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t^»RAV!t
I
■^■iSTTSr'
I
Der
Ersatz der Religion
durch Vollkommeneres
und die
Ausscheidung alles Judäerthums
durch den modernen Völkergeist.
Von
Dr. E. Dühring.
Zweite neubearbekete Auflage.
— >*••
Berlin.
Verlag von P. Kufahl^
Koch-Strasae 10.
1897.
— Alle Rechte vorbehalten. —
f/*»*
''^'^-^^ei: ,:
^--2968
Vorwort.
Die vorliegende Schrift ist nicht blos für die höchsten Bildungs-
schichten, sondern für Jedermann bestimmt, der dem Durch-
einandertreiben heutiger Meinungen und Meinungslosigkeiten einen
festen Anhalt vorzuziehen gewillt ist. Steht ihm auch weniger
landläufige Bildung zur Verfügung, so wird er sich dennoch von
dem Gehalt des Buchs Vielerlei aneignen und sich von der Un-
sicherheit freimachen können, mit deren Element er sich heute
Allerorten umspült findet. Auch würde dies Buch seinen Beruf
schlecht erfüllen, wenn es blos dazu da wäre, auf die zu wirken,
welche es lesen. Die Leser der verschiedensten Stände und
Schichten sollen vielmehr daraus die Veranlassung nehmen, die
Gedanken selbständig weiterzutragen und den gemeinverständ-
lichsten Theil davon auch an Solche zu bringen, welche zu der
Schrift selbst nicht gelangen.
Das Ziel der Gedanken und Antriebe, welche in diesem Buch
niedergelegt sind, reicht weit über die Schranken hinaus, in denen
sich alle Religion bewegt hat. Es gilt einer Geisteshaltung und
Oeistesführung, die nicht erst von einer bessern Gesellschaft und
einer bessern Politik abhängt, sondern umgekehrt die bessere
gesellschaftliche und politische Organisation erst möglich macht.
In Rücksicht auf das Wegschaffen richtet es sich bezüglich des
hier entscheidenden Europa auf die Religionen, die vom Juden-
thum abstammen, als auf Racenreligionen,, die -dem angestammten
und edleren Naturell moderner Volker fr.ejmd:sind. Rücksichtlich
des Schaffens nimmt es seine Ai^satzpunktV im Verstand und
Gemüth neuerer Völker, insbesondere ^ucli germanischer und
nordischer. Es will keine gestiftete Religion, im Sinne der aus-
schliesslichen Stiftung durch die Willkür eines Einzelnen, eine
Stiftung etwa, wie sie bei den Hebräern im Mosaismus und
Christenthum, bei andern Semiten im Muhamedanismus und wie
sie überhaupt bei unfreien asiatischen Völkern, nicht aber bei
Griechen und Römern und als eigne nationale Schöpfung auch
nie bei neuern Völkern, vorhanden gewesen ist. Es hebt den
— IV —
echten und bessern Geist aus unserm eignen freien Völkerwesen
empor und hält den neuern Nationen, sowie speciell den Deutschen
einen Spiegel vor, in welchem sie ihre tiefern Anlagen unentstellt
erblicken und nunmehr mit vollem Bewusstsein zum Compass
nehmen können.
Diese Hinweisung der modernen Nationen auf die eignen
Tiefen des neuern Völkercharakters als auf die Quellen des Voll-
kommeneren ist sicherlich ein nothwendig sachlicher und kein
persönlich willkürlicher Ausgangspunkt. Der Person aber ist die
Aufgabe zugefallen, im Namen des neuern Völkergeistes die
noch schlummernden Triebe wachzurufen und mit verständlichem
Wissen auszustatten. Die Initiative eines ausgeprägten Einzel-
charakters ist für die Propaganda einer gerechten Seins- und
Weltauffassung nichts Gleichgültiges, und ohne individuelle
Organe vollzieht sich im Völkerleben Nichts, geschweige etwas
Grosses.
Die vorliegende Schrift hat schon eine längere Wirksamkeit
hinter sich; sie erschien zuerst Herbst 1882. Seit mehreren
Jahren war sie bereits vergriffen und nur noch im antiquarischen
Buchhandel zu stark vervielfältigtem Preise gelegentlich einmal
ausnahmsweise zu haben. Inzwischen habe ich sie wiederholt
überarbeitet, mit meinen seitdem erschienenen Schriften durch
Weglassungen des anderwärts weiter Ausgeführten in Beziehung
gesetzt und den so verfügbar gewordenen Raum zu neuen Dar-
legungen benützt.
Schliesslich bemerke ich noch bezüglich der äusserlichen
Einrichtung dieser Schrift, dass sie als zugehörigen Bestandtheil
ein Verzeichniss meiner andern Schriften enthält, damit der Leser
sich die im Text verkürzten Titelanführungen erforderlichenfalls
ergänzen könne. Auch ist der in frühern Vorreden von mir be-
gründeten und geübten Gewohnheit gemäss wiederum jedes
Exemplar mit Federunterzeichnung versehen.
Neuendorf bei Potsdam, im November 1896.
Inhalt.
Vorwort Seite III
Erstes Capitel.
Freiheit von der Religion.
1. Thatsächliche und praktisch nächste Beschränktheit der Religionsfragen
-der heutigen Culturvölker auf das Christenthum. Weitere Perspective auf eine
universelle Völkerbefreiung von jeglichem religionistischen Joch. 2. Die zweite
Seite zur modernen Religionsauflösung. 3. Schattenhaftigkeit der Religionsreste
und zugehöriger Wendepunkt Seie 1
Zweites Capitel.
Selbstverwerfung des Judenthums in der Christuslehre.
1. Vorgebliche Ergründungen des Wesens des Christenthums oder soge-
nannte Kritiken der Christuspersönlichkeit im 19. Jahrhundert. 2. Das Christen-
thum nur als ^ie Lehre einer potenzirten Einz*elpersönlichkeit beg^reiflich.
3. Reformationsversuch gegen das Judenthum. 4. Sinn und Widersinn der
Feindesliebe. 5. Jüdisches Formgepräge auch in dem das Judenwesen ver-
werfenden Kemgehalt der Grundsätze von Christus. Schliessliche Nothwendigkeit,
die Hypothese der Blutgemischtheit fallen zu lassen und grade in der persönlich
Tirchristischen Lehre die eines reformatorischen Stammesjuden zu erkennen.
Seite 15
Drittes Capitel.
Loslösung der modernen Völker von aller Judenüberlieferung.
1. Abstossung alles Asiatismus. Gemischtheit des Christenthums. Huma-
nität des neuern Völkergeistes. 2. Die Züge jüdischer Ueb erlief erung bei Dante
4ind Tasso. 3. Milton xmd andere Proben des Einflusses der alten Judenschriften.
4. Bemerkung zu den neusten Jahrhunderten Seite 35
— VI —
Viertes Capitel.
Unverträglichkeit des jüdischen Sinnes mit dem neueren
Völkergeist.
1. Jüdische Verkörperung der Selbstsucht in religiöser Beurkundung. Die
Zehn Gebote als Zeugniss für die Judeneigenschaften. 2. Entstehung des
Monopolgottes. Racensinn der Idee vom alten wie vom neuen Bunde. Stock-
jüdisches im neuen Testament. 3. Nationale Religion im schlechten und irrt
guten Sinne. Deutsche Grundeigenschaften. 4. Religionsbezügliche Charakter-
eigenschaften der alten Deutschen in Auszeichnung vor den celtischen Stämmen
und im Gegensatz zu den Juden. Sinn der ursprünglichen Priesterlosigkeit..
5. Vorstellungsart in den nordischen Göttergeschichten. Sittliche Vorzüge der
in der Religion bekundeten deutschen Weltanschauung. Unvereinbarkeit mit
den entsprechenden Vorstellungen des Judenthums und palästinensischen Christen-
thums. 6. Nationaler Sinn des Gothischen der kirchlichen Bauwerke. Ent-
sprechende Erhabenheit des Germanischen über die Artung des christlichen
Hauptgebots. Mangel eines Begriffs des Guten bei der Judenrace durch Spinozas:
Lehre bestätigt. 7. Gesteigertes Hervortreten der vollen Menschheitswidrigkeit
der Judentriebe bei Zurücktreten des rohem Aberglaubens. Oekonomische und
literarische Verjudung. Rolle eines schöpferischen Selbstb^wusstseins der mo-
dernen Völker Seite 51
Fünftes Capitel.
Surrogate und Abschaffung der Religion.
1. Rolle des Epikureismus und Stoicismus im Alterthum. Mangel an
socialer Allgemeinheit. Beschränktheit auf individuelle praktische Lebenszwecke.
2. Unnachhaltigkeit der blos mit der Befreiimg vom Aberglauben verbundenen
Genugthuung. Unzulänglichkeit auch der tiefern alten Philosophie zu einer
positiven Schöpfung und zwar nicht blos des griechischen Nationalcharakters
wegen. 3. Moderne Lage. Encyklopädisten. Im Gegensatz zu ihnen Rousseau.
Reaction gegen die ReligiSnsabschaffung in der Revolution. 4. Socialpositive
Richtung im 19. Jahrhundert. St. Simon. August Comtes Religionsentwurf als
Anzeichen der Unzulänglichkeit der Wissenschaften. Gleichzeitige Verkennung
der Untauglichkeit der Gelehrtenclasse und des Unwesens sogenannter Wissen-
schaft. 5. Neuste Recepte aus dem Bereich der blasirten Verlehrtheit. Emr
pfehlung von falschen Wissenschaftsabfällen. Demgegenüber Kennzeichnung der
Wissenschaft als eines blossen Organs xmter der Leitung höherer Charakter-
antriebe. Dirne Wissenschaft mit ihrer verschiedentlichen Garderobe. 6. Die
Kunst als angebliches Religionssurrogat. Specialfrage nach der Musik. Eine
hieher gehörige Velleität. Auch Dichtung ke'n Religionsersatz . . Seite 86
Sechstes Capitel.
Ursprung und Artung des Vollkommeneren.
1. Das Hervortreten des physiologisch Vollkommeneren als allgemeine:
Thatsache in Natur und Geschichte. Äusseres Verhältniss zum Asiatismus.
— VII —
Solidarität der ganzen gutgesinnten Menschheit in ihren niedern und höhern
Typen. 2. Sonstige Grundbeziehungen der höhern Völkertypen zu den niedern.
S.Mangel der vollen Wechselseitigkeit zwischen den Geistesarten höherer und niederer
Racen. Degradirung des neuem Völkergeistes durch die Ansteckung von Asia-
tismiis. 4. Freiheit als erster Grundzug in der vollkommeneren Anlage des
Dauern Völkergeistes. Herabwürdigung durch den orientalischen Knechtssinn.
5. Vertrauen als rN^'eiter Grundzug in markirtester Gestalt im deutschen Charakter.
6. Gerechtigkeit imd Treue als weitere wesentliche Grundztlge im Gegensatz zu
den religiösen Giftquellen verderblicher Racen. Initiative zur bessern Geistes-
fdhnrng Seite 115
Siebentes Capitel.
Gestaltung der Hauptbegriffe.
1. Kennzeichnung der gemeinen Religionsannahmen. Der Unsterblichkeits-
glaube und sein gemeinster Beweggrund. Spiritismus. 2. Die gewöhnliche
Gottesannahme. Judäischer Charakter des Gegenstandes. 3. Sittliche Eigen-
schaften im Charakter des Weltfundaments. Uebereinstimmung der religions-
ersetzenden Grundvorstellung und der bessern Menschenmoral. 4. Gerechtigkeit
in der Seinsordnung. Ein Böses nicht ohne Gebundenheit und Rückwirkung
seitens des maassgebenden Guten. 5. Fassung und Benennimgsart des Grund-
begriffs. Grund imd Boden der Dinge. 6. Kennzeichnung des Fundaments der
Dinge an Stelle der Gottesannahme, 7. Naturgesetzliche Specialvorsehung.
Mitgefühl mit dem Leben ausser und nach ims. 8. Fernhaltung alles Mystisirens
und der Selbstmystificationen der Schwäche. Betonung des Affirmativen in
den Ersatzbegriffen Seite 148
Achtes Capitel.
Cultusersatz und neueres Märtyrerthum.
1 . Stufengang im Verfall des Cultus. 2. Zäher Cultus des Judencharakters.
Liebesheuchelei. Märtyrerthum in Beziehung auf die Judenrace. 3. Zusammen-
wirken von Charakter und Verstand im Cultusersatz modemer Völker. 4. Gestalt
nnd Gehalt von Lehre vnd Anregung. 5. Gemeinwesen, Cultus und Kunst in
Bezug auf natürliche Veranschaulichungsforderimgen. 6. Brücke von einer
moralischen Weltanschauung zum echten Märtyrerthiun. 7. Sichttmg der Bestand-
theile im Märtyrerthum. Rolle des Wahns. Lug, Trug und Phantastik als
Elemente von semitischen Racenreligionen. 8. Die Nothwendigkeit des Märtyrer-
thums ein Zeichen von Barbarei und Corruption. Moderne Ersatzforderung.
Seite 189
Neuntes Capitel.
GeistesiÜhrung in Staat und Gesellschaft.
1. Sinn der Wortbezeichnung des Religionsersatzes. Der Staat in zweiter
Linie nach dem Einzelnen. 2. Das Gemeinwesen nicht auf Religion gebaut,
aber in der Geistes führung zu vollenden. Heraussch'älung des Gemeinwesens
— VIII —
aus der Religion. Nothwendigkeit der Geistesführung in der religionsfreieiti
Schule. Unmöglichkeit indifferenten Unterrichts. 3. Geistiges im Staat. Heutige
Unzuverlässigkeit des Eides. Verwesung staatlicher Zustände. 4. Verzweigung^
der gesellschaftlichen Aufgaben der Geistesführung. Beschaffenheit der Gene-
rationen nach Fleisch und Blut. Rangstellung der Erziehung. Berufsgewissen..
5. Verhältniss der Wirklichkeitsideale zimi Niveau der . gemeinen Antriebe..
Poesie im Sinne der Geistesführung. 6. Anlehnungspunkte der Umschaffung.
Punkt des längsten Widerstandes. Einziger Ersatz für den beseitigten Jenseits-
wahn. 7. Abschneidung neuer Religionsstiftungen. Geistesführung im Namen des
modernen Volkercharakters. Nothwendigkeit einer Verbindung. Gestalt einer
Berufung auf Individuelles. Probleme und Aussicht Seite 227
Anhang.
I. Schriften desselben Verfassers Seite 26 :J
11. Bemerkung zum Schriftenverzeichniss über Plagiirungen der
Neuen Grundgesetze zur Physik und Chemie ...... „ 272
Erstes Capitel
Freiheit von der Religion.
1. Wird im Leben der modernen Culturvölker die Religion
praktisch in Frage gebracht, so kann es sich um keine andere
als um die christHche handeln. Diese reicht nämlich soweit, wie
die thatkräftigen Völker selbst. Sie ist die herrschende in Europa
und in Amerika. Ausnahmen von ihr haben keine Bedeutung.
Auch die orientalischen Volk er mit ihren verschiedenen Religionen
sind fast überall schwach. Es sind niedrige Racen, und erst
von den Europäern und ihren Pflanzstaaten her hat die weitere
Geschichte der Menschheit ihre Gestaltung zu gewärtigen. Da-
gegen ist noch nirgend in Asien davon zu merken, wie dort etwas
Tonangebendes für die Menschheit erstehen sollte. Beispielsweise
ist der Buddhismus mehr eine Wirkung als eine Ursache der
Schwäche der ihm verfallenen Inder und sonstigen Völkergruppen.
Man ist ihm verfallen, weil man lebensversumpft war; nicht aber
umgekehrt etwa, dass man seiner lebenbetäubenden Lehre erst
den Verlust der Thatkraft zuzuschreiben hätte. Der Orientalismus
ist eine niedrigere Phase des Menschheitslebens gewesen und
jetzt sozusagen ein Rückstand. Europa und seine Ableger sind
edler und entwickelter, trotzdem auch hier die jetzt herrschende
Religion in der Hauptsache , wenn auch nicht ihrem ganzen Inhalt
nach, ein verpflanztes orientalisches Gewächs ist. Könnte über-
haupt eine fremde Religion ernstüch und auf die Dauer gegen
den Racencharakter der Völker, die ihr in ihrer unerfahrenen
Kindheit anheimfallen, etwas ausrichten, so müssten die euro-
päischen Culturvölker längst ihre Thatkraft eingebüsst haben.
Das Judenthum als Religion ist kaum einer besondern Erwähnung
werth. Es ist in Europa als Schleppe des Christenthums nacli-
Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 1
— 2 —
gezogen worden. Seine Duldung gründet sich hier ausschliesslich
auf das Christenthum, als dessen Ursprungsstätte es noch das
meiste Ansehen gewonnen hat. Die jüdische Race würde inmitten
der modernen Culturvölker weit schlimmer daran gewesen sein,
wenn sie diesen Rückhalt nicht gehabt hätte. Noch jetzt flüchtet
sie sich hinter christliche Duldung, wo ihr die germanischen und
slavischen Völker ihr bisheriges Fremdenrecht beschränken wollen
oder zu nehmen Miene machen. Die jüdische Religion an sich
fällt daher nicht ins Gewicht; sie zählt nur als Raceneigenschaft
der Juden mit. Das Christenthum bleibt also der entscheidende
Hauptgegenstand, sobald die Religion in Bezug auf die weiteren
Menschheitsgeschicke zu erörtern ist.
Religion ist aber trotzdem mit dem Christenthum nicht zu
verwechseln. Schon das Wort ist lateinisch und eine Ueber-
lieferung des ältesten Römerreichs. Mit der altrömischen Politik
ist es über die Welt verbreitet worden und hat sich gleich den
verdorbenen Resten der lateinischen Sprache durch das Mittelalter
hindurch bis in die neuste Zeit erhalten. Man hat sich sogar an
die ursprüngliche Bedeutung des Worts, oder vielmehr an das,
was man dafür hielt, geklammert. Man hat den Wortsinn des
Wiederverbindens darin finden wollen. Die Religion soll danach
ein Band sein, welches verknüpft, wo ein Riss eingetreten ist.
Sie soll eine Verbindung bilden, wo sich der Mensch vom Grunde
des Ganzen und dem bessern Geist, der darin waltet, getrennt
hat. Sie soll eine Entfremdung überbrücken oder, mit andern
Worten, eine Aussöhnung mit der Grundlage aller Dinge ver-
mitteln. Sicher ist jedoch weder der angenommene Ableitungs-
sinn des Wortes noch die erwähnte Vorstellung, die sich an diese
Etymologie geheftet hat. Das Wort Religion bedeutete in der
ältesten Zeit des Römervolks nichts als das Bedenken und die
Scheu, die Jemand in Beziehung auf eine Handlung im Hinblick
auf den Willen der vorgestellten Götter, also im Hinblick auf
eine übermenschliche Macht hegte. Eine Art Gewissensscheu
und nichts weiter, — das hiess Religion und konnte nur im
persönlichen, subjectiven Sinne so heissen. Der Gebrauch des
Wortes im sachlichen und gegenständlichen Sinne für einen In-
begriff von Lehren und Mitteln gehört erst weit späteren Zeiten
an. Die Erinnerung an den Wortursprung sollte hier auch nur
dazu dienen, die Eitelkeit der Orientalen in ihre Schranken zurück-
— 3 —
r^stiweisen. Diese haben nicht einmal das herrschende Wort er
:^^Linden. Wie wenig Antheil sie aber auch an der Sache selbst :
Ilnaben, davon soll diese ganze Schrift Zeugniss ablegen.
Was wir jetzt als christlich bezeichnen, ist oft himmelweit
^%ron dem entfernt, was darunter ursprünglich und auf asiatischem^
DBoden verstanden wurde. Man trifft heute noch hier und da auf
inen Sinn und Zusammenhang, in welchem das Wort christlich
einer so guten und haltbaren Bedeutung angewendet wird,
-<lass selbst die schärfste Prüfung daran keinen Anstoss nehmen
omag. Alsdann hat es aber weniger den Sinn einer überweltlichen
^Religion, als vielmehr den werkthätiger Lebensgru^dsätze. Mit
:seinem Nebenmenschen christlich verfahren, heisst in diesem
bessern Sinne heute nichts Anderes, als nach 4en Grundsätzen
besserer Menschlichkeit, also nach der Art eines natürlich guten,
nind zum Mitgefühl mit dem Guten entwickelten Charakters ver-
iahren. Auf dem Boden Palästinas blieb so etwas aber ausf
nahraslos ein blosser frommer Wunsch, der aus dem Gefühl des
Mangels der erforderUchen bessern Eigenschaften entsprang. Zu
einer Wirklichkeit wurden derartige Gedanken und Gefühle erst
bei bessern Stämmen. Die Völker, welche die mittelalterliche
Welt auf unserm Boden gegründet haben, sind insbesondere auch
diejenigen, die den Namen des Christenthums, den sie ziemlich
leer oder falsch ausgefüllt überkamen, aus ihrem eignen Charakter
mit etwas Besserem ausstatteten. Sie sind in der neuern Zeit zu
bewussteren Nationalitäten ausgewachsen und reifen immer mehr
der nationalen Selbständigkeit entgegen. Sie haben die ihnen
angestammten Charakterzüge als Bild in den Rahmen des Christen-
thums eingefügt, und so ist es gekommen, dass man ohne Abr
sieht zweideutig wird, wenn man das Wort „christlich*' ohne
weitere Erklärung verurtheilt oder gutheisst. Wer möchte seine
angestammte Art besserer Gefühle und Charakterzüge verwerfen!
Wer aber könnte auch, wenn er auf dem Boden der modernen
Geisteserleuchtung steht, alles das gelten lassen, was uns von
Palästina her eingeführt oder vielmehr unsern noch unentwickelten
Vorfahren gleichsam angesteckt worden ist! In der That haben
wir aus dem Orient schon manche Krankheit annehmen müssen,
ohne bisher gelernt zu haben, uns ihrer völlig zu erwehren.
Mit den geistigen Ansteckungsstoffen verhält es sich ähnlich.
Der Umstand, dass wir davon länger als ein Jahrtausend zu leiden
1*
gehabt haben, beweist noch nicht im Entferntesten, dass es
gesunde und wohllhätige Dinge waren, die uns von der orien-'
tauschen Luft her anwehten, "Wohl aber hat bei uns das Uebel
mildere Formen augenommea und ist sogar aus dem Charakter
neuerer Volker, und zwar zunächst der germanischen, mit Bestand-
theilen versetzt worden, die in ihrem ungemischten Zustand etwas
Gutes sind. Dahin gehören beispielsweise Cbarakterzüge, wie
Treue und entsprechendes Vertrauen, von denen man in Jerusalem
und Carthago nie einen Begriff gehabt hat. Dort waltete im
Gegentheil die sprichwörtlich berüchtigte punische Treue, die nur
eine Spielart der allgemeinen semitischen ist. Auch ist um den
Anfang unserer Zeilrechnung kein morahsch es Wunder geschehen.
Die damalige Auflehnung eines einzelnen Geistes gegen die
Schäden des Judenthums war ein Versuch, das Judenthum von
sich selbst zu erlösen. Welchen Sinn dieser Versuch hatte und
wie er erklärlich ist, soll weiterhin gezeigt werden. Hier war
nur vorläufig darauf hinzuweisen, dass er keine Ausnahme von
der orientalischen Geistesrichtung darstellt. Er hat die Leitsterne
besserer Sitte und edelster Gesinnung nicht zu zeigen vermocht;
Diese Sterne waren am Völkethorizont der Geschichte noch
nicht sichtbar, geschweige schon im Zenith, Die Vi'Jlkermacht,
welche dem späteren Europa ihr Gepräge aufdrücken sollte, war
grade erst im Keimen, und man wusste von ihr noch nicht viel,
als sich die ebenfalls dunkeln Vorgänge in Palästina abspielten;
die einst den Namen für eine europäische Religion hefern sollten.
Man könnte sich helfen und, um der Zweideutigkeif zu ent-
gehen, das Wort christlich für die besseren Züge der Sache be-
halten und alles UebrJge christisch nennen. Allein eine solche
Auskunft ist nur für den Zusammenhang vorhanden, in welcherrv
sie zugleich erklärt wird. Die Doppelseitigkeit der Sache müssen
■wir vorläufig ja doch noch ertragen. Selber dagegen wahrt man-
die Energie der entscheidenden Auffassung am besten, wenn mait
sich vorzugsweise und in erster Linie gradezu und ohne Scheu
an das Wort cbristisch hält und darauf verzichtet, jenes Bessere
mit dem leicht irreführenden Namen „christlich" als angemessen,
bezeichnet anzusehen. Wie wegen der Thorhelt der göttischen
Natur- und Seinsauffassungen das Wort Gott das üble aber ver-
diente Schicksal gehabt hat, gänzlich und für immer unbrauch-
bar geworden zu sein, um irgend etwas geistig Lebendiges im'-
J
"^^sen des Seins und der Naturgesammtheit ?u bezeichnen,
ebenso ist auch vom wirklich Aufgeklärten und wahrhalt Gut-
gesinnten das Wort »christlich** überall da ungebraucht zu lassen,
^*^ * ohne Missdeutbarkeit auf irgend etwas thatsächlich Gutes
tii^gewiesen werden soll. . . ,
Negativ hat man es auf dem Erdboden stets mit Christisqhem
zu thun, und diese üblere Seite stimmt auch zu Allem, was auf
dem Planeten sonst als Religion sich aufgelegt hat und auslegt,
um nicht zu «agen der Menschheit als Joch auflegt. In der
ßefreiungsarbeit wird unser Norden entscheideod sein; aber es
giebt keine nachhaltige und dauerhaft gesicherte Befreiung ohne
Verallgemeinerung. Der Asiatismus muss.auch in Asien selber
von seinen Ausgeburten entl^tet, werden; sonst bleibt unsere eigne
geistige Emancipation immer noch einigermaassen precär. Das
neuerdings zu etwas politischer Selbgtändigkeit und Regsamkeit
aufgelebte Japan, in welchem der Buddhismus vorwaltet, legt
den Gedapken nahe, es könnten auch asiatische Völker einmal
/das Religionsjoch abschütteln. Dann erst könnte die menschheit-
liche Geistesfreiheit eine vollständige und allerseits ungefährdete
werden, namentlich aber der Alt- ußd, ^Neuhebraismus, d. h. der
jüdische und ^ christliche, von seiner eignen asiatischen Nachbar-
schaft belehrt werden, wess geringeren Geistes Kind er ist; denn
das Indische, und zwar sogar in seinem. Verfall^ steht init seiner
Ausgeburt desBuddhismus immernoch hoch überdemlhebräischen
.Typus j der im Christischen seine weitestreichende Ausprägung
jerhalten hat. Das Endergebniss unserer Ueberlegungea. besteht
a}sp darin, dass wir im Kampfe mit allem Religionistiscben im
gereich der Culturyölker wesentlich nur auf das Ghristische
stossen (hinter rdem auch das ausschliesslich Jüdische je länger
desto mehr seine Deckung sucht), übrigens aber die verschiedenen
religionistiscben Gewächse auf asiatischem und ähnlichem Boden
als wegzuschaffendes Unkraut nicht ausser Acht zu lassen haben.
Die Verbürgung sicherer Geisteshaltung ist etwas menschheitlich
(Solidarisches; der freie Geist ist nur vollkommen frei, wenn er
.3ich überallhiü erstrecken und auch in den personalistisch
niedriger belegenen Völkertypen gehörig regen kann. . Andern-
falls bliebe eine gemeinschädliche Kluft bestehen, . ähnlich, wie
innerhalb derselben Nation die zwischen Aufgeklärten und Volk.
Auch die Völkergesammtheit soll . nicht für immer in zwei Stücke
zerfallen, in ein solches, in welchem der freie Gedanke waltet,
und io eines, das im Dunkel verbleibt.
2. In der germanischen Welt des Mittelalters ist das Christeo-
Ihum allmälig germanisirt worden. Das Gepräge der nacb-
römischen Zeit der Geschichte der wichtigsten Culturvölker ist
nämlich nicht etwa das Christenthum an sich selbst, sondern die
Eacenmacht der neuen Stämme, die sich mit der Völkerwanderung
regten. Von diesen neuen Bevölkerungen erhielt die neue
Geschichtsära und zunächst das Mittelalter seinen Stempel, und
die angenommene fremde Religion war nur wie ein Umhang zu
betrachten, während der lebendige Körper in den neu waltenden
Nationahläten bestand. Daher ist es auch erklärhch, dass mit der
volleren Entwicklung dieser Nationahläten jener mittelalterliche
Umhang als fremdes tiewand empfunden wurde, und dass die
Regungen der neueren Jahrhunderle auf eine Abstreifung der
fremden Religion und zwar zunächst auf eine bessere Anpassung
derselben an das eigne Wesen hinaushefen. Die reformatorischea
Bewegungen hatten zum soliden Kern nichts, als die nationalen
Rückschläge des Gefühls gegen die dem germanischen Wesen
aul die Dauer unerträgliche Theokratie. Mao regte sich gegen
das zweite Rom; aber dieser Weltsitz der Priesterherrschaft war
nach dem Ebenbilde des jüdischen Priesterreichs, d. h. nach dem
Muster der jüdischen Theokratie, gemacht, wie sie auf dem
Boden Palästinas bestanden hatte. War man sich auch nicht
deuthch dieser Beziehung bewusst, so hatte man doch unter dea
deutschen und nordischen Völkern den Instinct der Selbständig-
keit. Man wollte auch in der ReÜgion unabhängig sein und
den eignen bessern (iefühlen ungehindert folgen. Dies ist der
Schlüssel zu allen reformatorischen Wendungen, wie sie beispiels-
weise auch bei Slaven Jn Böhmen, am nachhaltigsten aber bei
den Deutschen eintraten.
Die deutsche Reformation, so viel zVberglaubea sie auch
noch in sich schIcss, war eine Erschütterung, die weit über die
Länder hin ähnliche veranlasste. Sie war thatsächlich ein
Emancipationsact des nationalen Geistes, der seinen mittelalter-
lichen Umhang zwar noch nicht abwarf, sich aber doch bequemer
zurechtlegte. Sie fiel zusammen mit dem Hen'ortreten einigen
Selbstgefühls der Nationalitäten in Politik, Sprache, Literatur und
Wissenschaft. Auch wurde dieses Maass von Selbstgefühl nicht
— 7 —
^twä dadurch völlig verduDkelt, dass gleichzeitig die Reminiscenz
des classischen Alterthums zu walten begann. Die Geister der ver-
schiedenen Nationen wurden dadurch freilich noch etwas an eine
fremde Schule gefesselt; aber diese Schule half ihnen zugleich,
den Sinn des mittelalterlichen Religionsumhangs von einem
neuen Standpunkte zu würdigen. Blieb auch ihre nationale Eigen-
art auf diese Weise, namentlich in den hohem Regionen der
Literatur und Wissenschaft, noch einige Jahrhimderte etwas be-
vormundet, so entfernten sie sich doch in der ReUgion immer
mehr von jenem gemissbrauchten Zutrauen, mit welchem sie ur-
sprünglich das Christenthum und mit ihm die jüdischen Ueber-
lieferungen in gutem Glauben aufgenommen hatten. Sie hatten
dieses fremde Element nach der Beschaffenheit ihres eignen
Herzens ausgelegt und in dieser Beziehung etwas Besseres daraus
gemacht, als es je gewesen war. Nun kamen sie dahinter, dass
in den aufgenöthigten Dingen etwas für sie im Geiste und in
der äussern Herrschaft nicht länger Erträgliches enthalten war.
Sie rüttelten an der äussern Religionsherrschaft und richteten sich
zunächst einigermaassen bäushch bei sich selbst mit eignen
Kirchengestalttragen ein. Mit diesem Schritt zerfiel die Katholicität
oder zu deutsch die Allgemeinheit der fremden Religionsherrschaft.
Die neuem Jahrhunderte sind in religiöser Beziehung nichts
als eine fortschreitende Befreiung von dem durch das Christenthum
dargestellten Aberglauben. Dieser Befreiung zur Seite geht aber,
was gemeiniglich von den nichtsalsliberalistischen Beobachtern
übersehen wird, eine Vertiefung, mit welcher die modernen Völker
und insbesondere die Deutschen sich immer mehr ihres eignen
Wesens bewusst werden. Diese moderne Selbstvertiefimg der
Nationalitäten hat nun freilich oft genug ein christlich romantisches
Aeussere erhalten, oder ist vielmehr mit dem christisch Roman-
tischen über sich selbst getäuscht worden. Doch bleibt ihr Wirk-
licbkeitskerü, ungeachtet dieser falschen Umhüllungen, nichts-
destoweniger eine stille Macht, und diese Macht wird um so
kräftiger eingreifen, je mehr sie die nach dem Mittelalter zurück-
gewendete Romantik losgeworden sein wird. In den Rückblicken
nach dem Mittelalter liegt eine Schwäche. Der berechtigte Trieb,
dem aber der Verstand fehlt, um sich in der Richtung nach vor-
wärts zu genügen, führt zu elenden Rückfällen. Ich meine diesen
Trieb selbstverständlich nur da, wo er natürlich, aufrichtig, und
ehrlich ist. Von denjeaigea Reactionen, die mit bewusstem Lug
und Trug das Moderne ersticken raöchten. wei! sie noch eine
Zeit lang im Trüben für ihre Begehrlichkeiten zu fischen ge-
denken, — von diesen Reactionen rede ich hier nicht. Ueberhaupt
setze ich hier nur echte, nicht aber verlogene Antriebe voraus,
wenn ich eine Wendung der Gemüther zu etwas Anderem als
der Kahlheit blosser Religionsbeseitigung im Sinne habe.
Am unzweideutigsten sichtbar ist allerdings während der
modernen Jahrhunderte nur die eine Seite der Sache, nämlich die
allmälige Erringung der Freiheit von der Religion. Für sie sind
die verschiedenen Stufen der Aufklärung nur Mittel gewesen, um
den höchsten Standort zu erreichen. Auch ist dieser noch weit
entfernt, von einem sonderlich grossen Bruchtheil der sich für auf-
geklärt Haltenden wirklich eiugenommen zu werden. Thatsächlich
ist noch mehr Freiheit in der Religion als Freiheit von der Reügton
die Regel. Höchstens in der Gestalt der Hlasirtheit und des eitlen
Hinausseins über Alles, — also in der Gestalt einer sittlichen
Missbüdung konnte man, und zwar bei den Gelehrten noch mehr
als bei den Ungelehrten, eine Abwesenheit nicht nur aller Rehgion.
sondern auch jedes gemüthshaften Zuges und jeder selbstbewussten
Verstandeskrait nachweisen. Die Freiheit von der Religion ist
aber etwas Positives und Festes. Sie ist ein Zustand der Ueber-
zeugung, dem die moderne Geisteserleuchtung zusteuert, wenn sie
auch auf dem Wege dahin vielehalb wüchsige und unreife Zwischen-
stadien aufweist. Derartige Zwischenstancipunkte haben sogar
etwas an sich, was nichts weniger als anmuthet Auf die blosse
"Wegräumung des Aberglaubens, die sich in den modernen Jahr-
hunderten vollzieht, eitel zu sein, .steht nicht wohl an. Diese
Wegräumung erhält ihren vollen Werth erst, wenn die Freiheit
vom Aberglauben dazu dient, etwas Besseres in Thätigkeit zu
setzen. Allerdings hat jede Freiheit Werth an sich selbst; aber
der Hauptwerth liegt doch immer darin, dass etwas Tüchtiges in
Freiheit versetzt wird, sich zu ergehen und sich geltend zu machen.
Wer nun dieses Tüchtige nicht hat oder nicht kennt, der hat
zwar mit der Freiheit gewissermaassen reinenTisch; aber es fehlt
ihm an Jeglichem, womit er ihn besetzen könnte. Die volle,
selbstbewusste Freiheit von der Religion steht aber höher als jene
Zwischenstandpunkte. Auch kann sie mit voller Sicherheit gar ■■
nicht vorhanden sein, ohne dass zugleich das Bedürfniss entstände,
— 9 —
sife.zum Fusspunkt für Weiterreichendes zu machen. Trotzdem
bleibt aber diese Freiheit etwas iür sicl^ selbst Klares. Sie ist der
Bruch mit Allem, was uüter.der Bezeichnung Religion als Aber-
glaube und Aberwitz die Gedanken und Thaten der Völker be-
nimmt hati Die Religion in dem ^inne, welchen sie in diesem
bestimmten Zusujnmenhange hat, ist hienach eine Summe von
Aberglauben; deon von nichts Anderem lässt sich die Freiheit
wirklich eningen und auf die Dauer behaupten. Alles Uebrige,
was Elem^ent derReligion sein oder zu sein' scheinen mag, bleibt
eine offene Frage. _
Die Antwort auf dies^ Frage giebt sich zunächst der gediegene
Mensch: selbst, indem er zusieht, was aus seinem Fühlen und
Denken wird, indem sich davon nichts als der Aberglaube trennt.
Das Gemüth bleibt als Quelle von Vielerlei bestehen, auch wenn
die phantastische Decoration weicht, an der es ursprünglich mit
ganzem nnd später mit halbem Glauben hing. Ebenso bleibt der
Verstand für Welt- und Lebensganzes, auch wenn die Gespinnste
zerrissen sind, die. seiner unreifen Thätigkeit angehörten oder mit
denen er in seiner Unmündigkeit umgarnt wurde. Hirn und Herz
bleiben nicht nur in ihrer Kraft, sondern gewinnen dieselbe erst
voU und ganz, wenn sie das Joch voreiliger oder gar fremder
Ideen abschütteln. Es ist also keine Besorgniss gerechtfertigt, es
möchte mit der Religion im verwerflichen Sinne des Worts auch
der Kern verloren gehen, aus dem malles Gute und Wahre in der
Lebens- und Weltbetrachtung -erwächst. Grade im Gegentheil
wird.s.0 der Boden geschaffen, um eine edler gestaltete Welt von
Gedanken und Gefühlen aufzurichten. Hierin liegt auch <lje Be-
ruhigung über die anscheinend zerstörendem Wirkungen, von denen
die moderne Religiptisauf lösung begleitet ist. Itß besseren Menschen
haftet vermöge seines Charakters das Gute. Dieses wird nicht
mit dem Aberglauben weggespült, weil es von ihm nicht herstammt.
Wohl aber löst sich bei dem schlechten Menschen alle Zucht, weil
das Scheingute, zu dem: er früher genöthigt wurde, auf aber-
gläubischer Furcht und Dressur beruhte. Hieran ist aber nicht
viel verloren; denn mit der schlechten Seite der Menschheit wird
man lernen^ sich auch ohne die alten Mittel des religiösen
Schreckens oder der religiösen Gängelung auseinand einzusetzen.
Schonjetzt ist grade bei diesen schlechten Elementen das religiöse
Gefühl nicht mehr zuverlässig, weil es schon gar zu oft fast zum
Leichnam geworden und durch die sittliche Zersetzung auch alle
sonst noch übrige Fruchtbarkeit zum Guten eingebüsät hat. Auf
diesem schlechten Boden kommt daher nichts abhanden, was nicht
schon praktisch so gut wie verloren wäre. Vielmehr ist die ganze
Hoffnung, allediese Wüstheiten, die sichmilverkommenerReligioa
und Sitfe galten, durchgreifend zu bemeistern, daraal gegründet,
dass der neue, vom Aberglauben befreite Geist auch eine neue
Zucbf mit wirksameren Mitteln zu entfalten vermögend sei.
3. Ein Umstand, der die Religionsauflösuag begleitet, ist
das Kahlwerden aller Hauptvorstellungen, die in ihrem christlichen
Gewände ein grosses Maass von Bestimmtheit und Individualität
an sich hatten. So tritt an die Steile der Dreieinigkeit ein kahler
Gottesglaube, der so wenig bestimmt ist, dass er selbst die
Individualität des eigentlichen Judengottes nicht deckt. Er könnte
sich mit dem türkischen Allah auf gleiche Weise gatten, wie mit
dem Jehovah der Juden. Er ist so verblasst, dass in ihm kaum
ein dürftiger logischer Begriff, wie derjenige des Grundes der Welt,
geschweige Etwas gedacht wird, woran das menschliche Gemüth
mit seinen bestimmten Gefühlen, mit seiner Liebe und seinem
Hass, mit seiaem Vertrauen und seinem Zweifel, mit seiner Freude
und seiner Trauer, irgend welchen Antheil nehmen könnte. Diese
leergewordene Gottesvorstellung ähnelt allerdings am meistett
einem verallgemeinerten Judenthum und zwar aus dem einfachen
Grimde, weil sich darin thatsächhch eioeRückbildung des Christen-
thums zu seinem jüdischen Ausgangspunkt vollzogen hat. Eine Ver-
allgemeinerung von Zeus oder Jupiter ist schon darum nicht vor-
handen, weil zu der römischen und der griechischen Religion des
Alterthums von uns keine Brücke zurückleitet, IJie römische
sammt der griechischen Welt wurde in ihrer Verkommenheit vom
Orientalismus überfluthet, der sich festsetzte, wie der Wurm im
morschen Holze. So ist die Stetigkeit der europäischen Völker-
entwicklung gleichsam durch asiatische Barbarei unterbrochen
worden. Uebrigens wäre es aber auch an sich unmiiglich gewesen,
beispielsweise aus den Zeusvorstellungen den heutigen kahlen
Gottesbegriff zu machen. Wenigstens hätte dazu eine arge Ab-
irrung vom griechischen Nationalgeiste gehört; denn dieser war
grade wahr und harmonisch genug, um auch noch über Zeus, wie
über allen Göttern, eine höhere, das Götter- und Mecscheaschicksal
gestaltende Macht walten zu lassen. Die jüdische Aufsaugung voa
- 11 —
iAllem durch einen einzigen Herrn wäre dem bessern Verstände
nd der edleren Denkungsart des sich noch selbst wahrenden
ariechenthums entgegen gewesen und hätte sich überhaupt bei
inem natürlich denkenden und wissenschaftlich gebildeten Volke^
olange es seine Eigenart bewahrte, nicht festsetzen können. Die
ationale Verkommenheit ist daher immer der Boden, wo sich
zuerst fremde Elemente und Vorstellungen einnisten, um später-
Hin, bei der gegenseitigen Zerreibung aller lebendigen Eigenthüm-
lichkeiten, den schlechtesten und kahlsten Allgemeinheiten vorat
verkehrtesten und dürftigsten Inhalt Platz zu machen. Eine andere
"^Entwicklung entsteht allerdings, wenn an Stelle der civilisirten
Verkommenheit die noch unentwickelte Rohheit frischer Völker
der Ansatzpunkt für geistige Ansteckungsstoffe wird. Dies ist
unser eigner nationaler Fall gewesen, und so sind wir denn erst
mit der völligen Verderbniss der religiösen Einrichtungen bei jenen
Kahlheiten angelangt, die sich gegenwärtig am besten als eia
Verbleichen des Christlichen durch eine Verjudung der Denkweise
bezeichnen lassen. Aber wohlgemerkt ist diese Verjudung voa
neumodischer Art; denn das Judenthum selbst ist mit seinen Vor-
stellungen im Verbleichen und weit davon entfernt, sich selbst
gegen das Kahlwerden seiner ursprünglichen Religionsbegriffe
schützen zu können.
Eine ähnliche Bewandtniss wie mit dem Gottesglauben hat
6s mit den Unsterblichkeitsphantasien. An diesen hing der Mensch
noch mehr als an jenem. Grade sie aber sind, wo sie sich nocb
nicht völlig aufgegeben finden, so schattenhaft geworden, dass an
ihnen keine Lebenswärme mehr haften kann. Woran wirklich den
Menschen gelegen ist, das leisten diese ausgedörrten UeberbleibseL
nicht. Die einst lebensvollen Phantasien sind jetzt sozusagen blut-
los. An ihnen versieht sich kein wirkliches Glaubensbedürfniss ;
denn sie befriedigen kein echtes Lebensgefühl, welches über seine
Grenzen hinausstrebt. Doch hievon an einer andern Stelle. Hier
sei nur noch daran erinnert, wie auch die Praxis der Religion,
d. h. der Cultus, also die Opfer, Uebungen und Gebete immer
mehr den Charakter eines Schattenreichs aufweisen. Das Opfer
ist so gut wie ausgestorben; an zauberhafte Abänderungen des
Naturganges und des Menschenlooses geht man nicht mehr; das-
Gebet, der letete Rest eines verschwindenden Cultus, hat Noth,
auch hilf bei deü Gläubigen mit einer ernsthaften Erwartung prak-
— 12 -
rtischer Wirkungen vollzogen zu werdea. Die Gläubigsten haben
■davon eine subjective Genugthuung; aber im Ernste erwartet da-
"von fast Niemand, den herkömmlich ea Lauf der Dinge unter-
brochen zu sehen. Das Eingreifen von Mächten, die durch das
'Gebet bestimmbar wären, wird nur noch da erwartet, wo die
Rücksländigkeit des Wissens eine sehr grosse ist. Abgesehen von
■diesen tiefsten Sphären zeigt grade die Art, wie man über die
Wirkungen des Cultus und des Gebets denkt, dass die praktische
JReligion, wo nicht zu einem Leichnam, zu einem hohlen Schema-
iismus geworden ist. Die ceremoniellen Schemen sind im Prak-
tischen der Religion dasselbe, was im Theoretischen die veiv-
waschenen Vorstellungen.
Auch in dem Bestreben, eine selbständige Moral aufzustellen,
•die nichts mit Rehgion zu schaffen hat, zeigt sich eine Seite der
modernen Freiheit von der Religion. In der That steht die Moral
in. den meisten Angelegenheiten auf eignen Füssen, und sie ist
mit derReligion in diesen Beziehungennuräusserlicb verschlungen'.
Innerlich verwachsen mit den letzten Gesammtüberzeugungen voni
Welt-, und Lebensganzen kann sie nur in einigen Richtungen sein,
die freilich sehr wesentlich sind. Nach dieser letztern Seite schwebt
sie aber wirklich in der Luft, wenn ihr nicht nach dem Absterbea
■der Religion eine höhere Perspective hinzugesellt wird, die über
ihre nächsten Antriebe und Zwecke hinausweist. Religion und
Moralf .'Stammen aus der Wurzel des Charakters und speciell des
Nationalcharakters. Mit der blossen Moral im Sinne menschlich
guter Sitte und entsprechender Verhaltungsgrundsätze ist aber
keine volle Befriedigung möglich. Der einzelne Mensch, für sich
abgesondert gedacht und etwa Angesichts des Todes, hat mit der
Moral nur noch wenig oder nichts, urasomehr aber mit denjenigea ,
■Gedanken zu schaffen, in denen kein Verhältniss zu andern.-
Menschen, sondern allein das zum All der Dinge von beruhigende? ■
oder beunruhigender Wichtigkeit ist. Auf sich selbst gestellt und
mit der Natur gleichsam allein, hat der Mensch noch Gemüths-
regungen und Gedanken, die auch nach Abthuung jeglichen
-Aberglaubens ihrRecht behaupten. Was soll da jene blosse Moral,
die für den Zusammenhang der Menschen und für die eigne gute
Lebensführung von Bedeutung ist, aber keine Anwendung mehr
hat, wo ganz anderartige Fragen, als die ihrigen, beantwortet
.sein wollen. Es ist daher auch nur eine Kahlheit, wenn
intworietJ
:nn maQ.fl
— 13 —
glaubt, mit einer von der Religion befreiten Moral den Platr
ausfüllen zu können, den sonst Religion und Moral zusammen,
wenn auch in abergläubischer Verknüpfung, zureichend ein-
nahmen. Ueberdies giebt es Seiten der Moral, die ohne einen
Ersatz der Religion nicht vertreten werden können. In den eignen
EntSchliessungen des isolirt gedachtenMenschen, noch mehr aber
in denjenigen, die das Verhältniss von Mensch zu Mensch be-
treffen, muss es Beweggründe geben, die in der Tiefe aller Dinge
Anker werfen. Will die Moral in diesen Beziehungen nicht ein
Spiel von Wind und Wellen werden, so muss sie im grossen
Zusammenhang und Charakter alles Seins ihre festen Anknüpf ungs-
punkte haben. Die Freiheit von der Religion weist also auch
hier auf eine zweite Seite und auf die Entwicklung eines Er-
satzes hin.
Die Festsetzung eines neuen weltbeherrschenden Aberglaubens,
also im eigentlichen Sinne des Worts eine neue Religion, steht
nioht in Aussicht. Wenigstens ist diejenige Barbarei, die für so
Etvras den Boden bilden könnte, nicht abzusehen. Eine Barbarei
frischer Völker, durch welche die alte Civilisation, wie einst das
R-ömerreich, unter die Füsse getreten würde, ist darum nicht in
Sicht, weil man nicht sieht, woher die frischen Völker kommen
sollten. Alle Völker besserer Race sind jetzt modern civilisirt.
Die Slaven, die von Manchen für die Germanen als Popanz aus-
staffirt werden, stecken nicht nur in der Civihsationstünche, sondern
im Christischen tief genug. Sie sind deshalb nicht mehr, sondernr
"w-eniger fähig, als die Germanen, sich einem andern geistigen
^rincip als dem Christenthum zuzuwenden. Ihre Charakteranlage
zum Zerstören kann Wüstheiten genug mit sich bringen; aber
frisch, wie einst die Germanen zur Zeit des Römerreichs, ist die
slavische Race wahrlich nicht. Auch steht sehr dahin, ob im'
Kampfe zwischen Deutschen und Russen das Prestige des Slaven-
^Ums, welches bis jetzt mehr Theorie als Praxis gewesen ist,
^'ch. bewähren wird. Wo das Christenthum einmal herrscht, da
sehen die Zustände nicht danach aus, dass ein neuer Aberglaube
^^cien gewinnen könne. Es kann nur eine anderartige Macht
^^^U, die hier überwindet.
Sollte diese Macht nicht aber etwa jene andere Art von Barbarei
^^in können, die aus einer verderbten Uebercivilisation hervor-
S^bt? Die Civilisationsbarbarei ist ein starkes Auflösungsmitteh
14
aller gesunden Kräfte und giebt den wüstesten Dingen Raum.
Einen kleinen Vorgeschmack davon giebt der Schwindel des
zuerst in Amerika breiter ausgelegten Spiritismus, der aber auch
im Bereich des europäischen Gelehrten- oder vielmehr Verlehrten-
thums den passenden Stoff antrilTt, um seinen abergläubischen
Unsinn und Betrug in den Gehirnen zu verschleissen. Das in
Fäulniss Befindliche giebt in der Dunkelheit einiges Licht von
sich, und solcher Lichtquelle gleichen überhaupt jegliche Er-
scheinungen der Uebercivilisation, die nach etwas Geist aussehen,
aber doch nur die Begleiter der Zersetzung und des Verkommen^
einst besserer Gebilde sind. "Was also auch an clvilisirtera Aber-
glauben hervorgebracht werden möge, wird ein Ergebnis-; dec
Zersetzung, aber keine Macht zur Organisation sein. Die Civili-
sationsbarbarei kannhiedurch verstärkt werden; aber es ist in der
modernen Weltlage noch zuviel Gesundes, als dass man eine so
allseitige und völlige Barbarei erwarten könnte, wie sie nöthig
wäre, um eine neue Art allbeherrschender Geisteskrankheit in der
Gestalt eines für Alles maassgebenden Aberglaubens zu erzeugen.
Ein neues Mittelalter schafft sich übrigens auch nicht ohne frische
Völker, Eine verderbte CivÜisation allein genügt nicht; sie muss erst
von frischenVölkerkräftenüberfluthet werden, ehe etwas Aehnlich es:
entstehen kann, wie das germanische Mittelalter gewesen ist.
Der Weg wird also voraussichtlich ein völlig anderer sein.
Die gesunden Triebkräfte der frischesten unter den modemeii
"Völkern haben sich noch nicht ausgelebt. Namentlich haben zu»
nächst die Germanen die Emancipation ihres Volksgeistes zu
vollziehen, und dies kann nur durch Entpuppung aus der chri-
stischen Larve geschehen. Dieselbe Macht, durch welche die
römische Weltherrschaft zu Falle gebracht worden ist, wird auch,
die judäischen Ueberheferungen d. h. die christliche Weltreligions^
herrsch aft) zu Falle bringen, sobald jene sich selbst besser versteheiij
vollkommener fassen und zusammennehmen lernt. Dieser Geistes--
kralt wird die morsche Religionswelt keinen nachhaltigen Wider-
stand zu leisten vermögen, und mit der importirten Religionst^
herrschaft wird zugleich auch alles Uebrige zusammenbrechen, wai
auf den Bahnen des neuen Völkergeistes von falschen Ueben
lieferungen her im Wege liegt. Die Freiheit von der Religion ist
daher nur ein Wendepunkt zur Erfüllung der freien Kraft mit
neuen schöpferischen Aufgaben,
— 15 —
Zweites Capitel.
Selbstyerwerfüng des Judenthoms in der
Christaslehre.
1. Da das Christenthum das Ueberbleibsel der praktisch eat-
scheidenden Hauptgestalt der Religion ist, und da die modernen
Völker erst mit der Ausscheidung desselben ihr eignes Wesen in
gehöriger Reinheit erfassen und darstellen werden, so lohnt es
aUenfalls, die Vergangenheit und den Ursprung des Christenthums
etwas näher zu betrachten. Dies muss aber mit Wirklichkeitssina
geschehen; denn die ungläubig gelehrten Verzerrungen des Christen-
thums sind ebensowenig brauchbar, wie die gläubig phantastischen.
Was man im 19. Jahrhundert als vorgebliche Ergründung des
Wesens des Christenthums oder als Kritik seiner Theologie zu
Markte gebracht hat, ist sowohl unnatürlich verschroben als durch
und durch unwahr ausgefallen. Ganz besonders waren es verfehlte
oder verdorbene Theologen, die ihre bankerotte oder abgewirth-
schaftete Theologie in eine Wesensbestimmung oder sogenannte
Kritik des Christenthums auslaufen liessen. Diese Leute übertrugen
ihre studirte Fachunehrlichkeit und alle schlechten moralischen
Ueberlieferungen einer nicht mehr an sich selbst glaubenden, also
nur noch imBetruge heimischen Theologie in ihre neue verneinende
Rolle. Sie waren überdies auch von persönlichem Charakter wenig
werth, ermangelten jeglicher Ehrlichkeit und jeglicher höherer
Talente, die über ein wenig Virtuosität im Literatenthum hinaus-
reichten. Mit letzteren Bemerkungen kann ich natürlich nicht
Ludwig Feuerbach meinen, der Philosoph zu sein strebte, obwohl
er als ursprünglicher Theologe durch eine theologische und un-
ehrliche Philosophasterei, nämlich die Hegelschc, von vornherein
sein besseres geistiges Blut verdorben hatte. Die Verschraubtheit
und Unnatur in seinem Buch über das Wesen des Christenthums
ist handgreiflich; aber er war wenigstens ehrlich genug, selbst
einigermaassen davon zurückzukommen imd in seinen späteren
Schriften einen etwas verständigeren Ton zu versuchen. Er hat
einige Verdienste in Rücksicht auf die Kennzeichnung von Grund-
zügen der naiven Zustände der Religionen Für seine Verhältnis s.
massig beste Bemerkimg halte ich die, dass die Götter von Fleisch
und Blut, die Menschen sind und mit den Menschen verkehren,
— 16 -
die natürlichsten und erträglichsten Gebilde der religiösen Volker-»
Phantasie vorstellen. Ueberdies hatte er eine Ahnung davon,
sich in den vielen Göttern mehr W.lker verstand für die Natur
und deren Mannigfaltigkeit ausgesprochen hat, als in dem einen
kahlen Wesen, wie es der Judengott in allesaufsaugender Allein
herrschaft ist. Seine Grundvorstellung aber, es sei im Christea-
thum der Mensch für den Menschen der eigentliche Gott, ist eine
phantastische Deutung. In diesem Gedanken bekundet sich der
Theologe, derdasChristenthum in moderne Menschheitsphilosophie'
und noch dazu in eine anthropodieistische umdeuten mochte, ia
welcher der Mensch als Galtung oder als Einzelner für dea
Menschen das Ideal und der Gegenstand des Cultus sein soll
Diese völlig fehlgreifende Wendung schmeckt eher nach ei
verirrten Humanismus, als nach christischen Thatsachen, deren
Wesen judäische Heuchelei ist,
Wohl aber gehörte zu jener gekennzeichneten verlehrten und
zugleich unredlichen Spielart ausgehöhlter Theologen der
storbene Herr David Strauss, der schliesslich mit seinem neuen
Altenweiberglauben die ganze Dürre seiner blutlosen Scheingelehr-
samkeit greübar machte, während er sich früher hinter einem
völligen Zwielicht oder vielmehr Halbdunkel von Theologie und
AufkläruQgsschein versteckt gehalten hatte. Vom Theologen war
der predigerhafte Ton sichtlich übriggeblieben, nur dass sich das
• Gesalbader nunmehr in Darwinabfälle hüllte, und mit einem Ge-
misch von derartiger Natur wissenschaftelei und von Erbauung aa
Belletristerei den religiösen Glauben abgelöst wünschte. _ Für
religiös abgewirthschaftete Juden ist dies sichtlich eine zusagende
Dectüre gewesen, wie denn der Urheber auch nicht blos io
seinem Vornamen jüdisch klang. An dieser Stelle ist jedoch des
Herrn Strauss mehr noch als eines Beispiels zu gedenken, wie
eine nebelhafte Kritik die Persönlichkeit von Christus gänzlich ,
insUnbestimmte verzerren, ja in weniger als Nichts verschwiramea
lassen kann. Es ist nämlich thöricht, die Annahme, dass Sagen-
umhüllung das Wesen aller Berichte über Christus sei, für einen
Standpunkt auszugeben, von dem aus die ganze Angelegenheit
beurtheilt werden könne. Dieser sogenannte mythische Stand-
punkt ist weder etwas Besonderes noch etwas Zureichendes, Jeg-
liche erhebliche und namhafte Person, gleichviel ob in einet,
dunkleren oder einer lichteren Zeilumgebung, wird der Gegenstaa^'
- 17 -^
von allerlei falschem Gerede und Gesage, mag hiebei das münd-
liche "Wort, die Schrift oder gar der Druck zur Weitercolportirung
Hülfe leisten. Das falscheste Gesage wird sogar Geschichte, wenn
nur lügnerische Interessen vorhanden sind, es in dieser Art zu
ßxiren. Lüge und Unwissenheit verbünden sich, um die wunder-
lichsten Ausgeburten nicht etwa erst an die Nachwelt, sondern
schon an die Mitwelt und sogar an die nächste Umgebung zu
bringen und trotz Widerspruch festzuhalten. So entstehen die
Ungeheuer von Berichten, und Eigenschaften und Vorgänge
werden auf diese Weise erfunden. Die Bildung von Sagenkreisen
ist etwas ganz Modernes; wie sollte man sie in alten Zeiten ver-
kennen ! Aus der Existenz solcher Gewebe folgt aber keineswegs,
dass von der Person, der sie gelten, nichts zu wissen sei, oder
dass diese wohl gar selbst als Erfindung betrachtet werden müsse.
Narren haben die Existenz des alten Arztes Hippokrates ge-
leugnet, weil viele untergeschobene Schriften unter seinem Namen
gehen und weil sich in der Ueberlieferung über ihn Vieles wider-
spricht ; xmd doch lebte dieser Mann im wahrlich nicht dunklen
Zeitalter des Sokrates! Auch letzterer blieb nicht davon ver-
schont, schon bei Lebzeiten und zwar öffentlich auf dem Theater
Vom talentvollsten der Possenmacher und Zotenreisser, von
Aristophanes, in verleumderischer Absicht mit einemLügengewebe
Utr geben zu werden, welches nicht einmal die Aehnlichkeit einer
Caricatur hatte. Dieses Lügengewebe nebst anderm Aehnlichen
wirkte, und obwohl der Athenische Weise nicht blos alle Tage
auf der Strasse zu sehen war, sondern auch im eigentlichen Sinne
des Worts öfientlich vor allen Leuten lehrte, so hat man ihn
dennoch bis zur Unkenntlichkeit verleumden und auf die so
künstlich gemachte Meinung hin schliesslich noch im hohen Alter
zum Tode verurtheilen können. Trotzdem wissen wir von Sokrates
einiges Zuverlässige, und selbst die eitlen Entstellungen von
Schülern und sogenanntenPreunden, namentlich der phantastische
Missbrauch, den Plato mit Sokrates Namen zu Gunsten seiner
eignen Ideologie trieb, hat die grosse Gestalt des Athenischen
Volksweisen in Beispiel und Lehre nicht völlig beschatten können.
Von Sokrates haben wir kein einziges selbstgeschriebenes Wort;
er ist ungeachtet der verhältnissmässig hellen Zeit- und Orts-
umgebung schon bei seinem Leben in Sagendunst gehüllt worden;
trotzdem können wir uns auf Grund verständiger zeitgenössischer
Du bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 2
— 18 —
Berichte, wie der Xenophontischen, mit etwas gesunder Kritik
voD ihm ein Bild machen, welches auf Wirkhchkeitszüge und
Geschichtlichkeit Anspruch hat
Freilich sind wir in Beziehung auf Christas, obwohl er mehr
als vier Jahrhunderte spater lebte, nicht gleich günstig gestellt.
Die Judenumgebung war nicht zutraghch, imd wir haben keinen
einzigen zeitgenössischen Buchbericht über ihn. Alles ist später
und sichtlich im Verlaufe einer Anzahl Generationen nieder-
geschrieben. Das neue Testament ist bezeichnenderweise
griechisch, also nicht in der Judensprache verfasst. Irgend welche
andere Ueberliefenmg hat die Erzählungen von Generation auf
Generation gebracht, bis sie durch verschiedene Zusanunen-
stellimgen und Niederschriften buchmässig fixirt wurden. Hieraus
folgt aber nicht, dass sich gamichts Zuverlässiges wissen lasse.
Die Eitelkeit auf die Schrift und heute gar auf den Druck ist zu
gross geworden. Sie vergisst, dass durch Schrift und Druck oft
noch mehr gefälscht oder geirrt wird, als durch das mündliche
Wort. Letzteres ist freilich, wo es Fixirung gilt, recht unsicher
und wandelbar. Die unwillkürlichen Täuschungen durch dasselbe
sind nicht gering, und auch für die absichtliche Entstellung oder
für die völlige Erfindung ist es bequem zu handhaben. In einer
übercivilisirten Zeit wird aber durch Schrift und Druck, Angesichts
der uncontrolirbaren Massenhaftigkeit der gedruckten Conver-
sation, Lüge und Tradition, dasselbe, ja in einzelnen Richtungen
noch mehr geleistet. Unter halbwegs günstigen Umständen kann
die mündliche Fortpflanzung einfacher Thatsachen imd Gedanken
besser gerathen, als unter schlechten Verhältnissen die gedruckte.
Auch kann eine lebendige Theilnahme die Mängel des mündlichen
Worts ersetzen und durch feste Einprägung in das Gedächtniss
zuverlässiger überliefern, als etwa, man denke an heute, eine von
Treulosigkeit und Lüge bediente Presse und Literatur es thun
wird. Allerdings stand etwas Aehnliches, ja Schlimmeres in Ge-
stalt der hebräischen Falschheit dem Wurzelfassen einer leidlich
wahren Tradition entgegen, und die ganze Umgebung des he-
bräischen Reformators sah nicht nach Bürgschaft für eine gute
und richtige Ueberlieferung aus. Trotzdem kann aber die feste
Einprägung einzelner Thatsachen und Züge immerhin ein paar
Generationen vorgehalten haben, ohne allen thatsächlichen Kern
einzubüssen. Untermischt mit noch gesteigerter Phantastik kann
- 19 -
sie doch f actische Bestandtheile enthalten und vor der Vergessen-
heit geschützt haben.
2. Unter den geschichtlichen Erscheinungen lassen sich
zweierlei Gattungen untierscheiden. In dem einen Falle handelt
es sich um Gesammt- und Massenthätigkeit, in dem andern um
die Einflüsse und Schöpfungen besonders potenzirter Persönlich-
keiten. Nur das Durchschnittliche und Gemeine wird aus ersterem
Bereich producirt; zu dem Ueberlegenen tmd Hervorragenden
aber gehören, im Schlimmen wie im Guten, eben auch ent-
sprechende Einzelmenschen als die es allein zureichend er-
klärenden und hervorbringenden Ursachen. Dies gilt vom
Richtigen, wie vom Verkehrten, ja selbst von gewissen Arten
Verrücktheit. Die Nutzanwendung in unserm speciellen Falle ist
die, dass sich kein Christenthum, wie man auch über dasselbe
denken möge, ohne einen Christus als eigentlichen Urheber vorr
stellen lässt. Was hat aber nicht die moderne Verlehrtheit an
Gegentheiligem zu Markte gebracht! Da sollten beispielsweise
die Zustände der römischen Welt und namentlich philosophische
Lehren, wie der Stoicismus, die neue Religion erzeugt haben.
Andere haben zwar eine Person zum Urheber gestempelt, aber,
um Christus zu vermeiden und dem verlehrten Judenthum recht
gründlich zu huldigen, den philosophirerischen Juden Philo, der
etwa um den Anfang unserer Zeitrechnung und zwar in Alexan-
drien lebte, zum Stifter des Christenthums auserlesen. Dieser
Jude symbolisirte an den überlieferten jüdischen Dogmen herum
und deutelte an ihnen im philosophastrischen Sinne, selbst-
verständlich unter Weglassung des gröbsten, für einen Gelehrten,
^ie er war, imd auch für seine ein wenig gebildete Juden-
umgebung nicht mehr schmackhaften Aberglaubens. Ein saft-
und kraftloser Gelehrter als angeblicher Stifter des Christenthums,
das ist noch eine schlimmere Entstellung, als wenn man die
neue Religion aus dem Sumpfboden des römischen Reichs ganz
von selbst als eine Sumpfpflanze aufschiessen lässt. Nicht einmal
der corrupte Boden Palästinas wäre an sich selbst dazu aus-
reichend gewesen. Nur eine besondere persönliche Kraft, die sich
gegen die Verderbniss einigermaassen auflehnte, war im Stande,
Genjüthskräfte von der fraglichen Tragweite zu bethätigen. Anders
konnte eine Secte von weltgesc hichtlicher Lebensfähigkeit nicht
entstehen. Auch bei Muhamed beruhte zunächst Alles auf der
2*
- ^ö -
persönlichen Kraft. Dieser war gewiss Betrüger und Phantast;
aber solche Eigenschaften heben den BegriiBf einer mächtigen
Persönlichkeit nicht auf.
Die Entfernung vom Persönlichen und individuell Lebensvollen
ist ein, Grundzug der liberalistischen, durch Mittelmässigkei-f
gekennzeichneten Lehren. Wer ernsthaft und gründlich urtheilt,
muss die Tragweite des Persönlichen wieder in ihre Rechte ein-
setzen. Jede wirkliche Geistesschöpfung und Geistesführung geht
von besondern Individuen oder, wenn man nüchtern naturwissen-
schaftlich reden will, von besonders ausgerüsteten Exemplaren
der Gattung aus. Bei den Religionsstiftungen ist diese Wahrheit
sichtbar genüg, und nur die grösste Verkehrtheit einer verlehrten
Verwirrung, verbimden mit dem Eigendünkel untergeordneter
Existenzen, konnte sie verkennen oder wegzulügen versuchen.
So ist es denn auch trotz aller moderner Afterkritik in der
Ordnung, die Persönlichkeit von Christus als eine volle Wirklich-
keit zum Mittelpunkt der Betrachtung zu machen, und sich durch
den Umstand nicht zu beirren, dass die kennzeichnenden Züge
für jene Persönlichkeit nicht als eigentliche Gescliichte mit zeit-
genössischem Urkundenbeweis, sondern nur als Bestandtheile
einer sehr gemischten Ueberlieferung zu haben sind. Die Ent-
mischung dieser Ueberlieferung, also wesentlich die richtige Ver-
werthung des im neuen Testament wirklich Glaublichen, muss
der Ausgangspunkt für eine gesunde Beurtheilung werden.
Praktisch haben die Völker auch nichts Anderes als das neue
Testament in der Hand. Aus ihm schöpfen sie ihre Vorstellung
vom Christenthum, und andere Vorstellungen, die sich auf ein»
dunkle Tradition der Priester berufen, sind einer Erörterung nict
werth. Auch der Katholicismus, der sich auf eine solche, scho-
durch ihre Dunkelheit hinfällige Quelle beruft, hat heute in de=
gebildeten Schichten kein Publicum mehr, welches nach einez:
andern Christenthum ausschaute, als demjenigen des neu^
Testaments. Nähme man also auch einen Augenblick an, A-
verhältnissmässig besten Züge der Christuslehre, die sich aus d^
Mannigfaltigkeit von verschiedenenErzählungen und Auffassung^
des neuen Testaments wahrnehmen lassen, wären Erdichtung^
so würden die Urheber dieser Erdichtungen die ganze Aufmer3
samkeit verdienen; denn auch zum Erdichten des Originalen g^
hört^ eine nicht gemeine Erfindungskraft. Die Thatsache, dasi
,^'
— 21 —
die modernen Völker sich in diese charakteristischen Züge nicht
wenig hineingelebt haben, macht diese Züge schon allein zxx
"^Virklichkeiten des Geisteslebens. Wie wir also auch vorläufig
txirtheilen, so führt Alles immer wieder darauf zurück, dass der
CZITliristus des neuen Testaments mit seiner dort sichtbaren Lehre
er einzige Gegenstand ist, für oder gegen den sich das Gemüth
:«ier modernen Nation interessiren mag. Er allein hat auch'
eiteres geschichtUches Interesse; denn ausser ihm kann nur noch
rt und Sinn in Frage kommen, in welchem die neuern Völker
ine Lehre aufgenommen und nach ihrem eignen Gefühl und
issen entwickelt haben. DieKürchengeschichte ist dabei ziemlich
leichgültig; denn in den ersten Satzungen der Hauptconcilien
erkörperte sich ein Religionsasiatismus, der sich um die wesent-
.chen Züge der Christuslehre nicht kümmerte. Um der Kirche
illen hat man heute nicht mehr nöthig, theoretisch auch nur
^ine Hand aufzuheben. Die Erledigung ihres Daseins ist nur noch
eine Angelegenheit der praktischen Politik; freihch müssen da
Doch viele Hände aufgehoben werden, um zum Ziele zu gelangen.
Wer natürlich und geschichtlich die Vorgänge begreifen will,
^ie einige dreissig Jahie nach dem Anfang unserer Zeitrechnung
Jerusalem wegen der dabei bekundeten Judenniedertracht mit
UQvergesslicher Schande bedeckt haben, — der muss von durchaus
persönlichen Vorstellungen ausgehen. Er muss Christus als den.
R^efqrmator des Judenthums im Auge behalten, und darf sich
^eder .durch blosse Mythenannahme noch durch eine juden-
^Omantische Idylle, wie sie der judenseitig kanonisirte Orientaüst
^enan für ein Leben Jesu ausgegeben hat, täuschen Isissen. Die
^^iden eben erwähnten falschen Wendungen, nämlich die Auf-
lösung in Mythennebel, oder aber die judäische Idyllisirung der
"^^che durch ein falsch sentimentales Bildchen, welches die
Ernstesten Hauptzüge umgeht, — beide aufgeklärt seinwollende
^nd doch so ungründliche Manieren, sich mit Christus abzufinden, '
^ind den heutigen Hebräern angenehm, und dies allein wäre schon
^es Urtheils genug. Wer der immerhin als weltgeschichtlich an-
zuerkennenden Angelegenheit aui den Grund kommen will, darf
^xch auch dadurch nicht beirren lassen, dass die christliche
Religion noch nicht zu den gänzhch abgelegten Dingen gehört.
iDer Buddhismus herrscht auch noch und zwar in einem grossen
Iheil Asiens, von seinen philosophirerischen Reflexen in Europa,
- 22 —
also von dem weltwegzaubernden narrenhaften Aberglauben einess
Schopenhauer nicht zu reden. Dennoch behält man dem Buddhis-
mus gegenüber, der ebenfalls von einer ausgezeichneten Persön-
lichkeit ausgegangen sein muss, volle Unbefangenheit. Es imponirf
Einem nicht im Mindesten, dass jener seine Bekenner nach
Hunderten von Millionen zählt. Die Geisteszustände der Menschen
pflanzen sich eben fort wie die Körperzustände. Die asiatischen
Krankheitszustände zählen ihre Opfer schliesslich ebenfalls nach
Hunderten von Millionen. Das Einzige, was einen Augenblick
stutzig machen könnte, ist der gewaltige Racenunterschied. Wir
verachten die asiatischen Racen und befinden uns dennoch vor
der geschichtlichen Unannehmlichkeit, die bessern europäischen
Völker nicht blos von orientalischen Wüstenwinden, sondern auch
schmachvollerweise von orientalischen, insbesondere judäischen
Geistesströmungen afficirt zu wissen. Das bleibt, wie man es
auch erklären möge, ein missliebiges geschichtliches Schicksal.
In der Gattung des Betrugs hat der stärkste zunächst doch die
meisten Chancen, besonders unerfahrenen Völkern gegenüber.
Allein mit der Zeit wird er demaskirt und fällt dann um so
jäher in die gebührende Verachtung.
3. Die Christuslehre ist ein Reformationsversuch des Juden-
thums, der freilich auf diesem Boden so gut wie fehlschlug.
Anderwärts hat er aber die bekannten, uns heute noch so lästigen
Folgen gehabt. Nicht aber blos gegen das Judenthum, sondern
auch aus dem Judenthum heraus wurde dieser Reformations-
versuch unternommen. Die Annahme, dass Christus von einer
andern Race oder wenigstens nicht Vollblutjude gewesen, ist,
obwohl grade keine Unmöglichkeit, doch .einerseits zu wenig
begründbar und andererseits zu wenig nütze, um einer Erörterung
auf die Dauer werth zu bleiben. Sie würde das wesentlich Jüdische
im Geiste der Person nicht fortschaffen. Auch wenn Christus
kein Racenjude gewesen wäre, ja selbst wenn, er Blut eines euro-
päischen Volkes in sich gehabt hätte, so war er doch in jüdischer
Umgebung aufgewachsen und zum Lehrer nach der äussern
Berufsart eines Rabbi geworden. In dieser Form, die allein zu
Gebote stand, entwickelte er seine Thätigkeit; aber auch sachlich
ist Alles, was man von ihm berichtet, mit Zügen jüdischer Ueber-
lieferung getränkt. Ein Theil ist freilich auf Rechnung der Bericht-
erstatter zu setzen. Ein anderer Theil lässt sich aber von Christus
- 23 —
eigenster Lehre und Person nicht trennen. Wäre dem anders,
so wäre dies noch ein unglaublicheres Wunder, als alle physischen
Zauberwerke. Wie sollte ein Geist, von woher er auch stammen
m^e, sich ganz und gar des Elements entschtagen, in welchem
er sich fortwährend bewegt, und an welchem er seine Kräfte
bethätigt! Christus wollte die Religion, an welche die jüdischen
Schriftgelehrten nicht mehr glaubten, ernstnehmen, und er gestaltete
sie daher aus der Tiefe seines eignen Herzens und aus der Ein-
sicht seines eignen Kopfes so gut wie neu. Er schmolz sie um,
indem er ihren starren Satzungen eine aus bildsamerem Stoff
gepjfägte Form entgegensetzte.
Der Charakterzug des Judenthums war von Anbeginn die
starrste Selbstsucht, die niederträchtigste Grausamkeit, die scham-
loseste Wollust und die frechste Heuchelei. In meiner Schrift
über die Judenfrage habe ich dies näher nachgewiesen und die
Spiegelung davon in der Judenreligion und Judenmoral gezeigt.
Bei der Vergleichung der Sitte und Denkart besserer europäischer
Völker mit der Racensitte und Racendenkart der Juden wird dies
später noch mehr ins Licht gesetzt werden. Hier bedarf es nur
einer allgemeinen Hinweisung auf das racenmässig schlechte Na-
turell und die entsprechende sogenannte Cultur oder vielmehr auf
die Uncultur des Judenstammes, der nur im Raffinement des
Schlechten eine Art Surrogat der Cultur aufzuweisen hat. Dieses
Raffinement hat ihn auch schliesslich dahin geführt, mit der Be-
thätigung der Selbstsucht den Schein von Liebe und Mitleid zu
verbinden. Die Heuchelei von Nächstenliebe und Mitleid ist schon
sehr früh, lange vor dem Anlang unserer Zeitrechnung, eine
Domäne des Judenthums gewesen. Christus nahm das, was
Andere heuchelten, gewissermaassen ernst und aufrichtig, wie er
denn überhaupt auch die ganze jüdische Religion ernstzunehmen
versuchte. Hiemit stellte er sich in einen Gegensatz zu den frivolen
Gewerbsgelehrten Jerusalems, den sogenannten Schriftgelehrten,
die er mit vollstem Recht ein Otterngezücht nannte. Der giftige
Hass, den er dafür einerntete, ist begreiflich, und man sollte es
nicht vergessen, unter welchem Vorwande ihn die jüdischen
Schrif^elebrten hinrichten Hessen, nämlich wegen angeblicher
Gotteslästerung, — - ein Vergehen, welches auch heute noch im
deutschen Reichsstrafgesetzbuch figurirt und davon zeugt, wie sich
die jüdischen vorchristlichen Ueberlieferungen trotz Christus er-
— 24 —
halten und auf neuere Völker verpflanzt haben. Wäre es also
nicht zum grössten Theil Judenthum, was sich unter dem Namen
Christenthum bei den neueren Völkern gleich den Juden selbst
verbreitet hat, so müsste schon der allergeringste Anstand gelehrt
haben, nicht grade diejenige Wendung immer zu wiederholen
und diejenige Verbrechenserdichtung zu verewigen, durch deren
Anwendung auf Christus eines der niederträchtigsten Verbrechen
verübt worden ist, wovon die Welt allgemeine Kunde hat.
Doch von dieser Bethätigung des jüdischen Nächstencultus
an ihrem eignen Landsmann und Nächsten nur nebenbei ! Die
Heuchelei heutiger jüdischer Schriftsteller hat sogar die Feindes-
liebe im Sinne von Christus als früheren Bestandtheil der Juden-
religion geltend machen wollen und sich dabei auf den Talmud
berufen, der aber bekanntlich ein paar Jahrhunderte später redigirt
und aus allem möglichen Vorangegangenen, Jüdischem und ver-
judetem Fremden zusammengestückt ist. Was Hesse sich daher
nicht Alles im Talmud in irgend einer schwachen Spur auftreiben!
Selbstverständlich fehlen darin auch ein paar Reflexe des von
Christus vertretenen reformatorischen Geistes nicht; denn die Juden
eignen sich Alles an, freilich in ihrer Art, so dass bei der Ver-
judung von dem ursprünglichen Sinn fast Nichts unentstellt bleibt.
Was aber die Feindesliebe betrilBt, so kann nicht blos zugestanden,
sondern muss gradezu darauf bestanden werden, dass sie in Gestalt
der Heuchelei eine natürliche Beigabe der jüdischen Selbstsucht
gewesen sei. Diese letztere affichirte eben da Liebe und Mitleid,
wo sie sich am raffinirtesten maskirte. Falschheit ist schon von
der sagenhaften Schlange her, die gleichsam an der Wiege des
Judenstammes stand und ihr Wesen in ihn hineintrieb, ein charak-
teristischer Grundzug. Die Erfindung der Liebesheuchelei ist von
altem Datum und daher auch alttestamentlich illustrirbar. Christus
wollte aber einmal die Sache aufrichtig und ernst genommen wissen;
er wollte, dass trotz der Feindschaft und selbstsüchtigen Gesinnung
etwas durchaus Entgegengesetztes zu einer nicht heuchlerischen,
sondern wahren Wirksamkeit gelangte. Wieweit er hiemit Mög-
liches angestrebt und wieweit er sich in Unmögliches, ja Wider-
sinniges verloren habe, das ist eine andere Frage. Soviel muss
aber für den Ausgangspunkt feststehen, dass seine Feindesliebe
eine Zumuthung war, mit welcher, ernstgenommen, die Juden-
race ihre eigne Selbstsucht gleichsam kasteien, ja kreuzigen sollte
- 25 —
4. Die Juden verstehen sich nicht nur, wie auch ihr heutiges
benehmen zeigt, auf Mitleidsheuchelei und wickeln ihre ärgsten
Niedertrachten oft in den Anschein des Mitleids und aller möglichen
Tugenden ein, sondern diese Race beruft sich auch, wenn man
iire Schlechtigkeiten nicht dulden will, dreist auf die christliche
Liebe, mit deren Mantel alles jüdische Unwesen in einer für das
ietztere profitabeln Weise fein stille zugedeckt werden soll. Sie
wird schliesslich auch noch die Judenfeinde selbst angehen, die
ciiristliche Feindesliebe auf die Mitglieder der Judenrace anzu-
w^enden und auf diese Weise wehrlos dem Juden, wenn die rechte
Tasche bereits ausgeräumt ist, auch noch die linke zur Ausleerung
darzubieten. Man hat hienach alle Ursache, sich die Paradoxien,'
imit denen Christus den schlechtesten Punkt des Judenthums treffen
"wollte, näher anzusehen.
Von Liebe wird im allgemeinsten Sinne gesprochen, wenn
xnan sie dem Hass entgegensetzt. Geschlechtsliebe ist beispiels-
"weise eine Erregimg, die bei edlerer Gestaltung auch einen Bestand-
"tlieil hat, der zu allgemeinerem Wohlwollen stimmen kann, wie
ciies jede gutartige Afiection und Freude vermag. Einzelne Ver-
liünder des Chrislenthums, wie jener Saulus Paulus, haben sogar
sichtlich einige Eigenschaften der Geschlechtsliebe für religiöse-
-Affecte genommen und diesen untergeschoben; aber ein solches-
<i:onfuses Verhalten sieht auch einem ehemaligen Pharisäer und
^nem Renegaten aus dieser Species ähnlich genug. Die von
<3hristus gemeinte Nächstenliebe soll der Selbstliebe gleich
sein; Selbstliebe ist aber, und zwar nicht erst in ihrem höheren
jüdischen Grade, nur ein anderer Ausdruck für Interesse an sich
selbst und für Selbstsucht. Wenn also durch Christus das Ver-
halten des einzelnen Menschen zu sich selbst Liebe genannt und
als solche zur Bestimmung der Nächstenliebe gebraucht wird, so
ist hier offenbar kein natürlicher Trieb, sondern eine künstliche
Verstandeshaltung in Frage, vermöge deren jeder Jude sich so
für den andern interessiren sollte, wie er sich mit seiner eignen
Selbstsucht für sich selbst interessirt. Die Selbstsucht sollte also
genöthigt werden, sich gleichsam auf den Kopf zu stellen und:
so zu thun, wie wenn der Andere nicht ein Anderer, sondern
das eigne liebe Ich wäre. Eine solche Vorschrift ist nicht die
Veredlung irgend eines Naturtriebes, etwa des Mitleids oder über-
haupt irgend einer Art des Mitgefühls, sondern die Kopfstellung
\
— 26 —
des natürlichen Menschen, dem sich sonst der 'Nebenmensch
erst sehr entschieden bemerkhch machen muss, um auch nur
einigermaassen berücksichtigt zu werden. Christus wollte diese
natürliche Doppelheit nicht blos überbrücken, sondern auslöschen.
Offenbar hat ihn hiezu die Wahrnehmung getrieben, dass mit
der Selbstsucht, wie er sie bei den Juden fand, nichts anzufangen
imd dass Rettung und Heil nur in ihrer völligen Austilgung zu
suchen seien. Demgemäss wollte er die Selbstsucht entwurzeln,
indem er etwas der Selbstliebe Gleiches, aber auf den Nächsten
Gerichtetes als Pflicht auferlegte.
Wieweit ist nun aber nicht ein solches aus der Verstandes*
massigen Beobachtung der üblen Folgen der Selbstsucht entsprun-
genes Pflichtgebot von einer positiven Regung entfernt! Es ist
immerhin möglich, dass in der Gesinnung von Christus auch
eine positivere Seite vorhanden gewesen, und dass so Etwas,
wie wir es im menschlichen Charakter Herzensgüte nennen, oder
aber auch eine überströmende, jedoch individuell gegenstandlose
natürliche Liebe einen der Ausgangspunkte für die Betonung
der Nächstenliebe gebildet habe. Dennoch lässt sich aber
consequenterweise die Entstehung des Christenthums inmitten
des Judenthums, wie abweichend geartet auch die Person des
Urhebers gewesen sein möge, nicht begreifen, wenn man nicht
annimmt, dass eine Selbstverwerfung der jüdischen Selbstsucht
das Wesen der neuen sogenannten Liebe sei. Diese Liebe ist
etwas Vorgeschriebenes und durchaus Künstliches; sie muss einen
vorzugsweise negativen Ursprung haben. Sie ist eine Frucht des
Gegensatzes, in welchen das seiner Elendigkeit innewerdende
Judenthum mit seinen eignen angestammten Antrieben gerieth.
Sie ist aus der tiefen Erkenntniss des an seiner Selbstbefriedigung
verzweifelnden Wesens der Judenrace entsprungen. Sie ist ein
letzter Nothanker, um die vor dem Schiffbruch stehenden Triebe
der Selbstsucht zu fesseln, wie sie einst durch Schrecken, nach
der alten Weise mit Blitz und Donner vom Sinai, ein wenig
gezügelt worden waren. Dieses Schreckenssystem war bereits
zum Popanz geworden, und Christus versuchte es nun, theilweise
durch eine innere Macht etwas mehr zu erreichen. Der blosse
Verstand, der die Selbsterkenntniss gegen die heillose Selbstsucht
zu wenden sucht, will uns freilich, nach den uns angewöhnten
Vorstellungen, als Eigenschaft von Christus nicht sofort in den
— 27 —
Sinn. Dennoch ist es aber allein dieser Verstand, dessen Annahme
die ganze Nächstenliebe vor dem Vorwurf schützen kann, nichts
als Judenheuchelei zu sein. Persönüch bei Christus möchte immer-
hin, wie schon erwähnt, ein Drittes, aber doch erst an zweiter
Stelle in Frage sein, nämlich die Ueberschwenglichkeit eines
natürlichen Liebestriebes, der in Ermangelung eines einzelnen
geeigneten Menschen sich auf sehr viele überträgt. Indessen muss
man sich gegen diese Nebenannahme solange wehren, als noch
eine andere Erklärung übrigbleibt. Diese geziemendere Erklärung
ist nun die Ableitung der Vorschrift aus dem Verstände, der die
Selbstsucht zu ertödten unternimmt, indem er das grade Gegen-
theil von dem zu thun vorschreibt, wozu die Natur und hier
speciell die Judennatur antreibt. Die Nächstenliebe ist also hienach
gleichbedeutend mit Ausrottung der Selbstsucht. Da jedoch die
Triebe an sich nicht verschwinden, so kann es sich thatsächlich
nur um eine Niederkämpfung, also im christlich jüdischen Sinne
um eine Kasteiung handeln.
Nun gar den Feind nicht hassen, also sich gegen ein
Naturgesetz der Triebe verhalten, kann offenbar nur einen
einzigen verständlichen Sinn haben, nämlich den, in der
verstandesmässigen Ueberlegung den Trieb des Hasses ver-
urtheilen und es ebenfalls mit dem Verstände versuchen, ob
nicht ein Verhalten wie gegen Freunde zum allgemeinen Heil
lühre. Es versteht sich, dass ich diese Wendung wesentlich für
einen Irrthum halte, in welchem nur ein einziges Körnchen
Wahrheit miteingeschlossen ist. Diese wenige Wahrheit besteht
eben darin, dass der Verstand eine mässigende Macht hat und in
seine Herrschaft über die Antriebe auch die lebendige Vorstellung
von dem Unheil eines blossen Hass- und Racheregimes aufnehmen
kann. So mag er in einigem Maasse über die Gemüthsregungen
Meister werden, sie einschränken, ihnen eine edlere Haltung er-
theilen, aber nicht etwa sie austilgen. In denVorschriften der Christus-
lehre erscheint freilich die Ausrottung aller feindlichen Erregungen
als die eigentliche Aufgabe, Wie sollte sonst die Zumuthung
möglich sein, den Hass desFeindes inLiebe zu ihm zu verwandeln!
Wundern dürfen wir uns über solche ausschweifende Paradoxien
nicht; denn sie sind oder sollen vielmehr ein Gegengift gegen
das Judenwesen sein, und ausserdem sind sie auch überhaupt
leichter aufzustellen und auszusprechen, als sich etwa die Gesetze
— 28 —
einer- wirklich maassvollen Moral auffinden und an die Menge
mittheilen lassen. Das Judenwesen ist hier in doppelter Hinsicht
im Spiele. Erstens erfordert es vermöge seiner Unbändigkeit
äusserste Mittel und will sozusagen in seinen wüsten Rücksichts-
losigkeiten scharf angefasst sein. Eine Kreuzigung seiner Lüste
und Begierden liegt aber im weiteren Sinne auch darin, dass
ihm eine vollständige Tödtung seiner Natur zugemuthet wird,
und diese liegt in der Abthuimg des grausamen Hasses, welcher
dem Racenjuden unveräusserlich anhaftet. Zweitens ist es dem
Juden aber auch entsprechender, in Verstand wie in Gemüth
etwas Extremes und gleichsam eine vollständige Kopfstellung
anzunehmen, als irgend ein Maass einzuhalten. Von solcher
orientalischen Spitzigkeit, Ueberschwenglichkeit und überhaupt
Uebertreibung zeugen fast alle Wendungen, die wir in der
nationaljüdischen Literatur antreflen. Das neue Testament macht
hievon keine Ausnahme, wenn es auch in griechischer Sprache ab-
gefasst worden ist. Auch ist es kein Wunder, dass die Wendungen
und Worte, welche von diesen Berichten Christus . selbst zu-
geschrieben werden und ihm zum grössten Theil und im Kerne
wirklich angehören mögen, doch ebenfalls den Stempel des racen-
jüdischen Geistes tragen. Es überrascht dies so wenig, dass viel-
mehr das Gegentheil davon ein unerklärliches Wunder sein würde.
Uebrigens vergleiche man die Thatsachen mit den Lehren,
die Handlungen mit den Worten; derselbe Christus, dem die
Vorschrift zugeschrieben wird, diejenigen zu segnen, die ims
fluchen, donnerte gegen seine eignen Feinde, die Schriftgelehrten,
mit Scheltworten wie Otterngezücht. So Etwas war oiBfenbar kein
Wohlthun gegen Feinde, ebensowenig als es auf den Hass ver-
zichten hiess, wenn Christus die Wechsler mit ihren Tischen aus
dem Tempel jagte. Hass und Zorn gegen das Schlechte müssen
bestehen bleiben; sonst hört alle Moral auf. Ueberhaupt haben
die Gemüthsbewegungen auch in ihren feindlichen Gestaltungen
ihren guten Sinn, und nicht das Feindschaftsverhältniss an sich ist
schlecht, sondern nur die Feindseligkeit gegen das Gute. Den'
Feind nicht hassen ist ein logischer Widerspruch und die funda-
mentalste Unwahrheit, die sich erdenken lässt. Ein solcher Begriff
ist widersinniger als der von Eisen, welches Holz sein soll, oder
der einer ungraden Zahl, die grade wäre. Wohl aber sagen der-
artige Extreme, in welche der haltungslos werdende Gedanke
Verfällt, dem eckigen und durchaus nicht harmonischen Judäer-
verstande zu. Dieser alterirt jede Wahrheit, indem er sie ver-
zerrt, und so mag es gekommen sein, dass eine Lehre, die in
ihren tiefsten Motiven doch wohl nicht von vornherein auf lauter
Widersinnigkeit angelegt war, in ihrer Ausprägung die gekenn-
zeichnete Zerfahrenheit des Denkens bekundete. Es ist dies eben
eine Frucht der Nothwendigkeit, in welcher sich Christus befand,
dem racenjüdischen Wesen beizukommen. Um Verwerfung dieses
Judenwesens handelte es sich; aber nur indem dieses gleichsam
mit seinen eignen Ecken gestossen wurde, konnte es aufgerieben
werden. Eine Selbstaufreibung der Judentriebe liegt also in jener
Zumuthung der Feindesliebe, aber zugleich auch ein Heuchel-
keim, wie er zu dem hebräischen Wesen oder vielmehr Unwesen
ganz wohl stimmt. Das Christische hiebei stammt eben auch
aus dem Judäischen ; nur ist es eine der bessern Rückwirkungen
gegen dessen schlechte und zugleich aus dessen unzulänglicher
Beschaffenheit.
5. Man beherzige es wohl. In jener Frage der Feindesliebe
hat man wesentlich nur die Wahl zwischen Verstandesmässigkeit
und Heuchelei. Die thatsächliche Geschichte des Christenthun^s
von seinem ersten Anfang bis auf den heutigen Tag zeigt 999
Theile Heuchelei und nur einen einzigen, der dies nicht ist. Jedoch
auch dieses eitie Tausendstel ist nur durch die Einmischung einer
Natturegung entstanden, die mit der eigentlichen Liebe nichts
zu schaflen hat Es ist dies das Mitleid mit dem Elend und der
Hülflosigkeil. Diesem Naturantfiebe, der bei den modernen Völkern
vermöge der bessern Racenbeschaflenheit auch mehr hervortrat,
sind die Einrichtungen der Barmherzigkeit zu verdanken, die man,
•wie die uneigennützigen Seiten der Krankenpflege, dem Christen-
thum zuschreibt. Soweit diese Einrichtungen nicht blosse Maske
des Eigennutzes ihrer interessirten Leiter, Faiseurs und Schmarotzer
sind, wurzeln sie allerdings im Mitgefühl mit dem Leiden und in
der Erkenntniss, dass es für den Wohlthäter wie für den Empfänger
der Wohlthat gleich heilsam sei, dass solche Werke der edel-
menschlichen Theilnahme geübt werden. Hievon abgesehen,
bleibt aber für das thatsächliche Christenthum nur Liebesheuchelei
übrig; denn die Verstandesmässigkeit, mit der sich das Juden-
wesen gegen sich selbst wenden sollte, ist selbst nicht verstanden
worden, weil sie von vornherein i^u • umdunkelt war und auch
- 30 -
nicht zu der späteren Verstandesnacht passte, in welcher die
Religion vorzugsweise ihr Wesen trieb.
Kehrt man zu Christus persönlichem Verhalten zurück, so
bekunden auch andere Züge als die Anempfehlung der Feindes-
liebe, dass es sich überall um eine recht sichtbare Umkehrung
des Judenwesens handelte. So ist jener Demuthsact oder vielmehr
jener Act absichtlicher Selbsterniedrigung, in welchem Christus
seinen Jüngern die Füsse wusch, sichtbarlich darauf angelegt ge-
wesen, als thatsächliche und handgreifliche Paradoxie zu lehren,
wie sich die Anmaassung durch Selbstkasteiung auszutilgen habe.
Dieser Act sollte ein Beispiel für diejenigen sein, die sich mit
ihrer Eitelkeit nicht zu lassen wüssten. Er sollte zunächst die
Jünger selbst beschämen und ihnen ausserdem zeigen, wie sie sich
künftighin von ihrem Dünkel zu heilen hätten. Trotz dieser guten
Seiten der Sache kann man aber doch nicht umhin, die Noth-
wendigkeit zu bedauern, vermöge deren es Juden gegenüber und
für Juden kein anderes Mittel gab, als es mit einer solchen
paradoxen Umkehrung und Kopfstellung des natürlich en Verhält-
nisses zu versuchen. Es zeigt sich hierin wiederum, dass die
Juden Alles in das Aeusserste übertrieben haben wollen, und
dass eine Wahrheit für sie auch nicht die geringste Aussicht hat,
zugänglich zu werden, wenn sie nicht auf die Spitze gestellt
wird und sich in irgend einer orientalischen Hyperbel, d. h. in
einem asiatisch übertriebenen, wörtlichen oder thatsächlichen
Ausdruck geltend macht.
Wer solchen Hyperbeln nachgehen wollte, würde in den
eignen Worten von Christus eine ganze Anzahl auffinden. Auch
die überstarken Ausdrücke von mehr als blossem Selbstgefühl
gehören hieher. Inmitten der Judenrace nehmen sie sich ganz
heimisch aus. Es würde sogar überraschen müssen, wenn sie
anders ausgefallen wären. Himmel und Erde sollen vergehen,
aber die Worte von Christus nicht. Dieser Ausspruch im Munde
von Christus selbst ist von einer orientalischen Bildlichkeit, deren
Rahmen über die natürlichen Grenzen hinausreicht. Inmitten
anderer Völker, die mehr Maass halten, würde ein solcher Aus-
druck der Zuversicht nicht angemessen gewesen sein. In der
orientalischen Umgebung gehört er aber noch zu den gelindesten
Wendungen. Der Weg, die Wahrheit und das Leben zu sein,
ist auch nicht wenig; dennoch gehört dieser Ausspruch zu den
— 3i —
verhältnissmässig natürlichen und bemessenen. Inmitten der Juden-
nation waren sehr starke Bethätigungen der Ueberzeugung noth-
wendig; denn der Racenjude ist seinem Naturell nach daran ge-
wöhnt, mit der ungeheuerlichsten Dreistigkeit Alles abzuschütteln,
was ihm nicht gleich spitzig und eckig in sein Fleisch fährt. Auf
diese Weise kann man sich die Sitte erklären, mit colossalen
Metaphern und ganz einseitigen Gedanken und Wortzuspitzungen
auf ihn einzudringen. Die Propheten hatten in dieser Hinsicht
wahrlich nicht wenig geleistet und einige ihr Volk ärger ge-
züchtigt, als es irgend ein moderner Judenfeind gethan hat. Der
offenbar milde Christus beschränkte sich darauf, die gedankliche
Selbstverwerfung des jüdischen Wesens und ausserdem die Festig-
keit der Ueberzeugung von seinem eignen persönlichen Beruf in
derartige überschwengliche, aber judengemässe Wort- und That-
formen zu kleiden. Er musste sich als Geistesführer bei einem
Volksstamme Ansehen verschaffen, der nicht gewillt war, Etwas
gelten zu lassen, was nicht in der jüdischen Art und Weise
starken Eindruck machte.
