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Full text of "Der Ersatz der Religion durch Vollkommeneres, und die Ausscheidung alles Judäerthums durch den ..."

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I 



Der 



Ersatz der Religion 



durch Vollkommeneres 



und die 



Ausscheidung alles Judäerthums 



durch den modernen Völkergeist. 



Von 



Dr. E. Dühring. 



Zweite neubearbekete Auflage. 



— >*•• 



Berlin. 
Verlag von P. Kufahl^ 

Koch-Strasae 10. 

1897. 






— Alle Rechte vorbehalten. — 



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^--2968 



Vorwort. 

Die vorliegende Schrift ist nicht blos für die höchsten Bildungs- 
schichten, sondern für Jedermann bestimmt, der dem Durch- 
einandertreiben heutiger Meinungen und Meinungslosigkeiten einen 
festen Anhalt vorzuziehen gewillt ist. Steht ihm auch weniger 
landläufige Bildung zur Verfügung, so wird er sich dennoch von 
dem Gehalt des Buchs Vielerlei aneignen und sich von der Un- 
sicherheit freimachen können, mit deren Element er sich heute 
Allerorten umspült findet. Auch würde dies Buch seinen Beruf 
schlecht erfüllen, wenn es blos dazu da wäre, auf die zu wirken, 
welche es lesen. Die Leser der verschiedensten Stände und 
Schichten sollen vielmehr daraus die Veranlassung nehmen, die 
Gedanken selbständig weiterzutragen und den gemeinverständ- 
lichsten Theil davon auch an Solche zu bringen, welche zu der 
Schrift selbst nicht gelangen. 

Das Ziel der Gedanken und Antriebe, welche in diesem Buch 
niedergelegt sind, reicht weit über die Schranken hinaus, in denen 
sich alle Religion bewegt hat. Es gilt einer Geisteshaltung und 
Oeistesführung, die nicht erst von einer bessern Gesellschaft und 
einer bessern Politik abhängt, sondern umgekehrt die bessere 
gesellschaftliche und politische Organisation erst möglich macht. 
In Rücksicht auf das Wegschaffen richtet es sich bezüglich des 
hier entscheidenden Europa auf die Religionen, die vom Juden- 
thum abstammen, als auf Racenreligionen,, die -dem angestammten 
und edleren Naturell moderner Volker fr.ejmd:sind. Rücksichtlich 
des Schaffens nimmt es seine Ai^satzpunktV im Verstand und 
Gemüth neuerer Völker, insbesondere ^ucli germanischer und 
nordischer. Es will keine gestiftete Religion, im Sinne der aus- 
schliesslichen Stiftung durch die Willkür eines Einzelnen, eine 
Stiftung etwa, wie sie bei den Hebräern im Mosaismus und 
Christenthum, bei andern Semiten im Muhamedanismus und wie 
sie überhaupt bei unfreien asiatischen Völkern, nicht aber bei 
Griechen und Römern und als eigne nationale Schöpfung auch 
nie bei neuern Völkern, vorhanden gewesen ist. Es hebt den 



— IV — 

echten und bessern Geist aus unserm eignen freien Völkerwesen 
empor und hält den neuern Nationen, sowie speciell den Deutschen 
einen Spiegel vor, in welchem sie ihre tiefern Anlagen unentstellt 
erblicken und nunmehr mit vollem Bewusstsein zum Compass 
nehmen können. 

Diese Hinweisung der modernen Nationen auf die eignen 
Tiefen des neuern Völkercharakters als auf die Quellen des Voll- 
kommeneren ist sicherlich ein nothwendig sachlicher und kein 
persönlich willkürlicher Ausgangspunkt. Der Person aber ist die 
Aufgabe zugefallen, im Namen des neuern Völkergeistes die 
noch schlummernden Triebe wachzurufen und mit verständlichem 
Wissen auszustatten. Die Initiative eines ausgeprägten Einzel- 
charakters ist für die Propaganda einer gerechten Seins- und 
Weltauffassung nichts Gleichgültiges, und ohne individuelle 
Organe vollzieht sich im Völkerleben Nichts, geschweige etwas 
Grosses. 

Die vorliegende Schrift hat schon eine längere Wirksamkeit 
hinter sich; sie erschien zuerst Herbst 1882. Seit mehreren 
Jahren war sie bereits vergriffen und nur noch im antiquarischen 
Buchhandel zu stark vervielfältigtem Preise gelegentlich einmal 
ausnahmsweise zu haben. Inzwischen habe ich sie wiederholt 
überarbeitet, mit meinen seitdem erschienenen Schriften durch 
Weglassungen des anderwärts weiter Ausgeführten in Beziehung 
gesetzt und den so verfügbar gewordenen Raum zu neuen Dar- 
legungen benützt. 

Schliesslich bemerke ich noch bezüglich der äusserlichen 
Einrichtung dieser Schrift, dass sie als zugehörigen Bestandtheil 
ein Verzeichniss meiner andern Schriften enthält, damit der Leser 
sich die im Text verkürzten Titelanführungen erforderlichenfalls 
ergänzen könne. Auch ist der in frühern Vorreden von mir be- 
gründeten und geübten Gewohnheit gemäss wiederum jedes 
Exemplar mit Federunterzeichnung versehen. 

Neuendorf bei Potsdam, im November 1896. 




Inhalt. 



Vorwort Seite III 

Erstes Capitel. 

Freiheit von der Religion. 

1. Thatsächliche und praktisch nächste Beschränktheit der Religionsfragen 
-der heutigen Culturvölker auf das Christenthum. Weitere Perspective auf eine 
universelle Völkerbefreiung von jeglichem religionistischen Joch. 2. Die zweite 
Seite zur modernen Religionsauflösung. 3. Schattenhaftigkeit der Religionsreste 
und zugehöriger Wendepunkt Seie 1 

Zweites Capitel. 

Selbstverwerfung des Judenthums in der Christuslehre. 

1. Vorgebliche Ergründungen des Wesens des Christenthums oder soge- 
nannte Kritiken der Christuspersönlichkeit im 19. Jahrhundert. 2. Das Christen- 
thum nur als ^ie Lehre einer potenzirten Einz*elpersönlichkeit beg^reiflich. 

3. Reformationsversuch gegen das Judenthum. 4. Sinn und Widersinn der 
Feindesliebe. 5. Jüdisches Formgepräge auch in dem das Judenwesen ver- 
werfenden Kemgehalt der Grundsätze von Christus. Schliessliche Nothwendigkeit, 
die Hypothese der Blutgemischtheit fallen zu lassen und grade in der persönlich 
Tirchristischen Lehre die eines reformatorischen Stammesjuden zu erkennen. 

Seite 15 

Drittes Capitel. 
Loslösung der modernen Völker von aller Judenüberlieferung. 

1. Abstossung alles Asiatismus. Gemischtheit des Christenthums. Huma- 
nität des neuern Völkergeistes. 2. Die Züge jüdischer Ueb erlief erung bei Dante 
4ind Tasso. 3. Milton xmd andere Proben des Einflusses der alten Judenschriften. 

4. Bemerkung zu den neusten Jahrhunderten Seite 35 



— VI — 

Viertes Capitel. 

Unverträglichkeit des jüdischen Sinnes mit dem neueren 

Völkergeist. 

1. Jüdische Verkörperung der Selbstsucht in religiöser Beurkundung. Die 
Zehn Gebote als Zeugniss für die Judeneigenschaften. 2. Entstehung des 
Monopolgottes. Racensinn der Idee vom alten wie vom neuen Bunde. Stock- 
jüdisches im neuen Testament. 3. Nationale Religion im schlechten und irrt 
guten Sinne. Deutsche Grundeigenschaften. 4. Religionsbezügliche Charakter- 
eigenschaften der alten Deutschen in Auszeichnung vor den celtischen Stämmen 
und im Gegensatz zu den Juden. Sinn der ursprünglichen Priesterlosigkeit.. 
5. Vorstellungsart in den nordischen Göttergeschichten. Sittliche Vorzüge der 
in der Religion bekundeten deutschen Weltanschauung. Unvereinbarkeit mit 
den entsprechenden Vorstellungen des Judenthums und palästinensischen Christen- 
thums. 6. Nationaler Sinn des Gothischen der kirchlichen Bauwerke. Ent- 
sprechende Erhabenheit des Germanischen über die Artung des christlichen 
Hauptgebots. Mangel eines Begriffs des Guten bei der Judenrace durch Spinozas: 
Lehre bestätigt. 7. Gesteigertes Hervortreten der vollen Menschheitswidrigkeit 
der Judentriebe bei Zurücktreten des rohem Aberglaubens. Oekonomische und 
literarische Verjudung. Rolle eines schöpferischen Selbstb^wusstseins der mo- 
dernen Völker Seite 51 

Fünftes Capitel. 
Surrogate und Abschaffung der Religion. 

1. Rolle des Epikureismus und Stoicismus im Alterthum. Mangel an 
socialer Allgemeinheit. Beschränktheit auf individuelle praktische Lebenszwecke. 
2. Unnachhaltigkeit der blos mit der Befreiimg vom Aberglauben verbundenen 
Genugthuung. Unzulänglichkeit auch der tiefern alten Philosophie zu einer 
positiven Schöpfung und zwar nicht blos des griechischen Nationalcharakters 
wegen. 3. Moderne Lage. Encyklopädisten. Im Gegensatz zu ihnen Rousseau. 
Reaction gegen die ReligiSnsabschaffung in der Revolution. 4. Socialpositive 
Richtung im 19. Jahrhundert. St. Simon. August Comtes Religionsentwurf als 
Anzeichen der Unzulänglichkeit der Wissenschaften. Gleichzeitige Verkennung 
der Untauglichkeit der Gelehrtenclasse und des Unwesens sogenannter Wissen- 
schaft. 5. Neuste Recepte aus dem Bereich der blasirten Verlehrtheit. Emr 
pfehlung von falschen Wissenschaftsabfällen. Demgegenüber Kennzeichnung der 
Wissenschaft als eines blossen Organs xmter der Leitung höherer Charakter- 
antriebe. Dirne Wissenschaft mit ihrer verschiedentlichen Garderobe. 6. Die 
Kunst als angebliches Religionssurrogat. Specialfrage nach der Musik. Eine 
hieher gehörige Velleität. Auch Dichtung ke'n Religionsersatz . . Seite 86 

Sechstes Capitel. 

Ursprung und Artung des Vollkommeneren. 

1. Das Hervortreten des physiologisch Vollkommeneren als allgemeine: 
Thatsache in Natur und Geschichte. Äusseres Verhältniss zum Asiatismus. 



— VII — 

Solidarität der ganzen gutgesinnten Menschheit in ihren niedern und höhern 
Typen. 2. Sonstige Grundbeziehungen der höhern Völkertypen zu den niedern. 
S.Mangel der vollen Wechselseitigkeit zwischen den Geistesarten höherer und niederer 
Racen. Degradirung des neuem Völkergeistes durch die Ansteckung von Asia- 
tismiis. 4. Freiheit als erster Grundzug in der vollkommeneren Anlage des 
Dauern Völkergeistes. Herabwürdigung durch den orientalischen Knechtssinn. 

5. Vertrauen als rN^'eiter Grundzug in markirtester Gestalt im deutschen Charakter. 

6. Gerechtigkeit imd Treue als weitere wesentliche Grundztlge im Gegensatz zu 
den religiösen Giftquellen verderblicher Racen. Initiative zur bessern Geistes- 
fdhnrng Seite 115 

Siebentes Capitel. 
Gestaltung der Hauptbegriffe. 

1. Kennzeichnung der gemeinen Religionsannahmen. Der Unsterblichkeits- 
glaube und sein gemeinster Beweggrund. Spiritismus. 2. Die gewöhnliche 
Gottesannahme. Judäischer Charakter des Gegenstandes. 3. Sittliche Eigen- 
schaften im Charakter des Weltfundaments. Uebereinstimmung der religions- 
ersetzenden Grundvorstellung und der bessern Menschenmoral. 4. Gerechtigkeit 
in der Seinsordnung. Ein Böses nicht ohne Gebundenheit und Rückwirkung 
seitens des maassgebenden Guten. 5. Fassung und Benennimgsart des Grund- 
begriffs. Grund imd Boden der Dinge. 6. Kennzeichnung des Fundaments der 
Dinge an Stelle der Gottesannahme, 7. Naturgesetzliche Specialvorsehung. 
Mitgefühl mit dem Leben ausser und nach ims. 8. Fernhaltung alles Mystisirens 
und der Selbstmystificationen der Schwäche. Betonung des Affirmativen in 
den Ersatzbegriffen Seite 148 

Achtes Capitel. 

Cultusersatz und neueres Märtyrerthum. 

1 . Stufengang im Verfall des Cultus. 2. Zäher Cultus des Judencharakters. 
Liebesheuchelei. Märtyrerthum in Beziehung auf die Judenrace. 3. Zusammen- 
wirken von Charakter und Verstand im Cultusersatz modemer Völker. 4. Gestalt 
nnd Gehalt von Lehre vnd Anregung. 5. Gemeinwesen, Cultus und Kunst in 
Bezug auf natürliche Veranschaulichungsforderimgen. 6. Brücke von einer 
moralischen Weltanschauung zum echten Märtyrerthiun. 7. Sichttmg der Bestand- 
theile im Märtyrerthum. Rolle des Wahns. Lug, Trug und Phantastik als 
Elemente von semitischen Racenreligionen. 8. Die Nothwendigkeit des Märtyrer- 
thums ein Zeichen von Barbarei und Corruption. Moderne Ersatzforderung. 

Seite 189 

Neuntes Capitel. 
GeistesiÜhrung in Staat und Gesellschaft. 

1. Sinn der Wortbezeichnung des Religionsersatzes. Der Staat in zweiter 
Linie nach dem Einzelnen. 2. Das Gemeinwesen nicht auf Religion gebaut, 
aber in der Geistes führung zu vollenden. Heraussch'älung des Gemeinwesens 



— VIII — 

aus der Religion. Nothwendigkeit der Geistesführung in der religionsfreieiti 
Schule. Unmöglichkeit indifferenten Unterrichts. 3. Geistiges im Staat. Heutige 
Unzuverlässigkeit des Eides. Verwesung staatlicher Zustände. 4. Verzweigung^ 
der gesellschaftlichen Aufgaben der Geistesführung. Beschaffenheit der Gene- 
rationen nach Fleisch und Blut. Rangstellung der Erziehung. Berufsgewissen.. 
5. Verhältniss der Wirklichkeitsideale zimi Niveau der . gemeinen Antriebe.. 
Poesie im Sinne der Geistesführung. 6. Anlehnungspunkte der Umschaffung. 
Punkt des längsten Widerstandes. Einziger Ersatz für den beseitigten Jenseits- 
wahn. 7. Abschneidung neuer Religionsstiftungen. Geistesführung im Namen des 
modernen Volkercharakters. Nothwendigkeit einer Verbindung. Gestalt einer 
Berufung auf Individuelles. Probleme und Aussicht Seite 227 



Anhang. 



I. Schriften desselben Verfassers Seite 26 :J 

11. Bemerkung zum Schriftenverzeichniss über Plagiirungen der 

Neuen Grundgesetze zur Physik und Chemie ...... „ 272 



Erstes Capitel 

Freiheit von der Religion. 



1. Wird im Leben der modernen Culturvölker die Religion 
praktisch in Frage gebracht, so kann es sich um keine andere 
als um die christHche handeln. Diese reicht nämlich soweit, wie 
die thatkräftigen Völker selbst. Sie ist die herrschende in Europa 
und in Amerika. Ausnahmen von ihr haben keine Bedeutung. 
Auch die orientalischen Volk er mit ihren verschiedenen Religionen 
sind fast überall schwach. Es sind niedrige Racen, und erst 
von den Europäern und ihren Pflanzstaaten her hat die weitere 
Geschichte der Menschheit ihre Gestaltung zu gewärtigen. Da- 
gegen ist noch nirgend in Asien davon zu merken, wie dort etwas 
Tonangebendes für die Menschheit erstehen sollte. Beispielsweise 
ist der Buddhismus mehr eine Wirkung als eine Ursache der 
Schwäche der ihm verfallenen Inder und sonstigen Völkergruppen. 
Man ist ihm verfallen, weil man lebensversumpft war; nicht aber 
umgekehrt etwa, dass man seiner lebenbetäubenden Lehre erst 
den Verlust der Thatkraft zuzuschreiben hätte. Der Orientalismus 
ist eine niedrigere Phase des Menschheitslebens gewesen und 
jetzt sozusagen ein Rückstand. Europa und seine Ableger sind 
edler und entwickelter, trotzdem auch hier die jetzt herrschende 
Religion in der Hauptsache , wenn auch nicht ihrem ganzen Inhalt 
nach, ein verpflanztes orientalisches Gewächs ist. Könnte über- 
haupt eine fremde Religion ernstüch und auf die Dauer gegen 
den Racencharakter der Völker, die ihr in ihrer unerfahrenen 
Kindheit anheimfallen, etwas ausrichten, so müssten die euro- 
päischen Culturvölker längst ihre Thatkraft eingebüsst haben. 
Das Judenthum als Religion ist kaum einer besondern Erwähnung 
werth. Es ist in Europa als Schleppe des Christenthums nacli- 

Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 1 



— 2 — 

gezogen worden. Seine Duldung gründet sich hier ausschliesslich 
auf das Christenthum, als dessen Ursprungsstätte es noch das 
meiste Ansehen gewonnen hat. Die jüdische Race würde inmitten 
der modernen Culturvölker weit schlimmer daran gewesen sein, 
wenn sie diesen Rückhalt nicht gehabt hätte. Noch jetzt flüchtet 
sie sich hinter christliche Duldung, wo ihr die germanischen und 
slavischen Völker ihr bisheriges Fremdenrecht beschränken wollen 
oder zu nehmen Miene machen. Die jüdische Religion an sich 
fällt daher nicht ins Gewicht; sie zählt nur als Raceneigenschaft 
der Juden mit. Das Christenthum bleibt also der entscheidende 
Hauptgegenstand, sobald die Religion in Bezug auf die weiteren 
Menschheitsgeschicke zu erörtern ist. 

Religion ist aber trotzdem mit dem Christenthum nicht zu 
verwechseln. Schon das Wort ist lateinisch und eine Ueber- 
lieferung des ältesten Römerreichs. Mit der altrömischen Politik 
ist es über die Welt verbreitet worden und hat sich gleich den 
verdorbenen Resten der lateinischen Sprache durch das Mittelalter 
hindurch bis in die neuste Zeit erhalten. Man hat sich sogar an 
die ursprüngliche Bedeutung des Worts, oder vielmehr an das, 
was man dafür hielt, geklammert. Man hat den Wortsinn des 
Wiederverbindens darin finden wollen. Die Religion soll danach 
ein Band sein, welches verknüpft, wo ein Riss eingetreten ist. 
Sie soll eine Verbindung bilden, wo sich der Mensch vom Grunde 
des Ganzen und dem bessern Geist, der darin waltet, getrennt 
hat. Sie soll eine Entfremdung überbrücken oder, mit andern 
Worten, eine Aussöhnung mit der Grundlage aller Dinge ver- 
mitteln. Sicher ist jedoch weder der angenommene Ableitungs- 
sinn des Wortes noch die erwähnte Vorstellung, die sich an diese 
Etymologie geheftet hat. Das Wort Religion bedeutete in der 
ältesten Zeit des Römervolks nichts als das Bedenken und die 
Scheu, die Jemand in Beziehung auf eine Handlung im Hinblick 
auf den Willen der vorgestellten Götter, also im Hinblick auf 
eine übermenschliche Macht hegte. Eine Art Gewissensscheu 
und nichts weiter, — das hiess Religion und konnte nur im 
persönlichen, subjectiven Sinne so heissen. Der Gebrauch des 
Wortes im sachlichen und gegenständlichen Sinne für einen In- 
begriff von Lehren und Mitteln gehört erst weit späteren Zeiten 
an. Die Erinnerung an den Wortursprung sollte hier auch nur 
dazu dienen, die Eitelkeit der Orientalen in ihre Schranken zurück- 



— 3 — 

r^stiweisen. Diese haben nicht einmal das herrschende Wort er 
:^^Linden. Wie wenig Antheil sie aber auch an der Sache selbst : 
Ilnaben, davon soll diese ganze Schrift Zeugniss ablegen. 

Was wir jetzt als christlich bezeichnen, ist oft himmelweit 
^%ron dem entfernt, was darunter ursprünglich und auf asiatischem^ 
DBoden verstanden wurde. Man trifft heute noch hier und da auf 
inen Sinn und Zusammenhang, in welchem das Wort christlich 
einer so guten und haltbaren Bedeutung angewendet wird, 
-<lass selbst die schärfste Prüfung daran keinen Anstoss nehmen 
omag. Alsdann hat es aber weniger den Sinn einer überweltlichen 
^Religion, als vielmehr den werkthätiger Lebensgru^dsätze. Mit 
:seinem Nebenmenschen christlich verfahren, heisst in diesem 
bessern Sinne heute nichts Anderes, als nach 4en Grundsätzen 
besserer Menschlichkeit, also nach der Art eines natürlich guten, 
nind zum Mitgefühl mit dem Guten entwickelten Charakters ver- 
iahren. Auf dem Boden Palästinas blieb so etwas aber ausf 
nahraslos ein blosser frommer Wunsch, der aus dem Gefühl des 
Mangels der erforderUchen bessern Eigenschaften entsprang. Zu 
einer Wirklichkeit wurden derartige Gedanken und Gefühle erst 
bei bessern Stämmen. Die Völker, welche die mittelalterliche 
Welt auf unserm Boden gegründet haben, sind insbesondere auch 
diejenigen, die den Namen des Christenthums, den sie ziemlich 
leer oder falsch ausgefüllt überkamen, aus ihrem eignen Charakter 
mit etwas Besserem ausstatteten. Sie sind in der neuern Zeit zu 
bewussteren Nationalitäten ausgewachsen und reifen immer mehr 
der nationalen Selbständigkeit entgegen. Sie haben die ihnen 
angestammten Charakterzüge als Bild in den Rahmen des Christen- 
thums eingefügt, und so ist es gekommen, dass man ohne Abr 
sieht zweideutig wird, wenn man das Wort „christlich*' ohne 
weitere Erklärung verurtheilt oder gutheisst. Wer möchte seine 
angestammte Art besserer Gefühle und Charakterzüge verwerfen! 
Wer aber könnte auch, wenn er auf dem Boden der modernen 
Geisteserleuchtung steht, alles das gelten lassen, was uns von 
Palästina her eingeführt oder vielmehr unsern noch unentwickelten 
Vorfahren gleichsam angesteckt worden ist! In der That haben 
wir aus dem Orient schon manche Krankheit annehmen müssen, 
ohne bisher gelernt zu haben, uns ihrer völlig zu erwehren. 
Mit den geistigen Ansteckungsstoffen verhält es sich ähnlich. 

Der Umstand, dass wir davon länger als ein Jahrtausend zu leiden 

1* 



gehabt haben, beweist noch nicht im Entferntesten, dass es 
gesunde und wohllhätige Dinge waren, die uns von der orien-' 
tauschen Luft her anwehten, "Wohl aber hat bei uns das Uebel 
mildere Formen augenommea und ist sogar aus dem Charakter 
neuerer Volker, und zwar zunächst der germanischen, mit Bestand- 
theilen versetzt worden, die in ihrem ungemischten Zustand etwas 
Gutes sind. Dahin gehören beispielsweise Cbarakterzüge, wie 
Treue und entsprechendes Vertrauen, von denen man in Jerusalem 
und Carthago nie einen Begriff gehabt hat. Dort waltete im 
Gegentheil die sprichwörtlich berüchtigte punische Treue, die nur 
eine Spielart der allgemeinen semitischen ist. Auch ist um den 
Anfang unserer Zeilrechnung kein morahsch es Wunder geschehen. 
Die damalige Auflehnung eines einzelnen Geistes gegen die 
Schäden des Judenthums war ein Versuch, das Judenthum von 
sich selbst zu erlösen. Welchen Sinn dieser Versuch hatte und 
wie er erklärlich ist, soll weiterhin gezeigt werden. Hier war 
nur vorläufig darauf hinzuweisen, dass er keine Ausnahme von 
der orientalischen Geistesrichtung darstellt. Er hat die Leitsterne 
besserer Sitte und edelster Gesinnung nicht zu zeigen vermocht; 
Diese Sterne waren am Völkethorizont der Geschichte noch 
nicht sichtbar, geschweige schon im Zenith, Die Vi'Jlkermacht, 
welche dem späteren Europa ihr Gepräge aufdrücken sollte, war 
grade erst im Keimen, und man wusste von ihr noch nicht viel, 
als sich die ebenfalls dunkeln Vorgänge in Palästina abspielten; 
die einst den Namen für eine europäische Religion hefern sollten. 
Man könnte sich helfen und, um der Zweideutigkeif zu ent- 
gehen, das Wort christlich für die besseren Züge der Sache be- 
halten und alles UebrJge christisch nennen. Allein eine solche 
Auskunft ist nur für den Zusammenhang vorhanden, in welcherrv 
sie zugleich erklärt wird. Die Doppelseitigkeit der Sache müssen 
■wir vorläufig ja doch noch ertragen. Selber dagegen wahrt man- 
die Energie der entscheidenden Auffassung am besten, wenn mait 
sich vorzugsweise und in erster Linie gradezu und ohne Scheu 
an das Wort cbristisch hält und darauf verzichtet, jenes Bessere 
mit dem leicht irreführenden Namen „christlich" als angemessen, 
bezeichnet anzusehen. Wie wegen der Thorhelt der göttischen 
Natur- und Seinsauffassungen das Wort Gott das üble aber ver- 
diente Schicksal gehabt hat, gänzlich und für immer unbrauch- 
bar geworden zu sein, um irgend etwas geistig Lebendiges im'- 




J 



"^^sen des Seins und der Naturgesammtheit ?u bezeichnen, 
ebenso ist auch vom wirklich Aufgeklärten und wahrhalt Gut- 
gesinnten das Wort »christlich** überall da ungebraucht zu lassen, 
^*^ * ohne Missdeutbarkeit auf irgend etwas thatsächlich Gutes 
tii^gewiesen werden soll. . . , 

Negativ hat man es auf dem Erdboden stets mit Christisqhem 
zu thun, und diese üblere Seite stimmt auch zu Allem, was auf 
dem Planeten sonst als Religion sich aufgelegt hat und auslegt, 
um nicht zu «agen der Menschheit als Joch auflegt. In der 
ßefreiungsarbeit wird unser Norden entscheideod sein; aber es 
giebt keine nachhaltige und dauerhaft gesicherte Befreiung ohne 
Verallgemeinerung. Der Asiatismus muss.auch in Asien selber 
von seinen Ausgeburten entl^tet, werden; sonst bleibt unsere eigne 
geistige Emancipation immer noch einigermaassen precär. Das 
neuerdings zu etwas politischer Selbgtändigkeit und Regsamkeit 
aufgelebte Japan, in welchem der Buddhismus vorwaltet, legt 
den Gedapken nahe, es könnten auch asiatische Völker einmal 
/das Religionsjoch abschütteln. Dann erst könnte die menschheit- 
liche Geistesfreiheit eine vollständige und allerseits ungefährdete 
werden, namentlich aber der Alt- ußd, ^Neuhebraismus, d. h. der 
jüdische und ^ christliche, von seiner eignen asiatischen Nachbar- 
schaft belehrt werden, wess geringeren Geistes Kind er ist; denn 
das Indische, und zwar sogar in seinem. Verfall^ steht init seiner 
Ausgeburt desBuddhismus immernoch hoch überdemlhebräischen 
.Typus j der im Christischen seine weitestreichende Ausprägung 
jerhalten hat. Das Endergebniss unserer Ueberlegungea. besteht 
a}sp darin, dass wir im Kampfe mit allem Religionistiscben im 
gereich der Culturyölker wesentlich nur auf das Ghristische 
stossen (hinter rdem auch das ausschliesslich Jüdische je länger 
desto mehr seine Deckung sucht), übrigens aber die verschiedenen 
religionistiscben Gewächse auf asiatischem und ähnlichem Boden 
als wegzuschaffendes Unkraut nicht ausser Acht zu lassen haben. 
Die Verbürgung sicherer Geisteshaltung ist etwas menschheitlich 
(Solidarisches; der freie Geist ist nur vollkommen frei, wenn er 
.3ich überallhiü erstrecken und auch in den personalistisch 
niedriger belegenen Völkertypen gehörig regen kann. . Andern- 
falls bliebe eine gemeinschädliche Kluft bestehen, . ähnlich, wie 
innerhalb derselben Nation die zwischen Aufgeklärten und Volk. 
Auch die Völkergesammtheit soll . nicht für immer in zwei Stücke 



zerfallen, in ein solches, in welchem der freie Gedanke waltet, 
und io eines, das im Dunkel verbleibt. 

2. In der germanischen Welt des Mittelalters ist das Christeo- 
Ihum allmälig germanisirt worden. Das Gepräge der nacb- 
römischen Zeit der Geschichte der wichtigsten Culturvölker ist 
nämlich nicht etwa das Christenthum an sich selbst, sondern die 
Eacenmacht der neuen Stämme, die sich mit der Völkerwanderung 
regten. Von diesen neuen Bevölkerungen erhielt die neue 
Geschichtsära und zunächst das Mittelalter seinen Stempel, und 
die angenommene fremde Religion war nur wie ein Umhang zu 
betrachten, während der lebendige Körper in den neu waltenden 
Nationahläten bestand. Daher ist es auch erklärhch, dass mit der 
volleren Entwicklung dieser Nationahläten jener mittelalterliche 
Umhang als fremdes tiewand empfunden wurde, und dass die 
Regungen der neueren Jahrhunderle auf eine Abstreifung der 
fremden Religion und zwar zunächst auf eine bessere Anpassung 
derselben an das eigne Wesen hinaushefen. Die reformatorischea 
Bewegungen hatten zum soliden Kern nichts, als die nationalen 
Rückschläge des Gefühls gegen die dem germanischen Wesen 
aul die Dauer unerträgliche Theokratie. Mao regte sich gegen 
das zweite Rom; aber dieser Weltsitz der Priesterherrschaft war 
nach dem Ebenbilde des jüdischen Priesterreichs, d. h. nach dem 
Muster der jüdischen Theokratie, gemacht, wie sie auf dem 
Boden Palästinas bestanden hatte. War man sich auch nicht 
deuthch dieser Beziehung bewusst, so hatte man doch unter dea 
deutschen und nordischen Völkern den Instinct der Selbständig- 
keit. Man wollte auch in der ReÜgion unabhängig sein und 
den eignen bessern (iefühlen ungehindert folgen. Dies ist der 
Schlüssel zu allen reformatorischen Wendungen, wie sie beispiels- 
weise auch bei Slaven Jn Böhmen, am nachhaltigsten aber bei 
den Deutschen eintraten. 

Die deutsche Reformation, so viel zVberglaubea sie auch 
noch in sich schIcss, war eine Erschütterung, die weit über die 
Länder hin ähnliche veranlasste. Sie war thatsächlich ein 
Emancipationsact des nationalen Geistes, der seinen mittelalter- 
lichen Umhang zwar noch nicht abwarf, sich aber doch bequemer 
zurechtlegte. Sie fiel zusammen mit dem Hen'ortreten einigen 
Selbstgefühls der Nationalitäten in Politik, Sprache, Literatur und 
Wissenschaft. Auch wurde dieses Maass von Selbstgefühl nicht 



— 7 — 

^twä dadurch völlig verduDkelt, dass gleichzeitig die Reminiscenz 
des classischen Alterthums zu walten begann. Die Geister der ver- 
schiedenen Nationen wurden dadurch freilich noch etwas an eine 
fremde Schule gefesselt; aber diese Schule half ihnen zugleich, 
den Sinn des mittelalterlichen Religionsumhangs von einem 
neuen Standpunkte zu würdigen. Blieb auch ihre nationale Eigen- 
art auf diese Weise, namentlich in den hohem Regionen der 
Literatur und Wissenschaft, noch einige Jahrhimderte etwas be- 
vormundet, so entfernten sie sich doch in der ReUgion immer 
mehr von jenem gemissbrauchten Zutrauen, mit welchem sie ur- 
sprünglich das Christenthum und mit ihm die jüdischen Ueber- 
lieferungen in gutem Glauben aufgenommen hatten. Sie hatten 
dieses fremde Element nach der Beschaffenheit ihres eignen 
Herzens ausgelegt und in dieser Beziehung etwas Besseres daraus 
gemacht, als es je gewesen war. Nun kamen sie dahinter, dass 
in den aufgenöthigten Dingen etwas für sie im Geiste und in 
der äussern Herrschaft nicht länger Erträgliches enthalten war. 
Sie rüttelten an der äussern Religionsherrschaft und richteten sich 
zunächst einigermaassen bäushch bei sich selbst mit eignen 
Kirchengestalttragen ein. Mit diesem Schritt zerfiel die Katholicität 
oder zu deutsch die Allgemeinheit der fremden Religionsherrschaft. 
Die neuem Jahrhunderte sind in religiöser Beziehung nichts 
als eine fortschreitende Befreiung von dem durch das Christenthum 
dargestellten Aberglauben. Dieser Befreiung zur Seite geht aber, 
was gemeiniglich von den nichtsalsliberalistischen Beobachtern 
übersehen wird, eine Vertiefung, mit welcher die modernen Völker 
und insbesondere die Deutschen sich immer mehr ihres eignen 
Wesens bewusst werden. Diese moderne Selbstvertiefimg der 
Nationalitäten hat nun freilich oft genug ein christlich romantisches 
Aeussere erhalten, oder ist vielmehr mit dem christisch Roman- 
tischen über sich selbst getäuscht worden. Doch bleibt ihr Wirk- 
licbkeitskerü, ungeachtet dieser falschen Umhüllungen, nichts- 
destoweniger eine stille Macht, und diese Macht wird um so 
kräftiger eingreifen, je mehr sie die nach dem Mittelalter zurück- 
gewendete Romantik losgeworden sein wird. In den Rückblicken 
nach dem Mittelalter liegt eine Schwäche. Der berechtigte Trieb, 
dem aber der Verstand fehlt, um sich in der Richtung nach vor- 
wärts zu genügen, führt zu elenden Rückfällen. Ich meine diesen 
Trieb selbstverständlich nur da, wo er natürlich, aufrichtig, und 



ehrlich ist. Von denjeaigea Reactionen, die mit bewusstem Lug 
und Trug das Moderne ersticken raöchten. wei! sie noch eine 
Zeit lang im Trüben für ihre Begehrlichkeiten zu fischen ge- 
denken, — von diesen Reactionen rede ich hier nicht. Ueberhaupt 
setze ich hier nur echte, nicht aber verlogene Antriebe voraus, 
wenn ich eine Wendung der Gemüther zu etwas Anderem als 
der Kahlheit blosser Religionsbeseitigung im Sinne habe. 

Am unzweideutigsten sichtbar ist allerdings während der 
modernen Jahrhunderte nur die eine Seite der Sache, nämlich die 
allmälige Erringung der Freiheit von der Religion. Für sie sind 
die verschiedenen Stufen der Aufklärung nur Mittel gewesen, um 
den höchsten Standort zu erreichen. Auch ist dieser noch weit 
entfernt, von einem sonderlich grossen Bruchtheil der sich für auf- 
geklärt Haltenden wirklich eiugenommen zu werden. Thatsächlich 
ist noch mehr Freiheit in der Religion als Freiheit von der Reügton 
die Regel. Höchstens in der Gestalt der Hlasirtheit und des eitlen 
Hinausseins über Alles, — also in der Gestalt einer sittlichen 
Missbüdung konnte man, und zwar bei den Gelehrten noch mehr 
als bei den Ungelehrten, eine Abwesenheit nicht nur aller Rehgion. 
sondern auch jedes gemüthshaften Zuges und jeder selbstbewussten 
Verstandeskrait nachweisen. Die Freiheit von der Religion ist 
aber etwas Positives und Festes. Sie ist ein Zustand der Ueber- 
zeugung, dem die moderne Geisteserleuchtung zusteuert, wenn sie 
auch auf dem Wege dahin vielehalb wüchsige und unreife Zwischen- 
stadien aufweist. Derartige Zwischenstancipunkte haben sogar 
etwas an sich, was nichts weniger als anmuthet Auf die blosse 
"Wegräumung des Aberglaubens, die sich in den modernen Jahr- 
hunderten vollzieht, eitel zu sein, .steht nicht wohl an. Diese 
Wegräumung erhält ihren vollen Werth erst, wenn die Freiheit 
vom Aberglauben dazu dient, etwas Besseres in Thätigkeit zu 
setzen. Allerdings hat jede Freiheit Werth an sich selbst; aber 
der Hauptwerth liegt doch immer darin, dass etwas Tüchtiges in 
Freiheit versetzt wird, sich zu ergehen und sich geltend zu machen. 
Wer nun dieses Tüchtige nicht hat oder nicht kennt, der hat 
zwar mit der Freiheit gewissermaassen reinenTisch; aber es fehlt 
ihm an Jeglichem, womit er ihn besetzen könnte. Die volle, 
selbstbewusste Freiheit von der Religion steht aber höher als jene 
Zwischenstandpunkte. Auch kann sie mit voller Sicherheit gar ■■ 
nicht vorhanden sein, ohne dass zugleich das Bedürfniss entstände, 




— 9 — 

sife.zum Fusspunkt für Weiterreichendes zu machen. Trotzdem 
bleibt aber diese Freiheit etwas iür sicl^ selbst Klares. Sie ist der 
Bruch mit Allem, was uüter.der Bezeichnung Religion als Aber- 
glaube und Aberwitz die Gedanken und Thaten der Völker be- 
nimmt hati Die Religion in dem ^inne, welchen sie in diesem 
bestimmten Zusujnmenhange hat, ist hienach eine Summe von 
Aberglauben; deon von nichts Anderem lässt sich die Freiheit 
wirklich eningen und auf die Dauer behaupten. Alles Uebrige, 
was Elem^ent derReligion sein oder zu sein' scheinen mag, bleibt 
eine offene Frage. _ 

Die Antwort auf dies^ Frage giebt sich zunächst der gediegene 
Mensch: selbst, indem er zusieht, was aus seinem Fühlen und 
Denken wird, indem sich davon nichts als der Aberglaube trennt. 
Das Gemüth bleibt als Quelle von Vielerlei bestehen, auch wenn 
die phantastische Decoration weicht, an der es ursprünglich mit 
ganzem nnd später mit halbem Glauben hing. Ebenso bleibt der 
Verstand für Welt- und Lebensganzes, auch wenn die Gespinnste 
zerrissen sind, die. seiner unreifen Thätigkeit angehörten oder mit 
denen er in seiner Unmündigkeit umgarnt wurde. Hirn und Herz 
bleiben nicht nur in ihrer Kraft, sondern gewinnen dieselbe erst 
voU und ganz, wenn sie das Joch voreiliger oder gar fremder 
Ideen abschütteln. Es ist also keine Besorgniss gerechtfertigt, es 
möchte mit der Religion im verwerflichen Sinne des Worts auch 
der Kern verloren gehen, aus dem malles Gute und Wahre in der 
Lebens- und Weltbetrachtung -erwächst. Grade im Gegentheil 
wird.s.0 der Boden geschaffen, um eine edler gestaltete Welt von 
Gedanken und Gefühlen aufzurichten. Hierin liegt auch <lje Be- 
ruhigung über die anscheinend zerstörendem Wirkungen, von denen 
die moderne Religiptisauf lösung begleitet ist. Itß besseren Menschen 
haftet vermöge seines Charakters das Gute. Dieses wird nicht 
mit dem Aberglauben weggespült, weil es von ihm nicht herstammt. 
Wohl aber löst sich bei dem schlechten Menschen alle Zucht, weil 
das Scheingute, zu dem: er früher genöthigt wurde, auf aber- 
gläubischer Furcht und Dressur beruhte. Hieran ist aber nicht 
viel verloren; denn mit der schlechten Seite der Menschheit wird 
man lernen^ sich auch ohne die alten Mittel des religiösen 
Schreckens oder der religiösen Gängelung auseinand einzusetzen. 
Schonjetzt ist grade bei diesen schlechten Elementen das religiöse 
Gefühl nicht mehr zuverlässig, weil es schon gar zu oft fast zum 



Leichnam geworden und durch die sittliche Zersetzung auch alle 
sonst noch übrige Fruchtbarkeit zum Guten eingebüsät hat. Auf 
diesem schlechten Boden kommt daher nichts abhanden, was nicht 
schon praktisch so gut wie verloren wäre. Vielmehr ist die ganze 
Hoffnung, allediese Wüstheiten, die sichmilverkommenerReligioa 
und Sitfe galten, durchgreifend zu bemeistern, daraal gegründet, 
dass der neue, vom Aberglauben befreite Geist auch eine neue 
Zucbf mit wirksameren Mitteln zu entfalten vermögend sei. 

3. Ein Umstand, der die Religionsauflösuag begleitet, ist 
das Kahlwerden aller Hauptvorstellungen, die in ihrem christlichen 
Gewände ein grosses Maass von Bestimmtheit und Individualität 
an sich hatten. So tritt an die Steile der Dreieinigkeit ein kahler 
Gottesglaube, der so wenig bestimmt ist, dass er selbst die 
Individualität des eigentlichen Judengottes nicht deckt. Er könnte 
sich mit dem türkischen Allah auf gleiche Weise gatten, wie mit 
dem Jehovah der Juden. Er ist so verblasst, dass in ihm kaum 
ein dürftiger logischer Begriff, wie derjenige des Grundes der Welt, 
geschweige Etwas gedacht wird, woran das menschliche Gemüth 
mit seinen bestimmten Gefühlen, mit seiner Liebe und seinem 
Hass, mit seiaem Vertrauen und seinem Zweifel, mit seiner Freude 
und seiner Trauer, irgend welchen Antheil nehmen könnte. Diese 
leergewordene Gottesvorstellung ähnelt allerdings am meistett 
einem verallgemeinerten Judenthum und zwar aus dem einfachen 
Grimde, weil sich darin thatsächhch eioeRückbildung des Christen- 
thums zu seinem jüdischen Ausgangspunkt vollzogen hat. Eine Ver- 
allgemeinerung von Zeus oder Jupiter ist schon darum nicht vor- 
handen, weil zu der römischen und der griechischen Religion des 
Alterthums von uns keine Brücke zurückleitet, IJie römische 
sammt der griechischen Welt wurde in ihrer Verkommenheit vom 
Orientalismus überfluthet, der sich festsetzte, wie der Wurm im 
morschen Holze. So ist die Stetigkeit der europäischen Völker- 
entwicklung gleichsam durch asiatische Barbarei unterbrochen 
worden. Uebrigens wäre es aber auch an sich unmiiglich gewesen, 
beispielsweise aus den Zeusvorstellungen den heutigen kahlen 
Gottesbegriff zu machen. Wenigstens hätte dazu eine arge Ab- 
irrung vom griechischen Nationalgeiste gehört; denn dieser war 
grade wahr und harmonisch genug, um auch noch über Zeus, wie 
über allen Göttern, eine höhere, das Götter- und Mecscheaschicksal 
gestaltende Macht walten zu lassen. Die jüdische Aufsaugung voa 





- 11 — 

iAllem durch einen einzigen Herrn wäre dem bessern Verstände 
nd der edleren Denkungsart des sich noch selbst wahrenden 
ariechenthums entgegen gewesen und hätte sich überhaupt bei 
inem natürlich denkenden und wissenschaftlich gebildeten Volke^ 
olange es seine Eigenart bewahrte, nicht festsetzen können. Die 
ationale Verkommenheit ist daher immer der Boden, wo sich 
zuerst fremde Elemente und Vorstellungen einnisten, um später- 
Hin, bei der gegenseitigen Zerreibung aller lebendigen Eigenthüm- 
lichkeiten, den schlechtesten und kahlsten Allgemeinheiten vorat 
verkehrtesten und dürftigsten Inhalt Platz zu machen. Eine andere 
"^Entwicklung entsteht allerdings, wenn an Stelle der civilisirten 
Verkommenheit die noch unentwickelte Rohheit frischer Völker 
der Ansatzpunkt für geistige Ansteckungsstoffe wird. Dies ist 
unser eigner nationaler Fall gewesen, und so sind wir denn erst 
mit der völligen Verderbniss der religiösen Einrichtungen bei jenen 
Kahlheiten angelangt, die sich gegenwärtig am besten als eia 
Verbleichen des Christlichen durch eine Verjudung der Denkweise 
bezeichnen lassen. Aber wohlgemerkt ist diese Verjudung voa 
neumodischer Art; denn das Judenthum selbst ist mit seinen Vor- 
stellungen im Verbleichen und weit davon entfernt, sich selbst 
gegen das Kahlwerden seiner ursprünglichen Religionsbegriffe 
schützen zu können. 

Eine ähnliche Bewandtniss wie mit dem Gottesglauben hat 
6s mit den Unsterblichkeitsphantasien. An diesen hing der Mensch 
noch mehr als an jenem. Grade sie aber sind, wo sie sich nocb 
nicht völlig aufgegeben finden, so schattenhaft geworden, dass an 
ihnen keine Lebenswärme mehr haften kann. Woran wirklich den 
Menschen gelegen ist, das leisten diese ausgedörrten UeberbleibseL 
nicht. Die einst lebensvollen Phantasien sind jetzt sozusagen blut- 
los. An ihnen versieht sich kein wirkliches Glaubensbedürfniss ; 
denn sie befriedigen kein echtes Lebensgefühl, welches über seine 
Grenzen hinausstrebt. Doch hievon an einer andern Stelle. Hier 
sei nur noch daran erinnert, wie auch die Praxis der Religion, 
d. h. der Cultus, also die Opfer, Uebungen und Gebete immer 
mehr den Charakter eines Schattenreichs aufweisen. Das Opfer 
ist so gut wie ausgestorben; an zauberhafte Abänderungen des 
Naturganges und des Menschenlooses geht man nicht mehr; das- 
Gebet, der letete Rest eines verschwindenden Cultus, hat Noth, 
auch hilf bei deü Gläubigen mit einer ernsthaften Erwartung prak- 



— 12 - 

rtischer Wirkungen vollzogen zu werdea. Die Gläubigsten haben 
■davon eine subjective Genugthuung; aber im Ernste erwartet da- 
"von fast Niemand, den herkömmlich ea Lauf der Dinge unter- 
brochen zu sehen. Das Eingreifen von Mächten, die durch das 
'Gebet bestimmbar wären, wird nur noch da erwartet, wo die 
Rücksländigkeit des Wissens eine sehr grosse ist. Abgesehen von 
■diesen tiefsten Sphären zeigt grade die Art, wie man über die 
Wirkungen des Cultus und des Gebets denkt, dass die praktische 
JReligion, wo nicht zu einem Leichnam, zu einem hohlen Schema- 
iismus geworden ist. Die ceremoniellen Schemen sind im Prak- 
tischen der Religion dasselbe, was im Theoretischen die veiv- 
waschenen Vorstellungen. 

Auch in dem Bestreben, eine selbständige Moral aufzustellen, 
•die nichts mit Rehgion zu schaffen hat, zeigt sich eine Seite der 
modernen Freiheit von der Religion. In der That steht die Moral 
in. den meisten Angelegenheiten auf eignen Füssen, und sie ist 
mit derReligion in diesen Beziehungennuräusserlicb verschlungen'. 
Innerlich verwachsen mit den letzten Gesammtüberzeugungen voni 
Welt-, und Lebensganzen kann sie nur in einigen Richtungen sein, 
die freilich sehr wesentlich sind. Nach dieser letztern Seite schwebt 
sie aber wirklich in der Luft, wenn ihr nicht nach dem Absterbea 
■der Religion eine höhere Perspective hinzugesellt wird, die über 
ihre nächsten Antriebe und Zwecke hinausweist. Religion und 
Moralf .'Stammen aus der Wurzel des Charakters und speciell des 
Nationalcharakters. Mit der blossen Moral im Sinne menschlich 
guter Sitte und entsprechender Verhaltungsgrundsätze ist aber 
keine volle Befriedigung möglich. Der einzelne Mensch, für sich 
abgesondert gedacht und etwa Angesichts des Todes, hat mit der 
Moral nur noch wenig oder nichts, urasomehr aber mit denjenigea , 
■Gedanken zu schaffen, in denen kein Verhältniss zu andern.- 
Menschen, sondern allein das zum All der Dinge von beruhigende? ■ 
oder beunruhigender Wichtigkeit ist. Auf sich selbst gestellt und 
mit der Natur gleichsam allein, hat der Mensch noch Gemüths- 
regungen und Gedanken, die auch nach Abthuung jeglichen 
-Aberglaubens ihrRecht behaupten. Was soll da jene blosse Moral, 
die für den Zusammenhang der Menschen und für die eigne gute 
Lebensführung von Bedeutung ist, aber keine Anwendung mehr 
hat, wo ganz anderartige Fragen, als die ihrigen, beantwortet 
.sein wollen. Es ist daher auch nur eine Kahlheit, wenn 




intworietJ 
:nn maQ.fl 



— 13 — 

glaubt, mit einer von der Religion befreiten Moral den Platr 
ausfüllen zu können, den sonst Religion und Moral zusammen, 
wenn auch in abergläubischer Verknüpfung, zureichend ein- 
nahmen. Ueberdies giebt es Seiten der Moral, die ohne einen 
Ersatz der Religion nicht vertreten werden können. In den eignen 
EntSchliessungen des isolirt gedachtenMenschen, noch mehr aber 
in denjenigen, die das Verhältniss von Mensch zu Mensch be- 
treffen, muss es Beweggründe geben, die in der Tiefe aller Dinge 
Anker werfen. Will die Moral in diesen Beziehungen nicht ein 
Spiel von Wind und Wellen werden, so muss sie im grossen 
Zusammenhang und Charakter alles Seins ihre festen Anknüpf ungs- 
punkte haben. Die Freiheit von der Religion weist also auch 
hier auf eine zweite Seite und auf die Entwicklung eines Er- 
satzes hin. 

Die Festsetzung eines neuen weltbeherrschenden Aberglaubens, 

also im eigentlichen Sinne des Worts eine neue Religion, steht 

nioht in Aussicht. Wenigstens ist diejenige Barbarei, die für so 

Etvras den Boden bilden könnte, nicht abzusehen. Eine Barbarei 

frischer Völker, durch welche die alte Civilisation, wie einst das 

R-ömerreich, unter die Füsse getreten würde, ist darum nicht in 

Sicht, weil man nicht sieht, woher die frischen Völker kommen 

sollten. Alle Völker besserer Race sind jetzt modern civilisirt. 

Die Slaven, die von Manchen für die Germanen als Popanz aus- 

staffirt werden, stecken nicht nur in der Civihsationstünche, sondern 

im Christischen tief genug. Sie sind deshalb nicht mehr, sondernr 

"w-eniger fähig, als die Germanen, sich einem andern geistigen 

^rincip als dem Christenthum zuzuwenden. Ihre Charakteranlage 

zum Zerstören kann Wüstheiten genug mit sich bringen; aber 

frisch, wie einst die Germanen zur Zeit des Römerreichs, ist die 

slavische Race wahrlich nicht. Auch steht sehr dahin, ob im' 

Kampfe zwischen Deutschen und Russen das Prestige des Slaven- 

^Ums, welches bis jetzt mehr Theorie als Praxis gewesen ist, 

^'ch. bewähren wird. Wo das Christenthum einmal herrscht, da 

sehen die Zustände nicht danach aus, dass ein neuer Aberglaube 

^^cien gewinnen könne. Es kann nur eine anderartige Macht 

^^^U, die hier überwindet. 

Sollte diese Macht nicht aber etwa jene andere Art von Barbarei 
^^in können, die aus einer verderbten Uebercivilisation hervor- 
S^bt? Die Civilisationsbarbarei ist ein starkes Auflösungsmitteh 



14 



aller gesunden Kräfte und giebt den wüstesten Dingen Raum. 
Einen kleinen Vorgeschmack davon giebt der Schwindel des 
zuerst in Amerika breiter ausgelegten Spiritismus, der aber auch 
im Bereich des europäischen Gelehrten- oder vielmehr Verlehrten- 
thums den passenden Stoff antrilTt, um seinen abergläubischen 
Unsinn und Betrug in den Gehirnen zu verschleissen. Das in 
Fäulniss Befindliche giebt in der Dunkelheit einiges Licht von 
sich, und solcher Lichtquelle gleichen überhaupt jegliche Er- 
scheinungen der Uebercivilisation, die nach etwas Geist aussehen, 
aber doch nur die Begleiter der Zersetzung und des Verkommen^ 
einst besserer Gebilde sind. "Was also auch an clvilisirtera Aber- 
glauben hervorgebracht werden möge, wird ein Ergebnis-; dec 
Zersetzung, aber keine Macht zur Organisation sein. Die Civili- 
sationsbarbarei kannhiedurch verstärkt werden; aber es ist in der 
modernen Weltlage noch zuviel Gesundes, als dass man eine so 
allseitige und völlige Barbarei erwarten könnte, wie sie nöthig 
wäre, um eine neue Art allbeherrschender Geisteskrankheit in der 
Gestalt eines für Alles maassgebenden Aberglaubens zu erzeugen. 
Ein neues Mittelalter schafft sich übrigens auch nicht ohne frische 
Völker, Eine verderbte CivÜisation allein genügt nicht; sie muss erst 
von frischenVölkerkräftenüberfluthet werden, ehe etwas Aehnlich es: 
entstehen kann, wie das germanische Mittelalter gewesen ist. 

Der Weg wird also voraussichtlich ein völlig anderer sein. 
Die gesunden Triebkräfte der frischesten unter den modemeii 
"Völkern haben sich noch nicht ausgelebt. Namentlich haben zu» 
nächst die Germanen die Emancipation ihres Volksgeistes zu 
vollziehen, und dies kann nur durch Entpuppung aus der chri- 
stischen Larve geschehen. Dieselbe Macht, durch welche die 
römische Weltherrschaft zu Falle gebracht worden ist, wird auch, 
die judäischen Ueberheferungen d. h. die christliche Weltreligions^ 
herrsch aft) zu Falle bringen, sobald jene sich selbst besser versteheiij 
vollkommener fassen und zusammennehmen lernt. Dieser Geistes-- 
kralt wird die morsche Religionswelt keinen nachhaltigen Wider- 
stand zu leisten vermögen, und mit der importirten Religionst^ 
herrschaft wird zugleich auch alles Uebrige zusammenbrechen, wai 
auf den Bahnen des neuen Völkergeistes von falschen Ueben 
lieferungen her im Wege liegt. Die Freiheit von der Religion ist 
daher nur ein Wendepunkt zur Erfüllung der freien Kraft mit 
neuen schöpferischen Aufgaben, 




— 15 — 



Zweites Capitel. 



Selbstyerwerfüng des Judenthoms in der 

Christaslehre. 

1. Da das Christenthum das Ueberbleibsel der praktisch eat- 
scheidenden Hauptgestalt der Religion ist, und da die modernen 
Völker erst mit der Ausscheidung desselben ihr eignes Wesen in 
gehöriger Reinheit erfassen und darstellen werden, so lohnt es 
aUenfalls, die Vergangenheit und den Ursprung des Christenthums 
etwas näher zu betrachten. Dies muss aber mit Wirklichkeitssina 
geschehen; denn die ungläubig gelehrten Verzerrungen des Christen- 
thums sind ebensowenig brauchbar, wie die gläubig phantastischen. 
Was man im 19. Jahrhundert als vorgebliche Ergründung des 
Wesens des Christenthums oder als Kritik seiner Theologie zu 
Markte gebracht hat, ist sowohl unnatürlich verschroben als durch 
und durch unwahr ausgefallen. Ganz besonders waren es verfehlte 
oder verdorbene Theologen, die ihre bankerotte oder abgewirth- 
schaftete Theologie in eine Wesensbestimmung oder sogenannte 
Kritik des Christenthums auslaufen liessen. Diese Leute übertrugen 
ihre studirte Fachunehrlichkeit und alle schlechten moralischen 
Ueberlieferungen einer nicht mehr an sich selbst glaubenden, also 
nur noch imBetruge heimischen Theologie in ihre neue verneinende 
Rolle. Sie waren überdies auch von persönlichem Charakter wenig 
werth, ermangelten jeglicher Ehrlichkeit und jeglicher höherer 
Talente, die über ein wenig Virtuosität im Literatenthum hinaus- 
reichten. Mit letzteren Bemerkungen kann ich natürlich nicht 
Ludwig Feuerbach meinen, der Philosoph zu sein strebte, obwohl 
er als ursprünglicher Theologe durch eine theologische und un- 
ehrliche Philosophasterei, nämlich die Hegelschc, von vornherein 
sein besseres geistiges Blut verdorben hatte. Die Verschraubtheit 
und Unnatur in seinem Buch über das Wesen des Christenthums 
ist handgreiflich; aber er war wenigstens ehrlich genug, selbst 
einigermaassen davon zurückzukommen imd in seinen späteren 
Schriften einen etwas verständigeren Ton zu versuchen. Er hat 
einige Verdienste in Rücksicht auf die Kennzeichnung von Grund- 
zügen der naiven Zustände der Religionen Für seine Verhältnis s. 
massig beste Bemerkimg halte ich die, dass die Götter von Fleisch 
und Blut, die Menschen sind und mit den Menschen verkehren, 



— 16 - 

die natürlichsten und erträglichsten Gebilde der religiösen Volker-» 
Phantasie vorstellen. Ueberdies hatte er eine Ahnung davon, 
sich in den vielen Göttern mehr W.lker verstand für die Natur 
und deren Mannigfaltigkeit ausgesprochen hat, als in dem einen 
kahlen Wesen, wie es der Judengott in allesaufsaugender Allein 
herrschaft ist. Seine Grundvorstellung aber, es sei im Christea- 
thum der Mensch für den Menschen der eigentliche Gott, ist eine 
phantastische Deutung. In diesem Gedanken bekundet sich der 
Theologe, derdasChristenthum in moderne Menschheitsphilosophie' 
und noch dazu in eine anthropodieistische umdeuten mochte, ia 
welcher der Mensch als Galtung oder als Einzelner für dea 
Menschen das Ideal und der Gegenstand des Cultus sein soll 
Diese völlig fehlgreifende Wendung schmeckt eher nach ei 
verirrten Humanismus, als nach christischen Thatsachen, deren 
Wesen judäische Heuchelei ist, 

Wohl aber gehörte zu jener gekennzeichneten verlehrten und 
zugleich unredlichen Spielart ausgehöhlter Theologen der 
storbene Herr David Strauss, der schliesslich mit seinem neuen 
Altenweiberglauben die ganze Dürre seiner blutlosen Scheingelehr- 
samkeit greübar machte, während er sich früher hinter einem 
völligen Zwielicht oder vielmehr Halbdunkel von Theologie und 
AufkläruQgsschein versteckt gehalten hatte. Vom Theologen war 
der predigerhafte Ton sichtlich übriggeblieben, nur dass sich das 
• Gesalbader nunmehr in Darwinabfälle hüllte, und mit einem Ge- 
misch von derartiger Natur wissenschaftelei und von Erbauung aa 
Belletristerei den religiösen Glauben abgelöst wünschte. _ Für 
religiös abgewirthschaftete Juden ist dies sichtlich eine zusagende 
Dectüre gewesen, wie denn der Urheber auch nicht blos io 
seinem Vornamen jüdisch klang. An dieser Stelle ist jedoch des 
Herrn Strauss mehr noch als eines Beispiels zu gedenken, wie 
eine nebelhafte Kritik die Persönlichkeit von Christus gänzlich , 
insUnbestimmte verzerren, ja in weniger als Nichts verschwiramea 
lassen kann. Es ist nämlich thöricht, die Annahme, dass Sagen- 
umhüllung das Wesen aller Berichte über Christus sei, für einen 
Standpunkt auszugeben, von dem aus die ganze Angelegenheit 
beurtheilt werden könne. Dieser sogenannte mythische Stand- 
punkt ist weder etwas Besonderes noch etwas Zureichendes, Jeg- 
liche erhebliche und namhafte Person, gleichviel ob in einet, 
dunkleren oder einer lichteren Zeilumgebung, wird der Gegenstaa^' 





- 17 -^ 

von allerlei falschem Gerede und Gesage, mag hiebei das münd- 
liche "Wort, die Schrift oder gar der Druck zur Weitercolportirung 
Hülfe leisten. Das falscheste Gesage wird sogar Geschichte, wenn 
nur lügnerische Interessen vorhanden sind, es in dieser Art zu 
ßxiren. Lüge und Unwissenheit verbünden sich, um die wunder- 
lichsten Ausgeburten nicht etwa erst an die Nachwelt, sondern 
schon an die Mitwelt und sogar an die nächste Umgebung zu 
bringen und trotz Widerspruch festzuhalten. So entstehen die 
Ungeheuer von Berichten, und Eigenschaften und Vorgänge 
werden auf diese Weise erfunden. Die Bildung von Sagenkreisen 
ist etwas ganz Modernes; wie sollte man sie in alten Zeiten ver- 
kennen ! Aus der Existenz solcher Gewebe folgt aber keineswegs, 
dass von der Person, der sie gelten, nichts zu wissen sei, oder 
dass diese wohl gar selbst als Erfindung betrachtet werden müsse. 
Narren haben die Existenz des alten Arztes Hippokrates ge- 
leugnet, weil viele untergeschobene Schriften unter seinem Namen 
gehen und weil sich in der Ueberlieferung über ihn Vieles wider- 
spricht ; xmd doch lebte dieser Mann im wahrlich nicht dunklen 
Zeitalter des Sokrates! Auch letzterer blieb nicht davon ver- 
schont, schon bei Lebzeiten und zwar öffentlich auf dem Theater 
Vom talentvollsten der Possenmacher und Zotenreisser, von 
Aristophanes, in verleumderischer Absicht mit einemLügengewebe 
Utr geben zu werden, welches nicht einmal die Aehnlichkeit einer 
Caricatur hatte. Dieses Lügengewebe nebst anderm Aehnlichen 
wirkte, und obwohl der Athenische Weise nicht blos alle Tage 
auf der Strasse zu sehen war, sondern auch im eigentlichen Sinne 
des Worts öfientlich vor allen Leuten lehrte, so hat man ihn 
dennoch bis zur Unkenntlichkeit verleumden und auf die so 
künstlich gemachte Meinung hin schliesslich noch im hohen Alter 
zum Tode verurtheilen können. Trotzdem wissen wir von Sokrates 
einiges Zuverlässige, und selbst die eitlen Entstellungen von 
Schülern und sogenanntenPreunden, namentlich der phantastische 
Missbrauch, den Plato mit Sokrates Namen zu Gunsten seiner 
eignen Ideologie trieb, hat die grosse Gestalt des Athenischen 
Volksweisen in Beispiel und Lehre nicht völlig beschatten können. 
Von Sokrates haben wir kein einziges selbstgeschriebenes Wort; 
er ist ungeachtet der verhältnissmässig hellen Zeit- und Orts- 
umgebung schon bei seinem Leben in Sagendunst gehüllt worden; 
trotzdem können wir uns auf Grund verständiger zeitgenössischer 

Du bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 2 



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Berichte, wie der Xenophontischen, mit etwas gesunder Kritik 
voD ihm ein Bild machen, welches auf Wirkhchkeitszüge und 
Geschichtlichkeit Anspruch hat 

Freilich sind wir in Beziehung auf Christas, obwohl er mehr 
als vier Jahrhunderte spater lebte, nicht gleich günstig gestellt. 
Die Judenumgebung war nicht zutraghch, imd wir haben keinen 
einzigen zeitgenössischen Buchbericht über ihn. Alles ist später 
und sichtlich im Verlaufe einer Anzahl Generationen nieder- 
geschrieben. Das neue Testament ist bezeichnenderweise 
griechisch, also nicht in der Judensprache verfasst. Irgend welche 
andere Ueberliefenmg hat die Erzählungen von Generation auf 
Generation gebracht, bis sie durch verschiedene Zusanunen- 
stellimgen und Niederschriften buchmässig fixirt wurden. Hieraus 
folgt aber nicht, dass sich gamichts Zuverlässiges wissen lasse. 
Die Eitelkeit auf die Schrift und heute gar auf den Druck ist zu 
gross geworden. Sie vergisst, dass durch Schrift und Druck oft 
noch mehr gefälscht oder geirrt wird, als durch das mündliche 
Wort. Letzteres ist freilich, wo es Fixirung gilt, recht unsicher 
und wandelbar. Die unwillkürlichen Täuschungen durch dasselbe 
sind nicht gering, und auch für die absichtliche Entstellung oder 
für die völlige Erfindung ist es bequem zu handhaben. In einer 
übercivilisirten Zeit wird aber durch Schrift und Druck, Angesichts 
der uncontrolirbaren Massenhaftigkeit der gedruckten Conver- 
sation, Lüge und Tradition, dasselbe, ja in einzelnen Richtungen 
noch mehr geleistet. Unter halbwegs günstigen Umständen kann 
die mündliche Fortpflanzung einfacher Thatsachen imd Gedanken 
besser gerathen, als unter schlechten Verhältnissen die gedruckte. 
Auch kann eine lebendige Theilnahme die Mängel des mündlichen 
Worts ersetzen und durch feste Einprägung in das Gedächtniss 
zuverlässiger überliefern, als etwa, man denke an heute, eine von 
Treulosigkeit und Lüge bediente Presse und Literatur es thun 
wird. Allerdings stand etwas Aehnliches, ja Schlimmeres in Ge- 
stalt der hebräischen Falschheit dem Wurzelfassen einer leidlich 
wahren Tradition entgegen, und die ganze Umgebung des he- 
bräischen Reformators sah nicht nach Bürgschaft für eine gute 
und richtige Ueberlieferung aus. Trotzdem kann aber die feste 
Einprägung einzelner Thatsachen und Züge immerhin ein paar 
Generationen vorgehalten haben, ohne allen thatsächlichen Kern 
einzubüssen. Untermischt mit noch gesteigerter Phantastik kann 



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sie doch f actische Bestandtheile enthalten und vor der Vergessen- 
heit geschützt haben. 

2. Unter den geschichtlichen Erscheinungen lassen sich 
zweierlei Gattungen untierscheiden. In dem einen Falle handelt 
es sich um Gesammt- und Massenthätigkeit, in dem andern um 
die Einflüsse und Schöpfungen besonders potenzirter Persönlich- 
keiten. Nur das Durchschnittliche und Gemeine wird aus ersterem 
Bereich producirt; zu dem Ueberlegenen tmd Hervorragenden 
aber gehören, im Schlimmen wie im Guten, eben auch ent- 
sprechende Einzelmenschen als die es allein zureichend er- 
klärenden und hervorbringenden Ursachen. Dies gilt vom 
Richtigen, wie vom Verkehrten, ja selbst von gewissen Arten 
Verrücktheit. Die Nutzanwendung in unserm speciellen Falle ist 
die, dass sich kein Christenthum, wie man auch über dasselbe 
denken möge, ohne einen Christus als eigentlichen Urheber vorr 
stellen lässt. Was hat aber nicht die moderne Verlehrtheit an 
Gegentheiligem zu Markte gebracht! Da sollten beispielsweise 
die Zustände der römischen Welt und namentlich philosophische 
Lehren, wie der Stoicismus, die neue Religion erzeugt haben. 
Andere haben zwar eine Person zum Urheber gestempelt, aber, 
um Christus zu vermeiden und dem verlehrten Judenthum recht 
gründlich zu huldigen, den philosophirerischen Juden Philo, der 
etwa um den Anfang unserer Zeitrechnung und zwar in Alexan- 
drien lebte, zum Stifter des Christenthums auserlesen. Dieser 
Jude symbolisirte an den überlieferten jüdischen Dogmen herum 
und deutelte an ihnen im philosophastrischen Sinne, selbst- 
verständlich unter Weglassung des gröbsten, für einen Gelehrten, 
^ie er war, imd auch für seine ein wenig gebildete Juden- 
umgebung nicht mehr schmackhaften Aberglaubens. Ein saft- 
und kraftloser Gelehrter als angeblicher Stifter des Christenthums, 
das ist noch eine schlimmere Entstellung, als wenn man die 
neue Religion aus dem Sumpfboden des römischen Reichs ganz 
von selbst als eine Sumpfpflanze aufschiessen lässt. Nicht einmal 
der corrupte Boden Palästinas wäre an sich selbst dazu aus- 
reichend gewesen. Nur eine besondere persönliche Kraft, die sich 
gegen die Verderbniss einigermaassen auflehnte, war im Stande, 
Genjüthskräfte von der fraglichen Tragweite zu bethätigen. Anders 
konnte eine Secte von weltgesc hichtlicher Lebensfähigkeit nicht 
entstehen. Auch bei Muhamed beruhte zunächst Alles auf der 

2* 



- ^ö - 

persönlichen Kraft. Dieser war gewiss Betrüger und Phantast; 
aber solche Eigenschaften heben den BegriiBf einer mächtigen 
Persönlichkeit nicht auf. 

Die Entfernung vom Persönlichen und individuell Lebensvollen 
ist ein, Grundzug der liberalistischen, durch Mittelmässigkei-f 
gekennzeichneten Lehren. Wer ernsthaft und gründlich urtheilt, 
muss die Tragweite des Persönlichen wieder in ihre Rechte ein- 
setzen. Jede wirkliche Geistesschöpfung und Geistesführung geht 
von besondern Individuen oder, wenn man nüchtern naturwissen- 
schaftlich reden will, von besonders ausgerüsteten Exemplaren 
der Gattung aus. Bei den Religionsstiftungen ist diese Wahrheit 
sichtbar genüg, und nur die grösste Verkehrtheit einer verlehrten 
Verwirrung, verbimden mit dem Eigendünkel untergeordneter 
Existenzen, konnte sie verkennen oder wegzulügen versuchen. 
So ist es denn auch trotz aller moderner Afterkritik in der 
Ordnung, die Persönlichkeit von Christus als eine volle Wirklich- 
keit zum Mittelpunkt der Betrachtung zu machen, und sich durch 
den Umstand nicht zu beirren, dass die kennzeichnenden Züge 
für jene Persönlichkeit nicht als eigentliche Gescliichte mit zeit- 
genössischem Urkundenbeweis, sondern nur als Bestandtheile 
einer sehr gemischten Ueberlieferung zu haben sind. Die Ent- 
mischung dieser Ueberlieferung, also wesentlich die richtige Ver- 
werthung des im neuen Testament wirklich Glaublichen, muss 
der Ausgangspunkt für eine gesunde Beurtheilung werden. 
Praktisch haben die Völker auch nichts Anderes als das neue 
Testament in der Hand. Aus ihm schöpfen sie ihre Vorstellung 
vom Christenthum, und andere Vorstellungen, die sich auf ein» 
dunkle Tradition der Priester berufen, sind einer Erörterung nict 
werth. Auch der Katholicismus, der sich auf eine solche, scho- 
durch ihre Dunkelheit hinfällige Quelle beruft, hat heute in de= 
gebildeten Schichten kein Publicum mehr, welches nach einez: 
andern Christenthum ausschaute, als demjenigen des neu^ 
Testaments. Nähme man also auch einen Augenblick an, A- 
verhältnissmässig besten Züge der Christuslehre, die sich aus d^ 
Mannigfaltigkeit von verschiedenenErzählungen und Auffassung^ 
des neuen Testaments wahrnehmen lassen, wären Erdichtung^ 
so würden die Urheber dieser Erdichtungen die ganze Aufmer3 
samkeit verdienen; denn auch zum Erdichten des Originalen g^ 
hört^ eine nicht gemeine Erfindungskraft. Die Thatsache, dasi 




,^' 



— 21 — 

die modernen Völker sich in diese charakteristischen Züge nicht 
wenig hineingelebt haben, macht diese Züge schon allein zxx 
"^Virklichkeiten des Geisteslebens. Wie wir also auch vorläufig 
txirtheilen, so führt Alles immer wieder darauf zurück, dass der 
CZITliristus des neuen Testaments mit seiner dort sichtbaren Lehre 
er einzige Gegenstand ist, für oder gegen den sich das Gemüth 
:«ier modernen Nation interessiren mag. Er allein hat auch' 
eiteres geschichtUches Interesse; denn ausser ihm kann nur noch 
rt und Sinn in Frage kommen, in welchem die neuern Völker 
ine Lehre aufgenommen und nach ihrem eignen Gefühl und 
issen entwickelt haben. DieKürchengeschichte ist dabei ziemlich 
leichgültig; denn in den ersten Satzungen der Hauptconcilien 
erkörperte sich ein Religionsasiatismus, der sich um die wesent- 
.chen Züge der Christuslehre nicht kümmerte. Um der Kirche 
illen hat man heute nicht mehr nöthig, theoretisch auch nur 
^ine Hand aufzuheben. Die Erledigung ihres Daseins ist nur noch 
eine Angelegenheit der praktischen Politik; freihch müssen da 
Doch viele Hände aufgehoben werden, um zum Ziele zu gelangen. 
Wer natürlich und geschichtlich die Vorgänge begreifen will, 
^ie einige dreissig Jahie nach dem Anfang unserer Zeitrechnung 
Jerusalem wegen der dabei bekundeten Judenniedertracht mit 
UQvergesslicher Schande bedeckt haben, — der muss von durchaus 
persönlichen Vorstellungen ausgehen. Er muss Christus als den. 
R^efqrmator des Judenthums im Auge behalten, und darf sich 
^eder .durch blosse Mythenannahme noch durch eine juden- 
^Omantische Idylle, wie sie der judenseitig kanonisirte Orientaüst 
^enan für ein Leben Jesu ausgegeben hat, täuschen Isissen. Die 
^^iden eben erwähnten falschen Wendungen, nämlich die Auf- 
lösung in Mythennebel, oder aber die judäische Idyllisirung der 
"^^che durch ein falsch sentimentales Bildchen, welches die 
Ernstesten Hauptzüge umgeht, — beide aufgeklärt seinwollende 
^nd doch so ungründliche Manieren, sich mit Christus abzufinden, ' 
^ind den heutigen Hebräern angenehm, und dies allein wäre schon 
^es Urtheils genug. Wer der immerhin als weltgeschichtlich an- 
zuerkennenden Angelegenheit aui den Grund kommen will, darf 
^xch auch dadurch nicht beirren lassen, dass die christliche 
Religion noch nicht zu den gänzhch abgelegten Dingen gehört. 
iDer Buddhismus herrscht auch noch und zwar in einem grossen 
Iheil Asiens, von seinen philosophirerischen Reflexen in Europa, 



- 22 — 

also von dem weltwegzaubernden narrenhaften Aberglauben einess 
Schopenhauer nicht zu reden. Dennoch behält man dem Buddhis- 
mus gegenüber, der ebenfalls von einer ausgezeichneten Persön- 
lichkeit ausgegangen sein muss, volle Unbefangenheit. Es imponirf 
Einem nicht im Mindesten, dass jener seine Bekenner nach 
Hunderten von Millionen zählt. Die Geisteszustände der Menschen 
pflanzen sich eben fort wie die Körperzustände. Die asiatischen 
Krankheitszustände zählen ihre Opfer schliesslich ebenfalls nach 
Hunderten von Millionen. Das Einzige, was einen Augenblick 
stutzig machen könnte, ist der gewaltige Racenunterschied. Wir 
verachten die asiatischen Racen und befinden uns dennoch vor 
der geschichtlichen Unannehmlichkeit, die bessern europäischen 
Völker nicht blos von orientalischen Wüstenwinden, sondern auch 
schmachvollerweise von orientalischen, insbesondere judäischen 
Geistesströmungen afficirt zu wissen. Das bleibt, wie man es 
auch erklären möge, ein missliebiges geschichtliches Schicksal. 
In der Gattung des Betrugs hat der stärkste zunächst doch die 
meisten Chancen, besonders unerfahrenen Völkern gegenüber. 
Allein mit der Zeit wird er demaskirt und fällt dann um so 
jäher in die gebührende Verachtung. 

3. Die Christuslehre ist ein Reformationsversuch des Juden- 
thums, der freilich auf diesem Boden so gut wie fehlschlug. 
Anderwärts hat er aber die bekannten, uns heute noch so lästigen 
Folgen gehabt. Nicht aber blos gegen das Judenthum, sondern 
auch aus dem Judenthum heraus wurde dieser Reformations- 
versuch unternommen. Die Annahme, dass Christus von einer 
andern Race oder wenigstens nicht Vollblutjude gewesen, ist, 
obwohl grade keine Unmöglichkeit, doch .einerseits zu wenig 
begründbar und andererseits zu wenig nütze, um einer Erörterung 
auf die Dauer werth zu bleiben. Sie würde das wesentlich Jüdische 
im Geiste der Person nicht fortschaffen. Auch wenn Christus 
kein Racenjude gewesen wäre, ja selbst wenn, er Blut eines euro- 
päischen Volkes in sich gehabt hätte, so war er doch in jüdischer 
Umgebung aufgewachsen und zum Lehrer nach der äussern 
Berufsart eines Rabbi geworden. In dieser Form, die allein zu 
Gebote stand, entwickelte er seine Thätigkeit; aber auch sachlich 
ist Alles, was man von ihm berichtet, mit Zügen jüdischer Ueber- 
lieferung getränkt. Ein Theil ist freilich auf Rechnung der Bericht- 
erstatter zu setzen. Ein anderer Theil lässt sich aber von Christus 



- 23 — 

eigenster Lehre und Person nicht trennen. Wäre dem anders, 
so wäre dies noch ein unglaublicheres Wunder, als alle physischen 
Zauberwerke. Wie sollte ein Geist, von woher er auch stammen 
m^e, sich ganz und gar des Elements entschtagen, in welchem 
er sich fortwährend bewegt, und an welchem er seine Kräfte 
bethätigt! Christus wollte die Religion, an welche die jüdischen 
Schriftgelehrten nicht mehr glaubten, ernstnehmen, und er gestaltete 
sie daher aus der Tiefe seines eignen Herzens und aus der Ein- 
sicht seines eignen Kopfes so gut wie neu. Er schmolz sie um, 
indem er ihren starren Satzungen eine aus bildsamerem Stoff 
gepjfägte Form entgegensetzte. 

Der Charakterzug des Judenthums war von Anbeginn die 
starrste Selbstsucht, die niederträchtigste Grausamkeit, die scham- 
loseste Wollust und die frechste Heuchelei. In meiner Schrift 
über die Judenfrage habe ich dies näher nachgewiesen und die 
Spiegelung davon in der Judenreligion und Judenmoral gezeigt. 
Bei der Vergleichung der Sitte und Denkart besserer europäischer 
Völker mit der Racensitte und Racendenkart der Juden wird dies 
später noch mehr ins Licht gesetzt werden. Hier bedarf es nur 
einer allgemeinen Hinweisung auf das racenmässig schlechte Na- 
turell und die entsprechende sogenannte Cultur oder vielmehr auf 
die Uncultur des Judenstammes, der nur im Raffinement des 
Schlechten eine Art Surrogat der Cultur aufzuweisen hat. Dieses 
Raffinement hat ihn auch schliesslich dahin geführt, mit der Be- 
thätigung der Selbstsucht den Schein von Liebe und Mitleid zu 
verbinden. Die Heuchelei von Nächstenliebe und Mitleid ist schon 
sehr früh, lange vor dem Anlang unserer Zeitrechnung, eine 
Domäne des Judenthums gewesen. Christus nahm das, was 
Andere heuchelten, gewissermaassen ernst und aufrichtig, wie er 
denn überhaupt auch die ganze jüdische Religion ernstzunehmen 
versuchte. Hiemit stellte er sich in einen Gegensatz zu den frivolen 
Gewerbsgelehrten Jerusalems, den sogenannten Schriftgelehrten, 
die er mit vollstem Recht ein Otterngezücht nannte. Der giftige 
Hass, den er dafür einerntete, ist begreiflich, und man sollte es 
nicht vergessen, unter welchem Vorwande ihn die jüdischen 
Schrif^elebrten hinrichten Hessen, nämlich wegen angeblicher 
Gotteslästerung, — - ein Vergehen, welches auch heute noch im 
deutschen Reichsstrafgesetzbuch figurirt und davon zeugt, wie sich 
die jüdischen vorchristlichen Ueberlieferungen trotz Christus er- 



— 24 — 

halten und auf neuere Völker verpflanzt haben. Wäre es also 
nicht zum grössten Theil Judenthum, was sich unter dem Namen 
Christenthum bei den neueren Völkern gleich den Juden selbst 
verbreitet hat, so müsste schon der allergeringste Anstand gelehrt 
haben, nicht grade diejenige Wendung immer zu wiederholen 
und diejenige Verbrechenserdichtung zu verewigen, durch deren 
Anwendung auf Christus eines der niederträchtigsten Verbrechen 
verübt worden ist, wovon die Welt allgemeine Kunde hat. 

Doch von dieser Bethätigung des jüdischen Nächstencultus 
an ihrem eignen Landsmann und Nächsten nur nebenbei ! Die 
Heuchelei heutiger jüdischer Schriftsteller hat sogar die Feindes- 
liebe im Sinne von Christus als früheren Bestandtheil der Juden- 
religion geltend machen wollen und sich dabei auf den Talmud 
berufen, der aber bekanntlich ein paar Jahrhunderte später redigirt 
und aus allem möglichen Vorangegangenen, Jüdischem und ver- 
judetem Fremden zusammengestückt ist. Was Hesse sich daher 
nicht Alles im Talmud in irgend einer schwachen Spur auftreiben! 
Selbstverständlich fehlen darin auch ein paar Reflexe des von 
Christus vertretenen reformatorischen Geistes nicht; denn die Juden 
eignen sich Alles an, freilich in ihrer Art, so dass bei der Ver- 
judung von dem ursprünglichen Sinn fast Nichts unentstellt bleibt. 
Was aber die Feindesliebe betrilBt, so kann nicht blos zugestanden, 
sondern muss gradezu darauf bestanden werden, dass sie in Gestalt 
der Heuchelei eine natürliche Beigabe der jüdischen Selbstsucht 
gewesen sei. Diese letztere affichirte eben da Liebe und Mitleid, 
wo sie sich am raffinirtesten maskirte. Falschheit ist schon von 
der sagenhaften Schlange her, die gleichsam an der Wiege des 
Judenstammes stand und ihr Wesen in ihn hineintrieb, ein charak- 
teristischer Grundzug. Die Erfindung der Liebesheuchelei ist von 
altem Datum und daher auch alttestamentlich illustrirbar. Christus 
wollte aber einmal die Sache aufrichtig und ernst genommen wissen; 
er wollte, dass trotz der Feindschaft und selbstsüchtigen Gesinnung 
etwas durchaus Entgegengesetztes zu einer nicht heuchlerischen, 
sondern wahren Wirksamkeit gelangte. Wieweit er hiemit Mög- 
liches angestrebt und wieweit er sich in Unmögliches, ja Wider- 
sinniges verloren habe, das ist eine andere Frage. Soviel muss 
aber für den Ausgangspunkt feststehen, dass seine Feindesliebe 
eine Zumuthung war, mit welcher, ernstgenommen, die Juden- 
race ihre eigne Selbstsucht gleichsam kasteien, ja kreuzigen sollte 



- 25 — 

4. Die Juden verstehen sich nicht nur, wie auch ihr heutiges 

benehmen zeigt, auf Mitleidsheuchelei und wickeln ihre ärgsten 

Niedertrachten oft in den Anschein des Mitleids und aller möglichen 

Tugenden ein, sondern diese Race beruft sich auch, wenn man 

iire Schlechtigkeiten nicht dulden will, dreist auf die christliche 

Liebe, mit deren Mantel alles jüdische Unwesen in einer für das 

ietztere profitabeln Weise fein stille zugedeckt werden soll. Sie 

wird schliesslich auch noch die Judenfeinde selbst angehen, die 

ciiristliche Feindesliebe auf die Mitglieder der Judenrace anzu- 

w^enden und auf diese Weise wehrlos dem Juden, wenn die rechte 

Tasche bereits ausgeräumt ist, auch noch die linke zur Ausleerung 

darzubieten. Man hat hienach alle Ursache, sich die Paradoxien,' 

imit denen Christus den schlechtesten Punkt des Judenthums treffen 

"wollte, näher anzusehen. 

Von Liebe wird im allgemeinsten Sinne gesprochen, wenn 
xnan sie dem Hass entgegensetzt. Geschlechtsliebe ist beispiels- 
"weise eine Erregimg, die bei edlerer Gestaltung auch einen Bestand- 
"tlieil hat, der zu allgemeinerem Wohlwollen stimmen kann, wie 
ciies jede gutartige Afiection und Freude vermag. Einzelne Ver- 
liünder des Chrislenthums, wie jener Saulus Paulus, haben sogar 
sichtlich einige Eigenschaften der Geschlechtsliebe für religiöse- 
-Affecte genommen und diesen untergeschoben; aber ein solches- 
<i:onfuses Verhalten sieht auch einem ehemaligen Pharisäer und 
^nem Renegaten aus dieser Species ähnlich genug. Die von 
<3hristus gemeinte Nächstenliebe soll der Selbstliebe gleich 
sein; Selbstliebe ist aber, und zwar nicht erst in ihrem höheren 
jüdischen Grade, nur ein anderer Ausdruck für Interesse an sich 
selbst und für Selbstsucht. Wenn also durch Christus das Ver- 
halten des einzelnen Menschen zu sich selbst Liebe genannt und 
als solche zur Bestimmung der Nächstenliebe gebraucht wird, so 
ist hier offenbar kein natürlicher Trieb, sondern eine künstliche 
Verstandeshaltung in Frage, vermöge deren jeder Jude sich so 
für den andern interessiren sollte, wie er sich mit seiner eignen 
Selbstsucht für sich selbst interessirt. Die Selbstsucht sollte also 
genöthigt werden, sich gleichsam auf den Kopf zu stellen und: 
so zu thun, wie wenn der Andere nicht ein Anderer, sondern 
das eigne liebe Ich wäre. Eine solche Vorschrift ist nicht die 
Veredlung irgend eines Naturtriebes, etwa des Mitleids oder über- 
haupt irgend einer Art des Mitgefühls, sondern die Kopfstellung 



\ 



— 26 — 

des natürlichen Menschen, dem sich sonst der 'Nebenmensch 
erst sehr entschieden bemerkhch machen muss, um auch nur 
einigermaassen berücksichtigt zu werden. Christus wollte diese 
natürliche Doppelheit nicht blos überbrücken, sondern auslöschen. 
Offenbar hat ihn hiezu die Wahrnehmung getrieben, dass mit 
der Selbstsucht, wie er sie bei den Juden fand, nichts anzufangen 
imd dass Rettung und Heil nur in ihrer völligen Austilgung zu 
suchen seien. Demgemäss wollte er die Selbstsucht entwurzeln, 
indem er etwas der Selbstliebe Gleiches, aber auf den Nächsten 
Gerichtetes als Pflicht auferlegte. 

Wieweit ist nun aber nicht ein solches aus der Verstandes* 
massigen Beobachtung der üblen Folgen der Selbstsucht entsprun- 
genes Pflichtgebot von einer positiven Regung entfernt! Es ist 
immerhin möglich, dass in der Gesinnung von Christus auch 
eine positivere Seite vorhanden gewesen, und dass so Etwas, 
wie wir es im menschlichen Charakter Herzensgüte nennen, oder 
aber auch eine überströmende, jedoch individuell gegenstandlose 
natürliche Liebe einen der Ausgangspunkte für die Betonung 
der Nächstenliebe gebildet habe. Dennoch lässt sich aber 
consequenterweise die Entstehung des Christenthums inmitten 
des Judenthums, wie abweichend geartet auch die Person des 
Urhebers gewesen sein möge, nicht begreifen, wenn man nicht 
annimmt, dass eine Selbstverwerfung der jüdischen Selbstsucht 
das Wesen der neuen sogenannten Liebe sei. Diese Liebe ist 
etwas Vorgeschriebenes und durchaus Künstliches; sie muss einen 
vorzugsweise negativen Ursprung haben. Sie ist eine Frucht des 
Gegensatzes, in welchen das seiner Elendigkeit innewerdende 
Judenthum mit seinen eignen angestammten Antrieben gerieth. 
Sie ist aus der tiefen Erkenntniss des an seiner Selbstbefriedigung 
verzweifelnden Wesens der Judenrace entsprungen. Sie ist ein 
letzter Nothanker, um die vor dem Schiffbruch stehenden Triebe 
der Selbstsucht zu fesseln, wie sie einst durch Schrecken, nach 
der alten Weise mit Blitz und Donner vom Sinai, ein wenig 
gezügelt worden waren. Dieses Schreckenssystem war bereits 
zum Popanz geworden, und Christus versuchte es nun, theilweise 
durch eine innere Macht etwas mehr zu erreichen. Der blosse 
Verstand, der die Selbsterkenntniss gegen die heillose Selbstsucht 
zu wenden sucht, will uns freilich, nach den uns angewöhnten 
Vorstellungen, als Eigenschaft von Christus nicht sofort in den 



— 27 — 

Sinn. Dennoch ist es aber allein dieser Verstand, dessen Annahme 
die ganze Nächstenliebe vor dem Vorwurf schützen kann, nichts 
als Judenheuchelei zu sein. Persönüch bei Christus möchte immer- 
hin, wie schon erwähnt, ein Drittes, aber doch erst an zweiter 
Stelle in Frage sein, nämlich die Ueberschwenglichkeit eines 
natürlichen Liebestriebes, der in Ermangelung eines einzelnen 
geeigneten Menschen sich auf sehr viele überträgt. Indessen muss 
man sich gegen diese Nebenannahme solange wehren, als noch 
eine andere Erklärung übrigbleibt. Diese geziemendere Erklärung 
ist nun die Ableitung der Vorschrift aus dem Verstände, der die 
Selbstsucht zu ertödten unternimmt, indem er das grade Gegen- 
theil von dem zu thun vorschreibt, wozu die Natur und hier 
speciell die Judennatur antreibt. Die Nächstenliebe ist also hienach 
gleichbedeutend mit Ausrottung der Selbstsucht. Da jedoch die 
Triebe an sich nicht verschwinden, so kann es sich thatsächlich 
nur um eine Niederkämpfung, also im christlich jüdischen Sinne 
um eine Kasteiung handeln. 

Nun gar den Feind nicht hassen, also sich gegen ein 
Naturgesetz der Triebe verhalten, kann offenbar nur einen 
einzigen verständlichen Sinn haben, nämlich den, in der 
verstandesmässigen Ueberlegung den Trieb des Hasses ver- 
urtheilen und es ebenfalls mit dem Verstände versuchen, ob 
nicht ein Verhalten wie gegen Freunde zum allgemeinen Heil 
lühre. Es versteht sich, dass ich diese Wendung wesentlich für 
einen Irrthum halte, in welchem nur ein einziges Körnchen 
Wahrheit miteingeschlossen ist. Diese wenige Wahrheit besteht 
eben darin, dass der Verstand eine mässigende Macht hat und in 
seine Herrschaft über die Antriebe auch die lebendige Vorstellung 
von dem Unheil eines blossen Hass- und Racheregimes aufnehmen 
kann. So mag er in einigem Maasse über die Gemüthsregungen 
Meister werden, sie einschränken, ihnen eine edlere Haltung er- 
theilen, aber nicht etwa sie austilgen. In denVorschriften der Christus- 
lehre erscheint freilich die Ausrottung aller feindlichen Erregungen 
als die eigentliche Aufgabe, Wie sollte sonst die Zumuthung 
möglich sein, den Hass desFeindes inLiebe zu ihm zu verwandeln! 
Wundern dürfen wir uns über solche ausschweifende Paradoxien 
nicht; denn sie sind oder sollen vielmehr ein Gegengift gegen 
das Judenwesen sein, und ausserdem sind sie auch überhaupt 
leichter aufzustellen und auszusprechen, als sich etwa die Gesetze 



— 28 — 

einer- wirklich maassvollen Moral auffinden und an die Menge 
mittheilen lassen. Das Judenwesen ist hier in doppelter Hinsicht 
im Spiele. Erstens erfordert es vermöge seiner Unbändigkeit 
äusserste Mittel und will sozusagen in seinen wüsten Rücksichts- 
losigkeiten scharf angefasst sein. Eine Kreuzigung seiner Lüste 
und Begierden liegt aber im weiteren Sinne auch darin, dass 
ihm eine vollständige Tödtung seiner Natur zugemuthet wird, 
und diese liegt in der Abthuimg des grausamen Hasses, welcher 
dem Racenjuden unveräusserlich anhaftet. Zweitens ist es dem 
Juden aber auch entsprechender, in Verstand wie in Gemüth 
etwas Extremes und gleichsam eine vollständige Kopfstellung 
anzunehmen, als irgend ein Maass einzuhalten. Von solcher 
orientalischen Spitzigkeit, Ueberschwenglichkeit und überhaupt 
Uebertreibung zeugen fast alle Wendungen, die wir in der 
nationaljüdischen Literatur antreflen. Das neue Testament macht 
hievon keine Ausnahme, wenn es auch in griechischer Sprache ab- 
gefasst worden ist. Auch ist es kein Wunder, dass die Wendungen 
und Worte, welche von diesen Berichten Christus . selbst zu- 
geschrieben werden und ihm zum grössten Theil und im Kerne 
wirklich angehören mögen, doch ebenfalls den Stempel des racen- 
jüdischen Geistes tragen. Es überrascht dies so wenig, dass viel- 
mehr das Gegentheil davon ein unerklärliches Wunder sein würde. 
Uebrigens vergleiche man die Thatsachen mit den Lehren, 
die Handlungen mit den Worten; derselbe Christus, dem die 
Vorschrift zugeschrieben wird, diejenigen zu segnen, die ims 
fluchen, donnerte gegen seine eignen Feinde, die Schriftgelehrten, 
mit Scheltworten wie Otterngezücht. So Etwas war oiBfenbar kein 
Wohlthun gegen Feinde, ebensowenig als es auf den Hass ver- 
zichten hiess, wenn Christus die Wechsler mit ihren Tischen aus 
dem Tempel jagte. Hass und Zorn gegen das Schlechte müssen 
bestehen bleiben; sonst hört alle Moral auf. Ueberhaupt haben 
die Gemüthsbewegungen auch in ihren feindlichen Gestaltungen 
ihren guten Sinn, und nicht das Feindschaftsverhältniss an sich ist 
schlecht, sondern nur die Feindseligkeit gegen das Gute. Den' 
Feind nicht hassen ist ein logischer Widerspruch und die funda- 
mentalste Unwahrheit, die sich erdenken lässt. Ein solcher Begriff 
ist widersinniger als der von Eisen, welches Holz sein soll, oder 
der einer ungraden Zahl, die grade wäre. Wohl aber sagen der- 
artige Extreme, in welche der haltungslos werdende Gedanke 



Verfällt, dem eckigen und durchaus nicht harmonischen Judäer- 
verstande zu. Dieser alterirt jede Wahrheit, indem er sie ver- 
zerrt, und so mag es gekommen sein, dass eine Lehre, die in 
ihren tiefsten Motiven doch wohl nicht von vornherein auf lauter 
Widersinnigkeit angelegt war, in ihrer Ausprägung die gekenn- 
zeichnete Zerfahrenheit des Denkens bekundete. Es ist dies eben 
eine Frucht der Nothwendigkeit, in welcher sich Christus befand, 
dem racenjüdischen Wesen beizukommen. Um Verwerfung dieses 
Judenwesens handelte es sich; aber nur indem dieses gleichsam 
mit seinen eignen Ecken gestossen wurde, konnte es aufgerieben 
werden. Eine Selbstaufreibung der Judentriebe liegt also in jener 
Zumuthung der Feindesliebe, aber zugleich auch ein Heuchel- 
keim, wie er zu dem hebräischen Wesen oder vielmehr Unwesen 
ganz wohl stimmt. Das Christische hiebei stammt eben auch 
aus dem Judäischen ; nur ist es eine der bessern Rückwirkungen 
gegen dessen schlechte und zugleich aus dessen unzulänglicher 
Beschaffenheit. 

5. Man beherzige es wohl. In jener Frage der Feindesliebe 
hat man wesentlich nur die Wahl zwischen Verstandesmässigkeit 
und Heuchelei. Die thatsächliche Geschichte des Christenthun^s 
von seinem ersten Anfang bis auf den heutigen Tag zeigt 999 
Theile Heuchelei und nur einen einzigen, der dies nicht ist. Jedoch 
auch dieses eitie Tausendstel ist nur durch die Einmischung einer 
Natturegung entstanden, die mit der eigentlichen Liebe nichts 
zu schaflen hat Es ist dies das Mitleid mit dem Elend und der 
Hülflosigkeil. Diesem Naturantfiebe, der bei den modernen Völkern 
vermöge der bessern Racenbeschaflenheit auch mehr hervortrat, 
sind die Einrichtungen der Barmherzigkeit zu verdanken, die man, 
•wie die uneigennützigen Seiten der Krankenpflege, dem Christen- 
thum zuschreibt. Soweit diese Einrichtungen nicht blosse Maske 
des Eigennutzes ihrer interessirten Leiter, Faiseurs und Schmarotzer 
sind, wurzeln sie allerdings im Mitgefühl mit dem Leiden und in 
der Erkenntniss, dass es für den Wohlthäter wie für den Empfänger 
der Wohlthat gleich heilsam sei, dass solche Werke der edel- 
menschlichen Theilnahme geübt werden. Hievon abgesehen, 
bleibt aber für das thatsächliche Christenthum nur Liebesheuchelei 
übrig; denn die Verstandesmässigkeit, mit der sich das Juden- 
wesen gegen sich selbst wenden sollte, ist selbst nicht verstanden 
worden, weil sie von vornherein i^u • umdunkelt war und auch 



- 30 - 

nicht zu der späteren Verstandesnacht passte, in welcher die 
Religion vorzugsweise ihr Wesen trieb. 

Kehrt man zu Christus persönlichem Verhalten zurück, so 
bekunden auch andere Züge als die Anempfehlung der Feindes- 
liebe, dass es sich überall um eine recht sichtbare Umkehrung 
des Judenwesens handelte. So ist jener Demuthsact oder vielmehr 
jener Act absichtlicher Selbsterniedrigung, in welchem Christus 
seinen Jüngern die Füsse wusch, sichtbarlich darauf angelegt ge- 
wesen, als thatsächliche und handgreifliche Paradoxie zu lehren, 
wie sich die Anmaassung durch Selbstkasteiung auszutilgen habe. 
Dieser Act sollte ein Beispiel für diejenigen sein, die sich mit 
ihrer Eitelkeit nicht zu lassen wüssten. Er sollte zunächst die 
Jünger selbst beschämen und ihnen ausserdem zeigen, wie sie sich 
künftighin von ihrem Dünkel zu heilen hätten. Trotz dieser guten 
Seiten der Sache kann man aber doch nicht umhin, die Noth- 
wendigkeit zu bedauern, vermöge deren es Juden gegenüber und 
für Juden kein anderes Mittel gab, als es mit einer solchen 
paradoxen Umkehrung und Kopfstellung des natürlich en Verhält- 
nisses zu versuchen. Es zeigt sich hierin wiederum, dass die 
Juden Alles in das Aeusserste übertrieben haben wollen, und 
dass eine Wahrheit für sie auch nicht die geringste Aussicht hat, 
zugänglich zu werden, wenn sie nicht auf die Spitze gestellt 
wird und sich in irgend einer orientalischen Hyperbel, d. h. in 
einem asiatisch übertriebenen, wörtlichen oder thatsächlichen 
Ausdruck geltend macht. 

Wer solchen Hyperbeln nachgehen wollte, würde in den 
eignen Worten von Christus eine ganze Anzahl auffinden. Auch 
die überstarken Ausdrücke von mehr als blossem Selbstgefühl 
gehören hieher. Inmitten der Judenrace nehmen sie sich ganz 
heimisch aus. Es würde sogar überraschen müssen, wenn sie 
anders ausgefallen wären. Himmel und Erde sollen vergehen, 
aber die Worte von Christus nicht. Dieser Ausspruch im Munde 
von Christus selbst ist von einer orientalischen Bildlichkeit, deren 
Rahmen über die natürlichen Grenzen hinausreicht. Inmitten 
anderer Völker, die mehr Maass halten, würde ein solcher Aus- 
druck der Zuversicht nicht angemessen gewesen sein. In der 
orientalischen Umgebung gehört er aber noch zu den gelindesten 
Wendungen. Der Weg, die Wahrheit und das Leben zu sein, 
ist auch nicht wenig; dennoch gehört dieser Ausspruch zu den 



— 3i — 

verhältnissmässig natürlichen und bemessenen. Inmitten der Juden- 
nation waren sehr starke Bethätigungen der Ueberzeugung noth- 
wendig; denn der Racenjude ist seinem Naturell nach daran ge- 
wöhnt, mit der ungeheuerlichsten Dreistigkeit Alles abzuschütteln, 
was ihm nicht gleich spitzig und eckig in sein Fleisch fährt. Auf 
diese Weise kann man sich die Sitte erklären, mit colossalen 
Metaphern und ganz einseitigen Gedanken und Wortzuspitzungen 
auf ihn einzudringen. Die Propheten hatten in dieser Hinsicht 
wahrlich nicht wenig geleistet und einige ihr Volk ärger ge- 
züchtigt, als es irgend ein moderner Judenfeind gethan hat. Der 
offenbar milde Christus beschränkte sich darauf, die gedankliche 
Selbstverwerfung des jüdischen Wesens und ausserdem die Festig- 
keit der Ueberzeugung von seinem eignen persönlichen Beruf in 
derartige überschwengliche, aber judengemässe Wort- und That- 
formen zu kleiden. Er musste sich als Geistesführer bei einem 
Volksstamme Ansehen verschaffen, der nicht gewillt war, Etwas 
gelten zu lassen, was nicht in der jüdischen Art und Weise 
starken Eindruck machte. 

