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Full text of "Der Anteil des Elsass an den geistigen Bewegungen des Mittelalters : Rede zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers, am 27. Januar 1912, in der Aula der Kaiser Wilhelms-Universität Strassburg"

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FEB22  1927 


DER  ANTEIL  DES  ELSASS 
AN  DEN  GEISTIGEN  BEWEGUNGEN 
DES  MITTELALTERS 


REDE 

ZUR  FEIER 

DES  GEBURTSTAGES  SR.  MAJESTÄT  DES  KAISERS 
AM  27.  JANUAR  1912 

IN   DER  AULA  DEK 

KAISER  WILHELMS-UNI VERSI  TÄT  STRASSBURG 

GEHALTEN  VON 

Dr.  CLEMENS  ^AEUMKER 


SIRASSBURG 

J.  H.  El).  Hkcfz  (Heitz  &  xMündel) 
1912 


Vkhi.aü  von  J.  H.  ED.  HEI  TZ  (HEITZ  6c  MÜNDEL). 


Das 

REICHSLAND  ELSASS-LOTHRINGEX 

Landes-  und  Ortsbesclireihniii: 

lieransgcgebeii 

vom  Statistischen  B'ireau  des  Ministeriums  für  Elsass-Lothringen. 

Mit  '21  Kreiskalten. 
Preis  des  gebundenen  Werkes  in  Ganzleinen   in  3  Jiänden  M.  -20.— 
Halbfranz,        •        »       M.  24.— 

Diese  nach  einheillichein  Plant  gearbeitete  Landes-  und  Ortsbeschreibung 
ist  für  jeden  der  sich  mit  der  Geschichte  und  den  Verhältnissen  Elsass- 
Lothringens  beschäftigt,  unentbehrlich.  Der  ungemein  billige  Preis  von  iM.  20 
oder  M  '^4  für  ein  Werl;  von  drei  starken  Bänden,  XV  III  u.  1/68  S.  mit  21 
Karten  umfassend,  erleichterl  die  .Anschaflung.  Prospekte  mit  genauer  Inhalts- ■ 
any.Hbe  und  Probeseite  aus  dem  Onschaftsverzeichnis  stehen  auf  \  erlangen 
zu  Itiensten.   

OrtsbesL'hnMljendt's  und  Geschichtliches 

WÖHTERBUCH 

aller  in  Elsaß-Lothringen  vorkommenden  Denkmäler,  Städte.  Dörfer, 
Höfe,  Bäche,  Flüsse,  Seen,  Berge  etc.  Separatausgabe  aus  :  «Das 
Reichsland  Elsaß-Lothringen.  Landes-  und  Ortsbeschreibung.  Heraus- 
gegeben vom  statistischen   Bureau  des  Ministeriums.»    IlL  Teil. 

gr.  8".    1258  Seiten. 
In  Halbfranz  mit  echtem  Kalblcder  gebd.  herabgesetzt  auf  M.  8.50. 
Davon  eine  kleine  Anzahl  mit  21  Kreiskarten  versehen,  ebenso  ge- 
bunden M.  LS  — . 


Dr.  JOS.  KNEPPER. 

DAS  SCHUL-  UND  UN TERRICHTS- 
WESEN  IM  ELSASS 

von  den  Anfängen  bis  gegen  das  Jahr  1530. 
Mit  12  Abbildungen.  3L  12.-;  gebd.  M.  14.- 

Inbalt  :  1.  Die  Klusu rschiilcn.  11  Die  Siili-sciuilcn.  III.  Die  Stadlschulen 
«nd  veru-md'e  .Anslaiieri,  1\',  Die  Disziplin.  Lehtn  •.uul  Treiben  der  Schüler. 
V.  Der  Unterricht  im  allgemeinen.  VI.  Der  elsässischc  Humanismus.  VII.  Bilder 
aus  dem  eKä>sischen  Schüllehen  Vlll.  Der  Lehrer,  sein  Amt  und  seine  Stellung. 
IX.  Sorge  für  arme  Schüler,  der  Kirchendienst  der  Schule.  X.  Feiern  und  Feste. 


Spezialkataloge  des  Verlags  werden  auf  Wunsch  zugesandt. 

hs  sind  erschienen  I.  Kunst  und  Kunstgeschichte;  II.  Schrif- 
ten über  Elsass-Lothringen;  III.  Theologie,  Philosophie;  IV. 
Geschichte,  Biographie,  Kulturgeschichte,  Geographie;  V. 
Bibliographie,  Jurisprudenz,  Mathematilc  und  Naturwissen- 
schaft, Erzählungen,  Reiseskizzen.  Gedichte,  Theater;  VI. 
Holzschnitte,  Schratblätter,  Teigdrucke  und  Kupferstiche 
des  15.  Jahrh.  (Einzelblätter)  meist  handkoloriert  in  Fak- 
simile: VII.  a)  Reden  gehalten  an  der  Kaiser  Wilhelms- 
Universität  Strassburg,  b)  Sonstige  Reden  und  Vorträge, 
c)  Predigten.  —  VIII.  Bibliotheca  Romanica. 


DER  ANTEIL  DES  ELSASS  AN  DEN 
GEISTIGEN  BEWEGUNGEN  DES  MITTELALTERS 


FEe23  1927 


DER  ANTEIL  DES  ELSASS 
AN  DEN  GEISTIGEN  BEWEGUNGEN 
DES  MITTELALTERS 


REDE 

ZUR  FEIER 

DES  GEBURTSTAGES  SR.  MAJESTÄT  DES  KAISERS 

AM  27.  JANUAR  1912 

IN   DER  AULA  DER 

KAISER  WILHELMS-UNIVKRSITÄT  STRASSBURG 

GEHALTEN  VON 

Dr   CLEMENS  -^AEUMKER 


STRASSBURG 
J.  H.  Ed.  Heitz  (Heitz  &  Mündel) 
1912 


Digitized  by  the  Internet  Archive 
in  2015 


https://archive.org/details/deranteildeselsaOObaeu 


Hochansehnliche  Festversammlung ! 

Der  heutige  Tag  ist  des  Kaisers.  — 

Drei  Tage  erst  sind  verflossen,  da  hallte  ganz  Deutsch- 
land wieder  vom  Preise  des  glorreichen  Königs  aus  dem 
Hohenzollernstamm,  der  Deutschlands  Vormacht,  die  Wurzel, 
aus  der  der  Organismus  des  neuen  Reiches  erwachsen,  und 
die  tragende  Stütze  seines  Baues,  der  Preußen  in  den 
schwersten  Kämpfen  um  seine  Existenz  durch  alle  P"'ährnis 
geführt  und  es  zur  Bedeutung  einer  europäischen  Macht 
erhoben  hat.  Nicht  -nur  wo  preußische,  nein  überall  wo 
deutsche  Herzen  schlagen,  gedachte  man  in  warmer  Be- 
wunderung der  gewaltigen  Herrschergestalt,  die  vor  zwei- 
hundert Jahren  am  24.  Januar  im  alten  Königsschloß  an 
der  Spree  das  Licht  der  Welt  erblickte :  Friedrichs  des 
Großen.  W^ir  gedachten  des  genialen  Feldherrn  und  aus- 
dauernden Soldaten,  der  auch  m  der  Niederlage  nicht 
verzweifelte  und  so  sein  Heer  zuletzt  von  Sieg  zu  Sieg 
führte,  des  klugen  Politikers,  der  zur  rechten  Zeit  los- 
schlagen und  zur  rechten  Zeit  warten  konnte,  des  weit- 
ausschauenden Gesetzgebers,  der  zu  dem  Preußischen 
Landrecht  den  Grund  legte,  des  schöpferischen  Staats- 
mannes, der  einem  verarmten  Staate  durch  seine  viel- 
verkannte Wirtschaftspolitik  neue  Hilfsquellen  zu  eröffnen 
und  neu  gewonnene  Provinzen  auf  das  engste  mit  den 


alten  zu  verschmelzen  wußte.  Wir  gedachten  auch  des 
Philosophen  auf  dem  Throne,  der,  von  Haus  aus  eine 
leichtlebige  Frohnatur,  in  des  Lebens  harter  Schule  zu 
der  ernsten  Lebensauffassung  des  Stoikers  sich  empor- 
gerungen, des  geborenen  Schriftstellers  und  des  edlen, 
aufopferungsvollen  Menschen,  der  zarte  Regungen  der 
Freundschaft  mit  einer  unerhörten  Strenge  gegen  sich 
selbst  vereinte.  Wir  gedachten  des  Königs  mit  dem 
leuchtenden  Auge  und  dem  von  der  Anstrengung  ge- 
beugten Körper,  dem  das  eiserne  Pflichtbewußtsein  des 
Lebens  Leitstern  geworden  war,  dessen  Leben  in  Sorge 
und  Mühe  für  das  ihm  anvertraute  Volk  sich  verzehrte 
und  der  —  nicht  staatsrechtlich,  aber  moralisch  —  sich 
selbst  als  seines  Staates  ersten  Diener  betrachtete.  Stolz 
und  freudig  nannten  wir  Friedrichs  Namen,  auch  in 
diesem  elsässischen  Lande  und  diesem  Straßburg,  dem 
er  dereinst,  Erfahrungen  suchend,  einen,  wenn  auch 
kurzen.  Besuch  gemacht  hat. 

Von  dem  großen  König  auf  Preußens  Thron,  dessen 
hohe  Verdienste  nicht  nur  auf  dem  Felde  kriegerischer 
Ehre,  sondern  auch  für  die  stilleren  Güter  der  geistigen 
Kultur  schon  der  Festredner  des  vorigen  Jahres  schilderte, 
wenden  wir  uns  heute  mit  besonderer  Freude  zu  seinem 
erhabenen  Nachfolger,  unserm  geliebten  Kaiser  Wilhelm. 
Ihn  zu  feiern  ist  heut  frohe  Pflicht,  wie  für  das  ganze 
weite  Reich,  so  besonders  für  des  Reiches  jüngsten  Sproß, 
unser  elsaß-lothringisches  Land.  Denn  dankerfüllten  Herzens 
und  frohen  Mutes  gedenken  wir  gerade  in  diesem  Jahre 
dessen,  der  in  schwerer  Zeit  voll  offenbarer  und  ver- 
steckter Gefahren  treusorgend  des  Reiches  als  Schützer  und 
Mehrer  waltete.  Dankbar  schauen  wir  zu  dem,  der  freund- 
wohlwollend und  tatkräftig  dafür  sich  einsetzte,  daß  eine 
neue  Verfassung  unser  Land  als  Teilglied  des  Reiches  der 
glücklichen  Zukunft  entgegenführe,  die  wir  alle  ihm  erhoffen. 

Wo  wie  nunmehr,  nach  Ausschaltung  des  Bundes- 


—    7  — 


rates  aus  unserem  Verfassungsbau,  in  gewissem  Sinne 
ein  Kaiserland  geworden,  wo  daher  die  staatsrechtlichen 
Bande  des  Kaisers  Person  noch  enger  mit  den  Landen 
zwischen  Wasgenwald  und  Rheinstrom  verknüpfen, 
da  ziemt  es  sich  wohl,  zur  Vergangenheit  uns  zurückzu- 
wenden und  der  Jahrhunderte  uns  zu  erinnern,  da  auch 
ein  deutscher  Kaiseraar  schirmend  über  jenen  Gauen 
schwebte,  jener  Aar,  den  unser  überraschtes  Auge  noch 
jetzt  mancherorts  an  städtischen  Gebäuden  wie  an  länd- 
lichen Gehöften,  in  Steingebild  und  in  Holzschnitzerei, 
als  Wappenzeichen  finden  kann.  Was  heimattreue  Männer 
auch  in  den  Jahren,  da  Elsaß  vom  Reiche  getrennt  war, 
gehütet,  was  sie  so  rühmlich  erforscht  und  uns  zu  weiterer 
wissenschaftlicher  Arbeit  übergeben  haben,  das  gewinnt 
ja  neue  Bedeutung,  seitdem  diese  Erinnerungen  wieder  in 
dem  Zusammenhange  leben,  in  dem  sie  ursprünglich  er- 
wachsen sind. 

Doch  Arbeitsteilung  ist  die  unentbehrliche  Voraus- 
setzung wissenschaftlichen  Fortschritts.  Wenn  darum  der 
Philosophiehistoriker  jener  Vorzeit  unseres  Landes  gedenkt, 
so  wird  er,  treu  dem  löblichen  akademischen  Grundsatz, 
auch  bei  den  Feiern  der  Universität  den  Stoff  dem  eigenen 
Arbeitsgebiet  zu  entnehmen,  auf  des  Landes  politische 
Geschichte,  auf  seine  wirtschaftliche  Entwickelung,  auf 
den  Gang  seiner  Kunst  und  manches  andere  nicht  näher 
eingehen  dürfen.  Was  ihn  beschäftigt,  ist  die  geistige 
und  intellektuelle  Kultur,  in  der  die  Denkweise  der  Zeit 
und  der  leitenden  Persönlichkeiten  sich  ausdrückt. 

Freilich  nötigt  auch  hier  die  Kürze  der  Zeit  und  das 
Bewußtsein  der  Grenzen  des  eigenen  Forschens  zu  man- 
cherlei Beschränkungen. 

Nur  von  dem  Elsaß,  nicht  auch  von  Lothringen,  sei 
hier  die  Rede;  denn  wie  politisch,  so  gingen  auch  kultu- 
rell das  Land  an  der  III  und  das  Land  an  der  Mosel  ihre 
eigenen  Wege. 


Was  ich  aber  vor  allem  bedaure,  das  ist  die  zeit- 
liche Beschränkung.  Denn  des  Elsasses  goldenes  Litera- 
turzeitalter ist  die  Periode  des  Humanismus  und  der  Re- 
formation. Als  Sebastian  Brant  mit  dem  echt  elsässischen 
Sinn  für  das  Lächerliche  des  Lebens,  aber  auch  mit  dem 
grimmig  ernsten  Daraufgehen  des  Alemannen  auf  das 
Falsche,  innerlich  Unwahre,  sich  Spreizende  sein  «Narren- 
schiff» schrieb,  als  das  stammverwandte  Schweizerkind 
Gailer  von  Kaysersberg,  die  «helltönende  Posaune  von 
Straßburg»,  alle  Torheit  und  Entartung  bei  Hoch  und 
Niedrig,  bei  Geistlich  und  Weltlich  geißelte,  als  Fischart 
und  Murner  ihre  Funkengarben  bitterer  Satire  und 
sprühenden  Witzes  in  den  Religionskampf  ihrer  Zeit 
schleuderten,  als  Johannes  Pauli,  .Jörg  Wickram  und  in 
weiterem  Abstände  der  von  jenseits  des  Rheines  gekom- 
mene Moscherosch  mit  lustig  zwinkerndem  Auge  ernste 
Mahnungen  gaben,  als  Lehrer  und  Altertumskenner,  wie 
der  Westfale  Dringenberg,  der  Straßburger  Peter  Schott, 
die  Schlettstädter  Wimpfeling  und  Beatus  Rhenanus,  der 
Colmarer  Sebastian  Murrho,  der  Rufacher  Jost  Galtz  und 
der  den  Eifelbergen  entstammte  große  Schulmann  Johannes 
Sturm  in  Wort  und  Schrift  die  neue  humanistische  Bildung 
förderten  und  verbreiteten:  da  stand  das  Elsaß  mit  in 
der  vordersten  Reihe  der  literarischen  Geistesbewegung. 
Doch  jene  Periode  ist  so  oft  und  so  gut  behandelt  worden  \ 
daß  ich  es  Berufeneren  überlassen  muß,  hier  Neues  und 
Eigenartiges  zu  bringen. 

Deshalb  werde  ich  auf  die  voraufgehende  Zeit  mich  be- 
schränken, auf  das  Mittelalter,  auf  die  Glanzzeit  des  alten  Kai- 
sertums. Den  Anteil  des  Elsaß  an  den  geistigen  Bewegungen 
des  Mittelalters  Ihnen  vorzuführen,  soll  meine  Aufgabe  sein. 

Wenn  ich  dabei  auf  systematische  Vollständigkeit 
verzichte  und  nur  Charakteristisches  in  einzelnen  Bildern 
herauszuarbeiten  suche,  so  möge  auch  das  die  Kürze  der 
Stunde  rechtfertigen. 


—    9  — 


1. 

Ein  erstes  Bild.  Klar  hebt  es,  dank  zwei  günstigen 
Sternen  in  der  sonst  so  dunklen  Überlieferung,  sich  ab  von 
dem  Dämmer,  der  in  frühmittelalterlicher  Zeit  auch  über 
der  Geschichte  des  Elsaß  liegt  Ermoldus  Nigellus  %  ein 
Romane  aus  Aquitanien,  Geistlicher  und  wohlbewandert  in 
der  lateinischen  Antike,  die  unter  Karl  dem  Großen  ihre 
erste  Wiedergeburt  erfahren  hatte,  befreundet  mit  Pippin, 
dem  Sohne  Ludwigs  des  Frommen,  ist  von  Ludwig,  der 
seinem  Einfluß  auf  den  Sohn  mißtraut,  nach  Straßburg 
verbannt.  Ein  Gedicht  in  elegischem  Versmaß,  in  dem 
er  Ludwigs  Taten  feiert,  826  vollendet,  und  ein  zweites, 
in  dem  er  Pippin  um  seine  Fürsprache  bittet,  sollen  die 
Heimkehr  erflehen.  In  beiden  Gedichten  gedenkt  er  seines 
erzwungenen  Aufenthaltsortes.  Der  Holz  und  Wildpret 
liefernde  Wasgenwald  und  der  fischreiche,  Goldsand 
führende  Rhein  schließen  ein  wohlbebautes  fruchtbares 
Land  ein,  das  an  seinen  Hängen  Wein  und  in  seinen 
Ebenen  Korn  die  Fülle  trägt.  Volkreich  und  wohlhabend 
ist  die  Hauptstadt  des  Landes. 

«Mich  ruft  Straßengeräusch    fort  zu  den  Giebeln  der  Stadt. 
Volifreich  istsie  gar  sehr  und  —  wert  solch  prangenden  Namens  — 

Argentei-ata  hat    einst  sie  der  Römer  genannt  3. 
Heut,  da  neu  sie  erblüht,  nur  Straßburg  wird  sie  geheißen, 

Weil  sturmfest  an  der  Haupt-Straße  der  Völker  sie  liegt«. 

Allein  das  Volk  ist  arg.  Des  Reichtums  hat  es  ge- 
nug; jedoch  von  Liebe  zu  Gott  weiß  es  nichts.  Aber 
ein  eifriger  Hirte  wacht  sorgend  über  ihm,  Bischof  Ber- 
nald,  der  Sproß  eines  vornehmen  Geschlechts  aus 
Sachsenland : 

«Denn  er  bemüht  sich,  die  Bibel  dem  Volk  in  der  heimischen 
Mundart 

Näher  zu  legen  und  pflügt    kräftig  die  Herzen  und  treu  *  » 
Der  Geist  des  großen  Karl,  der  als  Schutzvogt  der 
Kirche  seine  pohtische   und  kulturelle  Aufgabe  zugleich 


—    10  — 


als  christlich-religiöse  Sendung  auffaßt,  weht  uns  hier 
entgegen.  Was  Karl  am  Herzen  liegt:  das  trotz  der  Taufe 
noch  halb  heidnische  Volk  auch  innerlich  in  der  Ge- 
danken- und  Gefühlswelt  des  Christentums  heimisch  zu 
machen,  das  erstrebt  auch  Bernald,  der  in  der  heimischen 
Sprache  das  Volk  in  der  Religion  unterweist.  Sein  Wort 
ist  schUchte  deutsche  Prosa.  Aber  noch  wenige  Jahr- 
zehnte, und  Otfried,  der  Mönch  von  Weißenburg,  wird  in 
seinem  «Krist»  das  Lob  des  Herrn  in  deutschen  Versen 
singen,  wie  vor  ihm  in  Bernaids  Heimat  der  sächsische 
Dichter  des  «Heliand»  in  heimischen  Lauten  es  hatte 
erklingen  lassen. 

Und  noch  ein  zweiter  Lichtstrahl  erhellt  das  Dunkel: 
ein  Bibliothekskatalog  des  Benediktinerklosters  Murbach 
im  Oberelsaß  aus  der  Mitte  des  neunten  Jahrhunderts, 
mit  einem  Nachtrag  aus  etwas  späterer  Zeit\  Wir  finden 
da  einen  reichen  Besitz  an  Werken  geistlichen  und  welt- 
lichen Inhalts.  Die  Kirchenväter  machen  den  Anfang, 
Augustinus  vor  allem  mit  der  Mehrzahl  seiner  philoso- 
phischen und  theologischen  Schriften,  doch  auch  viele 
andere,  selbst  griechische,  wie  Origenes  und  Gregor  von 
Nazianz,  diese  natürlich  in  Rufins  lateinischen  Über- 
setzungen. Es  folgen  Historiker  —  kirchliche  und  profane 
— ,  christliche  und  heidnische  Dichter,  gelehrte  Sammel- 
werke für  den  Betrieb  der  freien  Künste,  wie  die  des 
Cassiodor  und  des  Isidor  von  Sevilla.  Auch  die  Philo- 
sophie ist  vertreten,  außer  durch  Augustins  philosophische 
Schriften  durch  den  gesprächigen  Cicero,  durch  des 
Lucretius  naturalistisches  Lehrgedicht,  durch  den  dem 
Neuplatonismus  folgenden,  doch  auch  an  Aristoteles  ge- 
bildeten Boethius,  durch  das  geistige  Haupt  der  karo- 
lingischen  Renaissance,  Alkuin,  den  «modernus  magister», 
wie  der  Katalog  ihn  nennt.  Selbst  des  Plinius  Natur- 
geschichte, Vitruvs  Schrift  über  die  Architektur  und  der 
Mediziner  Oribasius  fehlen  nicht. 


—  11  — 


So  lehren  uns  die  dürren  Titel  in  jenem  Bücher- 
katalog, wie  das  Elsaß  teilnimmt  an  der  großen  Geistes- 
erneuerung, der  Karls  herrschgewaltiger  und  bildungs- 
dürstender  Geist,  beraten  von  dem  Angelsachsen  Alkuin, 
nach  den  Stürmen  der  wilden  Merowingerzeit  die  Lebens- 
bedingungen und  die  Lebensantriebe  gegeben  hatte.  Auch 
über  dem  Elsaß  geht  jene  römisch-christliche  Bildung  der 
karolingischen  Zeit  auf,  die  aus  theologischen  und  aus 
klassischen  Elementen  erwachsen  ist  und  die  —  Alkuins 
Werke  zeigen  es  —  in  den  philosophischen  Fragen,  die 
über  die  formale  Logik  hinausgehen,  auf  dem  christ- 
lichen Piatonismus  Augustins  und  des  Boethius  sich 
aufbaut 

Aber  woher  kam  dem  Elsaß,  kam  Straßburg  und 
Marbach  jene  Bildung  zugeflossen?  Leicht  möchte  man 
an  Lothringen  als  unmittelbare  Quelle  denken,  wo  die 
spätrömisehe  Kultur  eine  Heimstätte  gefunden  hatte  und 
wo  St.  Marlin  in  Metz  als  Stätte  blnhender  Bildung  sich 
hervortat.  In  Wirklichkeit  führen  nicht  zur  Mosel,  sondern 
zum  östlichen  alemannischen  Nachbarlande  die  Spuren. 
Dort,  in  Kloster  Reichenau  bei  Konstanz,  Pirmins  Gründung 
auf  der  Insel  des  üntersees,  hatte  der  edle  Sachse  Bernald 
seine  Bildung  genossen,  wohl  als  Geisel  dorthin  gebracht: 
von  Reichenau  war  er,  wie  vor  ihm  Bischof  Heddo,  nach 
Straßburg  gekommen.  Mit  Reichenau  steht  auch  Murbach 
in  Verbindung,  durch  Briefwechsel  und  Gebetsverbrüder- 
ung; von  dorther  stammte  auch  nachgewiesenermaßen 
wenigstens  ein  Teil  der  Murbacher  Handschriften 

So  umschließt  das  Elsaß  und  die  Alemannen  jenseits 
des  Schwarzwalds  nicht  nur  die  Stammesbrüdeischaft, 
sondern  auch  die  geistige  Kulturgemeinschaft  des  christ- 
lich-klassischen Bildungsideals. 

Eine  neue  Kulturwelle,  eine  zweite  Renaissance,  er- 
hebt sich  unter  den  sächsischen  Kaisern,  den  Ottonen. 
Aber  das  nunmehr  peripherisch  gelegene  Elsaß  scheint 


—    12  — 


sie  nicht  stärker  zu  bewegen.  Ich  überspringe  darum 
zwei  .lahrhunderte,  bis  in  die  Zeit  der  fränkischen  Kaiser. 

2. 

Ein  neues  Bild  \  —  Es  ist''  im  Jahre  1083,  in  der 
guten  Jahreszeit,  die  ins  Freie  lockt.  Da  wandeln  im 
Garten  des  arg  beschädigten  Stiftes  der  regulierten  Chor- 
herrn zu  Lautenbach  bei  Gebweiler  zwei  im  Wissen  ihrer 
Zeit  wohl  bewanderte  Männer  einher,  der  Elsässer  Mane- 
gold  und  der  Kölner  Wolfhelm  ;  und  wie  es  bei  Freunden 
der  Gelehrsamkeit  und  in  erregten  Zeiten  natürlich, 
kommt  ihre  Rede  bald  auf  die  Wissenschaft,  bald  auf  die 
großen  Fragen  der  Zeit.  Es  sind  die  Jahre,  in  denen 
der  Investiturstreit  am  heftigsten  tobt.  Mächtig  hob  sich 
wieder  Heinrichs  IV.  Banner.  Vergessen  war  sein 
Canossagang;  der  nach  langem  Zögern  auch  von  Gregor  VII. 
anerkannte  Gegenkönig  Rudolf  von  Schwaben,  den  die 
streitenden  Fürsten  dem  Salier  entgegengesetzt  hatten, 
hatte  bei  Zeitz  den  tötlichen  Streich  empfangen.  Dem 
Papste  selbst  war  in  Wiberl  ein  Gegenpapst  gegenüber- 
gestellt und  es  nahte  für  ihn  die  trübe  Zeit  des  Exils, 
aus  dem  in  Salerno  der  Tod  ihn  befreite.  Heftig  platzen 
in  dieser  Siedehitze  des  Kampfes  auch  im  Klostergarten 
zu  Lautenbach  die  Geister  aneinander;  denn  der  Elsässer 
Maneg(jld  war  ein  eifriger  Anhänger  Gregors,  der  Rhein- 
länder Wolf  heim  aber  hielt  es  mit  dem  König  und  Gregors 
Gegenpapst  Wibert. 