Uebrigens dürfen wir überhaupt in Christus eignen oder
ihm wenigstens zugeschriebenen Worten und Thaten eine Anzahl
racenjüdischer Züge nicht verkennen. Wir würden sonst das
ganze Christenthum in das moderne Völkerwesen hinein miss-
deuten. Wir würden das, was an dem mittelalterlichen Christen-
thum und an den heutigen Resten volkslebendiger Vorstellungen
von der Christuslehre beispielsweise germanisch ist oder über-
haupt den modernen Culturvölkem angehört, fälschlich als eigent-
liches und ursprüngliches Christenthum ansehen. Sogar das
Gedankenbild über Christus selbst, welches sich die neuern Völker
nach ihren nichtjüdischen Ideen und Gefühlen gemacht haben,
weicht erheblich von demjenigen ab, wie es durch eine un-
befangene Betrachtung aus den doch vorzugsweise jüdischen
Ueberlieferungen des neuen Testaments entworfen werden kann.
Jenes neuere Völkerbild von Christus ist weit edler geartet, und
man sollte es sich auch noch heute stets angelegen sein lassen,
dieses Bild in den Gemüthern mit derjenigen Achtung zu be-
handeln, auf welche eine solche Idealbildung europäischer Völker
schon um des Charakters dieser Völker selbst willen Anspruch
hat. Vielleicht ist es auch nur unser eignes besseres Völkerselbst,
welches Viele so treu an jenem Christusbilde festhalten lässt und
— 32 —
ihnen Alles zuwidermacht, was mit diesen sie anmuthenden
Zügen nicht stimmt. Wir werden widerlich berührt von der
heutigen jüdischen Unverschämtheit, die sich mit niederträchtigen
Worten an Christus vergreift und nur die Fortsetzung der einstigen
Hinrichtung des grössten unter den Juden aufgestandenea Pro-
pheten und Reformators ist. Noch widerwärtiger hat mich aber
immer die Manier der getauften Juden berührt, welche sich alle
racenjüdischen Zöge im Christusbilde des neuen Testaments zu-
nutze zu machen versuchen, um in ihrer christischen Maske das
Racenjudenthum nur um so ungenitter zu verherrlichen und zu
fördern.
Dem gegenüber ist es am Orte, sich vor der Untersuchung
derjenigen Züge nicht zu scheuen, die in Christus eigner Lehre
ein racenjüdisches Gepräge offenbaren. Nach Christus soll das
ganze Gesetz und die Propheten der Juden durch zwei Gebote
ersetzt werden. Das an erste: Stelle genannte ist das, Gott
seinen Herrn von ganzem Herzen zu heben. Das zweite aber,
welches diesem gleich sein soll, ist das, seinen Nächsten zu heben
wie sich selbst. Angesichts dieser fundamentalen Vorschriiten,
die über alles Andere entscheiden, bemerke man wohl, dass Gott
als Herr vorgestellt und demgemüss auch als Herr geliebt werden
soll. Dieses Herrenthum und dieses Verhältniss von Herr und
Knecht ist noch echt racenjüdisch gedacht. Allerdings mildert es
sich da, wo der Gott als Vater Aller vorgestellt wird, wie in dem
Gebet von Christus, welches nach den Anfangsworten Vaterunser
heisst und schon in diesem Anfang ein edleres Bild darbietet.
Jedoch auch in diesem Gebet hat der Scbluss schon wieder eine
andere Signatur; denn dort ist der letzte Grund und im eigent
hchen Sinne des Worts die ultima ratio bekanntlich, dass sein,
nämlich Gottes, das Reich, die Kratt und die Herrhchkeit, d. h".
dieHerrschaft, sei. Hierin bekundet sich offenbar ein Zug jödischff
Machtanbetung, die ja sonst aus dem ganzen Judenwesen und
beispielsweise auch aus der jüdischen Lyrik in den Psalmen bei-
vorleuchtet. Zwischen den Bildern vom Herrn und ICnecht einer-
seits und vom \"ater und Kind andererseits ist überdies bei den
Juden kein so grosser Gegensatz, wie bei ans und übe rhaupt b«
gemüthvolleren, zu einer milderen Sitte b« ' " "
wickelten Völkern. Das Vattrverhültniss ist I
weit mehr ein crasses UerrschaftsverhältBi
— 33 —
die jüdische Familie das nicht kennt, was neueren Völkern und
insbesondere den Deutschen als Innigkeit hohen Werth hat. Es
ist auch hier bei den Juden mehr Selbstsucht und Herrschaft
und, trotz der Verwandtschaftsbande, weniger natürliches Mit-
gefühl. Wenn wir also heute das Bild vom Vater und seinen
Kindern nach unsem Begriffen zur Erläuterung des christlichen
Verhältnisses von einem Gott und den Menschen brauchen, so
machen wir das Christenthum besser, als es thatsächlich war. Wir
legen nämlich in seine Ideen etwas hinein, wovon es, Angesichts
des Judenstaates imd der Judenfamilie, keine Ahnung hatte und
haben konnte.
Christus Verhältniss zu seiner eignen Familie ist hiebei auch
nicht zu vergessen. Er wollte bekanntlich weder von seinen
Eltern noch Brüdern etwas wissen und Hess sie, wenn er unter
seinen Jüngern lehrte, nicht zu sich, sondern gradezu abweisen.
Seine Jünger seien seine Angehörigen. Wenn nun auch dieses
Missverhältniss bei grossen Naturen, die ihren eignen reforma-
torischen Weg gehen, nichts Ungewöhnliches ist, so hatte es doch
im Falle von Christus den besonders schroffen Charakter, den die
jüdische Art und Weise der Familie seitens der mit Christus
Thätigkeit unzufriedenen Familienglieder mit sich brachte. Ein
Prophet gilt am wenigsten in seinem Vaterlande und am aller-
wenigsten in seiner Familie; dieser Satz, welcher aus begreiflichen
Gründen zwar nicht immer aber doch vielfach zutrifft, erklärt
in der That die Isolinmg von Christus gegen die Familie, der
er angehörte, oder vielmehr das selbstische Verhalten der Familien-
glieder, die mit Missfallen auf seine Reformatorrolle sahen, weil
sie dadurch in ihren herkömmlichen Interessen gestört wurden
und sich selbst gefährdet glaubten. Einem Muhamed gelang es,
seine Angehörigen auch zu Anhängern seiner Lehre zu machen.
Christus dagegen hat sich offenbar in einem schroffen Gegensatz
gegen seine Angehörigen befunden, und nicht dieser Gegensatz
überhaupt, sondern die Schroffheit desselben ist es, was auf Rech-
nung der jüdischen Familienselbstsucht zu setzen ist, die k einen
hohem Beruf, als den herkömmlichen Dienst des Judenthums,
dulden wollte. Hat doch auch Christus selbst vorausgesagt, dass
seine Lehre einst dahin wirken müsse, die Glieder der Familie
gegeneinander zu empören!
Ueberhaupt hat diese Lehre etwas Zersetzendes und Zer-
Dü bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 3
fahrenmacheades. Sie ist ein in den HeuclielbestandtheÜen ernst-
genommenes, aber so auch desorientirtes Judenthum. Ihr ver-
hältnissmässig Bestes und Natürlichstes ist die Auflehnung gegen
das heuchlerische Verlehrtenthum: aber diese relativ gute Seite
haflete an der Person von Christus, und die bessere Sache wurde
bereits durch Paulus wieder einigermaassen in das Gegentheil
verdorben. Man vergleiche hierüber sowie überhaupt bezüglich
des Urchrisüschen die vierte Auflage meiner Judenfrage (Cap. 2
Nr. 7 und 8). "Was aber die sogenannte Nächsten- und gar
Feindesliebe mit ihrem alten heuchlerischen Ursprung und mit
ihrem unmittelbaren, auch von Christus aus weiter fortwirkenden
fleuchelkeim betrifft, so ist nur ein ganz kleiner Bestandtheil
davon dadurch in besserem Lichte zu zeigen, dass man ihn auf
eine, allerdings auch quergerathene, Verstandesvelleität zurück-
führt. Die thatsächliche Frucht ist demgemäss, trotz immerhin
persönhch besserer Absichten des Urhebers der Lehre, welt-
geschichtlich nichts weiter als Judenheuchelei und deren Nach-
ahmung, sowie in neuerer Zeit daneben auch heuchlerische
Philanthropie, aber nie eine echte und natürliche Humanität ge-
wesen. Im Gegentheil stehen die bessere Menschlichkeit und der
aufrichtige Sinn mit aller derartigen Ueberlieferung auf gespanntein
Fuss. Wiesich diese Unverträglichkeit mit der fortschreitenden
Geschichte der neuern Völker immer mehr offenbaren müsse,
wird sich in der Darlegung der praktischen Auseinandersetzung
zeigen, die sich der Judenüberlieferuag gegenüber seitens der
frischen und culturfahigen Völker theils bereits vollzogen hat,
theihi demnächst vollziehen wird.
Die Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit aber, die in
diesem Capitel sich als Nebenproblem ergeben hat, möchte, das
ist zuletzt der Schluss von Allem, am einfachsten sein, wenn
man jeden Anklang an eine etwaige Hypothese von gemischtem
Blut fallen liisst. Alsdann hat der fragliche Stammesjude als be-
sonders her\'orragend unzweifelhaft nur die eine gute Eigenschaft,
sich gegen die Verlehrten von damals als gegen ein Otterngezücht
aufgelehnt zu haben. Im Uebrigen mag aber seine ganze Lehre
auch vom Gesichtspunkt der Racenkritik aus beurtheilt und daher
fast in allen ihren Zügen und Formen verworfen werden. Jed-
wede Paradoxie erklärt sich alsdann theilweise auch aus dem
Bestreben, sich durch etwas recht Ungewöhnliches auszuzeichnen
-So-
und sich dem Herkommen gegenüber eine neue Position oder
wenigstens den Schein davon zu geben. Auch der Ausbruch der
einseitigen Leidenschaft kleidet sich in Paradoxien ; ja sogar die
persönliche Selbstgenugthuung eines Sectenführers^ um in diesem
Falle nicht zu sagen Eitelkeit, mag dabei unter Umstanden,
zumal wenn er Hebräer ist, im Spiele sein können. Christus und
sein Christisches standen eben auch unter den Natiu"gesetzen
des Empfindens, Fühlens und Denkens, und noch dazu unter
denen, die der hebräischen Natur anhaften. Die Folgerungen
hieraus bringen mehr Klarheit und Einheitlichkeit in die Be-
trachtung; aber wir haben ursprünglich lieber davon abstrahiren
und der Hypothese von der Mischlingsnatur auch jetzt noch ein
Bischen vorläufigen Spieb-aum ofl'en gelassen. Unsere Erörterungen
sind dadurch zweischneidig geworden, nämlich auch verbindlich
für oder gegen Diejemgen, die auf die Blutmischungsannahme
nicht verzichten wollen. Wir allerdings haben schliesslich diese
Annahme, obwohl wir sie selber streiften, als ein Verlegenheits-
erzeugniss durchschauen gelernt. Jene pure Verlegenheitshypo-
Ihese von der nicht racenjüdischen Natur von Christus ist nämlich,
genauer untersucht, pure Willkür, und wäre nie aufgestellt worden.
Wenn man nicht das beutige Christenthum moderner Völker vor
der Missliebigkeit hätte bewahren wollen, auch persönlich einen
rein racenjüdischen Ursprung und überdies zum Gegenstande
seines Cultus oder wenigstens der moralischen Achtung einen
Stammesjuden zu haben. Ueber Letzteres können sich nun aber
die modernen Völker hinwegsetzen, sobald sie nur entschlossen
sind, dem Christischen den Rücken zu kehren und die eignen
bessern Eigenschaften zu einer höheren religionsersetzenden
Geisteshaltung zu entwickeln.
Drittes Capitel.
Loslösung der modernen Völker von aller
I Judenüberlieferung.
1. Den bisherigen Darlegungen zufolge ist das Christenthum
in zwei Bestandtheile zu zerlegen. Der eine desselben ist wesent-
lich racenjüdisch, der andere rührt von den modernen Völkern
her. Wenn man beispielsweise auf deutschem Boden und zwar
3*
— 36 —
vorzüglich in den Kreisen der Consen-ativen oder der Romantiker
vom christlich Germanischen redet, so ist die Verknüpfung dieser
beiden Worte allerdings geschichtlich gerechtfertigt. Nicht minder
gerechtfertigt ist aber ihre Trennung; denn das Germanische muss
sich von dem Christlichen scheiden. Nur so kann der deutsche
und überhaupt der moderne Völkergeist seinen Beruf erfüllen.
Er muss mit allen JudenüberUeferungen brechen, wenn er sich
selbst vollständig gewinnen imd in seinem edleren Wesen
ausleben will. Das sogenannte Christenthum in seinem
bessern Bestandtheil ist aber nur ein Name für Elemente
des neueren Völkergeistes, die mit der Judenrace und dem, was
diese anging, nichts zu schafien haben. Was die persönlich
achtungswerthe That auf dem Boden Palästinas, also den Versuch
einer Reformation des Judenthums betrifft, so dient sie, je ernst-
licher sie gemeint war, nur um so mehr zum Beweise, dass an
der Judenrace, wie der Volksausdruck sagt, Hopfen und Malz
verloren war. Jener Versuch beweist, dass aus der Umgebung
des Judenstammes heraus und in Anknüpfung an seine lieber-
lieferungen nichts zu retten und nichts zu verbessern gewesen
ist. Das Misslingen war nur eine Bestätigung der Unmöglichkeit,
aus dem Judenwesen etwas Gutes zu machen und, um auch ein-
mal einen hier passenden eignen Ausdruck des Reformators zu
gebrauchen, Trauben zu lesen von den Domen. Eine Dornenkrone
Hess sich davon pflücken, aber nichts Anderes, und im Uebrigen
ist jener Opfertod höchstens in der Gesinnung anderer besserer
Völker geistig fruchtbar geworden. Jedoch auch hiebei hat ein
Missverständniss obgewaltet. Die bessern Völker haben nicht be-
grillen, dass sie nur das Surrogat waren, und dass ursprünglich
die ganze Lehre und der ganze Versuch doch an Juden gerichtet
und auch ausschliesslich für Juden bestimmt war. In diesem
Sinne war das Christenthum in seinem Ursprung ein an sein Ende
und bis zur Verzweiflung an sich selbst gelangtes Judenthum.
Hiefür zeugt auch die Beschafienheit des neuen Testaments.
Neben dem Versuch zum Guten, den es beurkundet, offenbart
es auch viele Zerflossenheit, wie sie von den Schülern und An-
hängern der neuen Lehre ausging. Dahin gehört die zweideutige,
an Verwerfung streifende Behandlung der Ehe und überhaupt der
zerfliessende Communismus mit seinem Terrorismus und seinen
Gewaltthaten gegen diejenigen, die ihre Güter vorzuenthalten
— 37 —
sagten. Es deuten diese Züge auf eine zerrüttete Gesellschaft
und auf eine entsprechend zerrüttete Denkweise. Der zerfliessende
Geist, der sich in vielen Theorien des neuen Testaments nicht
verkennen lässt, war offenbar eine Wirkung der allgemeinen
Zersetzung und Zerfahrenheit, die damals nicht blos die Juden-
gesellschaft, sondern auch die ganze Culturwelt des verkommenen
Griechenthums und des ebenfalls schon gesunkenen Römerthums
ergrifien hatte.
In der Völkergeschichte ist es eine alte und sehr begreifliche
Erfahrung, dass die äusserlich triumphirenden, frischeren, darum
aber auch unentwickelteren Völker von den Besiegten mit einiger
Bildung imd Cultur auch viele Verbildung, allerlei Laster und
neben diesen auch geistige Verderbtheiten annehmen. So gerieth
das Griechenthum mit seiner Asiatisirung vollends in Verfall, und
so wurden die Römer erst recht corrumpirt, als sie die griechische
Welt und einen Theil des Orients überwanden. Wirklich frische
Völker sind in diesen Beispielen allerdings nicht vertreten; aber
die Nationen der Völkerwanderung und unter ihnen die Germanen,
welche sich über das römische Reich erobernd ergossen, konnten
der Ansteckung um so weniger ausweichen, je unkundiger sie in
. den Künsten der raffinirten Civilisation waren. Ihr Zustand war
geistig rückständig im Verhältniss zu dem, was ihnen geboten
wurde. Sie nahmen an. was sich ihrer Fassimgskraft am eben-
bürtigsten aufdrängte. Zu höherer Bildung waren sie zunächst
unfähig; so Etwas kam erst fast ein Jahrtausend später mit der
Wiedererweckung der Wissenschaften und Künste aus den grie-
chichen und römischen Literaturresten. Wohl aber fielen sie einer
andern Macht anheim, die, anstatt wissenschaftlich und künstlerisch
zu sein, vielmehr die Feindschaft gegen Wissen und Kunst zum
Princip hatte. Dies war das Christenthum in seiner überlieferten,
wesentlich jüdischen Gestalt. Allerdings war es auch mit anderm
Asiatismus versetzt, wie namentlich mit der Lehre von der Drei-
einigkeit, der man einen indischen Ursprung zuschreiben muss.
Dies thut aber nichts zur Sache. Die anscheinend neue Religion
empfahl sich wenigstens durch jüdischen Mangel an Sinn für
Wissenschaft und Kunst, und so mag sie dem brutalen Wesen
der noch in ihrer Kindheit befindlichen Völker durch scheinbare
Naivetät zugesagt haben. Der herrschende rohe Aberglaube, den
die Fäulniss der alten Welt mitsichgebracht und den die bunte
— 38 —
Völkermischimg colossal Tcrmehrt hatte, steigerte die Empfäng-
lichkeit für ieden zusagenden Widersinn. Die angestammten
Götter der frischen Völker waren zu rohe Vorstellungsgebilde,
um auf dem Boden fremder besiegter Nationen aushalten zu
können, und so verschaflte sich das Christenthum weitern Ein-
fluss, nachdem es zuvor aus dem jenseitsbedürftigen Elend der
alten zersetzten Griechen- und Römerwelt seine Nahrung gezogen
hatte. Die entfernteren nordischen Völker, die auf eignem Boden
hausten, sind aber dem Christenthiun nicht freiwillig zugefallen.
Sie mussten erst durch das Schwert anderer bereits bekehrter
Völker zimi Christenthimi gleichsam gepresst werden. Wir auf
unserm norddeutschen Boden sind Beispiele dieser Art, und die
Skandinavier haben das Christenthum fast erst im Uebergange
zum zweiten Jahrtausend zugelassen. Ob es bei ihnen dafür auch
am längsten dauern werde, ist eine andere Frage. Es steht dieser
Annahme wenigstens entgegen, dass mit der kürzeren Zeit auch
das Wurzelschlagen kein allzu tiefes sein kann. Es wird also
dabei weniger auf eine Selbstauflösimg des Christenthums, als
vielmehr auf das Wiederhervorbrechen der Macht des ger-
manischen Urgeistes zu rechnen sein.
Wie aber auch der Stoff in unser Fleisch und Blut gedrungen,
er wird in jedem Falle wieder ausgeschieden werden müssen,
sollte auch das Heilverfahren einige seh merzhafte Operationen ein-
schliessen. Eine solche Ausscheidung der in der Unmündigkeit
angenommenen fremden Elemente ist überhaupt eine menschheits-
geschichtliche Nothwendigkeit. Sie gilt für alle Gebiete und
nicht blos für das derReligion. Andere, uns naheliegendeBeispiele
sind das römische Recht, die römischen Literaturüberlieferungen
und die ganze geistige Erbschaft vom Giiechenthum her. Was
gut ist und dem bessern neuern Völkergeist nicht widerspricht,
wird natürlich in der Sache beibehalten werden, wenn auch dasr
fremde Gewand, in welches sich die neuere Bildung nun schon
ein halbes Jahrtausend lang gehüllt hat, abgelegt werden muss.
Zu diesem Guten gehört besonders das rein Verstandesmässige ;
denn der Verstand kann in seinen wirklich gelungenen Herv'or«
bringungen am ehesten von Nation auf Nation übergehen. Rein
wissenschaftliche Züge, also auch diejenigen der Rechtstheorie
und namentlich einige Seiten des sogenannten Obligationenrechts,
können angeeignet werden, wie mathematische Sätze; aber sie
— 39 —
dürfen -eben darum nicht im Gewände abgelebter Sprachen ver-
bleiben. Dagegen ist Alles, woran die Geschichte ändert, also
namentlich die Individualität der Völker, unübertragbar oder wird
nur als oberfläc hlicher Schein und zum Schaden des eignen Wesens
angenommen. Es mag einige rohe oder noch unkundige Genera-
tionen vorläufig schulen und formell einige Dienste leistenj aber
es muss dafür später in seinem unhaltbaren Inhalt wieder ^bgethan
werden. Nach solchem Lernen ist auch viel zu verlernen, und
diese Arbeit, so schwer sie den Völkern ankommt, muss zur
Befreiung ihres eignen Geistes einmal auch verrichtet werden. So
täusche man sich, um das verführerischste Beispiel zu wählen, durch
die verhältnissmässigen Formvorzüge griechischer Belletristiknicht
über deren unzulänglichen, ja oft unleidlichen Inhalt. Der grie-
chische Nationalcharakter war kein letztes Ideal; Trug und List
waren wesentliche Bestandtheile. Das fragliche Volk hat dem-
gemäss auch sein Schicksal erfüllt; aber nicht blos um Völker-
leichname, sondern auch um Literaturleichname handelt es sich.
Wer tief genug eingedrungen ist in diese Reste, muss lächeln,
wenn er die neuere Humanität als von den Griechen stammend
ausgegeben findet. In dieser Einbildung der sogenannten classi-
schen Gelehrten waltete von vornherein ein ähnliches Missverständ-
niss ob, wie bezüglich des Christenthums. Der neuere Völkergeist
hat nach seinem eignen Bilde das Alterthum idealisirt und ihm
auch solche bessere Züge zugeschrieben, die es wirklich nicht
hatte und nicht haben konnte. Die ganze Vorstellimg von dem
humanen Charakter der classischen Studien und der ganze moderne
Begrifl' der Humanität ist auf diese Weise entstanden. Das
Griechenthum unbefangen betrachtet, weist weder in seinen
Thaten noch in seinen Schriften, ja nicht einmal bei seinen
wirklichen Weisen, wie bei einem Sokrates, diese Vorstellung der
Humanität im Sinne einer milden und veredelten MenschUchkeit
auf. Unsere Begriffe von der Humanität sind allerdings durch
derartige Literaturanregungen mit entstanden; aber sie stammen
im tiefsten Grunde aus unserm eignen Völkerwesen. Indem wir
die griechischen Lehren in uns aufnahmen, arbeiteten wir sie
nach unserm eignen bessern Maasse um. Allermindestens müsste
man auch in der Humanität, wie im Christenthima, zwei Bestand-
theile unterscheiden; denn derjenige Bestandtheil oder diejenige
Art von Humanität, die sich im Alterthum selbst findet, ist un-
— 40 —
gleich unvollkommener als die moderne, mag es sich nun um
leitende Begrifie oder um kennzeichnende Thaten handeln.
Was ist überhaupt Menschlichkeit? Doch wohl die irgend
einer bessern Menschenart, also irgend einer Nationalität, insofern
sie etwas gut MenschUches an sich hat Humanität ist edlere
Menschlichkeit. Je edler ein Volksstamm ist, um so besser wird
er die Menschheit in sich ausprägen. Bios Mensch zu sein,
ist äusserst wenig, und kann nicht nur an das Vieh, sondern,
was schlimmer ist, gleichsam an den Teufel grenzen. Mensch
ist auch der Judäer; aber auf blosses Menschsein können wir
bei dem besten Willen nicht viel geben; denn dieser Charakter
ist gar zu vielgestaltig und gar zu fähig, zu entarten und in den
widerwärtigsten, werthlosesten Typen zu existiren. Wenn nun
schon bei der Hiunanität ein Unterschied nöthig ist, so ist er
noch weit noth wendiger bei jener th at sächlichen Abart des Juden-
thums, die heute einschliesslich der beigemischten Elemente des
modernen Völkergeistes Christenthum heiSvSt. Der Gegensatz inner-
halb dieses gemischten Christen thums ist ein gewaltiger; denn
wieweit muss nicht eine Ueberlieferung der Judenrace von dem
Geiste der europäischen Völker abliegen! Wenn wir beispiels-
weise nur Römisches oder Griechisches aus unserm Fleisch und
Blut auszuscheiden haben, so ist dies eine gleichsam häusliche
Angelegenheit innerhalb der bessern europäischen Völker. Wenn
wir aber Judäisches auszuscheiden haben, so ist die Kluft die
zwischen Semiten und Ariern; ja noch mehr, es ist der schlechteste
Semitenstamm, der dem kernhaftesten indogermanischen Volk
entgegensteht, wenn speciell der nordisch germanische und
deutsche Geist sich der weitern Impfung mit jüdischer Lymphe
erwehrt.
Man muss sich die Einimpfungen aber nicht blos in der
Gestalt geistiger Elemente nach Art einer sogenannten profanea
oder heiligen Literatur denken. Die Ueberlieferungen des Römer-
reichs sind handgreiflich auch noch anderer Art gewesen. Es
haben sich Einrichtungen römisch kaiserlicher Knechtschaft ver-
erbt, ehe das Studium des römischen Rechts wieder lebendig
wurde, während andererseits die Literaturreste der bessern Zeit-
alter des Römerthums dazu dienten, die neuern Völker wieder
an etwas Freiheit wenigstens theoretisch zu mahnen. Vom Juden-
thum her und überhaupt vom Asiatismus sind aber praktisch
— 41 — .
üiur priesterherrscherliche Einrichtungen den neuern Völkern
«ingepfropft worden. Ueberdies ist die allgemeine Knechtschaft
-des römischen Reichs noch bedeutend durch den innerlich
sklavischen Sinn verstärkt worden, den die Judenüberlieferung
desChristenthums athmet. Die ünterthänigkeit wurde zurReligion,
und bei den Einführungen des Christenthums hat es diesem oft
zur Empfehlung gereicht, dass die absoluten Machtgelüste der
Herrscher noch ungefesselter Völker dadurch in den Stand gesetzt
wurden, ihre Unterwerfungen im Innern und Aeussern beträcht-
lich auszudehnen. Das Christenthum lehrt einen duldenden
Gehorsam und entfernt sich hiemit nicht weit vom Judenthum,
dem das Verhältniss von Herr und Knecht gleichsam aus dem
eignen nationalen Fleisch in der crassesten Mustergültigkeit ent-
sprossen war. Das Christenthum wandelte hiebei nur die rohe
Knechtsnothwendigkeit, die im jüdischen Naturell lag, in eine
sanftere duldsame Ergebung um und machte so aus der Noth
noch gar eine Tugend. So Etwas widerspricht aber jedem freien
land bessern menschlichen Wesen. Politisch haben Judenthum
vLTi± Christenthum nicht blos die Knechtschaft begünstigst,
sondern sie auch noch, wie der übrige Asiatismus, in geistlichen
ormen verkörpert. Was hat beispielsweise das kanonische
echt nicht für erniedrigende Einrichtungen und Verfahrungs-
^rten in die Welt gebracht! Die Folter war zwar eine Reminescenz
^n die processualische Behandlung römischer Sklaven durch die
Berichte ihrer Herren; aber der inquisitorische Process mit
seiner Vereinigung aller Rollen im Richter, mit seiner Heimlich-
keit, mit seiner Vergrabung von Allem in geheime schriftliche
Acten, mit seiner völligen Schutzlosigkeit der Processirten und
^it seiner absoluten • Beamtenwillkür war ein echt geistliches
Institut. Wollen wir also den Asiatismus von uns schleudern,
^o haben wir nicht blos auf Literaturreste und religiöse Ideen,
sondern auch auf die Infectionen der Lebenseinrichtungen [zu
achten. Was nun speciell den hier in Frage stehenden Haupt-
gegenstand betrifft, so ist das racenjüdische Wesen mit allen
seinen geschichtlichen Ausläufern hauptsächlich in zwei Gestalten
^^ die neuern Völker eingedrungen. Erstens haben wir es mit
^er Verjudung der neuern Literatur durch den Canal des Christen-
thums zu thun, und alsdann tritt uns an zweiter Stelle diejenige
persönliche Verjudung der neusten Literatur entgegen, die nicht
— 42 —
•
mehr auf den Einflüssen des Christen thums beruht, sondern
direct von den Juden ausgeht.
2. Da die neuste rein jüdische Verunstaltung der Völker-
literatur und insbesondere der deutschen in erster Linie eine
moralische ist und sich bis jetzt nur wenig auf die eigentliche
Religion erstreckt hat, so ist hier zunächst und hauptsächlich
jene christische Geistesverjudung ins Auge zu fassen, deren Be-
thätigung sich seit länger als einem halben Jahrtausend an den
grössten Beispielen nachweisen lässt. Da ist zunächst der vorzugs-
weise mittelalterliche Dichter, der die Kräfte seiner Phantasie
und seinen lebendigen, schwungvollen Bilderreichthum noch,
verhältnissmässig am besten in der Zeichnung einer Hölle hat
spielen lassen. Dante mit jenem Werk, welches nun bald sechs
Jahrhunderte alt sein wird, ist im Sachlichen und in den Ent-
lehnungen aus der Vergangenheit so recht ein Beispiel der
falschen Einflüsse, die den bessern Völkergeist verunzierten. In
seiner Hölle befindet sich Sokrates, und in seinem Himmel thronen
jüdische Weiber und Männer wie Eva, Judith, Adam, Moses,
David und dergleichen. Das alte Testament liefert ihm die
Herrscher des Himmels ebenso wie das neue. Dante nimmt zu
seinem Führer in der Hölle absichtlich einen römischen Dichter,
den Virgil, damit es ein Heide sei^ dem diese Ciceronearbeit für
die höllischen Sehenswürdigkeiten zufalle. In derThat sind es
für einen edleren Geschmack keine Sehenswürdigkeiten; denn
die Dantesche Phantasie hat sich hier meist so in das Wider-
wärtige versehen, als wenn sie direct von den Hässlichkeiten
des racenjüdischen Geistes befruchtet worden wäre. Dantes Moral
ist nur scheinbar eine grosse und gerechte; denn ihre Rachsucht
hat gar zu wenig Maass und Harmonie. Die Rache, so berechtigt
sie ist und so innig sie mit der Gerechtigkeit zusammenhängt,
verzerrt sich bei Dante nicht selten bis zur Wüstheit, ja bis zum
Ekelhaften. Es ist in Dantes Urtheilen und Bemerkungen zu
seinen höllischen Sträflingen und Peingestalten oft eine äusserste
Härte und Grausamkeit, die lebhaft an den jüdischen Ursprung
derartiger Vorstellungen erinnert. Des ästhetisch Maasslosen und
Hässlichen findet sich soviel, dass man darüber die wirklich
bessern Züge angemessener Gerechtigkeit aus den Augen verliert.
Wie soll man nun bei einem Italiener von solcher Dichter-
kraft ersten Ranges diese Neigung zu ästhetischen und sittlichen
— 43 —
Zerrbildern erklären, wenn nicht aus seinem Stoff? Ich kenne
hier keine andere Quelle des widerlich Hässlichen, als die alten
Judenschriften und die zugehörige Ueberlieferung. Von daher
hat Dante den schlechteren Bestandtheil seines übrigens gewiss
mächtigen Geistes. Selbst ein Goethe, der bezüglich des Sittlichen
und Ernsten hier nicht einmal in Frage kommen kann, hat
wenigstens den ästhetischen Mangel der Danteschen Komödie
empfunden. In semem „Zweiten Aufenthalt in Rom" nennt er
„die Hölle ganz abscheulich, das Fegfeuer zweideutig imd das
Paradies langweilig'* und nach einigen dreissig Jahren braucht er
in seinen „Annalen'* noch die Ausdrücke „Dantes widerwärtige,,
oft abscheuliche Grossheit'*. Ja er hatte nicht begreifen können,,
wie man sich überhaupt mit Dante zu beschäiftigen vermöge. Dies
letztere freilich ist auf Rechnung des Goetheschen Naturells zu
setzen, welchem auch der berechtigte Ernst Dantes zuwider sein
musste. Im Gegensatz hiezu ist bei Dante grade der hohe Ernst
oder wenigstens das Streben danach anerkennenswerth. Dante steht
nicht an, sein früheres Leben selbst zu verurtheilen und sich von
seiner Schuld im stillen Strome der Vergessenheit reinigen zu
wollen. Auch hatte er wirkliche Ursache dazu. Er Hess sich
sogar auf dem Wege zu seinem eignen Himmel von seiner
abgeschiedenen Geliebten Beatrice wegen seinesLeberis nach deren
Tode eine Strafpredigt halten. Doch die Hauptschuld Dantes
liegt nicht in seinem Leben, wenigstens nicht, wenn wir nur das
betrachten, was für uns von ihm übrig ist, nämlich seine Dichtungen.
Hier liegt die Schuld in dem Nachgeben an die jüdische üeber-
lieferimg und in der Thatsache, dass Dantes eigner besserer
Geistestheil nicht stark genug gewesen ist, sich gegen die ein-
geimpfte Scholastik aufzulehnen. Sein jüngerer Zeitgenosse, der
Denker und Forscher Roger Baco vermochte dies in hohem
Grade; aber die Dichter stehen eben auch nicht auf der Höhe,
sondern neigen stets mehr zum Niveau ihres Zeitalters« Die
Behandlung Dantes in meinem besondern Werk über die Literatur-
grössen (1893) ergänzt nicht nur das hier Gesagte, sondern
wird auch davon ergänzt. Dort wird die Mischnationalität Dantes
als eines Romanen noch besonders in Bezug genommen.
Kaum drei Jahrhunderte nach Dante und zwar ebenfalls auf
italienischem Boden nimmt sich derEinfluss der jüdisch christlichen
Ueberlieferung anders aus, wenn wir die Art und Weise Tassos
— 44 —
betrachten. Dieser weiche melodische Dichtef hat in seinem
befreiten Jerusalem einen sehr harten, weil kriegerischen Stoff.
Er will ihn mit dem, was er die himmlische Muse nennt, verklären,
sich aber Schmuck und Zier vom Pamass holen. Letzteres ist
auch sichtlich geschehen, und das Alterthum hat mehr Antheil
an der Dichtung, als der Geist der Kreuzzüge. Man sieht hier,
wie die Wiedererweckimg des griechisch römischen Alterthums
dem Christenthum und Mittelalter in das Gehege kommt. Doch
dürfen wir darüber nicht den Hauptstoff vergessen. Wer würde
heute einen Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems erträglich finden?
Wenn wir Jerusalem zu erobern haben, so ist es nicht das in
Palästina, sondern liegt als Judenrace auf unserm eignen Boden.
Wir wollen nicht mehr Jerusalem, sondern uns höchstens von
Jerusalem befreien, und in jenen mittelalterlichen Kreuzzügen, wie
sie von Tasso verherrlicht wurden, sehen wir weniger Bemühungen
um das Grab des Erlösers, als vielmehr Kämpfe der europäischen
Völker gegen die Orientalen. Wir sehen darin Regungen der
arischen und insbesondere der germanischen Völkerkräfte gegen
die andringenden Asiaten. Diese kamen später doch dazu, sich
namentlich mit dem Türkenreich in Europa festzusetzen. Aber
dafür haben wir nun auch noch viel nachzuholen. Hätten die
Kreuzzüge grössere Erfolge gehabt und die Fluth des Asiatismus
gehemmt, so wäre das, was heute orientalische Frage heisst, nicht
vorhanden. Aber das Völkerstreben wurde durch die Kirche
missleitet und verpfuscht, ähnlich wie früherund heute der Gegen-
satz gegen die Judenrace durch christliche Schlagworte und nament-
lich durch die falsche Entgegensetzung von Christ und Jude, anstatt
von Arier und Jude, abgestumpft wird. Das Christliche in seiner
jüdischen Ueberlieferung als Theokratie oder Kirche ist nur ein
Hemmschuh gegen die volle Thatkraft der bessern Völker gewesen.
Diese Thatkraft wurde anarchisch und zerfahren gemacht durch
die untergeschobenen Gesichtspunkte der Religion. Tasso hatte die
Kreuzzüge lange hinter sich, und sein Gedicht ist gleichsam ein
Nachhall, der von der Schwelle des neueren Geistesregimes in
nachgeahmten classischen Wendungen zurückgeworfen wird. So
romantisch der Stoff und die Märchenhaftigkeit seiner Erzählungen
sich ausnimmt, so classisch treu sind die Entlehnungen vom
Alterthum. Es begegnet Tasso, dass er Virgils Wendungen nur
umdichtet, ja dass er sie, wo es ihm passt, fast wörtlich wieder-
— 45 —
giebt, wie beispielsweise in dem Schelten Didos auf den ent-
wichenen Aeneas, wovon er für ein ähnliches Paar einen nur im
Versmaass veränderten Gebrauch macht. Das sind nun wahrlich
Zeichen, wie an die Stelle der Abhängigkeit vom jüdisch christ-
lichen immer mehr Anleihen bei dem classischen Alterthum treten.
Die Befreiung Jerusalems wird mit classischen Reminiscenzen
verziert und es wird eingestandenermaassen schon auf die irdische
xMuse gezählt, um einige Eleganz in einen Stoff zu bringen, der
an sich mit nichts weniger als mit der Schönheit, sondern im
Gegentheil mit dem Judenhässlichen zu schaffen hat.
3. Die Dichter stehen, wie gesagt, der Tiefenlage des jedes-
maligen Zeitgeistes gewöhnlich nahe genug, um die besten Beispiele
für die rückständigen Einflüsse zu sein. Man bedenke nur, dass
ein Zeitgenosse Tassos der wirklich grosse Denker Giordano Bruno
war, der ganz und gar den neuem Völkergeist vertrat, nur dass
er einigen Zügen des griechischen Alterthums in seinen Vor-
stellungen noch zuviel Spielraum gestattete. Auf dem Holzstoss,
den er zu Rom 1600 besteigen musste, hielt man ihm schliesslich
noch das Kreuz vor. Mit gerechtem Unwillen wies er es zurück,
und diese Handlung ist dem verdorbenen Christenthum gegenüber
fortan ein Merkzeichen für alle w^irklich freien Geister. Christus
wurde wegen Gotteslästerung, Bruno wegen Ketzerthum oder
vielmehr als angebliches Ketzerhaupt hingerichtet. Die zweite
Execution wird nicht minder, sondern mehr Folgen haben als die
erste. Sie wird ein Angedenken werden bei Allem, wo es gilt,
die Judasthaten, und zwar diejenigen im christlichen Gewände, zu
züchtigen. Wie der Weg zu dieser Gerechtigkeit aber langsam
ist, dafür zeugt noch die religiöse Schmach des 17. Jahrhunderts,
ich meine die widerlich heuchlerische Farbe der englischen Re-
volution. Wie tief hier grade das durch die Reformation wieder
aufgewühlte Christenthum in jüdisches Wesen verfallen war, zeigt
wiederum ein Dichter imd zwar ein seiner Formkraft nach be-
deutender Dichter, dem wirklich einige Leidenschaft im Religiösen
und Politischen zu Gebote stand. Milton ist in der That das
traurigste Beispiel von der Verirrung, in welche die Impfung mit
den alten jjudenschriften gerathen lassen kann. Milton war ein
Kämpfer für politische Freiheit, ja ein Republicaner. Innerlich war
er aber von der Judenüberlieferung so geknechtet, dass er in seinem
Hauptwerk den Sündenfall zum Hauptgegenstande hatte. Das
— 46 —
verlorne Paradies malt die Apfel- und Schlangengeschichte in
einer wahrhaft albernen Weise aus. Ueberdies herrscht bei Milton,
eine erkünstelte Verachtung der Philosophie und des classischen
Alterthums, ja überhaupt alles selbstständigen Denkens. Bei ihm
sind es nur die Teufel, welche philosophische Speculation betreiben.
In seinem wiedergewonnenen Paradies, welches dadurch entsteht,
dass Christus die Versuchungen des Teufels von sich weist, legt
er sogar Christus eine Verurtheilung der griechischen Literatur
imd Kunst in den Mund, die an Verherrlichung des Judenthums
nichts zu wünschen übriglässt. Die hebräische Harfe wird hier
über die griechische Leier gewaltig erhoben, ja soll, was wirklich
echt rabbinisch klingt, sogar die Mutter des griechischen Gesanges
sein. Was wäre nach Judenansicht nicht schon Alles in den alten
Judenschriften enthalten! Nach der bescheidenen Judenansicht
giebt es keine Weisheit und keine Kunst, die nicht von den Juden
ausgegangen wäre, während in Wahrheit die Juden das wissens-
und kunstwidrigste Volk sind, das sich je in der Weltgeschichte
bemerklich gemacht hat oder vielmehr ihr lästiggefallen ist. Doch
bei Milton ist Christus bis zu dem Punkte als Nationaljude
gezeichnet, dass er ausdrücklich nur das in hebräischer Sprache
Niedergelegte ansichkommen lassen und speciell auch von Plato
und über Sokrates nichts studiren will.
Milton gilt als wirklicher Schwärmer der Religion, und die
Puritaner sammt Cromwell waren allem Anschein nach von
gewissen düsteren Empfindungen und Gedanken auch wirklich
ergriffen. Was hat aber einem Milton das, was Manche sein er-
habenes Christenthum nennen, für sein eignes Schicksal und
seine eigne Gemüthsruhe gefruchtet? Er war in späten Jahren
blind geworden. Man kann sich nun in seinem verlornen Paradies
davon überzeugen, wie unmännlich er über seine Blindheit jammert.
Auch für sein Familienleben war sein Christenthum nichts werth;
denn nicht leicht hat Jemand unglücklicher und, wohl zum Theil
durch eignes Verschulden, unangenehmer in der Ehe gelebt, als
grade Milton. Seine gelehrten Tractate über Ehe haben ihm dabei
nicht mehr gefruchtet, als seine dichterische Versenkung in d^s
Christenthum. Dies erklärt sich leicht; denn erstand dem bessern
neuem Völkergeist in Folge seiner Verfahrenheit in die jüdischen
Literaturüberlieferungen allzu fern. Seine gröberen Leidenschaften
sind in seinen sonstigen Gedichten unverkennbar, und sie, ver-
— 47 —
blinden mit Spuren einer gewissen Lüsternheit, erklaren auch die
Wahlverwandtschaft, mit welcher er den religiösen Seiten der
jüdischen Denkart in so hohem Maasse anheimfiel. Grade er ist das
traurigste Beispiel derjenigen Geistesemiedrigung, in die ein An-
gehöriger der neuem Völker durch die Einlassung mit der Juden-
literatur gerathen kann. Er steht in diesem Punkte tief unter Dante,
der, trotz aller eingemischten jüdischen Züge der Denkweise, doch
im Ganzen noch ein hohes Maass von Selbständigkeit behauptet hat.
Man wird vieUeicht einwenden, dassMilton nicht maassgebend
für seine Nation sein kann, da ihm der unvergleichlich grössere
Shakespeare vorangegangen war. Allein Shakespeare war fast
ausschliesslichDramatiker und stand noch unmittelbarer unter dem
Enfluss der negativen und kritischen Bestandtheile der Reformation.
Seine eigne Denkweise entsprach ungefähr dem Niveau der Re-
formation, nur dass sie noch etwas geläuterter war, was wir juif
<lie persönliche Geistesüberlegenheit des Dichters zurückzuführen
haben. Je höher eine Dichtematur steht, in um so gnisserem
Maasse wird sie die Züge des Aberglaubens zu vermeiden oder
doch wenigstens zu mildern wissen. Shakespeare war mit seinem
weiten Blick nicht der Mann, um sich durch die heilige Literatur
der Landsleute von Shylock beirren zu lassen. Der Umstand,
dass Shakespeare in seiner Zeit nicht im Entferntesten zur volk'n
Anerkennung kam, im folgenden Jahrhundert sogar in den Hinter-
grund gedrängt wurde und noch ein weiteres Jahrhundert Worten
musste, ehe es zu einer Wiederbelebung des Interesses an seinen
Schöpfungen kam, ist für seine Nation kennzeichnender, als die
Thatsache, dass er innerhalb ihres Bereichs erzeugt werden konnte.
Hiezu kommt noch, dass er im 18. und im 19. Jahrhundert bei
den Deutschen besser gewürdigt worden ist, als auf seinem
heimischen Boden. Hierin liegt neben allem Uebrigen auch für
die Religion ein Fingerzeig. Die Deutschen sind doch etwas un-
befangener und hängen weniger am Aberglauben als die Engländer.
So konnte ihnen auch Shakespeare, der im Verhältniss zu seinem
Zeitalter, zumal für efnen Dichter, eine ziemlichi^ Freiheit von
religiöser Eingenommenheit aufwies, eher zusagen. Der religiöse
Rückschlag in der englischen Revolution, der auch Shakespeares
Hinterlassenschaft und sein weniger düsteres Zeitalter wieder
zurückdrängte und mit finsterem Wesen überschattete, ist eine
der merkwürdigsten Erscheinungen der (ieschichte. Nie haben
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sich Revolution und finstere Frömmelei bis zu einem solchen
Grade verkuppelt, wie in jenen Vorgängen des 17. Jahrhunderts,
vermöge deren gleichsam die Bourgeoisie Englands ihre Privilegien
aufrichtete und dieses politische Geschäft mit einem grossen Theil
religiöser Heuchelei umkleidete.
Wie selbst diejenigen, die sich der neuern Naturwissenschaft
und ihrer radicalen Denkweise zuwendeten, in jener Zeit auf ,
englischem Boden, trotz eines entschiedenen Gegensatzes gegen
die Religion, unwillkürlich jüdische Züge in ihre Werke brachten,
beweist der Philosoph Hobbes. Dieser ist der Naturalist des
Despotismus, aber zugleich ein Feind der Kirche. Er, ein Lehrer
Karls n, und der Antirevolutionär par excellence, war der einzige
entschiedene und in seiner Art selbst revolutionäre Denker jenes
Zeitalters; denn der nach ihm folgende Locke stand ihm an
markirten Eigenschaften gewaltig nach. Hobbes nun hat nicht
umhingekonnt, noch eine Menge bildlicher Vergleichungen aus
der Judenliteratur anzuwenden; ja er hat sein Hauptwerk gradezu
Leviathan genannt, und durch die Erinnerung an dieses alt-
testamentUche Unthier den von ihm vergötterten Gewaltstaat
zu kennzeichnen geglaubt. Sein Bild vom Staate ist in der That
auch so brutal und despotisch, als wäre es nach dem Ebenbilde
der jüdischen Vorstellungen von Herr und Knecht gemacht.
Trotz dieses fast asiatisch gerathenen Staatsstücks hat aber Hobbes
doch philosophische Verdienste, und diese würden noch frucht-
barer sein können, wenn nicht eben die Einmischimg der
jüdischen Bilder und Vergleichungen seine Arbeiten aus dem
ästhetischen Gesichtspunkt widerlich versetzt und so für ims
weniger geniessbar gemacht hätte.
Das 17. Jahrhundert auf englischem Boden ist aber mit
dieser Probe noch nicht abgeschlossen. Auch in naturwissen-
schaftlichen Darstellungen bekundeten sich die eingewurzelten
Züge jüdischer Ueberlieferung. Newtons bibUsche Commentare
aus seinem Alter wären sehr gleichgültig; aber grade in seinen
mathematisch naturwissenschaftlichen Hauptarbeiten hat night
nur der Herrgott im ausgesprochenermaassen herrischen Sinne
eine ausdrückliche Vertheidigung gefunden, sondern es sind dort
auch wahrhaft komische Vorstellungen über den Gang der Natur
zum Vorschein gekommen. Beispielsweise hat Newton in seinem
optischen Werk sich über den Lauf der Natur oder des Welt-
— 49 —
Systems dahin ausgesprochen, dass dieses zunächst den Gesetzen
folgen werde. Sobald es aber diesen Gesetzen zufolge in Un-
ordnung komme, habe die bessernde Hand des Schöpfers ein-
zugreifen. Dies ist nun eine so unharmonische, so wissenschafts-
widrige, ja gradezu so plumpe Vorstellungsart, dass man dafür
wirklich nur das Walten der jüdischen Ueberlieferungen vom
herrischen Willkürgott verantwortlich machen kann. Freilich
musste auch das unästhetische Wesen der eigentlichen Engländer,
für welches Newton durch die SchwerfäUigkeit der Darstellimg
in seinem Hauptwerk, den Principien, eines der lehrreichsten Bei-
spiele geliefert hat, an der Möglichkeit jener disharmonischen
Vorstellungsart einen Antheil haben. Doch mit solchen Bemer-
kungen wird das Gebiet der Untersuchung schon subtiler tmd
innerlicher, als wo es sich nur um Dichter handelte, bei denen
der Aberglaube grundsätzlich gefeiert wurde.
4. Es ist nicht zufällig, dass grade England noch im 17 Jahr-
hundert die am meisten drastischen Beispiele für die der Literatur
eingepfropften Judenzüge der Denk- und Ausdrucksart geliefert
hat. Das Wesen der eigentlichen Engländer war nämlich von
Anbeginn, sobald diese Mischnationalität als vorhanden betrachtet
werden konnte, zu einem zähen Aberglauben äusserst geneigt.
Auch zeigte es bis auf den heutigen Tag, soweit so Etwas über-
haupt mit der Kluft gegen die Semiten verträglich ist, unter den
europäischen Völkern noch die meiste Annäherung an jüdische
Eigenschaften. Dies rührt offenbar weit weniger von dem
Charakter der Händlemation, als vielmehr von der Gemengsei-
natur des Volkes selbst her, wie sie auch in der Sprache sicht-
bar ist. Engländer sind nur in sehr beschränkter Weise als
Germanen zu betrachten, und die Ureinwohner des Landes waren
ebensosehr dem Aberglauben und zwar einem ähnlichen Aber-
glauben ergeben, wie die damaligen Bewohner Frankreichs, die
Gallier. Ganz entgegengesetzt verhielt es sich mit den Deutschen,
und es wird an diese Thatsache noch weiterhin anzuknüpfen sein.
Für jetzt schliessen wir an unsere europäische Umschau nach
Zeichen der christlichen Literaturverjudung eine Bemerkung über
die neusten Jahrhunderte. In diesen zeigt es sich, dass der Einfluss
der altjüdischen Schriften zwar zurückweicht, dafür aber die Juden
selbst immer mehr in den Vordergrund treten und eine immittel-
bare Verjudung der Literatur ohne christliche Züge unternehmen.
Dfihring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 4
Letzteres beginnt im 18. Jahriiundert mit dem als Juden nuschling
anzusehenden Lessing, der unter der Etiquette der Aufklärung
schlechte Judenmoral und Judendenkweise servirt. Er ist wesent-
lich abergläubisch wie der Judenstamm, dem er ofienbar zum
Theil angehörte und ganz diente. Selbst gröberer Aberglaube,
wie der an eigentliche Seelenwanderung, ist von mir in meiner
Schrift über seine Ueberschätzung nachgewiesen worden.
Die Literatur ist ein Spiegel der Zustände. Was in ihr zu
Ansehen gelangen kann, zeugt für den jedesmal herrschenden
Geist. Die falschen wie die wahren Grössen sind hiefür Zeichen.
In meinen „Grossen der modernen Literatur" habe ich die
nationahtären Gesichtspunkte, mehr als irgendwo in Literatur-
geschichten geschehen ist, in ihrem Zusammenhang mit der
giöbem oder feinern Aesthctik zur Geltung gebracht. Ich ver-'
weise hierauf im Allgemeinen, statt hier den Raum mit Aus-
führungen einzunehmen, die in diesem Zusammenhange doch
nicht ausführlich genug ausfallen könnten. Namentlich für die
neusten Jahrhunderte, in denen sich so Vielerlei mischt und das
Gepräge unsicher wird, würden kurze Kennzeichnungen nicht:
anschauhch genug werden. Es seien daher nur ein paar vereinzelte
Punkte der Aufmerksamkeit empfohlen.
Im 18. Jahrhundert ist Voltaire diejenige Literatur grosse^
welche bei den verschiedenen Gelegenheilen energisch gegen die
Juden und die Judenhaftigkeit auftritt. Er ist daher auch in
diesem Punki der Aufklärer, während auf deutschem Boden die
falsche judenhafte Aufklärung Lessings, der eine überschätzte,
wesentlich durch Judenreclame aufgeblasene Nichtgrösse ist, die
Täuschung des 18. und 19. Jahrhunderts, ja die Betrogenheit und
Schmach derer darstellt, die sich davon einnehmen Hessen.
Goethe und Schiller waren mehr verclassisirt als anhebraisirt,
und durch Jenes wurde Dieses überwuchert. Jedoch ist nicht
zu vergessen, dass ein Schiller noch über die Sendung Mosi».
geschrieben hat. Der ihm an Naturkraff und innerer Wahrheit
weit überlegene Bürger, diese unterschätzte Dichtergrösse, die erst,
von mir mit ihrem ganzen Recht und in vollem Licht gezeigt
worden, war zugleich die wirkUch volldeutsche Erscheinung; abe*
auch hier trübten noch einzelne, wenn auch nur äusserlich formelle'
Züge angebibelter Denk- oder Ausdrucksweise gelegentlich diei
sonst so reine und gelungene Ausprägung des neuem^'ölkergeisles,
— Si-
lin 19. Jahrhuudert ist Shelley, der dichterische Hauptopponent
gegen die Religion, der diese als Teufel anredet, trotzdem von
iebraistelnden Zügen nicht frei und sogar persönlich judäischer
Verschwägerungsbeziehungen verdächtig. Verrätherischer für die
Üngeklärtheit seiner Denkweise ist es aber, dass er eine Philippica
gegen Christus dem Ahasver in den Mimd legt. Nun müssen
iRrir aber grade den ewigen Juden aus dem modernen Völker-
geist loswerden. Treibt er auch sein Wesen in der allerneusten
JLriteraturverjudung, nämlich derjenigen ohne christiiche Ver-
■mttelung, noch Ausgangs des 19. Jahrhunderts dumimdreist genug,
:so hat sich doch auch schon der Widerpart, der neuere Völker-
-geist, ausdrücklich gegen ihn mit einigem Bewusstsein zu regen
i>egonnen, und zwar nicht blos im Literaturgebiet, wie im Beispiel
^□aeiner eignen Schriften, sondern auch im Politischen und Socialen.
3n letzterer Richtung hat meine Judenfrage sozusagen Feuer
^und Licht gemacht. Das Facit aber ist: Die christisirendeVerjudung
liat abgenommen, ja im höhern Bildungsbereich fast aufgehört;
-<iafür hat eine directe Verjudung, vielfach unter der Maske von
IFreiheit imd Humanität, platzgegriffen, wird aber entlarvt und
-ausgekehrt, so dass die vollständige Selbstführung des neuern
"Völkergeistes bereits in Sicht ist.
Viertes Capitel.
CJnverträgliohkeit des jüdischen Sinnes mit dem
neueren Völkergeist.
1, Bisher handelte es sich darum, in Beziehung auf die
Indische Ueberlieferung mit der Ansteckung durch dieselbe auch
<iie Spuren der Loslösung von ihr zu beobachten. Es war dies,
abgesehen von allem Uebrigen, auch für eine Einsicht in das
Zukünftige Schicksal aller Religion von wesentlicher Bedeutung.
^un aber sind noch die innersten Unterschiede und Nothwendig-
keiten zu untersuchen, vermöge deren die moderne Welt mit
ihrem bessern ^Völkergeist sich nicht dauernd in jüdische Be-
schränktheit und Falschheit fügen wird. Es ist namentlich die
absolute Unverträglichkeit zu kennzeichnen, in welcher sich das
Judennaturell grade in seinen religiösen Stammesbeurkundungen
4*
— 52 —
mit den edleren Eigenschaften aller bessern Völker befindet.
Der Abkürzung wegen wird bei der Vergleichung nicht auf die
arischen Völker überhaupt oder gar auf deren einzelne Nationa-
litäten, sondern zur Vertretung der ausgebildetsten Hauptzüge
auf die Deutschen eingegangen werden. Diese prägen, weil sie
den indogermanischen Völkergeist gleichsam in einem voll-
kommeneren Nationahtätsexemplar darstellen, den Gegensatz gegen
die Semiten oder speciell gegen die Juden am stärksten aus. Die
Juden sind auch nur ein vereinzelter Stamm der semitischen
Race und zwar ein im Schlechten recht markirter, und so bildet
zu ihnen naturgemäss auch diejenige Nation das andere äusserste
Ende, die in guten Geisteszügen als besonders ausgezeichnete
Vertretung des arischen Wesens gelten darf. Indem auf diese
Weise die Kluft die weiteste wird, gestaltet sich auch der Con-
trast am schärfsten und wird am sichtbarsten. Grösste Anschau-
lichkeit ist aber für diese Angelegenheiten Grimdgesetz; denn das
klarere Bewusstsein von den Unterschieden des Racenwesens und
von der geistigen Tragweite dieser Unterschiede ist gegenwärtig
bei den gebildetsten Bevölkerungen noch erst im Keimen.
Zunächst können die Geschichten des alten und, richtig ver-
standen, auch meist der Inhalt des neuen Testaments als Belag-
stücke für den jüdischen Racengeist dienen. Hier ist nur zu
ergänzen, was schon in meiner „Judenfrage^* in den Grundzügen
gekennzeichnet wurde. Der Anfang der jüdischen Sage gelangt
bald zu einem Brudermord und zwar einem Brudermord aus
Neid, welcher letztere Umstand noch speciell für den jüdischen
Charakter kennzeichnend ist. Auch Jpseph wurde von seinen
Brüdern aus Neid und zwar aus Neid auf die väterliche Gunst,
die er genoss, verkauft. Die Brüderlichkeit hat überhaupt bei den
Juden einen eigenthümlichen Sinn ; denn wenn es auch bei andern
Völkern verkehrt ist, das Bruderverhältniss zu einem Musterbild
für bessere menschliche Verhältnisse machen zu wollen, so ist es
doch hier nicht so vergiftet, wie gleich von Anbeginn bei den
Juden. Die Gier der Judenselbstsucht erklärt hier übrigens
naturgesetzlich Genug. Neid ist eine sich unter bestimmten Um-
ständen einfindende Regung, aber zugleich ebensosicher ein
Anzeichen für den Grad der Schlechtigkeit desjenigen, von dem
er empfunden wird. Wenigstens gilt dies von dem Neide, wie
die modernen Völker das Wort in ihren Sprachen verstehen.
— 53 —
Es giebt nur Verwirrung, wenn man nach griechischem Vorgang
eine edle Regung, welche sich gegen die Ungerechtigkeit in der
Bevorzugung eines Andern, also nicht überhaupt gegen jede
Bevorzugung auflehnt, unter den Begriffen finden will, die sich
an das Wort Neid knüpfen. Die Scheelsucht ist eben nichts als
ein Theil der Selbstsucht, also einer ungerechten Gestalt des an
sich berechtigten Interesse an sich selbst. Jedoch hat diese
Zwischenbemerkung hier nur Platz gefunden, weil ein racen-
jüdischef Philosoph des 17. Jahrhunderts, Spinoza, in der theo-
retischen Zergliederung von solcher Art Regungen und besonders
in der gleichgültigen Betrachtung derselben, die grundsätzlich
jeden Unterschied zwischen gut und böse verwischte, seine Stärke
gesucht hat.
Schon im ersten der mosaischen Bücher steht die Versicherung
Jehovahs, des Menschen Trachten sei von Jugend auf böse. Für
5eine Juden hatte sie offenbar recht; für andere Völker ist sie
aber nicht maassgebend. Wir schränken also den Satz racen-
mässig ein und können nichts weiter zugestehen als die Wahr-
heit, dass des Juden Trachten von Jugend auf böse sei. Alle
Religion und Moral stammt aus dem Charakter, und nicht etwa
ist ursprünglich die Moral die Ursache des Charakters. Gutes
Wesen schafft gute Grimdsätze, und in ihm liegt der Ursprung
aller bessern Sitte. Gute Grundsätze, schlagen aber nur da an,
wo sie auf entsprechend gutem Charakterboden wirken; sonst
fruchten sie wenig oder garnichts. Die Judenmoral musste daher
in allen ihren Bekundimgen eine Missgestalt werden; denn sie
ging aus einem Volkscharakter mit schlechten Anlagen hervor.
Man bedenke nur ein wenig jene Ueberlieferung der mo-
isaischen Bücher, welche man die zehn Gebote nennt. Da ist ein
Laster- und Verbrechenskatalog gleich in die Moral aufgenommen
imd zwar in tiner Gestalt, wie ihn keki Grieche und Römer und
kein neueres Volk, soweit ein solches noch sich selbst angehörte,
begreiflich gefunden, geschweige zur Welt gebracht haben würde.
Nicht stehlen, nicht ehebrechen, nicht verleumden u. dgl. — das
muss den Juden noch besonders als sittliches Verbot vorgehalten
und speciell als Lehre beigebracht werden, während bessere Völker
sich damit begnügt haben, in ihren Rechtssatzungen einfach die
Strafen für den Diebstahl und andere Verbrechen festzusetzen.
Diese bessern Völker würden es als grobe Beleidigung angesehen
— 54 —
haben, wenn man sie erst noch ausdrücklich hätte lehren wollen^
dass die Leute bei ihnen sich untereinander nicht bestehlen und
morden dürften. Den Juden musste es aber noch ausdrücklich
gesagt werden. Jedes Gebot oder vielmehr Verbot dieser Art
deutet eine schlechte Eigenschaft an; denn es ist ein colossaler
Unterschied, ob man es mit Strafgesetzen zu thun hat, die für
Fälle des Verbrechens eine Ahndung festsetzen, oder aber mit
Abmahnungen, die keinen Sinn haben, wenn sie nicht von vorn-^
herein lauter schlechte Neigungen voraussetzen. Diebsneigung^
ehebrecherische Wollust und boshafte Verleumdungssucht sind
daher typische Eigenschaften, die man schon aus dem Dasein der
unter Blitz und Donner zur jüdischen Welt gekommenen Gebote
entnehmen kann.
2. Sieht man im Einzelnen näher zu, so bestätigt sich der
gemeine Selbstsuchtscharakter des Judenwesens in jeglichem Zuge,
den man aus den religiösen Geschichten oder Vorstelltmgen her«
ausgreifen mag. Ich rede hier nicht mehr vom Monopolgott; denn
Dies und Aehnliches ist in meiner „Judenfrage" und besonders-
in dem Capitel über die Charakterspiegelung der Judenrace in
ihrer Religion und Moral systematisch und umfassend erledigt.
Dagegen ist es keine Wiederholung, wenn ich hier darauf hin-
weise, dass die Juden auch schon in jener frühern Epoche, in
welcher sie noch nicht Monotheisten waren, dennoch die Züge
ihrer knechtenden Selbstsucht in ihre Göttervorstellungen bereits
genugsam hineingelegt hatten. Sie hatten damals ihren National-
gott, ohne daneben die Götter anderer Nationen als nicht vor-^
banden anzusehen, wie dies später geschah. Auch war dieser ihr
einer Nationalgott bei ihnen selbst nicht ganz alleinstehend. Die
sogenannten Engel waren zuerst eine Art von Göttern, aber von
vornherein als Diener Jehovahs sehr tief gestellt. Im Contrast
hiezu steht bei den Griechen das Verhältniss von Zeus zu den
übrigen Göttern, die ihm ziemlich nebengeordnet sind und sich un-
geachtet eines gewissen Gehorsams doch in edler Selbständigkeit
bewegen. An Stelle dieser Freiheit haben die Juden ihren Knechts-
sinn auch schon in jenen ersten Götterdichtungen bekundet. Sie
haben an den Engeln, wie es sogar Goethe ausdrückte, nur eine
Art Gesinde Jehovahs. In der That ist der Geist der Judenraoe sa
unfrei, dass er schon im Göttergebiet nur einen absoluten Herrn'
hervorzubringen vermochte, neben welchem alle andern über-
menschlichen Mächte nur Knechtsgestal ten sind. Aber auch die
Knecbtsanlage hat für ihre Gebilde eine Entwicklung nntbig, und
so ist jener absolute Heri^ott, der alles Audere aulzehrt, in seiner
abstracten Einzigkeit iind Allsouverän etat erst das Ergebniss
längerer Bethätigung derselben Judenselbstsucht und Juden Unduld-
samkeit, die sich ursprünglich noch mit einer blos nationalen
Rolle Jehovahs hatte begnügen müssen. Diese nationale Rolle
hürt zwar nie auf, erhalt aber je länger desto mehr auch den Sinn,
zu Gunsten des Judenvolks alle andern Volker unter die Füsse zu
treten. Der Judengoft ist ein Abbild des Judenvolks und spiegelt
in den verschiedenen Gestalten, die er erhalten hat, die ent-
sprechenden Stadien der Bethätigung des Judenwesens. Mit einer
gewissen Art von Aulklärung nimmt er die den andern Völkern
schädlichste Gestalt an. Es geschieht dies in demjenigen Stadium,
in welchem der Nationalgott als solcher, d. h, der Gott dieses
bestimmten Volks in seinem Begriff erweitert wird und dieFunction
erhält, auch Gott überhaupt, also im jüdischen Sinne auch der
Herr über alle Völker zu sein. Das Ebenbild, nach welchem
dieses Eerrgottthum über alle Völker geschaffen wurde, ist das
Herrenthum, welches das Judenvolk selbst über alle andern Völker
beansprucht, — ein Anspruch, der im Keime stets vorhanden
war, sich aber durch die Jahrtausende hindurch nur immer un-
genirter entpuppt hat . Die colossale Beschränktheit, die in diesem
Grössendiinkel des kleinen geistesbeengten Völkchens liegt, hat
ihre einzige Scheinstütze in den Rehgionsschicksalen der neuern
Völker erhalten, indem sie aus der jüdischen Production des
Christenth uras und aus dessen Uebertragung auf die im rohen Zu-
stande befindlichen Cultiir\' ölker eine gewisse Scheinnahrung zog.
Die unterwürfige Richtung in der Vorstellung Jehovahs hat
sich auch lyrisch, nämlich in den Psalmen, bekundet. Wenn nun
neuere Völker diese Art von Poesie noch in ihrem eignen christ-
lichen Cullus gelten lassen, so bezeugen sie damit, daas ihnen der
Contrast ihrer eignen freien Anschauungen mit der knechtischen
Niederwerfung noch nicht zum deutlichen und ernstlichen Bewusst-
sein gekommen ist. Der Gefühlsausdruck in den Psalmen passl
nur für das Judenvolk. Andere alte Völker standen ihren Göttern
freier gegenüber, und die neuem Völker, insbesondere aber die
nordischen, haben ihren ursprünglichen und angestammten Götter-
vorstelluogen gegenüber ihr selbständiges und aufrechtes Wesen,
r>6
weiches sie überall sonst iq ihren alten EinrichtUQgen ausprägten,
nicht verleugnet. Ein Anflug von knechtischem Geist ist über sie
erst von Palästina her mit dem Christenthum und dessen jüdischem
Gehalt gekommen.
Die Selbstsucht ist mit der Freiheit unverträglich; denn jene
will Niemandem eine Selbständigkeit lassen und producirt daher
nur Verhältnisse des Knechtens und Geknechtetwerdens. Doch
hievon ist nachher zu reden, wenn der angestammte Freiheitssinn
nordischer Völker als mit jüdischen Ueberlieferungeo unverträglich
in Frage kommt. Zunächst sind noch einige Züge der sonstigen
Racenhaftigkeit jüdischer und christlicher Religion sichtbar zu
machen, — Züge, die das ganze jüdisch nationale System, ein-
schliesslich des Christenthums, kennzeichnen.
Nächst dem Monopolgott selbst erinnert schon der Ausdruck
altes Testament oder alter Bund an einen echt national jüdischen
Grundzug der Religion. Der Bund oder Vertrag, um den es sich
handelt, besteht darin, dass Jehovah seinem Volke, wenn es ihn
nach Vorschrift ehre, alle Vortheile, insbesondere aber die Herr-
schaft über alle Völker, verheisst. In den mosaischen Büchern
wird dieser Herrschaftsgarantie noch ausdrücklich der Satz voran-
gestellt, dass die Juden allen Völkern leihen, sie aber selbst nicht
in den Fall kommen sollen, von den andern Völkern zu borgen.
Hier ist die auf indirecte Geldherrschaft gerichtete Judenpolitik
zur rehgiösen Satzung gemacht, und es ist klar, dass der jüdische
Racencharakler, der schon damals auf Knechtung und Ausbeutung
Anderer durch das Geld ausging, seine Absichten in jenem Ver-
trage mit Jehovah gespiegelt hat. Das Interessanteste an der
ganzen Testaments- oder Bundesidee ist aber, dass sie zwischen
Jehovah und seinem Volke ein offenbar geschäftliches Verhältniss
von Leistung und Gegenleistung etabhrt. Die Judenrace, die Alles
zum Handel macht, verhandelt auch ihrenGehorsam gegen Jehovah,
und zwar für Vortheile, unter denen die Fruchtbarmachung
ihrer Geldgeschäfte mit andern Völkern und die zugehörige Herr-
schaft die besonders betonte Hauptangelegenheit ist. Wo ist ein
Volk unter den bessern Nationen alter und neuer Zeit, welches
das Fundamentalverhältniss zu seinen Göttern als eine Art Handel
vorgestellt hätte? Nur die Judenrace war dazu angethan, wie einen
Monopolgott, der keine andern Götter und schliesslich hiemit auch
die Götter anderer Nationen nicht neben sich duldet, so auch
— 57 —
eine religiöse Abmachung zu erdichten, vermöge deren für den
gehörigen Ergebenheitspreis dem auserwählten Volk die Rolle
des reichen und völkerbeherrschenden Darleihers, also das Capital-
monopol zugesichert wird.
Zu verwimdem ist hieran Nichts; Alles befindet sich vielmehr
bei diesem Volke in Uebereinstimmimg mit dem Gnmdcharakter.
Dasselbe Volk, welches sich für den Gehorsam gegen Jehovah
einen Lohn ausbedingt und nur im Hinblick auf diesen handelt,
knüpft auch den Gehorsam der Kinder gegen die Eltern im
vierten Gebot an das Versprechen des Wohlergehens. Der ganz
äusserlich als Gewinnstück betrachtete väterliche Segen ist es, den
sich Jacob durch Betrug seines Vaters und unter Prellung seines
Bruders verschafft, — nicht davon zu reden, dass er die Schwäche
seines Bruders ausnützt, um von ihm das Erstgeburtsrecht gleich
einem beliebigen Handelsartikel für ein Linsengericht zu erstehen.
Wie die Juden auch sonst und unter sich, selbst wenn es den
Schulz ihrer eignen Race gilt, nur den Beweggründen gröbster
Einzelselbstsucht zugänglich sind, zeigt das Beispiel der Esther.
Im fremden Lande Favoritin des Königs, will diese sich keiner
Gefahr aussetzen und den von Haman bedrohten Juden nicht zu
Hülfe kommen. Ihr Oheim Mardachai wendet sich an sie, aber
das bewegt sie nicht. Erst die Drohung, die Juden würden andere
Hülfe finden und sie dann umbringen, bestimmt sie, da sie nun
auf beiden Seiten eine gleiche Gefahr sieht und sich vor ihren
eignen Leuten womöglich noch mehr fürchtet als vor dem ander-
seitigen Wagniss. In der That ist Schrecken den Juden gegenüber
in der Religion und sonst stets das Mittel, wenn die Beweggründe,
die sich an Gewinnsucht und Gier hellen, versagen. Auch in jenem
Testament, Bunde oder Vertrag ist es seitens Jehovahs nicht ver-
säumt, dem Segen für den Fall des Bruches die ärgsten Flüche
imd die Androhungen der schlimmsten Uebel beizufügen.
Die Idee von einem neuen Testament oder Bunde ist der
des alten analog und daher ebenfalls echt jüdisch. Nebenbei-
bemerkt, kann dies nur den überraschen, der in demBuch, welches
neues Testament heisst und bezeichnender christliches Testament
heissen könnte, auch eine Racenneuheit sucht. Die jüdische Racen-
beschaffenheit ist im neuen Testament ebenfalls maasgebend, nur
etwas mehr zerflossen und hier und da sich selbst widersprechend.
Von einem neuen Bunde redeten schoQ die alten Propheten ; sein
— 58 —
Sinn ist aber auch in der Schrift des neuen Testaments selbst
ziemlich dunkel geblieben. Auch interessirt weniger die besondere
Art wie, als vielmehr die Thatsache, dass eine Vorstellung von
der Abmachung mit Leistung und Gegenleistimg auch hier zu
linmde liegt. ?Es bleibt daher gleichgültig, ob die Opferung von
Christus als Busse der jüdischen Sünden das sei, was Jehovah
gefordert hat. Uns interessiren diese jüdisch christlichen Wen-^
dvmgen im Detail keineswegs. Wohl aber müssen wir auf Züge
achten, in denen unverhohlen der jüdische Racensinn hervorbricht
und genugsam offenbart, was er als Gegenleistimg zur Erwerbung
des Himmelreichs verlange. Bei mehr als einem der Evangelisten
spielt die Geschichte von den anvertrauten Pfunden eine Rolle.
Sie soll lehren, wie sich die (Kandidaten des Himmelreichs d. h.
der zukünftigen Herrlichkeit zu verhalten haben, wenn sie dem
Herrn gefallen und diese Herrlichkeit gewinnen wollen.
Ein Herr giebt seinen Knechten Pfunde d. h. Geldsummen
in seiner Abwesenheit zur Verwaltung. Als er wiederkommt,
prÄsentiren ihm einige Knechte diese Siunmen mit hundert oder
mehreren hundert Procenten Gewinn, und er belohnt sie dafür
dadurch, dass er ihnen noch weit mehr anvertraut und sie sozu-
s;\g^n f\\ Oberknechten über ganze Theile seiner Herrschaft
n^acht« und zwar Letzteres in grosserm oder geringerm Umfange,
je nachdem sie mit seinem Gelde mehr oder weniger Procente
gemacht haben* Einer der Knechte hat aber atis Furcht vor dem
harten Herrn, der ernten wolle, wo er nicht gesäet habe, sein
\^und blvvi Ä^rgtx^ltig \n*rwahrt und liefert es mm zurück, ohne
INxHH^nte gt^macht tu haben* Er erhält von dem Herrn den
l^es^'^heül. da5^ er es doch miiulestens hätte in die Wechsel bank
thuw 5^>new: a)s\)ann h^^tte er. der Herr, ssezn Pfund »mit Wucher*
^urxWknehmeu kC^nnen. IVm mchtwuchemden Knecht wird übel
m^T^^x^spielt. t\>cht ilawn txx rvsien. iIäsjsj bei der Fortnahme seines
Wnnd^^s, welches \lcm ertv>^n>^ioh:sten IVocenttnacher zugetheilt
\vn\t \W leitende tuxmvI^sÄtr ^ur \ eitüThJigutig gdangt: wer da
IvAtx d^m \\>ul ^\>^Wn : wt^r alvr nicht h*:* dem wird auch das
^v^ ^v^UvM^^m en. was ev hat l V-^ae Fv>nnuhruxfcg: ist übrigens nur
an^ivhcinetid \s^thsclhatV Ihv S^nn ^iti ^ik^^aeoi Zusammenhange ist
x\\« rx> taSs^Wh. \\^x>\^xt<n>s üu 1;^kti IVr T>Nrh:e Knecht ist der,
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K^>\V^'^^^^v\wv>\ \\^u^^^^x xl h. \ u>J r^,ft>i )>«^r;J(;3S:^iul^ Wenn je aus
— 59 ~
dem Herzen der jüdischen Race geredet wurde, so ist es hier
geschehen, und diese Geschichte ist noch gar Cliristus selbst in
den Mund gelegt. Wollte Jemand einwenden, sie sei behufs eines
Gleichnisses aufgestellt und habe daher ausser ihrem eigentlichen
noch einen parabolischen Sinn, so würde er den Schaden nur noch
sichtbarer machen. Allerdings ist sie direct nicht dazu bestimmt,
gewaltige Capitalvermehrung und einträgliche Zinsgeschäfte zu
lehren; aber sie setzt, was noch mehr sagen will, die Vortrefflich-
keit und Nothwendigkeit solchen Thuns als selbstverständlich
voraus. Sie knüpft an ein Judenidol von Wirthschaft an, um durch
Vergleichung mit diesem klarzumachen, wie fruchtbar das vom
Herrn des Himmelreichs seinen Knechten Anvertraute zu machen
sei, damit diese dort einen Platz erhalten. Bethätigen sie das in
der Oekonomie und im Geldhandel gerühmte Verhalten analog
auch in Rücksicht auf das Himmelreich, so werden sie dort zu
Oberknechten; wo nicht, so wird ihnen in Bildern von jüdisch
unästhetischer Art Heulen und Zähneklappen angedroht. Es ist
also die jüdische Neigung und Sitte, die dem eigentlichen Sinn
der Geschichte zu (rrunde liegt, nicht nur überhaupt sanctionirt,
sondern auch noch überdies speciell dadurch geheiligt, dass sie
zum Vorbild für das Verhalten in einem höheren, ja erhaben sein-
sollenden Bereich genommen wird. Im Sinne der Religion des
neuen Testaments ist es sogar die höchste Angelegenheit, nämlich
die Vorbereitung für die Wiederkunft, für das Gericht des Herrn
und für die Sicherung der alsdann einzunehmenden Plätze im
Himmelreich, was durch das Muster jener Geschichte gelehrt
werden soll. Worauf läuft hienach also auch der neue Bund aus?
Offenbar auf nicht unähnliche Leistungen wie der alte, nur dass
es die Herrschaft im Himmelreich ist, die verheissen, wohlgemerkt
aber nach dem Ebenbilde der Besitz- und Geldherrschaft und
auch in deren Sinn und Geist verheissen wird.
Was auf den ersten Blick, aber auch nur auf den ersten
Blick stutzig machen kann, ist der Widerspruch, in welchem
dieses Stück Christuslehre mit andern Aussprüchen, namentlich
aber mit der Verurtheilung der Reichen und mit der Vertreibung
der Wechsler aus dem Tempel steht. Für den kritischen Sina
bestätigt es aber die Annahme, dass der bessere Kern der wirk-
lich vom Reformator ausgegangenen Lehren durch die lieber-
lieferung und durch die Autoren des neuen Testaments in viele
stockjüdisclie Vorstellungen eingehüllt worden sei. Auch versteht
es sich, dass sogar dieser Kern selbst von Anfang an bei seinem
Urheber jüdische Züge enthalten haben muss; denn wir haben
nachgewiesen, dass seine bessere Natur nur darin bestand, das
Judenthum durch Selbstverwerfung mit sich selbst in Widerspruch
zu setzen. Kein Wuoder daher, dass in diesem Widerspruchs-
bereich später das nackte Judenwesen wieder entschiedener durch-
gebrochen und so im neuen Testament auch ein Christenthum
hervorgetreten ist. welches racenjüdisch genug aussieht.
3. Sobald sich die modernen Völker erst auf ihre eigne
Racennatur gehörig verstehen, werden sie nicht umhinkönnen,
auch das neue Testament als eine racenjüdische Ueb erlieferung zu
erkennen, die ihrem eignen bessern Völkerwesen nicht entspricht.
Die Auseinandersetzung gestaltet sich alsdann einfacher ; altes und
neues Testament bilden so la der Hauptsache eine einzige Vor-
stellungsmasse, die sich mit dem edleren Völkergeist im Racen-
gegensatz befindet. Wie schon erörtert, ist das Christenthum der
neuern Völker zum bessern Theil eine nationale Schöpfung dieser
Völker, also beispielsweise das Christenthum auf deutschem Boden,
soweit es mit dem deutschen Wesen verträglich ist. auch wirklich
eine nationale Hervorbringung des deutschen Geistes. Es ist
unmögUch, das.s N'nlker und noch dazu die am edelsten angelegten
Völkernaturen ihre nationale Denk- und Gefühlsweise in einem
fremden Religionsgefäss ganz und gar verlieren sollten. Im Gegen-
theil werden sie die fremden Formen und Vorstellungen mit
eignem Inhalt ausfüllen und so trotz der fremdländischen Religion
doch unwillkürlich viel von der eignen Anlage entwickeln. Das
Uebel wird nur darin bestehen, dass sich ein widersprechendes
Gemisch ergiebl, dessen Haltungstosigkeit schädlich wirkt und nur
mit der Ausscheidung des Fremden beseitigt werden kann.
In der That kann man von den modernen Völkern getrost
behaupten, dass sie sichtlich keine nationale Religion haben; denn
diesen Namen verdient nicht das. was heut vom Fremden bis zur
Unkenntlichkeit überrankt ist. Wo erst die Forschung und die
Selbstbesinnung eines Denkers die Züge der eignen Nationalität
aufsuchen und das Fremde wegheben muss, um das bessere Ange-
stammte sichtbar zu machen, da fehlt noch viel an der eignen
Geistesmacht der Nationalitäten. Blickt man auf den heutigen
Religionszustand, so bietet sich das sonderbare Schauspiel dar, dass
61
die Judeo, die nur noch eine zersplitterte Nation ohne Staat sind,
doch allein unter allen heutigen Viilkem eine nationale Religion
haben; denn sie haben noch so gut wie unverändert diejenige
Religion, die sie vermöge ihres Racencharakters auf dem Boden
Palästinas einst ausbildeten, in alle Welt mitnahmen und mit
äusserster Zähigkeit conservirten Die sogenannten christlichen
Völker, d. h, die modernen Ciillurnationen haben aber Namen
und Form der specieilen Rehgion , der sie huldigen, wenn
auch auf Umwegen, so doch dem letzten Ursprung nach von
Palästina her aufgenommen. Wieviel nun auch darin eigne
Schöpfung sein möge, so ist doch sichlbarlich das herrschende
palästinensische Christenthum eine fremde und nalionalwidrige
Anpflanzung, Wäre der Nationalcbarakter der Juden besser als
er ist, so hätten diese vor den modernen Völkern wirklich den
Vorzug voraus, eine eigne Racenreügion zu besitzen. So aber
haben sie nur den nicht beneidenswerthen \'ortheil, das-s zwischen
ihrem üblen Charakter und ihrer Religion kein moralischer Wider-
spruch besteht. Die Religion bestärkt sie in den fraglichen Charakter-
eigenschaften, und daher erklärt sich auch ihr starres Festhalten
an jener. Sie cvdfiviren ihre schlechten und andern Völkern feind-
lichen Neigungen, wenn sie ihre Religion pflegen; denn in dieser
istAlles, was sie sich andern Nationen gegenüber gestattet wissen
wollen, nicht blos erlaubt, sondern auch vorgeschrieben und sogar
geheiligt.
Hienach ist es ziemlich gleichgültig, wo man die Unverträg-
lichkeit des jüdischen mit anderm Völkerwesen sucht, ob un-
mittelbar im Nationalcharakter oder mittelbar in der Religionj
denn die letztere ist überall eine Beurkundung und zugleich eine
Bestärkung des ersteren. Weiter folgt aber hieraus auch, dass
die als christlich bezeichneten modernen Völker mit dem von
ihnen ertragenen fremden Keligionsumhang sich Etwas gefallen
lassen, was sie in Widerspruch mit ihrem eignen nationalen und
bessennensch liebem Wesen setzt. Es genügt nicht, dass die Schroff-
leit dieses Widerspruchs durch dieHineinlegungvon angestammter
Gefühlsweise in die fremden Schablonen seit länger als einem
Jahrtausend mehr und mehr gemildert worden ist. Es muss doch
schliesslich zur völligen Auseinandersetzung kommen und der
.eigne bessere Nationatcharakter über den fremden schlechteren
4en Sieg davontragen. Deutsche Art und Weise des Denkens
und Fühlens kann auf die Dauer mit der palästinensisch christ-
lichen nicht zusammenbestehen. Die Idealbildung, die vom
nordischen und deutschen Nationalcharakter ausgeht, reicht nicht
nur gewaltig über die neutestamentliche Ueberlieferung hinaus,
sondern geräth mit dieser gradezu in Conflict, Das jüdische
Racenwesen ist im edleren Sinne des Worts gar keiner Ideale
iähig. Es kennt nur Idole nach dem Muster seiner Charakter-
elemente, und wie diese beschaffen sind, haben wir schon an
einigen Proben gezeigt. Der nordische und deutsche National-
geist hat dagegen die Zergüederung seiner Bestandtheile nirgend
zu scheuen. Vielmehr erweist er sich, wo man ihn näher unter-
sucht, als am ehesten danach geartet, auch etwas über nationale
Schranken Hinaustragendes zu vertreten. Er hat eine inter-
nationale und allgemein menschheitliche Anlage, weil in ihm
verhältnissmässig die wenigste eigentliche Selbstsucht anzu-
treffen ist.
In Alledem, was eine Nation mit ihren Eigenschaften für
sich selbst ist, kann ihre Charakterindividualität sich mannigfaltig
gestalten, ohne dass deswegen hierin etwas Maassgebendes für
die Menschheit zu liegen brauchte. Dies ist gleichsam die haus-
hohe Seite der Nationalität, und es ist nur das eigne Befinden
und Ergehen, welches von dieser Seite abhäQgt. In diesem Sinne
ist zwar die positive Pflege der Nationaleigeaschaften berechtigt,
darf sich aber andern Nationahtäten gegenüber nicht so betonen,
als wenn sie für die übrige Menschheit etwas Mustergültiges
hervorbrächte. Der letztere Anspruch ist nur insoweit gerecht-
fertigt, als es sich um die nationale Ausprägung solcher Eigen-
schaften handelt, die nach einem allgemeinen Maass gut sind,
also auf den bessern menschheitlichen Typus abzielen, und deren
Verallgemeinerung daher etwas gleichsam Uebernationales ergiebt.
Die Juden haben nun keine Aufgabe für, sondern gegen die
Menschheit als ihren auserwählten Beruf bethätigf. Sie wollen
und zufolge ihrer Rehgion sollen sie auch alle Völker ausbeuten!
und beherrschen. Ihre weltgeschichthche Losung ist, wie schon
im Alterthum Tacitus aussprach, die Feindseligkeit gegen das
übrige Menschengeschlecht. Sie sind vülkerwidrig, contrastiren
aber am meisten mit solchen Völkern, die, wie die Deutschen,
«inen Nationalcharakter haben, der auf die Anerkennung anderer
guter Nationalcharaktere im höchsten Maasse angelegt und daher
f>3
schon hiedurch zu einem allgemein menscbbeitlichen Beruf
besonders befähigt ist.
Es sei bier, um Missverständnissen vorzubeugen, gleicb ein-
fürallemal gesagt, dass nirgend die Nationalität als solche und
ohne "Weiteres, sondern nur, insofern sie am Guten theilhat, als
mensch hei tlich maassgebend geltend gemacht werden darf.
Andernfalls würden die häuslichen Eigenthiiralichkeitcn, so be-
berechtigt sie in ihrem Bereich sein mögen, doch ungerechter-
weise dahin übergreifen, wohin sie nicht gehiiren. Bei den Juden
machen sich aber gar die Fehler und schlechten Eigenschaften
als Etwas breit, dem die ganze Welt unterworfen werden müsse.
!>iese dünkelhafte Beschränktheit stimmte zunächst zum orientali-
schen "Winkelvolk und dann weiter zu der ungeheueriichen Selbst-
sucht und Ungerechtigkeit, die sich aus dem Winkel nomadisiread
unter die andern Völker einstahl. Sie ist es auch, die mit der
Weitherzigkeit modemer Völker immer unverträgUcher wird und
ihren entschiedensten Gegensatz aa dem nienschheitlichen Sinn
der Deutschen findet.
Angestammte Grundzüge des deutschen Wesens sind frei-
heithchkeit und Individualisirung, Gerechtigkeitssinn imd Treue.
Mann kann diese Eigenschaften auch unter der Umrankung mit
den fremden Schlinggewächsen in jedem Stadiuni der germani-
schen Geschichte deutlich genug erkennen. Zeugen sind dafür
nicht nur die Denkweise und das Geistige, wie es sich an sich
selbst beurkundet hat, sondern auch die Einrichtungen und Sitten,
in denen sich der geistige Grund äusserlich bethätigte. Man greife
aus den menschlichen Angelegenheiten irgend eine heraus, und
man wird finden, dass der Nationalgeist der Deutschen sich dabei
im angegebenen Sinne bewährt hat Dieser Nationalgeist reicht
überall bin; er durchdringt alle Gebiete des Lebens. In unserm
Zusammenhange führte es aber zu weit vom Thema der Retigion
und ihres Ersatzes ab. wenn die Züge des Nationalgeistes auch
noch speciell in andern Richtungen erörtert werden sollten.
Jedoch dürfen die innigen Beziehungen, in denen die geistigen
Grundanschauungen eines Volkes mit der Gestaltung seines
öffentlichen Lebens und seiner gesellschaftlichen Sitten stehen,
nicht gänzlich übergangen werden.
Die ursprüngHchen poUtischen Einrichtungen der Germanen
sind bekanntermaassen freiheitlich, und erst fremde Elemente,
— M —
wie die römische Kaiserüberlieferuog und von kirchlicher Seile
her das kanonische Recht, haben im Sinne der Unfreiheit und
des inquisitorischen Geistes dem Nationalcharakter entgegen-
gewirkt. Die Beschreibung verhältnissmässig früher Zustände der
Germanen durch Tacilus ist ein Gegenstück zu dessen gelegent-
licher Schilderung der Juden. Aus allen politischen Einrichtungen
der Deutschen von damals kann man die Selbätandigkeit ent-
nehmen, welche dem Volk in seinem Bereich und den Führern
in dem ihrigen zukam. Auch die Frauen hatten bei den Germanen
für jene frühe Entwicklungsstufe eine verhältnissmässig ansehn-
liche Stellung. Die Auffassung von Ehe und Famihe seitens des
deutschen Nationalcharakters war stets derartig, dass sieh auch
hier Treue und Vertrauen mit Freiheit und Gerechtigkeit ver-
einigten und so im Recht wie in der Sitte Etwas zu Stande
brachten, was, so roh es ursprünglich auch sein und so unvoll-
kommen es bleiben mochte, doch die entsprechenden Einrich-
tungen jeder andern Nation zur Vergleichung herausfordern kann.
Einen "Willkür he rm, der beliebig schaltete und knechtete,
kannten die Deutschen weder in ihrer angestammten Religion,
noch in ihren ursprünglichen Gemeinwesen, noch in der FamiUe,
Ueberall waren die Führer oder Herren an Nothwendigkeitea
eines Rechts gebunden, welches wirkhch von einem echten
Gerechtigkeitssinn ausging und in der Gesinnung der miteinander
Verbundenen seine Wurzeln hatte. Die edle freie Anlage zeitigte
hier ihre Früchte. Sie war mit keiner Knechtsgestalt des Lebens
vertraglich und führte daher auch aus der eignen Entwicklung
auf keine Knechlsgestalt der Religion. Letzlere ist ein Spiegel-
bild entsprechender politischer Zustände. Wie die Völker es mit
sich selbst halten, so halten sie es auch mit ihren Göttern. Die
Wirklichkeit des Lebens und die Dichtung der Rehgion sind
Gewebe aus demselben Stoff. In beiden bethätigen oder spiegeln
sich die nämlichen Antriebe und Vorstellungen. Auch der
orientalische Despotismus ist stets zweiseilig; er waltet nicht
blos im Leben, sondern auch in der Gölterwelt. Dte Juden haben
das Knechtsthum in der Priesterherrschaft durch das Idol einer
Theokratie bis zum Aeussersten gesteigert, und hierin zeigt sich
bei ihnen die Doppelseitigkeit der despotischen Anlage in einer
und derselben Einrichtung. Theokratisch ist auch von Grund
aus die Kirche des Christenthums. Schon das Wort Kirche,
L
— 65 —
welches die dem Herrn angehörige Bevölkerung oder Gemeinde
bedeutet, verräth die leitende jüdische Vorstellung, derzufolge
der Herr Alles ist und sein absolutes Herren thum auch in allen
Lebensrichtungen durch eine in seinem Namen waltende Priester-
herrschaft geltend macht. Kein Wunder daher, dass die christ-
liche Rehgion als Uebertragung eines etwas abgeänderten Juden-
thimis auf andere Völker für diese letzteren eine Quelle von Un-
freiheit aller Art geworden ist, und dass sich die Unverträglich-
keit dieser Uebertragung, besonders mit den Uranlagen des
deutschen Naturells, je länger desto entschiedener herausstellt.
4. Untersucht man die Ursprünglichkeiten der deutsch natio-
nalen Religion, so findet man nicht nur das grade Gegentheil
alles Judenthuins und palästinensischen Christenthums, sondern
auch noch innerhalb des Rahmens der arischen Völker eine ver-
hältnissmässig bedeutende Freiheit vom Aberglauben und von
religiösen Unterwürfigkeitsneigungen. Der früheste Zustand, über
den ims von einem einsichtigen Beurtheiler einige Züge mit-
getheilt sind, ist derjenige, in welchem sich die Deutschen befanden,
als Cäsar in Gallien war. Dieser Feldherr berichtet uns in seiner
Schrift über den gallischen Krieg nicht Unwichtiges auch über
die Religion der Völker, mit denen er zu schaffen hatte oder in
Berühnmg kam. Er schildert einerseits die Gallier und in einem
sehr günstigen Gegensatz dazu andererseits die Germanen. Er
stützt sich dabei auf unmittelbare Befragungen Solcher, die ihm
über diejenigen Stämme zu berichten hatten, deren Anschauungen,
Einrichtimgen und Sitten er nicht selbst beobachtet hatte. Seine
Kunde von den Deutschen ergab nun als auszeichnenden Um-
stand, dass dieses Volk damals nicht eigentliche Götter hatte,
sondern Naturdinge, wie das Feuer, verehrte. Jedoch auch dieser
Cultus muss vom Aberglauben verhältnissmässig frei gewesen sein;
deim Cäsar hebt als Vorzug der Germanen hervor, dass sie keinen
Priesterstand hätten, was für uns freilich nur mit Rücksicht auf
die noch unentwickelte Functionentheilung zu veranschlagen ist.
Dagegen betont er, wie die Gallier nicht nur Priester hatten,
sondern diesen auch einen gewaltigen Einfluss auf die öffent-
lichen, ja überhaupt auf alle Angelegenheiten einräumten.
Offenbar ist hier für uns der Stammesgegensatz nicht zu ver-
kennen. Noch heute ist in Frankreich und England in Rücksicht
auf Religion der Volksgeist weit mehr gebunden, als in Deutsch-
Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 5
66
■ des Laii'
Iftnd. Die Gallier und die Einwohner des alten Britanniens
Gelten, und die celtische Race ist stets zur Unterwerfung uctter
religiöse Vor?iteUungea und unter Priester geneigt gewesen,
■während die germanische in ihrer ganzen Geschichte nicht auf-
gehört hat, sich gegen die fremde Zurauthung einer absoluten
Prieslerherrschaft immer wieder von Neuem aufzulehnen.
Wenigstens wird man es nur aus diesem Gesichtspunkt verstehen,
wie grade Deutschland der Boden werden mussfe, auf dem schon '
im Mittelalter der Kirche in ihrer Machtfülle weltlicherseits die
Herrschaft streitig gemacht und in der neuern Zeit mit der
Reformation auch wirklich zu einem entscheidenden Theil ent-
rissen wurde. Die mittelalterlichen Versuche der Ivaiser gegen
die Päpste waren bereits eine Regung des natürlich freiheitlichen
Geistes, wie er den Germanen von Anbeginn eigen gewesen ist.
Die religiöse Reformation aber würde in ihrem tieferen Grunde
verkannt werden, wenn mau trotz alles aufgehäuften Aber-
glaubens, in welchem sie noch steckenblieb, in ihr nicht eine
Auflehnung im Sinne jenes angestammten Dranges zur Freiheitj
sehen wollte.