Uebrigens dürfen wir überhaupt in Christus eignen oder 
ihm wenigstens zugeschriebenen Worten und Thaten eine Anzahl 
racenjüdischer Züge nicht verkennen. Wir würden sonst das 
ganze Christenthum in das moderne Völkerwesen hinein miss- 
deuten. Wir würden das, was an dem mittelalterlichen Christen- 
thum und an den heutigen Resten volkslebendiger Vorstellungen 
von der Christuslehre beispielsweise germanisch ist oder über- 
haupt den modernen Culturvölkem angehört, fälschlich als eigent- 
liches und ursprüngliches Christenthum ansehen. Sogar das 
Gedankenbild über Christus selbst, welches sich die neuern Völker 
nach ihren nichtjüdischen Ideen und Gefühlen gemacht haben, 
weicht erheblich von demjenigen ab, wie es durch eine un- 
befangene Betrachtung aus den doch vorzugsweise jüdischen 
Ueberlieferungen des neuen Testaments entworfen werden kann. 
Jenes neuere Völkerbild von Christus ist weit edler geartet, und 
man sollte es sich auch noch heute stets angelegen sein lassen, 
dieses Bild in den Gemüthern mit derjenigen Achtung zu be- 
handeln, auf welche eine solche Idealbildung europäischer Völker 
schon um des Charakters dieser Völker selbst willen Anspruch 
hat. Vielleicht ist es auch nur unser eignes besseres Völkerselbst, 
welches Viele so treu an jenem Christusbilde festhalten lässt und 



— 32 — 

ihnen Alles zuwidermacht, was mit diesen sie anmuthenden 
Zügen nicht stimmt. Wir werden widerlich berührt von der 
heutigen jüdischen Unverschämtheit, die sich mit niederträchtigen 
Worten an Christus vergreift und nur die Fortsetzung der einstigen 
Hinrichtung des grössten unter den Juden aufgestandenea Pro- 
pheten und Reformators ist. Noch widerwärtiger hat mich aber 
immer die Manier der getauften Juden berührt, welche sich alle 
racenjüdischen Zöge im Christusbilde des neuen Testaments zu- 
nutze zu machen versuchen, um in ihrer christischen Maske das 
Racenjudenthum nur um so ungenitter zu verherrlichen und zu 
fördern. 

Dem gegenüber ist es am Orte, sich vor der Untersuchung 
derjenigen Züge nicht zu scheuen, die in Christus eigner Lehre 
ein racenjüdisches Gepräge offenbaren. Nach Christus soll das 
ganze Gesetz und die Propheten der Juden durch zwei Gebote 
ersetzt werden. Das an erste: Stelle genannte ist das, Gott 
seinen Herrn von ganzem Herzen zu heben. Das zweite aber, 
welches diesem gleich sein soll, ist das, seinen Nächsten zu heben 
wie sich selbst. Angesichts dieser fundamentalen Vorschriiten, 
die über alles Andere entscheiden, bemerke man wohl, dass Gott 
als Herr vorgestellt und demgemüss auch als Herr geliebt werden 
soll. Dieses Herrenthum und dieses Verhältniss von Herr und 
Knecht ist noch echt racenjüdisch gedacht. Allerdings mildert es 
sich da, wo der Gott als Vater Aller vorgestellt wird, wie in dem 
Gebet von Christus, welches nach den Anfangsworten Vaterunser 
heisst und schon in diesem Anfang ein edleres Bild darbietet. 
Jedoch auch in diesem Gebet hat der Scbluss schon wieder eine 
andere Signatur; denn dort ist der letzte Grund und im eigent 
hchen Sinne des Worts die ultima ratio bekanntlich, dass sein, 
nämlich Gottes, das Reich, die Kratt und die Herrhchkeit, d. h". 
dieHerrschaft, sei. Hierin bekundet sich offenbar ein Zug jödischff 
Machtanbetung, die ja sonst aus dem ganzen Judenwesen und 
beispielsweise auch aus der jüdischen Lyrik in den Psalmen bei- 
vorleuchtet. Zwischen den Bildern vom Herrn und ICnecht einer- 
seits und vom \"ater und Kind andererseits ist überdies bei den 
Juden kein so grosser Gegensatz, wie bei ans und übe rhaupt b« 
gemüthvolleren, zu einer milderen Sitte b« ' " " 
wickelten Völkern. Das Vattrverhültniss ist I 
weit mehr ein crasses UerrschaftsverhältBi 



— 33 — 

die jüdische Familie das nicht kennt, was neueren Völkern und 
insbesondere den Deutschen als Innigkeit hohen Werth hat. Es 
ist auch hier bei den Juden mehr Selbstsucht und Herrschaft 
und, trotz der Verwandtschaftsbande, weniger natürliches Mit- 
gefühl. Wenn wir also heute das Bild vom Vater und seinen 
Kindern nach unsem Begriffen zur Erläuterung des christlichen 
Verhältnisses von einem Gott und den Menschen brauchen, so 
machen wir das Christenthum besser, als es thatsächlich war. Wir 
legen nämlich in seine Ideen etwas hinein, wovon es, Angesichts 
des Judenstaates imd der Judenfamilie, keine Ahnung hatte und 
haben konnte. 

Christus Verhältniss zu seiner eignen Familie ist hiebei auch 
nicht zu vergessen. Er wollte bekanntlich weder von seinen 
Eltern noch Brüdern etwas wissen und Hess sie, wenn er unter 
seinen Jüngern lehrte, nicht zu sich, sondern gradezu abweisen. 
Seine Jünger seien seine Angehörigen. Wenn nun auch dieses 
Missverhältniss bei grossen Naturen, die ihren eignen reforma- 
torischen Weg gehen, nichts Ungewöhnliches ist, so hatte es doch 
im Falle von Christus den besonders schroffen Charakter, den die 
jüdische Art und Weise der Familie seitens der mit Christus 
Thätigkeit unzufriedenen Familienglieder mit sich brachte. Ein 
Prophet gilt am wenigsten in seinem Vaterlande und am aller- 
wenigsten in seiner Familie; dieser Satz, welcher aus begreiflichen 
Gründen zwar nicht immer aber doch vielfach zutrifft, erklärt 
in der That die Isolinmg von Christus gegen die Familie, der 
er angehörte, oder vielmehr das selbstische Verhalten der Familien- 
glieder, die mit Missfallen auf seine Reformatorrolle sahen, weil 
sie dadurch in ihren herkömmlichen Interessen gestört wurden 
und sich selbst gefährdet glaubten. Einem Muhamed gelang es, 
seine Angehörigen auch zu Anhängern seiner Lehre zu machen. 
Christus dagegen hat sich offenbar in einem schroffen Gegensatz 
gegen seine Angehörigen befunden, und nicht dieser Gegensatz 
überhaupt, sondern die Schroffheit desselben ist es, was auf Rech- 
nung der jüdischen Familienselbstsucht zu setzen ist, die k einen 
hohem Beruf, als den herkömmlichen Dienst des Judenthums, 
dulden wollte. Hat doch auch Christus selbst vorausgesagt, dass 
seine Lehre einst dahin wirken müsse, die Glieder der Familie 
gegeneinander zu empören! 

Ueberhaupt hat diese Lehre etwas Zersetzendes und Zer- 

Dü bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 3 



fahrenmacheades. Sie ist ein in den HeuclielbestandtheÜen ernst- 
genommenes, aber so auch desorientirtes Judenthum. Ihr ver- 
hältnissmässig Bestes und Natürlichstes ist die Auflehnung gegen 
das heuchlerische Verlehrtenthum: aber diese relativ gute Seite 
haflete an der Person von Christus, und die bessere Sache wurde 
bereits durch Paulus wieder einigermaassen in das Gegentheil 
verdorben. Man vergleiche hierüber sowie überhaupt bezüglich 
des Urchrisüschen die vierte Auflage meiner Judenfrage (Cap. 2 
Nr. 7 und 8). "Was aber die sogenannte Nächsten- und gar 
Feindesliebe mit ihrem alten heuchlerischen Ursprung und mit 
ihrem unmittelbaren, auch von Christus aus weiter fortwirkenden 
fleuchelkeim betrifft, so ist nur ein ganz kleiner Bestandtheil 
davon dadurch in besserem Lichte zu zeigen, dass man ihn auf 
eine, allerdings auch quergerathene, Verstandesvelleität zurück- 
führt. Die thatsächliche Frucht ist demgemäss, trotz immerhin 
persönhch besserer Absichten des Urhebers der Lehre, welt- 
geschichtlich nichts weiter als Judenheuchelei und deren Nach- 
ahmung, sowie in neuerer Zeit daneben auch heuchlerische 
Philanthropie, aber nie eine echte und natürliche Humanität ge- 
wesen. Im Gegentheil stehen die bessere Menschlichkeit und der 
aufrichtige Sinn mit aller derartigen Ueberlieferung auf gespanntein 
Fuss. Wiesich diese Unverträglichkeit mit der fortschreitenden 
Geschichte der neuern Völker immer mehr offenbaren müsse, 
wird sich in der Darlegung der praktischen Auseinandersetzung 
zeigen, die sich der Judenüberlieferuag gegenüber seitens der 
frischen und culturfahigen Völker theils bereits vollzogen hat, 
theihi demnächst vollziehen wird. 

Die Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit aber, die in 
diesem Capitel sich als Nebenproblem ergeben hat, möchte, das 
ist zuletzt der Schluss von Allem, am einfachsten sein, wenn 
man jeden Anklang an eine etwaige Hypothese von gemischtem 
Blut fallen liisst. Alsdann hat der fragliche Stammesjude als be- 
sonders her\'orragend unzweifelhaft nur die eine gute Eigenschaft, 
sich gegen die Verlehrten von damals als gegen ein Otterngezücht 
aufgelehnt zu haben. Im Uebrigen mag aber seine ganze Lehre 
auch vom Gesichtspunkt der Racenkritik aus beurtheilt und daher 
fast in allen ihren Zügen und Formen verworfen werden. Jed- 
wede Paradoxie erklärt sich alsdann theilweise auch aus dem 
Bestreben, sich durch etwas recht Ungewöhnliches auszuzeichnen 



-So- 
und sich dem Herkommen gegenüber eine neue Position oder 
wenigstens den Schein davon zu geben. Auch der Ausbruch der 
einseitigen Leidenschaft kleidet sich in Paradoxien ; ja sogar die 
persönliche Selbstgenugthuung eines Sectenführers^ um in diesem 
Falle nicht zu sagen Eitelkeit, mag dabei unter Umstanden, 
zumal wenn er Hebräer ist, im Spiele sein können. Christus und 
sein Christisches standen eben auch unter den Natiu"gesetzen 
des Empfindens, Fühlens und Denkens, und noch dazu unter 
denen, die der hebräischen Natur anhaften. Die Folgerungen 
hieraus bringen mehr Klarheit und Einheitlichkeit in die Be- 
trachtung; aber wir haben ursprünglich lieber davon abstrahiren 
und der Hypothese von der Mischlingsnatur auch jetzt noch ein 
Bischen vorläufigen Spieb-aum ofl'en gelassen. Unsere Erörterungen 
sind dadurch zweischneidig geworden, nämlich auch verbindlich 
für oder gegen Diejemgen, die auf die Blutmischungsannahme 
nicht verzichten wollen. Wir allerdings haben schliesslich diese 
Annahme, obwohl wir sie selber streiften, als ein Verlegenheits- 
erzeugniss durchschauen gelernt. Jene pure Verlegenheitshypo- 
Ihese von der nicht racenjüdischen Natur von Christus ist nämlich, 
genauer untersucht, pure Willkür, und wäre nie aufgestellt worden. 
Wenn man nicht das beutige Christenthum moderner Völker vor 
der Missliebigkeit hätte bewahren wollen, auch persönlich einen 
rein racenjüdischen Ursprung und überdies zum Gegenstande 
seines Cultus oder wenigstens der moralischen Achtung einen 
Stammesjuden zu haben. Ueber Letzteres können sich nun aber 
die modernen Völker hinwegsetzen, sobald sie nur entschlossen 
sind, dem Christischen den Rücken zu kehren und die eignen 
bessern Eigenschaften zu einer höheren religionsersetzenden 
Geisteshaltung zu entwickeln. 



Drittes Capitel. 

Loslösung der modernen Völker von aller 
I Judenüberlieferung. 

1. Den bisherigen Darlegungen zufolge ist das Christenthum 
in zwei Bestandtheile zu zerlegen. Der eine desselben ist wesent- 
lich racenjüdisch, der andere rührt von den modernen Völkern 
her. Wenn man beispielsweise auf deutschem Boden und zwar 

3* 



— 36 — 

vorzüglich in den Kreisen der Consen-ativen oder der Romantiker 
vom christlich Germanischen redet, so ist die Verknüpfung dieser 
beiden Worte allerdings geschichtlich gerechtfertigt. Nicht minder 
gerechtfertigt ist aber ihre Trennung; denn das Germanische muss 
sich von dem Christlichen scheiden. Nur so kann der deutsche 
und überhaupt der moderne Völkergeist seinen Beruf erfüllen. 
Er muss mit allen JudenüberUeferungen brechen, wenn er sich 
selbst vollständig gewinnen imd in seinem edleren Wesen 
ausleben will. Das sogenannte Christenthum in seinem 
bessern Bestandtheil ist aber nur ein Name für Elemente 
des neueren Völkergeistes, die mit der Judenrace und dem, was 
diese anging, nichts zu schafien haben. Was die persönlich 
achtungswerthe That auf dem Boden Palästinas, also den Versuch 
einer Reformation des Judenthums betrifft, so dient sie, je ernst- 
licher sie gemeint war, nur um so mehr zum Beweise, dass an 
der Judenrace, wie der Volksausdruck sagt, Hopfen und Malz 
verloren war. Jener Versuch beweist, dass aus der Umgebung 
des Judenstammes heraus und in Anknüpfung an seine lieber- 
lieferungen nichts zu retten und nichts zu verbessern gewesen 
ist. Das Misslingen war nur eine Bestätigung der Unmöglichkeit, 
aus dem Judenwesen etwas Gutes zu machen und, um auch ein- 
mal einen hier passenden eignen Ausdruck des Reformators zu 
gebrauchen, Trauben zu lesen von den Domen. Eine Dornenkrone 
Hess sich davon pflücken, aber nichts Anderes, und im Uebrigen 
ist jener Opfertod höchstens in der Gesinnung anderer besserer 
Völker geistig fruchtbar geworden. Jedoch auch hiebei hat ein 
Missverständniss obgewaltet. Die bessern Völker haben nicht be- 
grillen, dass sie nur das Surrogat waren, und dass ursprünglich 
die ganze Lehre und der ganze Versuch doch an Juden gerichtet 
und auch ausschliesslich für Juden bestimmt war. In diesem 
Sinne war das Christenthum in seinem Ursprung ein an sein Ende 
und bis zur Verzweiflung an sich selbst gelangtes Judenthum. 
Hiefür zeugt auch die Beschafienheit des neuen Testaments. 
Neben dem Versuch zum Guten, den es beurkundet, offenbart 
es auch viele Zerflossenheit, wie sie von den Schülern und An- 
hängern der neuen Lehre ausging. Dahin gehört die zweideutige, 
an Verwerfung streifende Behandlung der Ehe und überhaupt der 
zerfliessende Communismus mit seinem Terrorismus und seinen 
Gewaltthaten gegen diejenigen, die ihre Güter vorzuenthalten 



— 37 — 

sagten. Es deuten diese Züge auf eine zerrüttete Gesellschaft 
und auf eine entsprechend zerrüttete Denkweise. Der zerfliessende 
Geist, der sich in vielen Theorien des neuen Testaments nicht 
verkennen lässt, war offenbar eine Wirkung der allgemeinen 
Zersetzung und Zerfahrenheit, die damals nicht blos die Juden- 
gesellschaft, sondern auch die ganze Culturwelt des verkommenen 
Griechenthums und des ebenfalls schon gesunkenen Römerthums 
ergrifien hatte. 

In der Völkergeschichte ist es eine alte und sehr begreifliche 
Erfahrung, dass die äusserlich triumphirenden, frischeren, darum 
aber auch unentwickelteren Völker von den Besiegten mit einiger 
Bildung imd Cultur auch viele Verbildung, allerlei Laster und 
neben diesen auch geistige Verderbtheiten annehmen. So gerieth 
das Griechenthum mit seiner Asiatisirung vollends in Verfall, und 
so wurden die Römer erst recht corrumpirt, als sie die griechische 
Welt und einen Theil des Orients überwanden. Wirklich frische 
Völker sind in diesen Beispielen allerdings nicht vertreten; aber 
die Nationen der Völkerwanderung und unter ihnen die Germanen, 
welche sich über das römische Reich erobernd ergossen, konnten 
der Ansteckung um so weniger ausweichen, je unkundiger sie in 
. den Künsten der raffinirten Civilisation waren. Ihr Zustand war 
geistig rückständig im Verhältniss zu dem, was ihnen geboten 
wurde. Sie nahmen an. was sich ihrer Fassimgskraft am eben- 
bürtigsten aufdrängte. Zu höherer Bildung waren sie zunächst 
unfähig; so Etwas kam erst fast ein Jahrtausend später mit der 
Wiedererweckung der Wissenschaften und Künste aus den grie- 
chichen und römischen Literaturresten. Wohl aber fielen sie einer 
andern Macht anheim, die, anstatt wissenschaftlich und künstlerisch 
zu sein, vielmehr die Feindschaft gegen Wissen und Kunst zum 
Princip hatte. Dies war das Christenthum in seiner überlieferten, 
wesentlich jüdischen Gestalt. Allerdings war es auch mit anderm 
Asiatismus versetzt, wie namentlich mit der Lehre von der Drei- 
einigkeit, der man einen indischen Ursprung zuschreiben muss. 
Dies thut aber nichts zur Sache. Die anscheinend neue Religion 
empfahl sich wenigstens durch jüdischen Mangel an Sinn für 
Wissenschaft und Kunst, und so mag sie dem brutalen Wesen 
der noch in ihrer Kindheit befindlichen Völker durch scheinbare 
Naivetät zugesagt haben. Der herrschende rohe Aberglaube, den 
die Fäulniss der alten Welt mitsichgebracht und den die bunte 



— 38 — 

Völkermischimg colossal Tcrmehrt hatte, steigerte die Empfäng- 
lichkeit für ieden zusagenden Widersinn. Die angestammten 
Götter der frischen Völker waren zu rohe Vorstellungsgebilde, 
um auf dem Boden fremder besiegter Nationen aushalten zu 
können, und so verschaflte sich das Christenthum weitern Ein- 
fluss, nachdem es zuvor aus dem jenseitsbedürftigen Elend der 
alten zersetzten Griechen- und Römerwelt seine Nahrung gezogen 
hatte. Die entfernteren nordischen Völker, die auf eignem Boden 
hausten, sind aber dem Christenthiun nicht freiwillig zugefallen. 
Sie mussten erst durch das Schwert anderer bereits bekehrter 
Völker zimi Christenthimi gleichsam gepresst werden. Wir auf 
unserm norddeutschen Boden sind Beispiele dieser Art, und die 
Skandinavier haben das Christenthum fast erst im Uebergange 
zum zweiten Jahrtausend zugelassen. Ob es bei ihnen dafür auch 
am längsten dauern werde, ist eine andere Frage. Es steht dieser 
Annahme wenigstens entgegen, dass mit der kürzeren Zeit auch 
das Wurzelschlagen kein allzu tiefes sein kann. Es wird also 
dabei weniger auf eine Selbstauflösimg des Christenthums, als 
vielmehr auf das Wiederhervorbrechen der Macht des ger- 
manischen Urgeistes zu rechnen sein. 

Wie aber auch der Stoff in unser Fleisch und Blut gedrungen, 
er wird in jedem Falle wieder ausgeschieden werden müssen, 
sollte auch das Heilverfahren einige seh merzhafte Operationen ein- 
schliessen. Eine solche Ausscheidung der in der Unmündigkeit 
angenommenen fremden Elemente ist überhaupt eine menschheits- 
geschichtliche Nothwendigkeit. Sie gilt für alle Gebiete und 
nicht blos für das derReligion. Andere, uns naheliegendeBeispiele 
sind das römische Recht, die römischen Literaturüberlieferungen 
und die ganze geistige Erbschaft vom Giiechenthum her. Was 
gut ist und dem bessern neuern Völkergeist nicht widerspricht, 
wird natürlich in der Sache beibehalten werden, wenn auch dasr 
fremde Gewand, in welches sich die neuere Bildung nun schon 
ein halbes Jahrtausend lang gehüllt hat, abgelegt werden muss. 
Zu diesem Guten gehört besonders das rein Verstandesmässige ; 
denn der Verstand kann in seinen wirklich gelungenen Herv'or« 
bringungen am ehesten von Nation auf Nation übergehen. Rein 
wissenschaftliche Züge, also auch diejenigen der Rechtstheorie 
und namentlich einige Seiten des sogenannten Obligationenrechts, 
können angeeignet werden, wie mathematische Sätze; aber sie 



— 39 — 

dürfen -eben darum nicht im Gewände abgelebter Sprachen ver- 
bleiben. Dagegen ist Alles, woran die Geschichte ändert, also 
namentlich die Individualität der Völker, unübertragbar oder wird 
nur als oberfläc hlicher Schein und zum Schaden des eignen Wesens 
angenommen. Es mag einige rohe oder noch unkundige Genera- 
tionen vorläufig schulen und formell einige Dienste leistenj aber 
es muss dafür später in seinem unhaltbaren Inhalt wieder ^bgethan 
werden. Nach solchem Lernen ist auch viel zu verlernen, und 
diese Arbeit, so schwer sie den Völkern ankommt, muss zur 
Befreiung ihres eignen Geistes einmal auch verrichtet werden. So 
täusche man sich, um das verführerischste Beispiel zu wählen, durch 
die verhältnissmässigen Formvorzüge griechischer Belletristiknicht 
über deren unzulänglichen, ja oft unleidlichen Inhalt. Der grie- 
chische Nationalcharakter war kein letztes Ideal; Trug und List 
waren wesentliche Bestandtheile. Das fragliche Volk hat dem- 
gemäss auch sein Schicksal erfüllt; aber nicht blos um Völker- 
leichname, sondern auch um Literaturleichname handelt es sich. 
Wer tief genug eingedrungen ist in diese Reste, muss lächeln, 
wenn er die neuere Humanität als von den Griechen stammend 
ausgegeben findet. In dieser Einbildung der sogenannten classi- 
schen Gelehrten waltete von vornherein ein ähnliches Missverständ- 
niss ob, wie bezüglich des Christenthums. Der neuere Völkergeist 
hat nach seinem eignen Bilde das Alterthum idealisirt und ihm 
auch solche bessere Züge zugeschrieben, die es wirklich nicht 
hatte und nicht haben konnte. Die ganze Vorstellimg von dem 
humanen Charakter der classischen Studien und der ganze moderne 
Begrifl' der Humanität ist auf diese Weise entstanden. Das 
Griechenthum unbefangen betrachtet, weist weder in seinen 
Thaten noch in seinen Schriften, ja nicht einmal bei seinen 
wirklichen Weisen, wie bei einem Sokrates, diese Vorstellung der 
Humanität im Sinne einer milden und veredelten MenschUchkeit 
auf. Unsere Begriffe von der Humanität sind allerdings durch 
derartige Literaturanregungen mit entstanden; aber sie stammen 
im tiefsten Grunde aus unserm eignen Völkerwesen. Indem wir 
die griechischen Lehren in uns aufnahmen, arbeiteten wir sie 
nach unserm eignen bessern Maasse um. Allermindestens müsste 
man auch in der Humanität, wie im Christenthima, zwei Bestand- 
theile unterscheiden; denn derjenige Bestandtheil oder diejenige 
Art von Humanität, die sich im Alterthum selbst findet, ist un- 



— 40 — 

gleich unvollkommener als die moderne, mag es sich nun um 
leitende Begrifie oder um kennzeichnende Thaten handeln. 

Was ist überhaupt Menschlichkeit? Doch wohl die irgend 
einer bessern Menschenart, also irgend einer Nationalität, insofern 
sie etwas gut MenschUches an sich hat Humanität ist edlere 
Menschlichkeit. Je edler ein Volksstamm ist, um so besser wird 
er die Menschheit in sich ausprägen. Bios Mensch zu sein, 
ist äusserst wenig, und kann nicht nur an das Vieh, sondern, 
was schlimmer ist, gleichsam an den Teufel grenzen. Mensch 
ist auch der Judäer; aber auf blosses Menschsein können wir 
bei dem besten Willen nicht viel geben; denn dieser Charakter 
ist gar zu vielgestaltig und gar zu fähig, zu entarten und in den 
widerwärtigsten, werthlosesten Typen zu existiren. Wenn nun 
schon bei der Hiunanität ein Unterschied nöthig ist, so ist er 
noch weit noth wendiger bei jener th at sächlichen Abart des Juden- 
thums, die heute einschliesslich der beigemischten Elemente des 
modernen Völkergeistes Christenthum heiSvSt. Der Gegensatz inner- 
halb dieses gemischten Christen thums ist ein gewaltiger; denn 
wieweit muss nicht eine Ueberlieferung der Judenrace von dem 
Geiste der europäischen Völker abliegen! Wenn wir beispiels- 
weise nur Römisches oder Griechisches aus unserm Fleisch und 
Blut auszuscheiden haben, so ist dies eine gleichsam häusliche 
Angelegenheit innerhalb der bessern europäischen Völker. Wenn 
wir aber Judäisches auszuscheiden haben, so ist die Kluft die 
zwischen Semiten und Ariern; ja noch mehr, es ist der schlechteste 
Semitenstamm, der dem kernhaftesten indogermanischen Volk 
entgegensteht, wenn speciell der nordisch germanische und 
deutsche Geist sich der weitern Impfung mit jüdischer Lymphe 
erwehrt. 

Man muss sich die Einimpfungen aber nicht blos in der 
Gestalt geistiger Elemente nach Art einer sogenannten profanea 
oder heiligen Literatur denken. Die Ueberlieferungen des Römer- 
reichs sind handgreiflich auch noch anderer Art gewesen. Es 
haben sich Einrichtungen römisch kaiserlicher Knechtschaft ver- 
erbt, ehe das Studium des römischen Rechts wieder lebendig 
wurde, während andererseits die Literaturreste der bessern Zeit- 
alter des Römerthums dazu dienten, die neuern Völker wieder 
an etwas Freiheit wenigstens theoretisch zu mahnen. Vom Juden- 
thum her und überhaupt vom Asiatismus sind aber praktisch 



— 41 — . 

üiur priesterherrscherliche Einrichtungen den neuern Völkern 
«ingepfropft worden. Ueberdies ist die allgemeine Knechtschaft 
-des römischen Reichs noch bedeutend durch den innerlich 
sklavischen Sinn verstärkt worden, den die Judenüberlieferung 
desChristenthums athmet. Die ünterthänigkeit wurde zurReligion, 
und bei den Einführungen des Christenthums hat es diesem oft 
zur Empfehlung gereicht, dass die absoluten Machtgelüste der 
Herrscher noch ungefesselter Völker dadurch in den Stand gesetzt 
wurden, ihre Unterwerfungen im Innern und Aeussern beträcht- 
lich auszudehnen. Das Christenthum lehrt einen duldenden 
Gehorsam und entfernt sich hiemit nicht weit vom Judenthum, 
dem das Verhältniss von Herr und Knecht gleichsam aus dem 
eignen nationalen Fleisch in der crassesten Mustergültigkeit ent- 
sprossen war. Das Christenthum wandelte hiebei nur die rohe 
Knechtsnothwendigkeit, die im jüdischen Naturell lag, in eine 
sanftere duldsame Ergebung um und machte so aus der Noth 
noch gar eine Tugend. So Etwas widerspricht aber jedem freien 
land bessern menschlichen Wesen. Politisch haben Judenthum 
vLTi± Christenthum nicht blos die Knechtschaft begünstigst, 
sondern sie auch noch, wie der übrige Asiatismus, in geistlichen 
ormen verkörpert. Was hat beispielsweise das kanonische 
echt nicht für erniedrigende Einrichtungen und Verfahrungs- 
^rten in die Welt gebracht! Die Folter war zwar eine Reminescenz 
^n die processualische Behandlung römischer Sklaven durch die 
Berichte ihrer Herren; aber der inquisitorische Process mit 
seiner Vereinigung aller Rollen im Richter, mit seiner Heimlich- 
keit, mit seiner Vergrabung von Allem in geheime schriftliche 
Acten, mit seiner völligen Schutzlosigkeit der Processirten und 
^it seiner absoluten • Beamtenwillkür war ein echt geistliches 
Institut. Wollen wir also den Asiatismus von uns schleudern, 
^o haben wir nicht blos auf Literaturreste und religiöse Ideen, 
sondern auch auf die Infectionen der Lebenseinrichtungen [zu 
achten. Was nun speciell den hier in Frage stehenden Haupt- 
gegenstand betrifft, so ist das racenjüdische Wesen mit allen 
seinen geschichtlichen Ausläufern hauptsächlich in zwei Gestalten 
^^ die neuern Völker eingedrungen. Erstens haben wir es mit 
^er Verjudung der neuern Literatur durch den Canal des Christen- 
thums zu thun, und alsdann tritt uns an zweiter Stelle diejenige 
persönliche Verjudung der neusten Literatur entgegen, die nicht 



— 42 — 

• 

mehr auf den Einflüssen des Christen thums beruht, sondern 
direct von den Juden ausgeht. 

2. Da die neuste rein jüdische Verunstaltung der Völker- 
literatur und insbesondere der deutschen in erster Linie eine 
moralische ist und sich bis jetzt nur wenig auf die eigentliche 
Religion erstreckt hat, so ist hier zunächst und hauptsächlich 
jene christische Geistesverjudung ins Auge zu fassen, deren Be- 
thätigung sich seit länger als einem halben Jahrtausend an den 
grössten Beispielen nachweisen lässt. Da ist zunächst der vorzugs- 
weise mittelalterliche Dichter, der die Kräfte seiner Phantasie 
und seinen lebendigen, schwungvollen Bilderreichthum noch, 
verhältnissmässig am besten in der Zeichnung einer Hölle hat 
spielen lassen. Dante mit jenem Werk, welches nun bald sechs 
Jahrhunderte alt sein wird, ist im Sachlichen und in den Ent- 
lehnungen aus der Vergangenheit so recht ein Beispiel der 
falschen Einflüsse, die den bessern Völkergeist verunzierten. In 
seiner Hölle befindet sich Sokrates, und in seinem Himmel thronen 
jüdische Weiber und Männer wie Eva, Judith, Adam, Moses, 
David und dergleichen. Das alte Testament liefert ihm die 
Herrscher des Himmels ebenso wie das neue. Dante nimmt zu 
seinem Führer in der Hölle absichtlich einen römischen Dichter, 
den Virgil, damit es ein Heide sei^ dem diese Ciceronearbeit für 
die höllischen Sehenswürdigkeiten zufalle. In derThat sind es 
für einen edleren Geschmack keine Sehenswürdigkeiten; denn 
die Dantesche Phantasie hat sich hier meist so in das Wider- 
wärtige versehen, als wenn sie direct von den Hässlichkeiten 
des racenjüdischen Geistes befruchtet worden wäre. Dantes Moral 
ist nur scheinbar eine grosse und gerechte; denn ihre Rachsucht 
hat gar zu wenig Maass und Harmonie. Die Rache, so berechtigt 
sie ist und so innig sie mit der Gerechtigkeit zusammenhängt, 
verzerrt sich bei Dante nicht selten bis zur Wüstheit, ja bis zum 
Ekelhaften. Es ist in Dantes Urtheilen und Bemerkungen zu 
seinen höllischen Sträflingen und Peingestalten oft eine äusserste 
Härte und Grausamkeit, die lebhaft an den jüdischen Ursprung 
derartiger Vorstellungen erinnert. Des ästhetisch Maasslosen und 
Hässlichen findet sich soviel, dass man darüber die wirklich 
bessern Züge angemessener Gerechtigkeit aus den Augen verliert. 

Wie soll man nun bei einem Italiener von solcher Dichter- 
kraft ersten Ranges diese Neigung zu ästhetischen und sittlichen 



— 43 — 

Zerrbildern erklären, wenn nicht aus seinem Stoff? Ich kenne 
hier keine andere Quelle des widerlich Hässlichen, als die alten 
Judenschriften und die zugehörige Ueberlieferung. Von daher 
hat Dante den schlechteren Bestandtheil seines übrigens gewiss 
mächtigen Geistes. Selbst ein Goethe, der bezüglich des Sittlichen 
und Ernsten hier nicht einmal in Frage kommen kann, hat 
wenigstens den ästhetischen Mangel der Danteschen Komödie 
empfunden. In semem „Zweiten Aufenthalt in Rom" nennt er 
„die Hölle ganz abscheulich, das Fegfeuer zweideutig imd das 
Paradies langweilig'* und nach einigen dreissig Jahren braucht er 
in seinen „Annalen'* noch die Ausdrücke „Dantes widerwärtige,, 
oft abscheuliche Grossheit'*. Ja er hatte nicht begreifen können,, 
wie man sich überhaupt mit Dante zu beschäiftigen vermöge. Dies 
letztere freilich ist auf Rechnung des Goetheschen Naturells zu 
setzen, welchem auch der berechtigte Ernst Dantes zuwider sein 
musste. Im Gegensatz hiezu ist bei Dante grade der hohe Ernst 
oder wenigstens das Streben danach anerkennenswerth. Dante steht 
nicht an, sein früheres Leben selbst zu verurtheilen und sich von 
seiner Schuld im stillen Strome der Vergessenheit reinigen zu 
wollen. Auch hatte er wirkliche Ursache dazu. Er Hess sich 
sogar auf dem Wege zu seinem eignen Himmel von seiner 
abgeschiedenen Geliebten Beatrice wegen seinesLeberis nach deren 
Tode eine Strafpredigt halten. Doch die Hauptschuld Dantes 
liegt nicht in seinem Leben, wenigstens nicht, wenn wir nur das 
betrachten, was für uns von ihm übrig ist, nämlich seine Dichtungen. 
Hier liegt die Schuld in dem Nachgeben an die jüdische üeber- 
lieferimg und in der Thatsache, dass Dantes eigner besserer 
Geistestheil nicht stark genug gewesen ist, sich gegen die ein- 
geimpfte Scholastik aufzulehnen. Sein jüngerer Zeitgenosse, der 
Denker und Forscher Roger Baco vermochte dies in hohem 
Grade; aber die Dichter stehen eben auch nicht auf der Höhe, 
sondern neigen stets mehr zum Niveau ihres Zeitalters« Die 
Behandlung Dantes in meinem besondern Werk über die Literatur- 
grössen (1893) ergänzt nicht nur das hier Gesagte, sondern 
wird auch davon ergänzt. Dort wird die Mischnationalität Dantes 
als eines Romanen noch besonders in Bezug genommen. 

Kaum drei Jahrhunderte nach Dante und zwar ebenfalls auf 
italienischem Boden nimmt sich derEinfluss der jüdisch christlichen 
Ueberlieferung anders aus, wenn wir die Art und Weise Tassos 



— 44 — 

betrachten. Dieser weiche melodische Dichtef hat in seinem 
befreiten Jerusalem einen sehr harten, weil kriegerischen Stoff. 
Er will ihn mit dem, was er die himmlische Muse nennt, verklären, 
sich aber Schmuck und Zier vom Pamass holen. Letzteres ist 
auch sichtlich geschehen, und das Alterthum hat mehr Antheil 
an der Dichtung, als der Geist der Kreuzzüge. Man sieht hier, 
wie die Wiedererweckimg des griechisch römischen Alterthums 
dem Christenthum und Mittelalter in das Gehege kommt. Doch 
dürfen wir darüber nicht den Hauptstoff vergessen. Wer würde 
heute einen Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems erträglich finden? 
Wenn wir Jerusalem zu erobern haben, so ist es nicht das in 
Palästina, sondern liegt als Judenrace auf unserm eignen Boden. 
Wir wollen nicht mehr Jerusalem, sondern uns höchstens von 
Jerusalem befreien, und in jenen mittelalterlichen Kreuzzügen, wie 
sie von Tasso verherrlicht wurden, sehen wir weniger Bemühungen 
um das Grab des Erlösers, als vielmehr Kämpfe der europäischen 
Völker gegen die Orientalen. Wir sehen darin Regungen der 
arischen und insbesondere der germanischen Völkerkräfte gegen 
die andringenden Asiaten. Diese kamen später doch dazu, sich 
namentlich mit dem Türkenreich in Europa festzusetzen. Aber 
dafür haben wir nun auch noch viel nachzuholen. Hätten die 
Kreuzzüge grössere Erfolge gehabt und die Fluth des Asiatismus 
gehemmt, so wäre das, was heute orientalische Frage heisst, nicht 
vorhanden. Aber das Völkerstreben wurde durch die Kirche 
missleitet und verpfuscht, ähnlich wie früherund heute der Gegen- 
satz gegen die Judenrace durch christliche Schlagworte und nament- 
lich durch die falsche Entgegensetzung von Christ und Jude, anstatt 
von Arier und Jude, abgestumpft wird. Das Christliche in seiner 
jüdischen Ueberlieferung als Theokratie oder Kirche ist nur ein 
Hemmschuh gegen die volle Thatkraft der bessern Völker gewesen. 
Diese Thatkraft wurde anarchisch und zerfahren gemacht durch 
die untergeschobenen Gesichtspunkte der Religion. Tasso hatte die 
Kreuzzüge lange hinter sich, und sein Gedicht ist gleichsam ein 
Nachhall, der von der Schwelle des neueren Geistesregimes in 
nachgeahmten classischen Wendungen zurückgeworfen wird. So 
romantisch der Stoff und die Märchenhaftigkeit seiner Erzählungen 
sich ausnimmt, so classisch treu sind die Entlehnungen vom 
Alterthum. Es begegnet Tasso, dass er Virgils Wendungen nur 
umdichtet, ja dass er sie, wo es ihm passt, fast wörtlich wieder- 



— 45 — 

giebt, wie beispielsweise in dem Schelten Didos auf den ent- 
wichenen Aeneas, wovon er für ein ähnliches Paar einen nur im 
Versmaass veränderten Gebrauch macht. Das sind nun wahrlich 
Zeichen, wie an die Stelle der Abhängigkeit vom jüdisch christ- 
lichen immer mehr Anleihen bei dem classischen Alterthum treten. 
Die Befreiung Jerusalems wird mit classischen Reminiscenzen 
verziert und es wird eingestandenermaassen schon auf die irdische 
xMuse gezählt, um einige Eleganz in einen Stoff zu bringen, der 
an sich mit nichts weniger als mit der Schönheit, sondern im 
Gegentheil mit dem Judenhässlichen zu schaffen hat. 

3. Die Dichter stehen, wie gesagt, der Tiefenlage des jedes- 
maligen Zeitgeistes gewöhnlich nahe genug, um die besten Beispiele 
für die rückständigen Einflüsse zu sein. Man bedenke nur, dass 
ein Zeitgenosse Tassos der wirklich grosse Denker Giordano Bruno 
war, der ganz und gar den neuem Völkergeist vertrat, nur dass 
er einigen Zügen des griechischen Alterthums in seinen Vor- 
stellungen noch zuviel Spielraum gestattete. Auf dem Holzstoss, 
den er zu Rom 1600 besteigen musste, hielt man ihm schliesslich 
noch das Kreuz vor. Mit gerechtem Unwillen wies er es zurück, 
und diese Handlung ist dem verdorbenen Christenthum gegenüber 
fortan ein Merkzeichen für alle w^irklich freien Geister. Christus 
wurde wegen Gotteslästerung, Bruno wegen Ketzerthum oder 
vielmehr als angebliches Ketzerhaupt hingerichtet. Die zweite 
Execution wird nicht minder, sondern mehr Folgen haben als die 
erste. Sie wird ein Angedenken werden bei Allem, wo es gilt, 
die Judasthaten, und zwar diejenigen im christlichen Gewände, zu 
züchtigen. Wie der Weg zu dieser Gerechtigkeit aber langsam 
ist, dafür zeugt noch die religiöse Schmach des 17. Jahrhunderts, 
ich meine die widerlich heuchlerische Farbe der englischen Re- 
volution. Wie tief hier grade das durch die Reformation wieder 
aufgewühlte Christenthum in jüdisches Wesen verfallen war, zeigt 
wiederum ein Dichter imd zwar ein seiner Formkraft nach be- 
deutender Dichter, dem wirklich einige Leidenschaft im Religiösen 
und Politischen zu Gebote stand. Milton ist in der That das 
traurigste Beispiel von der Verirrung, in welche die Impfung mit 
den alten jjudenschriften gerathen lassen kann. Milton war ein 
Kämpfer für politische Freiheit, ja ein Republicaner. Innerlich war 
er aber von der Judenüberlieferung so geknechtet, dass er in seinem 
Hauptwerk den Sündenfall zum Hauptgegenstande hatte. Das 



— 46 — 

verlorne Paradies malt die Apfel- und Schlangengeschichte in 
einer wahrhaft albernen Weise aus. Ueberdies herrscht bei Milton, 
eine erkünstelte Verachtung der Philosophie und des classischen 
Alterthums, ja überhaupt alles selbstständigen Denkens. Bei ihm 
sind es nur die Teufel, welche philosophische Speculation betreiben. 
In seinem wiedergewonnenen Paradies, welches dadurch entsteht, 
dass Christus die Versuchungen des Teufels von sich weist, legt 
er sogar Christus eine Verurtheilung der griechischen Literatur 
imd Kunst in den Mund, die an Verherrlichung des Judenthums 
nichts zu wünschen übriglässt. Die hebräische Harfe wird hier 
über die griechische Leier gewaltig erhoben, ja soll, was wirklich 
echt rabbinisch klingt, sogar die Mutter des griechischen Gesanges 
sein. Was wäre nach Judenansicht nicht schon Alles in den alten 
Judenschriften enthalten! Nach der bescheidenen Judenansicht 
giebt es keine Weisheit und keine Kunst, die nicht von den Juden 
ausgegangen wäre, während in Wahrheit die Juden das wissens- 
und kunstwidrigste Volk sind, das sich je in der Weltgeschichte 
bemerklich gemacht hat oder vielmehr ihr lästiggefallen ist. Doch 
bei Milton ist Christus bis zu dem Punkte als Nationaljude 
gezeichnet, dass er ausdrücklich nur das in hebräischer Sprache 
Niedergelegte ansichkommen lassen und speciell auch von Plato 
und über Sokrates nichts studiren will. 

Milton gilt als wirklicher Schwärmer der Religion, und die 
Puritaner sammt Cromwell waren allem Anschein nach von 
gewissen düsteren Empfindungen und Gedanken auch wirklich 
ergriffen. Was hat aber einem Milton das, was Manche sein er- 
habenes Christenthum nennen, für sein eignes Schicksal und 
seine eigne Gemüthsruhe gefruchtet? Er war in späten Jahren 
blind geworden. Man kann sich nun in seinem verlornen Paradies 
davon überzeugen, wie unmännlich er über seine Blindheit jammert. 
Auch für sein Familienleben war sein Christenthum nichts werth; 
denn nicht leicht hat Jemand unglücklicher und, wohl zum Theil 
durch eignes Verschulden, unangenehmer in der Ehe gelebt, als 
grade Milton. Seine gelehrten Tractate über Ehe haben ihm dabei 
nicht mehr gefruchtet, als seine dichterische Versenkung in d^s 
Christenthum. Dies erklärt sich leicht; denn erstand dem bessern 
neuem Völkergeist in Folge seiner Verfahrenheit in die jüdischen 
Literaturüberlieferungen allzu fern. Seine gröberen Leidenschaften 
sind in seinen sonstigen Gedichten unverkennbar, und sie, ver- 



— 47 — 

blinden mit Spuren einer gewissen Lüsternheit, erklaren auch die 
Wahlverwandtschaft, mit welcher er den religiösen Seiten der 
jüdischen Denkart in so hohem Maasse anheimfiel. Grade er ist das 
traurigste Beispiel derjenigen Geistesemiedrigung, in die ein An- 
gehöriger der neuem Völker durch die Einlassung mit der Juden- 
literatur gerathen kann. Er steht in diesem Punkte tief unter Dante, 
der, trotz aller eingemischten jüdischen Züge der Denkweise, doch 
im Ganzen noch ein hohes Maass von Selbständigkeit behauptet hat. 
Man wird vieUeicht einwenden, dassMilton nicht maassgebend 
für seine Nation sein kann, da ihm der unvergleichlich grössere 
Shakespeare vorangegangen war. Allein Shakespeare war fast 
ausschliesslichDramatiker und stand noch unmittelbarer unter dem 
Enfluss der negativen und kritischen Bestandtheile der Reformation. 
Seine eigne Denkweise entsprach ungefähr dem Niveau der Re- 
formation, nur dass sie noch etwas geläuterter war, was wir juif 
<lie persönliche Geistesüberlegenheit des Dichters zurückzuführen 
haben. Je höher eine Dichtematur steht, in um so gnisserem 
Maasse wird sie die Züge des Aberglaubens zu vermeiden oder 
doch wenigstens zu mildern wissen. Shakespeare war mit seinem 
weiten Blick nicht der Mann, um sich durch die heilige Literatur 
der Landsleute von Shylock beirren zu lassen. Der Umstand, 
dass Shakespeare in seiner Zeit nicht im Entferntesten zur volk'n 
Anerkennung kam, im folgenden Jahrhundert sogar in den Hinter- 
grund gedrängt wurde und noch ein weiteres Jahrhundert Worten 
musste, ehe es zu einer Wiederbelebung des Interesses an seinen 
Schöpfungen kam, ist für seine Nation kennzeichnender, als die 
Thatsache, dass er innerhalb ihres Bereichs erzeugt werden konnte. 
Hiezu kommt noch, dass er im 18. und im 19. Jahrhundert bei 
den Deutschen besser gewürdigt worden ist, als auf seinem 
heimischen Boden. Hierin liegt neben allem Uebrigen auch für 
die Religion ein Fingerzeig. Die Deutschen sind doch etwas un- 
befangener und hängen weniger am Aberglauben als die Engländer. 
So konnte ihnen auch Shakespeare, der im Verhältniss zu seinem 
Zeitalter, zumal für efnen Dichter, eine ziemlichi^ Freiheit von 
religiöser Eingenommenheit aufwies, eher zusagen. Der religiöse 
Rückschlag in der englischen Revolution, der auch Shakespeares 
Hinterlassenschaft und sein weniger düsteres Zeitalter wieder 
zurückdrängte und mit finsterem Wesen überschattete, ist eine 
der merkwürdigsten Erscheinungen der (ieschichte. Nie haben 



— 48 — 

sich Revolution und finstere Frömmelei bis zu einem solchen 
Grade verkuppelt, wie in jenen Vorgängen des 17. Jahrhunderts, 
vermöge deren gleichsam die Bourgeoisie Englands ihre Privilegien 
aufrichtete und dieses politische Geschäft mit einem grossen Theil 
religiöser Heuchelei umkleidete. 

Wie selbst diejenigen, die sich der neuern Naturwissenschaft 
und ihrer radicalen Denkweise zuwendeten, in jener Zeit auf , 
englischem Boden, trotz eines entschiedenen Gegensatzes gegen 
die Religion, unwillkürlich jüdische Züge in ihre Werke brachten, 
beweist der Philosoph Hobbes. Dieser ist der Naturalist des 
Despotismus, aber zugleich ein Feind der Kirche. Er, ein Lehrer 
Karls n, und der Antirevolutionär par excellence, war der einzige 
entschiedene und in seiner Art selbst revolutionäre Denker jenes 
Zeitalters; denn der nach ihm folgende Locke stand ihm an 
markirten Eigenschaften gewaltig nach. Hobbes nun hat nicht 
umhingekonnt, noch eine Menge bildlicher Vergleichungen aus 
der Judenliteratur anzuwenden; ja er hat sein Hauptwerk gradezu 
Leviathan genannt, und durch die Erinnerung an dieses alt- 
testamentUche Unthier den von ihm vergötterten Gewaltstaat 
zu kennzeichnen geglaubt. Sein Bild vom Staate ist in der That 
auch so brutal und despotisch, als wäre es nach dem Ebenbilde 
der jüdischen Vorstellungen von Herr und Knecht gemacht. 
Trotz dieses fast asiatisch gerathenen Staatsstücks hat aber Hobbes 
doch philosophische Verdienste, und diese würden noch frucht- 
barer sein können, wenn nicht eben die Einmischimg der 
jüdischen Bilder und Vergleichungen seine Arbeiten aus dem 
ästhetischen Gesichtspunkt widerlich versetzt und so für ims 
weniger geniessbar gemacht hätte. 

Das 17. Jahrhundert auf englischem Boden ist aber mit 
dieser Probe noch nicht abgeschlossen. Auch in naturwissen- 
schaftlichen Darstellungen bekundeten sich die eingewurzelten 
Züge jüdischer Ueberlieferung. Newtons bibUsche Commentare 
aus seinem Alter wären sehr gleichgültig; aber grade in seinen 
mathematisch naturwissenschaftlichen Hauptarbeiten hat night 
nur der Herrgott im ausgesprochenermaassen herrischen Sinne 
eine ausdrückliche Vertheidigung gefunden, sondern es sind dort 
auch wahrhaft komische Vorstellungen über den Gang der Natur 
zum Vorschein gekommen. Beispielsweise hat Newton in seinem 
optischen Werk sich über den Lauf der Natur oder des Welt- 



— 49 — 

Systems dahin ausgesprochen, dass dieses zunächst den Gesetzen 
folgen werde. Sobald es aber diesen Gesetzen zufolge in Un- 
ordnung komme, habe die bessernde Hand des Schöpfers ein- 
zugreifen. Dies ist nun eine so unharmonische, so wissenschafts- 
widrige, ja gradezu so plumpe Vorstellungsart, dass man dafür 
wirklich nur das Walten der jüdischen Ueberlieferungen vom 
herrischen Willkürgott verantwortlich machen kann. Freilich 
musste auch das unästhetische Wesen der eigentlichen Engländer, 
für welches Newton durch die SchwerfäUigkeit der Darstellimg 
in seinem Hauptwerk, den Principien, eines der lehrreichsten Bei- 
spiele geliefert hat, an der Möglichkeit jener disharmonischen 
Vorstellungsart einen Antheil haben. Doch mit solchen Bemer- 
kungen wird das Gebiet der Untersuchung schon subtiler tmd 
innerlicher, als wo es sich nur um Dichter handelte, bei denen 
der Aberglaube grundsätzlich gefeiert wurde. 

4. Es ist nicht zufällig, dass grade England noch im 17 Jahr- 
hundert die am meisten drastischen Beispiele für die der Literatur 
eingepfropften Judenzüge der Denk- und Ausdrucksart geliefert 
hat. Das Wesen der eigentlichen Engländer war nämlich von 
Anbeginn, sobald diese Mischnationalität als vorhanden betrachtet 
werden konnte, zu einem zähen Aberglauben äusserst geneigt. 
Auch zeigte es bis auf den heutigen Tag, soweit so Etwas über- 
haupt mit der Kluft gegen die Semiten verträglich ist, unter den 
europäischen Völkern noch die meiste Annäherung an jüdische 
Eigenschaften. Dies rührt offenbar weit weniger von dem 
Charakter der Händlemation, als vielmehr von der Gemengsei- 
natur des Volkes selbst her, wie sie auch in der Sprache sicht- 
bar ist. Engländer sind nur in sehr beschränkter Weise als 
Germanen zu betrachten, und die Ureinwohner des Landes waren 
ebensosehr dem Aberglauben und zwar einem ähnlichen Aber- 
glauben ergeben, wie die damaligen Bewohner Frankreichs, die 
Gallier. Ganz entgegengesetzt verhielt es sich mit den Deutschen, 
und es wird an diese Thatsache noch weiterhin anzuknüpfen sein. 
Für jetzt schliessen wir an unsere europäische Umschau nach 
Zeichen der christlichen Literaturverjudung eine Bemerkung über 
die neusten Jahrhunderte. In diesen zeigt es sich, dass der Einfluss 
der altjüdischen Schriften zwar zurückweicht, dafür aber die Juden 
selbst immer mehr in den Vordergrund treten und eine immittel- 
bare Verjudung der Literatur ohne christliche Züge unternehmen. 

Dfihring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 4 



Letzteres beginnt im 18. Jahriiundert mit dem als Juden nuschling 
anzusehenden Lessing, der unter der Etiquette der Aufklärung 
schlechte Judenmoral und Judendenkweise servirt. Er ist wesent- 
lich abergläubisch wie der Judenstamm, dem er ofienbar zum 
Theil angehörte und ganz diente. Selbst gröberer Aberglaube, 
wie der an eigentliche Seelenwanderung, ist von mir in meiner 
Schrift über seine Ueberschätzung nachgewiesen worden. 

Die Literatur ist ein Spiegel der Zustände. Was in ihr zu 
Ansehen gelangen kann, zeugt für den jedesmal herrschenden 
Geist. Die falschen wie die wahren Grössen sind hiefür Zeichen. 
In meinen „Grossen der modernen Literatur" habe ich die 
nationahtären Gesichtspunkte, mehr als irgendwo in Literatur- 
geschichten geschehen ist, in ihrem Zusammenhang mit der 
giöbem oder feinern Aesthctik zur Geltung gebracht. Ich ver-' 
weise hierauf im Allgemeinen, statt hier den Raum mit Aus- 
führungen einzunehmen, die in diesem Zusammenhange doch 
nicht ausführlich genug ausfallen könnten. Namentlich für die 
neusten Jahrhunderte, in denen sich so Vielerlei mischt und das 
Gepräge unsicher wird, würden kurze Kennzeichnungen nicht: 
anschauhch genug werden. Es seien daher nur ein paar vereinzelte 
Punkte der Aufmerksamkeit empfohlen. 

Im 18. Jahrhundert ist Voltaire diejenige Literatur grosse^ 
welche bei den verschiedenen Gelegenheilen energisch gegen die 
Juden und die Judenhaftigkeit auftritt. Er ist daher auch in 
diesem Punki der Aufklärer, während auf deutschem Boden die 
falsche judenhafte Aufklärung Lessings, der eine überschätzte, 
wesentlich durch Judenreclame aufgeblasene Nichtgrösse ist, die 
Täuschung des 18. und 19. Jahrhunderts, ja die Betrogenheit und 
Schmach derer darstellt, die sich davon einnehmen Hessen. 

Goethe und Schiller waren mehr verclassisirt als anhebraisirt, 
und durch Jenes wurde Dieses überwuchert. Jedoch ist nicht 
zu vergessen, dass ein Schiller noch über die Sendung Mosi». 
geschrieben hat. Der ihm an Naturkraff und innerer Wahrheit 
weit überlegene Bürger, diese unterschätzte Dichtergrösse, die erst, 
von mir mit ihrem ganzen Recht und in vollem Licht gezeigt 
worden, war zugleich die wirkUch volldeutsche Erscheinung; abe* 
auch hier trübten noch einzelne, wenn auch nur äusserlich formelle' 
Züge angebibelter Denk- oder Ausdrucksweise gelegentlich diei 
sonst so reine und gelungene Ausprägung des neuem^'ölkergeisles, 





— Si- 
lin 19. Jahrhuudert ist Shelley, der dichterische Hauptopponent 
gegen die Religion, der diese als Teufel anredet, trotzdem von 
iebraistelnden Zügen nicht frei und sogar persönlich judäischer 
Verschwägerungsbeziehungen verdächtig. Verrätherischer für die 
Üngeklärtheit seiner Denkweise ist es aber, dass er eine Philippica 
gegen Christus dem Ahasver in den Mimd legt. Nun müssen 
iRrir aber grade den ewigen Juden aus dem modernen Völker- 
geist loswerden. Treibt er auch sein Wesen in der allerneusten 
JLriteraturverjudung, nämlich derjenigen ohne christiiche Ver- 
■mttelung, noch Ausgangs des 19. Jahrhunderts dumimdreist genug, 
:so hat sich doch auch schon der Widerpart, der neuere Völker- 
-geist, ausdrücklich gegen ihn mit einigem Bewusstsein zu regen 
i>egonnen, und zwar nicht blos im Literaturgebiet, wie im Beispiel 
^□aeiner eignen Schriften, sondern auch im Politischen und Socialen. 
3n letzterer Richtung hat meine Judenfrage sozusagen Feuer 
^und Licht gemacht. Das Facit aber ist: Die christisirendeVerjudung 
liat abgenommen, ja im höhern Bildungsbereich fast aufgehört; 
-<iafür hat eine directe Verjudung, vielfach unter der Maske von 
IFreiheit imd Humanität, platzgegriffen, wird aber entlarvt und 
-ausgekehrt, so dass die vollständige Selbstführung des neuern 
"Völkergeistes bereits in Sicht ist. 



Viertes Capitel. 

CJnverträgliohkeit des jüdischen Sinnes mit dem 

neueren Völkergeist. 

1, Bisher handelte es sich darum, in Beziehung auf die 
Indische Ueberlieferung mit der Ansteckung durch dieselbe auch 
<iie Spuren der Loslösung von ihr zu beobachten. Es war dies, 
abgesehen von allem Uebrigen, auch für eine Einsicht in das 
Zukünftige Schicksal aller Religion von wesentlicher Bedeutung. 
^un aber sind noch die innersten Unterschiede und Nothwendig- 
keiten zu untersuchen, vermöge deren die moderne Welt mit 
ihrem bessern ^Völkergeist sich nicht dauernd in jüdische Be- 
schränktheit und Falschheit fügen wird. Es ist namentlich die 
absolute Unverträglichkeit zu kennzeichnen, in welcher sich das 
Judennaturell grade in seinen religiösen Stammesbeurkundungen 



4* 



— 52 — 

mit den edleren Eigenschaften aller bessern Völker befindet. 
Der Abkürzung wegen wird bei der Vergleichung nicht auf die 
arischen Völker überhaupt oder gar auf deren einzelne Nationa- 
litäten, sondern zur Vertretung der ausgebildetsten Hauptzüge 
auf die Deutschen eingegangen werden. Diese prägen, weil sie 
den indogermanischen Völkergeist gleichsam in einem voll- 
kommeneren Nationahtätsexemplar darstellen, den Gegensatz gegen 
die Semiten oder speciell gegen die Juden am stärksten aus. Die 
Juden sind auch nur ein vereinzelter Stamm der semitischen 
Race und zwar ein im Schlechten recht markirter, und so bildet 
zu ihnen naturgemäss auch diejenige Nation das andere äusserste 
Ende, die in guten Geisteszügen als besonders ausgezeichnete 
Vertretung des arischen Wesens gelten darf. Indem auf diese 
Weise die Kluft die weiteste wird, gestaltet sich auch der Con- 
trast am schärfsten und wird am sichtbarsten. Grösste Anschau- 
lichkeit ist aber für diese Angelegenheiten Grimdgesetz; denn das 
klarere Bewusstsein von den Unterschieden des Racenwesens und 
von der geistigen Tragweite dieser Unterschiede ist gegenwärtig 
bei den gebildetsten Bevölkerungen noch erst im Keimen. 

Zunächst können die Geschichten des alten und, richtig ver- 
standen, auch meist der Inhalt des neuen Testaments als Belag- 
stücke für den jüdischen Racengeist dienen. Hier ist nur zu 
ergänzen, was schon in meiner „Judenfrage^* in den Grundzügen 
gekennzeichnet wurde. Der Anfang der jüdischen Sage gelangt 
bald zu einem Brudermord und zwar einem Brudermord aus 
Neid, welcher letztere Umstand noch speciell für den jüdischen 
Charakter kennzeichnend ist. Auch Jpseph wurde von seinen 
Brüdern aus Neid und zwar aus Neid auf die väterliche Gunst, 
die er genoss, verkauft. Die Brüderlichkeit hat überhaupt bei den 
Juden einen eigenthümlichen Sinn ; denn wenn es auch bei andern 
Völkern verkehrt ist, das Bruderverhältniss zu einem Musterbild 
für bessere menschliche Verhältnisse machen zu wollen, so ist es 
doch hier nicht so vergiftet, wie gleich von Anbeginn bei den 
Juden. Die Gier der Judenselbstsucht erklärt hier übrigens 
naturgesetzlich Genug. Neid ist eine sich unter bestimmten Um- 
ständen einfindende Regung, aber zugleich ebensosicher ein 
Anzeichen für den Grad der Schlechtigkeit desjenigen, von dem 
er empfunden wird. Wenigstens gilt dies von dem Neide, wie 
die modernen Völker das Wort in ihren Sprachen verstehen. 



— 53 — 

Es giebt nur Verwirrung, wenn man nach griechischem Vorgang 
eine edle Regung, welche sich gegen die Ungerechtigkeit in der 
Bevorzugung eines Andern, also nicht überhaupt gegen jede 
Bevorzugung auflehnt, unter den Begriffen finden will, die sich 
an das Wort Neid knüpfen. Die Scheelsucht ist eben nichts als 
ein Theil der Selbstsucht, also einer ungerechten Gestalt des an 
sich berechtigten Interesse an sich selbst. Jedoch hat diese 
Zwischenbemerkung hier nur Platz gefunden, weil ein racen- 
jüdischef Philosoph des 17. Jahrhunderts, Spinoza, in der theo- 
retischen Zergliederung von solcher Art Regungen und besonders 
in der gleichgültigen Betrachtung derselben, die grundsätzlich 
jeden Unterschied zwischen gut und böse verwischte, seine Stärke 
gesucht hat. 

Schon im ersten der mosaischen Bücher steht die Versicherung 
Jehovahs, des Menschen Trachten sei von Jugend auf böse. Für 
5eine Juden hatte sie offenbar recht; für andere Völker ist sie 
aber nicht maassgebend. Wir schränken also den Satz racen- 
mässig ein und können nichts weiter zugestehen als die Wahr- 
heit, dass des Juden Trachten von Jugend auf böse sei. Alle 
Religion und Moral stammt aus dem Charakter, und nicht etwa 
ist ursprünglich die Moral die Ursache des Charakters. Gutes 
Wesen schafft gute Grimdsätze, und in ihm liegt der Ursprung 
aller bessern Sitte. Gute Grundsätze, schlagen aber nur da an, 
wo sie auf entsprechend gutem Charakterboden wirken; sonst 
fruchten sie wenig oder garnichts. Die Judenmoral musste daher 
in allen ihren Bekundimgen eine Missgestalt werden; denn sie 
ging aus einem Volkscharakter mit schlechten Anlagen hervor. 

Man bedenke nur ein wenig jene Ueberlieferung der mo- 
isaischen Bücher, welche man die zehn Gebote nennt. Da ist ein 
Laster- und Verbrechenskatalog gleich in die Moral aufgenommen 
imd zwar in tiner Gestalt, wie ihn keki Grieche und Römer und 
kein neueres Volk, soweit ein solches noch sich selbst angehörte, 
begreiflich gefunden, geschweige zur Welt gebracht haben würde. 
Nicht stehlen, nicht ehebrechen, nicht verleumden u. dgl. — das 
muss den Juden noch besonders als sittliches Verbot vorgehalten 
und speciell als Lehre beigebracht werden, während bessere Völker 
sich damit begnügt haben, in ihren Rechtssatzungen einfach die 
Strafen für den Diebstahl und andere Verbrechen festzusetzen. 
Diese bessern Völker würden es als grobe Beleidigung angesehen 



— 54 — 

haben, wenn man sie erst noch ausdrücklich hätte lehren wollen^ 
dass die Leute bei ihnen sich untereinander nicht bestehlen und 
morden dürften. Den Juden musste es aber noch ausdrücklich 
gesagt werden. Jedes Gebot oder vielmehr Verbot dieser Art 
deutet eine schlechte Eigenschaft an; denn es ist ein colossaler 
Unterschied, ob man es mit Strafgesetzen zu thun hat, die für 
Fälle des Verbrechens eine Ahndung festsetzen, oder aber mit 
Abmahnungen, die keinen Sinn haben, wenn sie nicht von vorn-^ 
herein lauter schlechte Neigungen voraussetzen. Diebsneigung^ 
ehebrecherische Wollust und boshafte Verleumdungssucht sind 
daher typische Eigenschaften, die man schon aus dem Dasein der 
unter Blitz und Donner zur jüdischen Welt gekommenen Gebote 
entnehmen kann. 

2. Sieht man im Einzelnen näher zu, so bestätigt sich der 
gemeine Selbstsuchtscharakter des Judenwesens in jeglichem Zuge, 
den man aus den religiösen Geschichten oder Vorstelltmgen her« 
ausgreifen mag. Ich rede hier nicht mehr vom Monopolgott; denn 
Dies und Aehnliches ist in meiner „Judenfrage" und besonders- 
in dem Capitel über die Charakterspiegelung der Judenrace in 
ihrer Religion und Moral systematisch und umfassend erledigt. 
Dagegen ist es keine Wiederholung, wenn ich hier darauf hin- 
weise, dass die Juden auch schon in jener frühern Epoche, in 
welcher sie noch nicht Monotheisten waren, dennoch die Züge 
ihrer knechtenden Selbstsucht in ihre Göttervorstellungen bereits 
genugsam hineingelegt hatten. Sie hatten damals ihren National- 
gott, ohne daneben die Götter anderer Nationen als nicht vor-^ 
banden anzusehen, wie dies später geschah. Auch war dieser ihr 
einer Nationalgott bei ihnen selbst nicht ganz alleinstehend. Die 
sogenannten Engel waren zuerst eine Art von Göttern, aber von 
vornherein als Diener Jehovahs sehr tief gestellt. Im Contrast 
hiezu steht bei den Griechen das Verhältniss von Zeus zu den 
übrigen Göttern, die ihm ziemlich nebengeordnet sind und sich un- 
geachtet eines gewissen Gehorsams doch in edler Selbständigkeit 
bewegen. An Stelle dieser Freiheit haben die Juden ihren Knechts- 
sinn auch schon in jenen ersten Götterdichtungen bekundet. Sie 
haben an den Engeln, wie es sogar Goethe ausdrückte, nur eine 
Art Gesinde Jehovahs. In der That ist der Geist der Judenraoe sa 
unfrei, dass er schon im Göttergebiet nur einen absoluten Herrn' 
hervorzubringen vermochte, neben welchem alle andern über- 



menschlichen Mächte nur Knechtsgestal ten sind. Aber auch die 
Knecbtsanlage hat für ihre Gebilde eine Entwicklung nntbig, und 
so ist jener absolute Heri^ott, der alles Audere aulzehrt, in seiner 
abstracten Einzigkeit iind Allsouverän etat erst das Ergebniss 
längerer Bethätigung derselben Judenselbstsucht und Juden Unduld- 
samkeit, die sich ursprünglich noch mit einer blos nationalen 
Rolle Jehovahs hatte begnügen müssen. Diese nationale Rolle 
hürt zwar nie auf, erhalt aber je länger desto mehr auch den Sinn, 
zu Gunsten des Judenvolks alle andern Volker unter die Füsse zu 
treten. Der Judengoft ist ein Abbild des Judenvolks und spiegelt 
in den verschiedenen Gestalten, die er erhalten hat, die ent- 
sprechenden Stadien der Bethätigung des Judenwesens. Mit einer 
gewissen Art von Aulklärung nimmt er die den andern Völkern 
schädlichste Gestalt an. Es geschieht dies in demjenigen Stadium, 
in welchem der Nationalgott als solcher, d. h, der Gott dieses 
bestimmten Volks in seinem Begriff erweitert wird und dieFunction 
erhält, auch Gott überhaupt, also im jüdischen Sinne auch der 
Herr über alle Völker zu sein. Das Ebenbild, nach welchem 
dieses Eerrgottthum über alle Völker geschaffen wurde, ist das 
Herrenthum, welches das Judenvolk selbst über alle andern Völker 
beansprucht, — ein Anspruch, der im Keime stets vorhanden 
war, sich aber durch die Jahrtausende hindurch nur immer un- 
genirter entpuppt hat . Die colossale Beschränktheit, die in diesem 
Grössendiinkel des kleinen geistesbeengten Völkchens liegt, hat 
ihre einzige Scheinstütze in den Rehgionsschicksalen der neuern 
Völker erhalten, indem sie aus der jüdischen Production des 
Christenth uras und aus dessen Uebertragung auf die im rohen Zu- 
stande befindlichen Cultiir\' ölker eine gewisse Scheinnahrung zog. 
Die unterwürfige Richtung in der Vorstellung Jehovahs hat 
sich auch lyrisch, nämlich in den Psalmen, bekundet. Wenn nun 
neuere Völker diese Art von Poesie noch in ihrem eignen christ- 
lichen Cullus gelten lassen, so bezeugen sie damit, daas ihnen der 
Contrast ihrer eignen freien Anschauungen mit der knechtischen 
Niederwerfung noch nicht zum deutlichen und ernstlichen Bewusst- 
sein gekommen ist. Der Gefühlsausdruck in den Psalmen passl 
nur für das Judenvolk. Andere alte Völker standen ihren Göttern 
freier gegenüber, und die neuem Völker, insbesondere aber die 
nordischen, haben ihren ursprünglichen und angestammten Götter- 
vorstelluogen gegenüber ihr selbständiges und aufrechtes Wesen, 





r>6 



weiches sie überall sonst iq ihren alten EinrichtUQgen ausprägten, 
nicht verleugnet. Ein Anflug von knechtischem Geist ist über sie 
erst von Palästina her mit dem Christenthum und dessen jüdischem 
Gehalt gekommen. 

Die Selbstsucht ist mit der Freiheit unverträglich; denn jene 
will Niemandem eine Selbständigkeit lassen und producirt daher 
nur Verhältnisse des Knechtens und Geknechtetwerdens. Doch 
hievon ist nachher zu reden, wenn der angestammte Freiheitssinn 
nordischer Völker als mit jüdischen Ueberlieferungeo unverträglich 
in Frage kommt. Zunächst sind noch einige Züge der sonstigen 
Racenhaftigkeit jüdischer und christlicher Religion sichtbar zu 
machen, — Züge, die das ganze jüdisch nationale System, ein- 
schliesslich des Christenthums, kennzeichnen. 

Nächst dem Monopolgott selbst erinnert schon der Ausdruck 
altes Testament oder alter Bund an einen echt national jüdischen 
Grundzug der Religion. Der Bund oder Vertrag, um den es sich 
handelt, besteht darin, dass Jehovah seinem Volke, wenn es ihn 
nach Vorschrift ehre, alle Vortheile, insbesondere aber die Herr- 
schaft über alle Völker, verheisst. In den mosaischen Büchern 
wird dieser Herrschaftsgarantie noch ausdrücklich der Satz voran- 
gestellt, dass die Juden allen Völkern leihen, sie aber selbst nicht 
in den Fall kommen sollen, von den andern Völkern zu borgen. 
Hier ist die auf indirecte Geldherrschaft gerichtete Judenpolitik 
zur rehgiösen Satzung gemacht, und es ist klar, dass der jüdische 
Racencharakler, der schon damals auf Knechtung und Ausbeutung 
Anderer durch das Geld ausging, seine Absichten in jenem Ver- 
trage mit Jehovah gespiegelt hat. Das Interessanteste an der 
ganzen Testaments- oder Bundesidee ist aber, dass sie zwischen 
Jehovah und seinem Volke ein offenbar geschäftliches Verhältniss 
von Leistung und Gegenleistung etabhrt. Die Judenrace, die Alles 
zum Handel macht, verhandelt auch ihrenGehorsam gegen Jehovah, 
und zwar für Vortheile, unter denen die Fruchtbarmachung 
ihrer Geldgeschäfte mit andern Völkern und die zugehörige Herr- 
schaft die besonders betonte Hauptangelegenheit ist. Wo ist ein 
Volk unter den bessern Nationen alter und neuer Zeit, welches 
das Fundamentalverhältniss zu seinen Göttern als eine Art Handel 
vorgestellt hätte? Nur die Judenrace war dazu angethan, wie einen 
Monopolgott, der keine andern Götter und schliesslich hiemit auch 
die Götter anderer Nationen nicht neben sich duldet, so auch 



— 57 — 

eine religiöse Abmachung zu erdichten, vermöge deren für den 
gehörigen Ergebenheitspreis dem auserwählten Volk die Rolle 
des reichen und völkerbeherrschenden Darleihers, also das Capital- 
monopol zugesichert wird. 

Zu verwimdem ist hieran Nichts; Alles befindet sich vielmehr 
bei diesem Volke in Uebereinstimmimg mit dem Gnmdcharakter. 
Dasselbe Volk, welches sich für den Gehorsam gegen Jehovah 
einen Lohn ausbedingt und nur im Hinblick auf diesen handelt, 
knüpft auch den Gehorsam der Kinder gegen die Eltern im 
vierten Gebot an das Versprechen des Wohlergehens. Der ganz 
äusserlich als Gewinnstück betrachtete väterliche Segen ist es, den 
sich Jacob durch Betrug seines Vaters und unter Prellung seines 
Bruders verschafft, — nicht davon zu reden, dass er die Schwäche 
seines Bruders ausnützt, um von ihm das Erstgeburtsrecht gleich 
einem beliebigen Handelsartikel für ein Linsengericht zu erstehen. 
Wie die Juden auch sonst und unter sich, selbst wenn es den 
Schulz ihrer eignen Race gilt, nur den Beweggründen gröbster 
Einzelselbstsucht zugänglich sind, zeigt das Beispiel der Esther. 
Im fremden Lande Favoritin des Königs, will diese sich keiner 
Gefahr aussetzen und den von Haman bedrohten Juden nicht zu 
Hülfe kommen. Ihr Oheim Mardachai wendet sich an sie, aber 
das bewegt sie nicht. Erst die Drohung, die Juden würden andere 
Hülfe finden und sie dann umbringen, bestimmt sie, da sie nun 
auf beiden Seiten eine gleiche Gefahr sieht und sich vor ihren 
eignen Leuten womöglich noch mehr fürchtet als vor dem ander- 
seitigen Wagniss. In der That ist Schrecken den Juden gegenüber 
in der Religion und sonst stets das Mittel, wenn die Beweggründe, 
die sich an Gewinnsucht und Gier hellen, versagen. Auch in jenem 
Testament, Bunde oder Vertrag ist es seitens Jehovahs nicht ver- 
säumt, dem Segen für den Fall des Bruches die ärgsten Flüche 
imd die Androhungen der schlimmsten Uebel beizufügen. 

Die Idee von einem neuen Testament oder Bunde ist der 
des alten analog und daher ebenfalls echt jüdisch. Nebenbei- 
bemerkt, kann dies nur den überraschen, der in demBuch, welches 
neues Testament heisst und bezeichnender christliches Testament 
heissen könnte, auch eine Racenneuheit sucht. Die jüdische Racen- 
beschaffenheit ist im neuen Testament ebenfalls maasgebend, nur 
etwas mehr zerflossen und hier und da sich selbst widersprechend. 
Von einem neuen Bunde redeten schoQ die alten Propheten ; sein 



— 58 — 

Sinn ist aber auch in der Schrift des neuen Testaments selbst 
ziemlich dunkel geblieben. Auch interessirt weniger die besondere 
Art wie, als vielmehr die Thatsache, dass eine Vorstellung von 
der Abmachung mit Leistung und Gegenleistimg auch hier zu 
linmde liegt. ?Es bleibt daher gleichgültig, ob die Opferung von 
Christus als Busse der jüdischen Sünden das sei, was Jehovah 
gefordert hat. Uns interessiren diese jüdisch christlichen Wen-^ 
dvmgen im Detail keineswegs. Wohl aber müssen wir auf Züge 
achten, in denen unverhohlen der jüdische Racensinn hervorbricht 
und genugsam offenbart, was er als Gegenleistimg zur Erwerbung 
des Himmelreichs verlange. Bei mehr als einem der Evangelisten 
spielt die Geschichte von den anvertrauten Pfunden eine Rolle. 
Sie soll lehren, wie sich die (Kandidaten des Himmelreichs d. h. 
der zukünftigen Herrlichkeit zu verhalten haben, wenn sie dem 
Herrn gefallen und diese Herrlichkeit gewinnen wollen. 

Ein Herr giebt seinen Knechten Pfunde d. h. Geldsummen 
in seiner Abwesenheit zur Verwaltung. Als er wiederkommt, 
prÄsentiren ihm einige Knechte diese Siunmen mit hundert oder 
mehreren hundert Procenten Gewinn, und er belohnt sie dafür 
dadurch, dass er ihnen noch weit mehr anvertraut und sie sozu- 
s;\g^n f\\ Oberknechten über ganze Theile seiner Herrschaft 
n^acht« und zwar Letzteres in grosserm oder geringerm Umfange, 
je nachdem sie mit seinem Gelde mehr oder weniger Procente 
gemacht haben* Einer der Knechte hat aber atis Furcht vor dem 
harten Herrn, der ernten wolle, wo er nicht gesäet habe, sein 
\^und blvvi Ä^rgtx^ltig \n*rwahrt und liefert es mm zurück, ohne 
INxHH^nte gt^macht tu haben* Er erhält von dem Herrn den 
l^es^'^heül. da5^ er es doch miiulestens hätte in die Wechsel bank 
thuw 5^>new: a)s\)ann h^^tte er. der Herr, ssezn Pfund »mit Wucher* 
^urxWknehmeu kC^nnen. IVm mchtwuchemden Knecht wird übel 
m^T^^x^spielt. t\>cht ilawn txx rvsien. iIäsjsj bei der Fortnahme seines 
Wnnd^^s, welches \lcm ertv>^n>^ioh:sten IVocenttnacher zugetheilt 
\vn\t \W leitende tuxmvI^sÄtr ^ur \ eitüThJigutig gdangt: wer da 
IvAtx d^m \\>ul ^\>^Wn : wt^r alvr nicht h*:* dem wird auch das 
^v^ ^v^UvM^^m en. was ev hat l V-^ae Fv>nnuhruxfcg: ist übrigens nur 
an^ivhcinetid \s^thsclhatV Ihv S^nn ^iti ^ik^^aeoi Zusammenhange ist 
x\\« rx> taSs^Wh. \\^x>\^xt<n>s üu 1;^kti IVr T>Nrh:e Knecht ist der, 
>ÄV)chci Nx^ \\ rtx^^\v< am me^st^^n \vnieJÄ>:C* -'^»^ A>ch mindestens 
K^>\V^'^^^^v\wv>\ \\^u^^^^x xl h. \ u>J r^,ft>i )>«^r;J(;3S:^iul^ Wenn je aus 



— 59 ~ 

dem Herzen der jüdischen Race geredet wurde, so ist es hier 
geschehen, und diese Geschichte ist noch gar Cliristus selbst in 
den Mund gelegt. Wollte Jemand einwenden, sie sei behufs eines 
Gleichnisses aufgestellt und habe daher ausser ihrem eigentlichen 
noch einen parabolischen Sinn, so würde er den Schaden nur noch 
sichtbarer machen. Allerdings ist sie direct nicht dazu bestimmt, 
gewaltige Capitalvermehrung und einträgliche Zinsgeschäfte zu 
lehren; aber sie setzt, was noch mehr sagen will, die Vortrefflich- 
keit und Nothwendigkeit solchen Thuns als selbstverständlich 
voraus. Sie knüpft an ein Judenidol von Wirthschaft an, um durch 
Vergleichung mit diesem klarzumachen, wie fruchtbar das vom 
Herrn des Himmelreichs seinen Knechten Anvertraute zu machen 
sei, damit diese dort einen Platz erhalten. Bethätigen sie das in 
der Oekonomie und im Geldhandel gerühmte Verhalten analog 
auch in Rücksicht auf das Himmelreich, so werden sie dort zu 
Oberknechten; wo nicht, so wird ihnen in Bildern von jüdisch 
unästhetischer Art Heulen und Zähneklappen angedroht. Es ist 
also die jüdische Neigung und Sitte, die dem eigentlichen Sinn 
der Geschichte zu (rrunde liegt, nicht nur überhaupt sanctionirt, 
sondern auch noch überdies speciell dadurch geheiligt, dass sie 
zum Vorbild für das Verhalten in einem höheren, ja erhaben sein- 
sollenden Bereich genommen wird. Im Sinne der Religion des 
neuen Testaments ist es sogar die höchste Angelegenheit, nämlich 
die Vorbereitung für die Wiederkunft, für das Gericht des Herrn 
und für die Sicherung der alsdann einzunehmenden Plätze im 
Himmelreich, was durch das Muster jener Geschichte gelehrt 
werden soll. Worauf läuft hienach also auch der neue Bund aus? 
Offenbar auf nicht unähnliche Leistungen wie der alte, nur dass 
es die Herrschaft im Himmelreich ist, die verheissen, wohlgemerkt 
aber nach dem Ebenbilde der Besitz- und Geldherrschaft und 
auch in deren Sinn und Geist verheissen wird. 

Was auf den ersten Blick, aber auch nur auf den ersten 
Blick stutzig machen kann, ist der Widerspruch, in welchem 
dieses Stück Christuslehre mit andern Aussprüchen, namentlich 
aber mit der Verurtheilung der Reichen und mit der Vertreibung 
der Wechsler aus dem Tempel steht. Für den kritischen Sina 
bestätigt es aber die Annahme, dass der bessere Kern der wirk- 
lich vom Reformator ausgegangenen Lehren durch die lieber- 
lieferung und durch die Autoren des neuen Testaments in viele 



stockjüdisclie Vorstellungen eingehüllt worden sei. Auch versteht 
es sich, dass sogar dieser Kern selbst von Anfang an bei seinem 
Urheber jüdische Züge enthalten haben muss; denn wir haben 
nachgewiesen, dass seine bessere Natur nur darin bestand, das 
Judenthum durch Selbstverwerfung mit sich selbst in Widerspruch 
zu setzen. Kein Wuoder daher, dass in diesem Widerspruchs- 
bereich später das nackte Judenwesen wieder entschiedener durch- 
gebrochen und so im neuen Testament auch ein Christenthum 
hervorgetreten ist. welches racenjüdisch genug aussieht. 

3. Sobald sich die modernen Völker erst auf ihre eigne 
Racennatur gehörig verstehen, werden sie nicht umhinkönnen, 
auch das neue Testament als eine racenjüdische Ueb erlieferung zu 
erkennen, die ihrem eignen bessern Völkerwesen nicht entspricht. 
Die Auseinandersetzung gestaltet sich alsdann einfacher ; altes und 
neues Testament bilden so la der Hauptsache eine einzige Vor- 
stellungsmasse, die sich mit dem edleren Völkergeist im Racen- 
gegensatz befindet. Wie schon erörtert, ist das Christenthum der 
neuern Völker zum bessern Theil eine nationale Schöpfung dieser 
Völker, also beispielsweise das Christenthum auf deutschem Boden, 
soweit es mit dem deutschen Wesen verträglich ist. auch wirklich 
eine nationale Hervorbringung des deutschen Geistes. Es ist 
unmögUch, das.s N'nlker und noch dazu die am edelsten angelegten 
Völkernaturen ihre nationale Denk- und Gefühlsweise in einem 
fremden Religionsgefäss ganz und gar verlieren sollten. Im Gegen- 
theil werden sie die fremden Formen und Vorstellungen mit 
eignem Inhalt ausfüllen und so trotz der fremdländischen Religion 
doch unwillkürlich viel von der eignen Anlage entwickeln. Das 
Uebel wird nur darin bestehen, dass sich ein widersprechendes 
Gemisch ergiebl, dessen Haltungstosigkeit schädlich wirkt und nur 
mit der Ausscheidung des Fremden beseitigt werden kann. 

In der That kann man von den modernen Völkern getrost 
behaupten, dass sie sichtlich keine nationale Religion haben; denn 
diesen Namen verdient nicht das. was heut vom Fremden bis zur 
Unkenntlichkeit überrankt ist. Wo erst die Forschung und die 
Selbstbesinnung eines Denkers die Züge der eignen Nationalität 
aufsuchen und das Fremde wegheben muss, um das bessere Ange- 
stammte sichtbar zu machen, da fehlt noch viel an der eignen 
Geistesmacht der Nationalitäten. Blickt man auf den heutigen 
Religionszustand, so bietet sich das sonderbare Schauspiel dar, dass 



61 



die Judeo, die nur noch eine zersplitterte Nation ohne Staat sind, 
doch allein unter allen heutigen Viilkem eine nationale Religion 
haben; denn sie haben noch so gut wie unverändert diejenige 
Religion, die sie vermöge ihres Racencharakters auf dem Boden 
Palästinas einst ausbildeten, in alle Welt mitnahmen und mit 
äusserster Zähigkeit conservirten Die sogenannten christlichen 
Völker, d. h, die modernen Ciillurnationen haben aber Namen 
und Form der specieilen Rehgion , der sie huldigen, wenn 
auch auf Umwegen, so doch dem letzten Ursprung nach von 
Palästina her aufgenommen. Wieviel nun auch darin eigne 
Schöpfung sein möge, so ist doch sichlbarlich das herrschende 
palästinensische Christenthum eine fremde und nalionalwidrige 
Anpflanzung, Wäre der Nationalcbarakter der Juden besser als 
er ist, so hätten diese vor den modernen Völkern wirklich den 
Vorzug voraus, eine eigne Racenreügion zu besitzen. So aber 
haben sie nur den nicht beneidenswerthen \'ortheil, das-s zwischen 
ihrem üblen Charakter und ihrer Religion kein moralischer Wider- 
spruch besteht. Die Religion bestärkt sie in den fraglichen Charakter- 
eigenschaften, und daher erklärt sich auch ihr starres Festhalten 
an jener. Sie cvdfiviren ihre schlechten und andern Völkern feind- 
lichen Neigungen, wenn sie ihre Religion pflegen; denn in dieser 
istAlles, was sie sich andern Nationen gegenüber gestattet wissen 
wollen, nicht blos erlaubt, sondern auch vorgeschrieben und sogar 
geheiligt. 

Hienach ist es ziemlich gleichgültig, wo man die Unverträg- 
lichkeit des jüdischen mit anderm Völkerwesen sucht, ob un- 
mittelbar im Nationalcharakter oder mittelbar in der Religionj 
denn die letztere ist überall eine Beurkundung und zugleich eine 
Bestärkung des ersteren. Weiter folgt aber hieraus auch, dass 
die als christlich bezeichneten modernen Völker mit dem von 
ihnen ertragenen fremden Keligionsumhang sich Etwas gefallen 
lassen, was sie in Widerspruch mit ihrem eignen nationalen und 
bessennensch liebem Wesen setzt. Es genügt nicht, dass die Schroff- 
leit dieses Widerspruchs durch dieHineinlegungvon angestammter 
Gefühlsweise in die fremden Schablonen seit länger als einem 
Jahrtausend mehr und mehr gemildert worden ist. Es muss doch 
schliesslich zur völligen Auseinandersetzung kommen und der 
.eigne bessere Nationatcharakter über den fremden schlechteren 
4en Sieg davontragen. Deutsche Art und Weise des Denkens 



und Fühlens kann auf die Dauer mit der palästinensisch christ- 
lichen nicht zusammenbestehen. Die Idealbildung, die vom 
nordischen und deutschen Nationalcharakter ausgeht, reicht nicht 
nur gewaltig über die neutestamentliche Ueberlieferung hinaus, 
sondern geräth mit dieser gradezu in Conflict, Das jüdische 
Racenwesen ist im edleren Sinne des Worts gar keiner Ideale 
iähig. Es kennt nur Idole nach dem Muster seiner Charakter- 
elemente, und wie diese beschaffen sind, haben wir schon an 
einigen Proben gezeigt. Der nordische und deutsche National- 
geist hat dagegen die Zergüederung seiner Bestandtheile nirgend 
zu scheuen. Vielmehr erweist er sich, wo man ihn näher unter- 
sucht, als am ehesten danach geartet, auch etwas über nationale 
Schranken Hinaustragendes zu vertreten. Er hat eine inter- 
nationale und allgemein menschheitliche Anlage, weil in ihm 
verhältnissmässig die wenigste eigentliche Selbstsucht anzu- 
treffen ist. 

In Alledem, was eine Nation mit ihren Eigenschaften für 
sich selbst ist, kann ihre Charakterindividualität sich mannigfaltig 
gestalten, ohne dass deswegen hierin etwas Maassgebendes für 
die Menschheit zu liegen brauchte. Dies ist gleichsam die haus- 
hohe Seite der Nationalität, und es ist nur das eigne Befinden 
und Ergehen, welches von dieser Seite abhäQgt. In diesem Sinne 
ist zwar die positive Pflege der Nationaleigeaschaften berechtigt, 
darf sich aber andern Nationahtäten gegenüber nicht so betonen, 
als wenn sie für die übrige Menschheit etwas Mustergültiges 
hervorbrächte. Der letztere Anspruch ist nur insoweit gerecht- 
fertigt, als es sich um die nationale Ausprägung solcher Eigen- 
schaften handelt, die nach einem allgemeinen Maass gut sind, 
also auf den bessern menschheitlichen Typus abzielen, und deren 
Verallgemeinerung daher etwas gleichsam Uebernationales ergiebt. 
Die Juden haben nun keine Aufgabe für, sondern gegen die 
Menschheit als ihren auserwählten Beruf bethätigf. Sie wollen 
und zufolge ihrer Rehgion sollen sie auch alle Völker ausbeuten! 
und beherrschen. Ihre weltgeschichthche Losung ist, wie schon 
im Alterthum Tacitus aussprach, die Feindseligkeit gegen das 
übrige Menschengeschlecht. Sie sind vülkerwidrig, contrastiren 
aber am meisten mit solchen Völkern, die, wie die Deutschen, 
«inen Nationalcharakter haben, der auf die Anerkennung anderer 
guter Nationalcharaktere im höchsten Maasse angelegt und daher 





f>3 



schon hiedurch zu einem allgemein menscbbeitlichen Beruf 
besonders befähigt ist. 

Es sei bier, um Missverständnissen vorzubeugen, gleicb ein- 
fürallemal gesagt, dass nirgend die Nationalität als solche und 
ohne "Weiteres, sondern nur, insofern sie am Guten theilhat, als 
mensch hei tlich maassgebend geltend gemacht werden darf. 
Andernfalls würden die häuslichen Eigenthiiralichkeitcn, so be- 
berechtigt sie in ihrem Bereich sein mögen, doch ungerechter- 
weise dahin übergreifen, wohin sie nicht gehiiren. Bei den Juden 
machen sich aber gar die Fehler und schlechten Eigenschaften 
als Etwas breit, dem die ganze Welt unterworfen werden müsse. 
!>iese dünkelhafte Beschränktheit stimmte zunächst zum orientali- 
schen "Winkelvolk und dann weiter zu der ungeheueriichen Selbst- 
sucht und Ungerechtigkeit, die sich aus dem Winkel nomadisiread 
unter die andern Völker einstahl. Sie ist es auch, die mit der 
Weitherzigkeit modemer Völker immer unverträgUcher wird und 
ihren entschiedensten Gegensatz aa dem nienschheitlichen Sinn 
der Deutschen findet. 

Angestammte Grundzüge des deutschen Wesens sind frei- 
heithchkeit und Individualisirung, Gerechtigkeitssinn imd Treue. 
Mann kann diese Eigenschaften auch unter der Umrankung mit 
den fremden Schlinggewächsen in jedem Stadiuni der germani- 
schen Geschichte deutlich genug erkennen. Zeugen sind dafür 
nicht nur die Denkweise und das Geistige, wie es sich an sich 
selbst beurkundet hat, sondern auch die Einrichtungen und Sitten, 
in denen sich der geistige Grund äusserlich bethätigte. Man greife 
aus den menschlichen Angelegenheiten irgend eine heraus, und 
man wird finden, dass der Nationalgeist der Deutschen sich dabei 
im angegebenen Sinne bewährt hat Dieser Nationalgeist reicht 
überall bin; er durchdringt alle Gebiete des Lebens. In unserm 
Zusammenhange führte es aber zu weit vom Thema der Retigion 
und ihres Ersatzes ab. wenn die Züge des Nationalgeistes auch 
noch speciell in andern Richtungen erörtert werden sollten. 
Jedoch dürfen die innigen Beziehungen, in denen die geistigen 
Grundanschauungen eines Volkes mit der Gestaltung seines 
öffentlichen Lebens und seiner gesellschaftlichen Sitten stehen, 
nicht gänzlich übergangen werden. 

Die ursprüngHchen poUtischen Einrichtungen der Germanen 
sind bekanntermaassen freiheitlich, und erst fremde Elemente, 





— M — 

wie die römische Kaiserüberlieferuog und von kirchlicher Seile 
her das kanonische Recht, haben im Sinne der Unfreiheit und 
des inquisitorischen Geistes dem Nationalcharakter entgegen- 
gewirkt. Die Beschreibung verhältnissmässig früher Zustände der 
Germanen durch Tacilus ist ein Gegenstück zu dessen gelegent- 
licher Schilderung der Juden. Aus allen politischen Einrichtungen 
der Deutschen von damals kann man die Selbätandigkeit ent- 
nehmen, welche dem Volk in seinem Bereich und den Führern 
in dem ihrigen zukam. Auch die Frauen hatten bei den Germanen 
für jene frühe Entwicklungsstufe eine verhältnissmässig ansehn- 
liche Stellung. Die Auffassung von Ehe und Famihe seitens des 
deutschen Nationalcharakters war stets derartig, dass sieh auch 
hier Treue und Vertrauen mit Freiheit und Gerechtigkeit ver- 
einigten und so im Recht wie in der Sitte Etwas zu Stande 
brachten, was, so roh es ursprünglich auch sein und so unvoll- 
kommen es bleiben mochte, doch die entsprechenden Einrich- 
tungen jeder andern Nation zur Vergleichung herausfordern kann. 
Einen "Willkür he rm, der beliebig schaltete und knechtete, 
kannten die Deutschen weder in ihrer angestammten Religion, 
noch in ihren ursprünglichen Gemeinwesen, noch in der FamiUe, 
Ueberall waren die Führer oder Herren an Nothwendigkeitea 
eines Rechts gebunden, welches wirkhch von einem echten 
Gerechtigkeitssinn ausging und in der Gesinnung der miteinander 
Verbundenen seine Wurzeln hatte. Die edle freie Anlage zeitigte 
hier ihre Früchte. Sie war mit keiner Knechtsgestalt des Lebens 
vertraglich und führte daher auch aus der eignen Entwicklung 
auf keine Knechlsgestalt der Religion. Letzlere ist ein Spiegel- 
bild entsprechender politischer Zustände. Wie die Völker es mit 
sich selbst halten, so halten sie es auch mit ihren Göttern. Die 
Wirklichkeit des Lebens und die Dichtung der Rehgion sind 
Gewebe aus demselben Stoff. In beiden bethätigen oder spiegeln 
sich die nämlichen Antriebe und Vorstellungen. Auch der 
orientalische Despotismus ist stets zweiseilig; er waltet nicht 
blos im Leben, sondern auch in der Gölterwelt. Dte Juden haben 
das Knechtsthum in der Priesterherrschaft durch das Idol einer 
Theokratie bis zum Aeussersten gesteigert, und hierin zeigt sich 
bei ihnen die Doppelseitigkeit der despotischen Anlage in einer 
und derselben Einrichtung. Theokratisch ist auch von Grund 
aus die Kirche des Christenthums. Schon das Wort Kirche, 



L 




— 65 — 

welches die dem Herrn angehörige Bevölkerung oder Gemeinde 
bedeutet, verräth die leitende jüdische Vorstellung, derzufolge 
der Herr Alles ist und sein absolutes Herren thum auch in allen 
Lebensrichtungen durch eine in seinem Namen waltende Priester- 
herrschaft geltend macht. Kein Wunder daher, dass die christ- 
liche Rehgion als Uebertragung eines etwas abgeänderten Juden- 
thimis auf andere Völker für diese letzteren eine Quelle von Un- 
freiheit aller Art geworden ist, und dass sich die Unverträglich- 
keit dieser Uebertragung, besonders mit den Uranlagen des 
deutschen Naturells, je länger desto entschiedener herausstellt. 
4. Untersucht man die Ursprünglichkeiten der deutsch natio- 
nalen Religion, so findet man nicht nur das grade Gegentheil 
alles Judenthuins und palästinensischen Christenthums, sondern 
auch noch innerhalb des Rahmens der arischen Völker eine ver- 
hältnissmässig bedeutende Freiheit vom Aberglauben und von 
religiösen Unterwürfigkeitsneigungen. Der früheste Zustand, über 
den ims von einem einsichtigen Beurtheiler einige Züge mit- 
getheilt sind, ist derjenige, in welchem sich die Deutschen befanden, 
als Cäsar in Gallien war. Dieser Feldherr berichtet uns in seiner 
Schrift über den gallischen Krieg nicht Unwichtiges auch über 
die Religion der Völker, mit denen er zu schaffen hatte oder in 
Berühnmg kam. Er schildert einerseits die Gallier und in einem 
sehr günstigen Gegensatz dazu andererseits die Germanen. Er 
stützt sich dabei auf unmittelbare Befragungen Solcher, die ihm 
über diejenigen Stämme zu berichten hatten, deren Anschauungen, 
Einrichtimgen und Sitten er nicht selbst beobachtet hatte. Seine 
Kunde von den Deutschen ergab nun als auszeichnenden Um- 
stand, dass dieses Volk damals nicht eigentliche Götter hatte, 
sondern Naturdinge, wie das Feuer, verehrte. Jedoch auch dieser 
Cultus muss vom Aberglauben verhältnissmässig frei gewesen sein; 
deim Cäsar hebt als Vorzug der Germanen hervor, dass sie keinen 
Priesterstand hätten, was für uns freilich nur mit Rücksicht auf 
die noch unentwickelte Functionentheilung zu veranschlagen ist. 
Dagegen betont er, wie die Gallier nicht nur Priester hatten, 
sondern diesen auch einen gewaltigen Einfluss auf die öffent- 
lichen, ja überhaupt auf alle Angelegenheiten einräumten. 
Offenbar ist hier für uns der Stammesgegensatz nicht zu ver- 
kennen. Noch heute ist in Frankreich und England in Rücksicht 
auf Religion der Volksgeist weit mehr gebunden, als in Deutsch- 

Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 5 



66 



■ des Laii' 



Iftnd. Die Gallier und die Einwohner des alten Britanniens 
Gelten, und die celtische Race ist stets zur Unterwerfung uctter 
religiöse Vor?iteUungea und unter Priester geneigt gewesen, 
■während die germanische in ihrer ganzen Geschichte nicht auf- 
gehört hat, sich gegen die fremde Zurauthung einer absoluten 
Prieslerherrschaft immer wieder von Neuem aufzulehnen. 
Wenigstens wird man es nur aus diesem Gesichtspunkt verstehen, 
wie grade Deutschland der Boden werden mussfe, auf dem schon ' 
im Mittelalter der Kirche in ihrer Machtfülle weltlicherseits die 
Herrschaft streitig gemacht und in der neuern Zeit mit der 
Reformation auch wirklich zu einem entscheidenden Theil ent- 
rissen wurde. Die mittelalterlichen Versuche der Ivaiser gegen 
die Päpste waren bereits eine Regung des natürlich freiheitlichen 
Geistes, wie er den Germanen von Anbeginn eigen gewesen ist. 
Die religiöse Reformation aber würde in ihrem tieferen Grunde 
verkannt werden, wenn mau trotz alles aufgehäuften Aber- 
glaubens, in welchem sie noch steckenblieb, in ihr nicht eine 
Auflehnung im Sinne jenes angestammten Dranges zur Freiheitj 
sehen wollte. 

