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DER
CHOR DES SOPHOKLES
VON
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WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG.
1877_
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§^^32,1l?ö
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Vorwort.
•
Jjie vorliegende Abhandlung legt die Gründe dar, durch
welche Sophokles zu seinen dramaturgischen Neuerungen ver-
anlasst wurde, und bringt letztere in den noch immer ver-
missten inneren Zusammenhang. Es kann auffallen, dass auch
das neuste Buch, welches sich mit dem Chore des Sophokles
beschäftigt, diese Fragen kaum aufgeworfen (Chr. Muff, Die
chorische Technik des Sophokles, Halle 1877 S. 2), geschweige
sie in genügender Weise beantwortet hat. Um den bisherigen
Standpunct nur anzudeuten: Bergk comment. de vit. Soph.
p. XXVI, auf welche Stelle Muff verweist, betrachtet die Er-
höhung der Choreutenzahl als »minoris momenti«, und Bem-
hardy meint dem entsprechend Grundr. ^ II 2 S. 310, dass die
Neuerungen des Dichters im äusseren Haushalt des Bühnen-
wesens »massig« gewesen. Am klarsten aber dürfte sich die herr-
schende Ansicht bei Ad. Scholl ausgesprochen finden, Sophokles
S. 68, es sind Worte, die von den Späteren ausgeschrieben
wurden: »Von minderer Bedeutung ist auf jeden Fall die
Erhöhung der Choreutenzahl von zwölf auf fünfzehn, weil sich
hier der quantitativen Verstärkung keine qualitative, wie bei
den Schauspielern, anschliessen konnte. Da sie fem er mit der
letzteren in keinem inneren Zusammenhange steht, ist nicht
einmal nothwendig, obschon leicht glaublich, dass sie gleich-
zeitig mit ihr von Sophokles durchgesetzt worden.«
IV
Ich werde von Alledem gerade das Gegentheil nachweisen
und befinde mich mit der bisherigen Auffassung in princi-
pi eller Differenz.
Wenn Muff also (S. 2) als einen Zweck der Erhöhung
der Choreutenzahl die grössere Menge von Sängern und Tän-
zern angiebt, so mag man dies für die Orchestik zugeben,
aber im übrigen identificirt er fälschlich das Mittel mit dem
Zwecke. Sophokles erhöhte die Choreutenzahl, gerade um
sich einer geringeren Anzahl, aber mit kräftigerer Illusion
bedienen zu können. Der neueste Bearbeiter dieser Materie
konnte seine Auffassung kaum deutlicher darthun, als dass er
im Philoktet im Widerspruche mit der Ueberlieferung zur
Zwölfzahl der Choreuten zurückkehrte: vielleicht brachten es,
meint er, die Verhältnisse der Choregie Ol. 92, 3 so mit sich:
wir sagen umgekehrt, gerade der Chor von fünfzehn Personen
vermochte der Kargheit der späteren Choregie weit wirksamer
die Spitze zu bieten, insbesondere durch Verwendung der
Parastaten als Hegemonen und des Koryphäus. Doch über
diesen Punct haben wir in der Abhandlung selbst gehandelt,
wenngleich sich darüber leicht eindringlicher sprechen Hesse.
Das Princip des Aeschylus ist es (natürlich den Späteren gegen-
über), den Chor möglichst ausgiebig zu engagiren, das
des Sophokles, ihn möglichst ausgiebig engagirt er-
scheinen zu lassen. Um sich von der Richtigkeit dessen
zu überzeugen, was wir bei Sophokles das Princip eines wir-
kungsvollen Repräsentativverfahrens nennen, braucht man nur
die Anwendung auf den Chor von zwölf Personen zu machen.
Auch in dem letzteren können zwar (um mich kurz auszu-
drücken) die vier Aristerostaten, wie z. B. im ersten Kommos
des Aias^ als die Vertreter der vier Zyga fungiren, wenn gleich
ohne die wirkungsvolle Abstufung der späteren Fünfzahl;
um so weniger aber konnte der verschiedene Werth der drei
Stoichoi bei Aeschylus in einer gleichgegliederten Trias von
Einzel-Choreuten zum adäquaten Ausdruck gelangen, denn
der vierte Choreut wog bei ihm in der Reihe der Protostaten
V
genau soviel als der dritte, Sophokles dagegen bot sich in
seiner Trias ein doppelter Vortheil, je nachdem ej den
Parastaten und Tri tostaten lediglich als solche und in ihrem
* Verhältniss zum Koryphäus, oder aber sie als Hegemonen,
d. h. in ihrer Eigenschaft als Halbchorführer verwerthete.
That er das letztere, so riefen die beiden gleichen Megethe
gegenüber dem Gesammtchorführer die Figuren der Heini-
chorien vor das innere Auge, und das Totalbild entsprach
dann etwa den Verhältnissen der drei Thüren in der hinteren
Skenenwand ; that er das erstere, d. h, gab er nicht nur dem
Parastaten ein kleineres Megethos als dem Koryphäus, son-
dern auch dem Tritostaten ein geringfügigeres als dem Para-
staten , so wurde damit sofort auch der verschiedene Werth
der drei Stoichoi, nämlich der Aristerostaten, Dexiostaten und
L^urostaten in die Vorstellung des Hörers gerufen. Wie sehr
durch solche Kunstmittel die einheitliche Geschlossenheit des
chorischen Körpers und seiner Interessen gesteigert und da-
mit die Illusion einer allseitigen und wirkungsvollen üethei-
ligung an den Vorgängen der Bühne gekräftigt wurde, erhellt
von selbst.
Mehr kann man sich wundern, dass die Wechselbeziehung
der beiden dramaturgischen Neuerungen, nämlich des Trita-
gonisten und Tritostaten, bisher verborgen blieb. Es lässt
sich dieser Geeichtspunct, d. h. der innere Zusammenhang
zwischen den drei Schauspielern und dem Chore von fünfzehn
Personen leicht für andere Untersuchungen fruchtbar machen.
Um von dem ehemals zwischen O. Müller und G. Hermann
geführten Streite hier abzusehen, ob in der Orestie zwölf oder
fünfzehn Choreuten sich finden, eine Frage die hiermit zu Gun-
sten der Ueberlieferung entschieden wird, so kann z. B. auch die
Untersuchung über die Abfassungszeit des Prometheus unter
diesem Gesichtspunkt wieder aufgenommen werden. Aber man
hat sich zu erinnern, dass eine gewisse Uebergangsperiode
verging, in der Aeschylus und auch Sophokles mit Hülfe
des Parachoregems einen dritten Schauspieler, wenn auch
VI
zunächst nur als Statisten zu Hülfe nahmen, bis endlich
Sophokles den Tritagonisten von Staatswegen und ein für alle-
mal durchsetzte. Dieser Uebergangsperiode gehört der Aias
an, wo ein dritter Hypokrit in zwei Scenen, wenn auch nicht
redend, auftritt, aber an einen Chor von fünfzehn Personen
noch nicht zu denken ist. Es w^ar ein starker Irrthum, wenn
man ehemals wähnte , der jugendliche Sophokles habe seine
dramaturgischen Neuerungen oder wenigstens den Tritagonisten
gleich bei seinem ersten Auftreten (Ol. 77, 4) errungen. Wenn
in dem darauf folgenden Jahre (Ol. 78, 1) die zwölfte Scene
der Sieben des Aeschylus (V. 996 — 1044) drei Hypokriten auf-
weist , so ist dies nur ein Beweis "dafür , dass es Sophokles
nicht eines schönen Morgens einfiel, einen dritten Agonisten
aufzustellen, dass vielmehr die Entwicklung der Tragödie
schon seit Längerem auf diesen Abschluss hingewiesen hatte.
So und nicht nur durch die Celebrität des Aeschyleischen Na-
mens erklärt sich, wie gelegentlich auch Aeschylus als der
Erfinder des Tritagonisten genannt wird. An jene bezeichnete
Uebergangsperiode mag man sich auch durch das Vasenbild
erinnert sehen, welches Friedrich Wieseler seiner Schrift über
das Satyrspiel zu Grunde legte. Hier finden sich drei Schau-
spieler, der namenlose, links von dem Ruhebette, der als Hera-
kles bezeichnete und der Silen. Der unbequemen Elfzahl
der Choreuten zählte Wieseler den als Chorlehrer fungirenden
Demetrios hinzu. Um als Koryphäus auftreten zu können,
werde sich Demetrios bald auch mit Satyrmaske und Satyr-
costüm bekleiden müssen. Man kann vielleicht geneigt sein,
vielmehr den Silen als Koryphäus an die Spitze der elf
Satyrn zu stellen, um so nicht nur die Zwölfzahl der Cho-
reuten, sondern auch die entsprechende Zahl der Hypo-
kriten zu gewinnen. Aber es bedarf dieser an sich bedenk-
lichen Ausflucht (Wieseler, S. 28) nicht: auch die Trias der
Hypokriten findet durch jene im attischen Drama nachweis-
bare Uebergangsepoche neben nur zwölf Choreuten ihre Be-
gründung. Ich wollte diese Frage hier nur berührt haben.
VII
Bei der Beurtheilung der choregischen Verhältnisse von
Ol. 92, 3 war mir die glänzende Ausnahme^ von der Lysias
aus eben jener Zeit berichtet, nicht unbekannt: Boeckh,
Staatsh. ^ I S. 604. Aber solche Ausnahmen bestätigen die
Regel y und der Volksbeschluss von Ol. 92, i , dass zwei zu-
sammen die Choregie leisten dürften, spricht deutlich genug.
Derartige Syntelien, wie sie früher bei den regelmässigen
Liturgien nicht statthatten, dazu die Thatsache der freiwilligen
Choregie lassen auch unsere Erklärung des Processes des lophon
als hinreichend begründet erscheinen. Zumal g^en die An-
nahme, dass Sophokles einen Lieblingswunsch durch die Selbst-
übernahme eines kostspieligen Parachoregems zu verwirk-
lichen im BegriiT war, wird sich kaum etwas einwenden
lassen. Ohnehin hatte der Dichter schon früher auf diesem
Gebiete seine Erfahrungen gemacht: Kratinus bei Athen. XIV
p. 638 f 0? oux l8o>x' aJxouvTi 2o<poxXesi x^pov u. s. w. Eine
über ein halbes Jahrhundert hinausgehende Dichterpraxis mit
ihren zahlreichen Beziehungen zum Bühnenpersonal und den
entsprechenden chorischen Kräften Hess ihn über die ge-
eigneten Mittel und Wege in solchem Falle keinen Augenblick
rathlos sein. Erst durch unsere Auffassung wird endlich klar,
wie Sophokles in die Lage kam, sich in einem derartigen Pro-
cesse durch seinen Oidipus Coloneus zu verth eidigen. Bisher
waren in vollem Umfange die Bedenken gerechtfertigt, die
unter anderen W. Dindorf vortrug Vit. Soph. (ed. III Oxon.
vol. VIII) p. XXXXni: Haec autem caussa si ad iudices de-
lata fuit, idoneis testibus documentisque agi debuit, absur-
dumque est recitata Oedipi Colonei fabula, sive integra sive,
ut Plutarcho placuit, aliqua eins parte, hoc ab Sophocle
eflfectum esse credere ut iudicum sententiis liberaretur. Neque
enim de poetica eins facultate dubitabatur, sed de facultate
bona administrandi. Quod mirum est non animadvertisse
Cicerouem qui rem familiärem ab Sophocle propter studia
poetica esse neglectam dicat: quod si ita fuit, manifestum est
recitata Oedipi Colonei fabula accusationem lophontis con-
\
Vlll
firmatam potius esse qi^am refütatam. Wir haben vielmehr
zu sagen, dassf Cicero keine Veranlassung' fand, sich genauer
auszudrücken, wenn er sagt: Sophocles ad summam senec-
tutem tragoedias fecit: quod propter Studium cum rem
familiärem neglegere videretur. Die Allgemeinheit des Aus-
drucks quod propter Studium (in seinem Eifer um diese Dinge)
schliesst übrigens eine- Hindeutung auf den Kostenaufwand,
den sich Sophokles dabei nach unserer Ansicht auferlegte,
nicht einmal aus. In dem Zusammenhange jenes Capitels
kam es dem Cicero eben lediglich auf die Erhärtung seiner
These an : manent ingenia senibus , modo permaneat Studium
et industria, nicht aber auf eine nähere Darlegung jenes
den Römer ohnehin weniger interessirenden antiquarischen
Details.
"^ Man wird jetzt aufhören müssen, eine im Alterthum viel-
fach bezeugte Tradition (cpipstat irapa iroXXoT?) noch länger in
Zweifel zu ziehen. Was Bernhardy eine »verzierte Sage«
ofler ein »erhebliches Problem« nannte, nennen wir eine gut
beglaubigte , auch innerliclv durchaus wahrscheinliche Ge-
, schichte aus dem Sophokleischen Dichterleben. Die allgemeine
Ueberlieferung hinsichtlich der Abfassungszeit des Gedichtes
ist festzuhalten. Wenn die vielgliedrige Diathesis des wunder-
baren Dramas in Athen, wie aus dem Processe zu schliessen,
eine Zeit lang Stadtgespräch war, so fällt damit ein neues Licht
auf den von Klearchos mitgetheilten Witz eines Komikers,
dass Sophokles seinen Oidipusnach dem Abcbuche des Kallias
gedichtet (Athen. VII p. 276 a).
