THE LIBRARY OF
YORK
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DER DÄNE
CLAUDIUS CLAUSS0N SWART
(CLAUDIUS CLAVUS),
DER ÄLTESTE KARTOGRAPH DES NORDENS,
DER ERSTE PTOLEMÄUS-EPIGON DER RENAISSANCE.
EINE MONOGRAPHIE
VON
AXEL ANTHON BJÖRNBO ,UND CARL S. PETERSEN.
NEUE BEARBEITUNG.
UNTER MITWIRKUNG DER VERFASSER ÜBERSETZT
VON
ELLA LESSER.
MIT DREI KARTEN, EINER SYNOPTISCHEN NAMENTAFEL UND EINEM FACSIMILE DES
NEUGEFUNDENEN CLAVUS -TEXTES.
INNSBRUCK.
VERLAG DER WAGNER'SCHEN UNIVERSITÄTS-BUCHHANDLUNG.
1909.
DRUCK DER WAGNE R'SCHEN UNIV.-BUCHDRUCKEREI IN INNSBRUCK.
J)as vorliegende Werk verdankt seine Entstehung einem Zufall. Im Herbst 1900 fand JBjörnbo
nämlich die im Kapitel VII B publizierte mittelalterliche Beschreibung des Nordens in einer Wiener
Handschrift, die er nach München geliehen hatte, um einen darin enthaltenen mathematischen Text zu
kollationieren. Sobald wir uns darüber klar geworden waren, daß hier eine bisher unbekannte Quelle
zur Geschichte der Geographie des Nordens vorliege, wurden wir darüber einig, die Sache gemeinsam
zu verfolgen.
Vor allem galt es, womöglich mehr Handschriften desselben Textes zu finden. Es gelang, noch
eine zu entdecken, abermals in Wien, während Untersuchungen anderwärts sich als fruchtlos erwiesen
Wir haben außer einer Durchforschung der uns bekannten gedruckten Handschriftenkataloge Unter-
suchungen an Ort und Stelle in den Bibliotheken in Paris, London, Oxford, Cambridge, Kebenhavn,
Lund, Linköping, Kalmar, Vexiö, Skara, München, Nürnberg, Dresden, Augsburg, Wien, Klosterneuburg,
Prag, Linz, Melk, Amsterdam, Utrecht, Leiden, Haag, Groningen, Leeuwarden, Zwolle, Deventer, Haarlem,
Verona, Padova, Venezia, Milano, Parma, Modena, Bologna, Pirenze, Siena, Koma und Napoli angestellt.
Sodann waren unsere Bestrebungen auf eine genauere Untersuchung der alten handgezeich-
neten Karten von den beiden Typen, von welchen A. E. Nordenskiöld, Er. R. v. Wies er und Josef
Fischer Exemplare in Warszawa bzw. Pirenze, Koma und Wolfegg gefunden haben, gerichtet. Es
zeigte sich nämlich schnell, daß diese Karten (die sogenannten A- und B-Karten), wie Kap. V das aus-
einandersetzt, in der engsten Verbindung mit dem Text in den Wiener Handschriften standen. Die an
Ort und Stelle vorgenommene Untersuchung der bisher bekannten Karten (mit Ausnahme der in War-
szawa), ferner einer bisher unbekannten Karte, die in Koma gefunden wurde, sowie der Handschriften,
wozu diese Karten gehörten, gab das Material ab zu der Darlegung des Zusammenhangs der Quellen,
welche den ersten Teil (Kap. I — V) des Werkes ausmacht. Die genauere Behandlung von Claudius
Clavus' schriftstellerischen Tätigkeit bildet den zweiten Abschnitt (Kap. VI — IX). Trotz verschiedener
Mängel, die uns bewußt sind, meinen wir einen Teil der Fragen, die sich darboten, geklärt und, was
die übrigen anbelangt, eine Grundlage für weitere Forschungen gegeben zu haben.
Das Werk ist aus enger Zusammenarbeit der Verfasser hervorgegangen. Vor der Redaktion sind
viele Fragen mündlich erörtert worden, und während der Arbeit sowie bei der Korrektur haben wir einander
beständig kontrolliert und kritisiert. Im wesentlichen rühren aber die Seiten 1 — 11, 36 — 43, 48 — 63
73—90, 96—100 und 153—162 von Petersen, die Seiten 13—35, 44—47, 64—72 und 163—194 von
Björnbo her, während Seite 91 — 95 und 195 — 209 gemeinsam geschrieben sind. Von den Textausgaben
Seite 101 — 152 und den Beilagen rühren in der Hauptsache die Textbehandlungen und Textübersetz=
ungen, Beilage 1 und 3, die Zusätze sowie die konstruierten Karten von Björnbo, die Textkommentare,
die Personen- und Ortsnamenverzeichnisse sowie Beilage 2 von Petersen her.
IV
Was die Stoffbehandlung betrifft, haben wir uns nicht damit begnügen wollen, mit den Karteu-
typen uud geographischen Textschilderaugen zu operieren, sondern haben es versucht, die Fragen ein-
gehender und methodischer zu erörtern, namentlich indem wir die allzu oft vernachläßigten Ortsnamen
sowohl cpaelleukritisch als sprachlich, womöglich tabellarisch untersuchten und die auch oftmals ver-
nachläßigten Ortsbestimmungen zahlenkritisch oder zeichnerisch behandelten.
Das vorliegende Werk ist keine unmittelbare Übersetzung der dänischen Abhandlung über
Claudius Clavus, die wir im Jahre 1904 in „Det Kgl. Danske Videnskaberues Selskabs Skrifter" ver-
öffentlichten, sondern eine neue Bearbeitung, für welche die genannte Abhandlung die Grundlage bildet.
Studienreisen, welche die Verfasser seitdem in England, Frankreich, Holland, Deutschland, Österreich
und Italien unternahmen, haben unsere geographischeu Kenntnisse erweitert und neues Material zu-
sammengebracht (vgl. unsere Publikation: Anecdota cartographica, edd. Axel Anthon Björnbo et Carl
S. Petersen, Hauniae 1908)- Besprechungen der dänischen Clavusmonographie oder selbständige Be-
handlungen naheliegeuder Stoffe durch Männer wie Jos. Fischer, Axel Olrik, Siegm. Günther,
Ove Vangensten, Karl Aubert u. a. sowie persönliche Mitteilungen derselben und mehrerer anderer
haben zu Änderungen zahlreicher Einzelheiten Veranlassung gegeben, während die Hauptergebnisse, zu
denen wir schon 1904 gelangt waren, bisher sich bestätigt und den Beifall unserer Fachgenossen ge-
funden zu haben seheinen.
Die wichtigste Umarbeitung hat in Bezug auf die Textausgaben selbst (Kap. VII) stattgefunden,
indem wir teils aus Bücksicht auf des Lateins unkundige Leser, teils um unsere eigene Auffassung klar-
zulegen, deutsche Übersetzungen von beiden Werken des Clavus gegeben haben, die bisher nur mit
dänisch -norwegischen Übersetzungen vorlagen. Außerdem haben wir Gustav Storrns nur auf nor-
wegisch vorliegende Beschreibung von der Nanziger Haudschrift, worin sich das früher bekannte von
Clavus' Werken befindet, mit aufgenommen. Zu beiden Werken wurde — namentlich aus Rücksicht
auf nichtnordische Leser — ein umfangreicher Kommentar hinzugefügt, der vorher fast ganz fehlte.
Erhebliche Umarbeitungen haben ferner stattgefunden am Schlüsse der Einleitung, am ersten
Teil von Kap. II (über die A- und B-Karten), bei Kap. VI (die Ortsnamen bei Clavus) und Kap. VIII
(Clavus' Quellen). Am wenigsten umgearbeitet sind Kap. I und III — V, jedoch auch in diesen sind
Änderungen gemacht und neue Mitteilungen hinzugefügt.
Die allerneuesten Aufschlüsse, welche uns zu spät zugingen, um mit in den Text zu kommen,
befinden sich hinten in einem Nachtrag. Mehrere von diesen Zusätzen und Berichtigungen haben wir
wie die Unterschriften zeigen, Prof. Jos. Fischer zu verdanken, der sie uns gütigst zur Verfügung
gestellt hat. Wie aus diesen Mitteilungen hervorgeht, werden erneute Untersuchungen vielleicht in
wesentlichen Punkten unsere Darstellung der Geschichte der A- und B-Karten vertiefen und die Auf-
fassung der einzelnen Phasen in dem Schicksal, das die jüngere Clavuskarte in den Händen der deut-
schen Kopisten Nicolaus Germanus and Henricus Martellus gehabt hat, ändern. Hierzu bedarf es in-
dessen einer gründlichen Behandlang der ganzen lateinischen Ptolemäusüberlieferung, die uns zu fern
lag, die aber von Jos. Fischer aufgenommen ist uud ihm zweifellos reiche Früchte tragen wird, wenn
es ihm gelingt, diese große und sehr wichtige Arbeit durchzuführen. Sogar recht weitgehende Ver-
schiebungen in der Auffassung der Stellung der A-Karten zu einander werden jedoch die Darstellung
von Clavus und seinem Werk nicht in erheblichem Maße ändern können, solange nicht neue Quellen
auftauchen.
Von den Mängeln an unserer Arbeit, deren wir uns bewußt sind, ist die Frage bezüglich des
Zusammenhangs der A-Karten unter einander nach unserm Ermessen von weit geringerer Bedeutung
als die Eeihen von Namen in Norwegen und auf Gotland, von denen es uns nur gelungen ist nach-
zuweisen, daß hier keine wirklichen Ortsnamen vorliegen, sondern ein willkürlich von Clavus gewähltes
Nennsystem, dessen Schlüssel wir nicht haben finden können. Selbst wenn Axel Olrik darin recht
haben sollte, daß hier ein an sich sinnloser Keimvers (Remse) oder dergleichen vorliegt, so befriedigt
V
diese Lösung erst dann völlig, wenn die sprachlichen Bestandteile dieses Reimverses klargelegt
sind. An dem Tage, wo das geschieht, wird unsere Arbeit und namentlich unsere Ausgabe des neu-
a'efundenen Olavus-Textes an diesem bestimmten Punkte veraltet sein. Wir hoffen, daß dies bald
geschehen möge.
Einem Mangel an der dänischen Clavusmonographie, worauf ein Rezensent mit Eecht auf-
merksam gemacht hat, nämlich dem Fehlen eines Registers, ist in der vorliegenden Umarbeitung ab-
geholfen worden.
Ernstliche Schwierigkeiten boten sich bei der Ubersetzung der Ortsnamen, nicht zum wenigsten
bei den von Clavus selbst erdachten Nennsystemen, deren Schlüssel es uns zu finden gelang, und wo die
Schwierigkeiten also überwunden werden sollten. Wenn wir in unserm Text teilweise, in der Über-
setzung der Clavustexte aber durchweg die landläufigen deutschen Namenformen wie Schweden, Nor-
wegen, Dänemark, Schonen, Jütland, Fünen, Seeland, Drontheim, Apenrade, Kopenhagen u. s. w. ver-
schmäht und uns an die ortsüblichen nordischen Namenformen Sverige, Norge, Danmark, Skäne, Jyl-
land, Fyen, Sjaslland, Trondhjem, Aabenraa, Kebenhavn u. s. w. gehalten haben, während die deutschen
Bezeichnungen nur im Kommentar benutzt oder angeführt worden sind, so ist das mit gutem Bedacht
und nach reiflicher Überlegung geschehen. Eine mitwirkende Ursache hierzu war natürlich das Unbehagen,
welches z. B. Deutsche gegenüber Mißgeburten wie Allemagne, Tyskland, Germany, Autricke, Alsace,
Vienne, Berlino, Amburgo, Munich, Nuremberg, Lybaek, Mulhouse, Basle, Mayence, Zurigo u. s. w. u. s. w.
mit Fug und Recht empfindeD. Der Hauptgrund war indessen die Rücksicht auf die altnordischen Namen-
formen, die in den Clavus-Texten vorkommen und uicht durch ausländische Entstellungen wiedergegeben
werden dürfen. Ob lateinische Formen wie Dania, Svecia, Haunias mit Dänemark, Schweden, Kopen-
hagen oder mit Danmark, Sverige, Kebenhavn übersetzt werden, hat weniger auf sich, aber wenn ein
Text Formen wie Dannemarchia, Obenraa, Truntheim, Seeland, Keobenhaun u. s. w. enthält, so hat der
wissenschaftliche Benutzer Anspruch darauf, deu Namen zu erfahren, der in der eigenen Sprache des
Verfassers Geltung gewonnen hat und den er kennen muß, um die sprachliche Namenentwicklung ver-
folgen zu können. Der geographische Fachmann hat überhaupt die Verpflichtung, die einheimischen
Namenformen zu kennen und in Ehren zu halten, und eine in einer Weltsprache abgefasste, wissen-
schaftliche Arbeit, die sich an ein ganz internationales Publikum wendet, muß sich von den zufälligen
in der benutzten Sprache eingenisteten Entstellungen einzelner gangbarer Namen freihalten; diese
müßten vielmehr nur in Reisehandbücher und Hotelreklamen hineingehören und am liebsten auch aus
ihnen ausgerottet werden.
Bevor unser Werk fertig war, raffte ein plötzlicher Tod unsere treue Mitarbeiterin Ella Besser,
die mit Interesse und persönlicher Aufopferung die mit großen sprachlichen Schwierigkeiten verbundene
Übersetzungsarbeit übernommen hatte, dahin. Abgesehen vom Nachtrag, einem Teil der Fußnoten und
der Textkommentare war die Übersetzung jedoch von ihrer Hand fertiggestellt — und mit Beistand
zuerst unseres Freundes des Bibliothekars Raphael Meyer, dann des Herrn Gustav Barg um,
denen wir für gute Hilfe danken, wurde das Werk vollendet, dem die Verstorbene soviel Arbeit ge-
widmet hatte und das es ihr leider nicht vergönnt war in völlig fertiger Gestalt zu sehen.
Für Ausleihe der genannten Wiener Handschriften nach München und Kebenhavn bringen
wir der Direktion der k. k. Hofbibliothek in Wien unseren ergebenen Dank dar. Seine Hoheit Fürst
Waldburg- Wolf egg, der Präfekt der Vatikanbibliothek Herr Pater F. Ehrle, die Direktionen der
Biblioteca Nazionale in Firenze, der Universiteitsbibliotheek in Leiden und der Biblioteca Ordynancyi
Zamoiskiei in Warszawa haben Anspruch auf die größte Erkenutlichkeit unsererseits, teils für die
Liebenswürdigkeit, die sie durch die erteilte Erlaubnis zur freiesten Benutzung der kostbaren Hand-
schriften, welche die obenerwähnten Karten enthalten, bewiesen haben, teils für das Entgegenkommen,
womit sie- unsere schriftlichen Anfragen beantwortet haben. Wir bedauern, in diesem Zusammenhange
nicht auch die Biblioteca Mediceo-Laurenziana in Firenze, deren Handschriften unsere Studien uns zu
benutzen zwangen, nennen zu können.
VI
Zu besonderem Dank sind wir Herrn Oberbibliothekar E. W. Dahlgren in Stockholm ver-
pflichtet, der uns zur Benutzung und Keproduktion eine Photographie der für uns wichtigsten der
genannten A-Karten (Tafel 1) freundlichst überließ, ferner Herrn Hofrat Prof. Fr. v. Wies er in Inns-
bruck, Herrn Prof. Jos. Fischer in Feldkirch und Herrn Dozenten Dr. Axel Olrik in Kebenhavn
samt andern Landsleuteu, die jeder auf seine Art mit Verständnis und Interesse das Erscheinen unserer
Arbeit gefordert und zur Vervollständigung des Inhalts beigetragen haben. Die zu unseren Studien
notwendige Unterstützung erhielten wir von der Carlsberg -Stiftung.
Kgl. Bibliothek, Kßbenhavn.
Die Verfasser.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Einleitung
1
A. Die Überlieferungen and ihr Znsammenhang-.
Kapitel I.
Die Auflassung des Nanziger Werkes .......
13
II.
Die Karten des A- und B-Typus .......
19
„ HL
Die Wiener Handschriften ........
44
„ IV.
Die Ulrner Ausgaben, Schöner und Friedlieb ......
48
„ v.
Der Wiener Text und die dazugehörige Karte .....
64
B. Inhalt, Quellen und Bedeutung1 der beiden Werke.
Kapitel VI.
Die Ortsnamen bei Clavus ........
73
Island ..........
76
Grönland ..........
81
Norwegen und üotland ........
90
Schweden ..........
95
„ VII.
Die beiden Clavus -Texte ........
101
A. Ausgabe des Nanziger Textes mit Ubersetzung ....
101
B. Ausgabe des Wiener Textes mit Übersetzung ....
130
„ VIII. Clavus' Quellen
153
A. Ptolemäus . .
153
B. Reisebuch und Kompaßkarten ......
162
C. Eigene Beobachtung ........
169
D. Nordische Quellen ........
183
* IX.
Clavus selbst und seine Bedeutung .......
195
C. Beilagen.
1. Der Text
zur Nordlandskarte (At) im Cod. Magliab. XIII. 16 .
213
2. Auszug aus Regers Registrum alphabeticum
3. Synoptische Tafel über die Namen in Clavus' jüngerem Werke
Namen der Nanziger Karte ....
4. Facsimile des Clavus -Textes in den Wiener Handschriften
5. Nachtrag . .
A. Zusätze und Berichtigungen
B. Personen-Register .....
C. Register der Ortsnamen ....
6. Facsimile der Nordlandskarte (A,) im Cod. Magliab. XIII. 16
7. Karte konstruiert nach dem Wiener Texte
8. Karte konstruiert nach dem Nanziger Texte
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9 (Noten)
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157
2
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166
25
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184
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2 3
u nten
213
Note 6)
ausgeht
217
11
217
28
steht:
aufgeklärt
Ordenszahlen
demnächst
dermaßen
schreiben
bereisten
legen
im Schluß
bei Namen
Karte
dem
deß
fehlt
auf Grönland
als wir . . . wissen
Bei Arbeiten
zu den
1901
sol
3802
an Martellus' Karten
gezeichnet
den Afi-Hs.
mit denen
Handschriften
Nordwegen
kein
eingelaufen ist
die 16
wird
des Isländers
eingeweihten
Bs
einziger
Der Name
wird
im Not
Kristiana
die 20
(Storms Note),
(Demi) (d. h. die gebildeten)
nunmalige
Kapische
nunmaligen
in Eifel
seinen
wagt man
der jüngsten
Max'Clintock
12
Ursino
bereisten
weitbereisten
frequentibus c),
0tfacia
uilla obero
soll heißen:
aufgeklärt.
Ordnungszahlen
darauf
folgendermaßen
schreibe
gereisten
liegen
am Schlüsse
mit Namen
Karten
denen
daß
fehlen
Grönlands
höher zu schätzen weiß, als ^
Durch die Arbeiten
an die
1900
soll
4802
an den Martellus-Karten
umgezeichnet
der A„-Hs.
mit den
Karten
Norwegen
sein
unterlaufen sind
16
werden
der Isländer
geweihten
B3 oder der Ulmer-Karte
einzigem
Den Namen
werden
in Not
Kristiania
die 20 ersten
(Storms Note).
(Demi)
jetzige
Kaspische
jetzigen
in der Eifel
ihren
wagen wir
einer
Mac Clintock
12 oder 24
Orsini
weit gereisten
weit gereisten
frequentibus
Otfacia
{uilla
obero
Einleitung.
Unter den wenigen namhaften Autoren des dänischen Mittelalters gibt es, mit Ausnahme des
Geschichtschreibers Saxo Grammaticus (zirka 1200 n. Chr.), kaum einen, welcher so oft erwähnt
und so eingehend behandelt worden ist, als der Geograph Claudius Clavus oder Nicolaus Niger.
Man ist allerdings noch nicht darüber einig geworden, welche Arbeiten ihm mit Kecht zuzuschreiben
bind, oder in welchem Umfange er seine Zeitgenossen und Nachfolger beeinflußt hat; darüber aber ist
man klar, daß die Lösung der mit seinem Namen verknüpften Fragen von größtem Interesse für das
Verständnis der älteren Kartographie und Geographie sein wird. Zur Lösung einiger dieser Fragen
sollte die gegenwärtige Abhandlung einen Beitrag liefern, und sucht dieselbe einen wesentlichen Teil
ihrer Berechtigung darin, daß sie sich teilweise auf einem bisher unbekannten Material aufbaut. Es
wird zweckmäßig sein, als Einleitung eine Ubersicht zu geben über die älteren einschlägigen Arbeiten
und die verschiedenen Gesichtspunkte, die sich geltend gemacht haben.
Es gebührt dem Franzosen Jean Blau (f 1842) das Verdienst, zuerst eine originale Arbeit
des dänischen Geographen ans Licht gezogen zu haben. In der Bibliothek zu Nancy liegt eine im
Jahre 1427 abgeschlossene Handschrift (Cod. Nanc. lat. 441), welche Jacobus Angelus' lateinische
Übersetzung von Ptolemäus' Geographie enthält, und welche dem sich für geographische Studien
lebhaft interessierenden Kardinal Guillaume Fillastre (f 1428) gehörte. In dieser Handschrift
findet sich als eine Art von Anhang des Ptolemäustextes eine Beschreibung von den nordischen Län-
dern mit zugehöriger Karte, verfaßt von Claudius Clauus (oder Clauius) Cymbricus, wie ihn der Kar-
dinal nennt. Eine Ausgabe dieses Textes und ein Faksimile der Karte nebst Beschreibung des ganzen
Kodex und Erörterung seiner Geschichte gab Blau im Jahre 1836 1). Uber den Kardinal und seine
geographischen Studien war er imstande, vielerlei Interessantes mitzuteilen, von Clavus aber wußte er
nur das, was aus dem Texte hervorging, und zwar daß er auf der dänischen Insel Fünen geboren war
und den Namen Claudius Clauus (oder Clauius) Suartho trug; übrigens vermutete er, daß der Kardinal
ihn persönlich gekannt und sowohl Beschreibung als Karte geradezu bei ihm bestellt hätte. Auf
Blaus Ausgabe folgte bald (1844) eine neue von Gi Waitz (f 1886) 2); dieser beschränkte sich nicht
allein darauf B 1 a u s Text abzudrucken, sondern er unterzog die Nanziger Handschrift einer eingehenden
Prüfung, wodurch es ihm möglich wurde, eine beträchtliche Anzahl von Irrtümern, die der Vorgänger
begangen hatte, zu berichtigen und in mehreren Beziehungen korrektere Anschauungen über die Uber-
lieferung des Werkes darzulegen. Durch Waitz', ebenfalls von einem Faksimile der Karte begleitete,
') Menwires de la societe rotjale des sciences, lettres et arts de Nancy 1835, Nancy 1836, S. LIII ff. u. S. 66 ff.
— Vgl. Catalogue general des Mss. des bibl. de France, Tome IV, Paris 1886, S. 187.
s) Nordalbingische Studien, Neue Ausgabe 1, Kiel 1858, S. 175 ff. Erste Ausgabe war uns nicht zugänglich.
Björubo u. Petersen. Claudius Clavus. 1
2
Einleitung.
Ausgabe geriet die weniger zugängliche von Blau fast in Vergessenheit1). Auf Waitz beziehen sich
auch mehrere Gelehrte, die in der folgenden Zeit den Clavus erwähnen, ohne jedoch irgendwie neue
Gesichtspunkte oder neues Material zu liefern. Erst im Jahre 1868 machte der dänische Gelehrte
Holger Fr. Rördam in seiner Schrift über den däuischen Geschichtsforscher Lyskander2) (f 1624)
darauf aufmerksam, daß dieser mit Bezugnahme auf den deutschen Humanisten F r i e d 1 i e b (I r e n i c u s)
einen Claudius Niger nennt, und zwar nahm Kör dam an, daß dieser Claudius . möglicherweise mit
dem von der Nanziger Handschrift bekannten Claudius Clauius (Suartho) identisch sein könnte. Das
angeführte Zitat bei Fried lieb fand er nicht, seine Hypothese aber wurde durch die Untersuchungen
seines Landsmannes Edv, Erslev (f 1892) vollauf bestätigt3); denn dieser wies nach, daß bei Friedlieb
ein Werk „des gelehrten aus Dänemark stammenden Claudius Niger" als dessen Hauptquelle für die Nord-
lande zitiert würde. Durch einen Vergleich der umfangreichen Irenicus- Zitate mit dem Nanziger
Werke gewann er die Uberzeugung, daß Claudius Niger und Claudius Clavus wirklich identisch
sein müßten, ein Resultat, dem die spätere Forschung einstimmig beigepflichtet hat. Aus Friedliebs
Aufklärungen schloß Erslev ferner, daß Clavus ein Zeitgenosse von Erich dem Pommer (König
in Dänemark 1412 — 1439) gewesen sei, und daß er auf dessen Aufforderung hin eine von einem Texte
begleitete Karte von „ganz Dänemark" entworfen habe. Schließlich lieferte er den Beweis, daß Clavus
nicht nur von Lyskander, sondern auch von anderen älteren dänischen Autoren, wie dem berühmten
J. J. Pontanus (f in Holland 1639) und dem als Geschichtschreiber bekannten Erich Pontoppidan
(f 1764) erwähnt worden sei4). Dagegen vermißt man bei Erslev eine genauere Erörterung des Verhält-
nisses der Irenicus -Zitate und des Nanziger Textes. Letzterer war indessen schon vor der Veröffent-
lichung von Erslevs Untersuchungen von neuem herausgegeben worden, und diesmal in einer Gestalt, die
dem Leser einen viel deutlicheren Eindruck des Originals gab als die älteren Ausgaben von Blau und
Waitz. Dem internationalen Amerikanistenkongreß zu Kopenhagen 1883 legte nämlich der berühmte
schwedische Polarforscher Freiherr A, E. Nordenskiöld (f 1902) eine vorzügliche Photolithographie
nicht nur der Karte, sondern auch der begleitenden Textseiten vor 5), dieselbe, die er später seiner
Abhandlung über die Eeisen der Gebrüder Zeno beifügte6).
Werfen wir nun einen Blick über diese älteren Untersuchungen, so sehen wir, daß es nach
und nach gelungen war, verschiedenes über Clavus zu erfahren. Eine Arbeit von ihm war ans Licht
gezogen, seine Blütezeit ungefähr festgestellt, und was die älteren Autoren von ihm wußten, zum Teil
aufgeklärt, Eine deutliche Vorstellung seiner Bedeutung für die Geschichte der Geographie hatte man
dennoch nicht gewonnen, und eine solche zu erhalten war auch kaum möglich, so lange das Studium
der ältesten nordischen Geographie noch so wenig gepflegt war. Die folgenden Jahre brachten indessen
auf diesem Gebiete einen mächtigen Aufschwung. Neues wertvolles Material wurde aus Bibliotheken
und Archiven hervorgeholt und ganz neue Gesichtspunkte zur Geltung gebracht. An der Spitze staud
bekanntlich Nor denskiöl d, dessen imposanter Facsimile -Atlas im Jahre 1889 erschien7).
•) Sonderbarerweise nennt Beauvois im Artikel „Clavus" in La gründe Encyclopdäie nicht die Ausgabe
von Blau.
2) H. F. Rördain, Klavs Christoffersen Lyskanders Leimed, samt hans Bog om Danske Skribmter, Keben-
havn (Kopenhagen) 1868, S. 199, Note 1.
3) Edv. Erslev, Jylland, Studier og Skildringer til Danmarks Geograp, K:benhavn 1886, S. 120 ff. Tafel 5
ist ein Faksimüe von Clavus' Karte nach Waitz.
4) Schon im Jahre 1859 hatte F. Geerz (Geschichte der geographischen Vermessungen und der Landkarten
Nordalbingiens, Berlin 1859, S. 17) auf den von Pontanus erwähnten Claudius Niger aufmerksam gemacht und
erklärt, daß er nicht entscheiden könnte, ob seine Karte mit der von „Donnus Nicolaus" identisch sei, eine, wie wir
bald sehen werden, ganz falsche Vermutung.
6) A. E. Nordenskiöld, Trois cartes precolumbiennes representant une partie de V Amerique (Groenland),
Stockholm 1883.
*) Derselbe, Studier och forskningar föranlcdda af mina resor i h'öga Norden, Stockholm 1883; deutsche
Ausgabe (Studien und Forschungen etc.), Leipzig 1885.
7) Derselbe, Facsimile -Atlas, Stockholm 1889; englische Ausgabe, ibid. 1889.
Einleitung.
3
Hier wird in Kapitel V1) eine Übersicht gegeben über die älteste kartographische Literatur
der Nordlande, die aus sämtlichen bis dahin bekannten Quellen geschöpft ist. In Bezug auf Clavus
schließt Nordens kiöld sich Erslev an, daß er nämlich mit Friedliebs Claudius Niger identisch
sei und daß er infolge der Aufforderung des dänischen Königs (Erich der Pommer) die Karte und
die Beschreibung der Nordlande ausarbeitete. Er behauptet aber, daß der Verfasser dem Kardinal
Fillastre ganz unbekannt gewesen und daß Text und Karte in der Nanziger Hundschrift nur eine
Kopie sei, welcher Ansicht Waitz übrigens auch schon gewesen war. Von dem Umfange von Clavus'
originaler Arbeit hat er ganz neue Anschauungen. Indem er sich auf einen Ausspruch des Kardinals
Fillastre (auf den wir später zurückkommen werden) auf der 8- Europakarte seiner Ptoleniäus-Hand-
schrift beruft, kommt er zu der Schlußfolgerung, daß die Karte des Clavus nicht den nördlichsten Teil
von Skandinavien und Grönland umfaßte, und daß der Kardinal „in diesem Falle" aus einer andern
Quelle geschöpft haben müßte, „für welche leider keine weitere Anhaltspunkte gegeben werden." Die-
selbe Quelle vermutete Nordenskiöld in den charakterisierenden Legenden von Engländern, „Carelen",
Slawen und Preußen, die man auf Clavus' Karte findet (Britanni anglicati apostate ; Carelorum inft-
delium regio maxime septentrionalis ; Slauorum regio Insidiatrix ; Peruersa prutenorum nacio uel nocio);
und nach den Zeitbestimmungen, welche ihnen vermutlich entnommen werden konnten 2), versetzte er
diese unbekannte Quelle in den Anfang des 13- Jahrhunderts. Ferner fand er einen Beweis für seine
Behauptung, daß, so wie die Clavuskarte bei Fillastre zu finden wäre, ihr verschiedene Quellen zu
Grunde lägen: Es befindet sich nämlich auf der Karte eine doppelte Gradabteilung. Dieser Umstand
sollte nach seiner Ansicht teils Beobachtungen oder einer auf Beisebüchern begründeten Berechnung
zuzuschreiben sein, teils einer fehlerhaften Gradabteilung auf einer Portolankarte (Kompaßkarte). Unter
den Beiträgen zur nordischen Kartographie, welcher der Facsimile- Atlas uns brachte, war einer, der
an und für sich sehr bedeutungsvoll war und der auch für die Auffassung von Clavus und seinen
Arbeiten eine eingreifende Bedeutung bekam. In der Zamoiskischen Majoratsbibliothek in Warschau
fand Nordenskiöld eine prachtvolle Handschrift, welche die Geographie des Ptolemäus in
Jacobus Angelus' Ubersetzung enthielt und, nach der Schrift zu urteilen, aus der letzten Hälfte
des 15. Jahrhunderts stammte. Hierin befand sich eine Karte über die nordischen Länder 3) in einem
bis dahin wenigstens in seiner Gesamtheit unbekannten Typus, und zeichnete sich diese besonders durch
die überraschend richtige Konfiguration Grönlands und der dänischen Inseln aus, sowie durch die
korrekte Lage der nordischen Länder, inklusive Grönlands, zu einander (der A-Typus). Diese Karte
bezeichnete Nordenskiöld als eine Bearbeitung des Prototypus der zahlreichen Karten über den
hohen Norden, welche sich in den lateinischen Ptolemäusausgaben befinden, auch für diejenigen, wo
Grönland fehlerhafterweise nördlich von Norwegen angebracht wird (der B-Typus, die „Doniskarte"),
sowie für die so oft debattierte Zenokarte. Woher diese Karte ursprünglich stammte, meinte er mit
Sicherheit bestimmen zu können, denn E. W. Dahlgren hatte ihn darauf aufmerksam gemacht4), daß
sie entstellte nordische Zahlwörter als Benennung von Flüssen längs der Ostseeküste enthielt. Ihre
nordische Abstammung war also zweifellos. Andrerseits befanden sich auf der Karte durchaus korrekte
lateinische Inschriften, und Nordenskiöld entnahm daraus folgendes; „es ist unwiderleglich beweisbar,
daß die hier in Frage stehende Karte auf einer nordischen Urkunde fußt; diese ist vermutlich von
einem im Lateinischen nicht sein: bewanderten Manne verfaßt und dem Ptolemäus hinzugefügt von
') Ibid. 8. 52 ff.
2) Die Engländer wurden unter König Johann (1208) in den Bann getan, die Karelen in Finland, an
welche Nordenskiöld bei Clavus' Careli infideles denkt, im Jahre 1296 vorn schwedischen Marschall Thorkel
Knutsson (f 1306) bekehrt: die Bekehrung der Preußen wurde erst im Anfang des 13. Jahrhunderts voll-
endet, obgleich sie schon im 10. ihren Anfang genommen, während die östlich von der Elbe wohnenden Slawen im
12. Jahrhundert eine Zeitlang zum Heidentum zurückkehrten.
■') A. E. Nordenskiöld, Facsimile-Atlas tili leartografiens äldsta historia, Stockholm 1889; englische Aus-
gabe, ibid. 1889. Tafel 30 ist ein Faksimile der Zamoiski-Karte.
4) Vgl. Facsimile-Atlas, S. 56.
1*
4
Einleitung.
einem guten Lateiner, der in den nordischen Sprachen nicht gut bewandert war. Dieser Urtypus (der
A-Typus), der im Gegensatz zu Clavus' originaler Karte, so wie Nordenskiöld dieselbe auffaßte, die
ganze skandinavische Halbinsel, Island und Grönland darstellte, sollte dann, nachdem der Kompaß
später zur Auwendung gebracht worden war, wegen Unkenntnis der Deviation zu dem obengenannten
B-Typus mit Grönland nördlich von Norwegen umgezeichnet worden sein. Grönlands überraschend
richtige Form auf der Zamoiskikarte mußte also aus einer Zeit stammen, da noch ein reger Verkehr
zwischen Grönland und den übrigen nordischen Ländern bestand, der Kompaß dagegen unbekannt
war, und Nordenskiöld behauptete deshalb, daß das Original verfertigt sein mußte, ehe die nor-
dischen Seeleute mit dem Gebrauch des Kompasses bekannt gewesen wären, vielleicht im Anfang des
13. Jahrhunderts. Dies Original, meint er, ist zugleich eine der von Fillastre zur Bearbeitung von
Clavus' Karte benutzten Quellen, indem er von diesem Grönland und das nördlichste Skandinavien
entnommen habe. Die wesentlichste Abweichung der Zamoiski - Karte vom Original, bestehe dann
dariu, daß jene in einer neuen Projektion (der trapezförmigen „Donis" -Projektion) umgezeichnet ist,
während dieses ohne Zweifel in der alten Ptolemäischen äquidistanten gezeichnet war.
Nordenskiöld s Untersuchungen hatten weitgehende Folgen; sie riefen gleich zwei neue
Beiträge zur älteren Geschichte der Geographie der Nordlande hervor: eine Abhandlung von dem nor-
wegischen Historiker Gustav Storm und die Darlegung von noch mehr neuem Material durch
den bekannten österreichischen Geographiehistoriker Hofrat F. R. v. Wieser. Gustav Storms (f 1903)
Abhandlung über Clavus x) bildet die gründlichste und vielseitigste Behandlung der hierher gehörigen
Fragen, die bis dahin geliefert worden ist. Mit außerordentlicher Tüchtigkeit ist alles, was durch
frühere Forschungen zerstreut uud stückweis vorhanden war, zu einem gesammelten Ganzen vereinigt
und viel neuer Stoff ans Tageslicht gefördert. Storm geht der Sache auf den Grund und wendet sich
zuerst zur Nanziger Handschrift, die er eingehend und sorgfältig beschreibt, so daß Blaus, Waitz'
und nun gar Erslevs Auseinandersetzungen dadurch überflüssig werden. Storms genaue Unter-
suchungen führten ihn zu dem Resultat, daß Kardinal Fillastre viele Jahre hindurch danach
gestrebt hatte, in den Besitz der Ptolemäus -Ubersetzung des Jacobus Angelus zu gelangen, daß er
zirka 1417 ein Exemplar ohne Karte errungen hatte, daß er während seines Aufenthaltes in Italien
1427 nach einer griechischen Ptolemäus-Handschrift die Karten zeichnen ließ und dann erst die Arbeit
des Clavus kennen lernte. Von dieser wurde eine Abschrift in seinen Ptolemäus eingefügt, jedoch an
unrechter Stelle (zwischen der ersten und zweiten Afrikakarte). Bei genauerer Betrachtung von Clavus'
Text und Karte bemerkte Storm, daß der Text am Schluß dichter als anderswo geschrieben war,
offenbar weil der Schreiber zu wenig Platz berechnet hatte ; auch fanden sich auf der Karte viel weniger
Namen als im Text, während namenlose Städtezeichen und Flüsse einen größeren Reichtum an Namen
auf dem Original voraussetzen mußten. Hieraus folgerte er: „Die Wiedergabe des Kardinals ist also
durchgehends eine verkleinerte Kopie, während sowohl die Beschreibung als die Karte im däni-
schen Original größer gewesen ist" 2). Zu demselben Resultate meinte er noch sicherer auf andere
Weise kommen zu können. Er verfolgte nämlich den Weg, welchen Erslev vor ihm eingeschlagen
hatte: zu den Geographen des 16. Jahrhunderts zurückzugehen. Und hier wies er nach, daß nicht allein
Friedlieb (1518), sondern auch Johann Schöner (1515) Clavus in reichem Maßstabe benutzt, ja
ihn geradezu abgeschrieben hatten. Daß diese oft gleichlautenden Clavus-Auszüge der zwei deutschen
Geographen nur geringe Ähnlichkeit mit dem Nanziger Texte zeigen, beunruhigt Storm nicht weiter.
Er betrachtet dies einfach als Folge einer vom Kardinal Fillastre oder seines Schreibers beim Nieder-
schreiben der Nanziger Handschrift vollzogenen Abkürzung des Textes, durch welche die von den
beiden deutschen Geographen bewahrten Fragmente aus Clavus' ursprünglichem Texte weggefallen wären 3).
') Gr. Storm, Den danske Geograf Claudius Clavus eller Nicolaus Niger in Zeitschrift Yiner, Stockholm 1889,
S. 129—146 u. 1891, S. 13—37.
2) l. c. S. 138. Die Aushebungen von Storm.
3) Diesen Mangel an Übereinstimmung berührt Storm nur leicht; daß unser Referat jedoch mit seinem
Gedanken pal t, ist aus seiner Ausgabe des Nanziger Textes (l. c. S. 23 — 24) ersichtlich ; da sagt er nämlich in den
Einleitung.
5
Die Ortsbestimmungen bei Friedlieb (Schöners erklärte er auf eine andere Weise) waren fast alle
von denen der Nanziger Handschrift abweichend; aber, sagt Storm, „die natürliche Erklärung hiefür
ist die, daß Friedlieb eine detailliertere Karte benutzt und die genaueren Zahlen danach berechnet
hat. Die ursprüngliche Karte ist also weit größer und mit viel mehr Namen versehen gewesen, als
die Nanziger Karte" x). Diese ausführlichere Clavische Karte fand Storm jetzt in der von Norden-
skiöld gefundenen Zamoiski-Karte. Er machte nämlich darauf aufmerksam, daß sowohl bei Fried-
lieb als bei Schöner Namen und Berichte vorkämen, „welche sich nicht in der Nanziger Hand-
schrift, wohl aber in der Zamoiskischen Karte fänden. Das Resultat hiervon scheint offenbar nur das
sein zu können, daß die Zamoiskische Karte von Gl. Clavus stammt und wesentlich eine treue Kopie
seiner Arbeit ist" In diesem Resultat wurde Storm, teils durch eine Note des Kardinals auf der
8. Europakarte2), teils durch die von Dahl g reu hervorgehobenen entstellten nordischen Zahlwörter
noch mehr bestärkt. „Diese AVörter stammen deutlich genug nicht nur von einem nordischen, sondern
ganz bestimmt von einem dänischen Original in einer Sprachform, die kaum älter als das 15. Jahr-
hundert ist (die Ordenszahlen forste, annen, tredie, fierde, d. h. erste, zweite, dritte, vierte). Dadurch
steht es fest, daß die Zamoiski-Karte von einem dänischen Geographen zunächst aus dem 15. Jahr-
hundert her stammt und dann muß dieser mit Cl. Clavus zusammenfallen" 3).
Storm geht demnächst zu einer näheren Betrachtung von Clavus' Persönlichkeit und Werk
über. Er beweist, daß dieses in Italien entstanden sein muß. Es setzt nämlich die Kenntnis von
Ptolemäus' Geographie voraus, in deren Geist es eine ergänzende Schilderung des hohen Nordens
gibt, setzt außerdem die Benutzung von einem Reisebuch von zirka 1380 (Itineraire Brugeois) voraus,
sowie von italienischen Kompaßkarten, von welchen es den Küstenrand und die Ortsnamen an der
Ostsee entlehnt hat. Mit großem Scharfsinn weist Storm eine Spur von Clavus' Aufenthalt in Italien
nach. In Briefen des päpstlichen Sekretärs Poggio vom 8- Januar 1424 und 4- Mai 1434 wird ein
Nicolaus, quidam doctus homo natione Gothus erwähnt, der in Rom 1424 in Gegenwart Vieler erzählt
hat, daß er im Kloster zu Sorö, in der Nähe von Roskilde (auf der Insel Seeland), ein vollständiges
Exemplar des Livius gesehen habe. Diesen Nicolaus Gothus, den schon G. Voigt4) als einen Dänen
bezeichnete, identifiziert Storm jetzt mit Clavus, und er gibt triftige Beweise für die Richtigkeit dieser
Annahme5). Die Person und das Leben des Clavus stehen hiedurch in einem ganz neuen Licht;
Storm bezeichnet ihn als .einen wandernden Gelehrten, der sich viele Jahre, vielleicht seit 1412 — 13
seiner Studien wegen in fremden Ländern aufgehalten hat." Im Winter 142,3 — 24 ist er nach Rom
gekommen und hat hier in humanistischen Kreisen Impulse empfangen, die ihn zu einer Ergänzung des
Ptolemäus für den hohen Norden getrieben haben. Am Schluß seiner Abhandlung wendet Storm
sich gegen Nordenskiöld und versucht dessen Annahme, daß die Zamoiski-Karte aus dem 13. Jahr-
hundert stammen sollte, zu widerlegen ; er erklärt die Beweise, auf welche Nordenskiöld sich beruft,
auf andere Art und behauptet, daß die früher erwähnten charakterisierenden Legenden auf der Nanziger
Karte eher auf den Anfang des 15- als den des 13- Jahrhunderts deuten. Er führt an 6), daß der
Ausdruck apostate für die Engländer viel besser ins 15. Jahrhundert paßt, da John Wiclifs Ketzerei
weit verbreitet war, als ins 13-, wo König Johanns Achtung nicht dazu berechtigt, das englische
Volk ein abgefallenes zu nennen; die Bezeichnung insidiatrix von den Slawen und perversi von den
Preußen findet er im 15. Jahrhundert viel angebrachter, wo die wendischen Orte und das Auftreten
kritischen Noten ausdrücklich : an dieser Stelle ist dieses Stück, an jener jenes weggelassen, und die als „weg-
gelassene" bezeichneten Stücke sind gerade diejenigen, die wir bei Schöner und Friedlieb antreffen.
') l. c. S. 145.
2) Wie oben bemerkt, erkennt auch Nordenskiöld die Bedeutung dieser Note, die er doch ganz
anders deutet.
3) l. c. S. 146.
4) G. Voigt, Die Wiederbelebung des klassischen Alterthums, 2. Aufl., Berlin 1880, I, S. 251.
5) Ymer 1891, S. 17—18.
«) l. c. S. 22—23.
6
Einleitung.
der preußischen Ritter auf der Insel Gotland der dänischen Königin Margarete (f 1412) viele
Schwierigkeiten bereiteten. Vor allem hebt er hervor, daß bei Careli infideles nicht an die Karelen
in Finland gedacht ist, sondern daß die Eskimos in Grönland — dem Lande, auf dem die Legende
auf Clavus' Karte angebracht ist — damit gemeint sind. Mit Hilfe der Clavus-Fragniente bei Schöner
und Friedlieb, der Nanziger Karte, der Zamoiski-Karte und deren . Ableger " (der Donis-Karte) gibt
Storm am Schluß seiner Abhandlung eine kritische, kommentierte Ausgabe des Nanziger Textes,
begleitet von dem seinerzeit von Nordenskiöld gegebenen Faksimile. Vorausgesetzt, daß Storm
das Verhältnis der Quellen zu einander richtig aufgefaßt hat, muß man diese Ausgabe eine vortreff-
liche nennen, und werden sich nur wenige Einwendungen gegen dieselbe erheben lassen.
Zwischen dem ersten und zweiten Abschnitt von Storms Abhandlung — also dermaßen, daß
die beiden Forscher sich nicht mit ihren beiderseitigen Anschauungen bekannt machen konnten —
erschien (1890) der zweite durch Nordenskiölds Facsimile -Atlas hervorgerufene Beitrag zur ältesten
Kartographie der Nordlande: F. R. v, Wiesers Besprechung1). Dieser erkennt völlig die Wichtigkeit
der ans Licht gezogenen Zamoiski-Karte und gibt Nordenskiöld dirin recht, daß diese und die
Karte der Gebrüder Zeno, was Grönland betrifft, von demselben Original stammen müssen. Gleich-
zeitig macht er aber darauf aufmerksam, daß er vor längerer Zeit in Firenze drei handschriftliche
Karten gefunden habe, welche — einige unwesentliche Details abgerechnet — vollständig mit der
Zamoiski-Karte übereinstimmen -). Nordenskiölds Ansicht, daß das Original der Zamoiski-Karte
aus dem Anfang des 13- Jahrhunderts stamme, teilt er vollständig und findet einen neuen Beweis für
deren Richtigkeit in folgender, auf einer der Karten befindlichen Notiz: Liuonia nouiter per prutenos
fratres ad christi fidem conuersa se extendit ad boream. Über diese Notiz äußert v. Wieser sich
dermaßen: „Diese Bemerkung weist bestimmt auf das 13- Jahrhundert. Die Bekehrung der Liven
begann zirka 1200, im Jahre 1237 verbanden sich die Ritter des Deutschen Ordens mit den Inlän-
dischen Schwertrittern und unterwarfen bald ganz Livland, Kurland und Esthland. Wir stehen also
vor der interessanten Tatsache, daß man im Norden Europas Kartenbilder von
überraschender Treue zu entwerfen verstand in einer Zeit, aus der uns sonst —
abgesehen von den Portulani der Italiener und Katalanen — nur schematische
Radkarten und rohe Routenkarten erhalten sind"3). Auch Nordenskiölds Annahme,
daß die originale nordische Karte in der alten Ptolemäischen äquidistanten Projektion gezeichnet
worden sei, konnte v. Wieser bekräftigen; denn eine der Karten in Firenze war wirklich in dieser
Projektion gezeichnet. Über Clavus und sein Werk sprach er sich nur in folgender Note aus: „Auch
die neuerdings viel besprochene Karte des Claudius Clavus in dem Ptolemäus-Kodex aus dem Jahre
1427 auf der Stadtbibliothek in Nancy beruht, wie Nordenskiöld nachweist, zum Teil auf nordischen
Originalkarten des XIII. Jahrhunderts."
Die außerordentlich wichtigen Funde, über welche v. Wies er in seiner Besprechung berichtete,
legte Nordenskiöld der Öffentlichkeit 1892 in einer wirklich prächtigen Gestalt vor*), und in
seinem neuen großartigen Werke Periplus 5) (1897) behandelt er die Frage über den Ursprung und
das Alter der Karten aufs neue. Seine Anschauungen sind im großen und ganzen dieselben, die er
schon früher im Facsimile -Atlas dargelegt hatte, er präzisiert sie nur noch mehr und sucht sie durch
eingehendere Beweise zu begründen. Daß die Nordlandskarten aus einer Art von Zusammenarbeiten
zwischen einem der lateinischen Sprache und der wissenschaftlichen (Ptolemäischen) Geographie unkun-
digen Nordländer und einem, in der Ptolemäischen Geographie wohlbewanderten, den nordischen
Sprachen dagegen unkundigen Südländer hervorgegangen sein müssen, scheint ihm jetzt ebenso ein-
') Petzrmanns Mitteilungen, Bd. 36, Gotha 1890, S. 270 ff.
2) Über diese Karten und die Handschriften, in denen sie enthalten sind, s. Kap. II.
3) l. c. S. 276. Die Aushebung von v. Wieser.
4) A. E. Nordenskiöld, Bidrag tili Nordens äldsta kartografi, Stockholm 1892, Tafel 1—3.
6) A. E. Nordenskiöld, Periplus, Utkast tili sjokortens och sjöböckernas äldsta historia, Stockholm 1897,
Kap. 10, S. 86-91 u. Tafel 32. Englische Ausgabe, Stockholm 1897, S. 85—90 u. Tafel 32.
Einleitung.
7
leuchtend wie früher. Während er aber zuvor au zunehmen geneigt war, daß das Alter der Origin al-
karte in den Anfang des 13- Jahrhunderts verlegt werden könne, so äußert er sich jetzt dahin, daß
das Original, nach welchem diese Karten mit einigen wenigen Hinzufügungen kopiert sind, sich aus
dem Schluß des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts schreiben. Dies geht nach seiner Überzeugung
nicht allein aus der mit der Wirklichkeit übereiustiimnenden Lage Grönlands hervor, ein Umstand,
dessen Bedeutung er im Facsimile -Attas ausführlicher auseinandergesetzt hat, sondern auch aus der
durch v. Wieser hervorgehobenen Kartennotiz über Liuonia, welche nouiter zum Christentum bekehrt
ist, sowie aus dem Umstände, daß die Krim auf einer der Karten den alten und seltenen Namen
„Gazara" trägt. Die Karten, meint er noch immer, sind „ vermutlich " skandinavisch-byzantinischen
Ursprungs, und da sich deren vier in lateinischen Handschriften von Ptoleinäus' Geographie befinden,
hat das Original wohl „zu einem nach Italien im Anfang des 15. Jahrhunderts überführten griechischen
Ptolemäus-Kodex gehört, ein Verhältnis, das noch mehr dadurch bekräftigt wird, daß sich die fünfte
Kopie in einer Arbeit von Buondelmonte befindet, der sich angeblich lange auf den Inseln des
Archipelagus aufhielt, um griechische Handschriften einzusammeln." Nordenskiöld vermutete des-
halb, „daß wir hier eine lateinische Übersetzung eines in Konstantinopel gezeichneten griechischen
Originals vor uns haben, und daß dies nach Angaben der weit bereisten nordischen Männer, welche
die byzantinischen Kaiser in ihrem Dienst hatten, ausgeführt ist. Mehrere Waräger - — so nannten
sich die nordischen Söldner im kaiserlichen Heere zu Byzanz — , vielleicht sogar der spätere König
von Norwegen Harald Haardraade (f 1066) selbst, hatten Island und Grönland befahren, ehe sie
in den Dienst des Kaisers traten." Aus derselben Zeit — dem 11. Jahrhundert — stammen, nach
Nordenskiölds Ansicht, verschiedene von den Nachrichten, die man in Clavus' Beschreibung über
den hohen Norden findet l).
Storms Annahme, daß Clavus der Urheber dieser Karten sei, findet er immer noch „durchaus
widersinnig". Auf Clavus' Karte in der Nanziger Handschrift ist die Form der Länder gänzlich von
der auf den skandinavisch-byzantinischen Karten abweichend. Während auf diesen die Ortsbestimmungen
genau miteinander übereinstimmen, weichen sie von denen auf der Nanziger Karte und in dem
begleitenden Text gänzlich ab, und sind diese Abweichungen gar zu groß, als für beim Kopieren ent-
standene Ungenauigkeiten erklärt werden zu könneu. Ein Vergleich der Legenden auf Clavus' Karte
mit denen der skandinavisch-byzantinischen führt zu demselben Resultat. „Clavus war als Däne mit
den skandinavischen Sprachen vertraut, wogegen der Kompilator der skandinavisch-byzantinischen
Karten nicht einmal die ersten Zahlwörter der Sprache kannte." Die unverkennbare Ähnlichkeit, die
in einem Teil der Legenden vorhanden ist, hat darin seine einfache Erklärung, daß Clavus zur Aus-
arbeitung seiner Beschreibung und Karte nicht allein seine eigene Erfahrung, sondern auch die Quellen
benutzte, die in Italien zu seiner Verfügung standen. Die wichtigste und inhaltreichste von diesen
dürfte wohl gerade die Karte genannt werden, von der die Zamoiski-Karte und die von v. Wies er
gefundenen florentinischen Karten eine Übersetzung sind. Storms Erklärung der auf der Nanziger
Karte gegebenen Charakteristik der Nachbarn der nordischen Völker kann Nordenskiöld nicht bei-
stimmen; er sieht es fortdauernd für wahrscheinlich an, daß hier eine ältere Quelle vom Schluß des
13. oder dem Anfang des 14- Jahrhunderts vorliegt. Im Nanziger Text meint er jedoch Spuren von
noch älteren Quellen gefunden zu haben. Hier wird nämlich erzählt, daß der norwegische König
Olaf der Heilige (f 1030) seinen heidnischen Bruder durch Gottes sichtbare Hilfe auf der Insel
Summershaun überwand. „Clavus hat hier, sagt Nordenskiöld, eine Nachricht unverändert ein-
fließen lassen, die dem Wortlaute nach von einem Manne herrühren sollte, der in Olaf des Heiligen
Gefolge kämpfte, also im 11. Jahrhundert lebte."
Die teilweise sehr ausführlichen Besprechungen des Periplus, von hervorragenden Forschern in
der Geschichte der Geographie und Kartographie wie Storm, v. Wieser, S. Ruge(f 1905), Kretschmer
') Das Inkonsequente in Nordenskiölds Annahme, daß die zum Teil noch vom 11. Jahrhundert stam-
menden Mitteilungen der Waräger den erst um das Jahr 1300 ausgearbeiteten Karten zu Grund legen sollten, soll
im Schluß des 2. Kapitels näher erörtert werden.
8
Einleitung.
u. A. wareu selbstverständlich alle darin einig, des Werkes außerordentliche Bedeutung als Quellensamm-
lung anzuerkennen; die Kesultate, zu denen der Verfasser gekommen zu sein meinte, wurden jedoch
von Vielen einer sehr scharfen Kritik unterworfen. Nordenskiölds Annahme, daß die Kompaß-
karten (Portolani) katalanischen und nicht italienischen Ursprungs seien, konnte man sich nicht an-
schließen und ebenso ging es mit der Behauptung, daß die Nordlandskarten skandinavisch-byzan-
tinischen Ursprunges seien. Sowohl Storni wie v. Wies er und S. Buge sprachen sich bestimmt
dagegen aus.
In seiner Besprechung hielt Storm x) in aller Kürze seine Auffassung von Clavus als Urheber
der Nordlandskarteu aufrecht. Die von Nordenskiöld aus den scheinbaren Differenzen zwischen
der Nanziger Karte und der sogenannten skandinavisch-byzantiuischen Karte gezogenen Schlüsse
beweisen in seinen Augen nichts, denn „der Verfasser hat ganz übersehen, was ich bewiesen zu haben
glaube, daß die Nanziger Karte nicht direkt von Claudius Clavus, sondern vom Kardinal Filiastrus
oder seinem Schreiber stammt, daß sie im Jahre 1427 willkürlich auf dasselbe Format wie die übrigen
Teile der Ptolemäushandschrift reduziert und nacli ihren Prinzipien umgearbeitet ist." Die von
Nordenskiöld gemachten Versuche, das Original der Nordlandskarte ins 13. oder 14- Jahrhundert
zu verlegen, sind nach Storms Meinung „ganz mißglückt". Ein genügender Beweis dafür, daß alle
diese Karten aus dem 15. Jahrhundert stammen und nicht älter sein können, ist der, daß sie alle als
Stadt in Schonen Erici portus nennen, womit nur das von König Erich dem Pommer im Jahre
1413 angelegte Landskrona gemeint sein kann, dieselbe Stadt, die Clavus im Nanziger Texte Erich-
stadh nennt. Übrigens findet Storm, daß die Karten auch in andrer Weise deutlich auf den Anfang
des 15- Jahrhunderts deuten; sie haben nämlich alle „Legenden, welche den lateinischen Ptolemäus-
Karten entlehnt sind" (also nach 1409 entstanden); und Was Clavus' Erzählung von König Olafs
und Haralds Kampf auf der Insel Summer shawi betrifft, so kann Storm „sich nicht genug wun-
dern, daß ein Verfasser von Nordenskiölds Bang nicht mehr Kritik hat, als daß er diese anerkannt
unhistorische Sage des 15. Jahrhunderts wie eine historische Quelle des 1 1 . Jahrhunderts
benutzt!!" 2).
Mit Storm stimmt v. Wieser3) in der Annahme überein, daß die Karten nicht skandinavisch-
byzantinischen Ursprunges sind. Er verweist sie in eine Klasse, die er folgendermaßen charakterisiert:
„Die Karten, auf denen das Ptolemäische Bild der Nordlande durch alt-skandinavische Karten ergänzt
scheint." Zu dieser Klasse rechnet er Clavus' Karte in der Nanziger Handschrift und die handschrift-
lichen Karten des A- und B-Typus, v. Wies er kann nicht damit einverstanden sein, daß diese
letzteren byzantinisch sein sollten. „Ich kann nicht verhehlen," sagt er, „daß mir diese Ansicht völlig
unhaltbar scheint. Für den Zusammenhang mit Byzanz liegen keinerlei greifbare Anhaltspunkte vor
dagegen weisen alle Indizien nach Italien." Alle mit diesen Karten versehenen Ptolemäus-Hand-'
Schriften sind in Italien geschrieben und haben lateinischen, nicht griechischen Text. Es ward in
Italien Gebrauch, die Ptolemäus-Handschriften und später auch die gedruckten Ausgaben mit tabulae
modernae extra Ptolemaeum zu versehen. Bei der Ausarbeitung dieser Karten benutzte man vom
Anfang des 15. Jahrhunderts an skandinavische, niederländische und deutsche Kartenzeichner, teils
gelehrte Kosmographen, teils praktische Seeleute. Wir kennen mehrere solche nordische Kartographen
bei Namen. „Die ursprünglichsten Züge" zeigt die Karte des Claudius Clavus in Fillastres
Ptolemäus-Handschrift, und „nicht viel jüngere Vorbilder" liegen den Karten des A- und B-Typus zu
Grunde. „Die Bearbeiter dieser beiden Kartentypen waren keine Skandinavier, da sie sonst — nach
D. Dahlgrens scharfsinniger Bemerkung — sicher die mehrfach vorkommenden Ausdrücke „fursta",
„auenas", „trodiena", „fierdis" mit prirnus, secundus, tertius, quartus (fluvius oder siuus) übersetzt
hätten, wie das Claudius Clavus in dem Text zu seiner Karte wirklich getan hat." Diese beiden
') Nordisk tidskrift för vetenskap, honst och indnstri, utg. af Letterstedtska füreningen, Stockholm 1899,
S. 157—161.
2) Die Aushebungen von Storm.
3) Petermanns Mitteilungen, Bd. 45, Gotha 1899, S. 191 — 193. Die Aushebung von v. Wie sei-.
Einleitung.
9
Karten typen findet man also in solchen Handschriften und Ausgaben von Ptolemäus, „für welche
Henricus Martellus Gerrnanus und Nicolaus Germanus, also zwei Deutsche oder Niederländer, die Karten
gezeichnet haben." Henricus Martellus wird „ausdrücklich" als Verfasser der Karte in der
Ptoleinäus-Handschrift 1935/24g (Cod. Magliab. XIII, lß) der Biblioteca Nazionale in Firenze bezeichnet:
Henricus Martellus Germanus fecit has Tabulas. Nicolaus war ein mathematisch ausgebildeter Kosrno-
graph, der beim Zeichnen seiner Karten eine neue Projektion, die trapezförmige, anwandte. Er bearbeitete
Ptolemäus' Karte wiederholt für verschiedene italienische Fürsten; in seinen Dedikationen „hebt er
ganz speziell hervor, daß er eine Karte von Dänemark, Skandinavien, Grönland und den benachbarten
Gebieten angefertigt und den Ptolemäus-Karten beigefügt habe," und diese Karte über den hohen
Norden wurde auch von Zeitgenossen „ausdrücklich als seine Arbeit zitiert." „Nach all dem Gesagten
kann es wohl kaum einem Zweifel unterliegen, daß die in Kede stehenden Nordlandskarten in Italien
gezeichnet wurden und daß wir den Henricus Martellus und den Nicolaus Germanus als die Verfasser
der unter B. und C. (d. h. die A- und B-Typen) aufgeführten Redaktionen derselben zu betrachten
haben." Auf Storms Annahme, daß Claudius Clavus der Verfasser sein sollte, geht v. Wieser nicht
weiter ein, sondern bemerkt nur in einer Note: „Die von G. Storm vertretene Ansicht, daß Claudius
Clavus auch die Karten von dem Typus B. und C. (d. h. die A- und B-Typen) gezeichnet habe, läßt
sich nach den obigen Ausführungen entschieden nicht halten. Sie ist auch von Nordenskiöld (Periplus
S. 90 ff.) mit triftigen Gründen zurückgewiesen worden. Die zwischen diesen Karten und der des
Claudius Clavus herrschenden Ubereinstimmungen erklären sich naturgemäß daraus, daß alle drei Typ?n
auf verwandten, zum Teil wohl auf gemeinsamen Vorlagen beruhen."
Die Bedeutung der zutage geförderten Nordlandskarten, seiner eigenen und Nordenskiölds
Forschungen faßt v. Wies er in folgender Betrachtung zusammen: „Die besprochenen Nordlandskarten
vermitteln uns die bis vor kurzem unbekannte Tatsache, daß die skandinavischen Seeleute schon seit
dem 13. Jahrhundert relativ treue Karten aufzunehmen und zu zeichnen verstanden ohne Kenntnis
des Kompasses, sondern in rein empirischer Weise nach den Regeln der praktischen Schiffahrtskunst,
ganz ähnlich wie die seefahrenden Völker von Südeuropa. Und das ist es, was diesen Karten beson-
dern Reiz verleiht und ihre Bedeutung für die Geschichte der Kartographie markiert."
Der Anschauung v. Wiesers, daß die Karten des A- und B-Typus aus dem Anfang des
15- Jahrhunderts stammten und deutschen Kosmographen und Kartenzeichnern zugeschrieben werden
müßten, schlössen sich mehrere Forscher an. In seiner Anmeldung des Periplus trat S. Rüge1),
welcher jedoch Storms Abhandlung in Ymer nicht zu kennen schien, dieser Annahme bestimmt bei,
ohne sie mit weiteren Beweisen zu belegen; und ganz ohne Vorbehalt schloß Professor Karl Ahlenius
(f 1906) in Upsala sich v. Wies er s Resultaten an, obgleich er sich früher in seinem vortrefflichen
Buche über den schwedischen Historiker und Geographen Olaus Magnus (f 1557) ebenso unvor-
behalten Storms Auffassung dieser Frage angeschlossen hatte 2).
Die von Storm verteidigte Anschauung, daß Clavus wirklich der Urheber der streitigen Nord-
landskarte des A-Typus sei, hat indessen in der allerletzten Zeit einen eifrigen Verteidiger in Professor
JoSi Fischer in Feldkirch gefunden. Während sein Buch 3) auf andern Gebieten viel neues, durch
umfassende Studien in Europas Bibliotheken und Archiven gesammeltes Material bringt — wir brauchen
nur den Fund von Martin Waldseemüllers berühmten Weltkarten von den Jahren 1507 und
1516 zu nennen — , so stützt er sich in Bezug auf Clavus in der Hauptsache auf Storm und erklärt
auch offen, daß es sein Hauptzweck sei, dessen Arbeiten in Deutschland bekannt zu machen. Alle Be-
weisführungen Storms werden aber aufs schärfste beleuchtet und in allen Einzelheiten durch neue, aus
') Deutsche geographische Blätter, Bd. 23, Bremen 1900, Heft 4.
2) Vgl. K. Ahlenius, Till kännedomen om Skandinaviens geografi och kartografi under 1500-talets senare
hälft in Skrifter utg. af kgl. humanistiska vetenskaps-samfundet i Upsala, VI, 5 (Upsala 1900, S. 2, Note 1) mit
K. Ahlenias. Olaus Magnus och hans framställning af Nordens geografi, Upsala 1895, S. 31 ff.
3) Jos. Fischer, Die Entdeckungen der Normannen in Amerika, Freiburg i. Br. 1902, Kap. 5; englische
Ausgabe, London 1903.
ßjörnbo u. Petersen. Claudius Clavus. 2
10
Einleitung.
Fischers eigenen Untersuchungen hervorgezogene Argumente fester gestellt. Den Schwerpunkt seines
Buches bildet indessen die ausführliche Schilderung des in Italien wirkenden deutschen Kartographen
Nicolaus Germanus, über dessen Leben und Arbeiten zahlreiche neue, interessante und zuverlässige
Aufklärungen gegeben werden. Da Nicolaus Germanus einer der deutschen Kartographen ist,
dem v. Wieser die streitige Nordlandskarte zuschreibt, werfen Fischers Untersuchungen über ihn
auch indirekt ein Licht auf die Clavusfrage. Fischer kann drei Eedaktionen von Ptolemäus'
Geographie nachweisen, die in den Zeitabschnitt von 1466 — 1482 fallen und die alle von Nicolaus
Germanus vorgenommen sind. Von diesen Redaktionen enthält die älteste keine moderne Nord-
landskarten, die mittlere Nordlandskarten vom A-Typus, die jüngste Nordlandskarten vom B-Typus.
Daß nicht Nicolaus Germanus, sondern Clavus den A-Typus geschaffen hat, sieht Fischer durch
Storms Argumentation hinreichend dargelegt, und in den neuen Aufklärungen über Nicolaus
Germanus' Tätigkeit, die er glücklich zutage förderte, findet sich auch kein Beweis fürs Gegenteil.
Dagegen hält er bestimmt daran fest, daß Nicolaus Germanus den B-Typus geschaffen hat.
Fischer hat nämlich in Wolfegg diejenige Handschrift von Ptolemäus' Geographie gefunden, welche
die Grundlage für die Ulmer Ausgabe 1482 und deren B-Karte gebildet hat, und diese Handschrift
zeigt in allen wesentlichen Punkten Ähnlichkeit mit den sicheren Nicolaus Germanus-Hand-
schriften, z. B. sind ihre Karten in der von ihm eingeführten neuen Projektion gezeichnet. Fischer
betrachtet darum den B-Typus als eine Neubildung, die einer späteren Zeit angehört und im Verhältnis
zu Clavus für eine überarbeitete Quelle von geringerem Werte angesehen werden muß. Auch über die
Gründe von der Bildung dieses Typus führt er neue Gesichtspunkte vor, indem er zeigt, daß in den
oben erwähnten Noten, die Fillastre — ehe Clavus' Werk in seine Hände gelangte — dem Ptole-
mäus-Text der Nanziger Handschrift hinzufügte, Anschauungen über Grönlands Lage dargelegt werden,
die weit besser der Darstellung dieses Landes im B- als im A-Typus entsprechen.
In allerneuester Zeit, während die dänische Ausgabe gegenwärtiger Abhandlung unter der
Presse war, erschien JoSi Fischers und Fi R. v. Wiesers imposante Publikation der von Fischer
gefundenen Waldseemüllerschen Weltkarten. Unter Hinweis auf Fischers eban erwähnte Aus-
führungen werden hier die viel besprochenen Nordlandskarten dem Clavus vindiziert !), so daß auch
v. Wies er sich nun Storms Hypothese angeschlossen hat.
Während der Drucklegung der dänischen Ausgabe unsrer Clavus-Monographie erschien auch
E. W. Dahlgrens hochinteressanter Nekrolog über „Nordenskiöld als Forscher in der Geschichte
der Geographie und Kartographie". Aus demselben erhellt, daß auch Dahlgren an die Richtigkeit
von Storms Hypothese glaubt und lang 3 geglaubt hat. Ebenfalls finden wir hier die Erklärung,
warum die oben erwähnten „Beiträge zur ältesten Kartographie des hohen Nordens * ohne begleitenden
Text publiziert wurden: Die Ansichten Nordenskiölds und seines Mitarbeiters (Dahlgren) in
Bezug auf die Karten des A-Typus gingen so stark auseinander, daß sie es vorzogen, dieselben nicht
näher zu kommentieren2).
Unter diesen Umständen muß es festgestellt werden, daß Storms Hypothese, Clavus sei der
Urheber der originalen A-Karte, von den noch lebenden Gelehrten, welche sich eingehender mit der
Frage beschäftigt haben, allgemein angenommen ist.
Betrachten wir indessen die drei in Bezug auf den Ursprung des A-Typus erschienenen
Hypothesen; denn auch Hypothesen, an denen niemand mehr festhält, können Wahres enthalten:
Nordenskiölds besteht darin, daß der A-Typus sehr alt ist und das Resultat eines Zusammen-
arbeitens von Skandinaviern und byzantinischen Gelehrten sein muß, während das in der Nanziger
') Jos. Fischer und F. R. v. Wieser, Die älteste Karte mit dem Namen Amerika ans dem. Jahre 1507
und die carta marina aus dem Jahre 1516 des M. Waldseemüller, Innsbruck 1903, S. 25.
2) Ymer 1902, S. 272 u. 274.
Einleitung.
1 1
Handschrift überlieferte Werk des Clavus eine viel jüngere, teilweise auf die Karten vom A -Typus
basierte Arbeit ist. — Storms Hypothese sagt, daß alle drei Urkunden: die A-Karten, das Nanziger
Werk und die Fragmente bei Schöner und Fried lieb auf ein und dasselbe Werk des Clavus
zurückzuführen seien, jedoch so, daß die A-Karten uns das Original am besten wiedergeben, wäbreud
das Nanziger Werk reduziert und bearbeitet ist. — v. Wiesers ursprüngliche Ansicht bestand darin,
daß die A-Karten in verhältnismäßig später Zeit auf Grundlage altnordischer Quellen von deutschen
Kartographen konstruiert worden sind, und er betrachtet Clavus' Werk als eine selbständige, teilweise
nach den Quellen der A-Karten entstandene Arbeit. Man muß eingestehen, daß sich alle drei Stand-
punkte auf gute Argumente stützen, daß sie aber auch so schwache Punkte in sich tragen, daß sie
kaum eine gründliche Kritik dulden können. Für Storm, aber gegen Nordenskiöld und v. Wieser
sprechen die vielen miteinander genau übereinstimmenden Legenden der A-Karten und der Auszüge
bei den deutschen Geographen, welche letztere zweifellos auf denselben Clavus zurückgehen, der das
Werk in der Nauziger Handschrift verfaßte. Gegen Storm, aber für Nordenskiöld und v. Wieser
sprechen die auffälligen Verschiedenheiten, welche sowohl betreffs der Konfiguration der Länder, als
auch der Lage der Örtlichkeiten zwischen der Nanziger Karte und den A-Karten bestehen. Gegen
Nordenskiöld sprechen schließlich die Namen auf deu A-Karteu, welche das Original derselben auf
Clavus' Zeit verweist.
Der Schwerpunkt der Frage, der sichere und unangreifbare Ausgangspunkt ist offenbar der,
daß die Auszüge bei Schöner und Friedlieb dieselbe Quelle wie die A-Karten und
denselben Verfasser wie das Werk in der Nanziger Handschrift haben. Hält man an
dieser Tatsache fest und gleichfalls an derjenigen, daß die weitere Schlußfolge, nämlich das Zurück-
gehen der drei Quellen auf dasselbe Werk auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, so wird man als
letzten und einzigen Ausweg zu der Annahme gezwungen, daß Clavus zwei Werke,
beide in Form einer mit einer Beschreibung versehenen Nordlandskarte abgefaßt
hat: das eine ist das in der Nanziger Handschrift überlieferte; die Karte des andern dagegen ist in
den A-Karten zu finden und Fragmente von dem dazugehörigen Text sind bei den deutschen Geographen
vorhanden. Diese Theorie vom Zusammenhange der drei Quellen wird von allen den Argumenten
gestützt, welche das Beweismaterial der älteren Theorien ausmachten und kann von keinem der
Gegenargumente, an denen jene Theorien scheiterten, angegriffen werden. Daß diese Lösung der
streitigen Frage bis jetzt noch nicht in Vorschlag gebracht worden ist, da man doch aus dem vor-
liegenden Materiale auf logischem Wege zu derselben und zu keiner andern gelangen muß und soll,
mag vielleicht wunderbar erscheinen. Uns gebührt jedoch nicht die Ehre die zu dieser richtigen Lösung
führenden logischen Schlüsse gezogen zu haben. Die Lösung war uns nämlich vorderhand gegeben,
indem die Grundlage unserer Behandlung der Clavusfrage in dem Funde des zu den A-Karten gehörigen
von den deutschen Geographen benutzten Clavus-Texte bestand.
Um der Regel zu folgen, deß jede Quelle, ehe sie mit andern Quellen zusammengestellt wird,
für sich allein so gründlich wie möglich untersucht werden muß, unterziehen wir zuerst die älteren
Quellen einer selbständigen Untersuchung und lassen vorläufig den neuen Clavus-Text außer Betracht.
Wir wenden uns darum zum Nanziger Text und zu den A-Karten, welche beide als selbständige und
selbständig überlieferte Quellen angesehen werden müssen, während die Clavus-Fragmente bei den
deutschen Geographen als eine in den neuen Clavus-Text inbegriffene Uberlieferung zweiten Ranges
erst zusammen mit diesem einer genaueren Untersuchung unterzogen werden.
2*
Kapitel I.
Die Auffassung des Nanziger Werkes.
Um seine Auffassung zu begründen, daß der Clavus-Text in der Nanziger Handschrift, die
Auszüge bei Schöner und P riedlieb, sowie die A-Karten ihren Ursprung von ein und demselben
Werke haben, sucht Storm zu beweisen, daß im Nanziger Texte bedeutende Teile von Clavus' ursprüng-
lichem Texte ausgelassen sind und daß" die Nanziger Karte eine verkleinerte und beschnittene Kopie
von Clavus' originaler Karte ist l). Hiergegen lassen sich jedoch gewichtige Einwendungen erheben.
Daß in der Nanziger Handschrift Teile des Clavus-Textes ausgelassen sind, beruht nach Storms
Ansicht auf Mangel an Platz in dem betreffenden Codex. Diese Anuahme wird, seiner Meinung nach,
dadurch bekräftigt, daß die letzten 3 — 4 Zeilen des Clavus-Textes dichter als der übrige Text geschrieben
sind und unten auf der Kehrseite eines Blattes abschließen. Dieser Konklusion widersprechen indessen
aufs bestimmteste die grüudlichen Aufschlüsse, welche Storm uns selbst über die Handschrift gibt2).
Er zeigt uns nämlich, daß der Clavus-Text von einer Haud geschrieben ist, die sonst nirgends in der
Handschrift vorkommt, und zwar auf einer Duerne (Bl. 182 — 185) (während die Handschrift sonst aus
Quaternen besteht), und daß diese Duerne erst nach dem Abschluß des Haupttextes (Ptolemäus'
Geographie) und sogar an einer verkehrten Stelle eingefügt ist. Von Platzmangel konnte nur die
Rede sein, falls der hinzugefügte Text sich auf den letzten Seiten eines Kodex befand, dessen Umfang
schon vorderhand gegeben war. Geschieht die Hinzufügung dagegen wie hier auf einem später ein-
gefügten Bogen, so gälte die Theorie vom Platzmangel nur dann, wenn das in Präge stehende Aus-
gelassene von so geringem Umfange wäre, daß der Schreiber es nicht der Mühe wert gefunden hätte,
mehrere Blätter hinzuzufügen. Die Auszüge bei Schöner und Friedlieb, die wir im Nanziger
Texte vermissen, sind indessen so umfangreich, daß sie in der Nanziger Handschrift mehrere Seiten
füllen würden. Der Abschreiber sollte also, da er die Abschrift des Clavus-Textes in Angriff nahm,
den auszufüllenden Platz mehrere Seiten zu klein berechnet, einen halben Bogen statt eines ganzen
genommen haben und als er sah, daß der Text auf diesem längst nicht Platz fand, es unterlassen
haben, einen neuen halben Bogen zum Weiterschreiben zu nehmen. Wir müßten also nicht einen
Mangel an Platz voraussetzen, sondern einen traurigen Mangel an Papier. Kurzum, die Theorie vom
Platzmangel ist ganz unhaltbar, und wenn dies der Fall ist, deutet der Umstand, daß die Schrift am
Schluß des Clavus-Textes etwas zusammengedrängt ist, weit eher darauf hin, daß der Abschreiber den
vom Texte auszufüllenden Platz auf ein Haar berechnet hat und daß es ihm auch gelungen ist, alles
Gewünschte, d. h. den ganzen Text, mit zu bekommen.
•) Vgl. S. 14, Note 2.
') Vgl. Ymer 1889, S. 129—137.
14
Kapitel I.
Auch von andrer Seite kann Stornis Annahme von den Auslassungen der Kritik unterworfen
werden. Es wäre nämlich sehr wunderbar, wenn Fillastre es unterlassen haben sollte, die Aufschlüsse
des Clavus über Thüle, über die Pigmäen und ihre Kajaks, über die wilden Lappen und die ungläubigen,
von der andern Seite des Nordpols nach Grönland hinabziehenden „ Karelen " in seinem Werke auf-
zunehmen. Wie sehr mußten nicht solche Berichte, nach den Noten des Kardinals zum Ptolemäus-Text
der Nanziger Handschrift zu urteilen, sein Interesse gefangen nehmen? Legenden dieser Art, welche die
Phantasie der Südländer in Bewegung setzten, waren ja überhaupt das, was man in alter Zeit vorzugs-
weise vom Norden zu wissen wünschte. Für Storms Theorie ist auch das bedenklich, daß nur eine
einzige der Legenden der Nanziger Handschrift, die nämlich von der insula feminarum, bei Schöner
und Friedlieb wiedergefunden wird, während die zahlreichen Legenden, welche diese beiden Autoren
unabhängig von einander dem Clavus entnehmen, sich fast ganz decken.
Während also Storms Beweisführung in Bezug auf den Text als mißglückt betrachtet werden
muß, so ist andrerseits seine Annahme, daß die Nanziger Karte die reduzierte Wiedergabe einer
ursprünglich größeren Clavus-Karte sei, sehr annehmbar. Er weist nach, daß das Werk des Clavus dem
Kardinal Fillastre erst in die Hände geraten ist, als ein großer Teil von dessen Ptolemäus- Abschrift
und den dazugehörigen Karten ausgearbeitet waren Für die Clavus-Karte war das Format also im
voraus bestimmt. Wenn man sich erinnert, daß zu damaliger Zeit im allgemeinen für die, geographische
Karten enthaltenden Handschriften ein sehr großes Format angewandt wurde, und daß das Format der
Nanziger Handschrift verhältnismäßig klein ist, hat man guten Grund anzunehmen, daß die Clavus-
Karte, um demselben angepaßt zu werden, bedeutend reduziert werden mußte. Das für uns Entscheidende
ist aber, ob diese Reduktion in einer Verkleinerung oder in einer Beschneidung
der äußeren Ränder, oder sowohl in einer Verkleinerung als in einer Beschnei-
dung bestanden hat. Denn gerade in einer der äußeren Ränder zeigen die Nanziger Karte und
die A- Karten den auffälligsten Unterschied, indem die A-Karten Grönland wie eine lange Halb-
insel mit der Richtung von Nordnordost nach Südsüdwest darstellen, während die' Nanziger Karte
uns nur die Ostküste dieses Landes bis zu einem Punkte herab gibt, der in den äußersten linken
Kartenrand fällt 2).
Wir müssen indessen daran festhalten, daß kein Grund für die Annahme vorhanden ist,
Clavus' Karte sei bei der Übertragung in das Format der Nanziger Handschrift sowohl verkleinert als
beschnitten. Das Kopieren einer gradierten Karte ist offenbar in der Weise vor sich gegangen, daß
das Gradnetz zuerst auf den zu Gebote stehenden Platz gezeichnet ist, daß dann auf dem Original
ziemlich viele Stützpunkte gewählt, die auf das Gradnetz der Kopie mit den dem Original entsprechenden
Längen und Breiten übertragen sind — und solche Stützpunkte sieht man, sogar in großer Anzahl,
auch deutlich auf der Nanziger Karte. Demnächst sind diese Stützpunkte aus freier Hand nach dem
') Vgl. Ymer 1889, S. 136—138.
'■) Storms Äußerungen über die Beschneidung sind undeutlich. Wir müssen die Worte S. 138 : „Die Wieder-
gabe des Kardinals ist also durchgehends eine verkleinerte Kopie, während sowohl die Beschreibung als die Karte
im dänischen Original größer gewesen ist," wo das Wort durchgehends unklar ist, mit den Worten S. 145 ver-
gleichen : „Die Karte (d. h. die ursprüngliche) ist also weit größer gewesen und mit viel mehr Namen versehen, als
die Nanziger Karte. Von deren (d. h. der ursprünglichen Karte) Eigentümlichkeiten will ich hervorheben .... das
Vorgebirge Neu weit oben im Nordwesten" (nach der Zamoiski-Karte im äußersten Norden an Grönlands Westküste).
Ferner sind zu vergleichen die Worte S. 145 : „Die Note des Kardinals . . . erwähnt nämlich im Gegensatz zur
Nanziger Karte einen nördlichen Ozean außen um Grönland herum : aber auch dies findet man auf der Zamoiski-
Karte, und nur hier wieder. In diesem Falle gibt die Zamoiski-Karte also Cl. Clavus' Ideen besser wieder als
die Nanziger Karte." Schließlich sind zu vergleichen die Worte S. 16 : „Die Zamoiski-Karte muß auch hier eine
vollständige Wiedergabe von Clavus' echter Karte sein." Nach den hier referierten Stellen kann kein Zweifel
darüber obwalten, daß Storm die Zamoiski-Karte für eine größere und vollständigere, die Nanziger Karte für eine
kleinere und unvollständigere Kopie von ein und derselben Clavus-Karte ansieht; dann muß aber seiner Ansicht
nach die Nanziger Karte beschnitten sein, da auf ihr die auf der Zamoiski-Karte deutlich hervortretende grönlän-
dische Westküste fehlt.
Die Auffassung des Nanziger Werkes.
Original miteinander verbunden worden, während die Abzeichen für Städte und Flüsse, sowie die Namen
zuletzt angesetzt sind. Eine Verkleinerung des Originals ist darum vorderhand durch die Absetzung
des Gradnetzes gegeben, so daß im allgemeinen wegen des kleineren Formats die Notwendigkeit einer
Beschneidung überhaupt nicht in Frage kommt. Zu einer Beschneidung dagegen wird man nur in
den einzelnen Fällen greifen, in welchen der selbstverständlich große Vorteil einer Verkleinerung zu
entgehen gewährt werden kann; denn dadurch erreicht man, da wo es zweckmäßig ist, die Entfer-
nungen des Originals direkt auf die Kopie übertragen zu können. Die Chance dafür, daß in dem
konkreten Falle eine Verkleinerung vorgenommen sei, ist indessen viel größer, als die Chance für eine
Beschneidung; eine Verkleinerung kann nämlich immer glücklich ausfallen, während eine Beschneidung
sich nur in ganz besonderen Fällen günstig zeigt 1).
Daß in dem hier vorliegenden Falle eine Verkleinerung und keine Beschneidung stattgefunden
hat, darauf deutet die von Storm selbst hervorgehobene Tatsache, daß die vielen auf der Nanziger
Karte befindlichen Ortszeichen ohne Namen ausschließlich an den Stellen vorkommen, wo für die
Namen wenig Platz gewesen ist. Es gibt aber ein Mittel, das Storm nicht benutzt hat, um noch
bestimmter zu konstatieren, daß keine Beschneidung stattgefunden hat. Dieses Mittel besteht in einer
systematischen Vergleichung zwischen dem Text und der Karte der Nanziger Handschrift, zwischen
den im Texte angegebenen und den der Karte entnommenen Längen und Breiten. Ein solcher Ver-
gleich ist am besten durchzuführen, indem man eine Karte nach dem Texte zu zeichnen versucht, und
diese Methode führt zu weit sichereren Kesul taten als die von Storm angewandte, aber nicht durch-
geführte, nämlicb die Längen und Breiten des Textes da, wo eine Verbesserung notwendig oder
annehmbar war, nach der Karte zu korrigieren. Das Resultat unsrer Kartenzeichnung findet sich auf
Beilage 8; doch muß bemerkt werden, daß das ansprechende Resultat nur dem Umstände zu verdanken
ist, daß die Nanziger Karte als Vergleichobjekt zur Verfügung stand. Am wünschenswertesten wäre
es gewesen, wenn die Karte einzig und allein nach den Angaben des Textes hätte gezeichnet werden
können; die Zahlen im Text sind aber so verdorben, daß sich dies an verschiedenen Stellen nicht
durchführen ließ.
Beim Zeichnen der Karte, die wegen des bequemen Vergleichs mit der Nanziger Karte in
deren Projektion ausgeführt ist, haben wir folgendes Prinzip verfolgt. In allen den Fällen, wo die
Zeichnung mit den Längen und Breiten des Textes durchgeführt werden konnte, sind diese beibehalten;
es ist aber die Rücksicht auf die Nanziger Karte genommen, daß da, wo eine Abweichung von der-
selben konstatiert werden konnte, diese mit einem Pfeil bezeichnet worden ist. Der Pfeil weist von
der betreffenden Örtlichkeit weg und endet an der Stelle, wo sie auf der Nanziger Karte liegt. Wenn
sieb dagegen auf der konstruierten Karte ein Pfeil befindet, der nach einem Orte hinweist, so wird
dadurch bezeichnet, daß dem Texte aus irgend einem Grunde nicht gefolgt werden konnte, sondern
daß es notwendig war, sich nach der Nanziger Karte zu richten. Der Ausgangspunkt des Pfeiles
bezeichnet dann die Stelle, wo die betreffende Örtlichkeit nach der im Texte befindlichen Zahl hätte
angebracht werden sollen 2). Da diese letzten Fälle in verschiedener Hinsicht von Interesse sind, wollen
wir sie einzeln durchnehmen.
') Die Möglichkeit, daß die Dimensionen der Nanziger Handschrift, d. h. das Verhältnis zwischen deren
Höhe und Breite, nicht zu denen der Originalkarte paßte, welcher Urnstand noch außer einer Verkleinerung zu
einer Beschneidung Veranlassung geben konnte, können wir außer Betracht lassen. Die ^Karte müßte nämlich
annehmlich an den Seitenrändern, und zwar besonders am linken Seitenrand, beschnitten worden sein ; nun ist die
Nanziger Karte aber länglich (sie nimmt zwei Seiten ein) und das keineswegs schmale Spatium an den Seiten-
rändern zeigt, daß nichts im Wege gewesen wäre, die Karte noch zu verlängern.
2) Die häufiger vorkommenden Fälle, in welchen die Gradzahlen im Nanziger Texte fehlt, oder wo die
Minutenzahlen auf den Platz der fehlenden Gradzahlen gestellt sind, können leicht korrigiert werden, indem die
Kartenzeichnung auch ohne Anwendung der alten Karte immer zeigt, welche Zahl gewählt werden soll. Da Storms
Korrektionen hier ganz mit den unsrigen übereinstimmen, wollen wir diese Fälle nicht näher erörtern.
16
Kapitel I.
1. Der westliche Teil (occidentalia) der Insel Lolland (im Süden von Seeland) liegt nach dem Text
auf 43° 0' ö. L., sein östlicher (orientalia) ebenfalls auf 43° 0' ö. L. Da dies sinnlos ist, haben wir nach
der Nanziger Karte das letzte 43° in 45° korrigiert. Storni korrigiert in seiner Textausgabe in 42°
und 44° wegen einer verkehrten Deutung des Gradnetzes auf der Nanziger Karte x).
2. Die Stadt Falsterbo in Scbonen liegt dem Texte nach auf 50° 20'' n. Br., d. h. tief unten in
Mitteleuropa, ganz außerhalb der Karte. Wie Storm korrigieren wir nach der Nanziger Karte 50° in 58°.
3. Die Stadt Markaryd in Smäland liegt dem Texte nach auf 5 1 0 0' n. Br., also ebenso sinnlos wie
Falsterbo. Über diesen Ort gibt die Nanziger Karte keineD Aufschluß; um den vermeintlichen Fehler so klein'
wie möglich zu machen, korrigieren wir wie Storm 51° in (U°.
4. Vltimum regni Promontorium in Norwegen eben vor Nedrosia Metropolis liegt dem Texte nach
auf 66° 40' n. Br. Wie Storm korrigieren wir nach der Nanziger Karte 66° in 65°, da die Küste sonst
— siehe den Pfeil auf der konstruierten Karte — in einem runden Bogen außen um Truniheym insula
gelegt werden müßte, wodurch wir in offenbaren Konflikt geraten würden mit des Textes eigenen Worten
über den Teil von Norwegen, der gegen Norden und den, der gegen Süden wendet.
5. Promontorium quod in dorso Islandiae est uersus occidentem liegt dem Texte nach auf 64° 0' n. Br.
Wie Storm korrigieren wir nach der Nanziger Karte 64u in 65°, da wir sonst dieses Vorgebirge würden
südlicher legen müssen als das, welches im Text ausdrücklich bezeichnet wird als Promontorium quod autem
magis meridionale est, und das sowohl nach dem Text als nach der Karte auf 64° 10' n. Br. liegt.
6. Im nördlichsten Teil von Norwegen zählt der Text 5 Vorgebirge auf und nach jedem derselben
eine Bucht, so daß wir nach sinus quartus haben:
Item quintum (Promontorium) 45° o' ö. L. — 71° o' n. Br.
et eius sinus vltimus 47° o' ö. L. — 71° 0' n. Br.
Da wir indessen auf derselben Küste nach einem andern Abschnitt des Textes haben:
Item in quinto sinu est et insula posita 46° 0' ö. L. — 71° 0' n. Br.
et in ultimo sinu est insula in gradibus 48° 30' ö. L. — 72° o' n. Br.,
so ist hier offenbar ein Widerspruch zwischen den beiden Abschnitten des Textes vorhanden, indem auf der
letzten Stelle 6 Buchten, auf der ersten dagegen nur 5 angegeben sind. Der Vergleich mit der Nanziger
Karte zeigt, daß an der ersten Stelle zwischen quintum Promontorium und sinus ultimus ein sinus quintus und
ein Promontorium sextum (oder ultimum) fehlt. Die Zahlen zum sinus ultimus des Textes gehören zu dem
fehlenden Promontorium ultimum; denn das letzte Vorgebirge auf der Karte vor der schwedischen Grenze
liegt gerade auf 47° 0' ö. L. Auf diesen Mangel an Übereinstimmung im Text, den Storm nicht bemerkt
hat, haben wir bei der Kartenzeichnung Rücksicht genommen, indem wir den sinus ultimus des Textes zu
einem Vorgebirge gemacht und die Buchten zu beiden Seiten, für welche die näheren Bestimmungen fehlen,
aus freier Hand gezeichnet haben.
Dieser letzte Mangel an Übereinstimmung zwischen den beiden Abschnitten des Textes ist von beson-
derem Interesse. Die Lücke im Text kann nämlich nicht gut als ein Abschreibefehler erklärt werden, da
der Abschreiber dann zuerst zwei Linien übersprungen, dann zur Zahl in der letzten der übersprungenen
Linien zurückgekehrt sein und schließlich wieder eine Linie überschlagen haben müßte. Es kommt uns
wahrscheinlicher vor, daß hier eine Konfusion des Clavus vorliegt; dieser sollte dann zuerst seine
Karte gezeichnet und erst später die Längen und Breiten derselben entnommen
haben, um sie in den Text einzuführen. Verschiedene Abweichungen zwischen Karte und Text,
namentlich die vielen, die, wie die konstruierte Karte zeigt, ganze Grade entweder in Länge oder Breite
betragen, könnten dann auf verkehrtem Ablesen der Karte beruhen. Eines ganz ähnlichen Versehens hat
Storm sich ja schuldig gemacht (vgl. oben Lolland). Derartige Fehler in der Ausziehung der Längen und
Breiten nach einer Karte sind auch viel leichter zu begehen, als gewöhnliche Abschreibefehler und besonders
können die obengenannten aufeinander folgenden Abweichungen von ganzen Graden (auf Norwegens Nord-
küste) weit besser auf diese Weise erklärt werden. Wir heben dies besonders hervor, weil wir hier vielleicht
einen Wink über eine Arbeitsmethode bekommen, die gerade diejenige ist, die wir aus andern Gründen
Ursache haben, dem Clavus beizulegen (vgl. Kap. V und VI).
Die konstruierte Karte beweist, daß Text und Karte trotz der Abweichungen gleichzeitig vom
Verfasser ausgearbeitet sein müssen, oder, wie oben angedeutet, der Text auf Basis der Karte. Auf
großen Strecken der Küsten Schwedens, Schonens und des südlichen Norwegens, sowie auf Seeland
und Fünen finden sich fast gar keine Abweichungen oder jedoch so geringe, daß man sie zu den
') Storms Versehen besteht darin, daß er die Längenzahleti der Karte auf die rechts neben der Zahl
stehenden Teilungsstriche, statt auf die an der linken Seite der Zahl befindlichen bezieht.
Die Auffassung des Nanziger Werkes.
IT
zufälligen rechnen muß. Wenn wir die obenerwähnte Reihe von Abweichungen an Norwegens nörd-
licher Küste ausnehmen, finden sich die bedeutendsten Abweichungen infolge der konstruierten Karte
in Jütland; dies findet aber in ganz einfacher Weise dadurch seine Erklärung, daß es dem Ab-
schreiber, natürlich ganz besonders im Anfang des Textes, wo sich die Beschreibung über Jütland
befindet, schwer gewesen ist, die Zahlen des Clavus zu lesen.
Von ganz besonderem Interesse ist, wegen Storms Theorie über die Beschneidung der
Nanziger Karte am linken Außenrande, die Deutung dessen, was man in Betreff auf Grönland aus
der konstruierten Karte herauslesen kann. Ein Blick auf diese zeigt, daß die Differenzen zwischen
Text und Karte in Bezug auf dieses Land so unbedeutend sind, daß man sie als zufällig betrachten
muß, wenn von einer in den feineren Details so ungenau ausgeführten Karte wie der Nanziger Karte
die Bede ist (man betrachte z. B. nur ihre Gradabteilung).
Grönland auf der Nanziger Karte entspricht also ganz der Beschreibung von Grönland im
Nanziger Text. Kommt nun noch dazu, daß an den andern Außenrändern der Karte auch kein Fall
konstatiert werden kann, der auf Beschneidung deutet, so bleiben nur zwei Möglichkeiten übrig: ent-
weder, daß weder Text noch Karte beschnitten sind, oder daß Eillastre eine kritische Bearbeitung
von Clavus' Werk vorgenommen, sowohl Text als Karte beschnitten habe, und zwar konsequent, so daß
bei der Bearbeitung keine Differenzen zwischen denselben entstanden sind. Daß letzteres nicht der
Fall ist, dafür leistet die Kartenzeichnung uns indessen sichere Garantie. Ein kritischer Bearbeiter
würde keine solche schreiende Differenzen, ja offenbare Sinnlosigkeiten und Widersprüche, wie die
obigen haben passieren lassen ; er würde nicht so viele Rubriken bei den Zahlenangaben des Textes
in blanco haben stehen lassen, umsoweniger als ein Vergleich mit der Karte ihn darüber aufklären
könnte, welche Zahl da stehen sollte; er würde auch nicht Grade und Minuten miteinander verwech-
selt haben, wie der Abschreiber des Nanziger Textes es öfters getan hat. Überhaupt trägt dieser
Text, und darüber ist man sich auch seit Waitz klar gewesen, das deutlichste Gepräge einer ganz
kritiklosen Abschrift 1).
Der beim Zeichnen der Karte systematisch vorgenommene Vergleich des Clavus-Textes und
der Clavus-Karte in der Nanziger Handschrift führt also zu dem Resultat, daß beide miteinander in
jeder Beziehung ein Ganzes ausmachen, daß sie sich ganz und gar decken, abgesehen von den beim
Abschreiben und Kopieren entstandenen oder auch vom Verfasser selbst bei der Ausziehuug der
Breiten und Längen begangenen Versehen. Wir betrachten es damit als festgestellt, daß die Nan-
ziger Karte eine verkleinerte — aber nicht beschnittene — in Bezug auf Namen
und andere Details unvollständige Kopie einer echten Clavus-Karte ist, und daß
der Nanziger Text eine kritiklose aber vollständige Abschrift des echten zur
Karte gehörigen Clavus-Textes ist.
Ist diese Auffassung von Clavus' Werk, wie es in der Nanziger Handschrift vorliegt, eine richtige,
muß es bei einer textkritischen Ausgabe desselben tür ganz unberechtigt angesehen werden, so wie Storni es
tut, die Namen der A-Karten und die Clavus- Zitate bei Schöner und Friedlieb als Variante zu benutzen.
Was ferner die Zahleri des Textes betrifft, ist es, selbst wenn eine offenbare Sinnlosigkeit vorliegt, sehr
zweifelhaft, ob man sie in einer kritischen Ausgabe, so wie Storm es häufig tut, nach der Karte korrigieren
darf. Die Sache ist ja die, daß man sich drei Wege denken kann, durch welche die Abweichungen zwischen
Text und Karte hervorgerufen sein können. Sie können auf Fehlern beim Kopieren der Karte, auf Fehlern
beim Abschreiben des Textes, und schließlich auf von Clavus begangenen Fehlern bei der Ausziehung der
') Die Möglichkeit, daß Fillastre selbst die Nanziger Karte nach dem Clavus-Texte zusammengestellt
haben sollt0, brauchen wir nicht zu erörtern, da er ausdrücklich sagt: Hee descripcio et tabula edite sunt a quodam
Claudio cymbrico, ferner quidam Claudius cymbricus Ulm septentrionales partes descripsit et fecit de Ulis tabulam que jun-
gitur Europe (Ytner 1889, S. 135 — 136). Übrigens findet man ja auf der Karte viele im Texte fehlende Namen,
welche Clavus wohl, Fillastre dagegen nicht gekannt haben kann, und da der Abschreiber, sei es Fillastre oder
sein Schreiber, so oft nicht imstande sind, die Zahlen im Clavus' Originaltexte zu lesen, so ist jener selbstverständlich
auch nicht imstande gewesen, auf Grundlage des Textes eine so genaue und richtige Karte, wie die Nanziger es
ist, zu konstruieren.
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 3
18 Kapitel I.
Längen und Breiten aus der Karte entstanden sein. Welchen dieser Fehler wir vor uus haben, ist in den
meisten Fällen unmöglich zu entscheiden. Es würde darum das richtigste sein, die Zahlen des Textes jeden-
falls zu behalten und in einer Kubrik daneben die entsprechenden Längen und Breiten der Karte anzugeben.
Einen besseren Uberblick gibt übrigens die konstruierte Karte, wo alle solche Differenzen durch die Pfeile
bezeichnet sind. Unter keiner Bedingung darf es für richtig angesehen werden, so wie Storm es tut,
die Zahlen des Textes in gewissen Fällen nach der Karte zu berichtigen, dies dagegen in andern ganz ana-
logen Fällen zu unterlassen. Er korrigiert die Zahlen für TJendesusel, aber nicht für Vdhenskaun ; für
Slesuigh, aber nicht für Aoflotentas (d. h. Aoslo ciuitas) und Hamer; für primuui Promontorium und sinus
secundus an Norwegens Nordküste, aber nicht für quintum Promontorium an derselben Küste, für das Vor-
gebirge an der Grenze von Schweden und Norwegen und für den nördlichsten Punkt von Jütland — und
doch sind dies alles ganz analoge Fälle.
Wir führen dies nicht an, um Storms vortreffliche Arbeit herabzusetzen, die keiner als wir höher
zu schätzen wissen, sondern um hervorzuheben, welch' ausgezeichnetes textkritisches Mittel die Karten-
zeichnung für Texte wie die des Ptolemäus und Clavus ist, und wieviel aus einer solchen Karte heraus-
gelesen werden kann, wenn ihre Konstruktion auf einem bestimmten, konsequent durchgeführten Prinzip
basiert ist. Es ist für uns von Bedeutung dies zu konstatieren, weil in dieser Abhandlung später von
demselben Mittel Gebrauch gemacht wird, und zwar in einem Falle, wo die Karte und der Text, die mit-
einander konferiert werden sollen, uns nicht wie hier gemeinsam überliefert sind, so daß die ursprüngliche
Zusammengehörigkeit also nicht vorderhand gegeben ist.
Kapitel IL
Die Karten des A- und B- Typus
Die Darstellung des A- und B -Typus vom hohen Norden war lange Zeit hindurch haupt-
sächlich durch gedruckte Karten und Globen bekannt, die alle jünger waren als die B-Karte in der
Ülmer Ausgabe von Ptolemäus' Geographie vom Jahre 1482 (die sog. Donis-Karte). Wenn man sich
mit diesen Kartentypen beschäftigte, so geschah dies nur, weil man in ihnen Beweise oder Gegen-
beweise in Bezug auf den langwierigen Streit fand, der darüber geführt wurde, wie weit die Berichte
über die Reisen der Zenier echt seien oder nicht. Erst der Fund handschriftlicher Karten, welche
älter waren als die Ulmer Ausgabe, und der carta marina des Olaus Magnus stellten die Zenokarte
auf den ihr mit Recht gebührenden Platz in der Geschichte der Geographie, nämlich als eine spätere
Kompilation mehrerer älteren Karten. Bei Arbeiten von Storni, Lucas1) u. A. ist das jetzt so fest
gestellt, daß wir, wo es sich um den Ursprung des A- und B -Typus handelt, ganz von der Zeno-
karte absehen und uns zu den handschriftlichen Karten des A- und B -Typus halten können, welche
unabhängig von den B-Karten in den gedruckten Ptolemäus-Ausgaben sind.
Die Zahl solcher Karten des A-Typus beschränkt sich nicht auf die vier von Nordenskiöld
und v. Wies er ans Licht gezogenen. Im Winter 1900 — 1901 teilte Bibliothekar Raphael Meyer uns
als Antwort auf eine darauf bezügliche Vorfrage mit, daß sich in der vatikanischen Bibliothek zwei
A- Karten befänden, und diese beiden waren dieselben, von denen der Präfekt der vatikanischen
Bibliothek, Pater F. Ehrle, Fischer im selben Winter Mitteilung machte, und die dieser 1902 in
seinem in unsrer Einleitung erwähnten Werke veröffentlichte Es sind also bis dato sechs hand-
schriftliche Karten des A-Typus vom hohen Norden ans Tageslicht gekommen. Fünf von diesen
gehören zu lateinischen Handschriften von Ptolemäus' Geographie, wo sie ebenso wie viele andere
tabulae modernae zur Ergänzung von Ptolemäus' Karten dienten, nämlich da, wo diese veraltet
waren. In diesen ergänzten Ptolemäus-Handschriften ist auch jene Weltkarte, mit der Ptolemäus seine
Kartensammlung eröffnete, korrigiert und mit der Nordlandskarte vom A-Typus in Übereinstimmung
gebracht. Auf diese korrigierten Weltkarten hat Fischer schon die Aufmerksamkeit gelenkt2) und
die beiden im Vatikan befindlichen veröffentlicht; noch früher aber (1856) war eine derartig korri-
gierte Weltkarte, die J. G. Kohl in einer Handschrift im British Museum fand, veröffentlicht worden.
1904 fand Carl S. Petersen außerdem eine ähnliche in Leiden. Dahingegen scheint man bis jetzt
') Vgl. die nachfolgende Übersicht über die A-Karten.
2) Fischer, Die Entdeckungen etc. S. 85.
3*
20
Kapitel 11.
nicht bemerkt zu haben, daß Ptolemäus' Karte über Sarraatien ebenfalls, sowohl in den Hand-
schriften als in den gedruckten Ausgaben, wo A- oder B-Karten vorkommen, nach diesen korrigiert
ist. insofern es sich um die nördlich von der Ostsee belegenen Strecken handelt.
Auch von handschriftlichen Nordlandskarten des B- Typus sind verschiedene zur Kenntnis
gebracht. 1887 veröffentlichte Gh. Euelens eine derartige in Brüssel befindliche, und teilte gleich-
zeitig mit, daß sich eine ganz ähnliche in Paris befände; er nahm an, daß diese beiden Karten, obgleich
sie nicht in der Donisprojektion gezeichnet sind, doch Ableger einer Doniskarte (B-Karte) seien; einen
bestimmten Beweis konnte er jedoch nicht dafür liefern. Gleichzeitig mit der Veröffentlichung der
von ihm in Wolfegg 1901 gefundenen B- Karte teilte Fischer mit, daß Karten dieses Typus' vom
Schluß des 15. und vom Anfang des 16. Jahrhunderts keineswegs selten seien. Als Beispiele führt er
die von Euelens erwähnte Pariser Handschrift und Waldseemüllers Weltkarte vom Jahre 1507
an1). Ferner fand Björnbo im Herbst 1901 zwei handschriftliche Nordlandskarten vom B-Typus: die
eine in einer Ptolemäus-Handschrift in der vatikanischen Bibliothek, die andere in einer Ptolemäus-
Handschrift in Firenze; letztere war diejenige, die Fischer infolge Marzis Mitteilungen als A-Karte
bezeichnete2). Schließlich ist die seinerzeit vom Admiral Zahrtmann erwähnte handschriftliche Nord-
landskarte 3) in der Universitätsbibliothek in Kopenhagen wiedergefunden worden. Wie Norden-
skiöld4) vermutete, erweist sich diese als eine B-Karte, die indes, ebenso wie eine kleinere von
Björnbo im Jahre 1900 in München gefundene handschriftliche Karte dieses Typus, nach der Karte
in den gedruckten Ptolemäus-Ausgaben kopiert ist.
Ehe wir die einzelnen Karten und deren Abhängigkeit von einander näher betrachten, soll
hier eine Übersicht über das ganze Kartenmaterial gegeben werden. Wir stellen diejenigen Karten
obenan, die sich infolge der Kriterien, welche wir durch die nachfolgende Untersuchung in Händen
haben, der verlorenen Hauptquelle am meisten nähern.
A- Karten.
Handschriftliche Karten unabhängig sowohl von den gedruckten Karten dieses
Typus' als von der Zenokarte.
Kartenzeichner: Henricus Martellus Germanus.
Aj Nordlandskarte in Ptolemäus-Hs. Cod. Magliab. lat. Gl. XIII, Nr. 16 (alte Signatur 1935/249) in
der Biblioteca Nazionale in Firenze; Pergament; Kartenfläche 74 X 56 cm; 15. Jahrh., undatiert;
gefunden von v. Wieser; publiziert von Nordens kiöld in Bidrag tili Nordens äldsta karto-
grafi, Stockholm 1892, Tafel I; verkleinerte Reproduktion in Periplus, ibid. 1897, S. 87. In
der gegenwärtigen Abhandlung Beilage 5.
ax Korrigierte Weltkarte in derselben Hs. ; nicht publiziert.
') Fischer, l. c. S. 79, Note 1 u. S. 90.
s) Fischer, l. c. S. 77 u. 78, Note 7. ■— Die Aufschlüsse, die Fischer von Dr. Marzi erhalten hat,
sind öfters ungenau; es ist z. B. nicht richtig, wenn Marzi mitgeteilt hat, es finde sich im Cod. Magliab. XIII, 16
keine Weltkarte mit Grönland (Fischer, l. c. S. 86, Note 1). Die Halbinsel ist da; nur der Nauie Grone-,
landia fehlt.
3) C. C. Zahrtmann, Bemeerkninger over de Venetianerne Zeni tüskrevne Reiser i Norden, Nordisk Tidsskrifl
for Oldkyndighed II, 1833, S. 16 — 17. Englische Übersetzung in Journal of iJie Royal Geograph ical Society V, London
1835, S. 114 ff. Durch die Wiederauffindung dieser Karte ist Zahrtmann von der gegen ihn von Maj or gerich-
teten Beschuldigung entlastet worden. Letzterer insinuierte nämlich, daß die Karte gar nicht existiere und Zahrt-
manns Besprechung derselben erlogen sei. Vgl. R. H.Major, The voyage of the Venetian brothers Nicola &• Antonio
Zeno to the north em seas, London 1873, S. 58 — 59.
4) Nordenskiöld, Studier och forskningar, S. 30 — 32.
Die Karten des A- und B-Typus.
2-1
Kartenzeichner : Nicolaus Germanus.
Aa Nordlandskarte in Ptolernäus-Hs. Plut. XXX Cod. 3 in der Biblioteca Laurenziana in Firenze i) ;
Pergament; (Doppel-) Blattfläclie 59,6 X43,3 cm; Kartenhöhe 29,3, Kartenbreite unten 55,0,
oben 36,5 cm; 15. Jahrh., undatiert; gefunden von v. Wie ser; publiziert von Norde nsk i <"> 1 <1
in Bidrag tili Nordens äldsta kartografi, Stockholm 1892, Tafel III; verkleinerte Reproduktion
in Periplus, ibid. 1897, S. 85-
a, Korrigierte Weltkarte in derselben Hs. ; nicht publiziert.
A3 Nordlandskarte in Ptolemäus-Hs. in der Biblioteka ordynancyi Zamoiskiei (Zamoiskische Majoruts-
bibliothek) in Warschau; Pergament; Kartenfläche (?) nach Nordenskiöld: 56,8 X 31,3 cm;
15. Jahrh., undatiert; gefunden von Nordenskiöld; publiziert in dessen Facsimile- Attas,
Stockholm 1889, Tafel XXX2); verkleinerte Reproduktion in P. W. Lucas, The voyages of (he
brothers Zeno, London 1898, Tafel II; Ausschnitt bei G. Storm in Norsk geografisk Selskabs
Aarbog II, Kria. 1891, Tafel 4.
a3 Korrigierte Weltkarte in derselben Hs. ; nicht publiziert.
A4 Nordlandskarte in Ptolemäus-Hs. Cod. Urbin. lat. 274 in der Biblioteca Apostolica Vaticana in
Rom; Pergament; (Doppel-) Blattfläclie 59,8 X 44,1 cm; Kartenhöhe 30,0, Kartenbreite unten
54,5, oben 39,1 cm; 15. Jahrh., undatiert; gefunden von Fr. Ehrle und Raphael Meyer;
publiziert von Jos. Fischer in Entdeckungen der Normannen in Amerika, Freiburg i. Br.
1902, Tafel II.
a4 Korrigierte Weltkarte in derselben Hs. : publiziert von Fischer, 1. c. Tafel I.
A5 Nordlandskarte in Ptolemäus-Hs. Cod. Urbin. lat. 275 in der Biblioteca Apostolica Vaticana in
Rom; Pergament: (Doppel-) Blattfläche 57,0X44,1 cm; Kartenhöhe 30,3, Kartenbreite unten
53,2, oben 35,0 cm; 15. Jahrh., undatiert; gefunden von Fr. Ehrle und Raphael Meyer;
publiziert vou Jos. Fischer, 1. c. Tafel IV.
a5 Korrigierte Weltkarte in derselben Hs. ; publiziert von Fischer, 1. c. Tafel III.
Kartenzeichner: Henricus Martellus Germanus.
A6 Nordlandskarte (Skizze) im Anhang zur Descriptio Cicladum aliarumque insularum Christophori
Bondelmonti Plut. XXIX Cod. 25 in der Biblioteca Laurenziana in Firenze 3) ; Papier ; (Doppel-)
Blattfläche 43,6 X 28,6 cm, mit Anhang rechts von 7,7 X 28,6 cm ; Kartenhöhe 28,6, Karten-
breite unten 48,2, oben 33,6; 15. Jahrh., undatiert; gefunden von v. Wieser; publiziert von
Nordenskiöld in Bidrag tili Nordens äldsta kartografi, Stockholm 1892, Tafel II, und in
Periplus, ibid. 1897, Tafel XXXII.
a6 Korrigierte Weltkarte in derselben Hs. ; nicht publiziert.
a7 Weltkarte im Insularium illustratum Henrici Martelli Germani, Cod. Leid. Vossian. 23, Fol. in
der Universitätsbibliothek zu Leiden. Gezeichnet um das Jahr 1490; gefunden von Carl
S. Petersen; nicht publiziert1).
a8 Weltkarte im Insularium illustratum Henrici Martelli Germani, Cod. Addit. Nr. 15760 im
British Museum4). Gezeichnet ca. 1489 — 1490; gefunden und veröffentlicht von J. G. Kohl
in der Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, Berlin 1856, Taf. VII; bessere Reproduktion in
D. Jose de Lacerda, Exame das viagens do doutor Livingstone, Lisboa 1867; außerdem in
N ordenskiöld, Periplus, Stockholm 1897, S. 123.
') Vgl. Bandini, Cat. Codd. lat. Bibl. Laurent. II, S. 69—70.
s) Beschreibung der Zamoiskischen Hs. daselbst S. 55 — 56.
») Vgl. Bandini, l. c. II, S. 41-42.
4) Axel Anthon Björnbo & Carl S. Petersen, Anecdota cartographica septentrionalia, Havniae
(Kopenhagen) 1908, S. 5—6.
22
Kapitel II.
B- Karten.
I. Handschriftliche Karten unabhängig von den gedruckten Karten dieses Typus'.
Kartenzeichner: Nicolaus Germanus.
Bx Nordlandskarte in Ptolemäus-Hs. Plut. XXX Cod. 4 in der Biblioteca Laurenziana in Firenze x) ;
Pergament; (Doppel-) Blattfläche 57,6X42,0 cm; Kartenhöhe 29,6, Kartenbreite unten 54,5,
oben 32,0 cm; 15. Jahrb., undatiert; gefunden von v. Wies er oder Marzi; der Typus fest-
gestellt von Björnbo; nicht publiziert.
b1 Korrigierte Weltkarte in derselben Hs. ; nicht publiziert.
B2 Nordlandskarte in Ptolemäus-Hs. Cod. Vatic. lat. 3810 — 3811 in der Biblioteca Apostolica Vati-
cana in Rom; Pergament; (Doppel-) Blattfläche 57,3 X 42,2 cm; Kartenhöhe 30,2, Kartenbreite
unten 54,8, oben 31,9 cm; 15- Jahrb., undatiert; gefunden von Björnbo; nicht publiziert.
b2 Korrigierte Weltkarte in derselben Hs. ; nicht publiziert.
B3 Nordlandskarte in Ptolemäus-Hs. in Schloß Wolfegg (Württemberg); Pergament; (Doppel-)
Blattfläche 58,0X44,0 cm; 15. Jahrh. Nach Mitteilung von Jos. Fischer vom 25. Mai 1904
ist es nun mit Hilfe von Chemikalien gelungen, hinten in der Hs. eine ausradierte Datierung
zu entdecken: [me] scripsit Florenüae finiuifque Octubris 4. 1468. Gefunden von Jos. Fischer
und publiziert in dessen Entdeckungen der Normannen in Amerika, Freiburg i. Br. 1902,
Tafel VI 2).
b3 Korrigierte Weltkarte in derselben Hs.; publiziert von Fischer, 1. c. Tafel V.
II. Andere handschriftliche Karten von diesem Typus.
Kartenzeichner: Unbekannter Flamländer.
B4 Nordlandskarte in Ptolemäus-Hs. Cod. 14887 in der Bibliotheque Royale in Brüssel; Perga-
ment; Kartenfläche (nach No r denskiöld) ca. 65 X 45 cm; datiert 1485; gefunden von
Ch. Ruelens und publiziert in dessen Monuments de la geographie des bibliotheques de Bel-
gique, Bruxelles 1887, Tafel IV.
Kartenzeichner (oder nur Schreiber): Johannes de Krickenborch.
B5 Nordlandskarte in Ptolemäus-Hs. fonds latin Cod. 4804 in der Bibliotheque Nationale in Paris 3) ;
Kartenfläche (nach Ruelens) 54,1 X 30,5 cm: datiert: Exscripsit Johannes de krickenborch
scriptor in Gandavo anno natali Christiano 31CCCCLXXXV; erwähnt von Ruelens, 1. c. S. 2,
und von Fischer, 1. c. S. 79 — 80; nicht publiziert.
b5 Korrigierte Weltkarte in derselben Hs ; erwähnt von Fischer, 1. c. S. 80; nicht publiziert.
Kartenzeichner: Unbekannti
Be Nordlandskarte auf einem losen Blatt, eingebunden in eine Kartensammlung, signiert B, 981
(ohne Text) in der Universitätsbibliothek in Kabenhavn (Kopenhagen); Papier; 16. — 17. Jahrh. :
undatiert; Kartenfläche 58-5X32,5 cm; gefunden von Zahrtmann4); nicht publiziert.
B7 Nordlandskarte in einer geographischen Miscellan-Hs. Cod. lat. Monac. 10691 in der k. Hof-
und Staatsbibliothek zu München5); Papier; Kartenfläche ca. 12 X 8 cm; ca. 1524; gefunden
von Björnbo; nicht publiziert.
') Vgl. Bandini, l. c. II, S. 70.
2) Beschreibung der Wolfegger Hs. daselbst S. 79, Note 1.
3) Vgl. Cat. Codd. Mss. Bibl. Begiae, Pars III, Tomus IV, S. 3.
*) Vgl. oben S. 20, Note 3.
5) Vgl. Cat. Codd. lat. Bibl. Begiae Monacensis, Tomus IV, Pars I, S. 157 — 158.
Die Karten des A- nnd B-Typus.
23
Kartenzeichner : Henricus Glareanus.
b8 Weltkarte in der Universitätsbibliothek in München; ca. 1510; gefunden von v. Wieser;
publiziert von Oberhunimer im Jahresbericht der geogr. Gesellschaft in München 1892 und
von Jos. Fischer und v. Wieser, Die älteste Karte etc. des Waldseemütter, Innsbruck
1903, S. 10.
b9 Weltkarte in der Universitätsbibliothek in Bonn; datiert 1510; gefunden von A. Elter und
publiziert in dessen De Henrico Glareano etc., Bonn 1896, und in Nordenskiölds Periplus.
8. 173 »).
Die mächtige Ptolemäus-Handschrift, in der diese Karte sich befindet, hat auf einem Vorsatz-
blatt folgende neuere Inschrift: Ptolemaei Cosmographia Angelo interprete. Cod. membr. in fol. massimo
del secolo XV con belle miniature attribuite a Gherardo e (!) Monte di Giovanni di Firenze. Auf
Fol. lv steht der Titel des Werkes in koloriertem Rahmen und darunter die Worte: Henricus Mar-
tellus Germanus fecit has tabulas. Auf Fol. 2r beginnt Jacobus Angelus' Dedikation an den Papst
Alexander V, und darauf folgt der eigentliche Ptolemäus-Text. Auf diesen folgen 40 Karten, die
teilweise mit beschreibendem Texte versehen sind 2).
1. Die korrigierte Weltkarte a1, mit einer hauptsächlich auf klassischen Quelleu beruhenden Welt-
beschreibung (vgl. S. 20, Note 2). Nur die nordischen Länder sind auf dieser Karte korrigiert;
Afrika stimmt mit Ptolemäus überein.
') Hierzu kommt noch eine handschriftliche Karte, die Henry Stevens in England gefunden haben sol
(Fischer, I.e. S. 79), und mehrere nach der Ulmer Karte (B-Typus) gezeichnete südeuropäische Seekarten (Kompaß
karten), die in Kapitel IX erwähnt werden. Dagegen sind die Nordlandskarte und die Weltkarte im Cod. Paris.
11523, die wir im Jahre 1904 untersucht haben, identisch mit den gedruckten Karten der Ulmer Ausgabe, und
ebenso verhält es sich mit den Karten in Schloß Maihingen, was uns Jos. Fischer gütigst mitgeteilt hat. Vgl.
die dänische Ausgabe unsrer Clavus-Monographie, S. 75 — 76 (33 — 34).
2) Die in dieser Hs. an die tabulae modernae geknüpften Beschreibungen finden sich je nach ihrer Größe
neben den Karten, auf ihren Kehrseiten oder auf Blättern für sich. Was die Zeit betrifft, zu welcher die verschie-
denen tabulae modernae entstanden sind — vgl. darüber Gallois, Les geographes allemands de la renaissance, Paris
1890, S. 19 ff. — wäre es sicher von Bedeutung, drei lateinische Ptolemäus-Hss. in der vatikanischen Bibliothek zu
untersuchen, nämlicb die Codd. Vat. lat. 5698 und 5699 so wie den Cod. Urbin. lat. 377. Von diesen ist 5698, der
leider undatiert ist, sehr alt, d. h. vor 1450, was aus der Schrift und der bei den Karten angewandten Technik her-
vorgeht. In dieser Hs. finden sich nur die 27 Ptolcmäisehen Karten und keine tabulae modernae. 5699 und 277
sind mächtige, reich ausgestattete Ptolemäus-Hss. 5699 führt den Titel: In hoc ornatissimo codice continentur Pto-
lemei Ph iladelph i cosmographie Ubri octo cum pictura universi Orbis et cum additione provinciarum noviter reper-
tarum et alia nonnulla ; über der Vorrede steht: Cosmographie Ptolemei, ex greco in latinum per Iacobum Angeln m
Florentinum traduete ad Alex a ndr u m summ um pontificem prefatio ; vor den Tafeln steht : E numero scriptorum m inim us
Hugo Nicolai de Commiuellis natione Francus me una cum tabulis sequentihns ad instantiam Petri del Massaio
Florentini, qui me picturis decorauit , anno domini millesimo quadringentesimo sexagesimo nmo (d. h. 1469) Florentiae
scripsit ßniuitque die. rigesima octaua mensis Nouembris ; 277, die das Wappen des Herzogs von Urbino trägt, führt
den Titel: In hoc ornatissimo codice cotinentur (sie!) Cosmogroplne (sie!) Ptolemaei viri Alexandrini de situ orbis
Ubri VIII ex graeco in latinum per Iacobum Angel um Florentinum tradueti ; vor den Tafeln steht: Claudii
Ptolomei Cosmographie textus explicit per me Vgonetn Comminelli de Macer iis supra Mosam in Francia:
Florentiae die quinta lanuarii 1472. Laus Deo. In diesen beiden Hss., wo namentlich das Titelblatt und die Welt-
karte mit prächtigen Miniaturen geschmückt sind, finden sich ungefähr dieselben tabulae modernae, nämlich in 5699
Mispania modema der Descriptio Hispanie nova in 277 entsprechend; und demnächst Gallien, Italien, Etrurien, Pelo-
ponnes, Kreta (Chandia modema in 5099, Descriptio Crete nova in 277) und Ägypten (Aegyptus cum Etiopia modern«
in 5699, Descriptio Aegypti nova in 277), ferner in beiden Hss. Stadtpläne über Milano, Venezia, Firenze, Roma,
Konstantinopel, Damascus, Jerusalem, Kairo und aullerdem in 277 Alexandria und Volaterra. Die Karten der
beiden Handschriften zeigen uns , daß die modernen Karten sogar in größerer Anzahl vor dem Jahre 1469
existierten. Von Interesse ist ebenfalls der leider undatierte Cod. Paris. 3802, wo man fol. 72v am Schluß vom
7. Buch des Ptolemäus-Textes folgende Subskription findet: Claudii Ptolomei Cosmographie textus usque ad tabulas
24
Kapitel II.
2. Ptolemäus' Karte von den Britischen Inseln.
3. Eine tabula moderna von den Britischen Inseln mit Beschreibung.
4. Ptolemäus' Karte von Spanien.
5. Eine tabula moderna von Spanien mit Beschreibung,
ß. Ptolemäus' Karte von Frankreich.
7. Eine tabula moderna von Frankreich mit Beschreibung.
S. Ptolemäus' Karte von Germanien.
9. Eine tabula moderna von Germanien (Uberschrift: Descriptio Germaniae moderne) mit einer langen
Beschreibung. Auf dieser Karte, die v. Wies er in seiner Besprechung von Nordenskiölds
Facsimile-Atlas genannt hat l) , befindet sich auch der südlichste Teil von Dänemark , dessen Kon-
figuration und teilweise auch die Namen von einer Nordlandskarte des A-Typus entlehnt sind.
10. Die Nordlandskarte At (Überschrift: Descriptio Gottie, Swetie et Norwegie) mit einer Beschreibung
(siehe Beilage l).
1 1. Ptolemäus' Karte von Rhätien u. s. w.
12. Ptolemäus' Karte von Italien.
13. Eine tabula moderna von Italien (sehr groß, dreiblättrig) mit Beschreibung.
14. Ptolemäus' Karte von Sardinien.
15. Ptolemäus' Karte von Sicilien.
1 6. Tabulae modernae von Sardinien, Sicilien, Korsika und Kypern.'
1 7. Ptolemäus' Karte von Sarmatien, wo die nördlich von der Ostsee gelegenen Länder einer Nordlands-
kartc des A-Typus entlehnt sind.
] 8. Ptolemäus' Karte von Dacien.
19. Ptolemäus' Karte von Makedonien und Griechenland.
20. Eine tabula moderna von der Balkanhalbinsel.
21. Eine tabula moderna von Kreta.
' 22 — 25. Ptolemäus' vier Karten von Afrika.
26. Ptolemäus' erste Karte von Asien.
27. Eine tabula moderna von Kleinasien mit Beschreibung.
28 — 30. Ptolemäus' zweite bis vierte Karte von Asien.
3 1 . Eine tabula moderna von dem Heiligen Lande mit Beschreibung.
32 — 39. Ptolemäus' fünfte bis zwölfte Karte von Asien.
40. Eine tabula moderna vom Mittelmeer (Kopie nach einer Kompaßkarte). Von Nord-Europa ist bier
nur Jütland mitgenommen, und dies hat die Aufschrift: Danismarchia (vgl. Ax).
Wie man hieraus ersieht, ist diese Handschrift besonders reich an tabulae modernae, und aus
den zu den Tafeln 1, 9, 17 und 40 gehörigen Bemerkungen geht hervor, daß Tafel 10 (d. h. Aj)
überall, wo nur Gelegenheit vorhanden war, benutzt worden ist, um sowohl die ursprünglichen
Ptolemäus-Karten als auch die modernen Tafeln mit der Auffassung der A-Karten vom hohen Norden
in Übereinstimmung zu bringen.
Aus der oben angeführten Notiz auf Pol. 1T geht mit Sicherheit hervor, daß sämtliche Karten
von Henricus Martellus selbst gezeichnet sind. Daß die Weltkarten a7 und a8 in seinem Insu-
larium im British Museum und in Leiden dies ebenfalls sind, darf man daraus entnehmen, daß diese
Karten dieselbe Technik wie die der Karten AL und ax haben. Besonders charakteristisch für diese
Karten ist das Anbringen von zierlichen, aber schematisch ausgeführten Bäumen in den nördlichsten
Gegenden (Finmarken und Grönland), wodurch diese Gegenden als bewaldete bezeichnet werden; Berge
werden durch stumpfe Kegel dargestellt und Skandinaviens Verbindung mit dem Kontinent durch eine
schmale Landzunge, die auf Nicolaus Germ an us' A-Karten nicht wiedergefunden wird. Gemeinsam
fätciter finit per me Vgonem Comminelli e Francia natum inter scriptores minimum. Fol. 123r am Schluß von
Ptolemäus' 8. Buch steht: Clauäii Ptolemei uiri Alexandrini cosmographie octauus et xütimus Uber efiam feliciter
explicitur. Scripsit Vgo Comminelli ex francia natus. Composuitque Petrus Massaius Florentmus. Demnächst
folgen auCer Ptolemäus' Karten mehrere tabulae modernae und Stadtpläne : Ispania novela, Gallia novela, Italia novela,
Tuscia novela (d. h. Etrurien), Morea novela (d. Ii. Griechenland), Candia novela, Egyptus novelo, Mediolano, Venetia,
FJorentia, Koma, Andernopoli, Hostantinopoli (!), Damaschus, Hierusalem, Cairus, Alexandria.
i) Vgl. oben S. 6, Note 1.
Die Karten des A- und B-Typus.
25
für a8 und Al ist temer die Aufschrift für die Ostseeländer Germania per totum, welche auf den
andern Karten des A-Typus fehlt l).
Diese besonderen Abzeichen an Martellus' Karten, sowie der Umstand, daß er, wie wir
sahen, die verschiedenen tabulae niodernae mit einander verglichen und verarbeitet hat, bestärken uns
in der Annahme, daß wir in Ubereinstimmung mit v. Wies er Martellus für einen wirklich kriti-
schen Kartographen2) und nicht nur, wie Nordens kiöld es tut3), für einen Kopisten halten müssen.
Wieweit der zur Ax -Karte gehörige Text, der offenbar durch eine Kompilation mehrerer älterer Berichte
und Kartenlegenden entstanden ist, Martellus selbst zuzuschreiben ist, sehen wir uns nicht imstande
endgültig zu entscheiden; im Grunde ist aber nichts dagegen einzuwenden, da der Inhalt des Textes
zeigt, daß dieser zur Zeit der Kalmarer Union erschienen ist, und das Vorhandensein von Martellus'
InsulaHum beweist, daß der Verfasser ein ebenso guter Korograph als Kartograph war. Eine genauere
Untersuchung seiner prächtigen Ptolemäus-Handschrift und deren vieler tabulae modernae, sowie die
seines bisularium, würde gewiß überhaupt für die Geschichte der Geographie von nicht geringem Interesse
sein4). Für uns hat natürlich seine Nordlandskarte (Ax), die einzige der A-Karten, welche in der
älteren äquidistanten Projektion gezeichnet ist, am meisten Bedeutung, weil sie, wie wir später sehen
werden, diejenige der A-Karten ist, die dem verlorenen Original am nächsten kommt.
A 2 — A 5 und B, — B3.
Der Name des Anfertigers der Ptolemäus-Handschriften, in denen sich diese sieben Nordlands-
karten befinden, werden durch folgende Über- und Unterschriften angegeben.
A2 Überschrift (Dedikation): Illustrissimo principi ac domino Borsio duci Mutine ac regit Marchioni
Estensi Eodigiique comiti Donnus Nicholaus Germanus 5). Keine Unterschrift.
A3 — A5 und B3 Überschrift (Dedikation): Beatissimo patri Paulo secundo pontifici maximo Donnus
Nicolaus Germanus.
A3 Unterschrift (wo?) Nobilium e numero scriptorum Antonius unus Stirpe Vitellensis scripxit me a
vertice ad, im um (1).
A4 und B3 Unterschrift (nach Ptolemäus' Text, vor den Tafeln): Hinc sequunlur tabulae.
A5 Unterschrift (nach Ptolemäus' Text, vor den Tafeln) : Hinc sequuntur tabulae. Opus Donni
Nicolai Germani.
B3 Unterschrift (nach den Tafeln): Opus Donni Nicolai Germani secundum Ptholomeum finit.
Bx — B2 Überschrift und Dedikation sowie Einleitung stehen in blanco.
BL — B2 Unterschrift (unter der letzten Tafel): Opus Donni Nicolai Germani.
Hieraus geht hervor, daß alle diese Handschriften von der Werkstatt des bekannten Karten-
zeichners Nicolaus Germanus („Donis") stammen, über den Jos. Fischer so viele Daten gesam-
melt hat 7). Zu ganz demselben Resultat gelangt man, wenn man die Technik dieser Handschriften
') Über die Technik der A, -Karte ist zu bemerken, daß die Meere, Seen und Flüsse blau gemalt, die Länder
ungefärbt, am Rande aber mit einem gelben Farbentone überlegt, die Berge gelbbraun mit dunkleren Schattierungen
gemalt sind, während die Städte wie auf vielen der älteren Kornpaßkarten durch schematische Abbildungen von
Burgen, Türmen oder kleinen Häusern markiert werden. Daß die Flütse vor dem Kolorieren durch schwarze Punkte
augegeben waren, sieht man daraus, daß mehrere von ihnen nur noch punktiert sind, indem sie beim Kolorieren
überschlagen sind.
2) Vgl. Petermanns Mitteilungen 1899, S. 192.
3) Vgl. Nordenskiöld, Peripltis, S. 87.
*) Vgl. unter A„ unten S. 29 ff.
6) Vgl. Fischer, l. c. S. 116. Ähnliche Überschrift in der bekannten Ptolemäus-Hs. in Modena, die auch
(vgl. unten S. 27) von Nicolaus Germanus herstammt.
6) Vgl. Nordenskiöld, Faesimile- Atlas, S. 55 und Periplus, S. 87. Dieser Antonius ist offenbar der
Schönschreiber, der den Text für Nicolaus Germanus schrieb; er steht also zu ihm in demselben Verhältnis,
wie der Franzose Hugo Comminelli zu Pietro Massaio (vgl. S. 23, Note 2).
7) Fischer, /. c. S. 75—90 und die Beilagen 1— VII.
Bjürnbo u. Petersen. Claudius Clavus. 4
2ß Kapitel 11.
vergleicht. Diese stimmt nämlich ganz überein bei A2 — A5, welche eine Gruppe für sich bilden, sowie
bei Bt — B3, welche ebenfalls eine Gruppe für sich bilden, indem B3 jedoch in gewisser Beziehung
eine Sonderstellung einnimmt. Trotz gewisser Verschiedenheiten, z. B. bei der Behandlung und dem
Kolorieren der Karten, herrscht doch so große Ähnlichkeit zwischen den beiden Gruppen, daß sie, !
wenn auch wahrscheinlich zu verschiedenen Zeiten, doch aus derselben Werkstatt hervorgegangen sein
müssen. Die wichtigsten Übereinstimmuugspunkte sind folgende: Ungefähr dieselbe Größe und das- !
*elbe Format; dieselbe Projektion der Karten („Donis'"), mit demselben Gradeinteilungssystem und mit
den Gradzahlen in übereinstimmender Weise auf dem purpurroten oder blauen Grunde des Karten- Ii
rahmens angebracht; die Städtezeichen durch kleine mit Gold oder Farbe ausgefüllte Kreise auf den
Karten angebracht; Meere, Seen und Flüsse blau; Flußnamen rot; Namen im Inlande schwarz oder I
rot; Ländernamen vergoldet oder rotbraun, in Felder gezeichnet oder mit Strichen umrahmt; Berge
durch bronzierte Felder mit dunkleren Schattierungen angegeben; Inseln verschiedenfarbig; gewisse ]
Landesteile von den übrigen durch gerade, meistens rote und mit einem zart gelblichen oder grau-
lichen Farbenton überzogene Linien begrenzt.
Die Verschiedenheiten zwischen der A- und B - Gruppe bestehen namentlich darin, daß die
Karten in den Handschriften der A-Gruppe feiner und genauer ausgeführt und in etwas mildereu
Farben gehalten sind, jedoch mit stärkerer Auwendimg von Vergoldung, welche letztere in der B-Gruppe
teilweise durch gelbe oder weiße Farbe erstattet ist. Außerdem muß der Anwendung von violetter j
Farbe als Grundfarbe der Ländernamen auf den B-Karten gedacht werden. Die Verschiedenheiten sind
jedoch nicht größer, als daß Jeder, der einmal eine von Nicolaus Germanus' Ptolemäus-Hand-
schriften gesehen hat, die anderen schon beim flüchtigen Anblick wird bestimmen können.
Daß die A-Gruppe die dem Original am nächsten stehende ist. darauf deutet, außer der durch-
gehend» genaueren Ausführung uud der kostbareren Ausstattung, alleine der Umstand, daß wir betreffs
solcher Namen, die ganz sicher mit wirklichen Namen identifiziert werden können, zu konstatieren imstande j
sind, daß die Formen auf den B-Karten durchgehends verwischter und entstellter sind, als die Formen
der A-Karten (siehe die Tabelle Beilage 3) und im Gegensatz zu diesen von unkundiger Hand ge-
schrieben sind, z. B. ist luste pmö (d. h. Promontorium) zu lustemö p. und ebenso optena pmon zu opfe-
namon p. verändert. Außerdem sind die Namen von Engronelant (nördlich von Norwegen) auf den
B-Karten offenbar durch eine Auswahl der Namen von Pillappelant (nördlich von Norwegen) und ;
Gronelandia (westlich von Island) auf den A-Karten entstanden. Es sind also mehrere übrigens
teilweise schon von Storm und Fischer aufgestellte Gründe zur Annahme vorhanden, daß die
A-Gruppe eine ältere Bedaktion als die B-Gruppe bezeichnet, eine Annahme, von der man im voraus
nicht überzeugt sein konnte, weil nur eine der betreffenden Handschriften eine Datierung enthält, oder
vielmehr enthalten hat (B3).
Da die zu Nicolaus Germanus' B-Gruppe gehörigen Handschriften überhaupt die einzigen
sind, in denen sich eine Nordlandskarte des B-Typus befindet, die beweislich älter ist und unabhängig j
von den Ulmer Ausgaben, darf man annebmen, daß Nicolaus Germanus durch Bearbeitung des
A-Typus den B-Typus geschaffen hat. Zu diesem Kesultat kommt auch Fischer auf Basis der
Wolfegger Handschrift (B3), der einzigen ihm von den Handschriften der B-Gruppe bekannten 1). Der
Fund der beiden anderen aus Nicolaus Germanus' Werkstatt hervorgegangenen Handschriften der- J
selben Gruppe kann nur dazu dienen, diese Annahme zu bestärken.
Betrachten wir die Tabelle der Namen auf den älteren A- und B-Karten, so geht es deutlich
.... . .
hervor, daß Martellus' Karte (Ax) eine selbständige Überlieferung vom Original der A-Karten '
bezeichnet, Nicolaus Germanus' Karten A, — A5, die ebenfalls jede für sich nach dem Original I
kopiert sind, durch gegenseitiges Supplieren eine andere selbständige Überlieferung, während Bi — B2
eine augenscheinlich willkürliche Bearbeitung bilden, die in derselben Werkstatt aber von einer anderen
Hand ausgeführt sind, B3 ist schließlich ein noch entstellteres Exemplar dieser B-Redaktion. Trotzdem
') Fischer, l. c. S. 85 tf.
Die Karten des A- und B-Typus.
27
kann nachgewiesen werden, daß Bt — B3 direkt zu demselben Original zurückzuführen sind wie A2 — A5 ;
denn in einigen Punkten sind diese B-Karten besser als die A-Karten. Sie haben z. 15. öbenro statt
oberon (Aabenraa, Apeurade), cobename statt ohename (Köbenha"vn, Kopenhagen) und für die Stadt
Asseus auf Füuen haben sie wie Al aspres, das auf A2 — A5 fehlt. Die durch Bl — B3 bezeichnete
Redaktion kann also nicht zur Seite geschoben werden.
Eine andere Frage ist die: wann ist der Zeitpunkt dieser Redaktionen ? Wie Fischer nach-
gewiesen hat, sind die beiden hier erwähnten nämlich nicht die einzigen von Nicolaus Germanus
vorgenommenen l). Es findet sich eine dritte, die durch drei Handschriften repräsentiert ist : eine in
Modena vom Jahre 146G, eine in Paris (Bibliotheque Nationale, fonds latin 4805) 2), welche dieselbe
Dedikation an deu Herzog Borso von Este enthält, die sich in A2 befindet, und eine in Nürnberg,
beschrieben von Rai de l3). In dieser dritten Redaktion finden sich nur die 2l alten Ptolemäischen
Karten, während sich in der A-Redaktion auller der A-Karte noch zwei derjenigen tabulae modernae
befinden, welche wir bei Martellus und in den beiden vatikanischen Handschriften von 1469 und
1472 fanden (d. h. die von Spanien und Italien), und in der B-Redaktion außer diesen und der B-Karte
noch ein oder zwei, nämlich von Frankreich und dem Heiligen Lande 4). Mit gutem Recht betrachtet
Fischer deshalb diese dritte Redaktion ohne Nordlandskarte oder andere tabulae modernae für die
älteste und stellt darum als sichere Zeitgrenzen für die A- und B-Redaktionen die Jahre 1466 (erste
Redaktion) und 14S2 (Ulmer Ausgabe) auf; bei der Bestimmung innerhalb dieser Grenzen stößt er
jedoch auf eine Schwierigkeit, die er zu lösen sich nicht imstande sieht. Da die Dedikation an
Paul II. dessen päpstliches Regiment von 1464 — 71 dauerte, nur in den A-Redaktionen (A3 — A5)
vorkommt, muß man annehmen, daß diese aus der Zeit vor 1471 stammt, und diese Annahme wird
dadurch bestärkt, daß Herzog Borso, dem das vierte Exemplar dieser Redaktion (A2) dediziert ist,
im selben Jahre 1471 wie Paul II starb. Auf sämtlichen Karten dieser Redaktion (A2 — A5) ist
indessen Holstein von den es umgebenden Ländern durch rote Linien von Meer zu Meer begrenzt, mit
einem besonderen Farbentone überlegt und mit der Aufschrift ducatvs elfacie versehen. Nun wurde
Holstein aber erst im Jahre 1474 ein Herzogtum, also kann die zweite Redaktion erst nach dem
Jahre 1474 vollendet worden sein; denn so wie die Aufschrift ducatus elfacie ausgeführt ist (in Rubrik
mit goldenen Buchstaben wie die anderen Ländernamen), kann sie keine spätere Hinzufügung sein.
Wir geraten daher ebenso wie Fischer in das Dilemma, daß die A-Redaktion vor das Jahr 1471
und doch nach 1474 verlegt werden muß 5). Wir halten hier eigentlich nur eine Erklärung für
denkbar. Daß die Nordlandskarten A2 — A- nach dem Jahre 1474 ausgearbeitet sind, muß nach dem
Dargelegten für überwiegend wahrscheinlich angesehen werden, selbst wenn die Verhandlungen über
die Errichtung des Herzogtumes von etwas älterem Dato sein sollten : und daß die Dedikationen an
Paul II und Herzog Borso vornan in denselben Handschriften spätestens im Jahre 1471 nieder-
geschrieben sind, darf nicht bezweifelt werden. Rein logisch betrachtet, muß also die Ausarbeitung
dieser vier Handschriften spätestens 1471 angefangen, jedoch nicht vor 1474 zur Eintragung der
Nordlandskarte gelangt sein. So logisch die zu dieser Konklusion führenden Schlußfolgerungen auch
sind, so hätten wir sie doch kaum zu ziehen gewagt, wenn wir nicht mit gutem Grunde vermuten
könnten, daß alle vier Handschriften gleichzeitig ausgearbeitet seien. Nicht allein die Technik, die
Miniaturen des Titelblattes, die charakteristischen Verzierungen an den Ecken der Karten und die
dabei angewandten Farben stimmen überein, sondern was viel mehr bedeutet, bei der oben erwähnten
') Fischer. 1. c. S. 78.
l) Cat. Codd. Mss. Bibl. Regiae, Pars III, Tom. IV, S. 2. Vgl. Fischer, l. c. S. 78. — Codd. lat. V. F. 32
und V. F. 33 in Museo Borbonico in Napoli gehören vielleicht zu derselben Redaktion ; namentlich V. F. 32 erinnert
stark an die sicheren Nicolaus Germanus-Hss.
3) Raidel, Commentatio critica, Norimbergae 1737, S. 26 11.
4) Daß die B-Redaktion mehrere tabulae modernae als die A-Redaktion enthält, deutet natürlich darauf
daß letztere die ältere, jene die jüngere sei.
s) Fischer, l. c. S. 80.
4*
1>S
Kapitel II.
Aufschrift auf Holstein ducatus el/acie siud die goldeueu Buchstaben bei el/'acie mit Hilfe von zwei
schwarzen Tintenstricheu zu olfatie verändert, und diese Berichtigung ist in allen vier Handschriften
A2 — A5 in ganz derselben Weise ausgeführt. Diese Korrektion, die man früher nicht bemerkt hat —
sie ist an den Reproduktionen auch nicht zu erkennen *) — beweist, daß alle vier Handschriften sich
vor ihrer schließlichen Vollendung gleichzeitig bei dem Herausgeber Nicolaus Germanus befanden.
Daß über drei Jahre von dem Augenblick an vergangen sind, seit die Vorreden niedergeschrieben
sind, der ganze Ptolemäus-Text fertig geschrieben und die sieben Tafeln vor der Nordlandskarte aus-
gearbeitet waren, kann uns eigentlich nicht Wunder nehmen, namentlich mit Betracht auf die hübsche
Schrift, die reiche Koloration und die übrige feine Ausstattung.
In diesem Zusammenhange wäre es angebracht auf einen Umstand aufmerksam zu machen,
der eine passende Erklärung in der Entstehungsweise finden könnte, die wir hier betreffs der zweiten
Redaktion angenommen haben. In den beiden Handschriften der B-Redaktion, welche die Karten Bx
und B2 enthalten, hat Nicolaus Germanus die Dedikation und die Einleitung in blanco stehen
lassen, während die Miniaturen, die wie gewöhnlich die erste Seite der Einleitung schmücken
sollten, ausgeführt sind. Dieses könnte nun derart aufgefaßt werden, daß er seine Vorreden nicht an
bestimmte Personen richten wollte, ehe er ganz sicher war, ob dieselben auch in deren Hände gelangten,
eine Vorsicht, die um so erklärlicher, wenn unsre Annahme richtig ist, daß sowohl Papst Paul als
Herzog Bor so während der Ausarbeitung der an sie gerichteten Handschriften der vorigen Redaktion
starben; denn Nicolau s' Tätigkeit ist, woraufhin Fischers Forschungen auch deuten, augenschein-
lich ganz fabrikmäßig betrieben worden.
Diese ganze Theorie über die Zeitbestimmung wird übrigens leicht ins Schwanken geraten
durch die Datierung, die sich hinten in der Wolfegger-Handschrift (B3) befindet: [mej scripsit llorentiae
finiuitque Octubris 4. 1468 2). Diese Unterschrift ist nun freilich wegradiert, vielleicht sogar von
Nicolaus Germanus selbst, weil sie in der Handschrift ungültig war, zu welcher das betreffende
Pergamentblatt jetzt gehört. Überhaupt ist eine annullierte Subskription eine höchst zweideutige Quelle
und namentlich fast wertlos, wenn das betreffende Blatt von einer Stelle stammt, wo man ganz fabrik-
mäßig gearbeitet hat und immer wieder Abschriften von ein und demselben Text geliefert und diesen
für Geld verkauft hat. Zudem war das Pargament so teuer, daß man dies nicht kassierte, weil etwas
in dem Augenblick ungültiges darauf stand; man schabte und wusch die Pergamentblätter, aber man
warf sie nicht weg. Wenn Jos. Fischer in einem Briefe an uns, gleichzeitig indem er uns freund-
lichst über die Datierung aufklärt, mit den Worten schließt: „Die Rezension A ist deshalb 1467 anzu-
setzen," so wagen wir uns diesem Ausspruche nicht unbedingt anzuschließen, selbst wenn wir es für
möglich halten könnten, daß in Nicolaus G er m an us' Werkstatt so anhaltend gearbeitet sein sollte,
daß es ihm in drei aufeinander folgenden Jahren — 1466, 1467 und 1468 — gelungen sein sollte,
drei Redaktionen dieses umfangreichen Werkes mit seinen vielen Tafeln und seiner kostbaren Aus-
stattung zu liefern, jede Redaktion sogar in wenigstens drei bis vier Exemplaren. Fischer fährt
fort: „Die Legende ducatus olfatie war im Jahre 1467 noch nicht berechtigt, aber ist vielleicht durch
frühere Verhandlungen erklärlich. Weil irrig, blieb 1468 die Bezeichnung ducatus weg, ein Umstand,
der (sonst) schwer zu erklären ist, wenn man die Bezeichnung ducatus olfatie 1474 ansetzt und die
Rezension B später.'' Aber dies Raisonnement hält nicht Stich; denn ducatus ist nur auf B2 und B3
ausgelassen; auf Bx, die in jeder Beziehung das Gepräge trägt, mit den beiden andern zugleich aus-
gearbeitet zu sein, findet sich die Bezeichnung ducatus, und das Auslassen derselben auf den beiden
andern Karten ist eher der Tatsache zuzuschreiben, daß die B-Karten überhaupt nicht so genau wie
die A-Karten sind.
') Weder aus Nordenskiölds Beschreibung der Zarnoiski-Karte (A3) noch aus dessen Reproduktion geht
es hervor, wie die Korrektur auf der Karte gemacht worden ist. Von Seiten der Direktion der Zamoiskischen
Majoratsbibliothek erhielten wir aber die gütige Mitteilung, daß die Korrektur auf Äa durchaus auf dieselbe Weise
wie auf den uns durch Autopsie bekannten A2, A4 und A6 gemacht worden ist.
2) Vgl. oben S. 22.
Die Karten des A- und B-Typus.
L".l
Das Entscheidende ist also, ob man der Bezeichnung dueatus für Holstein oder der Datierung
in der Wolfegger Handschrift die größte Bedeutung beilegen will. Behauptet man die Gültigkeit der
Datierung mit Bezug auf die B3- Karte, so muß man das Wort dueatus sowohl für die A- als für die
B-Redaktion wegerkläreu, oder auch B3 für ins Jahr 1408 gehörig erklären, B2 für älter als 1474-
A2 — A- und Bl für jünger als 1474- Letzteres geht aber kaum, da die B-Redaktion nach allen
Kriterien jünger sein muß als die A-Redaktion; darauf deutet auch bestimmt die Form olfacia oder
otfacia auf den B-Karten, d. h. die Form, welche der Name erst durch die Korrektur f in f auf den
A-Karteu erhielt.
Hält man am einzig natürlichen Verständnis des Wortes dueatus fest, so muß man die
Datierung in der Wolfegger Handschrift wegerklären und mit dem Resultat schließen, zu dem wir
gelangten, ehe wir über die Existenz der Datierung orientiert waren, daß nämlich „Nicolaus Ger-
manus' erste Ptolemäus-Redaktion 1466 abgeschlossen war, daß die zweite (die
A-Redaktion) vor 1471 angefangen und nach 1474 abgeschlossen war, die dritte (die
B-Redaktion) erst nach 1474 angefangen, aber vor 1482 abgeschlossen war." Jos.
Fischer wird es wahrscheinlich vorziehen, das Wort dueatus wegzuerklären ; wir sind dagegen zunächst
geneigt, die Datierung wegzuerklären und an unserm früheren Resultat festzuhalten.
A6.
Die letzte der A-Karten nimmt eine Sonderstellung ein, indem sie nicht wie die andern hand-
schriftlichen A-Karten einer Ptolemäus-Handschrift, sondern einer Handschrift von Bondelmontes
Beschreibung der Kykladen beigefügt ist i). Gerade dieser Umstand bewirkte, daß diese Karte dazu
berufen wurde, eine Rolle bu der Bestimmung von der Entstehung der A-Karten zu spielen, indem
Nordenskiöld, ohne übrigens die betreffende Handschrift genauer untersucht zu haben, die Hypo-
these aufstellte, daß Ax — von der er A(; für eine direkte Kopie hielt — „eine unveränderte Kopie oder
lieber Übersetzung der skandinavisch - byzantinischen Originalurkunde " 2) sei, welche Bondelmonte
in einer griechischen Ptolemäus-Handschrift von seiner Reise im griechischen Archipelagus mitgebracht
[ hatte. Für die Geschichte der A-Karten ist es daher trotz der auffälligen Flüchtigkeit in Norden-
skiölds Gedankengang von gewisser Bedeutung zu konstatieren, was die Handschrift, in der sich A6
befindet, eigentlich enthält.
Die Bondelmonte-Handschrift ist von Papier (Bl. 1 jedoch aus Pergament), hat 74 numerierte
Folien und 2 unnumerierte ; sie enthält auf fol. lr einige geographische Notizen über Italien und Griechen-
land auf italienisch, fol. lv einen 6-linigen Vers in Kapitalschrift3), 2r — 47v den lateinischen Bondelmonte-
Text von einer Hand aus dem 15- Jahrhundert geschrieben.
Wo der Bondelmonte-Text schließt, ist von derselben Hand fol. 48r — 49v eine Beschreibung von
Kypern hinzugefügt. Der Anfang des Bondelmonte-Textes ist der gewöhnliche. Den fast unleserlichen Schluß
hat Rostagno gedeutet durch Vergleich mit Cod. Gaddianus 60 in der Biblioteca Laurenziana. Derjenige,
welcher den Text in der AB -Handschrift geschrieben, hat einen Platz für die Karten frei stehen lassen, ganz
wie im Cod. Gaddian. 60; aber während die Karten im letzten beständig fehlen, sind sie in der Au-Hs.
von einer andern Hand hinzugefügt, die außerdem den Text durch verschiedene Einschiebungen und Rand-
noten von recht erheblichem Umfange vermehrt hat.
Jos. Fischer hat uns darauf aufmerksam gemacht, daß es Henricus Martellus sein
muß, welcher die Ay -Karte gezeichnet hat, weil deren Technik in verschiedener Weise der in At
ähnelt; namentlich hob Fischer die kegelförmig abgestumpften Berge hervor. Diese Annnahme
Fischers wird aufs vollständigste bekräftigt, wenn man, wie wir es jetzt getan haben, die A6-Hs.
nicht allein mit der Ax-Hs. vergleicht, sondern auch mit Martellus' Insularium, wie dies im Cod.
') im Jahre 1420 kam Bondelmonte nach einem mehrjährigen Aufenthalt im griechischen Archipelagus
nach Italien zurück. Vgl. E. Legrand, Dhcription ies lies de l'archipel par Christophe Buondelmonti, Paris 1897,
S. XXI— XXVI.
2) Nordenskiöld, Periplus, S. 177.
3) Abgedruckt von Bandini, Cut. <'<>dd. lat. Bibl. Laureut. LI, 41.
30
Kapitel II.
Addit. 15760 im British Museum und im Cod. Vossian. 23, 2" in der Universitätsbibliothek in
Leiden vorliegt.
Durch diesen Vergleich zeigt es sich nämlich sogleich, daß Cod. Laurent. 29, 25 (A6-Hs.)
ganz einfach die Arbeitshandschrift ist, der Martellus sich bedient hat, um auf Grundlage des Bon-
delmonte-Textes Material zu seinem eigenen Insularium zu sammeln. Es ist Martellus selbst, der
die Karten über die Kykladen in dieser Handschrift gezeichnet hat: er ist es, der die Randnoten hin-
zugefügt sowie die Einschiebungen in den Text gemacht. Sowohl die Randnoten als die Einschiebungen
finden sich nämlich wiederholt in seinem fertigen Insularientext. Während die Texte in der At-Hs.
sowie in den beiden Insularien-Handschriften von einer der wohlbekannten zierlichen aber charakterlosen
italienischen Schönschrifthänden vom Schluß des 15. Jahrhunderts geschrieben sind, so sind in allen
drei Handschriften die Karten von derselben charaktervolleren, aber, orthographisch gesehen, weniger
geübten Hand gezeichnet, die Text und Karte in der Bondelmonte-Handschrift hinzugefügt hat, und
diese Hand muß also Martellus' eigene sein.
Weder in den A6-Hs. noch im Insularium beschränkt Martellus sich jedoch auf die Be-
arbeitung von Bondelmontes Beschreibung der Kykladen und auf die Erweiterung derselben mit
Zitaten aus den Klassikern und neueren Autoren; er fügt eine Reihe von Karten und Beschreibungen
hinzu, welche zum Teil mit denen in der A1-Hs. erwähnten tabulae modernae zusammenfallen.
Fol. 49v, gleich nach der Beschreibung von Kypern, schreibt Martellus:
1 . {Item post Cypri insule seqilüur descriptio terre sanctey l) et immediate sequitur Sicilia insula | que
paucis absoluemus.
2. Cursica.
3. Sardignia [!].
4. MaioricU minorica.
5. Albion siue briUtnica insula.
6. et taprobana.
7. Italia. 2)
8. hispania.
9. galliu.
10. germania. [!]
11. Noruegia siue gottia.
1 2. Oretia.
12.
Asia
minor pen insula.
14.
Universalis totus habitabilis id est forma [!] mundj.
Auf
diese Einschiebung, die offenbar Martellus' Register über die folgenden Karten ist, folgt
1.
fol.
ö0r
Kartenskizze von Kypern.
2.
50v
Beschreibung von Sardinien (teils erste, teils (Schluß) Martellus' Hand).
3.
»
51r
Beschreibung von Sicilien (ebenfalls).
4.
51v-
— 52r Kartenskizzen von Sardinien und Sicilien (Martellus' Hand).
5.
»
52v
Beschreibung von Korsica (erste Hand und Martellus' Hand).
6.
53r
Karte von Korsica (Martellus).
7.
>
53v
unfertige Kartenskizze von Majorca und Minorca (Martellus).
541'
leer.
8.
»
54Y
Beschreibung von Majorca und Minorca (Martellus).
9.
»
55r
Karte von Majorca und Minorca (Martellus).
»
55v-
-56r leer.
10.
»
56v-
— 57r Karte von Kreta (Martellus).
1 1.
»
57T-
— 58r Beschreibung des Heiligen Landes (erste Hand).
12.
»
58v-
— 591' Karte vom Heiligen Lande (Martellus).
13.
»
59v
Auszug aus Tacitus' Mitteilungen über das Heilige Land (Martellus).
»
601'
leer.
') Die Worte in <()> sind später ausradiert worden, jedoch so, daß sie noch leicht leserlich sind.
2) Über das Wort Italia hat Martellus (oder vielleicht eine dritte Hand) die Worte terra sancta
hineinget'ügt.
Die Karten des A- und B-Typus.
31
14. fol. 60v — 61'' Karte von Westeuropa mit einem Teil von Jütlands Westküste, Kopie nach einer Kompali-
karte (Härtel lus).
, 61 v — 62r leer.
15. » 62v — 63r Karte vom Mittelmeer, Kopie nach einer Kompaßkarte (Martellus).
» 63T— 64r leer.
16. » 64v — 651' Karte vom Schwarzen Meer, Kopie nach einer Kompaßkarte (Martellus).
17. » 65v — 66r Nordlandskarte Ae (Martellus).
18. » 66v — 671" Weltkartenskizze in Ptolemäus' Projektion a6 x) (Martellus).
19- » 67v — 68r Beschreibung von Großbritannien und Irland (erste Hand und Martellus).
20. » 68v Kartenskizze von Großbritannien und Irland (Martellus),
21. » 69r Kartenskizze von England und Schottland (Martellus).
22. » 69v Kartenentwurf vom Kaspischen Meer (Martellus).
23. » 70r Kartenentwurf von Irland, auf dem neben lacus fortunatus die den Kompaßkarten entnommene
Legende Insule in isto lacu sunt in numero CCCLXVIII steht (Martellus).
24. » 70v Kartenskizze von Korsica (Martellus).
» 7 1 r leer.
25. » 71Y Kartenskizze von Rhodus (Martellus).
26. » 71 A — B enthält nur einen Umriß zweier Inseln, bei denen der Name Formentera steht (Martellus).
27. » 72r— T Beschreibung von Taprobane (erste Hanl).
28. » 7 3r Karte von Taprobane (Martellus).
„ 7 3v leer.
29. » 741' Karte von Cinpangu insula, d. h. Japan (Martellus).
„ 74v leer.
Aus diesem Inhaltsverzeichnis geht deutlich hervor, daß die erste Hand, nachdem sie den
Bondelmonte-Text abgeschlossen, mehrere Beschreibungen von den in demselben geschilderten Ländern
hinzugefügt hat, und daß der Bondelmonte-Text ein vollendetes Ganze ausmacht, während Martellus'
Hinzufügungen hier und da auf den zur Eintragung d?r Karten leer gebliebenen Stellen eingeschoben
sind. Die hinzugefügten Karten und Beschreibungen sind von allen möglichen Quellen herbeigeholt
und haben oft einen vom Bondelmonte-Text und seinen Karten durchaus abweichenden Charakter.
Während dieser verhältnismäßig ordentlich geschrieben ist, so sind die Hinzufügungen durchgehends
sein- nachlässig ausgeführt, die hinzugefügten Karten sind entweder ganz unkoloriert oder das Kolo-
rieren ist sehr fahrlässig und ungenügend vorgenommen und die Technik, die Wahl der Farben, ja
sogar die Schrift der Namen ist deutlich von der Quelle beeinflußt, der die betreffende Karte entnommen
ist. Alles deutet bestimmt auf die Arbeitshandschrift.
Unter diesen Verhältnissen kann Nordenskiölds Hypothese, daß die Al -Karte, oder die
A(; -Karte hier, der lateinische Prototypus für den A-Typus sei, nicht standhalten; denn mit demselben
Recht könnte man sagen, daß alle andern Hinzufügungen des Martellus in den A:- und A6 -Hand-
schriften, die unwiderlegbar von lateinischen oder italienischen Quellen stammen — Plinius, Tacitus,
italienischen Kompaßkarten und tabulae modernae aus Ptolemäus-Ausgaben (über Gallien, Italien und
Spanien) — von Bondelmonte nach Italien überführt seien.
Eine gründliche Untersuchung von Martellus' A6- Karte wird auch zeigen, daß sie keine
direkte Kopie von der originalen A-Karte sein kann. Sie ist nämlich jedenfalls von zwei A-Karten
abhängig, von denen die eine eine von Nicolaus Germanus' Kopien ist, die andere eine Karte,
die Martellus' At -Karte näher steht. Dies geht daraus hervor, daß die UnÜbereinstimmungen, welche
durchs Kopieren zwischen Nicolaus Germanus' und den andern A-Karten entstanden sind.
') Diese Weltkarte muß von derselben Zeit sein wie die Weltkarte im Insularium, d. h. nach dem Jahre
1487 (Rückkehr des Bartolom eo Diaz); sie ist in derselben Projektion gezeichnet, enthält an der Südspitze von
Afrika dieselben Namen wie jene (c. de speranza, golfo de past+rj, u. s. w. bis ilha de fonti), und ebenso auf der
Ostküste (raptwm Promontorium und prassum Promontorium ). In einer Beziehung weicht sie aber von der Karte im
Insularium ab; sie zeichnet nämlich südöstlich von Afrika eine große Insel ohne Namen (Madagaskar?). Die Welt-
karte hat auch die eigentümlich gewundene Einrahmung, die wir von der Weltkarte im Insularium kennen und
die dem Martellus eigen ist.
32
Kapitel II.
Naniensverdopplungen auf der Aß- Karte veranlaßt haben. Während die beiden nördlichsten
Namen der Üstküste Grönlands auf Martellus' Ax -Karte südlich vom Polarkreise liegen und die
Formen ther Promontorium und heuer fluvius haben, sind sie auf Nicolaus Germanus* A-Karten
(A2 — A5) weit über den Polarkreis hinaus gerückt und haben die Formen ther promontoriu n und
boier (oder boger) fluvius. Auf der A6- Karte findet sich nun sowohl ther Promontorium und beuer
fluvius südlich vom Polarkreise als ther Promontorium und boier fluvius nördlich vom Polarkreise.
Dies kann nur durch eine Kombination von einer von Nicolaus Germanus' A-Karten mit eiuer
andern von ihm unabhängigen A-Karte entstanden sein. Eine ähnliche Namensverdopplung hat Afi
für die Stadt Slagelse (lat. slaglosiu) auf Seeland, indem sie sowohl wie At slaglo als wie A2 — A5
floglosia gibt. Andere Namensverdopplungen — oder Dittographien — hat Aß für Skälholt auf Island,
nämlich steloch wie Ax (A2 — A5 haben stelonck) neben einem undeutlichen stalodin (?), das sonst nicht
vorkommt, aber dem wirklichen Namen scalotensis näher liegt. Für Vendsyssel (nördlichster Teil von
Jütland, auf den A-Karten als Stadt betrachtet) hat A6 ferner uindesusel wie Nicola us und die
viel bessere Form uendesusel, die sonst nicht vorkommt, während At das verdorbene andesusel hat.
Für ein Vorgebirge auf Westgrönland hat Aß sadi Promontorium wie Nicolaus Germanus und
ladi Promontorium; der Name fehlt auf A1. Eine Abhängigkeit von Nicolaus Germanus' Karten
scheint auch bei der Anbringung der Wörter ultimus terre terminus habitabilis an verschiedenen
Orten im nördlichsten Grönland stattzufinden. Zeichen dieser Abhängigkeit siud außerdem die trapez-
förmige Projektion, in der Afi gezeichnet ist. und der Name von Holstein ducatus elfacie (vgl. oben
S. 27—28) i).
Diese Beispiele machen es einleuchtend, daß Martellus' A(;- Karte nach zwei älteren Karten
zusammengestellt ist, von denen die eine sicherlich von Nicolaus Germanus stammt, gleichzeitig
aber, daß sie nicht allein von seiner und von der Ax- Karte abhängig ist. Die für Aß speziellen
Formen für Skälholt und Vendsyssel, die sicherlich dem Urtypus am nächsten kommen, ferner die
beiden Namen ici fluvius nördlich von Trondhjem (Drontheim) und nerf fluvius im südlichen Grön-
land, die nicht als Dubletten oder Dittographien erklärt werden können und nur auf Aß vorkommen,
zeigen, daß diese Karte in verschiedener Beziehung eine selbständige und zugleich gute Uberlieferung
bildet, so daß wir um zum Urtypus zu gelangen, alle sechs handschriftlichen A-Karten in Betracht
ziehen müssen und nicht Aß zur Seite schieben dürfen
Nach allem bis jetzt Dargelegten wird die chronologische Beihenfolge der A-Karten als einiger-
maßen sicher angesehen werden können. A2 — A5 sind die ältesten, seien sie nun zirka 1467 gezeichnet
oder, wie wir noch immer annehmen möchten, im Zeitraum von 1471 — 1474; At ist etwas jünger,
steht aber doch entschieden dem Originale näher; Aß ist die jüngste Karte (nach 1487) und beruht auf
einer Kompilation des Originals und einer der Karten A2 — A5.
Man wird jetzt einsehen, daß Henricus Martellus eiu wirklich bedeutender Kosmograph
zu nennen ist, wenn auch keiner von denen, die durch eigene Anschauung neue Bahnen für die
Geographie eröffnen. Er ist aber ein sehr fleißiger Kompilator gewesen, dessen Sammlungen, in An-
') Auch in der Technik ist A„ von Nicolaus Germ an us abhängig, indem die Städte nicht durch
Bilder von Häusern, Burgen oder Kircheu (wie sonst bei Martellus), sondern durch kleine mit roter Farbe aus-
gefüllte Kreise markiert werden. Auch die Einrahmung, die Gradeinteilung und die Randnoten mit Zonenangaben
erinnern vielfach an N i c o 1 a u s' Manier. Übrigens ist An in jeder Beziehung eine Skizze, die sehr schnell und nach-
lässig ausgeführt ist: Länder und Insel sind deshalb auch nicht koloriert; nur das Wasser ist mit dunkelblauer
Farbe angestrichen, wodurch öfters die im Wasser stehenden Namen unleserlich werden. Im Vergleich mit den
übrigen zierlichen A- und B-Karten bietet AK deshalb keinen ansprechenden Anblick, um so weniger, weil die untere
linke Ecke der Karte ausgelassen und rechts ein Papierstreifen angeklebt werden mußte, da die Karte für das kleine
Format der Handschrift viel zu groli war.
