Blutimtersuchung, die in G Fällen 1 Tag, in einem Pralle (132) 2 Tage ante mortem gemacht
worden war, entweder sterile Aussaaten ergab oder ausschliesslich Pestbacillen zeigte. Dass es uns speciell
niemals gelungen war, den Diplococcus pneumoniae in den Blutaussaaten neben dem Pestbacillus zu
erhalten, dürfte seine Erklärung nicht bloss in dem Umstände finden, dass bei allen diesen Fällen die
Cultm'en einen, respecti\'e zwei Tage ante mortem angelegt wurden, sondern wahrscheinlich auch
darin , dass das gegenseitige \'erhältniss hinsichtlich der Wachsthumsencrgie in den Culturen
zwischen Diplococcus und Pestbacillus nicht dasselbe ist wie zwischen Streptococcus und Pestbacillus.
Unsere an der Leiche erhaltenen diesbezüglichen bacteriologischen Befunde liefern uns auch dafür den
Beweis.
Wenn wir nunmehr auch diese erst nachträglich als Misch-, respecti\-e Secundärinfectionen erkannten
F"älle den in vi\-o als solche erwiesenen zurechnen, was für die Erlangung eines richtigen Verhältnisses
unbedingt geschehen muss , so finden wir das früher angegebene Procent\-erhältniss der Misch-,
rcspective Secundärinfectionen schon bedeutend höher, thatsächlich aber noch immer nicht der Wirk-
lichkeit entsprechend, da sich unter den untersuchten Pestfällen sicher wahrscheinlich noch mehrere
befunden haben, die ebenfalls keine reinen Pestinfectionen dargestellt haben. Es kommt bei diesen
durch Secundärinfectionen c<implicirten Pestfällen unseren Befunden nach neben Streptococcus und
Diplococcu.-- auch noch der .Staphylococcus pyogenes aureus, allerdings seltener, als Ursache derselben
in Betracht.
Wir ersehen daraus, dass die Secundärinfectionen und besonders die durch Streptococcus
pyogenes x'eranlassten bei der Pesterkrankung, den Befunden bei der Epidemie in Bombay nach zu
urtheilen, entschieden eine bedeutende Rolle spielen und unseren Befunden gemäss immer eine sehr
schlechte Prognose geben. Wie bereits hervorgehoben und auch schon anderweitig betont, bildet den
häufigsten Ausgangspunkt dieser Secundärinfecti(inen die Mund-Rachenhöhle, speciell die Tonsillen. In
einem Falle war es aber eine Pneumonie, die die Ursache dafür bildete und die Pestinfection complicirt hatte
(Diplocüccenpneumonie). Dass auch Pestpneumonien, die ursprünglich durch den Pesterreger her\-or-
gerufen und secundär durch andere pathogene Keime complicirt sind, sowie Bubonen selbst den Ausgangs-
punkt für Misch-, respecti\-e Secundärinfectionen bilden können, soll nicht geleugnet werden. Wir verfügen
jedoch über keinen solchen Fall. Derjenigen hifectionen, die eine schon abgelaufene oder im Abklingen
begriffene Pestinfection compliciren — Fälle, die wir auch vielfach zu beobachten Gelegenheit hatten und
die meist durch chirurgische Eingriffe bedingt waren — sei an dieser Stelle nur nebenbei der Vollständigkeit
halber Erwähnung gethan.
Es wurde bereits erwähnt, dass von den 122 untersuchten Pestfällen 72 starben, was einem Mortaliläts-
verhältnisse von circa 59 "/o gleichkäme. Wie weit dieses Procentverhältniss der Sterblichkeit, das sich nur
auf einen x'erhältnissmässig geringen Bruchtheil der bei der Epidemie in Bombay beobachteten Peslfälle
bezieht, aber alle Formen der Pesterkrankung umfasst und sich auf V'Mc des Höhestadiums v\n^\ des.
Abklingens der Epidemie bezieht, mit dem Verhältni.sse übereinstimmt oder nicht, welches .sich aus der
ganzen Epidemie bei entsprechender Beurtheilung ergibt, werden wir im dritten Theile unseres Berichtes
des Näheren erörtern.
Was den Todestag dieser 72 untersuchten \'erstorbenen im N'ergieiclie zum Erkrankungstage
betrifft, so fanden wir nachstehendes N'erhällnis.s: Der Tod trat ein am
!>eiik«^cliriflen der m:ithem.-n,iturvv. Cl. LX\'I. I!J. 6^
524 H. Albrcclü iiml A. Glinii.
11. Erkrankungstagc in 7 Fällen, diuon waren positiv Tj Fälle,
III. » » 10 » » » » 10 »
IV. » » 11 » » » » 10 »
V. » •■ 9 » » » >■ 8 ■■
VI. » » 5 » » " » 4 »
VII. » » G » » » » 3 »
VIII. » » 6» " » » 2»
IX. » 2 .. .. war » 1 Ivall,
X. » » 2 >' » '> » 1 »
XI. » 1 Fall » » .. ü ..
XV. .. 3 Fällen, » % » 0 »
X.XI. » 1 Fall, » » »1 »
? » » 9 Fällen, » waren .. 6 Fälle,
Summe . 72 Fälle, Summe 51 Fälle.
Wir ersehen daraus, dass die Mehrzahl der Fälle in den ersten 8 Tagen letal endete und innerhalb
dieser Zeit entfällt die grösste Anzahl der Gestorbenen auf den III. und IV. Erkrankungstag. Die 9 F'älle,
deren Todestag als fraglicher hingestellt wurde, weil der Erkrankungstag nicht genau ermittelt werden
kiinnte, betrefi'en ebenfalls fast durchwegs acut \'erlaufene Fälle, sind also eigentlich auch den innerhalb der
ersten 8 Tage tödtlich geendeten Fällen zuzuzählen. Auch aus dieser Zusammenstellung kr>nnen wir wieder
den Schluss ziehen, dass eine Pestinfection eine um so günstigere Prognose gestattet, je längere Zeit nach
dem Einsetzen der ersten Krankheitssymptome bereits verstrichen ist.
4 unter den untersuchten 122 Pestfällen betrafen primäre Pestpneumonien (65, 102, 103 und 114);
sämmtliche 4 Fälle starben, und zwar 2 Fälle (65 und 103) am VI., ein Fall (102) am \'I11. und ein Fall (1 14)
am XV. Krankheitstage. Nur ein Fall unter ihnen (65) Hess culturell während des Lebens PestbaciUen im
Blute nachweisen. Die Erklärung für den negativen Befund der anderen 3 Fälle haben wir bereits zu geben
versucht, andere als die bereits abgeleiteten Schlüsse und Erwägungen wagen wir wegen der doch \'erhält-
nissmässig geringen Anzahl dieser sonst so wichtigen und interessanten F"ällc nicht zu geben.
Was schliesslich die 50 Fälle betrifft, die mit dem Leben da\-on kamen, so sind 4 von diesen Fällen
bereits wiederholt besprochen worden. Es sind das diejenigen 4 Fälle, die im Blute PestbaciUen nachweisen
Hessen (6, 25, 77 und 12.3), \'on den übrig bleibenden 46 Genesenen, die negati\-en Blutbefund aufwiesen,
WLU'den untersucht:
Imal 10 Fälle (14, 15, 16, 17, 18, 26, 45, 121, 131 und 136),
2 10 » (23, 30, 32, 42, 44, 47, 48, 53, 106 und 117),
3 •■ 12 .. (33, 34, 39, 40, 46, 51, 59, 63, 75, 94. 96 und 125),
4 •• 3 .. (71, 76 und 105),
5 4 - (21, 55, 79 und 109),
6 » 2 .- (64 und 108),
7 .• 3 >. (19, 61 und 101),
10 ■■ 1 Fall (92),
11 ■■ 1 >. (93),
Summe . 46 Fälle,
Bciihiipist. II. I\i//i(>Ii\L(isch-a!!afoiu!scJ!cr licriclü. 525
Das negative Resultat dieser Fälle findet seine Erklärung in den eingangs gemachten Erörterungen
hinsichtlich der Mängel unserer Untersuchungsmethode und hinsichtlich des Wesens der Pesterkrankung.
Ein Theil dieser Fälle betrifft nämlich solche, bei denen die Infection eine rein örtliche geblieben war. Diese
P'älle sind in dem Protokolle als sogenannte -leichte« Pralle bezeichnet. Dass die Zahl derselben nicht
genau angegeben werden kann, hat seinen Grund darin, dass es klinisch unmöglich ist, bei vielen dieser
Fälle eine eventuell vorhandene Allgemeininfection sicher auszuschliessen. Gewisse Allgemeinsymptome
werden ja auch von den am Infectionsherde gebildeten, gelösten und ausgelaugten Giftstoffen hervorgerufen.
Der Entscheid über die eingetretene Allgemeininfection ist bei der grösseren Anzahl dieser ¥ü.\\q sicherlich nur
durch die ta:te'iologische Blutuntersuchung möglich. Welche F^actoren, und zwar wichtige Factoren, bei dieser
dabei in Rechnung kommen, wurde schon erörtert. Der zweite Theil dieser Fälle aber betrifft solche, bei
denen der Infectionsprocess nicht mehr local geblieben i.st, bei denen es also zum Einbrüche des Infections-
keimes in die Blutbahn kam. Dass dieser Einbruch aber nicht nothwendiger Weise die schrankenlose Ver-
mehrung des Pestbacillus im Organismus bedingt, oder anders ausgedrückt, dass damit nicht nothwendiger
Weise der Organismus erliegen muss, wurde gleichfalls schon besprochen. Das Gelingen des Nachweises
dieses erfolgten Einbruches in die Blutbahn wird demnach in vielen Fällen mehr ein Zufall sein und
erfordert vor Allem eine systematische Untersuchung des Falles in entsprechender Weise. Aus der obigen
Zusammenstellung ersehen wir aber, dass unter diesen 46 Fällen die Mehrzahl nur 1 —3mal, und da oft
noch in grossen Intervallen, untersucht wurden. Andererseits befinden sich in dieser Gruppe sehr viele
Fälle — es betrifft wieder die Mehrzahl derselben, die erst sehr spät, nachdem die Krankheit schon
längere Zeit bestanden hatte, zur Untersuchung kamen.
Wenn wir endlich auch noch das Geschlecht und das Alter der zur Untersuchung gelangten Pestfälle
berücksichtigen wollen mit Beziehung auf den positiven Blutbefund und das Mortalitätsprocent, so sehen
wir, dass sich zunächst hinsichtlich des Geschlechtes die 122 untersuchten Fälle in folgender Weise
vertheilen :
( davon zeigten positiven Blutbefund: 44 Fälle (= circa 47 "/(,),
Männer = 93 Fälle (= circa 76 7o) , ^ , en c-n / • pll./^
( davon starben: 60 Falle (^ cuxa b47o);
( davon zeigten positiven Blutbefund; 11 Fälle (=; circa 38 "/,,),
Weiber =. 29 Fälle (=: circa 247o) ^ , , , loc-n / • ^io/x
^ ' ( davon starben: 12 Falle (= circa 41 y,,).
Die Männer erscheinen nach dieser Zusammenstellung entschieden bevorzugt, ihre Anzahl beträgt
mehr als 3 mal so viel wie die der Weiber. Zu grossen Werth möchten wir dieser Gegenüberstellung jedoch
nicht beimessen, einerseits wegen der doch zu geringen Menge, andererseits wegen des Umstandes, dass
wir unserer Erinnerung nach einigemale die Untersuchung der Weiber äusserer Umstände wegen etwas
vernachlässigen mussten. Der Procentsatz der Weiber wird also in Wirklichkeit ein etwas höherer sein.
Wir werden übrigens auch auf diese Gegenüberstellung nochmals im dritten Theile unseres Berichtes
zurückkommen, wenn wir die Verhältnisse der Epidemie in Bombay in dieser Hinsicht des Näheren
erörtern werden.
Hinsichtlich des Alters vertheilen sich unsere 122 Fälle in nachstehender Weise:
68"
526
II Albrctlil lind A. Clnni,
Alter
in Jahren
1- 5
(5-10
11-15
16-20
21-25
26—30
31-35
36-40
41-45
46-50
60
Summe.
Anzahl
der Fälle
Davon hallen positiven
Bkitbefmid :
13
16
28
19
122
10
55
Davon starben :
15
11
10
72
Darnach war in unseren Fällen das Alter von 20 — 30 Jahren das nicistbelheiligtc, fast ein Drittel
aller Pralle entfällt auf dasselbe.
Wenn wir uns nunmehr den mikroskopischen Resultaten unserer Blutuntersuchungen zuwenden, so
wurde diesbezüglich bereits eingangs dieser En'irterungen betont, dass eine systematische mikroskopische
Untersuchung des Blutes von uns wegen des geringeren Werthes dieser Methode für solche systematische
Untersuchungen nicht ausgeführt wurde, dass wir aber trotzdem bei einer ziemlich grossen Anzahl von
Fällen gleichzeitig mit den culturellen Untersuchungen für die spätere Durchsicht auch Deckglaspräparate
anfertigten, um Aufschlüsse über die e\entuelle Brauchbarkeit der mikroskopischen Untersuchung für
diagnostische Zwecke zu erlangen.
Unsere durch die durchgeführten culturellen Untersuchungen erlangten Befunde, die bei der
Anfertigung der Deckglaspräparate nicht vorauszusehen waren, sowie die daraus abgeleiteten Schlüsse
bestimmten uns, für die genauere Durchsicht der Deckglaspräparate nur diejenigen Fälle auszuwählen, die
von vorneherein ein positives Resultat \-ersprachen.
Es waren dies im Ganzen 20 Fälle.
Von diesen 20 Fällen ergaben nun mikroskopisch 7 (5, 12, 54, 78, 82, 87 und 98) ein völlig negatives
Resultat. Es konnten in diesen Fällen in dem von jedem Falle untersuchten einen Deckglaspräparate auch
hei wiederholter genauer Durchmusterung Pestbacillen nicht aufgefunden werden. Allerdings hatten \'on
diesen 7 Fällen 5 (5, 12, 54, 82 und 98) auch in den Aussaaten nur .spärlich" Pestkeime nachweisen lassen,
wodurch die Aussicht auf das Gelingen des mikroskopischen Nachweises schon von Haus aus eine sehr
geringe war. Ein Fall (87) zeigte in der Cultur »massig reichlich« und ein Fall (78) »reichlich« Pestcolonien,
das Deckglas zeigte aber auch bei ihnen keine Pestbacillen.
Von den 13 mikroskopisch positiven Fällen (3, 1 1, 57, 65, 73, 74, 77, 80, 81, 86, 89, 97 und 107) zeigten
culturell 6 Fälle (11, 74, 80, 81, 80 und 107) »sehr reichlich«, 2 Fälle (89 und 97) »ziemlich reichlich«,
2 Fälle (3 und 57) »massig reichlich« und 3 Fälle (65, 73 und 77) »wenig reichlich« oder »spärlich« Pest-
colonien.
Bciiliiipcs/. IL Fdthologisch-üiuiloiiiistlicv Bciichl. ö27
Mikroskopisch konnten nur in I Falle (80), und zwar in dem bei seiner zweiten cuUurellen Unter-
suchung angelegten Deckglaspräparate, reichlich Pestbacillen gefunden werden (x'ergl. Tafel XIV, Fig. 1),
in 3 Fällen (11,57 und 81), und zwar bei dem einen davon (81) ebenfalls im Deckglaspräparate ent-
sprechend seiner zweiten culturellcn Untersuchung, fanden wir massig viele Pestbacillen, die übrigen 9 Fälle
zeigten den Pestkeim mikroskopisch in geringer Anzahl oder gar nur \ereinzelt.
3 von diesen 13 positiven Fällen, und zwar die Fälle 74, 80 und 81, zeigten in den Deckglaspräparaten,
die bei der ersten an ihnen ausgeführten Blutuntersuchung angelegt wurden, obwohl diese ebenfalls »reich-
lichx Pestcolonien aufwies, auch keine Pestbacillen. Ebenso Hess der Fall 73, der durch 6 Tage hindurch
ein culturell positives Resultat ergeben hatte, nur in den Deckglaspräparaten entsprechend der 3. und (5.
culturellcn Untersuchung Pestbacillen \'ereinzelt, respective in spärlicher Menge nachweisen, w^ährend die
Deckglaspräparate von den übrigen 4 Untersuchungstagen keinen positiven Befund ergaben.
Der mikroskopisch gelungene Bacillennachweis, in diesem Falle am 6. Untersuchungstage, im Ver-
gleiche zu dem Ergebnisse der gleichzeitig angelegten Aussaat, die nur wenige Colonien des Pestbacillus
zeigte, bildet nichts Überraschendes, er stützt vielmehr — da die Cultur neben den wenigen Colonien des
Pestbacillus reichlicher solche des Streptococcus pyogenes aufwies, das Deckglaspräparat letzteren jedoch
nicht enthält — unsere schon anderen Ortes besprochenen Anschauungen über das gegenseitige Verhältniss
dieser beiden Mikroorganismen in der Cultur.
Dass dieses Verhältniss unserer Meinung nach auch gewissen Bedingungen unterliegt, dass es eine
entsprechende Berücksichtigung der \'orhandenen Menge beider Arten, der Zeitdauer ihres Beisammenseins,
sowie der Wahl des Nährbodens \'oraussetzt, soll hier, um Missverständnissen vorzubeugen, ausdrücklich
herx'orgehoben werden.
Was das Verhalten der Pestbacillen in morphologischer und färberischer Beziehung, sowie hinsichtlich
ihrer Lagerung zu den Blutelementen in den mikroskopischen Blutpräparaten betrifft, so zeigt dasselbe nach
unseren Befunden keine Abweichung \-on dem, wie wir es in anderen Organen des menschlichen Körpers
zu sehen Gelegenheit hatten. Wo sie reichlicher x'orhanden waren, fanden sie sich auch in den Blutpräpa-
raten theils als Diplobacillen, theils einzeln liegend; wo sie spärlicher nachweisbar waren, lagen sie meist
einzeln. Ihre Gestalt war vorwiegend eine ovale oder länglich ovale, seltener kam der eigentliche Stäbchen-
typus zu Gesichte (73) oder die rundliche, bläschenartige Form (86 und 65). J\lit Löffler's Methylenblau — es
wurde ausschliesslich dieses für die Blutpräparate \"erwendet — färbten sich die Bacillen theils charak-
teristisch bipolar, theils mehr gleichmässig, dann meist etwas schwächer, was ebenfalls sonst auch zu
sehen ist.
Der Nachweis der Kapsel war uns in den Blutpräparaten mit dem erwähnten Farbstoffe nicht gelungen.
Vielleicht spielten hier ausser dem Alter der Präparate auch noch andere Factoren eine Rolle. Darauf wollen
wir jedoch erst im letzten Theile unseres Berichtes näher eingehen. Die Lagerung der Bacillen war, mit
Ausnahme eines Falles (57), bei dem w'ir sie vereinzelt auch anscheinend in polynucleären Leukocyten
and en, immer eine extracelluläre.
Sollen wir nun auf Grund unserer culturellcn und mikroskopischen Blutuntersuchimgen und der daraus
gezogenen Schlüsse die F'rage erörtern, welchen Wert die bacteriologische Blutuntersuchung bei der Pest-
erkrankung besitzt, so wird, unserer Meinung nach, die Beantwortung dieser Frage \-erschieden ausfallen,
je nach dem concreten Falle, der uns \-orliegt. In den Fällen der Pest, bei denen es sich um rein local
gebliebene Infectionen handelt, wird die Blutuntersuchung selbstverständlich werthlos sein. Es kommt dabei
allerdings der Umstand in Betracht, dass es klinisch in vielen Fällen absolut nicht zu entscheiden sein wird,
ob die Infection noch eine local beschränkte oder aber bereits eine allgemeine ist.
Da wir nun bei der Beantwortung der uns gestellten Frage nicht die wissenschaftliche Seite, sondern
die praktische, und nur diese, im .\uge haben, werden wir in solchen Fällen die bacteriologische Blutunter-
suchung für die Diagnose nicht heranziehen. Desgleichen nicht in denjenigen Fällen, die zwar mehr weniger
528 //. Albrcclil und A. Chou,
sichere Anhaltspunkte für tiic erfolgte AllgemeuTinfectiun geben, aber nicht acut verlaufen. Denn mehrere
Tage lang zu wai'ten, um dann durch die Blutuntersuchung unmittelbar vor dem Tode erst die Diagnose
auf l'est sicher zu stellen, hätte wenig Sinn und keinen praktischen Werth.
In der Mehrzahl der beiden erwähnten Pestformen werden wir auf andere Weise ja leichter und
schneller zum Ziele gelangen. In vielen Milien wird der Kliniker die Diagnose sicher machen kcinnen. Ist
dies unmöglich oder handelt es sich um die Feststellung eines wichtigen Falles, bei dem die bacteriologische
Bestätigung der klinischen Diagnose ohnedem erfolgen muss, so werden wir, unserer Meinimg nach, iminei'
zur Punktion des in S(5lchen I<"ällen wohl meist mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen Bubo schreiten,
und aus dem daraus angefertigten Deckglaspräparate die Diagnose rasch und sicher in den meisten Fällen
machen können.
Nur wenn ein schon länger bestehender Bubo vorliegt, die hifcction dabei keine Zeichen des Weiter-
schreitens zeigt, die Pest also im Abklingen begriffen ist, wird auch die Punktion des nunmehr puiiform
erweichten oder eitrig zerfallenen Bubo die Pestbacillen manchmal nicht mehr nachweisen lassen. Will man
aber auch jetzt noch wissen, ob es sich um Pest handelt, respective gehandelt hat, so würde in solchen
Fällen eventuell die specifische Agglutinationsprobe in Frage kommen. Es fehlen uns über den Werth der-
selben für diese Zwecke eigene Erfahrungen; die bisher darüber von anderer Seite gemachten wollen wir
an anderer Stelle erörtern.
Die Ansicht, dass es unstatthaft sei, ja vielleicht sogar ein Kunstfehler, wenn man den
Bubo punktirt, respective incidirt, können wir absolut nicht theilen, erstens weil unsere
Auffassung von dem Wesen der Pestinfection unbedingt für die Eröffnung des Bubo spricht, zweitens weil
wir in einer Reihe von Fällen in Bombay gesehen haben, dass die Eröffnung des Bubo die Pestinfection
selbst niemals im imgünstigen Sinne beeinflusst hat, vorausgesetzt natürlich, dass die Eröffnung unter den
erforderlichen modernen Cautelen geschieht, was in Bombay allerdings nicht immer der Fall war. Wir
halten demnach die chirurgische Behandlung des Bubo nicht bloss für unschädlich,
sondern vielmehr für rationell und angezeigt.
Was diejenigen F'älle betrifft, in denen eine primäre Pestpneumonie vorliegt, so wird bei diesen die
bacteriologische Blutuntersuchung zum Zwx'cke der Diagnose ebenfalls nicht in Frage kommen, weil die
Untersuchung des Sputums rascher und sicherer zum Ziele führt.
Auch in den Fällen acut verlaufender Allgemeininfection, in denen der primäre Bubo nachweisbar ist,
wird für die Sicherstellung der Diagnose die Punction des Bubo den praktisch grösseren Werth
besitzen.
Grossen Werth wird jedoch die bacteriologische Untersuchung des Blutes in den Fällen rapid ver-
laufender hifection haben, bei denen es nicht zur nach\veisbaren Ausbildung eines primären Bubo kommt,
damit also auch dem Kliniker das wichtigste Merkmal für seine Diagnose genommen ist.
In diesen Fällen wäre, unserer Ansicht nach, derart vorzugehen, dass zuerst mehrere Probepräparate
des durch Einstich in eine Fingerbeere gewonnenen Blutes angefertigt werden. Es ist unbedingt geboten,
mehrere Präparate anzufertigen, das ist eine grössere Menge Blutes — soweit man bei dieser Methode eben
von einer grösseren Menge sprechen darf — für die Untersuchung zu verwenden, weil man dann um so
eher auf positiven Befund rechnen kann, hi einer Reihe von Fällen wird es dadurch gelingen, den Pest-
erreger nachzuweisen.
Ergeben die Präparate einen völlig negativen Befund oder lassen sich in denselben nur vereinzelt Pest-
bacillen nachweisen, so dass das Urtheil an Sicherheit verliert, was immer der Fall sein wird, so muss noch
eine Aussaat angelegt werden. Die dazu verwendete Blutmenge soll eine grössere sein, da geringe Mengen,
wie unsere Untersuchungen gezeigt haben, e\-entuell resultatlos bleiben können. Wir würden daher in
solchen Fällen den Schröpfkopf oder besser noch die Venenpunction vorschlagen. Als Nährboden
möchten wir für diesen Zweck gewöhnlichen neutralen oder schwach alkalischen Agar, der vollauf genügt,
empfehlen. Da nun einerseits gerade auf Agar die Colonien des Pestbacillus mikroskopisch schon im jungen
Bc!i!i'ii/\->;/. IL Pathologisch-aualoniischcr Bericht. 529
Stadium ein charai<teristischcs Bild zeii;cn, andci'ci-scits aber auch bei den acuten l*"ällen nach unseren
Befunden die Pestinfection durch eine Secundärinfection, in Sonderheit des Streptococcus pyogenes oder
Diplococcus pneumoniae, complicirt sein kann, ist es unserer Ansicht naclT angezeisj;t, die Blutaussaaten in
solchen Fallen in Petri'scher Schale (Plattenstrich) anzulegen.
6. Milz.
In allen 44 zur Obduction gekommenen frischen Pestfällen ergab sich anatomisch der Befund eines
acuten Milztumors. Da derselbe schon makroskopisch gewisse Eigenthümlichkeiten zeigt, muss auf dieselben
näher eingegangen werden. Die Milz ist zunächst immer in allen Dimensionen beträchtlich angeschwollen.
Nach den x'on uns vorgenommenen Messungen schwankte der Längendurchmesser zwischen 12 und 22 cm,
der Breitendurchmesser zwischen 6 und 17«;/ und der Dickendurchmesser zwischen 3 und 6 c;;/, wobei
zu berücksichtigen ist, dass normalerweise die Hindu ganz auffallend kleine Organe besitzen und dass
manche neben den Zeichen der acuten Milzschwellung auch solche eines chronischen Milztumors, meißt
durch Malaria bedingt, erkennen Hessen. Die Kapsel ist stark gespannt und leicht grau getrübt, manchmal
auch in Folge von Hämorrhagien fleckig blutroth marmorirt.