Und  nicht  nur  die  Politik  trennt  die  beiden.  Auch 
in  der  Wissenschaft  stehen  sie  in  verschiedenen  Heer- 
lagern. Hier  scheidet  die  Stellung  zur  Philosophie,  zur 
Weisheit  des  Altertums,  die  Geister.  Sie  sprechen  von 
dem  in  jener  Zeit  viel  gelesenen  Kommentar,  den  Makro- 
bius,  ein  Neuplatoniker  des  fünften  Jahrhunderts,  zu  dem 
«Traum  des  Scipio»,  einer  Episode  aus  Ciceros  verlorenem 
sechsten  Buch  über  den  Staat,  geschrieben  hat.  Während 


-    13  - 


Wolfhelm  bei  den  alten  Philosophen  überhaupt  und  bei 
Makrobius  insbesondere  nur  wenig  findet,  was  ihm  miß- 
fällt, sieht  Manegold  die  Bücher  der  Philosophen  erfüllt 
von  schädlichen  Irrtümern  und  voll  von  Widersprüchen 
gegen  den  Glauben.  So  mischt  sich  der  Kampf  um  den 
Makrobius  mit  dem  Streit  um  Gregor.  Hartnäckig  ist  der 
Kölner;  in  laute  Scheltworte  bricht  der  Elsä.sser  aus.  In 
Unfrieden  gehen  sie  auseinander.  Aber  doch  hofft  Mane- 
gold seinen  Gegner  zu  überzeugen.  Er  schreibt  an  Wolf- 
helm eine  Abhandlung,  deren  dramatisch  bewegte  Ein- 
leitung uns  das  Bild  vorführt,  das  wir  soeben  erzählen. 
Darin  handelt  er  ausführlich  von  den  vielen  Irrtümern 
bei  Makrobius  sowie  bei  anderen  griechischen  Philosophen 
und  sucht  zugleich  Gregors  Sache  gegen  den  Gegen- 
papst Wibert  und  gegen  den  König  Heinrich  zu  führen. 

Auf  die  letztere  Frage  kommt  er  freilich  nur  in  den 
Schlußkapiteln  des  Werkes.  Um  so  ausführlicher  geht  er 
in  einer  zweiten  Streitschrift  darauf  ein,  an  der  er  gleich- 
zeitig mit  jenem  Werke  arbeitete.  Sie  ist  dem  salzburger 
Erzbischof  Gebhard  gewidmet  und  richtet  sich  gegen  den 
trierer  Scholastikas  Wenrich,  der  die  Königsgewalt  als 
eine  von  Gott  gebilligte  ursprüngliche  Einrichtung  ver- 
fochten und  es  für  empörend  erklärt  hatte,  den  König 
absetzen  zu  wollen  wie  einen  beliebigen  Hausmeier. 
Radikal  sind  Manegolds  Theorien.  Nicht  nur  wird,  wie 
bei  der  kurialistischen  Partei  üblich,  aus  der  Strafgewalt 
des  höchsten  Oberhauptes  der  Kirche  über  alle  ihre  Ange- 
hörigen und  aus  der  minderen  Würde  der  königlichen 
Gewalt  gegenüber  der  päpstlichen  das  Recht  des  Papstes 
zur  Entthronung  des  Königs  abgeleitet,  nicht  nur  wird  das 
Amt  des  Königs  als  etwas  von  dem  Träger  desselben 
Trennbares  hingestellt,  sondern  Manegold  vertritt  auch 
die  Lehre  von  der  Entstehung  der  Herrschergewalt  im 
Staate  durch  einen  Vertrag  zwischen  Fürst  und  Volk, 
der  dem  Fürsten,  solange  er  seine  Amtspflicht  erfüllt,  das 


—    U  — 


Herrscherrecht  verleiht,  aber  auch  dem  Volke,  wenn  jener 
zum  Tyrannen  geworden,  das  Recht  zu  seiner  Entsetzung. 
Niehl  zwar  Rousseaus  Theorie  von  der  Volkssouveränität,  die 
den  Regierenden  zum  jederzeit  absetzbaren  bloßen  Reauf- 
traglen  macht,  wohl  aber  die  der  Monarchomachen  des 
sechzehnten  und  siebzehnten  Jahrhunderts  ist  hier  vor- 
gebildet. 

In  der  Polemik  fallen  scharfe  Hiebe  auf  den  König 
und  seinen  Anhang  unter  den  Rischöfen ;  selbst  an  rohen 
Worten  und  niedrigen  Vergleichen  fehlt  es  nicht.  «Jener 
Manegold  war  ein  rücksichtsloser  Mensch  und  ist  jetzt 
begraben.  Daher  wünschen  wir,  daß  auch  sein  Ruch  mit 
ihm  begraben  sei» :  so  läßt  der  Propst  Gerhoh  von  Reichers- 
berg einen  weltlichen  Kleriker  sagen  Aber  eines 
müssen  wir  dem  Lautenbacher  lassen:  geradeaus  war  er 
und  ehrlich.  Dixi  quod  sensi,  sagt  er,  «ich  habe  ge- 
sprochen wie  ich"s  mein'»:  und  das  wird  auch  wahr 
sein. 

Aber  in  welchen  geistigen  Verband  fügt  sich  der 
Elsässer  ein?  Wo  ist  der  Ursprung  seiner  Lehren  und 
in  welchen  Zusammenhang  weist  die  von  ihm  vertretene 
Bewegung? 

Nicht  ganz  leicht  ist  die  Frage  zu  beantworten, 
wegen  der  mancherlei  Unsicherheiten,  die  sich  an  die 
Person  Manegolds  anknüpfen.  Wenn  wir  den  jüngsten 
Forschungen  uns  anschließen  dürfen'^  —  und  ich  bin 
aus  verschiedenen  Gründen  geneigt,  es  zu  tun  — ,  so  ist 
der  Verfasser  jener  Streitschriften,  Heinrichs  Gegner,  der 
nach  der  Verwüstung  Lautenbachs  durch  die  Anhänger 
Heinrichs  sich  nach  Rottenbuch  in  Oberbayern  zurück- 
zog, bald  aber  nach  dem  Elsaß  heimkehrte,  wo  er  bei 
Einrichtung  des  Augustinerklosters  Marbach  (südwest- 
lich von  Colmar)  half  und  später  Propst  desselben 
wurde,  trotz  aller  Einwendungen  doch  derselbe  mit  jenem 
gefeierten  deutschen  Lehrer  Manegold,  der  um  1060  an- 


—    15  — 


fing  in  Frankreich  sich  einen  Namen  zu  erwerben,  und 
den  eine  nicht  lange  nach  Manegolds  Tode  in  Deutsch- 
land entstandene,  in  einer  Handschrift  des  Klosters  Melk 
an  der  Donau  erhaltene  kirchliehe  Literaturgeschichte''^, 
die  gleichfalls  den  Lehrer  und  den  Anhänger  Gregors 
identifiziert,  als  «modernorum  magister  magistrorum» 
feiert.  Sollten  aber  doch  jener  Lehrer  und  der  Lauten- 
bacher, wie  Giesebrecht  wollte,  verschiedene  Personen 
sein:  nun,  so  möge  das  alemannische  Land  —  denn  auf 
dieses. weist  der  Name  hin  —  sich  freuen,  daß  es  zwei 
solcher  Männer  hervorgebracht  hat. 

Von  jenem  magister  Manegold  nun  wissen  wir,  daß 
er,  wie  der  vielgereiste  Anselm  von  Besäte,  wie  Petrus 
Damiani  und  der  gleichfalls  aus  Italien  nach  Frankreich 
gekommene  Lanfranc,  zu  den  Männern  gehörte,  die,  gleich 
den  Lehrern  der  allgemeinen  Bildung  itn  alten  Hellas, 
den  Sophisten,  als  Privat-  und  Wanderlehrer  umherzogen, 
bald  hier,  bald  dort  durch  künstlich  abgezirkelte  Reden 
voll  dialektischer  Überraschungen  Bewunderung  erregend'*. 
In  den  ruhig  schlichten  Gang  der  klassischen  und  christ- 
lichen Studien,  wie  die  Kloster-  und  Domschulen  sie  seit 
der  Karolingerzeit  betrieben  hatten,  war  damals  nämlich 
ein  neuer  Zug  gekommen.  Wohl  im  Zusammenhang  mit 
der  Neubelebung  des  Rechtsstudiums  in  Italien  war  ein 
neuer  Eifer  für  die  freien  Künste:  Grammatik,  Rhetorik 
und  Dialektik,  erwacht,  und  jene  Wanderlehrer  waren 
Hauptträger  dieser  Bewegung.  Manegold,  der  im  Franken- 
lande umherzog,  fand  hierbei,  wie  es  heißt,  an  seiner 
Gattin  eine  Genossin  der  Arbeit  und  in  seinen  Töchtern 
Gehilfinnen  für  die  Lehrtätigkeit.  Wir  denken  dabei 
an  die  weiblichen  Lehrer  der  Medizin  in  Salerno'\ 
Frauen  und  Töchter  der  Professoren,  und  an  die  freilich 
etwas  mythische  schöne  Juristentochter  in  Bologna,  Novella, 
des  Johannes  Andreä  Kind,  die  hinter  herabgelassenem 
Vorhang  in  Vertretung  des  Vaters  die  Vorlesung  hielt 


—   16  - 


Aber  stete  Wanderfahrt  macht  matt.  Wie  Damiani 
und  Lanfrane,  so  klopfte  auch  Manegold  wandermüde  an 
die  Klosterpforte,  im  Kloster  zunächst  wohl  weiter  lehrend. 
Mancherlei  Wissen  hat  er  mitgebracht  Noch  in  den 
Streitschriften  macht  er  aus  Dichtern  und  Geschicht- 
schreibern, aus  Philosophen  und  des  Boethius  Arithmetik 
Anführungen,  und  auch  die  aristotelische  Dialektik  er- 
wähnt er  in  der  Widmung  seiner  Schrift  an  Gebhard^*: 
jetzt  freilich,  um  sie  als  aristotelische  Sophismen  abzu- 
lehnen ' '. 

Denn  um  die  Dialektik  ist  ein  heftiger  Kampf  ent- 
brannt'*. Ist  sie  doch  auch  in  die  Theologie  einge- 
drungen und  hat  hier  Beunruhigung  und  Streit  erregt. 
Vor  allem  war  Berengar  von  Tours,  bekannt  aus  den 
Abendmahlsstreitigkeiten,  auf  diese  Weise  zur  Leug- 
nung geltender  Glaubenslehren  gekommen.  Da  erwacht 
eine  theologische  Reaktion  gegen  die  Dialektik  und  die 
Philosophie  überhaupt.  Und  merkwürdig,  aber  psycholo- 
gisch erklärlich  :  gerade  in  den  Kreisen  jener  ehemaligen 
Lehrer  der  freien  Künste  gewinnt  diese  Stimmung  den 
schärfsten  Ausdruck.  Petrus  Damiani,  jetzt  Bußprediger 
und  zuletzt  Kardinal,  wird  der  heftigste  Antidialektiker. 
Ebenso  Berengars  Gegner  Lanfrane,  wenn  dieser  auch  in 
Wirklichkeit  nicht  ganz  von  der  dialektischen  Methode 
lassen  kann  und  damit  die  Begründung  der  eigentlichen 
Scholastik  durch  Anselm  von  Canterbury  und  Abälard 
vorbereitet.  Auch  Manegold,  dessen  geistige  Beziehungen 
zu  Damiani  durch  dessen  Benutzung  in  beiden  Streit- 
schriften bewiesen  werden  macht  diese  Wendung  mit. 
Der  Elsässer  ist  jetzt  Gegner  der  im  Frankenlande  sich 
vorbereitenden  neuen  begrifflich-dialektisch  spekulierenden 
Wissenschaft.  Er  bekämpft  die  Philosophie,  in  der  er, 
wie  Otloh  von  St.  Emmeram  in  Regensburg,  eine  Gefahr 
für  den  Glauben  und  wohl  auch  für  den  rechten  Ordens- 
gei.st  erblickt. 


-    17  - 


Es  ist  hier  nicht  möglich,  auszuführen,  wie  aus  dieser 
Stimmung  heraus  auch  die  Schärfen  in  Manegolds  kirchen 
politischen  Darlegungen  verständlich  werden.  Nachgehen 
kann  ich  auch  nicht  den  jüngst  mehrfach  erforschten 
literarischen  Abhängigkeiten,  die  hier  vom  Elsaß  zum 
deutschen  Südosten,  insbesondere  zu  dem  Schwaben 
Gebhard  von  Salzburg  hinführen  ^"^j  ebensowenig  wie  den 
Ursprüngen  jener  aus  römischrechthchen,  kanonistischen 
und  germanischen  Elementen  erwachsenen  demokratisch 
angehauchten  Staatstheorie die  zu  dem  kirchlichen 
Konservativismus  ihres  Urhebers  nur  anscheinend  im 
Widerspruch  steht.  Nur  auf  einen  kleinen,  doch  bedeut- 
samen Zug  sei  hingewiesen,  der  für  den  Untergrund  von 
Manegolds  Empfinden  bezeichnend  ist.  Wo  er  von  dem 
Vertragsbruch  redet,  den  ein  Fürst,  der  die  Gerechtigkeit 
nicht  wahre,  dem  Volk  gegenüber  begehe,  da  spricht  er 
nicht  von  den  Rechten  des  Volkes,  die  der  Fürst  ver- 
letze; nach  echt  germanischem  Gefühl  vielmehr  sieht 
Manegold  darin  ein  Verletzen  der  Treue,  die  Fürst  und 
Volk  aneinander  binden  solF^. 

3. 

Als  Propst  von  Marbach  hat  Manegold  schon  den 
Anfang  der  großen  Bewegung  erlebt,  die  der  europäischen 
Kulturwelt  eine  neue  Gestalt  gab,  ja  wahrscheinlich  war 
er  sogar  auf  der  berühmten  Synode  zu  Clermont  zugegen 
wo  der  erste  Kreuzzug  beschlossen  wurde Er  konnte 
noch  mit  einstimmen  in  den  Jubel  der  Christenheit,  als 
noch  vor  Schluß  des  Jahrhunderts  die  Stätten,  die  des 
Erlösers  Fuß  geweiht,  den  Muselmännern  wieder  entrissen 
waren.  Ob  er,  der  derbe  Mann  aus  dem  Volke  und  strenge 
Anhänger  asketischer  Reform,  wohl  auch  der  glanzvollen 
Kulturentwickelung  sich  gefreut  hätte,  die  nunmehr  von 
ihrer  französischen  Heimat  aus  auch  über  die  deutschen 
Lande  sich  verbreitete^'?    Damals  entwickelt  das  fran- 

2 


—  ^s  — 


zösische  Rittertum  in  Krieg  und  Spiel,  in  heiterem  und 
ernstem  Lebensverkehr  neue  Formen,  die  bald  interna- 
tionale Geltung  erhalten  und,  wo  nur  Rittertum  herrscht, 
das  höfische  Leben  verfeinern.  Eine  europäische  Kultur- 
gemeinschaft bahnt  sich  an.  Was  der  französische  Ritter 
und  Spielmann  singt,  das  Lied  und  die  Weise,  die  Fabel 
und  ihr  sinnlich  bildhaftes  Kleid,  das  wird  Muster  für 
alle,  die  dilettantisch  oder  berufsmäßig  der  Poesie  huldigen. 
Auch  in  der  lateinischen  Bildung  des  Klerikers  tritt,  von 
Frankreich  her  sich  verbreitend,  dieser  Zug  ins  Geglättete 
und  Elegante  hervor.  Feiner  humanistischer  Geist  herrscht 
in  der  philosophischen  Schule  des  kunstberühmten 
Chartres^\  wo  die  beiden  bretonischen  Brüder  Bernhard 
und  Thierry  die  platonische  Ideenwelt  erneuern,  wo 
Bernhard  Silvester  die  Bildung  des  Makrokosmus  und 
des  Mikrokosmus  in  poetischer  Prosa  und  in  Versen, 
mit  Boethius  wetteifernd,  schildert  und  wo  der  dem  nor- 
mannisch gewordenen  England  entstammte  gelehrte  Johannes 
von  Salisbury,  der  spätere  Bischof  von  Chartres,  vorher 
Thomas  Beckets  Kanzler,  ernste  ethische  Mahnungen  in 
Verse  nach  dem  Vorbild  von  Ovid,  Persius  und  Juvenal 
kleidet.  Nicht  minder  herrscht  jener  humanistische  Geist 
bei  dem  Magister  Alanus  von  Lille,  dessen  schwunghafte 
allegorischen  Poeme  nicht  auf  die  gelehrte  Welt  be- 
schränkt bleiben,  sondern  auch  von  französischen,  deut- 
.  sehen  und  englischen  Dichtern  erwähnt  werden  Auch 
historische  Gedichte  in  glatten  lateinischen  Versen  gibt 
es  in  großer  Zahl,  und  der  Vaganten  unverwüstlich  lebens- 
frohe, spottlustige  Schar  erneuert  Ovid  und  Horaz  in  den 
Formen  der  rhythmischen  lateinischen  Poesie  des  zwölften 
Jahrhunderts.  —  Nicht  minder  nimmt  die  neue  Bauweise 
und  die  neue  Bildnerkunst  vom  Frankenreiche  her  ihren 
Siegeslauf. 

So  wird  in  jenen  Tagen  das  Westreich  der  Führer 
zur  Schönheit  froher  Sinneskultur.    Sein  Einfluß  steigert 


—    19  — 

im  zwölften  Jahrhundert  sich  zusehends  vom  ersten  Ein- 
setzen an,  um  iu  der  ersten  Hälfte  des  dreizehnten  den 
Höhepunkt  zu  erreichen.  Uas  ist  die  glanzvolle  Staufer- 
zeit,  da  des  Reiches  Herrscher  zugleich  des  elsässischen 
Landes  Herzöge  sind. 

Uem  Westreiche  Grenznachbar,  steht  das  Elsaß  der 
von  dorther  kommenden  befruchtenden  P'lut  offen.  Am 
sinnfälligsten  tritt  dies  in  der  Baukunst  zutage.  Nicht 
leicht  zwar  ringt  sich  die  etwas  schwere  und  derbe  Art 
des  Landes  los  von  der  ererbten  Bauweise.  Dann  aber 
eilt  es,  seit  Meister  Rudolf  am  straßburger  Münster  baut, 
allen  voran  in  dem  neuen  Stil,  der  den  logischen  Geist 
der  neuen  Scholastik  mit  der  phantastischen  Kühnheit 
des  Rittertums  eint.  Das  ist  die  Zeit,  da  der  elsässische 
Spielmann  Heinrich  der  Glichezare  für  einen  elsässischen 
Edelmann  nach  französischem  Vorbild  den  verschlagenen 
Helden  des  Tierepos,  Reinhard  den  Fuchs,  besingt,  da 
der  Minnesinger  Reinmar  der  Alte,  die  «Nachtigall  von 
Hagenau»,  obzwar  meist  in  Österreich  lebend,  durch  seine 
auch  von  Walter  gepriesene  edle  Kunst  der  Heimat  zu 
hohen  Ehren  gereicht,  da  Meister  Gottfried  von  Straßburg 
dem  schwülen  keltisch-französischen  Sang  von  Tristan 
und  Isold  so  manche  psychologische  Feinheit  abzuge- 
winnen und  ihm  ein  so  schimmerndes  und  geschmeidiges 
Gewand  zu  geben  weiß. 

Und  auch  in  der  geistlichen  Welt  des  Elsaß  herrscht 
neues  Leben.  Noch  im  zweiten  Drittel  des  zwölften  Jahr- 
hunderts entsteht  auf  dem  Odilienberge  der  «Lustgarten» 
Herrads  von  Landsberg  in  dem  die  Äbtissin  von  Hohen- 
burg wie  in  einem  Orbis"  pictus  mit  frischem  Griff  ins 
Menschenleben  «einem  Bienchen  gleich»  alles  der  Frau 
wissenswert  Erscheinende  zusammenträgt  und  es  in  fast 
siebenhundert  sorgsam  ausgeführten  Bildern  erläutert. 
Auch  die  neue  lateinische  Verskunst  macht  hier  Schule. 
Für  Barbarossas  Söhne  dichtet  der  wohl  auf  französischen 


—    2ü  — 

Schulen  gebildete  Scholastikus  Gunther  später  Mönch 
im  elsässischen  Zisterzienserkloster  Pairis,  den  Sang  von 
Jerusalems  Eroberung  und  den  «^Ligurinus»,  in  dem  er 
Friedrichs  Talen  vor  Mailand,  des  allen  Liguriens  Haupt- 
stadt, in  so  tadellosen  Versen  schildert,  daß  man  lange  Zeit 
das  Werk,  das  Gaston  Paris  als  Kleinod  in  Deutschlands 
Dichterkrone  preist,  für  eine  Fälschung  der  Humanisten- 
zeit glaubte  erklären  zu  müssen.  Selbst  in  seinem  mit 
allerhand  Schulgelehrsamkeit  prunkenden^''  asketischen 
Werke  über  «Beten,  Fasten  und  Almosengeben»  greift 
Gunther  gern  in  die  klassische  Welt  hinein  und  gibt  z.  B. 
durch  die  allegorische  Ausdeutung  der  Ulyssessage  ein 
poetisches  Bild  von  den  Gefahren,  die  der  Christ  auf  der 
Fahrt  durch  das  Meer  des  Lebens  zu  bestehen  hat 

4. 

Aber  eins  ist  merkwürdig.  So  vielfach  und  reich 
auch  der  Einfluß  der  westlichen  Kultur  auf  das  Elsaß  ist, 
den  dieses  Bild  aus  der  Wende  des  zwölften  und  drei- 
zehnten Jahrhunderts  uns  erkennen  läßt,  so  vermissen 
wir  doch  mit  Überraschung  einen  Zug  darin.  Von  der 
gewaltigen  philosophischen  Bewegung,  die  zu  der  Zeit 
viele  tausende  von  Scholaren,  jung  und  alt,  nach  Frank- 
reich zog,  finden  wir  im  Elsaß  keinen  Widerhall.  Und 
doch  war  es  Großes,  was  auf  dem  Gebiete  der  philoso- 
phisch-theologischen Wissenschaft  der  französische  Geist 
damals  hervorbrachte.  Es  war  die  neue  Scholastik,  da- 
mals ein  junges,  lebensfrisches  Gebild.  Auch  sie  ist  zu- 
nächst ein  französisches  Gewächs.  Ein  Abälard,  ein 
Gilbert  de  la  Porree,  ein  Bernhard  und  Thierry  von 
Chartres,  ein  Alain  de  Lille  bauen  an  ihr.  Nur  der 
mystisch  gefärbten  Scholastik  von  St.  Viktor  bei  Paris 
wird  durch  den  von  augustinischen  Traditionen  erfüllten 
sächsischen  Grafensohn  Hugo  von  St.  Viktor  ein  anderer 
Keim  eingepflanzt. 


—  21  — 


An  sich  stand  der  Verbreitung  dieses  neuen  Wissens- 
ideals über  Frankreichs  Grenzen  hinaus  nichts  entgegen. 
Das  beweist  uns  z.  B.  Otto  von  Freising,  des  Gilbert  de 
la  Porree  Schüler^*.  Aber  in  das  Elsaß  ist  damals  die 
neue  Scholastik  nicht  gedrungen.  Hatte  vielleicht  zu  der 
Zeit  das  kleine  Land  zufällig  keinen  bedeutenderen  philo- 
sophischen Kopf?  Oder  liegt  daneben  auch  ein  tieferer 
Grund  vor?  War  vielleicht  Abälards  Denkweise  und 
Methode  der  geistigen  Eigenart  des  Elsässers  weniger  ge- 
rnäß? Denn  anders  wird  das  Verhältnis  des  Elsaß  zur 
Philosophie  und  zur  spekulativen  Theologie,  als  aus  der 
Frühscholastik  des  zwölften  die  Hochscholastik  des  drei- 
zehnten Jahrhunderts  hervorwächst.  Jetzt  ist  Paris  noch 
immer,  wie  Albert  der  Große  sie  nennt,  «die  Stadt  der 
Philosophen»*^;  aber  die  Scholastik  hat  das  spezifisch 
Französische  abgestreift.  Zwar  gibt  es  auch  im  dreizehnten 
und  noch  mehr  im  vierzehnten  Jahrhundert  unter  ihren 
Vertretern  hervorragende  Denker  französischer  Abstam- 
mung; aber  die  eigentlichen  Baumeister  kommen  jetzt 
von  außen.  Haies  kommt  von  England,  Albert  aus 
Deutschland;  Bonaventura  und  Thomas  von  Aquino  sind 
Italiener,  Siger  Brabanter;  Heinrich  von  Gent  ist  Vlaeme, 
Duns  Scotus  Ire,  und  die  Engländer  Grosseteste  und 
Bacon  haben  auch  etwas  zu  sagen. 