Wir möchten dieses Vorwort nicht schliessen, ohne der
schon erwähnten neuesten Veröffentlichung über die Sopho-
kleische Chortechnik für vielfache Anregung zu danken. Es
ist begreiflich, dass in dem ersten energischen Versuche, einer
spröden Materie im Zusammenhange Herr zu werden, mancher
Fehlgriff gethan wurde, aber nicht weniges ist, und auch ohne
Hermanns oder anderer Vorgang, völlig richtig von Mutf er-
kannt und erörtert worden. Ja schon allein durch die scharf-
IX
sinnige Darlegung des gegenseitigen Verhältnisses von Kory-
phäus^ Parastaten und Tritostaten oder durch die Behandlung
des vierten Kommos im Oidipus auf Kolonos (1447 — 1499)
würde der Verfesser seiner etwas breit angelegten Arbeit einen
ehrenvollen Platz in der Sophokles-Literatur gesichert haben.
Den Hemichorienvortrag der Stasima hat Muff mit Glück
verfochten, oft die Verwendung der Parastaten neben dem
Koryphäus und ,die der Aristerostaten klar erwiesen. Um
noch einen principiellen PUnct hier herauszuheben, auch in
der Behandlung des dritten Stasimon im Aias bin ich mit
Wolff oder besser mit dem Verfasser der Chorteehnik ein-
verstanden. Wer freilich in den Begriff des Stasimon die
Ruhe und dergleichen schon seit 6. Hermann abgethane
Vorstellungen hineinträgt, wird sich mit dem gelegentlichen
Einzelvortrag der Stasima niemals befreunden wollen. Es
ist allmählig bis zum Ueberdruss erinnert worden, dass das
Stasimon lediglich im Gegensatz zum Einzugsliede seinen
Namen erhalten hat. Ob also ein Lied Stasimon oder Paro-
dos, dadurch wird für die Art der Vertheilung unter die
Choreuten nichts präjudicirt^ es müsste denn die Parodos
wie öfters kommatischen Charakters sein. Die Diathesis eines
Stasimon wird lediglich bedingt durch die dichterischen In-
tentionen , oder , deutlicher gesprochen , durch die Stellung,
welche der Dichter dem Chorikon in dem dramatischen Gan-
zen anwies. Daraus, dass Muff den dramatischen Aufbau
und seine Erfordernisse über der Betrachtung des Einzelnen
öfters aus dem Auge verlor, erklärt sich eine Anzahl seiner
Missgriffe. Polemik wurde von diesen Blättern um so eher
ausgeschlossen, als der Unterzeichnete Gelegenheit finden wird,
in einer philologischen Zeitschrift eine eingehendere Bespre-
chung des werth vollen Buches zu geben. Dabei wird auch
das textkritische Detail, wofür der Verfasser seltener Neigung
durchblicken liess, eine geeignete Stelle finden und werde ich
vielleicht einige der hier mehr augedeuteten Puncte näher
begründen.
Ein freundlicher Beurtheiler meiner einschlägigen Schrift
über die Chorika des Euripideischen Ion schliesst seine Re-
cension (Jen. Literaturzeitung 1876 nr. 43) mit dem Hinweise^
dass 7j vairo; ^laOjitov Ion V. 176 vor xtetveiv nicht mehr ana-
pästisches Metrum vorstellen kann. Ich hole gern eine Be-
merkung nach^ die ich schon früher hätte machen sollen,
wenngleich ich sie für einen Kenner wie N. Wecklein für
überflüssig halte. Der Verfasser der Studien zu Euripides
konnte leicht bemerken, dass auch hier der metrische Cor-
' rector seine Hand im Spiele hatte. Nachdem das unfeine
Emblem cü? avadr^^iata jn^ ßXaTCTT^Tat vaoi 0' oi Oofßou einge-
.drungen, beseitigt der Corrector den nun entstandenen Hiat :
der Dichter schrieb nicht xteCveiv V op.ac a{8oop.at, sondern
up.a; xTe(vetv V atöou^jiai.
Freiburg i. B., Januar 1877.
Otto Hense.
In die Untersuchung über Gliederung und Vortragsweise
der chorischen Partien innerhalb der antiken Tragödie, wie auch
der Komödie, ist die philologische Wissenschaft erst zu Anfang
dieses Jahrhunderts eingetreten. G. Hermann ist es, der auch
hier die Hahnen gewiesen. An August Böckh und andern fand
er thätige und zum Theil berufene Mitarbeiter. Zu den wich-
tigsten Resultaten gehörte die Beobachtung , dass der Vortrag
der Chorpartien nicht nur, wie man bis dahin wohl gemeint
hatte, dem Gesammtchore zufiel, oder, wie der Engländer
Tyrwhitt observirt hatte, innerhalb der Epeisodien seinem
Führer , dem Koryphäus : dass sich der Vortrag vielmehr nicht
minder oft in Halbchöre*) gliedert, auf Rotten zu je drei Mann,
auf Reihen zu je fünf, bezüglich vier Mann **) vertheilte, ja dass
zumal in den kommatischen Partien, den grossen Pathosscenen
der Tragödie, gar nicht selten alle fünfzehn, bezüglich alle zwölf
Choreuten einzeln nach einander das Wort erhalten***). Von
*) PoUux IV 107 'Afxi t][i.i)^6piov Se xai St^opia %al dvTt^opta* ioi'Ae hk
Ta^Tov elvoii Tay-l Tot Tp[oi 6v(5[i.aTa* ^Tr^xav ^ap ^ /^P^* s^* ^'^o H'-^P'') '^f^'^l^Ü»
t6 fA£v 7:paY(J.a xr/Xtiion Siyopla , exaT^pa hk iQ fAoTpa '^{xiy(5piov, ä o^ dvxa-
^ouaiv, dvTiyöpta. Dazu kommen die Zeugnisse in den Handschriften der
Tragiker (HM) und in den Scholien.
**) PoUux IV 108 f. fA^pY) 5e yopoO oroiyo; xcti ^Uf6^i. %fn Tpa^ixo^ jxsv
yopo'j C'->YOt TTEvTe i'A xpiüjv xotl 0101/01 TpeTc Iy. TrevTS' TreviexaiSexa y«P TjOav
6 /op'i;. Y.a\ %aTÄ TpeT; {i,ev ebrj'eaav, e( %otTa C'Jy^' Y^''^^'^^ '^ ircipoSo;' ei Ss
•/.ard aTOiyo'j;, dvd ttIvte eCoTjecav. Phot. Lex. u. d. W. Tpixo; dpioxepovi.
Ebendas. ii. d. W. ^'j^6s.
***) Indirectes Zeugniss für den Einzelvortrag Athen. VII p. 276 a xal
Ydp KaXXiav IdxopsT (näml. KXIapyo;) xov A^tjvaTov YpcfJtji.axix'^jv auvO^elvai
Hense, Der Chor des Sophokles. \
besonderer Tragweite war das zuerst von Ferd. Bamberger auf-
gewiesene Gesetz , dass in allen den zahlreichen Stellen , wo der
Chor mit einer Bühnenperson in Unterredung tritt, stets nur ein
einzelner Choreut, sei es nun der Koryphäus oder ein anderer,
niemals eine Gruppe von Choreuten zugleich einem Hypokriten
gegenüber respondirt. Aber wie es auf neu eröffneten Gebieten
zu gehen pflegt, man schoss bald über das Ziel hinaus. In einer
Frage , wo es galt , fast lediglich aus den Dichterworten selbst
einen Schluss auf die Art ihres Vortrags zu ziehen , wurde die
Schwierigkeit der Untersuchung nicht genügend gewürdigt,
und der Einfluss der Zahl, welche in diesen Fragen eine Rolle
spielt, erwies sich nicht selten als trügerisch. Zumal in der
lockenden Annahme des Solovortrags verliess man den Boden
nüchterner Beobachtung. und verlor sich in Schein und Unnatur.
An solche Fehler, von denen sich auch G. Hermann nicht frei
hielt, knüpften die Gegner an, und noch in den vierziger Jahren
erschien eine umfängliche Abhandlung »Vom Vortrage des Cho-
res», in welcher der Verfasser allen Ernstes die Behauptung zu
erweisen suchte, sämmtliche chorische Stellen der Tragödie
seien (selbst mit Ausschluss des Koryphäus) vom vollstimmigen
Chore vorgetragen. Mag auch inzwischen Fr. HeimsÖth seine
Ansicht wesentlich modificirt haben, jene zuversichtlich ent-
worfene Abhandlung hat zweifellos beigetragen, die kaum ge-
wonnenen Einsichten von Neuem zu erschüttern. Man fühlte
nun schärfer die noch herrschende Unsicherheit der Untersuch-
ung, und es verbreitete sich ausgesprochen oder unausge-
sprochen die bequeme Ansicht, als Hessen sich auf diesen Ge-
bieten sichere und wissenschaftlich begründete Resultate nicht
erzielen*). Ein vornehmes Ablehnen dieser technischen Fragen,
v.a\ SocpoxX^a tov OiSitioüv. Ebendas. X p. 453 c &OTe tov Eupiit[6Tf]v p,i^ p.6vov
UTTovoeiodai t^v M'/jSeiav dvxeOOev 7reiroi7)x^vai itaaav, dXXd %ol\ t6 [aeXo^ «ütö
jjLeTevTfjvo^ÖTa «pavepöv ehai. Als solches erwiesen in der Abhandlung »Die
Abctragoedie des Kallias und die Medea des Euripides«: Rhein. Mus.
Bd. 31 S. 582—601. Indirect Poll. IV 109 eo»' 2t£ U -aoI xaiV ha dTtöioOvTo
T7)v TidtpoSov. Vit. Aesch. p. 2», 43 Dind. (ed. V poet. sc). Direct (?) Schol.
Aesch. Sept. 97 TauTa hi xtve« twv toO yopou ^uvotixÄv 7rp6; xd; ei^pa; cpaoiv.
♦) Dindorf Poet. scen. ed. V p. 10»: »De carminibus choricis tragi-
corum interdum inter singulas chori personas distribuendis quae Hermannus
die in einen unangebauten Winkel der scenischen Archäologie
verMlesen wurden, erscheint bei den Herausgebern seit lange
als stillschweigendes Einverständniss. Unter den wenigen Aus-
nahmen treten die von G. Wolff besorgten Schulausgaben
Sophokleischer Stücke nach dieser Richtung vortheilhaft her-
vor. Aber erst in der neusten Zeit sind die lange vernach-
lässigten Gesichtspuncte mit frischem Eifer und in umfassender
Untersuchung wieder aufgenommen. "Hier sind die Namen von
Richard Amol dt und Christian Muff zu nennen*). Zu den
schon erwähnten . beachtenswerthen Vorarbeiten der früheren
gesellt sich Manches, was heute mehr als je eine glückliche
Lösung erhoffen lässt. Einmal ist die Einsicht in die composi-
tionellen Gesetze der Tragödie, überhaupt die ästhetische Durch-
bildung heute erstarkt genug, um wenigstens geschmacklosen
Fehlgriffen zu wehren; die Zeiten schwinden allgemach, in
denen ein Kenner der Tragiker nicht ganz mit Unrecht sagen
konnte, dass eher ein Laie, der leidlich Griechisch weiss , ein
empfindender Schöngeist in das Verständniss des Sophokles
eindringen werde, als ein ausgezeichneter Philolog. Dann
aber, was wichtiger erscheint, die reinigende Texteskritik der
scenischen Dichter hat in den letzten vierzig oder fünfzig Jahren
ausserordentliche Leistungen aufzuweisen. Wahrend also die
Untersuchungen der früheren noch auf Schritt und Tritt an
textkritischen Problemen zu straucheln in Gefahr waren, findet
man heute die gröberen Anstösse meist glücklich beseitigt oder
doch angemerkt und somit die Wege geebnet. Dass anderer-
seits die Rückwirkung dieser Untersuchungen auf die Textes-
kritik von Belang ist, wurde neuerdings dargethan**). Wir
stehen vor einer anziehenden Aufgabe der höheren Interpreta-
tionskunst: die Bezeichnung Chorqs und Hemichorion — auf
aliique coniecerunt incerta et partim manifesto falsa sunt : certum vero est
manifestisque locorum multorum cxemplis comprobatum chorum saepe in
hemichoria, quorum cantus alternarent, fuisse divisum, de quo Pollux dixit
4, 107« u. s. w.
*) Chr. Muff, Ueber den Vortrag der chorischen Partien bei Aristo-
phanes, Halle 1872. Rieh. Arnoldt, Die Chorpartien bei Aristophanes
scenisch erläutert, Leipzig 1873. Chr. Muff, Die chorische Technik des
Sophokles, Halle 1877.
**) O. H., De lonis fabulae Euripideae partibus choricis, Lips. 1876.
1*
4
diese beschränkt sich im Wesentlichen unsere Ueberlieferung
in den Dichtertexten — ist bildlich gesprochen erst der Eah-
men, in welchen eine oft kunstreich gegliederte Gruppe lebens-
voller Gestalten einzufügen ist. Man sagt nicht zu viel mit der
Behauptung, dass uns erst ein gründliches Eingehen in diese
Studien den vollen Aufschluss über Kunstart und Compositions-
weise der Sceniker gewahren kann. Wollen wir einen *Blick in
die Werkstatt des denkenden Dichters thun, so dürfen wir nicht
verschmähen, zuvörderst in das Choregeion*) einzutreten.