Die Karten des A- unrl B-Typus. ga
l betraclit seiner Zeit, ungewöhnlich umfangreich und für die Geschichte der Kartographie von beson-
ders großem Interesse sind. Es herrscht kein Zweifel darüber, daß Nicolaus Germanus, wenn
Martellus' Arbeiten dereinst ans Tageslicht gebracht sind, gegen diesen ganz in den Schatten
treten wird.
In den beiden florentinischen Handschriften wird das Interesse in erster Reihe durch die
modernen Handschriften in der Aj-Hs. gefesselt; ferner durch die dazugehörigen Beschreibungen über
t 1- Die Welt, 2- Großbritannien, 3. Spanien, 4. Frankreich, 5. Germanien, 6- Die Nordlande (unsre Bei-
lage 1), 7. Italien, 8. Die Balkanhalbinsel, 9- Kreta, 10- Kleinasien und 11. Palästina, von denen sich
mehrere, jedenfalls zum Teil in einem oder auch in beiden Insularien wiederfinden (Nr. 2, 7, 8, 9, ll)1).
[ Demnächst wird es aber zur Untersuchung von Martellus' Tätigkeit von besonderem Interesse seiu,
t daß wir in der x\6-Hs. sein Arbeitsmanuskript haben, welches wir mit seinen vollständigen Werken in
j den beiden Iusularien vergleichen können; in einer oder der andern Form ist nämlich das Material,
das in der Ae-Hs. gesammelt ist, in die Insularien übergegangen, deren Inhalt sich gegenseitig, trotz ver-
schiedenartiger Anordnung, einigermaßen deckt. Nur Nr. 8 (die Beschreibung von Majorca und Mi-
norca), Nr. 22 (Das Kaspische Meer) und Nr. 29 (Japan) scheinen in den Insularien zu fehlen. Hieraus
läßt sich ersehen, daß zu einer Behandlung des Martellus alle vier Handschriften (die beiden in
Firenze. die Londoner und die Leidener Handschrift) herangezogen werden müssen. Wir werden gewahr,
daß einer fehlenden Nordlandskarte in den Insularien nicht erwähnt wird; und dennoch haben wir
I keine A-Karte aus diesen anführen können. Dies findet darin seine natürliche Erklärung, daß sich
I wohl eine Nordlandskarte in den Insularien befindet, daß aber keine von ihnen die Nordlande voll-
ständig giebt. In der Londoner Handschrift umfaßt die Nordlandskarte nur die Skandinavische Halb-
I insel in der uns vom A- und B-Typus bekannten Gestalt, sowie den nördlichsten Teil von Jütland als
eine losgerissene Insel mit dem Namen Vendesis ( Tendsyssel). In der Leidener Handschrift befindet
sich dagegen eine Nordlandskarte, welche mit den A- und B-Karten durchaus übereinstimmt, nur daß
Island und Grönland darauf fehlen. Da nun die Lage dieser Länder darüber entscheidend ist, ob wir
eine A- oder B-Karte vor uns haben, muß man also sagen, daß die Nordlandskarten der Insularien
I zu keinem dieser Typen gehören, sondern nur ein Fragment von dem gemeinsamen Original der
I A- und B-Karten sind. Wenn wir in unserer Beilage 3 die Namen dieser beiden Karten nicht
| aufgenommen haben, so ist der Grund der, daß beide nicht allein auf dem Original der A- und B-Karten
fußen, sondern auch zahlreiche Namen und einzelne Geographica (wie z. B. die obengenannte Insel
Vendesis) einer ganz andern Quelle entnommen haben, ferner weil wir anderwärts in einer Aus-
I gäbe von bis jetzt noch nicht herausgegebenen Karten vom hohen Norden (A. A. Björnbo & Carl
j S. Petersen, Anecdota cartographica septentrionalia, Havniae (Kebenhavn) 1908) beide Karten als
Facs. II — III veröffentlicht und in einer Tabelle (Tab. 2 — 3) nachgewiesen haben, welche Namen von
derselben Quelle wie die A-Karten stammen, und welche anderswo entnommen sind. Gleichzeitig haben
wir gezeigt, daß diese andere Quelle, die kaum etwas andres als Nicolaus Cusanus' verlorene Ori-
ginalkarte sein kann, auch von Waldseemüller benutzt ist2), und daß mehrere ihrer Namen sieh
auf dem Teile von Dänemark wiederholen, der sich in der At-Hs. auf Martellus' Karte von
Germanien befindet. Auf dieser Karte, von deren deutschen Bestandteilen v. Wieser nachgewiesen
J hat, daß sie als die beste Wiedergabe des verlorenen Cusanusoriginals aufgefaßt werden müsse 3), findet
I man nämlich Jütland, die dänischen Inseln sowie die deutsche Küste genau in der von den A-
Karten her bekannten Gestalt, aber mit Namen versehen, die teils den A-Karten entsprechen, teils,
') In den Insularien findet man neben anderen Beschreibungen von Italien auch die des Nicolaus Ger-
manus (publiziert von Jos. Fischer, l. c. S. 115 — 116); da man in der ArHs. eine andere Beschreibung Italiens
findet, liegt die Annahme nahe, dafi Martellus erst, nachdem er die A,-Hs. fertig hatte, Kenntnis von Nicolaus
Germ anus' Arbeiten erhielt, und sie bei der Au-arbeitung des Insulariums benutzen konnte. Vgl. jedoch S. 43.
2) Vgl. auch die dänische Ausgabe dieses Werkes S. 203—205 (161—163).
3) Vgl. v. Wieser, Verhandlungen d. Ges. deu'&cher Naturforscher und Arztr, 11. Versainrnl., Leipzig 1906,
I II. T. S. 172.
Bjurubo u. Petersen, Claudius Clavus. 5
34
Kapitel 11.
wie schon gesagt, ebenso wie die fremden Namen auf den Nordlandskarten der beiden Insularien
von Cusanus herstammen. Eine ähnliche Karte von Germanien findet sich in dem in Leiden befind-
lichen Insularrum; auch auf dieser sind Jütland und eiuzelne Inseln vorhanden, jedoch fast ohne
Namen, so daß diese Karte mit Bezug auf die Nordlande kein Interesse hat.
Martellus ist ein unermüdlicher Kompilator gewesen. Außer Ptolemäus und zahlreichen
andern Klassikern hat er, wie wir schon haben nachweisen könuen, Bondelm onte benutzt, sowie
Nicolaus Germanus' Karten und dessen Beschreibung von Italien, Cusanus' Karte von Germanien,
mehrere Kompaßkarten, die originale A-Karte, sowie alle übrigen tabulae modernae; schließlich hat er
die neuesten portugiesischen Karten von Afrika benützen können und außerdem einige Stadtpläne (z. B.
eine von Konstantinopel im Insularium in London) von ganz derselben Art, wie man sie in den beiden
S. 23 Note 2 genannten Vatikanischen Handschriften und im Cod. Paris. 4802 findet.
— B7 .
Eine der ältesten dieser Karten ist sicherlich die Brüsseler Karte B4, die vor 1485 gezeichnet
ist. Gallois1) und N or dens kiöld 2) nehmen an, daß sie älter als Nicolaus Germanus' Karte
sei, weil sie in der äquidistanten Projektion gezeichnet ist. Fischer3), welcher persönlich die Karte
untersucht hat, behauptet, daß Kuelens recht hätte, wenn er annähme, sie sei eine Kopie von einer
Karte von Nicolaus Germanus' B-Bedaktion. Eine nähere Untersuchung der Niimenformen zeigt
indessen, daß sie eine Kopie der B-Karte in der Dimer Ausgabe 1482 ist. Sie hat nämlich Entstel-
lungen wie Einlant für Finlant. Falsterde für Falsterbede, Kiesol für Knesol, Wisbe für Uisbu — alles
dies Formen, die erst aufgekommen sind, als die Wolfegger Handschrift (B3) in der ersten Ulmer Aus-
gabe zum Druck wiederkopiert wurde. Daß die Karte in der äquidistanten Projektion gezeichnet ist,
wird in diesem Falle kein Beweis für die Unabhängigkeit von Nicolaus Germanus; denn trotz
des Unterschiedes in der Projektion zeigt das Gradnetz eine Abhängigkeit von dessen Karten. Auf
Clavus' Nanziger Karte und der Ax -Karte sind die Längengrade nämlich halb so lang angesetzt wie
die Breitengrade, und die Gradeinteilung für jeden Grad ausgeführt. Bei Nicolaus Germanus da-
gegen werden nur die mit 5 teilbaren Längengraden abgetragen, während das Verhältnis zwischen
Längen- und Breitengraden wegen der Trapezform der Karte wechselt. Auf der Brüsseler Karte sind
gerade nur die mit 5 teilbaren Längengrade angesetzt und das Verhältnis zwischen Längen- und
Breitengraden ist nicht wie bei Clavus und Henricus Martellus 1 zu 2, sondern 108 zu 125. Die
Abhängigkeit von Nicolaus Germanus geht auch aus der auf der Brüsseler Karte angewandten
Art und Weise hervor, die Gradzahl mitten zwischen die Teilungsstriche und nicht dicht an diese
heran zu schreiben.
Die Karte B5 in Johannes de Krickenborchs Ptolemäus-Handschrift hat Prof. J. L.
Heiberg gütigst für uns untersucht, und später haben wir selbst Gelegenheit gehabt die Handschrift
einzusehen. Aus diesen Untersuchungen geht hervor, daß dieselbe eine gewöhnliche in Nicolaus
Germanus' Projektion gezeichnete B-Karte ist. Daß sie ferner eine Kopie der gedruckten Ulmer
Karte ist , zeigen die für diese charakteristischen Namenentstellungen : Flautena für Offlondena 4),
Otfacia für Olfacia, Falsterde für Falsterbede, Einlant für Finlant, Wisbe für Uisbu u. s. w.
(vgl. oben).
') L. Gallois, Les g&ographes allemands de la renaisscmce, Paris 1890, S. 20.
2) Nordenskiöld, Facsimile-Atlas, S. 56.
3) Fischer, l. c. S. 85, Note 2.
4) Als Kriterium der direkten Abhängigkeit ist der Name Flautena unsicher; denn diese Namenform
fand sich, wie es scheint, auch auf Nicolaus Cusanus' Karte, die mehrere Namen der Ulmer Karte mitnimmt.
Vgl. Björnbo & Petersen, Anecdota cartographica, Tab. II— III. Auf der Nordlandskarte in Martellus' Insu-
larium (Cod. Addit. 15760) findet sich z. B. flautena neben der richtigeren Form offlandena (= Uplandene), wo die
erste Form wahrscheinlich der Cusanus-Karte und nicht der Ulmer Karte entnommen ist.
Die Karten des A- und B-Typus.
35
Die in der Universitätsbibliothek zu Kjbenhavn aufbewahrte Karte (B6) ist ebenfalls ei'ie Kopie
von der Karte in einer der Ulmer Ausgaben. Zusammen mit zwei andern, von derselben Hand ge-
zeichneten handschriftlichen Karten ist sie vorn in eine Sammlung von gedruckten Karten von Skan-
diuavien eingefügt. Die erste dieser drei Karten ist, wie eine ßleistiftinskription auf der Kückseite der
Karte angiebt, die Kopie einer Nordlandskarte in Olaus Magnus' Historia gentium septentrionalium
1567 ; von der dritten heißt es in derselben Weise, dal] sie eine Kopie von der ihr entsprechenden
Karte iu der Ausgabe von 1555 sei; die mittlere ist die hier besprochene Karte B6 und hat auf der
Rückseite die Bleistiftinskription: „Copie af Cl. Ptolomaei Cosmogr. Ed. Ulmi 1482." Daß diese Angabe
richtig ist, zeigt erstens die Projektion, welche die des Nicolaus Germanus ist, zweitens die Größeu-
verhältnisse der Karte 58, 5 X 32, 5 cm, beinahe ganz dieselben wie die der Ulmer Karten 58, 4 X
32, 6 cm und schließlich die Naruenforinen , welche die Entstellungen der Ulmer Karte in einer
durchgehends noch entstellteren Gestalt wiedergeben. Als Beispiel läßt sich anführen: Einlernt für
Finlant, Hicsol für Knesol (1482: Kiesol), Ottackt für Otfacia, Hodie für Hedre, Flaukria für Flautena,
Holvelant für Ho/relant, Jsadaros für Nadar und Os, Lucie für Tirie — und so ferner. Daß die Karte
eine späte Kopie aus dem 16. oder 17. Jahrhundert ist, geht daraus hervor, daß sie von derselben
Hand wie die Kopia der Olaus Magnus Karte von 1567 gezeichnet ist. Abgesehen von dem histori-
schen Interesse, das sich an diese Karte durch deren Erwähnung in Zahrtmanns ausgezeichneter
Abhandlung 2) über die Reisen der Zenier knüpft, ist sie wertlos.
Uber die Karte B7 können wir uns in Kürze fassen. Sie ist eine sehr verkleinerte Kopie
der B- Karte in der Ulmer Ausgabe 1486 und nimmt nur die wichtigsten Namen derselben mit. Daß
gerade die Ausgabe 1486 benutzt ist, zeigt der auf der Rückseite der Karte (fol. 211v) und auf ein
darauf folgendes halbes Folio aufgenommene Text (die Namen der B-Karten mit Längen und Breiten),
welche nämlich ein Auszug von zwei, später zu erwähnenden Texteinschiebungen in der Ausgabe von
1486 ist (vgl. Kapitel IV). Ob die in derselben Handschrift aufgenommenen 9 Tafeln von Germanien
(fol. 235 — 39) irgend welches Interesse haben, lassen wir dahin gestellt sein. Die Nordlandskarte nebst
Beschreibung gehört jedenfalls einer späteren Zeit (ca. 1525) an und ist wertlos.
Diese beiden Weltkarten, die der Schweizer Henricus Glareanus auf lose Blätter gezeichnet
hat, sind später iu Exemplare eingebunden von respektive Waldseemüllers Cosmogr aphiae Intro-
duetio, Deodatae 1507, und Ptolemäus' Geographie, Ulm- 1482. Jos. Fischer und v. Wieser be-
weisen in ihrem bekannten Werke: Die älteste Karte mit dem Namen Amerika aus dem Jahre 1507
und die Carta marina aus dem Jahre 1516 des M. Waldseemüller ■, Innsbruck 1903, S. 9 — 10, daß
beide Karten des Glareanus Kopien von Waldseemüllers großer im Holzschnitt ausgeführter Welt-
karte vom Jahre 1507 sind. Nachdem diese letztere wiedergefunden ist, hat Glareanus' Karte jeg-
lichen Wert als Quelle verloren. Was übrigens Walsdeemüllers Karte von 1507 betrifft, so kann be-
treffs der Nordlande leicht nachgewiesen werden, daß sie eine Kopie der gedruckten B-Karte in der
Ulmer Ausgabe ist. Als Beweis genügt, daß sie Emlant (oder Einlant) für Finlant und Otfacia für
Olfacia hat.
Wir haben jetzt die uns bekannten handschriftlichen Nordlandskarten des A- und B-Typus
durchgenommen. Daß dieselben alle auf ein und dasselbe Original zurückzuführen sind, darüber hat
immer nur eine Meinung geherrscht, und ist dies auch für Jeden, der nur einen Blick auf die Länder-
umrisse und den Namenvorrat der verschiedenen Karten wirft, so einleuchtend, daß eine nähere Be-
weisführung davon überflüßig sein würde. Zu einer jedenfalls annähernden Bestimmung der Ent-
') Diese Dimensionen bedeuten Höhe und unteren Rand der Karte.
») Vgl. oben S. 20.
5*
36
Kapitel 11.
stehungszeit dieses Originals ist es gewiß möglich durch ein genaueres Studium der Kopien zu gelangen.
Die Namenmenge ist so umfassend, daß eine sprachliche und historische Untersuchung doch wohl zu
einem Resultat führen muß. Eine solche Prüfung ist indes nur von Storni1) vorgenommen worden;
seine Resultate werden aber gewiß wesentlich verschärft werden können. So lange man nämlich, wie
er, nur eine einzelne Karte (die Zamoiskikarte) zur Verfügung hatte, war eine derartige Untersuchung
schwierig; man hatte kein Mittel um zu entscheiden, welche Ortsnamen dem Original entnommen
waren und von welchen man annehmen konnte, daß sie während des beständigen Wiederkopierens
hinzugefügt wären; ebenfalls hatte man kein Mittel um zu unterscheiden, wie und in welchem Grade
die Namenformen des Originals von den Kopisten mißverstanden und entstellt worden waren. Jetzt
besitzen wir dagegen statt einer einzelnen Karte ein so ergiebiges Material, daß man sich danach einen
klaren Begriff von dem Namenreichtum und der Sprachform des Originals machen kann; denn die
sechs zur Verfügung stehenden A-Karten sowie die drei alten B-Karten sind, wie wir oben sahen,
nicht die Kopien eines und desselben Mannes, sondern mehrere teilweise selbständige Überlieferungen:
A2-A5 Nicolaus Germanus' A-Karten, Bj-Bg die drei B-Karten, die in dessen Werkstatt fabriziert
worden sind, At Henricus Martellus' eine Karte, und Ati die zweite Martellus-Karte, die, wie
wir nachgewiesen haben, wohl von Nicolaus Germanus' Redaktion beeinflußt ist, aber doch in
verschiedenen Beziehungen eine von ihm unabhängige Überlieferung repräsentiert.
Auf zwei verschiedenen Wegen versuchen wir nun im folgenden die ungefähre Abfassungszeit
des Originals nachzuweisen. Durch eine sprachliche Untersuchung wollen wir suchen, darüber ins
Reine zu kommen, auf welche Sprachperiode das Original durch die Formen der Ortsnamen verwiesen
wird, und durch eine historische Untersuchung der mitgenommenen Lokalitäten werden wir uns
bestreben derartige zu finden, deren Entstehen zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt zurückzu-
führen und deren Aufnahme also entscheidend für die Entstehungszeit der Karte ist. Zu der sprachlichen
Untersuchung haben wir besonders mittelalterliche Diplome benutzt; jedoch haben wir nur auf Ori-
ginaldiplome Rücksicht genommen, dagegen solche außer Acht gelassen, die alleine in Abschriften der
späteren Zeiten vorliegen, weil die Abschreiber des 16. und 17. Jahrhunderts die Sprachform des Ori-
ginals nicht respektierten, sondern diejenigen ihrer eigenen Zeit benutzten 2).
') Vgl. Ymer 1889, S. 146 und Nordisk Tidskrift 1899, S. 160.
-) Bei dieser Untersuchung wurden als Quellen namentlich benutzt: Scriptores verum Danicarum medii aevi,
quos collegerunt J. Langebek, P. F. Suhrn, L. Engelstoft et E. C. Werlauff, I — IX, Haunise (Kcbenhavn)
1772—1878 (zitiert als S. R. D. ; Bd. IX (Registerband) enthält die umfangreichste Sammlung von dänischen Orts-
namen); Adami Breniensis Gesta Hamaburgen&is ecclesiae pontificum (in Monumenta German iae historiea, Scriptores VII,
Hannoverse 1846); Saxonis Grammatici Historia Danica. Recensuit et commentariis illustravit P.E.Müller. Opus
morte Müller i interruptum absolvit J. M. Velschow, I — II, Haunise (Kebenhavn) 1839 — 58 (zitiert als Saxo);
Liber eensus Daniae. Kong Valdemar den Andens Jordebug, udgivet og oply&t af 0. Nielsen, Kabenhavn 1873 (zitiert
als Liber eensus Daniae; enthält Materialien und Vorarbeiten zu einem Matrikel über Dänemark unter König Val-
demar Sejr (f 1241); für dänische Ortsnamen die älteste und wichtigste Quelle); Li.br i memoriales capituli
Lundensis. Ltrnde Domkapitels Gaveb0ger („Libri datici Lundenses"). Raa ng udgivne ved C. Weeke, Kebenhavn
1884 — 89 (zitiert als Libri memoriales Lundenses ; die den Zitaten beigefügten römischen Zahlen geben das Jahrhundert
an, die arabischen das Drittel des Jahrhunderts; also bedeutet XIII1 13. Jahrh., 1. Drittel) ; Claudius Clavus,
Chorographie, herausg. von Gustav Storm in Ymer 1891 (das Nanziger Werk); Kr. Erslev, Testamenter fra
Danmarks Middelalder, Kebenhavn 1901 (zitiert als Testam. ; enthält originale lateinische und dänische Testamente
des dänischen Mittelalters); Kr. Erslev, William Christensen u. Anna Hude, Bepertormm diplomaticum
regni Daniel mediaevalis. Fortegnelse over Danmarks Breve fra Middelalderen, I — III, K .benhavn 1894 — 1907 (noch nicht
beendigt); Diplomatarium Arna-Magnaeanum. Edidit G. J. Thorkelin, I— II, Haunise (Kebenhavn) 1786 (enthält die
ältesten Urkunden, die jedoch nachlässig und ungenau wiedergegeben werden, weshalb das Buch bei Erörterungen
von Ortsnamen recht unbrauchbar ist) ; Kj<bbenhavns Diplomatarium. Udgivet af 0. N i el s e n, 1 — VIII, Kabenhavn
1870—87 (enthält Urkunden, Akten und Briefe zur Geschichte von Kebenhavn) ; Ribe Oldemoder (Avia Ripensis).
Udgivet af 0. Nielsen, Kabenhavn 1869 (enthält Urkunden und Akten in Bezug auf die Stadt und das Stift Ribe
in Jütland); Diplomatarium Vibergense. Udgivet af A. Heise, Kabenhavn 1879 (enthält Urkunden und Akten in Bezug
auf die Stadt und das Stift Viborg in Jütland); Codex Esromensis. Udgivet ved 0. Nielsen, K ;benliavn 1880—81
(enthält Briefe und Akten in Bezug auf das Kloster Esrom in Nordseeland) ; Diplomatarium Flensboryense. Udgivet af
Die Karten des A- und B-Typus.
37
Trotz des großen Reichtums von Ortsnamen auf den Karten wird nnsre Untersuchung doch nur
eine begrenzte Anzahl derselben umfassen. Es ist einleuchtend, daß sie nur auf Namen basiert werden
kann, deren Bedeutung über jeden Zweifel erhaben ist; dadurch- wird schon ein bedeutender Teil des
Namen Vorrats auf den Karten ausgeschloßen ; die meisten Ortsnamen in Norwegen, auf Island, Grön-
land und Gotland haben sich nämlich bis jetzt jeglicher Identifikation entzogen. Außer diesen muß
eine andre Gruppe von der sprachlichen Untersuchung ausgeschloßen werden. Ziemlich viele Ortsnamen
sind in ihrer lateinischen Form wiedergegeben; als europäisches Gemeingut haben diese also kein sprach-
liches Beweisführungsvermögen. Dies ist bei den allermeisten Ortsnamen in Schweden, Norwegen und
auf Island der Fall, wenn sie überhaupt gedeutet werden können: A)-osia (Västeräs), Ussalia (Upsala),
Lincopia (Linköping), Soriensis (d. h. Scarensis, Skara), Aosia (Ahns), Lodosia (Lödöse), Amerensis
(Hamar) Stauangerensis (Stavanger), Bergensis (Bergen), Nedrosia (Trondhjem, Drontheim), Holensis
(Hölar); ferner bei den meisten Länder- und Landschaftsnamen: Holsatia, Dada, Gottia, Suecia, Scania,
Hallandia, Norbegia, Idandia, Feonia, Sielandia, Gottia, insula, Ferensis (die Färöer). Immerhin bleiben
ziemlich viele Ortsnamen zurück, auf die eine sprachliche Untersuchung aufgebaut werden kann, am
meisten in Dänemark, einzelne auch in Norwegen und Schweden; bei diesen stoßen wir jedoch auf
zahlreiche Entstellungen, welche die Untersuchung erschweren. Bei einigen ist die Identität wohl un-
bestreitbar, die Formen aber sind so verdorben, daß sie nicht in Betracht kommen können; bei an-
deren scheinen nur einzelne Buchstabenverbindungen ganz sicher zu sein; ganz unbeschadet sind nur
wenige durchs Fegefeuer des Wiederkopierens hindurchgegangen. Eine nähere Prüfung von der Art und
Weise der Entstellungen wird jedoch zeigen, daß die Vokale im großen und ganzen weit mehr gelitten
haben als die Konsonanten, und dies ist auch sehr verständlich. Kopisten nämlich, denen das Ver-
ständnis für das, was sie kopieren, ganz fehlt, verwechseln o und e, i und e, a und o, a und u u.
s. w. natürlich viel leichter als z. B. k und g, p und b, t und d, wo sich die Buchstabenformen an
und für sich durch charakteristische Verschiedenheit auszeichnen. Eine sprachliche Untersuchung läßt
sich also nicht so gut bei dem Vokalsystem vornehmen; man muß sich dem Konsonantensystem zu-
wenden. Dieses unterlag aber im Laufe der Zeiten in den nordischen Sprachen so durchgreifender
Veränderungen, daß sich auf diesem Wege sehr gut ein Resultat erzielen läßt. Da Dänemark dasjenige
der nordischen Länder ist, welches den reichhaltigsten und am wenigsten entstellten Namenvorrat
liefert, werden wir mit der Untersuchung der Namen dieses Landes beginnen.
Innerhalb des Zeitraumes, in welchem man die Entstehungszeit der Originalkarte gesucht hat
(das 13. bis zum 15. Jahrhundert), geht bekanntlich eine bedeutende Entwicklung mit der dänischen
Sprache vor, eine Entwicklung, welche einerseits den schon früher eingetretenen Gegensatz zum Nor-
wegisch-Isländischen noch mehr verstärkt, und andrerseits die Sprache bestimmt vom Schwedischen
loslöst. Der Übergang vom „ älteren dänisch" (zk. 1050 — 1350) zu ,, altdänisch " (zk. 1350 — 1500) *)
H. C. P. Seidel in, 1— II, Kabenhavn 1865 — 73 (enthält Briefe und Akten in Bezug auf die Stadt Flensborg) ;
Urkundensammlung der ScMeswig-Hölstein-Lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte, 1 — IV, Kiel 1839 — 75 :
P. Hasse, Schkswig-Holstein-Lanenbnrgisvhe Begeben und Urkunden, I — III, Hamburg u. Leipzig 1886 — 96; Diploma-
tarium Norvegicum, I — XVI, Christiania 1849 — 1903 (noch nicht abgeschlossen) ; Svenskt Diplomatarnim, I — III. Stockholm
1875— 1902 (noch nicht abgeschlossen) ; Scripta h ist orica Islandor um, XII, Hafnise (Kabenhavn) 1816 (Register über die
in den isländischen Sagen vorkommenden Ortsnamen) ; Urkundenbuch der Stadt Lüheck, I — XI, Lübeck 1843 ff. (noch
nicht abgeschlossen); Hansisches Urhundenbuch, I — X, Leipzig 1876 — 1907; Mecklenburgisches Urkundenbuch, I — XXI,
Schwerin 1863 — 1903; Pommersches Urkundenbuch, I — VI, Stettin 186-1—1906. — Ferner: J. P. Trap, Kongeriget
Danmark, 3dje Udgave ved H. We i t e m e y e r , 1 — V, Ksbenhavn 1898 — 1906 (zitiert als Trap3; historisch - topo-
graphisch - statistisches Standartwerk über Dänemark); P. A. Münch, Ilixtorisk-geografisk Beskrivelse over Kongeriget
Norge i Middelalderen, Moss 1849 (hauptsächlich auf Grundlage der isländischen Sagen); CG. Styffe, Skandinavien
under Unionstiden, 2. uppl , Stockholm 1880 (enthält eine historisch-geographische Beschreibung von Dänemark, Nor-
wegen und Schweden im Zeitraum 1389 — 1448).
') Vgl. A. Noreen, Geschichte der nordischen Sprachen, in Pauls Grundriss der germanischen Philologie, 2. Auf-
lage, I, Strasburg 1901; Verner Dahlerup, Det danske Sprogs Historie, Ksbenhavn 1896, deutsche Übersetzung
von W. Heydenreich, Ulm 1905; A. Noreen, Altschwedische Grammatik, Halle 1904. Die Bezeichnungen für
die verschiedenen Perioden der nordischen Sprachen schwanken bei den Philologen der Neuzeit. Die von uns ange-
38
Kapitel 11.
wird betreffs der Konsonanten u. a. durch den durchgreifenden Übergang vou p, t, k nach einem be-
tonten Vokal zu b, d(dh), g(gh) charakterisiert, der freilich nicht mit einem Schlage eintrat, aber in der
Sprache lange vorbereitet, erst zirka 1350 allgemein durchgedrungen war. Der Ubergang t y d(dh)
zwischen Vokalen war schon vor 1350 allgemein geworden, dialektisch nachweisbar schon im 13. Jahr-
hundert (vielleicht schon vor 1200), im Auslaut nach einem Vokale aber wohl kaum nachweisbar vor
um die Mitte des 14. Jahrhunderts; dasselbe gilt vom Übergang k y ff(gh), während der Übergang p y b
zwischen den Vokalen erst zk. 1350 eingetreten zu sein scheint, im Auslaut nach dem Vokale etwas
später. Eine Untersuchung der dänischen Ortsnamen auf den Nordlandskarten wird nun zeigen, daß ihre
Sprachformen auf die Zeit verweisen, da diese Konsonantenübergänge durchgeführt waren.
Eckernförde. Die Originalkarte : Igernefior. Liber census Daniae: Ykcernceburgh und Ykcernburgh; plattdeutsche
Diplome vom 14. und 15. Jahrhundert: Ekerenvorde, Ekerenuorde, Ekeluorde; Claud. Clavus (im Nan-
ziger Werk zirka 1427): Eghernefiordh. (Vgl. Joh. Steenstrup in Haandbog i det nordslesvigske
Spörgsmacds Historie, Kebenkavn 1901, S. 70, — französische Ausgabe: Manuel historique de la question
du Slesvig, ibid. 1906, S. 72.)
Baage bei Fünen. Die Originalkarte: Boge. Liber census Daniae: Bok<p.
Bogense (auf Fünen). Die Originalkarte gewiß Bogens, jedenfalls g. 1 4 1 J noch Bokeness; Claud. Clavns:
Bogens.
Drager (auf Amager). Die Originalkarte i. (d. h. insula) dragor. Diplom 1333: Draki/xfr, 1408: Draghtjn -,
Claud. Clavus: Dragh^r.
Kege (auf Seeland). Die Form auf der Originalkarte unsicher, alle Überlieferungen haben jedoch g. Diplom
1299: K(/>kce, 1329: K(/></>ke, 1344: K&ke, 1385: K(j>kce (noch im plattdeutschen von 1408 und
1423), 1378: K<Pghce, 1394: Ky<pghce, 1397: K<t>ghi>, 1408: K(/>ghe.
Nsestved (auf Seeland). Die Originalkarte Nestued. Der Name wird abgeleitet vom altnord. 4>veiti. Diplom
von 1140 (Aarb<J>ger for nordisk Oldkyndighed 1882, S. 22s): Nestweit; Liber census Daniae:
Neswit; Libri memoriales Lundenses XII3 (S. 21): Nestveth; Testam. 1261: Ncestwith, 126^: Ntfistwet
und Neswit; Diplom 1268: Ncestweth, 1293: Ncestwith, 1397: Nestweth, 14s 8: Nestweth; Testam.
1398: Ncestwith und Nwstived; im 14. und 15. Jahrhundert in den Diplomen die latinisierten
Formen Nestuedis und Nestwedis (allgemein von zirka 1350 an); Claud. Clavus: Nestuedh.
Aabenraa (Apenrade). Die Originalkarte Obenro. Liber census Daniae: Opmf>r; Aabenraa Byskraa (Apen-
rader Stadtrecht) 1335: Opneraa; Diplom 1366: Oppenraa, plattdeutsch 1419: Oppenra; Claud. Clavus:
Obersraa (korrigiert von Storm in Obenraa). (Vgl. Steenstrup, 1. c. S. 69; franz. Ausg. S. 71.)
Kobenhavn (Kopenhagen). Die Originalkarte wahrscheinlich Cobenhaun. Der isländische Name war Kaup-
mannahöfn oder Höfh; Saxo (zirka 1208): merratorum portus; die Diplome vom ] 2. Jahrhundert oft
nur Castrum de Hafn (1 186, 1193) oder villa de Hafn ( ] 1 98), 1268 noch Hafen; die Diplome von
der ersten Hälfte des 1 3. Jahrhunderts allgemein Kopmanmehafn, Kopmannahafn, Kif>pmannehafn (l248
Copmannoshaucen) ; Liber census Daniae: Kiopmanhafn, die allgemeine Form am Schluß des 13. und
im Anfang des 14. Jahrhunderts; im 14. Jahrhundert erscheinen die Formen K</>pendehafn, Ki/>pen-
hafn, die im 15. und auch noch im 16. Jahrhundert die allgemein gebräuchlichen sind: im Anfang
des 15. Jahrhunderts tritt dann vereinzelt K(j>bendehafn auf (1426); in plattdeutschen Diplomen vom
14. und 15. Jahrhundert: Kopmanhauen, Kopenhagen, Kopenhauene; die lateinische Form ist Hafnce.
Die „ altdänische " Sprachform in allen diesen Ortsnamen ist selbstverständlich nicht zufällig,
und man ist, von ihr ausgehend, zu der Schlußfolgerung berechtigt, daß das Original der Nordlands-
wandten stimmen mit den noch in Dänemark gebräuchlichsten überein. Zum näheren Verständnis soll bemerkt werden :
„ältestes dänisch" umspannt die Periode von zirka 800 bis 1050, als die Sprache noch im wesentlichsten auf einer
gemeinsamen nordischen Sprachstufe stand („altnordisch") ; die einschlägigen Schriftdenkmäler bestehen eigentlich
nur aus Inschriften auf Runensteinen. Die Periode „älteres dänisch" wird von zirka 1050 — 1350 angesetzt; in dieser
Periode löst sich die dänische als eine selbständige Sprache von den anderen nordischen Sprachen los ; die Schrift-
denkmäler sind wesentlich Gesetze, Arzneibücher, und betreffs der Ortsnamen das Liber census Daniae („Kong Wal-
demars Jordebog"), aufierdem Saxos lateinische Geschichte von Dänemark, sowie lateinische Annalen und Diplome.
Die Periode „älteres dänisch" wird von der Periode „alt dänisch" (zirka 1350 — 1500) abgelöst, in welcher sich die
schon früher begonnene Entwicklung des dänischen als einer selbständigen Sprache vollzieht; die Schriftdenkmäler
sind religiöser, juristischer, historischer und geographischer Art, größtenteils Übersetzungen, sowie eine Menge
Diplome. Die Periode „alt dänisch" wird von „neuerem dänisch" (von zirka 1500 bis zur Gegenwart) abgelöst, und
diese zerfällt wieder in verschiedene Unterabteilungen.
Die Karten des A- und B-Typu.s.
39
karte oder die Quellen, von denen sie stammt, mit Bezug auf Dänemark frühestens aus dem 14. Jahr-
liundert, zunächst aber aus der Zeit nach 1350 stammt.
Auch andre Lautübergänge, die in der „ altdänischen " Sprachperiode vollzogen sind, können
in den Kopien und dadurch in der Sprachform der Originalkarte nachgewiesen werden. Der Spirant g
ging früh, in einzelnen Fällen vielleicht schon im Anfang des 1 3- Jahrhunderts, nach einem Vokal zu
einem konsonantischen u über (geschrieben u, v) w, ugh).
Ein Eeispiel von diesem Übergang sieht man auf den Karten bei Seemen (Skagen, die Nordspitze
Jütlands); in den isländischen Sagen: Vendilskagi, in Diplom 1394: Schawen, 1413: Skaghen (plattdeutsch
1342: Srhaghen, 1408: Schagen); Claud. Clavus: Skagen.
Der Spirant d wird im „älteren dänisch tt durch th, im „ altdänischen " im In- oder Auslaut
durch dh oder d bezeichnet; auf den Karten ist in den allermeisten Fällen d gebraucht:
Middelfart (auf Fünen). Die Original karte : Medelfar. Die isländischen Sagen: MeSalfararsund ; Liber census
Daniae: Mcethlcefar und Mosthcelfar ; Diplom 1425: Medelffar; Claud. Clavus: Medelphar.
Tstad (in Schonen). Die Originalkarte wahrscheinlich lsthede, jedenfalls d. Testam. vor 1350 und 1358 —
1410 allgemein Ystath, 1404: Ystadh; Libri inemoriales Lundenses XIV 2—3 : Ystat, Ystath, Öystathce;
Diplom 13ß4: Vstede, latinisiert 1386: Ystadis, adjektivisch Ystadiensis (1366); Claud. Clavus:
Ysthedh.
Falsierbo (in Schonen). Die Originalkarte Falsterbede oder Falsterbode. Plattdeutsche Diplome 1300 — 1350:
Falsterbothe, 1361: Falsterbode, 1316 — 1 9 : Valsterbode, 1336 : Falstrebuthe und Falsterbodhe ; dänische
Diplome 1396, 1400: Falsterbothce, 1405: Falsterbodhce ; Claud. Clavus: falsterbede.
Einzelne Male hat man doch der älteren Schreibweise gefolgt. Die Originalkarte hat sicherlich
Vethelis uilla (Vejle in Jütland) gehabt; die ältere Forin Vcethel ist noch zirka 1400 allgemein; Diplom
1436: Wedhle, plattdeutsch 1423: Wedele; Claud. Clavus: Veldhlis (korrigiert von Storm in Vedhlis)1).
Unter den dänischen Ortsnamen können ferner solche Formen nachgewiesen werden, die in
Diplomen und andern Quellen kaum vor dem Schluß des 14. oder dem Anfang des 15. Jahrhunderts
vorkommen. Dies gilt von:
Bornholm. Die Karten Bernholn. Die isländischen Sagen allgemein Borgundarhölmr, seltener Borghölmr;
Adamus Bremensis (zirka 1070): Hulmus (d. h. Holm, »ein Name, welcher noch in Schonen gebraucht
wird«, Trap3 III, S. 12); Saxo (zirka 1208): Boringia; Liber census Daniae: Burghcendce-, Bur-
ghemde- und Burghendholm; Libri memoriales Lundenses XIII1: Bwlanddholm, XIV1: Borghandce-
holm, XIV2: Borendeholm und Borendhohn; die Dipl. me 1268: Borandaholm, 1410: Borundeholm,
1413: Borndeholm; plattdeutsche oder lateinische in den Hansastädten ausgefertigte Diplome haben
1366: Bornholm, 1433: Borneholm, allgemein im plattdeutschen im 15. Jahrhundert; Chronologia
rerum memorabilium ab anno 1030 usque ad annum 132 3 (S. R. D.II, S. 528): Borenholm ; Claud.
Clavus : Bornholm.
Anholt. Die Karten Anaol oder Anaold. Der Name kommt ziemlich selten vor. Liber census Daniae : Anund,
das auch überall in den in S. K. D. aufgenommenen Quellen vorkommt. Diplom vom 15. Oktober 1441:
Anolt. (Vgl. S. Bugge im Arkiv för nordisk filologi VI, Lund 1890, S. 244; 0. Nielsen in Blan-
dinger udg. af Universitets-Jubilceets danske Samfund I, Kobenhavn 1881 — 87, S. ]7l).
Auch die Formen für Vendsyssels Name scheinen jedenfalls auf das 1 4. Jahrhundert zu deuten. Das
Original hat gewiß TJendesusel wie A6 gehabt. In den isländischen Sagen heißt Vendsyssel (nördlichster
Teil von Jütland) Vendill oder Vendilskagi (auch Name für Skagen), bei Adamus Bremensis (zirka 1170)
und Saxo (zirka 1208) Wendila (vgl. Joh. Steenstrup in Oversigt over Videnskabernes Selskabs Forhand-
linger 1896, S. 381 — 82). Die ältesten dänischen Formen sind: Jütisches Gesetz (1241, »Jyske Lov«):
Wcendlce; Liber census Daniae: Wcendlesysel und Wendelsysel, welch' letztere Form sich noch im Diplom
1375 findet; erst im 14. Jahrhundert Formen ohne l, z. B. im Diplom 1324: Vennesysyl, 1328: Vcenncesysoel,
1354: Wendsysel und Wendesysel, welche Form am Schluß des 14. und im 1 5. Jahrhundert allgemein ist;
in plattdeutschen Diplomen schreibt man 1362 Wentsusel und 1365 Wendesysele (beide vom Dänenkönig
Valdemar Atterdag (t 1375) ausgestellt); bei Claud. Clavus findet man Uendesusel. Vendsyssels Name
scheint also auch auf das 1 4. Jahrhundert als die früheste Abfassungszeit von dem Original der Nordlands-
karte zu verweisen.
') Wenn man sich auf das igenwfior (vgl. oben) der Karten ohne den Auslaut d verlassen könnte, würden
wir auch auf das „alt-dänische" verwiesen werden, wo der Auslaut d nach dem ;• stumm geworden war (z. B. gar für
garth, ior für iorth) ; aber ein d kann beim Abschreiben leicht nach igernefior weggefallen sein, da es auf den Karten
an der betreffenden Stelle sehr an Platz gefehlt hat (vgl. auch das nibar (Nie. Germ.) gegen vibard (Henr. Mart.)).
10
Kapitel II.
Neben den neueren Formen findet man jedoch auch einzelne ältere. Alle Überlieferungen haben
Viberg (Stadt Viborg in Jütland) die ältere Form, welche in Diplomen noch ums Jahr 1400 neben den jün-
geren Formen Wiburgh und Wiborgh allgemein ist.
Für Dänemark führt also eine Untersuchung von der Sprachform der Ortsnamen zu dem
Resultat, daß die Originalkarte, oder die Quellen aus deneu sie geschöpft hat, dem Schluß des 14. oder
Anfang des 15. Jahrhunderts angehört und keineswegs älter sein kann.
Was Schweden betrifft, so ist der größte Teil der aufgenommenen Ortsnamen in ihren latei-
nischen Formen wiedergegeben, sie haben also keine Bedeutung für die vorliegende Untersuchung;
dasselbe gilt von Namen wie Scening (Skäninge) und Stokalm (Stockholm), deren Sprachform nichts
über die Zeit der Abfassung angeben kann. Nur ein schwedischer Ortsname bleibt zurück, nämlich
Sudercobing (Söderköping), wo das b charakteristisch ist. Freilich gingen, wenn auch nur sporadisch
und meistens in offiziellen Dokumenten, sowohl im schwedischen als im norwegischen während der
Unionszeit unter dem überwältigenden Einflüsse der dänischen Sprache (die Personalunion mit Dänemark
seit 1389) die Konsonanten Je, t, p nach einem betonten Vokale zu g, d, b über, aber eine Form wie
Sudercobing ist im schwedischen ganz unbekannt und läßt sich kaum aus irgend
einer schwedischen Quelle herleiten. Sie wird am natürlichsten als eine dänische
Form, frühestens aus der Mitte des 14. Jahrhunderts erklärt. Daß ein Südländer oder
ein in Italien wirkender deutscher Kartograph gerade diese Form wählen sollte, ist ganz unwahrschein-
lich, denn die ihm zu Gebote stehenden geographischen und kartographischen Hilfsquellen wie Kompaß-
karten und Reisebücher haben die schwedische (und ältere dänische) Form: Itineraire Brugeois (zk. 1380)
hat Sudercoping und Zenocopinghe (Jönköping), und die italienischen Kompaßkarten kennen nur Formen
wie Suderpigeh, Sodechpingh u. s. w. immer mit p. Die Form Sudercobing deutet also nicht allein auf
dieselbe Abfassungszeit der Originalkarte wie die der dänischen Ortsnamen, sondern sie enthält auch einen
Fingerzeig, zu welcher nordischen Sprache dieses Original oder dessen Quellen gehören.
In Schweden und längs der Ostküste der Ostsee befindet sich auf allen Kartenkopien diejenige
Reihe merkwürdiger Flußbezeichnungen, welche Dahlgren zuerst als nordische Zahlwörter erkannte.
Ganz gewiß sind diese Zahlwörter zum Teil stark entstellt; Formen wie agna, anguen (d. h. anden =
zweiter) fors, finistar (f er ste= erster) sind weder dänisch oder schwedisch, norwegisch oder isländisch;
aber Formen wie fierdena, trediena, trediera scheinen, wenn man von den Endungen na, ra absieht,
o-ar nicht entstellt, und diese Formen können doch kaum etwas andres sein als dänische Zahlwörter
vom 14- oder 15. Jahrhundert, was ja auch Storm schon ausgesprochen hat1). Sie scheinen also nach
derselben Richtung zu zeigen wie der Name Sudercobing.
Es würde demnach entscheidend sein, ob die Ortsnamen in Norwegen, Grönland und auf Island
ähnliche Winke zur Bestimmung von Zeit und Entstehung enthielten wie die dänischen und schwedi-
schen; hier sind aber die meisten Namen — abgesehen von den latinisierten Formen — ganz unver-
ständlich. Bis diese gedeutet werden, kann also aus denselben kein Schluß über die Abfassungszeit
oder Entstehung gezogen werden; andrerseits muß bestimmt hervorgehoben werden, daß sie, so unver-
ständlich sie auch seien, doch nicht als Gegenargumente gegen die Resultate, zu welchen die Unter-
suchung des übrigen Namenvorrats führen mußten, gelten können. Es bleiben von den übrigen Orts-
namen der Karten also nur zwei norwegische zurück, nämlich Helgeland (im nördlichen Nordwegen)
und Bäh us (an der Westküste von Schweden), aus deren Sprachform man Schlüsse ziehen kann.
Obgleich sie nicht in der besten Überlieferung des Martellus (At) zu finden sind, herrscht doch
gewiß kein Zweifel darüber, daß sie auf der Originalkarte gestanden haben, da sie in Formen auf-
treten, welche charakteristisch sind für diese Reihe von Nordlandskarten und die sich nicht auf süd-
ländischen Kartenarbeiten befinden (vgl. Kap. VIII B.).
Helgeland. Beim nördlichen Norwegen befindet sich eine größere Insel, namens Holrelnnt, die von Storm
mit Helgeland identifiziert wird und als ein Abschreibefehler für Hölielant (eher doch Htelielant) erklärt
i) Vgl. Ymer 1889, S. 146.
Die Karten des A- und B-Typu.-.
II
wird. Die isländischen Sagen haben Hälogaland; die norwegische Form ist bis zur Mitte des 14. Jahr-
hunderts Hdlogalanä und noch bis zum Schluß des Jahrhunderts die allgemein gültige, ja sogar noch
recht häufig im 15. Jahrhundert; die zusammengezogene Form Halgoland kommt zum erstenmale 1385
vor; im 1 5. Jahrhundert sind die Formen Halgaland, Halgheland die gebräuchlichen. Siehe S. Bugge,
Om Navnet Hälogaland (Norsk historisk Tidsskrift I, Kristiania 1871, S. 136 ff.).
Bähus. Die älteste Form für diesen Namen, der erst 1308 erscheint, ist Bägahus, und diese Form ist das
14. Jahrhundert hindurch in norwegischen Diplomen die allgemein gültige. Daneben tritt jedoch schon
früh sowohl in norwegischen als in schwedischen und dänischen Diplomen die Form Bawahus oder
Bawcehus auf, möglicherweise ursprünglich ein Danismus (Noreen, Altschwedische Grammatik
§ 279, l). Nach 1350 findet sich auch die auf sämtlichen A- und B-Karten vorkommende Form
Bahus in allen nordischen Sprachen und in plattdeutschen Diplomen.
Die beiden norwegischen Namen deuten also wieder auf den Schluß des 14. Jahrhunderts, die
Form Haelielant, die nur aus der zusammengezogenen Form des Namens entstanden sein kann, jedoch
zunächst auf das 15 Jahrhundert1), und ihre Sprachform scheint eher auf dänischen als auf nor-
wegischen Ursprung zu deuten. Helgelands Name findet sich auch auf den italienischen Kompaß-
karten, oft freilich ziemlich stark entstellt, die speziell norwegische Form (Hälogaland) blickt aber doch
hindurch (vgl. Kap. VIII B.).
Daß die sprachliche Begründung, die Abfassungszeit der Karten in den Schluß des 14. oder
Anfang des 15. Jahrhunderts zu verlegen, richtig ist, läßt sich außerdem auf historischem Wege durch
eine Untersuchung der mitgenommenen Lokalitäten bestätigen. Größtenteils sind diese freilich so alt
und ihr erstes historisches Erscheinen so unsicher, daß aus ihnen keine weitere Schlüsse gezogen werden
können. Dies gilt demgemäß von den meisten dänischen Städten. In jedem der drei nordischen
Hauptlande ist jedoch eine Lokalität, deren Aufnahme für die Abfassungszeit Zeugnis ablegt.
In Schweden findet sich die Stadt Vadstena in der Form Vasten (das vascon, nascon, vasion der
Karten); da sie sich auf allen vier Kartenüberlieferungen befindet und auf allen in derselben Weise
angebracht ist, hat sie natürlich auf der Originalkarte gestanden und ist kaum ein späterer Zusatz.
Vadstena entstand als Ort um das berühmte Kloster, dessen Grundlegung schon im Jahre 1346 be-
schlossen war, aber erst ziemlich viel später zur Ausführung kam. Nachdem die heilige Birgitta
(f 1373) 1374 in der 1384 eingeweihten Klosterkirche begraben war, wuchs durch das großartige Her-
beiströmen der Pilger um das Kloster bald ein Ort heran, der anfangs Laglösa köpung genannt wurde.
Im Jahre 1400 erhielt dieser durch die Königin Margrete (f 1412, die Tochter von Valdemar
Atter dag) die Rechte einer Stadt. Das Mitnehmen von Vadstena, das schon früh weit und breit
berühmt wurde (Itineraire Brugeois von zk. 1380 nennt auch Wasteri) deutet wieder auf die Zeit
nach zk. 1350 hin2).
Als Landschaftsname nördlich von Hailand erscheint Bahus. Auf einer kleinen Insel im Gö-
taälf legte der norwegische König Haakon V Magnusson (f 1319) im Jahre 1308 die starke
Festung Bdgahus an, nach welcher die Landschaft, die früher verschiedene andre Namen trug (Viken,
Elfsyssel) im 15. Jahrhundert den Namen Bahushen erhielt3).
Unter den Orten in Schonen findet sich auf allen Karten zwischen Malmö und Heisingborg
ein Erici p^ortusy, das von Storm als Erichshavn d. h. Landskrona gedeutet wird. Falls diese
Deutung richtig ist, findet man hier auch einen bestimmten Haltepunkt für die Zeit der Abfassung
der Karten; Landskrona wurde nämlich 1413 von König Erich dem Pommern ange-
legt. Es muß jedoch bemerkt werden, daß eine Bezeichnung wie Erichshavn für Landskrona kaum in
Annalen oder Diplomen nachgewiesen werden kann ; dagegen legt Claudius Clavus (Nanziger Handschrift
zk. 1427) ein Erichstad auf dieselbe Stelle wie das Erici portus der A-Karten.
Sowohl sprachliche als historische Gründe stimmen somit entschieden gegen Nordenskiölds
Behauptung, daß das Original der Nordlandskarte aus dem 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts
1) Vgl. Ymer 1891, S. 21, Note 1.
2) Styffe, l. c. S. 197.
3) A. E. Holmberg, Bohusläns historia och beskrifning, 2. uppl. I, Örebro 1867, S. 3—5.
Bjürnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 6
42
Kapitel II.
stammen sollte oder sogar zu noch älteren Quellen zurückzuführen sei. Den Argumenten, auf welche
er die Behauptung stützt, ist es dagegen schwierig zu widersprechen, da seine Ansichten von Zeit und
Entstehung an nicht geringer Unklarheit, teils sogar an innerem Widerspruch leiden.
Wie in der Einleitung bemerkt wurde, nimmt er an, daß das Original der Nordlandskarte
skandinavisch-byzantiuischen Ursprunges sei, durch gemeinsame Arbeit nordischer in Geographie und
Kartographie unkundiger Männer und griechischer, mit Ptolemäus' Geographie durchaus vertrauten
Gelehrten entstanden. Diese nordischen Männer will Nordenskiöld unter den Warägern finden,
die des griechischen Kaisers berühmte Leibgarde bildetn. Welcher Art man sich diese gemeinsame
Arbeit als möglich vorstellen könnte, ob man dabei mündliche oder schriftliche Mitteilungen, vielleicht
sogar kartographische Quellen benutzte, darüber spricht er sich nicht aus; das Resultat dieser gemein-
samen Arbeit sollte jedenfalls das Original der vorliegenden ISiordlandskarte geworden sein, das dann
im Jahre 1420 von Bondelmonte mit einer griechischen Ptolemäushandschrift nach Italien gebracht
und in die lateinischen Handschriften von Jacobus Angelus' Ptolemäusübersetzung übergegangen
sein sollte. Hier kommt nun Nordenskiölds Unklarheit zum Vorschein, wenn nämlich davon die Rede
ist, in welche Zeit die Abfassung der Originalkar fce zu verlegen sei. Im selben Atemzuge, iu dem das
Mitarbeiten der Waräger festgestellt wird (vorübergehend wird sogar Harald Haarderaade (f 1066)
als mögliche Quelle für die nördlichsten Gegenden (Grönland und Island) genannt), wird betont, daß
die Originalkarte aus andern Gründen am Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts entstanden
sein muß. Die Verbindung zwischen Warägern als Quelle und einer Abfassung etwas vor oder nach
1300 muß indessen, von historischem Standpunkte aus, als ganz unwahrscheinlich angesehen werden.
Das Warägerkorps, das im 10. und 11. Jahrhundert überwiegend aus Skandinaviern bestand, erlitt
nämlich gegen Ende des 11. Jahrhunderts in seiner Zusammensetzung wesentliche Veränderungen; von
da an wurde es nicht allein von Skandinaviern, sondern auch von Engländern rekrutiert und am Schluß
des 12. Jahrhunderts heißt es, daß die Waräger Engländer seien und englisch sprechen. Freilich
werden im vierten Kreuzzuge (1204) Dänen genannt, die in des griechischen Kaisers Dienst gegen die
Latiner kämpften; vom Anfang des 13. Jahrhunderts an wurde der Besuch der Skandinavier in Kon-
stantinopel aber seltner und seltner, zuletzt bestand das Korps ausschließlich aus Engländern und in
dieser Gestalt existierte es bis zu Konstantinopels Fall (I453) 1). Die Theorie von der Mitarbeit der
Waräger an der Abfassung der Originalkarte muß also eine Abfassung am Schluß des 13. oder Anfang
des 14. Jahrhunderts ausschliessen, und umgekehrt, wird die späte Abfassungszeit festgehalten, so können
die Waräger nicht in Betracht kommen. Schon hiedurch wird die Theorie von der Überführung des
Originals durch Bondelmonte auf schwache Füße gestellt, und noch grundloser wird diese Theorie,
wenn man die Beschaffenheit der Bondelmonte-Handschrift und die Stellung der A-Karte (A6) in der-
selben einer genauen Prüfung unterzieht, wie wir es oben ausführlich getan haben. Dazu kommt noch,
daß die zahlreichen, zum Teil sehr alten Handschriften von Bondelmontes Arbeit, die Björnbo
in den italienischen Bibliotheken zu untersuchen Gelegenheit gehabt hat, keine Spur einer Karte des
A-Typus haben. Von den Gründen von Nordenskiölds Theorie bleibt also nur das Vorkommen
des Namens Gazara als Name für die Krim auf einer der Kartenkopien (Martellus') und die Legende
von Livlands Bekehrung zurück, auf welche v. Wies er zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt hatte.
Das Vorkommen des Namens Gazara, auf den Nordenskiöld viel Gewicht legt, weil er seiner An-
sicht nach sehr alt und selten ist, bedeutet aber wenig, ja eigentlich gar nichts, da der Name sich auf
vielen anderen Karten des 14- und 15. Jahrhunderts findet, z. B. auf Angelino Dalortos Karte
von 13252), auf Atlas catalan von 13753) (was Nordenskiöld selbst bemerkt), ferner in der Ptole-
mäus-Handschrift Cod. Harb 3686 (British Museum) von der Mitte des 15. Jahrh. fol. 41v: taurica
') Vilb.. Thomsen, Der Ursprung des russischen Staates, Gotha 1879, S. 114 — 115.
2) Vgl. A. Magnaghi, La carta nautica costruita nel 1325 da Angelino D<dorto, Firenze 1898.
3) Vgl. die Reproduktion in Choix des documents geographiqucs conserve's ä la biWiothbqwe nationale, Paris
1883, Tab. XVI; oder in Nordenskiöld, Periphis, Tab. XII; vgl. ibid. S. 31 u. 89.
Die Karten des A- und B-Typus.
43
chersonesus nunc Gazaria, endlich in Martellus' Insularien, Cod. Addit. 15760, fol. 74v — 75r: Ga-
zaria, Cod. Voss. 23, 2°, fol. 75T— 76r: Gazar, und Cod. Laur. 29, 25 (die A6-Hs.) fol. G4T— 65r:
Gazaria. Was schlielilich die Notiz über Livlands Bekehrung zum Christentum betrifft, die zweifels-
ohne im J3. Jahrhundert vollzogen wurde, so bedeutet deren Erscheinen auf einer einzelnen A-Karte
unter so vielen nichts, wenn diese Karte in einer Arbeitshandschrift &teht, zu welcher ein uns bekannter
Mann (Martellus) am Schluß des 15- Jahrhunderts aus zahlreichen älteren und neueren Quellen
Material zusammengetragen hat, und darunter auch vielfach Kompaßkarten benützt hat, wo gerade der-
artige Legenden öfters vorkommen1). In keiner Beziehung hält Nordenskiölds Argumentation also
Stich, und sowohl sprachliche wie historische Gründe, die sich den Karten selbst entnehmen lassen,
deuten, wie wir sahen, bestimmt auf eine Abfassung im Anfang des 15. Jahrhunderts hin.
Im folgenden werden wir sehen, daß das Original der Nordlandskarte nicht allein aus dem
15. Jahrhundert stammt und eine dänische Arbeit ist, sondern auch, wie Storni behauptete, von
Claudius Clavus selbst verfaßt ist.
') In seinem Vortrag Die kartographische Darstellung der Entdeckungen, der Normannen in Amerika (Amerika-
nisten-Kongreß in Stuttgart 1904) ist auch Jos. Fischer entschieden der Ansicht, daß diese Legende, die sich in
Martellus' Nordlandsbeschreibung (Beilage 1) wenigstens teilweise wiederholt, dem Martellus zu vindizieren
und seinem ganzen Charakter nach als „eine Eintragung eines Südländers" zu betrachten sei. Aus demselben Vortrag
ersieht man, dal! Fischer den Quellenzusammenhang zwischen Martellus' und Nicolaus Geriuanus' Nord-
landskarten anders auffaßt als wir es oben getan haben. Er meint, daß Aj j ü n g e r als Afi ist, und daß
beide wenigstens an einer bestimmten Stelle eine B-Karte benutzt haben. Nördlich von
Skandinavien haben Nico laus Germanus' A-Karten, und zwar in Übereinstimmung mit dem Original (vgl.
Kap. VII B) eine Meeresstraße, die sowohl auf den B-Karten als auf Ax durch einen Meeresarm ersetzt worden ist
während auf A„ die Korrektur der Meeresstraße in einen Meeresarm auf der Karte selbst ersichtlich ist. Es ist gar
nicht ausgeschlossen, daß Fischer recht hat ; denn der wahre Zusammenhang und die chronologische Reihenfolge
undatierter Quellen ist nicht leicht auseinanderzusetzen, wenn es sich um einen Kompilator wie Martellus
und ein Arbeitsmanuskript wie die A6-Handschrift handelt, zumal wenn das verlorene Original bei sämtlichen Quellen
benutzt worden ist und die Änderung eine wirkliche Verbesserung bedeutet. Jedenfalls reicht Fischers Kriterium
doch nur um einen gegenseitigen Zusammenhang zwischen den B-Karten, At und A„ an einer bestimmten Stelle
nachzuweisen, während unter den vorliegenden Umständen die Chronologie von A, und A6 erst durch eine genauere
Untersuchung aller vier Martellus-Handschriften endgültig entschieden werden kann. Für uns bleibt es die Haupt-
sache, daß sämtliche neun Karten (A, — A6 und B, — B3) auf dem Originale fußen, daß aber die ArKarte in wesent-
lichen Hauptpunkten (Projektion, Gradierung, Schreibweise der Ortsnamen und Anbringung der Lokalitäten) dem
Originale näher steht als die anderen A-Karten — sei es auch, daß sie an einer Stelle verändert und verbessert
worden ist, und daß einzelne Namen von einer Nicolaus Germanus-Karte (emeland, nascöla, aluena f.) eingeführt sind — ,
während Af> eine sehr wichtige aber durchgehends unreine Quelle ist.
Kapitel III.
Die Wiener Handschriften.
Nachdem die Untersuchungen des Nanziger Werkes und der A-Karten jetzt soweit geführt
worden sind, wie es ohne die Zusammenstellung mit andern Quellen möglich ist, gehen wir zur Be-
handlung der neuen Quelle über, deren Fund den Anlaß zur gegenwärtigen Abhandlung gegeben hat.
Diese Quelle besteht aus einem Clavus-Text, der sich in zwei lateinischen Wiener Handschriften befindet
und den wir deshalb zum Unterschied vom Nanziger Text den Wiener Text nennen wollen. Indem
wir vorläufig auf die textkritische Ausgabe in Kap. VII verweisen, werden wir die Handschriften, in denen
sich dieser Text befindet, näher beschreiben.
Codex Vindobonensis latinus 5277 x), der im folgenden durch V bezeichnet wird, ist eine
Handschrift in großem Quartformat, Blattfläche 31, 5 X 22, 0 Cm.; sie besteht aus 33 Bogen mit
wechselnder Blätterzahl, im ganzen 385; der Beschreibstoff ist Papier, das in den verschiedenen Bogen
von sehr mannigfaltiger Beschaffenheit ist; so findet man z. B. nicht weniger denn zehn verschiedene
Wasserzeichen; die Foliierung ist neu. Alle diese Umstände sowie derjenige, daß die letzten Blätter
mehrerer Bogen leer stehen und daß die Handschrift die verschiedenartigsten Texte enthält, zeigen uns,
daß dieselbe aus einer Reihe loser Hefte besteht, die erst nach der Vollendung der Texte zu einem
gemeinsamen Bande gesammelt sind.
Der größte Teil der Texte, darunter auch der Clavus-Text, ist von dem ursprünglichen Besitzer
der Handschrift, Johannes Vögelin aus Heilbronn2), geschrieben. Es können aber mindestens sechs
andre an der Arbeit beteiligte Hände nachgewiesen werden; immerhin ist aber so gearbeitet, daß
Vögelin korrigierte, was die andern schrieben. Diese andern sind offenbar Vögelins Schüler, da
sie unter seiner Kontrolle gearbeitet haben. Die verschiedenen Hände haben, und zwar oft sehr nach-
') Vgl. Tabulae Codd, mss. praeter graecos et orientales in Bibl. Palatino, -Vindob. IV, Wien 1870, S. 82 — 83.
Die Hs. wird von Gerhardt besprochen in Monatsber. der Berliner Akad. 1867, S. 46 u. 1870, S. 143. Vgl. auch
Wappler, Zur Gesch. der deutschen Algebra im 15. Jahrh., Zwickau 1887, S. 3, und Cantor, Vorlesungen über
Geschichte der Mathematik, 2. Aufl., Leipzig 1900, II, S. 240 u. 424; vgl. 1. Aufl., Leipzig 1892, II, S. 219 u. 389.
2) Vögelins Geburtsjahr ist unbekannt; er starb in Wien 1549. Wir treffen seinen Namen das erstemal
1517, als er Lehrer an der Schule des Augsburger Domkapitels war; 1525 wurde er als collega civilis collegii Vien-
nensis, d. h. als Lehrer beim St. Stephans-Kollegium berufen, wo er Mathematik dozierte. Durch Dekret vom
11. Dez. 1528 wurde er auHerdem als Professor astronomiae, theoreticae et a/iotelesvtaticae, nec non geogrqphiae an die
Universität zu Wien berufen. Er wirkte bis zu seinem Tode 1549 in dieser Stellung und war ein angesehener
Lehrer, auf dem Gebiet der Mathematik sogar ein recht hervorragender Gelehrter. Vgl. Allg. deutsche Biogr. XL,
S. 142-143.
Die Wiener Handschriften.
45
lässig, durch einander geschrieben. Die leicht hingeworfenen Randnoten, die kaum leserlichen Berech-
nungen, welche viele Seiten füllen, die schlechten mathematischen Figuren, der Mangel an Kolumnen,
Linierung, Initialen u. dergl. zeigen, daß die Hefte — außerdem daß sie Texte enthielten, für welche
V ö g e 1 i n Gebrauch hatte — zu Kladden gedient haben. Ein vorn in die Handschrift aufgenommenes,
übrigens weder vollständiges noch genaues, von Vögelins eigener Hand geschriebenes Inhaltsverzeichnis
zeigt jedoch, daß er selbst die Hefte hat zusammenfügen lassen.
Daß die Hefte nicht chronologisch geordnet sind, zeigen folgende Datierungen:
Fol. 100v: ... Explicit tractatus de quantitate trium solidorum curporum secundum sententiam1)
Ptolomoii in Almagesto. Anno 1520 in die animarum. (Vögelins Hand.)
Fol. 236v: ... Finitur de corporibus vel figuris Isoperimetris. Viennue Pannoniue per G. G. Aubin-
gensem VIII Calendarum Nouembrium Anno huius seculi quinto et uicesimo. (1525 — Gotzmanns Hand.) a)
Fol. 246T: . . . anno domini 1524 Ingohtudij. In domo dotis S. Mauricij Domino Magistro Joanne
Kneussle procurante diuina Decima septembris. (Vögelins Hand.)3)
Fol. 276v. Dicht unter dem Clavus-Text (vgl. Facsimile, Beilage 4) hat Vögelin selbst einen
Entwurf zu einer Bekanntmachung oder einem Anschlage betreffs seiner geographischen Vorlesungen in Wien
geschrieben; diese fallen sicherlich in den Zeitraum von 1528 — 49. Der Entwurf ist zweimal geschrieben,
da der erste Vögelin nicht befriedigt zu haben scheint. Der korrigierte Entwurf lautet folgendermaßen:
Quisquis audire cupis eisagogen in Claudium Ptolomeum Geographorum sine controuersia principem Cras hora
duodeciina ad cenaculum domini Conventoris contubernij liliorum venito, vbi de oportuna legendi hora conue-
nietur. Continet autem eisagoge illa quicquid futuro Geographo necessarium est; Quam Johannes Vögelin
Haylprunnensis ita perspicue docebit nt quiuis vel sphere vel numerorum etiam imperitus, hac audita se factum
geogruphum sit gloriaturus 4).
Das Alter der Handschrift wird durch diese Datierungen aufs deutlichste bestimmt und zwar
in die Zeit von 1520 bis 1549 (Vögelins Tolesjahr) verlegt, vielleicht zunächst in den ersten Teil
dieses Zeitraums. Der Clavus-Text nimmt in der Handschrift folgenden Platz ein:
Bogen 21 (fol. 2471 — 260v), eine Septerne also, enthält auf den Blättern 247v— 248v (247r
ist leer) eine mit Vögelins Hand geschriebene Beschreibung : Instrumentum quo maximus dies discitur
in qualibet regione cognita eins eleuatione polari. Fol. 249r — 260v enthält leicht hingeworfene Collectanea
in Ptolemei Geographiam, von Vögel in geschrieben und mit einigen eingeschobenen Bemerkungen
von Gotzmann versehen. Diese Collectanea füllen den größten Teil der folgenden Quinterne (Bogen 22,
') Hier steht snärn; Wappler liest fehlerhaft suam.
-) Georg Gotzmann von Aubing hat hier ein Heft (fol. 231r— 236v) geschrieben und unterschrieben.
Nach den Annalen der Wiener Universität wurde er am 13. April 1521 immatrikuliert und Baccalaur am 22. Sept.
1526. Als er im Jahre 1525 das Heft für Vögelin schrieb, war er also noch Student.
3) Diese Unterschrift ist bis jetzt nicht bemerkt worden.
4) Dieser Entwurf und der Umstand, daß dieselbe Hand im Jahre 1524 eins der anderen Hefte in Ingolstadt
unterschrieben hat, läßt keinen Zweifel übrig, daß es Vögelins Hand ist. Wir betonen dies aus folgendem Grunde.
Auf eine Vorfrage, welche Björnbo an Max Curtze richtete, ob dieser nicht vielleicht Handschriften, welche den
Clavus-Text enthielten, kannte, erfolgte die Antwort, daß Curtze den Textim Cod. Vindob. 5277 bemerkt, ihn sonst
aber nirgends angetroffen habe. Es sei ihm klar, daß der Text interessant sei ; er habe aber nicht die Absicht ihn zu
behandeln, da er ihm zu fern läge. Später schrieb Curtze an Björnbo: „Sie behaupten S. 140 (vgl. Björnbo,
Studien über Menelaos' Sphärik, Abh. zur Gesch. der mathem. Wissensch. 14, Leipzig 1902), daß der eben genannte
Kodex von der Hand Vögebns geschrieben sei. Dem ist sicher nicht so. Das einzige Stück, welches dieser Mann
geschrieben hat, ist Blatt 347r — 350v. Dieses Stück, das aus zwei ineinandergelegten Bogen von kleinerem Formate
als die übrigen besteht, und deutlich die Spuren von früherer Zusammenlegung- zeigt, trägt die Notiz : Magistro
Beuzuberger gehörig (350v, sonst leer) und von dessen Hand am Anfange von Blatt 347r die Bemerkung: Vögelin
scribebat et inveniebat. Diese Schrift Vögelins. die also sicher ächt ist, ist aber nicht die der übrigen Handschrift-
theile, so daß ich Ihnen hier entschieden entgegengesetzter Meinung bin und bleiben muss! Sonst kommt der Name
Vögelins im ganzen Mscpte, das ich von A bis Z durchgearbeitet habe, überhaupt nicht vor." Björnbo erwiderte
hierauf, daß die Angabe Vögelin scribebat et inveniebat. eine allgemeine Verfasserangabe sein müsse, und das genannte
Textstück eine Abschrift von Vögelins eigenen Manuskripten, jedoch nicht von ihm selbst abgeschrieben;
denn die Datierung Ingolstadt 1524 und der angeführte Vorlesungsanschlag, den Curtze übersehen haben müsse,
erhob es über jeden Zweifel, daß die Haupthand der Hs., welche den Clavus-Text geschrieben hatte, Vögelins
eigene sei. Die Diskussion wurde hiermit durch Curtzes plötzlichen Tod abgebrochen.
46
Kapitel III.
fol. 261r — 270v), «lereu letzte Seiten jedoch leer stehen. In der nachfolgenden Sexterne (Bogen 23, fol.
271r — 282v) befindet sich auf den Blättern 27 lr — 2761' der Clavus-Text und auf diesen folgen un-
mittelbar einige mathematische Opuscula, wie fol. 276v — 2771' ein Stück mit der Uberschrift: De lineis
Semper appropinquantibus et nunquam concurrentibus und fol. 27 7V — 278r eins mit der Überschrift:
Circa proportiones irrationales Annotata — alles mit Vögel ins Hand geschrieben und nicht datiert.
Der übrige mathematische, astronomische oder astrologische Inhalt der Handschrift geht uns hier nichts
an. Es bleibt nur noch zu bemerken, daß der Clavus-Text in Vögelins Inhaltsverzeichnis vorn in
der Handschrift (fol. lr) unter dem Titel Uadices Geographie1) Claudij Clauß2) angeführt ist.
Da Vögelins Schriftzüge, wie wir sie im Clavus-Text und in dem nachfolgenden Entwurf
zur Bekanntmachung seiner Vorlesung finden, einen ziemlich verschiedenen Charakter haben, ist kein
zwingender Grund zu der Annahme vorhanden, daß sie gleichzeitig geschrieben sein sollten; es ist
gut möglich, daß Vögel in den Entwurf auf ein Heft geschrieben hat, das zufällig zum Gebrauch bei
der Ausarbeitung der von ihm angezeigten Vorlesung über die Einleitung zu Ptolemäus' Geographie
vor ihm lag. Während der Entwurf sicherlich in Wien, d. h. nach dem Jahre 1525 geschrieben ist,
kann dasselbe also nicht vom Clavus-Text behauptet werden. Seihst die Wasserzeichen geben keine
sichere Aufklärung, wo unc1 wann Vögel in ihn abschrieb. Die den Text enthaltende Sexterne besteht
aus einer Art Papier, die sich in keinem andern der datierten Bogen, ja überhaupt sonst nirgends in
der Handschrift wiederfindet. Dies Papier ist also weder von der Sorte, auf der Gotzmann in Wie®
1525 schrieb, noch von der, welche Vögelin und Gotzmann zu der oben erwähnten Colledanea in
Ptolempi Geographiam benutzten und ebenfalls nicht von der, die Vögel in selbst 1520 oder vier Jahre
später 1524 in Ingolstadt benutzte. Da sich übrigens in V im ganzen 14 Sorten Papier vorfinden,
lassen sich aus diesen negativen Aufklärungen keine weitere Schlüsse ziehen. Der Vollständigkeit
wegen soll nur noch angeführt werden, daß das Wasserzeichen in dem deu Clavus-Text enthaltenden
Bogen aus einem gekrönten Doppeladler besteht, der am untersten Ende im Zeichen A+A endet. Wir
müssen daher die Jahre zk. 1520 und 1549 (Vögelins Todesjahr) als die Grenzen festhalten, inner-
halb welcher Vögel in den Clavus-Text abgeschrieben haben kann, jedoch mit der Beschränkung, daß
die Abschrift aller Wahrscheinlichkeit nach ungefähr um die Zeit 1525 — 28 gemacht worden ist. In
diesen Jahren hegann nämlich Vögelins Tätigkeit in Wien. Da wir nachweisen können (vgl. Kap. IV),
daß Schöner und Eriedlieh den Wiener Text beziehungsweise 1515 und 1518 benutzt haben, gibt V
uns keine Aufschlüsse über die Geschichte des Textes, sondern bekräftigt nur ganz im allgemeinen, daß
er im Anfange des 16- Jahrhunderts bei den deutschen Gelehrten Aufsehen erregt habe.
Ehe wir zur Besprechung der zweiten Wiener Handschrift übergehen, wollen wir noch kurz
die ein gewisses Interesse beanspruchende Frage berühren, inwiefern Vögelin ein gewissenhafter Ab-
schreiher gewesen sei. In dieser Hinsicht ist es genügend darauf hinzuweisen, daß seine Abschriften
verschiedener mathemathischer Werke, die Curtze und Björnbo mit viel älteren und durchaus zu-
verlässigen Handschriften verglichen haben, sich weder als besonders gut, noch als besonders minuziös
herausgestellt haben, daß sie aber auch nicht vorsätzlich entstellt oder bearbeitet sind. Ein Vergleich
mit der zweiten Wiener Handschrift bekräftigt diese Wertschätzung Vögelins als Abschreiber, indem
es sich zeigt, das sein Clavus-Text nicht besonders genau ist, daß aber doch guter Grund zu der An-
nahme vorhanden ist, daß er sich in keinem Punkte vorsätzlicher Berichtigungen oder Auslassungen
schuldig gemacht hat.
Codex Vindobonensis iatinus 3227 3), der im folgenden durch W bezeichnet wird, ist eine
Handschrift in kleinem Quartformat, Blattfläche 21 X 16 Cm. Dieselbe besteht aus 194 Blättern und
der Beschreibstoff aus drei Sorten Papier, deren Wasserzeichen sich alle in der vorigen Handschrift,
jedoch in keinem der Hefte, mit denen wir uns beschäftigt haben, wiederfinden. Die Handschrift ist
') Radices Geographien: die damalige Bezeichnung für geographische Längen- und Breiteutafeln.
2) Clauß = Clausson (nun: Clausen), d. h. Sohn des Claus (dänische Form für Nicolaus).
3) Vgl. Tabidae codd. mss. praeter graecos et orientales in Bibl. Palatina-Vindob. II, Wien 1868, S. 239.
Die Wiener Handschriften.
47
ganz vollständig, die Bogen sind in Ordnung und, was für nns besondere Bedeutung hat, fol. 88 — 194
bestellen aus ein und demselben Papier. Der Inhalt ist folgender:
Fol. lr — 1 87v enthalten einen unsres Wissens unbekannten Text, der bezeichnet wird als: Cuspiniani
commentaria in Dionysium (d. h. Dionysios Periegetes' Geographie)1). Dieser Text besteht aus Aus-
zügen von geographischen Autoren des Altertums. Da augenscheinlich öfters für spätere Eintragungen Platz
freigelassen und der Text also in der Weise entstanden ist, daß nach und nach von verschiedenen Seiten
Notizen zusammengetragen und hineingefügt sind, darf man annehmen, daß er von Cuspinianus' eigener
Hand geschrieben und bei seinem Tode im Jahre 1529 in unfertigem Zustande von ihm hinterlassen ist.
Dieser Teil der Handschrift hat weder Linierung, Kolumnen oder überhaupt irgend welche Art von Vor-
bereitung zur Beschreibung des Papiers. Datierungen sind gar nicht vorhanden.
Fol. I88r— 191T stehen leer.
Fol. 192r — 194r enthält den in zwei Kolumnen geschriebenen Clavus-Text. Da er von einer Hand
geschrieben ist, die nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit der des Cuspinianus hat, und das leere fol. 194v
(die letzte Seite der Handschrift) ebenso wie die fünf vorhergehenden Seiten in Kolumnen geteilt ist, kann
wohl kein Zweifel darüber herrschen, daß der Clavus-Text nach dem Tode des Cuspinianus zuhinterst
in die Handschrift hineingetragen ist. Der Abschreiber hat augenscheinlich berechnet, daß derselbe 6 Seiten
füllen würde, hat darum diese letzten 6 in Kolumnen abgeteilt, aber nur für die 5 Gebrauch gehabt. Als
des Cuspinianus' Hinterlassenschaften in den Besitz der Wiener Universitätsbibliothek übergingen, muß
man annehmen, daß der Clavus-Text dem damals uneingebundenen Codex in Wien nach dem Jahre 1529
beigefügt ist. Da der Clavus-Text auch nicht datiert ist, so sind wir darauf angewiesen, den Zeitpunkt der
Eintragung lediglich nach der Schrift zu bestimmen. Diese war den Beamten an der k. k. Hofbibliothek
in Wien, an die wir eine darauf bezügliche persönliche Vorfrage gerichtet haben, unbekannt. Die Paläo-
graphen Prof. Traube (f 1907) in München, Prof. Boll in Würzburg und Bibliothekar Weeke (t 1905)
in Kcbenhavn verlegen sie aber in die Zeit 1525 — 1575, zunächst in die erste Hälfte dieses Zeitraumes.
Irgend welche nähere Zeitbestimmung für W wird kaum erreicht werden können, es sei denn, daß es möglich
wäre, den Abschreiber mit einem bekannten Manne zu identifizieren. Die Handschrift ist in jüngerer Zeit in
einen Pappeinband mit Lederrücken eingebunden, und auf letzterem befindet sich folgender Titel : Cuspiniani |
Comment. in ] Diongsium. || Clauss Nigri \ Begnorum septent. | Descriptio. || Cod. Univ. 227 | olim 976.
Wir haben also zwei Abschriften desselben Textes zu unsrer Disposition und beide schreiben
sich aus dem Anfang oder der Mitte des 16. Jahrlranderts; sie sind beide jünger als die Abschriften des-
selben Textes, die Schöner und P riedlieb beziehungsweise 1515 und 1518 benutzten und geben
uns keine Aufklärung über die ältere Uberlieferungsgeschichte des Textes. Die genauere Untersuchung
führt zu dem Resultat, das W in jeder Beziehung bedeutend über V steht. Daß sie von einander un-
abhängig sind, beweist die Zusammenstellung der Namen, die in der Tabelle, Beilage 3, vorgenommen
ist. Die Schreibweise der Namen weicht nämlich so sehr von einander ab, daß die eine Abschrift
kaum eine Kopie der andern sein kann. Tn V sind ausserdem mehrere Lücken, so daß sie unmöglich
als Vorlage für W gedient haben kann, während diese andrerseits so deutlich geschrieben ist, daß es
undenkbar scheint, Vögel in sollte die in V befindlichen Namenformen dem W entnommen haben:
') Johannes C u s p i ni a n u s (eigentlich Spießhaymer), geb. in Schweinfürt 1473, studierte in Wien,
an welcher Universität er im Jahre 1500 Rektor wurde. Er war Diplomat und Philologe, nach. 1515 Wortführender
im kaiserlichen Reicbsrat ; gestorben im Jahre 1529. Vgl. Allg. deutsche Biogr. IV, S. 662 ff.
Kapitel IY.
Die Ulmer Ausgaben, Schöner und Friedlieb.
Die einleitenden Worte des Wiener Textes seine Form und ganze Methode deuten darauf
hin, daß er ebenso wie der Nanziger Text eine ergänzende Beilage zu Ptoleniäus' Geographie bilden
sollte. Man würde daher mit einem gewissen Recht erwarten können, ihn in einigen der zahlreichen
Handschriften oder Ausgaben dieses Werkes aufgenommen zu sehen oder wenigstens daselbst eine Spur
desselben zu finden. In dieser Hinsicht sind jedoch bis jetzt alle Nachforschungen gescheitert. Von
den Ptolemäus-Handschriften ist bis Dato die Nanziger Handschrift die einzige, in der ein Clavus-Text
gefunden ist ; auch nicht der Text, der zur Nordlandskarte in Martellus' Ptolemäus-Handschrift ge-
hört (Beilage 1), kann auf Clavus zurückgeführt werden, und zu den anderen Nordlandskarten desselben
Typus gehört keine Beschreibung. Das ist recht auffallend, da diese Karten, wie es sich später zeigen
wird, dem Clavus zugeschrieben werden müssen und vermutlich zugleich mit dem Wiener Text aus-
gearbeitet sind. Was die gedruckten Ptolemäus-Ausgaben betrifft, so befinden sich in mehreren der-
jenigen, welche Nordlandskarten vom B-Typus enthalten, einige Beilagen, deren möglicher Zusammen-
hang mit den Arbeiten des Clavus nicht ohne weiteres abgewiesen werden darf, und darum müssen wir
diese Ausgaben einer genaueren Untersuchung unterwerfen.
Die erste Ausgabe, welche die Nordlandskarte vom B -Typus enthält, ist die, welche im Jahre
1482 von Leonardus Hol2) in Ulm gedruckt wurde, und zwar, wie oben gesagt, auf Grundlage der '
Wolfegger-Handschrift (B3). Diese Ausgabe repräsentiert also Nicolaus Germanus' dritte Ptole-
niäus-Redaktion. Schon 1486 erschien, ebenfalls in Ulm, eine neue von Johannes Reger aus
Kemnat3) gedruckte Ausgabe; nachdem Leonardus Hol Konkurs gemacht hatte, übernahm Reger
nämlich dessen Offizin. Diese letzte Ausgabe ist eigentlich nur ein Abdruck der von 1482, jedoch ist
sie um verschiedene, den Ptolem äus-Text supplierende Beilagen vermehrt4).
Vor der Widmung des Nicolaus Germanus an Papst Paul II befindet sich in dieser
Ausgabe ein 42 Blätter enthaltendes Registrum alphabeticum super octo libros Ptolomei, und auf die
') Vgl. die Textausgabe Kap. VII.
2) Vgl. K. D. Hassler, Die Buchdruckergeschichte Ulms, Ulm 1840, Kol. 115—118 und Allg. deutsche Bio-
graphie XII, S. 747.
s) Vgl. Hassler, l. c. Kol. 129—132 und Allg. deutsche Biographie. XXVII, S. 552.
4) Was die genauere bibliographische Beschreibung betrifft, kann verwiesen werden auf Brun et, Manuel
de Lihraire, 5. Ed. Tome IV, Paris 1860—65, S. 953—954; W. Eames, A litt of editions of PtoUmys Geograph)/,
TS. York 1886, S. 5—7: Nordenskiöld, Facsimile- Atlas, S. 14—16.
Die Ulmer Ausgaben, Schöner und Friedlieb.
49
Karten folgt als Schluß des Werkes eine Abhandlung von 24 Blättern mit dem Titel De locis ac
mirabilibus mundi. In früheren Zeiten hat man allgemein angenommen, daß Nieolaus Germanus
Verfasser dieser Beilagen sei; Fischer zeigt jedoch, dass dies, jedenfalls in Bezug aufs Eegister, nichl
richtig sein kann1). Er macht nämlich darauf aufmerksam, dass in diesem (fol. B5V) bei Hegers Ge-
burtsort Kemnat steht: Chemmat siue chetaori litbery 2, c^ap.y 10; ta^bulay A e^uropey. Jlic iohannes
reger dttxit originem. Et anno etatis sue 32 composuit hoc registrum in vlma anno domlhi 1486.
Schlägt man die Hinweisungen nach, findet man ganz richtig auf fol. c3v dem Ptolemäus- Text bei-
gefügt: Kemmat Chetaori 33x\% — 49x\»i an& au^ tabula quarta Europae (d. h. der alten Ptolemäischen
Karte über Germanien) ist der Name Chetaori hinzugefügt. Das Register stammt also sicherlich vom
Buchdrucker Johannes Reger. Da sich in der Abhandlung De loch etc. Hinweisungen aufs Register
befinden, ist Fischer geneigt, und zwar mit vollem Rechte, dem Reger auch diese zuzuschreiben.
Das Register enthält ein alphabetisches Aufzählen von den Städten und Ländern des Ptolemäus-
Textes und der hinzugefügten modernen Karten. Die recht weitläufigen Beschreibungen der einzelnen
Lokalitäten sind grösstenteils den Klassikern entlehnt. Mit besonderer Vorliebe hält sich Reger hier,
wo es sich irgend tun lässt, bei Legenden von Märtyrern und Heiligen auf, in vollständiger Über-
einstimmung mit dem, was er in der Einleitung zum Register sagt (fol. A1v): Tertio quod lector attendat:
breuia scripta sub ciuitatibus. nam ibi in summario ut plurimi de vita sanctorum inueniet aliquando
breuia. aut pars eorum subscribitur ciuitatibus. Diese Notizen sind, nach Fischers Erklärung, aus der
im Jahre 14502) verfaßten Mappa mundi spiritualis des französischen Bischofs Jean Germain ab-
geschrieben. In Beilage 2 haben wir das gesammelt, was das Register, außer den Hinweisungen, an
losen, den hohen Norden betreffenden Notizen bringt. Die Namenformen der im Register erwähnten
nordischen Lokalitäten sind offenbar der in der Ausgabe befindlichen B-Karte entnommen, während die
hinzugefügten Notizen durchaus keinen Anknüpfungspunkt an die Arbeiten des Clavus haben.
In der Abhandlung De locis ac mirabilibus mundi haben wir über den hohen Norden nur eine
von Solinus entlehnte Notiz über Thüle gefunden (Kap. XVI).
Die beiden hier erwähnten Beilagen sind von der Ulmer Ausgabe 1486 in die römischen Aus-
gaben von 1490, 1507 und 1508 übergegangen, und die Abhandlung De locis etc. ist außerdem in
die Straßburger Ausgabe von 1513 aufgenommen3).
Der Ausgabe 1486 ist noch eine besondere Beilage hinzugefügt. Sie ist in den Ptolemäus-
Text auf fol. c4 nach der Beschreibung von Germanien (lib. II, cap. X) hineingeschoben und trägt die
Überschrift Tabula moderna extra Ptolomeum posita. Ein zweiter Zusatz befindet sich auf fol. d3v nach
der Beschreibung von Sarmatien (lib. III, cap. V); hier lautet die Überschrift: Tabula moderna Prussie,
Suecie; Norbegie, Gotcie et Russie extra Ptolomeum posita. Diese beiden Textbeiträge bilden zusammen
eine Nordlandsbeschreibung von ähnlichem Umfange wie der Wiener Text. Wie dieser besteht sie aus
einer Aufzählung geographischer Ortlichkeiten und beigefügten Längen und Breiten, und die Namen
erinnern in mancher Beziehung an die des Wiener Textes; so findet man hier z. B. die von den A-
und B-Karten bekannten, auch in dem Wiener Text befindlichen dänischen Zahlwörter als Flußnamen.
Obgleich diesen Textbeiträgen die für den Wiener Text charakteristischen beschreibenden Legenden ganz
fehlen, und die Namen, soweit sie kontrolliert werden können, durchgehends viel entstellter sind als
die des Wiener Textes, sind sie doch augenscheinlich mit denselben nahe verwandt. Nordenskiöld
') Fischer, Die Entdeckungen der Normannen etc. S. 80.
") Ibid. S. 80, Note 3.
3) Sonderbarerweise finden sich Reger s Registrum und Abhandlung auch in einigen Exemplaren der Aus-
gabe vom Jahre 1482, worüber Jos. Fischer sich wundert. Die Sache wird von den Ptolemäus-Bibliographen ein-
gehend erörtert. Daß diese Beilagen in der 1482-Ausgabe, die sowohl in Blätterzahl der Bogen als Typen nicht nur
vom Ptolemäus-Texte der 1482-Ausgabe, sondern auch vom Ptolemäus-Texte und Beüagen der 1486-Ausgabe abweichen,
wirklich von Reger verfaßt und erst im Jahre 1486 gedruckt sind, erhellt daraus, daß sie die oben erwähnte, von
Fischer hervorgezogene Notiz enthalten. Wahrscheinlich wurde im Jahre 1486 ein Sonderabdruck der Beilagen ge-
nommen, welcher dazu bestimmt war, den Exemplaren der Restauflage der 1482-Ausgabe angefügt zu werden. In K0ben-
havn findet man Exemplare aller dieser Drucke : 1482-Ausgabe mit und ohne Beilagen und 1486-Ausgabe mit Beilagen.
Bjombo u. Petersen, Claudius Clavus. 7
50 Kapitel IV.
scheint den Textbeiträgen einen gewissen Wert beizulegen und findet, daß sie im Gegensatz zur Ab-
handlung De locis etc. Zeugnis von einer gewissen Kenntnis des hohen Nordens in sieh tragen x). Hierin irrt
er sich indessen. Die beiden Textbeiträge sind nämlich nach der in der Ulmer Ausgabe
aufgenommenen B-Karte gemacht; der Karte sind sämtliche Namen entnommen und aus ihr
sind Längen und Breiten ausgezogen. Der Verfasser, welcher kaum ein andrer sein kann als der Buch- |
drucker Johannes Keger selbst, hat augenscheinlich keine andre Quellen als gerade die B-Karte i
benutzt. Ein Vergleich zwischen den Namenformen in den Texfcbeiträgen und denen auf der B-Karte
zeigt dies so klar, daß ein detaillierter Nachweis dieses Faktums überflüssig sein dürfte, wenn v. Wieser
nicht einer andern Ansicht gewesen wäre ; er sagt nämlich 2) : „ Die zu der Nordlandskarte . . . gehörigen
topographischen Verzeichnisse in der Ulmer Ausgabe . . . von 148(3 .... sind wahrscheinlich nicht
nach der Karte dieser Ptolemäus-Ausgabe gemacht, sondern nach der skandinavischen Vorlage derselben,
da die Längen- und Breitenangaben bis auf 5 Minuten detailliert sind, was nach der gedruckten Karte
kaum möglich gewesen wäre. Diese Verzeichnisse erinnern an den analogen Text (den Nanziger Text),
welcher der Karte des Claudius Clavus beigegeben ist."
Ohne Zweifel hat v. Wies er darin recht, daß es Schwierigkeiten verursacht haben kann,
nach der gedruckten B-Karte Längen und Breiten mit einer Genauigkeit von 5 Minuten anzusetzen;
diese Genauigkeit war indessen im Ptolemäus-Texte zu finden und mußte folglich auch in den Beiträgen
angestrebt werden; jedenfalls hält v. Wiesers Schlußfolgerung folgendem Faktum gegenüber nicht Stich.
Auf den Karten vom A- und B-Typus sind in Rücksicht auf den Platz die Ortsnamen mit
zugehörigen Epitheta (c'mitas, uilla, fluuius u. s. w.) oft in zwei Zeilen geschrieben: der Ortsname in
der einen und sein Epitheton in der andern, entweder gerade darunter oder etwas zur Seite. Durch ein
gedankenloses Kopieren hat sich jedoch in einer bestimmten Gruppe von Karten — Nicolaus Ger-
nianus' dritter Redaktion — - und zwar nur in dieser, der Fehler eingeschlichen, daß ein solches
Epitheton (uilla) als selbständiger Ort aufgefaßt ist und deshalb kein eigenes Ortszeichen bekommen ;
hat. Dies ist mit den Namen oberto uilla (Aabenraa, Apenrade) und istrude uilla (Ystad) der Fall. Im
Textbeitrage von 1486 ist nun an den betreffenden Stellen folgendermaßen vorgegangen:
Oberto 37 Vs— 57 Vi 2
Uilla 38V2— 57V2
Villa , . . 472/3— 58 V8
Istrude 49 —59
Derartige Zeichen trügen nicht. Übrigens ist v. Wiesers Vermutung, daß die Textbeiträge der skan-
dinavischen Originalkarte entnommen sein sollten, der Tatsache gegenüber ganz unhaltbar, daß dies
eine Karte vom Typus A gewesen ist, was er ja, selbst nachgewiesen hat, während die in den Text-
beiträgen für Island und Grönland gegebenen Längen und Breiten, bei denen der Unterschied zwischen .
dem A- und B-Typus zum Vorschein kommt, dem B-Typus entspricht. Daß nun die B-Karte, welche
den Textbeiträgen zu Grunde liegt, diejenige ist, die in der Ulmer Ausgabe gedruckt vorliegt, ergiebt
sich auf ähnliche Weise wie die direkte Abhängigkeit der Brüssler, der Pariser und der Kebenhavner
Karte (B4, B- und B6) von derselben gedruckten B-Karte. In den Beiträgen kommen nämlich wieder
die entstellten Namen vor: Emlant für Finlant, Falsterde für Falsterbede, Siniscar für Sunstar, Trogeie
für Trogere, Thirthos für Tirhos, Kiesol für Knesol, sowie auch verschiedentlich irrtümliches Lesen be-
merkbar ist, das sich nur von der gedruckten Karte mit ihren schwer leserlichen Namen schreiben kann:
wir erwähnen nur Eorsca für Forsca (= Ferste) und Bysbe (auf der gedruckten Karte wisbe) für das uisbu j
der älteren handschriftlichen Karten. Uberhaupt geben die Namen in den Textbeiträgen die entstell-
testen Formen für die Namenreihen auf den alten Nordlandskarten, deren gradweises Schlechterwerden
') Facsimile- Atlas, S. 16. Auch Ed. Erslev scheint den Textbeiträgen, die er dem Nicolaus Germanus
vindiziert, einen selbständigen Quellenwert beizulegen. Vgl. Dornte geografisk Selskabs Tidssh-rift Vü, Kgbenhavn
1884, 8. 171.
2) Petermanns Mitteilungen 1899, S, 193, Note 3.
Die Ulmer Ausgaben, Schöner und Friedlieb.
51
die Tabelle (Beilage 3) uns zu verfolgen befähigt. Der Grund hierzu ist wohl teilweise darin zu suchen,
daß der Verfasser der Beiträge, Johannes Keger, mehr Buchdrucker als Gelehrter war. teils liegt
es darin, daß die Namen auf der B-Karte der Ulmer Ausgabe wirklich viel unklarer und schwerer zu
entziffern sind als die auf den älteren handschriftlichen Karten.
Den Arbeiten des Clavus und ganz besonders dem Wiener Text gegenüber spielen die hier be-
sprochenen Karten und Texte eine ganz untergeordnete Kolle, weil sie späte und sehr entstellte Uber-
lieferungen sind, bei denen nachgewiesen werden kann, daß sie alle von einer bestimmten handschrift-
lichen Karte, nämlich der Wolfegger Karte ausgegangen sind. Werden die Namen derselben mit denen
des Wiener Textes verglichen, so können die gedruckten Karten und alle ihre Abkömmlinge ruhig zur
.Seite geschoben werden.
Aus unserer Behandlung der A- und B-Karten und der älteren Ptolemäus-Ausgaben geht hervor,
daß wenn diesen Karten ursprünglich ein beschreibender Text beigefügt war, muß er ihnen frühzeitig
entrissen sein. Weder Henricus Martellus noch Nicolaus Germanus kennen einen solchen
Text 1 ) und auch nicht in Deutschland, wo das Bild der Nordlande vom B-Typus nach dem Erscheinen
der Ulmer Ausgabe Eingang fand, hat man im 15. Jahrhundert irgend welchen begleitenden Text ge-
kannt. Die Beschreibungen des hohen Nordens, die man aus den Handschriften und gedruckten Werken
des 15- Jahrhunderts kennt, haben alle — natürlich mit Ausnahme des Nauziger Textes — einen zu-
fälligen oder zusammengeflickten Charakter und sind auf klassische oder mittelalterlich legendenhafte
Quellen, auf Kompaßkarteulegenden, Keiseerlebnisse oder auf derartige lose mündliche Berichte auf-
gebaut, die von Dienern der Kirche oder von hanseatischen und englischen Seeleuten südwärts gebracht
wurden. Es können verschiedene derartige Nachrichten über den hohen Norden nachgewiesen werden;
außer den schon genannten machen wir z. B. aufmerksam auf die Bemerkungen bei Aeneas Sylvius
(Cosmographia Pii Papae, Parisiis 1509) 2), auf Martin Behaims Globus (1492) 3), in Hartmann
Schedels Cronica (1493) 4) und in Michael Behaims (1416 — 74) ä) und Conrad Celtis'
1 ) Vgl. Nicolaus Germanus' Besprechung der Nordlandskarte in seiner Vorrede (F i s c h e r , Die Ent-
deckungen der Normannen etc. S. 119).
2) Über Aeneas Sylvius als Geograph s. G. Voigt, Pius IT. und sein Zeitalter, II, Berlin 1862,
S. 302 — 320: Alfred Berg, Euro Silvio in seiner Bedeutung als Geograph, Halle a. S. 1901 (vgl. S. Rüg es Kritik
in der Deutschen Literaturzeitung XXIII, Nr. 17); H. Müller, Enea Silvio de Piccolomini's litterarische Thätigkeit auf
dem Gebiete der Erdkunde, Fürth 1903. Keiner dieser Verfasser erörtert Aeneas' sparsame Mitteilungen über die
Nordlande.
3) Die beste Reproduktion von Behaims Globus findet man bei F.W. Ghillany, Geschichte des Seefahrers
iBitter Martin Behaim, Nürnberg 1853. Was Behaim über Island sagt, erörtert Thoroddsen, Geschichte der
isländischen Geographie, Leipzig 1897, I, S. 88; vgl. auch Dansk geografisk Selskabs Tidsskrift X, Kjbenhavn 1890,
S. 123. Die übiige Behaim-Literatur s. S. Günther, Geschichte der Erdkunde, Leipzig und Wien 1904, S. 75, Note 4.
*) Z.B. Fol. 232 Bemerkungen über die heilige Brigitta (mit Bildern), Fol. 254 über „Christiernus könig
zu Tenmark" und seine Reise nach Rom (mit Bildnis des Königs), Fol. 202 über Norwegens Bekehrung, Fol. 280
über die Lage von „Tenmarck, Schweden, Norweden" und eine kurze Übersicht über die Geschichte der Nordlande
seit Valdemar IV (Atter dag). Die Weltkarte (vom A-Typus) auf Fol. 28GV ist herausgegeben von Norden-
skiöld, Facsimile-Atlas, S. 9. — Vgl. übrigens Schultheis' Artikel in Globus LXV ; Loga, Die Städteansichten
in Schedels Weltchronik, Berlin 1888; Haitz, Hartmann Schedels Weltchronik, München 1899.
5) Vgl. Sammlung für Altdeutsche Literatur und Kunst, hrsg. von F. H. v. d. H a g e n , B. J. Docen etc. Bd. 1,
Stück 1, Breslau 1812, III: Michael Beham, S. 56-71; Chr. Molbech, Om Michael Beheim, og hans Reise til Dan-
mark og Norge Aar 1450 in Historisk Tidsskrift VI, Kabenhavn, 1845, S. 321 — 28. Auf die Möglichkeit, Behaim habe
den Wiener Text gekannt, wurden wir erst durch Ove C. L. Vangensteens Besprechung der dänischen Ausgabe
unsrer Clavus-Monographie aufmerksam gemacht (vgl. Archivio storico italiano, Serie V, Tomo 39, Firenze 1907, S. 1 — 7).
Vangensteen sagt nämlich : „Nella sua descrizione dei paesi nordici troviamo tanta conformitä coli' opera di Clavus,
che ci pare impossibile che quel poeta non abbia conosciuto Lopera — benche non faccia menzione del nome di Groen-
landia." Wir bedauern aber, da(i diese Ähnlichkeit zwischen Behaims Gedicht und dem Wiener Text nach unsrer
Anschauung nicht auf einen Quellenzusammenhang schliefen läCt ; denn auf der einen Seite erzählt Behaim vieles,
das er nicht im Wiener Text hat lesen können, auf der anderen Seite stimmt sein Bericht, wenn stellenweise eine
gewisse Ähnlichkeit vorhanden ist (Leben der Wildlappen, Größe und Fahrzeuge der Eskimos), nur recht oberflächlich
mit Clavus überein; und die Ähnlichkeit kommt eben nur zum Vorschein, wenn beide etwas wahres zu erzählen
7*
:r2
Kapitel IV.
Gedichten (c. 1500) Ein systematisches Gesamtbild der Nordlande in Textform kann dagegen im
15. Jahrhundert nur im Nanziger Text nachgewiesen werden.
Erst im Verlauf des 16. Jahrhunderts eignen sich die sich für die wissenschaftliche Geographie
interessierenden Kreise m Deutschland eine gründlichere und vielseitigere Kenntnis der geographischen
Verhältnisse des hohen Nordens an, als die immer schlechter werdenden B-Karten zu geben imstande
waren. Dies wird besonders durch das Erscheinen der Werke der süddeutschen Geographen Johann
Schöner (Johannes Schonerus)2) und Franz Friedlieb (Franciscus Irenicus-)3) bewirkt.
Pastor Johann Schöners Luculentissima quedam terre totius descriptio 4) kam in Nürnberg 1515 als
Beschreibung seines Globus vom selben Jahre heraus; Franz Friedliebs Germaniae exegeseos Volu-
mina duodecim erschienen 1518 in Hagenau. Beide Verfasser schöpfen hauptsächlich ihr Wissen über
den hohen Norden von Clavus, den sie wiederholt mit großer Veneration als den Ersten hervorheben,
der die den Klassikern unbekannten nordischen Reiche und Länder geschildert hat. Aus ihren Clavus-
Zitaten geht deutlich hervor, daß sie von Andern verhältnismäßig sehr wenig in Bezug auf den hohen
Norden erfuhren, und daß sie in bedeutendem Umfange aus Clavus' Werk ausgeschrieben haben.
Wie oben (Kap. 1) erwähnt, hatten Schöners und Friedliebs Nordlandsbeschreibungen
mit dem Nanziger Text Berührungspunkte und auch viel Ähnlichkeit, waren jedoch mit demselben lange
nicht so nahe verwandt, daß man für alle drei eine gemeinsame Quelle annehmen dürfte. Dagegen
werden wir jetzt zeigen, daß Schöner den Wiener Text, jedoch in Verbindimg mit der gedruckten
B-Karte und andern Quellen, und zwar auf eine recht freie und selbständige Art und Weise benutzt
hat, während Fried lieb sich da, wo er den Clavus zitiert, einzelne Ausnahmen abgerechnet, dem
Wiener Texte eng anschließt5). In der nachfolgenden Zusammenstellung des Textes der Wiener Hand-
schriften mit den bei Schöner und Fried lieb vorkommenden Auszügen desselben, haben wir darum
auch Friedliebs Auszug vorangestellt, wodurch wir dessen Wiedergabe ohne Umstellung seiner ein-
zelnen Teile ermöglichen, während Schöners auf andere Weise geordneter Auszug umgestellt werden
mußte. Die in die Auszüge eingeschalteten Namen und Textteile, die in den beiden Wiener Hand-
schriften fehlen, sind Petit gedruckt, sofern sie nicht auf der B-Karte oder in den Textbeiträgen der
Ulmer Ausgabe nachweisbar sind, in welchem Falle sie kursiv gedruckt sind.
Friedlich. Schöner.
Cap. XVIII. De Noruegia,
mir abilibusque rebus in ipsa.
. . . Cum iunioribus nobis res sit,
quorum industrie ac exquisit« sedu-
Der Wiener Text.
haben. Schon daß das Wort Schreiinge und nicht der Name Kareli als Bezeichnung für die Eskimos verwendet wird,
deutet darauf, daß B e h a i m seine Nachrichten selbst auf seiner Reise in Norwegen gesammelt hat, ohne Clavus'
Arbeiten zu kennen und vielleicht überhaupt ohne schriftliche Berichte andrer zu benützen.
') Fr. Moth, Conradus Celtis Protucius, Kolding 1898, S. 241 ff. Th. Geiger, Konrad Celtis in seinen
Beziehungen zur Geographie in Münchener Geographische Studien II, München 1896, S. 25 ff.
-') Johann Schöner, geb. 16. Januar 1477 in Karlsstadt in Franken, studierte in Nürnberg, wurde im
Anfang des 16. Jahrhunderts Pfarrer in Bamberg, 1526 Professor der Mathematik am Nürnberger Gymnasium, in
welcher Stellung er bis zu seinem Tode (16. Januar 1547) verblieb. Vgl. Ällg. deutsche Biographie XXXII, S. 295— 297;
Gallois, Les geographes allemands, Paris 1890, S. 70 ff. ; H. Stevens u. C. H. Coote, Johann Schöner, London 1888.
3) Franz Friedlieb, geb. 1495 zu Ettlingen in Baden, kam 1517 nach Heidelberg, wo er mit Männern
wie Peutinger, Pirckheimer, Reuchlin u. A. verkehrte. 1524 wurde er Pfarrer in Ettlingen; vom Jahre
1531 bis zu seinem im Jahre 1559 erfolgten Tode war er Pfarrer in Gemmingen. Vgl. Ällg. deutsche Biographie XIV,
S. 582—583.
4) Die von uns benutzte Ausgabe (in der kgl. Bibl. zu Kabenhavn) ist ohne Jahr und Druckort und führt
den Titel: Luculentissima quedam terre totius descriptio: cum multis vtilissimis etc. wie in der Originalausgabe (vgl.
Stevens u. Coote, Johann Schöner, S. 149 — 150). Der Text dieser Ausgabe stimmt ganz mit dem von Storm
( Ymer 1889, S. 138 tf.) benutzten überein, weicht aber vielfach von dem von Jos. Fischer (/. c. S. 61 ff.) zitierten
ab, indem letzterer mehrere Erklärungen und Hinzufügungen enthält.
*) Storm, Ymer 1889, S. 143.
Die Ulmer Ausgaben, Schöner und Friedlieb. 53
Friedlieb.
litatis nie nunc pcenitet, qui ad de-
seribendai germanias quodam sydere
allecti, natique uidebantur, quibus
Germania in summa eius amplitu-
dine uideri contigit, et tarnen ab his
nihil adhuc egregie de gerinanicis
insulis elaboratuin est. Quare ego
adductus, ea quse partim relatu Joan.
Hasfurt habemus, qui nuper ab in-
sulis illis primo pedem retulit, par-
tim assidua lectione nobis conipa-
rata sunt, laconicismo quodam enar-
rare statuimus.
Vitiums prseterea locus iliic est
cruce Christi signatus, ubi nec
christi ani audent sine regis facta
facultate longius proficisci, et hoc
non nisi adiuncto comitatu magno.
Ab illo inde loco (ut Nicolaus
niger mathematicus profitetur) uer-
sus occasum longissimo ambitu
terre habitant primo Vuildlapp-
manni, quorum gradus 44.30-
C>6. 20. referuntur, homines sylue-
stres, Danorum tarnen regi tribu-
tarii. Post illos uersus occasum
Pygmaeos agere, exiguos mortales,
lnngitudinis cubitalis , Nicolaus
niger mathematicus collegit.
Ioanni Escendensi preeterea per-
suasum est, damione.s uarii generis
hominum seruituti subiectos, in Nor-
uegia reperiri.
Möns mari Noruegico circumseptus
(Hechelberg dictus) inferni aut pur-
gatorii speciem representat. Hunc
horrendo clamore instincti uultures
ac corui nigerrimi circumuolando
perterrefaciunt. Totus pra^terea mons
eiulatu lachrymabili intonat, clamor
ad unum miliare dilatatus diffunditur.
Duo quoque fontes illic horrent di-
uersissimi, primus intensissimo f'ri-
gore,alius calöre intractabili pra^ditus,
caetera elementa longe excedunt. Nec
ultra octo pedum spacio a se inuicem
absunt. Tumultu illo itaque admo-
niti accolse, cultni diuino plus csteris
mortalibus deduntur.
In meridionalibus etiam Nor-
uegise Nadhegi-in Promontorium
Schöner.
[Uuildlappmanni : quorum regio
Pilappelandia] . . . ibi enim nimius
[i. e. vltimus] limes cruce christi
signatus est : ne christiani audeant
absque licentia regis vltra acce-
dere : etiam comitatu forti. Et est
in gra. 40.0 67-0. Et ab hoc loco
versus occasum longissimo ambitu
terre habitant dicti Vuildlappmanni
homines syluestres omnino : sin-
gulis annis regi tributa persol-
uentes. Et ab illis ad occasum
morantur Pigmei parui : longitu-
dine cubitales : quos vidit Claudius
Chlaus niger captos in mari in
nauicula modica de corio prepa-
rata : que hac nostra tempestate
in ecclesia Cathedrali Nodrosie
reseruatur. Habent ibidem nauem
longam etiam de Corio : que quon-
dam cum Pigmeis etiam capta erat.
Hec itaque portio permaxima
Ptholemeo incognita permansit. Sunt
vtique asperrime et frigidissime :
montuose et syluestres ac nemorose
regiones : quarum incole plus de
piscatura et venatione viuunt quam
de pane : quia raro ibi annona ob
frigoris excellentiam.
(Gronelandia] . . . Ibidem est
Promontorium quod Nadhegrum
Der Wiener Text.
[Wildlappenland] . . . Vltimus
limes cruce Christi signatus, ne
christiani audeant absque licencia
regis ultra accedere etiam cum
comitatu maximo, habet gradus
43,o. 67,0. Et ab hoc loco uersus
occasum longissimo ambitu terre
habitant primo Wildlappmanni, qui
sunt homines omnino syluestres et
pilosi, sicut depinguntur ; et sol-
uunt regi tributum singulis annis.
Et post illos magis uersus occasum
sunt Pigmei parui cubitalis longi-
tudinis, quos uidi captos in mari
in parua naui de coreo, que nunc
pendet in ecclesia cathedrali Ne-
drosie ; est et ibi longa nauis de
coreo, que etiam quondam cum
talibus Pigmeis capta fuit.
[Norbegia] . . . Nadhegrun Pro-
montorium, ubi est Spiritus nia-
54
Kapitel IV.
Friedlich.
est, cuius grad. ."5 9. 35- G3. ubi
malignus Spiritus aereo corpore in
prsesentia cernitur ab Omnibus.
Haud procul Lisce Promonto-
rium Noruegie_, ubi candidi fal-
cones capiuntur, cuius dimensio
35. 62-10- sestimatur.
Cap. XIX. De Thiße Gro-
landia terra; termino , et
aliis ins Ulis.
Thyle Noruegne pars est, inter
Daniam et Noruegiam. Nec repu-
tatur insula, licet limite uel tractu
maris separetur a terra, glacies
tarnen eam ad octo rnenses terrae
conglutinat.
Quemadmodum mare quod a
Danis Nardlimbaduch dicitur, lon-
gissimo tractu Vuildlappenland ab
Vermenland diuidit, perpetua ta-
rnen glacie pene eam constringente.
Cesterum mare congelatum a
Danis iuxta Ynesegk Promonto-
rium horrere peihibetur, cuius
aqua Gotlandia^ uersus Oriente tn
et septentrionem perlongurn[!] trac-
tum mare ingreditur, sub grad.
41. 66. ubi et diem XXIIII hora-
rum esse asserunt.
Grolandia? prteterea insulas Cher-
sonesus dependet a terra inacces-
sibi<(li^, a parte septentrionem [!]
uel ignota propter glaciem. Pro-
ficiscuntur tarnen Caroli infideles
quotidie cum exercitu in Grolan-
diam, et hoc absque dubio ex
altera parte poli septentrionalis.
Non igitur Oceanus alluit limen
terrae recte sub polo, ut omnes
priscorum auctores profitentur,
Schöner.
dicitur : sub gra. longitu. 26. vsque
ad 31. lati. vero 63.0. Vbi Spiri-
tus malignus aereo corpore Omni-
bus visibiliter apparet.
Noruegia regio habet insulas
decem et octo : terre in hyeme
propter glaciem continuas et raro
separatas : nisi valde calida estate.
quarum vna est [Tile] . . .
Tile que est pars Noruegie nec
reputatur insula : licet limite vel
tractu maris separetur a terra :
quoniam glaties eam octo vel
nouetu mensibus terre coniungit :
et ideo terra firma reputatur.
Eam Cambriam modo vocant :
olim vltima ex cognitis a Romanis :
de qua loqnitur Vergilius. Tibi
deseruiat vltima Tile. Diues est fru-
gum : etiam auri et argenti ac ferri.
Eius medium gra. longitu. 24.30
latitu. 60.35.
. . . Vermelandia et Vintlandia
alias Ventelandia longissimo tractu
per mare Nordinhoduch (quod
mare congelatum apud nos dicitur)
a regionibus infra dicendis diui-
ditur : quoniam glatie fere per-
petua iunguntur regna. Eius me-
dium est in gradi. 37.0. 63.30.
Uuildlappmanni : quorum regio
Pilappelandia. In ea est promon-
toiium quod Yuesegk dicitur: et
ibidem est Emporium in gra. 38.10.
66.0. vbi mare congelatum Nord-
hebodhij apud eos vocatur. cuius
aqua per longum tractum ingre-
ditur mare Gottlandie versus orien-
tem et Septentrionem.
. . . Gronelandia quam et Engro-
nelanäiam vocant. Chersonesus est:
dependet enim a terra inaccessi-
bili aparte Septentrionis vel ignota
propter glaciem.
Der Wiener Text.
lignus aereo corpore Omnibus uisi-
biliter app;irens, 30,3.3. 63,0.
Liste Promontorium, ubi capiun-
tur falcones albi, 35, o. 62,io.
Habet Noruegia 18 insulas,
terre in hyeme propter glaciem
Semper continuas et raro separatas,
ni ualde calida estate.
Tyle pars Norbegie est nec re-
putatur insula , licet limite uel
tractu maris separetur a terra,
quoniam glacies eam octo uel
nouem mensibus terre coniungit,
et ideo reputatur terra firma.
Sic intelligendum est de mari
Nordhinbodnen , quod longissimo
tractu diuidit Wildlappenland ab
Vermenlandh et Findland, quoniam
glacie fere perpetua iunguntur
regna.
. . . Ynesegh Promontorium et
emporium, ubi mare congelatum
appellatur Norduenbodhn — per
longum tractum aqua ipsius ingre-
ditur mare Gotlandie uersus Orien-
ten) et septentrionem — cuius
gra lus 4 1 ,o. 66,0. dies horarum 24.
. . . Grolandie insule chersonesus
dependet a terra inaccessibili a
parte septentrionis uel ignota
propter glaciem. Ueniunt tarnen
Kareli infideles, ut uidi, in Gro-
landiam cum copioso exercitu quot-
tidie et hoc absque dubio ex altera
parte poli septentrionalis. Non
ergo alluit oceanus limen terre
recte sub polo, ut omnes autores
prisci autumant.
Die Ulmer Ausgaben, Schöner und Friedheb.
Schöner.
55
Der Wiener Text.
Friedlieb.
ueluti honestissime nobis Niger
matheniaticus ostendit.
Grolandiam etiam crerarum refer-
tissimam testatur Johannes Escen-
densis.
Nobilitatur et foeminarum insula,
ubi nunquam mares partu eduntur,
cuius gradus 26. 63. referuntur.
Cap.XX. Descriptio Daniie,
Cimbrorumque Chersonesi
et adiac entiu ni insular u m ,
a ueteribus prcetermissa.
Nunc ad mathematieas rationes
Iranscendam, quibus et germaniam
nostram breui traditione excurram,
et inaxime insulas, a quarum forma-
tione Ptolemaeus, Marinus, Hip-
parchus, aliique greci iuxta et latini
procul abierunt. Protulerunt enim
se hominum ingenia in ceteris regio-
nibus germanie, nemo tarnen insula-
ruoi germanicarum periculum fecerat,
nisi nuper Claudius Niger, qui totius
Cimbrorum Chersonesi extensionem
hactenus ornnibus ignotam , multa
experientia tradidit , qua? impulsu
lo. Virdung Hasfurdensis mathema-
tici nobilis posteritate ac successori-
bus reddere uoluimus.
Ab occidentali itaque parte post
Albim Chersonesi illius descriptio-
nem auspicatus est Hamburgo cui
longitud. et latitud. 32.0. 26.20
tribuit.
Inde Holfatise [!] littori. 32. 57.
Frisiae inferiori. 33. 57.20-
Burglanensi uero ciuitati. 36.
58.20-
Inde ad septentrionalem eius
partem Vendisisel ciuitatem sub
gra. 39. 59.40. posuit, duobus ei
adiunctis littoribus.
Ad orientem uero Skane Pro-
montorium grad. 40.:j:>. 59.55. et
Viburgum urbem parum a mari
distantem grad. 40. 59.20. adiunctis
ipsis littoribus ac sinubus.
Inde Sclauorum extensiones ad-
uersus septentrionem Lubeco regni
Danorum capiti 34.:,,o. 56. grad.
concessit.
Prussie duas insulas ignobiles
quattuor littora duos sinus tribuit.
Primo littori. 54.:}0- 57-20. Vltimo
uero. 55.40- 58-10-
Liuonise prseterea septem in-
sulas, sinusque Septem adiecit,
primum sinum Ostrogotthiam nun-
. . . Regio.ies a-perrime extra
Ptholemeum obseruate : per quendam
Claudium Chlaus nigrum: haruui
regiouum inquilinum : sequuutur Sar-
matiam ad septentrionem multum
protense : et sunt : [Dacia siue Dania
regio] . . .
. . . Est insula femmarum,
ubi nunquam femine concipiunl
mai-es, que uocatur Faemeao 26,o.
63,0.
. . . Ego Claudius Clauß Niger
. . . regna subscripta . . . posteris
fkleliter perennare curaui, que Pto-
lemeo, Hipparcho et Marino erant
incognita.
Cimbrorum Chersonesus extensio
occidentalis post Albim fluuium.
Hamburg ciuitas imperialis parum
procul a mari 32, o. 56,20 . . .
. . . Holzacie littus 32, o. 57,0...
. . . Frisie inferioris littus 33,0.
57,20 . . •
. . . Burglanensis ciuitas 35,0.
58,20 . . .
. . . Septentrionalis descripcio :
Vendesisel ciuitas 39,0. 59,40-
<2 Buchten) . . .
... Orientalis descripcio : Skauen
Promontorium 40,35. 59,.">5 . . .
Viburg ciuitas parum a mari di-
stans 40,0. 59,20. <^mit littus und
sinus) . . .
. . . Lubk ciuitas imperialis,
caput regni Danorum . . . 34,80.
56,0. Regni Sclauorum extensio
septentrionalis . . .
. . . Prusci<a). <^2 insulse, 4
littora, 2 sinus). Primum littus
54,o. 57,20- Quartum littus 55,40.
58,10 ■ • •
. . . Primus Liuonie sinus — et
uocabatur quondam 0stergh8-
dhengh — cuius gradus sunt
56
Kapitel IV.
Friedlieb.
cupabat, cuius gradus. 59-20.
59.55. allegauit, ultimi sinus uero.
59.20- 64.
Orientalis autem Visogotthiae
sinum primum Hunnorum dixit,
ubi ruptura maris Oeeani longo
tractu intrat de Norenbodhen ut
ipsi eorum lingua dicunt mare
Grolandie_, et gradus continet.
58.20. 64. Huic et quinque in-
sulas ascripsit, et urbem Stbokohn
magnam sub grad. 53-30. 62.
Postea ipsius Danias descriptio-
nem subiit, cui ad partem orien-
talern quatuor promontoria tribuit.
Primo gradus. 51.25- 60. Vltimo.
48.25. 58.35.
Ad meridiem uero Ischede ciui-
tati grad. 48-25. 58.35. Helsenberg
urbi 44-50- 58.35. per quinque et
quattuor sinus distinxit.
Cap. XXI. De quibusdam
insulis Danim nondum dictis,
et ciuitatibus eor undem.
Referuntur praeterea insulae licet
ignobiles plures in Daniae partibus,
ueluti Heildstlandis, quae sola in
circunferentia XV. insulas corn-
plectitur.
Promontorium praeterea Neu
dictum, cuius grad. 14. 69-39.
ultimus est terrae terminus nobis
Schöner.
Suetia : que et Göttin occiden-
talis dicitur. habet auri et argenti
fodinas mnltas et reputatas. Cuius
medium est in gradi. longitu. 39.0.
61.40.
Stocholma 43.38. 60.30.
Vpsalia 39.45. 61.15. ibi sancta
Brigitta vidua mirabilis in spiritu
prophetie migrat.
Gottia meridionalis habet gra.
39.0. 59.30.
Elebogum 35.46. 57.0.
Lumda 36.30. 57.23.
Dacia siue Dania regio : tota pene
insularis multis constat partibus
maris faucibus intercepta. Est enim
prima eins orientalis et potissima
pars Scania cuius medium sub gra.
36-0. 57.4 0. Occidua autem pars
regni Jutia est : quem Chersonesum
Cimbricam Ptholeaieu3 appellauit.
Preterea plures habens insulas vide-
licet Seelandiam. Falsteriam. La-
landiam. Fioniam etc. quarum See-
landia proxima Scanie olim a Ptho-
lemeo Longobardorum patria dicta :
locupletissima est cuius medium
habet gradus 34-10. 56.51.
Der Wiener Text.
59,20. 59,55 <7 insulse, 7 sinus)-.
Sinus ultimus 59,20. 64,30-
. . . Uestgedhengh orientalis de-
scripcio : Finnorum primus sinus
— iuxta ruptura maris oeeani
Ostrogothorum, vbi longus tractus
maris de Norenbodhn ingreditur
mare Gotlandie — et gradus habet
58,20- 64,30 - - • Sthokolm ciuitas
magna parum distans a mari
53,30. 62,20. et habet quinque
insulas ignobiles . . .
. . . Sanderg2dhm descripeio
orientalis . . .
. . . Eegni Danorum orientalis
descripeio: <^4 promontoria^>. Pri-
mus sinus et Promontorium 51,35.
60,0. Quartum Promontorium 48,25.
58,35 • . .
. . . Meridionalis partis descripeio :
. . . Ysthede ciuitas 48,25. 58,35 . . .
Helsenborg ciuitas 44,50- 58,35 ...
Elleboghen ciuitas 47,20-
58,55-
... et habet Hallindh [aber:
Hayldhlandis descripeio] insulas
15 in circumferencia . . .
. . . New Promontorium 14,0.
69,30. New ultimus terre ter-
minus nobis in illa parte cognitus
Die Uliner Ausgaben, Schöner und Friedlieb. 57
Friedlieb.
cognitus, duodecim insulas pos-
sidet.
Necnon decem et octo insulas
soli Noruegise concesserunt. Is-
landias uero XIIII.
Ciuitates autem totius regni
Danorum maxim§ sunt, Hoppen-
hagen, ubi rex residet, cuius grad.
44.40. 57. 78.
Othonia urbs in quo corpus
S. Kanuti regis choruscat.
In Noruegia Berga urbs maxima
et emporium, grad. 35.5. 63.15.
Falsterbod. Calmarii ciuitas
magna grad. 52.40- 61.5.
Item Kumtzhone Promontorium
occidentalis Daniae, ubi fodiuntur
auri minerse anno salutis 1425
reperte,, cuius gradus ferantur 44.
59.30-
Schöner.
Hebc itaque traditione Claudii Nigri
doctissimi mathematici ex Danie par-
tibus oriundi, impulsuque prseterea
Joannis Virdung nuper e Dania re-
deuntis ingressus surn , ut Daniae
eiusque insularum ignorantiam pari
discrimine doctis quam bebetibus in-
dultam discutereui, ac successoribus
nostris huius questu, uberiorem ulte-
rioris exquisitionis ansam praeberem.
Id auteui quidquid est, Claudio Nigro
debetur, qui precibus regis Dauorum
impulsus, totius Daniae descriptionem
sibi desumpsit, quam ob nullam eius
editionem bactenus uisam , curioso
successori commuuicare uoluimus. In-
terim uale, et iis boni consule.
Copenhagna 35.24. 56.30.
sedes resris dacie.
Roschilde 34.16. 56.20.
Ibi est
Bergen 24.16. 61.15.
Nodrosia 20.56. 60.50. dae ecclesie
episcopales. ibi sanctus Olaus marty-
rizatus.
Islandie ciuitates Thirtos 5.50.
64.44. Nadar 6.40. 66.27.
Gotlandia insula Suetie conter-
mina habet gradus longitudinis 48.0.
Latitudinis vero 60.0.
Bespue uel wisbuy 5.5. 59.50.
Rumefalche. 46.35. 60.15.
Der Wiener Text.
habet gradus 15,40. 70,10- et habet
12 insulas per gyrum facientes
solennes portus . . .
<(Norwegen 1 8, Island 1 4 insulse)>.
. . . Keobenhaun uilla murata
cum portu maximo 46,5. 58,0....
. . . Koskildis ciuitas parum a
mari distans 44,40- 57,50 . . .
. . . Otthonia ciuitas, in qua re-
quiescit corpus sancti Kanuti regis
Danorum, Anglorum, Sclauorum et
Gottorum, 40,20. 57,15 • . •
, . . Bergen ciuitas maxima, Pro-
montorium et emporium regni 33,0.
63.15 . . .
. . . Nedrosia siue Trunthheim,
ciuitas regalis, ubi requiescit cor-
pus sancti Olaui regis Norbegie
29.39. 63,5 • ■ .
. . . Falsterbod emporium 47,25.
59,0 • . . Kalmarn ciuitas magna
52.40. 61,5 . . .
. . . Knutzhouet Promontorium,
ubi foditur minera auri reperta
anno Christi 1425, 44, o. 59,30 ...
. . . Insula Gotlandie:
Visbu ciuitas cum portu ma-
ximo 5 7,40. 61,55 . . .
Björubo u. Petersen, Claudius Clavus.
8
58
Kapitel IV.
Die genaue oft sogar wortgerechte Übereinstimmung zeigt uns aufs deutlichste, daß uns in
den Wiener Handschriften eine vollständige Form desjenigen Clavus-Textes erhalten ist, welcher von
den deutschen Geographen excerpiert wurde. Der Vergleich zeigt ferner, daß dieselben unabhängig
von einander zur Quelle gegangen sind, und daß die Wiener Handschriften wiederum unabhängig von
den gedruckten Arbeiten der beiden deutschen Geographen sind. Da auch die Handschriften unter sich
unabhängig waren, so haben wir also vier selbständige Überlieferungen des neuen Clavus-Textes. Als |
Clavus-Überlieferung betrachtet scheint Friedliebs Auszug, und dies ist auch Storms Meinung, zu- J
verlässiger als S c h ö n e r s. Die Bestimmungen der Längen und Breiten stimmen bei Friedlieb bei-
nahe durchgehends mit dem Wiener Texte überein, während bei Schöner besonders die Zahlen der
Längen stark abweichen. Die Anordnung der beschriebenen Länder ist bei Fried lieb betreffs der
Küstenbeschreibung des Festlandes von Hamburg bis Heisingborg in Schonen dieselbe wie in den beiden I
Wiener Handschriften, während sie bei Schöner durchgehends von diesen abweicht. Auch was die
Menge der Namen betrifft, stimmt Friedlieb weit besser mit den Handschriften überein als Schöner.
Beide bringen indessen Legenden, die infolge ihres Inhalts und des ihnen im Texte erteilten Platzes
sehr gut dem Clavus entnommen sein könnten, obgleich sie in den beiden Handschriften fehlen; und
das könnte wiederum zu der Annahme führen, daß der Text der Handschriften etwa unvollständig sei.
Dies ist jedoch ganz unwahrscheinlich. Der Text der Wiener Handschriften ist eine Küsten- I
beschreibung, die mit der Mündung der Elbe als Ausgangspunkt sich längs der Festlandsküste ganz J
bis Finmarken hinauf erstreckt, demnächst auf Grönland übergeht, dann in rückgängiger Ordnung die
Insel Island, die Färöer, die dänischen Inseln und schließlich Gotland beschreibt. Die beschreibenden
Legenden sind mit dem Texte verflochten und diesem nicht zuletzt für sich alleine beigefügt. Daß
hier etwas ausgelassen, und was dies gewesen sein sollte, ist nicht leicht einzusehen.
Daß der Text der Wiener Handschriften vollständig ist, und daß die bei den deutschen Geo-
graphen befindlichen Legenden, welche nicht im Wiener Texte stehen, anderswo herstammen, kann auch
daher entnommen werden, daß alle für Schöner und Friedlieb gemeinsamen Textteile auch in
den Handschriften vorkommen, während die sich nicht in diesen befindlichen Legenden niemals von
beiden Geographen angeführt werden. Es kommt also nur auf den Versuch an, nachweisen zu können,
ob die betreffenden Legenden wirklich anderswo herstammen könnten. Macht man diesen Versuch, so
glückt er auch bei den meisten.
Am schnellsten werden wir in der Beziehung mit Friedlieb fertig. Er gibt gewissenhaft seine
Quellen an, und deren Zahl ist von so erstaunlichem Umfange, daß man sich über die große Belesenheit des
nur 23jährigen Mannes wundern muß. Mit Bezug auf die Nordlandsbeschreibung im 10. Buche enthält
Kap. XVI : De quibusdam rebus circa Scandiam repertis, et de ipsa insula Scandia und Kap. XVII : De Islandia,
Baltia, Saxonicis ac aliis insulis eine ziemlich bunte Auswahl von Zitaten der verschiedensten Verfasser, unter
ihnen auch Schöner. Clavus wird mit keinem Worte erwähnt. Die folgenden Kapitel (XVIII — XXI) ent-
halten die eigentliche Nordlandsbeschreibung und der Verfasser beruft sich hier auf drei Quellen : Claudius |
Niger, Johannes Escendensis1) und Johannes Vir dungs mündlichen Bericht. Wie die Zusammen- j
Stellung zeigt, ist dem ersteren (also dem Clavus) ungefähr der ganze Stoff zu verdanken; von Escen-
densis schreiben sich nur die beiden petit gedruckten Abschnitte (S. 53 u. 55), wo derselbe als Quelle
angeführt wird. Es bleibt nur noch die, sowohl bei Schöner als in den Wiener Handschriften, fehlende
Beschreibung des Berges Hechelberg übrig, für welche keine Quelle angegeben wird. Nach dem Platze zu j
urteilen, müßte man zunächst der auch von Storm angenommenen Ansicht huldigen, daß dieser Passus von j
Clavus stammte. Daß dies indessen nicht der Fall ist, zeigt eine andre Stelle bei Priedlieb, lib. VII, '
cap. XXIV: Rettulit mihi nuper Joannes Virdung astrologus doctissimus e Danice partibus rediens, in Nor-
uegia forntidolosissimwn montium omnium conspici (Heclielberg) dictum, ubi tantum clamorem exoriri eiulentium
') Johannes Escendensis (Estwood, Escuidus), englischer Astrolog im 14'. Jahrhundert. Sein
1489 in Venezia gedrucktes Werk Summa astronomica s. judicialis de accidmtibus mundi wurde im Jahre 1347 ver-
faßt: vgl. Jöcher, Allg. Gelehrten-Lexicon II, S. 414; Deschales, Cursus seit Mundus mathettiaticus I, Lugd. 1690,
S. 84. Die zitierten Stellen fanden wir nicht in diesem Werke ; es finden sich aber mehrere unedierte astrologische
Arbeiten des Johannes Escendensis, z. B. in den Oxforder Hss. Cod. Seiden. 79 supra (fol. 91r — 131») und
Digb. 176. Im letzteren finden sich auch Aufschlüsse über dessen Leben; vgl. Catalogi codd. mss. Bibl. Bodleianae,
IX conf. G. D. Macray, Oxonii 1883, Kol. 187—190.
Die Ulmer Ausgaben, Schöner und Friedlieb. 59
asseruit, ut pene integrum miliare tumultus dilatetur, fontesque duos diuersissimos sattere retulit, unutn intollerandp
frigiditatis, alium intensissimi culoris fernere, in parua tarnen distanüa, coruosque nigerrimos crudelissimo clamore
montem sine intermissione circunsonare, ut accolis religioni deditissimis persuasum sit, purgatorii speciem montem
hunc prue se ferre1). Die Legende haben wir also einer mündlichen Erzählung von Johannes Virdung
(aus Hasfurt) zu verdanken.
In Bezug auf Friedlieb ist jetzt alles klar. Abgesehen von den oben genannten drei Stücken
! ist sein Auszug als eine weit unvollständigere, aber, was Zahlen und Namen angeht, ebenso wertvolle Über-
lieferung als die Wiener Handschriften anzusehen, und darf somit bei der kritischen Behandlung derselben
angewandt werden.
Weit verwickelter dagegen ist die Darlegung der von Schöner benutzten Quellen. Seine Schil-
derung der im Wiener Texte besprochenen Länder findet man an verschiedenen Stellen seines Werkes. Die
Hauptschilderung steht Fol. B4 und behandelt nur Dänemark, Schweden, Norwegen mit Thüle, Grönland
| mit den Polarregionen, sowie Gotland. Die Überschrift dieses Abschnittes Eepiones usperrime extra Pthole-
j meiim obseruate per quendam Claudium Chlaus nigrutn gibt deutlich die benutzte Quelle (Clavus) an. Die
1 übrigen im Wiener Text geschilderten Länder, nämlich Island uud die Küstenländer der Ostsee, werden in
einem andern Zusammenhange behandelt und dies gilt auch von den nordischen Städten, die in einem Ab-
schnitte für sich zusammen mit Europas übrigen Städten besprochen werden.
Wir können zuerst das ausscheiden, was Schöner über Island und die Küstenländer der Ostsee
sagt (beziehungsweise Fol. A2V und B1v — B3r). Daß diese Länder gmz ohne Zusammenhang mit den übrigen
Nordlanden behandelt werden, und daß Clavus nicht genannt wird, muß sogleich Zweifel erregen, ob er hier
auch als Quelle gedient habe. Die Beschreibung von Island ist, wie Storm2) bemerkt, identisch mit
einer in verschiedenen anderen Werken des 1 5. Jahrhunderts vorkommenden. Daß Clavus nicht die Quelle
ist, darauf deutet auch der Umstand, daß Friedlieb Island an zwei Stellen bespricht: in Kap. XVII mit
kurzem Hinweis auf Schöner und in Kap. XXI, wo er sagt, daß Island 14 Inseln hat, welcher Ausspruch
mit den Wiener Handschriften übereinstimmt.
Friedliebs Beschreibung der Küstenländer der Ostsee stimmt vollständig mit der in den Wiener
Handschriften übereiD, während Schöners Schilderung viel inhaltsreicher ist und einen ganz andern,
modernen Charakter hat. Aber zu Schöners Zeit, als die neuen Karten über Germanien schon in die
Ptolemäus- Ausgaben aufgenommen waren, wußte man schon so viel mehr von Norddeutschland und den
Ländern an der Ostsee, daß besonders ein deutscher Geograph in Betreff auf diese Länder mit vollem Rechte
Clavus zur Seite schieben konnte (vgl. Kap. VIII B).
Jetzt ist nur noch Schöners eigentliche Nordlandsbeschreibung Fol. B4 übrig. Schon Storm
nahm an2), daß das Vergil-Zitat {Georgkai, 30) über Thüle nicht von Clavus stamme. Woher Schöner
übrigens zu der Bemerkung kommt, das Thüle auch Cambria (Wales) genannt wird, haben wir nicht finden
können ; der ganze Schluß seiner Beschreibung von Thüle stammt jedoch offenbar nicht von Clavus und ent-
behrt ja auch ganz einer Parallele bei Friedlieb, welcher hier Wort für Wort mit den Wiener Hand-
schriften übereinstimmt.
Die Legende, mit der Schöners Nordlandsbeschreibung abschließt : Sunt vtique asperrime etc., findet
man auch nicht in den Wiener Handschriften und bei Friedlieb. Daß dieselbe nicht Clavus zu verdanken
ist, könnte auch daraus hervorgehen, daß sie sich in beinahe gleichlautender Gestalt auf verschiedenen
italienischen und catalanischen Kompaßkarten, sowohl vor wie nach Clavus wiederfindet, z. B. auf Angelino
Dalortos Karten von 1325 3) und 1339 („Dulcert") 4), auf den catalanischen „Atlas catalan" von 1375 5),
Mecia de Viladestes von 1413 6) und der undatierten im Museo Borbonico in Napoli 7) sowie auf der
') Vgl. Saxo, Historia danica, ed. Müller, I, 1, S. 17; Itineraire Brugeois in Joacli. Lelewel,
Geographie du mögen äge. Äpilogue, Bruxelles 1857, S. 287; Ahlenius, Olaus Magnus, Upsala 1895, S. 160 — 164
und 174 ff. ; Thoroddsen, Geschichte der isländischen Geographie I, Leipzig 1897, S. 60—69,121—133 und in Dansk
geogmfisk Selskabs Tidskrift X, Kobenhavn 1890, S. 1U3— 136.
«) Vgl. Ymer 1889, S. 138—139.
:!) Diese wenig bekannte Koinpalikarte wurde in Facsimile publiziert von A. Magna ghi, La carta nautica
costruita nel 1325 da Angelino Dalorto, Firenze 1898. Die Karte gehört dem Fürsten C o r s i n i und wird in seinem
Palast in Firenze aufbewahrt.
4) Publiziert in Nordenskiöld, Periplus, Tafel VIII- — IX; vgl. auch Comptes rendus de la societe de
• geographie, Paris 1887, S. 28—35. 5) Vgl. oben S. 42, Note 3.
fi) Publiziert in Gabr. Marcel, Choix de cartes et de mappemondes, Paris 1896.
') Publiziert in Björnbo u. Petersen, Anecdota cartographica septentrionalia, Havniae 1908, Facs. I,
Tab. 1 u.S. 4; hier werden alle Namen und Legenden der vorclavischen Kompaßkarten in Bezug auf die Nordlande
zusammengestellt. Vgl. G. Uzielli e P. Amat di S. Filippo, Studi biografici e bibliografici sulla storia della
Geografia in Italia II, Roma 1882, S. 231.
8*
60
Kapitel IV.
Portulankarte Nr. 16 in der Biblioteca Nazionale in Firenze 1), ferner auf den Karten von Andrea del
Bianco (1436) 2), Bartolomeo Pareto (1455) 3) und Benincasa (1473, 1482 4)) und 1508 5)). Wir
führen nur zum Vei-gleich die Legende an, so wie sie auf der Karte von 1339 geschrieben steht: Noruegia
est regio asperrima et frigidissima, montuosa, siluestris et nemorosa, cuius incole plus de piscaria et de venacione
viuunt quam de parte, quia rara ibi annona ob magnum frigus quod ibi facit. Auch auf der Nordlandskarte in
Martellus' Insularium im Cod. Mus. Brit. Addit. 15760 findet sich eine ähnliche Legende: Noruegia Regio
latissima quasi Insula frigidissima piscihus et uenacionibus uiuit tota montusa (!) et nemoribus pleno, cuius extrema
per medium annum Imbribus cooperta sunt, unde incole cnndelis ita de die sicut In nocte utuntur 6), die wohl einer
Kompaßkarte entnommen ist.
Hiermit sind die von Schöner in der eigentlichen Nordlandsbeschreibung eingeflochtenen Legenden
erledigt. Außer diesen kommen verschiedene Namen, und zwar zum Teil Dubletten vor, die entweder von
den Wiener Handschriften und Friedlieb abweichen oder daselbst ganz fehlen. Sie sind einer Karte
vom Typus A oder B entnommen, die Schöner mit dem Clavus - Texte kombiniert hat.
Die Namen lauten folgendermaßen:
Gottia meridionalis wie auf den Karten; Wiener Hss. S<finderg<fidhin ; Friedlieb kein Name.
Suetia que et Gottia occidentalis wie auf den Karten ; Wiener Hss. Uestgipdhengh ; Friedlieb Visogotthi^cey.
Gronelandia quam et Engronelandiam vocant, wo weder die Wiener Hss. noch Friedlieb eine solche
Zusammenstellung kennen.
Vermelandia et Vintlandia alias Ventelandia, wo die Wiener Hss. nur Vermenlandh und Findland
kennen, Friedlieb nur Vermenland.
Uuildlappmani quorum regio Bilappelandia, wo die erste Form mit den Wiener Hss. und Friedlieb
übereinstimmt, die zweite mit den Karten.
Hierzu kommen in dem Abschnitt De Europe ciuitatibus folgende Städte vor, die nicht als solche
in den Wiener Handschriften und bei Friedlieb wieder vorkommen:
auf Island : Thirtos, Nadar,
in Schweden: Vpsalia, ibi sancta Brigitta vidua mirabilis in spiritu prophetie migrat.
auf Gotland : Bespue uel Wisbuy, Bumefalche,
in Schonen: Lunda.
Daß die von Schöner benutzte Karte diejenige aus der Ulmer Ausgabe von 1486 ist, kann nun
bewiesen werden. Die Namen Nadar, Vpsalia, Bumefalche und Lunda sind freilich gemeinsam für die
meisten A- und B-Karten, sowie Thirtos für die B-Karten; die Notiz hingegen über Upsala und die ver-
schiedenen Formen des Namens Visby (auf Gotland) deuten bestimmt auf die Ausgabe von 1486. Über die
Notiz bemerkt Storm: »Hier ist offenbar Vadstena übersprungen47); dies ist aber nicht der Fall. Schöner
hat ganz einfach diese Notiz aus Begers Begistrum (siehe Beilage 2) ausgeschrieben, wo gerade dieselbe
Verwechslung von Upsala und Vadstena begangen ist. Ferner kann die Form Bespue nur als eine weitere
Entstellung von Bysbe aufgefaßt werden ; letztere Form findet sich indessen in der Textbeilage derselben
Ausgabe, aber auch nur dort. Die Form ist entstanden durch eine Fehldeutung von wisbe auf der Karte
von 1486, von welcher sich gewiß die Dublette Wisbuy bei Schöner schreibt. Da alle handschriftlichen
A- und B-Karten uisbu und die Wiener Handschriften Visbu haben, so werden wir wieder auf die Ulmer
Ausgaben verwiesen.
Als Schöner seine Nordlandsbeschreibung ausarbeitete, hat er also die Ulmer
Ausgabe von 1486 fleißig benutzt, und die in dieser aufgenommene Nordlandskarte
von der dritten Redaktion des Nicolaus Germanus hat einen tiefgehenden Einfluß auf
seine Vorstellungen von den nördlichen Gegenden gehabt. Sein eigener Globus vom Jahre
1515 8), den sein Buch beschreiben soll, hat von dieser Karte seine Form für die nördlichen Länder ent-
') Publiziert in Ongania, Tafel XIII; vgl. Uzielli u. Arnat di S. Filippo, l. c. S. 230.
2) Publiziert in Ongania, Tafel IX; vgl. Uzielli u. Amat di S. Filippo, l. c. S. 67 — 68, wo die
älteren Reproduktionen angeführt werden.
3) Publiziert in Kretschmers Atlas, Tafel V ; vgl. Uzielli u. Amat di S. Filippo, l. c. S. 73—75.
4) Uzielli u. Amat di S. Filippo, l. c. S. 81. Ausschnitt bei Kretschmer, Tafel IV, 1.
6) Uzielli u. Amat di S. Filippo, l. c. S. 106. Diese Karte befindet sich jetzt in der vatikanischen
Bibliothek („Vat. nov. 8") und hat die Inskription: Andreas Benincasa Anconitanj composuit Ancone Anno
domini 1508. Die Karte war früher in Muse'o Borgione.
G) Vgl. Björnbo u. Petersen Anecdota cartographica septentrionalia, Facs. III und Tab. 2 — 3.
7) Vgl. Ymer, S. 141, Note 1. Das Kloster und die Grabstätte der hl. Brigitta war Vadstena, nicht Upsala.
8) Abbildungen in Jomard, Monuments de la geographie, Tafel 15 — 16 und in Nordenskiöld,
Facsimile- Attas, S. 78—79.
Die Ulmer Ausgaben, Schöner und Friedlich.
61
lehnt, gibt also den B-Typus wieder und mit diesem stimmt auch seine Beschreibung (Fol. Aj) überein,
von mare glatiale siue concretum vel congelutum, das Islandiam insulam, Pilappelandiam, Engronelandiam a
parte septentrionis bespült; denn diese Beschreibung paßt augenscheinlich nicht auf Karten vom A-Typus.
Wunderbar ist es, daß Schöner des Mangels an Übereinstimmung nicht erwähnt, der zwischen dem Wiener
Texte und den B-Karten von Grönland und Island herrscht; denn wie wir später sehen werden, entspricht
der Wiener Text hier durchgehends dem A-Typus. Da er indessen die Ortsbestimmungen des Wiener Textes
verwirft und sie mit seinen eigenen zu seinem Globus passenden ersetzt, hat er vielleicht gar keinen detail-
lierten Vergleich zwischen dem Wiener Texte und den B-Karten vorgenommen. Daß er es in verschiedenen
Fällen vorgezogen hat, sich der deutlichen Landschaftsnamen der Karten zu bedienen oder sie als Dubletten
anzuführen und Clavus' beschreibenden Text mit denselben zu verknüpfen, ist leicht begreiflich ; verschiedene
Namen des Wiener Textes könnten wohl einem in den nordischen Sprachen unkundigen Deutschen Schwierig-
keiten verursachen. Auch Friedlieb hat mit diesen zu kämpfen gehabt. Der von Schöner ausgelassene
Name Liuonia et uocabatur quondam OstergJiipdhengh, wie es im Wiener Text heißt, gibt er durch Ostrogotthia
wieder, wahrscheinlich indem er sich auf das nachfolgende ruptura maris oceani Ostrogotltorum stützt. Das
Veslg</)dhengh gibt er durch VisogottJtia wieder, vielleicht in Analogie mit dem Vorhergehenden.
Ein deutliches Zeichen, wie durchgreifend der Einfluß der B-Karte auf Schöners Nordlands-
beschreibung gewesen, ist die bei ihm stattfindende Vermischung von Norwegens und Grönlands Beschreibung.
Grönland ist nämlich zwischen Norwegen (mit dem dazugehörigen Thüle) und Wärmland mit dem nachfol-
genden Lapmarken („Wildlappenland") hineingeschoben, wodurch das norwegische Vorgebirge Nadhegruin bei
Grönland aufgeführt wird. Hierfür kann nur der Grund angegeben werden, daß Schöner seine Beschreibung
nach den Ländernamen der B-Karte geordnet (sowie er auch seinen Globus nach derselben gezeichnet hat),
indem er von Süden nach Norden aufwärts gegangen ist. Seine Ordnung wird dadurch folgende : Däne-
mark, Schweden, Norwegen mit Thüle, Engroneland (auf der B-Karte die Benennung für Norwegen nördlich
von Nidaros) Wärmland, Lapmarken. Nach Lapmarken folgt auf der B- Karte wieder ein Engroneland
(das wirkliche Grönland), das Schöner unerwähnt läßt, weil er das norwegische Engroneland schon mit
dem Gronelandia l) des Clavus-Textes identifiziert hat. Wir werden später darauf zurückkommen, wie die
Entstehung des Namens Engroneland zu erklären und wie seine doppelte Anwendung entstanden ist. Was
Schöner betrifft, so ist er ganz einfach in die Falle gegangen, die der B-Typus des Nicolaus Ger-
manus ihm gelegt hatte.
Diese ganze Auseinandersetzung zeigt, wie frei Schöner, im Gegensatz zu Friedlieb, den
Wiener Text benutzt hat, und wir können diesen darum auch ruhig, so wie er in den Wiener Hand-
schriften vorliegt, als einen durchaus vollständigen betrachten. Daß Schöner sich auch mit Bezug
auf Ortsbestimmungen ganz von der von Clavus angegebenen Grundlage emanzipiert, ist schon erwähnt,
und es kann hier hinzugefügt werden, daß dies sicherlich mit seinen Globuskonstrnktionen, mit dem
durch die Entdeckung Amerikas neugeschaffenen Weltbild, sowie mit der Feststellung des O-Meridians
durch Porta saneta insula in der Inselgruppe Madeira zusammenhängt2). Sagt Schöner doch selbst,
daß die Entdeckungen im Süden und Westen uns weit über die Klassiker hinausführen und gibt er in
seiner Einleitung eine ausführliche Anleitung, wie man am richtigsten Ortsbestimmungen vornehmen
und die Lage der Orte untereinander feststellen soll.
Außer bei Schöner imd Friedlieb finden sich, wie auch Storni3) nachweist, bei andern
deutschen Geographen des 16- Jahrhunderts Notizen über den hohen Norden, die offenbar auf den-
selben Clavus-Text (den Wiener Text) zurückgehen. Wilibald Pirckheimer bringt in seiner Ger-
maniae ex variis scriptoribus perbreuis explicatio (Norembergae 1530) fol. C2 Nachrichten über die wilden
Lappen (wildlappmanni), Grönland (Gronlandia) und die Karelen (Caroli). Andreas Althamerus
führt in seinen Scholia in Cornelium Tacitum de situ, moribus, populisque Germaniae (Norimbergae
1529) Fol. 55 v Zitate an über das Land der wilden Lappen (Bilappenland) und „Nordhebodhij," und
Sigismund v. Herberstein kombiniert in seinen Berum Moscoviticarum Commentarii (Wien 1549)
dem Clavus entnommene Aufschlüsse mit seinen russischen Nachrichten. Nichts deutet jedoch bei
diesen Verfassern darauf hin, daß sie selbst den Wiener Text gekannt oder gar benutzt haben sollten;
wie auch Storm bemerkt, spricht alles dafür, daß sie nur die Auszüge bei Schöner und Friedlieh
') Vgl. Storm, Ymer 1889, S. 139.
2) Vgl. Schöners Buch Fol. NgV.
3) Vgl. Ymer 1891, S. 35.
62
Kapitel IV.
excerpiert haben. Auch nicht bei Peter Apian, der 1524 einen Cosmoyraphicus Uber in Schöners
Stil herausgab, kann man direkte Kenntnis des Wiener Textes nachweisen. Seine Namen von Ländern,
Inseln und Städten des Nordens (Kol. 77 — 78, 98) mit zugehörigen Längen und Breiten sind, wie die
Namenformen und Gradbestininrangen zeigen, nach Schöner abgeschrieben, und die ihm sonst zu Ge-
bote stehenden Lokalitäten hat er auf eine freiere Art und Weise den gedruckten B-Karten entnommmen,
wodurch drollige Irrtümer eingelaufen ist, wie wenn z. B. erici p(ortusy der Karten bei ihm zu
Etipum proui^ncidy in Schonen geworden ist. Dagegen werden wir später zeigen, daß der bayerische
Geograph Jacob Ziegler den Wiener Text gekannt und betreffs einzelner Namen zur Ausarbeitung
seiner Scondia (1532) x) benutzt haben muß.
Unter den Gelehrten Süddeutsehlands, und zwar namentlich in Franken und Bayern, dem
Mittelpunkt des wissenschaftlichen Studiums der Geographie in den ersten Zeiten des Humanismus,
finden wir also das zweite Werk des Clavus bekannt und benutzt. Wie man des Werkes handhaft
wurde, darüber läßt sich mit Sicherheit nichts sagen; nur eine Vermutung kann man wagen, wie dies
geschehen sein könnte. Aus Friedliebs Worten geht hervor, daß der kürzlich (nuper) aus Dänemark
zurückgekehrte Mathematiker Johannes Virdung aus Hasfurt2) seine Aufmerksamkeit auf den Wiener
Text gelenkt und ihn aufgefordert hat, ihn ans Licht zu ziehen. Von demselben Virdung, der Ver-
schiedenes über nordische Verhältnisse zu erzählen gewußt hat, kann möglicherweise auch die Bemer-
kung bei Friedlieb stammen, daß Clavus sein Werk infolge einer Aufforderung des dänischen Königs
(Erich des Pommern) abfaßte3), indem Vir dun g vermutlich diese Nachricht während seines Aufent-
haltes in Dänemark kann erfahren haben. Es scheint uns die Vermutung nahe zu liegen, wenn wir
nach Friedliebs Zusammenstellung von Vir dun g und Clavus schließen wolleu, daß es gerade Vir-
dung gewesen sein könnte, der den Wiener Text nach Deutschland gebracht habe. Daß spätestens im
Anfange des 16. Jahrhunderts ein erstes Exemplar aus Dänemark nach Deutschland gekommen ist,
schließt auch Storm aus Friedliebs Worten. Innerhalb welcher Jahre Vir dun g in Dänemark
war, darüber haben wir jedoch keine bestimmte Nachricht finden können: Friedlieb sagt eben nur
(1518), daß er nuper zurückgekehrt sei; mit diesem nuper kann jedoch gut ein Zeitraum von mehreren
Jahren gemeint sein. Da Schöner 1515 denselben Wiener Text vor Augen gehabt haben muß, den
Friedlieb 1518 benutzte, muß Virdung, wenn er wirklich den Clavus-Text südwärts gebracht hat,
entweder vor 1515 zurückgekehrt sein, oder er hat seinen süddeutschen Freunden während seiner Reise
eine Abschrift geschickt. Er stand nämlich mit dem gelehrten Kreise, zu dem auch Schöner gehörte,
in Verbindung.
Sollten im Anfange des 16. Jahrhunderts in Dänemark Abschriften von diesem zweiten Werke
des Clavus existiert haben — und daß dies der Fall gewesen, ist sehr wahrscheinlich, da, wie wir
später sehen werden, alles darauf hindeutet, daß dies Werk im Gegensatz zum Nanziger Werke im
Norden verfaßt ist — so sind die Abschriften doch sicherlich bald verloren gegangen. Die Nachrichten,
welche dänische Gelehrte wie Lyschander und Pontanus über Clavus und sein Werk bringen,
') Vgl. Kap. VI (unter „Island").
2) Johannes Virdung aus Hasfurt in Unterfranken wurde am Schluß des 15. Jahrhunderts geboren
und starb zirka 1550. Von seinem Leben weiß man nicht viel mehr, als was man aus seinen Schriften ersehen
kann. Er war Mathematiker und Astrolog und scheint in Deutschland, Frankreich und Italien ein Wanderleben
geführt zu haben. Nach Dänemark wurde er berufen; „um dem Könige Christiern II. die Genesis auszulegen."
Über diese Reise spricht er in seinen Tabulae resolutae, Norimb. 1542, fol. b2 : In comitatu dum esses accito mihi ad
Danorum regem, ultra mare Balthicum,et ad alios postea ( ymbrorum Regulos . . . Daß er später mit König Christiern
in Verbindung stand, geht aus einem Briefe vom kgl. Sekretär Chr. Vinter an diesen hervor, datiert Speyer
22. Juni 1528, worin steht : „Hasfurt haffuer oc scriffuit meg tili paa e. n. natiuitet vti thette indgangende aar . . ."
(d. h. Hasfurt hat mir auch auf E. G. Nativität in diesem eingehenden Jahre zugeschrieben) ; vgl. Allg. deutsche
Biographie XL, S. 9 — 10: C. F. A 1 1 e n , 'Breve og Aldstyhker til Oplysning af Christiern JI's og Frederik l's Historie I
Kobenhavn 1854, S. 528.
3) Bemerke Friedliebs Worte (vgl. oben S. 57) . . . Claudio Nigra, qtii precibus regis Danorum impulsus,
totius Daniae descriptionem sibi desumpsit. Mit tota Dania können zur Zeit der Kalmarunion sehr gut alle drei
nordischen Reiche gemeint sein.
Die Ulmer Ausgaben, Schöner und Friedlieb.
63
Bahren augenscheinlich nicht aus selbständiger Kenntnis, sondern aus Friedliebs Clavus-Zitaten her1).
Lyse hander zitiert Clavus am häufigsten; Ed. Erslev hat schon auf dessen Scriptores danici und
die Vorrede zu seiner großen ungedruckten und unvollendeten Geschichte von Dänemark aufmerksam ge-
macht, es kann aber noch hinzugefügt werden, daß er vorn im Verfasser- Verzeichnis in De danske
Kongers Slectebog (1622) Claudius Niger als eine von ihm benutzte Quelle anführt 2). Nichts deutet
jedoch daraufhin, daß Lyschander selbst im Besitze von Clavus' Werk gewesen sei, oder es auch nur
gesehen haben sollte. Der einzige Platz, der möglicherweise eine genauere Kenntnis desselben verrät,
als z. B. Friedlieb sie hat, befindet sich in Den Gr<pnlandsle Chronica (Kebenhavn 1608), wo die
vom Wiener Texte und den A-Karten bekannten grönländischen Namen Bl. D <(4^> notiert werden — ohne
daß jedoch Clavus mit einer Silbe erwähnt wird; diese Namen hat Lyschander indessen, wie Storm
zeigt 3), entweder von der Zeno-Karte abgeschrieben oder sie aus einer andern auf diese zurückgehende
Quelle geschöpft. Ebensowenig wie Lyschander kann Pontanus mehr von Clavus gewußt haben,
als was er sich durch Friedlieb aneignen konnte4); und was Erich Pontoppidan betrifft, so hat
er seine Weisheit einzig und allein von Pontanus5). Schon am Schluß des 16. Jahrhunderts hat
man in Clavus' Vaterland kaum etwas andres von ihm und seinem Werke gewußt, als was man da-
rüber bei Friedlieb lesen konnte, und in den dänischen Bibliotheken wird man gewiß vergebens
nach Abschriften suchen.
In Deutschland wurde dagegen der Wiener Text recht häufig benutzt, bis das Erscheinen von
Zieglers Scondia (1532) und Ol aus Magnus' Historia de gentibus septentrionalibus (1555) ihn in
der Hauptsache überflüssig machten.
') Vgl. Ed. Erslev, JyUand, Kebenhavn 1886, S. 129—130.
2) In seinem Verfasserlexikon: Scriptores Danici bringt Lyschauder folgenden Artikel über Clavus
(H. F. Rördam, Klavs Christoffersen Lyskjunders Levneä, samt hans Bog om Danske Skribenter, Kebenhavn 1868,
S. 199) : „Claudius Niger, Philosophus et Matkernatieus doctissimus, multarum rerum usu, longa peregrinatione et
cloctissimorum Virorum conversatione clarissimus, reliquit : Daniae descriptionem integram et absolutam, e* mandato
Regis Danici concinnatam, qvam postea Franciscus Irenicus, instruetu Johannis Virdungi Hasfurdensis, Mathematici
nobilissimi, e Dania redeuntis, in lucem edidit. Iren. lib. II. cap. 21." In der Vorrede zu seiner Geschichte von
Dänemark sagt Lyschander ferner (Rördam 1. c, S. 174 — 175): „Cornelius [!] Niger hat sich auch in ähn-
licher Weise vorgenommen, mit der Feder dis dänischen Reiches Nachahmung aufzureißen und darzustellen, und es
aus dem Reiche geschickt, um es in den Druck zu stellen, damit es publicum bonum werde und Deutschland und
allen fremden Reichen vor Augen komme und Allen zum Nutzen und Frommen werde."
3) Storm, Om Kilderne til Lyschanders „Grfyrilandske Chronica". Aarböger for nordisk Oldkijndighed og
Historie, Kebenhavn 1888, S. 204 ff.
4) Pontanus sagt (Rerum Dauicarum Historia, Amstelodami 1631. S. 785) : „Laudatur inter Danos quoque
aut e Dania oriundas Nicolaus sive Claudius Niger mathematicus. Cui obstrictos profitetur doctos omnes Franciscus
Irenicus ob Daniae universe delineationem, quam ille petitione Regis impulsus deproperarit illo suo tempore perele-
gantem, eodem memorante Irenico."
5) Pontoppidan sagt (Det danske Atlas I, Kabenhavn 1763, S. XIX; deutsche Übersetzung: Dänischer
Atlas I, Kopenhagen und Hamburg 1766, S. XVI — XVII) : „Hiernächst soll ein Mönch, der Schwartze Claus (eigentl.
Sorte Claus) genannt, einen Riss über ganz Dännemark gemacht haben. Dieses berichtet [J. J.] Pontanus, doch ohne
die Zeit oder die Güte der Arbeit anzuzeigen" und in einerNote fügt er hinzu : „Da die Deutschen Nicolaus und Claus
insgemein für einerley Namen annehmen, so könnte man vielleicht muthmaßen, es wäre bemeldter Claus eben derselbe
Nicolaus Donis, ein Mönch, der die erste Landkarte über diese nordischen Länder gemacht haben soll, welche sich in
der ältesten Ausgabe der geographischen Bücher des Ptolemäus vom Jahre 1482 befindet und mit der Natur der Länder
sehr wenig übereinstimmt. Von dem Namen dieses Mannes schreibt unser gelehrter [Doctor E. D.] Hauber in seinem
Abriß einer Historie der Land-Charlen, S. 17 : „Dieser Nicolaus wird von andern Hahn, von andern Donis, von andern
Germanus genennet, und hält diese Nahmen für eines der vortrefflich gelehrte Hr. Fabricius, Bibl. Graecae L. IV .
C. XIV. p. 413. Nehme ich den möglichen Fall an, daß obbemeklter Claudius des Pontanus, der hier im Lande den
Beynauien der Schwarze bekommen hat, derselbe Kartenmacher gewesen sein kann, der anderwärts Donis und Hahn
genennet wird, so dürften alsdann diese letzten Namen vielleicht durch einen Scbreibefehler oder durch eine undeut-
liche Verkürzung Dauns oder Dahn anstatt Donis oder Hahn anzeigen ; denn auCerhalb Landes bekamen Petrus de Dada
und andere Gelehrte vor Zeiten Zunamen von ihrem Vaterlande, ob sie schon zu Hause andere Namen führten. Doch
dies ist nur eine ungewisse Muthmaßung."
Kapitel V.
Der Wiener Text und die dazugehörige Karte.
Leider gehört zum Text in den Wiener Handschriften keine Nordlandskarte, ebensowenig wie
sich eine solche bei Schöner und Friedlieb findet. Trotzdem ist es wohl keinem Zweifel unter-
worfen, daß zum Wiener Texte ursprünglich eine Karte gehört hat. Zur Bestätigung dieser Annahme
können nicht allein derartige naheliegende Gründe angeführt werden, wie z. B., daß Clavus' zweite
Arbeit — der Nanziger Text — von einer zum Texte gehörigen und mit ihm gleichzeitig ausgearbeiteten
Karte begleitet war, sowie auch, daß Clavus' Vorbild, Ptolemäus, seiner Geographie detaillierte Karten
beifügte, welche zu supplieren es offenbar die Absicht des Clavus gewesen ist; man ist aber aus
des Wiener Textes eigenen Worten zu der Schlußfolgerung berechtigt, daß er ursprünglich mit einer
Nordlandskarte zusammen ausgearbeitet ist. Die Einleitungsworte: Ego Claudius Clauß . . . regna sub-
scripta mihi uisu experimentali mathematicaliter cognita picture diligentia necnon scriptibili memoria
posteris fideliter perennare curaui müssen nämlich folgendermaßen wiedergegeben werden : „ Ich Claudius
Claussen . . . habe es unternommen, durch sorgfältige Zeichnung sowie durch schriftliches Gedächtnis
die mir durch eigene Beobachtung genau bekannten untengenannten Länder der Nachwelt getreu zu
verewigen." Hieraus kann nichts andres verstanden werden, als daß der Text von einer Karte begleitet
war, ja daß Clavus sogar das Hauptgewicht auf diese gelegt hat, wodurch uns vielleicht ein Wink
über seine Arbeitsmethode gegeben wird, die nach derselben Richtung verweist, wie die Seite 16 be-
sprochenen Differenzen zwischen dem Nanziger Texte und der Nanziger Karte.
Es befindet sich im Wiener Texte ein andrer Passus, der vielleicht wie eine Andeutung auf
eine begleitende Karte aixsgelegt werden kann und uns in diesem Falle über deren Ausstattung Auf-
klärung gibt. Bei der Erwähnung von Lapmarken ( „ Wildlappenland " ) steht nämlich Wildlappmanni,
qui sunt komines omnino syluestres et pilosi, sieut depinguntur, und hier müssen die ausgehobenen
Wörter übersetzt werdeu ; „so wie sie abgebildet werden". Darf man vermuten, daß hiermit auf eine
Abbildung von behaarten Waldmenschen auf Clavus' Karte hingewiesen wird? Auf Karten Abbil-
dungen anzubringen, war sowohl vor wie nach Clavus sehr allgemein. Schon auf den mappoe mundi
des früheren Mittelalters findet man bildliche Darstellungen; solche wurden auch auf Kompaßkarten
aufgenommen und erscheinen dort besonders in größerer Menge auf weniger bekannten Ländern, in
die man alle Art Mythen und Fabeln verlegte. Auch für die nordeuropäischen Gegenden können zahl-
reiche Beispiele von Abbildungen angeführt werden. Auf der catalanischen Kompaßkarte von Mecia
de Viladestes vom Jahre 1413 findet sich im nördlichen Eismeer eine hochinteressante bildliche
Darstellung eines verankerten Schiffes, daneben die eines bemannten Bootes und eines Walfisches. Im
Der Wiener Text und die dazugehörige Karte.
nördlichsten Norwegen findet man auf derselben Karte Abbildungen von drei Falken, einem Eisbären
und einem kleineren Säugetiere (einem Lemming?) 1). Auf Angelino Dalorto's Karte von 1339
befindet sich auf der südlichen Küste von Norwegen das Bild eines Falken mit der öfters vorkom-
menden Legende: Hic sunt vrsi albi . . . Hic sunt gilfalcos2). Bei der gleichartigen Legende: Hic
I sunt ursi et falcones albi et consimilia auf einer mappa mundi des 15. Jahrhunderts finden sich Abbil-
dungen eines Bären, eines Falken und eines Kenntieres 3). Auf dem Portolano Nr. 1 in der Bibliotec;i
Nazionale in Firenze vom Jahre 1447 (der sog. genuesischen Weltkarte) ist ein Eisbär mit der Anmer-
kung forma ursorum alborum 4) abgebildet. Bilder wie diese können leicht Veranlassung gegeben
I haben zu den Worten des Wiener Textes: Liste 'Promontorium, ubi capiuntur falcones albi, und liegt
es deshalb nahe zu erörtern, ob Clavus' obige Bemerkung über die wilden Lappen nicht wie eine
1 allgemeine Hindeutung auf derartige Kompaßkarten-Abbildungen verstanden werden könnte. Abbil-
dungen von Lappen können nun gerade nachgewiesen werden. Sowohl auf dem catalanischen Porto-
I lano Nr. 16 in der Biblioteca Nazionale in Firenze von za. 1400 5), als auf der oben erwähnten catala-
nischen Karte vom Jahre 1413 sind im höchsten Norwegen Renntiere mit Keitern in langen Mänteln,
I mit Tiara oder turbanähnlichen Kopfbedeckungen und mit an den Händen festgebundenen Jagdfalken
abgebildet6). Auf Andrea del Biancos Weltkarte von 1436, also gerade zu Clavus' Zeit, befinden
I sich Bilder mehrerer pelzbekleideter oder behaarter Menschen mit der Anmerkung: In ac parte est
I massimum frigus, quia est sub tramontana et nasitur omines siluestros '). Auf eine solche Abbildung
könnten Clavus' Worte von den behaarten Waldmenschen ja sehr gut hindeuten. Auch auf späteren
Nordlandskarten finden sich ähnliche Darstellungen, so auf Pierre Descelliers' Karte von 1546
im Lande Vuillappia ein in Pelz gekleidetes Mädchen in einer mit Tannen bewachsenen Berglandschaft,
in der auch ein Bär und ein Wildschwein zu finden sinds). Die zahlreichen Bilder auf 01a us
Magnus' carta marina von 1539 zeigen, daß auch nordische Kartographen später Karten-Illustrationen
I angewandt haben. Nach all diesem darf mau wohl nicht gerade mit Bestimmtheit behaupten, daß die
zum Wiener Texte gehörige Karte bildliche Darstellungen gehabt habe — uns kommt es jedoch nicht
unwahrscheinlich vor.
