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Full text of "Der Frosch; zugleich eine Einf in das praktische Studium des Wirbeltier-Krs"

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FOR THE PEOPLE 
FOR EDVCATION 
FOR SCIENCE 


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LIBRARY 


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THE AMERICAN MUSEUM 
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NATURAL HISTORY 


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Monographien einheimischer Tiere 
Herausgegeben von 

Prof. Dr. H. E. Ziegler, Jena und Prof. Dr. R. Woltereck, Leipzig 

——— Band I. 


DER FROSCH 


Zugleich eine Einführung in das praktische 
Studium des Wirbeltier-Körpers 


Von 


Dr. Friedrich Hempelmann 


Mit einer farbigen Tafel und neunzig Abbildungen im Text 


Leipzig 1908 »- Verlag von 
Dr. Werner Klinkhardt 


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MEINEM VATER 


Der Verfasser. 


Vorwort des Herausgebers. 


Das erste Bändehen der „Monographien Einheimischer Tiere“ hat seine 
Entstehung im Anschluß an eine seit Jahren bewährte Einrichtung des Leip- 
ziger Zoologischen Instituts gefunden. Unsere Studenten erhalten ihre erste 
zoologische Ausbildung regelmäßig dadurch, daß mehrere Wochen hindurch 
ausschließlich der Frosch präpariert und über ihn: vorgetragen wird. Erst 
wenn seine sämtlichen Organsysteme einzeln durchpräpariert sind, werden 
die Studierenden mit den anderen Wirbeltiertypen und später mit den Wirbel- 
losen bekannt gemacht. 

Diese ausführliche — praktische und theoretische — Behandlung eines, 
verhältnismäßig leicht verständlichen und zugänglichen Organismus hat den 
großen Wert, daß die Studenten zunächst einmal ein Tier wirklich kennen 
und verstehen lernen, alle seine Organe sehen und über ihre Funktion und 
Entwicklung sich das Notwendige einprägen. Sie stehen dann der später 
auf sie eindringenden Fülle zoologischer Erscheinungen viel besser gerüstet 
gegenüber als sonst wohl Anfänger, deren Interesse sich bei flüchtiger Be- 
handlung vieler Objekte so leicht zersplittert und verflacht. 

Ein ähnlicher Gedankengang hat der vorliegenden Arbeit Dr. Hempel- 
mann's ihr besonderes Gepräge gegeben: es sollte an einem relativ ein- 
fach organisierten und dabei ebenso leicht erreichbaren wie präparierbaren 
Tier — wie „der Frosch“ es unstreitig ist — eine Einführung in das 
Studium, insbesondere auch in das praktische Studium der Wirbel- 
tiere geboten werden. Und zwar gilt diese für jeden, auch Unvorbereiteten, 
der die Organisation des Wirbeltierkörpers*) allseitig, und womöglich mit 
eigenen Augen, kennen lernen will. 


Anm.: Um jeden Leser in den Stand zu setzen, weiterhin auch die größeren 
anatomischen usw. Werke über Vertebraten zu lesen, wurden die Fachausdrücke 


nicht popularisierend umgangen, sondern durchweg in ihrer Bedeutung und Ab- 
leitung kurz erklärt. 


en Le 


So ist diese „Frosch“-Monographie gleichzeitig auch eine Einleitung 
in die weiteren, in Vorbereitung befindlichen Wirbeltiermonographien 
unserer Sammlung; dementsprechend mußten manche Abschnitte auf 
etwas breiterer Basis angelegt werden, als eine speziell dem Frosch gewid- 
mete Arbeit es an sich erfordert hätte. 

Abgesehen von dieser Aufgabe der Einführung waren dem Verfasser 
noch zwei weitere Aufgaben gestellt. 

Zunächst sollte das Buch dem Frosch als einem Hauptobjekt des 
biologisch-kausalen Experiments einigermaßen gerecht werden. Der 
Frosch ist ja nicht nur von altersher das bevorzugte „Haustier der Physio- 
logen“, er wird auch im besondern als günstigstes Experimentierobjekt für 
biologisch-kausale Fragen benutzt, sei es, daß es sich um die allgemeinen 
Grundfragen der Entwicklungslehre, oder um Regeneration und Transplan- 
tation, oder etwa um Geschlechtsbestimmung handle. So mußte der Ver- 
fasser auch hier über die Grenzen eines bloßen Froschbuchs hinausgehen 
und versuchen, auch in solchen Fragen den Leser kurz zu orientieren. 

Darüber durfte aber natürlich die dritte und Hauptaufgabe nicht ver- 
nachlässigt werden: die spezielle Naturgeschichte der deutschen 
Froschlurche in den Grundzügen dem Leser vor Augen zu führen. 

Bei dieser dreifachen Aufgabe kam dem Verfasser zu statten, daß sein 
Objekt sicherlich zu den in jeder Beziehung bestgekannten Tieren gehört. 
Er wünscht, hervorgehoben zu sehen, daß ihm von den unten zitierten 
Werken vor allem das bekannte große Werk von Gaupp, sowie die Arbeiten 
von Morgan und Dürigen als Grundlagen für die vorliegende Darstellung 
unentbehrlich waren. 


Leipzig-Gautzsch, 1. Mai 1908. 


Der Herausgeber: 


Prof. R. Woltereck. 


Einleitung 
A. Morphologie. 


u. 


L 
2. 


6. 


7. 


I. Anatomie und Histologie. 


Die Haut 

Das Skelett 

a) die Wirbelsäule. . . 

b) der Schultergürtel und 
die Brustbeinbildungen 

c) der Beckengürtel 

d) dasExtremitätenskelett 

e) der Schädel 


. Die Muskulatur . 
. Das Nervensystem . 


a) das ventrale Nerven- 
system . . 

b) das periphere Nerven- 
Sy stem . 

c) das sy mpathische Ner- 
vensytem . ER 

d) die Sinnesorgane 


. Das Zirkulationssystem . 


a) das Herz . 

b) die Blutgefäße > 

c) das Lymphgefäßsystem 
d) Blut und Lymphe . 
Die Ernährungsorgane 
Das Urogenitalsystem . 


Ontogenie. 


sum, 


{or} 


. Samenbildung. 

. Eibildung 

. Die Befruchtung . 
. Die Furchung.. 


Die Gastrulation und I Bil- 
dung der Keimblätter . 


. Außere Veränderungen am 


Keim bis zum Ausschlüpfen 


. Organe des äußeren Keim- 


blattes 


. Organe des inneren Keim- 


blattes 


. Organe des mittleren Keim- 


10. 


blattes 

Die fernere Entwicklung 
der Froschlarve und die 
Metamorphose 


Anhang:Die ba pt 


Parasiten des Frosches - 
| B. Physiologie. 


I. Die Substanzen des Or- 
ganismus. . 
Der Stoffwechsel 


II. 


II. 


1: 
2, 


3. 


4. 
Die Leistungen des Or- 


» WW 


Die Atmung 

Die Nahrungsaufnahme : 
Die Verarbeitung der Stoffe 
Die Abgabe der Stoffe . 


ganismus. 


. Verschiedene Leistungen . 
. Die Muskeltätigkeit . 

. Die Nerventätigkeit . 

. Die Tätigkeit der Sinnes- 


organe 
Pech 


IV. DiePhysiologiederEnt- 


wicklung. 


C. Biologie 


D. Systematik 


E. Die geograph. Torbvellung 
unserer Frösche . : 


F. Paläontologie und Phylogenie 


Seite 

99 
103 
105 


109 


112 


116 
118 
118 
121 
125 
127 


130 
135 
139 


146 
149 


151 
165 
177 


190 
193 


Einleitung. 


Es gibt eine ganze Anzahl von Gesichtspunkten, unter denen wir als 
Zoologen ein Tier wie den Frosch zum Gegenstand unserer Untersuchung 
machen können. Die einfachste Betrachtungsweise begnügt sich damit, eine 
Beschreibung der Formen, Farben, Größe und alles anderen, was äußerlich 
an ihm erkannt werden kann, zu geben. Als solche Formenlehre, die im 
wesentlichen die Tierkunde ausmacht, wird sie Morphologie (7 woeypij — 
Form, Gestalt) im engeren Sinne genannt. Dringen wir dagegen tiefer in 
den Bau eines Organismus ein, indem wir etwa ihn öffnen und auch seine 
inneren Teile, seine Organe, auf ihre Form hin untersuchen, so fällt unsere 
Tätigkeit unter das Teilgebiet der Zoologie, welches man Anatomie (dve- 
r£uvo — ich schneide auf) oder Zootomie nennt. Wir können auch mit 
Hilfe des Mikroskops die Organe des Tieres auf ihre Zusammensetzung aus 
Zellgeweben und einzelnen Zellen prüfen. Damit sind wir von der makro- 
skopischen zur mikroskopischen Anatomie oder Histologie (6 iorös —= Ge- 
webe) gelangt. 

Bis jetzt hatten wir angenommen, daß wir immer nur ein fertiges aus- 
gewachsenes Tier, z. B. einen Frosch auf seinen gröberen und feineren Bau 
ansahen. Nun können wir aber auch sein allmähliches Werden aus dem 
Ei bis zur definitiven Größe ins Auge fassen. Dieses Entstehen eines Tieres, 
seine Ontogenesis (rd wv, övros — das Seiende, N yEveoıs — die Er- 
zeugung, das Entstehen) behandelt die Ontogenie oder Entwicklungsgeschichte. 
Da auch sie im wesentlichen nur Größe, Bau und Form der einzelnen Teile 
des sich entwickelnden Tieres zu verschiedenen Zeiten beobachtet, so wird 
sie zusammen mit Anatomie und Histologie unter dem Begriff der Morpho- 
logie im weiteren Sinne vereinigt. 

Wieder in ein anderes Gebiet der Zoologie treten wir ein, wenn wir 
die Lebenserscheinungen unseres Frosches, die Funktionen seiner Organe, 
den Mechanismus seiner Entwicklung zu verstehen suchen. Die wegen ihrer 
Wichtigkeit zu einer besonderen Wissenschaft entwickelte Physiologie 
(% yüoıs — die Natur, das Leben) ist es, der wir dann folgen. Eng ver- 
bunden mit der Physiologie ist die erst in neuester Zeit von wissenschaft- 
licher Seite mehr beachtete Tierpsychologie (7 ug — die Seele), die sich 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 1 


er 


mit den seelischen Vorgängen der Tiere beschäftigt. Die psychischen Äuße- 
rungen in der Lebenstätigkeit des Frosches führen uns weiter dazu, ihn in 
seinem Verhalten in der Natur zu studieren und die Existenzbedingungen, 
unter denen er lebt, kennen zu lernen. Wir haben es dann mit der Bio- 
logie (6 ßios — das Leben) im engeren Sinne [Zoologie und Botanik sowie 
Bakteriologie zusammengenommen bilden die Wissenschaft der Biologie oder 
Lehre von dem Leben im weiteren Sinne] oder der Ökologie (6 oix0os — 
die Wohnung) zu tun. Ein besonderer Zweig dieser Disziplin ist die Tier- 
geographie, die sich mit der Verbreitung der Tiere auf der Erde befaßt. 

Wir kommen nun dazu, die Stellung unseres Frosches zu seinen tie- 
rischen Verwandten zu prüfen. Das tun wir mittels der Systematik, welche 
die Tiere nach der größeren oder geringeren Ähnlichkeit im Bau und der 
Entwicklung in eine übersichtliche Ordnung bringt, ihnen feste Namen gibt 
und es ermöglicht, sie nach wenigen Merkmalen sicher zu bestimmen. An- 
dererseits suchen wir uns mit Hilfe der Palaeontologie (naAaıös — alt, was 
früher war), speziell der Paläozoologie über die Vorfahren eines Tieres zu 
orientieren; wir verfolgen dabei seine Phylogenie (% YvA7 — der Stamm) 
oder Stammesgeschichte. 

Im folgenden sind die bei uns in deutschen Landen einheimischen 
Frösche nach den eben erläuterten Gesichtspunkten behandelt. Es ist dabei 
ungefähr die gleiche Reihenfolge beobachtet worden, indem wir uns zuerst 
mit der Morphologie, dann mit der Physiologie und "Ökologie befassen. Aus 
Gründen der Zweckmäßigkeit wurden die Systematik, geographische Ver- 
breitung, Paläontologie und Phylogenie an den Schluß gestellt, obgleich es 
natürlich nicht zu vermeiden war, daß in den früheren Abschnitten schon 
auf die einzelnen Vertreter unserer Tiergattung Rücksicht genommen werden 
mußte. Es konnte dies aber um so eher geschehen, als ja die Zahl unserer 
Froscharten eine sehr kleine ist, und derjenige, der sich über sie orientieren 
möchte, dies jederzeit in dem systematischen Abschnitt tun kann. Makro- 
skopische und mikroskopische Anatomie wurden nicht getrennt, sondern 
gleich im Zusammenhang bei der Besprechung der einzelnen Organe er- 
örtert, doch so, daß immer erst die Zootomie, dann die Histologie zu Worte 
kommt. Anhangsweise wurde dem Abschnitt: „Morphologie“ ein kurzes 
Verzeichnis der häufigsten Parasiten des Frosches beigegeben. 


A. Morphologie. 
I. Anatomie und Histologie. 


Der Frosch hat eine gedrungene Gestalt. Körperregionen, wie wir sie 
bei höheren Wirbeltieren finden, sind nur teilweise gegeneinander abgesetzt. 
Auf der Oberseite läßt sich eine vordere Partie, die etwa einer Brust- und 
Lendenregion entspricht, von einer hinteren Becken- oder Sakralregion 
unterscheiden, welch letztere einen je nach der Haltung des Tieres größeren 


ART Dee 


oder kleineren Winkel mit der vorhergehenden bildet, dergestalt, daß sie 
schräg nach hinten abfällt, während der vordere Teil des Rückens mehr 
horizontal verläuft. Wie wir später sehen werden, hat diese Knickung des 
Rückens, die beim Laubfrosch nicht so auffällig ist wie bei unseren anderen 
Froscharten, ihren Grund in der Anordnung des knöchernen Skeletts. Die 
Bauchseite stellt im Gegensatz zum Rücken eine einheitliche vorgewölbte 
Fläche dar. Ein Schwanz fehlt den erwachsenen Tieren gänzlich. Der 
plumpe Rumpf geht vorn durch Vermittelung einer äußerst kurzen Hals- 
region in den breiten Kopf über. 

Am Kopf fallen die großen vorspringenden Augen auf, die durch ein 
oberes unbewegliches Lid und eine von unten her darübergleitende Niekhaut 
geschützt werden können. Sie zeichnen sich durch eine metallisch glän- 
zende Regenbogenhaut und einen großen, tief schwarz erscheinenden Pu- 
pillenspalt aus, der etwa die Form einer mit der großen Achse horizontal 
liegenden Ellipse hat. 

Hinter dem Auge treffen wir etwas mehr seitlich stets eine kreisrunde 
Stelle, an welcher die Haut straff über die darunter liegenden Teile des 
Schädels gespannt ist; das ist das Trommelfell, welches die Ohrhöhle nach 
außen abschließt. 

Gegen den vorderen Rand des Kopfes zu liegen nicht allzuweit von- 
einander entfernt die beiden äußeren Nasenlöcher. Die Mundspalte ist sehr 
breit und reicht auf jeder Seite noch ein Stück weit hinter das Auge. 

Am hinteren Ende des Rumpfes liegt ziemlich dorsal die Öffnung der 
Kloake, in welche Darm, Harnblase, Exkretions- und Geschlechtsorgane ge- 
meinsam einmünden. 

Die beiden Extremitätenpaare sind einander sehr unähnlich. Die Arme 
sind kurz und ()förmig gebogen, die Hinterfüße dagegen stellen lange 
Sprungbeine dar, welche es dem Frosch ermöglichen, im Verhältnis zu seiner 
Körpergröße gewaltige Sätze zu vollführen. Vorn sind vier, hinten fünf 
Zehen entwickelt, zu welch letzteren sich vor der inneren Zehe noch ein 
je nach der Art verschieden stark ausgebildeter Mittelfuß- oder Fersenhöcker 
gesellt. Zwischen den langen schlanken Zehen der Hinterfüße sind Schwimm- 
häute ausgespannt; die Finger der vorderen Extremitäten sind frei, nur ganz 
schmale Hautsäume verbinden sie. Beim Laubfrosch trägt jedes Finger- 
und Zehenende eine Haftscheibe. Auf der Innenseite der Hand und des 
Fußes befinden sich in verschiedener Anordnung bei den einzelnen Arten 
kleine Erhöhungen, die Gelenkballen. 

Die nackte Haut sitzt locker um den Körper des Frosches, so daß 
man sie ziemlich frei bewegen kann; nur im Verlaufe später genauer zu 
beschreibender Linien ist sie mit der darunterliegenden eigentlichen Körper- 
wand verwachsen. Die feuchte, schleimige Beschaffenheit kommt von Drüsen, 
die überall in der Haut verteilt sind. Besonders auf dem Rücken finden 
sich Reihen von warzigen Erhebungen, die beiden Seitenwülste, die von den 
Augen nach hinten bis zur Basis der Oberschenkel verstreichen, in denen 
zahlreiche Drüsen angehäuft sind. 


we 


Die Färbung der Haut ist je nach der Art eine verschiedene. Im all- 
gemeinen sind der Bauch und die Kehle heller als die übrigen Hautpartien. 
Es herrschen grüne, braune und gelbe Töne vor, zu denen sich stellenweise 
rein schwarze Flecke gesellen können. 

Die Geschlechter unterscheiden sich äußerlich teilweise in der Färbung 
und Größe, vor allem aber durch das Vorhandensein sogenannter Daumen- 
schwielen an den vorderen Extremitäten der Männchen. Diese Daumen- 
schwielen, welche in Gestalt von ein- oder mehrteiligen verdickten Polstern 
auf der der Körpermitte zugekehrten Seite der Hände liegen, treten beson- 
ders zur Zeit der Brunst deutlich hervor und pflegen dann dunkel gefärbt 
zu sein. Ein weiteres Kennzeichen der männlichen Frösche sind die Schall- 
blasen, die allerdings nur bei unserem Wasserfrosch äußerlich sichtbar 
werden können. Sie stellen Säcke dar, die jederseits unter dem hinteren 
Rand der Mundspalte nach außen bis zu Kirschgröße aufgebläht werden 
können, und dienen als Resonatoren, um den Schall der Stimme zu ver- 
stärken. Beim Laubfroschmännchen findet sich ein unpaarer Kehlsack, der 
dem gleichen Zwecke dient. 

Auch die Weibchen einiger Arten, die im Durchschnitt etwas größer 
zu sein pflegen als die Männchen, zeigen in der Brunstzeit ein nur ihnen 
zukommendes Merkmal; das sind die Brunstwarzen, die auf dem Rücken, be- 
sonders in dessen hinterem Abschnitt, sowie lateral unter den Seitenwülsten 
auftreten und sich über die Ober- und Unterschenkel bis auf die Füße 
hinziehen. 

Öffnen wir endlich noch das Maul eines Frosches, so sehen wir den 
Rand des Oberkiefers mit einer Menge kleiner Zähnchen: besetzt und ebenso 
auf dem Gaumen zwei getrennte Haufen von spitzen Zähnen. Auf dem 
Boden des Maules liegt die muskulöse, hinten in zwei Zipfel auslaufende 
Zunge, welche merkwürdigerweise vorn angeheftet ist, so daß sie aus dem 
Munde herausgeschlagen werden kann. 


Technische Bemerkung. Um ein Totopräparat von einem Frosch an- 
zufertigen, genügt es, das in einem Glase durch ein paar Tropfen Ather oder 
Chloroform getötete Tier in 80°/,igen Alkohol oder 3°/,iges Formol zu bringen. 
Letzteres erhält die natürlichen Farben des Tieres besser. 


1. Die Haut. 


Die Einzelheiten, welche wir makroskopisch an der Haut, dem Integu- 
ment des Frosches, sehen können, sind schon kurz im vorhergehenden Teil 
zusammengefaßt worden. Es erübrigt noch zu sagen, daß die Haut bei den 
einzelnen Arten und an den verschiedenen Stellen des Körpers nicht gleich 
fest und dick ist. Namentlich auf der Oberseite ist sie mit vorspringenden 
Papillen und den erwähnten Seitenwülsten versehen und hier sowie auf der 
Innenseite der Finger und Zehen stärker als auf der glatten Bauchseite. 

Wir gehen jetzt gleich zur histologischen Struktur des Integuments 
über. Schon bei schwacher Vergrößerung sehen wir an einem Querschnitt 


Be a 


durch die Haut, daß diese aus mehreren Schichten zusammengesetzt ist, die 
von außen nach innen aufeinander folgen als Epidermis oder Oberhaut, 
Corium (Cutis) oder Lederhaut mit den bereits erwähnten Drüsen, und 
Tela subeutanea oder Unterhautgewebe. Die Oberhaut ist entstanden aus 
dem Ektoderm, die beiden anderen aus dem Mesoderm, zwei Begriffe, deren 
Bedeutung wir später bei der Besprechung der Entwicklung des Frosches 
näher kennen lernen werden. 

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich die Oberhaut nochmals zerleg- 
bar in ein Stratum germinativum — Keimschicht, auch Stratum muco- 
sum — Schleimschicht genannt, und ein dünnes darüberliegendes Stratum 
corneum = Hornschicht. Die Keimschicht setzt sich zusammen aus 
mehreren Lagen von Zellen, die in der Aufsicht polyedrisch aneinander ab- 
geplattet erscheinen, und deren unterste zylindrisch geformt sind, während 
die der höheren Schichten allmählich immer flacher werden. Jene Zylinder- 
zellen tragen an ihrer Basis zahnartige Fortsätze, welche in die darunter- 
liegende Lederhaut eingreifen. Auch die andern Zellen, deren Schichten 
übrigens nicht regelmäßig voneinander abgeteilt sind, sondern dadurch, daß 
ihre Elemente hier und da ein ganzes Stück weit vorspringen, etwas un- 
deutlich werden, haben keine glatten Wände, sondern zeigen zahlreiche 
feine Fortsätze, welche die zwischen den einzelnen Zellen liegenden kleinen 
Hohlräume überbrücken, so daß sie als „Stachelzellen“ erscheinen. Alle 
Zellen der Keimschicht sind mit einem Kern versehen, und die der unter- 
sten Lagen enthalten oft Mitosen (= Kernteilungsfiguren), was auf eine 
fortwährende Erneuerung des Epithels, so nennt man eine flächenhafte An- 
ordnung gleichartiger Zellen, zu deuten scheint, da sich der Kern in einer 
Zelle gewöhnlich nur teilt, wenn eine neue Zelle gebildet werden soll. In 
einzelnen von ihnen befindet sich braunes oder schwarzes Pigment in Ge- 
stalt von feinen Körnern. Auch sogenannte Chromatophoren (— Farbstoff- 
träger) kommen in der Epidermis vor, das sind braune Zellen mit rund- 
lichem Plasmaleib und langen verästelten Fortsätzen. Ob sie und jenes 
Pigment in mancher der andern Zellen aber in der Oberhaut, also im Ekto- 
derm gebildet werden, ist zweifelhaft; sie könnten auch aus der unter der 
Epidermis liegenden Hautschicht in jene eingewandert sein. Schließlich finden 
wir in dem Stratum mucosum noch „Sternzellen“, so benannt nach ihrer 
Gestalt, die von einigen Autoren auch als bewegliche „Wanderzellen“ ange- 
sehen werden, deren Bedeutung aber unklar ist, — und „Flaschenzellen“ 
mit diekem Körper und schmalem Hals, die zwischen den Zellen der ober- 
sten Keimhautschicht liegen, doch so, daß sie nicht in das darüberziehende 
Stratum corneum reichen. Von ihnen ist nicht gewiß, ob sie Drüsen vor- 
stellen, oder ob sie zur festen Verbindung der Hornschicht mit der Schleim- 
schicht dienen. 

Die Hornschicht besteht nur aus einer einzigen Lage von flachen, 
polyedrisch aneinander abgeplatteten Zellen, welche im Gegensatz zu den 
Stachelzellen der Schleimschicht glatte Ränder aufweisen. Alle besitzen 
einen Kern, — einzelne von ihnen können auch braune Pigmentkörner ent- 


ae 


halten, — und sind durch Umwandlung ihres Plasmas in eine feste Sub- 
stanz von bestimmter chemischer Konstitution verhornt. Über ihre Außen- 
wände verläuft ein feiner ebenfalls erhärteter Saum, die Cuticula, welche 
somit als äußerste Grenze der Haut in Berührung mit der Außenwelt tritt. 
Bei den periodischen Häutungen, die wir an unsern Fröschen beobachten 
können, wird dieses Stratum corneum abgeworfen, und es tritt an seine 
Stelle die nächstfolgende Schicht, also die oberste Zellage der Keimhaut, die 
sogenannte „Ersatzschicht“, deren Zellen schon vorher mit dem Verhornungs- 
prozeß begonnen haben. 

In der Lederhaut unterscheiden wir ebenfalls zwei Schichten, das 
obere Stratum spongiosum (— schwammig) und darunter das Stratum 
compactum (= dichtgefügt), ersteres seinem Namen entsprechend aus 
einem lockeren feinfaserigen Bindegewebe bestehend, letzteres gebildet durch 
der Hautoberfläche parallele Bindegewebslamellen. Das Stratum spongio- 
sum schließt sich mit seiner obersten Lage, der Grenzlamelle, fest an die 
basalen Zylinderzellen der Epidermis an, zwischen deren Zähnchen es feine 


Fig. 1. 


#2 — — Hornschicht 


02 


E Keimschicht 
9 


. . f PaLs7S 
Epidermis 727557 
a a BSR Me ) »° ____ elastische Fasern 

| Im 32. Drüse 


Corium 


ke. compact -) U 


Tela subeutanea— | 


Querschnitt durch die Bauchhaut des Wasserfrosches. 
(n. Tonkoff aus Gaupp.) 


Fortsätze sendet. Unter der Grenzlamelle liegt eine Schicht von lockerem 
Bindegewebe, die namentlich von feinen Blutgefäßen durchzogen ist. Sie 
enthält zahlreiche Pigmentzellen, von denen zwei Arten häufig sind, ober- 
flächlicher gelegene gelbe oder graue Xantholeukophoren (£av$ös — gelb, 
)£vxös — weiß) und tiefer, nahe bei den Gefäßen gelegene Melanophoren 
(u£)ac, avos — dunkel), die ihren Namen von der Farbe des in ihnen 
enthaltenen Pigments haben. Von diesen Pigmentzellen wird noch ausführ- 
licher die Rede sein. Endlich folgt eine Schicht des Stratum spongiosum, 
auch aus lockerem Bindegewebe bestehend, mit stern- und spindelförmigen 
unbeweglichen und amöboiden (nach der fließenden Bewegungsart der Amö- 
ben, einfachster einzelliger Tiere) Zellen neben nicht zu zahlreichen Chro- 
matophoren. Bemerkenswert sind die großen Drüsen, die in dieser Schicht 
auftreten. 

Die Hautdrüsen gehören alle dem gleichen Typus an; es sind ein- 
fache alveoläre Gebilde, deren kugelige Körper eben in jenem Teile des 
Stratum spongiosum liegen, während ihre Ausführungsgänge die Oberhaut 


ER ee 


durchsetzen. Sie werden nach Bau, Größe und Funktion in zwei Gruppen 
geteilt, in klemere Schleimdrüsen und größere Gift- oder Körner- 
drüsen. Der zylindrische Ausführungsgang, der bei den Schleimdrüsen oft 
noch ein Stück weit in das Corium hineinragt, wird begrenzt von einer 
doppelten Zellschicht und mündet nach außen durch einen dreistrahligen 
‚förmigen Spalt. Die Wand jedes Drüsenkörpers ist dreischichtig, sie be- 
steht nämlich aus einem Epithel von sezegnierenden (= ausscheidenden) 
Zellen, einer Lage von Muskelzellen und einer Haut von Bindegewebe, dem 
Faserblatt. Die Schleimdrüsen scheiden, wie ihr Name sagt, einen flüssigen 
Schleim aus, der wohl dazu dient, die Haut feucht zu erhalten, indem er 
sie vor Verdunstung schützt; dagegen sondern die Körnerdrüsen eine mil- 
chige Flüssigkeit ab, die zahlreiche lichtbrechende Körnchen enthält, und 
wegen ihrer tödlichen Wirkung auf andere Tiere, wenn sie denselben unter 
die Haut gespritzt wird, jenen auch den Namen „Giftdrüsen“ verschafft hat. 

Das Stratum compactum ist von dem Stratum spongiosum scharf 
getrennt durch seine oberste Schicht, die „Siebschicht“, die ihrerseits all- 
mählich in die leicht gewellten parallelen Faserzüge der Hauptmasse des 
Stratum compactum übergeht. Diese Siebschicht kommt dadurch zustande, 
daß sogenannte „perforierende Bündel“ von Gefäßen, Nerven, glatten Muskel- 
fasern, Bindegewebe und elastischen Fasern, einer besondern Modifikation 
des Bindegewebes, senkrecht die ganze Hautschicht von dem Unterhaut- 
gewebe bis zur Oberhaut durchsetzen und dabei die oberste kernlose Lage 
des Stratum compactum siebartig durchbrechen. 

Das Unterhautgewebe verbindet die Lederhaut mit der aus Muskeln 
und Knochen bestehenden eigentlichen Körperwand. Das ist aber nur an 
wenigen Hautstellen der Fall; denn da die Haut, wie erwähnt, den Körper 
nur lose umhüllt und nur an wenigen Stellen, vor allem durch die in ge- 
wissen Linien verlaufenden Septa mit ihm verwachsen ist, so ist nur dort 
und an einzelnen kleinen Bezirken z. B. des Kopfes und der Extremitäten- 
enden das Unterhautgewebe einheitlich. In seinen übrigen, weitaus größten 
Teilen ist es durch eingelagerte große Räume, die später zu besprechenden 
„Lymphsäcke® in zwei Schichten gespalten, von denen die äußere unter 
dem Corium, die innere über den Muskeln und Knochen verstreicht. Er- 
stere besteht nur aus lockerem feinfaserigem Gewebe mit zahlreichen elasti- 
schen Fasern, Blutgefäßen und Nervenfasern, zwischen denen die stellen- 
weise sternförmigen Zellen mit grauem körnigem Inhalt eingelagert sind. 
Letztere ist ähnlich zusammengesetzt und hängt mit den Geweben zu- 
sammen, die zwischen den Muskeln des Körpers verlaufen. 

Es seien hier noch einige Modifikationen der Haut erwähnt, wie sie an 
besonderen Gegenden des Körpers vorkommen. Die Gelenkballen der 
Hände und Füße entstehen durch eine Verdickung des Coriums an den be- 
treffenden Stellen der Finger oder Zehen, deren Epidermis ohnehin schon 
ziemlich stark ist. In der aus Bindegewebe gebildeten Verdickung finden 
sich zahlreiche glatte Muskelfasern und elastische Fasern; die Drüsen sind 
tief gelagert und besitzen infolgedessen lange Ausführungsgänge. Die Epi- 


2 ee 


dermis der Daumenschwielen erscheint rauh durch zahlreiche vorsprin- 
gende kegelförmige Erhebungen, denen Papillen des Coriums entsprechen. 
Die Lederhaut ist hier besonders dick und enthält sehr zahlreiche große 
Drüsen, deren Ausführungsgänge zwischen den Epidermiskegeln münden. In 
den Schwimmhäuten legt sich die Haut der Oberseite des Fußes mit der 
der Unterseite zu einer einheitlichen Membran zusammen, indem die Unter- 
hautgewebe beider Hautlagen, miteinander verwachsen zu einer Schicht, 
welehe also die Mitte der Schwimmhaut ausmacht. Die Drüsen sind hier 
weniger zahlreich und schwächer ausgebildet. 

Es erübrigt noch, die bereits erwähnten Pigmentzellen und im Zu- 
sammenhang mit ihnen die Anatomie der Färbung der Haut überhaupt zu 
besprechen. Gaupp gibt eine treffliche Darstellung davon, der wir hier 
folgen wollen. Wir haben viererlei farbenbedingende Stoffe zu unterscheiden: 


Fig. 2. Fig. 3. 


Melanophoren 


Xantho- 
leukophoren 


Ein Stück der Unterscheukelhaut des Laubfrosches Eine Melanophore mit teil- 
(n. Biedermann aus Gaupp)) Die dunkleren Stellen weise pigmentfreien Aus- 

(gekreuzte Liniensysteme) bedeuten das zusammen- läufern vom Laubfrosch 
geballte gelbe Pigment in den Xantholeukophoren. (n. Biedermann aus Gaupp.) 


einen braunen oder schwarzen (Melanin), einen goldgelben, zu den 
Lipochromen (Ain« —fett) oder Fettfarbstoffen gehörig, graue oder weiß- 
liche Körner aus Guanin, die „Interferenzkörnchen“, welche im auffallenden 
Lichte durch ihre Struktur weiß, oft auch farbig, namentlich blau glitzern, 
und einen roten bei braunen Fröschen, wahrscheinlich auch ein Fettfarb- 
stoff. Diese Pigmente kommen getrennt in den Chromatophoren vor, so daß 
wir danach diese einteilen in Melanophoren, Xanthophoren (bei den braunen 
Fröschen auch das rote Pigment enthaltend) und Leukophoren oder Inter- 
ferenzzellen. Häufig aber findet sich der gelbe Farbstoff gleichzeitig mit den 
Guaninkörnchen in einer Zelle, die dann einem Typus angehört, den man 
als Xantholeukophoren bezeichnet. 

Die Xantholeukophoren haben meist eine rundliche oder polyedrische 
Gestalt, besitzen einen Kern und bilden unter der Grenzlamelle des Coriums 


eng 


eine zusammenhängende Epithellage, die nur von den Ausführungsgängen der 
Hautdrüsen durchsetzt wird. Sie sind vollgefüllt mit Guaninkörnchen und 
Tröpfehen des goldgelben Farbstoffes, dessen Menge von dem Ernährungs- 
‚zustand des Tieres abhängt. 


Die Melanophoren sind sternförmig verästelt und enthalten einen 
Kern sowie das körmnige Melanin. Sie liegen hauptsächlich dicht unter- 
halb der Schicht der Xantholeukophoren, jedoch über den Drüsenkörpern, 
kommen aber auch in den tieferen Schichten, in den perforierenden Bündeln 
vor, stets in der Nähe der dort verstreichenden Blutgefäße. Ihre Verzwei- 
gungen ziehen sich bis in die Oberhaut hinein und umspinnen die Xantho- 
leukophoren, was besonders bemerkenswert ist. Wichtig ist auch, daß die 
Melanophoren mit dem Nervensystem in Verbindung stehen. Dies führt uns 
dazu, der Tatsache zu gedenken, daß unsere Frösche, namentlich der Laub- 
frosch, die Fähigkeit besitzen, ihre Hautfärbung zu verändern und mehr 
oder weniger der Farbe ihrer Umgebung anzupassen. 


Dieses Vermögen des Farbenwechsels hat seinen hauptsächlichsten 
Grund in dem Verhalten des Pigments in den Melanophoren. Während 
nämlich diese und ihre Ausläufer starr sind, ist die braune Körnermasse in 
den Zellen beweglich und zieht sich bald in den kompakten Zelleib zurück 
(Pigmentballung), bald wandert sie mehr oder weniger weit und dicht in die 
Ausläufer (Pigmentexpansion). Dies bedingt aber, daß die Haut in der Auf- 
sicht bald heller, bald dunkler erscheint, je nachdem die Xantholeukophoren 
mit ihren helleren Farbstoffen sichtbar oder von den pigmenterfüllten Aus- 
läufern der Melanophoren verdunkelt oder verdeckt sind. Die Wanderung 
des Pigments wird durch das Nervensystem reguliert, hängt aber auch von 
anderen Faktoren ab, indem sie z. B. durch einen die Zelle selbst treffenden 
Reiz hervorgerufen werden kann. Aber auch die Xantholeukophoren er- 
scheinen nicht immer gleichartig, vielmehr ist der gelbe Farbstoff in ihnen 
ebenfalls durch Vermittelung der Nerven bald ausgebreitet, bald zusammen- 
geballt, so daß er die Guaninkörnchen, die im ersteren Falle alle unter ihn 
in eine tiefere Schicht zu liegen kommen, entweder verdeckt oder sichtbar 
werden läßt. 


Zu den besprochenen Pigmentzellen kommen noch sternförmige 
Interferenzzellen, die besonders zahlreich in dem Unterhautgewebe auf- 
treten, wo sie blaugrau, gelbrot oder silbrig glänzen. 


Das Zusammenspielen aller dieser farbenbedingenden Elemente bringt 
nun erst die tatsächlich sichtbare Hautfarbe des Frosches zustande, 
und es scheint interessant, noch etwas näher auf die dabei zur Wirkung 
kommenden Faktoren einzugehen. Am genauesten wurden diese Verhältnisse 
am Laubfrosch und am Wasserfrosch studiert. — Die Epidermis ist durch- 
scheinend hell; ihr geringes Pigment kommt nur bei der Erzeugung dunkler, 
unveränderlicher Flecken und Binden zur Geltung. Die eigentliche Grund- 
farbe wird durch die Pigmentzellen des Coriums und die Interferenzzellen 
des Unterhautgewebes hervorgebracht, wie einzelne von jenen auch den 


ER 


Farbenwechsel verursachen. Gaupp erklärt die Entstehung der einzelnen 
Farben kurz folgendermaßen: 

Schwarze Flecken und Binden sind, wie oben gesagt, durch das 
Pigment der Epidermis bedingt, das durch starke Anhäufung von Melano- 
phoren in den darunterliegenden Partien des Coriums verstärkt wird. 

Weiße Hautstellen haben ihre Ursache in der Interferenz des Lichtes 
in den dort zahlreich vorhandenen Leukophoren des Coriums und des Unter- 
hautgewebes, während gleichzeitig Melanophoren fehlen. 

Gelbe, graue und grüne Farbtöne entstehen durch das vorher 
geschilderte Zusammenspiel der Xantholeukophoren und Melanophoren, durch 
die möglichen Kombinationen von deren Pigment. Befinden sich nämlich 
die Melanophoren im Zustand der Pigmentballung, so entsteht gelb, wenn 
das Lipochrom ausgebreitet ist. Hat sich dagegen letzteres zusammen- 
gezogen, so daß die Guaninkörnchen, welche in denselben Xantholeukophoren 
liegen, frei werden, so erscheint durch deren Interferenz Grau, indem beide 
Male der zusammengeballte schwarze Pigmentstoff nicht zur Wirkung kommt, 
da er nun nur in geringen Portionen auftritt, die im Verhältnis zu. ihrer 
Ausdehnung in sehr großen Abständen voneinander liegen. (Fig. 2.) 

Am schwierigsten ist das Grün zu erklären. Da man aber das Ver- 
halten der Pigmentzellen hierbei genau kennt, so handelt es sich nur um 
die Deutung der optischen Vorgänge. Der gelbe Farbstoff in den Xantho- 
leukophoren ist wie im Falle des Gelb-Erscheinens der Haut über den 
Guaninkörnern ausgebreitet; das Pigment der Melanophoren aber ist zum 
Teil in die Ausläufer der Zellen gewandert. Da diese Fortsätze der Melano- 
phoren die Xantholeukophoren umgeben, so scheinen sie im auffallenden 
Lichte blau glitzernd, wahrscheinlich durch Interferenz des Lichtes an den 
bestimmt gelagerten Guaninkörnchen, oder nach einer andern Auffassung 
dadurch, daß diese die roten Strahlen absorbieren und nur die blauen re- 
flektieren. Zusammen mit dem gelben Lipochrom erscheint dieses Blau 
dann auf dem dunklen Hintergrund als Grün, dessen Helligkeit durch die 
Menge und Dichte des in die Ausläufer der Melanophoren gewanderten 
Pigments derselben bestimmt wird. Auf jeden Fall ist also sicher, daß 
das Grün durch Mischung von Gelb und Blau hervorgerufen wird, wobei 
das Gelb seinen Ursprung einem Pigment verdankt, das Blau jedoch als 
sogenannte Strukturfarbe auftritt. 

Schwärzlich und Schwarz entstehen einfach dadurch, daß das 
Pigment der Melanophoren mehr oder weniger über die Xantholeukophoren 
wandert und diese schließlich ganz verdeckt, so daß die normalerweise 
unter diesen liegende dunkle Schicht jetzt über ihnen liegt. 

Bei brünstigen Männchen des Moorfrosches ist oft eine bläuliche 
Färbung, der „blaue Reif“ zu bemerken, dessen Blau wohl auf ähnliche 
Weise erzeugt wird, wie bei dem vorher erörterten Grün, nur daß hier der 
gelbe Farbstoff in den Xantholeukophoren zusammengeballt sein muß. 


‚Technische Bemerkung. Ohne Anwendung einer komplizierten mikro- 
skopischen Technik lassen sich die geschilderten histologischen Feinheiten der 


a 


Froschhaut nicht zur Anschauung bringen. Wohl aber kann man schon bei 
mittlerer Vergrößerung einige der die Haut zusammensetzenden Elemente er- 
kennen, so vor allem die Chromatophoren, deren Spiel sich in den dünnen durch- 
sichtigen Schwimmhäuten sogar am lebenden Frosch beobachten läßt, wenn man 
ihn in geeigneter Weise festlegt. Für das genauere Studium der Haut muß die- 
selbe entsprechend konserviert, mit dem Mikrotom in feinste Schnitte zerlegt und 
nach verschiedenen Methoden gefärbt werden, wie es allgemein bei Lee und 
Mayer, speziell in einzelnen der bei Gaupp angeführten Arbeiten über die Haut 
angegeben ist. 