Wenn wir im folgenden eine Reihe von Beobachtungen
über die Sophokleische Chortechnik mittheilen, so geschieht
dies nicht nur, weil die Untersuchungen über Aeschylus nach
dieser Seite trotz G. Hermann's grossartigem Vorangehen noch
so wenig bewältigt sind, oder weil Euripides andererseits einen
so deutlichen Abfall der Kunst darstellt. Sophokles bezeichnet,
wie Jedermann weiss, den Höhepunct der tragischen Kunst der
Hellenen , aber nicht zum wenigsten gerade desshalb , weil sich
an seinen Namen eine Reorganisation des Institutes knüpft, dem
wir unsere Aufmerksamkeit hier vorwiegend zuwenden, eine
Reorganisation des Chors der Tragödie. Wir wissen aus siche-
ren Zeugnissen **),«dass Sophokles nicht nur den beiden Schau-
spielern des Aeschylus einen dritten hinzufügte, sondern auch
das Chorpersonal von zwölf auf fünfzehn Choreuten erhöhte.
Beide Neuerungen , die, wie wir sehen werden, einen gemein-
samen Endzweck verfolgten, waren , wie für den dramatischen
Aufbau der Tragödie überhaupt, so insbesondere für Stellung
und Aufgaben des Chors von einschneidender Wichtigkeit.
Und dazu kommt noch ein anderer Vortheil. In der ältesten
der erhaltenen Sophokleischen Tragödien , im Aias , steht So-
phokles zwar mindestens nahe vor der Durchführung der einen
*) Bekk. Anecd. p. 72, 17 pp7)YeTov 6 töttoc, IvÄa 6 X°P'']T^' '^Q*^* '^^
^opouc xoii Touc üTTOxpixdc ouvoiYcov ouvexpoxei. PoU. IV 106.
♦*) Arist. poet. c. 4 %at t6 te tu>v urotpitojv TrXfjöo; i^ evo; eU o^o rpöJTo;
7rap£a7e6a(J£v * TpeU« ht xal axYjvoYpotcpiav Socpo*xX7j?. Vit. Soph. p. 1 1 a, 29
Dind. (ed. V poet. scen.) auTou; os tou; /opeuTd; itonfjoa? dsTi h<iihe%a ttevts-
%aioexoi xal töv Tpitov u7roxpir?jv dleOpev. Diog. Laert. 3, 56. Suid. u. d. W.
SocpoxXfj;.
der beiden Erfindungen, des Tritagonisten , aber der Chor des
Stückes weist deutlich noch die alte Zahl von zwölf Personen
auf: die chorische Neuerung hatte der Dichter noch nicht in's
Leben gerufen. Dagegen in den übrigen Stücken, von der An-
tigone bis zum Oidipus auf Kolonos, finden sich fünfzehn Cho-
reuten. Wir blicken also nach zwei Seiten, wir vermögen
wägend und vergleichend uns Rechenschaft zu geben über die
Gründe, die den Dichter zu jener Neuerung bewogen, wie über
die Folgen, welche sich an sie für die dramatische Composition
knüpften.
Der Chor der zwölf salaminischen SchifFsgenossen des
Aias ist für uns der fesselndste Chor, der von Sophokles er-
halten ist. Indem der Dichter den Stammbaum dieser WafFen-
gefährten auf den erdgeborenen Erechtheus zurückführt, hat er
sie von vornherein seinen lieben Athenern besonders warm,
weil als Stammesgenossen , empfohlen. Und überall spürt man
die liebevolle Arbeit des Schaffenden. Die Gespräche der Tek-
messa und des Aias mit ihnen kennzeichnet eine bestimmte
Signatur; mit Vorliebe wählt hier der Dichter Wendungen aus
dem Bereiche des den Seeleuten vertrautesten Elementes: es
ist die Farbe des Meeres, die uns entgegenleüchtet*). Diejenige
Aufstellung des Chores, welche im Drama die herrschende wer-
den soll, markirt der Dichter gleich im Beginn. Der Chor zieht
in Rotten zu je dr^i Mann in die Orchestra ein. In solchen
Zyga trägt er nicht weniger als viermal seine Partien vor, im
Einzugsliede , im ersten Kommos , im zweiten und im dritten
Standliede. Aber trotz der Wiederholung dieses Vortragsmotivs
wird der Dichter keineswegs monoton. Im Einzugsliede singen
die einzelnen Zyga als solche, das eine Zygon nach dem andern,
in dem Kommos von jeder Rotte nur ein Vertreter, im zweiten
Stasimon wieder das vollstimmige Zygon , im dritten Stasimon
singen aller Wahrscheinlichkeit nach einander die zwölf Einzel-
choreuten, aber nach Rotten gegliedert. Dazu kommt die Halb-
choraufstellung, die in einem Chore von zwölf Mann nur als
♦) Vgl. Ai. 206 (Nauck), 257, insbesoDdere 351 f. lhe<sU jn' olov &pzi
%Ofjia cpoi'4A< ^icö C^Xtjc difi.cplSpofi.ov xuxXsixai.
6
combinirte Zygonstellung erscheint : im ersten Stasimon^ in der
Epiparodos und dem damit verbundenen dritten Kommos.
Auch hier wieder Wechsel in dem nämlichen Motive : zweimal
singen die Halbchöre als solche^ ein Hemichorion nach dem an-
dern , zweimal wiederum in der Weise, dass alle zwölf Choreu-
ten einzeln zu Worte kommen. Demgegenüber begegnet uns
die Stoichosformation, d. h. die Aufstellung von drei Reihen in
einer Tiefe von vier Mann nur einmal, am Schlüsse des Stückes.
Teukros hat seinem Bruder ein ehrliches Begräbniss durch-
gesetzt, er fordert die Choreuten auf, das noch Nothwendige
herzurichten. Die Einen sollen die Gruft beschleunigen, die
anderen die Glut um den Dreifuss lodern lassen zu dem heiligen
Bade, eine andere Schaar aber soll die Waffen aus dem Zelte
des Helden herbeiholen. Deutlich werden damit drei Abthei-
lungen unterschieden , der Chor gruppirt sich dem Befehle des
Teukros gemäss in drei Reihen zu vier Mann, diese Stoichai be-
treten jetzt die Bühne, um sich dem Trauergeleite anzu-
schliessen. Wesshalb der Dichter in diesem Falle die längeren,
in's Auge fallenderen, übrigens durch den Flötenspieler noch
verstärkten Glieder bevorzugte , das ist bei dem Paradeaufzuge
einer pompe funebre leicht verständlich*).
In einem Stücke, wo die Zygonstellung so consequent fest-
gehalten ist, mag man sich geneigt fühlen, einer Cbaracteristik
der einzelnen Rotten nachzugehen. Es ist das dritte Zygon,
welches sich im dritten Standliede nach den Freuden des Sym-
posion sehnt und danut nicht gerade kriegerischen Sinn be-
kundet; es ist dasselbe, welches im ersten Kommos auf die
Nachricht von Aias Raserei meint, nun sei es Zeit, das Haupt
in der Hülle zu bergen und eilenden Fusses davon zu gehen
oder das Schiff zu besteigen, dasselbe Zygon endlich, dessen
erster Gedanke es ist, in dem Jubelliede kurz vor der Kata-
strophe, dass Ares, in dessen Machtsphäre sie sich hier vor
Troja befinden , sie von düsterem Kummer befreit hat und nun
leuchtender Frohsinn den Schiffsleuten wieder nahen darf. Der
Vorwurf, der in dem Befehle des Teukros liegt, zeigt euch nicht
*) Schol. Soph. Ai. 1418 : TaOxa hi afia Xl^ovce« TTpoit^finouat töv vexpöv,
als Weiber, leistet thatkräftig Hülfe, auch andere Seitenblicke
auf die Energielosigkeit des Chors sind bei den Gesinnungen,
namentlich des dritten Zygon, nur zu sehr gerechtfertigt. Frei-
lich lieben es die Dichter, dergleichen eher mit ein Paar Stri-
chen anzudeuten , die Phantasie des Hörers oder Lesers nach
einer derartigen Richtung in Bewegung und Thätigkeit zu
setzen, nicht aber sie durch die Schranke einer kleinlichen
Durchführung zu beengen. Aber der Humor des Dichters lässt
sich selbst die Individualisirung der Einzelchoreuten hier nicht
entgehen. Der breitere Kaum des* früheren Chores gestattet eine
reichere Entwicklung der chorischen Charactere. Und die
Kunst, welche schon ein alter Techniker an Sophokles rühmt,
uns durch einen kurzen Halbvers, ja durch ein einziges Wort
einen Character vor Augen zu stellen*), diese Kunst bewährt
er auch hier. Greifbar tritt dies im dritten Stasimon zu Tage,
wo sich das dritte und vierte Zygon in ihren Einzelgliedern
scharf und bestimmt herausheben. Möchte doch, hören wir im
Vorausgehenden, der Mann, der Paris, von der Erde vertilgt
sein, ehe er durch seinen Raub diesen Kriegszug veranlasste.
Ach , der ewigen Mühsal ! Der hat die Menschheit zu Grund
gerichtet! Bei der nun folgenden Aufzählung s^lles dessen, was
ihnen der Unglücksmann genommen, oder wie es mit sichtlicher
Ifonie heisst, was er ihnen alles nicht verliehen hat *^), gewinnen
wir durch Annahme des Einzel Vortrags eine Characteristik von so
individuellem Gepräge, dass man sich mitten in den Kreis der
biedern Salaminier versetzt fühlt. Der erste, eine durstige
Matrosenkehle, sehnt sich vor Allem nach einem tiefen Becher-
trunke ; der nächste nach Flötengetön und nächtlicher Wonne ;
der dritte dieses so gleichgestimmten Zygon zeigt mehr ero-
tischen Hang, er seufzt, dass es nun aus mit den Liebes-
freuden. Den beiden folgenden ist aller Muth und alle Freude
entschwunden, da sie ihren Hort und Schirm verloren haben. Ja,
schliesst ein anderer, den das Heimweh schmerzt, wäre ich doch
*) Vit. Soph. p. 12*>, 114 olhe ht xaipov oufifJLeTp'^aai xai n^-^iiTza,
&ot' iv. fiixpoD tjfiiaxi^ioü tj "KiZetaQ [xiäc 8Xov ifjOoTioieTv TipöowTtov.
**) Ai. 1199 ri xeivoc (so 8t. dxeivo« zu emendiren) ouxe oretpdvcwv oÖxe
ßadeiav %uX(x(dv VEi(Jkev ^fiol xdptj^iv 6(jk(Xeiv u. s. w. == 1211 xal irplv (i^ ai^
vu^tou (alev vü^^toü Wolff st. ivvu^lou) u. 8. w.
8
bei Suniöns Felsen, dass wir das heilige Athen begrüssen könn-
ten. Der Humor, mit welchem uns hier der Dichter in die Phy-
siognomien der Einzelchoreuten blicken lässt, erhält einen Hei-
satz von Ironie durch die Erwägung, dass er die salaminischen
Seeleute als Erechthiden bezeichnet hatte und somit seinen
Athenern im Zuschauerräume in diesen Stammesgenossen ein
Spiegelbild ihres Wesens vorhält. Ja, dieser Kleinmuth , das
Auflodern der Freude bei jedem Scheine eines Umschwungs,
die tiefe Niedergeschlagenheit bei jedem Unglücksfalle , und zu
alledem so viel menschlich liebenswürdiges, human anmuthen-
des — das ist der echte Athener. Der Grundzug aber im Wesen
des Chors , der Kleinmuth , die Energielosigkeit , die ihn nicht
zur That kommen lässt, ist trefflich motivirt, denn der Dichter
lässt diese Eigenschaft erst als eine Folge der Krankheit des
Aias heraustreten. Aias kennt in ihnen nur die treuen Schiffs-
mannen, mit denen er Noth und Kampf getheilt ; er fordert den
Koryphäus auf, ihm den Tod zu geben. Aber nur die Helden-
grösse des Aias hat ihnen Bedeutung geliehen ; sobald er seinem
Geschick anheimfallt, beginnen sie in ihr Nichts zurück zu sin-
ken. Schon in den Anapästen der Parodos klagt der Chorführer;
ohne dich, o Aias, vermögen wir nichts gegen diese Gerüchte.
Das ist zugleich ein feiner Zug der Characteristik , durch den
die Bedeutung des Helden vor uns emporwächst. Trotz dieses
Grundzuges im Wesen des Chores ist übrigens im Verlaufe des
Dramas kein Stillstand in seiner Characteristik wahrzunehmen.
Auch die chorischen Personen sind bei Sophokles in steter Ent-
wicklung begriffen. Wie anders nimmt sich das erste und das
dritte Stasimon aus bei manchen gedanklichen Anklängen.
Das erste giebt uns die Stimmung des Chors , als Aias in Ra-
serei verfallen aber noch am Leben ist, es ist noch ruhiger ge-
halten und wird von Halbchören vorgetragen. Das letztere ist
der Ausdruck völliger Muthlosigkeit und Resignation nach dem
Tode des Aias. Hier fallen die nach Rotten gruppirten Einzel-
choreuten schnell nach einander im Vortrage ein. — Hätte
man diese innere Einheit und Geschlossenheit des chorischen
Körpers, wie wir sie anzudeuten suchten, früherhin erwogen,
ich meine das letzte Drittel des Dramas wäre schon aus diesem
Grunde dem Dichter niemals abgesprochen.