Obgleich wir also festhalten müssen, daß der Wiener Text ebenso wie der Nanziger Text
von einer Karte begleitet gewesen, ist jedoch bis jetzt keine dem Wiener Texte entsprechende des
Clavus' Namen tragende Karte gefunden worden; aber — es kann bewiesen werden, daß die
im vorhergehenden so oft genannten Karten vom A-Typus wirklich Kopien von
| der zum Wiener Texte gehörigen Clavus-Karte sind. Elemente dieser Nachweisung hat
\ Storm schon in seiner Beweisführung für den gemeinsamen Ursprung der Zamoiski - Karte und
Schöners und Friedliebs Clavus-Zitate gegeben. Jetzt, wo wir statt der alleinigen Zamoiski-Karte
I nicht weniger denn sechs A-Karten zu unsrer Disposition haben, statt Zitate den ganzen Clavus-Text,
und wo wir darüber klar sind, daß der Nanziger Text mit seiner Karte eine Arbeit für sich ist, wird
die Beweisführung eine viel leichtere, und kann derart argumentiert werden, daß jeglicher Zweifel oder
I Widerspruch hinfällig wird.
Stellt man die Namen des Wiener Textes mit denen auf den sechs handschriftlichen A-Karten
zusammen, so wie dies in der Tabelle (Beilage 3) gemacht ist, wird man sich von der durchgehen ds
sehr guten Übereinstimmung gleich überzeugen; man wird auch gewahr werden, daß die Namen der
') Vgl. S. 59, Note 6. — Die das Bild vom Walfischfange begleitende Legende ist abgedruckt in Björnbo
u. Petersen, Anecdota cartograpliica septentrionalia, Tab. 1, S. 16.
2) Vgl. S. 59, Note 4.
3) Vgl. Penplus, Tafel XXXIX.
*) Publiziert von Ongania, Tafel X: vgl. Theob. Fischer, Die mittelalterlichen Welt- und Seeharten.
\ Venedig 1886, S. 155 ff.
5) Vgl. S. 60, Note 1.
°) Vgl. auf Waldseeniüllers carta marina (1516) die Darstellung eines Renntieres mit Reiter und eines Mammuts.
;J Vgl. Lelewels Atlas, Tafel XXXII und Periplns, S. 19.
s) Vgl. Periplus, Tafel LH.
Bjdrnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 9
66
Kapitel V.
Karten sich gegenseitig supplieren, so daß ihr gemeinsamer Namenvorrat dem Texte besser entsprechen,
als die Namen auf jeder einzelnen von ihnen es tun. Der Grund hiezu ist natürlich der, daß alle
Karten mehr oder weniger unvollständige Kopien eines gemeinsamen Originals
sind. Trotzdem bleiben im Texte eine Anzahl Namen übrig, die auf keiner der Karten nachgewiesen l
werden können; dies ist indessen namentlich an solchen Orten der Fall, wie Schonen, die dänischen
Inseln, Island, Gotland und Norwegen an der Strecke von Stavanger bis Trondhjem (Drontheim), wo die
im Wiener Texte benannten Lokalitäten so dicht aneinander liegen, daß die Auslassungen auf den Karten
annehmlich durch Platzmangel entstanden sein können. Betreffs andrer Gegenden ist dann wieder der
Namen Vorrat der Karten reicher als der des Textes; dies ist namentlich bei Schweden und der Ostsee-
küste von Stralsund bis zur schwedischen Grenze hinüber der Fall. In Bezug auf Schweden muß
jedoch hervorgehoben werden, daß die Namen längs der Küste im Text und auf der Karte sich fast
ganz decken, und daß der Wiener Text als eine Küstenbeschreibung gehalten ist, die von Orten inner-
halb des Landes prinzipmäßig nur diejenigen mitnimmt, von denen man sagen kann, daß sie dicht an
der Küste liegen. Auf andern Teilen der Karte entsprechen die Namen dagegen denen des Textes so
genau, daß die ursprüngliche Zusammengehörigkeit von Text und Karte einem mehr als wahrscheinlich
vorkommt. Daß keine absolute Ubereinstimmung stattfindet, braucht uns nicht zu verwundern und
kann unter keinen Umständen als Gegenbeweis gegen die Zusammengehörigkeit dienen. Wir müssen
nämlich teils die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß beim Kopieren Namen hinzugefügt sind, wie
dies der Fall war bei den schon früher bemerkten und öfters erwähnten Namen für Holstein ducatvs
elfacie1), teils müssen wir erinnern, daß auch in Fillastres Kopie von Clavus' zweitem Werke (dem
Nanziger Werk) die Übereinstimmung zwischen Text und Karte betreffs der Namen nicht sonderlich
genau war.
Indessen gibt nicht einmal eine durchgehende Übereinstimmung der Namen einen durchaus
sichern Beweis für die Zusammengehörigkeit; denn je besser die Namen und deren Keihenfolge der
Wirklichkeit entsprechen, desto schwächer wird der Beweis. Ein gemeinsamer Fehler oder eine gemein-
same von der Wirklichkeit abweichende Übereinstimmung beweisen daher mehr als viele der Wirk-
lichkeit entsprechende Übereinstimmungen. Solche gemeinsame Fehler oder charakteristische Überein-
stimmungen kommen indessen häufig vor; es glückte schon Storm vermittelst der Auszüge bei
Schöner und Friedlieb einige derselben hervorzuziehen. Von den für Text und Karten gemein-
samen geographischen Fehlern können angeführt werden: Kolding (in Jütland) nördlich von Vejle,
Plön nördlich von Kiel, Västeräs sehr weit nördlich von Stockholm, Skara an der Küste zwischen
Stockholm und Kalmar, Ahus in Schweden statt in dem damals dänischen Schonen, Simrishamn an
Hallands Westküste, statt an Schonens Ostküste — alles dies Fehler, die auch im Nanziger Werke
vorkommen. Von merkwürdigen, von der Wirklichkeit abweichenden Übereinstim-
mungen zwischen Text und Karten können die sonderbaren früher erwähnten
Flußbezeichnungen erste Aue, zweite Aue u. s. w.*) genannt werden, sowie die
Reihen von Namen auf Grönland, Island, Norwegen nördlich von Drontheim und
Gotland, die man bis jetzt noch auf keine befriedigende Art und Weise als
wirkliche Ortsnamen zu deuten vermocht hat. Da die Namen des Wiener Textes hier
Wort für Wort mit denen auf den A-Karten übereinstimmen, die doch auf ganz anderm Wege über-
liefert sind, können diese Namen also nicht so sehr entstellt sein, wie man bisher angenommen hat,
und wir werden später sehen, daß ihre Deutung einen ganz unwiderlegbaren Beweis für die
Zusammengehörigkeit des Wiener Textes und der A-Karten liefern. Ferner können als charakteristische
Übereinstimmungen hervorgehoben werden: erstens das zu den mittelalterlichen Anschauungen keines-
1) Vgl. S. 27—29.
2) Die sonderbaren Narnenformen auf den A-Karten fursta, auenas, trediera, ßerdena u. s. w. sind, was ein
Vergleich mit dem Wiener Texte zeigt (vgl. Beilage 3), nichts andres als Entstellungen der Bezeichnungen forste aa
(erste Aue), annen aa (zweite Aue), tre.äie aa (dritte Aue), fierde aa (vierte Aue) u. 8. w. Aue in älterem Deutsch —
Flülichen.
Der Wiener Text und die dazugehörige Karte.
67
wegs passende Anbringen von Thüle als einer Insel an der norwegischen Küste, zweitens die wunder-
bare Legeude vom Kreuze Christi im Lande der wilden Lappen, an dem keiner vorüberzuziehen wagt,
drittens das Vorgebirge New am weitesten nördlich an Grönlands Westküste, welches als die äußerste
Grenze der Erde bezeichnet wird.
Obgleich also dermaßen kein Zweifel mehr vorhanden sein kann über die Zusammengehörigkeit
des Wiener Textes mit dem Original der A-Karten und die detaillierten Namensuntersuchungen im
folgenden Kapitel dies noch mehr bekräftigen werden, wollen wir hier dennoch ebenso wie beim Nan-
ziger Werke, und zwar reichlich so viel aus Rücksicht für die textkritische Behandlung der Ortsbestim-
mungen im Wiener Texte, einen systematischen Vergleich von Text und Karte vornehmen, teils indem
wir die Längen und Breiten der Karten ausziehen, teils indem wir eine Karte nach dem Texte kon-
struieren. Zum Ausziehen der Längen und Breiten eignet Henricus Martellus' At - Karte
sich am besten. Während nämlich die andren Karten vom A-Typus in Nicolaus Germanus'
trapezförmiger Projektion gezeichnet sind, ist, wie schon erwähnt, Ax in Marinus' rektangulärer Pro-
jektion ausgeführt, wo die Breitengrade doppelt so lang wie die Längengrade angesetzt sind. Da diese
ältere Projektion von Clavus auf seiner in der Nanziger Handschrift kopierten Karte angewandt sein
muH, so ist ein triftiger Grund zu der Vermutung vorhanden, daß auch seine den Wiener Text
begleitende Karte in derselben Projektion gezeichnet war. Ax ist darum die einzige der A-Karten, die
nicht umgezeichnet ist. Wenn man nun Örtlichkeiten wählt, wo die Namen im Wiener Texte und auf
den A-Karten sicher identifiziert werden können, wenn man ferner ihre Längen und Breiten aus den
Karten auszieht und sie mit denen im Wiener Texte vergleicht, zeigt es sich wirklich auch, daß Ax so
viel besser als die andern A-Karten zum Texte paßt, daß der Unterschied nicht allein dem Umstände
zu verdanken sein kann, daß Ax viel größer als die andern ist, wodurch ja die Ausziehungsfehler ver-
ringert werden. In der Tabelle haben wir darum nur eine Rubrik für die von Ax ausgezogenen Längen
und Breiten aufgenommen. Der Vergleich zwischen ihnen und denen des Wiener Textes gibt indessen
ein außerordentlich günstiges Resultat. Man vergleiche z. B. bei Grönland, wo der stete Wechsel von
Vorgebirge und Flußmündung es möglich gemacht, die Längen und Breiten für beinahe alle Lokalitäten
des Wiener Textes auszuziehen. Die Abweichung zwischen Text und Karte beläuft sich höchstens auf
iL °i übersteigt selten lji 0 und hält sich in der Regel auf 5' bis 10' 1). Wo die Abweichungen 10'
überschreiten, ist in der Regel eine Reihe von den Zahlen der Karte größer als die des Textes, oder
umgekehrt, so daß eine kleine Verschiebung einer ganzen Küstenlinie stattgefunden hat, während die
Entfernungen zwischen den aufeinander folgenden Orten in Text und Karte ungefähr übereinstimmen.
Die Zahlen zeigen klar und deutlich, daß jeglicher Gedanke an einen möglichen verschiedenartigen
Ursprung oder an eine bewußte Bearbeitung vollständig aufgegeben werden muß. Ein besseres Resultat
zu erzielen, könnte man kaum erwarten, wenn von einem Texte die Rede ist, den wir nur in Ab-
schriften aus zweiter oder dritter Hand haben, und von einer Karte, die kaum eine direkte Kopie nach
dem Originale ist. Die Ubereinstimmung ist eine derartige, daß man zwischen den Zahlvarianten des
Textes ohne großes Risiko diejenige wählen darf, welche der entsprechenden der Karte entnommenen
Zahl zunächst liegt, und daß man, wo ein Zweifel über die Identifikation der Text- und Kartennamen
obwaltet, sich auf die Ubereinstimmung der Lage stützen kann, sofern nicht geradezu bestimmt eine
Konfusion von Seiten des Verfassers oder des Abschreibers nachgewiesen werden kann. Das in solchem
Falle vorzügliche Kontrollmittel der Kartenzeichnung wird beinahe immer zeigen, daß man das Richtige
erwählt hat.
') Wie die Tabelle (Beilage 3) zeigt, sind die Differenzen zwischen den Längen des Textes und der Karte
durchschnittlich nicht doppelt so groß, wie die Differenzen zwischen den Breiten, wie zu erwarten war, weil die
Breitengrade der Karte doppelt so groß sind wie die Längengrade. Die Ursache davon ist, daß die Längen mit viel
größerer Sicherheit ausgezogen werden konnten als die Breiten, indem sich die Karte über zwei Blätter erstreckt
und durch das Einbinden in der Mitte zwei Kniffe mit einer tiefen Rille dazwischen erhalten hat. Hierdurch wurde
der Photograph auch verhindert, den mittleren Teil der Karte mitzubekommen (vgl. die Reproduktion in Norden-
skiöld, ßidrag tili Nordens äldsta kartografi, Tafel 1).
9*
68
Kapitel V.
Bei der Kartenzeichnung ist man beim Wiener Texte bedeutend günstiger gestellt als beim Nanziger.
Im Wiener Teste fehlen fast gar keine Zahlen und sind sie in zwei, ja, wo 'Friedlieb die Längen und
Breiten angibt, sogar in drei von einander unabhängigen Uberlieferungen aufbewahrt. Die Angaben des
Wiener Textes von Vorgebirgen, Küsten, Buchten und Flußmündungen sind demnächst so reichhaltig und
folgen so dicht aufeinander, daß wir in viel geringerem Grade als beim Nanziger Texte zur Aufzeichnung
von langen Küstenlinien aus freier Hand gezwungen werden und daß die wenigen Fälle, wo eine Orts-
bestimmung in allen Versionen des Wiener Textes verkehrt ist, genau nachgewiesen werden können. Wo
die Kartenzeichnung eine Korrektion der Zahlen zu erfordern scheint, wird man auch oft gewahr, daß sich
auf der betreffenden Stelle ein Bruch in dem gleichmäßigen Steigen oder Abnehmen der Längen und Breiten
befindet. Die Kartenzeichnung haben wir nach dem Texte alleine vorgenommen, und zeigte es sich, daß fünf
Korrektionen notwendig waren. Der Vergleich mit den A-Karten, den wir, um unbewußten Erschleichungen
zu entgehen, erst nach der Vollendung der Kartenzeichnung vornahmen, zeigte, daß die Korrektionen durch
die Karten bewährt werden. Es sind folgende:
1. Primus sinus Pruscie liegt dem Texte nach auf 55° ö. L. ; wir korrigieren in 57° ö. L. Die
Reihe der Längenzahlen in der Nähe dieser Küstenbestimmung ist 54° 30' — 55° o' — 55° 40' — 56° O'
(Variante 55° ü') — 55° 0' — 57° 50' — 58° 30' — 59° 20' und zeigt deutlich einen Bruch, der weg-
fällt, wenn 55° in 57° korrigiert wird. Bei der Kartenzeichnung gibt 55° eine Landzunge statt einer Bucht
(siehe den Ausgangspunkt des Pfeiles). Wird hier in 57° korrigiert, so entsteht dagegen die Bucht. Die
Korrektion wird durch die A-Karten bewährt, die gerade unter 57° ö. L. ein primus sinus Prussie hat.
2. Secundus sinus nördlich von Arosia (Västeräs, in Schweden) liegt dem Texte nach auf 54° 2(/ n.Br.,
wodurch die Bucht ganz unten nach Deutschland verlegt wird. Wir korrigieren in 64° 20', wodurch der
Bruch in der Reihe 64° 30' — 54° 20' — 64° 20' — 64° 0' wegfällt.
3. Femthe aa fiuuii ostia nördlich von Kalmar (in Schweden) liegt dem Texte nach auf 62° 25' n.Br.
Wir korrigieren in 61° 25', wodurch der Bruch in der Reihe 62° 5'— 61° 40'— 61° 30' — 62° 25' —
61° 15' — 61° 5' — 61° o' wegfällt. Bei der Kartenzeichnung würde 6 2u 25' einen tiefen schmalen Meer-
busen bilden, der sich 1° nordwärts und zwar zwischen zwei dicht aneinander liegenden Buchten krümmte
(siehe den Pfeil). Die Korrektion 61° 25' gibt dagegen eine Küstenlinie genau wie auf der A1 -Karte, die
eine Flußmündung auf zirka 61° 30' n.Br. hat. Daß dieser Fluß auf der Karte den Namen seta fluuius
(sechste Aue) führt, während kein femthe aa (fünfte Aue) zu finden ist, rührt nur davon her, daß dieser
letzte Name weggefallen und der Name seta einen Platz höher gerückt ist.
4. Fulsterbode reef und Falsterbod emporium (in Schonen) liegen dem Texte nach beide auf 59° n.Br.
Mit dieser Breite wird sich das Riff wie ein Meerbusen ins Land hineinstrecken, der Markt nördlich
von den nachfolgenden Städten Skanör und Malmö liegen, Skanör somit einen Vorsprung bilden (siehe die
Pfeile), was gar keinen Sinn hat. Korrigiert man 59° in 58°, welches am natürlichsten sein würde, so
kann die Kartenzeichnung ausgeführt werden; diese Korrektion aber wird nicht durch die A-Karten bewährt,
die Schwedens südlichsten Punkt auf 58° 30' ä 58° 45' n. Br. legen. Am natürlichsten ist darum 59° in
58° 30' zu korrigieren und anzunehmen, daß hier nicht ein Abschreibefehler, sondern eine ähnliche Kon-
fusion im Ausziehen der Breiten vorliegt, wie diejenige, die Clavus augenscheinlich im Nanziger Texte
begangen hat 1).
5. Die Insel Taasing (bhasind W, basind V) liegt dem Texte nach auf 40° 55' ö. L. und 57° 20' n. Br.,
wodurch diese kleine Insel mitten auf die große Insel Fünen verlegt wird. Wenn man auf ihre wirkliche
Lage und ihren durchaus korrekten Platz im Nanziger Text Rücksicht nimmt (vgl. die nach diesem Texte
konstruierte Karte), so muß die Länge für richtig angesehen werden, indem nach dem Wiener Texte die
Stadt Svendborg auf 40° 50' ö. L. liegt. Die Breite muß also korrigiert werden. Einen Abschreibefehler
vorauszusetzen und in 56° 20' zu korrigieren ist jedoch unmöglich, da die Lage der Insel Taasing dann
mitten auf der Insel Langeland wäre. Wir sind daher genötigt, in 56° 50' zu korrigieren, wodurch die
Insel ihre richtige Lage zwischen Svendborg und Langeland erhält, ganz wie sie sowohl auf den A-Karten
wie auf der Nanziger Karte liegt. Diese durchaus notwendige Korrektur von 1I2° zwingt uns wieder zu der
Voraussetzung einer von Clavus begangenen Konfusion beim Ausziehen der Breiten.
Dieser letzte Fall drängt uns die Uberzeugung auf, daß sowohl der Wiener als auch der Nanziger
Text als Begleitschreiben zu einer Karte abgefaßt sind, und zwar so, daß die Ortsbestimmungen der Texte
aus den schon fertigen Karten ausgezogen sein müssen. Je weiter die Untersuchung fortschreitet, desto
mehr Beweise haben wir an der Hand, daß dies gerade die Art und Weise gewesen ist, wie Clavus' Texte
entstanden sind. Die in den obengenannten Fällen 1 und 3 notwendigen Korrektionen könnten gut als
Abschreibefehler erklärt werden, welche dann in einer beiden Wiener Handschriften zu Grunde liegenden
Abschrift begangen sein müßten. Es ist aber ebenso wahrscheinlich, daß auch hier von Clavus selbst
begangene Ausziehungsfehler vorliegen. In unsrer Restitution des Wiener Textes lassen wir darum auch in
») Vgl. S. 16—17.
Der Wiener Text und die dazugehörige Karte.
09
den oben genannten Fällen, mit Ausnahme von Fall 2, die verkehrten Zahlen stehen, weil wir nur die von den
Abschreibern, nicht die vom Verfasser begangenen Fehler korrigieren dürfen.
Jetzt liegt es nahe zu untersuchen, ob nicht andre Fälle vorhanden sein sollten, wo der Vergleich
zwischen der konstruierten Karte und den A-Karten uns vermuten lassen, daß ähnliche Ausziehungsfehler
stattgefunden haben. Folgende drei Fälle kommen hier in Betracht:
1. Annen au fluuii Ostia nördlich von der Stadt Ystad (in Schonen) liegt dem Texte nach auf
48° 20' ö. L. Wenn man einen Fehler von 1° annimmt und in 49° 20' korrigiert, verschwindet der Bruch
in der Keihe 51° 35' — 50° 30' — 50° 5' — 48° 20' — 49° 0' — 48° 25' — 47° 40', und wir entgehen
der Zeichnung eines tiefen Meerbusens (siehe den Pfeil), die nicht durch die A-Karten bewährt wird.
2. Borghsznes, Seelands Südostspitze, liegt dem Texte nach auf 47° o' ö. L. Die Kartenzeichnung
gibt für das »Nes« (Nase, Landzunge) eine südlich um die Insel Falster sehr weit in die Ostsee hineinragende
Landzunge. Wenn man in 46° o' ö. L. korrigierte, würde das Mißverhältnis als Abschreibefehler erklärt
werden können. Die A-Karten zeigen jedoch, daß eher ein Ausziehungsfehler von l1^0 (4-7° 0' statt 45° 30')
angenommen werden muß.
3. Holbekz auf Seeland liegt nach W auf 44° O' ö. L. — in V fehlt diese Lokalität. Das nach-
folgende Holbekh uilla läßt annehmen, daß die Genitivform Holbekz als Anfang zu Holbekz nes oder Holbekz
houedh (d. h, Holbsek's *) Landzunge) aufgefaßt werden muß. Benutzt man 44° o', fällt der ganze nordwestliche
Teil Seelands weg (siehe den Pfeil). Bei der Annahme des Ausziehungsfehlers 43° o' statt 44° ()' ver-
schwindet das Mißverhältnis, und Seelands richtige Form, wie sie auf den A-Karten zu sehen ist, tritt hervor.
Anmerkung. Bei Kyl ciuitas, die dem Texte nach auf 56° 5' n. Br. liegt, während der vorher-
gehende »nördliche Hafen« auf 56° 30' liegt und der nachfolgende »südliche Hafen« auf 56° 20', ist die
Zeichnung kaum durchzuführen. Ob hier ein Abschreibefehler 56° 5' statt 56° 25' vorliegt oder ein Aus-
ziehungsfehler 56° 5' statt 56° 35', läßt sich kaum entscheiden. Daß eins von beiden der Fall sein muß,
zeigen die A-Karten.
In den hier angeführten Fällen haben wir, obgleich die Korrektionen nicht wie bei den früher
erwähnten Fällen durchaus notwendig sind, die Kartenzeichnung mit den korrigierten Zahlen, und nicht mit
denen des Textes dui-chgeführt. Die Pfeile zeigen hier wieder die Korrektionen. In dem restituierten
Wiener Texte haben wir, wie oben, und aus demselben Grunde, die Zahlen der Handschriften trotz der Nicht-
übereinstimmung mit den A-Karten beibehalten.
Vergleichen wir nun die A-Karten mit der konstruierten Karte, so zeigt es sich, daß der
Kartentypus durchgehends derselbe ist, und daß die Küstenlinien erstaunlich gilt zu einander passen.
Die Lage der Länder zu einander, Eigentümlichkeiten wie z. B. die Meeresverbindung zwischen der
Ostsee und dem Eismeer, die merkwürdigen entstellten Formen von Norwegen, Island und Jütland und
die dem A-Typus eigentümliche, richtige Form Grönlands zeigen die vollständigste Übereinstimmung.
Und nicht nur in den Hauptsachen, nein, auch in den Einzelheiten ist die Ubereinstimmung vor-
herrschend. Erst bei genauerer Untersuchung zeigen sich die Verschiedenheiten, von denen wir hier
die wichtigsten hervorheben wollen.
Man vermißt auf der konstruierten Karte einen Teil der auf den A-Karten vorhandenen Inseln.
Meistens liegt dies darin, daß der Wiener Text sich damit begnügt, die Anzahl der zu jedem Lande gehörigen
Inseln zu nennen, ohne ihre Lage anzugeben. Sie konnten darum nicht auf der konstruierten Karte ange-
setzt werden und durch diesen Mangel wird der Charakter der skandinavischen Halbinsel, Grönlands und
Islands bedeutend verändert. Die synoptische Tabelle zeigt jedoch, daß die Anzahl der Inseln auf den
A-Karten so ziemlich mit den Angaben des Wiener Textes übereinstimmt. Von den mit Namen benannten
Inseln fehlen auf der konstruierten Karte Ösel, Tonsberg, Thüle, Helgeland (holrelant) und magarester
(Magere?)2). Von diesen ist Ösel im Wiener Text die eine der sieben kleinen zu Livland gehörigen Inseln
(insulre ignobiles). Tensberg wird wohl im Wiener Texte genannt, es wird jedoch keine Erklärung hinzu-
gefügt. Das im Text über Thüle Gesagte paßt ganz zur Lage auf den A-Karten ; es fehlen leider nur die
Ortsbestimmungen. Helgeland und Magero werden gar nicht im Text genannt. Ein direkter Widerspruch
zwischen den A-Karten und der konstruierten Karte findet bei der dänischen Insel Baago statt. Nach den
A-Karten liegt sie nördlich von Fünen, nach den Zahlen des Wiener Textes hingegen weit in die Nordsee
hinaus 3) ; hier findet also eine ähnliche Differenz statt, wie bei der Insel Vdhenskaun im Nanziger Werke.
') Holbsek (Stadt auf Seeland).
Die Karten haben iuagarester oder magaresier, so daß es sehr zweifelhaft ist, ob diese Insel, wie Storm
meint, gleich Magere ist; vgl. Ymer 1891, S. 20'
8) An dieser Stelle sind offenbar die Zahlen des Wiener Textes verdorben ; denn nach dem Platze im
Wiener Text soll die Insel wie auf der Karte nördlich von Fünen liegen.
70
Kapitel V.
Eine ziemlich augenfällige Abweichung von den A-Karten zeigt die konstruierte Karte, indem die
Landverbindung zwischen Lapmarken und Grönland fehlt. Daß die A-Karten hier wirklich Clavus' Auf-
fassung wiedergeben, wird später gezeigt werden. Da der Wiener Text indessen keine Ortsbestim-
mungen für diese auch auf den A-Karten namenlose Küste geben, hat sie bei der Kartenzeichnung nicht
mitaufgenommen werden können. Wenn dagegen auf einigen der A-Karten die Namen auf Grönlands Ost-
küste sich viel höher nach Norden erstrecken als auf der konstruierten Karte, so verdanken wir dies, wie
schon früher erwähnt1), dem Eifer der Kopisten, namentlich des Nicolaus Germanus, die nackte
Küstenstrecke auszufüllen.
Eine leere Küstenlinie entsteht auf der konstruierten Karte im nördlichen Norwegen, weil im Wiener
Texte zwei Namen der A-Karten fehlen. Ob dies ein Fehler des Clavus' oder der eines Abschreibers ist,
kann natürlich nicht entschieden werden.
Die durchgreifendste Differenz findet an der Ostseeküste zwischen Stralsund und Schweden statt,
sowie im Innern der skandinavischen Halbinsel, wo auf den A-Karten zahlreiche Ortschaften und verschiedene
Binnenseen zu finden sind, die der Text nicht anführt. Ob diese Verschiedenheiten aus irgendwelchem
Prinzip des Clavus herrühren oder andre Ursachen haben, kann erst gleichzeitig mit der Frage von den von
ihm benutzten Quellen und von dem Umfange der von den Kopisten unternommenen Überarbeitung der
originalen A-Karte entschieden werden (Kap. VIII).
Iu der Frage von der Zusammengehörigkeit der A-Karten und des Wiener Textes spielen die
hier hervorgehobenen, teilweise sogar nur scheinbaren Differenzen, den zahlreichen und durchgreifenden
Übereinstimmungen gegenüber keine Rolle. Sie zeigen nur auf der einen Seite, daß die uns jetzt vor
Augen liegenden A-Karten nicht nach dem Wiener Texte gemacht sein können, und auf der andren
Seite, daß dieser, von dessen vielen beschreibenden Legenden sich nur einzelne Spuren auf den Karten
finden, nicht von unkundiger Hand nach den Karten ausgearbeitet sein kann, so wie z. B. Regers
Textbeilage in der Ulrner Ausgabe von 1486 nach der gedruckten B-Karte. Das Verhältnis zwischen
dem Wiener Text und dem Original der A-Karten muß analog mit dem Verhältnis zwischen dem
Nanziger Text und der Nanziger Karte aufgefaßt werden: den einen Teil des mitzuteilenden Stoffes
hat der Verfasser zweckmäßiger gefunden, nur auf der Karte anzugeben — den andern nur im Text.
Trennt man also Karte und Text, so gibt jeder für sich nur ganz unvollständig das, was der Verfasser
hat geben wollen : eine, soweit es in seiner Macht stand, vollständige kartographische
und beschreibende Schilderung der Nordlande (vgl. die Einleitungsworte des Wiener Textes).
Erst wenn, wie im Nanziger Werke, die A-Karten und der Wiener Text wie ein zusammengehöriges
Ganzes aufgefaßt werden, entsteht diese einheitliche Darstellung des Nordens. Es muß jedoch bestimmt
hervorgehoben werden, daß die Karte dem Verfasser die Hauptsache gewesen ist, und
daß der Text auf Grundlage und als Supplement zu dieser entstanden ist, und
dessen Ortsbestimmungen ganz und gar abhängig von denen der Karte sind. Die
ursprüngliche Zusammengehörigkeit des Wiener Textes und des Originals der A-Karten, die wir nun
über allen Zweifel erhaben glauben, beweist die Richtigkeit von Storms energischer Behauptung, daß
die ursprüngliche A-Karte ein Werk des Dänen Claudius Clavus sei, eine Behauptung,
die ja insofern in den Karten selbst ihre volle Bestätigung finden, als dieselben, wie wir sahen (Kap. II),
in einer durchaus dänischen Sprachform des 15. oder Schluß des 14. Jahrhunderts abgefaßt sind.
Hiemit können wir den ersten Teil unsrer Untersuchungen abschließen. Es wurde darin der
Zweck verfolgt, den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Quellen, in denen Clavus' Arbeiten
aufbewahrt sind, darzulegen, und wollen wir in Kürze die Hauptresultate dieser Darlegung rekapitulieren.
Es ist nachgewiesen, daß das Nanziger Werk die Abschrift einer von Clavus in Italien ver-
faßten Arbeit ist, daß diese Abschrift in Bezug auf den Text vollständig ist, und daß die Karte wohl
ein geringes Format hat, trotzdem aber dasselbe Gebiet umspannt wie das Original. Daß dieses Werk
in keiner andern Beziehung zu den übrigen Clavus-Uberlieferungen steht, als daß es vom selben Ver-
fasser stammt, haben die Untersuchungen auf verschiedene Weise klar zutage gelegt.
») Vgl. S. 32.
Der Wiener Text und die dazugehörige Karte.
71
Von Clavus zweitein Werke haben wir gezeigt, daß es ebenso wie das Nanziger Werk
ursprünglich aus einer Karte (dem Original der A- Karten) mit begleitendem Text (dem Wiener Text)
bestanden haben muß.
Um nun den Zusammenhang und die Geschichte der Überlieferungen zu veranschaulichen,
haben wir eine Stammtafel über beide Arbeiten des Clavus entworfen. Die Stammtafel über das Nan-
ziger Werk, dessen Original wir Ct nennen, ist ebenso einfach, wie die über das andre Werk, dessen
Original wir C2 nennen, verwickelt und weitläufig ist. Der Text und die Karte dieses Werkes sind
frühzeitig von einander getrennt worden, oder wir kennen vielmehr das Werk nur durch von einander
getrennte Kopien des Textes und der Karte, die zu verschiedenen Zeiten respektive nach Deutschland
und nach Italien gelangt sind. Die Untersuchung der Ptolemäus-Handschriften des Nicolaus Ger-
manus und des Henricus Martellus bekräftigen, daß um 1465 — 70 eine Kopie der Karte ohne
begleitenden Text nach Norditalien gekommen ist. Diese bis jetzt noch nicht gefundene erste Kopie
ist in der Stammtafel mit (A) bezeichnet. Von dieser schreiben sich die handschriftlichen Karten
At — A6 sowie die älteren B1 — B3 von dem durch Nicolaus Germanus gebildeten B-Typus, jedoch
derart, daß mehrere dieser Karten, wie die Stammtafel zeigt, von einander entlehnt haben. Die letzt-
genannte dieser italienischen Karten B3 wanderte nordwärts nach Deutschland und bildete hier die
Grundlage für die gedruckte B-Karte in den Ulmer Ausgaben von 1482 und 1486, von welchen sich
nicht allein die vielen neueren Karten vom B-Typus, sondern auch Begers Textbeilagen (R in der
Stammtafel) in der Ausgabe von 1486 schreiben.
Erst im Anfang des 16. Jahrhunderts gelangte der Text, jedoch ohne die dazugehörige Karte,
nach Deutschland. Alle Textüberlieferungen scheinen nämüch auf ein und dieselbe ziemlich späte und
stark verdorbene Abschrift zurückzuführen zu sein, und, wie wir nachgewiesen haben, darf es, bis neue
Aufschlüsse etwa gefunden werden, zunächst angenommen werden, daß es Johannes Virdung von
Hasfurt ist, der während seines Aufenthaltes in Dänemark diese Abschrift genommen und sie den
deutschen Geographen zugestellt hat. In der Stammtafel haben wir darum diese verschollene erste
Abschrift mit (H) bezeichnet. Aus dieser haben Schöner (1515) und Friedlieb (1518) unab-
hängig von einander Auszüge gemacht, während Vögel in etwas später (um 1525) sowie ein unbe-
kannter Wiener Geograph kurz nach 1529, wiederum unabhängig von einander und von den vorigen,
dieselbe abgeschrieben haben (vgl. die Stammtafel S, F, V, W). Bei Schöner macht sich das merk-
würdige Verhältnis geltend, daß Clavus' Text hier mit dem entstellten Kartentypus, den Nicolaus
Germanus auf Grundlage von Clavus' vor langer Zeit nach Norditalien überführter Karte gebildet
hatte, zusammentrifft und kombiniert wird.
N
(f)
A3 A4 A5
Bx B2 B3
-1482
A6
B4 B5 B6 B7
etc.
1486 + B 1
(H)
F
W
72
Kapitel V.
Noch eine Frage wäre zu erledigen: welches der beiden Werke das älteste sei. Die genauere
Untersuchung des Inhaltes derselben kann keinen Zweifel darüber obwalten lassen; schon aus ganz
äußeren Gründen kann indessen festgestellt werden, daß das Nanziger Werk das älteste ist.
Mit Hilfe der Noten, die Kardinal Fillastre den Ptoleinäiscken Karten der Nanziger Hand-
schrift hinzufügen ließ, beweist Storni ganz unwiderlegbar1), daß der Kardinal das in der Nanziger
Handschrift aufbewahrte Werk von Clavus während seines Aufenthaltes in Italien 1427 kennen lernte.
Dieses Werk muß also unbedingt spätestens im Jahre 1427 verfaßt sein. Der Wiener Text dagegen
muß nach dem Jahre 1425 abgefaßt sein; denn es wird darin erwähnt, daß in diesem Jahre bei einem
Vorgebirge an Schonens Westküste Gold gefunden ist. Es würde immerhin einige Zeit vergangen
sein, ehe die Mitteilung über diesen Fund Italien erreicht haben könnte, und da Fillastre den Clavus
nicht persönlich gekannt hat, sondern sein Werk durch Übermittlung erhalten, kann man kaum
annehmen, daß das Nanziger Werk im selben Jahre, wo es dem Kardinal in die Hände geraten ist,
entstanden sein sollte. Also sind nur zwei Möglichkeiten vorhanden, entweder muß der Nanziger Text
älter sein als der Wiener, oder auch sie sind beide im Jahre 1426 verfaßt. Die letzte Möglichkeit
ist aber mehr als unwahrscheinlich. Die beiden Werke sind trotz ihrer Ähnlichkeit doch so ver-
schieden, ihre Längen- und Breitenangaben so sehr von einander abweichend und ihre kartographischen
Bilder über die Nordlande so ungleich, daß sie unmöglich gleichzeitig von ein und demselben Manne
verfaßt sein können. Keinem wird es auch einfallen, zwei faktisch so verschiedene Werke über genau
denselben Stoff zu verfassen. Es muß eine kürzere oder längere Reihe von Jahren zwischen deren
Abfassung liegen; folglich ist das Nanziger Werk das älteste.
Was übrigens die Zeit der Abfassung des Nanziger Werkes betrifft, so haben wir nichts zu
Storms Angabe hinzuzufügen; daß es nämlich nach dem Jahre 1413 (Landskronas Gründungsjahr),
und zwar in Italien, verfaßt sein muß, zunächst wohl ums Jahr 1424, d. h. das von Poggio erwähnte
Jahr, in welchem er den mit Clavus identischen Nicolaus Gothus in Rom getroffen hat2). Das
jüngere Werk dürfte somit erst mehrere Jahre nach 1425 entstanden sein.
») Vgl. Ymer 1889, S. 136.
2) Vgl. Ymer 1891, S. 17—18.
Kapitel VI.
Die Ortsnamen bei Clavus.
Nachdem wir in den vorhergehenden Abschnitten den wechselseitigen Zusammenhang zwischen
den verschiedenen Uberlieferungen der beiden Werke des Clavus nachgewiesen haben, wollen wir in
den folgenden den Inhalt, den Wert und die Bedeutimg dieser Werke betrachten, sowie ihr Verhältnis
zu einander klarlegen, uud ebenfalls nachweisen, welche Quellen der Verfasser zu denselben benutzt
hat. Eine notwendige Voraussetzung für eine eingehende Behandlung dieser Fragen ist indessen das
Verständnis der von Clavus angeführten Ortsnamen. Was das Nanziger Werk betrifft, so hat Storm
die in demselben vorkommenden Ortsnamen so eingehend und erfolgreich behandelt, daß wir uns darauf
beschränken können, unsre weiteren Erörterungen als Noten in der Textausgabe (Kap. VII) anzubringen.
Für uns gilt es vor allen Dingen, uns Klarheit über die Namen in Clavus' zweitem Werke, dem neu-
gefundenen Wiener Texte und den dazu gehörigen A-Karten, zu verschaffen. Daß uns bei dieser Unter-
suchung viele Schwierigkeiten entgegentreten werden, ist schon vorderhand einleuchtend. Da nämlich
der Wiener Text nur in späteren durch Ausländer angefertigten Abschriften vorliegt, deren Verfasser
der nordischen Sprachen durchaus unkundig waren, sind dessen Ortsnamen natürlich oft in hohem
Grade entstellt. Ebenso bilden die A-Karten, nach unserm Ermessen, eine Uberlieferung, die, betreffs
der Namen, nicht allein unvollständig, sondern auch sehr entstellt ist, und hiezu kommt noch der eigen-
tümliche Fall, daß Text und Karte frühzeitig von einander getrennt wurden, so daß die Namen des
Textes und die der Karten ihre Entstellungsprozesse ganz unabhängig von einander durchgemacht
haben. Namen, welche in Wirklichkeit nichts mit einander gemein haben, können dadurch im Text
und auf den Karten eine zufällige Ähnlichkeit bekommen haben, und umgekehrt können hinwieder die
in Wirklichkeit identischen Namen auf so viel verschiedene Weise entstellt sein, daß die ursprüngliche
Zusammengehörigkeit einem kaum glaublich erscheinen würde, wenn man nicht Schritt für Schritt die
Entstellung verfolgen könnte. Skälholt auf Island hatte — um nur ein Beispiel anzuführen — zweifellos
im Original die Form Scalotensis ciuitas; im Wiener Text ist der Name in Stiolocen ciuitas und Sno-
locen ciuitas entstellt, auf den Karten hat er alle Grade der Entstellung durchgemacht: stalodin, steloch,
stelotk, stelonch, slelonsk, nelönick, bis die Entstellung im Texte der Ulmer Ausgabe von 1486 mit der
Form Nelsnick kulminiert. Falls die Zusammengehörigkeit solcher entstellten Namen des Textes und
der Karten nicht nach einem unwiderlegbaren Prinzipe klar dargelegt werden kann, setzt man sich
dem Versehen aus, dieselben Fehler zu begehen, welche frühere Ausleger begangen haben, indem sie,
die Lautähnlichkeit mit wirklichen Ortsnamen benutzend, Namen, die faktisch nur verschiedenartige
Entstellungen eines und desselben Namens sind, als zwei ganz verschiedene Lokalitäten auffaßten. Um
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 10
u
Kapitel VI.
bei dem obigen Beispiele zu bleiben, nimmt Breels dorff an, daß Slelocth (s. die Zeno-Karte) mög-
licherweise Steinsholt sein könne, Olafur DaviÖsson, daß das uelö nist (d. h. nelönick) in der Ulmer
Ausgabe Vallanes sei.
Ein flüchtiger Vergleich der verschiedenen Kartenkopien untereinander zeigt eine andre Art
von Entstellungen. Wegen des oft sehr ungenügenden Platzes sind öfters zwei Namen zu einem
zusammengelaufen oder aus einem Namen sind zwei Namen gemacht. Aus den Karten allein ist das
in jedem einzelnen Falle Stattgefundene kaum möglich zu konstatieren; auch hier muß der Vergleich
mit dem Texte einen auf die richtige Spur führen. Derartige Entstellungen haben vermutlich statt-
gefunden, wenn z. B. auf Island A4 hos und os hat, At dagegen hosos, A2 — A5 t<Qi}ir und hos,
B1 — B3 und die Ulmer Ausgabe dagegen tirchos oder tirhos, oder wenn auf Seeland nardi-amb'g (d. h.
Vordingborg) in der Ulmer Ausgabe 1486 zu Nardi und Ansig geworden ist.
Eine sichere und zuverlässige, d. h. eine als Grundlage der Namendeutung anwendbare Identi-
fikation der Namen von Text uud Karte kann aus diesen Gründen kaum auf eine mehr oder weniger
deutliche Übereinstimmung im Laut oder in der Schreibweise aufgebaut werden. Da nun indessen der
Wiener Text und die A-Karten ohne Zweifel zusammengehört haben, und wir annehmen müssen, daß
der Text entstanden ist c durchs Ausziehen der auf der verloren gegangenen Originalkarte längs der
Küsten liegenden geographischen Lokalitäten (vgl. S. 15 — 17 und 68), so wird die Reihenfolge der
Namen im Text und auf den Karten ohne Zweifel die sicherste Grundlage für die
Angabe ihrer Zusammengehörigkeit sein. Durchaus entscheidend wirkt dieses Kriterium
jedoch nicht, da die Anzahl der Namen von Karten und Text sich selten vollständig decken; es sagt
immerhin soviel, daß wenn im Texte ein Name dem andern vorangeht, dies auch normaliter auf den
Karten der Fall sein muß. Nur wo die verschiedenen A-Karten im Widerspruch zu einander stehen,
darf von diesem Prinzipe abgewichen werden. Wird dasselbe befolgt, so darf die Identifikation der
Namen im übrigen vorgenommen werden — außer nach der Lautähnlichkeit ■ — nach der geographischen
Lage und der Art der betreffenden Lokalität: d. h. die Identifikation muß derart geschehen, daß die
von Clavus aus der Originalkarte ausgezogenen Ortsbestimmungen des Textes so genau wie möglich
den Längen und Breiten entsprechen sollen, welche wir aus den auf uns gekommenen Kopien der
Originalkarte ausziehen können, und ein Flußname auf der Karte soll einem Flußnamen des Textes,
ein Städtenamen einem Städtenamen u. s. w. entsprechen. Selbstverständlich ist A1? die nicht in
Nicolaus Germanus' Projektion umgezeichnet ist, die A-Karte, welche in dieser Beziehung mit der
größten Chance für ein zuverlässiges Resultat benutzt werden darf. Verfährt man in dieser Weise, so
gibt es nur wenige Fälle, wo über die Identifikation der Text- und Kartennamen ein Zweifel obwalten
kann. Dagegen kommt häufig vor, daß die derart identifizierten Namen ganz verschieden von einander
sind; als Beispiele können wir anführen; torriborg und colesing, grintz und archius, manh und naf,
eeynth und h\en, heyde und ceum oder crui (das trin der Zeno-Karte); dennoch ist es über jeglichen
Zweifel erhaben, daß die Identifikation beinahe immer richtig ist. Die Prinzipe, auf denen sie beruht,
sind die einzigen zum Ziele führenden, und die auf Grundlage der Identifikation unternommene Deutung
garantiert oft auf die sonderbarste Weise für ihre Richtigkeit. In der als Beilage hinzugefügten Tabelle
teilen wir das Resultat dieser Identifikation der Text- und Kartennamen mit, und werden wir nun auf
Grundlage des in dieser Tabelle gegebenen Materials zur Deutung der Namen übergehen.
Vergleicht man den Namenvorrat im Nanziger mit dem im Wiener Texte uud auf den
A-Karten wird man nicht umhin können zu bemerken, daß dieser sehr viel reicher ist als jener; man
wird aber zugleich gewahr werden, daß Reichtum und Armut hier in einem ganz besonderen Verhältnis
zu einander stehen. In betreff der Meere, der Landschaften, Städte und Inseln ist der Namenvorrat
ungefähr derselbe in den beiden Werken: es finden sich allerdings im Wiener Texte und auf den
A-Karten Namen, die nicht im Nanziger Texte vorkommen, und umgekehrt; die für jedes Werk eigen-
tümlichen Namen sind jedoch meistens leicht verständlich und durchgehends wenig entstellt. Bei den
Vorgebirgen, Buchten and Flüssen herrscht dagegen ein auffälliger Unterschied. Der Nanziger Text
beschreibt die Küsten mit ihren Vorgebirgen und Buchten auf Ptolemäische Weise in allgemeinen
Die Ortsnamen bei Clavus.
75
Wendungen wie: meridionalis laieris descripcio, prima eius exteusio, post extensionem primum extensio,
que deinde subscribitur, que ad ortum flectitur, — primum, secundum u. s. w. Promontorium et eius
sinus, et quod in dorso eius est uersus occidentem u. dgl. Der Wiener Text Bedient sich ganz gewiß
auch solcher Bezeichnungen wie primus sinus, primum littus, primum Promontorium; aber während sie
im Nanziger Text ganz besonders in Schwellen, Norwegen, auf Island und in Grönland hervortretend
sind, haben der Wiener Text und die A-Karten gerade an diesen Stellen ein ganz andres Aussehen.
In Schweden wechseln hier die lateinischen Zahlwörter für die Vorgebirge mit dänischen für die Flüsse.
In Norwegen, auf Island und in Grönland sowie auf Gotland sind die lateinischen beschreibenden
Ausdrücke im Stile des Ptolemäus ganz verschwunden und mit bestimmten Namen ersetzt. Diese
hat man bis jetzt immer als Ortsnamen wirklicher Vorgebirge und Flüsse aufgefaßt, und man muß
zugestehen, daß es vorderhand ungereimt wäre, sie auf andre Weise zu verstehen.
Die Deutung eben dieser Namen als respektive norwegische, isländische, grönländische und
gotländische Ortsnamen hat aber immer unüberwindliche Schwierigkeiten gekostet, und während man
glauben sollte, daß das beständig wachsende Material größere Klarheit gebracht haben müßte, ist dies
so wenig der Fall gewesen, daß man eher vom Gegenteil reden könnte.
Während Ed. Erslev1) sich an die Deutung der dänischen Namen hielt, haben H. P. E g g e r s,
H. F. J. Estrup, Zahrtmann, J. H. Bredsdorff, Joachim Lelewel, Nordenskiöld und
Japetus Steenstrup2) durch ihre Studien der Zeno-Karte den auf dieser benutzten isländischen
und grönländischen Clavus-Namen ihre Aufmerksamkeit gewidmet, und haben sie teilweise mit den
ihnen entsprechenden auf der gedruckten B-Karte zusammengestellt. Lelewel berührt bei der Be-
handlung der B-Karte auch die Deutung der unverständlichen norwegischen und gotländischen Namen.
Diese letzteren hat auch G. Lindström3) zu deuten versucht, während die isländischen Namen auf
einer Keihe alter Karten (darunter verschiedene Karten des Clavus), von ölafur Daviösson4)
behandelt sind. Schon der Umstand, daß kaum zwei der genannten Forscher irgendwo denselben Namen
auf dieselbe Weise verdolmetschen, muß einen gewissen Zweifel über die Richtigkeit ihrer Resultate
wachrufen, und Kiben si& bei den späteren Gelehrten: Storm, Thoroddsen, Hans Hildebrand,
Ahlenius, Oscar Brenner, Jos. Fischer und F. W. Lucas, welche sich mehr oder weniger
eingehend mit der Frage beschäftigt haben, auch keinen weiteren Beifall gefunden. Wir fühlen uns
besonders veranlaßt, die Namen dieser Männer hier anzuführen; denn ihr Schweigen ist uns lehrreicher
gewesen als die Resultate der andern; es hat uns nämlich in unsrer Uberzeugung bestärkt, daß man
auf den bis jetzt betretenen Wegen kein befriedigendes Resultat erzielte. Wenn wir in unsrer folgenden
Untersuchung dazu kommen, die von den älteren Forschern errungenen Resultate durchwegs über
Bord zu werfen, haben wir trotzdem ein volles Einsehen der Schwierigkeiten, mit welchen sie zu
kämpfen gehabt haben, und das Bewußtsein, wie viel besser wir jetzt dran sind. Statt einer einzelnen,
späten und ungenauen Karte liegt jetzt ein umfassendes Kartenmaterial vor, dessen ältere und jüngere
Bestandteile auszuscheiden uns geglückt ist, und dessen innerer Zusammenhang hat bestimmt werden
1) Ed. Erslev, JyUand, Ksbenhavn 1886, S. 139.
2) H. P. Eggers, Om Grönlands Psterbygds sande Beliggenhed in Det kgl. danshe Landhutisholdnings Selskabs
Skrifter IV, K^benhavn 1794, S. 239 ff. (über die Namen S. 313 ff.). — H. F. J. Estrup, Nogle Bemcerkninger
angaaende Grönlands £sterbygd in Det skandinaviske Litteratur-Selskabs Skrifter XX, K benhavn 1824, S. 243 ff —
Zahrtmann, l. c. (vgl. S. 20, Note 3) S. 1 ff. — J. H. Bredsdorff, Om det wldste bekjendte Kort over Grönland
in Nordisk Tidsskrift for Oldkyndigheä III, K benhavn 1836, S. 193 — 211. — Derselbe, Brfydrene Zenos Reiser in
Grönlands historiske Miniesmwrker III, Kfcbenhavn 1845, S. 529 ff — Lelewel, Geographie du mögen äge IV, Breslau
1852, S. 79 ff. — A. E. Nordenskiöld, Om bröderna Z°nos resor in Studier och forskningar, Stockholm 1883, S. 1 ff.
(deutsche Ubersetzung: Studien und Forschungen, Leipzig 1885). — Japetus Steenstrup, Zeniernes Rejser i Norden
in Aarb<t>ger for nordisk Oldkyndighed og Historie, benhavn 1883, S. 136 ff. (französische Übersetzung: Les voyages des
Frh-es Zeni dans le Nord in Compfe Rendu des Americanistes, C'openhagen 1884, S. 150 — 189).
3) G. Lindström, Anteckningar om Gotlands medeltid I, Stockholm 1892, S. 56 ff.
4) Ö. DaviJsson, Um Landfrcedissögu Islands in Timarit hins islenzka bökrncnntafjelags XIV, Reykjavik
1-893, S. 136 ff • ^
10*
76
Kapitel VI.
können; während man früher gänzlich die korrigierende Stütze eines Textes enthehren mußte, hat man
letzt im Wiener Texte ein vortreffliches Korrektiv, das um so vortrefflicher ist, als der Text uns von
der Karte unabhängig überliefert worden und die Wahrscheinlichkeit also vorhanden ist, daß die auf
den Karten eingelaufenen Fehler im Texte vermieden sein können, und umgekehrt. Man kann getrost
behaupten, daß jeglicher Deutungsversuch ohne den Wiener Text scheitern und in den Sand verlaufen
würde. Betreffs eines einzelnen Landes, nämlich Islands, scheint dieser Text uns sogar einen Wink
zu geben, der nach einer ganz bestimmten Richtung deutet. Wir wollen deshalb mit diesem Lande
anfangen.
Island.
Zwischen der Beschreibung von Grönland und Island steht im Wiener Texte unmittelbar vor
den Worten Descripcio Yslandie meridionalis eine Notiz, deren Verständnis offenbar von bedeutender
Wichtigkeit ist. Prof. L. Traube in München hat uns gütigst die betreffende Stelle folgendermaßen
gedeutet: Nota: ista nomina sicut Oos sunt nomina litter arum gotücarum (W; Gothorum V) et non
locorum. Litterae gotticae war bei den Gelehrten des 16- und 17. Jahrhunderts eine Bezeichnung für
die Runenbuchstaben — Olaus Magnus nennt z. B. das Runen-Alphabet alphabetum Gothicum,
und einer von Ole Worms (f 1654) Büchertiteln über dieses Thema heißt: Runir seu danica lite-
ratura antiquissima vulgo Gothica dicta. Die Notiz muß also folgendermaßen wiedergegeben werden:
Man bemerke: Die Namen hier, wie z. B. Oos, sind Namen von Runenbuchstaben
und nicht Ortsnamen. Die Notiz liefert also eine Erklärung zu gewissen Namen im Texte, und
wie sie hier steht, muß sie sich entweder auf Grönland oder möglicherweise auf Island beziehen. Für
die grönländischen Namen paßt sie indessen nicht — ■ hier findet sich auch kein Name wie das in der
Notiz erwähnte Oos; betrachtet man dagegen die isländischen, wird man unter den allerersten Eos
(das os der Karten) finden, und eine nähere Untersuchung wird zeigen, daß deren größter Teil —
natürlich mit Ausnahme der „Städtenamen'1 Hölar und Skälholt — wirklich die bekannten nor-
dischen Runennamen sind, allerdings in einer zum Teil etwas entstellten Form. Daß die Notiz
gerade vor Island angebracht ist, scheint, besonders weil das Wort iste angewandt wird, weniger natürlich,
und sind wir deshalb geneigt anzunehmen, daß die Notiz eine durch die Unachtsamkeit eines Abschreibers
in den Text aufgenommene Randnote ist. Ob nun diese Randnote von Clavus1 eigener Hand stammt,
scheint uns dagegen einigem Zweifel unterworfen zu sein ; denn, wie wir später sehen werden, sind
die isländischen Namen nicht die einzigen, die nicht wirkliche Ortsnamen sind. Wir möchten deshalb
viel eher glauben, daß die Notiz von einem Leser hinzugefügt wäre, der vom isländischen Benennungs-
system etwas (vgl. die Bemerkung sicut Oos), von den anderen Systemen dagegen nichts verstanden
hat; jedenfalls ist die Notiz im Norden hinzugefügt.
Die nordischen Runennamen in ihrer ältesten uns bekannten Form kommen in einem alten
nordischen Runengedicht vom Anfang des 13- Jahrhunderts und in isländischen Runenreimen aus un-
gefähr derselben Zeit vor. Sie sind herausgegeben von Kr. Kälund in den Smastgkker, udgivne af
Samfund til udgivelse af gammel nordisk litteratur, Kabenhavn 1885, S. 100 ff. und von Ludv. F. A.
Wimm er in: Die Runenschrift, Berlin 1887, S. 275 ff.
Von Clavus' Zeit aber — d. h. dem Anfang des 15. Jahrhunderts — besitzt man leider keine
Aufzeichnungen von Runennamen, die weitere Aufschlüsse geben als die genannten Gedichte; erst ein
paar Jahrhunderte später, als die Runenschrift schon außer Gebrauch war, findet man bei den gelehrten
Runologen des 16. und des 17. Jahrhunderts eingehendere Erklärungen über die Runennamen. Von
besonderer Bedeutung für unsere Erörterung sind des Isländers Arngrimur Jönsson's (f 1648)
Crymogwa sire rerum Islandicarum libri III, Hamburg [1609], des Schweden Johann Th. Bureus'
(t 1652) Svenska ABC Boken medh Runer, Stockholm 1611, des Dänen Ole Worm's (f 1654)
RrH + K s. Danica literatura antiquissima, Hafniaa (Kebenhavn) 1636, endlich des Schweden Olof
Vereljus' ('(• 1682) Manuductio compendiosa ad Runographiam Scandkam antiquam rede intelligendamy
Die Ortsnamen Lei Clavus.
77
Upsalia 1675. Bei diesen Autoreu findet man nicht nur die alten Bunennamen in zahlreichen Varianten,
sondern auch mehrere Namen, deren dazugehörige Runen zur Zeit der alten Runengedichte des 13. Jahr-
hunderts noch unbekannt waren, während sie zur Zeit des Clavus sicher existierten. Die Quellen der
gelehrten Runologen, teils alte nunmehr verschollene Aufzeichnungen, teils die im Anfang des 17. Jahr-
hunderts noch nicht ganz erloschene mündliche Tradition, sind uns nun verschlossen. Von der späteren
Zeit dagegen liegt, außer der gedruckten Literatur, besonders vom 17. und 18. Jahrhundert eine recht
umfassende handschriftliche Literatur vor, auf die wir jedoch hier nicht eingehen werden1). Auf Grundlage
von sowohl gedrucktem als ungedrucktem Material arbeitete der Isländer Jon Öl afsson aus Grun-
navxk (f 1779) im Jahre 1752 seine nie zum Druck beförderte Runologia aus, von welcher zahlreiche
Abschriften vorliegen. Das Original befindet sich in der Arnamagnäanischen Handschriftensammlung in
der Universitätsbibiothek zu Kebenhavn, signiert A. M. 413, 2° (ältere Signatur Addit. 8- fol.) 2).
Von den 22 Namen in der Beschreibung von Island im Wiener Texte können nur zwei —
Hölar und Skälholt — als wirkliche Ortsnamen erklärt werden. Von den übrigen 20 zeigt es sich
nun, daß die 16 faktisch Runennamen sind, nämlich folgende:
eos (in der Notiz oos); A4 und B3 os = oos (öss), Name der a (o)-Rune (; (4). Bedeutung: Mündung.
laycher = laugur (logr), Name der 1-Kune P. Bedeutung: Wasser.
$m: Ax ihijr ; A3 und A(; thir ; A2, A4 und A5 tir = tijr (tyr), Name der t-Bune T. Bedeutung: Name
des Kriegsgottes.
storgyys) A6 stangenis; A3 und A5 Stange = stung'm yys (stunginn tss), Name der punktierten i-Bune \.
Bedeutung: Eis (mit Punkt).
knesol; At knosol; A2 — A6 knesol = knesol, wird in »Der dritten grammatischen Abhandlung* (Snorra Edda,
Hafniae 1852 II, 769) als Name der gebrochenen s-Bune H angeführt. Bedeutung: Sonne (gebrochen).
madher; die Karten meiere = madur (madr), Name der m-Rune Y. Bedeutung: Mann.
nadher; A2 — A5 nader oder noder = nod (naud), Name der n-Bune h. Bedeutung: Not.
ar; die Karten <(/^>ar<^>of> = ar (dr), Name der a-Eune \. Bedeutung: Jahr.
bercke W, berche oder birche V = bjarkan, Name der b-Rune fc. Bedeutung: Birke.
conus ~ koon (kann), Name der k-Rune Y. Bedeutung: Geschwür.
doos; A2, A4 und Aö dos = dos, duss (fürs), Name der ^-Eune ^. Bedeutung: Kobold.
eeyr = yr (tjr), Name der y (R) - Rune k, die bisweilen auch eir oder eyr geschrieben wird. Bedeutung: Eibe.
yys = ys (is), Name der i-Rune I. Bedeutung: Eis.
soolh; A1 sol <^V> (von: sol -\~ is, die vorhergehende Rune); A3 sol — sool (söl), Name der s- oder z-Rune <t>,
Bedeutung: Sonne.
reynd) A1 terd = reid, Name der r-Rune K. Bedeutung: Reiten.
icr = ivr (i<r), Name der u-Rune n. Bedeutung: Funke.
Die Sprachform, in welcher diese 16 Runennameu in Clavus' Islandsbeschreibung auftreten,
ist sehr verschiedenartig. Teilweise werden sie in ihrer isländischen Form wiedergegeben, wie es mit
eeyr und reynd der Fall ist, teilweise sind dänische Endungen den isländischen Stammformen angehängt,
z. B. laycher, madher; mitunter sind die Formen rein dänisch wie nadher (var. noder), bercke (var.
birche) oder conus.
Die vier übrigen Namen auf Island sind unzweifelhaft ebenfalls Bunennamen. Wenn wir sie oben
nicht mitgerechnet haben, ist die Ursache die, daß sie teils abweichende Formen aufweisen (synt), teils eine
durchgreifendere Entstellung voraussetzen (haffclioos, hauosj, so daß die Identifikation mit den bekannten
Kunennamen wenn auch wahrscheinlich, so doch recht unsicher bleibt.
Synt ist vielleicht = sun (Sonne), nach Bure der Name einer Spezialnorm der s-Bune H, und
zwar 1 , nach Worm Namenvariant der H-Eune selbst.
') Die betreffenden Handschriften findet man am besten in den von Kr. Kälund ausgearbeiteten Hand-
schriftenkatalogen: Katalog over den arnamagnmanske händskriftssamling, I — II, Kebenhavn 1889—94, und Katalog
over de oldnorsk-islandske händskrifter i det störe kongelige bibliotek, Kabenhavn 1900. In der dänischen Ausgabe
unseres Buches sind S. 139 (97) mehrere dieser Handschriften verzeichnet.
2) Eine vortreffliche Übersicht über die Geschichte der Runen gab Ludv. F. A. Wimm er: Om unäer-
stfcgelsen og tolkningen af vore rune»ündes»icerker, Kebenhavn 18D5 (Univeisitätsprogram). Eine Spezialität wie die
Namen der Runen hat er aber selbstverständlich hier nicht erörtern können,
78
Kapitel VI.
Choas W und V; chaos 0; hos A2 — A5 zeigt, wenn c mit t ersetzt wird, Übereinstimmung mit Formen
wie J'uss (Arngr. Jönsson), Duss (Worm), Thuss (Verelius), alle Namenvarianten von fürs, dem alten
Kamen der #-Rune (s. oben). Die von Clavus benutzte Form wäre dann thoos.
Haffclioos W, haffilios V könnte vielleicht als haffthoos oder halßhoos aufgefaßt werden, d. h. eine
— sonst unbekannte — Zusammensetzung von thoos, die dann der Name einer eigentümlichen Form der
/>-Rune sein müßte (A. M. 723a nennt sie fc). Wenn eine sehr starke Entstellung angenommen werden
darf, wäre es aber doch vielleicht besser angebracht den Namen haffclioos als halfaars aufzufassen; letzterer
Name kommt nämlich in einer Eunentafel im Cod. Lincop. Hist. 47 Nr. 127 (Linköping Stiftsbibliothek
in Schweden) vor als Bezeichnung der ^-Rune, nach Bure (Elementa Bunica 1599) die Bezeichnung der
ae-Rune in Dalarne (Mittelschweden).
Hauos W und V ; hanog A1 ; hanos A4 ; hauos Afi (auf einzelnen Karten zweimal) könnte vielleicht als
eine durch die dänische Aussprache (g^>u) erklärbare Entstellung des Runennamens hagel (isländisch hagall)
d. h. Hagel, Name der h-Rune aufgefaßt werden.
Wie die Namen zeigen, ist das von Clavus angewandte Runenalphabet das nordische in seiner jün-
geren Gestalt, die sogenannten »gestochenen Runen* oder »Valdemarsrunen*. Die Runenschrift entstand
im 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr. entweder auf Grundlage der lateinischen Kapitalschrift (Wimm er)
oder des lateinischen und griechischen Alphabets in Verbindung mit einander (Sophus Bugge, Otto
v. Friesen). Das älteste Runenalphabet mit 24 Zeichen war gemeinsam-germanisch und wurde zu Inschriften
auf Steinen (doch nicht in Dänemark) und losen Gegenständen benutzt. Von der Mitte des 9. Jahrhunderts
an finden wir aber ein besonderes nordisches Runenalphabet mit nur 16 Zeichen, die überall im Norden
(Dänemark, Schweden und Norwegen) zu Inschriften auf Steinen (Runensteinen) verwendet wird. Dieses
Alphabet wird aber nach zerstreuten Versuchen aus dem Schluß des 10. und Anfang des 1 1. Jahrhunderts
im 13. Jahrhundert von einem mehr mit dem lateinischen übereinstimmenden Alphabet von mindestens
24 Zeichen abgelöst, und zwar durch die Runenreformen des Isländers Tor od Runenmeister unl Olav
Hvitaskjald. Dieses neue Alphabet, die »gestochenen* Runen oder Valdemarsrunen (nach dem Dänen-
könig Valdemar Sejr (f 1 24 l) benannt, welcher der Tradition zufolge einen bedeutenden Einfluß auf ihre end-
liche Redaktion hatte), war noch lange Zeit in Entwicklung und konkurrierte mit dem lateinischen Alphabet.
Die Anwendung der Runennamen in einer dänischen geographischen Arbeit des 15- Jahrhunderts
liefeit einen neuen und recht interessanten Beitrag zur Geschichte der Runen im Mittelalter, ist jedoch an
sich nicht weiter Erstaunen erregend, wenn man den noch lange Zeit hindurch gemachten Gebrauch der Runen
überall im Norden bedenkt »Bis auf unsre Zeit sind eine Menge Runeninschriften auf Kirchen-Mauern,
-Türen und -Wänden, sowie auf Leichensteinen, Glocken, Taufbecken und Altarschreinen, auch auf Rauch-
fässern, Monstranzen, Reliquienkästchen und andern eingeweihten Gegenständen bewahrt worden* (P. Kabke).
Zahlreiche Runenleichensteine, Runenstäbe oder »Primstave« zu kalendarischem Gebrauche (»Runeksevler «)
Handzeichen (Signaturen) von Runen deuten auf deren Anwendung im täglichen Leben. In den däni-
schen Volksliedern, deren Blütezeit in das 13. und 14. Jahrhundert fällt, spielen die Runen bekanntlich
eine außerordentliche Rolle, nicht so viel als Zeichen für Mitteilungen, sondern mehr als magische Zeichen,
und von einer derartigen Gebrauchsanwendung können wir noch bis auf den heutigen Tag Spuren im Volks-
aberglauben verfolgen. Auch als Schriftzeichen in der Literatur haben die Runen sicherlich eine weit größere
Verbreitung gehabt, als wir nach den wenigen Überresten der handschriftlichen Runenliteratur zü konstatieren
imstande sind. Von zirka 1300 stammt in Dänemark der berühmte Codex Runicus, die Handschrift des
Schoner Gesetzbuches; aus dem Anfange des 1 5. Jahrhunderts das Fragment der schwedischen Marienklage;
eine dritte — ebenfalls schwedische — Runenhandschrift existierte noch zu Ole Worm 's Zeit, ist aber
wahrscheinlich 1728 beim Brande Kabenhavns zugrunde gegangen. Man weiß, daß noch andre Runenhand-
schriften vorhanden gewesen, die aber jetzt ganz verschwunden sind. Noch im 16. Jahrhundert war die
Anwendung von Runen für schriftliche Aufzeichnungen in Dänemark nicht ungewöhnlich. So schrieb z. B.
1546 der Reichsadmiral Mogens Gyldenstjerne (t 1569) sein Tagebuch mit leichter und fließender
Runenschrift; der Bischof von Roskilde Joachim Rönnow (f 1544) notierte in seiner Aristoteles-Ausgabe
ein erweitertes Runenalphabet, und der Kanonikus Bendt Bille (f 1555) benutzte Runen zu verschiedenen
privaten Aufzeichnungen. Durchs ganze Mittelalter hindurch hat man also in Dänemark die Runen gut
gekannt und allgemein benutzt, und dies scheint besonders bei Männern der Kirche der Fall gewesen zu sein;
darum ist auch durchaus nichts Auffallendes darin, daß Clavus, der sicherlich eine kirchliche Erziehung
genossen hat, die Runen gekannt hat.
') Vgl. P. G. Thorsen, Om Hümmes Brug til Skrift udenfor det monumentale, Kobenkavn 1877; P. Kobke.
Oiii Buiierne i Norden, 2. Ausg., Kobenhavn 1890; L. F. Leffler, Fornsvenska runhandskrifter in Nordiskt Tidskrift,
Stockholm 1879, S. 603—616; B. M. Olsen, Bunerne i den oldislandske Literatur, Kabenhavn 1883.
Die Ortsnamen bei Clavus.
79
Die isländischen Namen bei Clavus sind in verschiedene kartographische Arbeiten des 16- Jahr-
hunderts übergegangen. Jetzt, da wir über ihre Bedeutung im reinen sind, wird es, trotz der oft sehr
ausgeprägten Entstellung nicht schwierig sein, diese (Eimen-) Namen von denen auszuscheiden, die aus
andern Quellen geschöpft sind. Daß dieselben in großer Ausdehnung in den zahlreichen Ptolemäus-
Ausgaben des 15. und 16. Jahrh. auf den Nordlandskarten, zu deren Ausarbeitung die A- oder B-Karten
benutzt wurden, wiederzufinden sind, ist ganz selbstverständlich; aber auch Autoren, auf deren Karten
Islands Konfiguration ganz unclavisch ist und deren nordische Länder überhaupt eine ganz andre und
richtigere Gestalt bekommen, haben einzelne isländische Namen den Clavus-Karten entnommen. Choas
proirontorium und Madher Promontorium in Jacob Zieglers Scondia 1532 x) sind dem Clavus ent-
lehnt; die Formen zeigen jedoch, daß Ziegler sie nicht einer uns bekannten handschriftlichen oder
gedruckten Karte entnommen hat, sondern einer viel genaueren, oder, da seine Formen ganz dieselben
wie die im Wiener Texte sind, daß er sogar diesen gekannt und benutzt hat. Auf Olaus Magnus'
großer carta marina von 1539 2) findet sich als Städtename auf Island Berghe. Es ist bis jetzt uner-
klärlich, gewesen, wie man dazu kommen konnte, die bekannte norwegische Stadt Bergen nach Island zu
verlegen; jetzt darf man aber annehmen, daß dies Berghe nur eine weitere Entstellung des Eunennamens
berche (bjarkan) ist; es findet sich jedoch auf keiner uns bekannten A- oder B- Karte wieder, so daß
man annehmen muß, daß Olaus in Italien, wo sein Werk verfaßt wurde, zu einer ausführlicheren
und genaueren Karte, als den uns bekannten, Zutritt gehabt hat. Bergen als isländische Stadt findet
man noch bei Gerhard Mercator (1569) und Abraham Ortelius (1570) wieder. Auch andre
isländische Namen bei diesen beiden berühmten Kartographen verraten ihren zweifellosen Clavischen
Ursprung: Mercators und Ortelius' Tulios, Ortelius' Honos fl. sind nur noch weitere Entstel-
lungen des Tirhos (von Tir -\- chos?) und Hauos fl. der A-Karten und Ölafur Daviössons Erklärung
.dieser Namen als respektive Dalir und Hünaflöi gehören offenbar nirgendwo hin. Auf der in der
Universitätsbibliothek in Kebenhavn aufbewahrten B-Karte (B6) sieht es aus, als wäre Nidaros (Dront-
heim) nach Island verlegt; das nadaros der Karte ist aber nur eine Vermischung der beiden Kunen-
namen nadar und os. Dagegen ist es verkehrt, wenn Thoroddsen3) und Lucas4) sagen, daß auch
auf der Karte in der Ulmer Ausgabe (1482) Nidaros auf Island zu finden ist, denn das Vorhandensein
zweier Städtezeichen gibt an, daß auf dieser Karte Nadar und Os noch von einander getrennt gehalten
sind; in seiner Textbeilage in der Ulmer Ausgabe 1486 hat Eeger sich auch in diesem Punkte nicht
verwirren lassen.
In weit größerer Ausdehnung hat die berühmte Zeno-Karte (1558) (Eunen-) Namen von
Clavus' Island entlehnt. Wie Storm nachgewiesen hat, ist das Island dieser Karte, betreffs der Form,
auf eine sehr willkürliche Weise von Olaus Magnus' Karte überführt worden, indem die nord-
östlich von der Insel befindlichen Eisschollen als Land aufgefaßt, diesem einverleibt sind und Namen
bekommen haben. In Bezug auf die Namen ist Nicolo Zeno dagegen zwei Quellen gefolgt; wie
Brenner5) nachgewiesen, hat er einige dem Olaus Magnus, andere hingegen dem Clavus ent-
nommen. Eine Zusammenstellung der auf der Zeno-Karte befindlichen isländischen Namen mit denen
der A-Karten und denen bei Olaus Magnus ist schon von Lucas vorgenommen. Da es jetzt nach-
gewiesen ist, von wem diese Namen ursprünglich stammen, und was sie eigentlich bedeuten, könnte es
') Neue Ausgabe durch Hans Hildebrand in Skrifter utg. af svenska sällskapet för anthropologi och
geografi 1878—1880, Stockholm 1882 (Bd. 1, 1878, Nr. 2).
2) Gefunden in der kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu München und herausg. von Oscar Brenner: Die
ächte Karte des Olaus Magnus vom Jahre 1539. Christiania Videnskabs-Selskabets Forhandlinger 1886, Nr. 15, Chri-
stiania 1887. Größere Ausgabe ohne Titelblatt in den Hauptbibliotheken der Nordlande.
3) Thoroddsen, Geschichte der isländischen Geographie, 1, Leipzig 1897, S. 87 ; Derselbe, Oversigt over
de geografiske Kundskaber om Island f(j>r Reformationstiden in Dansk geografisk Tidsskrift X, Kgbenhavn 1890, S. 123.
4) F. W. Lucas, The Annais of the Voyages of the Brothers Nicolo and Antonio Zeno, London 1898,
Appendix IV.
5) Brenner, l. c. S. 19.
80
Kapitel VL
liier angebracht sein, nochmals eine solche Zusammenstellung vorzuführen, weil dadurch ein noch
klareres Licht fällt auf die Art und Weise, auf welche der jüngere Nicolo Zeno kompiliert hat.
Die Zeno-Karte
Olaus Magnus
A4
Anafiord
Hanafiord
Tuhos
tir hos
tirhos
Juocl
Jokel
Vestrabor
Vestrabord
Honos f.
hanos
hanos f.
Conesol
knesol
kenesol
Olensis
Holensis
holesis
hollesis
Havos
hauos f.
hauos
Noder
noder
nader
Mane
macre
macr*-
dos
dos
dos
Aisol
harsol
harsol
Valen
Valien
Slelocth
slelöch
slelonsk
Flogascer
Foglasker
Scalodin
Scalholdin
Ochos
Chaos
Kok
Kok
Die Zusammenstellung zeigt, daß Zeno möglicherweise A4 (cod. Urb. lat. 274) oder B,, (cod.-
Vat. lat. 3811), d. h. die der Zeno-Karte am nächsten stehenden uns bekannten Clavus-Karten benutzt
haben kann. Da sich indessen sowohl A4 als B2 im Vatikan befinden, ist es wahrscheinlich, daß für
Island beide Karten benutzt worden sind. Für Grönland kann hingegen bewiesen werden, daß Zeno
vorzugsweise A4 benutzt hat. Nur die grönländischen Namen dieser bestimmten A-Karte decken und
erklären nämlich die der Zeno-Karte. Wie bei Zeno fehlen spichbod und nurdum, ebenfalls steht
diuer statt driuer und glü statt ygi oder ijhi; außerdem ist gerade auf A4 hien undeutlich, weil die
beiden mittleren Buchstaben von dem vergoldeten Polarkreisstrich bedeckt sind, und eine Flußlinie
vor dem Namen so läuft, daß man ein C vor demselben lesen kann, was das Chä bei Zeno erklärt.
Wenn sich bei Zeno außer dem Chä auch das richtige hien findet, hat er doch bei diesem Namen
wahrscheinlich seine Zuflucht zu einer zweiten Karte, vielleicht A5, genommen, die sich in derselben
Sammlung der Vatikanischen Bibliothek wie A4 befindet, und zwar in der des Herzogs von Urbino
(cod. Urb. lat. 275), oder B3 ; vgl. die Tabelle, Beilage 3.
Es ist nunmehr kein Grund vorhanden, näher auf die von Eggers, Bredsdorff, Lelewel,
Daviösson u. a. vorgenommenen Deutimgen der isländischen Namen auf der Zeno-Karte einzugehen;
wir können uns damit begnügen auf Lucas1) zu verweisen, wo sie zusammengestellt sind. Es muß
nur noch betont werden, daß die genannten Forscher alle davon ausgingen, daß die sämtlichen Namen
der Zeno-Karte wirkliche isländische Ortsnamen wären; aber während die dem Olaus Magnus ent-
lehnten Namen sich ohne Schwierigkeit identifizieren ließen, konnte bei den den A-Karten entnom-
menen trotz aller Scharfsinnigkeit der Deuter nur mit der größten Schwierigkeit eine entfernte Ähn-
lichkeit mit einzelnen isländischen Lokalitäten gefunden werden. Der Grund hiezu liegt jetzt klar vor
uns. Jedoch muß bemerkt werden, daß Brenner bestimmt aussprach, daß die betreffenden Namen
unverständlich seien, und denselben vorsichtigen Standpunkt nahmen auch Thoroddsen, Hilde-
brand und Ahlenius ein, die sich ebenso wenig wie Storm und Nordenskiöld auf irgend
welche Deutung einließen.
') Lucas, l. c. Appendix V,
Die Ortsnamen bei Clavus.
81
Grönland.
In allgemeinem und wissenschaftlichem Interesse kann sich sicherlich kein Teil der alten
A-Karten mit Grönland messen. Während zweier Jahrhunderte war in der kartographischen Literatur
das auf diesen Karten gegebene Bild von Grönland fast das allein herrschende; noch heutigen Tages
erweckt seine überraschend richtige Form und Lage das Erstaunen der Forscher, und die vielseitigsten
Versuche sind angestellt, um eine Erklärung für diese relative Vortrefflichkeit zu finden. Wie wir in
einem späteren Abschnitte zu beweisen versuchen werdeu, findet sich im Wiener Text eine bis jetzt
unbekannte Erklärung, welche gewiß die Ursache zu dieser Vortrefflichkeit klarlegt. Hier werden wir
uns nur mit den Clavischen Grönlandsnamen beschäftigen, die sich bis dato jeglicher, auch nur einiger-
maßen wahrscheinlichen Deutung entzogen haben.
Während der von Nicolaus Germanus geschaffene B-Typus mit der Verlegung Grönlands
nördlich von Norwegen in den Ptolemäus-Ausgaben, sowie in andern kartographischen Arbeiten des
15. und anfangs des 16. Jahrhunderts der allein maßgebende war, gewann der A-Typus in der Mitte
des 16. Jahrhunderts die Oberhand. Dies ist dem Erscheinen der Zeno-Karte zu verdanken, die mit
Bezug auf Grönland außer einer einzelnen selbstgemachten Hinzufüguug (<S. Tomas Zenobium) durchaus
die Karte des Clavus wiedergab. Seit Kuscellis Ptoleniäus-Ausgaba vom Jahre 1561 wurde die
Zeno-Karte in die Ptolemäus-Ausgaben aufgenommen; sie wurde von Mercator in seiner großeu
Karte von 1569 und von Ortelius in seinem Kartenwerk von 1570 adoptiert und erst langsam im
17. Jahrhundert durch die neu eingeholten Nachrichten der damaligen Polarforscher und die zunehmende
Kenntnis der älteren nordischen Berichte über Grönland verdrängt. Betreffs des außerordentlichen Ein-
flusses der Zeno-Karte verweisen wir wieder einmal auf die Auseinandersetzung bei Lucas und erinnern
hier nur an die allgemein bekannte Tatsache, daß Frobisher 1576 mit der Zeno-Karte als einziger
Führer gegen Norden zog und sowohl Grönland als die Passage zwischen Grönland und Labrador
fand. Die nordischen Gelehrten dagegen, die im 16- Jahrhundert anfingen, sich mit der kartographischen
Darstellung von Grönland zu beschäf eigen, beriefen sich anfangs auf die alten Segelan Weisungen, auf
Ivar Baardsens Bericht über Grönland, sowie auf die alten isländischen Quellen, und ignorierten
die Zeno-Karte. Die erste selbständige Karte über Grönland nach der von Clavus gezeichneten wurde
zirka 1570 von dem Rektor der Schule zu Skälholt SigurÖur Stefänsson (Sigurd Stephanius)
ausgearbeitet; jedoch ebenso wenig wie die folgenden Kartographen, der dänische Bischof Hans
Poulsen Besen 1605, die Isländer G. Thorlacius 1606 und Th. Thorlacius 1668— 69 % ent-
nimmt er der Zeno-Karte irgend welchen Namen. Diese Karte wurde dagegen von anderen dänischen
Gelehrten des 17. Jahrhunderts fleißig "benutzt, z. B. von Lyschander in „Den Granlandske Chronica"
1608 und Matthias Henrichsen Schacht (f 1700) in seinen uugedruckten Collectanea enarra-
tionum historicarum de GronJandia (Original in der arnamagnäanischen Sammlung in der Universitäts-
bibliothek zu Kebenhavn: A. M. 364, 2°, Abschrift u. a. in der Neuen kgl. Sammlung in der kgl. Biblio-
thek daselbst Nr. 1290, 2°). Noch bis 1778 war die Zeno-Karte „in gewissen Beziehungen die beste
Karte von Grönland" 2), oder mit andern Worten: das von Clavus geschaffene Kartenbild ist erst bis
dicht an unsre Zeit hinan von besseren oder zeitentsprechenderen Karten abgelöst worden.
Diese Tatsache muß natürlich den Wunsch erregen, auch die eigentümlichen grönländischen
Namen bei Clavus zu verstehen. Die älteren Ausleger3) arbeiteten auf Grundlage der Zeno -Karte,
') Reproduktionen dieser Karten bei K. I. V. Steenstrup, Om 0sterhjyden in Meddelelser om Grönland IX,
Kabenhavn 1889.
2) Storm, Om Zeniernes Reiser in Det norske geoyrafiske Selskabs Aarbog II, Kristiania 1891, S. 4.
3) Auch über die verschiedenen Erklärungen der grönländischen Namen gibt Lucas, l. c. Appendix V.
eine vortreffliche Übersicht.
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 11
82
Kapitel VI.
schlugen aber ganz verschiedene Wege ein Und kamen zu ganz verschiedenen Resultaten. Lelewel1)
nahm seinen Ausgangspunkt von der modernen Karte Grönlands, ließ die Lage der Lokalitäten das
entscheidende sein, sah von den Namenformen ganz ab und erreichte dadurch eine Identifikation, die
in Wirklichkeit keine Identifikation ist; denn Erklärungen wie, daß pr. Neum Cap Seidon sei, pr. Na
Cap Svartehuk, fl. Hein Bearsund, fl. Nice Frideriksfiord, pr. Trin Cap Farewel u. s. w., führt uns der
Lösung des Rätsels — nämlich der Erklärung von der „Bedeutung" der Namen — keinen Schritt
näher. Andre Forscher versuchten ein wirkliches Verständnis zu erlangen. Allerdings äußerten sich
weder Eggers noch Zurla über die Namen: Estrup2) dagegen, der ebenso wie diesa Autoren von
der Zuverlässigkeit des Berichts und der Karte der Zenier überzeugt war, sprach die Überzeugung aus,
daß die Namen wahrscheinlich dem im Berichte erwähnten Fürsten Zichmni zu verdauken seien; er
bemerkte indeß zugleich: „übrigens hat keine der auf den Karten angenommenen Benennungen der
Vorgebirge und Flüsse die entfernteste Ähnlichkeit mit irgend welchen von denen, die sich in den
isländischen Berichten finden, mit Ausnahme des Namens Avorf, der im Klange etwas mit Hvarf
übereinstimmt. Sogar Avarf ist wahrscheinlich ebenso wie die andern eine von Zichmni's eigenen
Benennungen." Daß einige der Namen von Zichmni stammen, darin ist Bredsdorf f 3), welcher
auch an der Zuverlässigkeit des Berichtes der Zenier festhält, einig mit Estrup; übrigens meint er, daß
die Namen teilweise entstellte Wiedergaben sind, entweder nach den Namen der grönländischen Lokali-
täten, wie die alten Nordländer sie brauchten, oder daß sie jedenfalls nordischen Wörtern nachgebildet
seien; indem er aber versucht, die einzelnen Namen zu deuten, muß er meistens einräumen, daß er entweder
keine passende Lösung finden kann, oder auch, daß die Anbringung der Lokalitäten auf der Zeno-Karte
nicht mit dem übereinstimmt, was aus den alten nordischen Quellen hergeleitet werden kann. Als
Probe von Bredsdorffs Deutungen wollen wir hier anführen: „Neum promontor. kann das islän-
dische ä nef um sein, eine recht passende Benennung für ein Vorgebirge"; „Nha promontor. weiß ich
nicht zu erklären"; „Diuer flumen kann die Benennung Dyrafjördr sein, die bei Björn Jonsen von
einem Orte in der Ostansiedelung gebraucht wird, aber die Lage entspricht demselben nicht", u. s. w.
Ehe Bredsdorff seine Deutungen veröffentlichte, erklärte Zahrtmann4) mit besonderer Energie,
daß der Bericht der Zenier vollständig erdichtet und daß die Karte auf Grundlage mehrerer älteren
Karten entstanden sei, daß Diuer flumen (Dyrefjorden) und Pederf5) (Peders Viig) die einzigen Namen
seien, die sich in den alten nordischen Ohorographien wiederfänden, und daß das Spichbod der „Donis"-
Karte der einzige Name sei, „der das Gepräge holländischer Abstammung trage"; über die Bedeutung
und den Ursprung der Namen sprach er sich jedoch nicht weiter aus.
Mit der größten Bestimmtheit wurde gleichzeitig von zwei berühmten Forschern: Norden-
skiöld und Japetus Steenstrup die Behauptung ausgesprochen, daß die Namen nicht die von den
alten isländischen und nordischen Quellen bekannten Namen der grönländischen Lokalitäten sein könnten;
Steenstrup fügte noch hinzu, daß es auch keine von den Eskimos angewandte Ortsnamen sein könnten.
Übrigens divergierten ihre Anschauungen über den Ursprung und die Bedeutung der Namen in hohem
Grade. Nordenskiöld6) fand wie Bredsdorff in den grönländischen Namen der Zeno-Karte Laut-
ähnlichkeit mit den nordischen Sprachen und auf sprachlichem, besonders lautlichem Wege, versuchte er
sie als nordische Wörter zu deuten. Mit Hinweis auf seine eigenen ausführlichen Zusammenstellungen der
Namen von der Zeno-Karte mit denen von der Karte in der Ulmer Ausgabe von 1482 wollen wir als
Beispiele seiner Deutung folgende Namen anführen: Nha, Na = Nha-wahlr (Narwal), Diuer = Dyr
(Tier), Feder = Fjöör (Feder, Daune), Hit = Hit (Beutel, Sack), Nice — Nes (Nase, Landzunge), Spich*
') Lelewel, Geographie du mögen äge IV, S. 98.
8) Estrup, l. c. S. 259—260; vgl. oben S. 75, Note 2.
3) Bredsdorff, Grönlands historiske Mindesnuerker LH, S. 609 ff. ; vgl. Nordisk Tidsskrift for Oldkyndiglied
III, S. 201—205.
*) Zahrtmann, l. c. S. 17; vgl. S. 20, Note 3.
6) So liest Zahrtmann den Namen Feder f^luvii ostia}.
") Nordenskiöld, Studier och forslcningar, S. 52 — 53.
l)ie Ortsnamen bei Clavuä.
83
bodus = Spikboäi, Späckbäda (Speckscher), „Zusammensetzungen mit -bada oder -boda wird oft bei
den schwedischen Scheren angewandt, um die weit hinaus liegenden äußeren Scheren zu bezeichnen",
Irin = Tryni (Kussel), Han = Hani (Hahn), Hian - - Hren (Renntier), Naf = Nef (Schnabel),
Bojer = Boer (Stadt, Hof), Ther = Tjara (Theer). Nordenskiöld spricht sich übrigens mit der
größten Vorsicht über die Richtigkeit dieser Deutungen aus und will keineswegs behaupten, das Rätsel
gelöst zu haben. Er scheint u\\c\\ später seine Deutungen nicht zufriedenstellend gefunden zu haben;
in Periplus1) hält er nur daran fest, daß die Namen „in hohem Grade von denen in den nordischen
Sagen abweichen", und daß sie „sehr schwer zu erklären sind." Sehr vorsichtig spricht sich auch
W. Thalbitzer über die Bedeutung der Wörter aus, wenn er sagt2): „With respect to the names
in Greeuland, which are especially attached to rivers and promontories, they appear to be pretty cor-
rupt and the niajority of them have never been satisfactorily interpreted. The name Nice-fluvius given
to one of the southernmost rivers on the west coast undeniably suggests the Old Norse hnisa, a por-
poise (delphinus phoeaceus), which to this day occurs in the Greenlandic Eskimo language as an old
Scandinavien loan-word with its original meaning retained. If this is accidental or not must still
remain an open question." Nach dem Erscheinen der dänischen Ausgabe des gegenwärtigen Werkes
ist der Verfasser jedoch von dieser Auffassung zurückgekommen 3).
Zu einem ganz andern Resultat kam Japetus Steenstrup, indem er dieselbe Methode,
nämlich die der Lautähnlichkeit verfolgte. Bekanntlich verficht er die Ansicht, daß das Engroneland
der Zeno-Karte, welches er als Engroueland liest, Eiderstedt in Friesland sei, und in Ubereinstimmung
mit dieser Auffassung deutet er auf dem Wege der Lautgleiche alle grönländischen Namen als nach
Nord- Friesland gehörig. Als Beispiel führen wir hi ?r an 4) : Neum pr. = Nien - dämm, nha — Nai-
baul, Diuer = ? Dünen , Feder f. = St. Peder Kirchspiel , Han f. = Hanum , Kirchdorf auf Föhr,
Lande = Landehj bei Lögumkloster u. s. w.
Andre Gelehrte, welche sich mit der Zeno-Karte oder mit den A-Karten beschäftigt haben,
ließen die Frage über die grönländischen Namen vorsichtshalber offen stehen, indem sie sie entweder
mit Schweigen übergangen oder deren Unverständlichkeit offen eingeräumt haben. Es gilt dies von
Ed. Erslev, Storm, Lucas und Jos. Fischer; ebenfalls muß Nordenskiöld in seinen späteren
Arbeiten über dieses Thema hierher gerechnet werden. Dieser Standpunkt ist auch gewiß der einzig
verantwortliche, so lange man nicht den Schlüssel zum Verständnis der rätselhaften Namen gefunden
hat; denn keiner der hier angeführten Deutungsversuche kann auch nur als annähernd befriedigend
gelten. Die Namen als von Zichmni erfunden aufzufassen, ist nicht mehr tunlich, da es als bewiesen
angesehen werden darf, daß der ganze Bericht der Zenier erdichtet, daß ihre Karte eine entstellte Kopie
nach älteren Karten ist, und daß Zichmni 's historische Existenz mehr als zweifelhaft sein dürfte.
Andrerseits muß es sicher angenommen werden, daß Clavus' grönländische Namen keine wirkliche von
andern Quellen bekannte Ortsnamen sein können. Es bleibt dann nur noch die vermutliche Ähnlich-
keit mit nordischen Wörtern übrig; aber wie gefährlich ein auf der bloßen Lautgleiche aufgebautes
Prinzip ist, sieht man daraus, daß man auf diesem Wege zu den verschiedenartigsten Resultaten gelangen
kann. Uns ist es immer klar gewesen, daß die grönländischen ebenso wie die isländischen Namen auf
einem Nennsystem beruhen mußten, wenn auch der Wiener Text diesmal durchaus keinen Fingerzeig
zur Lösung des Rätsels enthält.
Stellt man, wie es auf der Tabelle geschehen ist, die Namen der verschiedenen Karten mit
denen des Wiener Textes zusammen, so bemerkt man gleich, daß sie sich in der Hauptsache decken,
wenn es auch klar darliegt, daß bald die Formen der Karten, bald die des Textes Entstellungen der
ursprünglichen Formen sein müssen; es wird aber nicht möglich sein zu entscheiden, welcher Art die
') Periplus, S. 90.
2) W. Thalbitzer, A phonetical study of tue Eskimo language in Meddelelser om Grönland 31, Kebenhavn
1904, S. 32.
3) Ibid. S. 392—393.
4) Steenstrup, l. c. S. 212—213 und 150 ff.
11*
84
Kapitei VI.
Entstellungen in jedem einzelnen Falle sind, ehe man zu dem Verständnis der einzelnen Kamen gelangt
ist. An einer Stelle scheint jedoch eine Differenz, und sogar eine recht auffällige, zwischen den Karten
und dem Texte obzuwalten. Auf 13° 0' ö. L. und 64° 10' n. Br. ist dem Texte nach ein secundum \
Promontorium; auf 13° 0' ö. L. und 64° 25' n. Br. führt A1 einen Namen an, der zunächst als vy pr.
gelesen werden muß; dem entsprechend hat A6 yc pr., A2 ygi pr., A5 yi pr., A3 yhi pr., A4 ghi pr.,
B3 und die Ulmer Ausgaben y pr. Falls das Prinzip unsrer Namenzusammenstellung in der Tabelle 1
richtig ist, müssen also diese verschiedenen Formen, welche augenscheinlich auf ein und dieselbe Grund-
form zurückweisen, mit des Textes secundum Promontorium identifiziert werden. Nun steht es aber
merkwürdigerweise fest, daß das secundum Promontorium gar nicht Grönlands zweites Vorgebirge ist,
indem Tuoer das erste, Eeynth das zweite, secundum also faktisch das dritte ist. Es ist somit 'keinem
Zweifel unterworfen, daß da ursprünglich ein Wort gestanden hat, welches einerseits als das Zahlen-
zeichen für secundum aufgefaßt werden, andrerseits die sonderbaren Formen auf den Karten veranlassen
konnte. Ein solches Wort kann kaum ein anderes als ij sein, welches gleichzeitig als die Zahl II und
als die Präposition i (d. h. in) aufgefaßt werden kann. Man ist also vollkommen berechtigt, statt des
sicherlich verkehrten secundum Promontorium ein ij Promontorium zu lesen.
Auch der Name Grönlands in Clavus' zweiter Arbeit verursacht indessen Schwierigkeiten. Während
das Nanziger Werk und der Wiener Text je nur einen Namen anführen und zwar bezw. die lateinischen
Formen Gronlandia und Grolandia, haben alle A-Karten mit Ausnahme der besten (A1) zwei Namen
für dies Land: Gronelanth oder Gronelandia und Engrolant oder Engronelanth (mit noch mehr orto-
graphischen Varianten, siehe die Tabelle). Der erste Name Gronelandia ist zwischen zwei Strichen
angebracht (rubriziert), was auf den Karten immer Ländernamen bezeichnet (vgl. Magne germanie
pars, Sarmatie europe pars, Gottia occidentalis, Norbegia, Sielandia u. s. w.). Der zweite Name Engrone-
lanth dagegen ist mit kleinerer Schrift geschrieben und auf den Karten A3 und A4 längs der Ostküste
zwischen naf fl. und lande fl. angebracht; auf den Karten A2, A5, A6 steht er dagegen quer über der
Halbinsel weiter südlich als der Hauptname Gronelandia. Wie andre Provinznamen (z. B. Bakus, Lüste)
ist er meistens mit braunroter Farbe ohne Rubrizierung geschrieben, und demnach müßte Gronelanth
(Gronelandia) als der Hauptname des Landes, der wirkliche Ländername aufgefaßt werden, Engronelanth
dagegen eher als der Name eines kleineren Teiles des Landes, z. B. der Ostküste oder des südlichen
Teiles der Halbinsel. Auf den B-Karten, wo Grönland nördlich von Norwegen hingeschoben ist, ist der
Hauptname Gronelandia ganz verschwunden und nur der Beiname Engronelanth zurückgeblieben, ohne
jedoch bei der kalligraphischen Ausstattung als ein wirklicher Ländername hervorgehoben zu werden.
Der sonderbare Name Engronelanth ist immer ganz unerklärbar gewesen, und die meisten For-
scher haben sich mit dem Zugeständnis begnügt, daß sie ihn nicht verständen. Die wenigen Erklärungen,
die vorgekommen sind, wie Fr. Krarups1) „Indgranland11 (d. h. das innere Grönland) und Japetus .
Steenstrups „Indgreftsland" (d. h. Land des Eingrabens = Eiderstedt) wirken auch nicht überzeugend;
und wenn Storm2) annimmt, daß die Lautähnlichkeit zwischen dem Gronelant der Karten und ihrem
in Norwegen angebrachten Engronelant (Entstellung von Engromelant d. h. Angermanland) bewirkt
haben sollte, daß die letztere nach Grönlands Ostküste verlegt worden war, setzt er ganz gewiß eine
allzu große Willkürlichkeit bei dem betreffenden Kartenkopisten voraus. Eine weit näher liegende
Erklärung gibt uns der Wiener Text. Als dritter von den Flüssen Grönlands an der Ostküste findet
sich hier zwischen Manh fl. (das naf fl. der Karten) und Spieldehbedh fl. (das spichbod' fl. der Karten)
der Name Eyngromenlandz aa fluuii ostia (V; Eyngromenden landz aa fluuii ostia W.). Dies Eyn-
gromenlandz aa kann kaum etwas andres sein als das ganz einfache eyn Groenenlandz aa (neudänisch:
en Granlands Aa, d. h. eine Grönländische Aue oder Fluß), also eine ähnliche Flußbezeichnung wie
die bekannten Aa-Namen in Schweden und längs der Ostseeküste. Wir nehmen an, daß sich von
diesem Namen das Engronelanth der Karten schreibt: Clavus hat diesen Flußnamen auf seine Karte
') Fr. Krarup, Om Zeniernes Bejse til Norden in Dansh geograßsh Tidsskrift II, Kebenhavn 1878, S. 148-
2) Ymer 1891, S. 35—36.
Die Ortsnamen bei ClaVüS.
beschrieben ; der Platz auf dem ziemlich sclimalen Grönland ist für das recht lange Wort zu eng
gewesen; dies ist daher entweder von ihm selbst oder von einem Kopisten in zwei Zeilen geschrieben
und durch ein Mißverständnis geteilt, teils in Engroneland, das wegen der Ähnlichkeit mit dem Namen
des Landes Groneland zu einem Provinznamen gemacht worden ist, teils zu dem noch fortwährend als
Fluß fungierenden lande. Daß der Name den Kopisten Schwierigkeiten verursacht hat, ersieht man
schon an der Art und Weise, wie er auf den Karten behandelt ist. Während auf A2, A4, A5 und A(;
; die Verwandlung vom Flußnamen zum Landschaftsnamen vollzogen ist, so befindet sich die Zamoiski-
Karte (A3) olfenbar auf einem Übergangsstadium. Quer über die Wörter en gronelan steht hier san de,
und zwar derart, daß die Wörter zwei Lesarten gestatten, entweder endegronelan san oder eher en
gronelandesan, d. h. eine leichte Entstellung von en gronelandes aa. Auf der Originalkarte, oder jeden-
j falls auf der vermutlich vorhanden gewesenen und nach Italien gelangten ersten Kopie, ist also der
lange Name zerstückelt, kreuz und quer geschrieben worden, und aus diesem Sammelsurium haben sich
die beiden Namen lande und Engroneland losgelöst. Da Martellus' A1 -Karte nur den Namen lande
hat, ist wahrscheinlich in Nicolaus Germanus' Werkstatt das verzwickte Engroneland entstanden,
und zwar ist es nicht ausgeschlossen, daß Nicolaus Germanus' verkehrtes Lesen von dem Namen
Ängermanland {Engroneland statt Engromeland, vgl. das Engromelandi der Nanziger Karte and das
i Engromelandh auf A6) schuld darau ist, daß er eben Engroneland aus der ihm unverständlichen Wort-
verbindung' herauslas.
Gegen diese unsere Erklärung scheint nur die Einwendung erhoben werden zu können, daß es
höchst auffällig ist, inmitten einer Reihe unverständlicher Einzel namen plötzlich eine dänische Wort-
verbindung wie „en Grönlands Aa" zu finden. Dies würde besonders auffallend sein, wenn die
andern Namen wirkliche Namen oder einer andern Sprache als der dänischen entnommene Wörter
wäreu, was sie aber nicht sind. Sieht man von den lateinischen Epitheta Promontorium und fluuii
ostia ab und liest die Namen des Wiener Textes von oben herunter, indem man mit Thoer anfängt
und mit New aufhört und sie beständig mit den ihnen entsprechenden Namen der A-Karten vergleicht,
so wird man bemerken, daß die bis jetzt durchaus unverständlichen lind unerklärlichen
Namen Bedeutung bekommen. Mit Hilfe einer unbedeutenden Verbesserung der Textnamen auf
Grundlage derjenigen der Karten, darunter die Einschiebung der Form ij statt des oben erwähnteu
sicherlich verkehrten secundum (Promontorium) bilden die grönländischen Namen folgenden Vers:
Thcer boer eeynh manh ij eyn Grcenenlandz aa,
Es wohnt ein Mann in einer Grönlands Au (Fluß)
ooc Spieldehbedb* mundke hanyd heyde;
und Spieldehbedh tat er heißen
meer hawer han äff nidefildh*,
mehr hat er von dem lausigen Fell
een hanh hawer üesk hynth feyde.
als er hat Speck den fetten
Nordhum driwer sandhin naa* new* new*
Vom Norden treibt's den Sand aufs Neue Neue
Die mit * bezeichneten Wörter verlangen eine genauere Untersuchung, die kursiv gedruckten
sind diejenigen, bei denen wir die Wortformen des Textes mit Hilfe derjenigen der Karten korrigiert
haben, und für diese Korrekturen wollen wir hier sogleich Rechenschaft ablegen:
thcer] thoer W, theoy V. Durch das ther der Karten kommt ein vortrefflicher Sinn in die erste Zeile des
Verses, es erklärt aber nicht die entstellten Formen des Textes ; diese werden indessen durch die
Annahme der Form thcer erklärt. Ther und thcer sind verschiedene altdänische Schreibweisen für das
neudänische unbetonte der (d. h. es).
ij] Die Korrektur ist infolge obiger Auseinandersetzung vorgenommen.
Grcenenlandz aa] Daß der Vers sich auf das Land bezieht, an welches sich dessen einzelne Wörter als Orts-
bezeichnungen anknüpfen, ist sehr wahrscheinlich. Wir korrigieren deshalb in "Übereinstimmung mit
dem Engroneland der Karten V's Eyngromenlandz in eyn Grcenenlandz und sehen von der Möglichkeit ab,
86
Kapitel VI.
duß sich in W's Eyngromenden landz ein »Ängermanlands« verbergen sollte, wie es mit den Kamen
Engromelandi der Nanziger Karte und Engromelandh der A6- Karte der Fall ist.
haucr\ hain W, harnt V, datier An oaner A2 — A6. Nimmt man an, daß der Text den ersten Teil des
Wortes und die Karten den zweiten unentstellt bewahrt haben, so bekommt man die Verbalform hauer
(neudänisch har, von have (d. h. haben) ), wodurch der Vers Sinn bekommt. Die Originalkarte hat dann
die Form hauer gehabt, der Text zunächst häw' (d. h. hatcer), was am besten die Entstellung harn'
erklärt, die in V in härm aufgelöst worden ist.
hynth] hyrch W und V, hüc A1, hic A2 — A6. Eine Entstellung von hyrch zu hynth ist leicht zu erklären,
und wir nehmen darum an, daß im Texte das einem hit oder lüt auf den Karten entsprechende hynth
gestanden hat, alle drei verschiedene altdänische Formen für das Wort hint (d. h. jenes), wodurch der
Vers Sinn bekommt.
driiver] drub W und V, dritter die A-Karten. Die Form der Karten gibt den rechten Sinn, und wir setzen
deshalb ein dritver (neudänisch driver, d. h. treibt) statt des sinnlosen drub, indem die Abkürzung
driw' die Entstellung leicht erklärt.
Der ganze Charakter des Verses deutet darauf hin, daß es der Vers eines Volksliedes oder
jedenfalls im Volksliederstiel gedichtet ist: ein vierzeiliger Strophenbau mit dem Keime zwischen
der zweiten und vierten Zeile (heyde — feyde) und mit dem Refrain (nordh um driwer sandhin naa
new new) '). Es steht einem natürlich vollständig frei anzunehmen, daß Clavus selbst den Vers
gedichtet hat; näher liegt jedoch die Annahme, daß es ein schon vorhandener Vers sei, den er in
Bereitschaft gehabt, und nach dem Inhalt zu urteilen wäre es dann zunächst ein Anfangsvers. Nach
dem Erscheinen unsrer dänischen Clavus-Monographie ist das betreffende Lied wirklich gefunden
worden 2), und zwar zeigt es sich, daß der hier vorliegende Vers eine Lokalisierung des Anfangsverses
im schwedischen Volksliede „Kung Speleinan" (Arwidsson Nr. 10) ist. Von diesem Liede liegt nur
eine einzelne Aufzeichnung vor, die schon im Jahre 1862 von Sophus Bugge3) als eine Variante
des dänischen Liedes „Angelfyr og Helmer Kamp" (D. g. P. 19, Grimm Nr. 38, Prior Nr. 20)
erkannt wurde, indem die beiden Lieder mittelalterliche Bearbeitungen einer uralten Sage sind, deren
älteste Porm die isländischen Sagen von Hervor (Hervararsaga) und Örvarodd (Orvaroddsaga) j
bilden, und die auch in Saxos lateinischer Geschichte von Dänemark vorliegen*).
Der Anfangsvers der schwedischen Form des Liedes, das also auch im 15- Jahrhundert in
Dänemark bekannt gewesen sein muß, lautet:
Dher bodde een kiempe vid Hebingborg,
Es wohnte ein Kiese bei Heisingborg
Kung Speleman mände han heta
König Spielmann tat er heißen
') Die nordische Volksliederdichtung liegt, was Dänemark betrifft, in dem großen, in der europäischen
Volksliederforschung bahnbrechenden Werke von Svend Grundtvig vor: Danmarks gamle Folkeviser I — VII,
Kobenhavn 1853—1906 (zit. als D. g. F.). Nach Grundtvigs Tod (1883) wird das Werk von Axel Olrik fortgesetzt
(Beiträge zur Geschichte des Werkes gab Carl S. Petersen in Danske Studier 1905, Kebenhavn 1905). Die nor-
wegischen Volkslieder sind herausgegeben von M. B. L a n d s t a d , Norske Folkeviser, Kristiania 1853, und von
Sophus Bugge, Gamle norske Folkeviser, Kristiania 1858, die schwedischen von E. G. Geijer & A. Afzelius,
Svenska folkvisor frän forntiden I — III, Stockholm 1816—46 (neue Ausgabe, ibid. 1880) und von A. J. Arwidsson,
Svenska fornsänger 1 — III, Stockholm 1834—42. Was Island und die Färöer betrifft sind gedruckt: Svend
Grundtvig & Jön Sigurdsson, Islenzk fornkvwbi, Kobenhavn 1854 — 83, und V. U. Hammershaimb, I
Fwröiske Kvceder, Hefte 1—2, Kebenhavn 1851—55; die wichtigste Quelle aber ist die in „Dansk Folkemindesamling"
in der kgl. Bibliothek zu Kebenhavn aufbewahrte handschriftliche Sammlung: Svend Grundtvig & Jorgen |
Bloch F(f>royja kvwbi — Corpus carminwn Fceroensium — Fcerfemes gamle Folkeviser I — XVI, Kobenhavn 1872 —88, ]
mit 2 Supplementbd., ibid. 1896 — 1905. Deutsche Ubersetzungen von nordischen Volksliedern sind: Wilh. Grimm, "
Altdänische Heldenlieder, Heidelberg 1811; G. Mohnike, Altschwedische Balladen, Stuttgart und Tübingen 1836;
Rosa Warrens, Dänische Volkslieder der Vorzeit, Hamburg 1858. Englische Übersetzung: Alex. Prior, Ancie.nt j
Danish Ballads I — III, London a. Edinburgh 1860. Französische Ubersetzung: L. Pineau, Le Romancero scandinave, j
Paris 1906.
2) Vgl. KarlAubertin Danske Studier 1907, S. 228—29.
») D. g. F. II, S. 790.
*) Saxo, ed. P. E. Müller, Lib. V, S. 250— 51.
Die Ortsnamen bei Clavus.
87
Visst hade han mera boda sölf
Wohl hatte er mehr Geschmeide (?) Silber
An andra fläsket dhet feta
Als Andre Speck den fetten
Uren drifver noran äfvan, sunnan für noran.
Der Schauer treibt vom Norden herunter vom Süden vom Norden ')
Die Übereinstimmung mit dem Verse auf Clavus' Karte von Grönland springt in die Augen.
Ersteus sind die einzelnen Zeilen des schwedischen Liedes genau wie die entsprechenden bei Clavus gebaut:
Zeile 1 sagt, wo der Mann wohnt, Zeile 2, wie er heißt, Zeile 3 — 4, daß er mehr von einer Sache als
von einer andern besitzt; noch mehr bedeutet es abar, daß Zeile 4 mit der eigentümlichen Bemerkung
von „dem fetten Speck" fast wörtlich gleichlautend ist. Dennoch ist der Vers, so wie er von Clavus
geschrieben wurde, nicht als eine einfache dänische Variante des schwedischen Liedes aufzufassen; bei
der Einsetzung des Namens Grönland in die erste Zeile hat Clavus nämlich ganz deutlich den Vers
lokalisieren wollen, ohne daß es jetzt möglich sein wird, eine begründete Meinung in Bezug auf die
i Verhältnisse und Ereignisse zu haben, die eine derartige Lokalisierung veranlaßt hätten 2).
Unter diesen Umständen wird der schwedische Vers offenbar nicht bei der Institution der
noch nicht erklärten Wörter in Clavus' Vers benutzt werden können; diese Wörter müssen aus dem
Verse selbst heraus erklärt werden.
Am wenigsten Schwierigkeit verursacht Spieldehbedh, der Name des in der Grönlandsaue wohnenden
Mannes ; es kann nämlich ein wirklicher Personenname von ungefähr derselben Form nachgewiesen werden.
Auf einem aus dem 1 1 . Jahrhundert stammenden Runensteine von Uppland in Schweden liest man folgende
Inschrift (hier in restituierter Sprachform wiedergegeben) 3) : Elina let giara merlci at Spial^aiybuSa ok at
Socein ok at Andvit ok at BucjnaR syni sin ok Egla ok Sirld at Spial^aiybuda bönda sinn. <Q£yann vaR daudr
i Hulmgardi t Olafs grid. YppiR risti. Daß das Spieldehbedh der Wiener Handschriften und das spichbod'
der Karten derselbe Name wie das Spialdbudi des Runensteins ist, ist einleuchtend, und wir lesen daher in
dem Verse a.if den Karten den Männerntimen Spieldehbedh (Spielbode). Der Name Spialdbudi, dessen beide
ersten Silben mit dem altnordischen spjall oder spell »ein Schade, der jemandem zugefügt wird«, in Ver-
bindung gebracht wird, haben wir im dänischen nicht gefunden; seinen ersten Teil muß man aber augen-
scheinlich in einem Ortsnamen wie Spjellerup voraussetzen 4).
Schwieriger ist das Verständnis von nidefildh. Das Wort erinnert in der durch die Überlieferung uns
gegebenen Form an NiPafioll (»die dunkeln Berge*) in Volu-spo ä) ; daß dieser mythologische Name hier vor-
liegen sollte, ist jedoch kaum anzunehmen. Axel Olrik6) erklärt indessen nidefildh als eine Zusammen-
setzung vom altdänischen nid (Nebenform zu gnid = mittelniederdeutsch nete, nii) d. h. »Ungeziefer, Läuse«
und fild (altnordisch feldr) d. h. »Fell«. Das Wort nidefildh würde dann bedeuten: »Läusefell, lausige
Felle«. Obgleich dieses Wort in den Lexika über die ältere dänische Sprache nicht zu finden, ist seine
Existenz jedoch um so wahrscheinlicher, als die Form fildh < feldr die richtige dänische Lautbildung gibt
(vgl. ild (^eldr, d. h. Feuer). Wir akzeptieren deshalb die von Olrik vorgeschlagene Erklärung des Wortes
') Nu drifver uren öfver sundet för noran (d. h. Nun treibt der Schauer über den Sund vom Norden) bildet
nach Olrik die natürliche Restitution der sonst sinnlosen Verszeile.
2) In einer Besprechung unsrer dänischen Clavus-Monographie (in Danske Studier 1905, S. 213 — 214) ver-
sucht Axel Olrik den Charakter des Verses näher festzustellen, indem er ihn als eine Nachahmung oder
Travestie der Volkslieder bezeichnet, die Clavus selbst wahrscheinlich während einer Überwinterung in
Grönland gemacht hat, und zwar um seine Reisegefährten — unter denen Olrik auch einen mit dem Namen
Spieldedbedh vermutet — wegen Proviantmangels zu erheitern. Obwohl wir selbst der Ansicht sind, daß Clavus in
Grönland gewesen ist (vgl. Kap. VIII C), und daß Spieldehbedh (oder, wie es nach den Karten heißen muß, Spielbode)
ein Personenname ist, kommen Olriks Hypothesen von der Überwinterung, dem Proviantmangel u. s. w. uns
jedoch zu phantastisch vor, um ernsthaft diskutiert zu werden.
3) E. Brate, Runverser in Antiqvarisk tidskrift för Sverige X, Stockholm 1887—1891, S. 334—336.
4) 0. Nielsen, Olddanske Fers mnavne, Kebenhavn 1883, S. 86. — In V. Dahlerup & Johs. Steen-
strup, Navnebog., Kebenhavn 1902, finden sich S. 83 mehrere (von den Autoren) gebildete Zusammensetzungen
mit Spjeld(e).
6) Eddalieder, hrsg. von Finnur Jönsson I, Halle a. S. 1888, S. 9 (Vers 48).
6) Danske Studier 1905, S. 171.
88
Kapitel VI.
nidefildh und entgehen dadurch der in unsrer dänischen Monographie in Vorschlag gebrachten Textkorrektur
uide sildh (d. h. weiße Heringe).
Dagegen scheint uns der Refrain Nordhum driwer sandhin naa new new immer Schwierigkeiten zu
bereiten, wenn es eine passende und natürliche Erklärung gilt. Es leuchtet ein, daß dieser Refrain schließlich
nur als eine Variante von dem des Liedes »Angelfyr og Helmer Kamp« zu betrachten ist: »Men nu driffuer
wreden [d. h. uren] paa huiden sannd for nordenn« (d. h. Nun aber treibt der Schauer auf den weißen
Sand vom Norden). Ferner ist es klar, daß nordhum zunächst als nordh um zu lesen ist und jedenfalls ein
Mißverständnis für nordhen (d. h. vom Norden, altnordisch nordan, mittelniederdeutsch norden) ; dennoch darf
man nicht korrigieren, weil Clavus sehr wohl nordh um schreiben konnte, und alle Überlieferungen uns
diese Form geben. Die letzten Worte naa new new bereiten aber ernsthafte Schwierigkeiten. Naa, welches
Wort dem Zusammenhange nach unzweifelhaft als Präposition aufgefaßt werden muß, erklärt Olrik1) als aa
(altdänische Form für paa, d. h. auf), mit einem vom vorhergehenden sandhin hinübergezogenen n — ein
sprachliches Phänomen, zu welcher der Übergang vom altnordischen upp ä, altdänisch uppaa, in neudänisch
paa (auf) ein Analogon bildet2). Indem Olrik nun das Wort (n)aa aufs vorhergehende Substantivum
sandhin bezieht, betrachtet er new new als Adverbien, und versteht den Refrain folgendermaßen (ohne Text-
korrektur): »Vom Norden treibt's auf den Sand nun nun*3). Diese Erklärung der beiden letzten Worte
überzeugt uns aber nicht. Wir bezweifeln nämlich, daß man in den Refrains der Volkslieder ähnliche durch
Wiederholung verstärkte Ausrufe finden kann, und sind deshalb immer noch zunächst geneigt, das Wort
new als ny (d. h. neu) aufzufassen, und anzunehmen, daß die Wiederholung daher stammt, daß die Worte
des Refrains zu Ende waren, ehe Clavus alle die auf seiner Karte angelegten Lokalitäten benannt hatte,
weßhalb er das Schlußwort wiederholen mußte. Wenn also eine Erklärung überhaupt möglich ist, bleiben
wir zunächst bei der von uns früher gegebenen: »Nordfra driver Sandet paa ny«, wollen aber am liebsten
das Wort driver unpersönlich auffassen, so daß die Übersetzung heißt: »Vom Norden treibt's den Sand
auf's Neue.«
Wie wir in der dänischen Ausgabe gesagt haben, fühlt man sich versucht, das Wort ij (in) mit
dem sonst immer in den Volksliedern vorkommenden Worte toit (bei)4) zu ersetzen, eine Korrektur, die schon
durch die Formen vy, yc, ygi, yi der A-Karten bewährt werden konnte, von dem y der B-Karten und dem
entsprechenden secundum des Wiener Textes jedoch unserer Anschauung nach bestimmt widersprochen wird.
Der Versuchung zu korrigieren ist Olrik erlegen, und zwar sucht er secundum als eine Übersetzung eines
dänischen ivit (bei) zu erklären. Mit andern Worten: er will ein wit lesen, während wir es vorziehen, bei
der, paläographisch gesehen, einzig natürlichen Erklärung zu bleiben.
Wir nehmen darum an, daß der Vers folgende Gestalt gehabt habe:
Thser boer eeynh manh ij eyn Grcenenlandz aa,
ooc Spieldehbedh mundhe hanyd heyJe ;
meer hawer han äff nidefil 1h,
een hanh hawer flesk hynth feyde.
Nordh um driwer sandhin naa new.
Auf deutsch:
Es wohnt ein Mann in einer Grönlands Au (d. h. Fluß),
und Spjellebod tät er heißen;
mehr hat er von dem lausigen Fell,
als er hat Speck den fetten.
Vom Norden treibt's den Sand auf's Neue.
Auf modernem dänisch:
Der bor en Mand i en Grenlands Aa
og Spjellebod monne han hedde;
mer haver han af Luseskind,
end han haver Flsesk hint fede.
Norden driver (det) Sandet paa ny.
Wir haben in unsrer Restitution des Verses nichts verändert an der in mehreren Beziehungen sonder-
baren Orthographie, mit welcher er in den Handschriften auftritt. Daß er in dänischer und z. B. nicht in
isländischer oder norwegischer Sprache geschrieben ist, ist unverkennbar und auch an und für sich sehr
natürlich, weil der Schreiber ein Däne war; mehrere der orthographischen Eigentümlichkeiten bedürfen
jedoch einer näheren Beleuchtung. Dies gilt besonders den Schreibweisen wie eyn oder eeynh, heyde, feyde,
hanyd, und der häufigen Anwendung der Verbindung nh: eeynh, manh, hanh. Es scheint uns jedoch uner-
') Dansice Studier 1904, S. 213.
'') In unserer dänischen Clavus-Monographie korrigierten wir naa in paa — nannten aber auch die Mög-
lichkeit aa. Durch Olriks Erklärung entgehen wir aber einer Textkorrektur und bleiben dennoch bei dem-
selben Wort.
3) „Ein starkes unruhiges Naturbild" nennt Olrik diesen Refrain mit den Schlußwörtern „nun nun".
4) „Ude ved Aa" (Ude wit aa — Draußen bei der Au) u. dgl. ist eine im dänischen Volksliede stehende Wen-
dung, und wird namentlich in Anfangszeilen benutzt, um irgend eine an Ort und Stelle wohnende Person einzuführen.
Die Ortsnamen bei Clavus.
laubt, alle diese orthographischen Eigentümlichkeiten als Abschreibefehler aufzufassen — dazu kommen sie
allzu häufig vor; daß dagegen beim Abschreibeprozeß hie und da ein Buchstabe verdoppelt sein könnte
(peynh — eyn) oder ein dänisches ce in zwei Buchstaben aufgelöst wäre, ist natürlich möglich, berührt diese
Frage aber nicht. Hiezu kommt noch, daß dieselbe Orthographie auch anderswo im Wiener Texte angewandt
ist. Der Name Hailand kommt zweimal vor, und das eine Mal steht in beiden Handschriften Hayldland (is}
und bei Fried lieb Heü<ldland(isy. Die Insel Möen wird in der besten Handschrift Monh geschrieben,
und daß der Name mit zwei Konsonanten geendet hat, zeigt das Mond der zweiten Handschrift, sowie das
meb der Karten. Auch im Nanziger Text können einzelne Schreibweisen derselben Art wie die hier
besprochenen nachgewiesen werden; dort steht z. B. NordincMxpind und Mipnh. Die eigenartige Orthographie
im grönländischen Verse ist also sicherlich die des Verfassers selbst und weder durch Änderungen von
dänischen oder durch Mißverständnisse von ausländischen Abschreibern entstanden. Wir erkennen in ihr
Spuren von der Mutter spräche des Verfassers in engerem Verstände: denFünerDiali-kt.
Es muß über allen Zweifel erhaben angesehen werden, daß die wichtigsten Eigentümlichkeiten der
dänischen Dialekte sich schon im 1 5. Jahrhundert entwickelt hatten, wenn sie auch in den damals geschrie-
benen Urkunden nur sehr sporadisch vorkommen, und zwar wenn die Schreiber der durchs Auge erlernten
Orthographie untreu werden und sich auf ihr Ohr verlassen1). Eigentümlich für den Füner Dialekt ist
u. a. das häufige Ausfallen der Nasallaute, die durch nasale Vokale ersetzt werden, ferner daß oft ein schwach
artikuliertes i oder j als Übergangslaut zwischen dem Vokal und einem darauffolgenden Konsonanten (beson-
ders einem t) eingeschoben wird; ebenfalls fällt der offne rf-Laut immer im Auslaut weg, während er im
Inlaut entweder ganz wegfällt oder zu j wird 2). Diese Eigentümlichkeiten finden sich schon in den Füner
Sprachdenkmälern des 15. und 16. Jahrhunderts3). In den Komödien des Sektors Christiern Hansen
in Oilense von zirka 1530 4) findet man im »Urteil des Paris«: tyin (din = dein), veynne (vende = wenden),
kayller (kalder = ruft), fallier (falder = fällt), gaille (Galde = Galle), in der »Dorotheas Komödie«: af stej
(af Sted — fort) sich auf« wej (im Wege) reimend; in »Der ungetreuen Gattin4: mtfiyde (vielleicht Impf, von
m:de = begegnen). In den Zunftartikeln der Odenser Schustergesellen von 1405 — 06 5) findet sich
eyntemv — eller (enten — • eller = entweder — oder); in ihren Zunftartikeln von 1508 6) delye (Dele — -
Teile), vre (vred = böse), gilbrtpire (Gildebredre = Gildenbrüder), brtpre (Bredre = Brüder), Onsse (Odense).
In ähnlicher Weise mit der Aussprache übereinstimmende Schreibweisen finden sich bei jütischen Gerichts-
.zeugen und in andern jütischen Sprachdenkmälern7); Vilh. Thomsen8) hat nachgewiesen, daß dieselbe
Orthographie in Briefen der Königin Elisabeth, Christiern II. Gemahlin'1), vorkommt, und daß sie
durch Beeinflussung von der Aussprache des Inseklialektes entstanden sei; sie schreibt z. B. hayn (han = er),
myn (kan = kann), layn oder laynd (Land), deyn (den = der), seynde (sende = senden), ayl (al == all),
fagle (falde = fallen), hoyle oder hoylye (holde = halten) u. s. w. Die oben hervorgehobenen Schreibweisen
(eey»h; eyn, hanyd, feyde, heyde, Hayldland, Nordinckbfiind) bei dem von Fünen stammenden Claudius Clavus
müssen daher zunächst als eine ähnliche Äußerung des Dialektes seiner Geburtsinsel angesehen werden, die
Formen feyde, lieyde, hanyd als eine Vermischung von phonetischer und etymologischer Schreibart. Die
Füner Aussprache finden wir auch in dem Namen Knushouet (Knudshoved bei Nyborg), worin das entstellte
Kunshonet korrigiert werden muß, und in der Form new (ny == neu) wieder. Ob dagegen die in beiden
Werken des Clavus vorkommende Verbindung nh (eeynh, manh, hanh, Monh, Mijmh) etwas anderm als
graphischer Laune oder Ungeübtheit des Verfassers zuzuschreiben ist, lassen wir dahingestellt sein ; h findet
man in mittelalterlichen Schriften bald mit und bald ohne bestimmte Bedeutung hinzugefügt; der eine der
Füner Schreiber, welcher die oben erwähnten Zunftartikel der Odenser Sehustergesellen von 1508 abschrieb,
bediente sich häufig eines scheinbar ganz überflüssigen h, indem er schreibt: ellerh, seeduaneh, ydermereh,
aarh och dagh, naarh, fyrh, voxh, skallh.
Das jetzt erzielte Eesultat, daß die Namen auf Grönland in Clavus' jüngerem
Werke einen Vers im Volksliederstile ausmachen, war nur durch den Wiener Text zu
') Vgl. O. Nielsen, Gamle jydske Tingsvidner, Ko benhavn 1882, S. XV— XVI.
2) Vgl. Dines Andersen in Kort Udsigt over det philologisk-historiske Samfunds Virksomhed H, benhavn
1883— 94, S. 47 ; Marius Kristensen, Nyclansk, K benhavn 1906, S. 74—77 in Smaskrifter udgime af Selskabet
for germansk Filologi, Nr. 12.
3) Vilh. Thomsen, Qm oprindelsen til nogle ejendommeKgheder i den danske reiskrivnmg in Forftandlinger
p«a det 4rle nordiske Filolognnfrde, K- benhavn 1893, S. 205 tf.
4I Herausg. von S. Birket Smith, De tre celdste danske Skuespil, K : benhavn 1874.
b) 0. Nyrop, Sämling af Dan mark* Latsskraaer fra Middelalderen, Heft 1, K rbenhavn 1895, S. 14 — 23.
6) Ibid. Heft 2, K ibenhavn 1896, S. 299 —309.
7) Vgl. oben Note 1. 8) Vgl. oben Note 3.
9) Gedruckt in Brere og AktMgkkrr til Oplysning om Christiern //'*■ Historie udg. aCC. P. Allen, I, Kabeuhavn 1854.
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 12
90
Kapitel VI.
erreichen; die Namen der Kurten dagegen sind teils gar zu entstellt, teils in zu mangelhafter Weise
überliefert, als daß ein solches Resultat durch sie allein erzielt werden konnte. Für die Institution
der Namen des Textes haben einige von ihnen unleugbar ihren Wert, sehr oft sind sie aber bis zur
Unkenntlichkeit entstellt, wenn z. B. sämtliche Karten haben: naf = manh des Textes; ceum, crtti
oder trin = heyde; einer = han; hoen = een1).
Zur Uberlieferungsgeschichte der Volkslieder gibt der grönländische Vers einen Beitrag, der
nicht ganz unbeachtet bleiben darf. Die nordischen Volkslieder sind nämlich erst durch Aufzeichnungen
aus dem 16- Jahrhundert bekannt; aus dem Mittelalter selbst liegen an dänischen Liedern nur zwei
Linien im Cod. Arnamagn. 37,4° vom 13- Jahrh. vor: Haui ihat Skanunga wrliki ma'cen. toco vithar orcet
aldrigh a>n (d. h. lassen wir's den ehrlichen Schoner Männern, Unrecht nahmen sie noch nie an), zwei
Linien in der Runenhandschrift des Schoner Gesetzes von zirka 1300: drepmde mik en dr(f>m i nat
um silki ok terlik peel (d. h. träumte mir diese Nacht ein Traum von Seide und echtem Pelz), acht Verse
aus dem Liede: „Ridderen i Ujorteham" (der Ritter im Hirschfell) in der Linköpinger Handschrift von
zirka 1450 (D. g. F. 67. A), sowie der Refrain: fforthy standh landh j iraadh (d. h. denn es steht das Land
im Not) aus einem der „Marsk Stig-Liedertt in der Neuen kgl. Sammlung 123,4° (1454) 2). Zu diesen
vier einzigen Aufzeichnungen vom Mittelalter kommt also hier noch das Bruchstück eines Liedes — ein
Vers — in einer geographischen Arbeit aus der ersten Hälfte des 15- Jahrh. auf bewahrt, eine Arbeit, die teils
auf Karten von zirka 1475 überliefert ist, hier jedoch in einer unvollständigen und sehr entstellten, teil-
weise ganz unkenntlichen Gestalt, teils in Handschriften von zirka 1525 und hier in einer vollständigen
und viel weniger entstellten Form. Sogar in dieser letzten Gestalt ist die Uberlieferung za. 25 Jahr«? älter als
die sog. Karen Brahes Folio-Handschrift, die älteste in der eigentlichen dänischen Volksliederüberlieferung.
Grönland in dem Verse eines dänischen Volksliedes zu finden, könnte etwa Verwunderung
erwecken, ist aber doch nicht ohne Analogie. Das Lied vom „ Herrn Luno und der Meerfrau " (D. g. F.
Nr. 43, Warrens Nr. VI, Prior Nr. 130, nur in einer dänischen Aufzeichming bekannt) erzählt, wie
Herr Luno ein Schiff bauen läßt, fortsegelt y haffuen frem (ins Meer hinaus), einer Meerfrau begegnet,
die er mit Hilfe von Runen an einen Stein bindet. Der Refrain heilSt: „Sie holen ihr Gold auf Grön-
land", und die letzten Linien lauten:
Herr Luno, er segelt nach Grönland heim,
Die Meerfrau sitzet, gebunden an den Stein.
Sie holen ihr Gold auf Grönland.
In Liedern von den Färöern wird Grönland häufiger erwähnt, meistens jedoch in Verbindung
mit Märchen von Kämpfen mit Zauberern in den nördlichen Gewässern, so im Liede von „Tormod-
Skjald", der sich faktisch auf Grönland aufgehalten hat (H ammershaimb IL S. 108) und Gongu- Rulvs
kvoebi (ibid. II, S. 127), das dem dänischen Liede vou „Rosmer Havinand" entspricht (D. g. F. Nr. 41)
und das sich auch auf norwegisch findet (Landstad Nr. 5); nur muß bemerkt werden, daß Grönland
nicht in den dänischen und norwegischen Aufzeichnungen dieser Lieder vorkommt3).
Norwegen und Gotland.
Im Gegensatz zu Island und besonders zu Grönland gelangte Clavus' Darstellung von Norwegen
in der Geschichte der Kartographie zu keiner weiteren Bedeutung, worüber man sich auch nicht wun-
') Aus diesem Grunde wird es auch kaum möglich sein, sich einen Begriff von der Sprachform zu hilden,
welche der Vers auf den Karten gehabt hat; es muß jedoch erwähnt werden, daß die orthographischen Eigentümlich-
keiten, in denen wir, was den Text betrifft, eine Beeinflussung der Füner Aussprache erkannten, sich auf den Karten
nur in dem Worte hie fd. h. hü) nachweisen lü' t.
2) Vgl. Johs. Steenstrup, Vore Folkeviser, Kebenhavn 1891, S. 316 — 317; A. ülrik in Dansl-p Slulier
1905, S. 169—70.
3) Auch in andern ungedruckten färöischen Liedern wird Grönlands Name genannt; vgl. S v. Grundtvig's
und J0rgen Bloch's handschriftlichen Ftyroyja kvcebi — corpus carmhmm Fceroensium — Feerfy&rnes gamle Follcevisa
(kgl. Bibliothek K'-ibenhavn) V, S. 229 ff. ; Grimmars lcrceAi; VII, S. 247 ff. : JSkuh TisvceU („öbygflir. i Grönland").
Die Ortsnamen bei Clavus.
91
dem kann. Nicht allein muß die Form Norwegens auf den A-Karten als sehr mißglückt angesehen
werden, sondern Clavus' Werk wurde auch bald durch die vortrefflichen Karten arbeiten von Ziegler
und Ol aus Magnus in den Schatten gestellt. Uber die Namen in Norwegen, besonders im nörd-
lichsten Teil des Landes, und auf Gotland haben sich nur wenige Forscher geäußert. Storni1) gibt
es gänzlich auf, die nordnorwegischen Namen zu deuten; er sieht sie jedoch als wirkliche Ortsnamen
an und spricht die Vermutung aus, daß sie aus deutschen oder niederländischen Seebüchern stammen,
daß sie aber bis zur Unkenntlichkeit entstellt sind. Das Gotland des Clavus, sowohl auf der Nan-
ziger Karte als auf den A-Karten ist, unsres Wissens, nur von G. Lindström2) zum Gegenstand
ausführlicher Besprechung gemacht. Seinen Bemerkungen über das Alter und das wechselseitige Ver-
j hältnis der Karten, aus denen hervorgeht, daß er sich Nordenskiöld anschließt, können wir nicht
beistimmen; von den Namen meint er keinen andern als Visby identifizieren zu können, sowie daß ihre
ursprüngliche Bedeutung überhaupt unmöglich zu entziffern sei.
Die soeben mit Bezug auf Grönland erzielten Resultate zeigen jedoch, daß die Clavus-Über-
lieferungen keineswegs so entstellt sind, daß eine Namendeutung aus solchen Gründen unmöglich
sei. Es liegt daher nahe anzunehmen, daß dasselbe Hindernis für das Verständnis der Namen im nörd-
lichen Norwegen und auf Gotland wie für das der Namen auf Island und Grönland vorliegt, nämlich
die Anwendung eines Nennsystems.
Ganz abgesehen von der möglichen Bedeutung der Namen in Norwegen und auf Gotland so
steht eine Sache fest: wirkliche Ortsnamen können es nicht sein. Untersuchen wir nämlich diese
Namen etwas genauer, so wie sie in der Tabelle (Beilage 3) zusammengestellt sind, so werden wir bemerken,
daß die aus 12 Namen bestehende Reihe (von En arme bis Ynesegh), welche in Norwegen gleich auf
Nidaros folgt, auf Gotland wiederholt wird, wo sie genau in derselben Reihenfolge gleich auf
Visby folgt. Hie und da fehlt einer der Namen auf einzelnen Karten; im Text sind an einer Stelle
zwei, an einer andern ein einzelner Name übersprungen; aber über die gesamte Überlieferung
herrscht kein Zweifel: sie gibt für Gotland 12 Namen, welche die 12 im nördlichen Norwegen
decken. Es liegen hier also keine wirkliche Ortsnamen vor, sondern ein Kunstpro-
dukt, ein Nennsystem, und zu diesem gehören aller Wahrscheinlichkeit nach die 8 unerklärlichen
Namen auf Gotland, welche sich den oben erwähnten 12 direkt anschließen, sowie die beiden Namen
Apetanc und Vithu zwischen Ttnsberg und Lister im südlichen Norwegen, die mit Nr. 2 und 3 von
den erwähnten 12 zusammenfallen.
Damit ist das Problem über die norwegisch - gotländischen Namen in Wirklichkeit gelöst: die
Namen sind nicht Ortsnamen und haben für die Geschichte der Geographie nur das Interesse der
Kuriosität. Natürlich können in diesen Namen Dinge von allgemeinerem Interesse verborgen sein, ganz
wie es bei den beiden andern Nennsystemen der Fall war; darüber kann im voraus aber nichts gesagt
werden; dies wird sich erst zeigen, wenn der Schlüssel zum System gefunden ist, und müssen wir vorder-
hand einräumen, daß wir das Rätsel zu lösen nicht imstande gewesen sind, sondern daß wir uns damit
begnügen müssen, anzudeuten, nach welcher Richtung hin wir unsere Lösungsversuche gemacht haben.
Die Deutung des norwegisch-gotländischen Benennungssystems wird nicht dadurch unmöglich
gemacht, daß seine Wörter bei der Abschrift zur Unkenntlichkeit entstellt sind; denn dort, wo die
Wörter sich wiederholen, sind sie leicht erkennbar. Daß z. B. ynesegh, iueseh, uirsech und masegh aus
ein und derselben Grundform hervorgegangen sind, steht außer Zweifel. Sehr bedeutende Entstellungen
kann diese Grundform deshalb nicht erlitten haben; ebenso wie bei den andern Nennsystemen gilt
jedoch hier dasselbe Prinzip, daß man keine Restitution vornehmen kann, ohne den Schlüssel zum
System gefunden zu haben. Folgendes könnte hier vielleicht auf die richtige Fährte leiten:
Auf der A6 -Karte entspricht ein ici dem En arene oder En äene des Wiener Textes, dasselbe Wort,
welches, wo es auf Gotland wiederholt wird, im Texte Eefine oder Eeone, auf den Karten onane heißt. Die
Deutung En annen (d. h. ein andrer) liegt sehr nahe, erklärt aber nicht das merkwürdige ici.
') Tmer 1891, S. 20—21.
2) Vgl. oben S. 75, Note 3.
92
Kapitel VI.
Die Wörter im System sind derart angebracht, daß zwei und zwei mit demselben Konsonanten oder
mit einem verschiedenen Vokal anfangen. Wir haben : | a — a oder o \ v — w | s — s \ c — c | t — t | e ■ — i
oder u | s — s \ c(t) — c (k) \ v (u) — v(u) \ t — t \. Nimmt man nun auch auf alle vorkommenden Varianten
Rücksicht, so ist die Existenz dieser »Stabreime«, wenn man sie so nennen darf, so sicher, daß man, von
ihnen ausgehend, verschiedene Varianten verwerfen kann. Das obengenannte masegh kann demgemäß nicht
gebraucht werden, weil es einem Worte entsprechen soll, das mit e anfängt (enog oder euegh) ; im tollegr
des Wiener Textes muß das t dem c im rober der Karten weichen, weil das Wort einem knaper oder cuapar \
entsprechen soll. Auf diese Weise können die Anfangsbachstaben in 16 von den 20 Wörtern, um die es
sich handelt, festgestellt werden; nur die 4 mit Vokalen anfangenden sind und bleiben unsicher.
Es sieht aus, als wenn die Schlußsilbe in jedem zweiten Worte in der Regel die Anfangssilbe im
folgenden bildete. Wir haben demnach: [ salecrogh — crogher | content er — terefer (oder tar roner =
taer ouer [d. h. darüber]?) | gnesegh — seger | sancolder — cober oder {(yollegr \ vonchiadh oder
notialch — tyalder. Düi-fte man sich bestimmt auf diese Wiederholung verlassen, wäre dies eine große
Hilfe • bei der Wahl der Varianten, indem eine Menge derselben verworfen werden könnte ; diese Regel wird
indessen überall da hinfällig, wo ein Vokal oder ein v am Anfang des Wortes steht.
Diese Eigentümlichkeiten könnten darauf hindeuten, daß wir mit einem besonders künstlich ver-
schlungenen Verse oder mit einem Kryptogram zu tun haben. Schließlich wäre es noch bemerkenswert, daß
einzelne Wörter, wie z. B. contenter, die ohne Zweifel in ganz unentstellter Form überliefert sind, scheinbar
nicht das Verständnis erleichtern, und daß die vielen Endungen auf er, die Doppelvokale, die /r's und w's alle
miteinander darauf hindeuten, daß die uns vorliegende Sprache eine nordische ist, und nicht z. B. ein verdrehtes
Griechisch, Latein, Plattdeutsch oder Lappisch; wir haben auch in keinem Wörterbuche über diese Sprachen nur
ein einziges Wort des Nennsystems oder einen uns zum Verständnis helfenden Faden finden können.
Diese verschiedenen Charakteristiken, zusammen mit dem Umstände, daß einige der Wörter auf ent-
stelltes Isländisch deuten könnten, erweckte bei uns den Gedanken, ob hier vielleicht ein isländischer Vers
mit einer Art Stabreim vorliegen könnte. Prof. Finnur Jönsson, an den wir uns wandten, war jedoch
nicht dieser Ansicht; er hielt die Wörter nicht für isländisch, und meinte, daß die Anwendung der ver-
meintlichen Reinibuch-itaben nicht mit den in der noi-dischen Bardenpoesie gebräuchlichen Regeln über den
Stabreim übereinstimmte. Liest man indessen die Wörter rückwärts, d. h. fängt man mit dem gotländischen
tganestddh an, so kann man wohl die regelrechten Reimstäbe herausbekommen, zumal wenn man einige der
Wörter in vei-schiedene zerlegt ; zugleich kann man einen gewissen — vielleicht nur zufälligen oder schein-
baren — Rhythmus, sowie Verslinien von 5 oder 4 Silben herausbringen; einen wirklichen Sinn erhält
man aber auf diese Weise nicht, so weit wir sehen können. Obgleich mehrere der Wörter durch eine
passende Auswahl unter den Varianten wohl wie nordische (dänische) Wörter aussehen könnten, so sind da
andre, die ganz rätselhaft und unkenntlich erscheinen. Allen 20 Wörtern einen zusammenhängenden Sinn |
zu geben, wollte uns deshalb nicht gelingen.
Da eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden ist, daß Clavus, ebenso wie bei den isländischen
und grönländischen Namen, eine Wörterreihe gewählt hat, die in seinem Gedächtnisse bereit lag, liegt der
Gedanke sehr nahe, daß das gotländisch-norwegische Namensystem einen Reimvers, einen Kinderreim, ein
Rätsel, ein Zauberformular, eine ärztliche Vorschrift (Rezept) oder dergleichen bildet, und die obengenannten
charakteristischen Eigenschaften — die Buchstabenreirae, sowie die beständigen Wiederholungen der Silben —
könnten dieser Annahme eigentlich auch zugute kommen. Unsre Versuche, das Rätsel auf diese Weise zu
lösen, hat jedoch zu keinem Resultate geführt; ebenfalls haben wir keinen Leitfaden in der uns bis jetzt
bekannten hierhergehörigen Literatur gefunden, wie z. B. A. C. Bangs Sammlung von norwegischen For-
mularen und Reimverschen *).
Natürlich ist es auch sehr gut möglich, daß die Wörter Glossen ohne inneren Zusammenhang sein
können, dann wird es aber beimhe unmöglich die richtige Deutung zu finden, jedenfalls haben wir kein
Mittel in Händen, wodurch die Richtigkeit der Deutung zu erproben wäre. Indessen wäre es ja denkbar,
daß die Namen hier, ebenso wie die isländischen, Wörter einer bestimmt begrenzten Klasse sein könnten.
Eine bei uns wachgerufene Vermutung, daß es sich hier um Tier-, besonders Vogelnamen handelte, haben wir
trotz Suchens in älteren und neueren faunisti sehen Werken nicht durchführen können. Auf die älteren — -
dänischen und norwegischen — Verzeichnisse von Tiernamen, die übrigens kaum weiter zurückgeführt werden
können als zu den Wörtersammlungen und topographischen Schriften des 16. Jahrhunderts, hat Pastor
0. Kalkar, der Verfasser des dänischen Wörterbuches2) uns aufmerksam gemacht. Aus diesen kann freilich
ein recht vollständiges Material von Tier- und in erster Linie Vogelnamen geschöpft werden; erschöpfend ist
') A. C. Bang, Norske Hexeformiüarer og magiske Opskrifter in Videnskabsselskabets Skrißer II, flistor.-ßlos.
Klasse 1901, Nr. 1, Kristiania 1901 —02 ; Finnur Jönsson, L<f>nskrift og lejlighedsoptegnelser fra et par islandske hänM
skrißer in Smästykker udgivne af Sa ) fttnd til Udgwelse af gammel nordisk Litteratur, I, Kibenhavn 1884—91, S. 185—94.
2) 0. Kalkar, Ordbog til det celdre danske Sprog (1300-1700), Bd. 1—4, K0benhavn 1881—1907.
Die Ortsnamen bei Clavus.
93
dies Material aber doch nicht1). Für unsre Untersuchung hat es sich jedenfalls als ungenügend erwiesen
und je mehr verschiedene Arten von Tiernamen zur Identifikation herbeigezogen werden müssen, desto
unsicherer wird es natürlich, da die Zufälligkeiten dadurch größeren Spielraum gewinnen. Es kann demnach
ganz zufällig sein, wenn der letzte Teil der Wörter tyanesaldh (Var. rumefalck) und vonchiadh (Var. notiälch)
eine gewisse Ähnlichkeit mit den Vogelnamen Falk und Kjeld (oder Kjwlk) zu haben scheint, und eine
Identifikation dieser Wörter mit den betreffenden Vogelnamen darf nur vorgenommen werden, wenn man die
sämtlichen Wörter des Nennsystems als Vogelnamen wiederfindet; hierzu sind wir aber nicht imstande
| gewesen. Ebenfalls kann es ein Zufall sein, wenn man in den Wörtern tior (Var. tier, tiar, tion) und termor
(Var. terefer, tarroner) eine Ähnlichkeit mit den Vogelnamen Tjur und Terner (diese Form ist jedoch Mehr-
zahl von Terne) erkennen will. Etwas mehr Gewicht dürfte man vielleicht darauf legen, daß die Wörter
I erogher und tyalder, die wohl kaum sehr entstellt sein können, auffallend an die Vogelnamen wie Krage
(norwegisch Kraaka) und Tjeld (isländisch tjaldur) erinnern, und merkwürdig muß man es doch wohl auch
nennen, daß man im Vogelnamen Sanätollen (allerdings die bestimmte Form) oder Sandtal ein Wort hat, das
eine unverkennbare Ähnlichkeit mit dem sonst so rätselhaften sancolder hat (Var. saurolder, sansols, faucols.)
; Hiermit sind aber auch alle die Vogelnamen hervorgezogen, von welchen unter den Wörtern des Nennsystems
überhaupt die Kede sein konnte. Wenden wir uns jetzt zu den andern Tiernamen, so wird die Identifikation
womöglich noch unsicherer. Eine gewisse Ähnlichkeit mit einzelnen Fischnamen kann wieder auf Zufällig-
keiten bei-uhen, wenn z. B. segh an Seig (auch Sei genannt) erinnert, tolleyr (oder cober) an Koljer (d. h.
Kuller), cuapar (Var. knaper, enaper) an Qvappe; durch das Auffassen des unsicheren Vmer (oder Uiuer) als
Uwer könnte man eine Ähnlichkeit mit dem Fischnamen Uver finden (auch in Formen wie JJer, Ouer, Auer).
Aber bei Wörtern wie apotane, wultu, comenter, euegh, iuesegh haben wir durchaus keine Tiernamen wieder-
erkennen können.
Eine gewisse Möglichkeit ist also offenbar vorhanden, daß in der Namenreihe alte Tiernamen ver-
borgen sind; diese Möglichkeit ist jedoch sehr problematisch. Der am wenigsten von allen entstellte Name
— comenter — ist gewiß kein Tiername, ja das Wort kann, falls es nicht in mehrere Wörter zerlegt wird,
nur als ein dänisches Wort aufgefaßt werden, nämlich der PflaDzenname Körnender (blomme [d. h. Pflaume]).
Hiermit werden wir also ins Pflanzenreich hinübergeleitet, und schlägt man dann im Register zu Jenssen-
Tusch, Nordiske Plantenavne (K. benhavn 1867) auf, so findet man außer Körnende (Pflaume) Pflanzen-
namen wie Seg, Knapper, Kokle und Kolla, Tjelg und Tjäle, Kraga und Krake, Tjor, Toi oder Tall, die
alle mit Wörtern des norwegisch-gotländi sehen Nennsystems identifiziert werden können. Vielfach sind es
gerade dieselben Wörter, die sowohl als Tier- wie als Pflanzennamen aufgefaßt werden können. Wir kommen
also mit dem letzten Resultat ebenso weit wie mit dem ersten, einige Wörter können identifiziert werden,
andre nicht, und wenn wir die Annahme festhalten wollen, daß die Namenreihe aus abgerissenen Glossen
bestehe, werden wir genötigt, entweder mehrere Wortklassen zu kombinieren oder den ganzen nordischen
Namenvorrat zu durchsuchen. Dann sind wir aber gerade ebenso weit, wie Nordenski öld es seinerzeit
mit den grönländischen Namen war, welche, da eine bessere Quelle auftauchte, sich doch nicht als nordische
Kennwörter, sondern als eine an Verben und Partikeln reichhaltige Wortverbindung erwiesen.
Die uns zu Gesicht gelangten Besprechungen unsrer dänischen Clavus-Monographie haben nicht direkt
zum näheren Verständnis dieser mystischen Namen beigetragen. Mit größter Ausführlichkeit hat Olrik
sich über dieselben geäußert 2), und da seinen Äußerungen viel Gewicht beigelegt werden muß, weil er auf
dem Gebiete der Folklore Svend Grundtvigs Nachfolger geworden ist, führen wir seine Worte hier an:
»Noch einer andern Frage begegnen wir in Bezug auf Cl. Swart; was sind das für wunderliche
Wortfolgen, die er zu den Namen seiner Karte gebraucht hat, und die bis jefzt sogar dem Ratvermögen der
.... Herausgeber unüberwindlich gewesen sind. . . . Wir finden hier Buchstabenreime und Schlußreime
(oder doch eine Ai-t von Parallelismus) in solcher Menge, daß das trochäische Gepräge des Rhytmus aufs
deutlichste hervortritt. Mit andern Worten: es ist ein Reimvers3). Selbst wenn derselbe in seiuer
') Wir verweisen hier nur auf Peder Claussen, Norrigis Bescriffudse (Samleck Skrifter udgivne af
Gustav S tor in, Kristiania 1881, S. 389 ff. ; „Ora Fische" (d. h. Über Fische) ibid. S. 60 ff'.), eine der ältesten ein-
sc! lägigen Quellenschriften ; deutsche Übersetzung: Topographia Norwegice, d. i. Eigentliche Beschreibung des Königreichs
Nonvegen, s. 1. 1685, S. 112 ff.; Jonas Rainus, Norriges Beskrivelse, Kgbenhavn [1715], S. 244 ff.; Erich Pon-
toppidan. Norges natwrlige Historie II, Ks benhavn 1753, S. 91 ff., deutsche Übersetzung: Versuch einer natürliche))
Historie von Norwegen II, K benhavn 1754, S. 194 ff.; englische Übersetzung: The natural History of Norway, London
1755. Die neuere ornithologische Literatur — auch was die nordische Nomenclatur betrifft — wird angeführt bei
G. Kotthoff & L. A. Jägerskiöld, Nordens fäglar, Stockholm 1898.
-) Danske Studier 1905, S. 215.
3) Olrik benutzt hier das auch von uns gebrauchte nordische Wort Ramse (oder Remse), d. h. eine
Reihe von Wörtern, die keine Sätze oder zusammenhängenden Sinn bilden, also eine Wörterreihe im Gegensatz zu
94
Kapitel VI.
Lautform etwas entstellt auf uns gekommen ist, so sind wir nicht im Zweifel, daß er nicht, wie die grön-
ländische Strophe, aus verständlichen Wörtern bestanden haben kann. Andrerseits nähern sich verschiedene
Glieder bekannten Wörtern. . . . Aber das zeichnet ja gerade die Abzählverschen *) aus : Sinnlosigkeit im
ganzen, halbes Verständnis in den Einzelheiten, ebenso wie wir sie. noch heutzutage kennen (»Enneke ben-
neke« 2) u. dgl.). Vermutlich beruhen dieselben auf älteren Abzählverschen mit wirklichem Sinn darin, deren
wörtliche Bedeutung vergessen ist, und darum sind sie zu bloßen Abzählverschen herabgesunken. Die nor-
wegische und gotländische Namenreihe sind dann solche Abzählverschen aus dem 15. Jahrhundert. Sie
zeichnen sich dadurch aus, daß das buchstabenreimende Element stärker ausgebildet ist als in der Jeztzeit,
was natürlich ist, da sie der Stabreimdichtung zeitlich so viel näher liegen.«
Eine von der vonOlrik vorgeschlagenen recht abweichende Erklärung der norwegisch-gotländischen
Namenreihe hat uns der Vizestadtarzt A. Ulrik brieflich vorgelegt3). Beim Studium der krankhaften Tanz-
epidemien des Mittelalters 4) kam er auf den Gedanken, daß das Wort apotane (zweites Wort der Namen-
reihe) als apoteke zu erklären sei. Als Apoteker wuiden zu Clavus' Zeit die 14 Nothelfer bezeichnet, die
von den von der Tanzwut Befallenen angerufen wurden. Vitus (St. Veit) war einer dieser heiligen Not-
helfer, und zwar wurde er namentlich im Jahre 14)8 in Straßburg während der damaligen Tanzepidemie
von den in den Straßen herumziehenden Tanzwütigen mit Gesang angerufen. Nach dem Wort apotane folgt
nun als drittes Wort der Namenreihe vithu oder vitu, und wenn unsere Erklärung des ersten Wortes En
arene als En annen (eine andere) richtig, und En arene apotane = En atmen apoteke also als eine Art
Überschrift aufzufassen sei, so wäre das erste Wort des eigentlichen Reimes eben Vithu. »Meine Hypothese«,
sagt Ulrik, »ist nun, daß Clavus im Jahre 1418 in Straßburg gewesen ist und bei einem solchen Aufzug
von Tanzwütigen ohne die Worte zu verstehen die Anrufe und den Gesang der Kranken aufgezeichnet hat,
indem er jedoch nur die Laute und die Buchstabenreime richtig aufgefaßt und wiedergegeben hat. Nach
Heck er hat man im 14. Jahrhundert ein Beispiel von einer ähnlichen Entstellung, da unter einer ähnlichen
Epidemie zu Aachen 1374 St. Johannes angerufen wurde mit dem Gesang: »Here sant Johan so so,
vrisch und vro, here sant Johan«, und dieser Anruf von Ausländern als eine Beschwörung und als Anruf
eines Dämons namens »Frisckes« mißverstanden wurde.«
Leider scheinen die in Straßburg 1418 gesungenen Anrufe nicht aufbewahrt zu sein, so daß diese
Hypothese nicht näher geprüft werden kann; gegen dieselbe spricht das nordische Kolorit der Wörter :und
der Umstand, daß die beiden anderen Nennsysteme mit dem nordischen Kulturleben verknüpft sind und den
Zeitgenossen leicht verständlich waren, während eine entstellte deutsche Beschwörung für die Leser ein
Rätsel sein würde, was offenbar nicht mit dem Wunsche des Verfassers übereinstimmen würde. Auch deuten
die Eigentümlichkeiten der Namenreihe so bestimmt auf ein bewußtes Kunstprodukt hin, daß Ulrik s
Hypothese fast zu natürlich scheint.
So lange man die Namen nicht versteht, und keinen richtigen Schlüssel zu dem benutzten Nenn-
system gefunden hat, so ist eine kritische Textbebandlung offenbar unmöglich, weil die Grundlage für die
richtige Wahl unter den Varianten fehlt. Ganz hilflos sind wir jedoch nicht, wenn wir es als festgestellt
betrachten, daß die Namen in Norwegen — wenn nicht in der Ortho graphie, so doch im Laut und Stamm
mit denen auf Gotkmd identisch sein sollen, ferner, daß die Anfangsbuchstaben paarweise gleich
sein sollen (Alliteration), endlich daß bei jedem zweiten Wort die Schlußsilbe gleich der Anfangssilbe des
folgenden Wortes sein soll. Dann werden die unten fett gedruckten Buchstaben wenigstens lautlich sicher-
gestellt :
En annen apotane eneg iueseg
vitu wultu seger sancolder
seg salecrog colder cnaper
croger comenter viuer vontiald
terouer tien tialder tianesald
Wie man sieht sind 6 Wörter lautlich ganz sicher, bei 6 anderen ist nur ein Buchstabe unsicher,
indem nämlich vitu mit vita, salecrog mit selecrog, eneg mit enog, seger mit segur, sancolder mit sancolder
einer Wortverbindung. Solche Ramsen mit Buchstaben- oder Schlulireiinen oder mit beiden werden oft bei Kinder-
spielen zum Abzählen oder zum Begleiten von körperlichen Bewegungen benutzt, wie z. B „Pripe nine sause -
Der Fuchs steht hinterm Hause" oder „Ilse Bilse — Niemand will se- u. dgl. Ein solches Reim- oder Abzähl-
verschen sollte also nach Olrik hier vorliegen.
') olrik benutzt hier das Wort Tmlleremse, d. h. Remse zum Abzählen; vgl. vorige Note.
2) Anfang von einem von Kindern in Dänemark oft benutzten Abzählverschen.
3) Brief vom 15. Dezember 1904.
*) Vgl, F. G. Heck er, Die Tanzwut, eine Krankheit im Mittelalter, Berlin 1832; Derselbe, Die großen
VolksJcrankheiten des Mittelalters, Berlin 1865,
Die Ortsnamen bei Clavus.
95
und vontiald mit votltiald ersetzt werden können. 8 Wörter bleiben übrig, in denen mehrere Buchstaben
unsicher sind:
1. En armen, bei welchem die Varianten so stark von anderen abweichen, daß alles unsicher bleibt.
2. apotane, wo nur die beiden Konsonanten p und t in allen Varianten vorkommen.
3. wultii, welches mit wulta, möglicherweise auch mit wltu oder wlta ersetzt werden kann.
4. terouer ist eigentlich die einzige Form, welche die vorliegenden Varianten wie torouer, terefer,
tarroner, termor erklärt. Während ter aber durchs vorhergehende comenter sichergestellt wird, ist -oue- mit
-eno- ersetzbar.
5. iueseg; hier wird i durch die Variante g fast sichergestellt, während u ebensogut n heißen kann;
das nachfolgende e dagegen ist recht sicher, indem nur auf einigen Karten die Variante r (iursey) vor-
kommt, und die Variante a (masegh) auf ein dänisches m als orthographische Variante für e gedeutet werden
kann, vgl. oben salecrog und selecrog, tarroner und terouer.
6. cnaper kann ebenso gut cuaper heißen ; die Möglichkeit cnapar oder cuapar wird unwahrscheinlich,
wenn man sie mit den vielen sicheren er-Endungen der vorliegenden Namenreihe vergleicht.
7. Viuer ist ganz unsicher.
8. tianesald ist auch sehr unsicher, indem tiane etwa mit tarne oder gar turne und sald z. B. mit
falk oder gar mit salk oder fald ersetzt werden dürfen.
Wenn wir in der nachfolgenden Ausgabe des Wiener Textes (Kap. VII) die Konsequenzen der gegen-
wärtigen Erörterung nicht gezogen haben und die Worte tarroner, tier, masegh, tolleyr und Uonchiaäh nicht in
tcerouer, tien, iucesegh, colleyr und uonthialdh korrigiert haben, obwohl wir überzeugt sind, daß diese Korrek-
turen richtig sind, so ist es, weil einerseits die obige ßestitutionsgrundlage noch angefochten werden kann
und andrerseits die Korrekturen uns einer endgültigen Erklärung oder einem wirklichen Verständnis scheinbar
nicht näher bringen.
Schweden.
Auch in Schweden begegnen wir einer Art von Nennsystem. Als ein solches müssen nämlich
die dänischen Flußbezeichnungen mit beigefügter Ordenszahl betrachtet werden, auf welche Dahlgren
zuerst die Aufmerksamkeit hinlenkte. Diese Erklärung der Anwendung von Zahlwörtern kommt uns
viel wahrscheinlicher vor, als die von Ahlen ins1) vorgeschlagene, daß dieselben nämlich irgendeinem
Seebuche entnommen sein sollten: denn eine solche Numerierung, die ganz mechanisch bei jeder neuen
Landschaft von vorne anfängt, kann nicht in den auf uns gekommenen Seebüchern nachgewiesen
werden und muß auch für besonders unpraktisch als Führer für eine Seereise erklärt werden. In den
Seebüchern pflegen ganz anders genaue und bezeichnende Wendungen angewandt zu werden.
Sonst liegen die Namen in Schweden, wie dies auch in Dänemark der Fall ist, außerhalb des
Gebietes der Nennsysteme, sie sind wirkliche Ortsnamen und kommen als solche anderswo zur Be-
handlung. Dagegen beruhen die Namen, mit welchen der Wiener Text die verschiedenen Teile
Schwedens benennt, gewiß auf einer freieren von Clavus gemachten Namenbildung.
Das schwedische Reich wird von Clavus in seiner jüngeren Arbeit in drei Teile geteilt und
gibt er ihm jedenfalls im Texte keinen gemeinsamen Namen. Der Nanziger Text nennt Schweden :
Europae Suessia quae est Gothia oder Suecia que olim Gothia est dicta, und die Nanziger Karte hat
Sueüca Regio neben Danorum Regio und Noruegica Regio. Die A-Karten haben für die östlich von
der Ostsee belegenen Länder Gottia orientalis, für das nördlich gelegene Land Suecia que et Gottia
occidentalis und für das Land um die schwedischen Seen Gottia meridionalis. Diesen lateinischen
Benennungen entsprechen im Weener Texte die sonderbaren dänischen Benennungen Östergh<f>dengh ,
Uestgtfidhengh und S<f>nderg(f>dhin. Diese Namen wird man kaum in anderen älteren Quellen wieder-
finden: wahrscheinlich sind sie dann von Clavus selbst gebildet, offenbar auf Grundlage des in Däne-
mark im 15. Jahrhundert (z. B. in Rim7cr<ßniJcen) 2) als Name der Bewohner von „Gedingelaud-
( Schweden) vorkommenden Volksnamen G<f>ding (siehe Kalkars Wrörterbuch über die ältere dänische
>) Ahlenius, Olaus Magnus, Upsala 1895, S. 23.
:) Den danske B.imhr<j>nike. Tnjkt af Gotfred uf Gehmen, K ;benhavn 1495. Zahlreiche neue Ausgaben.
90
Kapitel VI.
Sprache II, p. 120). Ob dein Clavus Namen wie Ostergötland und Vestergötland vorgeschwebt haben,
ist schwer zu beurteilen; ein „ Södergötlancl " existiert bekanntlich nicht — jedoch kann bemerkt !
werden, daß auch Ol aus Magnus Gothia in drei Teile teilt: Vestrogothia, Osirogothia und Meridionalis
Gothia, daß sein Bruder Johannes Magnus Sinaiandice quas nonnuüi Meridianam Gothiam appellant
sagt l), und daß man im Cod. Paris. 18504 (vgl. unten S. 1 '2) Gothica australis neben Gothica occiden-
talis findet.
Ein großer Teil des Namen Vorrats in Clavus' zweiter Arbeit hat sich demnach nicht als wirk-
liche Ortsnamen erwiesen, sondern als vom Verfasser willkürlich erwählte Benennungen: auf Island die
Runennamen, in Grönland ein Vers im Volksliederstil, in Norwegen und auf Gotland ein und dasselbe
System von unsicherer Herkunft, in Schweden und an der östlichen Küste der Ostsee abwechselnd
dänische und lateinische Zahlwörter — mit andern AVorten: Reihen und Reime, die ihm im Sinne
gelegen haben. Wenn Clavus dies Verfahren erwählt hat, das doch einen jeglichen Ausländer, der
seine Arbeit benutzte, irre leiten mußte und auch irre geleitet hat, - - welchen Begriff müssen nicht
die Zuhörer bei Vögelin s Vorlesungen über Ptolemäus' Geographie vom hohen Norden bekommen
haben! — so darf man hieraus gewisse Schlußfolgerungen ziehen, nicht nur darüber, was für Clavus
das Prinzipale in seiner Arbeit war, sondern auch darüber, unter welchen Verhältnissen dieselbe ent-
standen sei.
Wir haben im vorhergehenden öfters auf verschiedene Umstände aufmerksam gem-acht, die uns
zu zeigen scheinen, daß für Clavus das Kartenzeichnen, das Aufziehen der Küstenlinien und Formen
der Länder das Prinzipale gewesen sei. Auf Grundlage seiner Kartenzeichnung hat er, wofür wir
wiederholt Beweise gefunden haben, seine Texte abgefaßt, indem er aus den Karten die Längen und
Breiten auszog und ihre Küstenlinien und Länderumrisse so genau wie möglich beschrieb. Nur wenn
wir Clavus' Arbeitsmethode derart auffassen, wird die Anwendung der Nennsysteme uns verständlich. Wo
seine Kenntnis der Lokalitäten der zu besehreibenden Länder nicht hinreichte, um dem Leser durch bloße
Namenangaben den Lauf der Küstenlinien zu veranschaulichen, da zog er es im Nanziger Texte vor,
Vorgebirge und Flüsse, Buchten und Küsten in Ptolemäischem Stile mit lateinischen Ausdrücken und
Wendungen zu beschreiben. Es war ihm natürlich, sich bei dieser Arbeit der lateinischen Sprache zu
bedienen. Das Nanziger Werk wurde ja in Italien und zum besten der italienischen Gelehrten abgefaßt,
und wandte er deshalb selbstverständlich dasselbe Verfahren an, wie Ptolemäus, dessen Methode und
Stil „ klassisch K und für die neugeborene wissenschaftliche Geographie tonangebend war. Uberall aber, wo
in seiner ersten Arbeit die Ptolemäische lateinische „Beschreibungsweise8 angewandt ist, da treten in
seiner zweiten Arbeit die selbstgemachten Nennsysteme auf. Dal] er sich jetzt meistens der nordischen
Sprache bedient, kann kaum auf andre Weise als durch die Annahme erklärt werden, daß die Verhält-
nisse, unter denen das jüngere Werk entstand, ganz andere waren als die, unter denen das ältere aus-
gearbeitet wurde. Die Anwendung der dänischen Zahlwörter, des nordischen Runen alphabets, des Volks-
liederverses u. s. w. scheint darauf hinzudeuten, daß Clavus' zweite Arbeit im hohen Norden entstanden
sei. Wir haben am Schluß des ersten Abschnittes nachgewiesen, daß der Wiener Text mit zugehöriger
Karte jünger sein müßte als das Nanziger Werk; wir wagen daher, sowohl infolge der nordischen
Benennungssysteme als infolge des heimischer klingenden Tones der Sprache, der uns aus der jüngeren
Arbeit entgegenklingt, anzunehmen, daß der Abstand zwischen der Abfassung der beiden Werke nicht
allein ein Abstand der Zeit, sondern auch einer des Ortes sei, und werden wir später bei der Unter-
suchung der Grundlage, auf welchem das jüngere Werk beruht, gewahr werden, daß diese Annahme
noch auf viele verschiedene Weisen bestärkt werden kann.