Vergessen wir daher nicht jenen von Cäsar bezeugten:
priesferlosen Ursprung und jene erste Neigung, statt eigentlicher
Götter den Naturdingen und Naturmachten als Ursachen des Ge-
schehens und Ergehens die rehgiöse Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Auch bei andern Racen, wie bei den Slaven, scheint ursprüng-
lich etwas Aehnliches obgewaltet zu haben. Ja es mag immer-
hin sein, dass die meisten Völker, ehe sie ein künstlicheres
System des Aberglaubens entwickelten, eine Art Naturdienst'
ausübten. Hierauf allein kommt es aber nicht an. Die Germanen
waren verhaltnissmässig entwickelt und dennoch einfach und
natürlich in ihrer Religion. Sie behielten auch spater, Angesichts
alles Fremden, jene vortheilhafte Neigung bei, während die ur-
sprünglich celtischen Länder auch mit ihren spätem Misch-
bevölkerungen das alte Schauspiel religiöser Devotion wieder-,
holt haben. Die Verachtung, mit der Cäsar von den Götzen der)
Galüer, von den dortigen Menschenopfern und der dortigen bis
in die Privatrechte und bis in die privatesten Verhältnisse ein-
greifenden und jede Auflehnung unterdrückenden Priestermacht
redet, erinnert lebhaft an die ganze vor uns liegende Geschichtej
des Landes, Der celtische Nationalcharakter hat sich hier, durch'
67
le romanische Mischung am wenigsten abj^elenla, nocb mebr
in seinem Wesen eri;ehen kcinnen, als bei den Uriten, wo später
<ias normannische Eieinent eine erhebliche Abänderung zum
Besseren mitsichgebracht hat.
Bei sehr vielen Vüikem finden sich in den rohesten Ur-
zuständen Spuren von Menschenopfern; aber die Gallier waren-
zu Cäsars Zeit schon ziemlich und weit mehr als die Deutschen
■entwickelt. Dennoch stopftL-n prade damals eben diese Gallier
ihre riesigen Götzenpuppen mit Menschen aus. die zum Opfertod
bestimmt waren. Man glaubt fast Wahrzeichen der weiteren
Ceschichte hierin zu erblicken, wenn man im Voraus an die
Pariser Bluthochzeit und ähnliche Vorgänge denkt. In der That
kommt durch die Stammesanlagen in die Geschichte eines Volks
■eine Charaktcreinheit, die, wo es sich um die schlechteren Züge
handelt, freihch nicht anmuthend ist. So übel aber auch der
Eindruck sein mag, den bei einem so ausgezeichneten Cultur-
volk, wie die Franzosen, jene celtische Mitgift der Devotion und
Priesterveneration inmitten der besten arischen Volker macht, so
ist er doch noch durch einen weilen Abstand von den ent-
sprechenden Judenzustäaden entfernt. Letztere hattendie Menschen-
opfer nicht nur am Anfang ihrerGeschichte buchstäblich, sondern,
tun von ihrer heutigen Menschenschächtung hier nicht zu reden,
auch am Ausgang ihres palästinensischen Daseins einen ganz
besondern Nachhall davon in der Vorstellung, dass Jehovah, um
versöhnt zu werden, ein ganz ausgesuchtes Opfer, nämhch daa-
jtnige seines eignen Sohnes, verlange. Man wird sagen, das sei
«ine christliche Idee; aber ein Name, der oft genug gleicb-
hedeutend mit jüdisch ist, wird den Einsichtigen nicht hindern,
hier die Stetigkeit in der Fortpflanzung der alten jüdischen Vor-
stellungen vom Menschenopfer zu erkennen und in jenem
speciellen Fall nur eine Steigerung und ein Raffinement der
jüdischen Grausamkeil und Bosheit zu sehen. Wie hätte anders
in einen jüdischen Gott der Trieb nach solcher angeblichen Sühne
gelangen können, wenn nicht der jüdische Sinn selbst derartige
Seigungen als Mitgabe des Naturells in sich gehegt und gepflegt
Mtte!
Doch eine Vergleichung mit einem modernen Culturvolk,
auch wenn es sich um dessen ärgste Auswüchse handelt, thut den
Judäem zuvielEhre an und wird unwillkürlich zur Ungerechtigkeit.
i
Der cehiscbe Sinn ist leidenschaftlich devot, hat aber weder jene-
Bosheit noch jenen knechtischen Sinn an sich, durch den sich
die ihrer Tiefenlage und Niedrigkeit wegen kaum vergleichbare
Judenrace kennzeichnet. Auch haben die Franzosen, derea
Stamm esnatur nach der bessern Seite hin denn doch auch auf
der spätem Einmischung des fränkischen Elements beruht, die
schlimmsten Züge ihrer Geschichte der jüdisch christlichen Miss-
leitung des celtischen Geistes zuzuschreiben, und überhaupt sind
die ärgsten Auswüchse in der europäischen Völkergeschichte zum.
gn'issten Theil Ergebnisse der fremden Religion. Um nicht un-
gerecht zu sein, darf man übrigens nicht ausser Veranschlagung^
lassen, dass sich die Franzosen in ihrer grossen Revolution zu
einem, wenn auch bald wieder zurück gethanen Schritt gegen die;
Religion aufrafften. Der Versuch einer Abschaffung der ReUgioni
wäre nicht möglich gewesen, wenn die alte religiöse Uranlaga
mit einem fr eiheits widrigen politischen Sinn zusammengehangeu
hätte.
Wollte man auch noch die jetzige Bevölkerung der britischen
Inseln und die Geschichte dieser Bevölkerung herbeiziehen, so
würden die hier obwaltenden Unterschiede, besonders diejenigen
zwischenEngländemundlrläudern, die Einflüsse derAbstammungea
und Stammesmischungen auf die Religionsgestaltung in recht lehr-
reicher Weise bemerkHch machen. Doch es ist hier nicht meine
Absicht, diesen Einzelheiten nachzugehen. Genug, dass man aus,
den bisherigen Angaben über Frankreich und England ersieht,
wie in dem Maasse, in welchem das celtische Blut vorwaltete»
auch die EmpfängUchkeit für das fremde importirte Religionswesen
grösser gewesen ist und zu niedrigeren und unfreieren Aus-
prägungen desjenigen Bestandtheüs des Christentbums geführt'
hat, der als der bessere überall dem modernen Völkergeist zu-
zuschreiben ist. Der andere schlechtere Bestandtheil, nämhch der
pal.'Lstinensische, musste seine üble Wirkung urasomehr steigenii
je geringer die modern nationale Widerstandskraft war. Am
grössten ist die Widerstandsfähigkeit bei den Deutschen gewesen;
und hier hat sich auch im sogenannten Christlichgermanischen das.
Germanische als selbständiger Factor erhalten. Schwerhch wäre
dies geschehen, wenn nicht ein solcher Nationalcharakter vor-
handen gewesen, wie ihn die erwähnten, von Cäsar hervor-
gehobenen Eigenschaften bereits erkennen liessen.
— 69 —
Eine lange Entwicklungszeit hindurch ohne Priester zu bleiben,
ist in der That ein Zeichen von einer grossen Kraft des indivi-
duellen Freiheitssinnes, der seine echt naturwüchsige Religion
nicht leicht vormundschaftlicher Verwaltung überliefert. Wo in-
dessen irgend ein Element von abergläubischem Cultus, und
wäre es noch so naturwüchsig, einmal vorhanden ist, lässt sich
im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung der Bildimg einer
Priesterciasse nicht ausweichen. Wie die Arbeit und alle Functionen
sich theilen, so kommt auch die religiöse Function, die sonst
aQen Gliedern des Volks gemeinsam war, an einen speciellen Berufs-
stand, und hiemit steigert sich selbstverständlich der Aberglaube.
Zu den natürlichen Dunkelheiten und Irrthümem kommen als-
dann auch diejenigen, die vom Standesinteresse geflissentlich
erregt und gepflegt werden. Wir wollen uns daher nicht mit
-der Untersuchung abgeben, wann bei den Deutschen die Aera
der Priester begonnen hat. Jedenfalls hat sich diese Nation vor
<len übrigen dadurch ausgezeichnet, dass sie vermöge der ver-
hältnissmässigen Natürlichkeit und Gesundheit ihrer ursprünglichen
religiösen Vorstellungen auch einem Priesterthum lange hat ent-
gehen können. Jegliches Priesterthum aber hat bei den Deutschen,
trotz der schädigenden und unterdrückenden Einrichtungen der
fremden importirten Religion, stets einen' geringern Einfluss ge-
habt, als bei den andern modernen Nationen. Der nordische
Geist hat sich immer wieder gegen eingeschlichenen Priester-
einfluss erhoben, \md auch jetzt ist der Norden Deutschlands die
Stätte, wo das Volk verhältnissmässig am wenigsten nach seinen
Predigern und Priestern fragt und ihnen den Einfluss auf öffent-
liche und private Angelegenheiten fast schon so gut wie abge-
schnitten hat. Was also Cäsar berichtet hat, ist keine unlebendige
Antiquität, sondern ein wichtiger Zug zu demjenigen Charakter,
der sich im Lebenslauf der Nation allen fremden Beschattungen
zum Trotz bis heute bewährt hat und sich auch künftighin noch
sichtbarer bewähren wird, wenn für die modernen Völker an
die vollständige Ausscheidung des Religionsasiatismus, d. h. des
palästinensischen Christenthums, zu gehen ist.
5. Zur Ergänzung der speciell von den Deutschen bekannten
Züge kann auch die gesammte nordische Götter- und Helden-
geschichte dienen. Jedoch kommt es hier hauptsächlich nur auf
•die Hervorhebung eines einzigen Umstandes an. Wie bei den
Griechen, so ist auch bei den nordischen Völkern die Götterwelt
nichts Letztes und Absolutes. Sie ist ein Inbegriff von ideali--
sirten Gestalten, die theils an Naturdinge, theils unmittelbar aa
menschhche Eigenschaften anknüpfen. Die Mannigfaltigkeit und j
relative Freiheit der einzelnen Göttermächte entspricht der Viel- |
gestaltigkeit der wirklichen Welt und ist ein Grundzug, der diel
indogermanischen Völker günstig gegen die Juden mit ihrer un- '
natürlichen, ja unlogischea Moaopolgottseinheit auszeichnet. Zu
diesem Vorzug gehört aber auch jener zweite, demzufolge die
Götter überhaupt nicht Alles und nicht das Höchste sind. DieseH
tritt ganz besonders in den nordischen Göttergeschichten hervor^l
Hier giebt es sogar sterbliche Götter, die, wie Balder, den To4|
erleiden, und überdies giebt es im Kampf mit den Riesen einen"!
Gütteruntergang, der zu einer neuen Weltschöpfung führt. Im«
Hintergrunde aller Götterdichtungen und mächtiger als alle Götter
macht walten Kräfte, die zum Gesammtschicksal aller Dinge iik
Beziehung stehen, und es fehlt auch nicht an wenn auch dunklea
Andeutungen einer Art Gerechtigkeit, die über alle Dinge, Götter
und Menschen erhaben ist. Was aber die einzelnen nordischen
Göttergestalten selber betrifft, so findet sich hier edel menschliche
Idealisirung, wie sie dem jüdischen Gottesbereich gänzhch abgeht,.
Letzteres ist kahl; denn Jehovah selbst hat zwar einige Juden--
eigenschaften, aber diese grade nicht schönen oder e dein Attribute
sind obenein auch noch nach der blos herrischen Seite hin zuge»
theilt. Die Engelumgebung und das Teuf elszubehör sind ebenfalls
gar farblos und abstract gerathen, so dass sich vom wirklich
Menschlichen in der Judeomythologie nur sehr Weniges, diesea
Wenige aber nicht iu Idealisirung, sondern in Verzerrung oder
gar in Verbindung mit Thiergesichtern, wie denen der Cherubim»
vorfindet. Freilich ist bei diesem Schaden auch ein Vortheil;
denn was hätte es wohl für Bilder gegeben, wenn die Juden die
gestaltende und schöpferische Phantasie gehabt hätten, ein Gegen-
stück ihres werthen Selbst nach allen Richtungen auszumalen!'
Was wäre es beispielsweise geworden, wenn zur Aphrodite
und Freya auch noch als Gegenstück eine jüdische Liebesgöttin,
zur Welt gekommen wäre. Die Versunkenheit in gemeinste sinn-
liche Gier, die hier den schon dem Alterthum anstössigen Charakter-
zug des Judenstammes ausmachte, hätte ein Gebilde ergebt
in welchem die jüdische Wahlverwandtschaft zum astheti!
- 71 ^
"Widrigen den an sich schon schlechtenGehalt zu einem richtigen
Ungeheuer ausgeprägt haben müssle. Man denke nur andieLiebes-
poesien der Hebräer im alten Testament und an die ergötzlichen
Gleichnisse, in denen die Nasen der geliebten Gegenstände mit
Xhürmen auf dem Libanon verglichen und auf diese Weise echt
orientalisch gefeiert werdeo ! Ein Glück also, dass es für diejuden-
maierei und Judenplastik nicht blos Grenzen gab, sondern dass
so Etwas aus Mangel an anschaulicher und schaffender Phantasie
so gut wie nicht existirte! Andernfalls hätte es zur griechischen
Athene am Ende noch gar ein jüdisches Gegenstück geben kOnnen,
"Welches dann freilich nicht die "Weisheit, sondern nur jüdische
Verschmitztheit persomlicirt haben würde.
Doch genug von dem Spiel mit Gutterpuppen, welches unsere
Aufmerksamkeit überhaupt nur insoweit verdient, als sich auch
schon im Spiel der Völkerkindheit die schönen und edlen Anlagen
oder deren Gegenlheile offenbaren. Die kahlen Götterschemen
und Missvorstellungen der Juden sprechen ebensosehr für die
Beschaffenheit des Judencharakters und der Judenanlagen, wie die
schönen und lebensvollen Gebilde der hellenischen Phantasie oder
die markigen und gehaltreichen Gestalten des nordischen Vor-
stellens für Fähigkeit und Charakter der (iriechen imd der Ger-
maoen. In einem Stadium, in welchem die Menschheit das Spiel
mit Götterpuppen, sei es mit grossen oder kleinen, mit vielen
oder mit vereinzeilen, bei Seite zu legen ernsthaft Miene macht,
bben die Kindererinnerungen nur noch den Sinn, mit ihren
ersten Zügen das zu bestätigen, was die reifere Menschheit an
Eigenschaften ausserhalb spielerischer Einkleiduog zeigt oder zu
zeigen hat. Das Interesse haftet also nicht an der Puppenhaftig-
keit der friiheren Geistes bekundungen, sondern an der Geistes-
bescbalTenheit selbst, die mit ihren "Wirklichkeitselementen jenem
Spiel zu Grunde lag und auch bleibt, wenn jenes Spiel gänzlich
aofhort.
Der germanische und speciell der deutsche Geist haben in
ihren angestammten Glittergebilden ihre Denk- und Gefühlsweise
bekundet und dabei mehr logischen Sinn und harmonischen
Charakter gezeigt, als im Judenthum und in dem ihm entsprossenen
Christenthum enthalten ist. Zutreffend haben die nordischen Volker
die Natiu- als das belassen, was sie ist, und ebensowenig einer
tiötter- oder Gottesknechtschaft unterworfen, als sie sich selbst
— 72 —
für Knechtsverhältnisse gemacht ansahen. Sie haben überdi
durch die Mehrheit der Göttergestalten eine relative Selbständi
keit der verschiedenen Züge des Menschlichen gewahrt. So :
ähnlich wie bei den Griechen eine freie Harmonie in die Anffassui
der Welt und ihrer Theile gekommen, und keine orientaliscl
Knechtsgestalt der Religion hat die Welt- und Lebensanschauui
verzerrt. Ueberdies ist aber noch ein tieferer sittlicher Charakti
als er sich bei den Griechen fand, zur Ausprägung gelangt u:
hat in die Göttergeschichten ^ehr Ernst und Würde gebrac.
Jedoch dieser wichtigste Zug, der die moraHsche Auszeichnung c
germanischen Geistes betrifft, hat seine nachhaltige Bedeutu
am unverkennbarsten erwiesen, als er später dazu wirkte, c:
palästinensische Christenthum in ein germanisches zu v
wandeln.
Die Deutschen würden es mit der importirten Religion nie
lange ausgehälten haben, wenn sie dieselbe nicht einigermaass
nach den eignen sittlichen Anschauungen gemodelt hätten. ^
sollte ihnen beispielsweise der jüdisch christliche Glaube, d
obwohl er im neuen Testament durch ein griechisches W
ausgedrückt wird, welches auch Treue bedeutet, doch nur c
sklavisch autoritäre Hinnehmen von jenseitigen Verheissung
einer Person und die Unterwerfung unter diese Person bezei^
nete ! Letzteres ist in der That der ursprüngliche Sinn des Glaube
an Christus; aber die Deutschen haben ihre eignen edleren I
griffe von Vertrauen und Treue an die Stelle gesetzt und so c
jüdisch christliche Ueberlieferung, aber freilich im Widerspru
mit dieser selbst, verbessert. So ist auch für die wirklich relip:
Denkenden ( jottvertrauen im deutschen Sinne ein Gemüthszusta.
gewesen, dem auf dem Boden Palästinas Nichts gehöri<^ e
sprechen konnte, weil es dort an der Treuherzigkeit fehlte, ^3
der allein ein solches Vertrauen entspringen kann. In der 1
sonderen Artung solcher Vorstellungen spiegelt sich die Herzer
uQd Charakterverschiedenheit der Nationen. Wenn der Deutsc
glaubt und vertraut, so ist dies, gleich seiner Treue überhaiL
ein anderartiges und ungleich festeres Band, als wenn der Pua.
oder sonstige Semit, vollends aber speciell der Jude etwas Ael
liches zu thun vorgiebt. Hiebei ist es gleichgültig, ob Glai^
und Vertrauen ausdrücklich etwas Göttlichem oder dem Mensct
oder, in reiner Vorstellung, überhaupt dem Walten und
— 73 —
Ordnung der Dinge gelten soll. In allen diesen Fällen entscheidet
die Charakteranlage über die sittliche Gestaltung jener Affection.
Auch wenn das Vaterverhältniss in den Gottesbegriff hinein-
gelegt wird, so denkt sich dies der Deutsche nach dem Ebenbilde
seiner eignen bessern Familienverhältnisse und nicht nach den
Voraussetzungen jenes jüdischen Gebots eines vortheilhaften
Gehorsams gegen die Eltern. Ebenso denkt er es sich nicht nach
jener christlich jüdischen Vorstellung, nach welcher der Herr und
Vater aus Erzümtheit auf die Judenmenschen das Opfer des
Sohnes verlangt. Doch hiemit beginnen schon die speciell theo-
logischen Vorstellungen, die heute nicht mehr die geringste
Bedeutung haben. Als sich mit ihnen noch einst der Deutsche
wirklich plagen Hess, widerstrebte er dennoch stets dem palästinen-
sischen Sinne derselben und wollte darin nur seine eigne bessere
Vorstellungsart gefunden wissen. So machte er es auch in den
ecj andern Beziehungen. Er fühlte stets, dass ihm die palästinensische
Denkweise auch im neuen Testament etwas Heimath- und
Stammes widriges zumuthete. Seine bessern sittlichen Gedanken
und Gefühle wehrten sich, konnten jedoch der unausweichlichen
jä.> B Ansteckung gegenüber zunächst nur unwillkürlich mit ihrem
[it ■ e^en Gehalt innerhalb der fremden Krankheitseinimpfung re-
ch- ■ agiren. So entstanden jene Mischvorstellungen, die man allenfalls
?:i ■ als germanisches Christenthum, zutreffender aber vielleicht als
Dc- I Gennanismen im Christenthum bezeichnen kann. Diese Germa-
iie ■ Äismensind aber auch das Einzige, was für uns an der geschicht-
ch I lieh überlieferten Religion noch ein lebendiges Interesse hat.
Man erwäge nur beispielsweise die Vorbildlichkeit des Ver-
Qd ■ hältnisses von Mensch zu Mensch für die Vorstellung des Verhält-
it- ^ osses zu Göttern oder zu einem Gott. Der Jude dachte sich von
"rf^ an seinen Gott nicht nur als Juden mit entsprechenden
"Stammeseigenschaften, sondern richtete seinen Verkehr mit ihm
*Kk so ein, wie eben ein Jude zu verkehren und Verhältnisse
he Bttizogehen pflegt. Judensitte und Judengrundsätze waren hier
3t. H bildlich für die Handlungen und Beziehungen zwischen Jehovah
[er »^ den Seinen. Hieraus erklärt sich Alles, was im alten Testa-
lü- ••ölt, und das Meiste, was im neuen Testament über das Ver-
ibe ^Wss der Juden zu ihrem Herrn, also überhaupt über das
aen "^iöse Grundverhältniss vorgebracht wird. Man bedenke nur
der "^Gegensatz hiezu, dass die Art, w^ie sich der Deutsche in sitt-
15-
— 74 —
licher und geselliger Beziehung zum Deutschen und überhaupt
zum Menschen verhält, auch maassgebend ist für die Art, wie
er sich das Verhältniss zu einem Gott, sei es einem eignen oder
einem fremden, gestaltet.
Das Verhältniss der Treue imd des Vertrauens, welches der
Deutsche andern Menschen gegenüber sucht imd pflegt, kann nur
da vollständig sein, wo es gegenseitig ist. Aus diesem Grunde ist
die Treue eine Eigenschaft, die nicht blos auf der einen Seite
bethätigt, sondern auch bei dem andern Theil gefordert wird. So
kommt auch in den Gottesbegriff selbst der Zug der Treue und
Zuverlässigkeit imd in alle Verhältnisse, die der Deutsche zwischen
sich imd seinem Gott vorstellt, dasselbe gegenseitig bindende
Element wohlwollenden Vertrauens. Da nun das Band der Treue
nur zwischen Menschen möglich ist, die in diesem wesentlichen
Charakterpunkt übereinstimmen, so muss schliesslich das Ver*
hältniss des Deutschen zum Palästinenser auch die entsprechende
Unverträglichkeit der beiderseitigen Religionsüberlieferungen zu
Tage fördern. Der \'ersuch des Germanen, seine eigne bessere
Sittlichkeit in die fremden Religionsvorstellungen zu übertragen,
musste diese erst modeln, dann aber den Widerspruch und die
Unmöglichkeit durchgreifender Aenderung fühlbar machen, und
wird endhch zu dem Entschluss führen, das Fremde als mit dem
Bessern unvereinbar ganz abzuthun.
6. Wie das Germanische im Christlichen oft ganz äusserlich
mit der palästinensischen Ueberlieferung verknüpft worden ist^
dafür liefert die kirchliche Baukunst ein recht anschauliches Bei-
spiel. Was hat der Stil der gothischen Bauwerke an sich selbst
mit der fremden Ueberlieferung des Christenthums zu schaffen?
Dennoch hat sich in ihm etwas verkörpert, was in religiöser
Hinsicht oder, wenn man will, in Beziehung auf den Vorstellungs-
ausdruck einer erhabenen Weltansicht für neuere Völker, ins-
besondere aber für die Germanen, kennzeichnend ist. Gegen
das Gothische an den gothischen Domen wird sich die deutsche
Thatkraft wahrlich nicht wenden. Sie würde ein Stück ihres
eignen Nationalgeistes treffen, wenn sie das Gothische als solches
angriffe. Freilich ist es übel, dass der Zug deutschen Creistes,
der in den himmelanstrebenden Bauten waltete, sich monumental
mit jenen fremden Dingen verknüpft hat, die ihn nichts angehen.
Das palästinensische Christenthum ist für die Erhabenheit der
— 75 —
Gothik ebensowenig gemacht, wie diese es für jenes sein sollte.
Wenn aber jüdische Hasser des Christenthums, wie der getaufte
Heinrich Heine, die einstige Zertrümmerung der gothischen Dome
durch die Deutschen selbst triumphirend vorausgesagt haben, so
kann man daran sehen, um was es diesen Judäem zu thun ist.
Der jüdische Sinn ärgert sich, wenn er die gothischen Dome
verwünscht, weit weniger an den Domen und deren christlichem
Charakter selbst, als vielmehr an dem Dasein gothischer Bau*
werke, die ihn an eine Nationalität erinnern, die nicht im Ent-
femtesten von seinem Schlage ist. Das palästinensische Christen-
thum mit dem Judäer am Kreuz ist von seinem eignen Fleisch,
wenn es auch scharf in dasselbe eingeschnitten hat; gothische
Bauten sind aber Zeugen einer andern Macht, die sich noch in
ganz andern Thaten, als in der Thürmung von Steinen zur Be-
hausung einer fremden Religion, offenbaren wird. Kein Wunder
daher, dass es dem Juden eine Genugthuung sein würde, wenn
er den Deutschen, anstatt gegen den palästinensischen Inhalte
gegen die germanischen Züge des geschichtlichen Christenthums
treiben könnte. Mit diesem Spiel wird es aber nach der Selbst-
erkenntniss der Nation vorbei sein.
Um von dem Aeusserlichsten gleich zu dem Innerlichsten
überzugehen, so sehe man zu, wie sich der Deutsche zu derjenigen
Lehre des Christenthums zu verhalten vermöge, die noch am
meisten in dem Rufe steht, nicht racenjüdisch zu sein. Ich meine
die schon in unserm 2. Capitel erörterte Vorschrift der Nächsten-
und Feindesliebe. An jener Stelle wurde sie als ein Grundzug
zur Selbstverwerfung des Judenthums gekennzeichnet. Hier wollen
wir sie auch einmal im Lichte deutscher Moral ansehen. Dort
war bereits gezeigt, wie es eine judengemässe Wendung ist, von
dem Verhalten zum eignen Selbst, ja eigentlich von der Selbst-
sucht auszugehen, um verständlich zu machen, wie man sich zu
Andern zu verhalten habe. In der That versteht der Jude die
Affection für den Nebenmenschen nicht, und daher muss man ihm
etwas unterschieben, was er kennt, nämlich die Aflfection für sich
selbst* Wie er sein eignes Selbst cultivirt, so soll er auch das
des Nächsten pflegen und fördern. Wenn so das Selbstinteresse
zum Maass und Vorbild des Interesse an Andern gemacht wird,
so ist dies an sich weder eine natürliche noch eine sittlich gute
Wendung. Im Gegentheil sieht dieses so hochgepriesene Stück
— 76 -
Moral danach aus, als wenn es an jedem Weg gefehlt hätte, Liebe
zu denti Nebenmenschen auf eine unmittelbare und positive Weise
kenntlich zu machen. Dieser Mangel führt aber weiter zu der
Einsicht, dass es an dem Weg zur Kenntlichmachung nur fehlte,
weil die Sache, die erkennbar gemacht werden sollte, bei den Juden
nicht anzutreffen war. Für den Deutschen hat es damit keine
Schwierigkeit; denn bei ihm sind die sympathischen Affectionen
*in bedeutendem Maasse ausgeprägt. Man braucht sich bei ihm
nicht auf die Selbstsucht zu berufen, um ihm, wie dem Juden,
beizubringen, wie sich Jemand zu verhalten habe, wenn Liebe des
Nebenmenschen vorhanden sein solle. Dazu giebt es edlere Vor-
bilder und Maasse, die von einer natürlichen und positiven Liebe,
nicht aber von jener umgekehrten Selbstsucht, hergenommen sind.
Die Liebe in der Familie in ihren verschiedenen Richtungen kann
dazu überall, ganz besonders aber für die Deutschen, dienen.
Edler und besser ist es freilich, sich auch gegen einen unwillkür-
lichen Zug von Heuchelei in den Worten und Begriffen dadurch
zu sichern, dass man die allgemein zwischen Mensch und Mensch
mögliche Liebe ganz unmittelbar, also nur nach den verschiedenen
Verhältnissen und Gründen beurtheilt, in denen ein Wohlwollen
thatsächlich vorhanden sein kann. Andernfalls wird das Wort
Menschenliebe zur tauben Nuss. Bei all seinem anspruchsvollen
Klang führt es, ohne jene Vorkehrung, zu lauter hohlen A'or-
stellungen. Um es mit Gehalt zu erfüllen, müssen bestimmte
positive Verhältnisse des gegenseitigen Beistandes und der sym-
pathischen Freude am menschlichen Ergehen sichtbar werden.
Wenn nun irgend eine Nationalität, so enthält die deutsche genug
Weitherzigkeit, um bis zum allgemein menschlichen Bande des
Wohlwollens vorzudringen. Aus diesem Grunde bedarf sie aber
auch am allerwenigsten einer Hinweisung auf die sogenannte
Selbstliebe, die in den überlieferten Vorstellungen mit der Selbst-
sucht einerlei ist. Diese Selbstsuchtsumkehrung, als kahles ver-
standesmässiges Surrogat mangelnder Nächstenliebe, aber in jenem
berühmten christlichen Gebot für diese selbst ausgegeben, — diese
christliche Selbstsuchtsumkehrung ist ein so niedriges moralisches
Recept, dass es nur für Juden, nicht aber für bessere National-
•charaktere, geschweige für den deutschen passt.
Sieht man näher zu, so findet sich überdies, dass jene Vor-
schrift auch ihrem Ziele nach hinter einem wirkUchen Ideal von
— 77 —
Sittlichkeit zurückbleibt, ja mit diesem in Widerspruch gerathen
muss. Wir mit unserer feineren Rücksicht imd Einsicht sindl
nicht gewohnt, zu glauben, es sei stets genug geschehen, wenn
wir eine Angelegenheit des Nebenmenschen wie unsere eigne
behandeln. Wir sind ims vielmehr moralisch bewusst, eher gegea
uns selbst nachlässig sein und fehlen zu dürfen, als gegen Andere.
Schon das blosse juristische Recht bringt in vielen Fällen die
Verpflichtung zu einer grossem Sorgfalt für fremde Angelegen-
heiten mit sich, als man den eignen zuwendet. Für die bessere
Moral edlerer Charaktere steht es aber unzweifelhaft fest, dass eine
Selbstverletzung der eignen Interessen nicht soviel wiegt, wie
eine ungerechte Verletzung des Nebenmenschen. Auch bringea
die Schädigungen, die man sich selbst zufügt, nur Unmuth, die
Vergehen aber, die gegen Andere verübt werden, bei dem besserea
Menschen eine anderartige, schlimmere Pein mit sich. Wo über-
haupt Reue möglich ist, wo also im Charakter und in der Ein-
sicht schlechtere Elemente durch bessere bekämpft werden oder
die nachträgliche Situation die bessern Neigungen wieder frei-
macht, wo also überhaupt die Fähigkeit zu einer echten Reue
vorhanden ist, da wird sich auch in den feineren, sympathisch
angelegten Naturen zeigen, dass die Reue von sehr verschiedener
Art ist, je nachdem es sich um die fehlerhafte und sittenwidrige
Verursachung eines eignen Schadens, oder aber um ein Ver-
schulden gegen Andere handelt. In dem einen Fall hat der
Mensch nur mit sich selbst zu rechnen ; in dem andern trägt er
die Verantwortlichkeit für fremdes Leiden. Nun ist die Pein, die
aus dem Verhältniss zwischen Mensch und Mensch entsteht, unter
übrigens gleichen Umständen weit intensiver, als diejenige Herab-
stimmung, die aus einem schädlichen Verhalten des Einzelnen
gegen sich selbst entspringt, grade sowie auch die Freude, die
aus der menschlichen Gegenseitigkeit hervorgeht, die entsprechend
isolirte, auf den Rahmen des eignen Selbst beschränkte Affection
übertrifft. Dies ist eine Thatsache, welche bei den neuern
Völkern leicht festgestellt werden kann, so dass wir hiezu nicht
erst speciell den deutschen Charakter zu betonen haben. Ja sogar
schon in der antiken Welt lässt sich ein gewisses Bewusstsein
dieses Unterschiedes nachweisen. Bringt hienach also jede bessere
Menschlichkeit eine selbständige und höher geartete Bestimmung
des interhumanen Verhaltens mit sich, als diejenigen Grundsätze
sein können, die für das eigne Selbst gelten, so ist die christische
Vorschrift auf einem Niveau verblieben, über welches alie edlerenj
Völker Charaktere von vornherein schon durch ihre natürlichej
Anlage erhaben sind, und über welches sich die feinere Eat- H
Wicklung in einem stets wachsenden Abstände erhebt. Auf diese !j
Weise wird schliesslich jene anscheinende Perle palästinensischea ||
Chrislenthums. die in der That bei jener Selbstver werfung des |
Judenthums ein erklärliches Krankheitsproduct gewesen ist, völi^fj
unverträglich mit einem deutlichen Bewusstsein besserer Sitten--(|
antriebe. Anstatt also diese l'eberÜeferung als Etwas hinzunehmen^
was unübertrefflich und gleichsam himmlisch sei, verwerfen wir*
sie vielmehr nicht blos als sittlich rückständig, sondern als nu«
lur die sittliche Tiefenlage der Judenrace eingerichtet. ]
Auch sind wir keineswegs damit zufrieden, dass diejenige*
Menschen, die ihr eignes Ergehen aus Charakterfehler odesK
maugelnder Einsicht schädigen, sich also nur wenig lieben, nacb^
christlichem Grundsatz mit diesem Maass von Liebe auch Andere'
heimsuchen. Ebenso kann die Rohheit, die bei dem eignen Selbst-
an Allerlei keinen Anstoss nimmt, was in der That nicht geduldetll
■werden darf, kein Vorbild sein, welches ein gutes Verhalten gegen 'i
Andere ergäbe. So sind denn alle Vorschriften, mögen sie alt-)|
oder neutestam entlich sein und mögen sie eine negative od^
positive Form haben, moralisch rückständig, sobald sie das, waij
das eigne Ich abwehrt oder fordert, zum Maasse des Nichtthui^
oder Thuns gegen Andere machen. Eine zulängliche MoridE
besserer Art bedarf bestimmter, in das Einzelne gehender Fesfc»
Stellungen dessen, was sich ziemt, und stützt sich dabei au]^
"absolute Principien, die in einem weiten Gebiet für das eignS
wie für das andeie Ich gleichmässig gelten, überdies aber fite
die gegenseitigen Beziehungen auf das Mitempfmdea, und zwa^|
nicht blos im Sinne des Mitleids, sondern auch der Mitfreude,
gegründet sind. So ergiebt sich etwas Natürlicheres und Edleres, .
■a!s jene geschraubten Wendungen christischer Art. Ein gemein-
sames Gute regiert alsdann das Verhalten gegen Andere und das
"Wallen mit sich selbst. ^
Wie aber dem Judenthum der Begriff des Guten racen.'^
m;issig gefehlt oder sich bei ihm, was so ziemlich dasselbe
zu etwas Verkehrtem verzerrt habe, das hat sich noch in neuer«
.Zeit an dem bedeutenden Beispiel Spinozas gezeigt. Dil
— 79 —
''acenjiidische Philosoph aus dem 17. Jahrhundert, dessen persön-
liches Ankämpfen gegen seine Judenneigungen achtbar genug
"War, hat dennoch in seinem Hauptwerk, einer sogenannten Ethik,
Schlechte Judenmoral producirt. Er verslieg sich beispielsweise
t>is zu dem Satze, seinen Nutzen suchen und tugendhaft sein sei
dasselbe. Er ist so recht das Beispiel eiaes reinen Racenjuden:
"^cnn als ihn seine Glaubensgenossen ausgestossen hatten, war
^x hiemit nicht mehr Rehgionsjude. Ueberdies verschmähte er
^s aber mit Recht, in eine andere Religionsgemeinschaft ein-
zutreten. Inneriich freilich konnte er die überlieferten Vorstell ungs-
*^eigungen ebensowenig ganz abthun, wie es ihm eingestandener-
^^aassen nicht gelang, die angestammten Triebe der Habsucht
"^-'nd sinnlichen Gier völlig zu bemeistern. Er schrieb, zumTheil
■^Iine es zu wissen, im Sinne der Judenrace. Nicht blos seine
^loral, sondern auch seine Weltvorstellung trug, wie ich ander-
"Vveitig (in meiner „Geschichte der Philosophie" und in meiner
»Judenfrage") gezeigt habe, die Züge dieser Race an sich. Er
^Selbst aber leugnete, dass Nationen von Natur existirten; diese
-Schaffe nur einzelne Menschen, und die EigenthümUchkeiten der
-2S"ationen rührten von deren Gesetzen und Sitten her. Hiemit
-stellte er die "^ahrheit auf den Kopf; denn die Gesetze und
Sitten der Nationen rühren wesenthch von deren Charakter-
~eigenthümhchkeiten und sonstigen Naturthatsachen her, aber nicht
•^jm gekehrt. Diese Verwechselung von Ursache und "Wirkung ist
-"bezeichnend für die Dunkelheit, in welcher sich Spinoza bezüg-
-Ücli der Begriffe von Race und Nation befand. Sie zeugt aber
- auch für die noch heut wiederkehrende Judenneigung, die Be-
= ^iffe vonRace undNalion oberflächlich nominalistisch zu machen,
d. b. zu blossen Namen herabzusetzen, denen keine Naturwirk-
lichkeit entspreche. "Wie tief aber grade im Naturgrunde der
Racencharakter wurzele, und wie er nicht blos Sitten und Gesetze
^gestalte, sondern auch die Vorstellungskreise einzelner und zwar
unter Ihresgleichen sehr ausgezeichneter Menschen, ja nach
vollster Unabhängigkeit strebender Denker beherrsche, dafür hat
-Spinoza .selbst ein entscheidendes Beispiel werden müssen.
7. Noch nach einer andern Seite lässt sich durch die Hin-
weisung auf Spinoza über die Unverträglichkeit des jüdischen
Racengeistes mit den neuem Völkeranschauungen etwas lernen.
■Geset2t, alle Juden hätten ihren gröbern Aberglauben abgelegt
— So-
und sich zu Spinozisten oder gar zu Anhängern noch freierer
Ansichten entwickelt; alsdann würde das Religio nsjudenthum im
gewöhnlichen Sinne der Synagoge fortfallen, aber in den racen-
mässigen Vorstellungsarten und Neigungen bestehenbleiben. Was
aber noch entscheidender ist, es würde auch abgesehen von den
etwas naturalistisch gestalteten Religionsvorstellungen, wie sie bei
Spinoza nach jüdischem Grundschema noch existiren, jedenfalls
der Kern der jüdischen Racenmoral, die im eignen Nutzen die
Tugend sieht, d. h. den Egoismus zum Princip erhebt, als maass-
gebend erst recht nackt und ungezügelt hervortreten. Die ur-
sprünglichen, wirklich religionsgläubigen Juden hatten doch noch
immer Blitz und Donner vom Sinai vor Augen und Ohren. Sie
wurden durch den Schrecken Jehovahs einigermaassen, wenigstens
unter sich selbst, gebändigt, und dieser Schrecken war in der
That der Judenrace ein Bedürfniss. Spinoza selbst spricht es aus,
dass es gegolten habe, die jüdische Halsstarrigkeit zu brechen,
und dass demgemäss Jehovah die Juden nicht mit Gründen,
sondern mit Donner und Blitz angegriffen habe. Wirklich wird
man auch heute, ja in alle Zukunft hinein, den Judentrieben
gegenüber mit Gründen nichts ausrichten. Der angestammte
Zügel ist ein Schreckenssystem, und dieser Umstand kann auch
in aller weiteren Judengeschichte zum Leitfaden dienen.
Wenn also der eigentliche Aberglaube auch einmal völlig
verschwunden wäre, was trotz aller modernen Wissensmächte
grade der Judenzähigkeit gegenüber am längsten auf sich warten
lassen dürfte, so könnte dies nur dazu führen, das racenmässige
Judenwesen noch ungenirter und für die neuern Völker noch
unerträglicher zu machen. Die Judentriebe würden alsdann nach
wie vor als Naturthatsache fortbestehen ; sie würden zwar durch
eine ihnen zu Hülfe kommende Religion nicht mehr gutgeheissen,
aber auch von dieser Seite in nichts mehr beschränkt werden.
In einem solchen Zustande würde es handgreiflich werden, was
die natürliche Racenbeschaffenheit als solche mitsich bringt. Die
Ausbeutung und der sogenannte Daseinskampf würden den neuern
Völkern gegenüber eine noch verworfenere Gestalt anzunehmen,
trachten als bisher. An eine Einschränkung durch neue geistige
Motive wäre nicht zu denken. Kämen diese von den Juden selbst,
so würden sie deren Selbstsucht nur noch steigern; kämen sie
aber von den bessern Völkern, so würden sie als imgleichartig
— 81 —
nichts fruchten. Die Empfänglichkeit dafür würde racenmässig
fehlen, und wenn die neuern Völker gegen die Juden etwas aus-
richten wollen, so müssen sie sich nach dem Vorbild Jehovahs
richten; sie müssen sie, wie gesagt, statt mit Gründen und
geistigen Elementen, mit Donner und Blitz angreifen.
Aus der Judenrace kann nie Etwas werden, was mit den
bessern Völkern vereinbar ist. Dies gilt für die materiellen wie
für die geistigen Verhältnisse ; es gilt für Oekonomie und Politik
einerseits imd für Literatur und Kunst andererseits. Ich muss
mich in dieser Beziehung auf meine andern Schriften, namentlich
aber auf die „Judenfrage" und auf die sie ergänzende Schrift über
^die Ueberschätzung Lessings* berufen. Hier sei jedoch noch
besonders hervorgehoben, wie gegenwärtig die Unverträglichkeit
<tes Judenwesens und des modernen Völker wesens, namentlich,
aber der Gegensatz von Judenthum und Deutschthum, in allea
Gebieten, den feinsten theoretischen wie den handgreiflichst.
praktischen, hervortritt, ja man kann sagen, hervorbricht. Ueber
die Racenökonomie der Juden an sich selbst brauche ich hier
kaum etwas zu sagen. Sie ist das echt Handgreifliche in, der
Unverträglichkeitsthatsache. Sie ist überdies, wie früher ange*
deutet, ein Stück der Religion^ nämlich bezüglich der Herrschafts*
gewinnüng über alle Völker im Wege des Leihens .an sie. Diese
Racenökonomie erklärt auch vorzugsweise das Vorhandensein eine;r,
grossen Zahl von Judengenosseü; denn diese letztern bestehen
zum grössten Theil aus solchen Elementen, die von den Juden
finanziell abhängig sind. Im Materiellen wehren sich jetzt die
modernen Völker, voran die Deutschen imd Slaven, gegen die,.
jüdische Aufsaugung und Reichthumsanhäufung am sichtbarsten.
Ohne energische Maassregeln, wie die von mir vorgeschlagene ;
Mediatisirung der jüdischen Finanzfürsten und Geldinstitute, im4
ohne Ausnahmegesetze, welche nur für Jud^er gelten, die alU-
gemeine Freiheit aber, d. h. die Freiheit der bessern Völker nicht
berühren,' wird man Angesichts der einmal bestehenden Juden^
macht, zumal in den Formen unserer Gesellschaft szuständ^, nichts
Erhebliches ausrichten.
Die Oekonomie und das Materielle sind bei den Juden Religionsr
Sache. Was aber an Selbstverwerfung hievon einen vereinzelten
Zug des Christenthums ergab, nämlich der ascetische Verzicht
auf weltliches Streben, hat den; modernen Völkern, .soweit es
Dfihriog, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 6
— 82 —
wirklich die Gesundheit ihrer Denkweise ankränkelte, genug ge-
schadet und den Juden in die Hände gearbeitet. Bei der Judenrace
blieb die Ausbeutung anderer Völker in Uebereinstimmung mit der
Rehgion, während das Christenthum diese bessern Völker mit sich
selbst in Zwiespalt zu setzen und von der Pflege des materiellen
Wohlstandes auf Jenseitigkeiten abzulenken suchte. Die Juden-
race hatte so von dem, was bei ihr entstanden war, einen
doppelten Vortheil. Einerseits beutete sie unbehindert aus, und
andererseits lähmte sie noch die ökonomischen Rücksichten und
Bestrebungen der Auszubeutenden durch die importirte Religion.
Etwas Aehnliches lässt sich über den unheilvollen Einfluss
des raceimiässigen Knechtssinnes bemerken. Dieser stammt ur-
sprünglich aus der Furcht vor der Macht und aus Feigheit, die
der Judenrace eigen sind und zu deren herrischem, knechtendem
Wesen sehr wohl stimmen. Im palästinensischen Christenthum
wurde aber jener Knechtssinn zu etwas Freiwilligem, welches
beispielsweise der Obrigkeit gegenüber zwar auch im Hinblick
auf deren Gewalt, aber doch auch fast wie ein Stück Liebe
bethätigt werden sollte. Unter dieser Lähmung der innem Spann-
kraft, die von der christischen Abart des Judenthums ausginge
haben nun die neuern Völker wirklich etwas gelitten und sogar
noch zu leiden. Die politischen Einrichtungen und Ideen sind mit
diesem freiheits- und nationalwidrigen Import nur zu vielfach ver-
setzt und gefälscht worden. Doch dies nur zur Vergleichung, wie
in Oekonomie und Politik Aufsaugungen der Volkskräfte besserer
Nationen einen palästinensischen Ursprung gehabt haben und in
dem gleichen Racenchar akter wurzeln.
WasPressö, Literatur undKunst betrifft, so sind die Zeitungen,,
die Belletristik und das Theater bekanntermaassen in den Händen
der Juden. Sie sind es zunächst immer finanziell, aber dann auch
weiter in Rücksicht auf die persönliche Betheiligung. Wenigstens,
ist die Presse • tind ein grosser Theil der schönen oder vielmehr
leichten Literatur durch Juden als Geschäft ausgeübt. Handgreif-
lich ist dies bei der sogenannten liberalen Presse der Fall ; aber
in den conservativen Zeitungsredactionen schalten die Judäer
fast nicht minder, wenn auch versteckter. Uebrigens drängea
sich die Juden auch zu den Theatern, wohin sie wohl Hypokrisie,.
aber nicht ästhetische Eigenschaften mitbringen. In allen jenen
Gebieten beurkunden sie ihren Mangel an edleren geistigen.
— 83 ~
Fähigkeiten und an Sittlichkeit. Bei den Deutschen hat haupt-
sächlich mit dem sichtlich zum Judenblut gehörigen Lessing die
VerjuduDg der Literatur begonnen, aber ihre bedeutendsten Fort-
schritte erst im 19. Jahrhundert gemacht, dergestalt dass sie in der
ungestörten Jubelzeit der Juden, 1860—80, auf ihrer Höhe stand.
Schliesslich ist man einigermaassen zu der Erkenntniss ge-
langt, dass sich diese Verjudung mit der geistigen /Existenz der
Nation nicht vertrage. In der That ist die Leetüre literarischer
Judenerzeugnisse, seien es Zeitungen oder Bücher, ohne sittliche
öder ästhetische Anwiderung für den feinern Sinn kaum mehr
möglich. Für den Kenner ist die darin überall sichtbare Juden-
corruption gradezu ekelerregend. Von der durch die Presse aus-
geübten Macht zur Beherrschung aller Angelegenheiten habe ich
hier nicht einmal zu reden, da dies über den Gesichtspunkt
hinausreicht, der im Zusammenhange dieser Schrift vornehmlich
festgehalten werden muss. Aber auch schon die unsittliche und
unästhetische Infection, die mit der literarischen Verjudung Hand
in Hand geht, schafft einen auf die Dauer unerträglicher^ Zustand.
Deutscher Geist und deutsche Literatur sind unvereinbar mit den
Eigenschaften der Judenrace. Wird letztere mit ihren literarischen
Herrschaftsanmaassungen nicht wieder zurück- und hinaus-
gewiesen, so hört unsere nationale Literatur auf, zu existiren.
Ja etwas Aehnliches lässt sich überhaupt von der Presse und
Literatur der modernen Völker sagen; denn die Literatenherr-
schaft der Juden verzweigt sich über die Welt und bedrückt alle
Welttheile und Länder, wo etwas zu machen ist.
In der erwähnten Jubelzeit der Juden hat sich auch die Gesetz-
gebung erheblich verjudet, und es ist grade hiedurch die Kluft
zwischen jenem schlechtesten Semitenstamm und den Deutschen
recht sichtbar geworden. Dem Juden ist mit der crassen Selbst-
sucht auch die Ungerechtigkeit angestammt und hat ihn durch
die ganze Geschichte begleitet. Die Selbstsucht unterscheidet sich
eben dadurch vom berechtigten Selbstinteresse, dass sie gegen
Andere ungerecht wird, indem sie von diesen zehrt. Nun bilden
die Juden das Hauptbeispiel eines Volks, welches sich auf Kosten
Anderer mit allen schlechten Mitteln bereichert. Indem zu diesen
Mitteln auch die Beeinflussung der Gesetzgebung, ja die persön-
liche Mitwirkung an derselben gekommen ist, hat sich die natio-
nale Unmöglichkeit eines solchen Zusammenwirkens und Zu-
6*
— 84 —
sammenlebeDs noch entschiedener, als in andern Richtungea,
herausgestellt. Die Justiz moderner Völker verjuden, heisst sie iO-
ihr Gegentheil verwandeln. Deutsche Justiz mit judenhafter Gesetz-
gebung heimsuchen imd mit Advocaten tmd Richtern von jüdischer
Abstammung überfüllen, heisst nicht blos sie national entwurzeln,
sondern die Deutschen überhaupt ihres Rechts entkleiden. Wir,
und auch andere neuere Völker, haben von ernster Gerechtigkeit
noch einige angestammte Begriffe, die nur mit dem bessern
Völkercharakter selbst untergehen könnten. Es würde aber ein
solcher Untergang sein, wenn es mit dem Judeneinfluss so fort-
ginge wie bisher, d. h. wenn den Juden ausser der materiellen
Habe der Völker auch noch das geschäftliche Machen von Recht
und Unrecht überliefert würde.
Die specielle Handelsgesetzgebung brauche ich kaum zu
erwähnen. Hier sollen blosse Usancen an erster Stelle gelten;
d. h. es ist allen schlechten Praktiken, wie sie vornehmlich von
den Juden ausgeübt werden, eine Gesetzeskraft erster Ordnung
verliehen. Doch in diesem Gebiet steckt sich das Judengeschäft
noch einigermaassen hinter eine allgemeinere Handelscorruption.
Weit schlimmer ist es, dass durch die Theilnahme der Juden die
allgemeinere Gesetzgebung, die sich nicht mit den materiellea
Ausnahmegesetzen oder auf den Gerichtsstand bezüglichen Privi-
legien des Handels befasst, an bessern Grundsätzen gar sehr ein-
gebüsst hat, ja in neuen wichtigen Bearbeitungen sachlich und
formell verdorben worden ist. Die Processordnungen Deutsch-
lands, die gegen Ende jener Judenjubelzeit eingeführt wurden, sind
bezüglich ihres Ausfalls im Sinne des jüdischen Charakters von mir
anderweitig gekennzeichnet worden, und es ist ihr Geist in Rück-
sicht auf Advocatenzwang, Advocatengebühren, Gerichtskosten,
Willkür von Einzelpersonen, mangelnde Processcontrole u. s. w.
bereits genugsam bekannt. Sie machen im Ganzen den Eindruck,
als wenn die Justiz als Geschäft in complicirtester Maschinerie
der eigentliche Zweck und die Angelegenheiten des Publicums
nur ein Material dafür zu sein hätten. Aber auch die übrige
Gesetzgebung hat Züge genug geliefert, in denen die materiellen
Interessen oder vielmehr Triebe der Juden sich mit privilegien-
schaffenden Wendimgen bethätigten. Von selbst aber versteht es
sich, dass auch alle modernen Maassregeln von den Juden immer
so beeinflusst worden sind, dass die Ausbeutung der Nation
— 85 —
diarch das Judengeld, also durch die grossen und kleinen Juden-
naanipulationen, reichlichst von Statten ginge. Dahinter steht das
Stxeben nach einer auch politisch gestalteten Herrschaft über die
andern Völker.
Wird nun, Angesichts des Hervorbreche ns der racenmässigen
Unverträglichkeit aller Judeneinmischung mit dem Wohl der
t>essern Völker, nicht von Grund aus abgeholfen und alles Juden-
^hum von den modernen Nationen abgethan, so kann nur Unheil
^nd Verderbniss die Folge sein. Die gute Sitte wie das gute
■^Gcht würde dann schliesslich ganz verschwinden, und die
-*^^tionen müssten der Infection wie einer schlechten Krankheit
■'^^leriell und geistig erliegen. Man bedenke nur, was bereits
^^m Deutschen geboten ist. Er muss sich Auszüge aus den alten
J Gegenschriften und palästinensische Gebote, als angeblich seine
■^CDral, einprägen lassen und muss zusehen, wie die lebende
^^neration der Juden seine heutige Gesetzgebung mit ihrem
''^^cengepräge verunstaltet. Schon vor Jahrtausenden hat er in
^^inen Wäldern etwas Besseres gehabt. Seine Familie ist von
^Ort her aus seinem eignen bessern Charakter zu edler Sitte
Erwachsen, und er muss sich mit ihr und überhaupt mit seinem
•^echt sowie auch mit seiner ganzen gemüthskräftigen Gestaltung
^ller Verhältnisse gar befremdlich afficirt finden, wenn ihm die
ICundgebungen vom Sinai als Muster aufgedrängt werden, nach
cienen er sich zu richten habe. So etwas ist in der That eine
X^öllige Umkehrung von Wahrheit imd Natur. Das Edle hat sich
laicht vom Schlechten und Rückständigen meistern zu lassen.
Auch das palästinensische Christenthum steht, wie gezeigt,
xingleich niedriger als das, was die germanischen und neuern
A/'ölker in ihren eignen Nationaleigenschaften besitzen und aus
ihnen rein zu entwickeln haben. Die Ausscheidung des Juden-
thums aus allen Gebieten wird daher erst vollständig werden
können, wenn auch der hiezu erforderliche Geist der neuern Völker
nicht nur mit derjenigen Judenüberlieferung, die sich Christen-
thum nennt, völlig bewusst gebrochen, sondern auch einen Er-
satz der Religion geschaffen haben wird. Diese höhere Schöpfung
kann nur aus den Anlagen der modernen Nationen hervorgehen,
und es wird zunächst eine deutsche Aufgabe sein, zu zeigen,
wie mit der geistigen Emancipation von aller alten Juden-
überlieferung auch die materielle von allerneuen Judeneinmischung
— 86 —
zu verbinden sei. Auf diese Weise wird sich herausstellen, wie
die modernen Nationen nicht nur zu einem Aufschwung in In-
dustrie und in Naturwissen, sondern auch zu einer wesentlich
veränderten Grundlegung der gesammten Geistesführung, d. h. zur
Schöpfung einer Geistesmacht berufen sind, die tiefer eindringen
und mehr wirken wird, als es je Religion, geschweige palästi-
nensische, vermocht hat. Hiezu ist aber ein Selbstbewusstsein der
modernen Völker erforderlich, an welches man bisher noch nicht
gedacht hat. Die bessern neuern Völker müssen wissen, dass sie
nicht nur den Asiatismus abzustreifen, sondern auch selber die
Träger einer neuen Weltära von höchsten geistigenBeurkundungen
zu werden haben.
Fünftes. Capitel.
Surrogate und AbsehajOfuDg der Religion.
1. Es liegen geschichtliche Erfahrungen darüber vor, wie
sich Religionen allmälig selbst abthun, und wie für bestimmte
Schichten der Gesellschaft Ersatzmittel, aber unzureichende,
platzgreifen oder auch, wie in jüngster Zeit, verkehrte Lücken-
büsser vorgeschlagen werden. Erst spät reift dagegen in der
Menschheit der Gedanke einer völligen und auch äusserlichen
Abschaffung der Religion mit allen ihren sichtbaren Zeichen des
Cultus und mit allen ihren Verflechtungen in die bürgerlichen
Institutionen. Es ist nützlich, sich einiger Hauptzüge zu erinnern,
welche das Absterben wirklich nationaler Religionen begleitet
haben. Man wird auf diese Weise erkennen, was die Art, wie
man sich in solchen Fällen geholfen hat, zu leisten und nicht zu
leisten vermöge. Das griechische und nachher auch das römische
Alterthum sind in dieser Hinsicht lehrreiche Beispiele für alle
Folgezeit. Hier hatten sich nationale Religionen, von aussen
ungestört, im Sinne des angestammten Volksgeistes entwickeln
können. Der Nationalcharakter hatte, wie bei den Griechen ihrer
grösseren Originalität und Begabung wegen am sichtbarsten ist,
seine Bestandtheile in die Religion hineingelegt. Diese hatte sich
mit ihm zusammen in vollster Einigkeit bis zu dem Punkte
entwickelt, wo eine Art Aufklärungszeitalter den gröberen Aber-
glauben in allen Richtungen comoromittirte. E^ war dies die
— 87 —
eit, in der auch in der Medicin die Krankheiten, denen man
-einen specifisch göttlichen Ursprung beigelegt hatte, wie die
lEpilepsie, in natürlicher Weise aufgefasst wurden. Ja sog^r lässt
sich Charakter und Sinn dieser Aufklärung in den älteren echten
IHippokratischen Schriften noch deutlicher erkennen, als aus Alle-
dem, was uns aus demselben Zeitalter über Sökrates überliefert
ist. Dies rührt daher, dass in medicinischenSchriften aufklärerische
Bemerkungen sich weit sicherer und ungestörter verlautbaren
konnten, als in philosophischen Kundgebungen von Schülern
des Sökrates, die nach der Katastrophe ihres Meisters nur zu
sehr darauf bedacht waren, zur Vertheidigung seine und ihre
^Religiosität ins Licht zu setzen. Jene Epoche war es aber, in
welcher sich die griechische Religion schon in entschiedener
Verwesung befaod. Die Aufklärungselemente hatten sie schon
einige Generationen hindurch mehr und mehr zersetzt. Der
naive Glaube war längst geschwunden, und eben deswegen
A^^urde die Religion zur leeren Hülse, mit welcher die Politik
land die Privatränke ihr Spiel trieben. Es dauerte auch nur noch
ein paar Generationen, bis in den gebildeten Schichten solche
I*hilosophien weitere Verbreitung fanden, die unter Ignorirung
<der Religion Führerschaften für das Leben sein wollten. Der
lEpikureismus und der Stoicismus theilten sich in die Gesellschaft.
IBeide waren Methoden, sich unter zerfahrenen Zuständen so gut
als möglich mit dem Leben abzufinden. Die eine suchte dies
Ziel mehr durch positive Genugthuung, die andere mehr durch
einschränkende Beherrschung der Neigungen zu erreichen. Es
waren dies eigentlich nur verschiQ.dene Temperamente einer in
der Hauptsache auf denselben Zweck gerichteten Geisteshaltung.
Nach beiderlei Art sollte der Einzelne sicher auf sich selbst
gestellt und Alles, was der Führung der Religion entwachsen
und zugleich mit höherer Bildung ausgestattet war, einer selb-
ständigen Selbstführung theilhaft werden.
Nicht die Mängel dieser Philosophien als solcher, sondern
die Umstände, vermöge deren sie nicht eigentliche oder gar zu-
längliche Ersatzmittel der gesunkenen Religion zu sein vermochten,
habe ich hier kenntlich zu machen. Wie gut oder schlecht Philo-
sophien auch gerathen mochten, — sie waren in jedem Falle
nur für einen Kreis Gebildeter vorhanden und trugen noch eine
andere Beschränkung in sich, nämlich die auf die praktischen
— 88 —
Lebi^nsfragen. Schon jeder von diesen beiden Umständen fui^
sich allein machte sie unfähig, die Religion zu ersetzen. Eio.
wesentlicher Charakterzug der nationalen Religion besteht darin,
das ganze Volk mit allen Schichten der Gesellschaft zu umfassen.
Nun mag eine anderartige Geistesmacht beschaffen sein, wie sie-
wolle, — sie bleibt unzulänglich, wenn sie jenes Haupte rfordemiss^
einer Durchdringung des ganzen Volks nicht erfüllt. Es fehlt
alsdann das Gemeinschaftsgefühl, welches alle zusanmienlebenden.
Menschen in diesem Zusammenleben geistig gleichartig verbindet.
Wird die unterste Schicht der Gesellschaft nicht von derselben
Geistesmacht bewegt, wie die höheren, so ist kein Einheit^efuhl
möglich, sondern Zwiespalt schon in der Artung der leitenden
Grundvorstellungen. Die Verachtung des Aberglaubens in den
obem Regionen ist alsdann eine halbverhehlte; beide Theile
können sich miteinander nicht verständigen und die Vertreter des
freieren Geistes denen des gebundeneren nicht einmal trauen.
Die höhere Bildung wird ihrer überlegenen Einsichten nicht froh ;
denn sie lebt unter dem Banne der noch äusserlich herrschenden
Volksvorurtheile. Sie hat sich vor diesen zu hüten und kann
daher nicht daran denken, ihr eignes System auch nur in ihren
eignen Kreisen ohne conventionelle Verhüllungen zu pflegen.
Auf diese Weise ist sie von vornherein zu dauernder Ohnmacht
verurtheilt und vermag nicht einmal in ihrem eignen Bereich
sonderlichen Widerstand zu leisten, wenn unter dem Namen
einer neuen Religion irgend ein roher Aberglaube die Massen
durchfurcht. Dies war der Fall mit den Resten der griechischen
und römischen Bildung, als das Christenthum Boden gewann.
Das Gemeinschaftsgefühl hat bezüglich einer alle Glieder der
Nation verbindenden geistigen Macht aber noch einen höheren
Werth. Es ist ein Anhaltspunkt für die Festigkeit der lieber-
Zeugungen. Durch das Bewusstsein, mit allen Angehörigen der
Nation wesentlich gleiche Vorstellungen zu hegen imd zu pflegen^
wird Muth und Kraft des Einzelnen gehoben, und es ergiebt
sich hieraus eine geistige Gesamm tkraft des Volks, die Ai^esichts
einer Zerklüftung in ungleichartige Vorstellungskreise unmöglich
ist. Uebrigens hat auch die ungetrübteste Wahrheit nicht all-
zuviel zu bedeuten, wo sie nicht die Aussicht hat, sich allgemein
zu verbreiten und die volle Genuglhuung durch das Gefühl einer
allseitigen in ihr vorhandenen Gemeinschaft herzustellen. Hiezu
- 89 —
kommt noch, dass eia solches Bewusstsein der Gemeinschaft in
geistigen Principien auch sittlich erst das volle Bindemittel wird,
durch welches sich das gegenseitige Verhalten in umfassender
Zuverlässigkeit bestimmt. Allgemeiaheit ist hier überall das
GruDdbedürfniss, und hievon blieben die Philosophien mit ihren,
zum Theil sogar verlehrten, Bildungsvoraussetzungen und mit
ihrer beschränkten Classendienstbarkeit weit entfernt.
Die zweite Beschränktheit, welche die epikureischen und
stoischen Lehren ungeeignet machte, ein gehöriger Ersatz der
Religion zu werden, war die in ihnen wesentlich vorherrschende
Richtung auf nichts als praktische Lebenshaltung. Ein noch sa
geschicktes Abwägen der einzelnen Acte des Verhaltens in Rück-
sicht auf die Gesammt Wirkung an Lust und Schmerz, oder aber
eine noch so entschiedene Pflege des Heroischen in der mensch^
liehen Natur zur innern und äussern Bekämpfung übler Situationen,^
— solche Wendungen zur Gestaltung des Einzeldaseins waren
sicherlich nicht genügend, um das geistige Bedürfniss auszufüllen.
Dennoch waren dies die einzigen wahren Elemente und Ansätze,
die sich inmitten des vielen Irrthums jener Philosophien und
namentlich der Verkehrtheiten des oft heuchlerisch gerathenen
Stoicismus fanden. Der Welt- und Lebenshorizont wurde so gut
wie nicht aufgehellt. Die Religionsvorstellungen hatten in ihrer
Art in dieser Richtung mehr aufzuweisen, was, wenn auch aber-
gläubisch, doch dem menschUchen Streben entsprach. Selbst in
die Phantasien über die Unterwelt mischte sich doch gelegentlich
ein Zug von Todtenrichterthum und Gerechtigkeit. Das Götter-
system aber entsprach den verschiedenen menschlichen Leiden-
schaften imd Bedürfnissen; es war darin, wenn auch auf phan*
tastische Weise, einigermaassen für das griechische Herz gesorgt.
Wie herzlos und kahl nahmen sich dagegen jene Philosophien
und namentlich der Stoicismus aus, der das vereinzelte Selbst
auf die Spitze trieb imd es auf dieser Spitze oft wimderlick
balanciren Hess. Wenn nicht eigentliche ungerechte Selbstsucht,
so doch ein nahe an diese grenzendes selbstisches Wesen,
welches den Menschen vereinzelte und isolirte, war überhaupt
ein Charakterzug beider Philosophien. Auch erklärt sich dieser
Zug leicht. Jene Lehren waren dazu gemacht, im Schiffbruch
von Staat und Gesellschaft das Individuum an sich selbst zu
weisen, damit es aus eignen Mitteln sich inmitten der wüstea
k
Airflösung aller i5ffentlichen Zustände eine haltbare Pesitiod
schaffe. Hierin bestanden auch die besten Dienste, die von jenen
in der griechisch-römischen Welt wirklich weitgreifenden Philo-
sophien ausgingen. Da diese Lehren, abgesehen von einigem
verlehrten Nebenwerk, welches der Stoicisraus mitschleppte, ein-
fach und versländlich waren, so gelangten sie auch zu ziemliche
breiten Schichten. Einen grossen Antheil hieran hatte aber auchi
<iie in ihnen vorherrschende Be.schrilnkung auf blosse Lebens-
weisheit. Ueber die allgemeinen Welt- und Seinsfragen ver-'
mochten sie nichts Eindringhches und Befriedigendes, geschweige
-etwas zugleich Populäres darzubieten. Der menschliche Sinn
strebt aber unter allen Umständen nach einem Abschluss der
Anschauungen, sollte er ihn auch nur um den Preis der Unwahr-
heit, der Phantastik und des Aberglaubens erreichen. Ein solcher
Abschluss lag stets in den religiösen Systemen, so verkehrt er
auch darin gerathen sein mochte. Ein solcher Abschluss fehlte
aber jenen Lebensphilosophien, welche die Grenzen des Dasein
undecorirt Hessen und den Menschen der Gesammtwelt in Rück-
sicht auf die höheren Fragen gradezn entfremdeten. Was halfen
■einige atomistische Perspectiven, wie im Epikureismus, oder die-
Splitter von Einheilsvorstellungen über die Natur, wie sie i
Stoicismus neben andern Abfallen der verschiedensten philo-
sophischen Systeme ihr Wesen trieben? Aus Alledem konnte
nichts werden, was den Menschen mit seinem Schicksal ausglich'
und ihn mit Leben und Tod befreundete. Da^u gehörten weitere
Perspectiven, von denen im griechischen und römischen National-
charakter nur wenig angelegt war. Aber auch dieses Wenige,
welches in der Religion Ausdruck gefunden hatte, fand ihn ia
jenen verbreite teren Philosophien nicht. Kein Wunder daher,
dass difse Philosophien, ungeachtet ihrer praktischen Dienste,
■doch nicht im Stande waren, eine nachhaltige geistige Führer'
Schaft von der Tragweite einer Religion zu sein.
2. Vom Aberglauben der Religion befreit werden, ist eiä
Vorgang, der, solange er dauert, schon allein eine gewisse Be-
friedigung milsichbringt. Eine solche befreiende Kraft hat nua
allerdings allen klaren und entschiedenen Philosophien, in antikeiji
und in modemer Zeit, eingewohnt, und eine Zeit lang ist das
Unzureichende der betreffenden Lehren weniger empfundeif
■worden, weil sich die Menschen, die ihnen anhingen, vom Abef
— 91 —
glauben entlastet fühlten. Diese Art von Genugthuung konnte
jedoch nicht vorhalten; sie konnte nur das Stadium erfüllen, mit
welchem sich der Uebergang vom Aberglauben zur Aufklärung
vollzog. Sobald die erste Befriedigung über die geistige Eman-
cipation wich, musste sich das positive Bedürfniss in verstärktem
Maasse regen. An der blossen Wegräumung von Irrthümern
kann sich der Mensch nicht auf die Dauer genügen lassen. Er
will für die Fragen, in deren Beantwortung seine rehgion-
schaffenden Vorfahren geirrt, nach der Nachweisung der Irr-
wege nun auch die rechten Wege zur Lösung gewiesen haben. Er
will nicht blos negative, sondern positive und directe Vorstellungen
der Wahrheit gewinnen. An diesem Bestreben wird er so hangen,
<lass er zehnmal eher neue Abwege einschlagen und neuen reli-
giösen Lehren anheimfallen, als sich mit dem rein Negativen
begnügen und auf eine positive Lösung gänzlich verzichten wird.
Dies ist der innerste Grund, aus welchem sich die sonst räthsel-
hafte Thatsache erklärt, dass auch die höhere Bildung und der
aufgeklärte Sinn leichter einem neuen Aberglauben anheimfallen,
als bei der Kahlheit blosser Verneinungen und einer dürren
Weltauffassung verbleiben. Solchen immer neuen Irrgängen
kann oiBfenbar nur dadurch gesteuert werden, dass etwas Positives
nicht blos mit der Gewalt der Religion, sondern mit einer der
Religion überlegenen Macht in die Lücke tritt. So Etwas hat
aber keine Philosophie, weder in der alten noch in der neuen
Zeit, leisten können.
Der Epikureismus zeichnete sich, wie auch aus seiner
dichterischen Darstellung durch Lucrez ersichtlich ist, grade da-
durch aus, dass er von der Götterfurcht erlöste. Doch hatte
Epikur selbst eine offene und directe Leugnung der Götter nicht
einmal gewagt, sondern ihnen mit ironischer Höflichkeit Plätze
zwischen den Atomen angewiesen. Er hatte nur behauptet, dass
sie sich um das Loos der Menschen nicht kümmerten, und dies
^ar allerdings ein praktisch entscheidender Punkt; denn die
Menschen werden sich um Götter, die sich um sie nicht kümmern,
sicherlich auch nicht kümmern. Der Stoicismus dagegen machte
iiiehr Zugeständnisse und vertrug sich daher auch oft genug mit
einigen religiösen Ueberbleibseln. Die Kraft zum Verneinen des
Aberglaubens war also in jenen Philosophien nicht einmal voll
und ganz; wie hätte sich bei ihnen eine positiv schöpferische
Kraft finden sollen! Die älteren tieferen Philosophien, die aber
nicht in die Ereile ausliefen, sondern der Besitz vereinzelter und
nicht sehr zahlreicher Gefolgschaften blieben, hätten hier und da
eher einige Ansatzpunkte zu schöpferischer Weltanschauung-
dargeboten; aber sie waren zu dunkel oder dialektisch zu um-
sponnen, um unmittelbar zugänglich zu sein und eine allgemeine
Lehre ergeben zu können. Ihre Ideale halten allenfalls etwas von
der Religionslücke ausfüllen können; aber zu welchen Unbestimmt-
heiten wurden diese Conceptionen der mächtigsten Geister nicht
schon unter den Händen eines Plato! Dieser war sich über seine
Ideen selbst bis zu dem Punkte unklar, dass er bei seinen Grund-
begriffen Gleichnisse zu Hülfe nahm, dialogisirend schwankte und
sogar an ein mystisches Anschauen appellirte. Ueberdies blieb ec
weit davon entfernt, die Götter und die religiösen Vorstellungen
otfen und vollständig abzuthun. Sein Allego risiren war auch hiezu
wahrlich nicht geeignet. Bei ihm und bei den meisten Andern,
die sich, wie Aristoteles, noch mehr den Zuständen anbequemten,
kam es noch nicht einmal zu solcher Auflehnung gegen den
Aberglauben wie bei Epikur. Mochten also immerhin aus der
älteren besseren und vorplatonischen Ueberlieferung des griechi-
schen Denkens einige Keime zur Bildung einer entschiedenea
Geistesmachtvorhanden sein, so sind diese doch durch das spätere-
philosophische Treiben erstickt worden. "Was übrig blieb und
eine breitere Rolle spielte, nämhch der Epikureismus und Stoi-
cismus, hatte, wie schon gekennzeichnet, nicht die Elemente in
sich, um schöpferisch belebend zu -wirken. Es war nur einer
systematische Nachhülfe zu der sich auch übrigens durch die-
Verwesung der Religion vollziehendeo, wesentlich negativen
Emancipation.
So war derm die Philosophie überhaupt von vornherein wie-
später nicht geeignet gewesen, die Lücke, welche durch das-
Verwittem der Religion entstand, in der Hau ptsache auszufüllen.
Sie war nicht einmal dazu gelangt, den engen Rahmen zu
sprengen und an die Masse der Gesellschaft zu gelangen, Sokrates
ist der Einzige gewesen, bei dem das Bestreben sichtbar wurde,
die Philosophie nicht blos aus der Sophistik, sondern auch aus.
ihrer sonstigen Verlehrtheit herauszureissen. Seine Moral war
in der Thal nicht blos eine gemeingültige, sondern auch eine
gemeinverständliche. Auch in Beziehung auf die Götter scheint-
— 93 —
er positiv verfahren zu sein; denn er suchte durch Verallgemei-
nerangen eine Art von religiösem Glauben als Kern der über-
lieferten Vorstellungen zu gestalten und an dipStelle des beseitigten
toben Aberglaubens zu setzen.
An Sokrates hat sich in der Thal in der spätem Entwicklung
viel angeschlossen, aber nur nicht das, was ihm bei seiner re-
formatorischen Stellung das Wichtigste sein musste. Man war zu
unfrei, zu muthlos und auch wohl sonst zu unfähig, um ihm in
dem Hauptpunkte zu folgen. Ja seine Schüler hatten ihn hierin
wohl kaum äusserlich begriffen, geschweige dass sie die Eigen-
schaften gehabt hätten, sein Werk auszuführen. Was schliesslich
aus dem an Sokrates anknüpfenden Cjmismus und Hedonismus
wurde imd zu einiger Tragweite in der Gesellschaft gelangte,
kemien wir ja als Stoicismus und Epikureismus genugsam. Plato
aber hatte mit seiner vornehm luxuriösen Manier desPhilosophirens
schon gleich wieder weit vott seinem Meister abgelenkt und
dessen Sache verunstaltet, wo nicht verrathen. Bei Piatos Schüler
Aristoteles ging die Philosophie bereits im Schultreiben auf und
verlief sich im gelehrten Sande. Da war alles Reformatorische,
von dem Plato noch einige Züge gehabt hatte, völlig verloren,
und die matte, alles Aufschwungs baare Anschmiegung an das
Herkömmliche und Gewöhnliche maassgebend.
Es ist schwierig, zu erkennen, warum die reformatorische
Unternehmung des Sokrates keinen volleren Umfang gewann und
daher auch nicht zu einer gesellschaftlichen Schöpfung, ja nicht
einmal zu einer geistigen Stiftung führte, die grosse äussere
Tragweite unter der Volksmenge hätte haben können. Sokrates
hatte sich allerdings sozusagen an Jedermann gewendet ; aber er
hatte dies, was wohl zu beachten ist, nur mit der Moral vermocht.
In Beziehimg auf das der Religion Verwandte war theils der
äussere Druck, der auf jeder freien Initiative lastete, zu gross,
theils hatte auch wohl Sokrates selbst nicht die Neigung, hier
unumwunden mit einer allgemeinen Volkslehre aufzutreten. Selbst
sein Märtyrerthum hat in dieser Richtung nichts Entscheidendes
sichtbar werden lassen. Es scheint, dass überhaupt der griechische
Geist nicht dazu beanlagt war, ausser seiner nationalen Religion
noch eine zweite, diesem Gebiet verwandte und zugleich volks-
mässige Schöpfung hervorzubringen. Sokrates beschränkte sich in
dieser Hinsicht, wie schon angedeutet, wesentlich darauf, die über-
— 94 —
lieferten Reiigionsvorslellungen zu reinigen und zu allgemeinerea
Gedanken umzuarbeiten. Dies ist aber nicht der Weg, einer alten
verwitternden Religion ihren verjährten Besitz abzunehmen. So m
mag es sich erklären, warum die Sokratischen Ansätze, welche H
dem Begriff des Guten und der Weisheit in den Dingen gleichsam I'
als Gottern huldigten, in der griechischen Gesellschaft auf kein '
hini'eichend entsprechendes Medium trafen. Auch waren die i
griechischen Gmndvonstellnngen vom Guten in der That durch i
den Nationalcharakter derartig bemessen, dass sich von dieser 1
Grundlage aus eine der alten Rehgion überlegene Schöpfung nicht
gewärtigen Hess. Die übermässige Schätzung der List, das Sich- 1
gefallen in dialektischen Wortkünsten, der spielerische, fast an das l
Kinderhafte streifende Sinn, das blosse Künstlertbum und die
Befriedigung an einer Art Schöngeisterei und blossem Witz waren.
Züge, die grade in den bestbeanlagten der griechischen Stämme
darauf hindeuteten, wie hier der Boden für den vollsten iind.
tiefsten Ernst nicht zubereilet war.
Was die Philosophie Einzelnen, namentlich ihren Schöpfern
selbst, leistete, kann hier nicht in Betracht kommen; denn bei
dem Ersatz der Rehgion handelt es sich um die äussere gemein-
schafüiche Wirkung. Nimmt man also diese vereinzelten Dienste
aus, die sich fast ausschliesslich auf die leitenden Geister selbst
beschränkten, so muss man überhaupt von aller antiken Philosophie
sagen, dass sie zwar schliesslich eine Art Surrogat der Religioa
bei Höhergebildeten wurde, dass dieses Surrogat aber weit davon
entfernt blieb, ein zureichender Ersatz oder gar etwas VoUkomm-
neres zu sein. Ausser den übrigen Hindernissen wirkte auch noch
im eignen Bereich eine Hemmung mit. Diese bestand darin, dass
grade die bestenPhilosophen am meisten auf den Abweg geriethen,
die Religionsvorstellungen nur modeln zu wollen. So etwas führt
nur zu einer aufgeklärten philosophischen Religion, aber nicht
über die Religion hinaus. Mit solchen Mitteln lässt sich die alte
Religionsmacht, so verrottet sie auch schon sein möge, nicht ent-
wurzeln. Im üegentheil wird durch solche Wendungen der alte
Aberglaube oft unabsichtlich gestützt. Die neuere Zeit liefert hier
noch sprechendere Beispiele; doch es lohnt sich nicht, dieser aus.
sich selbst verstäadücheu Wahrheit noch in die geschichtlichen
Thatsachen hinein weiter nachzugehen. Es wird auch ohnedies
aus dem Bisherigen klar sein, dass die antike Philosophie, die.
— 95 —
auch wesentlich das Muster der modernen geworden ist, schoa
überhaupt als Philosophie, und nicht blos des griechischenNational-
Charakters wegen, nicht im Stande sein konnte, die höheren über
die Religion hinausführenden Ziele zu erreichen.
3. Die neuste Lage, die man seit der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts in ein ziemlich gleichartiges Bild zusammenfassen.
kann, ist in Vergleichung mit der antiken dadurch eine wesentlich
abgeänderte, dass die Philosophie, wo sie überhaupt noch in
grösserer Breite ein weiteres Publicum gehabt hat, nicht nur in
Anknüpfung an die moderne Wissenschaft aufgetreten, sondern
auch bald durch Ideen von gesellschaftlicher Tragweite abgelöst
oder, wenn man will, ergänzt worden ist. Der einzige Fall, in
welchem moderne Philosophie zu einer einigermaaSsen breiten
Wirksamkeit im Bereich desPublicums höherer Bildung gelangte,.
ist derjenige der encyklopädistischen Propaganda gewesen. Diese
Anregung, die auf und von dem Boden Frankreichs durch einen
Kreis von Schriftstellern ausging, lässt sich zwar nicht xmmittelbar
mit der Rolle der verbreitetsten Lebensphilosophien des Alter-
(hums vergleichen, ist aber doch dazu, was die eigentliche Philo-
sophie betrifft, eine Art Seitenstück geworden. Im Uebrigen hat
nämlich in der neuern Zeit die Philosophie vorherrschend ein, wo-
nicht von der Kirche, da doch vom Staat regulirtes und gedrücktes
Schattendasein geführt. Wirkliche Philosophen von schöpferischer
Kraft, die über den Gewerbsgelehrten und der hörigen Schul-
schablone standen, wie Giordano Bruno, sind natürlich auszu-
nehmen, haben aber auch mit ihren hinterlassenen Schriften,
begreiflicherweise nur sporadisch wirken können.
Die französischen Encyklopädisten waren zwar nicht original,
d. h. sie verarbeiteten nur bereits vorhandene Ideen; aber sie
waren im eigentlichen Sinne des Worts Fahnenträger des Geistes-
der religiösen Emancipation und brachten auf diese Weise vor ein
breiteres Publicum, wasbei einzelnen Denkern und Wissenschaftern
zu finden war, aber andernfalls dort auch in der Vereinzelung
verblieben wäre. Waren doch auch die antiken philosophischen
Secten der Epikureer und Stoiker am wenigsten original gewesen
und hatten sie doch nur durch die Zurichtung ihrer Lehren für
eine breitere Propaganda einen so entschieden markirten Einfluss.
erlangtl Die encyklopädistischen Fahnenträger des freien Geistes^
hatten nicht einmal, wie jene antiken Richtungen, specielle.
— 96 —
charaklerisüsche Lehren angenommen. Sie stimmten nur in der
Bekämpfung des Aberglaubens und in dem Bestreben der Reduc:-
rung der Religionsvorstellungen iiberein. Während Einzelne, wie
Diderot selbst, schliessüch den Atheismus streiften, hielten Andere,
wie der auch zu den Encyklopädisten zu rechnende Voltaire, an.
einer, wenn auch völlig verblassten Gottesvorslellung fest. Ja
Letzteres war sogar der conventioneil für die Encyklopädie an-
genommene Standpunkt. Diese Varianten und Wendungen sind
jedoch Nebensachen; Hauptsache blieb die volle Einigkeit im
frontmachen gegen die ReUgionsautorität und in der Entwicklung
der verschiedensten Ergebnisse des freien Denkens. In diesem
Hauptpunkt haben die leitenden Schriftsteller jener Zeit und jenes
Landes auch dann, wenn sie nicht im eigentlichen Sinne Encyklo-
pädisten waren, mit ausserordentlichem Erfolg gewirkt. Dies hat
sich bald in der französischen Revolution und besonders bei deren.
Höhepunkt gezeigt, als man auch formell durch Geselz an die
Abschaffung der Religion ging. Obwohl dieser verfrühte Act bald
rasch wieder einer Reaction weichen musste, die mit dem Cultus.;
des höchsten Wesens begann, so ist es doch immerhin ein welt-
geschichtlicnes Symptom, dass überhaupt einmal eine Abschaffung^
-der Religion durch die Gesetzgebung zur That geworden ist-
Ereilich lag der Irrthum darin, durch Gesetze über Nacht Etwas
machen zu wollen, zu dessen Durchführung die Gesellschaft doch
noch weiter gereift sein muss, als sie es in den bisherigen neuero:;
Jahrhunderten sein konnte. Gesetze in dieser Richtung köoneiv
nur dann durchgreifen, wenn sie einer ohnedies vollendeten That-'
sache nur den formellen Stempel aufzudrücken haben. Zu einenm.
solchen Zustande derUeberzeugungen hatte es aber die verhättniss—
massig kurze und auf die Elite der Bildung beschränkte Anregung-*
■der Encyklopädisten begreiflicherweise nicht bringen können.
Ueberdies fehlte es an der positiven Macht. Die Verneinungen
allein sind nicht im Stande, die Ueberzeugungen der ganzen
Gesellschaft derartig umzuwandeln, dass allseitige Fähigkeit und
Bereitschaft vorhanden ist, der Religion den Abschied zu geben.
Man giebt wohl dem roheren Aberglauben den Abschied; aber
man bJeibt noch vielfältig in verallgemeinerten und gleichsam
gereinigten Religions Vorstellungen hängen. Voltaire selbst, der
durch seinen Spott soviel zur Zerstörung des Aberglaubens gethan
hatte, heftete sich, wie schon erwähnt, noch immer an einen
— 97 —
kahlen GottesbegriS, von dein man freilich nicht einmal sagen
konnte, ob er wirklich einen Gott oder vielmehr einen Teufel
vorstellen sollte. Nur soviel war gewiss, dass ihm die Rolle zuge-
theilt wurde, Urheber der pessimistisch bespöttelten Welt zu sein.
Kousseau, der Gegner Voltaires und der Encyklopädisten,
vertrat die alte ReligJonspositivität in reducirter Form und wurde,
da er auf diese Weise und seines tieferen Ernstes wegen in einen
unmittelbaren Conflict mit dem Bestehenden gerieth, grade der-
jenige, der unter dem Vor wand der ReÜgion die meiste Verfolgung
zu erdulden hatte. An diesem mächtigen Geist Jst aber für unsern
Gesichtspunkt nur die Thatsche von Interesse, dass er dem
ßedürfniss nach Gerechtigkeit ia seinen bürgerlichen Hauptdogmen
einen jenseitigen Ausdruck verlieh, Unsterblichkeit und ein ver-
geltender Gott, der nach dem Tode belohne und strafe, waren
die beiden Hauptpunkte seines Glaubensbekenntnisses, die er als
staatliche Religion überall aufrechterhalten wissen wollte, während
«r alles Andere dem Gebiet der gesellschafthchen Freiheit und
Toleranz anheimstellte und in dieser Sphäre nur die Unduldsam-
ieit nicht geduldet wissen wollte. Man sieht sofort, dass jene
IRousseauschen Glaubenssätze nur allgemeine Rehgionsreste waren,
-und dieser Entwicklungsgang zu abstracterea Excerpten der Reli-
gion ist ja auch der alte weltgeschichtlich bekannte, dem grade
die positivsten Philosophen auch schon im Alterthum am meisten
anheimgefallen sind. Nebenbei bemerkt ist es auch ein Echo der
Eousseauschen Wendung, aber in verlehrt gebrochener Form,
gewesen, dass der Professor Kant seine drei Glaubensartikel,
Gottheit, Freiheit und Unsterblichkeit, einführte. Die metaphysische
Freiheit ist hier nur scheinbar etwas Anderes gewesen; denn sie
war nur die Hülle für jenseitige Zurechnungsfähigkeit und Ver-
geltung. Im Grunde sollte ntir, wie bei Rousseau, ein Sein und
moralisches Handeln von jenseitiger Tragweite denkbar werden;
sonst hatten diese Glaubensartikel keinen Zweck. Es war also
wiederum eine Entlehnung aus der Religion, womit den blossen
Verneinungen entgegengetreten wurde. Angesichts eines Zustandes
der Ueberzeugungen, bei welchem der Rousseausche Religions-
standpunkt noch ein mächtiges Gegengewicht gegen die emanci-
pirende Richtung sein konnte, war eine Abschaffung der Religion
auch in Frankreich noch ein Anachronismus. Wirklich ging die
Reaction dagegen auch zunächst nur Im Sinne Rousseaus vor,
Dühriag, Ersatz der Religion. 2. Aul 7
98
Aus ihm hatte Robespierre sich gebildet, und dieser war es auch,
der die erste zurilckschreiteade Wendung dadurch machte, dass
er ein höchstes Wesen gesetzlich wieder einsetzen liess.
Es ist immer bedaiiedich, wenn man an dem Rousseauschen
Feuergeist nur die schwache und nach rückwärts weisende Seite
hervorzukehren hat. Jedoch selbst im Bereich dieser Schwäche
lag ein Stück Stärke, und dieses beruhte auf dem positiven Ernst,
mit welchem von Rousseau auch, in seinen religionsrückständigen
Lehren das menschhche Bedürfniss nach Befriedigung an der
Ordnung der Dinge und nach einer tiefern Gerechtigkeit in dieser
Ordnung vertreten wurde. Die Beengtheit lag nur darin, diesem
Bedürfniss durch die Jensei tsphantastik der Rehgion entsprechen
und so gleichsam den Credit der Religion als Zahlung jener
gerechten Ansprüche geltend machen zu wollen. Gut und wohl-
thätig war es aber, dass überhaupt das tiefere Streben des mensch-
lichen Geistes zum Ausdruck kam. Voltaire ärgerte sich bekanntlich
überhaupt an Rousseau; weniger bekannt aber ist es, dass er ihn
herabzuwürdigen meinte, wenn er ihn als Gothen bezeichnete,
womit er das germanische Element im Genfer Rousseau andeuten
wollte. Wir können mit dieser Schmähung zufrieden sein; denn
grade auch nach seinen besten und tiefsten Seilen war jener
Geistesführer und ideelle Reformator nichts weniger als von der
rein französischen Art. Daher auch die gewaltige Kluft zwischen
ihm und den eigentlichen Encyklopädisten, — eine Kluft, die in
allen Gebieten und nicht etwa blos in den philosophischen Surro-
gaten der Religion gähnte.
Rousseau machte sich die Religion auf seine Weise, war
aber dabei ebenfalls in seiner Weise zugleich Aufklärer. Die
Encyklopädisten waren blosse Aufklärer und gingen in religiöser
Beziehung dabei viel weiter; aber sie konnten nichts erzeugen,
als höchstens jene Genugthuung, die das Freiwerden vom Aber-
glauben begleitet. Sie wendeten sich an den kritischen Verstand,
während Rousseau auch das Herz der Menschheit bedachte.
Wenn er in letzterer Hinsicht grade mit dem Religionssurrogat,
d. h. mit seiner reducirten Rehgion nicht glücklich war, so hat
er doch in andern Richtungen mehr für die Dauer gearbeitet,
als irgend ein anderer Schriftsteller in seinem Jahrhundert. Er
hat die Gesellschaft von Grund aus durchfurcht und schon er-
heblich in eine Richtung eingelenkt, die nach der Revolution
— 99
in den Ideen principieller Socialisten und sozusagen Positivisten
der Gesellschaft, wie namentlich St. Simons, eine neu geartete
Vertretung erhielt.
4. Das 19. Jahrhundert hat sich gleich von vornherein im
Gebiet reformatorischer Ideen als ein socialislisches angekündigt,
wid diesem Gesichtspunkt sind in den Entwürfen reformatoriscber
Geister auch zunächst die Fragea nach dem Ersatz der ver-
witternden Religion zugesellt, ja meistens untergeordnet worden.
An erster Stelle steht hier der Versuch des Grafen St. Simon,
des eigentlichen \'ertreters des im engeren Sinne Positivismus zu
nennenden Systems. Wie er der Revolution gegenüber, die eine
bios negative und kritische Macht gewesen sei, politisch und
social positiv werden wollte, so verfolgte er auch im rein geistigen
Gebiet eine ähnliche Positivität, die von der Kunst und der Wissen-
schaft ihren Ausgangspunkt nahm. In seinen spätesten Jahren
gelangte er sogar ausdrücklich dazu, unter dem Namen eines
.neuen Cbristenthuras' eine Religion der gegenseitigen Menschen-
liebe zu entwerfen. Von Interesse ist für uns an dieser letztern
L'ntemehmung nur die Sichtbarkeit des positiven Strebens, welches
mit dem blossen Genügenlassen an encyklopädistischer Weg-
räumung des Aberglaubens contrastirt.
Bei St. Simons hervorragendem und undankbarem Schüler
August Comle trat an die Stelle des neuen Christenthums eine
neue Rehgion, die sich innerhalb der Wissenschaft halten wollte.
In seiner letzten EntwicklungHperiode, die wieder mehr seiner
ersten St. Simonschen Phase ähnlich wurde, hat er gradezu imd
ausdrückhch eine Art neuer Religion entworfen, um die Leerheit,
welche die blosse Wissenschaft noch übrig hess, mit Etwas aus-
zufüllen, was ohne Aberglauben auch den Ansprüchen des
menschlichen Herzens Rechnung tragen möchte. Einen Gott,
•eine Unsterblichkeit oder überhaupt ein Jenseits gab es in dieser
neuen ReUgion nicht. Dennoch aber war die Beibehaltung des
Samens Religion nicht ohne sachliches Gegenstück; denn neben
allen jenen theoretischen Verneinungen blieb doch eine Art Cultus
bestehen, die den Religionsüberlieferungen in der allgemeinen
Anlage entsprach. Beispielsweise bildete die ideelle Fortexistenz
■der Todten in der Erinnerung der Lebenden, also eine Art
'Gedenkcultus, einen wichtigen BestandtheiL Es fehlte übrigens
nicht an Verirrungen. Zu letztem gehörte die Vorstellung von
einer AEfection und entsprechenden Verehrung in Beziehung auf
Wellkörper, Jedoch ist überhaupt dieser ganze Comtescbe Ent-
wurf zu gestaltlos ausgefallen, als dass er sich durch einige
markirte Striche hinreichend kennzeichnen und verständlich
machen Hesse. So sieht man auch nicht, was der blosse Wunsch
an Stelle des Gebets noch religiös und gar in einem religiösen
Cultus bedeuten solle. Die ganze Sache ist etwas zerflossen aus-
gefallen und hat in dieser Beziehung den St. Simonschen Affecten
wieder entsprochen; ja sie ist ungeachtet aller Wissenschaft, die
Comte als Ausgangspunkt hinter sich hatte, noch weniger bestimmt
gerathen. Offenbar war die Aufgabe eines neuen Christenthuras
leichter als diejenige, eine Religion zu gestalten, in welcher alle
überlieferten Grundbegriffe wegfallen und nur einige Analogien
des Cultus platzgreifen sollten. Letzteres war ein zwiespältiges-
Unternebmen, in welchem sich die eingewurzelte Gewohnheit
eines Ausdrucks der rehgiösen Gemüthsbewegungen auch nach
der verstandesmässigen Verwerfung der religiösen Grundvor-
stelluagen behaupten wollte. In der That hat Augus* Comte in
sich selbst den Religionsbann nicht vollständig zu durchbrechen
vermocht; sonst hätte er von vornherein auch den Namen Re-
ligion beseitigen und sich übrigens davor hüten müssen, irgend
eine Praktik, die er etwa als Ersatz des Cultus zur Geistesführung
und zur Gemülhsbefriedigung für nöthig gehalten hätte, den,
religiösen Cultushandlungen ähnlich werden zu lassen und dabei
gar noch den Katholicismus mit neun Sacramenten u. dgl. albem
nachzuahmen.
Was den Comteschea Versuch besonders interessant macht,
ist der Umstand, dass sein Urheber im Frankreich des 19. Jahr-
hunderts der einzige Philosoph von Bedeutung gewesen ist. Ja
überhaupt hat Comte einzig und allein die streng wissenschaftliche
Richtung, wie sie sich im Sinne des modernen freien Geistes
gestaltet, in seiner gradezu als positiv bezeichneten Philosophie
auszubilden unternommen. Sein wissenschaftlicher Positivismus^
der seinem religiösen voranging, bestand darin, dass die Rubriken
der eigentlichen Wissenschaft, von der Mathematik bis zur GeseU-
schaftslehve hin, alles für die Weltanschauung Werthvolle genug-
sam enthalten sollten, und dass darüber hinaus keine Erkenntniss
möglich und daher auch nicht zu suchen sei. Wie hier eine Lücke
blieb und sich der Abschluss auch nicht als endgültig bewähren
— 101 —
konnte, habe ich da, wo ich, wie in meiner Philosophiegeschichte
nxnd in der Geschichte der Nationalökonomie xmd des Socialismus,
auf Comte näher eingegangen bin, schon früh bemerklich gemacht.
Es war seitens blos wissenschaftlicher Anhänger Comtes sichtlich
-ein Gelehrtenirrthum, diese Unzulänglichkeit nicht zu begreifen xmd
iDei Comte nur das als berechtigt anerkennen zu wollen, was er
-im Cursus der positiven Philosophie sozusagen für die Philosophie
<ier Wissenschaft und der Geschichte gethan hatte. Grade durch
seine letzten Conceptionen, die übrigens auch seinen allerersten
•entsprachen j findet sich die Lücke, welche die in seinem Haupt-
^werk inzwischen niedergelegte Philosophie liess, nicht nur aner-
Tj:annt, sondern auch mit einem, freilich schwachen Versuch aus-
gefüllt. Die innere Nothwendigkeit, die ihn dazu trieb, ein Re-
ligionssurrogat oder vielmehr eine Surrogatreligion zu entwerfen,
ist grade das wichtige Symptom, zumal Comte mit seiner poly-
technischen d. h. mathematischen und naturwissenschaftlichen
Bildung und Basis sich als Philosoph so rationell gehalten hatte,
^ie Niemand vor oder neben ihm.