Der Aufwand der chorischen Technik wird geregelt durch
die Forderungen eines weisen dramatischen Aufbaus, man mag
nun die Aufstellungen und Bewegungen des Chors oder die Art
seines Vortrags in's Auge fassen. Gleich im Eingange des
Stückes weiss der Dichter das erregende Moment des Dramas,
also die Nachricht , dass Aias in Sinnesbethöruug die Herden
der Argiver, statt wie er wähnte die Heeresfürsten geschlagen,
uns durch eine erwogene Steigerung der chorischen Betheiligung
tief und tiefer in die Seele zu prägei/. Zunächst giebt der Koiy-
phäus allein seiner Beängstigung in den Anapästen einen
schmerzlich bewegten Ausdruck. In gesteigerter Unruhe setzt
der Zygonvortrag ein: Hat Artemis dich zu solcher That ge-
trieben? Oder Enyalios? Ja, das ist das Werk einer Gottheit,
Ist's aber Verläumdung, so tritt endlich hervor! Zu der noch
eindringlicheren Aufforderung des Schlussgesanges aber werden
(um mich eines nahe liegenden Bildes zu bedienen) die vorher
gesondert fliessenden Bäche in ein gemeinsames Bette ge-
leitet und stromgleich mit homophoner Kraft führt der Ge-
sammtchor das Ganze zu Ende. — Um die Wirkung der Kata-
strophe durch den Contrast zu erhöhen, liebt es bekanntlich
Sophokles , sich des Kunstgriffes zu bedienen , auf Momente
eine heitere Stimmung aufleuchten zu lassen, dass wir das ein-
brechende Dunkel der Katastrophe dann um so grasser empfin-
den*). Wo das Tragische den handelnden Personen bereits
über den Häuptern schwebt, da gerade pflegt die Befangenheit
des Chors freudiges zu verkünden. Aias zeigt eine in Wahrheit
nur fingirte Sinnesänderung , jene rührende Verhüllung seines
Entschlusses zu sterben. Der Chor in seiner masslosen Freude
stimmt ein Tanzlied an. Die ausgelassene Lust, die durch dieses
Strophenpaar klingt, erhöht der Dichter wesentlich durch die
Scheidung in die Rotten und den entsprechenden Zygonvortrag.
Nun erst wird es ein wahrea Freuden- und Jubellied. Immer
drei der Waffenbrüder halten enger zusammen , die einen rufen
den Pan, die andern den ApoUon, die dritten den Zeus. Der
Jubel des ersten Zygon klingt wie ein Echo**) im diitten wieder,
*) Schol. Ai. 693 eueTitcpopoc hk 6 TToiifjTi^«; inX xa; Toia6Ta; fj-eXoTtoi?«;,
**) Ai. 694 {(b {(b = 707 ith lc6.
10
und die vierte Gruppe endlich^ wie berauscht von dem plötz-
lichen Umschlage, will fürder nichts mehr für unerhört er-
achten. — Wenn Sophokles vor der nun nahenden Katastrophe
den Chor die Orchestra verlassen lässt, so wurde schon von alten
Erklärern *j augemerkt, dass diese Metastasis zunächst durch
den nun eintretenden Scenenwechsel bedingt war, aber oft be-
wundert ist die Meisterschaft, mit der der Dichter diesen Auszug
zum Vortheil der dramatischen Spannung verwerthet. Der Chor
zieht aus, um den entwich^ieii Helden zu suchen, unsere bange
Sorge zieht mit diesen Suchenden. Werden sie ihn finden ? Da
versetzt uns der Dichter in' eine einsame Gegend**) : Aias giebt
sich den Tod. — Nachdem die Katastrophe sich vollzogen , ist
es namentlich die volle Entfaltung des chorischen Beichthums,
durch welche eine Erlahmung des Interesses bis zum Auftreten
des Teukros verhütet wird. Gleich die EpiparodoS packt durch
die realistische Naturwahrheit derAction. Die beiden Halbchöre
ziehen von Ost und West her einzeln***) nach einander in die
Orchestra wieder ein und die Einzelrufe der enttäuschten Ge-
nossen stossen aufeinander. Und vollends in dem nun anheben-
den grossen Klagegesange ist es rührend wahrzunehmen, wie
sich keiner der treuen Vasallen seinen Antheil an der Klage
nehmen lässt. Das Pathos durchläuft den ganzen Kreis der
handelnden Personen, Dabei wird der lyrische Theilf) der Epi-
parodos und der Kommos so kunstvoll in einander geschlungen,
dass mit dem zweiten Theile des Kommos die Klage gleichsam
ganz von Neuem anhebt ff). Durch diesen künstlerischen Grüf
zeigt uns der Dichter den unergründlichen Schmerz der Ge-
liebten, die auch zuerst den theuern Tod ten auffand ^ das Sich-
nimmergenügethun ihres Jammers in ergreifender Weise. Einer
solchen Doppelklage gegenüber war nur noch eine Steigerung
*) Schol. Ai. 813 fieTaxiveixai i\ oxt]v9) tou ^^opou dfeXftdvTo«* divaYxaCa
hk Tf) e^oSo«, Iva eup][j xatpov 6 Ata^ ^£ip(6aaa&ai eauxöv. Poll. IV 108 i?| hk
xaxa xpelav eJoSo« m« izdXvi eioiövTmv (AexaoTaait.
**) Schol. Ai. 815 (ASTaxeixai i] oxt]vi?j iiz dpT)fiou tivö« )^ujpiou u. s. w.
*♦♦) Vgl. Poll. IV 109 loy öxe U xal xa»' Iva diroiouvxo t^v Tzdpohoy.
f) V. 879—890 = 925—936.
H) V. 891 iw fiot fiioi = 937 i(6 {j.o( fioi.
11
des Pathos möglich, ein Mittel, dessen sich der Dichter im wei-
teren Verlaufe des Dramas bedient: Tekmessas Schweigen.
Die bedeutendste dramaturgische That des Sophokles ist die
Erhöhung der Choren tenzahl auf fünfzehn oder vielmehr diese
Erhöhung in Verbindung mit dem Tritagonisten. Hätte sich
der Dichter mit der Einführung des letzteren begnügt , so wäre
er auf halbem Wege stehen geblieben. Erst indem er auch die
andere Erfindung hinzufügte, gewann er die Mittel, die attische
Tragödie auf ihren dramatischen Höhepunct zu führen : beide
Neuerungen drängten in ihrem letzten Ende auf dieses gemein-
same Ziel hin.
War es naheliegend gewesen, das dramatische Interesse
noch durch einen Gegenspieler, den Tritagonisten, zu verstärken,
so zeigt sich der Kunstverstand des Dichters nicht nur in der
eigenthümlichen Art, wie er diesen Zuwachs verwerthete, son-
dern in weit höherem Grade darin, dass er diese Neuerung nicht
ohne die entsprechende Umgestaltung des Chores vornahm. Die
Neubildung des Chores steht in engster Wechselbeziehung zu
der Einführung des Tritagonisten , was nicht ausschliesst, dass
beide Neuerungen vom Dichter nicht zu gleicher Zeit durch-
gesetzt wurden. Es wird im Verlaufe unserer Darstellung klar
werden, dass die Neubildung des tragischen Chores durch
Sophokles darauf hinausging, den drei Spielern der Bühne auf
der Orchestra die nämliche Anzahl chorischer Bepräsentanten in
gleicher Verzweigung gegenüber zu stellen. Den augenfälligsten
Einfluss übte die Sophokleische Neuerung allerdings zunächst
auf den Koryphäus *) .
Sophokles befreite den Koryphäus aus seiner chorischen Ge-
bundenheit. In dem früheren Chore von zwölf Personen musste
nicht selten die Würde des Führers mit der Pflicht des Choreuten
collidiren. Noch war der Koryphäus kein frei bewegliches
Organ des Chores, die Rücksicht auf die Vollzähligkeit und har-
monische Gruppirung des chorischen Körpers war ein Hemm-
*) Suid. u. d. W. Ttoputpaio;. Schol. Aristoph. Plut. 953. 954. Demosth.
in Mid. p. 533. Himer. ecl. 1 3 § 29 ed. Wemsd. Themist. Orat. Xlll 175 B.
Athen. VI p. I52b. — Phot. u. d.W. xpbo« dlpiOTepoü. Bekk. Anecd. p. 444, 16.
12
schuh seiner Bewegungen. In dem Chore des Aesehylus fand der
Stoichos- und Zygonvortrag eine häufige Verwendung, in keinem
dieser Fälle aber war an ein freieres Hervortreten des Koryphäus
zu denken. Und ebenso in der Halbchorstellung. Indem der
Koryphäus mit seinem Adjutanten , dem Parastaten , selbst die
Führung eines Halbchors zu übernehmen hatte, büsste er damit
nicht nur an seiner Würde, sondern auch an Freiheit ein. Und die
Heinichorien drohten sich in eine Dichorie aufzulösen, es fehlte
die zusammenfassende Einheit in der Person des Hegemon Kory-
phäus. Durch die Neuerung des Sophokles trat jetzt ein soge-
nannter Tritostat*) hinzu: dieser und der.Parastat theilten sich
als Hegemonen in die Führerschaft* der Hemichorien. Der
Dichter gewann somit zwei regelmässig gegliederte Chorhälften
zu je sieben Mann und neben oder vielmehr über ihnen den
Koryphäus. Man könnte meinen, Sophokles hätte vielleicht
den gleichen Vortheil durch die Hinzufügung nur eines Cho-
reuten erzielen können , aber es erhellt , dass bei einem Chore
von dreizehn Personen zwar ein Tritostat gewonnen wurde,
aber der Koryphäus überhängend und eine regelrechte Tetra-
gonalaufstellung**) des chorischen Körpers nach Stoichoi und
Zyga unmöglich gewesen wäre. Der Chor von fünfzehn Per-
sonen dagegen bot eine Reihe neuer Vortheile, insbesondere
eine wirkungsvollere Verzweigung der chorischen Hauptreprä-
sentation ^ ohne von den früheren Figuren etwas opfern zu
müssen. Das wichtigste bleibt: die Erfindung des Sophokles
stellte den Koryphäus den beiden Halbchören gegenüber auf
eigene Füsse, er hört auf, wie früher, in der chorischen Masse zu
verschwinden. Indem der Koryphäus seine Befugnisse in die
Hände der beiden Unterbefehlshaber niederlegen kann, gewinnt
er freie Hand der Bühne wie der Orchestra gegenüber, er wird
die rechte Mittelsperson zwischen Hypokriten und Choreuten.
•) Aristot. Pol. III 2 d^dfUL-ri p.t) fniav elvai t7]>^ t&v itoXiT&v tiöIvtcöv
dlpeTTjv, u>a:rep ouoe töv /opeuTöiv xopu^paloü xat Trapaoraxo'j. Metaph. IV 11
Ttt oe -Avzd Td£iv. Taüta 5' daxlv oaa Tipöc xi Ev (uptofji^vov oi^aTTjxe xaxa töv
Xö^ov, oiov TiapoiaTaTT); TpiToaxaTou itporepov, xal 7rapavT)TT] vt)T7)c' Ivda fiev
Yoip 6 xopücpato;, evda hk i\ fj.£o7] dtpyjj. Vgl. Muff, Die chor. Techn. S.12f.
♦*) Villois, Anecd. II p. 178. Bekk. Anecd. p. 746. Et. M. u. d. W.
TpaYqiSCa p. 764, 5, Tzetz. Prol. in Lycophr. p. 254 Müll.
t3
Frei konnte sich sein Augenmerk auf die Vorgänge der Bühne
richten , ohne die Besorgniss , dass durcli sein Heraustreten der
Vollzähligkeit und Gliederung oder auch der Disciplin des
chorischen Körpers Eintrag geschähe. Ja selbst wenn er (wie
in der Parodos des Philoktet) allein die Bühne betrat, so liess
er zwei hariQonisch gegliederte Hemichorien unter sicherer Füh-
rung zurück.
Eine andere Unbequemlichkeit hängt mit den eben berühr-
ten Momenten eng zusammen : wie der Koryphäus in Stellung
und Bewegung früherhin gebunden und unfrei war, so war er
in den ihm zufallenden Vortragspartien überbürdet. In dem
früheren Chore konnte der Führer allenfalls seine Stimme dem
verhältnissmässig selteneren Hemichorienvortrag , nicht aber
wohl dem Stoichos- oder Zygonvortrag entziehen, ohne dass
eine Uhgleichmässigkeit dem Hörer bemerkbar geworden wäre,
noch weniger dem kommatischen Einzelvortrag; in letzterem
fiel wie auch noch später nicht selten gerade auf ihn der
Löwenantheil. Auch das epodische Element forderte gelegent-
lich seine Kraft heraus. Dazu kam der ganze Umfang der
epeisodischen Dialogpartien , die , wenn nicht seine physische
Leistungsfähigkeit, so doch seine Aufmerksamkeit schon allein
genügend in Anspruch nahmen. Das Alles zusammen genom-
men bedeutete eine Uebcrlastung des Koryphäus. Auch dieser
z. B. im Aias leicht nachweisbare Uebelstand wurde durch die
Sophokleische Erweiterung des Chors mit Glück beseitigt. —
Dass endlich auch der finanzielle Gesichtspunct in dieser Neu-
bildung wohl berücksichtigt war, wird sich im folgenden klar
herausstellen. Die Sophokleische Schöpfung war so allseitig
durchdacht, dass sie es nicht nur vermochte, dem Wohlstande
Athens einen glänzenderen Ausdruck zu geben , sondern, was
mehr bedeuten will, auch die Armuth noch mit reicher Lebens-
fülle zu umkleiden.