Sehr charakteristisch für die Pestmilz ist die Schnittfläche. Die Farbe derselben ist eine tiefdunkel-
blut- bis schwarzrothe. Das Milzgewebe quillt keineswegs reichlich, sondern nur wenig vor, wie überhaupt
die Consistenz dieses Milztumors nie die zerfliesslich weiche ist, wie bei den gewöhnlichen durch Strepto-,
Diplo-, Staphylococcen, durch den Anthrax- oder den Typhusbacillus etc. bedingten Infectionen. Dem-
entsprechend steht auch die reichliche Abstreifbarkeit der Pulpa einer reinen Pestmilz hinter der anderer
acuter Milztumoren zurück. Ausserdem besitzt dieses, nur etwas über die Schnittfläche vorquellende Milz-
gewebe einen matten, etwas trockenen Glanz, der an den einer diffusen Amyloidmilz geringen Grades
erinnert. Bei der reinen Pestmilz ist aber die .Schnittfläche nie ganz glatt, sondern besitzt eine eigenthüm-
liche feinste Granulirung, die wir als Chagrinirung bezeichnet haben. Die Follikel sind häufig gar nicht
sichtbar, oft nur als kleine graue Punkte mit dunkelrothem Hof, in keinem Falle fiel ihre besondere
Grösse oder ein stärkeres Prominiren auf der Schnittfläche auf.
Ausser den durch chronische Proce.sse bedingten Verdickungen der Trabekel konnten wir makro-
skopisch keine Veränderungen des groben .Stroma constatiren. Vor Allem die feine Chagrinirung
und der tief dunkelrothe Fai-benton verleihen der Pestmilz ein so eigenartiges, charak-
teristisches Aussehen, wie es keiner anderen Inf ectionskrankheit zukommt. Handelt es sich
hingegen um Mischinfectionen, deren wir eine grosse Anzahl obducirt haben, so tritt das wesentlich
abweichende Bild einer in Folge der Giftwirkung von Strepto-; Diplo- oder Staphylococcen acut
geschwollenen Milz in den Vordergrund. Eine solche ist viel weicher, ihre Pulpa sehr reichlich vorquellend
und abstreifbar und es fehlen ihi- alle charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Pestmilz.
Nach einiger Orientirung waren wir daher bald im Stande, aus dem anatomischen Milzbefunde mit
grosser Sicherheit eine reine Pestinfection oder eine Mischinfection zu diagnosticiren. Dabei spielt natür-
licherweise auch die Eigenschaft der Pestcadaver mit, viel weniger rasch in Fäulniss überzugehen als solche
mit Septicämien durch Eitercoccen überhaupt, und wir sind uns wohlbewusst, dass dadurch oft der
eclatante Unterschied zwischen reinen Pestmilzen und den anderen bedingt war.
Auch das histologische Bild hat \iel Charakteristisches an sich. Meist erscheint der schwammige Bau
der Pulpa nur mehr ganz undeutlich, indem Alles von Blut und Leukocyten wie überschwemmt ist. Die ein-
zelnen Blut- oder Pulparäume sind nicht mehr abgrenzbar, indem das ganze Milzgewebe hämorrhagisch
infiltrirt ist. Nur die Follikel sind erhalten, aber klein, die Trabekel sehen meist wie angeschwollen aus. Die
ganz auffallend reichliche Leukocyteninliltration besteht vorwiegend aus polynucleärcn Leukocyten. Ausser-
dem finden sich häufig, regellos angeordnet, grosse, ganz epithelähnliche, bald mehr rundliche, bald mehr
polygonale oder cylindrische Zellen mit einem grossen, runden oder gelappten Kei-n, der sich meist blass
färbt, oder mit mehreren derartigen Kernen.
530 ;/. A/l'rcc/i/ und A. Choii,
Solche immer gebläht aussehende Zellen finden sich auch innerhalb der noch erhaltenen Blut- oder
i\ilparäume, oft in grosser Menge. Sie stimmen ihrer Form nach mit den Epithelien dieser Räume üherein,
die man thatsächlich auch häufig in Desquamation begrilTen sieht. Wir sind der Ansicht, dass es sich hier
wenigstens zumeist um in Desquamation, Wucherung und Degeneration begriffene Endothclzellen der Hlut-
räume handelt, und zwar um jene, welche von Böhm und Davidoff (Lehrbuch der Histologie des
Menschen, 1895 — vergl. Fig. 92) als »gestricheltes Epithel der Pulparäume- bezeichnet werden.
Wir konnten zwar in keinem Falle eine erhaltene derartige Strichelung nachweisen, sei es, dass die
C'onservirung nicht die entsprechende war, sei es, dass sie unter Degenerationsvorgängen zu Grunde
gegangen war, wie wir ja auch häufig eine starke Granulirung des Protoplasmas dieser Zellen fanden,
welche zweifellos auf parenchymatöse oder fettige Degeneration zu beziehen ist. Pigmentschollen- oder
blutkörperchenhaltige Zellen sind entschieden Seltenheiten.
In anderen Fällen oder in einzelnen Theilen einer Milz herrscht weniger die hämorrhagische Infiltration
als wie hochgradige Hyperämie vor, das heisst man findet die erhaltenen Blut- oder Pulparäume sehr stark
erweitert und mit Blut vollgefüllt, zugleich mächtiges Aufquellen und reichliche Desquamation ihrer P'pi-
oder Endothelien.
In vielen Fällen fanden sich nun ungemein zahlreiche kleine, nekrotische Herde beson-
derer Form. Es sei gleich erwähnt, dass es sich immer um Fälle handelte, bei denen sich die Pestbacillen
ausserordentlich reichlich in der Milz vorfanden. Diese Herde sind ungemein klein, sie kummen an Grösse und
Form ungefähr dem Querschnitte einer kleinen Arterie gleich und bestehen in ihrem Centrum aus homogenen,
balkig-scholligen Massen oder Gerinseln, die manchmal etwas fädig aussehen. Sie färben sich gut mit Eosin,
entfärben sich aber vollständig nach der Weigert'schen Fibrinfärbungsmethode. Diese kleinen, rundlichen
Herde sind nun immer eingesäumt von zerfallenen, zerbrochenen Zellkernen oder von ganz eigenthümlichen
langgeschwänzten Kernformen, die aussehen, wie wenn sie in die Länge ausgezogen worden wären, so dass
sie eine birnenähnliche Gestalt annehmen oder ganz Spermatozoon gleichen.
Man kann nun stets sehr leicht nachweisen, dass diese Herde kleinen Gefässen entsprechen, deren
Lumen wie thrombosirt \-on diesen Massen und deren Wand in dasselbe Balkenwerk umgewandelt ist. Es
lässt sich nämlich sehr häufig ein noch mit Blut gefülltes Gefäss oder Capillarr(jhr bis zu einem solchen
Herde verfolgen, in den es gleichsam übergeht, wenn das Gefäss eben nicht der Quere nach, sondern der
Länge nach im Schnitte getroffen ist ' (vergl. Tafel XI, Fig. 3).
Auf die Entstehung dieser multiplen Herde wollen wir später zurückkommen. .Tedesfalls stellen sie
sowohl ihrer ganz Constanten Zahl und Form wie ihrer Reichlichkeit nach eine für die Pestmilz ganz
charakteristische Veränderung vor, die sich derartig bei keiner bisher bekannten
Infectionskrankhei t findet.
Was die Follikel betrifft, so erscheinen dieselben der Regel nach unter den von allen Seiten her andrän-
genden Blutmassen klein, aber sehr zellreich, und in ihnen fällt auch der Reichthum an polynucleären
Leukocyten auf. Ihre Arterien zeigen mitunter deutlich die Veränderungen der hyalinen Degeneration ihrer
Wand. Ein eigenthümlich aufgequollenes Aussehen besitzen ferner häufig die Trabekel; sie sind nicht nur
breiter, sondern zeigen auch nirgends mehr faserige Structur. Sie sind zum Theile homogen, zum Theile
homogen balkig und ihre vergrösserten Kerne färben sich nur schwach.
Ähnliches sieht man auch an der die Milz überziehenden Kapsel, ebenfalls in Fällen grossen Bacillen-
reichthums. So zeigt die Pestmilz im Allgemeinen das Bild einer acuten Splenitis, die in Vielem Vergleichs-
punkte mit den Veränderungen in Lymphdrüsen besitzt. Gleichwie in letzteren \-or allem anderen
die Endothelien es sind, die die ersten und intensivsten Veränderungen zeigen, sind
es auch in der Milz die Endo- oder Epithelien der Blut- oder Pulparäume, die den ersten
Anstoss auszuhalten haben und demgemäss auch in besonderer Weise an den Ver-
1 Diese Bilder cntsprcclicii vollständii; den bei versehicdcncii anderen l^rneessen heschiiehencn , sogenannten - liyalincn
Thromben" kleiner Oerässc.
Bcnhii/iis/. II. Piilliitloiiisch-auatiriiiischcr Bericht. 531
iinderungen betheiligt sind. Ebenso sind die \-ielen Hämorrhagien, die zahii-eichen Leukocytcn und
neki^otisirendcn Herde in gleiche Linie zu stellen mit den entsprechenden Veränderungen der Lymph-
drüsen.
Was den Bacillenreichthum der I'estmilz anbelangt, so haben wir in 22 unter den 48 an der l'est
x'crstorhenen Fällen sehr reichliche Pestbacillen in derselben histologisch nachweisen können, das heisst die
Milz wai- einfach dicht infiltriil \on denselben (vergl. l'at'cl XI\', Fig. ?>). In 14 \on diesen 22 Fällen fanden
sich sehr zahlreiche multiple Herde.
Es scheint also, als ob ausser dieser enormen Reichlichkeit an Bacillen auch noch andere Einflüsse
nothwendig wären, um das Zustandekommen dieser multiplen Herde zu bedingen. Ge\vi.ss ist ein bestimmtes
Mass von Zeit hiezu erforderlich, aber es ist ja auch sehr wahrscheinlich, dass eine mehr oder weniger hohe
Virulenz darauf Einfluss hat. Jedesfalls aber findet man solche Herde nur in sehr bacillcnreichen Milzen.
Auf Schnittpräparaten sind die Pestbacillen meist ganz gieichmässig in der Milzpulpa \-ertheilt und von
einer solchen Massenhaftigkeit, dass man \-on wahrer Bacilleninfiltration sprechen kann. Nur in den
Follikeln findet man sie spärlich oder gar nicht. *
Eine solche Pestmilz macht den Eindruck, als ob ihre V'ergrösserung in erster Linie auf Rechnung der
Bacilleninfiltration käme. Bei der ganz gleichmässigen Vertheilung der Pestbacillen findet man nirgends
Verstopfung eines Gefässlumen durch einen Embolus, sondern die Quelle für die histologischen \'er-
ändcrungen und namentlich für das Zustandekommen der Herde liegt in den zahllosen gieichmässig infil-
trirenden Bacillen. Unter deren Einfluss kommt es zur Nekrose der Wand eines Capillarrohres mit eigen-
thüml icher Gerinnung oder Coagulation derselben und des in ihr enthaltenen Blutes und mit Zerfall der
Zellen ihrer Umgebung. Innerhalb dieser geronnenen Massen eines solchen Herdes finden sich nur äusserst
spärliche oder gar keine Pestbacillen, sehr reichlich aber in unmittelbarer Umgebung desselben. So
ist das Zustandekommen dieser Herde als eine von aussen her auf das Capillarrohr gerichtete Wirkung zu
denken und nicht in der Weise wie bei einem Embolus, der vom Gefässlumen aus zm^ Nekrose der Umgebung
führt. Sie sind in vollständige Analogie mit den Veränderungen zu setzen, die wir in den Capillaren und
kleinen Gefässen eines primären Bubo und in deren Umgebung fanden, und die ebenfalls durch die von
allen Seiten herandrängenden Bacillenmassen erzeugt wurden und ebenfalls das Product einer eigen-
thümlichen Art von Coagulationsnekrose im Sinne Weigerts darstellen.
Sehr häufig findet man im Milzgewebe intracelluläre Lagerung der Pestbacillen und zwar sieht man
sehr grosse Zellen, die zahli-eiche noch gut färbbare Bacillenleiber eingeschlossen haben. Bald findet man
stärker degenerirte Formen, bald besitzen sie den ausgesprochenen plump-o\-alen Stäbchentypus, häufig
treten sie zu deutlich gegliederten Fäden zusammen.
Unter den 44 acuten Fällen geben unsere Protokolle Ißmal einen »spärlichen« histologischen Befund
von Pestbacillen an und in 2 Fällen waren histologisch überhaupt keine Pestbacillen in der Milz auf-
zufinden. Unter den 16 erstgenannten befinden sicli 8, also die Hälfte, bei denen wir sowohl bactcriologisch
wie histologisch eine Mischinfection constatiren konnten, und die 3 Fälle primärer Pestpneumonie. Die
übrigen 5 betrafen uncomplicirte Drüsenpestfälle.
Vergleicht man damit die Befunde der Deckglaspräparate von dem Milzsafte dieser 16 Fälle, so ergibt
sich jedesmal der gelungene Nachweis von Pestbacillen in denselben, wenn auch häufig spärlich, manchmal
sogar in ziemlich reichlicher Menge. Nur in einem Falle (14/XXX\'III), wo sie histologisch spärlich aufzu-
finden waren, wurden sie \ermisst, was doch wohl mehr auf Zufälligkeiten zu schieben ist. Dem-
entsprechend sieht man auch auf den Culturen aus der Milz der Regel nach in solchen Fällen reichliche
Pestcolonicn, nur seltener (22/V, 34/XXXV, 14/XXXVIII, 40/XXXIII, 41/XLIll) waren sie auch auf den
Culturen spärlich. Was die beiden Fälle betrifft, wo wir histologisch keine Pestbacillen nachweisen konnten,
so ergab die Milzcultur in dem einen (2G/X) ebenfalls nur spärliche Pestbacillen, sehr reichliche fanden wir
dagegen in diesem Falle histologisch und bactcriologisch in verschiedenen Lymphdrüsen und pneu-
monischen Herden. Offenbar waren die Pestbacillen in der Milz grosstentheils bereits zu Grunde gegangen.
Im 2. Falle (33/XXXII) konnten wir weder histologisch noch im Deckglaspräparate, noch cultin-ell Pest-
Denkschriften der mathem.-nalurw. CI. LXVI. Ud. 09
532 //. Alb recht innl A. GIioii.
baciUen in der Milz nachweisen, sondern nur ziemlich reichliche im primären Bubo und spärliche in pneu-
monischen Herden neben reichlichen Diplococcen und intracellulär gelegenen Tetragenusformen. Es handelt
sich hier um einen l'all, der erst am 8. Tage letal endete, bei dem die zweimal intra \'itam vorgenommene
Blutuntersuchung negati\' blieb und der schliesslich der Lobulärpneumonie beider Lungen, in der sich \i)i'-
wiegend andere Mikroorganismen als Pest finden, erlag.
Alles zusammengefasst lassen sich in acut verlaufenen Fällen bei exacter Untersuchimg nach irgend
einer Methode Pestbacillen so gut wie immer nachweisen. Nur sind sie manchmal sehr spärlich. Besonders
sei hier auf das culturelle Verhalten des Pestbacillus aufmerksam gemacht, der bei Mischinfectionen durch
Strepto-, Staphylo- und Diplococcen, besonders bei Gegenw'art des ersteren, ein entschieden verlangsamtes
Wachsthum zeigt, so dass die Reichlichkeit der Pestcolonien in den Aussaaten oft weit hinter jener der
anderen, die Mischinfection bedingenden Mikroorganismen zurücksteht, während man auf den entsprechen-
den Deckglaspräparaten immer das umgekehrte Verhältniss beobachtet.
Auffallend erschien uns, dass in den 3 Fällen \-on primärer Pestpneumonie der Befund an
Pestbacillen in der Milz immer ein ziemlich spärlicher war. Doch ist die Anzahl der \-on uns beob-
achteten Fälle zu klein, um daraus einen Schluss ziehen zu können. Jedoch sind jene Fälle, wo nm-
spärliche Pestbacillen in der Milz vorhanden sind, immer dadurch auffallend, dass sich in den übiigen
Organen wenig Blutungen finden und dass sich histologisch nur sehr wenig oder keine Pestbacillen im
Blute der erweiterten Gefässe nachweisen lassen.
Nebenbei sei bemerkt, dass wir einigemale (besonders in Fall 1/IX und 30, XIX) erbsen- bis haselnuss-
grosse, lymphomähnliche Herde in der Milz fanden, die grauroth aussahen, sich ziemlich scharf begrenzten
und sich sowohl an der Oberfläche, wie auf dem Durchschnitte etwas vorwölbten. Die histologische Unter-
suchung zeigte, dass dieselben theils fibrös, theils nekrotisch und durch zahlreiche Filarien (Filaria san-
guinis) bedingt waren.
Was schliesslich die chronisch verlaufenen Fälle betrifft, so sei zu diesen auch der am 15. Krankheits-
tage an eitriger Pestmeningitis verstorbene (12/XXXIV) gerechnet. Weder mikroskopisch noch culturell
konnten in der Milz Pestbacillen nachgewiesen werden. Hingegen gelang es uns in einem Falle (45/XII), wo
der Tod am 02. Kranlxheitstage an Pestmarasmus erfolgt war, wenigstens mikroskopisch (am Deckglas-
präparate) mit voller Sicherheit Pestbacillen nachzuweisen. In einem anderen, wo der Tod am 42. Krank-
heitstage eingetreten war, gelang uns dies jedoch nicht.
Bei zwei Kindern im Alter von 3 und 5 Jahren war die Thymusdrüse in entsprechender Grösse erhalten.
Sie bot aber in keinem l'alle irgendwelche Veränderungen.
7. Herz, Perieardium und Gefässe.
Dem Bilde einer Infectionskrankheit entsprechend fanden wir den Herzmuskel in allen Fällen im
Zustande der Degeneration. Gewöhnlich waren beide Ventiikel ziemlich schlaff Besonders hohe Grade der
fettigen Degeneration haben wir aber nie gesehen, der Herzmuskel erschien bald grau, wie gekocht, bald
graugelb, und auch seine Brüchigkeit schwankte zwischen verschiedenen Graden, nie aber war er so leicht
zerreisslich, wie die gelblichen, morschen Herzen bei hochgradiger fettiger Degeneration. Allerdings hatten
wir es häufig mit Mischinfectionen durch Diplo- oder Streptococcen zu thun, die gewiss eher das Bild der
Degeneration erhöhten.
Histologisch zeigten sich immer die Contouren der Muskelzellen und Kerne gut erhalten, das Proto-
plasma der ersteren oft fein granulirt. Da wir keine Fixirungen mit Osmiumsäure vornahmen, fehlt uns ein
Urtheil über Grad und Verbreitung der fettigen Degeneration des Herzmuskels. Blutungen oder irgend-
welche nekrosirende Herde im Myocard haben wir ebenfalls nie gesehen. Gewöhnlich war der schlaffe
rechte Ventrikel und Vorhof etwas ei-weitei't und enthielt auch, wie gewr)hnlich bei Infectionskrankheiten,
mehr (Vuor oder Speckgerinsel ge\\-rihnlichcr Form.
Bcnhiipcsl. IL Piiil!oI(\i:isc7i-citiü/otiiiscinT Befiehl. 533
An dem die \'entrikel\\;indc ndcr das Septum bekleidenden Endocard finden sich mitunter in Gruppen
beieinander stehende Ecchyniosen. Viel häufiger aber sind solche im Epi- und Pericardium, ja sie sind hier so
ungemein häufig und zahlreich, dass sie geradezu zum typischen anatomischen Bilde der Pest gehören. Sie
linden sich bald am rechten, bald am linken, bald an beiden Ventrikeln, vorzugsweise im Epicard der Herz-
aurikeln und sind von lebhaft rother Farbe. Ihrer Form und Reichlichkeit nach sieht das Epicard oft wie mit
kleinen Blutspritzern bespritzt aus. Ebenso ist das Pericard ungemein häufig der Sitz von ebensolchen
gruppirten Ecch\'mosen, namentlich an seiner visceralen Seite.
Die pcricardiale Flüssigkeit erwies sich in der Regel etwas vermehrt. Zahlreiche von diesen Eccliy-
m iscn haben wir zur histologischen Untersuchung verwendet und regelmässig, wenn sie auch noch so
klein waren, reichliche Pestbacillen in denselben nachweisen können. Sie gehören zu jenen für die Pest
charakteristischen Blutungen, die in grosser Anzahl und in den verschiedensten Organen auftreten, meist
sehr klein sind und nur ausnahmsweise zu grösseren confluiren. Sie sind sicherlich nicht lange Zeit vor
dem Tode entstanden, wie man ja dies klinisch direct an den Blutungen der Haut oder Conjunctiva nach-
weisen kann. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass dieselben die Bedeutung \-on embolischen Blutungen
haben, ganz ähnlich wie bei Milzbrand, wenn auch der eigentliche obturirende Pfropf oder Embolus fehlt.
Ihr Zustandekommen ist aber immer an die Anwesenheit von mehr oder weniger zahlreichen Bacterien im
Blute gebunden, durch deren directe Giftwirkung, welche an die Bacterienleiber selbst gebunden zu sein
scheint, die Capillarwände schwer geschädigt und so die Blutungen erzeugt werden. Wir werden auf die-
selben noch bei anderer Gelegenheit zurückkommen.
Eine echte Pestendocarditis haben wir in keinem Falle constatiren können. Wir sahen unter den
44 Fällen überhaupt nur einmal Vegetationen oder Excrescenzen an der Bicuspidalklappe (18/XLVIII). Es
handelte sich überdies um eine Mischinfection. Die histologische Untersuchung ergab ein vollständiges
Fehlen von Bacterien der zumeist aus Fibrin und Leukocyten bestehenden endocarditischen Massen, so
dass es sich wohl eher um einfache Klappenthrnmben als um wirkliche Endocarditis handelte.
Die Veränderungen der Capillaren und kleineren Gefässe, die so ungemein häufig und charakteristisch
für die Pest sind, wurden schon gelegentlich der Besprechung der primären Bubonen und der multiplen
Milzherde geschildert. Da sich ähnliche Veränderungen in den primären Pestpneumonien und in manchen
Pestnieren vorfinden, wird bei Besprechung der betreffenden Organe Gelegenheit sein, auf dieselben zurück-
zukommen. Hier sollen nur die Veränderungen grösserer Gefässe eingehender abgehandelt werden.
Wie schon bei den primären Bubonen erwähnt wurde, finden sich in der Wand der zugehörigen
grossen Venenstämme fast regelmässig sehr zahlreiche Blutungen, die der aufgeschnitte-
nen Vene ein ganz eigenartiges Bild verleihen und bei keiner anderen Erkrankung
beschrieben wurden. Sie sind charakteristisch für den Sitz des primären Bubo, indem sie sich immer
in der Umgebung desselben vorfinden und nur ausnahmsweise an anderen Stellen des Körpers.
Es kommen daher zunächst die Venae jugulares, axillares und femorales in Betracht. Im aufgeschnit-
tenen Zustande sieht man die Venenwand von zahllosen lebhaft blutrothen oder schwarzrothen Hämor-
rhagien durchsetzt, die, je näher dem primären Bubo, umso grösser sind, indem sie hier reichlich confiuiren.
Häufig ist ja die Venenwand ganz starr eingescheidet von dem hämorrhagischen Exsudat, das die Um-
gebung der ebenso infiltrirten Lymphdrüse durchsetzt. Je weiter centripetalwärts, umso kleiner werden die
Blutungen, die nun ganz isolirt sich von der lichten Intima scharf abheben.
Man finaet solche Blutungen in weiten Strecken der Venenwand, zum Beispiel xon einem primären
inguinalen Bubo ausgehend in der Wand der unteren Hohlvene bis hinaufreichend ans Zwerchfell (\ergl.
Tafel \'II, Fig. 2). Ihr Zustandekommen muss zunächst aus dem Befunde des reichlichen hämorrhagisch-
ödematösen Ergusses erklärt werden, der sich vom primären Bubo aus in dessen Umgebung ergiesst.
Derselbe findet seinen natürlichen Weg in den Gefässscheiden, dringt in die .Ad\entitia der grossen Gefässe,
.besonders der Venen, ein und durchsetzt ebenso die Media.
Auf mikroskopischen Präparaten konnten wir nur mit Sicherheit nachweisen, dass auch ein Durch-
bruch durch die Intima erfolgt, so dass sich die bald mehr bald weniger bacillenreichen Blutmassen ins
69»
534 //. AI hl- cell t und A. Glioii,
Vcnenkimcn crgiessen. (jcvviss ist hierdurch eine Möglichkeit gegeben, dass grosse Mengen von Pest-
bacillen in den Kreislauf gelangen. Ob dies aber nicht erst kurze Zeit vor dem Tode oder vielleicht erst
agonal geschieht, vermag nicht entschieden zu werden. .Abei' die t^ntstehung dieser Blutungen kann nicht
allein so erklärt werden, dass sie durch die \'on Aussen her andringenden Blutmassen erzeugt wei'den.
Dagegen spricht der Befund von ganz kleinen, distinct unter der intima sitzenden Blutimgen, die sich oft
in relativ weiter Entfernung vom primären Bubo finden, ohne anderweitige hämorrhagische Infiltration. Zu
ihrer Erklärung muss auf das sulzige Ödem hingewiesen werden, das zumeist die längs der grossen Gefässe
angeordneten primären Bubonen umscheidet und ebenfalls in die Schichten der Venenwand eindringt.
Die mit demselben eindringenden Pestbacillen selbst, respective ihre Giftstoffe führen zu Blutungen der Vasa
vasorum, die dann unter der Intima sichtbar werden. Nur in einem ganz singulär dastehenden Falle (38/LI)
fanden wir beim Bestände eines inguinalen Bubo zahllose punktförmige Blutungen in der Wand der Leber-
venen und ihrer Verzweigungen, ohne dass wir dieselben auch in den Pfortaderästen nachweisen konnten.
Derselbe Fall ist ausgezeichnet durch grossen Reichthum Non Pestbacillen in Blut und Milz und es erscheint
daher die Annahme gerechtfertigt, dass diese Blutungen von den Vasa vasorum aus auf metastatisch-
embolischem Wege entstanden seien, geradeso wie die zahlreichen anderen, welche sich in diesem Falle an
anderen Stellen fanden.
Histologisch sieht man bei ausgedehnteren Blutimgen die einzelnen Schichten der Venenwand \iin den
ausgetretenen Blutmassen auseinandergeworfen, so dass die einzelnen Bindegewebs- oder Muskelbündel
ganz isolirt sind. Das Endothel ist vielfach in Folge der hereinbrechenden Blutma.ssen abgehoben oder ganz
verloren gegangen und überall sind Haufen von Pestbacillen nachweisbar. In seltenen Fällen sieht man
auch in den entsprechenden Venen der dem Sitz des primären Tumor entgegengesetzten .Seite Blutungen.