Jetzt  hat  auch  das  Elsaß  seinen  Anschluß  gefunden-''. 
Jetzt  verfaßt  Ulrich  Engelberti  von  Straßburg  —  nach 
einer  Angabe  bei  C.  Schmidt  gehörte  er  zur  Familie  der 
Zorn'*  —  unter  dem  Titel:  «Vom  höchsten  Gute»  ein 
spekulatives  theologisch-philosophisches  Riesenwerk,  von 
dessen  Inhalt  vor  kurzem  Martin  Grabmann  weiteren 
Kreisen  einige  Kenntnis  gegeben  hat  ;  denn  noch  harrt 
es  der  Herausgabe  und  ist  uns  nur  aus  den  Handschriften 
näher  bekannt^".  Jetzt  schreibt  Hugo  Ripelin  von  Straß- 
burg —  auch  er  aus  der  Verwandtschaft  der  Zorn  3'  — 
sein  oftgedrucktes  «Kompendium  der  theologischen  Wahr- 


—    22  — 


heit»,  das  dem  Elsässer  mit  Unrecht  so  oft  strittig  ge- 
macht wurde  Und  im  folgenden  Jahrhundert  erhalten 
wir  von  Thomas  von  Straßburg*'',  aus  Hagenau  gebürtig, 
ein  theologisches  System,  das  die  Lehre  des  größten  Theo- 
logen des  Augustinerordens,  Ägidius  von  Rom,  in  muster- 
hafter Klarheit  zusammenfaßt. 

Freilich  fehlen,  wenigstens  im  vierzehnten  Jahrhundert, 
auch  weniger  erfreuliche  Seiten  nicht.  Als  bloßer  Aus- 
schreiber fremder  Werke  ist  Nikolaus  von  Straßburg 
erwiesen.  Und  wenn  Johann  von  Dambach,  den  man 
einen  Mystiker  nennt,  weil  man  ihn  nicht  gelesen  hat, 
unter  dem  seltsamen  Titel  :  «^Über  die  sinnfälligen  Freuden 
des  himmlischen  Paradieses» eine  Untersuchung  anstellt, 
wie  es  mit  Gesicht,  Gehör,  Geschmack,  Geruch  und  Getast 
der  Seligen  im  Himmel,  mit  ihrer  Stimme  und  ihrem  Gesang 
usw.  beschaffen  sei,  so  hat  er  zwar  nebenbei  auch  die 
Absicht,  den  plumpsinnlichen  Paradiesesvorstellungen  der 
Mohammedaner  und  anderer  entgegenzutreten ;  aber  sein 
eigenes,  glücklicherweise  bis  jetzt  nicht  gedrucktes  Werk 
gehört  doch  mit  zu  dem  Schlimmsten,  was  als  scholastische 
Spitzfindigkeiten  gerügt  wird.  Er  steht  da  zur  Seite  der 
Schwester  Katrei  von  Straßburg,  die  in  einem  zu  Unrecht 
dem  Meister  Eckhart  zugeschriebenen,  in  Wirklichkeit  ganz 
oder  halb  beghardischen  Traktat  genau  anzugeben  weiß,  wie- 
viel Selige  im  Himmel  auf  einer  Nadelspitze  sitzen*-.  Und  doch 
konnte  dieser  Johann  von  Dambach  auch  anders  schreiben. 
Sein  in  Straßburg,  Köln  und  Basel  gedrucktes  «Theolo- 
gisches Trostbüchlein»,  ist  ein  Seitenstück  zu  des  Boethius 
«Trost  der  Philosopliie» das  mit  dem  eigenen  Wort  eine 
reiche  Blütenlese  nicht  nur  aus  kirchlichen  Schriftstellern, 
sondern  auch  aus  Cicero,  Valerius  Maximus  und  besonders 
aus  Seneca,  dem  weltlichen  Seelsorger  des  Altertums,  verbin- 
det. Soerinnerl  es  stark  an  eine  gleichzeitige  ähnliche  Schrift 
aus  ganz  anderem  Kreise,  an  das  «Heilmittel  in  Freud  und 
Leid»  von  dem  Vater  des  Humanismus,  Francesco  Petrarca 


-    23  — 


Aber  das  sind  Nebenerscheinungen,  wie  sie  überall 
sich  finden.  Jenes  straßburger  Dreigestirn  Ulrich,  Hugo 
und  Thomas  zeigt  uns,  auf  wie  fruchtbaren  Boden  die 
neue  Bewegung  im  Elsaß  gefallen  war  '  "'. 

Der  bedeutendste  unter  den  drei  ist  Ulrich.  Früh 
in  den  Dominikanerorden  getreten,  saß  er  in  Köln  zu 
den  Füßen  Alberts  des  Großen,  wohl  zwischen  den  Jahren 
1248  bis  1254.  Seinem  Lehrer  bleibt  er  in  lebensläng- 
licher Dankbarkeit  verbunden.  Mehr  als  eine  Stelle  in 
in  den  von  Heinrich  Finke  aufgefundenen  Briefen  aus 
der  Zeit  seiner  späteren  Tätigkeit  als  Provinzialoberer 
des  Ordens  —  vorher  war  er  Lesemeister  in  Straßburg 
—  legt  rührendes  Zeugnis  davon  ab**;  wie  denn  über- 
haupt jene  Briefe  einen  tiefen  Blick  in  Ulrichs  Geistesart 
geben.  Auch  seine  politische  Stellung  lassen  sie  erkennen. 
Es  ist  die  Zeit,  da  der  Glanz  der  Staufer  erloschen  ist 
und  die  Wirren  des  Interregnums  schwer  ülfer  den 
deutschen  Landen  lasten.  Da  macht  auch  Ulrich  Stimmung 
für  die  Wahl  Budolfs  von  Habsburg,  die  der  Not  ein 
Ende  gebracht  haf''. 

Ulrich  ist  ein  Denker  von  besonderer  Prägung,  kein 
bloßer  Kompendienschreiber.  So  weist  er  uns  zugleich 
hin  auf  die  Eigenart  des  elsässischen  Geistes,  in  der  Zeit 
der  Hochscholastik  nicht  nur,  sondern  noch  lange  darüber 
hinaus.  Denn  auch  in  der  Mystik  des  vierzehnten  Jahr- 
hunderts finden  wir  einen  ähnlichen  Stimmungscharakter. 

Jene  Eigenart  erkennen  wir  aus  der  besonderen 
Bichtung,  welche  Ulrich  in  seinem  theologischen  und  be- 
sonders in  seinem  philosophischen  Denken  verfolgt.  Sie 
war  bis  vor  wenigen  Jahren  so  gut  wie  unbekannt.  Jetzt 
zeigt  sich  mehr  und  mehr,  daß  wir  es  mit  einer  ganzen 
Gruppe  von  Denkern,  mit  einer  Art  von  Schule,  zu  tun 
haben Innerhalb  derselben  fängt  zwar  jeder  in  seiner 
Art  an ;  aber  alle  werden  doch  geeint  durch  das  Band 
gemeinsamer  Grundgedanken  und  Grundstimmungen.  Ihre 


Heimat  hat  diese  Schule  in  den  Ländern  am  Rhein  und 
im  mittleren  und  oberen  Deutschland,  in  Köln,  Straßburg 
und  Freiburg  •''^  vor  allem.  Man  möchte  sie  darum  die 
südwestdeutsche  Scholastik  nennen.  Die  durchsichtige 
Klarheit  und  geschlossene  Konsequenz  des  thomistischen 
Systems  geht  ihr  ab.  Dafür  aber  zeigt  sie  hohe  Kraft 
der  Phantasie;  und  starke  Antriebe  empfängt  sie  wolil 
auch  aus  den  Unterschwingungen  des  Gemütes. 

Wollen  wir  diese  Richtung  und  mit  ihr  die  Denk- 
weise des  straßburger  Philosophen  aus  dem  dreizehnten 
Jahrhundert  verstehen,  so  müssen  wir  an  Ulrichs  Lehrer 
Albertus  Magnus,  den  großen  Schwaben,  anknüpfen. 

Dieser  Albert  ist  ein  grundgelehrter  Denker  und  ein 
ebenso  empfindsamer  wie  reicher  Geist,  der  jede  ihn 
treffende  Bewegung  aufnimmt  und  verarbeitet.  Er  stellt 
in  einer  Periode  mächtigster  Erregung  in  der  Welt  der 
philosophischen  und  theologischen  Spekulation,  die  durch 
mancherlei  treibende  Kräfte,  insbesondere  das  aus  der 
hellenischen  Wissenschaft  und  dem  Orient  neu  zuströmende 
Material,  in  eine  gewaltige  Gärung  versetzt  ist^-.  Vor- 
anstürmende Philosophen  und  der  Tradition  getreue  Theo- 
logen stehen  sich  als  Extreme  gegenüber.  Zwischen  diesen 
versuchen  andere  —  mit  nachhaltigstem  Erfolge  der  an- 
fangs von  beiden  Seiten  bekämpfte  Thomas  von  Aquino 
—  auf  verschiedene  Weise  eine  mittlere  Linie  zu  ge- 
winnen, auf  der  Altes  und  Neues  zu  geeinter  Stoßkraft 
zusammentreten  soll. 

Albert  überschaut  dies  alles.  Mit  anschmiegsamer 
Biegsamkeit  umfaßt  er  Vielerlei:  philosophische  Spekula- 
tionen und  positive  theologische  Wissenschaft,  exakte 
Naturbeobachtung  und  gemütvolles  Glauben,  Scholastik 
und  Mystik.  Aber  noch  wird  er  des  vielseitigen  Gedanken- 
stoffs nicht  Herr.  Sein  Denken  wird  nicht  selten  zwie- 
spältig nach  verschiedenen  Richtungen  auseinander  ge- 
trieben.   Darum  kann  er  denn  auch  nach  verschiedenen 


Richtungen  hin  Anregung  geben.  Wenn  Albert  wie  ein 
Mann  der  Tradition,  nur  wenig  erst  von  den  neuen 
aristotelischen  Gedanken  beeinflußt,  seinen  Sentenzen- 
kommentar  schreibt,  so  bietet  er  den  Stoff,  den  Hugo 
Ripelin  von  Straßburg  in  seinem  Kompendium  zusammen- 
faßt ^-^  Wenn  er  in  seiner  theologischen  Summe  und  der 
Summe  über  die  Kreaturen  Augustins  platonisierende 
Metaphysik  und  die  Begriffe  des  christlich  gewendeten 
Aristoteles  zu  einheitlicher  Synthese  zusammenzufassen 
sucht,  so  ist  das  die  Aufgabe,  die  das  Lebenswerk  von 
Alberts  Schüler  Thomas  von  Aquino  ausmacht. 

Aber  neben  der  aristotelischen  Philosophie  hat  noch 
eine  andere  Denkweise  starken  Eindruck  auf  Albert  ge- 
macht. Das  ist  der  von  Plotin  begründete  Neuplatonis- 
mus,  den  er  teils  aus  den  Ausläufern  der  griechischen 
Literatur  kennt,  teils  aus  arabischen  Quellen,  insbesondere 
dem  arabischen  Philosophen  Avicenna,  der  ihn  mit  dem 
Aristotelismus  verbunden  hatte.  Von  der  nüchternen 
Metaphysik  des  Stagiriten  stehen  die  phantasievollen 
Konstruktionen  weit  ab,  welche  der  Neuplatonismus 
von  dem  stufenweisen  Hervorgang  der  Dinge  aus  der 
ersten  Ursache  gibt,  und  von  dem  sympathischen 
Zusammenhang,  der  die  Hochwelt  und  die  Niederwelt 
durchziehen  soll.  Und  doch  sind,  trotz  aller  Phantastik, 
auch  tiefsinnige  Denkmotive  darin  enthalten,  die  einen 
sinnigen  Geist,  wie  den  Alberts,  wohl  anziehen  konnten. 
So  ist  er  denn  mit  diesem  Neuplatonismus  sehr  weit  mit- 
gegangen, oft  so  weit,  daß  er  überrascht  stille  steht 
und  alles  Gesagte  als  einen  bloßen  historischen  Bericht 
hinstellt. 

Hier  liegt  die  Erklärung  für  Ulrichs  Denkweise.  Die 
auf  augustinischer  Grundlage  erwachsene  Theologie  ver- 
bindet er  mit  Alberts  neuplatonisch  durchsetztem  Aristo- 
telismus. Dieses  neuplatonische  Element  gibt  ihm  und 
jener  ganzen  Richtung  das  charakteristische  Gepräge.  Das 


—    '26  — 


Einzelne  freilich  läßt  sich  nur  in  fachwissenschaftlichem 
Zusammenhange  dartun.  Sonst  müßte  ich  sprechen  vom 
schöpferischen  Flusse  aller  [)inge,  von  den  über  der 
Menschheit  stehenden  Intelligenzen,  insbesondere  von  ihrer 
untersten,  dem  wirkenden  Verstände,  von  dessen  Ver- 
bindung mit  der  Seele,  von  der  göttlichen  Erleuchtung, 
die  sich  mit  der  von  den  Intelligenzen  kommenden  vereint, 
von  der  Idealwelt  und  von  den  Formen,  die  von  da 
durch  die  Welt  der  Intelligenzen  hindurch  niedersteigen, 
von  Lichtmetaphysik  und  von  den  in  der  Materie  liegen- 
den Keimen,  von  Dionysius  dem  Pseudo-Areopagiten,  von 
dem  Uber  de  causis  und  Avicenna  und  von  vielem  anderen, 
was  sich  in  Kürze  doch  nicht  anschaulich  machen  läßt'*. 
Möge  man  es  bald  in  einer  Veröffentlichung  von  Ulrichs 
Werk  selbst  lesen  können ! 

Ulrichs  Geistesrichtung  findet  Fortsetzung  bei  seinem 
in  Süddeutschland  wirkenden  Ordensgenossen,  dem  Meister 
Dietrich  von  Freiberg ''^  Nicht  minder  stark  tritt  sie 
hervor  in  den  zuerst  von  Denifle  angezogenen  scholasti- 
schen Schriften  des  in  Straßburg  und  in  Köln  lehrenden 
Mystikers  Meister  Eckhart.  Sie  wird  offenbar  geteilt  auch 
von  Eckharts  Verteidiger,  dem  Elsässer  Nikolaus  von  Straß- 
burg (dem  Älteren). 

Wollen  wir  so  recht  diese  Eigenart  des  elsässischen 
Geistes  innerhalb  der  Scholastik  empfinden,  so  mögen 
wir  Lothringen  zum  Vergleich  heranziehen.  Dort  wird 
im  Jahre  1350  Domdechant  zu  Metz  der  vorher  als  Lehrer 
in  Paris  tätige  Nikolaus  von  Autrecourt  einer  Ortschaft 
in  der  Nähe  von  Bar-le-Duc.  Kritisch  bis  zum  Zermürben 
der  Wirklichkeit  ist  der  Geist  des  dem  Nominalismus 
huldigenden  , Mannes,  dessen  Lehre  uns  gleichfalls  erst  in 
den  letzten  Jahren  näher  bekannt  geworden  ist.  Scharf- 
sinnig untersucht  er  die  Berechtigung  des  Substanz-  und 
des  Kausalbegriffs.  Da  ist  er  vor  Locke  und  Hume  zu 
Aufstellungen  gekommen,  die  gelegentlich  sogar  wörtliche 


—    '27  — 


Ijbereinstimimmg  mit  Kant  aufweisen.  —  So  der  Loth- 
ringer. Während  des  wuchs  im  Elsaß  im  Zusammenhange 
mit  dem  Neuplatonismus  eine  neue  Bewegung  heran. 

5. 

Und  nun  ein  letztes  Bild.  Es  führt  nicht,  wie  das 
vorige,  in  unbekannte  Gebiete,  und  darum  kann  ich  mich 
kurz  fassen,  kürzer  als  es  der  Bedeutung  der  Sache  ent- 
spricht. Die  Mystik  im  Elsaß  soll  es  vorführen,  insbe- 
sondere die  deutsche  Mystik,  die  dem  geistigen  Leben  des 
Landes  im  vierzehnten  Jahrhundert  und  darüber  hinaus 
ihren  Stempel  aufdrückt'''. 

Die  Kunde  von  dieser  Mystik  war  niemals  verschollen, 
wie  die  von  der  Scholastik  der  voraufgehenden  Zeit. 
Mancherlei  Gründe  hielten  ihr  Andenken  wach,  zutreffende 
und  weniger  oder  gar  nicht  zutreffende.  Wer  weiß  nicht 
von  dem  großen  Prediger  Tauler,  dessen  Grabdenkmal 
noch  jetzt  sein  Andenken  lebendig  erhält  in  der  Neuen 
Kirche  zu  Straßburg,  die  an  der  Stelle  der  ehemaligen 
Dominikanerkirche  sich  erhebt,  der  Stätte  von  Taulers 
Wirken?  Wer  nicht  von  Rulman  Merswin  und  von  dessen 
Stiftung  auf  dem  «Grünen  Wörth»,  einst  unter  der  Pflege 
der  Zorn,  der  Kageneck  und  anderer  Geschlechter  eine 
blühende  Stätte  frommen  Lebens  ^""j  jetzt  zum  Gefängnis,  zum 
«Uaspelhüs»  degradiert?  Selbst  die  Ausartungen  jener  Mystik 
werden  noch  jetzt  gar  anschaulich  vor  Augen  gestellt  durch 
einen  Grabstein  im  Querschiff  der  straßburger  Thomaskirche 
vom  Jahre  1410,  das  furchtbar  realistische  Bild  des  zu 
einem  Gerippe  zusammengeschrumpften  «Mannes  auf  der 
Matte»,  der,  wie  es  in  einer  gedruckten  Erklärung  heißt, 
*aus  Gottesliebe  und  Frömmigkeit  sich  den  Hungertod 
gab»"".  Und  auch  die  deutschen  Werke  jener  Mystiker, 
Taulers  Predigten  und  Merswins  Traktate,  sein  Buch  von 
den  neun  Felsen  wie  die  dem  angeblichen  Gottesfreunde 
vom  Oberland  unterschobenen  Schriften,  sind  allgemein 


—    28  — 


bekannt  durch  die  Arbeiten  der  Historiker  und  Germa- 
nisten, von  Carl  Schmidt  und  Jundt,  Preger,  Denifle  und 
Strauch  bis  zu  Lauchert,  Rieder  und  Spamer.  Freilich, 
zu  tun  ist  auch  da  noch  genug.  War  bis  jetzt  doch  noch 
nicht  einmal  eine  kritische  Ausgabe  von  Taulers  Predigten 
möglieh  ! 

Uns  Jetztlebenden  ist  jene  Mystik  leicht  ein  bloßes 
Wort,  eine  unlebendige  Vorstellung  von  einer  traumhaft 
fernen  Sache.  Aber  damals  haben  in  ernster  Entsagung 
viel  hundert  Herzen  nach  jenen  mystischen  Schauern 
gerungen,  in  der  Klosterzelle  und  in  der  Welt;  und  wenn 
wir  die  mystischen  Schriften  jener  Zeit  lesen,  so  weht 
uns  ein  Hauch  daraus  entgegen  von  inbrünstigem  Sehnen 
und  tiefem  Frieden  zugleich. 

Nicht  jede  innerliche  Frömmigkeit  werden  wir  freilich 
als  Mystik  bezeichnen  können.  Die  Lebensbeschreibungen, 
welche  die  Priorin  des  Dominikanerinnenklosters  Unter- 
linden  bei  Colmar,  Katharina  von  Gebweiler,  von  dem  er- 
baulichen Lebenswandel  der  ersten  Schwestern  jenes 
Klosters  gab''\  werden  wir  darum  wohl  der  asketischen, 
al)er  nicht  der  mystischen  Literatur  zuzählen.  Die  Mystik 
hat  ihren  besonderen  Zug.  «Entbildet  werden  von  der 
Kreatur,  gebildet  werden  mit  Christo,  überbildet  werden 
in  der  Gottheit»,  so  bestimmt  Seuse  ihren  Gang^^.  Man- 
cherlei Wege  zu  jenem  Ziele  hatte  die  mystische  Denk- 
weise eingeschlagen,  mehr  praktische  und  anschauliche 
und  mehr  spekulative.  Für  diese  spekulative  Art  hatten 
Augustin  und  Dionysius  der  Pseudo-Areopagit  den  Grund 
gelegt.  Richard  von  St.  Viktor  und  Thomas  von  Vercelli 
gaben  ihr  die  spezifisch  mittelalterliche  Form 

Hier  setzt  die  deutsche  Mystik  ein,  die  David  von 
Augsburg  und  Albertus  Magnus**  vorbereiten,  deren 
eigentlicher  Regründer  aber  der  viel  umstrittene  Meister 
Eckhart  ist.  Von  Geburl  zwar  nicht,  wie  man  wohl  an- 
nahm     ein  straßburger  Kind,  sondern  einem  bei  Gotha 


—    '29  — 


ansässigen  thüringischen  Rittergeschlecht  entstammend 
steht  Eckhart  zu  Straßburg  doch  in  engen  Beziehungen*". 
Hier,  wie  in  Köln  und  Erfurt,  ist  er  mehrfach  tätig  ge- 
wesen. Auf  seiner  Lehre  fußen  Tauler,  der  straßburger 
Bürgersohn,  und  Seuse  das  konstanzer  Patrizierkind ''^ ; 
und  auch  Rulmann  Merswin ,  der  ehemalige  straß- 
burger  Hiandelsherr,  steht  noch  in  der  Nachwirkung  seiner 
Lehre. 

Diese  Lehre  Eckharts  bietet  in  dem,  was  sie  von  Gott 
und  dem  göttlichen  Leben  sagt,  im  wesentlichen  dasselbe, 
wie  die  übliche  Scholastik,  insbesondere  die  Ihomistische. 
Nur  Unkenntnis,  vor  allem  von  Eckharts  lateinischen 
Schriften"",  und  Mißverständnis  hatten  hier  anderes  ge- 
funden. Aber  in  der  Art,  wie  sie  des  Menschen  Ver- 
hältnis zu  Gott  und  die  Weise  iener  mystischen  Schauung 
deutet,  steht  jene  Lehre  stark  unter  dem  Einfluß  der 
neuplatonischen'"  Scholastik,  als  deren  Vertreter  neben 
Ulrich  von  Straßburg  wir  soeben  den  Meister  Eckhart 
kennen  lernten.  Nicht  als  religiöse  Bewegung  —  die  lag 
von  je  im  Christentum  — ,  wohl  aber  nach  ihrer  meta- 
physischen und  psychologischen  Begründung  ist  die  Mystik 
aus  jener  neuplatonisierenden  Scholastik  hervorgegangen, 
die  zugleich  die  Stimmung  für  sie  vorbereitete'^. 

Aber  wie  ist  diese  Mystik  eine  spezifisch  deutsche 
geworden,  d.  h.  eine  solche,  die  nicht  nur  in  Deutschland 
gepflegt  wurde,  sondern  die  auch  ihren  literarischen 
Niederschlag  in  deutscher  Sprache  fand?  Das  geschah 
vor  allem  durch  die  Predigt die  Predigt  in  den  Klöstern 
und  die  Predigt  vor  dem  Volke. 

Teils  der  religiöse  Sinn  des  Mittelalters,  teils  auch 
die  schon  damals  in  der  Frauenfrage  liegenden  sozialen 
Schwierigkeiten  hatten  einer  großen  Zahl  von  Frauenklöstern 
und  weiblichen  religiösen  Lebensgemeinschaften  die  Entsteh- 
ung gegeben:  Klöstern  der  Dominikanerinnen  und  anderen 
für  die  städtischen  Geschlechter,  Beginenhäusern  für  die 


—    30  - 


arbeitsgewühnten  Handwerkertöchter'''.  Für  die  Mehrzahl 
dieser  Klöster,  insbesondere  auch  in  Straßburg,  Colmar, 
Freiburg  und  Köln,  wurde  den  Predigermönchen  die  Seel- 
sorge übertragen.  Ein  Johann  von  Sterngassen''',  ein  Eck- 
hart, ein  Nikolaus  von  Straßburg' %  ein  Tauler,  ein  Seuse, 
waren  in  dieser  Weise  tätig.  Entsprechend  einem  psycho- 
logisch sehr  wohl  erklärlichen  Zuge  jener  weiblichen  Zu- 
hörer verlangten  auch  sie  in  der  Frömmigkeit  nach  hohen 
Dingen,  und  so  nahmen  die  Predigten  naturgemäß  jenen 
spekulativ  mystischen  Charakter  an,  der  sich  von  hier 
aus  dann,  wie  Tauler  zeigt,  überhaupt  auf  die  Predigt- 
weise übertrug.  Klosterfrauen  haben  Eckharts  Predigten 
zuerst  in  deutscher  Sprache  aufgezeichnet,  und  auch 
deutsche  mystische  Traktate  in  Menge  sind  in  jenem 
Kreise  entstanden.  Von  solchen  Traktaten,  die  nachweis- 
bar dem  Elsaß  angehören,  sei  hier  ein  leider  unvollständig 
erhaltener  aus  dem  Kloster  Unterlinden  zu  Colmar  hervor- 
gehobenin  dem  sich  religiöse  Gemütsinnigkeit  und  ein 
ofTenes  Auge  für  die  Schönheit  der  Natur  in  sinniger 
Weise  vereinen  ". 