2. Das Skelett. 


An dem im Innern des Frosches gelegenen Skelett, welches dem 
Rumpf und den Gliedmaßen festen Halt gibt und besonders wichtige Teile, 
wie das Zentralnervensystem und die Hauptsinnesorgane schützt, unter- 
scheiden wir: die Wirbelsäule, den Schultergürtel mit den Brustbeinbildungen, 
den Beckengürtel, das Extremitätenskelett und den Schädel. Das Material, 
welches das Skelett aufbaut, ist echter Knochen, hyaliner Knorpel und Kalk- 
knorpel (Knorpelknochen), deren Unterschiede wir bei der histologischen 
Besprechung noch näher kennen lernen werden. 

a) Die Wirbelsäule. (Fig. 4 u. 7.) 

Die Wirbelsäule setzt sich zusammen aus neun Wirbeln und einem 
längeren stabförmigen Stück, dem Steißbein (Os coceygis). Der vorderste, 
der erste Wirbel trägt den Kopf und wird deshalb auch „Atlas“ genannt; 
der letzte, neunte steht mit dem Becken- 2 

x } . Fig. 4. 
gürtel in Zusammenhang und wird als a 
„sakralwirbel“ bezeichnet. Gelenk-\_ | Oberer 

Sehen wir uns nun die Wirbel im fett 
einzelnen an, so finden wir, daß man 
an jedem von ihnen ein massives ven- 
trales Stück, den „Wirbelkörper“ er- 
kennen kann. Ein solcher Wirbelkörper 
besteht in der Hauptsache aus echtem 
Knochen und ist auf seiner rostral 
(= kopfwärts) gelegenen Fläche mul- gner- 
denförmig ausgehöhlt, so daß dort eine fortsatz 
mit hyalinem Knorpel überzogene Gelenk- 
pfanne entsteht, in welche ein ent- 
sprechender Gelenkkopf des vorher- 
gehenden Wirbels paßt, der durch dessen vorspringende und ebenfalls 
überknorpelte kaudale (= nach dem Hinterende des Rumpfes gelegene) 
Fläche gebildete wir. Man nennt solche Wirbel, deren Körper vorn 
eine Pfanne, hinten einen Gelenkkopf trägt, procoel (= vorn ausgehöhlt). 
Eine Ausnahme machen der achte und der neunte Wirbel, indem der 
achte auch hinten eine Gelenkpfanne besitzt, in welcher ein entsprechen- 
der vorderer Gelenkkopf des neunten artikuliert. Die hintere Seite des 
neunten hat außerdem zwei vorspringende Gelenkflächen, an welche das 


Gelenk- 
fortsatz 


Wirbel des Frosches, oben von hinten, 
unten von der Dorsalseite gesehen. 


au 


Steißbein stößt. Auch die vordere Fläche des Atlas ist nicht mit einer 
einheitlichen Gelenkpfanne versehen, sondern hat rechts und links eine 
Höhlung, in welche zwei entsprechende Gelenkköpfe des Schädels passen. 

Jeder Wirbelkörper entsendet oben rechts und links je eine Knochen- 
spange in der Weise, daß sie dorsal von ihm in der Mitte zusammenstoßen, 
und zwischen ihnen ein Loch, das Foramen vertebrale entsteht. Diese 
dorsalen Fortsätze des Wirbelkörpers nennt man obere Bögen („obere“ 
im Gegensatz zu den zwar nicht beim Frosch, wohl aber bei manchen 
andern Wirbeltieren vorhandenen ‚‚unteren“) oder Neurapophysen (veögov 
— Nerv, eigentlich Sehne), und den Kanal, der durch die Bögen der ein- 
zelnen hintereinander liegenden Wirbel erzeugt wird, Canalis vertebralis oder 
spinalis (— Wirbelkanal). In dem letzteren verläuft, wie wir sehen werden, 
das Rückenmark und die Anfangsteile der von ihm abgehenden Nerven. 

Da, wo die Spangen der oberen Bögen von rechts und links zusammen- 
stoßen, erhebt sich ein Knochenfortsatz, Processus spinosus —= Dorn- 
fortsatz, der etwas schräg nach hinten geneigt zu sein pflegt. Am ersten 
und neunten Wirbel fehlt ein solcher, beim zweiten ist er sehr klein; die 
Dornfortsätze des dritten, vierten und fünften Wirbels sind am stärksten 
ausgebildet. 

Die Wirbel gelenken aneinander außer in der beschriebenen Weise noch 
durch Fortsätze ihrer Körper, die von deren Oberseite in je einem vorderen 
und einem hinteren Paar entspringen. Dabei ist die Anordnung dieser 
Processus obliqui (= schräg) oder Gelenkfortsätze eine derartige, daß 
die hinteren des voraufgehenden Wirbels die vorderen des folgenden über- 
decken. Beim ersten Wirbel fehlen die vorderen: beim neunten die hinteren. 

Die längsten Fortsätze, die wir an den Wirbeln sehen, sind die seit- 
lichen Processus transversi — Querfortsätze, welche etwa an der Basis 
der Bögen von den Wirbelkörpern abgehen, so daß jeder Wirbel mit Aus- 
nahme des ersten, dem sie fehlen, deren ein Paar besitzt. Die Querfort- 
sätze der einzelnen Wirbel sind ungleich lang und stark, und verschieden 
gerichtet; am größten sind die des dritten, vierten und neunten Wirbels, 
bei welch letzterem sie nach aufwärts und rückwärts gewendet sind und 
mit ihren Enden in gelenkiger Verbindung mit dem Beckengürtel stehen. 

Das Steißbein ist in seinem vorderen Teil durch die Verschmelzung 
mehrerer Wirbel entstanden und hat eine dementsprechende Form, indem 
wir vorn noch einen Körper- und einen Bogenabschnitt erkennen können. 
Die rostrale Fläche des Knochens trägt zwei Gelenkpfannen, in welche die 
erwähnten zwei Gelenkköpfe des neunten Wirbels passen. Der Canalis 
vertebralis reicht bis an den Anfangsteil des Steißbeins; bald aber ver- 
schmälert sich der dorsale Teil desselben zu einem dünnen Kamm, der 
kein Lumen mehr enthält. Hinten läuft das Steißbein in einen hohlen, 
knöchernen Stab aus, in welchem ein auch noch über dessen hinteres Ende 
hervorragender Knorpel sitzt. 

Die einzelnen Teile der Wirbelsäule sind durch sehnige Bänder mit- 
einander verbunden, doch so, daß noch eine gewisse Beweglichkeit möglich 


za 


ist. Durch die Form und Anordnung der Wirbel ist bedingt, daß der 
Frosch zwar den Wirbelteil seines Rückgrates nach rechts und links und 
nach oben und unten in sich ein wenig biegen kann; eine Rotation der 
Wirbel um die Achse ist aber ausgeschlossen durch die Gelenkfortsätze. 
Dagegen kann der ganze Beckengürtel, und mit ihm das Steißbein, gegen 
den Wirbelkanal abgeknickt werden, so daß beide miteinander einen nach 
unten offenen Winkel von etwa 120° bilden. Diese bei unsern Fröschen 
häufig zu beobachtende Stellung der Wirbelsäule und des Beckens ist es, 
welche die eingangs beschriebene äußerlich sichtbare Knickung des Rückens 
bedingt. 

b) DerSchultergürtel und dieBrustbeinbildungen. (Fig. 5 u. 7.) 

Unter Schultergürtel versteht man eine Anzahl von Skeletteilen, welche 


rechts und links symmetrisch in der Schultergegend von dem Rücken nach 
der Brust verstreichen, wo sie zusammenstoßen und mit einigen anderen 


Fig. 5. 
knorpeliges Epi- 
Procoracoid SA } en 
knöchernes 


Akromion 


Scapula 

Suprascapula 
Ster- j Knöchernes 
Se Al Eaorklez Cartilago epicoracoidea 


Schultergürtel und Brustbeinbildungen vom Wasser- 
frosch, in der Fläche ausgebreitet. (n. Gaupp.) 


Knochen- und Knorpelstücken, den Brustbeinbildungen, in enge Verbindung 
treten. Es entsteht so ein Gürtel von festen Elementen, der einerseits die 
in jener Region gelegenen inneren Organe, wie Herz und Lunge schützt, 
andererseits dadurch, daß an ihm auf jeder Seite eine der vorderen Extre- 
mitäten artikuliert, einen großen Teil des Rumpfes tragen hilft. Dabei be- 
steht zwischen diesem Schultergürtel und der Wirbelsäule kein Zusammen- 
hang, vielmehr umgreifen dessen äußere Enden die letztere. Jede der beiden 
symmetrischen Hälften des Schultergürtels setzt sich zusammen aus drei 
Abschnitten, die so gegeneinander geneigt sind, daß der erste und dritte 
mit dem mittleren je einen nach dem Körperinnern offenen stumpfen Winkel 
bilden. 

Der erste Abschnitt ist die Suprascapula — oberes Schulterblatt, 
eine flache Platte, welche an ihrem basalen schmäleren Ende aus echtem 


ee, Pi 


Knochen besteht, während ihr äußerer Rand von Knorpel gebildet wird; 
zwischen beiden liegt eine Zone von Kalkknorpel, der sich auf der Unter- 
seite des knöchernen Teiles fortsetzt. 

Der zweite Abschnitt wird Scapula oder eigentliches Schulterblatt 
genannt, und erscheint als eine längliche knöcherne Platte, die viel schmäler 
ist als die Suprascapula. Mit letzterer ist sie durch einen Knorpelstreifen 
verbunden; ebenso schiebt sich zwischen sie und den folgenden dritten Ab- 
schnitt des Gürtels eine Knorpelmasse, in welcher der größte Teil der Ge- 
lenkpfanne des Schultergelenks liegt, an deren Bildung aber auch das 
untere Ende der Scapula selbst teilnimmt. 

An dem dritten Abschnitt kann man äußerlich eine vordere und eine 
hintere Partie unterscheiden, die durch eine längliche Offnung getrennt sind, 
und von denen die vordere wieder zweiteilig ist. Die hintere, stärkere, ist 
das Os coracoideum (corax — der Rabe), das Rabenschnabelbein, welches 
einem Teil des menschlichen Skelettes entspricht, der diesen Namen nach 
seiner Form erhalten hat. Das aus echtem Knochen bestehende Os cora- 
coideum ist in der Mitte eingeschnürt und an seinem der Körpermitte zu- 
gewandten Ende flach abgeplatte. — Die vordere schwächere Partie des 
dritten Schultergürtelabschnittes hat als Grundlage eine bei dem ausgewach- 
senen Frosch verkalkte Knorpelspange, die Cartilago procoracoidea, 
die sich nach außen in die diesen Abschnitt des Schultergürtels mit der 
Scapula verbindende Knorpelmasse, nach innen in eine ebensolche, die 
CGartilago epicoracoidea, fortsetzt, welch letztere auch das innere Ende 
des Coracoids überzieht und die Grenze der Schultergürtelhälfte bildet. Da, 
wo jene Cartilago procoracoidea an die Scapula stößt, ist sie nach vorn zu 
in eine Spitze, ein Akromion ausgezogen. Auf der Dorsalseite des Pro- 
coracoids liegt nun noch ein dasselbe halb umschließendes dünnes Knochen- 
stück, die Clavieula — Schlüsselbein. Früher hatte man angenommen, 
der ganze vordere Teil des dritten Schultergürtelabschnittes, also Clavicula 
und die darunterliegende Knorpelspange, entspräche dem Schlüsselbein der 
höheren Wirbeltiere, indem man meinte, der jetzt als Clavicula bezeichnete 
Knochen sei einfach ein verknöcherter Teil jener Spange. Genauere Unter- 
suchungen haben aber ergeben, daß nur jener Knochen unserer Clavicula 
homolog ist. Homolog nennt man die Teile zweier Tiere, wenn sie mor- 
phologisch gleichwertig sind, das heißt, wenn sie bei der Ontogenese aus 
gleichen Anlagen hervorgehen. So sind z. B. die Lungen der Säuger ho- 
molog den Schwimmblasen der Fische, weil sie beide als Ausstülpungen des 
Darms angelegt werden. Es sei hier gleich auf einen anderen Ausdruck 
hingewiesen, der in der Anatomie oft im Gegensatz zu homolog gebraucht 
wird, das ist analog. Analog sind zwei tierische Gebilde, wenn sie phy- 
siologisch gleichwertig sind, also gleiche Funktion haben, ohne ontogenetisch 
aus der gleichen Anlage zu entstehen. Die Kiemen der Fische und die 
Lungen der Säuger sind analog, indem beide der Atmung dienen, aber ver- 
schiedenen Anlagen entstammen. In betreff der Clavicula des Frosches 
und der Amphibien überhaupt hat sich nun ergeben, daß sie aus besonderer 


BE ae 


Anlage entsteht, und zwar ist sie ursprünglich bei den ausgestorbenen ur- 
alten Vorfahren der Amphibien ein Hautknochen gewesen, der sich erst 
sekundär in die Tiefe zurückgezogen und auf das Procoracoid aufgelagert 
hat. Wenn man heutigen Tages die Anatomie eines Tieres studiert, so ge- 
nügt es nicht, die einzelnen Teile und Organe zu beschreiben und zu be- 
nennen, sondern da die anatomische Wissenschaft eine vergleichende ist 
(„vergleichende Anatomie“), fordert sie zugleich, daß nur homologe Teile 
gleich benannt werden. Aus diesem Grunde müssen wir die knöcherne 
Clavicula des Frosches, jenen uralten Hautknochen, scharf auseinander- 
halten von dem mit dem Coracoid einheitlich knorpelig angelegten Pro- 
coracoid. 

Die knorpeligen Verbindungsstücke der einzelnen Abschnitte des Schulter- 
gürtels gestatten diesem wegen ihrer Elastizität eine gewisse Beweglichkeit. 
Die beiden Hälften des Schultergürtels stoßen bei unseren echten Fröschen 
median zusammen, also mit ihrer dort liegenden Cartilago epicoracoidea, die 
ventral durch einen verkalkten schmalen Knorpelstreif, dorsal durch eine 
sehnige Bandmasse verbunden sind. Etwas anders sind die Verhältnisse 
beim Laubfrosch, doch folgt die Beschreibung derselben erst im: systemati- 
schen Teil, weil sie als wichtiges Unterscheidungsmerkmal von den echten 
Fröschen dienen. Hier sei nur darauf aufmerksam gemacht, daß die beiden 
Scehultergürtelhälften beim Laubfrosch nicht median aufeinander stoßen, son- 
dern daß sie übereinander greifen und nicht starr verbunden sind. 

Vor und hinter der Mitte des Schultergürtels sitzen nun noch Knochen 
und Knorpel, die nicht zu jenem gehören, sondern selbständig entstehen. 
Sie helfen dem Schultergürtel die von ihm umfangenen Eingeweide tragen und 
werden als Brustbeinbildungen bezeichnet. Hinter der Cartilago epicora- 
coidea, genau an sie anschließend, liegt ein in der Mitte etwas einge- 
schnürter Knochen, an den eine rundliche Scheibe aus Kalkknorpel stößt, 
die hinten einen tiefen Einschnitt aufweist. Beide zusammen bilden das 
Sternum, das eigentliche Brustbein (früher auch Xiphisternum oder Hypo- 
sternum genannt). Vorn schließt sich an die Cartilago epicoracoidea ein ähn- 
licher Knochen wie hinten, dem eine Platte aus Kalkknorpel, die hier etwas 
kleiner ist als beim Sternum, vorgelagert ist. Diese vorderen Teile werden 
als Episternum oder Omosternum (®uos — die Schulter) bezeichnet. 


c) Der Becekengürtel. (Fig. 7.) 


Wesentlich einfacher liegen die Verhältnisse beim Beckengürtel. Zwei 
Ossa ilei —= Darmbeine, deren lange vordere Enden, die sogenannten 
„Flügel“, mit den Processus transversi des neunten Wirbels gelenkig ver- 
bunden sind, wie schon erwähnt wurde, konvergieren nach hinten, bis sie 
zusammenstoßen. Dort legen sich ihre stark verbreiterten „Körper“ dicht 
zusammen und bilden mit den beiden andern Bestandteilen des Becken- 
gürtels, dem Os ischii — Sitzbein und der Pars pubica — Schambein- 
teil eine runde Scheibe, Pelvis — Becken, die in der vertikalen Mittel- 
ebene des Tieres liegt. Die säbelförmigen Flügel der Darmbeine kehren den 


De ee 


der Schneide entsprechenden scharfen Rand nach oben und tragen, kurz 
ehe sie in den Darmbeinkörper übergehen, einen dorsalen Fortsatz, Pro- 
cessus superior. Die Körper sind durch Bandmasse miteinander ver- 
bunden. 

Das Sitzbein ist ein unpaarer Knochen, der etwa das hintere Drittel 
der annähernd kreisförmigen Pelvis einnimmt. Es legt sich zwar an dieser 


Stelle rechts und links von der Körpermitte je ein Knorpelstück an, aber 


bei der folgenden Verknöcherung wird alles ein einheitlicher Knochen. 
Der noch übrigbleibende ventral liegende Sektor der Pelvis wird ein- 


genommen von der paarigen,. aus Kalkknorpel bestehenden Pars pubica, 
die dem Schambein der höheren Wirbeltiere entspricht, welches bei den 


Amphibien stets fehlt. 
Im Zentrum jeder Fläche der durch die Pelvis dargestellten Scheibe 


befindet sich eine Gelenkpfanne für den Oberschenkel, das Acetabulum 


(— Becher), das sich als hohle Halbkugel erweist, und an dessen Bildung 
alle drei dort zusammenstoßenden Teile des Beckens mitwirken. Den Hohl- 
raum, der zwischen den Vförmig angeordneten Darmbeinen liegt, nennt man 
„Beckenhöhle“. 


d) Das Extremitätenskelett, (Fig. 6 u. 7.) 
Die Vorder- und die Hintergliedmaßen sind nach dem gleichen Typus 


gebaut, nämlich nach dem Typus der pentadaktylen Extremität 


(nevre — fünf, 6 ddxrvlos — der Finger, 
Fig. 6. die Zehe), auf welche sich die Gliedmaßen 
der Amphibien und aller höheren Wirbeltiere 
überhaupt zurückführen lassen. Es möchte 
sich daher empfehlen, erst einmal ein Schema 
der Idealform dieses Typus zu entwerfen, ehe 


Hand-, resp. Fuß- 


Mittelhand-, resp. ung: : \ 
nn Manila ist hervorgegangen aus der vielstrahligen 


Schema der fünfstrahligen Darauf folgen zwei Knochen, Radius = 
Extremität. (n.Hertwig.) Speiche vorn, Tibia — Schienbein hinten, 


auf der Daumen- resp. Großenzeheseite und 


Ulna — Elle vorn, Fibula, Wadenbein hinten, auf der Seite des kleinen 


Fingers, resp. der kleinen Zehe. An diese beiden setzen sich zwei Reihen 


von insgesamt zehn Knochen, die Hand- resp. Fußwurzelknochen, 
deren Bezeichnung leicht zu merken ist. Die beiden der ersten Reihe, welche 
an Radius und Ulna stoßen, heißen Radiale resp. Ulnare, an der Hinter- 
extremität entsprechend Tibiale und Fibulare. Zwischen ihnen liegt das 
Intermedium (Zwischenstück). Die Knochen der zweiten Reihe heißen 
Carpalia resp. Tarsalia und werden von der Seite des Daumens, resp. 


wir uns die stark modifizierten Verhältnisse 
—selknochen beim Frosch ansehen. Die fünfstrahlige Extre- 


Flosse der Fische. Sie besteht stets aus einem 
„ Ehalangen einzigen basalen Stück, dem Humerus — 
Oberarm vorn, Femur —= Oberschenkel hinten. 


ee 


der großen Zehe anfangend von 1—5 numeriert. Im Zentrum der 
genannten Glieder beider Reihen liegen zwei Gentralia. Jedes Karpale 
oder Tarsale trägt einen längeren Knochen, das Metacarpale, resp. Meta- 
tarsale 1—5, die Mittelhand-, resp. Mittelfußknochen. Endlich 
schließt sich an jedes dieser letzteren eine Folge von mehreren Knochen, 
die Phalangen oder Finger, resp. Zehen. — Ein Tier, dessen Extremitäten 
genau nach diesem Schema gebaut wären, kommt kaum vor. Immer ist 
dadurch, daß diese oder jene der genannten Knochen miteinander ver- 
schmelzen, eine Modifikation eingetreten. So verhält es sich auch beim 
Frosch. Die verschiedene Funktion der Vorder- und Hinterextremitäten, von 
denen die eine mehr zum Kriechen, die andere mehr zum Springen und 
Schwimmen dient, bedingt es, daß diese nun auch unter sich ungleich sind. 


Bie.nd. 
Darmbeinflügel Wirbelsäule 


Humerus 
mit Crista 


Unterschenkel- $ e 
knochen 7 „Finger 
2A 
12 m 
NL.  Mittelhand- 
CH BU knochen 
GT g N \  Handwurzel- 
Sitzbein an u N knochen 
> N 
Femur er | ! \Unterarm- 
Unterschenkel- Fußwurzel- Mittelfuß- Zehen knochen 


knochen 


knochen knochen 
Skelett des männlichen Frosches. (n. Chun-Leuckarts-Wandtafeln.) 


Betrachten wir zuerst die vordere Extremität. Während ein Hu- 
merus in typischer Weise vorhanden ist, finden wir schon in dem nächsten 
Abschnitt eine Vereinfachung in der Weise, daß Radius und Ulna miteinander 
zu einem einheitlichen Os antibrachii — Unterarmknochen verschmolzen 
sind. Der Oberarm gelenkt mit einem Kugelgelenk in der erwähnten Pfanne 
an der Basis der Scapula und trägt auch an seinem distalen (= von der 
Körpermitte abgewandten) Ende einen kugeligen Kopf, dem eine Pfanne am 
Unterarmknochen entspricht. — Bei manchen Wirbeltieren, z. B. beim 
Menschen, deren Radius und Ulna getrennt vorhanden sind, ist eine Drehung 
der Hand um die Längsachse dadurch möglich, daß sich der Radius quer 
über die Ulna legen kann. Man nennt die Stellung, in welcher der Hand- 

Dr. Hempelmann, Der Frosch. 2 


rücken nach oben zu liegen kommt, Pronationsstellung (pronus — vor- 
wärts geneigt wie beim Laufen) im Gegensatz zur Supinationsstellung 
(supinus — rückwärts gebogen wie beim antiken Gebet), bei welcher der 
Handrücken nach unten gekehrt ist und Elle und Speiche parallel laufen. 
Beim Frosch ist der Radius in halber Pronationsstellung mit der Ulna ver- 
wachsen, so daß sein distales Ende vorn, dasjenige der Ulna hinten liegt. 

Die stärkste Abweichung von unserem Schema treffen wir bei den 
Knochen der Hand an, indem dort von den zehn Handwurzelknochen durch 
teilweise Verschmelzung nur sechs vorhanden sind, an die sich fünf Mittel- 
handknochen schließen, deren erster aber ganz rudimentär ist, so daß nur 
Metacarpale 2-4 je einen Finger tragen. Wir finden ein Ulnare und ein 
Radiale, ein Centrale ganz hinausgeschoben aus der Mitte, so daß es auf 
der Außenseite des Radiale liegt. In der zweiten Reihe stößt auf das Cen- 
trale das Carpale 1 und 2, und ein Knochenstück, das so breit ist, daß 
es auch noch die distalen Flächen des Radiale und Ulnare berührt, ja noch 
ein wenig über das letztere hinausragt. Dieser Knochen ist durch Ver- 
schmelzung der Carpalia 3—5 entstanden. An das Carpale 1 schließt sich 
als Rudiment des ehemaligen Daumens ein im Leben nicht sichtbares Meta- 
carpale 1 an. Die übrigen Metacarpalia sind wohl entwickelt und tragen 
die Phalangenglieder, und zwar das zweite und dritte je zwei, das vierte 
und fünfte je drei. 

Beim männlichen Frosch treten noch einige Besonderheiten an dem 
Skelett der vorderen Extremität auf. Der Humerus trägt da nämlich eine 
CGrista — Knochenleiste, die den dort inserierenden Muskeln, welche beim 
Männchen stärker sind als beim Weibchen, einen festen Ansatz gewährt. 
Ebenso ist das Metacarpale 2 auf seiner äußeren Seite bedeutend verstärkt 
und in eine scharfe Leiste ausgezogen. 

Schließlich sei hier noch ein nicht zum eigentlichen Extremitätenskelett 
gehöriger Knorpel erwähnt, der etwa zwischen dem distalen Ende des Unter- 
armknochens und dem Radiale, aber innerhalb einer dort verstreichenden 
Sehne auftritt. Man nennt solche Verknorpelungen oder Verknöcherungen 
von Sehnen Sesambeine. 

An der hinteren Extremität zeichnet sich das Femur, welches in 
dem Acetabulum des Beckens mit einem kugeligen Kopf artikuliert, durch 
seine Länge aus. Auch hier sind die beiden Knochen des nächsten Ab- 
schnitts verschmolzen zu dem Os eruris — Unterschenkelknochen, der 
gegen das Femur durch ein Rollengelenk bewegt werden kann. Von den 
Fußwurzelknochen sind Tibiale und Fibulare stark verlängert und an ihrem 
proximalen (der Körpermitte zugewandten), sowie an ihrem distalen Ende 
miteinander verschmolzen, so daß sie, da ihre mittleren Partien auseinander 
weichen, einen länglichen Knochenrahmen bilden. An das Tibiale schließt 
sich außen ein kleines Centrale und innen ein Tarsale 1 an, neben welchem, 
auch das Fibulare berührend, ein aus der Verschmelzung der Tarsalia 2 
und 3 entstandener Knochen liegt. Beim Moorfrosch fehlt meist das Tar- 
sale 1 (Gaupp). Es sind also, wenn man Tibiale und Fibulare, deren Enden 


N 


jedoch verschmolzen sind, als zwei Teile rechnet, in der Fußwurzel des 
Frosches nur fünf Knochen vorhanden, beim Moorfrosch meist nur vier. 
Es folgen fünf wohlausgebildete Metatarsalia, jedes mit mehreren Zehen- 
gliedern, und zwar Zehe 1 und 2 mit je zwei, Zehe 3 und 5 mit je drei, 
Zehe 4 mit vier Gliedern. 

Auch der Fersenhöcker hat eine Grundlage im Skelett, indem auf der 
Seite der großen Zehe von dem Centrale je nach der Froschart 1—3 durch 
Gelenke verbundene Knorpel ausgehen. Man hat diese Knorpel, den Prä- 
hallux, als Rudiment einer 6. Zehe aufgefaßt. 

In der Nähe des Tarsus treten zwei kleine Sesambeine auf, eines am 
proximalen Ende des Tibiale, das andere als Fußsohlenknorpel auf der 
Unterseite des Fußes zwischen Fibulare und Metatarsale 4. 

Alle Teile der Extremitäten sind durch Bänder und Sehnen miteinander 
verbunden. Mit Ausnahme der kompakten Fußwurzelknochen haben wir es 
mit sogenannten Röhrenknochen zu tun, das heißt annähernd zylindrischen, 
im Innern hohlen Knochen. Die Enden der Röhrenknochen, die Epiphysen, 
sind gegen die Mitte, die Diaphyse, mehr oder weniger verdickt, indem dort 
ein aus Kalkknorpel bestehender und mit einem hyalinen Knorpelüberzug 
versehener Knopf der Röhre aufsitzt. 


e) Der Schädel. (Fig. 8.) 


Der Schädel erfüllt zwei Funktionen. Einmal schützt er das in ihm 
untergebrachte Gehirn und die höheren Sinnesorgane, andererseits verleiht 
er dem Anfangsdarm und dessen hier vorhandenen Bildungen einen festen 
Halt. Demnach lassen sich auch zwei Abschnitte an ihm unterscheiden, 
das Gerebraleranium (cerebrum — das Gehirn) und das Visceral- 
cranium (viscera — die Eingeweide), die an mehreren Stellen miteinander 
verbunden sind. Die Elemente, welche den Schädel zusammensetzen, teilt 
man nach ihrer histologischen Natur und ihrem Herkommen ein in das 
Primordialeranium und die diesem aufgelagerten sekundären Skeletteile, 
die Beleg- oder Deckknochen. 


Das Primordialeranium bildet die Grundlage des ganzen Schädels und 
wird zuerst aus Knorpel angelegt, später aber verknöchern einzelne Partien 
an ihm. Wir finden eine das Gehirn teilweise umschließende Knorpel- 
kapsel, deren Decke 3 große Öffnungen aufweist. Die Hinterwand ist ver- 
kalkt und wird in der Hauptsache von den beiden Ossa oceipitalia lateralia, 
den (seitlichen) Hinterhauptsbeinen gebildet, die zwischen sich eine große 
Öffnung, das Foramen magnum, freilassen. Das Rückenmark kommu- 
niziert durch dieses Foramen mit dem Gehirn. Jeder der beiden Knochen 
trägt einen Gelenkkopf, Condylus, der in die erwähnte Vertiefung der 
Vorderfläche des Atlaswirbels paßt. Der knorpelige Teil über dem Foramen 
ist das Tectum synoticum. Die rechte und linke Seitenwand der Schädel- 
kapsel geht in die Labyrinthregion des Primordialeraniums über, welche im 
Innern das Gehörorgan birgt. _Verknöcherte Teile dieser Region sind die 
ÖOssa prootica. Die äußere Öffnung der Ohrhöhle wird umgrenzt von den 


Zn 


ringförmig angeordneten Knorpeln des Annulus tympanicus. Ungefähr 
in der Achse dieses kegelförmigen Ringes verläuft ein feines Knorpelgebilde, 
das nur in der Mitte verknöchert ist, die CGolumella auris, ein Hörknö- 
chelehen, das nicht völlig den aus Teilen des Visceralskelettes entstandenen 
analogen Gebilden der höheren Wirbeltiere entspricht. Außen und schräg 
nach hinten gerichtet schließt sich an die Labyrinthregion jeder Seite je eine 
Knorpelmasse, das Quadratum an, von dem eine Spange, der Processus 
pterygoideus nach vorn verläuft. Der Boden der Gehirnkapsel setzt sich 
rostral fort, durchläuft zunächst die Orbitalregion des Schädels (Orbita 


Fig. 8. 
b. 


Intermaxillare 
Nasale \ Ethmoideum Intermaxillare 


Ethmoideum 


Pterygoideum 


Quadrato- 


Quadrato- 
maxillare 


maxillare 


Tympanicum parietale Oeeipitale 
laterale \ Quadratum 
Foramen magnum Prooticum Condylus Parabasale 


Schädel des Wasserfrosches, a) von oben, b) von unten. (n. Gaupp). 


— Augenhöhle) und geht in das Os ethmoideum, das Siebbein über. 
Vor der Ethmoidalregion liegt die knorpelige Nasenhöhle, welche haupt- 
sächlich das Geruchsorgan birgt. 

Auch der Unterkiefer, Mandibula, besitzt eine knorpelige Grundlage, 
den Meckel’schen Knorpel, welcher am Quadratum artikuliert. Endlich 
gehört hier noch ein weiterer Teil des Visceralskelettes her, das Zungen- 
bein, Cartilago hyoidea (Fig. 9). Von seinem plattenförmigen Körper 
gehen auf jeder Seite vier Fortsätze aus, unter welchen die vordersten, die 
Cornua principalia — Haupthörner die bedeutendsten sind. Während 
der Körper des Zungenbeins und die hinteren drei Paare von Fortsätzen 
unter der Schlundhöhle liegen, umfassen diese die langen Hörner und treten 
medianwärts vom Quadratum jeder Seite an das Cerebraleranium. Die Fort- 
sätze am Ende des Zungenbeinkörpers, die Processus thyreoidei = 
Schilddrüsenfortsätze sind verknöchert und umgreifen den Kehlkopf. 


ra 2% 


Auf diese Teile des Primordialeraniums legen sich nun folgende Deck- 
knochen: Die paarigen Ossa fronto-parietalia, durch Verschmelzung 
von Stirn- und Scheitelbeinen entstanden, decken das Dach der Cerebral- 
höhle, so daß sie die erwähnten drei großen Öffnungen in der dorsalen 
Wand des Primordialeraniums schließen. Getrennt werden sie durch die 
median verlaufende Sagittalnaht. Unter dem Boden jener Höhle verstreicht 
das unpaare, hammerförmige Os parabasale (Parasphenoid, Keilbein). In 
der Gegend des Quadratum jeder Seite tritt ein Os tympanicum auf, 
früher fälschlich Squamosum — Schuppenbein genannt, welches einen Pro- 
cessus zygomaticus nach vorn sendet. Die beiden Ossa nasalia — 
Nasenbeine bedecken die Nasenhöhle. In deren vorderem Teile liegen die 
Össa intranasalia, und unter ihrem Boden, rechts und links, etwas von- 
einander getrennt, die Vomeres — Pflugscharbeine, welchen die erwähnten 
Gaumenzähne aufsitzen. Die übrigen noch zu nennenden Knochen tragen 


Haupthorn__—_ 


N M _-Schallblase 
Schilddrüse 


Schildrüsen- F 
fortsatz 


Unterkiefer mit Schallblase, Zungenbein und 
Schilddrüse (n. Wiedersheim.) 


im wesentlichen zur Bildung des Visceralskelettes bei. Sie sind in zwei 
Bogenreihen angeordnet, einer inneren und einer äußeren. Zu der inneren 
gehören die Ossa palatina — Gaumenbeine und die Ossa pterygoidea 
— Flügelbeine, deren Verlauf durch den genannten knorpeligen Processus 
pterygoideus des Quadratums im wesentlichen bestimmt ist. Den äußeren 


Bogen bilden jederseits ein Os intermaxillare — Zwischenkiefer (auch 
Prämaxillare — Vorkiefer), ein Os maxillare — Oberkiefer und ein Os 
quadrato-maxillare — (uadratjochbein, die beiden ersten mit Zähnen 


versehen. Auf den Meckel’schen Knorpel lagern sich rechts und links je 
ein Os dentale vorn und ein Os angulare hinten. 

Da das vom Cerebraleranium umgebene Gehirn eine Anzahl Nerven 
aussendet, so existieren in der Schädelkapselwand entsprechende Öffnungen, 
Foramina, auf jeder Seite. 


Es bleibt noch einiges über die Histologie des Skelettes zu sagen: 
Die erwähnten Bestandteile, hyaliner Knorpel, Kalkknorpel, echter Knochen, 
sind alles Modifikationen ein und derselben Art von Gewebe, nämlich Binde- 


NR ee 


gewebe. Darin liegt auch der Grund, weshalb man das Skelett nicht als 
ein Organ betrachtet, sondern es ein „interorganologisches System“ nennt; 
denn das Bindegewebe dient, wie schon sein Name sagt, nur dazu, andere 
Gewebeformen, die dann meist zu Organen vereinigt sind, zu verbinden oder, 
wie in unserem Falle, zu stützen. Das Bindegewebe tritt noch in mehreren 
anderen Formen, außer den genannten auf, und da einige derselben, wie 
Sehnen, elastische Fasern, schon erwähnt wurden, und auch in den folgen- 
den Kapiteln noch oft von Bindegewebe die Rede sein wird, so soll es hier 
kurz besprochen werden. 

Bindegewebe setzt sich immer zusammen aus Zellen, von denen oft 
lange Ausläufer ausgehen, und aus einer von diesen Zellen ausgeschiedenen 
Grundsubstanz, die mehr oder weniger fest erscheint. Bei dem Sehnen- 
gewebe sind neben den spindelförmigen Zellen noch zahlreiche parallele 
Fibrillen (= Fasern) in die Grundsubstanz eingelagert, welche den Bändern 
und Sehnen die bekannte überaus zähe Konsistenz gegen Zug gewähren. 
Durch Säuren und Alkali werden sie zum Quellen gebracht und geben beim 
Kochen Leim. Die aus ähnlichen Fibrillen zusammengesetzten etwas stärker 
glänzenden elastischen Fasern unterscheiden sich von dem fibrillären 
Bindegewebe dadurch, daß sie weder quellen noch Leim geben. Beim hya- 
linen Knorpel liegen die bildenden Zellen, die Knorpelkörperchen, die 
ziemlich rundlich und ohne Fortsätze erscheinen, in einer Grundsubstanz, 
die beim Kochen Chondrin, ein Gemenge von Leim und Mucin, liefert. Die 
Haut, welche den Knorpel umschließt, ist das Perichondrium. Kalkknorpel 
entsteht dadurch, daß in die Grundsubstanz des Knorpels Kalkkörner ab- 
gelagert werden. Der echte Knochen weist eine Grundsubstanz auf, deren 
Hauptbestandteil phosphorsaurer Kalk ist. Die Knochenbildungszellen, die 
Östeoblasten, sind vielfach verästelt und stehen miteinander durch ihre 
Ausläufer in Verbindung. Der Knochen entsteht entweder direkt aus Binde- 
gewebe durch einen „Ossifikationsprozeß“ oder er ist knorpelig präformiert. 
Im letzteren Falle unterscheidet man eine enchondrale Verknöcherung, bei 
der die Osteoblasten in den Knorpel einwandern und ihn allmählich durch 
Kalkablagerung ersetzen, und eine perichondrale Verknöcherung, wenn sich 
die Bildungszellen um den Knorpel herum zu einem Epithel ordnen, das 
dann die Knochensubstanz produziert. Die Ausscheidung derselben erfolgt 
stufenweise, so daß der Knochen eine Schichtung in Lamellen zeigt. Dabei 
gelangen einzelne der Östeoblasten in die Knochensubstanz hinein und 
werden nun Knochenkörperchen genannt. Diese sind es, welche, wie er- 
wähnt, durch zahlreiche Ausläufer miteinander kommunizieren. Ein schönes 
Beispiel für die letztere Art von Knochenanordnung sind die Diaphysen der 
Röhrenknochen. Sie werden von zahlreichen Blutgefäßen durchzogen, um 
die sich Osteoblasten legen und Knochenlamellen ausscheiden, so daß kleine 
Lamellensysteme entstehen, welche von den großen Grundlamellen umzogen 
werden. Die von den Blutgefäßen eingenommenen Hohlräume der kleinen 
Systeme nennt man Havers’sche Kanäle. Die Epiphysen der Röhrenknochen 
verknöchern enchondral. Das die Knochen umgebende Gewebe von leben- 


an Fon it 


den Zellen heißt Periost, Knochenhaut. Wachsen können die Knochen 
einmal dadurch, daß von allen Seiten neue Substanz auf sie aufgelagert 
wird, andererseits dadurch, daß einzelne Stellen in ihnen nicht verkalkt 
sind und reichlich Osteoblasten enthalten. Durch letzteren Modus ist es 
hauptsächlich den Röhrenknochen ermöglicht, länger zu werden, ohne daß 
gleichzeitig ihr Durchmesser unverhältnismäßig zunimmt. 


Technische Bemerkung. Um ein unversehrtes Skelett des Frosches zu 
erhalten, empfiehlt es sich, dasselbe nach Ablösung aller größeren Weichteile für 
eine kurze Zeit, höchstens fünf Minuten, in heißes, nicht kochendes Wasser zu 
halten. Es lassen sich dann die übrigen Muskeln usw. leicht mit der Pincette 
abreißen. Das so gereinigte Skelett wird in der gewünschten Stellung getrocknet 
und in der Sonne gebleicht. Die einzelnen Knochen halten durch die sie 
verbindenden Bänder von selbst zusammen, so daß eine Befestigung durch Draht 
unnötig ist. Um Deckknochen zu isolieren und die knorpelige Grundlage zu er- 
halten, z.B. die Clavicula oder das Primordialeranium, muß man die betreffenden 
Teile vorsichtig mit heißem Wasser behandeln, bis die Verbindungen sich lösen. 
Über die histologische Untersuchung vergl. Lee und Mayer. Von Knochen müssen 
Dünnschliffe hergestellt werden. 


3. Die Muskulatur. 


Die Muskulatur, welche die einzelnen Teile des Körpers bewegt, teilt 
man ein in die Muskeln des Rückens, des Bauches, der Brust, der Extre- 
mitäten und der Kehlgegend. Bei der überaus großen Zahl derselben und 
wegen der bei vielen von ihnen übereinstimmenden Anordnung würde eine 
detaillierte Beschreibung jedes einzelnen Muskels hier viel zu großen Raum 
einnehmen; wir müssen uns daher auf die Besprechung der hauptsächlichsten 
beschränken. Die beigefügten Skizzen zeigen wenigstens die Lage der 
wichtigsten Körpermuskeln. Für ein genaueres Studium muß auf die um- 
fassende Darstellung bei Gaupp verwiesen werden. 