Doch stehen sie immer an Keichlichkeit gegenüber denen der anderen Seite zurück. Man lindet solche dann,
wenn auch die Lymphdrüsen der anderen Körperhälfte starke Veränderungen primärer Bubonen zweiter
Ordnung zeigen. Es sind ja diese Venenblutungen im Allgemeinen nur ein Zeichen sehr weit vorge-
schrittener Veränderungen im Bereiche einer Lymphdrüsengruppe.
Geradeso wie sich überhaupt der primäre Bubo in erster Linie nur graduell von den übrigen Bubonen
unterscheidet, so sind auch die für einen solchen häutig diagnostisch \er\vcrthbaren Venenhlutungen nin-
der Ausdruck der bis zum höchsten Grade \-orgeschrittenen Zerstörung im Bereiche der als primären Bubo
zu bezeichnenden Lymphdrüsengruppe. Dass man solche Blutungen nie in der Wand der Arterien findet,
dafür ist die Ursache wohl in der auch bei vielen anderen Processen zu beobachtenden grösseren Wider-
standsfähigkeit der Wand zu suchen.
8. Respirationsorgane.
Über Veränderungen im Bereiche der Nasenhöhle und ihrer Nebenh()hlcn konnten wir aus äusseren
Gründen keine genügenden Erfahrungen sammeln, indem es nämlich nicht anging, dieselben in einer zum
Studium geeigneten Weise zu eröffnen. Wir haben dieselben ohne besonderen Befund nur in einem Falle
genauer untersuchen können.
Wie bei den meisten acuten Infectionskrankheiten, zeigte zumeist die Schleimhaut des Larynx, der
Trachea und der grossen Bronchien die Zeichen mehr oder weniger hochgradigen
Katarrhs. Häufig fanden wir beträchtliche Röthung und Schwellung derselben und zäh-schleimiges,
oft eiteriges Secret. Auch einzelne oder sehr zahlreiche hirsekorn- bis linsengrosse Blutungen fanden
wir zu wiederholten Malen, und zwar entweder ziemlich gleichmässig im Larynx (besonders an den Stimm-
bändern), Trachea und Bronchien oder auf das eine oder andere Gebiet beschränkt.
Wie überhaupt bei der Pest fast alle in die Schleimhäute eingeschalteten Lymphknoten oder -P'ollikel
stärker oder schwächer ausgebildete Veränderungen zeigen, so waren auch in einzelnen Fällen die
Follikel an der hinteren F'läche der Epiglottis, auch sogar in der Trachea deutlich
geschwollen und \'on einzelnen Blutungen diuxhsetzt.
Bciilcitpcst. IL Piitliologisch-aiialomischcy Bericht. 535
Die schwersten \'erändcrungen spielen sich aber am Aditus laryngis ab und bestehen
in einem so mächtig entwickelten acuten Glottisödem, das den Tod durch Suftocation in zahlreichen Fällen
veranlasst (\-ergi. Tafel VI, Fig. 1). Es findet sich nie isolirt, sondern immer nur als Theilerscheinung bei
schwerer Atlection der Halslymphdrüsen oder der Tonsillen imd ist als Ausdruck der hochgradigen
ödematiisen Durchtränkung des Bindegewebes in der Umgebung eines Bubo zu betrachten. So kommt es,
dass dasselbe auch einseitig nur eine Plica arj'epiglottica befallen kann. In hochgradigen Fällen aber
erstreckte es sich von der Epiglottis und beiden Plicae ary epiglotticae aus bis hinein in das Kehlkopfinnere,
so dass es zu förmlichem Prolaps des Sinus iMorgagni kam, und dass es sich noch auf die Stimmbänder
erstreckte. Es sieht ebenso gelblich-sulzig aus wie das Ödem in der Umgebung eines primären Bubo und
h;it auch dieselbe erzitternde Beschaffenheit.
Ein solch hochgradiges Glottisödem findet sich aber nicht nur bei primären Halsbubonen, sondern auch
dann, wenn die Halslymphdrüsen oder die Tonsillen erst secundär verändert sind (vergl. Capitel über die
Verdauungsorgane p. 313).
Im histologischen Bilde zeigt sich das Ödem als bald homogen, bald fein granulirt geronnene Massen,
welchen Leukocyten und zahlreiche rothe Blutkörperchen beigemengt sind. Wo die hämorrhagische
Beimengung reichlicher ist, finden sich auch zahllose Pestbacillen.
In einem Falle (1/IX) konnten wir massenhaftes Durchwandern von Pestbacillen durch
das intacte Epithel der ödematösen Plica aryepigiottica nachweisen und in einem anderen
('.il/lV') war es zur oberflächlichen, nekrosirenden Entzündung derselben gekommen unter dem Einflüsse
massenhafter Pestbacillen im Blute der oberflächlichen Capillarschlingen. Zugleich konnten wir hier den
Einbrach der Staphylococcen von diesen Geschwüren aus mit Sicherheit nachweisen , welche eine
Secundärinfection veranlasst hatten.
Wie fast an allen serösen Häuten, so finden sich bei der Pest auch an der Pleura zahlreiche Ecchy-
mosen. Dieselben können in irgend einem Antheile derselben in wechselnder Menge und Grösse sitzen, oft
finden sie sich zahllos an der Pleura xdsceralis und parietalis ziemlich gleichmässig, ungefähr linsengross.
Dabei ist die Pleura selbst unverändert, glatt und glänzend, ohne dass sich ein besonders reichlich \-er-
mehrtes Transsudat in den Pleurahöhlen findet. Sind aber Pneumonien vorhanden, so zeigt sie dieselben
Begleiterscheinungen des entzündlichen Lungenprocesses wie gewöhnlich, nämlich frische fibrinöse
Pleuritis mit zahlreichen kleinsten Blutaustritten.
Was die Lungen selbst anbelangt, so erschienen dieselben immer ziemlich gleichmässig hyper-
ämisch, neben starker Ausbildung von einfacher Hypostase in den hinteren Lungenpartien. Daselbst fanden
wir auch stets den Befund von reichlichem acuten Lungenödem, das aber in den übrigen Lungenantheilen
in sehr wechselnder Reichlichkeit vorhanden war. Manchmal waren die Lungen am Durchschnitte eher
trockener als stärker durchfeuchtet. Isolirte Blutungen ins Lungengewebc haben wir nur selten, und dann
nur in geringem Umfange beobachtet.
In einer ganzen Reihe von Fällen fanden wir pneumonische Herde in den Lungen, die schon makro-
skopisch ein ganz speciflsches Aussehen zeigten, aber in ihrer anatomischen Form wesenfiiche Unterschiede
darboten.
Auf Grund dieser gleich zu besprechenden, unterscheidenden Merkmale müssen wir die Pestpneumonien
in primäre und secundäre Pneumonien eintheilen, und unter den letzteren wiederum die rein
metastatisch-embolischen von den durch Aspiration oder durch Aspirationsbronchitis ent-
standenen trennen. Gleichzeitig sei erwähnt, dass sich im einzelnen Falle eine exactc Trennung der beiden
letztgenannten Formen nicht immer wird durchführen lassen, wie dies ja auch für andere Proccsse
bekannt ist.
Die primäre Pestpneumonie stellt eine tj'pische confluircnde Lobulär- oder Broncho-
pneumonie vor, die entweder einen einzelnen Lungenlappen oder mehrere, auch bilateral, oder eine ganze
Lunge befällt. Auf der Schnittfiäche kann man in der Regel noch die Confiuenz der einzelnen intiltrirten
Lobuli nachweisen, indem sie sich noch etwas von einander abgrenzen. Zumeist sind es die mehr nach
536 //. Albrcchl iiiid A. Choii,
hinten gelegenen I'artien des I.ungengewebes, die von der Entzündung ergririen sind. Die secundären,
metastatisch-embolisehen Pneumonien sind, wie solehe ülieriiaupt, vor Allem dureh ilnre
iMultiplicitäl und ihren peripheren Sitz charakterisirt. Sie linden sich zerstreut in beiden Lungen
und haben, ihrer Ent.stehung entsprechend, manchmal ganz infarctähnliche Form. Immer sind sie von dem
lui'tliältigen Lungengewebe scharf abgegrenzt und wölben sich knotenartig über die Lungenobernäche
\-or. Die einzelnen Herde sind bald nur hanfkorn-, bald wallnussgross.
Was nun die durch den Pestbacillus meist nicht allein, sondern auch verschiedene andere Mikro-
organismen erzeugten Aspirationspneumonien belangt, so stellen sie einzelne bronchopueumonische
Herde vor, die immer in atelektatisch coUabirtem Lungenparenchym ihren Sitz haben, und zwar haupt-
sächlich in den mehr abhängigen Partien der Lungenunterlappen. Daneben ist immer auch eine intensive,
meist eiterige Bronchitis vorhanden.
Wir fanden sie immer dann, wenn schwere, n e k r o t i s c h - d i p h t h e r i t i s c h e E n t z ü n d u n g c n d e r
Tonsillen und Follikel am Zungengrunde oder Pharynx gleichzeitig vorhanden waren.
Es kann wohl kaum einem Zweifel begegnen, dass ihre Entstehung auf Aspiration des bacillenreichen
Secretes derselben zu beziehen ist, welche die intensive Bronchitis veranlasste. Dass dies erst ganz kurze
Zeit vor dem Tode eventuell in lang dauernder Agone geschehen sein muss, dafür spricht die anatomische
frische Form und die geringe Ausbreitung derselben.
Schon im Vorstehenden wurde bemerkt, dass die Pestpneumonien, sowohl die primären wie
die secundären, ein recht charakteristisches und in dem Sinne specifisches Aussehen
haben, als das feinere anatomische Bild keiner anderen uns bekannten entzündlichen
Erkrankung der Lunge gleicht. Schon von aussen an der Pleura fällt die eigenthümliche Zeichnung
und Farbe solcher Herde auf Zunächst ist die Pleura entweder einfach leicht getrübt, lebhaft roth injicirt
und \'on zahlreichen kleinen Blutungen gesprenkelt, oder \on einer gelblichen, fibrinösen Exsudatmembran
bedeckt oder durchsetzt. Diese frische Pleuritis gehört wie bei jeder Pneumonie zu den regelmässigen
Theilerscheinungen des entzündlichen Processes (vergl. Tafel VII, Fig. 1).
Durch die Pleura hindurch sieht man nun eine feine, gelbe und rothe Sprenkelung oder Fleckung, inilcm
zahlreiche gelbe Knötchen oder Streifen auf einem lebhaft rothen Grunde stehen. Das Bild gleicht vollständig
demjenigen, das man bei vielen bacillenreichen Lymphdrüsen antrifft. Es kommt vor Allem dadurch zu
Stande, dass, wie mikroskopische Schnitte lehren, die erweiterten Alveolen fast nur von en(.>rmen
Bacillenmassen oder von Blut erfüllt sind; ein ähnliches, mei.st vermischt gelbrothes Colorit besitzt die
Schnittfläche, die wie feinst chagrinirt, nie wirklich granulirt aussieht und reichlichen etwas visciden Saft
gibt. Weiterhin sind die metastatischen Pestherde der Lunge von einem hämorrhagischen Hof umgeben, in
dessen Umgebung das Lungengewebe von reichlichem Ödem durchsezt ist. Ebenso eigenthümlich ist das
histologische Bild. Wie schon bemerkt, ist dasselbe durch den ganz enormen Bacillenreichthum ausge-
zeichnet, so dass in den oft sehr stark erweiterten Alveolen ausser denselben nur sehr wenig Exsudat,
bestehend in homogen geronnener Ödemflüssigkeit, rothen und verhältnissmässig spärlichen weissen Blut-
zellen zu finden ist.
Sehr eigenartig sind die Veränderungen an den Alveolarsepta, und zwar sowohl bei den primären, als
auch bei den secundären Pneumonien. Dieselben sind ganz auffallend verbreitert und umgewandelt in ein
stark glänzendes Balkenwerk, das manchmal gröber ist, manchmal mehr fädig aussieht und sich mit
Eosin gut färbt. Zwischen den Balken eingeschlossen finden sich spärliche Zellen oder Zellkerne oder
rothe Blutkörperchen; so sind die Ah'eolarsepta in dicke Stränge umgewandelt, die weiters eingesäumt
werden von ganz dicht stehenden, kleinen und kleinsten Körnchen und von Zellkernen unregelmässiger
oder birnförmiger, spermatozoenähnlicher Gestalt (vergl. Tafel XII, Fig. 1 und 2).
Die völlige Übereinstimmung mit den Veränderungen an den Gelassen primärer Bubonen und mit den
multiplen Milzherden ist auf den ersten Blick ex'ident. Auch hier kummt es unter der Wirkung der massen-
haft in den Ah'eolen angesammelten Pestbacillen zu dieser eigenthümlichen Gerinnung, respective Coagu-
lation des Gewebssaftes und der zelligen Elemente der Alveolarsepta und Gefässwände zugleich mit einem
Bciilc-ii/\'s/. II. Paflwlogisch-auatomischer Bericht. 537
Coagulationsvorgangc im Rlute der Oefässe. Auch diese feineren oder gröberen Balivcn, die so entstehen,
geben niclit die Weigert'sche Fibrinfärbungsreaction.
Neben diesen entschieden als nekrosirend aufzufassenden N'eränderungcn der Alxeolarsepta kommt
es aber auch stellenweise zum vollständigen Schwunde derselben, so dass nur mehr spornartige Reste der-
selben übrig bleiben. Auch die BrDnchidJen sind stark erweitert und mit enormen Hacillcnmassen angeIXillt,
die sich auch in den grossen Bronchien ebenso reichlich vorfinden und natüi^lich auch in die Aussenwelt
expectorirt werden. Aber überall fehlt eine fibrinöse P^xsudation fast vollständig, nur hie und da finden sich
sehr spärliche Fibrinnetze. Auch auf den Deckglaspräparaten und den Aussaaten aus Pestpneumonien tritt
die geradezu erstaunliche Reichlichkeit der Pestbacillen zu Tage (vergl. Tafel XIII, Fig. 3). Wir fanden sie
bei den primären Pestpneumonien zweimal in Reincultur und einmal untermengt mit spärlichen Diplo-
coccen (Diplococcus pneumoniae), bei den metastatischen Pestherden nur einmal in Reincultur und dreimal
untermengt mit ebenfalls nicht reichlichen Diplococcen. Dass wir in den aus Aspiration her\-orgegangenen
pneumonischen Herden immer ein Gemenge verschiedener Bacterien fanden, ist selbstverständlich.
Was die Reichlichkeit des Vorkommens durch den Pestbacillus bedingter pneumonischer Herde bei der
Pest überhaupt betrifft, so fanden wir solche unter den 44 acut \-erlaufenen Fällen neunmiil, und zwar drei-
mal piimäre Pestpneumonien, \-iernial metastatische oder secundäre und zweimal Aspirationspneumonien, bei
welchen wir den Pestbacillus reichlich nachweisen konnten. Die metastatischen Pestherde in der Lunge
sind daher ein ziemlich seltenes \'orkommniss, wenn man bedenkt, dass zweifellos häufig mehrere Tage
vor dem Tode der Blutkreislauf entweder nur vorübergehend oder bleibend \on Pestbacillen überschwemmt
wird.
Aber auch in den übrigen Organen, z. B. Leber und Niere, sind metastatische Pestherde nicht gerade
häufig, was nach unserer ganzen Auffassung der Pest nur dadurch erklärlich wird, wenn man annimmt, dass
eben der Pestbacillus sein bestes Nährsubstrat im Labyrinth der feinsten Lymphwege
des adenoiden Gewebes findet, während die Gewebssäfte der übrigen Organe für seine Weiter-
entwicklung und sein Zerstörungswerk entschieden weniger geeignet erscheinen. In diesen kommt es vor
allem Anderen zu multiplen Hänn irrhagien. in den verschiedenen Lymphdrüsen und -Knoten regelmässig zur
Bildung von Bubonen.
Was endlich den In fectionsmodus der primären Pestpneumonien betrifft, so müssen wir uns
dieselben als auf dem Wege einer durch Inhalation des Pestvirus erzeugten Bronchitis
— wie ja auch bei anderen Pneumonien — entstanden \-orsteIlen, da wir keinen Anhaltspunkt dafür haben,
dass dieselben durch eine primäre Blutinfection bedingt seien.
Auch unsere diesbezüglichen Thierversuche, die an anderer Stelle berichtet werden sollen, fielen immer
negati\- aus, indem wir nie durch intravenöse Injection von Pestbacillen Pestpneumonien erzeugen konnten.
Zu erwähnen wäre ferner, dass die bronchialen Lymphdrüsen bei den von uns beobachteten
primären Pestpneumonien immer entsprechend verändert waren und sich durch grossen Bacillen-
reichthum auszeichneten.
In anderen Fällen fanden wir aber auch pneumonische Infiltrate in den Lungen, in welchen wir keine
Pestbacillen, sondern andere Mikroorganismen als Erreger nachweisen konnten, \'or Allem den Diplococcus
pneumoniae. Diese lobulären Bronchopneumonien, die sich schon in ihrem Aussehen \-on den Pestherden
unterschieden, haben, wenn sie ausgedehnter sind, für den einzelnen Fall mitunter die Bedeutung, dass sie
als unmittelbare Todesursache zu gelten haben (wie im Falle 33/XXXII). Es tritt gleichsam schneller der
Tod ein, be\-or es zur Überschwemmung des Organismus mit Pestbacillen kommt, und so wird deren h'ehlen
im Blute und in der Milz erklärlich.
Den besprochenen Veränderungen der Lunge gemäss wird das Sputum sich hinsichtlich der Anwesen-
heit der Pesterreger und hinsichtlich ihrer Zahl verschieden verhalten. Die grosse praktische Wichtig-
keit, die das Sputum deshalb einerseits für die Diagnose gewisser Fälle, andererseits für
die W'eitervcrbreitung der Krankheit haben k an n, erfordert es, auf unsere diesbezüglichen Unter-
suchungen näher einzugehen.
538 H. Albrcchf und A. Glion,
Was zunächst die Fälle der primären Pestpneumonicn anbelangt, so ist es vollkommen klar, dass das
Sputum solcher I-'älle, so lange die Pneumonie besteht, wegen der stets enormen Mengen von Pestbacillcn,
die sich in solchen Pneumonien linden, was wir sovvuhl durch unsere bacleriologischen, als aucli histcilo-
gischen Untersuchungen gezeigt haben, auch immer sehr reich an Pestkcimen sein muss.
Wir haben das Sputum sechs solcher Fälle untersucht, und zwar tlicils cuUurcll allein, theils auch noch
mikroskopisch. Es erscheint wichtig, gerade diesen Punkt zu betonen, da bei der ausschliesslichen cultu-
rellen Untersuchung der Nachweis des Pesterregers, zumal wenn dieselbe nicht in entsprechender Weise
erfolgt, trotz relati\- reichlicher Anwesenheit entgehen kann.
Das gleichzeitige Vorhandensein von anderen Bacterien, theils im Sputum selbst oder theils durch den
stets beigemengten Mundspeichel bedingt, verhindert oft das Angehen der Pestkeime, eine Thatsachc, auf
die wir noch im dritten Theile unseres Berichtes zurückkommen werden.
Unter diesen sechs Fällen befinden sich die vier Fälle primärer Pestpneumonic, die auch im heiliegenden
Blutprotokolle verzeichnet erscheinen ((35, 102, 103 und 114), von denen der Fall (35 secirt wurde (Sections-
protokoU 40/XXXIII), ferner zwei Fälle, die sich nicht im Blutprotokolle vorfinden, von denen der eine
ebenfalls zur Section kam (Sectionsprotokoll 41/XLIII), der andere am letzten Tage unserer Spitalsthätigkeit
im moribunden Zustande eingeliefert wurde und gleich darauf starb, vom Kliniker jedoch als echte primäre
Pestpneumonic mit Sicherheit diagnosticirt war. In diesem Falle, sowie in dem Falle 102 zeigte Deckglas
und Cultur übereinstimmend reichlich Pestkeime, im Falle 114 Hess nur das mikroskopische Präparat und
der Thierversuch sehr reichlich Pestbacillen nachweisen, während die Cultur versagte, in den beiden zur
Section gelangten Fälle ergab die Aussaat, die allein für die Untersuchung angewendet wurde, ein reichlich
positives Ergebniss, und im Falle 103, in dem ebenfalls keine mikroskopische Untersuchung erfolgt war,
liess die Cultur wegen der gleichzeitig vorhandenen Streptococcen- und Diplococcencolonien den Pest-
bacillus nicht mehr nachweisen. Diesen Ergebnissen entsprechend, käme also für den Nachweis des Pest-
bacillus im Sputum dem Deckglaspräparate in erster Linie eine besondere Wichtigkeit zu. Dasselbe zeigte
auch in unseren Fällen, übereinstimmend mit den Resultaten Anderer, immer so reichlich Pestbacillen \-on
typischem Aussehen, dass die Diagnose leicht und sicher gemacht werden konnte. Bei Anwendung des
Culturverfahrens ist die Plattenstrichmethode dem Aufstreichen in Eprouvetten unbedingt vorzuziehen. Die
beiden culturell negativen Fälle betrafen Aussaaten in der Eprouvette. .-Xuf die Benützung des Thierversuches
wollen wir im dritten Theile des Berichtes eingehen.
Ein gleiches Ergebniss in Betreff des Sputum müssen auch die metastatischen Pestpneumonicn zeigen.
Wir verfügen über drei diesbezügliche Sputumuntersuchungen. Alle drei Fälle finden sich auch im Blut-
protokolle verzeichnet (t)7, 122 und 130), nur ein Fall (130) von ihnen gelangte auch zur Section (Sections-
protokoll Nr. 18/XLVIII).
Alle drei Hessen reichlich Pestbacillen nachweisen, und zwar die Fälle 97 und 130 mikroskopisch —
die C"ultur versagte bei letzterem, bei ersterem wurde sie nicht gemacht — der Fall 122 durch die Cultur.
Ausser diesen positiven Ergebnissen verfügen wir unter unseren Sputumuntersuchungen noch über
zwei positive Fälle, die weder klinisch noch auch durch die Section pneumonische Veränderungen der
Lungen nachweisen Hessen, wohl aber reichliches Lungenödem und schwere Veränderungen der lympha-
tischen Apparate der Mundrachenhöhle zeigten. In dem einen dieser Fälle (Section Nr. 6/XLVI) zeigte das
Deckglaspräparat des einen Tag vor dem Tode untersuchten Sputums sehr reichlich und fast ausschliesslich
Pestbacillen, in dem anderen Falle (Section Nr. 19/XLIX) weniger reichlich.
Dass sich im Lungenödem reichlich Pestbacillen vorfinden kc3nnen, kann ims nicht Wunder nehmen,
wenn man die schwere Schädigung der Gefässwände bei der Pest berücksichtigt, ebenso nicht das \'or-
handensein von Pestbacillen im Mund- und Rachensecrete bei schwereren, namentlich ulcerirenden oder
hämorrhagischen Veränderungen des lymphatischen Gewebes und der Schleimhaut der Mundrachenhr)hle,
Veränderungen, die sich nach unseren Untersuchungsergebnissen sehr häufig vorfinden, theils duich das
Pestvirus allein bedingt, theils durch complicirende Secundärinfectionen mit anderen pathogenen
Keimen. Unsere histologischen Untersuchungen haben aber gezeigt, dass auch das anscheinend
Bi'iih'iijhsf. 11. Piülich'oisch-atniloiiiischcr Bericht. 530
N'öllig int acte Epithel übei" lieni adenoiden Gewehe dieser K()rpertiieile dem Pest-
\-irus t'feien Durchtritt gewährt, eine Thatsache, die beweist, dass sich auch bei relativ-
geringen X'eränderungen dieser Theile — wir meinen damit die reinen secundären Verände-
rungen dieser adenoiden Gebilde — Festbacillcn im Mundsecrete vorfinden können. W'ir
werden deshalb jedem die Miindhcihle passirenden Secrete bei Pest fällen unsere
besondere Aufmerksamkeit fi^ir die Frage der Übertragung schenken müssen, wenn
es sich nicht um einwandsfreie, rein local gebliebene Infectionen einer anderen als dieser Kürper-
region handelt. Dass auch in dieser Frage ein inniger Zusammenhang mit der Art des Verlaufes
jedes Falles besteht, dass sich diesbezüglich die einzelnen l'älle \-erschieden verhalten werden, ist wolil
selbst\'erständlich. Die .Auseinandersetzungen über unsere .Auffassimg xon dei' Pestinfection erklären
diese \'erschiedenheiten.
9. Verdauungsorgane.
Den pathologisch-anatomischen X'eränderungen lIcs Magendarmtractus musste besondere Aufmerk-
samkeit zugewendet werden, weil die so oft angeregte Frage zu entscheiden war, ob \-on denselben aus eine
Infection durch Pest beim Menschen stattfindet, eine F'rage, die bisher bald in entschieden bejahendem,
bald in ebenso entschieden x-erneinendem .Sinne beantwortet worden war. Dieselbe muss aber gerade bei
der Pest in zwei zerlegt werden, \-on denen sich die eine auf die AUmdrachenhiihle imd den Pharyn.x bezieht,
die andere auf den Magendarmcanal im engeren Sinne.
Was zunächst die Veränderungen der Mundhöhle betrifft, so zeigte sich deren Schleimhaut bald mehr
bald weniger cyanotisch, oder in besonders hämorrhagischen Fällen hochgradig blutarm. Blutungen fanden
wir hie und da in der Schleimhaut der Lippen, der Zunge, des harten Gaumens und in der Zungen-
musculatur, besonders häufig in der Umgebung der Balgfollikel an der Basis derselben. Bekanntlich besitzen
die Indier meistens ein sehr wohlerhaltenes Gebis.s, cariöse Zähne gehiM-en zu den Seltenheiten, und ebenso
ist das Zahnfleisch immer, wenigstens für die grob anatomische Untersuchung, in intactem Zustande.
Die wichtigsten Veränderungen finden sich aber an den Tonsillen und an den Lymph-
follikeln in der ganzen Gegend des Isthmus faucium. In einer grossen Anzahl von Fällen (32)
zeigten sie mehr oder weniger ausgesprochen die Erscheinungen frischer Entzündung, die allerdings im
Grade ungemein \-ei'schieden waren.