Aber  auch  in  den  Laienkreisen  des  Elsaß  fand  jene 
Bewegung  lebhaftesten  Widerhall  '**.  Rulman  Merswin  '■' 
beweist  es  uns.  Und  wenn  in  dem,  was  man  uns  von 
dem  Bunde  der  «Gottesfreunde»  erz;ihlt,  auch  vieles 
romanhaft  sein  mag,  wenn  insbesondere  der  geheimnis- 
volle «Gottesfreund  vom  Oberland> dem  Tauler  seine 
geistige  Erweckung  verdanken  soll,  Merswins  oder  seines 
Schülers  Nikolaus  von  Löwen  Erdichtung  ist:  das  bleibt 
bestehen,  daß  auch  das  Laienelement,  insbesondere  das 
bürgerlich  städtische,  in  den  Ländern  am  Rhein  in  dieser 
Zeit  des  schwarzen  Todes  und  der  Geißlerfahrten,  des 
päpstlichen  Schismas  und  der  sozialen  Erschütterungen,  aber 
auch  des  aufblühenden  Bürgertums,  von  jener  mystischen 
Geistesbewegung  in  nicht  geringem  Maße  ergriffen  ist. 
Hat  man  doch  auch  in  der  Kunst  jener  Zeiten,  in  Köln 


—    31  — 


wie  im  Süden,  diesseits  und  jenseits  des  Rheins,  ihre 
Schwingungen  zu  verspüren  geglaubt 

Und  diese  Laienmystik,  wie  Merswin  sie  uns  reprä- 
sentiert, hat  trotz  aller  Gleichheit  des  rein  betrachtenden 
Inhalts  doch  auch  ihren  besonderen  Zug.  Es  ist  der  Ton 
scheltender  Rüge  die  gegen  alle  Entartung  und  Ver- 
äußerlichung  sich  richtet,  nicht  nur  bei  den  Laien,  sondern 
auch  im  geistlichen  Stand,  vom  Kaiser  bis  zum  Bürgers- 
mann, vom  Papst  und  Kardinal  bis  zum  Mönch  und  Leut- 
priester.  So  hatte  einst  auch  Bernhard  von  Clairvaux 
zu  Papst  Eugen  III.  von  der  Entartung  in  der  Kirche 
gesprochen ;  so  redete  auch  Merswins  Zeitgenossin,  die 
Dominikanerin  Katharina  von  Siena.  Aber  mehr  noch 
werden  wir  an  die  spätere  Entwickelung  im  Elsaß  selbst 
gemahnt,  an  Gailer  von  Kaysersberg  und  Sebastian  Brant. 

Doch  nicht  nur  eine  starke  Welle  edler  Mystik  ist 
durch  das  Land  gegangen.  Auch  jene  schlimme  Pseudo- 
mystik,  die  seit  dem  Anfang  des  zwölften  Jahrhunderts 
Frankreich,  Deutschland  und  die  Niederlande  beunruhigt, 
ist  dem  Lande  nicht  fremd  geblieben.  Entstellte  Sätze 
von  der  göttlichen  Allwirksamkeit  mißdeutend,  wähnten 
diese  «Schwestern  und  Brüder  vom  freien  Geiste»  den, 
der  zur  Höhe  der  Schauung  und  zum  Einssein  mit  Gott 
gelangt  sei,  von  allem  Gesetz  und  allem  äußeren  Werk 
entbunden.  In  frechem  Hinwegselzen  über  Zucht  und 
Sitte  gestatteten  sie  sich  deshalb  jegliche  Ausschweifung. 
L>er  straßburger  Bischof  Johann  von  Dirpheim**'  schritt 
1317  gegen  diesen  sittlichen  Anarchismus  ein,  der  be- 
sonders unter  den  bettelnd  umherziehenden  Begharden 
seinen  Anhang  hatte  und  auch  einzelne  Beginenhäuser  zu 
ergreifen  drohte.  Sein  'Nachfolger  Berthold  von  ßucheck 
erheß  mehrfache  Synodalbestimmungen  gegen  das  schlimme 
Treiben  *\  Eckhart  und  Tauler  sowie  Seuse  lassen  nicht 
nach,  gegen  solch  wilde  Reden  zu  eifern  Freilich  ge- 
braucht auch  Eckhart  im  Streben  nach  neuem,  kühnem 


—   32  — 


Ausdruck  gelegentlich  Redewendungen,  die  der  Metaphysik 
jener  Kreise  bedenklich  sich  nähern"'.  Aber  nie  wird 
der  ernste  Mann  müde,  vor  jener  Unmoral  mit  heiligem 
Feuer  zu  warnen. 

Doch  genug  von  diesen  unerfreulichen  Lehren,  die, 
soweit  wir  wissen,  in  dieser  Form  zuerst  von  den  An- 
hängern des  Amalric  von  Bennes  im  Distrikt  von  Chartres 
ausgebildet  wurden  In  einen  engeren  Zusammenhang 
als  jene  internationale  Bewegung  führt  uns  die  Mystik 
Taalers.  War  schon  in  der  Scholastik  des  dreizehnten 
Jahrhunderts  auf  dem  Gebiete  der  intellektuellen  Geistes- 
kultur das  Elsaß  mit  dem  westlichen  und  südlichen 
Deutschland  vereint,  so  ist  dieser  Zusammenhang  ein  noch 
stärkerer  in  der  Mystik  des  vierzehnten  und  fünfzehnten, 
die  nicht  nur  auf  die  gelehrten  Kreise  sich  beschränkt, 
sondern  zu  einer  volkstümlichen  Bewegung  sich  auswächst. 
Es  ist  wie  in  der  baugeschichtlichen  Entwickelung,  wo 
um  1300  die  Fäden,  die  zum  französischen  Westen  leiten, 
plötzlich  abbrechen,  um  fast  nur  noch  die  Beziehungen 
nach  dem  Unterrhein  und  nach  Schwaben  bestehen  zu 
lassen  Der  Schwabe  Ulrich  von  Ensingen  führt  Erwins 
Bau  weiter,  und  nicht  viel  später  setzt  der  Kölner 
Johann  Hültz  dem  ragenden  Münsterturm  die  mystische 
Spitze  auf. 

Wenigstens  ein  Zug  von  Mystik  scheint  im  elsässi- 
schen  Blute  zu  stecken.  Zur  Zeit  der  großen  Revolution 
noch  vereinigt  jener  Pfarrer  Oberlin,  den  uns  Lienhards 
Feder  so  packend  geschildert  hat,  hohe  praktische  Tüch- 
tigkeit mit  der  Mystik  Swedenborgs.  Gut  hundert  Jahre 
vorher  läßt  ein  unbekannter  Dichter  im  Oberland  in 
Nachahmung  des  rheinischen  Dichters  der  Trutznachti- 
gall», des  mystisch  gerichteten  Friedrich  von  Spee,  sein 
Gemüt  in  sinnigen  Versen  ausströmen  —  Chrislophorus^" 
•  hat  sie  185:^  in  der  «Alsatia»  veröffentlicht  — .  In  charak- 
teristischen Strophen  voll  feiner  Naturbeobachtung  fordert 


—    33  - 


er  alle  Vögel,  groß  und  klein,  auf,  das  Lob  Gottes  zu 
singen.  Ihnen  allen  voran  steht  der  Adler;  denn,  so 
redet  der  Dichter  ihn  an : 

Kein  Vogel  ist  dir  gleich; 
Drum  dich  im  Wappen  führet 
Das  heilig  römisch  Reich. 

Mit  dieser  Strophe  des  elsässischen  Dichters  stehen 
wir  wieder  dort,  von  wo  wir  ausgegangen  sind.  Es  grüßt 
aus  dem  Elsaß  des  deutschen  Reiches  Aar.  Ehe  wir 
scheiden,  blicken  wir  darum  noch  einmal  zu  dem  er- 
habenen Herrscher,  in  dem  des  deutschen  Reiches  Gewalt 
die  persönliche  Spitze  hat. 

Gott  schütze,  Gott  erhalte,  Gott  segne  den  Kaiser! 


ANMERKUNGEN 


'  Es  sei  beispielsweise  hingewiesen  auf  A.W.  S  tv  o  b  e  1,  Vater- 
ländische Geschichte  des  Elsasses,  fortg-esetzt  von  L.  H.  Engel- 
hardt. 2.  A.  1851.  Bd.  III.  453  f.  IV.  134-149.  Ottokar  Lorenz 
und  Wilh.  Sch  erer.  Geschichte  des  Elsasses.  3.  A.  Berlin  1886. 
S.  157ff.  2.56fr.  Rud.  Reuß  De  scriptoribns  rerum  Alsaticarum 
historicis  inde  a  primordiis  ad  saeculi  XVIII  exitiim.  Straßburg  1898. 
S.  72— S6  ;  auf  die  großzügige  Charakteristik  im  wirtschaftlichen 
Zusammenhang  bei  Gustav  Sch  moller,  Straßburg  zur  Zeit  der 
Zunftkämpfe  und  die  Reform  seiner  Verfassung  und  Verwaltung  im 
XV  Jahrhundert.  .Straßburg  ISTö.  S.  68—73  und  für  das  rein  Lite- 
rarische und  Biographische  besonders  auf  die  eingehende  Darstel- 
lung bei  Charles  Schmidt,  Histoire  litteraire  de  I'Älsace  k  la  fin 
du  XV--  et  au  commencement  du  XVI«  siecle.  I-II.  Paris  1879  (mit 
Bibliographie  II,  317—431).  Speziell  für  den  Humanismus  im  El- 
saß —  außer  kürzeren  Erwähnungen  in  den  allgemeinen  Weiken  zur 
Geschichte  der  klassischen  Philologie,  des  Unterrichtswesens  und  der 
Pädagogik  von  C.  Bursian,  Paulsen,  K.  A  Schmid  (II.  2, 
von  Hartfelder  undG.  Schmid),  Th.  Z  i  e  g  1  e  r  —  :  Heinr.  Jul. 
Kaemmel.  Geschichte  des  deutschen  Schulwesens  im  ('bergans'  vom 
Mittelalter  zur  Neuzeit.  Leipzig  1882  S.  232-2:;'.».  2;ilt  :;(;2-377 
and  Jos.  K  nepp  er.  Das  Schul-  und  Unterrichts  wesen  im  Elsaß 
von  den  Anfängen  bis  gegen  das  Jahr  1530.  Straßburg  1905.  S.  319 
-364. 

2  Benutzt  wurde  die  Ausgabe  von  E  Düm  mler.  Foetae  latini 
aevi  Carolini  II,  5—91.  Die  metrisch  übersetzten  Stellen  aus:  Dicht- 
ungen des  Ermoldus  Nigellus  übersetzt  von  Tli.  Rc  inhart  Pseu- 
donym für  Renauil  in  :  .lahrbiich  des  Vogesen-(Jlubs.  II.  Straßburg 
1886.  S.  61— 71  (mit  Vorbemerkungen  von  Ernst  Martin,  die  in 
Form  einer  »literarischen  Phantasie»  ein  feinsinnig  empfundenes 
literarisches  Kulturbild  bieten'.  —  Karl  Manitius,  Geschichte  der 
lateinischen  Literatur  des  Mittelalters.  I  München  1911  (in  Iwan  von 
Müllers  Handbuch  der  klassischen  Altertumswissenschaft  JX,  2.  1). 
S.  552—557.  Denkmäler  der  Baukunst  im  Elsaß  Herausgegeben  von 
S.  Hausmann  und  E.  Polaczek.  In  geschichtlichem  Zusammenhange 
dargestellt  von  E.  Polaczek.   Straßburg  19  (;.  S.  2  ff. 

3  Diese  lateinische  Etymologie  des  schon  vorrömischen,  kelti- 
schen Argentorate  ist  natürlich  unrichtig,  wenn  auch  der  Sinn 


—   38  — 


<  Silberburg».  «Schatzburg»  richtig  getroffen  ist.  Vgl.  Rud.  Henning, 
Argentorate ,  in :  Jahrbuch  [des  Vogesen-Clubs]  für  Geschichte, 
Sprache  und  Literatur  Elsaß-Lothringens.  XVL  1900.  S,  34.3—349. 
Ders.  Aus  den  Anfängen  Straßburgs,  in:  Straßburger  Festschrift 
zur  XVI.  Versammlung  deutscher  Philologen  und  Schulmänner, 
herausgegeben  von  der  philosophischen  Fakultät  der  Kaiser  Wil- 
helms-Universität. Straßburg  1901.  S.  81—90  (insbesondere  S.  84  f.). 
*  Statt  des  unverständlichen  (Pipp.  I,  l.öTf.): 

Hic  populis  noto  Scripturas  frangere  verbo 

Certat .  . . 

vermutet  Traube  (Poet.  lat.  II,  722)  c  längere. 

s  Hermann  Bloch,  Ein  karolingischer  Bibliothekskatalog  aus 
Kloster  Murbach,  in  :  Straßburger  Festschrift  usw.  1901.  S.  2.57 — 
285.  Derselbe,  Geistesleben  im  Elsaß  zur  Karolingerzeit,  in ; 
Illustrierte  Elsässische  Rundschau.  III.  Straßburg  1901.  S.  lGl-192. 
Jos.  Knepper,  a.  a.  0.,  S.  16—24.  —  Der  Katalog  gibt  nach 
Bloch  den  Bücherbestand  der  Murbacher  Klosterbibliothek  um  die 
Mitte  des  9.  Jahrhunderts,  nicht  gar  zu  lange  nach  840,  wieder ; 
der  Anhang  (das  breviarium  librorum  Isghteri  abbatis)  weist  auf 
den  Abt  Isker,  der  eine  gewisse  Zeit  vor  876  an  der  Spitze  des 
Klosters  gestanden  hat  (Festschrift  S.  275  f.). 

6  Vgl.  meine  Darstellung  der  Philosophie  der  europäischen 
Völker  des  Mittelalters  in  Hinnebergs  Kultur  der  Gegenwart  I, 
Abt.  V.  Berlin  und  Leipzig  1909.  S  313.  321. 

H.  Bloch  in:  lUustr.  Eis.  Rundschau  IIL  1901.  S.  189ff. 

8  Die  Unterlagen  zu  dem  folgenden  Bilde  sind  im  Prolog  zu 
Manegolds  Opusculum  contra  Wolfelmum  Coloniensem  gegeben. 
Diese  Schrift  gegen  Wolfhelm  nach  Muratoris  Editio  princeps  bei 
Migne  PL.  155,  H'^S.,  die  Einleitung  und  die  auf  den  kirchenpoli- 
tischen Streit  bezüglichen  Schlußkapitel  in  verbesserter  Form  von 
K.  Francke  in  MG.  Libelli  de  lite  imperatorum  et  pontificum 
saeculis  XI  et  XII  conseripti.  I  (Hannover  1.H91),  303  ff.  Dort  auch 
Manegoldi  ad  Gebehardum  über,  S.  .308  ff.,  zum  erstenmale  von 
Francke  nach  der  Karlsruher  Handschrift  herausgegeben. 

Für  die  Manegoldfrage  wurden  herangezogen :  Histoire  lite- 
raire  de  la  France.  IX.  p.  280  -290 .  Ph.  And.  Grandidier.  (Eu- 
vres  historiques  inedites.  II.  Colmar  1865.  p.  257—285.  W.  Giese- 
bre  ch  t,  Über  Magister  Manegold  von  Lautenbach  und  seine  Schrift 
gegen  den  Scholasticus  Wenrich,  in:  Sitzungsberichte  der  Münchener 
Akademie  der  Wissenschaften  1868.  II.  S  297-330.  P.Ewald, 
Chronologie  der  Schriften  Manegolds  von  Lautenbach,  in  :  Forsch- 
ungen zur  deutschen  Geschichte.  XVI.  1876.  S.  383—385.  W.  Wat- 
ten b  ach,  Deutschlands  Geschichtsquellen  im  Mittelalter,  6.  Aufl. 
II.  Berlin  1894.  S.  .52  f.  N.  Paulus,  Etudes  nouvelles  sur  Mane- 
golde  de  Lautenbach,  in  :  Revue  catholique  d  Alsace.  Nouv.  ser.  V. 
1886.  p.  209—220.  279-289.  337—345.  K.  Francke.  MG.  Libelli 
de  lite  I,  300—302.   J.  A.  Endres.  Manegold  von  Lautenbach. 


—    39  — 


Ein  Beitrag  zur  Philosophiegeschichte  des  11.  Jahrhunderts,  in: 
Historisch-politische  Blätter  für  das  kathol.  Deutschland,  Bd.  127. 
München  1901.  S.  389-401.  48Ü— 495.  Derselbe,  Manegold  von 
Lautenbach,  <inodernorum  magister  magistroruni>,  in:  Historisches 
Jahrbuch  der  Görresgesellschaft.  XXV.  1904.  S.  1G8— 17«.  J.  Knep- 
p  er,  a.  a.  0.,  S.  154  -l.'i«.  Nach  der  staatsrechtlichen  Seite  :  F.  v  on 
Bezold,  Die  Lehre  von  der  Volkssouveränität  während  des  Mittel- 
alters, in :  Historische  Zeitschritt.  XXXVI.  1876.  S.  313—367  (insbes. 
322 f.).  0.  Gierke,  Das  deutsche  Genossenschaftsrecht.  III.  1881. 
5?  11,  S.  501— G44:  Die  publizistischen  Lehren  des  Mittelalters  ibeide 
berücksichtigen  den  erst  unvollständig  bekannten  Manegold  nur  ge- 
legentlich). C.  Mi  rb  t,  Die  Stellung  Augustins  in  der  Publizistik 
des  Gregorianischen  Kirchenstreits.  Leipzig  1888.  S.  92 — 94.  Ders 
Die  Publizistik  im  Zeitalter  Gregors  VII.  Leipzig  1894.  S.  26-29. 
144  f.  227— 2.3.5.  299  f.  483-488.  546—548.  H.  Rehm.  Geschichte 
der  Staatsrechtswissenschaft.  Freiburg  i.  Br.  1896.  S.  165-  167,  und 
besonders:  Georg  Koch  ,  Manegold  von  Lautenbach  und  die  Lehre 
von  der  Volkssouveränität  unter  Heinrich  IV.  (Histor.  Studien,  ver- 
öffentlicht von  E.  Ebering.  XXXIV).  Berlin  1902. 

3  Das  Jahr  1083  ist  hier  als  das  wahrscheinlichste  angenommen. 
Denn  das  in  der  Einleitung  der  Schrift  gegen  Wolfhelm  geschilderte 
Begegnis  geht  der  Abfassung  des  Werkes  jedenfalls  nicht  lange  vor- 
her. An  diesem  Werke  aber  arbeitete  er  gleichzeitig  mit  der  Schrift 
gegen  Wenrich.  die  ihrerseits  erst  einige  Zeit  nach  der  Abfassung 
von  Wenrichs  Schrift,  also  nach  1081  ^M  i  r  b  t ,  a.  a.  0.,  S.  25) 
entstanden  sein  kann,  während  anderseits  zur  Zeit  der  Abfassung 
derselben  Gregor  VII.  (f  25.  Mai  l(i85)  noch  lebte. 

10  In  dem  um  11.31  von  Gerhoh  (damals  noch  in  Regensburg) 
verfaßten  Dialogus  de  differentia  clerici  saecularis  et  regularis : 
nie  Manegoldus  etiam  fuit  homo  iniportunus,  et  iam  est  defunctus. 
Unde  optamus,  ut  über  ipsius  etiam  cum  eo  sit  sepultus. 

n  J.  A.  End  res,  Histor.  Jahrbuch  XXV.  1904.  S.  168—176. 
In  der  früheren  Arbeit  (Hist.-pol.  Blätter  127)  hatte  auch  Endres 
sich  an  Giesebrecht  angeschlossen,  der  die  Identität  von  Manegold 
von  Raitenbuch  (jetzt  Rottenbuch  in  Oberbayern),  Manegold  von 
Lautenbach  uud  Manegold  von  Marbach  erwiesen  hatte,  aber  zwi- 
schen dem  Magister  Manegold,  dessen  Geburt  er  um  1030  ansetzte, 
und  Manegold  von  Lautenbach,  der  um  lü()0  geboren  sei.  unter- 
scheiden wollte.  Natürlich  muß  Endres  jetzt  die  Geburt  des  Lauten- 
bachers früher  ansetzen,  etwa  um  1045,  was  auch  weit  besser  als 
der  Giesebrechtsche  Ansatz  dazu  stimmt,  daß  wir  ihn  bald  nach 
10cS6  als  Dekan  im  oberbayrischen  Rottenbuch  finden.  Dazu  machte 
man  doch  nicht  so  leicht  einen  noch  in  den  Zwanzigern  stehenden 
jungen  Mann.  Manegolds  Worte  im  Liber  ad  Gebehardum  (Lib.  de 
lite  I,  311,  25):  presertim  cum  sim  etate  immaturus.  levis  moribus, 
ingenio  rudis,  lingua  inpeditus,  genere  abiectus,  sermone  rusticus, 
ut  ne  vulgari  quidem  eloquio  sufficiam  nedum  literis  quicquam  com- 
minisci,  von  denen  Giesebrecht  als  Basis  seines  Beweises  für  Mane- 


—    40  — 


golds  Geburt  um  106Ü  ausgeht,  tragen  so  offensichtlich  den  Stempel 
phrasenhafter  Übertreibung,  daß  aus  ihnen  nichts  Bestimmtes  über 
Manegolds  damaliges  Alter  zu  folgern  ist,  ebensowenig  wie  aus  dem 
«more  scholarium»  im  Prolog  der  Schrift  gegen  Wolfhelm  (Migne 
PL.  15.Ö.  149  A),  was  durchaus  nicht  zu  sagen  braucht,  daß  beide 
damals  selbst  noch  die  Schule  besuchende  Scholaren  waren.  Im 
Gegenteil:  dürfen  wir  mit  W  a  1 1  e  n  b  a c h  (Deutschlands  Geschichts- 
quellen "  II.  140)  und  anderen  diesen  Kölner  Wolfhelm  mit  jenem 
Wolflielm  identifizieren,  der  1065  bis  1091  Abt  des  Klosters  Brau- 
weiler war,  so  ist  damit  erwiesen,  daß  dieses  «more  scholarium> 
nicht  beide  ünterredner  zu  Schülern  machen  will,  und  ist  zugleich  ein 
Hinweis  auf  ein  höheres  Alter  des  Lautenbacher  Manegold  gewonnen, 
als  Giesebrecht  ihm  zuweisen  will.  Nach  einem  Vierundzwauzig- 
jährigen,  wie  Giesebrecht  annehmen  müßte,  sehen  die  beiden  Streit- 
schriften übrigens  auch  wahrlich  nicht  aus. 

Vielleicht  läßt  auch  aus  dem  um  1091  geschriebenen  Briefe, 
den  Ivo  von  Chartres  an  den  Magister  Manegold  richtete  und  der 
uns  diesen  als  einen  Mann  vorführt  welcher  post  multos  circuitus 
die  leichte  Last  Christi  auf  sich  genommen  hat.  d.  h.  der  nach  vielen 
Wanderungen  in  der  Welt  in  ein  Kloster  eingetreten  ist.  wo  er 
jetzt  <lectiones.  gibt  (epist.  40.  Migne  PL.  162,  81  BC.  82  A),  sich 
für  die  Identität  jenes  Manegold  mit  dem  von  Lantenbach  und  Mar- 
bach noch  ein  neues  Argument  (zu  ilem  schon  von  anderen  Gesagten» 
gewinnen.  Denn  das  als  Benediktinerkloster  gegründete  Lautenbach 
war  im  11.  Jahrhundert  in  ein  Chorherrnstift  umgewandelt,  und 
ebenso  ist  Marbach  mit  Manegolds  Beirat  nach  der  Augustiner-Chor- 
herrenregel eingerichtet  (vgl.  Alois  Schulte,  Die  elsässische  Ana- 
listik  in  staufischer  Zeit,  in :  Mitteilungen  des  Instituts  für  öster- 
reichische Geschichtsforschung.  V  1884.  S.  513-5;-i8.  insbes.  S.  526). 
Auch  das  1074  von  Herzog  Weif  I.  gegründete  Kloster  Rottenbuch 
war  Augustiner-Chorherrenstift.  Das  aber  ist  gerade  die  Gemein- 
schaft, für  welche  Ivo  als  Prior  des  Augustiner-Chorherrenstifts 
St.  Quentin  und  auch  später  einen  besonderen  Eifer  entwickelte. 
Natürlich  würde  an  sich  nichts  die  Annahme  verbieten,  daß  auch 
ein  von  dem  Lautenbacher  verschiedener  deutscher  Magister  Mane- 
gold irgendwo  zu  jener  Zeit  Augustiner-Chorherr  geworden  und 
dadurch  Ivo  nahe  gebracht  sei;  aber  etwas  verwunderlich  wäre 
eine  so  weitgehende  Duplizität  der  Ereignisse  doch.  Gegenüber  dem 
bestimmten  Zeugnis  des  wohlunterrichteten  Anonj'mus  Mellicensis, 
dessen  Wert  Endres  mit  Recht  betont,  wird  sich  die  Trennung  nicht 
aufrecht  erhalten  lassen,  falls  die  entgegenstehenden  Gründe  zurück- 
gewiesen werden  können.  Und  das  ist  der  Fall;  denn  auch  der  An- 
gabe des  Richard  von  Poitiers  —  Giesebrechts  Gewährsmann  — .  der 
die  Blüte  des  in  Frankreich  wirkenden  deutschen  Magister  Mane- 
gold schon  unter  Henri  I.  (1030—1060)  beginnen  —  aber  aach 
nur  beginnen!  —  läßt,  steht  die  Historia  Francorum  entgegen, 
welche  jenen  Magister  unter  Philipp  I.  1 1080— 1108)  setzt. 

Auch  Martin  Grabmann  iDie  Geschichte  der  scholastischen 


—    41  — 


Methode.  IL  Freiburg  i.  Br.  1911.  S.  11)  identifiziert  den  Magister 
und  den  Lautenbacher.  Dagegen  ist  der  von  Grabmann  II,  114  er- 
wähnte Manegold,  an  den  Wibald  von  Stablo  1149  über  alberne 
Sophismen  des  Gualo  schreibt  —  P.  Mandonnet  (Siger  de  Bra- 
bant  et  Faverroisme  au  XIII"  siecle  I  ed.  2.  Louvain  1911.  p.  122) 
hat  diesen  Gualo  mit  dem  aus  Johann  von  Salisbury  bekannten 
Cornificius  zu  identifizieren  versucht  — .  natürlich  von  dem  Lauten- 
bacher verschieden,  der  1112  bereits  tot  ist. 

12  Der  Anonymus  Mellicensis  De  scriptoribus  ecclesia- 
sticis.  Migne  PL.  213.  959ff  (über  Manegold  col.  981). 