Betrachten wir die Rückenseite eines der Haut entblößten Frosches, 
so sehen wir die mediane Partie eingenommen von einer fibrösen Membran, 
der Fascia dorsalis. Nach jeder Seite verläuft von ihr ein breites Muskel- 
band, der Musculus obliquus externus. In der Schultergegend liegen rechts 
und links eine Anzahl von querverlaufenden Muskeln, welche zur Bewegung 
der Arme dienen. Von hinten angefangen finden wir, teilweise unter der 
Fascia dorsalis, den M. latissimus dorsi und den M. dorsalis scapulae (oder 
infraspinatus), welche den Arm nach der Dorsalseite ziehen. Der M. dor- 
salis scapulae liegt auf der Suprascapula und wird etwas überdeckt von 
dem M. depressor mandibulae, der mit seinem unteren spitzen Ende am 
Unterkiefer hinter dessen Gelenkung am Schädel angreift, so daß seine Kon- 
traktion den Mund öffnet. Unter diesen äußerlich sichtbaren Muskeln liegen 
mehrere Gruppen, welche das Schulterblatt bewegen, so die Mm. rhomboidei 
und serrati. Der M. cucullaris, vom Depressor mandibulae überdeckt, beugt 
den Kopf abwärts. Entfernen wir die Fascia dorsalis, so fallen mehrere 
von vorn nach hinten verlaufende, lange Muskelbänder auf, welche den 
Rumpf und den Kopf strecken. Der innerste ist der M. longissimus dorsi, 


a 


unter welchem der seitlicher gelegene mehrteilige M. ileolumbaris hinten 
hervortritt, Auf diesen folgt rostral der M. coceygeo-sacralis, und zwischen 
dem Steißbein und dem Flügel des Darmbeines der M. coceygeo - iliacus. 
Außer diesen langen Rückenmuskeln existieren noch kurze Rückenmuskeln, 


Fig. 10. 


Rhomboideus anterior 


Temporalis 


Depressor mandibulae 


Latissimus dorsi T: R 
Longissimus dorsi 


Faseia dorsali - 
u E — Ileolumbaris 


Obliquus externus 


Coceygeo-sacralis 
Transversalis 


Darmbeinflügel 


Coceygeo-iliacus 
Cutaneus abdominis 
Iliacus externus 


Tensor fasciae latae 


Glutaeus magnus 


\ 
Semimembranosus Pyriformis 


Muskulatur des Frosches von der Dorsalseite. 
(kombiniert nach Gaupp.) 


die zur Bewegung der Wirbelsäule dienen und am besten von der Ventral- 
seite nach Entfernung der Eingeweide zu sehen sind. Es sind die Mm. in- 
tererurales zwischen je zwei Wirbelkörpern, und die Mm. intertransversarii 
zwischen den Querfortsätzen der Wirbel. An diese Rückenmuskeln schließen 
sich einige Muskeln an, welche von dem Becken nach der hinteren 
Extremität verlaufen. So der M. semimembranosus, M. iliacus externus, 


een. 
M. pyriformis, vor allem aber der Glutaeus magnus und der Tensor fasciae 
latae, welche zusammen mit dem M. cruralis die drei Köpfe eines langen 
Oberschenkelmuskels, des M. triceps femoris ausmachen. 

Die Bauchseite des Frosches zeigt ein wesentlich anderes Bild als 
der Rücken (Fig 11). In der Mittellinie teilt ein bindegewebiges Band, die 
Linea alba, die Muskulatur in zwei symmetrische Hälften. Durch diese Linea 


Fig. 11. 


Submaxillaris 


N 


Deltoideus Subhyoideus 


Coraco-radialis 


P. epicor. 
Pect. 
P. abdom. 


Ge u = E = I N 
TR ——SN Deltoideus 
IR N —— EN 
i N N = GE EN N 
Flexor carpi i 5" 4 
Tadialis r I ) 
N GR 
SH 777,1] G: Pectoralis P. epi- 
\ A I | | — coracoid. 
N An \ G Pector. P. sternalis 
Transversus R Hı Ai hl 5 
N ei AH f TI 
Ss! 1 31H, N j = Pector. P. ab- 
NS; { ig dominalis 
N! NG 
. Si A WER 
Obliquus Nu yG, 
externus N N Ch 
N Rectus 
N i ’ 
Rectus N N ), Linea alba 


Muskulatur des Frosches von der Ventralseite (kombiniert n. Gaupp). 


alba schimmert ein deren Verlauf folgendes großes Blutgefäß (Vena abdomi- 
nalis) hindurch, und zu beiden Seiten verstreicht der lange M. rectus ab- 
dominis, welcher durch eingelagerte Bindegewebsscheidewände, die Inserip- 
tiones tendineae, segmentiert erscheint, und bedeckt ist von der membranösen 
Rektusscheide (Vagina recti). Der bereits erwähnte Obliquus externus greift 
vom Rücken bis auf die Bauchseite herum. Wenn man ihn abpräpariert, 
so findet man unter ihm die etwas anders gerichteten Fasern eines ähn- 
lichen breiten Muskelbandes, des M. transversus (oder Obliquus internus), 


der auch von dem Rücken bis zum Rectus abdominis reicht. Vorn treten 
ähnlich wie auf der Rückenseite quergelagerte Muskeln auf, welche meist 
Antagonisten von jenen sind, das heißt, den durch die dorsalen Muskeln 
gehobenen Arm nach der Bauchseite führen oder nach hinten ziehen. Sie sind 
größtenteils zwischen den Teilen des Schultergürtels einerseits und den Arm- 
knochen andererseits ausgespannt. Von hinten beginnend treffen wir drei Por- 
tionen des M. pectoralis, nämlich eine Portio abdominalis, sternalis und epi- 
coracoidea. Vor diesen liegt der M. coraco-radialis (oder sternoradialis). 
Mehr in der Tiefe findet sich der M. coraco-brachialis in zwei Portionen, und 
weit auf den Arm übergreifend, der ihm teilweise entgegenwirkende M. delt- 
oideus mit drei Portionen. — Unter dem Mundhöhlenboden fällt der breite 
M. submaxillaris auf und der dahinter liegende schmale M. subhyoideus. 
Es sind hier zwei Paare von kleinen Muskeln zu erwähnen, welche 
von dem Rumpf nach der Haut des Frosches verstreichen. Das ist vorn, 
ventral der etwa in Höhe des knorpeligen 
Fig. 12. Teiles des Sternums von der Rektusscheide 
entspringende M. cutaneus pectoris, welcher 
eine sehr dünne Lamelle darstellt und des- 
halb ein vorzügliches Objekt abgibt, um die 
Endigung eines Nerven an einem Muskel 
zu studieren (Fig. 12). Der Nerv, ein Ast 
des Nervus pectoralis communis, tritt von 
der Dorsalseite an ihn heran. Der Muskel 
dient wahrscheinlich dazu, die in den zwi- 
schen Haut und Muskulatur liegenden Lymph- 
säcken jener Region befindliche Lymphe zu 
bewegen. — Der andere dieser Muskeln ist 
NEEmaER der M. cutaneus abdominis, welcher zwischen 
ne ee dem ventralen Rand der Beckenscheibe und 
vorn umgelegt,um den Ansatz des der Rückenhaut ausgespannt ist (Fig. 10). 
Cutaneus pectoris an ihr zu zeigen Von den Muskeln der vorderen Extre- 
(n. Gaupp). mität sei noch der M. anconaeus (oder tri- 
ceps) erwähnt, welcher den Arm streckt. Es 
folgen dann am Unterarm und der Hand eine ganze Anzahl von Muskeln, 
welche die Hand strecken, beugen oder drehen, und ebenso existieren für 
jeden Finger und jedes Fingerglied besondere Muskelchen, die hier nicht 
im einzelnen aufgezählt werden können. Beim männlichen Frosch sind die 
Armbeugemuskeln besonders stark ausgebildet, da sie bei der Umklammerung 
der Weibehen während der Kopulation außerordentlich in Anspruch ge- 
nommen werden. 

Am Oberschenkel finden sich neben dem aufgeführten Triceps femoris 
noch seine Antagonisten, der M. sartorius und der M. ileo-fibularis, welche 
den Unterschenkel beugen; ferner mehrere Mm. adductores, welche das 
Femur anziehen, und mehrere andere zur weiteren Bewegung des Ober- 
schenkels.. Bemerkenswert sind der M. peroneus des Unterschenkels, der 


er Ze 


den Fuß streckt, sowie der M. tibialis anticus, und deren Antagonisten, der 
M. plantaris longus (oder Gastroenemius, der Wadenmuskel) und der M. ti- 
bialis postieus. 

Von den Muskeln des Kopfes haben wir außer der erwähnten noch fol- 
gender zu gedenken. Das Schließen des Mundes bewirken der M. masseter 
maior und minor, von denen der erstere auch das Trommelfell spannt; ferner 
der M. temporalis, sowie der M. pterygoideus. — Der Augapfel wird gedreht 
durch sechs Muskeln, von denen vier „gerade“ und zwei „schräge“ genannt 
werden. Die geraden ziehen etwa vom Aquator des Augapfels nach hinten, 
die schrägen dagegen von dem Augapfel medial. Die geraden heißen 
M. rectus superior (oberer), inferior (unterer), medialis (innerer) und lateralis 
(äußerer); die schrägen sind der M. obliquus superior (oberer) und inferior 
(unterer). Der Augapfel kann in den Kopf zurückgezogen werden durch 
einen weiteren Muskel, den M. retractor bulbi, der in drei Portionen auf- 
tritt. Ein M. levator bulbi drängt ihn wieder vor, und ein besonderer Teil 
von ihm bewegt die Nickhaut. 

Am Kehlkopf finden sich mehrere Muskeln, von denen einer ihn öffnet, 
drei ihn schließen können; auch die Spannung und Entspannung der Stimm- 
lippen wird von ihnen besorgt. — Endlich seien noch die Muskeln genannt, 
welche zur Bewegung des Zungenbeins dienen und damit die Schluck- 
bewegung vermitteln. Es sind jederseits vier, von denen der M. omohyoi- 
deus und der M? sternohyoideus das Zungenbein senken, während es der 
M. petrohyoideus hebt. Der M. genio-hyoideus zieht es nach vorn. Die 
Zunge selbst enthält auch noch mehrere Muskeln. 


Die Rumpfmuskeln sind meist platt, die der Extremitäten dagegen zylin- 
drisch geformt und langgestreckt. Die Enden der Muskeln gehen gewöhn- 
lich über in Sehnen, fibrilläres Bindegewebe, durch welches sie an ihren 
Insertionsstellen befestigt sind. Mehrköpfige Muskeln zeigen eine gespaltene 
Muskelmasse, von welcher jeder Teil in eine besondere Sehne ausläuft. Die 
einzelnen Muskeln werden getrennt voneinander durch faserige Bindegewebs- 
scheiden (Fascien). 

Histologisch unterscheiden wir glatte und quergestreifte Muskeln. 
Die in diesem Abschnitt beschriebenen gehören alle dem letzteren Typus an. 
Glatte Muskelfasern finden sich in der Haut, bei deren Besprechung sie ja 
schon erwähnt wurden, ferner in den Eingeweiden und den Blutgefäßen. 
Da sie eng mit dem Bau jener Organe verknüpft sind, soll ihre Anordnung 
erst mit diesen zusammen erörtert werden. 

Die glatten Muskeln sind faserförmig und werden gebildet von spin- 
delförmigen Zellen, die mit Kernen versehen sind. Das Wesentliche an 
ihnen ist die kontraktile Substanz, welche die schon bei den einzelligen 
Organismen zu beobachtende Fähigkeit des Protoplasmas, sich zusammen- 
zuziehen, in gesteigertem Maße besitzt. 

Die quergestreiften Muskeln sind zusammengesetzt aus sogenannten 
Primitivbündeln, welche ihrerseits aus den einzelnen parallel verlaufenden 


a, ae 


Muskelfibrillen bestehen. Jedes Primitivbündel ist von einer Haut, dem Sar- 
colemm umgeben und enthält zwischen den Fibrillen die Kerne der Muskel- 
zellen. Eine einzelne Muskelfibrille setzt sich zusammen aus einer Anzahl 
von Segmenten, welche voneinander durch sogenannte „Zwischenscheiben* 
getrennt werden. Im Innern jedes Segments finden sich durch verschie- 
denes Lichtbrechungsvermögen ausgezeichnete Schichten, welche in der 
Weise angeordnet sind, daß immer je eine doppeltlichtbrechende (anisotrope) 
Zone in der Mitte vorhanden ist, die von zwei einfachlichtbrechenden (iso- 
tropen) begrenzt wird. Mitten in der anisotropen Schicht befindet sich eine 
hellere Zone, die Hensen’sche Mittelscheibe. Die entsprechenden Zonen liegen 
in den nebeneinander befindlichen Fibrillen alle auf gleicher Höhe, so daß 
auch deren Gesamtheit eine solche Streifung aufweist, was zu dem Namen 
„quergestreifte Muskeln“ Veranlassung gegeben hat. 

Technische Bemerkung. Um ein Gesamtbild der Muskeln zu erhalten, 
entfernt man die Haut des getöteten Frosches. Dies geschieht in der Weise, daß 
man dieselbe rings um den Hals mit der Schere aufschneidet und erst den 
großen hinteren Teil, dann den kleinen vorderen Rest wie einen Handschuh vom 
Rumpf, resp. Kopf und Gliedmaßen streift, wobei es sich empfiehlt, sowohl den 
Frosch als auch die Haut wegen ihrer Schlüpfrigkeit nicht mit den bloßen Fingern, 
sondern mit einem Tuch anzufassen. Die Septen, vermittels welcher die Haut 
angewachsen ist, reißen leicht. Da die in den Lymphsäcken enthaltene Lymphe 
an den Augen Entzündungen hervorrufen kann, ist ein Spritzen zu vermeiden. 
Am After muß man natürlich den Enddarm, der dort in die Haut übergeht, durch- 
schneiden. Die tieferen Muskelschichten macht man sichtbaf, indem man die 
darüberliegenden entfernt, was am besten gelingt, wenn man das Präparat einige 
Zeit in etwa 70—80prozentigen Alkohol legt. — Über die mikroskopische Unter- 
suchung vergl. Lee und Mayer. 


4. Das Nervensystem. 


Das Nervensystem hat in letzter Linie die Funktion, die Bewegungen 
des Organismus auszulösen, den Muskeln den Impuls zu ihrer Tätigkeit zu 
geben. Die zu dieser Leistung nötige Energiemenge erhält es einerseits von 
Reizen, welche den Körper treffen (auch die durch die Zustände der ver- 
schiedenen Organe, z. B. Muskelspannung, gesetzten Reize gehören hierher), 
andererseits enthält es selbst jederzeit eine Menge aufgespeicherter, gewisser- 
maßen latenter Energie, die ihren Ursprung teils von eben jenen Reizen, 
besonders aber von seiner eigenen physiologischen Beschaffenheit nimmt. 
Dementsprechend ist es differenziert in: Organe, welche jene Reize auf- 
zunehmen haben, die Sinnesorgane, einen peripheren Teil, der aus Bahnen, 
Nerven besteht, welche teils Reize nach einer Zentrale führen (rezepto- 
rische, sensible Nerven), teils von dort nach der Peripherie des Körpers 
zurücklaufen, um an den Muskeln zu enden, die sie in Funktion setzen 
(motorische Nerven), — und den zentralen Teil selbst, der sich in Gehirn 
und Rückenmark gliedert. Dazu kommt noch das sympathische Ner- 
vensystem, welches mehr selbständig hauptsächlich die Eingeweide in- 
nerviert. 


a) Das zentrale Nervensystem. 

Das zentrale Nervensystem erstreckt sich von der Schädelhöhle im 
Gerebraleranium, wo das Gehirn liegt, bis in den hinteren Teil der Wirbel- 
säule, deren Wirbelkanal das Rückenmark aufnimmt. Über die Topographie, 
das ist seine Lage zu den Teilen des Skelettes und 
die Größenverhältnisse, gibt nebenstehende Skizze 
(Fig. 13) Auskunft. — Das Zentralnervensystem ist 
umgeben von drei Hüllen, deren hier zunächst gedacht 
werden soll. Eine als Pia mater (primitiva), pri- 
märe Gefäßhaut, bezeichnete liegt den Teilen des 
Gehirns und Rückenmarks dicht an. Sie ist schwarz 
pigmentiert und reich mit Gefäßen versehen, so daß 
sie die Ernährung des Zentralnervensystems vermittelt. 
Durch einen schmalen Lymphraum, den Subdural- 
raum, von ihr getrennt verläuft eine zweite, kräftige 
fibröse Haut, das neurale Blatt der Dura mater. 
Um sie herum befindet sich der Peri- oder Inter- 
duralraum, den nach außen das parietale Blatt 
der Dura mater begrenzt. Diese Haut liegt den 
Knochen des Wirbelkanals und den Wänden der 
Schädelhöhle dicht an, so daß sie auch als Endo- 
rhachis, inneres Periost jener Knochen bezeichnet ; 
wurde; es scheint aber ein solches Periost noch neben „ Topographie des 
: 2 P Stan entral-Nervensystems 
jener Hülle vorhanden zu sein, wenn es vielleicht auch (n. Gaupp.) 
zum größten Teil mit ihr verschmolzen ist. Die Dura 
mater ist schwach pigmentiert, nur da, wo sie mit Knochen in Berührung 
tritt, etwas stärker. 

Das Rückenmark. Der langgestreckte Strang des vorn unmittelbar 
ins Gehirn übergehenden Rückenmarks zeigt an zwei Stellen Anschwellungen, 
nämlich da, wo es die zu den Extremitäten laufenden Nerven verlassen 
(Fig. 13). Hinten verjüngt es sich und ist in einen dünnen Faden, das 
Filum terminale (= Endfaden), ausgezogen. Wie besonders aus dem 
Verhalten der Ursprungsstellen der vom Rückenmark abgehenden Nerven 
hervorgeht, hat dieses bei den Anuren die Tendenz, sich möglichst weit 
nach vorn zu ziehen, eine Tendenz, die sich auch in der Kürze dieses 
Organs zeigt. Das Filum terminale scheint dabei fast nur als Fixations- 
mittel benutzt zu werden, denn es enthält keine nervösen Elemente mehr, 
sondern ist rein bindegewebiger Natur. Vielleicht ist diese Verkürzung des 
Rückenmarks bedingt durch die starken Biegungen, welche der Wirbelsäule 
durch die Verbindung ihres hinteren Teiles mit den Darmbeinen ermöglicht 
sind, wie sie denn auch bei einem anderen Tier, das sich stark einrollen 
kann, dem Igel, ähnlich vorhanden ist. 

In der dorsalen Mittellinie des Rückenmarks verläuft ein schwacher 
Einschnitt, der Suleus medianus dorsalis, den besonders im Bereich der 
vorderen Anschwellung rechts und links eine kleine Einsenkung begleitet. 


Fig. 13. 


EM 
N INA 


RN, 


NS 
RN 


ERIIIN, 


N 
R 


nme 


N. 


Ventral dagegen zeigt das Rückenmark eine tiefe Furche, die Fissura me- 
diana ventralis. 
Machen wir einen Querschnitt durch das Rückenmark (Fig. 14), 
sehen wir, daß es in seiner Mitte von 


u ug einem Kanal, Canalis centralis, durch- 
orsa 


zogen wird und daß der zentrale Teil seiner 
sonst weißlichen Masse grau erscheint. Man 
unterscheidet demnach direkt eine weiße 
und eine graue Substanz. Der Quer- 
schnitt der grauen Substanz (auf neben- 
stehender Figur hell erscheinend) hat etwa 
die Form eines X, in dessen Mittelpunkt 
der Zentralkanal liegt. Die von ihrem mitt- 
leren Teil dorsal und ventral abgehenden 
Fortsätze, die Schenkel des X, entsprechen 


Oberachnitt Fa Pd at natürlich Leisten, welche in der Vierzahl 
Teil des Rückenmarks d.Frosches die weiße Substanz durchziehen. Man nennt 
(n. Gaupp). sie vordere (ventrale) und hintere (dorsale) 

Hörner. 


Das Gehirn. Das Gehirn stellt den vorderen Abschluß des Zentral- 
nervensystems dar und wird gewöhnlich in fünf Teile gegliedert (Gaupp 
unterscheidet deren sechs), welche von hinten nach vorn sind: 

1. Myelencephalon (Nachhirn, Medulla oblongata). . | Rhomb- 

2. Metencephalon (Hinterhirn, Kleinhirn, a encephalon. 

3. Mesencephalon (Mittelhirn, Lobi optici, Corpora 


bigemina). . en Mesencephalan: 
#4. Diencephalon (Zwischenhirn, Thalamencephalon, 
Thalamus opticus) . . Pike: 
5. Telencephalon (Vorderhirn, Großhirn, Cerebrum) 2 hal 
Hemisphaeria cerebri) . ee 
phaeria 


Zwischen dem Hinterhirn und I Mittelhirn liegt anch Gaupp noch 
der Isthmus rhombencephali, der allerdings nur in der Jugend des Frosches 
deutlich gegen die andern Hirnteile abgesetzt ist. Wegen ihres gemein- 
schaftlichen Ursprunges faßt man das Myelencephalon und Metencephalon 
zusammen unter dem Namen Rhombencephalon, und ebenso das Dien- 
cephalon und Telencephalon als Prosencephalon. Zwischen beiden liegt 
das Mesencephalon, das auch schon bei der Entstehung des Gehirns von 
jenen getrennt angelegt wird, wie wir später in dem Abschnitt über die 
Entwicklung noch sehen werden. 


Das Myelencephalon ist die direkte Verlängerung des Rückenmarks, 
von dem es auch durch keine scharfe Grenze getrennt wird. Es verbreitert 
sich nach vorn und gibt einer Anzahl starker Gehirnnerven den Ursprung. 
Ferner sehen wir den Sulcus medianus dorsalis sich in diesem Gehirnab- 
schnitt in eine dreieckige Grube, Fossa rhomboidalis = Rautengrube, 


A 


fortsetzen, welche von einer darüberziehenden dünnen blutgefäßreichen Haut, 
der Tela ehorioidea überdeckt ist. 

Auf das Nachhirn folgt nach vorn zu das Metencephalon, dessen 
ventraler‘ Teil sich äußerlich nicht von den davor- und dahinterliegenden 
Gehirnabschnitten unterscheidet, während sein dorsaler Teil, das Gere- 
bellum, als eine schmale quergestellte Platte die Rautengrube rostal ab- 
schließt. 

Fig. 15. 


N. olfactorius 


= —ZN..0lt. 
Lobus olfaetorius 
Großhirn ——f —Großhirn 
Zwischeniin BYE; —— Traetus opticus 
(aedian die Zirbel- Vz mit Chiasma 
rüse) E/7 —-Mittelhirn, median 


Mittelhirn(dahinter 


die H h 
quer dasKleinhirn) DZ ypopn Ye 


se N. VE 
ENRLN TEE Rue, 1% — N. VII. VIII, mehr 
7 . 
NER median N.VI. 
Hinterhirn Vagusgruppe 
Map I oe N Spin. le 
Rückenmark——- 


| x 
Lobus olfactorius Chiasma Infundibulum N.IV 


Das Gehirn des Frosches (n. Gaupp). 
a. Dorsal-, b. Ventral-, c. Seitenansicht. 


Den kleinen vor dem Cerebellum liegenden, ebenfalls nur dorsal ent- 
wickelten Isthmus rhombencephali überdecken zwei Auftreibungen des 
folgenden Teiles, die Lobi optici, welche die dorsale Partie des Mesen- 
cephalons darstellen. Sie sind zwei längliche blasenförmige Gebilde, deren 
Längsachsen nach hinten in einem Winkel von etwa 90° konvergieren, so 
daß zwischen ihnen ein kleines dreieckiges Stück des Mittelhirns auf einem 
tieferen Niveau bleibt. Hier ist das Gehirn am breitesten. Den unteren 


Teil des Mesencephalons bilden die Peduneuli cerebri, die fast ganz von 
einem nach rückwärts umgebogenen ventralen Fortsatz des folgenden Hirn- 
abschnittes verdeckt werden. Aus dem Mittelhirndach entspringt rechts und 
links je ein Tractus opticus, der an der Seite des Mesencephalons schräg 
abwärts nach vorn verläuft, bis er sich ventral mit dem andern kreuzt und 
das Chiasma nervorum opticorum bildet, von dem dann je ein Augen- 
nerv nach den Sehorganen zieht. ' 

Diese Sehnervenkreuzung liegt schon unter dem vorletzten Hirnabschnitt, 
dem Diencephalon. Hinter dem Chiasma ist der Boden des Zwischen- 
hirns in einen kaudal gerichteten Trichter, das Infundibulum, ausgezogen, 
welches, wie eben erwähnt, bis unter das Mittelhirn reicht. Hinter der 
Spitze dieses Infundibulums liegt eine Drüse, die Hypophysis cerebri. 
Vor der Opticuskreuzung steigt der Zwischenhirnboden allmählich nach vorn 
zu als Lamina terminalis (= Endplatte), die eine vordere Wand des 
Diencephalon darstellt. Auch an der Dorsalseite finden wir zwei allerdings 
nur unansehnliche Auswüchse des Zwischenhirns, den von hinten nach 
vorn umgelegten Zirbelstiel (Epiphysis, Zirbeldrüse) und davor die Para- 
physis. 

Ein paar Vortreibungen rechts und links an der Vorderseite des Dien- 
cephalon bilden das Telencephalon. Seine durch die Fissura sagit- 
talis getrennten Hemisphären sind, wie eine Lateralansicht des Gehirns 
zeigt, stark nach der Dorsalseite aufgewölbt. Vorn schließt sich an jede 
von ihnen ein Lobus olfactorius (Riechlappen) an, abgegrenzt durch eine 
seichte Furche Fovea limbica. Beide Lobi olfactorii sind median mit- 
einander verwachsen. 


Gehen wir nun dazu über, einen vertikal durch die Mitte des Gehirns 
geführten Längsschnitt (Sagittalschnitt) zu betrachten, wie ihn Fig. 16 dar- 
stellt, so sehen wir, daß sich im Innern der besprochenen Abschnitte eine 
Anzahl von Hohlräumen (Ventrikeln) befindet, welche miteinander in Ver- 
bindung stehen. 

In dem Nachhirn erweitert sich der Zentralkanal des Rückenmarks zu 
dem Ventriculus quartus, der mit der erwähnten Rautengrube identisch 
ist. Der dorsal von dem Kanal liegende Teil des Rückenmarks flacht sich 
hier zu einer dünnen epithelialen Lamelle ab, die natürlich, wie ja das 
ganze Zentralnervensystem, noch von der Pia mater bedeckt ist. Beide 
Membranen zusammen bilden die Tela chorioidea, deren innere Ober- 
fläche durch zahlreiche Querfalten vergrößert ist. Die Pia-Lamelle ist reich 
mit fein verästelten Blutkapillaren versehen, so daß der so entstehende 
Plexus chorioideus, wie man eine solche Verflechtung von Blutgefäßen 
nennt, sich stark an der Ernährung der an ihn stoßenden Gehirnabschnitte 
beteiligt. 

Der Ventrieulus tertius liest im Innern des Diencephalon. Er ist 
mit dem Ventriculus IV. verbunden durch einen Kanal, Aquaeductus 
Sylvii (Wasserleitung des Sylvius), der ventral vom Cerebellum und den 


BAR 


Corpora bigemina verläuft. Im Boden des Aquaeductus befindet sich unter 
dem Isthmus rhombencephali eine Vertiefung, die Isthmusgrube. In die 
Lobi optici reichen ein paar Erweiterungen des III. Ventrikels hinein. Das 
Lumen des Infundibulum und dasjenige des ebenfalls hohlen Zirbelstiels 
stehen auch mit ihm in Verbindung. Da wo das Chiasma der Sehnerven 
liegt, springt der Boden des Zwischenhirns als eine breite quere Falte weit 
ins Innere des Ventrikelraumes vor. Ebenso wie das Dach des IV Ven- 
trikels ist auch die Decke des IIl., wenigstens soweit sie vor der Epiphysis 
liegt, zu einem Plexus chorioideus umgewandelt, vor welchem die erwähnte 
Paraphysis emporragt. Schließlich sind auch die beiden Großhirnhemi- 
sphären hohl. Ihre Lumina, die sogar bis in die Lobi olfactorii reichen, 
stellen einen Ventrieulus primus und secundus vor, und hängen mit 
den übrigen Hohlräumen und untereinander zusammen durch einen schmalen 
Durchlaß, das Foramen Monroi (oder interventriculare). Die dicke dor- 
sale Wand der Hemisphären ist der Mantel = Pallium. Ein Corpus 


Fig. 16. 


Lobus Ventrieulus Para- Zirbel- Klein- 
olfactorius I. resp. II. BIyalE m Mittelhirn kim Tela chorioidea 


Ventrieulus III. Gegend des Infundi- Een Aquaeductus Ventriculus IV. 
Chiasma bulum physis Sylvii 


Sagittalschnitt durch das Gehirn eines jungen Grasfrosches (n. Gaupp). 


striatum, wie man eine Verdiekung der unteren seitlichen Großhirnwand 
nennt, ist nur schwach entwickelt als Ganglion basale. Auf einem 
frischen Sagittalschnitt bemerken wir noch eine Anzahl von quergeschnittenen 
Commissuren, das sind Nervenfaserbündel, welche die beiden seitlichen 
Gehirnhälften miteinander verbinden. So finden wir in dem verdickten Teile 
der Lamina terminalis eine solche Commissura pallii anterior, welche 
etwa dem Corpus callosum (Balken) der höheren Vertebraten entspricht. 
Unter ihr liegt in zwei Portionen die Commissura anterior. Dicht hinter 
der Paraphysis verstreicht die Commissura habenularis (oder superior), 
und vor den Lobi optici die Commissura posterior. 

Es erübrigt noch, den Anhangsgebilden des Zwischenhirns einige 
Beachtung zu schenken. Die Epiphysis, der Zirbelstiel, ist ein dünnwan- 
diger Schlauch, der dem Dach des Zwischenhirns direkt aufliegt. Es be- 
gleitet ihn dorsal ein Nervus parietalis, der die knöcherne Schädeldecke 
durchbricht, indem er die Sagittalnaht als Durchtrittsstelle benutzt, und in 
das Pinealorgan oder Corpus epitheliale eintritt, welches in der Haut 

Dr. Hempelmann, Der Frosch. 3 


auf der Mitte des Scheitels liegt. Dieses ist ein uraltes Sinnesorgan, welches 
bei einigen Reptilien noch heute den Bau eines Auges erkennen läßt. (Vgl. 
das in dem Abschnitt „Die Sehorgane“ über dieses Stirnorgan Gesagte. 
S. 48.) 

Die Paraphysis, der Adergeflechtsknoten, ist eine vor der Zirbel ge- 
legene dorsale Ausstülpung des Zwischenhirndaches, die stark vaskularisiert 
(von Blutgefäßen durchzogen) ist, zahlreiche hohle Fortsätze entwickelt hat 
und einen drüsigen Charakter aufweist. 


Fig. 17. 


dorsale Äste 


dorsale 
Wurzel — 


ventrale__ 
Wurzel 


| 
Spinal li 
ERPOIREIB on langer ventraler 


kurze Ast 


ventraleÄste 


Schema der Verästelung eines Spinalnerven 
des Frosches (n. Gaupp). 


Die Hypophysis cerebri (Glandula pituitaria) besteht aus zwei auch 
ontogenetisch scharf geschiedenen Teilen, einer Pars anterior, welche dem 
Infundibulum fest anliegt, und einer Pars posterior, die sich leicht von 
der Umgebung loslöst. Der vordere Teil ist kleiner und besteht im wesent- 
lichen aus zwei seitlichen Lappen, die durch ein schmales Mittelstück ver- 
bunden sind. Der hintere Teil ist voluminöser und verdeckt den vorderen 
fast ganz. 


b) Das periphere Nervensystem. 


Die Rückenmarksnerven. (Fig. 17 u. 18.) Beim erwachsenen 
Frosch sind zehn, selten elf Paar von Spinalnerven vorhanden, welche 
das Rückenmark verlassen und sich im Rumpf und den Extremitäten ver- 


Een en. 


teilen. Jeder dieser Spinalnerven entspringt aus dem Zentralorgan mit zwei 
Wurzeln, von denen, wie entsprechende Versuche gelehrt haben, die dor- 
sale rezeptorisch, sensibel, die ventrale motorisch ist. Kurz vor der Ver- 
einigung beider findet sich in der dorsalen Wurzel eine Anschwellung, das 
Spinalganglion. Die Spinalganglien liegen seitlich von der Wirbelsäule 
immer da, wo die Bögen zweier Wirbel eine Öffnung (Foramen interverte- 
brale) zwischen sich lassen, und ventral von den Processus obliqu. Wenn 
man die Wirbelsäule von der Ventralseite her durch Entfernen der Einge- 
weide freilegt, so erscheinen rechts und links von ihr paarweise gelbweiße 
Körperchen, die sogenannten „Kalksäckchen“, von defien später beim Ge- 
hörorgan, mit welchem sie zusammenhängen, noch die Rede sein wird. Um 
die Spinalnerven, welche in diesen Kalksäckchen liegen, sichtbar zu machen, 
muß man deren Wand öffnen und den in ihnen enthaltenen Kalk mit fünf- 
prozentiger Salpetersäure auflösen. 

Die vorderen Spinalnerven verlassen das Rückenmark etwa in gleicher 
Höhe mit ihren Austrittstellen, der Ursprung der hinteren dagegen liegt 
viel weiter vorn als die von ihnen benutzten Foramina intervertebralia, so 
daß die Nerven innerhalb des Ganalis vertebralis noch ein Stück weit caudal 
laufen. In dem hinteren Abschnitt des Wirbelkanals verstreichen also eine 
ganze Anzahl von Nerven parallel mit dem Rückenmark, so daß eine soge- 
nannte Cauda equina (— Pferdeschwanz) entsteht, an deren Bildung sich 
das Filum terminale beteiligt. Da beim Frosch der erste Spinalnerv nur 
während des Embryonallebens vorhanden ist, so müssen wir den vordersten 
des erwachsenen Tieres mit Nervus spinalis II bezeichnen. Er verläßt den 
Wirbelkanal zwischen dem ersten und zweiten Wirbel. Da durch jedes 
Foramen intervertebrale immer nur ein Nerv austritt, so ergibt sich, daß 
der II. Nerv vor dem dritten, der IV. vor dem vierten Wirbel sichtbar 
wird usw. bis zum X., der das Foramen zwischen Steißbein und neuntem 
Wirbel benutzt. Der Nervus spinalis XI durchbricht das Os coceygis selbst, 
und ebenso der nur sehr selten vorhandene Nervus spinalis XI. 

Gleich nach der Vereinigung seiner beiden Wurzeln teilt sich jeder 
Rückenmarksnerv wieder in dorsale und ventrale Äste, die nun aber nicht 
wie jene entweder rein motorisch oder rein sensibel sind, sondern sowohl 
zentrifugal als zentripetal leitende Fasern enthalten, also ae Natur 
sind, wie man sagt. Die dorsalen Äste innervieren die Haut und die Mus- 
kulatur des Rückens. Die ventralen Äste sind kurze und lange. Erstere 
gehen teils zu den in der Tiefe liegenden Muskeln der Wirbelsäule, teils 
als Rami communicantes (= Verbindungszweige) zum sympathischen 
Nervensystem, das wir noch näher kennen lernen werden; letztere dagegen 
werden in ihrem Verhalten im wesentlichen bestimmt durch die Verschieden- 
heit der Gebiete, welche sie innervieren. Da sie die größten und auffallend- 
sten Nerven des ganzen Tieres sind, müssen wir sie noch etwas näher 
betrachten. 

Einige der langen ventralen Äste stehen untereinander in Verbindung 
und bilden dadurch einen Plexus. Es werden beim Frosch drei große 


Su rn 


Plexusbildungen unterschieden, an denen die einzelnen Nerven in folgender 
Weise beteiligt sind: 


1. Plexus brachialis langer ventraler Ast des N. spin. II, III, IV. 
2. Plexus lumbo-sacralis ) r nie 10%... VI see 
3. Plexus ischio-coceygeus „ { u A X, Xl (ev. XI). 


Die langen ventralen Äste (in diesem Abschnitt meist einfach mit II, III usw. 
bezeichnet) zeigen nun im einzelnen folgendes Verhalten: Der II. begibt sich 
in der Hauptsache auf der Ventralseite der Mundhöhle nach vorn, wo sein 


Fig. 18. 


Plexus brachialis 


IL.—\ 
IV. — 
V— 35 
/4I 
vn 1 
vol | 
pr 1 
% 


II 


N. iliohypogastricus 


Plexus lumbo-sacralis 


en 


Plexus ischio-coceygeus 
N. eruralis } 


a 
—= 


N. ischiadieus — \\ 


Schema des Verlaufs der langen ventralen Äste der Spinalnerven des Frosches 
(n. Gaupp). 


Innervationsgebiet, die Muskeln des Zungenbeins liegen. Dieser Teil ent- 
spricht dem N. hypoglossus der höheren Wirbeltiere. Ein anderer Teil in- 
nerviert Schultergürtelmuskeln, ein dritter geht mit dem langen ventralen 
Ast des N. spin. II die Plexusbildung ein. Dieser II. stellt den Hauptbe- 
standteil des Plexus brachialis dar und ist zugleich der stärkste Nerv des 
ganzen Tieres. Der IV. gibt einen meist nur unscheinbaren Ast an den 
Plexus brachialis ab, indem er sich dem Ill. bis auf geringe Entfernung 
nähert. Mit seinem Hauptteil biegt er nach hinten um und wird so zum 
N. abdominalis I, der noch zwei kleine Zweige an die Schultermuskulatur 


NE. 


abgibt, im wesentlichen aber an der Innervation des M. obliquus externus 
und des M. transversus teilnimmt. Aus dem Plexus brachialis geht der 
Armnerv hervor, dessen Hauptäste der N. brachialis longus inferior (s. ul- 
naris) und der N. brach. long. superior (s. radialis) sind. Sie innervieren mit 
ihren weiteren Verzweigungen die Arm-, Hand- und Fingermuskeln. Der 
V., VI und VII. sind reine Abdominalnerven. Sie ziehen an der Innenseite 
des M. transversus hin, durchbohren ihn schließlich und begeben sich an 
die Ventralseite der Bauchwand, um die dort befindlichen Muskeln zu ver- 
sorgen. Der VII. geht in der Hauptsache in der Bildung des nächsten 
Plexus auf. Nur ein schwacher Teil verläuft als N. iliohypogastrieus nach 
dem M. reetus. Der IX. und X. bilden zusammen mit dem Hauptteil des 
VII. den Plexus lumbo-sacralis (s. cruralis), aus dem zwei Hauptstämme 
resultieren, ein ventraler N. femoralis anterior (s. N. eruralis), der außer dem 
starken Ast des VII. noch einen schwächeren des IX. aufnimmt, und ein 
dorsaler N. femoralis posterior (s. ischiadieus), welcher vom Rest des IX. 
und der Hauptmasse des X. gebildet wird. Der N. cruralis begibt sich in 
mehrere Äste geteilt zwischen die Muskeln des Oberschenkels, während ein 
starker Zweig, der N. cutaneus femoris lateralis, unter der Haut endet. Der 
N. ischiadieus verläuft durch den Oberschenkel, an dessen Muskeln er einige 
kleinere Ästehen abgibt. Kurz vor dem Eintritt in den Unterschenkel gabelt 
er sich in den N. tibialis für die Wadenseite und die Fußsohle, und den 
N. peroneus für die Streckseite des Unterschenkels und den Fußrücken. 
Der X. und XI. bilden den Plexus ischio-coceygeus, an dem sich aber auch 
der N. ischiadieus und einige vom sympathischen Nervensystem kommende 
Rami communicantes beteiligen. Wenn der seltene Fall vorliegt, daß ein 
N. spin. XII. vorhanden ist, so verbindet sich dieser ganz mit dem XI. und 
beteiligt sich auf diese Weise ebenfalls an der Plexusbildung, Aus dem 
letzten Plexus gehen eine Anzahl kleinerer Nerven hervor, welche die Mus- 
keln des Enddarms, der Harnblase usw. innervieren. — Bei den drei 
Plexusbildungen kommen nicht allzu selten Variationen vor, welche auch 
‚darauf hindeuten, daß das Rückenmark jene erwähnte Tendenz zum Vor- 
rücken hat. 


Die Gehirnnerven. Vom Gehirn entspringen elf paarige Nerven und 
‚der bereits erwähnte unpaare N. parietalis. Die meisten dieser Nerven zeigen 
‚dasselbe Verhalten zum Gehirn, wie die Nn. spinales zum Rückenmark; sie 
besitzen motorische und sensible Wurzeln, welch letztere mit Ganglien in 
Verbindung stehen. Dagegen sind die Nerven, welche nach den großen 
Sinnesorganen des Kopfes gehen, rein sensibel. Über Namen, Qualität, Ur- 
sprungsverhältnisse ihrer Wurzeln, Ganglien, Austrittsstellen aus Gehirn und 
Schädelkapsel, sowie das Innervationsgebiet der paarigen Gehirnnerven gibt 
folgende Tabelle Auskunft: 


Qualität 


| (1. Radix anterior nn en A Ineen 
’ ın den Kıieoli- eine Anschwollung aul dem 
L.olfactorius | sens. | zellen a lateral. Abschnitt der Fovea| olfactorium 
2. Rad. posterior limbica 
l.in d. Retina vom Mittelhirndach der Toren 
II. opticus sens. 2.im Mittelhirn (teilw. im - Tractus opticus bis z. Sntänıh 
Zwischenhirn Chiasma,dannOpticus, °P 
III. oculomoto- . . : VentralflächedesPedun-| For. pro N. 
rius mot. im Mittelhirn = culus cerebri oeulomotorio| y 
: im Isthmus rhombence- dorsal,aus dem Velum | For. pro N. 
IV. trochlearis | mot. | phali B* medullare anterius trochleari 
1. Rad. motoriain d. Med.oblong.| & F er 
V.trigeminus gemischt | 2. Rad. sensibil.imGangl.Gasseri| 5 trigemini | lateraler Umfang derRe- 
.irig 4 | B. Ta m amoanhalin im Mittel- = s. Gasseri gio subcerebellaris 
irndac 
5 Sera archg der rn ob- For pro N 
: : : ong. nahe der Mittellinie, . . 
VI.abducens | mot. im Mittelhirn s caudal v. d. Austrittsstelle | V, VI u. VII 
3 d. N. VIII. 
le Se motoria in der Medulla 2 
i i a a ae = iculi Bi: : 
VII. facialis Be 8. Rad, sensibilis Ges 2 geniculi vereinigtausd.Seiten- 
— BD = — ws telen.d..Mednlia.ob- ı —— 
1. Rad. dorsalis im Gangl. acu-|acusticum poste- longata For. acusticum 
VII. acusticus sens sticam posterius rius onga posterius 
u PDS. 2. Rad. ventralis im Gangl. acu-| acusticum ante- For. acusticum 
sticum anterius rius anterius 
IX. glossopha- ) if 
ryngeus 2.+Mot.Wurzelnind.Med. 
| oblong. 2 ö 
X.vagus ge- 3. Sensible Wurzeln im jugulare Seitenteil der Medulla| Foramen 
mischt Gangl. jugulare oblongata Jugulare 
nassen ins 4. Rad. motor. im Cervi- 
calmark 


Ursprungszellen, ‚Kerne 


Ganglion Austrittsstelle aus 


dem Gehirn 


basale Partied.Lobus olfactor. 