Hat also auch der Comtesche Religionsentwurf an sich nur
•den Werth eines Symptoms, so ist er doch als solches und über-
haupt als Anzeichen für eine sich auch auf dem rationellsten
Boden im 19. Jahrhundert einstellende Nothwendigkeit nicht zu
nnterschätzen. Ueberdies hat er gelehrt, dass die Meinung von
•der Genügsamkeit der Wissenschaft schwinden müsse. Schon
St. Simon hatte Kunst und Wissenschaft, noch mehr aber die
mögliche gesellschaftliche Rolle der betreiBfenden Gassen über-
:schätzt. Comte hatte sogar speciell an die Akademiker und über-
haupt an die amtlichen Gelehrten als an eine Classe gedacht,
welche die Priester ersetzen und wie diese die geistige Führer-
schaft des Volks zu übernehmen hätte. Er selbst hat es aber bei
:seiner auf Betreiben Aragos erfolgten Beseitigxmg von der Pariser
polytechnischen Schule erfahren müssen, was diese Akademie-
liguranten und Professorgestelle werth sind, und wie dieses
Bereich selber eines bessern socialen Ersatzes bedarf. In der
That sind die Universitätler und ähnliche Gelehrtenkategorien
-weit davon entfernt, einen leitenden und noch gar einen reforma-
torisch leitenden Beruf in der heutigen Gesellschaft geschweige in
•einer freien Gesellschaft ausüben zu können. Hiezu sind denn
«doch die Gelehrtenzustände, wie schon Adam Smith zum Theil
wusste, und wie ich nach den verschiedensten Richtungen nach-
gewiesen habe, zu verrottet und verderbt. Ja die (telebrten spielen,
heut in ihrer Art und in ihrem Bereich grade jene falsche Rolle
der Priester, die man beseitigen will. Im Bereich der hohem
Bildung und Wissenschaft hat man mit den Religionspriestem
nichts Ernstliches mehr zu schaffen; wohl aber gilt es hier, den
Obscurantismus der Gelehrten sowie deren unterdrückerische
Selbstsucht zu brechen. Im amtlichen Gelehrtenbereich liegt heute
die eigentliche Hemmung der "Wissenschaft und hinreichenden
Aufklärung. Hier hat man also nicht die Organe, sondern die
Feinde einer bessern Ordnung der geistigen Angelegenheiten zu
suchen. Die Ümkehrung hievon war aber der Comtesche Aus-
gangspunkt, und hierin lag ein charakteristischer Irrthum seiner
ganzen Anschauungsweise, von der er zwar thcilweise zurückkam.
die er aber nie mit der grade entgegengesetzten zu vertauschen
vermochte. Er blieb trotz Allem doch noch zu sehr im Vor-
urtheil für die vorhandene Gelehrtenclasse befangen, so dass er
von dem colossalen Gegensatz, in welchen sich diese je länger
desto mehr zur freien und fruchtbaren, von selbständigen Naturen
geschaffenen Wissenschaft stellt und stellen muss, keine Ahnung-
hatte. Was die Priester in Beziehung auf Religionsrückständig-
keiten und Irreführung der Gesellschaft im Gebiete der Religion,
das sind die Amts- und Gewerbsgelehrten, ja das sind, mit
wenigen persönlich vereinzelten Ausnahmen, überhaupt die ge-
lehrten Classen in Beziehung auf wirkliche Förderung der Ein-
sichten. Sie sind gleich den Priestern Unterdrücker und Verfolger
und wenden die meiste Sorge darauf, die ihren Monopolen un-
bequemen Forlschritte zurückzuhalten, lassen es aber an jeder
Bemühung fehlen, ihre träge und hemmende Geschäftsbehandlung
undUnterrichtsmanier auch nur ein wenig zu verbessern. Uebrigens-
muss sich mit tieferem Eindringen in die verlogenen Zustände
sogenannter Wissenschaft und zwar heule auch ganz besonders
der frechgewordenen Naturwissenschaft dasUrtheil noch schärfen
und der innerste Zusammenhang zeigen, in welchem die Eigen-
schaften des Verlehrtenthums aller Zeiten, von den eigenthchen
Priestern bis zu den sich exact anstellenden Figuranten hin, ge-
standen haben. Es hat die täuscherische Wissenschaft verschie-
dene Stadien durchlaufen, indem sie zuerst als eigentliches Priester-
thum figurirte und sich zuletzt als exactes Dämchen mit einer
Eitelkeit, Süffisance. Frivolität iidcI Corruption aufspielte, die,
wie ich anderwärts (namentlich in der Schrift über Robert Mayer
uDci in hervorstechendster Weise in deren neustem zweiten
Theil) nachgewiesen, alle Ausgeburten der Priesterverderbniss
bereits überboten hat.
5. Für den Hauptzweck, wohin Alles in der neuem Geistes-
eotwicklung abzielen muss, nämlich für die Ersetzung der Religion
durch eine bessere Geistesbefriediguntj und edlere Geisteshaltung,
ist grade die Gelehrtenclasse am allerwenigsten tauglich. Sie
hat, durch Einbüssung des Sinnes für Wahrheit und Natürlich-
keif, in sich selbst mehr Ueberzeugungslosigkeit und Blasirlheit
entstehen lassen, als sich irgendwo sonst vorfindet. Verlehrtheit,
übel angebrachte ZweÜlerei, Abgesturapftheif, Unfähigkeit zu
echter Kritik, — das sind die in der Gelehrtenclasse herrschenden
Eigenschaften. Auf diesem Boden eine Hinwendung zum echt
Positiven und zu lebensfrischer Erfassung schöpferischer Wahr-
heiten gewärtigen, heisst dem vertrockneten oder aber verwesten
Holz die Aufgabe stellen, für eine neue Vegetation zu sorgen.
Nichts steht dem lebendigen Streben nach geistesbefriedigender
Wahrheit so sehr entgegen, wie die blasirte Haltungslosigkeit
der verlehrten Ge.sellschaftselemente. Dies ist auch da der Fall,
Wo noch anscheinend etwas wirkliche Wissenschaft im Spiele ist,
oder wo sie es, trotz Allem, wenigstens einigermaassen sein
könnte, wie in der Naturforschung, Auch hier fehlt ein lebendiger
Zusammenhang mit den höchsten menschlichen Ausbücken;
auch hier ist es vorherrscheud ein kahles, oft genug auch ein
fiohles Treiben, welches sich als wunderwichtige Wissenschaft
''reit macht und gern imbesehen von dem gebildeten Volke
autoritär anstaunen lässt. Von solcher Art ist, um nur ein Beispiel
■lUs der niedern Naturwissenschaft zu wählen, die Mode des
Darwinismus, in welchem der Lamarcksche Kern von soviel Un-
W'ahrheit und soviel unsittlicher Daseinskampflehre umhüllt ist,
(^ass man Mühe hat, die ihm zu Grunde Hegende Errungenschaft
*ies bessern französischen Forschers davon abzusondern und rein
2U erhalten.
Dennoch hat man es, und zwar grade auf deutschem Boden,
Wenn auch nur seitens eines abgewirthschafteten christlichen
Theologen jüdischer Abstammung, fertig bekommen, den Dar-
■"■inisnms, verbunden mit Dichterlectüre und anderm Kunst-
— 104 —
geouss, aJs ReÜgionssurrogat zu empfehlen. Der verstorbene
Herr David Strauss gehörte freilich selber zur Species der Ver-
lehrten und Blasirten und hat daher mit seinem „Neuen Glauben"
an die religionsersetzende Kraft der Darwinismusspielerei nur
bekundet, dass er von dem Wesen echter Ueberzeugungen keine
Ahnung hatte. Ueberdies dachte er sich für seinen neuen Glauben
nur priviiegirte Gebildete, die gleich ilim Dilettanten der Ver-
lehrtheit spielen wollten, als Gläubige, Es fehlte also das Haupt-
erfordemiss eines Religionsersatzes, nämlich gleich der Religion
allgemein imd für alles Volk zugänglich zu sein. Doch auf
solchen Umstand aufmerksam machen, heisst den SfraussischoR
neuen Altenweiberglauben schon zu ernst nehmen. Er ist wesent-
lich eine komische Erscheinung gewesen; denn wenn man sich
besieht, wie mitten aus der Vedehrtheit und Blasirlheit heraus
die Reclame für Hauptmodeartikel der Verlehrtheit und Haltungs-
losigkeit, ja eine Art Sammelsurium meist todtgeborner wissen-
schaftlicher Tagesabfälle, und dies Alles noch dazu sachunkundig
und verkehrt wie von einem Zerrspiegel wiedergegeben, einen
lebendigen Glauben schaffen soll, der in die Lücke der Religion
einzutreten habe, so ist dies ein "Widerspruch zum Lachen. In
der Tbat giebt es keinen komischeren Contrast, als wenn man
sich die verlehrten Männchen, mit ihrem Mangel an Ueberzeugung
und Gesinnung, in ihrer schwankenden Haltung, Verworrenheit
und allseitigen Zerfahrenheit, — also kurz gesagt, wenn man
sich diese Eunuchen der Wissenschaft auf der einen Seite und
auf der andern die Forderung denkt, etwas zu schaffen, wozu
die vollste Energie des ganzen Menschen und ein nachhaltig
überwindender Muth erfordert werden.
Doch sehen wir von dieser Gelegenheitsstreifung einer
Albernheit ab, wie sie fast nur auf verkommenem theologischen
Boden möglich ist. Fragen wir vielmehr ganz im Allgemeinen,
wie zum TheU schon bei Gelegenheit der ernsthafteren Unter-
nehmung Comtes geschehen ist, danach, was die Wissenschaft,
auch wenn sie von besserer Artung ist, in Beziehung auf den
EeHgionsersalz zu leisten vermöge. Eine Specialantwort ist durch
das Comtesche Beispiel selbst gegeben. In positiver Hinsicht
bUeb die Wissenschaft unzulänglich. Eine allgemeinere Antwort
ist aber in der Rolle enthalten, welche die moderne Wissenschaft
überhaupt schon seit Jahrhunderten ge.spielt hat. Gewiss hat sie
— 105 —
auJgeklärt uad nebenbei manchen gröberen Aberglauben weg-
geräumt; aber sie bat selbst in bedeutenderen Vertretern nicht
einmal die religionsmässig eingeimpfte wissenschafts widrige Denk-
iteise zu bemeistern vermocht. Ein Hauptbeispiel dieser Art wird
immer Newton bleiben, und zwar nicht vorzugsweise wegen
seiner biblischen Commeotare, über die sich, als ausserhalb der
Wissenschaft belegen, noch am ehesten hinwegsehen Hesse. —
sondern weil der englische Forscher grade sein wissenschaftliches
Deoken selbst und zwar in Hauptpunkten theologisch schief
gestaltet hat und hiedurch verleitet worden ist, in der Natur
einen Mangel an Gesetzmässigkeit anzunehmen, durch den die
Diage schhesshch in Unordnung kämen und der Zurechtschiebung
durch die berichtigende Hand des Herrgottes bedürften. Man
kann letztere Missvorstellung Newtons nicht oft genug erwähnen;
denn sie ist ein Zeugniss gegen die so oft fälschlich behauptete
Kjaft der Wissenschaft, wenigstens der Specialwissenschaft und
derjenigen Forschungsart, die, von den herknmmUchen Antrieben
bestimmt und in deren Schranken gehalten, gegen höhere all-
gemein menschliche Ziele gleichgültig ist. Mit Galilei war dies
nicht der Fall; aber dies stammte nicht aus seiner Wissenschaft,
sondern aus seinem Charakter und aus der Art, wie er den Be-
ruf zur Wissenschaft auffa^ste. Seine Auffassung schloss Zwecke
ein, die über die Wissenschaft hinausreichen. In solchem Falle
ist es aber nicht die blosse Wissenschaft, was frei macht und
Müth schafft, sondern es ist ein allgemeineres menschliches
Selbstgefühl, durch welches die Forschung veredelt uud zu
kühneren Zielen geleitet wird.
Wie sollte auch irgend ein Special wissen, und wäre es noch
so wichtig, an sich selbst den ganzen Umfang des menschlichen
Geistes mit allen seinen Elementen zu einer durch und durch
veränderten Denkweise bestimmen können? Mathematische und
mechanische Kenntnisse vertragen sich mit viel Aberglauben;
-denn diese abstracten Gesichtspunkte berühren sich kaum mit den
intimeren Bedürfnissen des Geistes. Es ist daher auch nicht zu
verwundern, dass die strenge Wissenschaft an sich und isolirt nur
Weniges zur Austreibunj,; des Aberglaubens, aber so gut wie
Nichts in der Richtung auf eine positiv bessere G eiste shaltung
gefruchtet hat. In ihrem eignen Bereich sehen wir vielmehr in
■der jetzigen Zersetzungsepoche den wüstesten Aberglauben, wie
I
— 106
an mehralsdreidimensionale Räume, an aaiieuklidischen Unsinn, '
an physikalischen Spiritismus u. dgl. im Flor, ja nicht Mos in l
Mode, sondern in autoritärer, durch sogenannte grosse Autoritäteft ,
gestützter Geltung. 1
Lässt man sich aber auch durch die erwähnten Missbildungea '
nicht gegen die "Wissenschaft selbst einnehmen, so bleibt doch ,
noch immer die schon früher lang erprobte Unzulänglichkeit [
bestehen. Auch wende man nicht ein, dass es nur Special wissen- ,
Schäften sind, die in Beziehung aiif den Religionsersalz wenig"
bedeuten und noch überdies nicht einmal eine zuverlässige Wider- I
Standskraft gegen religiöse Vorurtheile insichtragen. Die Gesammt-
Wissenschaft, soweit eine solche überhaupt als vorhanden zu .
betrachten ist, äeistet das Erforderliche auch nicht. Wer hat \
allenfalls die Wissenschaft zu einer Einheit zusammeogefasst?" '
Doch nicht blosse Specialisten, sondern philosophische GeisterV '
Was nun aber die Philosophie der Wissenschaft oder die philo- J
sophisch zusammengefasste Wissenschaft vermöge und nichtJ
vermöge, das ist an dem Beispiel Comtes deutlich genug sieht- '
bar geworden. Zurückführung auf Philosophie im engern Sinne-
des Worts würde aber unsere Frage wesentlich dahin wendeoi- ,
nicht was die Wissenschaft allein, sondern was sie im Rahme»
eines philosophischen Systems leisten könne. Alsdann würde-
der philosophische Antrieb die Hauptsache sein, und die Wissen-
schaft nur unter seinem Einfluss wirken. Die Frage aber, wie- !
weit die Philosophie, ohne oder mit eigentlicher Wissenschaft^ [
reiche, haben wir uns schon weltgeschichtlich beantwortet. Unte* |
allen Umständen wird die Wissenschaft nur dann für das hier
fragliche Hauptziel etwas beitragen, wenn sie unter Antrieben
gestaltet und benützt wird, die aus den höhern, über die Wissen—'
Schaft hinausragenden Charakterbeslandth eilen edel geartefsr j
menschlicher Natur stammen. Der volle menschliche Charakter
mit seiner höchsten Energie ist es, von welchem auch die Wissen- '
Schaft, versteht sich wirkliche Wissenschaft, zum Organ allgemeiner
Geistesbefriedigung und Geistesführung gemacht werden kaniL
An sich, d.h. ohne das Hinzukommen dieser Verbindung, ist die-
Wissenschaft ein solches Orgao nicht; aber auch wenn sie es
wird, bleibt sie immer nur Mittel neben andern Mitteln. Auf
oberste Führerschaft kann sie daher keinen Anspruch machen^
Wirküch haben auch die grossen Naturen, deren Wissenschaft«
— 107 —
liehe Leistungen mit einem allgemein menschlichen Streben erfüllt
waren, nur dadurch diese höhere Function geübt, dass in ihnen
zum wissenschaftlichen Interesse noch ein mächtiges Wollen hinzu-
Irat, welches auf eine Veredlung alles Menschlichen gerichtet
war. Auch sind nur um solcher Eigenschaften willen Grössen
der Wissenschaft überhaupt einer eigentlichen Verehrung werth,.
und die Fälle, in denen Derartiges in diesen oder jenen Zügen
sich findet, sind äusserst spärüch. Verzichten wir also auf eine
falsche Glorification der Wissenschaft in einer Richtung, in
welcher ihr Ruhm nicht liegen kann.
Ja verzichten wir nicht blos auf so Etwas, sondern bereiten
wir uns auf das grade Gegentheil, nämlich eine Stigmatisirung
der kurzweg sogenannten Wissenschaft allmälig vor, welches mit
noch weiter gesteigerter Einsicht kommen muss und dessen that-
kräftige Vertretimg eine Vorbedingung ist, wenn der jetzt absehbar
höchste reformatoriscbe Standpunkt eingenommen werden soll.
Was sich kiu-zweg Wissenschaft nennt und sich überall in ge-
spreizter Weise zur Schau stellt, ist bekanntlich der Inbegriff
des Meinens und Wollens des Verlehrtenthums, namentlich, um
gleich die heute sich souverän dünkende Spitze zu treffen, des
naatiiematistelnden imd naturwissenschaftelnden Verlehrtenthums.
Diese Donna Wissenschaft ist mm aber, meinen anderweitigen
Kennzeichnungen gemäss, als verkommene Dirne entlarvt worden,,
die ihr verdorbenes Leben und ihre widerliche Physionomie durch
das bekannte Schaugepränge der Congresse dem eindringenden
Blick auf die Dauer nicht verhehlen, sondern nur immer mehr
offenbaren wird. Die Geister der Lüge, der Spitzbüberei und
zugleich der öden kahlen Blasirtheit, die hier allgemein und in
einzelnen Personen herrschen und gefeiert werden, geben denen
des alten Priestertruges, wie gesagt, nicht nur nichts nach, sondern
zeichnen sich vor den eigentlich pfäffischen älterer und neuerer
Zeiten nur noch durch eine besonders raffinirte Steigerung der
Infamie aus. Ueberdies ist der Contrast zwischen dem Guten,
was sein könnte und sollte, und dem überwiegend Schlechten,
das thatsächlich ist, hier um so grösser, weil, wo sich wirklich
wissen lässt, auch das Wenige an Entschuldbarkeit wegfällt, das
in einem Gebiet fast selbstverständlicher Phantastik den Ver-
irnmgen zur Seite steht und sogar den eigentlichen Betrug
weniger schroff hervortreten lässt. Kehren wir demgemäss die
108
gewöhnliche Geistesmanier von heute gradezu um, und suchen
wir das Brandmal nicht mehr vorzugsweise auf der Stirne
des alten Priesterthums, sondern drücken wir den unter-
scheidenden und mahnenden Stempel vor Allem auf die
immer frecher gewordene Stirn der Dirne Wissenschaft und
zwar auch in deren ganzes exactestes Prostitutionsfigürchen
hinein. Nur so werden wir schliesslich aller Welt kenntlicli
machen, was dem Treiben jener schamlosen Verrätherin
und Verfolgerin der Wahrheit und echten Wissens an per-
sonalistisch ausmerzenden Nothwendigkeiten und Maassregeln
-entgegenzusetzen sei.
In einem gewissen Sinne ist das Dirnchen Wissenschaft
schon ein lange immer wiedererzeugtes Kind und ein Typus
von vielen Jahrhunderten, ja von Jahrtausenden her, der sich
nur social gewandelt, in verschiedene Varianten verzweigt und
nach Maassgabe der fortschreitenden Functionenfheilung in ver-
schiedenen Eerufsclassen ausgeprägt hat. Dirne Wissenschaft war
arsprünghch bei demPriesterlhum, beispielsweise vorhippokratisch
als Tempelmedicin, wobei der Hocuspocus und etwas zu-
gehöriges, mit dickstem Aberglauben verquicktes Zehntel wissen
an den in die Tempel selbst gebrachten Kranken prakticirte.
Ja Dirne Wissenschaff war direct das Priesterthum selbst mit
seinem Meinen und vorgeblichen göttischen und götteladen
Wissen, crassesten Aberglauben und bewussten Betrug sowie
auch nebenbei mit dem Kleinigkeilsbestandtheil an richtigen
oder halbrichtigen Vorstellungen. Ein solches Bestandtheilchea
fehlt nun aber auch bei einem heutigen Priester Naturwisserich
selbstverständlich nicht, und so sind denn Analogie und Ver-
wandtschaft zwischen den beiden Entwicklimgsformen des prosti-
tuirten Geschöpfchens unverkennbar genug. In Athen war Dirne
Wissenschaft die Sophistik und vergiftete den Sokrates; in
Jerusalem war es die Schriftgelehrtheit und kreuzigle denNazarener.
In andern Gestalten hat Dirne Wissenschaft ihren Uncharakter
in neuerer Fagon blosgestellt, wie in der Verfolgung des Giordano
Bruno, besonders contrastirend markirt aber in derjenigen Galileis
und in der schandbarsten aller Verhaltungsarten gegen Robert
Mayer. Man weiss also nun, wie sich jegliche ernste Geistes-
reformation zu jener allerseits Prostituirten zu stellen habe, und
wie vollends ein Rehgionsersatz sich nicht durch jenes Halb-
— 109 —
. weltsdämchen sondern nur trotz ihm und zugleich mit dessen
moralischer Vernichtung durchsetzen könne.
6. Die Ansprüche, aus der Kunst Surrogate der Religion
zu scbajOfen oder auch wohl eine Art Religion zu machen, sind
noch weit weniger stichhaltig, als Hinweisungen auf die Wissen-
schaft. Letztere liefert, wo sie echt und ernst ist, doch wenigstens
Einsichten, die im Rahmen höherer, die Religion durch Voll-
kommeneres ersetzender Antriebe unmittelbar als Wahrheiten
verwerthbar sind. Die Kunst wirkt aber theils nur gestaltend
und empfängt alsdann ihre Stoffe von anderwärts; oder aber sie
giebt in der That etwas auf ihrem eignen Boden Gewachsenes,
beschränkt sich dann jedoch aiif gemeinzugängliche Gefühle und
Vorstellungen, die sie steigert, verfeinert und überhaupt veredelt..
In der erstem Rolle hat sie sich ziu* Religion stets empfangend
verhalten, wofür die griechische Plastik \md die italienische
Malerei als Beispiele eben nur genannt zu werden brauchen.
Völlig überflüssig wäre es, dieses sehr natürliche Verhältniss.
noch für die ganze Geschichte besonders illustriren zu wollen..
Die Künstler haben aller Orten und zu allen Zeiten den
herrschenden Vorstellungen gedient, ja auch meistens dienen
müssen, wenn sie überhaupt für ihre Fähigkeit zum Gestalten
und Idealisiren lohnende Gegenstände finden wollten. Sie mögen
dazu geholfen haben, die vorhandenenReligionsvorstellungen aus
dem Bereich der Rohheit in dasjenige ästhetischer Verfeinerung
überzuführen. Auf diese Weise haben sie wohl Einiges zur
Decoration, unter Umständen vielleicht auch zur tiefern Erfassung
der bezüglichen alten und neuen Religionen beigetragen. So
Etwas heisst aber nur, im Rahmen der Religion künstlerisch
weiterarbeiten, nicht aber etwa, Religionsartiges aus sich selbst
schaffen, *
In der angegebenen zweiten Rolle, in welcher die Kunst,
vom Boden gemeinzugänglicher Lebenselemente zu einer inten-
siveren und mehr veredelten Darstellung derselben aufsteigt,
könnte es eher scheinen, als wenn sie aus sich selbst einer
eigentlichen Schöpfung in der Richtung auf das Religiöse oder
die Religion Ersetzende fähig wäre. Hier hat man vorzugsweise
an die Dichtung und in zweiter Linie auch an die Musik zu
denken. Allerdings hat es mit beiden Künsten, was die An-^
bequemung an die herrschenden Vorstellungen und Empfindungs-
"weisen anbetrifit, meist eine ähnliche Bewandtniss gehabt, wie
mit der vornehmlich im Dienste der Religion ausgebildeten
Plastik und Malerei. Auch Dichtung und Musik hab en sich mehr
oder minder zum Ausdruck des in der Religion Vorhandenen
hergegeben. Sie haben aber vermocht, in reichlicherem Maasse,
als die Plastik und Malerei es ihrer Natur nach jemals konnten,
neben jener Dienstbarkeit auch den raenschhchen Antrieben in
ihrer reineren, nicht durch die ReUgion entstellten Form gelegent-
lich mitzuhuldigen. Die Musik bleibt ohnedies im Bereich blosser
Gefühle, und hier giebt es, wie keinen Verstand, so auch keine
Verstandesirrthümer. Eigentliche Gedanken sind ihr fremd; sie
gehören nicht ihr selbst, sondern nur ihren Texten an. Die
Verstösse in ihr betreften nicht die Verstandes Vorstellungen,
sondern beziehen sich nur auf Natur oder Unnatur, Schönheit
oder Unschönheit der ausgedrückten Empfindungen und des
Zusammenhangs, vermöge dessen diese Empfindungen ein geglie-
dertes Ganze bilden.
Das Reich der Töne ist hienach verhältniss massig unschuldig,
"weil überhaupt unfähig in Bezug auf den Ausdruck des Aber-
glaubens oder des Gegentheils davon. Ein Tonstück mag ver-
stimmen, aber es überträgt nicht Wahrheiten oder Unwahrheiten.
E)ine düstere Musik mag einer düstern Lebensansicht dienen,
■d. h. sich ihr beigesellen und durch den Text einen derartigen
Sinn erhalten; aber an sich selbst ist sie nur eine der vielen
möglichen Verstimmungen, denen das menschliche Gefühl vorüber-
gehend ausgesetzt sein kann. In ihr ist kein allgemeines Urtheil
enthalten; sie drückt nur einen Zustand der Empfindung aus,
■der sich neben tausend andern Zuständen eben auch einstellea
kann. Allerdings braucht es nicht immer gradezu ein Text zu
sein, welcher der Musik einen bestimmteren Sinn giebt. Hiezu
genügt auch irgend ein Zusammenhang, der gleichsam eine
symbolische Sprache spricht. Choralmusik hinter einem Leichen-
zuge oder überhaupt Kirchenmusik in wirklicher oder nur ge-
-dachter Verbindung mit Cultushandlungen drückt zwar auch nicht
mehr als eine blosse Stimmung aus, erinnert aber doch an Etwas,
was nicht blos Stimmung, sondern specielle Vorstellung mit
-einem für den Geist fassbaren Sinne ist. Ja überhaupt kann sich
in der Musik ein besümmter Typus der Empfindungsweise, wie
■er vornehmlich einer Religion oder Weltanschauung angehört.
— 111 —
charakteristisch fixiren, und man wird so von dem Tonreich her
allerdings auch mit einer Art Inhalt, welcher sich an das Ge-
dankliche anschliesst, afficirt werden können. Es bleibt aber
trotzdem dabei, dass dieser Inhalt an sich nie die blosse Empfin-
dungssphäre überschreitet. Unvergleichlich vollkommener und
umfassender ist die Dichtung mit dem sinnvollen Wort als Organ,
und sie ist Licht gegenüber der Dunkelheit blosser Toncomposition.
Für die Poesie wird daher auch die Frage nach der Leistungs-
fähigkeit in Bezug auf das religionsersetzende Gebiet eine erheb-
lich andere. Jedoch müssen wir erst neuerliche Ansprüche, die
wesentlich vom Boden der Musik aus erhoben sind, erledigen,
ehe wir uns nach der Tragweite der eigentlichen Dichtung um-
gehen.
In unserer Zeit ist es grade der am bekanntesten gewordene
Componist, der verstorbene Richard Wagner gewesen, der neben
Ansprüchen auf musikalische Führerschaft der Gegenwart und
-der Zukunft auch noch .den allgemeineren Anspruch erhoben
hat, ein Geistesreformator zu sein oder zu werden, ja speciell
an einer Religion der Zukunft zu arbeiten. Seit Orpheus Zeiten
ist die Macht, hinter der Musik die ganze Natur, einschliesslich
der unbelebten, als Gefolge nachsichzuziehen, etwas Sagenhaftes.
In unserer wimderarmen Zeit aber hatte sich der Bayreuther
Orpheus eine Aufgabe gestellt, die sich noch ungeheuerlicher
ausnimmt. Die Musik soll nämlich zum Mittelpunkt für Alles
und Jedes werden. Sie soll die Gesellschaft reformiren, und das
Kunstwerk der Zukunft, in welchem sich alle Künste in die
Herrschaft der Musik fügen, soll das ästhetische Paradies der
Menschen, versteht sich der Gläubigen des neuen Kunstheils,
werden. Seitens dieser neuen Tagesorphiker wurde auf alle
<jebiete, mochten sie ihrem Verständniss erreichbar sein oder
nicht, in den mannigfaltigsten Variationen übergegrififen. Alles
4ind noch einiges Andere, vom deutschen oder vielmehr un-
tieutschen Stil bis zu einer unpolitischen Politik und bis zur
Pflanzen esserschaft hin, hatte in dem „Meister", d. h. in Herrn
Wagner seine Vertretung. Was alle diese Meisterschaften zu be-
«deuten haben, das zu beurtheilen, müsste aus dem Hundertsten
in das Tausendste führen. Ich, der ich hier nur ein wohlbegrenztes
Thema zu behandeln habe, darf der Zerfahrenheit auch nicht
•einmal in die hauptsächlichsten Abwege mit der Kritik nach-
L
laufen. Das hiesse schon, einer gesetzten Gangart des Gedankens
zuviel vergeben.
"Wer sich jedoch für ein paar Züge interessirt, die ich iit
andern Schriften an Herrn Richard Wagner auch schon, wie in
der ersten Auflage dieser Schrift, bei dessen Lebzeiten hervor-
gehoben habe, findet in meiaem „Werth des Lebens" Etwas-
zur romantisch reactionären Weltanschauung des Betreffenden,
und in meiner , Judenfrage' eine Kennzeichnung der sonderbaren.
Wagnerschen Species von Antijudik. In dieser leizteren spielte
der Bayreuther Orpheus eine Art Magaet, dessen einer Pol sich
mit dem jüdischea Gelde anzog und auch so stark von ihm ge-
zogen wurde, dass es dem andern Pol mit seiner Eigenschaft,,
jüdische Nasen abzustossen, nicht recht von Statten gehen wollte.
Ein derartiges Wollen und Nichtkonnen ist überhaupt ein in der
Wagnerschen Reformatorschaft sich immer wiederholender Zug
gewesen. Seine Religion oder, wie man es auch nennen kann,
sein Religionssurrngat bestand vornehmlich, soweit in dieser
Mischung sich widersprechender Bestandtheüe überhaupt Etwas,
als vornehmUch maassgebend bezeichnet werden darf, ia etwas
Buddhistein und zwar nach Anleitung Schopenhauers. Dazu ge-
Kellle sich aber auch noch der damit unvereinbare Anspruch,
Christ sein zu wollen und durch Vermittlung der Musik den höhern.
Classen der Gesellschaft eine Art Chnstenthum zu präpariren.
Das ist nun in der Thal nichts als eklektische rehgiöse Romantik,
die das Gesicht nicht der Zukunft, sondern der Vergangenheit
zukehrt. Ein solches Galvanisirungswerk der Vergangenheit und
noch nicht einmal der echten, sondern eines willkürlich roman-
tischen Trugbildes von ihr, hat keinen Sinn, als höchstens den,.
das Anzeichen eines irregehenden Heimwehs nach dem Mittelalter
zu sein, welches sich nebenbei auch durch entlegenere orientalische--
Ueb er lieferungen, wie durch den Buddhismus, zu stillen sucht.
Ueberbaupt ist es für die Zustände der obern Gesellschaft eia
Symptom, dass in ihrem Bereich derartige geistige Zersetzungs-
reste goutirt werden. Dieser religiöse oder metaphysische Haut-
gout ist, in unverhülltem Deutsch geredet, ein Verwesungs-
geschmack. Er erinnert allerdings auch an die Zukunft, aber,
wohlzumerken, an ein Gericht der Zukunft, im Sinne des Richter-
thums über das Verweste der Vergangenheit.
Wenn auch die beste Musik in Frage wäre, was nicht der
j
— 113 —
Fall ist, so könnte sie kein Krsalz auch nur einzelner Bestand-
theile der ReIij;ion, geschweige der ganzen Religion, sein. Man
mache sich nur einfach klar, dass es sich in der Religion sowie
in ihrem Ersatz durch Vollkommeneres um eine Geistesführung
handelt. Tonstücke können nun allenfalls die Empfindungen ein
wenig leiten und im (günstigsten Falle auch wohl zur Veredlung
derselben beitragen; sie bleiben nbt-r weit davon entfernt, in das
Gebiet der eigentlichen Geistesführung hineinzureichen. Ihren
verhältnissmässig höchsten Werth könnten sie dadurch erlangen,
dass sie die Geistesführung unterstützten. Eine solche Unter-
stützung bliebe aber immer etwas Untergeordnetes und daher
auch stets Unterzuordnendes. Wie man dagegen überhaujit allge-
meine Reformgedanken mit der Musik zu verbinden vermocht hat,
ohne die Breite der Gesellschaft zu bedenken, — das wäre unbe-
greiflich, wenn es sich nicht aus den Cultiurerschräiiktheiten der
heutigen Epoche erklärte. Wenn Jemand der Menschheit durch
Musik etwas helfen will, so hat er doch vor allen Dingen an
lÜejenige zahlreiche Menge zu denken, die .sich nicht mit künst-
licher und gelehrter oder vielmehr meist verkünstetter und ver-
lehrter Musik befasst, sondern im einfachen Gesang ihre Be-
friedigung findet. Hier in diesen einfachsten und natürhchsten
Regungen des musikalischen Sinnes und Bedürfnisses ist der Punkt,
wo nicht blos für da.s Volk, sondern überhaupt für den durch
LVbercultur noch nicht verkünstelten Menschen etwas geschehen
kann. "Was soll aber der Lärm tosender Instrumenlalmnsik. ver-
bunden mit kostbaren Decorationen und phantastischen Puppen-
spielen, allen denen, die nicht durch Uebercidtur, Langeweile
und nichtsnutzigen Reichthum bedrückt werden? Nur die ver-
kommene Leerheit mit ihrer falschen Müsse kann in ihrer Geistes-
öde solche raffinirt kostbare Gerichte schmackhaft finden. Dieses
Bereich von wenn auch nbern, doch bereits wankenden Existenzen
ist es aber nicht, wo man mit der Reform ansetzen kann, und wenn
man den hier angebrachten Musiklärm für eine reformatorische
That ausgiebt, so ist das eine wunderliche Unterschiebung.
Wer eine einzige gute Melodie dem Schatze der Volksgesiinge
hinzufügt, tUut mehr, als jene ganze Zukunftsmusik verspricht.
Das Lied ist der einfachste und verbreitetste Ausdruck, in
welchem sich Gefühl und Verstand des Volkes ohne uanatürhche
Trennung bethätigen. Im Liede zeigt sich auch nicht wenig vom
Dflhting, lirs.-.li jL-r Religiou. 2. Aufl. S
- 114 - '
Nationalcharakter. Das Lied muss daher auch der Ausgangspunkt
bleiben, von dem aus die Musik ihrem allgeineinereo, für die
breitere Gesellschaft wohlthätigen Beruf nachzugehen hat. Von
der Ahnung eines solchen Berufs ist aber in den fraglichen
Prätensionen nichts zu merken gewesen. Doch solche Ueber-
legungen anstellen, heisst jene angebhch menschheitsreforma-
torischen Velleitäten, denen wir auf dem Felde der Modemusit
begegneten, bereits zu ernst nehmen. Diese ganze Sphäre ist
nicht werth, dass man grade im Hinblick auf sie auch nur einen
einzigen gesun den Reformpunkt in Frage bringe. Ein solcher ist
einer bessern N achbarschaft imd Gesellschaft werth. Er gehört
dahin, wo überhaup t die Stellung der Kunst in einem Zustande
der Freiheit von der Religion und eines vollkommenerea Ersatzes
der Religion zu kennzeichnen ist.
"Wie auch Dichtung nie ein Religionsersatz gewesen sei, und
wie sie es selbst in der vollkommensten Gestalt nicht sein könne,
darüber geben meine „Grössen der modernen Literatur" die aus-
führlichsten Nachweisungen und überheben mich hier eines be-
sondern Eingehens. Nur beispielsweise sei hier daran erinnert,
wie ungeeignet die Goethesche Natur war, ernstere Philosopheme
auch nur zu verstehen, geschweige im Gedanklichen selber etwas
denkerisch Zurechnungsfähiges zu schaffen, wie sie sich aber
spielerisch mit allerlei Religionskram behing. Schillers wieder-
holtes Hin- und Herschwanken bezüglich des Unsterblichkeits-
glaubens war auch weder anmuthig noch würdig, und sein.
Bankerott mit den zerronnenen Idealen ist auch nicht ermuthigend,
Bürger, welcher der Natur näher stand als das Paar der er-
wähnten beiden Dichter, hielt sich in religiöser Beziebuug nur
dadurch charaktervoller, dass er formell einige, durch Aufklärung
verbesserte Vorstellungsarten der Religion einfach beibehielt. Im
19. Jahrhundert hat Byron bezüglich des Unsterblichkeitsglaubens
den Standpunkt des Nichtwissens entschieden gewahrt und so
das Schillersche Schwanken vermieden; Shelley aber hat trotz
seiner allgemeinen Bekämpfung der Religion poetischen Phan-
tasmen nachgegeben, die wahrlich keinen Ersatz enthalten. Käme
es aber auch einmal zu einer vollen WirkÜchkeitsdichtung in
meinem Sinne, wozu allein Bürger ein Stück Annäherung ge-
liefert hat, so würden es nicht die poetischen Fähigkeiten allein
sein können, wodurch sich etwas über die Religion Hinaus-
führendes gestaltete.
Sechstes Capitel.
Ursprung und Artung des Vollkommeneren.
1. Völlig ungleichartig mit allen blosaea Surrogaten ist der
wirkliche Ersatz der Religion durch etwas Höheres, was auch von
dem Namen Religion verschont bleiben sollte. Dieser Ersatz kann
nur platzgreifen, wo das, was Religion heisst, abgescha Eft ist. Eine
äussere Geltung und Herrschaft kann daher diesem Ersatz auch
nur dann zu Theil werden, wenn die Abschaffung der Rehgion
ebenfalls eine äussere und öffentlich gültige geworden ist. Hiezu
gelangt die Menschheit aber vorläufig noch nicht. Für die zunächst
absehbaren Zeitalter ist vermittelst der äussern Gewaltherrschaft
die Religion noch so gestellt, dass sie im Stande bleibt, wen^stens
noch eine coaventionelle Einschulung Vieler zu erzielen und so
ihre Art und Weise, wenn auch nur unter mehr undmehrsinkendem
Glauben, fortzupflanzen. Ihre innere Herrschaft über die Gemüther
wird dabei schwächer und schwächer, und es mehren sich die-
jenigen Gruppen und Elemente der Gesellschaft, in denen, unge-
achtet äusserer Anbequemung, die innerliche Abschaffung der
Religion theils eine vollendete Thatsache ist, theils sich der Ver-
vollständigung nähert. Einer solchen innern Abschaffung der
fieligionsreste kann nun auch eine innere Herrschaft des voU-
iommeneren Ersatzes entsprechen, und man muss sich an dieser
unvollständigeren "Wirkungsart des Besseren so lange genügen
lassen, bis auch die allgemeine äussere Geltung in Gesellschaft
und Staat durchzusetzen ist. Letzleres wird von Wandlungen
der Zustände abhängen, die sich nicht ausschliesslich auf das
geistige Gebiet beziehen. Vorher werden aber unter aUen Um-
ständen nicht blos Einzelne, sondern auch Gruppen und zwar
umfassendere Gruppen existiren können, die das Vollkommenere
bei sich pflegen und in gesellschaftflcher Weise zur Anerkemiung
bringen. An der sogenannten Religionsfreiheit heutiger Zeit ist
■wenigstens soviel, dass die vom Staat unabhängigsten Elemente
imd Classen der Gesellschaft einigermaassen in der Lage sind
und immer mehr in die Lage kommen, bei ihrer geistigen Eman-
cipation und deren öffenthcher Bekundung nicht auf unüberwind-
liche Hindernisse zu stossen. Aber auch ganz abgesehen von
diesen äusseren Chancen der geseUschaftli chen Fortpflanzung des
116
Besseren ist es schon eine Errungenschaft, wenn auch nur dea
Einzelnea als solchen die Möglichkeit verschafft wird, der aus-
ihrem Geist gewichenen Rehgion Etwas folgen zu lassen, was.
zu einer festen Haltung verhilft.
Das Vollkommenere jeder Art tritt überall und durchgängig
erst als späteres Glied einer Entwicklungsreihe oder, was dasselbe
heisst, einer Stufenfolge von Gestaltungen auf. Dies ist bereits
eineThatsache der Natur überhaupt, unddieMeDSchheitsgeschichte
ist nur ein besonderer Fall davon. Auch muss hervorgehoben
werden, dass es sich hier nicht um eine blosse Annahme, sondern,
wirkhch um etwas Facfisches handelt, und dass es nur der all-
gemeine Typus aller bekannten besonderu Vorgänge ist, der sich
in der Vorstellung von einem Fortschritt zum Vollkommenerea
aufgefasst findet. An die Entwicklungsgeschichte der Natur aut
der Oberfläche unseres Planeten, als an die Basis von allem
Uebrigen, kann hier eben nur erinnert werden. Erst wenn aus.
den sonstigen Gestaltungen die Menschheit auftaucht und hiemit
gleichsam innerhalb der vorher alleinherrschenden Thierwelt als.
ein vollkommeneres Gebilde an die Reihe kommt, eröfinen sich
auch die Ausgangspimkte für das, was unser specieller Gegen-
stand ist. Freilich dauert es noch lange, ehe die einigermaassen '
geschichtliche Aera der Menschheit auch nur zu dämmern be-
ginnt. In dieser Dämmerung herrscht nicht etwa blos ein Halb-
bewusstsein, sondern es sind auch diejenigen Menschenarten, die
ihr angehören, von niederer Beschaffenheit. Man könnte diese
erste Aera der Menschheit die asiatische nennen, und sie verhält
sich zur spätem europäischen nahezu so, wie vorher die Thier-
heit zu der an sie zunächst angrenzenden Menschenepoche und
Mensch enspeci es. Der Asiatismus ist eine Vorphase zu der ihm
folgenden und ihn in der Geschichte ablösenden vollkommeneren
Menschheitsausprägung. Diese Unterschiede sind aber nicht, wie
gemeiniglich geschieht, ausschliesslich auf die Cultur zu beziehen
und auch niemals als blosse CuUurunterschiede gelten zu lassen.
Ja das, was durch blosse Cultur geändert werden kann, darf bei
gründlichen Betrachtung nicht einmal in die erste Linie '
treten. Jene Unterschiede sind an erster Stelle physiologisch auf-
zufassen, grade als wenn es sich um verschiedene Thierclassen
mit ihren Trieben und Neigungen, mit ihrer Lebensweise und .]
Sitte handelte. Die Art von Cultur, welche sich entwickelt, ist
— 117 —
:nur ein Erzeugniss einer tieferliegenden Ursache, die sich in ihr
bethätigt. Fleisch und. Blut, Hirn und Herz bilden mit ihrer
besondern Artung die Grundlage für alles Uebrige. Um der Be-
schaflfenheit dieser willen ist eine Menschheitsform unvollkommener
und steht niedriger als eine andere. Die erste, sozusagen asiatische
Menschheitsausprägung, die zu Bewusstsein und Cultur gelangte,
ionnte und kann durch blosse Culturentwicklung aus jenen
Naturgrenzen nicht heraus, die ihr die leibliche Artung imd hie-
mit auch der Naturtypus der geistigen Beschaffenheit setzen. So
wenig sich der Affe, wie wir ihn heute vor uns haben, jemals
zum Menschen entwickeln wird, ebensowenig wird sich je eine
asiatische Race, die von jener ersten Ausprägung der Menschheit
herstammt, in Etwas verwandeln, was den neuem Völkern gleich
wäre oder auch mit ihnen nur eine ähnliche Stufe der Vollkommen-
heit einnehmen könnte. Diese Noth wendigkeit rührt von der festen
Abgrenzung der einmal vollzogenen Naturbildungen her. Vor der
Entwicklung aus dem noch Ungestalteten mag gleichsam ein Ein-
lenken zu verschiedenen Gebilden stattfinden. Sind diese Gebilde
aber in der einen oder in der andern Richtung vollendete That-
sachen, so führt von ihnen kein Weg w^ieder zur ursprünglichen
freien Gestaltungsmöglichkeit zurück. Die Bestimmtheit und Spe-
cialität dieser Gebilde bleibt ihr weiteres Gesetz. Sind sie nicht
von vornherein auf das Vollkommenere angelegt, so kann dieses
aus ihnen auch nicht hervorgehen. Die vollkomm euere Ausprägung
der Gattung oder, gleich bezeichnender ausgedrückt, eine bessere
Gattung kann nur durch höher angelegte Seitengebilde vertreten
sein, die von vornherein aus einer allgemeineren Gestaltungs-
möglichkeit abgezweigt waren. Als eine solche edlere Entwick-
lungslinie hat man sich überhaupt die Entstehung der Menschheit
in Vergleichung mit der Thierheit zu denken. Dasselbe Gesetz
muss sich aber auch innerhalb der Menschheit selbst wiederholen.
Bei der Gestaltung der verschiedenen Thiergebilde musste die
Einlenkung zum Affen für immer darüber entscheiden, dass aus
•diesem einmal vollzogenen Gebilde heraus kein Erreichen des
Menschheitstypus mehr offen blieb. Ueberhaupt muss, was in der
JEntwicklung edler werden soll, dies auch schon von vornherein
in der Anlage sein. Die Herkunft von Etwas, was unvollkommener
ist, besagt nicht, dass diese Unvollkommenheit auch zugleich unedel
gewesen sein müsse. Ein kleines Kind ist etwas sehr Unvoll-
k
— 118 —
kommenesinVergleichung tnitdem ausgewachsenen, seioerGlieder
und geistigea Organe völlig mächtigen -Menschen ; aber es ist
darum nicht unedel geartet. Die Vorzüge des Typus und der
Individualität sind ihm vielmehr, soweit sie überhaupt in dem
besondern Falle bestehen, von vornherein eigen. Das Bessere,
was sich aus ihm später herausgestaltet, liegt in ihm als Keim.
Mit dem Mangel an Entwicklung hat also die Artung eines-
Wesens in der Hauptsache und im Kerne nichts zu schaffen.
Eohheit und Unbehülflichkeit, die eine Folge des Entwicklungs-
mangels sind, können sich in Feinheit und Gewandtheit ver-
wandeln. Jedoch giebt es auch eine andere Art von Rohheit
und Ungeschlachtheit, die in der Naturanlage Hegt und niemals
weicht.
Nua haben wir uns die Unterscheidung der Menschheit ia
verschiedene Species so zudenken, dass diejenigen Ausprägungen
einer Art von Menschentypus, die auf dem Boden Asiens die
geschichtlich bekannten Reiche gründeten, unter den möglichen
Menschenconstitutiönea eine niedere und verhältnissmässig unedle
darstellten. Sie sind darum auch in der ganzen bisherigen Ge-
schichte im Wesentlichen nicht weiter gelangt, als im ersten Durch-
laufen der ihnen möglichen Culturentwicklung. Sie sind auf der
Stufe stehengeblieben, zu der sie in der geschichtlichen Periode
des Asiatismus, d. h. in jener Aera gelangten, in welcher Asien
die einzige Culturstätte auf dem Planeten war und sonstige Völker
noch gleichsam ein Wiegendasein führten. Dies war sozusagea
die Turamelzeit, in welcher sich ausschliesslich der Asiatismus
breitmachen konnte, gleichwie die Thierheit hatte ungenirter
bleiben können, als unter ihr der Mensch noch nicht aufgetreten
war. Mit dieser Bedeutung des Asiatismus, die auf seiner ursprüng-
lichen Einzigkeif beruhte, ging es in der Hauptsache zu Ende, als-
andere bessere Völker die Bühne der Geschichte betraten. Die-
griechisch-römische Periode zeigte schon freiere und edlere Züge,
Jedoch erst die neuern Völker haben die vollständige Anlage
und dementsprechend auch den Beruf, sich den Asiatismus zu.
unterwerfen und ihn äusserlich wie innerlich in Grenzen einzu-
schliessen, vermöge deren er nur noch ein Dasein niederer Ordnung
führen kann. Er bleibt gleich den Thiergestalten bestehen, so-
weit nicht zureichende Gründe vorhanden sind, ihn auf diesen»
oder jenem Gebiet gänzlich zu verdrängen.
119
Iq dem Maasse, in welchem die bessern Völker auf dem
Planeten neuen Boden brauchen, werden sie mit ihrer bessern
Species vordringen, und wie dort, wo menschliche CuUur sich
ausdehnt, gewisse Thierarten, deren Hausen sich mit dem Walten
des Menschen nicht verträgt, zurückweichen oder untergehen, so
wird auch die Verschiebung und Fortpflanzung des bessern
Menschheitstypus den schlechtem einschränken und zum Ver-
schwinden bringen. Auf diese Weise bricht sich das Vollkommenere
Bahn, und sein Recht hiezu hegt darin, dass es am Guten mehr
theilhat. Denkt man sich nämlich den Urtrieb, der sich in allem
Lebendigen verkörpert hat, als ein solidarisches Wesen, an
welchem die einzelnen Gestaltungen und Gebilde gleichsam nur
Glieder sind, so hat dieses Wesen ein Interesse daran, dass die
an ihm vollkommensten Organe und die |in ihm besten Elemente
sich vervielfältigen und das Niedere an ihm nicht überwuchern
lassen. NichtBoden undKliraa sind das am meisten Entscheidende,
sondern die Menschenart an sich selbst, und wenn diese auch
einige Züge vom Klima an sich trägt, so ist doch der Mensch
überhaupt bei der verschiedensten Beschaffenheit fähig, sich sehr
abweichenden Klimaten anzupassen. Es ist also kein Hinderniss
vorhanden, dass der bessere Typus sich über alle bewohnbaren
Gegenden ausdehne. Soweit ihm wirklich ungünstige Natur-
verhältnisse entgegenstehen, wird er die Gebiete derselben denen
überlassen, die eher dazu passen. In der bis jetzt erreichten Aera
stehen aber die Dinge so, dass die schönsten und von Natur aus-
giebigsten Länder grade von den niederen Species oder von ver-
derbten, ihremUntergacg entgegenreif enden Völkern eingenommen
sind. Es wird sich also künftig darum handeln, diese Missverhält-
nisse abzustellen und dem unter rauherem Klima und auf kargerem
Boden grossgezogenen Menschentypus die Vortheile besserer
Naturgebiete zu verschaffen. Dieser Typus hat nicht etwa erst
durch das Klima seines Schauplatzes seine Eigenschaften erhalten.
Er hatte sie von vornherein, und nur die Entwicklung dieser
Eigenschaften zu einer technisch hohen Civüisation erforderte,
dass die in der Anlage vorhandenen Kräfte durch den Mangel
günstiger Natur Verhältnisse zur Entfaltung voller Energie angeregt
wurden. Hätte man die niederen asiatischen Species in dieselben
Naturverhältnisse gebracht, so wäre trotz aller durch den Mangel
gegebenen Anregung doch nichts Sonderliches zu Stande ge-
komiiien. Nur das Beisammen der edleren Aolage und der die
Kräfte gleichsam herausfordernden Naturverhält nisse konnte eine
Civiiisation schaffen, die, nachdem sie einmal errungen ist, auch
Im Stande sein wird, sich auf einen Boden zu übertr^en. auf
dem sie urspri'mglich nicht hätte entstehen können.
Hienach hat der nordische Mensch von Nalur und Cultur
wegen die Anwartschaft, seine Species auf den orientalischen
Boden zu übertragen und dort in einer weiteren Geschichtsära
gleichsam ein zweites Dasein zu führen. Dies ergiebt zugleich
äusserlich einen Sieg des neueren Volker wesens über die niederen
Artungen der Menschheit. Schon in Europa selbst, namentlich
geilen den Orient hin, wird eine Unterordnung oder Wegräumuog
der verderbten Völkerelemente immer mehr eine von den Thal-
sachen geforderte Unternehmung. Grade die schönsten Länder,
die einst die Sitze edlerer und mächtiger Völkerstämrae mit \Felt-
geschichtlichen Civilisationen waren, sind im Besitz niederer oder
verkommener Menschentypea. Mindestens muss man hieher die
Türkei und Griechenland rechnen; aber auch andere Staaten
könnten einst die Liste vollständiger machen. Doch die Um-
schau danach würde von der grossen Hauplangel egenheit zu weit
ins Einzelne abführen. Es ist genug, wenn wir die allgemeine
Vorstellung festhalten, dass der wirkliche Fortschritl derGeschichte
darin besteht, das Vollkommenere, in seiner Grundgestall, näm-
lich als höhere Mensche nspecies, äusserlich zu einer alles Andere
beherrschenden Stellung gelangen zu lassen. Wie dem nun
auch ein geistiger Triumph zu entsprechen habe, führt uns
wieder auf unsern speciellsten Ausgangspunkt, auf die Religion
und auf deren Ersatz zurück.
An der Perspective der Uebertragung höherstehender Völker-
elemente auf asiatischen Boden kann man nicht mehr Anstoss
nehmen, sobald man bedenkt, dass bezüglich dieses Vorgangs
der Gebrauch ungerechter Mittel nach imseru Grundsätzen von
vornherein ausgeschlossen bleiben muss. Es kann also nur jene
fast unwillkürliche Gestaltung gemeint sein, vermöge deren die
für die höhern Aufgaben untauglichen Völkerelemente nicht so-
viel Lebensspielraum behalten werden als die fähigeren. Uebrigens
mag aber innerhalb der natürlichen Schranken das Niedere fort-
bestehen, soweit es nur nicht im Sinne des Bösen und Menschheit-
ausraubenden schlecht ist. Die Existenzen brauchen nicht von
— 121 —
■gleicher Güte uod können dennoch einer eigenthümÜch geartet
Selbstbefriedigung fällig sein. Ja sogar erscheint es als nützlich.
dass nicht Alles gleich sei. Das Leben hat höhere und niedere
Befriedigungs formen, die man gufheissen muss, wofür schon alle
unschuldigen Thierarten Beispiele sind. Ja auch vom Standpunkt
der Nützlichkeit füreinander sind Unterschiede und Ungleich-
heiten der natürUchen Ausstattung innerhalb gewisser Grenzen
etwas Wesenthches. Unter der entgegen gesetzten Voraussetzung
■würde es nämlich der Functionentheilung an dem jedesmaligen
Zubehör der entsprechenden Wesens beschafienheit fehlen. An
■eine wenn auch nur indirecte Ausrottung des Niedern, blos weil
es niedriger ist, darf in keinem Falle und in keiner Richtung ge-
dacht werden. Ein solcher Gesichtspunkt trifft vielmehr nur bei
-dem bös Lebenswidrigen und speciell bei dem Menschheit-
verletzenden zu. Soweit also beispielsweise asiatische Völker
unschuldige "Wesenstypen und Züge vertreten, mögen sie zwar
ganz von selbst und allmälig einer indirecten Einschränkung
der Bevölkerungsziffer ausgesetzt sein, sobald begabtere Elemente
unter ihnen wohnen; allein innerhalb der sich so steckenden
Grenzen mögen sie sich zu Etwas entwickeln, wozu sie aus und
durch sich selbst nie gelangt wären, ist auch beispielsweise der
Verstand als Anlage nicht übertragbar, so sind es doch die
Verstandesergebnisse, und demgemäss muss unser Verhalten
auch darauf gerichtet sein, die asiatischen Völker von dem
selbstgewobenen Trug zu emancipiren, sowie deren politische
Und sociale Fesseln zu sprengen. Auf auderm Wege kämen wir
nicht emmal zu dauerhafter Sicherung der eignen Freiheit; denn
die Menschheit, soweit sie nicht bösartig ist, muss sich schliess-
lich als solidarisch erkennen. Das Niedere wird zwar nie zum
Höheren und Edlen ; aber innerhalb seiner Schranken ist es einer
^Vervollkommnung fähig, und so meine ich, dass auch auf dem
Boden Asiens die Religion in den Köpfen und in den äussern
Zuständen schliesslich etwas Besserem weichen könne und
müsse.
2. Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als wenn inner-
lich geistig und zum Theil auch äusserlich politisch die Bethä-
tigung der bessern Menschentypen und deren Vorschreiten zu aus-
gedehnterer Herrschaft über die schlechtem nicht als allgemeines
■Grundgesetz zuträfe. Die christliche Aera ist da= Hauptbeispie!
122
einer geistigen Vorschiebung des Asiatismus, und an dem süd-
westlichen und südöstUchen Ende Europas hat die Geschichte-
gezeigt, wie tieferstehende Racen erobernd vordrangen. In Spanien
ist man jedoch, wenn auch erst durch einen langen und zähen,
nicht blos Jahrhunderte, sondern durch den grössten Theil eines-
Jahrtausends fortgeführten Kampf dazu gelangt, die Eindringlinge
wieder los zu werden. Was aber die Herrschaft der Türken in,
Europa betrifft, so werden die einigen Jahrhunderte, die sie ge-
dauert hat, auch ihr Ende erreichen müssen. Derartige Vor—
Schiebungen des Asiatismus, wie sie sich in jenen Eroberungea
durchsetzten, sind Ausnahmen, die selbst wieder auf einer ex—
ceptionellen örtlichen oder zeitweihgen Schwäche der von den
fremden Invasionen betroffenen Völker beruhten. Sie widerlegen
die Regel und das Grundgesetz ebensowenig, als dies etwa durch
das gelungene Einschleichen der Juden in alle Welt geschieht.
Mit den erobernden Vorschiebungen wissen die neuern Völker-
sich schliessUch auseinanderzusetzen, indem sie ihren Boden von
den Eroberern oder von deren herrscherischem Einfluss säubern;
mit der schleicherischen Einstreuung unberechtigter, zugleich-
niederer und bösartiger Elemente in ihr gesellschaftliches Gefüge-
werden sie ebenfalls abzurechnen wissen.
Bedenklicher als in den äussern politischen Schicksalen stellt
sich die Frage nach dem Vordringen des Asiatismus in dea..
geistigen Angelegenheiten; denn die Herrschaft einer wesentlich
orientalischen Religion durch länger als ein Jahrtausend ist eine
weit erheblichere Thatsache als maurische oder türki.sche Reiche^
auf europäischem Boden. Es sieht jene Herrschaft zunächst wie-
ein wirklicher Rückschritt der Menschheit aus und würde es auch-
in der That sein, wenn sie nicht selbst wieder rückgängig ge-
macht würde. Als zeitweihges Zwischenreich hat sie aber nichts-
Anderes zu bedeuten, als dass, wie schon früher auseinander-
gesetzt, edel angelegte, aber unentwickelte Völker in ihrer natür-
lichen Unmündigkeit keine Mittel hatten, jener Ansteckung zu.
widerstehen. Uebrigens ist die christliche Phase, wie ebenfalls-,
bereits dargelegt, auch dadurch verbessert worden, dass sich
Züge des neuern Völkergeistes in die fremde Religionsform über-
trugen und so unter dem Namen des Christenthums auch Etwas-
ausprägten, was nicht asiatischen Ursprungs und Wesens ist.
Wie man aber auch über das christliche Intermezzo der Mensch-"
123
neitsgeschichte denkea möge, so hat mau doch jedeafalls das
Endschicksal desselben in Anschlag zu bringen. Dieses kündet
sich deutlich genug schon in der Gegenwart an und braucht
nicht erst, um erkennbar zu werden, auf seine vollständige Er-
ledigung in der Zukunft zu warten. Die neuern Völker sind schon
seit einiger Zeit einigermaassen aa der Arbeit, jene geistige
Ueberrumpelung ihrer unmündigen Vorfahren Stück für Stück
rückgängig zu machen.
Eine Geisteshaltung, die nicht wieder abgelegt werden,
soodem dauern soU, muss im physiologischen Charakter der
betreffenden Völker begründet sein. Die neuern Völker haben,
wie schon früher gesagt, bis jetzt noch keine nationale Religion.
Sie sind in ihrer unmündigen Kindheit ihrem angestammten
Wesen entzogen und iu einer fremden Religion erzogen worden.
Mit ihrer Grossjährigkeit werden sie über diese Ablenkung ihrer
Natur Rechenschaft fordern und sich frei mit vollem Bewusstsein
in ihrem eignen Wesen ergehen. Dies ergiebt eine neue grosse
Aera der Geschichte. Diese Aera wird aber nicht blos die Be-
deutung einer geistigen und gesellschaftlichen Schöpfimg auf dem
Boden Europas und der neuen Welt haben, sondern sich auch
in einer erweiterten Unterordnung der asiatischen und ähnlichen
Völker unterdie HegemoniederhöherstehendenNationenbekundeo-
Das Politische lässt .sich hier von dem Geistigen nicht trennen; ja
noch mehr, die Ausdehnung jener Hegemonie wird auch in ge-
wissem Maass eine Ersetzung niedriger gearteter BevöIkeruDgen
durch höher geartete mitsichbringen. Man nehme nur nicht an, dass
dieserVorgang mit dervomMitgefühl gebotenen Schonung des Men-
schen durch den Menschen in "Widerspruch zu stehen brauche. Es
wäre ein Abweg, wenn man sich den Hergang der Einschränkung
einer Gruppe von Bevölkerungselementen durch die andere aut
eine schlimmere Weise denken wollte, als wir ihn auch heute
schon vor uns sehen und in der ganzen bisherigen Geschichte
durchgemacht haben. Im Gegentheil wird die neue Aera milder
ausfallen können, weil sie von bessern Trieben und gereifterer
Einsicht geleitet wird. Die vom Eeligionsasiatismus befreiten
Völkercharaktere werden sich auch edler verhalten und von bes-
serer Menschlichkeit mehr bethätigen, als dies zu Zeiten geschehen
tonnte, in denen ihre Anlagen zu bessern Grundsätzen von einer
asiatischen Impfung, nämlich vom Christenthum, verderbt gehalten
124
wurden. Das Mitgefühl mit allem Erapticdeaden und umsomehr
mit allem Menschlichen, mag eine Abart des letzteren auch noch
so tief stehen, ist grade den höheren Species am vollkommensten
eigen. Es erstreckt sich in einem gereiften Zustande sogar auf
die Thiere, führt diesen gegenüber zu einer rationellen Schonung
und Fürsorge, ist aber nicht mit jener asiatischen Abirrung ?,u
verwechseln, die aus ganz andern und niedrigen Gründen gradezu
zu einem Thiercultus geführt hat. Das rechte Gefühl und der
rechte Verstand höherer Völkertypen treffen im Verhalten zu den
Thieren auch jene richtige Art und Weise, die, frei von Ueber-
gefühhgkeit und falscher Empfindsamkeit, den verschiedeoea
Species der animalischen Welt, je nach deren Emplindungs-
fahigkeit und zugehörigen Stellung in der Stufenleiter des Leben-
digen, die angemesseneRücksichtzuTheil werden lässt. Wenigstens
ist dies das Ziel, wohin die freiere Entfaltung der bessern Mensch-
heit strebt. Wie sollte nun Menschen selbst gegenüber nicht eia
entsprechender Standpunkt gefunden werden! Hier ist dieVec-,
wandtschaft eine nähere und die Tragweite des Mitgefühls eine
grössere, als bei Wesen, die noch unter der Gattung Mensch
stehen. Nur rechne man nie darauf, dass dieses bessere Verhalten
ein in spontaner Weise zureichend wechselseitiges werden können
Zwischen dem Niedern und dem Höhern kann es keine vollständig
gleiche Wechselseitigkeit geben; denn hiezu. fehlt dem Niedern
nicht etwa blos das Verständniss, sondern, was entscheidender ist,
der Trieb. Das Thier kann sich, so hoch es auch in der Reihe
von Seinesgleichen stehen mag, nie zu einer vollen Mitempfindung
oder gar zu einem zureichenden Verständniss für das Menschliche
erheben. Seine Mitempfindungen und sein Verständui ss bleiben auf
das Niedere beschrankt, welches ihm vermöge seines thierischea
Charakters eigen ist. Soweit dieses Niedere auch im Menschen
gewissermaassen enthalten ist, besteht allerdings Gemeinsamkeit
und sogar Wechselseitigkeit, aber eben keine voUe, sondern im
Gegentheil eine äusserst beschränkte, die keine der höhern Eigen-
schaften berührt.
Demgemäss hat man sich nicht der Täuschung hinzugeben,
als wenn zwischen den niedern und den höhern Menschenspecies
volle Gegenseitigkeit platzgreifen könnte. Das Niedere wird durch
das Höhere vollständig, dagegen das Höhere durch das Niedere
nur soweit verstanden, als es sich um etwas beiden Gemeinschaft-
125
liches handelt. Dieses Gemeinschaftliche ist das Niedere, wie es
einerseits selbständig als unvollkommenere Species und anderer-
seits als etwas Untergeordnetes auch in der höhern Species
exislirt. Niedrig geartete Menschen verstehen sich auf Alles, was
der Artung ihrer eignen Triebe und Vorstellungen gleicht. Sie
b^eifen aber nicht das Geringste von dem, was über ihre Natur
emporragt. Dagegen werden sie selbst von dem Ueberragenden
vollständig durchschaut. Sie werden von diesem besser begriffen,
als sie sich gegenseitig unter sich verstehen, und dies will viel
sagen; denn in allem Niedern ist der Beschränktheit der Natur
wegen die Pfiffigkeit im untergeordneten Gebiet der jedesmal
fraglichen Species eine grosse. Behält man dieses aUgemeine
Grundverhältniss einer nur partiellen Gegenseitigkeit überall im
Auge, wo es sich um erheblich verschiedene Menschenabarten
handelt, so ergiebt sich eine wichtige, nicht blos politische,
sondern auch geistige Consequenz. Zunächst bestimmt sich hienach
das Verhältniss von Leitung und Unterordnung und wird auch
sofort als zweckmässig erkennbar. Da auf Seiten des Niederen
nicht auf volles Verständniss zu rechnen ist, so muss unter Um-
ständen die Macht, die im Höhern liegt, die Unempfänglichkeit
für Gründe ersetzen, soweit ein solcher Mangel auf Seiten des
Niederen besieht. Gesellung, Gesellschaftsbildung und Slaats-
einrichtung auf völlig gleichem Fiiss ist hier nicht möglich, weil
es an der Unterlage wirkhcher Gleichheit fehlt. Dennoch muss
aber, soweit die gemeinsame Natur es mitsichbringf, gleiche Frei-
heit entwickelt werden. Diese darf aber das Gebiet eines all-
gemeinen Rechts nicht überschreiten, und dieses allgemeine Recht
darf sich wiederum nur auf diejenigen Angelegenheiten beziehen,
in denen ausschliesslich das niedrig Gemeinsame der menschlichen
Natur maassgebend ist. Schutz gegen Mord und Diebstahl sowie
überhaupt gegen Verletzungen der persönhchen und sachlichen
Integrität können etwas Allgemeines sein und müssen es im Lauf
der Geschichte durchgängig werden.
Dagegen ist die positive Theilnahme an der Leitung der
Öffentlichen Angelegenheiten Nichts, was für sehr unterschiedene
Bevölkerungselem ente in gleichheitlicherOemeinsamkeit bestehen
dürfte. Eine niedere Species kann nun einmal nicht mit einer
hohem auf gleichem Fuss eine erträgliche Gemeinschaft bilden,
Kommt es regelwidrig einmal zu einer solchen, so muss Herab-
J
— 126 —
■Würdigung des Ganzen die gelindeste Folge sein. EineRedudrung
des Gemeinwesens auf den Fuss der niederen Species wird das
Ergebniss, wenn diese sich, gleichheitlich breitmachen kann;
■denn die dem thierischen näherliegende Verhaltungsart schreitet
über alles Bessere hinweg, und wenn die betreffende Species
auch nicht in der Mehrzahl wäre, was sie doch gemeiniglich
sein wird, so würde sie mindestens als ein degradirendes Element
wirken und alle edlere Sitte beeinträchtigen. Im Hinblick auf
Asien sind es aber grade die breiten Massen, die als überwiegende
Mehrzahl in Frage kommen werden. In der Welt der neuern
Völker ist es allerdings eine Minderzahl, die Judäer, die das
Beispiel von dem unheilvollen Einfluss einer zwischen dem Un-
gleichen übel angebrachten Gleichheithchkeit liefern, Aller-
xnindesteas muss eine indirecte Einschränkung des Niedern sich
politisch von selbst machen, wenn auf rechtlich formelle Schranken-
ziehung verzichtet werden soll. Bei gutem Willen niederer
^Elemente würde allerdings völlig gleichheitliches Recht nicht zur
Jactisch gleichheithchenTheiloahme an den politischen Functionen
führen, und nur die Charakterbüsartigkeit rechtfertigt demgemäss
die äusserliche und formelle Einschränkung. Soweit aber das
Bösartige verschwinden kann, eröffnet sich trotz aller natürlichen
Unterschiede die Aussicht auf universelle Gleichheithchkeit aller
Rechte, also auf ein wirklich allgemeines, des Namens würdiges
Menschhei tsrecht. Wie dagegen das Bösartige im Hebräercharakter
ausgeschieden werden solle, ist so wenig abzusehen, als etwa
die Umwandlung eines Raubthiertypus in ein unschuldiges Thier-
gebilde. Mit andern orientahschen oder sonst niedern Nationa-
litäten braucht es aber nicht dieselbe Bewandtniss zu haben, da
hier nicht vorzugsweise die Bösartigkeit sondern nur die mindere
Vollkommenheit der Anlage in Erage kommt.
Alle Uebelstände und Gefahren, die sich in äusserücber und
politischer Beziehung aus einer Kopfstellung des natürlichen
Grund Verhältnisses der physiologisch höheren zur physiologisch
niederen, bisweilen auch moralisch verwerflichen Menscheaspecies
-ergeben, haben ihr Seitenstück im Geistigen; denn letzteres ist
-Stets etwas naturwüchsig an den Typus Geknüpftes. Man wird
nie geistige Schöpfungen begreifen, wenn man ihren Ursprung
und den Grund ihrer Artung anderwärts sucht, als in derNatur-
iieschaffenheit des Lebendigen, von dem sie ausgehen. Dort
127
iabea sie ihr Gesetz, mngea sie quo das Niedrigste oder das
Höchste, also den gemeinen Ausdruck der Triebe in Gewohct-
fieiten oder die Bekundung der erhabensteo Gefühle und Ge-
danken betreffen.
3. Was vorher von der Unmöglichkeit voller Wechselseiti g-
keit zwischen dem Asiatismus und dem neuern Völkerweseo ge-
sagt wurde, gilt auch von der Religion und ihrem Ersatz. Wenn
die neuem Völker ihren eignen Kreis freier Vorstellungen über
alles Sein, über Natur und Leben zum Ausdruck gebracht haben
werden, so wird die Religion nur noch für die niedera Racen
eine, freilich nur vorläufige, Bedeutung behahen. Für jene
nämlich ist sie etwas vom angestammten Racenwesen und behält
diese Bedeutung, auch wenn sie inn Laufe der Geschichte durch
Erfahrung und Verstand von vielerlei Vorstellungen gesäubert
wird. Sie behält sie sogar selbst unter der Voraussetzung, dass
von Seiten der Anschauungen höherer Völkertypen nachdrück-
liche Kritik geübt und die Niedrigkeiten oder Unwahrheiten an
ihr biosgestellt werden. Die Religion enthält einen Theil des
"Volksgeistes beurkundet und ist auf diese Weise gleichsam ein
Jlacen spie gel, in welchem man die Züge des Speciescharakters
wiederfindet. Die fraglichen Menschentypen können ihr eignes
Wesen nirgend, also auch da nicht ablegen, wo es den Zügen
-der zugehörigen Religion gleicht. Nähme man also auch ausser-
lieh die Religion mit allen ihren falschen Vorstellungen hinweg,
so bliebe doch innerlich im betreffenden Menschentypus ein Kern
<ierselben zurück. Dieser Kern besteht in den Naturtrieben,
^Neigungen und natürlichen Gesetzmässigkeiten des Thuns, Füblens
und Denkens, die sich in die religiösen Gesammtvnrstellungen
übertragen haben. Mit dem Geschöpf, der Religion, würde hier
noch nicht die Schöpferin, die bezügliche Menschennatur, ver-
schwinden. So lange also jene Racen noch dauern, werden sie
auch an denjenigen Zügen ihrer Religion festhalten, in denen sich
ihr Wesen einst einen ersten geistigen Ausdruck gegeben hat.
Ja selbst, wenn man voraussetzte, dass die betreffenden
niedrigeren Racen durch irgend welche Umstände veranlasst
■würden, ihre Religion aus ihrem Bewusstsein entfernen zu wollen,
so würde dennoch von ihr etwas Unveräusserliches zurückbleiben.
Die blosse Racennatur, auch wenn sie sich ihrer überlieferten
Religion nicht mehr bewusst wäre, würde genügen, um aus sich
— 128 —
selbst alles das zu betliätigen, was in der ererbtea Religion mit
dem Racenwesen naturwüchsig zusammentraf. Ein Meosch voa
einer bestimmten Species, der von Kindheit auf seiner Religiork
entzogen wird und der von derselben nie etwas erfährt, wird
trotzdem die Eigenschaften der zu seiner Natur gehörigen an-
gestammtenDenk-undGefühlsweise entwickeln. Die Aenderuogen,
welche darin durch Erziehung und Umgebung hervorgebracht
■werden mögen, werden das Wesentliche nicht berühren. Hienach
hat man sich überhaupt mit dem Gedanken vertraut zu machen,
dass gleich der Speciesnatur auch die dazu gehörige geistige-
Anschauungsweise während des Racenlebens nicht weicht.
Die letztere kann nur mit der ersteren zugleich, also durch den
Speciestod, verschwinden. Hat man dies einmal eingesehen, so-
wird man nicht falsche Forderungen stellen und sich über die
Herrschaft eines vollkommeneren Ersatzmittels derKeligion keinen
Täuschungen hingeben. Verstandesaufklärung kann sehr weit
reichen und in alle Art von Religion eindringen. Es ist überall
eine Säuberung vom eigentlichen Aberglauben denkbar. Auch
können höhere und edlere Grundsätze als äusserliche Vorschriften,
in Umlauf kommen und sogar von den Einzelnen freiwiUig als.
verbindlich hingenommen werden. Erziehung und Unterricht,
ja auch die Gesetzgebung und das öffentliche Leben könnea.
solche bessern Grundsätze als Richtschnur anerkennen. Mit alle-
dem bleibt aber der Kern, nämlich die wirkliche Neigung der
Naturen, unerreicht. Die betreffenden Menschentypen verhalten
sich, soweit nicht ein äusserer Umstand ihnen etwas Anderes-
aufnöthigt, unwillkürlich nach den Gesetzen ihrer Racennatur.
Hieran kann keine fremde Macht und können sie selbst inner-
lich nichts andern. Was man Bekämpfen der eignen Natur nennt,
mag freilich auch in dieser Beziehung vorkommen. So Etwas.
bleibt aber immer etwas sehr Eingeschränktes und kann über-
dies nicht zur Regel werden. Eine Menschenspecies kann von.
der geistigen Eigenart ihres Wesens ebensowenig, wie von ihrer
übrigen Natur, losgemacht werden. Sie kann es nicht durch
Andere und sie kann es nicht durch sich selbst Ihr eigner
Wille kann die Neigungen, die ihm seinen Inhalt geben, nicht
wegschaffen. Dieser Wille mit seiner Speciesnatur muss sich
unvermeidlich selbst wollen. Die Vorstellung, es könnte anders-
sein, ist eine Selbsttäuschung. Wer draussen steht und unbefangea
das Treiben und die Sinnesart too verscbteduien Mens^ienspecies
1:>eobachtel, wird sich freilich aber die natürliche Gesetzmässigkeit
«3er betreSTeoden Voi^änge nicht so leicht tauschen. Dennoch
gehört es aber nicht zu den allgemein gewürdigten "Wahrheilen,
'«dass auch in Sachen des Kernes einer wirklich angestammten.
also nicht blos von den \"ölkem angenommenen und ihnen blos
anerzogenen Religion eine Aenderung der entsprechenden An-
' schauungsweise grade so wenig ausführbar ist, als eine weseot-
I liehe Aendenmg der Völkematur selbst.
Werden bessere geistige Principien in Volker niederer Race
hiaeingetragen, so werden sie unvermeidlich zu deren Niveau
herabgezogen. Was daher auch die modernen Völker aus sich
entwickeln mögen, so wird es für die Asiaten immer zu hoch
Und zu edel sem. Wenn niedere Racen von den höheren sich
etwas Geistiges aneignen, so wird es mit derjenigen Einschränkung
Und Veränderung zum Schlechteren geschehen, die aus der be-
schränkteren Racennatur folgt. Selbst bei einer politischen Herr-
scbaft der hohem Racen über die niedem kaon der Sachverhalt
Icein anderer sein. Auch in diesem Falle bliebe Denk- und
Gefühlsweise in Rücksicht auf den Kern der Religion bestehen,
sogar wenn die Religion äusserÜch abgeschafft wäre. Im Haupt-
punkt gewiimt man daher den niedem Racen gegenüber Wenig,
"wenn man sie geistig cultivirt. Von den Schranken der Natur
kann man sie nicht befreien, wenigstens nicht da, wo die bös-
artigen Elemente im Spiele sind. Wo dagegen guter Wille in
der Anlage enthalten ist und nur specifische Wesensbeschränkt-
heit der Aufnahme des Hohem entgegensteht, da mag der Bann,
in welchem asiatische Völker geistig befangen sind, bis zu dem
Punkte gebrochen werden, dass alles Religionistische im Sinne
des Aberglaubens wirklich nur eine vorläufige Bedeutung behält.
Die übrigbleibenden Neigungen mögen schliesslich doch, ähnlich
wie in den hohem Racen, nicht mehr die Phantasie derartig
beherrschen, dass der Rest noch Religion heissen könnte. Die
Empfänglichkeit für das Höhere bleibt allerdings beschränkt;
aber eigenthche Unwahrheit braucht darum nicht in alle Zeit hinein
herrschend zu bleiben, selbstverständlich immer wieder nur unter
der Voraussetzung, dass die betreffende Vöikeranlage zwar niedrig,
aber nicht von radical und unentwurzelbar üblem Willen er-
föUt ist.
iEE. Ersi
■-, Rdjgio»
Jenes Naturgesetz, vermöge dessea die beschränkte Species-
eigenschaft auch im Geistigen nicht aus sich selbst herauskann,
hat gliickhcherweise ein günstiges Gegenstuck auf der edleren
Seite. Die geistigen Anlagea und Neigungen der hohem Racea-
natur erhalten sich nämlich ebenfalls, auch wenn sie ia das
Medium einer niedem Racenreligion gerathen. Dies ist, wie schon
mehrfach erläutert, der Fall der neuern Völker und insbesondere
der Deutschen. Diese sind in ihrer ersten Uaerfahtenheit der
Religion einer niedem Nationalität, und überdies einer von bös-
artigen Zügen, aaheimgefidlen und haben diese niedere Racen-
religion, so gut es gehen wollte, im Laufe der Entwicklung zum
Niveau des bessern Völkergeistes emporgehoben. Nun ist aber
das Herunterbringen des Höheren leichter als das Heraufschaffen
des Niederen. Tieferstehende Racen werden weit leichter das
edler Geistige zu ihrer Gemeinheit degradiren, als umgekehrt sich
höherstehende Racen vor einer Herabwürdigung dadurch be-
wahren, dass sie das Schlechte aus ihrem eignen Fonds ver-
bessern. Das Fallen des geistigen Niveaus kann durch blosse
Unachtsamkeit erfolgen, währe ad zur Erhaltung oder zur Erhöhung
desselben besondere Kraitan Wendung erforderlich ist. Wirken nun
fortwährend degradirende Einflüsse, so hat die bessere Natur.
um Widerstaiid zu leisten, auch fortdauernd Kräfte zu entwickeln.
Dies geschieht nun in derThat; aber es geUngf zunächst nicht
vollkommen. Ein Misch- und Mi;;szustand ist die vorläufige
Folge, und erst die Wiederbesinnimg auf alle eignen Anlagen
und Kräfte führt schliesslich zur Ausscheidung des Niedrigen und
zur reinen Entwicklung der eignen Fähigkeiten zum Voll-
kommeneren, In der Mecschennatur ist, wie überall, der Weg ab-
wärts leichter als der aufwärts. Die Verderbniss des Guten durch
die Beimischung des Schlechten ist ein gewöhnlicher Vorgang,
während der entgegengesetzte kaum als vorhanden anzusehen
ist. DasGesunde kann durch das Kranke leicht angesteckt werden,
aber nicht umgekehrt dag Kranke von dem Gesunden her etwa
eine Uebertragung der Gesundheit erfahren.
Aehnlich, wenn auch nicht gleich, ist der Sachverhalt in
andern Beziehungen. Im Morahschen hat das Sinken auch stets
mehr Chancen als das Steigen. Wenn also bessere Völker in
ihrer Kindheit einmal geistig inficirt worden sind, so kann sich
trotz des AnsteckungsstoSs ihre bessere Natur geltend gemacht
— 131 —
Itabea; ; abjer . jedpafalls bleibt -biß zum Erfglg eiAer radicalen
-Jteinigungscur eine Verunstaltung, zurück. In dem hier fraglichen
IFalle, in welchem ?ine niedere Racenreligion Völker höheren
Scl\lages upafing^mussten die Wur:?eln der bessern Natur unberührt
bleiben imd konnte nur die Oberfläche de§ Geistes betroffen
werden^ Dennoch haben wir auch an diesem verhältnissmässig
nicht tief eingedrungenen Schaden genug zu leiden gehabt. So-
bald, aber, ein deutliches Bewusstsein von dieseni schmachvollen
Zustande der Erniedrigung eintritt, wird dieser äusserlich noch
drückender, und es bleibt dcQ Völkern nur der Trost, dass sie
auch zugleich ihrer Kräfte zur Aufraffung innewerden. Für die
Nachkommen eröffnet sich dazu noch die Aussicht, dass der
moderne -Yölkergeist sein eignes Wesen rein und vollkommen
beurkunde und sich, wenn man es so nennen will, als ne^e
Religion oder, wie ich es lieber bezeichne, als neue Geistes-
haltung an die Stelle der niedera. Racenreligion setze»
4. Der Ursprung des Vollkommeneren ist in den neuern
•Völkern und ihrer bessern Racennatur gelegen. Die Artung dieses
Vollkommeneren, welches als Geistesführung den Ersatz -der
Religion zu bilden hat, ergiebt sich aus der edleren Speciesnatur
der in Frage kommenden Nationen. An erster Stelle ist ein
. Grundzug zu kennzeichnen, durch welchen sich das neuere und
bessere Völkerwesen schon in seiner Uranlage von den asiatischen
- Bevölkerungen unterscheidet. Es ist dies die Fähigkeit zur Frei-
heit und ^war zur Freiheit in allen Beziehungen. Der entgegen-
gesetzte Zug, also die racenmässige Anlage zur Unfreiheit, hat
sich in den asiatischen Reichen nicht blos durch despotische Staats-
und Gesellschaftsordnungen verkörpert, sondern bei allen jenen
niedern Racen auch in den Religionsvorstellungen gespiegelt. Die
Vorstellung von einem Gott ist auf diese Weise die von einem
Herrn. Der niedrige Mensch dieser Racen fühlt sich als Knecht
„eines Gottes. Er kennt zu Seinesgleichen kein anderes Verhält-
niss als das des Knechtens oder Geknechtetwerdens. Er ist ein
zügelloser politischer Sklaventreiber und Sklavenausbeuter oder
selbst ein Sklave, dessen eigne Natur es ist, sich treten zu lassen
und der Willkür eines gemeinen Despoten zu dienen. Beiderlei
Rollen haben im Wesentlichen dieselbe tiefstehende Species-
natur zur Ursache. Nach dem Bilde dieser Rollen wird nun
auch das Verhältniss zu der Macht ausgelegt, die sich die frag-
9*
— 132 —
Ihc&cni Kaccn als in oder hinter der Natm* sow5e als in oder über
(jfieum Mes&schenschicksal wirksam denken. Der Gott oder die
((jQCflcr steben so dem Menschen g^ichwie p^^ülische De^ioten
gtgesLmbcr, und er, der Mensch dieser niedrigen Race, benimmt
ädh anch in allen seinen transcendenlen Voistellnngcn als der
mrtmrhani^ Goües- oder Gotteiknecht. Das Götter- cxicr Gottes-
rcidi über den Menschen dieser niedrigen Racen ist an Abbild
der poüdschen mid geseiBschaftlichen Zosände, die sie unter seh
fonniren.
Man hat Unrecht, wenn man in der Erkllänmg der Geistes-
und Rdigionszuslande den Haiaplton anf den ^berwahi^enden
Charakter der Naturemdrücke legt. Allefdiiigs hat die Xatnr-
mngebmig und haben die Xaturrorgange^ die ataf jene Völker
wiiken, oft etwas Riesenhaftes, ja etwas UngdlieneidiQhes, dem-
gegGiüber sich der^Mensch ziinachst machtlos imd heial^edrüc^
fuhh. Die Natur in den fir^lichen Erdstrichen hat nicht die
Massigung und das Ebenmaass der Kümafe und Zonen, in denen
die höher angelegten Volker die erfolgreichsten Schanplalze ihrer
Thätigkeit gefanden haben. Deiarl^ Umstände sind aber, so
sehr sie auch in zweiter Linie ins Gewicht fallen, nicht entscheidend.
Die nach ^^**m ungünstigeren Xaturschauplafts v e i s eti te besere
Race wird dort nicht vor der Xatur eibd>en und ihren ange*
stammtoi Freiheitssinn nicht mii knechtischer Unterwürfigkeit Ter-
tauschen. Sie wurde auch von vornherein, wenn sie sich in einer
solchen Xatur eist hätte entwickehi müssen, durch die Süd^e der
Eindrücke nicht dazu gebracht woiden sein, sich zu emiedrigen
und die vorausgesetrien unbekannten Mächte nach don Ebenbilde
der Despoien auszumalen. Zur ^Wiikung eines Eindrucks gehört
eben Zweierlei der äusseie Voigang, der in die Snne fiDt, und
die Rückwiikung darauf, die aus dem Gemüth und Veisiand des
Menschen kommt. Der Feigläng und Sklave res^irt anders, als
der Muihige und Freäe. Wer nun vermöge seiner innem ^»ecies*
namr feig und knechtisch isi. wird dies auch allen äussern Vor-
^[än'grn izesenüber sein
Es heis?: die Tragweiie der Racenna;ur verkennen, wenn
Z121ZSL aus Kjünsia und Boden für die Unterschiede der menschlichen
FEnrichrungen und Gedanken zureichende Erklärungen sucht.
.\cTmsscffe UnLgebuiLg und Gesammtnamr erklären Videdei, ver-
mHo^en aber eich: über die innere Beschaffenheit, also über die
iondernatur eines Wesens vollständigen Aufschluss zu geben.
'Vielerlei Gebilde bestehen uoter einem und demselben Himmels-
strich, und es könoen schon aus dieaem Gruade nicht die all-
^gemeinen Ursachen des Himmelsstrichs sein, durch welche eine
lesondere Species entsteht. Man höre doch endlich auf, aus dem
Allgemeinen das Besondere ohne Specificalionsprincipien erklären
zu wollen. In der That heisst es aber, die Specialisirung aus Nichts
ableiten, wenn man sie ausschliessüch auf Rechnung allgemeiner
Ursachen setzt, durch die offenbar wiederum etwas gleicherweise
Allgemeines und Uebereinstimmendes, aber kein Unterschied pro-
ducirt wird. Ein derartiges Verfahren ist beispielsweise der Fehler
des sonst so hochstehenden CivihsationshistorikersBuckle gewesen.
Ueberall bedarf man specihscber Principien, umSpeciesthatsachen
Zu erklären. Die Geschichtsschreiber des Menschengeschlechts
werden nichts Gründliches vorbringen, so lange sie ihre Auf-
merksamkeit nicht in jeder Beziehung auf die Specilicationen
der Menschennatur, also auf Racen, Nationalitäten, Stämme und
Ceschlechter bis zu den markirten Individuen hin coacentriren.
Ein Individualcharakter ist in seinem Unterschiede von aljeu
andern Formen eine besondere Schupfung, die unter Umständen
grosse Folgen haben kann. Will man also nicht in unbestimmten
Allgemeinheiten verbleiben, so muss man die bis in das Einzelne
gehende Verschiedenheit der Menschen in Anschlag bringen. Die
Rechnung mit dem blossen Allgemeinen führt auch nur zu All-
gemeinheiten, die ihrem Wesen nach in einem, weil gemein-
schafdichen, darum auch niedrigen Gebiet verbleiben. Was Thier
und Mensch gemeinschaflHch ist, kann nicht hoch emporreichen.
Gemeinschaftlich sind aber beispielsweise die allgemeinen Ein-
flüsse der umgebenden Gesammtnatur. In derselben Natur-
umgebung giebt es muthige und feige Thiergebilde. Wie sollte
man die unterschiedenen Charaktere der Menschenarten in ihrer
wesentlichen Grundanlage aus einem Schauplatz erklären, der
den verschiedensten Thier- und Menschenspecies gemeinsam ist!
Der freie Sinn ist wohl ein Naturerzeugniss, aber nicht eines,
welches von der umgebenden Natur herzuleiten wäre. Er erzeugt
sich nicht als Wirkung dieser Natur, sondern bekundet sich als
Rückwirkung gegen sie. Der Mensch besserer Race stellt sich
der Natur aufrecht gegenüber. Er wirft sich vor ihr nicht in
den Staub. Die einzelnen Vorgänge wie das Ganze der Natur
134
sind ihm ißicht Etwas, worunter er sieb zu beugen hälfe. Soweit
er die Kraft findet, sie zu beherrschen, übt er diese Kraft auch
ohne Scheu aus. Ebensowenig scheut er in seinen Gedanken das
Ganze uiid dessen Grund. Er fühlt sich vieiraehr dem Grand der
Dinge gegenüber ebenfalls selbständig. DasA'erhältnisä, in welchem
er sich etwa zu einem Gott oder zu Göttern denkt, ist das eines
freien Wesens zu andern freien Wesen. Dieser Grundzug ist schott
in den Mythologien der Griechen und Romer einige rmaassen ver-
treten, wird aber erst vollends in denen neuerer Völker sichtbar.
Sobald aber die Götterdichtimg selbst dahinschwindet, lässt-sich
genau dasselbe von allen ^'orstelllUlgen sagen, die an die Stelle
jener unerfahrenen göttischen Phantasiespiele treten. Allem Sein,
also auch dem gegenüber, welches als unabhängig von der that-
sächlichen Gestaltung der Natur vor dieser gedacht werden muss,
fühlt sich der besser angelegte Mensch als freies Wesen, welches
nichts fürchtet, nichts erbettelt uad in nichts sich erniedrigt;
Dieser freie Sinn in der Religion ist etwas Anderes als der
gewöhnliche religiöse Freisinn, der meist recht oberflächlich bleibt
und obenein entartet. Dieser sogenannte Freisinn will nur ver-
schiedene Religionen toleriren und Jedermann in seiner Manier
gewähren lassen. Ob es eine knechtische oder knechtende Religion
ist, die er tolerirt, danach fragt er nicht. Der wirklich freie Sion '
dagegen schützt nur das Freigeartete und sieht daher darauf, ob '
in einer Rehgion zwischen Göttern und Menschen freie und
anständig, edle Beziehungen vorgestellt werden. Von dieser Art i
konnten auch die unerfahrenen Religions- und Mythe nschöpfungen
edlerer Racen sein; denn auch in den Träumen und Phantasie-
Spielen zeigt sich, trotz aller bezüglich des Verstandes und Wis.sens !
obwaltenden Illusionen, doch der bessere Racen- und National- j
Charakter. Denkt man sich nun aber die Täuschungen der i
Unerfahren heit beseitigt, so wird sich die freie Gesinnung in den
reinsten Welt- und Seinsbegrifien bethätigen müssen, und so ent-
steht einer der Grundzüge des Vollkommeneren. Die neuern '
Völker und insbesondere die Deutschen haben diesen freien Sinn ■
in ihrer Nafuranlage, wie sich dies auch in ihren urspi-ünghchen
politischen und gesellschaftlichen Einrichtungen genugsam gezeigt
hat. Wenn sie später von nicht geringer politischer Unfreiheit I
umgarnt wurden, so war dies eine Ansteckung vom verwesten
Römerreich her. Der religiösen Infection durch das palästinensische
I3r, —
^^hristenthum hatte eine politische vorgearbeitet, und beidewirW
zMiachher zusammen. Das Romerreich war in bunter Racen- und
~~\rilkermischung, besonders aber durch den Asiatismus, den es in
sein Gefüge aufnahm, verkommen. Hatten doch auch sclion die
Griechen seit den Zeiten Alexanders durch die Einlassung mit
den Asiaten ihre gesunkene Freiheit vollends ruinirt, und hatten
sie es doch über sich ergeben lassen müssen, durch ihre neu-
modischen Machthaber gelegentlich in der poHtischen Behandlung
bis selbst auf das asiatische. Niveau hinabgedrückt zu werden!
Das Römerreich nahm die griechische Viilkerleiche in sich
auf und beförderte auch hiedurch den Fortgang der bereits ein-
geleiteten Verderbniss der eignen Volkselemente. Die ärgste
Wüstheit begann aber erst mit dem Eindringen von allerlei
asiatischer oder überhaupt orientalischer Bevölkerung. Daher
kam eine Menge knechtischer Menschen von niederer Race, die
den Machthabern und später besonders den Kaisem auf echt
asiatische Weise zu Willen waren. Die niedrigsten Creaturen
mussten in der Concurrenz um die für die niederträchtigsten
Dienste zu ergatternden Preise natürlich obenauf kommen; denn
die noch einigermaassen bessern Elemente geben sich zu solchem
Aeussersten nicht her. Sinkt eine Civilisation, so ist es immer
die Auslese an Niedrigkeit und Gemeinheit, die bei dem weitem
Sinkenmachen die erste und angesehenste Rolle spielt. Man
denke auch in dieser Beziehung an die Kaiserwirthschaft im
Kömerreich und an Alles, was ihr im Grossen und im Kleinen, im
Staats- und im Privatleben an allgemeiner und speciellerVerderbniss
undGesindelhaftigkeit entsprach. Nicht blos das asiatische Niveau,
sondern auch die asiatische Menschenart selbst konnte unter
solchen Zuständen maassgebend werden. Die Judenrace hatte
sich in Rom selbst bereits zu Zeiten der RepubUk festgesetzt
und übel eingewirkt; aber die Zeiten der vollen Ernte kamen
erst unter den Kaisern, als auch allerlei andere asiatische Be-
völkerung sich an den Hauptsitzen der Römerherrschaft breit-
machte. Nationen sinken auch politisch am meisten erst dann,
wenn sie mit niedrigeren Racea gleichgestellt werden. Nicht
sowohl die letzteren werden heraufgezogen, als vielmehr die
ersteren hinabgedrückt. Diese politische und gesellschaftliche
Degradirung vererbt sich darm auf Alles, was von der fraglichen
verderbten Civilisation afficirt wird. So kam es auch, dass die
136
neuem Volker und speciell die Deutschen mit den sonstigen
römischen Ueberlieferungen auch nicht Wenig vom asiatischen
Knechlssinn bei sich beherbergten. Zu diesen asiatischen Ueber-
lieferungen gehörte ausser den pohtischen Ideen von einem
römischen Reich deutscher Nation auch das Christenthum und
zwar ebenfalls im Sinne eines Weltreichs. Die durch und durch
asiatische Natur der Christigkeit half den freien Geist der Germanen
an eine Knechtsgestalt der Ideen und Einrichtungen gewöhnen.
Alles Verkehrte und Widerliche am Mittelalter stammte aus diesen
Ueberlieferungen, während das Gute daran dem neuem Völker-
geist zu verdanken war. Die Schmach, sich trotz angestanuuter
freier Natur in knechtischen Religio ns Vorstellungen ergehen zu
müssen, wurde nur noch von dem Unheil übertroffen, welches
in den nach den priesterherrscherlichen Ideen verdorbenen
poiitischen Einrichtungen lag.
Wie kläglich hat sich nicht der Mensch zu geberden, wenn
er sich nach Maassgabe der niedern asiatischen Racenreliglon ver-
halten will ! Da muss er sich zu einem Wurm machen, der sich
vor seinem Herrgott krümmt, und mit aller Gewalt ein Sünder
sein, auch wenn er etwas taugt und ihm alle Schuld ferngeblieben
ist. Auf diese Weise kommt es fast so heraus, als wenn es sich
um eine Religion für erzschlechte Wesen handelte, und in der
That wissen wir ja auch, dass es das verderbte Judenthum gewesen
ist, für welches und gegen welches eine Religion gemacht wurde,
die es von sich selbst erlösen sollte. Was noch ausser dem
jüdischen an anderm asiatischen Knechtssinn in den Gmndlehren
der Religion vorwaltete, ist den neuern Völkern gegenüber durch-
aus antinational. Es untergräbt nicht blos die äussere Freiheit,
sondern lähmt auch den innern Zug des Geistes nach der ange-
stammten Selbständigkeit der Ideen. Wie soll ein Mensch besserer
Nationalität zu einer würdigen Vorstellung von seinem Verhältniss
zu einem Grunde aller Dinge kommen, so Jange er in jene unter-
würfigen Gewohnheiten des niedemRacenglaubens gebannt bleibt !
Freilich hat er im Grunde aller Dinge Etwas anzuerkennen, was
über menschliche Individualität hinausreicht und der gemeinsame
Halt für viele, zum Theil sicheriich über dem Menschen stehende
Gebilde anderer Weltkörper ist. Hieraus folgt aber keine Unter-
würfigkeit und kein religiöses Sklaventhum. Die menschliche
Wahrheit ist eben Wahrheit, so begrenzt sie auch sein möge,
137
,od das menscWiche Streben steht für sich selbst frei da, so wenig
uch etwa in ihm alles Streben enthalten ist. Die Welt des
Xlenschen ist eine freie für sich und hat nur sich selbst Rechen-
schaft zu geben. Auch wenn der Mensch an den tiefsten Grund
Stiles Seins und seines eignen Schicksals, also gleichsam an die
"Wurzel aller Dinge denkt, so thut er dies, wenn er selbst von
freiem und edlem Charakter ist, nur mit dem Bewusstsein vollster
Selbständigkeit. Er sieht sich nicht einmal als Geschöpf an; denn
<1as hiesse schon, sich zur Creatur erniedrigen. Er weiss vielmehr,
<3ass er aus dem Grunde der Dinge aufgestiegen ist und sich,
soAveit es sich um das eigne Leben und Schicksal handelt, als
■gleich souverän betrachten kann. Er ist vermöge seines eignen
•Genius da; d.h. die schaffende Macht, wenn man von einer solchen
im absoluten Sinne überhaupt reden will, ist er selbst. In keinem
Falle bequemt er sich zur Creaturenhaftigkeit ; denn sein tieferes
Bewusstsein verbindet ihn mit seinem eignen Grunde im Grunde
alles Seins, So fühlt er sich ebenbürtig mit dem Besten, was in
diesem allgemeinen Grunde angelegt war.