Der äusserlich freier gewordenen. Stellung des Chorführers
entspricht eine höhere Stufe der Intelligenz. Wie der Kory-
phäus geneigt und befähigt erscheint, die Consequenzen der Er-
eignisse für Stadt und Staat zu ziehen , so bekundet er über-
haupt einen höheren Grad der Einsicht, einen weiteren Blick
als die übrigen Choreuten. In dem ersten Stasimon der Elektra
14
sind die Halbchöre der Frauen gleich geneigt, in dem gemelde-
ten Traumbilde der Klytämnestra die Gewähr ihrer Hoffnung
zu erblicken; schon wähnen sie das Heranschreiten der Dike
und der Erinys. Der tiefere Blick der Chorführerin zeigt sich
darin, dass sie auf die uranfangliche XJnthat an Myftilos hin-
weisend das unaufhörliche Blutvergiessen , die endlose Kette
des Unheils für das Land beklagt. Dieser Gedanke ist hier so
eigenartig, dass er fremdartig berührte und man die Verse ver-
dächtigen wollte. Die Epode findet in der sozusagen eximirten
Rolle des Koryphäus , aber auch nur in dieser ihre volle Moti-
virung. Ueberhaupt wird das epodische Element nicht selten
dem Koryphäus zu geben sein, zumal wo sich in der Epode
der Uebergang von der Melik zu den Vorgängen der Bühne
darstellt*).
Diese äusserlich und intellectuell gehobene Stellung, die
sich der Rolle einer Bühnenperson nähert, macht sich nach bei-
den Seiten geltend , den Hypokriten wie den Choreuten gegen-
über. Vor allem giebt Sophokles dem Chorführer intiipere Be-
ziehungen zu dem Helden des Stückes, zum Protagonisten,
ein wärmeres Interesse für die Geschicke des Herrscherhauses.
Das ist die Eigenschaft des tragischen Chors, die unter den
alexandrinischen Kritikern Aristophanes von Byzanz als eine
nothwendige Forderung hinstellte**). So in der Elektra. Das
Interesse der Chorführerin, einer der älteren Freundinnen ist
identisch mit dem der Elektra; in ihre Entwürfe eingeweiht,
darf sie sich ein kühneres Wort erlauben und fragt , ob sie auf
das Kommen des Bruders hoffe. Sie spendet der Ungeduldigen
eindringlichen Trost, sie heisst das Gespräch abbrechen, als sie
die Chiysothemis nahen sieht, vor welcher sie in dem Vertrauen
der Elektra eine noch bevorzugte Stelle geniesst. Ebenso ist es
die Chorführerin, die zwischen den hadernden Schwestern Frie-
den stiftet und die Chrysothemis für den Vorschlag der Elektra
gewinnt, kurz überall begegnet uns das treue Mitgefühl der
Freundin an dem Geschicke der Elektra und des Atridenhauses,
^ *) z. B. OC. 1239 f. i\ w TXci[[jLu)v Zh\ oux ifia p.<5voi u. a. w, vgl.
V. 726 %a\ fä[j et Y^pwv i^d} u. 8. w.
**) Arg. Eur. Hec. Ale. Or.
15
wie an dem endlichen Eintreffen der Rache. Als daher der Pä-
dagog die fingirte Nachricht von dem Tode des Orestes meldet,
da bricht sie in den Weheruf aus, dass nun der Herrscherstamm
von Grund aus mit der Wurzel*) vernichtet sei, um
dann im Uebermasse ihres Schmerzes zu verstummen , wenig-
stens bis zu dem Momente , wo sich ein neuer Hoffnungssirahl
zeigt. Das Schweigen der Chorführerin in dem nun beginhen-
den Klagegesange ist das Schweigen des Schmerzes, welches
wir uns plastisch durch Verhülhmg dargestellt zu denken
haben. Die beredt individualisirende Botenrede des Pädagogen,
welche die einzelnen Umstände des Sturzes bis auf die Nabe
des Rades greifbar vor Augen führt, hat auch bei der Chor-
führerin die erdichtete Kunde vom Tode des Orestes zur qual-
vollen Gewissheit erhoben. Das ist Sophokleische Kunstart :
nur wo ein so tief innerer Grund vorliegt, bleibt der Koryphäus
einmal aus dem Spiele, oder, technisch gesprochen, der Meister
weiss auch die Pause der Erholung , deren die vielbeanspruchte
Rolle des Koryphäus gelegentlich bedarf, mit sinniger Be-
rechnung innerhalb des dramatischen Ganzen zu verwerthen.
Einen ganz analogen Fall werden M^ir in der Antigene nach-
weisen.
Das Vertrauensverhältniss zum Protagonisten, dazu die
überall bekundete höhere Intelligenz , lässt den Koryphäus
naturgemäss auch den Choreuten gegenüber eine souverainere
Rolle einnehmen , als dies bei seiner mehr eingeordneten als
übergeordneten Stellung in einem Chore von zwölf Personen
der Fall war. Am deutlichsten erhellt dies in einer Anzahl von
Chorliedern, für die wir die Bezeichnung abgebrochene
» Stasima vorschlagen möchten. Ihren eigentlichen Platz haben
sie in der Peripetie des Stückes. Darunter zählt das dritte Sta-
simon der Elektra , der Antigone , des König Oidipus, das Sta-
simon mit hyporchematischem Character in den Trachinierinnen.
Zumal das letzte Lied ist sehr instructiv. Obwohl die Chor-
führerin die trachinischen Jungfrauen erst eben aufgefordert
hatte , der jungfräulichen Schwester ApoUons den Päan anzu-
*) El. 764 — 65 <pe5 cpeO* t6 ttSv o'^ Sea^KSiaiai toT; irdiXai | irpoppiCov
(u; loiTtev l«p^apTai •^i'^oi. Vgl. 512 irpöpptCo; ^xpicpOei; u. s. w.
16
stimmen , und obschon die dieser Aufforderung entsprechenden
Verse der Artemis Ortygia mit keinem Worte gedenken , bricht
doch der Koryphäus schnell und unerwartet das Ganze mit
einigen zur Bühne gewandten Versen ab. Hier zeigt sich die
von Sophokles mit grösserer Befugniss ausgestattete Rolle des
Koryphäus deutlich in ihrer erweiterten Competenz, und, be-
zeichnend genug, in den uns bekannten Beispielen bei So-
phokles ist es zweimal der Protagonist, der durch sein Auf-
treten ein derartiges Abbrechen eines Chorikons veranlasst , in
zwei anderen Fällen der Koryphäus. Mit Geschick w^ird auf
solche Weise auch die Stellung des Koryphäus für das drama-
tische Interesse ausgenutzt. Das mehr oder weniger jähe Ab-
brechen der chorischen Lyrik durch den Führer, der uner-
wartete Hinweis auf die Voi'gänge der Bühne dient dazu , das
Interesse an dorn Auftreten des Lichas, wie in einem anderen
Falle an dem der Antigone zu steigern. Statt einer schulge-
rechten aber auf die Dauer langweiligen Regelmässigkeit giebt
der Dichter eine Scene voll dramatischen Lebens, in der ein Er-
eigniss das andere zu drängen scheint; fiir das Zurücktreten
der Melik entschädigt eine kunstreich gesteigerte Action.
Während in einem Chore von zwölf Personen der Dichter
bedacht war, die einzelnen Gruppen der in dem Stücke vor-
herrschenden Aufstellung in characteristischen Zügen heraus-
zuheben, auch den oder jenen Einzelchoreuten in schärferen
Umrissen zu zeichnen , so bezieht sich in dem neuorganisirten
Chore diese individualisirende Thätigkeit vorwiegend auf den
Koryphäus. In ihm erhält der chorische Antheil jetzt einen ein-
heitlich conceiitrirten , gemüthlich verstärkten Ausdruck. Er
bewährt fiir die dichterische Arbeit die grössere Attractions-
kraft, ja er droht sie zu absorbiren. Neben der Elektra ist hier
besonders König Oidipus zu nennen. Gerade hier hat der Dich-
ter in der individuellen Herausgestaltung des Koryphäus Ausser-
ordentliches geleistet , nach der sinnlichen wie nach der intel-
lectuellen Seite. Oidipus nennt ihn einen Mann von einsichti-
gem Wohlwollen , und der geblendete erkennt ihn dann später
an dem Klange seiner Stimme wieder : das sind Züge , die uns
sein Bild vorschärfen. Um zumal das letztere Moment in
seiner sinnlichen Stärke zu fassen, hat man sich der Disciplin
17
zu erinnern, welcher sich Hypokriten wie Choreuten in Athen
hinsichtlich der Ausbildung ihrer Stimmmittel unterwarfen.
Zwischen dem ersten und zweiten Kommos des Oidipus besteht
eine innige Wechselbeziehung : der dem Könige durch Einsicht
und Treue bewährte Mann führt auch in der Exodos den kom-
. matischen Dialog. Man würde alle Poesie zerstören, wollte
man hier verschiedene Choreuten beschäftigen. Es ist erschüt-
ternd zu sehen, wie der nämliche Mann, der den König wieder-
holt der unverbrüchlichsten Treue versicherte, der sich einen
Wahnwitzigen schalt, ja schmählich verderben wollte, wenn er
• sich je von ihm trennen werde, wie derselbe Mann jetzt wünscht,
ihn nie gesehen zu haben und den Selbstverwünschungen des
Geblendeten nichts entgegenzusetzen findet.
Durchaus natürlich erscheint, dass der Dichter auch den
Antheil, welcher dem Chore an der Handlung des Stückes zu-
gemessen wird, wesentlich in die Führerhand des Koryphäus
legt. Das Urtheil über das Mass jenes Antheils fallt verschieden
aus , je nachdem man den Sophokleischen Chor mit Aeschylus
oder mit der späteren Tragödie vergleicht. Beide Urth eile liegen
uns bei Aristoteles vor. Gegenüber dem Aeschylus , insbeson-
dere gegenüber den älteren Stücken , wie den Hiketiden , wo
dem Chor die Hauptrolle gehört, erscheint er als »der ausserhalb
defr Action stehende Berather«*), gegenüber dem Euripideischen
oder gar gegenüber den Embolima des Agathon als »einer der
Hypokriten , der ein Glied des Ganzen ist und an der Hand-
lung Theil hat«**) . Und zumal in der scharf herausgetriebenen
Spitze des Koryphäus. Man denke an dessen energisches Auf-
treten im König Oidipus für Kreon, oder im Oidipus auf Kolonos
gegen Kreon. Im Koryphäus ist der Chor so gespannt auf die
Vorgänge der Bühne gerichtet, dass der Führer fast als einer der
*) Arifltot. Probl. 19, 48 laxt ^ä^' b ^opic XTjSeot^c dficpaxTOc* etl^oiav
Yolp p.6vov Tzapiyjsxai oU TtöfpeoTiv.
♦*) Aristot. Poet. c. 18 xai tov /opöv hk 2va Sei 6iioXotßerv t(6v &7roxpiTtüv
%a\ {jLÖpiov elvai tou 8Xoü, xal ouvaYwvlCeaOai fx-rj Äaiicp EOpiitlBig dlXX' &aitep
SocpoxXel. 'Hör. epist ad Pis. 193 actoris partes chorus officiumque virile \
Defendat, neu quid medios intercinat actus, I Quod non proposito conducat
et haereat apte.
- Hanse, Der ClioT des Sophokles. 2
/
18
Hypokriten zählen darf und sich die Tradition von nur vierzehn
Choreuten bilden konnte*) .
Je dramatisch bedeutsamer aber nach dem Gesagten die
Rolle des Koryphäus von Sophokles verwerthet wurde, um so
näher rückte eine Gefahr, die , wenn sie nicht glücklich ver-
mieden wurde , all den errungenen Vortheil zum Nachtheil des
Ganzen kehren musste — die allzugrosse Theilnahmlosigkeit
der übrigen Choreuten während der Epeisodien. Musste einem
solchen Führer gegenüber der Chor nicht als unbewegliche
Masse erscheinen , als ein äusserliches Anhängsel , das nur etwa
beibehalten wurde, weil es religiöses Herkommen und Sitte
heischten ? Aber gerade dieser naheliegenden Gefahr wird sich
die Schöpfung des Sophokles durchaus gewachsen zeigen, ja nach
dieser Richtung bewahrt sich die Kunst des Dichters am glän-
zendsten. Zunächst ist der Dichter immer bemüht, sei es durch
directe Anreden oder durch sonstige Hinweise von der Bühne
aus die Illusion in uns wach zu halten , dass der Chor in allen
seinen Gliedern bis zum letzten Laurostaten**) engagirt erscheint.