(XII. hypoglossus ist ventraler Ast des Nervus spinalis II.) | | 


derSchädelkapsel 


Innervierungsgebiet. 


Geruchsschleimhaut 


Retina 


M. rectus superior, in- 
ferior, medialis 
. obliquus inferior 


M. obliquus superior 


Kopfhaut 
Lid, 
Nasenhöhlen, M. masseter, 


‚ oberes u. unteres 


Haut des Unterkiefers 


M.rectus lateralis 
M. retractor bulbi 


M. depressor mandibulae, 
M. subhyoideus, 
Mundschleimhaut, 

Haut hinter dem Trommelfoll 


Labyrinthorgan 


Zunge und Mundhöhle 


Haut in der Schulterregion, 
Schlundliöhle, 
Kehlkopf,Lunge,Herz, Magen 


M. cucullaris 


Bear 


Über die wichtigsten Ganglien und Hauptverzweigungen der Gehirn- 
nerven sei hier noch folgendes angedeutet. Das Ganglion prooticum 
commune ist ein ziemlich großes gelb gefärbtes Knötchen, das noch inner- 
halb der Schädelhöhle zwischen Labyrinth- und ÖOrbitalregion liegt (Fig. 19). 
Es ist ein Verschmelzungsprodukt aus dem Ganglion Gasseri des Trigeminus 
und dem Ganglion geniculi des Facialis, wie die Ontogenese des Frosches 
lehrt, denn beim jungen Tier finden sich beide Ganglien noch getrennt vor. 
Bei der Ganglienbildung wirken außer den genannten Nerven auch noch der 
N. abducens und das sympathische Nervensystem mit. In das Ganglion 
jugulare, welches außerhalb der Schädelkapsel dicht neben deren Oceipi- 
tale laterale liegt, treten die vier Wurzeln der Vagusgruppe und ebenfalls 
ein Ast des sympathischen Nervensystems. Der N. oculomotorius teilt 
sich, sobald er die Schädelwand durchbrochen hat, in der Orbita in zwei 


Fig. 19. 


Columella auris 


SIIED 


ISIS TS 


Ganglion prooti- 
cum commune 


ISSIIIHSS 
DIISSIIIESTR 


Sympathicus 
Ganglion glosso- 
pharyngei 
Ganglion jugulare 
Ganglion symp.1I. 


Ram. hyomandibu- 
lar. des N. facialis 


N. vagus 


Hypoglossus 


Die wichtigsten Gehirnganglien des Frosches, von der Dorsal- 
seite freigelegt (n. Gaupp). 


Aste, deren oberer den M. rectus superior innerviert, während der untere 
dicht hinter der Gabelungsstelle zum Ganglion eiliare anschwillt, hinter 
welchem er eine Strecke weiter verläuft, um dann den M. rectus inferior, 
medialis und den M. obliquus inferior zu versorgen. Der N. trigeminus 
verläßt das Ganglion prooticum commune in zwei Ästen; der eine, der fast 
rein sensible Ramus ophthalmicus, innerviert die Haut über den Stirnbeinen, 
die des oberen Lids und der Gegend der Nasenhöhlen sowie die Nasen- 
schleimhaut (natürlich ist er nicht der Geruchsnerv). Der andere, der Ra- 
mus mandibularis, gabelt sich nochmals in zwei Hauptzweige, deren oberer 
das untere Lid, die Haut vor und unter dem Trommelfell, die Haut des 
Oberkiefers versorgt, während der untere nach Innervierung der beiden 
Massetermuskeln sich auf den Unterkiefer begibt und an dessen Hautrand, 
sowie an die Haut des Mundhöhlenbodens Zweige abgibt. Der N. facialis 


N —& 


teilt sich gleich nach dem Verlassen des Ganglion genieuli in zwei Äste, 
welche als Ramus palatinus und Ramus hyomandibularis die Mundschleim- 
haut, den hinter dem Trommelfell gelegenen Teil der Kopfhaut, den M. de- 
pressor mandibulae und den M. subhyoideus versorgen. Aus der ins Gan- 
glion jugulare eingetretenen Vagusgruppe gehen hervor: der N. glosso- 
pharyngeus, der durch einen Ast mit dem N. facialis kommuniziert und 
gleich nach dem Austritt aus dem genannten Ganglion ein eignes, das Gan- 
glion glossopharyngei bildet. Er innerviert die Zunge und Mundhöhle. 
Der N. vagus hat wohl das größte Gebiet von allen Gehirnnerven, so daß 
er sich in zahlreiche Äste teilt. Er versorgt die Haut der Schultergegend, 
die Rachenschleimhaut, die Kehlkopfmuskeln, vor allem aber Schlund, Magen, 
Herz und Lunge. Der N. accessorius versorgt den M. cucullaris. Er ver- 
läßt öfters das Ganglion jugulare nicht selbständig, so daß man ihn als 
einen Ast des N. vagus auffassen könnte. 


c) Das sympathische Nervensystem. 


Das sympathische Nervensystem bildet ein System von Ganglienan- 
schwellungen und Nervensträngen neben den bisher besprochenen, mit 
denen es jedoch durch zahlreiche Aste in Verbindung steht. Es ist das 
eigentliche Darmnervensystem, dessen Innervierungsgebiet sich aber nicht 
nur über den ganzen Darm mit seinen Anhängen, sondern auch über die 
Blutgefäße, Exkretions- und Geschlechtsorgane erstreckt. Man kann im all- 
gemeinen sagen, daß die Äste des Sympathieus alle diejenigen Organe ver- 
sorgen, die dem Willen nicht unterworfen sind. Der auffallendste Teil des 
sympathischen Nervensystems sind die beiden Grenzstränge, welche rechts 
und links unter der Wirbelsäule durch den ganzen Rumpf des Frosches 
verlaufen. Jeder Grenzstrang zeigt eine Anzahl von Ganglienanschwellungen, 
die durch die Rami intergangliares untereinander in Verbindung stehen. 
Von den einzelnen Ganglien gehen ein oder mehrere Rami communi- 
cantes zu den Spinalnerven. Wir lernten solche schon als ventrale 
kurze Äste der Rückenmarksnerven kennen. Von N. spin. II bis X sind die 
sympathischen Ganglien streng metamer geordnet, so daß jedem N. spin. 
eines von ihnen entspricht und deshalb die Nummer jenes Nerven erhält. 
Von vorn her münden in das erste Sympathicus-Ganglion zwei feine Nerven, 
von denen einer aus dem Ganglion prooticum commune, der andere aus dem 
Ganglion jugulare kommt. Auf diese Weise ist eine Verbindung auch mit 
dem Kopfnervensystem hergestellt, deren Foige ist, daß einzelne der Gehirn- 
nerven Elemente des Sympathicus beigemischt erhalten. In dem Grenzstrang 
fällt durch seine Größe das Ganglion sympathieum VI auf, welches einem 
großen vom Herzen kommenden Blutgefäß, der Aorta descendens. dort an- 
liegt, wo dasselbe einen starken, Darm, Magen, Leber, Pankreas und Milz 
versorgenden Ast abgibt. Seitlich von diesem Ast verlaufen kräftige Teile 
des Sympathicus, die Nn. splanchnieci, welche sich entsprechend den 
Ästen des Blutgefäßes auf die Eingeweide verzweigen. Die Nn. splanchnici 
gehen vom Grenzstrang zwischen dem IV. und VII. Ganglion ab, und es 


ker He = 


treten die der rechten Seite in Verbindung mit denen der linken, so daß 
hier eine Art Plexus entsteht, der dem Ganglion solare höherer Wirbel- 
tiere entspricht. 

Die Elemente des Nervensystems sind — wie bei allen Organen des 
tierischen Körpers — Zellen und deren Ausläufer. Die meisten dieser 
Nervenzellen, Ganglienzellen liegen in dem zentralen Nervensystem; 
aber auch im Verlaufe der einzelnen 
Nerven können sie auftreten, wo sie 
dann meist zu Ganglien, die wir ja 
als Verdickungen in einem Nerven 
kennen gelernt haben, angehäuft sind; 
endlich finden sie sich noch im Zu- 
sammenhange mit den Sinnesorganen 
als Sinnesnervenzellen und als 
Sinnesepithelzellen. Da die letz- 
teren je nach dem Organ, dem sie Neurit 
angehören, verschieden gebaut sind 
und zugleich den wesentlichsten Teil 
desselben ausmachen, so werden wir 
sie erst bei den einzelnen Sinnes- 
organen besprechen. Die folgende 
Beschreibung bezieht sich also nur 
auf die Elemente der nervösen Zen- 
tralorgane und der peripheren Nerven. 

Unter den Ganglienzellen finden 
wir bald bläschenförmig abgerundete 
mit nur einem oder zwei Fortsätzen, 
bald solche, deren Körper nach allen 
Seiten pseudopodienartig ausgezogen 
erscheint, so daß man unipolare, bipo- 
lare und multipolare unterscheiden 
kann, welche alle mit einem Kern 
versehen sind. Gewöhnlich zeichnet 
sich ein Fortsatz der Zelle durch 
seine Länge aus; man nennt ihn den 


Ach 2 “tl; pn Schema einer Nervenzelle (n. Stöhr aus 

kt Pine: I rn K.C. Schneider). Die Myelinscheide des 
meist senkrecht von ıhm abgehende Neurits punktiert,dieSchwannsche Scheide 
kleinere Fortsätze, die Collateralen schwarz. 


(Paraxone) entsenden kann. Dieübrigen 

von den multipolaren Ganglienzellen ausgehenden baumförmig verästelten 
Zweige sind die Dendriten zum Unterschied von dem Achsenzylinder, 
den man hier auch Neurit nennt. Bei entsprechender Behandlung mit 
Reagentien und unter sehr starker Vergrößerung sieht man in dem Achsen- 
zylinder eine Anzahl feinster Fäden, die Neurofibrillen verlaufen, die sich 


Fig. 20. 


Dendriten 


Collaterale 


Schnürring 


“ _Endbäumchen 


ee 


in der Nervenzelle nach den Dendriten verteilen, wo sie sich wieder unter 
ähnliche Fasern mischen, die aber nur von Dendriten zu Dendriten ziehen. 
Da diese letzterwähnten Fibrillen den Körper der Ganglienzellen ebenfalls 
durchsetzen, so kommt in diesem ein Flechtwerk zustande, welches oft 
ganz bezeichnend mit dem Schienennetz eines Rangierbahnhofes verglichen 
worden ist (Fig. 20). 

Innerhalb des Zentralnervensystems verlaufen die Achsenzylinder meist 
als einfache Bündel von Neurofibrillen, in den Nerven aber, welche aus 
Achsenzylindern zusammengesetzt sind, werden sie von einer oder zwei 
Hüllen umgeben, nämlich von der äußeren Schwann’schen Scheide 
(Neurilemma) und meist noch von der inneren Markscheide (Myelinscheide), 
die wegen ihrer starken Schwärzung durch Osmiumsäure leicht nachweisbar 
ist. Nach dem Vorkommen dieser Hüllen teilt man die Nervenfasern direkt 
ein in markhaltige (doppeltkonturierte) mit beiden Scheiden, und in 
marklose (einfach konturierte, Remak’sche), bei denen nur die Schwann’sche 
Scheide existiert. Die peripherischen Nerven des 
Frosches sind alle markhaltig, die des sympathischen 
Nervensystems dagegen marklos. Die Schwann’sche 
Scheide, die im Gehirn und Rückenmark fehlt, ent- 
hält vereinzelt Kerne und ist in bestimmten Abstän- 
den bis auf den Achsenzylinder eingeschnürt, so 
{ daß die Markscheide dadurch in einzelne zylinder- 
FE Schwann’sche förmige Stücke zerfällt. Man nennt diese Einschnitte 
7a) Scheide Ranvier'sche Schnürringe (Fig. 20 u. 21). — 

An ihrem distalen Ende sind die dort wieder schei- 
denlos verlaufenden Achsenzylinder aufgelöst in die 
Endbäumchen (Endpinsel), welche sich an die zu 
ni innervierenden Muskeln, Drüsen usw. anlegen. 
Ranvier'scher Schnür- Die Ganglienzellen im Zentralnervensystem stehen 
ring v. Frosch (n. Bethe b 5 r . . 
und Mönckeberg aus untereinander durch ihre Ausläufer in Verbindung, 
K. C. Schneider). wobei es noch fraglich ist, ob die Neurofibrillen zweier 
Zellen sich nur berühren, oder ineinander übergehen. 
Die Anhänger der Theorie, welche meint, daß jede Ganglienzelle eine isoliert 
dastehende Einheit sei, die nur sekundär in Berührung mit einer anderen 
solchen tritt, bezeichnen diese von der Zelle mit ihren sämtlichen Fort- 
sätzen repräsentierte Einheit als Neuron. Nicht alle Nervenzellen senden 
ihre Neuriten in periphere Nerven. Viele liegen mit allen ihren Teilen ganz 
im Zentralorgan und bilden vermittels ihrer Ausläufer ein Verbindungsglied 
zwischen zwei anderen Ganglienzellen, so daß man sie Schaltzellen (Asso- 
ziationszellen) nennt. 

Einen festen Halt bekommen die einzelnen Anhäufungen von Ganglien- 
zellen durch sogenannte Glia- oder Stützzellen (Neuroglia), die überall 
reich verästelt zwischen jenen liegen. Sie sind ebenso wie das an manchen 
Stellen, z.B. in der Umgebung des Rückenmarkkanals auftretende Ependym- 
gewebe, eine besondere Art von Bindegewebe. 


N 


Während es ganz ausgeschlossen ist, hier auf den höchst komplizierten 
histologischen Bau des Gehirns einzugehen (vergl. Edinger, Nervöse Zentral- 
organe und Gaupp, Anatomie des Frosches), soll wenigstens das Wichtigste 
über die Histologie des Rückenmarks und der von diesem entspringenden 
Wurzeln der Spinalnerven gesagt werden. Das mikroskopische Bild eines 
Querschnittes durch das Rückenmark (Fig. 14, S.30) zeigt die graue Substanz 
aus einer großen Menge von Ganglienzellen und Nervenfasern, die weiße 
Substanz dagegen hauptsächlich aus markhaltigen Fasern zusammengesetzt, 
die in der Längsrichtung des Rückenmarks verlaufen, und zwischen denen 
zahlreiche Zellen regellos verstreut sind. Ein aus Ependymfasern gebildetes 
Septum und die ventrale Fissura mediana teilen die weiße Substanz in eine 
rechte und linke Hälfte. Die vorderen und hinteren Hörner der grauen 
Substanz scheiden die longitudinal verlaufenden markhaltigen Fasern der 
weißen Substanz in drei Stränge, einen Funiculus dorsalis, lateralis und 
medialis. Über und unter dem Zentralkanal sind die Fasern und Zellen 
der beiden Rückenmarkshälften durch eine Commissura dorsalis resp. ven- 
tralis, die Fasern der Ventralstränge der weißen Substanz außerdem noch 
durch die Commissura ventralis alba miteinander verknüpft. In den vorderen 
Hörnern der grauen Substanz liegen Ganglienzellen, von welchen die Fasern 
der ventralen, motorischen Wurzeln der Spinalnerven ausgehen; sie bilden 
dort die sogenannten „Kerne“ jener Wurzeln. Die Fasern der dorsalen, 
sensiblen Wurzeln dagegen dringen etwas dorsal von den hinteren Hörnern 
in die weiße Substanz ein. Sie enthalten, wie ja alle Nerven, Achsen- 
zylinder, welche sich, sobald sie das Rückenmark erreicht haben, in zwei 
Aste gabeln, von denen der eine in der weißen Substanz rostral, der andere 
eaudal verläuft, indem sie hier und da die erwähnten kurzen Seitenäste, die 
Collateralen in die graue Substanz entsenden, in welcher sie auch selbst 
unter Aufteilung in viele feine Zweige enden. Die Zellen, von welchen die 
Achsenzylinder der dorsalen Wurzeln ausgehen, bilden die Spinalganglien. 
Sie haben alle die Eigentümlichkeit, daß von ihnen nur ein einziger Fortsatz 
entspringt, der sich teilt und den einen Ast in jene Wurzel schickt, den 
anderen dagegen in den aus der Vereinigung mit den Fasern der ventralen 
Wurzel resultierenden Spinalnerven gemischter Qualität. 

Im sympathischen Nervensystem verlaufen sowohl eigne (autochthone) 
Fasern desselben, die, wie wir sahen, alle marklos sind und aus Ganglien- 
zellen dieses Systems selbst stammen, als auch sensible und motorische 
Fasern des Cerebrospinalnervensystems. Die autochthonen Fasern des 
sympathischen Nervensystems sind niemals sensibel, sondern stellen die 
motorischen Eingeweidefasern II. Ordnung dar, im Gegensatz zu 
denen I. Ordnung, welche durch die motorischen Beimischungen des CGerebro- 
spinalnervensystems gebildet werden. Die Fasern des Sympathicus inner- 
vieren entweder selbständig ihre Endgebiete, oder treten in sie durch Ver- 
mittelung cerebrospinaler Nerven ein. Häufig sind in die Plexus der Sym- 
pathicusäste oder in den Verlauf einzelner Gehirnnerven sympathische 
Ganglienzellen eingeschaltet, die sich von den übrigen Nervenzellen dadurch 


a N 


unterscheiden, daß sie nur einen einzigen, geraden Fortsatz haben, der von 
einer Spiralfaser umwunden ist. 


d) Die Sinnesorgane. 

Die Sinnesorgane werden nach ihrer Funktion eingeteilt in: Organe des 
Hautsinnes (hauptsächlich Tastorgane, vielleicht auch Geschmacksorgane), Ge- 
ruchsorgane, Gehörorgane, eng mit ihnen verknüpft die statischen Organe 
(hier unter dem Namen Labyrinthorgane zusammengefaßt), und Sehorgane. 
Sie dienen dazu, Reize, welche sie treffen, dem an sie herantretenden sen- 
siblen Teile des peripherischen Nervensystems und damit auch dem Zentral- 
nervensystem zu übermitteln. Die Elemente, mit welchen sie diese Reize 
aufnehmen, zeigen im Prinzip alle den gleichen Bau, wenn sie auch je nach 
dem Organ, dem sie angehören, verschieden sind. Wir haben es immer 
mit Sinneszellen zu tun, welche in den Sinnesorganen epithelartig an- 
geordnet sind und an ihrem distalen Ende die eigentlich perzipierenden Ge- 
bilde in Form von starren Stäbchen oder beweglichen Protoplasmawimpern 
tragen, während an ihr proximales Ende ein feiner Zweig des Nerven tritt. 
Nur in der Haut kommen neben den Sinneszellen auch freie Nervenendigungen 
vor, die auch ohne Vermittelung jener Reize aufzunehmen scheinen. 

Die Organe des Hautsinnes (Tastsinnes, Temperatursinnes, Ge- 
schmackssinnes). 

In der Epidermis der Froschhaut finden sich überall fein verzweigte 
Nerven, die dort frei mit einem sogenannten „Endknöpfchen“ zwischen den 
Epidermiszellen als letzte Ausläufer von Spinalnerven endigen. Zwar stehen 
viele von ihnen mit verästelten Zellen im Corium in Verbindung, doch 
scheinen diese nur Scheidenzellen zu sein; wohl nicht sind sie, wie man 
auch behauptet hat, Sinnesnervenzellen. 

Auf der Oberseite des Körpers und an den Fußsohlen existieren kleine 
dunkle Flecke in der Haut, die als Tastflecke aufgefaßt worden sind, da 
in ihnen Nerven endigen. Die Sinneszellen liegen in Haufen im Corium, 
doch so, daß sie durch Bindegewebe voneinander getrennt werden. Eine 
Ähnlichkeit mit diesen Tastflecken haben die ebenfalls mit Nerven in Ver- 
bindung stehenden Brunstwarzen, die beim weiblichen Frosch zur Zeit 
der Brunst auftreten. Ob alle diese Organe des Hautsinnes nur reine Tast- 
empfindung, oder vielleicht auch Kälte- und Wärmeempfindung, oder ob 
einzelne von ihnen speziell für Temperaturempfindungen da sind, ist noch 
völlig unbekannt. 

In der Schleimhaut der Mundhöhle und der Zunge des Frosches 
kommen Sinnesorgane vor, die man Endscheiben genannt hat. Manche 
Autoren sehen in ihnen Geschmacksorgane, doch scheint es richtiger, 
auch sie als Tastorgane aufzufassen. Sie werden innerviert vom N. glosso- 
pharyngeus und N. facialis. Wir haben es bei ihnen mit plattenförmigen 
Epithelien zu tun, die sogar auf besonderen Erhebungen, Papillen der Haut 
stehen können. Die Nerven enden frei oder mit Endplatten zwischen den 
verschiedenartigen Zellen, welche die Endscheiben sonst noch aufbauen. 


a 


Schließlich seien hier noch die freien Nervenendigungen in den inneren 
Organen des Frosches erwähnt, wie sie sich am Herzen, an der Lunge, an 
der Harnblase, in den Muskeln und Sehnen finden und, soweit sie nicht 
motorischer Natur sind, wahrscheinlich als eine Art innerer Tastorgane die 
jeweiligen Zustände dieser Organe, wie Gefüllt- oder Leersein, Gespannt- 
oder Schlaffsein usw., dem Gesamtnervensystem übermitteln. 

Das Geruchsorgan. Das Epithel, welches beim Geruchsorgan die 
Reize aufnimmt, ist die Riechschleimhaut der Nasenhöhle. Es setzt sich 
zusammen aus den eigentlichen Riech- 
zellen, den Stützzellen und den Basal- Fig. 22. 
zellen. 

Die Riechzellen haben eine ver- 
schiedene Länge, reichen aber immer 
bis an den äußeren Rand des Epi- 
thels; sie besitzen einen deutlichen 
Kern und tragen an ihrem äußeren 
Ende ein Büschel von feinen Härchen. 
Ihr anderes Ende ist in einen feinen 
Fortsatz ausgezogen, der in eine Faser 
des hier vielfach verzweigten N. ol- 
factorius übergeht. Man hat die Riech- 
zellen nach ihrer Form in Schultzesche 
Riechzellen, Riechstäbehen und Riech- 
zapfen eingeteilt (Fig. 22). 

Die Stützzellen reichen vom 
äußeren bis zum inneren Rande des 
Epithels und tragen auf ihrer Außen- 


E - C. 
Nervöse Elemente aus der Riechschleim- 
haut des Frosches (n. Dogiel aus Gaupp.) 


a. Zwei Schultzesche Riechzellen mit Riech- 


fläche Wimperbüschel, die länger sind härchen. 
BeeHarch der Bi : b. Stützzelle mit etwas collabiertem, schleimigem 
als die Härchen der Riechzellen. Sie äußeren Fortsatz (rechts)undanliegendem Riech- 
1 ı Ark stäbchen (links). 
sind Schleimzellen, Sn also ec. Etwas collabierte Stützzelle (rechts) mit an- 
einen Schleim in die Nasenhöhle, liegendem Riechzapfen (links). 


welcher diese immer feucht erhält. 

Die Basalzellen, welche die Form flacher Sterne haben, liegen in 
der Tiefe des Epithels auf dem darunter verstreichenden Bindegewebe. 

Das Labyrinthorgan. Das Labyrinthorgan umfaßt eigentlich zwei 
Sinnesorgane, nämlich das Gehörorgan und das Gleichgewichts- oder Raum- 
orientierungsorgan (statisches Organ). Es liegt in der vom Oceipitale laterale 
und Prooticum gebildeten Ohrkapsel, der nach ihın benannten Labyrinth- 
region (Fig. 23). Diese Ohrkapsel, das knöcherne Labyrinth, steht durch 
eine Öffnung, die Fenestra vestibuli, welche der Fenestra ovalis unseres 
Öhres entspricht, in Verbindung mit einem davor gelegenen Raum, der 
Paukenhöhle (Cavum tympani), die von der Außenwelt durch das Trom- 
melfell (Tympanum) abgeschlossen ist. Das Tympanum wird in Spannung 
gehalten durch einen kreisförmigen Skelettring, den Annulus tympanicus. 
Von dem Trommelfell zieht das erwähnte Hörknöchelchen, die Columella 


EN; ge 


auris, durch die Paukenhöhle und verschließt mit seinem hinteren Teile die 
Fenestra vestibuli. Die Columella selbst besteht aus einem dünnen Stäbchen, 
dem Plektrum, und einem hinteren Teile, dem Operculum, das unserem 
Steigbügel, Stapes, entspricht. Die Schallwellen, welche das Trommelfell 
treffen, bewegen mit diesem zugleich das Hörknöchelchen, das dann die 
Erschütterungen durch die Fenestra vestibuli dem Gehörorgan, welchss in 
dem häutigen Labyrinth enthalten ist, übermittelt. Dieses letztere ist 
ein kompliziertes bläschenförmiges Gebilde, das in der Ohrkapsel, dem 
knöchernen Labyrinth, gelegen ist und in dessen Wänden an acht ver- 
schiedenen Stellen der Gehörnery endet. Wir können an dem häutigen 
Labyrinth (Fig. 24) im wesentlichen zwei Teile unterscheiden, den größeren 
Utrieulus und den kleineren Sacculus, die beide miteinander kommuni- 
zieren. Am Utriculus finden sich die drei Bogengänge (halbzirkelförmigen 


Fig. 23. 
Labyrinth 


Annulus tymp. 


a7 N) 
Plexus chori- ER G ZN 


ideus \ N 
CN ION 


Medulla obl.— a, = 


EZ 


N. VIII. 


Zungenbein 


Sternum Fenestra ovalis Tuba Eustachii 


Schemat. Querschnitt durch den Kopf des Frosches, um den Zusammenhang 
der einzelnen Teile des Labyrinthorgans zu zeigen (n. Parker u. Haswell). 


Kanäle), deren Ebenen ungefähr senkrecht aufeinander stehen, so daß wir 
je einen vorderen und hinteren vertikalen und einen seitlichen (äußeren) 
horizontalen Bogengang unterscheiden können. Die Ebene des vorderen 
Bogenganges liegt nicht genau parallel zur Längsachse des Kopfes, sondern 
bildet mit ihr einen nach vorn offenen Winkel von ungefähr 45°, woraus 
dann die Anordnung der übrigen Bögen von selbst folgt. An seiner Ein- 
mündung in den Utriculus ist jeder Bogengang bläschenförmig erweitert zu 
einer Ampulle. Auch der Sacculus hat einige blindsackartige Erweiterungen, 
die Lagena, die Pars basilaris, die Pars negleceta und das Tegmen- 
tum vasculosum. Ein feiner Kanal, der Ductus endolymphaticus, 
verläuft von ihm aus bis in die Schädelhöhle, wo er in den Saccus endo- 
Iymphaticus mündet, dessen Ausläufer den Wirbelkanal durchziehen und 
in den Kalksäckchen rechts und links von der Wirbelsäule enden. Alle 
Teile des häutigen Labyrinths sind angefüllt mit einer Flüssigkeit, der Endo- 


ee, we 


Iymphe, außen sind sie umspült von der Perilymphe, welche sich 
zwischen dem häutigen und dem knöchernen Labyrinth befindet. 

Der N. acusticus endigt in den drei Cristae acusticae der Ampullen, 
sowie an fünf anderen Stellen des Utriculus, des Sacculus, der Lagena, 
der Pars neglecta und der Pars basilaris.. Wegen ihres besonderen Baues 
werden drei von diesen unter dem Namen Otolithenapparat zusammen- 
gefaßt. Dem Sinnesepithel ist nämlich bei ihnen eine Membran aufgelagert, 
in und über welcher zahlreiche Kalkkörnchen zu finden sind, welche Oto- 
lithen (Ohrsteine) oder besser Statolithen genannt werden. Aus der 
Übereinstimmung mit den gleichen Organen anderer Tiere, deren Funktion 
man besser kennt, und aus experimentellen Untersuchungen geht hervor, 
daß das eigentliche „Hörorgan* wahrscheinlich nur durch die Nerven- 


Fig. 24. 
Ductus endolymphaticus 


hinterer Bogengang 
7 
vorderer Bogengang 


7 \ Hl 
N 
G 


B 
UM 


Ast des Hörnerven 


Sacculus 


Häutiges Labyrinth vom Wasserfrosch, von innen (n. Retzius). Der horizontale 

Bogengang ist verdeckt. Der Kanal, welcher vom Sacculus nach oben zieht, ist 

der Ductus endolymphaticus. Das darunter liegende Gebilde, zwischen vorderer 

und hinterer Ampulle ist der Utriculus. Zwischen diesem und dem Sacculus der 
durchschnittene Hörnerv. 


endigungen in der Macula neglecta und im der Papilla basilaris re- 
präsentiert wird, und daß die übrigen Sinnesepithelien zur Aufnahme der 
Reize dienen, welche durch die Veränderung der Lage im Raum hervor- 
gerufen werden, und durch deren Übermittelung an die nervösen Zentral- 
organe zur Orientierung im Raum und zur Erhaltung des Körpergleichgewichts 
beitragen (daher statisches Organ), wenn auch bei ihnen nicht ausgeschlossen 
ist, daß wenigstens das eine oder das andere von ihnen mit an der Auf- 
nahme von Schallreizen teilnimmt. Dabei ist die Anordnung der Bogen- 
gänge in den drei Dimensionen des Raumes von Bedeutung, denn bei jeder 
Bewegung des Kopfes wird die in ihnen enthaltene Endolymphe, die nach 
dem Gesetz der Trägheit (Beharrungsgesetz) ihre Lage im Raum bei- 
zubehalten sucht, in den Kanälen bewegt und übt dadurch einen Reiz auf 


PR N ge 


die Sinnesepithelien aus. Ebenso werden die Otolithen, welche durch die 
Schwerkraft nach unten gezogen werden, bei jeder Drehung des Kopfes auf 
eine andere Stelle ihrer nervösen Unterlage drücken; dabei ist bemerkens- 
wert, daß auch die Otolithenapparate senkrecht zueinander liegen, und zwar 
sind, wie bei den Bogengängen, zwei vertikal, einer horizontal. 

Betrachten wir nun noch kurz die Sinnesepithelien des Labyrinth- 
organs. Wir finden sie zusammengesetzt aus Sinneszellen und Stützzellen. 
Die Sinneszellen, sogenannte Haarzellen, tragen an ihrem äußeren Ende 
sehr lange feine Härchen, während an ihr anderes Ende der Nerv herantritt. 
Über den Haaren liegt meist noch eine cuticulaartige Deckmembran, die auf 
ihrer Unterseite mit einer Gallerte bedeckt ist, in welche die Hörhärchen 
hineinragen. Die Stützzellen erscheinen meist in lange Fäden ausgezogen. 
In dem Epithel kommen auch freie Nervenendigungen vor. 

Im Anschluß an das Labyrinthorgan seien hier nochmals die Kalk- 
säckchen erwähnt, in welchen die Spinalganglien liegen, und welche mit 
dem Innern des häutigen Labyrinths durch den Saccus und den Ductus 
endolymphaticus in Verbindung stehen. Ihre Bedeutung ist nicht ganz sicher. 
Vielleicht sind sie als Kalkreservoirs wichtig für den Knochenbau, die Stoff- 
wechselvorgänge oder die Erzeugung der Geschlechtsprodukte. 

Die Sehorgane. Beim Frosch funktionieren als Sehorgane die beiden 
Augen; seiner ursprünglichen Bedeutung nach ist aber auch das Parietal- 
organ als ein rudimentäres Sehorgan aufzufassen. 

Das Stirnorgan (Corpus epitheliale, Parietalorgan) liegt im Corium 
der Stirnhaut zwischen den beiden Augen, wo es als heller, etwas er- 
habener Fleck meist schon äußerlich sichtbar ist. Es verhält sich bei den 
einzelnen Froscharten verschieden; am deutlichsten ist der Stirnfleck beim 
Grasfrosch. Besonders anschaulich kann man sich das Vorhandensein des 
Stirnorgans machen, wenn man die abgelöste Haut des Kopfes straff aus- 
gespannt gegen das Licht hält, wo es dann als helle Stelle sofort sichtbar 
wird. Das Parietalorgan des erwachsenen Frosches ist eine von Zellen 
völlig erfüllte Kapsel, während es bei jungen Tieren einen Hohlraum enthält. 
Da es in seiner Anlage ähnlichen Organen höherer Wirbeltiere, besonders 
der Reptilien entspricht, muß man es für ein rudimentäres Sehorgan halten, 
denn die Parietalorgane jener sind rückgebildete Sehorgane. Es tritt der 
beim Gehirn erwähnte N. parietalis an das Organ heran, und da dieser 
markhaltige Nervenfasern führt, könnte man meinen, daß es noch in irgend 
einer Weise funktioniert. Bestärkt wird diese Annahme durch die Befunde, 
die man in neuester Zeit an unserer gemeinen Eidechse und der Blind- 
schleiche gemacht. hat. Bei diesen sind nämlich alle Anzeichen dafür da, 
daß ihr Parietalauge funktioniert, wobei allerdings der Grad der Fähigkeit, 
Lichtreize zu perzipieren, noch unbekannt ist (Nowikoff. 1907). 

Die Augen. Die Wände des annähernd kugeligen Augapfels (Bulbus 
oculi) bestehen aus mehreren Schichten (Fig. 25). Die äußerste ist die 
bindegewebige Sclera (Sclerotica), welche durch eingelagerten hyalinen 
Knorpel dem ganzen Augenbulbus einen festen Halt gewährt. Sie setzt 


ma 


sich nach hinten, wo der Sehnerv ins Auge eintritt, als dessen Umhüllung 
‘ (Tuniea fibrosa) fort; vorn auf der nach außen gewandten Seite des Auges 
ist sie etwas stärker gewölbt und bildet die durchsichtige Cornea (Horn- 
haut). Unter der Sclera befindet sich die Ghorioidea (Aderhaut), die 
reich an fein verästelten Blutgefäßen ist und durch eingelagertes Pigment 
schwarz erscheint. Auch sie setzt sich als eine unter der Tunica fibrosa 
gelegene Umhüllung des Augennervs bis zu dessen Eintritt ins Gehirn fort, 
wo sie in die primäre Gefäßhaut (Pia mater) des Zentralnervensystems über- 
geht. Unter der Cornea nimmt die Ghorioidea einen anderen Charakter an; 
sie ist flacher gewölbt, so daß ein Zwischenraum zwischen ihr und der 
Hornhaut entsteht, und hat vorn unter der Mitte der Cornea eine ovale 
Öffnung, die Pupille. Dieser veränderte Teil der Aderhaut ist die Iris 
(Regenbogenhaut), die von außen gesehen auf schwarzem Grunde goldig 
glänzt. Durch Muskeln, die radiär und konzentrisch in ihr verlaufen, kann 


Fig. 25. 


Linse 


Cornea 
BE 


Chorioidea 


Meridionalschnitt des Froschauges (n. Retzius aus Gaupp). 


die Pupille erweitert oder verengt werden, wie die Öffnungen der nach ihr 
benannten Irisblenden unserer optischen Apparate. Um den Rand der Iris 
verläuft ein nach innen verdickter ringförmiger Teil der Chorioidea, das 
Corpus ciliare. 

Der Augenbulbus wird innen ausgekleidet von der dritten Schicht, der 
Retina (Netzhaut), in welcher der N. optieus endet. Sie enthält die ner- 
vösen Endapparate und ist sehr kompliziert gebaut, wie wir nachher sehen 
werden. In ihren vorderen Teil reichen die Opticusfasern nicht, so daß sie 
dort nicht lichtempfindlich ist; sie überzieht vielmehr das Corpus ciliare und 
die Unterseite der Iris als mehr oder weniger deutliches Epithel. Natürlich 
hat auch sie einen der Pupillenöffnung entsprechenden Ausschnitt. Der Seh- 
nerv durchbohrt sämtliche Hüllen des Auges und breitet seine Fasern auf 
der dem Lichte zugewandten Seite der Netzhaut aus. Die Stelle seines Ein- 
tritts liegt nicht genau auf dem Schnittpunkt der Augenachse mit der Bul- 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 4 


a... 


buswand und wird, da sie unempfindlich gegen Licht ist, der blinde Fleck 
(Papilla nervi optiei) genannt. Etwas dorsal von ihr liegt die Stelle des 
schärfsten Sehens (Area centralis retinae), welche der Macula lutea, dem 
gelben Fleck des Säuger-Auges entspricht. 


Hinter der Sehöffnung befindet sich die beinahe kugelige Linse, welche 
nach dem Corpus ciliare verlaufende Fasern (Zonula ciliaris s. Zinnii) in 
ihrer Lage halten. Den Raum zwischen der Linse und der Retina füllt der 
Glaskörper (Corpus vitreum) aus. Zwischen 
Cornea und Iris liegt die vordere Augen- 
kammer, zwischen Iris und Linse die 
—Stäbehen hintere Augenkammer, beide angefüllt 
mit einer wässerigen Flüssigkeit. Alle die 
it Zapfen in der Längsachse hintereinander liegenden 
Teile des Auges stellen lichtbrechende Me- 
dien dar, welche die einfallenden Licht- 
strahlen so ablenken, daß auf der im Augen- 
hintergrund befindlichen Retina ein mehr 
oder weniger deutliches Bild entworfen wird. 
Ein scharfes Einstellen, etwa durch Ver- 
änderung des Linsenabstandes von der Netz- 
haut oder durch Veränderung des Krüm- 
mungsradius der Linse, also eine Akkom- 
modation, scheint nicht möglich zu sein. 
Das Auge des Frosches ist auf dem Lande 
wahrscheinlich etwas kurzsichtig, im Wasser 
dagegen so weitsichtig, daß das Tier nur 
undeutliche Bilder sehen kann. 

Wenn wir uns nun die Retina auf 
einem Schnitt näher ansehen, so finden 
wir sie aufgebaut aus zwei Teilen, einem 
Schnitt durch die Retina des Wasser- äußeren, der Chorioidea zugewandten, der 
frosches (n. W. Müller aus Gaupp). dünn ist und viel Pigment enthält, dem 

Pigmentblatt (Tapetum), und einem inne- 
ren, der eigentlichen Netzhaut, die eine Anzahl von Schichten erkennen 
läßt (Fig. 26), die von der der Aderhaut zugewandten Seite angefangen 
folgende Benennungen haben: 


1. Stäbchen- oder Zapfenschicht, 6. innere retikuläre Schicht, 
2. äußere Grenzmembran, 7. Ganglienzellschicht, 

3. äußere Körnerschicht, 8. Nervenfaserschicht, 

4. äußere retikuläre Schicht, 9. innere Grenzmembran. 
5. innere Körnerschicht, 


Er: 


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Die eigentlichen lichtperzipierenden Elemente haben wir in den Stäbchen 
und Zapfen zu sehen, welche also am weitesten von der Eintrittsstelle des 
Lichtes ins Auge entfernt sind, so daß die Lichtstrahlen erst sämtliche 


NE, eu 


Schichten der Netzhaut durchdringen müssen, ehe sie an dieselben gelangen 
(invertierter Augentypus). Sie sind die Fortsätze von Zellen, die etwas 
tiefer liegen und bis zur äußeren retikulären Schicht reichen können. Nach 
der Farbe der frischen Stäbchen unterscheidet man rote und grüne. Sie 
ragen bis in das Pigmentblatt der Retina hinein. Etwas kürzer als die 
Stäbchen sind die Zapfen. 

Eine sehr ausführliche Darstellung der Einzelheiten in der Anordnung 
und dem Bau der Retina gibt 
Gaupp in seiner „Anatomie des Fig. 27. 

Frosches“, auf die hier verwie- SEE 
sen werden muß. 

Es seien an dieser Stelle 
noch einige Hilfsapparate 
des Auges erwähnt. Die Mus- 
keln, welche den Augapfel be- 
wegen, wurden bereits be- 
schrieben. Die äußere Haut 
verläuft auch über das Auge 
als natürlich äußerst dünne 
durchsichtige Membran (Con- 
junctiva). Diese bildet oben 
und unten eine Falte, oben Schematischer transversalerVertikalschnittdurch 


das unbewegliche Augenlid die Augengegend, um das Verhalten der zurück- 
(oberes Lid), unten die Nick- geschlagenen Nickhaut zu zeigen (n. Gaupp). 