5. Das Grundverhältniss zu allem Sein stellt sich für den
bessern Menschen naturgemäss anders als für den schlechteren.
Wer höher steht und edler ist, kann nur das achten, was eben-
falls dem Zuge zum Bessern entspricht. Sein und Welt sind daher
kein unterschiedslos anzuerkennender Gegenstand, Nur insofern
im Grunde aller Dinge Gutes als begründet zu erkennen ist, kann
dieser letzte Grund und Halt von Allem durch den bessern
Menschen mit Befriedigung und Vertrauen betrachtet werden.
Andernfalls stände der bessere Mensch mit seinem Charakter höher
■und köimte Begriffe fassen, die edler wären, als was im Gesammt-
gnmde alles Seins angelegt ist. Hierin l%e aber ein Widerspruch ;
^enn eben das höhere menschliche Streben, welches sich über die
Schlechtigkeit empört, ist selbst aus jenem Grunde aufgestiegen
und in ihm ursprüngUch angelegt gewesen. Der edlere Charakter
bleibt thatsächUch immer eine Instanz, die inmitten vielfacher Ver-
derbniss für das Dasein des Guten zeugt. Wer selber gut ist.
kann daher auch den Glauben an das Gute nie gänzlich und auf
die Dauer einbüssen. Er wird doch mindestens in sich selbst ein
Beispiel dafür zur Hand haben, dass nicht Alles schlecht ist. Nun
wäre es ein sonderbar widerspruchsvoller Gedanke, derartige Bei-
spiele des Guten gelten zu lassen und im Grunde alles Seins einen
138
Zug fcum Guten zu bestreiten. Wäre dieser Zug nicht vorhanden
gewesen, wie hätte dann das thatsächlich Gute zum Dasein
gelangea können? Es gehört also schon Verzweiflung am Guten
im eignen Selbst dazu, um es im Grunde alles Seins nicht zu
finden. Wirklich ist es auch nur der schlechte Zug in den Naturen^
der zu einem absoluten Pessimismus hinneigt. Vollends tiadet der
durch und durch schlechte Charakter in sich selbst nirgend ein
Zeichen vom Dasein des Guten, und Andere, sowie auch den
Inbegriff der Dinge und des Seins stellt er sich unwillkürlich nach
seinem schlechten Ebenbilde vor. Er hat kein anderes Maass und
keine andern Begriffe, als die aus seiner eignen schlechten Natur
entnommenen. Alles Uebrige kennt er nur von aussen und hat
keine rechte Sicherheit dafür, ob das Bessere innerlich und im
tiefsten Grunde von Menschen und Sein wirklich existire. In sich
selbst findet er eine unmittelbare Bürgschaft nur für das Schlechte,
und nach den Rubriken dieses innerlich Schlechten spiegelt sich
in ihm Welt und Leben. Das Schlechte ist nun seiner Natur nach
immer im haltlosen Widerstreit seiner eignen Bestandtheile be-
griffen. Demgemäss wird Sein und Welt unwillkürlich ebenfalls
als ein solcher haltloser Widerstreit vorgestellt. Ebenmaass und
Uebereinstimmung sind Früchte des Guten, und ein Typus oder
Charakter, der vermöge seiner Schlechtigkeit einem Zerrspiegel
gleicht, ist eben nicht danach geartet, im Grunde des Seins und
im Ganzen der Dinge das Edle und Wohithätige herauszufinden;
Der schlechte Typus wird nach Maassgabe seiner Eigenart auch
den Charakter im Grunde alles Seins entstellen und degradiren.
Was vom besondem Individualcharakter gesagt wurde, gilt
selbstverständlich auch vom Racencharakter. Wie jener, wenn er
schlecht ist, auch von Allem und vom Grunde der Dinge eine
entsprechend schlechte Vorstellui^ producirt, so gehen auch aus
dem schlechlen Racencharakter nur entsprechende Religionen her-
vor. An einer das Gemüth befriedigenden Auffassung der Dinge
muss es in solchen Religionen fehlen. In ihnen muss das Sein
und sein letzter Grund herabgewürdigt werden: denn dies Alles
wird nach dem Bilde des Racencharakters vorgestellt. Der Gott
oder die Götter solcher Religionen sind Ebenbilder des fraglichen
Racenmenschen. Das Naturell des letzteren wird zu göttiscbea
Eigenschaften gestempelt, indem es zugleich ins Colossale ge-
zeichnet wird. So entstehen die Racengötter und der Racengott
— 139 —
xxiit ihren Racenchärakteren. Der Speciesmensch bringt auch einen
Speciesgott hervor, und taugt eine Species nichts, so hat es mit
ilirem Idol die gleiche Bewandtniss.
Es ist aber nicht blos die phantasiemässige Götterdichtung^
sondern auch der übrigbleibende verstandesmässige Kern aller
derartiger Vorstellungen, in welchem sich der Racenchafakter
ausgeprägt findet. Wenn also auch der illusionäre Theil der
Vorstellungsproduction verschwindet, so haften doch noch dem
andern Theil die falschen Züge erst recht an \md machen ihn
zu einer Unwahrheit. Wie schlechte Sinnesorgane kein richtige»
Bild von den sachlichen Vorgängen liefern, so ist auch ein
schlechter Racen- und Nationalcharakter nicht geeignet, über
Menschen und Dinge, geschweige über den Grund alles Seins,
richtig zu urtheilen. Der Charakter des Seins wird durch eine
Charakterisirung, die von schlechten Elementen ausgeht, selbst
als schlecht gezeichnet, obwohl sich die Urheber einbilden, mit
dem Ebenbilde ihrer eignen vermeintlichen Herrlichkeit alle
Herrlichkeit getroiBfen zu haben. Im Speciellen empfinden sie es
aber unwillkürlich, dass dem eignen verzerrten Wesen auch eine
verzerrte Welt gegenüberstehe. Hierin liegt sogar eine gewisse
Gerechtigkeit, die über das Schlechte kommt. Dieses miiss seine
eigne niedrige Natur auch da gemessen, wo es sich mit seinen
Vorstellungen zu dem All und dem Grund der Dinge wendet.
Der Zug der Befriedigung und des Vertrauens fehlt in diesen
racenmässig schlechten Gedanken reUgiöser Art, wie er auch
sonst im Leben und in den Verhältnissen des fraglichen Racen-
menschen zu Seinesgleichen nicht zu finden ist. Mag immerhin
ein schwaches Analogon davon in einer niedern Racenreligion
aufzuspüren sein, so bleibt es doch weit von der Vollkommenheit
und Harmonie des höhern und guten Racencharakters fern.
Echtes Vertrauen, wie wir es beispielsweise im Gemüth germanischer
Stämme kennen, ist in den aus Asien stammenden Religionen,
wenigsten^ in der Gestalt, die sie dort erhielten, nicht vorhanden
gewesen. Ein Zählen auf Gnade, wie sie der Sklave vom Herrn
oder das sklavisch behandelte Kind von einem despotischen
Vater erwartet, ist von einem rechten und würdigen Vertrauen
himmelweit verschieden. Im Hinblick auf diesen cölossalenUnter-
schied (erinnere man sich immer wieder daran, dass man, um-
ihn rdcht falschlich zu überbrücken, die eignen bessern Racen-
140
vorsteUungea als eine in das Christenthum der neuem Völker
eingewebte Verbesserung in Anschlag zu bringen hat. Wenn wir
die Art des eignen angestammten Vertrauens mit der ursprüng-
lichen Anlage der entsprechenden Vorstellungen im Christenthum
verwechseln, dann freüich wird der falsche Schein entstehen,
als hätten wir vom Christenthum das wahre Vertrauen und die
wahre Befriedigung überkommen. Thatsachlich stellt sich aber
der Sachverhalt gewaltig zu Ungunsten des Christenthums. Das
letztere ist nämlich schuld daran, dass wir unsere höheren und
edleren Vorstellungen nur mit seinen Elementen gemischt haben
pflegen und daher bisher nicht rein und vollkommen haben
ausbilden können.
Leider sind es fast nur Romantiker gewesen, die von einem
deutschen Glauben geredet haben. Wäre das Wort Glaube
nicht durch den bisherigen religionsmässigen Gebrauch gleichsam
unsicher gemacht, so könnte man es, ohne Gefahr von Miss-
deutung, in der That auch für die nationale Zuversicht anwenden,
die aus der Herzensbeschaffenheit moderner Völker stammt. Man
könnte alsdann, auch ohne nach Art der Romantiker in das
Mittelalter vernarrt zu sein, die germanische Gemüthsart gradezu
den Ausgangspunkt eines tieferen Glaubens nennen. Ja diese
Wendung ist sogar völlig antiromantisch und anti mittelalterlich ;
denn die Romantiker haben in erster Linie am deutschen Mittel-
alter immer das Christenthum gefeiert und sich überdies ein-
gebildet, dass der deutsche Geist durch das Christenthum erst
die rechte Weihe erhalten habe. Die geflissentliche Verquickung
des Deutschen mit dem Cbristigen ist die leitende Maxime der
Romantiker und aller unkritischen Verehrer des Mittelalters. Eine
solche Verbindung von Bestandtheilen, die sich einer tiefem Ein-
sicht nicht blos als verstandesmässig unvereinbar, sondern auch
als sittlich unverträglicli erweisen, bildet sogar das Gegenwarts-
nnd Zukunftsrecept aller romantischen, reactionären oder sonst
interessirten und verworrenen Elemente. Vor einem wirklichen
deutschen Glauben würden sich diese Elemente, falls er ihnen
je in den Weg käme, tausendmal bekreuzigen; denn dieser
würde dem Christenthum die Thür weisen und überdies von
dem romantischen und rückläufigen Ki'am zugleich beschränkter
und verdorbener Weltanschauung auch sonst nichts gelten lassen.
Dieser deutsche Glaube würde zu seiner eignen Selbstbewahrui^
genöthigt sein, sein Zerrbild mit dem Umhang einer semitischen
Religion von sich zu weisen. Die zugehörige importirte semitische
Knechtsmoral würde ihm selbstverständlich als Herabwürdigung
nicht blos germanischer, sondern überhaupt neuerer Völkersitte
gelten.
Wenn es nun in anscheinendem Widerspruch mit diesem
Sachverhalt romantischen Dichtem, wie einem Uhland, einmal
ausnahmsweise begegnet ist, einen deutschen Gott statt inKirchen-
mauem in den deutschen Wäldern hausen zu lassen, so stammt
(iiese Anomalie von der Verworrenheit her, die allem Romantischen
lanveräusserhch anhaftet. Es liegt darin eine Art Vergesslichkeit
Und ein völliger Mangel an Logik. Dieselben Leute, welche die
legendenhafte Seite des Mittelalters und die christische Tünche
*3es Germanen thums überall feiern, werden einmal für einen
A-Tigenblick gründlich inconsequent und suchen den deutschen
Gott anderwärts als in den Kirchen, die zu verherrlichen ihr
feerkömmliches Geschäft war. Diese handgreifliche Regung
romantischen Widersinne ist aber doch ein Zeugniss dafür, wie
mächtig der deutsche Geist im Untergrunde auch noch da ist,
"^vo sich über ihm der Sumpf der Romantik abgelagert hat. In
seiner Freiheit vom Christenthum und von aller sonstigen
reactionärea Beimischung vermag allerdings der deutsche Glaube
sozusagen einen Gott zu finden, aber nur einen solchen, der
nicht nur nicht in Mauern und auch nicht in Wäldern, sondern
im Herzen der Nation selbst heimisch ist und von da aus die
ganze Welt beleuchtet.
Dieser Gott ist auch nicht so beschränkt, nur deutsche oder
überhaupt germanische Züge tragen zu wollen, Werm auch immer-
hin diese Züge seine besten Eigenschaften am wahrnehmbarsten
ausdrücken, so ist doch das bessere Wesen aller neueren Völker
hei der Kennzeichnung betheiligt. Der moderne Völkergeist ist
die Quelle von dem, was an besserer Menschlichkeit verhältniss-
mässig am befriedigendsten bisher in der Geschichte zu Tage
getreten ist. So ist er aber auch zugleich der Ursprung der ver-
hältniss massig besten Charakterzüge, mitdenen sich dasFundament
alles Seins als ausgestattet hat vorstellen lassen. Wenn ich das
Deutsche betone, so thue ich es, weil in ihm sich die fraghchen
Züge am markirtesten imd entschiedensten nachweisen lassen.
Die gemischteren Germanen haben weniger davon, die Romanen
noch weniger! und die Slavea rnüssten sich noch geistig- mehr
bethätigen, damit man sie in dieser Beziehung kennen lernte.
Jedenfalls ist vorläufig der deutsche Geist das eatscheideode
Hauptbeispiel und kann daher für das Gute, was seitens der
fraglichen andern Völker im Grunde der Dinge als Charakteristik
vorausgesetzt wird, offenbar raitgelten,
Hienach kann nun der Satz nicht mehr überraschen, dass es
im Wesen des modernen VöLkergeistes liegt, nur das gleichartige
Oute im Charakter der Natur und der Grundlage alles Seins als
achlungs- und vertrauenswürdig anzuerkennen. Es ist die grösste
Verkehrtheit und Thorheit, Alles ohne Unterschied gelten zu
lassen. Dem Guten ist nur das Gute ein Gegenstand, um sich
positiv einzulassen, und in die.sem entscheidenden Punkt macht
.auch das Fundament aller Dinge keine Ausnahme. Soweit dieses
aaicht als gut gedacht werden kann, wird es auch nicht mit
Sympathie vorgestellt. 'Zwischen ihm und dem bessern Menschen.
kann es nur insoweit eine Gemeinschaft geben, als beide im
bauten zusammenstimmen. Uebrigens ist es, populär geredet, der
Teufel, der als das Fundament alles Bösen den gebührenden Hass
einerntet. Einen Gott und einen Teufel aber zu einer Einheit
zu verkuppeln imd so den Unterschied des Guten und des Bösen
auszulöschen, ist das Geschäft der elendesten Sophistik oder, um
4iese gleich bei dem rechten Namen zu nennen, des widerlichsten
Betruges. Es ist dies nicht blos ähnhch, sondern noch schlimmer,
als wenn Jemand Wahrheit und Unwahrheit mit einander zur
Einigkeit bringen wollte. Die Charaktereiuheit der Welt Hegt
anderwärts. Das System des Seins ist, soweit wir es thatsächlich
kennen, dadurch eine Einheit, dass in ihm das Schlimme und
Böse nach eben diesen Eigenschaften behandelt und schon
naturgesetzUch gleichsam mit der Strafe der eignen BeschaSenheit
und der zugehörigen Wirkungen heimgesucht werden. Diese
fundamentale Gerechtigkeit liegt in der Vorstellung aller bessero
Völker imd Menschen auch dann, wenn die fragliche Gerechtig?
keit im speciellen Fall nicht nachgewiesen werden kann. Es ist
-dies ein Stück jenes edleren Vertrauens, durch welches sich die
bessern National- und Einzelcharaktere auszeichnen und durch
welches der tiefere Zusammenhang der Dinge ungleich wahrer
ausgelegt wird, als durch die niederen, aller sitdichen Eigen*
.schaffen baaren und sozusagen charakterlosen Vorstellungsarten,.
— 143 —
6. Seitens des Schiiljargons im Dienste blasirt^r Verlehrtbeit
liegt es nahe und kommt es billig zu stehen, meinem Princip, die
Charakteristik des Seins auf dem Inhalt menschlicher Charakter-
typen beruhen zu lassen, einen Scheineinwand entgegenzuhalten.
Man braucht nur dreist zu behaupten, alle derartige Kennzeich-
nung von Sein und Natur nach menschlichen Charakterzügen
sei handgreiflich subjectiv und grob anthropomorph. Da$ Wört-
c:hen subjectiv ist so recht ein Lieblingsmittelohen nicht Sowohl
<ier halbgebildeten Menge als vielmehr jener Ueber bildeten und
"Verbildeten, aus denen zum grössten Theil die Gel^hrtenclasse
TDesteht. Diese Ueberbildeten und Verkhrten, die in Rücksicht
^uf echte Bildung auch Zehntelgebildete heissen könnten, wissen
-sich wunderwas mit ihren Subjectiverklärungen, sind aber damit
^chon so weit gelangt, dass nicht einmal die kahlsten Kenn-
czeichnimgen der Welt nach blos logischen Begriffen vor. ober-
flächlicher Missdeutung ins rein Subjective bewahrt blieben.
Schliesslich ist nach dieser unterschiedslosen Subjectiverklärung
alier Aufiassungsmittel des Menschen das sogenannte Objective
thatsächlich zu einem eigenschafts- und charakterlosen Nichts
geworden. Doch von der näheren Berührung dieser Art Philo-
sophasterei bleibt man gern weg, wenn man noch überhaupt
mit Verstand schaffen und zu schaffen haben will. Subjectiv
ist nur ein .Beschönigungswort für unwahr; denn um die gegen-
ständliche Bedeutung der Auffassung irgend eines Organs handelt
es sich immer, und es giebt kein Organ, welches nicht dem Ich
angehöjte. In diesem Sinne, nämlich im Sinne der Verlehrten,
wäre jede Auffassung von vornherein unhaltbar, weil sie sich
durch ein subjectives Organ oder, was dasselbe heisst, durch
eine subjectiveThätigkeit vollzieht. Die Verkehrtheit der Blasirten
liegt aber darin, dass sie in ihrer Oberflächlichkeit bis zur ob-
jectiven Bedeutung des Fungirens subjectiver Organe nicht
reichen. Wer weiter vordringt, sieht, dass trotz aller Täuschungen,
die im Gebrauch der menschlichen Verständnissmittel imterlaufen,
doch der Kern zur gegenständlichen Wahrheit zureichend ist.
Auch der Anthropomorphismus, in einem gewissen Sinne ver-
standen, hat sein Recht. Der Mensch hat eben nichts Anderes
als den Inhalt des menschlichen Wesens, um den Inbegriff der
Dinge zu charakterisiren. Nicht auf den Kern seines Wesens,
sondern nur auf die Zufälligkeiten hat er bei der Kennzeichnung
zu verzichten. Er hat das Auge, um die Welt zu sehen, nicht
aber um die thörichte Einbildung zu hegen, die "Welt oder der
ihr zu Grunde gelegte Gott sei ein Auge.
Gäbe es nur lauter Frauen oder, um eine ähnliche Fictioii
des Unmöglichen zu gebrauchen, nur lauter weibliche Charaktere,
so würden auch die Natur und ihr Grund einen entsprechend
weiblich gearteten Charakter beigelegt erhalten haben, Unter
den wirklich obwaltenden Verhältnissen sind aber die Weiber
ebensowenig im Stande gewesen, die Religion wie die Politik
zu machen. Ihnen hat auch im götterbildenden Vorstellungsreich
die Herrschaft gefehlt, und was in den Mythologien an weib-
lichen Göttertypen existirt, ist nicht einmal auf den Einfluss der
Frauen zurückzuführen. Wo aber für das ganze System der
Dinge ein vorherrschender Charakterzug in Frage ist, da können
nicht zwei Typen concurriren und für dieselben auffassenden.
Personen zugleich als wahr gelten. Ein einseitiger Geschlechter-
gott würde daher nichts Anderes sein als ein einseitiger Racen-
gott. Schelme stellen ihren Gott unwillkürlich als Schelm vor.
Für niedrige Racen ist der Gott ein ihnen entsprechend niedrig
geartetes Wesen. Was aber schlimmer ist als niedrige Racen,
sind die verderblichen Racen, Man könnte sie auch die schäd-
lichen nennen, werm man sich nach dem für die Thierwelt
gültigen Sprachgebrauch richten wollte. Niedrige Thiere sind
um der blossen Niedrigkeit willen noch nicht schädliche Thiere.
Beschränktheit ist an sich noch nicht Bosheit und Gift. Im
menschlichen Bereich sind aber Bornirtheit und Niedrigkeit der
Triebe an sich noch keineswegs zureichend, um eine schädUche,
dem Menschengeschlecht feindliche Kace zu formiren. Von den
verhältnissmässig sanften Hindus, die auf der Racenleiter wahr-
lich keine hohe Sprosse einnehmen, Hesse sich doch sicherUch
eine directe Schädlichkeit nicht behaupten. Im Gegentheil können
niedere Gebilde gleichsam in der Organisation der Menschheit
einen ihnen entsprechenden und angemessenen Platz gut aus-
füllen. Auch versteht es sich keineswegs von selbst, dass ein
Alleindasein der vorzüglichsten Nationalität mit Ausschluss aller
übrigen ein zuträglicheres Dasein ergeben würde. So EtWtis
wollen, hiesse ungefähr dasselbe, als von der Ausmerzung der
Thiere für die Menschheit eine Frucht erwarten. Im Gegentheil
hat das geghederte Bestehen einer Reihe aufsteigender Gebilde
des Lebendigen Vorthf ile. die sich bei anderm Sachverhalt nicht
finden würden, Ueber die unbedingt schädlichen Thiere ist man
aber einig, und so sollte man es auch über schädliche Menschen-
gebilde sein. Diese können persönlich und durch ihre etwaigen
Geisteserzeugnisse nur Unheil stiften. Verderbliche Racen mit
ihrem Verhalten und mit ihrer Literatur sind aber die sprechend-
sten Beispiele für solche Misserzeugnisse. Nicht die Natur im
Grossen trägt an ihrer Existenz die Schuld, sondern sie sind
Selbslhervorbringungen aus jenem Grunde, der trotz seines vor-
waltenden Zuges zum Guten doch die Freiheit der Selbstbestim-
mung und hiemit die Möglichkeit des Ablenkens zum Schlechten
nicht ausschloss. Darin aber, dass dieser Ablenkung hinterher ihr
Recht widerfährt und sie gleichsam die Strafe ihres falsch be-
stimmten Wesens erleidet, liegt die Gerechtigkeit. Sie besieht
in der ganzen Natur; denn überall wird dort das eigentliche
t'ngeziefer als solches gewürdigt und von den andern Wesen
demgemäss behandelt. In den Menschengebilden ist aber nicht
gemeines thierisches Gift oder blos gemeine Schädigung in Frage.
Hier denkt man nicht einfach an Blulsaugen der Schmarotzer
oder an schlangen hafte Blutvergiftung, sondern auch an höhere
Schädigungen und fnfectionen. Die Götzen verderblicher Racen
siod auch verderbliche Wesen für Alles, ausgenommen die Race
selbst, deren Idole sie sind. So kann es verderbliche Racen-
götter geben, in denen das Princip der Ablenkung zum Bösen
niedergelegt ist und verherrlicht wird. Wenn die Giftschlangen
die Fähigkeit hätten, Götter vorzustellen und zu bilden, so würden
diese Götter alle Schlangenhaftigkeit dieser Species in sich ver-
einigen. Sie würden nicht blos colossale Schlangen, sondern
auch mit ganz besonders gelungenen Giftzähnen ausgestattet sein.
Diese Ideale ^-on Giftzähnen wären für die betreffende Schlangen-
brut das Anbetungswürdigste von Allem.
In der That fehlen bestimmten Religionsgebilden, wie die
Geschichte des Menschengeschlechts bewiesen hat, die Giflquellen
nicht. Wenn nun im Gegensatz hiezu die Züge des Guten in
irgend welchen Nationalitäten die Brücke zur Vorstellung der
Wahrheit über den Grundcharakter der Dinge werden, so liegt
hierin nichts blos Subjectives. Der Charakter im Grunde der
Dinge ist nicht etwa ein Gemisch von Gutem und Bösem, sondern
in ihm liegt für das Böse, welches sich entwickelt, die Strafe der
— 146 —
Zwieträchtigkeit, Unhaltbarkeit und Selbstvernichtung schon vor-
ausbestimmt. Wäre dem anders, so wäre kein Funke von Ge-
rechtigkeit in der Anlage des Seins, und man müsste es ver-
achten und hassen. Wie die Dinge aber wirklich gehen, so
erfährt das Böse früher oder später sein Recht. Die Welt-
geschichte ist noch nicht am Ende, und über etwa verdorbene
übertägige Justiz reicht der Zusammenhang der Generationen
hinaus. Schon die blossen socialen Naturgesetze gleichen Vieles
aus. Nur darf man nicht mit den Individuen allein rechnen,
sondern muss die Fortpflanzung des Bösen ins Auge fassen.
Diese Fortpflanzung durch das Blut kann von einer Gerechtig-
keit ereilt werden, der die Vorfahren der bösen Saat noch nicht
hinreichend anheimfielen. Will man also nur mit Gerechtigkeits-
sinn nachforschen, so wird man finden, dass es mehr Strafgesetze
der Kalur und Geschichte giebt, als sich die individualistische
Kurzsichtigkeit träumen lässt. Wo man sie aber auch noch nicht
zureichend findet, da vertraut der bessere Mensch darauf, dass
sie dennoch existiren und sich auch für das thatsächliche Wissen
ergeben werden, sobald dieses weiter vordringt und umfassender
wird. Ein Verlangen nach Gerechtigkeit muss aber zu Grunde:
liegen ; denn dieses ist zunächst allein die Bürgschaft, dass auch,
das Sein überhaupt die Gerechtigkeit zum Fundament habe.
Will man nun in einer solchen Schluss weise etwas individuell
oder national Subjectives sehen, so stellt man das Gute mit den:\
Bösen, die Wahrheit mit der Unwahrheit, das richtig fungirende
mit dem verdorbenen Organ auf gleiche Linie. Man verwechselt
wahre Bilder mit Zerrbildern, Entstellungen und Lügen, als
hätten alle diese Dinge gleichen Werth. Nicht die Organe und
Mittel der Erkenntniss als solche trügen, sondern es ist die be-
sondere schlechte Einrichtung oder der zufallig verfehlte Gebrauch
dieser Mittel, was zur Fälschung der sachlichen Wahrheit führt.
Lässt man sich durch die Sophismen, durch welche geflissentlich
die Mittel ohne Unterschied compromittirt werden sollen, einmal
einnehmen, so ist man mit dem Besten der menschlichen Natur,
wie es in den Nationalitäten und Individuen sich ausprägt, zu
Ende. Der Verstand wird auf diese Weise um sich selbst gebracht
und das Gemüth kann sich auch nicht mehr reeen, ausser mit
dem eingeimpften niederdrückenden Bewusstsein, nichts zu em*
pfinden, was über seine eigne kleine Welt hinaus imd in das
AU der Dinge hinein reichte.
Wäre die Welt wirklich von Grund aus schlecht, so müsste
sie ganz und gar jener strafenden Gerechtigkeit anheimfallen,
auf welche das Bessere im menschUchen Typus mit Zuversicht
rechnet. Die lebendige Natur müsste um des vorherrschend
Schlechten willen, welches alsdann in ihr waltete, zu einem ver-
nichtenden Ende gelangen oder, was ebenfalls gerecht wäre, der
stets sich erneuenden Qual durch das eigne Böse nie entgehen.
Sie wäre eine verworfene Production, die ihr böses Schicksal
selbst mit sich bringt. Eine solche Ansicht besteht aber nur in
zerrbildlichen Verrückungen lebensfeindlicher Religionen und
ihnen entsprechender Philosophien. Sie streitet entschieden mit
den Thatsachen, vermöge deren der Zug zum Guten auch in-
mitten alles Bösen nicht unvertreten bleibt. Sie streitet aber
ganz besonders mit den Gemüthsbürijschaften moderner Völker,
in deren Herzen sich auch nicht annähernd so Etwas ankündigt,
"wie eine Vorstellung von fundamentaler Verworfenheit. Im
Cegentheil ist es der innerlich wohl begründete Glaube besserer
Tind lebensfrischer Völker, dass sich im Laufe der Dinge etwas
•Gutes vollzieht. Nur schlechtere und abgelebte Elemente, Classen,
Nationen und Racea fallen blasirten Vorstellungen anheim und
fühlen, was auch eine Gerechtigkeit ist, ihr unruhiges, unbefrie-
digtes und leeres Dasein voraus. Dieser Mangel an natürlichem
Glauben ist die für sie passende Mitgift und trägt nicht wenig
dazu bei, ihr gerechtes Verderben zu beschleunigen. Im Gegen-
satz hiezu steht die gesundere und edlere \'ölkemafur, die im
Sinne des Guten, an welchem sie ja selbst theühat, auf Gerechtig-
keit vertraut, das Vergangene. Gegenwärtige und Zukünftige in
■diesem Lichte sieht und mit einer gewissen Treue, die ihr in-
■wohnt, auch den Grund der Dinge als zuverlässig, nicht aber als
ein trügerisches Schelmstück oder boshaftes Teufelswerk voraus-
setzt.
Wenn ich nun behaupte, dass in den neuern Nationen,
speciell aber in der deutschen, der Zug zur Gerechtigkeit und
Treue mehr als irgendwo sonst in der Menschheitsgeschichte ver-
treten sei, so constatire ich nur, was unwillkürlich schon eine
Bewusstseinsregung Vieler gewesen ist, die aber über sich selbst
noch nicht die volle Aufklärung und den markirtesten Ausdruck
finden konnte. Es ist ein grosses Princip, den neuern Völkergeist
mit vollem Bewusstsein zur Grundlage einer veredelten Welt-
L
i-j
- 14S —
anschauung und Lebensbehandlung zu machen. Mit den an-
scheinend persönhchen Religionsstiftungen muss es hienach zu
Ende gehen ; denn die Hauptfrage zeigt sich als die zwischen dem
Asiatismus und dem modernen Völkerwesen, Freiheit, Vertrauen,
Gerechtigkeit und Treue sind die wichtigsten und hervor-
stechendstea Züge in den besten Stammestypen der Menschheit,
Je mehr die Racen, Nationen, Stämme, Geschlechter und Indi-
viduen daran theiJhaben, um so geeigneter sind sie, in der Welt
und über die Welt die "Wahrheit und das Gute zu erkennen und za
bethätigen. Aus diesem Gmnde heraus werden sie mehr thun, als.
etwa eine neue Religion schaffen; sie werden eine Geistesführung
und Geisteshallung herv'orbringen, deren Kraft über Alles, was
bisher Rehgion hiess, weit erhaben ist und sich auch mit einera
dieser Erhabenheit ent-^iprech enden Ernst bethätigen muss.
Fühlen und erkennen die neueren Völker das Vollkommenere-
in ihnen erst in freier Weise, so ist es um die falschen Ein-
impfungen gescliehen, und gewaltige Verstandes- und Geraüths-
kräfte, die bisher mehr oder minder gebunden gehalten wurden,
brechen sich Bahn. Freilich bedarf es hiezu der persönlichen
Initiative und eines Entwurfs der leitenden Grundgedanken, Auto-
matisch gestaltet sich auch aus dem neuern Völkerwesen kein&
Geistesführung. Auch genügen allgemeine Antriebe und Vor*
Stellungen nicht; beispielsweise will die moralische Gerechtigkeit
in einem Verstandessystem wie mathematisches Wissen ausgebildet
und erkannt sein. Hiezu gehören aber Einzelleistungen, und
keine blosse Massen Ihätigkeit der modernen Völker kann hier
die Arbeit ersetzen, die nur durch hochstehenden schöpferischen
Geist ausführbar ist. In diesem Sinne kann es allerdings nicht
ohne eigentliche Stiftung und Gründung mit der Selbstführung
des modernen Völkergeist^ von Statten gehen. *
Siebentes Capitel.
Gestaltung der HaupLbegri:ffe.
1. Die Gedanken, wie. sie sich aus dem neuern Völkergeist
in reiner Weise herausbilden lassen, sind der vollkommener& '
Ersatz der Religion. Um sie im Unterschiede von dieser gehörig
würdigen zu lernen, muss man die alten und falschen Ideeii
L
J
leitender Ait, wie sie der p h an tasie massigen Religionsära an-
gehören, zuerst ins Auge fassen. Hinterher wird dann das Höhere
zu kennzeichnen sein, welches sie mehr als blos ersetzt. Für
den heutigen Zustand der Geister sind die beiden wichtigsten
Ideen, die von der Religionsära herstammen, die Unsterbhchkeits-
vorslcllung und die Gottesidee. Alles Andere gruppirt sich um
diese beiden Annahmen: denn beispielsweise sind Ausgleichung
und Vergeltung für den fragüchen Geisteszustand nur Neben-
■vorsteJiucgen, die sich theÜs an den Unsterblichkeitsglauben,
theils an den Gottesgedanken anknüpfen. Diese Rangordnung
ist an sich schon kennzeichnend; denn in einem Gedankenkreis,
■welcher aus edleren Beweggründen entspnmgen wäre, als es die
überlieferte Religion ist, würden Vergeltung und Gerechtigkeit
einen selbständigen und höhern Platz einnehmen. Sie würden
nicht blos das Selbstinteresse des Einzelnen beschäftigen, sondern
sich als autonomes Dedürfniss allgemeiner Art und zwar für alles
lebendige geltend machen. Ich habe sogar um der Beschränkt-
heit willen, welche die religiösen Ideen an sich tragen, die Un-
sterblich keif sannahme an die Spitze stellen müssen; denn sie hat
in ihrer herkömmlichen reUgiösen Fassung einen so selbst-
süchtigen Sinn erhalten, dass an ihr die Menschen mehr hängen,
als am Gottesgiauben. Den letztem würden sie preisgeben, wenn
sie glaubten, sich ohne ihn die individuelle Unsterblichkeit oder,
was dasselbe heisst, das ewige Leben ihres eigen thümlichen
Selbst sichern zu können. Von allen edleren Motiven ist in der
gemeinen religiösen Unslerblichkeitsidee nichts anzutreffen. Der
Unsterblichkeitsglaube hat noch andere bessere Seiten; aber in
der gemeinen Annahme dieser Art sind die edleren Antriebe
verloren gegangen. Nicht einmal der unschuldige Trieb zum
Leben überhaupt ist rein darin anzutreffen; denn der Unsterblich-
keitsgläubige verlangt viel mehr, als Leben überhaupt; er will
in seinem Ichwahn durchaus den Inbegriff seiner ihm allein
fiigenthümlichen Eigenschaften und das Etwas conservirt wissen,
welches Träger dieser Eigenschaften ist.
Wenn die unmittelbare lebendige Einwirkung des Erlöschens
«ines grossen Schicksals den Gedanken nahelegt, ob nicht der
Träger eines solchen, also der mächtige Geist, desseuTh eilnah me
an allen besseren Fäden des Daseinsgewebes haftete, eine jenseitige
Fortdauer seiner Kraft zu gewärtigen habe, so ist dies begreiflich.
Diejenigen, welche wirklicti an Sokrates hingen und die letzte
kurze Frist mit ihm durchmachten, konnten allerdings von Ge-
danken ergriffen werden, die es versuchten, über den Tod hinaus
etwas individuell Aussöhnendes zu erblicken. In einem solchen
Falle sind aber die Motive zum Versuch eines Unsterbüchkeits-
giaubens von edlerer Art. Sie gelten nicht vorwiegend dem
eignen Selbst, sondern in erster Linie dem Schicksal eines ver-
ehrten Gegenstandes. Es ist ein grosser Veriu^t, der dieGedanken
anregt, und zwar ein solcher Verlust, der nicht den Eigennutz,
sondern das Milgefühl zum Maasse hat. Der edlere Mensch will
sich nicht ohne Weiteres darein ergeben, es müsse das Hohe
so unwiederbringlich dahinschwinden, und es könne von dem
Guten, das so mächtig wirkte, an sich und persönlich nichts un-
vergänglich bleiben.
Eine ähnliche bessere Bewandtniss hat es mit den Regungen
zum Unsterbhchkeilsglauben, wenn in weniger erhabenen, aber
darum nicht weniger lebendig ergreifenden Fällen die Lücken
klaffen, welche das Auslöschen der Lebensflamme solcher Per-
sonen mitsich bringt, die durch Bande der Natur, des Zusammen-
lebens oder sonst irgend einer Art von wirkUcher Liebe mit
uns verknüpft waren. Je mehr die Verlorenen ein Schicksal
hatten, welches an sich beweinenswerth war, — je mehr also
der Schmerz ihnen selbst gilt und nicht blos den eignen Verlust
ausdrückt, um so reiner ist der Wunsch, für sie an eine Aus-
gleichung zu glauben, die über das Leben hinausreicht. Die
Unsterblichkeitsvorstellung hat alsdann wirklich einen würdigen
Grund; denn unter solcher Voraussetzung wurzelt sie im Mit-
gefühl und im Gerechtigkeitssinn. Wo es blos das Bedauern
um das eigne vereinsamte Selbst ist, da mag noch immer die
Sehnsucht ein Glaubensgrund sein, der TheÜnahme verdient
und dem das dürftige Maass von Genugthuung gegönnt werden
kann, welches um den Preis eines Wahns zu haben ist. Dieser
Trost, der bei erfahrenem Geist und lichterem Verstände so treu-
los in einen nebelhaften Hintergrund entweicht und dort gestalt-
los zerfliesst, mag im umdunkelten Gemuth immerhin als Schimmer
gelten, der das fehlende Licht zuverlässiger Wahrheit vertritt.
Er mag ein schwacher Ersatz des machtvolleren Glaubens sein,
der sich erschliesst, wenn das Gemeinschaftsgefühl mit allem
Schicksal des Seins in den Gemüthern lebendig wird. Hier geht
~ 151 ~
er uns aber nur an als ein unwillkürlicher Ausweg der Natur,
auf welchem der Schmerz, wenn auch nur durch Ergreifen von
Irrthümem, gemildert wird.
Auch die blosse Vereinsamung mag bei Verlassenen und
Hofihungslosen das Ausblicken nach Etwas rechtfertigen, was
ihrem Selbst eine andere Welt verspricht und die Kahlheit und
Aussichtslosigkeit ihres Zustandes mit der Vorstellung von etwas
Entgegenkommendem mildert. DieVerirrung zum Unsterblichkeits-
glauben ist in diesem Falle wenigstens keine unberechtigte Selbst-
sucht; denn sie gilt nur einer berechtigten Ausgleichung des
entschiedensten Mangels. Trotz dieser Begreiflichkeit und Ent-
schuldbarkeit bleibt aber ein solcher Ausweg immer eine Ver-
standesverirrung, die demgemäss auch nicht zum Ziele führen
kann. Die sich daraus ergebende, theilweise statthabende Gemüths-
befriedigung bleibt ein unsicherer Besitz, weil er anfechtbar ist.
Diese Befriedigung kann nicht unter allen Umständen vorhalten ;
schon unwillkürlich und instinctiv regt sich gegea sie das hellere
Bewusstsein und stellt die Frage, wie denn aus dem unglücklich
angelegten Wesen ein gänzlich verändertes werden solle, wenn
dessen Eigenthümlichkeit nicht vernichtet wird. Geschieht aber
Letzteres, so ist eben keine Wesensfortsetzung mehr vorhanden.
Worauf der vereinsamte und unglückliche Mensch seine Gedanken
eigentlich richtet, und was er, wenn er sich selbst vollständig
genug verstände, zu erfassen suchen würde, das sind auch wirklich
nicht die" Schattenspiele persönlicher Unsterblichkeit, sondern das
ist der feste Grund aller Dinge und gleichsam der Charakter des
universellen Seins. Mit diesem sucht er eine nähere Gemeinschaft,
und zwar nicht blos durch den Verstand, sondern auch durch das
Gemüth. Hier will er, dass den in ihm waltenden Antrieben
edlerer Art entsprochen sei. Hier will er das Gute finden, hier
die Gerechtigkeit und hier eine alle Schicksale durchdringende
Treue. Er will an Stelle der Kahlheit und Leblosigkeit, in welche
die herabgekommenen Weltvorstellungen entartet sind, ein leben-
diges Sein mit Zügen, die seinen eignen Charakterforderungen
entsprechen. Er will dem Fundament der Dinge trauen können,-
und darum sucht er in der Natur nach den Spuren alles dessen,
was über die dürren Rubriken gemeiner Wissenschaft hinaus-
reicht. DieNatur ist ihmmehr als ein mathematisches, physikalisches
und chemisches System. Sie reicht auch über die blosse Physio-
152
loyic und sociale McDschenwelt hinaus; sie ist in ihrem innersten
Grunde das Lebensvollste, was es giebt. Die Wurzeln des Seins
sind nicht bUis gemeiner Mechanismus, sondern enthalten in
ihrer Anlage alles Charakteristische, wovon in den höchsten
Lebensgebilden die persönhchen Kundgebungen vor uns stehen.
Nach (lieser Seite hin ist der Ausblick zu richten, wenn die
selbstsüchtigen Verirrungen überwunden werden sollen. Selbst-
intcresse ist aber noch keine Selbstsucht. Die letztere entsteht
erst dadurch, dass Unberechtigtes und Schlechtes gewollt wird.
Wbi" sich selbst, ohne Unterscheidung der guten und schlechten
Bcstandllicile, also mit Allem, was er ist, unbedingt und ewig
wollen kann, muss nicht nur ein Thor sein, sondern ergiebt sich
auch dem Schlechten. Der nackte Kampf um das Dasein ist eine
solche Schlechtigkeit. Der edlere Mensch tritt auch an sich selbst
mir ftir das Hdlere ein und besit/t nicht jene mehr als cynische
Frechheit der Verworfenheit . die auch den Teufel in sich selbst
conservirt wissen will. Der gemeine Unslerbhchkeitsglaube, mit
seinen niedrigen Beweggründen, ist die hochgradigste Form der
Eitelkeil. Er ist ein Ruhekissen für ungemesseoe Pflege nicbts-
nutxiger Bf standtheile der Persönlichkeit. Mit einer wirklich sitt-
lichen "Wcltaufl'assung bleibt dieses Eitelkeilsgewäcbs unvereinbar.
"Wenn sonst der Mensch durch die Vorstellung des Todes doch
piwas zur gvliörig«» Bescheidenheit und Raison gebracht wird, so
schaÖt jene Einbildung Alles fort, was jenen Eitelkeitsübennuth
d^iptcn könnte. Glückhcherweise ist sie von Natur nicht sehr
nvtchhxlti^ oder widerstandsf^ig. uod nur die autoritäre Religion,
bat ihr zu einem langem, künstlich gal\'anisirten Leben verholfen.
Aul diese Weise ist einer edlen und sittlichen Welt- und Seins-
aufltassno^ viel uoechiex Kram jenseitigen Flittergoldes in doi
Weg s«schobea und eine der scfaUnuasten Wufzeln des Bösen,
(üe bohle {tersi^aliche ^lelkcit. genährt worden.
L'cbrigeits tst der Tivft det Uoslerbticbkeit in der Weise, wie
Aa dn Re)^^ geboten hat. «ocb stets kein lemer. soadem im.
tMceWbed sehr aog mit seinem Wtdospiel gnuiscbi gewcsem.
An <>e rehpüse t'asfteriilicfafaMtanMihme knv^iAe sKb nicht bloc
die JcaaaEhwfanag. sondern «och die Jessatelnrcfat. ^nl die
Pneabet ax^M* dafir. das in d^ gansen A n g iAigui hrit
SchcwJaen fceioe g enag t Dosis »«saadile. Abttamdk
wm dfas« päetatrikheaBtmttmii^ mensrbhrhfr Si
ra«thdh||^^^H
— 153 —
xinter allen Umständen die Unsterblichkeitsvorstellung etwas Zwei-
seitiges werden. Sie schneidet jede wirkliche Befreiung von der
Jenseitsfurcht ab und verurtheilt jegliches Wesen, soweit es Un-
gehöriges in sich enthält, zur grenzenlosen Beladung mit dieser
Ungehörigkeit. In Vergleichung mit solcher Perspective ist der
•wirkliche Tod des Individuellen etwas Mildes und Versöhnendes.
Wenn aber Jemand dächte, er könne sich auswählen, was von
ihm bleiben und was vergehen solle, so wäre das eine ganz
willkürliche Vorstellung. Am erträglichsten geriethe sie dann,
wenn nur die Erhaltung des Guten, aber die Zerstörung des
Schlechten vorausgesetzt würde. Es wäre indessen höchst wunder-
lich, den Charakter eines Wesens als in seiner Individualität con-
servirt anzusehen, wenn nur ein nach gewissen Gesichtspunkten
daraus veranstalteter Auszug bestehen bliebe. Doch wozu sich
noch weiter auf die Willkür des phantastischen Traumreichs ein-
lassen! Die Natur hat ihre bestimmten Wege, zu erhalten und
-ZU zerstören, zusammenzusetzen und zu trennen. Was soll An-
igesichts einer wirklichen Erhaltung von Charaktertypen und
Charakterbestandtheilen in den Geschlechterfolgen noch jene er-
•dichtete, die sich auf ein erdichtetes spiritistisches Etwas bezieht !
Man erinnere sich immer wieder daran, dass für die gemeine
XJnsterblichkeitsvorstellung der Religion die Eitelkeit die ent-
scheidende Ursache ist. Auf eben diesen Grund kann man zu
einem grossen Theil auch die ansteckende Kraft jenes Humbugs
zurüc kführen, der ursprünglich amerikanischer Spiritismus hiess
und auch in Europa, und zwar auch unter Gelehrten, nur zuviel
Gläubige gefunden hat. Dieser wüste Aberglaube, der die Geister
der Verstorbenen citirt, hält sich für berufen, die alten Religionen}
die er für überlebt erklärt, durch eine neue zu ersetzen. Er ist
in der That nicht blos Zauberglaube, sondern auch Zauberpraxis.
Wer sich seiner Taschenspielerei anvertraut, kann in der That
die Genugthuung erleben, mit allen Todten, deren Geister er zu
sprechen wünscht, von Mund zu Mund zu verkehren. Das heisst,
Etwas leisten; denn auf diese Weise wird die lebendige und die
todte Welt ein einziges Reich, und es kommt nicht mehr viel
darauf an, ob Jemand sich diesseits oder jenseits befindet; denn
der Spiritist, ob lebend oder todt, ist überall zu Hause und kann
sich überall zeigen. Er kann sogar zu den diesseitigen Ver-
sammlungen seiner lebendigen Genossen vom Jenseits her er-
154
scheiaea. Eine solche Vertrautheit der Lebeodigeo und der
Todten überbietet allerdings alle frühere Religion, und wenn sich
der Betrug stets aufrechterhaltea liesse, so könnte keine frühere
Macht des Aberglaubens mit der spiritistischen concurriren. Die
Menschen, die überhaupt Widersinniges und Uebematürliches
□och zu glauben vermögen, müssten alsdann grade demSpiritismus
in das Netz laufen. Allein dieser verspricht zuviel, als dass nicht
die Leistung im besondern Fall auch dem gewitztesten Betrüge
oft schwer fallen und missglücken müsste. Auch wo es die
measchüche Schwäche an Einbildungserböligkeit und Gespeuster-
sinn Dicht fehlen lässt, ist es dennoch nicht immer möglich, alle
ihre Wünsche zu befriedigen. Könnte Letzteres in Beziehung auET
den transcendenten Verkehr mit den Geistern der Verstorbenen
auch nur durchschnittlich mit einigem Erfolg geschehen, so wär&
dem Spiritismus die ganze abergläubische Welt früher oder später
gewiss. Er würde diese Domäne allen Religionen entreissen;
denn er befasst sich mit einer Angelegenheit, die bei den MenscheiL
dem Gottesglauben an Rang bei Weitem vorgeht. Man mus
der That auch billig sein; das eigne Wesen und das, was ihm
am nächsten steht, ist dem Menschen die unmittelbarste Haupt-
sache. Edlere Affectionen. die darüber hinaus- und in deiL
grossen Zusammenhang der Dinge hineinreichen, sind nur als
Früchte besonderer Schicksale und als Eigenschaften höher an-
gelegter Charaktere'vorhanden. Sollen solche Affectionen sich
auf Viele erstrecken, so kann es nur im Wege der Uebertraguog-
aber nicht ursprünglicher Erzeugung geschehen. Eine solche-
UebertraguQg setzt aber voraus, dass der Boden von hohlen Eitel-
keitsgew ach sen gesäubert sei, und zu diesen gehört, wie erläutert,
die eigensüchtige Art des Unsterblichkeitsglaubens.
2. Die zweite Hauptvorsteliung alten Rehgionsstils ist die
gemeine Gottesannahme. Ihre Haupteigenschaft liegt in der
Einzigkeit eines Wesens, welches über Natur und Welt gesetzt,
und nach dem Ebenbilde eines persönlich waltenden Menschen
vorgestellt wird. Die Mensch enspeci es, welche dabei zum Vor-
bilde dient, ertheilt jenem einzigen Wesen seine näheren Eigen-
schaften. Diejenige Religion, die thalsächlich bei uns in Frage-
kommt, kennt nur einen Gott, der ursprünglich nach judäischem,
Ebenbilde gestaltet ist und diese Züge auch trotz aller Einraischuog-
eines bessern Völkergeistes nicht ernsthaft verloren hat. Letzteres..
155
kann nicht Wunder nehmen, solange die alte JudenuDerlielerung- ~
das Fundament der kirchlichen Lehren bildet und solange die
allen Judeoschriflen im Volksunterricht nuch Einfluss haben. "Wir
haben es ja nachgewiesen, wie das Christenthum in seinem Ur-
sprung nur ein gewissermaagsen vor sich selbst Grauen empfin-
dendes judenthum ist. In ihm ist das Judenlrachten transcendent
geworden, d. h. es hat sich auf etwas Jenseitiges gerichtet, weil
es am Diesseitigen Angesichts der schlechten Judenbeschaffenheit
verzweifelte. Die Gottcsannahme ist dabei auch keine wesentlich
andere geworden, wenn auch immerhin die Dreieinigkeitsieh re,
eineArt Dreigöttersystem, anderm Orientalismus als dem jüdischen
entnommen ist. Für heute ist die Dreieinigkeit sehr gleichgültig;
denn dieser gemischte christliche Gotl ist bereits wieder mehr
nach dem alten jüdischen Stil hin xurückgebildet worden. Ueber-
haupt ist in der durchschnittlich herrschenden Gottesannahme das.
KinzigundaU einsein oder, wie der Ausdruck der Verlehrten lautet,
der Monismus die Hauptsache. Auch in der Philosoph aste rei
grassirt er unter dem Schlagwort einer monistischen Welt-
anschauung. Eine solche monistische Weltansicht ist beispiels-
weise diejenige des Juden Spinoza, der in sehr eckiger Weise
die Natur unter die Rubrik des Judengottes zu bringen suchte,
was freilich nicht von Stattea gehen konnte, ohne die Natur selbst
zu fälschen und ihr eine Judenphysionomie anzudichten. Hier
ioteressirt jedoch nicht dieses ebenso unschöne als unwahre Ge-
bahren, an welchem ein besseres Interesse höchstens wegen des
Gegensatzes zum grobem Aberglauben einiges Gefallen finden
konnte. Was uns hier angeht, ist die allgemeine Falschheit des
Monismus in der Gottesannahme, d, h. überhaupt die monistische
Vorstellung der Welt. Es kommt nämlich nicht viel darauf an,
ob Sogenannterpantheismus, d. h. eine Einerleisetzung jenes allein-
seienden Gotteswesens mit Natur und Welt, dabei mit unterläuft.
Diese allgötlische Wendung tritt gewöhnlich ein. wenn die ab-
gesonderte Gottesannahme nicht mehr standhalten will. Aisdana
*ini die Natur mit den fraglichen göttischen Zügen heimgesucht,
'Wd diese falsche Verquickung einer transcendenten Phantasie
mil der Natur Wirklichkeit liefert die widerHchsten Unvereinbar-
keiten. Anstatt die Natur in ihrer Wirklichkeit zu charakterisiren
Und sich danach einen Begriff von allem wirklichen und mög-
lichen Sein zu bilden, wird der voreihge Inhalt der Gottesannahme
— 156 —
auf die Natur zurückübertragen. Ich sage zurück übertragen;
denn ursprünglich ist jene Gottesphantasie auch nichts weiter
als eine äusserst unvollkommene Naturauslegung nach speciell
menschlichem Ebeabüde. Hinter den Gesammtcharakler def
Natur wird man wahrlich nicht kommen, wenn man ihre jüdische
Auffassung zu Grunde legt und demgemäss die Züge des Juden-
gottes in ihr finden will. Eine andere Bewandtniss hat es aber
mit keiner einzigen der monistischen Weltansichlen, Selbst wenn
■diese sich, was recht widerlich ist, atheistisch geberden, so steckt
ihnen doch, bei allem ungöttischen Schein, immer der Judengott
am Blute, und Alles, was sie von "Welt, Natur und Sein phüo-
sopbaseln, läuft dahin zurück, so modern es auch drapirt und
-maskirt sein möge. Die Einbeitsvorstellung im Sinne des Juden-
thums mit ihrem allesaulzehrenden Charakter ist eben für die
J^atur nicht zu brauchen. Die Natur ist von besserem Schlage
und die Einheit, die ihr zu Grunde Hegt, von anderm als
monistischem Charakter. Das Alleinsein des Judengottes passt
auf sie nicht; bessere Völker, wie schon Griechen und Römer,
haben der wahren harmonischen Einheit auch bessere Rechnung
-getragen. Auch sei bemerkt, dass die philosophastrische Aus-
flucht, der Monismus sei ein Gegensatz des Dualismus, d. h. einer
in irgend weicher Beziehung doppelgestaltigen Welt vor stellungj
eine unwahre ist. Das Wesen des Monismus liegt nicht in der
Verbindung aller Theile zu einem Ganzen von einheitlichem
Charakter, sondern in dem Monopol auf das alleinige Sein nach
jüdischem Muster mit einer Aufzehrung aller Mannigfaltigkeit,
durch welche die Selbständigkeit und Freiheit der besonderen
Gestaltungen despotisch erdrückt, ja zu einem reinen Schatten-
dasein herabgedrückt wird. Diese götthche Knechtschaft aller
Dinge unl^r einer herrischen Einheit ist echt judäisch. Wir
kennen sie genugsam, um hier nicht noch weitere "Worte darüber
nöthig zu haben. Jeghcher Monismus ist aber nichts als eine
philosophasfrische Verkleidung der ursprünglichen Judenvor-
stellung. "Wo man von monistischer Weltanschauung geredet bat.
da habe ich im besondern Fall stets gefunden, dass nichts
Anderes als bewusstes oder unbewusstes Judenthum zu Grunde
lag, und dass die widernatürlichen Geschraubtheiten Spinozas
den Kern solcher dürftiger Velleitäten bildeten,
Aut Einheit verzichtet man nicht, wenn man sie auch nicht
]r,7
als ein einziges und herischendes Wesen denkt. Der Zusammen-
haog in den Theilen ist Einheit genug. Das Schicksal der Alten
stand über Göttern und Menschen- Es war eine mächtigere
Einheit und eine edlere Art von Herrschgewalt, als der Jehovah
der Juden. Natur, Dinge und Thatsachen wurden durch solche-
Begrifie, wie die einer allgemeinen Schicksalsnothwendigkeit,
wenigstens nicht misshandelt. Der freie Mensch konnte, ohne
sich zum Knecht herabzuwürdigen, eine solche Macht anerkennen.
Der von Natur knechtische Mensch aber bedurfte eines will-
kürlichen Herrn; denn nur unter dem Gebot eines solchen konnte
er sich heimisch fühlen. Doch genug von diesen Erinnerungen
an die Consequenzen der Judennatur. Nunmehr handelt es sich
um einen unvergleichlich tieferen Begriff, nämlich um die Be-
schaffenheit des Musters, nach welchem überhaupt eine Einheit,
alles Seins gedacht werden kann. Dieses Muster war und bleibt
dei Mensch. Nur kommt es darauf an, wie der specielle Mensch'
beschaffen ist, und wie er demzufolge sich selbst und seine
eigne individuelle Einheit zu verstehen vermag. Der Mensch
von edlerem Typus begreift sich keineswegs als eine solche Einheit,
in der irgend Etwas als absolut herrisch und einzig seiend gelten'
könnte. Sogar einander entgegenslrebende Elemente sind in ihn*,
verbunden, und die Freiheit der Theile ist eine sehr erhebliche.
Die Einheit besteht nur in einem Bande, welches verknüpft,
oder, wenn man will, in Kräften, durch welche zwischen den-
Bestandth eilen Regel und Ordnung erhalten wird. Dies ergiebt
auch eine würdigere Vorstellung von dem Einheitlichen der
Natur; denn dies ist nichts weiter als das Systematische in ihr.
Welcher Charakter und welche Principien sich bethätigen, das
sind Specialfragen. Die Einheit liegt aber eben darin, dass über-
haupt Charakter vorhanden ist und dass sich in allen Richtungen
principielle, also in einem gewissen Sinne auch herrschende-
Antriebe auflinden lassen. Das Sein ohne Charakter wäre ein
Sein ohne Einheit. Ein Sein ohne Zusammenhalt ist aber ein
Widersinn; denn wie un.ser Gedanke Alles zusammenfasst, so
entspricht auch in der "Wirklichkeit, wie alle besondern Natur-
gesetze lehren, diesem Inbegriff von Allem ein innerer Zusammen-
hang. Diese Einheit des Rahmens und des Charakters ist die-
einzige, die stichhaltig bleibt. Alle sonstigen Vorstellungen
brechen zusammen, wenn man sie, die gleichsam die Mumien
■eines uralten, ebenso voreiligen als schiefen Phantasirens sind,
mit den Thalsachen in Raum und Zeit vergleicht.
Sogar die Vorstellungen von einer Ursache hat man durch
die falschen Gottesvorstellungen verdorben. Man hat aus einet
Ursache ein Ding gemacht, welches andern Dingen vorangeht,
und in diesem Sinne ist man zu Missbegriffen gelangt, die sieb
-we:ier auf die Theile der Natur noch auf ihren gegenwartigeQ
Gesammtzu stand, geschweige auf das Ganze anwenden Hessen»
"Was sich gegen die Büder schiefgerathener oder absichdich
verdorbener Ursächlichkeitsbegriffe richten Hess, gilt selbst
verständlich nicht von einem vorsichtig gefassten Begriff vom
Grunde der Dinge; denn dieser Grund wird nicht einmal
wie eine zwischen Naturvorgäogen richtig gedachte Ursach«
vorgestellt, sondern ist nichts als ein Mittel, die Einheit
zwischen dem Vergangenen und Zukünftigen passend zu denke«'
und überdies den Gedanken davor zu sichern, dass nicht ein J
besonderer späterer Zustand der Natur für den Inbegrill, voa^
Allem, also für souveriia und einzig genommen werde. Alle^
Begriffe, welche ein Schaffen im natürÜchen Sinne andeuten^^
sind berechtigt, wo es gilt, die ursprünglichen Ausgangspunkte^
der Natur zu kennzeichnen. Ein solcher Begriff ist aber ebei^
-der des Grundes der Dinge im Unterschiede von einer besondern.
GestalturJg oder einem besondern Zustande der Natur, dear
vorübergeht. In diesem Punkte haben selbst asiatische Phan-_
lastereien, wie die indischen, die Logik weniger verfehlen können;!
als die überweise und verlehrte Philosophasterei, die unter dem I
Druck palästinensischer Gottesannahmen zu den seltsamstea '
Rückwirkungen gegen die natürlichen Vorstellungen vom Schaffen J
veranlasst worden ist. Doch ich habe hier noch nicht von d
wüsten Vorstellungen zu reden, die gleichsam durch eine i
■endhche Rückwärtsverlängerung der Natur nach dem Vorbilcfc
der uns bekannten Naturphase entstanden sind. Die gewöhalicl^
Gottesannahme erstreckt sich nicht in das Bereich solchel
Unterschiede, die erst Werth erhalten, wo schärfer und tief^
gedacht wird, als es nach jüdischer Art geschehen kann.
Populär fassbarer und Zugleich auch praktisch wichtiger i
der specielle Charakter des Gottes, welcher den Gegenstand dea
durchschnittlichen Annahme bildet. Die nähere Frage ist hie
die, ob in ihm etwas Gutes oder überhaupt etwas Edelgeartetes
f
— 159 —
?^clacht werde. Die moralische Seite ist nämlich nicht die einzige
^iioli die ästhetische verlangt ihr Recht, und überhaupt lässt sich
"die Wesensbeschafifenheit, wie bei Menschen so auch bei Göttern,
^^c^h mehr als einem Gesichtspunkt untersuchen. In erster Linie
^i xrd jedoch die moraUsche Würdigung zu stehen kommen, die
"^^xi Göttern gegenüber nicht minder am Platze ist, als den
^*^^^nschen gegenüber. Wird nun der fragliche Gott als ein Wesen
^^^~"^n sittlichen Eigenschaften vorgestellt? Gewiss, wenn man das
ort sittlich in seiner gleichgültigen Bedeutung versteht, in
Jeher es überhaupt Alles bezeichnet, was in der Moral in
age kommt, mag dies nun das Gute oder das Schlechte sein,
ebrigens aber giebt die moralische Beschaflfenheit des Menschen-
ammes, nach dessen Ebenbilde der Gott seinen Charakter hat,
uch die Antwort darauf, wie dieser Charakter zu würdigen sei.
.uf öfter berührte Einzelheiten dieser Art brauche ich aber hier
licht zurückzukommen. Ein Charaktergemälde des jüdischen
ottes Hesse sich, wenn es darum zu thun wäre, aus den alten
-C!3^d^^schriften bis in das kleinste Detail ausführen. Eine Religion,
-^e palästinensischen Ursprungs ist, muss, von spätem Ueber-
~^lünchungen abgesehen, unter allen Umständen ebenfalls jenes
Gemälde aufweisen. Die Abänderungen können sich nur auf ver-
schiedene Phasen des Judenthums beziehen, zu denen ja auch
die reformatorische Haltung der Christuslehre gehört. Es bleibt
also dabei, dass in der Religion die gewöhnliche Gottesvorstellung
•einen judengemässen Charakter hat.
3. Soeben wurden die nach den moralischen Gesichtspunkten
zu würdigenden Eigenschaften eines Gottes im Hinblick auf
dessen Judenthum berührt. Wichtiger und interessanter ist die
allgenieine, vom Judenthum und dessen christlicher Selbst-
verwerfung ganz absehende Untersuchung, worin eine wirklich
sittliche Charakteristik des Weltgrundes zu bestehen habe. Zu-
nächst muss man sich im Gegensatz zu den kahlen Welt-
auffassungen dazu entschliessen, das Moralische im Grunde der
Dinge selbst anzuerkennen. Sittliche und nichtsittliche Welt-
auffassungen unterscheiden sich nicht etwa blos dadurch, dass
in der Ordnung des Menschlichen das eine Mal eine gute Moral
als Maass vorau3gesetzt, das andere Mal hintangesetzt wird,
sondern vornehmlich durch die Erkenntniss oder Leugnung der
moralischen Fundamente im letzten Grunde der Gesammtwelt.
Wie innerhalb des Menschenbereichs sittliche Gruadsätze
Frage kommen, sieht man sofort, und nur die Deutung detr
Sitten kann, je nach dem Ernst oder der Frivolität des SfEm.d-
punkts, eine verschiedene sein. Selbst die Thiersitte ist schon'
eine erhebliche, wenn auch rohe Grundlage zu einem höher
und edler zu fassenden Sitte nbegriff. Das Menschliche liefert
erst in den bessern Species die Norm für edlere moralische
Gesichtspunkte, und es ist der neuere Völkergeist, aus dem, wie
früher skizzirt, die vollkommensten moralischen Typen ent-
springen. Nun aber ist es von grösster Wichtigkeit, dass di&
bessere Moral auch für das Verständaiss des Weltgrundes bessere.
Erkenn tnissrailtel darbiete. Wird nicht das Fuadament der Dinge:
selbst als einig mit dem edleren moralischen Typus vorausgesetzt
und auch thatsächÜch demgemäss befunden, so hört alle Bürg-
schaft für die Nachbaltigkeit der edleren menschüchen Antriebe
auf. Ein Mensch, der Freiheit, Vertrauen, Gerechtigkeit uni4'
Treue ah sittliche Erfordernisse jedes Wesens ansieht, welches-
er achten und mit welchem er auf gleichem Fuss verkehren soll, ,
müsste sonderbar berührt werden, wenn ihm zugemuthet würde,
im letzten Grunde aller Dinge Despotismus, Unzuverlässigkeit,
Ungerechtigkeit und gleichsam Verrath anzunehmen. Ein solcher
Grund der Dinge wäre nichts Anderes als eine Art Teufelei..-
Auch käme es so ziemlich auf dasselbe hinaus, wenn auch i
angenommen werden sollte, dass im Grunde aller Dinge dia
entscheidende Anlage auf jene Übeln und bösen Eigenschaften
als auf die maassgebendea Entwicklungen gerichtet sei. Hiemit ■
würde aller gute Glaube untergraben; denn nur Wenige würden
charakterstark genug sein, Angesichts einer solchen demoraÜ-
sirenden Zeichnung des Fundaments der Dinge noch an ihretn. i
bessern Selbst festzuhalten. Die Meisten würden ganz einfachf
der Entmuthigung im Sinne der Demoralisation auch mit ihrea
eignen Verfahrungsarteu anheimfallen. Sie würden durch die-
schlechte Weltvorstellung eiobüssen, was in ihnen etwa noch
an Gediegenem übrig wäre.
Hienach ist es durchaus nothwendig, dass eine Ueberein-
Stimmung bestehe zwischen der Güte desjenigen morahschen
Typus, der in einer voUkommneren Menschenspecies vorwaltet
und demjenigen, welcher im Grunde der Dinge als für alles Sei%
maassgebend vorausgesetzt und aus den Thatsaehea erkaaoti
— 161 —
wird. Eine sittliche Weltauffassung kommt also noch lange nicht
heraus, wenn man nichts weiter thut, als das Gute in der Menschen-
welt zum Maass der Menschenschätzung machen. Um die Menschen*
Schätzung handelt es sich erst in zweiter Linie; in erster ist es
darum zu thun, die Götter selbst nach dem Maass des Guten
zu beurtheilen oder, um eine dem Aberglauben weniger nahe-
stehende Redewendung zu gebrauchen, den Grund der Dinge
als guten Charakter zu erkennen. Manche glauben schon wunder-
was zu thun, wenn sie in der Weltauffassung über Physikalisches
und Chemisches hinausgehen und einen sogenannten organischen
Zusammenhang annehmen. Ein solcher besteht aber auch schon
in der Pflanze, ja, wenn es blos auf das Verhältniss von Mittel
und Zweck ankommt, schon in jeder leblosen Maschine. Organe
oder Werkzeuge in diesem Sinne sind die Theile der Welt hand-
greiflich, imd nur das verstandeswidrigste Gebahren hat dies
bestreiten können. Das Wesen der Natur geht aber in solchen
allgemeinen Rubriken nicht auf; es muss mindestens dem
Besten, was das Menschengeschlecht in sich selbst finden kann,
ebenbürtig sein.
Die wüsten Zufallsvorstellungen, denen gemäss die Natur
nichts als ein Spiel blinder Kräfte sein soll, ergeben die niedrigste
Stufe, auf die eine Weltauffassung hinabsinken kann. Die Zer-
fahrenheit in den Dingen, die hier vorausgesetzt wird, ist gemeinig-
lich ein Spiegelbild derjenigen Zerfahrenheit, Kahlheit, Unwissen-
heit oder Verlehrtheit, die in denjenigen Menschen waltet, die
fähig sind, solche verkommene Vorstellungen zu beherbergen.
Etwas Anderes ist natürlich die Bestreitung von blos erdichteten
Zwecken; denn wo kein Zweck oder gradezu Unzweckmässigkeit
vorhanden ist, da soll man keinen günstigen Zusammenhang
erlügen. Der eine Abweg ist so verkehrt wie der andere. Die
Wahrheit besteht darin, die wohlgeordnete Einrichtung der Welt
^ä zu erkennen, wo sie wirklich zu finden ist, und nicht mit
Ueberweisheit Verhältnisse in sie hineinzulegen, die nur einer
beschränkten menschlichen Absichtlichkeit, aber nicht demjenigen
Menschenwohl entsprechen würden, welches auf nicht bornirte
Weise begriffen wird. Es ist aber trotzdem nur Wenig, Zweck-
Kiässigkeit überhaupt vorauszusetzen, wenn nicht zugleich nach-
gewiesen wird, dass die Zwecke auch auf das Gute gerichtet sind.
Zwecke und Ziele kann es im verschiedensten Sinne geben.
Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 11
i
1Ö2
Teuflische Zwecke sind ebea auch Zwecke. Mao ist mit dieser
Rubrik nicht weit gefördert, wenn maa nicht Ziele und Beweg-
gründe oder, besser gesagt, die Antriebe als edel geartet erkeaoL
Die Vorstellung des Grundes der Dinge als eines edleo Typus
ergiebt erst eine moralische Weltaiiffassuog. Das Lebendige allein
kann nichts helfen. Mit ihm ist man zwar schoa über blosse
Physik und Chemie hinaus; aber lebendig ist jedes niedrigste
Thier auch, und man wird den Weltcharakter nolhwendig
degradiren, weon man kein besseres ilaass, keine edlere Ver-
gleichung uad keine höhern Begriffe zu beschaffen versteht. Das
Bessere in der Weltansicht stammt aus der bessern Natur des
Menschen. Ist ia letzterem keine Moral, so wird auch in der
"Welt keine vorausgesetzt werden. Aus Nichts lässt sich eben
auch Nichts begreifen. Das Thier hat nicht einmal genug Begriffe,
lim zum Aberglauben, geschweige zu einer wahreu WeltvorsteUuug
iahig zu sein. Der niedrig geartete Mensch hat das Privilegium
der Unvernunft und des Aberglaubeas voraus, weil er in seiner
Anlage auch zu einem Kömchen Vernunft und begründetem
Glauben fähig sein würde. Erst die edler geartete Species und
zwar in ihrer höhern Culturentwickluog gelangt dazu, sich zu-
nächst auch Götter von etwas besserem Schlage zu bilden und.
schliessüch den Naturcharakter selbst als etwas Edles und Hohes
zu verstehen. Alsdann wird das Fundament der Dinge wirklieb
im Lichte des Besten betrachtet, was der Mensch in sich selber
finden kann, und mehr verlangen, hiesse Menschenunmögüches
möglich gemacht wissen wollen.
Hier zeigt sich nun auch, wie die Moral mit der Religion
und deren Ersatz zusammenhängen müsse. Die Moral stammt
allerdings nicht aus der Religion und auch nicht aus dem voll-
kommeneren Religionsersatz. Sie ist eher da, als beide. Will
man sich aber durchaus ein Abhängigkeitsverhältoiss zwischen
Religionsersatz und Moral entwerfen, so kann man davon aus-
gehen, dass die Religion zuerst ihren moralischen Charakter von
den Menschen, aber nicht umgekehrt die Menschen den ihrigen
zuerst von der Rehgion erhalten haben. Weil und insoweit eine
Menschenspecies moralisch dachte, hat auch deren Religion ent-
sprechende moralische Züge aufgeprägt erhalten. Dies gilt vom
moralisch Guten wie vom moralisch Schlechten. Wenn um-
gekehrt wieder eine Rückwirkung auf die Menschen stattfand.
L
— 163 —
so war dies kein anderer Vorgang, als eine lehrhafte und disciplin-
mässige Bestärkung in Antrieben, die eben durch Menschen als
von Göttern ausgehend vorgestellt wurden. Sieht man nun aber
vom Aberglauben ab, so zeigt sich, dass es zwar in einem ge-
wissen Sinne eine unabhängige Moral giebt, dass diese Moral
aber unhaltbar wird, sobald Fundament und Charakter der
Dinge nicht mit ihr in Uebereinstimmung gedacht werden. Die
festeste Moral muss schliesslich für die Masse der Menschen zu
"Staub zerrieben werden, wenn fortwährend das Gesammtgepräge
der Dinge als ihr widersprechend ausgegeben wird. Ein solcher
Pall liegt vor, wenn ein Kampf um das Dasein als ein für das
Menschenreich geltendes Grundgesetz der Natur und als ein
Mittel der Vervollkommnung verherrlicht wird. Der Sieg mit
jedem schlechten Mittel und überhaupt die Wegräumung des
Andern zu eignen Gunsten gelten in diesem nackten Daseins-
kampf als Fortschritte zum Vollkommneren. Eine solche Vor-
stellung, die sich obenein den Anstrich der Wissenschaftlichkeit
giebt, ist das erdenklich Moralwidrigste von Allem. Der Charakter
t3er Natur wird auf diese Weise im antimoralischen Sinne ge-
fälscht. Er gilt nicht etwa blos als gleichgültig gegea die bessere
^enschenmoral, sondern gradezu als übereinstimmend und im
Äunde mit derjenigen schlechten Moral, der auch die Gauner
liuldigen. Wie soll nun eine bessere Menschenmoral mit solchen
angeblichen Aufschlüssen über das Wesen der Natur auf die
Dauer vereinbar bleiben? Offenbar ergiebt sich hier eine Kluft
zwischen den Annahmen über die Grundgesetze der Dinge und
den bessern Antrieben, die im edleren Menschen selbst walten.
Das Eine wird sich dem Andern anpassen, also die bessere
Moral verloren gehen oder aber jene Naturlehre als falsch be-
seitigt werden. Ein Drittes ist night möglich; denn der haltungs-
lose Mischzustand der Vorstellungen kann nicht dauern. Es ver-
steht sich, dass hier keinen Augenblick daran gezweifelt werden
kann, dass jene ungeheuerliche Missbildung der Theorie das
Uebertägige ist. Moralisch interessant ist aber deren Ursprung;
denn sie wurzelt nicht etwa unmittelbar in einem wissenschaft-
lichen Irrthum, sondern stammt selbst aus einer in das Schlechte
verzerrten Moral, die ihrerseits wieder niedrige Gesinnung und
Mangel an Empfänglichkeit für bessere Antriebe zur Ursache
hat. Doch habe ich anderweitig Derartiges wie die Darwinisteleien
— 164 —
bereits gebührend abgefertigt uad will hier meine Erklärungen
aus den gemeinen Concurrenzvorstellungen, namentlich aus den*
jenigen englischen Schlages, nicht wiederholen.
4. Das wesentliche Erforderniss einer sittlichen Weltanschauung;
ist dargethan. Der Grund der Dinge selbst muss als Charakter
vorausgesetzt und erkannt werden. Der Ausdruck „moralisch"
zeigt aber nur einen sehr bemessenen Begriff an, und wenn man
ein anderes Wort zur Verfügung hätte, so würde man sich wahr-
lich nicht mit derBenennung „sittliche Weltanschauung"behelfen.
Auch im Menschenreich sind wir genöthigt, bei dem Wort Sitte
an etwas mehr zu denken, als es unmittelbar besagt. Wir meinen
nämlich alle Eigenschaften^ die zur Vortrefflichkeit gehören, und
schliessen dabei beispielsweise die Schönheit nicht aus. Es ist
vielmehr das Gute jeder Art, also überhaupt alles das in Frage,
was einem Typus seinen Werth ertheilt. Die sittlichen Eigen-
schaffen im engern Sinne des Worts sind, obwohl sie vor allem
Andern in der Schätzung den Vorrang haben müssen, doch nur
eine besondere Classe. Es ist nun nicht blos der engere sondern
auch der weitere Sinn, in welchem das Fundament alles Seins
als befriedigend und unsern bessern Antrieben entsprechend sich
muss charakterisiren lassen, wenn es für uns achtungswürdig^
und maassgebend bleiben soll. Andernfalls geht das Bessere bei
Menschen Angesichts der vorgestellten überwiegenden Schlechtig-
keit des Alls der Dinge unter, oder es vereinsamt doch
wenigstens und wird im Allgemeinen einflusslos bis zur Ohn-
macht. Hier ist demgemäss keine Wahl. Entweder überliefert
man sich dem angenommenen allgemeinen Bankerott und ergiebt
sich in die vermeintliche Erbärmlichkeit des Weltgrundes und
Weltcharakters, oder man schleudert alle Zumuthungen von sich,,
die eine doppelte Moral und überhaupt ein doppeltes Werth-
maass, nämlich eines für das grosse Ganze der Dinge und ein.
anderes für die Menschenwelt aufrechtzuerhalten scheinen wollen»
Beispielsweise werden alle Ideen über Gerechtigkeit hinfallig,,
wenn sie nicht absolut verstanden und als im Ganzen des Seins
gültig vorausgesetzt werden. Was hilft ein wenig von jener ober-
flächlichen und dürftigen Gerechtigkeit, die sich auf den ersten
Hinblick zwischen den Menschen zu vollziehen scheint, wenn
diese nicht in Vorgängen eine Ergänzung findet, die tiefer liegen
und weiter reichen als die gemeine und allen gemeinen Ab-
lenkungen ausgesetzte Justiz!
— 165 —
Auch der Theil moralischer Gerechtigkeit, der sich ohne Justiz
xind bisweilen über der Justiz oft genug sichtbarlich durchsetzt, ist
bei Weitem noch nicht genügend, einem edleren Gerechtigkeits-
bewusstsein genugzuthun. Was wir von der Geschichte kennen
und wie wir sie bisher aufzufassen pflegen, ist noch lange nicht
zureichend, um unsere edleren Geistesbedürfnisse zufriedenzu-
stellen. Sogar der ganze Naturgrund, wie er gemeiniglich charak-
terisirt wird, ist in dieser zerrbildlichen oder unvollständigen Auf-
fassung nicht geeignet, die höheren Antriebe unseres Gemüths
und Verstandes mit den Thatsachen ins Gleichgewicht zu setzen.
Ist nun diese Disharmonie etwas Fundamentales, oder stammt
sie nicht vielmehr aus dem Mangel an Vertrauen und rechter
Richtung, wie sie bei der Auffassung von Geschichte und Natur
im Spiele sind? Ich meine das Letztere* Nicht die Thatsachen
sind so zwingend und trostlos schlecht; sondern der auffassende
Mensch ist durchschnittlich so vertrauensleer und so baar aller
-edleren Antriebe geworden, dass er nach der bessern Seite der.
Dinge nicht mehr ausblickt und daher auch Nichts findet als das
Spiegalbild seiner eignen Wüstheit. Was so sehr verletzt, sind
nicht die nackten Thatsachen, sondern deren sittenwidrige Aus-
legung. Die Thatsachen selbst würden noch immer einen bessern
^Eindruck zu machen vermögen, wenn nicht schon mit ihnen
zugleich die frivole Art, sie zu nehmen, an uns gelangte. Was
-am übelsten berührt, ist oft nicht der Vorgang selbst, sondern
die herzlose Art, wie er berichtet wird. Das grösste Uebel liegt
meistens nicht in Thatsachen der Natur, der Geschichte und
-des Privatlebens an sich selbst, auch wenn diese schlimm sind,
sondern darin, dass die Auffassung gegen das Böse nicht reagirt
-oder ihm wohl gar Beifall spendet. So ist ein Act der Un-
gerechtigkeit an sich selbst bei Weitem noch nicht das grösste*
Uebel, wenn ihm die Krone nicht noch dadurch aufgesetzt wird,
dass ihm so ziemlich alle Welt beistimmt und das Unrecht zum
Recht umlügt.
Nicht darin liegt das ärgste Unheil, dass überhaupt Böses
-existirt, sondern darin, dass der Schein entstehen kann, als wenn
das Böse die höchste Sanction für sich hätte. Ein souveränes
Böse, von absoluter Gültigkeit in der Welt, zu dem sich nie eine
Vergeltung gesellte, wäre das Unerträglichste von Allem. Das
Böse mag immerhin existiren, wenn es nur früher oder später zu
166 -
dem gelangt, dessen es werth ist. Bringt es sein eignes Schicksal
im Sinne der Gerechtigkeit mit sich, so ist ihm der schlimmste
Stachel genommen. Selbst das Teuflische kann immeihin eine
"Wirklichkeit sein, wenn sich zu ihm nur auch der eigne Genuss
der Hölle gesellt, die es durch sein Wesen selbst verdient und
hervorbringt. Unerträglich für den Gedanken ist dagegen eine
"Welt, der nicht ihr Recht widerfährt. Die innere Rache, die in
den Dingen waltet, ist die Sühne für alles Böse, das in ihnen liegt.
Wäre die Welt wirklich durch und durch vom Uebel, wie die
erbärmlicben und lebensfeindlichen Aasichten, die sich auch unter
dem Namen von Religionen tummelten, sie genommen haben, so
hätte sie auch nicht eine Spanne Dasein verdient, die vom hölli-
schen Selbstgenuss dieses Uebcls hätte freibleiben können. Ja
auch noch jetzt, Angesichts einer erleuchteten und astronomiscU
in das Riesenhafte ausgedehnten Weltansicht, würde man, falls
man die Welt für verkehrt nähme, zugleich den Schluss auf ein
trostliches Ende derselben machen müssen. Man würde um der
Gerechtigkeit willen anzunehmen haben, dass die Natur vermöge
ihrer eignen Gesetze Bewusstsein und Empfindung schliessUch zum
Erlöschen brachte ; denn eine wesentlich nur auf Unheil angelegte
Weit wäre nichts Anderes werth. Es läge in einem solchen Aus-
gang eine Befreiung, auf welche das Bessere ein Recht hätte. In
einer solchen Vorstellungsart, die ich hier nur als hypothetisch
zur Erläuterung einer Wahrheit berühre, hätte das Unrecht der
Welt einen weit geringem Stacliel, als wenn man an die sich
aller Gerechtigkeit entziehende Souveränetät desselben glauben
sollte. Ueber allen Missgebilden, die sich in das Dasein gedrängt
hätten, waltete alsdann doch eine Macht, die von vornherein der
Missschöpfung ihr Ziel gesetzt hätte. Das Sein selbst würde
auch nach dieser Idee nicht pessimistisch gedacht. Es bliebe viel-
mehr vertrauenswürdig; denn es hätte dafür gesorgt, dass nichts
Verkehrtes sich ungemessen ausdehnen und zur alleinigen, all-
beherrschenden Thatsache machen könnte. Was wäre es denn
auch äussersten Falles so Ungeheuerliches, wenn eine missrathene
Natur durch Erlöschen alles Empfindens zu etwas Aehnlichem
gelangte, wovon sie ausgegangen ist? Alle Empfindung hat auf
jeglichem Weltkörper irgend einmal angefangen. Es gab also
einen Zeitpunkt, wo im ganzen All keine existirte. Was in einer
entlegenen Vergangenheit denkbar ist, muss es auch für irgend
— 167 —
eine Zukunft sein können. Nur hat man sich zu hüten, dabei an
andere Wege, als an die Gesetze der Wahrheit, Wirklichkeit
und Natur selbst zu denken. Wer die Welteinrichtung wirklich
verachten könnte, müsste darin seinen Trost suchen, dass er vor-
aussetzte, dass dieser Einrichtung ihre Verurtheilung schon inner-
lich mit auf den Weg gegeben wäre. Dem Gerechtigkeits-
bedürfniss geschähe hiedurcli Geaüge, und es Hesse sich bei dieser
Betrachtungsart der Dinge noch immer ein gewisses Gleich-
gewicht des Gemüths finden.
In der That wäre es zwar ein sehr entfernter und äusserster
Trost, aber doch immer noch ein Trost, sich denken zu können,
wie die Kraft der Wahrheit und Gerechtigkeit nöthigenfalls über
ein von vornherein verdorbenes Weltganze zu triumphiren ver-
möge. Erloschene So nnen und erloschenes Leben würden als-
dann die gerechte Gr abesstätte einer verfehlten Natur werden.
Es ist aber durchaus nicht noth wendig, dass sie dies bedeuten.
Selbst wenn ein Erlöschen von Sonnen möglich wäre, was noch
nicht nachgewiesen ist, so könnte so Etwas doch auch die Vor-
bereitung einer andern Phase von neuem Leben sein. Wir wollen
also hier nicht voreihge Perspectiven gutheissen, sondern haben
nur ein Bild gebraucht, um anzudeuten, wie das Vertrauen auf den
Grund der Dinge und dessen Gerechtigkeit auch dann noch Aus-
wege finden würde, wenn selbst die ganze Natur im Lichte des
Bösen erschiene, was glücklicherweise nur eine Täuschung der
Religion, aber kein Ergebniss besser gearteter Auffassung ist.
Da Alles, was wir als Missgeschick empfinden, eben in der
Empfindung und im Gedanken liegt, also ohne diese beiden
nicht bestehen könnte, so hat alles Uebel in der Welt einen
Anfang. Vor der Aera des Empfindens und Denkens war die
Natur, wenn wir den vorangehenden Zustand noch so nennen
wollen, frei vom Gefühl des Guten wie des Schlimmen. Alles
das, worüber wir uns freuen oder beklagen, bestand noch nicht,
und dennoch war in dem damaligen Bestände der Keim zu allem
Späteren schon enthalten. Es bestand keine Empfindung, aber
wohl die Anlage dazu. Wie der tief Schlafende nichts fühlt und
nichts vorstellt, aber durch Erwachen oder auch schon durch
Regung von Träumen zu einem mehr oder minder lebhaften und
deutlichen Gefühl und Bewusstsein übergehen kann, so musste,
wenn auch immerhin die Vergleichung nicht in jedem Punkte
168
zutrifft, sich diR ursprüngliche Anlage zum Leben, die selbst noch
nicht Leben war, verhalten. Ein solcher Zustand schloss Alles
aus, was wir im Leben fliehen, und schloss Eines ein, was wir
unter Umständen gar sehr suchen, nämlich vollständige Ruhe, die
aber kein Tod ist. Freilich schloss er auch eines ein, was wir
nicht unbedingt und nicht immer wollen oder doch wenigstens
nicht schrankenlos wollen, solange wir noch bei Verstände uod
Bewusstsein sind, nämlich die unaufhÖrhche Ruhe, die in ihrer
Grenzenlosigkeit auch zwecklos ist. "Wir wollen die Ruhe nur als
die Erholung von einer Ermüdung oder als die Befreiung von
einer uns peinigenden Unruhe. Wo das Leben die Gestalt einer
solchen lästigen Unruhe annimmt, da wird .selbst die Vor-
stellung des Todes zu einem Gut; denn wir haben an ihm. die
Gewissheit der Befreiung von der Unruhe und zugleich Etwas,
was der Ruhe ähnlich sieht. Der nach dem WeUursprung hin
rückwärts gekehrte Blick trifft aber auf etwas Tröstlicheres. Jener
Urzustand ist die Büi'gschaft, dass ein Spiel des Lebens in den
uns bekannten Formen nur eine bestimmte Production, aber nicht
von allem Möglichen der vollständige Inbegriff ist. Hienach bleibt
Raum für die volle Gerechtigkeit und zwar nicht blos für die-
jenige, die sich gemeinerweise im Leben, sondern auch für die,
welche sich am Leben und zwar am Leben in dessen um-
fassendster Bedeutung vollziehen soll. Will man es durchaus,
so kann auch zum Theil schon das Leben selbst mit seinen ver-
schiedenen Eigenschaften als ein Richter über das eigne lieginneu
angesehen werden. Doch genügt die Theilbetrachtung ebea nicht,
und man muss den Gesammtverlauf bis in alle Zukunft mit-
veranschlagen. In und gleichsam auch über dem Leben walten
grund gesetzlich eNothwendigkeiten, die schon in jenemUrzusfande
wurzelten, in welchem dasLeben noch empfindungs- und bewusst-
los war, oder wo, wenn man es lieber so ausdrücken will, noch
gar keine Lebensregung begonnen hatte. Jene grundgesetzhchen
Nothwendigkeiten betreffen auch das Böse, welches in den Ent-
wicklungsentwurf eintreten würde. Wäre dies Böse als etwas
Unbedingtes direct und positiv gewollt, so wäre das ganze Sein,
und nicht erst der bestimmtere Zustand, der Natur oder Welt
heisst, verantworthch zu machen. Das Böse ist aber nur indirect,
also eigentlich nicht es selbst, sondern nur seine Möglichkeit
in die Welteinrichtung eingeschlossen, und es ist stets nur mit
L
— 169 —
-der Zugesellung einer sich gegen dasselbe richtendenRückwirkung
in den Lauf der Dinge eingeführt. Betrachtet man es künstlich
für sich selbst und sieht über jene Rückwirkung, durch die es
principiell als Thatsache verworfen wird, hinweg, so entsteht
der falsche Schein, als wenn es in aller Glorie absolut waltete.
"Was sein soll und nicht anders als sein kann, ist aber gleichsam
nur die offene Thür zu allen möglichen Wegen und Abwegen.
Wenn sich der Abweg nicht blos als solcher charakterisirt,
sondern auch immer gleichsam an eine undurchdringliche Mauer
führt, so sind diese Schranken hinreichend, um der Gerechtigkeit
genugzuthun.
5. Nachdem gezeigt ist, wie das Böse im Grunde der Dinge
nicht als gewollt, sondern nur als unabtrennbare Mitgift der ur-
sprünglichen Freiheit, also um der selbstgestaltenden Freiheit
willen blos ermöglicht ist, kann bezüglich der Zuverlässigkeit und
Achtungswürdigkeit des Seinscharakters kein entscheidender Ein-
wand erhoben werden. In der Uranlage der Dinge und Wesen
befanden sich selbstverständlich alle Möglichkeiten, und das that-
sächliche Sichergehen in der Verwirklichung vieler dieser Möglich-
keiten, ohne Ausschluss der Grenzüberschreitungen zum Bösen
hin, heisst Natur oder Welt. Sich am Rande des Schlimmen be-
wegen gehört unter Umständen zum deutlichen Innewerden des
Guten. Das Schlimme ist aber an sich noch nicht das Böse. Es
ist uns zwar auch verhasst, aber nicht in jener gesteigerten Art,
in welcher wir uns gegen das Böse wenden. In letzterem ist die
feindliche Absicht des Menschen gegen den Menschen oder über-
haupt eines Wesens gegen das andere die kennzeichnende Haupt-
sache. Bosheit bei Thier und Mensch ist eine natürliche Grund-
gestalt des Bösen, und hier ist die unbegründete Absicht, Uebles
zuzufügen, der entscheidende Umstand. Können wir also im Grunde
der Dinge nicht eine Absicht finden, die auf das Schlimme hin-
zielt, so ist auch kein eigentlich Böses darin. Immerhin mag es
in den Theilelementen des ursprünglichen Seins als vertreten
gedacht werden, wenn nur nicht der Gesammtcharakter des Seins
darunter leidet. Als eine völlig gleichartige Einheit lässt sich der
Urbestand der Dinge ebensowenig denken, als ihr heutiger Bestand.
Es ist eine Vielheit relativ freier Existenzen und Gebiete, aus
■ denen sich das umfassende Eine, welches den Gesammtcharakter
-darstellt, zusammensetzt. Die Theile dieses Ganzen sind nicht
— 170 —
wie Glieder an einem Leibe, sondern wie sich selbständig rührende
Wesen in einer durch Gesetze verbundenen Gruppe. Diese Viel-
heit und Unterschiedlichkeit der Dinge und Wesen ist eine That-
Sache, und man muss zur thatsächhchen Mannigfahigkeit der Ent-
wicklungen auch im Ur- und Grundcharakter des Seins eine ent-
sprechende Menge von Anlagen und Möglichkeiten voraussetzen.
Dieser Seinscharakter selbst ist also kein leeres Nichts, sondern
enthält das Gepräge der Natur, ja noch mehr in sich. Zu den]
thatsächlichen Entwicklungen, die wir Natur nennen, muss noch
im eigentlichen Sinne des Worts alles Mögliche hinzugerechnet
werden. Andernfalls beengen und beschränken wir unsern Haupt-
begriffauf dasThatsächliche.und dies wäre eine gradezu bornirende
Verwechselung des weiten Reichs des Seins mit dem Verhältnis-.
massig eng abgesteckten Gebiet der bereits wirklich gewordenea
Der Ausdruck Natur ist der geeignetste, um das Ganze des
Gewordenen zu bezeichnen. Ja er kann auch noch weiter dieneQj
um denJnbegriff aller vergangenen und zukünftigen Zustände, aul
die wir schhessen können, und die sich mehr oder minder gleich-^
artig an die uns bekannten Gegenwartszustände anreihen, durch
eine einzige Vorstellung zu umfassen. In diesem Sinne ist Natur
die Selbstdarsfellung des Seins in zeJtUcher Abfolge von V<
gangen und in räumhcher Ausbreitung von Gebilden, Da nuifc
aber, wie ich zuerst streng logisch deutlich gemacht habe, eia
zeilhches Wechselspiel getrennt wahrnehmbarer, also auch zähl-
barer Vorgänge, nach meinem Gesetz der bestimmten Anzahl,
von der Vergangenheit her nicht als zahllos gedacht werden kann
und mithin einen Anfang haben muss, so hat es auch eine
Seinsart gegeben, die keinem zeitlichen Wechselspiel angehörte.
Diese Seinsart muss von dem, was gewöhnlicherweise Naiut
heissen kann, unterschieden werden. Auch ist es allenfalls voa.
Verstandes wegen noch gestattet, vorauszusetzen, dass die Ur-
vergangenheit, in die wir jene ursprüngliche Seinsart verlegen,
durch das blosse Zeitverhältniss des Vor noch nicht vollständig
zutreffend gedacht wird. Es darf zwischen ihr und allem Andern,
auch an eine Art Rangverhältniss gedacht werden. Die Ent^
nommenheit vom Wechselspiel zeithcher Vorgänge ist einerseits
etwas Höheres und andererseits etwas Unzulänglicheres. Ueber*
legener gestaltet sie sieb, wenn man nur an den sich selbst gletchei
— 171 —
Zustand der Ruhe denkt und dabei bedenkt, dass die Unvoll-
kommenheiten, die dem zeitlichen Wechselspiel anhaften, hier
nicht obwalten. Als niedriger und selbst unvollkommener offenbart
sich jener regungslose Zustand aber sofort, sobald man das
Leben als Ziel ins Auge fasst und als die höchste Angelegenheit
betrachtet.
Manchem mag es bequemer sein, sich die Natur, wie zuerst
die indische Ideologie that, als eine Art Traumdasein auszulegen.
Bei dieser Fiction, in der viel Kindisches liegt, würde der Ur-
zustand nicht mehr in einer Urvergangenheit, sondern gleichsam
jeden Augenbhck hinter dem Rücken unseres Daseins und sozu-
sagen hinter der Scene, in der wir selbst agiren, zu suchen sein.
Meine Grundanschauung, die auch mit dem natürlichen System
des bessern Völkerdenkens zusammentrifft, nimmt das Vor und
Nach als Etwas, wovon man im Denken, wenn man ehrlich
gegen sich selbst bleibt, nie loskommt. Jede vermeintliche Er-
hebung darüber ist nur ein trügerischer Schein. Auch haben
nur verstandesfeindliche Systeme, wie auch das Kantische eines
ist, dieses Unmögliche möglich zu machen gesucht. Wir müssen
daher also auch die Abwesenheit des Wechsels zeitlich vor dem
eintretenden Wechselspiel denken. Die Zeit hat an sich mit dem
Wechsel nichts zu schaffen; sie wäre auch, wenn nichts Unter-
schiedenes aufeinanderfolgte. Eine Ewigkeit des ruhigen, sich
selbst gleichen Beharrens in demselben Zustande ist an sich ohne
Widerspruch denkbar. Ob Etwas bleibt, was es ist, oder ob es
wechselt, — die Zeit bleibt dieselbe. Das Wechselspiel unter-
schiedener und zählbarer Vorgänge ist nicht die einzige, sondern
nur eine specielle Erfüllungsart der Zeit. Die letztere kann ebenso
gut durch etwas Ruhendes und sich nicht Veränderndes erfüllt
werden. Thatsächlich haben wir zugleich das Beispiel von
Beidem; denn die wirkliche Erfüllung ist aus Bestand und Wechsel
gemischt.
Wollte man die Bezeichnimg als Natur gewöhnlichermaassen
auf den Inbegriff alles Seins anwenden, so hätte dies zwei Nach-
theile im Gefolge. Erstens ist man gewöhnt, sich unter Natur nur
den Inbegriff des Bekannten und mit der thatsächlichen Forschung
Erreichbaren vorzustellen. Dieser Naturbegriff ist daher ohne
Abschluss; er grenzt an Etwas, was nicht nur thatsächUch un-
erreichbar ist, sondern auch nicht einmal als möglicherweise
■eireichbar gedacht werden kann; denn der letzte Urzustand isi
durcli Forschungsrubriken nicht zu charakterisiren. Nur dei
Denken ist seine allgemeine Existenz gewiss, aber auch nicht da»
nähere "Wie dieser Existenz zugänglich. Der zweite Uebelstaarf
■des Ausdrucks Natur liegt darin, dass er in allen Sprachen, welche!
feiner unterscheiden, weibÜch, also nicht geeignet ist, jene höher*
Vollkommenheit anzudeuten, die im Gruad Charakter des SeinS'
nicht fehlen kann. Kommt es darauf an, die Ueberlegenheit de»'
Bewussten über das Bewusstlose zu markiren, dann mag dep
Mensch das, was ihn umgiebt und aus dessen Schooss er hervor-
gegangen ist, immerhin Natur nennen. Das Wort und alle sicÖ
■daran knüpfenden Begriffe lassen uns aber im Stich, wenn es gilt,
die würdigste Vorstellung vora Grund Charakter des Seins aucbf
sprachlich angemessen auszudrücken. Namentlich versagt dw-
überlieferte Sprachschatz, wenn populär und doch zugleich wa
geredet werden soll. Das Wort Gott ist mit dem Aberglaubi
so innig verwachsen, dass es sich, wo ehrlich verfahren werden soUj|
:zur Bezeichnung des fraglichen Grundcharakters des Seins ohiii
Irreführung nicht brauchen lässt. Der Judäer Spinoza beschönigte
einen solchen Missbraucb, indem er so Etwas „nach der Fassung»^
kraft des Volkes reden" hiess. Es heisst aber in Wahrheit,
Volk glauben machen, dass man seinen Aberglauben theile. Es
heisst, den gröbsten Vorstellungen Thor und Thür öffnen, wena
man die Wtirter braucht, bei denen jene durchschnittlich auf-
tauchen. Mit dem Wort Seele verhält es sich ebenso: es isi
Termöge der gewöhnlichen Vorstellungen, die sich daran bei Jeder-J
mann knüpfen, unbrauchbar geworden, das geistige Wesen voö'
Mensch oder Thier ohne Fälschung der Begriffe zu bezeichnen.'