Es soll zunächst auf die Frage der primären oder secundären Infection derselben nicht näher ein-
gegangen, sondern nur die Form dieser Veränderungen kurz zusammengefasst werden. Häufig findet
man nur leichte Schwellung der Tonsillen mit \'ergrösserung derselben und lebhafter, entzündlicher
Riithung der Schleimhaut nebst zahlreichen kleinen Blutungen. Auf dem Durchschnitte sieht man dann eine
bald gleichmässige, bald ungleichmässige, graurothe, medulläre Schwellung des adenoiden Gewebes mit
.grcssem Saftreichthume. Dies kann auch nur eine Tonsille allein betreffen, oder man sieht an der Schleim-
haut schon jene eigenthümliche lichtgelbe Verfärbung, die die Anwesenheit von sehr zahlreichen Festbacillcn
andeutet, und zahlreiche kleine Blutaustritte, welche die charakteristische Sprenkelung hervorrufen. Dabei
ist oft die Tonsille von einem breiten hämorrhagischen Hof eingesäumt, der in das reichliche, die Gaumen-
bögen durchtränkende Ödem übergeht. .Auch auf dem Durchschnitte sehen solche angeschwollene Tonsillen
genau so aus, wie Bubonen, in denen der Zerstörungspi-ocess schon \'orgeschritten ist, sie zeigen das
charakteristische gelbroth gesprenkelte Colorit.
.Sehr häufig kommt es aber auch an den Tonsillen zur Geschwürsbildung, wenn der Process mit
erhöhter Intensität und längere Zeit andauert. Sie befinden sich dann im Zustande diphtheritisch nekro-
.sirender Entzündung, die zu einer gelblichen Membran umgew^andelte Schleimhaut haftet nur mehr locker
am Grunde, und dort, wo sie sich bereits abgelöst hat, ist ein bald flaches, bald tiefgehendes Geschwür
gebildet, das \on diphtheritisch veränderten, fetzig und wie zerfressen aussehenden Rändern begrenzt
wird und in dessen Grunde das saftig-gelblich intiltrirte Gewebe blossliegt. Dieser geschwürige Zerfall kann
Denkschriften der malliem.-n.ilurw. Cl. I.XVI. liil. 70
Ö40 //. Albrcchl iitul .1. Clmu,
eine ganze oder beide Tonsillen ergreifen. HaLitig zeigen gleichzeitig ganz ähnliche \'er;inderungen die
Gruppen der LymphfoUikel am Zungengi-unde und an der hinteren Pharynxwand. Auch hier kann man
leicht ihre Pestinf'cction schon daran erkennen, dass sie bei starker Schwelhmg die lichlgelbe Farbe zeigen
und einen lebhaft rothen, hämorrhagischen Hof. Besonders an der Zungenbasis, zu beiden Seiten des Liga-
mentum giosso-epiglotticum medium treten oft mehrere C'entimeter im Durchmesser betragende Plaques zu
Tage, die stark prominent und aus Contluenz einzelner l'"ollikel entstanden sind. Auch sie sind häufig
geschwürig zerfallen (vergl. Tafel VI, Kig. ]).
Ganz analoge V'eränderimgen finden sich ferner an den Follikeln der hinteren Pharynxwand oder
beider Sinus piriformis zur Seite der Epiglottis wie auch an den kleinen Lymphfollikein der F.piglottis selbst.
Ks ist natürlich, dass auch überall hier Geschwürsbildungen x'orkommen können.
Wie schon bei Besprechung der pathologischen Veränderungen des Larynx ei'wähnt, tritt sehr häufig
bei so schweren X'eränderungen an dem lymphatischen Apparate der Schleimhäute ein reichliches Ödem
auf, das zu acutem, tödtlichen Glottisödem führt, das aber nicht nur auf die Plicae aryepigiotticae beschränkt
bleibt, sondern häufig auch die Sinus piriformis zum Verstreichen bringt, auf Gaumenbögen und Zungen-
gi'und sich fortsetzt und das Zäpfchen in einen dicken Wulst umwandelt. Daneben finden sich sehi-
reichliche Hämorrhagien, besonders im weichen Gaumen und in dei- hinteren Pharynxwand. Was die
sonstige Beschaffenheit der Mund- und Kachenhöhlenschleimhaut betrift't, so zeigt die Zunge oft dicken, fuli-
ginösen Belag und die Schleimhaut des Gaumens und des Pharynx Lockerung, Schwellung und trübe
RTithung als Zeichen heftigen Katarrhs.
Alle diese im Vorstehenden kurz zusammengefassten Veränderungen finden sich nun sowohl in den
Fällen, wo es sich zweifellos nach dem ganzen anatomischen Befunde um eine primäre Halsinfection
handelt, als auch in jenen, wo dieselben beim Bestehen eines typischen primären Bubo an
irgend einer anderen Stelle als secundär oder m etastatisch aufzufassen sind, häufig in ganz gleicher
In- und Extensität. Es hat dies seine Begründung dann, dass beinahe regelmässig \'on den einmal durch
Pest entzündlich veränderten Tonsillen oder Lymphfollikein aus der Einbruch anderer pathogener
Alikroni'ganismen (Strepto- oder Diplococcen), die sich ja immer imd zahlreich in der Mundrachenhrihle
und namentlicii in den Balghöhlen und Pfröpten der Fonsillen finden, in den K'reislauf erfolgt.
Auf Rechnung dieser dadurch erzeugten, zunächst local bleibenden Secundärinfecti(in kommt nun
sicherlich eine ganze Reihe xon schweren Gewebsläsionen, die das Bild \-erwischen und es unmöglich
machen, gerade in dieser Gegend zwischen primären und secundären Veränderungen zu unterscheiden, da
ja ganz im Allgemeinen der L-nterschied zwischen primären imd secundären Buhonen wenigstens makro-
skopisch nur ein gradueller ist, was bereits gelegentlich dei- Besprechung der Lymphdrüsen\-eränderungen
her\'orgehoben wurde.
Es erhellt daraus, dass solche Fälle mit schweren Veränderungen der Halslymphdrüsen oder Rachen-
organe nur durch den Obductionsbefund in Bezug auf die Eintrittspforte der Pesterreger klar gestellt werden
kömnen. Findet sich dabei an einer andei'en Lymphdrüsengruppe das typische, schwer hämorrhagische Bild
des primären Bubo mit den so charakteiistischen Veränderungen in dei' Umgehung imd mit dem Befunde
primärer Bubonen zweiter Ordnung, deren Anordnung und Form dem Anatomen den Weg der Infection
weisen, so müssen die Veränderungen der Halsorgane als secundäre aufgefasst werden.
In allen solchen Fällen zeigte die bacteriologische Untersuchung, dass es sich um eine Misch^, respective
Secundärinfection handelte, die, \i)n den Halsorganen ausgehend, entweder zur allgemeinen Blutinfection
durch einen Strepto-, Diplo- odei- Staphylococcus geführt hatte oder local, auf die Halslymphdrüsen
beschränkt geblieben war.
In einer ganzen Reihe von Fällen kl muten wir histologisch den Einbruch der genannten pathogenen
Mikroorganismen von den Tonsillen oder den Balgfollikeln aus in unzweifelhafter Weise nachweisen. Aber
die Schnittpräparate gaben auch noch über einen anderen Punkt \olle .Aufkläiimg, nämlich übei- die .Art und
Weise, in welcher die Erreger der Secundärinfection ins Gewebe und in den K'reislauf gelangten. Schon
bei der kurzen Schilderung dei" maki'oskopisch-anatomischen Befunde wurde darauf hingewiesen, dass bei
Bciihiipcsl. II. I \i lli I il 1 1 i^i slIs -iiihtl (IUI i Silur Hcriciü.
b-ll
Jen angeschwollenen (ider gar exulcerirten 'rnnsillcn und Balglollikeln immer das exquisite Bild bacillen-
reiclier Peslinfection nicht nur erhalten, sondern auch besonders charakteristisch ausgeprägt war. Dem-
entsprechend lehren auch die Schnitte, dass immer das eigentliche Zerstörungswerk auf Rechnung von
massenhaft inliltrirenden Pestbacillen zu setzen ist, zwischen welche \-on der nekrotischen Epitheldecke
oder den Balghöhlen her Schaaren von Coccen eindringen, die dann auch zahlreich in den abführenden
l.N'mphgefässen neben spärlichen Pestbacillen oder in den \erschiedenen Häinorrhagien zu finden sind.
Dass \'on solchen Ulcerationen der Tonsillen und Follikel aus zweifellos häufig und reichlich Pest-
bacillen in die Mundhöhle und damit in die Aussenwelt gelangen, wurde schon gelegentlich der Besprechung
der Veränderungen im Respiration.stractus constatirt. Konnten wir ja .sogar wiederholt nachweisen, dass die
Pestbacillen das noch erhaltene Plattenepithel der Tonsillen in reichlichen Zügen durchdringen (vergl.
Tafel Xl\', Pig. ■_').
Es sei hier auf die Ähnlichkeit der Pest mit anderen acuten hifectionskrankheiten hingewiesen, bei
denen es, wie z. B. bei Scharlach, Masern und Blattern, zu dem bekannten Bilde der secundär diphtheriti-
schen Processe des Halses kommt. Ob die zur Geschwürsbildung an den adenoiden Gebilden führende
Nekrose bei der Pest ausschliesslich auf Rechntmg der Pestbacillen oder nicht auch der secundär ein-
gedrungenen Coccen zu setzen ist, kann nicht stricte entschieden werden und möge daher dahin gestellt
bleiben.
Unter den zahlreichen Fällen, welche entweder Bubonen der submaxillaren oder cervicalen Lymph-
drüsen oder mehr weniger hochgradige Entzündungen der Tonsillen zeigten, sind im Protokolle sechs ver-
zeichnet, bei denen eine primäre Halsinfection angenommen werden musste. \'ier derselben zeigen mächtige
Halsbubonen und ausserdem Ulceration an den Mandeln oder den BalgfoUikeln der Zunge oder des Phar^-nx.
und es entstand so in jedem einzelnen Falle die Frage, ob die Infection von der Haut der betreffenden Hals-
kopfseite oder von der Mundrachenhöhle aus erfolgt sei. Es ist erklärlich, dass bei den vorgeschrittenen
Veränderungen diese Frage nicht bestimmt beantwortet werden konnte, da es selbstredend unmöglich ist,
zu erkennen, ob die Pfade der hifection von den Tonsillen zu den genannten Lymphdrüsengruppen, oder
umgekehrt, führen.
Ausserdem kamen in diesen vier Fällen noch die Veränderungen einer erfolgten Secundärinfecti(.)n
hinzu. In den übrigen zwei Fällen jedoch fehlten besondere Befunde an Tonsillen und Follikeln, und für
diese ist es wohl ausser Frage, dass die Einbruchspforte im Haut- und Schleimhautgebiete der betreffenden
Halskopfseite zu suchen ist. Her\"orgehoben sei, dass hier ebenso Conjuncti\'a und Schleimhaut der Nase
wie die der Mundrachenhöhle in Betreff der Eingangspforte in Betracht kommen. Jedoch muss für die \'ier
erstgenannten Fälle die Möglichkeit ohneweiters zugegeben werden, dass der Pesterreger entweder irgend
wo \-on der Schleimhaut der Mundrachenhöhle aus eingedrungen, in den Tonsillen sozusagen den primären
Bubo her\-orgerufen hat, oder dass er direct \-on den Tonsillen als Einbruchspforte aus seine weiteren
Wiikungen entfaltete.
Für beide Möglichkeiten spricht die Analogie mit einer ganzen Reihe anderer Infectionskrankhcitcn,
und sie machen die Annahme im höchsten Grade wahrscheinlich, dass thatsächtich bei der Pest ein
derartiger Infectionsmodus vorkommt. Aber geradezu beweisende Kraft für die leichte Infectionsmöglichkeit
von der Mundrachenhöhle aus gab der Thier\'ersuch, indem es uns in zahlreichen Fällen mit \'erschiedenen
\'ersuchsthieren durch einfache \'ei-fütterung gelungen ist, primäre Halsbubonen zu erzeugen, ebenso wie
durch einfaches Einbringen \'on \irulenten Pestbacillen in die Nasenhöhle oder auf die Conjunctiva.
LTnter unseren 44 zur anatomischen Untersuchung gelangten acuten Pestfällen constatirten wir
17mal in der Milz und in verschiedenen anderen Organen neben dem Pestbacillus einen zweiten pathogenen
Mikroorganismus, so dass diese Fälle als Mischinfection aufzufassen sind. Fast in jedem dieser Pralle zeigten
die Tonsillen oder die BalgfoUikel sehr schwere Vei'ändei-ungen, fast immer wai'en sie exulccrirt oder im
Zustande hochgradiger Entzündung.
Auf den entsprechenden histologischen Präparaten konnten wir nun, wie schon erwähnt, feststeilen
dass von ihnen aus diese Misch- oder besser Secundärinfection erfolgt ist.
7Ü*
r-,V2 II. Albrcclil iiiul A. C/nn/,
In drei Fällen (2/XV', 30/XXIX, 1<S/XL\'111) lerner ergaben unsere Untersuchungen den sicheren Befund,
dass es ebenfalls von den ulcerirten 'l'onsillen oder Follikeln aus zu einer Secundcärinfection gekommen
wtir, die aber local blieb, was sicherlich für die Richtigkeit unserer Behauptung spricht, dass die Misch- oder
Secundärinfectionen bei der Pest überhaupt am allerhäuligsten \-on dcMi Lymphknoten der 1 lalseingeweide
ausgehen. In einem I'alle (21/I\') konnten wir als Ausgangspunkt derselben die diphtheritisch entzündete,
aryepiglottische Falte constatiren.
Die Erreger dieser Mischinfection waren gleich häutig Streptococcen und Diplococcen (nur in einem
Falle der Staphylococcus pyogenes aureus). Beide kommen ja erfahrungsgemäss häufig saprophytisch in
der Mundrachenhöhle xor.
Es ist einsichtlich, dass die Häufigkeit solcher Miscliinfectionen von wesentlicher Bedeutung ist, indem
sie im einzelnen Falle entschieden die Prognose verschlimmert und die therapeutischen Massregeln com-
plicirt, besonders \\\as eine specifische curative Serumtherapie betrifft. Schon durch unsere Blutunter-
suchungen konnten wir häufig die erfolgte Secundärinfection nachweisen und mit umso grösserer Sicherheit
das bevorstehende letale Ende voraussagen. Ja, es machte oft den Eindruck, als ob die Patienten gerade der
Secundärinfection zum Opfer fielen, nachdem die Pestbacillen im Blute an Zahl abgenommen hatten oder
ganz \-erschwunden waren, oder überhaupt noch nicht in grösseren Mengen ins Blut gelangt waren.
Im Oesophagus fanden wir nur sehr selten spärliche Blutungen, Lind nur in einem Falle durch
P^phitelnekrosen erzeugte tlache Erosionen im Cardiaantheil, in denen wir histologisch reichlich Pestbacillen
nachweisen konnten.
Ein sehr charakteristisches Bild gibt die Magenschleimhaut bei der Pest. In derselben finden
sich in den meisten Fällen zahllose ganz dicht gestellte und gleichmässig zerstreute Blut-
aus t litte, die zumeist die Grösse eines Hanfkornes nicht übersteigen (vergi. Tafel Vlil, Fig. o). Nur selten
sind sie spärlicher, auf bestimmte Abschnitte des Magens beschränkt, und zwar dann, wenn im einzelnen
Falle die Hämorrhagien überhaupt weniger reichlich sind, was nach allen unseren Untersuchungen immer
dann die Regel ist, wenn nur wenige Bacillen in Milz und Blut nachweisbar sind. Wir fanden solche multiple
Magenblutungen, bald spärlicher, bald ungemein reichlich, 31mal unter unseren 44 acut verlaufenen
Fällen. Nicht selten ist der Befund \-on multiplen hämorrhagischen Erosionen, deren Ränder gelblich oder
missfärbig sind. In Schnittpräparaten sieht man die Blutungen streng auf das Parenchym der Schleimhaut
beschränkt, nie reichen sie in die Submucosa hinein, ja, sie sitzen sogar meist auf der Höhe der Falten.
Auch innerhalb dieser Blutungen lassen sich Pestbacillen nachweisen, aber auch hier findet man nie das
Lumen eines Capillarrohres von so reichlichen Bacillen angefüllt, wie es einem Embolus entsprechen würde.
Dagegen fanden wir in einem Falle (35/XXXViI) zahlreiche kleine, nekrotische Herde in der
Alagenschleimhaut, deren Centrum \on Schollen und Balken gebildet und deren Peripherie \'on reich-
lichem Kerndetritus eingesäumt wurde, ähnlich wie in den beschriebenen multiplen Milzherden. Jeduch
nie sahen wir irgend welche Veränderungen, die an eine primäre Mageninfection auch
nur denken Hessen. Auch an den zugehörigen Lymphdrüsen des Mesogastrium \-ermissten wir in allen
Fällen dieser Auffassung entsprechende Veränderungen. Auch im Dünndarm sieht man häutig solche Ecchy-
mosen, jedoch viel spärlicher als im Magen, bald nur aufs Duodenum beschränkt, bald zerstreut im ganzen
Dünndarm.
Katarrhalische Erscheinungen im Dünndarm fehlen fast immer, dagegen findet man, wenn auch nicht
gerade häufig, Röthung und Schwellung der Plaques oder mehr weniger reichliche Blutungen in denselben.
Nur in einem Falle (34/XXXV) sahen wir typische Pestveränderungen an den Peyer'schen
Plaques fast des ganzen Dünndarms. Dieselben waren vergrössert, stark prominent und von so eigen-
artiger gelber Farbe mit zarten blutrothen Sprenkeln wie es frischer Pestentzündung zukommt. Mikro-
skopisch sind die Plaques und die Zotten der sie überziehenden Schleimhaut \on ungemein reichlichen
Pestbacillenrasen intiltrirt und zeigen dieselben Nekrosen wie in anderen Bubonen. Auch die zugehörigen
Bcii/inpcs/. II. Pdlliologiscli-aiialninischcr Inriclil. 543
mesenterialen Lymplidrüsen sind enorm bacillenreich, die übrigen maki'o- und mii<ri)sk()pisclien X'erände-
rungen an denselben entsprechen jedncii denen eines seciindären Bubo.
Kin ähniiclies, wenn auch nicht so ausgeprägtes Bild boten die Plaques in einem zweiten I'"alle(l l/XXXI).
Nach allen unseren pjl'ahrungen, die wir uns sowohl anatomisch-histologisch und klinisch, wie auch
insbesondere durch das Thierexperiment erworben haben, müssen wir unbedingt an der Theorie des
primären Bubo festhalten und also behaupten, dass derselbe fast ausnahmslos in jener grösseren
L_ymphdrüsengruppe entsteht, zu welcher die Lymphgefässe der Einbruchspforte direct
führen. Daraus folgt, dass man nur unter der Bedingung \on einem bestimmten Organe (jder Organ-
abschnitte als Einbruchspforte sprechen kann, wenn man den zugehörigen, in typischei' Weise entwickelten
primären Bubo nachweisen kann.
Wenn wir diese Grundanschauungen auf den Magendarmtract anwenden, so müssen wir erklären, dass
wir in keinem einzigen Falle irgend welchen anatomischen Anhaltspunkt für die Annahme einer primären
Infection durch Pest von dem genannten Tractus aus fanden, sondern dass die in den genannten beiden
Fällen constatirten \'eränderungen der Plaques zweifellos als secundär-metastatisch entstanden aufzu-
fassen sind.
Jedoch bedarf ein Fall (40/XXXIlI) besonderer Erwähnung, der als ein singulärer aufzufassen ist. Es
handelte sich um eine nach dem anatomischen Befunde sichergestellte primäre Pestpneumonie, die erst am
sechsten Tage zimi Tode führte. Nur wenige L}'mphdrüsen (einige submaxillare, cervicale, tracheale und
bronchiale) zeigten secundäre \'eränderungen mit grossem Bacillenreichthum, imd umso auffallender
erschien der Befund \on drei allerdings nur kaum haselnussgrossen mesenterialen Lymphdrüsen, die
sozusagen im Kleinen ganz das charakteristische Aussehen eines primären Bubo zeigten mit Ödem,
Hämorrhagien imd erweiterten, von Pestbacillen erfüllten Lymphgefässen in ihrer Umgebung. Sie ent-
sprachen einem kleinen, im unteren Ileum sitzenden, frischen Geschwür mit nekrotischen Rändern.
Wie schon in der Epikrise dieses Falles hervorgehoben wiu-de, erscheint es nach dem ganzen ana-
tomischen Bilde und dem klinischen Verlaufe dieses Falles unzweifelhaft, dass es sich hier um eine
secundär, sicherlich nicht lange Zeit vor dem Tode erfolgte Autoinfection vom untersten Ileum aus handelt,
und zwar herbeigeführt durch Verschlucken des so bacillenreichen Sputums, wie dies Pestpneumoniker in
der Agone regelm.ässig thun. Dafür spricht der Sitz des Geschwüres unweit der Bauhin'schen Klappe und
die geringe Grösse des Bubo.
Ziehen wir hier zum Vergleiche die Resultate des Thierversuches heran, so ergeben dieselben, dass,
wenn man leicht empfänglichen Thieren (Ratten oder Meerschweinchen) sehr grosse Mengen von
Pestbacillen durch Verfütterung, oder hesser mittelst der Schlundsonde in den Magen bringt, die
Infection zumeist vom Dünndarm aus erfolgt, wenn es nicht (besonders bei X'erfütterung) zur Ausbildung
eines primären Halsbubo kommt. Für den Menschen gilt zw^eifellos dasselbe. Nur sehr grosse Mengen
von eingeführten Pestbacillen sind überhaupt im Stande, zur Magendarminf ection
Anlass zu geben. Geringe Mengen des Pesterregers werden sicherlich der Regel nach
unschädlich gemacht.
Dass die Infection unbestreitbar leichtei' imd häutiger vom Dünndarm wie vom .Magen aus erfolgen
wird, dafür spricht ebenfalls nicht niu' der Thierversuch, sondern auch der verhältnissmässig hohe Säure-
gehalt des Magensaftes, der, entsprechend den biologischen Eigenschaften des Pestbacillus, für dessen
Weiterentwicklung entschieden nicht günstig ist. Darin liegt auch, wie es scheint, der Grund, dass nur sehr
grosse Bacillenmengen bei der Infection vom Darme aus in Betracht kommen. Dass demnach die
Möglichkeit einer Darminfection für den Menschen nur eine geringe ist, erscheint
selbstverständlich.
Auch im Dickdarm finden sich sehr häufig dieselben dichtgedrängten und zahllosen Blutungen wie
in der Magenschleimhaut, und zwar fanden wir solche in einer grossen Anzahl von Fällen ganz gleichmässig
zerstreut, von der Bauhin'schen Klappe an bis zum Anus. Auch im Processus vermiformis fehlten sie nicht.
544 II. Alhrccltl und A. C.lioi,,
Kaum bcinerkcnswerthü Veränderungen fanden sich an den SulilarloUikeln, die immer nui' entspreclienJ
dem meist bestehenden Katarrh leichte .Seiiwellung zeigten.
Hingegen fanden wii' in einem l''alle ('l'ÄjW) in dem an adennidem (iewelie so reiclien Wui'mfnrt-
satze diphtheritische Geschwüre, deren Natrn' als echte Pestgeschwüre die liistologische Untci'suchiing in
zweifelloser Weise aufdeckte.
Was die liacteriologische ü ntersuclumg ^ler Fäces anbelangt, so haben wir dieselbe
an der Leiche in acht Fällen vorgenommen, in einer ziemlich reichlichen .Anzahl von Fällen anch am
Lebenden. In keinem einzigen l*"alle aber gelang es uns, in den Fäces den Pesterreger cultureU nach-
zuweisen. Trotzdem zweifeln wir nach unseren anatomisch-histologischen Untersuchungen nicht, dass der-
selbe in einer Anzahl der \ (in uns untersuchten Fälle wirklich vorhanden war. Der gelungene häufige
Nachweis in der Galle, die fast constant vorkommenden, oft sehr zahlreichen Blutungen des Darmes,
namentlich des Dickdarmes, und die oft ausgespr(.ichenen Veränderungen an dem adenoiden Gewebe
desselben sprechen unbedingt dafür, ferner der Umstand, dass es uns in einigen Phallen, unter Andei'em in
den Sectionsfällen 1/IX, 1^3/ VI und 1 1/XXXI gelungen war, in Deckglaspräparaten neben den anderen
Darmbacterien solche BaciUenformen nachzuweisen, die in I^'orm, Lagerung und Färbeverhalten sich
vollständig identisch mit PestbaciUen verhielten.
Den ftricten Beweis, dass diese gesehenen BaciUenformen thatsächlich PestbaciUen waren, hätte ims
allerdings nur die Cultur oder der Thier\-ersuch liefern können. Diesen haben wir für die Entscheidung
dieser Frage in Bombay selbst nicht herangezogen, weil wir uns von der subcutanen oder intraperitonealen
Einverleibung bei Thieren wegen der reichlichen Anwesenheit der anderen, vielfach auch für das Thier
pathogenen Darmbacterien nichts erwai'teten. Dass derselbe bei einem bestimmten xModus der
I n f e c t i 0 n , u n d z w a i' n a c h E i n r e i b e n a n s t ä r k e r r a s i r t e H a u t s t e 1 1 e n , auch bei d e n F ä c e s e i n
positives Resultat ergeben kann, haben uns erst die in Wien ausgeführten experimentellen .Studien
gezeigt, auf die wir im folgenden Theile des Berichtes zurückkommen werden.
Das Ahsslingen der Cultur hat zweifellos in erster Linie seinen Grund in der sichergestellten Entwick-
lungshemmung des Pestbacillus durch die anderen Darmbacterien, speciell des Bacterium coli, wobei n(.)ch
die relati\' geringe Menge der PestbaciUen gegenüber den übrigen Darmkeimen in Betracht gezogen werden
muss. Vielleicht wäre uns aber trotzdem in dem einen oder anderen Falle der culturelle Nachweis gelungen,
wenn die Isolirung der ausgesäeten Keime ausnahmslos eine vollkommen exacte gewesen wäre, was aller-
dings nicht immer der Fall war, obwohl wir für diese Untersuchungen fast auschliesslich die Petri'sche
Schale verwendeten. Ob schliesslich für das Misslingen der Cultur auch das oft den Patienten gegebene
Calomel eine Bedeutung hatte, können wir nicht entscheiden.