'3  Ein  anschauliches  Bild  von  der  Tätigkeit  dieser  Wander- 
lehrer gibt  die  Klietorimachia  (mit  dem  angehängten  Briefe  an 
Drogo'  Anselms  des  Peripatetikers  oder  Anselms  von  Besäte,  über 
den  vgl.  Barth.  Ha  u  reau,  Singularites  historiques  et  litt6raires. 
Paris  1861.  p.  179—200.  Ernst  Dümmle  r,  Anselm  der  Peripatetiker. 
Nebst  Beiträgen  /,ur  Literaturgeschichte  Italiens  im  eilften  Jahr- 
hundert. Halle  1872  (mit  Ausgabe).  Harry  Breßlau,  Zu  Anselm 
dem  Peripatetiker.  Neues  Archiv  der  Gesellschaft  für  ältere  deutsche 
Gescliichtskundp.  IIL  1878.  S.  419  f.  —  Zu  der  ganzen  Bewegung: 
W  G  i  e  s  c  b  r  e  c  h  t.  De  litterarum  studiis  apud  Italos  primis  medii 
aevi  saeculis.  Berlin  184.0.  p.  l.')-18.  Jos.  Ant.  Endres,  Die  Dia- 
lektiker und  ihre  Gegner  im  11.  Jahrhundert.  Philos  Jahrbuch, 
hrsg.  von  Gutberiet  XIX  (190(5)  S  20  -  ;53.  Ders.  Petrus  Damiani 
und  die  weltliche  Wissenschaft  ^Beitr.  zur  Gesch.  d.  Philos.  des 
Mittelalters  hrsg.  von  Baeumkor  VIII.  3).  Münster  191U.  Reginald 
Biron,  St.  Pierre  Damien.  Paris  1908  (S.  189ff.  über  Damianis 
Wissenschaft).  Mart.  G  ra  b  ni  an  n.  Die  Geschichte  der  scholastischen 
Methüde  I.  Freiburg  i.  Br.  1909.  8.  21(;  ff.  Auch  Carl  Mirbt,  Die 
Publizistik  im  Zeitalter  Gregors  VII.  S.  117f.  127 f. 

"  Heinr  Denifle,  Die  Universitäten  des  Mittelalters  bis 
1400.  Bd.  I.  Berlin  188.5.  S.  23.').  -  Nach  E.  Michael,  Geschichte 
des  deutschen  Volkes  vom  dreizehnten  Jahrhundert  bis  zum  Aus- 
gang des  Mittelalters.  Bd.  III.  Freiburg  i  Br.  1903.  S.  128,  3  hat 
Denifle  später  die  Erzählung  von  den  über  die  heilige  Schrift  unter- 
richtenden Töchtern  Manegolds  für  eine  Fabel  gehalten.  Daß  es 
sich  um  einen  theologischen  Unterricht  handelte,  wie  die  Histoire 
literaire  de  la  France  IX,  281  auf  Grund  des  Wortlautes  bei  Richard 
von  Poitiers  imultam  in  scripturis  habuere  noticiam)  annahm,  ist 
in  der  Tat  höchst  unwahrscheinlich.  Aber  jene  Wanderlehrer  ver- 
treten ja  auch  die  freien  Künste,  zu  denen  die  Dialektik  gehörte. 

Fr.  von  Schulte,  Die  Geschichte  der  Quellen  und  Lite- 
ratur des  Canonischen  Rechts  von  Gratian  bis  auf  die  Gegenwart. 
Bd.  IL  Stuttgart  1877.  S.  211.  Der  1312  geborenen  jüngsten  Tochter 
Novella  zu  Ehren  benannte  Johannes  Andrea  'f  1348;  sein  großes 
Werk  über  die  Dekretalen.  Die  erst  später  bezeugte  Erzählung  selbst 
stützt  sich  anscheinend  nur  auf  mündliche  Überlieferung. 

">  Die  Nachweise  für  die  Schrift  an  Gebhard  bei  Francke,  im 
Apparat  seiner  Ausgabe   der  Schrift,  Lib.  de  lite  I  (wozu  Ernst 


—  ¥1  — 


Düniniler.  Neues  Archiv  der  Gcs  für  ältere  deutsche  Geschichts- 
kunde. XXIII.  1898.  S.  7«9f.).  -  Die  Schrift  gegen  Wolfhelm  stützt 
sich  ganz  auf  llakrobius.  So  bietet,  um  nur  weniges  herauszugreifen, 
c.  6  (PL.  1.').'),  l.w  C  -D)  ein  langes  wörtliches  Zitat  aus  Makrobius 
in  somn.  Scip.  I  14,  6—7  (p.  528,  20  -2^  Eyssenhardt),  das  zugleich 
erlaubt,  mehrere  offenbare  Fehler  —  sei  es  der  Mailänder  Hand- 
schrift von  Jlanegolds  Schrift  gegen  Wolfhelm,  sei  es  der  Ausgabe 
von  Muratori  und  von  Mignes  Nachdruck  —  zu  verbessern.  Die 
Kenntnis  über  die  platonische  Bezeichnung  des  Leibes  als  carcer 
und  sepulcrum  c.  i'l,  p.  170  C  stammt  aus  Makrobius  I,  11.3,  und 
ebenso  die  Einteilung  der  Tugenden  c  22,  p,  170  B  aus  Makrobius 
I.  8.  .j,  wo  von  Plotins  Unterscheidung  der  Tugenden  in  politicae. 
purgatoriae.  animi  iam  purgati  und  exempiares  berichtet  wird  (vgl. 
Plotin  Enn.  I  2  und  noch  mehr  Porphyr.  Sent.  ad  intelligib. 
ducentes.  §  :j4'.  Anderes  bei  Endres.  Hist.-pol.  Blätter  127  U9"l)i 
S.  39S-401. 

Lib.  de  lite  I.  31;!,  10:  In  quo  denique  non  Aristotelicorum 
sophismatum  acumen  non  Tuliiane  eloquencie  prestolamur  disertitu- 
dinem. 

'8  J.  A.  Endres,  Die  Dialektiker  und  ihre  Gegner  im  11. 
Jahrhundert.  Philos.  Jahrb.  XIX  (190Ü).  S.  20—33. 

1-'  Die  Nachweise  für  die  Schrift  an  Gebhard  bei  Giesebrecht, 
Sitzungsber.  d.  Münchener  Ak.  d.  W.  Ibti«.  II.  S.  32ii-33():  Mii  bt, 
a.  a.  Ü.,  S.  97  ,  für  die  Schrift  gegen  Wolfhelm  bei  E  n  d  r  e  s, 
Histor.-poiit.  Blätter,  Bd.  127  (1901).  S.  4^9  L  (Entlehnungen  aus 
Damiani,  De  divina  omnipotentia). 

Koch,  a.  a  0.  S.  62  ff  lOß— 130  sucht  in  Gebhards  ver- 
lorener «hystoria»,  einer  an  Dokumenten  reichen  Geschichte  des 
Investiturstreits,  eine  Hauptquello  für  Manegold  nachzuweisen. 

■-f  Vgl.  z  B.  von  Bezold.  Hist.  Zeitschr.  1876.  S.  322  f.  Mirbt. 
Die  Stellung  Augustins  in  der  Publizistik  dos  Gregor.  Kirchenstreits. 
S.  92.  R  e  h  ni,  a.  a.  0.,  S  16(1  und  besonders  Koch.  a.  a.  ().,  S. 
8.T-99.  131 -läi;. 

-'^  Ad  Gebeh.  c.  47  :  At  vero  si  quando  pactum  quo  eligitur 
infringit  .  .  .  iuste  rationis  consideratione  populum  subiectionis  de- 
bito  absolvit,  quippe  cum  fidem  ipse  prius  desererif,  que  alteru- 
trum  alteri  fidelitate  colligavit. 

N.  Paulus  in:  Revue  catholique  d'Alsace.  Nouv.  ser.  V. 
188(i.  p.  343. 

-*  Für  die  folgende  Schilderung  seien  aus  der  reichen  Lite- 
ratur genannt,  weil  hier  besonders  herangezogen  :  Wilhelm  Scherer, 
Gesch.  d.  deutschen  Literatur.  H.A.  Berlin  1910.  Ottokar  Lorenz 
und  W.  Scherer,  Geschichte  des  Elsasses.  3.  A.  Berlin  1886.  G.  D  e- 
hio,  Über  den  Einfluß  der  französischen  auf  die  deutsche  Kunst 
im  13.  Jahrhundert,  in :  Historische  Zeitschrift,  Bd.  86,  N.  F.  50 
(1901).  S.  385—400.  E.  Polaczek,  Das  Elsaß  und  seine  Stellung 
in  der  künstlerischen  Entwickelung.  Straßburg  1905.  die  Zusammen- 
stellungen bei  Emil  Michael,  Geschichte  des  deutschen  Volkes 


—    43  - 


vom  dreizehnten  Jahrhundert  bis  zum  Ausgang  des  Mittelalters. 
Bd.  IV  und  V.  Freiburg  i.  Br.  1906-1911,  und  für  das  Politische 
und  das  Wirtscliaftiiche  :  Nitzsch,  Die  oberrheinische  Tiefebene 
und  das  deutsche  Reich  im  Mittelalter.  II.  in  :  Preußische  Jahr- 
bücher. Bd.  3n  (1«72),  S.  -2:59  —  26.'),  sowie  die  Straßburger  Rekto- 
ratsrede von  Gustav  Schmoll  er,  Straßburgs  Blüte  und  die  volks- 
wirtschaftliche Revolution  im  XIII.  Jahrhundert  (Quellen  und  Forsch- 
ungen zur  Sprach-  und  Culturgesch.  d.  german.  Völker  VI).  Straß - 
bürg  1875. 

2.i  Für  die  persönlichen  Verhältnisse  von  Bernhard  und  Thierry 
von  Chartres  und  Bernhard  Silvester  schließe  ich  mich  an  A.  C  I  e  r- 
val,  Les  ecoles  de  Chartres  au  moyen-äge  (Memoires  de  la  societe 
archeologique  d'Eure-et-Loir  XI),  Oliartres  ISHö,  an  (vgl.  meinen 
Bericht  Archiv  f.  Gesch   d.  Pliilos.  X.  l.s'.tl.  S.  279 ff.). 

^6  Beispielsweise  sei  auf  zwei  Diclitor  iiiiii^ewiesen.  für  die 
sorgsame  Zusammenstellungen  zur  Verfügung  stehen:  Jehan  de 
Meung,  den  Fortsetzer  des  «Roman  de  la  Rose»  von  Guillaume  de 
Lorris.  und  Chaucer.  Vgl.  E.  Langlois,  Origines  du  Eoman  de 
la  Rose.  Paris  1891  (Bibl.  des  Ecoles  franc.aises  d'Athenes  et  de 
Rome.  fasc.  .51).  p.  95—9(5.  148— ].')()  und  E  Koeppel.  Chaucer 
und  Alauns  de  Insulis.  in:  Horrigs  Archiv,  Bd.  90  (189;!),  8.  I49-1.Ö1. 

^1  Aus  der  bezüglichen  Literatur  sei  iiier  hingewiesen  auf  das 
vor  dem  Verlust  der  Handschrift  (1870)  verfaßte  Werk  von  Chr. 
Mor.  Engelhardt,  Herrad  von  Landsperg  und  ihr  Werk:  Hor- 
tus  deiiciarum,  Stuttgart  1818  (mit  12  Kupfertafeln  in  Folio,  die 
in  dem  Exemplar  der  Straßburger  üniversitäts-  und  Laudesbiblio- 
thek nach  dem  Original  koloriert  sind).  Charles  Schmidt,  Herrade 
de  Landsberg  (2.  Ausgabe).  Straßburg  (1897.  Heinr.  Reumont, 
Die  deutschen  Glossen  im  Hortus  deiiciarum  der  Herrad  von  Lands- 
berg. Metz  1900.  A.  Mo  linier.  Quchiues  mots  sur  I  Hortus  de- 
iiciarum d'Herrade  de  Laudsbcrg.  in:  L'Art.  LX  1901.  p.  97—112, 
und  auf  das  große  Tafelwerk  von  A.  Straub  und  (t.  K  e  1 1  e  i' , 
Herrade  de  Landsberg.  Hortus  deiiciarum    1S79— 1S99.  Straßburg. 

'«  Das  Material  und  die  Literatur  bei  W.  Watten  b  ach. 
Deutschlands  Geschichtsqueileii  im  Mittelalter  '•  II,  2<S(;  -290.  —  De 
oratione.  ieiunio  et  eleemosyna.  die  Historia  Constantinopolitana 
(ohne  die  Verse)  und  der  Ligurinus  (nach  Düuige,  Heidelberg  1812) 
bei  Migne,  PL.  212,  9.')— 475,  wonach  hier  zitiert  ist. 

2»  Charakteristisch  für  diese  pedantische  Sucht  zum  Ge- 
lehrttun ist  sogleich  der -Anfang  der  Schrift  über  Beten,  Fasten  und 
Almosengebeu.  Anstatt  oratio  von  Anfang  au  in  dem  Sinne  zu 
nehmen,  in  welchem  es  für  die  Schrift  allein  in  Betracht  kommt, 
als  Gebet,  wird  zunächst  in  weitschweifiger  Erörteiung  eine  vier- 
fache Bedeutung  von  oratio  unterschieden  .  die  grammatische  (Satz), 
logische  (Urteil),  rhetorische  (Rede)  und  ikatholischo  (Gebet),  wo- 
bei uns  sogar  eine  Erörterung  über  das  Verhältnis  vom  Satz  und 
Urteil  mit  besonderer  Anwendung  auf  die  Impersonalsätze  nicht  er- 
spart wird  (De  orat,  ieiun.  et  eleem.  I.  1;  PL.  212,  lO.'Jff.J. 


Ebd.  III,  5  ;  PL.  -212.  129ff. 
^'  Jos.  Schniidlin.  Die  Philosophie  Ottos  von  Freising,  in: 
Philos.  Jahrbuch,  hrsg-.  von  Gutberiet.  XVIII.  1905.  S.  I.n6-175. 
312— ;323.  407—423.  D  e  r  s.  Die  g-eschichtsphilosophische  und  kir- 
chenpoiitische  Weltanschauung  Ottos  von  Freising  (Studien  und 
Darstelluni;en  aus  dem  Gebiete  der  Geschichte,  hrsg.  von  H.  Grauert, 
IV.  2-3).  Freiburg  i.  Br.  190Ö. 

Parisius  quae  est  civitas  philosophorum.  Albertus  Ma- 
gnus. De  natura   locorum  III,  c.  2,  T.  IX.  p.  571  a  ed.  Borgnet 

33  Eine  Übersicht  über  die  geistige  Entwickelung  Straßburgs 
im  Mittelalter  gibt  Eugen  Müller.  Art.  «Straßburg»  in  Wetzer - 
Weltes  Kirchenlexikon.  2.  AuH.  Bd.  XI.  Freihurg  i.  Br.  1899.  Sp. 
867-904.  insbes.  SSO  ff. 

34  C.  Schmidt,  Notice  sur  le  couvent  et  l'eglise  des  Domi- 
nicains  de  Strasbourg  jnsqu'au  seizieme  siecle  (Bulletin  de  la  Societe 
pour  la  conservalion  des  monumcnts  historiques  d'Alsace.  2''  ser 
Vol.  IX,  1874  —  7.5.  p.  161—224).  p.  170.  —  Zur  Familie  der  Zorn 
selbst  gehörte  Ulrich  nun  wohl  nicht  (dort  ist  der  Vorname  Ulrich 
auch  nicht  üblichi.  wohl  abei-  in  ihren  Verwandtschaftskreis.  Ein 
Claus  Zorn  heiratete  nämlich  im  14.  Jahrhundert  eine  Engelbert 
(Engilbert.  Engilberhtj;  vgl.  Straßburger  Urkundenbuch  III.  S.  229, 
Xr.  7,0,0.  S.  232,  Nr.  756.  S.  oH,  Nr.  1053  (in  den  Jahren  1313  bis 
1324).  Im  Jahre  1343  begegnet  uns  infolgedessen  ein  Nicolaus  Zorn 
dictus  Engilbreht  niiles  Arg. ;  Straßburger  Urkundenbuch  VII.  S.  113. 
Nr.  380.  (Für  gütige  Xachweisungcn  bin  ich  Herrn  Geheimrat  Pro- 
fessor Dr.  Alois  Schulte  in  Bonn  und  Herrn  Privatdozenten  Dr.  Kiener 
in  Straßburg  verbunden.) 

3"'  Martin  Grabmann.  Studien  über  Ulrich  von  Straßburg, 
in:  Zeitschrift  für  kathol.  Theologie.  XXIX.  Innsbruck  1905.  S.  82 
-107.  315-330.482-499.  Vgl.  auch  Q  u  e  t  i  f- E  c  h  a  r  d  ,  Scrip- 
tores  Ordinis  Praedicatorum.  I.  Paris  1719.  p.  S.iGff.  Alb.  Fabri- 
cius.  Bibliotheca  latina  mediae  et  infimae  aetatis,  ed.  Florent. 
1858-59,  VI.  p.  59t.  C.  Schmidt  in:  Bulletin  de  la  Societe  pour 
la  conserv.  des  monum.  histor.  d'Alsace,  2<;  ser,  IX,  p.  175—  176. 
Heinr.  Finke,  Ungedruckte  Dominikanerbriefe  des  13.  Jahrhun- 
derts. Paderborn  1891.  S.  18  —  22.  Paulus  von  Loe  in  Wetzer- 
Weltes  Kirchenlexikon.  2.  Aufl.  XII.  1901.  Sp  222  f. 

36  Handschriften  von  Ulrichs  \Veik  <I)e  sumnio  bono»  nennt 
Grabniann  elf:  Rum.  Cod.  Vat.  lat  1311,  s  XIV;  Paris.  Bibl. 
nat  lat.  15  900/01,  s.  XV;  St.  Omer  Cod.  120,  s.  XV;  ebdas.  Cod. 
152.  s.  XV;  Loewen  i^durch  Dr.  Postina  nachgewiesen.  Durch 
Vermittlung  von  Herrn  P.  Paulus  von  Loe  in  Düsseldorf  und  Herrn 
P.  Augustin  Daniels  in  Maria  Laach  standen  mir  aus  diesem  Kodex 
Abschriften  zur  Verfügung);  Erlangen,  Universitätsbibliothek  Cod. 
619  u.  819.  s.  XV  (von  diesen  durch  Herrn  Professor  Dr.  Albert 
E  hrhard  in  Straßburg  als  zusammengehörig  erkannten  Handschrif- 
ten hat  Herr  Professor  Dr.  Eugen  Müller  in  Straßburg  eine  Abschrift 
anfertigen  lassen,  zum  Zwecke  einer  seit  langem  von  beiden  Herren 


—    45  — 

ffcplanten  Ausgabe) ;  Berlin,  Königl.  Bibliothek  Cod.  lat.  Electoral. 
446  theol  fol.,  s.  XV;  Wien.  k.  k.  Hofbibliotliek  Cod.  lat.  3924,  s.  XV; 
ebd.  Cod  4948,  s.  XV  (Exzerpt) ;  Erfurt.  Aniplon.  Cod.  294  fol.  (Ex- 
zerpt). Zu  diesen  elf  Handschriften  habe  ich  eine  zwölfte  in  der 
Münchener  Hof-  und  Staatsbibliothek  aufgefunden.  Clm  649(5,  s.  XV 
(geschrieben  14021,  die  sich  deshalb  der  Beachtung  entzogen  hatte, 
weil  auf  dem  alten  Einband  das  Werk  Thomas  —  es  ist  wohl 
der  von  Aquino  gemeint  —  zugeschrieben  M  ar  (S.  To'e  de  Suninio 
Bono)  und  denigeniäß  auch  katalogisiert  ist.  —  Sehr  häufig  an- 
gezogen wird  Ulrich  von  dem  in  Köln  gebildeten  Dion^-sius  dem 
Karthäusci-  (■{-  1471). 

^'  Die  Zorn  sind  aus  den  Ripelin  hervorgegangen. 

Das  Compcndium  theologicae  veritatis  ist  öfters  gedruckt, 
z.  B.  als  Werk  Alberts  in  dessen  Opera,  ed.  Borgnet.  XXXIV  (Paris 
1895),  1—306  Daß  es  wirklich  Hugo  ßipeiin  von  Straßburg  zuzu- 
schreiben ist.  zeigt  Luzian  Pfleger,  Hugo  von  Straßburg  und 
das  Compendiuni  theologicae  veritatis,  in:  Zeitschrift  für  kathol. 
Theologie  XXVIII.  Innsbruck  1904.  S.  429-440  und  M.  G  r  a  b - 
mann,  ebd.  XXIX  190.Ö  S.  H22-330.  —  Über  Hugo  vgl.  auch  Q  u  e- 
tif-Echard.  Script.  Ord.  Praed.  I.  470f. ;  Fabricius.  ed. 
Florent.  I.  267 f.  Gius.  Boffito,  Dante  e  Ugo  di  Strasburgo.  in: 
Atti  della  R.  Academia  delle  scienze  di  Torino.  Ciasse  di  scienze 
morale.  storiche  e  filologiche.  XXXIX  1903-1904.  p.  285-293. 
L  Pfleger,  Dante  und  Hugo  von  Straßburg,  in.  Straßburger 
Diözesanblatt.  XXIII.  Jahrg.  N  F.  VI.  1904.  S.  364—366. 

■^^  Über  ihn  Morgott  in  Wetzer-Weltes  Kirchenlexikon.  2. A. 
XI,  1689 f.  —  Eine  charakteristische  Probe  seines  Verhältnisses  zu 
Ägidius  von  Rom  z.  B.  bei  Ba  e  u  m  k  e  r  ,  Witelo  Ein  Philosoph  und 
Naturforscher  des  dreizehnten  Jahrhunderts.  Münster  190S,  S.  301.  4. 

''0  H.  Denifle,  Der  Plagiator  Nicolaus  \on  Straßburg,  in: 
Archiv  fiir  Literatur-  und  Kirchengeschichte  des  Mittelalters  lirsg. 
von  Deniilc  und  Ehrlc.  IV.  1888.  S.  312-329  (die  Schrift  des  Niko- 
laus De  adventu  Christi  ist  zu  einem  großen  Teile  aus  zwei  Schriften 
des  Johann  von  Paris  mit  dem  Beinamen  Qui  dort  ausgeschrieben  . 
—  Deutsche  Predigten  von  Nikolaus  bei  Franz  Pfeiffer,  Deutsche 
Mystiker  des  vierzehnten  Jahrhunderts.  Bd.  I.  Leipzig  1845.  8.  259 — 
305,  worüber  W.  P  reg  er.  Gesch.  der  deutschen  Mystik  im  Mittel- 
alter. II  Leipzig  18.S1.  S.  67—79.  Über  seine  Verteidigung  Meister 
Eckharts  :  W.  P  reger,  Meister  Eckhart  und  die  Inquisition,  in: 
Abhandlungen  der  Münchener  Akademie  des  Wissensch,,  histor. 
Klasse,  Xi.  2.  1869.  G.  Denifle,  Aktenstücke  zu  Meister  Eckharts 
Prozeß,  in:  Zeitschrift  fiir  deutsches  Altertum  und  deutsche  Literatur. 
XXIX  (N.  F.  XVII)  1885,  S-  259—266.  Übrigens  wirkt  Nikolaus,  so 
viel  wir  wissen,  nicht  in  Straßburg,  sondern  meist  in  Köln  und 
Fieiburg.  Über  ihn  vgl.  Nikolaus  Paulus  in  Wetzer-Weltes  Kii- 
chenlexikon.  2.  Aufl.  IX.  336—338,  woselbst  3:-i8f.  auch  die  .Nachrich- 
ten über  einen  jüngeren  Nikolaus  von  Straßburg  (1397— 1497)  zusam- 
mengestellt sind,  der  in  Wien  studierte  und  in  Oesterreich  wirkte. 


-    46  — 


^'  Johannes  de  Tambaco,  De  sensibilibus  delicüs  caelestis  pa- 
radisi.  Die  Schrift  enthält  drei  Teile  und  wurde  laut  Subskription 
von  ihrem  Verfasser  Papst  Clemens  VI.  im  Jahre  1350  gewidmet.  Ich 
benutzte  die  in  nicht  wenigen  Handschriften  erhaltene  Schrift  im 
Miinchoner  Codex  Clni  18  422,  geschrieben  1454  für  das  Kloster 
Tegernsee.  Die  Scliiift  steht  dort  fol  80ff. 

12  Deutsche  Mystiker  des  vierzehnten  Jahrhunderts,  hrsg.  von 
Franz  Pfeifer.  II.  Meister  Eckharr.  Leipzig  1857.  S.  474.  34:  Die 
meister  sprecheut :  tüsend  seien  sitzen  in  dem  himel  uf  einer  nadel- 
spitze, bei  A.  B  i  V  1  i  n  g  e  r ,  Alemannia,  III.  Bonn  187.5,  wo  der  Traktat 
S.  14—45  iti  anderer  Form  abgedruckt  ist,  S.  44.  34  —  35.  —  Daß  der 
Traktat  von  Schwester  Katrei,  der  noch  bei  Lorenz  und 
Scher  er,  Geschichte  des  Elsasses  3.  A.  S.  82  f.  (doch'  vgl. 
S.  542)  bei  der  Cliarakteristik  Meister  Eckharts  eine  nicht  geringe 
Rolle  spielt,  nicht  von  Eckhart  herrühre,  sondern  aus  beghardischen 
Kreisen  stamme,  erkannte  schon  Denifle  mit  gewohntem  Scharf- 
sinn; vgl.  Hist.-pol.  Blätter,  Bd.  75  i'1875i  S.  904.  !i24f.  (wo  zuerst 
das  Beghardische  hervorgehoben  wird,  ohne  daß  an  Eckharts  Verfasser- 
schaft noch  Zweifel  erhoben  würde);  Taulers  Bekehrung  kritisch 
untersucht.  1879.  S.  132,  2 ;  Die  deutschen  Schriften  des  sei.  Hein- 
rich Sense  I.  München  1880  S.  VIII  und  .5t;4.  4  :  Archiv  f.  Lit.-  u. 
Kirchengesch,  des  Mittelalters,  hrsg.  von  Denifie  und  Ehrle,  II, 
1886,  S.  624,  2.  Durch  Ph.  Strauch,  auf  den  schon  Denitie  an 
der  zuletzt  angegebenen  Stelle  hinwies,  angeregt  hat  Otto  Simon 
(Überlieferung  und  Handsehriftenverhältnis  des  Traktates  «Schwester 
Katrei».  Halle  1906)  die  verwickelte  handschriftliche  Überlieferung 
des  vielbenutzten  seltsamen  Traktates  untersucht  und  denselben  als 
ein  aus  allerhand  Stücken  zusammengesetztes  Konglomerat  erwiesen, 
das.  wie  Otto  B  e  h  a  g  h  e  1  (Zur  Kritik  von  Meister  Eckhart.  Bei- 
träge zur  Gesch.  d.  deutschen  Sprache  und  Literatur,  hrsg.  von  Braune. 
XXXIV.  1908.  S.  530  -552)  zeigt,  auch  formell  von  den  echten  Eckehart- 
werken durchaus  abweicht.  So  wird  denn,  wie  Adolf  Spamer  in  seiner 
grundlegenden  Arbeit:  Zur  Überlieferung  der  Pfeifferschen  Eckehart- 
texte (Braunes  Beiträge  XXXIV,  307  —420  sagt,  dem  Meister  Eckhart 
es  heute  wohl  niemand  mehr  zuschreiben  wollen  (a.  a.  0.,  S.  377). 