Yan 
! NENNT 
lttreerreuggy 


haut, deren basaler Teil auch 
als unteres Lid bezeichnet wird. Die Nickhaut ist eine dünne, durchsichtige 
Membran, welche durch eine Sehne über das Auge geschlagen werden kann. 
Diese Sehne ist so eigenartig befestigt, daß sie in Funktion tritt, sobald der 
Augapfel gesenkt wird. Dagegen kann die geschlossene Nickhaut selbständig, 
auch ohne Bewegung des Augapfels herabgezogen werden durch einen Teil 
des M. levator bulbi, den M. depressor membranae nictitantis. In 
dem inneren der Nase zugewandten Winkel der Orbita liegt die Harder’sche 
Drüse, deren Sekret dazu dient, das Auge feucht zu erhalten und das 
Gleiten der Nieckhaut auf dem Bulbus zu erleichtern. Ein auf dem unteren 
Lid mit zwei feinen Röhrehen beginnender Tränennasengang, der in die 
Nasenhöhle mündet, führt die abfließende Feuchtigkeit aus dem Auge hinweg. 
Technische Bemerkung. Ein Übersichtsbild der wichtigsten Nerven er- 
hält man nach Entfernung der Eingeweide von der Ventralseite her. Es liegen 
dann die langen ventralen Äste der Spinalnerven von ihrem Austritt aus dem 
Rückenmarkskanal offen zutage. Sie brauchen nur noch weiter zwischen die 
Muskeln verfolgt zu werden, am besten nach Einlegen des Präparats in 70- bis 
80prozentigen Alkohol oder dreiprozentiges Formol. Die Gehirnnerven sind etwas 
schwieriger unter den harten Teilen des Schädels herauszupräparieren. Um das 
sympathische Nervensystem zu erhalten, empfiehlt es sich, die unter der Wirbel- 
säule verstreichenden Grenzstränge, welche rechts und links ein dort ebenfalls 
verlaufendes großes Blutgefäß (Aorta descendens) dicht begleiten, zuerst auf- 
zusuchen und dann die sympathischen Nerven weiter nach vorn zu verfolgen. 


Pr T 


So wird man ohne Schwierigkeiten auch die im Kopfe gelegenen Teile des Sym- 
pathikus und zugleich die großen Ganglien der Gehirnnerven finden. Alle diese 
Präparationen müssen unter Wasser oder Alkohol vorgenommen werden, in welcher 
Flüssigkeit die einzelnen Teile flottieren und so deutlich zur Anschauung gebracht 
werden können. — Das Gehirn und das Rückenmark legt man frei, nachdem 
man das Nervensystem durch Einlegen in vierprozentiges Formol gehärtet und 
den Schädel und die Wırbelsäule 24—48 Stunden in fünfprozentiger Salpeter- 
säure entkalkt hat. An das Rückenmark gelangt man am leichtesten von der 
Ventralseite, indem man mit der flach angelegten Schere die Wirbelkörper ent- 
fernt. — Mikroskopische Präparate vom Nervensystem bedürfen meist einer sehr 
komplizierten Behandlung (vgl. Lee und Mayer). 


5. Das Zirkulationssystem. 


An dem der Atmung und der Ernährung dienenden Zirkulationssystem 
des Frosches unterscheiden wir das Blutgefäßsystem mit dem Herzen, das 
Lymphgefäßsystem mit den Lymphherzen und das in jenen zirkulierende 
Blut, sowie die Lymphe mit ihren Bestandteilen. 


a) Das Herz. 


Wenn wir einem Frosch die muskulöse ventrale Körperwand auf- 

schneiden, so finden wir hinter ihr einen Hohlraum, in welchem die Ein- 

geweide des Tieres liegen. Dieser Hohl- 

Fig. 28. raum, die sekundäre Leibeshöhle 

(Pleuroperitonealhöhle, Coelom), ist 

NT 74 ringsum ausgekleidet mit einem, wie 

_ Uinkevor- wir bei der Ontogenie sehen werden, 

mesodermalen Epithel, dem Perito- 

neum (zregi — herum, reivo — ich 

spanne). Zerlegen wir dann den Schulter- 

gürtel etwa durch einen medianen Längs- 

ER schnitt durch das Sternum in zwei 

Herzkammer Hälften und biegen diese auseinander, 

so erscheint darunter das auch beim 

Das Herz des Frosches von der getöteten Frosch oft noch schlagende 

Ventralseite. Herz, doch nicht direkt, sondern im 

Innern eines häutigen Sackes, des 

Herzbeutels (Pericardium), der ein besonders abgetrennter Teil der sekun- 
dären Leibeshöhle ist. 


Öffnen wir das Pericardium, so können wir an dem nunmehr frei vor 
uns liegenden Herz dessen verschiedene Teile wahrnehmen (Fig. 28). Quer 
über das Herz zieht sich eine Furche, welche die hellrot erscheinende, 
caudal zugespitzte Herzkammer (Ventriculus) von einem dunkleren rostralen 
Abschnitt trennt. Dieser breite rostrale Teil wird gebildet von den beiden 
Vorkammern (Atrien) des Herzens, welche äußerlich durch eine seichte 
Längsfurche getrennt werden. Wir unterscheiden eine größere rechte Vor- 
kammer (Atrium dextrum) und eine kleinere linke Vorkammer (Atrium 


Rechte Vor- 
kammer 


Bulbus_- 
cordis 


gi Au 


sinistrum), die von der Ventralseite gesehen natürlich vertauscht erscheinen. 
Über die rechte Vorkammer zieht von rechts unten aus dem Ventrikel 
kommend nach der Medianebene des Herzens der Bulbus cordis (bulbus 
= die Zwiebel), der rostral in den schon nicht mehr zum Herzen gerech- 
neten Truncus arteriosus (trunceus — — Stamm, arteria — Blutgefäß) über- 
geht, welcher sich sogleich in zwei seitliche Äste gabelt. Heben wir das 
Herz bei der Spitze auf und sehen wir uns seine Rückseite, also die dorsale, 
an, so finden wir auf dieser liegend noch einen letzten Teil, den Sinus 
venosus, in welchen drei Blutgefäße münden, zwei von vorn, ein größeres 
von hinten. 

Ein Frontalschnitt (horizontal durch die Mitte geführt) zeigt, wie sich 
jene äußerlich am Herzen auftretenden Abschnitte auch in seinem Innern 
wiederfinden (Fig. 29). Die Wände der Herzkammer sind stark muskulös 
und durch Scheidewände, die in 
rostraler Richtung in das Ventrikel- Fig. 29. 
lumen vorspringen, noch verstärkt. ee 
Dagegen besitzen die beiden Vor- 
kammern, welche durch eine Schei- 
dewand, das Septum atriorum, 
so getrennt werden, daß das Lumen 
der rechten größer ist als das der 
linken, viel schwächere, aber auch 
muskulöse Wände. In der Hinter- 
wand des rechten Atriums befindet Ventrieulus 
sich eine runde, durch zwei faltige 


anne verschließbare Öffnung, Herz des Frosches durch einen Frontalschnitt 
durch welche der Sinus venosus „eöffnet. Dorsale Hälfte von innen gesehen 
mit jenem in Verbindung steht. (n. Gaupp). Zwischen Kammer und Vor- 


In das linke Atrium mündet ein aus kammern die Klappen. 

der Lunge kommendes Blutgefäß, 

so daß sich auch dort eine Öffnung in der Wand nachweisen läßt. Beide Vor- 
kammern kommunizieren offen mit der Herzkammer; um aber zu verhindern, daß 
bei der Kontraktion des Ventrikels Blut aus diesem in die Vorkammern gelangt, 
ist der Zugang zu jenen verschließbar durch zwei breitere und zwei schmä- 
lere Klappen. Die zwei breiten stellen den Typus der Herzklappen über- 
haupt dar; solche sind meist taschenförmig (wie ein Schwalbennest) an der 
Wand befestigt und sitzen an zwei gegenüberliegenden Seiten des Herz- 
lumens so, daß ihre Öffnungen dem Blutstrom, den sie stauen sollen, ent- 
gegensehen. In unserem Falle sind die Klappen also nach der Herzspitze 
zu geöffnet. Sie funktionieren nun in der Weise, daß das Blut, welches 
bei der Kontraktion des Ventrikels in die Vorkammern zurückfließen will, 
sich zuerst in den Taschen fängt, diese füllt und weitet, so daß sich die 
Ränder der beiden breiten Klappen in der Mitte des Herzlumens aneinander 
legen und so unter Mithilfe der beiden kleineren Klappen dem Blute den 
Durchtritt versperren. Dabei sind ihre Ränder je durch eine Anzahl binde- 


Linker Vorhof 
mitMündung der 
Lungenvene 


Bulbus cordisX , 


a 


gewebiger dünner Bänder gestützt, die von ihnen nach der Herzwand aus- 
gespannt sind. Wenn sich dann die Herzkammer entleert hat, und die 
Vorkammern sich kontrahieren, so kann das in diesen enthaltene Blut ohne 
Schwierigkeit in den Ventrikel gelangen, weil es die Klappen einfach an 
die Herzwände drückt. — An die Herzkammer schließt sich der Bulbus 
cordis, dessen Lumen durch ein Septum in zwei Hälften geteilt wird. An 
seinem rostralen Ende besitzt er drei taschenförmige Klappen von verschie- 
dener Größe, die ihn gegen den Truncus arteriosus absperren können (Fig.30). 


b) Die Blutgefäße. 


Bei den Blutgefäßen unterscheiden wir zwei Gruppen, je nachdem sie 
die Blutflüssigkeit vom Herzen wegleiten als Arterien, oder ob sie das 
Blut aus dem Körper zum Herzen zurückführen als Venen. Da die Arte- 
rien und die Venen in den peripheren Teilen durch feinste Äste, die Ca- 
pillaren (capillus — das Haar), miteinander kommunizieren, so nennt man 
das Blutgefäßsystem ein geschlossenes; das Blut, welches vom Herzen 
ausgeht, und wieder zum Herzen zurückkehrt, beschreibt einen Kreislauf. 


DieArterien. Die Arterien entstammen in letzter Linie alle dem Trun- 
cus arteriosus. Wie wir schon sahen, 
Fig. 30. gabelt sich dieser in zwei Hälften, 
deren jede sich abermals in drei Äste, 
die Aortenbögen spaltet, die wir 
nachher im einzelnen verfolgen wollen. 
Die Verteilung des aus dem Herzen 
kommenden Blutes auf die drei Paare 
von Aortenbögen beginnt schon in dem 
äußerlich einheitlichen Bulbus cordis 
vermittels dessen Septum und ist in 
dem paarigen Teil des Truncus be- 
reits vollzogen. Jeder der beiden 
Truncusäste nämlich enthält im Innern 
zwei Scheidewände, welche derart in 
der Längsrichtung angeordnet sind, 
Inneres des Bulbus cordis und des Trun- ER a ae in et DEBLELEEER Be 
cus arteriosus von der Ventralseite Abschnitte des Lumens sich in die 
(n. Gaupp). drei Aortenbögen fortsetzen (Fig. 30). 
Wir müssen später noch einmal auf 
diese ziemlich komplizierten Verhältnisse zurückkommen, wenn wir den Kreis- 
lauf im ganzen betrachten. 


Trunus — 63 
arteriosus 


Bulbus cordis 


Der vorderste der drei Arterienbögen jeder Seite ist die Arteria 
carotis communis, die ein kurzes Stück dorsalwärts steigt, um sich dann 
in zwei Äste, die A. carotis interna und externa zu gabeln. Die zu- 
nächst in dorsaler Richtung weiter verlaufende A. carotis interna ist das 
Hauptblutgefäß für den Schädel und verzweigt sich dementsprechend in eine 
große Zahl von kleineren Gefäßen, von denen auch das Zentralnervensystem 


und die Augen mit Blut versehen werden. Die A. carotis externa verstreicht 
mehr horizontal nach vorn und versorgt die Teile des Mundhöhlenbodens 
mit ihren Ausläufern. An der Stelle, wo sich die A. carotis externa von 
der A. carotis interna abzweigt, ist letztere verdickt zu der Carotisdrüse 
(Glandula carotica). 


Die mittleren Aortenbögen auf jeder Seite sind die stärksten. Sie 
ziehen zuerst dorsalwärts, biegen dann nach hinten um und vereinigen sich 
dicht unter der Wirbelsäule etwa in Höhe der Herzspitze zu der median 
verstreichenden Aorta abdominalis s. descendens. Vor der Vereinigung 
gibt jede von ihnen mehrere Äste ab, unter denen die Arteria subelavia 
der stärkste ist. Sie versorgt die vordere Extremität und heißt, sobald sie 
in den Arm eingetreten ist, A. brachialis. Ein anderer Ast sei hier noch 
genannt, die A. oceipito- „vertebralis, die sich gleich nach dem Verlassen 
des Aortenbogens teilt in einen nach dem Kopfe gehenden Zweig, der die 
Kaumuskeln und den Unterkiefer mit seinen Ausläufern versieht, und in 
einen über den Querfortsätzen der Wirbelsäule nach hinten verstreichenden 
Zweig, dessen Ausläufer die Kalksäckchen und die Bauchmuskeln versorgen, 
indem sie zu letzteren auf der Innenseite der Bauchwand etwa parallel den 
Nn. abdominales verlaufen. Der linke Aortenbogen steht mit dem rechten 
nur durch eine kleine Öffnung in Verbindung, in der Hauptsache läuft er 
von der Vereinigungsstelle beider ventralwärts als A. intestinalis com- 
munis, die somit als ein unpaarer Ast der Aorta descendens aufgefaßt 
werden kann. Sie teilt sich in die vordere A. coeliaca, welche Magen, 
Leber und Gallenblase versorgt, und in die A. mesenterica anterior, 
welche zum Darm und der Milz zieht. Dicht vor dem hinteren Ende der 
Aorta entspringt von dieser ebenfalls unpaar die zum Enddarm laufende 
A. mesenterica posterior. Zwischen den Abgangsstellen der beiden un- 
paaren Äste verlassen 4—6 Aa. urogenitales die Aorta, meist ein kurzes 
Stück unpaar, dann sich symmetrisch in je einen rechten und einen linken 
Zweig teilend. Sie verzweigen sich an den Nieren, den Keimdrüsen und 
den später zu erläuternden Fettkörpern. Feine Ästchen der Nierenarterien 
treten als Vasa afferentia in die bei der Niere zu erörternden Glomeruli 
derselben. An ihrem etwa in der Mitte des Steißbeins liegenden hinteren 
Ende teilt sich die Aorta descendens in zwei Äste, die Aa. iliacae com- 
munes. Diese geben in der Beckenregion ein paar kleine Zweige ab und 
begeben sich dann als Aa. ischiadicae in die hinteren Extremitäten, wo 
sie sich bis in die Zehenspitzen und Schwimmhäute verzweigen. 


Das letzte Aortenbogenpaar endlich wird jederseits dargestellt 
durch die A. pulmo-cutanea, die nach kurzem dorsalen Verlauf sich in 
die A. pulmonalis und die A. cutanea magna gabelt. Die A. pulmonalis 
begibt sich zur Lunge, wo sie sich in ein überaus feines Netz von Kapil- 
laren zerteilt; die A. cutanea magna gibt drei Äste ab, deren einer, der 
R. auricularis sich besonders in der Mundschleimhaut verzweigt, während 
die beiden andern große Gebiete der Haut des Rückens vaskularisieren, 


a u 


und zwar verläuft der R. lateralis am Rande der Ventralseite, der R. dor- 
salis unter der Drüsenreihe des Rückens nach hinten. 


Fig. 31. 


__Mand., int. 
Mand, ext 
—Max. sup. 
A. palato- 
nasalis 
A. palat. 
Bas. 


—— 


—- Qarot. ext. 
——— Oarot.cerebr. 


IE 


R. auric. A. cut. 


< subelavia 


"y 'sıop 'y 


Op uoARp ueıpowm “no "y 'eI "y 


"no 


Aa.abdom. ausgehend von V, DL 
d. A. vertebr. dorsi. 


A. iliaca comm. 


7) 


A. ischiadica 
Schematische Darstellung der hauptsächlichsten Arterien des Frosches (n. Gaupp). 


Die beiden mittleren Aortenbogen umfassen das Herz und vereinigen sich zu der 

Aorta descendens, von welcher die kleinen Aa. urogenitales entspringen. Unmittel- 

bar vor dem Übergang in die Aorta descendens gibt der linke Aortenbogen die 

A. intestinalis communis ab. Innerhalb der beiden großen Aortenbögen die Aa. 

pulmonales, welche je eine A. cutanea abgeben, deren beide Aste auf der Figur 
bezeichnet sind. 


Die Venen. Aus den durch die Aufzweigung der Arterien gebildeten 
Kapillaren sammeln die Venen das Blut wieder, indem sich zunächst kleinere 


REN. = 


Zweige zu größeren vereinigen, die dann wieder zusammenführen, bis schließ- 
lich vier große Venenstämme resultieren, welche die Blutflüssigkeit in das 
Herz ergießen. Drei von ihnen münden in den Sinus venosus, einer in die 
linke Vorkammer. Dabei ist natürlich, daß zunächst die peripheren Teile 
der Venen das Bild der Arterien ungefähr wiederholen, dann aber gestaltet 
sich ihr Verlauf anders, indem oft mehrere Zweige, die bei dem Arterien- 
system ein langes Stück getrennt verlaufen, hier gleich zu einem stärkeren 
vereinigt werden und umgekehrt. Vor allem ist das Venensystem dadurch 
ausgezeichnet, daß in seinem Verlauf an zwei Stellen ein sogenannter Pfort- 
aderkreislauf auftritt, das heißt, Venenstämme, welche das in ihnen ent- 
haltene Blut aus dem Kapillarnetz der Arterien zurückführen, verzweigen 
sich noch einmal und bilden abermals Kapillaren, aus denen sie sich wie- 
derum, nun endgültig, sammeln und als starke Stämme zum Herzen ziehen. 
Wir finden emen solchen Pfortaderkreislauf in den Nieren und in der Leber. 

Das von dem Lungenast der A. pulmo-cutanea nach der Lunge ge- 
führte Blut wird auf jeder Seite von einer Vena pulmonalis zurückge- 
bracht. Die beiden Lungenvenen vereinigen sich kurz vor dem Herzen zu 
einem einheitlichen Stamme, der schräg in die linke Vorkammer einmündet. 
Die Eintrittsstelle wurde bei der Beschreibung des Herzinnern bereits er- 
wähnt. Obgleich sich keinerlei Klappen an der Öffnung jener Vene befinden, 
so wird ein Zurückfließen des Blutes aus dem Atrium eben durch die 
schräge Mündung des Gefäßes verhindert, indem nämlich der durch die 
Kontraktion der Vorkammer erzeugte Blutdruck dasselbe schließt, wobei 
ihm noch ein um das Ende der Vene ziehender Ringmuskel hilft. 

Rechts und links mündet in den etwa dreieckigen Sinus venosus je eine 
Vena cava anterior (vordere Hohlvene), die durch das Zusammentreten 
dreier größerer Venen gebildet wird. Die eine davon ist die aus dem Kopf 
kommende V. jugularis externa, die mittlere die V. anonyma und die 
dritte die V. subelavia. Die V. anonyma selbst entsteht aus zwei Ästen, 
aus der vom Kopf, besonders von der Mundschleimhaut herkommenden 
V. jugularis interna und aus der V.subscapularis, welche einen großen 
Teil des Blutes aus der vorderen Extremität zurückführt. Die V. subelavia 
wird gebildet durch Zusammenfluß der V. brachialis, die den Rest des 
Armblutes bringt, und der V. cutanea magna, welche in der Hauptsache 
das von der gleichnamigen Arterie verteilte Blut sammelt und dementsprechend 
in der Rückenhaut verläuft. 

Das gesamte Blut aus der hinteren Körperregion bringt die Vena cava 
posterior (hintere Hohlvene) in den Sinus venosus. Wir wollen bei den 
hinteren Extremitäten beginnend zusehen, wie dieses große Gefäß durch Zu- 
sammenfluß von kleinen "Ästehen zustande kommt. Die V. femoralis sam- 
melt das Blut aus Fuß, Unter- und Oberschenkel und gabelt sich beim 
Eintritt in die Beckenregion in einen starken Ast, den Ramus abdomi- 
nalis, und einen schwächeren, die V. iliaca externa. Die Rami abdomi- 
nales der rechten und linken Körperseite vereinigen sich in der Mediane zu 
der V. abdominalis, welche nach Aufnahme einer oder mehrerer kleiner 


Venen der Harnblase und einer Vene von der Bauchwand unter der Linea 
alba des Bauches nach vorn verläuft, um sich dann in drei Aste zu gabeln, 
die in die Leber eintreten und dort an dem Pfortaderkreislauf teilnehmen. 


Fig. 32. 
y8 S 
sn 2 
B Ba} 
5 Zul: 
>P.eB > 
Bu 


a 


<+— V. brachialis 


V, eutaneamagna — 


Darnı mit 
V, portae hepatis 


rs hrapa com- 
munis 


V. iliaca extern. 


V.iliaca trans- 
versa 


V. femoralis— —— \ 


Schematische Darstellung der Hauptvenenbahnen eines weiblichen Wasserfrosches. 
Ansicht von der Ventralseite (n. Gaupp). Zwischen den beiden Nieren die V. cava 
posterior. Darüber das Lebersystem. 


In die V. iliaca externa mündet ein aus dem Oberschenkel kommendes Ge- 
fäß, die V. ischiadica, welche mit der V. femoralis durch die V. iliaca 
transversa kommuniziert. Der aus dem Zusammenfluß der V. iliaca ex- 
terna und der V. femoralis resultierende stärkere Stamm ist die V. iliaca 


ge 2 


eommunis (oder V. portae renis — Nierenpfortader). Diese begibt sich 
nach dem äußeren Rande der Nieren und sendet von da medianwärts über 
die Dorsalseite der Niere sich mehrfach verzweigende Äste, die Vv. renales 
advehentes, von denen dann zahlreiche Kapillaren in die Niere eintreten. 
Ungefähr in der Mitte der Niere mündet in die Nierenpfortader eine Vene, 
welche von der dorsalen Wand der Leibeshöhle kommt und Blut vom 
Rücken und von einigen Bauchmuskeln bringt (Fig. 32 *-). Beim weiblichen 
Frosch kommen zu dieser noch Venen von den Eileitern. Die Kapillaren 
der Nierenpfortader bilden zusammen mit denen der Nierenarterien, die mit 
ihnen kommunizieren, den Nierenpfortaderkreislaut, aus welchem fünf bis 
sechs Vv. renales revehentes das Blut sammeln und in die V. cava 
posterior führen. Diese hintere Hohlvene verläuft ventral dicht unter der 
Aorta descendens geradlinig nach vorn; ihr hinteres Ende liegt etwas vor 
dem der Nieren. Sie nimmt außer den Vv. renales revehentes noch Venen 
auf, die von den Geschlechtsdrüsen und dem Fettkörper kommen, und weiter 
vorn in der Region der Leber drei das Blut aus deren Pfortaderkreislauf 
zurückführende Vv. hepaticae, von denen die beiden seitlichen stärker 
sind als die nur schwache mittlere. — Es erübrigt noch, die zuführenden 
Gefäße zum Pfortadersystem der Leber aufzuführen. Daß die V. abdomi- 
nalis unter Aufteilung in drei Äste daran teilnimmt, wurde schon erwähnt; 
sie erhält noch Zufluß durch ein kleines Gefäß, das vom Bulbus cordis zu 
ihr kommt. Natürlich steht dieses nicht mit dem Herzinnern im Zusammen- 
hang, sondern sammelt nur das von Arterien zur Versorgung der Herz- 
muskulatur herangeführte Blut. In den einen absteigenden Ast der V. ab- 
dominalis mündet die V. portae hepatis (— Leberpfortader), welche mit 
ihrem Endteile innerhalb der Bauchspeicheldrüse verläuft. Sie bringt das 
Blut vom Magen, Darm, der Milz und von der Bauchspeicheldrüse. Inner- 
halb der Leber wird wie bei der Niere ein Kapillarnetz gebildet, mit dem 
die Kapillaren der Leberarterien kommunizieren, und aus welchem die drei 
Lebervenen das Blut wieder der V. cava zuführen. 

Zum besseren Verständnis müssen wir nun noch einmal den Kreislauf 
des Blutes im ganzen verfolgen. Bei der Betrachtung der Gefäße zeigt es 
sich, daß die einen von ihnen dunkleres Blut führen, als die andern, eine 
Erscheinung, die mit der physiologischen Bedeutung des Blutes zusammen- 
hängt. Eine Hauptaufgabe desselben ist nämlich die Verbreitung des von 
den Atmungsorganen aufgenommenen Sauerstoffs in dem Körper. Das Blut, 
welches reich an Sauerstoff ist, hat eine hellere Farbe und wird arteri- 
elles genannt im Gegensatz zu dem sauerstoffarmen venösen. Die Blut- 
zirkulation beim Frosch ist infolge der Anordnung der Gefäße eine derartige, 
daß wir einen respiratorischen oder kleinen Kreislauf von dem 
großen oder Körperkreislauf unterscheiden können. Allerdings ist die 
Trennung beider keine vollständige, wie wir yleich sehen werden. Als Re- 
spirationsorgane funktionieren nicht nur die Lungen, sondern auch große 
Teile der Körperhaut und der Mundschleimhaut. 

Die hintere Hohlvene bringt rein venöses Blut aus der hinteren Körper- 


Be 


region, nämlich aus den hinteren Extremitäten, den Nieren, der Leber, dem 
Darm in den Sinus venosus. (Fig. 33.) Die beiden vorderen Hohlvenen 
dagegen führen einerseits das im Kopf und den vorderen Extremitäten venös 
gewordene Blut, andererseits das von der Vena cutanea magna empfangene, 
in der Haut arteriell gewordene Blut zurück. Der Sinus venosus entleert 
seinen Inhalt in die rechte Vorkammer, die somit Blut gemischter Qua- 
lität erhält. Die Lungenvenen dagegen füllen die linke Vorkammer mit 
rein arteriellem Blut. Hier zeigt sich auch, daß die Bezeichnung „Ar- 
terien*“ und „Venen“ eine rein topographische ist, die, wie bereits gesagt, 
nur davon abhängt, in welcher Richtung die Gefäße das Blut in Bezug auf 


Fig. 33. 
vord. V.sub- vord. 
Niere Haut Lymphherz clavia Extremität 
\ 


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B. ER 
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re | S 
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Harnblasen- V.abdo- Darm Leber V.cava | St 
vene minal. posterior Herz Truneus arterios. Carotis 


Schema der Hauptgefäßbahnen und ihrer Kapillar-Gebiete (linke Seite) des Frosches. 
Venöses Blut punktiert (n.Howes aus Gaupp). Das Kapillarnetz über dem Herzen 
stellt die Lunge dar. 


das Herz leiten, nicht davon, ob das in ihnen enthaltene Blut arteriell oder 
venös ist. 

Durch die Kontraktion der Atrien gelangt ihr Inhalt in die Herz- 
kammer, und da deren Lumen durch die vorspringenden Scheidewände sehr 
beengt und in Fächer geteilt ist, so kommt es, daß das gemischte Blut aus 
der rechten Vorkammer auch hier von dem arteriellen der linken getrennt 
bleibt; nur auf dem schmalen Raum, in welchem beide Blutsorten aneinander 
stoßen, wird eine leichte Diffusion stattfinden. Dabei nimmt entsprechend 
dem Größenverhältnis der Vorkammern das Blut des rechten Atriums einen 
größeren Teil als nur die rechte Hälfte der Herzkammer ein. 

Die Zusammenziehung des Ventrikels, die Systole, erfolgt in zwei 
zeitlich sukzessiven Phasen, indem sie von der etwas links gelegenen Herz- 
spitze ausgeht. Dadurch wird zuerst das rechts befindliche gemischte Blut 
in den Bulbus gepreßt; zu allerletzt erst folgt das rein arterielle der linken 
Ventrikelseite. Die Anordnung der Bulbusscheidewand und der Abteilungen 
des Truncus arteriosus, die wir kennen lernten, ist nun eine derartige, daß 


N is 


bei der ersten Phase beide durch dieses Septum geschiedenen Teile des 
Bulbuslumens mit dem gemischten Blut gefüllt werden, und dieses zuerst in 
die Aa. pulmo-cutaneae gelangt, so daß es den Respirationsorganen durch die 
Aa. pulmonales und die Aa. cutaneae magnae zugeführt werden kann. Zu- 
gleich wird dieser Teil des Blutes in die beiden Bögen der Aorta descendens 
getrieben und gelangt so in den Rumpf, die Extremitäten und die Einge- 
weide des Tieres. Dabei scheint sogar die Einrichtung getroffen zu sein, 
daß der linke Aortenbogen, der ja vor allem den Darm mit seinen Anhängen 
versorgt, den Hauptteil des gemischten Blutes erhält, während der rechte 
Aortenbogen neben einer Menge gemischten Blutes schon einen Teil des 
folgenden arteriellen mitgeteilt bekommt. Die Hauptmasse des arteriellen 
Blutes aber gelangt durch Vermittelung der A. carotis communis und deren 
Hauptäste, die Carotiden, in den Kopf, vor allem zum zentralen Nerven- 
system und den Sinnesorganen als sehr wichtigen, subtilsten Teilen des 
ganzen Organismus, die am meisten des Sauerstoffs bedürfen. Durch die 
erste Phase der Ventrikelsystole wird nämlich das Bulbusseptum verschoben, 
so daß es den Zugang zu den vorher geöffneten beiden hinteren Aorten- 
bögen verschließt und nur den zu den vorderen freiläßt. Im einzelnen ist 
der Mechanismus der Verteilung der Blutsorten ein sehr komplizierter, in- 
dem auch noch die während der Ventrikelsystole beginnende eigene Kon- 
traktion des Bulbus mit daran teilnimmt. Wahrscheinlich spielen hierbei 
auch die beiden Carotidendrüsen eine Rolle, indem sie dem zuerst in der 
A. carotis communis vordringenden Blut einen Widerstand entgegensetzen, 
der erst durch die fortwährend gesteigerte Spannung des Blutdrucks über- 
wunden werden muß; wenn dann hier der Durchgang frei ist, ist unter- 
dessen das gemischte Blut aus der ersten Phase der Ventrikelkontraktion 
abgeflossen. Nach einer anderen Auffassung allerdings wirken die Carotis- 
drüsen lediglich wie der zweite Gummiball einer Spritzflasche, indem sie 
vermittels ihrer elastischen Wandungen sich spannen lassen und den durch 
die Herzkontraktionen stoßweise vorrückenden Blutstrom in einen einiger- 
maßen gleichmäßigen verwandeln. — Es sei hier erwähnt, daß man den 
Vorgang, bei welchem sich die Teile des Herzens nach erfolgter Kontraktion 
wieder erweitern, Diastole nennt. 


Histologie der Blutgefäße und des Herzens. Die Wände der 
größeren Blutgefäße bestehen aus drei Schichten, welche von innen nach 
außen bezeichnet werden als Intima (Endothel, Vasothel), Media und Ad- 
ventitia (Externa). Die Intima bildet die epitheliale Auskleidung des Ge- 
fäßlumens; die Media enthält zirkulär verlaufende glatte Muskeln und ela- 
stische Fasern und ist bei den Arterien bedeutend stärker entwickelt als 
bei den Venen. Die Adventitia besteht aus längsfaserigem Bindegewebe. Bei 
den Kapillaren ist nur das Endothel gut ausgebildet. 

Auch in den Herzwänden treten die drei Schichten auf, die hier als 
Endocardium, Myocardium und Epicardium bezeichnet werden. Das 
Endocardium ist ein Epithel, von welchem durch Ausscheidung bindegewebiger 


79a | WERBEN 


Elemente auch die Klappen und das Bulbusseptum gebildet werden. Das 
Myocardium ist, wie wir schon sahen, besonders beim Ventrikel sehr stark 
entwickelt und enthält quergestreifte Muskelfasern, die aber noch primitiver 
sind als die quergestreiften Muskeln der Körperstammuskulatur und des- 
halb den glatten Muskelfasern näher stehen. Das Epicardium ist der vis- 
zerale Teil des das Pericardium auskleidenden Epithel. (Bei dem die 
Leibeshöhle und deren besonderen Teil, das Perieard, umschließenden Peri- 


Fig. 34. 


Subcutane Lymphsäcke 78 
desFrosches (n.Gaupp). & 


a. Dorsal- 
b. Ventral- ansicht. 
c. Seiten- 


toneum unterscheidet man das parietale Blatt, das die innerste Schicht 
der Körperwand bildet, von dem visceralen, das den Eingeweiden anliegt.) 

c) Das Lymphgefäßsystem. 

Der weitaus größte Teil des Lymphgefäßsystems hat keine eigenen 
Wandungen, sondern besteht nur aus Spalten und Hohlräumen zwischen 
den Teilen und Geweben des Körpers. Vor allem gehören hierher die 
großen Lymphsäcke, welche die Haut von der darunterliegenden Körper- 
wand trennen; es finden sich aber auch im Innern des Kopfes und Rumpfes, 
sowie der Extremitäten solche Spalten, welche von Lymphe durchspült sind. 
Ebenso stehen die kleinen Lymphräume in den einzelnen Eingeweideorganen, 


Be ei 


vor allem die des Darmkanals, mit dem ganzen System in Kommunikation. 
Aus den verschiedenen Organen sammeln Lymphkapillaren die Lymph- 
flüssigkeit und führen sie den größeren Lymphgefäßen und Lymphräumen 
zu, die alle miteinander in Verbindung stehen. Daß die subceutanen Lymph- 
säcke durch bindegewebige Septen (Fig. 3%) voneinander geschieden werden, 
wurde bei der Haut erwähnt. 

Die Bewegung der Lymphe in dem Lymphgefäßsystem bewirken zwei 
Paar von Lymphherzen, von denen die beiden vorderen Lymphherzen 
rechts und links von der Wirbelsäule hinter den Querfortsätzen des III. Wir- 
bels liegen. Die beiden hinteren Lymphherzen sind leicht sichtbar zu 
machen, da sie nach Entfernung der Rückenhaut in dem Winkel zwischen 
dem M. coceygeo-iliacus und dem M. piriformis erscheinen. Die Lymph- 
herzen sind kleine, etwa kugelige muskulöse Bläschen, welche sich rhyth- 
misch kontrahieren und die Lymphe durch Öffnungen aus dem umgebenden 


Fig. 35. 


a. ; 
Lymphherzen des Frosches (n. Gaupp). 


a. vordere von der Ventralseite, b. hintere von der Dorsalseite freigelegt. 


Lymphraum entnehmen. Durch je eine mit Klappen versehene Öffnung wird 
der Inhalt dann weiter befördert und zwar in eine Vene des Blutgefäß- 
systems, so daß also das Lymphgefäßsystem mit diesem kommuniziert. Vorn 
gelangt die Lymphe in einen Ast der V. jugularis interna, hinten in die 
V. iliaca transversa. (Fig. 33.) 


d) Blut und Lymphe. 

Blut und Lymphe bestehen aus einer eiweißhaltigen wässerigen Flüssig- 
keit, dem Plasma, und aus geformten Elementen, welche in diesem 
Plasma suspendiert sind. In dem in der makroskopischen Aufsicht rot er- 
scheinenden Blut können wir drei Arten von solchen geformten Elementen, 
Blutkörperchen, unterscheiden, die alle zelliger Natur sind. Wir finden 
da sogenannte rote Blutkörperchen (Erythrocyten), welche Hämoglobin 
enthalten und durch dieses die respiratorische Funktion des Blutes ver- 
mitteln. Sie stellen sich dar als flache ovale Scheibehen von durchsichtig 
gelbgrüner Farbe mit konkaven Flächen, deren Mitte durch den dort liegen- 


den ovalen Kern vorgewölbt ist. Die meisten der Erythrocyten sind starr, 
aber zwischen ihnen kommen Jugendformen vor, die sich zu teilen ver- 
mögen. An Größenverhältnissen eines roten Blutkörperchen mißt man beim 
Grasfrosch im Durchschnitt für die Länge etwa 22 w, für die Breite etwa 
15 u (1 a = 1 Mikron —= !/,.0 mm). Die Zahl der Erythroeyten ist 
beim Grasfrosch auf 393200 pro Kubik- 
millimeter des Blutes berechnet worden (Fig.36a). 

Eine andere Art von geformten Elementen 
sind die weißen Blutkörperchen (Leuco- 
eyten), die helle durchscheinende, amöboid 


Fig. 36. 


= bewegliche mit Kernen versehene Zellen re- 
präsentieren (Fig. 36b.) Sie kommen in vier 
a. 5 verschiedenen Formen vor. Ihr Entstehungsort 


Blutkörperchen des Frosches. 1st das Knochenmark, die später zu erörternde 
a. Erythrocyten, unten einesimProfl, Ihymusdrüse und wahrscheinlich auch die Milz. 
u ienkouyez Endlich sind hier noch zu erwähnen die 
Spindelzellen (Hämatoblasten), kernführende 
Zellen von spindelförmiger oder oval flacher Gestalt, welche zunächst kein 
Hämoglobin enthalten. Später tritt solches in ihnen auf und sie verwandeln 
sich in die Erythrocyten, sind also als Jugendstadien jener anzusehen. Die 
roten Blutkörperchen nämlich werden während des ganzen Lebens des 
Frosches periodisch neu ergänzt und zwar einerseits durch sich teilende 
junge Erythrocyten, andererseits durch heranwachsende Spindelzellen, die 
selbst in dem Knochenmark erzeugt werden. 

Die geformten Elemente der Lymphe sind die kernhaltigen amöboid be- 
weglichen Lymphkörperchen, die wohl identisch sind mit den Leuco- 
cyten der Blutbahnen. Auch sie haben ihren Entstehungsherd im Knochen- 
mark. 


Technische Bemerkungen. Es wurde bereits erwähnt, daß man die 
Blutzirkulation in den Kapillaren der Schwimmhäute beim lebenden Frosch unter 
dem Mıkroskop direkt beobachten kann. Die Blutkörperchen sind gleichfalls nack 
Entnahme aus einem größeren Blutgefäß leicht unter dem Mikroskop zu erkennen, 
besonders wenn man das Blut in Normalsalzwasser (für Froschblut 0,8 Proz. 
Kochsalz in destilliertem Wasser gelöst) brıngt. Das Herz ist nach Öffnung der 
Leibeshöhle und des Pericards unmittelbar zu sehen; seine innere Einrichtung 
studiert man nach Einlegen in Formol oder Alkohol. Die Blutgefäße verfolgt 
man von den leicht sichtbaren großen Stämmen am Herzen in distaler Richtung, 
wobei es sich empfiehlt, sie vorher zu injizieren Die Injektionsmasse bereitet 
man nach Böhm und Oppel folgendermaßen: „Man bereite sich einen Karminbrei 
(etwa 4 g Karmin und 3 ccm Wasser). Zu diesem Karminbrei gieße man so viel 
Ammoniak zu, wie nötig ist, um den Karmin in Lösung zu bringen, was daran 
zu erkennen ist, daß das Ganze lackfarben wird. Anderseits lege man etwa 50g 
Gelatine in destilliertes Wasser und lasse sie darin etwa 24 Stunden aufquellen. 
Ist die Gelatine aufgequollen, so erwärme man dieselbe, nachdem man das Wasser 
mit den Händen ausgepreßt hat, auf dem Wasserbade auf etwa 60°C. und sorge 
dafür, daß die Gelatine nicht überwärmt werde; ist sie geschmolzen, so füge 
man unter beständigem Umrühren so viel von dem Karminbrei hinzu, als nötig 
ist, um eine bestimmte Farbenintensität zu erzielen. Man mische sorgfältig mit 
einem Glasstabe, bis sich das Karmin gleichmäßig in der Gelatinemasse verteilt 


a, _ 


hat. Nun tröpfle man in diese Lösung eine etwa 25prozentige Essigsäurelösung 
unter beständigem Umrühren hinzu, bis die dunkelkirschrote Lackfarbe in eine 
ziegelrote überzugehen anfängt. Ist das der Fall, so ist die Masse neutral, und 
man filtriere sie durch Flanell.“ Diese rote Masse benutzt man gewöhnlich für 
die Arterien, während man für die Venen eine blaue Farbe in der Weise herstellt, 
daß man statt des Karmins eine in Wasser gesättigte Lösung von (in Wasser lös- 
lichem) Berlinerblau zu der Gelatine in der Wärme zusetzt. Man bedarf nun 
einer Spritze, am besten einer eigens hierzu konstruierten Injektionsspritze, die 
vorn eine feine abnehmbare Kanüle mit verdicktem Ende trägt. Um die Arterien 
zu injizieren, Öffnet man einem frisch getöteten Frosch durch einen Längsschnitt 
auf der Ventralseite die Leibeshöhle, wobei man sich zu hüten hat, irgend ein 
größeres Gefäß, vor allem nicht die V. abdominalis, zu verletzen, und schneidet 
ihm die Herzspitze ab, so daß das Ventrikellumen sichtbar wird. Dann läßt 
man ihn in Wasser von etwa 35°C. ausbluteu, was man durch leichtes Massieren 
befördern kann. Nachdem der Frosch die Temperatur des Wassers angenommen 
hat, führt man die Kanüle durch den Ventrikel in den Bulbus und bindet sie 
hinter ihrem dicken Ende fest durch einen Zwirnsfaden, den man mit einer 
krummen Nadel unfer dem Bulbus, ohne diesen zu verletzen, durchzieht. Darauf 
füllt man die Spritze mit der warmen Injektionsmasse, setzt sie an die Kanüle 
und drückt den Farbstoff langsam und vorsichtig, um ein Platzen der Gefäße 
zu vermeiden, in die Arterien. Die Injektion ist beendet, wenn die Kapillaren 
der Lungen und der Haut rot geworden sind. Man entfernt dann die Spritze und 
legt den Frosch in kaltes Wasser, um die Masse erstarren zu lassen. Dann erst 
wird die Kanüle entfernt. Es ereignet sich, besonders wenn das Tier recht blut- 
leer oder zu stark erwärmt war, daß die Injektionsmasse durch die Kapillaren 
hindurch in die Venen dringt, so daß diese gleich mit injiziert werden. Die nun 
deutlich sichtbaren und etwas angeschwollenen Blutgefäße lassen sich leicht 
unter Wasser oder Alkohol weiter zwischen die Gewebe verfolgen. 