Unter den mehr versteckten Bezügen ist es namentlich der ge-
schickte Wechsel in der Anrede, der öfters schroff erscheinende
Uebergang von der Einzahl zur Mehrzahl in Anrede und Ge-
genrede,^ wodurch immer wieder nicht npr das Interesse des
Koryphäus, sondern auch das der übrigen Choreuten durch-
blickt. Aber zumal in ausgedehnteren Epeisodien bei dem Zu-
rücktreten der Melik wollten diese fein gesponnenen Fäden zu
zart erscheinen, um die Verbindung zwischen Thymele und
Logeion festzuhalten. Es bedurfte kräftigerer Mittel, üeber-
blicken wir die Zahl der übrigen Choreuten , so gab es neben
*) Vit. Aeach. Robort. p. 12 /opö« oe töv TpaYqjBcbv ouvtöTaxai i^ ih
civSpwv. Schol. ad Dion. Thr. Villois. Anecd. II p. 1 78 (Bekk. Anecd. p. 746) :
•^oav he Töjv fxev Tpa^ixÄv ^opeuTai hima T^öoapec. Tzetz. Proll. ad Lycophr.
p. 254 sq. Müller: ti?)v he TpaftiiSierv %a\ toöc öaxupouc iiriOTjc p-ev iyeis
^^opeuTÄc ih' (überl. id).
**) Phot. p. 210, 10 XaupoaxdiTat * (A^aoi tou ^opoO, olovei yoip ^v aTCVcuitip
eiai ' «pauXöxepot he oGxoi. Hesych. Xaupooxdixai * ol h xoi; (i.eaoi< Coyol övtec
(man schreibe ol ^v xolc Cu^oTc p.eooi ßvxe^) Iv xiöi axevtüirou f*-?) ^£(upo6fi.evoi *
ol he )^eipoüc jA.£aoi loxavxai * ol he iTzirexa-^ikisoi Tip&xoi xal lo^axot. Vgl.
Hesych. öitox^Xniov xou /opou- xfjc axcüaeuic ^(bpai al axip.oi.
19
dem Koryphäus keine berufeneren Vertreter des chorischto An-
theils^ als den Parastaten und Tritostaten zumal in ihrer Eigen-
schaft als Hegemonen, als Halbchorführer. Es ist dasselbe Prin-
cip, nur gesteigert, welches schon in dem Hervortretenlassen des
Koryphäus zur Geltung gelangt: nicht die chorische Masse
wirft der Dichter in die Wagschale, vielmehr das Gewicht der
Führerschaft. Das Princip der chorischen Betheiligung, wel-
ches in dem Sophokleischen Chore bewusster und wirkungs-
voller hervortritt, ist das des Repräsentativsystems. Uebrigens
muss dieses Engagiren der beiden Halbehorführer dem Dichter
auch dazu dienen , den Koryphäus in seiner vollen Würde her-
auszuheben. Böten sich nicht so zahlreiche Analogien, so dürfte
man billig erstaunt sein, welche Schranke sich hier die nichts
verschmähende Gründlichkeit des antiken Dichters auferlegte :
genau erwogen, in dem Verhältniss von 2 : 1 erhält der Kory-
phäus ein doppelt so grosses chorisches Megethos, als ein Halb-
chorführer. Das ist kein müssiges architektonisches Spiel : erst
diese gemessene Abstufung, ruft uns immer von Neuem und
wirksam in's Gedächtniss, dass diese Personen auch in der
Tetragonalstellung nicht für sich allein , sondern der eine im
Namen der Gesammtheit, die beiden anderen für je ein Hemi-
chorion das Führerwort sprechen. So rein wie bei Sophokles
konnte in dem früheren Chore eine solche Wirkung nicht erzielt
werden ; denn in dem Chore von zwölf Personen fungirte der
Koryphäus zwar als Gesammtführer , aber auch zugleich als
einer der Halbchorführer. Diese Trias, seine eigenste Schöpfung,
bringt der Dichter nicht nur in den Einzugsliedem , sondern
auch innerhalb der Epeisodien, sowohl in den kommatischen
als in den eigentlichen Dialogpartien nicht selten zur Anwen-
dung. Indem die beiden Parastaten innerhalb und namentlich
am Schlüsse eines Epeisodion sich betheiligen, wirkt Sophokles
seiner Gewohnheit gemäss auch vorbereitend für die Halbchor-
stellung in dem nächsten Stasimon, in dem uns dann die Wie-
derholung desselben chorischen Motivs aber mit lyrisch ge-
steigerten Mitteln begegnet. Vielleicht auch , dass durch ein
derartiges Hinzuziehen der Hegemonen am Schlüsse eines Epei-
sodion den übrigen Choreuten der geeignete Wink gegeben
wurde, sich für das nun anhebende Stasimon bereit zu haltexi.
2«
20
Nun mochte der Choreut die betreffenden Linien*) auf dem
Parket der Orchestra erspähen, um im rechten Momente aus
der Tetragonalstellung in die Halbchorfoimation überzugehen.
Andererseits werden die beiden Halbchöre zumal nach dem
schnellen Abbrechen eines Stasimon der Bühne gegenüber
bisweilen längere Zeit in dieser Formation verharrt haben :
alsdann war ein Engagiren auch der Halbchorführer um so
natürlicher.
Bei der Erfindung des Tritostaten und der Verwendung
dieser chorischen Trias springt ein durchgeführter Parallelis-
mus mit den Personen der Bühne in die Augen : dem Protago-
nisten entspricht der Koryphäus , dem Deuteragoni sten der
Parastat, dem Tritagonisten der Tritostat. Aeschylus schuf den
Deuteragonisten , so bedurfte er in dem chorischen Gegenüber
neben dem Koryphäus nur eines Parastaten; Sophokles fügte
den Tritagonisten hinzu, so war eine Erweiterung auch des
chorischen Bestands unumgänglich. Die dramaturgischen
Neuerungen des Sophokles bedingen sich gegenseitig. Dass
der Dichter beide Erfindungen gleichzeitig intendirte, dürfte
schon hieraus klar sein; dass er sie zu gleicher Zeit errang,
folgt nicht mit der nämlichen Sicherheit. Aber etwas anderes
drängt sich uns auf: wenn von Aeschylus überliefert wird, dass
er den Deuteragonisten hinzufügte, so werden wir den Analogie-
schluss wagen dürfen , dass der Chor von zwölf Personen , wie
Sophokles ihn vorfand, seine Organisation dem Aeschylus ver-
dankte. Und damit steht die Ueberlieferung auch sonst nicht
im Widerspruch. Indem also Sophokles den drei Bühnen-
agonisten drei chorische Gegenbilder giebt, hat er mit diesem
Wechsel verhältniss Orchestra und Bühne unlöslich verkettet.
Die beiden Gegenüber zeigen die nämliche Gliederung und Ab-
stufung, ihre Interessen entsprechen oder nähern sich, wie
dieses Verhältniss am deutlichsten zwischen Koryphäus und
Protagonisten schon oben bemerkbar wurde. Hier eröffnet sich
der sinnigen Beobachtung für Sophokles und Euripides ein
noch unberührtes Feld. Auch für die Rollen vertheilung in der
♦) Hesych. f^ait-it-ai ' h t^j dp/ifjaTpa -^aav , ihi xöv )^opöv Iv öTol/tp
21
Tragödie kann dieses Verhältniss der chorischen Hauptrepräsen-
tanten zu den betreffenden Bühnenpersonen unter Umständen
ein Regulativ abgeben.
Beachtenswerth ist, wie der Dichter auch mit dieser Figur
gelegentlich die ihm so geläufige Kunst bewährt, aus der Noth
eine Tugend zu machen. Der Philoktet weist nur einen
vollständigen Choi^esang auf, das von Halbchören vorgetragene
erste Stasimon*). Sehen wir von einem kurzen epeisodischen
Chorliede und zwei nicht weniger kurzen Strophen in der
Parodos ab, so ist dies die einzige längere Partie, wo der
Dichter eine grössere Anzahl von Sängern beschäftigt, sonst
immer nur Koryphäus und die Halbchorführer. Auch das
erwähnte epeisodische Chorlied**) kommt nicht in Betracht:
denn indem der Dichter die Antistrophe der Strophe erst nach
etwa hundert Versen respondiren lässt, hat er durch einen
so erheblichen Zwischenraum das wiederholte Auftreten der
nämlichen Sänger in geschickter Weise verdeckt. Das Alles
kann nur in den choregischen Verhältnissen von Ol. 92, 3***)
*) Unsere Diathesis des Philoktetes: Parodos: 135—143 Koryphäus,
144— 149Neoptolemos, 150— 158 Koryph., 159— 160 Neopt., 161 Koryph.,
162—168 Neopt., 169— 179 erster Halbchor, 180—190 zweiter Halbchor,
191— 200 Neopt. , 201 (durch Neopt. unterbrochen) bis 209 Parastat, 210
(durch Neopt. unterbr.) bis 218 Tritostat. Epeisodische Trimeter : 317—318
Koryph. Epeisodisches Chorlied: 391— 402 erster Halbchor, 507 — 518 zwei-
ter Halbchor. Epeisodische Trimeter : 522—523, 539—541 Koryph. Erstes
Stasimon: 676— 690 erster Halbchor, 691— 705 zweiter Halbchor, 706— 717
erster Halbchor, 718—727 zweiter Halbchor. Kommos: 827—838 Parast.,
839—842 Neopt., 843^854 Tritost., Lücke des daktyl. Antisystems Neopt.,
855-864 Koryph. Epeisodische Trimeter: 963—964, 1045—1046, 1072—
1073 Koryph. Kommos: 1081— 1094 Philokt, 1095— 1101 Parast.. 1102—
1115Phüokt., 1116— 1122Tritost., 1123— 11 39 Philokt., 1140— 11 45 Parast.,
1146-1162Philokt.,1163— 1169 Tritost., 1170— 1172 Philokt., 1173 Koryph.,
1174— 11 75 Philokt., 1176 Koryph., 1177 Philokt., 1178—1181 (bis xka-
xTat)Kor>T)h., 1182-1183 (bis Ixeteüo)) PhUokt, 1184 Koryph. Phüokt. (bis
Tcpögdeöv), 1185 Koryph., 1186— 11 90 Philokt., 1191— 1192 Koryph., 1193—
1195 Philokt., 1196 Koryph., 1197—1203 Phüokt., 1204 (bisliio«) Koryph.,
1204-1205 Philokt., 1206 Koryph., 1207—1209 (bis ^^t)) Philokt, 1210
Koryph. Philokt., 1211 (tioT ^5«) Koryph., 1211— 1217 Philokt. Exodische
Trimeter: 1218—1221, Schlussanapäste 1469—1471 Koryph.
**) Philoct. 391—402 = 507—518. "*
♦♦♦) Argum. Philoct. dSiSdfx^t] M r^auxtitTrou.
22
seinen Grund haben. Freilich war damals die Nachricht von
dem Siege bei Kyzikos nach Athen gedrungen und die Friedens-
anträge der Spartaner wurden abgewiesen. Aber EubÖa, woher
man die Vorräthe bezog, auch Oropos und Oinoe, die Grenz-
veste gegen Böotien, war an die Spartaner verloren ; inDekeleia
lag König Agis, Athen befand sich im halben Belagerungs- Zu-
stande. Die kargen Zeiten stellten dem Dichter nur drei wirk-
lich geschulte und erprobte Sänger zur Verfügung ; die übrigen
konnten nur ausnahmsweise herangezogen werden.
Man erblickt hier das dichterische Genie in einem sieg-
.reichen Kampfe mit der Ungunst äusserer Verhälthisse. Es wird
durch unsere Darstellung klar geworden sein : ohne die Orga-
nisation, die er dem chorischen Körper gegeben, hätte Sophokles
jenen Kampf nicht mit dem gleichen Nachdruck durchführen
können. Hatte der tiefsinnige Mann einst geahnt, dass die
athenische Herrlichkeit nicht von Dauer sein wüf de ? Erst die
Sophokleische Neubildung des Chores war geeignet, für das
durch die Entwicklung des Dramas wie durch die Kargheit der
späteren Zeiten gleich geforderte Zurücktreten der Melik überall
wenigstens durch den schönen Schein eines noch reichen chori-
schen Lebens zu entschädigen. Der praktische Blick des Dich-
ters schuf einen Chor, der in glücklichen Tagen , wo die Mittel
reichlich flössen, den früheren an Glanz und Fülle der Diathesis
überragte, der aber auch dann seinem Zwecke vollauf genügte,
wo bei der Bedrängniss des Staates jene Mittel auf das knappste
Mass beschränkt waren. Indem der bejahrte Dichter in seinem
Philoktet durch weise Oekonomie den choyegischen Aufwand
auf ein Aeusserstes reducirte, bewies er damit nicht nur die un-
geschwächte Productivität des denkenden Künstlers, sondern
zugleich den rücksichtsvollen Takt des Patrioten. Auch diese
Momente mögen mitgewirkt haben, dem Dichter den ersten Preis
zuzuerkennen *) .