Jlagistri  Johannis  de  Tambaco  Consolatorium  theologicum(ich 
benutzte  den  Druck :  Basileae  per  magistrum  Johannen!  de  Amerbach, 
1492i.  —  Die  Schrift  des  Münchs  enthält  bittere  Klagen  über  die  Ver- 
weltlichung der  Weltgeistlichkeit,  der  Bischöfe  und  Prälaten,  denen 
Habsucht  und  Liebe  zu  weltlichen  Händeln  vorgeworfen  wird.  Lib.  V, 
c.  5:  Taceo  de  guerris  episcoporum,  ex  quibus  saepius  sauciantur 
conscientiae  eorum.  Accipiunt  a  regibus  seu  imperatoribus  regalia, 
quasi  haec  in  guerris  excusarentur  a  culpa.  Sed  profecto  reges  et 
imperatores  potius  deberent  ab  episcopis  accipere  cilicia  et  cetera  poe- 
nitentiae  arnia.  Auch  daß  die  Exkommunikation  manchmal  ungerecht- 
fertigter Weise  verhängt  werde,  wird  gerügt;  von  dieser  ungerechten 
Exkommunikation  heißt  es :  eam  patienter  ferens  caelestem  coronam 
secundnni  Augustinnm  jnereberis  XI.  9V 


—    47  — 


**  De  remediis  utriusque  fortunae,  ein  l^GG  vollendetes  Alters- 
weik  Petrarkas  (Johann  von  Dambach  starb  3.  Januar  1H72  zu 
Freiburgj,  zu  dessen  Würdigung  vgl.  Gustav  Koerting,  Ge- 
schichte der  Literatur  Italiens  im  Zeitalter  der  Renaissance,  I. 
Leipzig  1K78.  S.  542  —  564.  Adolf  G  a  s  pa  r  y  ,  Geschichte  der  Italieni- 
schen Literatur,  I.  Berlin  ]mi>.  S.  439-441, 

WennH.  B 1  och  ,  lUustr,  elsäss,  Rundschau,  III  (1901), S.  161  f. 
meint:  «Erst  zu  der  Entfaltung  der  Laienfrömmigkeit  in  der  Mystik 
des  14  Jahrhunderts  mag  das  Elsaß  neue  ihm  eigene  Züge  hinzn- 
getragen  haben ;  aber  wahrhaft  befruchtet  worden  ist  von  ihm  aus 
eine  geistige  Bewegung  erst  im  Zeitalter  des  Humanismus  und  der 
Reformation»,  so  erklärt  sich  dieses  völlige  Hinwegsehen  über  die 
eigenartigen  Leistungen  des  Elsaß  auf  dem  Gebiete  der  scholastischen 
Spekulation  daraus,  daß  dieselbe  größtenteils  in  den  Handschriften 
vergraben  liegt. 

'•'^  Jedenfalls  ist  Ulrich  nicht  in  Straß  bürg  Alberts  Schüler 
gewesen,  wo  Albert  in  den  dreißiger  Jahren  war. 

Bei  H.  Finke,  Ungedruckte  Dominikanerbriefe,  beziehen 
sich  die  Briefe  Nr.  4.S-81  (S.  78-104)  auf  Ulrich. 

<8  Als  Ulrich  auf  dem  Provinzialkapitel  zu  Basel  1272  mit 
dieser  Würde  trotz  seines  Widerstrebens  bekleidet  wird,  bittet  er 
seinen  ehemaligen  Lehrer,  ihm  «Wagen  und  Wagenlenker  zugleich» 
zu  sein  (Finke,  S.  80,  Nr.  47).  Zu  ihm  blickt  er  «wie  der  Sohn  zum 
Vater,  der  Schüler  zum  Lehrer,  der  Diener  zum  Herrn,  der  Arme 
zum  Spender  reicher  Gabe»  auf  ebd.  S.  82,  Nr.  50).  —  Sein  Amt 
als  Provinzial  hat  Ulrich,  wie  die  noch  erhaltenen  Briefe  zeigen, 
mit  unermüdlichem  Eifer  ausgeübt.  Den  «man  von  großer  tugenden 
und  hoher  knnsL»  nennt  ein  von  A.  Jundt,  Histoire  du  pantheisme 
popnlairc  au  moyen-äge  et  au  seizieme  siecle  (Paris  1875)  abge- 
drucktes Verzeichnis  der  deutschen  Ordensprovinziale  ihn  (S.  287'. 
Aber  es  verlangt  ihn  doch  zurück  nach  der  Wissenschaft,  zu- 
mal auch  Kränklichkeii  ihn  drückt.  Auf  dringendste  Bitten  seines 
Amtes  entbunden,  geht  er  1277  nach  Paris,  um  dort  den  theologischen 
Magistergrad  zu  erwerben,  wie  das  auch  sonst  in  jener  Zeit  bei 
gelehrten  Brüdern,  die  Provinzial  der  deutschen  oder  der  sächsischen 
Provinz  ge\\esen,  im  Dominikanerorden  der  Brauch  (Denifle- 
Chatelain,  Chartularium  Universitatis  Parisiensis.  IL  Paris  1891. 
Nr.  682,  p.  143  und  Nr.  69(J,  p.  148;  vgl  Krebs,  Meister  Dietrich, 
S.  10.)  Dort  ist  er  zum  Baccalar  der  Theologie  promoviert.  Doch 
noch  vor  Erreichung  seines  Zieles  starb  er.  Auch  sein  großes  Werk 
De  sumnio  bono  hinterließ  er  als  Torso,  wenngleich  von  den  ge- 
planten acht  Büchern  nur  zwei  fehlen.  Es  blieb  unvollendet,  wie  die 
Snmma  des  Begründers  der  älteren  Franziskanerschule,  Alexander 
von  Haies,  wie  die  theologische  Summe  des  Aquinaten  und  wie  so 
mancher  Dom,  an  dem  das  Mittelalter  baute. 

49  Finke.  Nr.  59.  S.  87  ff. 

5 "  Ich  verweise  dafür  auf  meine  Darlegungen :  Witelo, 
S.  599  ff.  606  ff.  639  f.  Kultur  der  Gegenwart  I,  Abt.  V,  S.  360. 


—    48  — 


öl  Meister  Dietrich  freilich  stammt  iiiciit  von  Freibiirg  im 
Breisgau,  sondern  von  Freiberg-  in  Sachsen   Krebs.  S.  20—26. 

Darüber  u.  a.  der  grundlegende  Aufsatz  von  Fr.  E  hr  1  e,  John 
Peckhani  über  den  Kampf  des  Augustinismus  und  Aristotelisnius  in 
der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts,  in:  Zeitschr.  für  kathol. 
Theologie,  XIII.  Innsbruck  1889.  S.  172—193.  Ders.  Der  Augustinis- 
mus und  der  Aristotelismus  in  der  Scholastik  gegen  Ende  des  13. 
Jahrhunderts,  in:  Archiv  für  Literatur-  u.  Kirchengesch.  d.  Mittel- 
alters. V,  1«89,  S.  603—635,  und  die  ebenso  gründlichen  v^'ie  ergeb- 
nisreichen Darlegungen  Pierre  Mandonnets,  Siger  de  Brabant 
et  l'averroisme  latin  au  XIII^'  siecle.  I™  partie.  2"  ed.  Louvain  1911 
(wo  ich  aber  wegen  127,  4  und  180,  6  auf  meine  Antwort,  Philos. 
Jahrb.,  hrsg.  von  Gatberlet,  XXIV.  1911,  S.  177-202.  369—381. 
517 — 519  verweise).  Ferner  die  lebensvolle  und  anschauliche  Schil- 
derung bei  G.  von  Hertling,  Wissenschaftliche  Richtungen  und 
philosophische  Probleme  im  dreizehnten  Jahrhundert.  München  1910, 
sowie  meine  Darlegungen,  Kultur  der  Gegenwart  1,  Abt.  V,  S.  327  ff. 

Von  dem  neuen  Aristotelismus,  wie  ihn  Thomas  von  Aquino 
vertrat,  ist  Hugos  Werk  noch  ganz  unberührt.  Fehlt  doch  —  wie 
bei  Albert,  wo  er  als  Theologe  redet  (vgl  Artur  Schneider,  Die 
Psychologie  Aiberts  des  Großen.  Beitr.  zur  Gesch.  d.  Phil  d.  Mittel- 
alters IV,  5-6,  Münster  1903-1906.  S.  3'38ff.)  —  II,  c.  29  unter 
den  vielen  Definitionen  der  Seele  gerade  die  des  Aristoteles  von  der 
Seele  als  Entelechie  des  Körpers  (II,  c.  30,  im  Borgnetschen  Albert. 
Bd  XXXIV.  S.  61  b,  ist  sie  nur  ganz  nebenbei  auf  Grund  der  älteren 
scholastischen  Tradition  erwähnt).  Eher  ist  bei  Hugo  der  schon 
früh  einsetzende  Einfluß  Avicennas  zu  verspüren,  besonders  in  der 
Lehre  von  den  Seelenvermögen. 

Da  aus  Ulrichs  Werk  bisher  noch  nichts  Zusammenhängen- 
des veröffentlicht  wurde,  sei  hier  zum  erstenmale  ein  charakteri- 
stisches größeres  Stück  auf  Grund  des  Münchener  Codex  Clm  6496 
und  der  Löwener  Handschrift  mitgeteilt. 

Lib.  I  c.  7.  De  naturali  dispositione  intellectus  ad  cognoscen- 
duni  Deum. 

Quintus  modus  cognitiouis  est,  cum  intellectus  possibilis  sit 
formalis  ])er  conceptionem  terniiiiorum,  et  ex  illa  formalitate  fit 
habitus  principiorum,  qui  et  intellectus  vocatur,  et  priiicipia  co- 
gnoscimus  cognitione  terminornni ;  et  ex  his  fit  intellectus  in  effectu 
per  reductionem  eius  ex  principiis  in  scienliam  ;  et  ab  inteliectu  in 
effectu  fit  intellectus  adeptus.  cum  scilicet  investigatione  omnium 
scibilium  intellectus  possibilis  adeptus  est  suum  proprium  actum, 
ita  quod  intellectus  agens  coniunctus  est  ei  totaliter  ut  forma;  et 
ex  inteliectu  adepto  fit  intellectus  sanctus  et  mundus  ab  omni  ma- 
teriaiitate  et  conditione  impuritatis;  et  ex  inteliectu  adepto  fit  intellec- 
tus assiniilatus  per  hoc  qund  intellectus  sanctus  in  lumine  adepti  intel- 
lectus, Cügnoscens  per  siniilitudinem  lucis  intellectus  agentis  ut  per 
similitudinem  substantias  separatus.  eis  unitur  ut  intellectus  intelli- 
gibili,  et  per  hoc  lunien  illarum  substantiarum  in  ipsum  diffunditur 


per  quod  plenius  ipsas  cognoscit  et  eis  assimilatur  ;  et  ex  intellectu 
assimilato  fit  intellectus  divinus,  seilieet  cum  in  lumine  intelligentiae 
recipimus  lumen  divinum,  quia  per  lumeu  intelligentiae  amplius 
cognoscentes  divina  et  cognitione  unimur  Deo,  ab  ipso  illuminamur, 
et  in  hoc  lumine  cognoscimus  Deum.  Nec  dicimus  hoc  de  lumine 
gratiae  gratum  facientis,  sed  de  lumine  quo  Deus  illuminat  omnem 
horainem  (Jo.  1,9)  et  quo  Deus  illis,  id  est  philosophis,  revelavit, 
ut  dicitur  Rom.  1  (v.  IS)).  De  his  tarnen  plenius  dicemus,  cum  de 
intellectus  perfectione  erit  sermo. 

Hoc  autcm  luiiien  uiium  compositum  ex  lumine  intellectus 
agentis  et  lumine  intelligentiae  et  lumine  divino  est  expressior  Dei 
similitudo,  quam  naturaliter  in  nobis  esse  potest:  et  ideo  in  ipso 
non  solum  cognoscimus  (|uia  est  Deus,  sed  sicut  quiditas  rci  co. 
gnoscitur  per  speciem  suae  similitudinis,  sie  haec  cognitio  accedit  ad 
talem  cognitionem  Dei  qiiaiitum  ex  naturalibus  est  possibile.  Unde 
multis  quaerentibus :  »tjuis  ostendit  nobis  bona?>  respondet  psal- 
mista :  «Signatum  est  super  nos  lumen  vultus  tui  Domine»  (Ps.  4, 
6-7). 

Ex  his  patet  quod  Deus  naturali  cognitione  cognoscitur  non 
per  essentiam  suam,  sed  per  naturalem  similitudinem.  Quae  tamen 
similitudo  non  est  abstracta  ab  ipso,  quia  abstractio  nulla  potest 
fieri  a  simplicissimo  -  oportet  enim  abstractum  gsse  sinjpiicins  —  ; 
sed  potius  est  illa  cansata  ab  ipso  et  impressa  oirinibus  creaturis 
diversimode,  et  specialiter  nostro  intellectui  est  inserta,  qui  est  eins 
imago  et  similitudo.  Nec  tamen  haec  similitudo  specialiter  requi- 
ritur  ex  parte  obiecti  quod  Deus  est.  sicut  in  materialibus  rebus  — 
quae  propter  individuationem  in  materia  de  se  sunt  inintelligibilia, 
intellectus  vero  abstrahens  ea  facit  ea  universalia  et  per  lioc  intelligi- 
biiia  — ,  quia  Deus  in  sua  natura  est  pura,  simplicissima  et  univer- 
salissima  lux  intelligibilis,  quae  per  se  coguoscibilis  est ;  sed  requiritur 
similitudo  ex  defectu  nostri  intellectus,  quia  cum  ad  manifestissima 
naturae,  quae  sunt  tamen  emanationes  primae  illius  lucis,  se 
habet  ut  oculus  noctuae  ad  lucem  solis  (Arist.  Metaph,  II  1,  993 
b  9—10),  multo  fortius  sie  se  habebit  ad  ipsam  puram  et  summam 
lucem,  quod  ipsam  in  se  intueri  non  potest.  sed  tantum  obumbra- 
tam  in  sui  participatione,  quia  requiritur  proportio  potentiae  ad 
obiectum.  Quamvis  auteni  lumen  gratiae  superveniens  lumini  na- 
turae perficiat  intellectum  nostrum  ampliori  Dei  cognitione  quam 
posset  esse  sola  naturali  cognitione,  sicut  gratia  perficit  naturam, 
tarnen  ad  ipsam  naturalem  cognitionem  non  requiritur  gratia  super- 
addita  naturalibus,  quia  intellectus  per  se  sufficit  cognoscere  illud, 
cuius  in  se  habet  similitudinem  vel  per  sensura  accipere  potest. 
Utrumque  enim  herum  habet  in  se  noster  intellectus  respectu  obiecti 
quod  est  Deus,  quia  etiam  habet  eins  similitudinem  sibi  naturaliter 
insertam,  quae  est  lux  intellectus  agentis,  et  per  sensum  a  rebus 
corporalibus  huius  mundi  abstraKit  eins  similitudinem.  Nec  sensus 
tamen  primo  accipiens  haue  similitudinem  potest  in  ea  Deum  co- 
gnoscere, quia  accipit  speciem  corporalem  secundum  illud  quod  est, 

4 


—    50  — 


et  non  in  quantum  Dei  similitudo  est,  quia  hoc  esset  auferre  quod 
proprium  est  rationis,  et  hoc  esset  a  forma  naturali  (materiali  ?) 
abstrahere  lumen  intelligibile,  quod  solius  intellectus  est. 

Et  ex  hoc  patet  differentia  huius  cognitionis  ad  cognitionem 
huius  fidei  quae  est  gratiae,  scilicet  quia  fidei  cognitio  est  super- 
naturalis  et  a  Deo  infunditur ;  et  maior  est  cognitione  naturali 
quantitate  extensiva,  quia  plura  de  Deo  cognoscit,  et  quantitate 
intensiva,  quia  divina  limpidius  videntur  in  luce  divina  quam  in 
luce  humana. 

Für  Ulrichs  Stil  und  Gedankenweise  sagt  diese  Probe  alles, 
letzteres  freilich  nur  dem,  welchem  die  arabistische  Nuslehre,  ins- 
besondere die  Avicennas.  geläufig  ist,  an  den  sich  Ulrich  hier  an- 
schlielk,  wie  A  Ib  e  r  t  u  s  M  a  g  n  u  s,  De  iiitellectu  et  intelllgibili  II 
c.  3 ff.  (T.  IX,  p.  306 ff.  ed.  Borgnet);  vgl.  auch  A.  Schneider, 
Die  Psychologie  Alberts  des  Großen  S.  334  ff. 

*ä  Engelb.  Krebs,  Meister  Dietrich  (Theodoricus  Teutonicus 
de  Vriberg .  Sein  Leben,  seine  Werke,  seine  Wissenschaft  (Beitr  z. 
Gesch.  d.  Philos.  d.  Mittelalters,  hrsg.  von  Baeumker  u.  von  Bertling, 
V,  .'j-6).  Münster  190«. 

Meister  Dietrich  wurde  auf  dem  1293  zu  Straßburg  als 
General-  und  Provinzialkapitel  abgehaltenen  Tage  zum  Provinzial 
von  Deutschland  gewählt.  Krebs,  S.  5. 

*6  Jos.  Lappe,  Nicolaus  von  Autrecourt.  Sein  Leben,  seine 
Philosophie,  seine  Schriften  (Beitr.  zur  Gesch.  d.  Phil.  d.  Mittel- 
alters VI,  2).  Münster  1908.  —  Zur  Zeit  des  Nikolaus  waren  zwar 
Ulrich  und  Eckhart  tot;  aber  ihr  Geist  lebte  im  Elsaß  in  der  My- 
stik fort. 

67  Das  Hauptwerk,  das  aber  in  sehr  vielem  durch  die  Einzel- 
forschung überholt  ist:  |Wilh.  Prege  r,  Geschichte  der  deutschen  My- 
stik im  Mittelalter.  I— IIL  Leipzig  1S74— 1893.  Vgl.  auch  J.  B. 
Dalgairns,  The  German  Mystics  of  the  fourteenth  Century.  Lon- 
don 18.58,  und  H.  Delacroix,  Essai  sur  le  mysticisme  speculatif 
en  Allemagne  au  quatorzieme  siecle.  Paris  1900,  sowie  Lorenz 
und  Sc  her  er,  Geschichte  des  Elsasses.  3.  A.  S.  75—87.  —  Da  im 
Texte  selbst  Zeit  und  Ort  jede  Begründung  und  jede  Polemik  auf 
diesem  so  umstrittenen  Gebiete,  auf  dem  die  letzten  Jahrzehnte  so 
viel  neues  Material  und  so  viele  neue  Probleme  gebracht  haben, 
verboten,  so  mußte  im  folgenden  wenigstens  in  den  Anmerkungen 
auf  die  spezielle  Literatur  eingehender  Rücksicht  genommen  werden. 

»8  Eine  Abbildung  des  Grabsteins  bei  Carl  Schmidt,  Jo- 
hannes Tauler  von  Straßburg.  Hamburg  1841,  —  Die  Tauler-Lite- 
ratur, welche  für  die  vorliegende  Skizze  positiv  oder  negativ  be- 
rücksichtigt wurde,  ist  meist  unten  Anm.  78  und  79  bei  der  Gottes- 
freundfrage  und  bei  Rulman  Merswin  aufgezählt.  Außerdem  Preger 
in  der  Allgem.  deutschen  Biographie.  XXXVII-  München  1894. 
S.  458—465  und  Gesch.  d.  deutschen  Mystik,  III,  S.  3—241,  sowie 
H.  Denifle  in  der  wertvollen  Einleitung  zu:  Das  Buch  von  geist- 


—    51  - 


lieber  Armuth,  bisher  bekannt  als  Johann  Taulers  Nachfolgung  des 
armen  Lebens  Christi  München  1877.  Ferd.  Gohrs,  Realencykl. 
f.  Protest.  Theol.  u.  Kirche.  3.  Aufl.  XIX.  1907.  S.  451-459.  —  Die 
in  den  Literaturaufzählungen  (z.  B.  bei  Gohrs.  S.  451 1  Ob  erlin 
beigelegte  Schrift :  De  Johannis  Tauleri  Ord.  Praed.  Dictione  Ver- 
nacula  et  Mystica  —  sie  enthält  u.  a.  eine  Konkordanz  der  Predigten 
nach  den  drei  Handschriften  in  Straßburg  und  den  Ausgaben  Leipzig 
1498  und  Basel  1581  sowie  ein  mhd.  Vokabular  —  trägt,  worauf  schon 
Max  Pahncke,  Kleine  Beiträge  zur  Eckhartphilologie  (Progr. 
Neuhadersleben  1909)  S.  5  aufmerksam  machte,  auf  dem  Titel  den 
Vermerk:  «De  Johannis  .  .  .  Mystica  Praeside  Jacobo  Oberlino  dispu- 
tabit  A  uc  1 0  r  Johannes  Jacobus  Beck  Argentoratensis  die  16.  Hart. 
1786>,  ist  also  nicht  von  Uberlin,  sondern  von  J.  J.  Beck  verfaßt. 

=9  Vgl.  Karl  Rieder,  Der  Gottesfreund  vom  Oberland  eine 
Erfindung  des  slraßburger  Johanniterbruders  Nikolaus  von  Löwen. 
Innsbruck  1905,  S.  254*  (Kageneck),  ^BS*  (Zorn). 

6"  Die  Verantwortung  für  den  «Hungertod  aus  Gottesliebe  und 
Frömmigkeit»  muß  ich  freilich  den  Lokalhistorikern  und  der  in  drei 
Sprachen  gedruckte«  Erklärung  überlassen,  die  in  der  Thomaskirche 
neben  dem  Denkmal  sich  befindet.  In  der  Umschrift  auf  dem  Stein 
heißt  es  nur : 

Das  ist  mir  bliben,  das  ich  hab  geben, 
Was  ich  hab  behalten,  hat  mich  begeben. 
0  Gott,  gib  uns  allen  das  ewig  leben. 
1410. 

Das  Denkmal  befand  sich  vor  den  siebziger  Jahren  des  vorigen 
Jahrhunderts  an  der  Mauer  des  Gartens  des  jetzt  abgebrochenen 
Pfarrhauses  und  wurde  nach  Friedr.  Garl  Heitz,  Die  St.  Thomas- 
Kirche  in  Straßburg.  Straßburg  1841.  S.  94  «von  Nicolaus  Röderer, 
Bürger  von  Straßburg,  befohlen  ihm  nach  seinem  Tode  neben  den 
durch  ihn  gestifteten  Ölberg  zu  setzen,  an  welchem  Platz  er  auch 
begraben  sein  wollte». 

81  Catharinae  de  Geweswiler  de  vitis  primarum  sororum  mo- 
nasterii  sui  über,  in:  Bern.  Pez,  Bibliotheca  aseetica  antiquo-nova. 
Vm.  Regensburg  1725.  S.  35-399.  Vgl.  C.  Greith,  Die  deutsche 
Mystik  im  Predigerorden  (von  1250—1350)  nach  ihren  Grundlehren, 
Liedern  und  Lebensbildern  aus  handschriftlichen  Quellen.  Freiburg 
i.  Br.  1861.  S.  291—293.  W.  Preger,  Geschichte  der  deutscheu 
Mystik  im  Mittelalter.  IL  München  1881.  S.  264  f.  —  Wie  viel  in 
jenen  Klosterlegenden  bei  Katharina  von  Gebweiler,  die  natürlich 
nach  dem  Maße  ihrer  Zeit  gemessen  und  gewertet  sein  wollen, 
gemeinsames  Wandergut  ist,  zeigen  die  reichhaltigen  Belege  bei 
Engelbert  Krebs,  Die  Mystik  in  Adelshausen,  in  der  cFestgabe 
für  Heinrich  Finke»,  Münster  1904,  S.  41—105  (woselbst  S.  104,  3 
auch  der  Nachweis  einer  wörtlichen  Entlehnung  in  Katharinas 
Vorrede  aus  Dietrich  von  Apolda,  Vita  Dominici).  Für  die  Ge- 
schichte des  1232  gegründeten  Dominikanerinnenklosters  Unter- 


linden  bei  (jet/.t  in)  Colmar,  deren  Kirchenchor  12G9  von  Albertus 
Magnus  eingeweiht  wird,  vgl.  A.  M.  P.  Ingold,  Le  iiionastere  des 
Unterlinden  de  Colmar  au  treizieme  siecle.  1'«  partie  :  Fondation, 
Regestes.  Straßburg  und  Paris  1896.  —  Ein  Gegenstück  aus  dem 
Laienstand  bildet  das  deutsch  geschriebene  Leben  der  Schererin, 
einer  1409  gestorbenen  Handwerkersfrau,  im  Ms.  der  Kgl.  Eibl,  zu 
Berlin,  Ms.  germ.  quarto  191,  das  Bihlmeyer  iSeuse  19*)  in  Straß- 
burg lokalisiert  (doch  erhebt  A.  Spam  er  in  Braunes  Beitr. 
XXXIV,  380  Einwendungen). 