Vergessen wir daher nicht jenen von Cäsar bezeugten: 
priesferlosen Ursprung und jene erste Neigung, statt eigentlicher 
Götter den Naturdingen und Naturmachten als Ursachen des Ge- 
schehens und Ergehens die rehgiöse Aufmerksamkeit zuzuwenden. 
Auch bei andern Racen, wie bei den Slaven, scheint ursprüng- 
lich etwas Aehnliches obgewaltet zu haben. Ja es mag immer- 
hin sein, dass die meisten Völker, ehe sie ein künstlicheres 
System des Aberglaubens entwickelten, eine Art Naturdienst' 
ausübten. Hierauf allein kommt es aber nicht an. Die Germanen 
waren verhaltnissmässig entwickelt und dennoch einfach und 
natürlich in ihrer Religion. Sie behielten auch spater, Angesichts 
alles Fremden, jene vortheilhafte Neigung bei, während die ur- 
sprünglich celtischen Länder auch mit ihren spätem Misch- 
bevölkerungen das alte Schauspiel religiöser Devotion wieder-, 
holt haben. Die Verachtung, mit der Cäsar von den Götzen der) 
Galüer, von den dortigen Menschenopfern und der dortigen bis 
in die Privatrechte und bis in die privatesten Verhältnisse ein- 
greifenden und jede Auflehnung unterdrückenden Priestermacht 
redet, erinnert lebhaft an die ganze vor uns liegende Geschichtej 
des Landes, Der celtische Nationalcharakter hat sich hier, durch' 




67 



le romanische Mischung am wenigsten abj^elenla, nocb mebr 
in seinem Wesen eri;ehen kcinnen, als bei den Uriten, wo später 
<ias normannische Eieinent eine erhebliche Abänderung zum 
Besseren mitsichgebracht hat. 

Bei sehr vielen Vüikem finden sich in den rohesten Ur- 
zuständen Spuren von Menschenopfern; aber die Gallier waren- 
zu Cäsars Zeit schon ziemlich und weit mehr als die Deutschen 
■entwickelt. Dennoch stopftL-n prade damals eben diese Gallier 
ihre riesigen Götzenpuppen mit Menschen aus. die zum Opfertod 
bestimmt waren. Man glaubt fast Wahrzeichen der weiteren 
Ceschichte hierin zu erblicken, wenn man im Voraus an die 
Pariser Bluthochzeit und ähnliche Vorgänge denkt. In der That 
kommt durch die Stammesanlagen in die Geschichte eines Volks 
■eine Charaktcreinheit, die, wo es sich um die schlechteren Züge 
handelt, freihch nicht anmuthend ist. So übel aber auch der 
Eindruck sein mag, den bei einem so ausgezeichneten Cultur- 
volk, wie die Franzosen, jene celtische Mitgift der Devotion und 
Priesterveneration inmitten der besten arischen Volker macht, so 
ist er doch noch durch einen weilen Abstand von den ent- 
sprechenden Judenzustäaden entfernt. Letztere hattendie Menschen- 
opfer nicht nur am Anfang ihrerGeschichte buchstäblich, sondern, 
tun von ihrer heutigen Menschenschächtung hier nicht zu reden, 
auch am Ausgang ihres palästinensischen Daseins einen ganz 
besondern Nachhall davon in der Vorstellung, dass Jehovah, um 
versöhnt zu werden, ein ganz ausgesuchtes Opfer, nämhch daa- 
jtnige seines eignen Sohnes, verlange. Man wird sagen, das sei 
«ine christliche Idee; aber ein Name, der oft genug gleicb- 
hedeutend mit jüdisch ist, wird den Einsichtigen nicht hindern, 
hier die Stetigkeit in der Fortpflanzung der alten jüdischen Vor- 
stellungen vom Menschenopfer zu erkennen und in jenem 
speciellen Fall nur eine Steigerung und ein Raffinement der 
jüdischen Grausamkeil und Bosheit zu sehen. Wie hätte anders 
in einen jüdischen Gott der Trieb nach solcher angeblichen Sühne 
gelangen können, wenn nicht der jüdische Sinn selbst derartige 
Seigungen als Mitgabe des Naturells in sich gehegt und gepflegt 
Mtte! 

Doch eine Vergleichung mit einem modernen Culturvolk, 
auch wenn es sich um dessen ärgste Auswüchse handelt, thut den 
Judäem zuvielEhre an und wird unwillkürlich zur Ungerechtigkeit. 




i 



Der cehiscbe Sinn ist leidenschaftlich devot, hat aber weder jene- 
Bosheit noch jenen knechtischen Sinn an sich, durch den sich 
die ihrer Tiefenlage und Niedrigkeit wegen kaum vergleichbare 
Judenrace kennzeichnet. Auch haben die Franzosen, derea 
Stamm esnatur nach der bessern Seite hin denn doch auch auf 
der spätem Einmischung des fränkischen Elements beruht, die 
schlimmsten Züge ihrer Geschichte der jüdisch christlichen Miss- 
leitung des celtischen Geistes zuzuschreiben, und überhaupt sind 
die ärgsten Auswüchse in der europäischen Völkergeschichte zum. 
gn'issten Theil Ergebnisse der fremden Religion. Um nicht un- 
gerecht zu sein, darf man übrigens nicht ausser Veranschlagung^ 
lassen, dass sich die Franzosen in ihrer grossen Revolution zu 
einem, wenn auch bald wieder zurück gethanen Schritt gegen die; 
Religion aufrafften. Der Versuch einer Abschaffung der ReUgioni 
wäre nicht möglich gewesen, wenn die alte religiöse Uranlaga 
mit einem fr eiheits widrigen politischen Sinn zusammengehangeu 
hätte. 

Wollte man auch noch die jetzige Bevölkerung der britischen 
Inseln und die Geschichte dieser Bevölkerung herbeiziehen, so 
würden die hier obwaltenden Unterschiede, besonders diejenigen 
zwischenEngländemundlrläudern, die Einflüsse derAbstammungea 
und Stammesmischungen auf die Religionsgestaltung in recht lehr- 
reicher Weise bemerkHch machen. Doch es ist hier nicht meine 
Absicht, diesen Einzelheiten nachzugehen. Genug, dass man aus, 
den bisherigen Angaben über Frankreich und England ersieht, 
wie in dem Maasse, in welchem das celtische Blut vorwaltete» 
auch die EmpfängUchkeit für das fremde importirte Religionswesen 
grösser gewesen ist und zu niedrigeren und unfreieren Aus- 
prägungen desjenigen Bestandtheüs des Christentbums geführt' 
hat, der als der bessere überall dem modernen Völkergeist zu- 
zuschreiben ist. Der andere schlechtere Bestandtheil, nämhch der 
pal.'Lstinensische, musste seine üble Wirkung urasomehr steigenii 
je geringer die modern nationale Widerstandskraft war. Am 
grössten ist die Widerstandsfähigkeit bei den Deutschen gewesen; 
und hier hat sich auch im sogenannten Christlichgermanischen das. 
Germanische als selbständiger Factor erhalten. Schwerhch wäre 
dies geschehen, wenn nicht ein solcher Nationalcharakter vor- 
handen gewesen, wie ihn die erwähnten, von Cäsar hervor- 
gehobenen Eigenschaften bereits erkennen liessen. 



— 69 — 

Eine lange Entwicklungszeit hindurch ohne Priester zu bleiben, 
ist in der That ein Zeichen von einer grossen Kraft des indivi- 
duellen Freiheitssinnes, der seine echt naturwüchsige Religion 
nicht leicht vormundschaftlicher Verwaltung überliefert. Wo in- 
dessen irgend ein Element von abergläubischem Cultus, und 
wäre es noch so naturwüchsig, einmal vorhanden ist, lässt sich 
im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung der Bildimg einer 
Priesterciasse nicht ausweichen. Wie die Arbeit und alle Functionen 
sich theilen, so kommt auch die religiöse Function, die sonst 
aQen Gliedern des Volks gemeinsam war, an einen speciellen Berufs- 
stand, und hiemit steigert sich selbstverständlich der Aberglaube. 
Zu den natürlichen Dunkelheiten und Irrthümem kommen als- 
dann auch diejenigen, die vom Standesinteresse geflissentlich 
erregt und gepflegt werden. Wir wollen uns daher nicht mit 
-der Untersuchung abgeben, wann bei den Deutschen die Aera 
der Priester begonnen hat. Jedenfalls hat sich diese Nation vor 
<len übrigen dadurch ausgezeichnet, dass sie vermöge der ver- 
hältnissmässigen Natürlichkeit und Gesundheit ihrer ursprünglichen 
religiösen Vorstellungen auch einem Priesterthum lange hat ent- 
gehen können. Jegliches Priesterthum aber hat bei den Deutschen, 
trotz der schädigenden und unterdrückenden Einrichtungen der 
fremden importirten Religion, stets einen' geringern Einfluss ge- 
habt, als bei den andern modernen Nationen. Der nordische 
Geist hat sich immer wieder gegen eingeschlichenen Priester- 
einfluss erhoben, \md auch jetzt ist der Norden Deutschlands die 
Stätte, wo das Volk verhältnissmässig am wenigsten nach seinen 
Predigern und Priestern fragt und ihnen den Einfluss auf öffent- 
liche und private Angelegenheiten fast schon so gut wie abge- 
schnitten hat. Was also Cäsar berichtet hat, ist keine unlebendige 
Antiquität, sondern ein wichtiger Zug zu demjenigen Charakter, 
der sich im Lebenslauf der Nation allen fremden Beschattungen 
zum Trotz bis heute bewährt hat und sich auch künftighin noch 
sichtbarer bewähren wird, wenn für die modernen Völker an 
die vollständige Ausscheidung des Religionsasiatismus, d. h. des 
palästinensischen Christenthums, zu gehen ist. 

5. Zur Ergänzung der speciell von den Deutschen bekannten 
Züge kann auch die gesammte nordische Götter- und Helden- 
geschichte dienen. Jedoch kommt es hier hauptsächlich nur auf 
•die Hervorhebung eines einzigen Umstandes an. Wie bei den 



Griechen, so ist auch bei den nordischen Völkern die Götterwelt 
nichts Letztes und Absolutes. Sie ist ein Inbegriff von ideali-- 
sirten Gestalten, die theils an Naturdinge, theils unmittelbar aa 
menschhche Eigenschaften anknüpfen. Die Mannigfaltigkeit und j 
relative Freiheit der einzelnen Göttermächte entspricht der Viel- | 
gestaltigkeit der wirklichen Welt und ist ein Grundzug, der diel 
indogermanischen Völker günstig gegen die Juden mit ihrer un- ' 
natürlichen, ja unlogischea Moaopolgottseinheit auszeichnet. Zu 
diesem Vorzug gehört aber auch jener zweite, demzufolge die 
Götter überhaupt nicht Alles und nicht das Höchste sind. DieseH 
tritt ganz besonders in den nordischen Göttergeschichten hervor^l 
Hier giebt es sogar sterbliche Götter, die, wie Balder, den To4| 
erleiden, und überdies giebt es im Kampf mit den Riesen einen"! 
Gütteruntergang, der zu einer neuen Weltschöpfung führt. Im« 
Hintergrunde aller Götterdichtungen und mächtiger als alle Götter 
macht walten Kräfte, die zum Gesammtschicksal aller Dinge iik 
Beziehung stehen, und es fehlt auch nicht an wenn auch dunklea 
Andeutungen einer Art Gerechtigkeit, die über alle Dinge, Götter 
und Menschen erhaben ist. Was aber die einzelnen nordischen 
Göttergestalten selber betrifft, so findet sich hier edel menschliche 
Idealisirung, wie sie dem jüdischen Gottesbereich gänzhch abgeht,. 
Letzteres ist kahl; denn Jehovah selbst hat zwar einige Juden-- 
eigenschaften, aber diese grade nicht schönen oder e dein Attribute 
sind obenein auch noch nach der blos herrischen Seite hin zuge» 
theilt. Die Engelumgebung und das Teuf elszubehör sind ebenfalls 
gar farblos und abstract gerathen, so dass sich vom wirklich 
Menschlichen in der Judeomythologie nur sehr Weniges, diesea 
Wenige aber nicht iu Idealisirung, sondern in Verzerrung oder 
gar in Verbindung mit Thiergesichtern, wie denen der Cherubim» 
vorfindet. Freilich ist bei diesem Schaden auch ein Vortheil; 
denn was hätte es wohl für Bilder gegeben, wenn die Juden die 
gestaltende und schöpferische Phantasie gehabt hätten, ein Gegen- 
stück ihres werthen Selbst nach allen Richtungen auszumalen!' 
Was wäre es beispielsweise geworden, wenn zur Aphrodite 
und Freya auch noch als Gegenstück eine jüdische Liebesgöttin, 
zur Welt gekommen wäre. Die Versunkenheit in gemeinste sinn- 
liche Gier, die hier den schon dem Alterthum anstössigen Charakter- 
zug des Judenstammes ausmachte, hätte ein Gebilde ergebt 
in welchem die jüdische Wahlverwandtschaft zum astheti! 



- 71 ^ 

"Widrigen den an sich schon schlechtenGehalt zu einem richtigen 
Ungeheuer ausgeprägt haben müssle. Man denke nur andieLiebes- 
poesien der Hebräer im alten Testament und an die ergötzlichen 
Gleichnisse, in denen die Nasen der geliebten Gegenstände mit 
Xhürmen auf dem Libanon verglichen und auf diese Weise echt 
orientalisch gefeiert werdeo ! Ein Glück also, dass es für diejuden- 
maierei und Judenplastik nicht blos Grenzen gab, sondern dass 
so Etwas aus Mangel an anschaulicher und schaffender Phantasie 
so gut wie nicht existirte! Andernfalls hätte es zur griechischen 
Athene am Ende noch gar ein jüdisches Gegenstück geben kOnnen, 
"Welches dann freilich nicht die "Weisheit, sondern nur jüdische 
Verschmitztheit persomlicirt haben würde. 

Doch genug von dem Spiel mit Gutterpuppen, welches unsere 

Aufmerksamkeit überhaupt nur insoweit verdient, als sich auch 

schon im Spiel der Völkerkindheit die schönen und edlen Anlagen 

oder deren Gegenlheile offenbaren. Die kahlen Götterschemen 

und Missvorstellungen der Juden sprechen ebensosehr für die 

Beschaffenheit des Judencharakters und der Judenanlagen, wie die 

schönen und lebensvollen Gebilde der hellenischen Phantasie oder 

die markigen und gehaltreichen Gestalten des nordischen Vor- 

stellens für Fähigkeit und Charakter der (iriechen imd der Ger- 

maoen. In einem Stadium, in welchem die Menschheit das Spiel 

mit Götterpuppen, sei es mit grossen oder kleinen, mit vielen 

oder mit vereinzeilen, bei Seite zu legen ernsthaft Miene macht, 

bben die Kindererinnerungen nur noch den Sinn, mit ihren 

ersten Zügen das zu bestätigen, was die reifere Menschheit an 

Eigenschaften ausserhalb spielerischer Einkleiduog zeigt oder zu 

zeigen hat. Das Interesse haftet also nicht an der Puppenhaftig- 

keit der friiheren Geistes bekundungen, sondern an der Geistes- 

bescbalTenheit selbst, die mit ihren "Wirklichkeitselementen jenem 

Spiel zu Grunde lag und auch bleibt, wenn jenes Spiel gänzlich 

aofhort. 

Der germanische und speciell der deutsche Geist haben in 
ihren angestammten Glittergebilden ihre Denk- und Gefühlsweise 
bekundet und dabei mehr logischen Sinn und harmonischen 
Charakter gezeigt, als im Judenthum und in dem ihm entsprossenen 
Christenthum enthalten ist. Zutreffend haben die nordischen Volker 
die Natiu- als das belassen, was sie ist, und ebensowenig einer 
tiötter- oder Gottesknechtschaft unterworfen, als sie sich selbst 



— 72 — 

für Knechtsverhältnisse gemacht ansahen. Sie haben überdi 
durch die Mehrheit der Göttergestalten eine relative Selbständi 
keit der verschiedenen Züge des Menschlichen gewahrt. So : 
ähnlich wie bei den Griechen eine freie Harmonie in die Anffassui 
der Welt und ihrer Theile gekommen, und keine orientaliscl 
Knechtsgestalt der Religion hat die Welt- und Lebensanschauui 
verzerrt. Ueberdies ist aber noch ein tieferer sittlicher Charakti 
als er sich bei den Griechen fand, zur Ausprägung gelangt u: 
hat in die Göttergeschichten ^ehr Ernst und Würde gebrac. 
Jedoch dieser wichtigste Zug, der die moraHsche Auszeichnung c 
germanischen Geistes betrifft, hat seine nachhaltige Bedeutu 
am unverkennbarsten erwiesen, als er später dazu wirkte, c: 
palästinensische Christenthum in ein germanisches zu v 
wandeln. 

Die Deutschen würden es mit der importirten Religion nie 
lange ausgehälten haben, wenn sie dieselbe nicht einigermaass 
nach den eignen sittlichen Anschauungen gemodelt hätten. ^ 
sollte ihnen beispielsweise der jüdisch christliche Glaube, d 
obwohl er im neuen Testament durch ein griechisches W 
ausgedrückt wird, welches auch Treue bedeutet, doch nur c 
sklavisch autoritäre Hinnehmen von jenseitigen Verheissung 
einer Person und die Unterwerfung unter diese Person bezei^ 
nete ! Letzteres ist in der That der ursprüngliche Sinn des Glaube 
an Christus; aber die Deutschen haben ihre eignen edleren I 
griffe von Vertrauen und Treue an die Stelle gesetzt und so c 
jüdisch christliche Ueberlieferung, aber freilich im Widerspru 
mit dieser selbst, verbessert. So ist auch für die wirklich relip: 
Denkenden ( jottvertrauen im deutschen Sinne ein Gemüthszusta. 
gewesen, dem auf dem Boden Palästinas Nichts gehöri<^ e 
sprechen konnte, weil es dort an der Treuherzigkeit fehlte, ^3 
der allein ein solches Vertrauen entspringen kann. In der 1 
sonderen Artung solcher Vorstellungen spiegelt sich die Herzer 
uQd Charakterverschiedenheit der Nationen. Wenn der Deutsc 
glaubt und vertraut, so ist dies, gleich seiner Treue überhaiL 
ein anderartiges und ungleich festeres Band, als wenn der Pua. 
oder sonstige Semit, vollends aber speciell der Jude etwas Ael 
liches zu thun vorgiebt. Hiebei ist es gleichgültig, ob Glai^ 
und Vertrauen ausdrücklich etwas Göttlichem oder dem Mensct 
oder, in reiner Vorstellung, überhaupt dem Walten und 






— 73 — 

Ordnung der Dinge gelten soll. In allen diesen Fällen entscheidet 
die Charakteranlage über die sittliche Gestaltung jener Affection. 
Auch wenn das Vaterverhältniss in den Gottesbegriff hinein- 
gelegt wird, so denkt sich dies der Deutsche nach dem Ebenbilde 
seiner eignen bessern Familienverhältnisse und nicht nach den 
Voraussetzungen jenes jüdischen Gebots eines vortheilhaften 
Gehorsams gegen die Eltern. Ebenso denkt er es sich nicht nach 
jener christlich jüdischen Vorstellung, nach welcher der Herr und 
Vater aus Erzümtheit auf die Judenmenschen das Opfer des 
Sohnes verlangt. Doch hiemit beginnen schon die speciell theo- 
logischen Vorstellungen, die heute nicht mehr die geringste 
Bedeutung haben. Als sich mit ihnen noch einst der Deutsche 
wirklich plagen Hess, widerstrebte er dennoch stets dem palästinen- 
sischen Sinne derselben und wollte darin nur seine eigne bessere 
Vorstellungsart gefunden wissen. So machte er es auch in den 
ecj andern Beziehungen. Er fühlte stets, dass ihm die palästinensische 
Denkweise auch im neuen Testament etwas Heimath- und 
Stammes widriges zumuthete. Seine bessern sittlichen Gedanken 
und Gefühle wehrten sich, konnten jedoch der unausweichlichen 
jä.> B Ansteckung gegenüber zunächst nur unwillkürlich mit ihrem 
[it ■ e^en Gehalt innerhalb der fremden Krankheitseinimpfung re- 
ch- ■ agiren. So entstanden jene Mischvorstellungen, die man allenfalls 
?:i ■ als germanisches Christenthum, zutreffender aber vielleicht als 
Dc- I Gennanismen im Christenthum bezeichnen kann. Diese Germa- 
iie ■ Äismensind aber auch das Einzige, was für uns an der geschicht- 
ch I lieh überlieferten Religion noch ein lebendiges Interesse hat. 

Man erwäge nur beispielsweise die Vorbildlichkeit des Ver- 
Qd ■ hältnisses von Mensch zu Mensch für die Vorstellung des Verhält- 
it- ^ osses zu Göttern oder zu einem Gott. Der Jude dachte sich von 
"rf^ an seinen Gott nicht nur als Juden mit entsprechenden 
"Stammeseigenschaften, sondern richtete seinen Verkehr mit ihm 
*Kk so ein, wie eben ein Jude zu verkehren und Verhältnisse 
he Bttizogehen pflegt. Judensitte und Judengrundsätze waren hier 
3t. H bildlich für die Handlungen und Beziehungen zwischen Jehovah 
[er »^ den Seinen. Hieraus erklärt sich Alles, was im alten Testa- 
lü- ••ölt, und das Meiste, was im neuen Testament über das Ver- 
ibe ^Wss der Juden zu ihrem Herrn, also überhaupt über das 
aen "^iöse Grundverhältniss vorgebracht wird. Man bedenke nur 
der "^Gegensatz hiezu, dass die Art, w^ie sich der Deutsche in sitt- 



15- 



— 74 — 

licher und geselliger Beziehung zum Deutschen und überhaupt 
zum Menschen verhält, auch maassgebend ist für die Art, wie 
er sich das Verhältniss zu einem Gott, sei es einem eignen oder 
einem fremden, gestaltet. 

Das Verhältniss der Treue imd des Vertrauens, welches der 
Deutsche andern Menschen gegenüber sucht imd pflegt, kann nur 
da vollständig sein, wo es gegenseitig ist. Aus diesem Grunde ist 
die Treue eine Eigenschaft, die nicht blos auf der einen Seite 
bethätigt, sondern auch bei dem andern Theil gefordert wird. So 
kommt auch in den Gottesbegriff selbst der Zug der Treue und 
Zuverlässigkeit imd in alle Verhältnisse, die der Deutsche zwischen 
sich imd seinem Gott vorstellt, dasselbe gegenseitig bindende 
Element wohlwollenden Vertrauens. Da nun das Band der Treue 
nur zwischen Menschen möglich ist, die in diesem wesentlichen 
Charakterpunkt übereinstimmen, so muss schliesslich das Ver* 
hältniss des Deutschen zum Palästinenser auch die entsprechende 
Unverträglichkeit der beiderseitigen Religionsüberlieferungen zu 
Tage fördern. Der \'ersuch des Germanen, seine eigne bessere 
Sittlichkeit in die fremden Religionsvorstellungen zu übertragen, 
musste diese erst modeln, dann aber den Widerspruch und die 
Unmöglichkeit durchgreifender Aenderung fühlbar machen, und 
wird endhch zu dem Entschluss führen, das Fremde als mit dem 
Bessern unvereinbar ganz abzuthun. 

6. Wie das Germanische im Christlichen oft ganz äusserlich 
mit der palästinensischen Ueberlieferung verknüpft worden ist^ 
dafür liefert die kirchliche Baukunst ein recht anschauliches Bei- 
spiel. Was hat der Stil der gothischen Bauwerke an sich selbst 
mit der fremden Ueberlieferung des Christenthums zu schaffen? 
Dennoch hat sich in ihm etwas verkörpert, was in religiöser 
Hinsicht oder, wenn man will, in Beziehung auf den Vorstellungs- 
ausdruck einer erhabenen Weltansicht für neuere Völker, ins- 
besondere aber für die Germanen, kennzeichnend ist. Gegen 
das Gothische an den gothischen Domen wird sich die deutsche 
Thatkraft wahrlich nicht wenden. Sie würde ein Stück ihres 
eignen Nationalgeistes treffen, wenn sie das Gothische als solches 
angriffe. Freilich ist es übel, dass der Zug deutschen Creistes, 
der in den himmelanstrebenden Bauten waltete, sich monumental 
mit jenen fremden Dingen verknüpft hat, die ihn nichts angehen. 
Das palästinensische Christenthum ist für die Erhabenheit der 



— 75 — 

Gothik ebensowenig gemacht, wie diese es für jenes sein sollte. 
Wenn aber jüdische Hasser des Christenthums, wie der getaufte 
Heinrich Heine, die einstige Zertrümmerung der gothischen Dome 
durch die Deutschen selbst triumphirend vorausgesagt haben, so 
kann man daran sehen, um was es diesen Judäem zu thun ist. 
Der jüdische Sinn ärgert sich, wenn er die gothischen Dome 
verwünscht, weit weniger an den Domen und deren christlichem 
Charakter selbst, als vielmehr an dem Dasein gothischer Bau* 
werke, die ihn an eine Nationalität erinnern, die nicht im Ent- 
femtesten von seinem Schlage ist. Das palästinensische Christen- 
thum mit dem Judäer am Kreuz ist von seinem eignen Fleisch, 
wenn es auch scharf in dasselbe eingeschnitten hat; gothische 
Bauten sind aber Zeugen einer andern Macht, die sich noch in 
ganz andern Thaten, als in der Thürmung von Steinen zur Be- 
hausung einer fremden Religion, offenbaren wird. Kein Wunder 
daher, dass es dem Juden eine Genugthuung sein würde, wenn 
er den Deutschen, anstatt gegen den palästinensischen Inhalte 
gegen die germanischen Züge des geschichtlichen Christenthums 
treiben könnte. Mit diesem Spiel wird es aber nach der Selbst- 
erkenntniss der Nation vorbei sein. 

Um von dem Aeusserlichsten gleich zu dem Innerlichsten 
überzugehen, so sehe man zu, wie sich der Deutsche zu derjenigen 
Lehre des Christenthums zu verhalten vermöge, die noch am 
meisten in dem Rufe steht, nicht racenjüdisch zu sein. Ich meine 
die schon in unserm 2. Capitel erörterte Vorschrift der Nächsten- 
und Feindesliebe. An jener Stelle wurde sie als ein Grundzug 
zur Selbstverwerfung des Judenthums gekennzeichnet. Hier wollen 
wir sie auch einmal im Lichte deutscher Moral ansehen. Dort 
war bereits gezeigt, wie es eine judengemässe Wendung ist, von 
dem Verhalten zum eignen Selbst, ja eigentlich von der Selbst- 
sucht auszugehen, um verständlich zu machen, wie man sich zu 
Andern zu verhalten habe. In der That versteht der Jude die 
Affection für den Nebenmenschen nicht, und daher muss man ihm 
etwas unterschieben, was er kennt, nämlich die Aflfection für sich 
selbst* Wie er sein eignes Selbst cultivirt, so soll er auch das 
des Nächsten pflegen und fördern. Wenn so das Selbstinteresse 
zum Maass und Vorbild des Interesse an Andern gemacht wird, 
so ist dies an sich weder eine natürliche noch eine sittlich gute 
Wendung. Im Gegentheil sieht dieses so hochgepriesene Stück 



— 76 - 

Moral danach aus, als wenn es an jedem Weg gefehlt hätte, Liebe 
zu denti Nebenmenschen auf eine unmittelbare und positive Weise 
kenntlich zu machen. Dieser Mangel führt aber weiter zu der 
Einsicht, dass es an dem Weg zur Kenntlichmachung nur fehlte, 
weil die Sache, die erkennbar gemacht werden sollte, bei den Juden 
nicht anzutreffen war. Für den Deutschen hat es damit keine 
Schwierigkeit; denn bei ihm sind die sympathischen Affectionen 
*in bedeutendem Maasse ausgeprägt. Man braucht sich bei ihm 
nicht auf die Selbstsucht zu berufen, um ihm, wie dem Juden, 
beizubringen, wie sich Jemand zu verhalten habe, wenn Liebe des 
Nebenmenschen vorhanden sein solle. Dazu giebt es edlere Vor- 
bilder und Maasse, die von einer natürlichen und positiven Liebe, 
nicht aber von jener umgekehrten Selbstsucht, hergenommen sind. 
Die Liebe in der Familie in ihren verschiedenen Richtungen kann 
dazu überall, ganz besonders aber für die Deutschen, dienen. 
Edler und besser ist es freilich, sich auch gegen einen unwillkür- 
lichen Zug von Heuchelei in den Worten und Begriffen dadurch 
zu sichern, dass man die allgemein zwischen Mensch und Mensch 
mögliche Liebe ganz unmittelbar, also nur nach den verschiedenen 
Verhältnissen und Gründen beurtheilt, in denen ein Wohlwollen 
thatsächlich vorhanden sein kann. Andernfalls wird das Wort 
Menschenliebe zur tauben Nuss. Bei all seinem anspruchsvollen 
Klang führt es, ohne jene Vorkehrung, zu lauter hohlen A'or- 
stellungen. Um es mit Gehalt zu erfüllen, müssen bestimmte 
positive Verhältnisse des gegenseitigen Beistandes und der sym- 
pathischen Freude am menschlichen Ergehen sichtbar werden. 
Wenn nun irgend eine Nationalität, so enthält die deutsche genug 
Weitherzigkeit, um bis zum allgemein menschlichen Bande des 
Wohlwollens vorzudringen. Aus diesem Grunde bedarf sie aber 
auch am allerwenigsten einer Hinweisung auf die sogenannte 
Selbstliebe, die in den überlieferten Vorstellungen mit der Selbst- 
sucht einerlei ist. Diese Selbstsuchtsumkehrung, als kahles ver- 
standesmässiges Surrogat mangelnder Nächstenliebe, aber in jenem 
berühmten christlichen Gebot für diese selbst ausgegeben, — diese 
christliche Selbstsuchtsumkehrung ist ein so niedriges moralisches 
Recept, dass es nur für Juden, nicht aber für bessere National- 
•charaktere, geschweige für den deutschen passt. 

Sieht man näher zu, so findet sich überdies, dass jene Vor- 
schrift auch ihrem Ziele nach hinter einem wirkUchen Ideal von 



— 77 — 

Sittlichkeit zurückbleibt, ja mit diesem in Widerspruch gerathen 
muss. Wir mit unserer feineren Rücksicht imd Einsicht sindl 
nicht gewohnt, zu glauben, es sei stets genug geschehen, wenn 
wir eine Angelegenheit des Nebenmenschen wie unsere eigne 
behandeln. Wir sind ims vielmehr moralisch bewusst, eher gegea 
uns selbst nachlässig sein und fehlen zu dürfen, als gegen Andere. 
Schon das blosse juristische Recht bringt in vielen Fällen die 
Verpflichtung zu einer grossem Sorgfalt für fremde Angelegen- 
heiten mit sich, als man den eignen zuwendet. Für die bessere 
Moral edlerer Charaktere steht es aber unzweifelhaft fest, dass eine 
Selbstverletzung der eignen Interessen nicht soviel wiegt, wie 
eine ungerechte Verletzung des Nebenmenschen. Auch bringea 
die Schädigungen, die man sich selbst zufügt, nur Unmuth, die 
Vergehen aber, die gegen Andere verübt werden, bei dem besserea 
Menschen eine anderartige, schlimmere Pein mit sich. Wo über- 
haupt Reue möglich ist, wo also im Charakter und in der Ein- 
sicht schlechtere Elemente durch bessere bekämpft werden oder 
die nachträgliche Situation die bessern Neigungen wieder frei- 
macht, wo also überhaupt die Fähigkeit zu einer echten Reue 
vorhanden ist, da wird sich auch in den feineren, sympathisch 
angelegten Naturen zeigen, dass die Reue von sehr verschiedener 
Art ist, je nachdem es sich um die fehlerhafte und sittenwidrige 
Verursachung eines eignen Schadens, oder aber um ein Ver- 
schulden gegen Andere handelt. In dem einen Fall hat der 
Mensch nur mit sich selbst zu rechnen ; in dem andern trägt er 
die Verantwortlichkeit für fremdes Leiden. Nun ist die Pein, die 
aus dem Verhältniss zwischen Mensch und Mensch entsteht, unter 
übrigens gleichen Umständen weit intensiver, als diejenige Herab- 
stimmung, die aus einem schädlichen Verhalten des Einzelnen 
gegen sich selbst entspringt, grade sowie auch die Freude, die 
aus der menschlichen Gegenseitigkeit hervorgeht, die entsprechend 
isolirte, auf den Rahmen des eignen Selbst beschränkte Affection 
übertrifft. Dies ist eine Thatsache, welche bei den neuern 
Völkern leicht festgestellt werden kann, so dass wir hiezu nicht 
erst speciell den deutschen Charakter zu betonen haben. Ja sogar 
schon in der antiken Welt lässt sich ein gewisses Bewusstsein 
dieses Unterschiedes nachweisen. Bringt hienach also jede bessere 
Menschlichkeit eine selbständige und höher geartete Bestimmung 
des interhumanen Verhaltens mit sich, als diejenigen Grundsätze 



sein können, die für das eigne Selbst gelten, so ist die christische 
Vorschrift auf einem Niveau verblieben, über welches alie edlerenj 
Völker Charaktere von vornherein schon durch ihre natürlichej 
Anlage erhaben sind, und über welches sich die feinere Eat- H 
Wicklung in einem stets wachsenden Abstände erhebt. Auf diese !j 
Weise wird schliesslich jene anscheinende Perle palästinensischea || 
Chrislenthums. die in der That bei jener Selbstver werfung des | 
Judenthums ein erklärliches Krankheitsproduct gewesen ist, völi^fj 
unverträglich mit einem deutlichen Bewusstsein besserer Sitten--(| 
antriebe. Anstatt also diese l'eberÜeferung als Etwas hinzunehmen^ 
was unübertrefflich und gleichsam himmlisch sei, verwerfen wir* 
sie vielmehr nicht blos als sittlich rückständig, sondern als nu« 
lur die sittliche Tiefenlage der Judenrace eingerichtet. ] 

Auch sind wir keineswegs damit zufrieden, dass diejenige* 
Menschen, die ihr eignes Ergehen aus Charakterfehler odesK 
maugelnder Einsicht schädigen, sich also nur wenig lieben, nacb^ 
christlichem Grundsatz mit diesem Maass von Liebe auch Andere' 
heimsuchen. Ebenso kann die Rohheit, die bei dem eignen Selbst- 
an Allerlei keinen Anstoss nimmt, was in der That nicht geduldetll 
■werden darf, kein Vorbild sein, welches ein gutes Verhalten gegen 'i 
Andere ergäbe. So sind denn alle Vorschriften, mögen sie alt-)| 
oder neutestam entlich sein und mögen sie eine negative od^ 
positive Form haben, moralisch rückständig, sobald sie das, waij 
das eigne Ich abwehrt oder fordert, zum Maasse des Nichtthui^ 
oder Thuns gegen Andere machen. Eine zulängliche MoridE 
besserer Art bedarf bestimmter, in das Einzelne gehender Fesfc» 
Stellungen dessen, was sich ziemt, und stützt sich dabei au]^ 
"absolute Principien, die in einem weiten Gebiet für das eignS 
wie für das andeie Ich gleichmässig gelten, überdies aber fite 
die gegenseitigen Beziehungen auf das Mitempfmdea, und zwa^| 
nicht blos im Sinne des Mitleids, sondern auch der Mitfreude, 
gegründet sind. So ergiebt sich etwas Natürlicheres und Edleres, . 
■a!s jene geschraubten Wendungen christischer Art. Ein gemein- 
sames Gute regiert alsdann das Verhalten gegen Andere und das 
"Wallen mit sich selbst. ^ 

Wie aber dem Judenthum der Begriff des Guten racen.'^ 
m;issig gefehlt oder sich bei ihm, was so ziemlich dasselbe 
zu etwas Verkehrtem verzerrt habe, das hat sich noch in neuer« 
.Zeit an dem bedeutenden Beispiel Spinozas gezeigt. Dil 





— 79 — 



''acenjiidische Philosoph aus dem 17. Jahrhundert, dessen persön- 
liches Ankämpfen gegen seine Judenneigungen achtbar genug 
"War, hat dennoch in seinem Hauptwerk, einer sogenannten Ethik, 
Schlechte Judenmoral producirt. Er verslieg sich beispielsweise 
t>is zu dem Satze, seinen Nutzen suchen und tugendhaft sein sei 
dasselbe. Er ist so recht das Beispiel eiaes reinen Racenjuden: 
"^cnn als ihn seine Glaubensgenossen ausgestossen hatten, war 
^x hiemit nicht mehr Rehgionsjude. Ueberdies verschmähte er 
^s aber mit Recht, in eine andere Religionsgemeinschaft ein- 
zutreten. Inneriich freilich konnte er die überlieferten Vorstell ungs- 
*^eigungen ebensowenig ganz abthun, wie es ihm eingestandener- 
^^aassen nicht gelang, die angestammten Triebe der Habsucht 
"^-'nd sinnlichen Gier völlig zu bemeistern. Er schrieb, zumTheil 
■^Iine es zu wissen, im Sinne der Judenrace. Nicht blos seine 
^loral, sondern auch seine Weltvorstellung trug, wie ich ander- 
"Vveitig (in meiner „Geschichte der Philosophie" und in meiner 
»Judenfrage") gezeigt habe, die Züge dieser Race an sich. Er 
^Selbst aber leugnete, dass Nationen von Natur existirten; diese 
-Schaffe nur einzelne Menschen, und die EigenthümUchkeiten der 
-2S"ationen rührten von deren Gesetzen und Sitten her. Hiemit 
-stellte er die "^ahrheit auf den Kopf; denn die Gesetze und 
Sitten der Nationen rühren wesenthch von deren Charakter- 
~eigenthümhchkeiten und sonstigen Naturthatsachen her, aber nicht 
•^jm gekehrt. Diese Verwechselung von Ursache und "Wirkung ist 
-"bezeichnend für die Dunkelheit, in welcher sich Spinoza bezüg- 
-Ücli der Begriffe von Race und Nation befand. Sie zeugt aber 
- auch für die noch heut wiederkehrende Judenneigung, die Be- 
= ^iffe vonRace undNalion oberflächlich nominalistisch zu machen, 
d. b. zu blossen Namen herabzusetzen, denen keine Naturwirk- 
lichkeit entspreche. "Wie tief aber grade im Naturgrunde der 
Racencharakter wurzele, und wie er nicht blos Sitten und Gesetze 
^gestalte, sondern auch die Vorstellungskreise einzelner und zwar 
unter Ihresgleichen sehr ausgezeichneter Menschen, ja nach 
vollster Unabhängigkeit strebender Denker beherrsche, dafür hat 
-Spinoza .selbst ein entscheidendes Beispiel werden müssen. 

7. Noch nach einer andern Seite lässt sich durch die Hin- 
weisung auf Spinoza über die Unverträglichkeit des jüdischen 
Racengeistes mit den neuem Völkeranschauungen etwas lernen. 
■Geset2t, alle Juden hätten ihren gröbern Aberglauben abgelegt 



— So- 
und sich zu Spinozisten oder gar zu Anhängern noch freierer 
Ansichten entwickelt; alsdann würde das Religio nsjudenthum im 
gewöhnlichen Sinne der Synagoge fortfallen, aber in den racen- 
mässigen Vorstellungsarten und Neigungen bestehenbleiben. Was 
aber noch entscheidender ist, es würde auch abgesehen von den 
etwas naturalistisch gestalteten Religionsvorstellungen, wie sie bei 
Spinoza nach jüdischem Grundschema noch existiren, jedenfalls 
der Kern der jüdischen Racenmoral, die im eignen Nutzen die 
Tugend sieht, d. h. den Egoismus zum Princip erhebt, als maass- 
gebend erst recht nackt und ungezügelt hervortreten. Die ur- 
sprünglichen, wirklich religionsgläubigen Juden hatten doch noch 
immer Blitz und Donner vom Sinai vor Augen und Ohren. Sie 
wurden durch den Schrecken Jehovahs einigermaassen, wenigstens 
unter sich selbst, gebändigt, und dieser Schrecken war in der 
That der Judenrace ein Bedürfniss. Spinoza selbst spricht es aus, 
dass es gegolten habe, die jüdische Halsstarrigkeit zu brechen, 
und dass demgemäss Jehovah die Juden nicht mit Gründen, 
sondern mit Donner und Blitz angegriffen habe. Wirklich wird 
man auch heute, ja in alle Zukunft hinein, den Judentrieben 
gegenüber mit Gründen nichts ausrichten. Der angestammte 
Zügel ist ein Schreckenssystem, und dieser Umstand kann auch 
in aller weiteren Judengeschichte zum Leitfaden dienen. 

Wenn also der eigentliche Aberglaube auch einmal völlig 
verschwunden wäre, was trotz aller modernen Wissensmächte 
grade der Judenzähigkeit gegenüber am längsten auf sich warten 
lassen dürfte, so könnte dies nur dazu führen, das racenmässige 
Judenwesen noch ungenirter und für die neuern Völker noch 
unerträglicher zu machen. Die Judentriebe würden alsdann nach 
wie vor als Naturthatsache fortbestehen ; sie würden zwar durch 
eine ihnen zu Hülfe kommende Religion nicht mehr gutgeheissen, 
aber auch von dieser Seite in nichts mehr beschränkt werden. 
In einem solchen Zustande würde es handgreiflich werden, was 
die natürliche Racenbeschaffenheit als solche mitsich bringt. Die 
Ausbeutung und der sogenannte Daseinskampf würden den neuern 
Völkern gegenüber eine noch verworfenere Gestalt anzunehmen, 
trachten als bisher. An eine Einschränkung durch neue geistige 
Motive wäre nicht zu denken. Kämen diese von den Juden selbst, 
so würden sie deren Selbstsucht nur noch steigern; kämen sie 
aber von den bessern Völkern, so würden sie als imgleichartig 



— 81 — 

nichts fruchten. Die Empfänglichkeit dafür würde racenmässig 
fehlen, und wenn die neuern Völker gegen die Juden etwas aus- 
richten wollen, so müssen sie sich nach dem Vorbild Jehovahs 
richten; sie müssen sie, wie gesagt, statt mit Gründen und 
geistigen Elementen, mit Donner und Blitz angreifen. 

Aus der Judenrace kann nie Etwas werden, was mit den 

bessern Völkern vereinbar ist. Dies gilt für die materiellen wie 

für die geistigen Verhältnisse ; es gilt für Oekonomie und Politik 

einerseits imd für Literatur und Kunst andererseits. Ich muss 

mich in dieser Beziehung auf meine andern Schriften, namentlich 

aber auf die „Judenfrage" und auf die sie ergänzende Schrift über 

^die Ueberschätzung Lessings* berufen. Hier sei jedoch noch 

besonders hervorgehoben, wie gegenwärtig die Unverträglichkeit 

<tes Judenwesens und des modernen Völker wesens, namentlich, 

aber der Gegensatz von Judenthum und Deutschthum, in allea 

Gebieten, den feinsten theoretischen wie den handgreiflichst. 

praktischen, hervortritt, ja man kann sagen, hervorbricht. Ueber 

die Racenökonomie der Juden an sich selbst brauche ich hier 

kaum etwas zu sagen. Sie ist das echt Handgreifliche in, der 

Unverträglichkeitsthatsache. Sie ist überdies, wie früher ange* 

deutet, ein Stück der Religion^ nämlich bezüglich der Herrschafts* 

gewinnüng über alle Völker im Wege des Leihens .an sie. Diese 

Racenökonomie erklärt auch vorzugsweise das Vorhandensein eine;r, 

grossen Zahl von Judengenosseü; denn diese letztern bestehen 

zum grössten Theil aus solchen Elementen, die von den Juden 

finanziell abhängig sind. Im Materiellen wehren sich jetzt die 

modernen Völker, voran die Deutschen imd Slaven, gegen die,. 

jüdische Aufsaugung und Reichthumsanhäufung am sichtbarsten. 

Ohne energische Maassregeln, wie die von mir vorgeschlagene ; 

Mediatisirung der jüdischen Finanzfürsten und Geldinstitute, im4 

ohne Ausnahmegesetze, welche nur für Jud^er gelten, die alU- 

gemeine Freiheit aber, d. h. die Freiheit der bessern Völker nicht 

berühren,' wird man Angesichts der einmal bestehenden Juden^ 

macht, zumal in den Formen unserer Gesellschaft szuständ^, nichts 

Erhebliches ausrichten. 

Die Oekonomie und das Materielle sind bei den Juden Religionsr 
Sache. Was aber an Selbstverwerfung hievon einen vereinzelten 
Zug des Christenthums ergab, nämlich der ascetische Verzicht 
auf weltliches Streben, hat den; modernen Völkern, .soweit es 

Dfihriog, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 6 



— 82 — 

wirklich die Gesundheit ihrer Denkweise ankränkelte, genug ge- 
schadet und den Juden in die Hände gearbeitet. Bei der Judenrace 
blieb die Ausbeutung anderer Völker in Uebereinstimmung mit der 
Rehgion, während das Christenthum diese bessern Völker mit sich 
selbst in Zwiespalt zu setzen und von der Pflege des materiellen 
Wohlstandes auf Jenseitigkeiten abzulenken suchte. Die Juden- 
race hatte so von dem, was bei ihr entstanden war, einen 
doppelten Vortheil. Einerseits beutete sie unbehindert aus, und 
andererseits lähmte sie noch die ökonomischen Rücksichten und 
Bestrebungen der Auszubeutenden durch die importirte Religion. 

Etwas Aehnliches lässt sich über den unheilvollen Einfluss 
des raceimiässigen Knechtssinnes bemerken. Dieser stammt ur- 
sprünglich aus der Furcht vor der Macht und aus Feigheit, die 
der Judenrace eigen sind und zu deren herrischem, knechtendem 
Wesen sehr wohl stimmen. Im palästinensischen Christenthum 
wurde aber jener Knechtssinn zu etwas Freiwilligem, welches 
beispielsweise der Obrigkeit gegenüber zwar auch im Hinblick 
auf deren Gewalt, aber doch auch fast wie ein Stück Liebe 
bethätigt werden sollte. Unter dieser Lähmung der innem Spann- 
kraft, die von der christischen Abart des Judenthums ausginge 
haben nun die neuern Völker wirklich etwas gelitten und sogar 
noch zu leiden. Die politischen Einrichtungen und Ideen sind mit 
diesem freiheits- und nationalwidrigen Import nur zu vielfach ver- 
setzt und gefälscht worden. Doch dies nur zur Vergleichung, wie 
in Oekonomie und Politik Aufsaugungen der Volkskräfte besserer 
Nationen einen palästinensischen Ursprung gehabt haben und in 
dem gleichen Racenchar akter wurzeln. 

WasPressö, Literatur undKunst betrifft, so sind die Zeitungen,, 
die Belletristik und das Theater bekanntermaassen in den Händen 
der Juden. Sie sind es zunächst immer finanziell, aber dann auch 
weiter in Rücksicht auf die persönliche Betheiligung. Wenigstens, 
ist die Presse • tind ein grosser Theil der schönen oder vielmehr 
leichten Literatur durch Juden als Geschäft ausgeübt. Handgreif- 
lich ist dies bei der sogenannten liberalen Presse der Fall ; aber 
in den conservativen Zeitungsredactionen schalten die Judäer 
fast nicht minder, wenn auch versteckter. Uebrigens drängea 
sich die Juden auch zu den Theatern, wohin sie wohl Hypokrisie,. 
aber nicht ästhetische Eigenschaften mitbringen. In allen jenen 
Gebieten beurkunden sie ihren Mangel an edleren geistigen. 



— 83 ~ 

Fähigkeiten und an Sittlichkeit. Bei den Deutschen hat haupt- 
sächlich mit dem sichtlich zum Judenblut gehörigen Lessing die 
VerjuduDg der Literatur begonnen, aber ihre bedeutendsten Fort- 
schritte erst im 19. Jahrhundert gemacht, dergestalt dass sie in der 
ungestörten Jubelzeit der Juden, 1860—80, auf ihrer Höhe stand. 
Schliesslich ist man einigermaassen zu der Erkenntniss ge- 
langt, dass sich diese Verjudung mit der geistigen /Existenz der 
Nation nicht vertrage. In der That ist die Leetüre literarischer 
Judenerzeugnisse, seien es Zeitungen oder Bücher, ohne sittliche 
öder ästhetische Anwiderung für den feinern Sinn kaum mehr 
möglich. Für den Kenner ist die darin überall sichtbare Juden- 
corruption gradezu ekelerregend. Von der durch die Presse aus- 
geübten Macht zur Beherrschung aller Angelegenheiten habe ich 
hier nicht einmal zu reden, da dies über den Gesichtspunkt 
hinausreicht, der im Zusammenhange dieser Schrift vornehmlich 
festgehalten werden muss. Aber auch schon die unsittliche und 
unästhetische Infection, die mit der literarischen Verjudung Hand 
in Hand geht, schafft einen auf die Dauer unerträglicher^ Zustand. 
Deutscher Geist und deutsche Literatur sind unvereinbar mit den 
Eigenschaften der Judenrace. Wird letztere mit ihren literarischen 
Herrschaftsanmaassungen nicht wieder zurück- und hinaus- 
gewiesen, so hört unsere nationale Literatur auf, zu existiren. 
Ja etwas Aehnliches lässt sich überhaupt von der Presse und 
Literatur der modernen Völker sagen; denn die Literatenherr- 
schaft der Juden verzweigt sich über die Welt und bedrückt alle 
Welttheile und Länder, wo etwas zu machen ist. 

In der erwähnten Jubelzeit der Juden hat sich auch die Gesetz- 
gebung erheblich verjudet, und es ist grade hiedurch die Kluft 
zwischen jenem schlechtesten Semitenstamm und den Deutschen 
recht sichtbar geworden. Dem Juden ist mit der crassen Selbst- 
sucht auch die Ungerechtigkeit angestammt und hat ihn durch 
die ganze Geschichte begleitet. Die Selbstsucht unterscheidet sich 
eben dadurch vom berechtigten Selbstinteresse, dass sie gegen 
Andere ungerecht wird, indem sie von diesen zehrt. Nun bilden 
die Juden das Hauptbeispiel eines Volks, welches sich auf Kosten 
Anderer mit allen schlechten Mitteln bereichert. Indem zu diesen 
Mitteln auch die Beeinflussung der Gesetzgebung, ja die persön- 
liche Mitwirkung an derselben gekommen ist, hat sich die natio- 
nale Unmöglichkeit eines solchen Zusammenwirkens und Zu- 

6* 



— 84 — 

sammenlebeDs noch entschiedener, als in andern Richtungea, 
herausgestellt. Die Justiz moderner Völker verjuden, heisst sie iO- 
ihr Gegentheil verwandeln. Deutsche Justiz mit judenhafter Gesetz- 
gebung heimsuchen imd mit Advocaten tmd Richtern von jüdischer 
Abstammung überfüllen, heisst nicht blos sie national entwurzeln, 
sondern die Deutschen überhaupt ihres Rechts entkleiden. Wir, 
und auch andere neuere Völker, haben von ernster Gerechtigkeit 
noch einige angestammte Begriffe, die nur mit dem bessern 
Völkercharakter selbst untergehen könnten. Es würde aber ein 
solcher Untergang sein, wenn es mit dem Judeneinfluss so fort- 
ginge wie bisher, d. h. wenn den Juden ausser der materiellen 
Habe der Völker auch noch das geschäftliche Machen von Recht 
und Unrecht überliefert würde. 

Die specielle Handelsgesetzgebung brauche ich kaum zu 
erwähnen. Hier sollen blosse Usancen an erster Stelle gelten; 
d. h. es ist allen schlechten Praktiken, wie sie vornehmlich von 
den Juden ausgeübt werden, eine Gesetzeskraft erster Ordnung 
verliehen. Doch in diesem Gebiet steckt sich das Judengeschäft 
noch einigermaassen hinter eine allgemeinere Handelscorruption. 
Weit schlimmer ist es, dass durch die Theilnahme der Juden die 
allgemeinere Gesetzgebung, die sich nicht mit den materiellea 
Ausnahmegesetzen oder auf den Gerichtsstand bezüglichen Privi- 
legien des Handels befasst, an bessern Grundsätzen gar sehr ein- 
gebüsst hat, ja in neuen wichtigen Bearbeitungen sachlich und 
formell verdorben worden ist. Die Processordnungen Deutsch- 
lands, die gegen Ende jener Judenjubelzeit eingeführt wurden, sind 
bezüglich ihres Ausfalls im Sinne des jüdischen Charakters von mir 
anderweitig gekennzeichnet worden, und es ist ihr Geist in Rück- 
sicht auf Advocatenzwang, Advocatengebühren, Gerichtskosten, 
Willkür von Einzelpersonen, mangelnde Processcontrole u. s. w. 
bereits genugsam bekannt. Sie machen im Ganzen den Eindruck, 
als wenn die Justiz als Geschäft in complicirtester Maschinerie 
der eigentliche Zweck und die Angelegenheiten des Publicums 
nur ein Material dafür zu sein hätten. Aber auch die übrige 
Gesetzgebung hat Züge genug geliefert, in denen die materiellen 
Interessen oder vielmehr Triebe der Juden sich mit privilegien- 
schaffenden Wendimgen bethätigten. Von selbst aber versteht es 
sich, dass auch alle modernen Maassregeln von den Juden immer 
so beeinflusst worden sind, dass die Ausbeutung der Nation 



— 85 — 

diarch das Judengeld, also durch die grossen und kleinen Juden- 
naanipulationen, reichlichst von Statten ginge. Dahinter steht das 
Stxeben nach einer auch politisch gestalteten Herrschaft über die 
andern Völker. 

Wird nun, Angesichts des Hervorbreche ns der racenmässigen 

Unverträglichkeit aller Judeneinmischung mit dem Wohl der 

t>essern Völker, nicht von Grund aus abgeholfen und alles Juden- 

^hum von den modernen Nationen abgethan, so kann nur Unheil 

^nd Verderbniss die Folge sein. Die gute Sitte wie das gute 

■^Gcht würde dann schliesslich ganz verschwinden, und die 

-*^^tionen müssten der Infection wie einer schlechten Krankheit 

■'^^leriell und geistig erliegen. Man bedenke nur, was bereits 

^^m Deutschen geboten ist. Er muss sich Auszüge aus den alten 

J Gegenschriften und palästinensische Gebote, als angeblich seine 

■^CDral, einprägen lassen und muss zusehen, wie die lebende 

^^neration der Juden seine heutige Gesetzgebung mit ihrem 

''^^cengepräge verunstaltet. Schon vor Jahrtausenden hat er in 

^^inen Wäldern etwas Besseres gehabt. Seine Familie ist von 

^Ort her aus seinem eignen bessern Charakter zu edler Sitte 

Erwachsen, und er muss sich mit ihr und überhaupt mit seinem 

•^echt sowie auch mit seiner ganzen gemüthskräftigen Gestaltung 

^ller Verhältnisse gar befremdlich afficirt finden, wenn ihm die 

ICundgebungen vom Sinai als Muster aufgedrängt werden, nach 

cienen er sich zu richten habe. So etwas ist in der That eine 

X^öllige Umkehrung von Wahrheit imd Natur. Das Edle hat sich 

laicht vom Schlechten und Rückständigen meistern zu lassen. 

Auch das palästinensische Christenthum steht, wie gezeigt, 
xingleich niedriger als das, was die germanischen und neuern 
A/'ölker in ihren eignen Nationaleigenschaften besitzen und aus 
ihnen rein zu entwickeln haben. Die Ausscheidung des Juden- 
thums aus allen Gebieten wird daher erst vollständig werden 
können, wenn auch der hiezu erforderliche Geist der neuern Völker 
nicht nur mit derjenigen Judenüberlieferung, die sich Christen- 
thum nennt, völlig bewusst gebrochen, sondern auch einen Er- 
satz der Religion geschaffen haben wird. Diese höhere Schöpfung 
kann nur aus den Anlagen der modernen Nationen hervorgehen, 
und es wird zunächst eine deutsche Aufgabe sein, zu zeigen, 
wie mit der geistigen Emancipation von aller alten Juden- 
überlieferung auch die materielle von allerneuen Judeneinmischung 



— 86 — 

zu verbinden sei. Auf diese Weise wird sich herausstellen, wie 
die modernen Nationen nicht nur zu einem Aufschwung in In- 
dustrie und in Naturwissen, sondern auch zu einer wesentlich 
veränderten Grundlegung der gesammten Geistesführung, d. h. zur 
Schöpfung einer Geistesmacht berufen sind, die tiefer eindringen 
und mehr wirken wird, als es je Religion, geschweige palästi- 
nensische, vermocht hat. Hiezu ist aber ein Selbstbewusstsein der 
modernen Völker erforderlich, an welches man bisher noch nicht 
gedacht hat. Die bessern neuern Völker müssen wissen, dass sie 
nicht nur den Asiatismus abzustreifen, sondern auch selber die 
Träger einer neuen Weltära von höchsten geistigenBeurkundungen 
zu werden haben. 

Fünftes. Capitel. 

Surrogate und AbsehajOfuDg der Religion. 

1. Es liegen geschichtliche Erfahrungen darüber vor, wie 
sich Religionen allmälig selbst abthun, und wie für bestimmte 
Schichten der Gesellschaft Ersatzmittel, aber unzureichende, 
platzgreifen oder auch, wie in jüngster Zeit, verkehrte Lücken- 
büsser vorgeschlagen werden. Erst spät reift dagegen in der 
Menschheit der Gedanke einer völligen und auch äusserlichen 
Abschaffung der Religion mit allen ihren sichtbaren Zeichen des 
Cultus und mit allen ihren Verflechtungen in die bürgerlichen 
Institutionen. Es ist nützlich, sich einiger Hauptzüge zu erinnern, 
welche das Absterben wirklich nationaler Religionen begleitet 
haben. Man wird auf diese Weise erkennen, was die Art, wie 
man sich in solchen Fällen geholfen hat, zu leisten und nicht zu 
leisten vermöge. Das griechische und nachher auch das römische 
Alterthum sind in dieser Hinsicht lehrreiche Beispiele für alle 
Folgezeit. Hier hatten sich nationale Religionen, von aussen 
ungestört, im Sinne des angestammten Volksgeistes entwickeln 
können. Der Nationalcharakter hatte, wie bei den Griechen ihrer 
grösseren Originalität und Begabung wegen am sichtbarsten ist, 
seine Bestandtheile in die Religion hineingelegt. Diese hatte sich 
mit ihm zusammen in vollster Einigkeit bis zu dem Punkte 
entwickelt, wo eine Art Aufklärungszeitalter den gröberen Aber- 
glauben in allen Richtungen comoromittirte. E^ war dies die 



— 87 — 

eit, in der auch in der Medicin die Krankheiten, denen man 
-einen specifisch göttlichen Ursprung beigelegt hatte, wie die 
lEpilepsie, in natürlicher Weise aufgefasst wurden. Ja sog^r lässt 
sich Charakter und Sinn dieser Aufklärung in den älteren echten 
IHippokratischen Schriften noch deutlicher erkennen, als aus Alle- 
dem, was uns aus demselben Zeitalter über Sökrates überliefert 
ist. Dies rührt daher, dass in medicinischenSchriften aufklärerische 
Bemerkungen sich weit sicherer und ungestörter verlautbaren 
konnten, als in philosophischen Kundgebungen von Schülern 
des Sökrates, die nach der Katastrophe ihres Meisters nur zu 
sehr darauf bedacht waren, zur Vertheidigung seine und ihre 
^Religiosität ins Licht zu setzen. Jene Epoche war es aber, in 
welcher sich die griechische Religion schon in entschiedener 
Verwesung befaod. Die Aufklärungselemente hatten sie schon 
einige Generationen hindurch mehr und mehr zersetzt. Der 
naive Glaube war längst geschwunden, und eben deswegen 
A^^urde die Religion zur leeren Hülse, mit welcher die Politik 
land die Privatränke ihr Spiel trieben. Es dauerte auch nur noch 
ein paar Generationen, bis in den gebildeten Schichten solche 
I*hilosophien weitere Verbreitung fanden, die unter Ignorirung 
<der Religion Führerschaften für das Leben sein wollten. Der 
lEpikureismus und der Stoicismus theilten sich in die Gesellschaft. 
IBeide waren Methoden, sich unter zerfahrenen Zuständen so gut 
als möglich mit dem Leben abzufinden. Die eine suchte dies 
Ziel mehr durch positive Genugthuung, die andere mehr durch 
einschränkende Beherrschung der Neigungen zu erreichen. Es 
waren dies eigentlich nur verschiQ.dene Temperamente einer in 
der Hauptsache auf denselben Zweck gerichteten Geisteshaltung. 
Nach beiderlei Art sollte der Einzelne sicher auf sich selbst 
gestellt und Alles, was der Führung der Religion entwachsen 
und zugleich mit höherer Bildung ausgestattet war, einer selb- 
ständigen Selbstführung theilhaft werden. 

Nicht die Mängel dieser Philosophien als solcher, sondern 
die Umstände, vermöge deren sie nicht eigentliche oder gar zu- 
längliche Ersatzmittel der gesunkenen Religion zu sein vermochten, 
habe ich hier kenntlich zu machen. Wie gut oder schlecht Philo- 
sophien auch gerathen mochten, — sie waren in jedem Falle 
nur für einen Kreis Gebildeter vorhanden und trugen noch eine 
andere Beschränkung in sich, nämlich die auf die praktischen 



— 88 — 

Lebi^nsfragen. Schon jeder von diesen beiden Umständen fui^ 
sich allein machte sie unfähig, die Religion zu ersetzen. Eio. 
wesentlicher Charakterzug der nationalen Religion besteht darin, 
das ganze Volk mit allen Schichten der Gesellschaft zu umfassen. 
Nun mag eine anderartige Geistesmacht beschaffen sein, wie sie- 
wolle, — sie bleibt unzulänglich, wenn sie jenes Haupte rfordemiss^ 
einer Durchdringung des ganzen Volks nicht erfüllt. Es fehlt 
alsdann das Gemeinschaftsgefühl, welches alle zusanmienlebenden. 
Menschen in diesem Zusammenleben geistig gleichartig verbindet. 
Wird die unterste Schicht der Gesellschaft nicht von derselben 
Geistesmacht bewegt, wie die höheren, so ist kein Einheit^efuhl 
möglich, sondern Zwiespalt schon in der Artung der leitenden 
Grundvorstellungen. Die Verachtung des Aberglaubens in den 
obem Regionen ist alsdann eine halbverhehlte; beide Theile 
können sich miteinander nicht verständigen und die Vertreter des 
freieren Geistes denen des gebundeneren nicht einmal trauen. 
Die höhere Bildung wird ihrer überlegenen Einsichten nicht froh ; 
denn sie lebt unter dem Banne der noch äusserlich herrschenden 
Volksvorurtheile. Sie hat sich vor diesen zu hüten und kann 
daher nicht daran denken, ihr eignes System auch nur in ihren 
eignen Kreisen ohne conventionelle Verhüllungen zu pflegen. 
Auf diese Weise ist sie von vornherein zu dauernder Ohnmacht 
verurtheilt und vermag nicht einmal in ihrem eignen Bereich 
sonderlichen Widerstand zu leisten, wenn unter dem Namen 
einer neuen Religion irgend ein roher Aberglaube die Massen 
durchfurcht. Dies war der Fall mit den Resten der griechischen 
und römischen Bildung, als das Christenthum Boden gewann. 
Das Gemeinschaftsgefühl hat bezüglich einer alle Glieder der 
Nation verbindenden geistigen Macht aber noch einen höheren 
Werth. Es ist ein Anhaltspunkt für die Festigkeit der lieber- 
Zeugungen. Durch das Bewusstsein, mit allen Angehörigen der 
Nation wesentlich gleiche Vorstellungen zu hegen imd zu pflegen^ 
wird Muth und Kraft des Einzelnen gehoben, und es ergiebt 
sich hieraus eine geistige Gesamm tkraft des Volks, die Ai^esichts 
einer Zerklüftung in ungleichartige Vorstellungskreise unmöglich 
ist. Uebrigens hat auch die ungetrübteste Wahrheit nicht all- 
zuviel zu bedeuten, wo sie nicht die Aussicht hat, sich allgemein 
zu verbreiten und die volle Genuglhuung durch das Gefühl einer 
allseitigen in ihr vorhandenen Gemeinschaft herzustellen. Hiezu 



- 89 — 

kommt noch, dass eia solches Bewusstsein der Gemeinschaft in 
geistigen Principien auch sittlich erst das volle Bindemittel wird, 
durch welches sich das gegenseitige Verhalten in umfassender 
Zuverlässigkeit bestimmt. Allgemeiaheit ist hier überall das 
GruDdbedürfniss, und hievon blieben die Philosophien mit ihren, 
zum Theil sogar verlehrten, Bildungsvoraussetzungen und mit 
ihrer beschränkten Classendienstbarkeit weit entfernt. 

Die zweite Beschränktheit, welche die epikureischen und 
stoischen Lehren ungeeignet machte, ein gehöriger Ersatz der 
Religion zu werden, war die in ihnen wesentlich vorherrschende 
Richtung auf nichts als praktische Lebenshaltung. Ein noch sa 
geschicktes Abwägen der einzelnen Acte des Verhaltens in Rück- 
sicht auf die Gesammt Wirkung an Lust und Schmerz, oder aber 
eine noch so entschiedene Pflege des Heroischen in der mensch^ 
liehen Natur zur innern und äussern Bekämpfung übler Situationen,^ 
— solche Wendungen zur Gestaltung des Einzeldaseins waren 
sicherlich nicht genügend, um das geistige Bedürfniss auszufüllen. 
Dennoch waren dies die einzigen wahren Elemente und Ansätze, 
die sich inmitten des vielen Irrthums jener Philosophien und 
namentlich der Verkehrtheiten des oft heuchlerisch gerathenen 
Stoicismus fanden. Der Welt- und Lebenshorizont wurde so gut 
wie nicht aufgehellt. Die Religionsvorstellungen hatten in ihrer 
Art in dieser Richtung mehr aufzuweisen, was, wenn auch aber- 
gläubisch, doch dem menschUchen Streben entsprach. Selbst in 
die Phantasien über die Unterwelt mischte sich doch gelegentlich 
ein Zug von Todtenrichterthum und Gerechtigkeit. Das Götter- 
system aber entsprach den verschiedenen menschlichen Leiden- 
schaften imd Bedürfnissen; es war darin, wenn auch auf phan* 
tastische Weise, einigermaassen für das griechische Herz gesorgt. 

Wie herzlos und kahl nahmen sich dagegen jene Philosophien 
und namentlich der Stoicismus aus, der das vereinzelte Selbst 
auf die Spitze trieb imd es auf dieser Spitze oft wimderlick 
balanciren Hess. Wenn nicht eigentliche ungerechte Selbstsucht, 
so doch ein nahe an diese grenzendes selbstisches Wesen, 
welches den Menschen vereinzelte und isolirte, war überhaupt 
ein Charakterzug beider Philosophien. Auch erklärt sich dieser 
Zug leicht. Jene Lehren waren dazu gemacht, im Schiffbruch 
von Staat und Gesellschaft das Individuum an sich selbst zu 
weisen, damit es aus eignen Mitteln sich inmitten der wüstea 



k 



Airflösung aller i5ffentlichen Zustände eine haltbare Pesitiod 
schaffe. Hierin bestanden auch die besten Dienste, die von jenen 
in der griechisch-römischen Welt wirklich weitgreifenden Philo- 
sophien ausgingen. Da diese Lehren, abgesehen von einigem 

verlehrten Nebenwerk, welches der Stoicisraus mitschleppte, ein- 
fach und versländlich waren, so gelangten sie auch zu ziemliche 
breiten Schichten. Einen grossen Antheil hieran hatte aber auchi 
<iie in ihnen vorherrschende Be.schrilnkung auf blosse Lebens- 
weisheit. Ueber die allgemeinen Welt- und Seinsfragen ver-' 
mochten sie nichts Eindringhches und Befriedigendes, geschweige 
-etwas zugleich Populäres darzubieten. Der menschliche Sinn 
strebt aber unter allen Umständen nach einem Abschluss der 
Anschauungen, sollte er ihn auch nur um den Preis der Unwahr- 
heit, der Phantastik und des Aberglaubens erreichen. Ein solcher 
Abschluss lag stets in den religiösen Systemen, so verkehrt er 
auch darin gerathen sein mochte. Ein solcher Abschluss fehlte 
aber jenen Lebensphilosophien, welche die Grenzen des Dasein 
undecorirt Hessen und den Menschen der Gesammtwelt in Rück- 
sicht auf die höheren Fragen gradezn entfremdeten. Was halfen 
■einige atomistische Perspectiven, wie im Epikureismus, oder die- 
Splitter von Einheilsvorstellungen über die Natur, wie sie i 
Stoicismus neben andern Abfallen der verschiedensten philo- 
sophischen Systeme ihr Wesen trieben? Aus Alledem konnte 
nichts werden, was den Menschen mit seinem Schicksal ausglich' 
und ihn mit Leben und Tod befreundete. Da^u gehörten weitere 
Perspectiven, von denen im griechischen und römischen National- 
charakter nur wenig angelegt war. Aber auch dieses Wenige, 
welches in der Religion Ausdruck gefunden hatte, fand ihn ia 
jenen verbreite teren Philosophien nicht. Kein Wunder daher, 
dass difse Philosophien, ungeachtet ihrer praktischen Dienste, 
■doch nicht im Stande waren, eine nachhaltige geistige Führer' 
Schaft von der Tragweite einer Religion zu sein. 

2. Vom Aberglauben der Religion befreit werden, ist eiä 
Vorgang, der, solange er dauert, schon allein eine gewisse Be- 
friedigung milsichbringt. Eine solche befreiende Kraft hat nua 
allerdings allen klaren und entschiedenen Philosophien, in antikeiji 
und in modemer Zeit, eingewohnt, und eine Zeit lang ist das 
Unzureichende der betreffenden Lehren weniger empfundeif 
■worden, weil sich die Menschen, die ihnen anhingen, vom Abef 



— 91 — 

glauben entlastet fühlten. Diese Art von Genugthuung konnte 
jedoch nicht vorhalten; sie konnte nur das Stadium erfüllen, mit 
welchem sich der Uebergang vom Aberglauben zur Aufklärung 
vollzog. Sobald die erste Befriedigung über die geistige Eman- 
cipation wich, musste sich das positive Bedürfniss in verstärktem 
Maasse regen. An der blossen Wegräumung von Irrthümern 
kann sich der Mensch nicht auf die Dauer genügen lassen. Er 
will für die Fragen, in deren Beantwortung seine rehgion- 
schaffenden Vorfahren geirrt, nach der Nachweisung der Irr- 
wege nun auch die rechten Wege zur Lösung gewiesen haben. Er 
will nicht blos negative, sondern positive und directe Vorstellungen 
der Wahrheit gewinnen. An diesem Bestreben wird er so hangen, 
<lass er zehnmal eher neue Abwege einschlagen und neuen reli- 
giösen Lehren anheimfallen, als sich mit dem rein Negativen 
begnügen und auf eine positive Lösung gänzlich verzichten wird. 
Dies ist der innerste Grund, aus welchem sich die sonst räthsel- 
hafte Thatsache erklärt, dass auch die höhere Bildung und der 
aufgeklärte Sinn leichter einem neuen Aberglauben anheimfallen, 
als bei der Kahlheit blosser Verneinungen und einer dürren 
Weltauffassung verbleiben. Solchen immer neuen Irrgängen 
kann oiBfenbar nur dadurch gesteuert werden, dass etwas Positives 
nicht blos mit der Gewalt der Religion, sondern mit einer der 
Religion überlegenen Macht in die Lücke tritt. So Etwas hat 
aber keine Philosophie, weder in der alten noch in der neuen 
Zeit, leisten können. 

Der Epikureismus zeichnete sich, wie auch aus seiner 
dichterischen Darstellung durch Lucrez ersichtlich ist, grade da- 
durch aus, dass er von der Götterfurcht erlöste. Doch hatte 
Epikur selbst eine offene und directe Leugnung der Götter nicht 
einmal gewagt, sondern ihnen mit ironischer Höflichkeit Plätze 
zwischen den Atomen angewiesen. Er hatte nur behauptet, dass 
sie sich um das Loos der Menschen nicht kümmerten, und dies 
^ar allerdings ein praktisch entscheidender Punkt; denn die 
Menschen werden sich um Götter, die sich um sie nicht kümmern, 
sicherlich auch nicht kümmern. Der Stoicismus dagegen machte 
iiiehr Zugeständnisse und vertrug sich daher auch oft genug mit 
einigen religiösen Ueberbleibseln. Die Kraft zum Verneinen des 
Aberglaubens war also in jenen Philosophien nicht einmal voll 
und ganz; wie hätte sich bei ihnen eine positiv schöpferische 



Kraft finden sollen! Die älteren tieferen Philosophien, die aber 
nicht in die Ereile ausliefen, sondern der Besitz vereinzelter und 
nicht sehr zahlreicher Gefolgschaften blieben, hätten hier und da 
eher einige Ansatzpunkte zu schöpferischer Weltanschauung- 
dargeboten; aber sie waren zu dunkel oder dialektisch zu um- 
sponnen, um unmittelbar zugänglich zu sein und eine allgemeine 
Lehre ergeben zu können. Ihre Ideale halten allenfalls etwas von 
der Religionslücke ausfüllen können; aber zu welchen Unbestimmt- 
heiten wurden diese Conceptionen der mächtigsten Geister nicht 
schon unter den Händen eines Plato! Dieser war sich über seine 
Ideen selbst bis zu dem Punkte unklar, dass er bei seinen Grund- 
begriffen Gleichnisse zu Hülfe nahm, dialogisirend schwankte und 
sogar an ein mystisches Anschauen appellirte. Ueberdies blieb ec 
weit davon entfernt, die Götter und die religiösen Vorstellungen 
otfen und vollständig abzuthun. Sein Allego risiren war auch hiezu 
wahrlich nicht geeignet. Bei ihm und bei den meisten Andern, 
die sich, wie Aristoteles, noch mehr den Zuständen anbequemten, 
kam es noch nicht einmal zu solcher Auflehnung gegen den 
Aberglauben wie bei Epikur. Mochten also immerhin aus der 
älteren besseren und vorplatonischen Ueberlieferung des griechi- 
schen Denkens einige Keime zur Bildung einer entschiedenea 
Geistesmachtvorhanden sein, so sind diese doch durch das spätere- 
philosophische Treiben erstickt worden. "Was übrig blieb und 
eine breitere Rolle spielte, nämhch der Epikureismus und Stoi- 
cismus, hatte, wie schon gekennzeichnet, nicht die Elemente in 
sich, um schöpferisch belebend zu -wirken. Es war nur einer 
systematische Nachhülfe zu der sich auch übrigens durch die- 
Verwesung der Religion vollziehendeo, wesentlich negativen 
Emancipation. 

So war derm die Philosophie überhaupt von vornherein wie- 
später nicht geeignet gewesen, die Lücke, welche durch das- 
Verwittem der Religion entstand, in der Hau ptsache auszufüllen. 
Sie war nicht einmal dazu gelangt, den engen Rahmen zu 
sprengen und an die Masse der Gesellschaft zu gelangen, Sokrates 
ist der Einzige gewesen, bei dem das Bestreben sichtbar wurde, 
die Philosophie nicht blos aus der Sophistik, sondern auch aus. 
ihrer sonstigen Verlehrtheit herauszureissen. Seine Moral war 
in der Thal nicht blos eine gemeingültige, sondern auch eine 
gemeinverständliche. Auch in Beziehung auf die Götter scheint- 




— 93 — 

er positiv verfahren zu sein; denn er suchte durch Verallgemei- 
nerangen eine Art von religiösem Glauben als Kern der über- 
lieferten Vorstellungen zu gestalten und an dipStelle des beseitigten 
toben Aberglaubens zu setzen. 

An Sokrates hat sich in der Thal in der spätem Entwicklung 
viel angeschlossen, aber nur nicht das, was ihm bei seiner re- 
formatorischen Stellung das Wichtigste sein musste. Man war zu 
unfrei, zu muthlos und auch wohl sonst zu unfähig, um ihm in 
dem Hauptpunkte zu folgen. Ja seine Schüler hatten ihn hierin 
wohl kaum äusserlich begriffen, geschweige dass sie die Eigen- 
schaften gehabt hätten, sein Werk auszuführen. Was schliesslich 
aus dem an Sokrates anknüpfenden Cjmismus und Hedonismus 
wurde imd zu einiger Tragweite in der Gesellschaft gelangte, 
kemien wir ja als Stoicismus und Epikureismus genugsam. Plato 
aber hatte mit seiner vornehm luxuriösen Manier desPhilosophirens 
schon gleich wieder weit vott seinem Meister abgelenkt und 
dessen Sache verunstaltet, wo nicht verrathen. Bei Piatos Schüler 
Aristoteles ging die Philosophie bereits im Schultreiben auf und 
verlief sich im gelehrten Sande. Da war alles Reformatorische, 
von dem Plato noch einige Züge gehabt hatte, völlig verloren, 
und die matte, alles Aufschwungs baare Anschmiegung an das 
Herkömmliche und Gewöhnliche maassgebend. 

Es ist schwierig, zu erkennen, warum die reformatorische 
Unternehmung des Sokrates keinen volleren Umfang gewann und 
daher auch nicht zu einer gesellschaftlichen Schöpfung, ja nicht 
einmal zu einer geistigen Stiftung führte, die grosse äussere 
Tragweite unter der Volksmenge hätte haben können. Sokrates 
hatte sich allerdings sozusagen an Jedermann gewendet ; aber er 
hatte dies, was wohl zu beachten ist, nur mit der Moral vermocht. 
In Beziehimg auf das der Religion Verwandte war theils der 
äussere Druck, der auf jeder freien Initiative lastete, zu gross, 
theils hatte auch wohl Sokrates selbst nicht die Neigung, hier 
unumwunden mit einer allgemeinen Volkslehre aufzutreten. Selbst 
sein Märtyrerthum hat in dieser Richtung nichts Entscheidendes 
sichtbar werden lassen. Es scheint, dass überhaupt der griechische 
Geist nicht dazu beanlagt war, ausser seiner nationalen Religion 
noch eine zweite, diesem Gebiet verwandte und zugleich volks- 
mässige Schöpfung hervorzubringen. Sokrates beschränkte sich in 
dieser Hinsicht, wie schon angedeutet, wesentlich darauf, die über- 



— 94 — 

lieferten Reiigionsvorslellungen zu reinigen und zu allgemeinerea 
Gedanken umzuarbeiten. Dies ist aber nicht der Weg, einer alten 
verwitternden Religion ihren verjährten Besitz abzunehmen. So m 
mag es sich erklären, warum die Sokratischen Ansätze, welche H 
dem Begriff des Guten und der Weisheit in den Dingen gleichsam I' 
als Gottern huldigten, in der griechischen Gesellschaft auf kein ' 
hini'eichend entsprechendes Medium trafen. Auch waren die i 
griechischen Gmndvonstellnngen vom Guten in der That durch i 
den Nationalcharakter derartig bemessen, dass sich von dieser 1 
Grundlage aus eine der alten Rehgion überlegene Schöpfung nicht 
gewärtigen Hess. Die übermässige Schätzung der List, das Sich- 1 
gefallen in dialektischen Wortkünsten, der spielerische, fast an das l 
Kinderhafte streifende Sinn, das blosse Künstlertbum und die 
Befriedigung an einer Art Schöngeisterei und blossem Witz waren. 
Züge, die grade in den bestbeanlagten der griechischen Stämme 
darauf hindeuteten, wie hier der Boden für den vollsten iind. 
tiefsten Ernst nicht zubereilet war. 

Was die Philosophie Einzelnen, namentlich ihren Schöpfern 
selbst, leistete, kann hier nicht in Betracht kommen; denn bei 
dem Ersatz der Rehgion handelt es sich um die äussere gemein- 
schafüiche Wirkung. Nimmt man also diese vereinzelten Dienste 
aus, die sich fast ausschliesslich auf die leitenden Geister selbst 
beschränkten, so muss man überhaupt von aller antiken Philosophie 
sagen, dass sie zwar schliesslich eine Art Surrogat der Religioa 
bei Höhergebildeten wurde, dass dieses Surrogat aber weit davon 
entfernt blieb, ein zureichender Ersatz oder gar etwas VoUkomm- 
neres zu sein. Ausser den übrigen Hindernissen wirkte auch noch 
im eignen Bereich eine Hemmung mit. Diese bestand darin, dass 
grade die bestenPhilosophen am meisten auf den Abweg geriethen, 
die Religionsvorstellungen nur modeln zu wollen. So etwas führt 
nur zu einer aufgeklärten philosophischen Religion, aber nicht 
über die Religion hinaus. Mit solchen Mitteln lässt sich die alte 
Religionsmacht, so verrottet sie auch schon sein möge, nicht ent- 
wurzeln. Im üegentheil wird durch solche Wendungen der alte 
Aberglaube oft unabsichtlich gestützt. Die neuere Zeit liefert hier 
noch sprechendere Beispiele; doch es lohnt sich nicht, dieser aus. 
sich selbst verstäadücheu Wahrheit noch in die geschichtlichen 
Thatsachen hinein weiter nachzugehen. Es wird auch ohnedies 
aus dem Bisherigen klar sein, dass die antike Philosophie, die. 




— 95 — 

auch wesentlich das Muster der modernen geworden ist, schoa 
überhaupt als Philosophie, und nicht blos des griechischenNational- 
Charakters wegen, nicht im Stande sein konnte, die höheren über 
die Religion hinausführenden Ziele zu erreichen. 

3. Die neuste Lage, die man seit der zweiten Hälfte des 
18. Jahrhunderts in ein ziemlich gleichartiges Bild zusammenfassen. 
kann, ist in Vergleichung mit der antiken dadurch eine wesentlich 
abgeänderte, dass die Philosophie, wo sie überhaupt noch in 
grösserer Breite ein weiteres Publicum gehabt hat, nicht nur in 
Anknüpfung an die moderne Wissenschaft aufgetreten, sondern 
auch bald durch Ideen von gesellschaftlicher Tragweite abgelöst 
oder, wenn man will, ergänzt worden ist. Der einzige Fall, in 
welchem moderne Philosophie zu einer einigermaaSsen breiten 
Wirksamkeit im Bereich desPublicums höherer Bildung gelangte,. 
ist derjenige der encyklopädistischen Propaganda gewesen. Diese 
Anregung, die auf und von dem Boden Frankreichs durch einen 
Kreis von Schriftstellern ausging, lässt sich zwar nicht xmmittelbar 
mit der Rolle der verbreitetsten Lebensphilosophien des Alter- 
(hums vergleichen, ist aber doch dazu, was die eigentliche Philo- 
sophie betrifft, eine Art Seitenstück geworden. Im Uebrigen hat 
nämlich in der neuern Zeit die Philosophie vorherrschend ein, wo- 
nicht von der Kirche, da doch vom Staat regulirtes und gedrücktes 
Schattendasein geführt. Wirkliche Philosophen von schöpferischer 
Kraft, die über den Gewerbsgelehrten und der hörigen Schul- 
schablone standen, wie Giordano Bruno, sind natürlich auszu- 
nehmen, haben aber auch mit ihren hinterlassenen Schriften, 
begreiflicherweise nur sporadisch wirken können. 

Die französischen Encyklopädisten waren zwar nicht original, 
d. h. sie verarbeiteten nur bereits vorhandene Ideen; aber sie 
waren im eigentlichen Sinne des Worts Fahnenträger des Geistes- 
der religiösen Emancipation und brachten auf diese Weise vor ein 
breiteres Publicum, wasbei einzelnen Denkern und Wissenschaftern 
zu finden war, aber andernfalls dort auch in der Vereinzelung 
verblieben wäre. Waren doch auch die antiken philosophischen 
Secten der Epikureer und Stoiker am wenigsten original gewesen 
und hatten sie doch nur durch die Zurichtung ihrer Lehren für 
eine breitere Propaganda einen so entschieden markirten Einfluss. 
erlangtl Die encyklopädistischen Fahnenträger des freien Geistes^ 
hatten nicht einmal, wie jene antiken Richtungen, specielle. 



— 96 — 

charaklerisüsche Lehren angenommen. Sie stimmten nur in der 
Bekämpfung des Aberglaubens und in dem Bestreben der Reduc:- 
rung der Religionsvorstellungen iiberein. Während Einzelne, wie 
Diderot selbst, schliessüch den Atheismus streiften, hielten Andere, 
wie der auch zu den Encyklopädisten zu rechnende Voltaire, an. 
einer, wenn auch völlig verblassten Gottesvorslellung fest. Ja 
Letzteres war sogar der conventioneil für die Encyklopädie an- 
genommene Standpunkt. Diese Varianten und Wendungen sind 
jedoch Nebensachen; Hauptsache blieb die volle Einigkeit im 
frontmachen gegen die ReUgionsautorität und in der Entwicklung 
der verschiedensten Ergebnisse des freien Denkens. In diesem 
Hauptpunkt haben die leitenden Schriftsteller jener Zeit und jenes 
Landes auch dann, wenn sie nicht im eigentlichen Sinne Encyklo- 
pädisten waren, mit ausserordentlichem Erfolg gewirkt. Dies hat 
sich bald in der französischen Revolution und besonders bei deren. 
Höhepunkt gezeigt, als man auch formell durch Geselz an die 
Abschaffung der Religion ging. Obwohl dieser verfrühte Act bald 
rasch wieder einer Reaction weichen musste, die mit dem Cultus.; 
des höchsten Wesens begann, so ist es doch immerhin ein welt- 
geschichtlicnes Symptom, dass überhaupt einmal eine Abschaffung^ 
-der Religion durch die Gesetzgebung zur That geworden ist- 
Ereilich lag der Irrthum darin, durch Gesetze über Nacht Etwas 
machen zu wollen, zu dessen Durchführung die Gesellschaft doch 
noch weiter gereift sein muss, als sie es in den bisherigen neuero:; 
Jahrhunderten sein konnte. Gesetze in dieser Richtung köoneiv 
nur dann durchgreifen, wenn sie einer ohnedies vollendeten That-' 
sache nur den formellen Stempel aufzudrücken haben. Zu einenm. 
solchen Zustande derUeberzeugungen hatte es aber die verhättniss— 
massig kurze und auf die Elite der Bildung beschränkte Anregung-* 
■der Encyklopädisten begreiflicherweise nicht bringen können. 
Ueberdies fehlte es an der positiven Macht. Die Verneinungen 
allein sind nicht im Stande, die Ueberzeugungen der ganzen 
Gesellschaft derartig umzuwandeln, dass allseitige Fähigkeit und 
Bereitschaft vorhanden ist, der Religion den Abschied zu geben. 
Man giebt wohl dem roheren Aberglauben den Abschied; aber 
man bJeibt noch vielfältig in verallgemeinerten und gleichsam 
gereinigten Religions Vorstellungen hängen. Voltaire selbst, der 
durch seinen Spott soviel zur Zerstörung des Aberglaubens gethan 
hatte, heftete sich, wie schon erwähnt, noch immer an einen 





— 97 — 

kahlen GottesbegriS, von dein man freilich nicht einmal sagen 
konnte, ob er wirklich einen Gott oder vielmehr einen Teufel 
vorstellen sollte. Nur soviel war gewiss, dass ihm die Rolle zuge- 
theilt wurde, Urheber der pessimistisch bespöttelten Welt zu sein. 
Kousseau, der Gegner Voltaires und der Encyklopädisten, 
vertrat die alte ReligJonspositivität in reducirter Form und wurde, 
da er auf diese Weise und seines tieferen Ernstes wegen in einen 
unmittelbaren Conflict mit dem Bestehenden gerieth, grade der- 
jenige, der unter dem Vor wand der ReÜgion die meiste Verfolgung 
zu erdulden hatte. An diesem mächtigen Geist Jst aber für unsern 
Gesichtspunkt nur die Thatsche von Interesse, dass er dem 
ßedürfniss nach Gerechtigkeit ia seinen bürgerlichen Hauptdogmen 
einen jenseitigen Ausdruck verlieh, Unsterblichkeit und ein ver- 
geltender Gott, der nach dem Tode belohne und strafe, waren 
die beiden Hauptpunkte seines Glaubensbekenntnisses, die er als 
staatliche Religion überall aufrechterhalten wissen wollte, während 
«r alles Andere dem Gebiet der gesellschafthchen Freiheit und 
Toleranz anheimstellte und in dieser Sphäre nur die Unduldsam- 
ieit nicht geduldet wissen wollte. Man sieht sofort, dass jene 
IRousseauschen Glaubenssätze nur allgemeine Rehgionsreste waren, 
-und dieser Entwicklungsgang zu abstracterea Excerpten der Reli- 
gion ist ja auch der alte weltgeschichtlich bekannte, dem grade 
die positivsten Philosophen auch schon im Alterthum am meisten 
anheimgefallen sind. Nebenbei bemerkt ist es auch ein Echo der 
Eousseauschen Wendung, aber in verlehrt gebrochener Form, 
gewesen, dass der Professor Kant seine drei Glaubensartikel, 
Gottheit, Freiheit und Unsterblichkeit, einführte. Die metaphysische 
Freiheit ist hier nur scheinbar etwas Anderes gewesen; denn sie 
war nur die Hülle für jenseitige Zurechnungsfähigkeit und Ver- 
geltung. Im Grunde sollte ntir, wie bei Rousseau, ein Sein und 
moralisches Handeln von jenseitiger Tragweite denkbar werden; 
sonst hatten diese Glaubensartikel keinen Zweck. Es war also 
wiederum eine Entlehnung aus der Religion, womit den blossen 
Verneinungen entgegengetreten wurde. Angesichts eines Zustandes 
der Ueberzeugungen, bei welchem der Rousseausche Religions- 
standpunkt noch ein mächtiges Gegengewicht gegen die emanci- 
pirende Richtung sein konnte, war eine Abschaffung der Religion 
auch in Frankreich noch ein Anachronismus. Wirklich ging die 
Reaction dagegen auch zunächst nur Im Sinne Rousseaus vor, 

Dühriag, Ersatz der Religion. 2. Aul 7 



98 



Aus ihm hatte Robespierre sich gebildet, und dieser war es auch, 
der die erste zurilckschreiteade Wendung dadurch machte, dass 
er ein höchstes Wesen gesetzlich wieder einsetzen liess. 

Es ist immer bedaiiedich, wenn man an dem Rousseauschen 
Feuergeist nur die schwache und nach rückwärts weisende Seite 
hervorzukehren hat. Jedoch selbst im Bereich dieser Schwäche 
lag ein Stück Stärke, und dieses beruhte auf dem positiven Ernst, 
mit welchem von Rousseau auch, in seinen religionsrückständigen 
Lehren das menschhche Bedürfniss nach Befriedigung an der 
Ordnung der Dinge und nach einer tiefern Gerechtigkeit in dieser 
Ordnung vertreten wurde. Die Beengtheit lag nur darin, diesem 
Bedürfniss durch die Jensei tsphantastik der Rehgion entsprechen 
und so gleichsam den Credit der Religion als Zahlung jener 
gerechten Ansprüche geltend machen zu wollen. Gut und wohl- 
thätig war es aber, dass überhaupt das tiefere Streben des mensch- 
lichen Geistes zum Ausdruck kam. Voltaire ärgerte sich bekanntlich 
überhaupt an Rousseau; weniger bekannt aber ist es, dass er ihn 
herabzuwürdigen meinte, wenn er ihn als Gothen bezeichnete, 
womit er das germanische Element im Genfer Rousseau andeuten 
wollte. Wir können mit dieser Schmähung zufrieden sein; denn 
grade auch nach seinen besten und tiefsten Seilen war jener 
Geistesführer und ideelle Reformator nichts weniger als von der 
rein französischen Art. Daher auch die gewaltige Kluft zwischen 
ihm und den eigentlichen Encyklopädisten, — eine Kluft, die in 
allen Gebieten und nicht etwa blos in den philosophischen Surro- 
gaten der Religion gähnte. 

Rousseau machte sich die Religion auf seine Weise, war 
aber dabei ebenfalls in seiner Weise zugleich Aufklärer. Die 
Encyklopädisten waren blosse Aufklärer und gingen in religiöser 
Beziehung dabei viel weiter; aber sie konnten nichts erzeugen, 
als höchstens jene Genugthuung, die das Freiwerden vom Aber- 
glauben begleitet. Sie wendeten sich an den kritischen Verstand, 
während Rousseau auch das Herz der Menschheit bedachte. 
Wenn er in letzterer Hinsicht grade mit dem Religionssurrogat, 
d. h. mit seiner reducirten Rehgion nicht glücklich war, so hat 
er doch in andern Richtungen mehr für die Dauer gearbeitet, 
als irgend ein anderer Schriftsteller in seinem Jahrhundert. Er 
hat die Gesellschaft von Grund aus durchfurcht und schon er- 
heblich in eine Richtung eingelenkt, die nach der Revolution 



— 99 



in den Ideen principieller Socialisten und sozusagen Positivisten 
der Gesellschaft, wie namentlich St. Simons, eine neu geartete 
Vertretung erhielt. 

4. Das 19. Jahrhundert hat sich gleich von vornherein im 
Gebiet reformatorischer Ideen als ein socialislisches angekündigt, 
wid diesem Gesichtspunkt sind in den Entwürfen reformatoriscber 
Geister auch zunächst die Fragea nach dem Ersatz der ver- 
witternden Religion zugesellt, ja meistens untergeordnet worden. 
An erster Stelle steht hier der Versuch des Grafen St. Simon, 
des eigentlichen \'ertreters des im engeren Sinne Positivismus zu 
nennenden Systems. Wie er der Revolution gegenüber, die eine 
bios negative und kritische Macht gewesen sei, politisch und 
social positiv werden wollte, so verfolgte er auch im rein geistigen 
Gebiet eine ähnliche Positivität, die von der Kunst und der Wissen- 
schaft ihren Ausgangspunkt nahm. In seinen spätesten Jahren 
gelangte er sogar ausdrücklich dazu, unter dem Namen eines 
.neuen Cbristenthuras' eine Religion der gegenseitigen Menschen- 
liebe zu entwerfen. Von Interesse ist für uns an dieser letztern 
L'ntemehmung nur die Sichtbarkeit des positiven Strebens, welches 
mit dem blossen Genügenlassen an encyklopädistischer Weg- 
räumung des Aberglaubens contrastirt. 

Bei St. Simons hervorragendem und undankbarem Schüler 
August Comle trat an die Stelle des neuen Christenthums eine 
neue Rehgion, die sich innerhalb der Wissenschaft halten wollte. 
In seiner letzten EntwicklungHperiode, die wieder mehr seiner 
ersten St. Simonschen Phase ähnlich wurde, hat er gradezu imd 
ausdrückhch eine Art neuer Religion entworfen, um die Leerheit, 
welche die blosse Wissenschaft noch übrig hess, mit Etwas aus- 
zufüllen, was ohne Aberglauben auch den Ansprüchen des 
menschlichen Herzens Rechnung tragen möchte. Einen Gott, 
•eine Unsterblichkeit oder überhaupt ein Jenseits gab es in dieser 
neuen ReUgion nicht. Dennoch aber war die Beibehaltung des 
Samens Religion nicht ohne sachliches Gegenstück; denn neben 
allen jenen theoretischen Verneinungen blieb doch eine Art Cultus 
bestehen, die den Religionsüberlieferungen in der allgemeinen 
Anlage entsprach. Beispielsweise bildete die ideelle Fortexistenz 
■der Todten in der Erinnerung der Lebenden, also eine Art 
'Gedenkcultus, einen wichtigen BestandtheiL Es fehlte übrigens 
nicht an Verirrungen. Zu letztem gehörte die Vorstellung von 



einer AEfection und entsprechenden Verehrung in Beziehung auf 
Wellkörper, Jedoch ist überhaupt dieser ganze Comtescbe Ent- 
wurf zu gestaltlos ausgefallen, als dass er sich durch einige 
markirte Striche hinreichend kennzeichnen und verständlich 
machen Hesse. So sieht man auch nicht, was der blosse Wunsch 
an Stelle des Gebets noch religiös und gar in einem religiösen 
Cultus bedeuten solle. Die ganze Sache ist etwas zerflossen aus- 
gefallen und hat in dieser Beziehung den St. Simonschen Affecten 
wieder entsprochen; ja sie ist ungeachtet aller Wissenschaft, die 
Comte als Ausgangspunkt hinter sich hatte, noch weniger bestimmt 
gerathen. Offenbar war die Aufgabe eines neuen Christenthuras 
leichter als diejenige, eine Religion zu gestalten, in welcher alle 
überlieferten Grundbegriffe wegfallen und nur einige Analogien 
des Cultus platzgreifen sollten. Letzteres war ein zwiespältiges- 
Unternebmen, in welchem sich die eingewurzelte Gewohnheit 
eines Ausdrucks der rehgiösen Gemüthsbewegungen auch nach 
der verstandesmässigen Verwerfung der religiösen Grundvor- 
stelluagen behaupten wollte. In der That hat Augus* Comte in 
sich selbst den Religionsbann nicht vollständig zu durchbrechen 
vermocht; sonst hätte er von vornherein auch den Namen Re- 
ligion beseitigen und sich übrigens davor hüten müssen, irgend 
eine Praktik, die er etwa als Ersatz des Cultus zur Geistesführung 
und zur Gemülhsbefriedigung für nöthig gehalten hätte, den, 
religiösen Cultushandlungen ähnlich werden zu lassen und dabei 
gar noch den Katholicismus mit neun Sacramenten u. dgl. albem 
nachzuahmen. 

Was den Comteschea Versuch besonders interessant macht, 
ist der Umstand, dass sein Urheber im Frankreich des 19. Jahr- 
hunderts der einzige Philosoph von Bedeutung gewesen ist. Ja 
überhaupt hat Comte einzig und allein die streng wissenschaftliche 
Richtung, wie sie sich im Sinne des modernen freien Geistes 
gestaltet, in seiner gradezu als positiv bezeichneten Philosophie 
auszubilden unternommen. Sein wissenschaftlicher Positivismus^ 
der seinem religiösen voranging, bestand darin, dass die Rubriken 
der eigentlichen Wissenschaft, von der Mathematik bis zur GeseU- 
schaftslehve hin, alles für die Weltanschauung Werthvolle genug- 
sam enthalten sollten, und dass darüber hinaus keine Erkenntniss 
möglich und daher auch nicht zu suchen sei. Wie hier eine Lücke 
blieb und sich der Abschluss auch nicht als endgültig bewähren 




— 101 — 

konnte, habe ich da, wo ich, wie in meiner Philosophiegeschichte 
nxnd in der Geschichte der Nationalökonomie xmd des Socialismus, 
auf Comte näher eingegangen bin, schon früh bemerklich gemacht. 
Es war seitens blos wissenschaftlicher Anhänger Comtes sichtlich 
-ein Gelehrtenirrthum, diese Unzulänglichkeit nicht zu begreifen xmd 
iDei Comte nur das als berechtigt anerkennen zu wollen, was er 
-im Cursus der positiven Philosophie sozusagen für die Philosophie 
<ier Wissenschaft und der Geschichte gethan hatte. Grade durch 
seine letzten Conceptionen, die übrigens auch seinen allerersten 
•entsprachen j findet sich die Lücke, welche die in seinem Haupt- 
^werk inzwischen niedergelegte Philosophie liess, nicht nur aner- 
Tj:annt, sondern auch mit einem, freilich schwachen Versuch aus- 
gefüllt. Die innere Nothwendigkeit, die ihn dazu trieb, ein Re- 
ligionssurrogat oder vielmehr eine Surrogatreligion zu entwerfen, 
ist grade das wichtige Symptom, zumal Comte mit seiner poly- 
technischen d. h. mathematischen und naturwissenschaftlichen 
Bildung und Basis sich als Philosoph so rationell gehalten hatte, 
^ie Niemand vor oder neben ihm. 