Wohl dieselben Factoren kommen auch bei der Untersuchung des Ahigeninhaltes in Betracht, wozu
sich dann noch der Einiluss des Magensaftes, respective seines Säuregehaltes gesellt, dem ein gewisser
schädigender Einfluss auf die PestbaciUen jedenfalls zugeschrieben werden muss, \veil wir sonst Auto-
infection durch \erschlucktes bacillenreiches Sputum, wofür wir einen beweisenden Fall unter unseren
Befunden haben, öfters hätten beobachten müssen. In den wenigen Fällen, in denen wir bei Vorhandensein
reichlicherer Blutungen im Magen den Inhalt desselben untersuchten, ergaben die Aussaaten ein negati\-es
Resultat, während die Deckg'.aspräparate analog den Fäces ebenfalls Bacillen nachweisen Hessen, die in
morphologischer und färberischer Hinsicht den PestbaciUen vtillständig glichen.
Es wird also jedenfalls auch der Magen- und Darminhalt für eine e\-entuelle Weiterverbreitung der
Pest in Frage kommen, und auch hier werden es namentlich die acut verlaufenden Fälle mit hämor-
rhagischem Charakter sein, die diesbezüglich vor Allem berücksichtigt werden müssen.
Ausnahmslos fanden wii' am Leherparenchym alle Zeichen trüber Schwellung oder fettiger Degene-
ration in deutlicher Weise ausgesprochen, wenn wir auch nie so hohe Grade, wie sie bei septischen, durch
die gewöhnlichen Eitererreger erzeugten Processen vorkommen, fanden. Häutig sind subpei^itoneale kleine
Ecchj'mosen, die nach dem histologischen Befunde immer in die Glisson'sche Kapsel hineinreichen und oft
Bi'ulcu/Hs/. Ff I\if!ii>I(\i;'/scli-cvia/oiiiisclicr Bcriclil. 545
in zahlloser Menge die ganze Lehcrdbernächc bedecken. Mi ki'oskopisch konnten wir auch in
diesen regelm;issig grössere oder geringei'c Mengen \-on Pestbacillen nachweisen.
Es kommt aber auclT bei der Pest in der Leber zu metastatischen Herden eigenthümlicher Form, die wir
selbst in zwei Fällen sahen; einen dritten überliess uns Professor Childe in Bombay freundlichst zur histo-
logischen Untersuchung. Dieselben sind multipel im ganzen Lebergewebe zerstreut, von unregelmässiger Form
und meist klein, indem die grössten 1 — 'Iciii im längsten Durchmesser betragen. Sie bestehen aus einem käse-
ähnlichen, ziemlich ti'ockenen und licht gelblich gefäi'bten, wie nekrotisch aussehenden Centrum, das \-on
einem unregelmässigen hämorrhagischen Bande umgeben ist. Grössere wiUben sich etwas über die Leber-
oberfläche \-or.
Histologisch bestehen diese Herde zunächst aus enormen Mengen \-on Pestbacillen, zwischen denen
sich spärliche meist polynucleäre Leukocyten, rothe Blutkiirperchen neben kernlosen nekrotischen Leber-
zellen und Kerndetritus finden. Die Peripherie wird \-on zahlreichen polynucleären Leukoc\'ten mit reich-
lichem Körnchenzerfall der Kerne und Hämorrhagien gebildet, im Bereiche welcher auch die eigenthümlichen
Gerinnungsbilder entstehen.
Soviel wir an den untersuchten histologischen Präparaten nachweisen konnten, scheinen sie in kleinei'en
Arterien der Glisson'schen Kapsel zu entstehen. Während also makroskopisch diese Leberherde mehr das
Aussehen von frischen Nekrosen haben, tritt histologisch neben der Nekrose die massenhafte Bacillen-
infiltration und das Bild der Eiterung zu Tage.
Ausserdem sieht man im histologischen Bilde, abgesehen \-on den gewr)hnlichen Zeichen parenchyma-
töser und fettiger Degeneration der Leberzellen, manchmal zellige Infiltrate um die kleinen .Äste der Leber-
arterien in der Glisson'schen Kapsel ohne weitere \'eränderungen derselben, welche Infiltrate wir daher als
durch die Pest erzeugt anzusehen geneigt sind.
In vielen Fällen sind in den Capillaren der Leber histologisch reichlich Pestbacillen nachweisbar, die
wir hier auch intracellulär, innerhalb von Blutcapillarendothelien oder Leukocyten liegend, fanden.
Das Vorkommen von solchen metastatischen Herden in der Leber — wie auch der oben beschriebenen
metastatischen Lungenherde — reiht manche F^irmen der Pest in die Gruppe der pyämischen
Erki-an klingen. Ganz ähnliche kommen auch, wie wir später sehen werden, nicht selten in der Niere
vor, und wir haben daher alle charakteristischen Zeichen einer wahren Pyämie \(ir uns, wenn wir unter
einer solchen einen infectiösen Process verstehen, bei dem es zur Bildung echter anatomisch nachweis-
barer Metastasen kommt.
Die Gallenblase ist besonders häufig der Sitz kleiner multipler Blutungen, die aber sehr häufig zu
grösseren confluiren, so dass dieselbe dunkelblutroth marmorirt aussieht, und die Bezeichnung Hämatom dei'
Gallenblase gerechtfertigt erscheint. Die Blutungen sind so reichlich, dass die Gallenblasenwand centimeter-
dick wird. In keinem Falle sahen wir Durchbruch der Blutmassen, weder durchs Peritoneum, noch nach innen
durch die Schleimhaut. .Auch in diesen Blutungen konnten wir immer zahlreiche Pestbacillen nachweisen.
Das Pankreas zeigte in keinem Falle ausser zerstreuten kleineren Blutungen bemerkenswerthe \'er-
änderungen.
Culturell haben wir die Galle in 2ü Fällen aus der Leiche untersucht und 9mal in derselben bald
spärlicher, bald reichlicher Pestbacillen gefunden, in den übrigen 17 Fällen blieben die Aussaaten zumeist
steril, seltener waren sie \'on BacteiMum coli-Colonien überwuchert. Jedenfalls erscheint durch diese Befunde
die Annahme gerechtfertigt, dass sich gar nicht selten Pestbacillen im Darminhalte vorfinden müssen, wenn
sie auch culturell nicht nachweisbar sind.
Es erübrigt noch, die Veränderungen des Peritoneum zu besprechen. Auch hier kommen zunächst
Blutungen in Betracht, die sich aber spärlicher finden wie an dei- Pleura. Noch am häufigsten sieht man sie
über retroperitonealen Bubonen oder am Peritonealüberzug des Zwerchfells, auch am Ligamentum Suspen-
sorium hepatis. Allgemeine durch den Pestbacillus erzeugte Peritonitis haben wir nie gesehen, wohl aber
eine umschriebene fibrinöise über der stark geschwollenen, in den i^ei'itonealraum vorgewölbten Kosen-
müUer'schen Lj-mphdrüse am Innern Schenkelringe, besonders beim Bestände eines primären inguinalen Bubo.
54ß H. A Ib rech I und A. G h o n .
10. Harn- und Geschlechtsorgane.
Wie bei S(> vielen [nfecti(inski-ani<heiteii, so zeigt auch bei der l\'st die Niei^e makni- und mikroskupisch
die Zeichen der parenchymatiisen und fettigen Degeneration am ausgesprochensten. Am stärksten an i.lei--
selben betheiiigt ist die Kinde und hier namentlich die Epithelien der gewundenen Harncanälchen 1 , inid
2. Ordnimg.
Histologisch sieht man an ihnen nicht nur die Veränderungen trüber .Schwellung oder einfacher fettiger
Degeneration, sondern dieselben sind häutig auch kcrnlns, nekrotisch.
Ungemein häufig sind multiple Kindenblutiingen \dn der Grösse und I'orm der t3'pischen Glome-
i-ulusblutungen. An \-ielen Pestnieren findet sich eine sehi" auffallende ülomerulusverände-
rung. Die einzelnen Capiliarschlingen derselben sind nämlich in mit Eosin gut gefärbte Stränge umge-
wandelt, die sich noch \-oneinander scharf differenziren und aus balkig oder fädig aussehenden Gerinseln
bestehen. Indem sich so diese stark gefärbten, in ihrer Form vollständig erhaltenen Glomeruli von der
übrigen schwach gefärbten Rinde abheben, kommt ein sehr charakteristisches Bild zu .Stande. Zwischen
einem solchen Glomerulus und seiner Kapsel findet sich nie irgend welche Exsudation. Auch die zu
den Glomeruli führenden \'asa afferentia zeigen oft dieselben Gerinnimgsbilder, die sich nicht nur im
Linnen des Gefässes allein finden, sondern auch die Gefässwand betreffen (\-ei'gi. Tafel XI, Mg. 1). Im
Übrigen zeigen diese Bilder vollständige Übereinstimmung mit jenen, die wii' in den multiplen Milzherden
cider in den echten Pestpneumonien beobachteten.
Auch hier handelt es sich um Coagulationen im Blute, im Gewebssafte und der (iefässwandelemente
selbst, die nach der Weigert'schen Fibrinfärbungsmethode nicht färbbar sind und nach \'an Gieson gefärbt
einen leuchtend gelben P'arbenton annehmen.
Solche Glomerulusveränderungen finden sich nur in solchen Fällen, bei denen sehr zahlreiche Pest-
hacillen im Blute kreisen. Sie liegen dann dichtgedrängt in den Capillaren und kleinen Gefässchen der
Nierenrinde, und man kann sie auch reichlich zwischen dem Balken- und P'ädenwerk im Lumen derselben
nachweisen.
Wie bei so vielen bacteritischen Erkrankungen, häufen sich auch bei der Pest gerade in der Nieren-
rinde und hier \-orzüglich im Wundernetze der Glomeruli zahlreiche Pestbacillen an, die dann ihre zerstö-
renden Wirkungen geltend machen. Und so findet man auch häufig metastatische Pestherde in der
Niere, die ihrem embolischen Charakter entsprechend immer in der Rinde sitzen. Sie wölben sich über
die Oberfläche \-or, sind manchmal sehr zahlreich, nie über erbsengross imd besitzen dieselbe gelbliche
eitrig-nekrotische Beschaffenheit wie die Leberherde (vergl. Tafel VI, Fig. 3).
Desgleichen zeichnen auch sie sich histologisch durch ihren ganz enormen Bacillenreichthum und den
Wall \'on polynucleären Leukocyten an ihrer Peripherie aus (vergl. Tafel XIII, Fig. 1). Wir konnten in
f) Fällen derartige multiple Herde nachweisen.
Eine zweite Form von Nierenblutungen (im Gegensatze zu den multiplen kleinen Hämurrhagien der
Rinde) findet sich im Gevv^ebe des Nierenhilus und -Beckens. Entweder sitzen sie im Binde- und ?"ett-
gewebe, das sich zwischen den Kelchen, Papillen und Pj'ramiden eindrängt oder auch in der eigentlichen
.Schleimhaut des Nierenbeckens. So kommt es, dass sich in manchen besonders hämorrhagischen Fällen das
Mark der Niere durch ein schwarzrothes, geschlängeltes Band \'on der wei.ssen Beckenschleimhaut scharf ab-
hebt oder es ziehen sich streifenföirmige Blutungen auch noch in die Pyramiden hinein oder endlich
es finden sich auch noch multiple, lebhaft rothe, kleinere oder grössere Blutungen in der Beckenschleimhaut.
Dieselben können aber auch so reichlich sein, dass letztere ganz hämorrhagisch infiltrirt ist und dass sie
gegen das Becken zu durchbrechen, das Epithel der .Schleimhaut in Form eines zarten, die schwarzrothen
Blutmassen überziehenden Häutchens abhebend (vergl. Tafel VIII, Fig. 2). In solchen Fällen findet man das
Becken und den Ureter erweitert und wie tampcmirt \-on frisch geronnenem Blute. .Aber auch in der F'ett-
imd Bindegi'webskapsel der Niere gehin'cn Hämorrhagien nicht zu den .Seltenheiten. .Sie können so aus-
Betilenpesl. H. Pütliologisch-auatomischer Bericht. 547
gedehnt sein, dass die Niere ganz eingehüllt ist \-on blutig infiltrirtem (jewehe, welche hämorrhagische Infil-
tration sich längs der Ureteren bis auf die Harnblase fortsetzt.
Sehr bemerkenswerth sind die embolischen Blutungen in der fibrösen Kapsel der Niere. Sie
stellen multiple, oft dichtgedrängte, seltener confluirende Blutflecken vor, die häufig ein gelbes, fast nur aus
Pestbacillen bestehendes Centrum besitzen (vergl. Tafel VIII, Fig. 1). Sie greifen der Regel nach nicht auf
die Rinde über und lassen sich daher ohneweiters zugleich mit der fibrösen Kapsel abziehen. Gerade an den
verschiedenen kleinen Blutungen der Niere kann man histologisch deren embolische Natur in ganz über-
zeugender Weise constatiren.
Sowohl im Ureter wie in der Harnblasenschleimhaut finden sich ebenfalls häufig multiple Ecchymosen.
Was den Harn in der Leiche betrifft^ so ist derselbe gewöhnlich sehr sedimentreich, häufig blutig,
manchmal fanden wAv die Harnblase von frisch geronnenen Blutmassen erfüllt.
Aus allem Vorstehenden geht hervor, dass im Harne jedesfalls häufig Pestbacillen zur
Ausscheidung kommen müssen. Unter 17 untersuchten Fällen des Leichenmaterials konnten wir 5 mal
Pestbacillen in wechselnder Menge culturell im Harn nachweisen, wobei bemerkt sei, dass diese Fälle keines-
wegs mit Rücksicht auf besondere Veränderungen in der Niere zur Untersuchung ausgesucht wurden. Dass
auch hier wieder der Verlauf der Infection berücksichtigt werden muss, ist nach Allem, was wir über die Pest-
erkrankung gesagt haben, wohl klar und einleuchtend. Für die Desinfection des Harnes muss demnach bei
den an Pest Erkrankten ebenfalls in entsprechender Weise Sorge getragen werden. Bei der ziemlich grossen
Anzahl von Harnuntersuchungen, die wir an Lebenden ausführten, gelang es uns nie, den Pestbacillus
durch die Cultur nachzuweisen. Dieses negative Ergebniss findet zum Theile darin seine Erklärung, dass
es \-ielfach leichte Fälle waren, bei denen die Untersuchung ausgeführt wurde, zum Theile darin, dass die
uns zur Untersuchung übergebenen Harnproben immer ohne besondere Cautelen, ohne jede Reinigung des
Genitale aufgefangen waren. Die damit beschickten Nährböden zeigten daher fast immer reichlich andere
Keime, die für das Wachsthum der Pest-Erreger sicherlich von gleicher Bedeutung waren, wie die Darm-
bacterien.
Was schliesslich die Nebennieren anlangt, so sahen wir an denselben ausser massiger Hyperämie
keine Veränderungen.
Am männlichen Genitale fanden wir ausser dem bereits erwähnten Ödem des Scrotum nie irgend-
welche Veränderungen.
Was das weibliche Genitale betrifft, so konnten wir einmal (13/XXXVl) im Blute und in der
Schleimhaut eines menstruirenden Uterus sehr zahlreiche Pestbacillen culturell und
histologisch nachweisen, in einem anderen Falle in den Coagulis eines Uterus post partum (43/XLVII)
Der Bedeutung dieser Befunde für eine eventuelle Übertragung der Infection wurde an anderer Stelle
bereits Erwähnung gethan.
11. Centralnervensystem^und seine Hüllen.
Trotz der schweren klinischen Symptome von Seiten des Centralnervensystems bei der Pest sind die
anatomischen Veränderungen des Gehirns im Allgemeinen nur geringfügiger Natur und zeigen hier eben-
sowenig in ihrem Verhalten eine Constanz, wie bei anderen acuten Infectionskrankheiten. So ist der Biut-
reichthum der Rinde und des Marklagers ein höchst wechselnder, und ebenso ist auch das bei der Pest
nicht fehlende acute Gehirnödem in recht verschiedener Stärke ausgebildet. Doch sahen wir in einzelnen
Phallen hohe Grade desselben.
Ebenso verhält es sich mit der Blutfülle und der serösen Durchtränkung der inneren Meningen. Beide
waren aber nie in einem so hohen Grade oder in solcher Form entwickelt, dass man etwa von einer
»serösen« Meningitis reden konnte. Wollte man dies thun, so müsste man emfach bei jedem acut infectiösen
Allgemeinprocesse die Meningen als »serös entzündet« bezeichnen. Dass dies nicht angeht, kann jeder
Anatom bezeugen.
71
Denkschriften der mathem.-nalurw. Cl. L.W I Bd.
548 H. Albrccht mid A. Ginn,
Damit stimmt auch überein, dass weder die Plexus der Ventril<el nacli unseren Erfahrungen acut ent-
zündliche Veränderungen zeigen, noch die X^entrikelflüssigkeit erheblich vermehrt oder gar getrübt ist.
Blutungen der Gehirnsubstanz haben wir auffallender Weise in keinem Falle zu beobachten Gelegenheit
gehabt, an den inneren Meningen sahen wir solche überhaupt nur in einem Falle, und zwar am Ober-
wurme des Kleinhirns; an der Innenfläche der Dura matcr sind sie aber ziemlich häufig,
ja in einem Falle sahen wir ein beiderseitiges Hämatom derselben, das die Grosshirn-
hemisphären comprimirte. hn Übrigen ergaben sich am Gehirn und seinen Häuten keine bemerkenswerthen
Befunde.
Ganz Singular in der Reihe unserer Beobachtungen steht aber ein Fall (IS/XXXIV), bei dem wir eine
diffuse, namentlich an der Basis in der Umgebung des Chiasma und der Sehner\en und am Ivleinhirn aus-
gebildete eitrige Meningitis fanden. Dieser Fall erscheint schon deswegen interessant, weil er erst am
XV. Krankheitstage, ohne dass die Allgemeinerscheinungen nachgelassen hätten, letal endigte. Aus der
Epikrise dieses Falles sei recapitulirt, dass ursprünglich ein typisch ausgebildeter rechtsseitiger Axillarbubo
N'orhanden war, der ebenso wie eine linksseitige submaxiUare Lj'mphdrüse in Vereiterung überging. Es
fanden sich ferner multiple, nicht mehr ganz frische, nach ihrer Form zweifellos embolisch-metastatische
Lungenabscesse, und die eitrige Meningitis ist als von diesen aus metastatisch entstanden aufzufassen, ein
Vorgang, den wir ja so häufig bei anderen eitrigen Processen in der Lunge zu sehen Gelegenheit haben.
Dieselbe ist ferner, wie die bacteriologischen und histologischen Untersuchungen vollkommen einwandsfrei
beweisen, eine echte Pestmeningitis, das heisst einzig und allein als durch den Pestbacillus erzeugt anzu-
sehen, indem selbstverständlich die wenigen Colonien von Bacterium coli ätiologisch gar nicht in Betracht
kommen. Jedoch erscheint der Fall dadurch complicirt, dass sich in den Lungenabscessen ein reichliches
Bacteriengemenge \-orfindet, ohne dass sich sonst irgend welche Befunde ergeben, die für eine Pyämie,
erzeugt durch andere Bacterien als Pestbacillen, sprechen würden. So bleiben z. B. die Aussaaten aus der
Milz \'ollkommen steril. Schon in der Epikrise dieses Falles wurde auseinandergesetzt, dass das genannte
Bacteriengemenge zweifellos aus den Luftwegen stammt und secundär in LU'spi-üngliche Pestmetastasen
der Lunge eingewandert ist.
Auf Grund dieses F'alles also können wir behaupten, dass der Pestbacillus im Stande ist, eine rein
eitrige Entzündung der Leptomeninx zu erzeugen. Gewiss kann es unter seinem Einflüsse auch unter
besonderen Bedingimgen zur eitrigen Entzündung anderer serösen Häute kommen. Nach unseren Erfah-
rungen gehören sie aber entschieden zu den .Seltenheiten. Nichtsdestoweniger ist abej- durch ihr Vorkommen
die Eigenschaft des Pestbacillus, Eiterung zu erregen, bewiesen, was ja auch unsere übrigen histo-
logischen Untersuchungen vielfach gezeigt haben.
Zum Schlüsse wollen wir ausdrücklich auf jenen zusammenfassenden Bericht über unsere Thätigkeit
in Bombay hinweisen, den wir als vorläufige ^^ttheiIung in der Sitzung der mathematisch-naturwissen-
schaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien vom 20. NLai 1897 erstattet haben.
Wir haben von den damals in kurzer Form aufgestellten Sätzen, die sich \-orzugsweise auf unsere
anatomischen und bacteriologischen Erfahrungen bei der Pest gründeten, nichts zurückzimehmen, vielmehr
fügten wir eine grosse Reihe \^on neuen Thatsachen imd neuen Beobachtimgen nach Vei-arbeitung unseres
so grossen, gesammelten Materiales hinzu.
Wir fassen die Pest, abgesehen von den Fällen, in denen die Infection eine rein locale bleibt, als eine
Allgemeininfection mit dem Bilde einer schweren, hämorrhagischen Septicämie auf, indem wir unter dieser
eine Krankheit verstehen, bei der von einem primären localen Herde aus mehr oder weniger reichlich
Bacterien in den Blutkreislauf gelangen, sich daselbst vermehren und durch ihre Giftstoffe in den verschie-
denen Organen Blutungen erzeugen. In diesem Sinne hat die Pest die grösste Ähnlichkeit mit dem Milz-
brande. — Dieselbe ist aber ferner noch dadin-ch charakterisirt, dass sie die einzige acut infectiöse und durch
einen specifischen Erreger erzeugte, echte Polyadenitis vorstellt, die sich beim Menschen findet. Sie ist in
Beulciipcst. II. Pa/hologiscii-üiia/otiiisclwr Bericht. 549
den am häufigsten vorkommenden typischen Fällen durch multiple Schwellungen aller oder einer grossen
Zahl \-on Lymphdrüsen ausgezeichnet.
Wir haben nun eine Eintheilung dieser multiplen Bubonen gegeben, bei der der Infectionsmodus mass-
gebend ist. Auf Grund unserer anatomischen, histologischen und bacteriologischen Befunde, die ein diffe-
rentes, vielfach wohlcharakterisirtes N'erhalten der einzelnen Bubonen aufweisen, unterscheiden wir primäre
Bubonen, primäre Bubonen zweiter Ordnung und secundäre Bubonen. —
Der primäre Bubo xat' sfeoy/jV ist jene Ljnnphdrüse oder Lymphdrüsengruppe, in deren zugehörigem
Haut- oder Schleimhautbezirke die hifection erfolgt ist, wo also die Pestbacillen am längsten Zeit gehabt
haben, zerstörend auf das Lymphdrüsengewebe einzuwirken. An diesem Begriffe des sowohl makro- wie
mikroskopisch wohl charakterisirten ;• primären Bubo« ist festzuhalten, um die richtige Auffassung der in
ihrem anatomischen und klinischen Bilde oft recht complicirten Krankheit zu gewinnen. Unter primären
Bubonen zweiter Ordnung verstehen \v\v dann solche, welche direct vom primären Bubo aus auf dem
L}-mphwege inficirt wurden, während secundäre Bubonen jene sind, welchen metastatisch auf dem Blutwege
die Pestbacillen zugeführt wurden. —
Aus alldem erhellt, dass es \'or Allem das adenoide Gewebe des menschlichen Körpers ist, das sozu-
sagen den besten Nährboden für die Erreger der Pest vorstellt.
Die schweren Giftstoffe, die insbesondere an den Leib der Pestbacillen gebunden sind, üben eine schwer
degenerative und necrosirende Wirkung auf die Wände besonders der kleinen Gefässe verschiedener
Organe aus. So kommt es zu jenen, oft zahllosen Hämorrhagien. die vielfach das Bild der Pest beherrschen
und im Bereiche welcher sich immer und immer Pestbacillen nachweisen lassen. Diese Hämorrhagien fehlen
nur ganz ausnahmsweise. Fast ausnahmslos finden sich in der Wand der grossen Venenstämme im Bereiche
eines primären Bubo die für die Pest so typischen Blutungen.
Viel seltener sind Pestmetastasen in der Lunge, Leber, Niere und Haut in Form von umschriebenen
Herden, welche dann die Pest den echten Pyämien anreihen. Sowohl in diesen wie in den verschiedenen
Bubonen tritt überall die stark necrosirende und exsudative Entzündung, welche die geradezu ungeheuren
Massen von Pestbacillen, beziehungsweise ihre Giftstoffe erzeugen, zu Tage. Die ganz eigenthümliche Form
der Coagulationsnecrose, die sich bei der Pest histologisch im Bereiche der Blutcapillaren und -Gefässe
findet, sei besonders hervorgehoben. Sowohl makroskopisch wie mikroskopisch sind die Bilder der acuten
Pestinfection sehr charakteristisch, sie finden sich. Alles zusammengenommen, bei keiner anderen
Erkrankung wieder. Bei den die überwiegende Mehrheit bildenden typischen Pestfällen gestattet der so
eigenartige Leichenbefund allein, ohne Zuhilfenahme irgend welcher besonderer Untersuchungen, die
sichere Diagnose auf Pest zu stellen. (Bezüglich der Möglichkeit der bacteriologischen Diagnose der Pest
am Lebenden sei auf das Kapitel »Blut« vorstehender Zusammenfassung verwiesen.) —
Tritt der Tod nicht in den ersten Tagen der Erkrankung ein, sondern dauert dieselbe vier oder mehr
Tage, so kommt es ausser zur Necrosirung zur Vereiterung der Bubonen, besonders der primären. Der Pest-
bacillus ist im Stande, echte Eiterung zu erregen. —
In den weitaus häufigsten P'ällen findet sich ein typischer primärer Bubo (meist in der Hals-, Axillar-
oder Leistengegend) ausgebildet, viel seltener fehlt derselbe. Dann findet man allgemeine Drüsenschwel-
lungen, ohne dass man eine bestimmte Lymphdrüse oder Lymphdrüsengruppe als primären Bubo
bezeichnen könnte. Es handelt sich hier wohl um Fälle, die so rasch zur AUgemeininfection geführt haben,
dass der primäre Bubo nicht Zeit zu seiner Entwicklung gefunden oder aber es handelt sich um primäre
Pestpneumonien, bei denen in der Regel nur die bronchialen Lymphdrüsen in Mitleidenschaft gezogen sind.
Eine besonders interessante Erscheinung ist der von uns in zwei Fällen beobachtete Pestmarasmus, der
nach mehreren Wochen zum Tode führte, ohne dass wir anatomisch eine andere Todesursache auffinden
konnten als hochgradige, marastische Atrophie der Organe, Fälle, die für die schwere und lang anhaltende
Gifiwirkung des Pestvirus zeugen.