6-  Leben  Seuses,  Kap.  40  (Heinrich  Seuse,  Deutsche  Schriften, 
hrsg.  von  Karl  Bihlmeyer.  Stuttgart  1907.  S.  I(i8,  9—11):  Ein 
gelassener  mensch  mftss  entbildet  werden  von  der  creatur,  gebildet 
werden  mit  Cristo,  und  überbildet  in  der  gotheit  (der  Dativ  nicht 
ohne  Absicht).  So  will  auch  Tau  1er  in  der  Predigt  auf  den  L 
bonntag  nach  Ostern  (Ausgabe  Frankfurt  1826,  Bd.  II.  S.  42)  lehren; 
«Wie  wir  durch  unser  selbst  und  aller  Dinge  Verlassung  durch  drei 
Staffeln  aufsteigen  sollen  zu  wahrem  Frieden  und  ßeinigkeit  unsers 
Herzens.^  Diese  drei  Staffeln  sind  die  drei  Wege  der  Reinigung. 
Erleuchtung  und  Einigung,  die  in  den  Grundgedanken  wenn  nicht 
schon  auf  Plato.  so  doch  auf  Philo,  Plotiu  und  Proklus  zurück- 
gehen und  besonders  bei  Dionysius  dem  Pseudoareopagiten  ausge- 
bildet sind,  dessen  ganzes  System  sie  beherrschen  (Hugo  Koch. 
Pseudo  Dionysius  Areopagita  in  seinen  Beziehungen  zum  Neuplato- 
nismus  und  Mysterienwesen.  Mainz  1900.  S.  174 — 178)  und  die  man 
auch  bei  Augustin  glaubte  nachweisen  zu  können;  vgl.  Engelbert 
Krebs,  .Meister  Dietrich  (Theodoricus  Teutonicus  de  Vriberg). 
Münster  1906.  S.  127-134. 

i'lier  die  besondere  Bedeutung  von  Richard  von  St.  Viktor 
und  Thomas  Gallus,  Abt  von  Vercelli  (der  «abbas  Vercellensis"  bei 
Nikolaus  von  Kuesi  für  die  Ausbildung  der  mittelalterlichen  Mystik 
vgl.  Heinr.  Denifl  e  in  :  Historisch-politische  Blätter,  Bd.  75  (1875). 
S."  784-787. 

Daß  Albert  in  seiner  mystischen  Schrift  De  adhaerendo  Deo 
(in  der  neuen  Ausgabe  der  Werke  Alberts  von  Borgnct  Bd.  XXXVII. 
Paris  1898  S.  323—342)  von  David  von  Augsburg  abhängig  ist 
ic  3  ist  aus  c.  36  von  Davids  De  septem  processibus  entnommen), 
weist  Denif  le  ,  a.  a  0.,  S.  788  nach. 

6^  So  Auguste  Jundt,  Essai  sur  le  raysticisme  speculatif  de 
maitre  Eckhart.  Straßburg  1871.  S.  39—45.  Ders.  Histoire  du  pan- 
theisme  populaire  au  moyen-äge  et  au  seizieme  siecle.  Paris  1875. 
S.  57—69  Anni.  Schon  Franz  Pfeiffer,  Deutsche  Mystiker.  Bd.  II, 
S.  XIII  nannte   Straßburg   «Eckharts  Heimats-  und  Geburtsort». 

86  Heinr.  Denifle,  Die  Heimat  Meister  Eckeharts,  in:  Ar- 
chiv für  Literatur-  und  Kirchengeschichte  des  Mittelalters,  hrsg. 
von  Denifle  und  Ehrle,  V,  1889,  S.  349-364  weist  Hochheim  bei 
Gotha  als  Eckharts  Heimat  nach.  Vgl.  auch  Ant.  P  u  m  m  e  r  e  r  , 
Der  gegenwärtige  Stand  der  Eckhartforschung.  I.  Jleister  Eckharts 
Lebensgang.  Progr.  Feldkirch  1903. 


—   5.1  — 


67  Straßburger  Urkuntlenbiich.  III,  S.  236,  Nr.  768  (1314  April 
13):  presentibus  testibus  .  .  .  fratribus  magistro  Eckehardo  profes- 
sore  sacre  theologie  .  .  .  predicti  orditiis  predicatoruni. 

68  Karl  B  i  h  1  ni  eye  V  in  seiner  Ausgabe  Seuses  (Stuttgart  1907) 
S.  66*  ff. 

69  Aus  diesen  lateinisciien  Schriften  Eckharts  iiat  Denifle, 
Meister  Eckeharts  lateinische  Schriften  und  die  Grundanschauungen 
seiner  Lehre,  in:  Archiv  f.  Lit.-  u.  Kirchengeschichte  des  Slittelalters, 
II.  1886,  S.  417  — 6r)-2.  673—687  größere  Stücke  des  Opns  tripartitum 
mitgeteilt.  Adolf  S  p  a  m  e  r  in  seinem  schönen  Buch  :  Texte  aus  der 
deutschen  Mystik  des  14.  und  lö.  .Jahrhunderts.  Jena  1912  teilt 
mehrere  Stücke  aus  dem  Opus  sermonum  mit.  Ich  selbst  habe  die 
Kueser  Eckeharthandschrift  kennen  gelernt,  sowie  das  von  Hermann 
Büttner,  (Meister  Eckeharts  Schriften  und  Predigten.  Aus  dem 
Mittelhochdeutschen  übersetzt  und   herausgegeben,    II.  Jena  1909. 

5.  Vlllf.,  219.  221.  224)  erwähnte  Manuskript  von  Eckharts  Ver- 
teidigungsschrift aus  dem  Jahre  1326,  das  schon  vor  längerer  Zeit 
von  dem  damaligen  Archivdirektor  Dr.  Ludwig  Keller  aufgefunden 
wurde  —  weiteres  teile  auch  ich  über  dieses  Manuskript  nicht 
mit,  um  in  keine  Prioritätsrechte  einzugreifen  —  und  das  für 
die  Echtheitsfragen  tatsächlich  noch  viel  wichtiger  ist  als  die 
von  E.  Vansteenberghe,  Le  «De  ignota  litteratura» 
de  Jean  Wenck  de  Herrenberg  contre  Nicolas  de  Cuse  (Beiträge 
zur   Gesch.  d.  Philos.  d.  Mittelalters,   hrsg.  von  Baeumker,  VIII, 

6.  Münster  1910)  nach  der  Mainzer  Handschrift  veröffentlichte  Schrift 
des  1443  in  Maulbronn  gestorbenen  Zisterziensers  Johann  Wenck 
gegen  den  Eckhart  nahestehenden  Nikolaus  von  Kues,  auf  deren 
Bedeutung  für  die  Eckhartfrage  schon  vorher  Ad.  Spamer,  der 
sie  aus  der  trierer  Handschrift  kannte  iBeitr.  zur  Gesch.  der  deutschen 
Sprache  u.  Literatur  hrsg.  von  Braune.  XXXIV.  1908.  S.  374—376) 
und  Ph.  Strauch  (Meister  Eckharts  Buch  der  göttlichen  Tröstung 
und  von  dem  edlen  Menschen.  Bonn  1910.  S.  3)  hingewiesen  hatten. 
Ich  kann  nach  allem,  was  mir  selbst  aus  diesen  Handschriften  be- 
kannt geworden  ist,  im  Avesentlichen  der  Auffassung  Denifles  nur 
beitreten,  freilich  mit  dem  Zusatz,  den  ich  schon  vor  zwanzig 
Jahren  gemacht  habe  (Archiv  für  Gesch.  der  Philos..  V,  1892,  S.  135): 
«Übrigens  wird  man  —  was  auch  Denifle  selbst  wohl  nicht  ernst- 
lich in  Frage  stellen  wird  —  auch  nach  dieser  Entdeckung  daran 
festhalten  müssen,  daß  die  eigentliche  historische  Bedeutung 
Eckharts,  die  Seite  seines  Wirkens,  welche  ihn  als  einen  wichtigen 
Faktor  in  einer  allgemeinen  Zeitbewegung  erscheinen  läßt, 
nicht  in  seineu  weniggelesenen  lateinischen  Schriften,  sondern  in  seinen 
deutschen  Traktaten  und  Sermonen  zu  suchen  ist.  Aber  für  das 
Verständnis  ist  uns  in  den  neu  entdeckten  lateinischen  Schriften 
Eckharts  und  in  dem  Vergleiche  mit  der  gleichzeitigen  lateinischen 
Scholastik  der  sichere  Schlüssel  geboten».  —  Möchten  P.  Augustin 
Daniels  und  Dr.  Spamer,  die  beiden  gründlichen  Kenner  Eckharts.  uns 
bald  das  gesamte  Material  vorlegen  und  allgemein  zugänglich  machen! 


—    5i  — 

'0  Die  Quelle  enes  Neuplatonismus  ist  —  außer  den  vereinzelten 
Elementen,  die  auf  dem  Umwege  über  die  Araber,  insbesondere 
Avicenna,  zuflössen  —  vornehmlich  Pseudo-Dionysius  Areopagita  und 
Proklus.  Aus  des  letzteren  otor/suoa'.Q  &soXoif!xyj  war  der  unter  des 
Aristoteles  Namen  gehende  Liber  de  causis  von  einem  christlichen 
Araber  kompiliert  (,0.  Barden  he  wer.  Die  pseudo-aristotelische 
Schrift  Über  das  reine  Gute,  bekannt  unter  dem  Namen  Liber  de 
causis  Freiburg  i.  Br.  1882).  Diese  ozor/doiO'.-  Ö-srAc/Yi/.-/;  selbst 
hatte  Eckharts  und  Taulers  Ordensgenosse  Wilhelm  von  Sloerbeke 
12B8  zu  Viterbo  ins  Lateinische  übertragen  und  hatte  ihr  als  Bischof 
von  Korinth  1280  die  Ubersetzung  von  drei  weiteren  Werken  des 
Proklus,  insbesondere  der  so  wichtigen  Schrift  De  malorum  sub- 
sistentia,  folgten  lassen.  Dionysius,  Plato,  der  Liber  de  causis,  Proklus 
werden  unzähligemale  von  Eckhart  in  lateinischen  und  deutschen 
Schriften  genannt.  Audi  bei  Tauler  ist  nicht  selten  von  den  «großen 
Meistern»  Proklus  und  Plato  die  Rede,  die  von  dem  «lauteren 
Grunde»  der  Seele  denen,  die  es  von  sich  selbst  nicht  finden  konnten, 
einen  «klaren  Unterschied»  gaben  (Ausgabe  Frankfurt  1826.  Predigt 
119,  Bd.  II,  71;  vgLNr.  69,  II,  174;  Nr.  93,  II,  360  u.  ö.).  Wie 
beliebt  diese  neuplatonische  Literatur  in  der  Mystik  war.  zeigt  recht 
deutlich  der  Umstand,  daß  sogar  in  die  Predigt  ganze  Texte  daraus 
neben  Bibelstellen  Avörtlich  übernommen  werden,  z.  B.  in  der  von 
Adolf  8  p  a  m  e  r  ,  Texte  aus  der  Mystik  des  14.  und  15.  Jahrhun- 
derts (Jena  1912)  jüngst  herausgegebenen  Predigt  über  Ps.  2,  7  aus 
einem  der  Schule  Meister  Eckharts  angehörigen  Predigtzyklus,  wo 
(S,  68.  3—7)  ein  wörtliches  lateinisches  Zitat  aus  dem  Liber  de 
causis  §  1  (p.  163,  3—6,  Bardenhewer)  zu  Grunde  g'eiegt  wird. 

Hier  stimme  ich  dem  bei,  was  B.  Nardi,  Rivista  di  Filo- 
sofia  Neo-scolastica,  III,  1911,  p.  717,  über  E.  Krebs,  Meister  Diet- 
rich, S.  141  —  145  hinausgehend,  bemerkt. 

''^  H.  Denifle,  Uber  die  Anfänge  der  Predigtweise  der 
deutschen  Mystiker.  Archiv  f.  Literatur-  u.  Kirchengesch.  d.  Mittel- 
alters, lirsg.  von  Denifle  u.  Ehrle,  II,  1886,  S.  641—6.52. 

"Über  die  Frauenklöster  in  Straßburg:  Wilh.  Kothe, 
Kirchliche  Zustände  Straßburgs  im  vierzehnten  Jahrhundert.  Ein 
Beitrag  zur  Stadt-  und  Kulturgeschichte  des  Mittelalters.  Freiburg 
i  Br.  1903.  S.  45  -52;  insbesondere  über  die  dortigen  Beginenhäuser: 
C.  Schmidt,  Die  Straßburger  Beginenhäuser  im  Mittelalter,  in: 
Alsatia,  Beiträge  zur  elsässischen  Geschichte,  Sage,  Sitte  und  Sprache, 
hrsg.  von  August  Stöber,  1858—1861,  S.  149—248.  Für  die  soziale 
Seite  des  Beginenwesens  :  Carl  Bücher,  Die  Fraaenfrage  im  Mittel- 
alter. Tübingen  1882.  S.  23-32. 

^*  Über  Johann  von  Sterngassen  vgl,  Preger,  11,  116—123. 
Preger  läßt  den  zu  Straßburg  wirkenden  Dominikaner  in  Köln  ge- 
boren sein. 

'5  Über  Nikolaus  von  Straßburg  und  seine  mehr  praktischen, 
von  der  Spekulation  noch  weniger  berührten  deutschen  Predigten 
s,  oben  S.  45  Anm.  40. 


Verlag  von  J.  H.  Ed.  Heitz  (Heitz  &  Mündel). 


ReiUenslein,  Richard,  Werden  und  Wesen  der  Humani- 
tät im  Altertum.  Rede  gehalten  am  26.  Januar  1907.  1  — 

Reye,  Theodor,  Die  synthetische  Geometrie  im  Altertum 
und  in  der  Neuzeit.  Rede  gehalten  am  1.  Mai  1886. 
2.  Aufl.  —  40 

Schwalbe,  Gustav,  Ueber  einige  Probleme  der  physi- 
schen Anthropologie.  Rede  geh.  am  1.  Mai  1893.    —  60 

Sraend,  Julius,  Die  politische  Predigt  Schleiermachers 
von  1806  bis  1808.  Rede  gehalten  am  1.  Mai  1906.     1  — 

— •  «Dem  Volke  muß  die  Religion  erhallen  werden.»  Rede 
gehalten  am  27.  Januar  1911.  1  20 

len  Brink,  Bernhard,  Ueber  die  Aufgabe  der  Litera- 
turgeschichte. Rede  gehalten  am  1.  Mai  1890.      —  60 

Thiele,  Johannes,  Reine  und  technische  Chemie.  Rede 
gehalten  am  27.  Januar  1904.  1  — 

—  Ueber  den  Verlauf  chemischer  Reaktionen.  Rede  ge- 
halten am  30.  April  1910.  1  20 

Varrenlrapp,  Conrad,  Der  Große  Kurfiirst  und  die 
Universitäten.  Rede  geh.  am  27.  Januar  1894.     —  80 

Weber,  Heinrich,  Ueber  die  Eniwicklung  unserer  me- 
chanischen Naturanschauung  im  neunzehnten  Jahr- 
hundert. Rede  gehalten  am  1.  Mai  1900.  —  80 

Wiegand,  Willielm,  Das  politische  Testament  Fried- 
richs des  Großen  vom  Jahre  1752.  Rede  gehalten  am 
27.  Januar  1908.  1  20 

Windelband,  Wilhelm,  Geschichte  und  Naturwissen- 
schall. Rede  gehalten  am  1.  Mai  1894.  3.  Aufl.       —  60 

—  Festrede,  Ansprachen  und  Erwiderungen  beim  25- 
jährigen  Stiftungsfest  der  Kaiser  Wilhelms-Universität 
Straßburg,  am  1.  Mai  1897.  1  20 

Ziegler,  Theobald,  Thomas  Morus  und  seine  Schrift  von 
der  Insel  Utopia.  Rede  geh.  am  27.  Januar  1889.  —  50 

—  Glauben  und  Wissen.  Rede  gehalten  am  1.  Mai  1899. 
2.  Aufl.  —  80 

—  Rede  bei  der  Schillerfeier  der  Kaiser  Wilhelms- üniver- 
silät  Straßburg.  Am  9.  Mai  1905.  —  80 

Zoepflel,  Richard,  Johannes  Sturm,  der  erste  Rektor  der 
Straßburger  Akademie.  Rede  am  30.  April  1887,  —  40 


VERLAG  VON  J.  H.  ED.  HEITZ  (HEITZ  &  MÜNDEL). 


GUSTAV  GRÖBER, 

WAHRNEHMUNGEN  undGEDANKEN 

(1875—1910) 


M.  1.80,  gebd.  M.  2.50. 


In  aphoristischer  Form  oder  in  kurzen  Erörterungen 
teilt  hier  der  bekannte  Straßburger  Romanist,  Professor 
Dr.  G.  Gröber,  scharfsinnige  Wahrnehmungen  aus  den  letz- 
ten 35  Jahren  mit  («Aus  der  Zeit»),  zu  denen  ihm  die 
Zeit  und  Zeitereignisse,  der  Wechsel  in  Grundsätzen  des 
Handelns,  in  Bewertungen  und  Beurteilungen  literarischer 
und  künstlerischer  Richtungen  und  Erscheinungen  Anlaß 
gaben.  Dazu  gehören  auch  die  Würdigungen,  die  der  Ver- 
fasser dem  ihm  persönlich  bekannt  gewesenen  Fr.  Nietzsche 
zuteil  werden  läßt  auf  Grund  seiner  Werke  und  der  von 
ihm  vertretenen  Anschauungen;  endlich  beleuchtet  er  auch 
mehrfach  den  Charakter  der  bekannten  Völker.  Er  be- 
trachtet ferner  in  einem  zweiten  Teile  («Für  die  Zeit») 
menschliches  Denken  und  Empfinden  vom  Standpunkt  einer 
idealistischen  Ethik  und  belehrt  über  die  Herrschaft  von 
Schein  und  Selbsttäuschung,  über  den  Mangel  an  Selbst- 
kritik und  ihre  Nachteile  in  politischem,  kultuiellem  und 
praktischem  Leben.  Endlich  beleuchtet  der  dritte  Teil 
(«Zur  Klärung»)  den  Sinn  wichtiger  philosophischer  Be- 
griffe und  sucht  allgemeinverständliche  philosophische 
Bestimmungen  zu  treffen,  wo  noch  die  Sprache  der  heu- 
tigen Philosophie  sich  in  subjektiver  Ausdrucksweise  oder 
schwerverständlicher  Definition  gefällt.  Die  Begriffsbestimm- 
ungen sind  im  allgemeinen  sensualistisch ;  sie  sind  ge- 
eignet über  philosophische  Fragen  aufzuklären  und  zum 
Nachdenken  anzuregen  über  menschliche  Erkenntnis  und 
ihre  Grenzen,  über  Sprache  und  Denken,  über  logische 
BegrifTe  und  psychologische  Funktionen  u.  dgl. 

Das  Büchlein  gibt  350  solcher  Wahrnehmungen  und 
Gedanken  in  präziser  Fassung  und  wird  mit  Befriedigung 
und  Gewinn  von  denkenden  Lesern  entgegengenommen 
werden. 


Zu  beziehen  durch  jede  Buchhandlung. 


Verlag  von  J.  H.  Ed.  Heitz  (Heitz  &  Mündel). 


Reden 

gehalten  an  der  Uuiversitäl  Straßburg. 

Boeumker,  Clemens,  Der  Anteil  des  Elsaß  an  den 
geistigen  Bewegungen  des  Millelalters.  Rede  gehalten 
am  27.  Januar  1912.  2  — 

Baumgar len,  Hermann,  Zum  Gedächtnis  Kaiser  Fried- 
richs. Rede  gehalten  bei  der  Gedenkfeier  der  Kaiser 
Wilhelms-Universität  am  30.  Juni  1888.  —  40 

Braun,  Ferdinand,  Ueber  physikalische  Forschungsart. 
Rede  gehalten  am  27.  Januar  1899.  —  80 

—  Ueber  drahtlose  Telegraphie  und  neuere  physikalische 
Forschungen.  Rede  geh.  am  1.  Mai  1905.  1  20 

Bresslau,  Harry,  Aufgaben  mittelalterlicher  Quellen- 
forschung. Rede  gehalten  am  30.  April  1904.        1  — 

Calker,  Fritz  van,  Politik  als  Wissenschaft.  Rede  ge- 
halten am  27.  Januar  1898.  1  — 

Dehio,  GeorgGottfried,  Denkmalschulzu. Denkmalpflege 
im  XIX.  Jahrb.  Rede  geh.  am  27.  Januar  1905.       1  — 

Ehrhard,  Albert,  Das  Christentum  im  römischen  Reiche 
bis  Konstantin,  seine  äußere  Lage  und  innere  Entwick- 
lung.   Rede  gehalten  am  1.  Mai  1911.  1  20 

Fehling,  Hermann,  Wundinfektion  und  Wundbe- 
handlung im  Wandel  der  Zeiten  und  Anschauungen. 
Rede  gehalten  am  1.  Mai  1908.  1  20 

Ficker,  Johannes,  Allchristliche  Denkmäler  und  An- 
fänge des  Christentums  im  Rheingebiet.  Rede  gehalten 
am  27.  Januar  1909,  1  20 

Fittig,  Rudolph,  Ziele  und  Erfolge  der  wissenschaftlich 
chemischen  Forschung.  Rede  geh,  am  1.  Mai  1895.  —  60 

Forster,  Joseph,  Warum  und  was  essen  wir?  Rede  ge- 
halten am  27.  Januar  1901.  1  — 

—  Bakteriologie  u.  Hygiene.  Rede  am  1.  Mai  1903.  —  80 
Gerland,  Georg,  Ueber  Ziele  und  Erfolge   der  Polar- 
forschung. Rede  gehalten  am  27.  Januar  1897.       —  60 

Goelte,  Alexander,  Ueber  Vererbung  und  Anpassung. 
Rede  gehalten  am  30.  April  1898.  —  80 


Verlag  von  J.  H.  Ed.  Heitz  (Heitz  &  Mündel). 


Goltz,  Friedrich,  Gedenkfeier  des  verewigten  Stifters 

der  Universität  weiland  Seiner  Majestät  Kaiser  Wilhelms. 

Rede  gehalten  am  1.  Mai  1888.  —  40 

Heitz,  Emil,  Zur  Geschichte  der  alten  Straßburger  Uni- 
versität. Rede  gehalten  am  1.  Mai  1885.  2.  Aufl.  —  60 
Hohzmann,  Heinrich,  Das  Neue  Testament  und  der 

römische  Staat.  Rede  geh.  am  27.  Januar  1892.  —  60 
Koeppel,  Emil,  Deutsche  Strömungen  in  der  englischen 

Literatur.  Rede  gehalten  am  27.  Januar  1910.  1  20 
Laband,  Paul,  Das  deutsche  Kaisertum.  Rede  gehalten 

am  27.  Januar  1896.  —  60 

Lenel,  Otto,  Das  bürgerliche  Gesetzbuch  und  das  Studium 

des  römischen  Rechts.  Rede  geh.  am  1.  Mai  1896.  —  60 
Martin,  Ernst,  Wolfram  von  Eschenbach.  Rede  geh.  am 

27.  Januar  1903.  1  — 

Mayer,  E.  W.,  Das  psychologische  Wesen  der  Religion 

u.  die  Religionen.  Rede  geh.  am  27.  Januar  1906.  1  — 
Mayer,   Otto,    Portalis  und    die  organischen  Artikel. 

Rede  gehalten  am  27.  Januar  1902.  —  80 

—  Justiz  und  Verwaltung.  Rede  gehalten  am  1.  Mai 
1902.  1  - 

Merkel,  Adolf,  Ueber  den  Zusammenhang  zwischen  der 
Entwickelung  des  Strafrechts  und  der  Gesamtent- 
wickelung der  öflenllichen  Zustände  und  des  geistigen 
Lebens  der  Völker.    Rede  gehalten  am  30.  April  1889. 

—  40 

Michaelis,  Adolf,  Allallische  Kunst.  Rede  gehalten  am 
27.  Januar  1893.  —  80 

Neumann,  Karl,  Die  Grundherrschaft  der  römischen 
Republik,  die  Bauernbefreiung  und  die  Entstehung  der 
servianischen  Verfassung.  Rede  gehalten  am  27.  Januar 
1900.  1  - 

—  Entwicklung  und  Aufgaben  der  alten  Geschichte.  Rede 
gehalten  am  1.  Mai  1909.  3  — ,  gebd.  4  — 

Nowack,  Wilhelm,  Die  sozialen  Probleme  in  Israel  u. 
deren  Bedeutung  für  die  religiöse  Entwicklung  dieses 
Volkes.  Rede  gehalten  am  30.  April  1892.         —  60 

—  Die  Entstehung  der  israelitischen  Religion.  Rede  ge- 
halten am  27.  Januar  1895.  2.  Aufl.  —  80 


—    55  — 


'6  Karl  R  i  e  d  e  r,  Mystischer  Traktat  aus  dem  Kloster  ünter- 
linden  zu  Colmar  i.  Eis.,  in:  Zeitschrift  für  deutsche  Mundarten, 
hrsg.  von  Heilig  u.  Lenz,  I,  1900,  S.  80-90. 