Die dichterische Freiheit ist es allein, die vermöge ihrer Verlegeon
heit um sprachliche Mittel, Bilder und mannigfaltige Ausdrücke''
halb entschuldigt werden mag, wenn sie sich in diesem falschen,!
wahrheifsverrätherischen Wörterspiel mit behaglichem Luxus ef"
■geht. Aber auch an sie wird die Reihe kommen, das abzulegen,
was auch nicht mehr für Kinder passt, die man redlicherweise'
und nicht mit unnützen Lügen aufziehen will. Nur der eigen-
nützige Betrug hat ein Interesse daran, jene zweideutigen Wen-
dungen und Schleichwege zu benutzen. Nur dem Betrug kanfl'
■daran gelegen sein, die Fassungskraft des Volkes zu degradiren-
und mit falscher Münze zu verwirren.
I
— 173 —
Sagen wir »das Gesammtwirkende**, so ist dieser Ausdruck
2 War etwas schleppend, hat aber doch wenigstens denVortheiU
^^nen klaren verstandesmässigen Begriff an die Stelle zu setzen,
Wo sonst entweder der Aberglaube oder eine hohle Nuss oder
auch beides zusammen sein Wesen treibt. Weltgrund, Welt-
fuxidament, Naturgrund, Allwirkendes sind ebenfalls mögliche
Bezeichnungen. Nur vor dem Ausdruck „Geist" hüte man sich
ebenfalls; denn man wird sonst bald mit irgend einer Art des
^^ropäischen Spiritismus auf gleich niedriges Niveau zu sinken
scheinen, d. h. irgend einer Philosophastrik Vorschub leisten.
'^U.ch im neuen Testament heisst es schon, Gott sei Geist, oder
^^ch, Gott sei die Liebe und dergleichen mehr, was viel zu viel
^^ch unklarer Philosophie schmeckt, als dass es für wirklich
■^ixisichtige maassgebend sein könnte. Uebrigens sind die neu-
^^^tamenthchen, sowie auch die prophetisch und visionär mysti-
^^Vien Auslassungen der Bibel überhaupt nichts weniger als
^^^ptdär. Sie sind weit unklarer und unvolksmässiger als irgend
-■^Xie der gesunderen Arten der Philosophie gerathen. Man brüste
^ch also nur nicht mit den alten schriftstellerischen Erzeugnissen
^^s Juden Volks, als wenn diese es herausgehabt hätten, sich
^ ^Dlksverständlich auszudrücken. Die Theologen haben keine Ur-
'^che,. auf Deutlichkeit der Begriffe Anspruch zu machen. Sie
^^^agen noch Einiges dazu bei, Wörter, wie Gott, im Umlauf zu
^^ rhalten; aber wenn man von grob abergläubischen Vorstellungen
^^bsieht, so fehlt es bei diesen Wörtern an zugehörigen Begriffen,
^^s sind Laute von conventionellem Gebrauch, aber ohne deutlich.
denkbaren Inhalt. Am interessantesten ist aber die Thatsache,
^ass die religiösen Urkunden, die man dem Volk in die Hände
gegeben hat, im Wesentlichen auch nicht deutlicher sind,, als
verworrene Philosophien. Nur Einiges ist darin naiv, dann aber
auch vom fgröbsten Gespinnst. Was feiner zu sein versuchte,
wie einige neutestamentliche Lehren, ist dafür auch dunkel genug
gerathen oder gradezu in philosophirerische Unbegriffe trübster
und unsicherster Art ausgeschlagen. Die homerischen Dichter
konnten wirklich naiv sein; denn im Gebiet geschmackvoller
Bilder von unbefangen sinnlicher Artung bleibt Alles verständ-
lich imd durchschaubar. Die Versuche zu religiösen Grundschriften
sind aber auch bei andern und bessern Völkern als den Juden
in das Gestaltlose verfallen. Die indischen Urkunden haben einen
gewaltig bessern Sinn und Geist als die jüdischen; aber auch
sie sind, wenn auch von dem Bessern nicht so weit abstehead,
so doch auch in das Unklare und zerfliessend Philosophirerische
gerathen. Die Juden haben nur noch den Umstand voraus, t
das, was bei ihnen zerflossen hin und her trieb, von vornherein
etwas Eckiges und Abgebrochenes war, so dass schliesslich die
unschönen Stücke wie in einer sumpfartigea Masse zerstreut und'
mosaikweise durcheinandergewürfelt waren. Wo die Dinge so
stehen, kann man nicht von volksverständlichen Begriffen reden'
und überhaupt nicht den Anspruch erheben, dass WOrter und
Begriffe sich nach solchen Mustern auf einem niedrigen Niveau
halten sollen. Die Volksmässigkeit ist grade dort verfehlt, und!
■die Aera besserer Völker und reiferer Bildung wird eher dat
Zeug dazu haben, die richtige Wörter- und Begriffsmünze, die!
allgemeine Währung werden kann, auszuprägen und in Umlauf
zu setzen, als das an Verstand und Gemüth vernachlässigte;
bornirt eckige Judenvolk. Um also auf den Ausgangspunkt
zurückzukoramen, so ist der Ausdruck Grund oder auch Grui
und Boden der Dinge weit besser als die Silbe Gott; denn mi
■weiss doch deutlich, worauf man hier fusst.
6. Verstand und Gemüth der neuern Völker sind es, für
■welche der Grund und Boden der Dinge in einer bessern Weise,
als jemals früher, charakterisirbar und in seiner Einrichtung'
durchschaubar werden muss. Der Naturgrund hat einen Charakter?
aber dieser Charakter ist nur für einen verwandten Charaktei
wahrnehmbar. Diese Wahrnehmung geschieht durch Verstaodi
und Gemüth zugleich. Wird das Gemüth, d. h. der InbegrifTder
edleren Gefühle und Erregungen, verstandlos, so tappt es im
Dunkeln. Wird aber der Verstand gemüthlos, so geräth er leefi
und kahl. Es fehlt ihm alsdann an jedem höheren InteressCi
sich in die Beschaffenheit und Einrichtung der Gesammtweli
zu vertiefen. Was wir Deutsche im engern Sinne Gemüth nennen,
und wofür die Franzosen in ihrer Sprache kein Wort habea,
ist nichts als eine eigenthümliche und bessere Artung gewisser
Charakterregungen nach Seiten der Empfindung. Das Treuherzig*
und zwar in allen Beziehungen hat dabei den Haupianiheil, Di<
Sinnes- und Gefühlsweise ist von diesem Element durchdrungen?
sonst fehlt das, was in beschränkterer Haltung Gemüth lichkdt
heisst, in edlerer und höherer Gestaltung aber Gemüthshaftigkeit
— 175 —
heissen könnte. In entschiedeneren Angelegenheiten, die sich
nicht im Kleinen bewegen, ist es nicht die gut- und frohlebige
Gemüthlichkeit, sondern die ernste und tiefe Gemüthskraft, auf
die es ankommt. Die Gemüthskräfte umfassen alle Regungen,
mag es sich um Liebe oder Hass, ja auch überhaupt um die
Leidenschaften handeln. Das Gemüth ist gleichsam ein Sammel-
wort für die Regungen des Muths und Unmuths, der Genug-
thuuDg wie des Zorns u. dgl. Es is^eine Abkürzung für vielerlei
Afiectionen, kann aber bei den bessern und besten Völkern
Artungen und Bestandtheile enthalten, die bei den schlechteren
nicht vorkommen. Eben hiedurch erhält es jenen engern Sinn,
der uns Deutschen und überhaupt den germanischen Völkern am
vertrautesten ist. Ohne diese besondere Artung von Gemüth
würde es an jenen Eigenschaften fehlen, die, wie Freiheit, Ver-
trauen, Gerechtigkeit und Treue, als thatsächliche Grundbestand-
theile der besten Artung des Völkergeistes hingestellt werden
konnten.
Ueberträgt sich nun Verstand und Gemüth der bessern
neuern Völker in die Auffassung des Weltganzen, so wird der
Grund und Boden der Dinge in einem Lichte gesehen, welches
noch andere als die physikalischen Eigenschaften sichtbar macht.
Wenn ich sage, physikalische Eigenschaften, so meine ich damit
zugleich alle, die in einer gesunden Naturwissenschaft in Frage
gekommen sind oder noch kommen können. Hierin liegt das
Wirkliche, wobei sich von selbst versteht, dass auch der Mensch,
und zwar vor Allem mit seinen unmittelbar von Innen wahr-
nehmbaren Bewusstseinseigenschaften, als Theil der Natur in An-
schlag zu bringen ist. Der edel geformte Verstand mit dem zu-
gehörig entsprechenden Gemüth hat Sinn für das Verstandes-
mässige und wohlthätig Gefügte der Dinge. Diese Bewusstseins-
kräfte und Bewusstseinsformen machen zuerst die nothwendigen
bessern Voraussetzungen über das Gefüge des Weltfundaments
und sie bestätigen sich alsdann diese Voraussetzungen durch
immer eindringlichereForschung. Man kann jene Voraussetzungen
zunächst als einen Glauben betrachten, der seiner selbst im All-
gemeinen gewiss ist, sich aber durch Umschau und Untersuchung
aus blosser Zuversicht in bestätigte Gewissheit und Wahrheit
verwandelt. So hatte Copernicus zunächst den Glauben, das
System der Natur müsste einfach und harmonisch sein, nicht
176
aber verzwickt und verschroben, wie es die verlehrten Astro-
nomen darsteJlten. AehoUch stellt sich die Sache auch mit allea_
andern Beziehungen. Die Lebensfeindlichkeit und Verschroben-
heit religiöser Welterklärungen sind auch nichts als Abirrung;eQ.
zu Zerrbildern, für welche schlechte Sorten von Verstand und.
Gemüth die Verantwortlichkeit tragen. Die bösen Leidenschaftea
und deren Rückschläge haben sich bei dea schlechteren Racen.
und namentlich bei den Jui4«n noch mit einem beschränktet!.
Verstand gegattet gefunden, welcher blosser Thierpfifiigkeit näher
steht, als eigentlich menschlichen Erkenntnisseigenschaften. Dieser
eckige, kurzsichtige Thierverstand hat auch die Natur und dea
Naturgrund, und zwar nicht blos in deren religiöser, sondern,
auch in jeder andern Auffassung, zu argen Zerrbildern entstellt.
Kommen nun die bessern Völker mit ihrem höheren und weit-
sichtigeren Verstände, so zeigt sich die Welt nicht mehr in zerr—
bildlichen Formen, wie sie von der Religion und dem Asiatismus
ausgingen, sondern in ihrer harmonischen Wahrheit. Es ist als-
dann, wie wenn an die Stelle eines mangelhaften und miss-
gestalteten Sehorgans, welches uur Verzerrungen spiegelt, ein;
vollkommenes Auge getreten wäre.
Ein zweiter Hauptpunkt bleibt aber der Gebrauch, der vool
dem Sehmittel gemacht wird. Wo es uur dazu dient, der rohesten,
und boshaftesten Gier die Beute fmden zu helfen, wie dies bei,
den verderblichen Racen der Fall ist, da wird es schon durch
diese Aufgabe auf das Gemeinste zugerichtet und lernt nie, naclt
etwas Edlerem zu blicken. Der Verstand bleibt auf diese Weis
in dieselbe Niedrigkeit und Beschränktheit gebannt, der auch'
die missgestalteten Triebe und Leidenschaftea frühnen. Im*
Gegensatz hiezu ist auf der Grundlage eines edleren Gemüths«
auch eine höhere Entwicklung der zugehörigen edler angelegteit
Verstandeskräfte mögUch. So entstanden die bessern Grnndlagei
für einen verhältniss massig hohen Grad von Wissenschaft und.'
Kunst bei den Griechen, und noch bessere Fundamente schafft:
sich das aufwachende Selbstbewusstsein moderner Völker in dea
neuern Jahrhunderten, Noch mehr muss sich dieser heilsamaä
Vorgang steigern, wenn der wahre Grund erkannt und ergriffeit
wird, aus weichem alle diese Schaffenskraft stammt. Alsdann,
wird auch die ganze Weltanschauung mitumgeschaffen, untt
hiezu ist nichts weiter nöthig, als dass die modernen Völberf
— 177 —
lernen, nicht blos in einzelnen Richtungen, sondern überall ihr
eignes Auge zu brauchen, anstatt durch die Brille verderblicher
und beschränkter Racen zu sehen und deren alte Visionen zu
begucken. Nebenbei bemerkt, muss das eigne Auge auch da
eintreten, wo eine Zeitlang durch die Brille, wenn auch besserer,
so doch abgestorbener Völker, wie der Griechen, gesehen wurde.
Das neuere Völkerauge reicht überall zu. Wie die Nationalitäten
mit ihren lebendigen Sprachen seit einigen Jahrhunderten an-
gefangen haben, sich geltend zu machen, so müssen sie zur
eignen Sprache auch sozusagen die eigne Religionsform heraus-
kehren. Sie müssen die Lebens- und Weltanschauung aus ihrem
Fleisch und Blut schaffen, wie sie die Sprache und einen erheb-
lichen Theil der Wissenschaft und Kunst daraus bereits sichtbar
genug gestaltet haben.
Wendet man die ebengemachten Erinnerungen auf den
Grund und Boden der Dinge oder, wenn man es lieber so nennen
will, auf das Gesammtwirkende an, so ergiebt sich eine ebenso
verstandesmässige als gemüthskräftige Einsicht. Die Erde mit
Allem was sie hervorbringt, nebst den ausserhalb, namentlich
in der Sonne liegenden Ursachen der Lebenserhaltung, sowie
überhaupt einschliesslich aller Einflüsse, die aus der umgebenden
Gesammtwelt stammen. — diese ganze Anlage und Einrichtung
muss als wesentlich für den Menschen hergestellt, d. h. als mit
seinem Wohl in Uebereinstimmung erkannt werden. Alles dies
ist nur ein Theil im Universum, aber darum nicht Nichts und
verschwindend, sondern von positiver und zwar für uns specieli
von praktisch entscheidender Erheblichkeit. Das Uebrige, was
ausserhalb unseres Systems liegt, reicht zu uns augenscheiiilich
nur mit Einflüssen zweiter oder niederer Ordnung. Wohl aber
erweitert dies Ferne und praktisch in der Hauptsache Fremde
unsere Einsicht. Ebenso ist der Rückblick in die Zeit auch da,
wo die Schlüsse über das empfindende Dasein zurückreichen,
wohlthätig sowohl für die Abgrenzung als auch für die Ver-*
vollständigung unserer Grundvorstellung. Eine leere Ewigkeit
erweckt keine Theilnahme ; nur eine erfüllte Zeit vermag dies.
Ebenso würde es sich mit einem unerfüllten Räume verhalten;
die Erfüllung oder Erfüllungsart ist es, was auch hier interessirt,
und diese ist begrenzt und in ihren Einzelheiten, wenn auch
nicht thatsächlich zu zählen, so doch nothwendig als zählbar zu
Du bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 12
— 178 —
denken. Die so aufgefassle Welt zusammen mit ihrem Fundament
als ein einziges Gebäude gedacht, welches viele Wohnstätten
hat und dessen Grundpfeiler in den früher bezeichneten Vor-
zustand der Natur hineinreichen, ist nun in ihrem Sein zwar in
•
letzter Zergliederung durchgängig und überall Mechanik; aber
hiemit ist nicht ausgeschlossen, dass in dieser Mechanik sich
alles das bethätigt, was Verstand und Gemüth an Erfordernissen
voraussetzen, um ihre Eigenart in der Einrichtung der Dinge
wiederzufinden. Wirkliche Umschau und Nachforschung bewahr-
heitet die Vorwegnahmen der bessern und verständigeren mensch-
lichen Wünsche. Wir werden dem Weltfundament gegenüber
zwar als Personen, aber nicht wie von einer Person afficirt.
Letzteres würde in die alte falsche Gottesannahme der Religion
wieder ablenken. Verstand waltet in den Dingen, aber nicht wie
in einem Hirn oder von einem Hirn aus. Es ist kein spiritis-
tischer Geist in die Welt hineinzudichten; die Materie ist das,
als was sie sich uns nach der gesunden sinnlichen und verstandes-
mässigen Auffassung darstellt. Der Lauf der Dinge hat kein
Doppelgesicht; nur ist eben in dem Spiel von Stoffen und Kräften
mehr angelegt, als blos physikalische und ähnliche Wirkungen.
Es sind nämlich noch die Wirkungen, die zum Menschen hin-
führen und diesen befriedigen, also alle wohlgefügten Beziehungen
zwischen dem Nichtempfindenden und dem Empfindenden. Es
ist nicht blos Verstand, sondern es ist auch Theilnahme für das
Gemüth empfindender Wesen in der Einrichtung der Welt, und
diese Wahrheit reicht weiter, als jemals die Griechen vorgedrungen
sind. Die neuern Völker treten hier mit ihrem edleren Gemüth
ein und sehen den Weltgrund im Lichte ihrer eignen edleren
Triebe.
Das AUerverkehrteste wäre, in der ausserlebendigen Welt,
also für unsern Planeten in alledem, was nicht Mensch, Thier
oder Pflanze ist, Etwas suchen zu wollen, was den Lebenskeimen
• gliche. Obwohl feiner geartet, erscheint es für die unbefangene
Würdigung doch als ein entschiedener Aberglaube, vorauszusetzen,
es könne sich aus blossen physikalischen, chemischen und ähn-
lichen Kräften das Lebendige ergeben. Würden alle lebendigen
Einzelwesen auf dem Planeten vernichtet, so wäre es dort über-
haupt für immer mit dem Leben aus. Von Neuem würde nichts
entstehen, falls nicht anderwärts her sozusagen neue Samen
— 179
lebendiger Dinge dazukämen. Auch in der Urvergangenheit
haben wir keinen Anhaltspunkt, eine Urzeugung in dem Sinne
zuzulassen, dass aus der gemeinen Materie, den physikalischen,
chemischen und ähnHchen Kräften ohne Typuskeim, der sich in
bestimmten Theilen der Materie fand, ein lebendiges Wesen
hätte hervorgehen können. Es ist sogar ein Denkwiderspruch,
das Unlebendige für zureichend zu halten. Lebendiges aus sich
herauszugestalteo. Die Wege der Fortpflanzung sind sicherlich
nicht die einzig mögUchea des Bestehens des Lebendigen; aber
eine Urzeugung, woher sie auch gekommen wäre, im Sinne
ursprünglichster Entstehung des Lebendigen ausdemUnlebendigen.
ist ein logischer Widersinn, Das Wechselspiel der sich ablösenden
Generationen kann nicht in alle Ewigkeit rückverlängert werden;
aber die Anlage zum Leben tnuss in bestimmten, unterschiedenen
Iheilen der Materie residirt und kann, nicht jeglicher Materie
beigewohnt haben, Gesunde Auffassung und richtige Rückschlüsse
leiten uns nie darauf, dass blosse Zustände, welche die aUgemeine
Materie physikalisch, chemisch und in verwandter Weise, etwa
durch Wärmeveränderungen, annehmen kann, zum Leben führen
könnten. Heute in den unorganischen Stoffen und Kräften das
pflanzhche und thierische Leben finden wollen, heisst in der
Materie an Gespenster glauben und einen Spiritismus der Materie
aufrichten. Eine Urzeugung in solchem Sinne ist Gespenster-
glaube. Der gesunde Sinn wird den Wegen nachgehen, wo sich
Leben und Bewusstsein in der Natur wirklich findet, und danach
bemessen, wo es sich auch ursprünglich gefunden haben kann
oder in irgend einer Zukunft mag finden können. Es noch
anderswo suchen, als in den lebenden Wesen, in ihrer Nach-
kommenschaft und in ihrem einstigen Vorzustande, wo sie sich
als bewusstlose, zum Leben beanlagte Einzelelemeute innerhalb
der sonstigen Materie vorfanden, — das Leben noch anderswo
suchen, heisst zu unbegründeten Fictionen in das Reich erträumter
Geisterchen überspringen. Wenn wir also vermöge unseres Ver-
standes und Gemüths die ganze Einrichtung der Dinge als lebens-
voll ansehen, so heisst dies nur, dass sie voll von Beziehungen
ist, die dem Leben der lebendigen Wesen dienen. Diese Be-
riehungsfüUe, welche die unlebendige Welt in ihren Theilen
Unter sich und alsdann zu den lebenden Wesen zeigt, ist die
Anzeige von Etwas, was weder denkt noch fühlt, aber derartig
180 —
tbälig ist, dass es den Gedanken und Gefühlen der iebendeu
Wesen entgegenkommt.
7. Noch weit mehr als in den Beschaffenheiten und Gesetzen
der unorganischen Natur sind die Grundeigenschaften, die iq.
umfassendster Weise erst vom neuern Völkergeisl erkannt werden.
am äussersten Ende unserer planetarischen Gestaltenreihe, namlich'i
in der Menschenwelt selbst, wahrzunehmen. Jedoch auch hier ist.
nichts Anderes als Thatsachllches oder Naturgesetzliches in An.-
schlag zu bringen. Auch wenn man die tiefere BeziehungsfüUe
sucht, die in der Freiheit mannigfaltiger Gestaltungen obwaltet, ,
hat man sich zu hüten, dunkle oder gar mystische Wege voratis-
zuselzen. Beispielsweise kann sich der Mensch setir wohl untec-|
den Antrieben seines Gemüths versucht finden, in dem natur-ia
geselzlichca Laufe der Thätigkeit von Dingen und MenscheaJ
solche Beziehungen anzunehmen, die als eine Art Vorsehung zu ;
gelten hätten. Namentlich schmeichelt es dem Einzelnen, sicii
und sein Schicksal als den Zielpunkt solcher Beziehungen vor. |
zustellen. Man vergesse aber dabei nicht, dass es immer nur'
die erwünschten oder als heilsam gedeuteten Fügungen sind, die
auf solche Weise von der menschlichen Selbstliebe und Eitelkeit
zu Gunsten einer allerspeciellsten, ja individuell angepasstea
Fürsorge für das eigne Ich ausgelegt werden. Wenn äusserlich
hervorragende Männer, wie Napoleon 1, sozusagen an ihren Stero.
glaubten, also annahmen, dass sie vor Durchführung ihrer Auf-«
gäbe nicht fallen würden und gleichsam unverletzlich wären, sO'
war dies ein Aberglaube wie jeder andere. Sie suchten nichfcii
etwa in ihren Eigenschaften die Bürgschaft für den Erfolg, sondern f
hingen sich da, wo dieser vom Zufall abhängig war, an einesu
mystischen Glauben. Wer sich in den Kugelregen begiebt, kanan
nie die Gewissheit haben, von keiner Kugel getroffen zu werden.,,
Nur der eitle Aberglaube kann zu dem täuschenden Schein einer^i
solchen Gewissheit verhelfen, und solcher Aberglaube ist niemalsii
danach geartet, Angesichts des Verstandes lange vorzuhalten. 'Ji
In der Vorstellung von einer Vorsehung liegt meist eine argei
Unwahrheit, die das Erzeugniss falscher persönlicher Eitelkeitl
ist. Es kann aber darin auch eine grosse Wahrheit liegen, fürd
die freilich das Wort Vorsehung fast ebenso unpassend ist, wies
für den Grund und Boden der Dioge das Wort Gott. Sucht Jnami
pämlich die Fürsorge nur ia dem Lauf der Begebenheiten, wid
— 181 —
er sich vermöge der BeschaÖeaheit von Dingen und Menschen
nach den Seinsthatsachen und Naturgesetzen gestalten kann oder
müss, so handelt es sich nicht mehr um einen unberechtigten
Aberglauben. Ausser der allgemeinen Fürsorge, die in der all-
gemeinen Beziehungsfülle von Dingen und Menschen liegt, darf
nicht blos, sondern muss sogar eine dem Einzelnen zugewendete
Fürsorge angenommen werden, und diese lässt sich durch näheres
Zusehen auch erfahrungsmässig bewahrheiten. Sie liegt nämlich
ganz einfach in der individuellen Ausstattung, die jeder Einzelne
an Eigenschaften und naturgesetzlichen Nothwendigkeiten in sich
trägt. Der Starke ist auch stärkerer Empfindungen fähig, in Lust
wie in Schmerz; im Schwächeren kann niemals dieselbe hoch-
gradige Spannung der Gefühle entstehen, und ihm wird daher
auch an Schmerz keine so peinvolle Sprosse der Stufenleiter
zugetheilt. Ehe letzteres geschieht, erlischt bereits die Empfindung,
so dass also die Skala je nach der Nervenkraft weiter oder enger
bemessen ist. Der Boshafte erbost sich bei jedem Anlass weit
mehr, als unter gleichen Umständen der Gutmüthige. Hierin
l^ann man eine innere Naturgesetzlichkeit oder Rache erblicken ;
denn der Boshafte hat da, wo er sich nicht nach Herzenslust
auslassen kann, seine Bosheit selbst zu verschlucken, und er wird
unter Umständen vor Aerger fast crepiren. Jedoch auch da, wo
^^ seine Bosheit auslassen und Andern Schaden zufügen kann»
Weibt er noch immer im Selbstgenuss seiner widerwärtigen
^ff^ction; denn es ist für Bestie und Mensch kein angenehmer
^^tand, sich zu erbossen. Auf die Auslassung der Bosheit von
•fallier und Mensch kommen aber gemeiniglich die Rückschläge,
und wo diese im einzelnen Fall ausbleiben, wird früher oder
später bei andern Gelegenheiten etwas Gebührendes eingeerntet,
s^ dass gleichscmi ein Aufessen und der Genuss der eignen
^^Ixlechtigkeit, sei es nach innern, sei es nach äussern Gesetzen,
J^^inem Wesen erspart bleibt. Das bessere Gemüth trägt aber
^^ sich selbst sozusagen die Vorsehung, d. h. die Vorkehrung,
^^ss es von Allem auch besser erregt, werde und den Lohn
seiner eignen Beschaffenheit in den Regungen finde, deren es
ia.hig ist. -Für das bessere Gemüth giebt es daher auch nicht
^i^ Religion der Schlechten, deren gerechter Fluch darin besteht,
^^^h Götter nach dem Ebenbilde des eignen niederträchtigen
■^^rzens denken zu müssen.
TmI mas: 52r Fisssr r/tr. Xari iessr S^^ie irx lusnz
k^nrnrnfT. 'wsixl hm fss r^ii'wissseiir 5s:5eh:»±!L iitl let nutzes
iac^a: Zösr jneiese^iir "vnrieni sc Arno: en [rr^TTTt^nTyy'iiHn-iC'isrizT.l.
es scrr -nnKcsare-rsjirs -jhz 5*at AI iis: Zms^ rHreE- c-f,"?
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Xatnr msrCDsn -se ric isc :i=c ia=^ 5ciu?irlirL n^^jirigi Z-er Säü-
laamicTfr :äe? Sens '2!r»«:sc sei -rmr Hrer nr ier zr^imf äs n^sera
TTIk a r- > >a : ?UMii ifis Tmi ~ I k" ?r ^em t ii n s toctt iran^üirTinri :^ ein
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rigfäinsi. üt fmr SLine ^u. inrnfn-. riier Trre seilst ie Sice r^
311 ienr '?arg!T, tfhs jmse: :iiis 2=c lacrr ans seit tttttl -rmf iesen
VoTsteilniig: snt ms -snen: Iffoeüs^^rrüffü Hlminck: nmcrm W5e irr
la ^axfiur iniiem Msiscaett ±agiinemiiiai. nai wie .ms 21L ^eiueni
Enjpfleit ^fcgjKi ^ein: TiiHin. eaenscr krJrmerr wir uaciL ar caen
5rrrsE»üi ' janzen ier Seuxsangjeiegiemeiien: -ränggn. Wrc k-jirnen
3fi»§pnibi out lern: •^nmttoderr. was mehr niser S?ihsc isc :mrd
inerzmi Teniir -e-ie -tchie Mit ein p iTut hing: ierm üe Sabstüece
wäns hier -sit ^anz sdrlechtes Fruicn- Aiicii oicrir einrngi dstrf
i<j Etwas mt oer Salbsdieüe T^rsiichäi 7aer iorca: se vanrntteit
^pdacht wemen. Wie ;ede wahre Sßtempiihdung: für üe Fremfe
jnd iea Scamerr Aauwsr mt ient eigtter Interesse omi Scfmrit-
-^ mcins za scoailen aaaen and oiciir iauurdi emsrmeit darf.
•iass- man sich an üe Steile ies Andern ienkr» anstatt g:iechsam
'ien Andern, für sich umnteressrt, selbst m denken. — wie also
hier <iie natürliche Tl"n?ache des Mitgenihis dadurch wirkt; d^ss
hienrit der Xensch vom Eigeninteresse laskommt; so ist auch
für den Kemcharakier sjder das Gute im ixniverseilfin Sam sym-
pathisches \'erstununiss und Geiühi nur dadurch mo^ch. dass
— 183 —
dessen Eigenschaften, nicht aber unsere Angelegenheiten, uns
erregen.
Das Gute und das Harmonische im Sein, sowie die wahren
Auffassungen davon müssen uns ganz wie etwas ausser unser m
Ich Gelegenes erregen; sonst verfallen wir in eine Selbsttäuschung.
Von unserm eignen Selbst können und brauchen wir nicht, als
wie von einem Gegenstande, besonders afficirt zu werden. Hier
sind wir Etwas, während wir sonst nur wahrnehmen und be-
trachten. Was wir aber sind, wurzelt zwar im tiefsten Grunde
aller Dinge, ist aber nur eine zeitweilige Darstellung, die in be-
stimmten Vorgängen besteht und mit der Lebensflamme erlischt.
Eigentliche Wirklichkeit hat daher die Gemeinschaft unseres Seins
mit dem Kerncharakter aller Dinge erstens nach Seiten jener
Wurzeln hin, die in die Urvergangenheit reichen, und zweitens
vermöge der Lebensreize, die uns durch die Naturkräfte und
vom übrigen Menschendasein her zukommen. Dies Alles ist
keine ideelle, sondern eine materiell wirkliche Gemeinschaft mit
Elementen des Ganzen der Dinge. Dagegen ist jenes Mitgefühl
und erweiterte Verständniss, ja jeder Sinn für das Gute und
Grosse im Sein etwas Ideelles und bringt daher auch eine ideelle
Verbindung, d. h. eine Verbindung durch Gedanken und Ge-
fühle mit sich. Aus Gedanken und Gefühlen besteht aber auch
der Kern unseres Lebens ; alles Bewusstlose ist nur Staffel für
das Bewusstsein.
Mit der Zukunft hängen wir auch auf materielle Weise
zusammen; die Vererbung von Eigenschaften des Hirns imd
Herzens, ja die Uebertragung von Neigungen des Gefühls und
Gewohnheiten des Denkens, selbst mit Ueberspringung von
Zwischengenerationen, auf spätere Generationen, zeigt, wie im
Samen eine Wesensfortsetzung in allen Beziehungen angelegt ist.
An dieser Beschränkung der Sterblichkeit sollten die Menschen
wahrlich genug haben; denn blickt man auf die Fortpflanzung des
Schlimmen, so ist es oft der einzige Trost und die einzige Genug-
thuung, dass nicht blos Einzelne, sondern auch Geschlechter,
Stämme und Völker erlöschen. Dieses Aussterben ganzer Typen
ist auch, abgesehen vom Schlimmen, welches vernichtet werden
muss, schon darum nothwendig, damit Gebilde von einem andern
Gepräge Platz finden und die Welt nicht durch Eintönigkeit lang-
weilig werde. Galilei sprach es mit Recht aus, dass diejenigen,
— 184 —
welche unsterblich zu sein wünschten, verdienten, in Fels ver-
wandelt zu werden, dann würden sie derjenigen Dauer theilhaft
werden, die um den Preis der Leblosigkeit zu haben ist. Das
war ein Gedanke von vor circa drei Jahrhunderten, der sich
inmitten eines ärgern Geistesdrucks, als der jetzt noch lastet,
wenigstens in einer physikalischen Schrift, zu verlautbaren wagte.
Heute müssen wir es uns zur festen Gewohnheit machen, daran
zu denken, dass der Tod, indem er die Vernichtung ist, auch
zugleich die Einrichtung ist, vermöge deren auch Befreiung von
jedem Uebel winkt, und dass ein ins Unbeschränkte erweitertes
individuelles Leben auch unter den besten Umständen zum Uebel
werden würde. Nur eine kindische Auffassung, wie sie übrigens
auch bei den Griechen aus Gefallen am Leben mit unsterblichen
Götterpuppen spielte, wesentlich aber nur die asiatischen leben-
verdüsternden Religionen, einschliesslich des Christenthums, haben
den Tod zum grössten Uebel gestempelt. Die katzenhafte Zäh-
lebigkeit der Judenrace, als sie sich auf das Jenseitige warf, hat
vollends den Tod überwinden, d. h. zunichte machen wollen. Dies
erklärt sich leicht bei einem Volke, welchem das blosse Leben,
gleichviel wie es gerathe und um welche Erniedrigung es erkauft
werde, über Alles geht. Das ins Transcendente übersetzte Juden-
thum, welches vor seinem eignen gemeinen Dasein flüchtet, aber
das ewige Leben, welches es im gemeinen irdischen Sinne anstrebte,
nun für das Jenseitige conserviren will, hat sich in den betreffenden
christischen Lehren ein Bild seines zähen Lebenstriebes gemacht,
und dieses heisst christlicher Unsterblichkeitsglaube. Der letztere
ist mit dem edleren neuern Völkerwesen auf die Dauer nicht ver-
träglich; er ist ein Geschöpf eines besonders ausgeprägten Maasses
von Selbstsucht. Dagegen ist das hingebende Mitgefühl, die
sympathische Freude wie die sympathische Betrübniss, die sich
auf Gutes oder Schlimmes in Gegenwart und Zukunft der Welt
bezieht, ein gedankliches Band, welches den Einzelnen aus sich
selbst herauszieht und ihn sich über die üble Seite des Sterbens
im Leben selbst hinwegsetzen lässt.
Die Griechen haben zwar den Tod nicht so düster und häss-
lich gedacht, wie die Asiaten und speciell die Juden; aber sie
haben die Unsterblichkeit der Götter noch als ein Ideal angesehen,
und dies war noch eine verfehlte, ja kindische Vorstellung. Die
wahre Fortsetzung des Lebens besteht in seiner völligen Neu-
— 185 —
^eit und Frische; so Etwas ist aber nur durch den Wechsel von
J^eben und Tod zu haben. Aber auch ein solches natürliches
^ortpflanzungsleben der Menschheit in sich gleichbleibender Weise
^Q eine Zukunftsewigkeit zu verlängern, wäre wenigstens voreilig.
^M- irgend einer bestimmten Zeit hat alles bewusste Leben auf
^^xn Planeten angefangen. Heute müssen wir annehmen, dass,
^^nn die einzelnen Wesen einst vernichtet würden, aus allen
^t^rigen Naturursachen zusammengenommen, gleichviel unter
^^^ Elchen Umständen die Kräfte wirkten, kein Leben wieder ent-
^^hen könnte. Nur aus den belebten Theilen der Materie könnte
^ hervorgehen, und da die Fortpflanzungsstoflfe mit den Einzel-
esen vernichtet wären, so fehlte es an jedem Typuskeim für
.ebendes. Entweder gehen also die Fortpflanzungen zahllos
^^^»veiter, oder das Leben erlischt. Auch letzterer Fall, wenn er nach
^^faturgesetzen eintreten könnte, hätte nichts Furchtbares, so wenig,
j^ls es etwas Bedauernswerthes ist, dass eine ganze Ewigkeit der
Tvergangenheit bestanden hat, in der kein bewusstes Leben,
geschweige menschliches, verbanden war. Trotz Alledem bleibt
^ür unser Mitgefühl in die Zukunft hinein noch ein weiter Spiel-
raum, und selbst die problematische Hypothese eines etwaigen
•^Gesammterlöschens des Lebens, so wenig positiven Grund wir
auch thatsächlich zu ihr haben, würde uns nicht sonderlich anders
•erregen als der Einzeltod; sie würde das Ueble, was sich zu ihr,
wie zur Vorstellung des Sterbens, mit Nothwendigkeit gesellt,
-durch die Zuversicht aufwiegen, dass nach solch einem letzten
Act der Natur auch nichts mehr zu besorgen wäre.
Zu welchen Ungeheuerlichkeiten des Denkens wir uns also
auch wenden, so zeigt sich doch nirgend eine Perspective, die
uns hinderte, das Mitgefühl für die Lebensdauer des mensch-
lichen Gesammtgeschlechts in uns walten zu lassen und auf diese
Weise da ideell an Allem theilzunehmen, wo die materielle Ge-
meinschaft, die durch die Generationen hindurch stattfindet, nicht
hinreicht, weil sie bei dem Aussterben der Familien, Stämme,
•Geschlechter und Völker irgendwo abreisst. In irgend welchen
Seitenlinien besteht sie von früher her fort. Niemand ist sicher,
dass von ihm aus die Fortpflanzungen sich weiter fortsetzen;
aber jede hat eine Reihe von Vorfahren, die bis zum ersten
Lebenskeim zurückreicht. Denken wir uns also gleichsam in
diesen ersten Lebenskeim zurück, so hatte dieser nicht blos eine
— 186 —
Reihe vor sich, die thatsächlich bis zu uns gelangt ist, sondern
ausserdem auch noch andere Verzweigungen. Nehmen wir alle
ursprünglichen Lebenskeime zusammen, so hatten sie gleichsam
die Aussicht auf alle Reihen lebender Wesen bis in alle Zukunft
hinein, so lange diese überhaupt noch Leben haben wird. Von
dem Urstandpunkt aus ist also auch das materielle Leben durch
alle Generationen hindurch gesichert, und es kommt nicht darauf
an, dass die Fäden vielfach abreissen und abreissen müssen,
wenn nicht eine ganz uaverhältnissmässige Menge von Wesen
entstehen soll, für die unter Umständen der Raum fehlen würde.
Uebrigens ist jene ungeheuerliche Hypothese eines allgemeinen
Erlöschens des Lebens von uns nur in Anschlag zu bringen, weil
sie zu den Neigungen der verwesenden socialen Elemente unserer
Zeit gehört. Auch selbst Angesichts eines solchen Wahns aus
dem Fäulnissfieber der absterbenden Bestandtheile unseres Jahr-
hunderts lässt sich für das bessere Gemüth, selbst wenn es un-
glücklicherweise diese schlechte Krankheit als etwas aus seinem
Blut nun nicht mehr Ausscheidbares sich angesteckt hätte, immer
noch ein Gleichgewicht finden. Ist dieses Gemüth noch nicht
bis zur völligen Blasirtheit ausgehöhlt, so kann sein Rest von
Kraft noch immer jenes erweiterten Mitgefühls fähig sein und
sich, trotz des Alpdrucks einstiger universeller Todesperspective,
noch immer an die gewaltige Dauer des dazwischenliegenden
universellen Lebens halten. Ich rechne hier natürlich nicht mit
gemeinem philosophastrischen Blödsinn, sondern nur mit astro-
nomisch scheinbar motivirten Welterlöschungsaussichten. Für
den, welcher energischerer Schlüsse fähig ist, sind universelle
Lebenserlöschungsperspectiven, gelinde gesagt, eine Frivolität.
Nicht etwa blos das Vertrauen des bessern Gemüths wird hiebei
auf gebrechliche Gründe hin verletzt, sondern auch der umsichtige
Verstand geht dabei in die Brüche. Es ist nämlich ein Wider-
sinn, sich denken zu sollen, dass der Urgrund des Lebens, welcher
nie entstand, sondern nur in die Fortpflanzungsreihen überging,
sich einst gänzlich vernichten soll; denn mit dem Erlöschen des
Lebens auf allen Weltkörpern würde von allem Ursein nur eine
lebensleere Maschine übrigbleiben und alles Höhere, was je ge-
wesen, sich komischerweise selbst verloren gegangen sein. Nur
der Gespensterglaube könnte solches Höhere und Edlere noch in
den organlosen Gattungen der Materie suchen wollen. Das Mit-
— 187 —
gefühl gesunder Gemüthskräfte hat daher eine bessere Welt-
perspective.
8. Das Gefüge der Dinge (ich brauche absichtlich nicht
den abergläubisch gestempelten Ausdruck Fügung) kann auf den
Einzahlen wie auf das Ganze bezogen und allen Interessen oder,
besser gesagt, Bestrebungen dienstbar gedacht werden, die etwas
Gutes einschliessen. Ebenso muss man jenes Gefüge sachlogisch
als gegen das Verkehrte gerichtet denken. Ist demgemäss Etwas
gut, so wird es vertreten sein und dauern, bis es etwa durch
Besseres ersetzt wird. Die Individualität als solche hat kein
ewiges Recht; ob es die besondere Gesammtgestalt der ganzen
Natur habe, die wir kennen, lässt sich selbstverständlich nicht
direct und affirmativ beweisen. Wohl aber sind es nur traum-
hafte Gedanken, die an Stelle einer Welt ohne Ende ein etwa
dem Urzustand zwar nicht gleiches, aber doch verwandtes Ziel
voraussetzen möchten. Nur vollständige Verzweiflung am Dasein
könnte in diese problematische Traumrichtung ablenken, und
der einzig anständige Zug von Rechtfertigung dafür könnte nur
der Sinn für volle Gerechtigkeit und Schicksalsausgleichung sein.
Liegt diese Ausgleichung nicht im durchschauten oder später
durchschaubaren Lauf der Dinge selbst, so muss allerdings so-
zusagen im Bereich der Endlosigkeit eine dem gegenwärtigen
Naturschema nicht völlig entsprechende Seinsgestalt gesucht
werden, die sich aber stetig an das bekannte Naturschema des
Lebens anreiht, ja sich gradezu aus ihm entwickelt. Für den
Einzelnen nach dieser Seite hin den Tod in Frage bringen, habe
ich zwar für einen zulässigen Traum, aber bisher nie als etwas
Weiteres und Emstzunehmendes ansehen können. Um die be-
sondere Individualität und Personalität könnte es sich auch aut
Grund solchen Traumes nicht einmal handeln; denn auch dem
Träumen sind hier Grenzen gesteckt, und dieses Träumen ist
nur in dem Sinne verstanden, dass es mit dem übrigens Rationellen
vertr%lich bleibt oder wenigstens damit nicht in nachweisbaren
Widerspruch tritt.
Eine nicht hinreichend definirbare Beziehung zum System
des Seins, ich meine eine reelle Theilhaftigkeit und nicht blos
eine ideelle Theilnahme, mag gleichsam in sachlogischen Träumen
in Frage gebracht werden und das Gemüth Mancher ge-
legentlich auch befriedigend beschäftigen. Allein eine Bürgschaft
(
- 19S —
für irgend einen sachlogisch haltbaren Kern solcher Träume
lässt sich nicht finden, und die Gefahr liegt nahe, an das Gebiet
einer, wenn auch natürlicher gestalteten Mystik zu streifen.
Letzteres ist aber immer der Tod klarer Erkenntniss und sicherer
Geisleshaltung. Unbeleuchtet mag Vieles bleiben; aber das zu-
nächst Dunkle soll nicht ein Deckmantel für die Einschmuggeluog
mystischer Gedankenfiguren oder gar für das Treiben eines
mystischen Figurantenthums werden können. Diesen falschen
und trügerischen, wo nicht beträgerischen Wendungen haben
wir stets unser WirkHchkeitsdenken entgegenzusetzen. Es gehört
zum Ersatz aller Religionislik, dass Jedermann Anwandlungen
jener Art nicht blos bei Andern sondern auch bei sich selbst
bekämpfen, und dass er sich der gedanklichen Zumuthungen
er«"ehrea lerne, die an der Grenze der Undenkbarkeiten, nämlich
da, wo naturgemäss und sachlogisch speciell nicht weiterge-
dacht werden kann, sich als ein Erzeugniss zeitweiliger Schwäche
momentan geltendmacben mögen. Ausgerüstet mit den Mitteln
der Kritik und bei ungetrübtem Geist wird der denkerisch ge-
artete Mensch es nicht allzu schwer finden, jenen Regungen zu-
reichenden Widerstand zu leisten. Die weniger im Entwirren
des Gedankentruges Geübten müssen sich freilich nun einmal
darauf verlassen, was sie bei den Geübteren als vorwaltend sehen,
und hier kommt, soweit nicht Fähigkeiten und Beschaffung
eigner Geübtheit später aushelfen, anstatt vollständiger Selbst-
führung des Geistes nur eigne Geisteshaltung auf Grund fremder
Präcedenz und fremden Antriebs in Frage. Hier beginnt die
eigentliche Geistesführung im engern Sinne, wobei der sich
leitenlassende Gedanke nur die eigne sonstige Erprobung und
den eignen Eindruck der Zuverlässigkeit der fremden Geistes-
haltung zur Bürgschaft haben kann. Dies ist aber kein sonder-
licher, ja nicht einmal ein eigentlicher Uebelstand; denn die
Functionentheilung im geistigen Verhalten bringt Mannigfaltigkeit
der yVnlagen und Geschickhchkeitsgrade mit sich.
Ist durt;h die Stärke im fraglichen Sicherwehren das Dunkel
sozusagen traumfrei, so bleibt das Licht klarer Weltbetrachtung
und denkerisch möglicher Seinserfassung als die einzig auf-
hellende Macht vöfiig ungetrübt. Dieses Licht kann auch, so gut
wie alles natürliche und künstliche Licht, für den allgemeinen
Gebrauch dasein, wenn es auch nicht grade von allen denea,
— 189 —
die dadurch sehen, hergestellt wird. Die göttischen, seelerischea
und individualisteladen Phaatasmen müssen aber nicht blos aus
dem Bewusstsein verdrängt, sondern durch die analogen, aber
richtig gefassten Begriffe ersetzt werden. Eine ungöttische Seins-
und Weltvorstellung ist eineNothwendigkeit; allein es darf nicht
die gewöhnliche Kahlheit daraus her\'orgehen , wie sie der
liberalistelnden, meist sehr widerlichen Atheistik eigen ist. Ein
Theil von dem Stigma, welches die Feinde der Aufklärung dem
Wort „atheistisch" aufgedrückt haben, ist, freilich in einem Sinne,,
der gegen ihren Willen verstösst, wirklich ein bischen Wahrheit.
Was nämlich wir wollen, wird von ihnen noch mehr gescheut
als jenes kahle Atheistein. Wir kehren den Speer um und reden
nicht von einer göttlichen sondern von einer göttischen Auf-
fassung. Unser ungöttischer Standpunkt ist aber nur die Vor-
bedingung für etwas Höheres, welches dem Ideal im Sein ia
ganz anderer Weise gerecht wird. Wir zeigen das, wonach
Empfindung und Gedanke bei den besten Naturen schon in den
ältesten Zeiten getrachtet haben, was aber unter den besondern
Umständen mit dem engen Maass jeweiliger Begriffe früher nicht
erreichbar gewesen war.
Achtes Capitel.
Cultusersatz und neueres Härtyrerthum.
1. Vorstellungen über Götter hegen, heisst noch nicht, diese
Götter auch cultiviren oder, um deutsch zu reden, diese Götter
roit Opfern, Zauberverrichtimgen und Gebeten auch pflegen. Das-
lateinische Wort Cultus bedeutet nichts als Pflege; das Wort der
'^'firjudeten Religionsära heisst Gottesdienst. Dieses Dienerthum
Jst schon.im Wort etwas Niedrigeres, so dass der Ausdruck Cultus,
derauch aus derUeberHeferung einer würdevolleren Nation stammt,,
ofienbar geziemender klingt, wenn sich auch die Sache überhaupt,
sie möge gerathen wie sie wolle, für eine kindischer Selbst-
-täuschung oder Bevormundung entwachsene Menschheit in keiner
Weise mehr ziemt. Durch den Cultus soll ein praktischer Zweck
erreicht werden. Man will auf die Götter wirken; man bringt
mnen Geschenke dar, damit sie um dieser willen für die Geschenk-
geber auch ihrerseits etwas thun. Freilich ist dies Geschäft nicht
immer ganz zuverlässig. Schon bei Homer heisst es gelegeatlich,
Zeus hätte zwar das Opfer eingesteckt, aber die beigefügte Bitte
nicht erhört. Nun das ist menschUch; die Leute schenken nicht
selten, ohne zu ihrem Zweck zu gelangen. Im Grossen und
Ganzen waren aber doch die Götter ungefähr ebenso zuverlässig,
wie Menschen, nur dass es ihre höchste Souveränetät ihnen leicht
machte, sich Gegengeschenken folgenlos zu entziehen. Die
Erdichtung der Götterzuverlässigkeit richtete sich nach dem Bilde
der menschhchen, und zwar nach derjenigen Menschenspecies,
von welcher die Gotter geschaffea wurden.
Das Verduften ist die bekannteste Art, wie die Opfer, ich
meine speciell die Erandopfer. zu den Göttern gelangten. Was
aber nicht zum Himmel verduftete, das verzehrten die Opferndeti
selbst, vornehmhch aber die Priester, zu denen hin überhaupt
das Meiste, um im Sinne des Volksausdrucks uneigentlich zu
reden, ebenfalls verduftete. In der That ist der Magen der Priester
die Hauptopferstätte und der entscheidende Mittler zwischen
Menschen und Göttern gewesen. Aller Verfall des Cultus beginot
mit dem Zurücktreten der Opfergaben. Sobald man sich mit
kostenlosen Worten und Cerenionien, die man selbst besorgt
und nicht bezahlt, abfinden darf, ist der praktische Halt der
Rehgion schon tief gesunken. Uebrigens wirkt aber auch schon
der Umstand, dass im allgemeinen Verkehr das Geld mehr an
die Stelle der Naturalleistungen tritt, darauf hin, auch in deo
Opfern die Geldwirthschaft immer mehr an die Stelle der Natural-
wirthschaft zu setzen, Die Priester, an welche die Opfer dena
doch wesentlich gelangen, entziehen sich der veränderten Gestalt
des ökonomischen Bedürfens nicht, [q einem Urzustände, wo
vornehmlich Vieh Geld war, konnten sie dieses Zahlungsmittel
auch als Opfer am besten brauchen, in einem entwickelteren
Zustande der Gesellschaft konnte ihnen eine Dotation mit Rindern
oder auch mit kleinerer Getliiermünze nicht mehr bequem sein.
Freihch haben sich die Naturalzehaten lange genug erhalten;
aber ein gewisses Maass Natura! wirthschaft besteht auch noch
überall, wo primitive ländliche Verhältnisse vorwallen. Jedoch
hier kommt es auf diese besondern Verhältnisse nicht an. Wichtig
ist nur, dass die Opfei auch auf diesem Wege und nicht blos
durch Aufklärung um den Nimbus gekommen sind, directe GabeK
an die Götter zu sein. Bei dem Gelde weiss es auch der blödesta
— 191 —
Thor, dass es, wenn es auch immerhin im Sinne des Volks-
ausdrucks verduftet, doch sicherlich nicht zu dem Himmel und zu
den Göttern verduftet.
Nächst den Opfern sind irgend welche Verrichtungen die
Hauptsache. Soweit diese Verrichtungen blos symbolische Hand-
Lungen, d. h. Zeichen zum Andenken an irgend Etwas oder Zeichen
der Aufnahme in eine Gemeinschaft sein sollen, ist die Cultus-
hauptsache an ihnen schon verloren gegangen; denn diese Haupt-
sache besteht in einer Zauberwirkung. Geheimnissvolle Folgen,
die ausser dem Lauf der Natur liegen, sind der x\nhaltspunkt für
solche Dinge. Wer etwa theoretisch noch nicht vom Religions-
wahn befreit ist, wird trotzdem öfter doch wenigstens soweit vor-
geschritten sein, dass er die praktische Seite der Religion, nämlich
den widernatürlichen Glauben an Zauberwirkungen, nicht mehr in
sich hegt. In dieser Richtung wirkt die natürliche Denkweise
auch bei Solchen, die nicht blos Andere, sondern auch sich selbst
damit belügen, dass sie noch innerhalb der Religion stehen. Wenn
sie sich die Frage vorlegen, ob sie wirklich von ihren religiösen
Verrichtungen eine Aenderung des Laufs der Dinge erwarten, so
werden sie, wenn ihnen die Einwurzelung der Heuchelei noch ein
Fünkchen Klarheit und Ehrlichkeit übrig gelassen hat, sich inmitten
des modernen Lebens in den meisten Fällen gestehen müssen,
dass jenes nicht mehr statthabe.
Zu Opfern und Zauberverrichtungen gesellt sich nun als
Drittes und als ein letzter Rest, auf den der Cultus schliesslich
zusammenschrumpft, das blosse Gebet. Es ist eine Bitte an die
Götter oder den Gott, und es ist nur so lange nicht hohl, als
iioch erwartet wird, dass es den natürlichen Lauf der Dinge zu
Gunsten des Betenden abändern könne. Wirkungen auf das
Innere des Menschen sind dabei ganz nebensächlich. Solche
Wirkungen geltend machen und hiemit das Gebet, nachdem
^s seinen wahren Charakter eingebüsst hat, stützen wollen, ist
^lüe nachträglich erfundene Auslegung. Es ist der Halbaberglaube,
<ler sich an solche Ausflüchte klammert; denn auch die sub-
•
jectiven Rückwirkungen sind nur da vorhanden, wo noch ein
tiieoretischer Halbglaube, wenn auch nur in mystischem Zwielicht,
fortcultivirt wird. Ein Wunsch oder Seufzer an sich ist noch
lange kein Gebet, wenn er nicht von der Vorstellung begleitet
^ird, er solle von einem Gotteswesen vernommen und berück-
- 192 -
sichtigt werdCD. Auch die dichterische /Vnrede der Xatur wie
einer Person, mit der man sprechen und an die man sich wenden
kann, gehört zu den halb komischen, halb kläglichen Situationen,
in die sich die menschliche Schwäche verirrt hat. Der Meosch
kann sich nur an wirkliche Wesen wenden, die seine Sprache ver-
stehen und einer gleichartigen Rückwirkung auf die ausgedrückten
Gedanken und Gefühle fähig sind, also hauptsächlich nur wiederum
an Menschen; aber auch unter diesen ist zu unterscheiden: denn
Viele haben auch nicht viel mehr als das dürftige Thierverstäad-
niss. Höhere Wesen giebt es für den Menschen nicht; denn auf
diesem Planeten existiren solche nicht. Will er Etwas, so mag
er nach den Naturgesetzen fragen, andere Menschen aufrufen und
sich nach seinem eignen Innern kehren. Seine eigne Person, sein
eignes Hirn und Herz sind die UrsprungsstiUten, wo er, ausser in
dem allgemeinen Lauf der Dinge, den Urgrund seines Ergehens
zu suchen hat. Dahin hat er sich zu wenden, nicht aber zum
blauen Dunst.
Wo auch das Gebet durch das Sinken des Zauberglaubens
sinnleer geworden ist, kann der Cultus nur noch äusserlich als
hohle Schale und leere Ceremonie fortbestehen. Viele wenden
sich aber auch grundsätzlich von diesen todten Resten ab und
beweisen mit derThat, dass sie im Wesentlichen wirklich ausser-
halb aller praktischen Religion angelangt sind. Jedoch auch bei
diesen ist zuzusehen, ob nicht noch nebensächliche Ueberbleibsel
religiöser Gewohnheiten des alltäglichen Daseins vorhanden sind.
Selbst bei Solchen, die nicht blos die praktische Seite der Religion,
den eigentlichen Cultus, sondern auch die theoretische Denkweise
der Religion, also die gewöhnliche Gottes annähme und den
Jenseitswahn der Unsterblichkeit, überwimden haben, finden sich
oft noch unwillkürliche Spuren jener Uebedieferungeo in gewohn-
heitsmässigen Redewendungen, Gedankenregungen und Gefühls-
neigungen. Ein ganz gemeines Beispiel hievon sind angewohnte
Ausrufungen und Begrüssungsformeln. Ausser diesen Kleinig-
keiten, die nicht ebenso rasch schwinden, wie die bessere Ein-
sicht einzieht, bleiben aber noch andere Rückstände, die tiefer,
nämlich im Gedanken- und Empfindungslauf selbst liegen. Hier
wird nun die Abthuung des mit dem Vollkommeneren Streitenden
die Angelegenheit mehrerer Generationen. Religiöse Neigungea-
sind nicht blos anerzogen, sondern von Generationen her physi-
— 193 —
ologisch eingewurzelt und mit dem Blute vererbt. Wie überhaupt
Xriebe, Gefühle und Phantasieneigungen durch Vererbung stofflich
fortgepflanzt werden, so findet auch im speciellen Fall der reli-
giösen Antriebe eine Uebertragung statt, die zwar erst durch
Erziehimg eine bewusste Gestalt gewinnt, aber in der starken
Anlage von der Erziehung nicht geschaffen ist. Die ursprüngliche
Erziehung oder sonstige äussere Lehre ist allerdings die erste
"Ursache da, wo, wie im Falle der europäischen Völker, die
besondere Religionsform gleich einer exotischen Krankheitsform
durch Ansteckung von aussen her entstanden ist. Jedoch auch
in diesem Fall ist die Erziehung zum Theil in das Blut über-
gegangen. Es giebt daher in doppeltem Sinne eine Zucht in
der Religion, nämlich diejenige, die durch Häufung der erziehen-
den Einwirkungen entstanden ist, und diejenige, die sich durch
die Zeugungen vermittelt hat. Demgemäss muss es auch eine
doppelte Gegenwirkung und einen zweifachen Weg zum Voll-
kommeneren geben. Bessere Lehre und Erziehung bei einer
einzigen Generation thun durchaus noch nicht Alles. Aus der
körperlichen Anlage, die in Hirn und Herz zugleich auch die
geistige ist, werden die eingewurzelten Neigungen wohl selten
mit der ersten Säuberung gänzlich weggeschafft. Es bedarf meistens
mehrerer Generationen, tun auch die letzten Spuren der Irre-
führung von Herz und Hirn zu beseitigen. Noch mehr ist, um
das Vollkommenere selbst zu befestigen und gehörig wurzeln zu
lassen, eine Reihe von Generationen erforderlich. Die bessere
Denk- und Gefühlsweise muss nicht etwa blos, wie man sagt,
zur zweiten Natur, sondern gradezu zur Natur werden. Ursprüng-
liche Naturanlage ist sie ja bei den bessern Völkern schon ohne-
dies; die Natur muss sich aber durch die ihr entsprechende
Cultur bestimmter gestalten und sich im klaren Bewusstsein über-
haupt erst hervorbilden. So Etwas kann aber nicht das Ergebniss
gemeiner Pädagogik, sondern nur die Frucht einer eigentlichen
Züchtung sein. Die Verwandlung von Einflüssen der Geistes-
führung in Veredlungen der Organe des Denkens und Fühlens
und die Fortpflanzung dieser veredelten Typen sind hier die
Hauptangelegenheit; denn ohne Bevorzugung der bessern Typen
in der Combination der Ehen wird sich schwerlich etwas Durch-
greifendes, zur innern und natürlichen Vollkommenheit Führendes
erzielen lassen. Doch hier ist diese Perspective noch nicht
Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 13
— 194 —
specieller ins Auge zu fassen, da es sich zunächst nur um die
Thatsache handelte, dass die durch viele Jahrhunderte fort-
gesetzten religiösen Einimpfungen nicht sofort mit der bessern.
Einsicht weichen. Freilich haben die modernen Völker den Vor-
theil, dass trotzdem an ihnen das Christenthum, weil etwas
Fremdes und ihrer Natur Widersprechendes, auch nur etwas
Oberflächliches und nicht in ihre Natur Eingedrungenes ist.
Beispielsweise haben die eigenthchen Preussen das Christenthunr
erst vor etwa sechs Jahrhunderten mit Feuer und Schwert auf-
gezwungen erhalten. Es sind also noch nicht zwanzig Generation ea
dazwischen getreten, und man hat überdies zu bedenken, dass
grade bei den eJgenfHchen Preussen, d. h. bei den Bevölkerungen
im Nordosten des gleichnamigen Staats, das Christenthum schon
länger sehr entschieden gelockert und durch eine vorwaltende
Neigung zur verstandesmässigen Auffassung und Behandlung der
Dinge zur Seite geschoben ist.
"Wer etwa, aus Mangel an Kenntniss der naturwissenschaft-
lichen Vererbungsthatsachen, unter dem Eindruck des alten-
ideologischen "Wahns von der Unmaterialilät des Geistigen, aa
der Zeugungsüljeriragung rehgiöser Anlagen und Neigungen
zweifeln wollte, der mag, wenn er überhaupt gesunder Schlüsse
fähig ist, bedenken, dass die Materialität aller Antriebe auch
durch eine umgekehrte Thatsache veranschaulicht und selbst dem
Beschränktesten nahegelegt wird. Wie nämlich einerseits materielle
Mittel, die eingenommen werden, die Geisteszustände oder Triebe
unwiderstehlich beeinflussen, so entsteht andererseits eine min-
destens ebenso mächtige Einwirkung auf das Materielle durch
blosse Gedanken und Gefühle. Der Schreck kann den Menschen
todtschlagen; andere Vorstellungen können ihn ohnmächtig
machen, noch andere, wenn sie lange fortgesetzt werden, wie
der langsam zehrende Kummer, ihn völlig aufreiben. Ueberhaupt
kann jegliche Thätigkeit von Hirn und Herz, also jede Bethä-<
tigung der Denk- und Gefühlskräfte, wenn sie unverhältnissmässi^
ausfällt oder sich in anderer Weise verkehrt gestaltet, nicht nur
bleibende organische Veränderungen mit sich bringen, sondero,
auch zum Ruin führen. Diese Gegenseitigkeit zwischen deu
gröbern materiellen und den unmittelbarer geistigen Einwirkungen,
bezeugt die Gleichartigkeit im ganzen System aller Arten von
Ursachen. Man bedarf also nur der nöthigenEinzelbeobachtungen,
— 195 —
um die erbliche Uebertraguag gewisser Neigungen festzustellen,
mögen diese im gewöhnlichen Sinne körperlich und gemein
organisch oder aber in speciellem Sinne geistig sein und vor-
nehmlich den geistigen Organen angehören. Die Neigung zu einer
bestimmten Körperlage erweist sich häufig, wenn man näher
nachforscht, nicht als Ergebniss einer selbständig angenommenen
Gewohnheit, sondern als Mitgift einer bei älteren oder ferneren
Vorfahren vorhanden gewesenen Eigenheit. Auf diese Weise
erklärt sich auch vielfältig eine fortbestehende Nei gung zum un-
willkürlichen Falten der Hände. In solchen reflexartigen Be-
wegungen können sich uralte Cultusgewohnheiten der Vorfahren
bei den Nachkommen noch dann verrathen, wenn bei diesen die
Religion, soweit sie dem bewussten Willen angehört, schon lange
und entschieden abgethan ist.
2. Wie der Judenaberglaube, an sich selbst u nd rein theo-
retisch betrachtet, der zäheste von allen ist, so hat auch die Ein-
wurzelung nach Seiten der praktischen Cultusmanipulationen
hier ihren höchsten Grad. Sie ist seit mehreren Jahrtausenden
fortgesetzt und, soweit nicht schon das ursprüngliche Naturell
dahin abzielte, durch uralte Gewohnheiten im eigentlichen Sinne
des Worts in das Blut übergegangen. An eine Entwöhnung ist
daher hier nicht zu denken. Jahrtausende könnten das nicht
wegspülen, selbst wenn es nicht unmöglich wäre, dass die mit
der ursprünglichen verderblichen Natur so innig verwachsenen,
die Verderbniss steigernden Praktiken freiwillig verworfen werden
könnten. Mindestens wird, auch unter allen Reformen, die aus
der Judenrace selbst versucht werden mögen, das mit der ur-
sprünglichen Naturanlage Verwandte bestehen bleiben, und das
ist schon genug, um dem bessern Menschengeschlecht zu zeigen,
was es bei einer unbeschränkten Fortdauer jener Race im
günstigsten Falle zu gewärtigen hätte. Die betreffende Denk-
und Gefühlsweise würde nicht nur immer bleiben, sondern sich
auch durch Gegenseitigkeit in irgend einem entsprechenden
Cultus bestärken. Ja sogar, wenn an die Stelle eines eigentlichen
religiösen Cultus ein weltlicher Ersatz geschäftlicher Art träte,
was zum Theil schon der Fall ist, so würde dies ein Dienst der
Gemeinheit und eine Pflege der schlechten Judentriebe sein. Die
Verherrlichung einer dem Menschengeschlecht feindlichen Juden-
denkweise muss sich in Allem wiederfinden, was an Praküken
13*
L
— 196 —
von den Juden ausgeht. Schoa jetzt ist die Frechheit bei den
Juden vielfältig offen der Gegenstand eines weltlichen Cuitus, d. h,
sie wird wie eine Göttin gepriesen, mit deren Hülfe die Juden des
Glaubens sind, alles Bessere im Concurrenzspiel übertrumpfen zu
können. Auch die Heuchelei und Schlangenhaftigkeit des Ver-
haltens ist bei den Judäern von uralter Ausübung. Die Pflege davott
gehört zu den Hauptmitteln des Fortkomuiens. Die Liebes-
beuchelei ist eine Spielart davon und schon in den alten Judeo*
Schriften genugsam vertreten. Sogar Feindesliebe fehlt dort nicht.
Schon in ältesten Urkunden ist Feindesliebe durch die Wort«
vertreten: Du sollst den FremclUng wie dich selbst liebeO
(Moses III, 19). Der Fremdling ist aber der Feind, wie sich dies
auch darin bestätigt, dass ebenfalls in den Büchern Mosis (V, 14]
vorgeschrieben wird, das Aas nicht selber zu essen, sondern eS
dem Fremdling vorziisetzen oder auch es dem Fremden zu ver-
kaufen. Eine besondere Auszeichnung des christischen Wort«
cuitus ist also das Vorgeben von Feindesliebe nicht.
Heuchelei von Mitleid, Liebe und FeiodesÜebe ist heute
sichtbarlich eine Racen ei genschaft der Judäer. Ihr Schauspieler-
thum auf der Bühne des Lebens bedient sich dieser Mittel un*
gleich häufiger, als es Betrüger und Schurken irgend einer andern
Nationalität thun. Auch gehören solche Wendungen zur Feind-
schaft gegen das übrige und bessere Menschengeschlecht; denn
sie sind erforderiich, um diese Feindschaft zu verstecken. Der
Umstand, dass so Etwas wie Feindesliebe einmal ernst zunehmen-
versucht wurde, wie dies seitens Christus im Sinne einer Selbst-
züchtigung der schlechten Judentriebe geschehen sein mag,
dieser Umstand kann uns nicht hindern, religioüistische Liebes-
heuchelei als aus dem Racencharakter der Juden herstammend,
anzusehen und demgemäss auch innerhalb des Chrisiischen racen-
mässig zu würdigen. In der angeblich erhabenen, in Wahrheit
aber tief unter dem neuern Völker Charakter stehenden Moral des
Christicismus spielt die Liebesheuchelei und insbesondere die
stärkste Form der Heuchelei, nämÜch das durch und^durch un-
wahre Vorgeben der Feindesliebe, eine Hauptrolle. Das Wider-
natürlichste, Unmöglichste, ja gradezu das logisch sich Wider-
sprechende wird mit dreister Stirn als wirklich vorhanden aus
gespielt. Dies ist echt hebräerhaft und entspricht der ersten An-.
ßteckung, die von Palästina her in verderbte Völkerzuständ*
— 197 —
eingriff, dann auch an das Gesimde kam und durch weitere
Aufzwingungen über bessere, aber noch unmündige Völker ver-
breitet wurde. So ist systematisch Lug imd Trug in das Völker-
verhalten gekommen, dergestalt dass der Verfall des Christen-
thums zugleich als eine Selbstverzehrung sittlich verderblicher
Judäerüberlieferung das Feld für die Bethätigung des bessern
"Völkercharakters freimacht.
Demzufolge, was vorher von den Juden gesagt ist, müssen
<iie modernen Völker ihre bessere Eigenart auch äusserlich in
sichtbaren Zeichen und Handlungen bethätigen. Sie müssen
einander in ihrer Denk- und Gefühlsweise bestärken und dafür
sorgen, dass jedes Glied ihrer Bevölkerungen gleichsam eine
Fahne sehe, durch die es an die allgemeine und öiBFentliche Macht
ihres bessern Völkercharakters erinnert wird. Das Christenthum
könnte nach Allem, was bisher dargelegt worden .ist, auch wenn
die Religion nicht im Verfall wäre, nicht diese Fahne sein; denn
es ist etwas wesentlich Jüdisches, und sein zweiter, dem neuern
Völkerwesen angehöriger Bestandtheil wird grade durch den
Namen Christenthum in seiner reinen Wirkung gelähmt. Die
fremde Racenreligion widerspricht dem Geiste der bessern Nationen,
welche von gesunder Natur sind und einen palästinensischen
Trug als ehrlichen Ernst zu behandeln und dafür gleich Christus
ein Opfer der Juden zu werden nicht gesonnen sind. Christus
nahm das, was bei den Juden als Heuchelei in selbstsüchtiger
"Weise schon vertreten war, anscheinend aufrichtig und ernst,
kehrte es so gegen die Judentriebe imd wurde dafür ein Opfer
der letztern. Dieses Märtyrerthum nachahmen, würde gegen-
wärtig nichts Anderes bedeuten, als den Juden in die Hände
arbeiten. Die Juden verstehen das Christenthum gern so, dass sich
die modernen Völker von den Juden sollen kreuzigen lassen.
Eine solche Nachfolge Christi wäre wahres Christenthimi nach
jüdischem Zuschnitt, und in der That war und ist es auch das
Christenthum, welches, soweit es ernstgenommen wurde, die
neuern Völker in einem grossen Theil ihrer Angelegenheiten
gegen die Juden wehrlos machte.
Glücklicherweise ist es nur ausnahmsweise emstgenommen
worden, und gegenwärtig ist gar nicht daran zu denken, dass
es noch jemals ernstgenommen werde. Die neuern Völker als
Märtyrer dem Judenhohn gegenüber, — das ist ein jüdisch
frommer "Wunsch; 'allein die modernen Völker verstehen das
Märtyrerthum doch etwas anders. Der jüdische Reformator
Christus ging unter, weil er wehrlos war. Einem Mahoraet konnte
man nicht dasselbe Schicksal bereiten: denn dieser war nicht
waffenlos. Den Propheten und Reformatoren, die sich praktisch
blosstellen mussten, ist es nie zum Heile gereicht, wenn ihnen die
Verfügung über eine genügendeW äffen macht fehlte. Der moderne
Völkergeist ist aber kein vereinzelter Reformator, sondern gebietet,
sobald er zum vollen Selbstbewusstsein sich aufrichtet, über
gewaltige Kräfte. Er ist nicht danach, um sich von den Juden
ans Kreuz schlagen und um seine Kleider Lottospie! treiben zu
lassen. Er versteht sich auf die Natur und wird den Eeind als
Feind zu würdigen und zu behandeln wissen. Hiezu braucht et
nicht einmal speciell Germane oder Deutscher zu sein; denn es
ist nicht blos der deutschen Aufrichtigkeit, sondern allen bessern
Nationalcbarakteren von Grund aus zuwider, auch nur den Schein,
der Liebesheuchelei auf sich zu laden oder gar sich die Unter-
stellung der Feindesliebe gefallen zu lassen. Eine wirklich edle
Moral schliesst Derartiges aus und schützt daher auch vor einem
in die falsche Richtung gerathenden und daher jederzeit übe/
angebrachten Märtyrerthum.
Vom eigentlichen Märtyrerthum, namentlich in seiner neuera]
Gestalt, habe ich nachher zu reden. Dieses ist ein Opfer, welches^
nicht den Götlem oder dem Gotte, sondern irgend einer hohen
Angelegenheit dargebracht wird. Es ist eine Aufopferung, die
zugleich ein Zeugniss für die Wahrheit und rechte Richtung defi
vertretenen Sache sein soll. Ehe man jedoch soweit kommt, das;
Leben in diesem Sinne einsetzen und es gewaltsam aderi
■wenigstens durch Uebernahme von viel Ungemach verlieren zu
müssen, hegt noch eine ganze Welt von Handlungen imd Vef-
hallungsarten dazwischen, die in ihrem Bereich nicht niindati
wichtig, aber wohl erfreulicher sind, als das Märtyrerthunii,
in dem seinigen. Letzteres hat, wie sich nachher zeigen wirdj
vielfach etwas Klägliches an sich, was nicht etwa blos zu etwa«:
Vorwurfsvollem für die Menschheit wird, die es Verl
sondern auch im Allgemeinen diejenige Seite des Menschi
welche solche Lagen mitsichbringt, als etwas Erniedrigend!
erscheinen lässt. Wo wirkliche und echte Märtyrer fallen,
steht ihnen immer, um den Ausdruck Giordano Brunos zu brauche]
— 199 —
die triumphirende Bestie gegenüber. Das Hohnlachen dieser
Bestie wird durch keine Redensart von einem innern geistigen
Siege des Märtyrers aufgewogen. Derartiges bleibt eine hohle
Beschönigung und geht gemeinighch selbst von der triumphirenden
Bestie eines späteren Zeitalters aus, die hiemit leichtfertig das
ihr nicht mehr unbequeme, der Vergangenheit angehörige und
in ihrem Sinne gemissbrauchte Märtyrerthum erledigen und als
in der Ordnung verlaufen darstellen möchte.
Fort also mit der falschen, vom Christenthum selbst her
eingeimpften Vorstellung vom Märtyrerthum ! Geben doch Juden
sogar ihr eignes ganzes Volk als ein Märtyrervolk aus, indem
sie die Thatsachen der Geschichte umlügen und die meistens
gerechten, wenn auch freilich nach voller Gerechtigkeit nicht
zureichenden Züchtigungen, die sich die Judenrace für ihre Ver-
brechen gegen andere Völker seitens dieser gelegentlich zugezogen
hat, als Erduldungen für einen hohen Zweck auslegen! Da dieses
erhabene Ziel nichts Anderes ist als Bestehlung und Kreuzigung
der übrigen Menschheit zur Aufrichtimg einer Herrschaft der
eignen Race, so könnte sich nach dieser Logik auch jede Diebs-
zunft als eine ganze Märtyrergilde ausgeben. Die gerechte Strafe
niederträchtiger Selbstsucht mit einem Märtyrerthum verwechseln,
ist eine echt hebräische Kopfstellung der Wahrheit. Uebrigens
sei aber beiläufig bemerkt, dass Räuber, die bei ihrem Handwerk
ihr Leben einsetzen, in der moralischen Rangordnung noch nicht
ganz so tief stehen, wie feige Spitzbuben, die davonlaufen und,
nach jüdischer Logik zu reden, höchstens das Martyrimn von
einigem Zuchthaus riskiren. Doch genug von diesen wider-
sinnigen Kopfstellungen nach jüdisch verlogenem Muster! Die
neuern Völker würden ihr ganzes Gebiet zu einer einzigen
Zuchtstätte machen müssen, wenn sie jenem seltsamen Märtyrer-
thum auf ihrem eignen Boden gerecht werden wollten. Es ist
aber besser, sich solche Arbeit nicht aufzuerlegen, indem man
Vorkehrungen trifft, welche schliesslich die ganze Frage aus der
Welt schaffen. In dieser Richtung liegt auch das, was den Cultus
zu ersetzen hat, nämlich die allseitige Bethätigung des modernen
Völkercharakters und zwar nicht etwa blos im sittlich Praktischen,
sondern auch in der gesammten Weltauffassung moralischer Art
nach Maassgabe des bessern Völker Verstandes.
3. An dem Gegensatz zu der Judenrace wird es für eine
200
eindringliche Auffassung recht anschaulich, wie das, was die
Stelle des Cultus einzunehmen hat, eine Bethätigung des modernea
Volkercharakters sein müsse. Im Grunde nämlich cultiviren auch
die Juden in ihrer eignen Eacenreügioa immer nur ihren eignen
Charakter. Taugte dieser Charakter etwas, so wäre hieran nichts
auszusetzen, als der damit verbundene Aberglaube. "Wo also
auch bessere Volker vollständig sich selbst leben wollen, da ist
der Cultus oder, deutsch geredet, die Pflege ihres eignen
Charakters das Wichtigste. Der neuere Völkercharakter ist bei
allen Schatfirungen, die er in den verschiedenen Nationalitäten
annimmt, doch in den entscheidenden Hauptpunkten ein einheit- -
lieber. Er ist sozusagen ein Gepräge, welches die Fähigkeit zum
Wissen ebenso betrifft, wie die Artung des Wollens. Er ist ein i
Typus, innerhalb dessen die Nafionalunterschiede, die er ein--'
schhesst, nur häusliche Angelegenheiten sind, während die Juden-
race für ihn etwas Fremdes, durch eine gewaltige Kluft Getrenntes
ist und bleibt.
Dieser moderne Völkercharakter, mit seinem Freiheitsstreben
und seiner verhältnissmässigen Befähigung zu einem höherea
Maass von Gerechtigkeit, Vertrauen und Treue, ist in der ööent-
lichen Lehre und im öffentliclien Leben direct zum Gegenstande
der Pflege zu machen. Alle Einrichtungen, von der Familie bis
zum Staate, d, h. bis zur Gesammtform des gesellschaftlichen
Gemeinlebens hinauf, sind als von den aus jenem Charakter
fliessenden Grundsätzen gelragen aufzufassen und zu entwickeln.
Diese Grundsätze müssen öffentlich bekannt, und es muss auf sie,
als auf die Grundlagen aller haltbaren Institutionen, ausdrückÜch
hingewiesen werden. Der moderne Staat bedarf einer Fahne, ■
die mehr als blosse Moral im gewöhnlichen beschrankten und oft
sehr unbestimmten Sinne dieses Wortes ist. Die Moral wird ge-
wöhnHch in fälschlicher Einseitigkeit so vorgestellt, als wäre sie
die erste Ursache des bessern Verhaltens, und als entspränge aus
ihr der Charakter. Es ist dagegen vielmehr umgekehrt der
Charakter die Ursache der Moral, Schon im Einzelleben lässt es
sich beobachten, wie wesentlich aus dem guten Charakter die
guten Handlungen hervorgehen. Der von Natur und durch Ver-
erbung bessere Charakter ist die Quelle besserer Grundsätze und
Verhaltungsarten, Die blossen Grundsätze sind nur eine Macht
zweiter Ordnimg, die sich sehr dürftig ausnimmt, sobald ihr der
— 201 —
gute und fruchtbare Charakterboden fehlt. Der Gute handelt gut,
allenfalls auch ohne Bestärkung durch besondere Grundsätze;
der Schlechte aber schlecht, wenn ihm auch das Raffinement
«pecieller Spitzbubenweisheit abgeht und ihn keine Gemeinschaft
des Niederträchtigen oder systematische CoUectivausübung der
{jaunerei zu einem Virtuosen geschult hat. Es versteht sich von
selbst, dass die Grundsätze im Guten wie im Schlechten einen
verbessernden oder verderbenden Einfluss üben. Sie bilden den
Charakter, aber sie schaffen ihn nicht. Auch bleiben sie für un-
zulängliche Charakteranlagen ein dürftiges Surrogat. Der er-
worbene Bestandtheil an der Beschaffenheit eines fertigen Cha-
taklers stammt ebenfalls nicht aus blossen Grunds ätzen und blosser
Moral, sondern aus mächtigeren thatsächlichen Einwirkungen des
Lebens, durch welche die Entwicklung der Anlagen eine be-
stimmtere Gestalt erhalten hat.
Es ist derselbe Irrthum, den Charakter aus der Moral, wie
die Beschaffenheit eines Volks aus dessen Gesetzen entstanden
^u wähnen, während umgekehrt der Rechtssinn oder sein Gegen-
theil nicht aus den Gesetzen, sondern die Gesetze aus ihm, also
überhaupt nicht die Völkerbeschaffenheit aus den Gesetzen,
sondern die Gesetze aus der Völkerbeschaffenheit entsprungen
^^Dd. Die bestärkende oder hindernde Wirkung ist eine Ursache
^^eiter Ordnung, die nicht mit der ursprünglich schaffenden
^aft verwechselt werden darf. Es war daher eine Oberflächlich-
keit und Verkehrtheit zugleich, wenn beispielsweise auch der
Ju-denphilosoph Spinoza, dem die Welt unter dem Namen Ethik
^m System voll von schlechter Judenmoral verdankt, jener Falsch-
^^it huldigte und in seiner Unkenntniss (in dem von ihm selbst
^*^d nicht erst wie die Ethik von Andern veröffentlichten theo-
logisch politischen Tractat Cap. 17) gradezu behauptete, die Natur
^^haffe keine Nationen, sondern nur Individuen, und die Eigen-
^^timlichkeiten der Nationen rührten von ihren Gesetzen und
Sitten her. Diese Reminiscenz vom mittelalterlichen Nominalismus
^^^, der alle Gattungen nur als den Namen und Wörtern nach
*^ stehend ansah oder vielmehr anzusehen sich den Schein gab,
^^^r in der Wirklichkeit nur Individuen anzutreffen vorgab, ist
^^Ibstverständlich den Juden noch heute bisweilen sehr an-
^iitielnd; denn auf diese Weise können sie sich den Schein
^^ben, die Naturgrundlage der modernen Nationalitäten zu leugnen,
202
und zugleich den Irrthum erregen, als könnten die Juden selbst
durch Gesetze modern nationalisirt, also etwa zu wirklichen
Deutschen, Franzosen, Russen u. dgl. gemacht werden. Das
nationale Bürgerthum lässt sich nun aber einmal um Judengeid
nicht kaufen; es ist ein ursprüngUches Geschenk der Natur. Ge-
setze und Sitten schaffen keinen Charakter oder, noch bestimmter
geredet, keine Naturanlage. Sie entwickeln im günstigsten Falle
die guten Anlagen und widersetzen sich dabei auch wohl dea
schlechten, soweit diese sich gegen sich selbst kehren und gemein-
schädlich werden. Beispielsweise zeigt auch in der Bibel die
unverhältnissmässige Masse von Vorschriften gegen das Schlechte,
wie sehr die Judentriebe auch im Verkehr des Judenvolks unter
sich eine Einschränkung und das Schelten der Propheten heraus-
forderten. Solche Rückwirkungen des Schlechten, welches sich
selbst unerträglich wird, sind aber nichts ursprüghch und positiv
Gutes. Man lasse sich durch diesen blossen Schein des Gutea
nicht täuschen; Derartiges ist im Gegentheil, wie schon bezüglich
der zehn Gebote früher auseinandergesetzt, ein Zeugniss für die
Grundschlechtigkeit der Stamraesnatur.
Gesetze und Sitten haben auch ihre selbständigen "Wirkungen,
indem sie im Sinne des verwandten Charakters im Guten oder
Schlechten bestärken oder auch am Schlechten oder Guten
hindern. Es verhält sich mit dem Charakter ähnlich wie mit dem
Verstände. Natürliche Stumpfheit oder Dummheit wird durch
blosse Wissensanhäufung nie zu Schärfe und Klugheit; aber ein
guter und gesunder Naturverstand wird erst gehörig leistungs-
föhig, indem er mit den Ansammlungen des Wissens operirt und
sich kunstgemäss thätig zu sein gewöhnt. Auch der beste Cha-
rakter, der nationale wie der individuelle, will erst durch mannig-
faltige Bethätigung entwickelt und bestimmter gestaltet sein. Er
muss sich an bestimmte Richtungen des WoUens gewöhnen und ;
durch das erweiterte Wissen auch neue und allgemeinere Zieles
verfolgen lernen. So cultivirt er sich im wahren Sinne des Worts^
und so entsteht auch alle bessere CuUur und Civilisation. Sc*
schafft sich ein klareres und edleres Bewusstsein und macht au-*
blossen Naturtrieben, Gefühlen und VorslelJungsanlagen eine
eigentliche Gesinnung. Die Gesinnung der Völker lässt sich ia
ihren Gesetzen und Sitten wahrnehmen und ist ein Erzeugoisj
der Bethätigung ihrer Naturanlagen im Laufe der Zeit. Di»
— 203 —
olitischen und sittlichen Einrichtungen sind in erster Linie Pro-
^ucte und erst in zweiter Linie Producenten.
Die Moral und eine ihr entsprechende Weltanschauung hängen
^om Typus der Race, also nicht blos vom Racencharakter im
engem Sinne, sondern auch vom Naturgepräge des Racenverstandes
ab. Die verstandesmässig befähigteren Völker haben daher auch
an der eckigen Plumpheit des Judenverstandes und nicht blos an
der sittlichen Verderblichkeit des Judencharakters eine günstige
Folie. Bei dem Verstände ist es noch handgreiflicher als bei dem
auf den Trieben und der Empfindungsweise beruhenden Charakter,
dass die Naturausstattung das Entscheidende und Schaffende ist.
Andernfalls müsste der Verstand von der Wissenschaft und nicht
umgekehrt die Wissenschaft vom Verstände erzeugt sein. Auch
liier liegt den Juden daran, die Racen- und Nationaltypen weg-
gelogen zu sehen, damit man ihnen nicht mit der Berufung auf
die Race kommen könne. Sie wollen, wo es ihnen passt, nur
Individuen sein; unter sich aber cultiviren sie bezüglich des Juden-
bluts einen argen Racendünkel undWahn von ihrer vermeintlichen
nationalen Weltgrösse. Ihren Verstand geben sie überall als den
schärfsten aus, während er sich schon in den alten Judenschriften
als abgerissen und vielfach verworren bekundet, in der Wissen-
schaft aber gar nichts zu Stande gebracht hat. Auch die Ungeschick-
lichkeit, Maasslosigkeit und Plunderei, welche die Juden im
praktischen Leben für jeden guten Beobachter fast überall durch
ihre Frechheit gradezu zur Schau stellen, wurzelt in ihrem durch-
aus mangelhaften Racenverstande. Durch diesen werden die
Folgen ihres Charakters noch verschlimmert: denn die äusserste
Kurzsichtigkeit macht die selbstsüchtigen und ungerechten Triebe
noch obenein intellectuell bornirt und so in vielen Fällen noch
schädlicher, als sie bei einiger Tragweite des Verstandes sein
würden. Allerdings ist es im Grossen und Ganzen auch wiederum
gut, dass der Judenverstand nicht weit über Pfiffigkeit von thie-
risch er Artung hinausreicht; denn an dieser Verstandesbeschränkt-
heit scheitern eine Menge von Judenunternehmungen. Wie nun
der schlechte Judenverstand Einrichtungen, Gesetze und Sitten hat
so äusserst bornirt gerathen lassen, so ist der bessere Verstand
modemer Völker das Mittel, durch welches der bessere Charakter
auch intellectuell edlere Früchte treibt.
Der Cultusersatz, in welchem Charakter und Verstand in der
204
Richtung auf eine moralische Weltanschauung zu pflegen sind,
veranschaulicht sich sehr leicht durch das Beispiel der Ascese.
Dieser Ausdruck bedeutet wörüich überhaupt Uebung, in dem
durch die geschichtlichen Thatsachen bestimmteren Sinne aber
bekanntlich Selbstpeinigung, Büsserei oder mindestens erkünstelte
Enthaltsamkeit. Selbstgeisselung oder Verhalten der Säulenheiligen
gehören in das Bereich des ascetischeo Lebens, welches von
blühendeni Widersinn und verkehrtester Unnatur voll ist. In-
dessen mag solcher widerlicher Wahnsinn unter Umstanden und
ursprünglich oft genug eine gerechte Strafe für die Subjecte ge-
wesen sein, die ihm infolge von Ausschweifungen oder von be-
gründeten Gewissensqualen anheimfielen. Im Allgemeinen athmet
aber die Ascese eine düstere Feindschaft gegen die bessere
menschliche Natur und nicht etwa eine innere Selbstrache an der-
schlechten Natur, d. h. an den Abschweifungen der Natur in das
Niederträchtige und mit sich selbst Uneinige. Die Ascese ist ein
Cultusstück, welches der Feindschaft der Religionen gegen das
bessere Naturleben entspricht. In der mildesten Gestalt verfluchtigt
sie sich zu einer christlichen Selbsfkreuzigung des Fleisches, d. h.
zu einer Consequenz der schlechten Judentriebe, die mit der
menschlichen Natur verwechselt werden, so dass eigentlich eine
Ausrottung, nicht etwa der Juden, sondern der Menschheit, dabei
herauskommt. In diesem Sinne ist sie sogar eine Judenüberlieferung,
von der aber begreiflicherweise die Juden selbst am wenigsten
wissen wollen,
Statt aller solcher Zerrbilder der Ascese wäre nun bei dea
bessern Völkern eine Gewöhnung der Triebe, Gefühle und Vor-
stellungen zu edelster Gestaltung und Ordnung am Platze.
Moralische Uebuogen, das Wort Uebung in ernsthafter Bedeutung
genommen, hätten daher eher einen Sinn, als die Ascese; denn
ohne feste Einwuizelung und Gewöhnung können auch die besten
Bestrebungen und Ideen nicht viel fruchten. Der Cultusersatz
muss daher nicht blos in einer Lehre, sondern auch in einer
systematischen Bildung von festen Gewohnheiten des Denkens,
Fühlens undThuns bestehen. Natürlich ist hier von den Gedanken,
Gefühlen und Handlungen nur insoweit die Rede, als sie sich auf
die Welt- und Lebensanschauung beziehen. Das Hineinbildea
einer moralischen Auffassung der Gesammtwelt in die Köpfe und
Herzen ist hier die Hauptaufgabe ; denn nicht der gewöhnliche
— 205 —
legriflf von der Moral, sondern nur derjenige von einer Welt- und
leinsanschauung, die mit der bessern Völkermoral übereinstimmt,
^^and in der diese Moral eine universelle Bestätigung und selbst
wiedertmi einen Halt findet, reicht hier aus. Jedoch auch alle
^oral wird hier tiefer gedacht, indem der bessere Menschen-
charakter und der Kern des Charakters der Natur als miteinander
einig vorausgesetzt und je nach der Ausdehnung der Unter-
suchungen auch thatsächlich als übereinstimmend erkannt werden.
Nun aber ist alle Moral sammt der zugehörigen Weltanschauung
in ihrer bestimmteren Gestalt eine nationale. Auch für das Thier
giebt es eine Auffassung der Dinge und sozusagen einen Welt-
eindruck, aber freilich einen sehr beschränkten. Wie nun über-
haupt die menschheitliche Weltauffassung und Sitte über der
thierischen steht und nicht blos im Verstände, sondern auch in
Trieben und Empfindungen einen grössern Umfang und edlern
Gehalt hat, so besteht wiederum unter den Menschen der Racen-
"vorzug in bessern und reichhaltigeren Organen des Verstehens
-und des Strebens. Innerhalb der bessern Race sind aber wiederum
die Nationalitäten Träger besonderer Auszeichnungen in der Trag-^
weite des Empfindens, Strebens und Denkens, so dass man, so
paradox es der noch vorherrschenden Phase der Oberflächlichkeit
in diesen Angelegenheiten klingen mag, direct von einer national-
moralischen und dem Nationalverstande ebenbürtigen Welt-
anschauung reden kann.
4. Wo sich der Cultus schon einigermaassen rationalisirt hat,
wenn dieses Wort nicht schon zu viel Ehre für die Sache ist, : —
wo sich also die Menge der Zaubermanipulationen etwas beschränkt
und mit verstandesmässig gearteter Thätigkeit ein wenig gemischt
findet, da wiegt, wie im nordischen Protestantismus, die Predigt
vor, imd insofern diese die Gestalt der eine Lehre mittheilenden
Rede hat, ähnelt sie, wenn auch nur von Weitem, einer wirklichen
Belehrung. Sie würde daher garnicht mehr Cultus im alten Sinne
sein, wenn sich ihr Inhalt in der Thal mit nachweisbaren Wahr-^
heiten befasste. Hätte sie anstatt einer autoritären Glaubensschaft
wahre Wissenschaft, ich meine nicht blos die im engern Sinne,
sondern auch die des Herzens zur Unterlage, so könnte sie ein
moderner Cultusersatz werden. Sie fiele nicht mit jedem beliebigen
Vortrage zusammen ; denn ihr bliebe der eigenthümliche Gegen-
stand, nämlich die Welt- und Lebensanschauung, und auch ein
— 206 —
eigenthümlicher Zweck, nämlich das Lebendigmachea der hieher
gehörigen Gefühle und Vorstellungen. Sogar die Einmischung
von etwas ermahnender Haltung, wie sie auch in andern Reden
selbst von einem gereifteren Publicum ertragen wird, wäre noch
keine Unwürdigkeit, zumal solange die niedern Bildungsschichten
bezüglich der Antriebe, deren sie bedürfen, für eine feinere, die
ausdrückliche Ermahnung verschmähende Form noch nicht
empfäuglich sind. Auch ist es nur unter dieser letzteren Voraus-
setzung, dass überhaupt ein besonderes Amt für solche Lehr-
thätigkeit denkbar bleibt. Ein eigentlicher Priesterstand muss
ohnedies fortfallen; aber auch die Reducirung auf ein blosses
Lehramt ist dem der Schule entwachsenen und grossjährigen
Menschen gegenüber noch immer eine öffentliche Bevormundung,
mit der sich eine wirklich freie Gesellschaft nicht verträgt. Ich
habe aber hier eben die zwitterhaften Uebergangsstadien im Sinne,
die sich theils von selbst zu solchen Mischungen gestalten, theils
in der Richtung der Reducirung des Cultus auf eine blosse Lehr-
form, in der Zersetzung des Zauberhaften zu bestärken und zu
begünstigen sind. Uebrigens denke ich hier nicht im Mindesten
daran, für den eigentlichen Cultusersatz auch nur einen Prediger-
stand vorauszusetzen oder ein solches Amt gar dafür in Anspruch
nehmen zu wollen. Im Gegentheil ist der Personalapparat der
Religion selbst ein Cultusstück, welches durch eine bessere Ordnung,
die seiner nicht bedarf, zu ersetzen ist.
Für eine jede natürliche Lehre von nachweisbaren Wahrheiten
giebt es moderne Mittel genug, die nicht auf eine schülerhafte
oder gar mehr als schülerhafte Hinnahme auslaufen. Eigentliche
Lehre im Sinne des Schülerthums gehört in die Jugendschule, und
wer ihr entwachsen ist, sollte seine Ehre darein setzen, höchstens
Mittheilungen über Selbstführung des Geistes in Rede oder Schrift
als freier Mensch von freien Menschen entgegenzunehmen, sich
aber nicht von Amtswegen übergiessen, auf der Claviatur der
eignen Gefühle spielen und wohl gar mit Vermahnun gen angehen
zu lassen. Das Verhältniss politischer Redner oder Schriftsteller
zu ihrem Publicum, so übel es sich auch sonst gestaltet, ist
wenigstens darin ein leidliches Vorbild, dass in diesem Fall die
Hörer als Personen genommen werden, die frei zu entscheiden
haben. Soviel Heuchlerthum sich hierin auch mischt, so ist doch
die Conventionelle Voraussetzimg, ganz abgesehen, ob sie im
— 207 —
einzelnen Fall zum blossen Schein gemacht wird, das Angemessene.
Eine Gruppe von selbständigen erwachsenen Menschen wird im
Allgemeinen in Sachen des Cultusersatzes die Lehren nur als
Mittheilungen und die Zumuthungen nur als Anregungen über sich
ergehen lassen. Höchstens die 'ihrer natürlichen Eigenschaften
wegen in hohem Ansehen stehenden Persönlichkeiten werden unter
<lem Eindruck mächtiger Gefühle soweit gehen, im Namen der
ihnen und den Zuhörern mehr oder minder gemeinschaftlichen
Gemüthstiefen und Verstandeskräfte auch eigentliche Verbind-
lichkeiten auszusprechen und innerhalb dieser Grenze auch mit
^berechtigten Zumuthungen aufzutreten. Es versteht sich, dass
dies Alles nur für Menschen gilt, die zu würdiger Freiheit ent-
wickelt sind. Denen gegenüber, die noch in der Gewohnheit der
autoritären Hinnahme oder überhaupt in Untergebenheit unter
^ßfrische Einflüsse stehen, ist auch die Begegnungsart anzupassen.