6. Die Ernährungsorgane. 


Die Ernährungsorgane bestehen aus dem- Verdauungstraktus und seinen 
Anhängen. Es sollen aber in diesem Kapitel auch alle übrigen Derivate des 
Darmes behandelt werden, denen nicht gerade die Funktion zukommt, die 
Nahrung aufzunehmen und zu verarbeiten, und schließlich auch die wenig- 
stens topographisch mit dem Darm dicht verbundene Milz. 

Der Darmkanal wird gegliedert in den Kopfdarm und den Rumpf- 
darm. Der Kopfdarm liegt, wie sein Name sagt, im Kopfe und umfaßt 
die Mundhöhle. Seine Einrichtungen dienen in erster Linie dem Ergreifen 
und Festhalten der Nahrung, sodann aber auch der Respiration, indem 
einerseits die Luft aus der Nasenhöhle in den am hinteren Ende des Kopf- 
darms befindlichen Kehlkopf und die Lungen geleitet wird, und andererseits 
die Schleimhaut des Mundes selbst, ähnlich der Rückenhaut, als Atmungs- 
organ funktioniert. Am vorderen Rande der Mundspalte geht das Epithel 
des Darmes in die äußere Körperhaut über. Parallel zu dem Rande des 
Oberkiefers verläuft eine Furche auf der Innenfläche des Mundhöhlendaches, 
in welche der Unterkiefer genau hineinpaßt, so daß der Mund fest ge- 
schlossen werden kann. (Fig. 39.) Der Hautwall, welcher die Furche distal 
begrenzt, ist die Oberlippe. Dicht hinter dieser stehen die kleinen Zähne 
in einer Reihe, mit der Spitze etwas nach hinten gebogen, so daß sie eine 

Dr. Hempelmann, Der Frosch. j 5 


BE 


Beute gut festhalten können. Es wurde schon erwähnt, daß außer diesen 
den Kiefern aufsitzenden Zähnen noch solche auf den Vomeres vorhanden 
sind. Rechts und links von den Vomerzähnen befinden sich zwei Öffnungen, 
die Choanen (ö xöavos — der Trichter), welche die Mundhöhle mit der 
Nasenhöhle in Verbindung setzen. 

Die Nasenhöhle (Cavum nasi) ist durch eine Scheidewand, das 
Septum nasi, in zwei symmetrische Hälften geteilt. Jede derselben mündet 
nach außen durch eines der beiden äußeren Nasenlöcher und in die Mund- 
höhle durch die erwähnten Choanen. Besondere Falten zerlegen jede Nasen- 
höhlenhälfte in mehrere Abschnitte. Ein solcher kleiner blindsackartiger 
Teil, welcher nach vorn zu median von dem Hauptteil des Cavum nasi ab- 
geht, ist ein Homologon zu dem Jacobson’schen Organ der höheren 
Wirbeltiere. Sowohl die Wände dieses Organs, wie die der Hauptnasen- 
höhle enthalten das Riechepithel, während die als Nebennasenhöhlen 
bezeichneten Teile in der Hauptsache nur mit Schleimhaut ausgekleidet’ sind. 

Endlich münden nahe dem Hinterrande des Schädels ın der dorsalen 
Mundhöhlenwand ziemlich seitlich zwei Kanäle, welche als Tubae Eustachii 

} (tuba — die Röhre) eine Verbindung mit der Pauken- 
De höhle darstellen. Die Schleimhaut des Mundhöhlen- 
yon daches weist einige Drüsen auf, die Glandulae 
intermaxillares in dem Winkel der Schnauzen- 
spitze zwischen den Kiefer- und Vomerzähnen, und 
die Rachendrüsen, die um den hinteren Rand 
der Choanen gelagert sind. Diese Drüsen sind keine 
f gookeı Außerlich sichtbaren kompakten Organe, sondern be- 
Cement | A stehen aus einer großen Anzahl von einzelnen 
U schlauchförmigen Drüsen, deren Ausführungsgänge 

\Y meist getrennt ausmünden. 
N Die Zahl der Kieferzähne beträgt beim er- 
(n. O.Hertwig). wachsenen Frosch etwa 50 in jeder Kieferhälfte, die 
der Vomerzähne 5—10; beim jungen Tier ist sie 
niedriger, und ebenso nimmt sie im hohen Alter ab. Oft fehlen den Zahn- 
reihen einige Zähne, die aber wieder ersetzt werden. Die einzelnen Zähne 
sind einander fast völlig gleich. (Fig. 37.) Sie sind kegelförmig und lassen 
eine zweihöckrige Zahnkrone sowie einen nach dem Trocknen durch eine 
Furche von dieser abgesetzten Zahnsockel erkennen, welch letzterer mit 
dem Knochen des Schädels, dem der Zahn aufsitzt, verwachsen ist; oft sind 
auch mehrere Zähne miteinander verwachsen. Im Innern enthält der Zahn- 
kegel die Pulpahöhle (pulpa —= das Fleischige, ohne Knochen), die nach 
der Basis zu offen ist. Es seien hier gleich die histologischen Verhältnisse 
der Zähne erwähnt. Wie gewöhnlich an den Zähnen der Vertebraten können 
wir auch am Froschzahn drei Substanzen unterscheiden, das Dentin, den 
Schmelz und das Gement. Die Krone besteht in der Hauptsache aus 
Dentin (Zahnbein), das von feinen, senkrecht zur inneren Oberfläche ver- 
laufenden Röhrchen durchsetzt ist, die sich peripher verzweigen und mit- 


\/ 
v 


einander kommunizieren. Die Oberfläche der Zahnkrone überzieht der 
Schmelz (substantia adamantina), der bedeutend widerstandsfähiger ist als 
das Zahnbein; auch er besitzt zahlreiche Schmelzröhrchen, die sich als die 
Fortsetzungen der Zahnbeinröhrchen erweisen. Das Cement ist die Substanz 
das Zahnsockels und enthält zahlreiche Knochenkörperchen. Der ganze 
obere Teil des Zahnes ist nun noch bedeckt von der Zahneuticula, 
einem dünnen Häutchen von äußerster Konsistenz. Die Pulpahöhle ist aus- 
gekleidet von einem zellenreichen Bindegewebe, das peripher angeordnet ist 
und die Matrixschicht der Zahnsubstanz bildet. Deshalb nennt man dieses 
Epithel in der Zahnkrone die Odontoblastenschicht, im Sockel Gement- 
membran (Osteoblastenschicht). Zahlreiche Blutgefäßkapillaren durchziehen 
das Innere der. Pulpahöhle.. Da die Zähne wegen ihrer geringen Wider- 
standsfähigkeit schnell abgenutzt werden, so stehen medianwärts von ihnen 
noch ein bis zwei Reihen kleiner Ersatzzähne, die an Stelle der ausgefallenen 
treten. Dabei ist bemerkenswert, daß der ganze Zahn erneuert wird, nicht 
nur die Krone. 

Betrachten wir den ventralen Teil des Kopfdarmes (Fig. 38), so fällt 
dort vor allem die muskulöse Zunge auf, welche vorn angewachsen ist 
und hinten in zwei Zipfel ausläuft. 
Die Zunge kann sowohl durch eigne 
Muskeln als auch durch die Muskeln .. ee 
des Zungenbeins in mannigfacher Weise 
bewegt und zum Insektenfange nach 
vorn herausgeschlagen werden. Ihre —— Zusens zur 

c : challblase 
Oberfläche besteht aus einem modifi- 
zierten Teil der Mundschleimhaut und 
enthält zahlreiche, einen klebrigen 
Schleim ausscheidende nervöse Pa- 
pillen, von denen es fraglich ist, ob 
sie Geschmacksorgane sind, wie manch- 
mal behauptet wurde, oder ob sie, wie 
es wahrscheinlicher ist, im Dienste 
der Tastfunktion stehen. Beim männ- 
lichen Frosch finden wir rechts und 
links von der Zunge ein paar Öff- 
nungen, welche den Zugang zu den 
Schallblasen bilden. Diese Schallblasen sind Aussackungen der Mund- 
schleimhaut und werden von einem Teil des M. subhyoideus umgeben (Fig. 9, 
S.21). Sie ragen nach außen in einen unter der Haut liegenden Lymphsack 
hinein und können aufgeblasen werden, wenn das Tier Töne von sich gibt, wobei 
sie als Resonatoren wirken. Beim Wasserfrosch ist die Haut über ihnen 
verdünnt und elastisch, so daß die Schallblasen nach außen bis zu Kirsch- 
größe hervorschwellen können. Der Springfrosch besitzt keine Schallblasen. 
Der männliche Laubfrosch dagegen hat einen unpaaren Kehlsack, der äußer- 
lich durch eine Hautfalte markiert wird, und der ebenfalls durch zwei Off- 


Kaumuskeln 


„\ — Lunge 


ULEB 
Mundhöhlenboden des Frosches 
(n. Wiedersheim). 


ZB ee 


nungen mit der Mundhöhle in Verbindung steht. — In der Mediane des 
Mundhöhlenbodens dicht hinter der Zunge befindet sich der Kehlkopf 
(Larynx) mit einer längsspaltigen Öffnung, durch welche die Atemluft zu 
den Lungen gelangt, nachdem sie die Nasenhöhle, die Choanen und die 
Mundhöhle passiert hat. Der Kehlkopf bildet mit einem sehr kurzen folgen- 
den Kanal die Stimmlade, welche hinten direkt in die beiden Lungen 
mündet, so daß eine Trachea und Bronchen, wie sie sich bei den höheren 
Wirbeltieren finden, hier vollständig fehlen. Die Stimmlade wird gestützt 
durch ein Skelett von dünnen Knorpelspangen und kann durch eine be- 
sondere Muskulatur geöffnet und geschlossen, sowie verstellt werden. In 
dem Kehlkopf befinden sich die Stimmlippen (Labia vocalia), zwischen 
denen die Stimmritze liegt. Die beiden sich an die Stimmlade anschlie- 
ßenden Lungen sind ein paar dünnwandige Säcke, die hinten frei in die 
Leibeshöhle ragen. Im erschlafften Zustand erscheinen sie unten zugespitzt, 
gefüllt dagegen sind sie abgerundet. Die Außenseite der Lungen wird in 
polygonale Felder geteilt durch größere und kleinere Scheidewände, welche 
in ihr Lumen vorspringen und die innere Oberfläche vergrößern. Schon mit 
bloßem Auge erkennt man die Gefäße, welche das Blut zu- und ableiten, 
und unter dem Mikroskop sieht man die überaus feine Verteilung derselben 
in Kapillaren. Außer den Blutkapillaren enthalten die Lungenwände zahl- 
reiche glatte Muskelfasern und faseriges Bindegewebe. Die ganze Innenfläche 
der Lunge ist von einem einfachen Plattenepithel ausgekleidet, während der 
eigentlichen Lungenwand außen noch das viscerale Blatt des Peritoneums, 
hier Serosa-Epithel genannt, aufliegt. Neben ihrer respiratorischen Tätig- 
keit wirken die Lungen auch noch als hydrostatische Apparate beim 
Schwimmen, ähnlich den Schwimmblasen der Fische. 

Dicht an den vorletzten Fortsätzen des Zungenbeinknorpels und etwas 
ventral sie überdeckend liegen die beiden Schilddrüsen (Glandulae thyreoi- 
deae), traubige Körperchen, die aus einer Anzahl geschlossener Bläschen zu- 
sammengesetzt sind (Fig. 9,S.21). Wie die Schilddrüsen aus einer unpaaren 
Aussackung des Schlundepithels entstehen, werden wir in dem Abschnitt 
über die Entwicklung sehen. Außer ihnen stammen noch einige andere 
Organe vom Anfangsdarm ab, deren wir hier kurz Erwähnung tun wollen. 
Da ist zunächst der postbranchiale Körper, der aus einem größeren oder 
mehreren kleinen Bläschen besteht und dessen Funktion unbekannt ist; man 
findet ihn am besten von der Mundhöhle aus unter der Schleimhaut des 
Mundhöhlenbodens, rechts und links vom Kehlkopfeingang, von dem er 
ziemlich weit entfernt ist. — Sehr deutlich ausgeprägt sind die beiden 
Thymusdrüsen, welche jederseits hinter der Ohrhöhle, bedeckt vom M. de- 
pressor mandibulae liegen. Mit zunehmendem Alter des Tieres reduzieren 
sie sich. Sie bestehen aus einem feinmaschigen, bindegewebigen Netz, das 
außen in eine Hüllmembran übergeht und zwischen dessen Maschen Zellen 
liegen, unter denen einige als besonders große auffallen. Wie schon er- 
wähnt, ist die Thymus einer der Orte, in denen die Leucocyten ihre Ent- 
stehung nehmen; daneben scheint sie aber noch andere für das Leben 


ER ER 


wichtige Funktionen zu haben, denn ihre völlige Entfernung verursacht den 
Tod des Tieres. — Jeder der beiden Venae jugulares externae liegen lateral 
zwei kleine rundliche Epithelkörperchen von graurötlicher oder gelber 
Farbe an, deren Funktion nicht bekannt ist. Auch die bereits bei der Be- 
sprechung der Blutgefäße erwähnten Carotisdrüsen gehören zu den Deri- 


Rie. 39, 


Tuba Eustachii 


Hi 4 > Mündung der 


Leber mit Gallen- 
blase => R 0 : 
: esophagus 

— Magen 

Dünndarm — 
Enddarm 

lIarnblase — 

— Kloake 


Verdauungskanal des Frosches, auseinandergelegt von der Ventralseite gesehen 
(kombiniert nach Gaupp und Wiedersheim). 


vaten des Anfangsdarmes. Endlich sei hier noch hingewiesen auf den so- 
genannten „ventralen Kiemenrest“, ein rundliches Körperchen, das dem 
medial-ventralen Umfang der V. jugularis externa eng anliegt. Es ist von 
Blutgefäßen durchsetzt, hat eine rötliche Färbung und produziert wahr- 
scheinlich ebenfalls Lymphzellen. 


u WE Sa 


Der Rumpfdarm setzt sich zusammen aus dem Oesophagus (Schlund, 
Speiseröhre), dem Magen (beide auch als Vorderdarm zusammengefaßt), dem 
Mittel- oder Dünndarm und dem Enddarm. Er ist ein in seinen einzelnen 
Abschnitten verschieden weites Rohr, das vielfach gewunden die Leibeshöhle 
durchzieht und gemeinsam mit den Harn- und Geschlechtsausführgängen in 
der Kloake ausmündet. Der Vorderdarm hat die Verdauung, der muskulöse 
Magen außerdem die Zerkleinerung der Nahrung zu besorgen; der Mitteldarm 
dagegen und wohl auch der Enddarm resorbieren dieselbe, wobei jedoch der 
erstere von diesen beiden sich lebhaft an der Verdauung beteiligt, indem 
sich in ihn die Sekrete der großen Mitteldarmdrüsen ergießen. Der End- 
darm trägt ventral als sackartige Erweiterung die Harnblase. 

Der Oesophagus, der eine Länge von 2 cm erreicht, läuft ziemlich 
gerade nach hinten, biegt dann aber nach links um und geht in den Magen 
über, welcher auf der linken Seite des Frosches liegt und einen flachen 
Bogen beschreibt, dessen konkave Seite sich rechts befindet. Außerdem ist 
der Magen konisch gestaltet, und zwar ist sein weiteres Ende das vordere. 
Die Grenze zwischen Oesophagus und Magen wird durch eine Einschnürung 
markiert, so daß sie der Cardia höherer Wirbeltiere entspricht. An das 
hintere Ende des Magens, den Pylorusteil (pylorus — Pförtner), welcher 
nach der Körpermitte umbiegt, schließt sich, durch eine Furche abgesetzt, 
der Anfangsteil des Mitteldarms, welcher zunächst nach vorn verläuft. 
Schneiden wir den Vorderdarm auf, so sehen wir, daß der Oesophagus eine 
dünne elastische Wandung mit Längsfalten besitzt, die ihn befähigen, sich 
weit zu dehnen, so daß ihn auch große Nahrungsobjekte, wie Käfer und 
dergleichen harte Insekten passieren können, wenn sie, wie es immer der 
Fall ist, ungekaut hinabgeschluckt werden. Die Magenwand ist dick und 
stark muskulös und trägt auf der Innenseite ebenfalls Längsfalten. Durch 
die Drüsen der Schleimhaut und schon äußerlich der Färbung nach hebt 
sich eine rötlichgelbe vordere Fundusregion deutlich von einer kleineren 
hinteren glatten und weißen Pylorusregion ab. 

Der Dünndarm, welcher bei dem Grasfrosch um ein beträchtliches 
Stück kürzer zu sein pflegt als beim Wasserfrosch, ist ein vielfach gewun- 
denes cylindrisches Rohr von geringerem Durchmesser als der Vorderdarm. 
Er verläuft zunächst nach vorn, biegt dann nach hinten um und legt sich 
in eine Anzahl Schlingen, bis er etwas rechts von der Mittelebene des 
Körpers in den Enddarm übergeht. Der Anfangsteil des Dünndarmes, 
welcher nach vorn gerichtet ist, wird auch Duodenum (= Zwölffinger- 
darm) genannt. Die Wandung des Mitteldarms ist wieder sehr dünn. Die 
Längsfalten des Pylorusteiles des Magens brechen an der Grenze zwischen 
Magen und Dünndarm plötzlich ab, und statt ihrer findet sich auf der Innen- 
wand des Duodenum ein unregelmäßiges Netz von erst niedrigeren, dann 
höheren Leisten. Etwa 1'/, cm hinter der Grenze gegen den Pylorus be- 
ginnen zwei Reihen von Querleisten, die alsbald die Gestalt taschenförmiger 
Klappen annehmen, deren Öffnungen nach dem After zu gerichtet sind, so daß 
sie, ähnlich wie die Herzklappen das Blut, so den Nahrungsstrom stauen 


Be: 


können (Fig. 40). 


Zwischen zwei aufeinanderfolgenden Klappen verlaufen 


kleine Längsfalten in der Darmwand. Von der Mitte des Dünndarmes ab 
werden die Querfalten kleiner, diese Längsfalten aber größer, so daß wieder 


ein unregelmäßiges Netz entsteht, das schließlich 
in geschlängelte Längsfalten übergeht. Kurz 
hinter der Umbiegungsstelle des Duodenum nach 
vorn mündet in dasselbe der Ductus chole- 
dochus (N xoAn — die Galle, 7 doyn — das 
Gefäß), welcher die Sekrete aus den Mitteldarm- 
drüsen, die wir nachher kennen lernen werden, 
bringt. 

Der Enddarm (Rectum), der sich an den 
Dünndarm ansetzt, ist beträchtlich dieker, so 
daß die Grenze schon äußerlich sehr deutlich 
wird; gegen die Kloake hin verengert er sich 
wieder etwas. Die dünne Wand des Enddarms 
weist neben Längsfalten auch Querleisten auf. 
Ventral mündet in diesen Darmabschnitt vermit- 


| | Schleimhaut des 
Magens 


—— Grenze gegen das 
Duodenum 


Netzförmige 
Leisten des Duo- 
denum 


Duodenum mit 
| _ halbmondförmig. 
\ Falten u. Längs- 
falten zwischen 
diesen. 


tels eines Längsschlitzes die Harnblase, ein 
häutiger Sack, der durch eine mediane Einschnü- 
rung in zwei seitliche Partien geteilt wird, welche 
in stumpfe Zipfel auslaufen. 

Sehen wir uns die histologischen Verhältnisse 
des Darmes an, so finden wir, daß die Wände 
seiner Teile im wesentlichen aus drei Schichten 
aufgebaut sind, nämlich aus einer Drüsenschicht 
(Mueosa), zu der beim Magen, Dünndarm und Enddarm noch eine Sub- 
mucosa kommt, einer Muskelschicht (Muscularis) und einer bindegewebigen 
Schicht (Serosa), von denen die erstere vom inneren, die beiden anderen 
vom mittleren Keimblatt geliefert werden, wie sich später erweisen wird. 

Die ganze innere Fläche des Darmes ist von einem Epithel, dem Stra- 
tum proprium (proprius — eigentümlich, wesentlich) ausgekleidet, in welchem 
zahlreiche Becherzellen liegen, und das zusammen mit Drüsen und Binde- 
gewebe die Mucosa bildet. Die Drüsen finden sich beim Frosch jedoch 
nur im Vorderdarm und sind in dessen einzelnen Abschnitten verschieden 
gebaut. In den Oesophagus münden neben einfachen Schleimdrüsen vielfach 
verästelte tubulöse Drüsen, die ein pepsinhaltiges Sekret ausscheiden. Das 
Epithel des Oesophagus ist mit beweglichen Cilien besetzt. In der Mucosa 
des Magens treten, entsprechend den nach ihnen benannten Regionen zwei 
Arten von Drüsen auf, die einfach tubulösen Fundusdrüsen (Labdrüsen, 
Magensaftdrüsen) Fig. 41, und die Pylorusdrüsen (Magenschleimdrüsen), 
von denen die ersteren Salzsäure und Pepsin produzieren, die letzteren wohl 
nur Schleim. Dem Dünndarm fehlen die Drüsen, dagegen ist er um so 
reichlicher mit Becherzellen (Schleimzellen) ausgestattet, die zwischen den 
langen Cylinderzellen des Epithels verstreut sind. Die Cylinderzellen 


Letztes Stück des Magens u. 

Anfangsteil des Dünndarms 

aufgeschnitten (n. Wieders- 
heim aus Gaupp). 


a 


haben an ihrer dem Darmlumen zugekehrten Oberfläche einen gestreiften 

Cutieularsaum. Die Becherzellen dagegen sind durch einen schlanken Hals 

ausgezeichnet, der mit Schleimkörnchen erfüllt ist. Zwischen diesen Ele- 

menten des Epithels kommen zahlreiche 

amöboid bewegliche Wanderzellen (Leu- 

cocyten) vor, und neben ihnen wahr- 

—orlinderzellen scheinlich auch Phagocyten (6 y&yos 

— der Fresser), welche andere Zellen 

des eigenen Körpers nach Amöbenart in 

sich aufnehmen und zerstören. Die Mu- 

cosa des Enddarmes enthält in der Haupt- 

7 8ehleimzelle sache nur Epithelzellen, erst am Ende 

treten wieder reichlicher Becherzellen auf. 

Die Submucosa setzt sich aus Binde- 

gewebe und zahlreichen Blutgefäßen sowie 

Lymphräumen zusammen. Beim Magen 

liegt zwischen ihr und der Mucosa eine 

kräftige Muskelschicht mit glatten Muskel- 

fasern, die in einer inneren zirkulären 

und einer äußeren Längslage angeordnet 
sind. 

In der Muscularis findet sich regelmäßig eine wohlausgebildete Ring- 
faserschicht, der außen eine Längsfaserschicht aufliegt. Alle diese Fasern 

sind glatte Muskelfasern, 
Fig. 42. die, wie erwähnt, fast aus- 
schließlich vom sympathi- 
schen Nervensystem inner- 
viert werden. Beim Magen 
ist die Ringmuskelschicht 
besonders stark, dagegen 
fg Wängsmuskeln fehlt ihm zum größten Teile 
eine Längsschicht. 
Die Serosa enthält im 
wesentlichen Bindegewebe 
Querschnitt durch den Dünndarm des Wasser- und geht nach außen in die 
frosches mit vier Darmfalten (n. Gaupp). Splanchnopleura, das innere 
Blatt des Peritoneums, über. 

Auch die Wand der Harnblase weist die im vorstehenden genannten 
drei Schichten auf. 

Als Mitteldarmdrüsen bezeichnen wir die Bauchspeicheldrüse und 
die Leber mit der Gallenblase. (Fig. 39.) 

Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) liegt in der Schlinge zwischen 
dem Magen und dem aufsteigenden Teil des Dünndarms als ein langge- 
strecktes Gebilde von bräunlichgelber Farbe mit einer Anzahl von lappigen 
Fortsätzen. Sie umschließt die Leberpfortader und den gemeinschaftlichen 


Durch 33prozent. Kalilauge isolierte 
große Labdrüse vom Frosch (n. Hei- 
denhain aus Gaupp). 


Macosa-_ 


Submucosa-_ ANY * Re 
Muscularis—. N 2:9 NS  Ringmus eln 


Serosa— x 


Ausführungsgang der Mitteldarmdrüsen. Histologisch betrachtet erweist sich 
das Pankreas als eine große tubulöse Drüse mit vielfach verästelten und ge- 
wundenen Drüsenschläuchen, welche ihr Sekret durch einen Hauptkanal, den 
Ductus Wirsungianus (s. D. pancreaticus) und mehrere kleinere Ka- 
nälchen in den Ductus choledochus entleeren. Die Drüsenzellen der Bauch- 
speicheldrüse sind kugelförmig und lassen eine helle Außenzone von einer 
dunkelkörnigen Innenzone unterscheiden. Der Kern liegt in der Außenzone 
und neben ihm ein Nebenkern, dessen Bedeutung noch strittig ist. 

Die Leber (Hepar) ist eine große, braune, ‘dreilappige Drüse, welche 
beim Öffnen der Leibeswand in dem vorderen Teile des Körpers zuerst auf- 
fällt. Sie umschließt dorsal und seitlich das Pericard. Eine ganze Anzahl 
von Ausführungsgängen, Ducetus hepatici, führen das Sekret der Leber 
aus dieser heraus und münden an verschiedenen Stellen in einen gemein- 
schaftlichen Gang, eben den Ductus choledochus, und zwar die einen noch 
vor dessen Eintritt in das Pankreas, die andern unter Durchdringung der 
Bauchspeicheldrüse erst im Innern derselben. Histologisch enthält die Leber 
ein Parenchym von sich verästelnden Schläuchen, zwischen denen reichlich 
Blutkapillaren des Pfortaderkreislaufs verstreichen. Die polygonalen Leber- 
zellen besitzen einen großen Kern und umgeben in geringer Zahl von drei 
bis sechs die Gallenkapillaren, wie man die sehr engen Lumina der 
einzelnen Schläuche nennt. Die Gallenkapillaren sammeln sich dann zu 
Übergangskanälen, die sich schließlich zu den Lebergängen vereinigen. 

Die Gallenblase (Vesica fellea) ist ein Reservoir, in dem das auch 
in den Nahrungspausen fließende Lebersekret, die schwarzgrüne Galle, auf- 
gespeichert wird. Sie erscheint beim Einblick in die ventral geöffnete Leibes- 
höhle als ein rundliches Bläschen zwischen dem rechten und linken Leber- 
lappen, ventral vom mittleren, etwas rechts unter der Spitze des Herzens, 
meist etwas von der Leber verdeckt. Sie steht in Verbindung mit dem 
Lebersystem durch zwei Gänge, Ductus cystici, deren einer aus dem 
rechten Lappen derselben kommt, deren anderer in den Ductus choledochus 
mündet. Die Wand der Gallenblase wird in der Hauptsache aus einschich- 
tigem Cylinderepithel gebildet, an das sich außen die Splanchnopleura an- 
schließt. 

In der Nähe des vorderen Endes des Enddarmes liegt dorsal von die- 
sem die Milz als ein kugeliger dunkelrot gefärbter Körper. Sie besteht aus 
einer festen bindegewebigen Kapsel, der außen das Peritoneum aufliegt, und 
aus einem weichen Inhalt aus reticulärem (= netzförmigem) Bindegewebe, 
zwischen dessen Maschen eine rote und eine weiße Milzpulpa unter- 
schieden wird. Die rote Milzpulpa enthält hauptsächlich rote Blutkörperchen, 
daneben verschiedene Arten von Leucocyten und Pigmentzellen. Wahr- 
scheinlich werden dort alternde rote Blutkörperchen durch Phagocytose 
eliminiert. Die weiße Milzpulpa besteht aus regellos in der roten Pulpa 
verteilten Leukocytenanhäufungen, sogenannten Follikeln. Daß in der Milz 
Leukocyten neu entstehen, wurde bereits erwähnt. 

Der ganze Darmtraktus mit seinen Anhängen ist aufgehängt an dem 


ra. S 


Mesenterium, einem bindegewebigen Band, das einerseits an der Mittel- 
linie der dorsalen Leibeswand, andererseits an der dorsalen Seite der ein- 
zelnen Teile des Darmes und seiner Drüsen usw. befestigt ist. Dieses Mesen- 
terium ist eine doppelte Lamelle und geht am Rücken in die Somatopleura, 
an den Eingeweiden in die Splanchnopleura über. Es erweist sich also als 
ein Teil des Peritoneums. Da nun der Darm viel länger ist, als die Mittel- 
linie der dorsalen Leibeshöhlenwand, so ist das Mesenterium, auch abgesehen 
von den Windungen des Darms, in zahlreiche Falten gelegt. Es dient zu- 
gleich den Blutgefäßen und Nerven, welche zu den Eingeweiden ziehen, als 
Leitband. 

Technische Bemerkung. Die Eingeweide macht man am besten von 
der Ventralseite sichtbar. Man heftet dazu den totchloroformierten Frosch mit 
seitlich ausgestreckten Extremitäten in einem mit Wachs ausgegossenen flachen 
Becken durch Stecknadeln fest und füllt das Becken mit Wasser, so daß der 
Frosch ganz bedeckt ist. Nun hebt man unter Zuhilfenahme einer stumpfen 
Pincette die Haut des Bauches und schneidet sie mit einer Schere von hinten 
beginnend von der Beckenregion bis zur Unterkieferspitze auf. Dann erst ver- 
fährt man in gleicher Weise mit der muskulösen Leibeswand, wobei man sich 
zu hüten hat, mit der Schere die Harnblase oder die Vena abdominalis zu ver- 
letzen; erst kurz vor ihrem Eintritt in die Leber wird diese durchschnitten. Den 
Schultergürtel zerschneidet man median. Endlich wird die Bauchwand nach 
rechts und links auseinander geklappt und mit Nadeln festgesteckt. Die Ein- 
geweide liegen nun frei zutage und werden durch das sie umspülende Wasser 
einigermaßen in ihrer natürlichen Form und Lage gehalten, und es ist leicht, die 
einzelnen Organe aufzufinden. — Die Einmündung des Ductus choledochus in den 
Darm macht man sich dadurch deutlich, daß man nach Öffnung des betreffenden 
Darmabschnittes mit der Pincette die Gallenblase zusammenpreßt, worauf deren 
dunkler Inhalt durch den Ductus in den Darm eintritt. — Die Flimmerbewegung 
der Rachenschleimhaut kann man unter dem Mikroskop beobachten, wenn man 
ein quadratisches Stück jener Haut auf einer Korkscheibe mit entsprechendem 
Ausschnitt durch vier Nadeln feststeckt und mit einem Deckglas bedeckt. Noch 
einfacher läßt sich jene Bewegung nachweisen, indem man quer über die flach 
ausgebreitete Haut einen Pinselstrich von Tusche zieht. Alsbald sieht man den 
Strich fortwandern, da die Cilien die einzelnen Tuschekörnchen bewegen. 


7. Das Urogenitalsystem. 


Das Urogenitalsystem umfaßt die Exkretions- und Geschlechtsorgane, 
welche in sehr inniger Beziehung zueinander stehen und daher am besten 
im Zusammenhang besprochen werden. Ebenso sollen in diesem Kapitel 
die Nebennieren und die Fettkörper behandelt werden. 

Die Nieren. 

Die beiden Nieren finden sich im hinteren Abschnitt des Körpers dicht 
unter der dorsalen Leibeswand, ziemlich nahe an der Medianebene, so daß 
sie sich beinahe berühren. Sie liegen retroperitoneal, das heißt außerhalb 
des Peritoneums in einem zwischen diesem und der Körperwand befindlichen 
Lymphraum, und sind nur mit einem kleinen Teil ihrer ventralen Ober- 
fläche mit dem Peritoneum verbunden. Nicht selten sind die beiden Nieren 
asymmetrisch. Jede einzelne Niere stellt einen flachen rotbraunen Körper 


dar, dessen medianer Rand ziemlich geradlinig, dessen lateraler Rand kon- 
vex verläuft. Auf ihrer Ventralseite liegt, vom vorderen Rande sich über 
etwa drei Viertel der ganzen Niere ersitreckend, in der Mittellinie ein 
£ schmaler goldgelber Körper, die Neben- 
Fig. 43 niere, lateral, etwa vom letzten Drittel des 
Randes beginnend, zieht ein Ductus (s. Vas) 
deferens (defero—ich bringe herab), der 
Ausführungsgang der Niere, nach hinten. 
Während beim weiblichen Frosch die 
Nieren in der eben geschilderten Weise un- 
abhängig von den Geschlechtsorganen exi- 
stieren, besteht beim männlichen ein enger 
! Zusammenhang mit der Geschlechtsdrüse 
4 und deren Ausführungsgängen. Diese Aus- 
Duetus führungsgänge, Vasa efferentia (effero — 


/ 


deierens ;ch führe heraus), münden in einen Längs- 
\\ J kanal (Bidder’scher Längskanal), welcher 
\ am medianen Rande der Niere innerhalb 
Die. Nieren des Frosches. dieser verläuft, und kommunizieren dadurch 


Die Vena cava posterior mit den 
Vv. revehentes schwarz. Die 
Nebennieren punktiert. 


mit den Harnkanälchen derselben, die wir 
gleich kennen lernen werden. Die Nieren 
bestehen nämlich bei beiden Geschlechtern 
in der Hauptsache aus einem Geflecht von Harnkanälchen. Wenn wir ein 
solches im einzelnen betrachten, so können wir fünf Abschnitte an ihm 
unterscheiden (Fig. 44): Von einem Nierenkörperchen, dessen Bau und Be- 
deutung wir nachher ins Auge fassen wollen, geht ein solches Harnkanälchen 
zunächst als dünnes Rohr geradlinig aus, sogenannter „Hals“ (I. Abschnitt); 
es verdickt sich dann zu einem längeren, mehrfach gewundenen Kanal 
(II. Abschnitt), verengert sich wieder (Ill. Abschnitt), macht als stärkeres 
Rohr abermals eine Anzahl von Windungen (IV. Abschnitt) und mündet 
endlich durch ein gerades Stück (V. Abschnitt) in ein Sammelrohr (dor- 
saler Querkanal), welches noch mehrere Harnkanälchen aufnimmt und auf 
der dorsalen Seite der Niere quer durch dieselbe verläuft, um endlich in 
den Ductus deferens zu münden, welcher im lateralen Rande des Organs 
zu finden ist. — Auch histologisch unterscheiden sich die einzelnen Ab- 
schnitte der Harnkanälchen. Die Wand des I. Abschnittes besteht aus 
kleinen Zellen, deren jede mit wenigen, aber kräftigen Cilien versehen ist; 
im II. Abschnitt finden sich Zellen, welche an ihrem dem Lumen des Kanals 
zugekehrten Ende einen Besatz von kurzen Borsten tragen und im Innern 
reihenförmig angeordnete Körnchen enthalten (Fig. 45). Die Wand des 
III. Abschnittes ist ähnlich der des I., die des IV. Abschnittes besteht aus 
Zellen, welche dem Kanallumen einen Stäbchensaum zukehren. Der V.Ab- 
schnitt endlich ist mit hellen polyedrischen oder kubischen Zellen aus- 
gekleidet, 

Wie gesagt, geht der Halsabschnitt jedes Harnkanälchens hervor aus 


a. 


einem Nierenkörperchen, auch Malpighi’sches Körperchen genannt. Dieses 
ist ein rundliches Gebilde, welches aus einer Glomeruluskapsel (Müller’sche 
oder Bowmann’sche Kapsel) — gebildet von einer Membran aufsitzenden platten- 
förmigen Zellen — und dem in dieser enthaltenen Glomerulus (— der Knäuel) 
besteht. Ein solcher Glomerulus kommt dadurch zustande, daß ein als Vas 
afferens bezeichneter Zweig der Arteria renalis in die Bowmann’sche Kapsel 
eintritt und hier einen Knäuel bildet, um als Vas efferens die Kapsel wieder 
zu verlassen, wobei es fraglich ist, ob er sich in deren Innerem noch 
weiter in Capillaren gabelt. 


Fig. 44. Fig. 45. 


Sammelrohr in 
den Ductus defse-— 
rens einmündend 


II. Abschnitt des 
Harnkanälchens 
(Bürstenzellen) 


Hals mit cilien- 
tragenden Zellen 


Ein Harnkanälchen aus der Niere 
des Wasserfrosches nach Maceration 
in Salzsäure isoliert (n. Nußbaum). 
Das kugelige Gebilde über dem IV.Ab- 

schnitt, von dem nach oben ein zu- Teil der Glomeruluskapsel, Hals und 


& — Capsula glomeruli 


nächst sehr dünner Hals abgeht, ist Anfang des zweiten Abschnittes des 
das Nierenkörperchen, jener dünne Harnkanälchens vom Wasserfrosch 
Kanal der I. Abschnitt. (n. Nußbaum aus Gaupp). 


Ehe wir nun auf die Unterschiede im Bau der Niere bei den Ge- 
schlechtern eingehen, seien hier die Nephrostome (ö v&yoos — die Niere, 
6 oröuea — die Mündung) oder Wimpertrichter erwähnt, trichterförmige 
Röhrchen mit Flimmerepithel, welche in beträchtlicher Anzahl die ventrale 
Nierenoberfläche durchsetzen, also in die Leibeshöhle münden. In der Jugend 
des Frosches bildeten sie den Anfangsteil der Nierenkanälchen, wie wir 
später sehen werden, im erwachsenen Zustand aber haben sich die Kanälchen 
von ihnen getrennt und sind mit den Nierenkörperchen in Verbindung ge- 
treten. Die Wimpertrichter dagegen münden nunmehr in die aus dem 
Nierenpfortaderkreislauf abführenden Venen und setzen diese somit mit der 
Leibeshöhle in Kommunikation. 


BD 


Beim weiblichen Frosch entspricht der Bau der Niere dem Gesagten. 
Beim männlichen tritt durch das Hinzutreten der samenausleitenden Kanäle 
eine Komplikation ein, die bei den einzelnen Froscharten auch wieder eine 
größere oder kleinere ist. Am einfachsten sind die Verhältnisse beim 
Wasserfrosch. Wie erwähnt, führen eine Anzahl Kanälchen den Samen aus 
dem Hoden in einen im medianen Rande der Niere verlaufenden Längskanal. 
Von diesem gehen eine Anzahl ventraler Querkanäle aus, welche nach 
mehreren Glomeruluskapseln Äste entsenden und so in Kommunikation mit 


Fig. 46. 


Ductus 
deferens 


Nieren- 


D) —Längskanal 


a ni 
Vas /efferens 


Ductus deferens 


-Längskanal 


——Vas efferens 


Nierenkörperchen 


Schema der samenableitenden Wege beim Männchen a. vom 
Wasserfrosch, b. vom Grasfrosch (n. Beissner aus Gaupp). 


den entsprechenden Harnkanälchen treten. Diese führen dann den Samen 
weiter in den dorsalen Querkanal, welcher ihn in den Ductus deferens be- 
fördert. (Fig. 46a.) Beim Grasfrosch dagegen fehlen die ventralen Quer- 
kanäle und statt ihrer gehen von dem auch hier vorhandenen Längskanal 
dorsalwärts zahlreiche Kanäle ab, welche sich zu einem Bläschen (Ampulle) 
erweitern, das dann sofort in einen der dorsalen Querkanäle einmündet. Da 
die Ampulle wohl als eine umgewandelte Glomeruluskapsel anzusehen ist, so 
ist das Verhalten beim Grasfrosch also ein fortgeschritteneres in der Ent- 
wicklung der Niere, denn der Samen vermeidet hier die Nierenkanälchen. 


N 


Der Ductus deferens führt bei beiden Geschlechtern das Exkret der 
Niere in die Kloake, wo er dorsal, gegenüber der Harnblase mündet, und 
zwar der der rechten Seite durch einen kleinen Zwischenraum getrennt von 
dem der linken. Während er beim Weibchen rein als „Harnleiter“ funk- 
tioniert, übernimmt er beim männlichen Frosch gleichzeitig noch die Aus- 
leitung des Samens, ist also als „Harnsamenleiter“ zu bezeichnen. Das ist 
wohl auch der Grund, weshalb das Vas deferens beim Männchen in einem 
Teil seines Verlaufs zu einer Samenblase (Vesicula seminalis) erweitert 
ist. Diese Samenblasen sind innen durch Scheidewände in Fächer geteilt, 
außen meist dunkel pigmentiert, und dienen dazu, den Samen aufzuspeichern, 
so daß eine größere Quantität desselben auf einmal entleert werden kann. 
Sie sind bei den einzelnen Froscharten an verschiedenen Stellen der Harn- 
samenleiter und in verschiedener Mächtigkeit entwickelt. Am schwächsten 
sind sie beim Wasserfrosch, wo sie als spindelförmige Erweiterung der 
Niere dicht anliegen. Beim Grasfrosch schwellen sie zur Brunstzeit zu 
rundlichen Blasen von beinahe 1 cm Länge an, ebenfalls dicht hinter den 
Nieren, sind jedoch sonst viel unansehnlicher. Der Moorfrosch hat kleine in 
der Mitte der Vasa deferentia liegende Samenblasen. Auch bei dem Harn- 
leiter des Weibchens soll sich, wenigstens auf Querschnitten eine kleine Er- 
weiterung an den betreffenden Stellen zeigen. 