Hat also auch der Comtesche Religionsentwurf an sich nur 
•den Werth eines Symptoms, so ist er doch als solches und über- 
haupt als Anzeichen für eine sich auch auf dem rationellsten 
Boden im 19. Jahrhundert einstellende Nothwendigkeit nicht zu 
nnterschätzen. Ueberdies hat er gelehrt, dass die Meinung von 
•der Genügsamkeit der Wissenschaft schwinden müsse. Schon 
St. Simon hatte Kunst und Wissenschaft, noch mehr aber die 
mögliche gesellschaftliche Rolle der betreiBfenden Gassen über- 
:schätzt. Comte hatte sogar speciell an die Akademiker und über- 
haupt an die amtlichen Gelehrten als an eine Classe gedacht, 
welche die Priester ersetzen und wie diese die geistige Führer- 
schaft des Volks zu übernehmen hätte. Er selbst hat es aber bei 
:seiner auf Betreiben Aragos erfolgten Beseitigxmg von der Pariser 
polytechnischen Schule erfahren müssen, was diese Akademie- 
liguranten und Professorgestelle werth sind, und wie dieses 
Bereich selber eines bessern socialen Ersatzes bedarf. In der 
That sind die Universitätler und ähnliche Gelehrtenkategorien 
-weit davon entfernt, einen leitenden und noch gar einen reforma- 
torisch leitenden Beruf in der heutigen Gesellschaft geschweige in 
•einer freien Gesellschaft ausüben zu können. Hiezu sind denn 
«doch die Gelehrtenzustände, wie schon Adam Smith zum Theil 



wusste, und wie ich nach den verschiedensten Richtungen nach- 
gewiesen habe, zu verrottet und verderbt. Ja die (telebrten spielen, 
heut in ihrer Art und in ihrem Bereich grade jene falsche Rolle 
der Priester, die man beseitigen will. Im Bereich der hohem 
Bildung und Wissenschaft hat man mit den Religionspriestem 
nichts Ernstliches mehr zu schaffen; wohl aber gilt es hier, den 
Obscurantismus der Gelehrten sowie deren unterdrückerische 
Selbstsucht zu brechen. Im amtlichen Gelehrtenbereich liegt heute 
die eigentliche Hemmung der "Wissenschaft und hinreichenden 
Aufklärung. Hier hat man also nicht die Organe, sondern die 
Feinde einer bessern Ordnung der geistigen Angelegenheiten zu 
suchen. Die Ümkehrung hievon war aber der Comtesche Aus- 
gangspunkt, und hierin lag ein charakteristischer Irrthum seiner 
ganzen Anschauungsweise, von der er zwar thcilweise zurückkam. 
die er aber nie mit der grade entgegengesetzten zu vertauschen 
vermochte. Er blieb trotz Allem doch noch zu sehr im Vor- 
urtheil für die vorhandene Gelehrtenclasse befangen, so dass er 
von dem colossalen Gegensatz, in welchen sich diese je länger 
desto mehr zur freien und fruchtbaren, von selbständigen Naturen 
geschaffenen Wissenschaft stellt und stellen muss, keine Ahnung- 
hatte. Was die Priester in Beziehung auf Religionsrückständig- 
keiten und Irreführung der Gesellschaft im Gebiete der Religion, 
das sind die Amts- und Gewerbsgelehrten, ja das sind, mit 
wenigen persönlich vereinzelten Ausnahmen, überhaupt die ge- 
lehrten Classen in Beziehung auf wirkliche Förderung der Ein- 
sichten. Sie sind gleich den Priestern Unterdrücker und Verfolger 
und wenden die meiste Sorge darauf, die ihren Monopolen un- 
bequemen Forlschritte zurückzuhalten, lassen es aber an jeder 
Bemühung fehlen, ihre träge und hemmende Geschäftsbehandlung 
undUnterrichtsmanier auch nur ein wenig zu verbessern. Uebrigens- 
muss sich mit tieferem Eindringen in die verlogenen Zustände 
sogenannter Wissenschaft und zwar heule auch ganz besonders 
der frechgewordenen Naturwissenschaft dasUrtheil noch schärfen 
und der innerste Zusammenhang zeigen, in welchem die Eigen- 
schaften des Verlehrtenthums aller Zeiten, von den eigenthchen 
Priestern bis zu den sich exact anstellenden Figuranten hin, ge- 
standen haben. Es hat die täuscherische Wissenschaft verschie- 
dene Stadien durchlaufen, indem sie zuerst als eigentliches Priester- 
thum figurirte und sich zuletzt als exactes Dämchen mit einer 




Eitelkeit, Süffisance. Frivolität iidcI Corruption aufspielte, die, 
wie ich anderwärts (namentlich in der Schrift über Robert Mayer 
uDci in hervorstechendster Weise in deren neustem zweiten 
Theil) nachgewiesen, alle Ausgeburten der Priesterverderbniss 
bereits überboten hat. 

5. Für den Hauptzweck, wohin Alles in der neuem Geistes- 
eotwicklung abzielen muss, nämlich für die Ersetzung der Religion 
durch eine bessere Geistesbefriediguntj und edlere Geisteshaltung, 
ist grade die Gelehrtenclasse am allerwenigsten tauglich. Sie 
hat, durch Einbüssung des Sinnes für Wahrheit und Natürlich- 
keif, in sich selbst mehr Ueberzeugungslosigkeit und Blasirlheit 
entstehen lassen, als sich irgendwo sonst vorfindet. Verlehrtheit, 
übel angebrachte ZweÜlerei, Abgesturapftheif, Unfähigkeit zu 
echter Kritik, — das sind die in der Gelehrtenclasse herrschenden 
Eigenschaften. Auf diesem Boden eine Hinwendung zum echt 
Positiven und zu lebensfrischer Erfassung schöpferischer Wahr- 
heiten gewärtigen, heisst dem vertrockneten oder aber verwesten 
Holz die Aufgabe stellen, für eine neue Vegetation zu sorgen. 
Nichts steht dem lebendigen Streben nach geistesbefriedigender 
Wahrheit so sehr entgegen, wie die blasirte Haltungslosigkeit 
der verlehrten Ge.sellschaftselemente. Dies ist auch da der Fall, 
Wo noch anscheinend etwas wirkliche Wissenschaft im Spiele ist, 
oder wo sie es, trotz Allem, wenigstens einigermaassen sein 
könnte, wie in der Naturforschung, Auch hier fehlt ein lebendiger 
Zusammenhang mit den höchsten menschlichen Ausbücken; 
auch hier ist es vorherrscheud ein kahles, oft genug auch ein 
fiohles Treiben, welches sich als wunderwichtige Wissenschaft 
''reit macht und gern imbesehen von dem gebildeten Volke 
autoritär anstaunen lässt. Von solcher Art ist, um nur ein Beispiel 
■lUs der niedern Naturwissenschaft zu wählen, die Mode des 
Darwinismus, in welchem der Lamarcksche Kern von soviel Un- 
W'ahrheit und soviel unsittlicher Daseinskampflehre umhüllt ist, 
(^ass man Mühe hat, die ihm zu Grunde Hegende Errungenschaft 
*ies bessern französischen Forschers davon abzusondern und rein 
2U erhalten. 

Dennoch hat man es, und zwar grade auf deutschem Boden, 
Wenn auch nur seitens eines abgewirthschafteten christlichen 
Theologen jüdischer Abstammung, fertig bekommen, den Dar- 
■"■inisnms, verbunden mit Dichterlectüre und anderm Kunst- 



— 104 — 

geouss, aJs ReÜgionssurrogat zu empfehlen. Der verstorbene 
Herr David Strauss gehörte freilich selber zur Species der Ver- 
lehrten und Blasirten und hat daher mit seinem „Neuen Glauben" 
an die religionsersetzende Kraft der Darwinismusspielerei nur 
bekundet, dass er von dem Wesen echter Ueberzeugungen keine 
Ahnung hatte. Ueberdies dachte er sich für seinen neuen Glauben 
nur priviiegirte Gebildete, die gleich ilim Dilettanten der Ver- 
lehrtheit spielen wollten, als Gläubige, Es fehlte also das Haupt- 
erfordemiss eines Religionsersatzes, nämlich gleich der Religion 
allgemein imd für alles Volk zugänglich zu sein. Doch auf 
solchen Umstand aufmerksam machen, heisst den SfraussischoR 
neuen Altenweiberglauben schon zu ernst nehmen. Er ist wesent- 
lich eine komische Erscheinung gewesen; denn wenn man sich 
besieht, wie mitten aus der Vedehrtheit und Blasirlheit heraus 
die Reclame für Hauptmodeartikel der Verlehrtheit und Haltungs- 
losigkeit, ja eine Art Sammelsurium meist todtgeborner wissen- 
schaftlicher Tagesabfälle, und dies Alles noch dazu sachunkundig 
und verkehrt wie von einem Zerrspiegel wiedergegeben, einen 
lebendigen Glauben schaffen soll, der in die Lücke der Religion 
einzutreten habe, so ist dies ein "Widerspruch zum Lachen. In 
der Tbat giebt es keinen komischeren Contrast, als wenn man 
sich die verlehrten Männchen, mit ihrem Mangel an Ueberzeugung 
und Gesinnung, in ihrer schwankenden Haltung, Verworrenheit 
und allseitigen Zerfahrenheit, — also kurz gesagt, wenn man 
sich diese Eunuchen der Wissenschaft auf der einen Seite und 
auf der andern die Forderung denkt, etwas zu schaffen, wozu 
die vollste Energie des ganzen Menschen und ein nachhaltig 
überwindender Muth erfordert werden. 

Doch sehen wir von dieser Gelegenheitsstreifung einer 
Albernheit ab, wie sie fast nur auf verkommenem theologischen 
Boden möglich ist. Fragen wir vielmehr ganz im Allgemeinen, 
wie zum TheU schon bei Gelegenheit der ernsthafteren Unter- 
nehmung Comtes geschehen ist, danach, was die Wissenschaft, 
auch wenn sie von besserer Artung ist, in Beziehung auf den 
EeHgionsersalz zu leisten vermöge. Eine Specialantwort ist durch 
das Comtesche Beispiel selbst gegeben. In positiver Hinsicht 
bUeb die Wissenschaft unzulänglich. Eine allgemeinere Antwort 
ist aber in der Rolle enthalten, welche die moderne Wissenschaft 
überhaupt schon seit Jahrhunderten ge.spielt hat. Gewiss hat sie 




— 105 — 

auJgeklärt uad nebenbei manchen gröberen Aberglauben weg- 
geräumt; aber sie bat selbst in bedeutenderen Vertretern nicht 
einmal die religionsmässig eingeimpfte wissenschafts widrige Denk- 
iteise zu bemeistern vermocht. Ein Hauptbeispiel dieser Art wird 
immer Newton bleiben, und zwar nicht vorzugsweise wegen 
seiner biblischen Commeotare, über die sich, als ausserhalb der 
Wissenschaft belegen, noch am ehesten hinwegsehen Hesse. — 
sondern weil der englische Forscher grade sein wissenschaftliches 
Deoken selbst und zwar in Hauptpunkten theologisch schief 
gestaltet hat und hiedurch verleitet worden ist, in der Natur 
einen Mangel an Gesetzmässigkeit anzunehmen, durch den die 
Diage schhesshch in Unordnung kämen und der Zurechtschiebung 
durch die berichtigende Hand des Herrgottes bedürften. Man 
kann letztere Missvorstellung Newtons nicht oft genug erwähnen; 
denn sie ist ein Zeugniss gegen die so oft fälschlich behauptete 
Kjaft der Wissenschaft, wenigstens der Specialwissenschaft und 
derjenigen Forschungsart, die, von den herknmmUchen Antrieben 
bestimmt und in deren Schranken gehalten, gegen höhere all- 
gemein menschliche Ziele gleichgültig ist. Mit Galilei war dies 
nicht der Fall; aber dies stammte nicht aus seiner Wissenschaft, 
sondern aus seinem Charakter und aus der Art, wie er den Be- 
ruf zur Wissenschaft auffa^ste. Seine Auffassung schloss Zwecke 
ein, die über die Wissenschaft hinausreichen. In solchem Falle 
ist es aber nicht die blosse Wissenschaft, was frei macht und 
Müth schafft, sondern es ist ein allgemeineres menschliches 
Selbstgefühl, durch welches die Forschung veredelt uud zu 
kühneren Zielen geleitet wird. 

Wie sollte auch irgend ein Special wissen, und wäre es noch 
so wichtig, an sich selbst den ganzen Umfang des menschlichen 
Geistes mit allen seinen Elementen zu einer durch und durch 
veränderten Denkweise bestimmen können? Mathematische und 
mechanische Kenntnisse vertragen sich mit viel Aberglauben; 
-denn diese abstracten Gesichtspunkte berühren sich kaum mit den 
intimeren Bedürfnissen des Geistes. Es ist daher auch nicht zu 
verwundern, dass die strenge Wissenschaft an sich und isolirt nur 
Weniges zur Austreibunj,; des Aberglaubens, aber so gut wie 
Nichts in der Richtung auf eine positiv bessere G eiste shaltung 
gefruchtet hat. In ihrem eignen Bereich sehen wir vielmehr in 
■der jetzigen Zersetzungsepoche den wüstesten Aberglauben, wie 



I 




— 106 



an mehralsdreidimensionale Räume, an aaiieuklidischen Unsinn, ' 
an physikalischen Spiritismus u. dgl. im Flor, ja nicht Mos in l 
Mode, sondern in autoritärer, durch sogenannte grosse Autoritäteft , 
gestützter Geltung. 1 

Lässt man sich aber auch durch die erwähnten Missbildungea ' 
nicht gegen die "Wissenschaft selbst einnehmen, so bleibt doch , 
noch immer die schon früher lang erprobte Unzulänglichkeit [ 
bestehen. Auch wende man nicht ein, dass es nur Special wissen- , 
Schäften sind, die in Beziehung aiif den Religionsersalz wenig" 
bedeuten und noch überdies nicht einmal eine zuverlässige Wider- I 
Standskraft gegen religiöse Vorurtheile insichtragen. Die Gesammt- 
Wissenschaft, soweit eine solche überhaupt als vorhanden zu . 
betrachten ist, äeistet das Erforderliche auch nicht. Wer hat \ 
allenfalls die Wissenschaft zu einer Einheit zusammeogefasst?" ' 
Doch nicht blosse Specialisten, sondern philosophische GeisterV ' 
Was nun aber die Philosophie der Wissenschaft oder die philo- J 
sophisch zusammengefasste Wissenschaft vermöge und nichtJ 
vermöge, das ist an dem Beispiel Comtes deutlich genug sieht- ' 
bar geworden. Zurückführung auf Philosophie im engern Sinne- 
des Worts würde aber unsere Frage wesentlich dahin wendeoi- , 
nicht was die Wissenschaft allein, sondern was sie im Rahme» 
eines philosophischen Systems leisten könne. Alsdann würde- 
der philosophische Antrieb die Hauptsache sein, und die Wissen- 
schaft nur unter seinem Einfluss wirken. Die Frage aber, wie- ! 
weit die Philosophie, ohne oder mit eigentlicher Wissenschaft^ [ 
reiche, haben wir uns schon weltgeschichtlich beantwortet. Unte* | 
allen Umständen wird die Wissenschaft nur dann für das hier 
fragliche Hauptziel etwas beitragen, wenn sie unter Antrieben 
gestaltet und benützt wird, die aus den höhern, über die Wissen—' 
Schaft hinausragenden Charakterbeslandth eilen edel geartefsr j 
menschlicher Natur stammen. Der volle menschliche Charakter 
mit seiner höchsten Energie ist es, von welchem auch die Wissen- ' 
Schaft, versteht sich wirkliche Wissenschaft, zum Organ allgemeiner 
Geistesbefriedigung und Geistesführung gemacht werden kaniL 
An sich, d.h. ohne das Hinzukommen dieser Verbindung, ist die- 
Wissenschaft ein solches Orgao nicht; aber auch wenn sie es 
wird, bleibt sie immer nur Mittel neben andern Mitteln. Auf 
oberste Führerschaft kann sie daher keinen Anspruch machen^ 
Wirküch haben auch die grossen Naturen, deren Wissenschaft« 





— 107 — 

liehe Leistungen mit einem allgemein menschlichen Streben erfüllt 
waren, nur dadurch diese höhere Function geübt, dass in ihnen 
zum wissenschaftlichen Interesse noch ein mächtiges Wollen hinzu- 
Irat, welches auf eine Veredlung alles Menschlichen gerichtet 
war. Auch sind nur um solcher Eigenschaften willen Grössen 
der Wissenschaft überhaupt einer eigentlichen Verehrung werth,. 
und die Fälle, in denen Derartiges in diesen oder jenen Zügen 
sich findet, sind äusserst spärüch. Verzichten wir also auf eine 
falsche Glorification der Wissenschaft in einer Richtung, in 
welcher ihr Ruhm nicht liegen kann. 

Ja verzichten wir nicht blos auf so Etwas, sondern bereiten 
wir uns auf das grade Gegentheil, nämlich eine Stigmatisirung 
der kurzweg sogenannten Wissenschaft allmälig vor, welches mit 
noch weiter gesteigerter Einsicht kommen muss und dessen that- 
kräftige Vertretimg eine Vorbedingung ist, wenn der jetzt absehbar 
höchste reformatoriscbe Standpunkt eingenommen werden soll. 
Was sich kiu-zweg Wissenschaft nennt und sich überall in ge- 
spreizter Weise zur Schau stellt, ist bekanntlich der Inbegriff 
des Meinens und Wollens des Verlehrtenthums, namentlich, um 
gleich die heute sich souverän dünkende Spitze zu treffen, des 
naatiiematistelnden imd naturwissenschaftelnden Verlehrtenthums. 
Diese Donna Wissenschaft ist mm aber, meinen anderweitigen 
Kennzeichnungen gemäss, als verkommene Dirne entlarvt worden,, 
die ihr verdorbenes Leben und ihre widerliche Physionomie durch 
das bekannte Schaugepränge der Congresse dem eindringenden 
Blick auf die Dauer nicht verhehlen, sondern nur immer mehr 
offenbaren wird. Die Geister der Lüge, der Spitzbüberei und 
zugleich der öden kahlen Blasirtheit, die hier allgemein und in 
einzelnen Personen herrschen und gefeiert werden, geben denen 
des alten Priestertruges, wie gesagt, nicht nur nichts nach, sondern 
zeichnen sich vor den eigentlich pfäffischen älterer und neuerer 
Zeiten nur noch durch eine besonders raffinirte Steigerung der 
Infamie aus. Ueberdies ist der Contrast zwischen dem Guten, 
was sein könnte und sollte, und dem überwiegend Schlechten, 
das thatsächlich ist, hier um so grösser, weil, wo sich wirklich 
wissen lässt, auch das Wenige an Entschuldbarkeit wegfällt, das 
in einem Gebiet fast selbstverständlicher Phantastik den Ver- 
irnmgen zur Seite steht und sogar den eigentlichen Betrug 
weniger schroff hervortreten lässt. Kehren wir demgemäss die 



108 



gewöhnliche Geistesmanier von heute gradezu um, und suchen 
wir das Brandmal nicht mehr vorzugsweise auf der Stirne 
des alten Priesterthums, sondern drücken wir den unter- 
scheidenden und mahnenden Stempel vor Allem auf die 
immer frecher gewordene Stirn der Dirne Wissenschaft und 
zwar auch in deren ganzes exactestes Prostitutionsfigürchen 
hinein. Nur so werden wir schliesslich aller Welt kenntlicli 
machen, was dem Treiben jener schamlosen Verrätherin 
und Verfolgerin der Wahrheit und echten Wissens an per- 
sonalistisch ausmerzenden Nothwendigkeiten und Maassregeln 
-entgegenzusetzen sei. 

In einem gewissen Sinne ist das Dirnchen Wissenschaft 
schon ein lange immer wiedererzeugtes Kind und ein Typus 
von vielen Jahrhunderten, ja von Jahrtausenden her, der sich 
nur social gewandelt, in verschiedene Varianten verzweigt und 
nach Maassgabe der fortschreitenden Functionenfheilung in ver- 
schiedenen Eerufsclassen ausgeprägt hat. Dirne Wissenschaft war 
arsprünghch bei demPriesterlhum, beispielsweise vorhippokratisch 
als Tempelmedicin, wobei der Hocuspocus und etwas zu- 
gehöriges, mit dickstem Aberglauben verquicktes Zehntel wissen 
an den in die Tempel selbst gebrachten Kranken prakticirte. 
Ja Dirne Wissenschaff war direct das Priesterthum selbst mit 
seinem Meinen und vorgeblichen göttischen und götteladen 
Wissen, crassesten Aberglauben und bewussten Betrug sowie 
auch nebenbei mit dem Kleinigkeilsbestandtheil an richtigen 
oder halbrichtigen Vorstellungen. Ein solches Bestandtheilchea 
fehlt nun aber auch bei einem heutigen Priester Naturwisserich 
selbstverständlich nicht, und so sind denn Analogie und Ver- 
wandtschaft zwischen den beiden Entwicklimgsformen des prosti- 
tuirten Geschöpfchens unverkennbar genug. In Athen war Dirne 
Wissenschaft die Sophistik und vergiftete den Sokrates; in 
Jerusalem war es die Schriftgelehrtheit und kreuzigle denNazarener. 
In andern Gestalten hat Dirne Wissenschaft ihren Uncharakter 
in neuerer Fagon blosgestellt, wie in der Verfolgung des Giordano 
Bruno, besonders contrastirend markirt aber in derjenigen Galileis 
und in der schandbarsten aller Verhaltungsarten gegen Robert 
Mayer. Man weiss also nun, wie sich jegliche ernste Geistes- 
reformation zu jener allerseits Prostituirten zu stellen habe, und 
wie vollends ein Rehgionsersatz sich nicht durch jenes Halb- 



— 109 — 

. weltsdämchen sondern nur trotz ihm und zugleich mit dessen 
moralischer Vernichtung durchsetzen könne. 

6. Die Ansprüche, aus der Kunst Surrogate der Religion 
zu scbajOfen oder auch wohl eine Art Religion zu machen, sind 
noch weit weniger stichhaltig, als Hinweisungen auf die Wissen- 
schaft. Letztere liefert, wo sie echt und ernst ist, doch wenigstens 
Einsichten, die im Rahmen höherer, die Religion durch Voll- 
kommeneres ersetzender Antriebe unmittelbar als Wahrheiten 
verwerthbar sind. Die Kunst wirkt aber theils nur gestaltend 
und empfängt alsdann ihre Stoffe von anderwärts; oder aber sie 
giebt in der That etwas auf ihrem eignen Boden Gewachsenes, 
beschränkt sich dann jedoch aiif gemeinzugängliche Gefühle und 
Vorstellungen, die sie steigert, verfeinert und überhaupt veredelt.. 
In der erstem Rolle hat sie sich ziu* Religion stets empfangend 
verhalten, wofür die griechische Plastik \md die italienische 
Malerei als Beispiele eben nur genannt zu werden brauchen. 
Völlig überflüssig wäre es, dieses sehr natürliche Verhältniss. 
noch für die ganze Geschichte besonders illustriren zu wollen.. 
Die Künstler haben aller Orten und zu allen Zeiten den 
herrschenden Vorstellungen gedient, ja auch meistens dienen 
müssen, wenn sie überhaupt für ihre Fähigkeit zum Gestalten 
und Idealisiren lohnende Gegenstände finden wollten. Sie mögen 
dazu geholfen haben, die vorhandenenReligionsvorstellungen aus 
dem Bereich der Rohheit in dasjenige ästhetischer Verfeinerung 
überzuführen. Auf diese Weise haben sie wohl Einiges zur 
Decoration, unter Umständen vielleicht auch zur tiefern Erfassung 
der bezüglichen alten und neuen Religionen beigetragen. So 
Etwas heisst aber nur, im Rahmen der Religion künstlerisch 
weiterarbeiten, nicht aber etwa, Religionsartiges aus sich selbst 
schaffen, * 

In der angegebenen zweiten Rolle, in welcher die Kunst, 
vom Boden gemeinzugänglicher Lebenselemente zu einer inten- 
siveren und mehr veredelten Darstellung derselben aufsteigt, 
könnte es eher scheinen, als wenn sie aus sich selbst einer 
eigentlichen Schöpfung in der Richtung auf das Religiöse oder 
die Religion Ersetzende fähig wäre. Hier hat man vorzugsweise 
an die Dichtung und in zweiter Linie auch an die Musik zu 
denken. Allerdings hat es mit beiden Künsten, was die An-^ 
bequemung an die herrschenden Vorstellungen und Empfindungs- 



"weisen anbetrifit, meist eine ähnliche Bewandtniss gehabt, wie 
mit der vornehmlich im Dienste der Religion ausgebildeten 
Plastik und Malerei. Auch Dichtung und Musik hab en sich mehr 
oder minder zum Ausdruck des in der Religion Vorhandenen 
hergegeben. Sie haben aber vermocht, in reichlicherem Maasse, 
als die Plastik und Malerei es ihrer Natur nach jemals konnten, 
neben jener Dienstbarkeit auch den raenschhchen Antrieben in 
ihrer reineren, nicht durch die ReUgion entstellten Form gelegent- 
lich mitzuhuldigen. Die Musik bleibt ohnedies im Bereich blosser 
Gefühle, und hier giebt es, wie keinen Verstand, so auch keine 
Verstandesirrthümer. Eigentliche Gedanken sind ihr fremd; sie 
gehören nicht ihr selbst, sondern nur ihren Texten an. Die 
Verstösse in ihr betreften nicht die Verstandes Vorstellungen, 
sondern beziehen sich nur auf Natur oder Unnatur, Schönheit 
oder Unschönheit der ausgedrückten Empfindungen und des 
Zusammenhangs, vermöge dessen diese Empfindungen ein geglie- 
dertes Ganze bilden. 

Das Reich der Töne ist hienach verhältniss massig unschuldig, 
"weil überhaupt unfähig in Bezug auf den Ausdruck des Aber- 
glaubens oder des Gegentheils davon. Ein Tonstück mag ver- 
stimmen, aber es überträgt nicht Wahrheiten oder Unwahrheiten. 
E)ine düstere Musik mag einer düstern Lebensansicht dienen, 
■d. h. sich ihr beigesellen und durch den Text einen derartigen 
Sinn erhalten; aber an sich selbst ist sie nur eine der vielen 
möglichen Verstimmungen, denen das menschliche Gefühl vorüber- 
gehend ausgesetzt sein kann. In ihr ist kein allgemeines Urtheil 
enthalten; sie drückt nur einen Zustand der Empfindung aus, 
■der sich neben tausend andern Zuständen eben auch einstellea 
kann. Allerdings braucht es nicht immer gradezu ein Text zu 
sein, welcher der Musik einen bestimmteren Sinn giebt. Hiezu 
genügt auch irgend ein Zusammenhang, der gleichsam eine 
symbolische Sprache spricht. Choralmusik hinter einem Leichen- 
zuge oder überhaupt Kirchenmusik in wirklicher oder nur ge- 
-dachter Verbindung mit Cultushandlungen drückt zwar auch nicht 
mehr als eine blosse Stimmung aus, erinnert aber doch an Etwas, 
was nicht blos Stimmung, sondern specielle Vorstellung mit 
-einem für den Geist fassbaren Sinne ist. Ja überhaupt kann sich 
in der Musik ein besümmter Typus der Empfindungsweise, wie 
■er vornehmlich einer Religion oder Weltanschauung angehört. 



— 111 — 

charakteristisch fixiren, und man wird so von dem Tonreich her 
allerdings auch mit einer Art Inhalt, welcher sich an das Ge- 
dankliche anschliesst, afficirt werden können. Es bleibt aber 
trotzdem dabei, dass dieser Inhalt an sich nie die blosse Empfin- 
dungssphäre überschreitet. Unvergleichlich vollkommener und 
umfassender ist die Dichtung mit dem sinnvollen Wort als Organ, 
und sie ist Licht gegenüber der Dunkelheit blosser Toncomposition. 
Für die Poesie wird daher auch die Frage nach der Leistungs- 
fähigkeit in Bezug auf das religionsersetzende Gebiet eine erheb- 
lich andere. Jedoch müssen wir erst neuerliche Ansprüche, die 
wesentlich vom Boden der Musik aus erhoben sind, erledigen, 
ehe wir uns nach der Tragweite der eigentlichen Dichtung um- 
gehen. 

In unserer Zeit ist es grade der am bekanntesten gewordene 
Componist, der verstorbene Richard Wagner gewesen, der neben 
Ansprüchen auf musikalische Führerschaft der Gegenwart und 
-der Zukunft auch noch .den allgemeineren Anspruch erhoben 
hat, ein Geistesreformator zu sein oder zu werden, ja speciell 
an einer Religion der Zukunft zu arbeiten. Seit Orpheus Zeiten 
ist die Macht, hinter der Musik die ganze Natur, einschliesslich 
der unbelebten, als Gefolge nachsichzuziehen, etwas Sagenhaftes. 
In unserer wimderarmen Zeit aber hatte sich der Bayreuther 
Orpheus eine Aufgabe gestellt, die sich noch ungeheuerlicher 
ausnimmt. Die Musik soll nämlich zum Mittelpunkt für Alles 
und Jedes werden. Sie soll die Gesellschaft reformiren, und das 
Kunstwerk der Zukunft, in welchem sich alle Künste in die 
Herrschaft der Musik fügen, soll das ästhetische Paradies der 
Menschen, versteht sich der Gläubigen des neuen Kunstheils, 
werden. Seitens dieser neuen Tagesorphiker wurde auf alle 
<jebiete, mochten sie ihrem Verständniss erreichbar sein oder 
nicht, in den mannigfaltigsten Variationen übergegrififen. Alles 
4ind noch einiges Andere, vom deutschen oder vielmehr un- 
tieutschen Stil bis zu einer unpolitischen Politik und bis zur 
Pflanzen esserschaft hin, hatte in dem „Meister", d. h. in Herrn 
Wagner seine Vertretung. Was alle diese Meisterschaften zu be- 
«deuten haben, das zu beurtheilen, müsste aus dem Hundertsten 
in das Tausendste führen. Ich, der ich hier nur ein wohlbegrenztes 
Thema zu behandeln habe, darf der Zerfahrenheit auch nicht 
•einmal in die hauptsächlichsten Abwege mit der Kritik nach- 



L 



laufen. Das hiesse schon, einer gesetzten Gangart des Gedankens 
zuviel vergeben. 

"Wer sich jedoch für ein paar Züge interessirt, die ich iit 
andern Schriften an Herrn Richard Wagner auch schon, wie in 
der ersten Auflage dieser Schrift, bei dessen Lebzeiten hervor- 
gehoben habe, findet in meiaem „Werth des Lebens" Etwas- 
zur romantisch reactionären Weltanschauung des Betreffenden, 
und in meiner , Judenfrage' eine Kennzeichnung der sonderbaren. 
Wagnerschen Species von Antijudik. In dieser leizteren spielte 
der Bayreuther Orpheus eine Art Magaet, dessen einer Pol sich 
mit dem jüdischea Gelde anzog und auch so stark von ihm ge- 
zogen wurde, dass es dem andern Pol mit seiner Eigenschaft,, 
jüdische Nasen abzustossen, nicht recht von Statten gehen wollte. 
Ein derartiges Wollen und Nichtkonnen ist überhaupt ein in der 
Wagnerschen Reformatorschaft sich immer wiederholender Zug 
gewesen. Seine Religion oder, wie man es auch nennen kann, 
sein Religionssurrngat bestand vornehmlich, soweit in dieser 
Mischung sich widersprechender Bestandtheüe überhaupt Etwas, 
als vornehmUch maassgebend bezeichnet werden darf, ia etwas 
Buddhistein und zwar nach Anleitung Schopenhauers. Dazu ge- 
Kellle sich aber auch noch der damit unvereinbare Anspruch, 
Christ sein zu wollen und durch Vermittlung der Musik den höhern. 
Classen der Gesellschaft eine Art Chnstenthum zu präpariren. 
Das ist nun in der Thal nichts als eklektische rehgiöse Romantik, 
die das Gesicht nicht der Zukunft, sondern der Vergangenheit 
zukehrt. Ein solches Galvanisirungswerk der Vergangenheit und 
noch nicht einmal der echten, sondern eines willkürlich roman- 
tischen Trugbildes von ihr, hat keinen Sinn, als höchstens den,. 
das Anzeichen eines irregehenden Heimwehs nach dem Mittelalter 
zu sein, welches sich nebenbei auch durch entlegenere orientalische-- 
Ueb er lieferungen, wie durch den Buddhismus, zu stillen sucht. 
Ueberbaupt ist es für die Zustände der obern Gesellschaft eia 
Symptom, dass in ihrem Bereich derartige geistige Zersetzungs- 
reste goutirt werden. Dieser religiöse oder metaphysische Haut- 
gout ist, in unverhülltem Deutsch geredet, ein Verwesungs- 
geschmack. Er erinnert allerdings auch an die Zukunft, aber, 
wohlzumerken, an ein Gericht der Zukunft, im Sinne des Richter- 
thums über das Verweste der Vergangenheit. 

Wenn auch die beste Musik in Frage wäre, was nicht der 



j 



— 113 — 

Fall ist, so könnte sie kein Krsalz auch nur einzelner Bestand- 
theile der ReIij;ion, geschweige der ganzen Religion, sein. Man 
mache sich nur einfach klar, dass es sich in der Religion sowie 
in ihrem Ersatz durch Vollkommeneres um eine Geistesführung 
handelt. Tonstücke können nun allenfalls die Empfindungen ein 
wenig leiten und im (günstigsten Falle auch wohl zur Veredlung 
derselben beitragen; sie bleiben nbt-r weit davon entfernt, in das 
Gebiet der eigentlichen Geistesführung hineinzureichen. Ihren 
verhältnissmässig höchsten Werth könnten sie dadurch erlangen, 
dass sie die Geistesführung unterstützten. Eine solche Unter- 
stützung bliebe aber immer etwas Untergeordnetes und daher 
auch stets Unterzuordnendes. Wie man dagegen überhaujit allge- 
meine Reformgedanken mit der Musik zu verbinden vermocht hat, 
ohne die Breite der Gesellschaft zu bedenken, — das wäre unbe- 
greiflich, wenn es sich nicht aus den Cultiurerschräiiktheiten der 
heutigen Epoche erklärte. Wenn Jemand der Menschheit durch 
Musik etwas helfen will, so hat er doch vor allen Dingen an 
lÜejenige zahlreiche Menge zu denken, die .sich nicht mit künst- 
licher und gelehrter oder vielmehr meist verkünstetter und ver- 
lehrter Musik befasst, sondern im einfachen Gesang ihre Be- 
friedigung findet. Hier in diesen einfachsten und natürhchsten 
Regungen des musikalischen Sinnes und Bedürfnisses ist der Punkt, 
wo nicht blos für da.s Volk, sondern überhaupt für den durch 
LVbercultur noch nicht verkünstelten Menschen etwas geschehen 
kann. "Was soll aber der Lärm tosender Instrumenlalmnsik. ver- 
bunden mit kostbaren Decorationen und phantastischen Puppen- 
spielen, allen denen, die nicht durch Uebercidtur, Langeweile 
und nichtsnutzigen Reichthum bedrückt werden? Nur die ver- 
kommene Leerheit mit ihrer falschen Müsse kann in ihrer Geistes- 
öde solche raffinirt kostbare Gerichte schmackhaft finden. Dieses 
Bereich von wenn auch nbern, doch bereits wankenden Existenzen 
ist es aber nicht, wo man mit der Reform ansetzen kann, und wenn 
man den hier angebrachten Musiklärm für eine reformatorische 
That ausgiebt, so ist das eine wunderliche Unterschiebung. 
Wer eine einzige gute Melodie dem Schatze der Volksgesiinge 
hinzufügt, tUut mehr, als jene ganze Zukunftsmusik verspricht. 

Das Lied ist der einfachste und verbreitetste Ausdruck, in 
welchem sich Gefühl und Verstand des Volkes ohne uanatürhche 
Trennung bethätigen. Im Liede zeigt sich auch nicht wenig vom 

Dflhting, lirs.-.li jL-r Religiou. 2. Aufl. S 



- 114 - ' 

Nationalcharakter. Das Lied muss daher auch der Ausgangspunkt 
bleiben, von dem aus die Musik ihrem allgeineinereo, für die 
breitere Gesellschaft wohlthätigen Beruf nachzugehen hat. Von 
der Ahnung eines solchen Berufs ist aber in den fraglichen 

Prätensionen nichts zu merken gewesen. Doch solche Ueber- 
legungen anstellen, heisst jene angebhch menschheitsreforma- 
torischen Velleitäten, denen wir auf dem Felde der Modemusit 
begegneten, bereits zu ernst nehmen. Diese ganze Sphäre ist 
nicht werth, dass man grade im Hinblick auf sie auch nur einen 
einzigen gesun den Reformpunkt in Frage bringe. Ein solcher ist 
einer bessern N achbarschaft imd Gesellschaft werth. Er gehört 
dahin, wo überhaup t die Stellung der Kunst in einem Zustande 
der Freiheit von der Religion und eines vollkommenerea Ersatzes 
der Religion zu kennzeichnen ist. 

"Wie auch Dichtung nie ein Religionsersatz gewesen sei, und 
wie sie es selbst in der vollkommensten Gestalt nicht sein könne, 
darüber geben meine „Grössen der modernen Literatur" die aus- 
führlichsten Nachweisungen und überheben mich hier eines be- 
sondern Eingehens. Nur beispielsweise sei hier daran erinnert, 
wie ungeeignet die Goethesche Natur war, ernstere Philosopheme 
auch nur zu verstehen, geschweige im Gedanklichen selber etwas 
denkerisch Zurechnungsfähiges zu schaffen, wie sie sich aber 
spielerisch mit allerlei Religionskram behing. Schillers wieder- 
holtes Hin- und Herschwanken bezüglich des Unsterblichkeits- 
glaubens war auch weder anmuthig noch würdig, und sein. 
Bankerott mit den zerronnenen Idealen ist auch nicht ermuthigend, 
Bürger, welcher der Natur näher stand als das Paar der er- 
wähnten beiden Dichter, hielt sich in religiöser Beziebuug nur 
dadurch charaktervoller, dass er formell einige, durch Aufklärung 
verbesserte Vorstellungsarten der Religion einfach beibehielt. Im 
19. Jahrhundert hat Byron bezüglich des Unsterblichkeitsglaubens 
den Standpunkt des Nichtwissens entschieden gewahrt und so 
das Schillersche Schwanken vermieden; Shelley aber hat trotz 
seiner allgemeinen Bekämpfung der Religion poetischen Phan- 
tasmen nachgegeben, die wahrlich keinen Ersatz enthalten. Käme 
es aber auch einmal zu einer vollen WirkÜchkeitsdichtung in 
meinem Sinne, wozu allein Bürger ein Stück Annäherung ge- 
liefert hat, so würden es nicht die poetischen Fähigkeiten allein 
sein können, wodurch sich etwas über die Religion Hinaus- 
führendes gestaltete. 





Sechstes Capitel. 
Ursprung und Artung des Vollkommeneren. 

1. Völlig ungleichartig mit allen blosaea Surrogaten ist der 
wirkliche Ersatz der Religion durch etwas Höheres, was auch von 
dem Namen Religion verschont bleiben sollte. Dieser Ersatz kann 
nur platzgreifen, wo das, was Religion heisst, abgescha Eft ist. Eine 
äussere Geltung und Herrschaft kann daher diesem Ersatz auch 
nur dann zu Theil werden, wenn die Abschaffung der Rehgion 
ebenfalls eine äussere und öffentlich gültige geworden ist. Hiezu 
gelangt die Menschheit aber vorläufig noch nicht. Für die zunächst 
absehbaren Zeitalter ist vermittelst der äussern Gewaltherrschaft 
die Religion noch so gestellt, dass sie im Stande bleibt, wen^stens 
noch eine coaventionelle Einschulung Vieler zu erzielen und so 
ihre Art und Weise, wenn auch nur unter mehr undmehrsinkendem 
Glauben, fortzupflanzen. Ihre innere Herrschaft über die Gemüther 
wird dabei schwächer und schwächer, und es mehren sich die- 
jenigen Gruppen und Elemente der Gesellschaft, in denen, unge- 
achtet äusserer Anbequemung, die innerliche Abschaffung der 
Religion theils eine vollendete Thatsache ist, theils sich der Ver- 
vollständigung nähert. Einer solchen innern Abschaffung der 
fieligionsreste kann nun auch eine innere Herrschaft des voU- 
iommeneren Ersatzes entsprechen, und man muss sich an dieser 
unvollständigeren "Wirkungsart des Besseren so lange genügen 
lassen, bis auch die allgemeine äussere Geltung in Gesellschaft 
und Staat durchzusetzen ist. Letzleres wird von Wandlungen 
der Zustände abhängen, die sich nicht ausschliesslich auf das 
geistige Gebiet beziehen. Vorher werden aber unter aUen Um- 
ständen nicht blos Einzelne, sondern auch Gruppen und zwar 
umfassendere Gruppen existiren können, die das Vollkommenere 
bei sich pflegen und in gesellschaftflcher Weise zur Anerkemiung 
bringen. An der sogenannten Religionsfreiheit heutiger Zeit ist 
■wenigstens soviel, dass die vom Staat unabhängigsten Elemente 
imd Classen der Gesellschaft einigermaassen in der Lage sind 
und immer mehr in die Lage kommen, bei ihrer geistigen Eman- 
cipation und deren öffenthcher Bekundung nicht auf unüberwind- 
liche Hindernisse zu stossen. Aber auch ganz abgesehen von 
diesen äusseren Chancen der geseUschaftli chen Fortpflanzung des 



116 



Besseren ist es schon eine Errungenschaft, wenn auch nur dea 
Einzelnea als solchen die Möglichkeit verschafft wird, der aus- 
ihrem Geist gewichenen Rehgion Etwas folgen zu lassen, was. 
zu einer festen Haltung verhilft. 

Das Vollkommenere jeder Art tritt überall und durchgängig 
erst als späteres Glied einer Entwicklungsreihe oder, was dasselbe 
heisst, einer Stufenfolge von Gestaltungen auf. Dies ist bereits 
eineThatsache der Natur überhaupt, unddieMeDSchheitsgeschichte 
ist nur ein besonderer Fall davon. Auch muss hervorgehoben 
werden, dass es sich hier nicht um eine blosse Annahme, sondern, 
wirkhch um etwas Facfisches handelt, und dass es nur der all- 
gemeine Typus aller bekannten besonderu Vorgänge ist, der sich 
in der Vorstellung von einem Fortschritt zum Vollkommenerea 
aufgefasst findet. An die Entwicklungsgeschichte der Natur aut 
der Oberfläche unseres Planeten, als an die Basis von allem 
Uebrigen, kann hier eben nur erinnert werden. Erst wenn aus. 
den sonstigen Gestaltungen die Menschheit auftaucht und hiemit 
gleichsam innerhalb der vorher alleinherrschenden Thierwelt als. 
ein vollkommeneres Gebilde an die Reihe kommt, eröfinen sich 
auch die Ausgangspimkte für das, was unser specieller Gegen- 
stand ist. Freilich dauert es noch lange, ehe die einigermaassen ' 
geschichtliche Aera der Menschheit auch nur zu dämmern be- 
ginnt. In dieser Dämmerung herrscht nicht etwa blos ein Halb- 
bewusstsein, sondern es sind auch diejenigen Menschenarten, die 
ihr angehören, von niederer Beschaffenheit. Man könnte diese 
erste Aera der Menschheit die asiatische nennen, und sie verhält 
sich zur spätem europäischen nahezu so, wie vorher die Thier- 
heit zu der an sie zunächst angrenzenden Menschenepoche und 
Mensch enspeci es. Der Asiatismus ist eine Vorphase zu der ihm 
folgenden und ihn in der Geschichte ablösenden vollkommeneren 
Menschheitsausprägung. Diese Unterschiede sind aber nicht, wie 
gemeiniglich geschieht, ausschliesslich auf die Cultur zu beziehen 
und auch niemals als blosse CuUurunterschiede gelten zu lassen. 
Ja das, was durch blosse Cultur geändert werden kann, darf bei 

gründlichen Betrachtung nicht einmal in die erste Linie ' 
treten. Jene Unterschiede sind an erster Stelle physiologisch auf- 
zufassen, grade als wenn es sich um verschiedene Thierclassen 
mit ihren Trieben und Neigungen, mit ihrer Lebensweise und .] 
Sitte handelte. Die Art von Cultur, welche sich entwickelt, ist 




— 117 — 

:nur ein Erzeugniss einer tieferliegenden Ursache, die sich in ihr 
bethätigt. Fleisch und. Blut, Hirn und Herz bilden mit ihrer 
besondern Artung die Grundlage für alles Uebrige. Um der Be- 
schaflfenheit dieser willen ist eine Menschheitsform unvollkommener 
und steht niedriger als eine andere. Die erste, sozusagen asiatische 
Menschheitsausprägung, die zu Bewusstsein und Cultur gelangte, 
ionnte und kann durch blosse Culturentwicklung aus jenen 
Naturgrenzen nicht heraus, die ihr die leibliche Artung imd hie- 
mit auch der Naturtypus der geistigen Beschaffenheit setzen. So 
wenig sich der Affe, wie wir ihn heute vor uns haben, jemals 
zum Menschen entwickeln wird, ebensowenig wird sich je eine 
asiatische Race, die von jener ersten Ausprägung der Menschheit 
herstammt, in Etwas verwandeln, was den neuem Völkern gleich 
wäre oder auch mit ihnen nur eine ähnliche Stufe der Vollkommen- 
heit einnehmen könnte. Diese Noth wendigkeit rührt von der festen 
Abgrenzung der einmal vollzogenen Naturbildungen her. Vor der 
Entwicklung aus dem noch Ungestalteten mag gleichsam ein Ein- 
lenken zu verschiedenen Gebilden stattfinden. Sind diese Gebilde 
aber in der einen oder in der andern Richtung vollendete That- 
sachen, so führt von ihnen kein Weg w^ieder zur ursprünglichen 
freien Gestaltungsmöglichkeit zurück. Die Bestimmtheit und Spe- 
cialität dieser Gebilde bleibt ihr weiteres Gesetz. Sind sie nicht 
von vornherein auf das Vollkommenere angelegt, so kann dieses 
aus ihnen auch nicht hervorgehen. Die vollkomm euere Ausprägung 
der Gattung oder, gleich bezeichnender ausgedrückt, eine bessere 
Gattung kann nur durch höher angelegte Seitengebilde vertreten 
sein, die von vornherein aus einer allgemeineren Gestaltungs- 
möglichkeit abgezweigt waren. Als eine solche edlere Entwick- 
lungslinie hat man sich überhaupt die Entstehung der Menschheit 
in Vergleichung mit der Thierheit zu denken. Dasselbe Gesetz 
muss sich aber auch innerhalb der Menschheit selbst wiederholen. 
Bei der Gestaltung der verschiedenen Thiergebilde musste die 
Einlenkung zum Affen für immer darüber entscheiden, dass aus 
•diesem einmal vollzogenen Gebilde heraus kein Erreichen des 
Menschheitstypus mehr offen blieb. Ueberhaupt muss, was in der 
JEntwicklung edler werden soll, dies auch schon von vornherein 
in der Anlage sein. Die Herkunft von Etwas, was unvollkommener 
ist, besagt nicht, dass diese Unvollkommenheit auch zugleich unedel 
gewesen sein müsse. Ein kleines Kind ist etwas sehr Unvoll- 



k 



— 118 — 

kommenesinVergleichung tnitdem ausgewachsenen, seioerGlieder 
und geistigea Organe völlig mächtigen -Menschen ; aber es ist 
darum nicht unedel geartet. Die Vorzüge des Typus und der 
Individualität sind ihm vielmehr, soweit sie überhaupt in dem 
besondern Falle bestehen, von vornherein eigen. Das Bessere, 
was sich aus ihm später herausgestaltet, liegt in ihm als Keim. 
Mit dem Mangel an Entwicklung hat also die Artung eines- 
Wesens in der Hauptsache und im Kerne nichts zu schaffen. 
Eohheit und Unbehülflichkeit, die eine Folge des Entwicklungs- 
mangels sind, können sich in Feinheit und Gewandtheit ver- 
wandeln. Jedoch giebt es auch eine andere Art von Rohheit 
und Ungeschlachtheit, die in der Naturanlage Hegt und niemals 
weicht. 

Nua haben wir uns die Unterscheidung der Menschheit ia 
verschiedene Species so zudenken, dass diejenigen Ausprägungen 
einer Art von Menschentypus, die auf dem Boden Asiens die 
geschichtlich bekannten Reiche gründeten, unter den möglichen 
Menschenconstitutiönea eine niedere und verhältnissmässig unedle 
darstellten. Sie sind darum auch in der ganzen bisherigen Ge- 
schichte im Wesentlichen nicht weiter gelangt, als im ersten Durch- 
laufen der ihnen möglichen Culturentwicklung. Sie sind auf der 
Stufe stehengeblieben, zu der sie in der geschichtlichen Periode 
des Asiatismus, d. h. in jener Aera gelangten, in welcher Asien 
die einzige Culturstätte auf dem Planeten war und sonstige Völker 
noch gleichsam ein Wiegendasein führten. Dies war sozusagea 
die Turamelzeit, in welcher sich ausschliesslich der Asiatismus 
breitmachen konnte, gleichwie die Thierheit hatte ungenirter 
bleiben können, als unter ihr der Mensch noch nicht aufgetreten 
war. Mit dieser Bedeutung des Asiatismus, die auf seiner ursprüng- 
lichen Einzigkeif beruhte, ging es in der Hauptsache zu Ende, als- 
andere bessere Völker die Bühne der Geschichte betraten. Die- 
griechisch-römische Periode zeigte schon freiere und edlere Züge, 
Jedoch erst die neuern Völker haben die vollständige Anlage 
und dementsprechend auch den Beruf, sich den Asiatismus zu. 
unterwerfen und ihn äusserlich wie innerlich in Grenzen einzu- 
schliessen, vermöge deren er nur noch ein Dasein niederer Ordnung 
führen kann. Er bleibt gleich den Thiergestalten bestehen, so- 
weit nicht zureichende Gründe vorhanden sind, ihn auf diesen» 
oder jenem Gebiet gänzlich zu verdrängen. 




119 



Iq dem Maasse, in welchem die bessern Völker auf dem 
Planeten neuen Boden brauchen, werden sie mit ihrer bessern 
Species vordringen, und wie dort, wo menschliche CuUur sich 
ausdehnt, gewisse Thierarten, deren Hausen sich mit dem Walten 
des Menschen nicht verträgt, zurückweichen oder untergehen, so 
wird auch die Verschiebung und Fortpflanzung des bessern 
Menschheitstypus den schlechtem einschränken und zum Ver- 
schwinden bringen. Auf diese Weise bricht sich das Vollkommenere 
Bahn, und sein Recht hiezu hegt darin, dass es am Guten mehr 
theilhat. Denkt man sich nämlich den Urtrieb, der sich in allem 
Lebendigen verkörpert hat, als ein solidarisches Wesen, an 
welchem die einzelnen Gestaltungen und Gebilde gleichsam nur 
Glieder sind, so hat dieses Wesen ein Interesse daran, dass die 
an ihm vollkommensten Organe und die |in ihm besten Elemente 
sich vervielfältigen und das Niedere an ihm nicht überwuchern 
lassen. NichtBoden undKliraa sind das am meisten Entscheidende, 
sondern die Menschenart an sich selbst, und wenn diese auch 
einige Züge vom Klima an sich trägt, so ist doch der Mensch 
überhaupt bei der verschiedensten Beschaffenheit fähig, sich sehr 
abweichenden Klimaten anzupassen. Es ist also kein Hinderniss 
vorhanden, dass der bessere Typus sich über alle bewohnbaren 
Gegenden ausdehne. Soweit ihm wirklich ungünstige Natur- 
verhältnisse entgegenstehen, wird er die Gebiete derselben denen 
überlassen, die eher dazu passen. In der bis jetzt erreichten Aera 
stehen aber die Dinge so, dass die schönsten und von Natur aus- 
giebigsten Länder grade von den niederen Species oder von ver- 
derbten, ihremUntergacg entgegenreif enden Völkern eingenommen 
sind. Es wird sich also künftig darum handeln, diese Missverhält- 
nisse abzustellen und dem unter rauherem Klima und auf kargerem 
Boden grossgezogenen Menschentypus die Vortheile besserer 
Naturgebiete zu verschaffen. Dieser Typus hat nicht etwa erst 
durch das Klima seines Schauplatzes seine Eigenschaften erhalten. 
Er hatte sie von vornherein, und nur die Entwicklung dieser 
Eigenschaften zu einer technisch hohen Civüisation erforderte, 
dass die in der Anlage vorhandenen Kräfte durch den Mangel 
günstiger Natur Verhältnisse zur Entfaltung voller Energie angeregt 
wurden. Hätte man die niederen asiatischen Species in dieselben 
Naturverhältnisse gebracht, so wäre trotz aller durch den Mangel 
gegebenen Anregung doch nichts Sonderliches zu Stande ge- 



komiiien. Nur das Beisammen der edleren Aolage und der die 
Kräfte gleichsam herausfordernden Naturverhält nisse konnte eine 
Civiiisation schaffen, die, nachdem sie einmal errungen ist, auch 
Im Stande sein wird, sich auf einen Boden zu übertr^en. auf 
dem sie urspri'mglich nicht hätte entstehen können. 

Hienach hat der nordische Mensch von Nalur und Cultur 
wegen die Anwartschaft, seine Species auf den orientalischen 
Boden zu übertragen und dort in einer weiteren Geschichtsära 
gleichsam ein zweites Dasein zu führen. Dies ergiebt zugleich 
äusserlich einen Sieg des neueren Volker wesens über die niederen 
Artungen der Menschheit. Schon in Europa selbst, namentlich 
geilen den Orient hin, wird eine Unterordnung oder Wegräumuog 
der verderbten Völkerelemente immer mehr eine von den Thal- 
sachen geforderte Unternehmung. Grade die schönsten Länder, 
die einst die Sitze edlerer und mächtiger Völkerstämrae mit \Felt- 
geschichtlichen Civilisationen waren, sind im Besitz niederer oder 
verkommener Menschentypea. Mindestens muss man hieher die 
Türkei und Griechenland rechnen; aber auch andere Staaten 
könnten einst die Liste vollständiger machen. Doch die Um- 
schau danach würde von der grossen Hauplangel egenheit zu weit 
ins Einzelne abführen. Es ist genug, wenn wir die allgemeine 
Vorstellung festhalten, dass der wirkliche Fortschritl derGeschichte 
darin besteht, das Vollkommenere, in seiner Grundgestall, näm- 
lich als höhere Mensche nspecies, äusserlich zu einer alles Andere 
beherrschenden Stellung gelangen zu lassen. Wie dem nun 
auch ein geistiger Triumph zu entsprechen habe, führt uns 
wieder auf unsern speciellsten Ausgangspunkt, auf die Religion 
und auf deren Ersatz zurück. 

An der Perspective der Uebertragung höherstehender Völker- 
elemente auf asiatischen Boden kann man nicht mehr Anstoss 
nehmen, sobald man bedenkt, dass bezüglich dieses Vorgangs 
der Gebrauch ungerechter Mittel nach imseru Grundsätzen von 
vornherein ausgeschlossen bleiben muss. Es kann also nur jene 
fast unwillkürliche Gestaltung gemeint sein, vermöge deren die 
für die höhern Aufgaben untauglichen Völkerelemente nicht so- 
viel Lebensspielraum behalten werden als die fähigeren. Uebrigens 
mag aber innerhalb der natürlichen Schranken das Niedere fort- 
bestehen, soweit es nur nicht im Sinne des Bösen und Menschheit- 
ausraubenden schlecht ist. Die Existenzen brauchen nicht von 



— 121 — 

■gleicher Güte uod können dennoch einer eigenthümÜch geartet 
Selbstbefriedigung fällig sein. Ja sogar erscheint es als nützlich. 
dass nicht Alles gleich sei. Das Leben hat höhere und niedere 
Befriedigungs formen, die man gufheissen muss, wofür schon alle 
unschuldigen Thierarten Beispiele sind. Ja auch vom Standpunkt 
der Nützlichkeit füreinander sind Unterschiede und Ungleich- 
heiten der natürUchen Ausstattung innerhalb gewisser Grenzen 
etwas Wesenthches. Unter der entgegen gesetzten Voraussetzung 
■würde es nämlich der Functionentheilung an dem jedesmaligen 
Zubehör der entsprechenden Wesens beschafienheit fehlen. An 
■eine wenn auch nur indirecte Ausrottung des Niedern, blos weil 
es niedriger ist, darf in keinem Falle und in keiner Richtung ge- 
dacht werden. Ein solcher Gesichtspunkt trifft vielmehr nur bei 
-dem bös Lebenswidrigen und speciell bei dem Menschheit- 
verletzenden zu. Soweit also beispielsweise asiatische Völker 
unschuldige "Wesenstypen und Züge vertreten, mögen sie zwar 
ganz von selbst und allmälig einer indirecten Einschränkung 
der Bevölkerungsziffer ausgesetzt sein, sobald begabtere Elemente 
unter ihnen wohnen; allein innerhalb der sich so steckenden 
Grenzen mögen sie sich zu Etwas entwickeln, wozu sie aus und 
durch sich selbst nie gelangt wären, ist auch beispielsweise der 
Verstand als Anlage nicht übertragbar, so sind es doch die 
Verstandesergebnisse, und demgemäss muss unser Verhalten 
auch darauf gerichtet sein, die asiatischen Völker von dem 
selbstgewobenen Trug zu emancipiren, sowie deren politische 
Und sociale Fesseln zu sprengen. Auf auderm Wege kämen wir 
nicht emmal zu dauerhafter Sicherung der eignen Freiheit; denn 
die Menschheit, soweit sie nicht bösartig ist, muss sich schliess- 
lich als solidarisch erkennen. Das Niedere wird zwar nie zum 
Höheren und Edlen ; aber innerhalb seiner Schranken ist es einer 
^Vervollkommnung fähig, und so meine ich, dass auch auf dem 
Boden Asiens die Religion in den Köpfen und in den äussern 
Zuständen schliesslich etwas Besserem weichen könne und 
müsse. 

2. Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als wenn inner- 
lich geistig und zum Theil auch äusserlich politisch die Bethä- 
tigung der bessern Menschentypen und deren Vorschreiten zu aus- 
gedehnterer Herrschaft über die schlechtem nicht als allgemeines 
■Grundgesetz zuträfe. Die christliche Aera ist da= Hauptbeispie! 



122 



einer geistigen Vorschiebung des Asiatismus, und an dem süd- 
westlichen und südöstUchen Ende Europas hat die Geschichte- 
gezeigt, wie tieferstehende Racen erobernd vordrangen. In Spanien 
ist man jedoch, wenn auch erst durch einen langen und zähen, 
nicht blos Jahrhunderte, sondern durch den grössten Theil eines- 
Jahrtausends fortgeführten Kampf dazu gelangt, die Eindringlinge 
wieder los zu werden. Was aber die Herrschaft der Türken in, 
Europa betrifft, so werden die einigen Jahrhunderte, die sie ge- 
dauert hat, auch ihr Ende erreichen müssen. Derartige Vor— 
Schiebungen des Asiatismus, wie sie sich in jenen Eroberungea 
durchsetzten, sind Ausnahmen, die selbst wieder auf einer ex— 
ceptionellen örtlichen oder zeitweihgen Schwäche der von den 
fremden Invasionen betroffenen Völker beruhten. Sie widerlegen 
die Regel und das Grundgesetz ebensowenig, als dies etwa durch 
das gelungene Einschleichen der Juden in alle Welt geschieht. 
Mit den erobernden Vorschiebungen wissen die neuern Völker- 
sich schliessUch auseinanderzusetzen, indem sie ihren Boden von 
den Eroberern oder von deren herrscherischem Einfluss säubern; 
mit der schleicherischen Einstreuung unberechtigter, zugleich- 
niederer und bösartiger Elemente in ihr gesellschaftliches Gefüge- 
werden sie ebenfalls abzurechnen wissen. 

Bedenklicher als in den äussern politischen Schicksalen stellt 
sich die Frage nach dem Vordringen des Asiatismus in dea.. 
geistigen Angelegenheiten; denn die Herrschaft einer wesentlich 
orientalischen Religion durch länger als ein Jahrtausend ist eine 
weit erheblichere Thatsache als maurische oder türki.sche Reiche^ 
auf europäischem Boden. Es sieht jene Herrschaft zunächst wie- 
ein wirklicher Rückschritt der Menschheit aus und würde es auch- 
in der That sein, wenn sie nicht selbst wieder rückgängig ge- 
macht würde. Als zeitweihges Zwischenreich hat sie aber nichts- 
Anderes zu bedeuten, als dass, wie schon früher auseinander- 
gesetzt, edel angelegte, aber unentwickelte Völker in ihrer natür- 
lichen Unmündigkeit keine Mittel hatten, jener Ansteckung zu. 
widerstehen. Uebrigens ist die christliche Phase, wie ebenfalls-, 
bereits dargelegt, auch dadurch verbessert worden, dass sich 
Züge des neuern Völkergeistes in die fremde Religionsform über- 
trugen und so unter dem Namen des Christenthums auch Etwas- 
ausprägten, was nicht asiatischen Ursprungs und Wesens ist. 
Wie man aber auch über das christliche Intermezzo der Mensch-" 





123 



neitsgeschichte denkea möge, so hat mau doch jedeafalls das 
Endschicksal desselben in Anschlag zu bringen. Dieses kündet 
sich deutlich genug schon in der Gegenwart an und braucht 
nicht erst, um erkennbar zu werden, auf seine vollständige Er- 
ledigung in der Zukunft zu warten. Die neuern Völker sind schon 
seit einiger Zeit einigermaassen aa der Arbeit, jene geistige 
Ueberrumpelung ihrer unmündigen Vorfahren Stück für Stück 
rückgängig zu machen. 

Eine Geisteshaltung, die nicht wieder abgelegt werden, 
soodem dauern soU, muss im physiologischen Charakter der 
betreffenden Völker begründet sein. Die neuern Völker haben, 
wie schon früher gesagt, bis jetzt noch keine nationale Religion. 
Sie sind in ihrer unmündigen Kindheit ihrem angestammten 
Wesen entzogen und iu einer fremden Religion erzogen worden. 
Mit ihrer Grossjährigkeit werden sie über diese Ablenkung ihrer 
Natur Rechenschaft fordern und sich frei mit vollem Bewusstsein 
in ihrem eignen Wesen ergehen. Dies ergiebt eine neue grosse 
Aera der Geschichte. Diese Aera wird aber nicht blos die Be- 
deutung einer geistigen und gesellschaftlichen Schöpfimg auf dem 
Boden Europas und der neuen Welt haben, sondern sich auch 
in einer erweiterten Unterordnung der asiatischen und ähnlichen 
Völker unterdie HegemoniederhöherstehendenNationenbekundeo- 
Das Politische lässt .sich hier von dem Geistigen nicht trennen; ja 
noch mehr, die Ausdehnung jener Hegemonie wird auch in ge- 
wissem Maass eine Ersetzung niedriger gearteter BevöIkeruDgen 
durch höher geartete mitsichbringen. Man nehme nur nicht an, dass 
dieserVorgang mit dervomMitgefühl gebotenen Schonung des Men- 
schen durch den Menschen in "Widerspruch zu stehen brauche. Es 
wäre ein Abweg, wenn man sich den Hergang der Einschränkung 
einer Gruppe von Bevölkerungselementen durch die andere aut 
eine schlimmere Weise denken wollte, als wir ihn auch heute 
schon vor uns sehen und in der ganzen bisherigen Geschichte 
durchgemacht haben. Im Gegentheil wird die neue Aera milder 
ausfallen können, weil sie von bessern Trieben und gereifterer 
Einsicht geleitet wird. Die vom Eeligionsasiatismus befreiten 
Völkercharaktere werden sich auch edler verhalten und von bes- 
serer Menschlichkeit mehr bethätigen, als dies zu Zeiten geschehen 
tonnte, in denen ihre Anlagen zu bessern Grundsätzen von einer 
asiatischen Impfung, nämlich vom Christenthum, verderbt gehalten 





124 



wurden. Das Mitgefühl mit allem Erapticdeaden und umsomehr 
mit allem Menschlichen, mag eine Abart des letzteren auch noch 
so tief stehen, ist grade den höheren Species am vollkommensten 
eigen. Es erstreckt sich in einem gereiften Zustande sogar auf 
die Thiere, führt diesen gegenüber zu einer rationellen Schonung 
und Fürsorge, ist aber nicht mit jener asiatischen Abirrung ?,u 
verwechseln, die aus ganz andern und niedrigen Gründen gradezu 
zu einem Thiercultus geführt hat. Das rechte Gefühl und der 
rechte Verstand höherer Völkertypen treffen im Verhalten zu den 
Thieren auch jene richtige Art und Weise, die, frei von Ueber- 
gefühhgkeit und falscher Empfindsamkeit, den verschiedeoea 
Species der animalischen Welt, je nach deren Emplindungs- 
fahigkeit und zugehörigen Stellung in der Stufenleiter des Leben- 
digen, die angemesseneRücksichtzuTheil werden lässt. Wenigstens 
ist dies das Ziel, wohin die freiere Entfaltung der bessern Mensch- 
heit strebt. Wie sollte nun Menschen selbst gegenüber nicht eia 
entsprechender Standpunkt gefunden werden! Hier ist dieVec-, 
wandtschaft eine nähere und die Tragweite des Mitgefühls eine 
grössere, als bei Wesen, die noch unter der Gattung Mensch 
stehen. Nur rechne man nie darauf, dass dieses bessere Verhalten 
ein in spontaner Weise zureichend wechselseitiges werden können 
Zwischen dem Niedern und dem Höhern kann es keine vollständig 
gleiche Wechselseitigkeit geben; denn hiezu. fehlt dem Niedern 
nicht etwa blos das Verständniss, sondern, was entscheidender ist, 
der Trieb. Das Thier kann sich, so hoch es auch in der Reihe 
von Seinesgleichen stehen mag, nie zu einer vollen Mitempfindung 
oder gar zu einem zureichenden Verständniss für das Menschliche 
erheben. Seine Mitempfindungen und sein Verständui ss bleiben auf 
das Niedere beschrankt, welches ihm vermöge seines thierischea 
Charakters eigen ist. Soweit dieses Niedere auch im Menschen 
gewissermaassen enthalten ist, besteht allerdings Gemeinsamkeit 
und sogar Wechselseitigkeit, aber eben keine voUe, sondern im 
Gegentheil eine äusserst beschränkte, die keine der höhern Eigen- 
schaften berührt. 

Demgemäss hat man sich nicht der Täuschung hinzugeben, 
als wenn zwischen den niedern und den höhern Menschenspecies 
volle Gegenseitigkeit platzgreifen könnte. Das Niedere wird durch 
das Höhere vollständig, dagegen das Höhere durch das Niedere 
nur soweit verstanden, als es sich um etwas beiden Gemeinschaft- 




125 



liches handelt. Dieses Gemeinschaftliche ist das Niedere, wie es 
einerseits selbständig als unvollkommenere Species und anderer- 
seits als etwas Untergeordnetes auch in der höhern Species 
exislirt. Niedrig geartete Menschen verstehen sich auf Alles, was 
der Artung ihrer eignen Triebe und Vorstellungen gleicht. Sie 
b^eifen aber nicht das Geringste von dem, was über ihre Natur 
emporragt. Dagegen werden sie selbst von dem Ueberragenden 
vollständig durchschaut. Sie werden von diesem besser begriffen, 
als sie sich gegenseitig unter sich verstehen, und dies will viel 
sagen; denn in allem Niedern ist der Beschränktheit der Natur 
wegen die Pfiffigkeit im untergeordneten Gebiet der jedesmal 
fraglichen Species eine grosse. Behält man dieses aUgemeine 
Grundverhältniss einer nur partiellen Gegenseitigkeit überall im 
Auge, wo es sich um erheblich verschiedene Menschenabarten 
handelt, so ergiebt sich eine wichtige, nicht blos politische, 
sondern auch geistige Consequenz. Zunächst bestimmt sich hienach 
das Verhältniss von Leitung und Unterordnung und wird auch 
sofort als zweckmässig erkennbar. Da auf Seiten des Niederen 
nicht auf volles Verständniss zu rechnen ist, so muss unter Um- 
ständen die Macht, die im Höhern liegt, die Unempfänglichkeit 
für Gründe ersetzen, soweit ein solcher Mangel auf Seiten des 
Niederen besieht. Gesellung, Gesellschaftsbildung und Slaats- 
einrichtung auf völlig gleichem Fiiss ist hier nicht möglich, weil 
es an der Unterlage wirkhcher Gleichheit fehlt. Dennoch muss 
aber, soweit die gemeinsame Natur es mitsichbringf, gleiche Frei- 
heit entwickelt werden. Diese darf aber das Gebiet eines all- 
gemeinen Rechts nicht überschreiten, und dieses allgemeine Recht 
darf sich wiederum nur auf diejenigen Angelegenheiten beziehen, 
in denen ausschliesslich das niedrig Gemeinsame der menschlichen 
Natur maassgebend ist. Schutz gegen Mord und Diebstahl sowie 
überhaupt gegen Verletzungen der persönhchen und sachlichen 
Integrität können etwas Allgemeines sein und müssen es im Lauf 
der Geschichte durchgängig werden. 

Dagegen ist die positive Theilnahme an der Leitung der 
Öffentlichen Angelegenheiten Nichts, was für sehr unterschiedene 
Bevölkerungselem ente in gleichheitlicherOemeinsamkeit bestehen 
dürfte. Eine niedere Species kann nun einmal nicht mit einer 
hohem auf gleichem Fuss eine erträgliche Gemeinschaft bilden, 
Kommt es regelwidrig einmal zu einer solchen, so muss Herab- 



J 



— 126 — 

■Würdigung des Ganzen die gelindeste Folge sein. EineRedudrung 
des Gemeinwesens auf den Fuss der niederen Species wird das 
Ergebniss, wenn diese sich, gleichheitlich breitmachen kann; 
■denn die dem thierischen näherliegende Verhaltungsart schreitet 
über alles Bessere hinweg, und wenn die betreffende Species 
auch nicht in der Mehrzahl wäre, was sie doch gemeiniglich 
sein wird, so würde sie mindestens als ein degradirendes Element 
wirken und alle edlere Sitte beeinträchtigen. Im Hinblick auf 
Asien sind es aber grade die breiten Massen, die als überwiegende 
Mehrzahl in Frage kommen werden. In der Welt der neuern 
Völker ist es allerdings eine Minderzahl, die Judäer, die das 
Beispiel von dem unheilvollen Einfluss einer zwischen dem Un- 
gleichen übel angebrachten Gleichheithchkeit liefern, Aller- 
xnindesteas muss eine indirecte Einschränkung des Niedern sich 
politisch von selbst machen, wenn auf rechtlich formelle Schranken- 
ziehung verzichtet werden soll. Bei gutem Willen niederer 
^Elemente würde allerdings völlig gleichheitliches Recht nicht zur 
Jactisch gleichheithchenTheiloahme an den politischen Functionen 
führen, und nur die Charakterbüsartigkeit rechtfertigt demgemäss 
die äusserliche und formelle Einschränkung. Soweit aber das 
Bösartige verschwinden kann, eröffnet sich trotz aller natürlichen 
Unterschiede die Aussicht auf universelle Gleichheithchkeit aller 
Rechte, also auf ein wirklich allgemeines, des Namens würdiges 
Menschhei tsrecht. Wie dagegen das Bösartige im Hebräercharakter 
ausgeschieden werden solle, ist so wenig abzusehen, als etwa 
die Umwandlung eines Raubthiertypus in ein unschuldiges Thier- 
gebilde. Mit andern orientahschen oder sonst niedern Nationa- 
litäten braucht es aber nicht dieselbe Bewandtniss zu haben, da 
hier nicht vorzugsweise die Bösartigkeit sondern nur die mindere 
Vollkommenheit der Anlage in Erage kommt. 

Alle Uebelstände und Gefahren, die sich in äusserücber und 
politischer Beziehung aus einer Kopfstellung des natürlichen 
Grund Verhältnisses der physiologisch höheren zur physiologisch 
niederen, bisweilen auch moralisch verwerflichen Menscheaspecies 
-ergeben, haben ihr Seitenstück im Geistigen; denn letzteres ist 
-Stets etwas naturwüchsig an den Typus Geknüpftes. Man wird 
nie geistige Schöpfungen begreifen, wenn man ihren Ursprung 
und den Grund ihrer Artung anderwärts sucht, als in derNatur- 
iieschaffenheit des Lebendigen, von dem sie ausgehen. Dort 



127 



iabea sie ihr Gesetz, mngea sie quo das Niedrigste oder das 
Höchste, also den gemeinen Ausdruck der Triebe in Gewohct- 
fieiten oder die Bekundung der erhabensteo Gefühle und Ge- 
danken betreffen. 

3. Was vorher von der Unmöglichkeit voller Wechselseiti g- 
keit zwischen dem Asiatismus und dem neuern Völkerweseo ge- 
sagt wurde, gilt auch von der Religion und ihrem Ersatz. Wenn 
die neuem Völker ihren eignen Kreis freier Vorstellungen über 
alles Sein, über Natur und Leben zum Ausdruck gebracht haben 
werden, so wird die Religion nur noch für die niedera Racen 
eine, freilich nur vorläufige, Bedeutung behahen. Für jene 
nämlich ist sie etwas vom angestammten Racenwesen und behält 
diese Bedeutung, auch wenn sie inn Laufe der Geschichte durch 
Erfahrung und Verstand von vielerlei Vorstellungen gesäubert 
wird. Sie behält sie sogar selbst unter der Voraussetzung, dass 
von Seiten der Anschauungen höherer Völkertypen nachdrück- 
liche Kritik geübt und die Niedrigkeiten oder Unwahrheiten an 
ihr biosgestellt werden. Die Religion enthält einen Theil des 
"Volksgeistes beurkundet und ist auf diese Weise gleichsam ein 
Jlacen spie gel, in welchem man die Züge des Speciescharakters 
wiederfindet. Die fraglichen Menschentypen können ihr eignes 
Wesen nirgend, also auch da nicht ablegen, wo es den Zügen 
-der zugehörigen Religion gleicht. Nähme man also auch ausser- 
lieh die Religion mit allen ihren falschen Vorstellungen hinweg, 
so bliebe doch innerlich im betreffenden Menschentypus ein Kern 
<ierselben zurück. Dieser Kern besteht in den Naturtrieben, 
^Neigungen und natürlichen Gesetzmässigkeiten des Thuns, Füblens 
und Denkens, die sich in die religiösen Gesammtvnrstellungen 
übertragen haben. Mit dem Geschöpf, der Religion, würde hier 
noch nicht die Schöpferin, die bezügliche Menschennatur, ver- 
schwinden. So lange also jene Racen noch dauern, werden sie 
auch an denjenigen Zügen ihrer Religion festhalten, in denen sich 
ihr Wesen einst einen ersten geistigen Ausdruck gegeben hat. 
Ja selbst, wenn man voraussetzte, dass die betreffenden 
niedrigeren Racen durch irgend welche Umstände veranlasst 
■würden, ihre Religion aus ihrem Bewusstsein entfernen zu wollen, 
so würde dennoch von ihr etwas Unveräusserliches zurückbleiben. 
Die blosse Racennatur, auch wenn sie sich ihrer überlieferten 
Religion nicht mehr bewusst wäre, würde genügen, um aus sich 




— 128 — 

selbst alles das zu betliätigen, was in der ererbtea Religion mit 
dem Racenwesen naturwüchsig zusammentraf. Ein Meosch voa 
einer bestimmten Species, der von Kindheit auf seiner Religiork 
entzogen wird und der von derselben nie etwas erfährt, wird 
trotzdem die Eigenschaften der zu seiner Natur gehörigen an- 
gestammtenDenk-undGefühlsweise entwickeln. Die Aenderuogen, 
welche darin durch Erziehung und Umgebung hervorgebracht 
■werden mögen, werden das Wesentliche nicht berühren. Hienach 
hat man sich überhaupt mit dem Gedanken vertraut zu machen, 
dass gleich der Speciesnatur auch die dazu gehörige geistige- 
Anschauungsweise während des Racenlebens nicht weicht. 
Die letztere kann nur mit der ersteren zugleich, also durch den 
Speciestod, verschwinden. Hat man dies einmal eingesehen, so- 
wird man nicht falsche Forderungen stellen und sich über die 
Herrschaft eines vollkommeneren Ersatzmittels derKeligion keinen 
Täuschungen hingeben. Verstandesaufklärung kann sehr weit 
reichen und in alle Art von Religion eindringen. Es ist überall 
eine Säuberung vom eigentlichen Aberglauben denkbar. Auch 
können höhere und edlere Grundsätze als äusserliche Vorschriften, 
in Umlauf kommen und sogar von den Einzelnen freiwiUig als. 
verbindlich hingenommen werden. Erziehung und Unterricht, 
ja auch die Gesetzgebung und das öffentliche Leben könnea. 
solche bessern Grundsätze als Richtschnur anerkennen. Mit alle- 
dem bleibt aber der Kern, nämlich die wirkliche Neigung der 
Naturen, unerreicht. Die betreffenden Menschentypen verhalten 
sich, soweit nicht ein äusserer Umstand ihnen etwas Anderes- 
aufnöthigt, unwillkürlich nach den Gesetzen ihrer Racennatur. 
Hieran kann keine fremde Macht und können sie selbst inner- 
lich nichts andern. Was man Bekämpfen der eignen Natur nennt, 
mag freilich auch in dieser Beziehung vorkommen. So Etwas. 
bleibt aber immer etwas sehr Eingeschränktes und kann über- 
dies nicht zur Regel werden. Eine Menschenspecies kann von. 
der geistigen Eigenart ihres Wesens ebensowenig, wie von ihrer 
übrigen Natur, losgemacht werden. Sie kann es nicht durch 
Andere und sie kann es nicht durch sich selbst Ihr eigner 
Wille kann die Neigungen, die ihm seinen Inhalt geben, nicht 
wegschaffen. Dieser Wille mit seiner Speciesnatur muss sich 
unvermeidlich selbst wollen. Die Vorstellung, es könnte anders- 
sein, ist eine Selbsttäuschung. Wer draussen steht und unbefangea 



das Treiben und die Sinnesart too verscbteduien Mens^ienspecies 

1:>eobachtel, wird sich freilich aber die natürliche Gesetzmässigkeit 

«3er betreSTeoden Voi^änge nicht so leicht tauschen. Dennoch 

gehört es aber nicht zu den allgemein gewürdigten "Wahrheilen, 

'«dass auch in Sachen des Kernes einer wirklich angestammten. 

also nicht blos von den \"ölkem angenommenen und ihnen blos 

anerzogenen Religion eine Aenderung der entsprechenden An- 

' schauungsweise grade so wenig ausführbar ist, als eine weseot- 

I liehe Aendenmg der Völkematur selbst. 

Werden bessere geistige Principien in Volker niederer Race 
hiaeingetragen, so werden sie unvermeidlich zu deren Niveau 
herabgezogen. Was daher auch die modernen Völker aus sich 
entwickeln mögen, so wird es für die Asiaten immer zu hoch 
Und zu edel sem. Wenn niedere Racen von den höheren sich 
etwas Geistiges aneignen, so wird es mit derjenigen Einschränkung 
Und Veränderung zum Schlechteren geschehen, die aus der be- 
schränkteren Racennatur folgt. Selbst bei einer politischen Herr- 
scbaft der hohem Racen über die niedem kaon der Sachverhalt 
Icein anderer sein. Auch in diesem Falle bliebe Denk- und 
Gefühlsweise in Rücksicht auf den Kern der Religion bestehen, 
sogar wenn die Religion äusserÜch abgeschafft wäre. Im Haupt- 
punkt gewiimt man daher den niedem Racen gegenüber Wenig, 
"wenn man sie geistig cultivirt. Von den Schranken der Natur 
kann man sie nicht befreien, wenigstens nicht da, wo die bös- 
artigen Elemente im Spiele sind. Wo dagegen guter Wille in 
der Anlage enthalten ist und nur specifische Wesensbeschränkt- 
heit der Aufnahme des Hohem entgegensteht, da mag der Bann, 
in welchem asiatische Völker geistig befangen sind, bis zu dem 
Punkte gebrochen werden, dass alles Religionistische im Sinne 
des Aberglaubens wirklich nur eine vorläufige Bedeutung behält. 
Die übrigbleibenden Neigungen mögen schliesslich doch, ähnlich 
wie in den hohem Racen, nicht mehr die Phantasie derartig 
beherrschen, dass der Rest noch Religion heissen könnte. Die 
Empfänglichkeit für das Höhere bleibt allerdings beschränkt; 
aber eigenthche Unwahrheit braucht darum nicht in alle Zeit hinein 
herrschend zu bleiben, selbstverständlich immer wieder nur unter 
der Voraussetzung, dass die betreffende Vöikeranlage zwar niedrig, 
aber nicht von radical und unentwurzelbar üblem Willen er- 
föUt ist. 



iEE. Ersi 



■-, Rdjgio» 



Jenes Naturgesetz, vermöge dessea die beschränkte Species- 
eigenschaft auch im Geistigen nicht aus sich selbst herauskann, 
hat gliickhcherweise ein günstiges Gegenstuck auf der edleren 
Seite. Die geistigen Anlagea und Neigungen der hohem Racea- 
natur erhalten sich nämlich ebenfalls, auch wenn sie ia das 
Medium einer niedem Racenreligion gerathen. Dies ist, wie schon 
mehrfach erläutert, der Fall der neuern Völker und insbesondere 
der Deutschen. Diese sind in ihrer ersten Uaerfahtenheit der 
Religion einer niedem Nationalität, und überdies einer von bös- 
artigen Zügen, aaheimgefidlen und haben diese niedere Racen- 
religion, so gut es gehen wollte, im Laufe der Entwicklung zum 
Niveau des bessern Völkergeistes emporgehoben. Nun ist aber 
das Herunterbringen des Höheren leichter als das Heraufschaffen 
des Niederen. Tieferstehende Racen werden weit leichter das 
edler Geistige zu ihrer Gemeinheit degradiren, als umgekehrt sich 
höherstehende Racen vor einer Herabwürdigung dadurch be- 
wahren, dass sie das Schlechte aus ihrem eignen Fonds ver- 
bessern. Das Fallen des geistigen Niveaus kann durch blosse 
Unachtsamkeit erfolgen, währe ad zur Erhaltung oder zur Erhöhung 
desselben besondere Kraitan Wendung erforderlich ist. Wirken nun 
fortwährend degradirende Einflüsse, so hat die bessere Natur. 
um Widerstaiid zu leisten, auch fortdauernd Kräfte zu entwickeln. 
Dies geschieht nun in derThat; aber es geUngf zunächst nicht 
vollkommen. Ein Misch- und Mi;;szustand ist die vorläufige 
Folge, und erst die Wiederbesinnimg auf alle eignen Anlagen 
und Kräfte führt schliesslich zur Ausscheidung des Niedrigen und 
zur reinen Entwicklung der eignen Fähigkeiten zum Voll- 
kommeneren, In der Mecschennatur ist, wie überall, der Weg ab- 
wärts leichter als der aufwärts. Die Verderbniss des Guten durch 
die Beimischung des Schlechten ist ein gewöhnlicher Vorgang, 
während der entgegengesetzte kaum als vorhanden anzusehen 
ist. DasGesunde kann durch das Kranke leicht angesteckt werden, 
aber nicht umgekehrt dag Kranke von dem Gesunden her etwa 
eine Uebertragung der Gesundheit erfahren. 

Aehnlich, wenn auch nicht gleich, ist der Sachverhalt in 
andern Beziehungen. Im Morahschen hat das Sinken auch stets 
mehr Chancen als das Steigen. Wenn also bessere Völker in 
ihrer Kindheit einmal geistig inficirt worden sind, so kann sich 
trotz des AnsteckungsstoSs ihre bessere Natur geltend gemacht 





— 131 — 

Itabea; ; abjer . jedpafalls bleibt -biß zum Erfglg eiAer radicalen 
-Jteinigungscur eine Verunstaltung, zurück. In dem hier fraglichen 
IFalle, in welchem ?ine niedere Racenreligion Völker höheren 
Scl\lages upafing^mussten die Wur:?eln der bessern Natur unberührt 
bleiben imd konnte nur die Oberfläche de§ Geistes betroffen 
werden^ Dennoch haben wir auch an diesem verhältnissmässig 
nicht tief eingedrungenen Schaden genug zu leiden gehabt. So- 
bald, aber, ein deutliches Bewusstsein von dieseni schmachvollen 
Zustande der Erniedrigung eintritt, wird dieser äusserlich noch 
drückender, und es bleibt dcQ Völkern nur der Trost, dass sie 
auch zugleich ihrer Kräfte zur Aufraffung innewerden. Für die 
Nachkommen eröffnet sich dazu noch die Aussicht, dass der 
moderne -Yölkergeist sein eignes Wesen rein und vollkommen 
beurkunde und sich, wenn man es so nennen will, als ne^e 
Religion oder, wie ich es lieber bezeichne, als neue Geistes- 
haltung an die Stelle der niedera. Racenreligion setze» 

4. Der Ursprung des Vollkommeneren ist in den neuern 
•Völkern und ihrer bessern Racennatur gelegen. Die Artung dieses 
Vollkommeneren, welches als Geistesführung den Ersatz -der 
Religion zu bilden hat, ergiebt sich aus der edleren Speciesnatur 
der in Frage kommenden Nationen. An erster Stelle ist ein 
. Grundzug zu kennzeichnen, durch welchen sich das neuere und 
bessere Völkerwesen schon in seiner Uranlage von den asiatischen 
- Bevölkerungen unterscheidet. Es ist dies die Fähigkeit zur Frei- 
heit und ^war zur Freiheit in allen Beziehungen. Der entgegen- 
gesetzte Zug, also die racenmässige Anlage zur Unfreiheit, hat 
sich in den asiatischen Reichen nicht blos durch despotische Staats- 
und Gesellschaftsordnungen verkörpert, sondern bei allen jenen 
niedern Racen auch in den Religionsvorstellungen gespiegelt. Die 
Vorstellung von einem Gott ist auf diese Weise die von einem 
Herrn. Der niedrige Mensch dieser Racen fühlt sich als Knecht 
„eines Gottes. Er kennt zu Seinesgleichen kein anderes Verhält- 
niss als das des Knechtens oder Geknechtetwerdens. Er ist ein 
zügelloser politischer Sklaventreiber und Sklavenausbeuter oder 
selbst ein Sklave, dessen eigne Natur es ist, sich treten zu lassen 
und der Willkür eines gemeinen Despoten zu dienen. Beiderlei 
Rollen haben im Wesentlichen dieselbe tiefstehende Species- 
natur zur Ursache. Nach dem Bilde dieser Rollen wird nun 
auch das Verhältniss zu der Macht ausgelegt, die sich die frag- 

9* 



— 132 — 

Ihc&cni Kaccn als in oder hinter der Natm* sow5e als in oder über 
(jfieum Mes&schenschicksal wirksam denken. Der Gott oder die 
((jQCflcr steben so dem Menschen g^ichwie p^^ülische De^ioten 
gtgesLmbcr, und er, der Mensch dieser niedrigen Race, benimmt 
ädh anch in allen seinen transcendenlen Voistellnngcn als der 
mrtmrhani^ Goües- oder Gotteiknecht. Das Götter- cxicr Gottes- 
rcidi über den Menschen dieser niedrigen Racen ist an Abbild 
der poüdschen mid geseiBschaftlichen Zosände, die sie unter seh 
fonniren. 

Man hat Unrecht, wenn man in der Erkllänmg der Geistes- 
und Rdigionszuslande den Haiaplton anf den ^berwahi^enden 
Charakter der Naturemdrücke legt. Allefdiiigs hat die Xatnr- 
mngebmig und haben die Xaturrorgange^ die ataf jene Völker 
wiiken, oft etwas Riesenhaftes, ja etwas UngdlieneidiQhes, dem- 
gegGiüber sich der^Mensch ziinachst machtlos imd heial^edrüc^ 
fuhh. Die Natur in den fir^lichen Erdstrichen hat nicht die 
Massigung und das Ebenmaass der Kümafe und Zonen, in denen 
die höher angelegten Volker die erfolgreichsten Schanplalze ihrer 
Thätigkeit gefanden haben. Deiarl^ Umstände sind aber, so 
sehr sie auch in zweiter Linie ins Gewicht fallen, nicht entscheidend. 
Die nach ^^**m ungünstigeren Xaturschauplafts v e i s eti te besere 
Race wird dort nicht vor der Xatur eibd>en und ihren ange* 
stammtoi Freiheitssinn nicht mii knechtischer Unterwürfigkeit Ter- 
tauschen. Sie wurde auch von vornherein, wenn sie sich in einer 
solchen Xatur eist hätte entwickehi müssen, durch die Süd^e der 
Eindrücke nicht dazu gebracht woiden sein, sich zu emiedrigen 
und die vorausgesetrien unbekannten Mächte nach don Ebenbilde 
der Despoien auszumalen. Zur ^Wiikung eines Eindrucks gehört 
eben Zweierlei der äusseie Voigang, der in die Snne fiDt, und 
die Rückwiikung darauf, die aus dem Gemüth und Veisiand des 
Menschen kommt. Der Feigläng und Sklave res^irt anders, als 
der Muihige und Freäe. Wer nun vermöge seiner innem ^»ecies* 
namr feig und knechtisch isi. wird dies auch allen äussern Vor- 
^[än'grn izesenüber sein 

Es heis?: die Tragweiie der Racenna;ur verkennen, wenn 
Z121ZSL aus Kjünsia und Boden für die Unterschiede der menschlichen 
FEnrichrungen und Gedanken zureichende Erklärungen sucht. 
.\cTmsscffe UnLgebuiLg und Gesammtnamr erklären Videdei, ver- 
mHo^en aber eich: über die innere Beschaffenheit, also über die 



iondernatur eines Wesens vollständigen Aufschluss zu geben. 
'Vielerlei Gebilde bestehen uoter einem und demselben Himmels- 
strich, und es könoen schon aus dieaem Gruade nicht die all- 
^gemeinen Ursachen des Himmelsstrichs sein, durch welche eine 
lesondere Species entsteht. Man höre doch endlich auf, aus dem 
Allgemeinen das Besondere ohne Specificalionsprincipien erklären 
zu wollen. In der That heisst es aber, die Specialisirung aus Nichts 
ableiten, wenn man sie ausschliessüch auf Rechnung allgemeiner 
Ursachen setzt, durch die offenbar wiederum etwas gleicherweise 
Allgemeines und Uebereinstimmendes, aber kein Unterschied pro- 
ducirt wird. Ein derartiges Verfahren ist beispielsweise der Fehler 
des sonst so hochstehenden CivihsationshistorikersBuckle gewesen. 
Ueberall bedarf man specihscber Principien, umSpeciesthatsachen 
Zu erklären. Die Geschichtsschreiber des Menschengeschlechts 
werden nichts Gründliches vorbringen, so lange sie ihre Auf- 
merksamkeit nicht in jeder Beziehung auf die Specilicationen 
der Menschennatur, also auf Racen, Nationalitäten, Stämme und 
Ceschlechter bis zu den markirten Individuen hin coacentriren. 
Ein Individualcharakter ist in seinem Unterschiede von aljeu 
andern Formen eine besondere Schupfung, die unter Umständen 
grosse Folgen haben kann. Will man also nicht in unbestimmten 
Allgemeinheiten verbleiben, so muss man die bis in das Einzelne 
gehende Verschiedenheit der Menschen in Anschlag bringen. Die 
Rechnung mit dem blossen Allgemeinen führt auch nur zu All- 
gemeinheiten, die ihrem Wesen nach in einem, weil gemein- 
schafdichen, darum auch niedrigen Gebiet verbleiben. Was Thier 
und Mensch gemeinschaflHch ist, kann nicht hoch emporreichen. 
Gemeinschaftlich sind aber beispielsweise die allgemeinen Ein- 
flüsse der umgebenden Gesammtnatur. In derselben Natur- 
umgebung giebt es muthige und feige Thiergebilde. Wie sollte 
man die unterschiedenen Charaktere der Menschenarten in ihrer 
wesentlichen Grundanlage aus einem Schauplatz erklären, der 
den verschiedensten Thier- und Menschenspecies gemeinsam ist! 
Der freie Sinn ist wohl ein Naturerzeugniss, aber nicht eines, 
welches von der umgebenden Natur herzuleiten wäre. Er erzeugt 
sich nicht als Wirkung dieser Natur, sondern bekundet sich als 
Rückwirkung gegen sie. Der Mensch besserer Race stellt sich 
der Natur aufrecht gegenüber. Er wirft sich vor ihr nicht in 
den Staub. Die einzelnen Vorgänge wie das Ganze der Natur 




134 



sind ihm ißicht Etwas, worunter er sieb zu beugen hälfe. Soweit 
er die Kraft findet, sie zu beherrschen, übt er diese Kraft auch 
ohne Scheu aus. Ebensowenig scheut er in seinen Gedanken das 
Ganze uiid dessen Grund. Er fühlt sich vieiraehr dem Grand der 
Dinge gegenüber ebenfalls selbständig. DasA'erhältnisä, in welchem 
er sich etwa zu einem Gott oder zu Göttern denkt, ist das eines 
freien Wesens zu andern freien Wesen. Dieser Grundzug ist schott 
in den Mythologien der Griechen und Romer einige rmaassen ver- 
treten, wird aber erst vollends in denen neuerer Völker sichtbar. 
Sobald aber die Götterdichtimg selbst dahinschwindet, lässt-sich 
genau dasselbe von allen ^'orstelllUlgen sagen, die an die Stelle 
jener unerfahrenen göttischen Phantasiespiele treten. Allem Sein, 
also auch dem gegenüber, welches als unabhängig von der that- 
sächlichen Gestaltung der Natur vor dieser gedacht werden muss, 
fühlt sich der besser angelegte Mensch als freies Wesen, welches 
nichts fürchtet, nichts erbettelt uad in nichts sich erniedrigt; 

Dieser freie Sinn in der Religion ist etwas Anderes als der 
gewöhnliche religiöse Freisinn, der meist recht oberflächlich bleibt 
und obenein entartet. Dieser sogenannte Freisinn will nur ver- 
schiedene Religionen toleriren und Jedermann in seiner Manier 
gewähren lassen. Ob es eine knechtische oder knechtende Religion 
ist, die er tolerirt, danach fragt er nicht. Der wirklich freie Sion ' 
dagegen schützt nur das Freigeartete und sieht daher darauf, ob ' 
in einer Rehgion zwischen Göttern und Menschen freie und 
anständig, edle Beziehungen vorgestellt werden. Von dieser Art i 
konnten auch die unerfahrenen Religions- und Mythe nschöpfungen 
edlerer Racen sein; denn auch in den Träumen und Phantasie- 
Spielen zeigt sich, trotz aller bezüglich des Verstandes und Wis.sens ! 
obwaltenden Illusionen, doch der bessere Racen- und National- j 
Charakter. Denkt man sich nun aber die Täuschungen der i 
Unerfahren heit beseitigt, so wird sich die freie Gesinnung in den 
reinsten Welt- und Seinsbegrifien bethätigen müssen, und so ent- 
steht einer der Grundzüge des Vollkommeneren. Die neuern ' 
Völker und insbesondere die Deutschen haben diesen freien Sinn ■ 
in ihrer Nafuranlage, wie sich dies auch in ihren urspi-ünghchen 
politischen und gesellschaftlichen Einrichtungen genugsam gezeigt 
hat. Wenn sie später von nicht geringer politischer Unfreiheit I 
umgarnt wurden, so war dies eine Ansteckung vom verwesten 
Römerreich her. Der religiösen Infection durch das palästinensische 





I3r, — 



^^hristenthum hatte eine politische vorgearbeitet, und beidewirW 
zMiachher zusammen. Das Romerreich war in bunter Racen- und 
~~\rilkermischung, besonders aber durch den Asiatismus, den es in 
sein Gefüge aufnahm, verkommen. Hatten doch auch sclion die 
Griechen seit den Zeiten Alexanders durch die Einlassung mit 
den Asiaten ihre gesunkene Freiheit vollends ruinirt, und hatten 
sie es doch über sich ergeben lassen müssen, durch ihre neu- 
modischen Machthaber gelegentlich in der poHtischen Behandlung 
bis selbst auf das asiatische. Niveau hinabgedrückt zu werden! 
Das Römerreich nahm die griechische Viilkerleiche in sich 
auf und beförderte auch hiedurch den Fortgang der bereits ein- 
geleiteten Verderbniss der eignen Volkselemente. Die ärgste 
Wüstheit begann aber erst mit dem Eindringen von allerlei 
asiatischer oder überhaupt orientalischer Bevölkerung. Daher 
kam eine Menge knechtischer Menschen von niederer Race, die 
den Machthabern und später besonders den Kaisem auf echt 
asiatische Weise zu Willen waren. Die niedrigsten Creaturen 
mussten in der Concurrenz um die für die niederträchtigsten 
Dienste zu ergatternden Preise natürlich obenauf kommen; denn 
die noch einigermaassen bessern Elemente geben sich zu solchem 
Aeussersten nicht her. Sinkt eine Civilisation, so ist es immer 
die Auslese an Niedrigkeit und Gemeinheit, die bei dem weitem 
Sinkenmachen die erste und angesehenste Rolle spielt. Man 
denke auch in dieser Beziehung an die Kaiserwirthschaft im 
Kömerreich und an Alles, was ihr im Grossen und im Kleinen, im 
Staats- und im Privatleben an allgemeiner und speciellerVerderbniss 
undGesindelhaftigkeit entsprach. Nicht blos das asiatische Niveau, 
sondern auch die asiatische Menschenart selbst konnte unter 
solchen Zuständen maassgebend werden. Die Judenrace hatte 
sich in Rom selbst bereits zu Zeiten der RepubUk festgesetzt 
und übel eingewirkt; aber die Zeiten der vollen Ernte kamen 
erst unter den Kaisern, als auch allerlei andere asiatische Be- 
völkerung sich an den Hauptsitzen der Römerherrschaft breit- 
machte. Nationen sinken auch politisch am meisten erst dann, 
wenn sie mit niedrigeren Racea gleichgestellt werden. Nicht 
sowohl die letzteren werden heraufgezogen, als vielmehr die 
ersteren hinabgedrückt. Diese politische und gesellschaftliche 
Degradirung vererbt sich darm auf Alles, was von der fraglichen 
verderbten Civilisation afficirt wird. So kam es auch, dass die 



136 



neuem Volker und speciell die Deutschen mit den sonstigen 
römischen Ueberlieferungen auch nicht Wenig vom asiatischen 
Knechlssinn bei sich beherbergten. Zu diesen asiatischen Ueber- 
lieferungen gehörte ausser den pohtischen Ideen von einem 
römischen Reich deutscher Nation auch das Christenthum und 
zwar ebenfalls im Sinne eines Weltreichs. Die durch und durch 
asiatische Natur der Christigkeit half den freien Geist der Germanen 
an eine Knechtsgestalt der Ideen und Einrichtungen gewöhnen. 
Alles Verkehrte und Widerliche am Mittelalter stammte aus diesen 
Ueberlieferungen, während das Gute daran dem neuem Völker- 
geist zu verdanken war. Die Schmach, sich trotz angestanuuter 
freier Natur in knechtischen Religio ns Vorstellungen ergehen zu 
müssen, wurde nur noch von dem Unheil übertroffen, welches 
in den nach den priesterherrscherlichen Ideen verdorbenen 
poiitischen Einrichtungen lag. 

Wie kläglich hat sich nicht der Mensch zu geberden, wenn 
er sich nach Maassgabe der niedern asiatischen Racenreliglon ver- 
halten will ! Da muss er sich zu einem Wurm machen, der sich 
vor seinem Herrgott krümmt, und mit aller Gewalt ein Sünder 
sein, auch wenn er etwas taugt und ihm alle Schuld ferngeblieben 
ist. Auf diese Weise kommt es fast so heraus, als wenn es sich 
um eine Religion für erzschlechte Wesen handelte, und in der 
That wissen wir ja auch, dass es das verderbte Judenthum gewesen 
ist, für welches und gegen welches eine Religion gemacht wurde, 
die es von sich selbst erlösen sollte. Was noch ausser dem 
jüdischen an anderm asiatischen Knechtssinn in den Gmndlehren 
der Religion vorwaltete, ist den neuern Völkern gegenüber durch- 
aus antinational. Es untergräbt nicht blos die äussere Freiheit, 
sondern lähmt auch den innern Zug des Geistes nach der ange- 
stammten Selbständigkeit der Ideen. Wie soll ein Mensch besserer 
Nationalität zu einer würdigen Vorstellung von seinem Verhältniss 
zu einem Grunde aller Dinge kommen, so Jange er in jene unter- 
würfigen Gewohnheiten des niedemRacenglaubens gebannt bleibt ! 
Freilich hat er im Grunde aller Dinge Etwas anzuerkennen, was 
über menschliche Individualität hinausreicht und der gemeinsame 
Halt für viele, zum Theil sicheriich über dem Menschen stehende 
Gebilde anderer Weltkörper ist. Hieraus folgt aber keine Unter- 
würfigkeit und kein religiöses Sklaventhum. Die menschliche 
Wahrheit ist eben Wahrheit, so begrenzt sie auch sein möge, 





137 



,od das menscWiche Streben steht für sich selbst frei da, so wenig 
uch etwa in ihm alles Streben enthalten ist. Die Welt des 
Xlenschen ist eine freie für sich und hat nur sich selbst Rechen- 
schaft zu geben. Auch wenn der Mensch an den tiefsten Grund 
Stiles Seins und seines eignen Schicksals, also gleichsam an die 
"Wurzel aller Dinge denkt, so thut er dies, wenn er selbst von 
freiem und edlem Charakter ist, nur mit dem Bewusstsein vollster 
Selbständigkeit. Er sieht sich nicht einmal als Geschöpf an; denn 
<1as hiesse schon, sich zur Creatur erniedrigen. Er weiss vielmehr, 
<3ass er aus dem Grunde der Dinge aufgestiegen ist und sich, 
soAveit es sich um das eigne Leben und Schicksal handelt, als 
■gleich souverän betrachten kann. Er ist vermöge seines eignen 
•Genius da; d.h. die schaffende Macht, wenn man von einer solchen 
im absoluten Sinne überhaupt reden will, ist er selbst. In keinem 
Falle bequemt er sich zur Creaturenhaftigkeit ; denn sein tieferes 
Bewusstsein verbindet ihn mit seinem eignen Grunde im Grunde 
alles Seins, So fühlt er sich ebenbürtig mit dem Besten, was in 
diesem allgemeinen Grunde angelegt war. 