') Ahle ni us, Glaus Magnus, S. 282—283.
Die Ortsnamen bei Clavus.
97
Lassen wir nun die Benennungssysteme beiseite, so bleibt eine betni.elillir.lio Monge X;t iikmi
übrig, die annebmlich wirkliclie Ortsnamen sind; die meisten in Dänemark, nicht so viele in Schweden
und Norwegen, nur ganz vereinzelte in Island und Gotland und ■ gar keine in Grönland. Die über-
wiegende Anzahl dieser übriggebliebenen Namen ist trotz verschiedener Entstellungen leicht wieder zu
erkennen; nur bei einem geringeren Teil derselben ist die Identifikation schwierig oder gar unmöglich.
Einen Anhaltspunkt für die Deutung der Namen wird man vorderhand in der Lage der < >rte
zu finden erwarten. Mit einem gewissen Rechte kann man folgendermaßen räsonieren: wenn ein Name
auf den A-Karten oder auf der nach dem Wiener Texte konstruierten Karte, z. B. auf der Küstenlinie
zwischen Svendborg und Nyborg (auf Pünen) angebracht ist, muß die zum Namen gehörige Lokalität
auch in dieser Gegend gesucht werden, und ist der Name sehr entstellt, so kommt es nur darauf an,
unter den Lokalitäten der betreffenden Landstrecken denjenigen zu finden, dessen Name sich, sowohl
sprachlich als paläographisch am besten mit dem des Textes und der Karten in Übereinstimmung
bringen läßt. Einen zweiten Anhaltspunkt wird man auch in den Epitheta suchen, die fast immer im
Texte und mitunter auf der Karte den Namen begleiten (Promontorium, insula, ciuitas, uilla, fluuius).
! Die genauere Untersuchung wird indessen zu großer Vorsicht in Schlüssen dieser Art ermahnen; es
kann nämlich nachgewiesen werden, daß die Anbringung einer Lokalität z. B. zwischen Svendborg und
Nyborg keineswegs eine Garantie dafür ist, daß die Lokalität wirklich dort liegt, sowie daß ein Epi-
theton wie z. B. insula durchaus keine Sicherheit dafür gibt, daß die Lokalität wirklich eine Insel ist.
Sollte man an irgend einer Stelle von Clavus' Werk eine genauere Annäherung an die Wirklichkeit
zu finden erwarten, müßte es doch Füneu. die Geburtsinsel des Verfassers sein; diese müßte er doch an-
nehmlich am besten kennen, und hat er sie sowohl im Nanziger als im Wiener Texte einer besonders aus-
führlichen Besprechung unterworfen. Aber gerade betreffs der Anbringung von Lokalitäten im Verhältnis
zu einander zeigt Fünen sonderbare Abweichungen von der Wirklichkeit. Die konstruierte Karte — die
A-Karten haben hier nur einen verschwindenden Teil des reichen Namenvorrats aufnehmen können —
zeigt, daß Fyenshoved (Fünens Nordspitze) auf die Südseite der Insel in die Nähe von Svendborg, Knuds-
lioved bei Nyborg dagegen auf Fgenshoveds Platz auf die Nordspitze von Hindsholm verlegt ist; daß Amahhe
Hoved von Nyborg nach Bogense hinauf gelegt und daß Hindsgavl, das in Wirklichkeit westlich von Middelfart
liegt, östlich von dieser Stadt in der Nähe von Bogense angebracht ist.
An andern Stellen steht es nun ebenso schlecht: In Jütland liegt Koldwg nördlich von Vejle, in
Holstein Plön nördlich von Kiel und Eckernförde ; das Schoner Simrishamn (Somershaun) ist nach Bähus oder
Hailand in die Nähe von Lödöse verlegt, Eüeholm ist von Blekinges südlicher Küste nach Schonens West-
küste gerückt, und das Schoner Aahus ist nördlich von der dänischen Grenze in Schweden hineinverlegt; in
Norwegen ist das beim Kap Lindesnses liegende Korshavn auf die Strecke zwischen Stavanger und Bergen
gerückt. Unwesentlicher ist es in diesem Zusammenhange, daß Vesteräs (Arosia) und Skara als Küsten-
städte aufgefaßt sind, daß das übrigens richtig angebrachte Lödöse zu Schweden gerechnet wird und daß die
westjütischen Städte im Verhältnis zu den ostjütischen verkehl t angebracht sind: Eibe liegt ungefähr auf
demselben Breitengrade wie Flensborg, Börglwn auf derselben Breite wie Kolding.
Es ist nicht erlaubt anzunehmen, diese Abweichungen von der Wirklichkeit kennten dadurch ent-
standen sein, daß die ursprünglichen Zahlbestimmungen durch das wiederholte Abschreiben des Textes ver-
dürben sein sollten. Die Form des Textes spricht nämlich bestimmt dagegen. Dieser ist ja nicht allein,
wie wir schon früher betont haben, eine Küstenbeschreibung, sondern eine Küstenbeschreibung nach einem ganz
bestimmten Plane. Clavus wählt sich eine Stelle an der Küste als Ausgangspunkt und zählt, von diesem
ausgehend, die Lokalitäten in der Ordnung auf, wie er sie zu finden annimmt. Bei den Inseln bewegen
wir uns also in einem Kreislaufe längs der Küste, und ist dieses Prinzip überall konsequent durchgeführt.
Die genannten von der Wirklichkeit abweichenden Anbringungen von Örtlichkeiten können deshalb zu keiner
Art von Abschreibe- oder Kopierfehlern gezählt werden, sondern müssen dem Verfasser als möglicher
Gedächtnisfehler zugeschoben oder als Gedankenlosigkeit aufgefaßt werden, oder, was das allerwakrschein-
lichste ist, von Unwissenheit herstammen.
Derartige Differenzen sind übrigens nicht gerade besonders charakteristisch für den Wiener Text;
sie finden sich auch häufig im Nanziger Texte. Auf der nach diesem konstruierten Karte liegt Kolding
nördlich von Vejle, Skagen südlich von Viborg in gleicher Höhe mit Kolding, Vendsyssel westlich von
Sallingsyssel, Svendborg nördlich von Nyborg, Esrom zwischen Na?stved und Vordingborg, Simrishamn hoch
oben bei Lödöse, die norwegische Stadt Hamar in Halland südlich von Lödöse, Oslo und Olaui villa (Sarps-
borg??) in Halland, Ahus in Schweden und die norwegische Stadt. Tensberg wie eine Insel an der Küste
von Halland. Auch hier sind die mitten im Lande liegenden Orte als Küstenorte aufgefaßt, z. B. Vesteräs
Bjöi'nbo u. Petersen, Claudius Clavus. 13
98
Kapitel VI.
(Arus), Strenglins, Hamar, wie auch das Verhältnis der Breite zwischen west- und ostjütischen Städten
durchaus verkehrt, ist: Kibe liegt auf gleicher Höhe mit Kiel und Plön, Skagen und Vendsyssel mit Kolding.
Man würde hier einwenden können, daß die Zahlen des Nanziger Textes durchgehends so verstüm-
melt sind, daß diese Abweichungen von der Wirklichkeit kaum dem Verfasser, dahingegen dem Abschreiber
zugeschrieben werden müssen ; möglich ist es, daß einige der Sonderbarkeiten wirklich dem Abschreiber in
die Schuhe geschoben werden können, bei allen ist dies jedoch nicht möglich. Erstens kann der Verfasser
an den fehlerhaften Zahlenangaben selbst die Schuld tragen, indem er sie aus der Karte verkehrt ausgezogen
haben kann; zweitens verbietet der Text selbst ganz bestimmt, die überwiegende Anzahl von Fehlern als
Unachtsamkeiten des Abschreibers aufzufassen. Der Nanziger Text ist nämlich in der Hauptsache auf dem-
selben Prinzip aufgebaut wie der Wiener Text, d. h. als eine fortlaufende Küstenbeschreibung mit einem
einzelnen Punkte als Ausgangspunkt. Faßt man z. B. den Text für Fünen ins Auge, so zeigt es sich freilich,
daß der Verfasser nicht im geringsten im Zweifel über Svendborgs wirkliche Lage ist, da sich im Texte die
richtige Reihenfolge findet: Ellemose, Hindsholm, Nyborg, Svendborg, Agernake; wenn nun die nach den
Zahlen konstruierte Karte nichts destoweniger folgende Reihenfolge bringt: Ellemose, Hindsholm, Svendborg,
Nyborg, Agernake, so muß dies entweder einem Abschreibefehler in den Zahlen oder einem vom Verfasser
begangenen Fehler beim Ausziehen aus der Karte zugeschrieben werden.
Was die andern Differenzen betrifft, auf die wir hingewiesen haben, so stimmt dagegen die Anbrin-
gung im Texte genau mit den Zahlen überein und ist hier keine andre Erklärung möglich, als die Fehler
dem Verfasser zuzuschreiben.
Wiederum hätte man ja auch zu der Vermutung Recht, daß die verkehrten Anordnungen von Quellen
herrührten, die Clavus bei Abfassung seiner Arbeiten benutzt habe. Von diesen Quellen kann in der Be-
ziehung aber kaum von andern als dem Reisebuche: Itinernire Brugeois (vgl. Kap. VI IIB) die Rede sein;
dies hat keine der obenerwähnten Fehler, indem die Ordnung, in welcher die nordischen Lokalitäten hier
aufgerechnet werden, mit der Wirklichkeit übereinstimmt, nur mit der einen Ausnahme, daß Plön scheinbar
nördlich von Kiel gelegt wird.
Bei einer geographischen Arbeit aus späterer Zeit würden freilich die obenerwähnten Fehler
Zweifel und Bedenken mit Bezug auf die wissenschaftlichen Fähigkeiten und die Wertschätzung des
Verfassers erwecken: wenn aber vorn Mittelalter die Rede ist, stellt sich die Sache jedoch anders. Der-
artige Fehler kommen nicht allein in großer Menge auf den südeuropäischen Kompaßkarten vor, son-
dern auch bei Autoren, welche viel ausgedehntere Kenntnisse und ein viel reicheres Material zu ihrer
Verfügung hatten, als Clavus es besaß. Auf seiner großen Carla marina macht Ol aus Magnus ganz
ähnliche Fehler: er legt Horsens (Jutland) nördlich von Aarhus, Faaborg (Fünen) zwischen Svendborg
und Nyborg, Orebro (Mittelschweden) nördlich von Hjälmaren u. s. w.
Man muß also beim Suchen der Anhaltspunkte für die Deutung der Namenformen bei der Lage
der Örtlichkeiten in Clavus' Werken vorsichtig sein und ebensowenig darf man zu großes Gewicht auf die
Epitheta legen, welche den Lokalitäten hinzugefügt werden ; denn auch hier können sowohl in dem älteren
wie in dem jüngeren Werke Abweichungen von den wirklichen Verhältnissen nachgewiesen werden. Im
Nanziger Texte haben die Städte Dragor, Tonsberg und Drontheim (Truntheym) alle das Epitheton insula ;
Insel wird auch Ladehorn genannt, von Storm mit dem Berge Lyderhorn bei Bergen identifiziert, und die
Halbinsel Listerland bekommt den Beinamen sinus. Einzelne dieser Fehler finden sich im Itineraire Brugeois
wieder und haben sich, wie auch Storm1) vermutet, hieraus in den Nanziger Text eingeschlichen (vgl.
Kap. VIll B). In Clavus' jüngerem Werke sind verschiedene dieser Fehler wohl korrigiert worden — Dront-
heim wird hier ganz richtig als der zweite Name der Stadt Nidaros aufgefaßt und Lister wird richtiger
Promontorium genannt, — aber die Städte Dragar und Tonsberg werden beständig als Inseln bezeichnet und
andre Verkehrtheiten oder weniger korrekte Bezeichnungen sind noch hinzugekommen. Der Nanziger Text
hat ganz richtig Sallingsyssel, der Wiener Text verkehrt Salling Herred (in Jütland); die Auffassung von
Hindsholm (Fünen) als Promontorium ist richtiger als das uilla, und portus magnui des Wiener Textes; ver-
kehrterweise machen die A-Karten die norwegische Landschaft Helgeland zu einer Insel, und wenn der
Wiener Text üovre ein Promontorium nennt, so ist dies auch ganz falsch.
Der Verfasser scheint also häufig gar nicht orientiert zu sein mit Bezug auf die Art der ver-
schiedenen Lokalitäten und daher wird der Wert der angewandten Epitheta als Stütze für die Deutung
der Namen recht illusorisch. Noch weniger Gewicht darf man aber auf die Anwendung der Bezeich-
nungen eiuitas und uilla legen; diese werden offenbar nach eigenem Gutdünken beigefügt. Ciuitas
') Ymer 1891, S. 19.
Die Ortsnamen bei Clavus.
99
wird nicht allein von Städten, die wirkliche Städte oder Flecken sind, gebraucht, sondern auch von
Lokalitäten, die dies durchaus nicht sind; so werden z. B. Kloster Bßfrglum, Kreis Vendsyssel und die
Färöer-lnseln cinitafes genannt. Es geht auch nicht an, eiuitas in der Bedeutung „ Bischofsitz " auf-
zufassen, da das Wort auch bei denjenigen Städten augewandt wird, die nicht der Sitz eines Bischofs
warm (z. B. Fleusborg, Lödöse, Kalmar und die Städte iu Schonen). Andrerseits wird uilla nicht allein
für kleine Städte mit städtischen Privilegien angewandt, sondern auch für Dörfer (wie die auf Fünen
gelegenen Dörfer Sallinge und Stige), ja sogar bedeutende Städte wie Kebenhavn heißen uillce, während
'ciuitas oft für Städte gebraucht wird, die sich weder durch ihre Größe noch durch ihren Einfluß
besonders bemerkbar machen. Außerhall) des dänischen bleiches werden dagegen alle Städte (nur mit
einer einzigen Ausnahme (Ribnitz)) ciuitates genannt1).
Für die Deutung der Ortsnamen sind diese Resultate recht deprimierend. Wenn ein Name
so entstellt ist, daß er nicht mit Sicherheit aus seiner eigenen Wortform identifiziert werden kann,
verlassen uns offenbar alle andern Stützpunkte, und wird eine Korrektion nur sehr schwer das Richtige
treffen. Hiezu kommt noch, daß für Lokalitäten wie Berge. Landzungen, Bäche und Flüsse unsre
Kenntnis der damaligen Ortsnamen sehr beschränkt ist, aber eben bei solchen Lokalitäten ist die
Identifikation schwierig und unsicher, während die Städte- und Dörfernamen in der Regel identifiziert
werden können. Der Ortsnamen in Clavus' zweitem Werke, bei denen die Identifikation uns unmöglich
war, sind leider ziemlich viele:
In Norwegen gibt der Wiener Text auf der Strecke Lister-Trondhjem die Namen Bobchara, Horiza,
Trollenbyern, Nadhegrin, Grintz aa an. Es spricht nichts dagegen, daß es wirkliche Ortsnamen seien; denn sie
liegen ganz außerhalb des norwegisch-gotländischen Benennungssystems. Sie mit wirklichen Ortsnamen zu
identifizieren ist uns jedoch nicht möglich gewesen. Erstens existieren sehr wenige Varianten (zu einigen
sogar gar keine) und die von den Karten gelieferten weichen vom Texte so entschieden ab, daß sehr starke
Entstellungen stattgefunden haben müssen, wenn z. B. das Bobchara des Textes auf den Karten die Variante
burn f. hat, sein Grintz aa die Variante archius f.. Zweitens sind diese Namen über eine recht große
Küstenstrecke zerstreut und hat man, wie oben nachgewiesen, in ihrem Platze auf der konstruierten Karte
nicht die geringste Garantie für ihre wirkliche Lage ; auch ist man ganz im unklaren, ob sie an der Küste
oder tiefer ins Land hinein gesucht werden müssen. Die Korrektionen haben darum durchaus keinen festen
Grund und Boden. Nur einen dieser Namen wagen wir zu korrigieren, und zwar den Namen Trollenbyern
(Var. Trollenpiern : betreffs des wechselnden b zu p vgl. Tumsberg in W gegen Tüsperck in V), welcher sehr
an verschiedene Troldfjaelde, Troldtinder u. dgl. gerade auf der Strecke zwischen Bergen und Trondhjem
erinnert. Wir vermuten daher, daß Trollenbyern (gewiß richtiger Trollenbyern) eine Entstellung von Trollen-
byerrene (die Teufelsgebirge) ist. Gerade dieser Name könnte indessen zu einer ganz anderen Auffassung dieser
norwegischen »Ortsnamen* führen, einer Auffassung, die wir jedoch mit dem größten Vorbehalt darlegen
möchten. Offenbar wird der lacus penarum des Nanziger Textes und der A-Karten in diese Gegend Norwegens
(d. h. zwischen Bergen und Trondhjem) verlegt, und muß man bei demselben an die volkstümlichen Vor-
stellungen von Seen und Höhlen als Eingang zur Hölle oder Folterstätte denken. Die Aufnahme von
Dovrefjaffd auf der Nanziger Karte und Lyderhorn im Nanziger und Wiener Texte — beide im Volks-
glauben als Sammelplatz für Hexen und übernatürliche Wesen bekannt, erstere auch als Aufenthaltsort für
Riesen und Zauberer (Jsetter und Trolde) — scheint uns ferner darauf hinzudeuten, daß Clavus es passend
gefunden hat, gerade in der Beschreibung dieser Gegenden einen Teil seines mythologischen Wissens zu ent-
laden, das in seinem auf mittelalterliche Weise mit den verschiedenartigsten Dingen angefüllten Gehirn ge-
') Jobs. Steenstrup nimmt in seinen Studier over Kong Valdemars Jordeboij, K'benhavn 1874, S. 127 an»
dali der Unterschied zwischen civitates und villce forenses derjenige ist, daß cirit«s eine Stadt bezeichnet, welche ihre
städtische Hinrichtung vom Staate erhalten hat „namentlich durch ein bestätigtes Stadtrecht", villa forensh dagegen
eine Stadt, die sich als Kaufstadt (Kj bingi auf eigene Hand, aber mit Hülfe von Privilegien gebildet hat. Steen-
strups Distinktion wird von H. Hildebrand beigetreten [ßveriges Medeltid I, 2, Stockholm 1894, S. 325). Möglicher-
weise hat die damalige Autfassung Clavus bei seiner Besprechung der dänischen Städte vorgeschwebt: sicher ist es
jedoch nicht. Von seeländischen Städten waren auller Roskilde Köbenhavn und vielleicht Holbsek civitates : die
beiden letzteren bezeichnet (Jlavus jedoch als rillce. In Schonen war nur Lund civitas; Clavus aber nennt alle
dortigen Städte ciritatcs. Daß die Begriffe civitas und villa für Clavus ganz vage sind, darauf deutet auch der Umstand,
daß mittelgroße Städte wie Malmö und Ystad im Wiener Texte civitates, auf den dazugehörigen A-Karten villce
genannt werden.
13*
100
Kapitel VI.
goren hat. Ein solches mythologisches Wissen von einem hosen Luftgeist knüpft sich an das Vorgebirge
Nadhegrin (Var. Nadhegrun, Nadhegrim oder Nadhegrum). Jedesmal wenn wir zu diesem Worte zurückge-
kehrt sind, um möglicherweise eine Erklärung desselben zu finden, sind wir von der Ähnlichkeit mit dem
altnordischen Ndgrindr (plur.) überrascht worden, dem einzigen Worte in Wörterbüchern über nordische Sprachen,
welches mit diesem Ortsnamen Ähnlichkeit hat. Ndgrindr kommt in drei Eddaliedern (Lokasenna Vers 63,
Skirnismäl Vers 35, Fiolvinsmäl Vers 26) vor als Bezeichnung für die »Einfriedigung um den Aufenthaltsort
der Toten*; es ist zusammengesetzt aus ndr = Leichnam, Gespenst und grind = Einfriedigung. Beide
Wörter existieren noch in der norwegischen Volkssprache, ndr als nua — in der Gegend zwischen Bergen
und Trondhjem aber als naade1), d. h. einer Form, die das nadhe bei Clavus erklären könnte.
Der folgende Name Grintz aa könnte dann natürlich verstanden werden als »Der Fluß (die Aue)
neben der Einfriedigung um den Aufenthaltsort der Toten*. Auch diese Bezeichnung würde zu den mytho-
logischen Vorstellungen passen; denn sowohl die Eddalieder (Völuspä Vers 36, Grimnismäl Vers 28) als Saxo
(ed. Müller I, S. 51) denken sich das Totenreich von einem Fluß umgeben. Selbstverständlich müßten Trollen-
byerrene (die Zaubeigebirge) dann auch in mythologischer Bedeutung verstanden werden, was ganz natürlich
wäre; denn daß die Zauberer (Troldene), die mittelalterlichen Nachkömmlinge der Riesen (Jaetterne) des Alter-
tums, in Gebirgen wohnten, war eine über den ganzen Norden allgemein verbreitete Vorstellung (vgl. Jotun-
heim, d. h. Riesenheim, Alpenregion in Mittelnorwegen, ein Name, welcher sein nächstes Analogon in den
Riesengebirgen findet).
Eine wesentliche Bekräftigung der hier mit aller Vorsicht dargebrachten Hypothese wäre es, wenn
auch die »Ortsnamen" Bobchara und Horiza sich als mythologische Bezeichnungen verdolmetschen ließen, was
uns jedoch vorläufig nicht gelungen ist. Daß die Endung a in den beiden AVörtern als ,aaÄ (altnordisch a)
verstanden werden muß, bezweifeln wir nicht; dadurch kommen wir aber nicht weiter.
Von andern uns unverständlichen oder in ihrem Verständnis jedenfalls zweifelhaften norwegischen
Namen des Wiener Textes wollen w r Farn civitas und Mestebrodh Promontorium nennen. Mestebrodh, das
sich in allen Uberlieferungen auch auf den Karten und ungefähr in ganz derselben Form wiederfindet, also
nicht sehr entstellt sein kann, ist uns ganz unverständlich; Storni s Deutung von Farn civitas (Var. Faren,
auf den Karten farensis) als Sarpsborg am Kristianiafjord muß als sehr unsicher angesehen werden. Das
Verständnis dieses letzteren Namens wird auch in hohem Grade erschwert durch den Mangel an Überein-
stimmung zwischen dem Wiener Texte und den A-Karten, der im südlichen Norwegen zwischen Oslo und
Lister vorhanden ist (vgl. die konstruierte Karte im Vergleich mit den A-Karten). Auf den A-Karten
fehlt der Fluß Varna oder vielmehr: auf seinem Platze findet sich eine Stadt namens farensis; auf Fariis
Platz liegt amerensis (Hamar) und auf Hamar's Platz repuris civitas magna (oder repuris grandia oder grandie
repuris) gerade südlich vom lacus penarum. Schließlich kommt Tansberg teils als die Inseln tons beres und teils
als litus tumebor vor. Infolge unserer Auffassung von Clavus' Arbeitsmethode müssen wir zunächst an-
nehmen, daß die Karten das Ursprüngliche wiedergeben, während der Text verkehrt ausgezogen sei ; da aber
repuris civitas magna eine ganz rätselhafte und unbekannte Lokalität ist, und die Namen auf diesem Teil
der Karten stark zusammengedrängt sind, könnte man zu der Auffassung geneigt sein, grandie repuris zu
dem drüber stehenden lacus penarum gehören zu lassen, dies in grandis teporis zu korrigieren und anzu-
nehmen, daß civitas magna von dem naheliegenden Staranger civitas in diese Wortverbindung hineingeraten
sei. Es ist überhaupt sehr gut möglich, daß beim Kopieren der Karte auf dieser Strecke von Norwegens
Küste die Verschiebung einer Reihe von Namen stattgefunden hat.
Außer den norwegischen sind verschiedene dänische Namen uns schwer erklärlich. Mit Hinweis auf
unsere Bemerkungen in den Noten zur Textausgabe führen wir dieselben hier an : auf Fünen Logdhez portus,
auf Seeland Ozoenes, Thorsan (oder Thorsam) portus, Vrenes (oder Uienes), Kagenes (oder Ragenes) ; im 0re-
sund die Insel Syoholm, in Schonen das Vorgebirge Knudshoved (das cunutis orot der Karten). Von den
meisten dieser Namen fehlen Varianten auf den Karten.
Der Wiener Text mit der dazugehörigen A-Karte enthält also noch verschiedene dunkle Punkte und
trotz Storms scharfsinniger Deutung des Nanziger Textes gilt von diesem dasselbe. Weder die Namen
Sioholm oder Vdhenskaun, Lotho oder Ougard, Slarcoteris promoutorrium oder Ras fluvius haben bei ihm
irgend welche Erklärung gefunden.
') Vgl. Ivar Aasen, Oräbog över det norske Folkesprog, 2. Udg., Kristiania 1873.
Kapitel VII.
Die beiden Ciavus- Texte.
A.
Ausgabe des Nanziger Textes mit Übersetzung.
Die aachfolgende Ausgabe weicht im Texte nur wenig von der von Storni in Ymer 1891,
S. 24 — 34 gegebenen ab. An zirka 25 Stellen lesen wir die Handschrift anders als Storni (vgl.
den Apparat) ; keine einzige dieser Stellen hat aber ein besonderes Interesse, und sehr oft sind wir
gezwungen worden, durch eine Korrektur schließlich bei der von Storni ohne Korrektur befolgten
Lesart zu bleiben, wenn er z. B. Heising/«/))- liest, wo wir Helfingfafir lesen, aber in Helsing/i<f>r korri-
gieren. In der Hauptsache sind wir vorsichtiger als Storni gewesen, weil wir nun wissen, daß der
Xanziger Text nichts mit den A- und B-Karten zu tun gehabt hat, und somit aus sich selbst heraus
restituiert werden muß. Glücklicherweise ist der Text der Nanziger Handschrift wenig entstellt, und
die Textrestitution deshalb nicht scliwierig, wie es aus den wenigen Korrekturen in der nachfolgenden
Ausgabe deutlich hervorgeht.
Was aber die Zahlen und die Ubersetzung betrifft, so weicht unsere Ausgabe stark von
Storms ab: denn in der Uberzeugung, daß der Nanziger Text vom Verfasser selbst nach der
Karte und als Beiblatt zu derselben gemacht worden ist (vgl. Kap. I), versuchten wir die
Übersetzung mit der Nanziger Karte vor Augen zu macben, und zeigte es sich dann, daß viele Stellen
von Storni nicht klar verstanden worden sind, weil er nicht daran gedacht hat, daß die Worte des
Textes immer die Lokalitäten, die Küsten- und Grenzlinien sehr genau, wenn auch in einer mitunter
recht unbeholfenen und naiven Form, beschreiben und geradezu textlich wiedergeben.
Die Zahlen — d. h. die Längen und Breiten des Textes — sind in Übereinstimmung mit
unsrer S. 17 — 18 gegebenen Begründung nur korrigiert, wenn sie an sich sinnlos sind. In allen
übrigen Fällen aber, wo ein Abschreibefehler oder eine Konfusion des Verfassers offenbar oder scb einbar
stattgefunden hat, haben wir nicht korrigiert, sondern die Zahl durch einen * bezeichnet. Die Größe
und Art des Fehlers sind dann meistens aus den nebenstehenden Zahlen der Nanziger Karte ersichtlich,
oder sie ergeben sich durch einen Vergleich mit der nach dem Nanziger Texte gezeichneten Karte.
Zur Ausarbeitung des Kommentars benutzten wir hauptsächlich die S. 36 — 37 angeführten
Quellen, haben es aber nicht unterlassen mit den früher in den südlichen Ländern vorkommenden
Xamenformen zu vergleichen, indem wir nicht nur Itinuraire Brugeois, II Conoscimiento und die süd-
102
Kapitel VII.
europäischen Kompaßkarten benutzten, sondern außerdem die unseres Wissens noch nicht bekannten
geographiscben Tafeln im Cod. Pa-is. 18504- Geschrieben sind diese Tafeln erst im Anfang des
15. Jahrhunderts; die zahlreichen Entstellungen der Namen, sowie die Formen für die Namen von
Köping, Bergen und Viborg (Kaupinga, Biargina und Vibiarga) zeigen aber deutlich, daß hier eine
Abschrift einer alten norwegisch-isländischen Quelle vorliegt. Die betreffenden Tafeln
finden sich fol. 202v — 208v und 2101', und zwar handeln vom hohen Norden:
Fol. 208v: Prouincia Danorum:
Lunda metropolis = Lund,
Roskeada [d. h. Roskelda] = Koskilde,
Othensia = Odense,
hethabia — Hedeby [d. b. SlesvigJ,
ßippa = Eibe,
Vibiarga — Viltorg,
Birgila = Barglum.
Nomina ciuitatum in suethia:
Alpsa [d. h. Apslaj ciuitas = Oslo [d. h. Kristiana],
Biargina = Björgvin [d. Ii. Bergen],
Nicbirosa [d. h. NidarosaJ = Nidaros [d. h. TrondhjemJ,
Scara = Skara,
Liunga = Ljung,
Kaupinga = Kopiug,
Tuna — - Tuna,
Strigiii fil. h. Strigiuin ? |
Sigituna = Sigtuna,
Arosa Vesteräs.
Strengnäs?
Fol." 2ior: Nomina insularum p] in regno suenorum:
Gotbica australis = Södergötland
Gothica occidentalis = Vestergötland,
Guasmannia [d b. Wasmannia] Vestmanland,
Südermannia = Södermanland,
Nerlj [d, b. Nerej?] = Närike,
Tiudia [d. b. TiundiaJ = Tiundaland,
Fedundria — Fjedrundaland,
Atanth [d. h. Alanth] = Aland,
Gutblandia = Gotland,
Guaranda [d. h. Waranda| = Värend,
Findia = Finland,
bestia — Hestbolm?
belsingia = Helsingland,
Guarmellandt [d. b. Warniellandi J = Vermland.
Teuste = Tjust.
Fol. 205r: In occeano septentrionali ab Oriente ad occidentem:
Insula pbanesiorum,
Albacia,
Yperborea,
Apolitana,
Gangania,
Glosaria,
Orcbades,
Thile,
Scotia,
biitannia,
hybernia.
Auf diese Art und Weise hoffen wir einen, betreffs der Ortsnamen bei Clavus, so weit dies
möglich ist, recht vollständigen Kommentar herbeigeschafft zu haben. Die Epitheta dagegen haben
uns öfters in Verlegenheit versetzt, namentlich bei der Ubersetzung, erstens weil die dänischen Begriffe
„Kaufstadt (Kebstad), Stadt (By), Flecken (Fhekke) und Dorf (Landsby)" nicht mit den deutschen
Bezeichnungen übereinstimmen. Indessen haben wir daran festgehalten, dasselbe Wort, so weit möglich,
immer durch ein Wort wiederzugeben, z. B. civitas immer mit „Stadt", villa immer mit „Ortschaft"
(d. h. Kleinstadt, Flecken oder Dorf), gauz abgesehen davon, ob die betreffenden Lokalitäten zu Clavus'
Zeit Bischofsitze, kleine Städte (dänische .Kaufstädte") oder Dörfer waren' gleichfalls haben wir prin-i
zipiell Promontorium mit „Vorgebirge" übersetzt, obgleich die Übersetzung „Landzunge" unsre Begriffe
von der betreffenden Lokalität (z. B. Hindsholm, Agernaes oder Skagen im Wiener Texte) besser
wiedergeben würde.
Da wir die Nanziger Handschrift nicht persönlich untersucht haben, und also keine neuere
als die von Storm gelieferten Aufschlüsse geben können, so haben wir es vorgezogen, da Storms
Erläuterungen nur in norwegischer Sprache vorliegen, nachfolgend eine Ubersetzung dieser für die
richtige Beurteilung der Nanziger Handschrift und der ganzen Clavus-Frage so wichtigen Aufschlüsse
zu geben, d. h. Ymer, 1889, S. 129 — 137. Storm schreibt:
Die beiden (Jlavus-Texte.
L03
»Guillaume Fillastre (Filiastrus), ein französischer Geistlicher aus Maine, der Kanonikus in
Rheims gewesen war, nahm an den kirchlichen Streitigkeiten zu Karls VI. Zeit teil, wurde 1411 Kardinal
von St. Markus und Legat in Frankreich (t 1428, 84 Jahre alt), beschäftigte sich in Italien viel mit
geographischen Schriften und hat Abschriften hinterlassen von mehreren gerade damals ans Licht gezogenen
Werken des Altertums, darunter Pomponius Mela, sowie dem lateinischen Ptolemäus. Mehrere dieser
Abschriften befinden sich noch in der Bibliothek zu Rheims und sind vom Kardinal selbst geschenkt. Herr
Bibliothekar Cormeaux in Rheims hat mir gütigst folgendes über die dortige Handschrift mitgeteilt. Der
Titel ist: »Cosinographia Tholomei Alexandrini summi astronomi ex greco in latinum versa per Jacobum
Augelum Floi'entinum, latine et grece lingue peritissimum, anno Domini millesimo quadringentesimo IX0,
tempore magni et incomparabilis scismatis. * Darauf folgt Jacobus Angelus' Dedikation an den Papst
(Beatissimo patri Alexandro V° pontifici maximo Jacobus Angelus: Ad tempora Claudii Ptholomei viri Alex-
andrini cogitanti mihi illud occurrit etc.) mit Hinzufügung: »Iste Alexander fuit assumptus tertius in
papatu in concilio Pisano, et habuit totalem obedienciam, preter Hyspanos, Scotos, et paucos Ttalicos et
Bavaros.« Unten auf der Seite hat der Kardinal Fillastre eigenhändig folgende Notiz geschrieben, die bis
jetzt noch nicht vollständig entziffert worden ist: »Ego Guillelmus, cardinalis sancti Marci, hunc librum
quem habere multis annis prosecutus sum et habitum de Florencia transcribi hic feci, dono bibliothece
ecclesie Remensis, quem bene custodiri precor. Credo enim hunc esse primum in Galliis. Scriptum manu
propria Constancie, in concilio generali, anno concilii quarto, et domini Martini pape Ytl anno primo et
Domini 1418 mense januarii.« Auf derselben Seite befindet sich Filiastrus' Wappenschild (Hirschkopf
mit Hörnern), umgeben vom Kardinalshut und dem St. Markuslöwen. Die Handschrift — 239 Blätter — ent-
hält Jacobus Angelus' Übersetzung, ohne Karten; auf dem Lederumschlag des Holzeinbandes steht
geschrieben: » Cosmographia Ptholomei«, und auf einem der Vorsatzblätter steht: , hic cathenatus 10a februarii
anno 1417* (nicht 1412, wie man früher las). Aus diesen Aufschlüssen ersehen wir, daß sich der Kardinal
während mehrerer Jahre (nach 1409) bemüht hat, sich ein Exemplar von Angelus' Ubersetzung zu ver-
schaffen, daß es ihm aber erst während des Aufenthaltes am Konstanzer Konzil geglückt ist, eines Exemplars aus
Florenz habhaft zu werden; die dort (zirka 1417) erworbene Handschrift ließ er augenblicklich abschreiben
und sandte im Jan. 1418 das abgeschriebene Exemplar nach Rheims. Bei der Ankunft in Rheims, im Februar
desselben Jahres (1417 steht geschrieben, weil man in Rheims den 25. März als Jahresanfang rechnete)
wurde die Handschrift dort »cathenatus«. Im Jahre 1418 kannte der Kardinal also von der Übersetzung
nur Handschriften ohne Karten, welches für das Folgende von Bedeutung ist; er nimmt selbst an, daß das
von ihm übersandte Exemplar das erste vom lateinischen Ptolemäus sei, das nach Gallien gekommen ist.
Die Handschrift in Nancy trägt ebenso wie die Rheimser Handschrift auf dem ersten Blatte das
Wappenschild des Kardinals (Hirschkopf), umgeben vom roten Kardinalshut mit Quasten ; auf beiden Seiten
des Hutes stebt ein G (Guillelmus) mit Lilien darin, um seine französische Legatenwürde zu bezeichnen.
Die Handscbrift besteht aus zwei Teilen, dem ursprünglichen Buche von 21 Bogen und den Beilagen, den
fünf darauf folgenden Bogen. Dies macht zusammen 215 Blätter aus. Von den 2 1 ersten Bogen haben
die 20 je 8 Blätter gehabt, der 21. (der letzte Bogen) dagegen nur 6; der erste Bogen hat aber nur die
beiden ersten und die beiden letzten Blätter; es fehlen nämlich zwischen dem zweiten und dritten Blatte
4 Blätter; vom 21. Bogen sind das erste bis fünfte Blatt vorhanden (Bl. 157 — 161), während das zum
ersten Blatt gehörige sechste Blatt fehlt. 22. x) bis 24. Bogen haben ebenfalls 8 Blätter, während in die
Mitte des 23. Bogens 4 Blätter (l 82 — 185) eingeschoben sind, so daß dieser Bogen ausnahmsweise 12 Blätter
hat; der 25. Bogen hat 6 Blätter und der 26. nur 4; außerdem waren vor dem 21. Bogen 2 Blätter (eine
Weltkarte) eingeschoben, welche jetzt jedoch fehlen.
Das eigentliche Buch, Blatt 1 — 161b (Bogen 1 — 2l) ist durchgebends von ein und derselben Hand,
einer hübschen Halbfraktur aus dem Anfang des 1 5. Jahrhunderts, geschrieben; nach Waitz' Urteil (Nord-
albingische Studien, V, 176) i»t die Handschrift eine italienische. Es findet sich nur eine einzige
Note, die nach der Vollendung des Textes geschrieben, jedoch nicht viel jünger als dieser ist, offenbar aus
der ersten Hälfte des 1 5. Jahrhunderts. Nach Abschluß des Buches findet man auf der halben offenen
Seite Bl. löl^, von einer ebenfalls etwas jüngeren Kursivhand ausgefüllt, Bemerkungen über das Verständnis
von Ptolemäus' Zahlenangaben (Ad intelligendum numeros Ptolomei sciendum est u. s. w.). Dieses Buch
(Bl. 1 — l6l) ist eine vollständige Abschrift von Jacobus Angelus' Übersetzung oder »Cosmographia«.
Seine erste Seite trägt die herkömmliche Dedikation an Papst Alexander V. mit der Überschrift in roten
Buchstaben: »Beatissimo patri Alexandro Vu Pontifici maximo Jacobus Angelus« mit der Hinzufügung (eben-
falls in rot): »iste Alexander fuit tempore magni scismatis factus in pisano concilio anno MCCCCIX0«. Zu
bemerken ist, daß in die Initiale vor »Beatissimo« ein großes A gezeichnet ist, so daß es also die ursprüng-
liche Absicht war »Ad beatissimum« u. s. w. zu schreiben; denn dies ist die ursprüngliche Überschrift, die
') In Storms Abhandlung steht liier 21.; es muß aber 22. sein.
104
Kapitel VII.
sich auch in andern Handschriften der Kosmographie l) findet. Da sich keine Spur von diesem A in der ;
Rheimser Abschrift befindet, muß ich deshalb annehmen, daß die Nanziger Handschrift das direkte Original
der Rheimser Handschrift ist und demnach die aus Florenz erworbene, vom Kardinal erwähnte Kopie.
Die oben erwähnte Note steht ganz unten auf Bl. 35b in Ptolemäus' zweitem Buche unter dem'
Kapitel über Germania und lautet: »In ista parte septentrionali Europe omittit Tholomeus plurimas regiones
ad septentrionem de quibus quia ipse Australis fuit credo eum non habuisse noticiam omittit enim magnum
sinum Cogdanum qui ex occeano e directo Anglie et Scotie exiens transit vsque ad Prussiam et Poloniam
et diuidit Almaniam a Norwegia et Suesia in quo sinu est Dacia Jnsula et Regnum quam forte alio nomine
vocat et in isto sinu maris capiuntur Aleca habundantius et per hunc nauigatur de Prussia ad Galliam et
econtra. Omittit eciam mare quod dicitur congelatum quia per majorem partem anni est glaciatum et est
inter Norwegiam et Grolandiam quam eciam omittit maxime septentrionalem [ regionem ad Occeanum septen-
trionalem 2) versus Occidentem et jnsulam Tyle.«
Diese Note stammt nicht von der Hand des Kardinals, ist aber augenscheinlich von ihm diktiert.
Die Namen »Sinus Codanus 4 und »mare congelatum« hat der Kardinal von den römischen Geographen
(Mela, Plinius oder Solinus) aber nicht von Ptolemäus entlehnt, denn dieser wendet sie nicht an.
Alles übrige trägt einen moderneren Charakter, und könnte von einer mündlichen Mitteilung stammen;
offenbar ist es der Kardinal selbst, der über die Lage der Ostsee in Verhältnis zu seinem Vaterlande Gallien
Bericht erstattet. Eine so genaue Kenntnis der nordischen Meere und Länder könnte man jedoch kaum hei
andern als bei einem Nordländer zu finden erwarten; Grönland ist nämlich auf keiner Kompaßkarte des
14. Jahrhunderts und auch nicht in Ranulf de Glanvilles Geographie zu finden. Es kommt daher
sehr deutlich zum Vorschein, daß der Inhalt dieser Note mit der unten zu behandelnden dänischen Geographie
in Verbindung steht.
Der zweite Teil der Nanziger Handschrift fängt auf Bl. 162 an, enthällt die Ptolemäischen Karten,
und bezeichnet sich selbst als Beilage zur Kosmographie. Das Titelblatt (I62a) lautet folgendermaßen:
»Secuntur viginti sex tabule quas supra in vltimo libro describit tholomeus . videlicet decem de Europa,
quatuor de affrica uel libia quod idem est . et tluodecim de Asya. Quarum cuiu^libet descripcionem quot
et quas continet regiones et versvs quam celi partem ad orientem . occidentem . austrum vel septentrionem
respiciant in quo climate sub quibus paralellis ac dierum quantitates et insignes ciuitates notare poteiis
tarn in ipsis tabulis quam in descripcione cuiuslibet illarum in dicto vltimo libro. Et si vis poteris illarum
tabularum facere comparacionem ad totalem tabulam ante positam que diuiditur in XXVI tabulas ut lacius
quelibet Regio valeat inspici in magna quantitate quam in parua. Quelibet enim istarum tabularum potest
fieri ita magna sicut tota tabula describitur. *
Aus dem letzten Salze geht hervor, daß vor Bl. 162 eine Weltkarte gewesen ist, wie sie es in
allen Ptolemäus- Ausgaben zu sein pflegte.
Die Beilage (Bl. 162 — 215) ist von mehreren gleichzeitigen Händen geschrieben,
a) die Karten auf den Innenseiten der Blätter 162b — 181, 186 — 211 sind mit kleiner Kursiv-
schrift teils schwarz, teils rot gezeichnet,
b) der Text auf den äußeren Seiten (Kehrseiten) 162 — 181, 186 — 21 1 der Karten liefert mit
größerer Kursivsshrift die Erklärung zu den Karten,
c) Bl. 182—185, Text und Karten, teils rot, teils schwarz, Kursivschrift,
d) Bl. 212 — 215 Halbfraktur.
Keine dieser Hände sind, infolge Herrn Cormeaux' Aufschlüsse, die des Kardinals. Daß diese
ganze Arbeit vom Kardinal redigiert ist, ersieht man aus der Note auf Bl. 190, die wir hier anführen:
»Quarta africe tabula tota pene ad austrum et vltra egiptum continet getuliam libiam inferiorem ethiopiam
junctam Egipto nubiam Indiam inferiorem que ad ethiopiam ueigit, et ipsam ethiopiam que sunt sub zodiaco
et omnes ethiopes eciam vltra lineam equinoctialem in tota latitudine zodiaci. Et in istis india et ethiopia
est terra presbyteri Johannis christiani qui dicitur regnare super 72 reges, quorum 12 sunt infideles
reliqui christiani, sed diuersorum rituum et sectarum. Vitra equinoctialem pauca est cognicio nisi quod ibi
est amplissima regio Agisimba que sub ista tabula comprenditur et Signatur in fine ad austrum. Istius
presbyteri Johannis duo ambassatores vnus christianus et alter infidelis hoc anno domini Millesimo quadrin-
gentesimo vicesimo septimo quo hec tabule descripte fuerunt venerunt ad Regem Aragonum Alfonsum
quos vidit cum rege in Valencia dominus cardinalis de Fuxo legatus sedis apostolice ad dictum regem, et
dixerunt ei quod venirent ad papam Martinum quintum, quem christianus reputabat Christi vicarium. Hec
dictus cardinalis pape retulit me Cardinali sancti Marci presente qui has feci d esc r ibi tabulas, et
ex greco exemplari.
>) Siehe Bulletin scientifique publik pctr VAcadlmie Inipe'riale de St. PiUrsbowg, X, 1842, S. 97 ff. (Storrns Note.)
-) Von [ an ausgelassen bei Blau und Waitz (Storras Note),
Die beiden Clavus-Texte.
105
Der Kardinal hat also während seines Aufenthaltes in Italien 1427 diese Karten nach einem
griechischen Ptolemäus zeichnen und in seine ältere Handschrift der Kosmographie einführen lassen l). Diese
Kartensammlung bestand, wie oben erwähnt, aus den 26 Spezialkarten von Europa u. s. w.) sowie der
Weltkarte. Es sind hier indessen 1 1 Europakarten, und der Text deutet an verschiedenen Stellen auf die
elfte hin (die über den Norden); diese Texte sind also redigiert, nachdem die Zeichnung der 26 Karten
vollendet war. Auf die Karten und den Text folgen auf Bl. 212 — 215 eine kurze Beschreibung der auf
den Karten dargestellten Länder, ihre klassischen Namen, ihre modernen Namen und Sprachen, sowie die
Längen- und Breitengrade; auch hier ist nur von Karten von Europa die Rede, und ist diese Beschreibung
also nach dem Zeichnen der Karten abgefaßt, aber ehe man etwas von der elften wußte. Auch diese Be-
' Schreibung stammt demnach aus dem Jahre 1427 ... . 2)
Diese geographische Beschreibung hat der Kardinal offenbar gleich nach der Vollendung der Karten
zu eigenem Bedarf ausarbeiten lassen, und hat sie danach benutzt, um einen Text zu den Karten daraus zu
1 lüden, der auf deren Umschlag niedergeschrieben wurde. Zu Ptolemäus' erster Karte (Britannien) hat er
demnach in Übereinstimmung mit der Beschreibung auf Bl. 212 folgenden Text geliefert:
»Prima europe 3) tabula continet insulas Britanniam seu Albion que nunc Anglia cum Scocia Yberniam Tyle
orcades et alias insulas adiacentes et hec in oceano. Extra occeanum ad orientem partem germanie, ad
austrum particulam galie, inter quas partes Benus fluuius intrat occeanum. Quibus autem regionibus cir-
j cumscribitur et nomina insignium ciuitatum vide in libro viij supra et ita de singulis tabulis."
Hierzu fügt er folgende Note über die schon ausgeführten Karten: »Et nota quod ubi tabula tenet
duas paginas habenda est ac si pictura esset simul juncta. Ita quod medium vacuum inter duo folia nichil
facit. Et opportuit pingere ab vna parte solum quia pergamenum non potuisset sustinere picturam maris
ab vtraque parte propter nimiam humiditatem picture et ideo fuit pictura solum ab vna parte et jn grosso
pergameno quod postea fuit rasum et atenuatum*.
Zur vierten Tafel: , Quarta europe tabula continet germaniam que multas habet partes cum jnsulis
adiacentibus jn qua tabula est pars boemie. Et ad austrum pars pannoniarum que sunt hungaria et dal-
macia. In Bassa almania sunt jussia holzacia frisia marchia pomeria Saxonia guelcia (!) vathfalia (!). In
Alta sunt mitzena slesia hassia franconia Boemia morauia sueuia Bauaria. «
Zur achten Tafel : s Octava europe 3) tabula continet Sarmatiam europe, id est, illas Regiones que
sunt ab Germania ad septentrionem versus orientem in quibus est Polonia pruthia lituania et alie ample
regiones vsque ad terram incognitam ad septentrionem partem dacie et tauricam Chersonesum usque ad
paludem meotin. Et ibi thanay fluuius qui diuidit europam ab asia in parte septentrionali et versus
orientem. Item continet vltra quam ponit tholomeus noruegiam suessiam Rossiam vtramque et sinum
eodanum diuidens germaniam a nouergia et Suessia. Item alium sinum vltra ad septentrionem qui omni
anno congelatur in tercia parte anni. Et vltra illum sinum est grolandia que est versus insulam tyle magis
ad orientem et ita tenet totam illam plagam septentrionalem vsque ad terram incognitam de quibus tholo-
meus nullam facit mencionem et creditur de illis non habuisse noticiam. Ideo hec viija tabula est multo
amplior describenda. Propter quod quidam Claudius cymbricus illas septentrionales partes descripsit et fecit
de illis tabulam que jungitur4) europe et ita erunt xj.
Et tarnen nullam fecit mencionem de jllis duobus sinibus maris nouergie et grolandie. In hijs
Regionibus septentrionalibus sunt gentes diuerse jnter quas vnipedes et pimei, jtem griffones sicut in Oriente
vt vide in tabula.*
Es ist deutlich zu erkennen, daß der Kardinal diese Bemerkungen teils aus der darauf folgenden
Beschreibung, teils aus der Note zu Blatt 35 und teils aus Clavus' Text und Karte zusammengesetzt hat.
Diese hat er also erst bei der Ausarbeitung der Beschreibung zur achten Karte kennen gelernt und be-
schlossen, dieselbe als elfte Karte von Europa in seine Kartensammlung einzufügen. Hierüber gibt er
Blatt 179 auf der Kehrseite der zehnten Karte von Europa (der griechischen Halbinsel) Aufklärung:
»Sequitur descriptio regionum Septentrionalium videlicet danmarchie que alias dania vel dacia dicitur. Jtem
suessie nouergie grolandie et insularum adiacencium de quibus tholomeus non egit set omisit forsan illas
regiones ignorans ut videri potest in 3° libro vbi agit de dacia et partibus septentrionalibus. Et in hac
descriptione est tabula de illis regionibus que est vndecima europe. Hee descripcio et tabula edite sunt a
quodam Claudio cymbrico de hoc supra scribitur in descriptione octaue tabule europe in qua eciam omit-
tuntur iste Regiones. *
') Deshalb bin ich auch geneigt, die Richtigkeit dessen zu bezweifeln, was Nordenskiöld behauptet
(Facsimile-Atlas S. 10), daß Jacobus Angelus' Cosmographie gleich die Ptolemäischen Karten aufgenommen hätte.
(Storms Note.)
2) Hier folgt bei Storm als Beispiel dieser Tafeln diejenige, die auf Germanien Bezug hat.
3) Bei Storm steht eiiropa.
4) Dieses Wort ist später hinzugefügt mit derselben Hand. (Storms Note.)
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 14
106
Kapitel VII.
Es ist also der Wunsch des Kardinals gewesen, Cl. Clavus' Karte und Kartenbeschreibung nach
Bl. 179 einzufügen; da dies aber nicht in den Bogen paßte (dessen Mitte nach Bl. 181 war), hat der Buch-
binder es vorgezogen, die 4 Blätter nach Bl. 181 einzufügen, wodm-ch diese zwischen die erste und zweite
Karte von Afrika gerieten, — wieder ein Zeugnis davon, daß die Blätter eingefügt wurden, nachdem die
Kartensammlung vollendet war. Damit ist es gegeben, daß Kardinal Fillastre erst im Jahre 1427 —
während er mit der Herausgabe seiner Kartenbeschreibung beschäftigt war — die dänische geographische
Arbeit kennen gelernt hat. Der Ausdruck »quidam Claudius Cymbricus«, der sich zweimal wiederholt, liefert
außerdem den deutlichsten Beweis, daß dem Kardinal die Arbeit eines ihm unbekannten Nordländers in die
Hände geraten ist, und daß er eine Kopie derselben in sein Werk eingetragen hat. Es ist demnach ganz
verkehrt, wenn man geglaubt hat, daß der Kardinal diese Arbeit bei Cl. Clavus bestellt habe, oder, wie
Blau sich ausdrückte, >daß der Kardinal dies nicht getan haben würde, wenn er nicht den Verfasser und
dessen Arbeit gekannt habe.« Schon Waitz ist darüber im Reinen gewesen, daß Cl. Clavus' Karte und
Kartenbeschreibung im Buche des Kardinals nur eine Kopie, und sogar eine vielfach entstellte Kopie sei.
Aus der späteren Geschichte der Nanziger Handschrift interessiert uns nur ein einzelner Punkt.
Sowohl auf dem ersten wie auf dem letzten Blatte ist mit schwarzer Tinte eine Art Wappenschild gezeichnet,
deren Inhalt zwei Sterne mit einer Namenziffer in aufrechtstehender Linie sind, sowie die Jahreszahl 1543.
Die Buchstaben hat Blau E Z G N gedeutet ; soweit ich mich darauf verstehe, muß aber F T Z C N L gelesen
werden; ich würde ohne Bedenken dies als »-Fratrum Terziariorum Conventus iVanceiani Lotharingise *
gedeutet haben, die Tertiarier in Nancy haben nämlich die Handschrift besessen, und eine Hand aus dem
17- Jahrhundert hat sogar auf dasselbe Blatt die Worte geschrieben: »Fratrum Tertiariorum Conventus
Nanceiani. « Was mich aber doch bedenklich macht, ist Blaus Behauptung, daß diese Mönche erst im
17. Jahrhundert das Buch kauften. Die Richtigkeit hiervon habe ich nicht kontrollieren können. Diese
Frage würde nur von Bedeutung sein, wenn Blaus Annahme richtig wäre, daß nämlich der Besitzer vom
Jahre 1543 mit schwarzer Tinte Korrekturen und Hinzufügungen an der Handschrift vorgenommen habe,
und besonders daß alle Hinzufügungen mit schwarzer Tinte auf Cl. Clavus' Karte (siehe diese) von diesem
Besitzer gemacht wären. Dies muß aber verkehrt sein. Alle Städte auf der Karte sind mit schwarzer Tinte
geschrieben ; aber da diese teils richtigere Formen als die Beschreibung selbst haben (z. B. Oslo für das
Aoflo tentas der Beschreibung), und die Karte Städte hat, welche in der Beschreibung fehlen (z. B.
Wasten und Skeninge), so ist es undenkbar, daß ein französischer Besitzer vom Jahre 1543 diese hinzu-
gefügt haben sollte. Zu dieser Annahme wurde Blau augenscheinlich durch den Ausdruck »Britanni Angli-
cati apostate« hingeleitet, indem er an Englands Übergang zum Protestantismus im 16. Jahrhundert dachte;
die Erklärung liegt jedoch näher. Ich nehme es als ganz abgemacht an, daß sowohl diese als alle anderen
Hinzufügungen auf der Karte von einer Hand aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und nicht im
16. Jahrhundert geschrieben sind.
Die 4 Blätter ( 1 8 2 — 185) in der Nanziger Handschrift sind von einer Hand geschrieben, die man
sonst nicht in der Handschrift findet, die aber ganz denselben Charakter und dasselbe Alter wie der ganze
zweite Teil dieser Handschrift haben; die Hand gehört also einem Kopisten des Kardinals an, und zwar
wahrscheinlich einem Italiener, weil der Kardinal sich ja im Jahre 1427 am päpstlichen Hofe aufhielt. Von
den 4 Blättern enthalten die 5 ersten Seiten und Seite 8 die Beschreibung, während Seite 6 und 7 die
Karte bilden. Die Beschreibung zerfällt in: die drei ersten Seiten mit der Überschrift , Europe D&nia que
dicitur Dannemarchia vel Dacia«, Seite 4 mit Überschrift »Europe Suessia que et Gothia«, Seite 5 mit
Überschrift »Europe Noruegia*, während Seite 8 (die norwegischen Kolonien) keine Überschrift hat. . . -1)
In der nachfolgenden Ausgabe des Nanziger Textes werden folgende Kürzungen benutzt:
N = Cod. Nanceian. 441 (die Nanziger Handschrift).
W = Cod. Vindob. lat. 3227 1 . . , w. „ j , •« %
V = Cod. Vindob. lat, 5277 f ^ beid<m Wl6ne1' Handschnften)-
B2 = Cod. Vatic. lat. 3810 — 3811 I ,XT. . n , „ „ , , ,. N
t/ ttt- ii- T.i. t .. tt j i • rj. ) (Nicol. Gei'manus B-Kedaktion).
ß3 = Wolfegger Ptolemaus-Handschrilt / v '
= Hinzufügungen des Kardinals Fillastre.
[] = Hinzufügungen der Herausgeber.
') Im folgenden sucht Storm nun nachzuweisen, daß der Nanziger Text verkürzt und die Karte verkleinert
und beschnitten ist (vgl. Kap. I), ferner daß das Nanziger Werk mit dem Original der A-Karten und mit der von
Schöner und Fried lieb benutzten Nordlandsbeschreibung identisch sei (vgl. Kap. IV.).
Die beiden Clavus-Texte.
107
Nanziger Text. ]
<Europe Dania que dicitur Danne-
marchia vel Dacia.>
Danmarchia que et Dania dicitur in
tres diuisa est partes: Skaniam uel Skan-
5 diniam siue Skandinauiam, Halindliiam
et Juciam.
[Situs Jucie.]
Jucia enim, que et Chinibroruin
chersonesus dicebatur, fines habet ab
10 occidente Germanicum Occeanum iuxta
Karte. Nanziger Text.
<In Europa Dania, welches Danmark
oder Dacia genannt wird.)
Danniark, welches auch Dania ge-
nannt wird, ist in drei Teile geteilt:
Skania oder Skandinia oder Skandinavia,
Halland und Jylland.
rJyllauds Lage.]
Jylland nämlich, welches auch
Halbinsel der Cimbern genannt wurde,
hat als Grenze gegen Westen den Ger-
5 Halindliiam] Halindhram N; cfr. Hallidh W, V. 8 et] est N.
1 — 2 Europe Dania que dicitur Dannemarchia vel Dacia hält Storni für eine von Kardinal Fil-
lastres Schreiber hinzugefügte Seitenüberschrift. 1 — 3 Dania, Dannemarchia ( Var. Danmarchia), Dacia.
Der Ländername Dania, der sich wohl zum erstenmal beim Ravennageographen (zirka 670) findet, ist eine Latini-
sierung des Völkernamens Danir „Dänen" (Dam) (d. h. die gebildeten), der kaum vor dem 6. Jahrh. vorkommt (bei Jor-
danes, Prokop u. a.j. — Daß Ptolemäus' Aaoxloovss die Danir sein sollten, ist eine unbegründete Vermutung. Dan(ney-
marchia ist eine Latinisierung des Namens, der erst im 9 — 10. Jahrh. auftritt : beim Angelsachsen Wulfstan (im Dienst
von König Alfred dem Großen von England f 901) Denamearc und auf dänischen Runensteinen (der kleine Jaülinge-
stein zirka 930 genitiv. tanmarkar d. h. Danmarkar und der große Janlingestein zirka 985 akkus. tanmaurk d. h.
Danmärk). Die Form Dacia ist die das Mittelalter hindurch gebräuchliche. Auf den südeuropäischen Kompaßkarten
kommen alle drei Namenformen vor: dunemarch bei Giovanni Carignano zirka 1300, Dacia uel danesmarche und Dania
bei Angelino Dalorto 1325. Weltkarte in Lamberts Liber floridus 1120 Dacia, Ebstorfer Weltkarte (13. Jahrh.) Dacia
regio que et Gotia orientalis nach Orosius (I, 2, 21) auf Südosteuropa bezogen (ebenso andere Scheibenkarten), Rainulphus
Hyggedens Weltkarte (zk. 1360) Dacia gens bellicosa. 3 — 4 Danmarchia ... in tres diuisa est partes.
Eine Einteilung von Dänemark in Jütland, Schonen und Halland scheint recht willkürlich. Dänemarks „Hauptländer"
waren in alter Zeit folgende drei : Jütland (mit Fünen), Seeland (mit umliegenden Inseln), Schonen (mit Halland, Blekinge
und Bornholm). 4 — 5 Skania, Skandinia, Skandinauia, d. h. Skäne (Schonen). Von diesen Formen ist
Skandinauia die älteste. Bei Plinius (Hist. nat. IV, 13) kommt als Insel im Meere nördlich von Germaniens Festland
Scadinavia vor (andre Lesarten : scatinavia, scandinavia). bei Ptolemäus £y.av&ai (die 3 kleineren und die größere scan-
dische Insel). Etymologisch ist Scadinavia dasselbe Wort wie das Skäne!/ (Skäne) der Isländer (die Endung des Wortes
ist das altdeutsche avi — altnordisch ey = neunordisch <f>). Von Skandinia sagt Storm : „eine sonst unbekannte Form,
gewiß als Zwischenglied zwischen Skania und Skandinavia aufgefunden." — Skania muß als eine direkte Latinisierung
von Skdney oder Skäni aufgefaßt werden ; bei Adamus Bremensis Sconia, bei Saxo und auf den südeuropäischen Kompaß-
karten Scania. Lamberts Liber floridus Scanzia, Ebstorfer Karte Scandinavia insula, Hyggedens Karte Scandinavia.
5 Halindhia, s. unten S. 114. 6—8 Jucia, d. h. Jylland (Jütland). Der Name Jutia, der auch immer bei Saxo vor-
kommt, ist eine Latinisierung des Völkernamens Jotar, der wohl zum erstenmale bei Beda (zirka 730) in den latini-
sierten Formen Jutce und Juti genannt wird. Die Nanziger Karte hat Jtitones. Vom Völkernamen wird auch Jylland,
abgeleitet, bei Adamus Bremensis Judlant (Var. Jutlant), Itineraire Brugeois (zirka 1380) Jutland, in den isländischen
Sagen Jötland. Jütlands Grenze war in uralter Zeit die Eider (prima pars Danice quae Judlant dicitur, ab Egdore in
boream longitudine protenditur sagt Adamus Bremensis IV, 1) ; es wurde in Nord- und Süd-Jütland (Nerre- und Sander-
Jylland) geteilt (Saxo nennt die Bewohner Juti australes und Juti septentrionales) ; die Grenze war Skodborgaa (1390
Scholteburga) oder, wie es später hieß, Kongeaa (Königsau) ; die Stadt Ribe südlich vom Fluß ward jedoch zu Nord-
Jütland gerechnet. Im Nanziger Texte wird Holstein wie es scheint zu Jucia gerechnet. Auf der Nanziger Karte
steht aber Holsatia. 8 — 9 Chimbrorum chersonesus, im klassischen Altertum der Name für die jütische
Halbinsel. Die Angorainschrift (vom Kaiser Augustus verfaßt) nennt fines Cimbrorum, Plinius (Hist. nat. IV, 13)
erwähnt das Promontorium Cimbrorum, und bei Ptolemäus (II 11, 12) wird die Halbinsel KijißpWfi yepw'rpoc, genannt.
Die ursprüngliche Heimat der Cimbern war ohne Zweifel der Teil von Jütland, der sich vom Limfjord südwärts bis
an den Mariagerfjord erstreckt und der noch heutzutage Himmerland genannt wird (Liber census Daniae : Himbersy&ceT)
[über das Verhältnis zwischen Cimbri und Himber vgl. lat. cornu — altnordisch horn, gotisch haurn, griechisch vcdXajj-o;
= althochdeutsch halm, dänisch halm u. s. w.]. 10 Germanicus Occeanus, bei Ptolemäus der Name des
nördlich von Germanien befindlichen Meeres zu beiden Seiten der cimbrischen Halbinsel; bei Clavus bezeichnet der
14*
108
Kapitel VII.
Nanziger Text. Nanziger Karte. Nanziger Text.
manischen Ozean, dieser Küstenbeschrei-
bung zufolge vom Fluß Elbe an:
Kibe
Vendsyssel
Sallingsyssel
Skagen
Sein nördlichster Teil
Gegen Osten wird es vom Baltischen
Meere begrenzt dieser Beschreibung nach:
15 58, 25] 58, 21 N.
Name nur das Meer westlich von der jütischen Halbinsel, d. h. die Nordsee oder das Deutsche Meer (dänisch Nordsaen
oder Vesterhavet, deshalb bei Saxo Oceanus septcntrionalis oder Oceanus occidentalis). Oveanus oder Sinus germanicm
auf den mittelalterlichen Scheibenkarten. Ebstorfer Karte Britannicum mare nach Adamus Bremensis (II, 19).
11 Albis, Elbe; der Name Albis kommt schon bei Pomponius Mela (III 4, 1), Plinius (IV 13), Strabo (I S. 14.
VII S. 290) und auch bei Ptolemäus (II 11, 1) vor. Im Jahre 9 v. Chr. drangen die Römer unter Cl. Drusus bis
an die Elbe vor, im Jahre 3 v. Chr. überschritt Domitius Ahenobardus sie, und im Jahre 5 v. Chr. gelangte Tiberius
wieder bis dahin (Dio Cass. LVl5 Tac. ann. IV 44, Dio Cass. LV 28). 13 Ripis, Ribe (Ripen) ; eine von Däne-
marks ältesten und merkwürdigsten Städten; auf der jütischen Halbinsel gelegen, zirka 1 Meile südlich von der
Königsau und 3/4 Meile von der Nordsee ; zirka 860 zum erstenmal genannt, als Ansgar hier eine Kirche baute ; seit
948 Bischofsitz; im 12. Jahrhundert ward der Bau der Domkirche begonnen; bedeutender Seehandel mit England
und Norddeutschland (Atlas Medicaeus 1351 nennt portus ripeis) ; Hauptplatz für die Ausführung von Ochsen ; Münz-
stätte schon unter Knud dem Großen (f 1035), noch unter Christian III (t 1559); die ältesten Privilegien von Val-
demar Sejr (f 1241) erteilt ; unter König Niels (f 1134) wurde das starke Schloß Riberhus erbaut (auf Olaus Magnus'
carta marina 1539 angeführt) ; 1443 ward der König Christoffer zu Ribe gekrönt. Namenformen : die isländischen
Sagen B/par, Adamus Bremensis Bipa, Saxo Bipa und Bipce , Liber census Daniaj Bipce, Cod. Par. 18504 Bippa,
Itineraire Brugeois Bipe, Diplome von 1398 Bipe (allg.), 1409 Bipce (allg.), 1416 Bibce, 1434 Biib (= der nunmaligen west-
jütischen Aussprache Biv.), allg. lateinische Formen Bipce und Bipis (letztere immer auf den italienischen und katalani-
schen Kompaßkarten und auf der Nanziger Karte), plattdeutsche Diplome von 1374 Bypen, 1398 und 1406 Bipen. Die
richtige Länge für Ribe ist aller Wahrscheinlichkeit nach 32° der extensio guae post Albim est flnvium des Ptolemäus-
Textes entsprechend. 33° wäre dann ein beim Kopieren der Karte entstandener Fehler. 14 Uendesusel,
Vendsyssel, eine spätere, im Mittelalter entstandene Bezeichnung für den nördlich vom Linifjord gelegenen Teil der
jütischen Halbinsel, der im Altertum und im frühen Mittelalter Vendel hieß (die isländischen Sagen Vendill, Adamus
Bremensis Venäila, /Elnoth (zirka 1120) Wendle, Saxo Wendila (vgl. oben S. 39). Die Bezeichnung Syssel, die sich
ursprünglich nur in Jütland und nicht auf den dänischen Inseln findet, könnte wiedergegeben werden durch „amt-
licher Bezirk" und ist eine von Seiten der Könige, möglicherweise unter englischem Einfluß, eingeführte admini-
strative Einteilung des Landes. Namenformen vgl. oben S. 39. Die Länge 31° ist sicher Ausziehungsfehler für 35°.
15 Salinghesusel umfaßte im Mittelalter nicht allein die Halbinsel Salling, die sich nordwestlich von Viborg
in den Limfjord hinausschiebt, sondern auch die Insel Mors in demselben, sowie Fjends Herred (Harde) in dem
jetzigen Viborg Amt. Uber die Bezeichnung Syssel s. oben Uendesusel. Namenformen : Liber census Danise Saling-
sysasl; die Halbinsel Salling (vermutlich ursprünglich eine Insel) wird 1354 Sallingfe, SaMnglund und Salling geschrieben.
16 Skagen, Dänemarks nördlichste Stadt, auf der schmalen Landzunge (altnordisch skagi bedeutet Landzunge,
die sich ins Meer erstreckt), in welche die jütische Halbinsel sich zwischen Skagerak und Kattegat hinausschiebt,
Horns Herred, Hjarring Amt; die ersten städtischen Privilegien 1413 von Erich dem Pommern erteilt; das Leucht-
feuer auf Skagen wurde zuerst unter Frederik 11 (t 1588) errichtet. Namenformen vgl. oben S. 39 (Itineraire Brugeois
Stauen d. h. Seemen). 18 Die Breite 59° für den nördlichsten Teil von Jütland ist sicher Ausziehungs- oder Ab-
schreibefehler für 59° 30', da Stadt Viborg auch auf 59° n. Br. gelegt wird. Mehrere Ptolemäus-Rezensionen haben
auch 59° 30' (vgl. Kap. VIII A). 19 Mare Balticum kommt als Name der Ostsee zum erstenmal bei Adamus
Bremensis vor (IV 10): sinus ille ab incolis appellatur Balticus, eo quod in rnodwn baltei longo tractu per Scithicas regiones
tendatur usque in Greciam (nach Schaferik, Slav. Alt. I, 451 ff. soll der Name vom altpreußischen baltas, „weiß"
abgeleitet werden). Die dänische Bezeichnung des nördlich und südlich von den dänischen Inseln befindlichen Meeres
scheint von alters her und noch zu Christian IV. Zeit (f 1648) Bcelt gewesen zu sein ; das Fahrwasser zwischen Fünen
und Seeland, jetzt Store Bcelt genannt, hieß in den isländischen Sagen Beltissund, bei Saxo Balticum fretum. (Lille Bcelt
35 10 58 5
littoris descripeionem haue post Albim
fluuium :
Ripis 32* 56 50 33 5i; 50
Uendesusel 31* 58
15 Salinghesusel 35 40 58
Skagen 39 58 15
Pars, que eius maxime
septentrionalis est 40 59 * 40 59 30
Ab Oriente terminatur mari Baltico
20 secundum descripeionem hanc:
20 1
25 /
Die beiden Clavus-Texte.
109
Nanziger Text.
Nanziger Karte.
Uiburgh
40 30 59
40 10 59 10
Viborg
Arus
40 20 [Do] /o
40 lo Do 4D
Aarbus
Kaldingb
39 50 [58] 15
39 45 58 15
Koldiug
Vedhlis
39 30 [58]
Vejle
25 Obenraa
38 20 [57] 30
38 15 57 40
Aabeuraa
Flenseborgb
38 [57] 15
Flensborg
Slesuigb
36 30 [57] 25
36 30 57 25
Slesvig
Nanziger Text.
21 59,0] 0, 59 N. 24 Vedhlis] Veldhlis N; cfr. Vechlis V, Uechlis W. 25 Obenraa] Obersraa N; cfr. obero B2, B3
als Name des Fahrwassers zwischen Fünen und Jütland ist ganz neuen Ursprungs ; in alter Zeit hielj er immer
Meäelfarsund.) 21 Uiburgh, Viborg, eine von Dänemarks ältesten und merkwürdigsten Städten, deren Geschichte
bis ins Altertum zurückzuführen ist, als sie Hauptopferstätte für Jütland war (der Name stammt vom altnordischen
ve oder vi <= Heiligtum, und bjürg, berg, bjarg = Berg : die Stadt liegt auf einem Hügel) ; ungefähr mitten in Jütland
belegen war sie im Mittelalter und in der neueren Zeit Haupstadt der Halbinsel, Sitz des Landesgerichts und der
Ort, wo sowohl die Wahl wie die Huldigung (Krönung) des Königs stattfand (die italienischen und katalanischen
Kompalikarten: vndberge hie coronatur rex dacie; Olaus Magnus bringt wie auch die Kompaßkarten auf der carta
marina 1539 den dänischen König und das dänische Wappen bei Viborg an) ; wichtiger Handelsplatz ; Münzstätte
unter den Königen von Knud dem Großen an (f 1035) bis Cristopher II (abgesetzt 1332); Bischofsitz; 1130 wurde
der Grund zur Domkirche gelegt; im Mittelalter durch Wälle und Gräben befestigt; das Viborger Schloß wurde
wahrscheinlich vom Könige Svend Grathe (f 1150) erbaut. Namenformen (vgl. S. 40) : die isländischen Sagen Vebjörg,
Cod. Par. 18504 Vibiarga, Adamus Bremensis Wiberch, Saxo Wiberga und Wibergum, Liber census Daniae Wibicergh
und Wybcergh, noch in Diplom 1466 Wibergh; Diplome von 1317 Wibwgh, 1368 Wiburg (so auch die Nanziger Karte),
1399 u. 1417 WiborgJi, Itineraire Brugeois Vilborch (die Endung -borg durch eine falsche Analogie mit den erst um das
Jahr 1200 um die königlichen Burgen entstandenen Städten wie Kallundborg, Nyborg, Vordingborg). 22 Arus,
Aarhus; jetzt Dänemarks nächstgrößte Stadt, an der Ostküste der jütischen Halbinsel bei der Aarhuser Bucht gelegen;
eine der ältesten Städte des Landes, jedoch im Mittelalter nicht sehr hervorragend ; nach Adamus Bremensis Haupt-
überfahrtsort von Jütland nach Seeland, Lünen und Schonen; Bischofsitz seit 948; am Schluß des Mittelalters mit
Mauern, Wällen und Gräben befestigt. Namenformen : die isländischen Sagen Arus, Adamus Bremensis Arhiisa, Liber
census Daniae Arus, die durchs Mittelalter hindurch gebräuchlichste Form (noch 1487), die man immer auf den kata-
lanischen Kompalikarten findet (sie fehlt auf den italienischen), Arus hat auch die Nanziger Karte ; Diplome von 1400
Arhios, 1406 Ar/ms, plattdeutsch 1391 Arhusen; die in der jütischen Volkssprache gewöhnliche zusammengezogene Form
Aars kommt 1404 vor, 1417 Aors: Itineraire Brugeois (zk. 1380) Arus. 23 Kaldingb, Kolding; Stadt an der
ü.stküste der jütischen Halbinsel, am Koldingfjord, l'/2 Meilen nördlich von der Königsau; im Mittelalter eine recht
ansehnliche Stadt, teils wegen Handels und Schiffahrt, teils wegen ihres Schlosses, das starke Koldinghus, von dem
Herzog, dem späteren König Abel 1248 erbaut: wann der Ort städtische Privilegien erhielt, ist unbekannt. Im Nan-
ziger Texte unrichtig nördlich von Vejle angebracht (vgl. S. 97). Namenformen : Liber census Daniae Kaldgng, Angelino
Dalorto 1339 caldeng, Diplom 1355 Koldingce (Gen.), Francesco Pizigano 1367 caldench und guldincs, Diplome 1390
Castrum Kaaldeenyh, 1396 Kaldingh, 1389 und 1423 Koldinghe, plattdeutsch 1440 Kolingen, Itineraire Brugeois (zk. 1380)
üoldinghen. 24 Vedhlis, Vejle; Stadt an der Ostküste der jütischen Halbinsel am Vejlefjord, alt, aber ohne
weitere Bedeutung; wann sie zur Stadt erhoben wurde, ist unbekannt. Namenformen s. oben S. 39 (Angelino Dalorto
1325 vuetal, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Veelt). • 25 Obenraa, Aabenraa (Apenrade); alte Stadt an der Ost-
küste der jütischen Halbinsel am Aabenraafjord (Apenrader Föhrde) ; wird früh als Handelsplatz genannt ; das alte
Apenrader Schloß wurde 1411 von der Königin Margrete niedergerissen und ein neues erbaut. Namenformen s. S. 38;
erst im Anfang des 16. Jahrh. dringt die hochdeutsche Form Apenrade durch. 26 Flenseborgh, Flensborg
(Flensburg); an der Ostküste der jütischen Halbinsel an der gleichnamigen Föhrde gelegen; war schon eine bedeutende
Stadt, als sie 1284 ein eigenes auf dänisch geschriebenes Stadtrecht erhielt; von Mauern und Gräben umgeben; in
der Nähe lag ein Schloß (Mirienborgh), wo Erich der Pommer im Jahre 1413 mehrere Briefe ausgefertigt hat. Namen-
formen: Diplome von 1369 (plattdeutsch) Vlensboryh, 1400 (plattdeutsch) Flensborch, 1428 (plattdeutsch) Fleriseborch,
Flensborgh und Flensburg, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Flmsböreh. 27 Slesuigh, Slesvig (Schleswig); Stadt
an der Ustküste der jütischen Halbinsel am Westende der Föhrde Slien (Schlei) gelegen; eine der am frühsten
erwähnten dänischen Städte ; war in ihrer Eigenschaft als Bischofsitz (von 948 an) und Residenz der Herzöge die
wichtigste Stadt Süd-Jütlands ; zum Dom wurde am Schluß des 11. Jahrh. der Grund gelegt; die Stadt war von
Mauern umgeben; in der Nähe das Schloß Gottorp (castro gotorp Angelino Dalorto 1339), oft Residenz der Herzöge;
nach der Stadt bekam Süd-Jütland (das Land zwischen der Königsau im Norden und der Eider im Süden) früh den
Namen Slesvig (die Herzöge werden in den ältesten Quellen bald h<ßrtigh i Jwtldand, bald dux Jutice, bald dux Slesvi-
110
Kapitel VII.
Nanziger Text.
Eghernefiordh
Plöne
30 Kiil ciuitas
Traun fluui[i] ostia
Nanziger Karte.
37 [57]
36*50 56 50
36 56 30
35 56
Insule lucie adiacent in Baltico qui-
dem mari: Pheonia, que maxima earum
est et circumscribitur sie:
35 Medelphar portus
Agarnes Promontorium
39 50 57 50
40 10 57 50
35 30 56 50
35 25 55 45
Nanziger Text.
Eckernförde
Plön
Kiel, Stadt
Mündung des Flusses Trave
Bei Jylland liegen im Baltischen Meere
mehrere Inseln : Pyen, welche die größte
von ihnen ist, wird folgendermaßen rundum
beschriehen :
Middelfart, Hafen
Agernaes, Vorgebirge
30 Kiil] corr. ex Knl N.
31 Traun] Train N; cfr. Traun W, V.
cenais genannt). Nament'ormen : schon in ältester Zeit treten zwei Namen für die Stadt auf: Hedeby und Slesvig;
ersterer findet sich am frühesten bei Wulfstan : cet liceisum ; auf den dänischen Runensteinen (Hedeby- und Dannevirke-
steine zk. 1000) : häiißa bu und at hißa bu. Letzterer Name zuerst in Vita Ansgarii : Sliaswic (in der dänischen Volks-
mundart in Angeln und Fjolde bei Husum heißt die Stadt noch jetzt Sljasvij, Slasvig) ; bei Adamus Bremensis finden
sich beide Namen Sliaswig quae et Heidiba dicitur; die isländischen Sagen Heidabcer (Heidabyr) und SIceisvik (Slesvilc),
ebenfalls im Liber census Danite Hetheby und Slceswich; cod. Paris. 18504 hethabia; in den Diplomen findet sich kaum
ein andrer Name als Slesvig (1263 Sleswich, 1266 Sleswic, 1268 Sieswik, 1351 Sleswich, 1390 Siezewik, 1400 Sleswyk,
1403 Sleswik) ; auf der angelsächsischen Weltkarte vom 10 — 11. Jahrh. Slesoic; Francesco Pizigano 1367 sclesuiche, Itineraire
Brugeois (zk. 1380) Sleyswyck ; die Nanziger Karte Slesuig. Noch zu Christian IV. Zeit (f 1648) konnte man die Bauern die
Stadt Hedeby nennen hören. 28 Eghernefiordh, Eckernförde; Stadt an der Ostküste der jütischen Halbinsel
in der Landschaft Svanse (Schwansen) zwischen Schlei und Eider an der tiefen gleichnamigen Bucht (Föhrde) gelegen j
um die Burg Ykcerribwgh oder Yh-oenueburgh herum, die im Liber census Danise genannt wird, entstanden; der Ort wird
schon 1288 als Stadt erwähnt und ward 1418 befestigt, war aber ohne Bedeutung. Namenformen s. oben S. 38.
29 Plöne, Plön; Stadt in Holstein, zk. 3'^ Meilen südöstlich von Kiel, zwischen dem großen und kleinen Plöner See
gelegen; wird schon 1071 als fester wendischer Ort auf einer Insel im See erwähnt; im Schutze der von den Holsteinern
auf dem Bischof berge 1173 angelegten Burg blühte die Stadt auf und erhielt 1236 Stadtrechte. Namenformen: der
gewöhnliche Name im 14 — 15. Jahrh. war Plone, es kommt jedoch auch Plone vor, z. B. im Diplom von 1366 (opidum
Plöne), Itineraire Brugeois (zk. 1380) Pinne. Die Länge 36° 50' sicher Ausziehungsfehler für 35° 50', da Plön nicht an
der Küste liegt (vgl. die nach dem Wiener Texte konstruierte Karte). 30 Kiil, Kiel ; Stadt in Holstein am Kieler
Busen ; wird schon im 10. Jahrh. erwähnt, erhielt 1242 Lübecker Stadtrecht und war vom 14. Jahrh. an Mitglied des
Hansabundes ; im 13. Jahrh. ward das Schloß erbaut, 1320 das Gymnasium gegründet. Namenformen : die gewöhnliche
Form im 14. Jahrh. ist Kyl, im 15. Jahrh. auch Kyle ; 1361 und 1363 wird KU geschrieben (Giovanni Carignano zk. 130U
Kit), 1368 Kyl, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Kiel. 31 Traun, Trave; Fluß in Norddeutschland, fließt in einem
westlichen Bogen durch Holstein, an Segeberg und Oldesloe vorbei, und mündet bei Travemünde in die Ostsee. Zum
Schutze der Travemündung ließ Heinrich der Löwe 1160 einen festen Turm bauen, den die Dänen 1219 zu einer
Burg erweiterten. Die Stadt Travemünde gelangte 1329 in den Besitz von Lübeck. Namenformen: die gewöhnliche
Form in plattdeutschen Diplomen vom Anfang des 15. Jahrh. ist Trauerte, zuweilen kommt auch 2Vawe«<M> vor;
Travemünde wird 1429 Trauenemünde geschrieben, 1425 Trauenemunde, 1370 und 1431 Trauenmunde, 1418 Trave-
münde. 33 Pheonia, Fyen (Fünen), die zweitgrößte der dänischen Inseln, gehörte ursprünglich zum Viborger
Landsthing und benutzte das jütische Gesetz. Zur Unionzeit bekam die Insel ihr eigenes Landsthing, wo auch den
Königen gewöhnlich gehuldigt wurde. Sie ist immer eine der fruchtbarsten und am besten bewirtschafteten der
dänischen Inseln gewesen. Namenformen : die isländischen Sagen Fjön, Adamns Bremensis Funis, Saxo Feonia und
Pheonia, Liber census Danise Feonia und Fio?tia, die südeuropäischen Kompaßkarten haben fino-nia, finonya, finonja;
die Nanziger Karte wie der Text Pheonia ; Itineraire Brugeois (zk. 1380) Fym, d. h. Fyn (?) ; die jetzige dänische Form
Fyen schon in Diplom 1354. 35 Medelphar, Middelfart; Stadt an der Westseite von Fünen am Kleinen Belt
(Vends Herred, Odense Amt); zu Valdemar Sejr's Zeit (f 1241) lag hier schon eine königliche Burg; ursprünglich
ist es wohl nur ein Fischerdorf gewesen, das erst 1496 städtische Privilegien erhielt; uralter Überfahrt ort nach
Jütland (der Name bedeutet „der mittlere Überfahrtsort", der nördliche war bei Strib, der südliche bei Assens);
Sammelplatz für Delphinfänger. In der Nähe der Stadt lag das im Wiener Texte erwähnte Schloß Hindsgavl.
Namenformen s. oben S. 39. Itineraire Brugeois (zk. 1380) Meldenaer, d.h. Medeluaer. 36 Agarnes, Agern.es;
Nordspitze von Fünen (Krogsbolle Kirchspiel, Skam Herred, Odense Amt). Namenformen: Liber census Daniae
Die beiden Clavus-Texte.
111
Nanziger Text.
Nanziger Karte.
40 10 57 50
40
50
Bogens uilla
Ellemose sinus 40 10 57
Hinsholm Promontorium 40 50 57
40 Niborg portus 41 10 57 35
Suinborg portus 41 10 57 50*
Agernake uilla 40 50 57 15
Asnes uilla portus 39 50 57 30
Vocatur autem et bec proprie Obdhonis
45 Insula, vnde eius mediterrauea ciuitas
est dicta Ottonia uel Odbeuzhoe, id est
Nanziger Text.
Bogense, Ortscbaft
Ellemose, Bucbt
Hindsbolm, Vorgebirge
Nyborg, Hafen
Svendborg, Hafen
Agernakke, Ortschaft
Assens, Ortschaft und Hafen
Sie wird aber eigentlich auch Odo's
Insel genannt, weshalb ihre Biunen-
stadt Ottonia oder Odhenzhojf, d. h.
39 Hinsholm] Rinsholm ? N. 41 Suinborg] corr. in Suinborg N. 44 Obdhonis] Storni liest Odhon's.
Akcernces. 37 Bogens, Bogense; Stadt an der Nordküste von Fünen am Kleinen Belt; wann sie zur Stadt
erhoben, ist unbekannt; sie wird zum erstenmal 1288 genannt, als König Erich Msendved (f 1319) ihre Privilegien
bestätigte ; diese wurden von den späteren Königen, u. a. von Erich dem Pommern 1425 genehmigt. Namenformen
s. oben S. 38. Itineraire Brugeois (zk. 1380) Boghms (im Volksmunde Bowns). 38 Ellemose; Moor in Vejlby
Kirchspiel, Vends Herred, innerhalb der Baaring Bucht, westlich von Bogense. 39 Hinsholm, Hindsholm ;
Fünens nordöstlichste Halbinsel (Bjserge Herred, Odense Amt), die nur mittelst einer schmalen Landzunge mit dem
übrigen Fünen zusammenhängt; war früher eine Insel. Namenformen: Liber census Daniaä Hcegncezholm (altnordisch
hegnah- bedeutet „Einhegung"). 40 Niborg, Nyborg; Stadt an der üstseite von Fünen am gleichnamigen
Fjord, der vom Großen Belt ins Land hineinschneidet: wuchs als Stadt heran um das vielleicht schon 1170 von einem
Neffen Königs Valdemars des Großen (f 1182) erbaute Schloß, das jedenfalls doch zu Valdemar Sejr's Zeit (f 1241)
existierte; nahm schon früh durch seine zentrale Lage mitten im Reiche, sowie als Hauptüberfahrtsort von Fünen
nach Seeland einen hervorragenden Platz ein ; es ward hier oft Hof gehalten, und seit der. Mitte des 13. Jahrh. wurde
die Stadt immer häufiger der Versammlungsort für die großen Reichsversammlungen, die 1282 zu einer festen Staats-
institution mit richtender und gesetzgebender Gewalt wurden („Danehof"). 1284 wurde beschlossen, daß der „Danehof"
immer in Nyborg abgehalten werden sollte ; 1413 geschah dies zum letztenmal, als der Reichskanzler, Bischof Peter
Jenssan Lodehat von Roskilde, Graf Gerhard VI. Söhnen den Besitz des Herzogtums Schleswig absprach ; die von Val-
demar Sejr erteilten städtischen Privilegien genehmigten und erweiterten die späteren Könige. Namenformen : Liber
census Danise Nyburgh, die im Mittelalter allgemein gültige Form, Diplome von 1354 und 1423 Nyborgh, Itineraire
Brugeois (zk. 1380) Nieuborch. 41 Suinborg, Svendborg; Stadt an der Südküste von Fünen am gleichnamigen
Sund ; nach Odense die bedeutendste Stadt auf Fünen. Ursprünglich nur ein Fischerdorf, später ist (wahrscheinlich
im 12. Jahrh.) die Burg erbaut, nach der die Stadt ihren Namen erhielt; wird 1229 zum erstenmal erwähnt; erhielt
vom Könige Valdemar Sejr (t 1241) städtische Privilegien ; ward vom Herzog (späteren König) Abel (f 1252) befestigt ;
1389 von der Flotte der Hansestädte während des Krieges der Königin Margrete mit dem Könige Albrecht von
Schweden überfallen. Namenformen: 1229 Hwineburgh, 1266 Swineborg, 1372 Swinburgh, 1385 Swynburgh, Itineraire
Brugeois (zk. 1380) Zwinborch ; erst im 15. Jahrh. erscheinen die Formen Siveneborgh, Suenneborgh, Suenborg. Die
Breite 57° 50' vermutlich Abschreibe- oder Ausziehungsfehler, z. B. für 57° 20', da Svendborg im Wiener Texte und
auf den A-Karten richtig liegt. 42 Agernake identifiziert Storm mit Avernako (Insel im Kleinen Belt südlich
von Faaborg (Salling Herred, Svendborg Amt). Avernake wird indessen im Liber census Dani« Wcestrce dragfuj),
1536 und 1539 jedoch Arnakke genannt; möglicherweise erklärt sich diese Nichtübereinstimmung dadurch, daß Ager-
nake mit dem auf der Ostseite von Fünen liegenden Arnakke Hoved (dem Arnake des Wiener Textes) identisch ist.
43 Asnes, Assens ; Stadt am Kleinen Belt auf der Westseite von Fünen ; wann sie Privilegien erhielt,
ist unbekannt; ihre größte Bedeutung bestand darin, daß sie ein viel benutzter Überfahrtsort von Füaen nach dem
Festlande (Aaresund bei Haderslev (Hadersleben)) war. Namenformen: Liber census Daniae Asnces, eine das ganze
Mittelalter hindurch gebräuchliche Form. Itineraire Brugeois (zk. 1380) Asmees, d. h. Asne.es. 44 — 45 Ohdhonis
insula findet sich als Name von Fünen kaum anderswo; er ist von Clavus erfunden, und hat sich dieser von der
schon damals gebräuchlichen, ganz entstellten Form des Namens der Hauptstadt Odense zu diesem Ausdruck verleiten
lassen (im 11. Jahrh. Othenswl, d. h. „Odins Heiligtum" ; schon im Liber census Daniee Othcens(j) und in den isländi-
schen Sagen Oöinsey, welches als „Odinsg" verstanden werden muß. Vgl. unten bei Odense). 46 Ottonia uel
Odhenzhoa, Odense; Hauptstadt von Fünen, mitten im Lande 8/4 Meile südlich vom gleichnamigen Fjord gelegen;
ihre Geschichte reicht bis ins heidnische Altertum zurück, wo sie die Hauptstätte der Odinsverehrung war (der Name
bedeutet „Odins Heiligtum", vgl. Viborg) ; 987 zum ersteninale genannt, als der deutsche Kaiser Otto III. einen
Ü2
Kapitel VII.
Nanziger Text.
Odonis insula. Teuent ipsius occiden-
talia Vuenzelline-hi, Boginghi et Fog-el-
linghi; orientalia Viuningh[iJ; meri-
50 dionalia Salinglii, in qua parte est
Salinga, paterua uüla Claudij Clauii
Snartlionis, Nielis Petri Tuchonis fili[ij
et Margarete Ingredis Cicilie Osee
Strangonis Viningh genitj, pareium
55 istaruin presenciuru corographi, in gra-
dibus 40 57 30
et septentrionalia eius teneut Skoghingi;
media autem teneut Odhoniughi
40 5 57 30
Nanziger Karte.
40
57 30
Nanziger Text.
Odo's 0 genannt wird. Li ihrem west-
lichen Teile wohnen die Wenzellinger,
Bogingher und Fogellingher, in dem
östlichen die Vinningher, in dem süd-
lichen die Salingher, in welchem Teile
Sallinge liegt, Vaterstadt von Claudius
Clauius Suartho, Sohn von Niels, Peder
Tygesens Sohn, und von Margarete In-
grid Ceeilie Aase, Tochter von Strange
in Vindinge, der Chorograph dieser
gegenwärtigen Länder, unter:
und in ihrem nördlichen Teile wohnen
die Skoghinger, in der Mitte aber die
Odhoningher.
48 Boginghi] Koginghi N. 52 Nielis] Storra liest Melis. 54 Viningh] Viningli N. Storni liest Vtningm
Schutzbrief in Bezug auf einen- Bischof'sitz in Odense ausstellte, den die deutsche Mission zu seiner Zeit dort zu
errichten gedachte; Münzstätte unter Knud dem Großen (f 10.35) und den folgenden Königen; noch unter Erich dem
Pommern wurden hier Münzen geprägt; Ädamus Bremensis bezeichnete die Stadt als magna civitas; Bischofsitz; die
Könige hielten sich dort häufig auf um Gericht zu halten; die größte Berühmtheit erhielt die Stadt im Mittelalter
ah, Hauptort der Verehrung König Knuds des Heiligen, der hier 1086 in der von ihm erbauten St. Albani-Kirche
ermordet und 1101 vom Papst kanonisiert wurde ; die wiederholten, auch von fremden Ländern aus gemachten Wall-
fahrten zu seinem Grabe wurden eine reiche Einnahmequelle für die Stadt und gaben die Veranlassung zu dem
großen St. Knuds-Markt im Juli; wann die städtischen Privilegien erteilt wurden, ist unbekannt. Namenformen:
Auf den Münzen zu Knuds des Großen Zeit (abgekürzt) OthsvL, Odso. und Odns., Adamus Bremensis Odansue, /Elnoth
(zk. 1100) Ötkeriswi, schon 1183 in St. Knuds Klostersiegel zu Othense entstellt, Liber census Danise Othcens<t>, die islän-
dischen Sagen Odinsei/ (aber auch Oiinsve), Saxo Othoniensis paifm und Othence, Diplome von 1329 Othenshtjxj), 1393 Otthens,
1400 Odhens, 1417 Odensce und Othcnsty, 1397 (plattdeutsch) Odensee, die lateinischen Formen waren Othence-, Otthinia und
Otthonia (die jetzige Füner Form in der Aussprache ist Ons), Itineraire Brugeois (zk. 1380) Ilordenze. 47 tenent
ipsius occidentalia u. s. w. : Die Aufzählung, welche Clavus im folgenden von den Harden auf seiner. Gelrurtsinsel
gibt, ist keineswegs vollständig; von Fünens 12 Harden fehlen 6, nämlich Aasum (Liber census Danise Äsvmhceretm
Bjserge (Bycerghcereth), Lunde (Lundcehwreth), Skam (Schammehcereth), alle in Odense Amt, Sunds (Sundzhareih), und
Gudme (GutlmmJuereth), beide in Svendborg Amt. 48 Vuenzellinghi, die Bewohner von Vends Herred,
Odense Amt; der nordwestlichste Teil des Amtes, der gegen Westen und Norden am Kleinen Belt liegt; heißt im
Liber census Danise Wcendwslcethcereth, 1440 Vcendz liceret. 48 Boginghi, Bewohner von Baag Herred, Udense
Amt; der südwestlichste Teil des Amtes, gegen Süden und Westen am Kleinen Belt belegen; heißt im, Liber census
Danire Bokwhcereth, 1425 Bog hceret. 48 — 49 Fogellinghi; auf Fünen befindet sich keine Harde, auf die dieser
Name passen könnte; Storni vermutet „einen Schreibfehler für Foburghiiighi, Einwohner von Foburg (Eaaborg)" ;
dies ist aber sehr unwahrscheinlich, da Faaborg gar keine Harde war, sondern, wie Storm auch richtig bemerkt,
zur Harde Salling gehörte, nach welcher Clavus die Salinghi benannte ; man könnte eher einen derartigen Gedächtnis-
fehler vermuten, wie deren öfter bei Clavus vorkommen : auf Laaland findet sich eine Harde Fuglse, die im Liber
census Danise Fugltehwreth und Fughwlshcereth genannt wird — nach Clavus' Art von Namenbildung würde FogeUingJii
regelrecht „Bewohner von Fuglseherred" sein. 49 Vinninghi, Bewohner von Vindinge Herred, Svendborg
Amt, der nordöstlichste Teil des Amtes, der gegen Osten am Großen Belt liegt; wird im Liber census Danise
Vinnynghmreth genannt. 50 Salinghi, Bewohner von Salling Herred, Svendborg Amt, die südwestliche Spitze
Von Fünen, gegen Südwesten am Kleinen Belt gelegen; wird im Liber census Danise Salwnyluereth genannt.
51 Salinga, Sallinge; Dorf im Hillerslev Kirchspiel, Salling Herred, Svendborg Amt.
51—52 Claudij
Clauii Suarthonis etc., über Clavus' Namen und Familie siehe Kap. IX. 54 Viningh, Vindinge; Dorf
in Vindinge Kirchspiel, Vindinge Herred, Svendborg Amt (nach dem Dorfe haben Gemeinde und Harde ihren
Namen bekommen). 57 Skoghingi, Bewohner von Skovby Herred, Odense Amt, liegt gegen Norden am
Kleinen Belt; heißt im Liber census Danise Schogbyhcereth. 58 Odhoninghi, Bewohner von Odense Herred,.
Odense Amt, inmitten von Fünen; heißt im Liber census Danise Otliu'nshcereth.
Die beiden Clavus-Texte.
113
Nanziger Text.
60 Circa autem laanc insulani sunt plures
parue insule et magne decenter sub con-
sequenti descripcione in eodem inari Bal-
tico :
Hielm Insula 40 10 58 10
65 Alse Insula 39 57 20
Liwde Insula 39*10 57 30*
Thasindh Insula 41 57 10
Lawindli, cuius septentrio-
nalia 41 50 57 30
Nanziger Karte.
70 Et ipsius meridionalia
Sproue deserta
41 30 56 40
39
40
41
57 15
57 10
57 5
42
57 30
41 50 57 10
41 30 56 40
42 57 30
Nanziger Text.
Eund um diese Insel sind mehrere
kleine und leidlich große Inseln in dem-
selben Baltischen Meere folgender Be-
schreibung nach:
Hjselm, Insel
Als, Insel
Ly0. Insel
Taasinge, Insel
Langeland, deren nördlicher Teil
und deren südlicher Teil
Sprog0. unbewohnt
66 Liwde] Hwde N. 68 Lawindh] Lamidh (d. h. Lawidh) N. 71 Sproue] Sprone N.
64 Hielm, Hjselrn ; Insel im Kattegat, .Ebeltoft Kirchspiel, Mols Herred, Randers Amt, '/„ Meile vom
jütischen Festlande entfernt und l'/2 Meilen südöstlich von der Stadt iEbeltol't; am bekanntesten als Aufenthaltsort des
an König Erich Klippings Mord (1286) teilhaftigen Marschall Stig Andersen Hvide (f 1293), der hier 1290 eine Burg
aufführte, von wo aus er die dänischen Küsten ausplünderte ; die Burg ward 1306 oder 1307 von König Erich
Msendved eingenommen und zerstört ; die Insel ward später längere Zeit von den Königen zu wilder Stuterei benutzt :
es ist verkehrt, wenn Clavus die Insel zu Fünen gehören läßt; sie gehörte zu Aabosyssel in Jütland. Namenformen :
Liber census Danise Hicelm, 1307 Hialm, 1317 Hyelm, 1431 Hyalm. 65 Alse, Als (Alsen) ; Insel im Kleinen Belt.
bei Aissund von der Halbinsel Sundeved (Sundewitt) des Festlandes getrennt; auf der Insel lagen 3 Schlösser (Sander-
borg, Nordborg und Kegheborg), die 1377 den Holsteinern überlassen wurden ; sie gehörte in kirchlicher Beziehung
zu Fünen. Namenformen : Liber census Danise Alsce und Alsia, im Wiener Text Als<f>, alle drei Namen im Mittelalter
gleich gebräuchlich, vom 15. Jahrh. an auch die deutsche Form Alsen. 66 Liwde, Lya; Insel im Kleinen Belt
(Salling Herred. Svendborg Amt), etwa l/4 Meile südlich von der Füner Halbinsel Horneland; war zu König Valdemar
Sejr's und noch zu weit späterer Zeit Krongut; die Insel war reich an Wild: Hirsche, Damm- und Edelwild, sowie
Pferde; am bekanntesten ist sie durch die Gefangennahme König Valdemar Sejr's durch Graf Heinrich von Schwerin
in der Nacht zwischen dem 6. und 7. Mai 1223. Namenformen : Liber census Danise Lyuth<j>, 1313 Lyuthee, 1431
Lythfy. Nach dem Texte liegt die Insel westlich, nach der Karte richtiger südlich von Fünen ; worin der Fehler
steckt, ist nicht zu entscheiden, da sowohl Länge als Breite von einander abweichen. 67 Thasindh, Taasinge;
eine wegen ihrer Naturschönheit berühmte Insel (Sunds Herred, Svendborg Amt) südlich von Fünen, von dem sie
durch den schmalen Svendborg Sund getrennt ist ; war in der ersten Hälfte des 14. Jahrh., zusammen mit Fünen,
im Besitze der Grafen von Holstein, ward von König Valdemar Atterdag eingelöst und 1395 von der Königin Mar-
grete dem Füner Bischofstuhl überlassen. Namenformen: die isländischen Sagen ßörslundr (Var. fjörslundr), Liber
census Danias Tfiosland, welche Form in allen Quellen des 13. und 14. Jahrh. und 1408 vorkommt; später kommen
Formen vor wie: losind, Tasing, Tosing, Taasing und Taasen ; letztere ist die jetzt an Ort und Stelle gebräuchlichste
Redeform. 68 Lawindh, Langeland; Insel im südlichsten Teile des Großen Belt (belt.e auf der Nanziger Karte)
zwischen Fünen (l'/4 Meile von dessen Küste entfernt), Seeland (2'/2 Meilen von dessen Küste entfernt) und Laaland
(durch den l3/4 Meilen breiten Langelandsbelt von dieser Insel getrennt); nach Valdemar Sejr's Tod 1241 fiel sie
seinem Sohne, dem späteren König Abel zu und blieb lange im Besitze seiner Nachkommen (der Herzöge von
Schleswig) ; Valdemar Atterdag (f 1375) brachte die Insel wieder unter die dänische Krone. Namenformen : Wulf-
stans Reisebericht Langaland, Adamus Bremensis Langland, Liber census Danise Langwland, Langeland und Langland,
die südeuropäischen Kompaßkarten und II Conoscimiento Jangland, letzteres auch Ganglante; im 15 — 17. Jahrh. kommen
oft die Formen Lavind oder Laven vor, nach der Volksmundart. 71 Sproue, Sproga ; kleine Insel mitten im
Großen Belt zwischen Kors^r und Nyborg; im schol. 107 an Adamus Bremensis erwähnt: inier Seland et Funem
insula est parvula, quam Sprogam dicunt; ea est spelunca latronum, magnus timor omnium transeuntium ; zk. 1160 — 70
legte König Valdemar der Große (f 1182) hier eine Befestigung gegen die Wenden an, die jedoch nie weitere Be-
deutung erhielt; die Insel ist vermutlich bis in die neuere Zeit hinein unbewohnt gewesen; sie gehörte bis ins
19. Jahrh. zu Vindinge Herred, Svendborg Amt, auf Fünen (jetzt zu Slagelse Herred, Sora Amt, auf Seeland). Namen-
formen: Liber census Danise Sprowm, später schreibt man Sprouffe, Sprove und Sprou (letztere Form die jetzige
Volksmundart).
Bjurnbo u. Petersen, Claudius Clayus. 15
114
Kapitel Vll.
Nanziger Karte,
Nanziger Text.
Lalandia insula , cuius
Occideutalia 43 57 43 57
Et eius Orientalia 43::; 57 45 57
75 Item ad orientem Eglieruefiordh in
niari appellato Cholbierghliede est:
Ferneren Insula 37 30 56 55 37 30 56 55
Et illius parua Insula 39 56 50 38 55 56 50
Situs Halindhie.
80 Latera Hallindhie que contigua sunt
Noruegie in locho iuxta Promonto-
rium Starcoteris, cuius sunt gradus
36 61 40 36 61 40
et protensa linea ab hoc loco usque ad
sr> medium regionis latus Suecie in situ,
cuius gradus sunt 46 10 66 46 20 65 55
Nanziger Text.
Laaland, Insel, deren westlicher Teil
und deren östlicher Teil
Ferner liegt östlich von Eckernförde
in dem sogenannten Kolbergerheide Meer:
die Insel Fehmern
und deren kleine Insel.
Hailands Lage.
Hallands Grenzen, welche Norge berühren
an einer Stelle bei Staerkodders Vor-
gebirge, welches liegt unter
und an einer ausgedehnten Linie von
dieser Stelle an bis zur Mitte der
Grenze vom Eeiche Sverige, welche
gelegen ist unter
76 Cholbierghliede] thobierghhede N. 77 Femeren] Femiereui N. 81 locho] lotho N. 85 latus] Lacus N.
72 Lalandia, Laaland; Insel in der Ostsee südlich von Seeland; war im Mittelalter, ebenso wie die öst-
licher liegende Insel Falster, oft den Plünderungen wendischer Seeräuber ausgesetzt, zeitweise sogar von ihnen be-
wohnt (verschiedene Ortsnamen deuten vielleicht auf slawischen Ursprung, z. B. Kramnitse, Billitse, Binnitse, Tillitse,
Kuditse, Korselitse — s. F. Schiern, Om den slaviske Oprindelse til nogle Stednavne paa de danske Smaa0er in Histo-
riske Studier II, Kabenhavn 1857, S. 440 ff.); im 14. Jahrh. war die Insel dem holsteinischen Grafen Johann III dem
Milden (f 1359) verpfändet und wurde vom Könige Valdemar Atterdag (f 1375) wieder eingelöst; sie gehörte bis in
die neueste Zeit unter das Füner Stift (bildet nun mit Falster ein eigenes Stift und Amt). Namenformen : Wulfstans
Reisebeschreibung Lceland, Adamus Bremensis Laland, Saxo Lalandia, Liber census Daniae Laland und Lalandia.
74 43° 0' falsch herausgezogen für 45° 0'; vgl. S. 16. 75 Eghernefiordh; vgl. oben S. 110.
76 Cholbierghhede, Kolbergerheide; Name des Teiles der Kieler Bucht, welcher zwischen Fehmern und der
Kieler Föhrde liegt. 77 Femeren, Fehmern; Insel in der Ostsee, durch den Fehmernsund von Holstein getrennt;
war im frühen Mittelalter von Wenden bewohnt, stand seit Mitte des 11. Jahrh. unter der dänischen Krone und war in
geistlicher Beziehung dem Füner Stift Untertan ; sie war Jahrhunderte hindurch der Streitapfel zwischen den dänischen
Königen und den holsteinischen Grafen, bis sie 1435 zusammen mit dem Herzogtume Schleswig an Graf Adolf über-
lassen wurde ; 1420 hatte der Dänenkönig Erich der Pommer sje erobert und aufs grausamste geplündert. Namen-
formen: Adamus Bremensis Imbra, Liber census Danise Ymbrce, die in den lateinischen Formen Imbria (Ymbria) in
lateinischen Annalen und Diplomen gebräuchlich ist; die gewöhnliche Form in plattdeutschen Quellen ist Femeren
oder Vemaren. 78 Illius parua insula existiert nicht (vgl. jedoch die A-Karten und den Wiener Text); östlich
von Fehmern war indessen früher ein Grund oder Inselchen. 79 — 80 Halindhia-Hallindhia (vgl. Haiin dia
S. 118 und Halandi auf der Karte), Landschaft auf Schwedens Westküste, von der Stadt Laholm im Süden bis Kungs-
backa im Norden ; bildete bis zum Jahre 1645 mit Schonen und Blekinge den östlichsten Teil des dänischen Reiches
(Danorum Regio auf der Nanziger Karte). Clavus gibt Hailand eine viel zu große Ausdehnung, wenn er es auch das
ganze südöstliche Norwegen (Oslo und Hamar Stift) und einen Teil des schwedischen Vestergötlands umfassen läßt.
Namenformen : die isländischen Sagen Mailand, Saxo Hallandia, Liber census Dania? Hallandia und Holland, Diplome
1361 Hallandia (allg.), 1387 Hallandh, 1389 Hallwnd, 1394 Hallend (Clavus' Halindhia < Hailand entspricht dem obigen
Thasindh < Thosland). 81 in locho ; wenn die nachfolgende Erklärung von Promontorium Starcoteris richtig
ist, wäre diese Stelle im südlichsten Norwegen zu suchen. Die Erklärung: lotho = locho — loco ist indessen
erlaubt, da im Mittelalter namentlich in Italien die, Form lochus = locus vorkommen kann; vgl. z. B. Andrea del
Bianco's Kompaßkarte vom Jahre 1436: „tile est lochus inabitabilis . . ." und ,.Ciuitas et lochus Sante marie . . ."
81 — 82 Promontorium Starcoteris. Axel Olrik hat uns freundlichst folgende Mitteilung zur Verfügung gestellt:
„Diese Bezeichnung gilt vermutlich Oddernws bei der Stadt Kristians^and (Lister und Mandals Amt im südlichsten Nor-
wegen), welches Vorgebirge Clavus oder seine Zeitgenossen ganz willkürlich auf den Riesen Sta'rkodder bezogen haben.
Die richtige Form des Namens war Starlcadr (die isländischen Sagen), im älteren dänisch Starkathcer, d. h. den stserke
Odder (der starke Otter) ; vgl. A. Olrik, Danmarks heltedigtning II [noch nicht gedruckt] auf Grundlage von Mit-
teilungen von Magnus Olsen [in Kristiania]." Über Starkair s. Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde V, S. 301—56.
Die beiden Clavus-Textc.
115
Nanziger Text.
Nanziger Karte.
Nanziger Text.
Eins ineridioualia que luciain spectaut
et occeauo aluitur sie describitur post
Starcoteris promoutoriuui :
welclier gegeu
(J0
95
Aoslo ciuitas
Olaui uilla
Somerzhauu portus
Lodese ciuitas
Hamer ciuitas
Sioholm
37*15 61
38 50 61
40 60
41 60
43* 60
44 60
50
10
30
10
10
Situs Scanie.
Meridionalis lateris descripeio iu
Sein südlichster Teil.
Jyllaud wendet und vom Ozean bespült
wird, wird von Staerkodders Vorgebirge
De?
an so beschrieben:
38 30 61 30 Oslo, Stadt
Olafs Ortschaft
39 55 60 5 Simrishamn, Hafen
Lödöse, Stadt
44 45 60 Hamar, Stadt
Seholm
Skänes Lage.
Beschreibung der Südseite dem 0re-
89 Starcoteris] startoteris N. 91 Aoslo ciuitas] Aoflotentas N. 92 Olaui] Olani N. Storni liest
Olaui statt Olani. 93 Somerzhauu] Somerzhaim N. 40, 0—60, 0] 40, 60 — 0, 0 N. Storm liest Somershaun statt
Somerzhaim. 94 41, 0-60, 30] 41, 60—30, 0 N. 95 43, 0—60, 10] 43, 60—10, 0 N. 96 44, 0-60, 10]
44, 60—10, 0 N. 97 Scanie] stanie N. 98 lateris] lacus N.
91 Aoslo, Oslo (jetzt Stadtteil von Kristiania), am nördlichsten Teil des tiefen Kristianiatjords gelegen,
war schon im Mittelalter die vornehmste Stadt des südlichen Norwegens; wurde kurz nach der Mitte des 11. Jahrb.
vom Könige Harald Haardraade (f 1066) angelegt, war Bischofsitz und öfters Residenz der norwegischen Könige.
Am Schluß des 13. Jahrh. wurde hier die starke Burg Akershus angelegt, die in der folgenden Zeit die Haupt-
residenz des Königs war ; ganz fehlerhaft wird die Stadt von Clavus zu Halland gerechnet. Namenformen : Die
isländischen Sagen Oslo und Aslö, Saxo Asloa, Diplome 1287 Asloa, 1416 Osslo, 1417 Oslo und Aslo, 1423 (plattdeutsch)
Anslo, 1440 Asloia, Atlas Medicseus 1351 c. ardola d h. cfapitulum de] asloia, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Hanslo
(d. h. Anslo), Cod. Paris. 18504 Alpsa (d. b. Apsla) ciuitas, Nanziger Karte Oslo. Die Länge 37° 15' stimmt nicht mit
der Karte, unsicher warum. 92 Olaui uilla wird von Storni mit Sarpsborg identifiziert; diese Stadt liegt im
südöstlichen Norwegen am Flusse Glommen und wurde 1018 vom Könige Olaf dem Heiligen angelegt, war Tingsted
(Gerichtsstelle) für Borgarting, welches ursprünglich ganz Viken (d. h. das Land um den Kristianiafjord), später nur
Borgarsyssel (das Land östlich vom Kristianiafjord) umfaßte : sehr groß wurde die Stadt nie : von Olaf dem Heiligen
wurde sie nur Borg genannt, erhielt aber später wegen ihrer Lage am Sarpsfosseii (Fos = Wasserfall) den Namen
Sarpsborg; von Clavus ganz unrichtig zu Halland gerechnet. 93 Somerzhaun wird von Storm mit Simrishamn
identifiziert, alte Stadt im südöstlichen Schonen, ursprünglich vielleicht nur Hafenplatz für die Binnenstadt Tomarp ; sie
wird aber schon im 13. Jahrh. und oft später als eigene Stadt, Hafen oder Markt erwähnt, da die Hanseaten ihren Herings-
fischfang in der Nähe betrieben, war übrigens von geringfügiger Bedeutung; wird von Clavus unrichtig angebracht
und fälschlich zu Halland gerechnet. Namenformen : Diplome 1361 (plattdeutsch) Sotnershauen, 1378 (lat.) Synibris-
hafn, die südeuropäischen Kompaßkarten somershans (Angelino Dalorto 1325 und 1339), sormecants, somercans, somech
und somerans , 11 Conoscimiento Sormeauns (außerdem Formeans, Formeanes und Sormences) , Itineraire Brugeois
Somerzham. 94 Lodese, Lödöse; Stadt am Fluße Götaelf (Elf oder Alf, norwegisch Elv = Fluß) in Vestergöt-
land, im Mittelalter Schwedens einzige Seestadt gegen Westen, und deshalb von gewisser Bedeutung ; wurde 1368
von einer hanseatischen Flotte zerstört; im 15. Jahrh. wurde 4 Meilen näher dem Meere eine neue Stadt Nya-Lödöse
angelegt, die 1473 Privilegien erhielt ; von Clavus unrichtig zur angrenzenden dänischen Provinz Halland gerechnet.
Naraenformen : Die isländischen Sagen Hljööfrus und Ljodhus, Diplome 1285 L<bdhosia, 1313 Lythosia, 1326 Ludhosia,
Itineraire Brugeois (zk. 1380) Lodese, Diplom 1413 LQdJtese. 95 Hamer (so auch auf der Nanziger Karte),
Hamar, Stadt in Norwegen am See Mjgsen in der Landschaft Hedemarken; Bischofsitz, übrigens ohne große Be-
deutung : wird von Clavus unrichtig zu Halland gerechnet. Namenformen ; Die isländischen Sagen Hanta rr oder
llamarkaupängr, norwegische Diplome allg. (Dat.) j Hanire, 1423 (plattdeutsch) Homer. Die Verschiedenheit in der
Länge (43° gegen 44° 45') beruht vielleicht darauf, daß das Stadtzeichen für Hamar fehlt und das Zeichen auf 44° 45'
mit dem Namen Hamer zu Sioholm gehört. 96 Sioholm, d. h. Seholm (oder schwedisch Sjöholm), unbekannte
Lokalität in diesen Gegenden. Im Wiener Texte Syoholm als Insel im £*resund auf Hven's Platz (vgl. unten).
97 Scania, Skäne (Schonen); südlichster Teil der skandinavischen Halbinsel; von den ältesten Zeiten her einer der
drei Hauptteile des dänischen Reiches (vgl. oben unter Halland) mit eigenem Gesetzbuch („Skaanske Lov", dessen
älteste Handschrift mit Runen geschrieben ist, vgl. oben S. 90) und Landesgericht (Landsting), wo die dänischen
15*
j j^g Kapitel VII.
Nanziger Text. Nanziger Karte. Nanziger Text.
0resundb. ubi capiuntur alleca: sund zu, wo Heringe gefangen werden:
100 Helsingborgh 45 59 45 58 50 Heisingborg
Erichstadh 46 30 58 50 46 15 59 Ericbstad (d. Ii. Landskrona)
Elleby portus 47 5 58 40 46 45 58 45 Malmö, Hafen
99 0resundh] eresudh N (cfr. 122). 101 Erichstadh] Erichstadn N. 102 Elleby] Ellebij N.
Könige sich von ihren Untertanen jenseits des Sundes huldigen ließen; während der uuruhigen Verhältnisseim
14. Jahrh. bald in Holsteins, bald in Schwedens Besitz, wurde aber 1360 von Valdemar Atterdag wieder für Dänemark
erworben. Namenformen: Die isländischen Sagen Skäney oder Skän, Wulfstans Reisebericht (zk. 900) Sconeg, Adamus
Bremensis Sconia, Saxo Scania, Liber census Danise Scania, Giovanni Carignano (zk. 1300) Scania, Marino Sanuto
(zk. 1320) Scania de regno dacie, Diplome 1396 Slcawj) und plattdeutsche 1355 Schone, 1360 Skone, 1368 Schöne, ltine-
raire Brugeois (zk. 1380) Sconen, Nanziger Karte Scaningi. 99 0resundh, 0resund ; Meerenge zwischen Seeland
und Schonen, die das Kattegat mit der Ostsee verbindet. Namenformen : Die isländischen Sagen Eyrarsunä und
Eyrasnnd, Diplome 1368 (preszimd und (pressund, 1390 <f><f>reswnd, Nanziger Karte (preson, 1428 (plattdeutsch) Orssunde,
öfters nur Sund, Sunt oder Zand; ltineraire Brugeois (zk. 1380) Zee horsüt. 99 ubi capiuntur alleca: Der
Heringsfischfang im £ resund. welcher am St. Bartholomäi Tage (24. August) anfing und am St. Dionysi Tage (9. Ukt.)
schloß und im ganzen Norden berühmt war, wird schon von Arnoldus Lubicensis (zk. 1210) und Saxo erwähnt.
Arnold sagt (Chron. Slavor. III, 5) : „Omnibus divitiis abuudant [sc. Dani] propter piscationem, que quotannis in
Scania exercetur, ad quam omnium circumquaque nationum negotiatores properantes aurum et argentum et cetera
queque preciosa illuc deferunt, et comparatis halecibus eorum, que illi gratis ex divina habent largitate, quasi pro
vili quodam commercio sua optima nonnunquam etiam se ipsos naufragando relinquunt." Bei Saxo (ed. Müller,
S. 11) heißt es: „Ab hujus [sc. Sialandiae] ortivo latere occasivum Scaniae media pelagi discindit interruptio, opimam
prasdae magnitudinem quotannis piscantium retibus adigere soliti. Tanta siquidem sinus omnis piscium frequentia
repleri consvevit, ut interdum impacta navigia vix remigii conamen eripiat, nec jam praada artis instrumento, sed
simplici manus officio capiatur." Auch Marino Sanuto sagt auf seiner Karte (Cod. Paris. 4939, fol. 9) : „In hoc mari
est maxima copia aletiorum." Über den Heringsfang, welcher noch durchs ganze 15. Jahrh. in voller Blüte stand,
hat der französische Edelmann Philippe de Maizieres, der zur Zeit des Königs Valdemar Atterdag (f 1375) den 0resund
passierte, eine sehr lebendige Schilderung gegeben ; vgl. Bibliotheque de 1' ecole des hautes etudes, Fase. 110, Paris
1896, S. 247 — 48. Vgl. auch Sartorius, Geschichte des Ursprungs der Hansa, II, 12 ff. ; Rud. Lundberg, Det stora sill-
fisket i Skäne under medeltiden in Antiqvarisk Tidskrift för Sverige XI, Nr. 2, S. 5 ; Schäfer, Das Buch des lübecki-
schen Vogts auf Schonen, XLV1I ff. 100 Helsingborgh, Heisingborg; Stadt in Schonen an (Eresunds
schmälster Stelle, gegenüber der Stadt Helsing0r auf Seeland; entstand um die vom 10. Jahrh. stammende Burg herum
und war wegen seiner Lage im Mittelalter ein wichtiger Ort, wo die dänischen Könige sich öfters aufhielten (1327
Reichstag [Danehof]); 1418 wurde die Stadt durch Feuersbrunst zerstört; ihre Bedeutung wurde geschwächt durch
die bei Helsingar von Erich dem Pommer zk. 1423 wegen des Sundzolls aufgeführte Burg. Namenformen : Die islän-
dischen Sagen Heising iaborg, Adamus Bremensis Halsinpurgh, Saxo Heisinga und Helsingum oppidum, Liber census
Daniaa Hmlsingbwrgh und Hcelsyngburgh, Diplome 1253 Hwlsingceburgh, 1353 Heisingburg, 1401 Helsingeborgh, 1425
Helsingborch, 1440 (plattdeutsch) Helschenborgh und Helschenborch, ltineraire Brugeois (zk. 1380) Helsingborch, Nanziger
Karte Heisingborg. 101 Erichstadh wird von Storm aufgefaßt als „der gleichzeitige, schnell in Vergessenheit
geratene Name von Landskrona" (vgl. oben S. 41 — 42). Auf Landskronas Platz in Schonen am 0resund lag in alten
Zeiten ein Fischerdorf (Saaby); 1410 legte König Erich der Pommer hier das erste Karmeliterkloster der Nordlande
an, und d. 14/3 1413 fertigte er die städtischen Privilegien für die um das Kloster herum emporblühende Stadt aus,
und nannte sie Landeskrone; 1428 wurde sie von den Hanseaten und 1452 von den Schweden abgebrannt und aus-
geplündert; trotz ihres guten, natürlichen Hafens erlangte sie deshalb nie einen hervorragenden Platz unter den Städten
in Schonen. Namenformen: Testam. 1415 Landescrone, Diplome (plattdeutsche) 1422 Landeskronen und 1428 Landes-
cronen. 102 Elleby, Malmö; Stadt in Schonen am 0resund; wird zum erstenmal 1116 genannt, lag aber
damals südlicher als jetzt und weiter von der Küste entfernt; erst im Anfange des 14. Jahrh. erhielt sie ihre jetzige
Lage; wurde 1336 von Gräben umgeben, wozu Erich der Pommer zunächst eine Ringmauer fügte und später (1434)
einen Königshof, der den ersten Anfang zu dem Schloß Malmöhus bildete; sie wurde früh eine blühende Stadt und
stand in der lebhaftesten Verbindung mit den Hanseaten, von welchen ihr wegen einer Landzunge der Name Ellen-
bogen gegeben wurde. Namenformen: Die isländischen Sagen Mälmhaugar, Testam. 1346 Mahn^gh, 1358 Malmoy,
1398 Mahnoghe, 1410 Mahnte, Diplom 1352 Malm<f>ghe (allg.), 1378 Malm<j>, 1382 Malm<t>w, 1387 Maalmifiwce, 1422
Malmtye. Plattdeutsche Diplome vom 14—15. Jahrh. Elenboghen, Elbogen, Ellenboghen, Mellenboghen, Melboghen, Mm-
boghen, ltineraire Brugeois (zk. 1380) Melleboghen.
\
Die beiden Clavus-Texte.
117
105
Nanziger Text.
Nanziger Karte.
Skanor portus 47 10 58 20
Falsterbede 48 50*20
Ab Oriente sie describitur :
Ystkedb uilla 50 59
Ab hac ciuitate Uues usque ad me-
dium latus predicte regiouis Suecie per
liueam exteusam terminatur residuum
110 regiouis Dauorum inclusiue.
lu Scania
sunt :
Luudis ciuitas
115 Madhkerutk
uille mediterrauee hec
47 40
49
59 30
51*
Nanziger Text.
47 30 58 20 Skanör, Hafen
48 25 58 20 Falsterbo
Gegen Osten wird es so beschrieben:
50 T 10 V] 59 Ystad, Ortschaft
Von der Stadt Ähus an bis zur Mitte
der Grenze vom oben genannten Keiche
Sverige wird der Rest des Reiches der
Dänen durch eine ausgedehnte Linie inneu
begrenzt.
48
In Skäne
städte :
59 30 Lund, Stadt
Markaryd
sind folgende Binneu-
103 Skanor] Skainor oder Skanior N.
108 latus] lacus N. 112 Scania] stania N.
Madhkeruch.
106 Ysthedh] Yschedh N. Storni liest Ysthedh statt Yschrdh.
115 Madlikeruth] Madhkeruch N. Storm liest Madhkeruth statt
103 Skanor (so auch die Karte), Skanör; Stadt auf der südwestlichen Landzunge von Schonen; war im
Mittelalter einer der bedeutendsten Handelsplätze in Dänemark, und zwar wegen des großen Heringsfanges im £re-
sund (vgl. oben). Hier war außerdem die Stelle, wo die sogenannte biskayische Flotte bei der Rückkehr vom süd-
westlichen Europa den preußischen und livländischen Kaufleuten begegnete und Waren austauschte. Die Namen
andine oder dondina auf den südeuropäischen Kompaßkarten sind vielleicht eine Bezeichnung dieses Jahrmarkts,
d. h. eine Entstellung von nundinae (vgl. E. W. Dahlgren in Nordenskiölds Facsimile-Atlas S. 52, Note 2). In den
Perioden, wo weder Markt noch Fischfang stattfand, lag die Stadt fast öde, da die Anzahl der festen Bewohner nur
gering war. Nördlich von der Stadt lag eine starke Burg; 1368 wurde Skanör sowie das naheliegende Falsterbo
von den Hanseaten ausgeplündert. Namenformen: Die isländischen Sagen Skaneyri, Liber census Danise Scawfir,
Diplome 1254 und 1353 Scan<j)r, 1348 nundinae Skamßr, 1389 SkanJnf»; plattdeutsch 1355 Schönere, 1361 Schoner, 1365
Sehonore, 1435 Schonöre, die Kompaßkarten scamor, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Chuno'r und Scanior. 104 F al-
sterb ede, Falsterbo ; Stadt auf der südwestlichsten Landzunge von Schonen in der Nähe von Skanör; war wie letztere
während des Heringsfanges ein wichtiger Handelsplatz, jedoch von etwas geringerer Bedeutung. Namenformen vgl. oben
S. 39. Die Breite 50° 20' Abschreibefehler für 58° 20'; vgl. S. 16. 106 Ysthedh (vgl. unten S 121 Ystedh), Ystad;
Stadt auf Schonens Südküste an der Ostsee; wird zum erstenmal um die Mitte des 13. Jahrh. genannt, war aber ohne
besondere Bedeutung; auch hier werden ..deutsche Auslieger" (d. h. fest wohnende Handelsleute) erwähnt. Namen-
fornien s. oben S. 39 ; Marino Sanuto (zk. 1320) Ystadi, die Kompaßkarten ystach (1325 und 1339), ystricho und istacfi,
II Conoscimiento Ystac oder Ystat, ctie Nanziger Karte Ystedh, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Hystede. 107 Oues (so
auch die Kartei, Ähus; Stadt auf Schonens Ostküste an der Mündung von Helgeä; wird schon im frühen Mittelalter als
Platz von Bedeutung genannt; entstand neben dem Schloß Aoseh us, das von den lundensischen Erzbischöfen angelegt
war; erhielt im 14. Jahrh. städtische Privilegien. Namenformen : Diplome 1299 Aivis, 1308 Aoos, die allg. lateinische
Form war Aosia, plattdeutsche Diplome 1361 Ahnsen und 1390 Ahus, die Kompaßkarten Aossia (1325), Aoxia, Aosia
und Osisia, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Dons (d. h. Aous). — Es ist nicht richtig, wenn die schwedische Grenze bei
Llavus schon bei Ähus angegeben wird. 114 L u n d i s (so auch die Karte), Lund ; Stadt in Schonen, nicht weit
vom Meere; eine der ältesten Städte im Norden; schon in der heidnischen Zeit lag hier eine ansehnliche Stadt mit
Opferhain und Göttertempel, die bedeutenden Land- und Seehandel trieb, letzteren vermittelst des damals schiff-
baren Flüßchens Höjeä. Nach der Einführung des Christentums wurde Lund Bischofsitz ; unter König Knud dem
Heiligen (t 1086) wurde der Grund zum berühmten Dom gelegt'- 1104 wurde die Stadt Residenz für den Erzbischof
des Nordens und spielte als solche eine grolle Rolle; 1137 — 47 wurde sie mit Mauern und Türmen befestigt; im Dome
wurden die dänischen Könige gekrönt und nördlich von der Stadt empfingen sie die Huldigung des Volkes ; hoch
unter Erich dem Pommer war Lund Münzstätte. Namenformen : Die isländischen Sagen Lundr und Lund, Adamus
Bremensis Lundona, Saxo Lundia, Liber census Danise Lund, die allg. Form in lateinischen Diplomen ist Lundis, in
dänischen Lund, in plattdeutschen Landen, Cod. Par. 18504 hat Lunda metropolis, Marino Sanuto (zk. 1320) Lundis
Metropolis dacie, die Kompaßkarten haben lendes, lundes, lande und lamd.es, II Conoscimiento landis und londis. Itineraire
Brugeois (zk. 1380) Landen (d. h. Londeri). 115 Madhkeruth, Markaryd; Dorf in Smäland (Schweden) dicht
IIS
Kapitel VII.
L20
Nanziger Text.
lnsule adiacent Halindie:
Nanziger Karte.
Tunsbergh insula
Trendel parua
Vendhenskaun
Holuz insula
37 30 61
40 40 59
42 50 58
44 60
20
40
50
Sellandia que a cane marino sie
appellata in 0resvndh siniiliter sita sie
circumseribitnr :
Slaghlosia non longe a
125 dns sunt
man, cums gra-
43 58
37 30 61 20
40 40 59 40
42 50 58 50
44 59 55
Nanziger Text.
Bei Hailand liegen die Inseln:
Tensberg, Insel
Trindel, kleine [Insel J
Vendelskage (d. h. Grenen)
Anholt, Insel
Sjaelland, welches nach dem Seehund so
benannt gleichfalls am 0resund gelegen ist,
wird folgendermaßen rundum beschrieben :
Slagelse, nicht weit vom Meere, liegt
auf
119 Vendhenskaun] Vdhenskanu N. Storm liest Vdhenskaun statt Vdhenskanu. 122 Storm versteht
nickt die Abkürzung sir und korrigiert in est.
an der Grenze Schonens, Station auf dem Wege von Heisingborg nach Jönköping und deshalb in Itineraire Bru-
geois (zk. 1380) aufgenommen (Madkerod). Die Breite 51° 0' offenbar Abschreibefehler für 61° 0'; vgl. S. 16.
117 Tunsbergh, T0nsberg; Stadt in Norwegen an der Westseite vom Kristianiafjord, eine der ältesten Städte in
Norwegen, wird schon unter König Harald Haardraade (f 1066) erwähnt, war öfters Aufenthalts- oder Zufluchtsort
der Könige; auf einem Felsen nördlich von der Stadt lag schon im 12. Jahrb. eine Feste, die von König Haakon
Haakonsjn (f 1263) erweitert und verstärkt wurde und den Namen Tunsberghus erhielt. Hier auf dieser Burg, einer
der wichtigsten des Reiches, wohnte Königin Margrete oft. Von Clavus wird Tgnsberg ganz unrichtig als Insel
aufgeführt und zu Halland gerechnet. Namenformen : Die isländischen Sagen Tunsberg oder nur Berg, Saxo Tuns-
bergum, norwegische Diplome allg. (Dat.) a Tunsberge, lat. 1306 Tunsberghae. Auf den italienischen Kompaßkarten
verdorbene Formen wie Giovanni Carignano zk. 1300 tromberg, Angelino Dalorto 1325 und 1339 trunberg, Francesco
Pizigano 1367 tuborge, II Conoscimiento Tru(n)berec, die Nanziger Karte Tunsberg. 118 Trendel, der kleine
Steingrund Trindel n. ö. von Syrodde auf der Insel Laesj, einer der gefährlichsten Gründe des Kattegats. Die Wracke
der auf Trindel gestrandeten Schiffe gehörten dem König ; von Clavus unrichtig zu Halland statt zu Jütl ind
gerechnet. Namenformen: Diplom 1419 (plattdeutsch) Trendele. 119 Vendhenskaun, Vendelskage; jetzt i
Grenen, die äußerste Spitze der jütländischen Halbinsel nach Norden (Gren = Asp, Zweig) ; kei e Insel. Auf der
Karte liegt eine Insel gerade auf 42° 50' ö. L. und 5 0 5J' n. Br. Der Name Veenskon auf der Karte gehört aber
zu drei Inseln auf 36" bis 38° ö. L. und 59° 25' bis 59° 45' n. Br. Die Korrektur Vdhenskanu = Vendhenskaun wird
durch die Form Veenskon der Karte bekräftigt. 120 Holnz muß nach Storm dasselbe wie Anholt sein, eine
Insel im Kattegat nördlich von Seeland ; mit diesem Namen wird die Insel jedoch sonst nie genannt. Der Wiener
Text hat Aneholth, A, Ana/ld, die übrigen A-Karten Anaol. Die Insel, die im Mittelalter dem König gehörte, wurde,
wie noch heute, zu Jütland gerechnet; die Einwohner lebten hauptsächlich von gestrandeten Gütern, trieben aber
auch Seehundsfang. Namenformen s. oben S. 39. 121 Sellandia, Sjaelland; die größte der dänischen Inseln, '
schon im Mittelalter Dänemarks Hauptland (tarn fortitudine virorum quam opulentia frugum celeberrima sagt Adamus j
Bremensis) mit eigenen Gesetzen und Gerichtsort (Landsting) in der Stadt Ringsted. Im älteren Mittelalter war >
Roskilde Hauptstadt und Residenz, erst unter Erich dem Pommern wurde Kabenhavn dazu erhoben (1416). Namen-
formen : Die isländischen Sagen Sjöland, Själand, Sjolönd, Scelundr, Scelund, Selundr, Selund, Silundr, Thietmar von
Merseburg (f 1028) Selon, Adamus Bremensis Seland, Saxo Sialandia, Liber census Daniaa Selandia, Sellandia und
Syaland, lateinische Diplome 1193 Sialandia, 1352 Sellendia, 1354 SyeUandia (allg.) und Syellendia, 1376 Sy<j>lendia,
dänische Diplome 1354 Sielland, 1400 Siceland und Selwnd, 1419 Sicelwnd; die Kompaßkarten Insula salandia (Ange-
lino Dalorto 1325 u. A.), Isola sandia (Francesco Pizigano 1367), Silandia (Anon. catal., Firenze), salant (Mecia de
Viladestes 1413) ; möglicherweise ist der Name eduxelant, cauodoxelant und cauodexelant auf Jütlands Nordspitze, die \
auf diesen Karten der Insel Seeland ganz nahe liegt, als capitulum de xelant (d. h. Seeland Bistum) zu verstehen I
(Conte Freducci 1497 hat C. de siland). 11 Conoscimiento Salanda, Salandi, Salendia und eibdat que dizen (Jolanda,
Itineraire Brugeois Zeland insula. 121 — 122 que a cane marino sie appellata (vgl. caniscida d. h. canis \
insula auf der Karte) ; dieselbe Etymologie (Saalland = Seehund sland), die man auch im Wiener Text findet, hat
Sophus Bugge aufgestellt (Arkiv för nordisk filologi VI, Lund 1890, S. 237 ff.). Andere Etymologien sind Seland j
(d. h. Seeland) (vgl. 0. Nielsen, Blandinger udgivne af Universitets-Jubilaaets danske Samfund 1, Kabenhavn 1881 — 87,
S. 169 ff.) und „Das große Land" (vgl. Marius Kristensen in Udsigt Over det philologisk - historiske Samfunds Virk-
somhed 11, K0benhavn 1883—94, S. 182 — 83). 124 Slaghlosia, Slagelse; sehr alte Stadt, die im 11. Jahrh.
Die beiden Clavus-Texte.
119
Nanziger Text.
Nanziger Karte.
Nanziger Text.
Nestuedh
Var dhin ghbu rgh
Crucis portus
Kebingh portus
130 Heisingher
Holbek
44 57 40
45 57 20
45 30 57 30
46 58
45 58 20
44 40 58 30
Mediterrauea eius ciuitas est:
Roskildh 45 58
Nsestved
Vordingborg
Korshavn (?)
45 50 58 Ivebenhavn
Heisinger
Holbaek
Seine Binnenstadt ist:
44 45 58 ßoskilde
130 Heisingher] Helfinghar N. Storni liest Helsingh(j>r statt Helfinghcj»: 133 Roskildh] Rosklidh N.
als Münzstätte genannt wird; städtische Privilegien erhielt sie zum erstenmal 1280 vom Könige Erich Klipping;
diese wurden von mehreren seiner Nachfolger, u. a. auch von Erich dem Pommer bestätigt; 1376 hielt Königin
Margrete Danehof (Reichstag) in Slagelse. Die Stadt lebte hauptsächlich vom Landbau, trieb aber auch einen recht
bedeutenden Handel, da sie ihren eigenen Hafen hatte, und zwar eine Meile südwestlich der Stadt am Großen Belt.
Namenformen : Saxo Slaglosia und Slaglosa, Liber census Danise Slaul<f>s(e und Slceglwsce, Diplome vom 14 — 15. Jahrh. im
allg. Slaulosie, Slaulfee oder Slaircelsce, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Glaueis (d. h. Slaurfs), plattdeutsches Diplom 1429
Sinnlosen. 126 Nestuedh, Naestved; Stadt im südlichen Seeland: wird schon im 12. Jahrh. als Stadt genannt,
und war in den folgenden zwei Jahrhunderten eine der bedeutendsten Städte dieser Insel ; trieb lebhalten Land- und
Seehandel; war unter Erich dem Pommer Münzstätte. Namenformen s. oben S. 38. 127 Vardhinghburgh.
Vordingborg; südlichste Stadt auf Seeland ; existierte schon, bevor Valdemar der Große die Burg anlegte, nach welcher
die Stadt benannt wurde. Städtische Privilegien erhielt sie von Erich dem Pommer, bedeutete aber nichts im Ver-
gleich mit der Burg; von dieser aus wurden nämlich die Seezüge unter den Königen Valdemar dem Großen und Val-
demar Sejr gegen die Wenden unternommen; hier fertigte letzterer am Reichstage 1241 das jütische Gesetz aus;
hier war Valdemar Atterdags Lieblingsaufenthaltsort, und Erich der Pommer hielt hier öfters Reichstag. Namenformen:
Die isländischen Sagen Vordun ijaborg, Saxo Worthyngum und Orfhunga, Jütisches Gesetz Warthiugburgh, Liber census
Danite Worthin jb wrgh und Worthmburgh , Chronica Danorum prseeipue Sialandica 1028 — 1282 (S. R. D. 11, 629)
Orthingeburgh, Diplome vom 14—15. Jahrh. Wardingborgh, Wordingborgh, Woringburgh . 128 Crucis portus
faßt Storni als eine Bezeichnung für die Stadt Korsir auf. die dann freilich ganz falsch auf der südöstlichen statt
auf der westlichen Küste von Seeland angebracht sein sollte. Richtiger wäre es offenbar, den Crucis portus mit
dem Chorsaa portus (Kors = Kreuz = crux) des Wiener Textes zu identifizieren, wo Kors r Corshays (d. h. Corshuyr ?)
heißt. Eine Lokalität mit diesem Namen findet man indessen nicht auf Seeland. Dagegen findet sich ein Kors-
havn auf der nordöstlichen Halbinsel von Fünen, dem Hindsholm. 129 Kebingh portus, Kabenhavn;
wie weit zurück in der Zeit die Bebauung an dieser Stelle reicht, weiß man nicht ; sicher ist nur, daß hier ein
kleines Fischerdorf lag, als König Valdemar der Große seinem Freunde, dem Erzbischof Absalon (f 1202) die
Stelle schenkte. Dieser ließ zum Schutz der Insel gegen die wendischen Seeräuber einen festen steinernen
Turm bauen, und kann somit als der Gründer der gröl ten Stadt der Nordlande betrachtet werden. Überreste von
Absalons Burg wurden anläßlich der Wiederaufführung des abgebrannten Christiansborger Schlosses im Jahre 1907
im Schloßhof gefunden. Wegen seiner günstigen Lage und gutem Hafen (K&benhavn = Kaufmannhafen) blühte die
Stadt schnell empor, und wurde im Jahre 1416, nachdem sie längere Zeit den Roskilder Bischöfen gehört hatte,
Haupt- und Residenzstadt. Namenformen s. oben S. 38. Itineraire Brugeois (zk. 1380) Cape /hauen. 130 Hei-
sing her, Heisings; Stadt auf Seelands Nordoatküste an der schmälsten Stelle des C resund, Heisingborg gegen-
über. Noch im 13. Jahrh. war hier kaum eine städtische Bebauung ; erst unter Erich dem Pommer erhielt die Ort-
schaft städtische Privilegien und eine feste Burg (Krogen oder Crekrog, das nunmalige Kronborg). Die Stadt wurde
von König Erich, der im Jahre 1425 den Sundzoll einführte, sehr begünstigt und erhielt in den folgenden Jahrhun-
derten eine außerordentliche Bedeutung als die Stelle, wo alle Schiffe, die passierten, Zoll zahlen mußten. Namen-
formen: Liber census Daniffi Hcelsiny^r und Heisingher, Diplome 1342 Helsingh o<j>r, 1433 Hcelssinght/ir, 1435 Ha?lsing<j>r,
plattdeutsche 1428 Helsinghore, 1440 Helschenore. 131 Holbek, Holoaek ; Stadt auf Seeland am Holbsekfjord ;
wird im Jahre 1199 in einem Donationsbriefe an Erzbischof Absalon als Hof genannt; unter König Valdemar Sejr
(f 1241) wurde hier ein Schloß angelegt, und von da an erhielt die Stadt eine gewisse Bedeutung. Stadtrechte erhielt
sie vermutlich unter Erich Maendved (f 1319). Namenformen : Liber census Daniaj Holcebec, Diplome 1356 Holbek,
1377 (plattdeutsch) Holbeke. 133 Roskildh, Roskilde, mitten auf Seeland an dem schmalen tiefen gleichnamigen
Fjord, eine der ältesten Städte im Norden, schon im 10. Jahrh. Residenz und Bischofsitz (civitas maxima, sedes regia
Danorum sagt Adamus Bremensis); der Grund zum jetzigen berühmten Dom, welcher die früheren hölzernen und
120
Kapitel Vit.
Nanziger Text.
135
Suuor abacia
Esserom abacia
Insula Falster
Menli insula
Dragher parua
140 Bornholrn
hic sepeli- 44 20 &.{
untur Keges
Daniae 44 40 57 30
46 57 20 c.4(
Nanziger Karte. Nanziger Text.
7 50 Sorg, Kloster
57 20
Esrorn, Kloster
Insel Falster
hier werden die Könige
von Danmark
begraben
47
46
58
c. 47 57 55 Meen, Insel
58 5 46 30 58 5 Drager, kleine [Insel]
49 5 58 40* c. 49 40 58 5 Bornholm
134 Suuor] Snuor N. 136 Esserom] Essieron N. Daniae] danaie N. 140 Storm liest 58, 20.
steinernen Kirchen ablöste, wurde von Absalons Nachfolger Bischof Peder Sunes3n (f 1214) gelegt; die Stadt wurde
von König Svend Grathe (f 1157) befestigt ; zirka 1151 bildete sich hier eine Gesellschaft (die Roskildebrttder) zur
Bekämpfung der wendischen Seeräuber ; die Stadt hatte im Mittelalter zahlreiche Kirchen und Klöster ; sie war
Münzstätte schon unter König Knud dem Großen (t 1035), und im Dom errichtete Erich der Pommer 1423 einen
herrlichen Marmorsarkophag für die Königin Margrete ; vom 14. Jahrh. an ging es aber mit der Stadt abwärts ;
Pest und Feuersbrunst verheerten sie, und 1416 wurde die Residenz nach Kabenhavn verlegt. Namenformen : Die
isländischen Sagen : Röiskelda, Röskelda, Hröaskelda, Hröiskelda, Hröarskelda, Adamus Bremensis Roschald, Saxo Roslcildia
und Roskild(e, Liber census Danise Roskildw, Cod. Par. 18504 Roskeada (d. h. Roskelda), Diplome 1341 Roskildls (allg.),
1376 Roskilde (allg.), 1391 (plattdeutsch) Roschilde, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Rosalde (d.h. Roscilde). 134 Suuor,
Sora, am gleichnamigen See, entstand um die Mitte des 12. Jahrh. um das von Erzbischof Absalons Vater angelegte
Cistercienserkloster herum ; die Ortschaft war immer ohne Bedeutung und erhielt erst im 17. Jahrh. städtische Privilegien.
Das Kloster dagegen erlangte namentlich durch Absalon große Bedeutung. Hier lebte Saxo als Mönch und schrieb seine
Geschichte von Dänemark; auch später zeichneten sich die Sorz-Brüder durch literarische Tätigkeit aus; möglicher-
weise erhielt auch Clavus hier seine erste Ausbildung (vgl. Kap. IX). In der Klosterkirche wurden außer Absalon,
der größten Gestalt des dänischen Mittelalters, die dänischen Könige begraben von Christoffer II (f 1332) an bis Mar-
grete (f 1412), deren Leichnam im Herbst 1412 nach Sora, aber schon im nächsten Jahre nach Roskilde geführt wurde
(vgl. oben). In den Diplomen hieß Sor<3 im allg. Sora ; 1417 Soer. 134 — 136 hic sepeliuntur Reges Daniae
steht in der Handschrift neben sowohl Suuor als Esserom, gehört aber nur dem ersten Namen an; vgl. oben.
136 Esserom, Esrom; Kloster im Nordseeland, im 12. Jahrh. als Cistercienserkloster unter Mitwirkung des hl. Ber-
nard de Clairvaux gegründet, wurde Mutter von mehreren großen Cistercienserklöstern in Dänemark und Norddeutsch-
land (z. B. Sora und Colbaz) ; die Mönche trieben Acker- und Gartenbau, versäumten aber nicht die Geschicht-
schveibung ; in der Klosterkirche liegt Königin Helvig , Valdemar Atterdags Gemahlin begraben. Namenformen :
Diplom 1378 Esrom. 137 Falster, Falster; Insel in der Ostsee südlich von Seeland; vgl. oben S. 114 unter
Laaland. Namenformen: Die isländischen Sagen Falstr, Wulfstans Reisebericht (zk. 900) Falster, Adamus Bremensis
Falstra, Saxo Falstria, Liber census Danise Falstria, Diplom 1400 Fcdster. 138 Manh, Mgen ; Insel in der
Ostsee südöstlich von Seeland; ihre wichtigste Erwerbsquelle war im späteren Mittelalter der zwischen Maen und
Schonen (vgl. oben S. 116) betriebene Heringsfang. Auf der Insel die Stadt Stege, die um das, vermutlich von Valdemar
dem Großen angelegte, Schloß Stegehus oder Stegeborg herum entstanden ist. Die andre Stadt der Insel, Borre, wurde
1510 von den Lübeckern zugrunde gerichtet und ist jetzt nur ein Dorf. Namenformen: Die isländischen Sagen Mcfm und
M<f»n, Adamus Bremensis Moyland, Saxo Meonia und Maina, Liber census Daniae M<j>n und M(jxj>n, Diplome 1286, 1317
und 1387 MH>n, 1267 M<j>n, die lateinischen Formen waren Meonia, Myonia, Meyonia, M<jmia, plattdeutsche Diplome
1342 Mone, 1428 Wime. (Über die Schi eibweise M<j>nh s. oben S. 89). 139 Draghar, Dragar; Dorf an der
Ostküste der Insel Amager im Sunde nicht weit von Ksbenhavn. Die Hanseaten allein hatten hier seinerzeit 700
Läden („Boder" d. h. Buden) wegen des Heringfanges. Im Nanziger sowie im Wiener Texte ist Drager unrichtig als
Name der Insel angegeben. Namenformen s. oben S. 38. 140 Bornholm (so auch die Karte), Bornholm;
Insel in der Ostsee, 5'/^ Meilen von der schwedischen, 12'/2 von der deutschen Küste entfernt, war wegen ihrer
günstigen Lage schon in vorhistorischer Zeit ein wichtiger Handelsplatz (römische Münzfunde vom 1 — 3. Jahrh. v. Chr.),
hatte im frühesten Mittelalter (nach Wulfstans Bericht zirka 900) einen eigenen König, wurde sehr spät (erst im
11. Jahrh.) bekehrt; gehörte dem Erzbischof zu Lund, welcher auf der Nordspitze der Insel die starke Burg Ham-
mershus anlegte, wo die Erzbischöfe während ihren Streitigkeiten mit den Königen mehrmals Zuflucht fanden ;
1360 erwarb Valdemar Atterdag die Insel für die Krone. Namenformen s. oben S. 39. Kommt in verdorbenen
Formen auf den Kompaßkarten vor: bundocJi, bundolh, bunedoro, brundolo, brundolch, II Conoscimiento Bondelet, Bon-
delech und Bondola. Itineraire Brugeois (zk. 1380) Borenhohn. Die Längen und Breiten im Text und auf der Karte
stimmen nicht, unsicher warum.
Die beiden Clavus-Texte.
121
Nanziger Text.
Nanziger Karte.
Nanziger Text.
<Europe Suessia que est Gothia.)
Suecia, que olim Gotbia est dicta, ter-
minos habet ab occasu prefatum Danie
145 latus et orieutalis Noruegie ex eadem
parte uersus septentriouetu usque ad
situui, cuius gradus sunt 51 71*
Pars eius uieridionalis littoris, quod
150 exteuditur in Sarmatico occeano, cuius
descripcio bee est post Ystedb:
Oues ciuitas
Kalmarn ciuitas
155 Strengenes ciuitas
52
54
57
60
60 40
62
<In Europa Sverige, welches Gütland
ist.>
Sverige, welches früher Götland genannt
wurde, hat als Grenzen gegen Westen
Danniarks oben genannte und des öst-
lichen Norges Grenze von derselben
51 72 Stelle an gegen Norden bis zu einem
Orte, welcher liegt unter
Der südliche Teil seiner Küste, die
sich in den Sarmatischen Ozean erstreckt,
dessen Beschreibung von der Stadt Ystad
an die folgende ist:
52 60 Ähus, Stadt
54 5 60 40 Kalmar, Stadt
57 5 62 Strengnäs, Stadt
141—142 Storni liest et statt est. 141—143 Gothia] Gochia N.
145 Storni liest Orientale statt orientalis.
141 — 142 <Europe Sueasia que est Gothia>: Seitenüberschrift. Das nunmalige Schweden wurde
ursprünglich von zwei Volksstämmen : Svear (altnordisch Sviar) und Götar (altnordisch Gautar) bewohnt. Erstere,
deren Name uns in der Geschichte zuerst begegnet (Tacitus: Suiones), bewohnten das Land um den Mälarsee (Sviariki,
Svi^jod); von Uppland nördlich des Mälarsees verbreiteten sie sich früh gegen Süden über Södermanland und gegen
Westen über Vestnianland. Das Land der Svear war von dem der Götar durch mächtige undurchdringliche Wälder
(Kolmärd und Tived) getrennt. Das Land der Götar (Gautariki) umfaßte hauptsächlich Öster- und Vestergötland, im
Süden und Westen der Seen Venern und Vettern. Zwischen den beiden Volksstämmen wurden bittere Kämpfe aus-
gefochten, auch nachdem sie ums Jahr 800 unter die Könige der Svear vereinigt worden waren. Eine Zeitlang
(1133 — 1250) hatten die Svear und Götar wechselweise die Herrschaft und den Königsthron inne; erst im Jahre 1250
beendete ein neues Königshaus (die Folkungar) die Streitigkeiten der beiden Stämme, obschon der Gegensatz zwischen
ihnen noch eine Weile dauerte. Namenformen: Die allg. lateinischen Formen waren Svecia und Got(h}ia, Svei und
Got(hi)\ Francesco Pizigano (1367) schreibt jedoch Svenzia und die katalanischen Konipaßkarten (1375 und 1413)
Svessia, Suesia oder Suezia ; II Conoscimiento hat Sueuia (oder Suebia) und Itineraire Brugeois Sueuen siue sueuia. Da
Kardinal Fillastre in seinen Noten in der Nanziger Hs. immer Suesia oder Suessia schreibt, der Nanziger Text dagegen
Suecia und die Karte Suetica Regio, so müssen wir mit Storm die Worte Europe Suessia que est Gothia für eine vom
Kardinal hinzugefügte Seitenüberschrift halten. Bemerkenswert ist, daß Gautlanal und Svi^ioö neben Danmorc auf der
isländische i Scheibenkarte vom 13. Jahrh. (Antiquites Russes II, Copenhague 1852, PL 4) vorkommen; die Ebstorfer
Karte hat sueonia, Cod. Par. 18504 regnum suenorum , Pietro Vesconte (1320) Suenden uel gotia neben suetia, Andrea del
Bianco (1436) Sueda. Die Breite 71° falsch ausgezogen statt 72°. 1-13 — 147 Auf der Nanziger Karte liegt dieser
Grenze entlang auf norwegischer Seite die Coberbyerghe (Kupfergebirge). 150 Sarmaticus occeanus kommt
schon bei Ptolemäus als Name des östlich von der cimbrischen Halbinsel belegenen Meeres vor: Sap^axta 4] £v 'Eupwirj.
Nach dem Erscheinen der lateinischen Ptolemäusübersetzung wurde dieser Name von den Geographen und Geschichts-
schreibern (z.B. Olaus Magnus) öfters benutzt. Auf den Konipaßkarten wurden andre Namen verwendet: Mare
noricum siue gochlandie, mare noricon et suecie, mare norion, mare gochlandie, mar de allemania e di gotilandie e de
suesia; vgl. im Wiener Texte mare gothlandie. 154 Kalmarn, Kalmar; Stadt an Schwedens üstküste (in Smä-
land) am Kalmarsund; wird schon kurz vor der Bekehrung des Landes als ein vorzüglicher Hafenplatz erwähnt; war
im Mittelalter und zur Zeit der Kalmarer Union eine der bedeutendsten Handelsstädte Schwedens und eine starke
Grenzfestimg. Auf dem Schlosse zu Kalmar ließ Königin Margrete Erich den Pommer als König der drei nordischen
Reiche krönen und hier legte sie 1397 ihren Vorschlag zur Unionsakte für die drei Reiche vor. Namenformen : Die
isländischen Sagen Kalmarnar und Kalmarn, Saxo Calmarna, Lateinische Diplome vor 1350 Calmaria und Kalmarnia,
plattdeutsche 1390 Calmeren (allg.), 1436 Calmem, die Kompaßkarten Calmam (d. h. calmam) u. a. verdorbene Formen,
II Conoscimiento Calman, Nanziger Karte Kalmar, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Keelmar. 155 Strengenesj
Strengnäs ; Stadt in Södermanland auf einer Landzunge im Mälarsee ; war in der heidnischen Zeit sicher Hauptopfer-
stelle der Svear in Södermanland ; vom 12. Jahrh. Bischofsitz ; der Dom wurde 1291 eingeweiht; Privilegien 1336 von
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 16
122
Kapitel VII.
Nanziger Text.
Nanziger Karte.
Nanziger Text.
Arus ciuitas 60 62 40
Castrum Vibor et insula 61 30 62 40
Pars eius septeutrionalis in mari
quieto extenditur hoc modo post fines
160 maxime septentrionales Noruegie et Suecie
predictas :
Prima eius extensio uersus orientem
gradus habet 54 70 40
Post extensionem primam
165 extensio 56 70
Dalin fluuij ostium 57 68
Qui deinde subscribitur 58 67
Qui ad ortum flectitur in ostio occiden-
tali Kas fluuii 60 67
170 Ostium Orientale Easis
fluuij 62 67
Flexus fluuij 61* 66
Est et Visingli lacus magnus et dulcis
in gradibus 51 62 30
175 Et Vone lacus uere eiusdem magnitudinis
in gradibus 61* 66 30
59 15 62 40
c.61 30 62 40
54
56
57
58
70 40
70
68
67
60 30 66 45
61 45 67
62 66
c.51 62 30
c.51 66 10
Vesteräs, Stadt
Burg Viborg und Insel
Sein nördlicher Teil erstreckt sich in
das ruhige Meer auf diese Weise von
den oben genannten nördlichen Grenzen
von Norge und Sverige:
Sein erster Vorsprung gegen Osten liegt
auf
Der Vorsprung nach dem ersten Vor-
sprung
Dal-Elfvens Mündung
Die demnächst bezeichnete [Stelle]
Die [Stelle], wo es gegen Osten biegt in
der westlichen Mündung des Flusses Ras
Ostliche Mündung des Flusses Eas
Die Biegung des Flusses
Da ist auch der große und süße Vising-
see auf
Und der Venersee von genau derselben
Größe auf
164 Storni liest prima statt primam.
V corr. ex f . . N. 176 61] corr. ? N.
166 fluuij] flij N.
173 Visingh] V corr. ex f N.
175 Vone]
König Magnu3 Erichsson geschenkt; hier wurde häufig Reichstag abgehalten, und die Bischöfe in Strongnäs spielten
während der Unionsstreitigkeiten eine große Rolle. Namenformen: Diplome 1344 Stnengcences, 1345 Strengenes, 1401
Strengnces; Cod. Paris. 18504 hat Strigium, möglicherweise t= Strengnäs. 156 Arus (so auf der Karte), Vest jräs ;
Stadt in Vestmanland, existierte vermutlich schon zur heidnischen Zeit als Hauptopferstelle von Yestmanhmd ; im
Mittelalter Bischofsitz ; wegen der nördlich der Stadt belegenen Bergwerksdistrikte wurde hier, teilweise von ein-
gewanderten Deutschen bedeutender Handel getrieben. Das Schloß (Vesteräshus) wurde am Schluß des 14. Jahrb. ange-
legt. Namenformen : Die allg. lat. Form war Arosia, in Diplomen allg. Westeraros oder Vestra Aros, alltäglich nur Aros
(io auch Itineraire Brugeois), dänisches Diplom 1417 Westrceams, Cod. Par. 18504 Arosa. 157 Vibor, Viborg; Stadt
in Finland, entstand um das vom schwedischen Marschall Torkel Knutsson (vgl. oben S. 3, Note 2) 1293 angelegte Schloß
(Viborgshus), erhielt aber erst städtische Privilegien im Jahre 1403; wurde bald eine Stadt von Bedeutung, Hauptstadt
von Karelen; das Schloß war nach Stockholm die wichtigste Festung des schwedischen Reiches. Namenformen: Diplome
Wiborgh und Wiborg, 1 tineraire Brugeois (zk. 1380) Biborch (d.h. viborch). 158—159 Mare qui e tum, Das
ruhige Meer, ohne Zweifel eine Reminiscenz an Tacitus' mare pigrum oder Plinius' mare mortuum, verschiedene Be-
zeichnungen des nördlichen Eismeeres (occeanus septentrionalis). 166 Dalin fluuius, Dal-Elfven; einer der
größten Flüsse in Schweden, dessen Quellen an der Grenze Norwegens liegen; er strömt durch die Landschaft Dalarne
(vgl. Dalingi unten und auf der Karte), bildet mehrere Binnenseen, von denen Siljan der größte ist, und läuft etwas
südlich von der Stadt Celle in den botanischen Meerbusen aus, also nicht wie Clavus sagt, ins Eismeer.
169 Ras fluuius; darüber sagt Storni : „unbekannter Name. Nach der Gradbestimmung sollte es der Fluß bei
Viborg (Sahna) bedeuten." Wäre es aber nicht denkbar, daß hier eine Reminiscenz und falsche Anbringung des
Flusses Tä bei Ptolemäus vorliege? „Ra" kommt nach ihm aus zwei Quellen bei den Hyperboräern und mündet
ins Kapische Meer. 172 Die Länge 61° 0' vermutlich Ausziehungsfehler für 62° 0'. 173 Visingh lacus,
Visingsö; Insel im Vettern, dem zweitgrößten von Schwedens Binnenseen; wird im älteren Mittelalter öfters als
Aufenthaltsort der Könige, namentlich derer von Sverkers Stamm erwähnt; König Magnus Laduläs z. B. starb hier
1290; im jüngeren Mittelalter wird die Insel selten erwähnt; Clavus hat sie offenbar dem Itineraire Brugeois (Vin-
singo) entnommen. Namenformen : Die isländischen Sagen Vtsinsey und Vist'ngsey, plattdeutsches Diplom 1391 Wgsin-
gesifxj). 175 Vone lacus, Venern; der größte von Schwedens Binnenseen. Namenformen: Die isländischen
Sagen Vcenir und Vceni, Diplom 1346 Vceni. Man wäre geneigt, Vone, als Abschreibefehler für Ycene aufzufassen,
Die beiden Clavus-Texte.
123
Nanziger Text. Nanziger Karte. Nanziger Text.
Mediterranee ciuitates in hoc regno Biuuenstädte in diesem Reiche sind
sunt hee :
folgende :
Vpsale
Upsala
Skare
Skara
Lynckebiugh
Linköping
Vesgede
Vestgötar
Strengenes
Strengnäs
Ougard
Ougard [?]
Ver.son
Vexiö [?]
Abo
Abo
179 Storni liest Upsale statt Vpsale. 184 Storni liest Ougard statt Ougard.
wird aber dann gezwungen, einen ganz ähnlichen Fehler im Wiener Texte vorauszusetzen. Mehrere A-Karten haben
jedoch Vena lacus oder uena. Die Länge 61° 0' ist offenbar Abschreibefehler für 51° 0'. 177 — 186 Vpsale-Abo,
Storm sagt: „Die Liste von Upsala bis Abo scheint von einer andern Quelle zu stammen, weil Strengnäs wieder
einmal aufgeführt und Abo in Finland zum Binnenland gerechnet wird." Er hätte hinzufügen können : „außerdem
fehlen hier die Ortsbestimmungen ausnahmsweise vollständig, und Vesgtf>de muß identisch sein mit dem nachfolgenden
Vestgoti." Eine ähnliche Quelle wie die hier von Storm vermutete ist offenbar die in der Einleitung (oben S. 102)
abgedruckte Liste. Es ist indessen wahrscheinlich, daß die Namenreihe Vpsale-Abo dennoch von Clavus selbst nach
dieser Quelle abgeschrieben und nicht von Fillastre eingefügt ist; wenigstens sind die Narnenforraen dieser Liste,
besonders Lynck<j>bingh und Vesg<t>de, dänischen Ursprungs. 179 Vpsale, Upsala; Stadt in Upland in Schweden ;
eine der ältesten Städte Schwedens ; war im Altertum Hauptopferstelle von Upland (der Göttertempel wird beschrieben
von Adamus Bremensis lib. IV, cap. 26 -28) und Hauptsitz der Könige der Svear. Um 1270 Erz bischofsitz ; 1287
wurde der Grund zum berühmten Dom gelegt (dem Schutzheiligen Schwedens, St. Erich, gewidmet) ; die Könige wurden
hier gekrönt. Namenformen : Die isländischen Sagen Üppsälir, Adamus Bremensis Ubsola, Saxo Upsala, die allg. latein.
Form ist Upsalia, Angelino Dalorto 1325 vpsal" , Itineraire Brugeois (zk. 1380) Upsala, Diplome 1416, 1417 und
1423 Vpsale. 180 Skare, Skara; Stadt in Vestergötland in Schweden; wird schon zur heidnischen Zeit alseine
bedeutende Stadt erwähnt, war Gerichtsstelle und Sitz der Jarls der Vestgötar; um die Mitte des 11. Jahrh. wurde
Schwedens erster Bischofsitz hier errichtet; kurz darnach wurde der Grund zum Dome gelegt; und derselbe wurde
in der Mitte des 12. Jahrh. eingeweiht; hier wurde das jährliche Landsting abgehalten und Erich der Pommer 1396
als König von Schweden anerkannt. Namenformen: Die isländischen Sagen Skarir und & SJeörum, Adamus Bremensis
a'ritas Skaranis, die südeuropäischen Kompaßkarten scarsa und lacus scarse (d. h. Venern, vgl. oben) und scaris (?)
(Dalorto 1325), Cod. Par. 18504 Scara, Diplom 1397 Scare, plattdeutsch 1440 Schare. 181 Lynckobingh;
Linköping; Stadt in Östergötland in Schweden, im heidnischen Altertum Gerichts- und Marktplatz der Landschaft,
im 12. Jahrh. Bischofsitz mit Dom; hier wurden die alljährlichen Landstinge abgehalten. Namenformen: Angelino
Dalorto 1325 lincopia, neben Lyncop'a die allg. Form in lateinischen Diplomen; plattdeutsche Diplome 1361 Linko-
pinghe, 1432 Linköping; die Form Lynckebiugh ist eine ausgeprägte dänische Form (vgl. oben S. 40).
182 V e s g 0 d e , auf der Karte und unten Zeile 190 Vestgöti ; Name der Einwohner in Vestergötland, das Uestg<f>dhengh
des Wiener Textes, Gottia occidentalis der A-Karten und im Cod. Par. 18504, resgocia bei Francesco Pizigano 1367.
Die Form Vesgede ist eine dänische Form. 183 Strengenes, vgl. oben S. 121. 184 Ougard, unbe-
kannte Lokalität; vielleicht dem tmgßtjardia der Kompaßkarten entliehen, welcher Name von Hamy in Bulletin de
Geographie historiejue et descriptive 1888, Paris 1888, S. 396 als Nugardia (Doublette zu Nogardia) erklärt wird. Auf
A2 findet man ungardia aliter reualea civitas, auf A3 — A6 ungardia- reualea ciuit. mit nur einem Stadtzeichen. Auch
11 Conoscimiento hat Ungradia oder Vngardia und der Herausgeber (Marcos Jimenez de la Espada) erklärt den
Namen als Novgorod. Edv. Moritz, 1. c, S. 52, vermutet vngardia = Chunigard, Doppeltname für Nowgorod.
185 Verson wird von Storm als Vexiö, Hauptstadt in Smäland und Bischofsitz, erklärt; vgl. die Kompaßkarten
ve.r" (1325), cap. de vexiom (1339), cauo de uexiom, cauodesion, und cauodesiom (1413). Möglicherweise ist Verson
aber eine Entstellung von Vastcn (vgl. Wasten der Nanziger Karte und im Itineraire Brugeois), d. h. Vadstena in
Östergötland am Vetternsee (vgl. oben S. 41). — Auf der Nanziger Karte findet man außerdem Skeninge und
Stokliolm. Skeninge ist eine alte Stadt in Östergötland; wann sie Privilegien erhielt, ist unbekannt; mitunter
Aufenthaltsort der Könige; mitunter wurden hier Reichs- und Kirchenversammlungen gehalten. Namenformen :
Diplome 1248 Skening, 1341 Slticeningie (gen), 1401 Skwningie (gen), 1407 Skeninge. Itineraire Brugeois Sceuingen.
Über Stockholm vergl. unten in der Ausgabe des Wiener Textes . 186 Abo, Abo ; Stadt im südwest-
lichen Finland, im Jahre 1157 von den Schweden angelegt. Unter König Birger Magnusson (f 1321) wurde das
16*
124 Kapitel VII.
Nanziger Text. Nanziger Karte. Nanziger Text.