Mehr durch die Zahl als durch den Bang scheint der Dich-
ter, wenn auch nur auf den ersten Blick , bei der Verwendung
der fünf Aristerostaten zu wirken , die ihren Namen von der
Stellung fuhren, in welcher die Zuschauer ihrer zuerst, d. h. in
*) Argum. Philoct. itptoTo; -^^v Zo^oxXfjc*
23
der Parodos ansichtig wurden*) . Aber wie in der Tetragonal-
stellung Korypbäus und Parastaten zunächst an die Trias der
Stoichoi erinnern^ so erscheinen die Aristerostaten in ihrer
Stellung der Kühne gegenüber wenigstens dem Auge als die vor-
geschobenen Vertreter von fiinf Zyga. Also wiederum waltet
das schon erwähnte Princip : dadurch dass von den Protostaten
jeder im Namen auch seiner beiden Hintermänner das Wort zu
fuhren scheint, erhält seine Stimme moralischen Nachdruck und
höhere Bedeutung. Es ist naturgemäss^ dass es die bestge-
schulten Sänger sind^ und Koryphäus und Parastaten sind ein-
begriffen. Der vorigen gegenüber steht diese Figur an Würde
nach , aber sie überragt jene durch dramatische Bewegung und
lebhafteres Zusammenspiel. Das Princip dieser Figur ist mehr
demokratisch^ die vorige ist aristokratischer geartet. Beispiele
bietet das vierte und fünfte Epeisodion und die Exodos der Anti-
gone^ wo man die bei Sophokles so beliebte Wiederholung des-
selben Motiys beobachten kann. Die thebanischen Greise üben
im fünften Epeisodion bestimmenden Einfluss^ wir befinden uns
in der Peripetie des Stückes. In der Exodos erhält die Span-
nung der Choreuten nach den noch dunkeln und allgemein ge-
haltenen Andeutungen des Boten in der Stichomythie der Ari-
sterostaten den geeigneten Ausdruck. — Uebrigens auch auf
Denkmälern des Bühnenwesens finden sich gelegentlich fünf^
auch drei Choreuten dargestellt**).
Es liegt ein besonderer Beiz darin , dass Koryphäus und
Parastaten auch da^ wo sie innerhalb der Tetragonalstellung
räumlich und für das äussere Auge entweder als an der Tete der
drei Stoichoi hervortreten oder, wie es meist der Fall war, in der
längeren Seite des Rechtecks ihre mittleren Stellungen inne
haben, sich doch ihrer ducalen Würde bewusst bleiben und vom
♦) Schol. -Aristid. t. III. p. 535 — 36 ed. Dind. tcou )^opou Tdifofiev, i%
fuexacpopa; twv Aiovuaiaxöjv /opwv etpTjxai * 8x8 y^P elöTQeoav ol X^P°^ TcXaY^c»;
ßa5(CovT£; ^TioioDvTo xouc 5p.vouc xai el^ov touc dsaxdlc ^v (ipiOTSpoc atiioav, xal
ol TtpräTot Toö )^opoü (corr. tö tou x^P®'^) ölpi^repöv iTzeX-fos. Hesych. u. dlpiaxe-
pooTd^TY]«, ebendas. u. itpcoToordTTjc. Bekk. Anecd. p. 112, 26. PoU. I 127.
Hesych. u. Se^tdroiyoi.
**) Wieseler, Theatergeb. u. Denkm. d. B. Taf. VI, 3, dazu Text S. 47 ;
Taf. XII, 45, dazu Text S. 98.
24
Dichter demgemäss bedacht werden. Während der chorische
Körper ruhig in der Tetragonalstellung verharrt, wird durch die
sinnvoll erwogene Theilung der Megethe dem inneren Auge des
Zuschauers zugleich die Halbchorformation vorgeführt. Eine
gleiche Verschlingung der chorischen Figuren lässt sich bei der
Verwendung der Aristerostaten beobachten. In der Antigone
giebt der Dichter einmal dem Koryphäus das doppelte Megethos
eines jeden der beiden Parastaten, und den Parastaten wieder das
doppelte des vierten und fünften Choreuten *) . Aber auch hier
hütet sich der Dichter einer erstarrten Manier zu verfallen. Der
Eindruck von der vollen Einheit des chorischen Ganzen und
seiner Interessen konnte auch dadurch gelegentlich gesteigert
werden, dass sich die Parastaten einmal freiwillig ihrer Hoheit
begeben und wie die übrigen sich mit isomeren Kommata be-
gnügen : von besonderer Wirkung ist diese Diathesis in der Anti-
gone nach dem Auftreten des Angelos, nur dem Koryphäus
wird auch hier seine hervorragende Stellung gewahrt **) .
Auch sonst ist die Diathesis der Antigone von besonderer
Tiefe. Als der Koryphäus der Jungfrau ansichtig wird, wie sie
in das Grabgemach abgeführt werden soll, da bricht er das Preis-
lied der Hemichorien auf die Macht des Eros plötzlich und uner-
wartet ab und vermag den hervorquellenden Thränen ström nicht
zurückzuhalten***). Er weint. Diesen fassungslosen Schmerz
des dem Herrscherhause näher stehenden Mannes benutzt der
Parastat, um an Stelle des Koryphäus , wie es in solchen Fällen
seine Pflicht erheischte, die Führerrolle des Gesammtchors zu
übernehmen. Er erhält in dem jetzt anhebenden Kommos nun
eine längere anapästische Periode, als kurz vorher der Koryphäus
selbst; willig subordinirt sich ihm der Tritostat, dem ein kür-
zeres System zu Theil wird f ) .
♦) Antigene 1091 — 1094 Koryphäus, 1098 vierter Choreut, 1100—1101
erster Parastat, 1103 — 1104 zweiter Parastat, 1107 fünfter Choreut.
♦*) Ant. 1172 erster Parastat, 1174 zweiter Parastat, 1176 vierter
Choreut, 1177 fünfter Choreut, 1180— 1182 Kor jT)häu8.
**♦) Ant. 801—805.
f) Ein um ein Kolon kürzeres System, sofern C«>oav xal inevza davouaov
nur verderbt, ein um zwei Kola kürzeres, sofern jene Worte interpolirt sind.
25
Auch nach der längeren Schlussrede der Antigene verharrt
der Koryphäus noch in stumtnem Schmerze , daher am Ende
dieses Epeisodion der seltene Fall eintritt, dass die beiden Para-
staten allein beschäftigt werden. Aber die beiden ihnen zuge-
theilten Perioden dürfen sich auch hier nicht völlig entsprechen :
der Parastat und Tritostat reden nicht als Halbchorfiihrer,
sondern der erstere führt das Wort zugleich als Stellvertreter
des in seinen Schmerz noch immer versunkenen Koryphäus, er
erhält das abschliessende gewichtigere System*). Beachtens-
werth bleibt auch hier , mit wie geringen Mitteln der sparsame
Dichter bedeutende Wirkungen hervorbringt. Die chorische
Diathesis ist in der Antigene von ausserordentlicher Einfach-
heit. Auch aus diesem Stücke lässt sich abnehmen, dass es
dem Dichter bei .seiner Organisation nicht um eine Vermehrung,
sondern um eine Verminderung des chorischen Antheils, aber
mit wirkungsvollerer Illusion zu thun war. Die Mehrausgabe,
die der Dichter dem Staate durch den ständigen Tritagonisten
verursacht hatte, ward durch die Erspamiss in der choregischen
Leistung reichlich aufgewogen.
Endlich in Scenen der lebhaftesten Spannung und Be-
unruhigung lässt der Dichter auch in einem Chore von fünfzehn
Personen sämmtliche Einzelchoreuten das Wort ergreifen , und
zwar in der Weise, dass auch hier der Stellung des Koryphäus
und der Hegemonen Rechnung getragen wird und dem best-
geschulten Stoichos die durch Umfang und Gehalt hervor-
stechenden Partien zufallen. Die Unbedeutendheit der Lauro-
staten verhüllt der Dichter durch die Aposiopese - der Leiden-
schaft**). Indem so die einzelnen Choreuten in erwogenen
Abstufungen nach Massgabe ihres Werthes und ihrer Stellung
bedacht werden , gewinnt die Characteristik an concreter Man-
817— 822 erster Parastat, 834—837 (838?) zweiter Parastat, 953—856 vierter
Choreut, 872—875 fünfter, Choreut.
*) Ant. 929 — 930 izi twv aitrav dlv£fi.(uv J)t7rai | vfple -f l^ouaiv Tri-
tostat, 931—932 Kreon, 933—934 Antigene, 935—936 Parastat. Die
Dindorf sehe Athetese der Worte aüxai ^l^u/tj«; in V. 929—30 wird durch obige
Auffassung bestätigt.
♦*) Nach G. Hermann O. C. 224 6 t' l<6, 6 ta Ä Ä, 6 iß' 56a[jLopo;,
26
nigfaltigkeit und Lebenefüll«. Die längeren Kommata finden
sich gern ipa Beginne solcher Pathosscenen : kürzere gleich im
Anfange würden eine weitere Steigerung der Leidenschaft aus-
schliessen, auch an so früher Stelle allzu naturalistisch das Ohr
berühren.
Während das Muster der verflochtenen Tragödie, der König
Oidipus, durch die Einfachheit der chorischen Diathesis hervor-
sticht ; wird der undramatische Stoff des Oidipus auf Kolonos
insbesondere durch die chorische Technik in Bewegung er-
halten. In der grossen Streitscene mit Kreon betritt der Kory-
phäus mit vier anderen Choreuten die Bühne und durch die
öftere wiederholte Verwendung des vollen chorischen Apparates,
d. h. aller fünfzehn Choreuten lässt der Dichter das Interesse
immer von Neuem anschwellen. Der Aufwand der chorischen
Technik steht im umgekehrten Verhältnisse zu dem dramatischen
Werthe des Stoffes, eine Beobachtung, die wir bereits durch den
zweiten Theil des Aias bestätigt sahen. Ueberall gewahrt man
auch in diesen Dingen die harmonische Sich9rheit und fein-
fühlige Decenz der Sophokleischen Kunstweise. Wo Schuld
oder Schicksal den Menschen zermalmt haben und wie im Aus-
gange der Antigone oder des König Oidipus das Unglück selbst
in d^ Erscheinung eines Oidipus oder Kreon seine erschütternde
Sprache redet, da würde jeder chorische Aufwand, jedes Hin-
einsprechen mehrerer Choreuten aufgetragen, ja indecent er-
scheinen ; es tritt hier die wohlbekannte Vertrauensperson, der
Koryphäus, ein und ermöglicht einen ruhigeren Schluss-
accord*).
Eine gesonderte Betrachtung erfordert der Oidipus auf^
Kolonos. Es wird berichtet, dass Sophokles das Drama an der
Grenze seines Lebens gedichtet**) . Das Stück unterscheidet sich
*) Ant. Kommos 1261—1346: 1270, 1293, 1326—1327, 1334—1335,
1337—1338, dazu Schlussanapäste : 1348— 1353 Koryphäus. O.T. Trimeter
der Exodos 1232— 1233, 1236, 1286, dazu die Eintrittsanapäste 1297— 1306
Koryphäus. Kommos 1307—1368: 1312, 1319—1320, 1327—1328, 1336,
1347—1348, 1356, 1367—1368 Koryphäus. Trimeter und Tetrameter der
Exodos: 1416—1418, 1524— 1530 Koryphäus.
**) Argum. I TÖ SpäfJia täv ftaufAoiaTwv * 8 xai rfiri •^e-^fipai/t.diti 6 ISo^oxXfj;
dTTottjaev. Valer. Max. VIII, 7, 12. Vgl. Cic. de senect. c. 7.
27
wesentlich von allen übrigen. Es sieht wie eine Reaction aus
gegen die eingedrungene Dürftigkeit. Der Dichter entfaltet in
diesem Stücke gegen das Ende seiner dichterischen Laufbahn
noch einmal die ganze Fülle der chorischen Gliederung, er be-
währt noch einmal seine ungebrochene Schöpferkraft auch auf
diesem Felde. Ja der Dichter überbietet hier sich selbst und seine
Erfindungen. Man hat längst dargethan, dass in diesem Stücke
ohne Annahme eines Parachoregems nicht auszukommen ist,
wir haben entweder geradezu einen vierten Schauspieler anzu-
nehmen , oder man bedarf doch in den drei Scenen , wo vier
handelnde Personen zugleich auf der Bühne sind^ für die
stumme Solle der Ismene wie für deren Gesang am Schluss
mindestens eines aushelfenden Schauspielers, der hier dann
wenigstens als Statist und Sänger fungirte. Ganz ausserordent-
lich sind vollends die Ansprüche, die das ausgedehnte Stück an
die Leistungsfähigkeit des Chores stellt. Kann schon der Um-
fang derMelik nur mit den ältesten Stücken verglichen werden,
so steht das Drama darin zumal einzig in seiner Art da , dass es
einen nicht weniger als fünfmal *) wiederholten Vortrag sämmt-
lieber fünfzehn Choreuten fordert. Im Aias findet sich der
Einzelvortrag der Choreuten dreimal , in der Elektra und den
Trachinierinnen je einmal, überhaupt nicht in der Antigone,
im König Oidipus und Pbiloktet. Ein neben den übrigen cho-
risch-orchestischen Leistungen fünfmal durchgeführter Einzel-
vortrag setzte aber unzweifelhaft die volle Zahl von gerade
fünfzehn nach jeder Sichtung geschulten Choreuten voraus, und
in Besoldung , Unterhaltung , zumal in der Schulung der Cho-
reuten bestand der Hauptaufwand der Choregie. Der Dichter
stellte mit seinem Oidipus eine Anforderung, die um so uner-
schwinglicher war, je trüber die Zeiten. Bei dem sinkenden
Wohlstande des Staates war man schon seit einer Reihe von
Jahren bemüht, der Choregie ihre Lasten zu erleichtem. Seijb
Ol. 92, 1 unter dem Archon Kallias, d. h. nach der sicilischen
Niederlage, gestattete ein Volksbeschluss , dass zwei zusammen
die Choregie leisten dürften **) .