5. Das Grundverhältniss zu allem Sein stellt sich für den 
bessern Menschen naturgemäss anders als für den schlechteren. 
Wer höher steht und edler ist, kann nur das achten, was eben- 
falls dem Zuge zum Bessern entspricht. Sein und Welt sind daher 
kein unterschiedslos anzuerkennender Gegenstand, Nur insofern 
im Grunde aller Dinge Gutes als begründet zu erkennen ist, kann 
dieser letzte Grund und Halt von Allem durch den bessern 
Menschen mit Befriedigung und Vertrauen betrachtet werden. 
Andernfalls stände der bessere Mensch mit seinem Charakter höher 
■und köimte Begriffe fassen, die edler wären, als was im Gesammt- 
gnmde alles Seins angelegt ist. Hierin l%e aber ein Widerspruch ; 
^enn eben das höhere menschliche Streben, welches sich über die 
Schlechtigkeit empört, ist selbst aus jenem Grunde aufgestiegen 
und in ihm ursprüngUch angelegt gewesen. Der edlere Charakter 
bleibt thatsächUch immer eine Instanz, die inmitten vielfacher Ver- 
derbniss für das Dasein des Guten zeugt. Wer selber gut ist. 
kann daher auch den Glauben an das Gute nie gänzlich und auf 
die Dauer einbüssen. Er wird doch mindestens in sich selbst ein 
Beispiel dafür zur Hand haben, dass nicht Alles schlecht ist. Nun 
wäre es ein sonderbar widerspruchsvoller Gedanke, derartige Bei- 
spiele des Guten gelten zu lassen und im Grunde alles Seins einen 



138 



Zug fcum Guten zu bestreiten. Wäre dieser Zug nicht vorhanden 
gewesen, wie hätte dann das thatsächlich Gute zum Dasein 
gelangea können? Es gehört also schon Verzweiflung am Guten 
im eignen Selbst dazu, um es im Grunde alles Seins nicht zu 
finden. Wirklich ist es auch nur der schlechte Zug in den Naturen^ 
der zu einem absoluten Pessimismus hinneigt. Vollends tiadet der 
durch und durch schlechte Charakter in sich selbst nirgend ein 
Zeichen vom Dasein des Guten, und Andere, sowie auch den 
Inbegriff der Dinge und des Seins stellt er sich unwillkürlich nach 
seinem schlechten Ebenbilde vor. Er hat kein anderes Maass und 
keine andern Begriffe, als die aus seiner eignen schlechten Natur 
entnommenen. Alles Uebrige kennt er nur von aussen und hat 
keine rechte Sicherheit dafür, ob das Bessere innerlich und im 
tiefsten Grunde von Menschen und Sein wirklich existire. In sich 
selbst findet er eine unmittelbare Bürgschaft nur für das Schlechte, 
und nach den Rubriken dieses innerlich Schlechten spiegelt sich 
in ihm Welt und Leben. Das Schlechte ist nun seiner Natur nach 
immer im haltlosen Widerstreit seiner eignen Bestandtheile be- 
griffen. Demgemäss wird Sein und Welt unwillkürlich ebenfalls 
als ein solcher haltloser Widerstreit vorgestellt. Ebenmaass und 
Uebereinstimmung sind Früchte des Guten, und ein Typus oder 
Charakter, der vermöge seiner Schlechtigkeit einem Zerrspiegel 
gleicht, ist eben nicht danach geartet, im Grunde des Seins und 
im Ganzen der Dinge das Edle und Wohithätige herauszufinden; 
Der schlechte Typus wird nach Maassgabe seiner Eigenart auch 
den Charakter im Grunde alles Seins entstellen und degradiren. 
Was vom besondem Individualcharakter gesagt wurde, gilt 
selbstverständlich auch vom Racencharakter. Wie jener, wenn er 
schlecht ist, auch von Allem und vom Grunde der Dinge eine 
entsprechend schlechte Vorstellui^ producirt, so gehen auch aus 
dem schlechlen Racencharakter nur entsprechende Religionen her- 
vor. An einer das Gemüth befriedigenden Auffassung der Dinge 
muss es in solchen Religionen fehlen. In ihnen muss das Sein 
und sein letzter Grund herabgewürdigt werden: denn dies Alles 
wird nach dem Bilde des Racencharakters vorgestellt. Der Gott 
oder die Götter solcher Religionen sind Ebenbilder des fraglichen 
Racenmenschen. Das Naturell des letzteren wird zu göttiscbea 
Eigenschaften gestempelt, indem es zugleich ins Colossale ge- 
zeichnet wird. So entstehen die Racengötter und der Racengott 




— 139 — 

xxiit ihren Racenchärakteren. Der Speciesmensch bringt auch einen 
Speciesgott hervor, und taugt eine Species nichts, so hat es mit 
ilirem Idol die gleiche Bewandtniss. 

Es ist aber nicht blos die phantasiemässige Götterdichtung^ 
sondern auch der übrigbleibende verstandesmässige Kern aller 
derartiger Vorstellungen, in welchem sich der Racenchafakter 
ausgeprägt findet. Wenn also auch der illusionäre Theil der 
Vorstellungsproduction verschwindet, so haften doch noch dem 
andern Theil die falschen Züge erst recht an \md machen ihn 
zu einer Unwahrheit. Wie schlechte Sinnesorgane kein richtige» 
Bild von den sachlichen Vorgängen liefern, so ist auch ein 
schlechter Racen- und Nationalcharakter nicht geeignet, über 
Menschen und Dinge, geschweige über den Grund alles Seins, 
richtig zu urtheilen. Der Charakter des Seins wird durch eine 
Charakterisirung, die von schlechten Elementen ausgeht, selbst 
als schlecht gezeichnet, obwohl sich die Urheber einbilden, mit 
dem Ebenbilde ihrer eignen vermeintlichen Herrlichkeit alle 
Herrlichkeit getroiBfen zu haben. Im Speciellen empfinden sie es 
aber unwillkürlich, dass dem eignen verzerrten Wesen auch eine 
verzerrte Welt gegenüberstehe. Hierin liegt sogar eine gewisse 
Gerechtigkeit, die über das Schlechte kommt. Dieses miiss seine 
eigne niedrige Natur auch da gemessen, wo es sich mit seinen 
Vorstellungen zu dem All und dem Grund der Dinge wendet. 
Der Zug der Befriedigung und des Vertrauens fehlt in diesen 
racenmässig schlechten Gedanken reUgiöser Art, wie er auch 
sonst im Leben und in den Verhältnissen des fraglichen Racen- 
menschen zu Seinesgleichen nicht zu finden ist. Mag immerhin 
ein schwaches Analogon davon in einer niedern Racenreligion 
aufzuspüren sein, so bleibt es doch weit von der Vollkommenheit 
und Harmonie des höhern und guten Racencharakters fern. 
Echtes Vertrauen, wie wir es beispielsweise im Gemüth germanischer 
Stämme kennen, ist in den aus Asien stammenden Religionen, 
wenigsten^ in der Gestalt, die sie dort erhielten, nicht vorhanden 
gewesen. Ein Zählen auf Gnade, wie sie der Sklave vom Herrn 
oder das sklavisch behandelte Kind von einem despotischen 
Vater erwartet, ist von einem rechten und würdigen Vertrauen 
himmelweit verschieden. Im Hinblick auf diesen cölossalenUnter- 
schied (erinnere man sich immer wieder daran, dass man, um- 
ihn rdcht falschlich zu überbrücken, die eignen bessern Racen- 



140 



vorsteUungea als eine in das Christenthum der neuem Völker 
eingewebte Verbesserung in Anschlag zu bringen hat. Wenn wir 
die Art des eignen angestammten Vertrauens mit der ursprüng- 
lichen Anlage der entsprechenden Vorstellungen im Christenthum 
verwechseln, dann freüich wird der falsche Schein entstehen, 
als hätten wir vom Christenthum das wahre Vertrauen und die 
wahre Befriedigung überkommen. Thatsachlich stellt sich aber 
der Sachverhalt gewaltig zu Ungunsten des Christenthums. Das 
letztere ist nämlich schuld daran, dass wir unsere höheren und 
edleren Vorstellungen nur mit seinen Elementen gemischt haben 
pflegen und daher bisher nicht rein und vollkommen haben 
ausbilden können. 

Leider sind es fast nur Romantiker gewesen, die von einem 
deutschen Glauben geredet haben. Wäre das Wort Glaube 
nicht durch den bisherigen religionsmässigen Gebrauch gleichsam 
unsicher gemacht, so könnte man es, ohne Gefahr von Miss- 
deutung, in der That auch für die nationale Zuversicht anwenden, 
die aus der Herzensbeschaffenheit moderner Völker stammt. Man 
könnte alsdann, auch ohne nach Art der Romantiker in das 
Mittelalter vernarrt zu sein, die germanische Gemüthsart gradezu 
den Ausgangspunkt eines tieferen Glaubens nennen. Ja diese 
Wendung ist sogar völlig antiromantisch und anti mittelalterlich ; 
denn die Romantiker haben in erster Linie am deutschen Mittel- 
alter immer das Christenthum gefeiert und sich überdies ein- 
gebildet, dass der deutsche Geist durch das Christenthum erst 
die rechte Weihe erhalten habe. Die geflissentliche Verquickung 
des Deutschen mit dem Cbristigen ist die leitende Maxime der 
Romantiker und aller unkritischen Verehrer des Mittelalters. Eine 
solche Verbindung von Bestandtheilen, die sich einer tiefem Ein- 
sicht nicht blos als verstandesmässig unvereinbar, sondern auch 
als sittlich unverträglicli erweisen, bildet sogar das Gegenwarts- 
nnd Zukunftsrecept aller romantischen, reactionären oder sonst 
interessirten und verworrenen Elemente. Vor einem wirklichen 
deutschen Glauben würden sich diese Elemente, falls er ihnen 
je in den Weg käme, tausendmal bekreuzigen; denn dieser 
würde dem Christenthum die Thür weisen und überdies von 
dem romantischen und rückläufigen Ki'am zugleich beschränkter 
und verdorbener Weltanschauung auch sonst nichts gelten lassen. 
Dieser deutsche Glaube würde zu seiner eignen Selbstbewahrui^ 





genöthigt sein, sein Zerrbild mit dem Umhang einer semitischen 
Religion von sich zu weisen. Die zugehörige importirte semitische 
Knechtsmoral würde ihm selbstverständlich als Herabwürdigung 
nicht blos germanischer, sondern überhaupt neuerer Völkersitte 
gelten. 

Wenn es nun in anscheinendem Widerspruch mit diesem 

Sachverhalt romantischen Dichtem, wie einem Uhland, einmal 

ausnahmsweise begegnet ist, einen deutschen Gott statt inKirchen- 

mauem in den deutschen Wäldern hausen zu lassen, so stammt 

(iiese Anomalie von der Verworrenheit her, die allem Romantischen 

lanveräusserhch anhaftet. Es liegt darin eine Art Vergesslichkeit 

Und ein völliger Mangel an Logik. Dieselben Leute, welche die 

legendenhafte Seite des Mittelalters und die christische Tünche 

*3es Germanen thums überall feiern, werden einmal für einen 

A-Tigenblick gründlich inconsequent und suchen den deutschen 

Gott anderwärts als in den Kirchen, die zu verherrlichen ihr 

feerkömmliches Geschäft war. Diese handgreifliche Regung 

romantischen Widersinne ist aber doch ein Zeugniss dafür, wie 

mächtig der deutsche Geist im Untergrunde auch noch da ist, 

"^vo sich über ihm der Sumpf der Romantik abgelagert hat. In 

seiner Freiheit vom Christenthum und von aller sonstigen 

reactionärea Beimischung vermag allerdings der deutsche Glaube 

sozusagen einen Gott zu finden, aber nur einen solchen, der 

nicht nur nicht in Mauern und auch nicht in Wäldern, sondern 

im Herzen der Nation selbst heimisch ist und von da aus die 

ganze Welt beleuchtet. 

Dieser Gott ist auch nicht so beschränkt, nur deutsche oder 
überhaupt germanische Züge tragen zu wollen, Werm auch immer- 
hin diese Züge seine besten Eigenschaften am wahrnehmbarsten 
ausdrücken, so ist doch das bessere Wesen aller neueren Völker 
hei der Kennzeichnung betheiligt. Der moderne Völkergeist ist 
die Quelle von dem, was an besserer Menschlichkeit verhältniss- 
mässig am befriedigendsten bisher in der Geschichte zu Tage 
getreten ist. So ist er aber auch zugleich der Ursprung der ver- 
hältniss massig besten Charakterzüge, mitdenen sich dasFundament 
alles Seins als ausgestattet hat vorstellen lassen. Wenn ich das 
Deutsche betone, so thue ich es, weil in ihm sich die fraghchen 
Züge am markirtesten imd entschiedensten nachweisen lassen. 
Die gemischteren Germanen haben weniger davon, die Romanen 




noch weniger! und die Slavea rnüssten sich noch geistig- mehr 
bethätigen, damit man sie in dieser Beziehung kennen lernte. 
Jedenfalls ist vorläufig der deutsche Geist das eatscheideode 
Hauptbeispiel und kann daher für das Gute, was seitens der 
fraglichen andern Völker im Grunde der Dinge als Charakteristik 
vorausgesetzt wird, offenbar raitgelten, 

Hienach kann nun der Satz nicht mehr überraschen, dass es 
im Wesen des modernen VöLkergeistes liegt, nur das gleichartige 
Oute im Charakter der Natur und der Grundlage alles Seins als 
achlungs- und vertrauenswürdig anzuerkennen. Es ist die grösste 
Verkehrtheit und Thorheit, Alles ohne Unterschied gelten zu 
lassen. Dem Guten ist nur das Gute ein Gegenstand, um sich 
positiv einzulassen, und in die.sem entscheidenden Punkt macht 
.auch das Fundament aller Dinge keine Ausnahme. Soweit dieses 
aaicht als gut gedacht werden kann, wird es auch nicht mit 
Sympathie vorgestellt. 'Zwischen ihm und dem bessern Menschen. 
kann es nur insoweit eine Gemeinschaft geben, als beide im 
bauten zusammenstimmen. Uebrigens ist es, populär geredet, der 
Teufel, der als das Fundament alles Bösen den gebührenden Hass 
einerntet. Einen Gott und einen Teufel aber zu einer Einheit 
zu verkuppeln imd so den Unterschied des Guten und des Bösen 
auszulöschen, ist das Geschäft der elendesten Sophistik oder, um 
4iese gleich bei dem rechten Namen zu nennen, des widerlichsten 
Betruges. Es ist dies nicht blos ähnhch, sondern noch schlimmer, 
als wenn Jemand Wahrheit und Unwahrheit mit einander zur 
Einigkeit bringen wollte. Die Charaktereiuheit der Welt Hegt 
anderwärts. Das System des Seins ist, soweit wir es thatsächlich 
kennen, dadurch eine Einheit, dass in ihm das Schlimme und 
Böse nach eben diesen Eigenschaften behandelt und schon 
naturgesetzUch gleichsam mit der Strafe der eignen BeschaSenheit 
und der zugehörigen Wirkungen heimgesucht werden. Diese 
fundamentale Gerechtigkeit liegt in der Vorstellung aller bessero 
Völker imd Menschen auch dann, wenn die fragliche Gerechtig? 
keit im speciellen Fall nicht nachgewiesen werden kann. Es ist 
-dies ein Stück jenes edleren Vertrauens, durch welches sich die 
bessern National- und Einzelcharaktere auszeichnen und durch 
welches der tiefere Zusammenhang der Dinge ungleich wahrer 
ausgelegt wird, als durch die niederen, aller sitdichen Eigen* 
.schaffen baaren und sozusagen charakterlosen Vorstellungsarten,. 





— 143 — 

6. Seitens des Schiiljargons im Dienste blasirt^r Verlehrtbeit 
liegt es nahe und kommt es billig zu stehen, meinem Princip, die 
Charakteristik des Seins auf dem Inhalt menschlicher Charakter- 
typen beruhen zu lassen, einen Scheineinwand entgegenzuhalten. 
Man braucht nur dreist zu behaupten, alle derartige Kennzeich- 
nung von Sein und Natur nach menschlichen Charakterzügen 
sei handgreiflich subjectiv und grob anthropomorph. Da$ Wört- 
c:hen subjectiv ist so recht ein Lieblingsmittelohen nicht Sowohl 
<ier halbgebildeten Menge als vielmehr jener Ueber bildeten und 
"Verbildeten, aus denen zum grössten Theil die Gel^hrtenclasse 
TDesteht. Diese Ueberbildeten und Verkhrten, die in Rücksicht 
^uf echte Bildung auch Zehntelgebildete heissen könnten, wissen 
-sich wunderwas mit ihren Subjectiverklärungen, sind aber damit 
^chon so weit gelangt, dass nicht einmal die kahlsten Kenn- 
czeichnimgen der Welt nach blos logischen Begriffen vor. ober- 
flächlicher Missdeutung ins rein Subjective bewahrt blieben. 
Schliesslich ist nach dieser unterschiedslosen Subjectiverklärung 
alier Aufiassungsmittel des Menschen das sogenannte Objective 
thatsächlich zu einem eigenschafts- und charakterlosen Nichts 
geworden. Doch von der näheren Berührung dieser Art Philo- 
sophasterei bleibt man gern weg, wenn man noch überhaupt 
mit Verstand schaffen und zu schaffen haben will. Subjectiv 
ist nur ein .Beschönigungswort für unwahr; denn um die gegen- 
ständliche Bedeutung der Auffassung irgend eines Organs handelt 
es sich immer, und es giebt kein Organ, welches nicht dem Ich 
angehöjte. In diesem Sinne, nämlich im Sinne der Verlehrten, 
wäre jede Auffassung von vornherein unhaltbar, weil sie sich 
durch ein subjectives Organ oder, was dasselbe heisst, durch 
eine subjectiveThätigkeit vollzieht. Die Verkehrtheit der Blasirten 
liegt aber darin, dass sie in ihrer Oberflächlichkeit bis zur ob- 
jectiven Bedeutung des Fungirens subjectiver Organe nicht 
reichen. Wer weiter vordringt, sieht, dass trotz aller Täuschungen, 
die im Gebrauch der menschlichen Verständnissmittel imterlaufen, 
doch der Kern zur gegenständlichen Wahrheit zureichend ist. 
Auch der Anthropomorphismus, in einem gewissen Sinne ver- 
standen, hat sein Recht. Der Mensch hat eben nichts Anderes 
als den Inhalt des menschlichen Wesens, um den Inbegriff der 
Dinge zu charakterisiren. Nicht auf den Kern seines Wesens, 
sondern nur auf die Zufälligkeiten hat er bei der Kennzeichnung 



zu verzichten. Er hat das Auge, um die Welt zu sehen, nicht 
aber um die thörichte Einbildung zu hegen, die "Welt oder der 
ihr zu Grunde gelegte Gott sei ein Auge. 

Gäbe es nur lauter Frauen oder, um eine ähnliche Fictioii 
des Unmöglichen zu gebrauchen, nur lauter weibliche Charaktere, 
so würden auch die Natur und ihr Grund einen entsprechend 
weiblich gearteten Charakter beigelegt erhalten haben, Unter 
den wirklich obwaltenden Verhältnissen sind aber die Weiber 
ebensowenig im Stande gewesen, die Religion wie die Politik 
zu machen. Ihnen hat auch im götterbildenden Vorstellungsreich 
die Herrschaft gefehlt, und was in den Mythologien an weib- 
lichen Göttertypen existirt, ist nicht einmal auf den Einfluss der 
Frauen zurückzuführen. Wo aber für das ganze System der 
Dinge ein vorherrschender Charakterzug in Frage ist, da können 
nicht zwei Typen concurriren und für dieselben auffassenden. 
Personen zugleich als wahr gelten. Ein einseitiger Geschlechter- 
gott würde daher nichts Anderes sein als ein einseitiger Racen- 
gott. Schelme stellen ihren Gott unwillkürlich als Schelm vor. 
Für niedrige Racen ist der Gott ein ihnen entsprechend niedrig 
geartetes Wesen. Was aber schlimmer ist als niedrige Racen, 
sind die verderblichen Racen, Man könnte sie auch die schäd- 
lichen nennen, werm man sich nach dem für die Thierwelt 
gültigen Sprachgebrauch richten wollte. Niedrige Thiere sind 
um der blossen Niedrigkeit willen noch nicht schädliche Thiere. 
Beschränktheit ist an sich noch nicht Bosheit und Gift. Im 
menschlichen Bereich sind aber Bornirtheit und Niedrigkeit der 
Triebe an sich noch keineswegs zureichend, um eine schädUche, 
dem Menschengeschlecht feindliche Kace zu formiren. Von den 
verhältnissmässig sanften Hindus, die auf der Racenleiter wahr- 
lich keine hohe Sprosse einnehmen, Hesse sich doch sicherUch 
eine directe Schädlichkeit nicht behaupten. Im Gegentheil können 
niedere Gebilde gleichsam in der Organisation der Menschheit 
einen ihnen entsprechenden und angemessenen Platz gut aus- 
füllen. Auch versteht es sich keineswegs von selbst, dass ein 
Alleindasein der vorzüglichsten Nationalität mit Ausschluss aller 
übrigen ein zuträglicheres Dasein ergeben würde. So EtWtis 
wollen, hiesse ungefähr dasselbe, als von der Ausmerzung der 
Thiere für die Menschheit eine Frucht erwarten. Im Gegentheil 
hat das geghederte Bestehen einer Reihe aufsteigender Gebilde 



des Lebendigen Vorthf ile. die sich bei anderm Sachverhalt nicht 
finden würden, Ueber die unbedingt schädlichen Thiere ist man 
aber einig, und so sollte man es auch über schädliche Menschen- 
gebilde sein. Diese können persönlich und durch ihre etwaigen 
Geisteserzeugnisse nur Unheil stiften. Verderbliche Racen mit 
ihrem Verhalten und mit ihrer Literatur sind aber die sprechend- 
sten Beispiele für solche Misserzeugnisse. Nicht die Natur im 
Grossen trägt an ihrer Existenz die Schuld, sondern sie sind 
Selbslhervorbringungen aus jenem Grunde, der trotz seines vor- 
waltenden Zuges zum Guten doch die Freiheit der Selbstbestim- 
mung und hiemit die Möglichkeit des Ablenkens zum Schlechten 
nicht ausschloss. Darin aber, dass dieser Ablenkung hinterher ihr 
Recht widerfährt und sie gleichsam die Strafe ihres falsch be- 
stimmten Wesens erleidet, liegt die Gerechtigkeit. Sie besieht 
in der ganzen Natur; denn überall wird dort das eigentliche 
t'ngeziefer als solches gewürdigt und von den andern Wesen 
demgemäss behandelt. In den Menschengebilden ist aber nicht 
gemeines thierisches Gift oder blos gemeine Schädigung in Frage. 
Hier denkt man nicht einfach an Blulsaugen der Schmarotzer 
oder an schlangen hafte Blutvergiftung, sondern auch an höhere 
Schädigungen und fnfectionen. Die Götzen verderblicher Racen 
siod auch verderbliche Wesen für Alles, ausgenommen die Race 
selbst, deren Idole sie sind. So kann es verderbliche Racen- 
götter geben, in denen das Princip der Ablenkung zum Bösen 
niedergelegt ist und verherrlicht wird. Wenn die Giftschlangen 
die Fähigkeit hätten, Götter vorzustellen und zu bilden, so würden 
diese Götter alle Schlangenhaftigkeit dieser Species in sich ver- 
einigen. Sie würden nicht blos colossale Schlangen, sondern 
auch mit ganz besonders gelungenen Giftzähnen ausgestattet sein. 
Diese Ideale ^-on Giftzähnen wären für die betreffende Schlangen- 
brut das Anbetungswürdigste von Allem. 

In der That fehlen bestimmten Religionsgebilden, wie die 
Geschichte des Menschengeschlechts bewiesen hat, die Giflquellen 
nicht. Wenn nun im Gegensatz hiezu die Züge des Guten in 
irgend welchen Nationalitäten die Brücke zur Vorstellung der 
Wahrheit über den Grundcharakter der Dinge werden, so liegt 
hierin nichts blos Subjectives. Der Charakter im Grunde der 
Dinge ist nicht etwa ein Gemisch von Gutem und Bösem, sondern 
in ihm liegt für das Böse, welches sich entwickelt, die Strafe der 




— 146 — 

Zwieträchtigkeit, Unhaltbarkeit und Selbstvernichtung schon vor- 
ausbestimmt. Wäre dem anders, so wäre kein Funke von Ge- 
rechtigkeit in der Anlage des Seins, und man müsste es ver- 
achten und hassen. Wie die Dinge aber wirklich gehen, so 
erfährt das Böse früher oder später sein Recht. Die Welt- 
geschichte ist noch nicht am Ende, und über etwa verdorbene 
übertägige Justiz reicht der Zusammenhang der Generationen 
hinaus. Schon die blossen socialen Naturgesetze gleichen Vieles 
aus. Nur darf man nicht mit den Individuen allein rechnen, 
sondern muss die Fortpflanzung des Bösen ins Auge fassen. 
Diese Fortpflanzung durch das Blut kann von einer Gerechtig- 
keit ereilt werden, der die Vorfahren der bösen Saat noch nicht 
hinreichend anheimfielen. Will man also nur mit Gerechtigkeits- 
sinn nachforschen, so wird man finden, dass es mehr Strafgesetze 
der Kalur und Geschichte giebt, als sich die individualistische 
Kurzsichtigkeit träumen lässt. Wo man sie aber auch noch nicht 
zureichend findet, da vertraut der bessere Mensch darauf, dass 
sie dennoch existiren und sich auch für das thatsächliche Wissen 
ergeben werden, sobald dieses weiter vordringt und umfassender 
wird. Ein Verlangen nach Gerechtigkeit muss aber zu Grunde: 
liegen ; denn dieses ist zunächst allein die Bürgschaft, dass auch, 
das Sein überhaupt die Gerechtigkeit zum Fundament habe. 
Will man nun in einer solchen Schluss weise etwas individuell 
oder national Subjectives sehen, so stellt man das Gute mit den:\ 
Bösen, die Wahrheit mit der Unwahrheit, das richtig fungirende 
mit dem verdorbenen Organ auf gleiche Linie. Man verwechselt 
wahre Bilder mit Zerrbildern, Entstellungen und Lügen, als 
hätten alle diese Dinge gleichen Werth. Nicht die Organe und 
Mittel der Erkenntniss als solche trügen, sondern es ist die be- 
sondere schlechte Einrichtung oder der zufallig verfehlte Gebrauch 
dieser Mittel, was zur Fälschung der sachlichen Wahrheit führt. 
Lässt man sich durch die Sophismen, durch welche geflissentlich 
die Mittel ohne Unterschied compromittirt werden sollen, einmal 
einnehmen, so ist man mit dem Besten der menschlichen Natur, 
wie es in den Nationalitäten und Individuen sich ausprägt, zu 
Ende. Der Verstand wird auf diese Weise um sich selbst gebracht 
und das Gemüth kann sich auch nicht mehr reeen, ausser mit 
dem eingeimpften niederdrückenden Bewusstsein, nichts zu em* 
pfinden, was über seine eigne kleine Welt hinaus imd in das 
AU der Dinge hinein reichte. 



Wäre die Welt wirklich von Grund aus schlecht, so müsste 
sie ganz und gar jener strafenden Gerechtigkeit anheimfallen, 
auf welche das Bessere im menschUchen Typus mit Zuversicht 
rechnet. Die lebendige Natur müsste um des vorherrschend 
Schlechten willen, welches alsdann in ihr waltete, zu einem ver- 
nichtenden Ende gelangen oder, was ebenfalls gerecht wäre, der 
stets sich erneuenden Qual durch das eigne Böse nie entgehen. 
Sie wäre eine verworfene Production, die ihr böses Schicksal 
selbst mit sich bringt. Eine solche Ansicht besteht aber nur in 
zerrbildlichen Verrückungen lebensfeindlicher Religionen und 
ihnen entsprechender Philosophien. Sie streitet entschieden mit 
den Thatsachen, vermöge deren der Zug zum Guten auch in- 
mitten alles Bösen nicht unvertreten bleibt. Sie streitet aber 
ganz besonders mit den Gemüthsbürijschaften moderner Völker, 
in deren Herzen sich auch nicht annähernd so Etwas ankündigt, 
"wie eine Vorstellung von fundamentaler Verworfenheit. Im 
Cegentheil ist es der innerlich wohl begründete Glaube besserer 
Tind lebensfrischer Völker, dass sich im Laufe der Dinge etwas 
•Gutes vollzieht. Nur schlechtere und abgelebte Elemente, Classen, 
Nationen und Racea fallen blasirten Vorstellungen anheim und 
fühlen, was auch eine Gerechtigkeit ist, ihr unruhiges, unbefrie- 
digtes und leeres Dasein voraus. Dieser Mangel an natürlichem 
Glauben ist die für sie passende Mitgift und trägt nicht wenig 
dazu bei, ihr gerechtes Verderben zu beschleunigen. Im Gegen- 
satz hiezu steht die gesundere und edlere \'ölkemafur, die im 
Sinne des Guten, an welchem sie ja selbst theühat, auf Gerechtig- 
keit vertraut, das Vergangene. Gegenwärtige und Zukünftige in 
■diesem Lichte sieht und mit einer gewissen Treue, die ihr in- 
■wohnt, auch den Grund der Dinge als zuverlässig, nicht aber als 
ein trügerisches Schelmstück oder boshaftes Teufelswerk voraus- 
setzt. 

Wenn ich nun behaupte, dass in den neuern Nationen, 
speciell aber in der deutschen, der Zug zur Gerechtigkeit und 
Treue mehr als irgendwo sonst in der Menschheitsgeschichte ver- 
treten sei, so constatire ich nur, was unwillkürlich schon eine 
Bewusstseinsregung Vieler gewesen ist, die aber über sich selbst 
noch nicht die volle Aufklärung und den markirtesten Ausdruck 
finden konnte. Es ist ein grosses Princip, den neuern Völkergeist 
mit vollem Bewusstsein zur Grundlage einer veredelten Welt- 



L 



i-j 



- 14S — 

anschauung und Lebensbehandlung zu machen. Mit den an- 
scheinend persönhchen Religionsstiftungen muss es hienach zu 
Ende gehen ; denn die Hauptfrage zeigt sich als die zwischen dem 
Asiatismus und dem modernen Völkerwesen, Freiheit, Vertrauen, 
Gerechtigkeit und Treue sind die wichtigsten und hervor- 
stechendstea Züge in den besten Stammestypen der Menschheit, 
Je mehr die Racen, Nationen, Stämme, Geschlechter und Indi- 
viduen daran theiJhaben, um so geeigneter sind sie, in der Welt 
und über die Welt die "Wahrheit und das Gute zu erkennen und za 
bethätigen. Aus diesem Gmnde heraus werden sie mehr thun, als. 
etwa eine neue Religion schaffen; sie werden eine Geistesführung 
und Geisteshallung herv'orbringen, deren Kraft über Alles, was 
bisher Rehgion hiess, weit erhaben ist und sich auch mit einera 
dieser Erhabenheit ent-^iprech enden Ernst bethätigen muss. 

Fühlen und erkennen die neueren Völker das Vollkommenere- 
in ihnen erst in freier Weise, so ist es um die falschen Ein- 
impfungen gescliehen, und gewaltige Verstandes- und Geraüths- 
kräfte, die bisher mehr oder minder gebunden gehalten wurden, 
brechen sich Bahn. Freilich bedarf es hiezu der persönlichen 
Initiative und eines Entwurfs der leitenden Grundgedanken, Auto- 
matisch gestaltet sich auch aus dem neuern Völkerwesen kein& 
Geistesführung. Auch genügen allgemeine Antriebe und Vor* 
Stellungen nicht; beispielsweise will die moralische Gerechtigkeit 
in einem Verstandessystem wie mathematisches Wissen ausgebildet 
und erkannt sein. Hiezu gehören aber Einzelleistungen, und 
keine blosse Massen Ihätigkeit der modernen Völker kann hier 
die Arbeit ersetzen, die nur durch hochstehenden schöpferischen 
Geist ausführbar ist. In diesem Sinne kann es allerdings nicht 
ohne eigentliche Stiftung und Gründung mit der Selbstführung 
des modernen Völkergeist^ von Statten gehen. * 



Siebentes Capitel. 
Gestaltung der HaupLbegri:ffe. 

1. Die Gedanken, wie. sie sich aus dem neuern Völkergeist 
in reiner Weise herausbilden lassen, sind der vollkommener& ' 
Ersatz der Religion. Um sie im Unterschiede von dieser gehörig 
würdigen zu lernen, muss man die alten und falschen Ideeii 



L 



J 



leitender Ait, wie sie der p h an tasie massigen Religionsära an- 
gehören, zuerst ins Auge fassen. Hinterher wird dann das Höhere 
zu kennzeichnen sein, welches sie mehr als blos ersetzt. Für 
den heutigen Zustand der Geister sind die beiden wichtigsten 
Ideen, die von der Religionsära herstammen, die Unsterbhchkeits- 
vorslcllung und die Gottesidee. Alles Andere gruppirt sich um 
diese beiden Annahmen: denn beispielsweise sind Ausgleichung 
und Vergeltung für den fragüchen Geisteszustand nur Neben- 
■vorsteJiucgen, die sich theÜs an den Unsterblichkeitsglauben, 
theils an den Gottesgedanken anknüpfen. Diese Rangordnung 
ist an sich schon kennzeichnend; denn in einem Gedankenkreis, 
■welcher aus edleren Beweggründen entspnmgen wäre, als es die 
überlieferte Religion ist, würden Vergeltung und Gerechtigkeit 
einen selbständigen und höhern Platz einnehmen. Sie würden 
nicht blos das Selbstinteresse des Einzelnen beschäftigen, sondern 
sich als autonomes Dedürfniss allgemeiner Art und zwar für alles 
lebendige geltend machen. Ich habe sogar um der Beschränkt- 
heit willen, welche die religiösen Ideen an sich tragen, die Un- 
sterblich keif sannahme an die Spitze stellen müssen; denn sie hat 
in ihrer herkömmlichen reUgiösen Fassung einen so selbst- 
süchtigen Sinn erhalten, dass an ihr die Menschen mehr hängen, 
als am Gottesgiauben. Den letztem würden sie preisgeben, wenn 
sie glaubten, sich ohne ihn die individuelle Unsterblichkeit oder, 
was dasselbe heisst, das ewige Leben ihres eigen thümlichen 
Selbst sichern zu können. Von allen edleren Motiven ist in der 
gemeinen religiösen Unslerblichkeitsidee nichts anzutreffen. Der 
Unsterblichkeitsglaube hat noch andere bessere Seiten; aber in 
der gemeinen Annahme dieser Art sind die edleren Antriebe 
verloren gegangen. Nicht einmal der unschuldige Trieb zum 
Leben überhaupt ist rein darin anzutreffen; denn der Unsterblich- 
keitsgläubige verlangt viel mehr, als Leben überhaupt; er will 
in seinem Ichwahn durchaus den Inbegriff seiner ihm allein 
fiigenthümlichen Eigenschaften und das Etwas conservirt wissen, 
welches Träger dieser Eigenschaften ist. 

Wenn die unmittelbare lebendige Einwirkung des Erlöschens 
«ines grossen Schicksals den Gedanken nahelegt, ob nicht der 
Träger eines solchen, also der mächtige Geist, desseuTh eilnah me 
an allen besseren Fäden des Daseinsgewebes haftete, eine jenseitige 
Fortdauer seiner Kraft zu gewärtigen habe, so ist dies begreiflich. 



Diejenigen, welche wirklicti an Sokrates hingen und die letzte 
kurze Frist mit ihm durchmachten, konnten allerdings von Ge- 
danken ergriffen werden, die es versuchten, über den Tod hinaus 
etwas individuell Aussöhnendes zu erblicken. In einem solchen 
Falle sind aber die Motive zum Versuch eines Unsterbüchkeits- 
giaubens von edlerer Art. Sie gelten nicht vorwiegend dem 
eignen Selbst, sondern in erster Linie dem Schicksal eines ver- 
ehrten Gegenstandes. Es ist ein grosser Veriu^t, der dieGedanken 
anregt, und zwar ein solcher Verlust, der nicht den Eigennutz, 
sondern das Milgefühl zum Maasse hat. Der edlere Mensch will 
sich nicht ohne Weiteres darein ergeben, es müsse das Hohe 
so unwiederbringlich dahinschwinden, und es könne von dem 
Guten, das so mächtig wirkte, an sich und persönlich nichts un- 
vergänglich bleiben. 

Eine ähnliche bessere Bewandtniss hat es mit den Regungen 
zum Unsterbhchkeilsglauben, wenn in weniger erhabenen, aber 
darum nicht weniger lebendig ergreifenden Fällen die Lücken 
klaffen, welche das Auslöschen der Lebensflamme solcher Per- 
sonen mitsich bringt, die durch Bande der Natur, des Zusammen- 
lebens oder sonst irgend einer Art von wirkUcher Liebe mit 
uns verknüpft waren. Je mehr die Verlorenen ein Schicksal 
hatten, welches an sich beweinenswerth war, — je mehr also 
der Schmerz ihnen selbst gilt und nicht blos den eignen Verlust 
ausdrückt, um so reiner ist der Wunsch, für sie an eine Aus- 
gleichung zu glauben, die über das Leben hinausreicht. Die 
Unsterblichkeitsvorstellung hat alsdann wirklich einen würdigen 
Grund; denn unter solcher Voraussetzung wurzelt sie im Mit- 
gefühl und im Gerechtigkeitssinn. Wo es blos das Bedauern 
um das eigne vereinsamte Selbst ist, da mag noch immer die 
Sehnsucht ein Glaubensgrund sein, der TheÜnahme verdient 
und dem das dürftige Maass von Genugthuung gegönnt werden 
kann, welches um den Preis eines Wahns zu haben ist. Dieser 
Trost, der bei erfahrenem Geist und lichterem Verstände so treu- 
los in einen nebelhaften Hintergrund entweicht und dort gestalt- 
los zerfliesst, mag im umdunkelten Gemuth immerhin als Schimmer 
gelten, der das fehlende Licht zuverlässiger Wahrheit vertritt. 
Er mag ein schwacher Ersatz des machtvolleren Glaubens sein, 
der sich erschliesst, wenn das Gemeinschaftsgefühl mit allem 
Schicksal des Seins in den Gemüthern lebendig wird. Hier geht 




~ 151 ~ 

er uns aber nur an als ein unwillkürlicher Ausweg der Natur, 
auf welchem der Schmerz, wenn auch nur durch Ergreifen von 
Irrthümem, gemildert wird. 

Auch die blosse Vereinsamung mag bei Verlassenen und 
Hofihungslosen das Ausblicken nach Etwas rechtfertigen, was 
ihrem Selbst eine andere Welt verspricht und die Kahlheit und 
Aussichtslosigkeit ihres Zustandes mit der Vorstellung von etwas 
Entgegenkommendem mildert. DieVerirrung zum Unsterblichkeits- 
glauben ist in diesem Falle wenigstens keine unberechtigte Selbst- 
sucht; denn sie gilt nur einer berechtigten Ausgleichung des 
entschiedensten Mangels. Trotz dieser Begreiflichkeit und Ent- 
schuldbarkeit bleibt aber ein solcher Ausweg immer eine Ver- 
standesverirrung, die demgemäss auch nicht zum Ziele führen 
kann. Die sich daraus ergebende, theilweise statthabende Gemüths- 
befriedigung bleibt ein unsicherer Besitz, weil er anfechtbar ist. 
Diese Befriedigung kann nicht unter allen Umständen vorhalten ; 
schon unwillkürlich und instinctiv regt sich gegea sie das hellere 
Bewusstsein und stellt die Frage, wie denn aus dem unglücklich 
angelegten Wesen ein gänzlich verändertes werden solle, wenn 
dessen Eigenthümlichkeit nicht vernichtet wird. Geschieht aber 
Letzteres, so ist eben keine Wesensfortsetzung mehr vorhanden. 
Worauf der vereinsamte und unglückliche Mensch seine Gedanken 
eigentlich richtet, und was er, wenn er sich selbst vollständig 
genug verstände, zu erfassen suchen würde, das sind auch wirklich 
nicht die" Schattenspiele persönlicher Unsterblichkeit, sondern das 
ist der feste Grund aller Dinge und gleichsam der Charakter des 
universellen Seins. Mit diesem sucht er eine nähere Gemeinschaft, 
und zwar nicht blos durch den Verstand, sondern auch durch das 
Gemüth. Hier will er, dass den in ihm waltenden Antrieben 
edlerer Art entsprochen sei. Hier will er das Gute finden, hier 
die Gerechtigkeit und hier eine alle Schicksale durchdringende 
Treue. Er will an Stelle der Kahlheit und Leblosigkeit, in welche 
die herabgekommenen Weltvorstellungen entartet sind, ein leben- 
diges Sein mit Zügen, die seinen eignen Charakterforderungen 
entsprechen. Er will dem Fundament der Dinge trauen können,- 
und darum sucht er in der Natur nach den Spuren alles dessen, 
was über die dürren Rubriken gemeiner Wissenschaft hinaus- 
reicht. DieNatur ist ihmmehr als ein mathematisches, physikalisches 
und chemisches System. Sie reicht auch über die blosse Physio- 



152 



loyic und sociale McDschenwelt hinaus; sie ist in ihrem innersten 
Grunde das Lebensvollste, was es giebt. Die Wurzeln des Seins 
sind nicht bUis gemeiner Mechanismus, sondern enthalten in 
ihrer Anlage alles Charakteristische, wovon in den höchsten 
Lebensgebilden die persönhchen Kundgebungen vor uns stehen. 

Nach (lieser Seite hin ist der Ausblick zu richten, wenn die 
selbstsüchtigen Verirrungen überwunden werden sollen. Selbst- 
intcresse ist aber noch keine Selbstsucht. Die letztere entsteht 
erst dadurch, dass Unberechtigtes und Schlechtes gewollt wird. 
Wbi" sich selbst, ohne Unterscheidung der guten und schlechten 
Bcstandllicile, also mit Allem, was er ist, unbedingt und ewig 
wollen kann, muss nicht nur ein Thor sein, sondern ergiebt sich 
auch dem Schlechten. Der nackte Kampf um das Dasein ist eine 
solche Schlechtigkeit. Der edlere Mensch tritt auch an sich selbst 
mir ftir das Hdlere ein und besit/t nicht jene mehr als cynische 
Frechheit der Verworfenheit . die auch den Teufel in sich selbst 
conservirt wissen will. Der gemeine Unslerbhchkeitsglaube, mit 
seinen niedrigen Beweggründen, ist die hochgradigste Form der 
Eitelkeil. Er ist ein Ruhekissen für ungemesseoe Pflege nicbts- 
nutxiger Bf standtheile der Persönlichkeit. Mit einer wirklich sitt- 
lichen "Wcltaufl'assung bleibt dieses Eitelkeilsgewäcbs unvereinbar. 
"Wenn sonst der Mensch durch die Vorstellung des Todes doch 
piwas zur gvliörig«» Bescheidenheit und Raison gebracht wird, so 
schaÖt jene Einbildung Alles fort, was jenen Eitelkeitsübennuth 
d^iptcn könnte. Glückhcherweise ist sie von Natur nicht sehr 
nvtchhxlti^ oder widerstandsf^ig. uod nur die autoritäre Religion, 
bat ihr zu einem langem, künstlich gal\'anisirten Leben verholfen. 
Aul diese Weise ist einer edlen und sittlichen Welt- und Seins- 
aufltassno^ viel uoechiex Kram jenseitigen Flittergoldes in doi 
Weg s«schobea und eine der scfaUnuasten Wufzeln des Bösen, 
(üe bohle {tersi^aliche ^lelkcit. genährt worden. 

L'cbrigeits tst der Tivft det Uoslerbticbkeit in der Weise, wie 
Aa dn Re)^^ geboten hat. «ocb stets kein lemer. soadem im. 
tMceWbed sehr aog mit seinem Wtdospiel gnuiscbi gewcsem. 
An <>e rehpüse t'asfteriilicfafaMtanMihme knv^iAe sKb nicht bloc 
die JcaaaEhwfanag. sondern «och die Jessatelnrcfat. ^nl die 
Pneabet ax^M* dafir. das in d^ gansen A n g iAigui hrit 
SchcwJaen fceioe g enag t Dosis »«saadile. Abttamdk 
wm dfas« päetatrikheaBtmttmii^ mensrbhrhfr Si 




ra«thdh||^^^H 



— 153 — 

xinter allen Umständen die Unsterblichkeitsvorstellung etwas Zwei- 
seitiges werden. Sie schneidet jede wirkliche Befreiung von der 
Jenseitsfurcht ab und verurtheilt jegliches Wesen, soweit es Un- 
gehöriges in sich enthält, zur grenzenlosen Beladung mit dieser 
Ungehörigkeit. In Vergleichung mit solcher Perspective ist der 
•wirkliche Tod des Individuellen etwas Mildes und Versöhnendes. 
Wenn aber Jemand dächte, er könne sich auswählen, was von 
ihm bleiben und was vergehen solle, so wäre das eine ganz 
willkürliche Vorstellung. Am erträglichsten geriethe sie dann, 
wenn nur die Erhaltung des Guten, aber die Zerstörung des 
Schlechten vorausgesetzt würde. Es wäre indessen höchst wunder- 
lich, den Charakter eines Wesens als in seiner Individualität con- 
servirt anzusehen, wenn nur ein nach gewissen Gesichtspunkten 
daraus veranstalteter Auszug bestehen bliebe. Doch wozu sich 
noch weiter auf die Willkür des phantastischen Traumreichs ein- 
lassen! Die Natur hat ihre bestimmten Wege, zu erhalten und 
-ZU zerstören, zusammenzusetzen und zu trennen. Was soll An- 
igesichts einer wirklichen Erhaltung von Charaktertypen und 
Charakterbestandtheilen in den Geschlechterfolgen noch jene er- 
•dichtete, die sich auf ein erdichtetes spiritistisches Etwas bezieht ! 
Man erinnere sich immer wieder daran, dass für die gemeine 
XJnsterblichkeitsvorstellung der Religion die Eitelkeit die ent- 
scheidende Ursache ist. Auf eben diesen Grund kann man zu 
einem grossen Theil auch die ansteckende Kraft jenes Humbugs 
zurüc kführen, der ursprünglich amerikanischer Spiritismus hiess 
und auch in Europa, und zwar auch unter Gelehrten, nur zuviel 
Gläubige gefunden hat. Dieser wüste Aberglaube, der die Geister 
der Verstorbenen citirt, hält sich für berufen, die alten Religionen} 
die er für überlebt erklärt, durch eine neue zu ersetzen. Er ist 
in der That nicht blos Zauberglaube, sondern auch Zauberpraxis. 
Wer sich seiner Taschenspielerei anvertraut, kann in der That 
die Genugthuung erleben, mit allen Todten, deren Geister er zu 
sprechen wünscht, von Mund zu Mund zu verkehren. Das heisst, 
Etwas leisten; denn auf diese Weise wird die lebendige und die 
todte Welt ein einziges Reich, und es kommt nicht mehr viel 
darauf an, ob Jemand sich diesseits oder jenseits befindet; denn 
der Spiritist, ob lebend oder todt, ist überall zu Hause und kann 
sich überall zeigen. Er kann sogar zu den diesseitigen Ver- 
sammlungen seiner lebendigen Genossen vom Jenseits her er- 



154 



scheiaea. Eine solche Vertrautheit der Lebeodigeo und der 
Todten überbietet allerdings alle frühere Religion, und wenn sich 
der Betrug stets aufrechterhaltea liesse, so könnte keine frühere 
Macht des Aberglaubens mit der spiritistischen concurriren. Die 
Menschen, die überhaupt Widersinniges und Uebematürliches 
□och zu glauben vermögen, müssten alsdann grade demSpiritismus 
in das Netz laufen. Allein dieser verspricht zuviel, als dass nicht 
die Leistung im besondern Fall auch dem gewitztesten Betrüge 
oft schwer fallen und missglücken müsste. Auch wo es die 
measchüche Schwäche an Einbildungserböligkeit und Gespeuster- 
sinn Dicht fehlen lässt, ist es dennoch nicht immer möglich, alle 
ihre Wünsche zu befriedigen. Könnte Letzteres in Beziehung auET 
den transcendenten Verkehr mit den Geistern der Verstorbenen 
auch nur durchschnittlich mit einigem Erfolg geschehen, so wär& 
dem Spiritismus die ganze abergläubische Welt früher oder später 
gewiss. Er würde diese Domäne allen Religionen entreissen; 
denn er befasst sich mit einer Angelegenheit, die bei den MenscheiL 
dem Gottesglauben an Rang bei Weitem vorgeht. Man mus 
der That auch billig sein; das eigne Wesen und das, was ihm 
am nächsten steht, ist dem Menschen die unmittelbarste Haupt- 
sache. Edlere Affectionen. die darüber hinaus- und in deiL 
grossen Zusammenhang der Dinge hineinreichen, sind nur als 
Früchte besonderer Schicksale und als Eigenschaften höher an- 
gelegter Charaktere'vorhanden. Sollen solche Affectionen sich 
auf Viele erstrecken, so kann es nur im Wege der Uebertraguog- 
aber nicht ursprünglicher Erzeugung geschehen. Eine solche- 
UebertraguQg setzt aber voraus, dass der Boden von hohlen Eitel- 
keitsgew ach sen gesäubert sei, und zu diesen gehört, wie erläutert, 
die eigensüchtige Art des Unsterblichkeitsglaubens. 

2. Die zweite Hauptvorsteliung alten Rehgionsstils ist die 
gemeine Gottesannahme. Ihre Haupteigenschaft liegt in der 
Einzigkeit eines Wesens, welches über Natur und Welt gesetzt, 
und nach dem Ebenbilde eines persönlich waltenden Menschen 
vorgestellt wird. Die Mensch enspeci es, welche dabei zum Vor- 
bilde dient, ertheilt jenem einzigen Wesen seine näheren Eigen- 
schaften. Diejenige Religion, die thalsächlich bei uns in Frage- 
kommt, kennt nur einen Gott, der ursprünglich nach judäischem, 
Ebenbilde gestaltet ist und diese Züge auch trotz aller Einraischuog- 
eines bessern Völkergeistes nicht ernsthaft verloren hat. Letzteres.. 




155 



kann nicht Wunder nehmen, solange die alte JudenuDerlielerung- ~ 
das Fundament der kirchlichen Lehren bildet und solange die 
allen Judeoschriflen im Volksunterricht nuch Einfluss haben. "Wir 
haben es ja nachgewiesen, wie das Christenthum in seinem Ur- 
sprung nur ein gewissermaagsen vor sich selbst Grauen empfin- 
dendes judenthum ist. In ihm ist das Judenlrachten transcendent 
geworden, d. h. es hat sich auf etwas Jenseitiges gerichtet, weil 
es am Diesseitigen Angesichts der schlechten Judenbeschaffenheit 
verzweifelte. Die Gottcsannahme ist dabei auch keine wesentlich 
andere geworden, wenn auch immerhin die Dreieinigkeitsieh re, 
eineArt Dreigöttersystem, anderm Orientalismus als dem jüdischen 
entnommen ist. Für heute ist die Dreieinigkeit sehr gleichgültig; 
denn dieser gemischte christliche Gotl ist bereits wieder mehr 
nach dem alten jüdischen Stil hin xurückgebildet worden. Ueber- 
haupt ist in der durchschnittlich herrschenden Gottesannahme das. 
KinzigundaU einsein oder, wie der Ausdruck der Verlehrten lautet, 
der Monismus die Hauptsache. Auch in der Philosoph aste rei 
grassirt er unter dem Schlagwort einer monistischen Welt- 
anschauung. Eine solche monistische Weltansicht ist beispiels- 
weise diejenige des Juden Spinoza, der in sehr eckiger Weise 
die Natur unter die Rubrik des Judengottes zu bringen suchte, 
was freilich nicht von Stattea gehen konnte, ohne die Natur selbst 
zu fälschen und ihr eine Judenphysionomie anzudichten. Hier 
ioteressirt jedoch nicht dieses ebenso unschöne als unwahre Ge- 
bahren, an welchem ein besseres Interesse höchstens wegen des 
Gegensatzes zum grobem Aberglauben einiges Gefallen finden 
konnte. Was uns hier angeht, ist die allgemeine Falschheit des 
Monismus in der Gottesannahme, d, h. überhaupt die monistische 
Vorstellung der Welt. Es kommt nämlich nicht viel darauf an, 
ob Sogenannterpantheismus, d. h. eine Einerleisetzung jenes allein- 
seienden Gotteswesens mit Natur und Welt, dabei mit unterläuft. 
Diese allgötlische Wendung tritt gewöhnlich ein. wenn die ab- 
gesonderte Gottesannahme nicht mehr standhalten will. Aisdana 
*ini die Natur mit den fraglichen göttischen Zügen heimgesucht, 
'Wd diese falsche Verquickung einer transcendenten Phantasie 
mil der Natur Wirklichkeit liefert die widerHchsten Unvereinbar- 
keiten. Anstatt die Natur in ihrer Wirklichkeit zu charakterisiren 
Und sich danach einen Begriff von allem wirklichen und mög- 
lichen Sein zu bilden, wird der voreihge Inhalt der Gottesannahme 




— 156 — 

auf die Natur zurückübertragen. Ich sage zurück übertragen; 
denn ursprünglich ist jene Gottesphantasie auch nichts weiter 
als eine äusserst unvollkommene Naturauslegung nach speciell 
menschlichem Ebeabüde. Hinter den Gesammtcharakler def 
Natur wird man wahrlich nicht kommen, wenn man ihre jüdische 
Auffassung zu Grunde legt und demgemäss die Züge des Juden- 
gottes in ihr finden will. Eine andere Bewandtniss hat es aber 
mit keiner einzigen der monistischen Weltansichlen, Selbst wenn 
■diese sich, was recht widerlich ist, atheistisch geberden, so steckt 
ihnen doch, bei allem ungöttischen Schein, immer der Judengott 
am Blute, und Alles, was sie von "Welt, Natur und Sein phüo- 
sopbaseln, läuft dahin zurück, so modern es auch drapirt und 
-maskirt sein möge. Die Einbeitsvorstellung im Sinne des Juden- 
thums mit ihrem allesaulzehrenden Charakter ist eben für die 
J^atur nicht zu brauchen. Die Natur ist von besserem Schlage 
und die Einheit, die ihr zu Grunde Hegt, von anderm als 
monistischem Charakter. Das Alleinsein des Judengottes passt 
auf sie nicht; bessere Völker, wie schon Griechen und Römer, 
haben der wahren harmonischen Einheit auch bessere Rechnung 
-getragen. Auch sei bemerkt, dass die philosophastrische Aus- 
flucht, der Monismus sei ein Gegensatz des Dualismus, d. h. einer 
in irgend weicher Beziehung doppelgestaltigen Welt vor stellungj 
eine unwahre ist. Das Wesen des Monismus liegt nicht in der 
Verbindung aller Theile zu einem Ganzen von einheitlichem 
Charakter, sondern in dem Monopol auf das alleinige Sein nach 
jüdischem Muster mit einer Aufzehrung aller Mannigfaltigkeit, 
durch welche die Selbständigkeit und Freiheit der besonderen 
Gestaltungen despotisch erdrückt, ja zu einem reinen Schatten- 
dasein herabgedrückt wird. Diese götthche Knechtschaft aller 
Dinge unl^r einer herrischen Einheit ist echt judäisch. Wir 
kennen sie genugsam, um hier nicht noch weitere "Worte darüber 
nöthig zu haben. Jeghcher Monismus ist aber nichts als eine 
philosophasfrische Verkleidung der ursprünglichen Judenvor- 
stellung. "Wo man von monistischer Weltanschauung geredet bat. 
da habe ich im besondern Fall stets gefunden, dass nichts 
Anderes als bewusstes oder unbewusstes Judenthum zu Grunde 
lag, und dass die widernatürlichen Geschraubtheiten Spinozas 
den Kern solcher dürftiger Velleitäten bildeten, 

Aut Einheit verzichtet man nicht, wenn man sie auch nicht 





]r,7 



als ein einziges und herischendes Wesen denkt. Der Zusammen- 
haog in den Theilen ist Einheit genug. Das Schicksal der Alten 
stand über Göttern und Menschen- Es war eine mächtigere 
Einheit und eine edlere Art von Herrschgewalt, als der Jehovah 
der Juden. Natur, Dinge und Thatsachen wurden durch solche- 
Begrifie, wie die einer allgemeinen Schicksalsnothwendigkeit, 
wenigstens nicht misshandelt. Der freie Mensch konnte, ohne 
sich zum Knecht herabzuwürdigen, eine solche Macht anerkennen. 
Der von Natur knechtische Mensch aber bedurfte eines will- 
kürlichen Herrn; denn nur unter dem Gebot eines solchen konnte 
er sich heimisch fühlen. Doch genug von diesen Erinnerungen 
an die Consequenzen der Judennatur. Nunmehr handelt es sich 
um einen unvergleichlich tieferen Begriff, nämlich um die Be- 
schaffenheit des Musters, nach welchem überhaupt eine Einheit, 
alles Seins gedacht werden kann. Dieses Muster war und bleibt 
dei Mensch. Nur kommt es darauf an, wie der specielle Mensch' 
beschaffen ist, und wie er demzufolge sich selbst und seine 
eigne individuelle Einheit zu verstehen vermag. Der Mensch 
von edlerem Typus begreift sich keineswegs als eine solche Einheit, 
in der irgend Etwas als absolut herrisch und einzig seiend gelten' 
könnte. Sogar einander entgegenslrebende Elemente sind in ihn*, 
verbunden, und die Freiheit der Theile ist eine sehr erhebliche. 
Die Einheit besteht nur in einem Bande, welches verknüpft, 
oder, wenn man will, in Kräften, durch welche zwischen den- 
Bestandth eilen Regel und Ordnung erhalten wird. Dies ergiebt 
auch eine würdigere Vorstellung von dem Einheitlichen der 
Natur; denn dies ist nichts weiter als das Systematische in ihr. 
Welcher Charakter und welche Principien sich bethätigen, das 
sind Specialfragen. Die Einheit liegt aber eben darin, dass über- 
haupt Charakter vorhanden ist und dass sich in allen Richtungen 
principielle, also in einem gewissen Sinne auch herrschende- 
Antriebe auflinden lassen. Das Sein ohne Charakter wäre ein 
Sein ohne Einheit. Ein Sein ohne Zusammenhalt ist aber ein 
Widersinn; denn wie un.ser Gedanke Alles zusammenfasst, so 
entspricht auch in der "Wirklichkeit, wie alle besondern Natur- 
gesetze lehren, diesem Inbegriff von Allem ein innerer Zusammen- 
hang. Diese Einheit des Rahmens und des Charakters ist die- 
einzige, die stichhaltig bleibt. Alle sonstigen Vorstellungen 
brechen zusammen, wenn man sie, die gleichsam die Mumien 




■eines uralten, ebenso voreiligen als schiefen Phantasirens sind, 
mit den Thalsachen in Raum und Zeit vergleicht. 

Sogar die Vorstellungen von einer Ursache hat man durch 
die falschen Gottesvorstellungen verdorben. Man hat aus einet 
Ursache ein Ding gemacht, welches andern Dingen vorangeht, 
und in diesem Sinne ist man zu Missbegriffen gelangt, die sieb 
-we:ier auf die Theile der Natur noch auf ihren gegenwartigeQ 
Gesammtzu stand, geschweige auf das Ganze anwenden Hessen» 
"Was sich gegen die Büder schiefgerathener oder absichdich 
verdorbener Ursächlichkeitsbegriffe richten Hess, gilt selbst 
verständlich nicht von einem vorsichtig gefassten Begriff vom 
Grunde der Dinge; denn dieser Grund wird nicht einmal 
wie eine zwischen Naturvorgäogen richtig gedachte Ursach« 
vorgestellt, sondern ist nichts als ein Mittel, die Einheit 
zwischen dem Vergangenen und Zukünftigen passend zu denke«' 
und überdies den Gedanken davor zu sichern, dass nicht ein J 
besonderer späterer Zustand der Natur für den Inbegrill, voa^ 
Allem, also für souveriia und einzig genommen werde. Alle^ 
Begriffe, welche ein Schaffen im natürÜchen Sinne andeuten^^ 
sind berechtigt, wo es gilt, die ursprünglichen Ausgangspunkte^ 
der Natur zu kennzeichnen. Ein solcher Begriff ist aber ebei^ 
-der des Grundes der Dinge im Unterschiede von einer besondern. 
GestalturJg oder einem besondern Zustande der Natur, dear 
vorübergeht. In diesem Punkte haben selbst asiatische Phan-_ 
lastereien, wie die indischen, die Logik weniger verfehlen können;! 
als die überweise und verlehrte Philosophasterei, die unter dem I 
Druck palästinensischer Gottesannahmen zu den seltsamstea ' 
Rückwirkungen gegen die natürlichen Vorstellungen vom Schaffen J 
veranlasst worden ist. Doch ich habe hier noch nicht von d 
wüsten Vorstellungen zu reden, die gleichsam durch eine i 
■endhche Rückwärtsverlängerung der Natur nach dem Vorbilcfc 
der uns bekannten Naturphase entstanden sind. Die gewöhalicl^ 
Gottesannahme erstreckt sich nicht in das Bereich solchel 
Unterschiede, die erst Werth erhalten, wo schärfer und tief^ 
gedacht wird, als es nach jüdischer Art geschehen kann. 

Populär fassbarer und Zugleich auch praktisch wichtiger i 
der specielle Charakter des Gottes, welcher den Gegenstand dea 
durchschnittlichen Annahme bildet. Die nähere Frage ist hie 
die, ob in ihm etwas Gutes oder überhaupt etwas Edelgeartetes 



f 



— 159 — 




?^clacht werde. Die moralische Seite ist nämlich nicht die einzige 
^iioli die ästhetische verlangt ihr Recht, und überhaupt lässt sich 
"die Wesensbeschafifenheit, wie bei Menschen so auch bei Göttern, 
^^c^h mehr als einem Gesichtspunkt untersuchen. In erster Linie 
^i xrd jedoch die moraUsche Würdigung zu stehen kommen, die 
"^^xi Göttern gegenüber nicht minder am Platze ist, als den 
^*^^^nschen gegenüber. Wird nun der fragliche Gott als ein Wesen 
^^^~"^n sittlichen Eigenschaften vorgestellt? Gewiss, wenn man das 
ort sittlich in seiner gleichgültigen Bedeutung versteht, in 
Jeher es überhaupt Alles bezeichnet, was in der Moral in 
age kommt, mag dies nun das Gute oder das Schlechte sein, 
ebrigens aber giebt die moralische Beschaflfenheit des Menschen- 
ammes, nach dessen Ebenbilde der Gott seinen Charakter hat, 
uch die Antwort darauf, wie dieser Charakter zu würdigen sei. 
.uf öfter berührte Einzelheiten dieser Art brauche ich aber hier 
licht zurückzukommen. Ein Charaktergemälde des jüdischen 
ottes Hesse sich, wenn es darum zu thun wäre, aus den alten 
-C!3^d^^schriften bis in das kleinste Detail ausführen. Eine Religion, 
-^e palästinensischen Ursprungs ist, muss, von spätem Ueber- 
~^lünchungen abgesehen, unter allen Umständen ebenfalls jenes 
Gemälde aufweisen. Die Abänderungen können sich nur auf ver- 
schiedene Phasen des Judenthums beziehen, zu denen ja auch 
die reformatorische Haltung der Christuslehre gehört. Es bleibt 
also dabei, dass in der Religion die gewöhnliche Gottesvorstellung 
•einen judengemässen Charakter hat. 

3. Soeben wurden die nach den moralischen Gesichtspunkten 
zu würdigenden Eigenschaften eines Gottes im Hinblick auf 
dessen Judenthum berührt. Wichtiger und interessanter ist die 
allgenieine, vom Judenthum und dessen christlicher Selbst- 
verwerfung ganz absehende Untersuchung, worin eine wirklich 
sittliche Charakteristik des Weltgrundes zu bestehen habe. Zu- 
nächst muss man sich im Gegensatz zu den kahlen Welt- 
auffassungen dazu entschliessen, das Moralische im Grunde der 
Dinge selbst anzuerkennen. Sittliche und nichtsittliche Welt- 
auffassungen unterscheiden sich nicht etwa blos dadurch, dass 
in der Ordnung des Menschlichen das eine Mal eine gute Moral 
als Maass vorau3gesetzt, das andere Mal hintangesetzt wird, 
sondern vornehmlich durch die Erkenntniss oder Leugnung der 
moralischen Fundamente im letzten Grunde der Gesammtwelt. 



Wie innerhalb des Menschenbereichs sittliche Gruadsätze 
Frage kommen, sieht man sofort, und nur die Deutung detr 
Sitten kann, je nach dem Ernst oder der Frivolität des SfEm.d- 
punkts, eine verschiedene sein. Selbst die Thiersitte ist schon' 
eine erhebliche, wenn auch rohe Grundlage zu einem höher 
und edler zu fassenden Sitte nbegriff. Das Menschliche liefert 
erst in den bessern Species die Norm für edlere moralische 
Gesichtspunkte, und es ist der neuere Völkergeist, aus dem, wie 
früher skizzirt, die vollkommensten moralischen Typen ent- 
springen. Nun aber ist es von grösster Wichtigkeit, dass di& 
bessere Moral auch für das Verständaiss des Weltgrundes bessere. 
Erkenn tnissrailtel darbiete. Wird nicht das Fuadament der Dinge: 
selbst als einig mit dem edleren moralischen Typus vorausgesetzt 
und auch thatsächÜch demgemäss befunden, so hört alle Bürg- 
schaft für die Nachbaltigkeit der edleren menschüchen Antriebe 
auf. Ein Mensch, der Freiheit, Vertrauen, Gerechtigkeit uni4' 
Treue ah sittliche Erfordernisse jedes Wesens ansieht, welches- 
er achten und mit welchem er auf gleichem Fuss verkehren soll, , 
müsste sonderbar berührt werden, wenn ihm zugemuthet würde, 
im letzten Grunde aller Dinge Despotismus, Unzuverlässigkeit, 
Ungerechtigkeit und gleichsam Verrath anzunehmen. Ein solcher 
Grund der Dinge wäre nichts Anderes als eine Art Teufelei..- 
Auch käme es so ziemlich auf dasselbe hinaus, wenn auch i 
angenommen werden sollte, dass im Grunde aller Dinge dia 
entscheidende Anlage auf jene Übeln und bösen Eigenschaften 
als auf die maassgebendea Entwicklungen gerichtet sei. Hiemit ■ 
würde aller gute Glaube untergraben; denn nur Wenige würden 
charakterstark genug sein, Angesichts einer solchen demoraÜ- 
sirenden Zeichnung des Fundaments der Dinge noch an ihretn. i 
bessern Selbst festzuhalten. Die Meisten würden ganz einfachf 
der Entmuthigung im Sinne der Demoralisation auch mit ihrea 
eignen Verfahrungsarteu anheimfallen. Sie würden durch die- 
schlechte Weltvorstellung eiobüssen, was in ihnen etwa noch 
an Gediegenem übrig wäre. 

Hienach ist es durchaus nothwendig, dass eine Ueberein- 
Stimmung bestehe zwischen der Güte desjenigen morahschen 
Typus, der in einer voUkommneren Menschenspecies vorwaltet 
und demjenigen, welcher im Grunde der Dinge als für alles Sei% 
maassgebend vorausgesetzt und aus den Thatsaehea erkaaoti 





— 161 — 

wird. Eine sittliche Weltauffassung kommt also noch lange nicht 
heraus, wenn man nichts weiter thut, als das Gute in der Menschen- 
welt zum Maass der Menschenschätzung machen. Um die Menschen* 
Schätzung handelt es sich erst in zweiter Linie; in erster ist es 
darum zu thun, die Götter selbst nach dem Maass des Guten 
zu beurtheilen oder, um eine dem Aberglauben weniger nahe- 
stehende Redewendung zu gebrauchen, den Grund der Dinge 
als guten Charakter zu erkennen. Manche glauben schon wunder- 
was zu thun, wenn sie in der Weltauffassung über Physikalisches 
und Chemisches hinausgehen und einen sogenannten organischen 
Zusammenhang annehmen. Ein solcher besteht aber auch schon 
in der Pflanze, ja, wenn es blos auf das Verhältniss von Mittel 
und Zweck ankommt, schon in jeder leblosen Maschine. Organe 
oder Werkzeuge in diesem Sinne sind die Theile der Welt hand- 
greiflich, imd nur das verstandeswidrigste Gebahren hat dies 
bestreiten können. Das Wesen der Natur geht aber in solchen 
allgemeinen Rubriken nicht auf; es muss mindestens dem 
Besten, was das Menschengeschlecht in sich selbst finden kann, 
ebenbürtig sein. 

Die wüsten Zufallsvorstellungen, denen gemäss die Natur 
nichts als ein Spiel blinder Kräfte sein soll, ergeben die niedrigste 
Stufe, auf die eine Weltauffassung hinabsinken kann. Die Zer- 
fahrenheit in den Dingen, die hier vorausgesetzt wird, ist gemeinig- 
lich ein Spiegelbild derjenigen Zerfahrenheit, Kahlheit, Unwissen- 
heit oder Verlehrtheit, die in denjenigen Menschen waltet, die 
fähig sind, solche verkommene Vorstellungen zu beherbergen. 
Etwas Anderes ist natürlich die Bestreitung von blos erdichteten 
Zwecken; denn wo kein Zweck oder gradezu Unzweckmässigkeit 
vorhanden ist, da soll man keinen günstigen Zusammenhang 
erlügen. Der eine Abweg ist so verkehrt wie der andere. Die 
Wahrheit besteht darin, die wohlgeordnete Einrichtung der Welt 
^ä zu erkennen, wo sie wirklich zu finden ist, und nicht mit 
Ueberweisheit Verhältnisse in sie hineinzulegen, die nur einer 
beschränkten menschlichen Absichtlichkeit, aber nicht demjenigen 
Menschenwohl entsprechen würden, welches auf nicht bornirte 
Weise begriffen wird. Es ist aber trotzdem nur Wenig, Zweck- 
Kiässigkeit überhaupt vorauszusetzen, wenn nicht zugleich nach- 
gewiesen wird, dass die Zwecke auch auf das Gute gerichtet sind. 
Zwecke und Ziele kann es im verschiedensten Sinne geben. 

Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 11 



i 



1Ö2 



Teuflische Zwecke sind ebea auch Zwecke. Mao ist mit dieser 
Rubrik nicht weit gefördert, wenn maa nicht Ziele und Beweg- 
gründe oder, besser gesagt, die Antriebe als edel geartet erkeaoL 
Die Vorstellung des Grundes der Dinge als eines edleo Typus 
ergiebt erst eine moralische Weltaiiffassuog. Das Lebendige allein 
kann nichts helfen. Mit ihm ist man zwar schoa über blosse 
Physik und Chemie hinaus; aber lebendig ist jedes niedrigste 
Thier auch, und man wird den Weltcharakter nolhwendig 
degradiren, weon man kein besseres ilaass, keine edlere Ver- 
gleichung uad keine höhern Begriffe zu beschaffen versteht. Das 
Bessere in der Weltansicht stammt aus der bessern Natur des 
Menschen. Ist ia letzterem keine Moral, so wird auch in der 
"Welt keine vorausgesetzt werden. Aus Nichts lässt sich eben 
auch Nichts begreifen. Das Thier hat nicht einmal genug Begriffe, 
lim zum Aberglauben, geschweige zu einer wahreu WeltvorsteUuug 
iahig zu sein. Der niedrig geartete Mensch hat das Privilegium 
der Unvernunft und des Aberglaubeas voraus, weil er in seiner 
Anlage auch zu einem Kömchen Vernunft und begründetem 
Glauben fähig sein würde. Erst die edler geartete Species und 
zwar in ihrer höhern Culturentwickluog gelangt dazu, sich zu- 
nächst auch Götter von etwas besserem Schlage zu bilden und. 
schliessüch den Naturcharakter selbst als etwas Edles und Hohes 
zu verstehen. Alsdann wird das Fundament der Dinge wirklieb 
im Lichte des Besten betrachtet, was der Mensch in sich selber 
finden kann, und mehr verlangen, hiesse Menschenunmögüches 
möglich gemacht wissen wollen. 

Hier zeigt sich nun auch, wie die Moral mit der Religion 
und deren Ersatz zusammenhängen müsse. Die Moral stammt 
allerdings nicht aus der Religion und auch nicht aus dem voll- 
kommeneren Religionsersatz. Sie ist eher da, als beide. Will 
man sich aber durchaus ein Abhängigkeitsverhältoiss zwischen 
Religionsersatz und Moral entwerfen, so kann man davon aus- 
gehen, dass die Religion zuerst ihren moralischen Charakter von 
den Menschen, aber nicht umgekehrt die Menschen den ihrigen 
zuerst von der Rehgion erhalten haben. Weil und insoweit eine 
Menschenspecies moralisch dachte, hat auch deren Religion ent- 
sprechende moralische Züge aufgeprägt erhalten. Dies gilt vom 
moralisch Guten wie vom moralisch Schlechten. Wenn um- 
gekehrt wieder eine Rückwirkung auf die Menschen stattfand. 



L 




— 163 — 

so war dies kein anderer Vorgang, als eine lehrhafte und disciplin- 
mässige Bestärkung in Antrieben, die eben durch Menschen als 
von Göttern ausgehend vorgestellt wurden. Sieht man nun aber 
vom Aberglauben ab, so zeigt sich, dass es zwar in einem ge- 
wissen Sinne eine unabhängige Moral giebt, dass diese Moral 
aber unhaltbar wird, sobald Fundament und Charakter der 
Dinge nicht mit ihr in Uebereinstimmung gedacht werden. Die 
festeste Moral muss schliesslich für die Masse der Menschen zu 
"Staub zerrieben werden, wenn fortwährend das Gesammtgepräge 
der Dinge als ihr widersprechend ausgegeben wird. Ein solcher 
Pall liegt vor, wenn ein Kampf um das Dasein als ein für das 
Menschenreich geltendes Grundgesetz der Natur und als ein 
Mittel der Vervollkommnung verherrlicht wird. Der Sieg mit 
jedem schlechten Mittel und überhaupt die Wegräumung des 
Andern zu eignen Gunsten gelten in diesem nackten Daseins- 
kampf als Fortschritte zum Vollkommneren. Eine solche Vor- 
stellung, die sich obenein den Anstrich der Wissenschaftlichkeit 
giebt, ist das erdenklich Moralwidrigste von Allem. Der Charakter 
t3er Natur wird auf diese Weise im antimoralischen Sinne ge- 
fälscht. Er gilt nicht etwa blos als gleichgültig gegea die bessere 
^enschenmoral, sondern gradezu als übereinstimmend und im 
Äunde mit derjenigen schlechten Moral, der auch die Gauner 
liuldigen. Wie soll nun eine bessere Menschenmoral mit solchen 
angeblichen Aufschlüssen über das Wesen der Natur auf die 
Dauer vereinbar bleiben? Offenbar ergiebt sich hier eine Kluft 
zwischen den Annahmen über die Grundgesetze der Dinge und 
den bessern Antrieben, die im edleren Menschen selbst walten. 
Das Eine wird sich dem Andern anpassen, also die bessere 
Moral verloren gehen oder aber jene Naturlehre als falsch be- 
seitigt werden. Ein Drittes ist night möglich; denn der haltungs- 
lose Mischzustand der Vorstellungen kann nicht dauern. Es ver- 
steht sich, dass hier keinen Augenblick daran gezweifelt werden 
kann, dass jene ungeheuerliche Missbildung der Theorie das 
Uebertägige ist. Moralisch interessant ist aber deren Ursprung; 
denn sie wurzelt nicht etwa unmittelbar in einem wissenschaft- 
lichen Irrthum, sondern stammt selbst aus einer in das Schlechte 
verzerrten Moral, die ihrerseits wieder niedrige Gesinnung und 
Mangel an Empfänglichkeit für bessere Antriebe zur Ursache 
hat. Doch habe ich anderweitig Derartiges wie die Darwinisteleien 



— 164 — 

bereits gebührend abgefertigt uad will hier meine Erklärungen 
aus den gemeinen Concurrenzvorstellungen, namentlich aus den* 
jenigen englischen Schlages, nicht wiederholen. 

4. Das wesentliche Erforderniss einer sittlichen Weltanschauung; 
ist dargethan. Der Grund der Dinge selbst muss als Charakter 
vorausgesetzt und erkannt werden. Der Ausdruck „moralisch" 
zeigt aber nur einen sehr bemessenen Begriff an, und wenn man 
ein anderes Wort zur Verfügung hätte, so würde man sich wahr- 
lich nicht mit derBenennung „sittliche Weltanschauung"behelfen. 
Auch im Menschenreich sind wir genöthigt, bei dem Wort Sitte 
an etwas mehr zu denken, als es unmittelbar besagt. Wir meinen 
nämlich alle Eigenschaften^ die zur Vortrefflichkeit gehören, und 
schliessen dabei beispielsweise die Schönheit nicht aus. Es ist 
vielmehr das Gute jeder Art, also überhaupt alles das in Frage, 
was einem Typus seinen Werth ertheilt. Die sittlichen Eigen- 
schaffen im engern Sinne des Worts sind, obwohl sie vor allem 
Andern in der Schätzung den Vorrang haben müssen, doch nur 
eine besondere Classe. Es ist nun nicht blos der engere sondern 
auch der weitere Sinn, in welchem das Fundament alles Seins 
als befriedigend und unsern bessern Antrieben entsprechend sich 
muss charakterisiren lassen, wenn es für uns achtungswürdig^ 
und maassgebend bleiben soll. Andernfalls geht das Bessere bei 
Menschen Angesichts der vorgestellten überwiegenden Schlechtig- 
keit des Alls der Dinge unter, oder es vereinsamt doch 
wenigstens und wird im Allgemeinen einflusslos bis zur Ohn- 
macht. Hier ist demgemäss keine Wahl. Entweder überliefert 
man sich dem angenommenen allgemeinen Bankerott und ergiebt 
sich in die vermeintliche Erbärmlichkeit des Weltgrundes und 
Weltcharakters, oder man schleudert alle Zumuthungen von sich,, 
die eine doppelte Moral und überhaupt ein doppeltes Werth- 
maass, nämlich eines für das grosse Ganze der Dinge und ein. 
anderes für die Menschenwelt aufrechtzuerhalten scheinen wollen» 
Beispielsweise werden alle Ideen über Gerechtigkeit hinfallig,, 
wenn sie nicht absolut verstanden und als im Ganzen des Seins 
gültig vorausgesetzt werden. Was hilft ein wenig von jener ober- 
flächlichen und dürftigen Gerechtigkeit, die sich auf den ersten 
Hinblick zwischen den Menschen zu vollziehen scheint, wenn 
diese nicht in Vorgängen eine Ergänzung findet, die tiefer liegen 
und weiter reichen als die gemeine und allen gemeinen Ab- 
lenkungen ausgesetzte Justiz! 



— 165 — 

Auch der Theil moralischer Gerechtigkeit, der sich ohne Justiz 
xind bisweilen über der Justiz oft genug sichtbarlich durchsetzt, ist 
bei Weitem noch nicht genügend, einem edleren Gerechtigkeits- 
bewusstsein genugzuthun. Was wir von der Geschichte kennen 
und wie wir sie bisher aufzufassen pflegen, ist noch lange nicht 
zureichend, um unsere edleren Geistesbedürfnisse zufriedenzu- 
stellen. Sogar der ganze Naturgrund, wie er gemeiniglich charak- 
terisirt wird, ist in dieser zerrbildlichen oder unvollständigen Auf- 
fassung nicht geeignet, die höheren Antriebe unseres Gemüths 
und Verstandes mit den Thatsachen ins Gleichgewicht zu setzen. 
Ist nun diese Disharmonie etwas Fundamentales, oder stammt 
sie nicht vielmehr aus dem Mangel an Vertrauen und rechter 
Richtung, wie sie bei der Auffassung von Geschichte und Natur 
im Spiele sind? Ich meine das Letztere* Nicht die Thatsachen 
sind so zwingend und trostlos schlecht; sondern der auffassende 
Mensch ist durchschnittlich so vertrauensleer und so baar aller 
-edleren Antriebe geworden, dass er nach der bessern Seite der. 
Dinge nicht mehr ausblickt und daher auch Nichts findet als das 
Spiegalbild seiner eignen Wüstheit. Was so sehr verletzt, sind 
nicht die nackten Thatsachen, sondern deren sittenwidrige Aus- 
legung. Die Thatsachen selbst würden noch immer einen bessern 
^Eindruck zu machen vermögen, wenn nicht schon mit ihnen 
zugleich die frivole Art, sie zu nehmen, an uns gelangte. Was 
-am übelsten berührt, ist oft nicht der Vorgang selbst, sondern 
die herzlose Art, wie er berichtet wird. Das grösste Uebel liegt 
meistens nicht in Thatsachen der Natur, der Geschichte und 
-des Privatlebens an sich selbst, auch wenn diese schlimm sind, 
sondern darin, dass die Auffassung gegen das Böse nicht reagirt 
-oder ihm wohl gar Beifall spendet. So ist ein Act der Un- 
gerechtigkeit an sich selbst bei Weitem noch nicht das grösste* 
Uebel, wenn ihm die Krone nicht noch dadurch aufgesetzt wird, 
dass ihm so ziemlich alle Welt beistimmt und das Unrecht zum 
Recht umlügt. 

Nicht darin liegt das ärgste Unheil, dass überhaupt Böses 
-existirt, sondern darin, dass der Schein entstehen kann, als wenn 
das Böse die höchste Sanction für sich hätte. Ein souveränes 
Böse, von absoluter Gültigkeit in der Welt, zu dem sich nie eine 
Vergeltung gesellte, wäre das Unerträglichste von Allem. Das 
Böse mag immerhin existiren, wenn es nur früher oder später zu 



166 - 



dem gelangt, dessen es werth ist. Bringt es sein eignes Schicksal 
im Sinne der Gerechtigkeit mit sich, so ist ihm der schlimmste 
Stachel genommen. Selbst das Teuflische kann immeihin eine 
"Wirklichkeit sein, wenn sich zu ihm nur auch der eigne Genuss 
der Hölle gesellt, die es durch sein Wesen selbst verdient und 
hervorbringt. Unerträglich für den Gedanken ist dagegen eine 
"Welt, der nicht ihr Recht widerfährt. Die innere Rache, die in 
den Dingen waltet, ist die Sühne für alles Böse, das in ihnen liegt. 
Wäre die Welt wirklich durch und durch vom Uebel, wie die 
erbärmlicben und lebensfeindlichen Aasichten, die sich auch unter 
dem Namen von Religionen tummelten, sie genommen haben, so 
hätte sie auch nicht eine Spanne Dasein verdient, die vom hölli- 
schen Selbstgenuss dieses Uebcls hätte freibleiben können. Ja 
auch noch jetzt, Angesichts einer erleuchteten und astronomiscU 
in das Riesenhafte ausgedehnten Weltansicht, würde man, falls 
man die Welt für verkehrt nähme, zugleich den Schluss auf ein 
trostliches Ende derselben machen müssen. Man würde um der 
Gerechtigkeit willen anzunehmen haben, dass die Natur vermöge 
ihrer eignen Gesetze Bewusstsein und Empfindung schliessUch zum 
Erlöschen brachte ; denn eine wesentlich nur auf Unheil angelegte 
Weit wäre nichts Anderes werth. Es läge in einem solchen Aus- 
gang eine Befreiung, auf welche das Bessere ein Recht hätte. In 
einer solchen Vorstellungsart, die ich hier nur als hypothetisch 
zur Erläuterung einer Wahrheit berühre, hätte das Unrecht der 
Welt einen weit geringem Stacliel, als wenn man an die sich 
aller Gerechtigkeit entziehende Souveränetät desselben glauben 
sollte. Ueber allen Missgebilden, die sich in das Dasein gedrängt 
hätten, waltete alsdann doch eine Macht, die von vornherein der 
Missschöpfung ihr Ziel gesetzt hätte. Das Sein selbst würde 
auch nach dieser Idee nicht pessimistisch gedacht. Es bliebe viel- 
mehr vertrauenswürdig; denn es hätte dafür gesorgt, dass nichts 
Verkehrtes sich ungemessen ausdehnen und zur alleinigen, all- 
beherrschenden Thatsache machen könnte. Was wäre es denn 
auch äussersten Falles so Ungeheuerliches, wenn eine missrathene 
Natur durch Erlöschen alles Empfindens zu etwas Aehnlichem 
gelangte, wovon sie ausgegangen ist? Alle Empfindung hat auf 
jeglichem Weltkörper irgend einmal angefangen. Es gab also 
einen Zeitpunkt, wo im ganzen All keine existirte. Was in einer 
entlegenen Vergangenheit denkbar ist, muss es auch für irgend 



— 167 — 

eine Zukunft sein können. Nur hat man sich zu hüten, dabei an 
andere Wege, als an die Gesetze der Wahrheit, Wirklichkeit 
und Natur selbst zu denken. Wer die Welteinrichtung wirklich 
verachten könnte, müsste darin seinen Trost suchen, dass er vor- 
aussetzte, dass dieser Einrichtung ihre Verurtheilung schon inner- 
lich mit auf den Weg gegeben wäre. Dem Gerechtigkeits- 
bedürfniss geschähe hiedurcli Geaüge, und es Hesse sich bei dieser 
Betrachtungsart der Dinge noch immer ein gewisses Gleich- 
gewicht des Gemüths finden. 

In der That wäre es zwar ein sehr entfernter und äusserster 
Trost, aber doch immer noch ein Trost, sich denken zu können, 
wie die Kraft der Wahrheit und Gerechtigkeit nöthigenfalls über 
ein von vornherein verdorbenes Weltganze zu triumphiren ver- 
möge. Erloschene So nnen und erloschenes Leben würden als- 
dann die gerechte Gr abesstätte einer verfehlten Natur werden. 
Es ist aber durchaus nicht noth wendig, dass sie dies bedeuten. 
Selbst wenn ein Erlöschen von Sonnen möglich wäre, was noch 
nicht nachgewiesen ist, so könnte so Etwas doch auch die Vor- 
bereitung einer andern Phase von neuem Leben sein. Wir wollen 
also hier nicht voreihge Perspectiven gutheissen, sondern haben 
nur ein Bild gebraucht, um anzudeuten, wie das Vertrauen auf den 
Grund der Dinge und dessen Gerechtigkeit auch dann noch Aus- 
wege finden würde, wenn selbst die ganze Natur im Lichte des 
Bösen erschiene, was glücklicherweise nur eine Täuschung der 
Religion, aber kein Ergebniss besser gearteter Auffassung ist. 

Da Alles, was wir als Missgeschick empfinden, eben in der 
Empfindung und im Gedanken liegt, also ohne diese beiden 
nicht bestehen könnte, so hat alles Uebel in der Welt einen 
Anfang. Vor der Aera des Empfindens und Denkens war die 
Natur, wenn wir den vorangehenden Zustand noch so nennen 
wollen, frei vom Gefühl des Guten wie des Schlimmen. Alles 
das, worüber wir uns freuen oder beklagen, bestand noch nicht, 
und dennoch war in dem damaligen Bestände der Keim zu allem 
Späteren schon enthalten. Es bestand keine Empfindung, aber 
wohl die Anlage dazu. Wie der tief Schlafende nichts fühlt und 
nichts vorstellt, aber durch Erwachen oder auch schon durch 
Regung von Träumen zu einem mehr oder minder lebhaften und 
deutlichen Gefühl und Bewusstsein übergehen kann, so musste, 
wenn auch immerhin die Vergleichung nicht in jedem Punkte 



168 



zutrifft, sich diR ursprüngliche Anlage zum Leben, die selbst noch 
nicht Leben war, verhalten. Ein solcher Zustand schloss Alles 
aus, was wir im Leben fliehen, und schloss Eines ein, was wir 
unter Umständen gar sehr suchen, nämlich vollständige Ruhe, die 
aber kein Tod ist. Freilich schloss er auch eines ein, was wir 
nicht unbedingt und nicht immer wollen oder doch wenigstens 
nicht schrankenlos wollen, solange wir noch bei Verstände uod 
Bewusstsein sind, nämlich die unaufhÖrhche Ruhe, die in ihrer 
Grenzenlosigkeit auch zwecklos ist. "Wir wollen die Ruhe nur als 
die Erholung von einer Ermüdung oder als die Befreiung von 
einer uns peinigenden Unruhe. Wo das Leben die Gestalt einer 
solchen lästigen Unruhe annimmt, da wird .selbst die Vor- 
stellung des Todes zu einem Gut; denn wir haben an ihm. die 
Gewissheit der Befreiung von der Unruhe und zugleich Etwas, 
was der Ruhe ähnlich sieht. Der nach dem WeUursprung hin 
rückwärts gekehrte Blick trifft aber auf etwas Tröstlicheres. Jener 
Urzustand ist die Büi'gschaft, dass ein Spiel des Lebens in den 
uns bekannten Formen nur eine bestimmte Production, aber nicht 
von allem Möglichen der vollständige Inbegriff ist. Hienach bleibt 
Raum für die volle Gerechtigkeit und zwar nicht blos für die- 
jenige, die sich gemeinerweise im Leben, sondern auch für die, 
welche sich am Leben und zwar am Leben in dessen um- 
fassendster Bedeutung vollziehen soll. Will man es durchaus, 
so kann auch zum Theil schon das Leben selbst mit seinen ver- 
schiedenen Eigenschaften als ein Richter über das eigne lieginneu 
angesehen werden. Doch genügt die Theilbetrachtung ebea nicht, 
und man muss den Gesammtverlauf bis in alle Zukunft mit- 
veranschlagen. In und gleichsam auch über dem Leben walten 
grund gesetzlich eNothwendigkeiten, die schon in jenemUrzusfande 
wurzelten, in welchem dasLeben noch empfindungs- und bewusst- 
los war, oder wo, wenn man es lieber so ausdrücken will, noch 
gar keine Lebensregung begonnen hatte. Jene grundgesetzhchen 
Nothwendigkeiten betreffen auch das Böse, welches in den Ent- 
wicklungsentwurf eintreten würde. Wäre dies Böse als etwas 
Unbedingtes direct und positiv gewollt, so wäre das ganze Sein, 
und nicht erst der bestimmtere Zustand, der Natur oder Welt 
heisst, verantworthch zu machen. Das Böse ist aber nur indirect, 
also eigentlich nicht es selbst, sondern nur seine Möglichkeit 
in die Welteinrichtung eingeschlossen, und es ist stets nur mit 



L 



— 169 — 

-der Zugesellung einer sich gegen dasselbe richtendenRückwirkung 
in den Lauf der Dinge eingeführt. Betrachtet man es künstlich 
für sich selbst und sieht über jene Rückwirkung, durch die es 
principiell als Thatsache verworfen wird, hinweg, so entsteht 
der falsche Schein, als wenn es in aller Glorie absolut waltete. 
"Was sein soll und nicht anders als sein kann, ist aber gleichsam 
nur die offene Thür zu allen möglichen Wegen und Abwegen. 
Wenn sich der Abweg nicht blos als solcher charakterisirt, 
sondern auch immer gleichsam an eine undurchdringliche Mauer 
führt, so sind diese Schranken hinreichend, um der Gerechtigkeit 
genugzuthun. 

5. Nachdem gezeigt ist, wie das Böse im Grunde der Dinge 
nicht als gewollt, sondern nur als unabtrennbare Mitgift der ur- 
sprünglichen Freiheit, also um der selbstgestaltenden Freiheit 
willen blos ermöglicht ist, kann bezüglich der Zuverlässigkeit und 
Achtungswürdigkeit des Seinscharakters kein entscheidender Ein- 
wand erhoben werden. In der Uranlage der Dinge und Wesen 
befanden sich selbstverständlich alle Möglichkeiten, und das that- 
sächliche Sichergehen in der Verwirklichung vieler dieser Möglich- 
keiten, ohne Ausschluss der Grenzüberschreitungen zum Bösen 
hin, heisst Natur oder Welt. Sich am Rande des Schlimmen be- 
wegen gehört unter Umständen zum deutlichen Innewerden des 
Guten. Das Schlimme ist aber an sich noch nicht das Böse. Es 
ist uns zwar auch verhasst, aber nicht in jener gesteigerten Art, 
in welcher wir uns gegen das Böse wenden. In letzterem ist die 
feindliche Absicht des Menschen gegen den Menschen oder über- 
haupt eines Wesens gegen das andere die kennzeichnende Haupt- 
sache. Bosheit bei Thier und Mensch ist eine natürliche Grund- 
gestalt des Bösen, und hier ist die unbegründete Absicht, Uebles 
zuzufügen, der entscheidende Umstand. Können wir also im Grunde 
der Dinge nicht eine Absicht finden, die auf das Schlimme hin- 
zielt, so ist auch kein eigentlich Böses darin. Immerhin mag es 
in den Theilelementen des ursprünglichen Seins als vertreten 
gedacht werden, wenn nur nicht der Gesammtcharakter des Seins 
darunter leidet. Als eine völlig gleichartige Einheit lässt sich der 
Urbestand der Dinge ebensowenig denken, als ihr heutiger Bestand. 
Es ist eine Vielheit relativ freier Existenzen und Gebiete, aus 
■ denen sich das umfassende Eine, welches den Gesammtcharakter 
-darstellt, zusammensetzt. Die Theile dieses Ganzen sind nicht 



— 170 — 

wie Glieder an einem Leibe, sondern wie sich selbständig rührende 
Wesen in einer durch Gesetze verbundenen Gruppe. Diese Viel- 
heit und Unterschiedlichkeit der Dinge und Wesen ist eine That- 
Sache, und man muss zur thatsächhchen Mannigfahigkeit der Ent- 
wicklungen auch im Ur- und Grundcharakter des Seins eine ent- 
sprechende Menge von Anlagen und Möglichkeiten voraussetzen. 
Dieser Seinscharakter selbst ist also kein leeres Nichts, sondern 
enthält das Gepräge der Natur, ja noch mehr in sich. Zu den] 
thatsächlichen Entwicklungen, die wir Natur nennen, muss noch 
im eigentlichen Sinne des Worts alles Mögliche hinzugerechnet 
werden. Andernfalls beengen und beschränken wir unsern Haupt- 
begriffauf dasThatsächliche.und dies wäre eine gradezu bornirende 
Verwechselung des weiten Reichs des Seins mit dem Verhältnis-. 
massig eng abgesteckten Gebiet der bereits wirklich gewordenea 



Der Ausdruck Natur ist der geeignetste, um das Ganze des 
Gewordenen zu bezeichnen. Ja er kann auch noch weiter dieneQj 
um denJnbegriff aller vergangenen und zukünftigen Zustände, aul 
die wir schhessen können, und die sich mehr oder minder gleich-^ 
artig an die uns bekannten Gegenwartszustände anreihen, durch 
eine einzige Vorstellung zu umfassen. In diesem Sinne ist Natur 
die Selbstdarsfellung des Seins in zeJtUcher Abfolge von V< 
gangen und in räumhcher Ausbreitung von Gebilden, Da nuifc 
aber, wie ich zuerst streng logisch deutlich gemacht habe, eia 
zeilhches Wechselspiel getrennt wahrnehmbarer, also auch zähl- 
barer Vorgänge, nach meinem Gesetz der bestimmten Anzahl, 
von der Vergangenheit her nicht als zahllos gedacht werden kann 
und mithin einen Anfang haben muss, so hat es auch eine 
Seinsart gegeben, die keinem zeitlichen Wechselspiel angehörte. 
Diese Seinsart muss von dem, was gewöhnlicherweise Naiut 
heissen kann, unterschieden werden. Auch ist es allenfalls voa. 
Verstandes wegen noch gestattet, vorauszusetzen, dass die Ur- 
vergangenheit, in die wir jene ursprüngliche Seinsart verlegen, 
durch das blosse Zeitverhältniss des Vor noch nicht vollständig 
zutreffend gedacht wird. Es darf zwischen ihr und allem Andern, 
auch an eine Art Rangverhältniss gedacht werden. Die Ent^ 
nommenheit vom Wechselspiel zeithcher Vorgänge ist einerseits 
etwas Höheres und andererseits etwas Unzulänglicheres. Ueber* 
legener gestaltet sie sieb, wenn man nur an den sich selbst gletchei 




— 171 — 

Zustand der Ruhe denkt und dabei bedenkt, dass die Unvoll- 
kommenheiten, die dem zeitlichen Wechselspiel anhaften, hier 
nicht obwalten. Als niedriger und selbst unvollkommener offenbart 
sich jener regungslose Zustand aber sofort, sobald man das 
Leben als Ziel ins Auge fasst und als die höchste Angelegenheit 
betrachtet. 

Manchem mag es bequemer sein, sich die Natur, wie zuerst 
die indische Ideologie that, als eine Art Traumdasein auszulegen. 
Bei dieser Fiction, in der viel Kindisches liegt, würde der Ur- 
zustand nicht mehr in einer Urvergangenheit, sondern gleichsam 
jeden Augenbhck hinter dem Rücken unseres Daseins und sozu- 
sagen hinter der Scene, in der wir selbst agiren, zu suchen sein. 
Meine Grundanschauung, die auch mit dem natürlichen System 
des bessern Völkerdenkens zusammentrifft, nimmt das Vor und 
Nach als Etwas, wovon man im Denken, wenn man ehrlich 
gegen sich selbst bleibt, nie loskommt. Jede vermeintliche Er- 
hebung darüber ist nur ein trügerischer Schein. Auch haben 
nur verstandesfeindliche Systeme, wie auch das Kantische eines 
ist, dieses Unmögliche möglich zu machen gesucht. Wir müssen 
daher also auch die Abwesenheit des Wechsels zeitlich vor dem 
eintretenden Wechselspiel denken. Die Zeit hat an sich mit dem 
Wechsel nichts zu schaffen; sie wäre auch, wenn nichts Unter- 
schiedenes aufeinanderfolgte. Eine Ewigkeit des ruhigen, sich 
selbst gleichen Beharrens in demselben Zustande ist an sich ohne 
Widerspruch denkbar. Ob Etwas bleibt, was es ist, oder ob es 
wechselt, — die Zeit bleibt dieselbe. Das Wechselspiel unter- 
schiedener und zählbarer Vorgänge ist nicht die einzige, sondern 
nur eine specielle Erfüllungsart der Zeit. Die letztere kann ebenso 
gut durch etwas Ruhendes und sich nicht Veränderndes erfüllt 
werden. Thatsächlich haben wir zugleich das Beispiel von 
Beidem; denn die wirkliche Erfüllung ist aus Bestand und Wechsel 
gemischt. 