Tenent auteru eius septeutrionalia In seinem nördlichen Teil wohnen aber
Dalingi, Stalbergi et ipsius orientalia die Dalingar und die Stälbergar, in seinem
Finnalappi siluestres et Finnones, et östlichen Teil die Wald-Finnlappen und
190 meridionalia Vestgoti. die Finnen, im südlichen Teil die Vestgötar.
Insule adiacent Suecie: Bei Sverige liegen die Inseln:
In Occeano quidem Sarmatico Gyylland Im Sarinatischen Ozean die Insel Gotland.
insula. Et uilla in ea Visbu Und darauf die Ortschaft Visby
59 61 59 20 61
195 01and insula 55 60 c. 55 60 Öland, Insel
192 Occeano] Occione N. Gyylland] corr. ex Gvvlland N. 193 Storni liest ejus statt m ea.
Schloß (Abo Hus) aufgeführt und die Stadt wurde Bischofsitz; der Dom wurde im Jahre 1300 eingeweiht; 1318
wurde die Stadt von den Russen geplündert; sie war eine bedeutende Handelstadt mit vielen deutschen Ein-
wohnern und vielfach von der Hansa abhängig. Namenformen: Abo mit Adj. Aboensis allg., Itineraire Brugeois
Hobo. 188 Dalingi (so auch die Karte), entspricht offenbar den Daten im Itineraire Brugeois, d. h. den Ein-
wohnern in Dalarne, die zuletzt bebaute von den Landschaften des alten Svearike. In Dalarne wurde schon im
Mittelalter ein bedeutender Bergbau getrieben ; von den Gruben wird auf der Nanziger Karte Coberbyerghe, Koppar-
berget (d. h. Kupferberg), genannt, dessen Bearbeitung schon im 13. Jahrh. angefangen hatte. Die Einwohner in
Dalarne (Dalkarlarne) nahmen zur Unionszeit (1389 — 1520) an der schwedischen Opposition gegen die Unionskönige
eifrig teil. 188 Stalbergi (auch auf der Karte), entspricht dem Staelberch im Itineraire Brugeois, wird von
Storni als die Bewohner von Norberg aufgefaßt, d. h. von den ältesten und bedeutendsten der Eisengruben in Dalarne,
lange nur Jernberg genannt. 189 Finnalappi [ßndlilappi auf der Karte), entspricht den Finlandbappen (d.h.
Finlaudlappen) im Itineraire Brugeois, wo es offenbar eine Bezeichnung für die Bewohner von Finland ist. Bei Clavus
sind die Finnalappi, da er sie siluestres nennt, am natürlichsten als die schwedischen Lappen in Norrland zu ver-
stehen, die nach ihrer Lebensweise in Fischlappen, Waldlappen und Gebirgslappen eingeteilt werden. Über bildliche
Darstellungen der Lappen vgl. oben S. 65. Auch Olaus Magnus nennt Lappones syluestres. Der Name Wildhlappe-
landi auf der Nanziger Karte entspricht den Namen Wildlappenland und Wildlappmanni im Wiener Texte. Da
hier die Bezeichnung sylvestres mit den wilden Lappen verknüpft ist, so scheint es, als ob Clavus die Finnlappen
nicht von den wilden Lappen unterscheidet. 189 Finnones, auf der Karte Findlandi, die Bewohner von
Finland. Die allg. Bezeichnung der Nordländer für dieses Land war im Mittelalter Östcrland, welches den bekann-
testen südwestlichen Teil des Landes umfaßte, während der nördliche Norrebotten hieß. Der Name der Finnen
kommt schon bei den Klassikern vor: Ptolemäus <I>iwo'., Tacitus Fenni. Bei den Geographen des Mittelalters hießen
sie bald Fenni, bald Fluni, mitunter Fennones. Saxo hat Finnia und Phinnia, die angelsächsische Weltkarte
Scridefinnas. Marino Sanuto Finlandia, Cod. Par. 18504 Findia. 190 Vestgoti, vgl. oben S. 123.
192 Occeanus Sarin aticus, vgl. oben S. 121. 192 Gyylland, auf der Karte Guthland, Gotland;
die größte Insel Schwedens, mitten in der Ostsee; wurde 1361 vom Dänenkönig Valdemar Atterdag erobert;
1366 wurde bestimmt, daß die Insel zukünftig zu Dänemark gehören sollte. 1392 eroberten sie die Vitalie-
brüder, welche jedoch schon 1398 von den preußischen Ordensrittern vertrieben wurden; 1408 wurde sie von
der Königin Margrete eingelöst, und 1437 — 49 war sie der Aufenthaltsort für den vertriebenen Unionskönig Erich
den Pommer. Erst 1645 wurde die Insel wieder mit Schweden vereinigt. Namentlich im früheren Mittelalter
war die Insel wegen ihrer Handelsverbindungen berühmt, und tritt deshalb auf den Kompaßkarten als ein Haupt-
bestandteil und Mittelpunkt der Nordlande auf, ja gibt sogar der Ostsee ihren Namen (vgl. oben S. 121). Die Form
Gyylland (korr. aus Guulland) ist dänisch ; die allg. lateinischen Formen waren Gotia und Gotlandia ; die Kompaß-
karten haben Gothlanda, Gothlandia, Gotilandia, Goylandia und Galandia, II Conoscimiento Gotlandia und Golandia,
Marino Sanuto Gotia, Cod. Par. 18504 Guthlandia, Itineraire Brugeois Goland. Mehrere Kompaßkarten heben die 90
Kirchspiele Gotlands hervor. Die Einwohner hießen 1191 Gutlandi, 1361 (vgl. unten 193) Gutenses. 193 Visbu,
Visby ; Gotlands Hauptstadt, war schon im 12. Jahrh. Mittelpunkt für die internationalen Handelsverbindungen in
der Ostsee und wurde früh Mitglied der Hansa ; im 14. Jahrh. stand die Stadt auf dem Höhepunkt ihrer Berühmt-
heit, erlitt aber einen furchtbaren Stoß durch Valdemar Atterdags Eroberung und Ausplünderung 1361. Die Stadt
war von Mauern umgeben, deren Umkreis '/8 Meile ausmachten, und die mit 40 — 50 Türmen versehen waren, von denen
einzelne 70 Fuß hoch waren. Namenformen: Allg. waren Visbu oder Visby mit v, u oder iv und i oder y, z. B.
Wisby auf dem alten Kreuz vom Jahre 1361 über den bei der Eroberung gefallenen gutenses. Die Kompaßkarten
haben visbi oder uisbi, II Conoscimiento durch Umstellung Bisuy (d.h. uisbij). 195 01and, auf der Karte
(plandh, Insel Öland in der Ostsee, gegenüber der Stadt Kalmar; sie wurde 1361 vom König Valdemar Atterdag
Die beiden Clavus-Texte.
125
Nanziger Text.
Nanziger Karte.
Nanziger Text.
Iii uiari quidein quieto quatuor inhabi-
tabiles, quarum prima gradus habet
53 71 20 c.53 71 20
Secunda uero gradus habet 55 30 70 20 c. 55 30 70 20
200 Et tercia gradus habet
Quarta uero et ultima
gradus habet
57
69
c.57
69
59 67 30 c.59 67 30
Im ruhigen Meere vier unbewohnte, von
welchen die erste liegt auf
Die zweite aber liegt auf
Und die dritte liegt auf
Die vierte und letzte
djer liegt auf
<Europe Noruegia.>
Noruegie Situs.
205 Regio eius que uersus meridiem ter-
minatur in Occeano Deucaledonio sie
se habet post Stercoteris Promontorium:
Liste sinus
35 63 30
35
Corshaun portus
33 62 30
Stauanger ciuitas
29 62 30
•j
Occidentale eius latus
sie describitur:
Bergen ciuitas
29 64
28
<In Europa Norge.>
Norges Lage.
Sein gegen Süden vom Deucaledoni-
schen Ozean begrenztes Gebiet verhält
sich folgendermaßen von Stserkodders
Vorgebirge an:
63 20 Lister, Bucht
Korshavn, Hafen
62 30 Stavanger, Stadt
Seine Westseite wird so beschrieben :
63 50 Bergen, Stadt
206 Occeano] Occiano N. Deucaledonio] deucadonio N. 212 describitur] describitur 29, 0—64, 0 N.
213 ciuitas 29, 0—64, 0] ciuitas 25, 0—65, 0 N.
geplündert, wurde gleich danach den wendischen Hansastädten verpfändet, 1366 aber dem König Haakon zurück-
gegeben; 1367 wurde sie von König Albrecht dem Mecklenburger erobert und kam später in Königin Margretes
Gewalt; die Insel kommt auf den meisten südeuropäischen Konipaßkarten vor, und zwar in den Formen insula
colaä, colant oder cullanda, 11 Conoscimiento hat colanda und cälanda. 203 — 204 Noruegia, Norge (Norwegen),
umfaßte im Mittelalter außer dem nunma'igen Königreich auch Teile des heutigen Schweden (Bohuslän, Herjedalen,
Jemteland), die Orkneyinseln und die Shetlandsinseln (doch nur bis 1469), die Färöer, Island und Grönland. Im Jahre
1380 wurde das Land mit Dänemark vereint. Namenformen: Die isländischen Sagen Norvegr und Noregr, Ottars
Reisebericht (zk. 900) Nordmannaland, Adamus Bremensis Norvegia (ebenso Marino Sanuto und viele andre Quellen),
Saxo Narvagia, im Privilegium für die Hamburgerkirche 891 Noriveon, in den päpstlichen Urkunden von Gregorius IV
und seinem Nachfolger gens Nortwphorum oder Noricenorum, auf den südeuropäischen Karten des Mittelalters Noruergia,
Norveca, Noruega, Nortwegia, Norega und als Völkername N< rweci neben der normalen Form Norvegia, isländische Scheiben-
karte Norvegie, 11 Conoscimiento Noruega oder Nuruega, ltineraire Brugeois (zk. 1880) Noruegya, plattdeutsches Diplom
1361 Norweghen, hochdeutsches Diplom 1427 Nbrweien, norwegische Diplome allg. Noregh oder Noreg. Die Nanziger Karte
hat Noruegica Regio als Ländername, und in dem Lande die Völkernamen Nordhmanni, Vernielandi, Gentelandi und En-
gromelandi, d. h. die Bewohner von bezw. dem eigentlichen Norwegen und den heutzutage schwedischen Provinzen
Vermland, Jemteland und Angermanland. Vgl. Adamus Bremensis Nordtnannia und Normanni allg. für Norwegen.
206 Occeanus Deucaledonius, bei Ptolemäus Aoov.aX-rjSövio; Yxswk, das Meer nördlich von Ka\rfiovia (Schott-
land). Auf der Nanziger Karte findet man nicht diese Bezeichnung, sondern südwestlich von Norwegen und südlich
von Island den Namen Vesthaf (vgl. Adamus Bremensis Occeanus occidentalis). 209 Liste, Listerland; die süd-
lichste Halbinsel Norwegens, ein Teil von Lister- und Mandals Amt (in älteren Zeiten Agdafylki); hier unrichtig als
Bucht bezeichnet, im Wiener Texte richtiger als Vorgebirge. Namenformen : Die isländischen Sagen Listi und Listir,
Diplom (lateinisch) 1361 Listria, 1308 (lateinisch) und 1389 (dänisch) Listet, eine allg. norwegische Form, während
die Form Liste dänisch ist. 210 Corshaun, Korshavn; Hafen und Flecken in Lister- und Mandals Amt westlich
vom Vorgebirge Lindesmes. 211 Stauanger (so auch die Karte), Stavanger; Stadt im südwestlichen Norwegen,
eine der ältesten Städte Norwegens, Kaufstadt schon im 11. Jahrb., Bischofsitz vom Anfang des 12. Jahrh. an ; vom
13. Jahrh. an wird hier ein königliches Schloß genannt; die Stadt war eine wichtige Handelsstadt, bis Bergen sie
überflügelte. Namenformen : Die isländischen Sagen StafYuigr, Diplome 1292 Stafangr, 1308 Stavcmgr, 1388 und 1403 Staf-
wangr, alle drei allg. norwegische Formen. Die allg. lateinische Form war Stauangria mit Adj. Stauangrensis, Stauan-
griensis oder Stauangerensis. 213 Bergen, Bergen; Norwegens wichtigste Handelstadt und eine der ältesten
L26
Kapitel VII.
Nanziger Text.
Nanziger Karte. Nanziger Text.
Vltimmn reirni promon-
Utia tiuuer&ie vorgeoirye ues neicnes
215 toriurn 25 30
66*
OO
Nedrosia metropolis 26
66
1U ob
JNidaros (d. h. Irondnjemj, Hauptstadt
Proinontoriuüi quod sub-
Das darauf folgende Vorgebirge
sequitur 25
66
30
25
30 66
30
Septentrionalis lateris descripcio
sie
se
Die Beschreibung der Nordseite verhält
220 habet post primuni Promontorium
in
sich folgendermaßen vom ersten Vor-
Nordmckb0md 29
68>
Oft
29
bo
4U
gebirge in Kordbotten an
Item secundum 33
68
40
33
68
40
Ebenso das zweite
et eius sinus 36*
67
40 <
[34
(35
67
67
40
50
und seine Bucht
225 Item tercium 36
69
36
69
KnfMTsn flu« nrifffi
et eius sinus 38
68
40
•38
68
35
und seine Bucht
Item quartum 39 30
70
25
39
35 70
25
Ebenso das vierte
215 25] corr. ex 26 N. 218
25] corr.
ex 26 N. Storni
liest 26 statt 25.
Städte des Landes ; wurde als Kaufstadt um 1070 — 75 vom König Olaf Kyrre (f 1093) angelegt, war aber möglicher-
weise schon vor dieser Zeit Hafen; König Olaf legte auch den Grund zur Domkirche; die Stadt war Bischofsitz,
hiiufig Aufenthaltsort für die Könige und Mittelpunkt für den west- und nordländischen Fischhandel, sie wurde
öfters von Feuersbrunst verheert ; vom 13. Jahrh. an erhielten die Hanseaten Zutritt zu der Stadt und bildeten von
der Mitte des 14. Jahrh. an ein eigenes „Kontor" mit eigener Versammlung, Altmeistern und Rat; sie rissen bald
den ganzen Handel an sich und traten sehr übermütig auf; die Stadt wurde 1394, 1428 und 1429 von den Vitalie-
brüdern geplündert; neben der Stadt lag das reiche St. Michaelskloster Munkalif (Benediktiner-Orden). Namen-
formen : Die isländischen Sagen Björgvin, Björgin und Björgyn, Saxo Berginum oppidum, Historia Norvegise (s. „Monu-
menta historica Norveghe", ed. 6. Storm, Kristiania 1880) Bergonia; die allg. lateinische Form war Bergce; die süd-
europäischen Kompalikarten haben bergis (so auch die Nanziger Karte), bregis und (Mecia de Viladehtes 1413) bergen,
II Conoscimiento Regis, Itineraire Brugeois Berghem und Berghen, Cod. Par. 18504 Biargina: Diplome: norwegische
1308 und 1366 Biorgvin und Biorgwin, 1389 Bergvin, 1440 Bergen; andere 1370, 1407, 1416 und 1417 Berghen.
215 Die Breite 66° 40' ist Ausziekungs- oder Abschreibefehler für 65° 40'; vgl. S. 16. 216 Nedrosia, Nidaros,
der alte Name für Trondhjem (Drontheim), eine der ältesten und wichtigsten Städte Norwegens, in der Landschaft
Trandelagen (Äandheimr) ; war 997 von König Olaf Tryggveszn an der Mündung des Flusses Nid angelegt (daher
der Name Niö-ar-ös, d. h. Nid-Flusses-Mündung) ; im 12 — 13. Jahrh. Aufenthaltsort der Könige, welchen hier gehuldigt
wurde. Norges Schutzheiliger König Olaf der Heilige („Hellig Olaf" t 1066) wurde hier beerdigt, und Trondhjem
wurde eine der berühmtesten Wallfahrtstätten im Norden. Der Grund zum imposanten, noch nicht vollendeten
Dom wurde von Olaf Kyrre (f 1093) gelegt; 1182 wurde die Stadt Erzbischofsitz: im 13. Jahrh. wurde der Name
der Landschaft auf die Stadt übertragen. Beide Namen kommen bei Saxo vor. Auch auf den südeuropäischen
Kompaßkarten und im 11 Conoscimiento kommen beide Namen vor (nidrosia oder niäroxia und tronde oder trunde).
Die isländischen Sagen haben Nidarös und Thröndheimr, Historia Norvegiae Throndemia, Itineraire Brugeois Truiiclten
(d. Ii. Trunthem). Norwegische Diplome haben Nidaros (1297 u. s. w. allg.), Nidaross (1366), Nidkaros (1388), Nydros
(1440). Allg. lateinische Formen waren Nidarosia, Nidrosia u. ähnl. (adj. Nidrosiensis). Cod. Par. 18504 Nichirosa
(d. h. Nidarosa). 221 Nordinckbeind, auf der Karte Nordhindh Bondh (im Wiener Texte Norenbodhn, Nordhen-
bodhn und Nordhinbodnen), das nördliche Eismeer, welches sich nach den Vorstellungen der Normannen als eine
große Bucht in das unbekannte große von Ungeheuern und Kobolden (Trolde) bewohnte Land hineinschob (jötun-
heimar, utgarflr) ; dieses Lnnd erstreckte sich vom nördlichen Rußland bis nach Grönland hin (vgl. unten Kap. VIII D).
Diese Bucht heil t in der Historia Norvegise vom Anfang des 13. Jahrh. ille profundissimus septentrionalis sinus, in Länd-
näma und Hauksbök Hafsbotn, bei Ivar Baardsen in einigen Handschriften landnorden Botnen, in anderen Trollebotnen.
Letzterer Name kommt auch in norwegischen und färöischen Balladen vor. Auf der Nanziger Karte finden sich außer
Nordhindh Bondh auch die lateinischen Namen des Eismeers: 1. mare congelatum , ein Name, welcher zuerst bei Plinius
und Varro und öfters auf den südeuropäischen Kompaßkarten vorkommt, 2. mare tenebrosum und mare quietum (vgl.
das mare pigrum bei den Klassikern (Adamus Bremensis erwähnt lib. IV, 39 : tenebrosa rigentis occeani caligo). Nor-
dinckt(j>ind ist dänische Dialektform ; vgl. S. 89. Die Breite 68° 0' ist Abschreibefehler für 68° 40' oder Ausziehungs-
fehler für 68° 30'. 223—224 Die Länge 36° 0' ist Ausziehungs- oder Abschreibefehler für 34° 0' oder 35° 0'. '
Die beiden Clavus-Texte.
127
Nanziger Text.
Nanziger Karte.
Nanziger Text.
et eius sinus 43
70
43
70
5
und seine Bucht
Item quintiun 45
71*
44
55
71
45
Ebenso das fünfte
230
[et eius sinus] [4(3
71 40]
c.46
71
40
[und seine Bucht]
[Item sextmu et vltimumj 47
71*
47
72
[Ebenso das sechste und letzte]
et eius sinus vltimus [49
71 30]
c. 49
71
30
und seine Bucht, die letzte
Est et lacus penarum in
Es findet sich auch in Norge der Höllen-
Noruegia in situ 32
65 30
c.31
40
65
30
peinsee belegen auf
235
Insule adiacent Noruegie hee:
Bei Norge liegen diese Inseln:
Islandia, cuius liec est deseripcio:
Island, dessen Beschreibung so ist:
Eius quod magis septentrionale est Pro-
Sein nördlichstes Vorgebirge
montorium 19 10 07 50
19
10
67
50
Quod inde sequitur 19
66 30
19
66
30
Das nachfolgende
240
Et illo eciam vicinius se-
und ebenfalls das diesem zunäcbst fol-
quens 19
65 30
19
65
35
gende
Quod autem magis nieri-
Das, welches am südlichsten liegt
dionale est 19
64 10
19
64
15
Et quod in dorso eius est uersus occi-
und das, welches auf dessen Bücken gegen
245
dentem gradus habet 17
64*
17
65
Westen ist, liegt auf
Et aliud iam prodictum sequens
proinon-
und ein andres dem eben genannten fol-
torium in eadem parte 17
67
17
67
gendes Vorgebirge auf derselben Seite
234 Storni liest 66 statt 65.
246 Hier steht cpd
Cm,
d. h.
prodictum, nicht prodcimutn, wie Storni ineint.
Ob
man in predictum (pdcm) korrigieren
soll, oder,
wie Storni es
tut,
in proximum, ist unsicher.
229—232 Über die Einschiebsel in [] vgl. S. 16. 71° 0' (bis) Ausziehungsfehler vgl. S. 16. 233 Lacus
penarum: Infolge mittelalterlicher Vorstellungen waren nicht nur die Vulkane Folterstellen für die verdammten
Seelen (z.B. Vesuv und Ätna, Hekla auf Island; vgl. Saxo, ed. Müller, I, S. 15 — 16). sondern die Abfahrt zur Hülle
fand man in den tiefen Berghöhlen oder den Kraterseen. Solche Höhlen und Seen heißen in Norwegen und auf
Island helvüi, pisl oder pinsl, no.h häufiger in der Mehrzahl pinslur, d.h. Peinigungsstätte ; sie finden sich auf zahl-
reichen Stellen in Norwegen. Beispiele in J. Fritzner, Ordbog orer det gamle norshe Sprog I — Hl, Kristiania
1886—96 unter helviti und pinsl. Wo in Norwegen Clavus sich den lacus penarum gedacht hat, läCt sich deshalb
nicht erraten. Östlich des Sees liegt auf der Nanziger Karte douerfyeldh d. h. douerfyeldh (vgl. S. 99 — 100).
236 Islandia (so auch auf der Karte), Island; Insel im nördlichen Atlantischen Ozean, 40 Meilen von Grönland,
130 von Norwegen, 119 von Schottland, wird zum erstenmal 825 v n dem irischen Mönche Dicuilus mit dem Namen
Thüle erwähnt (vgl. unten Kap. VIII A). Keltische Einsiedler hatten die Insel erreicht, bevor sie in den Jahren
.860—70 von Norwegen entdeckt wurde; den Namen Island (d.h. Eisland) erhielt sie vom Viking Flöki VilgerOarson.
In den Jahren 870 — 930 (die „LandnäuiS"Zeit, Periode der Ansiedelung) wurde die Insel als Freistaat von ausgewan-
derten norwegischen Bauern und Häuptlingen gegründet: zk. 930 wurde das Alting (Reichstag) errichtet: im Jahre
1000 wurde das Christentum eingeführt und 1152 wurde die Insel in geistlicher Beziehung dem Erzbischof von
Lrontheim unterlegt; 1262 — 64 wurde der norwegische König Haakon Haakonss_n Islands Oberherr; 1388 kam sie
mit Norwegen unter Dänemark, mit welchem Lande sie bis jetzt verbunden blieb. Das 14 — 15. Jahrh. war für Island
eine Zeit des Verfalls, da die Insel von häufigen Epidemien und Naturereignissen (vulkanischen Eruptionen) heim-
gesucht wurde. Der allg. Name war im Mittelalter wie heute Island oder Ysland (so Itineraire Brugeois), latinisiert
Islandia oder Yslandia, vereinzelt Hislant. Im Mittelalter wurde Island mit Thüle identifiziert. (Adamus Bremensis
sagt z. B. : Thyle nunc Island), und deshalb wird Island auf den Karten des Mittelalters meistens insula tile genannt
Schon auf der angelsächsischen Weltkarte vom 10. Jahrh. findet man jedoch den Namen island, ebenso findet man auf
Edrisis Karte vom 11. Jahrh. Rislanda, auf der Weltkarte im Dom zu Hereford (13. Jahrh.) ysland neben iile, auf der
isländischen Scheibenkarte vom 13. Jahrh. tile und Island und bei Rainulf us von Hyggeden (1360) Yslandia und
Islandia; auf der katalanischen Kompaßkarte Nr. 16 zu Firenze findet, sich eine ganze Legende über islandes, wäh-
rend auf den Kompaßkarten vor Clavus sonst nur der Name tile vorkommt: vgl. Anecdota cartographica S. 16. Mit-
unter wird der Name in lateinischen Quellen übersetzt (Historia Norvegiae: Glaciei terra oder Glacialis insula).
245 Die Breite 64° 0' ist Ausziehungs- oder Abschreibefehler für 65° 0': vgl. S. 16.
128
Kapitel VII.
Nanziger Text. Nanziger Karte.
Sunt autem in hac insula ciuitates
mediterranem hee:
250 Hollensis 18 65 20 17 40 65 20
Scalotensis 18 67 17 40 67
In hac enim insula equi omnes sunt
gradarij, parui et albi et ipsi ad modum
feni conimedunt pisces exiccatos.
255 Feni0e, in qua singule nascuntur femine
et nunquam mares 22 64 10 c. 22 10 64 10
Fare3 22 10 68 c. 22 10 67 50
Summershaun insula, in qua sanctus
Olaus Rex et martyr debellabat fratrem
260 suum infidelem uisibili adiutorio dei,
quod oculis uidisse fauet
28 30 63 10 c.28 30 03 10
Nanziger Text.
Es finden sieb aber auf dieser Insel
folgende Binnenstädte :
Hölar
Skälholt
Auf dieser Insel geben alle Pferde
in Schritt, sind klein und weiß, und sie
fressen getrocknete Fische wie Heu
Feinae, wo nur Weiber und niemals
Männer geboren werden
Fa?r0
Sumniershavn. Insel, wo der heilige Olaf,
König und Märtyrer, seinen ungläubigen
Bruder überwand mit Gottes sichtbarer
Hülfe, was erfreulich ist mit eigenen
Augen gesehen zu haben
253 ad modum] admodum N.
statt exiccatos.
254 Storm liest comedunt statt coniniediint. Storm liest exaratos
250 Hollensis, Hölar; Hof (nicht Stadt) in Hjaltadalr in Skagafjaröarsysla im Norden Islands; wurde
1106 Bischofsitz (der erste Bischof war Jön Ögmunöarson (der Heilige)). Dänische (lateinische) Annalen vom Mittel-
alter haben Holensis als die allg. Form, die isländischen Sagen Hölar, Hölastadr und & Hölwm. 251 Scalo-
tensis, Skälholt; Hof (nicht Stadt) in Arnessysla im Süden Islands; wurde 1056 Bischofsitz, wo der Bischof über
ganz Island residierte, bis das Nordland im Jahre 1106 als selbständiges Bischofsturn ausgeschieden wurde (vgl. oben
unter Hölar). Die dänischen (lateinischen) Annalen des Mittelalters haben Formen wie ScalahoU und Scalholtensis$
die isländischen Sagen Skälholt oder Skälaholt. Die allg. lateinische Form war Scalotensis. 252 equi: Auf
Island hat das Pferd mehr als anderswo eine groCe Rolle gespielt, da es bis zu unserer Zeit das einzige Transport-
und Beförderungsmittel des Landes war. Das isländische Pferd ist klein, stark behaart und unansehnlich, ist aber
trotz seiner Langsamkeit sehr ausdauernd, stark und genügsam, und ähnelt in allen diesen Beziehungen dem nor-
wegischen Pferd. Im allgemeinen gingen die Pferde das ganze Jahr hindurch auf dem Feld und verschafften sich
selbst ihr Futter, mit Ausnahme einzelner Reitpferde, welche in Ställen gefüttert wurden. Dafi die Pferde auf Island
„getrocknete Fische wie Heu fressen" wird kaum anderswo berichtet. Vgl. Daniel Bruun, Hesten i Nordboernes
Tjeneste (d. h. das Pferd im Dienste der Normannen) paa Island, Faereerne og Grönland, Kabenhavn 1902.
255 Femee, im Wiener Texte insula feminarum que uocatur Fcemefyfj): Die Anbringung dieser Insel im nördlichen
Atlantischen Ozean rührt ohne Zweifel von ltineraire Brugeois her, wo Femo auf dem Wege von Norwegen nach
den Färöern liegt. Die Sage von Frauen (vgl. die Amazones der Klassiker) im nördlichen Europa ist alt und weit
verbreitet (findet sich z. B. bei Paulus Diaconus I, 15, Alfreds des Großen Bearbeitung von Orosius und im Reise-
bericht des Juden Ibrahim vom 9. Jahrh.). Durch die Ähnlichkeit zwischen Kcmnland (d. h. Finland), altnordisch
Kvcnland und „Kvindeland" (d. h. Frauenland), altnordisch Kvennuland verleitet, verlegt Adamus Bremensis (lib. IV 19)
seine terra feminarum nach den „littora Baltici maris" und erzählt: „cum [feminaV] pervenerint ad partum, si quid
masculini generis est, fiunt cynocephali, si quid femini, speciosissimae mulieres", und bei Ibrahim heißt es, daß,
wenn ein Knabe geboren wird, so wird er sofort getötet. Möglicherweise liegt ein Variant dieser Sage hinter Clavus'
Worten : „Femee, in qua singule nascuntur femine et nunquam mares". Eine andre „Fraueninsel" findet sich im
westeuropäischen Volksaberglauben, z. B. bei Giraldus Cambrensis (13. Jahrh.) und nach ihm auf den südeuropäischen
Kompaßkarten (Mecia de Viladestes 1413 farnoya) ; vgl. Hamy in Bulletin de geographie historique et descriptive
1888, S. 364. 257 Faree, die Färöer, eine Gruppe von 17 bewohnten und mehreren kleinen unbewohnten
Inseln im Norden des Atlantischen Ozeans: sie wurden zuerst von irischen Mönchen besucht, welche hier als Ein-
siedler wohnten; diese wurden aber von den Normannen vertrieben, welche Island und die Färöer fast gleichzeitig
(ums Jahr 900) bebauten. Anfangs wurde auf der Insel ein Freistaat gegründet, der aber bald Norwegen unter-
legt wurde. Die Inseln bildeten ein Bischofsturn ; im Jahre 1380 wurden sie zugleich mit Norwegen mit Däne-
mark verbunden, eine Verbindung, die noch heutzutage dauert. Namenformen : Die isländischen Sagen Fcercyjar,
Saxo Ferogia, Hereford Karte Fareie, Diplome 1252 Fareie, 1297 Fwrüyia. Allg. lat. Form war farensis, ltineraire
Brugeois hat Furo. 258 Summershaun: Die mit diesem Ort verknüpfte Legende beruht auf Sagen, welche
Die beiden Clavus-Texte.
L29
Nanziger Text. Nanziger Karte. Nanziger Text.
Ladehorn insula 26 30 64 30-
c. 26
30
64
40
Lyderhorn, Insel
Truntheym insula [25] 30 66
c. 25
30
66
Trondhjem, Insel
In sinu primi et secundi promontorij
In der Bucht zwischen dem
ersten
und
sunt due insule, prima que est
zweiten Vorgebirge liegen
iwei Inseln,
26 30 67
c.26
15
67
10
die erste, welche liegt [auf J
Secunda est in gradibus 28 68
c. 28
68
XJLx} ÄWüluü llt^u <IU1
In secundo sinu est insula in gradibus
In der zweiten Bucht liegt
eine
Insel
34 30 68
c. 34
30
68
auf
Item in tercio sinu est insula in gra-
Ebenso liegt in der dritten
Bucht
eine
dibus 38 69
c. 38
69
Insel auf
Et m quarto smu est insula m gradibus
Und in der vierten Bucht
liegt
eine
42 30 70 30
c. 42
30
70
30
Insel auf
Item in quinto sinu est et insula posita
Ebenso ist in der fünften
Bucht
eine
46 71*
c. 46
72
Insel gelegen
Et in ultimo sinu est insula in gradibus
Und in der letzten Bucht
liegt
eine
48 30 72
c.48
50
72
10
Insel auf
Gfronlandie situs.
(Irönlands Lage.
Pars eius maxime meridionalis gradus
Dessen südlichster Teil liegt
auf
habet 7 63 15
7
63
30
263 64] Storni liest 63 statt 64. 264 [25], 30] 30, 0 N. 274 42] corr. ex 43 N. 279 Gron-
landie] Groulandie ? N.
sieh im 14 — 15. Jahrb.. um König Olaf den Heiligen und seinen (Halb)bruder Harald, den späteren König Harald
Haardraade (f 1066) bildeten. Die Sagen (vgl. Ludvig Daae, Norges Helgener, Christiania 1879, S. 100 ff.) machten
die beiden Brüder zu Gegensätzen : Olaf ist der fromme Heilige, Harald Gegner des christlichen Glaubens, der Feind
seines Bruders und Mitbewerber um den Thron, ja sogar Teilnehmer an seinem Morde — alles ganz unhistorisch;
als Olaf in der Schlacht bei Stiklestad (1030) fiel, war Harald nur 15 Jahre alt. Die Feindschaft zwischen ihnen
wird in einem dänischen Volksliede geschildert (vgl. Sv. Grundtvig, Danmarks gamle Folkeviser II, S. 134 — 139) und
in einer Olafs-Legende aus Ribe, ums Jahr 1465 niedergeschrieben (vgl. Gustav Storni in Forhandlinger i Videnskabs-
Selskabet i Christiania Aar 1885, Nr. 3) findet man die Episode ausführlich erzählt, auf welche Clavus anspielt ; man
sieht daraus, daß „Gottes Hilfe" darin bestand, daß die Feinde Olafs in Stein verwandelt wurden. Da die Ribe-
Legende den Kampf nach Munsterhauen (d. h. Mosterhavn auf der Insel Moster zwischen Bergen und Stavanger) ver-
legt, vermutet Storm, daß das Summershaim bei Clavus ein Schreibfehler oder Gedächtnisfehler ist (vgl. denselben
Namen in Hailand). Die Bemerkung „quod oculis uidisse fauet" deutet eher auf eine literarische als auf eine volks-
tümliche, mündliche Quelle hin ; dennoch hat Clavus schwerlich die Ribe-Legende in der uns bekannten Form
benutzt. 263 Ladehorn, im Wiener Text Ladhehorn. Lyderhorn: Berg (nicht Insel, wie Clavus unrichtig sagt)
direkt westlich von der Stadt Bergen, spielte im Volksglauben eine hervorragende Rolle als Sammelplatz für Hexen;
die dänischen Hexen fahren wie die deutschen zum Blocksberg, mitunter auch zum Hekkenfjeld (d. h. Hekla auf Island1)
oder nach Trommenfjeld bei Tromsa (im nördlichsten Norwegen); die schwedischen Hexen dagegen ziehen Bläkulla
auf Öland und Nasafjäll in Norrland, die norwegischen Lyderhorn bei Bergen, Dovrefjeld, Varda und Domen in Fin-
marken vor (vgl. Paul Hermann, Nordische Mythologie, Leipzig 1903, S. 76 ff.). Lyderhorns altnordische Form war
Lögdarhorn, die im 15. Jahrh. natürliche dänische Form wäre deshalb L<j)de[r]horn, nicht LadeJiorn, wie die beiden
Clavus-Texte schreiben. 264 Truntheym; wie oben (216, unter Nedrosia) bemerkt der jüngere Name der Stadt
Trondhjem, welche hier unrichtig als Insel bezeichnet wird. 276 Die Breite 71° 0' ist Ausziehungsfehler für
72<> 0'; vgl. S. 16. 279 Gronlandia (so auch auf der Karte), Grönland; das Land wurde zum erstenmale
von dem Normannen Gunnbjarn (Sohn von Ulf Kraki) im Anfang des 10. Jahrh. gesehen, als dieser durch Sturm
gegen Westen verschlagen ward. Im Jahre 982 zog dann Erich der Rote (Eirikr Raufli) von Island aus, um das Land
wiederzufinden. Er fand es und nannte es Grcenland (Grsenaland, d. h. das grüne Land), damit seine Landsleute Lust
bekommen sollten dahin zu ziehen ; es wurde denn auch von isländischen Ansiedlern bebaut, und die Isländer
ließen sich in den verschiedenen Föhrden des südlichen Teiles der Westküste nieder, wo sie zwei Kolonien bildeten,
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 17
130
Kapitel VII.
Nanziger Text.
Primuni eius Promontorium 10
65
Nanziger Karte. Nanziger Text.
10 04 50 Dessen erstes Vorgebirge
Secundum eius Promonto-
rium 11 68
285 Tercium eius Promontorium 15 71
Ab boc autem promontorio uersus orien-
tem extenditur patria uastissiina usque
in Rusland exclusiue. Tenent autem
septentrionalia eius Careli infideles,
290 quorum regio extenditur sub polo
septentrionali uersus Seres orieutis,
quare polus nobis septentrionalis est
eis meridioualis [in] gradibus 66
295 Sat patententer.
Explicit Claudius.
11 68 10 Dessen zweites Vorgebirge
15 71 Dessen drittes Vorgebirge
Von diesem Vorgebirge an erstreckt sich
aber gegen Osten ein ungebeures Land
ganz bis Rußland. In dessen nördl
licben Teilen wohnen1 aber die un-
gläubigen Karelen, deren Gebiet sich
am Nordpol gegen die Seren des
Ostens erstreckt, weshalb der für uns
nördliche Polarkreis für sie im Süden
ist auf
Offenbar genug. Hier schließt Claudius.
291 Storm liest orientales statt orientis. 292 quare] corr. ex quarum N.
die Ost- und Westansiedlung ; das Christentum wurde hier durch die Fürsorge des norwegischen Königs Olaf
Tryggvesen (•(• 1000) verbreitet, und Grönland wurde dem Erzbischofstuhl in Bremen unterstellt; 1126 wurde ein
eigener Bischofsitz in Gartor (in der Ostansiedelung) errichtet ; im Jahre 1261 verlor Grönland ebenso wie Island seine
Selbständigkeit und kam an Norwegen, 1380 an Dänemark, zu welchem Lande es noch gehört. Von dem Untergang
der Ansiedelungen und dem Auftreten der Eskimos u. s. w. vgl. unten Kap. VIII G Namenformen: Die isländischen
Sagen Grcenland, Diplome 1252 Gn nelandia, 1297 und 1308 Grönaland, 1366 Gr^nlande, 1388 — 89 Grönland und mehr-
mals Grönland, Adamus Bremensis Grönland und Grolandi, katalanische KompaOkarte Nr. 16 in Firenze mar de Gron-
landia als Name der Ostsee, Itineraire Brugeois Groenland, Brief von Papst Nikolaus V (1448) Grenolandi^ay.
In der französischen Ubersetzung des Briefes an Papst Nikolaus V mit Beschreibung von Norwegens Wundern-
Gronolonde. In Historia Norvegiae übersetzt in Viridis terra (als Völkername Viridenses) ; vgl. illa verde auf den
Kompaßkarten des 15. Jahrh. 287 patria uastissima; über die Landverbindung zwischen Grönland und
Rußland vgl. oben (221) unter Nordinckb^ind und Kap. VIII D. Nach der Nanziger Karte ist dieses Land nicht nur
von den Careli infideles bewohnt, sondern auch von vnipedes maritim! und Pigrnei maritimi ; danach folgt Griffonum regio
vastissima und wildhlappelandi. Aus welchen Quellen Clavus' Berichte über diese Sagenvölker geschöpft sind, ist kaum
ausfindig zu machen (über die Griff'one.i siehe übrigens „Die Kosmographie des Istrier Aithikos", hrsg. von H. Wuttke,
Leipzig 1853, S. XXVI ff.; über die pigmei, die im Wiener Text mit den Careli identifiziert werden, und die vnipedes
vgl. Kap. ArIIID). Den Namen Griff'ones findet man auch auf der genuesischen Weltkarte vom Jahre 1447 und auf der
berühmten Scheibeukarte der Borgia-Sammlung (15. Jahrh., Periplus Tafel XXXIX). 288 Rusland: der alte nor-
dische Name für Rußland war Garöariki oder Bjarmaland: in der alten isländischen Geographie (E. C, Werlauff, Sym-
bol» ad geographiam medii arvi, Haunia? 1821) findet sich auch der Name Ruzzaland; in mittelalterlichen dänisch-
lateinischen Annalen findet man neben den lateinischen Formen (Russia, Rossia u. dgl.) auch Ruslandt. Itineraire
Brugeois hat RucJn'a und Ruehyia, Adamus Bremensis Ruzzia, die Kompaßkarten Rutenia oder Rossia, die isländische
Scheibenkarte vom 13. Jahrh. hat Rvsia und Bia'ma' habitauit hie. 289 Careli infideles, d. h. die Eskimos,
vgl. unten Kap. VIII D. 291 Seres, d.h. die Chinesen; das nordöstliche Asien heißt bei Ptolemäus Serica
(•(] Sfjptx-f]), das Volk Seres (Srjps?).
B.
Ausgabe des Wiener Textes mit Übersetzung.
Unsere Ausgabe des Wiener Textes ist hauptsächlich auf den beiden Wiener Handschriften
(W und V; vgl. Kap. III) aufgebaut, in welchen der Text in seiner vollständigen Gestalt aufbewahrt
ist. Sämtliche Varianten dieser Handschriften sind in dem textkritischen Apparate angegeben, mit
Ausnahme derjenigen, die als rein orthographische bezeichnet werden müssen : t und c, u und i und y,
Die beiden Clavus-Texte.
131
e und (ce); wo es sich um Eigennamen handelt, sind jedoch auch verschiedene von diesen Varianten
mitgenommen. In solchen Fällen ist prinzipmäßig die Orthographie von W bewahrt, da diese Hand-
schrift im Gegensatz zu V die Schreibart des 15. Jahrhunderts wiedergiebt.
Da bewiesen ist, daß Friedliebs und Schöners Clavus-Zitate aus dem Wiener Texte
ausgeschrieben sind (Kap. IV), so werden auch Varianten von diesen angegeben, jedoch keine Zahlen-
varianten von Schöner, da seine Ortsbestimmungen sowie die von ihm benutzten Namen der ge-
: druckten B-Karte in den Ulmer Ausgaben nicht aus dem Wiener Text stammen. Von den A- und
B-Karten und auch von Clavus' älterem Werke (N) haben wir in dem textkritischen Apparate, um
Vergleiche anstellen zu können, solche Namen angeführt, die entweder bei der Auswahl unter den zur
Verfügung stehenden Varianten behilflich sein oder zur Dokumentation der Bichtigkeit einer notwen-
digen Textkorrektur beitragen könnten. Eine einzelne Variante aus Olaus Magnus' carta marina (0)
ist an der Stelle angeführt, wo diese Karte, wie oben nachgewiesen (vgl. S. 79), eine Clavus-Überliefe-
rung repräsentiert, welche besser als die uns bekannte ist.
Um bei der Bestitution des Wiener Textes so wenig fremde Elemente wie möglich einzuführen,
haben wir unter den Zahlenvarianten so gewählt, wie die Kartenzeichnung nach dem Texte es gebot,
uud nur, wenn diese nicht imstande war, uns ein genügender Leitfaden zu sein, haben wir unsre
Zuflucht zu den A-Karten genommen. Wenn Friedlieb Zahlen angibt, während die in den Wiener
Handschriften von einander abweichen , haben wir selbstverständlich die Zahl gewählt , welche
zweien Quellen gemeinsam war und von der dritten Quelle abwich. Wenn aber die Quellen die-
selbe Zahl geben, so haben wir in keinem einzigen Falle korrigiert, da es, wie schon früher betont,
immöglich zu entscheiden ist, ob der Fehler ein Ausziehungsfehler von Clavus oder ein Abschreibfehler
in den nach dem Süden gekommenen Abschriften von Text oder Karte sei. Die Zahlen, bei denen ein
Fehler vorliegen muß, haben wir indessen mit einem * bezeichnet, und die Größe des Fehlers in den
Noten unter dem Texte angegeben. Uberhaupt haben wir so viel wie möglich Textkorrekturen ver-
mieden und namentlich keine weiteren Hinzufügungen vorgenommen, selbst wenn diese auch sehr ein-
leuchtend schienen. Wir taten dies wieder aus dem Grunde, daß die Mängel sehr gut die Schuld des
Verfassers sein können, welcher ebensogut wie die Zahlen verkehrt aus der Karte ausgezogen haben
zu können, die eine oder andere der Lokalitäten übersprungen haben kann. Solche Lakunen haben
wir jedoch in Noten angegeben.
Bei der Wiedergabe der zahlreichen Ortsnamen haben wir, überall wo es tunlich war, die
Schreibweise der Handschriften bewahrt. Diese ist keineswegs konsequent; die Quellen haben näm-
lich z. B. -borg, -borgh, -bürg, -burgh, -burckh neben einander; und es würde kaum für jeden ein-
zelnen Fall möglich zu entscheiden sein, ob die Orthographie dem Verfasser oder den Abschreibern
zuzuschreiben wäre; auch geben uns die Karten in dieser Beziehung durchaus keine Anleitung, da
deren Nameu formen offenbar wegen Platzmangels ursprünglich in der kürzesten Form geschrieben
waren und außerdem von den Abschreibern oft stark verkürzt oder gar gauz gemißdeutet sind. Wo
die Form der Handschriften entstellt ist, haben wir selbstverständlich derart korrigiert, daß wir auf
die Schreibweise in sämtlichen Quellen Bücksicht nehmen; wir haben aber die Form gewählt, welche
uns am besten die Sinnlosigkeiten in den Überlieferungen erklären konnte. Daß hierdurch Formen
entstanden sind, die von den allgemein gebräuchlichen abweichen, konnte nicht vermieden werden;
daß wir überall das Bichtige getroffen haben sollten, wagen wir nicht zu behaupten.
Was die Übersetzung betrifft, gelten die obigen (S. 101 — 102) in Bezug auf den Nanziger Text
gemachten Bemerkungen auch für den Wiener Text. Hinzuzufügen ist nur, daß wir die Bunennamen,
die nicht zu übersetzen waren, in ihrer isländischen (altnordischen) Orthographie wiedergegeben haben.
Die Namen der Nennsysteme, die noch unverständlich sind, sind unübersetzbar.
In der Ausgabe des Wiener Textes werden folgende Kürzungen benutzt:
W = Cod. Vindob. lat. 3227.
V = Cod. Vindob. lat. 5277.
F == Friedliebs Clavus-Zitate.
17*
132
Kapitel Vll.
S = Schöners Clavus-Zitate.
AL und A6 = Henricus Martellus' A- Karten.
A2 — A5, Bx — B3 = Nicolaus Germanus' A- und B-Karten.
N = Cod. Nanceian. 441 (Nanziger Handschrift).
0 = Olaus Magnus' carta marina.
M.1 = Henricus Martellus' Karte von Germanien im Cod. Magliab. XIII, 1 6.
M2 — Henricus Martellus' Karte von Skandinavien im Cod. Mus. Brit. Add. 15760.
M3 - Henricus Martellus' Karte der Nordlande im Cod. Leid. Voss. 23.2°.
1 Ego Claudius Clauß Niger, Nicolai Petri
Tucouis et Margarete Christierni Straugonis Vin-
ninch filius, Cirubricus, regua subscripta mihi
uisu experinientali ruathematicaliter coguita pic-
5 ture diligeatia uecnou scriptibili memoria posteris
fideliter pereunare curaui, que Ptolemeo, Hip-
parcho et Marino erant incognita.
Ich, der Däne Claudius Clausseu Swart, Sohn
von Claus, Peder Tj^gesans Sohn, und von Margarete,
Tochter von Christiern Strangesen Vinning, habe
es unternommen, durch sorgfaltige Zeichnung,
sowie durch schriftliches Gedächtnis die mir durch
eigene Beobachtung genau bekannten, unten ge-
nannten Länder, welche Ptolemäus, Hipparch und
Marinus unbekannt waren, der Nachwelt getreu
zu verewigen.
io Cimbrorum Chersouesus extensio occidentalis post Halbinsel der Ciniberu, Ausdehnung gegen Westen
Albim Humum: vom Fluß Elbe an:
Longitudu Latitudo
Hamburg ciuitas imperialis paruin procul Hamburg, freie Eeichsstadt nicht weit
a mari 32 0 56 20 vom Meere entfernt
1 Clauß] Claufz W; Claufs V; Chlaus S. Nicolai] W, V ; cf. Nielis N (Schreibfehler für Niclis i). 2 Tuconis]
Cucenis "W, V; cf. Tuehonis N. Margarete] W; Margarethe V. Christiemi] Cersticierni W, V. 2 — 3 Vinninchj
Utinich W ; Virnich V; cf. Vinning-Ii und Viningh N. Cimbricus] W, S, F; Cymbricus V. 4 experimentali] W;
experienfcali V. 6 fideliter] V; uideliter W. 6—7 Ptolemeo, Hipparcho et Marino] Ptolomeo, Hyparcho et
Marino W; Hipparcho, Ptolemeo et Marino V; Ptole. Marin<us>, Hipparch<us> F. 10 Cimbrorum] W, S, F ;
Cymbrorum V. Chersonesus] V, S, F ; Chernosesus W. 12 Longitudo Latitudo] V ; om W. 14 56, 20] V j
56, 3 W; 26, 20 F.
1 — 3 Über Clavus' Familie s. Kap. IX. 3 Cimbricus nennt Clavus sich, weil er in Übereinstimmung
mit den jurisdiktioneilen Begriffen des Mittelalters seine Geburtsinsel Fünen zu Jütland rechnet. Cimbricus wäre
eigentlich mit „Jütländer" zu übersetzen. Einen Mann aus Fünen als Jütländer zu bezeichnen, würde aber mit den
heutigen Begriffen so schlecht übereinstimmen, daß wir das umfassendere Wort „Däne" vorziehen. 6 — 7 que
Ptolemeo, Hipparcho et Marino erant incognita. Über die Kenntnisse der Klassiker von den Nord-
landen siehe 0. Peschel, Geschichte der Erdkunde, hrsg. von S. Rüge, München 1877, S. 1 ff. Die geographischen
Arbeiten von Hipparch aus Nikäa (2. Jahrh. v. Chr.) und Marinus aus Tyrus (2. Jahrh. n. Chr.) kennt Clavus nur
durch deren Erwähnung in Ptolemäus' Geographie. 10 Cimbrorum Chersonesus vgl. N 8 — 9. 11 Albis
vgl. N 11. 13 Hamburg soll der Sage nach um eine vom Kaiser Karl dem Großen (t 814) angelegte Festung
und Kirche entstanden sein ; der Ort war zuerst nur von Fischern bewohnt, blühte aber trotz wiederholten Plün-
derungen der Slawen und Normannen schnell empor. Am 15. Mai 834 wurde in Hamburg vom Kaiser Ludwig dem
Frommen ein Erzbistum gegründet, und zwar wegen der Bekehrung der Nordlande ; Ansgar, Dänemarks und Schwedens
Apostel, wurde der erste Erzbischof; 845 wurde die Stadt von den Dänen zerstört, und der Erzbischofsitss wurde
nach Bremen verlegt; erst 1104 wurde ein nordisches Erzbistum (in Lund) errichtet. Vom 12. Jahrh. stand
Hamburg unter den holsteinischen Grafen und 1201 — 27 unter dem Dänenkönig Valdemar Sejr; 1215 erhielt die
Stadt von Kaiser Otto IV die Rechte einer freien Reichsstadt (civitas imperialis); in Verbindung mit Lübeck gründete
Hamburg den Hansabund, und war eine der wichtigsten Städte desselben. Namenformen : Adamus Bremensis Ham-
maburg, Giovanni Carignano zk. 1300 und Atlas Medicseus 1351 amborg, Itineraire Brugeois Hambuerch, plattdeutsche
Diplome vom 14 — 15. Jahrh. allg. Hamborch, Hamborgh und Hamborg. Die Originalkarte hat sicher häbnrg gehabt,
woraus bei Nicolaus Germanus die Dittographie hanburg und naburg.
Die beiden Clavus-Tcxte.
133
15
Longitudo
Latituilo
Thitmersken Chersonesus
31
56
50
Ditnruarschen, Halbinsel
Holzacie littus
32
57
0
Holsteins Küste
Frisie inlerioris littus
33
57
20
Nordfrieslands Küste
Ripis ciuitas
34
57
40
Eibe, Stadt
20 Burglanensis ciuitas
35
58
20
Bergham, Stadt
Eius littus Robierghhede
36
58
20
Ihre Küste Kubjaerghede
16 Thitmersken] Thitmeskem W; Thimesken V. 17 Holzacie] Holfatise F. 32] W, F ; 33 V. 57, 0] W ;
57 V. 20 35] W, V ; 36 F. 21 Eius] V ; Eeius W. Robierghhede] Kobierghhede V ; Kobierghhde W.
16 Thitmersken, Dithmarschen ; Landschaft im westlichen Holstein zwischen Eider und Elbe; gehörte
im früheren Mittelalter zur Grafschaft Stade und wurde 1145 dem Bremer Erzbischof geschenkt; stand 1188 — 1227
unter Dänemark ; war demnächst eine freie Bauernrepublik unter dem Schutz der Bremer Erzbischöfe ; schlug 1320
und 1404 siegreich die Angriffe der holsteinischen Grafen zurück; im letzteren Jahre fiel Graf Gerhard VI mit dem Kern
des holsteinischen Adels. Namenformen: Adamus Bremensis Tedmarsgoi (von den Einwohnern), Chronicon Danicum
1074 — 1219 (S. R. D. III, 262) Thetmarsia, Liber census Danise thetmwrsch, Annales Ryenses usque ad annum 1288
(S. R. D. I, 166) Thidmershia, plattdeutsche Diplome vom Anfang des 15. Jahrh. Ditmerschen, Dytmersschen und
Dytmerssen. 17 Holzacia, Holstein, im Mittelalter auch Nordalbingien genannt, bestand aus vier Teilen :
dem eigentlichen Holstein, Storniarn, Wagrien und Dithmarschen ; in der ersten Hälfte des 12. Jahrh. wurden die drei
ersteren unter den Grafen des schaumburgischen Hauses vereinigt, während Dithmarschen sich mehr und mehr zu
einer freien Bauernrepublik entwickelte (vgl. oben) ; 1201 wurde Holstein von den Dänen unter Herzog Valdemar
(später Valdemar Sejr) erobert; nach dessen Gefangennahme durch Graf Heinrich von Schwerin erhielt aber Graf
Adolph IV sein Staramland wieder (1225). Die holsteinischen Grafen blieben erbitterte Feinde Dänemarks, schlössen
Bündnisse mit den Herzogen von Schleswig (den Nachkommen des Dänenkönig Abels (t 1252)) und suchten dieses
Land an sich zu knüpfen. Die Grafen Gerhard der Große (f 1340) und Johann der Milde (f 1359) waren sogar eine
Zeithi ng die wirklichen Herren in Dänemark, bis Gerhard in Randers ermordet wurde und der Dänenkönig Valdemar
Atterdag das Land wieder sammelte. Unter dessen Nachfolgern, Königin Margrete und namentlich König Erich dem
Pommer, wurde von dänischer Seite ein erbitterter, aber vergeblicher Streit mit Holstein geführt, um Südjütland
(Schleswig) zu erobern und es in seine alte Verbindung mit dem übrigen Dänemark zu bringen. Namenformen: Die
isländischen Sagen Holtsetaland, Adamus Bremensis Transalbiani, Nordalbingi und Holcetari, Saxo und Itineraire Bru-
geois Holsatia (allg. lat. Form), Marino Sanuto (zk. 1320) Holsatia oder Olsatia, plattdeutsche Diplome im 14 — 15. Jahrh.
allg. Holsten, hochdeutsches Diplom 1428 Holsteyn. — Über die Bezeichnung ducatus für Holstein s. S. 28 — 29.
18 Frisia inferior, Nord-Friesland; Land an der Westküste Schleswigs von der Eider bis zur Vidaa mit anliegenden
Inseln; war im Altertum wenig bebaut; im 9 — 11. Jahrh. nahmen die Friesen das Land ein; sie standen direkt unter
dem Dänenköllig, nicht unter dem Herzog von Schleswig, und hatten eine Art von Selbstregierung; sie suchten die
Küste gegen das Meer mittels Deiche zu schützen, dennoch litt das Land viel von Sturmflut (vgl. Saxo, ed. Müller,
I. p. 10), z. B. 1218, 1362 und 1436. Im Jahre 1252 fiel König Abel in einem Kampf mit den Friesen, welche Aufruhr
gegen ihn gemacht hatten. Namenformen: Saxo Fresia minor, Diplom 1187, Schleswiger Stadtrecht zk. 1200 und
Liber census Danise Utlandia oder Utland; 1261 nannten sich die Einwohner selbst Frisones in Vtlandia constituti
(Hamb. Urkundenbuch I, 538), Annales usque ad annum ]265 (S. R. D. I, 210) Strantfresia; Kompaßkarten (Carignano,
Dalorto und Atlas Medicasus) fri.cia, Atlas catalan und anonyme Karte in Napoli ffrixa, Mecia de Viladestes 1413
ferisia (vielleicht eher West- und Ostfriesland als Nordfriesland ; vgl. E. Moritz, Die Entwickelung des Kartenbildes
der Nord- und Ostseeländer, Halle 1908, S. 32): im Vergleiche zwischen Erich dem Pommer und Herzog Adolph von
Schleswig 1424 (S. R. D. VII, 404) Norfrisia. Adamus Bremensis' Fresia umfaßt nicht Nordfriesland. — Frigie auf
den A- Karten aus frixie oder frizic <littus>. 19 Ripis vgl. N 13. 20 Burglanensis ciuitas, Barglum;
im Mittelalter ein Kloster, nun Rittergut in Vendsyssel in Nordjütlands nördlichstem Teil (B0rglum Herred, Hjarring
Amt) ; war ursprünglich ein Kronengut, auf welchem König Knud der Heilige sich aufhielt, als die Bauern in
Vendsyssel im Jahre 1086 den Aufstand machten, der bald zu seinem Tode führte ; zwischen 1134 und 1139 wurde
der Könighof dem Orden der Prämonstratenser übergeben, und von dem Kloster Steinfeld in Eifel wurde eine
Canonicus-Wohnung unter Leitung von einem Probst und einem Prior gegründet. Das so errichtete Kloster erhielt
bald großes Ansehen; der Bischof von Vendsyssel wählte es zum Bischofsitz (bis 1554); die Kirche wurde Dom-
kirche des Stiftes. Königin Margrete ließ sich in die Bruderschaft des Ordens aufnehmen. Namenformen: die allg.
lat. (adjektivische) Form war Burglanensis. Die südwesteuropäischen Kompaßkarten haben Burgalensis oder Burga-
lencis, II Conoscimiento Burgalensis, Cod. Par. 18504 Birgila, Diplome 1330 Byrlum, 1335 Borghlim, 1401 Burghlwna,
1407 Barium; plattdeutsche Diplome 1430 Burlum und 1435 Burglum. — burgrauen (A,, A8 und M3) von bürg-
lauen ; burgrafen (A2— Aä) mit deutschem f für dänisches v. 21 Robierghhede ist entweder der Lehmhügel
Rubjcergknude in Vendsyssel (Vennebjserg Herred), dessen höchster Punkt 237 Fuß hoch ist, und welcher mit steilen
134
Kapitel VII.
Loagitudo
Latitudo
Secundum eius littus
37
58
20
Tertium eius littus
58
20
Salmgehseret siuus eius
38
40
58
35
38
40
58
55
Sinus tertms
38
50
59
15
Siuus cjuartus
38
55
59
25
Septeiitrioiialis descripcio:
V PYI fl P<1 <5P l f'llllf.M*!
¥ CJJAICOIOCI L-XlllUCtO
39
59
40
Priuiuui littus
39
30
59
55
Secundum littus
40
20
59
55
Orientalis descripcio:
Skaueu Promontorium
40
35
59
55
Littus Orientale
40
55
59
40
Sinus orientalis
41
59
30
Viburg ciuitas parum a mari distans
40
59
20
Eius Promontorium
40
35
59
15
Extimus sinus
40
20
59
0
Intimus eius sinus
39
30
59
10
Arus ciuitas
39
55
58
45
Sinus orientalis
4()
20
58
45
Vitiums eius sinus
40
30
58
30
Kaldinckh vi IIa murata
40
10
58
10
Uethlis uilla murata parum a mari
38
10
57
40
Eius Orientale littus
39
57
40
Secundum littus
38
40
57
30
Medelfar passus in Pheoniam insulam
38
30
57
30
Ihre zweite Küste
Ihre dritte Küste
Salling Herred, ihre Bucht
Zweite Bucht
Dritte Bucht
Vierte Bucht
Beschreibung der Nordseite:
Vendsyssel, Stadt
Erste Küste
Zweite Küste
50 Eius littus extremum
38
57 25
Beschreibung der Ostseite:
Skagen, Vorgebirge
Küste gegen Osten
Bucht gegen Osten
Viborg, Stadt nicht weit vom Meere entfernt
Ihr Vorgebirge
Der äußerste Teil [ihrer] Bucht
Der innerste Teil ihrer Bucht
Aarhus, Stadt
Bucht gegen Osten
Ihre letzte Bucht
Kolding, befestigte Ortschaft
Vejle,befestigte Ortschaft unweit des Meeres
Ihre Küste gegen Osten
Zweite Küste
Middelfart, Uberfahrtsstelle nach der
Insel Fyen
Ihre äußerste Küste
23 eius] W ; om V. 24 eius] V; om W. 25 Salingehseret] Saligenharret W, V; cf. Salinghe-
susel N und salinge hert der A-K arten. 29 Septentrionalis] V; Septemtrionalis W. 30 Vendesisel] W; Ven-
dosiselV; Vendisisel F. 34 Skauen] SkaueW; SkaiueV; cf. Scaue und Scauen der A-Karten. 35 Orientale]
orientalis W, V. 37 Viburg] V, P ; Uiburg W. 59, 20] W, F ; 59, 30 V. 42 58, 45] W ; 58, 30 V.
44 Kaldinckh] Fialdinckh V; Fialdinkh (k korrigiert) W; cf. Kaldingli N. 58,10] W; 57,10 V. 45 üethlis]
Uechlis W; Vechlis V. 47 57, 30] V; 57, 37 W. 48 57, 30] W; 57,? am Rande korr. in 57, 30 V.
bis zu 180 Fuß hohen Abhängen gegen die Nordsee hinabfällt — er wird in den Segelanweisungen und Karten des
16. Jahrb.. verzeichnet — oder die Dünenstrecke Raabjcerg Miler (Horns Herred, Hjerring Amt), einige bis 130 Fu(J
hohe nackte Dünen. Zu der Fehldeutung Kobiergh für Rubiergh ist Kyen für Ryen (Rügen) ein Analogon. Die Karten
haben nur hedre (d.iuhedke oder hedce) litus. 25 Salingehseret, in N 15 richtiger Salinghesusel ; auf den
Karten als zwei Städte salinge und hert. 30 Vendesisel ciuitas, in N 14 Uendesusel ohne das unrichtige
Epitheton. Namenformen vgl. S. 39. 34 Skauen vgl. N 16. Stemmen ist die phonetische, Skagen (N 16) die etymo-
logische Schreibart. 37 Viburg ciuitas parum a mari distans. Diese Bemerkung bezieht sich nur auf
L'lavus' Karte; denn in der Wirklichkeit liegt Viborg l'/2 Meilen von dem nächsten Arm des Limljords, und die
Stadt ist immer eine ausgeprägte Binnenstadt gewesen; vgl. N 21. 44 Kaldinckh villa murata. Ob
Kolding selbst befestigt war, ist unsicher; das stark befestigte Koldinghus Schloß wurde 1248 von Herzog Abel auf-
geführt; vgl. N 23. caldige (A,) und caldige (A„j von caldige — caldinge (Ag — A5). 45 Uethlis uilla murata.
Ob Vejle selbst befestigt war, ist unsicher ; daneben lagen aber die Festen Borgvold (in Diplom 1351 Castrum Wethcel)
und Rosborg (1406 wurde Mogens Münk mit Rotsborgh belehnt); vgl. N 24. 48 Medelfar vgl. N 35 und
unten unter Fünen.
Die beiden Clavus-Texte.
135
Sinus ultinius
Longitudo
Latitudo
38
57 90
Tjf»tvi",p Rur* Vit.
Littus ultimum
38
5
57 10
*J 1 lv
Tjpf p T\ ii <ifp
Plenseborffhis portus
38
57
r 1 pii ^linrcTP?* TTa fpn
55 Fleuseborghis ciuitas
37
20
57 90
Fl pTi shnrer Sfn d f
J- lCilO'JUl li^ kJ L/C1A l L
Slesuigh ciuitas
36
30
57 15
MlptiViO" fttarlf,
kJJLCöVltij k J UtlAi u
Portus eius
30
30
1 Ii i* TT DTP 11
-L11J. J -l.cl.lC/-LJ-
Igernefyordh uilla
36
30
56 25
Kclcpnifördp Orisrluiff,
Portus eius
36
25
56 25
Tin* TTjif'pi'i
Uli. 11 1 1 1 ' 1 1
60 Piene uilla
35
35
5fi 40
Plön Ortschaft
Portus meridionalis
35
40
56 35
r)py m'iflliplip TTjTfpn
Kylis portus septentrionalis
35
25
56 30
TmpIs nöfrlliplipv TTafpn
Kyl ciuitas
35
5
56* 5
Kiel. Stadt
Portus meridionalis
35
25
56 20
Der südliche Hafen
65 Traun portus primus
35
5
56 15
Erster Hafen der Trave
Portus strictus
35
10
56
Der enge 'Hafen
1 ,ii hlr pi m To ö i m navi >i 1 1 c pn r rönii i 1 In _
UllfJa. l_,lU.Hjrlo 11111 Irillö. Ceti LH lo L Vh* 111 X-'el™
Lübeck, freie Reichsstadt,
Hauptstadt des
norum anno Christi 1240, partim
Dänenreiches im Jahre 1240 n. Chr.,
distans a mari
34
30
56
nicht weit vom Meere
entfernt
54 Flenseborgbis] W ; Flenseborgis V.
55
Flenseborgbis ciuitas] W; om V.
56 Slesuigh]
Slesinkh W; Slesingk V; cf. Slesuigh und Slesuig N.
57 36, 30] V ; 36, 20 W. 59
eius] V ; om W.
36, 25] W ; korr. aus 36, 35 V. 60 Piene] V ;
Plae W; cf. Plöne N. 62 Kylis] W; Kilis V.
63 Kyl] W :
Kyyl V. 67 Lubk] W, V: Lubec<o> F ; cf. Lubick der A-Karten. 67—68 Danorum] V, F; Dauorum W.
69 56] W, F ; 50 V.
54 Zwischen Meä&fiar und Ffenseborgh ist Ohenro (Grundform auf den Karten obero (B2 — B3)), d. h. Aabenraa
(Apenrade) übersprungen; vgl. X 25. — Ob F 1 e n s e bo r ghi s portus mit also portus (Alsenhafen) der Karten'
identisch ist, ist unsicher. 55 Flenseborghis ciuitas vgl. N 26. 54 — 69 in diesen Zeilen sind
in V sämtliche Ortsbestimmungen eine Zeile nach unten disloziert. 56 Slesuigh vgl. N 27. 58 Igerne-
fyordh vgl. N 28. 60 Piene vgl. N 29. 63 Kyl vgl. N 30. Die Breite 56° 5' falsch ausgezogen oder
abgeschrieben; vgl. S. 69. 65 Traun vgl. N 31. 67 Lubk, Lübeck; wird zum erstenmale unter dem wen.
dischen Fürsten Gottschalk (1043 — 66") genannt, wurde aber 1138 zerstört; die heute existierende Stadt wurde demnächst
im Jahre 1143 vom Grafen Adolph II von Holstein gegründet. 1157 kam die Stadt unter Heinrich den Löwen, welcher
die 1341 vollendete Domkirche gründete. 1201 wurde die Stadt vom Dänenkönig Valdemar Sejr erobert, welchem hier
1203 von den Fürsten Norddeutschlands als Oberherrn gehuldigt wurde ; unter dessen Gefangenschaft in Schwerin
(1223 — 25) riß Lübeck sich wie das übrige Norddeutschland von der dänischen Herrschaft los und unterwarf sich
dem Kaiser Friedrich II, welcher 1226 die Stadt zu einer freien Reichsstadt (civitas imperialis) erhob. Später wurde
Lübeck die Hauptstadt in der Hansa und spielte deshalb eine ganz außerordentlich große Rolle in der Geschichte
der Nordlande, namentlich Dänemarks, dessen Handel in immer größerem Umfange von Lübeck erobert wurde. Zur
Zeit der Kalmarunion war die berühmte Hansastadt eine Großmacht im Norden und kämpfte öfters mit den dänischen
Königen, namentlich mit Valdemar Atterdag (1340—75) und Erich dem Pommer (1396—1438). 1428 griff z. B. eine
große hanseatische Flotte Kabenhavn an, wurde aber zurückgeschlagen. Sowohl in sozialer wie in politischer Be-
ziehung war Lübeck also zu Clavus' Zeit ein Faktor ersten Ranges ; ein Ereignis in Dänemarks Geschichte im Jahre
1240, das seine Worte caput regni Danorum erklären konnte, kennt man indessen nicht; in diesem Jahre herrschte König
Valdemar Sejr über Dänemark, nachdem er alle seine deutschen Eroberungen hatte aufgeben- müssen. Im Jahre 1340
aber zwang Graf Gerhard der Große von Holstein durch einen Vergleich in Lübeck Herzog Valdemar von Schleswig zu
einem Tausch von Nordjütland mit Südjütland. Tatsächlich herrschte Gerhard aber über Dänemark. Schon in demselben
Jahre wurde er jedoch in Randers, gerade als er einen Aufstand der Nordjüten unterdrückt hatte, von dem jütischen
Edelmann Niels Ebbesen ermordet, und am 19. Mai 1340 wurde durch einen neuen Vergleich in Lübeck der dänische
Prinz Valdemar zum König erkoren und begann als Valdemar IV Atterdag (d. h. Wiedertag) das Reich zu sammeln.
Möglicherweise beziehen Clavus' Worte sich auf diese Frei gnisse, und 1240 wäre dann mit 1340 zu ersetzen. Namen-
formen: Die isländischen Sagen Ljbikka. Adamus Bremensis Liubice, Saxo Lubeca und Lubecum, Kompaßkarten lubccJi
oder lubench, II Conoscimiento Lubec, Labet und Lüber (die beiden letzten verdorben), Itineraire Brugeois (zk. 1380)
lAtbeke, Diplome 1294 Lubeque und Lißck, plattdeutsche 1266 und 1352 Lubfke (allg.), 1381 Lubek, 1294 und 1401
136
70
Kapitel VII.
Longitudo Latitudo
80
85
Regni Sclauorum extensio septentrionalis:
Die Ausdehnung des Slawenreiches gegen Worden:
Portus magnus
OO
OD
J_7 CI gl \JL3~ iiaicii
Eius priniuin littus
OD
OU
OD
kjclilc CloLt? JLYLLoljt?
Uismaria ciuitas
OD
AC\
DD
DO
11 loJi-Lcli ^ kjudvlu
Rostokh ciuitas et portns
OV
ZU
OO
AC\
T?r»<if nplr £sf *i rl f n n fl T~l fl"f pii
J.IjUöLUC'Iv^ OuitvlL LI 11 LI 11 eil eil
Rebanes uilla
A9
1 n
OD
ninnifv ( )i*T"<5r*niiTT,
ItlUJUlbA^ LöL/lIdlli
42
40
56
t/V
5
Hafen
üilUb UHUS
A%
*±o
fS6
0\J
Portus Sundensis
oo
Ssfv~il 611T1 npv Y\ il TPTl
kj LI cilo LLllUCl 1 i chlyJl L
Suiidis ciuitas
A&>
*±o
oo
AO
Sfvol «liTi n S'f.si ni",
Oul cllötlU-tl^ tjuciu.li
Hostiuui Aderiui fluuii occidentale
Ah
55
30
Westliche Mündimg des Oderflnsses
Ryen Promontorium
45
20
56
Rügen, Vorgebirge
Littus primum
45
40
56
Erste Küste
Littus secundum
47
10
56
Zweite Küste
Littus tertium
48
35
56
Dritte Küste
Littus quartum
50
56
Vierte Küste
71 septentrionalis] V; septemtrionalis W; aduersus septentrionem F. 72 magnus] W; mgnus (sie!) V.
74 Uismaria] W; Vismaria V. ciuitas] W; portus V. 80 Sundis] V; Sundus W. 81 Aderini] Aderinj V;
Aderim W. 82 Ryen] Kyen V; Keyen W. 83 primum] 1 W; om V.
(lat.) Lybek, 1425 Lubike. Der Form Labk bei Clavus ähnelt zunächst LubJce, eine Form, die uns in dänischen
Diplomen von den Jahren 1420 und 1425 begegnet. 71 Regnum Sclauorum vgl. Slauorum regio insidiatrix ,
auf der Nanziger Karte. In beiden Fällen bezeichnet der Ausdruck, wie Storm behauptet, die wendischen Städte
(civitates Slauiw oder Slavicce), den engeren Teil der Hansa mit Lübeck an der Spitze, zu dem auch die folgenden
Städte gehören. Vgl. den Völkernamen Sclaui auf der angelsächsischen Weltkarte vom 10 — 11. Jahrh. und auf der
Hereford Karte (1280); auf einer 1475 gedruckten Erdkarte (Facsimile-Atlas Fig. 2) vom 14. Jahrh. findet sich Slavia.
Marino Sanuto (zk. 1320) hat Sclavia oder Sclauia. 74 Uismaria, Wismar; Seestadt im Großherzogtum
Mecklenburg-Schwerin (seit 1301), war im Mittelalter Mitglied des llansabundes. Namenformen: In plattdeutschen
Diplomen kommen neben Wismaria Formen wie Wissmarie, Wis(s)mare, Vismar (1365), Wissemer, Wismer (1400 und
dän. Diplom 1425), Wismere (1427) vor, Marino Sanuto (zk. 1320) Wismaria, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Wismare,
Giovanni Carignano (zk. 1300) uismaria, Kompaßkarten vesmaria (1351) vsmaria (1339, 1367, 1375) vsmiaria (1325).
75 Rostokh, Rostock; Seestadt im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin (seit 1323), war ursprünglich eine
slawische Ansiedelung (Roztoc), welche im 11. Jahrh. vom Obotritenfürsten Gottschalk Stadtrechte erhielt; wurde 1160
vom Dänenkönig Valdemar dem Großen erobert und abgebrannt, zirka 1170 aber wieder aufgebaut und bald von
Deutschen bevölkert ; 1218 erhielt sie wieder durch Herzog Borwin I städtische Privilegien ; wichtiges Mitglied des
Hansabundes. Namenformen: Allg. Form in plattdeutschen Diplomen ist im 13. Jahrh. Rozstok, 13 — 14. Jahrh. Rostok
oder Rostoc, 1418 Rostogk, 1427 Rostok e. Variante der Grundform sind Rostock, Rozstokh, Rozstocke u. s. w. Itineraire
Brugeois (zk. 1380) Rooscoot (d. h. Roostooc), Giovanni Carignano (zk 1300) Roisloc, Kompaßkarten rostoch (1325), rostoche
(1367), roystoch (1351), royodoch (1339) u. s. w. 76 Rebanes, Ribnitz ; kleine Stadt im Großherzogtum Mecklen-
burg-Schwerin am Ribnitzer See, eine Meile nordöstlich von Schwerin ; 1271 erhielt sie das lübsche Recht. Die Form
Rebanes ist ungewöhnlich; in Diplomen von zirka 1400 kommen allg. V ormen wie Rybbetutz, Ribbenisse u. ähnl. vor. \
Itineraire Brugeois Rilbenesse. 79 — 80 Sundis (gen.) und Sundensis (adj.), Stralsund; Stadt in Pommern,
angelegt 1209 von Jaromar I (Fürst von Rügen), wurde bald eines der bedeutendsten Mitglieder der Hansa; 1429
wurde sie von den Dänen angegriffen, welche jedoch geschlagen wurden. Namenformen: Sowohl Sundis als Sundensis
sind allg. lateinische Formen des Mittelalters; in plattdeutschen Diplomen findet man 1333 Stralsund, 1376 Strafcs-
sunde (Variante dieser Form sind Stralcesundas, Stralessundt, Stralessont), 1377 Zünde, 1390 Sunde (allg.), 1401 Stral-
sund e, Itineraire Brugeois Sont, Kompaßkarte 1351 xunt und londis magna, die anderen Kompaßkarten lundis magna.
81 Hostium Aderini fluuii occidentale, Oder; auf den Karten an dieser Stelle der Ptolemäische
Name istula, welcher sonst mit Weichsel identifiziert wird. Die Form Aderinus ist uns sonst unbekannt; odraaufA,
stammt aus einer jüngeren deutschen Quelle (Nicolaus Cusanus, vgl. S. 33), woher auch stetina kommt. Namenformen
auf älteren Karten: Ebstorfer Weltkarte 13. Jahrh. odera, Marino Sanuto (zk. 1320) odra, Giovanni Carignano (zk. 1300)
odera, Kompaßkarten 1325 odra, 1339 adra, 1367 orda. 82 Ryen, Rügen; Insel in der Ostsee, an der pommerschon
Die beiden I 'lavus-Texto.
137
östiuin Orientale Aderiui fluuii, ubi est
Lougitudo
Latitud
0
Die östliclie Mündung des Oderiiusses,
iuitiuni Pomerie
50
56
wo der Anfang Pommerns ist
Priuiuni littus
51 15
56 40
Erste Küste
becunduni httus
52 30
56 30
Zweite Küste
\ ltimuui littus m ostio Kubnis
53
57
Letzte Küste, an Rubons Mündung
Iruscie priiiiiim littus
54
57 20
Pxejissens erste Küste
Secundum littus
54 30
57 30
Zweite Küste
lertiuui littus
55
57 40
Dritte Küste
Quartum littus
55 40
58 10
Vierte Küste
Turunci fluuii ostia
56
58 30
Mündung des Turuntusflusses
88 Aderini] Aderinj V ; Aderin W. 89 Po
inerie] Pomerie V;
Pomarie W; cf. Pomeria A„ A6, M3; Pouiaria N.
istio] V; hostio W. 93 Prusciel W, Prusc
ie V; Prussie F.
54] W, V; 54,30 F. 97 56] W; 55 V.
Küste, Stralsund gegenüber. Ursprünglich von Germanen bewohnt, während der Völkerwanderung von den slawischen
Bauen (Bujanen) besetzt. Der Dänenkönig Valdemar der Große unterwarf die Insel, nachdem sein Freund Bischof
Absalon 1168 die Stadt Arkona erobert hatte; nun wurde die Insel bekehrt und mit deutschen Ansiedlern gefüllt;
sie gehörte zu Dänemark und zum Roskilder Bistum, hatte aber ihre eigenen Fürsten, welche öfters selbständig
waren und gegen Dänennirk kämpften, wie z. B. Jaromar II, welcher 1259 Kgbenhavn angriff. Da der einheimische
Fürstenstaimn 1325 mit Witzlaw IV erlosch, kam Rügen infolge der 1221 geschlossenen Erbverbrüderung an seinen
Neffen Herzog Wartislaw II von Pommern- Wolgast. Erst 1438 wurde die Insel vom Dänenkönig Erich dem Pommer an
seinen Vetter Herzog Wartislaw IX förmlich abgetreten. 1309 und 1317 verwüsteten Sturmfluten die Insel und rissen
einen Teil, Rüden genannt, davon ab. Namenformen : Saxo Rupia, Liber census Danke R<f>, Diplome 1278 Ruiani, 1302
Byani (von den Einwohnern), 1338 Ruya (allg.), 1341 und 1375 — 76 Raye (allg.), 1376 und 1413 Rügen, 1396 Rughen,
Marino Sauuto izk. 132Ui Ruia. Kompaßkarten Ruya oder Ruia, U Conoscimiento Ruyna, Nanziger Karte Rylaiid. Auf
den A-Karten ist der Name in Ruron entstellt, während deren Ruya (oder rura) insula aus den Kompalikarten her-
1 stammt (vgl. Kap. VIII B). 88 Üstium Orientale Aderini fluuii: diesem Namen entspricht auf den
Karten das Ptolemäische cronon. Über die Erklärung dieses Namens und der nachfolgenden Ptolemäischen Flulhiamen
vgl. Schafarik, Slawische Altertümer 1, Leipzig 1843, S. 493 ff. ; Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde II, Berlin 1887.
I S. 351 — 52 und die Noten in C. Müllers Ausgabe von Ptolemäus' Geographie, Paris 1883. 89 Pomeria,
Pommern, war im früheren Mittelalter ein Hauptteil des alten wendischen Reicbes ; hatte vom Jahre 1062 an seine
eigene Fürsten, welche 1181 den Herzogtitel erhielten ; im 12. Jahrb.. wurde das Land bekehrt. Der erste Herzog
Bugislaw l wollte Dänemark erobern, wurde aber von Bischof Absalon zur See besiegt und gezwungen, die Oberhoheit
des Dänenkönigs Knud VI anzuerkennen. Die pommersche Prinzessin Euphemia heiratete den Dänenkönig Christopher II,
deren Sohn war Valdemar IV Atterdag, mit welchem der königliche Mannesstamm in Dänemark erlosch. Valdemars
Tochters Tochter Maria von Mecklenburg heiratete Herzog Wartislaw VIT von Pommern, und als Valdemars Tocbter,
Königin Margrete, kinderlos starb (ihr Sohn Olaf war früher gestorben), so wurde der Sohn von Wartislaw und Maria
Erich König in Dänemark, wo er Erich der Pommer genannt wurde. Namenformen: lat. Diplom 1421 Pomerania
lallg.i, plattdeutsch 1424 Pomeren (allg.), 1428 Pomern, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Pomerland, Marino Sanuto
izk. 132iii Pomerania, Francesco Pizigano (1367 und undatiertes Fragment) Pomercmria, eine andere Kompaßkarte
(Mecia de Viladestes 1413) Partnern/, Nanziger Karte Pomaria. König Erich der Pommer nannte sich du.r Pomarnie,
Pomeranie, Pomeranensis, Pomarensis oder hertugh (hertigh) i Pomeren, Eomarm, Pommern, Pomern. 92 Rubnis
igen.i; auf den Karten Rubon, das Ptolemäische Rubon oder Radon. 93 Pruscia, Preußen; ursprünglich Name
des Küstenlandes zwischen Pommern und Kurland, wo die Pruzzen wohnten; die Sprache war litthauisch. Im 11. Jabrh.
versuchten die polnischen Herzöge das Land zu bewältigen; um es zu bekehren, wurde der deutsche Orden 1226 her-
beigerufen, und in der Zeit 1230— 83 wurde das Land von den deutschen Rittern erobert; nach 1283 wanderten zahl-
reiche deutsche Ansiedler ein und das Land wurde ganz verdeutscht. Mittelpunkt des Handels wurde bald das 1310
eroberte Danzig, welches m der ponnnerscheu Provinz Pomerellen lag. 1398—1408 besaß der Ordensstaat Gotland,
welches er von den Dänen erobert hatte. 1346 wurde Esthland von den Dänen gekauft. Zk. 1380 nach dem Sieg über
die Litthauer (bei Rudau 1370) stand der Staat in seiner größten Blüte. Namenformen: Lat. Diplome 1294 Pryscia,
1363 Pracia, 1369 Prascia und Prussia (beide allg.). Plattdeutsche Diplome des 15. Jahrh. haben Prutzen, Prussen,
toätzen, Prewssen. Ebstorfer Weltkarte |13. Jahrh.) Prucia, Giovanni Carignano (zk. 1300) Prusia, Marino Sanuto
(zk. 1320) Pratia, Kompaßkarten pruxia (i367) Pratenja (1375), Itineraire Brugeois (zk. 1380) Pruchya, Nanziger Karte
Eeruersa prutenorum nacio uel noch (vgl. S. 3 — 5). 97 Turunci (gen.), auf den Karten Turonitns oder (durch Ver-
Björubo u. Petersen, Claudius Clavus. 18
138
Kapitel VII.
Primus sinus Pruscie
100 Secundus sinus
Cercliiu. fluuii ostia
et habet duas iusulas ignobiles.
rrinnis Liuonie sinus — et uocabatur (|uondiiiii
0stergli0dheugh — cuius gradus sunt
105 Secundus sinus
Ferste aa fluuii ostia
Sinus tertius
Auiien aa fluuii ostia
Sinus quartus
110 Sinus quintus
Threde aa fluuii ostia
Sinus sextus
Fierdbe aa fluuii ostia
Sinus ultimus
115 et habet septem insulas ignobiles.
lestgedheiigh orientalis descripcio :
Finnorum primus sinus — ■ iuxta ruptura
maris oceaui Ostrogotborum, vbi longus
Longitudo Latitudo
55* 58 40
57 50 59 5
58 30 59 30
Preußens erste Bucht
Zweite Bucht
Mündung des Flusses Chersinns und [bei
Preußen ] sind zwei unbedeutende Inselu
Erste Bucht in Livland — und es liiess früher
59 20
60 40
61 20
61 30
62
62
62
62
61 20
60 30
59 20
59 55
61
61 20
61 55
62 25
63
63 30
64
64 5
64 30
64 30
0stergadiug
— liegt auf
Zweite Bucht
Erste Aue. Flußmündimg
Dritte Bucht
Zweite Aue, Flußmündung
Vierte Bucht
Fünfte Bucht
Dritte Aue, Flußmündung
Sechste Bucht
Vierte Aue, Flußmüudung
Letzte Bucht und [bei LivlandJ sind
sieben unbedeutende Inseln
Vestergedings Beschreibung gegen Osten:
Die erste Bucht der Finnen — nahe daran
wird der Ozean der Ostgötar unter-
101 58, 30] W ; 58, 30 korr. aus 58, 39 V. 102 ignobiles] V ; iugnobiles W. 103 Liuonie]
Liuonie V, F : Linonie W. uocabatur] W ; uocatur V. 104 £ sterghedhengh] Osterghodhengh W ; Oster-
ghedengh V; Ostrogotthia<m> F; cf. Gottia orientalis der A-Karten. 106 ostia] V; ostra (sie!) W.
108 Annea] Amne W: Amen V. ostia] V; ostra W. G2, 25] V: 52,25 W. 111 Threde] W, V; cf. Tredie
(na) der A-Karten. III und 113 ostia] V; ostra W. 115 et ... ignobiles] W ; om V.
gadhengh] Uestgdhengh W; Vestidhengh V; Visogotthi<aV> F; cf. Gottia occidentalis der A-Karten.
norum] Sinuorum W ; SynnorumV: Hunnorum F; cf. Finnones N und Fin<de>lant<h> der A-Karten
V, F ; reptura W. 118 maris] W, F: marum V. oceani] V, F; occeani W.
11(1 Fest-
117 Fih-
ruptura]
wechselung mit dem Namen Turon (Thorn), auf den Kompaßkarten) Turm, entspricht dem Ptolemäischen Turuntus
oder Turuntas. 99 55° 0' falsch ausgezogen für 57° 0'; vgl. S. 68. 101 Uerchin, das Ptoleniäische rl/er-
sinus oder ehesinus; auf den Karten stark entstellt. 103 Liuonia, Livland, nun Gouvernement in Rufi-
land (eine der drei Ostseeprovinzen) ; war schon im Altertum den Dänen und Schweden bekannt, die als Wikinger
hierher kamen, wurde dagegen erst durch ein verschlagenes bremisches Schiff dem übrigen Europa 1159 bekannt.
Bald kamen deutsche Ansiedler an, und die Bekehrung der Liven (ein esthnischer Volksstamm) begann ; 1201 wurde
Riga gegründet und 1202 der Orden der Schwertritter gestiftet; 1224 wurde der südliche Teil Esthlands erobert und
1237 die Schwertritter mit dem deutschen Orden vereint (vgl. oben unter Pruscia). Namenformen : Plattdeutsche
Diplome im 15. Jahrh. Lieff'land, Lijfland, Lijfflande, Lyfflande und Liff'lande. Die allg. lateinische Form war Liuonia
(so auch die Ebstorfer Weltkarte (13. Jahrh.) und Marino Sanuto (zk. 1320)), Itineraire Brugeois (zk. 1380) Lyuoniu
sine lyflaiul. Lite faii ia u. ähnl. auf den Kouipaßkarten ist Lithauen. 104 0stergh0dhengh, vgl. S. 95.
106 F0rste aa, über diesen und die folgenden dänischen FluCnamen vgl. S. 5, 66 und 96. 115 Zu den
7 unbedeutenden Inseln gehört auf den Karten oxilia (Üsel), deren Name jedoch sicher von den Kompaßkarten her-
stammt (vgl. Kap. VIII B). 116 üestgadhengh, vgl. S. 95. 117 Finni, vgl. N 189.
118 Oceanus Ostrogotborum und mare Gotlandie sind Bezeichnungen für verschiedene Teile der Ostsee,
letztere für den nördlicheren Teil um die Insel Gotland, erstere für den südlicheren Teil zwischen Schweden und
Deutschland : OstroyotJ/ia ist nämlich eine lateinische Form für ^>stergfi0dhengh, d. h. Östergötiand in Schweden. Auf
den A- und B-Karten mare gotticum nördlich, mare sarmaticum, germanicum oder sabuloms pmtus südlich in der Ostsee.
Auf den südeuropäischen Kompaßkarten heißt die Ostsee mar di allemania, di gotilandia, di suesia oder mare noricuni
(oder norion) ; vgl. Björnbo und Petersen, Anecdota cartographica septentrionalia, Tab. 1 (S. 16).
Diu beiden Clavus-Texte.
L39
Longitüdö
pO tractus maris de Noreubodhn ingre-
ditur mare Gotlandie — et gradus
habet
Secundus sinus
Arosia ciuitas
125 Tertius sinus
Annen aa flunii ostia
Quartus siuus
Thredie aa fluuii ostia
Quintus siuus
130 Fyerdhe aa fluuii ostia
Ultinius siuus
Sthokolm ciuitas magna paruin distans
a mari
et habet quiuque insulas iguobiles.
135 Sendergedhin deseripcio orientalis :
Primus siuus est iu ore Sthokolm
Skarensis ciuitas
Tertius sinus
140 Feuithe aa fluuii ostia
Quartus sinus
Latitudo
brochen, da wo die lange Meerenge
von Nordbotten ins Gotlanclsmeer ein-
tritt — und diese liegt auf
Zweite Bucht
Ve^teräs, Stadt
Dritte Bucht
Zweite Aue, Flußmündung
Vierte Bucht
Dritte Aue, Flußmündung
Fünfte Bucht
Vierte Aue, Flußmündung
Letzte Bucht
Stockholm , Großstadt nicht weit vom
Meere entfernt und [bei Vestergtfdiugj
sind fünf unbedeutende Inseln.
Besehreibung von Sendergtfding gegen Osten :
Erste Bucbt ist bei der Einfahrt nach
Stockholm
Skara, Stadt
Dritte Bucht
Füufte Aue, Flußmündung
Vierte Bucht
58 20 64 30
58 54*20
57 64 20
56 20 64
55 40 63 55
55 20 63 30
54 30 63 20
54 30 62 50
54 20 62 15
54 30 62 15
53 30 62 20
54 30 62 5
54 61 40
53 25 61 30
52 30 62*25
52 40 61 15
120 Norenbodhn] Norendbudhn V ; Nore bodhij W; Norebodhe F; cf. Nordhindh Bhondh und Nordinck-
baind N. 12t Gotlandie] Grolandie W, V. 64,30] W, V; 64 F. 124 Arosia] W; Arasia V; cf. Arosia
der A-Karten. 126 Annen] Auen W; Arnen V. 128 aa] W: a V. 130 Fyerdhe] V; Fyerde W.
aa] a W, V. 54,20] W; 54,30 V. 132 Sthokolm] F; Schokoinn W; Stockolm V; cf. Stokalm A,, A6.
133 62,20] W, V; 62 F. 135 Sandergadhin] Sanderaghin W; Sondergadhin V; cf. Gottia meridionalis der
A-Karten. 136 Sthokolm] Schokolm W; Stockolm V. 62, 5] W ; 52, 5 V. 138. Skarensis] W; Sckaren V;
cf. Soriensis der A-Karten. 140 Femthe] Femche W, V.
120 Norenbodhn, vgl. unten 256, 376 und N 221. 123 54° 20' falsch ausgezogen oder abgeschrieben
für 64° 20'; vgl. S. 68. 124 Arosia, vgl. N 156. Nach Arosia ist ein Förste aa überschlagen: die Karten
haben hier einen Fluß ohne Namen. 132 Sthokolm, Stockholm; Schwedens Hauptstadt, liegt teils auf Inseln,
teils auf dem Festlande nördlich und südlich des Mälarsees; erst zk. 1187, nachdem die Stadt Sigtuna von wendischen
Seeräubern zerstört worden war, wurde die Insel Stadsholmen (oder Stockholmen) befestigt, um die Einfahrt zum
Kälarsee zu schützen, und es blühte hier ein Flecken empor. Der berühmte Birger Jarl (t 1266), die größte Gestalt
des mittelalterlichen Schwedens, erbaute das Schloß und erteilte dem Flecken städtische Privilegien (1255) ; sein Sohn
König Valdemar (abgesetzt 1278) erhob Stockholm zur Hauptstadt. Das ganze Mittelalter hindurch bildete die Insel (Stads-
holmen) die eigentliche Stadt, obwohl die Bewohner der Vorstadt Norrmalm auf dem Festlande schon 1288 als Bürger
gerechnet wurden. Im Kampfe zwischen König Albrecht (mit dem Beinamen : der Mecklenburger) und Königin Margrete
ha tten die deutschen Anhänger des ersteren die Stadt inne und verübten allerlei Grausamkeiten, bis Albrecht 1389 gefangen
genommen wurde und, um wieder frei zu werden, im Jahre 1395 die Stadt übergab. Schon sehr früh war Stockholm
die wichtigste Handelsstadt Schwedens. Namenformen : lateinische Diplome 1361 und 1409 Stockolm (allg. auch auf
Münzen im Anfang des 15. Jahrb.), plattdeutsche 1421 Stdkhohne und 1434 Holme. Itineraire Brugeois (zk. 1380)
Bfochulin (d. h. Stochuhn), II Conos'-imiento locus stoeol oder estoeol, Kompaßkarten stoeol, stocull oder stocl, auch mit locus
oder stagno, Nanziger Karte Stokhölm. Namenformen ohne h (d. h. ohn statt holm) sind sonst nicht bekannt.
st <Qi>ocalnagä oder stokalmti mahgna auf den Karten sind Entstellungen für stokohn ciuitas magna (A,).
135 Sandergadhin, vgl. S. 95 — 96. 138 Skarensis, vgl. N 180. Soriensis auf den Karten gleich sca-
wensis. In der Nähe von Skara ist ein secundus sinus überschlagen. 140 62° 25' falsch ausgezogen oder abge-
schrieben für 61° 25'; vgl. S. 68.
18*
140
Kapitel VII.
Kulmarn ciuitas magna
Saathe aa fluuii ostia
145 Sextus sinus
Aosia ciuitas
et habet tres insulas ignoMles et
unam magnam, que uocatur ®l'ändia,
que haltet
i5u Kegui Daiiiiriiiii orieotalis descripcio:
Loßgitndo
52 40
52
52
52
53
52
Latitudo
61 5 Kalmar, Großstadt
61 Sechste Aue, Flußmündung
60 30 Sechste Bucht
60 30 Ahus, Stadt
und [hei Sanderg^dingJ sind drei all
60 40 bedeutende Inseln und eine grolie,
60 welche Oland heißt und liegt auf
Beschreibung des Diiiieiueiches gegen Osten :
155
Primus smus et Promontorium
51
35
60
Erste Bucht und Vory'ebiro'e
Förste aa fluuii ostia
50
30
59
40
Erste Aue, Flußmündung
Secundum Promontorium
50
5
59
25
Zweites Vorgebirge
Annen aa fluuii ostia
48*
20
59
20
Zweite Aue, Flußmündung
Tertium Promontorium
49
59
Drittes Vorgebirge
Quarten Promontorium
48
25
58
35
Viertes Vorgebirge
Meridionalis partis descripcio:
Beschreibung der Südseite:
Ysthede ciuitas
48
25
58
35
Ystad, Stadt
Falsterbode reef
47
40
59=
Falsterbo, Riff
Falsterbod emporium
47
25
59*
Falsterbo, Markt
Skanoer portus
47
20
58
45
Skanör, Hafen
Elleboghen ciuitas
47
201
58
55
Malmö, Stadt
Magnus Skanie portus
46
40
58
50
Skänes großer Hafen
Elleholm
46
58
40
Elleholm
Erichzhaun portus
45
30
58
35
Erichshavn (d. h. Landskrona), Hafen
Helsenborg ciuitas
44
50
58
35
Heisingborg, Stadt
143 Kaluiarn] W; KalmariV: Calmarii F; cf. Kalmarn N und Calmarn A,. 144 Seethe] SartlieW, V-,
cf. Seta der A-Karten. 147 insulas ignnbiles] V; ignobiles insulas W. 149 60] 6 W, V. 150 Dano-
.rum] V; Dauomm W; Danise F. 151 51,35] W. V; 51,25 F. 60] F, 6 W, V. 152 Farste] Forste W, V.
153 59, 25] W; korr. aus 59, 26 V. 154 Annen aa] Aruen a W; Arueni a V. 156 Quartum] W, V;
Vltim<o> F. 58,35] W; korr. aus 58,36 V. 157 partis descripcio] V; korr. aus descripcio partis W.
158 Ysthede] V; Yschede W; Ischede F. 162 Elleboghen] Elleboghei W: Ellebogel V; Elebogura S.
164 Elleholm] V; Elleholm W. 165 Ericlizhaun] Grichzhoun W; Grichzhooiuij V; cf. Erichstadh N und Erici
portus der A-Karten. 166 Helsenborg] Helsenberg W, F; Helsenbergh V; cf. Elsibors der A-Karten und Hel-
singborgh N. ciuitas| W, V; urb<i> F.
143 Kai mar n, vgl. N 154. In der Nähe von Kalmar ist ein quintus sinus überschlagen, calmaur der
Karten entstellt für calmarn (A,). 144 Swthe aa ^= se'a auf den A-Karten. Neben der Brechungsform skM
(sechste) findet man auch im Westdänischen scBte ohne Brechung. Cf. Kalkars Wörterbuch III, 8. 709.
146 Aosia, vgl. N 107. 148 01andia, vgl. N 195. 150 Regnum Danorum, vgl. N 1—3.
154 48" 20' falsch ausgezogen oder abgeschrieben für 49° 20'; vgl. S. 69. 158 Ysthede, vgl. N 106. Ba3
istrude der Karten -wahrscheinlich entstellt aus isthüdi. 159—160 Falsterbod(e), vgl. N 104. Von der
Landzunge bei Falsterbo erstreckt sich ein Riff mit einer Tiefe von weniger als 4 Faden zk. 8 Kilometer in die
Ostsee hinaus; es findet sich schon auf den Seekarten des 16. Jahrh.. vgl. Björnbo und Petersen, Anecdota carto-
graphica septentrionalia, Facs. V. — 59" 0' Ausziehnngsfehler für 58° 30'; vgl. S. 68. 161 8 k an aar. vgl. N 103.
162 Elleboghen, vgl. N 102. 163 Magnus Skanie portus bezieht sich unzweifelhaft auf den
großen jährlichen Heringslang in ßresund bei Skanör (vgl. N 99). 164 Elleholm, Schloß und Gut in
Blekinge westlich von Karlshamn, gehörte dem Erzbischof in Lund, war aber im Anfang des 15. Jahrh. der mäch-
tigen Adelsfamilie Tott verpachtet; der um das Schloß entstandene Flecken wurde 1450 zur Stadt erhoben.
165 Erichzhaun — erici portus der Karten — muß Landskrona sein; vgl. S. 41 und N 101. 166 Helsen-
borg, vgl. N 101). Formen mit herg statt borg kennt man sonst nicht, und da die A-Karten rhibors haben, liegt
sicher ein Abschreibefehler vor.
Die beiden Olayus-Texte.
L4J
Loiifitudo Latitudo
Oceidentalis dles-eieipeio: Be.schreilning der Westseite:
Primiini littns
-1 1 11 II 1 1 [ 11 l 1 l. I. 1 1
44
35
5S
40
TCr^fp \\ nst.p
.1 -iL ö L .11 LI o \J\J
1 70
Secunduiii littus
44
50
5S
^5
Zwpitp ICii'-ifp
/ J VV i Uv? JiUO Kj\j
Tertium littus
45
i s in vj^-s ii uo uu
Quartuni littus
45
IC/
50
1 5
V l PT*f,p K ii sfp
• ivl IIU llUOUv
Fgrste aa flunii ostia
45
40
59
30
Erste Aue. Flußniünduii"'
o
Quiutuiu littus
45
50
15
Fünfte Küste
1 7Pi
XI*)
Annen | aaj flium ostia
44
45
59
40
Zweite Aue Fhißmüiidimo'
U TT ,111'. _I_ 1 II III II II 1 III Ii M >^
Knutzhouet proiuoutoriuui . ubi foditur
R nilfislloVPfl V orö*pl^iro'p wn piup 1111 .Tulirp
-*-■» u. u. \j y 1 i i . t yj L (2 ^ «_ ^ \r v Cl 11 \j 1111 tj ililli. \J
miuera auri reperta auuo Christi
1 n ( lln* o'pfiiTirlpiiP iTnlfliinnp o*p-
1425
44
59
30
grabeu wird.
Huius anguli primus siuus habet
44
50
45
Erste Bucht dieses Vorsprungs liegt auf
180
Forste aa fluuii ostia
44
20
00
5
Erste Aue, Flußmündung
Secuudus siuus
44
60
20
Zweite Bucht
Auuen aa fluuii ostia
44
35
60
35
Zweite Aue, Flußmüuduug
Tertius siuus
44
10
60
50
Dritte Bucht
Quartus siuus
44
61
Vierte Bucht
185
Hayldlilandis deseripeio meridionalis:
Hallamls l{esclireil»uiig' gegen Süden:
Forste aa fluuu ostia.
43
40
61
5
Erste Aue, Flußmüuduug
Priuiuui promoutoriiun
43
20
61
Erstes Vorgebirge
Secundum
42
30
60
55
Zweites
Tertium
42
60
40
Drittes
190
Quartum
41
25
60
40
Viertes
(Quiutuiu iu iutroitu portus Saniershaun
41
60
40
Fiiuftes, Lei der Einfahrt iu deu Hafeu
Simrishamu
L^odese ciuitas
41
30
61
Lödöse, Stadt
Occideutalis descripcio:
Beschreibung der Westseite:
195
Primus cliersouesus
4lt
"TV
50
60
\J\J
50
Erste Halbinsel
Priuiuui littus -
41
61
10
Erste Küste
Secuuduiu littus
41
01
1 p.
lo
Zweite Küste
Tertium littus
41
5
61
40
Dritte Küste
Ferste aa huius partis fluuii ostia
41
62
Erste Aue auf dieser Seite, Flußmündung
200
(partum littus
40
20
62
Vierte Küste
et habet Halliudh iusulas 15 iu cir-
und um Hailand herum liegen 15
cumfereucia.
Inseln
170 58.55] W; korr. aus 58,5(5 V. 175 Aimen| Arnen W, V. 176 Knutzhouet] Kumtzhoner V:
Kumtzhonc F-. Kuinthz Ioiipc W ; cf. Cunutis orot (d. h. Canuti Lovet) der A-Karten. 176 — 177 foditur . . .
reperta] W, V; fodiuntur auri minerse reperte F. 178 59,30] W, F; 59, 45 V. 180 Farste] V; Fekste W.
182 Annen] Auen W; Arnen V. 185 Hayldhlandis] W, V; Heildstlandis F. 191 Semershaun |
Somersliaim W, V. 193 Laodese] Laodest W, V; cf. Lodese N. ciuitas] W; om V. 197 littus] W; om V.
198 littus] W; om Y. 201 Hallindh] Hallidh W, V; cf. Halindhia, und Hallindhia N.
176 Knutzhouet; eine Lokalität mit diesem Namen haben wir nicht auf dieser Küste finden können.
Nachrichten über Goldminen in diesen Gegenden sind uns auch nicht bekannt. Cunutis orot der Karten ist wahr-
scheinlich aus canuti hovrt entstellt. 185 Hayldhlandis, vgl. S. 89 und N 79 — 80. 186 Ferste aa
entspricht einem troäia f auf den A-Karten. 191 Samershaun, vgl. N 93. 193 Leodese, vgl. N 94.
142
Kapitel V1L
Long
tudo
Latitudo
Regiii Sorbegie meri(Uoualis descripcio :
Beschreibung des Reiches Sorge gegen Süden :
205
Aslo ciuitas
40
5
62
15
Oslo, Stadt
Varna fluuii ostia
40
30
62
30
Mündung des Varnaflusses
Portus eius
40
20
62
30
Sein Hafen
Vone fluuii ostia magna
39
40
62
40
Große Mündung des Venern usses
Portus eius
39
62
30
Sein Hafen
210
Promontorium primum Norbege
Farensis ciuitas super Tunsberg habet
Norges erstes Vorgebirge
? Stadt oberhalb Tensberg, liegt auf
gradus
38
20
62
Secundum Promontorium
37
30
61
40
Zweites Vorgebirge
Tertiuni Promontorium
37
62
Drittes Vorgebirge
215 Apetane fluuii Ostia
37
5
62
20
? Flußmündung
Quartum Promontorium
36
40
62
30
Viertes Vorgebirge
Uitu fluuii ostia
36
55
62
40
? Flußmündung
Quintum Promontorium
36
30
62
40
Fünftes Vorgebirge
Amerensis ciuitas super ostia Uitu fluuii
36
63
Hamar, Stadt, oberhall) des ? — flusses
220
Mündung
Huius capitis primum Promontorium
35
30
62
25
Erstes Vorgebirge dieses Vorsprungs
Liste Promontorium, ubi capiuntur fal-
Lister, Vorgebirge, wo die weißen Falken
cones albi
35
62
10
gefangen werden
Secundum Promontorium
34
30
62
25
Zweites Vorgebirge
225
Tertium Promontorium
34
30
62
35
Drittes Vorgebirge
Stauanger ciuitas
34
62
55
Stavanger, Stadt
Corshaun
33
35
62
35
Korshavn
Bobchara
33
62
55
?
Sumershaun
33
5
62
40
Sumershavn
230
Bergen ciuitas maxima, Promontorium et
Bergen, sehr große Stadt, Vorgeliirge
emporium regni
33
63
15
und Stapelplatz
204 Norbegie] V; Norbeige W; Noruegise F; cf. Norbegia der A- Karten. 205 Aslo] V; Also YY;
cf. Aslo A,. 206 Varna] V; Yarne W. 208 Vone] W, V; cf. der A-Karten Yona, An Vone fl. hostia.
211 .Farensis] Faren W; Farn V; cf. Farensis der A-Karten. Tunsberg | Tumsberg W; Tu sperck V; cf. Tunsbergh
und Tunsberg N, litus tumebor der A-Karten und tons beres (A3). habet gradus] W; om V. 214 Promon-
torium J W; om V. 217 Uitu] W; Vita V. 218 62,40] V; 62,43 W. 219 Amerensis] Ameren W, V;
cf. Amerensis der A-Karten. Uitu] Vitu V; Uictu W. 222 Liste] Lisce W, F; Lyste V; cf. Liste A, und N.
225 Promontorium] W; om V. 226 Stauanger] Stananger W, V; cf. Stauanger N und Stauangerensis
der A-Karten. 227 Corshaun] W; Corshaum V. 228 Bobchara] V; Bobcharu W; cf. burn fluuius der
A-Karten. 229 Sumershaun] Samershaim W, V; cf. Summei'shaun insula N. 230 Bergen] W, V, S;
Berga F. ciuitas maxima] W, V; urbs maxima F. 231 33] W, V: 33,5 F.
204 Regnum Norbegie, vgl. N 203—4. 205 Aslo, vgl. N 91. 206 Varna; vielleicht
Varma (Vormen), dessen Name jedoch nur auf den oberen Lauf des Glommen-Flusses Bezug hat. Möglicherweise
meint Clavus das Kloster Varna (nunVoerne) in Borgarsysla (nun das norwegische Amt Smaalenene). 208 Vone;
Entstellung von Vseni (Venern). Der Name des Sees ist hier auf dessen Abfluß (Götaelf) bezogen.
211 Farensis; nur A3 hat hier farensis, welchen Namen Storni nach der Aussprache Sarsborg mit Sarpsborg
identifiziert. Man könnte etwa civitas farensis als die Stadt am Farris-Fluß auffassen; wie alt der Name Far-etv
ist, können wir aber nicht sagen; vgl. Norske Videnskabs Selskabets Skrifter 1882, S. 9 und 60. Tunsberg,
vgl. N 117. 215 Apetane und 217 — 19 Uitu gehören zu dem norwegisch-gotliindischen Nennsystem; vgl.
S. 90 ff. 219 Amerensis, vgl. N 95. 222 Liste, vgl. N 209. Über die weißen Falken vgl. S. 65.
226 Stauanger, vgl. N 211. 227 C or s Ii au n , vgl. N 210. 228 Bobchara, vgl. S. 99— 100.
229 Somershaun. vgl. oben 191 und N 258. 230 Bergen, vgl. N 213.
Die beiden Clavus-Texte.
143
Longitucto
32
31 30
31 10
Latitudo
G3 10
G3 10
63
30 35
30 3i »
30
63
63
63
Ladhehoru
Horiza flimii ostia
235 Trollenbyerrene
Nadhegrin Promontorium, ubi est Spiritus
malignus aereo corpore omnibus uisi-
biliter apparens
Grintz aa fluuii ostia
240 Douerfyeld Promontorium altissimum
Nedrosia siue Trunthheim, ciuitas regalis,
ubi requiescit corpus sancti Olaui regis
Norbegie 29 39 63 5
Occidentalis descripcio:
245 En anuen fluuii ostia 30 63 30
Apocane 29 45 63 50
Septentrionalis descripcio:
Uithu fluuii ostia 30 40 63 50
Wultu 31 20 64
160 Segh fluuii ostia 32 20 64 5
Sarlecrogh 32 35 64 35
Crogere fluui ostia 34 20 64 35
Comenter 35 20 65
Enegb fluuii ostia 40 65 25
255 Ynesegli Promontorium et emporium, ubi
mare congelatum appellatur Nordhin-
bodbn — per longum tractum aqua
ipsius ingreditur mare Gotlaudie uersus
orientem et septenfcriönem — cuius
200 gradus 41 66
dies borarum 24.
Lyderhorn
? Flußmündung
Teufelsgebirge
Nadhegrin (?), Vorgebirge, wo ein böser
Geist ist, der sich in luftiger Gestalt
allen sichtbar zeigt
Grintz Aue (?), Flußmündung
Dovrefjasld, sehr hohes Vorgebirge
Nidaros oder Trondhjem, Hauptstadt, wo
der Leichnam des heiligen Olaf, Königs
von Norge, ruht
Beschreibung der Westseite:
Eine zweite Flußmündung
'? [Vorgebirge]
Beschreibung der Nordseite:
? Flußmündung
? [Vorgebirge]
? Flußmündung
? [Vorgebirge]
? Flußmündung
? [Vorgebirge]
? Flußmündung
? Vorgebirge und Markt, wo das Eismeer
Nordbotten genannt wird — durch eine
lange Meerenge tritt dessen Wasser
gegen Osten und Norden ins Gotlands-
meer hinein, - - welches liegt auf
Tag von 24 Stunden
233 Ladhehoru] W; Ladhehorii V; cf. Ladehorn iusula N. 235 Trollen byereiine] Trollen byern W;
Trollenpiern V; cf. die Variante für Tunsberg (oben 211). 236 Nadhegrin] P; Nadhegrim V; Nadhegrun W; Nadhe-
gruui S. 239 Grintz] V; Grincz W; cf. arcfaius üuuius der A-Karten. 240 Douerfyeld] Douerfgeld, W, V;
cf. Doueriyeldh N. 241 Nedrosia] W ; Neidrosia V ; Nodrosia S ; cf. Nedrosia & Nidrosia N und Nodrosia der
A-Karten. Trunthheim] W ; Truchaim V ; cf. Truntheym insula N. 242 sancti] W ; s. V. Olaui] Olani W, V.
243 Norbegie] Norbegie V ; Norbeige W. 245 En annen] En arene V ; En a'ene W ; cf. ICI fluuius A6.
248 Uithu] W; Vithu V. 249 Wultu] V; Wltu W; cf. Uultu der A-Karten. 254 Enegh] W; Euegh V;
cf. Enog der A-Karten. 255 Ynesegh] W, V; Ynesegk F; Yuesegk S; cf. iuesech etc. der A-Karten.
256 Nordhinbodhn] Nordhi'bodliij W; Nordhirbod hy V; Nordhebodhij S; cf. oben 120. 258 Gotlaudie] V, F;
Gottlandie W, S. 259 septentrionem] V, F, S; septemtrioneni W.
233 Ladhehoru: vgl. S. 99—100 und N 263. 234—239 Horiza-Trollenbyerrene-Nadhe-
grin- Grintz aa; vgl. S. 99- 100. 240 Douerfyeld, Dovrefjseld ; Gebirg.skomplex im mittleren Norwegen
zwischen Urkedal und Gudbrandsdal ; im engeren Sinne die Gebirge in Dovre Kirchspiel; vgl. Nanziger Karte
Douerfyeld h. 241 Nedrosia siue Trunthheim; vgl. N 216 und 264. 245 — 255 En annen-
Ynesegh, norwegisch -gotländisches Nennsystem; vgl. S. 90 ff. 253 Comenter; nach diesem Namen sind
die den Namen terfnor fluuii ostia und thion (A, tiem) Promontorium der A-Karten entsprechenden Namen im Texte
ü b?rsch lagen ; vgl. Tarroner und Tier unten 480 — 82, wo dieselbe Namenreihe vorkommt. 256 Nordhin-
bodhn; vgl. oben 120 und N 221. 258 mare Gotlaudie; vgl. oben 121. 261 dies horaruin 24;
vgl. unten Kap. VIII C.
144
Kapitel Vil.
Loiifdi udo
Wildlnpweiilanil descripeio oeÄntaKs
maritima:
2(15 Mestebrodh 44 30
Vitiums liiues cruce Christi signatus, ne
cliristiaui audeant absque licencia regis
ultra accedere etiaru cum comitatu
270 maximo, habet gradus 43
Et ab hoc loco uersus occasum longissirno
auibitu terre habitant primo Wildlappmanui, qui
sunt homines omuirio syluestres et pilosi, sicut
depinguutur; et solmmt regi tributum singulis
275 aunis. Et post illos ruagis uersus occasum sunt
Pigmei parui cubitalis longitudinis, quos uidi
captos in mari in parua naui de coreo, que nunc
pendet in ecclesia cathedrali Nedrosie; est et ibi
longa nauis de coreo, que etiam quondam cum
280 talibus Pigrueis capta fuit.
Habet Noruegia 18 insulas, terre in hyeme
propter glaciem Semper continuas et raro sepa-
285 ratas, ni ualde calida estate.
Grolandie insule chersonesus dependet a terra
inaccessibili a parte septentriouis uel ignota
propter glaciem. Ueniuut tarnen Kareli infideles,
290 ut uidi, in Grolandiam cum copioso exercitu
Latitudo
Kiistcitbes^lit-eibiui^ von Wil(lla|»i>enlan<l gegen
Westen :
06 20 ?
Äußerste Grenze durch ein Kruzifix be-
zeichnet, damit die Christen es nicht
ohne die Erlaubnis des Königs wagen,
weiter vorzudringen, nicht einmal mit
()7 großem Gefolge, liegt auf
Und von dieser Stelle au wohnen gegen
Westen auf einer sehr weiten Landstrecke zuerst
die wilden Lappen, ganz wildlebende und be-
haarte Menschen, so wie sie abgebildet werden;
und sie leisten dem Könige alljährlichen Tribut.
Und nach ihnen weiter gegen Westen sind die
kleinen Pigmäen, eine Elle lang, welche ich ge-
sehen habe, nachdem sie auf dem Meere gefangen
waren in einem Fellboote, das nun in der Kathe-
drale zu Nidaros hängt ; dort ist ebenfalls ein
langes Fahrzeug aus Fellen, welches ebenso ein-
mal mit solchen Pigmäen genommen wurde.
Norge hat IS Inseln, die im Winter durch
Eis immer mit dem Festlande zusammenhängen
und selten getrennt sind, wenn der Sommer
nicht sehr warm ist.
Die Halbinsel der .Insel Grönland " erstreckt
sich von einem nördlich unzugänglichen oder
wegen Eises unbekannten Lande. Dennoch
kommen, wie ich gesehen habe, die ungläubigen
263 Wildlappenland] V; Wildlappenn land W. 269 — 270 comitatu raaxinio] W; magno comitatu V ;
comitatu magno F; comitatu forti S. 270 habet gradus] W; et est in gradibus S; om V, F. 272 Wild-
lappmanni] W; Wildlapmanni V; Uuildlappmanni S (bis); Vuildlappmanni F; cf. Wildhlappelandi N. 273 syl-
uestres] V, F, S; siluestres W. 276 Pigmei] W, V, S; Pygmae<os> F; cf. Pigmei N. 277 coreo] W;
choreo V; corio S. 278 ecclesia] V, S; eclesia W. cathedrali] V, S: Kathedrah W. Nedrosie] Nidrosie V;
Modrosie W; Nodrosie S; cf. oben 241. 279 coreo] W ;' choreo V; corio S. 283 Noruegia] W, S, F;
Nordwegia V. insulas] V, S, F ; om W. 284 propter glaciem semper] V; semper propter glaciem W.
28) ni | W; nt V. 287 ^Grolandie] W, V, F; Gronelandi<a> S. 288 a parte septentrionis] V, S; a parte
septenitrionis W ; a parte septentrionem (sie!) F. 289 Kareli] Kariii W; KaroliV; Caroli F; cf. Careli N.
263 "Wildlappenland ; vgl. S. 65 und N-Karte. 265 Mestebrodh; nach den Karten ein Vor-
gebirge ; unbekannte Lokalität. 267 Vltimus limes etc., Kruzifixe wurden benutzt sowohl zur Bezeichnung von
Landesgrenzen als auch zum Erlassen von Verboten; vgl. Fritzners Wörterbuch, Artikel kross. Das hier erwähnte
Verbot bezieht sich vielleicht auf die wiederholten Verbote gegen Handelsverkehr zwischen Ausländern und den Be-
wohnern von Helgeland und Finmarken (das nördlichste Norwegen». Über solche Verbote unter Erich dem Pommer
siehe Huitfelds Geschichte Dänemarks (Ausgabe in Quarto III) unter den Jahren 1420, 1425, 1431, 1432; vgl. auch G.
Schianning, Forse.g til de Nordiske Landes, saerdeles Norges, Gamle Geographie, Kabenhavn 1751, S. 94. 272 Wild-
lappmanni; vgl. S. 65 und N-Karte. 274 soluunt regi tributum; die Finlappen zahlten dem norwe-
gischen König eine alljährliche Steuer; vgl. Schis nning, 1. c. S. 96 tf. 276 Pigmei; vgl. unten Kap. VIII C — D.
287 Grolandie insule chersonesus; aus diesem Ausdruck geht hervor, daß Clavus, wenn er Grönland
eine Halbinsel nennt, in Widerspruch zu der Auffassung älterer Autoren zu geraten meint. Adamus Bremensis
nennt wirklich Grönland eine Insel, und dieselbe Auflassung zeigt ein Brief von Papst Nikolaus V vom Jahn1 1448;
vgl. unten Kap. VI 11 D. 287—97 vgl. Kap. VIII C— D.
Die beiden Clavus-Texte.
14".
quottidie et hoc absque dubio ex altera parte
poli septentrionalis. Non ergo alluit oceanus
limeu terre recte sub ]>olo, ut omnes autores
prisci autumant; nec dixit mendaciuni nol tilis
295 niiles lohannes Mandeuil Auglicus, qui dixit se
de Seres Indie uauigasse uersus unam insulam
Norueo-ie.
Karelen fortwährend in grollen Heerscharen nach
Grönland und zwar ohne Zweifel von der andern
Seite des Nordpols. Also bespült der Ozean
nicht die Grenze des Festlandes gerade unter
dem Polarkreis, wie alle alten Autoren behaupten ;
der edle Ritter, der Engländer Johannes Man-
deville log also nicht, wenn er sagte, daß er von
China nach einer Insel von Nonje p-esegelt sei.
O O O
Longiturto
Latitudo
;>i in
Descripeio orientalis Grolamlic :
Grönlands Beschreibung gegen Osten
Tha?r Promontorium
18
65
35
Es Vorjyebiro'p
Boer fluuii ostia
16
20
65
30
Wohnt, Flußmündung
Eeynh Promontorium
15
20
65
Rm Voro'pbiro'p
Manh fluuii ostia
13
40
64
40
]\hmn, Flußmündung
305
Ij Promontorium
13
64
10
Tu Vr»vo"pl")iro*p
Iii. J \J 1_ v7 t-JlL g Ks
Eyn Grcenenlandz aa fluuii ostia
12
25
64
Riner (b'önbinds An Flu liniiindmio-
Ooc Promontorium
12
20
63
40
Und, Vorgebirge
Spieldehbedh fluuii ostia
11
30
63
30
Spjellebod, Flußmündung
Muudhe Promontorium
11
25
63
Tä.f, Vovö'pI »iro'p
-I- CIJ T vi iiCIJll ti ^
310
Hanyd fluuii ostia
10
40
62
50
Er, Flußmündung
Heyde Promontorium
10
30
62
40
Heissen, Vorgebirge
Meer fluuii ostia
10
62
40
Mehr, Flußmündung
Hawer Promontorium
9
25
62
40
Hat, Vorgebirge
Hau fluuii ostia
9
30
62
50
Er, Flußmündung
315 Äff Promontorium
9
15
63
10
Von, Vorgebirge
Nidefildh fluuii ostia
9
40
63
20
Dem lausigen Fell, Flußmündung
Een Promontorium
9
35
63
40
Als, Vorgebirge
Hanh fluuii ostia
10
30
64
Er, Flußmündung
Hawer fluuii ostia
10
30
64
30
Hat, Flußmündung
320
Plesk fluuii ostia
11
40
64
55
Speck, Flußmündung
Hynth Promontorium
11
30
65
40
Den, Vorgebirge
Feyde fluuii ostia
13
66
10
Fetten, Flußmündung
Nordh um Promontorium
13
35
67
10
Vom Norden, Vorgebirge
291 quottidie] V, F ; cottidie W. 292 septentrionalis] F ; 7"aiisV; septemtrionalis W. oceanus] V, F ;
oeceanus W. 293 autores] W ; authores V; auctores F. 295 lohannes] W; Joannes V. Mandeuil] W;
Monte vill V. 297 Noruegie] W; Norbegie V. 301 Thasr] Thoer W; Theoy V; cf. Ther der A-Karten.
303 Eeynh] V; Eeynth W. 304 13,40—61,40] W; 13,20—63,40 V. 305 Ij] Secundum V: 2'» W;
cf. vy, yi, y etc. der A- und B-Karten. 306 Eyn Grcenenlandz] Eyngromenlandz V; Eyngromenden landz W;
cf. En gronelan | de | san A3. 308 Spieldehbedh] cf. Spichbod' der A-Karten. 313 Hawer] Ha wV; Hawr W.
319 Hawer] Hain W; Harm V; cf. oben Haw (V) und Dauer At. 321 Hynth] Hyrch W, V; cf. Hic og
Hiic der A-Karten. 323 67, 10] V; 67, 5 W.
295 lohannes Mandeuil Anglicus, Johannes de Mandeville, englischer Ritter (1300 — 1372], schrieb
auf französisch 1355 — 56 eine Schilderung des Morgenlandes, welche eins der beliebtesten Werke des Mittelalters
war und trotz ihrer Fabeln und Lügengewebe überall Zutrauen erweckte. Es wurde in zahlreiche Sprachen über-
setzt, auch ins Dänische (herausg. von Lorenzen, Kabenbavn 1882). Monte vill (V) ist die deutsche Form des Namens.
296 S e r e s I n d i e , die indischen Seren, d. h. die Chinesen ; bei Ptolemäus Serica = China. Eine Stelle bei
Mandeville, auf welche Clavus' "Worte Bezug haben können, haben wir nicht gefunden. 301—329 Thaer-New;
Nennsysteni: Vers eines dänischen Volksliedes; vgl. S. 81 — 90. 319 Hawer fluuii ostia, falsch ausgezogen
für Hawer Promontorium; vgl. die A-Karten (Tafel, Beilage 3).
BjOrnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 19
14(5
Kapitel VII.
Longitudo
Latitudo
325 Driwer fluuii ostia
14 0
67 40
Treibt's, Flußmündung:
Sandhin Promontorium
12 35
68 20
Den Sand, Vorgebirge
Naa Promontorium
12 10
68 30
Auf's, Vorgebirge
New Promontorium
14
69 30
Neu, Vorgebirge
New ultimus terre terminus nobis in illa
Neu, die äußerste Greuze des
Landes,
330 parte cognitus habet gradus
15 40
70 10
welche uns auf dieser Seite
ist, liegt auf
bekannt
et habet 12 insulas per gyrum facientes
solennes portus.
Et ultimus locus uisibilis habet gradus
335 Nota : ista nomina sicut Oos sunt nomina litte-
rarum gotticaruni et non locorum.
Desciipcio lfslandie iiieridionalis :
und rund um [Grönland] sind 12 Inseln,
welche ausgezeichnete Häfen bilden
2t » 72 und der äußerste sichtbare Puukt liegt auf
Man bemerke : Die Namen hier, wie z. B. Oos,
sind Namen von Runenbuchstaben und nicht
Ortsnamen.
Islands Beschreibung gegen Süden :
Synt Promontorium
99
09
9A
Smit~i l' -M V Avn'aln l*n'0
OUL1 l . J, V UI^cUlI^c
340
Oos fluuii ostia
22
03
20
Öss, Flußmündung
Thoos Promontorium
21
40
63
/-urs, Vorgebirge
Laycher fluuii ostia
21
30
63
20
Logr, Flußmündung
Tür proniontorium
21
63
25
Tyr, Vorgebirge
Stongen yys fluuii ostia
21
20
63
40
Stunginn iss, Flußmündung
345
Knesol Promontorium
21
64
Knesöl, Vorgebirge
Haffthoos fluuii ostia
21
30
64
25
?-#urs, Flußmündung
Hauol Promontorium
21
5
64
40
Hagall, Vorgebirge
Hollensis ciuitas
21
30
65
Hölar, Stadt
Madher Promontorium
21
20
65
10
Maör, A^orgebirge
350
Nadher
22
65
25
Nauö
Ar fluuii ostia
22
20
65
20
Ar, Flußmündung
Bierken Promontorium
22
40
65
20
Bjarkan, Vorgebirge
Conus Promontorium
22
50
65
Kaun, Vorgebirge
Doos fluuii ostia
22
40
64
45
#urs, Flußmündung
355 Eeyr promoutorium
23
64
40
Yr, Vorgebirge
Yys fluuii ostia
22
40
64
30
Iss, Flußmündung
Soolh Promontorium
23
20
64
20
Söl, Vorgebirge
Beynd fluuii ostia
23
63
40
Beiö, Flußmündung
Scalotensis ciuitas
22
20
63
35
Skälholt, Stadt
325 Driwer] Drub W, V ; cf. Driuer der A-Karten. 328 New] W, V ; Neu F. 69, 30] W, V ; (59, 39 F.
330 habet gradus 15,40—70,10] W; ora V. 332 12] W; duodecira F ; vndecim V. 333 solennes] V;
solemnes W. 334 Et ultimus] W; Yltimus V. 335 sicut] scc' V; stc' W (d. h. sie'). 336 gotti-
carum] W; gotthorum V. 340 Oos] Eos W, V; cf. Os A, und 335 oben. 341 Thoos] Ohoas W, V;
Chaos 0; cf. <C>hos der A-Karten. 343 Tür] Tim W, V; cf. Thyr, Thir und Tir der A-Karten. 21] W; korr.
aus 21,20 V. 63,25] W; korr. aus 63,45 V. 344 Stongen yys] Stogyys W; Storgyys V; cf. Stangenis Ag.
63,40] W; korr. aus 62,40 V. 346 Haffthoos] Haffclioos W; Haffilios V. 64, 25] V; korr. aus 64,20 W.
347 Hauol] Hanos W, V. 348 Hollensis] Hollen W, V; cf. Hollensis der A-Karten und N. 319 21, 20] V;
korr. aus 20, 20 W. 352 Bierken] Be'rkeW; Bircke V; Berghen 0. Promontorium] V; Promontorium habet W. I
359 Scalotensis] Stiolocensis W; Snolocensis V; cf. Scalodin A0 und Scalotensis N.
333 solennis - illustris (Ducange). 335—336 Nota: ista nomina etc. ursprünglich vermutlich
eine Randnote: vgl. S. 76. 338 Yslandia, vgl. N 236. 339—361 Synt-Wr; Nennsystem: Runen-
namen ; vgl. S. 76—79. 348 Hollensis, vgl. N 250. 359 Scalotensis, vgl. N 251.
Die beidefi Clavus-Texte.
I 17
360
365
370
3/o
Lougitudo
Wr Promontorium 22 40
et habet 14 insulas in gyro facientes
bonos portus.
Iusula By0ru0 inter Grolandiam et Ys-
landiam
Inter Tslandiam et Norbegiani Farre-00
iusula et ciuitas, cuius gradus
Alia parua insula
Est iusula feuiiuarum, ubi nunquam fe-
uiine coucipiunt mares. que uocatur
Farne 30
Tyle pars Norbegie est uec reputatur insula,
licet limite uel tractu maris separetur a terra,
quoniani giaeies eain octo uel nouem niensibus
terre coniungit, et ideo reputatur terra firma.
Sic intelligendum est de mari Nordhinbodnen,
quod lougissinio tractu diuidit Wilcllappenland
ab Vermenlandli et Findland, quomani glacie
fere perpetua iuuguntur regna.
380
17 25 63 30
26 25
25 5
26
Latitudo
63 25 Ur, Vorgebirge
und rund um [Island] sind 14 Inseln,
welche gute Häfen bilden.
Die Insel Bjerng zwischen Grönland und
Island
Zwischen Island und Norge Fyer0,
Insel und Stadt, welche liegt auf
Eine andre kleine Insel
Da ist die Fraueninsel, wo die Frauen
niemals Knaben empfangen, welche
Faema heißt
Thüle ist ein Teil von Norge und wird nicht
als Insel angesehen, obgleich es durch einen Kanal
oder eiue Meerenge vom Lande getrennt ist,
weil das Eis es während acht oder neun Monaten
mit dem Lande verbindet, und deshalb wird es
als Festland augesehen. Ebenso muH man es in
Bezug aufs Meer Nordbotteu auffassen, das durch
eine sehr lange Meerenge Wildlappenland von
Vermland und Finland treunt, weil die Länder
durch ein fast ewiges Eis verbunden werden.
64 25
64
63
Longitudo Latitudo
Insule circa clierseiiesuiii Cpnbrorum
suut hee:
385 Primo Trendel parua periculosissuua
nauibus gradus habet 41
Aneholth due prima 41 40
60
59 30
Die Inseln um die Halbinsel der (Jinibern
sind folgende:
Erstens liegt die kleine den Schiffen sehr
gefährliche [Insel] Trindel auf
Anholt, zwei [Inseln], die erste
Secunda
42 10 59 20 Die zweite
361 63,25] V; 63,52 W. 362 gyro] V; giro W. 364—65 Yslandiam] W; Islandiani V.
366 Xorbegiam] V; Norweiam W. 367 insula .... gradus] W; ciuitas et insula V. 371 Fameaa]
W, V; cf. Feniee X und Femo der A-Karten. 26—631 W, F; ora V. 372 Tyle] W, V; Thyle F: Tile S.
Norbegie] W, V; Nornegie F, S. 373 maris] W, F, S; om V. separetur] V, F, S; seperetur W.
376 Nordhinbodnen] Nordhiuboduch W, V; Nardlimbaduch F; Nordinhoduch S. 377 Wildlappenland] W, V;
Vuildlappenland F. 378 Vermenlandh] W, V; Vermenland F; Vermelandia S. Findland] W; Flindland V;
Vintlandia S ; cf. Fin<de>lant<li> der A-Karten und Findlandi N. 379 iunguntur regna] W, S ; iungitur regno V.
3;'5 Trendel] Srendet W; Srendl V; cf. Tred der A-Karten und Trendel N. 386 gradus habet] W; om V.
387 Aneholth] Anehobch W. V: cf. Anaold A,.
364 Byern« ; vermutlich die Inseln Gwmbjaraareyjar (oder -ske'r) der isländischen Sagen; vgl. Kap. VIII D.
366 Farreaa, vgl. N 257. 371 Farne 00, vgl. N 255. 372 Tyle; vgl. Kap. VIII A. 376 Nor-
dhinbodnen; vgl. oben 120 uiid 256— 57 und N 221. 377 Wildlappenland; vgl. oben 263 und 272.
378 Vermenlandh; Landschaft in Schweden nordöstlich von Venern, an Norwegen angrenzend. Auf der Nan-
ziger Karte gehört Verme&etmdi zu Norvegica Regio. Auf den A- und B-Karten ist es unsicher, ob Vermelant(h) zu
Schweden oder Norwegen gehört. Der Name, welcher meistens Vermaland geschrieben wurde, kommt schon auf der
Karte des Giovanni Carignano (zk. 1300) vor: uamerlant. Vor Vermenlandh ist Yvnt(h)elant(Ti) und Engromelanä(h)
überschlagen. Ventelant ist Jämtland, ein nunmehr schwedisches, früher norwegisches Land, vgl. Gentelandi auf der
Nanziger Karte. Engramelwnä (ygl. Engromdamh' der Nanziger Karte) ist ein schwedisches Land, Angermauland, welches
L'lavus fehlerhaft zu Norwegen rechnet; vgl. S. 84— 86. 378 Findland, vgl. N 189. 383 chersonesus
Cymbrorum, vgl. N 8-9. 385 Tr en d el , vgl. N 118. 387 Aneholth, vgl. N 120. Daß Clavus tat-
sächlich mit zwei Inseln Anholt rechnet, geht aus den Karten hervor; vielleicht ist die nördlichste Lsesa.
19*
148
390 Boghea
Als a
Femereu prima
Secunda
395
Plieonie iiisnle deseripcio:
Medelfar portus
alias
Finis illius passus
400 alias
Asnes uilla et portus habet
Aghernes
Liydhez portus
Eius sinus
405 Faborczliouet
Faborkh uilla et portus
Faborkh sinus
Bgentz uilla
Swinsbouedh
410 Suinborkh portus et uilla murata
390 Boghea] Bogheos W, V. 391 Als?] Alb W, V; cf. Als der A-Karten und Alse N. 37,40] W;
37. 4 V. 392^93 prima] W; om V. 396 Pheonie] Phoenie W, V; cf. Feonia der A-Karten und Pheonia M
397 Medelfar] V; Medhelfar W; cf. Medelphar N und Medelfar A,. portus] W; om V. 398 alias] W;
om V. 57, 25] V ; 57, 27 W. 400 alias] W ; om V. 401 Asnes] V ; Afnes W ; cf. Asnes N und Aspres
der A-Earten. et] W: extra V. 402 38,301 W; 38,40 V. 403 Liydhez] Loydhez W, V. 405 Fa-
borczhouet] Faborczhonet W: Fabortzhonet V. 408 Egentz| Egeycz W; Egeitz V. 409 Swinsbouedh]
Swinshonedh W, V. 410 Suinborkh] Smerborkh W, V; cf. Suinborg N und Suinpor8 B,.
390 Boghee, die Insel Loga oder Baagd zwischen Füuen und Jütland (Baag Herred, Odense Amt), hier
(vgl. die konstruierte Karte) unrichtig in der Nordsee angebracht, auf den A-Karten im Kattegat nördlich von Fünen,
Namenformen vgl. S. 38. 391 Alsa, vgl. N 65. 392-93 Femeren, vgl. N 77. Auch die Karten
haben zwei Inseln Femeren. 396 Pheonia, vgl. N 33. 397 Medelfar, vgl. N 35 und S. 39.
398 alias; ob die doppelte Ortsbestimmung ursprünglich ist oder nicht, ob sie sich auf zwei verschiedene Karten
oder auf zwei Abschriften des Wiener Textes bezieht, müssen wir dahingestellt sein lassen; die Kartenzeichnung zeigt;
daß 38° 25' und 57° 25' die richtige Bestimmung ist. 399—400 Finis illius passus — alias. Die Über-
setzung von Finis ist unsicher; unten 417 bedeutet das Wort "Vorsprung, Landzunge; die richtige Ortsbestimmung
ist 38° 15' und 57° 20'; vgl. vorige Note. 401 Asnes, vgl. N 43. 402 Aghernes; die Halbinsel
Avernses zwischen Assens und Faaborg (Dreslette Kirchspiel, Baag Herred, Odense Amt). N's Agames Promontorium
(N 36) ist Fünens Nordspitze (Krogsballe Kirchspiel, Skam Herred, Odense Amt). 403 Liydhez, die Korrektur
Loydhez > Liydhez unsicher. N's Hwde (iL h. Liwde), welches auf derselben Stelle liegt, muß Ly*j Insel sein (N 66). In
S. R. D. IX, 452 findet man die Namenform Liytho neben Lhithj) oder Lyuthce. 405 Faborczhouet; einen
solchen Namen kennt man nun nicht; nach der Ortsbestimmung sollte es sich um die Südspitze „Knollen" der Halb-
insel Horneland westlich von Faaborg Stadt handeln. 406 Faborkh, Faaborg, Stadt auf Fünen am Kleinen
Belt; wird zum erstenmal 1229 genannt, wurde zur Stadt erhoben von "Valdemar Sejr (f 1241); ihre Privilegien
wurden später, z. B. 1419 durch Erich den Pommer, bekräftigt. Die Stadt war recht ansehnlich und befestigt.
Nauienformen : allg. war Foburg(h), Diplom 1384 Faaburgh, Itineraire Brugeois (zk. 1380) Fobrrch. 408 Egentz; |
Dorf Egense (Sunds Herred, Svendborg Amt). 409 Swinsbouedh; einen solchen Namen kennt man sonst !
nicht; nach der Lag' sollte es die Landspitze an der westlichen Einfahrt zu Svendborg Sund sein (beim Rittergut
Lehnskov in Egense Kirchspiel). 410 Suinborkh, vgl. N 41.
Kapitel VII.
Lougitudo Latitudo
34 30 58 40 Baaga
37
40
56
40
Als
oo
37
56
zo \
25 i
Fehmeru, die erste
37
38
5
56
56
20 \
20 f
Die zweite
Beschreibung' der Insel Fyen:
38
25
58
jliclaeliart. riaien
38
Dl
2o
oder
38
15
57
50
Vorsprung desseu Uberfalirtsstelle
38
15
57
20
oder
38
30
öl
20
Assens, Ortschaft uud Hafen, auf
38
30
57
10
Avernses
08
A A
40
r i
Di
Lij0 s (rj Maien
39
Ol
Dessen Bucbt
oy
zo
0 i
r aa uoi gnoveu
39
40
57
Faaborg, Ortschaft und Hafen
40
57
Faaborg Bucht
40
30
57
Egense, Ortschaft
40
40
56
55
Svendshoved
40
50
57
Svendborg, Hafen und befestigte Ortschaft.
Die beiden Clavus-Texte.
I 19
Loagitudo
Latituilo
Fyynzhouet
41
90
57
Pyenshoved
Nyburkli uilla magna murata et portus
4-1
1 0
<.> {
90
Nyborg, große befestigte Ortschaft und
Hafen
Kuusliouet
M
■iL
90
Knudshoved
Cuius medium
4.1
<)<J
F>7
9P«
Dessen Mitte
Finis
4-1
90
*S7
OJ
Vorsprung
Hinzholin uilla et portus maguus
41
1 0
57
9P>
Hindsholm, Ortschaft und großer Hafer
Monkebierg
4-0
■SO
9^
Munkebjaerg
Alse aas portus
40
20
57
20
Hafen von Allesa Aa
Stige uilla
-U t
•iV
90
O i
9n
Stige, Ortschaft
Ottliouia ciuitas, iu qua requiescit corpus
Odense, Stadt, wo der Leichnam des
sancti Kanuti regis Danorurn, Anglo-
iieuigen Knud ruht, Königs der Danen,
rum, Sclauorum et Gottorum
lO
90
1 'S
Angelsachsen, Wenden und Goten
Bo vgliens promon torium
-±\J
4-0
9P>
Bogense, Vorgebirge
Bovgliens uilla
39
40
57
30
Bogense, Ortschaft
Aruake Promontorium
39
40
57
30
Arnakke, Vorgebirge
Hinzgauel portus
39
^7
30
Hinclsgavl, Hafen
In medio huius insule est Salingh uilla,
Mitten auf dieser Insel liegt die Ortschaft
in qua natus est auctor anno Christi
Sallinge, wo der Autor im Jahre 1388
1388, 14. septembris duabus horis ante
n. Chr. geboren ist, den 14. oeptember
ortum solis
40
57
20
zwei Stunden vor Sonnenaufgang
luxta haue insulam sunt plures ignobiles,
Bei dieser Insel liegen mehrere unbe-
inter quas est Thasind maior, cuius
deutende, unter denen Taasinge die
gradus
40
55
575
20
größte ist, welche liegt auf
412 Fyynzhouet] Fyynzhonet W; Fyyntzhonet V. 41] W; V?. 413 murata et portus] W; et portus
murata V. 415 Kuusliouet] Kunshouet W; KunChonet V. 418 Hinzholm] Huczholm W; Hultzholm V;
cf. Hinsholm N. 41. 10] W; 41,20 V. 419 57,25] W; korr. aus 57,35 V. 420 Alse aas] Alle aas W;
Alle eus V. 421 57,25] W; korr. aus 37,25 V. 422 Otthonia] W; Orthonia V; Othonia F; cf. Ottonia N.
ciuitas] W, V; urb.s F. 423 Kanuti] V, F; Camsti W. Danorum] V; Dauorum W. 425 Bovghens] Bor-
gheus W, V. 426 Bovgliens] Borgheus W, V. 428 Hinzgauel] Huczgankh W; Hutzgauch V. 39] 39 W;
39,? V. 430 auctor] W; om V. 433 hanc] V: om W. 431 Thasind] Bhasind W; Basind V; cf.
Thasindh N.
412 Fyynzhouet. Fyenshoved, die Nordspitze der Halbinsel Hindsholm (Stubberup Kirchspiel, Bjaerge
Herred, Odense Amt), hier unrichtig östlich von Svendborg angebracht. 413 Nyburkh, vgl. N 40.
415 Knushouet. Knudshoveö auf der Halbinsel fester j bei Nyborg; über die Schreibweise vgl. S. 89.
418 Hinzholm uilla et portus, in N richtiger Promontorium (vgl. N 39), Halbinsel in Bjserge Herred, Odense
Amt; dicht dabei die kleine Stadt Kerteminde (Itineraire Brugeois Kierchen müne). 419 Monkebierg; der
Name unbekannt, nach der Lage Munkebo Hügel (Loddenhej, zk. 59 m) in Bjserge Herred. 420 Alse aa,
vermutlieh identisch mit Stavis Aa durch Alles0-Broby (1515 Allesze-Brouby) nunmehr Nassbyhoved-Broby Kirchspiel:
diese Au nahm früher seinen Auslauf in Odense Fjord, Baaga Strand (Tra.p3 KI, S. 346 und 405), mündet aber nun in
Odense-Kaual. 421 Stige uilla, Dorf Stige (Lumby Kirchspiel, Lunde Herrerl, Odense Amt), nun an der Mün-
dung von Odense Kanal, früher bei Odense Fjord. 422 Otthonia, vgl. N 46. 423 Angloruni; Knud der
Heilige führte nicht den Titel re.r Anglorum; mit dieser Bezeichnung denkt Clavus vielleicht an die von ihm geplanten
Fahrten, um England für die dänische Krone wieder zu erobern. Rex Sclauorum et Gottorum nannten die dänischen Könige
sich erst von Valdemar Atterdag an. 425 Bovghens Promontorium; als Vorgebirge ist der Name nicht
bekannt; nach der Lage müßte es Hals Odde (auch Enebserodde genannt) sein (Norup Kirchspiel, Lunde Herred,
Odense Amt). Diese Landzunge schließt Odense Fjord ab. 426 Bovgliens uilla, vgl. N 37. 427 Ar-
nake Promontorium; nach der Lage in der Nähe von Bogense, nach dem Namen muß es aber zunächst Arnakke
Hoved bei Nyborg sein; vgl. A. D. Jargensen in Danske Samlinger 2. Reihe, I, S. 376 ff. Vgl. N 42: Agernake = Aver-
nakg oder Arnakke. 428 Hinzgauel portus; Schloß Hindsgavl (Middelfart Landbezirk, Vends Herred, Odense
Amt), wird zum erstenmal 1287 erwähnt. Nanienformen : Liber census Daniae : Hcei/fnuethscogh iuxta McBthoelfar, Diplome
1387 Hynsrtjhmiel, 1434 Hinzeyawel. 429 Salingh, vgl. N 51. 434 Thasind , vgl. N 67. 435 57° 20' ist
150
Kapitel Vit.
Longitudo Latitudu
/ 41 25 56 50 V TT , . . . , T . ,
( , „ V und eine andre ist Lanu-eland
\40 0 56 30/ °
42 57 10 Und die kleine Insel Sproge
1 42 55 5(3 40 \ , T , , • n i . r *
( , , _ ; Darnach Laaland, zwei | Inseln , die erste
\ 44 20 56 40 / L J
(46 57 30 \ n. T , v , ,
( ~ ) Die lnsel J- alster
\46 30 57 50/
47 58 Die hohe Insel Meen
46 20 58 10 Die Insel Drager
45 58 30 Saholm
Et alia Langenland
Et Sproue insula parua
^ Inde Lalandh due prima
Falster insula
Monh insula alta
445 Draghor insula
Syoholtn
Canis liiarini insula, nulgariter Seeland,
ita describitur:
Thornborgh 43 5
450 Corshuyr portus 43
Üxames 43
Koholm 43 30
Nestued uilla et portus 44 20
Vardhinborgh uilla et portus 44 50
455 Borghsznes 47*
Seehnndsiiisel, gemeiniglich Sja41aml, wird so
beschrieben :
57
20
Taarnborg
57
20
Kors3r, Hafen
57
0xnses (?)
57
Koholm
57
10
Naestved, Ortschaft und Hafen
57
20
Vordingborg, Ortschaft und Hafeu
57
15
Borgsna?s
439 Sproue] Sprone V; Spreone W: cf. Sprone N. 440 — 41 Inde Lalandh] In Lalandh W; Inla-
huidi V. 444 Monh] W; Mond cf. Menh N. 445 58,10] W; korr. aus 57,10 V. 446 Syo-
holni] W; Syelsolm V; cf. Sioholm oder Sieholm der A-Karten uud Sioholm N. 58,30] V; korr. aus 45, 30 W.
449 Thornborgh] W; Tornborg V. 450 Corshuyr] Corshays W, V; cf. Torsar A,. 451 Oxsenes] Ozoenes
W, V. 454 Vardhinborgh] W: Vardhiinborgh V; cf. Vardhinghburgh N. 455 Borghsznes] W; Borgsnes V.
falsch herausgezogen für 56° 50'; vgl. S. 68. 437—38 Langenland, vgl. N 68. 439 Sproue, vgl.
N 71. 440 — 41 Lalandh due prima, vgl. N 72. Die secunda-lnsel ist überschlagen: die Karten haben
bis 4 Inseln mit dem Namen Lalanä. 442—43 Falster, vgl. N 137. 444 Monh, vgl. N 138. Iber die
Schreibweise vgl. S. 89. 445 Draghor, vgl. N 139. Idnagor auf den Karten = i<nsula> dragor.
446 Syoholm, vgl. N 96. Der Lage nach ist Syoholm sowohl hier als auf den A-Karten identisch mit Hven oder
Saltholm, Inseln in 0resund ; keine dieser Inseln hat aber unseres Wissens einen derartigen Namen gehabt (Diplom 1 280
und Kebenhavns Stadtrecht 1294: Saltholm). Auf der Halbinsel Stevns, die noch auf Karten des 18. Jahrh. als Insel
betrachtet wird, liegt aber der Hof Seholm (Diplom 1346 Syoholm ; vgl. Trap3 II, S. 852), ein übrigens in den Nord-
landen recht allgemeiner Ortsname. In N liegt die Insel viel nördlicher im Kattegat oder Skagerak an der Westküste
von Hailand oder noch nördlicher. 447 Canis. marini insula — Seeland, vgl. N 121. 449 Thorn-
borgh, Taarnborg; stark befestigtes Schloß (Taarnborg Kirchspiel, Slagelse Herred, Sora Amt) auf der Ostseit"
von Kors^r Nor (d. h. Nehrung); vermutlich im 12. Jahrh. als Wehr gegen die wendischen Seeräuber angelegt; spielte
in den inneren Streitigkeiten im 14. Jahrh. eine Rolle; wann es zerstört wurde, weiß man nicht. Namenformen:
Diplome 1322, 1399 und 1425 Thornburgh. Auf den Karten colesing (stark verdorben). 450 Corshuyr,
Korser; Stadt an der Westküste von Seeland am Großen Belt, sehr früh Überfahrtsstelle nach Fünen, hatte übrigens
trotz der bequemen Lage keine weitere Bedeutung; die ältesten Privilegien vielleicht 1425 von Erich dem Pommer
erteilt (vgl. Trap' II, S. 605). Die verdorbene Form Corshays der Hss. vermutlich aus Corshuyr, Corshyyr oder Cors-
huyr, vielleicht eine Wiedergabe der Füner Aussprache. Namenformen : Diplome 1381 Kors<j)(j)r, 1425 Korss<t>r, Itineraire
Brugeois (zk. 1380) Karsoer. 451 Ox genes; Korrektur unsicher. Südlich von der Stadt Skelsker liegt in
Vester Flakkebjasrg Herred (Sora Amt) am Rittergut Basnaes eine Landzunge 0xmes; wie alt dieser Name ist, wissen
wir aber nicht. Ein Oxenaes kennen wir in diesen Gegenden gar nicht. 452 Koholm; nach der Lage eine
der vielen kleinen Inseln an der Südküste Seelands zwischen 0xnses und Gavne ; den Namen kennen wir aber nicht.
453 Negtued, vgl. N 126 und S. 38. 454 Vardhinborgh, vgl. N 127. Der Name auf den Karten
stark verdorben und in zwei geteilt: nardi amb't/ (d. h. uardiiigborg), 455 Borghsznes; der Name ist unbe-
kannt; nach der Lage sollte es die Landzunge (Nses) bei Kallehave sein, in welche die Baarse Herred hinausläuft,
vielleicht ist es aber als <Vording>borgsnses aufzufassen. Baarse Herred hieß im Liber census Daniaj Burghushcertä
Burgh(j>shcereth, im Diplom 1320 Burusce ff 47° 0' ist falsch herausgezogen, wie es scheint für 45° 30'; vgl. S. 69.
Die beiden Clnvus-Texte. [5J
Longitudo
Latitudo
Chorsua portus
45 30
57
25
Kors Aa Hafen
Koaghe
45 30
57
40
K0ge
Kgobenhaun uilla murata cum portu
Kebeuhavu, befestigte Ortschaft mit selir
maximo
46 5
58
großem Hafen
Helsinglifcor uilla et portus in ore ponti
44 40
58
30
Heisings, Ortscliaft und Hafen am 0 resund
Koskildis ciuitas paruui a mari distans
44 4o
57
50
Roskilde,Stadt nicht weit vomMeere entfernt
Ureues
44 30
58
10
V-naes
Holbekz [ues]
44*
58
Holbasks [naes]
Holbekh uilla
43 40
57
40
Holbaek, Ortschaft
Kagenes
43
57
30
?-na?s
Slaglosia parum a mari
43 50
57
25
Slagelse, nicht weit vom Meere
Insula Boruliolm lial>et
J49 30
1&0 50
58
58
30»
30/
Die Iusel Bornholm liegt auf
470
Insul,! Gntlandie :
Die Insel Holland:
Visbu ciuitas cum portu maximo
57
40
61
55
Visby, Stadt mit sehr großem Hafen
Eius iutroitus
57
61
55
Seine Einfahrt
Eu anneu Promontorium
57
5
61
35
Ein zweites, Vorgebirge
Opetane fluuii ostiu
57
45
61
20
? Flußmündung
Uithu Promontorium
57
45
61
20
? Vorgebirge
Segh fluuii ostia
58
35
60
55
? Flußmündung
Salecragh Promontorium
59
60
45
? Vorgebirge
Crogher Promontorium
59
30
60
50
? Vorgebirge
Oomeuter
59
30
61
15
? [Vorgebirge?]
Tarroner
59
20
61
20
? [Vorgebirge?]
457 Chorsaa] Thorsn n W; Thorsam V; ef. Crucis portus N. 458 Koeghe] W ; Keoche V. 459 Keoben-
baun] Keobenham W; Koobentham V; Hoppenhagen F; Copenhagna S. uilla] V; uilla uilla W. 461 Helsin-
ghgor] Helfingli0Or W, V. ore ponti] W, V; cf. £resvndh, Cresudh und 0reson N. 44,40] W; korr. aus 44,60 V.
462 Roskildis] V; Koskildis W; Roschilde S. 463 Urenes] Vrenes V; Uienes W. 464 Holbekz [nes] ]
Holbekz W; om V. 44—58] W; om V. 465 uilla] W; om V. 57, 40] W; korr. aus 47, 40 V. 466 43—57, 30] W;
korr. aus 43,50—57,25 V. 470 Gotlandie] W; Gottlandie V; Gotlandi<a> S. 472 Eius] V; Eus W.
473 En annen] Eeane W; Eeone V; cf. Onane der A-Karten und En arene V =; En a'ene W, S oben 245.
475 Uithu] W; Vithu V; cf. oben 217, 219, 248. 476 Segh] W; Seg V; cf. oben 250. 477 Salecragh] V ;
Salekragh W ; cf. oben 251. 478 59, 30] W ; 50, 30 V. 479 59, 30] V ; 59, 3 W . 480 Tarroner] V ;
Tarrener W; cf. oben 253, Note.
457 Chorsaa portus, unbekannte Lokalität; vgl. N 128. 458 Koeghe, K0ge; Stadt auf See-
land* Ustküste bei Kege Bucht, alte Stadt, welche schon im 12. Jahrh. genannt wird, hatte im Mittelalter eine gewisse
Bedeutung für den Heringsfang und den Handel mit Lübeck ; die ältesten Privilegien 1288 von Erich Mamdved erteilt ;
1342 von den Holsteinern zerstört. Schutzbrief für die Stadt 1414 durch Erich den Pommer ausgefertigt; befestigt
jedenfalls von der Mitte des 15. Jahrh. an. Namenformeu S. 38. Das tauga der Karten aus c • g ? 459 Kaoben-
haun; vgl. N 129 und S. 38. Das (c)obenam(e) der Karten aus coben(h?Jaun. 461 Helsingheor, vgl. N 130.
falsigar der Karten leicht erklärliche Entstellung von heteigtpr. 462 Roskildis, vgl. N 133. 463 Urenes,
oder Vienes, haben wir in diesen Gegenden nicht gefunden. Die Insel Oura im Isefjord hieß schon früh in der Aus-
sprache Ore, wurde aber im Liber census Danise sowie in Diplomen des 14. Jahrh. Warthaära geschrieben.
464 Holbekz [nes]; über die Korrektur vgl. S. 69. 44° 0' wie es scheint Ausziehungs- oder Abschreibefehler für
43° 0'. 465 Holbekh, vgl. N 131. 466 Kagenes; den Namen haben wir nicht in diesen Gegenden
gefunden; sollte der Lage nach Refsnses (ursprünglich B<j>thsnes) oder Asna?s (Asknes) sein. 467 Slaglosia,
vgl. N 124. 468—469 B o r n h o 1 m ; vgl. N-Karte u. S. 39. 470 G o 1 1 a n d i a , vgl. N 192. 471 Visbu,
vgl. X 193. 473 — 491 En annen — Ty anesaldh; diese Namen gehören zum norwegisch-gotländischen
Nennsystem; vgl. S. 90 ff. 475 Uithu ; nach "diesem Namen ist das uulta der Karten überschlagen; vgl.
Wiiltit in Norwegen (oben 249).
152
Kapitel VII.
Tier fluuii ostia
Masegh fluuii ostia
Seger estus
485 Sancolder Promontorium
Tolleyr promoutorium
Kuaper fluuii ostia
Uiuer promoutorium
Uoncbiadh Promontorium
490 Tyalder Promontorium
Tyanesaldli Promontorium
Longitudo
59
59 35
60
59 40
59 20
58 55
58 30
57 40
57
57
Latitudo
61 40
62 20
62 30
62 40
62 40
62 30
62 35
62 30
62 20
62
? Flußmündung
? Flußmündung
? Brandung
? Vorgebirge
? Vorgebirge
? Flußmündung
Vorgebirge
Vorgebirge
Vorgebirge
Vorgebirge
482 59,0—61,40] W; 59,20—61,20 V. 485 Sancolder] W; Saurolder V. 488 Uiuer] W;
Viuer (oder vielleicht Vmer) V. 62, 35] W; 62, 30 V. 489 Uonchiadh] W; Vouchiadh V. 57, 40] V; 52, 40 W.
482 Tier; nach diesem Namen ist das eng oder erig der Karten überschlagen; vgl. Enpgh in Norwegen
(oben 254).
Kapitel VIII.
Clavus' Quellen.
Auf die gründlichste und eingehendste Weise ist von Storm die Frage behandelt worden,
welche Quellen Clavus bei der Ausarbeitung seines in der Nanziger Handschrift aufbewahrten Werkes
benutzt hat, und Storms Untersuchungen konkludieren dahin, daß Clavus wesentlich aus drei Quellen
geschöpft hat, dem Ptolemäus, den italienischen Kompaßkarten (Portolanen) und einem praktischen
Reisebuche (Itinerarium). Storms Untersuchung bezog sich natürlich zunächst auf das Nanziger
Werk; aber in der verkehrten Uberzeugung, daß diese Arbeit und die Zamoiski-Karte auf ein und
dasselbe Werk zurückzuführen sei, zog er diese damals einzig bekannte A-Karte, soviel es irgend tunlich
war, mit in die Untersuchung hinein. Da wir indessen durch den Fund des Wiener Textes zu einem
Storm 's entgegengesetzten Resultate gekommen sind, haben wir uns genötigt gesellen, von diesem
neuen Gesichtspunkte aus die Frage über die Quellen des Clavus von neuem in Erwägung zu ziehen,
und ganz natürlich nimmt die Untersuchung mit Ptolemäus ihren Anfang.
A. Ptolemäus.
Welchen Einfluß Ptolemäus' Geographie auf Clavus gehabt, hat Storm ausführlich auseinander-
gesetzt und in allen Einzelheiten näher nachgewiesen. Was in dieser Beziehung vom älteren Werke gilt,
das läßt sich auch vom jüngeren sagen. Wie bei jenem, so ist auch bei diesem der Text im Stile des Ptole-
mäus abgefaßt, „mit seinen kurzen geographischen Bemerkungen, seinem Aufzählen von Städten, Flüssen,
Meerbusen, Inseln und Vorgebirgen, seiner Angabe der geographischen Länge und Breite der Orte" 1).
Sowohl der Nanziger wie der Wiener Text sind als Supplemente zu Ptolemäus' Werk angelegt, und
Storms Bezeichnung von Clavus als „einem Geographen von Ptolemäus' Schule" trifft für beide
Werke zu. Aber nicht allein die Methode und die Disposition sind ptolemäisch, auch in den geogra-
phischen und kartographischen Einzelheiten ist die Abhängigkeit fühlbar und bedeutende Entlehnungen
finden statt, wie Storm deren schon verschiedene hervorgehoben .hat. Die britischen Inseln, die
jütische Halbinsel, die deutschen Nordsee- und Ostseeküsten und zum Teil auch die dänischen Inseln
haben nicht allein auf der Nanziger Karte, sondern auch auf den A-Karten eine deutliche Ähnlichkeit
mit Ptolemäus' kartographischem Bilde des hohen Nordens. Schon bei einer ganz oberflächlichen
Betrachtung springen diese Ähnlichkeiten in die Augen, wenn man Ptolemäus' erst? und vierte Europa-
') Ymer 1891, S. 14.
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus.
20
154
Kapitel VIII.
karte neben Clavus' Karten legt. Eine nähere Untersuchung zeigt indessen, daß die Ähnlichkeit
nicht allein darauf beruht, daß Clavus skizzenmäßig die Ptolemäischen Küsten-
umrisse nachgezeichnet hat, sondern auch darauf, daß die Zahlen, d. h. die Längen
und Breiten bei Ptolemäus die feste Grundlage gebildet haben, auf welche er sein
Bild vom hohen Norden aufgebaut hat.
Der Ptolemäus-Text, welcher Clavus zur Disposition gestanden hat, ist natürlich nicht der
griechische Originaltext, sondern Jacobus Angelus' lateinische Ubersetzung; diese ward 1409 voll-
endet, wurde bald in zahlreichen Abschriften über Italien zerstreut und gab den Anstoß zu der Wieder-
geburt der wissenschaftlichen geographischen Studien. Eine kritische, auf handschriftlichem Material
beruhende Ausgabe dieser Ubersetzung liegt indessen nicht vor; man ist, falls man keinen Zutritt zu
den Handschriften selbst hat, auf die .ältesten gedruckten Ausgaben angewiesen, welche infolge der
damaligen unkritischen Arbeitsmethode nur ein Nachdruck, und zwar oft ein recht ungenauer, einer
einzelnen Handschrift sind. Für die bei Clavus in Betracht kommenden Länder haben wir die Aus-
gaben Vicentiae 1475 (editio princeps), Ulmse 1482 (1486) und Borns 1490 miteinander verglichen,
und es zeigte sich, daß die Jütland und die dänischen Inseln betreffenden Längen- und Breitenangaben
keineswegs miteinander übereinstimmen. 1482 und 1490 zeigen jedoch auch in Bezug auf eingeschobene
Legenden solche Ubereinstimmungen, daß man annehmen muß, sie seien auf ein und dieselbe Hand-
schrift zurückzuführen — möglicherweise ist 1490 nur ein Nachdruck von 1482 oder 1486 — , während
1475 als eine selbständige Bezension betrachtet werden muß. Die Abweichungen zwischen den beiden
Textüberlieferungen sind zu häufig und zu bedeutend, als daß sie als Druckfehler aufzufassen seien.
Sie können auch nicht gut von willkürlichen Änderungen der Herausgeber oder der Buchdrucker her-
stammen, denn sie können schon in den älteren lateinischen Handschriften nacbgewiesen werden. Auf
unsre Bitte hat Herr cand. mag. Julius Nielsen zwei alte Angelus-Handschriften in der Vatikani-
schen Bibliothek gütigst für uns kollationiert: 1. Cod. Vat. lat. 5699 x) und 2. Cod. Vat. lat. 2052 2).
Außerdem haben wir selbst Gelegenheit gefunden, folgende aus dem 15. Jahrhundert stammenden
Ptolemäus-Handschriften zu vergleichen: 3 — 5. Cod. Paris. 4801, 4803 und 4805 3), 6. Cod. Bodl.
Can. Mise. 487*), 7—8. Cod. Laurent. 30,3 (A2) und 30,4 (jBj), 9. Cod. Magliab. XIII, 16 (AJ5),
10. Cod. S, Marc. Flor. 187 (= couv. soppr. J. I. 17) 6) und 11. Cod. Biccardian. 3042 (datiert 1474) 7).
Vergleicht man diese 1 1 Handschriften mit den Ausgaben, so zeigt es sich, daß Vat. 5699
und die drei Nicolaus Germanus-Handschriften (Paris. 4805, A2 und B1) im großen und ganzen mit den
Ausgaben von den Jahren 1482 und 1490 übereinstimmen, daß Ax (Henricus Martellus' Handschrift)
eine eigene Textrezension darbietet, während die übrigen 6 Handschriften mit der Ausgabe vom Jahre
') Über diese Handschrift vgl. S. 23, Note 2.
2) Diese Handschrift ist eine schön geschriebene Pergament-Handschrift aus der ersten Hälfte des 15. Jaln'h.,
die nur den Ptolemäus-Text ohne Karten enthält. Jul. Nielsen hat uns gegenüber die Vermutung ausgesprochen,
daß die Hs. möglicherweise das für den Papst Alexander V. bestimmte Exemplar von Jacobus Angelus' Übersetzung
sei — also vom Jahre 1409 — und der Präfekt der Vatikanischen Bibliothek F. Ehrle trat dieser Anschauung bei.
Sicher ist es, daß diese Hs. sowie Cod. Vat. lat. 5698 (vgl. S. 23, Note 2) genau zu untersuchen sind, wenn die lateini-
schen Ptolemäus-Übersetzungen einmal zur Behandlung koinmen. Die Namen auf den Karten iri 5698 liegen den
griechischen näher als die in irgend welcher anderen uns bekannten lateinischen Ptolemäus-Handschrift.
3) Über den Cod. Paris. 48U5 (Nicolaus Germanus' erste Rezension) vgl. S. 27, Note 2. Die Codd. Par^s.
4801 und 4803 sind anonyme lateinische Handschriften von Ptolemäus' Geographie und zwar vom 15. Jahrh. und
ohne Karten.
4) Cod. Bodl. Can, Mise. 487 in Bodleian Library in Oxford ist eine lateinische Hs. von Ptolemäus' Geographie
aus der Mitte des 15. Jahrh. und ohne Karten.
s) Über diese drei florentinischen Hss. mit den Karten A„, Bt und At vgl. S. 20 ff.
6) Cod. S. Marco 187 (neue Signatur: conveuti soppresi J. I. 17) befindet sich in Biblioteca Nazionale in
Firenze, ist aus dem 15. Jahrh. und bat keine Karten.
7) Cod. Riccard. 3042 befindet sich in Biblioteca Riccardiana in Firenze, hat keine Karten und trügt die
Datierung 1474.
Clavus' Quellen. A. Ptolernäus.
155
1475 stimmen. Aus C. Müllers Ausgabe vou Ptolernäus' griechischem Text1) geht übrigens hervor,
daß schon in den griechischen Handschriften diese Varianten vorhanden waren. Über den Grund dieses
Verhältnisses wagen wir uns nicht zu äußern und auch nicht darüber, wie häufig die Verschiedenheiten
im ganzen Ptolemäus-Texte sind; wir haben nur darauf hinweisen wollen, daß sie vorhanden sind und
daß sie bei der Beschreibung der Nordlande in den hier anzustellenden Untersuchungen zur Vorsicht
ermahnen. Wir wissen nämlich nicht, welche Ptolernäus -Handschrift Clavus vor Augen gehabt hat
und ebenfalls nicht, ob sich in andern Handschriften nicht noch äußerlichere Abweichungen geltend
gemacht haben. Außerdem wird das Vergleichen der Zahlen bei Ptolernäus und Clavus dadurch
erschwert, daß die Zahlen des Nanziger Textes, besonders mit Bezug auf Jütland fehlerhaft sind, daß
auf der Nanziger Karte viele Namen fehlen, und schließlich dadurch, daß die aus der Ax- Karte aus-
gezogenen Längen und Breiten nur annähernd Clavus' Zahlen wiedergeben. Die einzige der Clavus-
Uberlieferungen, auf welche man sich beim Vergleiche mit Ptolernäus sicher verlassen kann, ist daher
der geläuterte und kritisch behandelte Wiener Text.