^^ ^amen der bessern Geistesmächte zu der Schuldigkeit antreiben
^nd dies auch der Form nach als eine berechtigte Forderung
geltend machen, ist noch bei Weitem keine solche Anmaassung,
w^^ die, im Namen irgend einer erdichteten Autorität jenseitiger
-^^t die Menschen haranguiren.
Nach dem Vorangehenden ist im Cultusersatz nur Eines
w^^entlich, dass sich nämlich in den betreffenden Vorstellungen
^^c3 Gefühlen durch Mittheilung eine Bestätigu ng ergebe, und dass
^^^^l die Gleichgesinnten durch gegenseitigen Verkehr bestärken
^^^<i weiterfördern. Auch das gedruckte Wort ist eine Gestalt
^^s Verkehrs; aber es leistet nicht genug. Gedanken und Gefühle
^^^llen in lebendigerer Weise gepflegt sein, als es in den meisten
"^ ^Uen durch blosses Lesen möglich wird. Die Mittel der per-
sönlichen Einwirkung sind in wesentlichen Beziehungen weit reich-
'*^ altiger. Namentlich wirkt die Gemüthskraft in der Rede ungleich
^^ächtiger; denn wenn sie der Leser selbst nur schwach besitzt,
^o wird er ihrer weniger inne werden, da er nicht die active Fähig-
keit hat, aus den Sätzen des Schriftstellers das ihnen entsprechende
Leben in sich anzufachen. Die Passivität des Lesers und diejenige
des Hörers sind nicht gleich schädlich; denn dem Hörer wird
-durch die Modulationen des Tones mehr nachgeholfen. Nicht
aber blos das Gefühl, sondern auch der Verstand hört sich aus
dem bereits mit angemessener Gliederung Gesprochenen eher
heraus, als er sich etwa heraus liest, — wenigstens für Jemand,
— 208 —
der nicht die ganze Kraft des Schreibenden selbst in sich wach-
zurufen und gleichsam nachzuentwickeJn weiss. Nun kommt es.
aber auch nicht blos auf Mittheilung von "Wahrheiten, sondera
auch auf Erregung von "Willensantrieben und auf Gewöhnung aa
edlere Gefühlsgestaltungen an. Dies Alles lässt sich energischer nur
durch den unmittelbarenVerkchrvon Person zu Person vermittcla.
Gesellschaft und Gemeinschaft sind daher im Cultusersatz durchaus
nichts Ueberflüssiges, Auch muss sozusagen die Fahne der besseriL
Verhaltuogsweise durch die Gemeinschaft öffentlich hochgehaltea
werden, und es muss dafür gesorgt sein, dass sich in diesem
Sinne auch ein Urtheil öffentlich verlautbaren könne. Ich habe
jedoch hierauf nicht näher einzugehen, da es sich vorläufig um,
die Hauptgrund läge, nämlich um die Einsichten und Willens- '
antriebe selbst handelt, deren Pflege das Wesentliche im Cultus-=
ersatz ausmacht.
Das Wissen, um welches es sich im Cultusersatz hand^t;.
ist nicht Wissenschaft überhaupt, sondern solche Wissenschaft
durch welche das Vertrauen auf die Welt- und Seinsordnung
und der Sinn für die in der Naturordnung wahrnehmbare Ge-
rechtigkeit ausgebildet wird. Beliebige Wissenschaft, so nützhch.
oder schön, ja selbst erhaben, sie übrigens sein möge, ist hier
nicht am Platze. Es müssen diejenigen Seitea des Wissens
zusammengefasst werden, die dem erwähnten Bedürfniss der
bessern menschlichen Natur entsprechen. Beispielsweise kantt
hier auch die Astronomie viel leisten; aber es sind nur einzelne,
sehr einfache Punkte derselben erforderhch; denn alle zu be-
nützenden Thatsachen sollen eben nur das Gesammtbild einer
mit dem edleren Bedürftüss des Menschen harmonirenden Welt-
auffassung vollenden helfen. Wer da sagen wollte, dass auch
die Forschung selbst ein Cultusersatz sei, der müsste wenigstens,
hinzufügen, dass sie es nur für die geringe Zahl der Forscher selbst
sein könne. Für Andere werden es nur die Ergebnisse. Jedoch hat
sich auch der Forscher selbst zu hüten, seine ganze Thätigkeit
für sich selbst mit einem Cultusersatz zu verwechseln. Sie ist
es zum grÖssten Theil nicht, nämlich da, wo sie sich auf das-
für die Weltanschauung Gleichgültige richtet. Sie ist es aber
nach andern Seiten auch nur dann, wenn sie von dem Ge--
danken getragen wird, in den betrefienden besondem Theileo.
für die Vollendung der Weltanschauung und der Lebe osbehandlung;
— 209 —
arbeiten. In diesem Sinne in die Dinge und deren Wesen
indringen, heisst in der That die edelste Art von Cnltusersatz
^winnen, die auf theoretische Weise zu erzielen ist. Nach der
Taktischen Seite ist der Cultusersatz aber schon in jener bezeich-
eten Einwirkung auf die Empfindungen, Willensantriebe und
^^Srrundsätze zu finden. Für diese Einwirkung giebt es mannig-
^^-altige Formen, unter denen auch die dichterische Anregung, so-
^%^eit sie Wahrheit enthält oder einst enthalten wird, einen Platz
beanspruchen kann. Nur versteht es sich, dass der Gehalt überall
die Hauptsache bleibt, und dass die dichterische Gestalt, in
welcher beispielsweise die Bestärkung des Vertrauens auf den
guten Theil der Weltordnung erscheint, an sich selbst ein Neben-
werk, um nicht zu sagen ein Nebenspiel ist. Alles Spielerische
muss von dem Ernst, den die cultusersetzenden Mittel der Selbst-
iiihrung des Geistes zu vertreten haben, unbedingt fernbleiben.
In Vergleichung mit diesem Ernst sind oft hochangesehene
Dichterwerke nur als Dichteleien, aber nicht als der religions-
ersetzenden Geistesführung würdige Poesien zu betrachten.
5. Jedes Gemeinwesen bedarf, wenn es nicht aus den Fugen
gehen soll, mehr als blos gewaltsamer und blos juristisch zwin-
gender Mittel. Wollte man nun aber sich darauf beschränken,
im gewöhnlichen Sinne des Worts eine Fahne für gute Sitte
und gute Grundsätze aufzupflanzen, so wäre das zu wenig. Die
geistigen Bindemittel müssen tiefer wurzeln, als in der gewöhn-
lichen Moral, die ihren Halt nicht in einem Wissen vom Charakter
des Weltganzen hat. Die gemeine Privatmoral ist durchschnitt-
lich in der Oberflächlichkeit ihrer Gesichtspunkte etwas durchaus
Unzureichendes und meist auch noch Unzuverlässiges. Sie gilt
allzusehr als eine ziemlich dehnbare und schwankende Theorie,
die ein ebenso dehnbares und schwankendes Gewissen ergiebt.
Es ist bisher nicht gelungen, die bessern ihrer Grundsätze an
Etwas anzuknüpfen, was eine stärkere Verbindlichkeit mit sich
bringt und den Spielraum der Willkür beschränkt. Gemeiniglich
haben auch die neuern Staaten so gethan, als wenn die Religion
die erforderliche Stütze wäre. In manchen Verfassungsformu-
lirungen, wie in der preussischen, hat man es sogar ausdrücklich
ausgesprochen, es solle das Christenthum als die maassgebende
Grundlage angesehen werden. Die modernen Gemeinwesen
werden aber, gleichviel ob die Regierungen es wünschen
Du bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl 14
nicht, durch die Mehifachheit von Religionen und Confessionen
unwillkürlich genöthigt, Ihatsächlich auch andere, von derRelig
unabhängige Gesichtspunkte walten zu lassen. Nächstliegende
Beispiele sind die Ersetzung derTrauung durch die Eheschliessung
vor bürgerlichen Behörden und die Zurückführung der Taufe
oder Beschneidung auf blosse Geburtsanmeldung und Namea-
gebung ebenfalls vor bürgerlichen Behörden. Bei uns fehlt hiezu
als Drittes zwar nicht die bürgerliche Todesaameldung, aber
wohl das bürgerliche Begräbniss, um die Hauptthatsachen,
die sich der Priesterstand stets geklammert hat. wenigstens für
diejenigen Menschen, die ihm nicht freiwillig folgen wollen, von
dessen Eingriffen und Zumuthungen zu befreien. Es ist dies
auch eine wesentliche Wegräumung von Cultusstücken.
"Wem eine solche Wegräumung zu Nüchternes allein übrig
zu lassen scheint, der bedenke, dass die Herausschälung des
Wirklichkeitskems aus der Hülse des Aberglaubens genug dafür
entschädigt, dass die, überdies bohlgewordeae, ceremonielle Aus-
staltung und Anschaulichkeit inWegfall kommt. In den nationalen
Sitten und Festen, soweit sie ohne reUgiösen Beigeschmack dem
modernen Völkerwesen entsprechen, ist noch genug Regsamkeit
für die Sinne und kann sich auch später Manches bethätigeo,
was für importirte Zauberpraktiken dem Anschauungs- und sym-
bolischen Bethätigungsbedürfniss einen bessern Ersatz bietet.
Was aber die Kunst im Allgemeinen betrifit, so wird sie da
symbolisch, wo sie Ideen mit AbsicMlichkeit durch Etwas aus-
drückt, was nicht an sich selbst, sondern nur durch die Bilder-
sprache, die es redet, Bedeutung haben soll. Nur selten ist aber
eine solche Symbolik am Platze. Es giebt jedoch eine natür-
liche Symbolik, die nicht mehr Symbolik in jenem Sinne def
Bildersprache, sondern ein naturgetreuer Ausdruck der Ideen in
der Haltung und in den Zügen menschlicher Gestalt ist. Die
Treue kann der Maler dadurch darstellen, dass er in dem Ge-
sammtbilde namentlich das Auge mit dieser Eigenschaft darstellt.
Freilich sind hier die Mittel bis jetzt nicht so leicht zu handhaben,,
wie bei den Gegenständen der älteren Kunst. Aber das aut
Göttermacht, Schönheit und Reiz beschränkte Puppenwerk der
alten Griechen, sowie die meisten religiösen Bilder der Italiener
werden nicht als das Letzte und Höchste in der Kunst geltet^
bleiben. Die neuem Nationalitäten werden auch auf diesem G«.
— 211 —
t
Wet in reiner Weise ihre Charaktervorzüge veranschaulicht sehen
Collen. Die in der Tiefe des neuern Völkergeistes wurzelnden
-antriebe und Ideen werden auch künstlerisch zur ungemischten
^ad freien Ausgestaltung gelangen. Keine bisherige Kunst hat
*^9.s geleistet, was erforderlich ist, wie von mir schon im Falle
'^^r Dichtung dargelegt wurde. Die Nationalität oder, genauer
^^sagt, eine vorwaltende Nationalität ist die Grundlage des
Cremeinwesens. Hierin besteht das moderne Nationalitätsprincip,
^nd nationale Freiheit im Innern wie nach Aussen ist nicht
^möglich, wenn dieses sich nicht in allen Richtungen geltend-
^umachen die Kraft hat. Für weitere Völkergebiete nimmt es
<lie Gestalt des Racenprincips an. Von nationaler Kunst reden,
ist nun zwar eine alte Sache und noch mehr im Gebrauch als
etwa der Ausdruck nationale Philosophie. Allein dabei die
Nationalität tiefer und demgemäss als einen von Natur vor-
handenen Charakter auffassen, der die ihm eigenthümlichen
Eigenschaften und Gedanken in Gebilden der Kunst erst noch
^zu gestalten hat, — das liegt weit vom gemeinen Wege ab.
^Wer bei deutscher nationaler Kunst nur an Romantik und Mittel-
-alter, also etwa nur an gothische Dome denkt, der verwechselt
<iie reine nationale Natur und das wirklich Menschliche mit dem
Zwitter, welcher aus der Mischung mit dem Christlichen entstanden
ist und zeugungsunfähig bleiben wird.
Die reine Natur der deutschen Nationalität kann, ähnlich
•der griechischen oder überhaupt gleich denjenigen edel aus-
gestatteter Völker, die Kunst nur auf Ideale des Wirklichen, also
in höchster Form nur auf den Menschen richten. Sie muss den
Menschentypus der neuern Völker und insbesondere den germa-
nischen Menschen mit seinen Charakter- und Verstandesvorzügen
^um Ziele haben. Das Puppenwerk ist allerdings wenig in Ver-
gleichung mit dem, was lebendig in Fleisch und Blut zum Dasein
gebracht wird. Ein einziger Mensch, welcher in Leib und Geist
den bessern Typus in besonders gelungener Artung vertritt, ist
mehr werth, als Tausende von noch so kunstreichen Bildsäulen
und alle andern Erzeugnisse der Kunst zusammengenommen.
Wenn ich also hier von der Kunst in Marmor, in Erz oder auf
JLeinwand rede, so überschätze ich sie wahrlich nicht. Es ist
ihr vielmehr die Rangstellung angewiesen, die sie in einer die
Wirklichkeit richtig veranschlagenden Weltanschauung und
14*
— 212 —
4
Lebensbehandlung haben kann. Um aber auch nur diese relative
Bedeutung festzuhalten, muss sie sich Ideale bilden, wie sie bijN
jetzt noch nicht erfasst, geschweige ausgeprägt hat. Sie muss
für den neuern Völkergeist etwas Aehnliches leisten, wie die
griechische für den ihrigen. Sie muss sozusagen Göttermenschen,
schaffen; jedoch ich liebe den Ausdruck „Götter" auch da nichts
wo er blos die Ideale bedeutet. Um aber an das alte Herkommen
der Sprache anzuknüpfen und sich so verständlicher zu machen,
muss man im Ausdruck bisweilen eine Stufe hinabsteigen. Um
also ganz speciell und gleichsam in einem häuslichen Beispiel
die Angelegenheit zu veranschaulichen, so hätte die deutsche
Kunst vor Allem den idealen Deutschen nach allen Richtungen
seines Wesens durch schöpferische Vertiefung in die Bestand-
theile seines Charakters zur plastischen und malerischen Dar-
stellung zu bringen. Auf diese Weise würde mindestens etwas
Besseres vor Augen geführt werden können, als das christliche
Judenthum. Ob neuere Völker ausser im Charakter auch in der
Formenschönheit die Griechen einst überflügeln, das wird von
ihrer eignen Wandlung in Fleisch und Blut abhängen; denn bis
jetzt scheint ihre natürliche Organisation noch nicht in jeder
Richtung fein genug entwickelt zu sein, um vorläufig auch
nach dieser Seite der Kunstvollendung die wünschenswerthen
Aussichten zu eröffnen. Jedoch auch hievon abgesehen wird
die Kunst ihren wesentlichen Beruf nicht verfehlen, wenn sie
sich nur dem modern Menschlichen widmet, das antik Classische-
auf sich beruhen lässt und das romantisch Mittelalterliche int
seinem Bestandtheil, der christliches Judenthum heissen könnte,
auf Nimmerwiedersehen wegwirft. Alsdann kann auch das
Gemeinwesen von ihr zur würdigen Veredlung wichtiger und
öffentlicher Handlungen einige geistnährende Frucht einernten;
6. Die Moral, die bei dem Religionsersatz in Frage kommt,
hat nicht jenen äusserst beschränkten und fehlgreifenden Sinn,
der durch die eigentliche Christlichkeit hineingelegt worden ist.
Dieser Sinn war und ist, wie es die Selbstrückwirkung gegen die
Judeneigenschaften mitsichbrachte, wesentlich negativ. Die Zucht
der schlechten Triebe oder vielmehr in richtig christlicher Wider-
sinnigkeit die Ausrottung der Triebe, mit besonderer Vorliebe
für den überhaupt als sündig gebrandmarkten Geschlechtstrieb,
ist hiebei der Ausgangspunkt für allen falschen Moralschein und
— 213 —
-^vir alle Moralheuchelei. Um dieser Verkehrtheit willen kann das
^oit Moral unter Umständen gradezu widerwärtig afficiren. Mir
st es oft genug selbst moralischen Ekel erregt. Die bessere
--^^loral findet sich von Nichts mehr abgestossen, als von ihrem
-^^errbilde. Die palästinensisch christliche Moral, auch wenn sie
^^ Ol ihren besten Zügen und nach den Auslassungen des Refor-
^Änators und Bergpredigers selbst betrachtet wird, ist vielfach ein
Gemisch von unanwendbaren Paradoxien, ja Widersinnigkeiten
^nd steht mit der gesunden und edlen Natur besserer Völker
^uf gespanntem Fuss. Von Freiheit und Würde enthält sie kein
Xörnchen, und in vielen Punkten ist sie gradezu eine Knechts-
moral. Edelmuth und Tapferkeit figuriren in ihrem Codex nirgend,
wie denn auch bald das bereits zur Herrschaft gelangte Christen-
thum nicht Anstand nahm, die Tugenden der Römer und Griechen
^Is glänzende Laster zu bezeichnen und so in Verruf zu bringen.
XDie Germanen mögen es sich also merken, dass ihre Tapferkeit
-^us dem jüdisch christlichen Gesichtspunkt nur ein glänzendes
Xaster ist. Die Naturvorzüge sind dies nach christlicher Schätzung
^tets; die Judennatur ist hier, wie immer im Christenthum, mit
<ier Natur überhaupt verwechselt. Die Natur besserer Völker ist
:grade die Grundlage ihrer Moral. Fasst man die sittlichen Grund-
sätze nach dieser würdigeren Seite hin auf, so tritt der christlich
angesteckte Begriff vom Moralischen zurück, in welchem die im
Grunde gegen die gemeine Judenwollust gerichteten, aber that-
sächlich natur- und menschenfeindlich gerathenen Vorstellungen
die Hauptrolle spielen. Ehrlichkeit und Treue sind Tugenden
des Naturcharakters; aber sie fehlen aus naheliegenden Gründen
in der christischen Sittenlehre. Wie sollte auch auf dem Boden
Palästinas von Ehrlichkeit und Treue ein Ideal erwachsen sein!
Man thut gut, die Moral immer so zu denken, dass sie sich
auf alle aus der bessern Völkernatur entspringenden Tüchtigkeiten
und Vorzüge bezieht. Tapferkeit, Edelmuth, Vertrauen und Treue
sind im Judasvolke nicht zu Hause; sie haben dort von Anbeginn
und sozusagen von Natui wegen gefehlt und können sich daher
auch ebensowenig jemals einstellen, wie bei Schlangen und
Katzen. Die Naturcharaktere bleiben im Wesentlichen dieselben,
und es ist daher auch alle Humanität im Sinne besserer Mensch-
lichkeit auf die edleren Naturanlagen neuerer Völker zurück-
zuführen. Ebenso ist dies mit der edleren Weltauffassung der
— 214 —
Fall, und die bessere Moral, im angegebenen Natursinne des
Worts, vollendet sich in einem besseren Verständniss des Alls
der Dinge. Auf diese Weise erweitert, ist die Moral allerdings
fähig, Religionsersatz zu sein; denn sie ist alsdann nicht mehr
blosse Moral in Beziehung auf Menschen, sondern auch Moral
in Beziehung auf den Grund und Boden der Dinge. Die mensch-
lichen Aflfectionen richten sich Msdann moralisch und ästhetisch
nicht blos auf den Menschen, sondern auch auf das Ganze der^
Welteinrichtung. Was in der letztern an Zügen enthalten ist, di^:
Theilnahme erwecken, darf aber nicht unverhältnissmässig derrj
Menschen vom Menschen ablenken, sondern muss dazu dienen,
das Verhältniss des bessern Menschen zum bessern Menschen
noch fester zu vermitteln.
Vom Weltgeist reden, streift unter Umständen schon an
bedenklichen Aberglauben; denn wo wäre der Geist in den
Weltkörpem, wenn er nicht auf ihnen in lebendigen Wesen
angetroffen würde? Gegen einen derartigen Gespensterglauben,
der die Züge von Verstand und Charakter, die sich in der Ein-
richtung der Dinge finden, mit dem Geist lebendiger Wesen
verwechselt, haben wir bereits Einspruch gethan. Es ist daher
auch besser, zu sagen, Weltcharakter oder Seinscharakter, anstatt
Weltgeist; — wo und solange nämlich das Wort Geist von
nahezu ebenso falschen Vorstellungen begleitet wird, wie das
Wort Seele. An den Ausdruck Charakter hat sich der religiöse
Aberglaube noch nicht in gleicher Weise heften können. Für
die menschHchen Affectionen giebt es daher in der Natur nichts
Ebenbürtiges als den Menschen selbst. Lebendige Wesen anderer
Weltkörper kommen, als ausser dem Verkehr mit uns befindlich,
nicht in Frage. Uebrigens steckt aber in den Weltkugeln und
ihren Beziehungen kein Geist, sondern dieser ist ganz und gar
in die lebendigen Wesen übergegangen. Hieraus folgt, dass wir
zwar intellectuell, ästhetisch und moralisch durch die Welteinrich-
tung erregt werden, aber dass dieser universelle Affect doch von
anderer Artung ist, als jene gesteigerten Gefühle und Gedanken,
mit denen wir das bewusste Dasein von Verstand und Charakter
in lebendigen Wesen, in Unseresgleichen und ganz besonders
in denjenigen Typen betrachten, die uns durch Vorzüge am
nächsten stehen. So ergiebt sich, dass der Cultusersatz in der
Pflege der edleren Menschlichkeit, Nationalnatur und Individualität
— 215 —
mit gleichzeitiger Vertiefung in die nach Maassgabe der bessern
Eigenschaften gestaltete Weltanschauung besteht. Der ausge-
zeichnetste Fall nun, in welchem sich die Theilnahme des bessern
Menschen für das Würdigere der Menschheit bethätigt, ist die
Aufopferung der niedrigen Interessen und erforderlichenfalls des
sackten Lebens für eine hohe geistige Angelegenheit, rnag es
sich nun um das Eintreten für hochwichtige Wahrheiten oder
^mittelbar um die Verwirklichung derselben in Lebenseinrich-
tungen handeln. Beides ergiebt ein echtes Märtyrerthum, und in
^ej<iem zeigt sich die moderne Welt der neuern Völker, wenn
^^TX nur näher zusieht, mit echten Beispielen besser und reich-
^^Itiger vertreten, als die jüdisch christliche Vergangenheit. Das
Wort Märtyrer ist griechisch, der vorherrschende Gebrauch
christlich, aber die Sache nur bei bessern Völkern in ihrer
edleren Tiefe erkannt und geübt. Nicht jeder freiwillige Tod im
S^^xie angeblicher rehgiöser Wahrheiten ist ein achtungswerthes
^^rtyrerthum. Sich von den Rädern des indischen Götterwagens
^^x-malmen lassen, ist allerdings auch eine Art des Enthusiasmus;
^t>^r dieses Cultusstück, obwohl es mit Selbstaufopferung ver-
•^^xiden ist, kann uns nicht sonderlich andere Achtung ab-
^öthigen, als wenn Motten, von der Flamme gereizt, in diese
^ixieinfliegen.
Es kommt noch hinzu, dass, wenn die Vorstellung der Er-
^^ugung einer besondern jenseitigen Herrlichkeit leitend ist,
dieser Umstand bereits Schatten auf die Reinheit des Märtyrer-
'^Iriums wirft. Es braucht alsdann kein echter Opfertod vorhanden
^Xi sein; denn der Tod um jenseitigen Lohn und sozusagen auf
-Entschädigung hin ist kein reines Opfer. Jedoch ist es peinlich,
^rade in den bedeutendsten Fällen diesen Gesichtspunkt als vor-
"Waltend voraussetzen zu sollen. Es ist schon übel genug, dass
man vom Standpunkt der ruhigen und geklärten Wahrheit aus
den Gedanken zu ertragen hat, dass der Märtyrer in der Hoffnung,
die ihn beseelte, sich getäuscht hat. Eine Erfahrung davon
konnte er glücklicherweise nicht machen, und so konnte er auch
nicht enttäuscht werden. Für uns aber, die wir das fremde
Schicksal betrachten, ist die Vorstellung von der Nichtigkeit
jener Hoffnungen um so niederschlagender, je mehr Theilnahme
uns im Uebrigen ein als Märtyrer Gestorbener durch seine
Sache einflösst. Wir wünschen da unwülkürlich eine bessere
— 216 —
Ausgleichung, als sie das Gefühl einer falschen Hoffnung sein
kann. Wir verlangen nach Etwas, was nicht blos im persönlichen
Empfinden liegt, sondern derWahrheit und Wirklichkeit bleibenden
Seins angehört. Der Jenseitswahn, insofern auch der blosse Wahn
an sich den Wähnenden befriedigen kann, ist eine schlechte
Zahlung, und wenn es keine gediegenere Münze zur Ausgleichung
der Schuldigkeiten gäbe, so wäre die Natur werth, wirklich zu
Nichts zu werden, wenn man überhaupt sich diese ungeheuer-
liche Gedankenwendung von einer universellen Vernichtimg
auch nur hypothetisch gestatten will.
Glücklicherweise verhält es sich mit allem echten Märtyrer-
thum doch etwas anders. Der Kern desselben kann auch dann,
wenn sich der Jenseitswahn damit verbindet, aber nicht die vor-
nehmlich maassgebende Vorstellung ist, einen reinen Charakter
haben. Es kann die Selbstentäusserung nämlich dennoch vor-
handen und die Vorstellung vom persönUchen Fortleben nur ein
Nebenumstand sein, an welchem die Handlung gar nicht hängt.
Bei Sokrates wissen wir dies sicher; denn bei ihm war nicht ein-
mal von einem entschiedenen Unsterblichkeitsglauben die Rede.
Wo aber, wie bei Giordano Bruno, dem hohen Märtyrer aus dem
Bereich des neuern Völkergeistes, der Glaube an ein Fortleben
auf andern Weltkörpern bestand, da mag dieser Glaube w^ohl eine
gewisse Erleichterung gewesen sein, bis zum letzten Athemzuge
auf dem Holzstoss standhaft zu bleiben und das dort entgegen-
gehaltene Crucifix mit gebührend finsterm Blick zurückzuweisen;
aber die Aufopferung selbst stammte doch aus einer tiefer und
wahrer begründeten Kraft. Sie wurzelte in der mächtigen Leiden-
schaft oder, besser gesagt, Gemüthskraft, die dadurch ihr Höchstes
vollführte, dass sie sich unter dem Eindruck der Anschauung des
Wahren und Edlen gestaltete und entflammte» Freilich ist das
eigentlich Verzehrende hiebei nicht erst das Feuer des Holzstosses,
sondern jenes innere Feuer, von welchem das nackte Leben nicht
geachtet wird, wenn es gilt, etwas Höheres, nämlich die Bethäti-
gung der edelsten Lebensregungen vor aufgezwungener Selbst-
vemichtung zu bewahren.
7. Die tiefere Ursache alles ursprünglichen und echten, also
nicht wesentlich auf Aberglauben, Autorität und Nachahmimg
gegründeten Märtyrerthums ist die Kraft zu einer höheren Art
von Leben. In diesem treibt die Anschauung eines auf die Person
— 217 —
mächtig einwirkenden Gegenstandes der Hingebung oder, wenn
Bian will, die Liebe zu diesem Gegenstande zu einer der geraeinen
gesellschaftlichen Lebensgefahr unterliegenden Handlungsweise,
öer gewaltsame Verlust des Lebens ist nur das handgreifliche
Jtferkmal, aber nicht das Wesentliche der Sache; denn da Leben
uater gewissen Umständen schwerer als Sterben ist, so kann da s
Mäjtyrerthum auch in der Uebemahme eines derartig schweren
Lötens bestehen; ja es wird Angesichts des Raffinements culti-
vix-lerer Epochen, in denen möglichst unscheinbar zu tödten ver-
su.cht wird, öfter grade diesen Charakter annehmen. Will man
^^^s Märtyrerthum bis in seine Tiefen verstehen, so muss man von
^^x Vollständigkeit der gegenständlichen Wahrheit absehen. Es
ist: genug, wennWahrhaftigkeit und edle Gesinnung das Antreibende
gewesen sind. Die begleitenden besondern Vorstellungen können
^^^^ ^nigstens zum Theil unrichtig sein, ohne dass deswegen die
ö^deutung des Märtyrerthums aufhörte. Der Werth des letztern
-tk angt allerdings von dem wahren Bestandtheil der Antriebe und
^Vorstellungen ab, wird aber durch die blosse Beimischung von
Jxrthum und Wahn nicht vernichtet, sondern nur verringert. Man
liönnte in dieser Beziehung eine Rangordnung der Werthe auf-
"Stellen. Je mehr und je ärger der Aberglaube und Wahn dabei im
Spiele waren und je geringfügiger sich der Rest an bleibender
"Wahrheit stellt, um so werthloser werden derartige Acte. Die
meisten christlichen Märtyrer handelten auf Autorität, aus Nach-
ahmung tmd im Sinne eines starken Aberglaubens. Achtbar ist
•dabei nur die Kraft an sich selbst, aber an Ziel und Sache nur
Weniges. Das vorbildliche Märtyrerthum von Christus selbst will
freilich etwas anders aufgefasst sein; denn dieser handelte zum
grössten Theil aus Ueberzeugungen, die er sich selbst geschaffen
und an welchen die Autorität der ihm überlieferten ernstgenom-
menen Bestandtheile der Judenreligion weniger Antheil hatte. Wie
alle reformatorischen Geister hohenRanges schöpfte er das Wesent-
liche aus den Tiefen seiner eignen Natur. Aus dieser stammte
auch diejenige Kraft des Herzens, die ihn den jüdischen Schrift-
gelehrten trotzen und der Grausamkeit und dem Hohn des Stammes,
unter dem und für den er lebte, die Stirn bieten Hess. Die Nach-
ahmungen aber erhielten mehr den Charakter eines Leidens im
Hinblick auf die verheissene himmlische Seligkeit. Christus selbst
war dem Tod ausgewichen, soviel er konnte, und hatte noch
zuletzt gewünscht, dass, wie er sich ausdrückte, dieser Kelch, d, T:^.
der bittere Kelch des Märtyrerthums, wenn es möglich wäre, ilK^-rri:
erspart bliebe. Die späteren Märtyrerchristen, aus der Zeit (Ä^^r
grössern Verfolgungen, benahmen sich aber meist als solche, c3ie
autoritär, in der Anschauung und Vorempfindung jenseiti^^er
Freuden, in den Tod gingen, und dies erinnert etwas an die sct^ ou
erwähnten zermalmenden Räder des indischen Götterwagens, ^^^er
aus eigner Einsicht und selbstentflammter Gemüthskraft den ^SST^^g
geht, der unter Umständen zum Märtyrerlode führen muss, "wie
dies in hohem Grade bei Christus der Fall war, — der beherrsctit
auch sein Werk eher und hat jedenfalls mehr Maass, als diejenigen;
haben können, die nur an sein Wort glauben und daher in gleiaH^-
sam blinder, weil nicht von eigner Einsicht getragener Erreguc:»'&
handeln.
Um das Peinliche wegzuschaffen, womit uns ein wirklia ^
bedeutendes Märtyrerthum gleichsam beunruhigt, sobald wir ^^^
als einem Wahn dienstbar betrachten müssen, haben wir zu unter::::^^'
suchen, ob nicht doch eine gegenständliche Wirklichkeitwenigsten^^^
zu einem Theil dabei leitend war. Wenn in der einen Beziehung*?
eine Täuschung bestand, so kann doch in einer andern die Ho^^f^^
nung des Märtyrers einen guten Sinn gehabt haben. Auch dÄ^^
hohe Leidenschaft einer edel und gross gearteten Liebe kann vc^ -a
täuschenden Vorstellungen und Erwartungen begleitet sein. ITä
der Hauptsache aber täuscht sie nicht; denn sie ist nur der Aus-
druck und gleichsam die Vorwegnahme nicht blos des ganzen
individuellen, sondern des durch die Generationen jfortsetzbarea
Lebens. Sie ist die Freude des Menschen an dem Vorzüglichea
seiner eignen Gattung, welches zugleich das über das Individuum
hinausreichende Leben mitumfasst und die schöpferische Macht im
Menschen durch die unmittelbare Empfindung erkennt. Die Phan-
tasie kann hier fehlgreifen und zum Wahn ausschlagen; aber der
Kern bleibt wahr. Er bleibt es auch, wenn Aufopferung aus Liebe
einen andern Weg führt, als den zum Leben; denn auch in diesem
Falle verfehlt die Hingebung ihr Ziel selbst dann nicht, wenn ia
einem Falle, wie der von Romeo und Julia, nur ein Andenken
für die Ueberlebenden übrig bliebe. Die Liebe ist darum noch
kein Wahn, weil das, für dessen Wahrheit sie der Gefühlsausdruck
ist, unter Umständen untergeht; ebenso wenig als sie aus dem
Grunde etwa ein Wahn sein müsste, dass sich in ihrem Gefolge
— 219 —
^^cht unmittelbar die zu überschwenglich gestalteten \md daher
^^rstandesmässig unrichtigen Vorstellungen erfüllen können. Ueber
^^ne Wahnnatur der Liebe ist gar zu viel gefaselt und gedichtelt
^orden. Der Wahn betrifft aber nur die fehlgreifenden Verstandes-
^^rstellungen, die sich in die Form der Phantasie übersetzen und
^^^h die Sehgkeit anders ausmalen, als sie in der Naturwirklichkeit
^^ntritt. Hiezu kommt noch später die Thorheit, sich an den
'^Empfindungen nicht genügen zu lassen, und die noch grössere
-thorheit des Bedauerns darüber, dass sie nicht immer und ewig
Vorhanden sind. Jedoch ich habe hier nicht die Herabwürdigungen
^er Liebe und die zugehörigen Anklagen gegen die Natur ein-
gehend abzuurtheilen, sondern nur die Vergleichung mit Fällen
wirklich aufopfernder und daher erhabener Gemüthskraft der Liebe
zu benutzen, um einen doch wohl noch höheren Gegenstand,
nämlich die echten Bestandtheile eines naturwahren Märtyrer-
thums, verständlicher zu machen.
Der wahrhaft uneigennützige Tod ist der für einen Gegen-
stand, dessen edle Natur dazu bewegt, die eigne daranzugeben, um
ihn zu sichern. Dieser Gegenstand kann ein Mensch sein; er
kann aber auch das Gute an der Menschheit und das Wahre sein,
an welchem theilgenommen wird und für welches die Hingebung
stattfindet. Trifft man nun auch nur ein Körnchen von dieser
Art an, so ist die Hoffnung des Märtyrers, so wahnvoll sie auch
übrigens gewesen sein möge, grade in dem Punkte nicht getäuscht,
in welchem sie gegenständlich berechtigt war. In allem Uebrigen
nauss aber die subjective Befriedigung, die in dem Wahne selber
l^gi genügen; eine andere wäre die betreffende verkehrte Be-
strebung auch wirklich nicht werth. Soweit also gegenständlich
Wahres treibend ist, ist die Aussicht auf Erfüllung kein Wahn;
soweit blos subjective Wahrhaftigkeit, also eine Ehrlichkeit im
Irrthum vorhanden, insoweit ist die mit sich selbst einige Empfin-
dung und Befriedigung der Lohn; wenn aber auch der gute
Wille, wahr zu sein, irgendwo gefehlt hat, dann ist sogar der
entsprechende Theil des Leidens unter Umständen eine gerechte
Strafe. Ein Märtyrerthum für die Lüge, d. h. eine Bezeugung der
wissentlichen Unwahrheit mit dem Tode, wäre ein sonderbarer
Begriff. Wohl aber ist es möglich, dass sich in die Wahrheit auch
ein Theil bewusster Vertretung von Trug einmischt, z. B. Spiegel-
fechterei mit Künsten, die von Andern für Wunder p '
— 220 —
wurden, ja vielleicht gehalten werden sollten. Wunderthäter, die
an ihre eignen Wunder glaubten, dürften, wenn sie auf eigne
Hand und nicht etwa auf Autorität manipulirten, niemals existirt
haben. Das Urtheil ist also in solchen Fällen nicht ganz einfach.
Von angedichteten oder nachträglich sagenhaft erfundenen
Wundergeschichten sehe ich natürlich ab; aber wenn man dem
Kern der Worte und der moralischen Lehre in den überlieferten
Schriften einige Bedeutung beimisst, so muss man auch den be-
richteten Thaten wenigstens zum Theil einen sachUchen Kern
zugestehen. Ein blos mythischer Standpunkt ist auch gar zu ein-
seitig und unkritisch. Dies vorausgesetzt, ist man nicht immer
sicher, es auch nur in subjectivem Sinne immer mit reiner Wahr-
heit zu thun zu haben. Was Christus anbetrifift, so will ich nur
das Positive zu Gnmde legen. Er glaubte an seine Reformation
des Judenthums und starb dafür; mir aber scheint, dass an Alle-
dem «rilgemein menschlich und gegenständhch Nichts wahr ge-
wesen ist, als sein Kampf gegen die Schriftgelehrten und seine
Verurtheilung dieser Classe als eines Otterngezüchts. Dieses
allein hat ihm auch den Tod bereitet, und in dem Zeugniss
gegen dieses ist sein Märtyrerthum ohne Abzug stichhaltig und
wird solange dauernde Folgen haben, als sich die Welt noch
leneir palästinensischen Vorgänge erinnert. In diesem Punkte haben
sich die Erwartungen des Märtyrers, dass er in der Welt noch
Viel für die Gerechtigkeit aufrühren würde, nicht getäuscht. Dies
Gute soll aber zum grossen Theil noch erst kommen; denn so
ziemlich alle andern Wirkungen seiner Lehren haben thatsächlich
überwiegend dem bessern Menschen zum Unheil gereicht. Auch
kann er selbst nicht ganz von der Verantwortüchkeit frei-
gesprochen werden, da es zum Theil die unbrauchbare und irre-
führende Beschaffenheit seiner Lehren, also nicht blos deren Miss-
brauch gewesen ist, was der Welt, anstatt zum Heil, vorwiegend
zum Unheil ausgeschlagen ist. Wenn es für diese Seite der
Folgen eine persönliche Entschuldigung giebt, so mag es der
Hinweis auf das Racenelement sein, in welchem derartige Lehren
sich gestalteten.
Die Arabersemiten, die in intellectueller Beanlagung, sowie
durch einige Tapferkeit und durch einige Fähigkeit zur Industrie,
die sie namentlich als Moriscos auf spanischem Boden bekundet
haben, doch weit über den Judensemiten standen, haben in der
Religion mit dem Muhamedanismus nur den autoritären fanatischen
Tod im kriegerischen Kampfe, aber nicht ein eigentliches Märtyrer-
thum hervorgebracht. Dies liegt offenbar in der verhältnissmässigen
Beimischung von Thatkraft; denn im Märtyrerthum waltet das
Dulden vor. Im Uebrigen kann aber diese der Judennationalität
überlegene und auch hin und wieder mit bessern Stammeselementen
innerlich versetzte oder äusserlich zu gemeinschaftlicher Thätigkeit
vereinigte Race mit ihren Eigenschaften als Schlüssel dazu dienen,
wie Religionen entstehen und aus welchen gemischten Eigen-
schaften sie ihren Charakter erhalten. Die Moriscos in Spanien
wurden noch im 17. Jahrhundert allgemein als Lügner, Betrüger
und Phantasten angesehen. Auch ein Cervantes, der ein guter
Menschenbeobachter war, ertheilt ihnen diese schmückenden Bei-
wörter. Aus dieser schönen Dreieinigkeit von Lug, Trug und
Phantasterei begreifen sich neun Zehntel des Muhamedanismus
und auch ein so elendes Büchelchen, wie der Koran, welches in
einem Umfang, der ungefähr demjenigen des neuen Testaments
gleich ist, eine ganze Welt von Zerfahrenheit und semitischer
Abgerissenheit beherbergt.
Indessen hiesse es, sich zu sehr auf eine Species beschränken,
\venn man Lug, Betrug und Phantasterei nicht auch noch als
eine weit allgemeinere Racenei genschaft erkennen wollte. Bei
den Juden könnte Jemand meinen, sie hätten bei ihrem Mangel
an jeglicher bildenden Kunst so gut wie keine Phantasie. Dies
ist auch richtig, soweit es sich um Anschaulichkeit und Ge-
staltungskraft handelt; aber wenn ihnen die bildende und ge-
staltende Phantasie abgeht, so haben sie doch eine mehr bildlose
Art von Phantastik und eine maasslose Ueberschwenglichkeit
wüster Vorstellungstriebe. Von den übrigen Orientalen und auch
von den verhältnissmässig bessern andern Semiten unterscheidet
sich die meist starre Phantastik der Juden durch besondere Spitzig-
keit und Eckigkeit und durch den denkbar weitesten Abstand
von jeglicher Schönheit, so dass grade das Verzerrte und Häss-
liche in grossem Maass das Element dieser armseligen Caricatur
von Judenphantasie ist. Trotzdem darf man aber bei den Juden
die Phantastik, so schlecht auch die zu Grunde liegende Phantasie
geartet ist, nicht vergessen, theils um die Geschäfte der Juden
und die zugehörigen, oft sehr ausschweifenden Speculationen
richtig zu würdigen, noch mehr aber, um Alles, was in der
— 222 —
JReligion von der Judenrace seinen Ausgangspunkt genommen
hat und sieb mit Judenlug, Judentrug und Judenphantastik
mindestens stark versetzt findet, in seinen Bestandth eilen gehörig
zu veranschlagen.
8. Allen den angedeuteten Einmischungen entgehen wir
bereits, wenn wir uns auch nur zum antiken Märtyrerthum des
Weisesten der alten Welt zurückwenden. Sokrates trat für eine
•edle und gesunde Moral ein, die zugleich das Gute der Welt zu
einem Theil entsprechend vorstellte. Sie hatte einige national-
griechische Züge und war im Sinne des neuern Völkerideals, wie
^s sich jetzt gestalten lässt, freilich nicht alle Vollkommenheit,
<lie wir heute zu erfassen und künftig zu pflegen vermögen
werden. Sie hatte aber einen so schuldlosen, von unheilvollen
Bestandtheilen freien Charakter, dass sich aus ihr, wo sie einfach
nach den besten Berichten aufgenommen wurde, für die Welt
noch kein Unheil ergeben hat. Wohl aber hat sie im Allgemein-
menschlichen, Natürlichen und Gesunden festigend gewirkt, und
ihr ist es zu einem grossen Theil zu danken, wenn die Sophistik
aller Zeiten sammt ähnlichem Truge immer wieder auch mit der
Erinnerung an die alten, durch das Märtyrerthum geheiligten
WaJSen hat bekämpft werden können. Uebrigens hatte Sokrates.
vor dem drohenden Ausgang nicht gezittert und gezagt, wie es
über Christus wörtlich berichtet wird, sondern er hatte im Gegen-
theil es unter seiner Würde gehalten, dem Tod ausweichen zu
wollen, nachdem er einmal seinen Beruf bis an die Schwelle des
letzten Geschicks standhaft erfüllt und sogar dem Richterpöbel
von Athen mit einem ironischen Antrag die Stirn geboten hatte.
Dies war aber auch ein Märtyrerthum aus und innerhalb einer
von Natur bessern Nationalität, deren Culturcorruption die Auf-
lehnung einer gesundgebliebenen Individualität voll edler Hoheit
nur um so mehr herausgefordert hatte. Freilich war es gleich-
sam eine Nation von Sophisten, die dieser geistigen und sonstigen
•Corruption hatte anheimfallen müssen, und da Sokrates zu Haupt-
feinden die Sphisten hatte, so ist in seiner Stellungnahme auch
einige Aehnlichkeit mit jenem Gegensatz des Judäers gegen die
.Schriftgelehrten seines Volks nicht zu verkennen.
In dem Märtyrerthum Brunos mischte sich die Begeisterung
für das Bessere antiker Weisheit mit den Antrieben des neuem
Völkergeistes, mit dessenWissenschaft und insbesondere mitCoper-
— 223 —
^canischer, ja mehr als blos Copernicanischer Weltanschauung,
^nino betrachtete bereits alle Fixsterne als Sonnen, und dieser
erhaben ausgelegte Weltbegriff vereinigte sich mit einer persön-
^^ch edlen Gestaltung der ihm von der neuern Völkernatur an-
gestammten gutartigen Moral. Von daher stammt auch sein edler
Optimismus, dessen Zerrbilder bei den Bestehlern Brunos, nament-
^^ch bei Leibniz, so überaus widerlich gerathen und sogar zum
^gentheil, nämlich zur Beschönigung des Schlechten und zu
Y^lb>ernheiten, ausgeschlagen sind. Bruno vertrat ein Stück mora-
^isoher Weltanschauung der edelsten Art, und er ist das an der
'^^liwelle der neuern Zeit stehende grosse Beispiel eines Märtyrer-
*^Vuns, in welchem zuerst der entscheidende Antrieb ein Zug des
^^\iem Völkergeistes war. Dennoch haben wir uns, wenn wir in
'^^n Jahrhunderten fortschreiten, das neuere Märtyrerthum etwas
"^ ^rändert zu denken. Auf Märtyrer für das Christenthum sind
bedeutendere gegen das Christenthum gefolgt, und nachdem
3enem die Macht abhanden gekommen ist, in dem einen oder in
-clem andern Sirui welche zu machen, sind es andere Factoren und
Xräfte, die zu andern Formen des Zeugnisses und Wirkens für
«die Wahrheit veranlassen.
In das Märtyrerthum von Christus ist die jüdische Vorstellung
von der Nothwendigkeit eines Opfers für die Sünden des Volks
eingemischt worden. Auf diese Weise wäre ein solches Märtyrer-
Aum eine Art Cultusstück und ein Nachhall der Menschenopfer.
Eine solche Opferidee findet sich auch noch anderwärts, und das
Schlimmste ist, dass sich sogar noch in die neuere Zeit hinein
bezüglich alles Märtyrerthums eine verwandte Idee erhalten hat.
JNicht die natürliche Aufopferung des Menschen für den Menschen,
vfie sie unter eng Verbundenen dem edlen Sinn entspricht, —
nicht also etwa Fälle wie der, dass Jemand Qualen und den Tod
lieber erduldet, als sich nöthigen lässt, einen wirklichen Freund
-oder geliebte Angehörige zu verrathen, — nicht Derartiges ist das
^Musterbild für jene sich noch in der neusten Zeit regenden Vor-
:stellungen von einem Märtyrerthum für die Menschheit; sondern
•die Meinung ist die, dass die Menschheit Opfer nöthig und daher
-auf sie ein Recht habe. Dies kann man ihr nun nicht im Min-
desten zugestehen. Soweit sie nämlich einigermaassen gut und ein-
sichtig ist, bedarf sie ihrer nicht; soweit sie aber schlecht und
bomirt ist, verdient sie keine Opfer. In keinem Fall kann sie
— 224 —
also Derartiges zumuthen. Im Gegentheil befindet sich die Mensch-
heit, als Ganzes genommen, solange sie noch das Martyrium ver-
hängt, selbst in jenem rückständigen und zum Theil verkehrten
Zustande, der an die ursprünglichen Menschenopfer, die gewöhn-
liche Cultusstücke waren, widerwärtig genug erinnert. Ich kann
mir kein wirklich achtungswürdiges Märtyrerthum für die Mensch-
heit denken, ohne zugleich der Menschheit zu fluchen, dass sie^
schlecht genug war, zu jenem zu führen. Der Widerspruch dieser^
beiden Gedanken löst sich nur dadurch, dass die Menschheit inx
Allgemeinen aufhört, der Gegenstand zu sein, und dass innerhall>
ihrer zwischen den guten und schlechten Elementen unterschieden
wird. Wer freiwillig ein Opfer bringt, sollte fortan das deutliche
Bewusstsein haben, dass es vernünftigerweise und nach sittlichea
Gesetzen nur denen in der Menschheit gelten darf, die gut und
demgemäss seiner würdig' sind. Die allgemeine Menschheit ist
ein täuschender Begriff; sie schliesst alles Mögliche, nicht blos^
bis an das Thier, sondern, was schlimmer ist, bis sozusagen an
den Teufel ein. Die Art, wie auch noch heute durchschnittlich
auf wirkliches Märtyrerthum der Vergangenheit gesehen wird,
und wie man es es auch im Allgemeinen und für die Zukunft
betrachtet, ist zu einem ansehnlichen Theil eine Niederträchtig-
keit gemeinsten Schlages. Da wird kein Anstoss daran genom-
men, sondern es im Gegentheil als selbstverständlich angesehen,
dass es Personen geben müsse, welche die Wahrheit ihrer Sache
mit dem Tode bezeugen. Eine herrliche Beweistheorie, welche
einigermaassen noch an Hexenproben und an den ursprünglich
den Duellen zu Grunde liegenden Aberglauben streift! Der Tod
ist nie ein zureichendes Beweismittel; ja er ist überhaupt für sich
allein gar kein Beweismittel. Für die elendesten Dinge wird das-
Leben millionenfach eingesetzt; der Räuber sowie bisweilen auch
der Spitzbube setzt es aufs Spiel; der eigentliche Söldner thut
es um dürftigen Lebensunterhalt und der moderne Pflichtsoldat
wird von Staatswegen genöthigt, es für jegliche Sache auszusetzen,
wie gut oder schlecht sie auch beschaffen sein möge. Freiwillige
Verachtung des Todes ist allerdings eine Art Merkmal, aber doch
von nichts Anderem, als von der Abwesenheit der Feigheit-
Wenn man einem edleren Menschen die Wahl stellt zwischen
Unwürdigkeit und Tod, so giebt es für ihn eben thafsächlich
keine Wahl; er begeht keinen niederträchtigen Verrath, sei es an
— 225 —
-<^ndern, sei es an seinem bessern Selbst und an der Wahrheit.
>er Tod ist hier eine Wirkung der bessern Gesinnung; aber
licht jeder anscheinend ähnliche Tod gestattet auch denselben
^^ückschluss auf eine solche Gesinnung. Wieviel politische Gauner^
<3ie sich als Berufene des Volks und der Menschheit anstellen,
verfallen nicht auch dem Henker ! Soll man diese ohne Unter-
schied etwa auch als Märtyrer nehmen?
Die Aufmerksamkeit wird auf den, welcher eine Lehre
vertritt, allerdings dadurch gelenkt, dass er für diese sichtbarlich
leidet und für sie nöthigenfalls stirbt. Das Märtyrerthum soll
aber so wenig gesucht, als auferlegt werden. Beiderseits hat
man die Pflicht, diese barbarische Thatsache so wenig als mög-
lich aufkommen zu lassen. Die blosse Absicht, die Aufmerksam-
keit zu erregen, wäre etwas Unwürdiges und streifte fast, um
einen modernen und den niedrigsten Gebieten angehörigen Aus-
druck zu gebrauchen, an Reclame. Es giebt elende Menschen
genug, die im Wahnwitz hohler Eitelkeit ihr Leben für ein
wenig eingebildeten Ruf ebenso daransetzen, wie Andere im
gemeinsten und schlechtesten Kampfe für eine Geringfügigkeit
autoritärer Scheinehre. Derartiges wird aber auf den Kenner
nie Eindruck machen. Die Fälle echter Aufopferung sind von
anderm Schlage; aber auch sie sind, wenn es sich um ein
Märtyrerthum für eine Lehre handelt, nur nothgedrungen, wo
keine andere anständige Wahl bleibt, zu übernehmen. Was
aber die Verhängung des Märtyrerthums betrifft, so ist diese
immer ein Zeichen der Schlechtigkeit, der Corruption und der
Barbarei der betreffenden Zustände. Jedoch auch für die spätere
Menschheit, die vom Märtyrerthum die Frucht einerntet, ist es
eine Schande, dass sie in ihrem dürftigen Zustande der Ein-
sichten noch immer soviel Gewicht auf die Bezeugung einer
Wahrheit mit dem Tode zu legen hat. Verstände sie sich besser
auf die Wahrheiten, so würde mindestens nicht mehr von einem
eigentlichen Zeugniss, sondern höchstens von den in barbarischen
Zeiten verübten Attentaten auf den Ueberzeugungsausdruck und
demgemäss nur von einer Ueberzeugungsbethätigung die Rede
sein. So wenig sich mit dem Schwert etwas beweist, ebenso
wenig kann die blosse Einsetzung des Lebens, ohne andere
bestätigende Umstände, ein Beweisstück für die Wahrheit eines
Gedankens oder für die Güte einer politischen Bestrebung sein,
D üb ring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 15
— 226 —
Es sind nicht etwa blos astronomische Wahrheiten, die anders
erwiesen sein wollen, als durch den Tod ihrer Vertreter. Galileis
Sache ist darum nicht weniger durchgedrungen, weil er sich
dem Tode für sie entzogen und nur sonstiges unvermeidliches
Leiden übernommen hat. Das politische Märtyrerthum aber wird
in der Gegenwart und wohl auch noch für eine ziemlich aus-
gedehnte Zukunft, insofern die Hinrichtung für Grundsätze dabei
mehr im Spiele ist als für die entsprechenden Handlungen, die
vorherrschende Hauptgestalt des aufgenöthigten Opfertodes
bleiben; denn alle andern Ursachen oder Gesichtspunkte treten
mehr in den Hintergrund. Hier ist es aber klar, dass die Kraft
zum Leben auch die Kraft zum Sterben giebt. Beide Kräfte
stehen nicht etwa nur im Verhältniss, sondern entstammen einer
und derselben Wurzel, ja sie sind in ihrem letzten Grunde eine
und dieselbe Energie. Was sich also in einem würdevollen Tode
bekundet, ist eine derartige Energie und nichts weiter. Ob eine
an sich gerechte Sache zu Grunde liegt, muss auch ungeachtet
jener Energiebethätigung aus andern als solchen Thatgründen
selbständig entschieden werden. Sicherlich ist der Tod in einem
Kampfe, der auch nur von der einen Seite auf Leben und Tod
geführt wird, stets in Sicht; aber es ist eine falsche, bei uns
vornehmlich durch das Christenthum begünstigte Vorstellung,
dass der Werth eines solchen Todes in einem Zeugniss für
Wahrheiten oder, besser gesagt, Vorstellungen liege. Ueberhaupt
hat alle Religion, da sie nicht auf nachweisbare Wahrheiten,
sondern nur auf autoritäre Glaubensvorstellungen geht, den
natürlich menschlichen Begriff von echter Aufopferung verdorben.
Sie hat die Fähigkeit zur Aufopferung gemissbraucht, indem
sie dieselbe auf die Bezeugung von Etwas ablenkte, was nur
Glaube im ungediegenen Sinne des Wortes ist. Ein solcher
Glaube, der seiner Art nach nie durch Erweiterung des Wissens
bestätigt werden kann, bedarf allerdings in grossem Maass jener
subjectiven Beweismethode durch den Tod. Er braucht Blut-
zeugen für seine Jenseitigkeiten, da er aus den sachlichen Eigen-
schaften des Diesseits nichts schöpfen könnte, als etwa seine
eigne Hinfälligkeit. Anders verhält es sich mit wirklichen Wahr-
heiten, wohin aber die Sätze der Religion nicht gehören. Solche
natürliche und ungefälschte Wahrheiten erweisen sich aus der
äussern Natur oder aus dem menschlichen Innern. Die Eigen-
— 227 —
Schäften und die Energie des letzteren bethätigen sich auch
<>hne religionsartiges Märtyrerthum. Wie es also einen Cultus-
"^rsatz geben muss, so hat auch das durch die Rehgions-
^iamischung entstellte Märtyrerthum sich durch verändertes Ver-
halten zu ersetzen. In diesem Verhalten wird der Tod nicht
S^scheut; aber es wird nicht darauf ausgegangen, Zeugniss ab-
^^legen, sondern es wird eine Sache nur mit aller Energie
^^tirgenommen, deren das Leben fähig ist. Diese Energie schliesst
^^Ibstverständiich die Todeschancen, ja oft Schlimmeres als diese,
^ "* -=" in jedem äussersten Kampfe, mit ein.
Neuntes Capitel.
Oeistesführung in Staat und Gesellsohaft.
1. Jeder Wortausdruck, welcher den Ersatz der ReUgion
"^^urch Vollkommeneres bezeichnen soll, wird, wie er auch aus-
fallen möge, zunächst einen Mangel haben müssen. Es ist dies
'fderselbe Mangel, der ursprünglich auch dem Worte Religion
selbst anhaftete. Solange nämlich ein Wort nur seine unmittel-
Tbare und nächste Bedeutung hat, umfasst es nicht alle jene
'Gedanken, die sich in weiterer geschichtlicher Entwicklung daran
knüpfen. Gewissensscheu mit Rücksicht auf die Götter, — das
war der älteste Begriff, der durch jenes Wort unmittelbar an-
gezeigt wurde. Was hat sich nun aber nicht in den seitdem
verflossenen Jahrtausenden durch Vorstellungsverknüpfung dazu-
gesellt! Der alte urrömische Sinn ist vergessen und nur den
•Gelehrten noch auffindbar. Das Wort an sich ist zu einem
blossen Rahmen geworden, in den sich eine Menge von Ideen
•eingefasst findet, die weit über die ursprüngliche Bedeutung
hinausreichen. Aehnlich würde sich der Gang der Entwicklung
nun auch gestalten, wenn, um die falschen Vorstellungsverknüp-
fungen zu entwurzeln, irgend eine neue Bezeichnung, also etwa
Geistesführung, oder wie sonst das Wort gewählt und angenommen
werden möchte, geschichtlich in Aufnahme käme. Das neue
Wortzeichen würde dem unmittelbaren Sinne nach zunächst immer
keine genaue Deckung für das sein, was dabei gedacht werden
;Soll. Auf der einen Seite wäre es vielleicht zu allgemein, auf
15*
— 228 —
der andern zu beschränkt. Die Wörter an sich sind es ebea
nicht, wodurch die Begriffe gesichert werden. Es ist vielmehr
das Herkommen, mit einem Wort eine Anzahl von Vorstellungen
zu verbinden, wodurch der Sinn ein charakteristischer wird.
Nicht blos in der Wissenschaft und Kunst entstehen die tech-
nischen Bedeutungen erst durch den speciellen Wörtergebrauch,
sondern es ist überall die fhatsächliche Anschhessung eines be-
stimmten Ideenkreises an ein Wort, wodurch dieses Wort für
einen specielleren, bereicherten und bestimmten Sinn gleichsam-
gestempelt wird.
In einem untergeordneten Sinne waren die Religionsstifter
gewissermaassen auch Geistesführer und die Religion eine Geistes-
führung, aber freilich von sehr beschränkter und willkürlich
autoritärer Art. Andere Persönlichkeiten waren Geistesführer in
einem höheren Sinne, wofür Sokrates bereits das antike Beispiel
gewesen ist. Man kann also sehr wohl von Geistesführung reden,
wo es sich um eine bessere Nachfolgerin der Religion handelt.
Dennoch kann nicht jede Geistesführung gemeint sein; denn
wo sie nicht das Ganze und das tiefste Fundament der Dinge
im Auge hat, da ist sie, so heilsam sie übrigens sein möge,,
doch kein Religionsersatz. Selbstführung des Geistes ist sicher-
lich eine edlere Gestaltung, als religiöses Verhalten; aber in
dieser Selbstführung muss der Hinblick auf den Grund und
Boden der Welt und auf das Gesammtgute aller Dinge enthalten
sein. Die kennzeichnende Bedeutung und hiemit der entschei-
dende Charakter kommt also in das Wort Geistesführung erst
dadurch, dass man dabei an Alles denkt, was als Vollkommeneres,
über^ die Religion Hinausführendes und zugleich für alle Welt
Gültiges nachgewiesen worden ist.
Wie die Religion in erster Linie für den Einzelnen eine-
Bedeutung hat, so ist dies in noch höherem Maass mit ihrem
Ersatz, also mit dem der Fall, was wir im Laufe dieses Capitels.
kurzweg Geistesführung nennen wollen. Die höchste und hiemit.
völlig normale Gestalt der Geistesführung ist die Sslbstführung
von Kopf und Herz in jener höheren Richtung, die in Gedanken
und Gefühlen von dem Hinblick auf die edlen Züge in der
Gesammtheit aller Dinge bestimmt wird. Nun kommen Gesell-
schaft und Staat, auch schon bezüglich der Religion, wenn man^
die Frage recht versteht, erst in zweiter Linie in Anschlag. Ja
— 229 —
^ie innigste Verbindung, die sich von Natur ergiebt und die
't>ereits ein Element der Gesellschaft ist, die Familie, gehört eben-
^•^Is hieher. Auch innerhalb ihrer bleibt der Einzelne ein selb-
^tändiges Element, und es giebt für ihn Ereignisse, bei denen
lieh für die stumpf este Auffassung klar wird, dass er gleichsam
it sich selbst einsam abrechnen muss. Dahin gehört vor allen
ingen das Sterben, falls es mit hellerem Bewusstsein erfolgt
^oder ihm viele bewusste Annäherungen daran voraufgehen.
^Wenn irgendwann, dann hat solchen und ähnlichen Thatsachen
'gegenüber der einzelne Mensch die Veranlassung, seine Gedanken
für sich selbst, soweit er noch die Kräfte dazu hat, in Ordnung
zu halten und diejenigen Ueberzeugungen wachzurufen, die ihn
Angesichts einer derartigen Lage befriedigen. Was er in dieser
Hinsicht mit sich selbst im Hinblick auf den Grund und Boden
alles Seins und in der Erinnerung alles Edleren abzumachen
hat, geht ihn persönlich, ausschliesslich und allein an. DieTheil-
xiahme Anderer kann hiebei sehr wohlthätig, kann und darf aber
nicht entscheidend sein. Das individuelle Eigenschicksal, wie
-es zu Nichts wird, ist eben eine Thatsache, und alles Gemein-
:schaftsgefühl oder, genauer gesagt, alle gedanklich e Theilnahme
für den edleren Kern der Gesammtnatur, der ausserhalb des
Individuums vorhanden war und ohne dieses fortbesteht, — alle
Iheilnehmende Anschauung dieses Bleibenden ändert an jener
Thatsache der Vernichtung selbst nichts. So zeigt es sich denn,
•dass hier eine Angelegenheit vorliegt, die in erster Linie den
Einzelnen und erst in zweiter die menschliche Gesellschaft und
-die öffentlichen Einrichtungen angeht. Man muss sogar diesen
•Gedanken verallgemeinern. Alles Leben ist in erster Linie ein
individuelles oder, stärker ausgedrückt, ein vereinzeltes. Das
Dasein eines Einzelwesens mit abgesondertem Körper und Be-
wusstsein ist die Grundgestalt alles eigenthchen und selbständigen
Lebens. Man lebt in sich und nicht in Andern. Freude und
Schmerz sind etwas Eignes und sind es auch dann, wenn sie
auf Mitempfindung mit den Gefühlen Anderer beruhen. Souve-
xänetät und Höhepunkt des Seins liegen im Einzelnen, und
zwar auch da, wo die gesellschaftliche Verbindung die Ursache
von Schicksalen und Lebenserweiterungen ist. Alle Lebens-
angelegenheiten haben daher nicht blos ihre Ausgangspunkte,
sondern auch ihre Zielpunkte und Gipfelungen im Einzelnen.
— 230 —
Was können nun Angesichts dieses ersten Grundsatzes die
Gesellschaft und der Staat mit der Geistesführung zu schafifen
haben? Beantworten wir die Frage zuerst für die unvollkommene
und gebrechliche Form der Geistesführung, für die Religion. Es
ist grundfalsch, dass die Haupteinrichtungen des Staats und der
Gesellschaft auf Religion beruhten. Es ist aber auch nicht richtige
zu bestreiten, dass die Religion auf einige dieser Einrichtungen
einen Einfluss gewonnen habe. Hiezu kommt, dass die religions-
seitig geflissentlich gepflegte Einbildung, es hänge in Staat und
Gesellschaft das Wichtigste von der Religion ab, selbst dazu führte
dass die Menschen unter dem Druck dieser Täuschung oft wirklich
nur mit Rücksicht auf die Religion so zu handeln glauben, wie
sie thatsächlich aus ganz andern, ihnen selbst verborgenen Bestim-
mungsgründen handeln. Wo in derThat eine derartige Vorstellung,
welche beispielsweise die Moral als durch die Religion getragen
ansieht, erst gewohnheitsmässig eingenistet ist, können die natür-
lichen guten Ursachen schliesslich durch die künstliche Stütze
ausser Thätigkeit gesetzt werden und so an Kraft einbüssen.
Leute, welche nur aus Religion recht handeln zu könnea ver-
meinen, werden sich leicht dem Schlechten ergeben, sobald die
Religion bei ihnen wurmstichig wird oder sich ganz auflöst. Wo
dagegen die Sittlichkeit ein natürliches und festes Fundament
hat, wird sie durch die nothwendigen Schicksale der Religion
nicht mitgelockert. Die guten Antriebe und guten Grundsätze,
die aus dem natürlichen Charakter folgen, bleiben gleich diesem
Charakter selbst bestehen, auch wenn die Religion weggespült
wird.
Anders aber gestaltet sich die Sache, wo die Religion zur
Krücke und die gesunden Beine dabei durch verhältnissmässigea
Nichtgebrauch träge oder gar lahm geworden sind. Wird dann
die Krücke weggenommen, dann will es zunächst mit dem
selbständigen und freien Gang, ja überhaupt mit dem Laufen
nichts Rechtes werden. Der Wahn also, ohne Religion keine
Moral haben zu können, ist selbst eine eingeimpfte moralische
Krankheit. Die Grundlagen guter Sitte sind vor aller Religion
vorhanden. Gesetzt also auch, die Religion könnte, soweit in
ihr ein Körnchen Wahrheit mitenthalten wäre, zur Moral Etwas.
thuD, so würde dies eben auch nur eine Zuthat sein. Bei echter
Geistesführung, welche mehr ist als alle Religion und den
— 231 —
^Beruf einer Veredlung und Vertiefung der Beweggründe besser
erfüllt, stellt sich das Verhältniss sehr klar. Auch hier handelt
^s sich nur um eine Zuthat zu den Fundamenten, die auch ohne
diese Geistesführung gegeben sind; aber diese Zuthat gestaltet
sich zu einer Vollendung. Gesellschaftliche und staatliche Ein-
richtungen und Verhältnisse haben ihre eignen Grundlagen und
Naturgesetze; aber es kommt durch die höhere Geistesführung,
welche den Einzelnen bestimmt und ausserdem die Gesetze so-
wie das Verhalten der öffentlichen Organe durchdringt, eine
Vollendung hinzu, die sonst nicht vorhanden sein könnte. In
diesem Sinne kann man sagen, dass sich auch die Moral erst
in der Geistesführung vollende. Es ist etwas Anderes, sei es in
roher, sei es in verfeinerter Weise, die Natur- und Verstandes-
grundlagen guter Sitte und guten Rechts bethätigen, und wiederum
etwas Anderes, die Art dieser Bethätigung dadurch veredelter
gestalten, dass noch ein tieferes Bewusstsein über den Zusammen-
hang aller Dinge eingreift und demgemäss eine Rücksicht auf
diesen Zusammenhang mitmaassgebend wird.
Was vorher von der Religion gesagt wurde und einen
günstigen Einfluss derselben voraussetzte, gilt natürlich nur von
deren leidlichen Bestandtheilen. Hieher gehört besonders das,
was der neuere Völkergeist aus seinem eignen Wesen in das
Christenthum hineingelegt hat; denn im Uebrigen ist Christen-
thum auch Semitenthum, wenn auch freilich ein zum Theil gegen
sich selbst gekehrtes Semitenthum. In allen positiven Fragen
von Staat und Gesellschaft leistete das ursprüngliche Christen-
thum nicht nur Nichts, sondern richtete im Gegentheil mit seinen
compasslosen Paradoxien und Ueberschwenglichkeiten da, wo es
von einzelnen Menschen ausnahmsweise einigermaassen ernst zu
nehmen versucht wurde, nur Verwirrung an. In seiner that-
sächlichen Rolle ist es freilich an die Bedürfnisse von Staat und
Gesellschaft angepasst worden, aber hiedurch auch noch mehr
zu Etwas geworden, wovon sich gamicht sagen lässt, welche
Grundsätze und ob es überhaupt deren noch habe. Die Maximen
und Praktiken, welche von den Priestern für ihre Herrschaft
dem Staate und der Gesellschaft gegenüber ausgebildet wurden,
sind hiebei nicht als Religion, sondern als Kirchenpolitik zu
veranschlagen. Sie sind eine Nachbildung der jüdischen Priester-
herrschaft, also erst recht ein auf die neuern Völker aufgepfropftes
900
Erbstück des Semitenthums. Man versteht daher die Kirche am
besten, wenn man sie als eine semitische Herrschaftsschablone
erkennt. [Nun versteht es sich nach allem Bisherigen von selbst,
dass die Religion oder speciell das Christenthum, insoweit beL
uns Beides semitische Racenreligion ist, auf die Moral, sowier-
auf die Einrichtungen des Staats imd der Gesellschaft jederzeit:
einen schädigenden Einfluss geübt haben muss; denn die bessere
Moral und die bessern gesellschaftlichen und staatlichen Ansätze
des modernen Völkergeistes konnten durch Einflüsse semitischer
Art, wie auch das specielle religiöse System beschaffen seia
mochte, nur eine Degradation erfahren. Wenn daher etwas
Gutes geschehen ist, so hat es sich nicht durch den Semitismus
und speciell Hebraismus der christlichen Religion, sondern durch
die Rückwirkung des neuem Völkergeistes auf diese Religion,
also, kurz gesagt, trotz der fremden Religion durchgesetzt.
2. Auch bei ganz niederer Entwicklung des Geistes haben
Gesellschaft und Staat bestanden, und die Religion ist Etwas, zu
der erst eine grössere Entfaltung von Irrthum und Trug gehört,
als ihn der an das Thier grenzende Standpunkt möglich macht.
Die Lebensgewohnheiten und gar eigenthchen Sitten der Thiere,
in denen beispielsweise ein dauernderes Zusammenleben der Ge-
schlechter schon einen Anfang zur Ehe darstellt, beweisen deut-
lich genug, wie es bestimmte Charakterantriebe, Neigungen und
Vorstellimgen sind, die zu bestimmten Verhaltungsarten. Verhält-
nissen und Lebensgestaltungen führen. In ähnlicher Weise hat
man sich auch die ersten rohen Grundlagen menschlicher Ge-
sellschaft und Sitte zu denken. Der \'erstaQd, welcher dabei
leitend wird, hat zunächst mehr Chancen, zu irren, als das
Richtige zu treffen. Er legt die an sich unschuldige Phantasie
eher tausendmal falsch aus, ehe er ein einziges Mal die wahre
L'rsache einer Gemüthserregung und eines zugehörigen traum-
artigen Himbildes auffindet. Aus derartiger Unfähigkeit entsprang-
ein Gespensterglaube, und hier ist auch die Quelle des Götter-
glaubens und der Religion zu suchen. Der zunächst unerfahrene
und daher in seinen Bethätigungen gleichsam abenteuernde \'er-
stand hat die Phantasie gemissbraucht und, wie andere Phantastik,
so auch die Reügionsphantastik geschaffen. Mit der bessern Er-
fahrung muss er dann sein eignes Werk wieder rückgängig
machen, um sich nun strenger in den Bahnen der Wahrheit imd
— 233 —
irklichkeit zu halten. In den Institutionen des gemeinsamen-
ebens hat sich nun aber von vornherein eine Menge religiösen
^^^O^nverstandes, d. h. eine Menge von falschem Gebrauch des Ver-
bandes und der Phantasie, als religiöse Beigabe oder Weihe ver-
örpert. So ist es namentlich mit der Eheschliessung gegangen,
ür welche beispielsweise schon im allerältesten römischen Recht
T)esondere Priesterformen mit ganz besondern Wirkungen be-
standen, und man kann derartige priesterliche Einrahmungen
des natürlichen Verhältnisses auch allenfalls bis in die indo-
germanischen Vorstadien der edleren Culturvölker zurückverfolgen.
Was aber schon bei bessern und freiem Völkern, deren Verstand
und Charakter höher geartet war, nicht vermieden wurde, musste
bei den niedrigen und knechtischen Racen Asiens und insbeson-
dere bei den hebräischen Semiten die Hauptsache werden. So
konnte ein Netz des Aberglaubens die natürlichsten Einrichtungen
umfangen halten, und dieser Trug, welcher Gesellschaft und Staat
auf falsche übernatürliche Ursachen gespenstischer Art bezieht,
ist es ja grade, der theils in grober, theils in verfeinerter Gestalt
uns, infolge der Ansteckung v/ährend unserer nationalen Kind-
heit, noch heute zu schaffen macht. Wenn die alten, aber bessern
Völker bei wichtigen öffentlichen Angelegenheiten, wie bei Kriegs-
unternehmungen, noch an etwas Entlegeneres dachten, als was
sie ihr gemeines und nächstes Verständniss der Dinge lehrte, so
hatten sie hierin im Allgemeinen wohl Recht. Wenn sie aber
ihr Nichtwissen des entlegeneren Zusammenhangs durch vorgeb-
liche Zauberwerke und durch Zauberglauben ersetzten, so war
dies zu einem geringen Theil ein ursprünglicher Selbstbetrug des
fehlgreifenden Verstandes, gestaltete sich aber thatsächlich und
überwiegend zu bewusstem Betrug seitens der Zauberer und
Priester. Ja auch schon ursprünglich muss ausser der natürlichen
Verirrung zum Aberglauben die betrügerische Benutzung dieser
-Schwäche den Hauptantheil an der Entstehung der Religionen
und Culte, sowie an den in die natürUchen und bürgerlichen Ein-
richtungen eingemischten Religionsvorstellungen und Cultus-
stücken gehabt haben. Lug, Betrug und Phantastik haben sich
nicht blos bei den jüdischen und andern Semiten gegattet, sondern
haben auch innerhalb der bessern Völker eine Rolle gespielt und
sind dort zunächst vornehmlich im Priesterbereich vertreten ge-
-wesen. Die neuern Culturvölker aber, unter denen die besten in
— 234 —
angestammter Weise am wenigsten davon hatten, sind durch die
Ansteckung semitischer Religion darin mehr, als ihre eigne Natur
mitsichbrachte, eingetaucht worden.
Es ist daher heilsam, dass die neuere und neuste Geschichte
immer entschiedener die Gesellschaft und den Staat aus der Religion
herausschält. Soweit das Bestreben, den Staat von der Kirche
gänzlich zu trennen, den Sinn und auch wirklich den Erfolg haben
kann, ihn von ihr unabhängig zu machen, ist es berechtigt. Wo
aber, wie im Protestantismus, die Kirche dem Staat untergeordnet
ist oder, besser gesagt, überhaupt keine selbständige Kirche mehr
besteht, da heisst es offenbar zurückschreiten und die weltliche
Macht von Staat und Gesellschaft schwächen, wenn man diese
sogenannte Kirche aus der Untergebenheit entlässt, vermöge deren
sie seit dem Reformationszeitalter allein zum Dasein gelangt ist.
Die bestehende Unterordnung unter den Staat kann und muss zu
weiterem Fortschritt benutzt werden; denn der Protestantismus
bat nicht als Religion oder gar Kirche, sondern nur insoweit eine
Berechtigung, als er eine Aufraffung der bestenTheile des National-
geistes neuerer Völker gegen die römische Herrschaft des Christen-
thums gewesen ist. In diesem Sinne muss er sich, wenn er über-
haupt noch zu irgend Etwas gelangen will, weiter entwickeln oder,
besser gesagt, er muss in dieser Richtung von andern Kräften
entwickelt und vorgeschoben werden ; denn die active Kraft ist
ihm mit dem Glauben längst abhanden gekommen. In diesem
Bei eich ist daher die Unterordnung der Religionseinrichtungea
unter den Staat festzuhalten; denn durch Gesellschaft und Staat
kann allein in allgemein verbindlicher Weise dafür gesorgt werden,
dass etwas von der bessern Geistesführung sozusagen auf die
öffentliche Fahne geschrieben werde.
Jedoch auch da, wo, wie der kathohschen Kirche gegenüber,
die Macht der weltlichen Gesellschaft und des Staates noch nicht
bis zu der im Protestantismus herrschenden Unterordnung ent-
wickelt ist, darf die Trennung von Kirche und Staat nur bedeuten,
dass Gesellschaft und Staat in ihren eignen Einrichtungen die
Kirche völlig von sich ablösen, nicht etwa umgekehrt, dass sich
die Kirche den Gesetzen von Gesellschaft und Staat entziehen
dürfe. Den Staat verstehe ich hier als die allgemeinste Organisation
der Gesellschaft in allgemein verbindlichen Einrichtungen und nach
allgemein verbindhchen Grundsätzen. Der thatsächliche Staat, wie
— 235 —
er geschichtlich geworden ist, entspricht, soweit er auch hinter
seiner höhern Aufgabe noch zurückgeblieben ist, diesem Beruf
immerhin in einigem oder jedenfalls doch in irgend welchem
Maasse, und er ist daher ein nothwendiger Anknüpfungspunkt
für alles Weitere, wie verändert und uraschaffend es auch an-
gelegt sein möge. Die Controle aller bestehenden kirchlichen
Einrichtungen muss daher auch dem Katholicismus gegenüber
immer weiter ausgedehnt, und dieser muss möglichst auf das
Maass des allgemeinen politischen Vereinsrechts zurückgeführt
werden. Das Princip ist also ein einheitliches gegenüber allen
Kirchen und natürlich auch gegenüber der Synagoge, nämlich
Entwicklung immer mehr eingreifender Controlbestimmungen,
durch welche die Unterordnung der religiösen Körperschaften
Unter den Staat vollzogen wird. Diese Unterordnung darf sich
laicht blos auf die äussern Gesetze, sondern muss sich auch auf
die moralische Nothwendigkeit beziehen. Die Gesellschaft, indem
5ie sich alsStaat zu allerseits verbindlichen Einrichtungen organisirt,
muss ihre Grundsätze in jeder Beziehung aufrechterhalten. Sie
kann beispielsweise nicht dulden, dass Religionen, Confessionen
oder Secten in ihre Dogmen Etwas aufnehmen oder darin Etwas
beibehalten, was den Fanatismus gegen die eigne Nation schürt
oder es für ein verdienstliches Werk oder auch nur für erlaubt
erklärt, die nicht der betreffenden religiösen Körperachaft An-
gehörigen zu betrügen, zu übervortheilen und auszubeuten. Die
Einmischung ist in dieser und andern Beziehungen auch schon
unter den heutigen Verhältnissen vollkommen berechtigt. Das
demnächst zu erreichende Ziel aber bleibt, dass die von der
Religion freie Gesellschaft durch den in gleichem Sinne religions-
freien Staat jeglicher Kirche und allen religiösen Körperschaften
die Einhaltung derjenigen Rücksichten und desjenigen Maasses
auferlege, welches mit der modernen Völkermoral nationaler Art
noch allenfalls verträghch ist. Die Geistesführung hat hier in
positiver Weise für Gesellschaft und Staat die Stützpunkte zu
liefern; denn sie wurzelt nicht im individuellen Belieben, sondern
im nationalen Charakter, der die Religion oder, was in Europa
und Amerika dasselbe ist, den directen oder indirecten Semitismus,
d. h. Judenthum und Christenthum auszuscheiden hat. Ohne
positive Anhaltspunkte im Geistigen, d. h. ohne aus dem die
Religion ersetz enden Vollkommeneren zu schöpfen, würden Gesell-
— 23^> —
Ächaft und Staat nicht im Stande sein, ihre Einrichtungen und
Grundsätze selbstgenugsam zu gestalten und so zu vollenden.
Die blosse Wegschneidung alles Religiösen aus den Institu-
tionen, so wohlthätig und anerkennenswerth sie auch sonst ist,
kann kaum als halbes Werk gelten; denn ein solcher Zustand der
Kinrichtungen lässt dem Einzelnen nur die Wahl, sich mit blosser
Religionslosigkeit zu begnügen oder aber irgend einer der Kirchen
oder Secten anheimzufallen. Beispielsweise sind Schulen, die sich
von der Religion frei halten, zwar eine gewisse Bürgschaft dafür,
dass dort nicht in speciellen Lehrstunden unter der Rubrik Religion
etwas solcher Rubrik Entsprechendes eingeimpft werde. Es ist
aber ganz unmöglich, in gewissen Lehrfächern, wie namentlich in
der (leschichte und in der Literatur, irgend welche Ansicht imd
Auffassung über die Kirche, die Religion und überhaupt über
Thatsachen und Vorstellungen zu vermeiden, in denen die Menschen
ihre Phantasien bethätigt haben. Auch soll so Etwas gar nicht
zu umgehen versucht, ja nicht einmal beschränkt, sondern im
(iegentheil zu einem Hauptpunkt derOrientirung gemacht werden.
Andernfalls wären allgemeine und specielle Geschichtsdarstellungen
wenig nütze, und nicht einmal die eigne Xationalliteratur Hesse
sich ohne Eingehen auf die von der Religion beeinflussten oder
ihr verwan(iten\'orstellungen der Schriftsteller und Dichter leidlich
verständlich machen. Reine Fachbeschränkung mag allenfalls in
der Mathematik durchführbar sein; aber schon die Geographie
berührt sich, sobald sie auch nur nebenbei ein wenig Cultur- imd
Sittengeographie wird, sofort mit der Völkercharakteristik nach
iietühlen, Neigungen, \'orstellungen und Phantasien.
Hienach ist schon allein zur Einrichtung öfifentlicher Schulen,
wenn nicht Alles haltungslos durcheindergehen soll, irgend ein
Princip der allgemeiuen (leistesführung nothwendig. Nimmt man
die Religion als falsche Geistesgängelung aus der Schule blos
heraus, und uberUUst man es demgemäss den religiösen Gruppen
und Körperschaften, für sogenannten Unterricht in der Religion
durch ihre Priester und Frediger selbständig zu sorgen, so bleibt
so ziemlich das alte System bestehen. Der einzige Unterschied
ist der, dass die Biklungsschule von der Religionsschule getrennt
wird und dass im günstigsten Fall von Staatswegen sich Niemand
genöthigt findet, auch eine der Religionsschulen zu besuchen.
Wohl aber nöthigen hiezu die Körperschaften, je nachdem sie
— 237 —
Hacht haben, indirect mehr oder minder. Wollen also wellliche
Gesellschaft und Staat in ihren öffentUchen Schulen nichts Halbes
leisten, so müssen sie dort für eine sichere Führung des Geistes
im Sinne der bessern Völkermoral, der nationalen Charaktere und
der entsprechenden Welt- und Lebensanschauung sorgen. Dieser
Zweck bringt natürlich den Ausschluss aller semitischen Racen-
elemente aus dem Lehrpersonal religionsfreier Schulen mit sich;,
denn die Semiten tragen die Feindschaft gegen die bessere Völker-
moral und entsprechende Weltanschauung, sowie eine niedere
AuiBfassungs- und Behandlungsart aller Dinge schon im Blut. In
den christlichen Schulen sind sie eher angebracht; denn im
Religionsgebiet ist der Streit zwischen Christenthum und anderm
Semitismus nur ein häuslicher zwischen zwei Secten, von denen
auch die zweite, die christliche, ursprünglich eine Semitensecte
war. Schliesslich wird sogar das Christenthum noch am längsten
für die Hebräer vorhalten, und es ist ja keine seltene Erscheinung,
dass die sich am eifrigsten als Christen Anstellenden grade
Judäer sind, die als Prediger und Priester fungiren oder in einer
sonstigen, sei es gesellschafthchen, sei es staatlichen Position ihr
Geschäft habe n. Auch ist ja, unsern Nachweisungen zufolge, das
Christenthnm ursprünglich grade der Schlechtigkeit der jüdischen
Semiten als Correctiv angepasst, und die national bessern Völker
passen ihrerseits mit ihrem verhältnissmässig guten Charakter
dazu nicht. Sie sind, kurz gesagt, dafür zu gut, möge man nun
den Verstand oder das Gemüth in Anschlag bringen. Die Schule
erreicht also ihren bessern, der neuern Nationen würdigen Stand-
punkt nur dadurch, dass sie die Geistesführung nicht aus einer
der semitischen Racenreligionen entlehnt, sondern aus dem Schatz
der eignen Völkerbegabung entnimmt.
Veranschlagt man das ganze Unterrichtssystem bis zu seinen
Höhen hinauf, so lässt sich nicht einmal die systematische und
denkerische Mathematik, geschweige die Geschichte der Mathe-
matik, gründlich und aus allen Gesichtspunkten lehren, ohne auf
Formen und Quellen des allgemeinen Aberglaubens mit gelegent-
lichen Beleuchtungen hinzuweisen. Sogar der Zusammenhang
des allgem.einen und wissenschaftlichen Aberglaubens mit dem
religionistischen muss hier nur zu oft in Frage kommen, und
überdies sind die nationalen Anlagen erst eine tiefere Erklärung,
für manche Art der mathematischen oder auch blos mathe-
— 238 —
matistelnden Geisteshaltung. Fort also mit dem Wahn, es könne
überhaupt irgend etwas gründlich und in gehöriger Vollkommen-
heit gelehrt werden, ohne dass dabei irgend eine Art der Geistes-
haltungen oder Geistesführungen bethätigt werde! Mag nun. die
niedere Form autoritärer Lehre oder kritische und letztgründliche
Mittheilung der Zweck sein, — in beiden Fällen,- in den tiefsten
Niederungen und auf den äussersten Höhen, werden Bestand-
theile irgend einer Art von Geisteshaltung in jedes Lehrfach
mehr oder minder eingemischt, und eine dem Religiösen und
gewöhnlich Moralischen wo nicht gleiche doch analoge Färbimg
ist eine Noth wendigkeit, die man nicht zu bedauern, sondern
der man genugzuthun hat. Die Emancipation von aller Reli-
gionistik und schlechten Moral ist daher nicht durch blosse
Trennung, durch Hinauswerfen oder gar Proclamirung blosser
Indifferenz zu erreichen, sondern muss direct und durch eine
entsprechende Affirmation von etwas Besserem betrieben werden.
Ich halte nichts von jenen selbst haltungslosen und kahlen Ein-
richtungen, in denen angeblich die Religion nicht berührt wird,
in derThat aber sozusagen jede Unhaltung des Geistes sich indirect
breitmachen und beispielsweise jeder Hebraismus ungenirt sein
Wesen treiben kann. Eine von Religionismus freie Schule ist
eben nur gegen diesen möglich, und der vermeintliche Weg der
Indifferenz eine arge Täuschung.
3. Ueberhaupt sind Gesellschaft und Staat nicht blos als
äussere Verbindung und Ordnung, sondern auch als etwas Geistiges
zu denken. Es ist nicht allein die Zwangsgewalt des Gemein-
wesens, die in Anschlag gebracht werden muss, sondern es sind
auch die Grundsätze in Frage, durch die bestimmt wird, wo und
wie eine solche Zwangsgewalt auszuüben sei. Diese Bestimmung
lässt sich nun nicht ohne geistige und sittliche Principien treffen,
geschweige ohne sie auf eine vollkommenere Gestalt bringen.
Auch gesellt sich unter Umständen zum Zwange noch etwas
Anderes, wie beispielsweise im Gefängnisswesen, wenn sich die
Gesellschaft berufen glaubt, auch für die Besserung der Sträflinge
zu sorgen. Aber auch schon das Gefängnisssystem überhaupt ist
oft fälschlich durch eine verkehrte Geistesführung, nämlich durch
die Jenseitigkeiten der Religion, der gesunden Haltung entfremdet
worden. Ein Quälen um des Himmelreichs willen sollte dort
vom Staat nicht geduldet, geschweige inaugurirt werden. Auch
— 239 —
-^^choa überhaupt das gefängliche Isolirsystem erinnert oft an
^seinen Ursprung aus Neigungen zur religiösen Geistestortur. Gesell -
~ Schaft und Staat haben ein Recht auf echte Strafe, d. h. auf die
Anthuung wirklicher Uebel; aber aus dem Gesichtspunkt schein-
lieiliger Besserungszwecke sollte doch kein Raffinement von
Uebeln eintreten, welche die Grenze, wo Wahnsinn hervor-
gebracht wird, mindestens streifen. Soll von Amtswegen auf
Besserung hingewirkt werden, — ein Punkt, der mit Strafe
•eigentlich nichts zu schafien hat, — so mag es wenigstens eine
gesunde Zucht für das Leben sein.
Man verliert sozusagen den Schwerpunkt aller Dinge, wenn
man irgend Etwas mit Rücksichten betreibt, die ausserhalb der
niedern oder höhern Wirklichkeit im Reiche gemeiner oder auch
überschwenglicher Erdichtungen ihre Gegenstände haben. Gesell-
schaft und Staat müssen aber je länger desto mehr ihre Voll-
endung darin suchen, dass sie Alles nach der Wahrheit und Wirk-
lichkeit einrichten. Hiebei schwindet nichts wirklich Hohes aus
•dem Gesichtskreise, sondern das wahrhaft Hohe gelangt hiebei
erst zu seinem vollen Recht, indem ihm sein phantastisches und
•abergläubisches Zerrbild platzmachen muss. Es giebt einen sehr
wichtigen Fall, vielleicht den wichtigsten von allen, in welchem
•Gesellschaft und Staat in eindringlichster Weise das Gewissen in
Anspruch nehmen und auf die Verletzung von Treu und Glauben
fast die höchsten vorkommenden Strafen gesetzt haben. Es ist
•dies der Fall des Eides. Die Scheu vor den Göttern ist seine
älteste Stütze; in allen Zeiten der Aufklärung fällt diese Stütze
aber fort, sobald es sich um Personen ohne Götterglauben handelt.
Heute ist man an den Hauptsitzen der Cultur dahin gekommen;
•dass sehr viele Personen in dem Eide nichts mehr sehen, als
eine Aussage auf Gefahr von so und so viel Jahren Zuchthaus
im Falle der Ueberführung, wissentlich die Unwahrheit versichert
zu haben. Wer jedoch diesen äusserlichen Strafrest und diese
Strafgefahr überhaupt für den Kern der Sache hält, verwechselt
•diesen gradezu mit der Schale. Allerdings sind wir heute übel
•daran. Der Zeugeneid in Straf- oder Civilsachen und der zuge-
schobene Parteieneid sind, wo der Schwörende sicher ist oder
z\i sein glaubt, nie überführt werden zu können, bei geschäft-
licher oder anderer Gewissenlosigkeit in der That nicht mehr
Nöthigungsmittel zur Wahrheit. Für eigentliche Schufte waren
— 240 —
sie es allerdings auch zu andern Zeiten nicht, vorausgesetzt, dass.
diese Schufte nicht durch abergläubische Scheu ein wenig in
Schranken gehalten wurden. Bekanntlich haben sich aber die
ärgsten Verbrecher, wenn sie gläubig waren, mit der Religion^,
immer leicht abzufinden vermocht, und die Religion hat es aucb
meist verstanden, hiezu selbst die bequemsten Wege zuweisen.
Sie hatte für Alles ihre Sündenvergebung und bisweilen prä-
numerando durch Ablass für noch erst zu vollführende Verbrechen.
Gesellschaft und Staat könnten den Verbrecher nicht so leichten
Kaufs entlassen, ohne sich selbst zu vernichten; aber die Religion
vollführt ihre Geschäfte nur mit Rücksicht auf das uncontrolir-
bare Jenseits, und da kann sie die diesseitigen Interessen der
Menschheit und Gerechtigkeit gelegentlich in den Kauf geben..
Gegen ganz abnorme Schurken wird jedes Sicherungsmitte
der Wahrheit nur soweit reichen, als die einflössbare Furcht im
besondern Fall ihre Wirkung thut und das Interesse an dem.
jedesmaligen Schurkenstreich überwiegt. Derartige Ungeheuer
sind aber in einigermaassen normalen Zeiten auf tausende voa
Menschen nur vereinzelte Exemplare. Nur in besonders corrupten
Epochen, zumal imter einer schlechten Race, mögen sie bisweilen.
nach ganzen Procenten der Bevölkerung zählen. Bei ihnen werden
die schlechten Antriebe des Charakters stärker sein, als eine etwa
auch noch vorhandene abergläubische Furcht. Fehlt aber letztere,,
so wild die Rechnung mit der staatlichen Strafgefahr grade so-
viel und so wenig ausrichten, wie sonst bei allen andern Verbrechen.
Die völlig regelwidrigen moralischen Monstra können aber nichl
das Maass für die Gesetzgebung sein ; sonst müsste man auch die-
Gegenvorkehrungen und Strafen ins Ungeheuerliche steigern. Was
also den zu gewärtigenden Meineiden gegenüber in Anschlag,
kommen muss, ist deren voraussichtliche Häufigkeit. Ist die
Rehgion auch da, wo sie anscheinend von den Leuten noch fest-
gehalten wird, thatsächlich zur Mumie geworden, in welcher der
Geist lebendigen Glaubens fehlt, so wird die religiöse Wirkung.
auf das Gewissen eben auch die eines Leichnams sein. Wirkliche
Scheu ist alsdann nicht mehr vor göttischen, sondern nur noch
vor gerichtlichen Strafen vorhanden. Bei diesem Zustande ist aber
der Eid kein eigentliches Gewissensmittel mehr, und er verfehlt,
demgemäss seinen hauptsächlichsten Zweck.
Man schliesst seine Thüren, nicht weil alle Leute Spitzbubea
— 241 —
sind, sondern weil man der wenigen wegen, die es sind, gegen
alle auf der Hut sein muss. Eine verhältnissmässig geringe Bei-
mischung von schlechten Individuen macht, insoweit die Leute
einander nicht kennen, die Gesellschaft unsicher. Aehniich ver-
hält es sich bei dem Eide; aber man kann sich auf ihn ganz
und gar nicht mehr verlassen, sobald er auch nicht mehr im
Entferntesten einer schliessenden Thür gleicht, d. h. wenn er
als religiöse Einrichtung auf das Gewissen der Aufgeklärten
durchschnittlich keine oder doch nur eine sehr geringe Wirkung
ausübt. Hiemit soll nicht gesagt sein, dass nicht eine grosse
Anzahl ehrlicher Menschen vorhanden ist, die den Eid als Ge-
wissenssache nimmt, obwohl für sie die Kraft der Rehgion nicht
mehr vorhanden ist. Ehrliche Leute scheuen sich eben vor ihrem
eignen guten Selbst, falsches Zeugniss abzulegen oder das Ge-
winnen eines Processes durch die ausdrückliche Versicherung
einer entscheidenden Unwahrheit zu erkaufen. Dieser Preis ist
ihnen, auch abgesehen von Ueberführbarkeit und Strafgefahr,
ein unzahlbarer; denn sie müssten die Münze dazu aus einem
Vorrath nehmen, den nur die von Natur schlechten oder die
verdorbenen Charaktere besitzen. Wo das Gewissen, d. h. das
moralische Bewusstsein, schon an sich zureicht, da bedarf man
nun aber keiner besondern religiösen Vorkehrung. Es ist genug^
wenn die fragliche Versicherung als entscheidend unter allen
beliebigen Aeusserungen ausgezeichnet xmd so nicht nur die
Fahrlässigkeit, sondern auch jede bewusste Unwahrheit, die sich
in anscheinenden Kleinigkeiten einschleichen könnte, ausge-
schlossen wird. Bisher hat es noch kein Jurist gewagt, zu be-
haupten, dass nach den herrschenden Grundsätzen die Gerichte
in allen Dingen auf ungemischte Wahrheit Anspruch hätten, so
dass also eine Auslassung beispielsweise nichts von der Gegen-
seite Unbewiesenes bestreiten dürfte, trotzdem dass die Richtig-
keit der bestrittenen Thatsache dem Bestreitenden wohlbekannt
ist. Im Gegentheil ist es im bürgerlichen Process die vorherrschende
Gewohnheit aller Parteien und selbsverständlich noch mehr der
Advocaten, schon aus Chicane so ziemlich jede erforderHche
Thatsache, deren Beweis dem Anspruch erheb enden schwierig
oder unmöglich werden könnte, von vornherein zu leugnen. Die
Verhandlungsmaxime, wie sie heute verstanden wird, ist etwas
durchaus Entartetes und trägt die Schuld an dem angedeuteten
Da bring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 16
— 242 -
AbhandenkommeD aller guten Grundsätze, Unter diesen Übeln
Umständen ist der Eid der einzige Fall, in welchem Wahrheit
gefordert wird. In allen andern Fällen ist auf wissentlich oder
fahrlässig unwahre Auslassung keine Strafe gesetzt. Das alte
romische Recht selbst war nicht so verkommen, sondern betonte
die processualischen Strafen der Processchicane nicht wenig,
Unredlichkeit und nicht in gutem Glauben geschehene Process-
acte brachten strafende Processnachlheile mit sich. Der von eioer
Partei der andern angetragene oder der erstem zurückgeschobene
Eid war eine private Vertrauenssache und eine gÖttJsch ge-
schärfte Berufung an das Band von Treu und Glauben zwischen
den Menschen,
Frischte man die Strafen der Chicane wieder auf und setzte
schon einfach auf wissentlich oder fahrlässig falsche Behauptungen
verschied entliche Procesästrafen, so würde nicht nur das Princip
der Wahrheit wieder mehr zu Eiiren gebracht, sondern auch der
Eid oder entsprechende Vorkehrungen in vielen Fällen entbehr-
lich. Auch die unrichtige Zeugenaussage müsste an sich selbst
und von vornherein, nicht aber erst vonwegen einer nachher
oder vorher erfolgten Vereidigung, je nach WissenÜichkeit oder
Fahrlässigkeit, unter Strafen gestellt sein, die sämmthch und in
erster Linie das verletzte Princip von Treu und Glauben zu
treffen, sich aber in zweiter Linie auch nach der Bedeutung
des Gegenstandes und der möglichen oder thatsächlichen Folgen
der Unwahrheilen zu richten hätten. Nur bei sehr erheblichen
Thatsachen sollte man eine ausdrückhche Berufung auf das
zwischen den Menschen heilig zu haltende Band von Treu und
Glauben, d. h, in einer weniger misszudeutenden Sprache, von
Treue und Vertrauen einführen.