Wollte man die Bezeichnimg als Natur gewöhnlichermaassen 
auf den Inbegriff alles Seins anwenden, so hätte dies zwei Nach- 
theile im Gefolge. Erstens ist man gewöhnt, sich unter Natur nur 
den Inbegriff des Bekannten und mit der thatsächlichen Forschung 
Erreichbaren vorzustellen. Dieser Naturbegriff ist daher ohne 
Abschluss; er grenzt an Etwas, was nicht nur thatsächUch un- 
erreichbar ist, sondern auch nicht einmal als möglicherweise 



■eireichbar gedacht werden kann; denn der letzte Urzustand isi 
durcli Forschungsrubriken nicht zu charakterisiren. Nur dei 
Denken ist seine allgemeine Existenz gewiss, aber auch nicht da» 
nähere "Wie dieser Existenz zugänglich. Der zweite Uebelstaarf 
■des Ausdrucks Natur liegt darin, dass er in allen Sprachen, welche! 
feiner unterscheiden, weibÜch, also nicht geeignet ist, jene höher* 
Vollkommenheit anzudeuten, die im Gruad Charakter des SeinS' 
nicht fehlen kann. Kommt es darauf an, die Ueberlegenheit de»' 
Bewussten über das Bewusstlose zu markiren, dann mag dep 
Mensch das, was ihn umgiebt und aus dessen Schooss er hervor- 
gegangen ist, immerhin Natur nennen. Das Wort und alle sicÖ 
■daran knüpfenden Begriffe lassen uns aber im Stich, wenn es gilt, 
die würdigste Vorstellung vora Grund Charakter des Seins aucbf 
sprachlich angemessen auszudrücken. Namentlich versagt dw- 
überlieferte Sprachschatz, wenn populär und doch zugleich wa 
geredet werden soll. Das Wort Gott ist mit dem Aberglaubi 
so innig verwachsen, dass es sich, wo ehrlich verfahren werden soUj| 
:zur Bezeichnung des fraglichen Grundcharakters des Seins ohiii 
Irreführung nicht brauchen lässt. Der Judäer Spinoza beschönigte 
einen solchen Missbraucb, indem er so Etwas „nach der Fassung»^ 
kraft des Volkes reden" hiess. Es heisst aber in Wahrheit, 
Volk glauben machen, dass man seinen Aberglauben theile. Es 
heisst, den gröbsten Vorstellungen Thor und Thür öffnen, wena 
man die Wtirter braucht, bei denen jene durchschnittlich auf- 
tauchen. Mit dem Wort Seele verhält es sich ebenso: es isi 
Termöge der gewöhnlichen Vorstellungen, die sich daran bei Jeder-J 
mann knüpfen, unbrauchbar geworden, das geistige Wesen voö' 
Mensch oder Thier ohne Fälschung der Begriffe zu bezeichnen.' 
Die dichterische Freiheit ist es allein, die vermöge ihrer Verlegeon 
heit um sprachliche Mittel, Bilder und mannigfaltige Ausdrücke'' 
halb entschuldigt werden mag, wenn sie sich in diesem falschen,! 
wahrheifsverrätherischen Wörterspiel mit behaglichem Luxus ef" 
■geht. Aber auch an sie wird die Reihe kommen, das abzulegen, 
was auch nicht mehr für Kinder passt, die man redlicherweise' 
und nicht mit unnützen Lügen aufziehen will. Nur der eigen- 
nützige Betrug hat ein Interesse daran, jene zweideutigen Wen- 
dungen und Schleichwege zu benutzen. Nur dem Betrug kanfl' 
■daran gelegen sein, die Fassungskraft des Volkes zu degradiren- 
und mit falscher Münze zu verwirren. 



I 



— 173 — 

Sagen wir »das Gesammtwirkende**, so ist dieser Ausdruck 
2 War etwas schleppend, hat aber doch wenigstens denVortheiU 
^^nen klaren verstandesmässigen Begriff an die Stelle zu setzen, 
Wo sonst entweder der Aberglaube oder eine hohle Nuss oder 
auch beides zusammen sein Wesen treibt. Weltgrund, Welt- 
fuxidament, Naturgrund, Allwirkendes sind ebenfalls mögliche 
Bezeichnungen. Nur vor dem Ausdruck „Geist" hüte man sich 
ebenfalls; denn man wird sonst bald mit irgend einer Art des 
^^ropäischen Spiritismus auf gleich niedriges Niveau zu sinken 
scheinen, d. h. irgend einer Philosophastrik Vorschub leisten. 
'^U.ch im neuen Testament heisst es schon, Gott sei Geist, oder 
^^ch, Gott sei die Liebe und dergleichen mehr, was viel zu viel 
^^ch unklarer Philosophie schmeckt, als dass es für wirklich 
■^ixisichtige maassgebend sein könnte. Uebrigens sind die neu- 
^^^tamenthchen, sowie auch die prophetisch und visionär mysti- 
^^Vien Auslassungen der Bibel überhaupt nichts weniger als 
^^^ptdär. Sie sind weit unklarer und unvolksmässiger als irgend 
-■^Xie der gesunderen Arten der Philosophie gerathen. Man brüste 
^ch also nur nicht mit den alten schriftstellerischen Erzeugnissen 
^^s Juden Volks, als wenn diese es herausgehabt hätten, sich 
^ ^Dlksverständlich auszudrücken. Die Theologen haben keine Ur- 
'^che,. auf Deutlichkeit der Begriffe Anspruch zu machen. Sie 
^^^agen noch Einiges dazu bei, Wörter, wie Gott, im Umlauf zu 
^^ rhalten; aber wenn man von grob abergläubischen Vorstellungen 
^^bsieht, so fehlt es bei diesen Wörtern an zugehörigen Begriffen, 
^^s sind Laute von conventionellem Gebrauch, aber ohne deutlich. 
denkbaren Inhalt. Am interessantesten ist aber die Thatsache, 
^ass die religiösen Urkunden, die man dem Volk in die Hände 
gegeben hat, im Wesentlichen auch nicht deutlicher sind,, als 
verworrene Philosophien. Nur Einiges ist darin naiv, dann aber 
auch vom fgröbsten Gespinnst. Was feiner zu sein versuchte, 
wie einige neutestamentliche Lehren, ist dafür auch dunkel genug 
gerathen oder gradezu in philosophirerische Unbegriffe trübster 
und unsicherster Art ausgeschlagen. Die homerischen Dichter 
konnten wirklich naiv sein; denn im Gebiet geschmackvoller 
Bilder von unbefangen sinnlicher Artung bleibt Alles verständ- 
lich imd durchschaubar. Die Versuche zu religiösen Grundschriften 
sind aber auch bei andern und bessern Völkern als den Juden 
in das Gestaltlose verfallen. Die indischen Urkunden haben einen 



gewaltig bessern Sinn und Geist als die jüdischen; aber auch 
sie sind, wenn auch von dem Bessern nicht so weit abstehead, 
so doch auch in das Unklare und zerfliessend Philosophirerische 
gerathen. Die Juden haben nur noch den Umstand voraus, t 
das, was bei ihnen zerflossen hin und her trieb, von vornherein 
etwas Eckiges und Abgebrochenes war, so dass schliesslich die 
unschönen Stücke wie in einer sumpfartigea Masse zerstreut und' 
mosaikweise durcheinandergewürfelt waren. Wo die Dinge so 
stehen, kann man nicht von volksverständlichen Begriffen reden' 
und überhaupt nicht den Anspruch erheben, dass WOrter und 
Begriffe sich nach solchen Mustern auf einem niedrigen Niveau 
halten sollen. Die Volksmässigkeit ist grade dort verfehlt, und! 
■die Aera besserer Völker und reiferer Bildung wird eher dat 
Zeug dazu haben, die richtige Wörter- und Begriffsmünze, die! 
allgemeine Währung werden kann, auszuprägen und in Umlauf 
zu setzen, als das an Verstand und Gemüth vernachlässigte; 
bornirt eckige Judenvolk. Um also auf den Ausgangspunkt 
zurückzukoramen, so ist der Ausdruck Grund oder auch Grui 
und Boden der Dinge weit besser als die Silbe Gott; denn mi 
■weiss doch deutlich, worauf man hier fusst. 

6. Verstand und Gemüth der neuern Völker sind es, für 
■welche der Grund und Boden der Dinge in einer bessern Weise, 
als jemals früher, charakterisirbar und in seiner Einrichtung' 
durchschaubar werden muss. Der Naturgrund hat einen Charakter? 
aber dieser Charakter ist nur für einen verwandten Charaktei 
wahrnehmbar. Diese Wahrnehmung geschieht durch Verstaodi 
und Gemüth zugleich. Wird das Gemüth, d. h. der InbegrifTder 
edleren Gefühle und Erregungen, verstandlos, so tappt es im 
Dunkeln. Wird aber der Verstand gemüthlos, so geräth er leefi 
und kahl. Es fehlt ihm alsdann an jedem höheren InteressCi 
sich in die Beschaffenheit und Einrichtung der Gesammtweli 
zu vertiefen. Was wir Deutsche im engern Sinne Gemüth nennen, 
und wofür die Franzosen in ihrer Sprache kein Wort habea, 
ist nichts als eine eigenthümliche und bessere Artung gewisser 
Charakterregungen nach Seiten der Empfindung. Das Treuherzig* 
und zwar in allen Beziehungen hat dabei den Haupianiheil, Di< 
Sinnes- und Gefühlsweise ist von diesem Element durchdrungen? 
sonst fehlt das, was in beschränkterer Haltung Gemüth lichkdt 
heisst, in edlerer und höherer Gestaltung aber Gemüthshaftigkeit 




— 175 — 

heissen könnte. In entschiedeneren Angelegenheiten, die sich 
nicht im Kleinen bewegen, ist es nicht die gut- und frohlebige 
Gemüthlichkeit, sondern die ernste und tiefe Gemüthskraft, auf 
die es ankommt. Die Gemüthskräfte umfassen alle Regungen, 
mag es sich um Liebe oder Hass, ja auch überhaupt um die 
Leidenschaften handeln. Das Gemüth ist gleichsam ein Sammel- 
wort für die Regungen des Muths und Unmuths, der Genug- 
thuuDg wie des Zorns u. dgl. Es is^eine Abkürzung für vielerlei 
Afiectionen, kann aber bei den bessern und besten Völkern 
Artungen und Bestandtheile enthalten, die bei den schlechteren 
nicht vorkommen. Eben hiedurch erhält es jenen engern Sinn, 
der uns Deutschen und überhaupt den germanischen Völkern am 
vertrautesten ist. Ohne diese besondere Artung von Gemüth 
würde es an jenen Eigenschaften fehlen, die, wie Freiheit, Ver- 
trauen, Gerechtigkeit und Treue, als thatsächliche Grundbestand- 
theile der besten Artung des Völkergeistes hingestellt werden 
konnten. 

Ueberträgt sich nun Verstand und Gemüth der bessern 
neuern Völker in die Auffassung des Weltganzen, so wird der 
Grund und Boden der Dinge in einem Lichte gesehen, welches 
noch andere als die physikalischen Eigenschaften sichtbar macht. 
Wenn ich sage, physikalische Eigenschaften, so meine ich damit 
zugleich alle, die in einer gesunden Naturwissenschaft in Frage 
gekommen sind oder noch kommen können. Hierin liegt das 
Wirkliche, wobei sich von selbst versteht, dass auch der Mensch, 
und zwar vor Allem mit seinen unmittelbar von Innen wahr- 
nehmbaren Bewusstseinseigenschaften, als Theil der Natur in An- 
schlag zu bringen ist. Der edel geformte Verstand mit dem zu- 
gehörig entsprechenden Gemüth hat Sinn für das Verstandes- 
mässige und wohlthätig Gefügte der Dinge. Diese Bewusstseins- 
kräfte und Bewusstseinsformen machen zuerst die nothwendigen 
bessern Voraussetzungen über das Gefüge des Weltfundaments 
und sie bestätigen sich alsdann diese Voraussetzungen durch 
immer eindringlichereForschung. Man kann jene Voraussetzungen 
zunächst als einen Glauben betrachten, der seiner selbst im All- 
gemeinen gewiss ist, sich aber durch Umschau und Untersuchung 
aus blosser Zuversicht in bestätigte Gewissheit und Wahrheit 
verwandelt. So hatte Copernicus zunächst den Glauben, das 
System der Natur müsste einfach und harmonisch sein, nicht 



176 



aber verzwickt und verschroben, wie es die verlehrten Astro- 
nomen darsteJlten. AehoUch stellt sich die Sache auch mit allea_ 
andern Beziehungen. Die Lebensfeindlichkeit und Verschroben- 
heit religiöser Welterklärungen sind auch nichts als Abirrung;eQ. 
zu Zerrbildern, für welche schlechte Sorten von Verstand und. 
Gemüth die Verantwortlichkeit tragen. Die bösen Leidenschaftea 
und deren Rückschläge haben sich bei dea schlechteren Racen. 
und namentlich bei den Jui4«n noch mit einem beschränktet!. 
Verstand gegattet gefunden, welcher blosser Thierpfifiigkeit näher 
steht, als eigentlich menschlichen Erkenntnisseigenschaften. Dieser 
eckige, kurzsichtige Thierverstand hat auch die Natur und dea 
Naturgrund, und zwar nicht blos in deren religiöser, sondern, 
auch in jeder andern Auffassung, zu argen Zerrbildern entstellt. 
Kommen nun die bessern Völker mit ihrem höheren und weit- 
sichtigeren Verstände, so zeigt sich die Welt nicht mehr in zerr— 
bildlichen Formen, wie sie von der Religion und dem Asiatismus 
ausgingen, sondern in ihrer harmonischen Wahrheit. Es ist als- 
dann, wie wenn an die Stelle eines mangelhaften und miss- 
gestalteten Sehorgans, welches uur Verzerrungen spiegelt, ein; 
vollkommenes Auge getreten wäre. 

Ein zweiter Hauptpunkt bleibt aber der Gebrauch, der vool 
dem Sehmittel gemacht wird. Wo es uur dazu dient, der rohesten, 
und boshaftesten Gier die Beute fmden zu helfen, wie dies bei, 
den verderblichen Racen der Fall ist, da wird es schon durch 
diese Aufgabe auf das Gemeinste zugerichtet und lernt nie, naclt 
etwas Edlerem zu blicken. Der Verstand bleibt auf diese Weis 
in dieselbe Niedrigkeit und Beschränktheit gebannt, der auch' 
die missgestalteten Triebe und Leidenschaftea frühnen. Im* 
Gegensatz hiezu ist auf der Grundlage eines edleren Gemüths« 
auch eine höhere Entwicklung der zugehörigen edler angelegteit 
Verstandeskräfte mögUch. So entstanden die bessern Grnndlagei 
für einen verhältniss massig hohen Grad von Wissenschaft und.' 
Kunst bei den Griechen, und noch bessere Fundamente schafft: 
sich das aufwachende Selbstbewusstsein moderner Völker in dea 
neuern Jahrhunderten, Noch mehr muss sich dieser heilsamaä 
Vorgang steigern, wenn der wahre Grund erkannt und ergriffeit 
wird, aus weichem alle diese Schaffenskraft stammt. Alsdann, 
wird auch die ganze Weltanschauung mitumgeschaffen, untt 
hiezu ist nichts weiter nöthig, als dass die modernen Völberf 



— 177 — 

lernen, nicht blos in einzelnen Richtungen, sondern überall ihr 
eignes Auge zu brauchen, anstatt durch die Brille verderblicher 
und beschränkter Racen zu sehen und deren alte Visionen zu 
begucken. Nebenbei bemerkt, muss das eigne Auge auch da 
eintreten, wo eine Zeitlang durch die Brille, wenn auch besserer, 
so doch abgestorbener Völker, wie der Griechen, gesehen wurde. 
Das neuere Völkerauge reicht überall zu. Wie die Nationalitäten 
mit ihren lebendigen Sprachen seit einigen Jahrhunderten an- 
gefangen haben, sich geltend zu machen, so müssen sie zur 
eignen Sprache auch sozusagen die eigne Religionsform heraus- 
kehren. Sie müssen die Lebens- und Weltanschauung aus ihrem 
Fleisch und Blut schaffen, wie sie die Sprache und einen erheb- 
lichen Theil der Wissenschaft und Kunst daraus bereits sichtbar 
genug gestaltet haben. 

Wendet man die ebengemachten Erinnerungen auf den 
Grund und Boden der Dinge oder, wenn man es lieber so nennen 
will, auf das Gesammtwirkende an, so ergiebt sich eine ebenso 
verstandesmässige als gemüthskräftige Einsicht. Die Erde mit 
Allem was sie hervorbringt, nebst den ausserhalb, namentlich 
in der Sonne liegenden Ursachen der Lebenserhaltung, sowie 
überhaupt einschliesslich aller Einflüsse, die aus der umgebenden 
Gesammtwelt stammen. — diese ganze Anlage und Einrichtung 
muss als wesentlich für den Menschen hergestellt, d. h. als mit 
seinem Wohl in Uebereinstimmung erkannt werden. Alles dies 
ist nur ein Theil im Universum, aber darum nicht Nichts und 
verschwindend, sondern von positiver und zwar für uns specieli 
von praktisch entscheidender Erheblichkeit. Das Uebrige, was 
ausserhalb unseres Systems liegt, reicht zu uns augenscheiiilich 
nur mit Einflüssen zweiter oder niederer Ordnung. Wohl aber 
erweitert dies Ferne und praktisch in der Hauptsache Fremde 
unsere Einsicht. Ebenso ist der Rückblick in die Zeit auch da, 
wo die Schlüsse über das empfindende Dasein zurückreichen, 
wohlthätig sowohl für die Abgrenzung als auch für die Ver-* 
vollständigung unserer Grundvorstellung. Eine leere Ewigkeit 
erweckt keine Theilnahme ; nur eine erfüllte Zeit vermag dies. 
Ebenso würde es sich mit einem unerfüllten Räume verhalten; 
die Erfüllung oder Erfüllungsart ist es, was auch hier interessirt, 
und diese ist begrenzt und in ihren Einzelheiten, wenn auch 
nicht thatsächlich zu zählen, so doch nothwendig als zählbar zu 

Du bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 12 



— 178 — 

denken. Die so aufgefassle Welt zusammen mit ihrem Fundament 
als ein einziges Gebäude gedacht, welches viele Wohnstätten 
hat und dessen Grundpfeiler in den früher bezeichneten Vor- 
zustand der Natur hineinreichen, ist nun in ihrem Sein zwar in 

• 

letzter Zergliederung durchgängig und überall Mechanik; aber 
hiemit ist nicht ausgeschlossen, dass in dieser Mechanik sich 
alles das bethätigt, was Verstand und Gemüth an Erfordernissen 
voraussetzen, um ihre Eigenart in der Einrichtung der Dinge 
wiederzufinden. Wirkliche Umschau und Nachforschung bewahr- 
heitet die Vorwegnahmen der bessern und verständigeren mensch- 
lichen Wünsche. Wir werden dem Weltfundament gegenüber 
zwar als Personen, aber nicht wie von einer Person afficirt. 
Letzteres würde in die alte falsche Gottesannahme der Religion 
wieder ablenken. Verstand waltet in den Dingen, aber nicht wie 
in einem Hirn oder von einem Hirn aus. Es ist kein spiritis- 
tischer Geist in die Welt hineinzudichten; die Materie ist das, 
als was sie sich uns nach der gesunden sinnlichen und verstandes- 
mässigen Auffassung darstellt. Der Lauf der Dinge hat kein 
Doppelgesicht; nur ist eben in dem Spiel von Stoffen und Kräften 
mehr angelegt, als blos physikalische und ähnliche Wirkungen. 
Es sind nämlich noch die Wirkungen, die zum Menschen hin- 
führen und diesen befriedigen, also alle wohlgefügten Beziehungen 
zwischen dem Nichtempfindenden und dem Empfindenden. Es 
ist nicht blos Verstand, sondern es ist auch Theilnahme für das 
Gemüth empfindender Wesen in der Einrichtung der Welt, und 
diese Wahrheit reicht weiter, als jemals die Griechen vorgedrungen 
sind. Die neuern Völker treten hier mit ihrem edleren Gemüth 
ein und sehen den Weltgrund im Lichte ihrer eignen edleren 
Triebe. 

Das AUerverkehrteste wäre, in der ausserlebendigen Welt, 
also für unsern Planeten in alledem, was nicht Mensch, Thier 
oder Pflanze ist, Etwas suchen zu wollen, was den Lebenskeimen 
• gliche. Obwohl feiner geartet, erscheint es für die unbefangene 
Würdigung doch als ein entschiedener Aberglaube, vorauszusetzen, 
es könne sich aus blossen physikalischen, chemischen und ähn- 
lichen Kräften das Lebendige ergeben. Würden alle lebendigen 
Einzelwesen auf dem Planeten vernichtet, so wäre es dort über- 
haupt für immer mit dem Leben aus. Von Neuem würde nichts 
entstehen, falls nicht anderwärts her sozusagen neue Samen 



— 179 



lebendiger Dinge dazukämen. Auch in der Urvergangenheit 
haben wir keinen Anhaltspunkt, eine Urzeugung in dem Sinne 
zuzulassen, dass aus der gemeinen Materie, den physikalischen, 
chemischen und ähnHchen Kräften ohne Typuskeim, der sich in 
bestimmten Theilen der Materie fand, ein lebendiges Wesen 
hätte hervorgehen können. Es ist sogar ein Denkwiderspruch, 
das Unlebendige für zureichend zu halten. Lebendiges aus sich 
herauszugestalteo. Die Wege der Fortpflanzung sind sicherlich 
nicht die einzig mögUchea des Bestehens des Lebendigen; aber 
eine Urzeugung, woher sie auch gekommen wäre, im Sinne 
ursprünglichster Entstehung des Lebendigen ausdemUnlebendigen. 
ist ein logischer Widersinn, Das Wechselspiel der sich ablösenden 
Generationen kann nicht in alle Ewigkeit rückverlängert werden; 
aber die Anlage zum Leben tnuss in bestimmten, unterschiedenen 
Iheilen der Materie residirt und kann, nicht jeglicher Materie 
beigewohnt haben, Gesunde Auffassung und richtige Rückschlüsse 
leiten uns nie darauf, dass blosse Zustände, welche die aUgemeine 
Materie physikalisch, chemisch und in verwandter Weise, etwa 
durch Wärmeveränderungen, annehmen kann, zum Leben führen 
könnten. Heute in den unorganischen Stoffen und Kräften das 
pflanzhche und thierische Leben finden wollen, heisst in der 
Materie an Gespenster glauben und einen Spiritismus der Materie 
aufrichten. Eine Urzeugung in solchem Sinne ist Gespenster- 
glaube. Der gesunde Sinn wird den Wegen nachgehen, wo sich 
Leben und Bewusstsein in der Natur wirklich findet, und danach 
bemessen, wo es sich auch ursprünglich gefunden haben kann 
oder in irgend einer Zukunft mag finden können. Es noch 
anderswo suchen, als in den lebenden Wesen, in ihrer Nach- 
kommenschaft und in ihrem einstigen Vorzustande, wo sie sich 
als bewusstlose, zum Leben beanlagte Einzelelemeute innerhalb 
der sonstigen Materie vorfanden, — das Leben noch anderswo 
suchen, heisst zu unbegründeten Fictionen in das Reich erträumter 
Geisterchen überspringen. Wenn wir also vermöge unseres Ver- 
standes und Gemüths die ganze Einrichtung der Dinge als lebens- 
voll ansehen, so heisst dies nur, dass sie voll von Beziehungen 
ist, die dem Leben der lebendigen Wesen dienen. Diese Be- 
riehungsfüUe, welche die unlebendige Welt in ihren Theilen 
Unter sich und alsdann zu den lebenden Wesen zeigt, ist die 
Anzeige von Etwas, was weder denkt noch fühlt, aber derartig 





180 — 



tbälig ist, dass es den Gedanken und Gefühlen der iebendeu 
Wesen entgegenkommt. 

7. Noch weit mehr als in den Beschaffenheiten und Gesetzen 
der unorganischen Natur sind die Grundeigenschaften, die iq. 
umfassendster Weise erst vom neuern Völkergeisl erkannt werden. 
am äussersten Ende unserer planetarischen Gestaltenreihe, namlich'i 
in der Menschenwelt selbst, wahrzunehmen. Jedoch auch hier ist. 
nichts Anderes als Thatsachllches oder Naturgesetzliches in An.- 
schlag zu bringen. Auch wenn man die tiefere BeziehungsfüUe 
sucht, die in der Freiheit mannigfaltiger Gestaltungen obwaltet, , 
hat man sich zu hüten, dunkle oder gar mystische Wege voratis- 
zuselzen. Beispielsweise kann sich der Mensch setir wohl untec-| 
den Antrieben seines Gemüths versucht finden, in dem natur-ia 
geselzlichca Laufe der Thätigkeit von Dingen und MenscheaJ 
solche Beziehungen anzunehmen, die als eine Art Vorsehung zu ; 
gelten hätten. Namentlich schmeichelt es dem Einzelnen, sicii 
und sein Schicksal als den Zielpunkt solcher Beziehungen vor. | 
zustellen. Man vergesse aber dabei nicht, dass es immer nur' 
die erwünschten oder als heilsam gedeuteten Fügungen sind, die 
auf solche Weise von der menschlichen Selbstliebe und Eitelkeit 
zu Gunsten einer allerspeciellsten, ja individuell angepasstea 
Fürsorge für das eigne Ich ausgelegt werden. Wenn äusserlich 
hervorragende Männer, wie Napoleon 1, sozusagen an ihren Stero. 
glaubten, also annahmen, dass sie vor Durchführung ihrer Auf-« 
gäbe nicht fallen würden und gleichsam unverletzlich wären, sO' 
war dies ein Aberglaube wie jeder andere. Sie suchten nichfcii 
etwa in ihren Eigenschaften die Bürgschaft für den Erfolg, sondern f 
hingen sich da, wo dieser vom Zufall abhängig war, an einesu 
mystischen Glauben. Wer sich in den Kugelregen begiebt, kanan 
nie die Gewissheit haben, von keiner Kugel getroffen zu werden.,, 
Nur der eitle Aberglaube kann zu dem täuschenden Schein einer^i 
solchen Gewissheit verhelfen, und solcher Aberglaube ist niemalsii 
danach geartet, Angesichts des Verstandes lange vorzuhalten. 'Ji 

In der Vorstellung von einer Vorsehung liegt meist eine argei 
Unwahrheit, die das Erzeugniss falscher persönlicher Eitelkeitl 
ist. Es kann aber darin auch eine grosse Wahrheit liegen, fürd 
die freilich das Wort Vorsehung fast ebenso unpassend ist, wies 
für den Grund und Boden der Dioge das Wort Gott. Sucht Jnami 
pämlich die Fürsorge nur ia dem Lauf der Begebenheiten, wid 



— 181 — 

er sich vermöge der BeschaÖeaheit von Dingen und Menschen 
nach den Seinsthatsachen und Naturgesetzen gestalten kann oder 
müss, so handelt es sich nicht mehr um einen unberechtigten 
Aberglauben. Ausser der allgemeinen Fürsorge, die in der all- 
gemeinen Beziehungsfülle von Dingen und Menschen liegt, darf 
nicht blos, sondern muss sogar eine dem Einzelnen zugewendete 
Fürsorge angenommen werden, und diese lässt sich durch näheres 
Zusehen auch erfahrungsmässig bewahrheiten. Sie liegt nämlich 
ganz einfach in der individuellen Ausstattung, die jeder Einzelne 
an Eigenschaften und naturgesetzlichen Nothwendigkeiten in sich 
trägt. Der Starke ist auch stärkerer Empfindungen fähig, in Lust 
wie in Schmerz; im Schwächeren kann niemals dieselbe hoch- 
gradige Spannung der Gefühle entstehen, und ihm wird daher 
auch an Schmerz keine so peinvolle Sprosse der Stufenleiter 
zugetheilt. Ehe letzteres geschieht, erlischt bereits die Empfindung, 
so dass also die Skala je nach der Nervenkraft weiter oder enger 
bemessen ist. Der Boshafte erbost sich bei jedem Anlass weit 
mehr, als unter gleichen Umständen der Gutmüthige. Hierin 
l^ann man eine innere Naturgesetzlichkeit oder Rache erblicken ; 
denn der Boshafte hat da, wo er sich nicht nach Herzenslust 
auslassen kann, seine Bosheit selbst zu verschlucken, und er wird 
unter Umständen vor Aerger fast crepiren. Jedoch auch da, wo 
^^ seine Bosheit auslassen und Andern Schaden zufügen kann» 
Weibt er noch immer im Selbstgenuss seiner widerwärtigen 
^ff^ction; denn es ist für Bestie und Mensch kein angenehmer 
^^tand, sich zu erbossen. Auf die Auslassung der Bosheit von 
•fallier und Mensch kommen aber gemeiniglich die Rückschläge, 
und wo diese im einzelnen Fall ausbleiben, wird früher oder 
später bei andern Gelegenheiten etwas Gebührendes eingeerntet, 
s^ dass gleichscmi ein Aufessen und der Genuss der eignen 
^^Ixlechtigkeit, sei es nach innern, sei es nach äussern Gesetzen, 
J^^inem Wesen erspart bleibt. Das bessere Gemüth trägt aber 
^^ sich selbst sozusagen die Vorsehung, d. h. die Vorkehrung, 
^^ss es von Allem auch besser erregt, werde und den Lohn 
seiner eignen Beschaffenheit in den Regungen finde, deren es 
ia.hig ist. -Für das bessere Gemüth giebt es daher auch nicht 
^i^ Religion der Schlechten, deren gerechter Fluch darin besteht, 
^^^h Götter nach dem Ebenbilde des eignen niederträchtigen 
■^^rzens denken zu müssen. 



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rigfäinsi. üt fmr SLine ^u. inrnfn-. riier Trre seilst ie Sice r^ 

311 ienr '?arg!T, tfhs jmse: :iiis 2=c lacrr ans seit tttttl -rmf iesen 
VoTsteilniig: snt ms -snen: Iffoeüs^^rrüffü Hlminck: nmcrm W5e irr 
la ^axfiur iniiem Msiscaett ±agiinemiiiai. nai wie .ms 21L ^eiueni 
Enjpfleit ^fcgjKi ^ein: TiiHin. eaenscr krJrmerr wir uaciL ar caen 
5rrrsE»üi ' janzen ier Seuxsangjeiegiemeiien: -ränggn. Wrc k-jirnen 
3fi»§pnibi out lern: •^nmttoderr. was mehr niser S?ihsc isc :mrd 
inerzmi Teniir -e-ie -tchie Mit ein p iTut hing: ierm üe Sabstüece 
wäns hier -sit ^anz sdrlechtes Fruicn- Aiicii oicrir einrngi dstrf 
i<j Etwas mt oer Salbsdieüe T^rsiichäi 7aer iorca: se vanrntteit 
^pdacht wemen. Wie ;ede wahre Sßtempiihdung: für üe Fremfe 
jnd iea Scamerr Aauwsr mt ient eigtter Interesse omi Scfmrit- 
-^ mcins za scoailen aaaen and oiciir iauurdi emsrmeit darf. 
•iass- man sich an üe Steile ies Andern ienkr» anstatt g:iechsam 
'ien Andern, für sich umnteressrt, selbst m denken. — wie also 
hier <iie natürliche Tl"n?ache des Mitgenihis dadurch wirkt; d^ss 
hienrit der Xensch vom Eigeninteresse laskommt; so ist auch 
für den Kemcharakier sjder das Gute im ixniverseilfin Sam sym- 
pathisches \'erstununiss und Geiühi nur dadurch mo^ch. dass 



— 183 — 

dessen Eigenschaften, nicht aber unsere Angelegenheiten, uns 
erregen. 

Das Gute und das Harmonische im Sein, sowie die wahren 
Auffassungen davon müssen uns ganz wie etwas ausser unser m 
Ich Gelegenes erregen; sonst verfallen wir in eine Selbsttäuschung. 
Von unserm eignen Selbst können und brauchen wir nicht, als 
wie von einem Gegenstande, besonders afficirt zu werden. Hier 
sind wir Etwas, während wir sonst nur wahrnehmen und be- 
trachten. Was wir aber sind, wurzelt zwar im tiefsten Grunde 
aller Dinge, ist aber nur eine zeitweilige Darstellung, die in be- 
stimmten Vorgängen besteht und mit der Lebensflamme erlischt. 
Eigentliche Wirklichkeit hat daher die Gemeinschaft unseres Seins 
mit dem Kerncharakter aller Dinge erstens nach Seiten jener 
Wurzeln hin, die in die Urvergangenheit reichen, und zweitens 
vermöge der Lebensreize, die uns durch die Naturkräfte und 
vom übrigen Menschendasein her zukommen. Dies Alles ist 
keine ideelle, sondern eine materiell wirkliche Gemeinschaft mit 
Elementen des Ganzen der Dinge. Dagegen ist jenes Mitgefühl 
und erweiterte Verständniss, ja jeder Sinn für das Gute und 
Grosse im Sein etwas Ideelles und bringt daher auch eine ideelle 
Verbindung, d. h. eine Verbindung durch Gedanken und Ge- 
fühle mit sich. Aus Gedanken und Gefühlen besteht aber auch 
der Kern unseres Lebens ; alles Bewusstlose ist nur Staffel für 
das Bewusstsein. 

Mit der Zukunft hängen wir auch auf materielle Weise 
zusammen; die Vererbung von Eigenschaften des Hirns imd 
Herzens, ja die Uebertragung von Neigungen des Gefühls und 
Gewohnheiten des Denkens, selbst mit Ueberspringung von 
Zwischengenerationen, auf spätere Generationen, zeigt, wie im 
Samen eine Wesensfortsetzung in allen Beziehungen angelegt ist. 
An dieser Beschränkung der Sterblichkeit sollten die Menschen 
wahrlich genug haben; denn blickt man auf die Fortpflanzung des 
Schlimmen, so ist es oft der einzige Trost und die einzige Genug- 
thuung, dass nicht blos Einzelne, sondern auch Geschlechter, 
Stämme und Völker erlöschen. Dieses Aussterben ganzer Typen 
ist auch, abgesehen vom Schlimmen, welches vernichtet werden 
muss, schon darum nothwendig, damit Gebilde von einem andern 
Gepräge Platz finden und die Welt nicht durch Eintönigkeit lang- 
weilig werde. Galilei sprach es mit Recht aus, dass diejenigen, 



— 184 — 

welche unsterblich zu sein wünschten, verdienten, in Fels ver- 
wandelt zu werden, dann würden sie derjenigen Dauer theilhaft 
werden, die um den Preis der Leblosigkeit zu haben ist. Das 
war ein Gedanke von vor circa drei Jahrhunderten, der sich 
inmitten eines ärgern Geistesdrucks, als der jetzt noch lastet, 
wenigstens in einer physikalischen Schrift, zu verlautbaren wagte. 
Heute müssen wir es uns zur festen Gewohnheit machen, daran 
zu denken, dass der Tod, indem er die Vernichtung ist, auch 
zugleich die Einrichtung ist, vermöge deren auch Befreiung von 
jedem Uebel winkt, und dass ein ins Unbeschränkte erweitertes 
individuelles Leben auch unter den besten Umständen zum Uebel 
werden würde. Nur eine kindische Auffassung, wie sie übrigens 
auch bei den Griechen aus Gefallen am Leben mit unsterblichen 
Götterpuppen spielte, wesentlich aber nur die asiatischen leben- 
verdüsternden Religionen, einschliesslich des Christenthums, haben 
den Tod zum grössten Uebel gestempelt. Die katzenhafte Zäh- 
lebigkeit der Judenrace, als sie sich auf das Jenseitige warf, hat 
vollends den Tod überwinden, d. h. zunichte machen wollen. Dies 
erklärt sich leicht bei einem Volke, welchem das blosse Leben, 
gleichviel wie es gerathe und um welche Erniedrigung es erkauft 
werde, über Alles geht. Das ins Transcendente übersetzte Juden- 
thum, welches vor seinem eignen gemeinen Dasein flüchtet, aber 
das ewige Leben, welches es im gemeinen irdischen Sinne anstrebte, 
nun für das Jenseitige conserviren will, hat sich in den betreffenden 
christischen Lehren ein Bild seines zähen Lebenstriebes gemacht, 
und dieses heisst christlicher Unsterblichkeitsglaube. Der letztere 
ist mit dem edleren neuern Völkerwesen auf die Dauer nicht ver- 
träglich; er ist ein Geschöpf eines besonders ausgeprägten Maasses 
von Selbstsucht. Dagegen ist das hingebende Mitgefühl, die 
sympathische Freude wie die sympathische Betrübniss, die sich 
auf Gutes oder Schlimmes in Gegenwart und Zukunft der Welt 
bezieht, ein gedankliches Band, welches den Einzelnen aus sich 
selbst herauszieht und ihn sich über die üble Seite des Sterbens 
im Leben selbst hinwegsetzen lässt. 

Die Griechen haben zwar den Tod nicht so düster und häss- 
lich gedacht, wie die Asiaten und speciell die Juden; aber sie 
haben die Unsterblichkeit der Götter noch als ein Ideal angesehen, 
und dies war noch eine verfehlte, ja kindische Vorstellung. Die 
wahre Fortsetzung des Lebens besteht in seiner völligen Neu- 




— 185 — 

^eit und Frische; so Etwas ist aber nur durch den Wechsel von 
J^eben und Tod zu haben. Aber auch ein solches natürliches 
^ortpflanzungsleben der Menschheit in sich gleichbleibender Weise 
^Q eine Zukunftsewigkeit zu verlängern, wäre wenigstens voreilig. 
^M- irgend einer bestimmten Zeit hat alles bewusste Leben auf 
^^xn Planeten angefangen. Heute müssen wir annehmen, dass, 
^^nn die einzelnen Wesen einst vernichtet würden, aus allen 
^t^rigen Naturursachen zusammengenommen, gleichviel unter 
^^^ Elchen Umständen die Kräfte wirkten, kein Leben wieder ent- 
^^hen könnte. Nur aus den belebten Theilen der Materie könnte 
^ hervorgehen, und da die Fortpflanzungsstoflfe mit den Einzel- 
esen vernichtet wären, so fehlte es an jedem Typuskeim für 
.ebendes. Entweder gehen also die Fortpflanzungen zahllos 
^^^»veiter, oder das Leben erlischt. Auch letzterer Fall, wenn er nach 
^^faturgesetzen eintreten könnte, hätte nichts Furchtbares, so wenig, 
j^ls es etwas Bedauernswerthes ist, dass eine ganze Ewigkeit der 
Tvergangenheit bestanden hat, in der kein bewusstes Leben, 
geschweige menschliches, verbanden war. Trotz Alledem bleibt 
^ür unser Mitgefühl in die Zukunft hinein noch ein weiter Spiel- 
raum, und selbst die problematische Hypothese eines etwaigen 
•^Gesammterlöschens des Lebens, so wenig positiven Grund wir 
auch thatsächlich zu ihr haben, würde uns nicht sonderlich anders 
•erregen als der Einzeltod; sie würde das Ueble, was sich zu ihr, 
wie zur Vorstellung des Sterbens, mit Nothwendigkeit gesellt, 
-durch die Zuversicht aufwiegen, dass nach solch einem letzten 
Act der Natur auch nichts mehr zu besorgen wäre. 

Zu welchen Ungeheuerlichkeiten des Denkens wir uns also 
auch wenden, so zeigt sich doch nirgend eine Perspective, die 
uns hinderte, das Mitgefühl für die Lebensdauer des mensch- 
lichen Gesammtgeschlechts in uns walten zu lassen und auf diese 
Weise da ideell an Allem theilzunehmen, wo die materielle Ge- 
meinschaft, die durch die Generationen hindurch stattfindet, nicht 
hinreicht, weil sie bei dem Aussterben der Familien, Stämme, 
•Geschlechter und Völker irgendwo abreisst. In irgend welchen 
Seitenlinien besteht sie von früher her fort. Niemand ist sicher, 
dass von ihm aus die Fortpflanzungen sich weiter fortsetzen; 
aber jede hat eine Reihe von Vorfahren, die bis zum ersten 
Lebenskeim zurückreicht. Denken wir uns also gleichsam in 
diesen ersten Lebenskeim zurück, so hatte dieser nicht blos eine 



— 186 — 

Reihe vor sich, die thatsächlich bis zu uns gelangt ist, sondern 
ausserdem auch noch andere Verzweigungen. Nehmen wir alle 
ursprünglichen Lebenskeime zusammen, so hatten sie gleichsam 
die Aussicht auf alle Reihen lebender Wesen bis in alle Zukunft 
hinein, so lange diese überhaupt noch Leben haben wird. Von 
dem Urstandpunkt aus ist also auch das materielle Leben durch 
alle Generationen hindurch gesichert, und es kommt nicht darauf 
an, dass die Fäden vielfach abreissen und abreissen müssen, 
wenn nicht eine ganz uaverhältnissmässige Menge von Wesen 
entstehen soll, für die unter Umständen der Raum fehlen würde. 
Uebrigens ist jene ungeheuerliche Hypothese eines allgemeinen 
Erlöschens des Lebens von uns nur in Anschlag zu bringen, weil 
sie zu den Neigungen der verwesenden socialen Elemente unserer 
Zeit gehört. Auch selbst Angesichts eines solchen Wahns aus 
dem Fäulnissfieber der absterbenden Bestandtheile unseres Jahr- 
hunderts lässt sich für das bessere Gemüth, selbst wenn es un- 
glücklicherweise diese schlechte Krankheit als etwas aus seinem 
Blut nun nicht mehr Ausscheidbares sich angesteckt hätte, immer 
noch ein Gleichgewicht finden. Ist dieses Gemüth noch nicht 
bis zur völligen Blasirtheit ausgehöhlt, so kann sein Rest von 
Kraft noch immer jenes erweiterten Mitgefühls fähig sein und 
sich, trotz des Alpdrucks einstiger universeller Todesperspective, 
noch immer an die gewaltige Dauer des dazwischenliegenden 
universellen Lebens halten. Ich rechne hier natürlich nicht mit 
gemeinem philosophastrischen Blödsinn, sondern nur mit astro- 
nomisch scheinbar motivirten Welterlöschungsaussichten. Für 
den, welcher energischerer Schlüsse fähig ist, sind universelle 
Lebenserlöschungsperspectiven, gelinde gesagt, eine Frivolität. 
Nicht etwa blos das Vertrauen des bessern Gemüths wird hiebei 
auf gebrechliche Gründe hin verletzt, sondern auch der umsichtige 
Verstand geht dabei in die Brüche. Es ist nämlich ein Wider- 
sinn, sich denken zu sollen, dass der Urgrund des Lebens, welcher 
nie entstand, sondern nur in die Fortpflanzungsreihen überging, 
sich einst gänzlich vernichten soll; denn mit dem Erlöschen des 
Lebens auf allen Weltkörpern würde von allem Ursein nur eine 
lebensleere Maschine übrigbleiben und alles Höhere, was je ge- 
wesen, sich komischerweise selbst verloren gegangen sein. Nur 
der Gespensterglaube könnte solches Höhere und Edlere noch in 
den organlosen Gattungen der Materie suchen wollen. Das Mit- 



— 187 — 

gefühl gesunder Gemüthskräfte hat daher eine bessere Welt- 
perspective. 

8. Das Gefüge der Dinge (ich brauche absichtlich nicht 
den abergläubisch gestempelten Ausdruck Fügung) kann auf den 
Einzahlen wie auf das Ganze bezogen und allen Interessen oder, 
besser gesagt, Bestrebungen dienstbar gedacht werden, die etwas 
Gutes einschliessen. Ebenso muss man jenes Gefüge sachlogisch 
als gegen das Verkehrte gerichtet denken. Ist demgemäss Etwas 
gut, so wird es vertreten sein und dauern, bis es etwa durch 
Besseres ersetzt wird. Die Individualität als solche hat kein 
ewiges Recht; ob es die besondere Gesammtgestalt der ganzen 
Natur habe, die wir kennen, lässt sich selbstverständlich nicht 
direct und affirmativ beweisen. Wohl aber sind es nur traum- 
hafte Gedanken, die an Stelle einer Welt ohne Ende ein etwa 
dem Urzustand zwar nicht gleiches, aber doch verwandtes Ziel 
voraussetzen möchten. Nur vollständige Verzweiflung am Dasein 
könnte in diese problematische Traumrichtung ablenken, und 
der einzig anständige Zug von Rechtfertigung dafür könnte nur 
der Sinn für volle Gerechtigkeit und Schicksalsausgleichung sein. 
Liegt diese Ausgleichung nicht im durchschauten oder später 
durchschaubaren Lauf der Dinge selbst, so muss allerdings so- 
zusagen im Bereich der Endlosigkeit eine dem gegenwärtigen 
Naturschema nicht völlig entsprechende Seinsgestalt gesucht 
werden, die sich aber stetig an das bekannte Naturschema des 
Lebens anreiht, ja sich gradezu aus ihm entwickelt. Für den 
Einzelnen nach dieser Seite hin den Tod in Frage bringen, habe 
ich zwar für einen zulässigen Traum, aber bisher nie als etwas 
Weiteres und Emstzunehmendes ansehen können. Um die be- 
sondere Individualität und Personalität könnte es sich auch aut 
Grund solchen Traumes nicht einmal handeln; denn auch dem 
Träumen sind hier Grenzen gesteckt, und dieses Träumen ist 
nur in dem Sinne verstanden, dass es mit dem übrigens Rationellen 
vertr%lich bleibt oder wenigstens damit nicht in nachweisbaren 
Widerspruch tritt. 

Eine nicht hinreichend definirbare Beziehung zum System 
des Seins, ich meine eine reelle Theilhaftigkeit und nicht blos 
eine ideelle Theilnahme, mag gleichsam in sachlogischen Träumen 
in Frage gebracht werden und das Gemüth Mancher ge- 
legentlich auch befriedigend beschäftigen. Allein eine Bürgschaft 



( 



- 19S — 

für irgend einen sachlogisch haltbaren Kern solcher Träume 
lässt sich nicht finden, und die Gefahr liegt nahe, an das Gebiet 
einer, wenn auch natürlicher gestalteten Mystik zu streifen. 
Letzteres ist aber immer der Tod klarer Erkenntniss und sicherer 
Geisleshaltung. Unbeleuchtet mag Vieles bleiben; aber das zu- 
nächst Dunkle soll nicht ein Deckmantel für die Einschmuggeluog 
mystischer Gedankenfiguren oder gar für das Treiben eines 
mystischen Figurantenthums werden können. Diesen falschen 
und trügerischen, wo nicht beträgerischen Wendungen haben 
wir stets unser WirkHchkeitsdenken entgegenzusetzen. Es gehört 
zum Ersatz aller Religionislik, dass Jedermann Anwandlungen 
jener Art nicht blos bei Andern sondern auch bei sich selbst 
bekämpfen, und dass er sich der gedanklichen Zumuthungen 
er«"ehrea lerne, die an der Grenze der Undenkbarkeiten, nämlich 
da, wo naturgemäss und sachlogisch speciell nicht weiterge- 
dacht werden kann, sich als ein Erzeugniss zeitweiliger Schwäche 
momentan geltendmacben mögen. Ausgerüstet mit den Mitteln 
der Kritik und bei ungetrübtem Geist wird der denkerisch ge- 
artete Mensch es nicht allzu schwer finden, jenen Regungen zu- 
reichenden Widerstand zu leisten. Die weniger im Entwirren 
des Gedankentruges Geübten müssen sich freilich nun einmal 
darauf verlassen, was sie bei den Geübteren als vorwaltend sehen, 
und hier kommt, soweit nicht Fähigkeiten und Beschaffung 
eigner Geübtheit später aushelfen, anstatt vollständiger Selbst- 
führung des Geistes nur eigne Geisteshaltung auf Grund fremder 
Präcedenz und fremden Antriebs in Frage. Hier beginnt die 
eigentliche Geistesführung im engern Sinne, wobei der sich 
leitenlassende Gedanke nur die eigne sonstige Erprobung und 
den eignen Eindruck der Zuverlässigkeit der fremden Geistes- 
haltung zur Bürgschaft haben kann. Dies ist aber kein sonder- 
licher, ja nicht einmal ein eigentlicher Uebelstand; denn die 
Functionentheilung im geistigen Verhalten bringt Mannigfaltigkeit 
der yVnlagen und Geschickhchkeitsgrade mit sich. 

Ist durt;h die Stärke im fraglichen Sicherwehren das Dunkel 
sozusagen traumfrei, so bleibt das Licht klarer Weltbetrachtung 
und denkerisch möglicher Seinserfassung als die einzig auf- 
hellende Macht vöfiig ungetrübt. Dieses Licht kann auch, so gut 
wie alles natürliche und künstliche Licht, für den allgemeinen 
Gebrauch dasein, wenn es auch nicht grade von allen denea, 





— 189 — 

die dadurch sehen, hergestellt wird. Die göttischen, seelerischea 
und individualisteladen Phaatasmen müssen aber nicht blos aus 
dem Bewusstsein verdrängt, sondern durch die analogen, aber 
richtig gefassten Begriffe ersetzt werden. Eine ungöttische Seins- 
und Weltvorstellung ist eineNothwendigkeit; allein es darf nicht 
die gewöhnliche Kahlheit daraus her\'orgehen , wie sie der 
liberalistelnden, meist sehr widerlichen Atheistik eigen ist. Ein 
Theil von dem Stigma, welches die Feinde der Aufklärung dem 
Wort „atheistisch" aufgedrückt haben, ist, freilich in einem Sinne,, 
der gegen ihren Willen verstösst, wirklich ein bischen Wahrheit. 
Was nämlich wir wollen, wird von ihnen noch mehr gescheut 
als jenes kahle Atheistein. Wir kehren den Speer um und reden 
nicht von einer göttlichen sondern von einer göttischen Auf- 
fassung. Unser ungöttischer Standpunkt ist aber nur die Vor- 
bedingung für etwas Höheres, welches dem Ideal im Sein ia 
ganz anderer Weise gerecht wird. Wir zeigen das, wonach 
Empfindung und Gedanke bei den besten Naturen schon in den 
ältesten Zeiten getrachtet haben, was aber unter den besondern 
Umständen mit dem engen Maass jeweiliger Begriffe früher nicht 
erreichbar gewesen war. 

Achtes Capitel. 

Cultusersatz und neueres Härtyrerthum. 

1. Vorstellungen über Götter hegen, heisst noch nicht, diese 
Götter auch cultiviren oder, um deutsch zu reden, diese Götter 
roit Opfern, Zauberverrichtimgen und Gebeten auch pflegen. Das- 
lateinische Wort Cultus bedeutet nichts als Pflege; das Wort der 
'^'firjudeten Religionsära heisst Gottesdienst. Dieses Dienerthum 
Jst schon.im Wort etwas Niedrigeres, so dass der Ausdruck Cultus, 
derauch aus derUeberHeferung einer würdevolleren Nation stammt,, 
ofienbar geziemender klingt, wenn sich auch die Sache überhaupt, 
sie möge gerathen wie sie wolle, für eine kindischer Selbst- 
-täuschung oder Bevormundung entwachsene Menschheit in keiner 
Weise mehr ziemt. Durch den Cultus soll ein praktischer Zweck 
erreicht werden. Man will auf die Götter wirken; man bringt 
mnen Geschenke dar, damit sie um dieser willen für die Geschenk- 
geber auch ihrerseits etwas thun. Freilich ist dies Geschäft nicht 



immer ganz zuverlässig. Schon bei Homer heisst es gelegeatlich, 
Zeus hätte zwar das Opfer eingesteckt, aber die beigefügte Bitte 
nicht erhört. Nun das ist menschUch; die Leute schenken nicht 
selten, ohne zu ihrem Zweck zu gelangen. Im Grossen und 
Ganzen waren aber doch die Götter ungefähr ebenso zuverlässig, 
wie Menschen, nur dass es ihre höchste Souveränetät ihnen leicht 
machte, sich Gegengeschenken folgenlos zu entziehen. Die 
Erdichtung der Götterzuverlässigkeit richtete sich nach dem Bilde 
der menschhchen, und zwar nach derjenigen Menschenspecies, 
von welcher die Gotter geschaffea wurden. 

Das Verduften ist die bekannteste Art, wie die Opfer, ich 
meine speciell die Erandopfer. zu den Göttern gelangten. Was 
aber nicht zum Himmel verduftete, das verzehrten die Opferndeti 
selbst, vornehmhch aber die Priester, zu denen hin überhaupt 
das Meiste, um im Sinne des Volksausdrucks uneigentlich zu 
reden, ebenfalls verduftete. In der That ist der Magen der Priester 
die Hauptopferstätte und der entscheidende Mittler zwischen 
Menschen und Göttern gewesen. Aller Verfall des Cultus beginot 
mit dem Zurücktreten der Opfergaben. Sobald man sich mit 
kostenlosen Worten und Cerenionien, die man selbst besorgt 
und nicht bezahlt, abfinden darf, ist der praktische Halt der 
Rehgion schon tief gesunken. Uebrigens wirkt aber auch schon 
der Umstand, dass im allgemeinen Verkehr das Geld mehr an 
die Stelle der Naturalleistungen tritt, darauf hin, auch in deo 
Opfern die Geldwirthschaft immer mehr an die Stelle der Natural- 
wirthschaft zu setzen, Die Priester, an welche die Opfer dena 
doch wesentlich gelangen, entziehen sich der veränderten Gestalt 
des ökonomischen Bedürfens nicht, [q einem Urzustände, wo 
vornehmlich Vieh Geld war, konnten sie dieses Zahlungsmittel 
auch als Opfer am besten brauchen, in einem entwickelteren 
Zustande der Gesellschaft konnte ihnen eine Dotation mit Rindern 
oder auch mit kleinerer Getliiermünze nicht mehr bequem sein. 
Freihch haben sich die Naturalzehaten lange genug erhalten; 
aber ein gewisses Maass Natura! wirthschaft besteht auch noch 
überall, wo primitive ländliche Verhältnisse vorwallen. Jedoch 
hier kommt es auf diese besondern Verhältnisse nicht an. Wichtig 
ist nur, dass die Opfei auch auf diesem Wege und nicht blos 
durch Aufklärung um den Nimbus gekommen sind, directe GabeK 
an die Götter zu sein. Bei dem Gelde weiss es auch der blödesta 




— 191 — 

Thor, dass es, wenn es auch immerhin im Sinne des Volks- 
ausdrucks verduftet, doch sicherlich nicht zu dem Himmel und zu 
den Göttern verduftet. 

Nächst den Opfern sind irgend welche Verrichtungen die 
Hauptsache. Soweit diese Verrichtungen blos symbolische Hand- 
Lungen, d. h. Zeichen zum Andenken an irgend Etwas oder Zeichen 
der Aufnahme in eine Gemeinschaft sein sollen, ist die Cultus- 
hauptsache an ihnen schon verloren gegangen; denn diese Haupt- 
sache besteht in einer Zauberwirkung. Geheimnissvolle Folgen, 
die ausser dem Lauf der Natur liegen, sind der x\nhaltspunkt für 
solche Dinge. Wer etwa theoretisch noch nicht vom Religions- 
wahn befreit ist, wird trotzdem öfter doch wenigstens soweit vor- 
geschritten sein, dass er die praktische Seite der Religion, nämlich 
den widernatürlichen Glauben an Zauberwirkungen, nicht mehr in 
sich hegt. In dieser Richtung wirkt die natürliche Denkweise 
auch bei Solchen, die nicht blos Andere, sondern auch sich selbst 
damit belügen, dass sie noch innerhalb der Religion stehen. Wenn 
sie sich die Frage vorlegen, ob sie wirklich von ihren religiösen 
Verrichtungen eine Aenderung des Laufs der Dinge erwarten, so 
werden sie, wenn ihnen die Einwurzelung der Heuchelei noch ein 
Fünkchen Klarheit und Ehrlichkeit übrig gelassen hat, sich inmitten 
des modernen Lebens in den meisten Fällen gestehen müssen, 
dass jenes nicht mehr statthabe. 

Zu Opfern und Zauberverrichtungen gesellt sich nun als 
Drittes und als ein letzter Rest, auf den der Cultus schliesslich 
zusammenschrumpft, das blosse Gebet. Es ist eine Bitte an die 
Götter oder den Gott, und es ist nur so lange nicht hohl, als 
iioch erwartet wird, dass es den natürlichen Lauf der Dinge zu 
Gunsten des Betenden abändern könne. Wirkungen auf das 
Innere des Menschen sind dabei ganz nebensächlich. Solche 
Wirkungen geltend machen und hiemit das Gebet, nachdem 
^s seinen wahren Charakter eingebüsst hat, stützen wollen, ist 
^lüe nachträglich erfundene Auslegung. Es ist der Halbaberglaube, 
<ler sich an solche Ausflüchte klammert; denn auch die sub- 

• 

jectiven Rückwirkungen sind nur da vorhanden, wo noch ein 
tiieoretischer Halbglaube, wenn auch nur in mystischem Zwielicht, 
fortcultivirt wird. Ein Wunsch oder Seufzer an sich ist noch 
lange kein Gebet, wenn er nicht von der Vorstellung begleitet 
^ird, er solle von einem Gotteswesen vernommen und berück- 



- 192 - 

sichtigt werdCD. Auch die dichterische /Vnrede der Xatur wie 
einer Person, mit der man sprechen und an die man sich wenden 
kann, gehört zu den halb komischen, halb kläglichen Situationen, 
in die sich die menschliche Schwäche verirrt hat. Der Meosch 
kann sich nur an wirkliche Wesen wenden, die seine Sprache ver- 
stehen und einer gleichartigen Rückwirkung auf die ausgedrückten 
Gedanken und Gefühle fähig sind, also hauptsächlich nur wiederum 
an Menschen; aber auch unter diesen ist zu unterscheiden: denn 
Viele haben auch nicht viel mehr als das dürftige Thierverstäad- 
niss. Höhere Wesen giebt es für den Menschen nicht; denn auf 
diesem Planeten existiren solche nicht. Will er Etwas, so mag 
er nach den Naturgesetzen fragen, andere Menschen aufrufen und 
sich nach seinem eignen Innern kehren. Seine eigne Person, sein 
eignes Hirn und Herz sind die UrsprungsstiUten, wo er, ausser in 
dem allgemeinen Lauf der Dinge, den Urgrund seines Ergehens 
zu suchen hat. Dahin hat er sich zu wenden, nicht aber zum 
blauen Dunst. 

Wo auch das Gebet durch das Sinken des Zauberglaubens 
sinnleer geworden ist, kann der Cultus nur noch äusserlich als 
hohle Schale und leere Ceremonie fortbestehen. Viele wenden 
sich aber auch grundsätzlich von diesen todten Resten ab und 
beweisen mit derThat, dass sie im Wesentlichen wirklich ausser- 
halb aller praktischen Religion angelangt sind. Jedoch auch bei 
diesen ist zuzusehen, ob nicht noch nebensächliche Ueberbleibsel 
religiöser Gewohnheiten des alltäglichen Daseins vorhanden sind. 
Selbst bei Solchen, die nicht blos die praktische Seite der Religion, 
den eigentlichen Cultus, sondern auch die theoretische Denkweise 
der Religion, also die gewöhnliche Gottes annähme und den 
Jenseitswahn der Unsterblichkeit, überwimden haben, finden sich 
oft noch unwillkürliche Spuren jener Uebedieferungeo in gewohn- 
heitsmässigen Redewendungen, Gedankenregungen und Gefühls- 
neigungen. Ein ganz gemeines Beispiel hievon sind angewohnte 
Ausrufungen und Begrüssungsformeln. Ausser diesen Kleinig- 
keiten, die nicht ebenso rasch schwinden, wie die bessere Ein- 
sicht einzieht, bleiben aber noch andere Rückstände, die tiefer, 
nämlich im Gedanken- und Empfindungslauf selbst liegen. Hier 
wird nun die Abthuung des mit dem Vollkommeneren Streitenden 
die Angelegenheit mehrerer Generationen. Religiöse Neigungea- 
sind nicht blos anerzogen, sondern von Generationen her physi- 




— 193 — 

ologisch eingewurzelt und mit dem Blute vererbt. Wie überhaupt 
Xriebe, Gefühle und Phantasieneigungen durch Vererbung stofflich 
fortgepflanzt werden, so findet auch im speciellen Fall der reli- 
giösen Antriebe eine Uebertragung statt, die zwar erst durch 
Erziehimg eine bewusste Gestalt gewinnt, aber in der starken 
Anlage von der Erziehung nicht geschaffen ist. Die ursprüngliche 
Erziehung oder sonstige äussere Lehre ist allerdings die erste 
"Ursache da, wo, wie im Falle der europäischen Völker, die 
besondere Religionsform gleich einer exotischen Krankheitsform 
durch Ansteckung von aussen her entstanden ist. Jedoch auch 
in diesem Fall ist die Erziehung zum Theil in das Blut über- 
gegangen. Es giebt daher in doppeltem Sinne eine Zucht in 
der Religion, nämlich diejenige, die durch Häufung der erziehen- 
den Einwirkungen entstanden ist, und diejenige, die sich durch 
die Zeugungen vermittelt hat. Demgemäss muss es auch eine 
doppelte Gegenwirkung und einen zweifachen Weg zum Voll- 
kommeneren geben. Bessere Lehre und Erziehung bei einer 
einzigen Generation thun durchaus noch nicht Alles. Aus der 
körperlichen Anlage, die in Hirn und Herz zugleich auch die 
geistige ist, werden die eingewurzelten Neigungen wohl selten 
mit der ersten Säuberung gänzlich weggeschafft. Es bedarf meistens 
mehrerer Generationen, tun auch die letzten Spuren der Irre- 
führung von Herz und Hirn zu beseitigen. Noch mehr ist, um 
das Vollkommenere selbst zu befestigen und gehörig wurzeln zu 
lassen, eine Reihe von Generationen erforderlich. Die bessere 
Denk- und Gefühlsweise muss nicht etwa blos, wie man sagt, 
zur zweiten Natur, sondern gradezu zur Natur werden. Ursprüng- 
liche Naturanlage ist sie ja bei den bessern Völkern schon ohne- 
dies; die Natur muss sich aber durch die ihr entsprechende 
Cultur bestimmter gestalten und sich im klaren Bewusstsein über- 
haupt erst hervorbilden. So Etwas kann aber nicht das Ergebniss 
gemeiner Pädagogik, sondern nur die Frucht einer eigentlichen 
Züchtung sein. Die Verwandlung von Einflüssen der Geistes- 
führung in Veredlungen der Organe des Denkens und Fühlens 
und die Fortpflanzung dieser veredelten Typen sind hier die 
Hauptangelegenheit; denn ohne Bevorzugung der bessern Typen 
in der Combination der Ehen wird sich schwerlich etwas Durch- 
greifendes, zur innern und natürlichen Vollkommenheit Führendes 
erzielen lassen. Doch hier ist diese Perspective noch nicht 

Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 13 



— 194 — 

specieller ins Auge zu fassen, da es sich zunächst nur um die 
Thatsache handelte, dass die durch viele Jahrhunderte fort- 
gesetzten religiösen Einimpfungen nicht sofort mit der bessern. 
Einsicht weichen. Freilich haben die modernen Völker den Vor- 
theil, dass trotzdem an ihnen das Christenthum, weil etwas 
Fremdes und ihrer Natur Widersprechendes, auch nur etwas 
Oberflächliches und nicht in ihre Natur Eingedrungenes ist. 
Beispielsweise haben die eigenthchen Preussen das Christenthunr 
erst vor etwa sechs Jahrhunderten mit Feuer und Schwert auf- 
gezwungen erhalten. Es sind also noch nicht zwanzig Generation ea 
dazwischen getreten, und man hat überdies zu bedenken, dass 
grade bei den eJgenfHchen Preussen, d. h. bei den Bevölkerungen 
im Nordosten des gleichnamigen Staats, das Christenthum schon 
länger sehr entschieden gelockert und durch eine vorwaltende 
Neigung zur verstandesmässigen Auffassung und Behandlung der 
Dinge zur Seite geschoben ist. 

"Wer etwa, aus Mangel an Kenntniss der naturwissenschaft- 
lichen Vererbungsthatsachen, unter dem Eindruck des alten- 
ideologischen "Wahns von der Unmaterialilät des Geistigen, aa 
der Zeugungsüljeriragung rehgiöser Anlagen und Neigungen 
zweifeln wollte, der mag, wenn er überhaupt gesunder Schlüsse 
fähig ist, bedenken, dass die Materialität aller Antriebe auch 
durch eine umgekehrte Thatsache veranschaulicht und selbst dem 
Beschränktesten nahegelegt wird. Wie nämlich einerseits materielle 
Mittel, die eingenommen werden, die Geisteszustände oder Triebe 
unwiderstehlich beeinflussen, so entsteht andererseits eine min- 
destens ebenso mächtige Einwirkung auf das Materielle durch 
blosse Gedanken und Gefühle. Der Schreck kann den Menschen 
todtschlagen; andere Vorstellungen können ihn ohnmächtig 
machen, noch andere, wenn sie lange fortgesetzt werden, wie 
der langsam zehrende Kummer, ihn völlig aufreiben. Ueberhaupt 
kann jegliche Thätigkeit von Hirn und Herz, also jede Bethä-< 
tigung der Denk- und Gefühlskräfte, wenn sie unverhältnissmässi^ 
ausfällt oder sich in anderer Weise verkehrt gestaltet, nicht nur 
bleibende organische Veränderungen mit sich bringen, sondero, 
auch zum Ruin führen. Diese Gegenseitigkeit zwischen deu 
gröbern materiellen und den unmittelbarer geistigen Einwirkungen, 
bezeugt die Gleichartigkeit im ganzen System aller Arten von 
Ursachen. Man bedarf also nur der nöthigenEinzelbeobachtungen, 



— 195 — 

um die erbliche Uebertraguag gewisser Neigungen festzustellen, 
mögen diese im gewöhnlichen Sinne körperlich und gemein 
organisch oder aber in speciellem Sinne geistig sein und vor- 
nehmlich den geistigen Organen angehören. Die Neigung zu einer 
bestimmten Körperlage erweist sich häufig, wenn man näher 
nachforscht, nicht als Ergebniss einer selbständig angenommenen 
Gewohnheit, sondern als Mitgift einer bei älteren oder ferneren 
Vorfahren vorhanden gewesenen Eigenheit. Auf diese Weise 
erklärt sich auch vielfältig eine fortbestehende Nei gung zum un- 
willkürlichen Falten der Hände. In solchen reflexartigen Be- 
wegungen können sich uralte Cultusgewohnheiten der Vorfahren 
bei den Nachkommen noch dann verrathen, wenn bei diesen die 
Religion, soweit sie dem bewussten Willen angehört, schon lange 
und entschieden abgethan ist. 

2. Wie der Judenaberglaube, an sich selbst u nd rein theo- 
retisch betrachtet, der zäheste von allen ist, so hat auch die Ein- 
wurzelung nach Seiten der praktischen Cultusmanipulationen 
hier ihren höchsten Grad. Sie ist seit mehreren Jahrtausenden 
fortgesetzt und, soweit nicht schon das ursprüngliche Naturell 
dahin abzielte, durch uralte Gewohnheiten im eigentlichen Sinne 
des Worts in das Blut übergegangen. An eine Entwöhnung ist 
daher hier nicht zu denken. Jahrtausende könnten das nicht 
wegspülen, selbst wenn es nicht unmöglich wäre, dass die mit 
der ursprünglichen verderblichen Natur so innig verwachsenen, 
die Verderbniss steigernden Praktiken freiwillig verworfen werden 
könnten. Mindestens wird, auch unter allen Reformen, die aus 
der Judenrace selbst versucht werden mögen, das mit der ur- 
sprünglichen Naturanlage Verwandte bestehen bleiben, und das 
ist schon genug, um dem bessern Menschengeschlecht zu zeigen, 
was es bei einer unbeschränkten Fortdauer jener Race im 
günstigsten Falle zu gewärtigen hätte. Die betreffende Denk- 
und Gefühlsweise würde nicht nur immer bleiben, sondern sich 
auch durch Gegenseitigkeit in irgend einem entsprechenden 
Cultus bestärken. Ja sogar, wenn an die Stelle eines eigentlichen 
religiösen Cultus ein weltlicher Ersatz geschäftlicher Art träte, 
was zum Theil schon der Fall ist, so würde dies ein Dienst der 
Gemeinheit und eine Pflege der schlechten Judentriebe sein. Die 
Verherrlichung einer dem Menschengeschlecht feindlichen Juden- 
denkweise muss sich in Allem wiederfinden, was an Praküken 

13* 



L 



— 196 — 

von den Juden ausgeht. Schoa jetzt ist die Frechheit bei den 
Juden vielfältig offen der Gegenstand eines weltlichen Cuitus, d. h, 
sie wird wie eine Göttin gepriesen, mit deren Hülfe die Juden des 
Glaubens sind, alles Bessere im Concurrenzspiel übertrumpfen zu 
können. Auch die Heuchelei und Schlangenhaftigkeit des Ver- 
haltens ist bei den Judäern von uralter Ausübung. Die Pflege davott 
gehört zu den Hauptmitteln des Fortkomuiens. Die Liebes- 
beuchelei ist eine Spielart davon und schon in den alten Judeo* 
Schriften genugsam vertreten. Sogar Feindesliebe fehlt dort nicht. 
Schon in ältesten Urkunden ist Feindesliebe durch die Wort« 
vertreten: Du sollst den FremclUng wie dich selbst liebeO 
(Moses III, 19). Der Fremdling ist aber der Feind, wie sich dies 
auch darin bestätigt, dass ebenfalls in den Büchern Mosis (V, 14] 
vorgeschrieben wird, das Aas nicht selber zu essen, sondern eS 
dem Fremdling vorziisetzen oder auch es dem Fremden zu ver- 
kaufen. Eine besondere Auszeichnung des christischen Wort« 
cuitus ist also das Vorgeben von Feindesliebe nicht. 

Heuchelei von Mitleid, Liebe und FeiodesÜebe ist heute 
sichtbarlich eine Racen ei genschaft der Judäer. Ihr Schauspieler- 
thum auf der Bühne des Lebens bedient sich dieser Mittel un* 
gleich häufiger, als es Betrüger und Schurken irgend einer andern 
Nationalität thun. Auch gehören solche Wendungen zur Feind- 
schaft gegen das übrige und bessere Menschengeschlecht; denn 
sie sind erforderiich, um diese Feindschaft zu verstecken. Der 
Umstand, dass so Etwas wie Feindesliebe einmal ernst zunehmen- 
versucht wurde, wie dies seitens Christus im Sinne einer Selbst- 
züchtigung der schlechten Judentriebe geschehen sein mag, 
dieser Umstand kann uns nicht hindern, religioüistische Liebes- 
heuchelei als aus dem Racencharakter der Juden herstammend, 
anzusehen und demgemäss auch innerhalb des Chrisiischen racen- 
mässig zu würdigen. In der angeblich erhabenen, in Wahrheit 
aber tief unter dem neuern Völker Charakter stehenden Moral des 
Christicismus spielt die Liebesheuchelei und insbesondere die 
stärkste Form der Heuchelei, nämÜch das durch und^durch un- 
wahre Vorgeben der Feindesliebe, eine Hauptrolle. Das Wider- 
natürlichste, Unmöglichste, ja gradezu das logisch sich Wider- 
sprechende wird mit dreister Stirn als wirklich vorhanden aus 
gespielt. Dies ist echt hebräerhaft und entspricht der ersten An-. 
ßteckung, die von Palästina her in verderbte Völkerzuständ* 



— 197 — 

eingriff, dann auch an das Gesimde kam und durch weitere 
Aufzwingungen über bessere, aber noch unmündige Völker ver- 
breitet wurde. So ist systematisch Lug imd Trug in das Völker- 
verhalten gekommen, dergestalt dass der Verfall des Christen- 
thums zugleich als eine Selbstverzehrung sittlich verderblicher 
Judäerüberlieferung das Feld für die Bethätigung des bessern 
"Völkercharakters freimacht. 

Demzufolge, was vorher von den Juden gesagt ist, müssen 
<iie modernen Völker ihre bessere Eigenart auch äusserlich in 
sichtbaren Zeichen und Handlungen bethätigen. Sie müssen 
einander in ihrer Denk- und Gefühlsweise bestärken und dafür 
sorgen, dass jedes Glied ihrer Bevölkerungen gleichsam eine 
Fahne sehe, durch die es an die allgemeine und öiBFentliche Macht 
ihres bessern Völkercharakters erinnert wird. Das Christenthum 
könnte nach Allem, was bisher dargelegt worden .ist, auch wenn 
die Religion nicht im Verfall wäre, nicht diese Fahne sein; denn 
es ist etwas wesentlich Jüdisches, und sein zweiter, dem neuern 
Völkerwesen angehöriger Bestandtheil wird grade durch den 
Namen Christenthum in seiner reinen Wirkung gelähmt. Die 
fremde Racenreligion widerspricht dem Geiste der bessern Nationen, 
welche von gesunder Natur sind und einen palästinensischen 
Trug als ehrlichen Ernst zu behandeln und dafür gleich Christus 
ein Opfer der Juden zu werden nicht gesonnen sind. Christus 
nahm das, was bei den Juden als Heuchelei in selbstsüchtiger 
"Weise schon vertreten war, anscheinend aufrichtig und ernst, 
kehrte es so gegen die Judentriebe imd wurde dafür ein Opfer 
der letztern. Dieses Märtyrerthum nachahmen, würde gegen- 
wärtig nichts Anderes bedeuten, als den Juden in die Hände 
arbeiten. Die Juden verstehen das Christenthum gern so, dass sich 
die modernen Völker von den Juden sollen kreuzigen lassen. 
Eine solche Nachfolge Christi wäre wahres Christenthimi nach 
jüdischem Zuschnitt, und in der That war und ist es auch das 
Christenthum, welches, soweit es ernstgenommen wurde, die 
neuern Völker in einem grossen Theil ihrer Angelegenheiten 
gegen die Juden wehrlos machte. 

Glücklicherweise ist es nur ausnahmsweise emstgenommen 
worden, und gegenwärtig ist gar nicht daran zu denken, dass 
es noch jemals ernstgenommen werde. Die neuern Völker als 
Märtyrer dem Judenhohn gegenüber, — das ist ein jüdisch 



frommer "Wunsch; 'allein die modernen Völker verstehen das 
Märtyrerthum doch etwas anders. Der jüdische Reformator 
Christus ging unter, weil er wehrlos war. Einem Mahoraet konnte 
man nicht dasselbe Schicksal bereiten: denn dieser war nicht 
waffenlos. Den Propheten und Reformatoren, die sich praktisch 
blosstellen mussten, ist es nie zum Heile gereicht, wenn ihnen die 
Verfügung über eine genügendeW äffen macht fehlte. Der moderne 
Völkergeist ist aber kein vereinzelter Reformator, sondern gebietet, 
sobald er zum vollen Selbstbewusstsein sich aufrichtet, über 
gewaltige Kräfte. Er ist nicht danach, um sich von den Juden 
ans Kreuz schlagen und um seine Kleider Lottospie! treiben zu 
lassen. Er versteht sich auf die Natur und wird den Eeind als 
Feind zu würdigen und zu behandeln wissen. Hiezu braucht et 
nicht einmal speciell Germane oder Deutscher zu sein; denn es 
ist nicht blos der deutschen Aufrichtigkeit, sondern allen bessern 
Nationalcbarakteren von Grund aus zuwider, auch nur den Schein, 
der Liebesheuchelei auf sich zu laden oder gar sich die Unter- 
stellung der Feindesliebe gefallen zu lassen. Eine wirklich edle 
Moral schliesst Derartiges aus und schützt daher auch vor einem 
in die falsche Richtung gerathenden und daher jederzeit übe/ 
angebrachten Märtyrerthum. 

Vom eigentlichen Märtyrerthum, namentlich in seiner neuera] 
Gestalt, habe ich nachher zu reden. Dieses ist ein Opfer, welches^ 
nicht den Götlem oder dem Gotte, sondern irgend einer hohen 
Angelegenheit dargebracht wird. Es ist eine Aufopferung, die 
zugleich ein Zeugniss für die Wahrheit und rechte Richtung defi 
vertretenen Sache sein soll. Ehe man jedoch soweit kommt, das; 
Leben in diesem Sinne einsetzen und es gewaltsam aderi 
■wenigstens durch Uebernahme von viel Ungemach verlieren zu 
müssen, hegt noch eine ganze Welt von Handlungen imd Vef- 
hallungsarten dazwischen, die in ihrem Bereich nicht niindati 
wichtig, aber wohl erfreulicher sind, als das Märtyrerthunii, 
in dem seinigen. Letzteres hat, wie sich nachher zeigen wirdj 
vielfach etwas Klägliches an sich, was nicht etwa blos zu etwa«: 
Vorwurfsvollem für die Menschheit wird, die es Verl 
sondern auch im Allgemeinen diejenige Seite des Menschi 
welche solche Lagen mitsichbringt, als etwas Erniedrigend! 
erscheinen lässt. Wo wirkliche und echte Märtyrer fallen, 
steht ihnen immer, um den Ausdruck Giordano Brunos zu brauche] 



— 199 — 

die triumphirende Bestie gegenüber. Das Hohnlachen dieser 
Bestie wird durch keine Redensart von einem innern geistigen 
Siege des Märtyrers aufgewogen. Derartiges bleibt eine hohle 
Beschönigung und geht gemeinighch selbst von der triumphirenden 
Bestie eines späteren Zeitalters aus, die hiemit leichtfertig das 
ihr nicht mehr unbequeme, der Vergangenheit angehörige und 
in ihrem Sinne gemissbrauchte Märtyrerthum erledigen und als 
in der Ordnung verlaufen darstellen möchte. 

Fort also mit der falschen, vom Christenthum selbst her 
eingeimpften Vorstellung vom Märtyrerthum ! Geben doch Juden 
sogar ihr eignes ganzes Volk als ein Märtyrervolk aus, indem 
sie die Thatsachen der Geschichte umlügen und die meistens 
gerechten, wenn auch freilich nach voller Gerechtigkeit nicht 
zureichenden Züchtigungen, die sich die Judenrace für ihre Ver- 
brechen gegen andere Völker seitens dieser gelegentlich zugezogen 
hat, als Erduldungen für einen hohen Zweck auslegen! Da dieses 
erhabene Ziel nichts Anderes ist als Bestehlung und Kreuzigung 
der übrigen Menschheit zur Aufrichtimg einer Herrschaft der 
eignen Race, so könnte sich nach dieser Logik auch jede Diebs- 
zunft als eine ganze Märtyrergilde ausgeben. Die gerechte Strafe 
niederträchtiger Selbstsucht mit einem Märtyrerthum verwechseln, 
ist eine echt hebräische Kopfstellung der Wahrheit. Uebrigens 
sei aber beiläufig bemerkt, dass Räuber, die bei ihrem Handwerk 
ihr Leben einsetzen, in der moralischen Rangordnung noch nicht 
ganz so tief stehen, wie feige Spitzbuben, die davonlaufen und, 
nach jüdischer Logik zu reden, höchstens das Martyrimn von 
einigem Zuchthaus riskiren. Doch genug von diesen wider- 
sinnigen Kopfstellungen nach jüdisch verlogenem Muster! Die 
neuern Völker würden ihr ganzes Gebiet zu einer einzigen 
Zuchtstätte machen müssen, wenn sie jenem seltsamen Märtyrer- 
thum auf ihrem eignen Boden gerecht werden wollten. Es ist 
aber besser, sich solche Arbeit nicht aufzuerlegen, indem man 
Vorkehrungen trifft, welche schliesslich die ganze Frage aus der 
Welt schaffen. In dieser Richtung liegt auch das, was den Cultus 
zu ersetzen hat, nämlich die allseitige Bethätigung des modernen 
Völkercharakters und zwar nicht etwa blos im sittlich Praktischen, 
sondern auch in der gesammten Weltauffassung moralischer Art 
nach Maassgabe des bessern Völker Verstandes. 

3. An dem Gegensatz zu der Judenrace wird es für eine 



200 



eindringliche Auffassung recht anschaulich, wie das, was die 
Stelle des Cultus einzunehmen hat, eine Bethätigung des modernea 
Volkercharakters sein müsse. Im Grunde nämlich cultiviren auch 
die Juden in ihrer eignen Eacenreügioa immer nur ihren eignen 
Charakter. Taugte dieser Charakter etwas, so wäre hieran nichts 
auszusetzen, als der damit verbundene Aberglaube. "Wo also 
auch bessere Volker vollständig sich selbst leben wollen, da ist 
der Cultus oder, deutsch geredet, die Pflege ihres eignen 
Charakters das Wichtigste. Der neuere Völkercharakter ist bei 
allen Schatfirungen, die er in den verschiedenen Nationalitäten 
annimmt, doch in den entscheidenden Hauptpunkten ein einheit- - 
lieber. Er ist sozusagen ein Gepräge, welches die Fähigkeit zum 
Wissen ebenso betrifft, wie die Artung des Wollens. Er ist ein i 
Typus, innerhalb dessen die Nafionalunterschiede, die er ein--' 
schhesst, nur häusliche Angelegenheiten sind, während die Juden- 
race für ihn etwas Fremdes, durch eine gewaltige Kluft Getrenntes 
ist und bleibt. 

Dieser moderne Völkercharakter, mit seinem Freiheitsstreben 
und seiner verhältnissmässigen Befähigung zu einem höherea 
Maass von Gerechtigkeit, Vertrauen und Treue, ist in der ööent- 
lichen Lehre und im öffentliclien Leben direct zum Gegenstande 
der Pflege zu machen. Alle Einrichtungen, von der Familie bis 
zum Staate, d, h. bis zur Gesammtform des gesellschaftlichen 
Gemeinlebens hinauf, sind als von den aus jenem Charakter 
fliessenden Grundsätzen gelragen aufzufassen und zu entwickeln. 
Diese Grundsätze müssen öffentlich bekannt, und es muss auf sie, 
als auf die Grundlagen aller haltbaren Institutionen, ausdrückÜch 
hingewiesen werden. Der moderne Staat bedarf einer Fahne, ■ 
die mehr als blosse Moral im gewöhnlichen beschrankten und oft 
sehr unbestimmten Sinne dieses Wortes ist. Die Moral wird ge- 
wöhnHch in fälschlicher Einseitigkeit so vorgestellt, als wäre sie 
die erste Ursache des bessern Verhaltens, und als entspränge aus 
ihr der Charakter. Es ist dagegen vielmehr umgekehrt der 
Charakter die Ursache der Moral, Schon im Einzelleben lässt es 
sich beobachten, wie wesentlich aus dem guten Charakter die 
guten Handlungen hervorgehen. Der von Natur und durch Ver- 
erbung bessere Charakter ist die Quelle besserer Grundsätze und 
Verhaltungsarten, Die blossen Grundsätze sind nur eine Macht 
zweiter Ordnimg, die sich sehr dürftig ausnimmt, sobald ihr der 





— 201 — 

gute und fruchtbare Charakterboden fehlt. Der Gute handelt gut, 
allenfalls auch ohne Bestärkung durch besondere Grundsätze; 
der Schlechte aber schlecht, wenn ihm auch das Raffinement 
«pecieller Spitzbubenweisheit abgeht und ihn keine Gemeinschaft 
des Niederträchtigen oder systematische CoUectivausübung der 
{jaunerei zu einem Virtuosen geschult hat. Es versteht sich von 
selbst, dass die Grundsätze im Guten wie im Schlechten einen 
verbessernden oder verderbenden Einfluss üben. Sie bilden den 
Charakter, aber sie schaffen ihn nicht. Auch bleiben sie für un- 
zulängliche Charakteranlagen ein dürftiges Surrogat. Der er- 
worbene Bestandtheil an der Beschaffenheit eines fertigen Cha- 
taklers stammt ebenfalls nicht aus blossen Grunds ätzen und blosser 
Moral, sondern aus mächtigeren thatsächlichen Einwirkungen des 
Lebens, durch welche die Entwicklung der Anlagen eine be- 
stimmtere Gestalt erhalten hat. 

Es ist derselbe Irrthum, den Charakter aus der Moral, wie 
die Beschaffenheit eines Volks aus dessen Gesetzen entstanden 
^u wähnen, während umgekehrt der Rechtssinn oder sein Gegen- 
theil nicht aus den Gesetzen, sondern die Gesetze aus ihm, also 
überhaupt nicht die Völkerbeschaffenheit aus den Gesetzen, 
sondern die Gesetze aus der Völkerbeschaffenheit entsprungen 
^^Dd. Die bestärkende oder hindernde Wirkung ist eine Ursache 
^^eiter Ordnung, die nicht mit der ursprünglich schaffenden 
^aft verwechselt werden darf. Es war daher eine Oberflächlich- 
keit und Verkehrtheit zugleich, wenn beispielsweise auch der 
Ju-denphilosoph Spinoza, dem die Welt unter dem Namen Ethik 
^m System voll von schlechter Judenmoral verdankt, jener Falsch- 
^^it huldigte und in seiner Unkenntniss (in dem von ihm selbst 
^*^d nicht erst wie die Ethik von Andern veröffentlichten theo- 
logisch politischen Tractat Cap. 17) gradezu behauptete, die Natur 
^^haffe keine Nationen, sondern nur Individuen, und die Eigen- 
^^timlichkeiten der Nationen rührten von ihren Gesetzen und 
Sitten her. Diese Reminiscenz vom mittelalterlichen Nominalismus 
^^^, der alle Gattungen nur als den Namen und Wörtern nach 
*^ stehend ansah oder vielmehr anzusehen sich den Schein gab, 
^^^r in der Wirklichkeit nur Individuen anzutreffen vorgab, ist 
^^Ibstverständlich den Juden noch heute bisweilen sehr an- 
^iitielnd; denn auf diese Weise können sie sich den Schein 
^^ben, die Naturgrundlage der modernen Nationalitäten zu leugnen, 



202 



und zugleich den Irrthum erregen, als könnten die Juden selbst 
durch Gesetze modern nationalisirt, also etwa zu wirklichen 
Deutschen, Franzosen, Russen u. dgl. gemacht werden. Das 
nationale Bürgerthum lässt sich nun aber einmal um Judengeid 
nicht kaufen; es ist ein ursprüngUches Geschenk der Natur. Ge- 
setze und Sitten schaffen keinen Charakter oder, noch bestimmter 
geredet, keine Naturanlage. Sie entwickeln im günstigsten Falle 
die guten Anlagen und widersetzen sich dabei auch wohl dea 
schlechten, soweit diese sich gegen sich selbst kehren und gemein- 
schädlich werden. Beispielsweise zeigt auch in der Bibel die 
unverhältnissmässige Masse von Vorschriften gegen das Schlechte, 
wie sehr die Judentriebe auch im Verkehr des Judenvolks unter 
sich eine Einschränkung und das Schelten der Propheten heraus- 
forderten. Solche Rückwirkungen des Schlechten, welches sich 
selbst unerträglich wird, sind aber nichts ursprüghch und positiv 
Gutes. Man lasse sich durch diesen blossen Schein des Gutea 
nicht täuschen; Derartiges ist im Gegentheil, wie schon bezüglich 
der zehn Gebote früher auseinandergesetzt, ein Zeugniss für die 
Grundschlechtigkeit der Stamraesnatur. 

Gesetze und Sitten haben auch ihre selbständigen "Wirkungen, 
indem sie im Sinne des verwandten Charakters im Guten oder 
Schlechten bestärken oder auch am Schlechten oder Guten 
hindern. Es verhält sich mit dem Charakter ähnlich wie mit dem 
Verstände. Natürliche Stumpfheit oder Dummheit wird durch 
blosse Wissensanhäufung nie zu Schärfe und Klugheit; aber ein 
guter und gesunder Naturverstand wird erst gehörig leistungs- 
föhig, indem er mit den Ansammlungen des Wissens operirt und 
sich kunstgemäss thätig zu sein gewöhnt. Auch der beste Cha- 
rakter, der nationale wie der individuelle, will erst durch mannig- 
faltige Bethätigung entwickelt und bestimmter gestaltet sein. Er 
muss sich an bestimmte Richtungen des WoUens gewöhnen und ; 
durch das erweiterte Wissen auch neue und allgemeinere Zieles 
verfolgen lernen. So cultivirt er sich im wahren Sinne des Worts^ 
und so entsteht auch alle bessere CuUur und Civilisation. Sc* 
schafft sich ein klareres und edleres Bewusstsein und macht au-* 
blossen Naturtrieben, Gefühlen und VorslelJungsanlagen eine 
eigentliche Gesinnung. Die Gesinnung der Völker lässt sich ia 
ihren Gesetzen und Sitten wahrnehmen und ist ein Erzeugoisj 
der Bethätigung ihrer Naturanlagen im Laufe der Zeit. Di» 




— 203 — 

olitischen und sittlichen Einrichtungen sind in erster Linie Pro- 
^ucte und erst in zweiter Linie Producenten. 

Die Moral und eine ihr entsprechende Weltanschauung hängen 
^om Typus der Race, also nicht blos vom Racencharakter im 
engem Sinne, sondern auch vom Naturgepräge des Racenverstandes 
ab. Die verstandesmässig befähigteren Völker haben daher auch 
an der eckigen Plumpheit des Judenverstandes und nicht blos an 
der sittlichen Verderblichkeit des Judencharakters eine günstige 
Folie. Bei dem Verstände ist es noch handgreiflicher als bei dem 
auf den Trieben und der Empfindungsweise beruhenden Charakter, 
dass die Naturausstattung das Entscheidende und Schaffende ist. 
Andernfalls müsste der Verstand von der Wissenschaft und nicht 
umgekehrt die Wissenschaft vom Verstände erzeugt sein. Auch 
liier liegt den Juden daran, die Racen- und Nationaltypen weg- 
gelogen zu sehen, damit man ihnen nicht mit der Berufung auf 
die Race kommen könne. Sie wollen, wo es ihnen passt, nur 
Individuen sein; unter sich aber cultiviren sie bezüglich des Juden- 
bluts einen argen Racendünkel undWahn von ihrer vermeintlichen 
nationalen Weltgrösse. Ihren Verstand geben sie überall als den 
schärfsten aus, während er sich schon in den alten Judenschriften 
als abgerissen und vielfach verworren bekundet, in der Wissen- 
schaft aber gar nichts zu Stande gebracht hat. Auch die Ungeschick- 
lichkeit, Maasslosigkeit und Plunderei, welche die Juden im 
praktischen Leben für jeden guten Beobachter fast überall durch 
ihre Frechheit gradezu zur Schau stellen, wurzelt in ihrem durch- 
aus mangelhaften Racenverstande. Durch diesen werden die 
Folgen ihres Charakters noch verschlimmert: denn die äusserste 
Kurzsichtigkeit macht die selbstsüchtigen und ungerechten Triebe 
noch obenein intellectuell bornirt und so in vielen Fällen noch 
schädlicher, als sie bei einiger Tragweite des Verstandes sein 
würden. Allerdings ist es im Grossen und Ganzen auch wiederum 
gut, dass der Judenverstand nicht weit über Pfiffigkeit von thie- 
risch er Artung hinausreicht; denn an dieser Verstandesbeschränkt- 
heit scheitern eine Menge von Judenunternehmungen. Wie nun 
der schlechte Judenverstand Einrichtungen, Gesetze und Sitten hat 
so äusserst bornirt gerathen lassen, so ist der bessere Verstand 
modemer Völker das Mittel, durch welches der bessere Charakter 
auch intellectuell edlere Früchte treibt. 

Der Cultusersatz, in welchem Charakter und Verstand in der 



204 



Richtung auf eine moralische Weltanschauung zu pflegen sind, 
veranschaulicht sich sehr leicht durch das Beispiel der Ascese. 
Dieser Ausdruck bedeutet wörüich überhaupt Uebung, in dem 
durch die geschichtlichen Thatsachen bestimmteren Sinne aber 
bekanntlich Selbstpeinigung, Büsserei oder mindestens erkünstelte 
Enthaltsamkeit. Selbstgeisselung oder Verhalten der Säulenheiligen 
gehören in das Bereich des ascetischeo Lebens, welches von 
blühendeni Widersinn und verkehrtester Unnatur voll ist. In- 
dessen mag solcher widerlicher Wahnsinn unter Umstanden und 
ursprünglich oft genug eine gerechte Strafe für die Subjecte ge- 
wesen sein, die ihm infolge von Ausschweifungen oder von be- 
gründeten Gewissensqualen anheimfielen. Im Allgemeinen athmet 
aber die Ascese eine düstere Feindschaft gegen die bessere 
menschliche Natur und nicht etwa eine innere Selbstrache an der- 
schlechten Natur, d. h. an den Abschweifungen der Natur in das 
Niederträchtige und mit sich selbst Uneinige. Die Ascese ist ein 
Cultusstück, welches der Feindschaft der Religionen gegen das 
bessere Naturleben entspricht. In der mildesten Gestalt verfluchtigt 
sie sich zu einer christlichen Selbsfkreuzigung des Fleisches, d. h. 
zu einer Consequenz der schlechten Judentriebe, die mit der 
menschlichen Natur verwechselt werden, so dass eigentlich eine 
Ausrottung, nicht etwa der Juden, sondern der Menschheit, dabei 
herauskommt. In diesem Sinne ist sie sogar eine Judenüberlieferung, 
von der aber begreiflicherweise die Juden selbst am wenigsten 
wissen wollen, 

Statt aller solcher Zerrbilder der Ascese wäre nun bei dea 
bessern Völkern eine Gewöhnung der Triebe, Gefühle und Vor- 
stellungen zu edelster Gestaltung und Ordnung am Platze. 
Moralische Uebuogen, das Wort Uebung in ernsthafter Bedeutung 
genommen, hätten daher eher einen Sinn, als die Ascese; denn 
ohne feste Einwuizelung und Gewöhnung können auch die besten 
Bestrebungen und Ideen nicht viel fruchten. Der Cultusersatz 
muss daher nicht blos in einer Lehre, sondern auch in einer 
systematischen Bildung von festen Gewohnheiten des Denkens, 
Fühlens undThuns bestehen. Natürlich ist hier von den Gedanken, 
Gefühlen und Handlungen nur insoweit die Rede, als sie sich auf 
die Welt- und Lebensanschauung beziehen. Das Hineinbildea 
einer moralischen Auffassung der Gesammtwelt in die Köpfe und 
Herzen ist hier die Hauptaufgabe ; denn nicht der gewöhnliche 





— 205 — 

legriflf von der Moral, sondern nur derjenige von einer Welt- und 
leinsanschauung, die mit der bessern Völkermoral übereinstimmt, 
^^and in der diese Moral eine universelle Bestätigung und selbst 
wiedertmi einen Halt findet, reicht hier aus. Jedoch auch alle 
^oral wird hier tiefer gedacht, indem der bessere Menschen- 
charakter und der Kern des Charakters der Natur als miteinander 
einig vorausgesetzt und je nach der Ausdehnung der Unter- 
suchungen auch thatsächlich als übereinstimmend erkannt werden. 
Nun aber ist alle Moral sammt der zugehörigen Weltanschauung 
in ihrer bestimmteren Gestalt eine nationale. Auch für das Thier 
giebt es eine Auffassung der Dinge und sozusagen einen Welt- 
eindruck, aber freilich einen sehr beschränkten. Wie nun über- 
haupt die menschheitliche Weltauffassung und Sitte über der 
thierischen steht und nicht blos im Verstände, sondern auch in 
Trieben und Empfindungen einen grössern Umfang und edlern 
Gehalt hat, so besteht wiederum unter den Menschen der Racen- 
"vorzug in bessern und reichhaltigeren Organen des Verstehens 
-und des Strebens. Innerhalb der bessern Race sind aber wiederum 
die Nationalitäten Träger besonderer Auszeichnungen in der Trag-^ 
weite des Empfindens, Strebens und Denkens, so dass man, so 
paradox es der noch vorherrschenden Phase der Oberflächlichkeit 
in diesen Angelegenheiten klingen mag, direct von einer national- 
moralischen und dem Nationalverstande ebenbürtigen Welt- 
anschauung reden kann. 

4. Wo sich der Cultus schon einigermaassen rationalisirt hat, 
wenn dieses Wort nicht schon zu viel Ehre für die Sache ist, : — 
wo sich also die Menge der Zaubermanipulationen etwas beschränkt 
und mit verstandesmässig gearteter Thätigkeit ein wenig gemischt 
findet, da wiegt, wie im nordischen Protestantismus, die Predigt 
vor, imd insofern diese die Gestalt der eine Lehre mittheilenden 
Rede hat, ähnelt sie, wenn auch nur von Weitem, einer wirklichen 
Belehrung. Sie würde daher garnicht mehr Cultus im alten Sinne 
sein, wenn sich ihr Inhalt in der Thal mit nachweisbaren Wahr-^ 
heiten befasste. Hätte sie anstatt einer autoritären Glaubensschaft 
wahre Wissenschaft, ich meine nicht blos die im engern Sinne, 
sondern auch die des Herzens zur Unterlage, so könnte sie ein 
moderner Cultusersatz werden. Sie fiele nicht mit jedem beliebigen 
Vortrage zusammen ; denn ihr bliebe der eigenthümliche Gegen- 
stand, nämlich die Welt- und Lebensanschauung, und auch ein 



— 206 — 

eigenthümlicher Zweck, nämlich das Lebendigmachea der hieher 
gehörigen Gefühle und Vorstellungen. Sogar die Einmischung 
von etwas ermahnender Haltung, wie sie auch in andern Reden 
selbst von einem gereifteren Publicum ertragen wird, wäre noch 
keine Unwürdigkeit, zumal solange die niedern Bildungsschichten 
bezüglich der Antriebe, deren sie bedürfen, für eine feinere, die 
ausdrückliche Ermahnung verschmähende Form noch nicht 
empfäuglich sind. Auch ist es nur unter dieser letzteren Voraus- 
setzung, dass überhaupt ein besonderes Amt für solche Lehr- 
thätigkeit denkbar bleibt. Ein eigentlicher Priesterstand muss 
ohnedies fortfallen; aber auch die Reducirung auf ein blosses 
Lehramt ist dem der Schule entwachsenen und grossjährigen 
Menschen gegenüber noch immer eine öffentliche Bevormundung, 
mit der sich eine wirklich freie Gesellschaft nicht verträgt. Ich 
habe aber hier eben die zwitterhaften Uebergangsstadien im Sinne, 
die sich theils von selbst zu solchen Mischungen gestalten, theils 
in der Richtung der Reducirung des Cultus auf eine blosse Lehr- 
form, in der Zersetzung des Zauberhaften zu bestärken und zu 
begünstigen sind. Uebrigens denke ich hier nicht im Mindesten 
daran, für den eigentlichen Cultusersatz auch nur einen Prediger- 
stand vorauszusetzen oder ein solches Amt gar dafür in Anspruch 
nehmen zu wollen. Im Gegentheil ist der Personalapparat der 
Religion selbst ein Cultusstück, welches durch eine bessere Ordnung, 
die seiner nicht bedarf, zu ersetzen ist. 

Für eine jede natürliche Lehre von nachweisbaren Wahrheiten 
giebt es moderne Mittel genug, die nicht auf eine schülerhafte 
oder gar mehr als schülerhafte Hinnahme auslaufen. Eigentliche 
Lehre im Sinne des Schülerthums gehört in die Jugendschule, und 
wer ihr entwachsen ist, sollte seine Ehre darein setzen, höchstens 
Mittheilungen über Selbstführung des Geistes in Rede oder Schrift 
als freier Mensch von freien Menschen entgegenzunehmen, sich 
aber nicht von Amtswegen übergiessen, auf der Claviatur der 
eignen Gefühle spielen und wohl gar mit Vermahnun gen angehen 
zu lassen. Das Verhältniss politischer Redner oder Schriftsteller 
zu ihrem Publicum, so übel es sich auch sonst gestaltet, ist 
wenigstens darin ein leidliches Vorbild, dass in diesem Fall die 
Hörer als Personen genommen werden, die frei zu entscheiden 
haben. Soviel Heuchlerthum sich hierin auch mischt, so ist doch 
die Conventionelle Voraussetzimg, ganz abgesehen, ob sie im 



— 207 — 

einzelnen Fall zum blossen Schein gemacht wird, das Angemessene. 
Eine Gruppe von selbständigen erwachsenen Menschen wird im 
Allgemeinen in Sachen des Cultusersatzes die Lehren nur als 
Mittheilungen und die Zumuthungen nur als Anregungen über sich 
ergehen lassen. Höchstens die 'ihrer natürlichen Eigenschaften 
wegen in hohem Ansehen stehenden Persönlichkeiten werden unter 
<lem Eindruck mächtiger Gefühle soweit gehen, im Namen der 
ihnen und den Zuhörern mehr oder minder gemeinschaftlichen 
Gemüthstiefen und Verstandeskräfte auch eigentliche Verbind- 
lichkeiten auszusprechen und innerhalb dieser Grenze auch mit 
^berechtigten Zumuthungen aufzutreten. Es versteht sich, dass 
dies Alles nur für Menschen gilt, die zu würdiger Freiheit ent- 
wickelt sind. Denen gegenüber, die noch in der Gewohnheit der 
autoritären Hinnahme oder überhaupt in Untergebenheit unter 
^ßfrische Einflüsse stehen, ist auch die Begegnungsart anzupassen. 
^^ ^amen der bessern Geistesmächte zu der Schuldigkeit antreiben 
^nd dies auch der Form nach als eine berechtigte Forderung 
geltend machen, ist noch bei Weitem keine solche Anmaassung, 
w^^ die, im Namen irgend einer erdichteten Autorität jenseitiger 
-^^t die Menschen haranguiren. 