Eine grosse Bedeutung haben bei der Pest die Secundärinfectionen, die wir in einer sehr beträchtlichen
An/.ahl der zur Obduction gekommenen Fälle constatiren konnten. Sie nehmen ihren Ausgangspunkt fast
550 H. Albrech I und A. Glioii,
ausnahmslos von iIlmt Tonsillen oder Halgfollikeln des ZLingengriindes, die vorher bereits von Pest inficirt
waren und führen um s<i sieherei', aueh wenn der Organismus der Pestinfeetion Herr würde, das letale Ende
herbei. —
Zweifellos erfolgt nach unseren Erfahrungen und Untersuchungen in der überwiegenden Mehrzahl der
i'älle die hifection durch den Pesterreger \-on der Haut aus. Was den Infectionsmodus betrifft, so müssen
wir, nach Allem, was wir am Secirtische und im Experimente gesehen haben, eine primäre Blutinfection
leugnen ; immer wird das Pestvirus zunächt \on Lymphgefässen oder -Drüsen aufgenommen und gelangt
erst von hier aus, nachdem der Process einige Zeit local geblieben ist und die Pestbacillen sich enorm ver-
mehrt haben, in den Blutkreislauf. Es erscheint uns im höchsten Grade wahrscheinlich, dass nicht nur Ver-
letzungen der Haut im Allgemeinen, sei es gröbere, sei es ganz feine, genügen, um dem Virus den Eingang
zu verschaffen, .sondern dass auch ein intensives Einreiben einer Hautstelle mit Fingern oder Kleidern etc.,
denen Pestbacillen anhaften, hinreicht, um Infection zu erzeugen. Auch von den Schleimhäuten der Mund-,
Nasen- und Rachenhöhle, von den Tonsillen und Balgfollikeln derselben, auch von der Conjuncti\-a aus kann
es zur Infection durch Pest kommen. —
In keinem einzigen Falle sahen wir irgendwelche Veränderungen, die auf eine primäre Magen- oder
iJarminfection schliessen Hessen; dieselbe wäre nur dann denkbar, wenn sehr grosse Mengen von Pest-
bacillen in den Magen-Darmtract aufgenommen würden, was in der Wirklichkeit so gut wie nie \-orkommt.
Eine andere P'orm der Infection ist die vom Respirationsti'act aus, indem es zu primäi'er Pestbronchitis
imd Pestpneumonie kommt.
Gestützt auf unsere zahlreichen anatomischen und bacteriologischen Untersuchungen müssen wii- die
Pestkranken und Pestcadaver als im höchsten Grade infectiös betrachten. In schweren Fällen sind zweifellos
alle Secrete und Excrete der von Pest Befallenen Träger des Keims; Pestbacillen finden sich zweifellos
häufig im Harne und in den Faeces, wenn sie auch in letzteren mit den gewöhnlichen culturellen Methoden
nicht nachweisbar sind, besonders aber im Sputum, u. zw. nicht nur der Fälle, die pneumonische Lungen-
veränderungen aufweisen, .sondern auch jener zahlreichen Fälle, die diphtheritischen Zerfall der Tonsillen
oder Balgfollikeln zeigen. Da wir im Blute der acut verlaufenden Fälle schon in vi\'o meist mehr oder
weniger reichliche Pestbacillen nachweisen und histologisch in den Blutungen immer Pestbacillen auffinden
konnten, muss im Allgemeinen auch das Blut schwerer Pestfälle als infectiös zu betrachten sein, gleichgiltig,
in welcher Weise es an die Aussenwelt tritt.
Abgesehen von der Serumtherapie, über welche wir in Bombay keine Erfahrungen sammeln konnten
und welche nach allem bisher Bekannten mehr theoretisches als praktisches Interesse verdient, halten wir
auf Grund unserer anatomischen und bacteriologischen Untersuchungen eine mit modernen Mitteln und
Cautelen ausgestattete chirurgische Therapie wenigstens für eine Reihe \on Fällen für die aussichtsvollste,
wenn dieselbe nicht in einem zu späten Zeitpunkte eingeschlagen wird. Vielleicht würde sich dieselbe im
Vereine mit der curativen oder prophylaktischen Wirkung von Injectionen eines Pestserum oder abgetödteter
Pestculturen zu einer wirklich lebensrettenden Heilmethode verbinden lassen.
Überblickt man den Theil der modernen Pestliteratur, der seit der Entdeckung des Pestbacillus publicirt
wurde, so fällt auf, dass seitdem gerade die pathologisch-anatomische Seite dieser Erkrankung nur wenig
gefördert wurde. Jene Abhandlungen, die sich mit pathologischer Anatomie der Pest einschliesslich deren
Nebenzweigen, der anatomischen Bacteriologie und der Histologie, beschäftigen, stammen aus der Epidemie
von Hongkong im Jahre 1894 und aus der von Formosa im Jahre 1896. Fast alle sind nach der Abreise der
Commission, die am 3. Februar 1897 erfolgte, erschienen. Nur eine, die bedeutendste, lag uns damals bereits
vor, die »Mittheilungen aus der Pestepidemie im Jahre 1894 in Hongkong, \'on Dr. T. Aoyama, Professor
der inneren Medicin an der Universität zu Tokio«. (Aus den Mittheilungen der medicinischen Facultät der
kaiserlich japanischen Universität zu Tokio, Bd. III, Nr. 2, 1895.) Wie bekannt, erkrankte derselbe nach
14tägigem, sehr fleissigen Studium selbst an Pest, und musste seine Arbeiten aufgeben. Daraus wird es
Beiileupesl. II. Palliologisch-atiatoniischcr Bericht . 551
erklärlich, dtiss sein Material kein besonders grosses war. Seine Erfahrungen beziehen sich auf 18 Pestfälle,
die er selbst obducirt hatte.
Es soll darauf nicht näher eingegangen werden, dass daher seine Angaben uns in vielen Punkten
lückenhaft erscheinen oder nach unseren Erfahrungen direct unrichtig sind, umsomehr, als er sich nach dem
damaligen Stande der Wissenschaft über die Morphologie des Pestbacillus und seine mikroskopische
Diagnose wohl nicht \-ollkommen im Klaren war. So unterscheidet er histologisch zwischen einem echten
Lj'mphdrüsen-Pestbacillus (nach Kitasato), einem runden ''Mikrococcus«, den er sehr häufig antrifft, und
Streptococcen.
Ein kurzer Überblick über unsere Befunde genügt, um zu sehen, dass Aoj-ama in diesem »Mikro-
coccus^' die gewöhnliche Degenerationsform der Pestbacillen vor sich hatte. Ebenso sind seine Ansichten
über die eitererregende F'ähigkeit des Pestbacillus unrichtig, indem er die echte Eiterung auf Rechnung
anderer Mikroorganismen setzt. Ebensowenig kann es nach unseren Erfahrungen noch Giltigkeit haben
wenn er nur die Infectionsmöglichkeit von kleinen Wunden der Haut aus zulässt und die Eingangspforte
vom Respirationstracte und der Mundrachenhöhle aus theils leugnet, theils überhaupt nicht in Erwägung
zieht. Im Übrigen aber gebührt Aoyama das Verdienst, als Erster \-ersucht zu haben, in die zum Theile
sehr complicirten anatomischen Verhältnisse bei der Pest Licht zu bringen.
Aus der Pestepidemie in Hongkong im Jahre 1896 stammt eine zweite Abhandlung über die Pest, die
erst nach unserer Abreise veröffentlicht wurde. Sie stammt von dem deutschen Marinestabsarzt Dr. Wilm
(Hj'-gienische Rundschau 1897, VII., Heft 5 und 6: >Über die Pestepidemie in Hongkong im Jahre 1896«.)
Derselbe untersuchte allein in ungefähr 165 Tagen die enorme Anzahl von 867 Pestleichen (!!) und kommt,
ohne genauere Angabe \-on Sectionsprotokollen, ohne jede histologische Untersuchung, ohne irgendwelchen
ziffermässigen Ausweis über die Häufigkeit des Sitzes der Bubonen an den verschiedenen Körperstellen, zu
dem sehr auffallenden Schlüsse, dass »der Pestbacillus am häufigsten vom Darmtractus aus in den Ktirper
einzudringen scheine«.
Wir wollen hier gar nicht näher auf die auffallende Dürftigkeit seiner anatomischen Befunde und auf
die mangelnde Stichhältigkeit der daraus mit voller Bestimmtheit gezogenen Schlüsse eingehen, sondern
nur noch darauf hinweisen, dass es ihm unter anderem bei 38 unter 45 Pestkranken gelungen ist, den Pest-
bacillus culturell in den Fäces, und bei 18 unter 20 Pestfällen denselben aus den erbrochenen Massen nach-
zuweisen. Sämmtlichen Untersuchern, die gewiss mindestens mit derselben Sachkenntniss und Genauigkeit
und mit mindestens ebenso exacten Methoden arbeiteten, ist ein solcher Erfolg bisher nicht gelungen; nur
Dr. Bitter aus Kairo will zweimal Pestbacillen aus den Fäces der Leiche nachgewiesen haben.
Aus der Epidemie auf Formosa berichtet der Japanese Yamagiva über die Beulenpest. Seinen haupt-
sächlich klinischen Darstellungen sind 3 Sectionsbefunde und eine Reihe von Untersuchungen operativ
entfernter Bubonen angefügt. Er hebt gleich uns die häufige Bläschenform der Pestbacillen hervor, \-erfällt
aber in einen ähnlichen Fehler wie Aoyama, der sich die »Mikrococcen«, welche zweifellos dasselbe wie
die Bläschenform darstellen, nicht zu erklären wusste, indem er diese Form des Pestbacillus nicht als
Degenerationsform erkannte. Er beschreibt weiters in einem Falle metastatische Herde in Milz, Lunge und
Leber, von welchen die beiden ersten sicherlich keine typischen reinen Pestherde waren, da ihre ana-
tomische Form mit unseren Beobachtungen nicht übereinstimmt, und da es sich nach den eigenen Angaben
Yamagiva's um Mischinfection handelte.
Im Übrigen nimmt er ausschliesslich die Infection von der Haut oder den derselben benach-
barten Schleimhäuten nach sichtbaren oder unsichtbaren Substanzvedusten an und tritt energisch für
chirurgische Behandlung ein.
Als erster Bericht über die Bombayer Epidemie erschien im Sommer 1897 der »Report of the Commis-
sion sent by the Egyptian Governement to Bombay to study Plague« von Dr. Ibrahim Pascha und
Dr. H. Bitter. Dieser Bericht enthält in Nichts wesentlich Neues.
-ausser voriäufigen Berichten der deutschen und russischen Commission liegen sonst über die
Epidemie in Bombay noch keine wissenschaftlichen Studien vor. Nur Herr Dr. G. Sticker, ein
552 H. Alhrccht und A. Glioa,
Mitglied genannter Coinmission, hat in jüngster Zeit, mehr in pi-i\atei' Weise inid aphoristischer, feiiiileton-
artiger Form, seine Ansichten über die Pest, zum 'l^heile auf anatomischer Basis, ausgesprochen
(Münchener medicinische VVoclienschrift 1898, Nr. 1, S. 1 1 ; Wiener i<linische Rundschau 1898, Nr. lOj.
Dieselben stehen zum grossen l'heile bedaiiei'licherweise im \Viderspi-uche mit den \-on uns erhobenen
Thatsachen.
P2s seien hier nur gewisse, für das Wesen und die richtige .\uffassung der ganzen Krankheit mass-
gebende Punixte, in denen wir von den Behauptungen Sticker's X'ollkommen abweichen, her\-orgehobcn.
So meint Sticker, -bei ausgedehnten Bubonen zeigen für gewöhnlich die peripher gelegenen Drüsen die
milderen Grade, die höher gelegenen die schwereren Grade der Entzündung und Destruction, während
umgekehrt das jüngere Stadium des Processes den centralwärts, das ältere den peripher gelegenen Drüsen
entspricht«. Gewiss eine ganz verkehrte Ansicht, die \on keinem anderen Beobachter getheilt werden kann,
und durch das Thierexperiment hundertfältig widerlegt ist.
Wie Sticker zu dem Satze gelangt, dass in anderen als septischen Fällen der acute Milztumor in der
Leiche fehlt, ist uns unergründlich. Wir haben in allen Fällen, sei es bacillenreichen oder -armen, einen solchen
mit voller Sicherheit makro- und mikroskopisch constatirt. Ebenso unrichtig ist es,'dass »der PestbaciUus im
Leichenmateriale ausserordentlich schnell zu Grunde geht, dass er aus Organen, welche längere Zeit
gelegen haben, für jede Untersuchung x-erschwindet, dass er in Organstücken , deren Deckglasausstrich
frisch zubereitet, Unmassen von Pestbacillen enthielt, nicht mehr oder nur sehr schwer zu finden ist, wenn
sie in Formalin oder Alkohol aufbewahrt und also gehärtet oder nach Einbettung in Paraffin oder Celloidin
geschnitten worden waren«.
Bei derartigen, nur auf schlechte Conservirung und unzulängliche Methoden zurückzuführenden An-
schauungen nimmt es uns freilich nicht Wunder, wenn dann Sticker behauptet, alle Blutungen sind nicht
directe Wirkungen der Bacterien, sondern wohl Intoxicationserscheinungen • oder -diese Erfahrungen,
welche mir Andere (.??) bestätigt haben, schränken aber die diagnostische Verwerthung des PestbaciUus bei
Sectionen auf die sofortige Untersuchung des frischen Leichenmateriales und auf das positive Ergebniss
derselben ein«, u. s. f., u. s. f, alles Dinge, die in directem Gegensatze zu unsei-en, unzählige Male erhobenen
Befunden stehen.
Auch seine anderen, die Ansteckungsgefahr bei der Pest überhaupt betreffenden Ansichten, können
wir, wie sich aus unseren, im Vorstehenden niedergelegten Untersuchungen ergibt, nicht theilen.
Iniilcii/hs/. II. Pafitologisch-anatoniiscitcr Bcriclit.
553
Protokoll über die bacteriologischen Blutuntersuchungen bei Pestkranken.
Name
Altei-,
Religion,
Bcschärtigung
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Anmerkung
15
41
142
Gerpjaba
Tookaram
12 Jahre,
Hindu,
Hausdiener
Rama Jewa
25 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
Kondi Krishna
John Jü-sef
Mahadia Khristna
(iungaram
Koosaba
22 Jahre,
Hindu,
Kutseher
25 Jahre,
Christ,
Buehdruckcr
25 Jahre,
Hindu,
Baumwoll-
l'abriksarbeiter
35 Jahre,
Hindu,
Kutscher
16
16
5. März
Reichliche Reincultur
von Pestcolonien
Sehr reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
1 Colonie von Pest-
bacillen in Rein-
cultur
(sehr wenig Blut)
10.
Massig reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
Steril
3 Colonien von
Pestbacillen (Rein-
cultur)
(sehr wenig Pdut)
1 1.
Reichliche Reincultur
von Pestcolonien
18.
Steril
-^
-)-
Halsbub o.
Gestorben 6. März.
Im Stuhl und Urin keine
Pestbacillen culturell nach-
weisbar.
Krankengeschichte.
Gestorben 9. März, 5 Uhr
30 Minuten Kachmittags.
Section : 8, XIII.
Krankengeschichte.
Halsbubo.
Gestorben 11. März, 5 Uhr
10 Minuten F"rüh.
Section: 2/XV.
Krankengeschichte.
Bubo der linken Inguinal-
gegend.
Gestorben 14. März, 6 Uhr
30 Minuten Früh.
Krankengeschichte.
Inguinalb ubo.
Gestorben 10. März, 5 Uhr
lö. Minuten Nachmittags.
.Section: 27/XIV.
Krankengeschichte.
Bubo in der rechten .Achsel-
höhle.
.\m 16. März wird der
Bubo punktirt. es entleert
sich blutiges Secret mit
Eiter. Die Cultur davon
bleibt steril.
.\m 23. .\pril als Recon-
valescent im Spital.
Krankengeschichte.
554
//. Albrcclil iiml A. G/ioii.
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AiiJiK'iUuiii;
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12
13
10
12
13
14
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23
17
14 18
15
16
Balapcc Laximoii
35 Jahre.
Hindll,
Eisenbahn-
dicncr
Unbekannt
Christ
Pandiiij Laximon
18 Jahre,
Hindu,
Bauniwoll-
fabriksarbciter
Uhundi SaJii
22 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
Rama Mahadu
25 Jahre,
Hindu,
K'uli
Abdul Mohamed
35 Jahre,
Mohammedaner
Narjin, Weib
20 Jahre,
Hindu,
Fk'ttlerin
Jannow Bhowanee
25 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
20
Vethoo Bhieapee
25 Jahre,
Hindu,
Polizist
Ramshun Gaulih
18 Jahre,
Hindu
15
18
19
10
13
17
12
13
13
11
13
1 I . März
12.
12.
13.
13.
13.
13.
13.
Ziemlich reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
.Steni
Reichliche Reincultur
von Pcstcolonien
Keine Pestcoloiiien,
2 Colonien von
Staphylococcu.s
pyogcnes albus
Sehr reichliche l'est-
colonien, daneben in
bedeutend geringerer
Anzahl Colonien
des Streptococcus
pyogenes
Steril
Reincultur von Pest-
colonien (wenige)
Cultur verunreinigt
durch Sarcine
Steril
+
Bubo in der rechten Ingui-
nalgegend.
Gestorben 13. März, 12 Uhr
15 Minuten Nachmittags.
Krankengeschichte.
Gestorben 12. März, 10 Uhr
35 Minuten Vormittags.
Bubo in der linken Ingui-
nalgegend.
Gestorben 12. März, 12 Uhr
15 Minuten Vormittags.
Krankengeschichte.
Drüsensch wellungen in
beiden Inguinalgegenden.
Gestorben 12. März, 9 Uhr
30 Minuten Abends.
Im Erbrochenen und peri-
tonealer Flüssigkeit keine
Pestcolonien culturell,
ebenso nicht in nekroti-
schen Hautherdeu.
Krankengeschichte.
I nguinalbubo.
Gestorben 12. März, 5 Uhr
15 Minuten Nachmittags.
Section: 28/XVI.
12. März. Im Sputum cultu-
rell keine Pcstbacillen.
Krankengeschichte.
Im Stuhl des Patienten am
13. März culturell keine
Pestbacillen.
Gestorben 15. März.
Fraglicher Pestl'all.
Bubo der rechten Leiste.
Afebril, geheilt.
Reconvalescent.
Krankengeschichte.
Reconvalescent.
21. März entlassen.
Reconvalescent.
19. März entlassen.
Bcttlciipcsf. IL Piitholniiiscli-aiiatoinischer Bericht.
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Hacteriologischer
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17
19
20
21
21
24
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110
138
195
238
34
43
70
120
27
Govind Tukkaiam
Tukkaram Kusha
Koostna Babadjee
Govind Fakcer
35 Jahre,
Hindu
25 Jahre,
Hindu
1 8 Jahre,
Hindu,
BaumwoU-
fabriksarbeiter
35 Jahre,
Hindu,
Hausknecht
Goosva Dum.n
Angara Basa
22 Jahre,
Hindu.
Hausknecht
18
10
14
17
21
26
29
Hindu
12
13
17
20
13. März
13.
13.
17.
20.
24.
25.
29.
1. April
13. März
14.
15.
18.
20.
24.
14.
.Steril
Bubo in der rechten Ingui-
nalgegend.
Reconvalescent, noch
Ende .April im Spital.
Verunreinigt,
unbrauchbar
2 verunreinigende
Colonien,
keine Pestcolonien
Steril
Ziemlich reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
Steril
Recon valescen t.
31. März entlassen.
Bubo der rechten Leiste.
14. März. Pestb.eule am
Kreuzbein, Hautstück fast
völlige Reincultur von
Streptococcus pyogenes,
wenig Staphylococcus pyo-
genes aureus (culturell).
20. März. Function des
.Acromioclaviculargelenkes
rechts: steril (culturell).
(Kein Eiter.)
Krankengeschichte.
Bubo der rechten Leiste.
Gestorben 14. März, 12 Uhi
Mittags.
Krankengeschichte.
Von Yersin injicirt am
13. und 14. März.
Leichter Fall.
Entlassen 18. .\pril.
Gestorben 15. .März, 9 L'hr
15 Minuten Vorm!ttag<i.
Denkschriften der mathem.-natiirw. ('1. LXVl. Bd.
72
556
H. Albrechl und A. Ghon,
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Name
Alter,
Religiüii,
BeschärUgLinn-
Biicteriologischcr
üefund
+ 1
Ätii
Aiunci-kLinu
Venayak
Harichana
15 Jahre,
Hindu,
Goldschmied
14. Miirz
Steril
Bubo am Halse.
32
10
15.
Verunreinigt,
unbrauchbar
24
Ycshwant Raghu
25
30
141
287
31
33
36
62
28
29
37
30
38
12 Jahre,
Hindu,
Schüler
Circa 15 L'olonien
von Pestbacillen
(Reincultur)
11
15.
Vereinzelte Colonien
von Pestbacillen
(Keincultui)
Pursa Budaki
30 Jahre,
Hindu
17
25.
Keine Pestcolonien,
eine verunreinigende
Colonie
32
5. April
Steril
Nasib Ramdiu
27 Jahre,
Hindu,
Kutscher
15. März
Pandu Jeepria
35 Jahre,
Hindu,
Kuli
15.
17.
Rama Narsa
40 Jahre,
Hindu,
Bettler
10
19.
12
21.
Walab Bhica
30 Jahre,
Hindu,
Hausknecht
18.
Sewpall Bhoy
25 Jahre,
Hindu,
Läufer
18.
3 Culonien von
Pestbacillen (Rein-
cultur)
Keine Pestbacillen,
3 Colonien von
Sarcine
Entlassen 1 2. .\pril.
Bubo der linken Axilla.
Gestorben 15. März, 9 Uhr
15 Minuten Vormittags.
Krankengeschichte.
Bubo der linken Inguinal-
gegend.
Afebril seit 17. März.
Entlassen 10. .April.
Entlassen 21. April.
Gestorben 15. März, 9 Uhi
15 Minuten .Abends.
Gestorben 22. März, 12 Uhr
10 Minuten Nachmittags.
Section: Keine Pest,
Influenza.
Gestorben 20. März, 5 Uhr
Früh.
Bubo der rechten
Leiste. 20. März. Vom
Gaumen, an dem ein Belag
war, geimpft. Reincultur
eines kurzen Bacillus.
Keine Pestbacillen.
Ballenpest. IL Piifhologisdi-auatojiiischer Bericht.
557
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Bacteriologischer
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1
5
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1
30
31
64
Seu'pall Bhoy
25 Jahre,
Hindu,
Läufer
5
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1'.). Miirz
.Steril
—
Transferirt ins Reconvales-
centenhaus 22. März.
Krankengeschichte.
9. .April entlassen.
35)
Bahly Arjoon
18 Jahre,
Hindu,
BaumwoU-
t'abriksarbcitcr
■;
3
18. ^
Reichliche Reincultur
von Pestbacillon
-J^
t
Bubo in der linken Leiste.
Gestorben 18. März, 8 Uhr
10 Minuten .Abends.
Section: 31 XXIV.
Krankengeschichte.
32
40
Mendorji Hadlaw
20 Jahre,
Hindu,
Kutscher
21
20
18. .
Steril
-
Vereiterte Drüse unter dein
Pouparfschen Band, steril
punktirt am 18. März,
ergibt R e i n c u 1 1 u r v o n
Pestbacillen.
143
28
27
25. .
>
25. März. Reconvalescent.
33
42
Manuel Desouza
13 Jahre,
Christ,
Küchenjunge
9
5
18. .
Eine Colonie von
Hefe, keine Pest-
bacillen
-
Bubo der rechten Leiste.
77
12
8
21. »
Steril
—
122
15
11
24. -
Keine Pestcolonien,
mehrere Colonien
von Sarcina lutea
und solche eines
diphtherieähnlichen
Stäbchens
-
Geheilt.
Krankengeschichte.
34
44
RemchoaAnanjee,
Weib.
25 Jahre,
Hindu,
ohne
4
3
18. »
Steril
—
76
119
7
6
9
21. >•
Keine Pestcolonien,
eine Colonie von
Sarcina lutea
-
10
24. »
Steril
-
35
45
Budha Narayan
25 Jahre,
Hindu,
Kuli
■>
1
18. .
>
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liubo der linken l.ei-,le.
63
3
•)
19. »
»
—
Gestorben 20. März, 1 1 Uhr
45 Minuten Nachts.
Krankengeschichte.
36
46
Krishna Nana
40 Jahre,
Hindu,
Kutscher
3
2
18. .
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—
1
72*
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H. Albrcchl niul A. Ghoii,
Name
Alter,
Religion,
Beschäftigung
l'.acteriülogischer
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Anmerlium;
73
3(i
Krislina Nana
37
47
Rampuibha Nadhi
38
48
Janki Nattya,
Weib
39
49
M4
256
Marie Caban,
Weib
40
50
197
257
Halka, Weib
41
51
212
259
Meserambai,
Weib desEzechiel,
52
42
Noorkee, Weib
des Emanhut,
216
43
53
Doolunibee
Mohammed Allv,
Weib
;i. März
Steril
40 Jahre,
Hindu,
Kutscher
2ii Jahre,
Hindu
18.
Reichliclie Reinciiltur
von Pcstcolonicn
25 Jahre,
Hindll,
ohne
19.
Steril
15
10
19.
30 Jahre,
Christin,
Kindst'rau
21
30.
29
24
2. April
19. März
25 Jahre.
Moham-
medanerin,
Dienerin
13
29.
2 verunreinigende
Colonien,
keine Pestcolonien
31
17
2. April
Steril
10
19. März
46 Jahre,
Jüdin,
ohne
24
14
17
30.
2. April
45 Jahre,
Moham-
medanerin
19. .MUrz
2 Colonien von
Sarcina lutea,
keine Pestcolonien
15
14
30.
Steril
40 Jahre,
Moham-
medanerin,
Dienerin
19.
2 verunreinigende
Colonien,
keine Pestcolonien
Ciestorben 22. .März Nachts.
Gestorben 18. .März.
Keine Drüsen.
Section.
Gestorben 20. März, 2 L'h
Früh.
Gonoccenperitonitis.
30. März. Afebril.
Reconvalescentin.
Keine Pest, sondern
Pneumonia crouposa
(nach Müller).
Tuberculose (keine Pest).
Gestorben 21. März, II Uhr
30 Minuten Vormittags.
Benlenpest. II. Pathologisch-anatomischer Bericht.
559
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Alter,
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Bactcriologischer
Bcl'inid
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SV,
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C
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.Anmerkung
44
54
242
Bhagee Saka,
Weib
12 Jahre,
Hindu,
ohne
3
16
2
19. März
Steril
—
15
1 . April
-
—
45
55
Makacoorwar,
Weib
12 Jahre,
Hindu, 7
ohne,
4
19. März
»
-
Inguinalbubo.