Das Bedürfniss, unter Umständen Etwas durch besondere!
Berufungen zu betheuern, bleibt auch privatim bestehen, wenn'
göttische Vorstellungen und Rücksichten als unwahr erkannt
und als Betheuerungsmittel unbrauchbar geworden sind. Jenes
Bedürfniss wird aber dem gesetzten Menschen nur selten nahe-
treten; denn es ist der Regel nach würdiger, sich auf das ein-
fache Wort zu beschränken. Stets aber müssen jene Betheuerungs-
mittel solange einen rein privaten Charakter behalten, als sie
nicht etwa in der verbindlichen Anrufung der Gesellschaft be-
stehen, die Unwahrheit an dem Lügner zu rächen. Solche Formen
— 243 —
ind aber auch überflüssig, wenn die Strafen ohnedies, z. B. bei
"alschem Zeugniss, regelrecht und ausnahmslos in Aussicht stehen.
^INicht also blos der Eid, sondern alles Eidähnliche sollte schliess-
lich aus dem privaten wie aus dem öffentlichen Leben ver-
schwinden. Vorläufig und für den Uebergang köimte man aber
gleichsam moralische Versicherungen von besonderer Form ein-
führen, etwa den bestimmt formulirten Ausspruch, durch den,
in unserer Sprache geredet, die innerlich und äusserlich rächende
Nemesis herausgefordert wird für den Fall bewusster Falschheit
der Aussage. Die Verletzung der Menschheit und des im besondern
Fall auch ganz besonders in Anspruch genommenen Vertrauens
wäre hier das gleichsam geistige Verbrechen. Es verurtheilt sich
sozusagen Jemand im Voraus selbst, indem er die Gerechtigkeit
ausdrücklich und in einer nicht missverstän ilichen Form über
ihn zu kommen herausfordert. Eine Hinweisung auf den Grund
und innem Zusammenhang aller Dinge und auf die innere, oft
sehr verborgene Gerechtigkeit verschuldeter Schicksale wäre
immerhin zulässig und entfernte sich von allem Eidähnlichen
und den gemeinen Eidsurrogaten nicht minder als.unser Religions-
ersatz von aller Religionistik.
Das Geistige im Staat ist das, was ihn davor bewahrt, zum
Leichnam zu werden, in welchem die Würmer ihr Wesen treiben.
Die blosse Gewalt ist es nicht, woran das öffentliche Leben
hängt. Der Geist der Gerechtigkeit, von dem sie getragen wird,
ist es, der ihr allein Ansehen giebt. Wie die Kirche sich zer-
setzt, so kann auch der Staat (und zwar nicht blos dieser oder
jener einzelne Staat) verfallen, sein Leben aushauchen und nur
als Mumie fortbestehen. Sichere Anzeichen einer Verwitterung
staatlicher Zustände sind Fälle, in denen es sich zeigt, dass die
Justiz sinkt und, statt Gerechtigkeit zu üben, sich an blosse
Interessen prostituirt. Hier sieht man am deutlichsten, wie die
mangelnde Geisteshaltung, wie das Abhandenkommen der sitt-
lichen Grundsätze das Verderbende ist. Es wird nun aber meist
übel angebracht sein, mit einer neuen Geistesführung unmittel-
bar in das Verwitternde eingreifen zu wollen. Man überlasse die
Staatscorruption ihrem Schicksal, das sie verdient, und man
denke daran, gleichsam ausserhalb Staats- und gemeiner Gesell-
schaftsverwesung eine geistige und materielle Verbindung derer
zu schaffen, die dem. Charakter nach besser sind und sich sowie
16*
— 244 —
ihre Nachkommen vor der lafection wahrea wollea. Dies wird
auch die beste Vorbereitung für die neuen Gebilde sein, die an
der Stelle des Verwesten dem Leben seine Gestalt zu geben
haben.
4. Beseitigung des Schädlichen und Freimachung der Kräfte^
sind werthvoll, aber noch nicht das W erthvollste. Das Schaiffea
in neuen Richtungen und die Erkenntniss der Wirklichkeitsziele
haben eine noch höhere Bedeutung; denn sie sind das Positive,
auf das es ankommt. Jedoch glaube man nicht, positiv sein zu
können, ohne zugleich auch negativ zu verfahren. An der Voraus-
setzung des Gegentheils sind Alle gescheitert, deren Positivität
die Noth wendigkeit des Vemeinens und Wegräumens ganz o der
halb umgehen wollte, wie St. Simon, A. Comte und so ziemlich
allesichinähnlicher Richtung bewegenden Gesell Schaftstheoretiker.
Es entstanden diese Theorien in Epochen der Reaction, und ihre
Urheber hatten nicht jenen höchsten Grad von Selbständigkeit,
der schliesslich über alle zutolligen Eindrücke jeweiliger Geschichts-
wendungen und Zustände, ja überhaupt über die Geschichte
vollständig erhebt» Comte gerieth sogar in den Gedanken hinein,
eine geschichtliche relative Heilsamkeit der frühem Existenz der
Kirche darthun zu wollen. Angenommen nun, dass über die
Noth wendigkeit der Vernichtung des Unwahren und Schädlichen
kein Zweifel obwalte, so kann man sich ohne Zweideutigkeit in
den positix^n rer^pecti\-en ergehen,
Staat und Gesellschaft haben hier eine neue Aera vor sich,
$olvalvl in ihnen die vollkommeneren Gesichtsptaikte in gehörigem
Maass^e wirksam werden. Da ist beispielsweise an Emehung
nicht in erster Linie 2u denken, sondern es ist die Xatuignmd-
la$e in Fleisjch und Blut, welche vor allen Dingen die sichtende
xänd schatfende Autmertsamkeit in Ansprach zu nehmen hat.
Es ist wahrikh nicht gJeichgüliig. ob die Statntoesvorznge hier
^pile§t tand in ata<§esaachter Weise erhalten werden, oder ob
Äe durch schlechte Mischungen oder sons^ durch Verwahriostmg
verded>en. Der Gesichtspunkt der geschlechtlichen Zacht, wie
et ÄCh durch individuelle Freiheit und Einfach: bethärigen li^si,
i^ hier vcCltv^mmen am Orte Die verschiedenen XatiannJiöteai
der rric>dtmen VvMter haben alle Ursache, a:rf dÄsea Ptmkt
be$c«5der? tu 4ichte::: denn hier <dnd aixii die GrunnTbtgen aUer
^^^cxce:::: Krj^f: und Eiirfnar: der nexjem. für die Greschäii:» ton-
— 245 —
ngebend en Stämme zu finden. Hier liegt überhaupt die Wurzel
^ür das Lebensglück der Menschen; denn wo die Natur schon
^twas verfehlt hat, da kann nachträgUch durch Mittel der Er-
ziehung und Civilisation nur verhältnissmässig wenig, ja oft gar
nicht geholfen werden. Unter der Herrschaft der Religion wäre
nun eine grundsätzliche Rücksicht auf diese Naturbasis nichts
Geringeres als die Ur- und Hauptsünde selbst; denn nach der
herrschenden Religion, die in einer Zeit der Corruption entstanden
und daher weltpessimistisch gerathen ist, besteht die Hauptsünde
grade in dem, wodurch das Leben hervorgebracht wird.
Ueberdies ist die alte Judensage über Adam und den Sündenfall
auch schon von dieser Richtung, was freilich nicht Wunder
nehmen kann; denn Juden in die Welt gesetzt zu haben, ist
sicherlich nicht zu den Verdiensten der Natur zu rechnen und
mag daher immerhin als Sünde gelten. Nach einem aufgeklärten
System der vergleichenden und genetischen Zoologie muss jene,
wie manche andere Speciesbildung, als Verirrung und falsche
Mischung animalischer Triebe gelten, die dem zuzurechnen ist,
was sich selbst zu dieser Fehlbildung gestaltet hat. Wo eine
Menschenspecies nichts taugt, da ist es erklärlich, wenn es bei
ihr zuletzt dahin kommt, dass die Bessern in ihr, im Grauen
vor dem entsprechenden Leben, die Welt überhaupt verwerfen,
wie dies schon Christus, aber noch mehr das weitere Christen"
thum that. Dies ist aber nur eine Rückwirkung gegen die
schlechte Speciesnatur bestimmter Völker, nicht aber gegen die
Menschennatur besserer Nationen. Derselbe Grund also, aus
welchem die modernen Völker von der Judenüberlieferung und
Religion auf die Dauer keinen Gebrauch machen können, bringt
auch den Beruf mit sich, Leib, Herz und Hirn im Sinne der
bessern Stammesnatur auch physiologisch zu wahren und immer
veredelter zu entwickeln.
Der eben nur in einem Grundzuge bezeichnete Gegenstand
ergäbe ein weites Thema, wenn man ihn näher behandeln wollte.
Der auf ihn bezügliche Theil der Geistesführung tritt aber schon
aus den Grenzen dieser Schrift heraus, die den Religionsersatz
nur in den Hauptzügen kenntlich zu machen hat. Ebenso ist es
mit der Erziehung, für die es sich von selbst versteht, dass die
Geistesführung an Stelle der Religion unvergleichlich bessere
Früchte zeitigen muss. Doch auch die Erziehung ist hier nicht
— 246 —
mein Thema, ebensowenig wie das Hinwirken auf besser ge-
mischte Zeugungen. Nur sei daran erinnert, dass die erziehungs-
mässige Zeitigung der bessern Antriebe, Gefühle und Gedanken
allerdings keine kleine Angelegenheit ist, dass aber hierin die
Familie, wo sie einigermaassen unzersetzt und unverdorben
wirklich besteht, einen weit ausgiebigeren Beruf hat, als die
öffentliche Schule oder als Erziehungsanstalten, die stets etwas
kasernenhaft gerathen müssen. Wo freilich allzuviel verwahrlost
ist und eine des Namens würdige Familie kaum angetroffen
wird, da mögen Erziehungskaserne und öffentliche Schule auch
in dem fragüchen Punkt noch als verhältnissmässige Wohlthaten
oder, besser gesagt, als das geringere Uebel gelten. Für den
eigentlichen Unterricht versteht es sich von selbst, dass die
Massenschule hier schon aus Rücksichten der Wirthschaftlichkeit
der Regel nach nicht zu vermeiden ist. Im rein Wissenschaft-
lichen aber und in der verstandesmässigen Bildungsproduction
thut die Gesammtdrillung auch weniger Schaden. Unter den
durch die Religion geschaffenen vormundschaftlichen Zuständen
ist sogar der Massenunterricht der kürzeste Weg, das wieder
auszuscheiden, was durch eben diese Mittel eingeimpft erhalten
wurde. Die positive Geistesführung muss sich aber zuerst bei
den Einzelnen, in vielen Familien und bei einem freien Theil
der Gesellschaft festgesetzt haben, ehe die Organisatoren des
bessern Staats die hinreichende Stütze finden, um mit durch-
greifender Abschaffung des Aberglaubens und mit der systemati-
schen Bethätigung der Geistesführung in allen Anstalten vor-
zugehen. Jedoch hat man nie darauf zu rechnen oder gar zu
warten, dass eine Mehrheit oder auch nur eine sehr ansehnliche
Menge zuvor gewonnen werde. So lange die Ursachen der
falschen Bevormundung und Missleitung fortbestehen, bleibt die
Majorität aller Schichten und bis auf einen geringen Bruchtheil
die ganze letzte. Massenschicht in einem gewissen Grade in nicht
blos äusserlicher, sondern auch innerlicher Geistessklaverei. Es
sind die Minderheiten, denen stets die Initiative der Action ge-
hört hat; die Mehrheiten finden sich begreiflicherweise immer
erst nachträglich.
Die Sorge für die sozusagen ungeborene und die unerzogene
Welt ist nur eine Seite der Angelegenheit. Die gesellschaftlichen
Verhältnisse selbständiger Menschen, namentlich in Beziehung
~ 247 —
auf die gegenseitigen Berufsleistungen, sind vielseitiger. In er-
heblichen Richtungen hängt ihre gute Gestaltung vom bessern
Gewissen ab. Wo kein directer oder indirecter Zwang, kein
Interesse und auch keine blos äusserliche moralische Nöthigung
ausreichende Bürgschaften sind, da kann nur der allgemeine
gute Geist in seiner freiwilligen Bethätigung das Gewünschte
schaffen. Man denke nur an die gewissenhafte Ausübung eines
Handwerks, einer niedem oder höhern Kirnst, einer amtlichen
Thätigkeit u. dgl. Man denke im Specielleren an die unschein-
bareren Fälschungen der Nahrungsmittel und an den Unfug mit
den Vivisectionen. In derartigen Fällen lässt sich allerdings auch
äusserlich einschreiten; aber gründlich kann nur geholfen werden,
wenn auch der freie Wille durch das Gewissen, d. h. durch die
Geistesführung in besserm Sinne, bestimmt wird. Ferner hängt
auch überhaupt die Freude an einer guten Ausübung des Berufs
und an der vorzüglichen BeschaflFenheit der Arbeitserzeugnisse
von solchen Gesichtspunkten ab, die durch kein blosses Gewinn-
interesse ersetzt werden können. In allen diesen Dingen ist die
Geistesführung an Stelle der ReUgion der letzte Anhaltspunkt.
Das Gute um des Guten willen thun, darf nicht hohle Phrase
bleiben; es muss bedeuten, dass der gute Charakter eben auch
seine Art und Weise aufrecht zu erhalten vermöge. Letzteres
ist aber nicht möglich, wenn nicht auch der moderne Völker-
geist dazu gelangt, seine sittlichen Gesetze und höchsten Ideale
auf eine allerseits sichtbare Fahne zu schreiben. Wieviel heil-
samer würde sich nicht schon die Gesellschaft gestalten, wenn
nur etwas mehr Treue in den allgemeinen Verkehr und etwas
mehr Zuverlässigkeit in den eigentlichen Geschäftsverkehr käme I
Dennoch ist diese geringfügige Forderung noch bei Weitem
nicht das, was von einer durchgängigen Ersetzung der Religion
durch Geistesführung verlangt werden kann imd im Laufe der
Entwicklung zu verwirklichen ist. Ohne den Kitt einer bessern
Geistesführung würden sonstige Systemveränderungen socialer
und politischer Art auch nicht zusammenhalten. So gut sie
übrigens sein möchten, so würden sie mehr Unheil anrichten
als Heil bringen, falls die alten schlechten Antriebe und Ver-
worrenheiten des Aberglaubens und des Mangels an Charakter
fortbeständen. In der That heisst es auf Flugsand bauen,
wenn man sich unterfängt, Gesellschaft und Gemeinwesen
— 248 —
durch blosse Acnderimg materieller Institutionen umscbafTen zu
wollen. So wenig die blosse Privatmoral oder eine öflFentlich
bekannte, aber in Werken und Einrichtungen imfruchtbare Moral
etwas Jiintscheidendes helfen kann, ebenso dürftig, ja noch
dürftiger nimmt sich ein blosses Gerippe äusserlicher Ein-
richtungen aus, wenn Fleisch und Blut, Wärme und Geist dazu
fehlen.
5. Indem Gesellschaft und Staat an die Stelle der Religion
die Ueistesführung setzen, vertauschen sie nicht blos die theo-
retischen Vorstellungen, sondern auch die praktischen Uebungen.
All die Stelle des Cultus tritt theils das, was schon früher aus-
einandergesetzt wurde, theils kommt noch hinzu, was als Wirk-
lichkeitsangelegenheit die Menschen nun weit intensiver in An-
spruch nehmen muss. Die Ideale sind nämlich alsdann nicht
mehr von der phantastischen überweltlichen Art, sondern gehören
selbst der Wirklichkeit, also ausser dem Einzelleben dem Gesell-
schafts- und Staatsleben an. Es ist, um auch einmal die alte
Sprache der Religion zu reden, das Himmelreich nicht ausser
der Welt zu suchen» sondern in der Vollendung der Natur selbst
insoweit zu finden, als ein solcher Begrifif nicht abergläubisch
und daher überhaupt noch berechtigt ist. Gemeine Antriebe,
Verhältnisse und Gestaltungen sind jederzeit das allgemeine Loos,
und das im Edlen wirklich Ausgezeichnete ist eben stets die
Ausnahme. Demideal entspricht nur Weniges; aber es müssen
verschrobene Ideale falscher Art sein, denen gar nichts entspricht
odex entsprechen kann. Die Meinung, es sei in allen Fällen nur
Annäherung mi^gUch, stammt selbst aus den verhältnissmässigen
Niedervuvgen der Gesinnung. Gewiss ist für den gemeinen Tross
geistiger Ganz* oder Ilalbsklaven die Aimäherung schon etwas
Schweres; ja sie findet meist nur in einem kläglichen Maasse
statt. Für die bessern Naturen ist aber das Gute jeder Art kein
blc>sser Gegenstand elender Annäherung, sondern sie tragen es
in sich selbst in solcher Gestalt, in welcher es unter den jedes-
maligen Umstünden überhaupt bestehen kann. Dagegen ist die
Rechnung mit den gemeinen Antrieben darum so sicher, weil
auf zehntausend Fälle, in denen sie nackt und ledig gelten,
kaum einer kommt, in welchem ein höherer mächtigerer Antrieb
sich hiQZUget^e^lt und einen andern Ausschlag giebt. Diese noth-
wendige Bewandtniss hindert aber nicht dass sich das Gemeine
— 249 —
^m i^iveau allmälig abgeändert und selbst etwas gehoben finde,
■^s bleibt alsdann das Gemeine; aber es bessert sich, und ihm
^^^genüber steigern sich dann auch diejenigen Vorzüge, durch
^^Iche die seltenen Ausnahmen gebildet werden. Dahin zielt
^t>^n die Geistesführung ab, die selber ihren Ursprung nur in
5^X1 am meisten gesteigerten Ausnahmecharakteren haben kann.
T^^s Wort Führung würde weniger passend sein als es ist, wenn
^■*^ irgend einer Zeit die Selbstführung des Geistes nicht blos in
'^inem gewissen Umfang bei Allen eingebürgert sein, sondern
^\ich alle Punkte umfassen könnte. Für die Initiative der
W'enigen wird aber stets noch Etwas übrig sein; denn sonst
hörte der Typus des Schaffens, der nach allen bisherigen Er-
fahrungen in der Natur allein denkbar ist, offenbar auf. Die
charaktervollsten und begabtesten Einzelnen werden immer die
Ausgangspunkte werden, von denen aus die Hebung des all-
gemeinen Niveau sich bewerkstelligt.
Kunst und speciell Dichtung können für den Einzelnen und
die Gesellschaft wirklich Anmuthendes und Förderndes leisten,
vorausgesetzt, dass sich die schöpferische ICraft und Form in
ihnen auch mit Geistesführung verbunden finde. So ist es be-
sonders an der Dichtung deutHch, dass sie ihren Werth in dem
Maasse verliert, in welchem sie unwahre Gedanken und abirrende
oder unedle Gefühle zum Ausdruck bringt. Sie muss überall
das Wirkliche, darf aber nur das Edle und Höchste in der
Wirklichkeit zum Gegenstande haben. Widmet sie sich dem
Durchschnittlichen und gemein Niedem, so sinkt sie hiemit eben
auch zum Realismus der Gemeinheit hinab. Zwischen Wirklich-
keitsidealen und realistischen Plattheiten gähnt eine weite Kluft.
Real sind das Niedere und das Hohe; aber der Realismus, wie
Wort und Sache gewöhnlich genommen werden, haust im Ge-
meinen und daher Niedern. Die Dichtung hat die hohlen phan-
tastischen Ideale jeglicher Art von Jenseitigkeit und Ueber-
schwenglichkeit zu meidea; aber es ist ihr mehr als blos gestattet,
falls sie es vermag, eine spätere, noch erst zukünftige Wirklich-
keit, also Ziele des Wirklichkeitsstrebens ziun Gegenstande zu
haben. Ohne falsche Zukünftelei soll sie das Edle und Grosse
auch schon in der Anlage und im Werden erfassen und so eine
wahre Voraussicht an die Stelle falscher Prophetie setzen. Sie
löst ihre höchste Aufgabe grade da, wo sie einem gegenwärtig
— 250 —
noch lebendigen Streben, also den entsprechenden Gefühlen und
Gedanken, einen Ausdruck verschafft, in welchem man auch
die Theilnahme an der Zukunft gewahr wird. Schon die von
Natur bestehende Liebe der Geschlechter ist nichts, dessen Sinn
auf die Gegenwart beschränkt wäre. Um wieviel mehr müssen
die sonstigen höher gearteten Empfindungen und Gedanken der
bessern Menschheit eine Seite haben, die über das jeweilig Ver-
gängliche des Tages hinausweist! In dieser Beziehung zeigt es
sich auch wiederum recht klar, was der moderne Völkergeist
für die Poesie zu werden hat. In ihn und speciell in den Charakter
der einzelnen Nation muss sich die Diclitung versenken, um aus
diesen Tiefen eine vollendetere Wahrheit und veredelte Formen
des Fühlens und Denkens heraufzuholen. Den hier fraglichen
Geist tragen die Völker und die Einzelnen in sich selbst, haben,
ihn also nicht in romantischer Verschraubung blos in der Ver-
gangenheit zu suchen. Im Gegentheil ist das Gewesene, insofern
es schon verwest ist, stets ein schlechter Gegenstand für eine wahre
Wirklichkeitspoesie. Immerhin mag die rückwärts gewandte Um-
schau auch die geschichtlichen Züge anderer Epochen zugleich
mit allen ihren Fehlern, also auch mit dem Aberglauben, allen-
falls zur poetischen Darstellung bringen; aber Sage und allzu
entfremdete Geschichte sind nicht das Feld, wo eine bessere,
dem Wirklichkeitsideal nachstrebende, nicht von höherer Geistes-
führung gänzlich verlassene Poesie zu ernten hat. Ueberall muss
es Grundgesetz sein, dass die sogenannte Dichtung nur eine
Form sein darf, die Wahrheit und zwar nur diejenige Wahrheit
darzustellen, die wegen ihrer Auszeichnung vor den gemeinen
platten Beschaffenheiten wirklich besondere Theilnahme verdient.
Die Grundsätze der Freiheit, der Treue, der Gerechtigkeit und
des Vertrauens sind natürlich auch hier maassgebend, und es
ist eine arge Verirrung, die Poesie oder irgend welche andere
Kunst von den Gesetzen sittlicher Wahrheit und edlen Charakters
entbunden zu wähnen. Auch die Dichtung darf das Schändliche
nicht darstellen, wo sie nicht zugleich die Perspectiven einer
gebührenden Rache zu eröffnen vermag, und wäre dies auch
nur durch die Hindeutung auf einen weitern Zusammenhang
möglich, der die anscheinend unvergoltene Handlung umrahmt.
Uebrigens versteht es sich von selbst, dass der blos spielerische
und nicht ernst gemeinte Gebrauch der Göttergestalten und des
— 251 —
olksaberglaubeos gänzlich in Wegfall zu kommen hat. Nur
ei der Schilderung der Menschen mit allen ihren Fehlem ge-
ört die Reproduction jener Vorstellungen zur Wahrheit der
^Sache selbst; aber es ist auch hiebei zu bedenken, dass ein
^ichinalleshineinversetzen seine Grenzen haben muss, wenn sich
der Dichter nicht unwürdig preisgeben imd gleichsam prostituiren
soll. Uebrigens ist es ein falscher Satz, dass man die Ueber-
zeugungen des Dichters nicht aus dem Gegenstande heraus-
merken oder, was dasselbe heisst, nicht in demselben finden
dürfe. Eine objective Poesie von diesem falschen Schlage hat
nie existirt und soll auch nicht einmal in einer Annäherung
versucht werden. Doch die Verfolgimg dieser Verhältnisse
zwischen dem Dichter und seinem Gegenstande würde hier zu
weit führen. Hier ist es genug, zu wissen, dass der Dichter ent-
weder mit dem Gegenstande eins sein oder, wo dies nicht möglich
ist, den Gegenstand seinem bessern subjectiven Maass unter-
werfen muss, so dass er von dem Verkehrten nur soviel zeigt,
als zur gehörigen Charakteristik von dessen wesentlicher Be-
schaffenheit nothwendig ist.
Hätten Moralität und Gerechtigkeit, sowie eine entsprechende
Anschauimg der Gesammtwelt erst auf die Kunst zu warten, so
wäre es mit ihnen allerdings schlecht bestellt. Im socialen Zu-
sammenhange ist Poesie sowie überhaupt Kunst, sobald diese
den Gesetzen der Wahrheit und Gerechtigkeit zuwiderläuft, sogar
schädlich. Zu dem unmittelbaren Uebel, welches in der Ver-
schönerung und Beschönigung des Falschen liegt, kommt noch
die erschlaffende, abstumpfende, ja schliesslich entnervende
Wirkimg, die mit der ausartenden Pflege blosser Schöngeisterei
verbunden ist. Schon Plato hatte, wenn auch etwas zu puritanisch,
vor den Dichtem gewarnt, weil diese die ungehörigen Gefühle
gleichsam begössen, die Wollust anregten u. dgl. Er hatte sie
deswegen in seinem Idealentwurf von einem Staate aus diesem
gradezu ausgeschlossen. Das war einerseits zu viel und andrer-
seits zu wenig; zu viel, weil die Gesellschaft durch gute Poesie
und überhaupt bei maassvollem Genuss künstlerischer Eindrücke
in Gefühlen und Gedanken wirklich gefördert werden kann; zu
wenig, weil die blasirende Wirkung jedes Kimstgenusses ver-
gessen ist, bei welchem das Maass der Wahrheit nicht auch
schon in der Poesie selbst die übertriebenen Steigerungen V'"
hindert. Uebrigens war ein Plato auch nicht dazu angethan, die
Phantastik, der er im Denken selbst als ehemaliger Halbpoet
huldigte, in der eigentlichen Dichtimg zu verpönen. Auch hatte
überdies sein Grund etwas von dem religionsartig Düstern an
sich. In unserm Zusammenhange aber soll alle Kunst nur, wie
es sich gebührt, der bessern Geisteshaltung theilhaft sein, wenn
sie als gesellschaftlich heilsam gelten will. Ein Stückchen
Religionsersatz kann sie eben nur insoweit sein, als sie sich zu
einer speciellen Form der Geistesführung herausbildet und dem-
gemäss die Wege dieser streng einhält. Weit gefehlt aber, dass
sie selbst die Quelle der höchsten Grundsätze der Geistesführung
wäre, ist sie vielmehr, und zwar auch nur im günstigsten Falle,
ein Feld, welches von jener Quelle her berieselt wird.
Urkräftiger als alle künstlerischen Schattenbilder von Gefühlen
und Gedanken sind die wirklichen Anregungen der natürlichen
Empfindungen durch das Leben. Ohne eigne Erfahrung der
letzteren bleibt überdies alle Kunst des Wortes ohnmächtig genug.
Sie führt den Unerfahrenen gleichsam in das Hohle und gewöhnt
ihn, einen möglicherweise gehaltreichen Satz als blosse Phrase zu
gebrauchen. Der Gehalt der Dinge muss in seinen einfachsten
Elementen unmittelbar an und aus den Dingen selbst erfahren
werden ; sonst ist alle Bemühung künstlerischer Vereinigung solcher
Elemente zu neuen schöpferischen Gesammtgestalten vergebens.
Die Dichter haben aber nur da, wo und insoweit sie wahrhaft
gross sind, selbst diejenige Kenntniss des menschlichen Innern
und des äussern Lebens, durch welche sie in den Stand gesetzt
werden, auf die Gemüther natürlicherweise und wahrheitsgemäss
einzuwirken. Nur dadurch, dass sie wahr und maassvoll sind,
überdies aber an die geringern Grade der Durchschnittsgefühle
anknüpfen, um eine höhere Steigerung einigermaassen verständ-
lich zu machen, erzielen sie auch in der gemeinen Breite des
Massendaseins einige gute Erfolge. Nun aber vergleiche man
Alles, was die Dichter beispielsweise- in der Anregung des Mit-
gefühls leisten können, mit dem, was das Leben und dessen That-
sachen hierin vermögen. Man wird so innewerden, dass den
Dichtern im besten Falle wesentlich nur die Rolle einer Bestätigung
und Formveredlung des bereits vorhandenen geistigen Gehalts
zufällt. Die milden Einrichtungen, die man in der Gesellschaft
auf das entwickeltere Mitgefühl der modernen Völker, nicht aber
— 253 —
^twa auf die dem bessern Charakter fremde und importirte
Religion, zurückzuführen hat, sind jedenfalls keine Frucht
dichterischer Erregung von Mitleid. In echten Wirklichkeits-
verhältnissen, wo der Schein jeder Religionseinmischung beispiels-
weise auch in der Krankenpflege mit der Wahrheit zu vertauschen
ist, wird die Quelle derartiger Institutionen der Gesellschaft genug-
sam klar und demgemäss, soweit sie unrein geworden ist, auch
geklärt werden. Handwerksmässige Anregung der Gefühle ist
hier ebensowenig eine Ursache von etwas Gutem, wie in der
sogenanntenPhilanthropie. Letztere entlarvt sich durch denKenner
meist als unwahr, heuchlerisch und, wo nicht selbstsüchtig ge-
schäftlich, doch mindestens, was nicht weniger schlimm ist, als
Pflänzchen kleinlichst persönlicher und hohlster Eitelkeit windiger
Existenzen. Die ganze Humanität wird durch diese Missgewächse
gefälscht; denn die wahre Quelle edler Menschlichkeit und wahrer
Menschenfreundlichkeit, die selbstverständlich nur den guten
Zügen im Menschen mit Wohlwollen entgegenkommen kann, ist
der bessere neuere Völkercharakter in seiner höheren Entwicklung.
Letztere beruht aber auf den Erfahrungen des Einzellebens und
der umfassenderen Lebensschicksale ganzer Nationen.
6. Für den Religionsersatz in Gesellschaft und Staat stellt
sich die Frage, ob er etwa ähnlicher persönlicher Organe bedarf,
wie die Religion in den Priestern aufweist. Grundsätzlich ist dies,
wie schon früher angedeutet, zu verneinen; denn die Vormund-
schaft über erwachsene Personen würde verewigt, wenn sich die
Gesellschaft für die Lehre des Vollkommeneren Leute bestellen
wollte, deren bezahltes Handwerk es wäre, sie ihr in bestimmten
Zwischenräumen und bei gewissen Gelegenheiten ans Herz zu
legen. Es wäre ein Abweg, den Priester- und Predigerstand nach-
ahmen und in der Menschheitsgeschichte auf diese Art noch einmal
gleichsam wiederholen zu wollen. Man bedenke wohl den Ur-
sprung jeglichen Priesterthums. Ein solches würde nie entstanden
sein, wenn Lehre oder Zucht die Zwecke gewesen wären. Letztere
waren vielmehr ursprünglich überall nichts Anderes als Zauber-
wirkungen und ein zugehöriger Verkehr mit den Göttern oder
dem Gotte, sowie Opfer, Gebete, Zukimftsschau u. dgl. Erst
nachträglich hat sich, und zwar vorzugsweise im Protestantismus,
also bei den modernen nordischen Völkern, das Predigen imd
hiemit die Lehre in den Vordergrund geschoben. Diese Wendung
— 254 —
ist aber schon relativ ein Ersatz- und Abschwächungsmittel des
eigentlichen Priesterthums. Sie ist eine Erfindung des neuern
Völkergeistes auf dem Wege zur Abschaffung der Religion.
Eigentliche Lehre, auch wenn sie nicht einem autoritär willkür-
lichen Glauben gilt, gehört, insoweit sie von besonders ange-
stellten Lehrern ausgehen soll, in die Zeit des Unterrichts und hat
ihre ordentliche Stellung als Jugendbildung. Für weitere Lebens-
alter muss sich die Kenntnissnahme auf freierem Wege durch
gleichheitlichen geistigen Verkehr, darf sich aber nicht durch eine
neue Art von Geistlichen vermitteln. Von den Priestern und Geist-
lichen kann daher der vollkommenere Zustand keinen Gebrauch
machen. Diese Erbschaft kann er in keinem Falle antreten ; denn
aus dem Menschenmaterial der religiösen Armee lässt sich eher
alles Andere, als etwa für das Uebergangsstadium eine Anwalt-
schaft der besseren Menschheitssache machen.
Den ausgesprochenen Grundsätzen steht es nicht entgegen,
dass, solange der geistige Kampf dauert, für diesen besondere
Organe erforderlich sind. Was den Menschen solange eingeimpft
worden ist, kann nicht durch blosse Verhinderung der Neu-
impfungen sofort verschwinden. Schafft man das Cultuspersonal
ab, so muss man dafür sorgen, dass die bis dahin unmündig
Erhaltenen sich nun nicht, wenn auch nur für den Augenblick,
haltlos fühlen. Wo Lücken entstehen, muss man sie ausfüllen;
denn es wird, wenn jene Maassregeln platzgreifen, erst ein Theil
der Gesellschaft zureichend selbständig sein. Alle übrigen Theile
werden durch eine feste Geistesordnung aus der vorangegangenen
Sklaverei erst herauszuziehen sein. Diese Anleitimg zur Selb-
ständigkeit erfordert nun offenbar zeitweilig besondere Organe.
Man wird aber wohl zuzusehen haben, dass dieser Zwischenberuf
von Lehrern für Erwachsene nicht selbst zu einer Art Prediger-
thum werde. Wenn sich, wie in der grossen französischen Re-
volution sogar Erzbischöfe, so bei künftigen Uebergangsvermitt-
lungen irgend welche bisherige Religionsbeamte zu Erklärungen
finden oder gar drängen, dass sie bis dahin das Falsche ver-
treten und gelehrt haben, so kann so etwas selbstverständlich
dazu beitragen, den irren Zustand der Gemüther rascher zu be-
seitigen. Auf diese Weis bricht die alte künstliche Autorität in
sich selbst zusammen. Solche Abkürzungsmittel sind daher nicht
von der Hand zu weisen; aber es wird grade denen am wenigsten
— 255 —
zu trauen sein, die am schnellsten bereit sind, sich selbst Lügen
zu strafen. Man kann Wahrheit in der Zukunft da nicht erwarten,
wo in der Vergangenheit am Gegentheil gegen besseres Wissen
und blos um der Würden und Einkünfte willen festgehalten
wurde. Solche abtrünnige Personen können daher nur als Gegen-
gift gelten, und hat man sich ihrer entsprechenden Eigenschaft
stets zu erinnern.
Die Umwandlung der gesammten Priesterschaft in ein die
Abschaffung der Religion vermittelndes Uebergangsorgan ist als
erspriesslich kaum vorstellbar. Eine allmälige Abschaffung voll-
zieht sich allerdings auf dem Wege der Verderbniss insoweit,
als eine grosse Anzahl Priester und Prediger selbst den Glauben
ganz oder zum grössten Theil einbüssen. Was sie alsdann
dennoch gegen besseres Wissen wirken und manipuliren, wird
nothwendig im Eindruck immer schwächlicher. Dieser Verfall
und diese Corruption sind aber nur die eine Seite der geschicht-
lichen Vorbereitung der Umschaffung. Andererseils giebt es auch
ehrlichere Naturen, die, wo sie nicht überzeugt sein können, nicht
mitspielen. Diese kehren dann aber auch der ganzen Sphäre
den Rücken und suchen ihren Beruf in der Gesellschaft auf
andern Wegen, imd zwar auch nicht auf denen der Philosophastrik,
deren Trug ein verfeinertes Zubehör und gleichsam ein Extract
der Theologie ist. Aus solchen bessern Naturen, die einen Beruf
zur echten Geistesführung hätten, aber vor der Hand mehr oder
minder davon entfernte Thätigkeiten ergreifen müssen, können
sich wenigstens zum Theil später auch die Leiter derjenigen Gesell-
schaftsgruppen rekrutiren, die mit der vorläufigen, nicht staat-
lichen, sondern noch erst frei gesellschaftlichen Organisation der
neuen Geistesordnung vorangehen. Ich sage aber ausdrücklich
„zum Theil" ; denn es wäre ein Unglück, wenn die überwiegende
Mehrzahl der zunächst kurzweg als Geistesführer zu bezeichnenden
Personen nicht anderwärts herstammte. Aus ^inem Mönch wird
nicht allzuleicht ein Giordano Bruno, imd wenn so Etwas in irgend
einem seltenen Falle der Geschichte einmal daraus wird, so bleibt
•doch noch immer viel zu viel von den Manieren und den all-
igemeinen Vorstellungsrichtungen der früheren Lage haften. Die
umgebildete oder vielmehr in der Umbildung begriffene Gesell-
schaft bedarf vor allen Dingen solcher Elemente, die noch mit
keinem Fuss im Reiche des Gegentheils und der Verneinung der
.bessern und höhern Zwecke gestanden haben.
— 256 —
Auch erwarte man nicht, dass Regierungen, in welcher Art
sie sich auch gestalten mögen, irgend etwas Entscheidendes thun
können, ehe nicht in der Gesellschaft selbst die Vorbereitungen
getroffen sind. Zunächst sind es immer Einzelne, dann kleinere
oder grössere gesellschaftliche Gruppen, w eiche die Hauptarbeit
verrichten, nämlich für die Umschaffung einer gehörigen Anzahl
von Elementen des Gemeinwesens sorgen. Letzteres kann als
Ganzes und in Form einer Regierung das Werk schliesslich nur
adoptiren; denn selber zeugt es in der fraglichen Beziehung gar
nichts. Es ist in seiner amtlichen Thätigkeit eben stets nur OrgaiLz:
des Bestehenden. Erst wenn das alte Bestehende durch ein neue^
Bestehendes in der freien und lebendigen Gesellschaft zu einend,
ansehnlichen Theil verdrängt ist, so dass die entscheidender
Geistesmacht dem Neuen zufällt, können auch die Einrichtungea
der äussern Organisation und Gewalt des Staats dem Voll-
kommeneren principiell und systematisch dienstbar gemacht
werden. Staatsmänner vermögen nur wenig und auf die Dauer
garnichts, wo sie kein zuverlässiges Fundament in der Gesellschaft
vorfinden. Sie kommen daher mit ihren Maassregeln stets später
als die entsprechenden Bestrebungen und Vorgänge bei Einzelnen
und in der Gesellschaft. Die geistige Initiative der Einzelnen,
die ausserhalb der Autorität stehen, geht immer voran und kann
daher auch der Regel nach nicht sofort zur äussern oder gar
vollen That werden. Alle Arten von Gewalthabern dagegen
sind auch bei dem besten Willen ohnmächtig, das geistige Gute
zu vollbringen, wo die Gesellschaft noch überwiegend von den
Mächten des Aberglaubens befangen gehalten wird, oder wo sich
Interessen entgegenstemmen, die, ohne eigentlich dem gröbern
Aberglauben zu huldigen, ihn doch in den Massen als vermeint-
lich nützliches Niederhaltungsmittel conservirt wissen wollen.
Die eben erwähnten Interessen werden verschwinden. Auch
ist es überhaupt nicht ein äusserer Widerstand, welcher gegen die-
Ersetzung der Religion am längsten vorhalten kann. Die Rechnung
mit der Innern falschen Gewöhnung der Gemüther ist wichtiger.
Jedoch auch hier ist nur ein einziger Punkt, bei welchem der
Widerstand als etwas Bedeutenderes in Anschlag zu bringen ist
Dies ist die künstlich erregte Hoffnung im Sterben oder überhaupt
in Nöthen, die an dem Leben verzweifeln lassen. An die fragliche
Schwäche der Menschen werden sich nicht nur die Priester amr
— 257 —
längsten klammern, sondern es werden auch die Menschen selbst
vielfältig an Unsterblichkeitshoffnungen festhalten. Auf dieseWeise
glauben sie, wo nicht ihr ganzes Ich, doch ein Stück davon, zu
bewahren. Hienach werden auch oft Solche trachten, die den
-Priestern längst den Abschied gegeben haben, auf keine geistlichen
Zaubermittel etwas geben, wohl aber in ihrem Privatglauben ein
ausserweltliches zukünftiges Leben als wichtigsten Artikel zurück-
behalten haben. Weil hier das Interesse am Ich im Spiele ist, so
iDUss dieses Pünktchen der Religion sich innerlich am meisten
widersetzen. Auch giebt es kein anderes Mittel, die Menschen,
die einmal durch die Religion in diese Unwahrheit hineingerathen
sind, von diesem Stück unberechtigtem Selbstinteresse, d. h. von
dieser Selbstsucht des Ich zu erlösen, als eine Befreiung nicht etwa
Wos von den Vorstellungen über ein angebliches Seelending,
sondern auch von denen, die auf der falschen Verdinglichung des
^ch beruhen. Das als Ding gedachte Ich ist eben auch eine
Erdichtung. Was am Ich thatsächlich ist, sehen wir in der Wirk-
lichkeit; jeder andere Begriff davon kann auf die Dauer nur eine
^uf den Egoismus speculirende Charlatanerie bleiben. Dem Ich
hat man aber nicht blos theoretisch, sondern auch praktisch bei-
zukommen. Der Tod ist, wenn er nur richtig, d. h. als Vernich-
tung verstanden wird, der von der Natur bestellte Verbündete
gegen die Selbstsucht. Eine wirkliche und berechtigte Theilnahme
des Menschen, welche über die eigne Vernichtung hinausstrebt,
hat sich anderwärtshin zu wenden. Sie hat das, was ausser dem
Ich liegt, in die eignen Affectionen einzuschliessen. Auf diese
Weise kann der Mensch auch unbeschränkt hoffen, aber freilich
nicht für sein Ich; wohl aber für Etwas, was seinem Fühlen. und
Denken lieb und werth ist. D as sind dann würdige Perspectiven
in Todesgedanken. Der Act des Sterbens selbst ist, soweit Andere
bei ihm gegenwärtig sind, lieber mit Schweigen zu achten, als mit
falschen Trostgründen zu behelligen. Natürlich versteht sich dies
nur vom Standpunkt des Religionsevsatzes* Die Gesellschaft kann
daher auch hier durch ihre Sitte nichts einführen, was etwa dem
Regime der Zaubermittel oder auch nur eines auf Unwahrheit
gegründeten Zuspruchs ähnlich sähe. Die Deutschen möchten so
Etwas auch wohl am frühsten entbehren können. Schon Siegfried,
der Held des Nibelungenliedes, in welchem doch schon das
Ghristenthuni äusserlich etablirt ist, starb ohne jede Gedanken-
Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 17
— 258 —
regung jenseitiger Art. Der Dichter aber, aus dessen Geist dieses
Todesbild entworfen ist, hat bereits mitten in einer vom Christen-
thuni beherrschten Welt gelebt. So mächtig war jedoch un-
willkürlich der bessere Völkergeist in ihm, dass die mit dem
Würdigeren unverträglichen Vorstellungen, wenigstens bei den
entscheidenden Punkten, wegblieben. Eine höhere Entwicklung
des Verstandes und Gemüths zeitigt im Menschen allerdings auch
Regungen und Bedürfnisse nach einem vollkommeneren Bewusst-
sein über alles das, was den Tod des Einzelnen überdauert.
Philosophastrische Flausen aber, wie die, es bestehe das Ich in
einem allgemeineren Ich und bleibe darin wenigstens zum Theil
erhalten, — derartige Windigkeiten, für welche Spinozas halbe Un-
sterblichkeit mit dem Fortbestehen eines Theiles vom Einzelgeiste
das Vorbild sein könnte, sind wahrlich da nicht am Platze, wo
der Gegenstand ernst genommen und aufrichtig ohne die Schlupf-
winkel der Halbheiten ',und Zweideutigkeiten entschieden wird.
Was jenen höheren Bedürfnissen entspricht, ist schon früher von
uns dargelegt worden, und hier war nur daran zu erinnern, dass
ein Ersatz. des zu vernichtenden Ich nur in den Vorstellungeri.
gefunden wird, die sich auf die bleibende Welt richten. Diese
Affectionen werden im günstigen Falle die Natur einer Art Liebe
zum bleibenden Guten annehmen, durch welches der Mensch
Alles vertreten sieht, was er selbst etwa noch wollte und im Guten
zu wollen berechtigt war.
Ist der Ichwahn beseitigt, so bleibt kein Ding, sondern nur
ein Vorgang übrig, und dieser ist das einzig Wirkliche, das
einzig Interessirende am Einzelmenschen. Wohl aber kann sich
die weitere Theilnahme darauf richten, welches Verhältniss dieser
Vorgang zu allen andern Vorgängen des Seins und zu diesem
selbst habe* Auch an die Zukunft kann sich die Hoffnung
knüpfen, dass er in irgend einem Wesen und Vorgang eine
bessere Beleuchtung erfahre, dass sich also für irgend ein künftiges
Bewusstsein das als gerechtfertigt und ausgeglichen zeige, was
etwa an einem Schicksal oder dem Schicksal überhaupt noch
Unbefriedigendes gewesen. Mit dieser Idee begiebt man sich
aber schon, so rationell sie an sich gehalten ist, hart an die
Grenze, wo das Leere, das Dunkle und die Träume beginnen.
Die Zuversicht und das Vertrauen, mit welcher der gute Charakter
voraussetzt, es sei für ihn die Ordnung der Dinge auch in deren
— 239 —
umerkannten Gebieten befriedigend, ist das einzig Stichhaltige.
IDies ist aber auch genügend und ersetzt dem gerecht beschei-
<3enen Einzelmenschen den Eitelkeitstand persönlicher Unsterb-
lichkeitsvorstellungen. Sogar unsere eigenste Wendung, der-
2tufolge anstatt blos ideeller Theil nähme am Ganzen eine nie
xiäher zu kennzeichnende reale Theilhaftigkeit daran allenfalls
^vorausgesetzt werden mag, würde sofort zu etwas Bedenklichem
ausarten, wenn sie sich fälschhch auf Conservirung der Indivi-
dualität erstrecken wollte. Der Punkt, in welchem der Individual-
vorgang mit dem Gesammtvorgang im Sein zusammenhängt, ist
und bleibt ohne nähere Kennzeichen. Er ist selber eine Grenz-
vorstellung nicht nur für unser Wissen, sondern auch für unsere
Annahmen und für unser berechtigtes Vertrauen. Besser ganz
auf nähere Einlassung mit derartig sich darbietenden Grenz-
begriffen verzichten, als sie ins Träumerische und Phantastische
ausmalen und der Schwäche irgendwelchen anscheinenden Be-
■dürfens nachgeben. Die nothwendige Unbestimmtheit in den
fraglichen Vertrauensregungen und gleichsam letztwirklichen
Perspectiven ist das Beste und zugleich auch das Rationellste,
woran wir uns halten können. Jegliche affirmativ denkerische
Speculation nach dieser Richtung müsste nicht blos imsicher
gerathen, sondern würde auch eine sachlogische oder vielmehr
sachunlogische Thorheit sein. Es bleibt also auch Angesichts
•der Todesnähe oder herbster und quälender Schicksalsgestaltung
dabei, dass nicht blos die Transcendenz sondern auch sozusagen
jegliche Rescendenz, d. h. vermeintliche Rückkehr in den Urgrund
etwas Trügerisches ist, dessen gelegentliches Gaukelspiel mit dem
eignen Gemüth und Verstand im Innerlichsten zu vernichten und
gleich im Keime abzuschaffen zu den Aufgaben unseres Cultus-
ersatzes gehört. Generationen werden vergehen, ehe angestammte
Gewohnheiten des Vorstellens und der Neigungen ganz ent-
wurzelt sein können. Die schliessliche Entwurzelung ist aber
gewiss, soweit Unberechtigtes und Selbstsucht den entscheidenden
Kern des individualistischen und auch sonst falschen Jenseits-
wahns gebildet haben und in feinem Formen noch oft genug
auch bei den besten Naturen noch immer bilden.
7. Im Hinblick auf die ferneren Gestaltungen der Geistes-
führung stellt sich die Frage, ob die letztere noch überhaupt
durch so Etwas wie weltbeherrschende neue Religionsstiftungen
17*
gekreuzt und in iler Mensclilieitsgeschichle gleichsam durch ein
zweites Mittelalter hinausgeschoben werden könne. In der jetzt
übersehbaren Lage lässt sich, wie wir schon früher bemerkten,
nichts auffinden, was nach solch er Verzögerung einer vollen Geistes-
auf kliirung aussähe. Die ehemaligen Religionen haben nur noch
wenig Leben, und wo unentwickeltere Völker, wie die russischen
Slaven, von dem Christischen noch mehr umsponnen scheinen, da
sind im Gegensatz hiezu auch grade die am entschiedensten
emancipirten, ja alle allen Verrottungen der Weltgeschichte am
thatkn'iftigsten bekämpfenden Elemente anzutreffen. Die Frage
bleibt also nur noch die, ob neue Religionsstifter zu gewärtigen
seien. An sich ist dies zwar keine ünmögUchkeit; denn an Be-
völkerungen, die für Lug, Trug und Phantastik empfängUch sind,
iehlt es ebenso wenig, wie an Interessen, die bei der Ausübui^
neuer Formen des Betrui^s auch von Neuem ihre Rechnung finden
und irgend eine religiöse Charlatanerie begünstigen würden, sobald
diese genug umsich gegriffen hätte, um ihnen hinreichend dienen
zu können. Allein es ist nicht abzusehen, wie unter den modernen
Verhältnissen ein neuer Aberglaube, der nicht etwa eine blosse
Formumwandlung des alten ist, zur Herrschaft über die maass-
gebenden Culturnationen gelangen sollte. Blosse Umwandlungen
der bestehenden Religion blieben aber immer ein Stück Asiatismus
imd blieben demgemäss mit dem neuern Völkercharakter auch als
Reformerzeugnisse unverträglich genug, um diesem schliesslich
ganz weichen zu müssen.
Das Merkmal eines Religionsstifters besteht übrigens darin,
im Namen einer vorgegebenen jenseitigen und daher nicht nach-
weisbaren Macht, also namentlich eines Herrgottes, Offenbarungen
und Gesetze zu verlautbaren. Irgend einen Aberglauben haben
alle bekannten ReUgionsstifter allerdings vorgefunden; denn die
Menschen haben mit dem Fehlgreifen ihrer Vorstellungen nichi
erst auf die Initiative einzehier Leiter in diesen Fehltritten ge-
wartet. Die späteren Religionsstifter waren sogar immer darauf
angewiesen, au ältere anzuknüpfen und sich mit deren Hinter-
lassenschaft auseinanderzusetzen. Sie schufen den Aberglauben
nicht; sie entwickelten ihn nur und bereicherten ihn mit neuen
individuellen Wendungen. Wie jede Krankheit ihren Verlauf
und demgemäss auch ihre Geschichte hat, ja wie etwas Aehn-
liches auch mit allem Unheil und namentlich auch mit den
ta.
— 261 —
^erbxechensgattuagen der Fall ist, so hat auch der Aberwitz und
der auf ihm beruhende Aberglaube seine weltgeschichtliche Ent-
faltxixig. Er muss aber auch sein weltgeschichtliches Endschicksal
hab^n; denn es kann nicht immer so fortgehen, dass die Menschen
^Qg^bliche Nachrichten und Zumuthungen von Etwas her an-
nehixnen, was für sie jenseit alles Verkehrs und aller eignen Er-
fatining liegen und nur durch Priestervermittlung zugänglich sein
soll. Eine neue Religion kann daher nur aufkommen, insofern
sicti Leute finden, die irgend einem Menschen glauben, wenn er
ini ^Namen einer ausserweltlichen Autorität zu handeln vorgiebt.
Axxf eigne menschliche Autorität hin vermag Niemand eine
Religion zu stiften; denn was er auch in Gang brächte, so wäre
^s doch nie eine eigentliche Religion, da eine solche nicht ohne
^*^ixe aussermenschliche und aussernatürliche Autorität gedacht
^^rden kann. Hier ist also die Grenze zwischen Wahrbeits-
^''idrigkeit und Religion auf der einen, und Wahrheit und Geistes-
f"Uhrung auf der andern Seite. In einem allgemeineren Sinne war
^ie Religion freilich auch eine Geistesführung, aber eben eine
Irreführung des Geistes, in der sich zuerst ein Wenig ursprüng-
liche Selbsttäuschung mit sehr viel bewusstem Betrug und dann
Später auch noch mit dem theilweisen Betrogensein weiterfolgender
t^eligionsstifter gattete.
Freilich liegt es sehr nahe, dass die rückständigeren Be-
völkerungen noch neuenRehgionsvarianten, ja selbst erheblicheren
^eustiftungen von Religionen anheimfallen können. Dagegen ist
Tiicbt auf Weltdimensionen und eine entsprechende Herrschaftsrolle
solcher etwa noch vorkommender Spätlingsgebilde zu rechnen.
Der moderne Völker Charakter, ausgestattet mit vollerem Selbst-
"bewusstsein und reicherer Erfahrung, wird mächtig genug sein,
um allen Wiederholungen des Asiatismus der Religion die Ent-
wicklung zur Herrschaft zeitig abzuschneiden. Hat er die Kraft,
die alte Religionsära abzuschliessen, so wird er auch die Kraft
haben, jeder neuen, die sich von irgendwoher ankündigen möchte,
von vornherein den Eingang zu wehren. Was man aber bisweilen
natürliche Religion genannt hat, ist entweder ein gesäuberter
Auszug^ aus der eigentlichen Religion oder ^ar keine Religion,
sondern ein Stück Philosophie, welches noch unklar und unent-
schieden genug ist, um überhaupt an die Religion anzuknüpfen.
Derartige Halbheiten sind aber von zu ohnmächtigem Charakter
— 262 —
und Geiste, um in Rechnung zu kommen, wenn es sich um welt-
beherrschende Kräfte handelt.
Die Berufung auf den modernen Völkercharakter mit dessen
höherer Ausprägung von Verstand und Gemüth ist dagegen keine
künstlich autoritäre oder gar mystische. Sie geht auf die mensch-
lichen Kräfte in deren bisher verhältnissmässig vollkommenster
Darstellung und Ausstattung. Was aus allgemeinem Menschen-
wesen überhaupt, ohne Unterscheidung der Species und des Typus,
stammen kann, ist, selbst wenn es gesichtet wird, mindestem
unzulänglich. Erst durch höhere Speciesbildung entstehen aucl
die Ausgangspunkte für das geistig Höhere. Dies gilt nicht nu^^
der Thierheit gegenüber von der Menschheit, sondern auch innecr
halb der Menschheit gegenüber der schlechtem Race von d^
bessern, und innerhalb der bessern Race wiederum der wenige
gutenNationalität gegenüber von der noch besseren. Ja es erstrecW
sich dieses Gesetz der Ausprägung eines vollkommener Menscii-
lichen durch Speciesbildung bis auf die Individualisation; denn dei
Einzelne kann mit seinem eigenthüm liehen Typus physisch dei
Stammvater eines ganzen Volks und geistig der Ausgangspunkl
eines veränderten Gepräges der Denk- und Gefühlsweise, ja einei
neuen Gattung der Geisteshaltung werden.
Weon hienach die Selbstführung des Geistes als überlegend
Ersatz der Religion, der aus dem modernen Völkercharakter ent-
springt, zur Geltung gebracht werden wird, so wird dies heissen, — r »
im Namen von Etwas reden, was sonnenklar auf der Hand liegt. — -•
Die betrefienden Eigenschaften neuerer Völker, auf die man als-^^
auf einen Grund zu bauen hat, sind weder unnachweisbar noch-^cn
unverständlich. Sie finden sich nur verschiedentlich und oft ii
gemischter Weise ausgeprägt vor. Man muss sie also in ihrei
vollkommensten Darstellungen nehmen, um sie zum Leitfadecr^i
machen zu können. Auch ist es nöthig, dass sich das Bewusstseicr^
über sie dadurch steigere, dass sie in und von einem Einzelnere
besonders stark erprobt und besonders klar erkannt werden. Am/
diese Weise allein kann sich ein Ausgangspunkt für Weiteres
bilden; denn es hilft sehr wenig, dass sie in den Völkern nur als
unbewusste Triebe bestehen. Zur Sache, um die es sich hier
handelt, genügt kein sich selbst noch dunkler Drang, sondern
nur das volle lichte Bewusstsein.
Die Religionsstifter redeten im Namen einer erdichteten
— 2(u) —
Autorität; die Vertreter der bessern Geistesführung werden im
Narrien des modernen Völkergeistes zu reden und thätig zu sein
haben. Dieser Völkercharakter mit den besten seiner Eigenschaften
ist Seinerseits der Ausgangspunkt des bewussten Guten in dem-
jenigen Maass, in welchem dieses bisher auf dem Planeten über-
haupt zur Selbstdarstellung gekommen ist. Menschheit in ihrem
t^esten Typus, also ausgestattet mit den besten Kräften, dem
edelsten Wollen und dem eindringendsten Wissen. — das ist
^ie Basis, auf die sich Weltauffassung und Lebensbehandlung
gründen. Nun sollen nicht nur frühere, wenigstens in irgend
^luer Beziehung unvollkommenere Typen aus dem Dasein ver-
schwunden sein, sondern es sollen auch die entsprechenden
geistigen Typen weichen, um durch bessere ersetzt zu werden
üie neuere Völkerwelt soll die bessern Seiten ihres Selbst auch
^i^ derjenigen Gattung ausprägen, die sonst Religion hiess und
^s solche an einigen Punkten vorüberstreifte, die der Mensch-
i^eit wahrhaft am Herzen liegen.
Unter den Eigenschaften der neüern und insbesondere der
Gordisch germanischen Völker, in deren Bereich wir Freiheits-
^inn, Vertrauen, Treue und Gerechtigkeit hervorhoben, ist eine
^Oicht besonders genannt, weil sie selbstverständlich schon unter
<ien andern miteinbegriffen wurde. Es ist dies die Wahrhaftigkeit.
Sie ist nichts als eine besondere Gestalt der Redlichkeit. Da sie
^s nun auch ist, die, mit erleuchtetem Verstände verbunden, allein
2ur Wahrheit führt, so ist die Entscheidung nicht schwer, ob
die Wahrheit beispielsweise von einem in seinem Charakter arg
iDetrügerischen und in seinem Verstände eng bornirten Völkchen
ausgehen, ja ob sie überhaupt von Asien her in irgend einer
zulänglichen Grundlegung kommen konnte. Nunmehr aber ist
für die neuern Völker im Geiste nicht blos reiner Tisch gemacht,
sondern dieser auch bereits mit dem Eignen und Bessern hin-
reichend besetzt. An den Völkern selbst und ihren besten
Männern wird es sein, dem höhern Bewusstsein vom eignen
bessern Geiste in Leben und Lehre private und öffentliche
Geltung zu verschaffen. Was an Abänderungen der Gesellschafts-
verfassimg mit den Naturgesetzen des Menschlichen und mit dem
Verstände vereinbar ist, wird sich ebenfalls nur aus dem modernen
Völkercharakter dur ch dessen auch politisch eigenthümliche und
schöpferische Kräfte herausgestalten. Aber dies ist nur eine
— 264 —
Angelegenheit zweiter Ordnung, wenn man sie mit dem maass-
gebenden Charakter und Geist vergleicht, aus dem die äussern
Gestaltungen nicht blos erzeugt werden, sondern auch die
Vollendung empfangen.
In blos zerstreuter Weise kann die Geisteshaltung, wie wir
sie meinen, nur wenig wirken. Auch eine blos gesellige Ver-
bindung genügt auf die Dauer nicht. Ebenso darf die Sache
nicht darauf beschränkt werden, eine Lehre auszubreiten, sondern
es muss auch ein Band für gegenseitige Stützung derjenigen
geschaffen werden, die sich zu der Lehre halten und die zu-
gehörigen Pflichten, namentlich der Gerechtigkeit und Treue,
ausüben wollen. Die auf diese Weise im bessern Charakter
Uebereinstimmenden müssen in allen Lebensangelegenheiten
zueinander halten und ihre neue Geisteshaltung gleichfalls in
allen Lebensangelegenheiten bethätigen. Dazu reichen aber die
blossen Principien des Religionsersatzes nicht aus. Diese sind
eben, wie das Wort es schon sagt, nur Anfänge. Beispielsweise
will die Gerechtigkeit wie etwas Mathematisches [entwickelt sein,
(jute Antriebe genügen allein nicht; Verstand und bestimmtes
Wissen zeigen erst den rechten Weg im gehörigen Lichte.
Der Völkergeist ist aber für diese genaueren Erfordernisse nur
die Unterlage, und seine noch unentwickelte Unbestimmtheit
kann nur dadurch fassbare Gestalt gewinnen, dass in seinem.
Sinne wirkliches und specielles Wissen geschaffen wird. Dies
ist aber die Aufgabe des Einzelnen, und keine Verbindung wird
bestehen können, die nicht ein wohl umgrenztes und gut aus-
gefülltes Programm aufweist. Programme in diesen hohen Ge-
bieten und von dieser weittragenden Art lassen sich aber nicht
wie Parteiprogramme collectiv zusammendrechseln, sondern be^
dürfen individueller Einheit und erfordern individuelle Schaffens-
kraft. Ueberdies wäre es auch ein erbärmlicher Fortschritt, den
bessern Charakter nur in Race und Nationalität, aber nicht in
der Individuahtät anerkennen zu wollen. Das Unrecht der Reli-
gionen und Secten bezügUch der Individualitäten bestand darin,
dass die Personen nach blosser Willkür ohne sachliche Norm
zur Geltung gebracht wurden. Misst und wägt man aber die
Personen nach klaren und begreiflichen Eigenschaften sowie
nach notorischen und verständlichen Leistungen und legt ihnen
nur dementsprechend die maassgebende Bedeutung bei, so ist
— 265 —
ein begründeter Personencultus kein falscher, sondern im Gegen-
theil c3er Widerstand dagegen ein Anzeichen der Niedertracht
\ina lierabgekommensten Geistesverflachung. In jenem Sinne
wird ^5 j^jgQ^ ^.[q f^j. aiig Angelegenheiten, so noch weit mehr
für ^jg Durchsetzung der neuen Geisteshaltung, persönlich
S^^^xinzeichnete Fahnen geben müssen.
^Wie oft es in der Zukunft zu solcher Fahnenträgerschaft
^^^^me, und was vereinzelten Individualitäten in dieser Richtung
g^iingen möge, das bleibt selbstverständlich eine offene Frage.
^'^^r kann die Entwicklungen von Nationalitäten und Individu-
^^itäten im Voraus genauer absehen! Nur äusserster Mangel an
3^txem Maass, das in der gewöhnlichen aber leicht missverständ-
-^^hen Sprache Bescheidenheit genannt wird, kann aus der
^^genwart heraus erweiterte oder noch vertiefte ZukunftsmögUch-
^^iten cassiren und die eigne Einsicht als keiner Ergänzung
^der auch Variation fähig ausgeben wollen. Zu einer solchen
^bschneidung des Rechts künftiger Individuen und Völker ge-
l^örte eine hebräische Stirn , und nur die letztere hat auch Der-
artiges in der Vergangenheit ins Angesicht damaliger und späterer
^''ölker und Individuen fertiggebracht. Wenn der Hebräer Andern
oder sich schmeicheln will, dann sagt er nicht etwa nur, noch-
war Keiner so, sondern es kommt auch in alle Ewigkeit kein
Gleicher, geschweige Einer, der mehr wäre.
Ganz entgegengesetzt verhält sich der solide Mensch. Ein
Sokrates hat nie die Zukunft zu seinen Gunsten gleichsam con
fisciren wollen. Er war überzeugt von gewissen Wahrheiten
und von der Richtigkeit seines Strebens; aber er beanspruchte
nicht närrischerweise ein Monopol auf alle Wahrheit und auf
Vorwegnahme aller Zukunft. Er gehörte wahrlich nicht zu den
Verrückten, ich meine natürlich, zu denen vom ansehnlichen
Genre, auf die man sich bis heut noch nicht genug versteht
und die unter Umständen ihre Geistesstörung als Weltkrankheit
fortpflanzen. Auch im grob Physischen sind Krankheiten von
inficirender Art bekanntlich mehr als blos epochemachend; sie
propagiren sich durch die Jahrtausende; allein hier haben sich
die Menschen wenigstens nicht dazu verirrt, ihnen einen
speciellen Cultus zu widmen. Statt sie willkürlich zu pflegen,
wehren sie sich dagegen, und sogar die sonst irrenhauswürdigen
Tollheiten, welche die Impferei bis zur SyphiHsation getrieben
— 266 —
haben, sind doch wenigstens nicht um den leitenden Schutz-
gedanken, also in der Hauptsache nicht ganz und gar um den
Verstand gekommene Velleitäten gewesen. Erst wenn behauptet
würde, die jedesmal fragliche Krankheit zu haben gereiche^
auch abgesehen von aller Ansteckungsgefahr, dem Menschen
zum Heil, dann wäre der Gipfel des Widersinns und das volle
Maass med icastrischer Geistesstörung erreicht. Wenden wir uns
nun von der medicinischen Verlehrtheit wieder zur eigentlichen
und echten Geisteshaltung zurück, so hat sich diese in letzter
Begründung stets auf den Verstand zu stützen und an den^Ver-
stand zu wenden. Selbst ihre Berufung auf Völker und Individuen
darf nicht in das instincthaft Dunkle greifen, sondern muss das
Erforderliche klar analysiren und anschaulich vor Augen legen.
Alsdann wird sie auch weder zu wenig noch zu viel beanspruchen
sondern das ihr gebührende Maass jederzeit richtig einhalten.
So etwas bedeutet aber keinen Verzicht auf Geltendmachimg
und Organisation. Im Gegentheil würde sich die bessere Geistes-
haltung und Geistesführung selber preisgeben und verrathen,.
wenn sie nicht mit allen gerechten Mitteln, innerlichen wie-
äusserlichen, für ihre Sicherung und ihre Weiterexistenz einträte.
Wie wenig übrigens der Zukunft in falscher Weise vor-
gegriffen werde, dafür nur noch die Andeutung eines Schluss-
gedankens. Der wahre Religionsersatz darf sich nicht als etwas
absolut Fertiges geben, sondern wird ausser Ueberzeugungen
und Tlieorien abgeschlossener Art auch noch Probleme mit-^
einschliessen. Dahin gehören beispielsweise das Verhältniss von
Individualität und Nationalität und die Frage nach der Tragweite
des Verstandes gegenüber den variirenden Gemüthskräften.
Vielleicht wird künftig noch mehr Werth auf den eigentlichen
Verstand zu legen sein, als dies im neunzehnten Jahrhundert
unter dem irreführenden Druck romantisch reactionärer Ver-
herrlichungen blosser und dunkler Gefühle und gleichsam
instinctiver Anlagen geschehen ist. Ein neues Jahrhundert spannt
die Flügel aus, und vielleicht werden seine Wege und Methoden
der Klarheit des achtzehnten Jahrhunderts wieder ähnlicher,
ohne dessen Schwächen und Beschränktheiten zu theilen. Das
neunzehnte war wesentlich ein reactionärer Rückschlag, und
zwar in allen Beziehungen mit Ausnahme der Technik. Es hat
daher den wenigen Individualitäten, die sich dagegen stemmten,.
— 267 —
Mühe genug gekostet, sich unberührt über dem Sumpfe Posi-
tionen zu schaffen und die ihrer Gesundheit gefährlichen Miasmen
wegzufächeln. Doch glücklicherweise haben wir fin du siecle,
zu deutsch bestimmter ausgedrückt das Ende des Lügen- und
Judenjahrhunderts par excellence. Frisch denn hinein in hoffent-
lich bessere Jahrhunderte und Jahrtausende, in denen die Aus-
merzung des falschen Geistes und der üblen menschheitswidrigen
^ypen eine vollendete Thatsache werden soll und muss.
Anhang.
I. Sehriften desselben Terfassers.
1. Philosophische.
Gesammtcursus der Philosophie.
Ivrstcr J'heil: Kritische Geschichte der Philosophie von ihren
Aiifänj^en bis zur Gegenwart. Vierte verbesserte und vermehrte
Auflage. Leipzig 1894. O. R. Reisland ^ 9. —
Zweiter Theil: Wirklichkeitsphilosophie. Phantasmenfreie Natur-
crgründunp^ und p^erecht freiheitliche Lebensordnung. Leipzig 1895.
O. R. Rcisland -^ 9.—
(Dritter Theil:) Logik und Wissenschaftstheorie. Leipzig 1878.
(). R. Rcisland JC 9.—
Jeder Theil ist selbständig verkäuflich.
Der Werth des Lebens. lune Denkerbetrachtung im Sinne heroischer
Lcbcnsauflassung. Fünfte, verbesserte Auflage. Leipzig 1894.
(). R. Rcisland ofC 6.—
t De tempore, spatio, causalitate atque de analysis infinitesi-
maus logica. Perlin 1861 ^ 3.—
\ Natürliche Dialektik. Neue logische Grundlegungen der Wissen-
schaft und Philosophie. HerHn 1863 *^ 4. —
Cursus der Philosophie als streng wissenschaftlicher Weltanschauung
und Lcbonsgestaltung. Leipzig 1875. Heimanns Verlag *Mr 9. —
2. V olkswirthschaftliche und socialitäre.
f Carey's Umwälzung der Volkswirthschaftslehre und Social-
Wissenschaft. /\v(Uf Hiiofo. München 1865 , . . . %4t 2.50
t Capital und Arbeit, Neue Antworten auf alte Fragen. Berlin
lSo5 JfC 3.5Ö
* Kritische Grundlegung der Volkswirthschaftslehre. Berlin
ISoo JC 8.40
— 269 —
Die Verklcinerer Carey's und die Krisis der Nationalökonomie.
Sechzehn Briefe. Breslau 1867. Trewendt JC 3.—
Cursus der National- und Socialökonomie nebst einer Anleitung
zum Studium und zur Beurtheilung von Volks wirthjschaftslehre und"
Socialismus. Dritte, theil weise umgearbeitet 3 Auflage. Leipzig
1892. O. R. Reisland *^ 9.—
Kritische Geschichte der Nationalökonomie und des Socialismus.
Dritte, theilweise umgearbeitete Auflage. Leipzig 1879. O. R.
Reisland jc 9.
3. Zur Literatur.
Die Grössen der modernen Literatur populär und kritisch nach,
neuen Gesichtspunkten dargestellt. Erste Abtheilüng: Einleitung
über alles Vormoderne. Wiederauffrischung Shakespeares. Voltaire-
Goethe. Bürger. Geistige Lage im 18. Jahrhundert. Leipzig
1893. C. G. Naumann JC 6. —
Die Grössen der modernen Literatur populär und kritisch nach
neuen Gesichtspunkten dargestellt. Zweite Abtheilung: Grössen-
schätzung. — Rousseau. Schiller. Byron. Shelley. —
Blosse Auszeichnungen. Jahrhundertsabschluss. Leipzig 1893..
C. G. Naumann JC 8.—
Jede Abtheilung ist selbständig verkäuflich.
f Die Ueberschätzung Lessings und dessen Anwaltschaft für die
Juden. 1881. (Neue Auflage in Arbeit) JC 1.80
4. Vermischte.
f Die Schicksale meiner socialen Denkschrift für das Preussische
Staatsministerium. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des
Autorrechts und der Gesetzesanwendung. Berlin 1868 . . «^ 1. —
Sache, Leben und Feinde. Als Hauptwerk und Schlüssel zu seinen
sämmtlichen Schriften. Mit seinem Bildniss. Karlsruhe 1882.
Reather (jetzt BerUn) JC 8.—
Die Judenfrage als Frage der Racenschädlichkeit für Existenz,
Sitte und Cultur der Völker. Mit einer weltgeschichtlichen,
religionsbezüglich, social und politisch freiheitlichen Antwort.
Vierte, theilweise umgearbeitete und vermehrte Auflage. Berlin
1892. Reuther */« 3.—
Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehr-
weise der Universitäten. Zweite verbesserte imd mit Gesichts-
punkten für Selbstausbildung und Selbststudium erweiterte Auflage-
Leipzig 1885. O. R. Reisland . JC 2.—
270 -
.5. Mathematische und naturwissenschaftliche.
Neue Grundmittel und Erfiadungen zur Analysis, Algebn
Functionsrechnung und zugehörigen Geometrie, sowie Prii
cipien zur mathematischen Reform nebst einer Anleitung zucr-:^^
Studiren und Lehren der Mathematik. Von Dr. E. Dühring un^^^
Ukich Dühring. Leipzig 1884. O. R. Reisland , . , JK/ 12.
Neue Grundgesetze zur rationellen Physik und Chemie. Er^te
Folge. Leipzig 1878. O. R. Reisland J^ Z
Neue Grundgesetze zur rationellen Physik und Chemie. Zweite
Folge enthaltend fünf neue Gesetze nebst Beleuchtung der nei^ch
der ersten Folge erschienenen Contrefagons und Nachentdeckungen.
Von Dr. E. Dühring und Ulrich Dühring. Leipzig 1886. 0. R.
Reisland «/^ 4-. —
Robert Mayer der Galilei des neunzehnten Jahrhunderts. Kine
Einführung in seine Leistungen und Schicksale. Mit seinem Portrait
in Stahlstich. (Nunmehr als erster Theil zu betrachten.) Chemnitz
1880. Schmeitzner . . . «^ ^- —
Verlagshandlung von Sohmeitsner eingegangen; Bestexemplare sollen si^^"^
zu Leipzig bei Siegismund und Volkening befinden.
l^obert Mayer der Galilei des neunzehnten Jahrhunderts un^ ^
die Gelehr tenunthaten gegen bahnbrechende Wissenschaftsgrösse
Zweiter Theil: Neues Licht über Schicksal und Leistunge
Leipzig 1895. C. G. Naumann -^ 2.^»0
Kritische Geschichte der allgemeinen Principien der Mechanifr^*
Von der philosophischen Facultät der Universität Göttingen il-^^^
dem ersten Preise der Benekestiftung gekrönte Schrift. Net^ st
einer Anleitung zum Studium mathematischer Wissenschaft^ ^•
Dritte, wiederum erweiterte und theilweise umgearbeitete Aufla^^e.
Leipzig 1887. O. R. Reisland ^ 10. ^ —
In dem Urtheil der Göttinger Universität, ^e den Namen (3 es
Verfassers. nicht wusste, heisst es:
„Mit vollständigster und freiester Beherrschung der Sache und er-
staunlicher Ausdehnung genauester literarischer Kenntniss sind nicht nur
alle wesentlichen Punkte erörtert, sondern eine grosse Anzahl kleinerer
Discussionen, welche die Facultät nicht für unerlässlich gehalten hätte,
aber mit Dank anerkennt, da sie überall dem volleren Verständniss des
Gegenstandes dienen, bezeugen zugleich die grosse Liebe und die Um-
sicht, mit welcher der Verfasser sich in seine Aufgabe vertieft hat.
Dem ausserordentlichen so aufgehäuften Stoffe entspricht die Fähigkeit
zu. seiner Bewältigung. Durch feines Gefühl für klare Vcrthcilung der
Massen ist es dem Verfasser gelungen, zugleich, auf die ganze geistige
-- 271 —
"Signatur der Zeitalter, auf den wissenschaftlichen Charakter der leitenden
Persönlichkeiten und auf die fortschreitende Entwickelung der einzelnen
Priaoipien und Lehrsätze ganz das belehrende geschichtliche Licht fallen
zu la.ssen, welches die Facultät vor allem gewünscht hatte. Die ursprüng-
lich^n Aufgaben, an deren Behandlung jedes neue Princip oder Theorem
entstand, sind überall mit vollendeter Anschaulichkeit reproducirt und
^ic allmälige Umformung, die jedes erfahren hat, durch alle Zwischen-
glieder sorgfältig verfolgt. Die Berührungen der mechanischen Gedanken
roit der philosophischen Speculation sind nirgends vermieden; sie sind
^icht nur in eigenen Abschnitten entwickelt, sondern der feine philoso-
pMsche Instinct, der den Verfasser auch auf diesem Boden leitet, ist
^l>enso deutlich in einer grossen Anzahl aufklärender allgemeiner Be-
merkungen sichtbar, welche an schicklichen Stellen in die Darstellung
^er mechanischen Untersuchungen verflochten sind. Den angenehmen
Eindruck des Ganzen vollendet eine sehr einfache, aber an glücklichen
Wendungen reiche Schreibart. Voll Befriedigung, sich als die Ver-
^nlasserin dieser schönen Leistung zu wissen, durch welche ihre Auf-
gabe Vollständig gelöst und viele Nebenerwartungen übertroffen sind,
Zögert sie nicht, dem Verfasser den ersten Preis hierdurch öffentlich
zuzuerkennen." Mein Urtheil zum Urtheil findet man im Eingange des
Werks in den „Hauptpunkten äusserer Vor- und Nachgeschichte" der
Arbeit (S. XIV— XVI).
Für das mit einem * bezeichnete Buch ist die Verlagsbandlong^ eingegangen,
Und befinden sich die wenigen restirenden Exemplare theils in der Bachhaodlang von
^. Knfahl, Berlin SW. Kochstr. 19, theils bei dem Verfasser, Adresse Neuendorf bei
Potsdam, von dem solche gegen vorgftngige Einsendung des Betrages ebenfalls zu
Ibesieben sind. — Die mit einem f bezeichneten Bücher sind vergprifTen und nur hier
Xmd da noch im Antiquariatshandel zu haben. — Alle übrigen Bücher sind durch jede
-ordentliche Buchhandlung nach Maassgabe der beigesetzten Preise jederzeit zu be-
-«iehen. Gegenüber etwaigen Bezugssohwierigkeiten und Verschleppungen seitens
irgendwelcher Buchhandlung, worüber mir auch schon Klagen zugekommen, bleibt
-Aichts übrig, als sich an eine andere Buchhandlung zu wenden.
— 272 —
II. Bemerkung zam SchrlftenTerzeichnlss
über Plagiirungen der Neuen Grundgesetze zur Physik und Chemie.
Die im Verzeichniss aufgeführte Schrift „Neue Grundgesetze" etc.
(erste Folge) erschien im Mai 1878 und erhielt sofort durch den Buch-
handel eine umfassende Verbreitung im Inlande und nach Verhältniss;
der Sprache auch im Auslande. Ueberdies waren schon v orher Prospecte
<lerselben an zahlreiche Fachgelehrte, sowie an A kademien des In-
und Auslandes versendet worden. In diesen Prospecten war insbesondere
<las von meinem Sohn Ulrich entdeckte und von ihm in der Schrift
selbst mit einer vollständigen Theorie und praktischen Anwendungen
ausgestattete Siedecorrespondenzgesetz wörtlich formulirt. Die einzige
Aufmerksamkeit jedoch, welche die Gelehrten dieser Schrift viädmetenj,
bestand darin, dass sie dieselbe recht erfreulich kauften, sich aber, wie
des Näheren nachher deutlich werden wird, auch nachträglich deren
neuen Inhalt für sich, wie der A''olksausdruck lautet, zu kaufen ver-
suchten. Sie schwiegen Jahr und Tag über die Schrift in den Fach-
journalen, gaben aber mündlich die Parole aus, es sei in der Schriff^^
nichts Neues enthalten, das darin Enthaltene vielmehr schon überal
zu lesen, und ich hätte mich mit dieser Schrift ganz besonders blamirt.
Dies war die eine Seite des liebenswürdigen Gelehrtenverhaltens, dessen;
allgemeine moralische Signatur in früheren berühmten Fällen seit meiner
Schrift über Robert Mayer auch dem weiteren Publicum eindringlicher
bekannt und durchschaubar geworden ist. Die andere, noch unwürdigere
Seite, die das Zubehör hiezu bildete, zeigte sich bald und zwar zuerst
in Deutschland, dann aber auch im Auslande. Als Beispiele führe ich
nur folgende Fälle an, weil sie sich weniger auf das von mir Her-
rührende, als vielmehr speciell und hauptsächlich auf das ebenso ein-
fache als wichtige, darum aber auch handgreiflich verständlichere und
zu handgreiflicher Aneignung äusserst bequeme Gesetz meines Sohnes
über die correspondirenden Siedetemperaturen beziehen. Ich für mein
Theil bin an die edlen Manieren der Gelehrten, an gleichzeitige Ver-
schweigung und Plünderung meiner Schriften durch sie, genugsam
gewöhnt und hätte viel zu thun, wenn ich Derartiges im Einzelnen
verfolgen wollte.
Zuerst ist ein Theil des Gesetzes der correspondirenden Siede-
temperaturen seitens eines Professors Winkelmann durch Vermittlung
eines Mitgliedes der Münchener Akademie, eines Professors von Jolly,
als neue und angeblich Herrn Winkel mann gehörige Entdeckung Juni 1879
jener Akademie vorgelegt und in deren Abhandlungen in Gestalt eines
— 273 —
Aufsatzes des Herrn Winkelmann veröffentlicht worden. Obenein ist
die Aufnahme einer sachgemässen Reclamation, die mein Sohn an Herrn
von JoUy eingesendet hat, von diesem Herrn verweigert worden. Schon
kühner geworden, hat später Herr Winkelmann in einer Abhandlimg
•der Wiedemannschen „Annalen der Physik" (Bd. IX, 1880) sich
^wesentlich den Hauptinhalt des Gesetzes der correspondirenden Siede-
temperaturen unter Umhüllung mit einer unerheblichen Abänderung
-angeeignet und diese Procedur dadurch gekrönt, dass er zugleich das
-Gesetz dem Publicum gegenüber ostensibel als unwahr signalisirte. In
<iiesem Fall gelang es meinem Sohn, wenigstens einen Artikel zum
:Schutz seines Gesetzes in die Annalen (Bd. XI, 1880) eingerückt zu
-erhalten. Eine besonders komische Erkennungsmarke der völligen Ab-
liängigkeit war im Winkelmannschen Falle die Mitübernähme einer
ganz zufälligen Rechnungsposition, nämlich von — 100*^ C. als einer
Verdampfungsgrenze des Wassers.
Das vollständige Gesetz auch ohne den Schein einer Abänderung
ist im Februar 1880 der Pariser Akademie der Wissenschaften als die
neue Entdeckung eines Herrn P. de Mondesir durch ein Mitglied dieser
Akademie, den bekannten Chemiker H. Sainte-Claire Devüle, vorgelegt
worden, und ist der betreffende Artikel des Herrn Mondesir auch damals
in den „Comptes rendus" erschienen. Alsdann wurde das Gesetz meines
Sohnes in dem Incognito einer französischen Entdeckung in deutsche
Fachzeitschriften übernommen, wogegen er zunächst im „Chemischen
Centralblatt" (December 1880) reclamirte. Dieselbe Reclamation, nur
in französischer Sprache, war von ihm dem betreffenden Secretär der
französischen Akademie mit dem Ersuchen um Aufnahme in die
Comptes rendus zugesendet worden. Sie fand sich aber nur in wesent-
licher Fälschung der Worte und des Sinnes (ebenfalls December 1880)
zum Abdruck gebracht, so dass mein Sohn für diese ihm unter-
geschobene Fassung nicht verantwortlich i-^t. Später haben sich zu den
Genannten auch noch Andere gesellt, welche mit Jenen und unter
sich nunmehr über die Priorität der Aneignung markten mögen. So
haben beispielsweise auch ein holländischer Professor Waals und ein
preussischer Professor Clausius, unter verschiedenen aber schlecht ver-
hüllenden Masken und Verzerrungen, in ihrer Manier das Gesetz reproducirt
beziehungsweise verpfuscht. Letzterer Herr hat sogar in einer ein-
schlägigen Abhandlung (Annalen der Physik, Bd. XIV, 1881) eine
angebliche Zusammenfassung des seiner Verballhomung und vorgeblichen
Production Vorangegangen riskirt, nämlich den Dalionschen ursprüng-
lichen Ansatz, sowie eine Kleinigkeit in derselben Richtung von einem
Herrn Groshans angeführt, die entscheidende Hauptsache aber, das
seit 1878 voriiegende umfassende Gesetz, kühnüch weggelassen. Näheres
Dühring, Ersatz der Religion. 2. Aufl. 18
— 274 —
und die Beweisstücke für alles dies findet man in unserer gemeinsamen
zweiten Folge der Neuen Grundgeseetz von 1886.
Seitdem hatten wir es eine Zeitlang verschmäht, uns sonderlich
darum zu bekümmern, was etwa Weiteres an noch spätem Nach-
entdeckungen und Zudeckungen des Gesetzes zum Vorschein kommen
möchte. Indessen ist uns nachträglich ein englisches Professorenpaar
der Jüngern Generation, die Herren W. Ramsay und S. Young, aui-
gestossen, welche das Gesetz, zersplittert in unbehülfliche und meist
unexacte Specialgesetze, Ende 1885 wesentlich reproducirt und diese
schlechteren Fassungen, an denen ihnen nichts gehört als die ver-
schlechternden Abweichungen selbst, als eigne wichtige Entdeckung
ausgegeben und in der Welt verbreitet haben. Wie daraufhin in Europa
schliesslich ein förmliches Jagen nach dem Gesetz unter special-
betheiligten Gelehrten eingetreten, hat sich noch wieder in einem
neuern französischen, ganz besonders qualificirten Falle gezeigt, dem
gej^enüber eine kurze, rein thatsächliche Reclamation meines Sohnes in
Wiedemanns Annalen (Bd. LI, 1894) Aufnahme gefunden. Es hatte
nämlich der Pariser Akademiker Herr L. Cailletet genau das Gesetz in
der von meinem Sohn gegebenen, nur in andern Buchstaben aus-
gedrückten mathematischen Formulirung, als von einem Herrn Edmond
Colot entdeckt, der Akademie vorgelegt (Comptes rendus, März 1892).
Obenein hat sich Herr Colot bei seiner 1892 in den angeführten
Comptes rendus producirten Veröffentlichung noch auf ein versigelte?
Couvert berufen, in welchem er elf Jahre zuvor das Gesetz der Akademie
überreicht habe. Nun, das wäre ein Jahr nach Herrn Mondesirs Ver-
öffentlichung und drei Monate nach meines Sohnes ebenfalls in den
Comptes rendus veröffentlichter Reclamation gewesen.
Die französische Akademie hat nun auf eine für die Comptes-
rendus eingesendete Reclamation meines Sohnes hin es vorgezogen,
eine Commission zu ernennen und durch diese nothgedrungen eine
Priorität, aber blos der Formulirung anzuerkennen, Herrn Colot aber
in einer den wahren Sachverhalt umkehrenden Weise ein Anzeigen
und Bewahrheiten (indiquer et v^rifier) zuzusprechen und schliesslich
tlen Reclamationsartikel selbst weislich ungedruckt bei den Acten zu
mumisiren (vgl. Comptes rendus, Januar 1894). Grade m[ein Sohn hatte
das Gesetz sogar in den Comptes rendus selbst, also öffentlich
im eignen Organ der Akademie (in der Reclamation gegen Herrn
Mondesir) angezeigt und ein paar Jahre vorher in unserer eignen
Schrift ausführlich bewahrheitet, in Vergeichung womit Herr Colot statt
wirklicher Bewahrheitung nur eine nachlässige und mangelhafte An-
weisung für den Leser gegeben hat, durch eigne Mühe das Fehlende
zu ergänzen. Ein halbes Jahr nach jener abgenöthigten Prioritäts-
— 275 —
anerkeanung seitens der Akademie wurde ia dem vom Herausgeber
•des Jaminschen „Cours de physique", Herrn Bouty, redigirten „Journal
■de physique" (Paris, August 1894) trotz Alledem wieder über die Ent-
deckung des Herrn Colot berichtet, ohne uns zu nennen. Eine
Reclamation meines Sohnes wurde aber, statt in ihrer Integrität intact
aufgenommen zu werden, noch schöner als seitens der Akademie im
Mondesirfall, in einen Artikel verwandelt, der Herrn Colot den guten
Glauben an eine eigne Entdeckung bescheinigte, unter Nennung meines
Sohnes als des Verfassers des den Sinn umkehrenden Machwerks
(Journal de physique, December 1894). Ueber diese verschiedenen
Cailletet-Colot-talen \^orkommnisse und Zubehör findet manEingehenderes
im zweiten 1895 erschienenen Theil meiner Arbeit über Robert Mayer,
Cap. XV, Nr. 3—6.
Man sieht nun wohl genugsam, wie die Künste der Reproduction
immer interessanter geworden. VöUig zulänglich waren sie aber doch
immer noch nicht ausgefallen; denn es war uns gegenüber das Problem
noch ungelöst, in die Vergangenheit zurückzuentdecken. Die Auffindung
eines solchen Radi calmitt eis blieb für ein anderes unserer Gesetze
-einem englischen Gentleman vorbehalten, dessen unvergleichlich hervor-
ragende That der Vergessenheit nicht anheimfallen darf, ja weiter unten
mit einer lobenden Erwähnung gebührend prämürt werden soU. Zu-
vörderst sei aber noch jener Colotschen Neuveröffentlichung doch
auch ein Verdienst gutgeschrieben, nämlich dass sie den oben er-
wähnten Herrn Young (und hiemit indirect auch Herrn Ramsay) uns
gleichsam gestellt hat; denn Herr Young, bedroht durch die Ueber-
legenheit des bereits auch in deutschen Fachzeitschriften berücksichtigten
angeblich Colotschen Gesetzes, hat sich zur Einlassung damit gedrängt
gefunden, während unsere älteren vde neuem Veröffentlichungen und
nachhaltigen Vertretungen des Siedecorrespondenzgesetzes seitens der
beiden Herren Engländer verschwiegen geblieben waren. Etwas
Specielleres hierüber findet man zunächst in einer auf die Hervorhebung
der langjährigen Priorität und der einfacheren sowie richtigeren und
klareren Fassung sich beschränkenden Reclamation meines Sohnes in
der „Zeitschrift für physikalische Chemie" (Bd. XIH, 1894); alsdann
aber in seiner am detaillirtesten eingehenden, mit reichhaltigen Tabellen
ausgestatteten Darlegung in Wiedemanns Annalen, Bd. LII, 1894.
Die Thatsachen, aus denen mein Sohn das Gesetz 1877 erkannte,
standen seit mehreren Jahrzehnten in Fülle Jedermann zur Verfügung;
aber erst als seine Entdeckung veröffentlicht war, sprossten in den
darauf folgenden Jahren allerorten die Nachentdeckungen hervor oder
versigelten sich auch nach Abfassungsfällen in irgend einem akademischen
Winkel zum einstigen Aufspriessen in späten, vielleicht günstigeren
— 276 —
Zeitläuften. Mein Sohn hatte das Gesetz nicht eher finden können, als
geschehen; denn er wurde erst, als schon die Thatsachen vorhanden
waren, geboren und hat dieses Gesetz, welches von grosser physi-
kalischer und chemischer Tragweite ist, in seinem 15. Lebensjahre auf-
gefunden. Wenn nun, nachdem er die fragliche sehr umfassende
Wahrheit, um die sich 70 Jahre früher ein Dalton vergebens bemüht
hatte, gesehen, auch andere ältere Leute, die schon längst, Einige
davon schon zwei Jahrzehnte vorher, sie hätten sehen sollen, nuQ
plötzlich sehen lernten, so ist dies wDhl verständlich genug*
Es ist aber in derartigen Dingen oft noch mehr Komik, als schon
der Rückimport deutscher Originalwaare aus dem Auslande insich-
schliesst, wie er auch einst R. Mayer gegenüber prakticirt worden
war. Es hat näniHch die oben berührte Münchener Akademie in der
ganzen Plagiatangelegenheit nicht blos die Palme der nachentdecker-
lichen Priorität auf ihrer Seite, sondern sie hat offenbar auch den
Apfel der höchsten Komik abgeschossen. Bei allem moralischen Ernst
der Sache hat sie dennoch, wie die Leser der Gruppe meiner mathe-
matisch naturwissenschaftlichen Schriften wissen, schon einmal den
Humor regegemacht. Die Akademie der alten Mönchestadt hatte
nämlich einen Dr. G. Berthold mit der Abfassung einer Geschichte
der Physik beauftragt und dieser nichts Besseres zu thun gewusst, ate
sich unbekannterweise an mich zu wenden, um dazu Disposition und
Materialien von mir zu bekommen, die ich selbstverständlich nicht
verabfolgt habe. So ist der Münchener Akademie das Schicksal erspart
worden, auf jene Weise vom Vater zu zehren; indessen der Sohn ist,,
wie erwähnt, nicht ganz heil davongekommen. Jedoch auch er hat
schon früh gezeigt, dass er sich nöthigenfalls gegen Anzehrungen zui
wehren wisse, und schon in sehr jugendlichem Alter ist ihm das
Schicksal des zu wenig abwehrbereiten Robert Mayer ein zur Warnung
leuchtendes Beispiel geworden. Auch bei Diesem hatten die Thatsachen,.
auf Grund deren er seine neue grosse Wahrheit entdeckte, mehrere
Jahrzehnte lang aller Welt zur Verfügung gestanden; aber erst als er
seine Auffindung 1842 veröffentlicht hatte, schoss in den nächsten
Jahren im Aus- und Inlande ein ganzes kleines Nachzüglercorpschen
von Nachentdeckem , Anmeldern und Ansprechen! auf. Im Fall
R. Mayers gesellte sich aber zu den Beraubungen noch ein besonderes
Gelehrten verbrechen, welches schlimmer war als das gegen Galilei
verübte und in meiner Schrift über R. Mayer (2 Theüe, 1879 u. 1895)
dem Publicum dargelegt worden ist. R. Mayer hat überdies noch das
besondere Schicksal gehabt, dass noch Jahrzehnte nach seinem Tode
die Wiederherausgabe seiner Schriften in versteckt gegnerische Hände
gespielt worden und er so in seinen eignen Büchern mit Entstellungen
— 277 —
und Verkleinerungen seiner Leistungen wie seiner Person umringelt
worden ist. Demgegenüber bleibt meine Arbeit über ihn das bis jetzt
einzige seiner würdige Denkmal und hat überdies die allgemeinere
Bedeutung, die tiefe moralische Verderbniss und intellectuelle Ver-
kommenheit der gewerbsmässigen Gelehrtenclasse sichtbarzumachen
und zu zeigen, wie diese Classe gegenwärtig eine ähnliche Rolle spielt,
wie vor ihr ausschliesslich die Priester. Es ist daher kein Wunder,
wenn der mit allen Mitteln betriebene und, wenn verübt, mit allen
Mitteln aufrechterhaltene '^Ehrendiebstahl oder auch Ehrenraub und
andere verwandte saubere Stückchen in der Gelehrtenclasse mehr
grassiren, als in der ungelehrten der gemeine Diebstahl und die sonstigen
Gaunerstreiche.
Ueberdies ist aber zum vollen Verständniss gelehrter Manierchen
neusten Schlages noch ein Wörtchen über solche Wendungen hinzu-
zufügen, vermöge deren die Wahrnehmung wissenschaftlicher Rechte
mehr oder minder geschädigt oder gar unmöglich gemacht wird. Un-
gefähr gleichzeitig mit den englischen Wieder- und Fehlgeburten des
Siedecorrespondenzgesetzes (1885) wurde dieses von sogenanaten Lands-
genossen, namentlich einem Herrn Kahlbaum, späteren Baseler Physik-
professor, mit einem ganzen Bazar richtiger Ramschexperimente zu
verschütten und zu verstecken versucht. Besagter imglücklicher Ex-
perimenter glaubte sich nun 1894 in den Berichten der Berliner
chemischen Gesellschaft mit dem Schein eines Angriffs auf das Gesetz
gefällig hervorthun zu sollen. Eine Erwiderung seitens meines Sohnes
wurde nur nach vorgängiger äusserster Beschneidung aufgenommen,
war aber trotzdem wirklich Sachkundigen gegenüber einschneidend
genug, ja vernichtend für das gegnerische intellectueUe Deficit, das mit
seinem eignen Experimentiristoflf nicht einmal zu rechnen, nämlich
nicht einmal das Abc der Theorie der Beobachtungsfehler zu beobachten
vermocht hatte. Nur für die Augen und die blosse Eindrucksauffassung
des meist nichtspecialistischen Lesepublicums des fraglichen Organs
war noch eine pro fessorale "Scheinantwort möglich, die ihre Schwäche
durch anmaassUche Redensarten zu stärken suchte, Angesichts der
bereits erprobten Sicherheit, dass innerhalb dieser ehrenfesten Zeit-
schriftsarena dem Gegner nicht im Mindesten gleicher Wind und gleiche
Sonne, ja nicht einmal gleicher Raum und gleiche Waffen verstattet
würden. Letzteres stand ja schon durch jene Castration des ersten
Abwehrartikels fest, bestätigte sich aber nun noch glänzender, indem
eine Replik von einer mit dem Angriff contrastirend ruhigen Haltung
und von geringerer Seitenzahl als jener trotz Alledem nicht mehr auf-
genommen wurde (vgl. Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft,
Jahrgang 1894 S. 3028 und 1895 S. 366).
BL 51 .0791897 (
Der Erutz der RsH()k>n durch
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