Nach dem Vorangehenden ist im Cultusersatz nur Eines 
w^^entlich, dass sich nämlich in den betreffenden Vorstellungen 
^^c3 Gefühlen durch Mittheilung eine Bestätigu ng ergebe, und dass 
^^^^l die Gleichgesinnten durch gegenseitigen Verkehr bestärken 
^^^<i weiterfördern. Auch das gedruckte Wort ist eine Gestalt 
^^s Verkehrs; aber es leistet nicht genug. Gedanken und Gefühle 
^^^llen in lebendigerer Weise gepflegt sein, als es in den meisten 
"^ ^Uen durch blosses Lesen möglich wird. Die Mittel der per- 
sönlichen Einwirkung sind in wesentlichen Beziehungen weit reich- 
'*^ altiger. Namentlich wirkt die Gemüthskraft in der Rede ungleich 
^^ächtiger; denn wenn sie der Leser selbst nur schwach besitzt, 
^o wird er ihrer weniger inne werden, da er nicht die active Fähig- 
keit hat, aus den Sätzen des Schriftstellers das ihnen entsprechende 
Leben in sich anzufachen. Die Passivität des Lesers und diejenige 
des Hörers sind nicht gleich schädlich; denn dem Hörer wird 
-durch die Modulationen des Tones mehr nachgeholfen. Nicht 
aber blos das Gefühl, sondern auch der Verstand hört sich aus 
dem bereits mit angemessener Gliederung Gesprochenen eher 
heraus, als er sich etwa heraus liest, — wenigstens für Jemand, 



— 208 — 

der nicht die ganze Kraft des Schreibenden selbst in sich wach- 
zurufen und gleichsam nachzuentwickeJn weiss. Nun kommt es. 
aber auch nicht blos auf Mittheilung von "Wahrheiten, sondera 
auch auf Erregung von "Willensantrieben und auf Gewöhnung aa 
edlere Gefühlsgestaltungen an. Dies Alles lässt sich energischer nur 
durch den unmittelbarenVerkchrvon Person zu Person vermittcla. 
Gesellschaft und Gemeinschaft sind daher im Cultusersatz durchaus 
nichts Ueberflüssiges, Auch muss sozusagen die Fahne der besseriL 
Verhaltuogsweise durch die Gemeinschaft öffentlich hochgehaltea 
werden, und es muss dafür gesorgt sein, dass sich in diesem 
Sinne auch ein Urtheil öffentlich verlautbaren könne. Ich habe 
jedoch hierauf nicht näher einzugehen, da es sich vorläufig um, 
die Hauptgrund läge, nämlich um die Einsichten und Willens- ' 
antriebe selbst handelt, deren Pflege das Wesentliche im Cultus-= 
ersatz ausmacht. 

Das Wissen, um welches es sich im Cultusersatz hand^t;. 
ist nicht Wissenschaft überhaupt, sondern solche Wissenschaft 
durch welche das Vertrauen auf die Welt- und Seinsordnung 
und der Sinn für die in der Naturordnung wahrnehmbare Ge- 
rechtigkeit ausgebildet wird. Beliebige Wissenschaft, so nützhch. 
oder schön, ja selbst erhaben, sie übrigens sein möge, ist hier 
nicht am Platze. Es müssen diejenigen Seitea des Wissens 
zusammengefasst werden, die dem erwähnten Bedürfniss der 
bessern menschlichen Natur entsprechen. Beispielsweise kantt 
hier auch die Astronomie viel leisten; aber es sind nur einzelne, 
sehr einfache Punkte derselben erforderhch; denn alle zu be- 
nützenden Thatsachen sollen eben nur das Gesammtbild einer 
mit dem edleren Bedürftüss des Menschen harmonirenden Welt- 
auffassung vollenden helfen. Wer da sagen wollte, dass auch 
die Forschung selbst ein Cultusersatz sei, der müsste wenigstens, 
hinzufügen, dass sie es nur für die geringe Zahl der Forscher selbst 
sein könne. Für Andere werden es nur die Ergebnisse. Jedoch hat 
sich auch der Forscher selbst zu hüten, seine ganze Thätigkeit 
für sich selbst mit einem Cultusersatz zu verwechseln. Sie ist 
es zum grÖssten Theil nicht, nämlich da, wo sie sich auf das- 
für die Weltanschauung Gleichgültige richtet. Sie ist es aber 
nach andern Seiten auch nur dann, wenn sie von dem Ge-- 
danken getragen wird, in den betrefienden besondem Theileo. 
für die Vollendung der Weltanschauung und der Lebe osbehandlung; 



— 209 — 

arbeiten. In diesem Sinne in die Dinge und deren Wesen 
indringen, heisst in der That die edelste Art von Cnltusersatz 
^winnen, die auf theoretische Weise zu erzielen ist. Nach der 
Taktischen Seite ist der Cultusersatz aber schon in jener bezeich- 
eten Einwirkung auf die Empfindungen, Willensantriebe und 
^^Srrundsätze zu finden. Für diese Einwirkung giebt es mannig- 
^^-altige Formen, unter denen auch die dichterische Anregung, so- 
^%^eit sie Wahrheit enthält oder einst enthalten wird, einen Platz 
beanspruchen kann. Nur versteht es sich, dass der Gehalt überall 
die Hauptsache bleibt, und dass die dichterische Gestalt, in 
welcher beispielsweise die Bestärkung des Vertrauens auf den 
guten Theil der Weltordnung erscheint, an sich selbst ein Neben- 
werk, um nicht zu sagen ein Nebenspiel ist. Alles Spielerische 
muss von dem Ernst, den die cultusersetzenden Mittel der Selbst- 
iiihrung des Geistes zu vertreten haben, unbedingt fernbleiben. 
In Vergleichung mit diesem Ernst sind oft hochangesehene 
Dichterwerke nur als Dichteleien, aber nicht als der religions- 
ersetzenden Geistesführung würdige Poesien zu betrachten. 

5. Jedes Gemeinwesen bedarf, wenn es nicht aus den Fugen 
gehen soll, mehr als blos gewaltsamer und blos juristisch zwin- 
gender Mittel. Wollte man nun aber sich darauf beschränken, 
im gewöhnlichen Sinne des Worts eine Fahne für gute Sitte 
und gute Grundsätze aufzupflanzen, so wäre das zu wenig. Die 
geistigen Bindemittel müssen tiefer wurzeln, als in der gewöhn- 
lichen Moral, die ihren Halt nicht in einem Wissen vom Charakter 
des Weltganzen hat. Die gemeine Privatmoral ist durchschnitt- 
lich in der Oberflächlichkeit ihrer Gesichtspunkte etwas durchaus 
Unzureichendes und meist auch noch Unzuverlässiges. Sie gilt 
allzusehr als eine ziemlich dehnbare und schwankende Theorie, 
die ein ebenso dehnbares und schwankendes Gewissen ergiebt. 
Es ist bisher nicht gelungen, die bessern ihrer Grundsätze an 
Etwas anzuknüpfen, was eine stärkere Verbindlichkeit mit sich 
bringt und den Spielraum der Willkür beschränkt. Gemeiniglich 
haben auch die neuern Staaten so gethan, als wenn die Religion 
die erforderliche Stütze wäre. In manchen Verfassungsformu- 
lirungen, wie in der preussischen, hat man es sogar ausdrücklich 
ausgesprochen, es solle das Christenthum als die maassgebende 
Grundlage angesehen werden. Die modernen Gemeinwesen 
werden aber, gleichviel ob die Regierungen es wünschen 

Du bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl 14 



nicht, durch die Mehifachheit von Religionen und Confessionen 
unwillkürlich genöthigt, Ihatsächlich auch andere, von derRelig 
unabhängige Gesichtspunkte walten zu lassen. Nächstliegende 
Beispiele sind die Ersetzung derTrauung durch die Eheschliessung 
vor bürgerlichen Behörden und die Zurückführung der Taufe 
oder Beschneidung auf blosse Geburtsanmeldung und Namea- 
gebung ebenfalls vor bürgerlichen Behörden. Bei uns fehlt hiezu 
als Drittes zwar nicht die bürgerliche Todesaameldung, aber 
wohl das bürgerliche Begräbniss, um die Hauptthatsachen, 
die sich der Priesterstand stets geklammert hat. wenigstens für 
diejenigen Menschen, die ihm nicht freiwillig folgen wollen, von 
dessen Eingriffen und Zumuthungen zu befreien. Es ist dies 
auch eine wesentliche Wegräumung von Cultusstücken. 

"Wem eine solche Wegräumung zu Nüchternes allein übrig 
zu lassen scheint, der bedenke, dass die Herausschälung des 
Wirklichkeitskems aus der Hülse des Aberglaubens genug dafür 
entschädigt, dass die, überdies bohlgewordeae, ceremonielle Aus- 
staltung und Anschaulichkeit inWegfall kommt. In den nationalen 
Sitten und Festen, soweit sie ohne reUgiösen Beigeschmack dem 
modernen Völkerwesen entsprechen, ist noch genug Regsamkeit 
für die Sinne und kann sich auch später Manches bethätigeo, 
was für importirte Zauberpraktiken dem Anschauungs- und sym- 
bolischen Bethätigungsbedürfniss einen bessern Ersatz bietet. 

Was aber die Kunst im Allgemeinen betrifit, so wird sie da 
symbolisch, wo sie Ideen mit AbsicMlichkeit durch Etwas aus- 
drückt, was nicht an sich selbst, sondern nur durch die Bilder- 
sprache, die es redet, Bedeutung haben soll. Nur selten ist aber 
eine solche Symbolik am Platze. Es giebt jedoch eine natür- 
liche Symbolik, die nicht mehr Symbolik in jenem Sinne def 
Bildersprache, sondern ein naturgetreuer Ausdruck der Ideen in 
der Haltung und in den Zügen menschlicher Gestalt ist. Die 
Treue kann der Maler dadurch darstellen, dass er in dem Ge- 
sammtbilde namentlich das Auge mit dieser Eigenschaft darstellt. 
Freilich sind hier die Mittel bis jetzt nicht so leicht zu handhaben,, 
wie bei den Gegenständen der älteren Kunst. Aber das aut 
Göttermacht, Schönheit und Reiz beschränkte Puppenwerk der 
alten Griechen, sowie die meisten religiösen Bilder der Italiener 
werden nicht als das Letzte und Höchste in der Kunst geltet^ 
bleiben. Die neuem Nationalitäten werden auch auf diesem G«. 





— 211 — 

t 

Wet in reiner Weise ihre Charaktervorzüge veranschaulicht sehen 
Collen. Die in der Tiefe des neuern Völkergeistes wurzelnden 
-antriebe und Ideen werden auch künstlerisch zur ungemischten 
^ad freien Ausgestaltung gelangen. Keine bisherige Kunst hat 
*^9.s geleistet, was erforderlich ist, wie von mir schon im Falle 
'^^r Dichtung dargelegt wurde. Die Nationalität oder, genauer 
^^sagt, eine vorwaltende Nationalität ist die Grundlage des 
Cremeinwesens. Hierin besteht das moderne Nationalitätsprincip, 
^nd nationale Freiheit im Innern wie nach Aussen ist nicht 
^möglich, wenn dieses sich nicht in allen Richtungen geltend- 
^umachen die Kraft hat. Für weitere Völkergebiete nimmt es 
<lie Gestalt des Racenprincips an. Von nationaler Kunst reden, 
ist nun zwar eine alte Sache und noch mehr im Gebrauch als 
etwa der Ausdruck nationale Philosophie. Allein dabei die 
Nationalität tiefer und demgemäss als einen von Natur vor- 
handenen Charakter auffassen, der die ihm eigenthümlichen 
Eigenschaften und Gedanken in Gebilden der Kunst erst noch 
^zu gestalten hat, — das liegt weit vom gemeinen Wege ab. 
^Wer bei deutscher nationaler Kunst nur an Romantik und Mittel- 
-alter, also etwa nur an gothische Dome denkt, der verwechselt 
<iie reine nationale Natur und das wirklich Menschliche mit dem 
Zwitter, welcher aus der Mischung mit dem Christlichen entstanden 
ist und zeugungsunfähig bleiben wird. 

Die reine Natur der deutschen Nationalität kann, ähnlich 
•der griechischen oder überhaupt gleich denjenigen edel aus- 
gestatteter Völker, die Kunst nur auf Ideale des Wirklichen, also 
in höchster Form nur auf den Menschen richten. Sie muss den 
Menschentypus der neuern Völker und insbesondere den germa- 
nischen Menschen mit seinen Charakter- und Verstandesvorzügen 
^um Ziele haben. Das Puppenwerk ist allerdings wenig in Ver- 
gleichung mit dem, was lebendig in Fleisch und Blut zum Dasein 
gebracht wird. Ein einziger Mensch, welcher in Leib und Geist 
den bessern Typus in besonders gelungener Artung vertritt, ist 
mehr werth, als Tausende von noch so kunstreichen Bildsäulen 
und alle andern Erzeugnisse der Kunst zusammengenommen. 
Wenn ich also hier von der Kunst in Marmor, in Erz oder auf 
JLeinwand rede, so überschätze ich sie wahrlich nicht. Es ist 
ihr vielmehr die Rangstellung angewiesen, die sie in einer die 
Wirklichkeit richtig veranschlagenden Weltanschauung und 

14* 



— 212 — 

4 

Lebensbehandlung haben kann. Um aber auch nur diese relative 
Bedeutung festzuhalten, muss sie sich Ideale bilden, wie sie bijN 
jetzt noch nicht erfasst, geschweige ausgeprägt hat. Sie muss 
für den neuern Völkergeist etwas Aehnliches leisten, wie die 
griechische für den ihrigen. Sie muss sozusagen Göttermenschen, 
schaffen; jedoch ich liebe den Ausdruck „Götter" auch da nichts 
wo er blos die Ideale bedeutet. Um aber an das alte Herkommen 
der Sprache anzuknüpfen und sich so verständlicher zu machen, 
muss man im Ausdruck bisweilen eine Stufe hinabsteigen. Um 
also ganz speciell und gleichsam in einem häuslichen Beispiel 
die Angelegenheit zu veranschaulichen, so hätte die deutsche 
Kunst vor Allem den idealen Deutschen nach allen Richtungen 
seines Wesens durch schöpferische Vertiefung in die Bestand- 
theile seines Charakters zur plastischen und malerischen Dar- 
stellung zu bringen. Auf diese Weise würde mindestens etwas 
Besseres vor Augen geführt werden können, als das christliche 
Judenthum. Ob neuere Völker ausser im Charakter auch in der 
Formenschönheit die Griechen einst überflügeln, das wird von 
ihrer eignen Wandlung in Fleisch und Blut abhängen; denn bis 
jetzt scheint ihre natürliche Organisation noch nicht in jeder 
Richtung fein genug entwickelt zu sein, um vorläufig auch 
nach dieser Seite der Kunstvollendung die wünschenswerthen 
Aussichten zu eröffnen. Jedoch auch hievon abgesehen wird 
die Kunst ihren wesentlichen Beruf nicht verfehlen, wenn sie 
sich nur dem modern Menschlichen widmet, das antik Classische- 
auf sich beruhen lässt und das romantisch Mittelalterliche int 
seinem Bestandtheil, der christliches Judenthum heissen könnte, 
auf Nimmerwiedersehen wegwirft. Alsdann kann auch das 
Gemeinwesen von ihr zur würdigen Veredlung wichtiger und 
öffentlicher Handlungen einige geistnährende Frucht einernten; 
6. Die Moral, die bei dem Religionsersatz in Frage kommt, 
hat nicht jenen äusserst beschränkten und fehlgreifenden Sinn, 
der durch die eigentliche Christlichkeit hineingelegt worden ist. 
Dieser Sinn war und ist, wie es die Selbstrückwirkung gegen die 
Judeneigenschaften mitsichbrachte, wesentlich negativ. Die Zucht 
der schlechten Triebe oder vielmehr in richtig christlicher Wider- 
sinnigkeit die Ausrottung der Triebe, mit besonderer Vorliebe 
für den überhaupt als sündig gebrandmarkten Geschlechtstrieb, 
ist hiebei der Ausgangspunkt für allen falschen Moralschein und 



— 213 — 

-^vir alle Moralheuchelei. Um dieser Verkehrtheit willen kann das 
^oit Moral unter Umständen gradezu widerwärtig afficiren. Mir 
st es oft genug selbst moralischen Ekel erregt. Die bessere 
--^^loral findet sich von Nichts mehr abgestossen, als von ihrem 
-^^errbilde. Die palästinensisch christliche Moral, auch wenn sie 
^^ Ol ihren besten Zügen und nach den Auslassungen des Refor- 
^Änators und Bergpredigers selbst betrachtet wird, ist vielfach ein 
Gemisch von unanwendbaren Paradoxien, ja Widersinnigkeiten 
^nd steht mit der gesunden und edlen Natur besserer Völker 
^uf gespanntem Fuss. Von Freiheit und Würde enthält sie kein 
Xörnchen, und in vielen Punkten ist sie gradezu eine Knechts- 
moral. Edelmuth und Tapferkeit figuriren in ihrem Codex nirgend, 
wie denn auch bald das bereits zur Herrschaft gelangte Christen- 
thum nicht Anstand nahm, die Tugenden der Römer und Griechen 
^Is glänzende Laster zu bezeichnen und so in Verruf zu bringen. 
XDie Germanen mögen es sich also merken, dass ihre Tapferkeit 
-^us dem jüdisch christlichen Gesichtspunkt nur ein glänzendes 
Xaster ist. Die Naturvorzüge sind dies nach christlicher Schätzung 
^tets; die Judennatur ist hier, wie immer im Christenthum, mit 
<ier Natur überhaupt verwechselt. Die Natur besserer Völker ist 
:grade die Grundlage ihrer Moral. Fasst man die sittlichen Grund- 
sätze nach dieser würdigeren Seite hin auf, so tritt der christlich 
angesteckte Begriff vom Moralischen zurück, in welchem die im 
Grunde gegen die gemeine Judenwollust gerichteten, aber that- 
sächlich natur- und menschenfeindlich gerathenen Vorstellungen 
die Hauptrolle spielen. Ehrlichkeit und Treue sind Tugenden 
des Naturcharakters; aber sie fehlen aus naheliegenden Gründen 
in der christischen Sittenlehre. Wie sollte auch auf dem Boden 
Palästinas von Ehrlichkeit und Treue ein Ideal erwachsen sein! 
Man thut gut, die Moral immer so zu denken, dass sie sich 
auf alle aus der bessern Völkernatur entspringenden Tüchtigkeiten 
und Vorzüge bezieht. Tapferkeit, Edelmuth, Vertrauen und Treue 
sind im Judasvolke nicht zu Hause; sie haben dort von Anbeginn 
und sozusagen von Natui wegen gefehlt und können sich daher 
auch ebensowenig jemals einstellen, wie bei Schlangen und 
Katzen. Die Naturcharaktere bleiben im Wesentlichen dieselben, 
und es ist daher auch alle Humanität im Sinne besserer Mensch- 
lichkeit auf die edleren Naturanlagen neuerer Völker zurück- 
zuführen. Ebenso ist dies mit der edleren Weltauffassung der 



— 214 — 

Fall, und die bessere Moral, im angegebenen Natursinne des 
Worts, vollendet sich in einem besseren Verständniss des Alls 
der Dinge. Auf diese Weise erweitert, ist die Moral allerdings 
fähig, Religionsersatz zu sein; denn sie ist alsdann nicht mehr 
blosse Moral in Beziehung auf Menschen, sondern auch Moral 
in Beziehung auf den Grund und Boden der Dinge. Die mensch- 
lichen Aflfectionen richten sich Msdann moralisch und ästhetisch 
nicht blos auf den Menschen, sondern auch auf das Ganze der^ 
Welteinrichtung. Was in der letztern an Zügen enthalten ist, di^: 
Theilnahme erwecken, darf aber nicht unverhältnissmässig derrj 
Menschen vom Menschen ablenken, sondern muss dazu dienen, 
das Verhältniss des bessern Menschen zum bessern Menschen 
noch fester zu vermitteln. 

Vom Weltgeist reden, streift unter Umständen schon an 
bedenklichen Aberglauben; denn wo wäre der Geist in den 
Weltkörpem, wenn er nicht auf ihnen in lebendigen Wesen 
angetroffen würde? Gegen einen derartigen Gespensterglauben, 
der die Züge von Verstand und Charakter, die sich in der Ein- 
richtung der Dinge finden, mit dem Geist lebendiger Wesen 
verwechselt, haben wir bereits Einspruch gethan. Es ist daher 
auch besser, zu sagen, Weltcharakter oder Seinscharakter, anstatt 
Weltgeist; — wo und solange nämlich das Wort Geist von 
nahezu ebenso falschen Vorstellungen begleitet wird, wie das 
Wort Seele. An den Ausdruck Charakter hat sich der religiöse 
Aberglaube noch nicht in gleicher Weise heften können. Für 
die menschHchen Affectionen giebt es daher in der Natur nichts 
Ebenbürtiges als den Menschen selbst. Lebendige Wesen anderer 
Weltkörper kommen, als ausser dem Verkehr mit uns befindlich, 
nicht in Frage. Uebrigens steckt aber in den Weltkugeln und 
ihren Beziehungen kein Geist, sondern dieser ist ganz und gar 
in die lebendigen Wesen übergegangen. Hieraus folgt, dass wir 
zwar intellectuell, ästhetisch und moralisch durch die Welteinrich- 
tung erregt werden, aber dass dieser universelle Affect doch von 
anderer Artung ist, als jene gesteigerten Gefühle und Gedanken, 
mit denen wir das bewusste Dasein von Verstand und Charakter 
in lebendigen Wesen, in Unseresgleichen und ganz besonders 
in denjenigen Typen betrachten, die uns durch Vorzüge am 
nächsten stehen. So ergiebt sich, dass der Cultusersatz in der 
Pflege der edleren Menschlichkeit, Nationalnatur und Individualität 



— 215 — 

mit gleichzeitiger Vertiefung in die nach Maassgabe der bessern 
Eigenschaften gestaltete Weltanschauung besteht. Der ausge- 
zeichnetste Fall nun, in welchem sich die Theilnahme des bessern 
Menschen für das Würdigere der Menschheit bethätigt, ist die 
Aufopferung der niedrigen Interessen und erforderlichenfalls des 
sackten Lebens für eine hohe geistige Angelegenheit, rnag es 
sich nun um das Eintreten für hochwichtige Wahrheiten oder 
^mittelbar um die Verwirklichung derselben in Lebenseinrich- 
tungen handeln. Beides ergiebt ein echtes Märtyrerthum, und in 
^ej<iem zeigt sich die moderne Welt der neuern Völker, wenn 
^^TX nur näher zusieht, mit echten Beispielen besser und reich- 
^^Itiger vertreten, als die jüdisch christliche Vergangenheit. Das 
Wort Märtyrer ist griechisch, der vorherrschende Gebrauch 
christlich, aber die Sache nur bei bessern Völkern in ihrer 
edleren Tiefe erkannt und geübt. Nicht jeder freiwillige Tod im 
S^^xie angeblicher rehgiöser Wahrheiten ist ein achtungswerthes 
^^rtyrerthum. Sich von den Rädern des indischen Götterwagens 
^^x-malmen lassen, ist allerdings auch eine Art des Enthusiasmus; 
^t>^r dieses Cultusstück, obwohl es mit Selbstaufopferung ver- 
•^^xiden ist, kann uns nicht sonderlich andere Achtung ab- 
^öthigen, als wenn Motten, von der Flamme gereizt, in diese 
^ixieinfliegen. 

Es kommt noch hinzu, dass, wenn die Vorstellung der Er- 

^^ugung einer besondern jenseitigen Herrlichkeit leitend ist, 

dieser Umstand bereits Schatten auf die Reinheit des Märtyrer- 

'^Iriums wirft. Es braucht alsdann kein echter Opfertod vorhanden 

^Xi sein; denn der Tod um jenseitigen Lohn und sozusagen auf 

-Entschädigung hin ist kein reines Opfer. Jedoch ist es peinlich, 

^rade in den bedeutendsten Fällen diesen Gesichtspunkt als vor- 

"Waltend voraussetzen zu sollen. Es ist schon übel genug, dass 

man vom Standpunkt der ruhigen und geklärten Wahrheit aus 

den Gedanken zu ertragen hat, dass der Märtyrer in der Hoffnung, 

die ihn beseelte, sich getäuscht hat. Eine Erfahrung davon 

konnte er glücklicherweise nicht machen, und so konnte er auch 

nicht enttäuscht werden. Für uns aber, die wir das fremde 

Schicksal betrachten, ist die Vorstellung von der Nichtigkeit 

jener Hoffnungen um so niederschlagender, je mehr Theilnahme 

uns im Uebrigen ein als Märtyrer Gestorbener durch seine 

Sache einflösst. Wir wünschen da unwülkürlich eine bessere 



— 216 — 

Ausgleichung, als sie das Gefühl einer falschen Hoffnung sein 
kann. Wir verlangen nach Etwas, was nicht blos im persönlichen 
Empfinden liegt, sondern derWahrheit und Wirklichkeit bleibenden 
Seins angehört. Der Jenseitswahn, insofern auch der blosse Wahn 
an sich den Wähnenden befriedigen kann, ist eine schlechte 
Zahlung, und wenn es keine gediegenere Münze zur Ausgleichung 
der Schuldigkeiten gäbe, so wäre die Natur werth, wirklich zu 
Nichts zu werden, wenn man überhaupt sich diese ungeheuer- 
liche Gedankenwendung von einer universellen Vernichtimg 
auch nur hypothetisch gestatten will. 

Glücklicherweise verhält es sich mit allem echten Märtyrer- 
thum doch etwas anders. Der Kern desselben kann auch dann, 
wenn sich der Jenseitswahn damit verbindet, aber nicht die vor- 
nehmlich maassgebende Vorstellung ist, einen reinen Charakter 
haben. Es kann die Selbstentäusserung nämlich dennoch vor- 
handen und die Vorstellung vom persönUchen Fortleben nur ein 
Nebenumstand sein, an welchem die Handlung gar nicht hängt. 
Bei Sokrates wissen wir dies sicher; denn bei ihm war nicht ein- 
mal von einem entschiedenen Unsterblichkeitsglauben die Rede. 
Wo aber, wie bei Giordano Bruno, dem hohen Märtyrer aus dem 
Bereich des neuern Völkergeistes, der Glaube an ein Fortleben 
auf andern Weltkörpern bestand, da mag dieser Glaube w^ohl eine 
gewisse Erleichterung gewesen sein, bis zum letzten Athemzuge 
auf dem Holzstoss standhaft zu bleiben und das dort entgegen- 
gehaltene Crucifix mit gebührend finsterm Blick zurückzuweisen; 
aber die Aufopferung selbst stammte doch aus einer tiefer und 
wahrer begründeten Kraft. Sie wurzelte in der mächtigen Leiden- 
schaft oder, besser gesagt, Gemüthskraft, die dadurch ihr Höchstes 
vollführte, dass sie sich unter dem Eindruck der Anschauung des 
Wahren und Edlen gestaltete und entflammte» Freilich ist das 
eigentlich Verzehrende hiebei nicht erst das Feuer des Holzstosses, 
sondern jenes innere Feuer, von welchem das nackte Leben nicht 
geachtet wird, wenn es gilt, etwas Höheres, nämlich die Bethäti- 
gung der edelsten Lebensregungen vor aufgezwungener Selbst- 
vemichtung zu bewahren. 

7. Die tiefere Ursache alles ursprünglichen und echten, also 
nicht wesentlich auf Aberglauben, Autorität und Nachahmimg 
gegründeten Märtyrerthums ist die Kraft zu einer höheren Art 
von Leben. In diesem treibt die Anschauung eines auf die Person 



— 217 — 

mächtig einwirkenden Gegenstandes der Hingebung oder, wenn 
Bian will, die Liebe zu diesem Gegenstande zu einer der geraeinen 
gesellschaftlichen Lebensgefahr unterliegenden Handlungsweise, 
öer gewaltsame Verlust des Lebens ist nur das handgreifliche 
Jtferkmal, aber nicht das Wesentliche der Sache; denn da Leben 
uater gewissen Umständen schwerer als Sterben ist, so kann da s 
Mäjtyrerthum auch in der Uebemahme eines derartig schweren 
Lötens bestehen; ja es wird Angesichts des Raffinements culti- 
vix-lerer Epochen, in denen möglichst unscheinbar zu tödten ver- 
su.cht wird, öfter grade diesen Charakter annehmen. Will man 
^^^s Märtyrerthum bis in seine Tiefen verstehen, so muss man von 
^^x Vollständigkeit der gegenständlichen Wahrheit absehen. Es 
ist: genug, wennWahrhaftigkeit und edle Gesinnung das Antreibende 
gewesen sind. Die begleitenden besondern Vorstellungen können 
^^^^ ^nigstens zum Theil unrichtig sein, ohne dass deswegen die 
ö^deutung des Märtyrerthums aufhörte. Der Werth des letztern 
-tk angt allerdings von dem wahren Bestandtheil der Antriebe und 
^Vorstellungen ab, wird aber durch die blosse Beimischung von 
Jxrthum und Wahn nicht vernichtet, sondern nur verringert. Man 
liönnte in dieser Beziehung eine Rangordnung der Werthe auf- 
"Stellen. Je mehr und je ärger der Aberglaube und Wahn dabei im 
Spiele waren und je geringfügiger sich der Rest an bleibender 
"Wahrheit stellt, um so werthloser werden derartige Acte. Die 
meisten christlichen Märtyrer handelten auf Autorität, aus Nach- 
ahmung tmd im Sinne eines starken Aberglaubens. Achtbar ist 
•dabei nur die Kraft an sich selbst, aber an Ziel und Sache nur 
Weniges. Das vorbildliche Märtyrerthum von Christus selbst will 
freilich etwas anders aufgefasst sein; denn dieser handelte zum 
grössten Theil aus Ueberzeugungen, die er sich selbst geschaffen 
und an welchen die Autorität der ihm überlieferten ernstgenom- 
menen Bestandtheile der Judenreligion weniger Antheil hatte. Wie 
alle reformatorischen Geister hohenRanges schöpfte er das Wesent- 
liche aus den Tiefen seiner eignen Natur. Aus dieser stammte 
auch diejenige Kraft des Herzens, die ihn den jüdischen Schrift- 
gelehrten trotzen und der Grausamkeit und dem Hohn des Stammes, 
unter dem und für den er lebte, die Stirn bieten Hess. Die Nach- 
ahmungen aber erhielten mehr den Charakter eines Leidens im 
Hinblick auf die verheissene himmlische Seligkeit. Christus selbst 
war dem Tod ausgewichen, soviel er konnte, und hatte noch 



zuletzt gewünscht, dass, wie er sich ausdrückte, dieser Kelch, d, T:^. 
der bittere Kelch des Märtyrerthums, wenn es möglich wäre, ilK^-rri: 
erspart bliebe. Die späteren Märtyrerchristen, aus der Zeit (Ä^^r 
grössern Verfolgungen, benahmen sich aber meist als solche, c3ie 
autoritär, in der Anschauung und Vorempfindung jenseiti^^er 
Freuden, in den Tod gingen, und dies erinnert etwas an die sct^ ou 
erwähnten zermalmenden Räder des indischen Götterwagens, ^^^er 
aus eigner Einsicht und selbstentflammter Gemüthskraft den ^SST^^g 
geht, der unter Umständen zum Märtyrerlode führen muss, "wie 
dies in hohem Grade bei Christus der Fall war, — der beherrsctit 
auch sein Werk eher und hat jedenfalls mehr Maass, als diejenigen; 
haben können, die nur an sein Wort glauben und daher in gleiaH^- 
sam blinder, weil nicht von eigner Einsicht getragener Erreguc:»'& 
handeln. 

Um das Peinliche wegzuschaffen, womit uns ein wirklia ^ 
bedeutendes Märtyrerthum gleichsam beunruhigt, sobald wir ^^^ 
als einem Wahn dienstbar betrachten müssen, haben wir zu unter::::^^' 
suchen, ob nicht doch eine gegenständliche Wirklichkeitwenigsten^^^ 
zu einem Theil dabei leitend war. Wenn in der einen Beziehung*? 
eine Täuschung bestand, so kann doch in einer andern die Ho^^f^^ 
nung des Märtyrers einen guten Sinn gehabt haben. Auch dÄ^^ 
hohe Leidenschaft einer edel und gross gearteten Liebe kann vc^ -a 
täuschenden Vorstellungen und Erwartungen begleitet sein. ITä 
der Hauptsache aber täuscht sie nicht; denn sie ist nur der Aus- 
druck und gleichsam die Vorwegnahme nicht blos des ganzen 
individuellen, sondern des durch die Generationen jfortsetzbarea 
Lebens. Sie ist die Freude des Menschen an dem Vorzüglichea 
seiner eignen Gattung, welches zugleich das über das Individuum 
hinausreichende Leben mitumfasst und die schöpferische Macht im 
Menschen durch die unmittelbare Empfindung erkennt. Die Phan- 
tasie kann hier fehlgreifen und zum Wahn ausschlagen; aber der 
Kern bleibt wahr. Er bleibt es auch, wenn Aufopferung aus Liebe 
einen andern Weg führt, als den zum Leben; denn auch in diesem 
Falle verfehlt die Hingebung ihr Ziel selbst dann nicht, wenn ia 
einem Falle, wie der von Romeo und Julia, nur ein Andenken 
für die Ueberlebenden übrig bliebe. Die Liebe ist darum noch 
kein Wahn, weil das, für dessen Wahrheit sie der Gefühlsausdruck 
ist, unter Umständen untergeht; ebenso wenig als sie aus dem 
Grunde etwa ein Wahn sein müsste, dass sich in ihrem Gefolge 



— 219 — 

^^cht unmittelbar die zu überschwenglich gestalteten \md daher 
^^rstandesmässig unrichtigen Vorstellungen erfüllen können. Ueber 
^^ne Wahnnatur der Liebe ist gar zu viel gefaselt und gedichtelt 
^orden. Der Wahn betrifft aber nur die fehlgreifenden Verstandes- 
^^rstellungen, die sich in die Form der Phantasie übersetzen und 
^^^h die Sehgkeit anders ausmalen, als sie in der Naturwirklichkeit 
^^ntritt. Hiezu kommt noch später die Thorheit, sich an den 
'^Empfindungen nicht genügen zu lassen, und die noch grössere 
-thorheit des Bedauerns darüber, dass sie nicht immer und ewig 
Vorhanden sind. Jedoch ich habe hier nicht die Herabwürdigungen 
^er Liebe und die zugehörigen Anklagen gegen die Natur ein- 
gehend abzuurtheilen, sondern nur die Vergleichung mit Fällen 
wirklich aufopfernder und daher erhabener Gemüthskraft der Liebe 
zu benutzen, um einen doch wohl noch höheren Gegenstand, 
nämlich die echten Bestandtheile eines naturwahren Märtyrer- 
thums, verständlicher zu machen. 

Der wahrhaft uneigennützige Tod ist der für einen Gegen- 
stand, dessen edle Natur dazu bewegt, die eigne daranzugeben, um 
ihn zu sichern. Dieser Gegenstand kann ein Mensch sein; er 
kann aber auch das Gute an der Menschheit und das Wahre sein, 
an welchem theilgenommen wird und für welches die Hingebung 
stattfindet. Trifft man nun auch nur ein Körnchen von dieser 
Art an, so ist die Hoffnung des Märtyrers, so wahnvoll sie auch 
übrigens gewesen sein möge, grade in dem Punkte nicht getäuscht, 
in welchem sie gegenständlich berechtigt war. In allem Uebrigen 
nauss aber die subjective Befriedigung, die in dem Wahne selber 
l^gi genügen; eine andere wäre die betreffende verkehrte Be- 
strebung auch wirklich nicht werth. Soweit also gegenständlich 
Wahres treibend ist, ist die Aussicht auf Erfüllung kein Wahn; 
soweit blos subjective Wahrhaftigkeit, also eine Ehrlichkeit im 
Irrthum vorhanden, insoweit ist die mit sich selbst einige Empfin- 
dung und Befriedigung der Lohn; wenn aber auch der gute 
Wille, wahr zu sein, irgendwo gefehlt hat, dann ist sogar der 
entsprechende Theil des Leidens unter Umständen eine gerechte 
Strafe. Ein Märtyrerthum für die Lüge, d. h. eine Bezeugung der 
wissentlichen Unwahrheit mit dem Tode, wäre ein sonderbarer 
Begriff. Wohl aber ist es möglich, dass sich in die Wahrheit auch 
ein Theil bewusster Vertretung von Trug einmischt, z. B. Spiegel- 
fechterei mit Künsten, die von Andern für Wunder p ' 



— 220 — 

wurden, ja vielleicht gehalten werden sollten. Wunderthäter, die 
an ihre eignen Wunder glaubten, dürften, wenn sie auf eigne 
Hand und nicht etwa auf Autorität manipulirten, niemals existirt 
haben. Das Urtheil ist also in solchen Fällen nicht ganz einfach. 
Von angedichteten oder nachträglich sagenhaft erfundenen 
Wundergeschichten sehe ich natürlich ab; aber wenn man dem 
Kern der Worte und der moralischen Lehre in den überlieferten 
Schriften einige Bedeutung beimisst, so muss man auch den be- 
richteten Thaten wenigstens zum Theil einen sachUchen Kern 
zugestehen. Ein blos mythischer Standpunkt ist auch gar zu ein- 
seitig und unkritisch. Dies vorausgesetzt, ist man nicht immer 
sicher, es auch nur in subjectivem Sinne immer mit reiner Wahr- 
heit zu thun zu haben. Was Christus anbetrifift, so will ich nur 
das Positive zu Gnmde legen. Er glaubte an seine Reformation 
des Judenthums und starb dafür; mir aber scheint, dass an Alle- 
dem «rilgemein menschlich und gegenständhch Nichts wahr ge- 
wesen ist, als sein Kampf gegen die Schriftgelehrten und seine 
Verurtheilung dieser Classe als eines Otterngezüchts. Dieses 
allein hat ihm auch den Tod bereitet, und in dem Zeugniss 
gegen dieses ist sein Märtyrerthum ohne Abzug stichhaltig und 
wird solange dauernde Folgen haben, als sich die Welt noch 
leneir palästinensischen Vorgänge erinnert. In diesem Punkte haben 
sich die Erwartungen des Märtyrers, dass er in der Welt noch 
Viel für die Gerechtigkeit aufrühren würde, nicht getäuscht. Dies 
Gute soll aber zum grossen Theil noch erst kommen; denn so 
ziemlich alle andern Wirkungen seiner Lehren haben thatsächlich 
überwiegend dem bessern Menschen zum Unheil gereicht. Auch 
kann er selbst nicht ganz von der Verantwortüchkeit frei- 
gesprochen werden, da es zum Theil die unbrauchbare und irre- 
führende Beschaffenheit seiner Lehren, also nicht blos deren Miss- 
brauch gewesen ist, was der Welt, anstatt zum Heil, vorwiegend 
zum Unheil ausgeschlagen ist. Wenn es für diese Seite der 
Folgen eine persönliche Entschuldigung giebt, so mag es der 
Hinweis auf das Racenelement sein, in welchem derartige Lehren 
sich gestalteten. 

Die Arabersemiten, die in intellectueller Beanlagung, sowie 
durch einige Tapferkeit und durch einige Fähigkeit zur Industrie, 
die sie namentlich als Moriscos auf spanischem Boden bekundet 
haben, doch weit über den Judensemiten standen, haben in der 



Religion mit dem Muhamedanismus nur den autoritären fanatischen 
Tod im kriegerischen Kampfe, aber nicht ein eigentliches Märtyrer- 
thum hervorgebracht. Dies liegt offenbar in der verhältnissmässigen 
Beimischung von Thatkraft; denn im Märtyrerthum waltet das 
Dulden vor. Im Uebrigen kann aber diese der Judennationalität 
überlegene und auch hin und wieder mit bessern Stammeselementen 
innerlich versetzte oder äusserlich zu gemeinschaftlicher Thätigkeit 
vereinigte Race mit ihren Eigenschaften als Schlüssel dazu dienen, 
wie Religionen entstehen und aus welchen gemischten Eigen- 
schaften sie ihren Charakter erhalten. Die Moriscos in Spanien 
wurden noch im 17. Jahrhundert allgemein als Lügner, Betrüger 
und Phantasten angesehen. Auch ein Cervantes, der ein guter 
Menschenbeobachter war, ertheilt ihnen diese schmückenden Bei- 
wörter. Aus dieser schönen Dreieinigkeit von Lug, Trug und 
Phantasterei begreifen sich neun Zehntel des Muhamedanismus 
und auch ein so elendes Büchelchen, wie der Koran, welches in 
einem Umfang, der ungefähr demjenigen des neuen Testaments 
gleich ist, eine ganze Welt von Zerfahrenheit und semitischer 
Abgerissenheit beherbergt. 

Indessen hiesse es, sich zu sehr auf eine Species beschränken, 
\venn man Lug, Betrug und Phantasterei nicht auch noch als 
eine weit allgemeinere Racenei genschaft erkennen wollte. Bei 
den Juden könnte Jemand meinen, sie hätten bei ihrem Mangel 
an jeglicher bildenden Kunst so gut wie keine Phantasie. Dies 
ist auch richtig, soweit es sich um Anschaulichkeit und Ge- 
staltungskraft handelt; aber wenn ihnen die bildende und ge- 
staltende Phantasie abgeht, so haben sie doch eine mehr bildlose 
Art von Phantastik und eine maasslose Ueberschwenglichkeit 
wüster Vorstellungstriebe. Von den übrigen Orientalen und auch 
von den verhältnissmässig bessern andern Semiten unterscheidet 
sich die meist starre Phantastik der Juden durch besondere Spitzig- 
keit und Eckigkeit und durch den denkbar weitesten Abstand 
von jeglicher Schönheit, so dass grade das Verzerrte und Häss- 
liche in grossem Maass das Element dieser armseligen Caricatur 
von Judenphantasie ist. Trotzdem darf man aber bei den Juden 
die Phantastik, so schlecht auch die zu Grunde liegende Phantasie 
geartet ist, nicht vergessen, theils um die Geschäfte der Juden 
und die zugehörigen, oft sehr ausschweifenden Speculationen 
richtig zu würdigen, noch mehr aber, um Alles, was in der 



— 222 — 

JReligion von der Judenrace seinen Ausgangspunkt genommen 
hat und sieb mit Judenlug, Judentrug und Judenphantastik 
mindestens stark versetzt findet, in seinen Bestandth eilen gehörig 
zu veranschlagen. 

8. Allen den angedeuteten Einmischungen entgehen wir 
bereits, wenn wir uns auch nur zum antiken Märtyrerthum des 
Weisesten der alten Welt zurückwenden. Sokrates trat für eine 
•edle und gesunde Moral ein, die zugleich das Gute der Welt zu 
einem Theil entsprechend vorstellte. Sie hatte einige national- 
griechische Züge und war im Sinne des neuern Völkerideals, wie 
^s sich jetzt gestalten lässt, freilich nicht alle Vollkommenheit, 
<lie wir heute zu erfassen und künftig zu pflegen vermögen 
werden. Sie hatte aber einen so schuldlosen, von unheilvollen 
Bestandtheilen freien Charakter, dass sich aus ihr, wo sie einfach 
nach den besten Berichten aufgenommen wurde, für die Welt 
noch kein Unheil ergeben hat. Wohl aber hat sie im Allgemein- 
menschlichen, Natürlichen und Gesunden festigend gewirkt, und 
ihr ist es zu einem grossen Theil zu danken, wenn die Sophistik 
aller Zeiten sammt ähnlichem Truge immer wieder auch mit der 
Erinnerung an die alten, durch das Märtyrerthum geheiligten 
WaJSen hat bekämpft werden können. Uebrigens hatte Sokrates. 
vor dem drohenden Ausgang nicht gezittert und gezagt, wie es 
über Christus wörtlich berichtet wird, sondern er hatte im Gegen- 
theil es unter seiner Würde gehalten, dem Tod ausweichen zu 
wollen, nachdem er einmal seinen Beruf bis an die Schwelle des 
letzten Geschicks standhaft erfüllt und sogar dem Richterpöbel 
von Athen mit einem ironischen Antrag die Stirn geboten hatte. 
Dies war aber auch ein Märtyrerthum aus und innerhalb einer 
von Natur bessern Nationalität, deren Culturcorruption die Auf- 
lehnung einer gesundgebliebenen Individualität voll edler Hoheit 
nur um so mehr herausgefordert hatte. Freilich war es gleich- 
sam eine Nation von Sophisten, die dieser geistigen und sonstigen 
•Corruption hatte anheimfallen müssen, und da Sokrates zu Haupt- 
feinden die Sphisten hatte, so ist in seiner Stellungnahme auch 
einige Aehnlichkeit mit jenem Gegensatz des Judäers gegen die 
.Schriftgelehrten seines Volks nicht zu verkennen. 

In dem Märtyrerthum Brunos mischte sich die Begeisterung 
für das Bessere antiker Weisheit mit den Antrieben des neuem 
Völkergeistes, mit dessenWissenschaft und insbesondere mitCoper- 



— 223 — 

^canischer, ja mehr als blos Copernicanischer Weltanschauung, 
^nino betrachtete bereits alle Fixsterne als Sonnen, und dieser 
erhaben ausgelegte Weltbegriff vereinigte sich mit einer persön- 
^^ch edlen Gestaltung der ihm von der neuern Völkernatur an- 
gestammten gutartigen Moral. Von daher stammt auch sein edler 
Optimismus, dessen Zerrbilder bei den Bestehlern Brunos, nament- 
^^ch bei Leibniz, so überaus widerlich gerathen und sogar zum 
^gentheil, nämlich zur Beschönigung des Schlechten und zu 
Y^lb>ernheiten, ausgeschlagen sind. Bruno vertrat ein Stück mora- 
^isoher Weltanschauung der edelsten Art, und er ist das an der 
'^^liwelle der neuern Zeit stehende grosse Beispiel eines Märtyrer- 
*^Vuns, in welchem zuerst der entscheidende Antrieb ein Zug des 
^^\iem Völkergeistes war. Dennoch haben wir uns, wenn wir in 
'^^n Jahrhunderten fortschreiten, das neuere Märtyrerthum etwas 
"^ ^rändert zu denken. Auf Märtyrer für das Christenthum sind 
bedeutendere gegen das Christenthum gefolgt, und nachdem 
3enem die Macht abhanden gekommen ist, in dem einen oder in 
-clem andern Sirui welche zu machen, sind es andere Factoren und 
Xräfte, die zu andern Formen des Zeugnisses und Wirkens für 
«die Wahrheit veranlassen. 

In das Märtyrerthum von Christus ist die jüdische Vorstellung 
von der Nothwendigkeit eines Opfers für die Sünden des Volks 
eingemischt worden. Auf diese Weise wäre ein solches Märtyrer- 
Aum eine Art Cultusstück und ein Nachhall der Menschenopfer. 
Eine solche Opferidee findet sich auch noch anderwärts, und das 
Schlimmste ist, dass sich sogar noch in die neuere Zeit hinein 
bezüglich alles Märtyrerthums eine verwandte Idee erhalten hat. 
JNicht die natürliche Aufopferung des Menschen für den Menschen, 
vfie sie unter eng Verbundenen dem edlen Sinn entspricht, — 
nicht also etwa Fälle wie der, dass Jemand Qualen und den Tod 
lieber erduldet, als sich nöthigen lässt, einen wirklichen Freund 
-oder geliebte Angehörige zu verrathen, — nicht Derartiges ist das 
^Musterbild für jene sich noch in der neusten Zeit regenden Vor- 
:stellungen von einem Märtyrerthum für die Menschheit; sondern 
•die Meinung ist die, dass die Menschheit Opfer nöthig und daher 
-auf sie ein Recht habe. Dies kann man ihr nun nicht im Min- 
desten zugestehen. Soweit sie nämlich einigermaassen gut und ein- 
sichtig ist, bedarf sie ihrer nicht; soweit sie aber schlecht und 
bomirt ist, verdient sie keine Opfer. In keinem Fall kann sie 



— 224 — 

also Derartiges zumuthen. Im Gegentheil befindet sich die Mensch- 
heit, als Ganzes genommen, solange sie noch das Martyrium ver- 
hängt, selbst in jenem rückständigen und zum Theil verkehrten 
Zustande, der an die ursprünglichen Menschenopfer, die gewöhn- 
liche Cultusstücke waren, widerwärtig genug erinnert. Ich kann 
mir kein wirklich achtungswürdiges Märtyrerthum für die Mensch- 
heit denken, ohne zugleich der Menschheit zu fluchen, dass sie^ 
schlecht genug war, zu jenem zu führen. Der Widerspruch dieser^ 
beiden Gedanken löst sich nur dadurch, dass die Menschheit inx 
Allgemeinen aufhört, der Gegenstand zu sein, und dass innerhall> 
ihrer zwischen den guten und schlechten Elementen unterschieden 
wird. Wer freiwillig ein Opfer bringt, sollte fortan das deutliche 
Bewusstsein haben, dass es vernünftigerweise und nach sittlichea 
Gesetzen nur denen in der Menschheit gelten darf, die gut und 
demgemäss seiner würdig' sind. Die allgemeine Menschheit ist 
ein täuschender Begriff; sie schliesst alles Mögliche, nicht blos^ 
bis an das Thier, sondern, was schlimmer ist, bis sozusagen an 
den Teufel ein. Die Art, wie auch noch heute durchschnittlich 
auf wirkliches Märtyrerthum der Vergangenheit gesehen wird, 
und wie man es es auch im Allgemeinen und für die Zukunft 
betrachtet, ist zu einem ansehnlichen Theil eine Niederträchtig- 
keit gemeinsten Schlages. Da wird kein Anstoss daran genom- 
men, sondern es im Gegentheil als selbstverständlich angesehen, 
dass es Personen geben müsse, welche die Wahrheit ihrer Sache 
mit dem Tode bezeugen. Eine herrliche Beweistheorie, welche 
einigermaassen noch an Hexenproben und an den ursprünglich 
den Duellen zu Grunde liegenden Aberglauben streift! Der Tod 
ist nie ein zureichendes Beweismittel; ja er ist überhaupt für sich 
allein gar kein Beweismittel. Für die elendesten Dinge wird das- 
Leben millionenfach eingesetzt; der Räuber sowie bisweilen auch 
der Spitzbube setzt es aufs Spiel; der eigentliche Söldner thut 
es um dürftigen Lebensunterhalt und der moderne Pflichtsoldat 
wird von Staatswegen genöthigt, es für jegliche Sache auszusetzen, 
wie gut oder schlecht sie auch beschaffen sein möge. Freiwillige 
Verachtung des Todes ist allerdings eine Art Merkmal, aber doch 
von nichts Anderem, als von der Abwesenheit der Feigheit- 
Wenn man einem edleren Menschen die Wahl stellt zwischen 
Unwürdigkeit und Tod, so giebt es für ihn eben thafsächlich 
keine Wahl; er begeht keinen niederträchtigen Verrath, sei es an 



— 225 — 

-<^ndern, sei es an seinem bessern Selbst und an der Wahrheit. 
>er Tod ist hier eine Wirkung der bessern Gesinnung; aber 
licht jeder anscheinend ähnliche Tod gestattet auch denselben 

^^ückschluss auf eine solche Gesinnung. Wieviel politische Gauner^ 
<3ie sich als Berufene des Volks und der Menschheit anstellen, 
verfallen nicht auch dem Henker ! Soll man diese ohne Unter- 
schied etwa auch als Märtyrer nehmen? 

Die Aufmerksamkeit wird auf den, welcher eine Lehre 
vertritt, allerdings dadurch gelenkt, dass er für diese sichtbarlich 
leidet und für sie nöthigenfalls stirbt. Das Märtyrerthum soll 
aber so wenig gesucht, als auferlegt werden. Beiderseits hat 
man die Pflicht, diese barbarische Thatsache so wenig als mög- 
lich aufkommen zu lassen. Die blosse Absicht, die Aufmerksam- 
keit zu erregen, wäre etwas Unwürdiges und streifte fast, um 
einen modernen und den niedrigsten Gebieten angehörigen Aus- 
druck zu gebrauchen, an Reclame. Es giebt elende Menschen 
genug, die im Wahnwitz hohler Eitelkeit ihr Leben für ein 
wenig eingebildeten Ruf ebenso daransetzen, wie Andere im 
gemeinsten und schlechtesten Kampfe für eine Geringfügigkeit 
autoritärer Scheinehre. Derartiges wird aber auf den Kenner 
nie Eindruck machen. Die Fälle echter Aufopferung sind von 
anderm Schlage; aber auch sie sind, wenn es sich um ein 
Märtyrerthum für eine Lehre handelt, nur nothgedrungen, wo 
keine andere anständige Wahl bleibt, zu übernehmen. Was 
aber die Verhängung des Märtyrerthums betrifft, so ist diese 
immer ein Zeichen der Schlechtigkeit, der Corruption und der 
Barbarei der betreffenden Zustände. Jedoch auch für die spätere 
Menschheit, die vom Märtyrerthum die Frucht einerntet, ist es 
eine Schande, dass sie in ihrem dürftigen Zustande der Ein- 
sichten noch immer soviel Gewicht auf die Bezeugung einer 
Wahrheit mit dem Tode zu legen hat. Verstände sie sich besser 
auf die Wahrheiten, so würde mindestens nicht mehr von einem 
eigentlichen Zeugniss, sondern höchstens von den in barbarischen 
Zeiten verübten Attentaten auf den Ueberzeugungsausdruck und 
demgemäss nur von einer Ueberzeugungsbethätigung die Rede 
sein. So wenig sich mit dem Schwert etwas beweist, ebenso 
wenig kann die blosse Einsetzung des Lebens, ohne andere 
bestätigende Umstände, ein Beweisstück für die Wahrheit eines 
Gedankens oder für die Güte einer politischen Bestrebung sein, 

D üb ring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 15 



— 226 — 

Es sind nicht etwa blos astronomische Wahrheiten, die anders 
erwiesen sein wollen, als durch den Tod ihrer Vertreter. Galileis 
Sache ist darum nicht weniger durchgedrungen, weil er sich 
dem Tode für sie entzogen und nur sonstiges unvermeidliches 
Leiden übernommen hat. Das politische Märtyrerthum aber wird 
in der Gegenwart und wohl auch noch für eine ziemlich aus- 
gedehnte Zukunft, insofern die Hinrichtung für Grundsätze dabei 
mehr im Spiele ist als für die entsprechenden Handlungen, die 
vorherrschende Hauptgestalt des aufgenöthigten Opfertodes 
bleiben; denn alle andern Ursachen oder Gesichtspunkte treten 
mehr in den Hintergrund. Hier ist es aber klar, dass die Kraft 
zum Leben auch die Kraft zum Sterben giebt. Beide Kräfte 
stehen nicht etwa nur im Verhältniss, sondern entstammen einer 
und derselben Wurzel, ja sie sind in ihrem letzten Grunde eine 
und dieselbe Energie. Was sich also in einem würdevollen Tode 
bekundet, ist eine derartige Energie und nichts weiter. Ob eine 
an sich gerechte Sache zu Grunde liegt, muss auch ungeachtet 
jener Energiebethätigung aus andern als solchen Thatgründen 
selbständig entschieden werden. Sicherlich ist der Tod in einem 
Kampfe, der auch nur von der einen Seite auf Leben und Tod 
geführt wird, stets in Sicht; aber es ist eine falsche, bei uns 
vornehmlich durch das Christenthum begünstigte Vorstellung, 
dass der Werth eines solchen Todes in einem Zeugniss für 
Wahrheiten oder, besser gesagt, Vorstellungen liege. Ueberhaupt 
hat alle Religion, da sie nicht auf nachweisbare Wahrheiten, 
sondern nur auf autoritäre Glaubensvorstellungen geht, den 
natürlich menschlichen Begriff von echter Aufopferung verdorben. 
Sie hat die Fähigkeit zur Aufopferung gemissbraucht, indem 
sie dieselbe auf die Bezeugung von Etwas ablenkte, was nur 
Glaube im ungediegenen Sinne des Wortes ist. Ein solcher 
Glaube, der seiner Art nach nie durch Erweiterung des Wissens 
bestätigt werden kann, bedarf allerdings in grossem Maass jener 
subjectiven Beweismethode durch den Tod. Er braucht Blut- 
zeugen für seine Jenseitigkeiten, da er aus den sachlichen Eigen- 
schaften des Diesseits nichts schöpfen könnte, als etwa seine 
eigne Hinfälligkeit. Anders verhält es sich mit wirklichen Wahr- 
heiten, wohin aber die Sätze der Religion nicht gehören. Solche 
natürliche und ungefälschte Wahrheiten erweisen sich aus der 
äussern Natur oder aus dem menschlichen Innern. Die Eigen- 



— 227 — 

Schäften und die Energie des letzteren bethätigen sich auch 
<>hne religionsartiges Märtyrerthum. Wie es also einen Cultus- 
"^rsatz geben muss, so hat auch das durch die Rehgions- 
^iamischung entstellte Märtyrerthum sich durch verändertes Ver- 
halten zu ersetzen. In diesem Verhalten wird der Tod nicht 
S^scheut; aber es wird nicht darauf ausgegangen, Zeugniss ab- 
^^legen, sondern es wird eine Sache nur mit aller Energie 
^^tirgenommen, deren das Leben fähig ist. Diese Energie schliesst 
^^Ibstverständiich die Todeschancen, ja oft Schlimmeres als diese, 
^ "* -=" in jedem äussersten Kampfe, mit ein. 



Neuntes Capitel. 

Oeistesführung in Staat und Gesellsohaft. 

1. Jeder Wortausdruck, welcher den Ersatz der ReUgion 
"^^urch Vollkommeneres bezeichnen soll, wird, wie er auch aus- 
fallen möge, zunächst einen Mangel haben müssen. Es ist dies 
'fderselbe Mangel, der ursprünglich auch dem Worte Religion 
selbst anhaftete. Solange nämlich ein Wort nur seine unmittel- 
Tbare und nächste Bedeutung hat, umfasst es nicht alle jene 
'Gedanken, die sich in weiterer geschichtlicher Entwicklung daran 
knüpfen. Gewissensscheu mit Rücksicht auf die Götter, — das 
war der älteste Begriff, der durch jenes Wort unmittelbar an- 
gezeigt wurde. Was hat sich nun aber nicht in den seitdem 
verflossenen Jahrtausenden durch Vorstellungsverknüpfung dazu- 
gesellt! Der alte urrömische Sinn ist vergessen und nur den 
•Gelehrten noch auffindbar. Das Wort an sich ist zu einem 
blossen Rahmen geworden, in den sich eine Menge von Ideen 
•eingefasst findet, die weit über die ursprüngliche Bedeutung 
hinausreichen. Aehnlich würde sich der Gang der Entwicklung 
nun auch gestalten, wenn, um die falschen Vorstellungsverknüp- 
fungen zu entwurzeln, irgend eine neue Bezeichnung, also etwa 
Geistesführung, oder wie sonst das Wort gewählt und angenommen 
werden möchte, geschichtlich in Aufnahme käme. Das neue 
Wortzeichen würde dem unmittelbaren Sinne nach zunächst immer 
keine genaue Deckung für das sein, was dabei gedacht werden 
;Soll. Auf der einen Seite wäre es vielleicht zu allgemein, auf 

15* 



— 228 — 

der andern zu beschränkt. Die Wörter an sich sind es ebea 
nicht, wodurch die Begriffe gesichert werden. Es ist vielmehr 
das Herkommen, mit einem Wort eine Anzahl von Vorstellungen 
zu verbinden, wodurch der Sinn ein charakteristischer wird. 
Nicht blos in der Wissenschaft und Kunst entstehen die tech- 
nischen Bedeutungen erst durch den speciellen Wörtergebrauch, 
sondern es ist überall die fhatsächliche Anschhessung eines be- 
stimmten Ideenkreises an ein Wort, wodurch dieses Wort für 
einen specielleren, bereicherten und bestimmten Sinn gleichsam- 
gestempelt wird. 

In einem untergeordneten Sinne waren die Religionsstifter 
gewissermaassen auch Geistesführer und die Religion eine Geistes- 
führung, aber freilich von sehr beschränkter und willkürlich 
autoritärer Art. Andere Persönlichkeiten waren Geistesführer in 
einem höheren Sinne, wofür Sokrates bereits das antike Beispiel 
gewesen ist. Man kann also sehr wohl von Geistesführung reden, 
wo es sich um eine bessere Nachfolgerin der Religion handelt. 
Dennoch kann nicht jede Geistesführung gemeint sein; denn 
wo sie nicht das Ganze und das tiefste Fundament der Dinge 
im Auge hat, da ist sie, so heilsam sie übrigens sein möge,, 
doch kein Religionsersatz. Selbstführung des Geistes ist sicher- 
lich eine edlere Gestaltung, als religiöses Verhalten; aber in 
dieser Selbstführung muss der Hinblick auf den Grund und 
Boden der Welt und auf das Gesammtgute aller Dinge enthalten 
sein. Die kennzeichnende Bedeutung und hiemit der entschei- 
dende Charakter kommt also in das Wort Geistesführung erst 
dadurch, dass man dabei an Alles denkt, was als Vollkommeneres, 
über^ die Religion Hinausführendes und zugleich für alle Welt 
Gültiges nachgewiesen worden ist. 

Wie die Religion in erster Linie für den Einzelnen eine- 
Bedeutung hat, so ist dies in noch höherem Maass mit ihrem 
Ersatz, also mit dem der Fall, was wir im Laufe dieses Capitels. 
kurzweg Geistesführung nennen wollen. Die höchste und hiemit. 
völlig normale Gestalt der Geistesführung ist die Sslbstführung 
von Kopf und Herz in jener höheren Richtung, die in Gedanken 
und Gefühlen von dem Hinblick auf die edlen Züge in der 
Gesammtheit aller Dinge bestimmt wird. Nun kommen Gesell- 
schaft und Staat, auch schon bezüglich der Religion, wenn man^ 
die Frage recht versteht, erst in zweiter Linie in Anschlag. Ja 



— 229 — 

^ie innigste Verbindung, die sich von Natur ergiebt und die 
't>ereits ein Element der Gesellschaft ist, die Familie, gehört eben- 
^•^Is hieher. Auch innerhalb ihrer bleibt der Einzelne ein selb- 
^tändiges Element, und es giebt für ihn Ereignisse, bei denen 
lieh für die stumpf este Auffassung klar wird, dass er gleichsam 
it sich selbst einsam abrechnen muss. Dahin gehört vor allen 
ingen das Sterben, falls es mit hellerem Bewusstsein erfolgt 
^oder ihm viele bewusste Annäherungen daran voraufgehen. 
^Wenn irgendwann, dann hat solchen und ähnlichen Thatsachen 
'gegenüber der einzelne Mensch die Veranlassung, seine Gedanken 
für sich selbst, soweit er noch die Kräfte dazu hat, in Ordnung 
zu halten und diejenigen Ueberzeugungen wachzurufen, die ihn 
Angesichts einer derartigen Lage befriedigen. Was er in dieser 
Hinsicht mit sich selbst im Hinblick auf den Grund und Boden 
alles Seins und in der Erinnerung alles Edleren abzumachen 
hat, geht ihn persönlich, ausschliesslich und allein an. DieTheil- 
xiahme Anderer kann hiebei sehr wohlthätig, kann und darf aber 
nicht entscheidend sein. Das individuelle Eigenschicksal, wie 
-es zu Nichts wird, ist eben eine Thatsache, und alles Gemein- 
:schaftsgefühl oder, genauer gesagt, alle gedanklich e Theilnahme 
für den edleren Kern der Gesammtnatur, der ausserhalb des 
Individuums vorhanden war und ohne dieses fortbesteht, — alle 
Iheilnehmende Anschauung dieses Bleibenden ändert an jener 
Thatsache der Vernichtung selbst nichts. So zeigt es sich denn, 
•dass hier eine Angelegenheit vorliegt, die in erster Linie den 
Einzelnen und erst in zweiter die menschliche Gesellschaft und 
-die öffentlichen Einrichtungen angeht. Man muss sogar diesen 
•Gedanken verallgemeinern. Alles Leben ist in erster Linie ein 
individuelles oder, stärker ausgedrückt, ein vereinzeltes. Das 
Dasein eines Einzelwesens mit abgesondertem Körper und Be- 
wusstsein ist die Grundgestalt alles eigenthchen und selbständigen 
Lebens. Man lebt in sich und nicht in Andern. Freude und 
Schmerz sind etwas Eignes und sind es auch dann, wenn sie 
auf Mitempfindung mit den Gefühlen Anderer beruhen. Souve- 
xänetät und Höhepunkt des Seins liegen im Einzelnen, und 
zwar auch da, wo die gesellschaftliche Verbindung die Ursache 
von Schicksalen und Lebenserweiterungen ist. Alle Lebens- 
angelegenheiten haben daher nicht blos ihre Ausgangspunkte, 
sondern auch ihre Zielpunkte und Gipfelungen im Einzelnen. 



— 230 — 

Was können nun Angesichts dieses ersten Grundsatzes die 
Gesellschaft und der Staat mit der Geistesführung zu schafifen 
haben? Beantworten wir die Frage zuerst für die unvollkommene 
und gebrechliche Form der Geistesführung, für die Religion. Es 
ist grundfalsch, dass die Haupteinrichtungen des Staats und der 
Gesellschaft auf Religion beruhten. Es ist aber auch nicht richtige 
zu bestreiten, dass die Religion auf einige dieser Einrichtungen 
einen Einfluss gewonnen habe. Hiezu kommt, dass die religions- 
seitig geflissentlich gepflegte Einbildung, es hänge in Staat und 
Gesellschaft das Wichtigste von der Religion ab, selbst dazu führte 
dass die Menschen unter dem Druck dieser Täuschung oft wirklich 
nur mit Rücksicht auf die Religion so zu handeln glauben, wie 
sie thatsächlich aus ganz andern, ihnen selbst verborgenen Bestim- 
mungsgründen handeln. Wo in derThat eine derartige Vorstellung, 
welche beispielsweise die Moral als durch die Religion getragen 
ansieht, erst gewohnheitsmässig eingenistet ist, können die natür- 
lichen guten Ursachen schliesslich durch die künstliche Stütze 
ausser Thätigkeit gesetzt werden und so an Kraft einbüssen. 
Leute, welche nur aus Religion recht handeln zu könnea ver- 
meinen, werden sich leicht dem Schlechten ergeben, sobald die 
Religion bei ihnen wurmstichig wird oder sich ganz auflöst. Wo 
dagegen die Sittlichkeit ein natürliches und festes Fundament 
hat, wird sie durch die nothwendigen Schicksale der Religion 
nicht mitgelockert. Die guten Antriebe und guten Grundsätze, 
die aus dem natürlichen Charakter folgen, bleiben gleich diesem 
Charakter selbst bestehen, auch wenn die Religion weggespült 
wird. 

Anders aber gestaltet sich die Sache, wo die Religion zur 
Krücke und die gesunden Beine dabei durch verhältnissmässigea 
Nichtgebrauch träge oder gar lahm geworden sind. Wird dann 
die Krücke weggenommen, dann will es zunächst mit dem 
selbständigen und freien Gang, ja überhaupt mit dem Laufen 
nichts Rechtes werden. Der Wahn also, ohne Religion keine 
Moral haben zu können, ist selbst eine eingeimpfte moralische 
Krankheit. Die Grundlagen guter Sitte sind vor aller Religion 
vorhanden. Gesetzt also auch, die Religion könnte, soweit in 
ihr ein Körnchen Wahrheit mitenthalten wäre, zur Moral Etwas. 
thuD, so würde dies eben auch nur eine Zuthat sein. Bei echter 
Geistesführung, welche mehr ist als alle Religion und den 



— 231 — 

^Beruf einer Veredlung und Vertiefung der Beweggründe besser 
erfüllt, stellt sich das Verhältniss sehr klar. Auch hier handelt 
^s sich nur um eine Zuthat zu den Fundamenten, die auch ohne 
diese Geistesführung gegeben sind; aber diese Zuthat gestaltet 
sich zu einer Vollendung. Gesellschaftliche und staatliche Ein- 
richtungen und Verhältnisse haben ihre eignen Grundlagen und 
Naturgesetze; aber es kommt durch die höhere Geistesführung, 
welche den Einzelnen bestimmt und ausserdem die Gesetze so- 
wie das Verhalten der öffentlichen Organe durchdringt, eine 
Vollendung hinzu, die sonst nicht vorhanden sein könnte. In 
diesem Sinne kann man sagen, dass sich auch die Moral erst 
in der Geistesführung vollende. Es ist etwas Anderes, sei es in 
roher, sei es in verfeinerter Weise, die Natur- und Verstandes- 
grundlagen guter Sitte und guten Rechts bethätigen, und wiederum 
etwas Anderes, die Art dieser Bethätigung dadurch veredelter 
gestalten, dass noch ein tieferes Bewusstsein über den Zusammen- 
hang aller Dinge eingreift und demgemäss eine Rücksicht auf 
diesen Zusammenhang mitmaassgebend wird. 

Was vorher von der Religion gesagt wurde und einen 
günstigen Einfluss derselben voraussetzte, gilt natürlich nur von 
deren leidlichen Bestandtheilen. Hieher gehört besonders das, 
was der neuere Völkergeist aus seinem eignen Wesen in das 
Christenthum hineingelegt hat; denn im Uebrigen ist Christen- 
thum auch Semitenthum, wenn auch freilich ein zum Theil gegen 
sich selbst gekehrtes Semitenthum. In allen positiven Fragen 
von Staat und Gesellschaft leistete das ursprüngliche Christen- 
thum nicht nur Nichts, sondern richtete im Gegentheil mit seinen 
compasslosen Paradoxien und Ueberschwenglichkeiten da, wo es 
von einzelnen Menschen ausnahmsweise einigermaassen ernst zu 
nehmen versucht wurde, nur Verwirrung an. In seiner that- 
sächlichen Rolle ist es freilich an die Bedürfnisse von Staat und 
Gesellschaft angepasst worden, aber hiedurch auch noch mehr 
zu Etwas geworden, wovon sich gamicht sagen lässt, welche 
Grundsätze und ob es überhaupt deren noch habe. Die Maximen 
und Praktiken, welche von den Priestern für ihre Herrschaft 
dem Staate und der Gesellschaft gegenüber ausgebildet wurden, 
sind hiebei nicht als Religion, sondern als Kirchenpolitik zu 
veranschlagen. Sie sind eine Nachbildung der jüdischen Priester- 
herrschaft, also erst recht ein auf die neuern Völker aufgepfropftes 



900 



Erbstück des Semitenthums. Man versteht daher die Kirche am 
besten, wenn man sie als eine semitische Herrschaftsschablone 
erkennt. [Nun versteht es sich nach allem Bisherigen von selbst, 
dass die Religion oder speciell das Christenthum, insoweit beL 
uns Beides semitische Racenreligion ist, auf die Moral, sowier- 
auf die Einrichtungen des Staats imd der Gesellschaft jederzeit: 
einen schädigenden Einfluss geübt haben muss; denn die bessere 
Moral und die bessern gesellschaftlichen und staatlichen Ansätze 
des modernen Völkergeistes konnten durch Einflüsse semitischer 
Art, wie auch das specielle religiöse System beschaffen seia 
mochte, nur eine Degradation erfahren. Wenn daher etwas 
Gutes geschehen ist, so hat es sich nicht durch den Semitismus 
und speciell Hebraismus der christlichen Religion, sondern durch 
die Rückwirkung des neuem Völkergeistes auf diese Religion, 
also, kurz gesagt, trotz der fremden Religion durchgesetzt. 

2. Auch bei ganz niederer Entwicklung des Geistes haben 
Gesellschaft und Staat bestanden, und die Religion ist Etwas, zu 
der erst eine grössere Entfaltung von Irrthum und Trug gehört, 
als ihn der an das Thier grenzende Standpunkt möglich macht. 
Die Lebensgewohnheiten und gar eigenthchen Sitten der Thiere, 
in denen beispielsweise ein dauernderes Zusammenleben der Ge- 
schlechter schon einen Anfang zur Ehe darstellt, beweisen deut- 
lich genug, wie es bestimmte Charakterantriebe, Neigungen und 
Vorstellimgen sind, die zu bestimmten Verhaltungsarten. Verhält- 
nissen und Lebensgestaltungen führen. In ähnlicher Weise hat 
man sich auch die ersten rohen Grundlagen menschlicher Ge- 
sellschaft und Sitte zu denken. Der \'erstaQd, welcher dabei 
leitend wird, hat zunächst mehr Chancen, zu irren, als das 
Richtige zu treffen. Er legt die an sich unschuldige Phantasie 
eher tausendmal falsch aus, ehe er ein einziges Mal die wahre 
L'rsache einer Gemüthserregung und eines zugehörigen traum- 
artigen Himbildes auffindet. Aus derartiger Unfähigkeit entsprang- 
ein Gespensterglaube, und hier ist auch die Quelle des Götter- 
glaubens und der Religion zu suchen. Der zunächst unerfahrene 
und daher in seinen Bethätigungen gleichsam abenteuernde \'er- 
stand hat die Phantasie gemissbraucht und, wie andere Phantastik, 
so auch die Reügionsphantastik geschaffen. Mit der bessern Er- 
fahrung muss er dann sein eignes Werk wieder rückgängig 
machen, um sich nun strenger in den Bahnen der Wahrheit imd 



— 233 — 

irklichkeit zu halten. In den Institutionen des gemeinsamen- 
ebens hat sich nun aber von vornherein eine Menge religiösen 
^^^O^nverstandes, d. h. eine Menge von falschem Gebrauch des Ver- 
bandes und der Phantasie, als religiöse Beigabe oder Weihe ver- 
örpert. So ist es namentlich mit der Eheschliessung gegangen, 
ür welche beispielsweise schon im allerältesten römischen Recht 
T)esondere Priesterformen mit ganz besondern Wirkungen be- 
standen, und man kann derartige priesterliche Einrahmungen 
des natürlichen Verhältnisses auch allenfalls bis in die indo- 
germanischen Vorstadien der edleren Culturvölker zurückverfolgen. 
Was aber schon bei bessern und freiem Völkern, deren Verstand 
und Charakter höher geartet war, nicht vermieden wurde, musste 
bei den niedrigen und knechtischen Racen Asiens und insbeson- 
dere bei den hebräischen Semiten die Hauptsache werden. So 
konnte ein Netz des Aberglaubens die natürlichsten Einrichtungen 
umfangen halten, und dieser Trug, welcher Gesellschaft und Staat 
auf falsche übernatürliche Ursachen gespenstischer Art bezieht, 
ist es ja grade, der theils in grober, theils in verfeinerter Gestalt 
uns, infolge der Ansteckung v/ährend unserer nationalen Kind- 
heit, noch heute zu schaffen macht. Wenn die alten, aber bessern 
Völker bei wichtigen öffentlichen Angelegenheiten, wie bei Kriegs- 
unternehmungen, noch an etwas Entlegeneres dachten, als was 
sie ihr gemeines und nächstes Verständniss der Dinge lehrte, so 
hatten sie hierin im Allgemeinen wohl Recht. Wenn sie aber 
ihr Nichtwissen des entlegeneren Zusammenhangs durch vorgeb- 
liche Zauberwerke und durch Zauberglauben ersetzten, so war 
dies zu einem geringen Theil ein ursprünglicher Selbstbetrug des 
fehlgreifenden Verstandes, gestaltete sich aber thatsächlich und 
überwiegend zu bewusstem Betrug seitens der Zauberer und 
Priester. Ja auch schon ursprünglich muss ausser der natürlichen 
Verirrung zum Aberglauben die betrügerische Benutzung dieser 
-Schwäche den Hauptantheil an der Entstehung der Religionen 
und Culte, sowie an den in die natürUchen und bürgerlichen Ein- 
richtungen eingemischten Religionsvorstellungen und Cultus- 
stücken gehabt haben. Lug, Betrug und Phantastik haben sich 
nicht blos bei den jüdischen und andern Semiten gegattet, sondern 
haben auch innerhalb der bessern Völker eine Rolle gespielt und 
sind dort zunächst vornehmlich im Priesterbereich vertreten ge- 
-wesen. Die neuern Culturvölker aber, unter denen die besten in 



— 234 — 

angestammter Weise am wenigsten davon hatten, sind durch die 
Ansteckung semitischer Religion darin mehr, als ihre eigne Natur 
mitsichbrachte, eingetaucht worden. 

Es ist daher heilsam, dass die neuere und neuste Geschichte 
immer entschiedener die Gesellschaft und den Staat aus der Religion 
herausschält. Soweit das Bestreben, den Staat von der Kirche 
gänzlich zu trennen, den Sinn und auch wirklich den Erfolg haben 
kann, ihn von ihr unabhängig zu machen, ist es berechtigt. Wo 
aber, wie im Protestantismus, die Kirche dem Staat untergeordnet 
ist oder, besser gesagt, überhaupt keine selbständige Kirche mehr 
besteht, da heisst es offenbar zurückschreiten und die weltliche 
Macht von Staat und Gesellschaft schwächen, wenn man diese 
sogenannte Kirche aus der Untergebenheit entlässt, vermöge deren 
sie seit dem Reformationszeitalter allein zum Dasein gelangt ist. 
Die bestehende Unterordnung unter den Staat kann und muss zu 
weiterem Fortschritt benutzt werden; denn der Protestantismus 
bat nicht als Religion oder gar Kirche, sondern nur insoweit eine 
Berechtigung, als er eine Aufraffung der bestenTheile des National- 
geistes neuerer Völker gegen die römische Herrschaft des Christen- 
thums gewesen ist. In diesem Sinne muss er sich, wenn er über- 
haupt noch zu irgend Etwas gelangen will, weiter entwickeln oder, 
besser gesagt, er muss in dieser Richtung von andern Kräften 
entwickelt und vorgeschoben werden ; denn die active Kraft ist 
ihm mit dem Glauben längst abhanden gekommen. In diesem 
Bei eich ist daher die Unterordnung der Religionseinrichtungea 
unter den Staat festzuhalten; denn durch Gesellschaft und Staat 
kann allein in allgemein verbindlicher Weise dafür gesorgt werden, 
dass etwas von der bessern Geistesführung sozusagen auf die 
öffentliche Fahne geschrieben werde. 

Jedoch auch da, wo, wie der kathohschen Kirche gegenüber, 
die Macht der weltlichen Gesellschaft und des Staates noch nicht 
bis zu der im Protestantismus herrschenden Unterordnung ent- 
wickelt ist, darf die Trennung von Kirche und Staat nur bedeuten, 
dass Gesellschaft und Staat in ihren eignen Einrichtungen die 
Kirche völlig von sich ablösen, nicht etwa umgekehrt, dass sich 
die Kirche den Gesetzen von Gesellschaft und Staat entziehen 
dürfe. Den Staat verstehe ich hier als die allgemeinste Organisation 
der Gesellschaft in allgemein verbindlichen Einrichtungen und nach 
allgemein verbindhchen Grundsätzen. Der thatsächliche Staat, wie 



— 235 — 

er geschichtlich geworden ist, entspricht, soweit er auch hinter 
seiner höhern Aufgabe noch zurückgeblieben ist, diesem Beruf 
immerhin in einigem oder jedenfalls doch in irgend welchem 
Maasse, und er ist daher ein nothwendiger Anknüpfungspunkt 
für alles Weitere, wie verändert und uraschaffend es auch an- 
gelegt sein möge. Die Controle aller bestehenden kirchlichen 
Einrichtungen muss daher auch dem Katholicismus gegenüber 
immer weiter ausgedehnt, und dieser muss möglichst auf das 
Maass des allgemeinen politischen Vereinsrechts zurückgeführt 
werden. Das Princip ist also ein einheitliches gegenüber allen 
Kirchen und natürlich auch gegenüber der Synagoge, nämlich 
Entwicklung immer mehr eingreifender Controlbestimmungen, 
durch welche die Unterordnung der religiösen Körperschaften 
Unter den Staat vollzogen wird. Diese Unterordnung darf sich 
laicht blos auf die äussern Gesetze, sondern muss sich auch auf 
die moralische Nothwendigkeit beziehen. Die Gesellschaft, indem 
5ie sich alsStaat zu allerseits verbindlichen Einrichtungen organisirt, 
muss ihre Grundsätze in jeder Beziehung aufrechterhalten. Sie 
kann beispielsweise nicht dulden, dass Religionen, Confessionen 
oder Secten in ihre Dogmen Etwas aufnehmen oder darin Etwas 
beibehalten, was den Fanatismus gegen die eigne Nation schürt 
oder es für ein verdienstliches Werk oder auch nur für erlaubt 
erklärt, die nicht der betreffenden religiösen Körperachaft An- 
gehörigen zu betrügen, zu übervortheilen und auszubeuten. Die 
Einmischung ist in dieser und andern Beziehungen auch schon 
unter den heutigen Verhältnissen vollkommen berechtigt. Das 
demnächst zu erreichende Ziel aber bleibt, dass die von der 
Religion freie Gesellschaft durch den in gleichem Sinne religions- 
freien Staat jeglicher Kirche und allen religiösen Körperschaften 
die Einhaltung derjenigen Rücksichten und desjenigen Maasses 
auferlege, welches mit der modernen Völkermoral nationaler Art 
noch allenfalls verträghch ist. Die Geistesführung hat hier in 
positiver Weise für Gesellschaft und Staat die Stützpunkte zu 
liefern; denn sie wurzelt nicht im individuellen Belieben, sondern 
im nationalen Charakter, der die Religion oder, was in Europa 
und Amerika dasselbe ist, den directen oder indirecten Semitismus, 
d. h. Judenthum und Christenthum auszuscheiden hat. Ohne 
positive Anhaltspunkte im Geistigen, d. h. ohne aus dem die 
Religion ersetz enden Vollkommeneren zu schöpfen, würden Gesell- 



— 23^> — 

Ächaft und Staat nicht im Stande sein, ihre Einrichtungen und 
Grundsätze selbstgenugsam zu gestalten und so zu vollenden. 
Die blosse Wegschneidung alles Religiösen aus den Institu- 
tionen, so wohlthätig und anerkennenswerth sie auch sonst ist, 
kann kaum als halbes Werk gelten; denn ein solcher Zustand der 
Kinrichtungen lässt dem Einzelnen nur die Wahl, sich mit blosser 
Religionslosigkeit zu begnügen oder aber irgend einer der Kirchen 
oder Secten anheimzufallen. Beispielsweise sind Schulen, die sich 
von der Religion frei halten, zwar eine gewisse Bürgschaft dafür, 
dass dort nicht in speciellen Lehrstunden unter der Rubrik Religion 
etwas solcher Rubrik Entsprechendes eingeimpft werde. Es ist 
aber ganz unmöglich, in gewissen Lehrfächern, wie namentlich in 
der (leschichte und in der Literatur, irgend welche Ansicht imd 
Auffassung über die Kirche, die Religion und überhaupt über 
Thatsachen und Vorstellungen zu vermeiden, in denen die Menschen 
ihre Phantasien bethätigt haben. Auch soll so Etwas gar nicht 
zu umgehen versucht, ja nicht einmal beschränkt, sondern im 
(iegentheil zu einem Hauptpunkt derOrientirung gemacht werden. 
Andernfalls wären allgemeine und specielle Geschichtsdarstellungen 
wenig nütze, und nicht einmal die eigne Xationalliteratur Hesse 
sich ohne Eingehen auf die von der Religion beeinflussten oder 
ihr verwan(iten\'orstellungen der Schriftsteller und Dichter leidlich 
verständlich machen. Reine Fachbeschränkung mag allenfalls in 
der Mathematik durchführbar sein; aber schon die Geographie 
berührt sich, sobald sie auch nur nebenbei ein wenig Cultur- imd 
Sittengeographie wird, sofort mit der Völkercharakteristik nach 
iietühlen, Neigungen, \'orstellungen und Phantasien. 

Hienach ist schon allein zur Einrichtung öfifentlicher Schulen, 
wenn nicht Alles haltungslos durcheindergehen soll, irgend ein 
Princip der allgemeiuen (leistesführung nothwendig. Nimmt man 
die Religion als falsche Geistesgängelung aus der Schule blos 
heraus, und uberUUst man es demgemäss den religiösen Gruppen 
und Körperschaften, für sogenannten Unterricht in der Religion 
durch ihre Priester und Frediger selbständig zu sorgen, so bleibt 
so ziemlich das alte System bestehen. Der einzige Unterschied 
ist der, dass die Biklungsschule von der Religionsschule getrennt 
wird und dass im günstigsten Fall von Staatswegen sich Niemand 
genöthigt findet, auch eine der Religionsschulen zu besuchen. 
Wohl aber nöthigen hiezu die Körperschaften, je nachdem sie 



— 237 — 

Hacht haben, indirect mehr oder minder. Wollen also wellliche 
Gesellschaft und Staat in ihren öffentUchen Schulen nichts Halbes 
leisten, so müssen sie dort für eine sichere Führung des Geistes 
im Sinne der bessern Völkermoral, der nationalen Charaktere und 
der entsprechenden Welt- und Lebensanschauung sorgen. Dieser 
Zweck bringt natürlich den Ausschluss aller semitischen Racen- 
elemente aus dem Lehrpersonal religionsfreier Schulen mit sich;, 
denn die Semiten tragen die Feindschaft gegen die bessere Völker- 
moral und entsprechende Weltanschauung, sowie eine niedere 
AuiBfassungs- und Behandlungsart aller Dinge schon im Blut. In 
den christlichen Schulen sind sie eher angebracht; denn im 
Religionsgebiet ist der Streit zwischen Christenthum und anderm 
Semitismus nur ein häuslicher zwischen zwei Secten, von denen 
auch die zweite, die christliche, ursprünglich eine Semitensecte 
war. Schliesslich wird sogar das Christenthum noch am längsten 
für die Hebräer vorhalten, und es ist ja keine seltene Erscheinung, 
dass die sich am eifrigsten als Christen Anstellenden grade 
Judäer sind, die als Prediger und Priester fungiren oder in einer 
sonstigen, sei es gesellschafthchen, sei es staatlichen Position ihr 
Geschäft habe n. Auch ist ja, unsern Nachweisungen zufolge, das 
Christenthnm ursprünglich grade der Schlechtigkeit der jüdischen 
Semiten als Correctiv angepasst, und die national bessern Völker 
passen ihrerseits mit ihrem verhältnissmässig guten Charakter 
dazu nicht. Sie sind, kurz gesagt, dafür zu gut, möge man nun 
den Verstand oder das Gemüth in Anschlag bringen. Die Schule 
erreicht also ihren bessern, der neuern Nationen würdigen Stand- 
punkt nur dadurch, dass sie die Geistesführung nicht aus einer 
der semitischen Racenreligionen entlehnt, sondern aus dem Schatz 
der eignen Völkerbegabung entnimmt. 

Veranschlagt man das ganze Unterrichtssystem bis zu seinen 
Höhen hinauf, so lässt sich nicht einmal die systematische und 
denkerische Mathematik, geschweige die Geschichte der Mathe- 
matik, gründlich und aus allen Gesichtspunkten lehren, ohne auf 
Formen und Quellen des allgemeinen Aberglaubens mit gelegent- 
lichen Beleuchtungen hinzuweisen. Sogar der Zusammenhang 
des allgem.einen und wissenschaftlichen Aberglaubens mit dem 
religionistischen muss hier nur zu oft in Frage kommen, und 
überdies sind die nationalen Anlagen erst eine tiefere Erklärung, 
für manche Art der mathematischen oder auch blos mathe- 



— 238 — 

matistelnden Geisteshaltung. Fort also mit dem Wahn, es könne 
überhaupt irgend etwas gründlich und in gehöriger Vollkommen- 
heit gelehrt werden, ohne dass dabei irgend eine Art der Geistes- 
haltungen oder Geistesführungen bethätigt werde! Mag nun. die 
niedere Form autoritärer Lehre oder kritische und letztgründliche 
Mittheilung der Zweck sein, — in beiden Fällen,- in den tiefsten 
Niederungen und auf den äussersten Höhen, werden Bestand- 
theile irgend einer Art von Geisteshaltung in jedes Lehrfach 
mehr oder minder eingemischt, und eine dem Religiösen und 
gewöhnlich Moralischen wo nicht gleiche doch analoge Färbimg 
ist eine Noth wendigkeit, die man nicht zu bedauern, sondern 
der man genugzuthun hat. Die Emancipation von aller Reli- 
gionistik und schlechten Moral ist daher nicht durch blosse 
Trennung, durch Hinauswerfen oder gar Proclamirung blosser 
Indifferenz zu erreichen, sondern muss direct und durch eine 
entsprechende Affirmation von etwas Besserem betrieben werden. 
Ich halte nichts von jenen selbst haltungslosen und kahlen Ein- 
richtungen, in denen angeblich die Religion nicht berührt wird, 
in derThat aber sozusagen jede Unhaltung des Geistes sich indirect 
breitmachen und beispielsweise jeder Hebraismus ungenirt sein 
Wesen treiben kann. Eine von Religionismus freie Schule ist 
eben nur gegen diesen möglich, und der vermeintliche Weg der 
Indifferenz eine arge Täuschung. 

3. Ueberhaupt sind Gesellschaft und Staat nicht blos als 
äussere Verbindung und Ordnung, sondern auch als etwas Geistiges 
zu denken. Es ist nicht allein die Zwangsgewalt des Gemein- 
wesens, die in Anschlag gebracht werden muss, sondern es sind 
auch die Grundsätze in Frage, durch die bestimmt wird, wo und 
wie eine solche Zwangsgewalt auszuüben sei. Diese Bestimmung 
lässt sich nun nicht ohne geistige und sittliche Principien treffen, 
geschweige ohne sie auf eine vollkommenere Gestalt bringen. 
Auch gesellt sich unter Umständen zum Zwange noch etwas 
Anderes, wie beispielsweise im Gefängnisswesen, wenn sich die 
Gesellschaft berufen glaubt, auch für die Besserung der Sträflinge 
zu sorgen. Aber auch schon das Gefängnisssystem überhaupt ist 
oft fälschlich durch eine verkehrte Geistesführung, nämlich durch 
die Jenseitigkeiten der Religion, der gesunden Haltung entfremdet 
worden. Ein Quälen um des Himmelreichs willen sollte dort 
vom Staat nicht geduldet, geschweige inaugurirt werden. Auch 



— 239 — 

-^^choa überhaupt das gefängliche Isolirsystem erinnert oft an 
^seinen Ursprung aus Neigungen zur religiösen Geistestortur. Gesell - 
~ Schaft und Staat haben ein Recht auf echte Strafe, d. h. auf die 
Anthuung wirklicher Uebel; aber aus dem Gesichtspunkt schein- 
lieiliger Besserungszwecke sollte doch kein Raffinement von 
Uebeln eintreten, welche die Grenze, wo Wahnsinn hervor- 
gebracht wird, mindestens streifen. Soll von Amtswegen auf 
Besserung hingewirkt werden, — ein Punkt, der mit Strafe 
•eigentlich nichts zu schafien hat, — so mag es wenigstens eine 
gesunde Zucht für das Leben sein. 

Man verliert sozusagen den Schwerpunkt aller Dinge, wenn 
man irgend Etwas mit Rücksichten betreibt, die ausserhalb der 
niedern oder höhern Wirklichkeit im Reiche gemeiner oder auch 
überschwenglicher Erdichtungen ihre Gegenstände haben. Gesell- 
schaft und Staat müssen aber je länger desto mehr ihre Voll- 
endung darin suchen, dass sie Alles nach der Wahrheit und Wirk- 
lichkeit einrichten. Hiebei schwindet nichts wirklich Hohes aus 
•dem Gesichtskreise, sondern das wahrhaft Hohe gelangt hiebei 
erst zu seinem vollen Recht, indem ihm sein phantastisches und 
•abergläubisches Zerrbild platzmachen muss. Es giebt einen sehr 
wichtigen Fall, vielleicht den wichtigsten von allen, in welchem 
•Gesellschaft und Staat in eindringlichster Weise das Gewissen in 
Anspruch nehmen und auf die Verletzung von Treu und Glauben 
fast die höchsten vorkommenden Strafen gesetzt haben. Es ist 
•dies der Fall des Eides. Die Scheu vor den Göttern ist seine 
älteste Stütze; in allen Zeiten der Aufklärung fällt diese Stütze 
aber fort, sobald es sich um Personen ohne Götterglauben handelt. 
Heute ist man an den Hauptsitzen der Cultur dahin gekommen; 
•dass sehr viele Personen in dem Eide nichts mehr sehen, als 
eine Aussage auf Gefahr von so und so viel Jahren Zuchthaus 
im Falle der Ueberführung, wissentlich die Unwahrheit versichert 
zu haben. Wer jedoch diesen äusserlichen Strafrest und diese 
Strafgefahr überhaupt für den Kern der Sache hält, verwechselt 
•diesen gradezu mit der Schale. Allerdings sind wir heute übel 
•daran. Der Zeugeneid in Straf- oder Civilsachen und der zuge- 
schobene Parteieneid sind, wo der Schwörende sicher ist oder 
z\i sein glaubt, nie überführt werden zu können, bei geschäft- 
licher oder anderer Gewissenlosigkeit in der That nicht mehr 
Nöthigungsmittel zur Wahrheit. Für eigentliche Schufte waren 



— 240 — 

sie es allerdings auch zu andern Zeiten nicht, vorausgesetzt, dass. 
diese Schufte nicht durch abergläubische Scheu ein wenig in 
Schranken gehalten wurden. Bekanntlich haben sich aber die 
ärgsten Verbrecher, wenn sie gläubig waren, mit der Religion^, 
immer leicht abzufinden vermocht, und die Religion hat es aucb 
meist verstanden, hiezu selbst die bequemsten Wege zuweisen. 
Sie hatte für Alles ihre Sündenvergebung und bisweilen prä- 
numerando durch Ablass für noch erst zu vollführende Verbrechen. 
Gesellschaft und Staat könnten den Verbrecher nicht so leichten 
Kaufs entlassen, ohne sich selbst zu vernichten; aber die Religion 
vollführt ihre Geschäfte nur mit Rücksicht auf das uncontrolir- 
bare Jenseits, und da kann sie die diesseitigen Interessen der 
Menschheit und Gerechtigkeit gelegentlich in den Kauf geben.. 

Gegen ganz abnorme Schurken wird jedes Sicherungsmitte 
der Wahrheit nur soweit reichen, als die einflössbare Furcht im 
besondern Fall ihre Wirkung thut und das Interesse an dem. 
jedesmaligen Schurkenstreich überwiegt. Derartige Ungeheuer 
sind aber in einigermaassen normalen Zeiten auf tausende voa 
Menschen nur vereinzelte Exemplare. Nur in besonders corrupten 
Epochen, zumal imter einer schlechten Race, mögen sie bisweilen. 
nach ganzen Procenten der Bevölkerung zählen. Bei ihnen werden 
die schlechten Antriebe des Charakters stärker sein, als eine etwa 
auch noch vorhandene abergläubische Furcht. Fehlt aber letztere,, 
so wild die Rechnung mit der staatlichen Strafgefahr grade so- 
viel und so wenig ausrichten, wie sonst bei allen andern Verbrechen. 
Die völlig regelwidrigen moralischen Monstra können aber nichl 
das Maass für die Gesetzgebung sein ; sonst müsste man auch die- 
Gegenvorkehrungen und Strafen ins Ungeheuerliche steigern. Was 
also den zu gewärtigenden Meineiden gegenüber in Anschlag, 
kommen muss, ist deren voraussichtliche Häufigkeit. Ist die 
Rehgion auch da, wo sie anscheinend von den Leuten noch fest- 
gehalten wird, thatsächlich zur Mumie geworden, in welcher der 
Geist lebendigen Glaubens fehlt, so wird die religiöse Wirkung. 
auf das Gewissen eben auch die eines Leichnams sein. Wirkliche 
Scheu ist alsdann nicht mehr vor göttischen, sondern nur noch 
vor gerichtlichen Strafen vorhanden. Bei diesem Zustande ist aber 
der Eid kein eigentliches Gewissensmittel mehr, und er verfehlt, 
demgemäss seinen hauptsächlichsten Zweck. 

Man schliesst seine Thüren, nicht weil alle Leute Spitzbubea 



— 241 — 

sind, sondern weil man der wenigen wegen, die es sind, gegen 
alle auf der Hut sein muss. Eine verhältnissmässig geringe Bei- 
mischung von schlechten Individuen macht, insoweit die Leute 
einander nicht kennen, die Gesellschaft unsicher. Aehniich ver- 
hält es sich bei dem Eide; aber man kann sich auf ihn ganz 
und gar nicht mehr verlassen, sobald er auch nicht mehr im 
Entferntesten einer schliessenden Thür gleicht, d. h. wenn er 
als religiöse Einrichtung auf das Gewissen der Aufgeklärten 
durchschnittlich keine oder doch nur eine sehr geringe Wirkung 
ausübt. Hiemit soll nicht gesagt sein, dass nicht eine grosse 
Anzahl ehrlicher Menschen vorhanden ist, die den Eid als Ge- 
wissenssache nimmt, obwohl für sie die Kraft der Rehgion nicht 
mehr vorhanden ist. Ehrliche Leute scheuen sich eben vor ihrem 
eignen guten Selbst, falsches Zeugniss abzulegen oder das Ge- 
winnen eines Processes durch die ausdrückliche Versicherung 
einer entscheidenden Unwahrheit zu erkaufen. Dieser Preis ist 
ihnen, auch abgesehen von Ueberführbarkeit und Strafgefahr, 
ein unzahlbarer; denn sie müssten die Münze dazu aus einem 
Vorrath nehmen, den nur die von Natur schlechten oder die 
verdorbenen Charaktere besitzen. Wo das Gewissen, d. h. das 
moralische Bewusstsein, schon an sich zureicht, da bedarf man 
nun aber keiner besondern religiösen Vorkehrung. Es ist genug^ 
wenn die fragliche Versicherung als entscheidend unter allen 
beliebigen Aeusserungen ausgezeichnet xmd so nicht nur die 
Fahrlässigkeit, sondern auch jede bewusste Unwahrheit, die sich 
in anscheinenden Kleinigkeiten einschleichen könnte, ausge- 
schlossen wird. Bisher hat es noch kein Jurist gewagt, zu be- 
haupten, dass nach den herrschenden Grundsätzen die Gerichte 
in allen Dingen auf ungemischte Wahrheit Anspruch hätten, so 
dass also eine Auslassung beispielsweise nichts von der Gegen- 
seite Unbewiesenes bestreiten dürfte, trotzdem dass die Richtig- 
keit der bestrittenen Thatsache dem Bestreitenden wohlbekannt 
ist. Im Gegentheil ist es im bürgerlichen Process die vorherrschende 
Gewohnheit aller Parteien und selbsverständlich noch mehr der 
Advocaten, schon aus Chicane so ziemlich jede erforderHche 
Thatsache, deren Beweis dem Anspruch erheb enden schwierig 
oder unmöglich werden könnte, von vornherein zu leugnen. Die 
Verhandlungsmaxime, wie sie heute verstanden wird, ist etwas 
durchaus Entartetes und trägt die Schuld an dem angedeuteten 

Da bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 16 



— 242 - 

AbhandenkommeD aller guten Grundsätze, Unter diesen Übeln 
Umständen ist der Eid der einzige Fall, in welchem Wahrheit 
gefordert wird. In allen andern Fällen ist auf wissentlich oder 
fahrlässig unwahre Auslassung keine Strafe gesetzt. Das alte 
romische Recht selbst war nicht so verkommen, sondern betonte 
die processualischen Strafen der Processchicane nicht wenig, 
Unredlichkeit und nicht in gutem Glauben geschehene Process- 
acte brachten strafende Processnachlheile mit sich. Der von eioer 
Partei der andern angetragene oder der erstem zurückgeschobene 
Eid war eine private Vertrauenssache und eine gÖttJsch ge- 
schärfte Berufung an das Band von Treu und Glauben zwischen 
den Menschen, 

Frischte man die Strafen der Chicane wieder auf und setzte 
schon einfach auf wissentlich oder fahrlässig falsche Behauptungen 
verschied entliche Procesästrafen, so würde nicht nur das Princip 
der Wahrheit wieder mehr zu Eiiren gebracht, sondern auch der 
Eid oder entsprechende Vorkehrungen in vielen Fällen entbehr- 
lich. Auch die unrichtige Zeugenaussage müsste an sich selbst 
und von vornherein, nicht aber erst vonwegen einer nachher 
oder vorher erfolgten Vereidigung, je nach WissenÜichkeit oder 
Fahrlässigkeit, unter Strafen gestellt sein, die sämmthch und in 
erster Linie das verletzte Princip von Treu und Glauben zu 
treffen, sich aber in zweiter Linie auch nach der Bedeutung 
des Gegenstandes und der möglichen oder thatsächlichen Folgen 
der Unwahrheilen zu richten hätten. Nur bei sehr erheblichen 
Thatsachen sollte man eine ausdrückhche Berufung auf das 
zwischen den Menschen heilig zu haltende Band von Treu und 
Glauben, d. h, in einer weniger misszudeutenden Sprache, von 
Treue und Vertrauen einführen. 