1. Ostseeküste.
Betreffs der südlichen Ostseeküste herrscht bei den Längen- und Breitenangaben vollkom-
mene Übereinstimmung zwischen den lateinischen Ptolemäus-Ausgaben , deu obengenannten Angelus-
Handschriften und Müllers griechischem Text. Hier findet sich selbstverständlich eine ausgezeichnete
Gelegenheit konstatieren zu können, wieweit Clavus' Ostseeküste nur flüchtig nach Ptolernäus entworfen
ist, oder ob sie wirklich genau nach seinen Zahlen nachgezeichnet sei. Ein direkter Vergleich ist
jedoch nur teilweise möglich, da der Wiener Text die Ptolemäischen Namen nur für Sarmatien auf-
nimmt. Der Vergleich gibt folgendes Resultat:
Ptoleniäus.
Wiener Text.
Cbroni flu. ost.
50° ö. L.
56°
n. B.
Ostium Orientale Aderini 50° ö. L.
56n
n. B.
Rudonis flu. ost.
53° >
57°
»
Rubnis osti<(uni)> 53° »
57°
»
Turunti flu. ost.
56°
58°
30' »
Turunci flu. ost, 56° »
58°
30' »
Cbesini flu. ost.
58° 30' »
59°
30' „
Cerohin flu. ost. 58° 30' »
59°
30' »
Eine so genaue Übereinstimmung kann nur dadurch erklärt werden, daß
Clavus bei dieser Küstenstrecke die Zahlen des Ptolernäus genau abgetragen hat.
Die vom Flusse Chronos westlich gelegene Ostseeküste folgt bei Ptolernäus dem 56. Breiten-
grad. In den Wiener Text sind keine der Ptolemäischen Namen aufgenommen, die Küstenlinie folgt
aber diesem Breitengrade, indem primum littus regni Sclauorum, Uebanes uilla, eins littus, portus Sun-
deusis, Ryen Promontorium, dessen littus primum, secundum, tertium) quartum alle auf 56° n. B. liegen.
Ferner liegt hostium Aderini fluuii oeeidentale, das dem Vistulae flu. ost. des Ptolernäus entspricht,
ebenso wie dieses auf 45° ö. L.; da Clavus indessen den Fluß in einen großen Meerbusen (Delta)
münden läßt, liegt bei ihm die Breite der Mündung auf 55° 30', wogegen sie bei Ptolernäus, der sie
ganz bis zum Küstenrande hinaufführt, auf 56° liegt; portus Sundemis aber, das zufolge des Wiener
Textes unmittelbar an der Küste liegen muß, verlegt Clavus auf 45° ö. L., 56° n. B., genau die Ptole-
mäischen Zahlen für Vishdas Mündung.
Nehmen wir die nicht umprojizierte A1 -Karte zu Hilfe, so werden wir gewahr, daß deren Flußmündungen
an dieser Küste mit denen des Ptolernäus zusammenfallen. Daß die Zahlen keine genaue Übereinstimmung,
sondern nur eine gewisse Annäherung zeigen, beweist nur, daß die A-Karten, wie schon gesagt, keine so sichere
Uberlieferung sind, wie der Wiener Text es ist.
') Claudii Ptoleintei Geograph ia rec. Carolus Müller, vol. I, pars I, Paris 1833: Thüle S. 105,
üerinauiens Nordküste S. 247, Jütland S. 249 —50, die Inseln bei Jütland S. 275—76, Sarmatiens Küste S. 411—12.
20*
156
Kapitel VIJI.
P t o 1 e in ä u s.
Calusii flu. ost.
Sueui flu. ost.
Viadi flu. ost.
Vistulae flu. ost.
37° o. L.
39° 30' »
42° 10' ,
45°
56° n. B.
56° »
56° ,
56° »
Culusius flu. 36° 55'
Suanus flu. 39° 40'
Nuarus flu. 42° 15'
Istula flu. s. Odra 45° 10'
L.
56° 10' n. 15.
56° 15' »
55° 40' »
55° 30' »
Die Ostseeküste nimmt bei Ptolemäus dort ihren Anfang, wo die Ostküste der jütischen Haibinse
mit Germaniens Nordküste zusammenstößt, auf 35° ö. L. 56° n. B. (quae ad ortum flectitur). Der Wiener
Text hat keinen bestimmten Namen für die Biegung der Küste; sie muß aber ungefähr bei portus strictus
auf 35° 10' ö. L., 5G° n. B. beginnen, und nach Ax beginnt sie gerade auf 35° ö. L.
Während der Wiener Text an Germaniens Nordküste die Ptolemäischen Flüsse ausläßt, welche A1
aufnimmt, führt er andrerseits eine Reihe von Städten an, die Aj ausläßt. Die übrigen A-Karten haben
sowohl Fluß- wie Städtenamen ; sie bringen aber einige von ihnen auf eine andre Weise an, als die Zahlen
des Textes zulassen. Stralsund verlegen die Längen und Breiten des Textes, wie wir sahen, bestimmt an die Mün-
dung des Aderinus (Istula), aber A2 — Aö legen es an die Mündung des Viadus, d. h. auf zirka 42° 1 5'ö. L., 55° 4()'
n. B., statt auf 45° ö. L., 55° 40' n. B. ; Ribnitz, das der Wiener Text auf 42° 10' ö. L., 56° n. B. legt, d. h.
etwas westlich von Viadus flu. (42° 15' ö. L., 55°40'n.B.: A^, bringen A2 — A6 zusammen mit Rostock westlich
von Suenus flu. an, weshalb Ribnitz auf diesen Karten auf demselben Längen- und Breitengrade wie Rostock
liegt, d. h. auf zirka 39° 20' ö. L., 55° 40' n. B. Dieser offenbare Widerspruch zwischen dem Text und den
Karten A2 — A6 kann kaum irgend welchem Mißverständnis oder einem verkehrten Ausziehen von Seiten des
Clavus zugeschrieben werden, sondern ist weit eher die Schuld eines Bearbeiters. Wie und wodurch die Dif-
ferenz entstanden und wem sie zunächst zuzuschreiben ist, erscheint uns nicht schwierig nachzuweisen.
A{ zeigt, daß Clavus die Oder (Aderinus) mit Ptolemäus' Vistula [istula siue odra A1) identifiziert
hat, au welchen Fluß er Stralsund (Sundis ciuitas) mit Byen Promontorium gelegt hat. Nach der gelehrten
Auffassung des 15. und 1 6. Jahrhunderts war aber Ptolemäus' Vistula nicht die Oder, sondern die Weichsel,
wogegen Viadus als Oder aufgefaßt wurde. Einem deutschen Bearbeiter lag es daher nahe, die norddeutschen
Städte, in Übereinstimmung mit der allgemeinen Auflassung ihrer Lage, zu den Ptolemäischen Lokalitäten
in Verhältnis zu bringen, und da auf Nicolaus Germanus' Karten (und der von ihm teilweise abhängigen
AG-Karte) die Versetzung der genannten Städte vorgenommen ist, dürfte dieselbe ihm zuzuschreiben sein.
Daß der ihnen auf den A2 — A(i- Karten gegebene Platz nicht Clavus zuzuschreiben ist, darauf deutet auch
der Umstand, daß die für Ribnitz und den Stralsunder Hafen gültigen Zahlen des Wiener Textes sie gerade
nach Viadus bzw. Vistula, und nicht, wie aus folgender Zusammenstellung ersichtlich ist, nach Suenus und
Viadus hinführen.
Viadi flu. ost.
Vistulae flu. ost
Ptolemäus.
42° 10' ö. L. 56° n. B.
45° » 56° »
Wiener Text.
Rebanes uilla 42° 10' ö. L. 56° n. B.
Portus Sundensis 45° » 56° »
Die miteinander genau übereinstimmenden Zahlen bürgen nicht allein dafür, daß Clavus sie auf die
beigefügten Flüsse bezogen hat, im Gegensatz zu dem, was auf den Karten A2-
auch dafür, daß er hier wieder die Zahlen des Ptolemäus benutzt hat.
-Afi geschehen ist, sondern
Wir wagen also festzustellen, daß die Küstenlinie der Ostsee irn Wiener Text und der dazu-
gehörigen Originalkarte, sowohl mit Bezug auf Germanien wie auf Sarmatien dadurch entstanden ist,
daß Clavus auf seiner Karte mit der peinlichsten Genauigkeit eine Reihe von
Ptolemäus' Längen und Breiten eingetragen hat. Dieser Teil von Clavus' Werk ist also
ganz auf Ptolemäus aufgebaut, und S t o r m hat Unrecht, wenn er behauptet, daß die östlichen Küsten der
Ostsee von den italienischen Kompaßkarten entlehnt seien — jedenfalls gilt dies nicht von dem jüngeren
Werke, also auch nicht von der Zamoiski-Karte.
Was das ältere Werk betrifft, so kann mit Bezug auf diese Gegenden die Abhängigkeit oder
Unabhängigkeit von Ptolemäus nicht bestimmt konstatiert werden, da hier alle Namen fehlen und die
Flußmündungen nur sehr oberflächlich angedeutet sind. Bs kann jedoch behauptet werden, daß, wie
schon Storm hervorgehoben hat, die Küstenlinie eine auffallende Ähnlichkeit mit der des jüngeren
Werkes und der des Ptolemäus hat, daß beim Ausziehen von Längen und Breiten aus der Karte die
uiibenannten Flußmündungen ganz nahe an Ptolemäus' Zahlen grenzen, daß der Grenzpunkt zwischen
der jütischen Halbinsel und Germaniens Nordküste ungefähr auf 35° ö. L. liegt, und daß die Küste
Clavus' Quellen. A. "Ptolemäus.
157
sich ganz, wie iu dem jüngeren Werke und bei Ptolemäus nach Nordosten auf Sarmatierj zu auf zirka
50° ö. L. wendet, während die Küstenlinie selbst durchgehends nur 10 — 15' unter dem 56. Breiten-
grade lieo-t.
2. Die kleineren Inseln.
Eine, wenn auch etwas andersartige Abhängigkeit von Ptolemäus zeigen andre Abschnitte von
Clavus' Arbeiten. Charakteristisch für das Nordlandsbild des Ptolemäus sind u. a. die drei Reihen
Inseln, welche er um die jütische Halbinsel herum im Meere anbringt: die drei sächsischen in der
Nordsee vorm Ausfluß der' Elbe, die drei alocischen nördlich von der jütischen Halbinsel und die vier
scandischen (drei kleinere und eine größere) westlich von der jütischen Halbinsel und nördlich von
Germaniens Festlandsküste. Obgleich diese Inseln mit der Kenntnis eines Nordländers vom geographi-
schen Aussehen der Nordlande durchweg kollidieren mußten, hat Clavus nicht von Ptolemäus abzu-
weichen gewagt, sondern hat die Inseln gewissenhaft aufgenommen. Keine der Inselgruppen werden
allerdings in seinem Texte erwähnt; wie Storm nachgewiesen hat, findet man sie aber ganz deutlich,
nicht allein auf der Nanziger Karte, sondern auch auf den A-Karten. Auf der Nanziger Karte sind
die sächsischen Inseln mit Helgoland (Hidieland) identifiziert; bei den alocischen Inseln steht veenskon
geschrieben, während die drei kleineren scandischen Inseln als unbenaunte kleine Inseln nordöstlich
von Fünen daliegen. Auf den A-Karten ist das Verhältnis verwickelter. A1 hat gar nicht die säch-
sischen Inseln, auf den übrigen A-Karten findet man sie unter ihrem Ptolemäischen Namen Saxonum
iusule ; auf Ax sind auf dem Platz der alocischen Inseln zwei oder drei halbverwischte Inseln, während
sie auf den übrigen A-Karten fehlen; die drei kleineren scandischen Inseln sieht man dagegen deutlich
auf allen A-Karten nordöstlich von Fünen und Boge (Baag^), jedoch ohne Namen.
Bei der Bestimmung der Längen und Breiten dieser auf Clavus' Karte aufgenommenen Inseln im
Verhältnis zu den Ptolemäischen ist man wegen des totalen Ignorierens derselben im Wiener Texte aus-
schließlich auf die aus den Karten ausgezogenen Zahlen angewiesen; die in den Ptolemäus-Überlieferungen
vorkommenden Varianten sind hier ganz unbedeutend, und beruhen vielleicht nur auf Abschreibe- oder
Druckfehlern.
Die mittlere
der
P
t o 1 e
m ä u
s
Nanziger
Karte
A-
Karten
Vicenza 1475
Riccard. 3042
Vat. 2052 und
5699
Par. 4801 und
4803
Marc. Flor. 1 8 7
Bodl. Can. Mise.
487
Ulm 1482
Eom 1490
Par. 4805
Laur. 30,3 (A2)
Laur. 30,4 (BJ
i
Magliab.
XIII, IG
M
Müllers
Ausgabe
ö. L
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
3 sächsischen
Inseln
31°
57°40'
31°
56°40'
31°
5 7° 40'
31
0
57° 20'
31°
57°30'
31°
56°
3 alocischen
Inseln
37°
59° 20'
37°
59°20'
37°
59°20'
37
0
59°20'
37°
59° 30'
37"
60°
3 kleinen scan-
dischen Inseln
41° 30'
58°
41°30'
58°
41'J3()'
57°50'
41
°30'
58°
41u30'
58°
41° 30'
58°
Während die Breite etwas variiert, ist die Länge überall genau dieselbe, und mit den Resultaten
der vorhergegangenen Untersuchungen vor Augen wagt man zu behaupten, daß auch die drei Ptolemäischen
Inselgruppen direkt nach Ptolemäus' Zahlen von Clavus abgetragen sind.
L58
Kai.itcl VIII.
3. Die große scandische Insel.
Ptolemäus' große scandisclie Insel (appellatur vero proprie et ipsa Scandia) findet Storni in
Clavus' Seeland wieder, vou dem er sagt: „während das Caniscula (d. h. Seeland) der Nanziger Karte
noch durch seiue Form an Ptolemäus' Scandia erinnert, hat die Zamoiski-Karte einen vollständig neuen
und richtigeren Umriß von Seeland" J). Die Ähnlichkeit zwischen dem Seeland der Nanziger Karte und
dem Scandia des Ptolemäus ist wirklich sehr auffallend, uud daß Storm darin recht hat, daß Clavus
sie identifizierte, geht aus der Länge und Breite der Insel hervor, die in beiden Arbeiten des Clavus
beinahe ganz ptolemäisch ist. Hier haben die Texte so viele Ortsbestimmungen, daß wir nicht bei den
Karten Zuflucht zu suchen brauchen; da Ptolemäus indes keine Lokalitäten auf Scandia kennt, kann
der Vergleich natürlich nur darauf abzielen, festzustellen, daß Seelands Platz derjenigen von Scandia
entspricht.
Ptolemäus
N a n z i g e r Text
Wiener
Text
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B
Partes <^Scundiae)>
extremae sitae sunt
am westlichsten:
ad occasum
43°
58°
am westlichsten:
43°
58°
( Kagenaes
| Korsar
am östlichsten:
43°
67*30'
Slagelse
am östlichsten:
43°
57° 20'
ad ortum
46°
58°
Kobenhavn
am nördlichsten :
469
58°
Kebenhavn
am nördlichsten :
46° 5'
£8Ü
ad septentriones 2)
44°30'
58° 30'
Holbaek
am südlichsten:
44°40'
58° 30'
Helsingar
am südlichsten:
44"40'
58° 30'
ad meridiem
45°
5 7 '»40'
Vordingborg
45°
57°2ö'
0xnaes
43°
57°
Die Zahlen bei Ptolemäus und die des Nanziger Textes stimmen, mit Ausnahme von zweien,
miteinander überein: von acht Zahlbestimmungen ist an der einen Stelle nur eine Variante von 10' in
der Länge, an der andern eine von 20' in der Breite. Bei dem jüngeren Werke sind die Abweichungen
entschieden bedeutender; aber auch hier liegt Seelands nördlichster Punkt unverrückt auf der Ptole-
mäischen Breite. Es muß dazu hervorgehoben werden, daß das Seeland der A-Karten den Längen und
Breiten des Wiener Textes genau entspricht, also dieselben Abweichungen vom Scandia des Ptolemäus
wie dieser zeigt.
4. Thüle.
Der 63. Breitengrad bildet bei Ptolemäus die Grenze für die bekannte Welt; von diesem heißt
es, daß er mitten durch die Insel Thüle geht. Auch diese aus den Vorstellungen des Altertums über
den hohen Norden bekannte Insel ist in Clavus' jüngerem Werke, sowohl im Wiener Texte wie auf
den A-Karten, aufgenommen. Dagegen fehlte dieselbe ganz im Nanziger Werk. Wenn Storm sagt,
daß Thüle auf der Nanziger Karte „verkehrterweise seine Nordküste verloren hat und dadurch Nor-
wegen einverleibt worden ist" 3), so muß dies als eine der unglücklichsten Äußerungen seiner Lust, alle
Clavus-Uberlieferungen unter einen Hut zu bringen, aufgefaßt werden. Auch läßt sich seine Annahme
') Ymer 1891, S. 15.
'-') Statt 58° 30' n. B. hat der Cod. Magl. XIII, 16 (A,) hier 58° 15' und der Cod. Riccard. 3042 (durch
Schreibfehler) 48° 30'. Statt 44° 30' ö. L. hat die Ausgabe Rom 1490 den Druckfehler 48° 30'.
3) Ymer 1891, S. 15.
Clavus' Quellen. A. Ptolernäus.
159
nicht aufrecht halten, daß. weil Thüle auf der ersten Europa-Karte iu Kardinal Fillastre's Ptole-
uiäus-Haudschrift vorkommt und von ihm in den Noten zur ersten und achten Europa-Karte erwähnt
worden ist, dieselbe auch auf Clavus' Karte aufgenommen sein muß uud dort der Teil von Norweger
sei, welcher die Aufschrift Stauanger trägt '). Der Name Thüle war nämlich im Mittelalter ein euro-
päisches Gemeingut und kommt in vielen Texten und auf den meisten der alten Scheibenkarten vor t).
Da Clavus dort, wo er im Wiener Texte Thüle erwähnt, keine Gradbestimmungen angibt, sind wir
darauf hingewiesen, die Abhängigkeit von Ptolemäus aus den A-Karten nachzuweisen.
P t o 1
e m ä u
s
Vicenza 1475
Vat. 2052
Par. 480 1
Eiccard. 3042
Marc. Flor. 187
Bodl. Can. Mise.
Par.
4803
Ulm 1482
Korn 1490
Vat. 5T.99
Par. 4805
Laur. 30,3 (A2)
Müllers
Ausgabe
A- Karten
487
Magl. XIII, 1 6
Laur. 30,4 (B, )
d
Pars, quae maxime ad oc-
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
ü. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
casum tenditur, gradus
'2 9°
fi3°
29° 3 o'
63°
29° 30'
63°
29°
63°
29° 30'
63°
quae maxime ad ortum .
31°40'
63°
3 1"4()'
63°
33" 40'
63°
31° 40'
63°
33° ä
33° 20'
63°
quae maxime ad arctos 3) .
33°
63° 15'
33°
(13° 15'
33°
03° ] 5'
30° 20'
63° 15'
32° 45'
63° 15'
quae maxime ad austruoi .
33°
62° 40'
33°
62° 40'
33°
62°40'
30° 20'
629 40'
33°
62° 20'
02" 40'
Medium insulae ....
.33°
63°
33°
63°
33°
63°
30° 20'
63°
Diese Zusammenstellung zeigt, daß Clavus die Insel auf seiner Karte in Übereinstimmung mit
Ptolemäus' Längen- und Breiterlbestimmungen abgetragen hat, und es erinnert das Thüle der A-Karten
auch zweifellos an das des Ptolemäus. Während Thüle aber für die Klassiker überhaupt der nördlichst
gelegene Teil von der olxoDuiv»] (der bewohnten Welt) war, ist die Insel für Clavus ein Teil von Nor-
wegen. Bei dieser Annahme scheint er mit den Anschauungen seiner gelehrten Zeitgenossen zu brechen.
Seitdem der irische Mönch Dicuilus im 9. Jahrhundert zuerst die Anschauung aussprach, daß das Thüle
der Alten Island sei, war diese Anschauung, wenn auch einige Autoren andern Auffassungen huldigten,
das ganze Mittelalter hindurch die allgemeine und auch sogar im Norden eine sehr verbreitete 2). Die
isländischen Gelehrten traten derselben bei (z. B. in der Vorrede zu Landnäma mit Bezugnahme auf
Beda) und ebenso Adam von Bremen, Saxo und die Historia Norvegiae. Wenn Clavus also trotz der
im Norden gebräuchlichen Annahme sagt, daß Thüle ein Teil von Norwegen ist, so ist dies einfach
dadurch begründet, daß Ptolemäus' Bestimmungen für Thüle diese Insel gerade dort liegen ließ, wo
Clavus aiis andern Gründen die Südküste von Norwegen angegeben hatte, und darum war er ge-
zwungen, sie für einen Teil dieses Landes zu erklären. Sie geradezu mit dem Festlande zu ver-
binden, wagte er jedoch nicht, denn Ptolemäus sagt, daß Thüle eine Insel sei; darum fügt er die Be-
merkung über den Meeresarm, der sie vom Festlande trennt, hinzu.
') Ymer 1891. S. 140.
2) Schon im 13. Jahrh. kommt der Xame tile auf einer isländischen Scheibenkarte vor (im Cod. Hann. Gl.
kgl. Saml. 1812, 4° in der kgl. Bibliothek in Ksbenhavn) ; vgl. Rafn, Äntiquttis Busses II, Copenhague 1852, PI. 4;
der Xame tile st ht hier neben Island. In Südeuropa Iii Dt sich der Name auf Karten viel älterer Zeit feststellen.
3) Statt 63° 15' in.. B. hat der Cod. Par. 4805 hier 63° 0'.
1G0
Kapitel VIII.
5. Die ciiiibrische Halbinsel.
Von eleu europäischen Nordlanden bei Ptolemäus ist jetzt nur noch die jütische Halbinsel
übrig. Die unverkennbare Ähnlichkeit zwischen dem Jütland des Ptolemäus und dem des Clavus ist
schon von Storm hervorgehoben, wenn er sagt: „die jütische Halbinsel hat von Ptolemäus sowohl
ihre Richtung nach Nordost wie ihre Form und ihre Buchten entnommen." Es bleibt nur noch die
Frage übrig, ob es auch hier möglich ist, nachzuweisen, daß die Zahlen des Ptolemäus geradezu abge-
tragen sind; dies ist aber nicht tunlich, teils wegen der oben erwähnten starken Abweichungen zwischen
den Zahlen der verschiedenen Ptolemäus-Überlieferungen, teils weil die Beschreibungen von Jütland
in den Clavus-Texten im Verhältnis zu Ptolemäus so sehr detailliert sind und durch das Aufnehmen
der vielen Orte einen so ganz andern Charakter haben. Außerdem sind in Jacobus Angelus' Ptole-
mäus-Übersetzung Fehler oder Mißverständnisse unterlaufen, welche die Zahlen sinnlos machen, indem
der nördlichste Punkt von Jütland dem Texte nach südlich von dem darauf folgenden östlichen Punkte
liegt, welches deutlich aus folgender Variantenzusammenstellung der Küste von der Elbe an bis zu dem
Punkte, wo die Halbinsel aufhört, hervorgeht:
P
t o 1 e
m ä u
s
Vicenza 1475
Vat. 2052
Par.4801u.4803
Riccard. 3042
Marc. Flor. 187
Bodl. Can.
Mise. 487
Par. 4S03
„uel."
Magl. XIII, 16
(Ai)
Ulm 1482
Vat. 5699
ö. L.
n. B.
8. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
extensio quae post Al-
bim est fluuium .
32°
56°50'
32°
56°50'
32°
56°50'
33°
56°50'
31° 30'
56° 50'
extensio quae subsequitur
35°
58° 20'
35°
58°20'
34° 20'
58°10'
35°
58°20'
35°
58° 20'
quae etiam subsequitur
39°
58° 20'
quae etiam subsequitur
et maxime septen-
58°20'
35°4()'
58° 20'
35°40'
58° 20'
35° 40'
58°20'
39° 40'
59° 40'
pars eius maxime orien-
talis2) . . . . .
44°
59°30'
44°
59°30'
44°
58° 15'
40° 20'
59° 30'
40°
59°50'
sinus interior
36°
59° 15'
post extensionem prima
39° 30'
59° 15'
39°20'
59° 15'
39° 20'
59" 15'
3 9° 30'
59° 15'
quae deinde subsequitur
40°
58°
quae deinde subsequitur
37°
57°
37°
57°
37°
57°
37°
57°
37°
57°
quae ad ortum flectitur
35"
56°
35°
56°
35°
56°
35°
56°
35°
56°
') Statt 58° 20' n. B. hat der Cod. Riccard. 3042 hier 58° 15'.
'-') Statt 59" 50' n. B. hat der Cod. Laur. 30,4 (13,) hier den Schreibfehler 39" 50'.
3) Hier hat der Cod. Laur. 30,4 (B,) wie Laur. 30,3 (A2) und Müllers Ausgabe 59° 20' n, 13.
Clavus' Quellen. A. Ptoleuiäua.
IUI
Vergleicht man nun diese Bestimmungen mit der Nanziger Karte (im Nanziger Text fehlen
die Küstenbestimmungen und seine Zahlen sind, wie die konstruierte Karte zeigt, sehr verdorben), so
wird man gewahr, daß die jütische Westküste folgende Punkte passiert: 32° — 56° 45', 35° — 58° 20',
39° — 58° 15', wo die Breiten indessen etwas unsicher sind, ferner daß die Nordspitze auf 40° — 59° 30'
liegt, der östlichste Punkt auf 41° — 58° 50' und daß schließlich die Halbinsel auf 35° 25' — 55n 50'
aufhört, d. h. es findet eine besonders gute Übereinstimmung statt, mit Ausnahme des nördlichen und
östlichen Punktes, wo der lateinische Ptolemäus-Text sinnlos ist.
Was den Wiener Text betrifft, so zeigt die Zusammenstellung die Bestimmungen, welche genau
oder mit starker Annäherung denen des Ptolemäus entsprechen. Ob die Zahlen für Berglum und Veud-
syssel dem Texte des Ptolemäus direkt entnommen sind, wollen wir dahingestellt sein lassen. Es steht
fest, daß eine derartige Übereinstimmung, wie wir sie sonst öfters zwischen den Zahlen des Ptolemäus
und Clavus haben nachweisen können, sich für Jütland nicht zeigt.
Die aus den A-Karten ausgezogenen Zahlen sind natürlich, wie immer, unsicher. Zum Vergleich
mit Ptolemäus' Jütlandszahlen können wir jedoch anführen, daß das Vorgebirge in Dithmarschen auf 31° —
P
t o 1 e
m iL u
s
Laur. 30,3
Par. 4805
Korn 1490
Laur. 30,4
Müllers Aus-
gabe
Wiener T
3 x t
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
ö. L.
n. B.
31°30'
5<>°50'
31°30'
56°50'
31°30'
56°50'
32°
56°50'
Dithmarschen ....
31°
5C,°50'
35°
58°30'
35°
58°20'
35°
58°20'
35°
58°20'
35°
58° 20'
39°
58°20'
39°
58°20'
39°
58°20'
39°
59°40'
39°
59°40'
39°
59°40'
39°
59°40'
38° 40'
59°30'
Nordküste . .
f39°30'
\40°35'
59° 5 5'
40° 40'
59°50'
40°40'
59°50'
40°20'
59°50'
40°15'
58° 30'
Ostpunkt
41°
59°3()'
36°
59°15'
36°
59° 15'
36°
59°15'
39° 20'
59°20'
39°20'
59°15'
39°20'
59° 15'
39°20'
59°20'
40°
50°
40°
58°
40°
58°
37°
57°
35°
56°
37°
56°
37°
57°
35°
5f,°
37"
56°
35°
56°
35°
56°
j Traun portus primus
1 portus strictus
35°5'
35°10'
56° 15'
56°
56° 55' liegt, das bei Barglum auf 35°— 58° 30', Jütlands nördlichster Punkt auf 40° 30' — 60°, der
östlichste Punkt nördlich von Lübeck, wo die Küste sich nach Osten wendet, auf 35° — 56°, also eine
besonders gute Übereinstimmung, nur wieder mit Ausnahme des nördlichen und östlichen Punktes, wo die
Zahlen des lateinischen Ptolemäus-Textes sinnlos sind.
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus.
21
162
Kapitel VIII.
Anmerkung. Von Ptolemäus' erster Europa-Karte hat Clavus auf seinen Karten Großbritannien,
Irland und die dazugehörigen Inseln: die Shetlands- und Orkney-, sowie die »ebudischen« Inseln aufge-
nommen. Diese Länder werden weder im Nanziger noch im Wiener Texte genannt, und es ist selbstver-
ständlich gar nicht die Absicht des Verfassers gewesen, dieselben zu schildern ; sie sind auf der Karte nur
eingetragen, weil sie innerhalb ihres Gebietes lagen. In Germanien sind auf den A-Karten ziemlich viel mehr
Ptolemäische Namen und Lokalitäten aufgenommen als die, welche der Wiener Text angibt: dort finden sich
die Flüsse Amasiis und Visurgus südwestlich von der Elbe, Cahtsius, Sueuus, Viadus, Vistula und Chromis
in Norddeutschland mit der Mündung in die Ostsee, die Berge Bondini, Alauni, Riffei und auf kl auch
Venedici montes; dagegen sind keine von Ptolemäus' Orten und von seinen vielen Völkernamen nur die
beiden hauptsächlichsten Ländernamen Magne Germaniae pars und Sarmatie Europe pars auf den A-Karten
aufgenommen. Diese an die Nordlande grenzenden Länder bilden gewissermaßen das Ptolemäische Funda-
ment, auf dem die Clavus-Karte ruht.
Die hier vorgenommene Untersuchung bekräftigt in jeder Beziehung Storms Resultat, daß
nämlich Ptolemäus' kartographische Darstellung des hohen Nordens in Clavus' Arbeiten übergegangen
ist, und zwar nicht allein mit Bezug auf die großen Verhältnisse, sondern auch mit Bezug auf die
zahlreichen Einzelheiten, und wir müssen hinzufügen, daß Clavus überall, wo er nur konnte, Längen-
und Breitenzahlen ans Ptolemäus' Text benutzt hat. Nicht allein in der Methode und Dar-
stellungsform, sondern auch bei den Ortsbestimmungen ist Ptolemäus darum
unbedingt die Hauptquelle und das Vorbild des Clavus.
B. Reisebuch und Kompasskarten.
Daß eine Sammlung von Beiserouten wie die, welche Lelewel unter dem Namen Itineraire
Brugeois l) abgedruckt hat, von Clavus benutzt worden ist, ist von S t o r m bewiesen 2). Nach der von
uns vorgenommenen Sonderung von Clavus' Leiden Werken gilt Storms Beweis jedoch besonders dem
Nanziger Werke, und sein Beweis ist mit Bezug auf dieses ganz unwiderlegbar. Ebenso wie im Reise-
buche wird in diesem Texte das Fischerdorf Drag(f>r zu einer Insel gemacht, die Karelen werden auf
die andere Seite von Grönland verlegt, zwischen Bergen und Island wird außer Fare(f> (die Päröer) die
mytische Insel Fem<f>e 3) angebracht, kleine Städte wie Markaryd und Plön werden mitgenommen, und
Visingh lacus wird nach der insula Vinsingo des Reisebuches als Name für den Vettern-See auf-
genommen, lauter von Storm hervorgehobene Beispiele. Dazu kann noch hinzugefügt werden, daß
die drei schwedischen Städte Vadstena, Skeninge und Stockholm in der hier angegebenen Reihenfolge
auf der Nanziger Karte direkt nach dem Reisebuche aufgenommen sind, sowie ferner, daß die Völker-
namen Dalingi, Stalbergi und Findhlappi den dortigen Dalen, Staelberch und Finlandlappen*) ent-
sprechen.
Clavus hat also, was für einen fahrenden Gelehrten ja auch ganz natürlich war, ein Reisebuch
benutzt; daß dieses aber gerade dieselbe Form und Gestalt wie das von Lelewel gefundene gehabt
haben sollte, ist weniger wahrscheinlich. Teils finden sich starke Abweichungen in der Schreibweise
bei den für Itineraire Brugeois und das Nanziger Werk gemeinsamen Namen, teils ist es nicht gut
denkbar, daß Clavus Städte wie Aalborg in Jutland, Kerteminde und Faaborg auf Fünen, Trelleborg
und Halmstad im östlichen Dänemark, Orebro und Grenna in Schweden ausgelassen haben sollte.
Wahrscheinlich muß Itineraire Brugeois deshalb als eine neuere Abschrift einer Sammlung von Reise-
routen aufgefaßt werden, von der Clavus eine andre abweichende Version besessen hat.
Es ist nun die Frage: hat dieses Reisebuch auch auf Clavus' jüngeres Werk Einfluß gehabt?
Es ist an sich wahrscheinlich, daß die Quellen, auf welche sich die ältere Arbeit stützte, auch direkt
') Lelewel, Geographie du moyen äge. epilogue S. 285 — 308.
2) Ymer 1891, S. 19—20.
3) Der Name Famoya findet sich übrigens auf der katalanischen Kompaßkarte des Mecia de Viladestes
vom Jahre 1413; vgl. Anecdota cartographka Tab. 1.
*) In L e 1 e w e 1 s Ausgabe Finlandbappcn.
Clavus' Quellen. B. Reisebuch und Konipaßkarten.
im
oder iiidirekt auf das jüngere Werk Einfluß gehabt haben. In diesem finden sich auch wirklich ver-
schiedene von den Entlehnungen des älteren Werkes. Drag</>r als Insel, die Karelen nördlich von Grön-
land und die Insel Fame<f)(f> (das Femo (na} der A-Karten) sind die augenfälligsten. Daß die Namen
des schwedischen Binnenlandes sowohl im Wiener Texte wie teilweise im Nanziger Texte fehlen, kommt
daher, daß Clavus' jüngerer Text nur eine Küstenbeschreibung ist, und braucht nicht von irgend
welchem Beiseiteschieben des Eeisebuches herzurühren. Die dazugehörigen A-Karten haben dagegen
die Namenreihe Vadstena, Skeninge, Stockholm, wogegen Markaryd, Stalbergi und Dalingi weggefallen
sind und Visingh lacus durch andre Namen ersetzt ist. Plön ist dagegen sowohl auf der Karte als
im Texte beibehalten und Faaborg sowie mehrere der norddeutschen Namen des Reisebuches sind
hinzugefügt. Von diesen Namen beweist Faaborg indessen nichts, da es auf Clavus' Geburtsinsel liegt,
und ebensowenig beweisen Namen wie Hamburg, Lübeck, Wismar, Rostock und Stralsund, welche alle
zu Clavus' Zeit zu den bekanntesten Hansestädten gehörten und außerdem in älteren Quellen, wie
z. B. auf den Kompaßkarten, zu finden waren. Dagegen ist das nur aus dem Reisebuche bekannte
Eibnitz vermutlich diesem entlehnt. Auf den A-Karten, aber nicht im Wiener Texte, finden sich
außerdem zwei der vielen östlich von Stralsund gelegenen Städtenamen, die das Reisebuch anführt,
nämlich Danzig und Riga; von diesen gilt es dann aber wieder, daß sie allgemein bekannt sind und
anderswoher genommen sein können. Wie wir sehen werden, ist es jedoch zweifelhaft, ob diese Namen
echt Clavisch sind.
Im ganzen beweisen die hier angeführten Beispiele, daß das dem älteren Werke zu Grunde
liegende Reisebuch auch das jüngere Werk, wenn auch vielleicht in geringerem Grade, beeinflußt hat;
ob aber diese Beeinflussung direkt oder indirekt durch das ältere Werk verursacht ist, läßt sich kaum
entscheiden.
Schwieriger ist es, sich vollständige Klarheit über Clavus' Verhältnis zu den südeuropäischen
(den italienischen und katalanischen) Kompaßkarten zu verschaffen. Storni1) hat wohl recht darin,
daß sich auf der Zamoiski-Karte — ■ sowie auf den andern A-Karten — mehrere Namen finden, die
sich unstreitig von den Kompaßkarten her schreiben; dies beweist jedoch nicht, was Storm infolge
seiner Auffassung vom Zusammenhange der Clavus- Uberlieferungen annehmen mußte, daß Clavus sie den
Kompaßkarten entlehnt habe, fürs Nanziger Werk nicht, weil in diesem kein einziger für die Kompaß-
karten charakteristischer Name vorkommt, und ebenfalls nicht für das jüngere Werk, weil die Namen
nur auf den A-Karten zu finden sind, aber in dem dazugehörigen Wiener Texte fehlen; die A-Karten
bilden ja aber, wie wir uns zu überzeugen wiederholt Gelegenheit gehabt haben, keine so echte Über-
lieferung wie der Wiener Text und das Nanziger Werk. Sind sie doch nicht allein wie die Nanziger
Karte in unvollständiger Gestalt überliefert, sondern auch, was viel schlimmer ist, von den deutseben
Kartenzeichnern überarbeitet. Wir müssen daher äußerst vorsichtig in den Schlußfolgerungen sein, die wir
betreffs Clavus' Quellen aus den für die A-Karten speziellen Namen ziehen; namentlich müssen wir
uns vor allem Klarheit darüber verschaffen, für wie umfangreich man die Überarbeitung der A-Karten
kalten darf.
Storm will jedoch nicht allein aus den Namen Clavus' Abhängigkeit von den Kompaßkarten
nachweisen; er nimmt an, daß deren Bild vom hohen Norden den Clavischen Kartentypus, sowohl die
Nanziger- als die Zamoiski-Karte beeinflußt habe. Diese Beeinflussung, findet er, hat besonders an der
Ostsee und an der skandinavischen Halbinsel stattgefunden. In Bezug auf die Ostsee ist Storms
Behauptung jedoch ganz unhaltbar. Wir haben oben nachgewiesen, daß Clavus in seinen beiden
Werken, sogar in den Details, sich dem Ptolemäus eng anschließt; hier können wir hinzufügen,
daß die Kompaßkarten ein ganz andres Bild von der Ostsee geben, als Clavus es tut. Besonders hat
seine Südostküste, wo Storm die Beeinflussung nachzuweisen sich bestrebt, bei Clavus die von Ptole-
mäus angegebene Richtung von Südwest nach Nordost, während die dementsprechende Küste der
') Ymer 1891, S. 16.
21*
L64
Kapitel VLU.
Kompaßkarten die Richtung von Westen nach Osten Hat. Die Ähnlichkeit ist demnach durchaus
negativ und hesteht nur in der Auslassung der Rigaischen, Finnischen und Botanischen Meerbusen.
Eine o-rößere Ähnlichkeit findet sich in diesem Punkte zwischen den Clavus- Karten und Marino
Sannt os Karte von zirka 1320, deren Bild von Skandinavien und der Ostsee, besonders wie es in der
Brüssler Handschrift 1 405 vorliegt, in mancher Beziehung an das von Clavus entworfene erinnert 1).
Etwas berechtigter ist es, wenn Storm sagt, daß das Skandinavien des Clavus an das der
Kompaßkarten erinnert. Die Ähnlichkeit beschränkt sich jedoch darauf, daß die Längenrichtung, der
Wirklichkeit gerade entgegengesetzt, ostwestlich ist, und daß Clavus ebenso wie die Kompaßkarten in
Schweden zwei Seen angibt. Im übrigen ist der Typus hei ihm ein ganz neuer, namentlich entspricht
das Norwegen der Nanziger Karte der Wirklichkeit weit mehr als die schematische Darstellung der
Kompaßkarten. Auch Schonen wird im Verhältnis zum übrigen Dänemark und zu Norddeutschland
in beiden Werken des Clavus richtiger angebracht als auf den Kompaßkarten. Was endlich die ver-
kehrte Längenrichtung betrifft, so ist es eine bekannte Tatsache, daß in älteren Zeiten eine große
Neigung dazu herrschte, die Distanz der Längen im Verhältnis zu derjenigen der Breiten zu über-
schätzen; was aber viel wichtiger ist: die besonders in Clavus' jüngerem Werke in die Breite gezogene
Form der skandinavischen Halbinsel ist eine notwendige Folge davon, daß Ptolemäus' Jutland und
seine Ostseeküste 2° zu hoch nach Norden verlegt sind, eine Tatsache, auf die wir später zurück-
kommen werden. Betrachten wir schließlich die beiden Seen in Schweden, so liegen diese auf Clavus"
Karten ganz anders als auf den Kompaßkarten, und auf der Nanziger Karte mündet der nördlichste
von ihnen ins Eismeer und nicht wie auf jenen in den Kristiania-Fjord. Außerdem bringt Clavus
einen See in Norwegen an, welchen die Kompaßkarten nicht kennen, und läßt wiederum ihre beiden
norddeutschen Seen aus. Im großen und ganzen muß man darum sagen, daß er ohne Rücksicht auf
die Kompaßkarten Ptolemäus' Geographie so weit folgt, wie diese reicht; daß er aber, wo sie auf-
hört, seinem eigenen Ermessen nachgeht. Daß er die Kompaßkarten gekannt habe, ist wohl keinem
Zweifel unterworfen, da sein erstes Werk in Italien abgefaßt wurde; statt sie aber zur Richtschnur zu
nehmen, hat er weit eher deren Wert unterschätzt und versucht, sich von einem Einflüsse ihrerseits,
der sich leicht hätte geltend machen können, zu befreien. Ihre Darstellung von dem Teil der Nord-
lande, wo er vorzugsweise orientiert war, nämlich den dänischen Inseln, war auch nicht besonders
geeignet, Zutrauen bei ihm zu erwecken. Stellen sie doch Seeland durch eine kreisrunde Scheibe
nördlich von Jütland dar, Fünen und Langeland als Ovale östlich von Seeland; Samsa wird dagegen
südlich von Seeland und im Verhältnis zu Jütland richtig angebracht.
Mit Bezug auf die Ortsnamen muß man die beiden Werke von Clavus streng von einander
scheiden und dann wird man in dem älteren vergebens die für die Kompaßkarten charakteristischen
Namen suchen. Freilich behauptet Storm, daß Ahus' Name Oues zu diesen gehört2); auf den Kompaß-
karten finden sich jedoch nur die Formen Aossia (1325), Aoxia (1339, Francesco-Pizigauo-Fragment 3),
sowie die undatierte Karte im Museo Borbonico), Aosia (1367) 4) und üsisia (undatiert Nr. 16 in der
Biblioteca Nazionale in Firenze). Weiter sagt er, daß Simrishamns Name den Kompaßkarten ent-
lehnt sei, obgleich er in Itineraire Brugeois vorkommt; ferner nimmt er an, daß das Verson des Nan-
') Vgl. Hamy, Les origiues de la cartographie de VEitrope septentrionale in Bulletin de geugraphie hist. et
descript. 1888, S. 349—50 und PI. VII; vgl. auch Lelewels Atlas, Tafel 27. Ein Vergleich der Namen auf Clavus'
und Sanutos Karten deutet nicht auf einen Quellenzusammenhang, und eine gewisse Ähnlickeit im Typus kann
ganz zufällig sein.
2) Ymer 1891, S. 16—17.
3) Auch Mltenberger-Fragment genannt; publiziert von M. Toeppen in Hansische Geschichtsblätter 1880 — 81,
S. 39 — 66. Daß diese Karte dem Francesco Pizigano zuzuschreiben ist, erhellt nicht nur aus der Schrift, sondern
auch aus der Orthographie und den gemeinsamen Fehlern (z. B. svenzia, carmo, vesgozia — este regione) und aus
der Namenmenge und Auswahl. Vgl. Ta b. 1 in den Anecdota cartographica, wo die Namen der Nordlande zusammen-
gestellt werden.
4) Francesco Piziganos Kompaükarte vom Jahre 1367 befindet sich in Parma und ist publiziert von
Jomard, Monuments de la geographie, Tafel X. Über die anderen Karten vgl. S. 59 — 60.
Clavus' Quellea, B. Reiscbuch und Kompaßkarten,
165
siger Textes von ihrem cap (capitulum) de Vexiom (Vexiö) stammt, obgleich er anderswo selbst nach-
weist, daß die Eeihe von Städtenarnen des scliwediscben Binnenlandes, in der Verson vorkommt, von
einer besonderen uns übrigens unbekannten Quelle stammt. Es ist darum Storm nicht geglückt,
auch mir einen einzigen Namen im Nanziger Werke zu finden, der mit Bestimmtheit oder auch nur
mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit den Kornpaßkarten entlehnt wäre. Dagegen könnten zahlreiche
Beispiele an Abweichungen von den Kompaßkarten angeführt werden, von einem Überschlagen ihrer
Namen und einer abweichenden Anbringung solcher Namen, Avelche für sie und das Nanziger Werk
gemeinsam sind. Es ist darum wohl keinem Zweifel unterworfen, daß Clavus beim Abfassen des älteren
Werkes mit voller Überlegung die Kompaßkarten beiseite geschoben hat.
Sodann der Wiener Text. Wir haben früher (S. 64 — 65) bemerkt, daß dessen Erwähnung von
Falkenjagden in Norwegen und von Abbildungen behaarter Waldmenschen in Lapmarken vielleicht auf
bildliche Darstellungen auf südeuropäischen Kompaß- oder Scheibenkarten Bezug hätten; die Notiz von
der Falkenjagd kann jedoch von vielen andern mittelalterlichen Quellen als gerade diesen *) herrühren,
and die Bemerkung über die Lappen auf Clavus' eigene Karte hinweisen. Unter den Namen des
Wiener Textes kann außerdem keiner mit Sicherheit auf die Kompaßkarten zurückgeführt werden.
! Verschiedene von ihnen, wie die Namen von Nord-Friesland, Preußen, Livland, B^rgluni, Hamburg,
! Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund und Oder, die alle in dem älteren Werke fehlen, kommen freilich
auf den vorclavischen Kompaßkarten vor, haben aber dort durchgehends andre Formen als im Wiener
Texte, sind außerdem größtenteils im Itineraire Brugeois aufgenommen und noch dazu allgemein
bekannt. Von den ganz besonders charakteristischen Kompaßkartennamen wie Ruia, Cauodexeland ,
oder Eduxelant, Randeus, Orsnes, Lacus Alech, Lacus Neria, Flumen Nu, Chiclobergis, Mastranto,
Eria u. s. w. erwähnt der Wiener Text dagegen keineu einzigen, und wir gelangen hierdurch zu der-
selben Schlußfolgerung wie bei dem älteren Werke, daß Clavus die Kompaßkarten nur in sehr geringem
Umfange benutzt, vielmehr ihren Wert unterschätzt und sich bestrebt hat, sich von jeglicher Beein-
flussung derselben zu befreien.
Gerade darum nimmt es wunder, auf den Kopien der zugleich mit dem Wiener Texte aus-
gearbeiteten A -Karte, die auch die kartographische Grundlage für denselben bildete, eine Menge sicherer
■ Kompaßkartennamen zu finden. Die zunächst liegende Erklärung ist die, daß die A-Karten von den
jüngeren deutschen Kartenzeichnern stark bearbeitet und mit den Kompaßkarten kombiniert sind.
Daß in der Tat bei gewissen Punkten eine Bearbeitung vorgenommen ist, zeigen folgende
Beispiele :
Die Abgrenzung von Holstein und die Aufschrift ducatus olfacie stammt sicherlich von Nicolaus
Germanus; auf Henricus Martellus' A-Karten und seiner Nordlandskarte2) sind weder Grenzen noch
Namen aufgenommen. Dies ist dadurch zu erklären, daß Holstein erst im Jahre 1474 Herzogtum wurde,
d. h. lange nach dem Entstehen der originalen A-Karte (vgl. S. 27). Hier haben also veränderte politische
Verhältnisse die Korrektur veranlaßt.
Der Meeresarm, welcher auf Nicolaus Germanus' A-Karten, ganz in Übereinstimmung mit den
Worten des Wiener Textes (l 17 ff.), die Ostsee mit dem Eismeer verbindet, ist auf seinen B-Karten sowie auf
Martellus' Karten zu zwei tiefen Meerbusen verändert, die sich jeder von seiner Seite ins Land hinein-
schieben und miteinander parallel laufen. Durch die Änderung kommt man der Wirklichkeit näher und
dieselbe ist deswegen wahrscheinlich dem deutschen Kartenzeichner Nicolaus Germanus zu verdanken,
weil er wußte, daß Schweden und Kußland mit einander zusammenhängen (vgl. S. 43, Note l).
Die 7 Inseln, welche zwischen Island, Grönland und den Britischen Inseln liegen, führen auf Mar-
tellus' Ax -Karte die alten Ptolemäischen Namen, während die jüngeren, schottischen Namen auf den übrigen
A- und B-Karten aufgenommen sind (vgl. Beilage 3). Entweder Martellus oder Nicolaus oder auch alle
beide müssen also hier von der Originalkarte abgewichen sein. Am wahrscheinlichsten ist es wohl, daß die
6 südlichsten dieser Inseln auf der Originalkarte ebenso wie auf der Nanziger Karte keinen Namen gehabt
haben, während die auf letzterer fehlende siebente nördlichste Insel als des Wiener Textes „Bäreninsel (Bjerne)
') Vgl. Hamy, 1. c. S. 379 und 38U.
-) Im Cod. Voss. Leid. 23.2°. Vgl. S. 33 und Änecdota cartographica Facs. 2 und Tab. 2 — 3.
16(5
Kapitel V I Tl.
zwischen Island und Grönland« aufgefaßt werden muß. Falls diese Vermutung richtig ist, haben beide Ko-
pisten die 7 Inselnamen aus fremden Quellen, und zwar jeder aus seiner eigenen herbeigeholt.
In derartigen Fällen steht es fest, daß eine Überarbeitung stattgefunden hat. Nicht so sicher, aber
doch sehr wahrscheinlich, ist es, daß der Städtename Stetina sowie der Flußname Odra, welche jedenfalls
in diesen Formen im Wiener Texte und auf Nicolaus G er manu s' A-Karten fehlen, von Henricus Mar-
tellus nach der von ihm benutzten deutschen Quelle (vgl. S. 33) hinzugefügt sind; da die Kompaßkarten
aber diese beiden Namen kennen, haben diese beiden Fälle keine weitere Beweiskraft in sich.
Es könnte verlockend sein auch dann eine Bearbeitung anzunehmen, 'wenn ein im Wiener
Texte fehlender Name nur auf Martellus' oder nur auf Nicolaus' A-Karten zu finden wäre. Es
können jedoch 2 Beispiele angeführt werden, die uns gleich davon überzeugen, daß diese Annahme
eine übereilte wäre.
Auf den A- und B-Karten des Nicolaus Germanus findet sich in Norwegen ein See mit Namen
locus penarum. Der Name — aber nicht der See — fehlt jedoch auf Martellus' A-Karten1), und der
See ist nicht im Wiener Texte erwähnt. Die Vermutung liegt daher nahe, daß der Name nach einer fremden
Quelle von Nicolaus Germanus hinzugefügt sei. Im Nanziger Texte finden sich indessen die Worte:
Est et lacus penarum in Noruegia in situ 32° 0' long. 65° 30' lat., und gerade an dieser Stelle hat die Nan-
ziger Karte einen See ohne Namen. Da der See sowie sein Name in keiner vorclavischen Quelle nachge-
wiesen werden kann, und Nicolaus Germanus, in Anbetracht seines gänzlichen Schweigens über Clavus
den Nanziger Text vei'mutlich nicht gekannt hat (vgl. S. 51, Note l), so ist lacus penarum offenbar für Clavus
spezifisch, muß also auf der originalen A-Karte gestanden haben, als inländische Lokalität wie die schwe-
dischen Seen im Wiener Texte unbeachtet gelassen und zufälligerweise von Martellus überschlagen sein.
Ganz analog verhält es sich mit dem Namen Engroneland an Norwegens Nordküste. Er fehlt bei
Martellus und ist nicht in den Wiener Text aufgenommen; das Engromelandi der Nanziger Karte an der-
selben Küste bezeugt aber die Echtheit des Namens und auch, daß seine ursprüngliche Form, wie sie auch
auf der jüngsten der A-Karten (A,;) vorkommt (vgl. S. 85), Engromeland ist. Da der Name sich nicht in
den älteren Quellen findet, muß er echt sein, obgleich er in beiden Texten und auf der besten A-Karte fehlt.
Diese Beispiele ermahnen zur größten Vorsicht darin, das Vorhandensein von Korrekturen und
Zusätzen auf den A-Karten anzunehmen, und sie beweisen, daß das Nichtvorhandensein eines Namens
auf einer oder auf mehreren von ihnen keineswegs ein zu befolgendes Kriterium ist. Wir müssen im
Gegenteil die Sache von der entgegengesetzten Seite augreifen, nämlich mit Hilfe des Nanziger Werkes
und besonderer Charakterzeichen untersuchen, wie viele der Namen auf den A-Karten, deren Echtheit,
weil sie im Wiener Texte fehlen, angezweifelt werden können, trotzdem als spezifisch Claviseh und
darum als echt angesehen werden müssen.
Von solchen können nun verschiedene angeführt werden. Wir nennen Venthelant, das sich auf
allen A-Karten, dagegen weder im Wiener noch im Nanzinger Texte findet; es hat aber die parallele Form
Gentelandi (Jemtländer) auf der Nanziger Karte und kommt sonst nicht in den älteren Quellen vor. Weiter
die Insel Ilolrelant an der Nordküste von Norwegen, die bei Martellus fehlt; oben (S. 40 — 4l) ist
nachgewiesen, daß Holrelant eine Entstellung der dänischen Form Hwlielant ist, der Name kann also nicht
von dem alogia oder alolandia der Kompaßkarten herrühren, sondern muß echt Claviseh sein. Dasselbe
dürfte auch von den Namen yona lacus und uena lacus in Schweden gelten; denn auf den Kompaßkarten
kommen nur die Namen scarse oder scarsa lacus und stoeol lacus vor, die sich übrigens als Dubletten auf
den A-Karten finden. Unter den vielen binnenschwedischen Städten — diese fehlen alle im Wiener Texte
— sind da zwei, von denen man sicher annehmen darf, daß sie auf der originalen A-Karte gestanden haben,
nämlich Vasten (Vadstena) und Scening. Diese beiden Städte sowie Stockholm sind nämlich genau auf die-
selbe fehlerhafte Weise im Verhältnis zu dem südlichsten der beiden Binnenseen (Vettern) und ihrem Ausfluß
angebracht, wie auf der Nanziger Karte die ihnen entsprechenden Städte Wüsten, Skeninge und Stokholm.
An der Südspitze des Vettern haben die A-Karten die Stadt Sudercdbing, die Nanzinger Karte dagegen nur
ein Stadtzeichen. Es ist viel wahrscheinlicher, daß Clavus das Sudercoping des Eeisebuches nur mit der
Veränderung des schwedischen p in das dänische b auf Jönköpings Platz angebracht habe, als daß es Ko-
pisten sein sollten, welche den Namen nach dem suderpigeh, sodechping, sudegping oder sudechpinjs der Kom-
') Auf den Nordlands- und Skandinaviens - Karten in Martellus' Insularium (Anecdota cartographica,
Facs. 2 — 3 und Tab. 2 — 3) findet sich der lacus penarum; das bedeutet aber nichts, da diese beiden Karten nicht nur
wie auch A6 von Nicolaus Germanus' Karten beeinflußt sind, sondern viele Namen der verlorenen Cusanus-Karte
wiedergeben, und auf den anderen Kopien dieser Karte findet man eben lacus penarum.
Clavus1 Quellen. B, Reisebuch und Kompalikarten.
L67
paßkarten hinzugefügt haben sollten. Auch das Fin(dyiappeland der A-Karten, das ebenso wie das finna-
lappi oder findhlappi des Nunziger Werkes von des Reisebuches pndlandlappen entnommen ist, muß als
Clavisch angenommen werden. Die Kompaßkarten kennen den Namen nicht, andre Quellen haben Finlaudia,
wie Marino Sanuto1) oder Finni, wie die Hidoria Norvegica2). Etwas unsicherer ist der Name Bahua,
der bei Martellus fehlt; für seine Echtheit spricht die dänische Form — die plattdeutsche war Bahusin
— sowie das gänzliche Schweigen aller älteren Quellen über diesen Namen. Daß der Name von Aabenraa
(Apenrade) sich nur auf den A-Karten findet, aber im Wiener Texte fehlt, beruht gewiß nur auf einem
Vergessen von Seiten des Clavus ; der Name findet sich nämlich im Nanziger Werke und hat dort ebenso
wie auf den A-Karten das dänische b (Obenraa) im Gegensatz zum p im Operom auf Dal or tos Kompaß-
karte von 1325 (vgl. S. 38).
Die Noten zum Wiener Texte (Kap. VII B) liefern ja übrigens einen unwiderlegbaren Beweis dafür,
daß Clavus sehr oft Lokalitäten überschlägt, was ja bei den numerierten Lokalitäten sowie im norwegisch-
gotländischen Nennsystem besonders deutlich zum Vorschein kommt; vgl. Wiener Text 253, 475 und 481.
Die Anführung all dieser Beispiele sollte zeigen, daß sich auf den A-Karten eine Anzahl Namen
befinden, die, obgleich sie im Wiener Texte fehlen, doch sicherlich von Clavus stammen. Dies, im
Verein mit andern, in Kap. V aufgeführten Gründen kann uns nur in der Vermutung bestärken, daß
die ursprüngliche A- Karte eine weit mehr detaillierte Karte war, als die auf uns gekommenen
Kopien es sind.
Sehen wir von den unerklärbaren oder unsichern Namen auf den A-Karten ab, wie repuris3)
im südlichen Norwegen, alous in Schweden4), bellandiar auf Thüle, sowie den Meeresnamen balteatus
pontus und sabulosus pontus, welche alle im Wiener Texte fehlen, so bleiben als möglicherweise nicht
ursprünglich Clavische Namen, nur die früher erwähnte Reihe von Kompaßkartennamen längs der
Ostsee sowie einige binnenschwedische See- und Städtenamen übrig.
In der folgenden Zusammenstellung haben wir diese Namen mit den entsprechenden auf Marino
Sanutos Karte von zirka 1320 (Mar.)5), sowie mit den vorclavischen Kompaßkarten verglichen, nämlich:
Giovanni Carignanos von zirka 1300 (Car.) 6), Angelino Dalortos von 1325 und 1339 7), der
medieeische Weltatlas von 1351 8), Francesco Piziganos von 1367 9), undatiertes Pizigano-Fragment
(Piz.)10) und folgenden katalanischen Karten: »Atlas catalan* von 1375 X1), Mecia de Viladestes von 1413 12),
der undatierten in der Biblioteca Nazionale (Museo Borbonico) in Napoli (Nap.) 13) und der undatierten Nr. 16
in der Biblioteca Nazionale in Firenze (Fir.)14) — mit Ausnahme der Karten von 1325, 1339, 1375 und
des Pizigano-Fragmentes sind die Namen den Originalen entnommen.
ruya oder rura insula (Rügen) und ruron — ruia (Car., Mar.); insula ruya (l 32 5, 1367); ruya
(1339, 1375 Kap.); rudä? (Fir.).
oxilia (Ösel) ■ — insula oxilia (1325, Nap.); oxilia (1339, 1375, 1413, Fir.); oxillya (1351; inxula
oxila (Piz.); isola oxila? (1367); oxiliya (135 1).
») Vgl. Hamy, 1. c. S. 349.
2) Storni, Monumenta historica Norvegica, Kristiania 1888, S. 75, 82, 86, 88 u. s. w.
8) Was die mögliche Erklärung von repuris betrifft, siehe S. 100. Auf der sogenannten Cusanus-Karte
(Eystath 1491), sowie auf Waldseemüllers carta marina (1516) findet man die Form orepuris; das ist aber nur der
Name repuris mit dem Stadtzeichen von der gedruckten B-Karte (Ulm 1482).
4) Nach mündliclier Mitteilung an uns glaubt E. W. Dahlgren, daß Alous als Alvastra zu erklären sei;
möglich wäre aber auch die Erklärung alous = alias, nämlich stoeol lacus alias lacus uena oder yona lacus alias
screse lacus ; allerdings kommt alous auf allen A- und B-Karten vor, öfters neben den beiden Wortverbindungen mit
dem alias oder aliter, was der letzten Erklärung kaum zuträglich ist.
5) Vgl. Hamy, 1. c. S. 349—51.
n) Reproduktionen in Ongania, Tafel III und Periphis, Tafel IV.
7) Vgl. S. 59, Note 3—4. Namenliste der Karte von 1339 auch bei Hamy, 1. c.
8j Reproduktionen in Ongania, Tafel V und Periphct., Tafel X.
9) Vgl. S. 164, Note 4.
<°) Vgl. S. 164, Note 3.
11 j Vgl. S. 42, Note 3. Namenhste auch bei Hamy, 1. c.
12) Vgl. S. 59, Note 6.
13) Vgl. S. 59, Note 7. Namenliste auch bei Hamy, 1. c.
»*) Vgl. S. 60, Note 1.
168
Kapitel VIII .
dansor (A-Karten). dantzg (B-Karten) (Danzig) — Godansce und Godanensis (l 325) ; Godansce
(1339); tanzig, Dancicha und Godanenssis ( 1 3 5 1 ) ; Danbing und Godansce (l 36 7) ; Danzicha (Piz.); Godanse
(1375, Fir.); Gödanse (Nap.). — Itin. Brug. : D^nseke.
turon (Tborn) — toron und tironia (Gar.); toronum (Mai-.); turon (1325, 1339); torom ( 1 3 5 1 ) ;
turon und turonia (1367); teom (1413).
riga (Riga) — riga (Car., Mar., 1325, 1339, 1375, Piz., Nap.); vga (l 4 1 3). — Itin. Brug.: Kyghe.
reualia (Reval) — reualia und riualia (1325); p. reualha (1351); riualia (Piz., 1375); rinallia
(Nap.); reuelia (1413, Fir.).
vngardia (Ivanogrod oder Novgorod??) *) — vngardia (1325, Piz., 1413, Nap.); vnguardia
(1339); vusardia? (Fir.).
nogardia oder nogarden (Novgorod) — nogardia (Car., Nap.) ; nogorado (1325, 1339); flm nogorado
(1367); flume nogoradn (Piz.); nogorodo (Fir.).
vironia (Wirland?) — varlant (Mar.); vironja (1325); virona (Piz., Fir.); vuarlant (Nap.).
offlondena (Uplandene) — offlondena (Nap.); ofrandena (1367): osrandena (Piz.); ofloudena (1413).
roderim (Roden, Roslagen) — roderim (1325, 1367, Piz.); ledonim? ( ] 3 5 1 ) ; roderin? und riperia
roden (1339), rodrin, rodrim und d;e Legende »tota aquesta ribera es apelada ribera de rodrim« ( 1 4 1 3) ;
[rojdrim und die Legende »tota aquesta ribera ess apelladi(!) rodrim* (Nap.).
agaria(?) — undeutlich agar . . (Car.).
Vfsalia oder u<(s^>salia (Upsala) — Vpsal[ia] (l 325).
lincopia (Linköping) — lincopia (1325).
lacus screse (Venern) — lacus scarsa und scarsa (1325); lacus scarse und scarsa (1339); scarsa
(Car. 1367, 1375, Fir.); scarssa (Nap.); c. scarsa (l 35 1).
lacus stocol (Mälaren) — lacus stochol (1325); lacus stocol (1339); lacgo(?) stocolo (Piz.); stagnö
stocol (Nap.); lacus stocoll (Fir.); sanguse stocol (1413).
Daß die beiden schwedischen Seenamen, sowie die ganze Naraenreihe längs der Ostsee von
ruija bis roderim direkt aus den Kompaßkarten genommen sind, ist zweifellos — was die drei schwe-
dischen Städtenamen betrifft, ist die Sache weniger sicher. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat Clavus
nun irgend eine Kompaßkarte gekannt und möglicherweise eine Kopie derselben nach dem Norden
mitgenommen; aber trotzdem, gerade weil er sonst immer den Wert der Kompaßkarten unterschätzt
und weil die ursprüngliche A-Karte im Norden entstanden ist, stellen wir in Abrede, daß Clavus selbst
die Entlehnung all dieser Namen aus den Kompaßkarten vorgenommen haben sollte, umsomehr, da
wir nicht den Grund einsehen, sie im Wiener Texte auszulassen, da sie größtenteils Küstenstädte sind,
und die Dublette ruron (mit Stadtzeichen) neben ruya insula auf eine fremde Quelle deutet. Andrer-
seits müssen die Kompaßkartennamen auf der allen uns bekannten A-Karten zu
Grunde liegenden Karte gestanden haben, und müssen also, falls sie nicht echt sind, in
das Original oder noch eher in die von uns angenommene erste nach Italien
gelangte Kopie hineingetragen sein. Der, welcher diese Namen hineingetragen hat, ist also
entweder eine uns unbekannte Person, oder der erste der uns bekannten A-Karten -Kopisten, welcher
diese erste verloren gegangene Kopie benutzt hat, d.h. Nicolaus Germanus. Welche Kompaßkarte
benutzt worden ist, läßt sich selbstverständlich nicht konstatieren, um so weniger, weil sie verschollen
sein kann, oder weil mehrere solche benutzt sein können. Es wäre nur noch zu bemerken, daß
Dalortos Karte von 1325 diejenige ist, welche am besten mit den Kompaßkartennamen der
A-Karten übereinstimmt, da nur ein einziger von ihnen fehlt, nämlich offlondena 2).
') Vgl. Ougard im Nanziger Texte (184) wie Abo in Finland zu Schweden gerechnet. Vngardia erklärt
Ed. Moritz als Chunigard anderer Name für die Stadt Novgorod. Vgl. Moritz, Die Entwicklung des Kartenbild es
der Nord- und Ostseeländer, Halle 1908, S. 52 und 59. Adamus Bremensis schob 116: „Ruzzia . . . etiam Chungard |
appellatur. eo quod ibi sedes Hunnorum primo fuit."
2) Nur die Namenformen dansor (Danzig) und screse lacus (Venern) deuten darauf hin, daß eine jüngere
Karte mit entstellteren Namen als die auf den vorclavischen Kompaßkarten benutzt worden sei.
Clavus' Quellen. C. Eigene Beobachtung.
169
C, Eigene Beobachtung.
Es ist oben nachgewiesen, daß der Wiener Text jünger als der Nanziger Text sein muß und
im Norden entstanden zu sein scheint. Verschiedenerlei deutet wirklich darauf hin, daß Clavus in der
Zeit zwischen der Abfassung der beiden Werke sich nicht allein im Norden aufgeb alten, sondern auch
Reisen in den nordischen Ländern unternommen hat. Unter diesem Gesichtspunkte müssen wir auch
die Worte des Wiener Textes betrachten, daß diese Karte (das Original der A-Karten) und der dazu-
gehörige Text auf eigener Beobachtung und genauer Kenntnis der beschriebenen
Länder beruhe (vgl. S. 132).
Um die Ausdehnung der von Clavus in den Nordlanden gemachten Reisen zu bestimmen,
müssen wir zuerst die Stellen heranziehen, wo er sich auf selbständige Beobachtung beruft. Sehen
wir von Fünen, seiner Geburtsinsel, und Seeland, wo er nach Poggios Briefen schon vor dem
italienischen Aufenthalte gewesen sein muß, ab, sind die Orte, wo er sich, nach den Worten des Wiener
Textes zw urteilen, aufgehalten hat, Trondhjem (Drontbeim) und Grönland. Was Trondhjem betrifft,
so geht dies aus seinen Worten über die Pigmäen (die Eskimos) hervor: quos uidi captos in mari in
Warna naui de coreo, que nunc pendet in ecclesia cathedrali Nedrosie ; est et ibi longa nauis de coreo,
que etiam quondam cum talibus Pigmeis capta fuit (vgl. S. 144). Erstens spricht für die Richtigkeit
dieser Mitteilung ein paralleler Bericht bei Ol aus Magnus, welcher aussagt, daß dieser im Jahre
1505 seinerzeit von Eskimos eroberte, Fellboote gesehen habe, die als Kriegstrophäen am Domkirchen-
portal zu Oslo aufgehängt seien x), ferner, daß zu Clavus' Zeit schon lange Scharmützel zwischen
Eskimos und Nordländern bestanden haben und noch bestünden 2) : drittens die richtige Unterscheidung
zwischen Kajak (parua nauis de coreo) und Umiak, Frauenboot (longa nauis de coreo), die entschieden
persönliche Kenntnis von der Sache verrät3). Eine Übertreibung ist es dagegen, wenn Clavus die Pig-
mäen nur eine Elle groß angibt.
Daß Clavus' Aufenthalt in Trondhjem in der Zeit zwischen der Abfassung des Nanziger und
des Wiener Textes fällt, erhellt aus mehreren Zeichen. Der Name Trondhjem (Truntheim) wird in
letzterem korrekt als zweiter (jüngerer) Name für die Stadt Nidaros aufgefaßt, während der Nanziger
Text, wahrscheinlich vom Reisebuche verführt, verkehrterweise Truntheym insula neben Nedrosia Metro-
polis hat. Die Beschreibung von Norwegens Westküste von Lister bis Trondhjem ist überhaupt aus-
führlicher und stellenweise korrekter als die des Nanziger Textes. Liste sinus ist zu dem richtigeren
Liste Promontorium geworden; Bergen hat den passenden Zusatz empor ium regni bekommen, wodurch
diese Stadt als Stapelplatz für Norwegen bezeichnet wird; Douerfjeld hat den charakteristischen Zusatz
Promontorium altissimum erhalten; die Teufelsberge sind, ebenso wie das Vorgebirge Nadhegrin
hinzugefügt, letzteres mit der Zugabe ubi est Spiritus malig nus aereo corpore Omnibus uisibiliter appa-
rens. Diese Legende, welche offenbar aus dem örtlichen Aberglauben hervorgegangen ist, trägt durchaus
das Gepräge, aus mündlichen Mitteilungen an Ort und Stelle herzurühren (vgl. S. 99 — 100).
Ein weniger auffälliger, aber keineswegs weniger gewichtiger Grund, Clavus' Aufenhalt in
Trondhjem in dem Zeitraum zwischen der Abfassung der beiden Texte als Tatsache hinzustellen, ist der
Umstand, daß die geographische Breite dieser Stadt im Wiener Texte korrigiert und der Wirklichkeit
sehr nahe gebracht ist. Ganz besonders überzeugend wirkt diese Korrektion, wenn sie mit Clavus'
Breitenangaben für andre Orte und deren Abweichungen von der Wirklichkeit verglichen wird. Wir
') Olai Magni de gentibus septentrionalibus, Romae 1555, II, Kap. 9 ; vgl. G. h. M. (Grönlands hhtoriske
Mindesmwrlcer) III, S. 464 — 65.
2) Vgl. unten S. 175. Nach Olaus Magnus sollten die nach Oslo geführten Kajaks von König Haakon VI.
auf einem nach Grönland gehenden Eroberungszug erbeutet worden sein.
3) Ymer 1889, S. 140.
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 22
170
Kapitel VIII.
haben die Breiten einer Keine von Orten in den beiden Clavus-Texten mit den wirklichen zusammen-
gestellt und sie derartig ausgewählt, daß sie über die ganzen Nordlau de zerstreut sind.
V\ irkliche
Breite
Nanziger
Text
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Wiener
Text
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0
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21
Islands Nordspitze .
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32
67
50
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18
65
25
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63
23
64
10
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47
63
0
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23
Grönlands Südspitze . .
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46
63
15
+ 3
29
62
40
+ 2
54
Hieraus ersieht man, daß, so lange man sich au die südlicheren Teile der Karten hält, die
Fehler bei beiden Texten ungefähr dieselben sind und sich um -(-2° bewegen. Dies ist keineswegs
ein Zufall, sondern beruht darauf, daß Dänemark im großen und ganzen betreffs der Breiten gut ge-
zeichnet ist — das Zerrbild von Jütland beruht hauptsächlich auf den Ptolemäus entnommenen fehler-
haften Längenbestimmuugen. Der durchgängige Fehler von zirka 2° in der Breite beruht ebenfalls
auf der Abhängigkeit von Ptolemäus. Verlassen wir aber die von ihm gegebene Grundlage, so
variieren die Fehler sehr stark in beiden Texten. Im Nanziger Texte sind sie beständig positiv —
im Wiener dagegen schwanken sie zwischen -|- 4° 55' und 1° V- Die tabellarische Übersicht gibt
natürlich ein Zahlenbild über die Verschiedenheiten zwischen den beiden Arbeiten des Clavus sowie
ihre größere oder geringere Annäherung an die Wirklichkeit. Die Fehler bei den vier norwegischen
Städten zeigen, daß Norwegens Konfiguration im Nanziger Texte große Mängel hat, im Wiener dagegen
ganz entstellt ist; die Fehler bei Stockholm und Visby zeigen, daß Gotlands Stellung im Verhältnis
zuin schwedischen Festlande eine verkehrte, aber in beiden Werken gleichartige ist, und so ferner-
Alles in allem zeigt die Übersicht, daß jeglicher Gedanke daran, daß Clavus' Breiten-
bestimmungen aus eigentlichen, systematisch durchgeführten Polhöhenberech-
nungen hervorgegangen sein sollten, sogleich aufgegeben werden muß. Zur Kor-
rektur der durchgehenden Breitenfehler bei Ptolemäus hat er offenbar nicht die Mittel gehabt, und
verläßt er die von ihm gegegebene Grundlage, so sind seine Breiten von der von ihm vermuteten
Form der Länder abhängig, sowie von den Entfernungen (Segellängen), welche er aus eigener Erfahrung
kennen gelernt hat, und von der von Ort zu Ort führenden vermutlichen Richtung. Der Typus der
Karte oder die Form der Länder sind also nicht als Resultat einer Reihe auf Observation begründeten
Ortsbestimmungen hervorgegangen - - ein neuer Beweis dafür, daß das Kartenzeichnen aus freier Hand
für Clavus das Primäre, das Ausziehen der Breiten und Längen das Sekundäre sein mußte.
An einer Stelle hält diese Anschauungsweise jedoch nicht Stich. Die oben erwähnte Breitenkor-
rektion bringt Trondhjems Breite der Wirklichkeit sehr nahe. Haben wir nun aus anderen Gründen Ursache
') Für Skagen haben wir die Zahlen der Nanziger Karte benutzt; im Texte wird Skagen auf 59° 0' n. Br.
verlegt, was jedoch nicht mit Ptolemäus übereinstimmt, so daß hier die Zahlen der Karte richtig sein müssen.
Clavus' Quellen. C. Eigene Beobachtung.
171
zu der Annahme, Clavus sei in Trondhjem gewesen, so liegt die Schlußfolgerung nahe, daß ein innerer
Zusammenhang zwischen der Korrektion und dem Aufenthalt in Trondhjem besteht, und dies ist um so
wahrschein Hl her, als die Neuerung eine Verbesserung für Trondhjem ist, jedoch durchaus keine
solche für die Karte in ihrer Gesamtheit. Dies ist leicht zu verstehen. Wenn eine einzelne Orts-
bestimmung durch eine gewaltsame Korrektion aus einer Reihe von Bestimmungen herausgerissen wird,
welche auf einer Grundlage mit einem durchgehends ziemlich konstanten Fehler beruhen, muß das Gesamt-
bild gestört werden. Wir müssen darum annehmen, daß eine zwingende Ursache der Korrektion zu
Grunde liegt, und diese kann doch nur eine Observation oder ein Surrogat für ein solches sein. Welcher
Art diese Observation gewesen, ist kaum irgend welchem Zweifel unterworfen. Die Polhöhen wurden von
alters her mit Hilfe der Schattenlängen zur Mittagszeit berechnet, oder noch öfter vermittelst der Dauer von
des Jahres längstem und kürzestem Tage. In beiden Fällen ist eine trigonometrische Dreiecksberechnung
erforderlich; eine rohe Annäherung kann man jedoch immer durch eine einfache Interpolation zwischen den
Breitenkreisen (Parallelen) erlangen, für welche der längste Tag schon berechnet ist. Besonders weitgehende
mathematische Kenntnisse hat Clavus kaum gehabt; die Nanziger Karte zeigt aber, daß er — nach Ptole-
mäus — Angaben von der Dauer des längsten Tages für die Breitengrade aufgenommen hat: für den
63. Breitengrad (21. Parallele) 20 Stunden, für den G6. (22. Parallele) 24 Stunden1); daß er diese Angaben
nicht ohne Verständnis abgeschrieben hat, zeigt das dies horarum 24 des Wiener Textes, welches an der
ersten Stelle, wo die Breite bis 66° hinaufreicht, parenthetisch eingefügt ist. Nach dem Nanziger Texte
liegt Trondhjem (Nedrosia Metropolis) gerade auf 66° n. Breite und auf der Nanziger Karte steht das Stadt-
zeichen für Nidrosia deutlich auf dem 66. Breitengrade, d. h. Trondhjem liegt angeblich so hoch nord-
wärts, daß das Phänomen der Mitternachtssonne hier gerade am längsten Tage des Jahres hat beobachtet
werden können. Fast in keiner andern Stadt, als gerade Trondhjem, konnte Clavus deswegen durch einen
Aufenthalt daselbst so leicht überzeugt werden, daß dieser Ort auf der Nanziger Karte zu weit nördlich
gelegt worden sei. Eine Beobachtung oder auch nur eine zuverlässige Mitteilung von den in Trondhjem
ansässigen Leuten über den längsten Tag des Jahres mußten ihn davon überzeugen, daß eine Korrektion
absolut notwendig sei. Ums Jahr 1430 war nun der längste Tag in Trondhjem ungefähr 20 4 m 12 sec2),
und ein Vergleich mit den oben erwähnten Angaben der Nanziger Karte über die Dauer des längsten Tages
auf 63° und 66° n. Breite zeigt, daß Trondhjem auf 63° 3' 9' n. Breite3) gelegt werden muß, welche Zahlen
auf 63° 5' erhöht werden müssen, da Clavus sich auf eine Genauigkeit von 5' beschränkte — 63° 5' ist
aber gerade die Breite des Wiener Textes für Trondhjem. Daß diese Breite eine bedeutend geringere ist
als die wirkliche, liegt darin, daß die Korrespondenz zwischen der Breite und der Dauer des längsten
Tages schon von alters her verkehrt berechnet war — der Polarkreis lag auch nördlicher als 66° — , und
Trondhjems Breite im Wiener Texte zeigt darum auch, daß unsere Vermutung, jene sei nicht durch trigono-
metrische Berechnung, sondern durch einfache Interpolation zwischen den Hauptparallelen der Nanziger
Karte entstanden, richtig ist. Aus der Genauigkeit der Beobachtung dürfen wir vielleicht den Schluß ziehen,
daß Clavus persönlich die Länge des Tages in Trondhjem beobachtet hat.
Wir haben so lange bei dieser Korrektion verweilt, weil sie uns nicht allein einen klaren
Begriff von dem Umfange von Clavus' Wissen und Begabung gibt, sondern auch weil sie Norwegens
mißgestaltete Form auf den Karten vom A-Typus erklärt und also beweist, daß eine der gewichtigsten
Anklagen, die gegen Clavus* spätere Arbeit gerichtet werden kann, einen Teil ihrer Schwere verliert,
indem der unglückselige Typus von Norwegen auf einer übertriebenen Ehrlichkeit und auf dem Kespekt
des Verfassers vor einer wirklichen Observation und deren Konsequenzen beruht. Bleibt man nämlich
bei der Btolemäischen Grundlage mit dem durchgehenden Breitenfehler von 2° stehen, und respektiert
außerdem die Segellängen von Stavanger bis Trondhjem, so muß die Hauptrichtung dieser Küste
unbedingt ost-westlich statt süd-nördlich werden. Man sieht dies am deutlichsten bei der Voraussetzung,
daß Trondhjem auf der Nanziger Karte auf 63° 5' n. Br. hinabgelegt werden, während sämtliche Küsten-
längen von Stavanger an unverändert bleiben sollte; hierdurch entsteht der A-Typus. Der
südlich von Trondhjem liegende Teil der skandinavischen Halbinsel kann nämlich kein denient-
') Der Wortlaut auf der Karte ist: 22><s et vltimus paralellus (!) maximam dient habet horarum 24, was
66° 0' entspricht.
2) Bei dieser Berechnung ist die Variation der Schiefe der Ekliptik berücksichtigt. Im Jahre 1431 war
sie 23° 31'.
3) Der Vergleich ist als eine allgemeine Interpolation (Regula de tri) gedacht: Wenn 4h (Unterschied zwischen
24h und 20h) 3° entspricht (Unterschied zwischen 66° und 63°), welcher Winkel entspricht dann 4m 12sec? Die
Beantwortung dieser Frage dürfte wohl noch im Bereiche von Clavus' Bereclmungsvermögen gelegen haben.
22+
172
Kapitel VIII.
sprechendes Stück gegen Süden gerückt werden, ohne mit den britischen Inseln und Dänemark in
Kollision zu geraten. Erst wenn Ptolemäus' Breiten korrigiert werden, d. h. wenn diese Länder zwei
oder drei Grade südwärts gerückt werden, entsteht der nötige Spielraum, um Norwegen seine auf der
Nanziger Karte vorhandene richtigere Form zu geben. Seine Hauptquelle, den Ptolemäus zu korri-
gieren, das wagte Clavus aber nicht.
Aus all diesem hier Angeführten dürfen wir annehmen, daß Clavus aller Wahrschein-
lichkeit nach eine persönliche Kenntnis von der norwegischen Westküste bis
nach Trondhjem hinauf gehabt und daß er sich in der Zeit zwischen der Abfassung
des Nanziger und des Wiener Textes in dieser Stadt aufgehalten hat.
Gegen dieses Resultat könnte die Einwendung erhoben werden, daß Clavus' Schilderung der
Eisverhältnisse bei Norwegen (vgl. Wiener Text 284 und 374) keineswegs mit der Wirklichkeit
übereinstimmt. Was er von den nördlich von Trondhjem gelegenen Küsten sagt, kommt hier jedoch
nicht in Betracht, da alles darauf hindeutet, daß er nie nördlicher als bis zu dieser Stadt gelangt ist. Es
sind darum besonders seine Worte über das südlich von Norwegen gelegte Thüle, welche so bestimmt
gegen eine persönliche Kenntnis der norwegischen Küste sprechen ; allzu großes Gewicht darf man
jedoch nicht auf dieselben legen. Clavus arbeitete nämlich hier wieder unter dem Zwang seiner Haupt-
quelle; er legte auf seiner Karte Thüle als Insel genau nach Ptolemäus (vgl. S. 159), und diese
Insel lag deshalb gerade da, wo die norwegische Küste ihren Platz haben mußte. Dieser besondere
Umstand begründet vollauf die bei den Haaren herbeigezogene Erklärung, daß Thüle freilich eine
von Norwegen durch einen Kanal getrennte Insel sei, aber dennoch nicht als Insel, sondern als einen
Teil von Norwegen angesehen würde, weil das Eis sie während 8 — 9 Monaten mit dem Festlande
verbände.
Daß Island in Clavus' letzter Arbeit ebenso wie Trondhjem südlich gerückt ist, könnte die
Vermutung aufkommen lassen, daß dies auch durch Beobachtung m von Sonnenwendenphänomenen ent-
standen sei, deren Zusammenhang mit den nördlichen Breiten den alten Nordländern nicht unbekannt
war l). Wir werden indessen gewahr werden, daß die Verrückung Islands einfach eine Konsequenz von
derjenigen von Trondhjem sein muß und dies ist um so wahrscheinlicher, als sie allzu groß ist (vgl.
die tabellarische Ubersicht S. 170) und sonst auch nichts darauf hindeutet, daß Clavus seine Kenntnis
von der Insel während der Zeit zwischen der Abfassung der beiden Teile erweitert haben sollte.
Die zweite Stelle im Wiener Texte, wo Clavus sich auf eigene Beobachtung beruft, findet sich
bei der Beschreibung von Grönlandj (vgl. Wiener Text 290). Er behauptet in Grönland gewesen zu
sein und dort große Scharen von Eskimos 2) gesehen zu haben. Er sieht das Land als eine sich vom
nördlichen Kontinente aus erstreckende Halbinsel an, die er sich so weit nach Norden fortgesetzt denkt,
daß sie den Nordpol umfaßt. Er stützt diese Annahme darauf, daß die Eskimos vom Norden her nach
Grönland hinabziehen, räumt aber nebenher ein, daß man wegen der Eisverhältnisse die Richtigkeit
dieser Annahme nicht hat konstatieren können. Daß der nördliche Kontinent zunächst als eine Fort-
setzung des asiatisch-europäischen Kontinents aufgefaßt werden müßte, daß mit andern Worten zwischen
diesem und Grönland eine Festlandsverbindung bestehe, wird nicht geradezu im Wiener Texte aus-
gesprochen, geht aber deutlich aus sämtlichen A-Karten hervor. Da das Vorhandensein einer solchen
Festlandsverbindung im Nanziger Texte durch die Worte angegeben wird: Ab hoc autem promontorio
(d. h. tertio Gronlandie) uersus orientein extenditur patria uastissima usque in Rasland exclusiue, ersieht
man, daß Clavus in seiner jüngeren Arbeit freilich nicht seine frühere Auffassung aufgibt, daß er sich
') Vgl. N. M. Petersen, Haandbog i den gammel - nurdiske Geografi , Kabenhavn 1834, S. 130 — 131;
G. Storni, Vinlandsrcisern" in Aarb^ger for nordisk OldhjndigJied, 2. Reihe II, Kobenhavn 1887, S. 293 ff.
z) Kareli — Eskimos; vgl. unten S. 192.
Clavus' Quellen. C. Eigene Beobachtimg.
173
aber vorsichtiger und zurückhaltender ausspricht. Später werden wir sehen, daß seine Auffassung auf
den im Mittelalter im hohen Norden gangbaren Anschauungen über das Eismeer und seine Grenzen
beruhte.
Die letzten Worte des Wiener Textes über Grönland (292 — 97) müssen mit folgenden des Nanziger Textes
verglichen weiden: Tenent autem septentrionalia eius (d. h. von dem obenerwähnten uasiissima patria) Careli
infideles, quorum regio extendilur sub polo septentrionuli uersus Seres orientis, quare poltts nobis septentrio-
nalis est eis meridionalis [in] gradibus 66. Sowohl des Wiener wie des Nanziger Textes Worte bereiten
Schwierigkeiten. In ersterem ist es unklar, was darunter verstanden werden soll, daß der Ozean nicht die
Festlandsküste (Urnen terre) rede sub polo bespült. Aus dem Nanziger Texte geht es klar hervor, daß
die Karelen nach Clavus' Annahme auf dem großen Kontinente um den Nordpol herum wohnen, und man
könnte wohl vermuten, daß Clavus' geographische Begriffe so unklar wären, daß er meinen könnte, sie wohnten
so weit nördlich, daß sich unser Nordpol »südlich« von ihnen befände; die hinzugefügte Gradbestimmung 66
wäre dann aber ganz sinnlos. Sehr kühn versucht Storm die Schwierigkeiten dadurch zu lösen, daß er
polas septentrionalis durch »Nordpol« übersetzt, polus dagegen durch »den nördlichen Polarkreis«, der von
Clavus gerade auf 66° n. Br. gelegt wird. Obgleich sich auf der Nanziger Karte kein Name auf dem Polar-
kreis findet (auf den A-Karten wird er circulus arcticus genannt) und obgleich, wie wir oben sehen, der
66. Breitengrad auf der Nanziger Karte als 22ui et ultimus parallellus (vgl. S. 71, Note l) bezeichnet wird,
würden wir Bedenken tragen, auf Storms Lösung der Frage einzugehen, wenn nicht gerade seine Distinktion
zwischen polus septentrionalis als Nordpol und polus als Polarkreis auch die im Wiener Texte vorliegende
; Schwierigkeit löste.
Werden nämlich die Wörter rede sub polo mit »gerade unter dem Pole« oder »gerade beim Pole«
übersetzt, so gibt der Ausdruck keineswegs die Ansicht der Klassiker über die Ausdehnung des festen (be-
wohnten) Landes wieder. Strabo nahm nämlich an. daß das äußerste Land Britannien sei, dessen Nordküste
er auf 60° ä 61° n. Br. ansetzte; Pytheas und nach ihm E r a t o s t h ene s, Hipparch, Mela, Plinius
und Solinus legten das äußerste Land Thüle auf 65° a 66° n. Br., Marinas und Ptolemäus dagegen
auf 62° ä 63°, während Ptolemäus den 641/2 Breitengrad durch unbekannte skytische Gegenden legt1).
Übersetzen wir nun: »also bespült der Ozean nicht die Grenze des festen Landes gerade unter dem Polar-
kreise, so wie alle alten Autoren behaupten«, so entspricht der Ausdruck gerade der Auffassung der
Klassiker von der Ausdehnung der bewohnten Erde (olxouaevYj). Storms Übersetzung löst also zwei sonst
unlösbare Schwierigkeiten, eine in jedem von Clavus' Werken, und muß deshalb richtig sein. Nur eine
Schwierigkeit bleibt noch übrig. Wir sehen nämlich nicht ein, warum Clavus meint, daß seine Annahme
von der Fortsetzung des asiatisch-europäischen Kontinents über den Nordpol hinaus und ganz bis Grönland
zu gunsten für Mandevilles Fabel von dessen Seefahrt von China bis zu einer der norwegischen Inseln
spräche; denn diese Fahrt könnte doch ebenso leicht längs der Küste der ot.ouu.evYj der Klassiker dicht unter
dem Polarkreise stattgefunden haben, wie um einen großen Polarkontinent ganz herum.
Sehen wir von dem hier behandelten hypothetischen Teile der Einleitung zur Grönlandsbe-
schreibung ab und halten wir uns an Clavus' positive Kenntnisse, so bleibt nur wenig übrig. Um so be-
deutungsvoller ist aber dieser Rest; denn von ihm aus, sowie von den nachfolgenden Ortsbestimmungen
müssen wir die Mittel finden, um nachzuprüfen, ob Clavus wirklich, wie er behauptet, in Grönland ge-
wesen ist. Wir wagen es nämlich nicht, uns ohne weiteres auf seine Worte (ut uidi) zu verlassen,
selbst wenn wir in dem zweiten Falle, wo er sich auf seine eigene Beobachtung beruft, beweisen konnten,
daß er die Wahrheit spricht. Haben wir doch sonst keine durchaus sichere Nachricht über die Schiff-
fahrt nach Grönland zwischen dem Jahre 1410 und der Wiederentdeckung des Landes am Schluß des
IG. Jahrhunderts.
Im Jahre 140(3 segelten Thorsteinn Helmin gsson. Snorri Torfason und Thorgrimr
Sölfason von Norwegen ab, mit der Absicht nach Island zu gehen, wurden aber nach Grönland
verschlagen und hielten sich dort vier Winter auf; 1410 kehrten sie alle mit ihrer Schiffsmannschaft
nach Norwegen zurück2). 1406 war Clavus 18 Jahre alt; insofern hätte er wohl um diese Zeit in
Grönland sein können; wir müssen aber annehmen, daß seine eventuelle Grönlandsfahrt bis nach der
Abfassung des Nanziger Wrerkes verlegt werden muß. Nichts deutet nämlich, weder auf der
Nanziger Karte noch in dem dazugehörigen Texte, darauf hin, daß der Verfasser eine persönliche
') Claudii Ptolemaei Syntuxis mathematka (d. h. Almagest), ed. J. L. Heiberg, I, Lips. 1898, S. 114, 14.
2) Vgl. G. h. M. III, S. 41 u. 146—54; Storm, Islandshe Annaler, Christiania 1888-90, S. 2,-8—90.
174
Kapitel VIII.
Kenntnis von Grönland gehabt haben sollte, und eine so gute Gröiilandsbeschreibuug wie die des
Wiener Textes kann schwerlich auf Beobachtungen eines blutjungen Mannes beruhen ; schließlich läßt sich
mit gutem wenn auch nicht mit zureichendem Grunde annehmen, daß der sicherlich in die Zeit zwischen
der Abfassung des älteren und jüngeren Werkes fallende Aufenthalt in Trondhjem in direkter Ver-
bindung mit der vermeintlichen Heise nach Grönland gestanden bat. Ist Clavus in Grönland ge-
wesen, müssen wir darum annehmen, daß dies nach dem Aufenthalte in Rom 1424 geschah; aber aus
dieser Zeit haben wir so gut wie gar keine, besonders keine sicheren Nachrichten über Grönland. Zwei
päpstliche Briefe, einer von 1448 und einer von 1492 — 93 2) liegen allein vor. Was den ersten be-
trifft, so beruhen seine Angab?n über die verzweifelte Lage der grönländischen Kolonien möglicher-
weise auf einem Falsum3), während in dem zweiten ausdrücklich ausgesprochen ist, daß während un-
gefähr 80 Jahren (d. h. seit zirka 1412) angeblich keine Verbindung mit Grönland stattgefunden habe.
Die Nachrichten, daß Didrik Pining und P othorst zirka 1494 und gleichzeitig Johannes Scol-
vus Grönland besucht und am Vorgebirge Hvitsark an dessen Ostküste eine Freistätte gefunden haben
sollten, um von dort aus Freibeuterei zu treiben4), gibt keine Aufklärung über regelrechte Schiffahrt
nach Grönland oder Verbindung mit den Kolonien. Diese Berichte sind also nicht dazu geeignet, die
Möglichkeit von Clavus' Grönlandsfahrt zu bekräftigen5). Es liegen somit keine auch nur einigermaßen
zuverlässigen Nachrichten über die Verbindung mit Grönland aus der Zeit vor, in welche man einen
dortigen Aufenthalt von Clavus verlegen könnte, und wir müssen deswegen seine Behauptung mit vieler
') Abgedruckt in G. h. M. III, S. 168 — 75; in Diplomatariuni Norvegicum VI, S. 554 ff. ; in Jelic, V Eoan-
ge'lisation de l'Anu'rique avant Christophe Colomb (Compte rendu du congrls scientifique international des catholiques),
Paris 1891, S. 182 ff. ; Fischer, Entdeckungen, S. 52 — 53: Hey wood, Documenta selecta e tabidario secreto Vuticmio,
quae Romanorum pontificum erga Americae popnlos curam ac studia tum ante tum paido post insulas a Christophoro
Colombo rejjerfas testantur, phototypia descripta, 1893, S. 9 ff.
2) Jelic, 1. c. S. 183 ff. ; Heywood, 1. c. S. 12; Storni, Nye Efterretninger o»i det gamle Grönland in
(Norsk) Hisforisk Tidsskrift, 3. Reihe II, Kristiania 1892, S. 407 - 8 ; Fischer, 1. c. S. 49—50.
3) Storm, 1. c. S. 399; Fischer, 1. c. S. 53— 54. Das Schreiben ist an zwei Deutsche Marcellus und
Matthäus gerichtet, die durch falsche Vorwände ihre Ernennung zu Bischöfen von Skalholt und Hölar sich
erschlichen, und zwar zu einer Zeit, als die rechtmäßigen Bischöfe von diesen Diözesen noch lebten. Wenn im päpst-
lichen Briefe die Pflichten der Kirche gegen die Gerneinden in Grönland den beiden Betrügern auferlegt werden, so
haben dieselben sich auch hier etwas erschlichen; denn, wie Fischer richtig bemerkt, ein Bischof von Garclar in
Grönland war schon ernannt, nur daß er in Norwegen lebte. Überhaupt kennt man Bischöfe von Gardar bis zum
Jahre 1536 (d. h. bis zur Reformation), sie waren aber Titulärbischöfe, die nie nach Grönland kamen, sondern ringsum
in den übrigen Nordlanden wohnten, besonders als Vikarbischöfe (in Skalholt, Roskilde, Linköping). Schon in den
Jahren 1411, 1417 und 1421 war der grönländische Bischof Vikar in Roskilde auf Seeland, und vielleicht war es
schon im 14. Jahrhundert allgemein oder gar Regel geworden , da!) der Bischof von Gardar in Dänemark oder
Norwegen wohnte, während ein Officialis sein Amt leitete. 1368 wird in den isländischen Annalen berichtet, daß
der Bischof Alf nach Grönland fuhr, nachdem kein Bischof daselbst seit 19 Jahren gewesen war; 10 Jahre danach
(1378) starb Bischof Alf auf Grönland, erst im Jahre 1383 erfuhr man es aber auf Island. 1387 wurde Heinrich
Bischof von Grönland, es scheint aber nicht, daß er nach Grönland kam. Damit stimmt es, daß der Bischof von
Gardar 1351 in Nidaros und 1354 in Oslo, 1388 in Oslo, 1408 in Swartland im nördlichen Norwegen war, und daß
das unten (S. 175) erwähnte Trauungszeugnis in Gardar im Jahre 1409 nicht vom Bischof, sonder. i von einem Officialis
ausgefertigt wurde. Was im Briefe vom Jahre 1448 in Bezug auf die Zerstörung der Ansiedelung in Grönland und
die elende Lage der noch lebenden Ansiedler berichtet wird, deutet jedoch zunächst darauf hin, daß kurz vor 1448
irgend eine Verbindung mit Grönland stattgefunden habe; denn eben in solchen Einzelheiten pflegen Betrüger wohl
unterrichtet und möglichst genau zu sein, und aller Wahrscheinlichkeit nach liegt jedenfalls ein Kern der Wahrheit
in den vielleicht stellenweise erlogenen oder aufgebauschten Berichten über Grönland, die dem Briefe zugrunde liegen.
- Hat vielleicht Clavus die Nachricht von der völligen Zerstörung der Ansiedlung nach den Nordlanden gebracht?
Vgl. G. h. M. III. 31 ff. und 120 ff.
4) Storm, Sfyfarrrm Johannes Scolvus og hans lirise til Labrador eller Grönland in (Norsk) Historisk Tidsskrift,
2. Reihe V, Kristiania 1886, S. 385—400. L. Daae, Didrik Pining, ibid. III, Kristiania 1882, S. 233— 45; Mere om
Didrik Pining, ibid. 3. Reihe IV, Kristiania 1898, S. 195—97; G. h. M. III, S. 473— 81.
5) Dasselbe gilt von dem Bericht von der Ausrottung der norwegischen Grönlandsschiffer in Bergen 1484
vgl. G. h. M. III, S. 470 ff.
Clavus' Quellen. C. Eigene Beobachtung.
175
Skepsis aufnehmen ; gerade darum wäre es ja aber von größtem Interesse, wenn sie als eine wahrheits-
getreue zu bezeichnen wäre.
Aus Clavus' Worten geht es deutlich hervor, daß er die Eskimos als Feinde, und zwar als
gefährliche und überlegene Feinde betrachtet. Dies stimmt ganz mit den wirklichen Verhältnissen
überein, so wie diese zu der hier erwähnten Zeit gewesen sein müssen. In der Mitte des 14. Jahr-
hunderts stießen die Eskimos mit den nordischen Kolonisten zusammen l) ; sie kamen von Norden her
längs der Westküste und zerstörten zuerst, wahrscheinlich durch Gewalttätigkeiten seitens der Kolo-
nisten gereizt, kurz nach 1341 die am nördlichsten gelegene Westansiedlung2) ; nachdem sie sich einige
Jahre auf nördlicheren Breiten aufgehalten hatten, kamen sie 1379 zurück und verheerten diesmal die
Ostansiedlung3). Letztere bestand jedoch noch 1410- Im päpstlichen Briefe von 1492 — 93 findet
sich eine Andeutung, nach der vor kurzem Nachrichten über die traurige und verlassene Lage der
Kolonisten eingeholt waren; als aber die Europäer am Ende des 16. Jahrhunderts in Grönland lan-
deten, fand man dort keine Nordländer mehr. Weiteres wissen wir bis zum heutigen Tage über den
schließlichen Untergang der Kolonien nicht. Es ist anzunehmen, daß um die Zeit, da Clavus nach seinem
italienischen Aufenthalte in den Norden zurückkehrte, das Zerstörungswerk der Eskimos weit fortge-
schritten war, und wenn er sagt, daß diese häufig (quottidie) und in großen Heerscharen (cum exercitu
copioso) herbeikamen, so liegt darin eine Kundgebung von der Gefährlichkeit und Unermüdlichkeit der
Angreifer. Zu dieser Anschauung kann Clavus kaum durch die auf uns gelangten schriftlichen Quellen
gekommen sein. Ivar Baardsens Beschreibung von Grönland aus dem Schluß des 14. Jahrhunderts
ist nämlich zu einem Zeitpunkte abgefaßt, als die Eskimos sich zurückgezogen hatten4). Das letzte
grönländische Ereignis, welches die isländischen Annalen erwähnen, ist eine Verbrennung auf dem
Scheiterhaufen wegen Ehebruchs im Jahre 1407 5) nnd das letzte, von dem die auf uns gekommenen
Diplome berichten, ist eine Hochzeit in Hvalsey in der Ostansiedlung im Jahre 1408, die im Jahre
1409 in Gardar von zwei Priestern attestiert wirdfi). Zu welchen mündlichen Quellen Clavus Zutritt
gehabt hat, können wir natürlich nicht wissen; da er aber in der Grönlandsbeschreibung des Wiener
Textes keinen einzigen Städtenamen anführt, während die Nanziger Karte ein Stadtzeichen auf Grönland
hat und der Bischofsitz Gardar, wie man mit Sicherheit weiß, so lange existiert hat, wie unsere übrigen
Quellen reichen, hat es eher den Anschein, als wenn seine kurz gefaßte Erwähnung der Eskimos auf
Nachrichten beruht, die erst ziemlich viel später als 1410 eingeholt sind und zwar zu einer Zeit,
wo die Kolonien so gut wie aufgelöst waren. Hierin läßt sich eine, wenn auch nur schwache, indirekte
Bestätigung seiner Worte, die Eskimos selbst gesehen zu haben, finden; daß diese von Norden kamen,
darüber kann er dagegen aus zahlreichen geschriebenen Quellen Nachricht bekommen haben; überdies
wußte er es auch schon, als er den Nanziger Text schrieb. Daß Clavus bei seiner Beschreibung von
Grönland nicht wirkliche Namen, sondern ein Benennungssystem benutzte, kann unter diesen Umständen
sowohl zu gunsten der Wahrheit seines Berichtes wie auch als das Gegenteil ausgelegt werden; jedenfalls
zeigt es jedoch, daß er entweder keinen Zutritt zu den topographischen Schilderungen in norwegischen
und isländischen Quellen gehallt, oder daß er sie zu benutzen verschmäht hat. Ersteres ist aber
weniger wahrscheinlich, da er, wie wir später sehen werden, bei seiner Kartenzeichnung von Island
und Grönland nordische Quellen benutzt haben muß.
Das alles spricht nicht gegen die Möglichkeit von Clavus' Grönlandsreise. Wir müssen nur
darüber klar sein, daß die Anwendung eines Benennungssystem es Zweifel erregen konnte, weil es
offenbar sonst gerade dort benutzt wird, wo Clavus keine weitere Kenntnis des betreffenden Landes hat.
') Vgl. Finnur Jönsson, Den islandsk-grfynlandske kolonies Historie in Noräislc Tidskrift 1893, S. 533 — 59;
Storni, Vinlandsrejserm S. 347—48: G. h. M. I, S. 169—70 und III, S. 240—41.
2) Jönsson, 1. c. S. 555; Fischer, 1. c. S. 47—48; G. h. M. III, S. 259.
3) Jönsson, 1. c. S. 555; Fischer, 1. c. S. 48; G. h. M. III, S. 33.
*) G. h. M. III, S. 259.
5) G. h. M. III, 8. 41.
6) G. h. M. III, S. 41 und 146—154.
176
Kapitel VIII.
Um seinen Worten den rechten Glauben schenken zu können, müssen wir deshalb Beweise
ganz anderer Art haben. Wir müssen nachweisen, daß das Bild von Grönland sich im Wiener Texte
mehr der Wirklichkeit nähert als im Nanziger; wir müssen ferner darlegen, daß dasselbe in keinem
Punkte mehr gibt als das, von dessen Richtigkeit Clavus sich zu überzeugen imstande gewesen ist, und
schließlich müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf solche Ausdrücke in der Beschreibung lenken, welche
durch ihre Form und Anwendung eigene Beobachtung sowie persönliche Kenntnis verraten.
Was Grönlands Lage im Verhältnis zu Island und Norwegen betrifft, so ist sie in dem späteren
Werke überaus korrekt, war dies aber auch in dem älteren. Wir müssen annehmen, daß Clavus über
die Lage sein Wissen aus zweiter Hand gehabt hat; aus welcher Quelle dies geschah, darüber werden
wir später Aufklärung geben. Auf diesem Wege kann also nichts über die Grönlandsreise bewiesen
werden. Nun aber zur Form des Landes. Beinahe alle Forscher, die sich mit den A-Karten und deren
Ablegern, darunter namentlich der Zenokarte, beschäftigten, haben besonders dem Bilde von Grönland
Bewunderung gezollt, und zwar in so hohem Grade, daß sie behaupteten, es müsse einem Kartenzeichner
zu verdanken sein, der selbst das Land besucht habe1). Einige waren so fest davon überzeugt, daß sie
aus der Vortrefflichkeit des grönländischen Bildes beweisen zu können glaubten, daß die Gebrüder
Zeno in Grönland gewesen wären; denn von den Zeniern stammte ja ihrer Meinung nach der A-Typus,
und wer anders als gerade ein Italiener, ein Venezianer sollte im Mittelalter imstande gewesen sein,
eine so gute Karte zu zeichnen, und wie sollte er dieselbe haben ausführen können, ohne das Land
erforscht zu haben2) ?
Jetzt wissen wir, daß das Bild von Grönland einem Dänen zu verdanken ist, welcher sich die
kartographischen Kenntnisse in Italien erworben hatte. Diese Kenntnisse fehlten seinen nordischen
Zeitgenossen gänzlich, und es hat sich gezeigt, daß das, woran man sich bei der Zenokarte besonders stieß,
nämlich das St. Thomas-Kloster hoch oben an der Ostküste, eine spätere Ausschmückung ist3). Hat
man dann nicht noch viel mehr Grund anzunehmen, daß dieser Däne Grönland besucht habe, zumal
er es selbst ausspricht? Selbstverständlich ist diese Betrachtung eine berechtigte; wir können der
Sache aber noch näher rücken. In dem älteren Werke legt Clavus den nördlichsten Punkt auf die
Ostküste ganz oben auf 71° n. Br., spricht sich im Vertrauen auf seine nordischen Quellen mit großer
Sicherheit über das mächtige Land aus, das sich von hier aus bis nach Rußland hinüber erstreckt,
bringt ein Stadtzeichen (Gardar?) auf der Ostküste an, sagt aber nichts von der Westküste. In dem
späteren Werke ist das Verhältnis ein ganz anderes. Auf der besten der A-Karten reichen die Be-
stimmungen an der Ostküste nur eben über des Polarkreises 66° n. Br., und nach dem dazugehörigen
Texte nicht einmal so weit. Die Festlandsverbindung nach Europa hinüber ist zwar dieselbe wie auf
der älteren Karte, aber wie eine nackte Küste dargestellt, ohne die mythischen Volksnamen der älteren
Karte; im Texte wird dieses Land als wegen Eises unzugänglich und unbekannt bezeichnet; das Stadt-
zeichen der Ostküste ist verschwunden — kurzum ohne direkt mit seinem früheren Werke zu brechen
tritt der Autor auf allen diesen Punkten einen vorsichtigen Rückzug an. Auf der Westküste dagegen
erstrecken sich seine Bestimmungen hoch hinauf gegen Norden, noch höher als auf der Ostküste des
älteren Werkes, ganz hinauf bis an den 72° n. Br., so daß der nördlichste Punkt der Westküste weit
nördlicher liegt als der Punkt, an dem die Bestimmungen an der Ostküste beginnen.
Dies ist kaum das von Clavus gewünschte Resultat. Ihm mußte die namenlose Küste zwischen
Lapmarken und Ostgrönland in hohem Grade unbefriedigend sein, und noch mehr die große Lücke in
der gleichmäßig fortschreitenden Küstenbeschreibung des Wiener Textes von den Pigmäen herab bis
zum südöstlichen Grönland; denn die beiden Werke zeigen, daß seine Gedanken mit diesen Gegenden
') Vgl. z. B. Nordens kiöld, Studier och forskningar, S. 26; Fischer, 1. c. S. 72.
2) Ed. Erslev, Nye Oplysninger om Br<j>drene Zenis Bejser in Geografisk Tidsskrift VII, K0benhavn 1884,
S. 163—64: Estrup in Skandinavisk Litteratur Selskabs Skrifier XX, S. 259; Bredsdorff in Nordisk Tidsskrift for
Oldkyndighed III, S. 194 ff.
3) Über die Quelle zu den Wundergeschichten über das Kloster St. Thomas in Ostgrönland vgl. Storm,
Nye Eßeiretninger S. 401—6.
Clavus' Quellen. C. Eigene Beobachtung.
177
sehr beschäftigt gewesen sind, während er früher der Westküste nicht das geringste Interesse schenkte.
Die Triebfeder zum Zugeständnis seiner Unwissenheit hier, wo alles ihn dazu veranlassen mußte, sein
älteres Werk zu verbessern und zu vervollständigen, kann nur die gewesen sein, daß er in der
Zwischenzeit eine genauere Kenntnis der Naturverhältnisse an Grönlands Küsten
erlangt hatte. Wie waren dieselben denn? Sie waren das ganze Mittelalter hindurch fast in jeder
Beziehung die heutigen1). Um der ältesten, bekannten kartographischen Darstellung von Grönland,
also der von Clavus, ihren richtigen Hintergrund zu verleihen, werden wir deshalb kurz die Er-
fahrungen skizzieren, welche man mit Bezug auf die Erforschung Grönlands von der Seeseite aus
gemacht hat.
Ein jedes Schill', welches mit westlichem Kurs von Island oder Norwegen kommt, wird früher oder
später auf den Eisstrom stoßen, der vom Polarbassin her längs Grönlands Ostküste südwärts treibt. Wie
breit dieser Eisgürtel ist, der einen von der Küste trennt, wird von der Jahreszeit und den Eisverhältnissen
des betreffenden Jahres abhängen; aber unter allen Umständen wird es, selbst zur günstigsten Jahreszeit
(zirka 1. September) und unter den günstigsten Eisverhältnissen, und sei man auch nur durch einen ganz
schmalen Eisgürtel von der sichtbaren Küste getrennt, fast nur an einer einzelnen Stelle gelingen, die Küste
mit einem Schiff zu erreichen. Ein jeglicher Versuch, das Eis an anderen Stellen oder zur unrichtigen
Jahreszeit zu durchbrechen ist mit der grösten Gefahr des Unterganges verbunden und führt nur dazu, süd-
westlich mit dem Eisstrome weiterzutreiben; es heißt also: entweder umkehren oder der Eiskante folgen.
Geschieht dies in nordöstlicher Richtung, so hat man, ehe man zu viel höheren Breiten gelangt, wo das Eis
nicht so stark zusammengepreßt wird wie in der Dänemark-Straße, starken Gegenstrom sowie Eisgang, und
man macht die Erfahrung, daß die Aussicht, das Land zu erreichen, eher ab- als zunimmt; das stürmische
Klima verbessert die Sache nicht.
Ein klares Bild dieser Verhältnisse geben die Reiseberichte derjenigen Expeditionen, welche zu ver-
schiedenen Zeiten die Ostküste von der Seeseite2) aus zu erreichen suchten. Beinahe typisch ist der inter-
essante Bericht von Jakob Allday's P]xpedition im Jahre 1579, der ersten von Dänemark ausgesandten
Expedition zur Wiedelentdeckung Grönlands3). Man hatte fortwährend die Küste in Sicht, folgte der Eis-
kante nach beiden Richtungen und machte verzweifelte und beständig mißglückte Landungsversuche. Die
folgenden Expeditionen 1581 unter Mogens Heinesen4), 1607 unter Richardsen, 1652, 1653 und
1654 unter Dan eil erlitten dasselbe Schicksal. Im Jahre 1671 verschwand eine dänische Expedition unter
Otto Axelsen, sichei'lich bei dem Versuche die Ostküste zu erreichen. 1724 versuchte der von Bergen
ausgesandte Hans Fsester an die Küste zu gelangen; aber trotz unermüdlicher Versuche während eines
dreimonatlichen Kreuzens zwischen 60° 28' und 66° 30' n. Br. erreichte er nicht sein Ziel. Nicht
besser erging es Richard und Munie, die 1729 auf der Rückreise von Godthaab an der Ostküste zu
landen versuchten. C. T. Egedes und C. A. Rothes energische Versuche in den Jahren 1786 und 1787
mißglückten ebenfalls. 1769 verschwanden zwei Walfischfänger, die am 76° n. Br. in einiger Entfernung
von der Ostküste im Eise festsaßen; zwei andere trieben mit dem Eise bis auf den 69° n. Br. abwärts und
kamen auf diese Weise davon. Noch schlimmer erging es 1787 27 oder 28 Walfischfahrern, die unter dem
75° n. Br. im Eis festsaßen. Zwölf derselben wurden zerschmettert und die Mannschaft trieb auf Eisschollen
gegen Süden; nur ein Drittel erreichte nach vielen Leiden die Kolonien der Westküste. 1833 verschwand
Jules de Blossevilles Schiff spurlos an der Ostküste. In den Jahren 1859 — 60 machten sowohl
Schaffner als Max Clintock Landungsversuche; diese scheiterten aber durch Eis und Sturm. Die von
Taylor 1863 und 1865 gemachten Versuche wurden durch Eis vereitelt. 1869 geriet das deutsche Ex-
peditionsschiff »Hansa* während energischer Landungsversuche ins Binneneis; es versank, und seine Besatzung
trieb sieben Monate lang auf einer Eisscholle südwärts, ums Kap Farvel herum, und erreichte endlich
die Kolonien an der Westküste. 1879 versuchte das dänische Schiff »Ingolf«, Kapitän Mourier, das Eis
zu durchbrechen, was aber mißglückte. Endlich, im Jahre 1883 gelang es Nordenskiöld an der Ost-
') Genügende Beweise dafür gibt Fridtjof Nansen in seiner „geschichtlichen Übersicht über frühere
Versuche, den Eisgürtel auf Grönlands Ostküste zu durchbrechen- Kap. X in Raa Ski over Grönland, Kristiania 1890,
S. 250 — 85. Deutsche Übersetzung: Auf Schneeschuhen durch Grönland 1 — 2, Hamburg 1891. Vgl. Thoroddsen,
Den grönländska drifisen vid Island in Ymer 1884, S. 145 — 60.
2) Vgl. Nansen, 1. c. S. 250—85; G. h. M. HI, S. 625—794: C. Pingel, Om de vigtigste Reiser, som i ngere
Tider ere foretagne fra Danmark og Norge for igjen at opsöge det tobte Grönland; C. Ryder, Tidligere Expeditioncr
til Grönlands (pstkyst nordfor 66° n. Br. in Geografisk Tilsskrift XI, Kebenhavn 1892, S. 62—107.
3) Der Bericht ist abgedruckt in G. h. M. III, S. 639 — 47. Über die ältesten Grönlandsexpeditionen vgl.
Carl S. Petersen, To Breve fra Albert Meier til Henrik Rantzau in Danske Magasin 5 R., VI, Kebenhavn 1908.
4) Vgl. auch Lyse hander, Den Grij)nlandske Chronica, fol. 03 — P4.
Bjornbo u. Petersen, Claudius Clavus. 23
178
Kapitel VIII.
küste bei Kap Dan auf 65° 36' n. Br. zu landen, und ohne Mißgeschick führte er sein Schiff (Sophie) von
der gefahrbringenden Küste heimwärts. 1888 erreichte Fridtjof Nansen dieselbe, aber nur mit Boot
und erst nach einem langwierigen Treiben mit dem Eisstrome. Während seines Aufenthaltes in Angmags-
salik in der Nähe von Kap Dan (65° 30' n. Br.) 1884 — 85 überzeugte G. Holm, welcher landwärts nach
der Ostküste kam und daselbst überwinterte, sich davon, daß man gerade hier im Herbst fast immer den
Eisgürtel würde durchbrechen können und dies gab (im Jahre 1892) Veranlassung zur Errichtung der
dänischen Missionsstation in Angmagssalik, wo seit 1894 die grönländischen Handelsschiffe einmal jährlich
(im Herbst) anlaufen. In einem Jahre gelang es jedoch dem Schiffe nicht, Land zu erreichen1).
Wir haben hier nicht allein diejenigen Expeditionen mit Stillschweigen übergangen, die wie die dänischen
unter Graah (1829 — 30) und G. Holm mit Böten vom Süden her an die Ostküste gelangt sind, sondern
auch die, welche nördlich von 68° n. Br. nach Land geforscht haben. In günstigen Jahren scheinen die Eis-
verhältnisse dort oben nämlich besser zu sein, weil das Eis weniger kompakt und die Bewegung schwächer zu
sein scheint. Es glückte freilich nicht Hudson, der 1607 die Ostküste zwischen ßS1^0 und 73° n. Br. befuhr,
zu landen; 1761 war aber der Walfischfänger Bohn in einem Meerbusen auf 70° 30' n. Br.; 1822 gelang es
Scoresby, 1823 Claveringnnd Sabine, 1831 Albert Haake 2), 1835 (?) Pawkow, 1869 Kolde-
wey, 1889 R. Knudsen3), 1899 Nathorst*) und 1900 dem Schiffe der dänischen Amdrup- Expedition
unter N. Hartz an mehreren Stellen zwischen 69° und 78° n. Br. zu landen5); ebenfalls gelang es 1891
Ryder auf 73° 30' n. Br. zu landen, während der Versuch auf südlicheren Breiten mißlang, und 1884 waren
norwegische Walfischfänger auf 68° n. Br. und noch nördlicher dicht unter Land. Auch in älterer Zeit, namentlich
in der Mitte des 17. Jahrh. und in den Jahren 1773 — 180] waren die Walfischfänger öfters auf nördlichen
Breiten (73 — 79°) der Küste sehr nahe6). Im Jahre 1906 endlich landete die Danmark-Expedition unter
My 1 i u s - E ri ch s e n , die Grönlands Entdeckung vollendete, zwischen 77° und 78° n. Br.
Der Eisstrom, welcher die südlicheren Teile der ostgrönländischen Küste von der Seeseite aus so
unzugänglich macht, wendet sich an Grönlands Südspitze nordwärts und setzt sich eine Zeitlang an der West-
küste fort; an diesen südlichen Breiten, wo sich ein wärmerer Meeresstrom um ihn legt und ihn verzehrt, hat
der Eistrom aber eine weit geringere Bedeutung und verliert sich bald ganz, während der warme Strom
längs der Westküste aufwärts läuft und diese verhältnismäßig leicht zugänglich macht, trotz der von Grön-
lands Gletschern abwärts treibenden Eisberge, die wohl die Schiffahrt gefährlich machen, den Zugang zum
Lande aber nicht eigentlich sperren.
Diese besonderen Verhältnisse verursachen, daß Grönlands Westküste bis auf 72°ä73° n. Br. be-
wohnbar ist. Erst beim 74°, wo das Packeis der Melville Bucht (das Mitteleis) die letzten nördlichen Aus-
läufer des warmen Stromes ablöst, wird das Land wieder schwer zugänglich und ist das Fortkommen zur
See mit größeren Schwierigkeiten verbunden. An dieser Westküste von Kap Farvel aufwärts bis zum
72° n. Br. liegen die jetzigen dänischen und an dem südlicheren Teile derselben lagen die alten norman-
nischen Kolonien: Die Westansiedelung auf 64° ä 65° n. Br. auf dem am leichtesten zugänglichen Teile
der Küste, die Ostansiedelung auf 60° 30' ä 61° 30' n. Br., d. h. so weit südlich in der Richtung des
Kap Farvel (59° 45' n. Br.), daß der Zugang noch zuweilen von dem von der Ostküste kommenden Eis-
strom verhindert wird. Alle Erfahrungen zeigen, daß die Bestrebungen der Expeditionen, sobald sie die
Landung an der ungastlichen Ostküste aufgeben und sich nach der Westküste hinüber begeben, sehr bald
durch den Landgang belohnt werden. So erging es auch den vom dänischen Könige Christian IV 1605
— 1607 abgesandten Expeditionen, als sie den Engländer James Hall als Lotsen bekamen. Dieser hatte
nämlich dadurch die Verhältnisse kennen gelernt, daß er Davis auf seinen kurz vorher (l 585 — 1587)
gemachten wohlgelungenen Reisen nach der Westküste begleitet hatte.
Wie gut die Nordländer im älteren Mittelalter diese Naturverhältnisse Grönlands kannten, zeigt
uns die norwegisch-isländische Literatur. In erster Keihe steht hier die Beschreibung des Königsspiegels
(Konungsskuggsjä), die zu allen Zeiten als leuchtendes Beispiel von dem klaren Blick unserer Vorfahren
und ihrer nüchternen Auffassung aller Naturverhältnisse dastehen wird. Hier heißt es 7) :
') Meddelelse angaaende Missionsstationen Angmag ssalik in (Dansk) Statstidende 1904, Nr. 179. Vgl. Medde-
leiser oi)i Grönland 6, 9 und 10.
2) Vgl. 'Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft 28 (1871), S. VII.
3) Vgl. Geografisk Tidsslcrift X, Kebenhavn 1890, S. 143.
4) A. G. Nathorst, Tvä somrar i norra ishafvet IE und Den svenska expeditionen tili ndrdöstra Grönland
1899 in Ymer 1900, Heft 2.
:>) Meddelelser om Grönland 27: Carlsberyfondets Expedition til (pst-Grfynldnd 1898—1900, Kabenhavn 1902.
6) Meddelelser om Grönland 17: C. Ryder, Den <j>stgr<jmlandske Expedition 1891 — 92, Kabenhavn 1893.
') Konungsskuggsjä — Specülum regale. Ausgaben: Sora 1768; Kristiania 1848 (durch Keys er, Munc
und Unger); München 1881 (durch Ose. Brenner).
•
Clavus' Quellen. G. Eigene Beobachtung
179
Sobald man den grösten Teil des großen Meeres zurückgelegt hat, stößt man auf der See auf
solche Massen von Eis, daß auf der ganzen Welt nichts Ähnliches derart zu finden ist. Dieses Eis ist teil-
weise so flach, als wäre es auf dem Meere selbst gefroren, von einer Dicke von 4 bis 5 Ellen und liegt
so weit vom Lande entfernt, daß, wenn man auf dem Eise fährt, nicht weniger denn vier bis fünf Tagereisen
nötig sind, um dasselbe zu erreichen. Dieses Eis liegt aber mehr nach Nordosten oder nach Norden zu
außerhalb des Landes, als nach Süden und Südwesten oder nach Westen und darum sollte jeder, der das
Land erreichen will, um dasselbe herum nach Südwesten und nach Westen segeln, bis er an all den Stellen
vorbei, wo Eis zu vermuten ist und dann gerade auf das Land lossegeln. Es ist aber den Seefahrern un-
aufhörlich widerfahren, daß sie das Land zu früh gesucht haben, und darum sind sie vom Eise eingeschlossen
worden. Einige von ihnen, mit denen dies geschehen ist, sind umgekommen, andere aber sind davonge-
kommen; von letzteren haben wir einige gesehen und deren Reden und Berichte gehört. Alle, die in dies
Treibeis geraten sind, haben zu dem einen Mittel gegriffen: sie haben kleine Böte genommen, haben diese
mit sich aufs Eis gezogen und auf diese Weise das Land gesucht; das Seeschiff aber, sowie all ihr Hab und
Gut ist zurückgeblieben und dem Untergange preisgegeben; einige haben sich sogar, ehe sie Land erreichten,
4 — 6 Tage, ja noch länger, auf dem Eise aufhalten müssen. Dies Eis ist von ganz wunderbarer Be-
schaffenheit; zuweilen liegt es so stille, wie es zu erwarten ist, mit abgesonderten Waken oder großen Meer-
busen : zu anderen Zeiten dagegen hat es eine so starke und heftige Fahrt, daß es sich nicht langsamer fort-
bewegt, als ein Schiff bei gutem Winde, und es treibt oft ebenso gut gegen den Wind als mit demselben,
wenn es erst recht ins Treiben gekommen ist. Es gibt noch eine andere Art Eis in jenem Meere von beson-
derer Bildung und das wird von den Grönländern »Fald-Jökler« genannt. Dies ist von einer derartigen
Gestalt, als wenn ein hoher Felsen aus dem Meere aufstiege; und es vermischt sich nie mit anderem Eise,
sondern hält sich immer ganz für sich allein4.
Wie man sieht, sind die Erfahrungen betreffs der Befalirung der grönländischen Küsten, wie
der Verfasser des Königsspiegels sie uns gibt, durchaus übereinstimmend mit den in neuerer Zeit ge-
machten; das ins Treibais Gelangen bedeutet meistens Schiffbruch und das Erreichen der Ostküste ist
nur, und zwar mit Mühe vermittelst Böte möglich, die so klein sind, daß sie aufs Eis gezogen
werden können. Darum lehrten auch die alten Segelanweisungen, daß man an der Ostküste Land-
kennung suchen, alsdann längs der Eiskante bis Hvarf1) nach Südwesten gehen und darauf nach
Norden auf die Ansiedlungen lossteuern sollte. Wiederholt werden in den alten Schriften einerseits
Warnungen davor ausgesprochen, Land zu suchen, ehe das Vorgebirge Hvarf (d. h. Wendestelle),
passiert sei, andererseits davor, so weit südwärts zii gehen, daß man Land passiert habe, ohne Land-
kennung bekommen zu haben. Daß die vor der Ostküste herrschende Angst auf genauer Kenntnis
derselben beruhte, ersieht man daraus, daß schon Erich der Rote von ihrer Unbewohnbarkeit 2)
überzeugt war. Auch die Schiff bruchsmeldungen der isländischen Annalen3), sowie die halb sagenhafte
Flöamanuasaga bezeugen dies; letztere schildert, wie Thorgils Orrabeinsf ostri im Jahre 998
'. unter Grönlands Eisgletschern. " Schiffbruch litt und erst nach Verlauf von vier Jahren, nachdem er
zahllose Widerwärtigkeiten erlitten hatte, nach Hvarf und weiter abwärts zu den Kolonien gelangte4).
Zwei Fälle können jedoch angeführt werden, bei welchen es aussieht, als ob die alten Nordländer
an der Ostküste, ohne ihr Schiff einzubüßen, ans Land gekommen seien. So weit sich erkennen
läßt, glückte dies nämlich Snaebjörn Hölmsteinsson5) und wenn in den isländischen Annalen
') Hvarf bedeutet Wendestelle: es wurde früher mit Kap Farve l (Grönlands Südspitze) identifiziert, muß
aber nach Finnur Jönssons eingehenden Untersuchungen das Vorgebirge Kangek auf der Insel Sermersok mehr
nordwestlich sein ; vgl. F. Jönsson, Grönlands gamle Topograß efter Kilderne in Meddeleher om Grönland 20, Keben-
havn 1899, S. 285—86. Wenn die alten Segelanweisungen sagen, daß man von Norwegen direkt westlich fahren soll
bis Hvarf (vgl. G. h. M. III, S. 213 und 251), so scheint dies zu zeigen, daß Hvarf als Grönlands Süclspitze betrachtet
wurde. In andern nordischen Quellen heiOt es jedoch ganz deutlich: „am südlichsten liegt Herjölfsnes".
') Vgl. G. h. M. r, S. 177 u. 205.
s) Vgl. G. h. M. III, S. 7 ff. für die Jahre 1185, 1189—90, 1209, 1265, 1382—85, 1406.
*) Flöama anasag a im G. h. M. II, S. 1 ff. und in Fornsögur, herausg. von G. Vigftisson und T h. Möbius,
Leipzig 1860. Daß Thorgils' Schiffsbruch wirklich an der Ostküste stattfand, weist Nansen aus den Worten der
Saga nach, und derselben Ansicht sind Holm und Garde, die auch diese Küste befahren haben. Vgl. Nansen,
1. c. S. 251-54 und Holm und Garde, Den dausJce Konebaaäs-Expe&on, Kebenhavn 1887, Einleitung S. 2.
s) G. h. M. 1, S. 75—79.
23*
180
Kapitel VIII.
steht: „Die Helgesülme segelten bis nach Grönlands Öbygöir", wo man, wie Storm zeigt, unter
„ObygÖir (d. h. unbewohntes Land)" die Ostküste1) verstehen muß, so sieht es aus, als wenn es auch
diesen Helgesöhnen geglückt sei. Dies ist aber sicherlich ein Ausnahmefall 2).
Drüben an der Westküste hingegen waren die Nordländer weit nach Norden vorgedrungen.
Sie hatten ziemlich weit nördlich von den Kolonien im Sommer Fischfangstationen (Nordrseta, nörd-
liche Aufenthaltsstelle) und sandten Expeditionen in noch weitere Ferne. Ob dieselben bis zur Ein-
fahrt von Smiths Sund oder von Jones' Sund vorgedrungen sind, oder tief in die Sunde hinein, wie
einige nicht ohne Grund annehmen 3), oder ob sie nur ein gutes Stück nördlich von der Insel Disco
gelangten, wo auf der Insel Kingiktorsuak bei Uperuivik (72° 55' n. Br.) ein Runenstein gefunden ist4),
läßt sich kaum bestimmt entscheiden; ausgemacht ist es nur, daß sie ziemlich weit nordwärts über den
Polarkreis hinaus gelangt sind, da sie, wie die Berichte zeigen, die Mitternachtsonue haben beobachten
können5). Das Land nördlich von den bewohnten Plätzen auf der Westküste wurde „die nördlichen
öbygöir " oder „die westliche Obygö" genannt.
Erst auf diesem Hintergrunde treten die Eigentümlichkeiten der Beschreibungen von Grönland
in Clavus' jüngerem Werke richtig hervor. Es muß dasselbe auf einer eingehenden Kenntnis der
Natur- und Schiffahrts Verhältnisse an den Küsten Grönlands aufgebaut sein, und der Autor maß diese
nach der Abfassung des älteren Werkes erworben haben. Man darf jedoch nicht annehmen,
daß die Beschreibung durch eine Ko mpil ati o n aus geschriebenen Quellen entstanden
sei. Ein leidliches Bild ließe sich schon aus diesen entwerfen, falls man sie auf die richtige Weise
zu sondern verstünde; der nächste Abschnitt wird uns aber zeigen, daß man ohne eine genaue Kenntnis
des Landes unstreitig irre geleitet werden wird. An einem bestimmten Punkte hat Clavus, wie wir
sehen werden, sie selbst mißverstanden und hat dadurch einen Irrtum begangen, welchen zu korrigieren
er nicht imstande war (vgl. unten S. 186); und ebenso haben seine Nachfolger, sowohl die fremden
Kartographen als auch diejenigen Nordländer, die Grönland wieder aufsuchen wollten, die geschrie-
benen Quellen mißdeutet; ja, erst in aller jüngster Zeit, nachdem es geglückt ist, die ganze grönlän-
dische Küste zu erforschen, ist der langwierige Streit über die Lage der Ostansiedlung definitiv
') Storni, Vinlandsreiserne S. 364 und 0»i det i H85 fra Inland fundne „Ni/e Land" in (Norsk) Historish
Tidsskrift 2. Reihe VI, Kristiania 1885, S. 263—64.
2) Nach Bjern Jönssons Grönländischen Annalen soll ein Mann Clemens aus Latrum in Adelvig auf Island
geflüchtet sein, um einer Strafe zu entgehen, und zwar auf einem englischen Fischerschiffe. Sie Desuchten die Gun-
hjarnareyjar (Grönlands Ostküste) und fanden gutes Gras, Jische und Vögel. Vgl. G. h. M. I, 125—27.
3) Man stützt sich hier auf den Bericht vom Jahre 1266 des Priesters Halldör (vgl. G. h. M. III, S. 211),
welcher erzählt, wie in diesem Jahre die Nordlaiulsfahrer außergewöhnlich weit nach Norden gelangten und dann
auf Spuren von Skrälingern (Eskimos) stießen ; darauf schickte die Geistlichkeit ein Schiff aus, um Nachforschungen
anzustellen. Die ersten Spuren fand man in Kröksfjardarheiiu, segelte dann weiter, wurde von Südsturm gegen
Norden getrieben, wo man neue Inseln sah. Alsdann folgen Angaben darüber, wie hoch die Sonne um Mitter-
nacht stand (vgl. Fischer, Entdeckungen S. 33— 34). Übrigens wird berichtet, daß alle bedeutenden Bauern Grön-
lands große Schiffe hatten, die alljährlich die weite und beschwerliche Fahrt nach Greipar und KröJcsfjardarheiöi
machten, um Seehunde zu fangen. Es war da an „Grönlands Nordspitze" (norörskagi) viel Treibholz, welches von
den Marklandsbuchten kommt. In G. h. M. III, 881 ff. wird angenommen, Greipar liege zwischen 67° und 68° n. Br.
auf Grönlands Westküste, Kröksfjaröarheidi sei Lancastersund, indem man nach dem Standort der Sonne um Mitter-
nacht ausrechnen konnte, das Schiff Halldörs sei auf 75° 46' n. Br. gewesen. A. Bugge (in Kringsjaa XI, 7
(15. April 1898)) stimmt für bezw. Kane Bassin und Inglefield Gulf. G. I Sachsen (in Norsk Geografisk SelsTcahs
Aarbog XVIII Kristiania 1907, S. 20—32) meint, daß Greipar Inglefield Gulf sei, Kröksfjaröarheiöi Jones' Sund, und
er meint, daß Halldörs Schiff nach Kane Bassin verschlagen wurde. Daß die Normannen in Jones' Sund gewesen
sind, meint er dadurch beweisen zu können, daß auf der St. Helena-Insel und der Djaevlea (Teufelsinsel) im westlichen
Teil von Jones' Sund (auf Sverdrups Polarexpedition 1898—1902 entdeckt), d. h. auf zirka 76° 10' n. Br. künst-
liche, nur gegen Süden offene Brutplätze von flachen zirka 25 — 30 cm hohen Steinen eingerichtet waren, und zwar für
die Eidervögel. Den Eskimos kann man dergleichen nicht zutrauen, dagegen pflegt man seit alters her in Nor-
wegen die Eidervögel auf diese Weise zu schützen.
4) Vgl. G. h. M. III. S. 8i3 und Tafel IX, 3; Winsor, Narrative and critical histonj of America I, Boston
1889, S. 66 ff.; Fischer, 1. c. S. 34; L. Fr. L äff ler in Svenska Dagbladrt 14. März 1906.
s) G. h. M. III, S. 243.
Clavus' Quellen. C. Eigene Beobachtung.
181
entschieden worden. Schließlich würde das nach den geschriebenen Quellen entstandene Bild des Landes,
selbst wenn es einem gelingen sollte, jeglichem Mißverständnisse zu entgehen, nicht mit dem von
Clavns entworfenen übereinstimmen. Die Halbinselform mit der Wendestelle Hvarf würde vielleicht
entstehen, die unbewohnten Landstriche (die Obygöir) an der Westküste würden aber als Parallele zu
denen an der Ostküste erscheinen; auch würde die Westküste nicht die fehlerhafte Richtung nach
Nordosten statt nach Nordwesten haben, wodurch die Stellung der Ost- und Westansiedlung zu einander
ganz verschoben wird. Das von Clavus entworfene Grönland muß von einem Manne ausgearbeitet sein,
der es in der Hauptsache nicht nötig gehabt hat, seine Zuflucht zu geschriebenen Quellen zu nehmen,
sondern der selbst das Land in einem den Ortsbestimmungen der Karte entsprechenden Umfange be-
fahren hat, mit anderen Worten : entweder hat Clavus selbst eine Erforschung der grönländischen Küsten
unternommen, oder er hat die Hülfe eines Mannes gehabt, der dies getan und zu dem er unbedingtes
Zutrauen gehabt hat. In letzterem Falle wäre also die Behauptung von eigener Beobachtung Un-
wahrheit. In unseren Augen spricht aber alles dafür, daß sie Wahrheit ist; denn wer sollte zu einer
Zeit, da sicher die Westansiedlung und wahrscheinlich auch die Ostansiedlung zerstört war, und die
Schiffahrt nach Grönland immer seltener wurde, eine Reise unternommen haben von einem Umfange wie
die sie hat, auf deren Resultaten der Wiener Text aufgebaut ist, als gerade ein Mann, welcher Interesse
für Geographie und Kartenzeichnuug batte? Und ist es denn doch nicht unwahrscheinlich, daß einer, der
nicht aus persönlicher Erfahrung die harten und zwingenden Gründe kennt, welche die Erforschung
der Ostküste verhindern, die Resignation zeigen sollte, welche Clavus bei der Zeichnung und Beschreibung
derselben an den Tag legt? Ein Stubengelehrter oder ein Charlatan, der nicht selbst mit den Wider-
wärtigkeiten der Natur gekämpft hat, würde er sie respektieren können und sich nur an das halten,
von dem man mit Gewißheit etwas weiß, ja überhaupt einen so bestimmten Unterschied zwischen der
Wirklichkeit und allen irreleitenden Berichten zu machen verstehen, welche letzteren, wie wir später
sehen werden, schon lange vor Clavus' Zeit in Umlauf gesetzt waren? Wahrscheinlich ist dies nicht^
zumal wenn man bedenkt, Avas aus Clavus' Karte wurde, als sie in die Hände von Leuten solchen
Schlages gelangte, wie der Stubengelehrte Kompilator Nicolaus Germanus, der zuerst die Orts-
namen der Ostküste längs der namenlosen Küste nordwärts schmuggelte und später Grönland nördlich
von Norwegen legte, oder wie der Charlatan Nicolo Zeno, der ein Kloster mit Weingärten und
Wärmeleitungen hoch oben in dem „unzugänglichen und wegen Eises unbekannten Lande", wie Clavus
es nennt, anbrachte.
Als ein Zeichen davon, daß Clavus selbst Grönland befahren hat, könnte man vielleicht seine
Bemerkung auslegen, daß dessen Inseln vortreffliche Häfen (solennes portus) bildeten; da die Islands-
beschreibung nun aber eine ähnliche Notitz enthält und es recht unwahrscheinlich ist, daß Clavus bei oder
auf Island gewesen sein sollte, kann dennoch diesen Worten keine weitere Bedeutung beigelegt werden.
Deutlicher als alles andere spricht dagegen die Art und Weise, auf welche Clavus
die grönländischen Ortsbestimmungen am nördlichsten Punkte der Westküste ab-
schließt; die vorletzte wird als ultimus terre tenninus nobis in illa parte cognitus (70° 10' n. Br.),
die letzte als ultimus locus uisibilis (72° 0' n. Br.) bezeichnet. In all ihrer Nüchternheit verraten
diese Worte nicht allein, wie sehr es dem Verfasser am Herzen gelegen hat, so weit wie möglich nach
dem Norden zu gelangen, sondern auch, daß da ein bestimmter Punkt war, wo er aufhören mußte,
obgleich er die Küste sich weiter nach Norden erstrecken sahi Auf dieselbe Weise drücken sich die
Polarforscher unserer Zeit über den Punkt aus, an welchem sie am weitesten nach Norden gelangten
und zur Umkehr gezwungen wurden, und es ist kein Zufall, daß gerade Nordenskiöld, der prak-
tische Polarforscher, es eingesehen und so energisch verteidigt hat, daß die entsprechenden Worte auf
den A-Karten ultimus terre terminus die Bedeutung in sich trügen, daß der ursprüngliche Ver-
fasser der Karten selbst auf dem so angegebenen Punkte gewesen sein müßte1).
Wir müssen deshalb erklären, daß Clavus' Behauptung, in Grönland ge-
wesen zu sein, wahr ist, und ebenfalls daran festhalten, daß er in dem Zeiträume
') Facsimile-Atlas S. 56.
1S2
Kapitel VIII.
von 1425 — 1460 dieses Land besucht hat, zu einer Zeit also, aus welcher wir sonst
gar keine sicheren Nachrichten von Grönland besitzen, und zwar daß er dies mit
dem bestimmten Zwecke vor Augen getan hat, seine in Italien errungenen Kennt-
nisse zu benützen, um das ferne Land zu kartographieren, das noch von keinem
anderu Menschen auf irgend welcher Karte aufgenommen war — mit andern Worten,
daß Clavus sozusagen Dänemarks erster wissenschaftlicher Polarforscher ist, der
älteste der vielen Dänen, welche Grönland erforscht und karto graph iert haben.
Um so mehr ist zu bedauern, daß Clayus so wortkarg ist und sich so bestimmt an die bei
Ptolemäus erlernte Form für wissenschaftlich geographische Darstellungen hält; denn wie viel
möchten wir nicht über diese erste dänische Polarfahrt wissen! Über den Weg können wir uns schou
einen Begriff machen, er ist der gewöhnliche und einzig natürliche: zuerst ein mißglückter Versuch, die
Ostküste nordwärts zu erforschen, dann der gewöhnliche Weg außen ums Kap Farvel herum — auf
einmal günstiges Vordringen an der Westküste. Schwieriger ist es zu sagen, wie weit nordwärts er
an beiden Küsten gelangt sei; jedoch darf man annehmen, daß er an der Ostküste nicht sehr weit
nördlich vorgedrungen ist; daß er dagegen auf der Westküste ziemlich weit über den Polarkreis hinaus
gelangt ist, vielleicht bis Disco, vielleicht auch noch nördlicher. Wir können auch in der Beschreibimg
zwischen den Zeilen von Kämpfen mit dem Eise und vou Zusammenstößen mit Eskimos lesen; über
den Zustand der nordischen Kolonien erlangen wir jedoch nur eine rein negative Aufklärung, indem
kein einziger wirklicher Ortsname genannt wird. Auch erfahren wir durchaus nichts davon, wie Clavus
nach Grönland gelangt ist, ob er ein eigenes Schiff gehabt hat oder ob er eine Schiffsgelegenheit mit
einem Handelsschiffe benutzte, das alles verbirgt sich hinter seiner wortkargen Darstellungsform und
dem Bruchstücke jenes Verses, dessen Wörter als Namen längs seiner Schiffsroute ausgestreut sind und
einen Riegel vor all unsere Wißbegier schieben.
Daß das von Clavus entworfene Bild von Grönland verhältnismäßig so gut geworden ist, darf
uns nicht Wunder nehmen. Die besonderen Naturverhältnisse dienten dazu, ihm sowie den älteren
Nordländern Klarheit über den Kurs zu geben, indem die Fahrt gegen das Eis einen nördlichen, mit
dem Eise einen südlichen Kurs bedeutete; auch die Sonnen phänomene — ■ die Mitternachtssonne — sind
im nördlichen Teil von Grönland so ausgeprägt, daß Clavus hier noch leichter als bei Trondhjem mit
einigermaßen genauer Sicherheit entscheiden konnte, wie weit nördlich oder südlich vom Polarkreise er
sei. Daß Grönlands Südspitze, die in dem älteren Werke zu weit nördlich gelegt war, ebenso wie Island
nach Süden geschoben ist, jedoch lange nicht weit genug, rührt von den Segelanweisungen her, welche,
wie wir gleich sehen werden, bei Clavus' Karten eine ebenso große Bolle spielten, wie sie es vermutlich
bei seinen Reisen getan haben. Der Hauptfehler an Clavus' Karte ist der, daß die westliche Biegung
der Küste nördlich vom Kap Farvel, welche die Veranlassung zu den Namen Ost- und Westansiedlung
gegeben hat, fehlt, gleichwie die Richtung der Westküste überhaupt verkehrt ist; aber die Angaben
der Richtung sind nun einmal durchweg Clavus' allerschwächste Seite.
Wir kommen hier dazu, die Frage aufzuwerfen, ob bei den Reisen, deren Resultat Clavus'
Karten sind, der Kompaß gebraucht wurde und ob es möglicherweise Unkenntnis mit der Mißweisung
sein sollte, welche die Verkehrtheit von den Hauptrichtungen der Küstenlinien bewirkt hat 1). Bei
dieser Untersuchung müssen wir Jütland und seine Lage im Verhältnis zu Fünen und Seeland sowie
die Ostsee gänzlich ausschließen, weil Clavus hier ganz abhängig von Ptolemäus ist. Dies ist auch
bei der norwegischen Küste ganz bis Trondhjem hinauf der Fall, weil wir hier andere Gründe haben
nachweisen können, die an der verkehrten Richtung schuld gewesen sind. Nur bei Grönland, Island,
0resund und der norwegischen Küste nördlich von Trondhjem hätten also die Mißweisungen geltend
gemacht werden können.
') Wie bekannt, nimmt Nordenskiöld an, daß der B-Typus auf Grundlage des A-Typus gebildet ist, und
zwar nachdem die Anwendung des Kompasses allgemein, geworden, die Miliweisung jedoch unbekannt. Vgl. Periplui
S. 87 und Studier och forshningar S. 46.
Clavus' Quellen. C> Eigene Beobachtung.
183
Auf der nach dem Wiener Texte konstruierten Karte sowie auf den A-Karten weicht 0resunds
Hauptrichtung zirka 70° von der Linie Süd-Nord nach Westen ab, in Wirklichkeit aber nur zirka J 3° ;
dieser Fehler setzt also eine östliche Mißweisung von zirka 57° voraus. Auf dieselbe Weise erhält man
Fehler, die für Norwegens Nordküste zirka 38° westliche Mißweisung voraussetzen, für die Linie Skiilholt—
Hölar, welche die einzige sichere Linie auf Clavus' Island ist, zirka 60° östliche und für Grönlands West-
küste zirka 42° westliche Mißweisung. Vergleichen wir dies damit, daß die von Clavus angenommene
Hauphichtung für Grönlands Ostküste zirka 12U westliche und der Kurs von Islands bis Grönlands süd-
lichstem Punkte zirka 25° westliche Mißweisung voraussetzen, so ist es klar, daß die originale A-Karte
nicht auf dem Gebrauch des Kompasses basiert sein kann, denn die hier genannten Mißweisungen passen weder
zu einander noch zu den wirklichen Mißweisungen zu Clavus' Zeit. Es muß außerdem bemerkt werden, daß
in den hier angeführten Fällen ungefähr dieselben Mißweisungen für die Nanziger Karte vorausgesetzt werden
mußten. Sollten die Eigentümlickeiten der jüngeren Karte von Beobachtungen am Kompasse herrühren, so
müßte dasselbe also von der älteren angenommen werden; diese Annahme würde aber nach dem, was wir
von der Entstehungsgeschichte des Nanziger Werkes wissen, mehr als unwahrscheinlich klingen.
Wir müssen darum Storni beipflichten, daß Clavus, selbst wenn er den Kompaß gekannt, ihn
doch in der Praxis nicht angewandt haben kann, und Ol aus Magnus' Karte muß darum immer
noch als die älteste von Nordländern gezeichnete angesehen werden, bei welcher der Kompaß und seine
Mißweisungen sich geltend gemacht haben.
Uber Clavus' persönliche Kenntnis des hohen Nordens erfährt man aus dem Wiener Texte nur,
daß er in Norwegen und in Grönland gewesen sei — sowie selbstverständlich auf Fünen. Könnte
man nach der Korrektheit der Beschreibung Schlüsse ziehen, wo er sonst vermutlich gewesen sein sollte,
so würde man zunächst zu dem Resultate kommen, daß er sich auf Seeland aufgehalten habe, was ja
schon Poggio's Briefe bezeugen, ferner in Lübeck und vielleicht an der Schoner 0resundküste, da-
gegen kaum in Jütland, Halland, dem östlichen Norwegen und gewiß nicht in dem eigentlichen
Schweden, in den Ostseeländern oder in Norwegen nördlich von Trondhjem. Daß Clavus in Lübeck
gewesen sei, könnte man vielleicht aus seiner Beschreibung der vielen Häfen bei der Mündung der
Trave schließen, eine Schlußfolgerung, die dadurch bestärkt wird, daß sie einem eigentlich erst einfällt,
wenn man selbst diese Einfahrt gesehen hat. Die wirklich gute Beschreibung von Fünen und Seeland
sowie von der Westküste von Schonen mit ihrer im Vergleich zu den sie umgebenden Teilen der
nordischen Reiche durchgängig wohlgelungenen Auslegung deutet auf des Autors persönliche Kenntnis:
bezeichnend ist es ebenfalls, daß diese Teile des Landes, mit Ausnahme der Küste von Stavanger —
Trondhjem, die einzigen sind, wo unbekanntere Lokalitäten wie Stige, Egense, Agernaes, Taarnborg,
Oxna?s, Koholm mitgenommen sind, und wo es versucht wird, die Küstenbeschreibung ohne Anwen-
dung von Benennungssjrstemen durchzuführen.
D. Nordische Quellen.
Während es verhältnismäßig leicht zu konstatieren war, zu welchen fremden Quellen Clavus
Zutritt gehabt und in welchem Umfange er sie benutzt hat, so liegt es in der Natur der Sache, daß es
schwer nachzuweisen sein wird, aus welchen nordischen Quellen er geschöpft hat. Wir wissen jetzt,
daß er sich an verschiedenen Orten des hohen Nordens aufgehalten hat und dadurch imstande war,
nicht allein durch eigene Beobachtung, sondern auch durch mündliche Mitteilungen Material für seine
Arbeiten zu sammeln. Richtig zu entscheiden, wo seine Erfahrungen aufhören und wo die mündlichen
Mitteilungen anfangen, ist dagegen selbstverständlich meistens unausführbar, namentlich dort, wo er
sich nicht auf eigene Beobachtung beruft und wo wir nicht den Einfluß klassischer oder fremder
mittelalterlichen Quellen nachweisen können. Hier müssen wir uns damit begnügen, nachzuweisen, in
wie hohem Grade seine Beschreibungen mit der damals allgemein im Norden herrschenden Auffassung
übereinstimmen, und zwar in Bezug auf das nördliche Norwegen, Finmarken, Island und Ost-Grönland
nördlich vom Polarkreise — kurzum die das nördliche Eismeer umgebenden Länder.
184
Kapitel VIII.
Daß Clavus hier nicht in ausgedehntem Maßstabe geschriebene nordische Quellen benutzt hat,
läßt sich schon allein daraus schließen, daß er im nördlichen Norwegen, auf Grönland und Island
vorzugsweise von ihm selbst gewählte Namen benutzt. Daß er trotz alledem von den Anschauungen
der Nordländer über diese Gegenden, über welche fremde Quellen ihm beinahe keine Aufklärung geben
konnten, beeinflußt gewesen ist, hat Storm schon verschiedentlich hervorgehoben1). Einleuchtend ist
es auch, daß Clavus, wenn er eine Heise nach Grönland unternehmen wollte, sich erst mit den Segel-
anweisungen der nördlichen Meere bekannt gemacht hat, und da er vermutlich nicht den Kompaß
gebraucht hat, liegt der Gedanke nahe, daß seine Anlage der Länder ums Eismeer herum mehr oder
weniger von den alten nordischen Segelanweisungen abhängig ist, denselben, welche auch später den
Plänen zur Wiederentdeckung Grönlands, die im 16. Jahrhundert vom Erzbischof Erich Walchen-
dorff2) ausgingen, zu Grunde gelegt wurden.
Die Segelauweisungen3) sagen zuvörderst, duß man von Norwegens westlichem Punkte, dem Kap
Stat aus, siebenmal 12 Stunden (eigtl. 7 dcegra haf oder dcegra sigling) direkt nach Westen fähren soll, um
nach Kap Horn auf Islands Südostküste zu gelangen; sodann, daß von Snsefellsnes (zwischen Faxa- und
Breiöifjördr auf Islands Westküste) der kürzeste Weg nach Grönland ist, d. b. nach den ältesten Quellen
(Olaf Tryggvasons Saga und Landnäma) viermal 12 Stunden nach Westen; das Hauksbuch sagt viermal
12 Stunden von Snsefellsnes bis Hvarf in Grönland und gibt keine Richtung an; Ivar Baardsen sagt
2 Tage und 2 Nächte nach Westen von Snsefellsnes und fügt hinzu, daß die Gunnbjarnareyjar auf dieser
Route »gerade halbwegs zwischen Grönland und Island* liegen, daß man aber zu seiner Zeit diesen alten
Kurs nicht mehr verfolgen konnte, wegen des vielen vom Nordosten von »Botnen« herab bis zu den
Scheren kommenden Eises. Als den neuen Kurs gibt er von Snwfellsnes aus einen Tag und eine Nacht
direkt gegen Westen an, dann nach Südwesten, um dem ebengenannten Eise zu entgehen, und darauf einen
Tag und eine Nacht direkt in nordwestlicher Richtung — auf diese Weise gelangt man nach Hvarf1).
Die Anweisungen für die direkte Fahrt von Norwegen nach Grönland geben an, daß man von
Bergen oder der nördlich davon liegenden Insel Hernar (d. h. Henn3 in Manger Kirchspiel in Nordhordland)
direkt gegen Westen nach Hvarf auf Grönland fahren soll — infolge Olaf Tryggvasons Saga kommt man
dann zwölf Seemeilen südlich von Island: Ivar Baardsen sagt: » zwölf Wochen zur See* (eigtl. Uge Sas =
Seemeile) südlich von Reykjanes; das Hauksbuch ersetzt diese sichere Angabe mit der unsicheren und
sagt: Man fährt so weit südlich von Island, daß man dessen Seevögel und Walfische sehen kann, und fügt
hinzu, daß man auf dem Wege die Shetlands -Inseln im Süden und die halbe Höhe der Gebirge auf den
Färöern im Norden wahrnehmen kann. In einer jüngeren Aufzeichnung5), die jedoch vermutlich auf alten
Quellen beruht, heißt es, daß man auf der Route zwischen Norwegen und Grönland zwei Drittel des Meeres
bis Irland und ein Drittel bis Island haben soll. Das Hauksbuch fügt hinzu, daß von Kolbeinsey (d. h.
Mevenklint, unbewohnte Insel 15 Meilen nordwestlich von Grimsey auf Island) gegen Norden nach Grönlands
Gbygöir eine Fahrt von 12 Stunden (eigtl. 1 dsegrsigling) ist.
Die letzten Segelanweisungen gehen darauf hinaus, daß man von Islands nordöstlichem Vorgebirge
Langanes viermal 12 Stunden (Ivar Baardsen sagt wieder zwei Tage und zwei Nächte) nordwärts bis
Svalbaröi in Hafsbotn fähren soll und schließlich, daß man von Reykjanes auf Island — nach Landnäma in
fünf-, nach dem Hauksbuche in dreimal zwölf Stunden — direkt gegen Süden Jöldu-laup auf Irland er-
reichen kann: diese letzte Route nennt Ivar Baardsen nicht6).
') Vgl. Storni in Ymer 1891, S. 34; Ginnungagap i Mythologien og Geograßen in Arkiv för nordisk ßlologi
VI, Lund 1890, S. 344—45; Columbus paa Island og vore forfwdres opdagelser i det nordvestlige Atlanterhav in Norsk
Geograßsk Selskabs Aarbog IV, Kristiania 1893, S. 78. Vgl. auch Ed. Erslev, Brödrene Zenis Rejser in Geograßsk
Tklsskrift 7, S. 162.
s) G. h. M. III, S. 482 ff. und 631 ff. Vgl. K. J. V. Steens trup, Om (psterbygden in Meddelelser om Grön-
land 9, Kabenhavn 1886, S. 3 ff.
s) G. h. M. III, S. 209—15, 250—52 und 489—92; Steenstrup, 1. c. S. 4—5.
4) Diese Angabe stimmt mit F. Jönssons Annahme überein, daß Hvarf nicht Kap Farvel, sondern eine
Stelle auf der Westküste sei. Vgl. S. 179, Note 1.
s) G. h. M. III, S. 490—92.
e) Über das Verhältnis dieser Routen zur Wirklichkeit vgl. Storm, Vinlandsreiserne, S. 325. Hier kritisiert
Storm auch die von N. M. Petersen ausgeführten Berechnungen der in den Segelanweisungen angegebenen
Distanzen: vgl. N. M. Petersen, Haandbog i den gammel-nurdiske Geograß, S. 135 ff. Vgl. auch G. Isachsen,
Opdagelsen af Svalbard in Norsk Geograßsk Selskabs Aarbog 18, Kristiania 1907, S. 1 — 19.
Clavus' Quellen. D. Nordische Quellen.
185
Wie stellt sich nun Clavus zu den Angaben dieser Segelanweisungen? Da sein Irland nach Ptole-
mäus ausgelegt ist, kann die Eoute Island-Irland nicht in Betracht kommen. Mit Bezug auf die andern
Routen stimmt dagegen nicht allein Clavus' jüngeres, sondern auch sein älteres Werk in verschiedener Be-
ziehung mit den Segelanweisungen überein. In beiden Werken wird man gewahr, daß Islands südöstliches
Vorgebirge auf derselben Breite wie ein Punkt in Norwegen zwischen Trondhjem und Bergen liegt, sowie
daß der Parallelkreis durch Grönlands Südspitze etwas südlich von Island passiert und einen südlicheren
Punkt von der Küste Norwegens trifft. Hiermit ist die für beide Werke gemeinsame Übereinstimmung mit
i den Segelanweisungen zu Ende, so daß man sie fernerhin von einander getrennt behandeln muß.
Nach dem Nanziger Werke liegt Norwegens westlichster Punkt (ultimum vegni Promontorium) genau
| auf derselben Breite wie das nächstsüdlichste von Islands vier östlichen Vorgebirgen, während Bergen auf
] derselben Breite wie Grönlands südlichster Punkt liegt, genau so wie die Segelanweisungen es angeben.
\ Hiermit hört die Übereinstimmung auf, besonders verhalten sich die Abstände Stat-Island sowie Island-Grön-
land nicht wie 7 zu 4, sondern wie 1 zu 1, indem sie genau derselben Länge sind.
In dem jüngeren Werke hat, wie schon erwähnt, Norwegens Form solche Änderungen erlitten, daß
Trondhjem dessen westlichster Punkt geworden ist, während Bergen in einer Bucht weiter nach Osten und
in Wirklichkeit nördlicher als Trondhjem liegt. Die Route auf den A-Karten, die wir mit der Segelan-
weisung Stat-Horn vergleichen müssen, wird daher Trondhjem-Synt oder Trondhjem-Thoos und die, welche
j Snaefellsnes-Grönland entspricht, wird Madher-Thser, welche nach den A-Karten die kürzeste Entfernung
I zwischen Irland und Grönland ist. Wird Synt benutzt, so wird das Verhältnis zwischen diesen beiden Abständen
wie 2 zu 1, wo die Segelanweisungen 7 zu 4 haben; wird das auf gleicher Höhe mit Trondhjem liegende
Thoos benutzt, so wird das Verhältnis wie 16 zu 7- Wir haben hier die nach dem Wiener Texte kon-
struierte Karte benutzt; auf derjenigen A- Karte, auf welcher die äquidistante Projektion bewahrt ist, ist das
genannte Verhältnis zwischen den Entfernungen Trondhjem-Synt und Madher-Thser gerade das der Segel-
anweisungen 7 zu 4, und der Abstand von Islands Nordspitze Nadher bis zu dem direkt nördlich davon
liegenden Vorsprunge auf der namenlosen Küste zwischen Grönland und Finmarken stimmt auch genau mit
dem kürzesten Abstände zwischen Island und Grönland überein, entspricht also der von den Segelanweisungen
I angegebenen gleichen Länge von Langanes bis Svalbaröi x). Dieser Vergleich ist natürlich nur berechtigt
I unter der Voraussetzung, daß die von Clavus angewandte Form für Marinus' äquidistante Projektion uns
I einen direkten Vergleich der auf den Karten mit einem Zirkel gemessenen Längen und Breiten erlauben
sollte, was ja nur für kürzere Entfernungen in der Nähe von 60° n. Br. richtig ist. Clavus' mathematische
Kenntnisse sind aber gewiß so primitiv gewesen, daß wir ruhig annehmen können, er sei außerstande ge-
wesen, die von den Klassikern überlieferte Projektion irgend welcher Kritik zu unterwerfen, so daß wir
■ annehmen dürfen, er habe ganz kritiklos die Abstände auf seiner Karte angesetzt, ohne darauf Rücksicht zu
nehmen, in welcher Richtung sie gingen oder wie weit nach Norden sie lagen.
Aus diesem ganzen Vergleiche scheint es hervorzugehen, daß Clavus, als er in Italien sein
erstes Werk schrieb, gewußt hat, daß man, wenn man von Norwegens westlichstem Punkte in gerader
Eichtling westlich segelte, zu einem Vorgebirge an Islands Ostküste käme, und indem man von Bergen
I direkt gegen Westen segelte, an Grönlands Südspitze gelange; und daß er auf Grundlage dieses Wissens
I die Nanziger Karte gezeichnet hat. Wir brauchen deswegen nicht anzunehmen, daß er damals irgend
i welche genauere Kenntnis der detaillierten Segelanweisungen gehabt habe; es sind weit eher einige
| Auszüge derselben, welche in dem von ihm, neben Ptolemäus, als Hauptquelle benutzten Reisebuche
1 gestanden haben.
Als Clavus nach seinen Reisen im hohen Norden sein zweites Werk schrieb, muß er dagegen,
( was wir auch erwarten dürfen, die Segelanweisungen in detaillierter Form gekannt haben, vermutlich
I dieselben, die wir aus älteren isländischen Quellen kennen, und heim Zeichnen seiner jüngeren Karte
j hat er nicht nur ihre Angaben mit Bezug auf die Richtung, sondern auch mit Bezug auf die detail-
lierten Distanzen benutzt, darunter diejenige, welche die Entfernung von Island bis Svalbardi angibt.
Letzteres hat er dann, ohne den Namen zu nennen, als ein Vorgebirge auf der auf den A-Karten [ab-
j gesetzten Landverbindung nördlich vom Eismeere fmare congelatum) aufgefaßt. Auffallend ist es jeden-
| falls, daß keine der sonst immer in den Segelanweisungen vorkommenden Namen auf Grönland und
') Kolbeinsey nördlich von Island findet man nicht bei Clavus, und ein Vergleich mit der Route Kolbeinsey-
DbygOir der Segelanweisungen läßt sich also nicht anstellen.
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 24
186
Kapitel VIII.
Island genannt werden. Hierzu ist nur zu bemerken, daß Clavus, wie wir gesehen haben, mit Bezug
auf Namen durchaus seine eigenen Wege einschlägt und daß die Ubereinstimmungen zwischen den
A-Karten und den Anweisungen gar zu zahlreich sind, als daß sie zufällig sein können.
Eine Reminiscenz dieser Namen, die jedenfalls kurz vor Clavus' Zeit in die Angaben der Segel-
anweisungen aufgenommen war. ist gewiß das Bjerne (Bäreninsel) des jüngeren Werkes, von der es
heißt, daß sie zwischen Island und Grönland liegen soll. Da sich an dieser Stelle aber keine Insel
befindet, muß dieselbe durch Mitteilungen aus zweiter Hand hierher gelangt sein. Wir sehen indessen,
daß die seit Grönlands allerfrühester Bebauung viel besprochenen Gunnbjarnarsker oder Gunnbjarnareyjar
(d. h. Gunnbjörns Inseln) nach Ivar Baardsens Kursangabe halbwegs zwischen Island und Grönland
liegen sollten, wegen überhandnehmenden Eises aber unzugänglich geworden wären. Aus einem der-
artigen Berichte hat Clavus vermutlich sein Björne bekommen; da es aber im Nanziger Werke nicht
erwähnt wird, kann das besprochene Beisebuch wohl nicht die Quelle gewesen sein, so daß der Bericht
vielleicht von Erkundigungen herstammt, die ihm, ebenso wie die detaillierten Anweisungen, während
der in der Zeit zwischen der Abfassung der beiden Werke vorgenommenen Reisen in die Hände ge-
fallen sind. Daß Ivar Baardsen die Insel ebenfalls nicht gesehen hat, liegt in der Natur der Sache
und geht aus seinen Worten über den alten und neuen Kurs hervor; sein ganzer Bericht gleicht auch
eher einem Erklärungsversuche, warum er die Insel, die doch vorhanden sein sollte, nicht gesehen habe.
Ivars Erwähnung der Gunnbjarnareyjar beruht indessen gewiß auf der Mißdeutung einer älteren Quelle.
In Wirklichkeit können diese Inseln nämlich nichts andres als Teile von Grönlands Ostküste sein, von
denen man annahm, daß sie halbwegs, jedoch nicht zwischen Island und Grönlands Ostküste, sondern
zwischen Island und den Kolonien drüben an der Westküste lägen l).
Wir können uns schon jetzt einen recht klaren Begriff von der Art der Quellen machen,
welche für Clavus' neuere Karte die kartographische Grundlage bildeten, auf welcher die gegenseitige
Lage der nördlichsten Länder sowie deren sichere Ortsbestimmungen beruhten. Es sind seine eigenen
Reiseerfahrungen und als ein integrierender Teil derselben die alten praktischen Segelanweisungen,
wozu sich als Reminiscenz des Quellenmaterials des älteren Werkes ein Reisebuch mit praktischen An-
gaben von Reiserouten gesellt. In einem einzelnen Punkte haben ihn die Segelanweisungen bei der
neueren Arbeitet irregeleitet (die Byerne), ganz wie das Reisebuch es so oft bei der älteren tat, und es sind
auch verschiedene seiner Mißdeutungen des Reisebuches und dessen Irrtümer in das neuere Werk über-
gegangen; wir erinnern hier nur an den Volksnamen Kareli statt Eskimos. Im großen und ganzen
muß man aber zugestehen, daß er seine Quellen klug gewählt hat, indem er sich so viel wie möglich
an die auf rein empirischem Wege entstandenen gehalten hat.
Wie er bei dem älteren Werke die Kompaßkarten unterschätzt (vgl. S. 164 — 65), ebenso hat er,
wie wir jetzt sehen werden, sich in seinem jüngeren Werke von der Einwirkung von Überlieferungen
frei zu machen versucht, von denen er in dem älteren Werke teilweise abhängig war, Uberlieferungen,
die nicht aus den Erfahrungen ungelehrter Seeleute und Reisenden direkt hervorgegangen, sondern ein
Produkt von Hypothesen und Kombinationen von Gelehrten waren. Da eben das Resultat dieser Hypo-
thesen und Kombinationen, nachdem es nach Süden gelangt war, die Grundlage für die Vorstellungen
der Gelehrten über den hohen Norden bildete und u. a. die Entstehung von Nicolaus Germanus'
B-Typus verursachte, so wollen wir einen Blick auf dieselben werfen.
') G. b. M. [, S. 104 ff. und III, S. 261 ; vgl. Fischer, Entdeckungen, S. 6, welcher nach Mogk (Die Ent-
deckung Amerikas durch die Nordgermanen in Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Leipzig 1892, S. 64) meint, daß
die Gunbjarnareyjar identisch seien mit einer Insel zwischen Island und Grönland, welche im Jahre 1456 verschwand;
es findet sich nämlich auf Ruysch's Karte vom Jahre 1508 (Facsimile- Atlas, Tafel XXXII) eine Insel mit der Legende
Insula hec in anno Domini 1456 fuit Maliter combusta. Diese Insel, an welche auch Nordens kiöld glaubt, gehört
nach Dahlgren zur Welt der Märchen; vgl. E. W. Dahlgren, A. E. Nordenskiöld säsom forskare i historiM
geografi <><-li kartograß in Ymer 1902, S. 259.
Clavus' Quellen. D. Nordische Quellen.