Mau  vgl.  z.  B.  die  Schilderung  des  Klosters  Unterlinden 
(a.  a.  0.,  S.  85) :  .  .  .  welches  doster  in  sinem  zirlichen  garten  liget 
und  ist  och  gar  vaste  grünenden  und  blüenden.  genant  Unterlinden, 
darinne  vil  heidc  und  velde  stet  und  och  schöner  linden,  die  über- 
treffenlich  gar  vast  fruchtber  sint.  Do  sint  och  vil  schöner  vogel 
und  engel  uf  den  zwigen  derselben  linden,  die  alle  mit  lutem  schalle 
sussiclichen  singen;  darinne  ist  och  die  oberste  tübe  in  den  höchsten 
tolden  derselben  linden  nisten.  Och  entspringet  in  demselben  closter 
der  stet  quelbrunnen  aller  gnoden  und  andacht,  der  gar  meister- 
lichen umbgegeben  ist  und  beslossen  in  höher  meisterschaft,  do 
noch  nymant  usgetrank,  danne  der  allein,  der  do  daselbest  allen 
creaturen  ist  engangen. 

"8  Über  die  Gottesfreunde  u.  a.  :  Th.  W.  Rö  h  r  i  c  h.  Die  Gottes- 
freunde und  die  Winkler  am  Oberrhein,  in:  Zeitschrift  für  die  hi- 
storische Theologie,  hrsg  von  Illgeu.  X,  1  (1840),  118-161.  Carl 
Schmidt,  Johannes  Tauler.  1841.  Anhang  S.  161—208:  Die 
Gottesfreunde.  Ders.  Die  Gottesfreunde  im  14.  Jahrhundert.  Histo- 
rische Nachrichten  und  Urkunden,  in  :  Beiträge  zu  den  theologischen 
Wissenschaften,  hrsg.  von  Reuß  u.  Cunitz.  V.  Jena  1851.  S.  1  -191. 
A.  Jundt.  Les  arais  de  Dien  au  quatorzieme  siecle.  Paris  1879. 
M.  Rieger,  Die  Gottesfreunde  im  deutschen  Mittelalter  (Samml. 
von  Vorträgen,  hrsg.  von  Frommel  u.  Pfaff,  I,  8i  Heidelberg  1879. 
Fr.  Ehrle,  Das  Einst  und  Jetzt  der  Geschichte  des  Gottesfreunde- 
Bundes,  in:  Stimmen  aus  Maria-Laach,  XXXI.  1886  S.  38ff.  252ff. 
Kessel,  Art.  «Gottesfreundev  in  Wetzerund  Weltes  Kirchenlexikon, 
2.  Aufl.  Bd.  V.  Freiburg  1888.  S.  893-900.  Philipp  Strauch,  in: 
Realencyklopädie  für  protest.  Theologie  u.  Kirche,  hrsg.  von  Herzog 
u.  Hauck  XVII.  1906.  S.  204-206. 

Über  Rulman  Merswin:  Grandidier,  Nouvelles  (Euvres 
inedites,  V.  Colmar  1900.  p.  29  ff.  387  ff.  C.Schmidt,  Johannes 
Tauler,  S.  177  —  190.  A.  Jundt,  Rulman  Merswin  et  l'Ami  de  Dieu 
de  rOberland.  Paris  1890.  P  r  e  g  e  r,  Gesch.  d.  deutschen  Mystik  III, 
337—354.  Phil.  Strauch,  Art.  «Rulman  Merswin»  in:  Allgemeine 
deutsche  Biographie  XXI.  München  1885.  S.  459— 468,  und  in:  Real- 
encyclopädie  f.  prot.  Theol.  u.  Kirche,  8.  Aufl.  XVII.  1906.  S.  203-227. 

Ausgaben  der  Schriften  Merswins  und  seines  Kreises:  Das 
Buch  von  den  Neim  Felsen  von  C.  Schmidt,  Leipzig  1859;  dazu 
handschriftlicher  Apparat  von  Ph.  Strauch  in  :  Zeitschr  f.  deutsche 
Phil.  XXXIV.  1902.  S.  267-269  (Merswins  Quelle,  das  anonyme 
Neunfelsenbuch  von  13.52,  in  den  Seusedrucken  von  1482  und  1512 
und  in  Diepenbrocks  Erneuerung  Seuses  ;  über  deren  Überlieferung 
Strauch,  a.  a.  0.,  S.  236  ff.).  Das  Fünf- Mannen  buch  von  C.  Schmidt, 
Die  Gottesfreunde  im  vierzehnten  Jahrhundert  (Reuß  und  Cunitz, 
Beiträge  zu  den  theologischen  Wissenschaften  V.  Jena  1854.  S. 
1 — 191),  S.  76—120,  wiederabgedruckt  in  desselben  Nikolaus 


—    56  — 


von  Basel  Leben  und  ausgewählte  Schriften.  Wien  186B.  S.  102 
— 1;-38.  Das  Zwei-Mannenbuc/i  von  C.  Schmidt,  Nik.  v.  Basel  205 
—277  und  von  Fr.  L  a  u  c  h  e  r  t,  Bonn  189(i.  Das  Meisterhuch  von 
C.  Schmidt.  Nikolaus  von  Basel  Bericht  von  der  Bekehrung 
Taulers.  Straßburg  1875,  Die  meisten  der  im  <  Großen  deutschen 
Memorial'  und  im  'Briefhucli^  vom  Grünen  Wörth  enthaltenen 
Traktate  (Inhaltsangaben  derselben  bei  P  reger,  Deutsche  Mystik 
III,  313  ff.)  und  Briefe  bei  C.  Schmidt,  Die  Gottesfreunde  usw.. 
und  in  desselben:  Nikolaus  von  Basel  ;  in  den  Werken  von  A. 
Jundt.  Histoire  du  pantheisme  populaire  au  nioyen-äge  et  au  sei- 
zieme siecle.  Paris  1875;  Les  amis  de  Dien  au  quatorzieme  siecle. 
Paris  1879,  und:  Rulman  Merswin  et  l'Ami  de  Dieu  de  l'Oberland, 
Paris  1890.  Die  Auszüge  Rulmans  aus  Ruusbroecs  «Geistlicher 
Hochzeit»  bei  J.  G.  V,  Engelhardt,  Richard  von  St.  Viktor  und 
Johannes  Ruysbrock.  Erlangen  1838.  S.  345  ff.  Für  den  Gesamtin- 
halt der  Straßburger  Handschriften,  in  denen  diese  Traktate  ent- 
halten sind:  Karl  Ried  er,  Der  Gottesfreund  vom  Oberland  eine 
Erfindung  des  Straßburger  Johanniterbruders  Nikolaus  von  Löwen. 
Innsbruck  1905.  Vgl.  ferner  Phil.  Strauch,  Zur  Gottesfreundfrage. 
I.  Das  Neunfelsenbuch,  in:  Zeitschr.  für  deutsche  Philologie.  XXIV. 
1902.  S.  235-311.  IL  Schürebrand.  Ein  Traktat  aus  dem  Kreise 
der  Straßburger  Gottesfreunde,  in:  Festgabe  der  germanist.  Abteil- 
ung der  47.  Versammlung  deutscher  Philologen  und  Schulmänner 
in  Halle  zur  Begrüßung  dargebracht.  Halle  1903. 

Rulmans  Selbständigkeit  ist,  wie  jetzt  erwiesen,  eine  sehr  ge- 
ringe. Fast  überall  liegen  fremde  Traktate  zugrunde,  die  er  überarbeitet 
und  »mit  sinen  inbrünstigen  hitzigen  zuogeleiten  niinnewor(en>  ver- 
mischt, wie  denn  iibeihaupt  die  neuere  Forschung  sein  Bild  mehr 
und  mehr  an  Sympathie  verlieren  ließ.  Für  die  QucUenfrage :  H. 
Denifle,  Taulers  Bekehrung  kritisch  nntcrsncht  (Quellen  u.  Forsch- 
ungen zur  Sprach-  u.  Kulturgesch.  der  german  Völker  XXXVI) 
Straßburg  1S79.  S.  37 ff.  137 ff.  Ph.  Strauch.  Zeitschr.  f.  deutsche 
Philül.  XXXIV.  1902.  S.  235—311  (woselbst  S.  2S8-311  der  Traktat 
«Von  dreierlei  geistlichem  Sterben»,  die  letzte  nachweisbare  Quelle 
des  eigentlichen  Neunfelsenbuches.  Den  Tite  1  führte  auch  eine  davon 
verschiedene  beghardische  Schrift). 

8"  Auf  den  mysteriösen  «Gottesfreund  vom  Oberland»  und  die 
zu  einem  großen  Teil  in  den  beiden  voraufgehenden  Anmerkungen 
verzeichnete  Literatur  (über  die  K.  Rieder,  Der  Gottesfreund  usw. 
S.  3—14  eine  Übersicht  gibt)  kann  hier  begreiflicher  Weise  nicht 
eingegangen  werden.  Nachdem  der  unglückliche  Gedanke  von  C. 
Schmidt,  ihn  mit  dem  Begharden  Nikolaus  von  Basel  zu  identifi- 
zieren (dagegen  Denifle,  Der  Gottesfreund  und  Nikolaus  von  Basel, 
in:  Histor.-polit.  Blätter.  Bd.  75,  1875,  S.  17—38,  93—122,245-266, 
340— :^54),  ebenso  wie  P  reger s  Versuch  (Gesch.  d.  deutschen  Mystik 
III,  245—407:  Der  Gottesfreund  vom  Oberlande  und  Merswin), 
wenigstens  seine  historische  Existenz  zu  rechtfertigen,  durch  D  e- 
nifle  und  Ph.  Strauch  gründlich  abgetan  sind,  kann  jetzt  wohl 


nur  noch  das  die  Frage  sein,  ob  dieser  «Gottesfreund  vom  Oberland> 
mit  D  e  nif  i  e  (^insbesondere:  Tauiers  Bekehrung,  kritisch  untersucht. 
Straßburg-  i879,  und:  Die  Dichtungen  des  Gottesfreundes  im  Ober- 
lande, in:  Zeitschr.  f.  deutsches  Altert,  u.  deutsche  Literatur,  hrsg. 
von  MüUenhoff  u.  Scherer,  N.  F.  XII  1880.  S.  20Ü-219.  280  -324. 
463—540.  XIII.  1881.  S.  101—122;  als  Erfindung  ßulman  Merswins, 
oder  mit  Ried  er  als  eine  solche  von  Merswins  Schüler  Nikolaus 
von  Löwen  zu  betrachten  ist  (Karl  Rieder,  Zur  Frage  der  Gottes- 
freunde.  I.  Rulman  llerswin  oder  Nikolaus  von  Laufen  ?  II.  Bischof 
Heinrich  III.  von  Konstanz  und  die  Gottesfreunde,  in:  Zeitschrift 
für  Geschichte  des  Oberrheins.  N.  F.  XVII.  ia02.  S.  20.j  -21(3,  480 
— 49G,  und  besonders  in  dem  S.  5(i  Anm.  79  zitierten  Buche).  Gegen- 
über Rieder  sucht  Ph.  Strauch  in  seiner  Ausgabe  des  »Schür- 
brand» und  in  Realenc_ycl.  f.  protest.  Theol.  u.  Kirclie  3.  Aufl.  XVII, 
224 — 227  die  DeniÜesche  These  aufrecht  zu  erhalten. 

81  So  z.  B.  Alfred  P  e  1  t  z  e  r,  Deutsche  Mystik  und  deutsche 
Kunst  (Studien  zur  deutschen  Kunstgeschichte,  Heft  21).  Straßburg 
1899.  Freilich  ist  im  einzelnen  mit  Peltzers  Ausführungen  nicht  viel 
anzufangen.  Seine  Darlegungen  entbehren  nur  zu  oft  der  sicheren 
Grundlage,  da  seine  Vorstellungen  von  der  Mystik,  ihrem  Inhalt 
und  ihrer  Geschichte  an  mehr  als  einer  Stelle  dem  wirklichen  Tat- 
bestande nicht  entsprechen  und  ebensowenig  überall  dem  Fortgang 
der  neueren  Untersuchungen  gefolgt  sind.  Sein  Buch  ist  daher,  was 
die  Mystik  betrifft,  voll  von  Mißveiständnissen  und  schiefen,  ja 
völlig  verkehrten  Urteilen. 

8^  Wenn  ein  großer  Teil  der  Klagen  im  ersten  Abschnitt  von 
Merswins  Buch  von  den  Neunfelsen,  dem  «Rügenbuch»,  auch  aus 
dem  anonymen  Traktat  von  1352  herübergenomnien  ist,  so  hat 
Merswin  jenen  ihm  offenbar  sehr  sympathischen  Ton  doch  noch 
weiter  verschärft  und  durchgeführt,  wie  Ph.  Strauch,  Z.  f.  deut- 
sche Philologie  XXXIV,  S.  278,  282ff.  zeigt.  ^Der  Grundton  aller 
Merswinsclien  Zusätze  ist  die  Klage  über  die  Verderblheit,  in  der 
sich  die  christliche  Gemeinde  gegenwärtig  befindet»  (Strauch,  S. 
282). 

83  Aug.  Jundt,  Histoire  du  pauth.  popul.  p.  42  — lu9.  Preger, 
Gesch.  d.  deutschen  Mystik,  I,  207-216.  Für  Straßburg:  Carl 
Schmidt,  Über  die  Sectcn  zu  Straßburg  im  Mittelalter,  in  :  Zeitschr. 
f.  d.  histor.  Theol ,  hrsg.  von  lügen,  X,  2  (1840),  S.  30—73. 

Das  Rundschreiben  Johanns  von  Dirpheim  (1317)  bei  J.  L. 
Mosheim,  De  Beghardis  et  Beguinabus  Commentarius.  Leipzig 
1790.  S.  255—261.  Mosiieim  nennt  S.  253  den  straßburger  Bischof 
irrig  Johann  von  Ochsenstein,  was  ihm  Schmidt,  a.  a.  0.,  S.  60, 
sowie  Preger  I,  2141".  nachschreiben  und  noch  Ph.  Strauch. 
Zeitschr.  f.  deutsche  Philologie  XXXIV.  1902.  S.  285  wiederholt. 

8ä  Erste  Diözesanstatuten  Bertholds  II.  von  Bucheck  (1341)  §53; 
Begehardos  quoque  et  beginas  se  disputacionibus  et  erroribus  in- 
volventes  et  in  vita  et  in  habitu  ab  aliis  honiinibus  sub  ficte  san- 
ctitatis  excellencia  discrepantes,  quas  Viennense  concilium  (1311; 


—   58  — 


die  Ballen  Clemens  V.  z.  B.  bei  Mosheim,  a.  a.  0 ,  618-622) 
dampnat  et  reprobat,  reprobamus  (wiederholt  im  zweiten  Statut 
von  134.').  Vgl.  Max  Sdralek,  Die  Straßburger  Diözesansynoden, 
(Straßburger  Theologische  Studien,  hrsg.  von  Alb.  Ehrhard  u.  Eugen 
Müller,  II.  1).  Freiburg  i  Br.  1897.  S.  134.  147. 

Eckhart  232,  27  Pfeiffer:  Nu  sprechent  etliche  menschen : 
hän  ich  got  unde  gotes  minne,  sö  mac  ich  wol  tuon  allez,  daz  ich 
wil.  Diz  wort  verstau  sie  unrechte.  Die  wile  du  kein  dinc  vermaht, 
daz  wider  got  ist  und  wider  sin  gebot,  sö  enhästu  gotes  minne 
niht;  dii  maht  die  weit  wol  betriegen.  als  habest  du  si  Tau  1er, 
Frankfurter  Ausg.  II,  412 :  Dies  ist  wider  die  freien  Geister,  die  mit 
ihrem  falschen  Lichte  die  Wahrheit  bekannt  zu  haben  wähnen 
und  damit  aufschwingen  in  ihre  eigene  Gefälligkeit.  Seuse,  Büch- 
lein der  Wahrheit.  Kap.  6.  (S.  352 ff.  Bihlmeyer) :  Uff  welen  puncten 
dien  menschen  gebristet,  die  valsche  friheit  ffirent  -  wo  die  beghar- 
dische  Lehre  personifiziert  als  das  <namelos  wilde»  eingeführt 
wird.  Ruusbroec,  Zierde  der  Geistl.  Hochzeit  II  c.  76,  warnt 
vor  denen,  die  «nach  ihrer  Ansicht  gottschauende  Menschen  sind 
und  wähnen,  die  heiligsten  zu  sein>,  die  'dafür  halten,  daß  sie 
frei  und  mit  Gott  unmittelbar  vereinigt  seien.,  aber  «Gott  und  allen 
Heiligen  wie  auch  allen  guten  Menschen  entgegengesetzt  und  un- 
ähnlich siniU  (Übers,  von  Fr.  A.  Lambert,  S.  143).  Auch  der  so 
unspekulative  M  e  rs  w  i  n,  Buch  von  den  Neun  Felsen  (S.  33  Schmidt) 
tadelt  in  einer  aus  dem  Traktate  vou  1352  herübergenommenen 
Stelle  die  Begharden,  die  «münehe,  die  brftder  die  after  wege 
loffent».  Solcher  Stellen  gibt  es  eine  große  Zahl. 

87  Nachweise  bei  Denifle,  Historisch-polit.  Blätter,  Bd.  75. 
1875.  S.  903  ff.  Archiv  für  Literatur-  u.  Kirchengesch.  d.  Mittelalt. 
U.  1886.  S.  474  ff.  489  ff.  513  ff.  —  In  der  oben  Anm.  69  erwähnten  noch 
unedierten  Verteidigungsschrift  vom  Jahr  1326  bezeichnet  Eckhart 
manche  Sätze  als  «emphatisch^  gesagt  oder  als  nicht  ihrem  Wort- 
laute nach  zu  nehmen;  manches  gibt  er  auch  Preis.  —  Auf  gelegent- 
liche Unstimmigkeiten  bei  Tau  1er  weist  E.  Krebs,  Meister  Die- 
trich, S.  142  hin. 

88  Diese  amalrikanische  Lehre  ist  am  genauesten  zu  ersehen 
aus  der  von  mir  herausgegebenen  Schrift  des  Garnier  von  Rochefort 
Contra  Amaurianos;  vgl.  Gl.  Baeumker,  Ein  Traktat  gegen  die 
Amalricianer  aus  dem  Anfang  des  XIII.  Jahrhunderts.  Nach  der 
Handschrift  zu  Troyes  herausgegeben.  Paderborn  1893,  mit  Nachtrag 
in:  Jahrb.  f.  Philos.  u.  spekul.  Theol.  VIII,  1894.  S.  217-222.  Im 
übrigen  vgl.  Preger  I,  173  —  184.  Jundt,  Bist,  du  panth.  pop. 
20-31. 

89  G.  Dehio,  Hist.  Zeitschr.  Bd.  86  (N.  F.  50),  397 f.  Ernst 
Polaczek,  Das  Elsaß  u.  seine  Stellung  in  der  kunstgesch.  Entw. 
S.  lOf. 

^  Vier  ältere  geistliche  Gesänge,  mitgeteilt  von  Chris  to- 
phorus,  in:  Alsatia,  Beiträge  zur  elsässischen  Geschichte,  Sage, 
Sitte  und  Sprache,  hrsg.  von  August  Stöber.  1852,  S.  95—119.  (Die 


-    59  - 


Strophe  stammt  aus  I.  "Das  geistliche  Vog-elgesang".  S.  97.)  - 
Nach  gütiger  Mitteilung  von  Herrn  Ober-Bibliothekar  Professor  Dr. 
E.  Marckwald  in  Straßburg  verbirgt  sich  unter  dem  Pseudonym 
«Christophorusi  der  Colmarer  Stadtbibliothekar  Georg  Stoffel 
].^19-1880). 


BIBLIOTHEC^  ROMANICA. 


Jede  Nummer  bposolilept  kostet  40  Pfennige.   Gebunden  in 
roter  Leinwand  mit  Golddruck  auf  Decke  und  Rücken  kostet 
ä  1  Nummer  0.80;  k  2  Nrn.  1.40;  ä  3  Nrn.  2.-;  ä  4  Nrn.  2.40; 
ä  5  Nrn.  2.80;  ä  6  Nrn.  3.20;  ä  7  Nrn.  3.60;  a  8  Nrn.  4.-. 


Bibliothdque  franQaise. 

Balzac,  Eugenie  Grandel.  Nr.  8i|83. 

—  Le  Cabinet  des  Antiques.    Nr.  96/98. 
Beaamai'chais,  Le  Barbier  de  Seville.  Nr.  23124, 
Bernai-din  de  Saint-Pierre,  Paul  et  Virginie.    Nr.  117(118. 
Boileau,  Art  poetique.  Nr.  84, 

—  l-e  Lutrin.    Nr.  101. 

Chateaubriand,  Atala,  ou  les  amours  de  deux  sauvages  dans 

le  desert.   Nr.  64|6r. 
Corneille,  Le  Cid.   Nr.  3. 

—  Horace.    Nr.  21. 

—  Cinna.  Nr.  5o. 

—  Polyeucte.    Nr.  80. 

—  Le  Menteur.  Nr.  q2. 
Descartes,  Discours  de  la  methode.    Nr.  4. 

Goerin,  Maurice  de,  Journal,  Lettres,  Poemes  et  Fragments. 

Nr.  i32|i3tS. 
La  Bruyere,  Caracieres.    Nr.  102(107. 
Lamartine,  Meditations.    Nr.  75,(77. 
Moliere,  Le  Misanthrope.   Nr.  1. 

—  Les  Kemmes  savantes.    Nr.  2. 

—  [^'Avare.    Nr.  46. 

—  Tartuffe.    Nr.  119. 

Slusset.  Alfred  de,  Comedies  et  Proverbes:  La  Nuit  veni- 
tienne;  Andre  del  Sarto;  Les  Caprices  de  Marianne;  Fan- 
tasio;  On   ne  badine  pas  avec  ramour.    Nr.  26(28. 

Musset,  Alfred  de,  Poesies  1 1828—1 833).    Nr.  55(58. 

Pascal,  Blaise,  Les  Provinciales.   Nr.  67(70. 

Pathelin,  Farce  de  Maistre.    Nr.  60(61. 

(Ausgabe  mit  3  Abb.  karc.  Mk.  1.20.) 

Prevost,  Manon  Lescaut.    Nr.  32(34- 

Racine,  Athalie.    Nr.  11. 

—  Phedre.   Nr.  127. 

Eestif  de  la  Bretonne,  L'an  2000.   Nr.  9. 
Roland,  Chanson  de.    Nr.  53(54. 
Scribe,  Le  verre  d'eau.   Nr.  i25|i26. 
Tillier,  Mon  oncle  Benjamin.    Nr.  i8|20. 

—  Belle-Plante  et  Cornelius.    Nr.  112I114. 
Villon,  Maitre  Fran9ois,  Oeuvres.    Nr.  35(36. 
Voltaire,  Zadig  ou  la  Destinee.   Nr.  87(88. 


Biblioteca  espahola. 

Barbadillo,  Salas,  La  Hija  de  Celestina.  —  La  Ingeniosa  Elena. 

Nr.  i49|i:o. 
Calderon,  l.a  vida  es  sueno.    Nr.  8. 

—  El  Mägico  Prodis^ioso.    Nr.  73(74. 
Calisto  e  Melibea,  Comedia  de.    Nr.  142/145. 

Castro,  Guillem  de,  Las  Mocedades  del  Cid  L  IL  Nr.  37I39. 
Cervantes,  Cinco  Novelas  ejemplares.    Nr.  41I44. 

—  Don  Quijote  (I  a).  Primera  parte.    Nr.  !37(i4i. 

—  1  on  Quijote  (ib).  Primera  parte.    Nr.  i5if.53. 

Biblioteca  italiana. 

Beccaria.  Dei  delitti  e  delle  pene.    Nr.  128/129. 
Boccaccio,  Decameron,  Prima  giornata.    Nr.  7. 

—  —        Seconda  giornata.   Nr.  21(22. 

—  —        Terza  giornata.    Nr.  48149. 

—  —        Quarta  giornata.    Nr.  59. 

—  —        Quinta  giornata.    Nr.  66. 

—  —         Giornata  scsta  e  settima.  Nr.  85|86. 

—  —         Giornata  ottava.    Nr.  89(90. 

—  —         (iiornata  nona.   Nr.  93. 

—  —         Giornata  decima.    Nr.  99/100. 

—  La  Fiammetta.    Nr.  120(122. 

—  II  Filostrato.    Nr.  146I148. 

—  11  Corbaccio  o  il  laberinto  d'amore  Nr.  157/1 58, 
Dante,  Divina  Commedia  1:  Inferno.    Nr.  5(6. 

—  Dnina  Lommedia  II:  Purgatorio.  Nr.  16(17. 

—  Divina  Commedia  III:  Paradiso.    Nr.  3o(3i. 

—  La  \'ita  Nova.    Nr.  40. 
Goldoni,  La  Locandiera.    Nr.  109. 

—  Le  Donne  Curiose.  Nr.  124. 
Guarini.  II  Pastor  Fido.    Nr.  154(1 56. 

Latino,  Drunetto,  II  Tesoretto  e  II  Favolello    Nr.  94'95. 
Le  cento  novelle  antiche,  (II  novellino.)    Nr.  71/72. 
Leopardi.  Canii.    Nr.  62|63. 

Pensieri.    Nr.  91. 
Siachiavelli,  Mandragola.    Nr.  i23. 
Maflei.  Merope.    Nr.  108. 

Metastasio,  Didone  abbandonata.    Nr.  110(111. 
Petrarca,  Rerum  vulgarium  Iragmenia.    Nr.  12(1 5. 

—  1  Trionfi.    Nr.  47. 

Poliziano,  1,'Orfeo  e  le  Stanze.    Nr.  i3oli3i. 

Redi.  Poesie  Toscane.    Nr.  ii5(ii6. 

Strozzi,  Giambattista,  1  madrigaü.    .Nr.  78(79. 

Biblioteca  portuguesa. 

Camöes,  Os  Lusiadas:  Canto  I,  IL   Nr.  10. 

—  Os  Lusiadas  Canto  III,  IV.    Nr.  25. 

—  Os  Lusiadas:  Canto  V,  VI,  Vll.    Nr.  45. 

—  Os  Lusiadas:  Canto  VIII,  IX,  X.    Nr.  5i(52. 


Weitere  Bändchen  in  Vorbereitung, 


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