46
56
Anna Catharina,
Weib
35 Jahre,
Christin,
Kindsfrau
13
15
12
14
25
19. V
2 Colonien von
Sarcina lutea,
keine Pestcolonicn
—
Bubo in der rechten Leiste.
20. März eröffnet, Eiter
enthält spärlich Pestbacillen
und Staphylococcus pyo-
genes albus.
80
241
21. .
Steril
26
1. April
»
47
57
Ralnibai Babajee,
Weib
1 1 Jahre,
Hindu,
ohne
2
9
12
19. März
1 Colonie Sarcina
lutea,
keine Pcstcolonien
(wenig Blut)
Inguinalbubo.
200
12
29. ^
Steril
48
58
199
Sundrabar Bala.
Weib
18 Jahre,
Hindu,
ohne
14
11
19. .
1 Colonie Sarcina
lutea,
keine Pcstcolonien
—
Bubo der rechten Inguinal-
gegend.
24
21
29.
Steril
49
59
Stossanibai,
Weib
20 Jahre,
Moham-
medanerin,
ohne
5
2
19. »
2 verunreinigende
Colonien,
keine Pcstcolonien
—
Fragliche Pest?
50
60
Lahameebai,
Mädchen
S Jahre,
Hindu,
ohne
3
1
19. .
Reichliche Reincultur
von Pcstcolonien
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Gestorben 20. März. 5 Uhr
Früh.
51
61
Bhaja, Weib des
ßhewa,
25 Jahre.
Hindu,
ohne
16
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19. .
Steril
—
Bubo der rechten Leiste.
211
255
26
29
12
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—
1
15
2. April
—
52
65
Bana Jecwa
38 Jahre,
Hindu,
Diener
4
1
19. .März
Reichliche Reincultur
von Pcstcolonien
-H
t
Bubo der linken Leiste.
Gestorben 1 9. März, 9 Uhr
30 Minuten Abends.
Krankengeschichte.
560
H Alhrechl itiid A. (ihnn.
B
B
3
o
o
Name
Alter,
Religion,
Beschäftigung
C
3
53
(16
105
67
54-
55
68
79
93
107
236
Jackie Aloys
Fernandcz
Badhloü
Bainpui'sadJankec
56
71
74
83
58
82
100
118
Matapursat
Goolam
Xavier Deas
Shewa Appa
40 Jahre,
Christ,
Huchdruckcr
13
40 Jahre,
Hindu,
Wäscher
25 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
3.3 Jahre,
Hindu,
Kuli
20 Jahre,
Christ,
Kellner
35 Jahre,
Hindu,
Kuli
12 ?
10
11
13
13
20. .März
24.
20.
21.
20.
21.
23.
24.
1. April
Hacteriologischer
licl'und
.Steril
1 verunreinigende
Colonic,
keine Pestcolonien
4 Colonien von
Pestbacillen (Rein-
cultm')
Steril
20. März
21.
21.
22.
23.
24.
.Massig reichliche
Pestcolonien in
Reincultur
Sehr reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
Keine Pestbacillen,
im unteren Theile
der Eprouvette
Kartoffelbacillus
Steril
Ü
.•\nmerkung
Ilautgeschwür am linken
Vorderarm zeigt Reincultur
von Staphylococcus pyo-
genes aureus (culturell)
liubo der linken Axilla.
Krankengeschichte.
Tnguinalbubi;
Gestorben 21. März, 7 Uhr
50 Minuten Abends.
Section: 32/XXVll.
liubo der linken Leiste.
At'ebril.
Geheilt.
Krankengeschichte.
Seit 2 Tagen in Bombay,
(Pilger) Dysenterie,
keine Pest.
Bubo der rechten Leiste.
Gestorben 22. März, 7 Uhr
30 Minuten Abends.
Krankengeschichte.
Axillarbubo.
Beiilcupesf. IL Pathologisch-anafoniisclter Bericht.
561
E
F
3
T,
b
p
•n
u
o
s
o
o
fe,
Name
Alter,
Religion,
Beschäftixuiiü
E
Q
liacleriologischer
Befund
c
+
o
c
^
(»
o
0-
ITl
J3
r,
—
a.:^ ü
Anmerkuii"
58
133
81
59
60
61
62
63
101
121
84
86
96
111
130
154
190
235
87
Shewa Appa
Anton FernanJez
Ittoo Koosaba
Shircc Baichii
25 Jahre,
Hindu.
Kuli
30 Jahre,
Christ,
Fabriksarbeiter
30 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
20 Jahre,
Hindu,
Laufer
14
16
17
95 Nama Yemajcc
109
88
25 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
Joky Desouza
1 8 Jahre
Christ.
Diener
11
25. März
.Steril
23.
24.
23.
24.
26.
29.
Massig reichliche
Pestcolonien in
Reincultur
Steril
2 verunreinigende
Colonien aus
Stäbchen bestehend,
keine Pestcolonien
Steril
Keine Pestcolonien,
eine Colonie einer
grösseren Coccenart
Steril
April
22. März
23.
24.
22.
Keine Pestcolonien,
3 Colonien von
Sarcina lutea
+
Gestorben 26. März, 1 1 Uhr
35 Minuten Nachts.
Krankengeschichte.
.Axillarbub o.
Gestorben 23. März, 2 Uhr
40 Minuten Morgens,
Section: 10,/XXIX.
Krankengeschichte.
Bubo der linken .Axilla.
Krankengeschichte.
Bubo der linken Leiste.
Gestorben 24. .März, 2 Uhr
30 Minuten Nachmittags.
Krankengeschichte .
I'.ubo der linken .\xilia.
Sehr leichter Fall.
562
H. Alhrccltl iiiiil A. Hhnii.
o
o
63
106
64
89
94
108
136
179
234
90
65
113
139
156
66
67
91
98
114
Name
Joky Desoiiza
Dhundia Rama
Alter,
Religion,
Beschäftigung
18 Jahre,
Christ,
Diener
40 Jahre,
Hindu,
Sweeper
Boodhu Chundiin
Baghee Yemnia,
Weih
Mohammed
Cassim
50 Jahre,
Hindu,
Läufer
35 Jahre,
Hindu,
ohne
35 Jahre,
Mohammedaner,
Diener
12
13
14
11
Q
23. März
24.
23.
24.
25.
28. »
1. April
22. März
23.
24.
26.
Bacteriologischer
Befund
Steril
Keine Pestcolonien,
2 Colonien von
grösseren Coccen
.Steril
Spärliche Reincultur
von Pestcolonien
Steril
10 Colonien von
Pestbacillen in Rein-
cultur
23.
24.
.Steril
— Ifl
rt
O
Anmerkunf;
Gesund entlassen 31. März.
Krankengeschichte.
Bubo der linken Leiste.
Geheilt.
Krankengeschichte.
Primäre Pestpneumonie
Im Sputum Pestbacillen.
26. März Lunge punktirt:
Sehr reichliche Reincultur
von Pestbacillen.
Gestorben 26. März, 9 Uhr
25 Minuten Abends.
Section: 40/XXXIII.
Krankengeschichte.
Halsbubo.
Gestorben 23. März, 2 Uhr
30 Minuten Morgens.
Section: 5/XXX.
Beulenpest. II. Pathologisch-attatomischer Bericlit.
563
o
Name
Alter,
Religion,
Beschäftigung
ho
c
Q
Bacteriologischer
Befund
O
Anmerkung
67
137
155
237
.Mohammei.1
Cassim
35 Jahre,
Mohammedaner
Diener
11
6S
69
99
117
132
102
70 103
71
72
Dhondu Appa
Rakmabai,
Mädehen
Lumba Baht)jee
104
124
244
254
112
115
126
145
40 Jahre,
Hindu.
Kuli
12 Jahre,
Hindu,
ohne
7 Jahre,
Hindu,
ohne
Du2:du Nj
Rawjee Kalu
Bala Ishram
8 Jahre,
Hindu,
ohne
14
30 Jahre,
Hindu,
Fabriksarbeiter
30 Jahre,
Hindu,
Baumwoll-
fabriksarbeiter
15
25. März
Steril
26.
1. April
23. März
24.
23.
2 23.
23
24
11
12
23.
24.
1. .-^pril
Keine Pestcolonien.
eine verunreinigende
Colonie
(Kartoffelbacillus?)
Reichliche Reincultur
von Pestcolonien
Reichliche Reincultur
von Pestcolonien
Steril
2.
Einige Coccen-
colonien, keine Pest-
colonien
24. März
24.
25.
26.
6 Colonien von
Pestbacillen in Rein-
cultur
9 Colonien von
Pestbacillen in Rein-
cultur
12 Colonien von
Pestbacillen in Rein-
cultur
8 — 10 Colonien von
Pestbacillen in Rein-
cultur
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. I.XVI. Bd.
Keine Pest; Malaria.
Inguinalbubo.
Ccstorben 25. März, 2 Uhr
20 Minuten Nachmittags.
Section: 33XXXlf.
Krankengeschichte.
Halsbubo.
(Jestorben 24. März, 12 Uhr
30 Minuten Nachts.
Axillarbubo.
Gestorben 24. März, 6 Uhr
50 Minuten Morgens.
Section: 11/XXXI.
Bubo der rechten Leiste.
Gestorben 25. März, 7 Uhr
30 Minuten Vormittags.
Inguinalbubo.
Patient moribund.
73
564
H. Albrecht und A. G/ion,
o
6h
160
166
192
74-
116
125
123
140
157
127
14:
177
186
77
128
148
176
185
286
Name
Bala Ishrain
Rapibally
Bhageerathee wife
of Rama,
Alter,
Religion,
Beschäftigung
30 Jahre,
Hindvi,
Baumwoll-
fabriksarbeiter
18 Jahre,
Mohammedaner,
ohne
35 Jahre,
Hindu,
Arbeiterin
Ramnath
Mattadajall
Manger Sonde
30 Jahre,
Hindu,
Fabriksarbeiter
45 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
13
14
13
27. März
28.
29.
24.
24.
25.
26.
25.
26.
29.
25.
26.
28.
29.
5. April
Bacteriologischer
Befund
3-;^
15—18 Colonien
von PestbaciUen ir
Reincultur
4 Colonien von
PestbaciUen in Rein-
cultur
Neben wenigen Pest-
colonien sehr reich-
lich Colonien des
Streptococcus pyog.
8 Colonien von
PestbaciUen in Rein-
cultur
Reichliche Reincultu
von Pestcolonien
Steril
Vereinzelte Pest-
colonien in Rein-
cultur
Steril
.•\nmerkung
Patient moribund.
Patient hat sich auffallend
erholt.
Gestorben 29. März, 3 Uhr
15 Minuten Nachmittags.
Section: 34/XXXV.
Krankengeschichte.
Bubo der linken Leiste.
Gestorben 26. März, 3 Uhr
30 Minuten Morgens.
Krankengeschichte.
liubo der linken Leiste.
Entlassen 10. April.
Krankengeschichte.
BcnJciipcst. IL PaÜiologisch-miatomischer Bericht.
565
"3
o
o
Name
Alter,
Kcligioii,
Beschäftigung
Id
Bactcriologischer
Befund
(X ^
Ü
Anmerkung
80
129
Dhoraj Jesang
28 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
25. März
Reichliche Reincultur
von Pestcolonien
79
130
150
173
252
282
25.
Steril
26.
28.
Mathias Prera
60 Jahre,
Christ,
Koch
10
2. April
13
12
131
152
Narragen Gunnov
28 Jahre,
Hindu,
Kutscher
vor
7 St.
25. März
Ziemlich reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
26.
Sehr reichlich Pest-
rolonien in Reincultur
134
153
146
163
171
182
25. >
Manuel Cajtan
Desouza
35 Jahre,
Christ,
Koch
Ziemlich reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
26.
Sehr reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
26.
Steril
27.
Keine Pestcolonien.
Circa 12 — 15 Colo-
nien von Streptococc.
pyog. in Reincultur
.Mungno Meaini
30 Jahre,
Muselman
28.
Keine Pestcolonien,
massig reichliche
Reincultur von
Streptoc. pyog.
29.
Reichlich Colonien
von Streptococcus
pyogcnes, daneben
einige Colonien von
Pestbacillen
Bubo der rechten Leiste.
Gestorben 26. März, 12 Uhr
30 Minuten Nachts.
4. April: Eiter aus dem
Bubo rechts in inguine und
der darüber befindlichen
Hautblase zeigt reichliche
Reincultur von Strepto-
coccus pyogenes, keine
Pestcolonien (culturell!)
Im Stuhle 25. März keine
Pestcolonien culturell
nachweisbar.
Gestorben 26. März, 12 Uhr
30 Minuten Nachmittags
Gestorben 26. März, 7 Uhr
30 Minuten Abends.
Gestorben 29. März, 1 1 Uhr
lö Minuten Vormittags.
73«
566
H. Alb reell/ iiiiJ A. Ghou,
o
Name
Alter,
Religion,
Beschäftigung
Bacteriologischer
Befvmd
Oh W
O
Annierkinii;
83.
84
149
165
175
151
164
172
183
205
266
85
158
180
198
213
220
86
159
181
Sadhoo Bhance
Sevvaraj
Sewmungab
Bhagii,
Widow of Dhondu,
Gawitree Gnnput,
Weib
35 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
25 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
1 8 Jahre,
Hindu,
ohne
11 Jahre,
Hindu,
ohne
10
14
26. März
.Steril
27.
28.
3 Colonien von
Pestbacillen in
Reincultur
26.
.Steril
27.
28.
29.
30.
10
3. April
27. März
28.
29.
30.
31.
28.
Keine Pestcolonien,
eine Colonie von
Coccen (Staph3'lo-
coccen)
Steril
Sehr reichliche Rein-
cultur von Pest-
colonien
Massig reichliche Pest-
colonien, daneben
reichliche Colonien
d. Streptococc. pyog.
u, 5 Colonien von
Staphylococcus pyo-
genes albus
26. März: In einer Blase in
der rechten Inguinalgegend
über dem Bubo reichlich
Staphylococcus pyog. aureus
u. albus u. massig reichliche
Pestcolonien (culturell).
Gestorben 29. März, 8 Uhr
45 Minuten Vormittatrs.
27. März: Im Sputum keine
Pestbacillen nachweisbar.
Afebril.
Keine Pest.
-Axillarbubo.
Gestorben 1. April, 12 Uhi
45 Minuten Nachts.
Section: I4/XXXVIII.
Krankengeschichte.
Axillarbubo.
Gestorben 28. März, 10 Uhr
30 Minuten Abends.
Krankengeschichte.
Beitlenpcst. II. Pathologisch-anatomischer Bericht.
5G7
-c
o
Name
Alter,
Religion,
Beschäftigung
td
Bacteriologischer
Befund
— Ol
Ü
Annicrkunf!
101
lu;
191
208
91
7. März
6 Colonien von
Pestbacillen in Rein-
cultur
Dajee
Vittu Sawaiit
45 Jahre,
Hindu,
(iärtncr
Massig reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
29.
Massig reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
30.
Reichliche Rein-
cultur von Pest-
colonien
88
162
Dreeg huj
Bhowanee
35 Jahre,
Hindu,
Diener
Steril
168
189
28.
Ziemlich reichliche
Reincultur von
Pestcolonien
Sayard Amurkhan
Mohamedkhan
22 Jahre,
Mohammedaner
29.
Reichliche Reincultur
von Pestcolonien
(wenig Blut)
90
169
Coondlik Abba
30 Jahre,
Hindu,
BaumwoU-
fabriksarbeiter
28.
Steril
170
188
206
226
28.
Antoo Gansba
30 Jahre,
Hindu,
Bettler
29.
30.
31.
174
184
204
Essu Balu
30 Jahre,
Hindu,
BaumwoU-
fabriksarbeiter
even-
tuell
9
28.
29.
30.
+
+
+
Inauinalbubo.
Gestorben 31. März, 8 Uhr
10 Minuten Vormittags.
Section; 35/XXXVII.
Gestorben 27. März, 4 Uhr
45 Minuten Nachmittags.
Fracrliche Pest!
Bubo der linken Halsseite.
Gestorben 29. März, 6 Uhr
Nachmittags.
Bubo am Halse.
Gestorben 28. März, 8 Uhr
40 Minuten Abends.
Krankengeschichte.
Im Urin culturell keine
Pestbacillen.
Afebril.
Zeigt Geistesstörungen.
Keine Pest.
Bubo der rechten Axilla.
568
H. Albrccltt und A. GJtoii,
^
Name
Alter,
Religiun,
Beschäftigung
Bacteriologisclicr
Ikiiiiul
55
■ — I fl
ü
AnmcrUung
92
231
248
267
273
278
290
9^!
178
193
202
223
229
246
i74
276
314
3 1 . März
Steril
I. April
3.
Essu Balii
30 Jahre,
Hindu,
Baumwoll-
l'ahriksarheiter
10
10
11
28. März
29.
30.
31.
Keine Pestcolonien,
eine verunreinigende
Colonie
Bhema Vittu
25 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
1. April
Steril
3. ..
10
11
10
17
13.
4. April. Aus dem Eiter in
der rechten Achselhöhle
einige Pestcolonien ge-
züchtet.
3. April. Im Stuhl (culturell)
keine Pestbacillen.
4. April. Im Stuhl (culturell)
keine Pestbacillen.
5. April. Im Urin (culturell)
keine Pestbacillen.
Ende April im Spital.
Geheilt.
Krankengeschichte.
4. April. Im Sputum keine
Pestbacillen.
Geheilt entlassen.
Benlenpest. IL Pathologisch-aiiatoniischer Bericht.
569
Name
Alter,
Religion,
Be.schaftigiiiig
Bactcriologisclier
Befund
-1—
O
Anni erkling
94
Atmaram Sootar
209
221
95
96-
194
201
222
228
245
269
196
215
258
Ristu Sewoo
Bayia,
Wife of Rama,
203
Ramchunder
Gopall
20
29. März
2S Jahre,
Hindu,
Fabriksarbeiter
21
30.
31.
29.
30.
31.
35 Jahre,
Hindu
1 . .April
35 Jahre,
Hindu,
Dienerin
45 Jahre,
Hindu,
Baumwoll-
fabriksarbeiter
207
224
230
La.ximon Krishna
45 Jahre,
Hindu,
BaumwoU-
fabriksarbeiter
14
15
18
29. März
30.
April
30. März
30.
31.
1. April
Steril
Ziemlich reichHchc
Pestcolonien und
massig reichliche
Colonien von
.Streptococcus pyog.
Steril
Keine Pestcolonien,
eine Colonie von
Hefe
Steril
29. März. Eiter aus dem
Bubo in der rechten Ingui-
nalgegend: eine Colonie
von Pcstbacillen, mehrere
folonien von Staphylo-
coccus pyogenes albus.
6. April. Stuhl, Urin cul-
turell keine Pestbacillen.
Keine Pest (Tubcrculosc).
Bubo der rechten Axilla.
30. März. Im Sputiun Pest-
colonien.
Gestorben 30. März, 7 Uhr
50 Minuten .\bcnds.
Krankengeschichte.
Bubo der linken Axilla.
1. .April. Hautblasc am
linken Handgelenke reich-
lich Pcstbacillen und etwas
weniger Streptoc. pyog.
570
H. Albrcclit und A. Ghon,
3
o
iL,
98
99
100
101
102
247
210
217
218
227
232
249
264
271
281
219
233
250
103
263
Name
Laximon Khrishna
Shak;ii-am, Weib
Bhageerathi, Wife
Ol" Rama
Chimapee Baboo
Casseeram Baboo
Koosal Peetamal
Alter,
Religion,
Beschäftigmig
45 Jahre,
Hindu,
liaumwoU-
fabi'iksarbeiter
IL' Jahre,
Mohamme-
danerin, ohne
30 Jahre,
Hindu,
Fabriks-
arbeiterin
25 Jahre,
Hindu,
BaumwoU-
fabriksarbeiter
(Bruder des
nächstenFalles)
35 Jahre,
Hindu,
Baumwoll-
fabriksarbeiter
40 Jahre,
Hindu
13
14
April
30. März
30.
31.
1. April
30. März
1. April
3.
Bacteriologischer
Befimd
Spärliche Pest-
colonien in Rcin-
cultur
Massig reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
Ziemhch reichliche
Pestcolonien und
massig viele Colonien
von Streptococcus
pyogenes
Steril
Keine Pestbacillen,
massig reichliche
Colonien von Coccen
(Staphylococcen)
Anmerkuni;
2. April. Belag im Halse
keine Pestbacillen; Ödem
vom linken Vorderarm
steril.
Gestorben 2. April, 10 Uhr
15 Minuten Abends.
Krankengeschichte.
Gestorben 30. März, I 1 Uhr
45 Minuten Abends.
.'\.xillarbubo.
Gestorben 30. März, 6 Uhr
20 Minuten Abends.
Section: 13;'XXXV1.
Bubo am Halse.
5. April. I<"äces, Urin
culturell keine Pestcolonien,
Geheilt.
Krankengeschichte.
30. März. Sputum reichlich
Pestcolonien neben Coccen
und Soor (culturell).
Gestorben 31. März, 2 Uhr
55 Minuten Morgens.
Primäre Pestpneumonic.
Krankengeschichte.
Primäre Pestpneumonic.
3. April. In den Fäces (cul-
turell) keine Pestbacillen.
Beulenpesf. IL Pathologisch-anatomischer Bericht.
571
t:
o
Name
Alter,
Religion,
lieschärtii^mia
Bacterii)logischer
Bel'und
o, i^
Ü
Anmei-kiina
103
Koosal Peetamal
40 Jahre,
Hindu
104
239
Thucky Yessu,
Weib
60 Jahre,
Hindu,
ohne
240
251
105
Zoonia, Weib
262
284
40 Jahre,
Hindu
243
106
Aaron Issac
253
7 Jahre,
Jude,
ohne
10
10
lo;
260
Sonoo Kama
261
J75
108
283
Oodia Jemak,
Weib
293
299
313
265
109
Rama ICaidarec
270
280
Denkschriften der niatheni.-iiaturw. CI. LX\'I. Bd.
28 Jahre,
Hindu
18 Jahre,
Hindu,
Arbeiterin
12
30 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
4. April
Steril
Sehr reichliehe Pest-
colonien und sehr
reichliche Colonien
d. Streptococc. pyog.
Steril
3.
Sehr reichliche Rein-
cultur von Pest-
colonien
Steril
4.
5.
6. .
7.
12.
4. .
5. .
3. April. Sputum negativ
(nur culturell!)
Gestorben 5. April, 9 Uhr
Vormittags.
Krankengeschichte.
Gestorben 1. .April, 4 Uhr
15 Minuten Nachmittags.
Bubo der rechten ."Vxilla.
Gestorben 2. April, 1 Uhr
Nachmitttags.
Section: 36,'XXXIX.
3. April. Eiter aus dem
a.xillaren Bubo: vereinzelte
Pestcolonien in Reincultur.
(Kein deutlicher Bubo,
leichte Schwellung der
axillaren und inguinalen
Drüsen.)
Leichter Fall.
74
572
IL Albrcclit und A. Ghoii,
o
N;unc
Alter,
Kcligion,
Bcscliäftmun.L;
Hactcrinlii^ischcr
ncfuiul
+ 1
c ^
Hl ■*-"
rzz <u
(« °"
(XM
O
Anmurkunü
291
1 (J9
111
11£
115
Rama Kaidarcc
30 Jalirc,
Hindu,
Arbeiter
6. April
Steril
296
110
277
Bhagva Sakliaraiii
15 Jahre,
Hindu,
ohne
Ruiiani Jaipal
I R Jahre,
Hindu,
BaumwoU-
fabriksarbeiter
6.
303
285
294
Yeekhnbcth Isaak,
Weih
1 2 Jahre,
Jüdin,
Massig reichliche
Reincultur von Pest-
colonien
113
288
Badjee .Sobajee
18 Jahre,
Hindu,
Bauniwoll-
fabriksarbeitc
Steril
114
Zalimohammed
Ibrahim
25 Jahre,
Mohammedaner
Arbeiter
29;
Abdnlkarim
Khajumali
50 Jahre,
Mohammedaner
6. April. Im Sputum keine
Pestbacillen.
7. April. Urin (culturell)
Reincultur von Staphylo-
coecus pyogenes aureus.
Geheilt entlassen 14. April.
Krankensiesehichte.
Bube am Halse.
Gestorben 5. April, 10 Uhr
30 Minuten Vormittags.
Krankengeschichte.
3. April. Im Sputum keine
Pestbacillen.
5. April. Sputum keine
Pestbacillen.
Urin (culturell) keine Pest-
bacillen.
Keine Pest (Croupöse
Pneumonie!)
(1. Thcil des Berichtes.)
Gestorben 7. April, 0 ühi'
30 Minuten N'aehmittags,
Bubo der rechten .Axilla.
Gestorben 6. April, 1 Uhr
30 Minuten Nachmittags.
Krankengeschichte.
7. April. Sputum mikro-
skopisch reichlich Pest-
bacillen.
Stuhl, Urin (culturell) keine
Pestcolonien.
Gestorben 7. April, 2 Uhr
15 Minuten Nachmittags.
Krankengeschichte.
Primäre Pestpneumoniel
7. April. Urin culturell keine
Pestbacillen.
Keine Pest (Tube r-
c u 1 o s e I )
Bcnlcupcsf. IL Pathologisch-aualoniisclicr Bericht.
573
o
Namc
Alter,
Religion,
Beschärtigung
H
Bactcriologischei-
Befund
1
o
+ ■3
C X
<Ü
o 3^
^
5 =
o
0)
0,:^:;
O
Anmerkung
298
302
116
Curidid Desouzii
310
311
312
3i:
22 Jahre,
Christ.
Koch
117
300
306
118
301
304
119
309
305
120
307
121
308
Dhamiu Jewo
Custodio
Francisco Ribecro
Yeltubai, Weib
Rahiinut bai, Weib
Cassubai
Tuccaram, Weib
1 2 Jahre,
Hindu,
SchusterjuDKC
17 Jahre,
Christ,
Kellner
25 Jahre,
Christin
10 Jahre,
Mohammedaner
ohne
.'2 Jahre,
Hindu
7. April
10.
12.
13.
Steril
2 Colonien von
Pestbacillen in Rein-
cuitur
Steril
Keine Pestcolonien,
2 Sarcinecolonicn
Steril
+
9.
8.
Vereinzelte Colonien
von Pestbacillen in
Reineultur
Steril
1 Colonie von
Pestbacillen
Massig reichliche
Colonien von Pest-
bacillen in Reineultur
Verunreinigt,
inibrauchbar
Keine Pestbacillen,
1 C-'olonie .Sareine
+
.\pril. Im Sputum keine
Pestbacillen.