Die Nebenniere (Glandula suprarenalis), welche auf der ventralen 
Seite jeder Niere als goldgelber gekörnelter Körper liegt, ist histologisch 
zusammengesetzt aus verschiedenen soliden Zellmassen. Diese enthalten so- 
genannte Rinden- und Markzellen, zu denen im Sommer noch „Sommer- 
zellen“ kommen. Die Nebenniere verdankt ihre Farbe Fetttröpfchen, welche 
den größten Teil der Rinden- oder Epithelzellen ausmachen. Die Markzellen 
(chromaffine Zellen) sind größer und werden durch doppeltchromsaures Kali 
gelb oder braun gefärbt, so daß sie besonders deutlich vor den übrigen 
Zellelementen zu sehen sind. Die im Sommer auftretenden Sommerzellen 
sind birnförmig, besitzen einen ovalen Kern und sind durch gewisse Farb- 
stoffe, wie z. B. Eosin, stark färbbar. Die Nebennieren sind zum Leben 
des Tieres notwendige Organe, deren Zerstörung den Tod unter Vergiftungs- 
erscheinungen mit sich bringt. 

Die Geschlechtsorgane. Wie bekannt, sind die Frösche getrennt 
geschlechtlich; doch kommen gelegentlich auch Zwitter vor, und zwar meist 
solche, die vorwiegend männliche Charaktere zeigen. Die Geschlechts- 
produkte, Samen und Eier, werden erzeugt in den Geschlechtsdrüsen (Keim- 
drüsen, Gonaden), welche Hoden resp. Ovarien genannt werden. Zur Ent- 
leerung dieser Produkte dienen Ausführungsgänge, beim Männchen die Vasa 
efferentia, welche, wie wir sahen, nach der Niere verlaufen, beim Weibchen 
der Eileiter, zu welchem beim männlichen Frosch ein rudimentäres (= rück- 
gebildet und nicht mehr funktionsfähig) Pendant existiert. 

Der Hoden (Testis). (Fig. 47. 48.) Die männliche Geschlechtsdrüse 
ist ein rundlich ovaler weißer Körper, der an einem besonderen Band, dem 
Mesorchium (ö öoxıs — der Hoden) ventral von dem vorderen Ende der 


u Wen 


Niere aufgehängt ist. Den Hauptbestandteil des Hodens bilden die Samen- 
kanälchen (Fig. 48), welche durch Bindegewebe, das reichlich von Blut- 
gefäßen durchzogen wird und auch Nerven einschließt, zu einer kompakten 


Fig. 47. 
Fettkörper Linke Niere 
/ / 


Linker Hoden— 


Mesorchium mit Duct 
Vasa efferentia — Br ee 
(Hodennetz) a 
Längskanal—— ; 


Schema des Urogenitalsystems vom männlichen Grasfrosch. Der Hoden ist 
medianwärts umgelegt (n. Gaupp). 


Masse vereinigt werden. Außer dem Peri- Fig. 48. 
toneum umgibt noch eine bindegewebige 
Hülle den ganzen Hoden. Die Samenkanälchen 
sind radiär angeordnet, laufen aber im Zen- 
trum des Hodens vielfach durcheinander. Sie 
enthalten die samenproduzierenden Elemente 


und sogenannte Follikelzellen, die wohl als =E #. 
Nährzellen fungieren. Alle Samenkanälchen 3E_ ; 
münden in ein Netz von Ausführungsgängen, 38 5 
das intratestikuläres Hodennetz genannt Ss 

5 Pr 


wird, weil es innerhalb der Keimdrüse liegt. 
Es steht in Verbindung mit den Vasa effe- 
rentia testis, welche nach der Niere ziehen 
und dabei durch Anastomosen miteinander 
kommunizieren, so daß ein extratestiku- 
läres Hodennetz entsteht. In der Niere 
führen die Vasa efferentia in den an deren 
medianem Rand verlaufenden Längskanal. sehnitt durch einen Teil des 

(Fig. 47.) Hodens vomGrasfrosch (n. Gaupp). 


7277 


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un) 


susIoyo seA 
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SE a 


Der Samen besteht aus einer flüssigen Masse, innerhalb welcher die 
Samenfäden (Spermatozoen) sich lebhaft bewegen, da jedes von ihnen 
eine lebendige freie Zelle darstellt, welche mit Hilfe eines mächtigen Schwanz- 
fadens, ähnlich der Geißel eines Flagellaten, umherschwimmt. An jedem 
Spermatozoon unterscheiden wir den mit einem Spitzenstück versehenen 
Kopf, welcher den Kern enthält, das Mittelstück und den Schwanzfaden, an 
welchem ein Achsenfaden umgeben von einer Spiralhülle zu bemerken ist. 
Bei den einzelnen Froscharten sind die Samenfäden verschieden gestaltet. 
(Fig. 49.) Zwischen diesen normalen Samenelementen kommen in geringer 
Zahl auch anders gestaltete vor, die als „abnorm“ bezeichnet werden. 
Neben mehrschwänzigen oder mehrköpfigen finden sich sogenannte Riesen- 
spermatozoen, die wahrscheinlich auf unvollkommene oder unregelmäßige 
Teilung der samenproduzierenden Zellen zurückzuführen sind, ferner Zwerg- 
spermatozoen und solche mit kugeligem Kopf statt des RER lang- 
gestreckten (Ballowitz 1906). 


Fig. 49. 


“ N) 


Spermatozoen vom: a. Ede, b. Chuekokch, c. Moorfrosch, d. Springfrosch, 
e. Laubfrosch (die Unterschiede sind etwas übertrieben dargestellt). 


Der Eierstock (Ovarium) (Fig. 50. 51) ist ein längliches Gebilde, das 
an der gleichen Stelle im Körper des Weibchens liegt, wie beim Männchen 
der Hoden, das aber, besonders wenn es mit reifen Eiern gefüllt ist, jenen 
an Größe bedeutend übertrifft. Das Band, an welchem es aufgehängt ist, 
heißt Mesovarium. Das Ovarium ist ein dünnhäutiger Sack, der durch 
Scheidewände, welche ins Innere vorspringen, in eine Anzahl Kammern ge- 
teilt wird. In diesen Kammern, den Ovarialtaschen, werden die Eier ge- 
bilde. Ein Ausführungsgang aus dem Eierstock existiert nicht, die reifen 
Eier durchbrechen vielmehr jedes für sich die Wand der Keimdrüsen und 
fallen in die Leibeshöhle. Histologisch setzt sich die Wand des Ovariums 
aus drei Schichten zusammen; aus dem Innenepithel, gebildet von poly- 
gonalen Plattenzellen, aus dem Stratum medium, in welchem die Ur- 
geschlechtszellen liegen, aus denen sich dann die Eier unter Follikel- 
bildung entwickeln, und aus dem die ganze Geschlechtsdrüse überziehenden 
Peritonealepithel. (Fig. 50.) 


Fig. 50. 


Wand der Tasche 
Schematischer Schnitt durch die freie Kuppe einer Ovarialtasche (n. Gaupp). 


e) 
< 
= 
[=] 
AL 
—— Oyarium 
Ovidukt 


Harnblase 


Weibliche Genitalien vom Wasserfrosch nach der Brunst. Linkerseits in der 

Hauptsache in situ, rechterseits ist das Ovarium entfernt und der Ovidukt der 

Länge nach ausgebreitet. Darm zum größten Teile entfernt. Kloake von der 
Ventralseite geöffnet. Leber zum größten Teile abgetragen (n. Gaupp). 


6 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 


BERN: 


Die ausgebildeten Eierstockseier sind ziemlich große kugelige Zellen, 
welche neben dem großen Kern, dem sogenannten Keimbläschen (Nucleus) 
mit mehreren Keimflecken (Nucleoli), reichlich Dotter enthalten. Der Dotter, 
den man als „Nahrungsdotter“ von dem Eiplasma, dem „Bildungsdotter“ 
unterscheidet, ist hauptsächlich in der einen Eihälfte angehäuft, welche man 
wegen ihrer späteren Entwicklung die vegetative nennt im Gegensatz zu 
der anderen, der animalen Hälfte. Die Oberfläche der animalen Eihälfte 
ist dunkel pigmentiert. 

Der Ovidukt (Eileiter, Müllerscher Gang). Die ausgebildeten Eier, 
welche, wie erwähnt, in die Leibeshöhle fallen, werden aus dieser durch 
zwei lange Kanäle ausgeleitet, nachdem sie durch besondere Wimperzellen 
des Peritoneums nach deren Öffnungen transportiert worden sind. Die Ei- 
leiter beginnen mit einer trichterförmigen Öffnung (Ostium abdominale) zu 
beiden Seiten des Herzbeutels, dorsal von der Leber, verlaufen ein kurzes 


Fig. 32. 


Kloake des männlichen und weiblichen Frosches mit den Mündungen der Harn- 
leiter, Eileiter und der Harnblase; (seitlich aufgeschnitten). 


Stück geradlinig und ziehen dann unter vielfachen Windungen nach hinten, 
wo sie mit einem erweiterten, dünnwandigen Endabschnitt, dem Uterus, in 
die Kloake rostral von den Öffnungen der Harnleiter einmünden. (Fig. 51. 52.) 
Die Wände der Eileiter bestehen, abgesehen von dem Peritonealüberzug, im 
wesentlichen aus einem Flimmerepithel, welches die Eier weiterleitet, in dem 
aber auch zahlreiche Drüsenzellen liegen, welche die Eier mit ihren Sekreten 
umhüllen. 

Auch beim Männchen finden sich Müllersche Gänge, die aber ganz 
rudimentär und wohl sicher funktionslos sind. Sie verlaufen als sehr feine 
weißliche Fäden an der gleichen Steile der dorsalen Leibeswand, wie beim 
Weibchen, nur sind sie nicht gewunden, sondern einfach gerade gestreckt. 
Sie enthalten manchmal ein deutliches Kanallumen, oft sind sie nur solide 
Zellstränge. Im ersteren Falle findet sich vorn auch ein Ostium abdominale 
als Öffnung in die Leibeshöhle. 

Die Fettkörper (Corpora adiposa) sind gelbe, viellappige Gebilde, 
welche beim männlichen Frosch am vorderen Rande des Hoden (Fig. #7), 


a ER 


beim weiblichen dagegen am vorderen Rande des Mesovariums liegen (Fig. 51) 
und zu verschiedenen Zeiten verschieden stark entwickelt sind. Sie sind 
Reservedepots für Fett, welches in besonderen Fettzellen, den Haupt- 
elementen der Fettkörper, gelagert ist. Wenn diese Fettzellen ganz gefüllt 
sind, was den Winter über der Fall ist, so enthalten sie riesige Fetttropfen, 
welche den Kern der Zelle ganz an deren Wand drängen und das um- 
gebende Plasma bis auf ein dünnes Häutchen reduzieren. Das Fett ist 
wohl in erster Linie für die Keimdrüsen bestimmt, denn während des 
Winterschlafes wird es nicht verbraucht, wohl aber kurz vor der Brunst- 
periode. 

Technische Bemerkungen. Das Urogenitalsystem wird zur Anschauung 
gebracht, indem man nach Öffnen der Leibeshöhle die übrigen Eingeweide durch 
Lostrennen ihrer Mesenterien mit der Schere entfernt. Den Enddarm läßt man 


am Objekt und schneidet ihn seitlich auf, um die Einmündungen der Harnleiter, 
der Müllerschen Gänge und der Harnblase sichtbar zu machen. 


II. Ontogenie. 


Nachdem wir in den vorausgegangenen Abschnitten den Bau des er- 
wachsenen Frosches in seinen Grundzügen kennen gelernt haben, kommen 
‚wir jetzt dazu, die Entwicklung desselben zu verfolgen. Wie stets, beginnt 
die Entwicklung mit der Befruchtung des vom Weibchen produzierten Eies 
durch das männliche Spermatozoon. Die Befruchtung kommt in der Weise 
zustande, daß beide Geschlechter im Laufe eines Begattungsaktes ihre Ge- 
schlechtsprodukte absetzen, worauf die Samenfäden in die durch Gallerte 
zu einem Laich zusammengeballten Eimassen eindringen. Um aber die Vor- 
gänge in dem Ei bei dieser Befruchtung ganz verstehen zu können, müssen 
wir erst noch die Bildung der Geschlechtsprodukte in den Gonaden selbst 
näher ins Auge fassen. 


1. Samenbildung (Spermatogenese). 


Die Samenbildung findet in bezug auf den zeitlichen Ablauf der ein- 
zelnen Vorgänge bei den verschiedenen Arten unserer Frösche nicht in der 
gleichen Weise statt. Während z. B. bei dem Wasserfrosch jederzeit 
Geschlechtsprodukte heranreifen, so daß man auf einem Schnitt durch den 
Hoden alle Stadien der Entwicklung der Spermatozoen gleichzeitig neben- 
einander antrifft, geht die Spermatogenese beim Grasfrosch zyklisch von 
statten, weswegen man zu einer bestimmten Zeit nur eine Entwicklungsstufe 
des Samens vorfindet. 

Den Ursprung nehmen die Spermatozoen in den Urgeschlechts- 
zellen (Ursamenzellen) und den aus diesen hervorgehenden Keimzellen, 
welche vor der ersten Ausbildung der männlichen Geschlechtsdrüsen in 
diesen zunächst ruhen, ohne sich zu verändern. Beim Heranwachsen des 
Tieres beginnen die Keimzellen sich zu teilen und liefern so eine große 


Anzahl von Spermatogonien, die zuerst in Ketten hintereinander liegen, 
dann aber einzeln von platten Zellen umgeben werden, welche wir schon 
als Follikelzellen kennen lernten. Ob diese Follikelzellen von den 
gleichen Zellen abstammen, wie die Spermatogonien, wie es z. B. Ber- 
tacchini (1891) behauptet, ist recht schwer zu entscheiden, zumal über 
diesen Punkt auch bei anderen Tieren noch nichts sicheres feststeht. Die 
Spermatogonien teilen sich nun lebhaft weiter, so daß sich in den einzelnen 
Spermatocyten alsbald eine reichliche Anzahl von ihnen vorfindet. Man be- 
zeichnet diese Periode der Hodentätigkeit mit Keimperiode, oder die Ab- 
schnitte der Gonade, in der gerade die Spermatogonienteilung vor sich geht, 
als Keimzone. Nach dieser Vermehrung der Spermatogonien stellen die- 
selben ihre Tätigkeit ein und machen eine Ruheperiode durch, während 
welcher sie durch reichliche Nahrungsaufnahme heranwachsen zu den 
Spermatocyten I. Ordnung oder Samenmutterzellen. Die Hoden- 
abschnitte, in denen diese Vergrößerung stattfindet, nennt man die Wachs- 
tumszone. Am Ende der Wachstumsperiode befinden sich also in jeder 
Spermatocyste genau soviel Spermatocyten I. Ordnung, als bei ihrem Beginn 
Spermatogonien vorhanden waren, nur sind die Spermatocyten um ein be- 
deutendes größer geworden. Zu ihrer Anordnung im Hoden sei übrigens 
bemerkt, daß sie in den erwähnten Samenkanälchen rings um deren Lumen 
verteilt liegen. 

Es folgt jetzt eine weitere Teilung der Samenmutterzellen in je zwei 
Samentochterzellen oder Spermatocyten Il. Ordnung und gleich 
darauf eine Teilung der Samentochterzellen in je zwei Samenenkelzellen 
oder Spermatiden. Es gehen also aus jeder Samenmutterzelle vier Samen- 
enkelzellen hervor, so daß in jeder Spermatocyste nunmehr viermal soviel 
Spermatiden vorhanden sind, als ehedem am Schluß der Keimperiode 
Spermatocyten in ihr lagen. — Die Spermatiden schließlich wandeln sich 
durch Streckung der Kerne und Ausbildung eines langen Schwanzfadens 
um in die Samenzellen oder Spermatozoen. Jene beiden letzten 
Teilungen, aus denen die Samenenkelzellen resultieren, nennt man die 
Reifungsteilungen, welche in der Reifungszone vor sich gehen. Man 
ist nämlich sowohl durch die tatsächlichen Vorgänge bei diesen Teilungen, 
die sich von dem gewöhnlichen Modus unterscheiden, als auch durch theore- 
tische Erwägungen zu der Auffassung gekommen, daß sie die Samenelemente 
erst fähig machen, mit der ähnlich vorbereiteten Eizelle zu einer einheit- 
lichen Zelle zu verschmelzen. 


Der sonst bei fast allen Zellen im Tierreich übliche Modus der Teilung, den 
auch die Spermatogonien einhalten, ist die Mitose (ö uizos — der Faden des 
Aufzuges beim Weben) oder Karyokinese (zö x«gvov — die Nuß, der Kern, 
N zivnoıs — die Bewegung). Eine solche mitotische Teilung verläuft folgender- 
maßen: Nach dem sogenannten Ruhestadium des Kerns (Fig. 53a), in welchem 
dessen chromatische (= färbbare) Substanz in Form von feinen Chromatin- 
kügelchen in dem Protoplasmaschaum suspendiert ist, beginnt die Mitose damit, 
daß sich das neben dem Kern liegende Centrosoma halbiert, und die Chromatin- 
teilchen in demKern sich zu einem Fadenknäuel, Spirem, aneinander reihen (b), 


Zu. 


Die beiden Hälften des Centrosoms rücken auseinander, so daß sie auf ent- 
gegengesetzte Seiten des Kerns zu liegen kommen, dessen Wand ebenso wie 
seine Nucleolen verschwinden, und dessen geknäuelter Chromatinfaden sich stark 
verkürzt und dadurch an Durchmesser zunimmt. Um die Centrosome tritt eine 
Strahlung im Protoplasma auf, indem sich diejenigen Wände der einzelnen 
Schaumwaben, die vorher nur annähernd in der Richtung nach den Centrosomen 
verliefen, genau radiär nach jenen als Mittelpunkten einstellen (ce). Dadurch, 
daß diese Strahlung in dem zwischen beiden Centrosomen liegenden Gebiet der 
Zelle am stärksten ist, entsteht die sogenannte Spindel(du.e). Währenddessen hat 
sich der Spiremfaden in Teilstücke, dieChromosomen zerlegt, deren Zahl in den 
Zellen eines und desselben Tieres konstant zu sein scheint, bei verschiedenen 
Tierarten aber wechselt. Beim Frosch ist die Zahl der Chromosomen, welche bei 
den Teilungen der Somazellen auftreten, noch nicht bekannt, und wenn sie auch 
bei einer ganzen Reihe von Amphibien und nahen Verwandten unserer Frösche 
überall 24 beträgt, so deuten gewisse Anzeichen darauf hin, daß es bei ihm nur 
20 sind, wie nachher erörtert werden soll. Die 

Chromosomen haben verschiedenerlei Gestalt, Fig. 53. 

manchmal sind sie rundliche Körnchen, manch- 
mal kürzere oder längere Stäbchen, oft auch 
U- oder V-förmig gebogene Schleifen, und an 
Größe sind sie entweder alle untereinander 
gleich, oder eines übertrifft die andern an 
Quantität um ein Beträchtliches, wie es bei 
den Insekten häufig vorkommt, oder endlich 
sind alle ein wenig verschieden voneinander. 
Beim Frosch haben wir es mit äußerlich 
gleich erscheinenden Schlingen zu tun. Diese 
ordnen sich nun in einer Ebene an, die senk- 
recht zur Achse der erwähnten Spindel steht, 
und zwar so, daß ihre freien Schenkel radiär 
nach allen Seiten ausstrahlen. Es entsteht so 
das Asterstadium (6 oje — der Stern) 
oder dieAquatorialplatte (e). Den ganzen 
Vorgang von der Bildung des Spirems bis zu 
der der Aquatorialplatte bezeichnet man als 
Prophase (Vorphase) der Teilung. Schon vor- 
her hat sich jede Chromatinschleife der Länge 


i k 
nach geteilt und liegt so verdoppelt in der 
Aquatorialplatte, oder sie teilt sich jetzt erst, Bd i t 8 8. 
welchen Vorgang man Metaphase (Haupt- 
phase, Metakinese) nennt (f). Die so entstan- 


denen beiden Hälften des Asters rücken nun Schema der mitotischen Zell- 
nach den Polen der Spindel zu, indem dabei teilung nach Boveri. 

die Schleifenwinkel der Chromosomen voraus- 

gehen, so daß es den Anschein hat, als würden sie gezogen von den Spindel- 
fäden (g. u. h). Wegen ihrer äußeren Erscheinung unter dem Mikroskop sind 
nämlich die von den Centrosomen ausgehenden Strahlungen oft für kontraktile 
Fäden gehalten worden, deren Zusammenziehung die Trennung der Chromosomen- 
hälften bewirken sollten. Neuere Angaben aber erklären jene scheinbaren Spin- 
delfäden in der vorher angegebenen Weise, und es kann somit auch nicht von 
einer Kontraktilität derselben die Rede sein. Die beiden auseinander rückenden 
Hälften der Aquatorialplatte, deren Chromatinschleifen also je ein der Länge nach 
halbiertes Chromosom darstellen, bilden das Dyasterstadium. Sind die neuen 
Chromosomen, die Tochterchromosomen, in der Nähe der Centrosome angelangt, 
so verkürzen sie sich und bilden einen Fadenknäuel (Dispiremstadium) ähnlich 
dem einfachen Spirem der Prophase (i). Dieser ganze Abschnitt der Zellteilung heißt 


Pe 


Anaphase (Teilungsphase). Schließlich löst sich der Chromatinfaden auf in 
einzelne Chromatinkörner, welche sich in dem jetzt auftretenden Wabenwerk der 
neuen Kerne verteilen. Die Zelle selbst hat unterdessen, meist schon während 
des Dyasterstadiums, begonnen, sich mitten zwischen beiden neuen Kernen ein- 
zuschnüren und vollendet diese Teilung jetzt, so daß zwei Zellen resultieren, 
deren jede wieder einen von einer Membran umgebenen „ruhenden“ Kern und 
neben ihm ein Centrosoma aufweist (k). Das ist die Telophase (Endphase) der 
Teilung. — Nachdem die natürlich nur die halbe Größe der Multerzelle besitzen- 
den Tochterzellen durch Nahrungsaufnahme zu deren Volumen herangewachsen 
sind, wiederholen sie das gleiche Spiel, und es ist nun von Wichtigkeit, daß man 
Grund hat zu glauben, dıe dabei wieder auftretenden Chromosomen seien iden- 
tisch mit den während der letzten Teilung vorhandenen. Man nimmt an, daß die 
Chromosomen nicht, wie es scheint, in die Chromatinkörnchen des Kerns schlecht- 
weg zerfallen, sondern daß sie sich nur umformen, indem sie sich etwa vielfach 
verästeln und in feinste Gebilde ausziehen, von denen sich nachher nur einzelne 
Stellen, eben jene Körnchen, sichtbar machen lassen. Diese Theorie von der 
Individualität der Chromosomen ist eine der Stützen, welche die modernen 
großen Vererbungstheorien (z. B. Weismanns Deszendenztheorie) zu ihrem Aufbau 
benützen, denn man sieht wohl mit Recht in dem Chromatin die Substanz, welche 
der Träger der Vererbung ist, eine Anschauung, die durch die so genaue Hal- 
bierung dieses Stoffes bei der Teilung einer Zelle in ihre beiden Tochterzellen 
noch bestärkt wird. 


Wenn ein neuer Organismus aus der Verschmelzung zweier Zellen, wie 
es die Befruchtung ja ist, entstehen soll, so würde die befruchtete Eizelle 
neben ihren eigenen Chromosomen noch die gleiche Anzahl der durch das 
Spermatozoon hinzugebrachten enthalten, und im Laufe der Generationen 
müßte diese Zahl, da sie durch jede Befruchtung verdoppelt wird, ins Un- 
endliche anwachsen. Da die Chromosomenzahl aber, wie vorher gesagt 
wurde, bei jeder einzelnen Tierart konstant ist, so muß eine Reduktion 
des Chromatins statthaben in den verschmelzenden Zellen, um es nach 
deren Vereinigung wieder in der normalen Quantität erscheinen zu lassen. 
Es ist nun noch nicht sicher, wann und wie diese Verminderung des Chro- 
matins vor sich geht, aber darüber sind wohl fast alle Deutungen einig, daß 
jene beiden letzten Teilungen, welche beim männlichen Geschlecht die 
Spermatiden und, wie wir nachher sehen werden, beim weiblichen die reifen 
Eier liefern, im Zusammenhang mit ihr stehen. Das ist auch der Grund, 
weshalb man diese Teilungen Reife- oder Reduktionsteilungen genannt 
hat. An einer Reihe von Objekten ist nämlich festgestellt worden, daß bei 
der einen dieser beiden Reifungsteilungen die Längsspaltung der Chromo- 
somen unterbleibt und daher ganze Chromosomen auseinander geführt wer- 
den, so daß also die entstehenden Tochterzellen nur die halbe Normalzahl 
der Chromosomen enthalten. Da auf diese Weise der übliche Modus der 
Teilung nicht eingehalten wird, spricht man hier von pseudomitotischen 
Reifungsteilungen und unterscheidet eine Postreduktionsteilung (Weis- 
mannscher Reduktionsmodus), bei der die Chromatinverminderung durch die 
II. Teilung vollzogen wird, von einer Präreduktionsteilung (Korschelt- 
scher Reduktionsmodus), bei welcher die I. die eigentliche Reifungsteilung 
ist. Diesen beiden Arten steht eine dritte gegenüber, die besonders für die 
Wirbeltiere zu gelten scheint und neuerdings für viele Amphibien, darunter 


BET zn 


auch für den Frosch, behauptet worden ist. Das ist die eumitotische 
Reifungsteilung (Boverischer Reduktionsmodus). Bei ihr haben wir es 
mit einer zweimaligen Längsspaltung der Chromosomen zu tun, die aber 
schon in den Reifungsteilungen in der halben Normalzahl auftreten, so daß 
die wirkliche Reduktion bereits vorher stattgefunden haben muß. Die eumi- 
totische Reifungsteilung unterscheidet sich aber auch sonst noch von der 
gewöhnlichen Mitose der Somazellen dadurch, daß bei ihr das Chromatin 
nicht in den typischen Schleifen erscheint, sondern in Gestalt von Ringen, 
Kreuzen oder ähnlichen Figuren, wie sie auch bei den pseudomitotischen 
Reifungsteilungen zu treffen sind, — und dadurch, daß der Kern zwischen 
den beiden Reifungsteilungen nicht in die Ruhe zurückkehrt. 

Auf alle Fälle enthalten die Spermatiden des Frosches quantitativ nur 
die Hälfte der normalen Menge des Chromatins. Ihre Umwandlung in die 
Spermatozoen erfolgt in der Weise, daß der Kern sich zu strecken beginnt, 
das Plasma ihn nur noch als dünne Membran umgibt, während der Teil, 
wo das Gentrosoma liegt, zum Mittelstück wird und den Schwanzfaden aus- 
bildet. Gleichzeitig begeben sich die Kerne der die Spermatocysten noch 
immer umgebenden Follikelzellen an die den Samenkanälchen des Hodens 
zugewandte Seite der Zellen. Die Spermatozoen verteilen sich in Bündel, 
in denen sie alle annähernd parallel zueinander liegen, und treten in Be- 
ziehung zu den Follikelzellen, indem je eine solche Gruppe sich an eine 
dem Kanallumen zugekehrte Follikelzelle legt, so daß die Spermatozoenköpfe 
nach dem Lumen zeigen. Die betreffenden Follikelzellen heißen Stützzellen 
(Fußzellen, Sertolische Zellen) oder, da man annimmt, daß sie Nahrungs- 
stoffe an die Spermatozoenbündel abgeben, auch Nährzellen. Auf einem 
Querschnitt durch ein Hodenkanälchen sieht man die einzelnen Samenzellen- 
gruppen radiär um das Lumen herum verteilt. Schließlich öffnen sich die 
Follikel gegen das Kanallumen, so daß die Spermatozoen in die Hoden- 
kanälchen gelangen. Die alten Follikel werden dann resorbiert. 


2. Eibildung (Oogenese). 


Die Eibildung erfolgt im Prinzip nach dem gleichen Schema wie die 
Samenbildung, doch machen sich in ihren einzelnen Stadien ziemliche Ab- 
weichungen geltend, die besonders durch die gewaltige Größendifferenz zwi- 
schen Ei und Samenfaden bedingt sind. Die Eier nehmen ihre Entstehung 
von Urgeschlechtszellen, wie die Spermatozoen. Die Urgeschlechtszellen und 
ihre Nachkommen teilen sich lebhaft und bilden von Bindegewebe umgebene 
Zellnester, in welchen gewöhnlich nur eine einzige Zelle zu einem Ei 
wird, während die übrigen dasselbe als Follikelzellen einhüllen. Dadurch, 
daß die junge Eizelle, die zunächst noch Oogonium ist, wohl hauptsächlich 
auf Kosten der Follikelzellen heranwächst, übertrifft sie diese bald bedeutend 
an Größe. Nach einer neueren Auffassung (Bonin 1900) entstehen die 
Follikelzellen neben den Ureiern aus dem Peritonealepithel, welches die 
junge Keimdrüse umgibt. Die Oogonien werden in den Ovarialtaschen zu 


Oocyten I. Ordnung. Diese haben ein helles Keimbläschen mit meist 
wandständigen Chromatinnucleolen und einer Kernmembran, neben welchem 
in dem Zellplasma ein runder, gelblicher Körper, der Dotterkern, ohne 
deutliche Begrenzung zu erkennen ist, der später aber schwindet. Außen 
umgibt eine Dotterhaut die Oocyte. 

Es folgt nun die Reifungsperiode des Eies, von der aber nur die Vor- 
bereitungsstadien im Ovar absolviert werden; die I. Reifungsteilung geht erst 
in dem Ovidukt, die II. nach der Befruchtung außerhalb des mütterlichen 
Organismus vor sich. Die Vorbereitungen zur Eireife deuten sich dadurch 
an, daß die Kernmembran deutlich doppelt kontouriert erscheint und der 
Kern selbst pseudopodienartige Fortsätze in das Zellplasma sendet, die wohl 
den Stoffwechsel vermitteln. Die Zahl der wandständigen Nucleolen nimmt 
zu. Das ganze Ei nimmt reichlich Nahrung auf, und es wird Nahrungsdotter 
von der Peripherie im Cytoplasma abgelagert, doch so, daß er hauptsäch- 
lich nur in die eine Eihälfte zu liegen kommt. Die andere färbt sich durch 
unter der Oberfläche auftretendes Pigment dunkel. Man kann von nun ab 
an dem Ei zwei Pole unterscheiden, die mit Rücksicht auf ihr späteres 
Schicksal, das wir noch kennen lernen werden, als animaler und vegetativer 
bezeichnet werden, und zwar entspricht der Mittelpunkt der pigmentierten 
Eioberfläche, der animale Pol, dem späteren Vorderende, der diametral 
gegenüberliegende vegetative Pol dem Hinterende des sich bildenden 
Keimes. Das Keimbläschen wandert in die Nähe des animalen Poles, wo 
die im Verhältnis zu dem ganzen Ei sehr kleine I. Reifungsspindel ge- 
bildet wird, indem sich zunächst die Kernkörperchen in der Mitte zu einem 
Ringe vereinigen, der sich in den Fadenknäuel des Spirems auflöst 
(0. Schultze). Wenn das junge Ei soweit in der Entwicklung vorgeschritten 
ist, platzt der Follikel und die Wand des Ovariums gegen die Leibeshöhle, 
und. die Ooeyte fällt, lediglich von der Dotterhaut umgeben, in die Leibes- 
höhle, wo sie dann durch die erwähnten Flimmerzellen des Peritoneums 
nach der Öffnung des Eileiters geführt wird, die sie aufnimmt und an den 
Ovidukt weitergibt. Es scheint das Platzen der Follikel hervorgerufen oder 
zum mindesten begünstigt zu werden durch die bei der Begattung statt- 
findende Umklammerung des Weibchens von Seiten des Männchens. Die 
leeren Follikel werden allmählich resorbiert. 

In dem ersten Abschnitt des Eileiters vollzieht sich dann die I. Reifungs- 
teilung, doch unterscheidet diese sich von der beim männlichen Geschlecht 
sofort dadurch, daß aus ihr zwei schon äußerlich ganz verschiedene 
Tochterzellen hervorgehen, nämlich die zum Ei werdende Oocyte Il. Ord- 
nung und der sogenannte I. Richtungskörper (Polkörperchen), der 
gegen die Oocyte verschwindend klein ist. Man nennt die Spindel, welche 
seine Abschnürung einleitet, nach ihm auch I. Richtungsspindel. Beim 
weiteren Durchlaufen der verschiedenen Abschnitte des Ovidukts erhält das 
Ei noch einige sekundäre Hüllen, die von den dort befindlichen Drüsen aus- 
geschieden werden. Diese Hüllen sind dreifach, die innerste, das sogenannte 
Chorion, ist die schwächste, am stärksten ist die mittlere. Im Uterus 


kleben die einzelnen Eier durch die äußerste gallertige Schale zusammen 
und werden dann als zusammenhängender Laich ins Wasser abgesetzt, wo 
die Eihäute stark zu quellen beginnen, so daß ihre Dicke den Durchmesser 
des von ihnen umschlossenen Eies weit übertrifft. Dieses entfernt sich 
etwas von der umgebenden dicken Gallerthülle, indem eine Flüssigkeit den 
Zwischenraum zwischen Eiplasma und Dotterhaut ausfüllt, so daß das Ei 
sich im Innern der Schalen frei drehen kann, was zur Folge hat, daß es 
den durch die Nahrungsdotteranhäufung schwereren vegetativen Pol nach 
unten kehrt. Auf der dunklen, jetzt nach oben gerichteten Pigmentseite des 
Eies ist eine helle Stelle, die Fovea germinativa zu erkennen, die da- 
durch hervorgerufen wird, daß das unter dem animalen Pol liegende Keim- 
bläschen das Pigment verdrängt. Beim Ei des Wasserfrosches ist diese 
Fovea bedeutend ausgedehnter als bei dem des Grasfrosches. 


3. Die Befruchtung. 


Wenn das Weibchen seine Eier fallen läßt, ergießt das Männchen seinen 
Samen über den Laich, in dessen Schleim sich die Spermatozoen sofort ein- 
bohren. Es findet nun die Befruchtung statt, wobei in je ein Ei immer 
nur ein einziges Spermatozoon eindringt. Das Eiplasma weicht zunächst 
etwas vor dem Spermatozoenkopf zurück, rückt ihm dann aber entgegen 
und nimmt ihn in sich auf, während der Schwanzfaden an seiner Oberfläche 
liegen bleibt. Sobald einmal ein Spermatozoon in ein Ei gelangt ist, läßt 
dieses kein anderes mehr eintreten, sondern wölbt jedem sich noch nähern- 
den einen Teil seiner Oberfläche entgegen, ohne daß jenes es ermöglichen 
könnte, sich einen Zugang zu verschaffen. Allerdings hat man schon das 
Eindringen mehrerer Spermatozoen in ein Froschei beobachtet, aber nor- 
maler Weise findet ein solches nicht statt. Nach Untersuchungen von Roux 
rückt das siegreiche Spermatozoon, oder vielmehr dessen Kopf, zunächst ın 
Richtung nach dem Mittelpunkt des Eies in demselben vor (Penetrations- 
bahn), dann aber biegt es scharf um und bewegt sich gegen das inzwischen 
in die Tiefe des Eies gewanderte Keimbläschen (Kopulationsbahn). 

Ehe der Eikern sich von der Oberfläche entfernt, schreitet er zur Bil- 
dung der II. Richtungsspindel und gibt den II. Richtungskörper ab, 
der dicht neben den I. in den freien Raum zwischen Eiplasma und Schale 
zu liegen kommt. Dabei geht das Ei seines Centrosomas verlustig. Die 
Abschnürung der beiden Richtungskörper, deren I. sich übrigens nochmals 
zu teilen pflegt, entspricht den beiden Reifungsteilungen der Spermatocyten. 
Es resultieren auch hier aus der zweimaligen Teilung der Oocyte I. Ordnung 
vier Zellen, — nämlich das nun reife Ei und die drei Richtungskörper — 
die den vier von einer Spermatocyte I. Ordnung abstammenden Spermatiden 
entsprechen. Aber während dort das Produkt der Reifungsteilung vier ein- 
ander gleichwertige Zellen sind, erhalten wir hier ungleickartige, nämlich die 
Eizelle, welche sich allein weiterentwickelt, und daneben die gegen sie völlig 
zurücktretenden minimalen Polkörperchen, die im Laufe der Entwicklung des 


Eies verschwinden, resorbiert werden. 


zer 


Auch bei diesen Reifungsteilungen 


des Eies tritt uns dieselbe Chromatinreduktion wie bei den männlichen Ge- 
schlechtszellen entgegen. Nach Lebrun sind beim Grasfrosch in den Oocyten 
I. und II. Ordnung je 10 Chromosomen vorhanden, woraus auf die Normal- 
zahl 20 zu schließen wäre. Bei den übrigen daraufhin untersuchten Amphi- 
bien fanden sich überall 12 Chromosomen in diesen Stadien und 24 als 
Normalzahl. 


Fig. 54, 


% N ri x “ BREonIEn.. ) 
Spermatogonien 
Keimzone— /\ IN /\ END 


} © . } 
\ / \ 
\ 
Re en 
-0 00 00 80 © v“........0_ Oocyten 
(Spermatocyten) 
Wachstumszone— 
Oocyte I. Ordn. 
-- -- --- [- } (Spermatocytel.O.) 
Z 
Reifungszone— [) Br = 1.AK-Ooeyte II. Ord. (Sper- 
IN N a matocyte II. O.) 
oh as Eu DER) oe e <—— Eizelle, Richtungs- 
RK. körper (Spermatiden) 


Schema der Samen- und Eibildung (n. Korschelt u. Heider). 
Fig. 55. 


Richtungskörper 


fe 
Fine f 
4 Fe % Dotterhaut 
Wr en : 7 
Ei HE AN 


Befruchtetes reifes Froschei mit halbgequollenen Gallerthüllen (n. Bonnet). 
Im Eiplasma der männliche 5’ und weibliche 2 Vorkern. 
ji. innere, m. mittlere, a. äußere Gallerthülle. 


Wenn der Eikern nach Abgabe des II. Richtungskörpers in die Tiefe 


des Eies rückt, vergrößert er sich zu einem Bläschen, in welchem das in 


om Ze 


ihm enthaltene Chromatin aufgelöst erscheint. Dasselbe geschieht mit dem 
Spermakern, der ja fast die ganze Masse des Spermatozoenkopfes ausmacht. 
Neben letzterem erscheinen jetzt zwei Centrosome; es muß sich also das 
eine aus der Spermatide übernommene geteilt haben (Ziegler). Nachdem 
beide Kerne, die man als männlichen und weiblichen Vorkern be- 
zeichnet (Fig. 55), einander so nahe gekommen sind, daß sie sich be- 
rühren — auch der Eikern nähert sich zuletzt etwas dem herankommenden 
männlichen Vorkern — verschmelzen sie zu einem einzigen großen Kern, 
dem Furchungskern, und damit ist die Befruchtung vollendet. 

Die Vorgänge von der Ablage der Eier bis zu diesem Punkte nehmen 
etwa zwei Stunden in Anspruch. An zwei entgegengesetzten Polen des 
Furchungskerns kommen die beiden vom Spermatozoon stammenden Gentro- 
somen zu liegen, um die alsbald Strahlungsfiguren auftreten, die zwischen 
beiden die I. Teilungsspindel bilden. Das Chromatin des Kerns, dessen 
Wand inzwischen verschwunden ist, erscheint in Form von Chromosomen 
in der Normalzahl, und nun beginnt die eigentliche Entwicklung des reifen 
und befruchteten Eies zu dem Frosch, die erst vollendet ist, wenn derselbe 
seine definitive Gestalt erreicht hat. Die ersten Stadien dieser Entwicklung 
nennt man Furchung, und sie soll uns im nächsten Abschnitt beschäftigen. 


4. Die Furchung. 


Etwa 21/,—3 Stunden nach der Befruchtung des Eies beginnt dieses 
sich zu teilen. Indem die daraus resultierenden zwei Zellen sich wieder 
teilen und so fort, entsteht eine Anhäufung von Nachkommen der Eizelle, 
von Blastomeren (6 ßAaorös — der Keim, tö ueoos — der Teil), nach 
deren Anzahl man die einzelnen Stufen des Furchungsprozesses das 2-, 4-, 
8-, 16- usw.-Zellenstadium nennt. Da sich das Ei in der Gesamtheit seiner 
Masse teilt, so ist die Furchung eine totale; und weil sich bei dieser schon 
von der ersten Teilung an, bald aber noch deutlicher zeigt, daß die vege- 
tative Hälfte des Eies in dem Zeittempo der einzelnen Teilungen nicht nur 
hinter der animalen Hälfte zurückbleibt, sondern auch die in ihr liegenden 
Blastomeren voluminöser sind als die der animalen Hälfte, — beides wohl 
infolge des in ihr aufgestapelten Nahrungsdotters — SO ist sie zugleich 
eine inaequale (ungleiche). Alle diese Furchungsteilungen sind echte 
mitotische. 