IST
Die älteste Auffassung des Eismeeres, die sich bald nach Islands und Grönlands Bebauung in
der gelehrten Literatur kundgab, treffen wir bei Adam von Bremen1). Die neu entdeckten Länder
werden als Inseln aufgefaßt und Adam läßt die Anordnung der Inseln gegen den Nordpol dieselbe
wie die Reihenfolge der Entdeckungen sein; also: Island, Grönland, Vinland und „nach dieser Insel
findet sich kein bewohnbares Land in diesem Ozean — alles ist mit unerträglichem Eis und undurch-
dringlicher Finsternis bedeckt Da Adams geographische Begriffe die der Badkartenzeichner waren,
so war er fast gezwungen, die neuen Inseln in dem um die kreisförmige Weltscheibe herumfließenden
Ozean nebeneinander nördlich von Europa anzubringen. Deshalb legt er Island nördlich von
Norwegen, Grönland nördlich von Schweden und den Riphäischen Gebirgen (d. h. Rußland) und Vinland
noch östlicher dicht an den Nordpol, d. h. auf die Plätze von Spitzbergen, bezw. Franz-Josefsland und
den neusibirischen Inseln in umgekehrter Reihenfolge von Westen nach Osten. Übrigens
sind bei Adam offenbar mehrere Berichte mit einander verschmolzen, von denen der eine König
Haralds Erforschung des nördlichen Ozeans betrifft, ohne daß es sich entscheiden läßt, ob Harald
gegen Norden, Nordosten oder Westen (Grönland und Vinland) segelte 2).
In den isländischen Quellen dagegen ist ursprünglich keine TJnkorrektheit vorhanden. Grönland
wird hier immer richtig in den Westen von Island verlegt und ist in den älteren Sagen beständig
das Land „welches Gunnbjörn, Ulf Krakis Sohn, sah, als er gen Westen ins Meer hinaus trieb,
damals als er die Gunnbjarnareyjar fand3)." Dieselbe klare und korrekte Auffasssung liegt in den
Worten „Island und Grönland liegen am westlichsten von allen uns bekannten bewohnten Gegenden
in diesem Dritteil der Welt", die in einem alten Textfragmente einer Nordlandsbeschreibung aus dem
14. Jahrhundert stehen4). Eine ähnliche Auffassung findet man in Björn Jönsons Auszug5)
'1 Adam us Bremensis, Gesta pontificum Hammaburgensium Buch IV: DescrvpUo insularum aquilonis. In
Pertz' Monumenta 7, 1846 durch Lappenberg. Kap. 10, 35—37 und 39-40. Vgl. G. h. M. III, S. 399— 409.
2) Vgl. Weinhold, Die Polargegenden Europa» nach den Vorstellungen des deutschen Mittelalters in Sitzungs-
berichte der Wiener Akademie der Wissenschaften, l'hilos.-hist. Abt. Bd. 68, S. 789 ff. Storni, Vinlandsrejseme,
S. 299 — 300; Yngvar Nielsen, Nordmcend cg Slcrcelinger i Vinland in NorsJc Geografisk Selshabs Aarlog 16, Kristiania
1905, S. 1 — 41. — Yngvar Nielsen unterscheidet mit gutem Grund König Haralds Fahrt nach Osten und seine
Entdeckungsreise im nördlichen Ozean ; es ist nicht ausgeschlossen, daß er Recht hat, wenn er behauptet, daß letztere
Fahrt von den Inseln nördlich von Großbritannien ausging und gegen Westen gerichtet war, um Vinland aufzu-
suchen ; jedoch ist es ihm nicht gelungen, einen Beweis dafür zu führen. Adams Bemerkung Temptavit hoc nuper
experientissimus Nordmannorutn princeps Haraldus, qui latitudinem septentrionalis occeani perscrutatus navibus tandem
caligantibus ante ora deficientis mundi finibus, inmane abi/ssi baratrum retroactis vestigiis pene vix salvus evasit knüpft
nämüch zunächst an das Marcianus-Zitat ultra Thilcn navigatione unius die! mare concretum est an und braucht keine
direkte Verbindung zu haben mit der vorhergehenden Beschreibung von Vinland, auch nicht wenn man zugibt, daß
die Beschreibung von Haralds Fahrt ein Beispiel bildet von dem; was einem auf der andern Seite der Insel Vinland
begegnet : post quam insulam terra non invenitur hahitahilis in illo occeano, sed omnia quae ultra sunt glacie intolerabili
ac caliyine immensa pleno sunt. Übrigens hat Nielsen Unrecht, wenn er sagt, daß Adams Begriffe unklar waren;
nach der Beschreibung von Island, Grönland und Vinland sagt er nämlich von einer Fahrt der Friesländer: Deinde
relinquentes hinc Daniam, inde Britanniam pervenerunt ad Orchadas. Quibus a laeva dimissis, cum Nordmanniam in dextris
haberent longo traiectu glacialem Island collegerunt. A quo loco maria sulcantes in ultimum septentrionis axem,
p ost quam r etr o s e omne s , d e quibus supra dictum est, insulas viderunt .... subito collapsi sunt in
illam tenebrosam rigentis occeani caliginem quae vix oculis penetrari valeret. Et ecce instabilis occeani euripus, ad initia
quaedam fontis sui archana recurrens inf'elices nautas iam desperatos . . . vehementissipio impetu traxit ad chaos. Haue
dieuuf e*sc voraginem abyssi illud profundum in quo fama est omnes recursus maris qui decrescere videntur, absorberi et
denuo removi. Adam meint also, daß man von der Nordsee, indem man Norwegen umsegelt, an den Inseln Island, Grön-
land und Vinland vorbeifährt ; dann kommt man zum Nordpol, in dessen Nähe das Meer fest (gefroren) und alles finster
ist, und gleichzeitig ist man an der Stelle, wo die verborge. .en Quellen des Ozeans sind und seine Wässer herauf und
herab strömen (Ebbe und Flut), und wo man — wie Harald — riskiert, in den unermeßlichen Abgrund zu stürzen. —
Nur, wenn man mit den mittelalterlichen Weltkarten (Scheibenkarten) und den kosmologischen Vorstellungen ihrer
Urheber vertraut ist, versteht man, daß Adams Begriffe und Ausdrücke in völliger Übereinstimmung mit den karto-
graphischen Anschauungen seiner Zeit sind. Vgl. Björnbo in Aarb(j>ger for nordisk Oldkyndighcd 1909.
3) G. b. M. I, S. 73, 89, 203-5 und 361.
") G. h. M. III, S. 393.
*) G. h. M. IH, S. 227.
24*
188
Kapitel VIII.
einer uralten, verloren gegangenen Handschrift ausgesprochen; hier steht: „ Grönland wendet gegen
Südwesten1- sowie bei Ivar Baardsen1), wenn er sagt, daß das Eis von Hafsbotn von Nordosten
her (ud äff landnordenbotnen) zu den Gunnbjarnareyjar hinabkäme. Auch in Gripla 2); einer verloren
gegangenen Sammlung, die Björn Jönson anführt, heißt es „das Land (Grönland) erstreckt sich nach
Südwesten " .
Schon frühzeitig ergänzten indessen Islands Gelehrte die Nachrichten der Seefahrer mit Hypo-
thesen, wie weit Grönlands Ostküste sich wohl gegen Norwegen hin fortsetzte. So viel man ersehen
kann, führen die hieher gehörigen Berichte ins 12. Jahrhundert zurück, vielleicht nur bis zum Jahre
1194, als nördlich von Island Land (Svalbaröi) 3) entdeckt wurde. Wahrscheinlich sind die nämlichen
Hypothesen jedoch vor der Entdeckung von Svalbaröi ans Tageslicht getreten, und diese hat dann nur
dazu beigetragen, ihre Eichtigkeit zu bekräftigen. In der alten isländischen Chorographie heißt es
nämlich4): „Dänemark zunächst liegt das kleinere Schweden, dann kommt Oland, dann Gotland, dann
Helsingeland, dann Vermland, dann zwei Kvenländer, welche nördlich von Bjarmeland liegen. Von
Bjarmeland erstrecken sich unbewohnte Länder (lönd dbygö) gen Norden, bis Grönland beginnt. Südlich
von Grönland liegt Helluland; diesem zunächst liegt Markland; und dann ist's nicht weit bis zu
Vinland dem guten, von dem einige glauben, daß es von Afrika ausgeht". Ahnliche Berichte findet
man im Hauksbuche sowie in Björn Jönsons Auszug von Gripla. Im Hauksbuche heißt es5):
„Schweden liegt östlich von Dänemark, aber Norwegen liegt nördlich davon. Nördlich von Norwegen
ist Finmarken; von dort aus dreht sich das Land nach Nordosten und dann nach Osten, ehe man bis
Bjarmeland kommt, das Garderiges König zinspflichtig ist. Von Bjarmeland erstrecken sich die Länder
bis zu den Obygöir nach Norden, bis Grönland beginnt. Von Grönland aus liegt gegen Süden
Helluland, danach Markland; von dort ist es nicht weit bis Vinland. von denen einige glauben,
daß es von Afrika ausgeht". Der Griplabericht weicht von diesem nur durch eingeschobene, uns nicht
weiter angehende Stücke ab. In einer etwas andern Form finden sich im Anfange von Historia Nor-
vegica (zk. 1175) Teile derselben Überlieferung, kombiniert mit Auszügen aus Adamus Bremensis; hier
wird jedoch bestimmt unterschieden zwischen Karelen, Kvenland, Finland sowie den beiden nordöstlich
von Norwegen liegenden Bjarmeläudern auf der einen Seite und auf der andern Grönland und den
nördlich von diesen wohnenden Skrälingern, von denen gesagt wird, daß sie westlich von Europa liegen
1) G. h. M. III, S. 250.
2) G. h. M. III, S. 224 — 25. Daß die Autoren der hier erwähnten Quellen ganz klar darüber sind, daß
Grönland, obwohl es sich gegen Südwesten erstreckt und also eine Ostküste hat, auch eine Westküste hat, zeigt die
Saga von Eirikr Rauöi und Thorfin Karlsefni, wo es heißt: „Eirikr fuhr südwärts an dem Lande entlang, um
zu erforschen, ob es, wenn man weiter kam, bewohnbar war" und daß er im nächsten Sommer „an den westlichen
öbygö fuhr", d. h. zum Lande nördlich von den Ansiedelungen an der Westküste ; vgl. G. h. M. I, 177, 205 u. 363.
In Gripla steht auch ausdrücklich: „Sodann dreht das Land sich gegen Norden": vgl. G. h. M. III. S. 225.
3) Storni, Columbus paa Island, S. 78—79: G. h. M. III, S. 46 u. 816. üb Svalbaröi die nördlichsten Teile
von Grönlands Ostküste oder, wie S t o r m annimmt, Jan Mayen oder Spitzbergen war, spielt in diesem Zusammen-
hange gar keine Rolle. G. Isachsen, Opdagelsen af Svalbard in Norsk Geograßsk SelsJcabs Aarbog 18, Kristiania
1907, S. 1 — 19, erörtert die Frage von Svalbaröi sehr genau ; er kommt zu dem aller Wahrscheinlichkeit nach rich-
tigen Resultat, daß Svalbaröi Spitzbergen ist.
*) G. h. M. III, S. 221.
s) G. h. M. III, S. 216.
6) Historia Nor 'vegice, S. 74 — 75: Versus vero septemtrionem gentes perplures pac/anismo (proh dolor) inservientes
trans Norwegiam ab Oriente extenduntur, scüicet Kiriali et Kwceni, cornuti Finni ac utrique Biarmones. Sed,
quae gentes post istos habitent, nihil certum habemus. Quidam tarnen nauta> cum de Glaciali insula (Island ; vgl. die
b-Karten; s. Fischer, Entdeckungen S. 89 — 90) ad Norvegiam remeare studuissent et a contrarias ventorum turbinibus
in brumalem plagam propulsi essent, inter Viridenses (die Grönländer) et Biarmones tandern appUcuerunt, ubi homiues
mirce inagnitudinis et virginum terrant (quae gustu aquae concipere dicuntur) se reperisse protestati sunt. Ab istis vero
Viridis terra (Grönland) congelatis scopulis dvrimitur ; quae patria a Telensibus (den Isländern) reperta et inhabitata ac
fide catholica roborata t er minus est ad occasum Europae, fere contingens Africanas insulas, ubi inundant oceani
refluenta. Trans Viridenses ad aquilo nem quidam homunciones a venatoribus reperiuntur quos Scrmlinga
appellant. Fischer, Entdeckungen, S. 99 ff., macht darauf aufmerksam, dal! die Bezeichnung (Übersetzung) terra
Clavus' Quellen. D. Nordische Quellen.
1X<I
Saxo dagegen hat recht unklare Begriffe vom höchsten Norden, wenn er sagt1): „Gegen Norden
wendet es (d. h. Norwegen) gegen ein Land, dessen Beschaffenheit und Name unbekannt ist, wo
keine Menschen wohnen, wo es aber von seltsamen Ungeheuern wimmelt und welches von dem
gegenüberliegenden Teil von Norwegen durch ein mächtiges Meer getrennt ist. Da die Schiffahrt auf
diesem äußerst unsicher ist, kommen nur sehr wenige glücklich wieder heim, nachdem sie sich auf
dasselbe hinausgewagt haben".
In den nordischen gelehrten Kreisen ist es also eine allgemein verbreitete Überzeugung gewesen,
daß zwischen Bjarmeland (dem nördlichen Rußland) im Osten und Grönland im Westen eine Festlands-
verbindung sei. Von diesen Anschauungen ist Clavus im Nanziger Werke offenbar durchaus ab-
hängig, wenn er sagt, daß sich von Grönlands Ostküste ein ungeheures Land nach Rußland 2) hin
und über den Nordpol hinaus bis China erstreckt, und wenn er dieses Land von Pigmäen, Einfüßlern
und Riesen bewohnt sein läßt. Diese Anschauungen sind es auch, die im Verein mit der bestimmten
Angabe der Segelanweisungen von einem nördlich von Island gelegenen Lande Clavus dazu veranlassen,
auf der neueren Karte eine Festlandsverbindung nördlich ums Eismeer herum anzulegen; der dazuge-
hörige Text zeigt aber, wie klar er darüber war, daß hier ein hypothetisches Element eingeführt sei,
und für wie unsicher er die Festlandsverbindung hielt, weil der vorausgesetzte große Nordpolskontinent
unbekannt und nicht erforscht war; die mythischen Völkernamen werden aufgegeben, indem nur
Karelen und Pigmäen genannt werden, welche er selbst gesehen hatte.
Die alten Berichte über eine Festlands Verbindung zwischen Rußland und Grönland trugen in-
dessen den Keim zu einer Auffassung von der gegenseitigen Lage der nordischen Länder in sich, die
nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmte und welcher Clavus auf eine glückliche Weise entgehen
konnte, weil er in der Hauptsache, besonders in seinem späteren Werke, sich zu den auf rein empiri-
schem Wege (Segelanweisungen, eigene Beobachtung) eingeholten Aufklärungen halten und sie von den
Kombinationen der Gelehrten sondern konnte. Ganz anders stellte sich die Sache für die Forscher,
welche nur Zutritt zu diesen letzteren und keine Mittel dieselben zu kontrollieren hatten. Soll ein
Kartograph nämlich nach dem Hauksbuche oder den Berichten der isländischen Chorographie die Küsten-
linien des Eismeeres aufzeichnen, spricht die Wahrscheinlichkeit sehr dafür, daß er Grönland zu weit nach
Nordosten legt, weil die Berichte nichts davon sagen, wie lang die Küstenlinie von dem nordöstlich
von Norwegen liegenden Bjarmeland über die Obygöir hinaus bis zum eigentlichen Grönland ist, und
ebenfalls nichts darüber, daß Grönland sich nach Südwesten oder wie weit es sich nach Süden erstreckt.
Viridis für Grönland auch anderswo zu finden ist. Im Cod. Par. lat. 4801 (Ptolemäus-Hs. von zk. 1470) findet sich
nämlich zuletzt eine Kopie einer Kompaßkarte eingetragen, wo gegen Nordwesten vom nördlichen Rand der Karte
eine Halbinsel herabkommt und worunter eine Insel liegt ; nebenan steht insula uiridis, de qua fif mentio in geographia.
Übrigens sind sowohl Storm wie Rüge und Fischer darüber einig, daß die grüne Insel (illa verde), die man auf
einer gewissen Klasse von Kompaßkarten im Atlantischen Ozean findet, mit Grönland identisch ist. Diese Karten
gehen uns jedoch hier nichts an ; denn sie sind alle vom 16. oder Schluß des 15. Jahrhunderts und also jünger als
Clavus' Arbeiten, mit denen sie in dieser Beziehung nichts zu tun haben. Auch Waldseemüller zeichnet westlich
von Irland eine uiridis insula neben dem Clavischen Grönland auf seine Weltkarte vom Jahre 1507 ein. Vgl.
Storm, Columbus paa Island, S. 80 ff. ; Rüge in Petermcmns Mitteilungen 1894, L. B. 315.
') Saxo, ed. P. E. Müller, S. 17—18.
2) Vgl. oben S. 130. Die Abhängigkeit kommt auch bei Clavus1 Auffassung der Verhältnisse nördlich der
skandinavischen Halbinsel zum Vorschein. Im älteren Werke läßt er nämlich (siehe die Nanziger Karte) mare tene-
brosum und mare quietum sich vom Westen her nördlich um die Halbinsel hineinstrecken ; dadurch erreicht er, daß die
Küstenlinie sich in die von den isländischen Quellen angegebenen Richtungen biegt: erstens gegen Osten, dann gegen
Nordosten und endlich in einem Bogen gegen Westen bis zu Grönland. Im neueren Werke werden die Meere
nördlich von Norwegen mit der schmalen Meeresstraße vom nördlichen Ozean nach der Ostsee ersetzt, so daß die
Küste von der norwegischen Grenze an gleich in einem Bogen gegen Westen nach Grönland hin sich dreht. Mög-
licherweise versucht Clavus hier ein Kompromiß zwischen den nordischen Quellen und Ptolemäus, welcher an-
nahm, Skandinavien (Scandia) sei eine Insel (vgl. jedoch S. 158). In der Hauptsache ist das kartographische Bild
von Skandinavien viel gelungener im älteren als im neuen Werk. Letzteres hat indeß den Vorzug, daß die breite
schwedische Nordküste mit dem ganz verkehrten Ausfluß des Veuersees ins Eismeer verschwunden ist.
19()
Kapitel VIII.
Der einzige Fingerzeig, daß Grönland westlich von Norwegen hervorragen muß. ist die Angahe von
Helluland, Markland und Vinland, die auf Grönland folgen und so weit gen Süden reichen, daß sogar
davon die Rede sein kann, der südlichste Teil von Vinland hinge mit Afrika zusammen. Daß die
isländischen Geographen jedoch nicht den leisesten Zweifel über die wirklichen Verhältnisse hegen,
zeigt die Ergänzung in Gripla: „Grönland erstreckt sich nach Südwesten", sowie die Worte in der
Historia Norvegica „Grönland ist Europas Grenze gegen Westen und erstreckt sich heinahe his zu den
Inseln Afrikas" (vgl. S. 188, Note 6). Solche Ergänzungen fehlen indessen im Haukshuche und in der
isländischen Chorographie, und wenn dies der Fall ist, so werden die Berichte, wenn sie von Leuten
benutzt werden, die die Segelanweisungen nicht kennen oder nicht richtig zu benutzen verstehen, irrige
Vorstellungen über Grönlands Lage hervorrufen.
Hierzu kommt außerdem, daß die Mitteilungen über Grönlands Naturverhältnisse r) einen zu
der Überzeugung bringen mußten, daß dieses Land hoch oben im Norden sei, und daß die geographischen
Beschreibungen der mittelalterlichen Gelehrten Grönland als eine dem Nordpol naheliegende Insel
betrachteten, und zwar näher als Island und Norwegen. Es hängt dies wiederum damit zusammen, daß
das kosmologische System des älteren Mittelalters zu den rein praktischen Begriffen der nordischen
Seeleute nicht paßte. Wie wir es schon oben bei Adamus Bremensis (vgl. S. 187) bemerkten,
wurde von den Gelehrten die Erde als eine auf dem Ozean fließende, runde Scheibe aufgefaßt; die
Inseln lagen im Ozeane um die Scheibe herum ; neu entdeckte Länder wurden als Inseln am Außenrande
angebracht. Ja, kürzlich hat Jos. Fischer sogar mitgeteilt, daß eine handschriftliche Erdbeschreibung
mit zwei Scheibenkarten aus den Jahren 1483 — 86 vorliegt, die Grönland wie England und Norwegen
als runde Insel im äußeren Weltmeer darstellen 2). In diesem System waren die Richtungsbegriffe am
Scheibenrande andere als die unsrigen und die der nordischen Seefahrer. Nord, Süd. Ost und West waren
ja Punkte am Scheibenrande, und die Hauptbestimmungen waren die Abstände vom Rande und von dem
nächsten der vier Richtungspunkte. So lange diese naive Weltanschauung nur kartographisch dargelegt
wurde, wie auf den mittelalterlichen Weltkarten, spielte sie im 15. Jahrb.. bei den Ptolemäisch geschulten
Kartographen keine so große Rolle; wurden aber die Begriffe des alten Systems in Worte gekleidet,
nach denen man gradierte Karten zeichnen sollte, so war reichliche Gelegenheit vorhanden, sich zu
irren. Mit den Anschauungen der Isländer über die Landverbindung von Rußland nach Grönland
stimmte das gelehrte System der Südländer so schlecht wie möglich.
Auch im Norden waren diese Gelehrten-Begriffe indessen eingedrungen, wie es aus dem Königs-
spiegel zu ersehen ist. Der Autor dieses merkwürdigen Buches zeigt gerade bei der Erwähnung von
Grönlands Lage, daß er das System richtig verstanden hat und beherrscht; immerhin spürt man
jedoch in seinen Worten ein Zweifeln und Zögern, als ob die Gelehrsamkeit zu seinen eigenen und
seiner Landsleute Erfahrungen nicht recht passen möchte. Er sagt, nachdem er Isidor als Gewährs-
mann angeführt und die Theorie der 5 Zonen entwickelt hat 3) :
„Es ist somit am wahrscheinlichsten, daß die kalten Zonen im Norden und Süden an den
äußersten Rändern der Welt (ä hinum yztum sidum heimsens til nords oc sudrs) liegen, und falls ich
mir dieses auf richtige Weise vorgestellt habe, so ist es nicht unwahrscheinlich (cei Mikt), daß Grön-
land unter der kalten Zone liegt; denn die meisten, welche dort gewesen sind, legen das Zeugnis ab,
daß die Kälte daselbst eine gewaltige Macht erlangt hat, sowie auch Land und Meer offenkundig davon
') Nebenbei soll hier bemerkt werden, daß vermutlich die Natur Verhältnisse in Grönland dazu beigetragen
haben, daß man im Norden eine Landverbindung nördlich ums Eismeer annahm ; man traf ja in Grönland dieselbe
Fauna wie in Lappland, auch von Landtieren (Remitiere, Eisbären); vgl. Storni , Colmnbus paa Island, S. 78.
2) Jos. Fischer, Die kartographische Darstellung der Entdeckungen der Normannen in Amerika. Vortrat/
auf dem Amerikanisten-Kongresse in Stuttgart 1904, Stuttgart 1906. Ähnliche Karten mit Grönland als Insel im nörd-
lichen Weltmeere finden sich in mehreren Abschriften (vom 16. Jahrh.) einer dänischen Weltbeschreibung. Vgl.
Chr. Pedersen, Damke Skrifter udg. af C. J. Brandt und R. Th. F enger, V, Kobenhavn 1856, S. 539.
») G. h. M. III, S. 339—41.
ülavus' Quellen. D. Nordische Quellen.
191
zeugen, daß alles dort durch die überwältigende Kraft von Prost und Kälte eingeschlossen wird; denn
es ist alles sowohl im Winter als im Sommer hart gefroren, und beide Teile (d. h. Land und Meer)
sind mit Eis bedeckt. Die Leute nehmen auch als ganz gewiß an, daß Grönland am äußersten Rande
nach Norden zu liegt (at Grcenaland liggi ä ijtztu sidu Helmsens til nords), und ich glaube ebenfalls,
daß es außerhall) Grönlands auf dem Weltkreise (t'tt or kringln helmsens fra Grcenalannde) kein Land
gibt, sondern nur das leere und große Meer, das um die Welt herum fließt (iJat er umhvcerfis rcennr
heiminn)*.
Mit der Ausnahme, daß Vinland unerwähnt bleibt, stimmt dies ja ganz mit Adamus Bre-
men s i s' Darstellung.
Es läßt sich nicht leugnen, daß alles so zurechtgelegt war, daß, wenn die Nachrichten über
Grönlands Lage südwärts wanderten, sie den Gelehrten falsche und verworrene Vorstellungen bei-
bringen mußten1).
Daß man im 15- Jahrhundert in den romanischen Ländern, wenn man überhaupt etwas von
Grönland wußte, annahm, daß es nördlich von Norwegen läge, davon lassen sich verschiedene Beispiele
anführen. Fischer weist nach, daß diese Annahme in zwei jener Noten, die Kardinal Fillastre
dem Ptolemäus-Texte in der Nanziger Handschrift hinzugefügt hat, ausgesprochen ist. Hier steht
nämlich (vgl. S. 105) Octava eitrope tabula . . . item continet, rltra quam ponit tholomeus, noruegiam,
suessiam. Rossiam vtramque et sinum codanum diuidens germaniam a noruergia et Suessia. Item alium
tinum vltra ad septentrionem , qui omni anno congelatur in tercia parte anni. Et vltra illum sinum
est grolandia, que est versus insulam tyle magis ad orientem, et ita tenet totam illam plagam septen-
trionalem usque ad terram incognitam. Und an einer anderen Stelle (vgl. S. 104): Omittit (tholomeus)
eciam mare, quod dicitur eongelatum, quia per majorem partem anni est glaciatium et est inter Nor-
wegiam et Grolandiam, quam eciam omittit maxime septentrionalem regiouem ad Occeanum septentrionalem
versus Occidentem et jnsulam Tyle. Sucht man — sagt Fischer — nach diesen Angaben Grönland zu
zeichnen, so wird es nördlich von Norwegen, östlich von Island (Thüle) zu liegen kommen" 2). Ferner
führt er an, daß Grönland (Grinland) auf der genuesischen Weltkarte vom Jahre 1447 nördlich von Skan-
dinavien 3) gelegt wird. Er hätte außer Adam von Bremen auch folgenden Passus aus dem Briefe vom
Papste Nicolaus V. aus dem Jahre 1448 4) hinzufügen können: lnsul(ay Grenolandi<Cay, quw in ultimis
finibus oceani ad septentrionalem plagam regni Norwegie in provincia Nidrosiensi dicitur situata. Auch
auf dem Laonglobus vom Jahre 1493 befindet sich Grblandia ganz deutlich nördlich von Skandinavien5).
') Nicht nur die Weltkarten in Radform wirkten störend, auch die bei Ptolemäus' Weltkarte angewandte
konische Projektion konnte auf den störend einwirken, der gewohnt war, mit den leicht faßlichen Darstellungen der
iiquidistanten Projektion oder der Konipaßkarten zu arbeiten und dem die Folgen einer Übertragung einer Projektion
in eine andere nicht klar waren. Nimmt man auf diese keine Rücksicht, so wird Grönland, um ein naheliegendes
Beispiel anzuführen, auf den korrigierten Weltkarten des a-Typus (a, — as) scheinbar eher nördlich als westlich von
der skandinavischen Halbinsel liegen.
-) Fischer bemerkt, daß er mehrmal» seinen philologisch geschulten Kollegen den Text des Kardinals vor-
gelegt und immer die Antwort erhalten habe, daß Grönland demnach nördlich von Norwegen anzubringen wäre.
Darüber kann auch kein Zweifel obwalten. Dann ist es aber klar, daß Nordenskiölds Annahme (vgl. S. 4).
der Kardinal Fillastre habe sein hier zitiertes Wissen aus den A-Karten erhalten, nicht stichhalten kann. Denn
derjenige, der die A-Karten benützte, würde sich offenbar nicht so ausgedrückt haben, wie der Kardinal es tut.
s) Fischer, 1. c. S. 89. - - Auf Lelewels Reproduktion (Epilogne, Tafel VI) ist Grinland eine Halbinsel,
welche von Rußland ausgeht und sich gegen Westen in den Ozean nördlich oder nordöstlich von Norwegen hinaus
erstreckt. Übrigens erklärt H. Wuttke (Zur Geschichte der Erdkunde in der letzten Hälfte des Mittelalters, Dresden
1870, S. 45 und Tafel X), daß Grönlands Name sich auf der Karte nicht befindet: nach der Reproduktion bei Ongania
(Tafel X) zu urteilen hat er Recht. Die Karte ist indessen nicht gut erhalten ; es mag sein, daß man früher einen
Namen hat lesen können, welcher nun verschwunden ist; das wahrscheinlichste ist aber, daß hier von Seiten
Lelewels ein Irrtum vorliegt.
4) G. h. M. III, S. 165 ff. ; Jelic, L' evanr/elisatiot) S. 182 tf. Fischer, Entdeckungen der Normannen, druckt
S. 52 — 53 den ganzen Brief ab.
5) Bulletin de. la societe de geographie 1860, S. 419 und Tafel 5. — Bemerke auch die Aufzählung der zu
Norwegen gehörigen Länder des Ordericus Vitalis (Jlistoria eeclesiastica X) vom Jahre 1141: Orcades insulce et
192
Kapitel VIII.
Es nuterliegt kaum irgend welchem Zweifel, daß der Grund zu der im Süden herrschenden
Anschauung, Grönland läge nördlich von Norwegen teils in dem Mangel an genauen Angaben bei
einigen der alten isländischen Geographen zu suchen ist, teils in Adam von Bremens fehlerhafter
Annahme, daß die Entdeckungen der Nordländer in nordöstlicher und nicht in westlicher Richtung vor
sich gingen, hauptsächlich aber in den naiven, mit der Wirklichkeit so schlecht übereinstimmenden
kosmologischen Anschauungen des Mittelalters, auf dessen Literatur man im 15. Jahrhundert noch
vielfach baute und bauen mußte. Fischer hat darum ganz recht, wenn er sagt, daß Nicolaus
Germanus bei der Einführung des B-Typus in vollständiger Übereinstimmung mit der Anschauung
seiner Zeitgenossen über den allerhöchsten Norden war. Alle Aufklärungen, die er, abgesehen von
Clavus' Karte, über den hohen Norden hat einholen können, müssen ihm sicherlich die Anschauung
beigebracht haben, daß das Grönland der Clavuskarte verkehrt gelegt sein müsse. Den zur Karte
gehörigen Text kannte er ebensowenig wie das Nanziger Werk; er wußte also nicht, daß der Autor
selbst iu Grönland gewesen sei, es war ihm vielleicht sogar unbekannt, daß er ein Nordländer sei. Er
ist also wahrscheinlich außerstande gewesen, zu entscheiden, ob der Verfasser der Karte eine größere
Autorität besäße als alle andern, deren Berichte in entgegengesetzter Eichtling gingen. Schon der
Mangel an Namen auf der Eestlandsverbindung zwischen Europa und Grönland, den Nicolaus Ger-
manus offenbar in jeder Weise zu verbergen suchte, sowie das Mißverhältnis zwischen der Namen-
menge an Grönlands West- uud Ostküste mußte in hohem Grade geeignet sein, ihm Mißtrauen zu den
Kenntnissen des ursprünglichen Kartenzeichners einzuflößen. Die Art und Weise, in welcher nun
Nicolaus die Korrektur vornahm, indem er die grönländischen Namen mitten zwischen denen von
Finmarken anbrachte, und daß er außerdem ganz unmotiviert Island einen andern Platz gab, muß
unbedingt getadelt werden; daß eine Korrektur vorgenommen wurde, ist dagegen sowohl erklärlich
wie verzeihlich. Es war eben im 15- und 16- Jahrhundert für die Kartographen Europas nicht leicht
aus dem Wirrwarr der Berichte klug zu werc'en und über ihren Wert als Quellen zu entscheiden. Die
meisten Angaben über den hohen Norden in der lateinischen Literatur waren geeignet, als störende
Elemente zu wirken. Von den Dokumenten, die nach Süden gelangten, war Clavus' Karte die einzige
für die Kartographen wirklich wertvolle. Das Lob oder der Tadel, den die modernen Forscher den
kartographischen Darstellungen vom hohen Norden, und ganz besonders von Grönland, aus dem
15. oder 16. Jahrhundert gezollt haben, ist deshalb einzig und allein, ihnen selbst ganz unbewußt,
davon abhängig gewesen, wie genau der betreffende Kartenzeichner Clavus gefolgt ist1). Wir brauchen
nur an die Zenokarte zu erinnern.
Als gutes Beispiel von der Willkürlichkeit und Unsicherheit, welche damals unter den Geographen
in Bezug auf den hohen Norden herrschten, dient die Art und Weise, in welcher der Volksnarne „die
Karelen " hin uud hergeschoben wurde und für uns hat dieses Beispiel das besondere Interesse, daß
auch Clavus sich hier hat irre leiten lassen und die Karelen mit den westgrönländischen Eskimos
identifiziert hat. Ursprünglich war man weder im Zweifel darüber, wo die Karelen wohnten oder
darüber, daß der Name der Eskimos .Skrälinger" sei. In dem Zitate von Historia Norvegice von
zirka 1175 wurden z. B. Kiriali unter den Volksstämmen genannt, die jenseits Norwegen gen Osten
wohnen, während die Scrwlinga als wunderbare Männchen bezeichnet werden, welche die Jäger jenseits
der Grönländer gegen Norden getroffen haben (vgl. S. 188, Note 6). Auf Angelino Dalortos
Finlanda, Islanda quoqiie et Grenlanda, ultra quam ad septentrionem terra non repsritur. Weniger deutlich scheint
hier wieder die Ansicht zu herrschen, Grönland liege weiter gegen Norden als Norwegen und Island. Vgl. G. h.
M. III, S. 428.
') Ausnahmen in dieser Beziehung hilden jedoch für Dänemark und Südskandinavien die Cusanus-Karte
(vgl. S. 33) und deren Sprößlinge und für Grönland die Cantino-Karte vom Jahre 1501—2. Auf letzterer findet
man Grönland in einer sehr guten Gestalt, aber als einen Teil von Asien aufgefaßt (a punta dasia): diese Dar-
stellung ist auch ein Resultat wirklicher Beobachtungen, indem Gaspar Corte-Real im Jahre 1501 die Küste
von Grönland sah, aber vom Eise und den steilen Felsen verscheucht, ohne zu landen wegfuhr. Vgl. Harri sse
Les Corte-Real, Paris 1883 und Discovery of North America, Paris, London 1891. S. 63 ff. u. Tafel VI.
Clavus' Quellen. D. Nordi-che Quellen.
193
Kompaßkarte vom Jahre 1325 ist Karelia an der innersten, nördlichen Bucht der Ostsee angebracht
(vgl. S. 59, Note 3). Marino Sanuto (zirka 1320) bringt ebenfalls ganz richtig Karelen und Finland
nordwestlich von Kußland an, und auf den drei uns bekannten Exemplaren seiner Karte (Cod. 9405
in Brüssel, Cod. 4939 in Paris und Cod. Tanner 190 in Oxford) steht der Name Kareli infideles rechts
oben, also zunächst nordwestlich von der innersten Bucht der Ostsee J). Hierdurch wird der Wohnsitz
der Karelen indessen gerade dahin verlegt, wo Grönland, wie man annahm, liegen sollte. Damit waren
aber die Elemente zu dem Irrtum gegeben, den der Autor von Itineraire Brugeois beging, wenn er die
Eoute angab De Ysland usque Graenland per mare. Groenland. Deinde usque Kareli2) ; er nimmt also an, daß
Grönland jenseits von Island liegt und die Karelen noch weiter hinaus wohnen. Selbst wenn wir jetzt auch
keine ältere Karten mit Grönland nachweisen können, von denen eine die Quelle für den Autor des Keise-
buches hätte sein können, so zeigt die katalanische Kompaßkarte Nr. 16 in der Biblioteca Nazionale in Firenze
vom 14. oder auch vom Anfange des 15- Jahrhunderts, daß der Name Grönland den Kartenzeichnern der
romanischen Länder nicht unbekannt war. Auf dieser Karte hat die Ostsee nämlich die Aufschrift: Aquesta
mar es appellada mar de lamaga (Alemannien), de suezia e de gronlandia . . ., wo gronlandia sich einge-
schlichen haben muß statt gotlandia, und zwar durch eine Konfusion oder Verschreiben, ganz ebenso wie
in Clavus' Wiener Text 3). Wir nehmen deshalb an, daß, während die oben genannten lateinischen und
nordischen Quellen die Annahme hervorgerufen haben, Grönland sei das äußerste Land jenseits Skandina-
viens gegen Norden, die naive Darstellungsweise der Scheibenkarten die Schuld daran trägt, daß Karelia
und Grönland neben eiuander gelegt und die Karelen mit den Skrälingern identifiziert worden sind. Was
nun Clavus betrifft, so folgt er dem Keisebuche mit gewohnter Zuversicht, nicht allein in dem älteren
Werke, wo er natürlich kaum die Mittel zur Entdeckung der Fehler besaß, sondern auch iu dem
jüngeren, obgleich es ihm klar geworden sein muß, daß der nordische Name der Eskimos Skrälinger
sei. Storms Annahme, daß der Name Kareli aus der Eskimoer Aussprache des Wortes Skrälinger:
Karälit, entstanden sein sollte, müssen wir mit Nordenskiöld4) bezweifeln; die hier gegebene Er-
klärung erscheint uns weit natürlicher.
Außer den Karelen nennt der Wiener Text, wie wir sahen, die Pigmäen noch weiter westlich
von Norwegen als die wilden Lappen. Daß die Pigmäen ebenfalls als Eskimos aufgefaßt werden müssen,
schließt Storni5) daraus, daß dieselben nach Clavus' Aussage in einem Fellboot gefangen worden sind
und daß unter allen Volksstämmen, mit denen er in Berührung gekommen ist, allein die Eskimos solche
Böte benutzten. Es mag vielleicht wunderbar erscheinen, daß die Karelen und Pigmäen nicht identifiziert
werden, obgleich diese beiden Völker Eskimos sein müssen und er behauptet, sie beide mit eigenen
Augen gesehen zu haben. Dazu ist nur zu bemerken, daß die Leute, welche er Pigmäen nennt, einige
auf offenem Meere aufgefangene und nach Norwegen mitgeführte Eskimos waren, die von ihm als
Karelen bezeichnete dagegen die feindlichen Eskimoscharen in Grönland sind; ferner, daß die Volks-
namen Karelen und Pigmäen schon auf der älteren (Nanziger) Karte festgelegt waren; und den An-
gaben dieser Karte bestrebte Clavus sich natürlich, so viel wie möglich, seine späteren Reiseerfahrungen
anzupassen.
') Vgl. Miller, Mappaemundi III, 132—34.
-) Lelewel, Epilogue, S. 287.
3) Viele andere Kompaßkarten haben hier das richtige Gotlandia, z. B. die undatierte katalanische Karte in
der Biblioteca Nazionale in Napoli (vgl. S. 59, Note 7), Atlas catalan vom Jahre 1375, Mecia de Viladestes'
Karte vom Jahre 1413, die undatierte katalanische Koinpaßkarte in Modena vom 15. Jahrh., Gratiosus Benin-
casas Karten von den Jahren 1482 und 1508 (vgl. S. 60, Note 4—5). Cod. Add. Mus. Brit. 11548 (datiert 1529) hat
mare ahmanie et suetie et gotilande. Mare noricom aiue gotlandie heißt die Ostsee auf anderen Kompaßkarten (Dalorto
1325, Pizigano 1367). In einer lateinischen Ptolemäus -Handschrift vom 15. Jahrb., wo die Tafeln des Autors mit
einer Reihe von Kompaßkarten ersetzt worden sind (Cod. Harleian. 3686 in British Museum), findet man zweimal
den Namen mare moricum (!) et gotlandie.
*) Nordenskiöld, Periplus, S. 91; Storni in Ymer 1891, S. 22.
5) Storm in Ymer 1889, S. 140.
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 25
194
Kapitel VIII.
Eine ganz andere Frage ist die: aus welchen Quellen hat Clavus die Pigmäen der Nanziger
Karte, ihre Riesen (Griffones) und Einfüßler ( Vnipedes) geschöpft, welche alle auf der Festlandsverbindung
zwischen Ostgrönland und Norwegen angebracht werden? Es ist kaum möglich, nachzuweisen, welche
von den zahllosen fabelhaften Berichten des Altertums und Mittelalters hier benutzt worden sind. Was
die Eiesen betrifft, so waren die Kyklopen des Altertums schon frühzeitig mit den Berggeistern der
Nordländer oder mit den Hünen verschmolzen, welche im höchsten Norden zu Hause sein sollten, wäh-
rend die Pigmäen und Einfüßler in die verschiedensten Gegenden der Welt verlegt wurden1).
Von Interesse ist in diesem Zusammenhange der von Storm herausgegebene2) Brief an
Papst Nicolaus V (1447 — -1455) über Norwegens Lage und seine Wunder. An der Stelle nämlich,
wo die Übereinstimmung zwischen dem Briefe und Antoine de la Salle 's zk. 1440 verfaßtem Werk
La Salade3) aufhört (bei Storm Pag. 5, Linie 11) fängt eine Beschreibung an, die in verschiedener Be-
ziehung mit den Legenden des Wiener Textes über die wilden Lappen und Pigmäen übereinstimmt.
Wir führen hier an:
Et iouxte le boys de Gronolonde ou sont Et ab hoc loco uersus occasum longissimo
monstrez en figure humaine, ayans tous les mem- ambitu terre habitant primo Wildlappmanni, qui
bres peluz . lesquelz le peuple appellez hommes sunt homines omnino syluestres et pilosi ....
sauuaiges .... Touteffoiz arbres y cressent ....
Et alez tout en trauersant le midy vers les Et p>ost Mos magis uersus occasum sunt
montaignes de la dite terre habitent pignereux (d. h. Pigmei parui cubitalis longitudinis ....
Pygmees) en forme de petis hommes haulx dune
seule couttee ....
Später, bei der Erwähnung von Finmarken (Venmarche) nennt der Brief außerdem die Steuer-
verpflichtung an den norwegischen König, spricht sich über dieses Thema aber viel weitläufiger aus
als der Wiener Text, welcher übrigens die Steuerverpflichtung auf die wilden Lappen bezieht, die
hommes sauuaiges des Briefes. Daß eine Verbindung zwischen den Berichten des Briefes und denen
des Textes besteht, darüber kann kaum Zweifel herrschen; ob diese Verbindung aber darin besteht, daß
der Autor des Briefes Clavus' Werk gekannt und exzerpiert hat, oder ob sie beide eine der älteren
Quellen benutzt haben, die nach Storms Annahme für den hier besprochenen Teil des Briefes zu
Grunde liegen, müssen wir dahingestellt sein lassen; letzteres ist doch wohl am wahrscheinlichsten.
') Auf der Weltkarte vom Jahre 1447 findet man Griffones im nördlichen Rußland angebracht. Auf der
Borgia-Karte (Periplus, Tafel XXXLX) findet man an derselben Stelle die Legende montes yperborei in quibus griffones
et tigres habitant. Mehrere alte Scheibenkarten haben hier oder in Asien die Legende Hic habitant Griffe homines
nequissimi mit genaueren Erklärungen. Nach K o n r a d M i 11 e r , Mappaemundi IV, 16 — 17 und V, 33 stammen diese
Legenden aus Aethicus (ed. Wuttke 1853, Kap. 31 : Griphus gentes proximam oceani partem unde ait vetusta fama
processisse Saxonum sobilem er ad German iam proeliorum feritate peraccessisse gentes stultissimas, velut ferarum et stru-
thionum vel crocodillorum et scorpionum genera sunt. Tnter alias gentes ad aquilonem). Tab. Cottononiana (angel-
sächsische Weltkarte) hat Griphorum gens (Miller 1. c. III, 32). Die Ebstorfer Weltkarte hat Grife gentes, unde'
dicuntur Saxones ad Germaniam feritate bellorum processisse, homines inter alias velut scorpio inter bestias, und unter
Scitia: Griphorum iinmanitate oppressi, statura proceri, quadrupedum atque pennatum genus rapidissimumque omnium
ferarum fertur esse. In vertice id est in lateribus Yperboreorum moncium nascuntur. Totum namque corpus illorum
ymaginem seu formam leonis ostendit. Alis atque et facie velut aquile; equis vehementer infest i. Nam homines discerpunt,
iuga bouum velut duos hyrcos uuguibus interimentes dividunt (vgl. das Bild auf der Borgia-Karte). Die Herefordkarte
hat: Hic habitant Grifft- homines nequissimi. Nam inter cetera facinora etiam de cutibus hostium suorum tegumen'a sibi
et equis suis faciunt. — Pigmäen und Einfüßler fanden wir auf keiner Karte vor Clavus in nördlichen Gegenden
angebracht, dagegen spricht Adaraus B r e m e n s i s von Ymantopodes und Ciclopes in den Riphäischen Gebirgen
östlich von Schweden (IV, Kap. 25).
2) Norsk GeografisJc Selslcabs Aarbog 10, Kristiania 1900, S. 1 ff. Der Brief findet sich im Cod. Rawlinson
(Oxford, Bodleian Library) 399, Fol. 69r — 70v. Es liegt hier, wie aus Storms Ausgabe hervorgeht, eine recht
schlechte Abschrift vor.
3) La salade nouellement imprimee Laquelle fait mension de tous les pays du monde, Paris s. a. [zk. 1525],
Fueillet 39 — 40 (nach einem Exemplar in der kgl. Bibliothek zu Kebenhavn).
Kapitel IX.
Clavus selbst und seine Bedeutung.
Was mau von den dänischen Autoren des Mittelalters weiß, ist in der Kegel sehr wenig, wenn
es sich um ihre Persou uud ihr Leben handelt, und danu fast immer nur. was man aus ihren Arbeiten
schließen kann. Namen wie Henrik Harpestraeng (f 1244), Bruder Niels (zk. 1470) und Peder
Laale (14. Jahrh.) sind für uns eben nur Namen, die die Uberlieferung mit verschiedenen Werken
zusammenknüpft, und zwar einem Arzneibuche, bezw. einer Reimchronik und einer Sammlung von
Sprichwörtern. Selbst von einem Autor von Saxos (zk. 1200) Bedeutung sind uns ja fast gar keiue
positive Nachrichten bekannt.
Was Clavus betrifft, sind die positiven Nachrichten, die wir von ihm selbst und seinen Zeit-
genossen besitzen, auch sehr spärliche. Wenn wir sie aber mit dem, was aus seinen Werken und deren
Quellen herausgelesen werden kann , supplieren , läßt sich doch ein wenn auch ziemlich fragmen-
tarisches Lebensbild zeichnen. Eine Hauptfrage stellt sich indessen zuerst ein, und zwar eine, ohne
deren Lösung wir auf fast die Hälfte von dem. was wir von Clavus zu wissen meinen, verzichten
müssen: Hat Storm recht, wenn er Clavus mit dem von Poggio erwähnten Nicolaus natione Gothns
identifiziert ?
Storms Argumentation ist diese1): Nachdem er unwiderlegbar bewiesen hat, daß Clavus in Italien
gewesen sein muß, um Ptolemäus' Karten, die das Muster für die Nanziger Karte bildeten, kennen gelernt
zu haben, sagt er:
,Es wäre ein reiner Zufall, wenn man einen in Italien studierenden Dänen aus den 1420-
Jahren nachweisen könnte. Und dennoch scheint dies sich machen zu lassen. In G. Voigts Die
Wiederbelebung des classischen Alterthums wird berichtet, daß ein dänischer Mann Namens Nicolaus in
Eom im Januar 1424 erzählt hat, daß er im Sore-Kloster bei Boskilde ein Exemplar von Livius gesehen,
und daß er dies im Beisein von Kardinal Giordano Orsino, dem Sekretär Poggio und anderen gesagt
hatte. Der Bericht veranlaßte eine Nachfrage in Dänemark, die jedoch vergeblich war oder ihr Ziel nicht
erreichte. Im zitierten Briefe von Poggio vom 8. Jan. 1424 wird der Berichterstatter erwähnt als »quidam
doctus homo natione Gothus qui peragravit magnam partem orbis, homo quidem est ingenio acuto sed
inconstans*, und seinem Bericht nach » libri sunt in Monasterio de Sora, ordinis Cisterciensium, prope
Koschild ad duo milliaria theutonica, hoc est, prope Lubich paulo amplius quam est iter diei uniusÄa). In
') Vgl. Ymer 1891, S. 17—18.
-') Der ganze Brief lautet folgendermaßen (vgl. Poggii Epütolae ed. Thomas de Toneliis, Vol. 1, Florentiffi
1832, S. 104) : „Poggius pl. sal. dicit Nicoiao V. Gl. — Venit huc quidam doctus homo natione Gothus, qui pera-
gravit magnam partem orbis ; homo quidem est ingenio acuto, sed inconstans. Idem retulit se vidisse X. decades
Livii, duobus voluminibus magnis, et oblongis, scriptas litteris Longobardis, et in titulo esse unius voluminis, in eo
contineri decem decades Titi Livii, seque legisse nonnulla in iis voluminibus. Hoc ita verum esse asserit, ut credi
25*
196
Kapitel IX.
einem späteren Brief aus Firenze vom 4. Mai 1434 erwähnt Poggio dieselbe »assertatio cuiusdam docti
viri qui olim in Urbe pluribus aliis mihique narraverat se decades Livi decem vidisse, has legisse in mona-
sterio quodam in Dacia ... Is fuit Nicolaus quidam, natione Gothus, vir vagus atque inconstans, licet
admodum eruditus, qui sancte juravit esse in quodam monasterio Ordinis Cisterciensium tria prsegrandia
volumina« u. s. w. l) Wie man sieht, wird dieser Mann bei Poggio nicht »dänisch« genannt, sondern
possit; retulit hoc Cardinali de Ursinis, multisque praeterea, et omnibus eisdem verbis, ut opinor, non esse haec ab
eo confieta. Quid quaeris? Facit assertio sua, et constans vultus, ut credam aliquid. Melius est enini peccare in
hanc partem, ex qua tanturn lucrum fieri posset, quam esse omnino incredulus. Itaque volui hoc ad te scribere,
ut loquaris cum Cosmo, desque solicite operam, ut haec volumina quaerantur; nam facile erat vobis. Libri sunt in
Monasterio de Sora, ordinis Cisterciensium, prope Roschild ad duo milliaria theutonica, hoc est, prope Lubich paulo
amplius quam est iter diei unius. Arrige aures, Pamphile. Duo sunt volumina, magna, oblonga, litteris Longo-
bardis, in Monasterio de Sora, ordinis Cisterciensium, prope Roschild, ad duo milliaria theutonica, quo adiri potest
a Lubich biduo amplius. Cura ergo, ut Cosmus scribat quamprimum diligenter ad Gherardum de Bueris, ut, si opus
sit, ipse eo se conferat; imo omnino se conferat ad Monasterium. Nam si hoc verum est, triumphandum erit de
Dacis. Cardinalis mittet illuc nescio quem, aut comrnittet uni propediem disce.ssuro. Nollern hunc tantum bolum
de faucibus nostris cadere: itaque matura, ac diligenter: ne dormias. Nam haec vir ille ita affirmavit, ut quamvis
verbosior videretur, tarnen nulla esset causa, cur ita impudenter mentiretur, praesertim nullo pi-oposito mentiendi
praemio. Ego igitur ille, qui vix credo quae video, adducor, ut hoc non omnino esse falsum putem, et hac una in
re honestum est fallt. Tu igitur curre, insta, preme Cosmum, ut aliquid expendat, quo litterae cito tutae deferantur.
Vale. Romae die VIII Januarii 1424. Quid autem egeritis, cura, ut sciam. Manu veloci. Dicas haec Leonardo
nostro Cancellario. In eo monasterio omnes fere Dacorum reges sepeliuntur." — In diesem Brief, welcher gleich
nach Poggios Zusammentreffen mit dem Nicolaus Gothus geschrieben ist, nennt er also gar nicht den Namen
Nicolaus; überhaupt scheint er sich, was ja auch natürlich ist, herzlich wenig um den Berichterstatter gekümmert
zu haben : um so mehr aber interessierte ihn der Bericht.
') Der ganze Brief lautet folgendermaßen (vgl. P. Hochart, De V authrnt leite des Annales et des histoires
de Tacite, Paris 1890 S. 312 — 14): „Magnifico Domino meo, Domino Leonello de Este Equiti. — Cum essem hodie
in secretiori aula summi Pontificis, una cum egregiis quibusdam viris, in quibus vir praestans, atque omni laude
dignus Omiliadus frater tuus, ac Feltrinus Eques Ferrariensis doctrina et dicendi copia excellens ; inter loquendum
i cidi in eum sermonem, ut laudarem multis verbis Titum Livium Patavinum, eurnque omnibus Historicis Latinis et
Graecis dicerem praeferendum. Nam ne apud Graecos quidem reperitur quispiam, qui tanta elegantia et gravitate
sermonis, septingentorum annorum tarn amplam materiam scribendi, tarn difl'usam, tarn variam tarn magnificam, et
populi omni am gentium domini ac victoris res pace et bello gestas fuerit complexus quae adeo excellentes et egregiae
extiterunt, ut omnibus omnium aliarum nationum, populoruni, regumque longo intervallo nnteponendae esse videantur.
Sentiat Plutarchus quid velit, et Graecos Latinis comparet: nequaquani tarnen illos adeo extollere verborum magnifi-
centia potest, ut non excellent nostri inter suos, et veluti heroes inter alios judicentur.
Cum igitur Feltrinus meam sententiam comprobaret, subdidi maximum lucrum accessurum Latinis literis, si
reliqui ejus libri reperirentur, quod ego facile futurum esse arbitrabar. Cum illae haec tanquam vana existimaret,
dixi non tantum moveri me iis, quae nuper intellexeram prodire a Mantua, quantum assertione cujusdam docti viri,
qui olim in Urbe, pluribus aliis mihique narraverat, se decades Livii decem vidisse, hac legisse in monasterio quodam
in Dacia ; quo in loco eas esse, hunc alterum postmodum retulisse dicant. Is fuit Nicolaus quidarn, natione Gothus,
vir vagus atque inconstans, licet admodum eruditus, qui sancte juravit esse in quodam monasterio Ordinis Cisterciensium
tria praegrandia volumina, et oblonga, conscripta litteris Longobardis, et nonnullis praeterea Gothicis intermixtis, in
quibus contineretur (!) decem Livii decades, quarum capita esse (d h. ipse) legisset. Atque hoc ita asseveranter affir-
mavit, ut eidem fidem haberein praesertim cum non esset ibi aliqua causa tarn impune mentiendi. Itaque per facile
adducor, ut existimem eas decades ibi esse, cum nunc quoque alius testis horum librorum reperiatur, qui se quoque
decades omnes vidisse asseveret.
Hoc ut ad te scriberem, summopere Feltrinus rogavit. Itaque veluti argumentum epistolae nactus sumpsi,
et quidem libens occasionem ad te scribendi, praesertim cum idem mihi asseruerit, te studiis deditum Humanitatis, Guarini
nostri doctissimi viri opera, jam doctum atque eloquentem evasisse. Quod eo mihi gratius fuit quo pauciores sunt
(de potentioribus loquor) qui vel literarum studiis delectentur, vel doctis viris ; et, si verum fateri volumus, excepto
praestantissimo atque excellentissimo Principe parente tuo, qui complures cloctissimos homines ad se conquisivit,
nullos vel p;iucos doctos in Italia reperies (nam apud exteros, potus et eibi potius quam doctorum ratio habetur) qui
vel sint liberali aliqua diseiplina imbuti, vel eos in quibus illa vigent, aliquo honore dignentur. Atqui haec quidem
causa est potissima cur multa perverse a Principibus agantur, cum neque ipsi sapientiae studere velint, neque
colant sapientiae studiosos, Quamobrem gaudeo ipse mecum, tibi vero gratulor, qui tuam adolescentiam non cor-
poris illecebris, aut voluptati, ut multi mortalium, dedicasti, sed studiis, et doctrinae, quae quoniam ad vitam bene
agendam, hoc est ad virtutem, et honestatem maxime conferunt, persevera, oro, ut coepisti et mentem revoca ad ea
Clavus selbst und seine Bedeutung.
197
»Gothus«; jedoch hat man gewiß mit Voigt das Recht dazu, kein Gewicht auf diesen Völkernamen zu legen,
welcher für einen Italiener und Humanisten gewiß den ganzen Norden umfaßt. Insofern ist nichts hinderlich,
diesen bereisten und gelehrten Nicolaus für dänisch anzusehen.
Was mich dazu bringt, es als sicher anzunehmen, daß wir hier unseren geographischen Autor haben,
ist, daß Poggio in seinem Briefe vom 8. Jan. 1424 in Bezug auf Sora Kloster hinzufügt: »In eo mona-
sterio omnes fere Dacorum reges sepeliuntur « , denn diese Notiz stimmt ganz merkwürdig mit dem, was
Cl. Clavus über »Suuor abaiia« sagt: hic sepeliuntur Eeges Danie. Nun ist es beachtenswert, daß die
älteren dänischen Könige von Valdemar I an bis Erik Plovpeuning alle in Eoskilde begraben wurden, von
den folgenden erhielt Abel seine Grabstätte in Schleswig, Christoffer I in Ribe, Erik Glipping in Viborg,
Erik Menved endlich in Ringsted; Christoffer II und sein Sohn König Erik wurden aber in Sorfi begraben,
Valdemar IV wurde ursprünglich in Vordingborg begraben, wurde aber kurz nach 137 7 von Margrete nach
Sor</> gebracht; ihr Sohn Olaf erhielt auch seine Grabstätte in Sorip (l 387), und dahin wurde auch Margietes
Leichnam im Herbst 1412 geführt, um freilich schon am 4. Juli 1413 nach Roskilde gebracht zu werden1).
Wenn nun sowohl der in Italien reisende »Nicolaus Gothus«, welcher in langer Zeit auswärts herumgewandert
hatte, und der in Italien studierende »Nicolaus Niger« oder » Claudius Clavus« dieselbe Notiz haben, die nur
bis 1413 historisch richtig war, scheint mir dies stark auf die Identität dieser beiden Männer zu deuten.«
Die beiden hier zitierten Briefe sind indessen nicht die einzigen, in denen Poggio den
Nicolaus Gothus erwähnt. Er schreibt noch in hohem Alter im Jahre 1452 über die vergeblichen
Nachforschungen, die der von Papst Nieolaus V im Jahre 1451 ausgeschickte päpstliche Legat
Enoch Aesculanus in Dänemark anstellte2). Dieser wurde nämlich dahingeschickt „ut oderaretur,
si quae latina manuscripta laterent" 3). Nun sieht man aber deutlich, daß Poggio nicht mehr von
der Wahrheit des Berichtes überzeugt ist. Übrigens wurden nach Poggios Tod (30. Oktober 1459)
mehrmals Nachforschungen über die Livius -Handschrift angestellt, aber jedesmal vergeblich4).
quae te excelsurn et praeclaruni possunt reddere. Nam, si quem decet vacave studio virtutis, Principem maxime
opportet illius consequeudae curam praecipuam habere. Turpe est enim, ab iis, quibus opibus et potestate praesis,
virtute aut sapientia superari ; et quamvis consilia amicorum plurimum soleant conferre potentibus ad deliberandum,
atque agendum ; tarnen non egere alterius consilio, quid sit utile, quid honestum, quid liceat, quid expediat, per se
ipsum cognoscere, praeclaruni atque egregium haberi solet, et supra communein houiinuni facultatem. Quare incumbe.
quaeso, atque invigila bonarum artiuin studiis quae tibi multarum rerum copiam subministrabunt, per quae possis
ad mimmam laudem et gloriani pervenire. Ego tuus sum, licet pusillus. Vale. Florentiae 4 Nonas Maii."
') Vgl. Kr. Erslev, Dronning Margrete, K'jbenhavn 1882, S. 432.
-) Der ganze Brief lautet folgendermaßen (vgl. Cod. Paris, lat. 14394, fol. 68r— v) : „Poggius pl. sal. dicit
Francisco C'oppino viro clarissimo. — Scio pro mutua nostra benevolentia te iis rebus omnibus letari, quas in meum
comniodum esse opineris. Ego quicquid egi, otij egi et quietis gratia, que sum, ut iudico (?), ex anhno consecutus.
Jam enim tempus et etas ferre videbatur, ut tanquam veteranus in aliquam coloniam deducerer, que esset susten-
taculum senectutis.
In fabula decadum Liuii, quam narras, tu parum, ego minimum fidei habendum duco. Toties enim sum
huiusmodi ostentationibus ac pollicitationibus delusus, ut nesciam, quid aut quatenus sit credendum. Est vetus
historia, et usque a tempore Martini cepta, Nicolai cuiusdam Gothi asserentis has decades litteris longohardis scriptae,
nonnullis gothicis adraixtis cavatribus, esse in Dacia seu Neruegia (!) in quodam nionasterio, qui dicitur de Sora,
aliquas (!) perquirendas nonnulli meo rogatu profecti sunt, qui mihi postinodum retulerunt, nullos eiusmodi libros se
in eo nionasterio reperisse. Alii aliud norainant, ad quod quidam meo rogatu, licet in casum accesserunt. Nouis-
sime a summo pontifice missus est ad eos libros perscrutandos Enoch Esculanus, qui adeo diligens fuit, ut nihil jam
biennio uenerit dignuni etiam indocti hominis lectione. Nescio igitur, quantum huic nouo inuentori credendum sit.
Tu tarnen pro tua prudentia hominem conuenies et scrutaberis diligentius, quanam in prouincia libri sint, si adiuit, si
vidit, si legit, quot sint volumina, et utrum transcribi an precio afFerri possint. Si videbitur aliquid creti atferre, ut
nonnihil sperandum sit, dabitur opera, ut libri in lucem carcere eruantur [corr. ex eruentur]. Hoc enim meo nomine
promittas etiam sub iiummudariorum fiele pro qualibet decade, quam ad ine primum detulerit, centum aureos
daturum. Vereor, ne hic homo aliquas pecunias expiscari velit, quibus ad patriam se conferat nunquam postea
rediturus. Ideo perquire ab homine quam potes diligentius, quid sperandum sit, et an videatur verba ad fallendmn
hindere, an serio et consulto loqui, et ad me eius responsum perscribas. Neque enim rem omnino negligere oportet,
neque niniiuin credere. Ego tuas litteras expecto. Vale et in hoc perquirendo non solum diligens sis, sed etiam
curiosus. Florentie Kalendis Augusti L1452]."
3) Spondani Contin. Baronii Annal. eccles. II, S. 43.
4) Im Jahre 1461 kam der päpstliche Legat Martinus Friginus nach den Nordlanden, zum Teil um
nach Handschriften zu suchen {Dänische Bibliothek IV, K&benhavn 1743, S. 380), und als der Ablaßhändler Itzardus
198
Kapitel IX.
In Bezug auf Clavus hat Storni offenbar alles vorgebracht, woraus man schließen darf,
Clavus und Nicolaus Gotbus seien identisch. Sein Hauptargument ist offenbar die Übereinstimmung
in dem, was diese beiden Personen in Bezug auf die Königsgräber in Sora aussagen; dies Argument
ist aber unserer Ansicht nach so vielsagend, daß wir mit Storm an die Identität glauben müssen. Im
Vergleich mit diesem Argument des gemeinsamen Fehlers bedeuten die anderen Beweise der Identität
sehr wenig; denn, daß Clavus um die nämliche Zeit (zk. 1424) in Italien gewesen sein muß, daß er
ein fahrender und vielbereister Mensch war, das alles sagt nur, daß die Elemente zu einem Gegen-
beweis nicht vorhanden sind, daß keine äußeren Gründe uns an der Identität zweifeln lassen. Ebenso-
wenig und ebensoviel sagt endlich der Name.
Im Wiener Texte nennt er sich Claudius Clausstfm Niger (filius Nicolai), im Nanziger Texte
Claudius Clauius SuartJw (filius Nielis oder Niclis), auf der Nanziger Karte Claudius Clauus. Schöner
nennt ihn Claudius Chlaus Niger, was mit dem Wiener Text genau übereinstimmt, indem Claussen
Clauß geschrieben wurde. Friedlieb nennt ihn bald Nicolaus Niger, bald Claudius Niger.
Hiernach muß es als ausgemacht angesehen werden, daß sein Patronymikon Cl aussen war,
und daß das Clavius oder Clavus des Nanziger Werkes entweder eine Latinisierung des dänischen
Clauss0n sein oder auf einem Mißverstehen des Abschreibers beruhen muß. In Dänemark waren
indessen derzeit die Namen Claudius und Nicolaus, Claus und Niels Synonyme x), und es ist darum
unmöglich zu entscheiden, ob sein eigentlicher Name Claus Clauss3n, Niels Nielss?n, Claus Nielssen
oder Niels Claussan war. Sicher ist jedenfalls, daß Poggios Nicolaus und Friedliebs Nicolaus
Niger um des Namens Willen mit dem Claudius Claussan Suartho sehr gut identisch sein können. Als
Zunamen hat er das im 14. und 15. Jahrhundert nicht ungewöhnliche Swart (latinisiert Niger) gehabt,
und seine Nationalität bezeichnet er durch das Adjektiv Cymbricus, unter welchem er auch dem Kar-
dinal Fillastre bekannt ist (quidam Claudius Cymbricus nennt der Kardinal ihn beständig). Daß
ersieh, obgleich aus Fünen gebürtig, als Cymbricus bezeichnet, ist, wie Storm bemerkt, ganz natürlich :
Gravius um 1510 Dänemark besuchte, gelang es ihm, einen „librum notis perscriptum cum venustissimis tum sua
aetate inusitatis atque incognitis" zu erwerben, welches Buch nach Rom geschickt wurde (vgl. P. W. Becker,
De rebus inter Joannem et Christianum II, Daniae Reges ac Ludovimm XII et Jacobum IV, Galliae Scotiaeque Reffes,
Dissertatio, Hauniae 1835, S. 65). Vielleicht wurde Leo X eben dadurch veranlaßt, im Jahre 1517 einen seiner Hof-
geistlichen, Jo h. H ei t m er s, an König Christiern II zu senden mit einem Brief, daß er in Erfahrung gebracht habe,
es seien auf Kallundborg Schloß alte Klassiker-Handschriften über Roms Geschichte, welche er nach Rom geschickt
haben möchte. Als Kompensation verspricht er dem Könige und allen anderen, für die der König es verlangen
möchte, Ablaß (vgl. Nova litteraria marls Baltici, Lübeck 1699, S. 347 — 49; Dänische BibliotJiek IV, S. 377 — 79;]
E. Pontoppidan, Annales ecclesiae Dankte, I, K0benhavn 1741. Vorrede S. 10— 12). Endlich reiste nach Auffor-
derung des päpstlichen Bibliothekars (Philippus Beroaldus) der Kantor in Bremen, Martin Grönning nach
Trondhjem, wo eine Pergamenthandschrift von Livius — angeblich mit den verlorenen Dekaden — zu finden sei-
Grönning soll wirklich mit der Handschrift zurückgekommen sein; er starb aber 1521, ehe er sie abgeliefert hatte,
und nach seinem Tode wurde sie von seinen Kindern vernichtet (!) (vgl. Gerh. Schöning, Beskr weise over den,
v'dt-berömte Dom-Kirke i Trondhjem, Trondhjem 1762, S. 37 und 40; E. Pontoppidan, 1. c. II, S. 309).
Inwiefern nun diese Livius-Handschrift in Trondhjem wirklich eine solche war, und zwar mit den ver-
lorenen Dekaden, liilit sich selbstverständlich ebensowenig entscheiden wie die Frage von dem vom Nicolaus Gothus
erwähnten vollständigen Livius im Sora-Kloster. Sicher ist nur, daß in den mittelalterlichen Klöstern der Nordlande
- und ganz besonders denen in Dänemark — Klassiker-Handschriften vorhanden waren. Um bei Sora zu bleiben,
weiß man mit Bestimmtheit, daß daselbst Handschriften von Valerius Maximus und Justinus aufbewahrt wurden,
welche beide dem Saxo als Vorbild dienten, als dieser um das Jahr 1200 seine Dänemarks-Geschichte sehrieb. Um
das Jahr 1400, zu welcher Zeit Clavus in Sora gewesen sein kann, befanden diese beiden Handschriften sich unzweifel-
haft noch in der Klosterbibliothek, der sie von Erzbischof Absalon geschenkt waren. Die Valerius Maximus-
Handschrift ging bei der Feuersbrunst Kabenhavns im Jahre 1728 verloren. Die Justinus-Handschrift findet sich
noch in der kgl. Bibliothek zu Kebenhavn (Gl. kgl. Saml. 450. 2°); sie ist vom 12. Jahrh. und trägt die Subskription:
„Liber sanete mariae de Sora. Per manum dom[i]ni Absalonis archiepiscopi" (Faksimile in I'alwojrafisk Atlas, Dansk
Afdeling, K^benhavn 1903, Nr. 4).
') Schon aus der Namensbezeichnuiig im Wiener Texte erhellt die Identität der Namen Claus und Nicolaus;
denn Claussan (Sohn von Claus) ist hier synonym mit Nicolai (Sohn von Nicolaus).
Clavus selbst und seine Bedeutung.
199
Püneu gehörte im Mittelalter in gerichtlicher Beziehung zu Jütland und wird im Nanziger Werke
auch als ein Teil von Jütland betrachtet (vgl. S. 110).
Die in seinen beiden Werken befindlichen Aufklärungen über seine Familie sind unklar und
schwer mit einander in Einklang zu bringen. Dali der Name seines Vaters Nicolaus (Claus oder Niels) war,
steht fest, ebenfalls herrscht kein Zweifel darüber, daß die Mutter Margrete hieß - - im übrigen wird
seine Stammtafel aber verschieden augegeben. Im Nanziger Werke nennt er sich Nielis Petri Tuchonis
filius et Margarete Ingredis Cicilie Osee Strangonis Vinningh genitm, im Wiener Text dagegen Nicolai
Petri Tuconis et Margarete Christierni Strangonis Vinninch filias. Während die Namen niännlicher-
seits in den beiden Stammtafeln dieselben sind, stimmen die auf weiblicher Seite merkwürdig Avenig
miteinander überein: nur darin sind sie sich einig, daß sich das Geschlecht der Mutter auf einen
„ Strange in Vindinge- zurückführen läßt. Die wunderliche Namenreihe des Nanziger Werkes faßt
Storm als eine Angabe der Vorfahren in aufsteigender Linie, zuerst männlicher- und dann weiblicher-
seits auf, und daraus entsteht folgende Stammtafel :
Strange in Vindinge
.-vj Aase
Cicilie
cvj Tucho
Petrus
oo Ingrid
Niels
^ Margrete
Claudius Claussan Swart
Nach dem Wiener Texte ist die natürlichste Auffassung indessen folgende: „Sohn von Niels,
Peder Tygessens Sohn und von Margarete Christiern Strangessens Tochter in Vin-
dinge-. und hierbei sind wir stehen geblieben, ohne jedoch eine festbegrüudete Meinung darüber zu
haben, wie die vielen weiblichen Namen des Nanziger Textes verstanden werden sollen. Da die
Stammtafel durchgehends als unsicher zu bezeichnen ist. dürfen wir auch nicht in der Angabe
von der Abstammung der Mutter von einem Christiern Strangess3n einen Beweis dafür finden, daß
Clavus mütterlicherseits mit dem bekannten Geschlecht der Strangessöhne verwandt gewesen sei 1).
Diese adlige Familie war freilich besonders in Jütland zuhause, kommt aber auch im 14- und 15. Jahr-
hundert auf Fünen vor (sie besaß Güter in den Harden von Gudme und Vindinge); wir haben jedoch
in deren Stammtafeln keinen Christiern Strangessan in Vindinge gefunden.
Infolge des Wiener Textes ist Claudius Claussen Swart den 14. September 1388 geboren
„zwei Stunden vor Sonnenaufgang u, nach den miteinander übereinstimmenden Zeugnissen seiner beiden
Werke in dem Dorfe Sallinge (Salling Herred, Svendborg Amt) auf Fünen. Seine Kindheit fällt also
in die erste Blütezeit der Kalmar-Union, und die auf der Nanziger Karte befindlichen herabsetzenden
und höhnischen Aussprüche über die Hansestädte (Slauorum regio Insidiatrix) und die Preußen (Per-
uersa Prutenorum nacio uel nocio) müssen als das Ergebnis der damaligen politischen und nationalen
Stimmung angesehen werden: zur Zeit der Königin Margrete verursachten die Hansestädte dem däni-
schen Reiche allerhand Schwierigkeiten, und von 1398 bis 1408 waren die preußischen Ritter im Besitz
von Gotland. Daß Clavus, wie aus seinen Werken ersichtlich ist, die lateinische Sprache vollständig
beherrschte, deutet darauf hin, daß er eine literarische, d. h. geistliche Erziehung genossen und sich
sogar in dem Kreise der römischen Humanisten durch eine gewisse Gelehrsamkeit und Bildung einen
') Der bekannteste Mann dieser Familie war Niels Ebbess0n, welcher im Jahre 1340 den Grafen Ger-
hard den GroCen in Randers ermordete und dadurch sein Vaterland befreite.
200
Kapitel IX.
Platz hat erringen können [homo doctus, achnodum eruditus nennt Poggio ihn). Verschiedenes deutet
darauf hin, daßjschon iu seiner Jugendzeit die Grundlage zu seinem Wissen gelegt ist, und zwar wahr-
scheinlich im Kloster zu Sora. Das Nanziger Werk erwähnt die Gräher der dänischen Könige in Sora;
er hat Poggio von ihnen erzählt, hat ihm mitgeteilt, daß das Kloster ein Cistercienser-Kloster sei,
und ihn genau über dessen Lage aufgeklärt; Poggio und den italienischen Humanisten gegenüberhat
er schließlich bestimmt erklärt (juravit), daß er daselbst ein vollständiges Exemplar des Livius in drei
Bänden gesehen habe: er hat selbst die Inhaltsangaben gelesen (quarum capita ipse legisset) und kann
mitteilen, daß die Handschrift mit longobardischen , teilweise aber auch mit gotischen Buchstaben
geschrieben sei. Hieraus darf man annehmen, daß er seine Jugend in Sora verbracht, dort also auch
wahrscheinlich seine Erziehung genossen hat. Die Cistercienser Mönche in Sora zeichneten sich durch
literarische Tätigkeit aus; hier wurden seit Bischof Absalons Zeit Annalen abgefaßt1), hier lebte im
15. Jahrhundert der bekannte Bruder Niels, der Verfasser einer Reimchronik, und zu des Klosters
eigener Geschichte haben die Mönche wertvolle Sammlungen hinterlassen 2). Clavus kann hier also
weitergehende Interessen und Impulse erlangt haben, die ihn über die in engen Grenzen gehaltenen
geistlichen Bande hinausführten. Aber das stille Klosterleben mit seinem Zwang hat sicherlich nicht
die genügende Anziehungskraft für ihn gehabt. P o g g i o s Briefe schildern ihn als einen homo ingenio
acuto; sed inconstans, als vir vagus et inconstans, und vermutlich sind unruhiges Blut, Lust zu Aben-
teuern und Drang zum Reisen die Triebfedern gewesen, die ihn zu dem umherstreifenden Leben der
wandernden Gelehrten veranlaßten : peragravit magnam partem Orbis sagt Poggio. Wahrscheinlich
hat er, wie Storm nachweist, Dänemark schon 1412 — 13, also etwa 25 Jahre alt, verlassen, und ist
von da an in" Europa umhergeschweift, bis er im Winter 1423 — 24 in Rom auftaucht. Die Männer,
mit denen er hier in Berührung kam, Männer wie Kardinal Orsini und der päpstliche Sekretär
Francesco Poggio (Bracciolini) waren eifrige, von Begeisterung fürs klassische Altertum ergrif-
fene Humanisten. Unermüdlich waren sie in der Erforschung der Schätze aus dem Altertum, und es
ist gewiß keinem Zweifel unterworfen, daß die Mitteilung von dem Vorhandensein eines vollständigen
Livius in Sora dem Clavus Ansehen in ihren Kreisen verschafft hat.
In Rom oder in Pirenze muß ersieh nun also mit Ptolemäus' Geographie bekannt gemacht
haben, eine Bekanntschaft, die für ihn von der größten Bedeutung wurde und seinem unruhigen Leben
ein bestimmtes Ziel gab. In Pirenze wirkte der Byzantiner Manuel Chrysoloras als Lehrer
im Griechischen; einer seiner Schüler, der Florentiner Jacobus Angelus (Giacomo d'Angelo
da Scarparia) übersetzte Ptolemäus' Geographie ins Lateinische. Die Ubersetzung ward 1409
vollendet und dem Papst Alexander V gewidmet. Zu dieser Ubersetzung zeichnete der Florentiner
Francesco di Lapacino die Karten nach den griechischen Karten und übersetzte deren Legenden
ins Lateinische. Das Interesse für die Geographie war also gerade um die Zeit, als Clavus nach Italien
kam, dort wachgerufen und es ist natürlich, daß man sich an den weitbereisten gelehrten Nordländer
wandte, um genauere Aufschlüsse über den Norden, als Ptolemäus sie gegeben hatte, einzuholen;
schon die von italienischen Seefahrern und Reisenden früher eingeholten Nachrichten über den hohen
Norden, welche den Kompaßkarten zugrunde liegen, mußten es ja den Gelehrten Italiens einleuchtend
machen, daß das Weltbild des Ptolemäus mit Bezug auf den Norden bedeutend erweitert werden
konnte3). Indem er auf der von Ptolemäus gegebenen Grundlage stehen blieb, dagegen die Kompaß-
karten verwarf, gab Clavus, gestützt auf sein eigenes Wissen und auf ein Verzeichnis von Reiserouten,
deren Brauchbarkeit er auf seinen Reisen zu würdigen gelernt hatte, den italienischen Gelehrten eine
Karte mit zugehörigem Texte über die Nordlande. Besonders verweilte er bei dem, was für die
') Annales Sorani 1202 — 31, von verschiedenen Mönchen bis zum Jahre 1347 fortgesetzt, hinten in der Justinus-
Handschrift des Bischof Absalon eingetragen (vgl. S.197 — 98, Note 4), gedruckt in Scviptoves verum Danicarum V, 456 — 58.
2) Namentlich Liber donationum Sorensis, gedruckt in Scriptores verum Danicarum IV, 463 — 531 (vgl. auch
Monumenta Sorana varia daselbst S. 531—75).
3) Im Cod. Harleian. (Brit. Mus.) 3686 findet man eine Abschrift von Ptolemäus' Geographie von der Mitte
des 15. Jahrb., wo die Ptolemäischen Karten durch eine Menge von Kopien von Kompaßkarten ersetzt worden sind.
Clavus selbst und seine Bedeutuno-.
201
italienischen Geistlichen von Interesse sein konnte: Aufschlüsse über Klöster. Heilige, Religionsverhält-
nisse (Britani anylicati apostate, Carcli infideles, sanctus Olans rex et martyr debellabat fratrem suum
■infidelem uisibili adiutorio dei quod oculis uidisse fauet). Diese seine erste Arbeit, von der es Kardinal
Fillastre durch seine klerikalen Verbindungen gelang, eine Abschrift zu erhalten, war die erste
auf wissenschaftlicher Grundlage begründete Erweiterung von Ptolemäus' Geo-
graph i e.
Wie lange Clavus in Italien blieb, ist unbekannt; aus Poggios Brief vom 4. Mai 14.">4 geht
jedoch hervor, daß er damals längst mit seinen italienischen Freunden außer Verbindung geraten war.
Es kann deshalb ziemlich sicher angenommen werden, daß er bald nach 1424 Italien verließ. Seine
Gedanken hatten jetzt eine bestimmte Richtung eingeschlagen, sein Interesse für eine Aufgabe, deren
Lösung mit seinem Reisedrange und seiner Abenteuerlust übereinstimmte, war geweckt und in dem
klaren Bewußtsein der Mangelhaftigkeit seiner ersten Arbeit beschloß er eine neue und bessere Karte
über den hohen Norden auszuarbeiten. Mit diesem Zweck vor Augen zog er gen Norden heimwärts.
Möglicherweise ist er in seinem Vorsatze durch die Aufforderung des dänischen Königs Erich des
Pommer bestärkt worden; dieser war 1424 in Venezia, und die beiden Männer können dort zusammen-
getroffen sein. Mit Abschriften von Ptolemäus' Nordlandsbeschreibung und Karten, vielleicht sogar
mit Kopien von italienischen Seekarten ausgerüstet, begab er sich auf die Reise, deren Resultat die
Abfassung des Originals der A-Karten mit dem dazugehörigen Wiener Texte wurde. Über den
Umfang und die xYusdelmung dieser Reise können wir uns mit Hilfe des kartographischen Resultates
einen Begriff bilden. Er ist durch Lübeck und vielleicht durch mehrere naheliegende Hafenstädte
gekommen und hat auch die dänischen Inseln besucht. Er ist übers Kattegat und längs der West-
küste von Norwegen bis Trondhjem gesegelt; wahrscheinlich direkt, nicht über Island, ist er nach
Grönland gezogen und hat die Küsten dieses Landes umsegelt und erforscht. Nach der Heimkehr hat
er dann die neue Nordlandskarte gezeichnet — wieder eine dazugehörige Beschreibung beifügend —
indem er die auf der Reise errungenen Erfahrungen und die genauere Kenntnis der nordischen Quellen
anwandte, sich jedoch immer, soweit möglich, genau an Ptolemäus betreffs der Küstenlinien und
Darstellungsform haltend. Hiermit verschwindet er aus unserem Gesichtskreise. Von seinem Todesjahre
weiß man nichts. In nordischen Diplomen oder ähnlichen Quellen wird er kaum genannt; es kommen
allerdings recht häufig Namen wie Claus S w a r t und Nicolaus Fyenbo vor ; keiner von diesen
kann aber mit unserem Verfasser identifiziert werden. Das Interesse für ihn und sein Werk ist jeden-
falls nicht groß gewesen; es fehlten gewiß auch in seinem Vaterlande die zum Verständnisse der
gelehrteu Arbeit nötigen Vorkenntnisse. Das Werk ist, so viel sich erkennen läßt, ohne weitere Spuren
in seinem Vaterlande zu hinterlassen, verloren gegangen, denn was die dänischen Gelehrten des 16- und
17. Jahrhunderts, wie Ly schander und Pontanus, wußten, verdanken sie, wie schon früher bemerkt
(S. 02 — 63). einzig und allein ihrer Kenntnis von Friedliebs Auszug. Nur die Abschriften und
Kopien, die nach und nach südwärts in die Hände der Gelehrten fremder Länder gelangten, haben in
der Geschichte der Geographie Spuren hinterlassen, seinen Namen vor der Vergessenheit gesichert und
sein Werk vom Untergang gerettet.
Was Clavus zum Geographen machte, war sicherlich der durchaus zufällige Umstand, daß er
gerade zu der Zeit nach Italien kam, da das geographische Studium durch die Bekanntschaft mit der
Literatur des Altertums zum Leben erweckt wurde, und daß er ZiTtritt zu den humanistischen Kreisen
erlangte. Waren es auch nur Zufälle, die ihn auf die Bahn der geographischen Wissenschaft führten,
so ist er auf diesem Gebiete als die erwachende Renaissance zu bezeichnen. Er ist ja unseres Wissens
der erste moderne Geograph, der die von den Klassikern festgestellte wissenschaftliche Methode ver-
folgt und der ein neues Glied von wesentlicher Bedeutung dem vom Altertume geschaffenen Weltbilde
hinzufügt, und der sich dadurch über das Niveau der eigentlichen mittelalterlichen Verfasser erhebt.
Es ging ihm aber wie so vielen andern, die den mächtigen wissenschaftlichen Arbeiten des Altertums
gegenübergestellt wurden, er wurde überwältigt, geblendet, und anstatt daß dieselben seine Originalität
wachrufen und ihn anspornen sollten, wurde er in Form und Darstellung ein Nachahmer und im
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 26
202
Kapitel IX.
realen Inhalt ein dem Autoritätsglauben ergebener Mann. Nur an einer einzigen Stelle, da wo die Rede
von der Begrenzung der bewohnten Welt ist, wagt er eine Meinung zu äußern, die ihn in Opposition
zu den Alten (autores prisci) bringt. Sonst stützt er sich überall, wo es nur überhaupt möglich ist,
auf Ptolemäus' Geographie. Vielleicht ist es nur Mangel an besserer Erkenntnis, die ihn an deren
verdrehtem Bilde von England und Jütland festhalten und die wirklich gute Darstellung dieser Länder
auf den Kompaßkarten verwerfen läßt; an andern Stellen bringt die Abhängigkeit ihn hinwiederum
in den lächerlichsten Widerspruch mit sich selbst, wenn er z. B. Thüle zu einer Insel bei Norwegen
macht, das doch für eine Insel nicht angesehen werden darf, oder wenn er sein ursprüngliches, leidlich
gutes Bild von der skandinavischen Halbinsel zerstört, weil es ihm klar wird, daß Trondhjem zu weit
nördlich geraten ist, wenn er Norwegen so zeichnet, wie dies seiner Meinung nach aussehen soll. Die
Abhängigkeit von dem großen Vorbilde war indessen für Clavus sozusagen eine Naturnotwendigkeit.
Nur Ptolemäus konnte ihm eine Basis für die Gradierung der Nordlandskarte geben; ohne mathe-
matische Kenntnisse weiteren Umfanges, ohne Fähigkeiten selbständige Höhenobservationen zu machen,
schließlich ohne Kompaß, war er also, wenn er Ptolemäus' Karte verwarf, einfach hilflos. Selbst
wenn er Zweifel über deren Tadellosigkeit hegen sollte, ist er außerstande gewesen, sie von Grund aus
zu korrigieren, und ist es ihm ganz unmöglich gewesen, mit Hilfe eigener Erfahrungen und eigenen
Wissens ein neues Fundament zu legen.
Das kritiklose Festhalten am klassischen Vorbilde ist also der eine Hauptzug in Clavus' Ver-
fasser-Physiognomie. Der zweite ist eine gewisse Nüchternheit in der Auffassung, die sicherlich in
Ptolemäus' Schule entwickelt ist, und die sich ganz besonders im späteren Werke geltend macht.
Bei dem unruhigen, umher streif enden Gelehrten, welcher durch Abenteuerlust in der Welt umherkam,
konnte man wohl den naiven Erzählungsdraug des Mittelalters, gepaart mit Vorliebe für fabelhafte
Ausschmückung und Lust zur Prahlerei zu finden erwarten. Aber auch hier bezeichnet Clavus in
gewisser Weise eine neue Zeit. Freilich huldigt er in vielem dem Aberglauben seiner Zeit und vergißt
weder -den Höllenpeinsee " zu nennen, noch des allen sichtbaren Luftgeistes zu erwähnen; er glaubt
an die Fabel von der Behaartheit der Lappen, übertreibt den kleinen Wuchs der Eskimos sehr und
füllt vielleicht Norwegen mit mythologischen Namen. An andern Punkten tritt dann aber wieder
eine mehr nüchterne Betrachtung hervor. Er gibt mit Entschlossenheit einige der in seinem ersten
Werke auftretenden fabelhaften Völkerschaften im hohen Norden auf und beschränkt sich auf diejenigen,
für deren wirkliche Existenz seine späteren Reisen Bürgschaft leisteten. Nüchtern und ehrlich ist seine
Auffassung von Ost-Grönland als dem unzugänglichen und nach Norden zu unbekannten Lande, und
sein Schweigen in dem jüngeren Werke über die von den Isländern angenommene Festlandsverbindung
zwischen Grönland und Rußland zeigt, daß seine persönlichen Erfahrungen über die Verhältnisse an
den Küsten des Eismeeres ihn dazu gebracht haben, sich dieser früher von ihm selbst gehuldigten
Hypothese skeptisch gegenüber zu stellen. Wenn es nicht gerade Ptolemäus gilt, so fehlt ihm also
die Kritik durchaus nicht. Überhaupt ist das ganze Bild von Grönland, welches das jüngere Werk in
so hübscher Weise vor dem älteren hervorhebt, der beste Beweis seiner nüchternen Auffassung und seiner
ehrlichen Darstellung. An den Stellen, wo er seine eigene Person als Gewährsmann auftreten läßt,
haben wir fast immer einräumen müssen, daß er sowohl die Wahrheit redete, als auch daß er sich als
wohlunterrichtet zeigte. Wenn er zu seinen wichtigsten Quellen ein praktisches Reisebuch und die
alten Segelanweisungen erwählte, war seine Wahl in der Tat die allerbeste und beweist, daß er auch
hierin die Sache praktisch und richtig angegriffen hat. Daß er auf diese Weise verschiedene Lokalitäten
wie die Bären- und die „ Fraueninsel B , die in die sagenhaften Regionen gehören, mit aufnahm, tut
weniger zur Sache; sich von deren Nicht-Existenz zu überzeugen, war er außerstande, und es blieb ihm
dann nichts anderes übrig, als den Quellen zu folgen.
Die trockne schematische Darstellungsform war dem natürlich, für welchen die Karte die
Hauptsache und der Text nur eine Art von erklärendem Begleitschreiben war. Wir haben immer
wieder Zeichen und Beweise dafür hervorgesucht, daß die Texte des Clavus auf Grundlage der schon
gezeichneten Karten entstanden sind. Er hat damit angefangen, seinen Kartenplan zu gradieren, hat
Clavus selbst und seine Bedeutung.
203
dann auf diesem die Punkte für die Ptolemäischen Ortsbestimmungen eingetragen und auf diesem SkeM te.
das aus den Hauptbestimmungen für Jütland, die Sü'lküste der Ostsee. Seeland und Thüle bestand,
hat er darauf seiue aus dem Reisebuche und aus eigener Erfahrung entnommenen Namen hinzu-
gefügt, und dann hat er aus freier Hand weiter gezeichnet, Schweden, Norwegen und Gotland, vielleicht
ganz unbewußt etwas von den südeuropäischen Kartenbildern wie von denen des Marino Sanuto
beeinflußt, in der Hauptsache aber seinem eigenen Kopfe und seinem eigenen mangelhaften und lücken-
haften Wissen folgend. Nur einen einzigen Punkt auf der ganzen skandinavischen Halbinsel hat
Clavus auf seiner jüngern Karte vorderhand in das Gradnetz hineinlegen können, nämlich Trondhjem,
alles andre ist nach eigenem und bestem Gutdünken ausgeführte Arbeit aus freier Hand. Wenn die
skandinavische Halbinsel erst gezeichnet war, gaben die mehr oder minder detaillierten Segelanweisungen
Grönlands und Islands südlichste Punkte an, und nun fehlten nur geringe Einzelheiten. In wie hohem
Grade seine Karte eine Arbeit aus freier Hand war, das zeigt ein Vergleich zwischen den einander ent-
sprechenden Ortsbestimmungen im älteren und jüngeren Werke. 58 der in den beiden befindlichen
Lokalitäten gibt es, die mit Bestimmtheit identifiziert werden können und deren Breiten und Längen
in unveränderter Gestalt auf uns gekommen zu sein scheinen; unter diesen 116 Bestimmungen sind
aber nur 9, die in den beiden Werken zusammenfallen, und diese 9 sind bald Längen, bald Breiten,
und zwar sind sie über den ganzen Norden zerstreut. Wenn die Zahlen im älteren und jüngeren
Werke übereinstimmen, so ist dies also eiu reiner Zufall, der hie und da natürlich vorkommt, weil die
Werke sich im großen uud ganzen ähneln, denselben Verfasser haben und ungefähr auf derselben Grund-
läge aufgebaut siud. Wenn dagegen die Längen und Breiten auf einer von Clavus' Karten und in
dem dazugehörigen Texte nicht übereinstimmen, so ist ein Fehler vorhanden, welcher Art er auch sei;
denn durchs Ausziehen aus den Karten sind die Texte entstanden.
Der beste Beweis dafür, daß Clavus die Texte mit seinen Karten vor Augen gemacht hat, ist,
daß die Texte sich nur schlecht verstehen und übersetzen lasseu, wenn man nicht immer die ent-
sprechenden Karten vor sich hat und Text mit Karte vergleicht. Erst dann begreift man die in mathe-
matischer und geographischer Beziehung unbeholfenen, naiven, ja geradezu kindlichen Wendungen,
welche Clavus benutzt; gleichzeitig ersieht man aber, daß er sich furchtbar angestrengt hat, um genau
dasjenige zu sagen, was er sagen wollte, und daß seine Sprache trotz ihrer Naivität und trotz ihres
Mangels an Fachwörtern dennoch ausreicht, um sich verständlich zu machen.
In einer Beziehung spürt man indessen in den Texten einen Hang zum Verbessern der Karten.
Es läßt sich nämlich feststellen, daß in beiden Werken die Ortsnamen auf der Karte meistens anders
buchstabiert sind als im Texte. Es kommt z. B. öfters vor, daß man im Wiener Texte die landes-
übliche, auf den A-Karten aber die latinisierte Form findet (z. B. Farreea, Leodese. Seeland, Ko ghe,
Stauanger, Bergen, Erichshauu, Hayldhland, 0sterghgdhengh, Uestgeclhengh und Sznderg^dhin im Wiener
Texte gegen Ferensis, Lodosia, Sielandia, Cauga, Stauangerensis, Bergensis, Erici portus, Hallaudia, Gottia
orientalis, occidentalis und meridionalis auf den A-Karten); im Nanziger Werke werden sehr oft die
Namen auf der Karte einfacher geschrieben als im Texte (z. B. Uiburgh, Slesuigh, Aoslo, Helsingborgh,
Kalmarn, 0resundh, Tunsbergh im Texte gegen Wiburg. Slesuig, Oslo, Heisingborg, Kalmar, j?reson,
Tunsberg); die Ausnahme 01andh auf der Karte gegen £land im Texte deutet darauf, daß Platzmaugel auf
der Karte eine Rolle gespielt hat. Im jüngeren Werke läßt sich diese mehr komplizierte Buchstabierung
im Texte an vielen Stellen nachweisen; die Ausnahmen sind aber sehr häufig; meistens ist die Uber-
lieferung so schlecht, daß sich derartige Unterschiede nicht sicher feststellen lassen. Sicher ist aber,
daß in keinem seiner Werke Clavus die Ortsnamen auf seinen Karten im Texte genau wiedergibt;
vielmehr ist er, was Sprache und Orthographie betrifft, geneigt, einen und denselben Namen stark
zu variieren.
Natürlich ist der Wert, den Clavus' Arbeiten über den hohen Norden haben, sehr relativ. Mit
dem Maßstabe späterer Zeiten gemessen ist er nur gering, mit dem seiner eigenen oder der bald auf
ihn folgenden ist er bedeutend. Das Grönlandsbild, das erste, das überhaupt innerhalb der karto-
graphischen Literatur erschien, hat ja wiederholt bei den modernen Schriftstellern Bewunderung erregt:
26*
204
Kapitel IX.
das Bild der dänischen Inseln ist ;iber im Grunde nicht weniger gut. Seeland und teilweise Fünen
sind in dem jüngeren Werke sogar besser gezeichnet als auf den gegen Ende des 17. Jahrhunderts
entstandenen nordischen Karten. Wir können deutlich deu Isefjord, die Kyge- und die Prajsta-Bucht
nachweiseu, sowie die Vorsprüuge bei Kalleliave, Agerse und Sjadlands Odde, welche Punkte Seeland
charakterisieren: auch der tiefe Odensefjord und die Halbinsel Hindsholm, die bei Fünen so deutlich
in die Augen fallen, sind zu erkennen. Jütlands, Füuens und Seelands korrekte Lage zu einander,
sowie die richtig angebrachten Inseln Taasinge, Laugeland und Laaland stützen die richtigen Einzel-
heiten dergestalt, daß das Totalbild ein durchaus günstiges werden würde, wenn nicht die Haupt-
richtung des 0resunds falsch, und Falster und Meen verkehrt gelegt wordeu wäre. Trotzdem sind
mit Bezug auf die dänischen Inseln sowohl das Hauptresultat als auch die Einzelheiten besser als auf
den Karten von Nicolaus Cnsanus (1491), Jacob Ziegler (1532), Olaus Magnus (1539) und
Sebastian Münster (1514); ja sogar auf Karten, wie die von Tramezini 1558 und Camocius
(1562) in Venedig herausgegebenen, oder wie die von Marcus Jordanus 1585 bei Braun erschie-
nenen steht Fünens und namentlich Seelands Konfiguration vor den A-Karten zurück.
Daß übrigens die Darstellung Dänemarks durch das klassische Zerrbild Jütlands und durch
die oft ganz verkehrte Anbringung der jütischen Städte — die Städte auf Fünen und Seeland liegen
alle richtig — verunstaltet wird, darauf haben wir öfter aufmerksam gemacht. Dagegen muß hervor-
gehoben werden, daß in dem neueren Werke an der Küste von Halland und Norwegen Verbesserungen
gemacht sind, indem Oslo und Hamar nach Norwegen verlegt wurden, während das Nanziger Werk
die beiden Orter verkehrterweise zu Halland rechnet. Trotzdem gehört die Küste von Heisingborg bis
Lister zu denen, wo Clavus' Wissen versagt; in der Gesamtheit ist sie nicht besser als die schwe-
dische Küste von Ahus bis Stockholm. Trotz der verkehrten Hauptrichtung ist die Küste von Lister
bis Trondhjem besser.
Überhaupt sind es, mit Ausnahme von Grönland, die südwestlichen Teile der Karte, wo man
die Lichtseiten von Clavus' Arbeiten suchen muß: also die Gegenden, über die seine geographischen
Kenntnisse so weit reichen, daß er wirklich Wertvolles hat liefern können. Dagegen muß es als eine
ausgemachte Tatsache betrachtet werden, daß er von allem, was nördlich von Stockholm, westlich von
Gotland und nördlich von Trondhjem liegt, nur einige Volksnamen und die wichtigsten Städtenamen
kennt und im übrigen, hilflos wie ein Kind, weitertastet. Und doch hat sein erneuter Aufenthalt in Nor-
wegen ihm eine gewisse Kenntnis über diese Gegenden verliehen. Er muß erfahren haben, daß Dalarne,
Jemtlaud, Angermanland, Vermland und Finland nicht, wie er früher meinte, Küstenländer längs des
Eismeeres seien; er muß ebenfalls darüber belehrt sein, daß der Auslauf des Venern sich nicht ins
Eismeer, sondern ins Kattegat ergieße ; wie sich das Ganze aber im Grunde verhält, darüber ist er sich
nicht klar. Der Auslauf des Venern wird in den Norden von Oslo verlegt; die Bottnischen und
Finnischen Meerbusen sind gar nicht vorhanden Angermanland, Vermland, Jemtland und Finland
werden in einen Halbkreis als die nördlichsten norwegisch-schwedischen Länder angebracht, indem sie
durch den langen Meeresarm von dem Lande der Finulappen und der wilden Lappen getrennt sind.
Die schwedischen Seen Vettern und Mälaren treten immer noch als ein einziger auf, und die Städte
des schwedischen Binnenlandes werden sowohl in dem jüngern als in dem ältern Werke ganz auf gut
Glück irgendwo angebracht. Ein gemeinsamer Fehler für beide ist auch die Unwissenheit über das
Faktum, daß Schweden bei Lödöse bis an die Küste des Kattegat reicht.
Wie begrenzt, ja mangelhaft Clavus' Kenntnisse über die nordische Geographie und Ge-
schichte sind, wie unsicher und unklar sein Wissen über verschiedene Verhältnisse im ganzen ist, davon
haben wir wiederholt Beispiele angeführt. Wir haben auf das verkehrte Anbringen der Städte zu ein-
ander und auf ihre verkehrte Lage im Verhältnis zu den Grenzen der Länder und Landschaften auf-
merksam gemacht; wir haben nachgewiesen, wie oft er Stadt als Insel und Halbiusel als Meerbusen
auffaßt. Neben verschiedenen richtigen Bemerkungen und Beobachtungen kommen ja auch Ungenauig-
keiten und Verkehrtheiten vor, die von sehr mangelhaftem Wissen zeugen. Der Nanziger Text giebt
die durchaus uuhistorische Sage über Olaf den Heiligen wieder, der mit seinem ungläubigen Bruder
O O " CTO
Clavus selbst und seine Bedeutung.
21 !">
Harald bei Sununershaun kämpfte; der Wiener Text enthält eine Notiz über die Machtentfaltung
Lübecks im Jahre 1240, die, wie es scheint, auf einem wunderbaren Mißverständnis oder einer groben
Unwissenheit über die wirklichen Verhältnisse beruhte. Die Auffassung der beinahe das ganze Jahr
hindurch mit Eis belegten Meerstraßen zwischen den Inseln Norwegens und dem Festlande, sowie die
von dem in demselben Zustande befindlichen Meeresarme zwischen Skandinavien und Lappland stimmen
keineswegs mit den wirklichen Verhältnissen in Norwegen überein. Die Bemerkung über Man de vi lies
angebliche Reise zeigt schließlich, daß Clavus nicht der Mann war, Probleme scharf zu durchdenken.
Während man sicher zu der Erkenntnis gelangt, daß die jüngere Karte große und unbestreit-
bare Vorzüge vor der ältern hat, könnte es wohl zweifelhaft sein, welchem der beiden Texte man den
Vorzug zu erteilen hätte. Der Namenvorrat ist in beiden Werken ungefähr gleich vollständig; denn
die Namen, welche dem jüngeren Ubergewicht geben könnten, haben sich als nicht wirkliche Orts-
namen, sondern als selbstgemachte erwiesen; sie dienen also nur dazu, irre zu leiten und ihr geogra-
phischer Wert ist somit gleich Null oder gar als negativ zu betrachten, umsomehr, als Ynesegh im
nördlichen Norwegen, das ohne Zweifel zu dem norwegiseh-gotländischen Benennungssystem gehört,
ganz unerlaubterweise als Marktplatz bezeichnet wird. Es ist sehr gut möglich, daß ein moderner Leser
den Nanziger Text am ansprechendsten finden wird. Die Form ist abgerundeter, die strenge Durch-
führung der lateinischen Sprache giebt eine Einheit, welche dem aus verschiedenen Sprachen zusammen-
geflickten Texte des jüngeren Werkes ganz fehlt. Letzterer ist wiederum in andrer Beziehung nicht
ohne Interesse, indem er, auch in der Schreibweise der Ortsnamen, vielmehr als das ältere Werk, die
damalige Umgangssprache wiedergiebt. Der Nanziger Text dürfte vielleicht als eine politisch-topogra-
phische Beschreibung in moderner Bedeutung charakterisiert werden. Die nordischen Länder werden nach
politischen Einheiten geteilt, ihre Hauptnamen angeführt, ihre gegenseitige Abgrenzung wird gezeigt,
die sie umgebenden Meere werden genannt, die einzelnen Teile des Landes werden in einer in sich
abgeschlossenen Beschreibung durchgegangen. Alles in allem gibt er einem FremdeD einen keines-
wegs ungeschickten Begriff über die geographischen Verhältnisse der Nordlande.
Mit dem Wiener Texte steht es anders. Dieser trägt weit mehr das Gepräge, als Begleit-
schreiben einer Karte entstanden zu sein, hervorgegangen aus dem Bedürfnis des praktischen Lebens
und, wie auch natürlich, aus der persönlichen Kenntnis des Verfassers von den Nordlanden. Charak-
teristisch ist hier der Eifer, alle solche Aufklärungen zu liefern, welche Seefahrern und Kaufleuten
dienen könnten. Der Verfasser notiert sorgfältig die Städte mit großen und guten Eäfen, hebt
Bergen als Stapelplatz für Norwegen, Hamburg und Lübeck als freie Reichsstädte und Falsterbo
als Marktplatz hervor; er erwähnt Trindel bei La3S0 als besonders gefährlich für Schiffe, und nennt
das Riff bei Falsterbo: er führt an. daß sich bei Island und Grönland Inseln (Ska?rgaarde) befinden,
die den Schiffen sichern Schutz gewähren; er nennt Punkte, die wie Mgen als Seezeichen von Bedeu-
tung sein könnten, und hebt Landzungen und Inseln hervor. Das schlimmste bei dem Wiener Texte
bleibt, daß in ihm die Nennsysteme, offenbar um Text und Karte bequem zusammenzuhalten - - ein
ganz unerlaubtes Prinzip - benutzt worden sind. Durch die Nennsysteme hat Clavus der Nachwelt
einen sehr schlechten Dienst getan; eben an diesem Punkt war seine Originalität in keiner Beziehung
am Platze.
Ist es also — mit Ausnahme von Grönland — schwierig zu entscheiden, welchem Werke der
Vorzug zu geben sei, so herrscht, wenn ihre Bedeutung in der Geschichte der Kartographie ins Auge
gefaßt werden soll, nicht der geringste Zweifel darüber, daß das jüngere Werk in dieser Beziehung das
ältere vollständig überflügelt. Die Bedeutung des älteren ist, soweit wir zu erkennen vermögen, gleich
Null gewesen, die des jüngeren läßt sich erst ermessen, wenn man gleichzeitig die Entwicklung- der
Kartographie im 15. und 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts skizziert.
Kardinal Fillastre's Abschrift des älteren Werkes scheint seit seinem Tode 1427 in einer
entlegenen Bibliothek geruht zu haben, Ins Blau sie 1836 ans Licht zog. Das Original-Manuskript
ist verloren gegangen, oder liegt in einer oder der andern von Süd-Europas Bibliotheken oder Archiven
begraben. Es ist bis heute keine einzige Karte ans Licht gebracht, von der man mit Recht sagen
206
Kapitel IX.
könnte, daß sie sich nach der Nanziger Karte gerichtet hätte, kein einziger handschriftlicher oder ge-
druckter Text gefunden, der aus dem Nanziger Text geschöpft haben könnte. Wäre nicht zufällig
Fillastre' s Abschrift gefunden und hervorgezogen, würden wir nichts von der Existenz des Werkes
geahnt haben; nicht das geringste Glied in der Entwicklungsgeschichte würde uns gefehlt haben, falls
es unbekunnt geblieben wäre.
Ganz anders steht es mit dem jüngeren Werke. Ungefähr alle Untersuchungen die karto-
graphischen Darstellungen der Nordlande betreffend waren und mußten unsicher und schwankend
bleiben, so lange dieses Werk nicht entdeckt war. Die ganze Diskussion über die Zeno-Karte und
deren Grönland entbehrte ihrer natürlichen Basis; die isländischen Namen bei Ziegler, Olaus
Magnus und die auf mehreren andern alten Karten befindlichen Namen blieben rätselhaft; der Ur-
sprung zu den Nordlandskarten vom B-Typus in den Ptolemäu sausgaben, Art und Umfang von
Nicolaus Germ an us" Tätigkeit, alle Deseendenten dar B-Karten lagen im Dunkel. Nordenskiölds
Fund der Zamoiski-Karte, sowie v. Wiesers der drei florentmischen Karten vom A-Typus waren
daher von unschätzbarem Werte. Obgleich die Karten anonym waren, so mußte es doch jedem Kundigen
klar werden, daß hier die Grundquelle sei. und der Gang der Entwicklung konnte nun in der Haupt-
sache festgestellt werden. Die Sage der Zeno-Karte war aus in dem Augenblicke, als die Zamoiski-
Karte gefunden war, die Quellen des Olaus Magnus konnten erschöpfend behandelt werden, das
spätere Entstehen des B-Typus und dessen Minderwertigkeit konnte außer allen Zweifel gestellt werden,
und mit Hilfe der Clavusauszüge der beiden deutschen Geographen, sowie des Nanziger Werkes, gelang
es Storm, es wahrscheinlich zu machen, daß Clavus der Grundleger vom A-Typus sei, eine Behauptung,
welche jetzt als Tatsache betrachtet werden darf.
Nichts grebt gewiß eiuen bessern Maßstab für die Bedeutung von Clavus' jüngerem Werke
als dieser Rückblick. Zum Schluß wollen wir jedoch, wie Storm, den Einfluß dieses Werkes und seineu
Gebrauch iu Einzelheiten nachweisen. Uber die Benutzung des Wiener Textes können wir auf die
Auseinandersetzung oben in Kap. III und IV verweisen; über den speziellen Kartentypus, wo das
Grönland der A-Karten mit andern Karten kombiniert ist, d. h. der Zeno-Karte und deren Ablegern,
begnügen wir uns damit, auf Lucas zu verweisen (1. c. S. 27 ff.); das Erscheinen der A- und B-Karten
in den lateinischen Ptolemäus-Hiiudsehriften uud den ältesten Ausgaben ist in Kap. II, und die Be-
nutzung der B-Karten von den deutschen Geographen in Kap. IV und V besprochen. Dagegen wollen
wir eine Übersicht derjenigen Welt- und Nordlandskarten geben, wo der A- oder der B-Typus eine
Rolle gespielt, und namentlich über derartige Karten, wo die Clavischen Ortsnamen Eingang gefunden
haben. Nach Nordenskiölds kartographischen Publikationen und Kretschmers Atlas läßt sich
mit Leichtigkeit das meiste zusammenstellen.
Zum A-Typus gehören außer den 6 handschriftlichen A-Karten A1 — A6 sowie den 7 handschrift-
lichen Weltkarten ax — as (vgl. Kap. II) folgende :
Die Karte in der Ptolemäus- Ausgabe Straßburg 1513 (Facsimile- Atlas XXXV).
Orbis typis universalis 1501 — 1504, publ. 1513 (Lelewels Atlas XLIII).
Reisch in Straßburg 1515 (F.-A. XXXVIIIa).
Laurentius Frisius 1522 (F-A. XXXIXa; Kretschmer XIV).
Eobert Thorne 1527 (F-A. XLIa; Kretschmer XIV).
Paris, vergoldeter kupferner Globus von zk. 1530 (Harrisse, Discovery XXI).
Paris, hölzerner Globus 1535 (Harrisse XXII).
Nürnbergsche Mappamundi von zk. 1540 (F-A. XLa).
Cornelius de Judaeis 1593 (Kretschmer XIX).
Wytfliet 1597 (Kretschmer XIX).
Die Zeno-Karte und deren Ableger: siehe Lucas S. 27 ff.
Zum B-Typus gehören außer den handschriftlichen Karten Bt — B7, bj — b3, b5, b8 — b,, sowie den
Nordlands- und Weltkarten in den Ulmer Ausgaben 1482 und 1486 (vgl. Kap. II) folgende:
Clavus selbst und seine Bedeutung.
207
Behaims Globus-Karte 1492 (F.-A. Fig. 40; Ghillanys Martin Behaim).
Laon-Globus 1493 (F.-A. Fig. 41).
Scbedels Germania im Liber cronicarum, Nürnberg 1493 (F.-A. Fig. 5).
Eeisch 1503 (F.-A. XXXIb).
Waldseemüllers Weltkarte 1 507 (Fiscber und v. Wieser, Tafel 1, 3 und ").
Waldseemüllers Globus 1507 (ibid. S. 14).
Die Ptolemäus-Ausgabe Koni 1507 (F.-A. Fig. 14) und 150S.
Die Ptolemäus-Ausgabe Venezia 1511 (F.-A. XXXIII).
Stobnicza, Krakau 1512 (F.-A. XXXIV).
Boulenger 1514 (F.-A. XXXVIIa).
Leonardo de Vinci's Globus zk. 1514 (F.-A. Fig. 45).
Johannes Stabius 1515 (Periplus XLVIIa).
Schoners Globus 1515 (F.-A. Fig. 46).
Peter Apian 1520 (F.-A. XXXVIIIb; Fischer und v. Wieser S. 37).
Mappamundi 1525 (F.-A. XXXVIIb).
Benedetto Bordone 15 28 (F.-A. XXXIXb).
Pietro Coppo 1528 (Kretschmer XIV).
Grynaeus, Basel 1532 (F.-A. XL1I).
Alonzo de Santa Cruz, Globus 1542 (Periplus L).
Honters Weltkarte 1542 (Periplus Fig. 67).
Orontius Finseus 1566 (F.-A. Fig. 53).
Kombinationen des A- und B-Typus kommen auch vor, z.B. auf:
Ruysehs Weltkarte von 1508 (F.-A. XXXII).
Peter Apians Weltkarte von 1530 (Periplus XLIV).
Orontius Finseus' Weltkarte von 1531 (F.-A. XLIb).
Die Ptolemäus-Ausgabe 1548 (Kretschmer XVIII, wo Lapland und Labrador durch das Gronlandia
der A-Karten verbunden sind).
Battista Agnese (16. Jahrh.) nimmt auf seinen vielen Karten (vgl. Periplus XXIV und Ongania
XVII, 33) einen etwas veränderten B-Typus auf, indem er Norwegen nach Norden und Nordwesten verlängert
und dadurch eine Festlandsverbindung mit einem Kontinent oben am Nordpol hervorbringt.
Von den meisten der hier genannten Karten vom A- und B-Typus (meistens Weltkarten) gilt es,
daß sie nur wenige von den für Clavus typischen Namen und von diesen hauptsächlich Ländernamen ent-
halten; hie und da sind jedoch auch die spezifisch Clavischen Ortsnamen aufgenommen, welche übrigens
auch auf mehreren derartigen Karten nachgewiesen werden können, wo der Clavus-Typus verlassen und teil-
weise vor neueren Typen in den Hintergrund getreten ist; von solchen haben wir früher Martellus' Karten
von den Nordlanden und Germanien, Nicolaus Cusanus' Karte von Germanien, Waldseemüllers carta
marina, Zieglers und Olaus Magnus' Nordlandskarten, Mercators und Ortelius' Kartenwerke her-
vorgehoben; es ließen sich aber viele andere sowohl gedruckte als handschriftliche nennen.
Es ist von Interesse zu beachten, daß die Clavischen Ortsnamen, sowie das Clavische Skandinavien
(Dänemark, Norwegen und Schweden) auf einer großen Klasse südeuropäischer Kompaßkarten Eingang
gefunden haben. Diese Klasse von Kompaßkarten ist bis jetzt nicht zum Gegenstande genaueren Studiums
gemacht worden, und von besonderer Bedeutung ist sie auch nicht, wenn man sich nicht gerade für die
italienischen Kompaßkarten in ihrer Verfallsperiode interessiert, oder, wie wir, die Tragweite von Clavus'
Bedeutung ergründen will. Ein charakteristisches Merkmal für die Darstellungen der Nordlande auf diesen
Kompaßkarten ist es, daß sie Clavus' Darstellung der Ostseeländer, Dänemark und Skandinavien mit dem
gewöhnlichen England, Schottland und Irland der Kompaßkarten vereinigen; sie lassen das Clavische Island
aus, nehmen dagegen die aus englischen Quellen entlehnte Darstellung der Nordsee-Inseln frislandia und
stillunda auf, jene Inseln, die auf der Zeno-Karte mit Clavus' Grönland und Olaus Magnus' Island1)
kombiniert wurden. Grönland dagegen fehlt immer auf diesen Karten, und von den Ländern nördlich von
der skandinavischen Halbinsel und dem Clavischen Meeresarm wird nie etwas mitgenommen. Es kann darum
hier gar nicht die Rede von einem A- oder B-Typus sein, da gerade der allerhöchste Norden, wo der Unter-
schied zutage tritt, ganz fehlt. Erst eine eingehendere Untersuchung zeigt, daß es ein Teil der B-Karten
in der Ulmer Ausgabe sein muß, der in die Kompaßkarten eingedrungen ist. Die Clavischen Namen treten
natürlich auch hier in einer auf traurige Weise entstellten und verstümmelten Form auf. Nur eine Minder-
l) Storm, Colwmbm paa Island, 8. 80 — 84.
208
Kapitel IX.
zahl dieser Kompaßkarten ist, so weit uns bekannt, veröffentlicht worden; wo keine Veröffentlichung ange-
führt wird, sind Björnbos Keisenotizen unsre Quelle.
Datierte Kompaßkarten dieser Klasse sind :
1. Jaume Olives von Mallorca 1514 (Kretschrner IV).
2. Cod. Parnrensis 102:3, datiert: Vesconte id est Ioannes de Maiolio fecil me Janua de anno domini
1525 die VIII Julij (nicht in Nordenskiölds Verzeichnis, Periplus S. 64).
3. Kompaßkarte in der Biblioteca Ambrosiana in Milano, datiert 1527.
4. Georgio Calapoda 1552 (Periplus XXVI) hat nur ein Stück von Jütlauds Westküste mit ein-
zelnen Clavischen Namen, sonst älterer Typus.
5. Cod. Senensis S. V. 5, datiert: Mattem Prunes me fecit in emitute Maioricarum anno 1553
(Kretschrner IV; Lucas S. 112).
6. Kompaßkarte Nr. 12 in der Biblioteca Casanatense in Rom, datiert: Jacobus de Maiolo filius
magistri Veschonti composuit hanc cartam in Janua anno domini 1558 die XX agustij. fata in T ospiialeto
(vgl. oben Nr. 2).
7. Domingo Olives 1568 (Periplus XXIX).
8. Matheus Prunes in civitate Maioricarum anno 1586 (vgl. oben Nr. 5) (Bidrag tili Nordens äldsta
kartografi, Tafel 8).
9. Cod. Marcian. Venet. 01. IV, Nr. 8, datiert: Jacobus Scotus Genuensis in Civitate veteri
faciebat 1589.
JO. Cod. Veronensis 340 (Biblioteca Capitolare in Verona) datiert: Jacobus Scottus Genouensh loco
leuanti nie fecit Ciuitate ueteri anno domini 1592 (vgl. vorige Nummer).
11. Kompaßkarte Nr. 9 im Archivio di Stato in Firenze, datiert: Beinaul BertlioUomeus de Ferrieros
et Matheus Prunes in civitate Maioricarum anno 1592 (vgl. Nr. 5 und 8).
Von den undatierten Kompaßkarten der genannten Klasse kennen wir:
12. Cod. Egerton (British Museum) 2803, zk. 1508. Weltkarte.
13. Cod. Mus. Brit. Add. 6431. Französische Karte älter als 1536.
14. Cod. Senensis S.V. 7. 1 6. Jahrhundert.
15- Cod. Vat. nov. IV (Museo Borgia) 16. Jahrhundert; große Ähnlichkeit mit der Prunes-Karte
vom Jahre 1553 (vgl. oben Nr. 5).
16. Korapaßkarte Nr. 5 in der Biblioteca Ambrosiana in Milano (16. Jahrhundert?).
17 — 18. Cod. Riccardianus 1813 (Firenze) und Kompaßkarte Nr. 11 im Archivio di Stato in
Firenze, beides portugiesische Karten aus dem 16 — 17. Jahrhundert mit ausgeprägtem B-Typus und sehr
entstellten Clavischen Namen. Unsre Pausen dieser beiden Karten decken einander bis in die feinsten
Details so durchaus, daß hier eine künstliche Überführung von Pergament zu Pergament stattgefunden
haben muß.
19. Cod. Vindob. lat. 337, fol. II1', 1 7. Jahrhundert, unfertige Nordlandskarte vom B-Typus ohne
Namen. Auf der Weltkarte in derselben Kompaßkartensammlung hat der hohe Norden den von Olaus
Magnus festgesetzten Typus.
Um nur einen Begriff der Clavusnamen auf diesen Karten zu geben und das wirkliche Vor-
handensein von solchen zu dokumentieren, wollen wir die Namenreihe von Schonen auf Nr. 5 und 1 5 an-
führen, Karten, auf welchen die Namen durchgehends am wenigsten entstellt sind :
. a t. Prunes 1553:
Vat. nov. IV.
Die Ulmer Au s
no sia
nosia
aosia
fursta
fursta
fursta
istrude
strude
istrude uilla
falsterde
festeder uilla
falsterde
sianot
sjanot
Sianock
bogen
elcebrogen
erici
erisi
erici p.
c. libors
c. iebors'
elsibors
auga
anga
anga f.
( torest
f tost
( orat
I eimus
I eimus
1 cunutis
Diese Zusammenstellung beweist genügend, daß es Clavusnamen sind ; es kommen die dänischen
Zahlwörter forste (erste) und anden (zweite), die Namen erici portus (Landskrona) und das nur bei Clavus
vorkommende Knudshoved (cunutis hauet) vor. Die Formen für Falsterbo und Skanör zeigen, daß es die
Ulmer Karte ist, welche die italienischen Kompaßkartenzeichner benutzt haben müssen.
I
Clavus selbst und seine Bedeutung.
209
Von Kompaßkarten, welche, ohne die hier besprochenen charakteristischen Merkmale aufzuweisen,
den B-Typus aufnehmen, kennen wir
1. Charta navigatoria incerti auctoris von 1502 (Periplus XLV).
2. Sog. Pilistrina-Karte zk. 1504 (Anecdota cartographica Facs. IV).
3. Diego Riberos Kompaßkarte von 1529 (Periplus XLIX).
4. John Rotz' Karte von 1542 (Cod. Mus. Brit. 20. E. IX).
5. Pierre Descelliers Kompaßkarte von 1546 (Periplus LH).
Von diesen letzten Karten bilden Nr. 2 und 4 — 7 eine recht häufig vorkommende Kombination
vom Skandinavien der Ulmer Karte und dem Dänemark der Cusanus-Karte.
Das hier zutage getretene Material, das noch keineswegs als erschöpfend angesehen werden
darf, zeigt, welche große Bedeutung Clavus' jüngeres Werk in Wirklichkeit für die Nachwelt gehabt
hat. Der Beitrag, den er durch dasselbe der europäischen Wissenschaft und Kultur geliefert hat,
berechtigt ihn zu einem Platze ersten Banges unter den nordischen Autoren des Mittelalters.
Bjöinbo u. Petersen, Claudius Clavus.
27
Beilagen.
27*
Beilage I.
Der Text zur Nordlandskarte (At) im Cod. Magliab. XIII. 16.
Deseriptio Gottie, Swetie et Norvegie.
Gottia, Suuetia ac Noruegia Eui'opse quideni prouinciae sub polo ferme artico positse perpendiculari
quadam radiatione ab ipso feriuntur. Quainobrem frigidissimae sunt regiones; ab solis enim cursu aequi-
noctialique circulo maxime distant; quare et dierum maximas habent uariationes. Dum enim sol per sex
zodiaci signa, quse septentrionalia dicuntur, transit, ab ariete uidelicet in librani, ita maximas habent dies,
ut dum sol in tropico cancri fuerit, in quadam earum parte mensis unius, in quadam duorum nee non et
trium mensium continuam diem habent — et e conuerso noctem, dum per sex opposita australia signa sol
cursum fecerit 1), quemadmodum per parallelas lineas quibus subiciuntur animaduertere licet 2).
Fuereque huiusmodi tres regiones olim in tria diuisae regna; nunc uero ferme omnis 3) Daciae regi
seruiunt. Paludosae quidem prouinciae, ut uix estate nedum hyeme permeari possint4); nec^tamen frequen-
tibus 5), montibus ac nemoribus carent; vnde et piscibus et uenationibus qui has incolunt regiones facile
nutriuntur ac uiu[u]nt 6). Igne uero [et] edificijs ac uestibus et pellibus, quibus maxime habundant, rigores
intemperataque frigora ipsa repellunt.
') Korrigiert aus fuerit.
-) Hier wird auf die Randnoten der Karte verwiesen, nämlich am 66. Breitengrad (dem Polarkreis) : Vige-
simus septimus parallelus differt ab equinoctiali höre 12 habens diem maiorem 24 horarum (vgl- S. 171) und weiter
nördlich: Vigesimus oetauus parallelus habens diem maiorem continue unius mensis, quando sol fuerit circa medietatem
geminorum usque ad medietatem cancri, wozu andre A-Karten hinzufügen: hoc est a principio iunij usque ad finem
eiusdem. Ferner am nördlichsten: Vigesimus nonus parallelus habens diem maiorem duorum mensiumT continue,
quando videlicet sol fuerit circa principium geminorum usque ad finem tauri; hoc est a medietate mensis mag usque ad
finem mensis Julg fere. Noch nördlicher haben andre A-Karten : 30 parallelus habens diem maiorem trium mensium
continue, quando uidelicet sol fuerit in medietate tauri usque ad medietatem leonis, hoc est a principio mensis mag usque
od finem iulij. Et noctem similiter trium mensium, quando sol fuerit in signis et mensibus oppositis. Da Martellus
offenbar in seinem Texte auch auf diese letzte auf seiner eigenen Nordlandskarte fehlende Randnote verweist, darf
man vermuten, daß alle diese von Ptolemäus herstammenden Klimat (Zonen) angaben auf der ursprünglichen A-Karte
standen. Ähnliche, wenn auch weniger detaillierte Angaben finden sich ja auf der Nan/iger Karte. — Vgl. übrigens
die Legende auf Martellus' Skandinavienskarte (Cod. Mus. Brit. Addit. 15760): Isti habent diem maiorem horarum 24.
— Ähnliche Legenden über die Mitternachtssonne auf den Kompaßkarten bei der Insel Orchania (Orkney) ; vgl. Anec-
dota cartographica, edd. Björnbo et Petersen, Facs. III u. S. 16.
3) Soll heißen omnes.
4) Vgl. hiermit die öfters erwähnte Legende auf der A,.-Karte : Noruegia et liuonia patrie paludoxe, vi uix
estate permearj possit [!] ; liuonia nouiter per prutenos fratres ad Cristj fidem conuersa. Se cxtendit ad boream. Vgl. S. 6 u. 43.
B) Soll heißen fretensibus.
6) Vgl. hiermit die S. 60 zitierten Legenden auf den Kompaßkarten und auf Martellus' Skandinaviens-
karte im Cod. Mus. Brit. Addit. 15760. Bemerke auch die Legende Nortwegia lata et frigida et pirate sunt auf der
Karte des Ranulphus Hyggeden von zk. 1360, sowie die Legende auf Walspergers Weltkarte vom Jahre
1448. — Vgl. Anecdota cartographica Facs. III u. S. 16 ; K o n r a d Miller, Mappaemundi III, S. 106 ; Kretschmer
in Zeitschr. d. Ges. f. Erdkunde 26, Berlin 1891, Tafel 10.
214
Ferocissimas quippe gentes presertim Gottia ipsa gignit, nee quidem ab ratione (ut Aristoteles
inquit) : ea enim natura est frigorius ut condenset caloremque repellat. Quamobrem, cum naturalis ipse
calor a frigore repellatur impediaturque ne exire possit a corpore maiori, circa cor atque epar uirtute ope-
ratur. Vnde robustiora procerioraque reddit corpora| x) quemadinodum ea esse diximus, que his gignuntur
regionibus, queque cum Eomanis maxima gessere bella ac uniuersam uastauere armisque subegere Italiam,
et presertim Eomanam urbem, quam captam depopulatamque incendijs ac flammis tradidere. Vnde non
iniuria omnium qui in mundo sunt hominum ferocissimi dicendi sunt Gotti. — Ac de Gottise, Suetise et
Noruegiae diuisione situque ac coeli qualitate hactenus.
Terminanturque has regiones ab ortv Liuonia, ab occasu occidentali occeano, a meridie Germania, a
septentrione mari ipso congelato atque incognito ; multasque continent ciuitates, oppida ac flumina, quorum
nomina ex figuratione ipsa cognoscere licet 2). Multa de huiusmodi regionibus dicenda essent, quse omnia
breuitatis causa pretermisimus, ea tantum que necessaria uidentur referentes.
Beilage II.
Auszug aus Regers Registrum alphabeticum.
Cimbri populi Rhenum fluuium transeuntes depositis vbi postea aduatici incoluerunt circa id
flumen impedimentis omnem Galliam vexando et occupando: solis bellouatijs resistentibus iterque per Galliam
prouinciam romanorum facientes in Italiam contenderunt: hos memorat Lucanus in primo: quos a Dacia
que daunia dicitur venisse opinio est.
Gottia lieber)» 3 ca<(pitulunV)> 5 ta<^bula^> moderna liuonie et prussie. Hic circa annum domini 356
tempore constantie[!] filij constantini magni de hijs finibus exit gens gothorum, que sub constantino
magno imperatore fidem susceperant [!] et pro se miserat ad concilium nicenum. que inuadens partes imperij
post sertam pacis ex toto fidem suscepit. sed cautela dicti imperatcris arriani non rectam fidem suscepit
que vagata est per orientem italias et gallias fere 300 annis nouissime vero circa annum domini 600 ad
hispanias repulsa sub imperatore mauritio et magno gregorio papa et rege suo richardo in nomine
sancto trinitatis baptizata est atque in ciuitate toletana professa est factis iuxta sacra concilia nicenum
constantinopolitanum ephesinum primum et calcedonensem. Hic s. theophilus episcopus in gottia maiori
transfert bibliam de latino in linguam gothieam. et ingenio proprio quo acutissimus erat vltra vulgares
gothicas literas doctissime inuenit.
Nodrosia tabula moderna norbegie. habet 18 episcopos. Hic s. olanus [!] gloriosus appostolus
huius regionis moritur mar<(tyrizatus^>.
Scennig lieber)- 3 ca <j)itulum)> 5 ta<(bula^> moderna liuonie. Hic s. ingridis monialis linco-
pensis diocesis. de ordine fratrum predicatorum migrat confessor. anno domini ]418fuerunt in ciuitate con-
stantiensi germeone [!] auctoritate sinodali canonizati et cum catholico sanctorum annumerati. s. nicolaus
lycopensis. Brunulphus storensis [!] episcopus et ingridis sancti monialis predicti monasterij ocke-
nighen [!] ordinis sancti augustini licopensis diocesis sub m artin o papa 5 et sigismundo Eoma-
norum rege.
Vssalia metropolis li<^ber)> 3 ca<(pitulum)> 5 ta<(bula> moderna gotcie. Hic s. brigitta virgo
mirabilis in spiritu prophicie, ad quam scribit epistolam de concilio zenonensi. sanctus Bernardus migrat
confessor.
') Der Rest des Textes stellt auf der andern Hälfte der Kehrseite der Karte.
-\ A'erweist auf die Karte.
215
Beilage III.
Synoptische Tafel über die Namen in Olavus' jüngerem Werke.
In der nachstehenden Tafel werden die Namen des Textes der beiden Wiener Handschriften
(W und V; vgl. Kap. III) mit den handschriftlichen Kopien der mit diesem Texte ursprünglich zusammen-
gehörenden originalen A-Karte, d. h. die Karten At — A6 (vgl. Kap. II) zusammengestellt. Mitgenommen sind
außerdem die drei handschriftlichen Karten des B-Typus, die von der Ulmer Ausgabe 1482 unabhängig sind,
d. h. Bj — B3, weil sie wenigstens teilweise selbständige Kopien der originalen A-Karte sind. Zuletzt findet
man die Namen auf der gedruckten B-Karte der Ulmer Ausgabe (U), die nach B3 kopiert ist. Wegen des
besonderen Interesses, welches man für die Zeno-Karte gehabt hat, sind deren isländische und grönländische
Namen hinzugefügt (Z); vgl. hierüber S. 79 — 80.
Von den Lokalitäten der Wiener Handschriften werden nur die Eigennamen (in diplomatarischer
Wiedergabe) und solche Küstenbestimmungen und Legenden mitgenommen, die ein Analogon auf den Karten
haben. Von den Namen der Karten werden alle innerhalb des von Clavus behandelten Gebietes angeführt.
Sämtbche Namen mit Ausnahme derjenigen auf der Zamoiski- Karte (A3) und der Zeno-Karte (Z) sind nach
den Originalen gelesen. Folgende Abkürzungen werden benutzt:
c
civitas
ch
chersonesus
f
ftuvii ostia
i
insula
1
littus
P
Promontorium
pt
portus
s
sinus
v
villa
216
Synoptische Tafel ü
W
Cod. Vindobon. lat. 3227.
V
Cod. Vindobon. lat. 5277.
Cod. Magliab. XIII. 16.
ö. L. n. B.
O / 0 /
Cimbromm Chsrsoiiesus
5
albis f
Harn burg c 32 0 56 3
10 Thitrueskem ch 31 0 56 50
Holzacie 1 32 0 57 0
Frisie inferioris 1 33 0 57 20
Ripis c 34„.°„57 40
15 Burglanensis c 7'. 35 0~58 20
littus Kobierghhde 36 0 58 20
Saligenharret s 38 40 58 35
20 Vendesisel c 39 0 59 40
Skaue p 40 35 59 55
Uiburg c 40 0 59 20
Arus c 39 55 58 45
Fialdinkh v 40 10 58 10
25
Uechlis v 38 10 57 40
Medelfar passas -38 30 57 30
30 Flenseborghis pt 38 0 57 0
Flenseborghis c 37 20 57 20
Slesinkh c 36 30 57 15
portus eius 36 20
Igernefyordh v 36 30 56 25
35 portus 36 25 56 25
plae v 35 35 56 40
Portus rneridionalis 35 40 56 35
Kylis portus septentrionalis 35 25 56 30
Kyl c 35 5 56 5
40 portus rneridionalis 35 25 56 20
traun portus primus 35 5 56 15
portus strictus 35 10 56 0
Lubk c 34 30 56 0
ö. L. n. B.
0 f Ol
Cyinbrorum Chersonesus
Albis f
Hamburg c 32 0 56 20
Thimesken ch 31 0 56 50
Holzatise 1 33 0 57 0
Frisise inferioris 1 33 0 57 20
Ripis c 34 0 57 40
Burglanensis c 35 0 58 20
littus Kobierghhede 36 0 58 20
Saligenharret s 38 40 58 35
Vendosisel c 39 0 59 40
Skarue p 40 35 59 55
Viburg c 40 0 59 30
Arus c 39 55 58 45
Fialdinckh v 40 10 57 10
Vechlis v 38 10 57 40
Medelfar passus 38 30 57 30
Flenseborgis pt 38 0 57 0
Slesingk c 37 20 57 20
Portus eius 36 30 57 15
Igernefyordh v 36 30
Portus eius 36 30 56 25
Piene v 36 25 56 25
Portus rneridionalis 35 35 56 40
Kilis portus septentrionalis 35 40 56 35
Kyyl c 35 25 56 30
Portus rneridionalis 35 5 56 5
Traun portus primus 35 25 56 20
Portus strictus 35 5 56 15
Lubk c <35 10 56 0
\34 30 50 0
ö. L. n. B.
Ol o
Re^num Danismarcliise
elbis f.
hamburg 33 20 55 50
(Stadtzeichen) ... 32 10 56 25
thitumersorem . . 31 35 56 55
burgrauen 35 40 58 25
andesusel c 39 30 59 45
scaue p 40 40 60 0
viberg 40 15 59 15
aris 39 55 59 0
caldige uilla . . . f39 55 58 15
8 140 25
verhelis uilla ... 38 35 57 55
oberon uilla ... (37 25 57 45
l 55
also portus 37 40 ? ?
frenseber c 36 45 57 25
sclenenic 36 0 57 25
igernefier 36 30 57 15
ploen 36 15 57 0
lubick 35 10 55 50
I
211
in Clavus' jüngerem Werk.
3
4
0
Afi
Bi
o
B3
6
u
Iii \J 1 Ol\ .1 •
Cod. Urbin. lat.
Cod. Urbiii. l;i t.
Cod. Laurent.
( -od. Laurent.
Cod. Vatic. lat.
1 'od. Wolfegg.
L'tolci n;i U83 US*7.
274.
275.
XXIX. 25.
XXX. 4.
3811.
Ulm 1482."
f
amasus f
amasus f
suenus f
amasus f
Amasus f
; f
uisurgus f
uisurgus f
visurgus f
uisurgus f
uisurgus f
s Olier-
Cimbr. clterso-
Cimbrl clierso-
Cimbfj clierso-
t
nesus
nesns
nesiis
dacia
dacia
albis f
AI Iis f
albis f
albis f
alliis f
albis f
Albis f
hanburg
hanburgk
häburg
hanburgk
hanburgk
hanburgk
hanburck
naburg
insule
saxonü insule
saxonü insule
Saxonü Insule
sorn
chicumersore
thitumersorn
cliicumersorui
chicumersoren
chicumersocer
i f
o f
o f
?lsacie
ducatus elsacie
ducatus elsacie
Ducatus elfacie
ducatus olfacie
olfacia
otfacia
0tfacia
olfacie litus
tus
frigie litus
frigie litus
frigie litus
frigie litus
frigie litus
frigie litus
frigie litus
rupis
rupis
rupis
rupis
rupis
Rupis
Rupis
m
burgrafen
burgrafen
burgrauen
burgra
burgrasen
burgbra
burgbra
hedre litus
hedre litus
he re litus
hedre litus
hedre litus
hedre litus
jsalinge
jsalinge
j salinge
hert
jsalinge
jsalinge
1 salinge
(hert
(hert
\hert
(hert
(hert
(hert
litus
lictus
lictus
dacia
dacia
Dacia
dacia
datia
datia
Dacia
;el
uindesusel
uindesusel
j uindesusel
uindesusel
uindesusel
uindesusel
uindesusel
(uendesusel
sconen p
scauen p
scane p
Scauen p
Scaue p
Scauer p
Scaue p
uiberg
uiberg
Viberg
uiberg
uiberg
uiberg
uiberg
arus
arus
arus
arus
arus
arus
arus
caldinge uilla
caldinge
caldige uila
caldinge ui'la
caldinge uilla
candinge uilla
candinge uilla
uilla
uilla
uechelis uilla
uechelis uilla
Vechelis uilla
uechelis uilla
uethelis uilla
ailla
obero uilla
oberon uilla
oberö
obenco
obero uilla
uilla obero
j uilla
Roberto
also por.
also p
alse p
also p
also p
also p
also p
fresebor
fresebor
freseber uilla
Sirseb r
Sirsebor
Sirsebor
Sirsebor
sclesta
sclesta
scleffenic
Sclesta
Sclesta
Sclesta
Sclesta
?r
igernesier
igernefier
igernesier
igernefier
igernefier
igernefier
igernesier
plonra
ploena
ploene
plora
plonva
plonra
plonra
chorl
thorl
choli
chorl
chorl
chorl
chors
trauen
trauen
traueno
traue
trauen
trauen
trauen
lubigk
lubick
lubick
lubick
lubick
lubick
lubich
ho n. P
etersan, Claudius
Clavus.
28
218
W
Cod. Vindoloon. lat. 3227.
V
Cod. Vindobon. lat. 5277.
ö. L. n. B.
o / o /
Rcgni Solanum m Extensio
Portus magnus 35 20 56 0
Visraaria pt 36 40 55 55
Rostokh c et pt 39 20 55 40
Rebanes v 42 10 56 0
Portus 42 40 56 5
Portus Sundensis 45 0 56 0
Sundis c 45 0 55 40
Hostium Aderinj fluuii occid. .45 0 55 30
Kyen p 45 20 56 0
Littus 45 40 56 0
Littus secundum 47 10 56 0
Littus tertium 48 35 56 0
Littus quartum 50 0 56 0
Ostium Orient. Aderinj fluuii 50 0 56 0
(initium Pomeriffi)
Primum littus 51 15 56 40
Secunduni littus 52 30 56 30
Vltimum littus in ostio Rubnis 53 0 57 0
Pruscia? prirnum littus 54 0 57 20
Secundum littus 54 30 57 30
Tertium littus 55 0 57 40
Quartum littus 55 40 58 10
Cod. Magliab. XIII. 16.
ö. L. n. B.
o ' o '
Kegiii Sclauormn extensio
45
portus magnus 35 20 56 0
Uismaria c 36 40 55 55
Rostokh c et pt 39 20 55 40
50 Rebanes v 42 10 56 0
portus 42 40 56 5
portus Sundensis 45 0 56 0
55 Sundus c 45 0 55 40
hostium aderiin fluuii occid. .45 0 55 30
K0yen p 45 20 56 0
60 Littus 1 45 40 56 0
Littus secundum 47 10 56 0
Littus tertium 48 35 56 0
Littus quartum 50 0 56 0
Ostium Orient, aderin fluuii.. 50 0 56 0
65 (initium pomarie)
primum littus 51 15 56 40
secundum littus 52 30 56 30
Vltimum littus in hostio Rubnis 53 0 57 0
70 Pruscie primum littus 54 0 57 20
Secundum littus 54 30 57 30
Tertium littus 55 0 57 40
Quartum littus 55 40 58 10
75
SO
Turunci f 56 0 58 30
85 primus sinus prucsie 55 0 58 40
secundus sinus 57 50 59 5
90 Cerchin f 58 30 59 30
Primus linonie sinus 59 20 59 55
ö. L. n. B.
Germanie pars
quondam Osterghodhengh
95
Turunci f 55 0 58 30
Primus sinus Pruscire 55 0 58 40
Secundus sinus 57 50 59 5
Cerchin f 58 30 59 30
Primus Liuonne sinus 59 20 59 55
quondam Osterghedengh
calusius f 36 55 56 10
suanus f 39 40 56 15
nuarus f 42 15 55 40
istula f sine odra .45 10 55 30
stetina 46 30 53 55
pomeria
istula f 50 0 55 35
pomeria
aubor f 53 5 57 0
pruscia
(iermania per totum
Venefici montes
Venedicj montes
bedinus mons
alanus mons
Riffej Montes
dansor 55 50 58 10
turon 56 25 57 40
turon f 56 40 58 40
pruscia
Sensor f 58 30 59 45
Livonia
Livnnia
219
iski.
A4
Cod. Urbin. lat.
274.
A5
Cod. Urbin. lat.
275.
Cod. Laurent.
XXIX. 25.
Cod. Laurent,
XXX. 4.
Cod. Vatic. lat.
3811.
u
Ptolemäusausg.
Ulm 1482.
leuropa
Magne Germanie
pars
uismara
calusius f
ro stock
rebenes
suenus f
uiadus f
lundis magna
istnla f
rura insula
ruron
Primum
litus
pomeramie
LTonon f
Germanie pars
uismana
calusius f
rostock
rebenes
suenus f
uiadus f
lundis magna
istula f
rura insula
ruron
Pomeramie
primum
litus
magnum
cronon f
se- litus seeundum Pomeramie se-
. litus pomeramie
rubon f
jrussie Primum litus
prussie
Sannatie eurupe
pars
Bondinj montes
alaunus
Ritfei moiites
dansor
turon
turonitus f
Primus sinus
prussie
Prnssia
chersmicon f
Primus liuonie
Sinus
liuoma
Gotthia orientalis
cnudum litus
rubon f
prussie primum
litus
Sannatie enrope
pars
Bondinj montes
alaunus mons
Ritfei montes
dansor
turon
turonitus f
primus sinus
prussie
Prussia
chersmicon f
Primus liuonie
Sinus
i
liuonia
Gottia Orientalis
Magne Gcrmanie
pars
Vismaria
calusius f
rostock
rebenes
suenus f
viadrus f
lundis magna
istula f
ruya Insula
ruron
pomerie [corr.
es poneramine]
primum litus
maimum
litus secundus
pomerale
primum litus
prussie
Gennanie pars
roscock
rebenes
istula f
Gerinaiiie pars
uismana
rostoekrebenes
istula f
St etil!
Primum prussie
littus
Gcrmanie pars
istula f
rura insula
stetin
Primum prussit
litus
Sarmacia Evrope Sariuatic enrope Sannatie enrope Sannatie enrope
pars pars pars pars
Bondinj montes
Alaunj mons
Ritte i montes
donsor
Turon f
primus sinus
prussie
l'rvssia
Sersus f
primus liuonie
sinus
ILivonia
Gotia orientalis
dancz
primus prussie
sinus
primus liuonie
sinus
(,. .
Ilinonia
Gottia orientalis
danezg
primus prussie
Sinus
Primus liuonie
sinus
liuonia
Gottia orientalis
primus prussie
sinus
primus liuonie
sinus
liuonia
liuonia
Gottia orientalis
Gcrmanie pars
illusta f
rura insula
stetin
Primum Prussie
litus
Sarmacic enrope
pars
dantzg
Primus prussie
sinus
primus liuonie
sinus
jliuonia
Ilinonia
Gottia orientalis
220
W
Cod. Vindobon. lat. 3227.
Cod. Vindobon. lat. 5277.
Cod. Magliab. XIII. IB.
ö. L. n. 1>.
o / o /
forste aa f (il 20 61 20
100
Amnö aa f 62 0 52 25
tlirede aa f 62 0 64 0
105
fierdhe aa f 60 30 64 30
lly üestghdeiigli
Sinuorum primus sinus 58 20 64 30
Arosia c 57 0 64 20
Anen aa f 55 40 63 55
thredie aa f 54 30 63 20
115 fyerde a f 54 20 62 15
Schokolnn Ciuitas magna. . . .53 30 62 20
S0nder0gliin
120 Skareä c 54 0 61 40
femcke aa f 52 30 62 25
Kalmarn c 52 40 61 5
Sarthe aa f 52 0 61 0
Aosia c ' 52 0 60 30
125 01andia i f 53 0 60 40
\ 52 0 60 0
130
135
140
Rcgni dauorum descripcio
Primus sinuy et Promontorium 51 35 60 0
145 forste aa £ 50 30 59 40
Aruen a f -48 20 59 20
Yschede c 48 25 58 35
5. L.
forste aa f 61 20 61 20
Amen aa f
Threde aa f
62 0 62 25
62 0 64 0
Fierdhe aa f 60 30 64 30
Vcsti-'dbenftli
8ynnorum primus sinus ....58 20 64 30
Arasia c 57 0 64 20
Arnen aa f 55 40 63 55
Thredise a f 54 30 63 20
Fyerdhe af 54 30 62 15
Stockolm ciuitas magna . . . .53 30 62 20
Sondergedliin
Sckaren c 54 0 61 40
Feniche aa f 52 30 62 25
Kalmari c 52 40 61 5
Sarthe aa f 52 0 61 0
Aosia c 52 0 60 30
glandia i (53 0 60 40
1 52 0 60 0
Rcgni Danorum descriptio
Primus sinus et Promontorium 51 35 60 0
Forste aa f 50 30 59 40
Arueni a f 48 20 59 20
Ysthede c 48 25 58 35
ö. L. n. 11
oxilia
Riga 61 15 60 50
fusta f 61 15 61 25
Reualea ciuitas ... 62 10 62 15
auenus f 62 0 62 30
Virona 62 0 63 10
trodiena f 61 40 64 0
offlandena 61 30 64 15
fierde f 60 30 64 35
roderim 60 5 64 40
/ Svetia
l (iottia
arosia, 56 35 64 20
agant f 54 50 63 40
stokalm ciuitas
magna 53 0 62 25
soriensis 53 45 61 50
Seta f 52 30 61 30
calmarn 52 45 61 5
(Fluß) 52 0 61 0
aosia 51 45 60 40
oland ( 53 10 60 30
\ 52 25 60 5
agaria 52 35 63 5
vfsalia 49 15 63 25
lintopia 44 5 62 50
Scening 50 45 62 5
vasion 50 0 61 55
nascola 48 10 61 40
sudercobing 47 50 60 45
alous 46 10 61 45
stocol lacus
aluena f
Dänorü p 51
firsta f . . . . ,
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istrude uilla
45
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...50 10
. . .47 30
...48 30
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scania
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59 10
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221
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Loa. urüin. lat.
Ooci. uruin. lat.
Cod. Laurent.
Cod. Laurent.
L/OCt. v atic. lat.
Cod. Wolfegg.
Ptolemäusa usg.
274.
275.
XXIX 2b.
XXX. 4.
üul 1 -
Ulm 148?
oxilia
oxilia
oxilia
oxilia
oxilia
oxilia
oxilia.
riga
riga
riga
Riga
riga
riga
Riga
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fursta f
fursta f
fursta f
fursta f
fursta f
lia
(ungardia
(ungardia
(vngardia
Vngardia
ungardia
ungardia
ungardia
i ciuitas
Ireualea ciuitas
(reualea ciuitas
ireualea ciuitas
f
auenas f
auenas f
Auenas f
uirona
uirona
Virona
uirona
Virona
uirona
uirona
1a
trediena f
trediena f
trediena f
tredie
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nogardia
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oflandena
oflandena
offlädena
oflädena
oflandena
0 flandena
flautena
f
flerdis f
fierdis f
fierde fl' hostia
1
roderin e
roderin
Roderin
roderin
roderin
roderin
roderin
que et
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jSuctia que
(Swecia qvc et
(Snetia que et
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jSuetia que et
f Snetia que et
ccidentalis
(Gottia occidentalis
(Gottiaoccidentalis
(Gotia
(Gottiaoccidentalis
(Gotia occidentalis
\ <tuttia occidentalis
(gottia occidentalis
arosia
arosia
arosia
arosia
arosia
arosia
Arosia
agna f
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trediera f
trediera f
trediena f
trediera f
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mangna
Schokalnaga
Schokalnaga
Schokalna
Schokalna
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Uottia meridionalis
(iottia meridionalis
Gottiameridionalis
Gottia meridionalis
Gottia meridionalis
Gottia meridionalis
SOTlPlli-'H.'
XDKJl ICUS1S
ftrtvipn qi s
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calmaur
calmaur
calmaurn
calrnur
calmur
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calmur
seta f
seta f
seta f
seta f
Seta f
Seta f
aosia
aosia
oasia
aosia
aosia
aosia
aosia
olanth
olandt
olant Insula
olant
olant
olantli
olanth
agaria
agaria
Agaria
agaria
agaria
agaria
agaria
ussalia
ussalia
Vsalia
ussalia
ussalia
ussalia
Vssalia
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lincopia
lincopia
lintopia
lincopia
Lincopia
lincopia
lincopia
scenig
scenlg
Scenlg
scenlg
Scenlg
Scenlg
Scenlg
uascon
uascon
Vason
Nascon corr. ex uascon
nasconla
naseöla
nascola
)bing
.sudercobing
sudercobig
Sudercobig
Sudercobing
Sudercobing
Sudercobig
Sucricobig
alous
alous
Alous
alous
alous
alous
alous
(yona lacus
(yona lacus
(Scarse. Lacus
(Screse Lacus.
[Screse lacus.
jSerese lacus
JSerese lacus.
} uel
} alias
< scarse
< screse lacus.
\ schrese lacus
< schrese lacus
■v schrese lacus
lacus
(schrese lacus
(schrese
(alias screse lacus
(aliter yona lacus
'aliter yona Lacus
laliter iona lacus
(aliter iona lacus
stochol lacus
(stocol lacus
< alias
(stokol lacus.
< Lacus stocol.
(stockol lacus
\
/stocol lacus.
) Scokol Lacus
(Scokol lacus
(Scokol lacus
\ lacus uena
[lacus Vene
I
(alias uena
(aluena f
(aluena f
Scania
dacia
scania
dacia
Scania
scania
dacia
scania
dacia
scania et dacia
Scania et Dacia
I p
däpnorü p
dänorfl p
dänorum p
dänorum p
dänorum p
fursta f
fursta f
fursta f
fursta f
fursta f
fursta f
fursta f
f
angue f
aguen f
ague f
aguen f
aguen f
aguen f
istrude uilla
istrude uilla
istrude uilla
istrude
uilla
istrude uilla
istrude
uilla
istrude
uilla
222
W
Cod. Vindobon. lat. 3227.
V
Cod. Vindobon. lat. 5277.
Cod. Magliab. XIII. 16.
ö. L. n. B.
II / o /
Falsterbode reot' 47 40 59 ü
falsterbod emporium 47 25 59 0
Skanaar pt 47 20 58 45
150 Elleboghei e 47 20 58 55
Magnus skanie portus 46 40 58 50
ellckolm 46 0 58 40
155 Grichzhoun pt 45 30 58 35
helsenberg c 44 50 58 35
Ferste aa f 45 40 59 30
Arnen f 44 45 59 40
Kumthz lonec p 44 0 59 30
160 1
fakste aa f 44 20 60 5
Anen aa l 44 35 60 35
165 Hayldhlaiidis descripcio
f0rste aa f 43 40 61 5
portus semerskaini 41 0 60 40
Laodest c 41 30 61 0
f0rste aa f 41 0 62 0
170
K'egiii Norbeige descripcio
Also c 40 5 62 15
Yarne f 40 30 62 30
portus eius 40 20 62 30
175 Vone f 39 40 62 40
portus eius 39 0 62 30
faren ciuitas super
tumsberg 38 20 62 0
180 Apetane f 37 5 62 20
üitu f 36 55 62 40
Ameren c 36 0 63 0
185 lisce p 35 0 62 10
Stananger e 34 0 62 55
Corshaü 33 35 62 35
190 bobchara 33 0 62 55
samershaiin 33 5 62 40
Bergen c 33 0 63 15
Ladhehorn 32 0 63 10
horiza f 31 30 63 10
195 trollen byern 31 10 63 0
Nadhegrun p 30 35 63 0
grincz aa f 30 30 63 5
douersgeld p 30 0 63 0
ö. L. n. 13.
O / II /
Falsterbode recf 47 40 59 O
Falsterbod emporium 47 25 59 0
Skan00r pt 47 20 58 45
Ellebogel c 47 20 58 55
Magnus skanie portus 46 40 58 50
Elleholm 46 0 58 40
Grichzhooiuij pt 45 30 58 35
Helsenbergh c 44 50 58 35
Ferste aa f 45 40 59 30
Arnen f 44 45 59 40
Kuintzhoner p 44 0 59 45
Farste aa f 44 20 60 5
Arnen aa f 44 35 60 35
Hayldhlaiidis descriptio
Farste aa f 43 40 (51 5
portus samershai 41 0 60 40
Leodest 41 30 61 0
farste aa f 41 0 62 0
Regni Norbegi» descriptio
Aslo c 40 5 62 15
Varna f 40 30 62 30
Portus eius 40 20 62 30
Vone f 39 40 62 40
Portus eius 39 0 62 30
farn ciuitas super
tü sperck 38 20 62 0
Apetane f 37 5 62 20
Vita f 36 55 62 40
Ameren c 36 0 63 0
Lyste p 35 0 62 10
Stananger c 34 0 62 55
Corshaum 33 35 62 35
Bobchara 33 0 62 55
Samershaim 33 5 62 40
Bergen c 33 0 63 15
Ladhehorn 32 0 63 10
Horiza f 31 30 63 10
Trollenpiern 31 10 63 0
Nadhegrim p 30 35 63 0
(irintz aa f 30 30 63 5
Douersgeld p 30 0 63 0
ö. L.
n,
falsterbede 47 30 58 45
scanok 47 30 59 0
elebragen uilla . . .46 40 58 55
erici portus 46 15 58 50
elsibors 45 15 58 55
fursta f 45 45 59 50
(cmiutis ( 44 5 59 45
l Orot I
forst f 44 45 60 0
auga f 44 35 60 55
trodia f 44 0 61 20
finistar f 41 50 61 15
lodosia 41 40 61 20
Norvegia
aslo asto c 40 30 62 15
Jona f 39 50 63 30
farensis 40 40 63 0
optene f 37 30 62 35
viater f 37 20 63 0
amorenß 38 30 62 50
repuris c. magna . . 36 50 63 15
liste p 35 30 62 30
stauägeresis 34 30 63 15
bürget. 32 45 63 40
223
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Cod. Urbin. lat.
Cod. Urbin. lat.
Cod. Laurent.
Cod. Laurent.
Cod. Vatic. lat.
Cod. Wolfegg.
Ptoleinäusausg.
274.
275.
XXIX. 25.
XXX. 4.
3811.
Ulm 1482.
bede
falsterbede
falsterbede
falserbede
falsterbede
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falsterbede
falsterde
stanock
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stanock
stanock
stanock
Sianock
Sianock
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eltebrogen
Lunda
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limda corr. in
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Lunda
Luda
Luda
lunda
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erici p
erici p
erici p
erici p
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elsibors
elsibors
elsibors
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fostra f
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anga f
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anga f
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j cunutis
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trodia f
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sumorsan f
sumorsan f
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sumorsan f
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Sumorsan f
Sumorsan f
lodosia
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lodosia
Lodosia
lodosia
lodosia
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bahns
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Norbegia
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norbegia
norbegia
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yona f
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yona f
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farensis
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amerensis
amarensis
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amorensis
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lacus penarü
lacus penarü
lacus penarum
lacus penarum
lacus penarum
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grädia repuris
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repuris
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repuris
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luste p
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Lustemö p
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lüstern ii p.
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Inste
Inste
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stauagecensis
stauagecensis
stauagecensis
Stanägeresis
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Stauargetensis
Stauargerensis
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begensis
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archius f
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archius f
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224
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V
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Cod. Vindobon. lat. 3227.
Cod. Vindobon. lat. 5277.
Cod. Magliab. XIII. 16.
Cod. Laurent.
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XXX. 3.
Nedrosia sine trunth-
heim c 29 39 63 5
En aene f 30 0 63 30
200 apocane 29 45 63 50
Uithu f 30 40 63 50
Wltu 31 20 64 0
gegh f 32 20 64 5
Sarlecrogh 32 35 64 35
205 Crogere f 34 20 64 35
Coment' 35 20 65 0
210
Enegh f 40 0 65 25
Ynesegh p et emporium 41 0 66 0
ubi mare congelatuni
215 appellatur nordhi'-
bodhij
mare gottlandie
WildlappenD läiid descripcio
220 Mestebrodh 44 30 66 20
Vitiums limes Cruce
ypi signatus , ne
y_pi$VMi audeant abs-
225 que licencia regis
Ultra accedere 43 0 67 0
Wildlappmanni
pigniei
Kariii infideles
230 Desrriprio grolandie
thoer p 18 0 65 35
boer f 16 20 65 30
235 eeynth p 15 20 65 0
manh f 13 40 64 40
2m Promontorium 13 0 64 10
eyngromenden landz aa f 12 25 64 0
240
Ooc p 12 20 63 40
spieldehbedh f 11 30 63 30
uiundhe p 11 25 63 0
hanyd f 10 40 62 50
245 heyde p 10 30 62 40
Meer f 10 0 62 40
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han f 9 30 62 50
ö. L. n. B.
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Neidrosia siue true-
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En arene f 30 0 63 30
Apocane 29 45 63 50
Vithu f 30 40 63 50
Wultu 31 20 64 0
Segh f 32 20 64 5
Sarlecrogh 32 35 64 35
Crogere f 34 20 64 35
Comenter 35 20 65 0
Euegh f 40 0 65 25
Ynesegh p et cmporium 41 0 66 0
vbi mare congelatuni
appellatur nordhir-
bod
mare gotlädiaj
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Mestebrodh 44 30 66 20
Vitiums limes cruce
christi signatus, ne
christiani audeant
absque licentia regis
vltra accedere 43 0 67 0
wildlapmäni
pigmei
Karoli infideles
Descriptio Grolandise
Theoy p 18 0 65 35
Boer f 16 20 65 30
Eeynh p 15 20 65 0
Manh f 13 20 63 40
Secundum Promon-
torium 13 0 64 10
Eyngromenlandz aa f .12 25 64 0
Ooc p 12 20 63 40
Spieldehbedh f 11 30 63 30
Mundhe p 11 25 63 0
Hanyd f 10 40 62 50
Heyde p 10 30 62 40
Meer f 10 0 62 40
Haw p 9 25 62 40
Han f 9 30 62 50
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ö. L.
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n. B.
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(Fluß) 29 55 63 30
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(Fluß) 31 0 64 0
auiltu p 31 15 64 25
(Fluß) 32 20 64 25
feletrog p 32 50 64 45
comenter p .... 35 25 65 5
termor f 37 15 65 0
tiem p 38 10 64 45
enog f 39 50 65 45
Iuesech p 41 5 66 25
Mare Cougelatvm
Mare Gotticv
Pillapelant
mestebrot p. . . .42 25 66 45
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crucis cristj sig-
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ther p 18 0 66 5
beuer f 16 45 65 55
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naf f 13 35 65 0
vy p 13 0 64 25
laude f 12 30 64 15
(Vorgebirge) ... 12 15 63 50
spie f 11 35 63 40
müderh p 11 20 63 15
han f 11 0 63 10
ceum p 10 25 62 50
(Fluß) 10 15 62 50
ouer p 9 35 62 45
ana f 9 35 62 55
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275.
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XXX. 4.
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Drub f 14 0 67 40
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minus nobis in illa
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Eos f 22 0 63 20
Choas p 21 40 63 0
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Storgyys f 21 20 63 40
Knesol p 21 0 64 0
Haffilios f 21 30 64 25
Hanos p 21 5 64 40
Hollen c 21 30 65 0
Madher p 21 20 65 10
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Conus p 22 50 65 0
Doos f 22 40 64 45
Eeyr p 23 0 64 40
YYs f 22 40 64 30
Soolh p 23 20 64 20
Reynd f 23 0 63 40
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flescle f 11 40 65 5
Hiic p 11 20 66 0
Nurdum p 13 20 67 15
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neum p 13 20 69 30
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Hosos f 22 35 63 20
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thyr p 20 55 63 25
(FluR) 21 30 63 55
knosol p 21 10 64 15
(FluR) 21 30 64 30
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>tirhos
1
> tirchos
1
sucnos
1 TnVinc
i i unus
stange
stägenis
knesel
knesol
kaiiesol
kenesol
knesol
kiesol
Cenesol
hauos f
hauus f
hanos f
Honos f
hauos
hauos
hauos
hauos
hauos
Havos
hollensis
holesis
hollesis
hollesis
hollesis
hollesis
Olensis
macre
macre
macre
macr
macre
macre
Mane
nad
nader
nadar 'i
nadar ?
nadar
Noder
OS
dos
harsis
OS
dos
os
dos
os
dos
os
dos
dos
(
harsol
harsol
harsol
harsol
harsol
Aisol
stulöck
/steloch
\stalodin ?
slelou
slelonsk
slelönik
nelönick
Slelocth
lecust
lecust
leuist
leuist
leuist
Leuist
thirie
turie ? ?
tirie
tirie
tirie
tirie
eg
y
eg
?
eg
y
eg
f
eg
J
eg
y
ueist
Veist
Veist
Veist
Veist
Veist
berra
?
berra
berra
berra
berra
29*
228
W
Cod. Vindobon. lat. 3227.
V
Cod. Vindobon. lat. 5277.
Cod. Magliab. XIII. 16.
Cod.
XJl
305
ö. L. n. B.
O / Ol
fa're00 i et c 26 25 64 25
alia parua insula 25 5 64 0
insula feminarum que uocatur
fame00 26 ü 63 0
310
Tyle pars norbegie
Vermenlandh
315 findland
Insul« Circa Cliersonesum Cymbroruni
.srendet parua 41 0 60 0
Anebobch due prima 41 40 59 30
320 f
2^ 42 10 59 20
bogheos 34 30
AU0 37 40
136 0
325
ferneren prima
2^.
pboenie insulc descripcio
\37
/ 37
138
330 medhelfar pt 38 25
alias 38 0
finis illius passus 38 15
alias 38 15
Afnes v et pt 38 30
335 aghernes 38 30
Loydhez pt 30 40
eus sinus 39 0
faborczhonet 39 25
faborkh v et pt 39 40
340 faborkh s 40 0
egeycz v 40 30
swinshonedh 40 40
snierborkh pt et v 40 50
fyynzhonet 41 20
345 nyburkh v et pt 41 10
Kunshonet 41 25
cuius medium 41 35
finis 41 20
huczholm v et pt 41 10
350 monkebierg 40 50
Alle aas pt 40 20
stige v 40 20
58 40
56 40
56 25
56 25
56 20
56 20
58 0
57 27
57 50
57 20
57 20
57 10
57 0
57
57
57
57
57
56 55
57 0
57 0
57 20
57 20
57 25
57 35
57 25
57 25
57 20
57 25
ö. L. n. B.
o / o '
farre00 c et i 26 25 64 25
Alia parua insula 25 5 64 0
insula feminarü quse vocatur
fameae
Tyle pars norbegias
Vermenlandh
fündland
Insuls circa Cliersonesum Cyiubrorü
srendl parua 41 0 60 0
Anebobch duae prima 41 40 59 30
Secunda 42 10 59 20
bogheos 34 30 58 40
AII0 37 4 56 40
ferneren | 36 0 5625
\ 37 0 56 25
Secunda { 37 5 56 20
\ 38 0 56 20
l'hoenie insule descriptio
medelfar | 38 25 58 0
\38 0 57 25
finis illius passus J 38 15 57 50
\ 38 15 57 20
Asnes v et pt 38 30 57 20
aghernes 38 40 57 10
Loydhez pt 38 40 57 0
eius sinus 39 0 57 0
fabortzhonet 39 25 57 0
faborkh v et pt 39 40 57 0
faborkh s 40 0 57 0
egeitz v 40 30 57 0
swinshonedh 40 40 56 55
smerbokh pt et v 40 50 57 0
fyyntzhonet 41 20 57 0
nyburkh v et pt 41 10 57 20
Kunßhonet 41 25 57 20
Cuius medium 41 35 57 25
finis 41 20 57 35
Hultzholm v et pt 41 20 57 25
Monkebierg 40 50 57 25
Alle eus pt 40 20 57 20
Stige v 40 20 57 25
ö. L. n. B.
O I Ol
monarma
ferensis ( 26 0 65 0
\ 26 50 64 30
j 25 55 64 20
Insel) ;
\ 26 55 63 55
, I 25 45 63 40
lemo <
\26 25 63 5
bellandiar 31 30 62 50
Vcntbeland
Vermelant
emeland
tred c. 41 10 60 25
,4 j 41 45 59 50
anaold '
\ 42 20 59 35
,, (42 0 59 45
anaold ( , ,„
\42 40 59 25
böge 39 50 57 55
als 38 0 57 0
„ _ I 36 0 56 45
iemere ;
\ 37 10 56 25
, ( 37 40 56 45
temern <
\38 45 56 25
feonia
medelfar .38 40 57 25
laspres 38 50 57 15
fabor 39 40 57 10
suntor 40 55 57 10
vibard 41 25 57 25 uibar
durai
feresif
femo
orcha
farai
lierlai
tbile
bellai
Ventbej
Wermc I
ündela '
tred
anaol
böge
als
ferner
femer
feonia
dacia
fird'
229
A
A-
■°-6
B
"3.
u
oiski.
Cod. Urbin. lat.
Cod. Urbin. lat.
Cod. Laurent.
Cod. Laurent.
Cod. Vatic. lat.
Cod. Wolfegg.
Ptolemäusausg.
274.
275.
XXIX. 25.
XXX. 4.
3811.
Ulm 1482.
cluxiti
clurfii
duraj
durai
durai
lcl Cllölo
1 erensis
terensis
förcnsis
fenio
a
fenio
t Pin fiTi n
t p m n n
orchades
orchades
orchades Insu.
orchades ins.
Orchad' insulc numero
Orchades
Orchades
farai
farai
farai
farai
farai
faraj
farai
herlant
herlant
herlan*
herlant
herlant
herlant
herlant
tliile
tliile
Tliile
tltyle
thyle
thylc ins.
tliyle instilc
r
bellandiar
bellandiar
bellcädia
bellandiar
bellandiar
i
uentelant
uenthelanlh
Vcntuelandli
neuthelaut
Venthelant
uentlielant
Venthelant
h
Wermelaut
Wennelaiitu
Vermelanth
Vermelant
Vermelant
Vermelant
Vermelant
linlanth
liudolanth
flnlät
ii ii i 'i ii t
Ii M hlll 1
linl tili t
i in 1 an i
tred
tred
?
tred
tred
tred
tred
anaol
anaol
anaol
anaol
Anaol
anaol
anaol
anaol
anaol
anaol
anaol
böge
böge
Höge
böge
böge
ols
ols
als
als
als
als
als
femern
feniare
feinerem
femaren
femaren
femorn
femern
femern
feniare
femaren
femaren
feonia
feonia
feonia
feonia ins.
feonia
feonia
feonia
dacia
dacia
dacia
firdelfar
fird'
firedelfar
firdelfar
fidelfar
fidelfar
aspres
aspres
aspres
aspres
siitos
sütos
Sumtors
sütors
Sütors
suntors
nibar
nibar
nibas
niban
niban
niban
niban
230
W
Cod. Vindobon. lat. 3227.