8. April. Serum der Haut-
blase über den Bubo der
rechten Leiste; Reineultur
von Staphylococcus albus.
8. April. Harn culturell
keine Pestcolonien.
(Bubo der rechten Leiste.)
12. April. Harn (culturell)
keine Pestcolonien.
Gestorben 15. .-^pril, 7 Uhr
15 .Minuten Vormittags.
Krankengeschichte.
7. April. Urin (culturell) ver-
unreinigt.
Von Yersin injicirt.
Krankengeschichte.
Gestorben 9. April, 8 Uhr
15 Minuten Vormittags.
Bubo der linken Leiste.
Urin (culturell) keine Pest-
colonien.
Gestorben 9. April, 8 Uhr
40 Minuten Abends.
Urin (culturell) keine Pest-
bacillen.
Gestorben 9. April.
l'iubo der linken Leiste.
74*
574
H. AlhrccJit und A. G/ion.
6
S
r.
c
p
o
oj
o
o
Ix.
(1.
Name
Alter,
Religiuii,
Beschäftigung
acteriologiseher
+ ^
üclund
C n
U Oh
Cfl
-Q «
(£tS
o
AnmerUuiig
122
123
124
125
316
317
322
326
336
339
318
319
325
335
320
329
337
Omcr Sayid Abdul
1 S Jahre,
Mohammedanci-
Maler
Franeis Xavier
Desouza
32 Jahre,
Christ,
Koch
Sullsa Peeroje
60 Jahre
Hindu,
Kuli
Salvador Graceous
13
25 Jahre,
Christ,
Schneider
14
16
13. April
Sehr reichliche Rein-
cultur von l'est-
colonien
13.
Steril
15.
16.
18.
Massig reichliehe
Reincultur von Pest-
bacillen
Steril
14.
15.
16.
18.
15.
16.
Keine Pestcolonien,
2 Colonien von
Sarcine
18.
Steril
13. April. Stuhl, Urin (cul-
turell) keine Pestcolonien,
im S p u t u m P e s t b a e i 1 1 e n.
Gestorben 13. .April, 1 Uhr
55 Minuten Nachmittags.
Bubo der linken Leiste.
Krankengeschichte.
Bubo der linken .Axilla.
18. April. Ödem des linken
Armes (Oberarm) Reincultur
von Streptococcus pyo-
genes.
Ende April als Reeonvales-
cent im Spital.
Krankengeschichte.
Geheilt.
15. .April, hn Sputum keine
Pestbacillcn.
Vom selben Tag noch ein
zweites Sputum, ebenfalls
keine Pest.
Keine Pest (Croupöse
Pneumonie).
Gestorben 18. April, 10 Uhr
30 Minuten Abends.
17. .'\piril. Bubo der rechten
Inguinalgegend, steril
punktirt, enthält spärliche
Reincultur von Pest-
colonien.
Leichter Kall.
Krankengeschichte
Beulenpest. IL Patliologisch-anatoinischer BcricJü.
575
Name
o
o
p
Alter,
Religion,
Beschäftigung
W
Bacteriologischei-
Befund
+ 1
Ü
AiinierkunL
321
12G
Gopall Dibra
26 Jahre,
Hindu,
Küch
328
127
323
333
.Munrunjcn
Mookin
9 Jahre,
Hindu,
ohne
128
324
332
Phankoo Nathu,
Mädchen
5 Jahre,
Hindu,
ohne
129
327
Vistnu Sakharam
45 Jahre,
Hindu,
Kupferschmied
130
330
Bayio Aranjee,
Weib
25 Jahre,
Hindu,
Bauniwiill-
fabriksarbeiterin
131
331
Modi Rose,
Mädchen
5 Jahre,
Christin,
ohne
132
334
Bhania Kura
25 Jahre,
Hindu,
Pferdeknecht
15. April
16.
15.
16.
15.
16.
16.
16.
16.
18.
Steril
Massig reichliche
Reineultur von Pest-
colonien
Sehr reichliche
Reineultur von Pest-
eolonien
Massig reichliche
Reineultur von Pest-
colonien
Verunreinigt,
unbrauchbar
Reichlich Pest-
colonien, in etwas
geringerer Anzahl
Streptococcus
pyogenes;
erstere sind sehr
klein und schwach
entwickelt
Massig reichliche
Pestcolonicn.
3 Colonien verun-
reinigender Stäbchen
Keine Pcstculunien,
einige Colonien von
.Sarcine
Steril
4-
Afebril.
Entlassen am 17. April als
gesund.
(Keine Pest!)
Gestorben 16. April Nach-
mittags.
A.Killarbubo.
Gestorben 16. April, 6 Uhr
50 Minuten Abends.
Section 17/XLV.
16. .'\pril. Sputum (mikro-
skopisch) reichliche
Pestbacillen.
Stuhl, Urin (culturell) keine
Pestcolonien.
Gestorben 17. April, I Uhr
Morgens.
Ha Isbubo.
Section 6/XLVI.
Krankengeschichte.
16. April. Sputum (mikro-
skopisch) Pestbacillen.
17. April. Tonsillenbelag
(culturell) Pyocyaneus.
18. .\pril. Geschwür am
linken Arm Staphylococcus
pyogenes albus.
Axillarbubo.
Gestorben 18. .^pril, 10 Uhr
Vormittags.
Section 18/XLVin.
Krankengeschichte.
Ende .April im Spitale als
Reconvaleseontin.
Bubo der linken Leiste.
57(1
//. Albrecht und A. Ghoii.
X.
o
tu
132
133
134
135
136
137
338
340
341
342
343
138
Name
Bhania Kura
Khi'istna Joti
Naryan Tatia
Gopall Laximoii
Itty, Mädchen
Gajanam Vcnaj'ak
Bhavoo Sadu
Alter,
Religion,
Beschäftigung
25 Jahre,
Hindll,
I'IVi'dcknccht
50 Jahre
Hindu,
Hamal
35 Jahre,
Hindu,
Kuli
40 Jahre,
Hindu,
Arbeiter
Hindu,
ohne
30 Jahre,
Hindu,
Zimmermann
22 Jahre,
Hindu,
Kellner
W
19. April
19.
19.
19.
19.
7. März
Bacteriologiseher
Befund
cCti!
.Steril
Spärliche Reineultur
von Pestbacillen
Steril
Sehr reichUehe
Reineultur von Pest-
colonien
Steril
Sehr reichliche
Pesteolonien
O
.Anmerkung
Gestorben 21. April, 3 Uhr
50 Minuten Morgens.
Seetion 37/XLl.
Krankengeschichte.
Gestorben 20. April, 5 Uhr
15 Minuten Nachmittags.
Seetion 44/L.
Krankengeschiclite.
Bubo der linken Leiste.
Gestorben 20. April, 10 Uhr
20 Minuten Vormittags.
Krankengeschichte.
20. April. Sputum
(c u 1 1 u r e 1 1) w e n i g reich-
liche Pesteolonien.
Axillar bubo.
Gestorben 20. April, 8 Uhr
45 Minuten Vormittags.
Seetion 19/XLIX.
Krankengeschichte.
Ende April im Spital als
Reconvaleseentin.
I n g u i n a 1 b u b o .
Gestorben 8. März, 12 Uhr
23 Minuten Nachts.
Seetion 26/X.
Krankengeschichte.
Halsbubo.
Gestorben 8. März, 9 Uhr
20 Minuten Vormittags.
Seetion 1/IX.
Krankengeschichte.
577
p:rklarung der Abbildungen.
Die Tafeln I bis V inclusive sind nach photographischen Aufnahmen des Hilfsarztes der Expedition, Dr. R. Pöch, im k. und k.
militär-geographiscben Institute in Wien mittelst Heliogravüre hergestellt; die Tafeln VI bis inclusive XIV sind nach Originalen, die der
akademische Maler J. Wen zl herstellte, in der lithographischen Anstalt Th. Bannwarth in Wien ausgeführt. Die Figur 3 auf
Tafel XIII und die Figur 3 auf Tafel XIV verdanken wir der künstlerischen Hand des Herrn Docenten Dr. Wintersteiner in Wien.
TAFEL I.
Primärer Bube an der rechten Hals-Kopfseite, der bis in die Nackengegend reichte und fast bretthart sich anfühlte.
Die Haut über dem Bubo ist fast im ganzen Bereiche desselben durch sehr zahlreiche, grössere und kleinere,
gruppi rte Bl äsen in eh arac torist ischer Weise abgehoben. Der Patient, ein Portugiese Namens Dcsoiiza, ging nach sehr
kurzer Krankheitsdauer an Erstickung durch Glottisödem zu Grunde.
TAFEL II.
Faustgrosser, linksseitiger inguinaler Bubn, der zum grössten Theilc unterhalb des Po u part'schcn
Bandes sitzt, von Naiyan Tatia, einem 35jährigcn Hindu, Kuli; wurde am 19. .April 1897 pholographiit und starb am '10. April.
Vergl. Krankengeschichte, II. A. pag. 104 und Protokoll der Blutuntersuchungen, II. B. pag. 350, 134/341.
TAFEL III.
Bayio Aranjee, 25jähriges Hinduweib, Baumwollfabriksarbeiterin, mit primärem rechtsseitigen cubitalcn und axil-
laren Bubo; wurde sterbend photographirt am 18. April 1897. Über dem cubitalen Bubo ist das secundär über dem-
selben entstandene Pestgeschwür (grosser Carbunkel, vergl. Tafel VII, Fig. 3 und 4) sichtbar. Ferner fallt die Verdickung
des rechten Oberarmes auf. Auch der secundäre, besonders an der linken Seite stark ausgeprägte Halsbubo ist deutlich
erkennbar. Ungefähr in der Mitte des linken Vorderarmes sieht man einen secundär (metastatisch) entstandenen Pest-
carbunkel. Vergl. Krankengeschichte II. A., p.ag. 17, den pathologisch-anatomischen und bacteriologischon Befund II. B., pag. 89,
Fall 18'XLVIII und das Protokoll der Blutuntersuchungen, II. B., pag. 349, 130,330.
TAFEL IV.
Typischer, grosser Pesic arb u nkel in der unteren Kreuzbeingegend. Carridid Dcsoiiza, 21 jähriger Cooksmate ;
der primäre Bubo sass in der rechten Leistengegend. Patient wurde am 14. .'Vpril 1897 photographirt und starb am Morgen des
15. April. Vide Krankengeschichte II. .\., pag. 30 und Protokoll der Blutuntersuchungen pag. 347, 116/298 — 315.
TAFEL V.
Grosse Hautblasen (»Plague- blisters-.) an der Beugeseite des linken Handgelenkes bei bestehendem links-
seitigen axillaren Bubo (erzeugt durch hochgradige Lymphstauung mit Ödem der ganzen linken oberen Extremität). Dieselben ent-
hielten sehr reichlich Pestbacillcn. Laximoii Krishna. 45jähriger Baumwollfabriksarbeiter, gestorben am 2. .'\pril 1S97, am selben Tage
photographirt. Vergl. Krankengeschichte II. .\., pag. 89 und Protokoll der Blutuntersuchungen pag. 343/207 — 247.
TAFEL VI.
Fig. 1. Halsorgane von Bayio Aranjec, Fall 18/XLVIII, pag. 89. Spirituspräparat, natürliche Grösse. Secundärer diphthcri-
tischer Zerfall der beiden Tonsillen und der Follikel des Pharynx und Zungen grundes mit eigenartiger
Infiltration derselben. Letztere sind zu zwei symmetrischen Plaques confluirt. In der umgebenden Schleimhaut finden sich
zahlreiche kleinere, in der Zeichnung mehr dunkel gehaltene B 1 utu ngen, besonders um einzelne prominente Follikel, wie
z.B. an der rechten Seite der zur Ansicht gebrachten hinteren Larynxfläche. Hochgradiges Glottisödem. Der Pharynx und
578
Oesophagus sinü imgulähr in dcc Miltcllinic von hinten her aufgeschnitten. Die bct rächtl i cli verg rösscrt en , zum Tlieilc
hämorrhagischen Lymphdrüsen zu beiden Seiten der grossen Ilalsgcfässe sind zu i'aqueten vereinigt, im Allgemeinen
in der Zeichnung etwas schematisirt.
Fig. 2. Primiirer inguinaler Bubo von Dlioudii Appa, 40jahriger Hindu. Spirituspräparat, etwa um ein Drittel vcrlclcinert.
Fall r!3/.\XXIl. Vcrgl. Krankengeschichte II. A., pag. 49. Der Bubo i.st ungefähr in der Mitte eingeschnitten und die Schnittflächen sind
din'ch zwei Glasstäbe auseinander gehalten. Auf dem Durchschnitte sieht man mehrere grössere und kleinere Lymphdrüsen, die theils
dunkel hämorrhagisch, theils gefleckt und gesprenkelt aussehen und über die Schnittfläche vortreten. Das umgebende Fett- und Binde-
gewebe ist hämorrhagisch oder serös-eitrig infiltrirt, wodurch die einzelnen Läppchen oft scharf abgegrenzt erscheinen und promi-
niren. Die kleineren Lymphdrüsen sind auf der .Abbildung von diesen nicht abzugrenzen.
Fig. 3. Niere mit multipeln, metastatiseh-embolischen Pestherden (Pestembo 1 ie n). die in Form von zahlreichen,
scharf umschriebenen, deutlich prominenten Herden mit schmalem, hämorrhagischen Hof die Nierenobertläche bedecken. Die Kapsel ist
abgezogen. Spirituspräparat, natürliche Grösse. Fall 26;X. Vergl. Krankengeschichte II. A., pag. 57.
TAFEL VII.
Fig. 1. Metastatische pneumonische Pestherde der rechten Lunge von Fall ö/XXX, Dieselben sind durch das auf der
Abbildung sehr gut zum Ausdruck kommende eigenartige Colorit und durch die exquisite Sprenkelung characterisirt. Spirituspräparat.
Um etwas mehr als ein Drittel verkleinert.
Fig. 2. Venen wan dbl utungen bei der Pest. Untere Hohlvene von Fall 27/XIV. Vergl. Krankengeschichte II. A., pag. 92.
Spirituspräpai-at, bei dem sich — ebenso wie bei dem vorherigen — die Blutfarbe in sehr guter Weise erhalten hat. Natürliche Grösse.
Fig. 3 und 4. Geschwür über der rechten Cubita von Fall 18/XLVIII, hervorgegangen aus Zerfall eines Carbunkels über
einer cubitalen Lymphdrüse, die einen primären Bubo vorstellt. Vergl. Krankengeschichte II. A., pag. 89. Fig. 3 stellt die Daraufsicht
der Hälfte des Geschwüres sammt der umgebenden stark geschwollenen Haut dar; Fig. 4 den Durchschnitt durch die Mitte des
Geschwüres und der auf Haselnussgrösse geschwollenen und grösstentheils hämorrhagischen Lymphdrüse, die sich scharf gegen die
starr hämorrhagisch und serös-eitrig infiltrirte Umgebung abhebt. Die einzelnen Fettläppchen des umgebenden subcutanen Fettgewebes
sind theils dunkel hämorrhagisch und von einem lichteren Hof umgeben, theils kommt ihre durch das reichliche Infiltrat bedingte
stärkere Prominenz zum Ausdruck. Auf dem Durchschnittsbilde ist linkerseits (proximale Seite des Präparates) die reichliche serös-
ödematöse Durchtränkung des subcutanen Binde- und Fettgewebes angedeutet. Spirituspräparat, etwas verkleinert.
TAFEL VIII.
Fig. L Metastatisch - embolische Pestherde in der fibrösen Nierenkapsel von Fall 19/XLIX. Vergl. Kranken-
geschichte II. A., pag. 63. Multiple hämorrhagische Herde mit gelblichem Centrum, das fast ausschliesslich aus Pestbacillen besteht.
Die auf der Abbildung weisslich gehaltenen, häufig wie verzweigt aussehenden, gefässähnlichen Gebilde stellen bei der Präparation
losgerissene und im Alkohol llottirendc, dünne Bindegewebsbündel der fibrösen Nierenkapsel vor. Spirituspräparat. Natürliche
Grösse.
Fig. 2. Typische Nierenbeckenblutung von demselben Fall. Die Blutung hat das Epithel zum Theil in Form eines
dünnen Häutchens (in der Abbildung grau gehalten) abgehoben, zum Theil dasselbe an vielen Stellen durchbrochen (diese -Stellen sind
in der Abbildung schwarz gehalten), Spirituspräparat. Natürliche Grösse.
Fig. 3. Typische Blutungen der ganzen Magenschleimhaut bei der Pest. Entsprechend der kleinen Curvatur
finden sich grössere, zu hämorrhagischen Erosionen umgewandelt. Fall I5/XL. Vergl. Krankengeschichte IL A., pag. 100. Spiritus-
präparat. Um die Hälfte verkleinert.
TAFEL IX.
Fig. 1. Schnitt durch eine Lymphdrüse des primären Bubo in der linken AxiUa von Fall 13/XXXVI. Fixirnng
in MüUer'scher Flüssigkeit und Formol, 16 Stunden post mortem, dann Alkohol. Celloidinschnitt, Färbung mit Hämalaun-Eosin. Ver-
grösserung: Reichert, Ocul. 4, Obj. 1. Die Contouren der Lymphdrüse sind gegen das hämorrhagisch infiltrirte, periglanduläre Fett-
gewebe durch einen bläulich - vio letten Saum markirt, der fast nur aus Pestbacillen besteht. Am Hilus der
Lymphdrüse fallen die ausserordentlich zahlreichen erweiterten und mit Pestbacillen angefüllten Lymph-
ge fasse auf.
Fig. 2. Schnitt durch die Peripherie des primären Bubo am rechten inneren Schenkelringe von Fall 26/X.
Vergl. Krankengeschichte IL A., pag. 57. Fixirung in derselben Weise wie beim Präparat der Fig. 1, 16 Stunden post mortem. Celloidin-
schnitt, Färbung mit Hämatoxylin-Eosin.
Vergrösserung: Reicheit Ocul. 4, Obj. 2.
Die Lymphdrüse ist kaum noch von dem ganz dicht infiltriiten periglandulären Binde- und Fettgewebe abzugrenzen, in welchem
sich bereits reichlicher Körnchcnzerfall der Loukocyten zeigt; die Wand der Blutgefässe ist theils deutlich homogen, theils besteht sie
aus Balken. .An der Peripherie der Lymphbdrüse finden .sich ebenfalls aus gröberen und feineren Balken bestehende Netze.
579
TAFEL X.
Kig. 1. Schnitt durch eine eingefallene Hautblase von der Innenfläche des rechten Unterschenkels
sammt den röthlich infiltrirt aussehenden Schichten des Corium und subcutanen Gewebes von Fall 35/XXXVir,
pag. 188. Fixirung in MüUer'scher Flüssigkeit und Formol, 4 Stunden post mortem, dann Alkohol. Ungefähr 12 ja dicker Celloidin-
schnitt, Färbung mit Hämalaun-Eosin.
Vergrösserung: Reichert, Ocul. 3, Obj. 1.
Die blaue und bläulich- oder röthlich-violette Farbe zeigt die enormen zusammenhängenden Massen von Pestbacillen an; der
Inhalt der Hautblase ist zum grössten Theile ausgeflossen. Die Coriumpapillen sind geradezu substituirt von einer Reincultur von
Pestbacillen. Desgleichen sind die Schweissdrüsen von einem breiten Mantel derselben umgeben. Auffallend ist das Fehlen von
Hämorrhagien und grösserer Ansammlungen von Leukocyten.
Fig. 2. Schnitt durch eine Pestpustel (Carbunkel) des linken Vorderarmes von Fall 18/XLVIII, pag. 95. Vergl.
Krankengeschichte II. A., pag. 17. Fixirung in MüUer'scher Flüssigkeit und Formol, II/2 Stunden post mortem, dann Alkohol. Ungefähr
12 [1 dicker Celloidinschnitt. Färbung mit Hämalaun-Eosin.
Vergrösserung: Reichert, Ocul. 4, Obj. 0.
Typische, Variola ähnUche Vacuolenbildung im Rete Malpighii bei Pest. Der in der Abbildung mehr diffus gehaltene bläuliche
Farbenton entspricht den ganz enormen Pestbacillenhaufen. Ferner kommt der Körnchenzerfall der Kerne, sowie die weite Ausein-
anderdrängung der Bindegewebsbündel im subcutanen Bindegewebe zum Ausdrucke. Die Gefässveränderungen konnten bei der
gebrauchten schwachen Vergrösserung nur als Verdickung der Wand der Gefässe dargestellt werden.
TAFEL XI.
Die drei abgebildeten Schnittpräparate sind nach Fixirung in MüUer'scher Flüssigkeit und Formol und Härtung in Alkohol mit
Hämalaun-Eosin gefärbt. Einbettung in Celloidin. Schnittdicke ungefähr 10 |x.
Fig. 1. Schnitt aus einer Niere des Falles 8/XIlI, vergl. Krankengeschichte II. A. , pag. 108. Fixirung 151/, Stunden
post mortem. Balkige oder schollige, mit Eosin stark gefärbte und homogen glänzende Gerinsel in den Capillaren der Glomeruli und
den kleinen Arterien der Rinde. In einem Harnkanälchen zahlreiche feine, blau gefärbte Tröpfchen.
Vergrösserung: Reichert, Ocul. 3, Obj. 7.
Fig. 2. Schnitt aus dem primären Bubo der rechten Axilla von Fall IS/XLVIII. Vergl. Krankengeschichte H.A.,
pag. 17. Fixirung IV2 Stunden post mortem. Typische Netzwerke von groben, stark mit Eosin gefärbten und
homogen glänzenden Balken im Bereiche der Blutgefässe.
Vergrösserung: Reichert, Ocul. 4, Obj. 5 (mit ausgezogenem Tubus).
Fig. 3. Schnitt aus der Milz von Fall 19/XLIX. Vergl. Krankengeschichte II. A., pag. 63. Multiple, kleinste, nekrotisirende
Herde einer bacillenreichen Pestmilz mit den characteristischen Coagulationen im Blute der Capillaren. Fixirung eine Stunde post
mortem.
Vergrösserung: Reichert, Ocul. 3, Obj. 7.
TAFEL XII.
Fig. 1. Schnitt aus dem pneumonisch infiltrirten Oberlappen der rechten Lunge von Fall 41/XLIII. Primäre
Pestpneumonie. Fixirung in MüUer'scher Flüssigkeit und Formol, 3 Stunden post mortem, dann Alkohol. Ungefähr 10 [j. dicker
Celloidinschnitt. Färbung mit Hämalaun-Eosin.
Schwache Vergrösserung: Reichert, Ocul. 3, Obj. 3.
Die Alveolarsepta sind in der für Pestpneumonie characteristischen Weise in breite Stränge, die aus mit Eosin stark gefärbten
Balken bestehen, umgewandelt. Die bläulich-violett gehaltenen Massen innerhalb der .Alveolen entsprechen grossen Anhäufungen von
Pestbacillen.
Fig. 2. Eine Stelle aus demselben Präparate mit stärkerer Vergrösserung (Reichert, Ocul. 4, Obj. 7), welche die eigenthümliehe
Form und Anordnung des netzartigen Balkenwerkes demonstrirt.
TAFEL XIIL
Fig. 1. Schnitt aus der Niere von Fall 26/X (vergl. Krankheitsgeschichte II. A., pag. 57). Fixirung in MüUer'scher Flüssig-
keit und Formol, 16 Stunden post mortem. Härtung in Alkohol. 10 (J. dünner Celloidinschnitt. Färbung mit Hämalaun-Eosin.
Vergrösserung: Reichert, Ocul. 4, Obj. 4 mit ausgezogenem Tubus.
Der Schnitt trifft einen metastatisch-emb olis chen Pestherd. Die bläulich-violetten Massen im Centrum des Herdes sind
Haufen von Pestbacillen und Reste der necrotisch zerfallenen Nierenepithelien. Ausserdem tritt der Körnchenzerfall der Zellkerne und
die Schwellung der Endothelzellkerne der Capillaren zu Tage.
Fig. 2. Ausstreifpräparat von dem Safte eines primären Bubo, Fall 38/LI (vergl. Krankengeschichte II. A., pag. 22).
Färbung mit alkalischem Methylenblau.
Vergrösserung: Homogene Immersion i/,2 Zeiss, Compensations-Ocul. 6.
Das Präparat demonstrirt den enormen Reichthum der Pestbacillen in einem primären Bubo und die ausgesprochene
Polymorphie (plumpovale Formen mit bipolarer Färbung, Bläschen- und Siegelringformen).
Denkschriften der mathem.-naturw. Cl. LXVI. Bd. 75
580
Fig. 3. Ausst reifpraparat von dem Sputum bei primciier l'ej> tpneu mon ic. Dieselbe Behandlung und Vcrgrösserung
wie beim vorstehenden Präparat. Hervorzuheben ist die l<ettenförmige Anordnung der Pestbacillen und das Auftreten grosser, unregel-
mässiger Formen, wie eine solche, rechts in der Abbildung, das Ende einer Kette bildet.
TAFEL XIV.
Fig. 1. Aus Streifpräparat vom Blute eines Pestkranken (vergl. Blutprotokoll Nr. 80, pag. 393) zeigt die, kurze
Zeit vor dem Tode sich findende, besondere Reichlichkeit der Pestbacillen im Blute vieler Pestkranker.
Fig. 2. Schnitt durch das Epithel und die angrenzenden subepithelialen Schichten einer Tonsille von
Fall 5/XXX. Fixirung in Müller'scher Flüssigkeit und Formol, 11 Stunden post mortem, Härtung in Alkohol, ungefähr 8 fi dicker
Paraffinschnitt, Färbung mit polychromem Methylenblau (Unna). Das subepitheliale Bindegewebe ist von zahllosen Pestbacillen und
wenigen ausgetretenen rothen Blutkörperchen durchsetzt, welche zwischen die Epithelzellen, dieselben auseinanderdrängend, ein-
dringen. Dadurch kommt es, wie die untere Hälfte der Abbildung zeigt, zur Bildung von kleinen Vacuolen im Epithel. In der oberen
Hälfte der Abbildung sieht man, wie die Pestbacillen zwischen die ganz unveränderten Schichten und Zellen des Oberflächenepithels
hineinwachsen.
Fig. 3. Schnitt aus der Milz von Fall 37/XLI. Fixirung 6 Stunden post mortem in Müller'scher Flüssigkeit und Formol,
Härtung in Alkohol, ungefähr 8 [j. dicker Paraffinschnitt, Färbung mit polychromem Methylenblau (Unna).
Die drei Abbildungen der Tafel XIV sind mit Homogen-Immersion i/jo von Zeiss und Compensations-Ocular 6 gezeichnet.
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AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
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