Das Bedürfniss, unter Umständen Etwas durch besondere! 
Berufungen zu betheuern, bleibt auch privatim bestehen, wenn' 
göttische Vorstellungen und Rücksichten als unwahr erkannt 
und als Betheuerungsmittel unbrauchbar geworden sind. Jenes 
Bedürfniss wird aber dem gesetzten Menschen nur selten nahe- 
treten; denn es ist der Regel nach würdiger, sich auf das ein- 
fache Wort zu beschränken. Stets aber müssen jene Betheuerungs- 
mittel solange einen rein privaten Charakter behalten, als sie 
nicht etwa in der verbindlichen Anrufung der Gesellschaft be- 
stehen, die Unwahrheit an dem Lügner zu rächen. Solche Formen 



— 243 — 

ind aber auch überflüssig, wenn die Strafen ohnedies, z. B. bei 
"alschem Zeugniss, regelrecht und ausnahmslos in Aussicht stehen. 
^INicht also blos der Eid, sondern alles Eidähnliche sollte schliess- 
lich aus dem privaten wie aus dem öffentlichen Leben ver- 
schwinden. Vorläufig und für den Uebergang köimte man aber 
gleichsam moralische Versicherungen von besonderer Form ein- 
führen, etwa den bestimmt formulirten Ausspruch, durch den, 
in unserer Sprache geredet, die innerlich und äusserlich rächende 
Nemesis herausgefordert wird für den Fall bewusster Falschheit 
der Aussage. Die Verletzung der Menschheit und des im besondern 
Fall auch ganz besonders in Anspruch genommenen Vertrauens 
wäre hier das gleichsam geistige Verbrechen. Es verurtheilt sich 
sozusagen Jemand im Voraus selbst, indem er die Gerechtigkeit 
ausdrücklich und in einer nicht missverstän ilichen Form über 
ihn zu kommen herausfordert. Eine Hinweisung auf den Grund 
und innem Zusammenhang aller Dinge und auf die innere, oft 
sehr verborgene Gerechtigkeit verschuldeter Schicksale wäre 
immerhin zulässig und entfernte sich von allem Eidähnlichen 
und den gemeinen Eidsurrogaten nicht minder als.unser Religions- 
ersatz von aller Religionistik. 

Das Geistige im Staat ist das, was ihn davor bewahrt, zum 
Leichnam zu werden, in welchem die Würmer ihr Wesen treiben. 
Die blosse Gewalt ist es nicht, woran das öffentliche Leben 
hängt. Der Geist der Gerechtigkeit, von dem sie getragen wird, 
ist es, der ihr allein Ansehen giebt. Wie die Kirche sich zer- 
setzt, so kann auch der Staat (und zwar nicht blos dieser oder 
jener einzelne Staat) verfallen, sein Leben aushauchen und nur 
als Mumie fortbestehen. Sichere Anzeichen einer Verwitterung 
staatlicher Zustände sind Fälle, in denen es sich zeigt, dass die 
Justiz sinkt und, statt Gerechtigkeit zu üben, sich an blosse 
Interessen prostituirt. Hier sieht man am deutlichsten, wie die 
mangelnde Geisteshaltung, wie das Abhandenkommen der sitt- 
lichen Grundsätze das Verderbende ist. Es wird nun aber meist 
übel angebracht sein, mit einer neuen Geistesführung unmittel- 
bar in das Verwitternde eingreifen zu wollen. Man überlasse die 
Staatscorruption ihrem Schicksal, das sie verdient, und man 
denke daran, gleichsam ausserhalb Staats- und gemeiner Gesell- 
schaftsverwesung eine geistige und materielle Verbindung derer 
zu schaffen, die dem. Charakter nach besser sind und sich sowie 

16* 



— 244 — 

ihre Nachkommen vor der lafection wahrea wollea. Dies wird 
auch die beste Vorbereitung für die neuen Gebilde sein, die an 
der Stelle des Verwesten dem Leben seine Gestalt zu geben 
haben. 

4. Beseitigung des Schädlichen und Freimachung der Kräfte^ 
sind werthvoll, aber noch nicht das W erthvollste. Das Schaiffea 
in neuen Richtungen und die Erkenntniss der Wirklichkeitsziele 
haben eine noch höhere Bedeutung; denn sie sind das Positive, 
auf das es ankommt. Jedoch glaube man nicht, positiv sein zu 
können, ohne zugleich auch negativ zu verfahren. An der Voraus- 
setzung des Gegentheils sind Alle gescheitert, deren Positivität 
die Noth wendigkeit des Vemeinens und Wegräumens ganz o der 
halb umgehen wollte, wie St. Simon, A. Comte und so ziemlich 
allesichinähnlicher Richtung bewegenden Gesell Schaftstheoretiker. 
Es entstanden diese Theorien in Epochen der Reaction, und ihre 
Urheber hatten nicht jenen höchsten Grad von Selbständigkeit, 
der schliesslich über alle zutolligen Eindrücke jeweiliger Geschichts- 
wendungen und Zustände, ja überhaupt über die Geschichte 
vollständig erhebt» Comte gerieth sogar in den Gedanken hinein, 
eine geschichtliche relative Heilsamkeit der frühem Existenz der 
Kirche darthun zu wollen. Angenommen nun, dass über die 
Noth wendigkeit der Vernichtung des Unwahren und Schädlichen 
kein Zweifel obwalte, so kann man sich ohne Zweideutigkeit in 
den positix^n rer^pecti\-en ergehen, 

Staat und Gesellschaft haben hier eine neue Aera vor sich, 
$olvalvl in ihnen die vollkommeneren Gesichtsptaikte in gehörigem 
Maass^e wirksam werden. Da ist beispielsweise an Emehung 
nicht in erster Linie 2u denken, sondern es ist die Xatuignmd- 
la$e in Fleisjch und Blut, welche vor allen Dingen die sichtende 
xänd schatfende Autmertsamkeit in Ansprach zu nehmen hat. 
Es ist wahrikh nicht gJeichgüliig. ob die Statntoesvorznge hier 
^pile§t tand in ata<§esaachter Weise erhalten werden, oder ob 
Äe durch schlechte Mischungen oder sons^ durch Verwahriostmg 
verded>en. Der Gesichtspunkt der geschlechtlichen Zacht, wie 
et ÄCh durch individuelle Freiheit und Einfach: bethärigen li^si, 
i^ hier vcCltv^mmen am Orte Die verschiedenen XatiannJiöteai 
der rric>dtmen VvMter haben alle Ursache, a:rf dÄsea Ptmkt 
be$c«5der? tu 4ichte::: denn hier <dnd aixii die GrunnTbtgen aUer 
^^^cxce:::: Krj^f: und Eiirfnar: der nexjem. für die Greschäii:» ton- 



— 245 — 

ngebend en Stämme zu finden. Hier liegt überhaupt die Wurzel 
^ür das Lebensglück der Menschen; denn wo die Natur schon 
^twas verfehlt hat, da kann nachträgUch durch Mittel der Er- 
ziehung und Civilisation nur verhältnissmässig wenig, ja oft gar 
nicht geholfen werden. Unter der Herrschaft der Religion wäre 
nun eine grundsätzliche Rücksicht auf diese Naturbasis nichts 
Geringeres als die Ur- und Hauptsünde selbst; denn nach der 
herrschenden Religion, die in einer Zeit der Corruption entstanden 
und daher weltpessimistisch gerathen ist, besteht die Hauptsünde 
grade in dem, wodurch das Leben hervorgebracht wird. 
Ueberdies ist die alte Judensage über Adam und den Sündenfall 
auch schon von dieser Richtung, was freilich nicht Wunder 
nehmen kann; denn Juden in die Welt gesetzt zu haben, ist 
sicherlich nicht zu den Verdiensten der Natur zu rechnen und 
mag daher immerhin als Sünde gelten. Nach einem aufgeklärten 
System der vergleichenden und genetischen Zoologie muss jene, 
wie manche andere Speciesbildung, als Verirrung und falsche 
Mischung animalischer Triebe gelten, die dem zuzurechnen ist, 
was sich selbst zu dieser Fehlbildung gestaltet hat. Wo eine 
Menschenspecies nichts taugt, da ist es erklärlich, wenn es bei 
ihr zuletzt dahin kommt, dass die Bessern in ihr, im Grauen 
vor dem entsprechenden Leben, die Welt überhaupt verwerfen, 
wie dies schon Christus, aber noch mehr das weitere Christen" 
thum that. Dies ist aber nur eine Rückwirkung gegen die 
schlechte Speciesnatur bestimmter Völker, nicht aber gegen die 
Menschennatur besserer Nationen. Derselbe Grund also, aus 
welchem die modernen Völker von der Judenüberlieferung und 
Religion auf die Dauer keinen Gebrauch machen können, bringt 
auch den Beruf mit sich, Leib, Herz und Hirn im Sinne der 
bessern Stammesnatur auch physiologisch zu wahren und immer 
veredelter zu entwickeln. 

Der eben nur in einem Grundzuge bezeichnete Gegenstand 
ergäbe ein weites Thema, wenn man ihn näher behandeln wollte. 
Der auf ihn bezügliche Theil der Geistesführung tritt aber schon 
aus den Grenzen dieser Schrift heraus, die den Religionsersatz 
nur in den Hauptzügen kenntlich zu machen hat. Ebenso ist es 
mit der Erziehung, für die es sich von selbst versteht, dass die 
Geistesführung an Stelle der Religion unvergleichlich bessere 
Früchte zeitigen muss. Doch auch die Erziehung ist hier nicht 



— 246 — 

mein Thema, ebensowenig wie das Hinwirken auf besser ge- 
mischte Zeugungen. Nur sei daran erinnert, dass die erziehungs- 
mässige Zeitigung der bessern Antriebe, Gefühle und Gedanken 
allerdings keine kleine Angelegenheit ist, dass aber hierin die 
Familie, wo sie einigermaassen unzersetzt und unverdorben 
wirklich besteht, einen weit ausgiebigeren Beruf hat, als die 
öffentliche Schule oder als Erziehungsanstalten, die stets etwas 
kasernenhaft gerathen müssen. Wo freilich allzuviel verwahrlost 
ist und eine des Namens würdige Familie kaum angetroffen 
wird, da mögen Erziehungskaserne und öffentliche Schule auch 
in dem fragüchen Punkt noch als verhältnissmässige Wohlthaten 
oder, besser gesagt, als das geringere Uebel gelten. Für den 
eigentlichen Unterricht versteht es sich von selbst, dass die 
Massenschule hier schon aus Rücksichten der Wirthschaftlichkeit 
der Regel nach nicht zu vermeiden ist. Im rein Wissenschaft- 
lichen aber und in der verstandesmässigen Bildungsproduction 
thut die Gesammtdrillung auch weniger Schaden. Unter den 
durch die Religion geschaffenen vormundschaftlichen Zuständen 
ist sogar der Massenunterricht der kürzeste Weg, das wieder 
auszuscheiden, was durch eben diese Mittel eingeimpft erhalten 
wurde. Die positive Geistesführung muss sich aber zuerst bei 
den Einzelnen, in vielen Familien und bei einem freien Theil 
der Gesellschaft festgesetzt haben, ehe die Organisatoren des 
bessern Staats die hinreichende Stütze finden, um mit durch- 
greifender Abschaffung des Aberglaubens und mit der systemati- 
schen Bethätigung der Geistesführung in allen Anstalten vor- 
zugehen. Jedoch hat man nie darauf zu rechnen oder gar zu 
warten, dass eine Mehrheit oder auch nur eine sehr ansehnliche 
Menge zuvor gewonnen werde. So lange die Ursachen der 
falschen Bevormundung und Missleitung fortbestehen, bleibt die 
Majorität aller Schichten und bis auf einen geringen Bruchtheil 
die ganze letzte. Massenschicht in einem gewissen Grade in nicht 
blos äusserlicher, sondern auch innerlicher Geistessklaverei. Es 
sind die Minderheiten, denen stets die Initiative der Action ge- 
hört hat; die Mehrheiten finden sich begreiflicherweise immer 
erst nachträglich. 

Die Sorge für die sozusagen ungeborene und die unerzogene 
Welt ist nur eine Seite der Angelegenheit. Die gesellschaftlichen 
Verhältnisse selbständiger Menschen, namentlich in Beziehung 



~ 247 — 

auf die gegenseitigen Berufsleistungen, sind vielseitiger. In er- 
heblichen Richtungen hängt ihre gute Gestaltung vom bessern 
Gewissen ab. Wo kein directer oder indirecter Zwang, kein 
Interesse und auch keine blos äusserliche moralische Nöthigung 
ausreichende Bürgschaften sind, da kann nur der allgemeine 
gute Geist in seiner freiwilligen Bethätigung das Gewünschte 
schaffen. Man denke nur an die gewissenhafte Ausübung eines 
Handwerks, einer niedem oder höhern Kirnst, einer amtlichen 
Thätigkeit u. dgl. Man denke im Specielleren an die unschein- 
bareren Fälschungen der Nahrungsmittel und an den Unfug mit 
den Vivisectionen. In derartigen Fällen lässt sich allerdings auch 
äusserlich einschreiten; aber gründlich kann nur geholfen werden, 
wenn auch der freie Wille durch das Gewissen, d. h. durch die 
Geistesführung in besserm Sinne, bestimmt wird. Ferner hängt 
auch überhaupt die Freude an einer guten Ausübung des Berufs 
und an der vorzüglichen BeschaflFenheit der Arbeitserzeugnisse 
von solchen Gesichtspunkten ab, die durch kein blosses Gewinn- 
interesse ersetzt werden können. In allen diesen Dingen ist die 
Geistesführung an Stelle der ReUgion der letzte Anhaltspunkt. 
Das Gute um des Guten willen thun, darf nicht hohle Phrase 
bleiben; es muss bedeuten, dass der gute Charakter eben auch 
seine Art und Weise aufrecht zu erhalten vermöge. Letzteres 
ist aber nicht möglich, wenn nicht auch der moderne Völker- 
geist dazu gelangt, seine sittlichen Gesetze und höchsten Ideale 
auf eine allerseits sichtbare Fahne zu schreiben. Wieviel heil- 
samer würde sich nicht schon die Gesellschaft gestalten, wenn 
nur etwas mehr Treue in den allgemeinen Verkehr und etwas 
mehr Zuverlässigkeit in den eigentlichen Geschäftsverkehr käme I 
Dennoch ist diese geringfügige Forderung noch bei Weitem 
nicht das, was von einer durchgängigen Ersetzung der Religion 
durch Geistesführung verlangt werden kann imd im Laufe der 
Entwicklung zu verwirklichen ist. Ohne den Kitt einer bessern 
Geistesführung würden sonstige Systemveränderungen socialer 
und politischer Art auch nicht zusammenhalten. So gut sie 
übrigens sein möchten, so würden sie mehr Unheil anrichten 
als Heil bringen, falls die alten schlechten Antriebe und Ver- 
worrenheiten des Aberglaubens und des Mangels an Charakter 
fortbeständen. In der That heisst es auf Flugsand bauen, 
wenn man sich unterfängt, Gesellschaft und Gemeinwesen 



— 248 — 

durch blosse Acnderimg materieller Institutionen umscbafTen zu 
wollen. So wenig die blosse Privatmoral oder eine öflFentlich 
bekannte, aber in Werken und Einrichtungen imfruchtbare Moral 
etwas Jiintscheidendes helfen kann, ebenso dürftig, ja noch 
dürftiger nimmt sich ein blosses Gerippe äusserlicher Ein- 
richtungen aus, wenn Fleisch und Blut, Wärme und Geist dazu 
fehlen. 

5. Indem Gesellschaft und Staat an die Stelle der Religion 
die Ueistesführung setzen, vertauschen sie nicht blos die theo- 
retischen Vorstellungen, sondern auch die praktischen Uebungen. 
All die Stelle des Cultus tritt theils das, was schon früher aus- 
einandergesetzt wurde, theils kommt noch hinzu, was als Wirk- 
lichkeitsangelegenheit die Menschen nun weit intensiver in An- 
spruch nehmen muss. Die Ideale sind nämlich alsdann nicht 
mehr von der phantastischen überweltlichen Art, sondern gehören 
selbst der Wirklichkeit, also ausser dem Einzelleben dem Gesell- 
schafts- und Staatsleben an. Es ist, um auch einmal die alte 
Sprache der Religion zu reden, das Himmelreich nicht ausser 
der Welt zu suchen» sondern in der Vollendung der Natur selbst 
insoweit zu finden, als ein solcher Begrifif nicht abergläubisch 
und daher überhaupt noch berechtigt ist. Gemeine Antriebe, 
Verhältnisse und Gestaltungen sind jederzeit das allgemeine Loos, 
und das im Edlen wirklich Ausgezeichnete ist eben stets die 
Ausnahme. Demideal entspricht nur Weniges; aber es müssen 
verschrobene Ideale falscher Art sein, denen gar nichts entspricht 
odex entsprechen kann. Die Meinung, es sei in allen Fällen nur 
Annäherung mi^gUch, stammt selbst aus den verhältnissmässigen 
Niedervuvgen der Gesinnung. Gewiss ist für den gemeinen Tross 
geistiger Ganz* oder Ilalbsklaven die Aimäherung schon etwas 
Schweres; ja sie findet meist nur in einem kläglichen Maasse 
statt. Für die bessern Naturen ist aber das Gute jeder Art kein 
blc>sser Gegenstand elender Annäherung, sondern sie tragen es 
in sich selbst in solcher Gestalt, in welcher es unter den jedes- 
maligen Umstünden überhaupt bestehen kann. Dagegen ist die 
Rechnung mit den gemeinen Antrieben darum so sicher, weil 
auf zehntausend Fälle, in denen sie nackt und ledig gelten, 
kaum einer kommt, in welchem ein höherer mächtigerer Antrieb 
sich hiQZUget^e^lt und einen andern Ausschlag giebt. Diese noth- 
wendige Bewandtniss hindert aber nicht dass sich das Gemeine 



— 249 — 

^m i^iveau allmälig abgeändert und selbst etwas gehoben finde, 
■^s bleibt alsdann das Gemeine; aber es bessert sich, und ihm 
^^^genüber steigern sich dann auch diejenigen Vorzüge, durch 
^^Iche die seltenen Ausnahmen gebildet werden. Dahin zielt 
^t>^n die Geistesführung ab, die selber ihren Ursprung nur in 
5^X1 am meisten gesteigerten Ausnahmecharakteren haben kann. 
T^^s Wort Führung würde weniger passend sein als es ist, wenn 
^■*^ irgend einer Zeit die Selbstführung des Geistes nicht blos in 
'^inem gewissen Umfang bei Allen eingebürgert sein, sondern 
^\ich alle Punkte umfassen könnte. Für die Initiative der 
W'enigen wird aber stets noch Etwas übrig sein; denn sonst 
hörte der Typus des Schaffens, der nach allen bisherigen Er- 
fahrungen in der Natur allein denkbar ist, offenbar auf. Die 
charaktervollsten und begabtesten Einzelnen werden immer die 
Ausgangspunkte werden, von denen aus die Hebung des all- 
gemeinen Niveau sich bewerkstelligt. 

Kunst und speciell Dichtung können für den Einzelnen und 
die Gesellschaft wirklich Anmuthendes und Förderndes leisten, 
vorausgesetzt, dass sich die schöpferische ICraft und Form in 
ihnen auch mit Geistesführung verbunden finde. So ist es be- 
sonders an der Dichtung deutHch, dass sie ihren Werth in dem 
Maasse verliert, in welchem sie unwahre Gedanken und abirrende 
oder unedle Gefühle zum Ausdruck bringt. Sie muss überall 
das Wirkliche, darf aber nur das Edle und Höchste in der 
Wirklichkeit zum Gegenstande haben. Widmet sie sich dem 
Durchschnittlichen und gemein Niedem, so sinkt sie hiemit eben 
auch zum Realismus der Gemeinheit hinab. Zwischen Wirklich- 
keitsidealen und realistischen Plattheiten gähnt eine weite Kluft. 
Real sind das Niedere und das Hohe; aber der Realismus, wie 
Wort und Sache gewöhnlich genommen werden, haust im Ge- 
meinen und daher Niedern. Die Dichtung hat die hohlen phan- 
tastischen Ideale jeglicher Art von Jenseitigkeit und Ueber- 
schwenglichkeit zu meidea; aber es ist ihr mehr als blos gestattet, 
falls sie es vermag, eine spätere, noch erst zukünftige Wirklich- 
keit, also Ziele des Wirklichkeitsstrebens ziun Gegenstande zu 
haben. Ohne falsche Zukünftelei soll sie das Edle und Grosse 
auch schon in der Anlage und im Werden erfassen und so eine 
wahre Voraussicht an die Stelle falscher Prophetie setzen. Sie 
löst ihre höchste Aufgabe grade da, wo sie einem gegenwärtig 



— 250 — 

noch lebendigen Streben, also den entsprechenden Gefühlen und 
Gedanken, einen Ausdruck verschafft, in welchem man auch 
die Theilnahme an der Zukunft gewahr wird. Schon die von 
Natur bestehende Liebe der Geschlechter ist nichts, dessen Sinn 
auf die Gegenwart beschränkt wäre. Um wieviel mehr müssen 
die sonstigen höher gearteten Empfindungen und Gedanken der 
bessern Menschheit eine Seite haben, die über das jeweilig Ver- 
gängliche des Tages hinausweist! In dieser Beziehung zeigt es 
sich auch wiederum recht klar, was der moderne Völkergeist 
für die Poesie zu werden hat. In ihn und speciell in den Charakter 
der einzelnen Nation muss sich die Diclitung versenken, um aus 
diesen Tiefen eine vollendetere Wahrheit und veredelte Formen 
des Fühlens und Denkens heraufzuholen. Den hier fraglichen 
Geist tragen die Völker und die Einzelnen in sich selbst, haben, 
ihn also nicht in romantischer Verschraubung blos in der Ver- 
gangenheit zu suchen. Im Gegentheil ist das Gewesene, insofern 
es schon verwest ist, stets ein schlechter Gegenstand für eine wahre 
Wirklichkeitspoesie. Immerhin mag die rückwärts gewandte Um- 
schau auch die geschichtlichen Züge anderer Epochen zugleich 
mit allen ihren Fehlern, also auch mit dem Aberglauben, allen- 
falls zur poetischen Darstellung bringen; aber Sage und allzu 
entfremdete Geschichte sind nicht das Feld, wo eine bessere, 
dem Wirklichkeitsideal nachstrebende, nicht von höherer Geistes- 
führung gänzlich verlassene Poesie zu ernten hat. Ueberall muss 
es Grundgesetz sein, dass die sogenannte Dichtung nur eine 
Form sein darf, die Wahrheit und zwar nur diejenige Wahrheit 
darzustellen, die wegen ihrer Auszeichnung vor den gemeinen 
platten Beschaffenheiten wirklich besondere Theilnahme verdient. 
Die Grundsätze der Freiheit, der Treue, der Gerechtigkeit und 
des Vertrauens sind natürlich auch hier maassgebend, und es 
ist eine arge Verirrung, die Poesie oder irgend welche andere 
Kunst von den Gesetzen sittlicher Wahrheit und edlen Charakters 
entbunden zu wähnen. Auch die Dichtung darf das Schändliche 
nicht darstellen, wo sie nicht zugleich die Perspectiven einer 
gebührenden Rache zu eröffnen vermag, und wäre dies auch 
nur durch die Hindeutung auf einen weitern Zusammenhang 
möglich, der die anscheinend unvergoltene Handlung umrahmt. 
Uebrigens versteht es sich von selbst, dass der blos spielerische 
und nicht ernst gemeinte Gebrauch der Göttergestalten und des 



— 251 — 

olksaberglaubeos gänzlich in Wegfall zu kommen hat. Nur 
ei der Schilderung der Menschen mit allen ihren Fehlem ge- 
ört die Reproduction jener Vorstellungen zur Wahrheit der 
^Sache selbst; aber es ist auch hiebei zu bedenken, dass ein 
^ichinalleshineinversetzen seine Grenzen haben muss, wenn sich 
der Dichter nicht unwürdig preisgeben imd gleichsam prostituiren 
soll. Uebrigens ist es ein falscher Satz, dass man die Ueber- 
zeugungen des Dichters nicht aus dem Gegenstande heraus- 
merken oder, was dasselbe heisst, nicht in demselben finden 
dürfe. Eine objective Poesie von diesem falschen Schlage hat 
nie existirt und soll auch nicht einmal in einer Annäherung 
versucht werden. Doch die Verfolgimg dieser Verhältnisse 
zwischen dem Dichter und seinem Gegenstande würde hier zu 
weit führen. Hier ist es genug, zu wissen, dass der Dichter ent- 
weder mit dem Gegenstande eins sein oder, wo dies nicht möglich 
ist, den Gegenstand seinem bessern subjectiven Maass unter- 
werfen muss, so dass er von dem Verkehrten nur soviel zeigt, 
als zur gehörigen Charakteristik von dessen wesentlicher Be- 
schaffenheit nothwendig ist. 

Hätten Moralität und Gerechtigkeit, sowie eine entsprechende 
Anschauimg der Gesammtwelt erst auf die Kunst zu warten, so 
wäre es mit ihnen allerdings schlecht bestellt. Im socialen Zu- 
sammenhange ist Poesie sowie überhaupt Kunst, sobald diese 
den Gesetzen der Wahrheit und Gerechtigkeit zuwiderläuft, sogar 
schädlich. Zu dem unmittelbaren Uebel, welches in der Ver- 
schönerung und Beschönigung des Falschen liegt, kommt noch 
die erschlaffende, abstumpfende, ja schliesslich entnervende 
Wirkimg, die mit der ausartenden Pflege blosser Schöngeisterei 
verbunden ist. Schon Plato hatte, wenn auch etwas zu puritanisch, 
vor den Dichtem gewarnt, weil diese die ungehörigen Gefühle 
gleichsam begössen, die Wollust anregten u. dgl. Er hatte sie 
deswegen in seinem Idealentwurf von einem Staate aus diesem 
gradezu ausgeschlossen. Das war einerseits zu viel und andrer- 
seits zu wenig; zu viel, weil die Gesellschaft durch gute Poesie 
und überhaupt bei maassvollem Genuss künstlerischer Eindrücke 
in Gefühlen und Gedanken wirklich gefördert werden kann; zu 
wenig, weil die blasirende Wirkung jedes Kimstgenusses ver- 
gessen ist, bei welchem das Maass der Wahrheit nicht auch 
schon in der Poesie selbst die übertriebenen Steigerungen V'" 



hindert. Uebrigens war ein Plato auch nicht dazu angethan, die 
Phantastik, der er im Denken selbst als ehemaliger Halbpoet 
huldigte, in der eigentlichen Dichtimg zu verpönen. Auch hatte 
überdies sein Grund etwas von dem religionsartig Düstern an 
sich. In unserm Zusammenhange aber soll alle Kunst nur, wie 
es sich gebührt, der bessern Geisteshaltung theilhaft sein, wenn 
sie als gesellschaftlich heilsam gelten will. Ein Stückchen 
Religionsersatz kann sie eben nur insoweit sein, als sie sich zu 
einer speciellen Form der Geistesführung herausbildet und dem- 
gemäss die Wege dieser streng einhält. Weit gefehlt aber, dass 
sie selbst die Quelle der höchsten Grundsätze der Geistesführung 
wäre, ist sie vielmehr, und zwar auch nur im günstigsten Falle, 
ein Feld, welches von jener Quelle her berieselt wird. 

Urkräftiger als alle künstlerischen Schattenbilder von Gefühlen 
und Gedanken sind die wirklichen Anregungen der natürlichen 
Empfindungen durch das Leben. Ohne eigne Erfahrung der 
letzteren bleibt überdies alle Kunst des Wortes ohnmächtig genug. 
Sie führt den Unerfahrenen gleichsam in das Hohle und gewöhnt 
ihn, einen möglicherweise gehaltreichen Satz als blosse Phrase zu 
gebrauchen. Der Gehalt der Dinge muss in seinen einfachsten 
Elementen unmittelbar an und aus den Dingen selbst erfahren 
werden ; sonst ist alle Bemühung künstlerischer Vereinigung solcher 
Elemente zu neuen schöpferischen Gesammtgestalten vergebens. 
Die Dichter haben aber nur da, wo und insoweit sie wahrhaft 
gross sind, selbst diejenige Kenntniss des menschlichen Innern 
und des äussern Lebens, durch welche sie in den Stand gesetzt 
werden, auf die Gemüther natürlicherweise und wahrheitsgemäss 
einzuwirken. Nur dadurch, dass sie wahr und maassvoll sind, 
überdies aber an die geringern Grade der Durchschnittsgefühle 
anknüpfen, um eine höhere Steigerung einigermaassen verständ- 
lich zu machen, erzielen sie auch in der gemeinen Breite des 
Massendaseins einige gute Erfolge. Nun aber vergleiche man 
Alles, was die Dichter beispielsweise- in der Anregung des Mit- 
gefühls leisten können, mit dem, was das Leben und dessen That- 
sachen hierin vermögen. Man wird so innewerden, dass den 
Dichtern im besten Falle wesentlich nur die Rolle einer Bestätigung 
und Formveredlung des bereits vorhandenen geistigen Gehalts 
zufällt. Die milden Einrichtungen, die man in der Gesellschaft 
auf das entwickeltere Mitgefühl der modernen Völker, nicht aber 



— 253 — 

^twa auf die dem bessern Charakter fremde und importirte 
Religion, zurückzuführen hat, sind jedenfalls keine Frucht 
dichterischer Erregung von Mitleid. In echten Wirklichkeits- 
verhältnissen, wo der Schein jeder Religionseinmischung beispiels- 
weise auch in der Krankenpflege mit der Wahrheit zu vertauschen 
ist, wird die Quelle derartiger Institutionen der Gesellschaft genug- 
sam klar und demgemäss, soweit sie unrein geworden ist, auch 
geklärt werden. Handwerksmässige Anregung der Gefühle ist 
hier ebensowenig eine Ursache von etwas Gutem, wie in der 
sogenanntenPhilanthropie. Letztere entlarvt sich durch denKenner 
meist als unwahr, heuchlerisch und, wo nicht selbstsüchtig ge- 
schäftlich, doch mindestens, was nicht weniger schlimm ist, als 
Pflänzchen kleinlichst persönlicher und hohlster Eitelkeit windiger 
Existenzen. Die ganze Humanität wird durch diese Missgewächse 
gefälscht; denn die wahre Quelle edler Menschlichkeit und wahrer 
Menschenfreundlichkeit, die selbstverständlich nur den guten 
Zügen im Menschen mit Wohlwollen entgegenkommen kann, ist 
der bessere neuere Völkercharakter in seiner höheren Entwicklung. 
Letztere beruht aber auf den Erfahrungen des Einzellebens und 
der umfassenderen Lebensschicksale ganzer Nationen. 

6. Für den Religionsersatz in Gesellschaft und Staat stellt 
sich die Frage, ob er etwa ähnlicher persönlicher Organe bedarf, 
wie die Religion in den Priestern aufweist. Grundsätzlich ist dies, 
wie schon früher angedeutet, zu verneinen; denn die Vormund- 
schaft über erwachsene Personen würde verewigt, wenn sich die 
Gesellschaft für die Lehre des Vollkommeneren Leute bestellen 
wollte, deren bezahltes Handwerk es wäre, sie ihr in bestimmten 
Zwischenräumen und bei gewissen Gelegenheiten ans Herz zu 
legen. Es wäre ein Abweg, den Priester- und Predigerstand nach- 
ahmen und in der Menschheitsgeschichte auf diese Art noch einmal 
gleichsam wiederholen zu wollen. Man bedenke wohl den Ur- 
sprung jeglichen Priesterthums. Ein solches würde nie entstanden 
sein, wenn Lehre oder Zucht die Zwecke gewesen wären. Letztere 
waren vielmehr ursprünglich überall nichts Anderes als Zauber- 
wirkungen und ein zugehöriger Verkehr mit den Göttern oder 
dem Gotte, sowie Opfer, Gebete, Zukimftsschau u. dgl. Erst 
nachträglich hat sich, und zwar vorzugsweise im Protestantismus, 
also bei den modernen nordischen Völkern, das Predigen imd 
hiemit die Lehre in den Vordergrund geschoben. Diese Wendung 



— 254 — 

ist aber schon relativ ein Ersatz- und Abschwächungsmittel des 
eigentlichen Priesterthums. Sie ist eine Erfindung des neuern 
Völkergeistes auf dem Wege zur Abschaffung der Religion. 
Eigentliche Lehre, auch wenn sie nicht einem autoritär willkür- 
lichen Glauben gilt, gehört, insoweit sie von besonders ange- 
stellten Lehrern ausgehen soll, in die Zeit des Unterrichts und hat 
ihre ordentliche Stellung als Jugendbildung. Für weitere Lebens- 
alter muss sich die Kenntnissnahme auf freierem Wege durch 
gleichheitlichen geistigen Verkehr, darf sich aber nicht durch eine 
neue Art von Geistlichen vermitteln. Von den Priestern und Geist- 
lichen kann daher der vollkommenere Zustand keinen Gebrauch 
machen. Diese Erbschaft kann er in keinem Falle antreten ; denn 
aus dem Menschenmaterial der religiösen Armee lässt sich eher 
alles Andere, als etwa für das Uebergangsstadium eine Anwalt- 
schaft der besseren Menschheitssache machen. 

Den ausgesprochenen Grundsätzen steht es nicht entgegen, 
dass, solange der geistige Kampf dauert, für diesen besondere 
Organe erforderlich sind. Was den Menschen solange eingeimpft 
worden ist, kann nicht durch blosse Verhinderung der Neu- 
impfungen sofort verschwinden. Schafft man das Cultuspersonal 
ab, so muss man dafür sorgen, dass die bis dahin unmündig 
Erhaltenen sich nun nicht, wenn auch nur für den Augenblick, 
haltlos fühlen. Wo Lücken entstehen, muss man sie ausfüllen; 
denn es wird, wenn jene Maassregeln platzgreifen, erst ein Theil 
der Gesellschaft zureichend selbständig sein. Alle übrigen Theile 
werden durch eine feste Geistesordnung aus der vorangegangenen 
Sklaverei erst herauszuziehen sein. Diese Anleitimg zur Selb- 
ständigkeit erfordert nun offenbar zeitweilig besondere Organe. 
Man wird aber wohl zuzusehen haben, dass dieser Zwischenberuf 
von Lehrern für Erwachsene nicht selbst zu einer Art Prediger- 
thum werde. Wenn sich, wie in der grossen französischen Re- 
volution sogar Erzbischöfe, so bei künftigen Uebergangsvermitt- 
lungen irgend welche bisherige Religionsbeamte zu Erklärungen 
finden oder gar drängen, dass sie bis dahin das Falsche ver- 
treten und gelehrt haben, so kann so etwas selbstverständlich 
dazu beitragen, den irren Zustand der Gemüther rascher zu be- 
seitigen. Auf diese Weis bricht die alte künstliche Autorität in 
sich selbst zusammen. Solche Abkürzungsmittel sind daher nicht 
von der Hand zu weisen; aber es wird grade denen am wenigsten 



— 255 — 

zu trauen sein, die am schnellsten bereit sind, sich selbst Lügen 
zu strafen. Man kann Wahrheit in der Zukunft da nicht erwarten, 
wo in der Vergangenheit am Gegentheil gegen besseres Wissen 
und blos um der Würden und Einkünfte willen festgehalten 
wurde. Solche abtrünnige Personen können daher nur als Gegen- 
gift gelten, und hat man sich ihrer entsprechenden Eigenschaft 
stets zu erinnern. 

Die Umwandlung der gesammten Priesterschaft in ein die 
Abschaffung der Religion vermittelndes Uebergangsorgan ist als 
erspriesslich kaum vorstellbar. Eine allmälige Abschaffung voll- 
zieht sich allerdings auf dem Wege der Verderbniss insoweit, 
als eine grosse Anzahl Priester und Prediger selbst den Glauben 
ganz oder zum grössten Theil einbüssen. Was sie alsdann 
dennoch gegen besseres Wissen wirken und manipuliren, wird 
nothwendig im Eindruck immer schwächlicher. Dieser Verfall 
und diese Corruption sind aber nur die eine Seite der geschicht- 
lichen Vorbereitung der Umschaffung. Andererseils giebt es auch 
ehrlichere Naturen, die, wo sie nicht überzeugt sein können, nicht 
mitspielen. Diese kehren dann aber auch der ganzen Sphäre 
den Rücken und suchen ihren Beruf in der Gesellschaft auf 
andern Wegen, imd zwar auch nicht auf denen der Philosophastrik, 
deren Trug ein verfeinertes Zubehör und gleichsam ein Extract 
der Theologie ist. Aus solchen bessern Naturen, die einen Beruf 
zur echten Geistesführung hätten, aber vor der Hand mehr oder 
minder davon entfernte Thätigkeiten ergreifen müssen, können 
sich wenigstens zum Theil später auch die Leiter derjenigen Gesell- 
schaftsgruppen rekrutiren, die mit der vorläufigen, nicht staat- 
lichen, sondern noch erst frei gesellschaftlichen Organisation der 
neuen Geistesordnung vorangehen. Ich sage aber ausdrücklich 
„zum Theil" ; denn es wäre ein Unglück, wenn die überwiegende 
Mehrzahl der zunächst kurzweg als Geistesführer zu bezeichnenden 
Personen nicht anderwärts herstammte. Aus ^inem Mönch wird 
nicht allzuleicht ein Giordano Bruno, imd wenn so Etwas in irgend 
einem seltenen Falle der Geschichte einmal daraus wird, so bleibt 
•doch noch immer viel zu viel von den Manieren und den all- 
igemeinen Vorstellungsrichtungen der früheren Lage haften. Die 
umgebildete oder vielmehr in der Umbildung begriffene Gesell- 
schaft bedarf vor allen Dingen solcher Elemente, die noch mit 
keinem Fuss im Reiche des Gegentheils und der Verneinung der 
.bessern und höhern Zwecke gestanden haben. 



— 256 — 

Auch erwarte man nicht, dass Regierungen, in welcher Art 
sie sich auch gestalten mögen, irgend etwas Entscheidendes thun 
können, ehe nicht in der Gesellschaft selbst die Vorbereitungen 
getroffen sind. Zunächst sind es immer Einzelne, dann kleinere 
oder grössere gesellschaftliche Gruppen, w eiche die Hauptarbeit 
verrichten, nämlich für die Umschaffung einer gehörigen Anzahl 
von Elementen des Gemeinwesens sorgen. Letzteres kann als 
Ganzes und in Form einer Regierung das Werk schliesslich nur 
adoptiren; denn selber zeugt es in der fraglichen Beziehung gar 
nichts. Es ist in seiner amtlichen Thätigkeit eben stets nur OrgaiLz: 
des Bestehenden. Erst wenn das alte Bestehende durch ein neue^ 
Bestehendes in der freien und lebendigen Gesellschaft zu einend, 
ansehnlichen Theil verdrängt ist, so dass die entscheidender 
Geistesmacht dem Neuen zufällt, können auch die Einrichtungea 
der äussern Organisation und Gewalt des Staats dem Voll- 
kommeneren principiell und systematisch dienstbar gemacht 
werden. Staatsmänner vermögen nur wenig und auf die Dauer 
garnichts, wo sie kein zuverlässiges Fundament in der Gesellschaft 
vorfinden. Sie kommen daher mit ihren Maassregeln stets später 
als die entsprechenden Bestrebungen und Vorgänge bei Einzelnen 
und in der Gesellschaft. Die geistige Initiative der Einzelnen, 
die ausserhalb der Autorität stehen, geht immer voran und kann 
daher auch der Regel nach nicht sofort zur äussern oder gar 
vollen That werden. Alle Arten von Gewalthabern dagegen 
sind auch bei dem besten Willen ohnmächtig, das geistige Gute 
zu vollbringen, wo die Gesellschaft noch überwiegend von den 
Mächten des Aberglaubens befangen gehalten wird, oder wo sich 
Interessen entgegenstemmen, die, ohne eigentlich dem gröbern 
Aberglauben zu huldigen, ihn doch in den Massen als vermeint- 
lich nützliches Niederhaltungsmittel conservirt wissen wollen. 

Die eben erwähnten Interessen werden verschwinden. Auch 
ist es überhaupt nicht ein äusserer Widerstand, welcher gegen die- 
Ersetzung der Religion am längsten vorhalten kann. Die Rechnung 
mit der Innern falschen Gewöhnung der Gemüther ist wichtiger. 
Jedoch auch hier ist nur ein einziger Punkt, bei welchem der 
Widerstand als etwas Bedeutenderes in Anschlag zu bringen ist 
Dies ist die künstlich erregte Hoffnung im Sterben oder überhaupt 
in Nöthen, die an dem Leben verzweifeln lassen. An die fragliche 
Schwäche der Menschen werden sich nicht nur die Priester amr 



— 257 — 

längsten klammern, sondern es werden auch die Menschen selbst 
vielfältig an Unsterblichkeitshoffnungen festhalten. Auf dieseWeise 
glauben sie, wo nicht ihr ganzes Ich, doch ein Stück davon, zu 
bewahren. Hienach werden auch oft Solche trachten, die den 
-Priestern längst den Abschied gegeben haben, auf keine geistlichen 
Zaubermittel etwas geben, wohl aber in ihrem Privatglauben ein 
ausserweltliches zukünftiges Leben als wichtigsten Artikel zurück- 
behalten haben. Weil hier das Interesse am Ich im Spiele ist, so 
iDUss dieses Pünktchen der Religion sich innerlich am meisten 
widersetzen. Auch giebt es kein anderes Mittel, die Menschen, 
die einmal durch die Religion in diese Unwahrheit hineingerathen 
sind, von diesem Stück unberechtigtem Selbstinteresse, d. h. von 
dieser Selbstsucht des Ich zu erlösen, als eine Befreiung nicht etwa 
Wos von den Vorstellungen über ein angebliches Seelending, 
sondern auch von denen, die auf der falschen Verdinglichung des 
^ch beruhen. Das als Ding gedachte Ich ist eben auch eine 
Erdichtung. Was am Ich thatsächlich ist, sehen wir in der Wirk- 
lichkeit; jeder andere Begriff davon kann auf die Dauer nur eine 
^uf den Egoismus speculirende Charlatanerie bleiben. Dem Ich 
hat man aber nicht blos theoretisch, sondern auch praktisch bei- 
zukommen. Der Tod ist, wenn er nur richtig, d. h. als Vernich- 
tung verstanden wird, der von der Natur bestellte Verbündete 
gegen die Selbstsucht. Eine wirkliche und berechtigte Theilnahme 
des Menschen, welche über die eigne Vernichtung hinausstrebt, 
hat sich anderwärtshin zu wenden. Sie hat das, was ausser dem 
Ich liegt, in die eignen Affectionen einzuschliessen. Auf diese 
Weise kann der Mensch auch unbeschränkt hoffen, aber freilich 
nicht für sein Ich; wohl aber für Etwas, was seinem Fühlen. und 
Denken lieb und werth ist. D as sind dann würdige Perspectiven 
in Todesgedanken. Der Act des Sterbens selbst ist, soweit Andere 
bei ihm gegenwärtig sind, lieber mit Schweigen zu achten, als mit 
falschen Trostgründen zu behelligen. Natürlich versteht sich dies 
nur vom Standpunkt des Religionsevsatzes* Die Gesellschaft kann 
daher auch hier durch ihre Sitte nichts einführen, was etwa dem 
Regime der Zaubermittel oder auch nur eines auf Unwahrheit 
gegründeten Zuspruchs ähnlich sähe. Die Deutschen möchten so 
Etwas auch wohl am frühsten entbehren können. Schon Siegfried, 
der Held des Nibelungenliedes, in welchem doch schon das 
Ghristenthuni äusserlich etablirt ist, starb ohne jede Gedanken- 

Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 17 



— 258 — 

regung jenseitiger Art. Der Dichter aber, aus dessen Geist dieses 
Todesbild entworfen ist, hat bereits mitten in einer vom Christen- 
thuni beherrschten Welt gelebt. So mächtig war jedoch un- 
willkürlich der bessere Völkergeist in ihm, dass die mit dem 
Würdigeren unverträglichen Vorstellungen, wenigstens bei den 
entscheidenden Punkten, wegblieben. Eine höhere Entwicklung 
des Verstandes und Gemüths zeitigt im Menschen allerdings auch 
Regungen und Bedürfnisse nach einem vollkommeneren Bewusst- 
sein über alles das, was den Tod des Einzelnen überdauert. 
Philosophastrische Flausen aber, wie die, es bestehe das Ich in 
einem allgemeineren Ich und bleibe darin wenigstens zum Theil 
erhalten, — derartige Windigkeiten, für welche Spinozas halbe Un- 
sterblichkeit mit dem Fortbestehen eines Theiles vom Einzelgeiste 
das Vorbild sein könnte, sind wahrlich da nicht am Platze, wo 
der Gegenstand ernst genommen und aufrichtig ohne die Schlupf- 
winkel der Halbheiten ',und Zweideutigkeiten entschieden wird. 
Was jenen höheren Bedürfnissen entspricht, ist schon früher von 
uns dargelegt worden, und hier war nur daran zu erinnern, dass 
ein Ersatz. des zu vernichtenden Ich nur in den Vorstellungeri. 
gefunden wird, die sich auf die bleibende Welt richten. Diese 
Affectionen werden im günstigen Falle die Natur einer Art Liebe 
zum bleibenden Guten annehmen, durch welches der Mensch 
Alles vertreten sieht, was er selbst etwa noch wollte und im Guten 
zu wollen berechtigt war. 

Ist der Ichwahn beseitigt, so bleibt kein Ding, sondern nur 
ein Vorgang übrig, und dieser ist das einzig Wirkliche, das 
einzig Interessirende am Einzelmenschen. Wohl aber kann sich 
die weitere Theilnahme darauf richten, welches Verhältniss dieser 
Vorgang zu allen andern Vorgängen des Seins und zu diesem 
selbst habe* Auch an die Zukunft kann sich die Hoffnung 
knüpfen, dass er in irgend einem Wesen und Vorgang eine 
bessere Beleuchtung erfahre, dass sich also für irgend ein künftiges 
Bewusstsein das als gerechtfertigt und ausgeglichen zeige, was 
etwa an einem Schicksal oder dem Schicksal überhaupt noch 
Unbefriedigendes gewesen. Mit dieser Idee begiebt man sich 
aber schon, so rationell sie an sich gehalten ist, hart an die 
Grenze, wo das Leere, das Dunkle und die Träume beginnen. 
Die Zuversicht und das Vertrauen, mit welcher der gute Charakter 
voraussetzt, es sei für ihn die Ordnung der Dinge auch in deren 



— 239 — 

umerkannten Gebieten befriedigend, ist das einzig Stichhaltige. 
IDies ist aber auch genügend und ersetzt dem gerecht beschei- 
<3enen Einzelmenschen den Eitelkeitstand persönlicher Unsterb- 
lichkeitsvorstellungen. Sogar unsere eigenste Wendung, der- 
2tufolge anstatt blos ideeller Theil nähme am Ganzen eine nie 
xiäher zu kennzeichnende reale Theilhaftigkeit daran allenfalls 
^vorausgesetzt werden mag, würde sofort zu etwas Bedenklichem 
ausarten, wenn sie sich fälschhch auf Conservirung der Indivi- 
dualität erstrecken wollte. Der Punkt, in welchem der Individual- 
vorgang mit dem Gesammtvorgang im Sein zusammenhängt, ist 
und bleibt ohne nähere Kennzeichen. Er ist selber eine Grenz- 
vorstellung nicht nur für unser Wissen, sondern auch für unsere 
Annahmen und für unser berechtigtes Vertrauen. Besser ganz 
auf nähere Einlassung mit derartig sich darbietenden Grenz- 
begriffen verzichten, als sie ins Träumerische und Phantastische 
ausmalen und der Schwäche irgendwelchen anscheinenden Be- 
■dürfens nachgeben. Die nothwendige Unbestimmtheit in den 
fraglichen Vertrauensregungen und gleichsam letztwirklichen 
Perspectiven ist das Beste und zugleich auch das Rationellste, 
woran wir uns halten können. Jegliche affirmativ denkerische 
Speculation nach dieser Richtung müsste nicht blos imsicher 
gerathen, sondern würde auch eine sachlogische oder vielmehr 
sachunlogische Thorheit sein. Es bleibt also auch Angesichts 
•der Todesnähe oder herbster und quälender Schicksalsgestaltung 
dabei, dass nicht blos die Transcendenz sondern auch sozusagen 
jegliche Rescendenz, d. h. vermeintliche Rückkehr in den Urgrund 
etwas Trügerisches ist, dessen gelegentliches Gaukelspiel mit dem 
eignen Gemüth und Verstand im Innerlichsten zu vernichten und 
gleich im Keime abzuschaffen zu den Aufgaben unseres Cultus- 
ersatzes gehört. Generationen werden vergehen, ehe angestammte 
Gewohnheiten des Vorstellens und der Neigungen ganz ent- 
wurzelt sein können. Die schliessliche Entwurzelung ist aber 
gewiss, soweit Unberechtigtes und Selbstsucht den entscheidenden 
Kern des individualistischen und auch sonst falschen Jenseits- 
wahns gebildet haben und in feinem Formen noch oft genug 
auch bei den besten Naturen noch immer bilden. 

7. Im Hinblick auf die ferneren Gestaltungen der Geistes- 
führung stellt sich die Frage, ob die letztere noch überhaupt 
durch so Etwas wie weltbeherrschende neue Religionsstiftungen 

17* 



gekreuzt und in iler Mensclilieitsgeschichle gleichsam durch ein 
zweites Mittelalter hinausgeschoben werden könne. In der jetzt 
übersehbaren Lage lässt sich, wie wir schon früher bemerkten, 
nichts auffinden, was nach solch er Verzögerung einer vollen Geistes- 
auf kliirung aussähe. Die ehemaligen Religionen haben nur noch 
wenig Leben, und wo unentwickeltere Völker, wie die russischen 
Slaven, von dem Christischen noch mehr umsponnen scheinen, da 
sind im Gegensatz hiezu auch grade die am entschiedensten 
emancipirten, ja alle allen Verrottungen der Weltgeschichte am 
thatkn'iftigsten bekämpfenden Elemente anzutreffen. Die Frage 
bleibt also nur noch die, ob neue Religionsstifter zu gewärtigen 
seien. An sich ist dies zwar keine ünmögUchkeit; denn an Be- 
völkerungen, die für Lug, Trug und Phantastik empfängUch sind, 
iehlt es ebenso wenig, wie an Interessen, die bei der Ausübui^ 
neuer Formen des Betrui^s auch von Neuem ihre Rechnung finden 
und irgend eine religiöse Charlatanerie begünstigen würden, sobald 
diese genug umsich gegriffen hätte, um ihnen hinreichend dienen 
zu können. Allein es ist nicht abzusehen, wie unter den modernen 
Verhältnissen ein neuer Aberglaube, der nicht etwa eine blosse 
Formumwandlung des alten ist, zur Herrschaft über die maass- 
gebenden Culturnationen gelangen sollte. Blosse Umwandlungen 
der bestehenden Religion blieben aber immer ein Stück Asiatismus 
imd blieben demgemäss mit dem neuern Völkercharakter auch als 
Reformerzeugnisse unverträglich genug, um diesem schliesslich 
ganz weichen zu müssen. 

Das Merkmal eines Religionsstifters besteht übrigens darin, 
im Namen einer vorgegebenen jenseitigen und daher nicht nach- 
weisbaren Macht, also namentlich eines Herrgottes, Offenbarungen 
und Gesetze zu verlautbaren. Irgend einen Aberglauben haben 
alle bekannten ReUgionsstifter allerdings vorgefunden; denn die 
Menschen haben mit dem Fehlgreifen ihrer Vorstellungen nichi 
erst auf die Initiative einzehier Leiter in diesen Fehltritten ge- 
wartet. Die späteren Religionsstifter waren sogar immer darauf 
angewiesen, au ältere anzuknüpfen und sich mit deren Hinter- 
lassenschaft auseinanderzusetzen. Sie schufen den Aberglauben 
nicht; sie entwickelten ihn nur und bereicherten ihn mit neuen 
individuellen Wendungen. Wie jede Krankheit ihren Verlauf 
und demgemäss auch ihre Geschichte hat, ja wie etwas Aehn- 
liches auch mit allem Unheil und namentlich auch mit den 



ta. 



— 261 — 

^erbxechensgattuagen der Fall ist, so hat auch der Aberwitz und 
der auf ihm beruhende Aberglaube seine weltgeschichtliche Ent- 
faltxixig. Er muss aber auch sein weltgeschichtliches Endschicksal 
hab^n; denn es kann nicht immer so fortgehen, dass die Menschen 
^Qg^bliche Nachrichten und Zumuthungen von Etwas her an- 
nehixnen, was für sie jenseit alles Verkehrs und aller eignen Er- 
fatining liegen und nur durch Priestervermittlung zugänglich sein 
soll. Eine neue Religion kann daher nur aufkommen, insofern 
sicti Leute finden, die irgend einem Menschen glauben, wenn er 
ini ^Namen einer ausserweltlichen Autorität zu handeln vorgiebt. 
Axxf eigne menschliche Autorität hin vermag Niemand eine 
Religion zu stiften; denn was er auch in Gang brächte, so wäre 
^s doch nie eine eigentliche Religion, da eine solche nicht ohne 
^*^ixe aussermenschliche und aussernatürliche Autorität gedacht 
^^rden kann. Hier ist also die Grenze zwischen Wahrbeits- 
^''idrigkeit und Religion auf der einen, und Wahrheit und Geistes- 
f"Uhrung auf der andern Seite. In einem allgemeineren Sinne war 
^ie Religion freilich auch eine Geistesführung, aber eben eine 
Irreführung des Geistes, in der sich zuerst ein Wenig ursprüng- 
liche Selbsttäuschung mit sehr viel bewusstem Betrug und dann 
Später auch noch mit dem theilweisen Betrogensein weiterfolgender 
t^eligionsstifter gattete. 

Freilich liegt es sehr nahe, dass die rückständigeren Be- 
völkerungen noch neuenRehgionsvarianten, ja selbst erheblicheren 
^eustiftungen von Religionen anheimfallen können. Dagegen ist 
Tiicbt auf Weltdimensionen und eine entsprechende Herrschaftsrolle 
solcher etwa noch vorkommender Spätlingsgebilde zu rechnen. 
Der moderne Völker Charakter, ausgestattet mit vollerem Selbst- 
"bewusstsein und reicherer Erfahrung, wird mächtig genug sein, 
um allen Wiederholungen des Asiatismus der Religion die Ent- 
wicklung zur Herrschaft zeitig abzuschneiden. Hat er die Kraft, 
die alte Religionsära abzuschliessen, so wird er auch die Kraft 
haben, jeder neuen, die sich von irgendwoher ankündigen möchte, 
von vornherein den Eingang zu wehren. Was man aber bisweilen 
natürliche Religion genannt hat, ist entweder ein gesäuberter 
Auszug^ aus der eigentlichen Religion oder ^ar keine Religion, 
sondern ein Stück Philosophie, welches noch unklar und unent- 
schieden genug ist, um überhaupt an die Religion anzuknüpfen. 
Derartige Halbheiten sind aber von zu ohnmächtigem Charakter 



— 262 — 

und Geiste, um in Rechnung zu kommen, wenn es sich um welt- 
beherrschende Kräfte handelt. 

Die Berufung auf den modernen Völkercharakter mit dessen 
höherer Ausprägung von Verstand und Gemüth ist dagegen keine 
künstlich autoritäre oder gar mystische. Sie geht auf die mensch- 
lichen Kräfte in deren bisher verhältnissmässig vollkommenster 
Darstellung und Ausstattung. Was aus allgemeinem Menschen- 
wesen überhaupt, ohne Unterscheidung der Species und des Typus, 
stammen kann, ist, selbst wenn es gesichtet wird, mindestem 
unzulänglich. Erst durch höhere Speciesbildung entstehen aucl 
die Ausgangspunkte für das geistig Höhere. Dies gilt nicht nu^^ 
der Thierheit gegenüber von der Menschheit, sondern auch innecr 
halb der Menschheit gegenüber der schlechtem Race von d^ 
bessern, und innerhalb der bessern Race wiederum der wenige 
gutenNationalität gegenüber von der noch besseren. Ja es erstrecW 
sich dieses Gesetz der Ausprägung eines vollkommener Menscii- 
lichen durch Speciesbildung bis auf die Individualisation; denn dei 
Einzelne kann mit seinem eigenthüm liehen Typus physisch dei 
Stammvater eines ganzen Volks und geistig der Ausgangspunkl 
eines veränderten Gepräges der Denk- und Gefühlsweise, ja einei 
neuen Gattung der Geisteshaltung werden. 

Weon hienach die Selbstführung des Geistes als überlegend 
Ersatz der Religion, der aus dem modernen Völkercharakter ent- 
springt, zur Geltung gebracht werden wird, so wird dies heissen, — r » 
im Namen von Etwas reden, was sonnenklar auf der Hand liegt. — -• 
Die betrefienden Eigenschaften neuerer Völker, auf die man als-^^ 
auf einen Grund zu bauen hat, sind weder unnachweisbar noch-^cn 
unverständlich. Sie finden sich nur verschiedentlich und oft ii 
gemischter Weise ausgeprägt vor. Man muss sie also in ihrei 
vollkommensten Darstellungen nehmen, um sie zum Leitfadecr^i 
machen zu können. Auch ist es nöthig, dass sich das Bewusstseicr^ 
über sie dadurch steigere, dass sie in und von einem Einzelnere 
besonders stark erprobt und besonders klar erkannt werden. Am/ 
diese Weise allein kann sich ein Ausgangspunkt für Weiteres 
bilden; denn es hilft sehr wenig, dass sie in den Völkern nur als 
unbewusste Triebe bestehen. Zur Sache, um die es sich hier 
handelt, genügt kein sich selbst noch dunkler Drang, sondern 
nur das volle lichte Bewusstsein. 

Die Religionsstifter redeten im Namen einer erdichteten 




— 2(u) — 

Autorität; die Vertreter der bessern Geistesführung werden im 
Narrien des modernen Völkergeistes zu reden und thätig zu sein 
haben. Dieser Völkercharakter mit den besten seiner Eigenschaften 
ist Seinerseits der Ausgangspunkt des bewussten Guten in dem- 
jenigen Maass, in welchem dieses bisher auf dem Planeten über- 
haupt zur Selbstdarstellung gekommen ist. Menschheit in ihrem 
t^esten Typus, also ausgestattet mit den besten Kräften, dem 
edelsten Wollen und dem eindringendsten Wissen. — das ist 
^ie Basis, auf die sich Weltauffassung und Lebensbehandlung 
gründen. Nun sollen nicht nur frühere, wenigstens in irgend 
^luer Beziehung unvollkommenere Typen aus dem Dasein ver- 
schwunden sein, sondern es sollen auch die entsprechenden 
geistigen Typen weichen, um durch bessere ersetzt zu werden 
üie neuere Völkerwelt soll die bessern Seiten ihres Selbst auch 
^i^ derjenigen Gattung ausprägen, die sonst Religion hiess und 
^s solche an einigen Punkten vorüberstreifte, die der Mensch- 
i^eit wahrhaft am Herzen liegen. 

Unter den Eigenschaften der neüern und insbesondere der 
Gordisch germanischen Völker, in deren Bereich wir Freiheits- 
^inn, Vertrauen, Treue und Gerechtigkeit hervorhoben, ist eine 
^Oicht besonders genannt, weil sie selbstverständlich schon unter 
<ien andern miteinbegriffen wurde. Es ist dies die Wahrhaftigkeit. 
Sie ist nichts als eine besondere Gestalt der Redlichkeit. Da sie 
^s nun auch ist, die, mit erleuchtetem Verstände verbunden, allein 
2ur Wahrheit führt, so ist die Entscheidung nicht schwer, ob 
die Wahrheit beispielsweise von einem in seinem Charakter arg 
iDetrügerischen und in seinem Verstände eng bornirten Völkchen 
ausgehen, ja ob sie überhaupt von Asien her in irgend einer 
zulänglichen Grundlegung kommen konnte. Nunmehr aber ist 
für die neuern Völker im Geiste nicht blos reiner Tisch gemacht, 
sondern dieser auch bereits mit dem Eignen und Bessern hin- 
reichend besetzt. An den Völkern selbst und ihren besten 
Männern wird es sein, dem höhern Bewusstsein vom eignen 
bessern Geiste in Leben und Lehre private und öffentliche 
Geltung zu verschaffen. Was an Abänderungen der Gesellschafts- 
verfassimg mit den Naturgesetzen des Menschlichen und mit dem 
Verstände vereinbar ist, wird sich ebenfalls nur aus dem modernen 
Völkercharakter dur ch dessen auch politisch eigenthümliche und 
schöpferische Kräfte herausgestalten. Aber dies ist nur eine 



— 264 — 

Angelegenheit zweiter Ordnung, wenn man sie mit dem maass- 
gebenden Charakter und Geist vergleicht, aus dem die äussern 
Gestaltungen nicht blos erzeugt werden, sondern auch die 
Vollendung empfangen. 

In blos zerstreuter Weise kann die Geisteshaltung, wie wir 
sie meinen, nur wenig wirken. Auch eine blos gesellige Ver- 
bindung genügt auf die Dauer nicht. Ebenso darf die Sache 
nicht darauf beschränkt werden, eine Lehre auszubreiten, sondern 
es muss auch ein Band für gegenseitige Stützung derjenigen 
geschaffen werden, die sich zu der Lehre halten und die zu- 
gehörigen Pflichten, namentlich der Gerechtigkeit und Treue, 
ausüben wollen. Die auf diese Weise im bessern Charakter 
Uebereinstimmenden müssen in allen Lebensangelegenheiten 
zueinander halten und ihre neue Geisteshaltung gleichfalls in 
allen Lebensangelegenheiten bethätigen. Dazu reichen aber die 
blossen Principien des Religionsersatzes nicht aus. Diese sind 
eben, wie das Wort es schon sagt, nur Anfänge. Beispielsweise 
will die Gerechtigkeit wie etwas Mathematisches [entwickelt sein, 
(jute Antriebe genügen allein nicht; Verstand und bestimmtes 
Wissen zeigen erst den rechten Weg im gehörigen Lichte. 
Der Völkergeist ist aber für diese genaueren Erfordernisse nur 
die Unterlage, und seine noch unentwickelte Unbestimmtheit 
kann nur dadurch fassbare Gestalt gewinnen, dass in seinem. 
Sinne wirkliches und specielles Wissen geschaffen wird. Dies 
ist aber die Aufgabe des Einzelnen, und keine Verbindung wird 
bestehen können, die nicht ein wohl umgrenztes und gut aus- 
gefülltes Programm aufweist. Programme in diesen hohen Ge- 
bieten und von dieser weittragenden Art lassen sich aber nicht 
wie Parteiprogramme collectiv zusammendrechseln, sondern be^ 
dürfen individueller Einheit und erfordern individuelle Schaffens- 
kraft. Ueberdies wäre es auch ein erbärmlicher Fortschritt, den 
bessern Charakter nur in Race und Nationalität, aber nicht in 
der Individuahtät anerkennen zu wollen. Das Unrecht der Reli- 
gionen und Secten bezügUch der Individualitäten bestand darin, 
dass die Personen nach blosser Willkür ohne sachliche Norm 
zur Geltung gebracht wurden. Misst und wägt man aber die 
Personen nach klaren und begreiflichen Eigenschaften sowie 
nach notorischen und verständlichen Leistungen und legt ihnen 
nur dementsprechend die maassgebende Bedeutung bei, so ist 



— 265 — 

ein begründeter Personencultus kein falscher, sondern im Gegen- 
theil c3er Widerstand dagegen ein Anzeichen der Niedertracht 
\ina lierabgekommensten Geistesverflachung. In jenem Sinne 
wird ^5 j^jgQ^ ^.[q f^j. aiig Angelegenheiten, so noch weit mehr 
für ^jg Durchsetzung der neuen Geisteshaltung, persönlich 
S^^^xinzeichnete Fahnen geben müssen. 

^Wie oft es in der Zukunft zu solcher Fahnenträgerschaft 
^^^^me, und was vereinzelten Individualitäten in dieser Richtung 
g^iingen möge, das bleibt selbstverständlich eine offene Frage. 
^'^^r kann die Entwicklungen von Nationalitäten und Individu- 
^^itäten im Voraus genauer absehen! Nur äusserster Mangel an 
3^txem Maass, das in der gewöhnlichen aber leicht missverständ- 
-^^hen Sprache Bescheidenheit genannt wird, kann aus der 
^^genwart heraus erweiterte oder noch vertiefte ZukunftsmögUch- 
^^iten cassiren und die eigne Einsicht als keiner Ergänzung 
^der auch Variation fähig ausgeben wollen. Zu einer solchen 
^bschneidung des Rechts künftiger Individuen und Völker ge- 
l^örte eine hebräische Stirn , und nur die letztere hat auch Der- 
artiges in der Vergangenheit ins Angesicht damaliger und späterer 
^''ölker und Individuen fertiggebracht. Wenn der Hebräer Andern 
oder sich schmeicheln will, dann sagt er nicht etwa nur, noch- 
war Keiner so, sondern es kommt auch in alle Ewigkeit kein 
Gleicher, geschweige Einer, der mehr wäre. 

Ganz entgegengesetzt verhält sich der solide Mensch. Ein 
Sokrates hat nie die Zukunft zu seinen Gunsten gleichsam con 
fisciren wollen. Er war überzeugt von gewissen Wahrheiten 
und von der Richtigkeit seines Strebens; aber er beanspruchte 
nicht närrischerweise ein Monopol auf alle Wahrheit und auf 
Vorwegnahme aller Zukunft. Er gehörte wahrlich nicht zu den 
Verrückten, ich meine natürlich, zu denen vom ansehnlichen 
Genre, auf die man sich bis heut noch nicht genug versteht 
und die unter Umständen ihre Geistesstörung als Weltkrankheit 
fortpflanzen. Auch im grob Physischen sind Krankheiten von 
inficirender Art bekanntlich mehr als blos epochemachend; sie 
propagiren sich durch die Jahrtausende; allein hier haben sich 
die Menschen wenigstens nicht dazu verirrt, ihnen einen 
speciellen Cultus zu widmen. Statt sie willkürlich zu pflegen, 
wehren sie sich dagegen, und sogar die sonst irrenhauswürdigen 
Tollheiten, welche die Impferei bis zur SyphiHsation getrieben 



— 266 — 

haben, sind doch wenigstens nicht um den leitenden Schutz- 
gedanken, also in der Hauptsache nicht ganz und gar um den 
Verstand gekommene Velleitäten gewesen. Erst wenn behauptet 
würde, die jedesmal fragliche Krankheit zu haben gereiche^ 
auch abgesehen von aller Ansteckungsgefahr, dem Menschen 
zum Heil, dann wäre der Gipfel des Widersinns und das volle 
Maass med icastrischer Geistesstörung erreicht. Wenden wir uns 
nun von der medicinischen Verlehrtheit wieder zur eigentlichen 
und echten Geisteshaltung zurück, so hat sich diese in letzter 
Begründung stets auf den Verstand zu stützen und an den^Ver- 
stand zu wenden. Selbst ihre Berufung auf Völker und Individuen 
darf nicht in das instincthaft Dunkle greifen, sondern muss das 
Erforderliche klar analysiren und anschaulich vor Augen legen. 
Alsdann wird sie auch weder zu wenig noch zu viel beanspruchen 
sondern das ihr gebührende Maass jederzeit richtig einhalten. 
So etwas bedeutet aber keinen Verzicht auf Geltendmachimg 
und Organisation. Im Gegentheil würde sich die bessere Geistes- 
haltung und Geistesführung selber preisgeben und verrathen,. 
wenn sie nicht mit allen gerechten Mitteln, innerlichen wie- 
äusserlichen, für ihre Sicherung und ihre Weiterexistenz einträte. 
Wie wenig übrigens der Zukunft in falscher Weise vor- 
gegriffen werde, dafür nur noch die Andeutung eines Schluss- 
gedankens. Der wahre Religionsersatz darf sich nicht als etwas 
absolut Fertiges geben, sondern wird ausser Ueberzeugungen 
und Tlieorien abgeschlossener Art auch noch Probleme mit-^ 
einschliessen. Dahin gehören beispielsweise das Verhältniss von 
Individualität und Nationalität und die Frage nach der Tragweite 
des Verstandes gegenüber den variirenden Gemüthskräften. 
Vielleicht wird künftig noch mehr Werth auf den eigentlichen 
Verstand zu legen sein, als dies im neunzehnten Jahrhundert 
unter dem irreführenden Druck romantisch reactionärer Ver- 
herrlichungen blosser und dunkler Gefühle und gleichsam 
instinctiver Anlagen geschehen ist. Ein neues Jahrhundert spannt 
die Flügel aus, und vielleicht werden seine Wege und Methoden 
der Klarheit des achtzehnten Jahrhunderts wieder ähnlicher, 
ohne dessen Schwächen und Beschränktheiten zu theilen. Das 
neunzehnte war wesentlich ein reactionärer Rückschlag, und 
zwar in allen Beziehungen mit Ausnahme der Technik. Es hat 
daher den wenigen Individualitäten, die sich dagegen stemmten,. 



— 267 — 

Mühe genug gekostet, sich unberührt über dem Sumpfe Posi- 
tionen zu schaffen und die ihrer Gesundheit gefährlichen Miasmen 
wegzufächeln. Doch glücklicherweise haben wir fin du siecle, 
zu deutsch bestimmter ausgedrückt das Ende des Lügen- und 
Judenjahrhunderts par excellence. Frisch denn hinein in hoffent- 
lich bessere Jahrhunderte und Jahrtausende, in denen die Aus- 
merzung des falschen Geistes und der üblen menschheitswidrigen 
^ypen eine vollendete Thatsache werden soll und muss. 



Anhang. 



I. Sehriften desselben Terfassers. 

1. Philosophische. 

Gesammtcursus der Philosophie. 

Ivrstcr J'heil: Kritische Geschichte der Philosophie von ihren 
Aiifänj^en bis zur Gegenwart. Vierte verbesserte und vermehrte 

Auflage. Leipzig 1894. O. R. Reisland ^ 9. — 

Zweiter Theil: Wirklichkeitsphilosophie. Phantasmenfreie Natur- 
crgründunp^ und p^erecht freiheitliche Lebensordnung. Leipzig 1895. 

O. R. Rcisland -^ 9.— 

(Dritter Theil:) Logik und Wissenschaftstheorie. Leipzig 1878. 

(). R. Rcisland JC 9.— 

Jeder Theil ist selbständig verkäuflich. 

Der Werth des Lebens. lune Denkerbetrachtung im Sinne heroischer 
Lcbcnsauflassung. Fünfte, verbesserte Auflage. Leipzig 1894. 
(). R. Rcisland ofC 6.— 

t De tempore, spatio, causalitate atque de analysis infinitesi- 
maus logica. Perlin 1861 ^ 3.— 

\ Natürliche Dialektik. Neue logische Grundlegungen der Wissen- 
schaft und Philosophie. HerHn 1863 *^ 4. — 

Cursus der Philosophie als streng wissenschaftlicher Weltanschauung 
und Lcbonsgestaltung. Leipzig 1875. Heimanns Verlag *Mr 9. — 

2. V olkswirthschaftliche und socialitäre. 

f Carey's Umwälzung der Volkswirthschaftslehre und Social- 
Wissenschaft. /\v(Uf Hiiofo. München 1865 , . . . %4t 2.50 

t Capital und Arbeit, Neue Antworten auf alte Fragen. Berlin 
lSo5 JfC 3.5Ö 

* Kritische Grundlegung der Volkswirthschaftslehre. Berlin 
ISoo JC 8.40 



— 269 — 

Die Verklcinerer Carey's und die Krisis der Nationalökonomie. 
Sechzehn Briefe. Breslau 1867. Trewendt JC 3.— 

Cursus der National- und Socialökonomie nebst einer Anleitung 
zum Studium und zur Beurtheilung von Volks wirthjschaftslehre und" 
Socialismus. Dritte, theil weise umgearbeitet 3 Auflage. Leipzig 

1892. O. R. Reisland *^ 9.— 

Kritische Geschichte der Nationalökonomie und des Socialismus. 

Dritte, theilweise umgearbeitete Auflage. Leipzig 1879. O. R. 
Reisland jc 9. 

3. Zur Literatur. 

Die Grössen der modernen Literatur populär und kritisch nach, 
neuen Gesichtspunkten dargestellt. Erste Abtheilüng: Einleitung 
über alles Vormoderne. Wiederauffrischung Shakespeares. Voltaire- 
Goethe. Bürger. Geistige Lage im 18. Jahrhundert. Leipzig 

1893. C. G. Naumann JC 6. — 

Die Grössen der modernen Literatur populär und kritisch nach 
neuen Gesichtspunkten dargestellt. Zweite Abtheilung: Grössen- 
schätzung. — Rousseau. Schiller. Byron. Shelley. — 
Blosse Auszeichnungen. Jahrhundertsabschluss. Leipzig 1893.. 

C. G. Naumann JC 8.— 

Jede Abtheilung ist selbständig verkäuflich. 

f Die Ueberschätzung Lessings und dessen Anwaltschaft für die 
Juden. 1881. (Neue Auflage in Arbeit) JC 1.80 

4. Vermischte. 

f Die Schicksale meiner socialen Denkschrift für das Preussische 
Staatsministerium. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des 
Autorrechts und der Gesetzesanwendung. Berlin 1868 . . «^ 1. — 

Sache, Leben und Feinde. Als Hauptwerk und Schlüssel zu seinen 
sämmtlichen Schriften. Mit seinem Bildniss. Karlsruhe 1882. 
Reather (jetzt BerUn) JC 8.— 

Die Judenfrage als Frage der Racenschädlichkeit für Existenz, 
Sitte und Cultur der Völker. Mit einer weltgeschichtlichen, 
religionsbezüglich, social und politisch freiheitlichen Antwort. 
Vierte, theilweise umgearbeitete und vermehrte Auflage. Berlin 
1892. Reuther */« 3.— 

Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehr- 
weise der Universitäten. Zweite verbesserte imd mit Gesichts- 
punkten für Selbstausbildung und Selbststudium erweiterte Auflage- 
Leipzig 1885. O. R. Reisland . JC 2.— 




270 - 

.5. Mathematische und naturwissenschaftliche. 

Neue Grundmittel und Erfiadungen zur Analysis, Algebn 
Functionsrechnung und zugehörigen Geometrie, sowie Prii 
cipien zur mathematischen Reform nebst einer Anleitung zucr-:^^ 
Studiren und Lehren der Mathematik. Von Dr. E. Dühring un^^^ 
Ukich Dühring. Leipzig 1884. O. R. Reisland , . , JK/ 12. 

Neue Grundgesetze zur rationellen Physik und Chemie. Er^te 
Folge. Leipzig 1878. O. R. Reisland J^ Z 

Neue Grundgesetze zur rationellen Physik und Chemie. Zweite 

Folge enthaltend fünf neue Gesetze nebst Beleuchtung der nei^ch 
der ersten Folge erschienenen Contrefagons und Nachentdeckungen. 
Von Dr. E. Dühring und Ulrich Dühring. Leipzig 1886. 0. R. 
Reisland «/^ 4-. — 

Robert Mayer der Galilei des neunzehnten Jahrhunderts. Kine 

Einführung in seine Leistungen und Schicksale. Mit seinem Portrait 
in Stahlstich. (Nunmehr als erster Theil zu betrachten.) Chemnitz 
1880. Schmeitzner . . . «^ ^- — 

Verlagshandlung von Sohmeitsner eingegangen; Bestexemplare sollen si^^"^ 
zu Leipzig bei Siegismund und Volkening befinden. 

l^obert Mayer der Galilei des neunzehnten Jahrhunderts un^ ^ 

die Gelehr tenunthaten gegen bahnbrechende Wissenschaftsgrösse 
Zweiter Theil: Neues Licht über Schicksal und Leistunge 
Leipzig 1895. C. G. Naumann -^ 2.^»0 

Kritische Geschichte der allgemeinen Principien der Mechanifr^* 

Von der philosophischen Facultät der Universität Göttingen il-^^^ 
dem ersten Preise der Benekestiftung gekrönte Schrift. Net^ st 
einer Anleitung zum Studium mathematischer Wissenschaft^ ^• 
Dritte, wiederum erweiterte und theilweise umgearbeitete Aufla^^e. 
Leipzig 1887. O. R. Reisland ^ 10. ^ — 

In dem Urtheil der Göttinger Universität, ^e den Namen (3 es 
Verfassers. nicht wusste, heisst es: 

„Mit vollständigster und freiester Beherrschung der Sache und er- 
staunlicher Ausdehnung genauester literarischer Kenntniss sind nicht nur 
alle wesentlichen Punkte erörtert, sondern eine grosse Anzahl kleinerer 
Discussionen, welche die Facultät nicht für unerlässlich gehalten hätte, 
aber mit Dank anerkennt, da sie überall dem volleren Verständniss des 
Gegenstandes dienen, bezeugen zugleich die grosse Liebe und die Um- 
sicht, mit welcher der Verfasser sich in seine Aufgabe vertieft hat. 
Dem ausserordentlichen so aufgehäuften Stoffe entspricht die Fähigkeit 
zu. seiner Bewältigung. Durch feines Gefühl für klare Vcrthcilung der 
Massen ist es dem Verfasser gelungen, zugleich, auf die ganze geistige 



-- 271 — 

"Signatur der Zeitalter, auf den wissenschaftlichen Charakter der leitenden 
Persönlichkeiten und auf die fortschreitende Entwickelung der einzelnen 
Priaoipien und Lehrsätze ganz das belehrende geschichtliche Licht fallen 
zu la.ssen, welches die Facultät vor allem gewünscht hatte. Die ursprüng- 
lich^n Aufgaben, an deren Behandlung jedes neue Princip oder Theorem 
entstand, sind überall mit vollendeter Anschaulichkeit reproducirt und 
^ic allmälige Umformung, die jedes erfahren hat, durch alle Zwischen- 
glieder sorgfältig verfolgt. Die Berührungen der mechanischen Gedanken 
roit der philosophischen Speculation sind nirgends vermieden; sie sind 
^icht nur in eigenen Abschnitten entwickelt, sondern der feine philoso- 
pMsche Instinct, der den Verfasser auch auf diesem Boden leitet, ist 
^l>enso deutlich in einer grossen Anzahl aufklärender allgemeiner Be- 
merkungen sichtbar, welche an schicklichen Stellen in die Darstellung 
^er mechanischen Untersuchungen verflochten sind. Den angenehmen 
Eindruck des Ganzen vollendet eine sehr einfache, aber an glücklichen 
Wendungen reiche Schreibart. Voll Befriedigung, sich als die Ver- 
^nlasserin dieser schönen Leistung zu wissen, durch welche ihre Auf- 
gabe Vollständig gelöst und viele Nebenerwartungen übertroffen sind, 
Zögert sie nicht, dem Verfasser den ersten Preis hierdurch öffentlich 
zuzuerkennen." Mein Urtheil zum Urtheil findet man im Eingange des 
Werks in den „Hauptpunkten äusserer Vor- und Nachgeschichte" der 
Arbeit (S. XIV— XVI). 



Für das mit einem * bezeichnete Buch ist die Verlagsbandlong^ eingegangen, 
Und befinden sich die wenigen restirenden Exemplare theils in der Bachhaodlang von 
^. Knfahl, Berlin SW. Kochstr. 19, theils bei dem Verfasser, Adresse Neuendorf bei 
Potsdam, von dem solche gegen vorgftngige Einsendung des Betrages ebenfalls zu 
Ibesieben sind. — Die mit einem f bezeichneten Bücher sind vergprifTen und nur hier 
Xmd da noch im Antiquariatshandel zu haben. — Alle übrigen Bücher sind durch jede 
-ordentliche Buchhandlung nach Maassgabe der beigesetzten Preise jederzeit zu be- 
-«iehen. Gegenüber etwaigen Bezugssohwierigkeiten und Verschleppungen seitens 
irgendwelcher Buchhandlung, worüber mir auch schon Klagen zugekommen, bleibt 
-Aichts übrig, als sich an eine andere Buchhandlung zu wenden. 



— 272 — 



II. Bemerkung zam SchrlftenTerzeichnlss 

über Plagiirungen der Neuen Grundgesetze zur Physik und Chemie. 

Die im Verzeichniss aufgeführte Schrift „Neue Grundgesetze" etc. 
(erste Folge) erschien im Mai 1878 und erhielt sofort durch den Buch- 
handel eine umfassende Verbreitung im Inlande und nach Verhältniss; 
der Sprache auch im Auslande. Ueberdies waren schon v orher Prospecte 
<lerselben an zahlreiche Fachgelehrte, sowie an A kademien des In- 
und Auslandes versendet worden. In diesen Prospecten war insbesondere 
<las von meinem Sohn Ulrich entdeckte und von ihm in der Schrift 
selbst mit einer vollständigen Theorie und praktischen Anwendungen 
ausgestattete Siedecorrespondenzgesetz wörtlich formulirt. Die einzige 
Aufmerksamkeit jedoch, welche die Gelehrten dieser Schrift viädmetenj, 
bestand darin, dass sie dieselbe recht erfreulich kauften, sich aber, wie 
des Näheren nachher deutlich werden wird, auch nachträglich deren 
neuen Inhalt für sich, wie der A''olksausdruck lautet, zu kaufen ver- 
suchten. Sie schwiegen Jahr und Tag über die Schrift in den Fach- 
journalen, gaben aber mündlich die Parole aus, es sei in der Schriff^^ 
nichts Neues enthalten, das darin Enthaltene vielmehr schon überal 
zu lesen, und ich hätte mich mit dieser Schrift ganz besonders blamirt. 
Dies war die eine Seite des liebenswürdigen Gelehrtenverhaltens, dessen; 
allgemeine moralische Signatur in früheren berühmten Fällen seit meiner 
Schrift über Robert Mayer auch dem weiteren Publicum eindringlicher 
bekannt und durchschaubar geworden ist. Die andere, noch unwürdigere 
Seite, die das Zubehör hiezu bildete, zeigte sich bald und zwar zuerst 
in Deutschland, dann aber auch im Auslande. Als Beispiele führe ich 
nur folgende Fälle an, weil sie sich weniger auf das von mir Her- 
rührende, als vielmehr speciell und hauptsächlich auf das ebenso ein- 
fache als wichtige, darum aber auch handgreiflich verständlichere und 
zu handgreiflicher Aneignung äusserst bequeme Gesetz meines Sohnes 
über die correspondirenden Siedetemperaturen beziehen. Ich für mein 
Theil bin an die edlen Manieren der Gelehrten, an gleichzeitige Ver- 
schweigung und Plünderung meiner Schriften durch sie, genugsam 
gewöhnt und hätte viel zu thun, wenn ich Derartiges im Einzelnen 
verfolgen wollte. 

Zuerst ist ein Theil des Gesetzes der correspondirenden Siede- 
temperaturen seitens eines Professors Winkelmann durch Vermittlung 
eines Mitgliedes der Münchener Akademie, eines Professors von Jolly, 
als neue und angeblich Herrn Winkel mann gehörige Entdeckung Juni 1879 
jener Akademie vorgelegt und in deren Abhandlungen in Gestalt eines 



— 273 — 

Aufsatzes des Herrn Winkelmann veröffentlicht worden. Obenein ist 
die Aufnahme einer sachgemässen Reclamation, die mein Sohn an Herrn 
von JoUy eingesendet hat, von diesem Herrn verweigert worden. Schon 
kühner geworden, hat später Herr Winkelmann in einer Abhandlimg 
•der Wiedemannschen „Annalen der Physik" (Bd. IX, 1880) sich 
^wesentlich den Hauptinhalt des Gesetzes der correspondirenden Siede- 
temperaturen unter Umhüllung mit einer unerheblichen Abänderung 
-angeeignet und diese Procedur dadurch gekrönt, dass er zugleich das 
-Gesetz dem Publicum gegenüber ostensibel als unwahr signalisirte. In 
<iiesem Fall gelang es meinem Sohn, wenigstens einen Artikel zum 
:Schutz seines Gesetzes in die Annalen (Bd. XI, 1880) eingerückt zu 
-erhalten. Eine besonders komische Erkennungsmarke der völligen Ab- 
liängigkeit war im Winkelmannschen Falle die Mitübernähme einer 
ganz zufälligen Rechnungsposition, nämlich von — 100*^ C. als einer 
Verdampfungsgrenze des Wassers. 

Das vollständige Gesetz auch ohne den Schein einer Abänderung 
ist im Februar 1880 der Pariser Akademie der Wissenschaften als die 
neue Entdeckung eines Herrn P. de Mondesir durch ein Mitglied dieser 
Akademie, den bekannten Chemiker H. Sainte-Claire Devüle, vorgelegt 
worden, und ist der betreffende Artikel des Herrn Mondesir auch damals 
in den „Comptes rendus" erschienen. Alsdann wurde das Gesetz meines 
Sohnes in dem Incognito einer französischen Entdeckung in deutsche 
Fachzeitschriften übernommen, wogegen er zunächst im „Chemischen 
Centralblatt" (December 1880) reclamirte. Dieselbe Reclamation, nur 
in französischer Sprache, war von ihm dem betreffenden Secretär der 
französischen Akademie mit dem Ersuchen um Aufnahme in die 
Comptes rendus zugesendet worden. Sie fand sich aber nur in wesent- 
licher Fälschung der Worte und des Sinnes (ebenfalls December 1880) 
zum Abdruck gebracht, so dass mein Sohn für diese ihm unter- 
geschobene Fassung nicht verantwortlich i-^t. Später haben sich zu den 
Genannten auch noch Andere gesellt, welche mit Jenen und unter 
sich nunmehr über die Priorität der Aneignung markten mögen. So 
haben beispielsweise auch ein holländischer Professor Waals und ein 
preussischer Professor Clausius, unter verschiedenen aber schlecht ver- 
hüllenden Masken und Verzerrungen, in ihrer Manier das Gesetz reproducirt 
beziehungsweise verpfuscht. Letzterer Herr hat sogar in einer ein- 
schlägigen Abhandlung (Annalen der Physik, Bd. XIV, 1881) eine 
angebliche Zusammenfassung des seiner Verballhomung und vorgeblichen 
Production Vorangegangen riskirt, nämlich den Dalionschen ursprüng- 
lichen Ansatz, sowie eine Kleinigkeit in derselben Richtung von einem 
Herrn Groshans angeführt, die entscheidende Hauptsache aber, das 
seit 1878 voriiegende umfassende Gesetz, kühnüch weggelassen. Näheres 

Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 18 



— 274 — 

und die Beweisstücke für alles dies findet man in unserer gemeinsamen 
zweiten Folge der Neuen Grundgeseetz von 1886. 

Seitdem hatten wir es eine Zeitlang verschmäht, uns sonderlich 
darum zu bekümmern, was etwa Weiteres an noch spätem Nach- 
entdeckungen und Zudeckungen des Gesetzes zum Vorschein kommen 
möchte. Indessen ist uns nachträglich ein englisches Professorenpaar 
der Jüngern Generation, die Herren W. Ramsay und S. Young, aui- 
gestossen, welche das Gesetz, zersplittert in unbehülfliche und meist 
unexacte Specialgesetze, Ende 1885 wesentlich reproducirt und diese 
schlechteren Fassungen, an denen ihnen nichts gehört als die ver- 
schlechternden Abweichungen selbst, als eigne wichtige Entdeckung 
ausgegeben und in der Welt verbreitet haben. Wie daraufhin in Europa 
schliesslich ein förmliches Jagen nach dem Gesetz unter special- 
betheiligten Gelehrten eingetreten, hat sich noch wieder in einem 
neuern französischen, ganz besonders qualificirten Falle gezeigt, dem 
gej^enüber eine kurze, rein thatsächliche Reclamation meines Sohnes in 
Wiedemanns Annalen (Bd. LI, 1894) Aufnahme gefunden. Es hatte 
nämlich der Pariser Akademiker Herr L. Cailletet genau das Gesetz in 
der von meinem Sohn gegebenen, nur in andern Buchstaben aus- 
gedrückten mathematischen Formulirung, als von einem Herrn Edmond 
Colot entdeckt, der Akademie vorgelegt (Comptes rendus, März 1892). 
Obenein hat sich Herr Colot bei seiner 1892 in den angeführten 
Comptes rendus producirten Veröffentlichung noch auf ein versigelte? 
Couvert berufen, in welchem er elf Jahre zuvor das Gesetz der Akademie 
überreicht habe. Nun, das wäre ein Jahr nach Herrn Mondesirs Ver- 
öffentlichung und drei Monate nach meines Sohnes ebenfalls in den 
Comptes rendus veröffentlichter Reclamation gewesen. 

Die französische Akademie hat nun auf eine für die Comptes- 
rendus eingesendete Reclamation meines Sohnes hin es vorgezogen, 
eine Commission zu ernennen und durch diese nothgedrungen eine 
Priorität, aber blos der Formulirung anzuerkennen, Herrn Colot aber 
in einer den wahren Sachverhalt umkehrenden Weise ein Anzeigen 
und Bewahrheiten (indiquer et v^rifier) zuzusprechen und schliesslich 
tlen Reclamationsartikel selbst weislich ungedruckt bei den Acten zu 
mumisiren (vgl. Comptes rendus, Januar 1894). Grade m[ein Sohn hatte 
das Gesetz sogar in den Comptes rendus selbst, also öffentlich 
im eignen Organ der Akademie (in der Reclamation gegen Herrn 
Mondesir) angezeigt und ein paar Jahre vorher in unserer eignen 
Schrift ausführlich bewahrheitet, in Vergeichung womit Herr Colot statt 
wirklicher Bewahrheitung nur eine nachlässige und mangelhafte An- 
weisung für den Leser gegeben hat, durch eigne Mühe das Fehlende 
zu ergänzen. Ein halbes Jahr nach jener abgenöthigten Prioritäts- 



— 275 — 

anerkeanung seitens der Akademie wurde ia dem vom Herausgeber 
•des Jaminschen „Cours de physique", Herrn Bouty, redigirten „Journal 
■de physique" (Paris, August 1894) trotz Alledem wieder über die Ent- 
deckung des Herrn Colot berichtet, ohne uns zu nennen. Eine 
Reclamation meines Sohnes wurde aber, statt in ihrer Integrität intact 
aufgenommen zu werden, noch schöner als seitens der Akademie im 
Mondesirfall, in einen Artikel verwandelt, der Herrn Colot den guten 
Glauben an eine eigne Entdeckung bescheinigte, unter Nennung meines 
Sohnes als des Verfassers des den Sinn umkehrenden Machwerks 
(Journal de physique, December 1894). Ueber diese verschiedenen 
Cailletet-Colot-talen \^orkommnisse und Zubehör findet manEingehenderes 
im zweiten 1895 erschienenen Theil meiner Arbeit über Robert Mayer, 
Cap. XV, Nr. 3—6. 

Man sieht nun wohl genugsam, wie die Künste der Reproduction 
immer interessanter geworden. VöUig zulänglich waren sie aber doch 
immer noch nicht ausgefallen; denn es war uns gegenüber das Problem 
noch ungelöst, in die Vergangenheit zurückzuentdecken. Die Auffindung 
eines solchen Radi calmitt eis blieb für ein anderes unserer Gesetze 
-einem englischen Gentleman vorbehalten, dessen unvergleichlich hervor- 
ragende That der Vergessenheit nicht anheimfallen darf, ja weiter unten 
mit einer lobenden Erwähnung gebührend prämürt werden soU. Zu- 
vörderst sei aber noch jener Colotschen Neuveröffentlichung doch 
auch ein Verdienst gutgeschrieben, nämlich dass sie den oben er- 
wähnten Herrn Young (und hiemit indirect auch Herrn Ramsay) uns 
gleichsam gestellt hat; denn Herr Young, bedroht durch die Ueber- 
legenheit des bereits auch in deutschen Fachzeitschriften berücksichtigten 
angeblich Colotschen Gesetzes, hat sich zur Einlassung damit gedrängt 
gefunden, während unsere älteren vde neuem Veröffentlichungen und 
nachhaltigen Vertretungen des Siedecorrespondenzgesetzes seitens der 
beiden Herren Engländer verschwiegen geblieben waren. Etwas 
Specielleres hierüber findet man zunächst in einer auf die Hervorhebung 
der langjährigen Priorität und der einfacheren sowie richtigeren und 
klareren Fassung sich beschränkenden Reclamation meines Sohnes in 
der „Zeitschrift für physikalische Chemie" (Bd. XIH, 1894); alsdann 
aber in seiner am detaillirtesten eingehenden, mit reichhaltigen Tabellen 
ausgestatteten Darlegung in Wiedemanns Annalen, Bd. LII, 1894. 

Die Thatsachen, aus denen mein Sohn das Gesetz 1877 erkannte, 
standen seit mehreren Jahrzehnten in Fülle Jedermann zur Verfügung; 
aber erst als seine Entdeckung veröffentlicht war, sprossten in den 
darauf folgenden Jahren allerorten die Nachentdeckungen hervor oder 
versigelten sich auch nach Abfassungsfällen in irgend einem akademischen 
Winkel zum einstigen Aufspriessen in späten, vielleicht günstigeren 



— 276 — 

Zeitläuften. Mein Sohn hatte das Gesetz nicht eher finden können, als 
geschehen; denn er wurde erst, als schon die Thatsachen vorhanden 
waren, geboren und hat dieses Gesetz, welches von grosser physi- 
kalischer und chemischer Tragweite ist, in seinem 15. Lebensjahre auf- 
gefunden. Wenn nun, nachdem er die fragliche sehr umfassende 
Wahrheit, um die sich 70 Jahre früher ein Dalton vergebens bemüht 
hatte, gesehen, auch andere ältere Leute, die schon längst, Einige 
davon schon zwei Jahrzehnte vorher, sie hätten sehen sollen, nuQ 
plötzlich sehen lernten, so ist dies wDhl verständlich genug* 

Es ist aber in derartigen Dingen oft noch mehr Komik, als schon 
der Rückimport deutscher Originalwaare aus dem Auslande insich- 
schliesst, wie er auch einst R. Mayer gegenüber prakticirt worden 
war. Es hat näniHch die oben berührte Münchener Akademie in der 
ganzen Plagiatangelegenheit nicht blos die Palme der nachentdecker- 
lichen Priorität auf ihrer Seite, sondern sie hat offenbar auch den 
Apfel der höchsten Komik abgeschossen. Bei allem moralischen Ernst 
der Sache hat sie dennoch, wie die Leser der Gruppe meiner mathe- 
matisch naturwissenschaftlichen Schriften wissen, schon einmal den 
Humor regegemacht. Die Akademie der alten Mönchestadt hatte 
nämlich einen Dr. G. Berthold mit der Abfassung einer Geschichte 
der Physik beauftragt und dieser nichts Besseres zu thun gewusst, ate 
sich unbekannterweise an mich zu wenden, um dazu Disposition und 
Materialien von mir zu bekommen, die ich selbstverständlich nicht 
verabfolgt habe. So ist der Münchener Akademie das Schicksal erspart 
worden, auf jene Weise vom Vater zu zehren; indessen der Sohn ist,, 
wie erwähnt, nicht ganz heil davongekommen. Jedoch auch er hat 
schon früh gezeigt, dass er sich nöthigenfalls gegen Anzehrungen zui 
wehren wisse, und schon in sehr jugendlichem Alter ist ihm das 
Schicksal des zu wenig abwehrbereiten Robert Mayer ein zur Warnung 
leuchtendes Beispiel geworden. Auch bei Diesem hatten die Thatsachen,. 
auf Grund deren er seine neue grosse Wahrheit entdeckte, mehrere 
Jahrzehnte lang aller Welt zur Verfügung gestanden; aber erst als er 
seine Auffindung 1842 veröffentlicht hatte, schoss in den nächsten 
Jahren im Aus- und Inlande ein ganzes kleines Nachzüglercorpschen 
von Nachentdeckem , Anmeldern und Ansprechen! auf. Im Fall 
R. Mayers gesellte sich aber zu den Beraubungen noch ein besonderes 
Gelehrten verbrechen, welches schlimmer war als das gegen Galilei 
verübte und in meiner Schrift über R. Mayer (2 Theüe, 1879 u. 1895) 
dem Publicum dargelegt worden ist. R. Mayer hat überdies noch das 
besondere Schicksal gehabt, dass noch Jahrzehnte nach seinem Tode 
die Wiederherausgabe seiner Schriften in versteckt gegnerische Hände 
gespielt worden und er so in seinen eignen Büchern mit Entstellungen 



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und Verkleinerungen seiner Leistungen wie seiner Person umringelt 
worden ist. Demgegenüber bleibt meine Arbeit über ihn das bis jetzt 
einzige seiner würdige Denkmal und hat überdies die allgemeinere 
Bedeutung, die tiefe moralische Verderbniss und intellectuelle Ver- 
kommenheit der gewerbsmässigen Gelehrtenclasse sichtbarzumachen 
und zu zeigen, wie diese Classe gegenwärtig eine ähnliche Rolle spielt, 
wie vor ihr ausschliesslich die Priester. Es ist daher kein Wunder, 
wenn der mit allen Mitteln betriebene und, wenn verübt, mit allen 
Mitteln aufrechterhaltene '^Ehrendiebstahl oder auch Ehrenraub und 
andere verwandte saubere Stückchen in der Gelehrtenclasse mehr 
grassiren, als in der ungelehrten der gemeine Diebstahl und die sonstigen 
Gaunerstreiche. 

Ueberdies ist aber zum vollen Verständniss gelehrter Manierchen 
neusten Schlages noch ein Wörtchen über solche Wendungen hinzu- 
zufügen, vermöge deren die Wahrnehmung wissenschaftlicher Rechte 
mehr oder minder geschädigt oder gar unmöglich gemacht wird. Un- 
gefähr gleichzeitig mit den englischen Wieder- und Fehlgeburten des 
Siedecorrespondenzgesetzes (1885) wurde dieses von sogenanaten Lands- 
genossen, namentlich einem Herrn Kahlbaum, späteren Baseler Physik- 
professor, mit einem ganzen Bazar richtiger Ramschexperimente zu 
verschütten und zu verstecken versucht. Besagter imglücklicher Ex- 
perimenter glaubte sich nun 1894 in den Berichten der Berliner 
chemischen Gesellschaft mit dem Schein eines Angriffs auf das Gesetz 
gefällig hervorthun zu sollen. Eine Erwiderung seitens meines Sohnes 
wurde nur nach vorgängiger äusserster Beschneidung aufgenommen, 
war aber trotzdem wirklich Sachkundigen gegenüber einschneidend 
genug, ja vernichtend für das gegnerische intellectueUe Deficit, das mit 
seinem eignen Experimentiristoflf nicht einmal zu rechnen, nämlich 
nicht einmal das Abc der Theorie der Beobachtungsfehler zu beobachten 
vermocht hatte. Nur für die Augen und die blosse Eindrucksauffassung 
des meist nichtspecialistischen Lesepublicums des fraglichen Organs 
war noch eine pro fessorale "Scheinantwort möglich, die ihre Schwäche 
durch anmaassUche Redensarten zu stärken suchte, Angesichts der 
bereits erprobten Sicherheit, dass innerhalb dieser ehrenfesten Zeit- 
schriftsarena dem Gegner nicht im Mindesten gleicher Wind und gleiche 
Sonne, ja nicht einmal gleicher Raum und gleiche Waffen verstattet 
würden. Letzteres stand ja schon durch jene Castration des ersten 
Abwehrartikels fest, bestätigte sich aber nun noch glänzender, indem 
eine Replik von einer mit dem Angriff contrastirend ruhigen Haltung 
und von geringerer Seitenzahl als jener trotz Alledem nicht mehr auf- 
genommen wurde (vgl. Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft, 
Jahrgang 1894 S. 3028 und 1895 S. 366). 



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