Cod. Vindobon. lat. 5277.
Cod. Magliab. XIII. 16.
ö. L.
B.
ütthonia c 40 20 57 15
borgheus p 40 40 57 25
355 borgheus v 39 40 57 30
arnake p 39 40 57 30
huczgankh pt 39 0 57 30
Salingb v 40 0 57 20
bhasind 40 55 57 20
360 Iangenland J 41 25 5650
140 0 56 30
spreone i 42 0 57 10
In lalandh due prima I 42 55 56 40
\44 20 56 40
365
falsteri < 46 0 57 30
370 \ 46 30 57 50
Mouk i 47 0 58 0
dragbor i 46 20 58 10
syoholm 45 0 58 30
375
Canis inarini insula uulgariter Seeland
tbornborgb 43 5 57 20
corshays pt 43 0 57 20
380 ozoenes 43 0 57 0
Konolm 43 30 57 0
nestued v et pt 44 20 57 10
Vardhinbo'gb v et pt 44 50 57 20
385 borghsznes 47 0 57 15
tborsan pt 45 30 57 25
Koaghe 45 30 57 40
Kaobenham v et pt 46 5 58 0
helfinghaor v et pt 44 40 58 30
390 Koskildis c 44 40 57 50
Uienes 44 30 58 10
holbekz 44 0 58 0
holbekh v 43 40 57 40
Kagenes 43 0 57 30
395 slaglosia 43 50 57 25
Insula bornholm f 49 30 58 30
\50 50 58 30
Insula Gotlandie
400 Visbu c et pt 57 40 61 55
eus introitus 57 0 61 55
eeane p 57 5 61 35
ö. L. n. B.
o / o /
Orthonia c 40 20 57 15
Borgheus p 40 40 57 25
Borgheus v 39 40 57 30
Arnake p 39 40 57 30
Hutzgauch 39 ? 57 30
salingh v 40 0 57 20
basind 40 55 57 20
Iangenland i 41 25 56 50
\40 0 56 30
sprone i 42 0 57 10
Inlalandi du* prima i 42 55 5640
\44 20 56 40
Mster i i 46 0 57 30
\46 30 57 50
Mond i 47 0 58 0
Draghor i 46 20 58 10
Syelsolm 45 0 58 30
Canis marini insula vnlgariter Seeland
Tornborg 43 5 57 20
Corshays pt 43 0 57 20
Ozoenes 43 0 57 0
Koholm 43 30 57 0
Nestued v et pt 44 20 57 10
Vardhimborgh v et pt 44 50 57 20
Borgsnes 47 0 57 15
Thorsam pt 45 30 57 25
Keoche 45 30 57 40
Koobentham v et pt 46 5 58 0
Helfingheor v et pt 44 40 58 30
Roskildis c 44 40 57 50
Vrenes 44 30 58 10
Holbekh 43 40 57 40
Kagenes 43 0 57 30
Slaglosia 43 50 57 25
Jnsula bornholm / 49 30 5830
\50 50 58 30
.Insula Gottlandi*
Visbu c et pt 57 40 61 55
Eius introitus 57 0 61 55
Eeone p 57 5 61 35
ö. L. n, B.
O / Ol
ortonia 40 35 57 20
begrus 39 45 57 30
(Insel) 41 0 56 55
(Insel) ca. 41 20 56 45
(Insel) 42 0 57 20
143 0 57 25
lalant '
\ 44 15 57 25
lalant J 44 40 57 0
\45 30 57 0
lalant ! 45 25 5645
\ 46 10 56 45
falster j 46 5 5745
146 30 58 0
■A f 46 15 58 30
ldmagor '
\47 15 58 30
sioholm? j45 0 5845
\45 45 58 45
Silandia
torsur 44 0 57 40
nestued 44 25 57 25
naräba 45 0 57 30
tauger 45 25 57 50
namia 46 5 58 5
falsigor 44 45 58 25
rascil 45 30 58 0
heldec 44 0 57 25
slaglo 43 50 57 10
brenholn / 49 0 59 ü
\50 55 58 25
Gottia insnla
nisbus 57 35 61 50
(Einfahrt) 56 40 62 0
anone 57 0 61 40
>
I
231
noiski.
A4
Cod. Urbin. lat.
274.
A5
Cod. Urbin. lat.
275.
A6
Cod. Laurent.
XXIX. 25.
Cödi Laurent.
XXX. 4.
B2
Cod. Vatic. lat.
3811.
»3
Cod. Wolfegg.
ü
Ptolemäusausg.
Ulm 1482.
orconia
orconia
orconia
orcoma
orcama
orconia
orconia
bergis
r
borgis
bergos
bergas
bergas
bergas
lalant 1.
lalant 1.
lalant
lalant
Inlaut
lalant
lalant
2.
2.
2.
lalant
lalät
lalant
3.
3.
3.
4.
falster
meb
falster
meb
falci V
niebe
(falster
\ falster
menb
falster
menb
1 falster
\ falster
menb
) falster
\falster
menb
idnagor
idnagor
idnagar
idnagor
idnagor
idnagor >
Idnagor
sieholn
sieholn
sieholn
sieholm
sieholm
Sieholm
sielädia
dacia
colesig
rovsur
sielandia
dacia
colesing
rorsur
Silandia
colesling
rorsur
Sielädia
colesing
rorsur
siclanda
colesing
rorsur
selanda
colesing
rorsur
Selandia
colesing
rorsur
nestned
( nardi
\amb'g
nestrud
J nardi
\äberg
nestrud
amberg
nestued
) nardj
\ambug'u
nestued
j nardi
|anib'g
nestued
\ nardi
\amb'g
nestued
J nardi
\anbg
touga
obename
falsigar
rastil
tauga
obename
falsigar
rastil
tauga
obenam hen
falsigar
rastil
touga
cobename
falsiga
rastil
touga
cobename
falsigar
rastil
touga
cobename
falsigar
rastil
tonga
cobename
falsigar
rastil
heldech
colesig (cf.oben!)
heldec
heldech
heldech
heldech
heldoch
flaglosia
floglosia
| flogosia
\slaglo
floglosia
floglosia
floglosia
floglosia
i
bernholu
bernholn
bernholn
bernhol m
bernholm
bernholn
Bernholn
Gottia
uisbu
Gottia
uisbu
Gotia
nisbu
Gottia
uisburg
Gottia
uisburg
Gottia
uisbu
Gottia
wisbe
onane
onane
onane
j onane
Ronane f
j onane
Ronane f
onaus f
onaus f
i
232
w
V
Cod. Vindobon. lat. 3227.
Cod. Vindobon. lat 5277.
Cod. Magliab. XIII. 16.
Cod.
X
ö. L. n. B.
O ' O I
.„ opetane f 57 45 61 20
405
Uithu p 57 45 61 20
segb f 58 35 60 55
Salekragh p 59 0 60 45
410 Crogh- p 59 30 60 50
Cometer 59 3 61 15
ta'rener 59 20 61 20
tier f 59 0 61 40
415 masegh f 59 35 62 20
seger estus 60 0 62 30
sancolder p 59 40 62 40
tolleyr p 59 20 62 40
Knaper f 58 55 62 30
420 Uiuer p 58 30 62 35
Uonchiadh p 52 40 62 30
tyalder p 57 0 62 20
tyanesaldh p 57 0 62 0
425
430
435
ö. L. n. B.
O > Ol
Opetanae f 57 45 61 20
Vithu p 57 45 61 20
Seg f 58 35 60 55
Salecragh p 59 0 60 45
Crogher p 50 30 60 50
Comenter 59 30 61 15
Tarroner 59 20 61 20
Tier f 59 20 61 20
Masegh f 59 35 62 20
Seger sestus 60 0 62 30
Saurolder p 59 40 62 40
Tolleyr p 59 20 62 40
Knaper f 58 55 62 30
Viuer? p 58 30 62 30
Vouchiadh p 57 40 62 30
Tyalder p 57 0 62 20
Tyanesaldh p 57 0 6? 0
ö. L. n. B.
O t o t
(Fluß) 57 10 61 15
(Vorgebirge) 57 10 61 15
uulta 57 45 61 10
(Fluß) 58 30 60 55
alegroth 59 15 61 0
(Vorgebirge) 59 30 61 25
(Vorgebirge) 59 5 61 40
torouer 58 55 61 45
(Fluß) 58 50 61 55
engh 59 25 62 5
iueseh 59 35 62 20
fegur 59 50 62 30
sansols 59 45 62 50
tater 59 15 62 50
cuapar 58 50 62 40
(Vorgebirge) 58 10 62 45
notialch 57 35 62 35
noleber 57 0 62 20
ramefak 56 55 62 5
Mare. Gerinanicvm et Sarmaticvni
Mare Germanicvm
Oeeanvs Dvecalledonius
Oeeanvs Iperboreus
Oeeanvs Occidentalis
parta
uulta
seg f
alegr
teveft
tior 1
eng
segur1
cober
rurae
Mare
Sabul
ponl
Balte.
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üc.G«
Oc,
do:
Oc.
I
233
Cod. Urbiii. lat.
•274.
A5
Cod. Urbin. lat.
275.
A6
Cod. Laurent.
XXIX. 25.
Cod. Laurent.
XXX. 4.
B2
Cod. Vatic. lat.
3811.
Cod. Wolfegg.
u
Ptolemäusausg.
Ulm 1482.
pacta f
uulta
alegiet
terefer
tiar f
eng
segur
cober
rumfalch
mare sarmati-
cum
Sabulosus
pontus
Baltheatus
pontus
Occeanus Ger-
manicus
Duecalledonius
oceanus
Oceanus iper-
boreus
parta f
uulta
seg f
alegret ■
terefer
tior f
uirseg
segur
cober
rumefalck
mare sarmati-
cum
Sabulosus
pontus
Baltheatus
pontus
Germanicus
oceanus
Duecalledonius
iperboreus occ.
Japete f
\parten f
uulta,
seg f
alegerh
tor*ner
tiar f
engh
iuesegh
fegur
faucols
enaper
nocialch
noleber
rumefack
Mare sarmati-
cum
Sabulosus pötus
Balteatus Sinus
Occ. Germani-
cus
Occ. Duecalle-
donius
Oc. Iperboreus
porta f
uulta
seg f
alegerech
terefer
tior
eng
uirseg f
Segu
cober
uoleber
rumefalk
Sabulosus pon-
tus
Balteatvs Pötvs
Germanicum
mare
mare occeanum
porti f
ülta
seg f
olegerech
terefer
eng
uirfeg
Segu
cober
uoleber
runiefalk
Sabulosus pon-
tus
Balteatus ***vs
Gemanicv Mare
porti f
uulta
seg f
alegerech
terefer
uirseg f
Segur
cober
uoleber
rumefalk
Sabvlosvs Pötvs
Pontvs Baltea-
tvs
Germanicvm
Mare
Iperborevm
porti f '
vulta
seg f
alegerech
terefer
Erig
uirseg f
sog'
cober
uoleber
rumefalk
Sabvlosvs Pon-
tvs
Pontvs Baltea-
tvs
Germanicvm
Mare
Iperborevm
örnbo u. Petersen, Claudius Clavus.
80
234
Namen der Nanziger Karte.
Europe tabula XI*
Holsatia
hselieläd
Jutones
5 ripis
wiburg
arus
Slesuig
Slauorum regio Insidiatrix
10 ryland
Pomaria
Peruersa prutenorum nacio uel nocio
Suetica Regio
findlandi
15 findhlappi
Dalingi
Stalbergi
Vestgoti
arus
20 Stokholui
Skeninge
W asten
Kalmar
Oues
25 Guthiand
Danorum Regio
Scaningi
Halandi
Ystedh
30 Skanor
Lundis
helsingborg
hamer
Oslo
35 tunsberg
Noruegica Regio
Nordhmäni
Stauäger
bergis
40 Nidrosia
Douersyeldh
Coberbyerghe
Vermelandi
Gentelandi
45 Engrouielandi
Wildblappelädi
Griffonü regio vastissima
Pigmei maritimi
Vnipedes maritimi
50 Carelorum infideliü regio maxie septefonal'
Gronlandia provincia
Quietum mare
Tenebrosum mare
Nordhiudh ßondh
55 Cougelatum mare
Vestbaf
Islandia
Orcadia
Ibernia insula
60 Scotie regio
Britäni anglicati Apostate
Veenskon
0reson
belte
65 pheonia
caniscula
bornbolm
01andh
Beilage IV.
Facsimile des Clavus-Textes in den Wiener Handschriften.
1—5: Der ganze Text im Cod. Vindob. 3227 (W) d. h. fol. 192r— 194r.
6—7: Erste und letzte Seite im Cod. Yindob. 5277 (T) d. h. fol. 271r und 276r.
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Beilage V.
Nachtrag.
A.
Zusätze und Berichtigungen.
Zwei Werke von Clavus. Seite 11.
Daß Clavus der Verfasser zweier Beschreibungen der Nordlande sei, von denen die zweite als
eine „ erweiterte " anzusehen wäre, hat schon Jos. Fischer in den Entdeckungen der Normannen (S. 60)
als eine Möglichkeit hingestellt, und zwar um den von Friedlieb (nach dem damals unbekannten
Wiener Texte) zitierten Bericht vom Goldfunde im Jahre 1425 (d. h. ein Jahr nach der Abschrift des
Nanziger Textes durch Fillastre) zu erklären. Er schreibt nämlich: „Nach Irenikus erwähnt Claudius
Niger in seiner Beschreibung des dänischen Keiches beim Vorgebirge Kumtyhone (d. h. Knutzhouet;
vgl. S. 141) Goldgruben, die im Jahre 1425 entdeckt worden seien. Da aber Irenikus eine zweite,
erweiterte Beschreibung des Claudius Clavus vor Augen gehabt haben kann, so soll
für die Datierung der Clavischen Nordlandskarte auf diese vereinzelte Angabe kein weiteres Gewicht
gelegt werden." (Jos. Fischer.)
Die Karte B7 ist von Sebastian Münster gezeichnet. Seite 22
ii und 35.
Der Codex lat. Monacensis 10691 ist nun von Aug. Wolkenhauer näher untersucht
worden, und es hat sich herausgestellt, daß dieser Codex, welcher für die Kartographie der Nordlande
ohne Interesse war, in anderer Beziehung vom größten Wert ist, da das Büchlein Sebastian Münsters
eigenhändiges Kollegienbuch ist. Vgl. A. Wolkenhauer, Sebastian Münsters handschriftliches Kollegien-
buch aas den Jahren 1515 — 1518 und seine Karten, Berlin 1909 (Abh. d. kgl. Ges. d. Wiss. zu Göttg.
philol.-histor. Klasse N. F. XI, 3). S. 42 kommt der Verfasser unabhängig von uns auf genau dieselbe
Weise wie wir zu dem Eesultat, daß B7 mit der zugehörigen Namenliste der Ulmerausgabe 1486 ent-
nommen ist.
Unterschrift des Schreibers der Zamoiski-Handschrift (A3).
Die Unterschrift des Schreibers Antonius Vitellensis steht am Schluß des Kap. II des
VIII. Buches des Ptolemäus-Textes, wie sich aus dem Zusammenhange der zitierten Stelle (Facsimile-Atlas
S. 55) ergibt; vgl. Ulmer Ausgabe 1482: „fiet animadvertere . . . incipienda sunt" vor „Tabula super
universale." (Jos. Fischer.)
Björnbo u. Petersen, Claudius Clavus. 31
Seite 25.
244
Seite 27. Das Schicksal der Nürnberger Ptolemäus-Handschrift.
Der von Raidel beschriebene Codex Ebnerianus, eine Nürnberger Handschrift mit der 1. l'to-
leinäus-Rezension des Nicolaus German us. befindet sich nicht mehr in Nürnberg. Dar Codex wurde
seiner Zeit von dem Grafen Apponyi erworben, wurde aber am Schluß des vorigen Jahrhunderts ver-
kauft und befindet sich jetzt in Amerika (New York). (Jos. Fischer.)
Seite 27. Die Dedikation an den Papst Paul II.
Außer in den Handschriften (A3 — A5) der A-Eedaktion findet sich diese Dedikation in der
B3-Hs. Vgl. die Reproduktion des Titelblattes der Wolfegger-Hs. und Beilage VI in den Entdeckungen
der Normannen. (Jos. Fischer.)
Seite 28. Die Datierung der Wolfegger Ptolemäus-Handschrift (B3),
Das betreffende Pergamentblatt, auf dem sich die wegradierte Datierung findet, gehört wesent-
lich zur Wolfegger Handschrift. Die Vorderseite des Blattes und die erste Spalte sowie die Hälfte der
zweiten Spalte der Rückseite bieten den Schluß des Ptolemäus-Textes (nach Taprobane) sowie die Sub-
skription; unter dieser steht die ausradierte Datierung. Betreffs des Alters der B-Karten hält Fischer
an der Ansicht fest, daß man von der handschriftlichen, auf einem wesentlich zum Werke gehörenden
Blatte angebrachten genauen Datierung nicht ohne die zwingendsten Gründe abgehen darf. Da nun B3
auch die Dedikation an den 1471 verstorbenen Papst Paul II trägt, so steht für B3 an sich betrachtet
nichts im Wege, die Datierung 14(37 anzunehmen; es spricht die Dedikation sogar dafür1).
(Jos. Fischer.)
Seite 29. Die Herstellung der A,;- Handschrift.
Nach Fischers Untersuchungen der Ae -Karte geht seine Ansicht dahin, daß diese eine von
Nicolaus Germanus gezeichnete, aber von Martellus umgeänderte Karte ist, so daß sie beiden Kar-
tographen zuzuschreiben wäre. Nicolaus zeichnete nach seiner Ansicht A6 wie A2 — A5 nach der
Originalkarte in seiner Projektion. Dabei entnahm er der Originalkarte einige Angaben, die sich auf
A2 bis A5 nicht finden, wie ja auf den verschiedenen Karten auch sonst festzustellen ist, daß
Nikolaus eine Auswahl trifft. Martellus brachte dann manche Änderungen an, so die Land Verbin-
dung durch einige Federstriche; die Gebirge zeichnete er zum Teil in seiner Weise um, und auf ihn
gehen verschiedene Nameneintragungen zurück, was im einzelnen am Original festzustellen wäre.
Wie Martellus die Nordlandskarte AG nicht ganz selbst zeichnete, sondern nur eine Nicolaus
Germanus-Karte umzeichnete, so verhält es sich auch mit den meisten Karten des Textes des Insu-
lariums im Cod. Laurent. XXXIX, 25. Der ursprüngliche Text war bereits von Karten begleitet und
diese wurden von Martellus sicher zum Teil (ob alle — muß noch untersucht werden) wie A6 um-
gezeichnet, so die ursprünglichen Gebirge „musch eiförmig" oder als „abgestumpfte Kegeln".
(Jos. Fischer.)
Seite 51. Hat Michel Beheim Clavus' Arbeit gekannt?
Nach der Drucklegung von Kap. IV der gegenwärtigen Arbeit erschien Ove 0. L. V äu-
gen st en, Michel Beheims Reise ttl Danmark og Norge i 1450, Christiauia 1908 (Videnskabs Selskabds
Skrifter. II. Hist.-Filos. Klasse 1908- No. 2) mit einer kritischen Ausgabe von denjenigen Gedichten
Beheims, welche auf seine Reise in den Nordlanden Bezug haben. Daselbst findet sich auch eine
synoptische Tafel, wo Auszüge aus Clavus' Arbeiten mit Beheimzitaten zusammengestellt werdeu. Die
Übereinstimmungen, aus denen ein Quellenzusammenhang hervorgehen sollte, sind: 1) der Name Wild
') Da die Techn.k des Textes in B., (dagegen nicht die der Tafeln) von B, — B2 vielfach abweicht, so fragt
sich nur noch, ob nicht der ganze Text nebst Dedikation im Jahre 1467 geschrieben sein kann, und zwar für die
erste oder zweite Redaktion, um später mit den Tafeln der dritten Redaktion vereinigt zu werden, nachdem die
Datierung ausradiert war.
245
lapen (Belieini), welcher Name vor Clavus in der uns bekannten Literatur der Südländer kaum vor-
kommt; 2) die Erwähnung der Schreiinge, von denen Beheirn sagt: „die sein nit lenger wann
gewahsen dreier spann"; vgl. Wiener Text 276 (Pigmei parui cubitalis longüudinis) ; 3) die Erwähnung
der Fellboote: „von leider uude pech — machen sie gantze schiffe"; vgl. Wiener Text 277 — SO:
4) die Erwähnimg der Streitbarkeit der Schreiinge ,Wy dein nu seyen sie - - welcher ir einen sieht
— oder in streiten ueht — der ist doch nit ein lasser — zu ueld vnd uff dem wasser — sein sey
in streiten frech"; vgl. Wiener Text 290 (cum copioso exercitu); 5) die Behauptung, daß Rußland an
das Land dieser Schreiinge grenzt: „Do an daz reich uil na — so stößt der reüssenlant" ; vgl. Nanziger
Text 286 ff (uersus orientem extenditur patria uastissima usque in Rusland etc.).
Da Beheim tatsächlich in Trondhjem gewesen ist, hat er — wie Clavus — die dort befind-
lichen Fellboote sehen und die an dieselben geknüpften traditionellen Erzählungen erfahren können.
Der Name Schreiinge bezeugt sogar positiv, daß er von Clavus unabhängige Nachrichten über die Es-
kimos erhalten haben muß. Beweiskraft haben deshalb nur die Punkte 1) und 5), d. h. der Name
Wild lapen und die Landverbindung zwischen Grönland und Rußland. Für die Landverbindung
kommen indessen mehrere nordische Quellen (vgl. S. 188 ff.) und für die Wildlappen eine unbekannte
— verlorene ? — Quelle in Betracht, diejenige nämlich, aus der sowohl Clavus schon in Italien vor dem
Jahre 1424 als auch der Schreiber des Briefes an den Papst Nicolaus V (1447 — 1455), wie es scheint
unabhängig von einander, geschöpft haben (vgl. S. 194); denn in diesem Briefe steht ja eben „hommes
sauuaiges" in derselben textlichen Verbindung wie die Wildlappen, und pigncreux (d. h. pigmees) haulx
dune seule couttee, gleichzeitig den Pigmei maritimi der Nanziger Karte und den Pigmei parui cubi-
talis longitudinis des Wiener Textes entsprechend.
Nimmt man nun an, daß eine gemeinsame uns bis jetzt unbekannte Quelle sowohl dem Briefe
an Nicolaus V als auch den Beheim'schen Schilderungen und den Arbeiten des Clavus stellenweise zu
Grunde liegt, so versteht man. weshalb Michel Beheims Strophen mehr an das Nanziger Werk, das er kaum
gekannt haben kann (vgl. S. 205 — 206), als an den Wiener Text und die A-Karte erinnern; von den
obigen Punkten stimmen ja nämlich die beiden, die Beweiskraft haben, 1) und 5), mit dem Nanziger
Werk, und 5) nur mit diesem; dazu kommen aber folgende Strophen bei Beheim: „sust uint mau
maucherhant — von vngläbigen leüten — die ich nit kan peteüten — wann ich nit verer kam", welche
mit der Darstellung der Nanziger Karte von einer Reihe von anderen (sagenhaften) Völkern (Griffones
— Unipedes — Careli infideles) längs den Küsten des Eismeeres besonders gut übereinstimmen.
Obwohl wir so wenig wie nur möglich mit .verlorenen" Quellen argumentieren möchten, so
glauben wir in diesem Falle, daß eine solche sowohl von Clavus in Italien bei der Ausarbeitung des
Nanziger- Werkes als auch vom Autor des Briefes an Nicolaus V und fast gleichzeitig von Michel
Beheim — benutzt worden ist. In dieser Quelle fand sich dann sicher — wie z. B. bei Adam von
Bremen — eine Mischung von sagenhaften und wirklichkeitsgetreuen Schilderungen der Völker des
äußersten Nordens, welchen gegenüber Beheim sich sehr vorsichtig verhält, während Clavus erst
im jüngeren Werke nach seiner Nordlandsreise den Sagenstoff auszuscheiden versuchte (vgl. S. 176).
Recht sonderbar ist es indessen, daß so viele von den mit Clavus verknüpften Fäden gerade
in Trondhjem zusammenlaufen. Es läßt sich beweisen, daß Clavus daselbst gewesen ist (S. 169 ff);
dahin wurden später Leute geschickt, um der vollständigen Livius-Handschrift habhaft zu werden, als
die Nachforschungen in Sora scheiterten, und einer von ihnen behauptete, das Buch gefunden zu haben
(vgl. S. 198, Note), und an derselben Stelle endlich hat Beheim Nachrichten von den Nordlanden
erhalten, die zum Teil auf derselben Grundlage ruhen wie Clavus' Schilderungen von den Polarvölkern.
Schöners und Martellus' Legende über Norwegen. Seite 60
Daß diese Legende, welche auch auf den Kompaßkarten vorkommt, schon in der sog. „Geographia unc*
universalis" stand, bemerkt Vangensten (1. c. S. 39). Dieses geographische Lexikon aus dem 13. Jahrh.
ist ediert in 1. Rudimenta novitiorum, Lübeck 1475; 2. Zeitschr. f. deutsch. Altertum IV, Leipzig 1844,
S. 479 — 491. Auch in R. Higdens Polychronicon und in Eulogium Hist. (Script, verum Brit. 9,11 und
41, I) kommt die Legende vor.
246
Seite 60
und 65.
Ist die anonyme katalanische Kompasskarte Nr. 16 in der Biblioteca Nazionale zu Firenze
dem Kartenzeichner Gabriel de Valsequa von Majorka zuzuschreiben?
Durch das Entgegenkommen der Direktion des Instituts für Meereskunde zu Berlin und die
freundliche Vermittlung des Herrn Prof. Dr. Ed. Moritz hatten wir Gelegenheit, eine photographische
Aufnahme einer noch im Privatbesitz befindlichen katalanischen Kompaßkarte vom Jahre 1439 einzu-
sehen. Die Karte trägt die Inskription „Gabriell de ualsequa la feca an Malorcha anv MCCCCXXXVIIIIi,
und ihre Technik sowie die Ortsnamen der Nordlande bezeugen, daß diese Karte entweder von derselben
Hand wie auch die undatierte katalanische Florentiner Karte herrührt oder eine Kopie davon sein muß.
Was die Technik betrifft, soll nur auf die sehr charakteristischen Darstellungen der Winde in den vier
Ecken der beiden Karten hingewiesen werden; was die Ortsnamen betrifft, genügt folgende Zusammen-
stellung der nordländischen Namen (vgl. Anecdota septentrionalia Tab. 1):
Gabriel de Valsequa
1439
dacia
bungaleschis
cadönel j
alm /
andeop
dodorch
gotops
lubernich
erja
fi[non]ja (?)
jafnglantj (?)
( Salandia
^ silandia (?)
brundolo (?)
rud* (?)
reuelia
Bibl. Naz. Flor.
Nr. 16
dacia
cadonuela'
almebu
andeop
dondorc
gotops
lubernjc
erya (?)
tinouje (?)
janglant
Silandia
rnda (?)
reuelia
Gabriel de Valsequa
1439
vsardia
cavodesiom
osisia
rogostoch
Somerans
o\\conloeg
lamdes
lunde
Noruega
oxilia
visbj
colat
Iis [t] er (?)
stillanda
archania
cotanas
Bibl. Naz. Flor.
Nr. 16
vusardia
cauodesion
osisia
rogostoch
Somerans
tKonloeg (?)
lamdes
lunde
Noroega
oxilia
visbi
stilant
arcania
cotonas
In dieser Zusammenstellung sind die kursiv gedruckten Namen Formen, die den beiden Karten
eigentümlich sind; der Name gotops (Gottorp) findet sich überhaupt sonst nur auf italienischen Kompaß-
karten, und zwar in anderen Formen. Von den Legenden über die Nordlande findet sich auf der Val-
sequa-Karte vom Jahre 1439 nur die von der Ostsee und von Stillanda.
Die Schrift der beiden Karten scheint jedoch nicht identisch zu sein, und nach ihr zu urteilen
wäre die Valsequa-Karte bedeutend jünger als die Florentiner Karte, zunächst also als eine Kopie der-
selben zu betrachten; dann müßte aber Valsequa, was die Dublette Salandia und die vier auf der
Florentiner Karte fehlenden Namen bezeugen, auch eine andere Karte benutzt haben. Da die nahe
Verwandtschaft der beiden Karten als Tatsache betrachtet werden muß, wäre eine genauere Erörterung
und ein Vergleich derselben am Platze.
Seite 99. Die Trolde auf Walspergers Weltkarte.
Auf der Weltkarte des Andreas Walsperger aus dem Jahre 1448 im Cod. Palat. lat. 1362
der Vatikanischen Bibliothek findet sich eine Legende von Trolli in Norwegen: Hic demones frequenter
in figuris hominum apparent et hominibus obsecuntur et hy uocantur trolli (daneben finden sich die
Namen: promontoria no[r] iveianorum und latissimum regmim norwegie), welche Sage nach dem Finder
und Herausgeber der Karte Konr. Kretschmer auf den nordisch-isländischen Fylgjurglauben (Glaube
an Folgegeister) hinweist. Die Bezeichnung trolli kommt hier zum erstenmale auf einer Karte vor; den-
noch ist kaum anzunehmen, daß die Legende bei Walsperger etwas mit den Trollengebirgen bei
Clavus zu tun hat; denn Walspergers Darstellung der Nordlande ist zu schlecht, als daß er die
Arbeiten des Clavus hat kennen können. Stellt er doch Dänemark als Halbinsel (Jütland) mit den
247
Städten Kuppenhan (Kabenhavn) und londoma (Lund), Schweden als Insel, Norwegen und Island (Ys-
landia) als eine zusammenhängende Halbinsel dar, und zwar mit Bergen (pergen) als Stadt in Island,
Trondhjem (ngdrosia metropolis) und die Insel ßornholm (brondolch) als Städte in Norwegen. Der
letzte Name bezeugt, daß Walsperger in Gegensatz zu Kretschmers Annahme entweder direkt
oder indirekt aus den Kompaßkarten geschöpft haben muß. Vgl. K. Kretschmer, Eine neue mittel-
alterliche Weltkarte der vatikanischen Bibliothek in Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin
26, Berlin 1891, S. 371-406.
Die dänischen Ortsnamen auf -itse. Seite iu.
Nach den neuesten Untersuchungen von Johs. Steenstrup, die uns erst nach der Druck-
legung von Kap. VII der gegenwärtigen Arbeit zugänglich wurden, ist es ganz unsicher, ob die laa-
ländischen und falsterschen Ortsnamen auf -itse auf slawischen Ursprung deuten. Vgl. J. Steenstrup,
De danske Stednavne, Kebenhavn 1908, S. 43 — 45.
Die Verschiedenheiten der Ptolemäus-Rezensionen. Seite
154 55 #
Die römische Ptolemäus-Ausgabe vom Jahre 1490 ist in Bezug auf die Karten ein Abdruck
der Ausgabe von 1478, und dasselbe gilt vermutlich auch vom Text. Die Ubereinstimmung des Textes
mit den Dimer Ausgaben 1482 und 1486 hat ihren Grund in der Text-Bezension des Nico laus
Germanus, die ihrerseits wieder zurückzugehen scheint auf Cod. Laurent, lat. XXX. 5- Die Reger'schen
Zusätze hat die 1490-Ausgabe der 1486-Ausgabe entnommen, aber mit Auslassungen. So findet man
z. B. in der 1490-Ausgabe nicht die Notiz über Reger und seinen Geburtsort; vgl. Jos. Fischer,
Die Entdeckungen der Normannen, S. 80.
Was die Verschiedenheit in der Textgestaltuug des griechischen Ptolemäus betrifft, muß bemerkt
werden, daß die Verschiedenheit der griechischen Ptolemäus-Karten eine derartige ist, daß man eine
doppelte Kezension annehmen muß. Beide Rezensionen sind indessen sowohl bezüglich der Karten wie
des Textes bei den lateinischen Renzensionen des Nicolaus Germanus verwertet worden.
(Jos. Fischer.)
Neue Aufschlüsse über Grönlands Besegelung im 15. Jahrhundert,
Gleichzeitig mit der Drucklegung des letzten Bogens unserer Arbeit erschien in Danske Magazin
5. Rsekke, VI, Kabenhavn 1909, eine Sammlung von Aktenstücken zur Beleuchtung von Grönlands
Besegelung (Aktstykker til Oplysning om Grönlands Besejling) aus den Jahren 1521 — 1607, mitgeteilt
von Louis Bobe. Unter diesen befindet sich ein von Bobe im Reichsarchiv zu Kabenhavn gefun-
dener Brief vom 3./3. 1551, den der Bürgermeister zu Kiel Carsten Grip dem dänischen Könige
Christian III geschrieben hat, mit neuen Aufschlüssen über die Besegelung Grönlands durch Didrik
Pining und Pothorst unter König Christiern I (1448 — 1481). Dieser Brief lautet folgendermaßen :
Durchleichtigesther, groidmechtigesther, hoichgeborner koningk und gnedigesther her.
Mytt underdenigesther erbedinge rnyner schuldigen plichtigen und stets gehorszamen densthen
averschickke ick i. k. maytt; de begerthen i. k. rnay" vorschrevinge, Osterforharde belangende, szo
i. k. may1* dem gestrengen ernvesthen und erbarn heren Iven Reventlouwen rittern, itzt ampth-
manne tho Rendissborch, gegeven und ick in nhamen i. k. may** de sulvigen up vorschenen
ummeslach ingeloset und von wegen der sulvigen i. k. niay^ gestrengheit veer dusendth marck
lubisch, dho sulvesth tho füllen kamener noge endtrichtet und bethalet, upt dat underdenigesthe
biddende, dewyl ick Siverdth Rantzouwen myne handthscriffth up de veer dusendth margk, szo tho
inloszinge i. k. maytt; vorschrevinge gescheen, uthgegeven und i. k. may** itz under de rechten
hovetvorschrevinge wedder endthfanget, myt geborlicher genochssamer qwitantz der wegen my
wedder umme versorgen und by kegenwardigen thoschickken und averssenden willen etc. Idth
heffth my ock i. k. may** in vorschenen ummeslage by Clawes Wenszynn mundtlich anwerven
lathen, dat ick i. k. niay*4 tho gnedigesthen gefallen ichteszwes von hupschen fremden malwerke
kopen und aversenden mochte: myt boken wer i. k. mayt* thor noidthroffth woll bessorget, und
Seite
174—75.
24S
is doch nicht ssunderlichs tlio der tydtli van boken alhir vor banden gewesen; dat malwerck
oversth belangende, bebbe ick allen möglichen flyfc angewendet, is doicb hyr des sulvigens nichts
geschickhchs averthokomende gewesen, szunder hebbe i. k. niay** thoni besthen gekoffth und itzt
by kegenwardigen avergesandth twee tabulas generales cosniographicas mundi: de eyne tho Collen,
de ander (szo ick anders nicht weet) tho Tubingen gedruckket wor inne iuw ko. mat1; egendtlich
to besichtigende szunder dat i. ko. mtfc landth Gronlandth in beyden tabulen gethagen tho der
nyen werlth und insulen szo durch de Portugaleszer und Hyspaniern gefunden, alszo dat rae
landtfast uth Gronlandth darhenn in kamen kann, item dat me ock uth Lampelaudth van dem
slothe Wardthuisz ock landthfasth in Gronlandth kamen kan etc. Idth szyn dyt jar ock tabulen
uthgegan van i. ko. m.tt; lande Iszlande und van den wunderwercken aldar tho besichtigende und
tho erkundigende, tho Parys in Franckryken, dar uffendtlich werdet in angethogen, dat Isslandth
twee mal szo grodt alsze Cicilien hynder Italien, und dat de beyden sceppere Pyningk
und Poidthorsth, de van i. ko. may4t hern grothe vader koningh Cbristierns des
erstens durch anfurderndth ko. ma** tho Porthugall etc. imt norden nye insulen
und laude uppthoszok ende, myt etlichen schepen uth gefertiget, up derklippen
Wydthszerck vor Gronlandth und kegen Sniefeldsiekel up Iszlandt kegen mer
gelegen eyn groidth baa up gerichtet und gemaket umme der grönländisschen
szeerefer halven, de myt velen kleynen schepen szunder bodem anfallen ander
schepe. in veler mennicheydth de sulvigen tho uvveraschende etc.; und ick bebbe
nha der sulvigen tabuleu geschreven, vorszee my der sulvingen aveHhokamende und i. k. m.** myt
dem furderlichsten thothoschikkende I. ko. m.** kennen up holthwerck eyn ider van den tabulen
beieggen lathen uud eyne uppe eynem vnd de andern up eynem andern i. k. m.u huszern thor
lusth hebben etc., idth kosten my ock dusse sulvigen tabulen beyde theyn daler, gantz denstlichen
up dat underdenigesthe biddende, i. ko. inatt willen my de sulvigen by kegenwardigen baden
averssenden etc. Ick hebbe ock myn jargeldth, datt my i. ko. matt (des ick in aller undertheni-
cheidth danckbar) thogesecht, up vorschenen ummeslach van Breyden Rantzouwens sthadtholders
amptschriver tho Szegeberge Frantzen Rugewoldth gefordert und endtfangen alsze sostich niargk
lubisch; alles uth dussen orszaken, dat my szelden loiffwerdige bodeschop sthadet, gantz under-
denige in hoghesten gehorszame biddende, i. ko. ma** des keyn myszgefallendth dragen, szunder
dar myt gnedigesth thofreden szen willen, i. ko. ma" ock in aller truw und hoghesten vormoge,
lyves uud gudes behechlichen und gefelligen tho denende szy ick stets flitich, schuldich und
plichtich. Datum gantz ilends thom Kyll dinstags nach oculj anno etc. im LI sten.
I knn malt
stets underdenigesther und gehorszamer
Carsthenn Grypp
niytt egener hanth.
Um festzustellen, was in dem Bericht neu ist, müssen wir zuerst bemerken, daß wir keine in,
Köln oder Tübingen vor dem Jahre 1551 gedruckten Weltkarten kennen, auf denen Skandinavien
Grönland und Amerika mit einander zusammenhängen. Auf Caspar Vopel Medebachs Globen und
Karten, die in Köln gemacht worden sind und auf welche wir Bobd aufmerksam gemacht haben,
pflegt nämlich Amerika, dagegen nicht Grönland mit der alten Welt verbunden zu sein1).
Wir kennen aber mehrere anderswo gedruckte Karten aus der Zeit vor 1551, wo eine konti-
nuierliche Landverbindung von Lapland über Grönland nach Nordamerika vorkommt, in erster Linie,
wie Bobe bemerkt, Zieglers Nordlandskarte (Straßburg 1532), wo man von WARDHVS in LA-
PONIA über Land nach HVETSARCH PROMONTORIVM in GRONLANDIA und weiter nach TERRA
') Die grol'e Weltkarte iu der Hauslab'schen Sammlung zu Wien, auf welche wir Bobe aufmerksam
gemacht haben, wird in seiner Abhandlung durch ein MilWerständnis unsererseits in das Jahr 1543 verlegt. Sie
ist nach Michow vom Jahre 1558 und kommt nlso hier nicht in Betracht. Vgl. Michows Abhandlung in
Hamburgische Festschrift zur Erinnerung an die Entdeckung Amerikas I, Hamburg 1892. 4°.
249
BACALLAOS (New Foundland) koinman kann. In den nachfolgenden zwei Jahrzehnten «raren muh
ähnliehe Darstellunffsformen des äußersten Nordens recht allgemein: man findet sie z. I?. in der latei-
nischeu Ptolemäusausgabe, Basel 1 ö4< > (Facsimüe- Atlas Tafel XLIV), auf Ruscellis Karte vom Jahre
1544 (vgl. Kohl, History of the discovery of Maine, S. 296), in Pedrezanos italieniseher Ptole-
mäusausgabe, Venezia 1548 mit Karten von Gastaldi (F.-A. Tafel XLV) sowie in andern von
Gastaldis Kartenwerken, und in Peter Apians Cosmographia, Paris 1551 (ibid. Tafel XLIV). Auf
diesen Karten kommen indes die Namen von Vardohus und Hvitsark unseres Wissens nicht vor.
Es ist übrigens nicht unwahrscheinlich, daß Carsten Grip nicht von gewöhnlichen auf eine
Ebene projizierten Karten redet, sondern von Globenkarten, d. h. gedruckten Papierstreifen, die zum Auf-
kleben auf Holz- oder Pappkugeln bestimmt waren; darauf deuten jedenfalls die Worte: ,1. ko. mu
kennen up holthwerk eyn ider van den tabulen beieggen lathen und eyne uppe eyneni, vnd de andern
up eynem andern i. k. ni". huszern thor lusth hebben." Da Vopels haudgezeichneter Erdglobus in
Kebenhavn nicht iu Betracht kommt, so denkt man unwillkürlich zunächst an seinen im Stadtarchiv
zu Köln befindlichen gedruckten Globus : „ Nova et integra universi Orbis descriptio . . . Caspar Vopel-
leus Medebach geographicam Sphaeram haue faciebat Coloniae A. 1542." Nach Michows Abbildung
derselben (1. c. S. 12 — 13 & Tafeln) hängt Skandinavien jedoch nicht mit Grönland zusammen.
Wir vermuten also, daß Grips Worte so zu verstehen sind, daß er für den König zwei zum
Aufkleben auf Holz bestimmte Globenkarten gekauft hat, die dazu geeignet wären, als Schmuck in den
königlichen Schlössern zu dienen, und daß diese Karten den Ziegler'schen Typus der Nordlande
wiedergaben.
Sodann spricht Grip von einer in Paris herausgegebenen Karte von Island. B o b e verweist hier auf
Olaus Magnus, und mit vollem Recht. Es muß sich nämlich um eine in Paris im Jahre 1548 gedruckte
Spezialkarte von Island handeln, welche eine Kopie oder spezielle Neubearbeitung von Olaus Magnus'
carta marina vom Jahre 1539 ist. Es ist ein Holzschnitt, datiert „Parisiis, Apud Hieronymum Gour-
montium Anno 1548." Sie ist von J. Metelka publiziert in den Sitzungsberichten der kgl. böhmischen
Gesellschaft der Wissenschaften, Classe für Philosophie, Geschichte und Philologie, Jahrg. 1895, Prag 1890,
IV: 0 neznämem dosud rtjdäni map// Islandu Olaa Magna z r. 1548. Da steht eben oben links unter
dem Titel ISLANDIA eine Legende, die mit den Worten anfängt: „HAEc Insula duplo Sicilia maior
est . . Westlich von Island liegt ferner im Meere eine Pelseninsel mit einem Kompaß d'ran — ganz
wie auf der carta marina vom Jahre 1539. Darunter aber steht folgende, auf der carta marina
fehlende Legende, die man bisher nicht recht beachtet hat: „Möns excelsus Witzarc appelatus, in cuius
summitate Index marinus f actus est a duobus piratis Pinnigt et Pothorst, iu nautarum protectionem a
Grundtlandia." Auf diese Legende weisen offenbar Carsten Grips Worte hin. Sie ist eine ältere, ver-
kürzte oder vielmehr weniger entstellte Form der deutlich verfälschten Berichte über Pining und
Pothorst in Olaus Magnus' Historia de gentibus septentrionalibus, Roma 1555, nämlich in II, Kap. 9:
„Huitsark . . . quae mediam navigationein continet ad Gruntlandiam, in qua genus piratarum reperitur."
. . . „ Orientaliora autem huius terrae (intermedia rupe Hvitsark praedicta) Norwegiam respiciunt, quae
versus insuperabilem arcem Kegis Norwegiae Vardahus continuantur, sed ad septentrionalem plagam- et
partem occidentalem incognito fine terrarum et aquarum ampliantur" und in Kap. 11 : „In ea [s. Huitsark]
circa annos Domini 1494 duo insigniores piratae, Pining et Pothorst, ab omni humano consortio, aqui-
lonarium regum severissimo edicto, ob atrocissima latrocinia, quasi in despectum et contemptum om-
nium regnorum et armatorum, cum complieibus suis piratis proscripti habitabant, multaque crudelia
facta in quoscunque, sive prope sive a longe navigantes, committebant . . . In huiusce altissimae rupis
supercilio compassus, circulis et lineis plumbeis, satis ampla rotunditate, opera praedictorum Pining et
Pothorst, formatus est: quo meta compendiosior latrocinari volentibus data est, ut sciant quorsum opu-
lentiores depraedationes extendi possint."
Das meiste dieses Berichtes muß falsch sein; denn Didrik Pining war kein Seeräuber,
sondern bald Kaperführer, bald Admiral für den dänischen König oder andere fürstliche Personen; im
Jahre 1478 und später in den Jahren 1489 und 1490 wird er als „Hirdstjore" (d. h. Statthalter) von
250
Island genannt. Gleichzeitig war er, wenigstens im Jahre i490 Befehlshaber auf Vardahus in Pinmarketl
im nördlichsten Norwegen. Er war also, wie es scheint, kgl. Oberbefehlshaber zur See und auf dem
Lande in den nördlichsten Gegenden des dänisch-norwegischen Reiches (vgl. L. Daae, Didrik Pining
in Hiäorisk Tidsskrift, 2. Reihe, 3, Kristiania 1882, S. 233 — 45), und der kgl. Statthalter auf Island,
derselbe, welcher zwei neue isländische Gesetze (die Piningsdomar) ausfertigte, brauchte gewiß nicht sich
selbst und seine Beute in Sicherheit nach Grönland zu bringen.
Dagegen braucht die Erzählung von dem auf einem Felsen angebrachten Kompaß gar nicht
falsch zu sein; denn d. 12./5- 1599 schrieb Sivert Grubbe, welcher den König Christian IV auf
dessen Fahrt nach dem Eismeer begleitete, in seinem Tagebuche (Cod. Uldall. 449. 4°, fol. 83r in der
Kgl. Bibliothek, Kßbenhavn): „Praeternavigavhnus Nordkappen. In summitate illius montis in saxo est
incisa conipassus"; vgl. Danske Magazin, 4. Reihe, 2, S. 393.
Die Anwendung des Wortes piratae auf der Pariserkarte ist also an sich nicht falsch; denn
so mußten die Kaperführer auf Latein bezeichnet werden und wurden es auch oft; die Erzählungen
aber, welche Ol aus Magniis — vielleicht durch die Zweideutigkeit des Wortes verleitet — daran
knüpft, müssen falsch sein.
Viel besser stimmen die folgenden Worte bei Purchas mit der Wirklichkeit überein: „Itern
Punnus and Pothorse have inhabited Island certayne yeeres, and some times have gone to sea,
and have had their trade in Groneland. Also Punnus did give the Islanders their Lawes and caused
them to be written, which lawes do continue to this day in Island and are called by the name Punnus
Lawes" (vgl. Purchas, Pilgrims III, S. 520). Diese Worte brauchen — ebensowenig wie die Legende
auf der Pariserkarte vom Jahre 1548 — in irgendwelcher Beziehung falsch zu sein, und sie beruhen
angeblich auf einer alten Aufzeichnung, welche zusammen mit Ivar Baardsens Bericht auf den
Färöern gefunden wurde (G. h. M. III, S. 479—80).
Diese beiden dem Anschein nach zuverläßigen Berichte, die eigentlich nur durch die späteren
Übertreibungen in der Historia de gentibus septentrionalibus verdächtig wurden, ergänzt Carsten
Grip nun auf eine Weise, die seinen von Bobe gefundenen Brief zu einem wirklich wertvollen
Dokument in der Geschichte Grönlands macht.
Es ist nämlich ganz deutlich, daß Carsten Grip mehr weiß als das, was er auf der Pariser
Karte lesen konnte. Das Wort sceppere (Schiffer), wodurch er piratae übersetzt, zeigt, daß er dieses
Wort korrekt verstanden hat, und seine Wiedergabe der recht unklaren Worte, die die Errichtung
des Index marinus (bei Grip baa) auf der Karte erklären (in nautarum protectione a Grundtlandia) ,
zeigt auch, daß er sehr wohl unterrichtet ist. Er sagt nämlich: „umnie der grönländisschen szeerefer
halven, de myt velen kleynen schepen szunder bodem anfallen und bezeichnet also die Eskimos
mit ihren kiellosen Boten als „Seeräuber", eine Anwendung des Wortes piratae, die vielleicht manches
in dem rätselhaften Berichte des Ol aus Magnus erklärt. Zu den Namen „de beyden sceppere Pyningk
und Poidthorsth", die er nach der Pariserkarte wiedergibt, fügt er aber die für uns wichtigste Bemer-
kung hinzu: „de van i. ko. maytt; hern grothe vader koningh Christierns des erstens durch anfurderndth
ko. matt tho Porthugall etc imt norden nye insulen und lande uppthoszokende myt etlichen schepen
uthgeferdiget." Diese Mitteilung ist nämlich ganz neu und verweist Pinings Entdeckungsfahrt in die
Zeit vor 1481 (Christiern Fs Todesjahr). Der erste nordische König des Oldenburgischen Stammes
sollte also nach Aufforderung des Königs Alfonso V von Portugal (1438 — 1481), unter dem die großen
portugiesischen Entdeckungen begannen, eine Expedition ausgerüstet haben, die nach den Worten bei
Grip und Purchas in Grönland war und mit den Eskimos Handelsverkehr und Streit hatte. Die
Jahreszahl 1494 bei Olaus Magnus wird dadurch hinfällig, oder sie kann sich wenigstens nur auf
eine fortgesetzte Besegelung Grönlands durch Pining und Pothorst beziehen.
Durch Bobe's Fund werden auch die bisher recht sagenhaften Berichte über Johannes
Scolvus und Gustav Storms daran geknüpften Hypothesen (Historisk Tidsskrift, 2. Reihe, 5,
Kristiania 1886, S. 385 — 400) aktuell. Die älteste Quelle, wo Johannes Scolvus' Entdeckung von
Labrador und fretnm Anian erwähnt wird, ist Francisco Lopez de Gomara's Historia de las
251
Indias, 1553, wo es fol. XXT in dem Kapitel „De la Tierra de Labrador" heißt: „Tambien an ido alla
hombres de la Noruega con el piloto Joan Scoluo e Ingleses con Sebastian Gaboto (d. h. Hierher sind
auch gekommen Leute von Norwegen mit dem Pilot Johannes Scolvus uud Engländer mit Sebastian
(Jabot)". Dieser Bericht, welcher zwei Jahre jünger als Grips Brief ist, wurde von eiuem Manne ver-
faßt, welcher persönlichen Verkehr mit Olaus Magnus hatte und selber sagt, daß derselbe ihm vieles
von China und dem Seeweg von Norwegen aus erzählt hatte.
Auf einer englischen dem Michael Lok zugeschriebenen Karte vom Jahre 1582 findet sich
nordöstlich vom Groenland ein Land mit dem Namen „Jac. Scolvus Groetland".
Bei Cornelias Wytfliet findet sich in seinem Buche Descriptionis Ptolemaeicae aitgmentum,
Lovanii 1597, S. 102, und 1598, S. 188 im Kapitel „Terra Laboratoris et Estotilaudia" folgendes: „Secun-
dum detectae huius regionis decus tulit Johannes Scoluus Polouus, qui anno reparatae salutis 1476 octo-
ginta et sex annis a prima eius lustratione nauigaus ultra Noruegiam, Groenlaudiam, Frislandiamque, Boreale
hoc fretum ingressus sub ipso Arctico circulo ad Laboratoris hanc terram Estotilancliamque delatus est".
Endlich erwähnt Georg Horn (Ulysses peregrinans, Lovanii 1(371, S. 335:) Johannes Scolnus
P o 1 o n u s . welcher „ auspiciis Christiani I. Regis Daniae fretum Anian et Terram Laboratoris detexit A. 1476 " .
Storm nimmt an, daß Johs. Scolvus der Navigator Pinings auf der Fahrt nach Hvitsark
im Jahre 1494 gewesen ist, daß Olaus Magnus dem Gomara davon berichtet hat, und daß die
Quelle des Olaus Magnus eine Kompaßkarte ist, wo er eine Windrose als eine Bake aufgefaßt hat,
ferner daß Wytfliets und Horns Berichte nur auf Gomara ruhen, daß die Jahreszahl 1476 von
ersterem untergeschoben ist, um die Entdeckungen der romanischen Völker herabzusetzen, und daß alle
die auf uns gekommenen Mitteilungen über Scolvus auf Olaus Magnus zurückgehen. Endlich
identifiziert er Labrador in Gomaras Bericht mit Grönland.
Diese Darstellung wird nun durch Grips Brief und die Legende auf der Pariser Karte in Frage
gestellt. Erstens nämlich würde die Jahreszahl 1476 bei Wytfliet ganz mit Grips Darstellung passen
und ebenso Horns Worte „auspiciis Christiani I. Regis Daniae", während die Hypothese von der miß-
verstandenen Windrose wegen Sivert Grubbes Worten aufgegeben werden muß.
Dagegen lassen sich die Berichte sehr leicht dahin erklären, daß Pining und Pot hörst
mit Scolvus als Navigator im Jahre J476, fünf Jahre vor Chris tiern l's Tod, im Auftrag desselben,
aber nach Aufforderung des portugiesischen Königs, Grönland besucht haben, daß eine mit Scolvus'
Namen verknüpfte Mitteilung über diese Reise nach Süden gekommen sei und den Berichten von
Gomara, Wytfliet und Horn sowie der Karte von Lok zu Grunde liege, während die Tradition
von derselben Reise im Norden mit den beiden Namen Pining und Pothorst verknüpft blieb und
zu gegenseitig unabhängigen Berichten Anlaß gab, teils in einer alten korrekten isländischen Aufzeich-
nung, die Purchas benutzte, teils in des wohlunterrichteten holsteinischen Regierungsbeamten Carsten
Grips Brief an den König, teils in Olaus Magnus' mehr und mehr ausgeschmückten und entstellten
Erzählungen. Endlich haben wohl die auf dieser Reise eingeholten Erfahrungen und das neu erweckte
Interesse für Grönland Anlaß zu dem von J e 1 i c (U evangelisation de V Amerique avant Christophe
Colomb in Compte rendu du congres scientifique international des catholiques, Paris 1891) gefundenen
Briefe des Papstes Alexander VI von 1492/93 gegeben; denn dieser Brief ist ja die Antwort auf ein
Gesuch des Benediktinermönches Mathias an Papst Innocens VIII (1484 — 92), worin er um Erlaubnis
bittet, als Bischof von Gardar nach Grönland zu gehen, um das fast erloschene Christentum im fernen
Lande wieder zu erwecken, uud deutet an, daß vor kurzer Zeit Kunde über Grönland nach Europa
gekommen sei. Der Zeit nach würde dies wieder mit einer Expedition im Jahre 1476 sehr gut überein-
stimmen, während das Jahr 1494 ausgeschlossen ist.
Ob nur eine Expedition stattgefunden hat oder mehrere auf einander gefolgt sind, ob Scolvus
nur Grönland oder auch das damit öfters verwechselte oder identifizierte Labrador erreicht hat, ob die
Schiffe Christierns die Ostküste oder — was viel wahrscheinlicher ist — die Westküste von Grönland
besucht haben, ob diese Reise auf die Wiederentdeckung Amerikas durch Columbus1) Einfluß gehabt
') 1476 war Columbus in dem Meere nördlich von Island und in den folgenden Jahren in Portugal.
Bj'imbo u. Petersen, Claudius Clavus. 32
252
hat, ob die verschollenen Quellen über Scolvus portugiesische Seekarten oder Relationen waren, das
alles läßt sich auf Grundlage des vorliegenden Materials nicht entscheiden. Daß eine dänisch-norwegische
Staatsexpedition kurz vor dem Jahre 1481 stattgefunden und Grönland besucht hat, läßt sich dagegen
nach dem Erscheinen von Carsten Grips Brief nicht mehr verneinen.
Seite 176. Eine in Schonen gezeichnete T-Karte vom 12. Jahrhundert.
Bis jetzt waren die einzigen bekannten Karten der Nordländer im Mittelalter einige kleiue
isländische Zonenkarten (Nachahmungen von Macrobkarten) mit dazugehörigen Darstellungen des Welt-
systems. Solche Karten finden sich in den Codd. Arnamagn. 732 und 736, 4° (Universitätsbibliothek
in Kebenhavn) und im Cod. Gl. kgl. Saml. 1812, 4° (Kgl. Bibliothek, Kebenhavn). Schematische Ab-
bildungen derselben findet man bei Bafn (Antiquitates Americanae, Hafniae 1837, S. 279), Lelewel
(Geographie du mögen äge II, Titelkupfer) und Konrad Miller (Mappaemundi III, 125/ Dazu kommen
mehrere topographische Karten von Jerusalem und eine größere Weltkarte, eine Art T-Karte mit
vielen Ländernamen, aber ohne Länderkonfiguration, vom 13. Jahrhundert im obengenannten Cod. Gl.
kgl. Saml. 1812, 4°, welche letztere Karte wir in den Kommentaren zu Clavus' Texten (Kap. VII)
mehrmals benutzt haben (publiziert in Rafn, Antiquites Russes II, Copenhague 1853, PI. 4).
Zu diesen isländischen Karten gesellt sich nun eine um das Jahr 1150 und jedenfalls vor 1160
in Schonen gezeichnete T-Karte, eine Weltkarte also, welche sich in den von den Historikern viel-
benutzten sog. Colbaz-Annalen (Cod. Berol. lat. Ms. Teol. Fol. 149) findet, bis jetzt aber die Aufmerk-
samkeit der Fachmänner nicht auf sich gelenkt zu haben scheint.
Die betreffende Handschrift enthält Annalen, welche nach den neuesten Untersuchungen durch
L. Weibull teils in Lund, teils in verschiedenen nördlich von Lund gelegenen Dörfern von dänischen
Geistlichen niedergeschrieben wurden; schon im 12. Jahrhundert kam die Handschrift nach Pommern,
wo die annalistischen Aufzeichnungen fortgesetzt wurden. Vgl. Die Handschriftenverzeichnisse der kgl.
Bibl. zu Berlin XIII, Berlin 1905, S. 1007 — 11 und Monumenta Germaniae 29, S. 174. Die neuesten Unter-
suchungen durch L. Weibull erscheinen in Historisk Tidsskrift, Kebenhavn 1909 oder 1910. Nach
den Annalen finden sich auf fol. 27r zwei Kreisfiguren, von denen die obere das Weltsystem, die
8 Himmel (von Sonne, Mond, Planeten und Fixsternen) darstellt, die untere dagegen die Erde in der
gewöhnlichen Kreisform mit einem eingezeichneten — In den drei dadurch entstandenen Kreisausschnitten
(einem Halbkreis = Asien, zwei Viertelkreisen — Europa und Afrika) findet man die Ländernamen
zerstreut ohne jegliche Konfiguration. Für die Nordlande sind von Interesse die Namen dacia und
Suithia in Europa, sowie der Völkername amazonia im nördlichsten Asien an der Grenze von Europa.
In diese Gegenden verlegt auch Adam von Bremen die Amazonen.
Daß die Karte wirklich auf dänischem Boden und nicht in Pommern (Colbaz-Kloster) gezeichnet
wurde, beweist die violette Farbe in dem äußeren Erdkreis; denn diese Farbe gehört den ursprünglichen
dänischen Verfertigern der Handschrift an, während die Eintragungen, die von Pommern herrühren,
nie mit violetter Tinte ausgeführt sind.
Die Karte wird publiziert werden von Björnbo, Adam af Bremens Nordensopfattelse in
Aarb<f>ger for Nordisk Oldkgndiglied, Kebenhavn 1909.
Seite 206. Clavische Ortsnamen in Berlingsens Ptolemäus-Übersetzung.
Jos. Fischer hat uns darauf aufmerksam gemacht, daß mehrere dänische Ortsnamen in
Francesco Berlinghieris italienischen versifizierten Ptolemäus-Übersetzung vorkommen. Uns war
dieses Buch (Firenze zk. 1480) bisher nicht zugänglich; es ist uns aber nun dank der Liberalität der
Direktion der Universitätsbibliothek in Upsala gelungen, das Buch einsehen zu können. Es zeigt sich,
daß nicht nur die jütländischen Namen des Clavus da sind, sondern auch viele norddeutsche, welche
offenbar einer Clavus-Karte des A- oder B-Typus entnommen sind, und zwar einer, die uns sonst
unbekannt ist. Diese bei Berlinghieri vorkommenden Namen bilden also eine mit den Namen der
alten handschriftlichen A-Karten gleichwertige Überlieferung. Die zwei Stellen, um die es sich handelt,
253
wollen wir deshalb mit Hervorhebung der Ortsnamen hier abdrucken, indem wir in Noten die Namen
erklären und sie mit Hinweisungen auf die Namen tafeln S. 21(3 ff. versehen.
1. fol. cc/, col. 1, lin. 22 ff. [Liber II (cap. 17) Sito di Germania maguaj.
VisurgO L) fiume in prima si diffonda uedi Albi 2) riuo magno & rifulgente che porta lacqua nitida
& profonda.
Cimbrica cliersoiieso 3) ecco alpresente chersoneso quasi isola uuol dire ouero isola insieme & con-
tinente.
5 Hoggi si dice Dacia 4) bor uoglo aprire le sue degne cictati in prima decta Titunieserc 5) intendo
referire
Presso alla prima extensione electa dopo Albi2) fiume & poi e la riuiera Olsacia 6) etPhrygia7) quindi
ad noi sugg-ietta
Et Ripe8) et Burgrauen9) qualuuque intera appresso alla secouda extensione Chllbriege 10) et poi
10 Salinge 1 l) lito indi era
Presso alla tertia & la quarta si pone sopra allito Oeret 1 x) et Vendesiise 1 2) cictate appunto oue e
Siauen Acrone13).
Balteato li) indi ponto 14) si diffuse cicta Viborgo 15) uedi & cictate Arso 16) Caldinege 17) mirar
non si recuse.
15 Vechelai18) uilla uilla Ombero19) & sparso porto Alse20) et la cicta Serlefauiche 21) poi Igerne-
fidor 22) assai piu scarso.
Coil23) cicta Tiauon24) dipoi Lubiche 25) grau cicta dopo lextension quinta en su la sexta appunto
lei si fiche
Qual uerso loriente & uolta & pincta Chaluso26) fiume uedi et in su la foce Vismuria27) di ciuil
20 niuro ha ricincta.
Rostoche 2S) dopo lui cicta si loce SllCUO29) riuo e quello indi Viado 30) fiume si uede et nitido
et ueloce.
Cicta Rebene31) indi in sul salso guado et cicta Siindi magna32) che al suo duce per sua comodi-
tate e molto a grado.
25 Lungo le mura sue londe conduce Vistllla 33) fiume Aderone33) appellato che rigando el terren
ghiacciato luce.
2. fol. ff7v, col. 2, lin. 31 ff [Liber III, cap. 17: Sito di Sarmatia de Europa].
Chosi si circunscriue questo lato dopo Vistula 33) fiume hora Aderone 33) appresso de moderni
nominato.
Pomaria34) lito e/ questo & qui si pone el fiume Chrono35) et di Prusia30) e/ quellito elqual ter-
30 minan londe di Bubone37).
Quella e/ cicta Peansca 38) inde expedito Turunto 39) fiume uedi et poi Chersino 40) et il golfo
prusia41) e/ tutto questo sito.
i) Weser (Ptol.) 2. 2) EJbe (Ptol.) 6. 3) Cimbrische Halbinsel (Jütland) 3—4. *) Dänemark 5.
5) Dithmarschen 10. e) Holstein 12. ') [Nord-] Friesland 13. 8) Ribe (Ripen) 14. 9) Berglum 15.
10) Kobjserghede 16. ") Sallingherred 17—18. VJ) Vendsjrssel 20. 13) Skagen Vorgebirge (acrone =
Promontorium]) 21. u) Balteatus Pontus (Ostsee) 428—29. 15) Viborg 22. '«) Aarhus 23.
") Kolding 24. 18) Vejle 26. I9) Aabenraa (Apenrade) 27. 20) Als (Alsen) Hafen 29. 21) Slesvig
(Schleswig) 32. 22) Eckernförde 34. S3) Kiel 39. 24) Trave 41. 25) Lübeck 43. 2S) Calusius
(Ptol.) 48. 27) Wismar 47. ; 8) Rostock 49. 20) Suevus (Ptol.) 52. 30) Viadus (Ptol.) 53.
3I) Ribnitz 50. 32) Stralsund 55. 3S) Vistula (Ptol.) — Oder 56 und 64. ™) Pommern 65—68.
Chronus (Ptol.) 64. 36) Preußen 70—74. ") Rubon (Ptol.) 69. 38) Danzig 82. 39) Turuntus
(Ptol.) 84. 4») Chesiuus (Ptol.) 90. J1) Preußens Bucht (siuus pruscie) 85—86.
32*
254
Liuonia golfo42) e/ questo per insino ad Surs©43) fiiune et cicta Riga44) ha in foce da Anana45)
hör mira ilcorso repentino.
35 Et in sulla uscita rapido et ueloce uedi la cicta decta Proalea46) questa parte hör dagothi(!) ha nome
& uoce.
Gotliia uerso Oriente47) et Tredeiea48) fiume e/ colui et laltro e/ ilfiume Fierde49) qual da uiuente
nie non si intendea.
Eccho oue Borystene il corso perde et doue porto Boue isola face col londa pura et non torbida
40 o uerde.
Hyppani e/ quello et rapido & fugace termine dalexandro magno & londe amare porta onde al gusto
non piace.
Daß wir hier zirka 50 A-Kartennamen vor uns haben, ist sehr leicht festzustellen. Daß erstens
die Namen dem jüngeren Werke des Clavus (Wiener Text und A-Karte) entnommen sind, zeigen zahl-
reiche eben diesem Werke typische Namen und Namenformen (z. B. 5) 10) 11) 20) 31)), vor allem
aber die Flußbezeichnungen „Ferste- An nen-Tredie-Fierde aa", d. h. das von Clavus an den Küsten der
Ostsee verwendete Nenn- oder Numerierungssystem. Daß aber die Namen nicht aus dem Wiener Text
herstammen, zeigen die da fehlenden Kompaßkartennamen für Danzig, Beval und Kiga, sowie die
Namen porto Alse und Ombero (d. h. Oberö). Daß endlich Berlinghieri keine der uns bekannten
A- oder B-Karten benutzt hat, sondern eine ältere und sehr gute (d. h. die Originalkarte oder die
angenommene erste Kopie), erhellt aus mehreren Namen, welche hier in einer ganz oder doch teilweise
besseren Überlieferung vorliegen als diejenige, die die bekannten Karten aufweisen. Die wichtigsten
dieser Namen müssen hervorgehoben werden, da sie einen erstklassigen Quellen wert haben. In den
Namen Olsacia, Viborg, Kipe, porto Alse, Serlefauiche, Igernefidor (d. h. lgernefiord *)), Coil, Sundi
magna und Anana liegen die hervorgehobenen Buchstaben dem Wiener Text und den wirklichen
Namen näher als die Formen der bekannten A- und B-Karten. Der Name Aderone (Oder) fehlt auf
den Karten, da odra (At) kaum echt ist. Im Namen von Sallingherred hat Berlinghieri Oeret
(gegen hert auf den A-Karten), so daß unsere Korrektur von Saligenharret in Salingehceret (W 25)
sich zu bestätigen scheint. Endlich hat Berlinghieri den ersten Teil von Kobierghhede: Chubriege
(d. h. Chubiergfe) ) bewahrt, während die A-Karten uns sonst nur den letzten Teil hedre (d. h. hedhe)
geben. Die Anfangsbuchstaben Ch machen es offenbar sehr zweifelhaft, ob die Korrekturen in Robiergh-
hede (W 21) und Cholbierghhede (N 76) richtig sind; vielmehr schrieb Clavus in beiden Werken Cho-
oder Kobierghhede, war aber, wie so oft, in Bezug auf die Art und Lage der Lokalität unsicher.
In Fällen wie die hier genannten steht Berlinghieris Überlieferung über den A- und
B-Karten der beiden deutschen Kartenzeichner, im ganzen aber sind schon wegen der italienischen
Sprache die Clavischen Namen bei Berlinghieri mehr entstellt als die der Karten. Indessen sind
seine Italienisierungen wie Oeret für Heuret und die Endungen o für ws, i für is u. dgl. leicht zu
beseitigen, und dasselbe gilt für die einfachen Buchstabenvertauschungen wie -brieg(e) für -bierg, -fidor
für -fiord} Ar so für Aros, Tredeiea für Tredie aa. Hätte Berlinghieri statt zirka 50 die sämt-
lichen Namen der A-Karte versifiziert, so wäre eine fast sichere Restitution der A-Kartennamen, wie
es scheint, oft ermöglicht worden, und wir hätten bei ihm für die textkritische Behandlung des Wiener
Textes eine wesentliche Stütze erhalten.
«) Livlands Bucht (liuonie sinus) 91—92. 43) Farste aa 99. 44) Riga 98. 45) Annen aa 102.
<«) Reval 101. ") 0sterg0ding d. h. Livland (Gothia orientalis) 94— 95. 48) Tredie aa 104. 4!l) Fierde [aa] 107.
*) Über dieses d vgl. S. 39, Note 1.
B.
Personen -Regist er.
(Die nur in den Noten vorkommenden Namen von Autoren oder Herausgebern werden nur ausnahmsweise mitgenommen.)
Abel, König von Dänemark 109, 111,
113, 133—134.
Absalon 119—120, 137, 198, 200.
Adamus Bremensis 39, 107—110, 112—
114, 116—120, 123, 125—126, 128, 130,
132—133, 135, 144, 159, 18?— 192,
194, 245, 252.
Adolph IV, Graf von Holstein 133.
Adolph, Herzog von Schleswig 114, 133.
Aelnoth 108, 112.
leneas Sylvius 51.
Aeseulanus, Enoch 197.
Aethicus 130, 194.
Agnese, Battista 207.
Ahenobardus, Domitius 108.
Ahlenius, K. 9, 75, 80, 95.
Albrecht, König von Schweden 111,
125, 139.
Alexander V, Papst 23, 103, 154, 200.
Alexander VI, Papst 251.
Alfonso V, König von Portugal 250.
Alfred der Große, König von England
107, 128.
Allday, Jacob 177.
Alonzo de Santa Cruz 207.
Althamerus, A. 61.
Andrea del Bianco = Bianco, A. del.
Angelino Dalorto = Dalorto, A.
Angelus, Jacobus 1, 3—4, 23, 42, 103,
105, 154, 160, 200.
Ausgar 108, 132.
Antonius Vitellensis = Vitellensis, A.
Apian, Peter 62, 207, 249.
Apponyi, Graf 244.
Aristoteles 214.
Arnoldus Lubicensis 116.
Aubert, Karl IV, 86.
Augustinus 214.
Augustus 107.
Axelsen, Otto 177.
Baardsen, Ivar 81, 126, 175, 184, 186,
188, 250.
Bang, A. C. 92.
Bartolomeo Pareto = Pareto, B.
Beda Venerabiiis 107, 159.
Behaim, Martin 51, 207.
Behaim, Michael 51—52, 244—245.
Benincasa, Grazioso 60, 193.
Berlinghieri, Francesco 252—254.
Bernard de Clairvaux 120.
Bernardus, Sanctus 214.
Beroaldus, Philippus 198.
Bianco, Andrea del 60, 65, 114, 121.
Bille, Bendt 78,
Birger Jarl 139.
Birger Magnusson, König von Schweden
123.
Birgitta, die heilige, 41, 51, 214.
Björnbo, Axel Anthon III— IV, 20, 22,
42, 45—46, 208, 252.
Blau, Jean 1—2, 4, 104, 106, 205.
Blosseville, Jules de 177.
Bobe, L. 247—250.
Bohn, Volquard 178.
Boll, F. 47.
Bondelmonte, Chr. 7, 21, 29—31, 34, 42.
Bordone, Benedetto 207.
Borso, Herzog 25, 27 — 28.
Borwin I, Wendenfürst 136.
Boulenger 207.
Bracciolini — Poggio.
Brahe, Karen 90.
Bredsdorff, J. H. 74—75, 80, 82.
Brenner, O. 75, 79—80.
Brigitta — Birgitta.
Brunulphus 214.
Bugge, Alex. 180.
Bugge, S. 39, 41, 78, 86, 118.
Bugislaw I, Fürst von Pommern 137.
Buondelmonte = Bondelmonte.
Bureus, J. Th. 76—78.
Cabot, Seb. 251.
Calapoda, Georgio 208,
Camocius 204.
Carignano, Giovanni 107, 110, 116, 118,
132—133, 136-137, 147, 167.
Celtis, Conrad 51 — 52.
Christian III, König von Dänemark 108,
247—249.
Christian IV, König von Dänemark 108,
110, 148, 250.
Christiern I, König von Dänemark 248 —
251.
Christiern II, König von Dänemark 62,
89, 198.
Christopher I, König von Dänemark 197.
Christopher II, König von Dänemark 109,
120, 137, 197.
Christopher der Bayer, König von Däne-
mark 108.
Chrysoloras, Manuel 200.
Claussen, Peder 93.
I Clavering 178.
Columbus, Chr. 251.
Comminelli, Hugo Nicolai de 23—25.
Constantinus, Kömischer Kaiser 214.
Constantius, Römischer Kaiser 214.
Coppino, Francesco 197.
Coppo, Pietro 207.
Cormeaux 103 — 104.
Cornelius de Judaeis = Judaeis, Cor-
nelius de
Corsini, Fürst 59.
Corte-Real, Gaspar 192.
Curtze, M. 45—46.
Cusanus, Nicolaus 33—34, 136, 204, 207.
Cuspinianus, Joh. 47.
Daa, Ludv. 174, 250.
Dahlgren, E. W. VI, 3, 5, 8, 10, 40,
95, 11-7, 167.
Dalorto, AngeLno 42, 59, 65, 107, 109,
115, 118, 123, 133, 167—168,192—193.
Danell, David 177.
DaviOsson, Ü. 74—75, 79—80.
Da Vinci, Leonardo 207.
Davis, John 178.
Deseelliers, Pierre 65, 209.
Diaz, Bartolomeo 31.
Dicuilus 127, 159.
Dionysius Periegetes 47.
Drusus, Gl. 108.
Ebbesen, Niels 135, 199.
Edrisi 127.
Egede, C. T. 177.
Eggers, H. P. 75, 80, 82.
Ehrle, F. V, 19, 21, 154.
Eirikr Raudi 129, 179, 188.
Elisabeth, Königin von Dänemark 89.
Elter, A. 23.
Eratosthenes 173.
Erich Plovpenning , König von Däne-
mark 197.
Erich Klipping, König von Dänemark
113, 119, 197.
Erich Msendved, König von Dänemark
111, 113, 119, 151, 197.
Erich der Pommer, König von Däne-
mark 2—3, 8, 41, 62, 108—109, 111—
112, 114, 116-121, 123—124, 133,
135, 137. 144, 148, 15U— 151, 201.
Erich der Rote — Eirikr Rauöi.
Erslev, Ed. 2-4. 50, 63, 75, 83.
256
Escendensis, Johannes 55, 58.
Escuidus = Escendensis, Joh.
Espada, Marcos Jimenez de la 123.
Estrup, H. F. J. 75, 82.
Estwood = Escendensis.
Euphemia, Gemahlin Christophers II. 137.
Ferneres, Reinaul Berthollomeus de 208.
Fillastre, Guillaume 1, 3-4, 8, 10, 14,
17, 66, 72, 103—108, 121, 123, 191,
206-206, 243.
Finaeus, ürontius 207.
Fischer, Jos. III — IV, 9 — 10, 19—23,
25—35, 43, 49, 51—52, 75, 83, 174,
^ 188—192, 207, 243-244, 247, 252.
Flöki Vilgeröarson 127.
Frederik II, König von Dänemark 108.
Friedlieh, Fr. 2—6, 11, 13—14, 17, 46—
47, 52—63, 68, 71, 106, 131—132.
198, 201, 243.
Friedrich II, Kaiser von Deutschland 135.
Friesen, 0. v. 78.
Friginus, Martinus 197.
Frisius, Laurentius 206.
Frobisher, M. 81.
Faester, Hans 177.
Gabriel de Valsequa = Valsequa, G. de.
Garde, V. 179.
Gastaldi 249.
Gerhard der Große, Graf von Holstein
133, 135.
Gerhard VI, Graf von Holstein 111, 133.
Germain, Jean 49.
Germanus, Nicolaus 9—10, 21—22, 24,
25— 2t), 31—36, 43, 48—51, 60-61,
67, 70-71, 74, 81, 85, 132, 154, 156,
165—166, 168, 181, 186, 192, 206,
^ 244, 247.
Gherardus e Monte di Giovanni 23.
Ghillany 207.
Giraldus Cambrensis 128.
Glanville, Ranulf de 104.
Glareanus, Henr. 23, 35.
Gomara, Francisco Lopez de 250 — 251.
Gottschalk, Wendenfürst 135 — 136.
Gotzmann, G. 45 — 46.
Gourmont, Hieronym. 249.
Graah, W. A. 178.
Gravius, Itzardus 197 — 198.
Gregorius der Große, Papst 214.
Gregorius IV, Papst 125.
Grip, Carsten 247—252.
Grubbe, Sivert. 250 — 251.
Grundtvig, Svend 86, 93.
Grynaeus, Simon 207.
Grönning, Martin 198.
Gunnbjörn, Sohn von Ulf Kraki 129, 187.
Günther, Siegm. IV.
Gyldenstjerne, Mogens 78.
Haake, Albert 178.
Haakon Haakonsan , König von Nor-
wegen 118, 127.
Haakon V Magnusen, König von Nor-
wegen 41, 125.
Hall, James 178.
Halldör, Priester 180.
Hamy, E. T. 123, 128.
Hansen, Chr. 89.
Harald Haardraade, König von Nor-
wegen 7—8, 42, 115, 118, 129, 187, 205.
Harpestraeng, Henrik 195.
Harrisse, H. 206.
Hartz, N. 178.
Hasfurt — Virdung, J.
Hecker, F. C. 94.
Heiberg, J. L. 34.
Heinesen, Mogens 177.
Heinrich der Löwe 110, 135.
Heinrich von Schwerin 113, 133.
Heitmers, Joh. 198.
Hi'lmingsson, Thorstein 173.
Helvig, Gemahlin Valdemar Atterdags
120.
Herberstein, Sigism. v. 61.
Hig(ge)den = Hyggeden.
Hildebrand, Hans 75, 80, 99.
Hipparch 132, 173.
Hol, Leonardus 48.
Holm, G. 178, 179.
Hölmsteinsson, Smebjörn 179.
Honter 207.
Horn, Georg 251.
Hudson, Henry 178.
Hvide, Stig Andersen 113.
Hyggeden, Rainulphus 107, 127, 213, 245.
Ibrahim 128.
Ingrid, die heilige 214.
Innocens VIII, Papst 251.
Irenicus = Friedlieb, F.
Isacbsen, G. 180, 188.
Isidor 190.
Jaeobus de Maiolo (Vesconte) 208.
Jaromar 1, Fürst von Rügen 136.
Jaromar II, Fürst von Rügen 137.
Jelic 174, 251.
Jenssen-Tusch 93.
Johann, König von England 3, 5.
Johann III der Milde, Graf von Holstein
114, 133.
Johannes de Maiolio (Vesconte) 208.
Jon Ögmunöarson 128.
Jönson, Björn 82, 187, 188.
Jönsson, A. 76.
Jönsson, Finnur 92, 179, 184.
Jordanes 107.
Jordanus, Marcus 204.
Judaeis, Cornelius de 2U6.
Justinus 198.
Kälund, Kr. 76—77.
Kalkar, 0. 92.
Karl der Große 132.
Karlsefni, Thorfin 188.
Knud der Große, König von Dänemark
108 -109, 112, 120.
Knud der Heilige, König von Dänemark
112, 117, 133, 149.
Knud VI, König von Dänemark 137.
Knudsen, R. 178.
Knutssou, Th. 3, 122.
Kohl, J. G. 19, 21, 249.
Koldewey 178.
Kramp, Fr. 84.
Kretschmer, K. 7, 206, 246—247.
Krickenborch, Job. de 22, 34.
Kristensen, Marius 118.
Kobke, P. 78.
Laale, Peder 195.
Lambert 107.
Lapacino, Francesco di 200.
La, Salle, Antoine de 194.
Lelewel, J. 75, 80, 82, 162, 191, 206, 252.
Leo X, Papst 198.
Leonardo da Vinci — Da Vinci, Leonardo
Lindström, G. 75, 91.
Livius 5, 195, 197—198, 200, 245.
Lodehat, Peder Jenssen 111.
Lok, Michael 251.
Lucanus 214.
Lucas, F. W. 19, 21, 75, 79—81, 83.
Ludwig der Fromme 132.
Lyskander, C. C. 2, «2—63, 81, 201.
Mac Clintock 177.
Maceriis, de = Comminelli.
Magnus, Johannes 96.
Magnus, Claus 9, 19, 35, 63, 65, 76,
79—80, 91, 96, 98, 108-109, 121,
124, 169, 183, 204, 206—208, 249—
251.
Magnus Erichsson 122.
Magnus Laduläs, König von Schweden
122.
Maizieres, Pinlippe de 116.
Major, R. H. 20.
Mandeville, Johannes de 145, 173, 205.
Marcellus 174.
Margarete, Königin von Dänemark 6,
41, 109, 111, 113, 118—121, 124—
125, 133, 137, 139, 197, 199.
Margarete, Mutter Clavus' 132, 19'.
Maria von Mecklenburg 137.
Marinus 132, 173-
Martellus, Henricus 9, 21, 23-25, 26,
2Ü— 36, 40, 42—43, 48, 51, 60, 67,
71, 85, 132. 165—167, 207, 213—214,
244.
Martinus V, Papst 214.
Marzi, D. 20, 22.
Massaio, Pietro del 23—25.
Mathias 251.
Matthäus 174.
Mauricius, Römischer Kaiser 214.
Mecia de Viladestes — - Viladestes.
Medebach, Casp. Vopel = Vopel, Casp.
Mela = Pomponius Mela.
Mercator, G. 79, 81, 207.
Metelka. J. 249.
Meyer, Raphael V, 19, 21.
Michow 248—249.
Moritz, Edv. 123, 133, 168, 246.
Mourier 177.
Munie 177.
Müller, C. 155.
Münk, Mogens 134.
Münster, Sebastian 204, 243.
Nansen, Fridtjof 177—179.
Nathorst, A. 178.
Nicolaus, Sanctus 214.
Nicolaus V, Papst 130, 144, 191, 194—
195, 197, 245.
Nicolaus Germanus s. Germanus.
Niels, König von Dänemark 108.
Niels, Verfasser der dänischen Reim-
chronik 195, 200.
Nielsen, Julius 154.
Nielsen, 0. 39, 118.
Nielsen, Yngvar 187.
Nordenskiöld, A. E. III, 2—11, 19—25,
28, 31, 41—43, 48—49, 59, 75, 80,
82-83, 91, 93, 105, 177, 181—182,
186, 191, 193, 206.
Oberhummer 23.
Olaf, König von Dänemark und Nor-
wegen 137, 197.
257
Olaf der Heilige, König von Norwegen
7—8, 115, 126, 128—129, 143, 204,
214.
Olaf Kyrre, König von Norwegen 126.
Olaf Tryggvasan, König von Norwegen
126, 130.
Olafsson, Jön 77.
Olaus Magnus = Magnus, Olaus.
Olav Hvitaskjald 78.
Olives, Domingo 208.
Olives, Jaunie 208.
Olrik, Axel IV, VI, 86—88, 93—94, 114.
Olsen, Magnus 114.
Ordericus Vitalis = Vitalis, Ordericus.
Orosius 107.
Orrabeinsfostri, Thorgils 179.
Orsini. Giordano 195, 200.
Ortelius, A. 79, 81, 207.
Ottar 125.
Otto III, Kaiser von Deutschland 111.
Otto IV, Kaiser von Deutschland 132.
Pareto, Bartoloineo 60.
Paul II, Papst 25, 27—28, 48.
Paulus Diaconus 128.
Pawkow 178.
Pedersan, Claus (oder Niels), Vater
Clavus' 132, 199.
Pedrezano 249.
Petersen, Carl S. III — IV. 19. 21, 86, 177.
Petersen, N. M. 184.
Peutinger 52.
Piccolomini = Aeneas Sylvius.
Pining, Didrik 174, 247—251.
Pirckheimer, Willibald 52, 61.
Pius 11, Papst = Aeneas Sylvius.
Pizigano, Francesco 109—110, 118, 121,
123, 137, 164, 167—168, 193.
Plinius 31, 104, 107-108, 122, 126, 173.
Poggio, Franc. 5, 72, 169, 183, 195—198,
200—201.
Pomponius Mela 103—104, 108, 173.
Pontanus, J. J. 2, 62—63, 201.
Pontoppidan, E. 2, 63, 93.
Pothorst 174, 247—251.
Prokop 107.
Prunes, Matheus 208.
Ptolemäus 1, 3—10, 13—14, 19—31,45,
48—50, 64, 96, 103—104, 107—108,
121—122, 124—125, 130, 137—138,
145, 153-162, 163—164, 170—173,
182, 185, 189, 191, 200—202, 206—
207, 243—244, 247, 252—254.
Purchas 250 — 251.
Pytheas 173.
Raidel 27, 244.
Ramus, Jonas 93.
Rantzow, Breide 248.
Rantzow, Sivert 247
Reger, Johannes 48—51, 60, 70—71,
79, 247.
Reisch 206—207.
Resen, H. P. 81.
Reuchlin 52.
Reventlow, Ivan 247.
Ribero, Diego 209.
Richard 177.
Richard, König von England 214.
Richardsen, Carsten 177.
Rostagno 29.
Rothe, C. A. 177.
Rotz, John 209.
Ruelens, Ch. 20, 22, 34.
Rüge, S. 7—9, 51, 189.
Rugewoldt, Franz 248.
Ruscelh 81, 249.
Ruysch 186, 207.
Ryder, C. 178.
Rennow, J. 78.
Rardam, H. F. 2.
Sabine, Edw. 178.
Salle, Antoine de la — La Salle, An-
toine de.
Sanuto, Marino 116—117, 124—125, 133,
136—138, 164, 167, 193, 203.
Saxo Orammaticus 1, .38—39, 86, 107—
110, 114—116, 118—121, 123, 125—128,
133, 135, 137, 159, 189, 195, 198.
Schacht, M. H. 81.
Schaffner 177.
Schedel, H. 51, 207.
Schöner, Joh. 4—6, 11, 13—14, 17, 46,
52—63, 71, 106, 131—132, 198, 207,
245.
Scolras, Johannes 1^4, 250—252.
Scoresby, W. 178.
Scot(t)us, Jacobus 208.
Sigismund, Römischer Kaiser 214.
Solinus 49, 104, 173.
Spießhaymer = Caspinianus.
Stabius, Johs. 207.
Starcoter — Starkaör.
Starkaör 114.
Steenstrup, Japetus 75, 82 — 84.
Steenstrup, Johs. 38—39, 99, 247.
Stefänsson, Sig. 81.
Stephanius — Stefänsson.
Stevens, Henry 23.
Stobnicza 207.
Storm, Gustav 4—11, 13—18, Iii, 21,
26, 36, 39—41, 43, 52, 58—63, 65 -66,
69—70, 73, 75, 79—80, 83-84, 91,
98, 100—107, 115—116, 121—124,
129, 142, 153, 157—158, 160. 162—
164, 173, 180, 183-184, 188—189,
193—194, 198, 200, 206, 250—251.
Strabo 108, 173.
Strangesen, Christiern, Vater der Mutter
Clavus' 132, 199.
Stterkodder = Starkaör.
Sunesan, Peder 120.
Svend Crathe , König von Dänemark
109, 120.
Sverdrup, O. 180.
Sverker, König von Schweden 122.
Sylvius, Aeneas = Aenens Sylvius.
Sölfason, Thorgrirnr 173.
Tacitus 30-31, 121—122, 124.
Taylor 177.
Thalbitzer, W. 83.
Theophilus, Sanctus 214.
Thietmar von Merseburg 118.
Thomsen, Vilh. 89.
Thorlacius, Gr. 81.
Thorlacius, Th. 81.
Thome, Robert 206.
Thoroddsen, Th. 51, 75, 79—80.
Tiberius 108.
Torfason, Snorri 173.
Toi'od Runemeister 78.
Tramezini, M. 204.
Traube, L. 47, 76.
Tygesan, Peder, Großvater Clavus' 132.
199.
Ulf Kraki 129, 187.
Ulrik, A. 94.
Valdemar I der Große, König von Däne-
mark 111, 113, 119—120, 136—137,
197.
Valdemar II Sejr, König von Dänemark
36, 108, 110—111,113, 119, 132—133,
135, 148.
Valdemar IV Atterdag, König von Däne-
mark 39, 41, 51, 113—114, 116, 119—
120, 124, 133, 135, 137, 149, 197.
Valdemar, König von Schweden 139.
Valdemar, Herzog von Schleswig 135.
Valerius Maximus 198.
Valsequa, Gabr. de 246.
Vangensten, Ove C. L. IV, 51, 244—245.
Varro 126.
Verelius, O. 76, 78.
Vergil 59.
Veschonte — Vesconte.
Vesconte, Pietro 121.
Vesconte = Johannes de Maiolio.
Vesconte = Jacobus de Maiolo.
Viladestes, Mecia de 59, 64, 118, 126,
128, 133, 162, 167, 193.
Vinter, Chr. 62.
Virdung, Joh. 58, 62, 71.
Vitalis, Ordericus 191.
Vitellensis, Antonius 25, 243.
Vögelin, Joh. 44—47, 71, 96.
Voigt, G. 5, 51, 195, 197.
Vopel, Casp. 248—249.
Waitz, G. 1—2, 3—4, 17, 103—104, 106.
Waldseemüller, M. 9, 20, 33, 35, 65,
189, 207.
Walkendorff, Erik 181.
Walsperger, Andreas 213, 246—247.
Wartislaw II, Fürst von Pommern 137.
Wartislaw VII, Herzog von Pommern 137.
Wartislaw IX, Fürst von Pommern 137.
Weeke, C. 47.
Weibull, L. 252.
Wiclif, J. 5.
Wieser, Fr. R. v. III, VI, 6—11, 19—24,
33, 35,42, 50, 206—207.
Wimmer, L. F. A. 76—78.
Witzlaw IV, Fürst von Rügen 137.
Wolkenhauer, Aug. 243.
Worm, 0. 76—78.
Wulfstan 107, 110, 113-114. 116, 120.
Wuttke, H. 191.
Wytfliet, C. 206, 251.
Zahrtmann, C. C. 20, 22, 35, 75, 82.
Zeno, Gebrüder 2—3, 6, 79 -83, 181, 206.
Zeno, Nicolo 2—3, 6, 79—83, 181, 206.
Zichmni 82—83.
Ziegler, J. 62—63, 79, 91, 204, 206—207,
248—249.
Zurla 82.
o.
Register der Ortsnamen.
(Nur die Ortsnamen in der eigentlichen Clavus - Uberlieferung und die mit diesen historisch eng verbundenen sind mit-
genommen. Von Namenfornien werden nur die in den Clavus-Überlieferungen angeführt. * bedeutet, daß der Name von
Clavus erfunden ist.)
Abkürzungen. A - A-Karten, B — B-Karten Seite 213 — 233. ß = Berlinghieris Ptolemäus-Übersetzung S. 253—254.
N = Nanziger Text S. 107—130. n = Nanziger Karte S. 234. W = Wiener Text S. 132—152.
Reihenfolge der Buchstaben, a und ä deutsch (ä — aa), b, c, d und d, e, f. g, h, i, j, k, 1, m, n, o und ö deutsch,
p, q, r, s, t, u und ü, v, w, x, y, z, a? und ä schwedisch, 0 und ö schwedisch.
Aabenraa (Apenrade) 27, 38, 50, 10!)
(N 25), 135 (W 54), 167, 254, AB 28,
„ ß 15-
Abo 123 (N 186).
Ähus 37, 66, 97, 117 (N 107), 121 (N 153),
110 (W 146), 164, 208, AB 124, n 24.
Aland 102.
Ängermanland 60, 85, 147 (W 378), 166,
AB 208, n 45.
Aarhus 109 (N 22), 134 (W 41), 254,
AB 23, n 7, ßD13.
Abo N 186 = Abo.
*Ader A, 282 = Nadher.
Aderinus W 81, 88 = Oder.
Aderone ß 25, 27 = Uder.
*Af AB 249 = Äff.
*Atf W 315.
*Aga A 163 = Annen aa.
*Agant A, 113 = Annen aa.
Agaria 168, AB 127 =?
Agarnes N 36 = Agernses.
Agernake N 42 = Agernakke.
Agernakke 111 (N 42).
Agernais 110 (N 36).
Aghernes W 402 — Averna>s.
"Agna AB 113 = Annen aa.
*Ague A„ 146 — Annen aa.
'Aguen AB 146 = Annen aa.
*Agus A, 146 = Annen aa.
Alanus mons A, 80 — Alaunus mons.
Alauni mon(te)s A 80 — Alaunus mons.
Alaunus mons 162, AB 80.
Albi ß 1. 7 = Elbe.
Albis N 11, W 11, AB 6 = Elbe.
*Alegerech B 409 = Salecragh.
*Alegerh A6 409 = Salecragh.
•Alegre* A2 409 = Salecragh.
•Alegret A 409 = Salecragh.
*Alegroth A, 409 = Salecragh.
Alles 1 Aa 149 (W 420).
Alociae insulae 157.
*Alogret A3 409 = Salecragh.
Alous AB 134 = Alvestra?
Als (Alsen) 113 (N 65), 135 (W 54),
148 (W 391), 251, AB 29, ß 15.
Alse N 65 = Als (Alsen).
Alse aa W 420 = Allesa.
Alse porto ß 15 = Als (Alsen) Hafen.
Alsen = Als.
Also AB 29 = Als (Alsen).
Als« W 391 — Als (Alsen).
Aluena AB 140 = Mälaren und Vettern.
Alvestra 167, AB 134(?).
Amarensis A5 182 = Hamar.
Amasus AB 1 = Ems.
Amberg An 383—384 = Vordingborg.
Amb'g A2 383—384 = Vordingborg.
Amerensis W 219, A 182 = Hamar.
Ameresis B2 182 = Hamar.
Amorensis AB 182 = Hamar.
Amorenß A, 182 = Hamar.
Anioresis B3 182 = Hamar.
"Ana A, 248 = Han.
•Anana ß 33 = Annen aa.
Anaol AB 318—321 = Anholt.
Anaold A, 318—321 — Anholt.
Andesusel A, 20 — Vendsyssel.
Aneholth W 387 = Anholt.
*Aner AB 248 t= Han.
*Anga AB 158, 163 = Annen aa.
*Angue AR 113 = Annen aa.
•Angue A4 146 = Annen aa.
*Angve A„ 163 = Annen aa.
Anholt 39, 118 (N 120), 147 (W 387),
AB 318-321.
Anian fretum 250—251.
* Annen aa W 108, 154, 175, 182.
*Ano AG 248 = Han.
*Anone A, 403 = En annen.
•Anor B2 248 = Han.
Aosia W 146, AB 124 = Ahus.
Aoslo N 91 = Oslo.
Apenrade = Aabenraa.
*Apetane W 215.
"Apete A„ 404 = Opetane.
*Apocane W 246.
"Ar W 351.
Aris A, 23 — Aarhus.
Arnake W 427 — Arnakke.
Arnakke 97, 149 (W 427).
Arosia W 124, AB 112 = Vesteräs.
Arso ß 13 = Aarhus.
Arus N 22, W 41, AB 23, n 7 = Aarhus.
Arus N 156, n 19 — Vesteräs.
Aslo W 205, A, 172 = Oslo.
Asnes N 43, W 401 = Assens.
Aspres B 334 =; Assens.
Assens 27, 111 (N 43), 148 (W 401),
AB 334.
Asto AB 172 = Oslo.
Atlantischer Ozean 125 (N 206), AB
432—436, n 56.
'Auenas A 102 — Annen aa.
"Auenus A, 102 = Annen aa.
*Auer Ap 247 = Hawer.
*Auga AB 163 — Annen an.
"Auiltu A, 202 = Wultu.
Avernaes 148 (W 402).
Baag Herred 112 (N 48).
Baag0 38, 69, 148 (W 390), 157, AB 322.
Bähus 40—41, 167. AB 170.
Bahus AB 170 = Bähus.
Balteato ponto ß 13 = Ostsee.
259
Balteatus pontus AB 428—429 = Ostsee.
Bäreninsel = Gunnbjarnareyjar.
Barra AB 300.
Bedinus mons AB 79 — Budinus rnons.
Begensis B3 192 = Bergen.
Begesis B, 192 = Bergen.
Be'gesis A 192 = Bergen.
Begius A, 355 — Bogense.
Beira A3 300 = Barra.
Bellädia A„ 312 = Bellandiar.
Bellandiar 167, AB 312.
Belt = Storebselt (Großer Belt).
Belte n 64 = Storebeelt (Großer Belt).
Bengresis B2 192 — Bergen.
Bergas B 355 = Bogens1.
Bergen 37, 57, 79, 102, 125 (N 213),
142 (W 230), 169—170. 184—185, 247,
AB 192, n 39.
Bergesis A„ 192 -— Bergen.
Bergis n 39 = Bergen.
Bergis A 355 = Bogense.
Bergist A3 355 = Bogense.
Bergos B, 355 = Bogense.
Bernholm B 397 = Bornholm.
Bernholn AB 397 = Bornholm.
Berra AB 300 = Barra.
"Beuer A 233 — Boer.
•Bierken W 352.
Bjarmeland = Rußland.
Björne — - Gunnbjarnareyjar.
Bobchara W 228 = ?
»Boer W 302.
Boge AB 322 = Baaga.
Bogens N 37 = Bogense.
Bogense 38. 111 (N 37), 141) (W 425—
426), AB 355.
'Boger A 233 = Boer.
Boghea W 390 = Baaga.
Boginghi N 48 = Baag Herred.
*Boier AB 233 •== ßoer.
Bondinj montes AB 79 = Budinus mons.
Borghsznes W 455 = Bofgsnaes.
Borg'is A5 355 == Bogense.
Borgsnses 69, 150 (W 455).
Bornholm 39, 120 (N 140), 151 (W 468-
469), 247, AB 397, n 67.
Bovghens W 425 — 426 = Bogense.
Brenholn A, 397 = Bornholm.
Britanni 3. 5, 201, n 61.
Bubone ß 30 = Rudon.
Budinus mons 162, AB 79.
Burgbra B3 15 = Barglum.
Burgeß A, 192 = Bergen.
Burglanensis W 20 = Barglum.
Burgra B, 15 == Barglum.
Burgrafen A 15 = Barglum.
Burgrasen B2 15 = Barglum.
Burgrauen A 15, ß 9 — Barglum.
(*?) Burn AB 190 = Bobchara.
Byarno W 364 = Gunnbjarnareyjar.
Bselt = Storebselt (Großer Belt).
Barglum 55, 97, 99, 102, 133 (W 20),
161, AB 15, ß 9.
Caldige A„ 24 = Kolding.
Caldige A, 24 = Kolding.
Caldinege ß 13 — Kolding.
Cal dinge AB 24 — Kolding.
Calmam (?) As 122 = Kalmar.
Calmarn A, 122 = Kalmar.
Calmaur A 122 = Kalmar.
Calmaiirn An 122 = Kalmar.
Calmur B 122 = Kalmar.
ßjörnbo u. Petersen, Claudius Clavu
Calusius 156, 162, AB 48, ß 19.
Caniscula n 66 — Sjadland (Seeland).
Canis marini insula W 447 — Sjaelland
(Seeland).
Careli N 289, n 50 = Eskimos.
Cerchin W 101 = Chesinus.
"Ceu A„ 245 = Heyde.
"Ceum A, 245 = Heyde.
Chaluso ß 19 = Oalusius.
Chersimcon A3 90 = Chesinus.
Obersimten A2 90 = Ohesinus.
Chersino ß 31 = Chesinus.
Chersmioon A 90 — Chesinus.
Chersonesus Gymbrorum W 383 = Jyl-
land (Jütland).
Chesinus 138 (W 101), 155, AB 90,
ß 31.
Cliicumersore A4 10 = Dithmarschen.
Chieumersoren B3 10 = Dithmarschen.
Chicumersorm A„ 10 = Dithmarschen.
Chimbrorum chersonesus N 8 — 9 =
Jylland (Jütland).
China 130 (N 291), 145 (W 296), 173,
251-
Cholbierghhede [zu korrigieren in < ho-
bierghhede ?] N 76 — Kolbergerheide (?).
Choli An 39 = Kiel.
Chorl AB 39 = Kiel.
Chorsaa W 457 = Kors Aa.
Christiania = Oslo.
Chrono ß 29 = Chronus.
Chronus 137 (W 88), 155, 162, AB 64.
ß 29.
Chubriege ß 9 = Rubjtergknude, Raa-
bjaarg Miler oder Kolbergerheide.
Cimbr. chersonesus A4 3 — 4 = Jylland
(Jütland).
Cimbri chersonesus A5 3 — 4 = Jylland
(Jütland).
Cimbrica chersoneso ß 3 = Jylland (Jüt-
land).
Oimbricus Chersonesus A 3 — 4 == Jyl-
land (Jütland).
Cimbrische Halbinsel — Jylland (Jüt-
land)
Cimbrj Chersonesus A0 3- — 4 = Jylland
(Jütland).
Cimbroruin chersonesus W 10 = Jyl-
land (Jütland).
Cobename B 388 = Kabenhavn (Kopen-
hagen).
•Cober AB 418 = Tolleyr.
Ooberbyerghe n 42 = Kupfergebirge
(Kobberbjserge).
Coil ß 17 = Kiel.
Coleslg A4 378 = Taarnborg.
Colesing AB 378 = Taarnborg.
Colesling A« 378 = Taarnborg.
"Comenter W 253, 479, A, 206.
*Cometer A3 206 = Comenter.
*Cometer A 206 = Comenter.
Congelatum AB 214 — 215 = Eismeer.
Congelatum mare n 55 = Eismeer.
'Conus W 353.
Corshaun N 210, W 227 = Korshavn
(Norge).
Oorshuyr W 450 = Korsar.
*Criü B2 245 ■= Heyde.
*0rium B, 245 = Heyde.
*Crog A3 205 = Crogere.
*Croger A 205 = Crogere.
'Crogera A„ 205 = Crogere.
"Crogere W 252, AB 205.
"Crogher W 478.
Cronon A 64 = Chronus.
Orucis portus N 128 •= Korshavn (Sjsel-
land).
"Crui A 245 = Heyde.
"Cuapar A, 419 — Knaper.
Cubor A, 69 = Rudon.
Cunutis orat B 159 — 160 = Knudshoved
(Halland).
Cunutis orot AB 159 — 160 = Knuds-
hoved (Halland).
Dada N 2, AB 5, 19, 142—143, 161, 329,
ß 5 = Danmark (Dänemark).
"Daff A, 249 = Alf.
Dalarne 122 (N 166), 124 (N 188), 162—
163, n 16.
Dal-Elf 122 (N 166).
Dahn N 166 = Dal-Elf.
Dalingi N 188, n 16 = Dalkarlar (s.
Dalarne).
Dancz B, 82 = Danzig.
Danczg B 82 = Danzig.
Dänemark — - Danmark.
Däni AB 143, n 26 — Dänen (s. Danr
mark).
Dania N 1 •= Danmark (Dänemark).
Danismarchia A, 5 = Danmark (Däne-
mark).
Danmarchia N 3 = Danmark (Däne-
mark).
Danmark (Dänemark) 3, 37-40, 42,
55—57, 102, 107—120 (N 1—140),
132—135 (W 10-69), 140—141 (W
150—202), 147—152 (W 383—491),
188, 213—214, 252—253, AB 5, 19,
142-143, 161, 329, 377, n 26. ß 5.
Dannemai'chia N 1 — 2 = Danmark
(Dänemark).
Dansor A 82 = Danzig.
Danzig 163, 168, 254, AB 82, ß 31.
Däpni A 142 — Dänen (s. Danmark).
"Dauer A, 253 = Hawer.
Deutschland 33—35, 162, AB 44, 75.
Dithmarschen 133 (W 16), 161, AB 10,
ß 5-
*Diuer A4 258 = Dnwer.
Donsor Afi 82 = Danzig.
"Doos W 354.
"Dos AB 286 = Doos.
Douerfyeld W 240 = Dovrefjaeld.
Douersyeldh n 41 — Dovrefjasld.
Dovrefjseld 98-100, 127 (N 233), 143
(W 240), 169, n 41.
Draghor W 445 — Dragar.
Draghar N 139 = Dragar.
Dragar 38, 98, 120 (N 139). 150 (W 445),
162-163, AB 372—373.
"Driuer AB 258 = Driwer.
'Driuus B2 258 = Driwer.
"Driwer W 32'.
Drontheim =, Trondhjcm.
Durai AB 301 = ?.
Ebude A, 296.
Eckernförde 38-30, 110 (N 28) , 114
(N 75), 135 (W 58), 254, AB 34,
ß 15—16.
"Een W 317.
"Eeynh W 303.
•Eeyr W 355.
Eg AB 297 = Eigg.
Egarmgena A, 298.
33
260
Egense 148 (W 408).
Egentz W 408 = Egense.
Eghernefiordh N 28 = Eckernförde.
Eigg AB 297.
Einfüßler 194, 245, n 49.
Eismeer 122 (N 158—159), 125 (N 196),
165, 173, 177—180, 185—194, 245,
248—250, AB 214—216, n 52—55.
Elbe 55, 108 (N 11), 132 (W 11), AB 6,
ß 1, 7.
Elbis A, 6 = Elbe.
Elcebrogen A 150 = Malmö.
Elcobrogen A5 150 — Malmö.
Elebragen A, 150 = Malmö.
Eifacia Afi 11 = Holstein.
Elleboghen W 162 = Malmö.
Elleby N 102 = Malmö.
Elleholm 97, 140 (W 164).
Ellemose 111 (N 38).
Elsacia A 11 = Holstein.
Elsibors A 156 = Heisingborg.
Elsibo>'s B2 156 = Heisingborg.
Elsibros B, 156 = Heisingborg.
Eltebrogen B3 150 = Malmö.
Eltreb'ogen B, 150 = Malmö.
Eltrebrogen B2 150 = Malmö.
Emeland A, 315 = Finland.
Ems 162, AB 1.
*En annen W 245, 473.
"Enaper An 419 = Knaper.
"Enegh W 254.
"Eng AB 414 = Enegh.
*Engh A 414 = Enegh.
England s. Britanni.
"Engrolant A„ 239 — Eyn Grcenenlands aa.
Engromelaudh A„ 208 = Angermanland.
Engromelandi n 45 = Angermanlän-
dingar (s. Angermanland).
Engroneland A4 208 = Angermanland.
*En gronelan de san A3 239 = Eyn
Grsenenlands aa.
"Engronelant AB 239 — Eyn Grcenen-
lands aa.
Engrouelant AB 208 = Angermanland.
*Engronelanth AB 239 = Eyn Gramen-
lands aa.
Engrönelanth A2 208 = Angermanland.
"Engronelanth B2 239 = Eyn Grcenen-
lands aa.
'Engronelät As 239 — Eyn Grcenen-
lands aa.
*Enog AB 212 = Enegh.
Erichshavn = Landskrona.
Eriehstad = Landskrona.
Erichstadh N 101 — Landskrona.
Erichzhaun W 165 = Landskrona.
Erici portus AB 155 = Landskrona.
Erig B3 414 — Enegh.
*Esd A, 284 = Os und Doos.
Eskimos 3, 6, 14, 51—52, 54, 61, 130
(N 289), 144—145 (W 289—291), 162,
169, 174—175, 192—194, 201, 245,
248-251, n 48, 50.
Esrom 97, 120 (N 136).
Esserorn N 136 = Esrom.
Estotilanda 251.
*Eyn Grcenenlandz aa W 306.
Fa«. A3 324 = Fehmern.
Faaborg 148 (W 406), 163, A, 339.
Faaborghoved 148 (W 405).
Fabor A, 339 = Faaborg.
Faborczhouet W 405 = Faaborghoved.
Faborkh W 406 = Faaborg.
Falci? Äe 369 = Falster.
Falscerbede B2 147 = Falsterbo.
Falserbede A„ 147 = Falsterbo.
Falsiga'- B, 389 = Heisinger.
Falsigar AB 389 = Heisinger.
Falsigor A, 389 = Heisinger.
Falster 56, 120 (N 137), 150 (W 442—
443), AB 369.
Falsterbede N 104, AB 147 = Falsterbo.
Falsterbo 16, 34, 39, 50, 68, 117 (N 104),
140 (W 159—160), 208, AB 147.
Falsterbod W 160 = Falsterbo.
Falsterbode W 159—160 = Falsterbo.
Fameee W 371 — Fraueninsel.
Farai AB 309 = ?
Farelv 142 (W 211).
Farensis W 211, AB 177 = Sarpsborg
oder Farelv.
Faree N 257 = Fsere (Färöer).
Farreee W 366 = Fcere (Färöer).
Faster A2 369 = Falster.
*Faucols AG 417 — Sancolder.
"Feder AB 256 == Feyde.
Tegur A, 416 = Seger.
Fehmern 114 (N 77), 148 (W 392—393),
AB 324—327.
*Feletrog A, 204 = Sarlecrogh.
Femao B3 306 = Fraueninsel.
Femar? A3 327 = Fehmern.
Femare A- = Fehmern.
Femaren B3 = Fehmern.
Feinere A2 324 — 327 = Fehmern.
Feinerem A„ 324 = Fehmern.
Femeren N 77, W 392—393, A, 324 =
Fehmern.
Femern AB 324—327 = Fehmern.
Femo A 306—307 - Fraueninsel.
Femoa Bt 306 = Fraueninsel.
Femon* A5 306 — Fraueninsel.
Femona AB 306 = Fraueninsel.
Femorn B, 326 = Fehmern.
*Femthe aa W 140.
Femee N 255 = Fraueninsel.
Feonia AB 328 = Fyen (Fünen).
Ferensis AB 302—303 = Faire (Färöer).
Feresis A 302—303 =; Faere (Färöer).
*Feyde W 322.
Fidelfar B3 330 = Middelfart.
*Fierde A 107, ß 37 = Fierde aa.
"Fierdena AB 115 = Fierde aa.
*Fierdeua A 115 = Fierde aa.
"Fierdhe aa W 113.
*Fierdis A 107 = Fierde aa.
Findelanth A 315 = Finland.
Findhlappi n 15 = Wildlappen (land).
Findland W 378 = Finland.
Findlandi n 14 = Finländer (s. Fin-
land).
Findlappelanth A2 219 = Wildlappen-
land.
*Finistar A, 166 = Ferste Aa.
Finland 34—35, 43, 51, 54, 60, 102,
124 (N 189), 138 (W 117), 147 (W378),
167, 188, 193, AB 315, n 14.
Finlant B 315 = Finland.
Finlanth A 315 = Finland.
Finlapeland A„ 219 = Wildlappenland.
Finlappelant B 219 = Wildlappenland.
Finlappelanth A 219 — Wildlappenland.
Finlät AB 315 = Finland.
Finmarken 24, 124 (N 189), 144 (W 267),
188, 194, 245, n 15.
Finnalappi N 189 = Wildlappen (land).
Finni W 117 = Finländer (s. Finland).
Finnones AN 189 = Finländer (s. Fin-
land).
Tinstar Afi 169 = Ferste Aa.
Fird' A 330 = Middelfart.
Firdelfar AB 330 = Middelfart.
Firedelfar B, 330 = Middelfart.
*Firsta A, 145 = Ferste aa.
Fiüsebor? A3 31 = Flensborg (Flens-
burg).
Fjedrundaland 102.
Flaglosia A4 395 = Slagelse.
Flensborg (Flensburg) 97, 99, 109 (N 26),
135 (W 55), AB 31.
Flensburg === Flensborg.
Flenseborgh N 26 = Flensborg (Flens-
burg).
Flenseborghis W 54 — 55 = Flensborg
(Flensburg).
*Fleschle A„ 254 = Flesk.
*Flescle AB 254 = Flesk.
'Flesk W 320.
*Flesthe Bt 254 = Flesk.
•Flestle B3 254 = Flesk.
Floglosia AB 395 = Slagelse.
Flogosia A„ 395 — Slagelse.
Fogellinghi N 48—49 = Fuglse Herred.
Forensis An 177 = Sarpsborg oder Farelv.
*Fors A4 162 = Ferste aa.
*Forsca B3 157 = Ferste aa.
*Forst AB 162 = Ferste aa.
*Forsta A 157 = Ferste aa.
*Fostra B2 157 = Ferste aa.
Fraueninsel 14, 55, 128 (N 255—256),
147 (W 369—371), 162—163, AB 306—
307.
Frenseber A, 31 = Flensborg (Flens-
burg).
Freseber A6 31 = Flensborg (Flensburg).
Fresebor A 31 = Flensborg (Flensburg).
Frigia AB 13 = Nord-Friesland.
Frisia inferior W 18 = Nord-Friesland.
Frislanda 251.
Fuglse Herred 112 (N 48—49).
Fünen = Fyen.
*Fursta AB 99, 157 = Ferste aa.
*Fusta Aj 99 — Ferste aa.
Fyen (Fünen) 1, 37, 56, 89, 97, 110-
112 (N 33—59), 134 (W 48), 148-149
(W 396—432), AB 328, n 65.
Fyenshoved 97, 149 (W 412).
*Fyerdhe aa W 130.
*Fyynzhouet W 412 = Fyenshoved.
Fa^re (Färöer) 37, 99, 128 (N 257), 147
(W 366—367), 162, AB 302—303.
"Ferste aa W 106, 152, 173, 180, 186, 199.
Gazara = Krim.
Gazaria *= Krim.
Gentelandi n 44 = Jemtländingar (s.
Jemtland).
Germania AB 44, 75 = Deutschland.
Germanicum Occeanum N 10 = Nordsee.
*Ghi A4 237 = Y.
Gothia N 141 = Sverige (Schweden).
Gothia uerso Oriente ß 37 = Livland.
Gotia An 110 t= Sverige (Schweden).
Gotia A6 399 = Gotland.
Gotia orientalis Ae 95 = Livland.
Gotland 37, 49, 57, 66, 90—95, 102, 124
(N 192-194), 151— 152 (W 470— 491),
193, AB 399, n 25.
261
Gotlandia W 470 = Gotland.
Gotthia orientalis A4 95 = Livland.
Gottia A, 110 = Sverige (Schweden).
Gottia AH 399 = Gotland.
Gottia meridionalis AB 118 — 119 =
Sendergeding.
Gottia occidentalis AB 110 = Vester-
götland.
Gottia orientalis AB 95 = Livland.
Gotticuni mare AB 217 = Ostsee.
Grädia 100, A 184 = ?
Urädie 100, A 184 = ?
Grandia 100, As 184 = ?
Grenen (Skagens Nordspitze) 18. 69, 118
(N 119), n 62.
Griffones n 47 = Kämpfen.
(*?)Grintz aa W 239.
Grolandia W 287, 290, 300, 364 = Grön-
land.
Gronelädia A4 230 = Grönland.
Gronelandia A3 230 = Grönland.
Gronelanth A 230 = Grönland.
Grönland 3—4, 9—10, 14, 17, 24, 26,
32—33, 37, 40, 42, 51, 54—55, 60,
61, 66—67, 69—70, 81—90, 129-130
(N 279—293), 114—146 (W 287—334),
170, 172—194, 207, 245, 247—252,
AB 230, n 51.
Gronlandia N 279, n 51 = Grönland.
GrolJer Belt = Storebselt.
Gunnbjarnareyjar 147 (W 364—365),
165—166, 184, 186—188.
Guthland n 25 = Gotland.
Gyylland N 192 = Gotland.
Götaelf 142 (W 208), AB 175.
Häburg A6 7 = Hamburg.
'Haffthoos W 346.
Hafsbotn 188.
*Hair A 252 = Hanh.
Halandi n 28 = Halländingar (s. Hailand).
Halandia A„ 165 = Hailand.
Halindhia N 5, 79 = Halland.
Halindia N 116 = Halland.
Hallädia AB 165 = Halland.
Halland 37, 56, 89, 107 (N 5), 114—115
(N 79—96), 118 (N 116), 141 (W
185—202), 183, AB 165, n 28.
Hallandia A 165 = Halland.
Hallindh W 201 = Halland.
Hallindhia N 80 = Halland.
Hälogaland = Helgeland.
Halrelant Bt 211 = Helgelaud.
Ha mar 18, 37, 97—98, 115 (N 95), 142
(W 219), AB 182, n 33.
Hamburg 55, 132 (W 13), 163, AB 7.
Hamer N 95, n 33 = Hamar.
»Hau W 314.
*Han AB 244 = Hanyd.
*Han AB 252 = Hanh.
Hanburg A4 7 = Hamburg.
Hanburgk AB 7 = Hamburg.
•Hanh W 318.
'Hanog Aj 279 = Hauol.
"Hanos B2 278 = Haffthoos.
*Hanos A4 279 == Hauol.
Hansestädte = Sclaui.
"Hanyd W 310.
'Harsis A, 286 = Ar und Yys.
"Harsol AB 288 = Ar und Soolh.
*Hauol W 347.
*Hauos A 278 = Haffthoos.
*Hauos AB 279 = Hauol.
"Hauus Afi 278 = Haffthoos.
'Hawer W 313, 319.
Hayldhland W 185 = Halland.
Hebrides 162, 165.
Hedre AB 16 = Rubja-rghcde, Raabjajrg
Miler oder Kolbergerheide.
Hekla 53, 58—59.
Heldec A 393 = Holbsek.
Heldech AB 393 = Holbsek.
Heldeh A3 393 = Holbsek.
Helgeland 32, 40-41, 69, 98, 144 ( W 267),
166, AB 211.
Helgoland 157, A 9, n 3.
Helluland 188.
Helsenborg W 166 = Heisingborg.
Heisingborg 56, 116 (N 100). 140 (W 166),
208, AB 156, n 32.
Helsingborgh N 100 — Heisingborg.
Helsingheor W 461 = Helsingar.
Helsinghjr N 130 = Heisinger.
Helsingland 102, 188.
Heisinger 119 (N 130), 151 (W 461),
AB 389.
He*re B, 16 = Rubjaergknude, Raabjaerg
Miler oder Kolbergerheide.
Herlant AB 310 = Shetland.
Hert B, 17 = Salling (Halbinsel).
Hesthobn 102.
"Hey de W 311.
*Hic AB 255 = Hyntb.
Hielm N 64 = Hjaelm.
*Hien AB 235 = Eeynh.
*Hiic A, 255 = Hynth.
Hindsgavl 97, 149 (W 428).
Hindsholm 98, 111 (N 39), 149 (W 418).
Hinsholm N 39 = Hind.sholm.
Hinzgauel W 428 = Hindsga vl.
Hinzholm W 418 = Hindsholm.
Hjselm 113 (N 64).
*Hoen A 251 = Een.
Hölar 37, 128 (N 250), 146 (W 348),
AB 280.
Holbek N 131 = Holbsek.
Holbekh W 465 = Holbaek.
Holbekz[nes] W 464 = Holbaeksnaes.
Holbaek 69, 99, 119 (N 131), 151 (W 465),
AB 393.
Holbseksnaes 69, 151 (W 464).
Holesis A 280 = Hölar.
Hollensis N 250, W 348, A5 280 = Hölar.
Holleß A, 280 = Hölar.
Hollesis B 280 = Hölar.
Hollesis A 280 = Hölar.
Holn<z> N 120 = Anholt.
Holrelant AB 211 = Helgeland.
Holsatia n 2 — Holstein.
Holstein 27—29, 32, 34—35, 37, 55,
66, 133 (W 17), 165, 254, AB 11—12,
n 2, ß 7.
Holzacia W 17 = Holstein.
(*?)Horiza W 234
*Hos A 273 = Thoos.
*Hosos A, 272—273 = Oos und Thoos.
Hvitsark 174, 248—249.
•Hynth W 321.
Hajlielad n 3 = Helgoland.
Ianibo« A„ 179 = Tensberg.
Ibernia n 59 = Irland.
*Ici A„ 199 = En annen.
idmagor A, 372 = Drager.
Idnagar AR 372 = Drag-r.
Idnagor AB 372 = Drag, r.
Igernefidor ß 15 — 16 = Eckernförde,
[gernefier AB 34 = Eckernförde,
lgerncfyordh W 58 — Eckernförde.
Igernesier A 34 = Eckernförde.
*lj W 305.
lona fluvius AB 175 = Götaelf.
lona lacus B„ 137 = Venern.
Ions beres AB 179 = Tensberg.
Iperborevm B8 434 — Atlantischer Ozean.
Ireland n 59.
Irland = Ireland.
Island 4, 16, 33, 37, 40, 42, 57, 59—60,
66, 69, 76— SO, 127—128 (N 236—254),
146 — 147 (W 338—366), 170, 172,
182—183, 184, 187—188, 207, 247—
252, AB 270, n 57.
Eslanda AB 270 = Island.
lslandia N 236, AB 270, n 57 = Island.
Istrude AB 147 = Ystad.
Istula AB 56, A, 64 = Weichsel (vgl.
Oder).
luagarest' xVB 221 = Magerj??
luagarester AB 221 = Magere??
"Luesech A, 213 = Ynesegh.
"Iuesegh Af) 415 = Masegh.
*Iueseh AL 415 = Masegh.
"lueseh AG 213 = Ynesegh.
Jemtland 54, 60, 147 (W 378), 166, AB
313, n 44.
Jucia N 6—8, 32 = Jylland (Jütland).
Jütland s= Jylland.
.lutones n 4 = Jütländer (s. Jylland).
Jylland (Jütland) 33—34, 55—56, 107—
110 (N 6—32), 115 (N 87), 132—135
(W 10-69), 147—118 (W 383—395),
160—161, 164, 183, AB 3—4, n 4, ß 3.
Jönköping 40.
Kagenes W 466 = Kagenais.
Kagemes 151 (W 466).
Ealdinckh W 44 = Kolding.
Kaldingh N 23 = Kolding.
Kalmar 99, 121 (NT 154). 140 (W 143),
AB 122, n 23.
Kalmarn N 154, W 143 = Kalmar.
Kämpfen 194, 245, n 47.
Karelen (Volk) = Eskimos.
Karelen (Land) 188, 192-193.
Kareli W 289 = Karelen (Eskimos).
*Kariesol B, 277 == Knesol.
"Kenesol B2 277 = Knesol.
Kiel 69, 110 (N 30), 135 (W 62—63), 254,
AB 39, ß 17.
Kiev (= Ougard, Vngardia?) 123 (N 184),
168, AB 'i00.
Kiil N 30 = Kiel.
*Knaper W 487.
*Knesel A5 277 = Knesol.
"Knesol W 345, AB 277.
"Knosol At 277 = Knesol.
Knudshoved (Fyen) 97, 149 (W 415).
Knudshoved (Halland) 57, 141 (W 176),
208, 243, AB 159—160.
Knusbouet W 415 = Knudshoved.
Knutzhouet W 176 = Knudshoved.
Kobberbjaerge = Kupfergebirge.
Kobierghhede W 21 = Rubjaargknude,
Raabjasrg Miler oder Kolbergerheide.
Koholm 150 (W 452).
Kolbeinsey = Mevenklint.
Kolbergerheide 114 76), 133 (W 21),
254, AB 16, ß 9.
33*
262
Kolding 66, 97, 109 (N 23), 134 (W 44),
AB 24, ß 13.
Kopenhagen = Köbenkavn.
Kors Aa 151 (W 457).
Korshavn (Norge) «7, 125 (N 210), 142
(W 227).
Korshavn (Sjsclland) 11« (N 128).
Korsar 119 (N 128), 150 (W 450), AB
379.
Koaghe W 458 = Kege.
Krim 42—43.
Kristiania = Oslo.
Kupfergebirge (Kobbcrbj sarge) [d. h.
Kölen ?] 121 (N 143—147), n 42.
Kvenland = Finnmarken.
Kvtenland = Finnmarken.
Kyl W 62—63 = Kiel.
Kabenhavn (Kopenhagen) 27, 38, 57, 99,
119 (N 129), 151 (W 459—460), 170,
247, AB 388.
K'jbingh portus N 129 — Kebenhavn
(Kopenhagen).
Kege 38, 151 (W 458), AB 387.
Kölen (= Coberbyerghe ? d. h. Kupfer-
gebirge) n 42.
Keobenhaun W 459 = Kebenhavn
(Kopenhagen).
Köping 102.
Laaland = Lolland.
Labrador 250—251.
(*?)Lacus penarum 99, 127 (N 233), 166,
AB 183.
"Lade A 239 = Eyn Gro3nenlands aa.
"Lade A4 239 = Eyn Groenenlands aa.
Ladehorn N 263 = Lyderhorn.
Ladhehorn W 233 = Lyderhorn.
*Ladi A„ 259 = Sandhin.
Ladosia A 168 = Lödöse.
Lalandh W 440 = Lolland.
Lalandia N 72 = Lolland.
Lalant AB 363—368 = Lolland.
Lalät B3 365 = Lolland.
'Lande AB 239 = Eyn Groenenlands aa.
Landskrona 8, 41, 62, 116 (N 101), 140
(W 165), 208, AB 155.
Langeland 113 (N 68), 150 (VV 437—438).
Langenland W 437 = Langeland.
'Laude A, 239 = Eyn Groenenlands aa.
Lawindh N 68 = Langeland.
'Laycher W 342.
Lecust A 295 = Lewes.
Leuist B 295 = Lewes.
Lewes AB 295.
Linapia ? A3 129 = Linköping.
Lincopia AB 129 = Linköping.
Linköping 37, 123 (N 181), 168, AB
129.
Lintopia A 129 = Linköping.
Liste N 209, W 222, A, 185 = Lister.
Lister 26, 54, 65, 98. 125 (N 209), 142
(W 222), 169, AB 185—186.
Liuonia W 103, AB 94-95, ß 33 = Liv-
land.
Livland 6—7, 43, 55, 138 (W 103—115),
* AB 94—95, ß 33.
Livonia A 94 — 95 = Livland.
Liwde N 66 = Lya.
Liydhe<z> W 403 = Lye.
Ljung 102.
Lodese N 94 = Lödöse.
Lodosia AB 168 = Lödöse.
Lolland 1«, 56. 114 (N 72—74), 150 (W
440-441), AB 363—368.
Lübeck 55, 135 (W 67). 163, 183, AB 43,
ß 17.
Lubiche ß 17 = Lübeck.
Lubick AB 43 = Lübeck.
Lubigk A, 43 = Lübeck.
Lubk W 67 = Lübeck.
Luda B.j 151 = Lund.
Lüda B, 151 = Lund.
Lund 56, 60, 99, 102, 117 (M 114), 247;
252, AB 151, n 31.
Lunda AB 151 = Lund.
Lundis N 114, n 31 = Lund.
Lundis magna A 55 = Stralsund.
Lüste AB 185—186 = Lister.
Lustemu B 186 = Lister.
Lyderhorn 98—99, 129 (N 263), 143
(W 233).
Lynckebingh N 181 = Linköping.
Ly.. 113 (N 66), 148 (W 403).
Lödöse 37, 97, 99, 115 (N 94), 141
(W 193), AB 168.
Leodese W 193 = Lödöse.
*Macre AB 281 = Madher.
"Madher W 349.
Madhkeruth N 115 = Markaryd.
Magera 69, AB 221.
Males A, 299-
Malmö 56, 99, 116 (N 102), 140 (W 162),
208, AB 150.
'Manh W 304.
Mare Balticum N 19 = Ostsee.
Mare congelatum AB 214—215 = Eis-
meer.
Mare germanicum AB 430 = Nordsee.
Mare germanicum et sarmaticum A, 424
= Ostsee.
Mare Gotlandie W 121 = Ostsee.
Maxe gotticum AB 217 = Ostsee.
Mare occeanum B, 434 = Atlantischer
Ozean.
Mare quietum N 158— 159, 196=Eismeer,
Mare sarmaticum A 424 = Ostsee.
Markaryd 16, 117 (N 115), 162—163.
Markland 188.
"Masegh W 483.
Meb A 371 = Meen.
Mebe A„ 371 = Meen.
Medelfar W 49, 397, A, 330 = Middel-
fart.
Medelphar N 35 = Middelfart
'Meer W 312. .
Meub B 371 = Meen.
"Mestebrodh W 265.
"Mestebrot A, 220 = Mestebrodh.
'Mestobrat A 220 = Mestebrodh.
"Mestobroth A3 220 = Mestebrodh
Mevenklint (Kolbeinsey) 181—185.
Middelfart 39, 110 (N 35), 134 (W 48),
148 (W 397), AB 330.
Monarma A, 301.
Monh W 444 = Meen.
Monkebierg W 419 = Munkebjaerg-
"Mostebrat ß 220 = Mestebrodh.
Mosterhavn 128 (N 258), 142 (W 229).
*Müd' B3 243 = Mundhe.
"Müder A 243 = Mundhe.
•Müderh At 243 = Mundhe.
•Mundhe W 309.
Munkebjicrg 149 (W 419).
Mälaren 168, AB 138—140.
Meen 89, 120 (N 138), 150
AB 371.
Manb. N 138 = Meen.
*Na AB 261 = Naa.
*Naa W 327, A, 261.
•Nadar? B 282 = Nadher.
"Nader AB 282 = Nadher.
Nadhegrin W 236.
"Nadher W 350.
*Naf A 236 = Manh.
Narnia A, 388 = Kebenhavn (Kopen-
hagen).
Narä'ba A, 383—384 = Vordingborg
Nardi äberg A0 383—384 = Vording-
borg.
Nardi amb'g Aß 383—384 = Vording-
borg.
Nardj ambug-u B, 383—384 = Vor-
dingborg.
Nascö A3 131 = Vadstena oder Vexiö.
Nascola A, 132 = Vadstena oder Vexiö.
Nascila B., 131 = Vadstena oder Vexiö.
Nascon AB 131 = Vadstena oder Vexiö.
Nasconla B2 131 = Vadstena oder Vexiö.
Nedrosia N 216, W 241 = Trondbjem
(Drontheim).
*Nehü A4 262 = New.
*Nerf AP, 246 = Meer.
Nestned A4 382 = Nsestved.
Nestrad A 382 •= Nujstvcd.
Nestued W 453, AB 382 = Nsestved.
Nestuedh N 126 = Nyestved.
*Neü A 262 = New.
*Neum AB 262 = New.
*New W 328—329.
*Nha A 261 = Naa.
Niban B 345 = Nyborg. .
Nibar A 345 = Nyborg.
Nibas An 345 = Nyborg.
Niborg N 40 = Nyborg.
*Nice A 250 = Nidefildli.
Nidaroä = Trondhjem (Drontheim).
"Nidefildh W 316.
Nidrosia n 40 = Trondhjem (Dront-
heim).
Nisbu Aß 400 = Visby.
Nisbus A, 400 •= Visby.
*Nite A 250 = Nidefildh.
"Nocialch A„ 421 =; Uonchiadh.
*Noder A4 282 = Nadher.
Nodrosia AB 197 = Trondhjem (Dront-
heim).
Nogarden A 105 = Novgorod.
Nogardia A 105 = Novgorod.
•Noleber A 422 = Tyalder.
Norbega W 210 = Norge (Norwegen).
Norbegia W 204, AB 171 = Norge
(Norwegen).
Norberg 124 (N 188), 162—163, n 17.
Nordbotten 54, 56, 61, 89, 126 (N 221),
139 (W 120), 143 (W 256), 147 (W 376).
n 54.
Nord-Friesland 55, 83, 133 (W 18),
AB 13, ß 7.
Nordhenbodhn W 256—257 = Nord-
botten.
Nordhinbodnen W 376 = Nordbotten.
Nordhindh Bondh n 54 = Nordbotten.
Nordhin anni n 37 = Norweger (s. Norge).
*Nordh um W 322.
Nordinckbednd N 221 = Nordbotten.
Nordsee 107 (N 10), AB 430—431.
263
Norenboilhn W 120 — Nordbotten.
Borge (Norwegen) 37, 40—41, 49,
52—54, 57, 60 61, 65, 66, 70, 1)0- 95,
OD — 101), 114 (N 81), 121 (N 145),
122 (N 160), 125-12!» (N 203—278),
142—144 (W 204—285), 147 (W 372),
159, 164, 169—172, 182—183, 184—
185, 187—194, 213-214, 245, 247,
250—251, AB 171, n 36—37.
Noruegia N 81, 203—204, W 283 =
Norge (Norwegen).
Noruegica Regio n 36—37 = Norge
(Norwegen).
Norvegia A, 171 = Norge (Norwegen).
Norwegen = Norge.
Norwegia B, 171 = Norge (Norwegen).
*Notiaich A, 421 = Uoncliiadh.
Novgorod 123 (N 184). 168, AB 100, 105.
Nuarus A, 53 ■= Viadus.
'Nudrü AR 257 = Nordh um.
"Nurdü AB 257 = Nordh um.
"Nurdum A, 257 = Nordh um.
Nyboro- Hl (N 40), 140 (W 413). AB
345.
Nyburkh W 413 = Nyborg.
N'ärike 102.
Nai-stved 38, 119 (N 126), 150 (W 453),
AB 382.
*0aner AB 253 — „ Hawer.
Oasia A„ 124 = Ähus.
Ubenam A 388 = Kabenhavn (Kopen-
hagen).
Obename A 388 = Kubenhavn (Kopen-
hagen).
Obenamhen AG 388 = Kabenhavn (Ko-
penhagen).
Obenco Bt 28 = Aabenraa (Apenrade).
Obenraa N 25 = Aabenraa (Apenrade).
Obero B 28 = Aabenraa (Apenrade).
OberO A 28 = Aabenraa (Apenrade).
Oberon A 28 = Aabenraa (Apenrade).
Oberon A5 28 = Aabenraa (Apenrade).
Obygöir = (Ostküste und nördliche West-
küste von) Grönland.
Oeceanus congelatus Afi 214 = Eismeer.
Occeanus Deuealedonius N 206 = Atlan-
tischer Ozean.
Occeanus duecalledonius A 432 — 433 =
Atlantischer Ozean.
Occeanus Oermanicus A 430 — 431 =
Nordsee.
Occeanus Iperboreus A 434 — 435 =
Atlantischer Ozean.
Oceanus occidentalis A, 436 = Atlan-
tischer Ozean.
Occeanus Sarmaticus N 192 - - Ostsee.
Oddernses 114 (N 81—82), 115 (N 89),
125 (N 207).
Odense 57, 102, 111—112 (N 44—46),
149 (W 422—424), 170, AB 353.
Üdense Herred 112 (N 58).
Oder (vgl. Weichsel) 136 (W 81), 137
(W 88), 156, 254, A, 56, Ali (54.
ß 25, 27.
Odhenzhoa N 46 = Odense.
Odhoninghi N 58 = Odense Herred.
Odonis insula N 47 = Odense.
Odra Al 56 = Oder.
Oeret ß 11 [eigt. Salinge-Oeret] = Sal-
ling (Halbinsel).
Ott'ladena Afi 106 = Upplandene.
Offlandena Ai 106 = Upplandene.
Oflädena 1!, 106 = Upplandene.
üllandena AI! 106 = Upplandene.
Ohdhonis insula N 44 — 45 = Fyen
(Fünen).
Oland A, 125 = Öland.
Olandt A, 125 = Öland.
Olant AB 125 = Öland.
Olanth AB 125 = Öland.
Olaui uilla N 92 = Sarpsborg.
'Olegerech B2 409 = Salecragh.
Olfacia AB 11—12 = Holstein.
Ols A 323 = Als.
Olsacia ß 7 = Holstein.
Ombero ß 15 = Aabenraa (Apenrade).
"Onane AB 402—403 = En annen.
*Onans B3 402—403 = En annen.
*0ner A5 253 = Hawer.
*Ooc W 307.
*Oos W 335, 340.
'Opetane W 474.
"Optanamon B2 200 = Apocane.
"Optea A 200 = Apocane.
*Opteä AB 180 = Apetane.
"Opteam A, 200 = Apocane.
*Optena AB 180 = Apetane.
"Optena A 200 = Apocane.
'Opteuamon B 200 = Apocane.
'Optene A, 180 = Apetane.
Orania A3 353 = Odense.
Orcadia n 58 = Orkney.
Orcama B„ 3)3 = Odense.
Orchades AB 308 = Orkney.
Orcoma AB 353 = Odense.
Urconia AB 353 = Odense.
Orkney 162, AB 308, n 58.
Ortonia A, 353 = Odense.
*Os AB 285 — 286 == Doos oder Conus.
*Os AB 272 = Oos.
Oslo 18, 97, 102, 115 (N 91), 142
(W 205), 170, AB 172, n 34.
Ostrogothi W 118.
Ostsee 56, 59, 108 (N 19), HO (N 32),
113 (N 62—63), 121 (N 150), 124
(N 192), 138 (W 118), 143 (W 258),
155—157, 163—165, 167, 192, AB 217,
424—429, ß 13.
Otfacia B, 11 = Holstein.
Otthonia W 422 = Odense.
Ottonia N 46 = Odense.
*Ouer A, 247 = Hawer.
Oues N 107, 153, n 24 = Ahns.
Ougard N 184 = Chungard? (= Nov-
gorod oder Kiev?).
Our , 151 (W 463).
Oxilia AB 97 = Ösel.
Oxa-nes W 451 = £xnces.
'Pacta A4 404—405 = Opetane.
Tarta A 404- 405 = Opetane.
Tarten A„ 405 = Opetane.
Peansea ß 31 = Danzig.
Pheonia N 33, W 49, 396, u 65 =
Fyen (Fünen).
Phrygia ß 7 = Nord-Friesland.
Pigmei W 276, n 48 =. Pigmäen.
Pigmäen 14, 53, 144 (W 276), 193—194,
245, n 48.
Pilappelanth B 218 = Wildlappenland.
Pillapeland A,. 218 = Wildlappenland.
Pillapelant A, 218 = Wildlappenland.
Pillapelanth A3 218 = Wildlappenland.
Pillappelanth A 218 = Wildlappen-
land.
Ploen A, 36 = Plön.
Ploena A 36 — Plön.
Ploene A,. 36 — Plön.
Plön 66, 97, 98, 110 (N 29), 135 (W 60),
162—163, AB 36.
Pläne N 29 = Plön.
Plonra AB 36 = Plön.
Plora B, 36 = Plön.
Pbne W 60 = Plön.
Pomaria n 11, ß 29 = Pommern.
Pomeraia A 67 — 68 = Pommern.
Pomeramia A 60 — 68 = Pommern.
Pomerania A3 60 = Pommern.
Pomeria W 89. A 60—68 = Pommern.
Pommern 137 (W 89), AB 60—68, n 1 1,
ß 29.
*Porta B, 404—405 = Opetane.
"Porti B 404—405 = Opetane.
Postepidiü A, 300.
PreuCen 3, 5, 49, 55, 68, 13?— 138
(W 93—102), AB 70—74, 85—89.
n 12, ß 29, 32.
Proalea ß 35 = Reval.
Pruscia W 93, A, 72 = Preußen (Land).
Prusia ß 29, 32 = Preul.ien (Land).
Prussia AB 70—71, 85—89 = Preußen
(Land).
Pruteni n 12 = Preußen (Volk).
Quietum mare n 52 =? Eismeer.
Raabjserg Miler 133 (W 21), 254. AB 16.
ß 9.
*Ramefak A, 423 = Tyanesaldh.
Ras 122 (N 169).
Rascil A, 390 = Roskilde.
Rastil AB 390 = Roskilde.
Rebanes W 76 = Ribnitz.
Rebene ß 23 = Ribnitz.
Rebenes AB 50 = Ribnitz.
Regnum Danorum W 150 = Da n mark
(Dänemark).
Regnum Sclauorum W 71 = Sclaui.
Repuns 10 J, 167, AB 184 = ?
Reualea A 101 = Reval.
Reval 168, 254, AB 101, ß 35.
*Reyndh W 358.
Rhipaei Montes 162, AB 81.
Ribe (Ripen) 97, 98, 102, 108 (X 13),
133 (W 19), 254, AB 14, n 5, ß 9.
Ribnitz 99, 136 (W 76), 156, 163, AB 50,
ß 23. .
Riffei montes A 81 = Rhipaei montes.
Riga 163, 168, 254, AB 98, ß 33.
Ripe ß 9 = Ribe (Ripen).
Ripen = Ribe (Ripen).
Riphaei montes = Rhipaei montes.
Ripis N 13, W 19, n 5 = Ribe (Ripen).
Robierghhede [zu korrigieren in Ko-
bierghhede ?] W 21 = Raabjserg-
knude, Raabjajrg Miler oder Kol-
bergerheide.
Roden = Roslagen.
Roderim A, 108 = Roslagen (Roden).
Roderin AB 108 = Roslagen (Roden).
Roderine A4 108 = Roslagen (Roden).
Rorsur AB 379 = Kors^r.
Roscoek B, 49 = Rostock.
Roskilde 57, 99, 102, 119 (N 133), 151
(W 462), AB 390.
Roskildh N 133 = Roskilde.
Roskildis W 462 = Roskilde.
Roslagen (Roden) 168, AB 108.
264
Rostoche ß 21 = Rostock.
Rostock 136 (W 75), 156, 163, AB 49.
ß 21.
Rostokh W 75 = Rostock.
Rubjan-ghede [zu korrigieren in Ko-
bjeerghedey] 133 (W21), 254, Aß 16,
ß 9.
Riibjsergknude 133 (W 21), 254-, AB 16,
ß 9.
Rubon W 92, A 69 = Rudon.
Rudon 137 (W 92), 155, AB 69, ß 30.
Rügen 136 (W82), 167—168, AB 58,
n 10.
•Rumefack A0 423 = Tyanesaldh.
•Rumefalck A 423 = Tyanesaldh.
•Ruinefalk B 423 = Tyanesaldh.
'Rumfalch A4 423 = Tyanesaldh.
"Runefalch A3 423 >= Tyanesaldh.
Rupis AB 14 = Ribe (Ripen).
Rura AB 58 = Rügen.
Ruron A 58 = Rügen.
Rußland 49, 130 (N 288), 162, 172,
187—189, 245, AB 76.
Ruya A 58 = Rügen.
Ryen W 82 = Rügen.
Ryland n 10 = Rügen.
Sabulosus pontus AB 426 — 427 = Ostsee.
*Sadi AB 259 = Sandhin.
St. Uist AB 299.
*Salecragh W 477.
Salinga N 51 = Sallinge (Dorf).
Salinge hert AB 17 = Salling (Halb-
insel).
Salingehceret W 25 — Salling (Halbinsel).
Salinge-Oeret ß 10—11 = Salling (Halb-
insel).
Salingh W 429 = Sallinge (Dorf).
Salinghesusel N 15 = Salling (Halb-
insel).
Salinghi N 50 = Salling Herred (Fyen).
Salling Herred (Fyen) 112 (N 50).
Salling (Halbinsel) 98, 108 (N 15), 134
(W 25), 254, AB 17, ß 10—11.
Sallinge (Dorf) 99, 112 (N 51), 149
(W 429—432).
"Sancolder W 485.
•Sandhin W 326.
*Sansols A, 417 = Sancolder.
*Sarlecrogh W 251.
Sarmatia AB 76 = Rußland.
Sarmaticus occeanus N 150 = Ostsee.
Sarpsborg 97, 100, 115 (N 92), 142
(W 211), AB 177.
Saspres At 334 - Assens.
Saxonü insule 157, A 9 = Helgoland.
Scalotensis N 251, W 359 = Skälholt.
Scandiae insulae 157 — 158.
Scane A„ 21 = Skagen.
Scania N 97, AB 141 — 142 = Skäne
(Schonen).
Scaningi n 27 = Skäningar (s. Skäne).
Scanok A, 149 <= Skanör.
Scarse lacus Ae 135 = Venem.
Scaue AB 21 = Skagen.
Scauen AB 21 •= Skagen.
Scauer B3 21 = Skagen.
Scenig A4 130 = Skeninge.
Scemg AB 130 = Skeninge.
Scening A, 130 = Skeninge.
Schleswig = Slesvig.
Schokalna B 116 = Stockholm.
Schokalnaga AB 116 = Stockholm.
Schonen = Skäne.
Schottland = Scotland.
Schrese lacus AB 136 — 137 = Venern.
Schweden = Sverige.
Sclaui 3, 5, 136 (W 71), n 9.
Scletfenic A„ 32 = Slesvig (Schleswig).
Sclenenic A, 32 — Slesvig (Schleswig).
Sclesta AB 32 - Slesvig (Schleswig).
Scocalnaga A 116 = Stockholm.
Scokol lacus B 138 = Mälaren.
Scotia n 60 = Scotland (Schottland).
Scotland n 60.
Scouen A4 21 = Skagen.
Screse lacus AB 135—137 = Venern.
'Seche AB 203 - Segh.
•Seder B, 256 = Feyde.
Seeland W 447 = Sjselland (Seeland).
*Seg AB 408 = Segh.
•Seger W 484.
*Segh W 250, 476.
*Segur B 416 = Seger.
\Segur AB 416 = Seger.
Selanda Ba 376 = Sjselland (Seeland).
"Selecros B, 204 = Sarlecrogh.
*Selectos B2 204 = Sarlecrogh.
•Selectros B, 204 = Sarlecrogh.
'Seletrog A„ 204 = Sarlecrogh.
*Seletros A 204 = Sarlecrogh.
Sellandia N 121 = Sjselland (Seeland).
Sensor A, 90 = Chesinus.
Seres N 291 = Chinesen (s. China).
Seres Indie W 296 •= China.
Serese lacus ß3 135 == Venern.
Serlefauiche ß 15 = Slesvig (Schleswig).
Sersus A„ 90 = Chesinus.
*Seta AB 123 = -Ssethe aa.
Shetland 162, AB 310.
Sianock B3 149 = Skanör.
Siauen Acrone [d. h, prom.] ß 12 =
Skagen.
Siclanda B2 376 = Sjaeland (Seeland).
Sieholm B 374 <= Soholm.
Sieholn AB 374 = Saholm.
Sielädia AB 376 = Sjselland (Seeland).
Sielandia AB 376 = Sjselland (Seeland).
Sigtuna 102.
Silandia A 376 = Sjselland (Seeland).
Simrishamn 66, 97', 115 (N 93), 141
(W 191), 164, AB 167.
'Sinstar B2 169 = Ferste aa.
Sioholm N 96, A 374.
Sirseb*r B, 31 = Flensborg (Flensburg).
Sirsebor B 31 = Flensborg (Flensburg).
Sjselland (Seeland) 37, 56, 118—120
(N 121—136), 150—151 (W 447—467),
158, 183, AB 376, n 66.
Skäne (Schonen) 37, 56, 69, 99, 107
(N 4—5), 115—117 (N 97—115), 140—
141 (W 150—184), 183, 252, AB 141,
n 27.
Skagen 38, 55, 97, 98, 108 (N 16), 134
(W 34), 170, AB 21, ß 12.
Skälholt 32, 73—74, 128 (N 251), 146
(W 359), AB 291—292.
Skandinauia N 5 = Skäne (Schonen).
Skandinia N 4 = Skäne.
Skania M 4 = Skäne.
Skanor N 103, n 30 = Skanör.
Skanör 117 (N 103), 140 (W 161), 208,
AB 149, n 30.
Skaneer W 161 = Skanör.
Skara 37, 66. 97, 102, 123 (N 180), 139
(W 138), AB 120.
Skare N 180 = Skara.
Skarensis W 138 = Skara.
Skauen W 34 = Skagen.
Skeninge 40, 123 (N 185), 162—163,
166, 214, AB 130, n 21.
Skoghinghi N 57 = Skovby Herred.
Skovby Herred 112 (N 57).
Slagelse 32, 118 (N 124), 151 (W 467),
AB 395—396.
Slaghlosia N 124 = Slagelse.
Slaglo A 396 = Slagelse.
Slaglosia W 467 = Slagelse.
Slaui n 9 = Sclaui.
Slelöck A4 291—292 = Skälholt.
Slelon B, 291—292 = Skälholt.
Slelönik B, 291—292 = Skälholt.
Slelonsk B2 291—292 = Skälholt.
Slesuig n 8 = Slesvig (Schleswig).
Slesuigh N 27, W 56 = Slesvig (Schles-
wig)
Slesvig (Schleswig) 18, 102, 109 (N 27),
135 (W 56), 254, AB 32, n 8, ß 15.
'Snistar A 169 = Ferste aa.
•Sol A3 289 = Soolh.
•Solis Ä, 289 = Soolh.
Somerzhaun N 93 = Simrishamn.
•Soolh W 357.
Soriensis AB 120 = Skara.
Soriesis AB 120 = Skara.
Sora 5, 120 (N 134), 200.
*Spic A, 242 = Spieldehbedh.
•Spichbod' AB 242 = Spieldehbedh.
•Spieldehbedh W 308.
Sproga 113 (N 71), 150 (W 439).
Sproue N 71, W 439 = Sproge.
Stacalnagav A3 116 = Stockholm.
*Stäge A, 276 = Stongen yys.
*Stägenis Afi 276 = Stongen yys.
Stalbergi N 188, n 17 = Norberg?
Stalodin A? 291—292 = Skälholt.
Stanägetesis ? A3 188 = Stavanger.
•Stange A5 276 = Stongen yys.
Stanoch A3 149 = Skanör.
Stanock AB 149 = Skanör.
Starcoteris Promontorium N 81 — 82 =
Oddernses.
Stauägecensis A 188 =; Stavanger.
Stauagecesis A2 188 — Stavanger.
Stauäger n 38 = Stavanger.
Stauägeresis AB 188 = Stavanger.
Stanägetesis B2 188 = Stavanger.
Stauanger N 211, W 226 = Stavanger.
Stauargetensis B3 188 = Stavanger.
Stavanger 37, 125 (N 211), 142 (W 226),
159, 170, Aß 188, n 38.
Steloch A 291—292 = Skälholt.
Stelöck A5 291—292 = Skälholt.
Stelonck A3 291—292 = Skälholt.
Stelstk A2 291—292 = Skälholt.
Stetin B 59 = Stettin.
Stetina A, 59 = Stettin.
Stettin 166, AB 59.
Sthokolm W 132 = Stockholm.
Sthrese lacus A3 137 = Venern.
Stige 99, 149 (W 421).
Stochol lacus A4 138 = Mälaren.
Stockholm 40, 56, 123 (N 185), 139
(W 132), 162—163, 166, 170, AB 116,
n 20. '
Stockol lacus B, 138 = Mälaren.
Stocol lacus AB 138 = Mälaren.
Stokalm Al 116 = Stockholm.
205
Stokalmti mangna A„ 116—117 = Stock-
holm.
Stokholin n 20 = Stockholm.
Stokol lacus A 138 = Mälaren.
*Stongen yys W 344.
Storebrelt (Grofier Belt) n 64.
Stralsund 70, 136 (W 79—80), 155—156,
163, 254, AB 55, ß 23.
Strengenes N 155, 183 = Strengnäs.
Strengnäs 98, 102, 121 (N 155), 123
(N 183).
Suanus A, 52 = Sueuus.
Sudercoblg AB 134 = Söilerköping.
Sudercobing AB 134 = Söderköping.
Suecia N 85, 143, A3 109 = Sverige
(Schweden).
Suenus A 1 = Ems.
Snenus A 52 = Sueuus.
Suessia N 141 = Sverige (Schweden).
Suetia AB 109 = Sverige (Schweden).
Suetica regio n 13 = Sverige (Schweden).
Sueuo ß 21 = Sueuus.
Sueuus 156, 162, A 52, ß 21.
Suinborg N 41 = Svendborg.
Suinborkh W 410 = Svendborg.
Sumersan A„ 167 — Simrishamn.
Sumershaun W 229 =. Mosterhavn oder
Sumershavn.
Sumershavn 7 — 8, 128 (N 258), 142
(W 229).
Summershann N 258 = Mosterhavn oder
Sumershavn.
Sumorsä AR 167 ■= Simrishamn.
Sumorsan AB 167 = Simrishamn.
Sumorsta A2 167 = Simrishamn.
Suintors B, 343 = Svendborg.
Sundi magna ß 23 = Stralsund.
Sundis VV 79—80 = Stralsund.
'Sunstar AB 169 = Ferste aa.
Suntor A, 343 = Svendborg.
*Surso ß 33 = Ferste aa.
Sütor A 343 Svendborg.
Sütors B 343 = Svendborg.
Sutos A 343 = Svendborg.
Suuor N 134 = Sora.
Svalbarüi 184—185, 188.
Svendborg 97, 98, 111 (N 41), 148 (W410),
AB 343.
Svendshoved 148 (W 409).
Sverige (Schweden) 37. 40, 49, 56, 60,
66, 68, 70, 95—96, 102, 114 (N 85),
117 (N 108), 121—125 (N 141—202),
138—140 (W 116 — 149), 164, 183,
187—188, 193, 213—214, 247, 252,
AB 109—110, n 13.
Svetia Al 109 = Sverige (Schweden).
Swecia AR 109 = Sverige (Schweden).
Swinshouedh W 409 = Svendshoved.
*Synt W 339.
Syoholm W 446 = S^holm.
*Ssethe aa W 144.
„Södergötland" = Sendergeding.
Söderköping 40, 166, AB 134.
Södermanland 102.
Seholm 115 (N 96), 150 (W 446), AB
374.
Semershaun W 191 = Simrishamn.
Sendergedhin W 135 — Sandergeding.
Sendergeding 56, 60, 95—96, 102, 139
(W 135), AB 118-119.
Taarnborg 74, 150 (W 449), AB 378.
Taasinge 68, 113 (E 67), 149 (W 434).
•Tarroner W 480.
*Tater A, 418 = Tolleyr.
Tauga A 387 = Kege.
Tauger A, 387 = Kege.
Tenebrosum mare n 53 = Eismeer.
*Terd A, 290 = Reyndh.
*Terefer AB 412 = Tarroner.
"Tereser A3 412 = Tarroner.
"Termo B2 207 = Tarroner.
*Termon H, 207 <= Tarroner.
*Termor AB 207 = Tarroner.
Teufelsgebirge (Troldbjajrgene) 99—100,
143 (W 235), 246—247.
Thasind W 434 = Taasinge.
Thasindh N 67 = Taasinge.
*Ther AB 231 = Thser.
Thicumersorn A, 10 = Dithmarschen.
Thicumesorn A3 10 = Dithmarschen.
Thite A 311 = Thüle.
*Thion A 209—210 = Tier.
*Thir A 275 = Tür.
Thirie A5 296 = Tiree.
Thitmersken W 16 = Dithmarschen.
Thitumersorem A, 10 = Dithmarschen.
Thitumersorn A- 10 = Dithmarschen.
Tholr A2 39 = Kiel.
*Thoos W 341.
Thorl A 39 = Kiel.
Thorn 138 (W 97), 168, A 83.
Thornborgh W 449 = Taarnborg.
'Thredie aa W 111.
Thüle 14, 49, 54, 59, 69, 102, 147
(W 372—375), 158—159, 167, 172—
173, AB 311.
Thuron A3 83 = Thorn.
Thyle B 311 = Thüle.
*Thyr A, 275 = Tür.
*Th£er W 301.
*Tiar A 413 = Tier.
Tiauon ß 17 = Trave.
*Tiem A, 210 = Tier.
"Tier W 482.
*Tiir W 343.
*Tion B 209—210 = Tier.
*Tior AB 413 = Tier.
*Tir A 275 = Tür.
"Tirchos BL 273—275 = Tür und Thoos.
Tiree AB 296.
Tirhos B 273—275 = Tür und Thoos.
Tirie AB 296 •= Tiree.
Titumesere ß 5 = Dithmarschen.
Tiundaland 102.
Tjust 102.
Tolesing A3 378 = Taarnborg.
"Tolleyr W 486.
*Tomenter B, 206 = Comenter.
"Tometer AB 206 = Comenter.
*Tor*ner A6 412 = Tarroner.
*Torouer A, 412 = Tarroner.
Torsur A, 379 = Korser.
Touga AB 387 = Kege.
Traue B, 41 = Trave.
Trauen AB 41 = Trave.
Traueno AR 41 = Trave.
Traun N 31, W 65 = Trave.
Trave 110 (N 31), 135 (W 65), 161,
170, AB 41, ß 17.
Tred AB 317 = Trindel.
"Tredeiea ß 37 = Tredie aa.
•Tredie B, 104 = Tredie aa.
"Trediena A 104, B, 114 = Tredie aa.
"Trediera AB 114 =; Tredie aa.
Trendel N 118, W 385 = Trindel.
Trindel 118 (N 118), 147 (W 385), AB 317.
"Trodia AB 164 = Tredie aa.
"Trodiena AB 104 = Tredie aa.
'Trogere B3 205 = Crogere.
"Trogero B2 205 == Crogere.
Trollenbyerrene W 235 = Teufelsgebirge.
Trondhjem (Drontheim) 37, 53, 79, 98,
102, 126 (N 216), 129 (N 264), 143
(W 241), 144 (W278), 169—172. L85,
214, 245, 247, AB 197, n 40.
*Trui A3 245 = Heyde.
Truntheym N 264 = Trondhjem (Dront-
heim).
Trunthheim W 241 = Trondhjem (Dront-
heim).
Tumebor AB 178 = Tensberg.
Tuna 102.
Tunsberg W 211, n 35 = Tensberg.
Tunsbergh N 117 = Tensberg.
Tunutis ort A, 159—160 = Knudshoved
(Hailand).
Turie A6 296 = Tiree.
Taron A 83 = Thorn.
Turon A 84 = Turuntus.
Turonitus A 84 = Turuntus.
Turuncus W 97 = Turuntus.
Turunto ß 31 = Turuntus.
Turuntus 13/ (W 97), 155, A 84, ß 31.
"Tyalder W 490.
*Tyanesaldh W 491.
Tyle W 372 = Thüle.
Tyrie A4 296 = Tiree.
Tensberg 69, 97, 98, 100, 118 (N 117),
142 (W 211), AB 179, n 35.
Uascon AB 131 = Vadstena oder Vexiö.
Uechclis AB 26 = Vejle.
üeist A 299 = St. üist.
Uena lacüs AB 140 = Mälaren und Vettern.
Uendesusel N 14, AG 20 = Vendsyssel.
Uentelant A4 313 = Jemtland.
Uenthelant B 313 = Jemtland.
Uenthelanth A 313 = Jemtland.
Uestgedhengh W 116 = VesterCT0ding.
Uethelis B2 26 = Vejle.
Uethlis W 45 = Vejle.
Uiadrus A2 53 = Viadus.
Uiadus A 53 = Viadus.
Uiagarest' A., 221 = Magere ? ?
Uibar A2 345 = Nyborg.
Uiberg AB 22 = Viborg (Jylland).
Uiburgh N 21 = Viborg (Jylland).
"üicen AR 181 = Uitu.
»üictir B, 201 = üithu.
*üictu A"201 = Uithu.
Uindesusel AB 20 — Vendsyssel.
*Uirfeg B2 415 = Masegh.
Uirona AB 103 = Wirland (?).
*Uirse A3 415 = Masegh.
"Uirsech AB 213 = Ynesegh.
"Uirsect Ba 213 = Ynesegh.
*Uirseg AB 415 = Masegh.
"Uirseg A„ 213 = Ynesegh.
"Uirseh B2 213 = Ynesegh.
Uisbu AB 400 = Visby.
Uisburg B 400 = Visby.
Uismaria W 74, AB 47 = Wismar.
Uisurgus AB 2 = Weser.
*üithu W 248, 475.
*Uitir B 201 = Uithu.
*Uitu W 217.
•Uiuer W 488.
•Ulta B2 407 = Wultu.
266
Ungardia AB 100 = Chilngard? (Nov-
gorod oder Kiev?).
*Unta AB 181 = Uitu.
•Uoleber B 422 = Tyalder.
"Uonchiadh W 48;).
Upplandene 34-35, 108, AB 106.
Uppsala 37, 56, 60, 123 (N 179), 168,
215, AB 128.
Urenes W 463 = Onr.iimW
Ussalia AB 128 = Uppsala.
"üulta AB 407 = Wultu.
•üultii B 202 = Wultu.
•üultu A 202 = Wultu.
Vadstena 41, 43, 60, 123 (N 185), 162
163, 166, AB 131, u 22.
Vardhinborgh W 454 = Vordingborg.
Vardhihgliburgh N 127 = Vordingborg.
Vardahus 248—249.
Varna W 206 = Vormen oder Vserne.
Vasion A, 131 = Vadstena oder Vexiö.
Vason A„ 131 = Vadstena oder Vexiö.
Vechelai 'ß 15 = Vejle.
Vechelis A„ 26 = Vejle.
Vedhlis N 24 = Vejle.
Veenskon n 62 = Grenen.
Veist AB 299 = St. Uist,
Vejle 39. 109 (N 24), 134 (W 45), AB 26,
a 15.
Vendesisel W 30 = Vendsyssel.
Vendesuse ß 11 = Vendsyssel.
Vendhenskaun N 119 = Grenen.
Vends Herred 112 (N 48).
Vendsyssel 18, 32-33, 39, 55, 97—98, ß 11 •
108 (N 14), 134 (W 30), 161, AB 20,
Vene lacus A„ 140 = Malaien und Vettern.
Venediei montes 162, A, 77 — 78.
Venedicj montes A, 78 = Venediei montes.
Venefiei montes A, 77 = Venediei montes.
Venern 122 (N 175), 142 (W 208), 166,
168, AB 136—137.
Ventheland A, 313 = Jemtland.
Ventheland A„ 313 = Jemtland.
Venthelant B2 313 = Jemtland.
Venthelanth A„ 313 = Jemtland.
Verhelis A, 26 = Vejle.
Vermelaudi n 43 = Verniländmgar (s.
Vermland).
Vermelant AB 314 = Vermland.
Vermelanth A„ 314 = Vermland.
Vermenlandh W 378 = Vermland.
Vermland 54, 60. 102, 147 (W 378),
188, AB 314, n 43.
Verson N 185 = Vexiö oder' Vadstena.
Vesgv:de N 182 = Vestgötav (s. Vester-
götland). i
Vestergeding 56, 60, 95, 138 (W 116)
AB 109—110, n 18.
Vestergötiand 56, 60, 102, 123 (N 182),
124 (N 190), AB 109—110, n 18.
VesteriU 37, 66, 68, 97, 102, 122 (N 156),
139 (W 124), Aß 112, n 19.
Vestgöti N 190, n 18 = Vestgötar (s.
Vestergötland).
Vesthaf n 56 = Atlantischor O'/can.
Vestmanland 102.
Vettern 122 (N 173-174), 162-163,
AB 138-140-
Vexiö 123 (N 185), 164-165, Ab 131.
Vfsalia A, 128 = Uppsala.
Viado ß 21 = Viadus.
Viadrus A„ 53 = Viadus.
Viadus 156, 162, A 53, ß 21.
Viagarest A„ 221 = Magere??
"Vjater A, 181 = Uitu.
Vil.ard A, 345 = Nyborg.
Viberg A 22 = Viborg (Jylland).
Vibor N 157 = Viborg (Finland).
Viborg (Finland) 122 (N 167)-'
Vibor« (Jylland) 40, 55, 102, 109 (N 21),
134^ (W 37), 254, AB 22, n 6, ß 13.
Viborgo ß 13 = Viborg (Jylland).
Viburg W 37 = Viborg (Jylland).
•Vietu An 201 = Uitliu.
Vindinge (Dorf) 112 (N 54), 132 (W
2—3), 198—199.
Vindinge (Landschaft) 112 (N 49).
Viningh N 54 = Vindinge (Dorf).
Vinland 187—188, 190—191-
Vinnineh W 2—3 = Vindinge (Dort ?).
Vinninghi N 49 = Vindinge (Landschaft).
Virona AB 103 = Wirland (?)
Visbu N 193,. W 471 = Visby.
Visby 34, 50, 57, 60, 124 (N 193), 151
(W 471), 170, AB 400.
Visingh lacus N 173 = Vettern.
Visino-sö (Vettern) 122 (N 173 — 174),
162-163, AB 138—140.
Vismaria A„ 47 = Wismar.
Vismuria ß 19 = Wismar.
Vistula ß 25, 27 = Weichsel (vgl. Oder).
Visurgo ß 1 = Weser.
Visurgus A„ 2 = Weser.
Vngardia AB 100 = Chungard ? (= Kiev
oder Novgorod?).
Vnipedes n 49 = Einfüliler.
Vone fluvius W 208, A„ 175 = Götaelf.
Vone lacus N 175 = Venern.
Vordingborg 74, 119 (N 127), 150 (W 454),
AB 383—384.
Viirend 102.
Vserne 142 (W 206).
Vormen 142 (W 206).
Vpsale N 179 = Uppsala.
Vsalia A„ 128 = Uppsala.
Vuenzellinghi N 48 = Vends Herred.
*Vy A, 238 = lj.
"Waräger 7, 42.
Wasten n 22 = Vadstena.
Weichsel (vgl. Oder) 156, 162, AB 56
64, ß 25, 27.
Wermelant A4 314 = Vermland.
Wormelanth A 314 - Vermland.
Weser 162, AB 2, ß 1.
Wiburg n 6 = Viborg (Jylland).
Wildlilappelädi n 46 = Wildlappen-
(land).
Wildlappenland 14, 26, 51, 53, 60, 61,
64—65, 124 (N 189), 144 (W 263-
280), 147 (W 377), 162—163, 167,
194, 245, Aß 218, n 15, 46.
Wildlappmanni W 272 = Wildlappen-
land.
Wirland 168, AB 103.
Wismar 136 (W 74), 163, AB 47, ß 19.
*Wr W 361.
'Wultu W 249.
*Y B 237 = Ij.
*Yc A„ 237 = Ij.
♦Ygi A2 237 = lj.
"Yhi A, 237 = lj.
*Yi A5 237 = Ij.
Ynesegh W 255.
Yona fluvius AB 175 = Götaelf.
Yona lacus AB 135—137 = Venen,.
Yslandia W 338, 364—366 = Island.
Ystad 39, 50, 56, 6!), 99, 117 (N 106),
121 (N 151), 140 (W 158), 208. AB
'. 147, n 29.
Ystedh N 151, n 29 = Ystad.
Ysthede W 158 = "Ystad.
Ysthedh N 106 = Ystad.
*Yys W 356.
gflandena (Druckfehler für Oflandena)
B„ 106 = Upplandene.
Üland 124 (N 195), 140 (W 148), 188,.
AB 125, n 68.
01and N 195 = Öland.
eiandh n 68 = Üland.
01andia W 148 = Oland.
0reson n 63 = 0resund.
0resund 116 (N 99), 118 (N 122). 140
(W 163), 182—183, n 63.
0resundh N 99 =■ 0resund.
0resvndh N 122 = 0resund.
Ösel 69, 138 (W 115), 167, AB 97.
0stergh0dhengh W 104.
Mstergv.ding 55, 95, 13S (W 104), AB 95.
Östergötland 55.
0xnces 150 (W 451).
FACSIMILE DER NORDLANDSKARTE IM COD. MAGLIAB. XIII. 16.
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NB. DIE SCHRIFT FREI NACH DEM ORIGINAL WIEDERGEGEBEN.
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F. Hendriksens Repr. Atelier.
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•Ostia,
Passus
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19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 3/ 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43
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F. Hendriksens Repr. Atelier.
KARTE, KONSTRUIERT NACH DEM NANZIGER TEXT. taeel 3
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F. Hendriksens Repr. Atelier.
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