♦) Parodos: 117—206 und 207—236, zweiter Kommoa: 510—548,
dritter Kommog : 834 — 886, vierter Kommos : 1447 — 1499.
*♦) Schol. Aristoph. ran. 406.
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Und gerade die Organisation des Sophokleischen Chores ver-
mochte doch mit Wenigem Ausserordentliches zu leisten. Fünf
oder sechs geschulte Choreuten mochten allenfalls ausreichen^
um ein Stück in schlimmen Tagen über Wasser zu halten; in
dem Hemichorienvorlrage werden aushülfsweise auch einzelne
Stimmen der übrigen mehr als Statisten und Tänzer fungirenden
Choreuten herangezogen worden sein, oder der Mangel wurde in
anderer Weise maskirt. Wie zumal der nicht viel früher ge-
dichtete Philoktet zeigt , hatte man gelernt sich mit Wenigem
zu bescheiden und durch eine weise Oekonomie dem ein-
brechenden Mangel seine Bitterkeit zu nehmen.
Wenn nun der Dichter in den letzten Jahren des Krieges
mit Anforderungen hervortrat , wie sie nur in den blühendsten
Zeiten zu bestreiten waren, so musste er sich selber sagen, dass
er damit eine Unmöglichkeit verlangte. Und doch war es dem
greisen Dichter ein Herzensbedüifniss , gerade dieses Stück in
unverkümmertem Glänze über die Bühne gehen zu sehen : es
galt den Dulder in heimischer Erde zu betten zum Segen des atti-
schen Landes und dem Heimatsgau Kolonos wie zum Abschied
ein glänzendes Preislied zu singen. Sei es nun, dass der Dich-
ter bereits mit seinem Choregen in Unterhandlung getreten war,
oder weil er mit Sicherheit voraussah , dass sich für Ausgaben
von diesem Umfange kein Choreg bereit finden würde : der von
Haus aufi begüterte Mann fing bereits an für die Realisitung
seines Wunsches aus eigenen Mitteln zu steuern und somit das
Eirbtheil seiner Söhne in Mitleidenschaft zu ziehen. Unmuthig
trat lophon dazwischen und verklagte den Vater vor den Phra-
toren wegen Unfähigkeit, sein Vermögen zu verwalten*) . In die-
*) Vit. Soph. p. 11, 58 cp^pjETai he xai iiapa TroXXotg i\ itpög töv üIqv
'lo^wvta '(esoit.hri auTtp 81xt] ttox^ . . . Ttai Tioxe ^v 8pdtfi.aTi €ioif)YaYe t6v 'lo^wvra
auTtp cpdovouvTtt %a\ Trpöc to6c «ppaTopa? i'^Tnakobyza Tcp itaTpt di^ bizh yt^P*»?
Ttapa^povoövTt • ol he Tcp ^Io^ävti irceTi[s.'f]9as. SctTUpo; hi cp7)0w a^xöv eiizeXs
»ei [i.is sipii ZocpoicX'^Ci ou Tcapa^povu), ei Se rapacppovcu , oux ei[k\ 2o<po-
xXfj;«, %a\ TÖTE TÖv Oi^^TTO^a xcapaY^Ävai. Luc. Macrob. c. 24 ouio; \in
'lo^ÄvTo« Tou uUoc ^Tti T^Xsi TOü ßioü iiapavoia; xpivöpi.evo; dsif^oi toic hi%a-
oraic Olötiioüv tov ^Tti KoXoavip,* dTri^eixvupievoc Sid tou SpdfpLaxoc hnoii töv
voüv uYiatvei* ob; tou; 5ixQiOTa; t6v fiiv OTrepdaupLcifoai, xaTa'|»7)^(aaa^oii he toü
ulou auToO p.av(av. 'Cic de senect. c. 7 : Sophocles ad summam senectutem
29
sem Falle konnte den Angeklagten nur sein Drama selbst und
die Diathesis rechtfertigen : er legte es vor. Keinem der Richter
konnte verborgen sein, dass die Composition dieses Dramas
in der That einen ausserordentlichen Aufwand erheischte und
solchen Aufwandes würdig war; die patriotische Tendenz des
Stückes mag das ihrige beigetragen haben*) : der Dichter wurde
freigesprochen, lophon abgewiesen. Aber die Aufführung des
Dramas sollte der greise Dichter nicht mehr erleben. Vielleicht,
dass er nach den geschilderten Vorgängen nun selbst ein so
kostspieliges Unternehmen günstigeren Zeiten anheimstellte,
oder dass man ihn dahin bedeutet hatte, dann aber hinderte ihn
der Tod an der Aufführung.
Sophokles starb Ol. 93, 3. Es folgten die erschütternden Er-
eignisse der nächsten Jahre , erst Ol. 94, 3 hat des Sophokles
gleichnamiger Enkel das Stück zur Auffuhrung gebracht, eine
würdige Gedächtnissfeier für den Dahingeschiedenen**).
Wir haben drei, wenn man will vier Epochen in dem Dich-
tergange des Sophokles zu unterscheiden. Die Anfänge bewegten
sich wie billig in den Spuren der Vorgänger***). Einer Ueber-
gangsperiode gehört der Aias an , der Dichter steht mindestens
nahe davor, den Tritagonisten zu erringen. Für diese Ueber-
gangsperiode ist zugleich bezeichnend, dass sich die trilogische
Auffassung für den Aias von jeher aufdrängte. Aber auch das
tragoedias fecit : quod propter Studium cum rem familiärem neglegere
videretur, a filiis in iudicium vocatus est, ut quem ad modum nost'ro
more male rem gerentibus patribus bonis interdici solet , sie illum quasi
desipientem a re f amiliar i removerent iudices. Tum senex dicitur eam fabu-
lam, quam in manibus habebat et proxime scripserat, Oedipum Coloneum,
recitasse iudiqibus , quaesisseque num illud Carmen desipientis yideretur :
quo recitato sententiis iudicum est liberatus. Appul. Apolog. p. 479 ed.
Bosch.
*) Plut. Mor. p. 785 a SocpoxXYj; yA-^eim (Jiev bnb töv uIujv irapavota^ SUtjv
«pcüYwv dvaYVcbvai ti?)v i^ Olhinohi tij) iizi KoXcjvo) iidlpoSov ^ doTiv dpxh »e^ii^^ou,
Seve, xdcSe yihpa^ — ßdiooaic». ftaufAaorou he xou p-^Xou; «pav^vTo; &OTZtp i%
deaipou ToD SixaoxTjplou 7tpo7rep.cpOiivai p-exa xpötou xai ßo-^; tOas TiapövTaiv.
**) Argum. II t6v iizX KoXojvcjj OlMiiöuv im TeTeXeuTtjxöxi x<j> Tzdmzt^
locpoxX'^C 6 uh^oOc; ^ßißaSev, ulbz Av 'Apioxwvo;, ^ttI dfp^^ovxoc Mlxoivo;.
***) Vit. Soph. p. Ha, 26 itap' AiaidU^ hk x-^v xpa^cpSlav If^afte.
30
chorische Complement des Tritagonisten , die Erhöhung der
Choreutenzahl , hat Sophoklos schon früh durchgesetzt, jeden-
falls vor Ol. 80, 2, denn die Stücke der Orestie des Aeschylus
weisen fünfzehn Choreuten auf, gerade wie sich hier Aeschylus
auch dreier Schauspieler bedient. Eine letzte Periode, den
Schlussstein des Schaffens bezeichnet der Oidipus auf Kolonos.
Ob der Dichter seine beiden Erfindungen gleichzeitig durch-
setzte, bleibt zweifelhaft, jedenfalls sind sie ihm nicht ohne
Kampf zugefallen. In der heute paradox klingenden Nachricht,
dass Sophokles eine Schrift »über den Chor« verfasst habe und
gegen die Anhänger des Altväterischen polemisirte*) , hat man mit
Recht mindestens den Nachhall einer lebhaften Discussion ver-
nehmen wollen. Vielleicht auch, dass sich der Dichter für die
Aufnahme so zahlreicher **) dramaturgischer Neuerungen selbst
den Boden bereitete in einer wie es scheint von ihm begmndeten
musischen Kunstgenossenschaft***), wo auch Hypokriten und
Choreuten ihre Anregung finden konnten und ein lebendiger
Austausch ermöglicht war. Und wer mochte auf die Dauer dem
frommen Manne wehren , wenn er bei dem wachsenden Wohl-
stände Athens den Festesglanz und die Ehre des Gottes durch
die Einführung eines Tritagonisten, durch die damit in Verbin-
dung stehende Erhöhung der Choreutenzahl, wie auch durch
eine kunstgemässere Verwendung der scenischen Perspectiv-
malerei verherrlichte? Das waren Fortschritte, durch welche
er den Schopfer der Tragödie selbst an schaffensfreudiger Pietät
zu überbieten schien. Aber dem Kunst verstände des Dichters
waren diese Neuerungen nur die Handhabe, Chor und Bühnen-
personal organischer in einander zu fügen und die dramatischen
Fäden beziehungsreicher zugleich und strenger zu verflechten.
Sophokles beschränkte die Rolle des Chors, indem er ihn
numerisch erweiterte. Schon früh und mit Bewusstsein fasste
er dieses Ziel in's Auge, noch ehe eine erlahmende Choregie
*) Suid. u. ]EocpoxX^;: xal l^pa^lev dXe-yei'av xe xai Tiaidva; xai Xö^ov
xa-aXoYaS'ijv TCepi toO /opoy, Ttpö; Biöiriv %at XoipiXov d.fiusil^oiit'^az.
**) Vit. Soph. p. 11 8, 26 iToXXÄ dxaivoupYtjoev Iv toT; d-^&Gi.
***] Vit Soph. p. IIb, 33 (pyjoi 5e "lotpoc xai xa; Xeuxd; xpt)7ri5ac outov
^^E'jpTjTc^vai . . . Taic hk Mo6aat(; ^(aoov iv. twv iceitai&eupi^vttiv ouvaY<*Y^^'^-
31
ihren Zwang ausübte. Die Sophokleische Erfindiitig beweist,
(lass der Dichter seine Zeit und ihre Bedürfnisse verstanden
hatte. Durch ein entschiedenes Zurückdrängen der Melik wie
auch des polymythiseh-stofFhchen , durch Erhöhung der illu-
sorischen Darstellung, wozu ihm auch die Berechnung der Rol-
len auf die Individualität der ihm persönlich bekannten Schau-
spieler und Choreuten diente *) , durch die Vertiefung der Cha-
ractere hat er die attische Tragödie als Drama der Vollendung
zugeführt.
Aber der Abschluss der dramatischen Oekonomie wurde
theuer erkauft, auch, wenn wir einmal von der viel erörterten
Frage absehen, ob und in welchem Sinne Sophokles die tri-
logische Composition aufgab**). Vor allem auf Konten des
Chores und seiner Lyrik. Es ist oft erörtert worden , wie man
die Fülle der metrischen Stilarten , die ergreifende Gegensätz-
lichkeit der Aeschyleischen Chorlyrik bei Sophokles vergebens
sucht. Bei so begrenzten Ufern konnte ein hoher Wogengang
nicht Raum haben. Und das gleiche beobachtet man in der
Diathesis. Wie abgesehen von Koryphäus und Parastaten die
Characterzeichnung der Choreuten zu verblassen anfängt, so
ist auch der frühere Reichthum an chorischen Figuren geopfert.
Es ist kein Zufall ^ dass sich der Zygon- oder der Stoichosvor-
trag in dem Chore von fünfzehn Personen bei Sophokles nicht
findet, oder doch nur in ihren Vertretern. Bei der prominenten
Stellung des Koryphäus musste die Halbchorstellung und der
entsprechende Vortrag für die Hauptchorlieder in Strophe und
Antistrophe stereotyp werden. Die Zahl vierzehn ist nur durch
zwei und durch sieben theilbar. - Aber gerade diese gemässig-
tere Gliederung entsprach dem milden Genius dieses Dichters.
Indem Sophokles die beiden Chorhälften in harmonischen
Gruppen gegenüberstellt, fasst er sie unter der Einheit der
Orchestik, der Musik, wie des Gedankens wieder zusammen.
*) Vit. Soph. p. 11**, 35 cpTjGi hk ''latpo; xal xac Xeuxdc xpTjTriBa; aixov
i^eupTjx^vat, äc ^TToEouvtai oi xe Oiioxpixal xal ol )^opeuxa(, xal Ttpo^ xdc ^uoet;
a'jTdiv -^pd^ai xa Spdfjiaxa.
**) Suid.u. ^o^oxKr^^: %a\ aixö; "^pEe xoü h^ä^a Ttpö; §pä{i.a d'{m'iilie9%ai,
dWd fx'^ oxpaxoXoYeio^at (xexpaXoYlav Meurs, xexpaXoYei^&ai oder Sia xexpa-
XoYiav Naekej.
32
In Strophe und Gegenstrophe erlauscht man eine solche Fülle
sinniger Anklänge , beobachtet man einen so beziehungs-
reichen Parallelismus^ dass Strophe und Antistrophe bei Sopho-
kles wie zwei gegenüber liegende lUätter erscheinen^ die aus
demselben Halme emporgetrieben. Die souveräne Stellung des
Koryphäus ist der beste Beweis für den Hemichorienvortrag der
Stasima.
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Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig.
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