Wir haben gesehen, wie aus der Verschmelzung des männlichen und 
weiblichen Vorkerns der erste Furchungskern entstand und wie dieser sich 
in die I. Furchungsspindel umwandelte. Es ist von Interesse, die Lage 
dieser Spindel etwas genauer ins Auge zu fassen, da durch sie sofort der 
Bauplan des sich bildenden Tieres festgelegt wird. Während das Ei nach 
der Ablage ins Wasser seinen dunklen animalen Pol gewöhnlich nach oben 
kehrt, wie wir sahen, pflegt sich die Fiachse, das ist die Verbindungslinie 
der Mitten des dunklen und hellen Pols, beim Wasserfrosch nach der er- 
folgten Befruchtung schief einzustellen, und zwar beträgt der Neigungswinkel 


etwa 45°; beim Grasfrosch jedoch bleibt die Eiachse vertikal. Die erste 
Furchungsspindel liegt senkrecht zur Eiachse und wird wahrscheinlich eben- 
sowohl durch die innere Struktur des Eiplasmas als auch durch den Weg, 
den der Spermatozoenkopf im Ei genommen hat, noch genauer orientiert. 


Fig. 56. 


Furchung des Grasfroscheies (teilweise n. Ecker). Vorletzte Reihe rechts ein 

Querschnitt durch die Blastula. Letzte Reihe links ein Querschnitt durch die 

Gastrula; in der Mitte eine solche in der Aufsicht von der Blastoporusseite; rechts 
ein Embryo mit Medullarfalten. 


Die Einschnürung des Plasmas beginnt in der Gegend des animalen Pols, 
dehnt sich aber bald auf das ganze Ei aus, so daß dieses von einer 
Furchungsebene durchsetzt wird, welche stets genau senkrecht steht. Diese 
erste Furchungsebene entspricht der Medianebene des Körpers des Frosches; 
sie teilt also das Ei in zwei Blastomeren, aus deren jeder eine seitliche 
Körperhälfte hervorgeht. Allerdings kommen auch Ausnahmen vor, bei 
denen die beiden Ebenen scheinbar ganz unabhängig voneinander sind. 


Nach einer kurzen Ruhepause tritt die zweite ebenfalls vertikale 
Furchungsebene auf. Sie steht senkrecht auf der ersten und trennt die 
sich bildende dorsale Körperhälfte von der ventralen. Die dritte Furchungs- 
ebene schneidet die beiden ersten unter rechten Winkeln. Während die 
vier aus den ersten beiden Teilungen resultierenden Blastomeren einander 
gleich waren, beginnt jetzt die erwähnte Ungleichheit, indem die dritte 
Furchungsebene dem animalen Pol etwas näher liegt als dem vegetativen. 
An dem 8-Zellenstadium kann man infolgedessen vier den animalen Pol 
umgebende kleinere Blastomeren, die Mikromeren, von den vier größeren 
Makromeren des vegetativen Pols unterscheiden. Die dritte Furche scheidet 
die vordere von der hinteren Körperhälfte. Die beiden folgenden Furchen 
gehen wieder durch die Pole und halbieren etwa den Winkel zwischen der 
ersten und zweiten. Aus dem durch sie hervorgerufenen 16-Zellenstadium 
entsteht das 32-zellige durch zwei weitere Furchen, deren Ebenen parallel 
zur dritten oberhalb und unterhalb derselben verlaufen. Die obere von 
ihnen halbiert die acht Mikromeren nicht genau, sondern liegt etwas mehr 
nach dem animalen Pol zu, und ebenso verhält sich die untere, so daß die 
vier Blastomeren, die auf jedem der acht Meridiane der Furchungskugel zu 
treffen sind, vom animalen zum vegetativen Pole fortschreitend an Größe 
zunehmen. 

Die im vorigen gegebene Schilderung der ersten Furchungen bedarf in- 
sofern einer Berichtigung, als sie gewissermaßen nur das ideale Schema 
gibt, dem die tatsächlichen Vorgänge bald mehr, bald weniger nahe kommen. 
Wenn bis jetzt immer von Furchungsebenen geredet wurde, die das ganze 
Ei durchsetzen, so ist das eigentlich nur für die allererste Teilung zutreffend. 
Schon bei der Teilung der ersten zwei Blastomeren fallen die beiden Tei- 
lungsebenen derselben nur in den allerwenigsten Fällen genau zusammen 
in eine einzige, denn meist sind sie etwas gegeneinander verschoben, so 
daß sie nur parallel verlaufen. 'Ebenso ist auch die dritte Teilungsebene 
nur ein schematischer Begriff, und je höhere Furchungsstadien wir unter- 
suchen, um so mehr wird das Bild einer das Ganze durchschneidenden 
Ebene verwischt. Es teilen sich auch nicht immer die entsprechenden 
Blastomeren genau gleichzeitig, so daß z.B. bei der Entstehung des 32-Zellen- 
stadiums die Vermehrung der Mikromeren der der Makromeren vorausgeht. 
Weil die animale Eihälfte der vegetativen überhaupt immer voraus ist, wird 
der Größenunterschied zwischen den Zellen, welche den animalen Pol um- 
geben, und denen um den vegetativen Pol ständig auffallender. Schon vom 
32-Zellenstadium an verschwindet das Bild der Regelmäßigkeit in den wei- 
teren Teilungen, so daß es nicht mehr möglich ist, von bestimmten Furchungs- 
ebenen, welche das ganze Ei durchdringen, wenn auch nur im Schema, 
zu reden. 

Jede einzelne Blastomere sucht sofort nach ihrer Entstehung die Ideal- 
form der Zelle, die Kugelgestalt anzunehmen, und da sie sich nur an der 
äußeren Oberfläche des Eies frei entfalten kann, so kommt es, daß sie sich 
dort allseitig vorwölbt, während sich ihr übriger Teil an den umgebenden 


Blastomeren abplatte. Dadurch erhält die ganze Furchungskugel in den 
ersten Stadien äußerlich ein Aussehen, das man treffend mit dem einer Brom- 
beere verglichen hat und nach ihr auch Morula nennt. Aber eben infolge 
jenes Strebens der Blastomeren nach der Kugelform tritt schon sehr bald 
im Innern des Zellhaufens ein Hohlraum auf, in welchen sich die inneren 
Oberflächen der einzelnen Zellen vorwölben. Das ist die Furchungshöhle 
(Blastocoel), die bereits beim 8-Zellenstadium angedeutet ist, und die mit der 
Vermehrung der Zellen zunimmt, so daß z. B. beim 32-Zellenstadium das 
ganze gefurchte Ei eine Hohlkugel darstellt, deren Wände von den einzelnen 
Blastomeren gebildet werden. Sobald die Furchungshöhle in dem Keim als 
deutliches Lumen erscheint, was beim Frosch etwa beim 16—32-Zellen- 
stadium eintritt, nennt man das Entwicklungsstadium Blastula. Die Wand 
dieser Blastula ist zunächst ein einschichtiges, von den Blastomeren ge- 
bildetes Epithel, das Blastoderm (z6 d&oua — die Haut), aber schon 
vom 32-Zellenstadium an ändert sich dies, indem die Blastomeren, die sich 
bis dahin nur immer in tangentialer Richtung geteilt hatten, sich nun auch 
radiär vermehren. Man nennt diese Art der Verdickung eines Epithels De- 
lamination (— Abblätterung). So kommt es, daß die Wand der Blastula 
in den späteren Stadien von einem mehrschichtigen Epithel gebildet wird, 
in welchem aber immer noch die dem animalen Pol genäherten Zellen be- 
deutend kleiner sind als die am vegetativen Pol. Aus diesem Grunde ist 
auch das Blastoderm am animalen Pol viel dünner als das am vegetativen, 
und die Furchungshöhle liegt infolgedessen exzentrisch. (Vergl. den Quer- 
schnitt durch die Blastula in Fig. 56, vorletzte Reihe rechts.) 


- 


5. Die Gastrulation und Bildung der Keimblätter. 


en ren De er 


Das Pigment der animalen Eihälfte hat sich unterdessen auf der Ober- 


fläche der Blastula ausgedehnt, so daß nur noch eine kleine Kalotte am 
vegetativen Pol hell erscheint. Nachdem sich die Zellen der Blastula noch 


um ein Beträchtliches vermehrt haben und die Teilungsprodukte immer 
kleiner geworden sind, — da ja dem Ei, welches keine Nahrung von außen 


aufnimmt, sondern sich auf Kosten seines Dotters erhält, kein neues Material 
zugeführt wird und ihm auch innerhalb seiner Hüllen kein Raum zur Aus- 


dehnung zur Verfügung steht, — beginnt ein neuer Prozeß der Entfaltung, 
die Gastrulation. Es erscheint auf der einen Seite des Eies unterhalb 
des Aquators eine kleine horizontale Grube, die erste Anlage des Urmundes | 
(Blastoporus), die sich allmählich verbreitert, indem sie die Form eines | 


nach oben konvexen Halbkreises annimmt. Der dorsale, dunkel pigmentierte 
Rand der Furche wächst nach unten weiter und schiebt sich über den 


unteren hellen Teil des Eies soweit hinweg, daß er, und mit ihm der Ein- 
gang in den so entstehenden Blindsack, den Urdarm (Archenteron), um | 


nicht ganz 180° verlagert wird, das heißt, etwa an die der ersten Ein- 


senkung entgegengesetzte Seite des Eies gelangt. Zugleich schreiten die | 


seitlichen Enden des vorher halbkreisförmigen Urmundes noch weiter auf der 


a 


von ihnen eingeschlagenen Kreisbahn vor, so daß sie sich schließlich treffen 
und miteinander verschmelzen. Der Blastoporus ist nun ein vollkommener 
Kreis, aus dem die von der dorsalen Lippe noch nicht bedeckten hellen 
Zellen der unteren Eihälfte als sogenannter Dotterpfropf etwas hervorragen 
(s. Fig. 56, letzte Reihe, die Abbild. links und in der Mitte). Alle diese 
Änderungen vollziehen sich nicht nur durch Zellteilungen, wie wir sie bei 
der Entstehung der Blastula vorfanden, sondern zum großen Teil auch durch 
bloße Verschiebungen und Verlagerungen der einzelnen Blastomeren und Ei- 
abschnitte gegeneinander. Durch die Bildung des Urdarms, dessen Lumen 
sich mehr und mehr vergrößert, ist aus der Blastula eine Gastrula (N yaorno 
— der Magen) geworden, und damit hat der entstehende Keim, der Embryo, 
zwei Keimblätter erhalten, nämlich das äußere Keimblatt (Ektoderm, 
Ektoblast), welches die Gastrula außen umhüllt, und das innere Keim- 
blatt (Entoderm, Entoblast), welches die Wand des blindsackförmigen Ur- 


Fig. 57. 


Bip. 


Entstehung des Urdarms unter Vereinigung der Urdarmhöhle mit der Furchungs- 

höhle (n. Bonnet). a. Der Urdarm und die gegenüberliegenden Zellen umwachsen 

die Furchungshöhle. b. Die Furchungshöhle von der ventralen Urdarmwand ab- 

gegrenzt, welche zwischen <—x reißt, so daß die Furchungshöhle mit der Ur- 
darmhöhle zusammenfließt. 


darms bildet. Die Furchungshöhle wird durch das in sie vordringende 
Archenteron immer mehr verkleinert, bis sie nur noch ein schmaler Spalt 
zwischen der Urdarmwand und dem Ektoderm ist, der schließlich ganz 
obliteriert (s. Querschnitt Fig. 56 letzte Reihe links). 

Nach O. Schultze kommt gelegentlich eine Modifikation der beschrie- 
benen Urdarmbildung beim Frosch vor. Während nämlich von der einen 
Seite der Urdarm eingestülpt wird, wachsen die seitlich von ihm und die 
auf der entgegengesetzten Seite der Furchungshöhle liegenden Zellen, also 
ein ganzer Ring, in analoger Weise, aber natürlich ohne ein Lumen zwischen 
sich zu bergen, in den Hohlraum hinein, treffen schließlich auf die hintere 
Darmwand, mit der sie verschmelzen, und teilen so die Furchungshöhle in 
zwei Abschnitte, von denen der unter dem Darm liegende sich schließlich 
infolge Durchreißens der dünnen Scheidewand mit dem Darmlumen vereinigt 
(Fig. 57). Da auf diese Weise ein Stück der ehemaligen ventralen Darm- 


ZEN FE 


wand vernichtet wird, bilden sich die an das neue Lumen grenzenden 
Dotterzellen zu einem Epithel um. 

Die dorsale Lippe des Blastoporus hat durch ihr Überwachsen des 
hellen unteren Eiteiles diesen durch das aus der oberen Eihälfte mitgeführte 
Pigment verdunkelt. Nur der Dotterpfropf ragt noch als helle Stelle aus 
dem Urmund hervor. Der Urmund selbst verengert sich immer mehr, und 
bald wird der Dotterpfropf von seinen Rändern zurückgedrängt in das Ei- 
innere. Zugleich macht das Ei, wohl infolge der durch die Verschiebungen 
seiner Teile bewirkten Schwerpunktsverlagerung, eine Drehung in seinen 
Hüllen, so daß der Urmund etwa wieder an die Stelle zurückkehrt, an der 
seine Bildung begann, und der ursprünglich obere animale Pol unter den 
horizontalen Äquator des Embryos zu liegen kommt. Die Seite, an der 
nun der Blastoporus liegt, entspricht dem Hinterende des Tieres (Fig. 58). 


Fig. 58. 


“ir 
Zlp. 


Drehung des Eies während der Urdarmbildung. Der Pfeil deutet die Lage der 
Eiachse a. vor, b. nach der vollendeten Drehung an. F.H = Furchungshöhle. 
Blp = Blastoporus (n. Morgan). 


Im Zusammenhang mit der Entstehung des Urdarms vollzieht sich die 
Bildung des mittleren Keimblattes (Mesoderm). Das Material dieses 
mittleren Keimblattes stammt von Zellen, welche mit anderen zusammen 
bereits in der jungen Gastrula zu einem Ring vereinigt sind, der in der 
Aquatorialgegend unter den obersten Schichten des Keimes anzutreffen ist 
und parallel zum Äquator verläuft. Die inneren Zellen dieses „Keimringes“, 
aus dem später das zentrale Nervensystem, das Mesoderm, die Chorda und 
ein Teil des Entoderms hervorgehen, sind durch reichliches Pigment in der 
Nähe ihrer Kerne ausgezeichnet, und enthalten kleinere Dotterkörnchen als 
die übrigen Nahrungsdotterzellen. Sie sind es, die zum Mesoderm werden. 
Der Keimring steigt mit dem Wachsen der dorsalen Blastoporuslippe, nach- 
dem sich die Eiachse in der beschriebenen Weise gedreht hat, nach oben 
und verschmälert sich gleichzeitig, indem seine rechte und linke Seite sich 
einander nähern, um schließlich, wenn sich der Blastoporus schließt, mit- 
einander zu verschmelzen (Morgan). S. Fig. 59. Nach Ziegler hingegen 
verwachsen in der normalen Entwicklung die beiden Seiten des Ringes nicht 


AN 


miteinander. Auf jeden Fall sind nach Schluß des Blastoporus die Meso- 
dermzellen zu einer langgestreckten Platte dorsal vom Urdarm vereinigt und 
stehen vor allem in dessen Mittellinie in so engem Zusammenhang mit ihm, 
daß dort eine Grenze zwischen Entoderm und Mesoderm nicht anzugeben ist. 
Diese Mesodermplatte umgibt alsbald den Urdarm, indem ihre seitlichen 
Ränder ihn umwachsen und in der ventralen Mittellinie verschmelzen (siehe 
Fig. 62 S. 100). 

Die Zellen der dorsalen Mediane dieses zwischen innerem und äußerem 
Keimblatt gelegenen Gürtels differenzieren sich zu der Chorda dorsalis 
(Rückensaite). Diese entsteht bei den übrigen Wirbeltieren aus dem Ento- 
derm, und da beim Frosch jene Zellen, wie oben gesagt wurde, direkt in 
die Urdarmwand übergehen, so kann man wohl auch bei ihm von einer Ab- 
stammung der Chorda aus dem inneren Keimblatt sprechen. Die Chorda 
trennt sich von den rechts und links von ihr befindlichen echten Mesoderm- 
zellen sowie vom Urdarm, und durchzieht den Embryo in seiner ganzen 
Länge als ein solider Strang von rundlichem Querschnitt. 


Diagramme zur Darstellung des Keimringes und der Verwachsung der Blastoporus- 

lippen (n. Morgan). a. Der Blastoporus in der Aufsicht; b. der Keimring von der 

Seite; c. die beiden seitlichen Hälften des Keimringes sind zur Bildung des 
Embryos zusammengetreten. 


6. Äußere Veränderungen am Keim bis zum Ausschlüpfen. 


Schon vor dem Schluß des Blastoporus treten in der Oberfläche des 
bisher noch fast völlig kugelrunden Keimes Veränderungen auf, die besonders 
deutlich in Falten, welche auf der Dorsalseite verlaufen, ihren Ausdruck 
finden. Zugleich weicht die äußere Form des Embryos mehr und mehr 
von der Kugelgestalt ab, indem er sich in der Richtung der durch den Ur- 
mund gehenden Achse, der Längsachse des Tieres, streckt. Auf einem 
Stadium, wo der Dotterpfropf noch frei hervorragt, findet sich über der 
dorsalen Blastoporuslippe eine breite Grube, die Primitivgrube, an deren 
vorderem Ende eine rundliche, kuppenförmige Erhebung liegt. Seitlich wird 
die Grube begrenzt von je zwei Längsfalten, welche also rechts und links 
von der Mediane des Rückens von hinten, der Gegend des Blastoporus, 
nach vorn verlaufen. Von diesen inneren und äußeren Medullar- 
falten sind die ersteren die wichtigsten, denn aus ihnen geht, wie wir 
noch sehen werden, das zentrale Nervensystem hervor (Fig. 56, S. 92). 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 7 


u RR 


Der bisher kreisförmige Urmund schließt sich nun, indem seine seit- 
lichen Ränder sich einander nähern, so daß nur ein kleiner länglicher Spalt 
zurückbleibt. Zugleich verschmälert sich die Primitivgrube, die Medullar- 
falten treten stärker hervor und beginnen, sich nach der Mitte zu ein- 
zurollen, so daß zwischan ihnen eine tiefe Furche, die Medullarfurche, 
entsteht, auf deren Grunde sich die Primitivgrube befindet. Vorn gliedert 
sich von den Medullarplatten, wie man jene Falten auch nennt, jeder- 
seits eine Platte ab, die bald in einen vorderen "Teil, die Sinnesplatte, 
und einen hinteren, ‘die Kiemenplatte, gespalten wird. Die seitlichen 
Ränder der inneren Medullarfalten kommen einander bald so nahe, daß sie 
unter gegenseitiger Berührung das Medullarrohr bilden; die äußeren Me- 
dullarfalten dagegen schwinden allmählich wieder. Der Embryo auf einem 
solchen Stadium sieht etwa folgendermaßen aus: In den Eihüllen, die nach 
wie vor unverletzt vorhanden sind, liegt der Keim als ein länglich ovaler 
Körper, auf dessen oberer, Dorsalseite vor allem das von den stark hervor- 
stehenden Medullarfalten begrenzte Medullarrohr auffällt. Vorn klaffen die 
Medullarfalten noch weit auseinander, — dort ist der Entstehungsort des 
Gehirns, — hinten dagegen umschließen sie den nur noch ganz kleinen 
spaltförmigen Blastoporus.. Von dem Medullarrohr gehen vorn nach rechts 
und links je zwei Falten ab, die Sinnes- und die Kiemenplatten, welche den 
vorderen Teil des Embryos kreisförmig umgeben. 

Immer mehr streckt sich der Keim, soweit ihm dies der Raum in den 
Eihüllen gestattet, und es werden auf ihm allmählich die Anlagen einzelner 
Organe sichtbar, die wir später beim ausgeschlüpften Tier schon in Tätig- 
keit finden. So zeigt eine mediane Einsenkung in der Sinnesplatte die 
Stelle, an der der Mund auftreten wird. Etwas unter dieser befindet sich 
rechts und links je eine stark pigmentierte Stelle, die Anlage der sogenannten 
Saugnäpfe der Froschlarve, welche später in der Mediane zu einer V-för- 
migen Figur verschmelzen. Oberhalb des Mundes bezeichnen zwei Gruben 
die Anlage der späteren äußeren Nasenöffnungen. Das Medullarrohr trägt 
vorn zwei seitliche Ausstülpungen, die primären Augenblasen, die, wie wir 
nachher sehen werden, die Anfänge der Augenbildung bedeuten. In den 
Kiemenplatten jeder Seite treten vertikale Furchen auf, aus denen die 
Kiemenspalten hervorgehen. Zuerst sind nur je zwei vorhanden, dann aber 
werden es drei, zwischen denen die Kiemenbögen als wulstartige Anschwel- 
lungen verlaufen. Als sich der Blastoporus schloß, geschah dies durch An- 
näherung seiner seitlichen Ränder. Diese verschmelzen in ihrem mittleren 
Teil völlig miteinander, so daß nur zwei kleine Öffnungen übrig bleiben, 
eine vordere, welche von den Medullarfalten überwachsen wird und später 
das Medullarrohr mit dem Darmlumen verbindet als Canalis neurentericus, — 
und eine hintere, über welche sich die ventrale Lippe des Blastoporus 
schiebt. Die zwischen beiden Öffnungen liegende Partie verdickt sich und 
wächst später nach hinten aus zu einem langen Ruderschwanz. 

Unterdessen hat der Embryo begonnen, sich innerhalb der Eihüllen un- 
unterbrochen langsam zu drehen. Er ermöglicht diese Rotation mit Hilfe 


ga 


von Cilien, die zahlreich auf seiner Oberfläche vorhanden sind. Durch das 
Wachsen des Schwanzes wird der Raum in den Eihüllen zu eng, die 
Drehung hört auf, und schließlich platzt die Schale des Eies, so daß das 
junge Tier aus einer spaltförmigen Öffnung ausschlüpfen kann, was beim 
Wasserfrosch etwa 6—7 Tage, beim Grasfrosch 3 Wochen nach der Ei- 
ablage geschieht. Die kleine unbehilfliche Froschlarve klebt sich dann mit 
dem erwähnten Saugnapf, der aber nur eine Anhäufung von Schleimdrüsen 
ist, an den gallertartigen Laich an, wo sie noch etwas umgeformt wird, bis 
sie nach Durchbruch der Mundbucht in den Darm mittels des nun vorhan- 
denen Mundes sich selbst ernähren kann; denn bis jetzt stand ihr zum Auf- 
bau ihres Körpers lediglich der vom Ei stammende Dotter zur Verfügung. 
Nun erst schwimmt sie als junge Kaulquappe frei im Wasser umher. 

Ehe wir ihre weiteren Schicksale verfolgen, müssen wir noch die Um- 
wandlungen ins Auge fassen, welche im Innern des Keimes während dieser 
Zeit vor sich gehen, und wir tun dies am besten in der Weise, daß wir 
die Weiterbildung der einzelnen Keimblätter getrennt betrachten. 


7. Organe des äußeren Keimblattes. 


Das zentrale Nervensystem. Das aus dem Ektoderm entstandene 
Medullarrohr wird zum Rückenmarksrohr, sein vorderer Abschnitt zum 
Gehirn. Wir haben gesehen, wie sich die Medullarfalten einander näherten 


Fig. 60. 
Medullarplatte 
/ 


Nervenleiste 


Somatopleura/ 2 


Splanchnopleura ° / | 
Entoderm Chorda 


Querschnitt durch die Mitte des Embryos (n. Morgan). 


und zu einem Rohr schlossen. Dabei verschmelzen ihre Ränder, und all- 
mählich löst sich das übrige Ektoderm vom Rückenmark los, so daß dieses 
nun getrennt von der äußeren Körperbedeckung dicht oberhalb der Chorda 
den Körper des Embryos durchzieht, nachdem es in seiner Gesamtheit 
unter die Hautoberfläche gesunken ist. Die Teile des Ektoderms, welche 
seine Bildung eingehen, waren schon vorher bedeutend verdickt, weshalb 
das Rückenmarksrohr gleich von vornherein im Verhältnis zu seinem Lumen 
ziemlich starke Wände erhält, die bald noch auf Kosten des von ihnen ein- 
geschlossenen Kanals wachsen, so daß dieser schließlich nur mehr als der 
unscheinbare Canalis centralis des definitiven Rückenmarks zurückbleibt. 


— 100 — 


Die Bildung des Medullarrohres veranschaulicht ein Vergleich der Fig. 60 
mit Fig. 62. 

Der vordere Teil des Medullarrohres ist bläschenförmig erweitert und 
schließt sich erst sehr spät, worauf er durch eine Einschnürung, der bald 
eine weiter vorn gelegene folgt, in drei Abschnitte gegliedert wird, welche 


Fig. 61. 


Hinterhirn 


> Mittelhirn 


Canalis neuren- __ 
tericus IITOBEETUNDRSTARNUERRSNARRTINIINER 
sa cum UN 
N @ 
— Vorderhirn 


Proctodaeum 


Hypophysis 
Sagittalschnitt durch eine Larve, deren Darm noch abgeschlossen ist (n. Marshall 
aus Morgan). 


Fig. 62. Fig. 63. 


Rückenmark, darunter die Chorda 


_Mesoderm 


+ —Pros- 


4 )—Mes- Met, 


“Rho mb- 


| 
Schema der drei primären 


Querschnitt durch die Mitte eines Hirnbläschen (nach Chun- 
Embryo (n. Marshall aus Morgan). Leuckarts Wandtafeln). 


die drei primären Hirnbläschen heißen. Ihre Namen haben wir schon 
bei der Besprechung des Gehirns kennen gelernt; sie sind von hinten nach 
vorn: Das Rhombencephalon, das Mesencephalon und das Prosencephalon, 
oder das primäre Hinter-, Mittel- und Vorderhirn (Fig. 63). Ein sagittaler 
Längsschnitt durch einen Embryo in diesem Stadium zeigt ferner, daß das 
vordere Ende des Medullarrohres rechtwinklig gegen den übrigen Teil nach 
abwärts gebogen ist (Fig. 61). Dort ist dann auch zu sehen, wie das 
hintere Ende des Rückenmarkkanals durch den erwähnten Canalis neu- 
rentericus mit dem Darmlumen kommuniziert. 


— 1011 — 


Alsbald wölben sich aus dem primären Vorderhirnbläschen nach vorn 
zu die beiden Großhirnhemisphären hervor, während ihm seitlich zwei 
Bläschen, die oben genannten Anlagen der Augen entsprossen. Sein dem 
Mittelhirn zugewandter Teil wird zugleich zum Zwischenhirn, in welchem 
der ursprüngliche Kanal des Medullarrohres als III. Ventrikel zurückbleibt. 
Eine dorsale Ausstülpung wird zum Zirbelstiel, eine ventrale zum Infundibulum. 

Das mittlere der drei primären Hirnbläschen wird zum Mittelhirn, aus 
dem sich dorsal die beiden Lobi optici differenzieren. Das Lumen des von 
ihm umschlossenen Medullarkanals wird auf den Aquaeductus Sylvii reduziert. 

Aus dem Rhombencephalon entsteht die Medulla oblongata, das Klein- 
hirn und der Isthmus rhombencephali. An diesem hintersten der primären 
Hirnbläschen bleibt die Medullarfurche am längsten offen, wie sie ja auch 
später, wenn sie hier zur Rautengrube geworden ist, nur von einem sehr 
dünnen Häutchen bedeckt ist, das dann nach vorn in das stärkere Cere- 
bellum übergeht. 

Die peripheren Nerven nehmen ihre Entstehung von Nerven- 
leisten, welche aus den rechts und links von der Medullarplatte liegenden 
emporgerichteten Streifen des Ektoderms hervorgehen. Diese Nervenstreifen 
werden zusammen mit dem Rückenmarksrohr von der äußeren Haut ab- 
geschnürt, so daß sie zu beiden Seiten von dessen oberem Rande vor- 
springen (Fig. 60 u. 62). Allmählich verdicken sich einzelne Stellen der 
Leisten, während die dazwischen liegenden Teile auf- 
gelöst werden, und es entstehen die .Ganglien der 
dorsalen Spinalnervenwurzeln, von denen die Nerven- 
fasern dann in den Körper des Tieres weiterwachsen, 
nachdem sie sich mit denen der aus dem Rücken- 
mark kommenden ventralen Wurzeln vereinigt haben. 

Die Sinnesorgane Die Sehorgane. Die 
beiden seitlichen Anschwellungen des vordersten der 
primären Hirnbläschen erweisen sich auf einem 
Schnitt ebenfalls als hohl. Sie sind die sogenannten 
primären Augenblasen, welche durch einen hohlen 
Stiel, den späteren Opticusnerv, mit der Hirnanlage 
zusammenhängen. Bei ihrem weiteren Wachstum er- 
reichen sie, die ja mit dem übrigen Medullarrohr Schmale Ele 
unterdessen unter die Hautoberfläche gesunken waren, Augen aus dem vorder- 
die seitliche Körperwand, worauf sich in deren Ekto- sten der drei primären 
derm eine Verdickung bildet, die einen Hohlraum Hirnbläschen. 
enthält und sich von der äußeren Haut als Linse Links ein früheres Sta- 
.e x i E ; dium, rechts der fertig- 
abschnürt. Währenddessen hat sich die der Linse gestellte sekundäre 
zugekehrte Wand des Augenbläschens verdickt und Augenbecher. 
beginnt sich einzustülpen, so daß der frühere Hohl- 
raum schließlich ganz verdrängt wird, indem sich der eingestülpte Teil 
dicht auf den übrigen legt. Die Linse verschließt dann die vordere Öffnung 
der so entstandenen sekundären Augenblase, des Augenbechers, deren 


Fig. 64. 


ER |) ae 


Innenblatt sich zur Retina differenziert, während ihr Außenblatt das Pigment- 
epithel bilde. Die über das Auge verstreichende äußere Haut wird an 
der betreffenden Stelle zur durchsichtigen Cornea (Fig. 64). 


Das Gehörorgan jeder Seite legt sich an als eine Verdickung der 
tieferen Schichten des Ektoderms in der Nähe des Hinterhirns. Diese senkt 
sich alsbald in Gestalt einer Grube in das Innere des Kopfes ein, die immer 
tiefer wird und schließlich als ein Bläschen nur noch durch einen dünnen 
Kanal, den Ductus endolymphaticus, im Zusammenhang mit der Ausgangs- 
stelle steht. Schließlich obliteriert der äußere Teil dieses Kanals, und das 
Bläschen, in welchem wir die erste Bildung des häutigen Labyrinths zu 
sehen haben, differenziert sich in die einzelnen Hohlräume des inneren Öhres, 
während seine Wände zu dessen epithelialer Auskleidung und zu dem Sinnes- 
epithel werden. 


Die Nasenhöhle entsteht ebenfalls als eine grubenförmige Verdiekung 
des Ektoderms, über welche dessen äußerste Schicht hinwegzieht. Letztere 
löst sich auf, und die Wand der Grube wächst zunächst als solider Zapfen 
in das Innere des Kopfes, bis Hohlräume in ihm auftreten, welche sich zur 
definitiven Nasenhöhle vereinigen. Die Wände derselben bilden sich an den 
betreffenden Stellen zur Geruchsschleimhaut um. 


Die Seitenorgane. In der Haut der Larven treten die sogenannten 
Seitenorgane oder Nervenhügel auf (Fig. 65), welche ähnlich wie bei 
den Fischen in bestimmten Reihen und Gruppierungen 
angeordnet sind, unter denen besonders die Seitenlinien 
auffallen, welche am Rumpf dorsal, seitlich und ventral 
nach hinten ziehen. Die Seitenorgane selbst stehen in 
Gruppen zusammen und bestehen aus Sinneszellen mit 
zwischengelagerten Stützzellen.. Ein dem etwas unter 
die Hautoberfläche versenkten kegelförmigen Organ auf- 
sitzendes Röhrchen, in welches von jeder Sinneszelle ein 
starres cuticulares Haar hineinragt, gestattet dem um- 
N . gebenden Wasser den Zutritt zu diesen perzipierenden 
ervenhügel der ö 4 

Froschlars® Elementen. Versorgt werden die Seitenorgane des Rumpfes 
(n. Wiedersheim). von besonderen Nerven, welche ihren Ausgang von dem 
Ganglion prooticum commune und von dem Glossopharyn- 
geus-Vagus-Ganglion nehmen; die Seitenorgane des Kopfes dagegen werden 
innerviert von Zweigen, welche in ihrer Gesamtheit den sogenannten dorsalen 
Facialis zusammensetzen. Die Funktion dieser Nervenhügel ist noch nicht 
sichergestellt. Jedenfalls sind sie befähigt, mit ihren starren Sinneshärchen 
mechanische Reize, Bewegungen des Wassers, zu perzipieren. Ob ihnen die 
Fähigkeit zukommt, ähnlich den Seitenorganen der Knochenfische als Organe 
des sogenannten „sechsten Sinnes*“ das Tier über die Stärke des auf ihm 
lastenden Wasserdrucks und damit über seine Entfernung von der Wasser- 
oberfläche zu orientieren, scheint fraglich. — Zur Zeit der Metamorphose 
gehen die Seitenorgane und die ihnen angehörigen Nerven zugrunde. 


— 1093 — 


Andere vom Ektoderm entstehende Organe, An der Stelle, an 
welcher die ventrale Lippe des Blastoporus vorwuchs, entsteht eine kleine 
Längsgrube, die sich mehr und mehr einsenkt und das zwischen ihr und 
dem Urdarm gelegene Mesoderm zurückdrängt. Schließlich wird sie nur 
noch durch eine einschichtige Zellwand von dem bis dahin völlig von der 
Außenwelt abgeschlossenen Darmlumen getrennt; auch diese Scheidewand 
reißt, und der Darm erhält nunmehr eine hintere Öffnung, einen After 
(Anus). Das ektodermale Stück des Enddarms nennt man Proctodaeum 
(6 rewxrös — der After). — Bald nach der Fertigstellung des Afters senkt 
sich die quergestellte Furche, die wir als Mundbucht kennen lernten, tiefer 
ein und bricht schließlich in den Urdarm durch, so daß dieser nun auch 
eine Mundöffnung besitzt. Das ektodermale Stück seiner Wand ist das 
Stomodaeum (76 oröua — der Mund). Das die Oberfläche des Embryos 
bedeckende Ektoderm wird nach entsprechender Umbildung zu der Epi- 
dermis des Frosches. Die Pars anterior der Hypophyse des Gehirns 
wird angelegt als eine Verdickung des Ektoderms vor der Mundbucht. Diese 
gelangt mit der Zeit in die Tiefe und bildet sich zum definitiven Organ aus. 
Die Entstehung der Pars posterior dagegen ist insofern fraglich, als sie 
die einen ebenfalls vom Ektoderm ableiten, andere aber sie aus einem Teile 
der Darmwand hervorgehen lassen. 


8. Organe des inneren Keimblattes. 


Aus dem inneren Keimblatt entsteht der definitive Darm mit allen 
seinen Derivaten. Während einer längeren Zeit ist der Urdarm völlig ab- 


Fig. 66. 


N Zirbelstiel 


N Hypophysis 


\ 
Anus Leberdivertikel Herz Stomodaeum 
Sagittalschnitt durch eine Larve mit durchgebrochenem After 
(n. Marshall aus Morgan). 


geschlossen von der Außenwelt und steht nur durch den Canalis neuren- 
tericus mit dem Rückenmarksrohr in Verbindung. Zuerst bricht dann der 
After durch, später, wenn die Larve die Eihüllen bereits verlassen hat, auch 
die Mundöffnung. Eine ventrale Ausstülpung des Enddarms wird zur Harn- 
blase (Fig. 66). Die Wände des Urdarms bestehen überall aus einer ein- 


u 


zigen Schicht von Entodermzellen, mit Ausnahme der ventralen Wand, die 
von der oberen Fläche der Dottermasse begrenzt wird. Durch die al- 
mähliche Erweiterung des vorderen Teiles des Urdarms wird der Dotter 
nach hinten gedrängt, wo er seinerseits wieder das Darmlumen eimengt. 
Ein kleines Stück weit setzt sich der Darm hinter dem After fort als so- 
genannter Schwanzdarm, an den sich der Canalis neurenterieus anschließt 
(Fig. 61, S. 100), Dieser Schwanzdarm verschwindet aber bald nach 
Durchbruch der Afteröffnung. Beim Darm des fertig ausgebildeten Tieres 
entspricht die innerste der drei Schichten, die wir dort kennen lernten, die 
Mucosa, der endodermalen Wand des Urdarms. 

Ein ventraler Blindsack des Darmes vor der Dottermasse bildet die An- 
lage der Leber. Während sich ihre Wand verdickt, rückt sie weiter vom 
Darm ab, mit dem sie dann nur noch durch einen dünnen Kanal, den späteren 
Ductus choledochus zusammenhängt. Die Wand der Leber differenziert sich 
zu dem Leberparenchym, eine ventrale Aussackung an ihr wird zur Gallen- 
blase mit dem Duetus eystieus. — Das Pankreas entsteht aus zwei ven- 
tralen und einer dorsalen Anlage; die dorsale erscheint als Verdiekung der 
Darmwand in der Gegend der Lebereinmündung, die beiden ventralen als seit- 
liche Ausstülpungen des Leberganges selbst. Allmählich verschmelzen diese 
einzelnen Teile und bilden sich zu dem fertigen Organ aus, das durch die 
Duetus panereatiei mit dem Lebergang kommuniziert. 

Verdiekungen der Seitenwände des Anfangsdarms sind die Anlagen der 
Kiemenspalten, die zuerst in der Zahl von drei Paaren erscheinen. 
Hinter diesen entstehen jederseits noch zwei Paar, so daß die Froschlarve 
deren im ganzen fünf Paar aufweist, wenn sie aus den Eihüllen schlüpft. 
Sie bilden dann senkrechte doppelschichtige Scheidewände, welche von der 
Darmwand bis zum Ektoderm verstreichen und mit letzterem verschmelzen. 
Später öffnen sich die Kiemenspalten durch Auseinanderweichen der beiden 
Blätter der Scheidewände, und zwar zuerst die zweite und dritte, dann die 
erste, endlich die vierte. Vor der ersten liegt noch eine Spalte, die Hyo- 
mandibularspalte, so daß es tatsächlich fünf sind, aber diese bricht nicht 
nach außen durch, sondern begibt sich ins Innere der Schädelanlage und 
wird zur Paukenhöhle. Zwischen den einzelnen Spalten liegen die in der 
Hauptsache mesodermalen Kiemenbögen; zwischen Hyomandibular- und 
erster Spalte der Hyoidbogen, vor der Hyomandibularspalte der Kieferbogen, 
hinter den vier übrigen Kiemenspalten vier entsprechend numerierte Kiemen- 
bögen. 

Nachdem die Froschlarve in das freie Wasser gelangt ist, werden auch 
die Lungen als ein paar dünnwandige Taschen auf der Ventralseite des 
Vorderdarms gebildet. 

Jetzt nehmen auch alle jene kleineren Derivate des Anfangsdarms ihren 
Ursprung von demselben. Hier seien nur dieSchilddrüse und dieThymus 
erwähnt. Die erstere erscheint als eine unpaare Grube in der ventralen 
Wand des Pharynx, die solide wird, sich abschnürt und, nachdem sie dureh 
die Copula des Zungenbeins ganz von dem Darm getrennt worden ist, sich 


— 15 — 


in zwei symmetrische Hälften teilt, die sich zur definitiven paarigen Drüse 

umbilden. Die Thymus entsteht von vornherein paarig aus der dorsalen 

Darmwand. Später dringen mesodermale Elemente in sie ein (Fig. 67). 
Schließlich sei hier noch ein Gebilde er- 


wähnt, das sich ziemlich früh von der dor- Fig. 67. 

salen Wand des Urdarms ventral von der / Thymus 
Chorda abgliedert. Das ist die Hypochorda 

(Subehorda, subehordaler Strang), die in einem E 
Kopf- und einem Rumpfabschnitt auftritt PW> my 7 ngenbein 
(Fig. 62, S. 100, über der dorsalen Darm- GO rupeisn 
wand). Während ersterer bald schwindet, - 

entstehen in letzterern Hohlräume, doch ver- en rn 


fällt auch sie schließlich der Auflösung. Nach (n. Chun-Leuckarts Wandtafeln). 
Klaatsch ist die Hypochorda ein Rudiment der 

bei dem niedersten Wirbeltier, dem Lanzettfischehen (Branchiostoma, früher 
Amphioxus) und den nächsten Verwandten der Wirbeltiere, den Tunicaten 
(Manteitiere), noch funktionierenden Epibranchialrinne. 


9. Organe des mittleren Keimblattes. 


Durch die Chorda dorsalis wird die zuerst einheitliche Mesodermplatte, 
welche über dem Urdarm liegt, in zwei seitliche Hälften gespalten. Wie wir 
sahen, umwachsen diese den Darm und verschmelzen auf der ventralen 
Seite miteinander. Rechts und links von der Chorda sind sie am stärksten, 
indem sie dort dicke Zellpolster bilden, während ihre lateralen Teile nur 
dünne zweischichtige Blätter darstellen. Nach kurzer Zeit trennen sich jene 
Zellpolster von den Seitenteilen und werden fortan als Ursegmentplatten 
von jenen, den Seitenplatten, unterschieden. 

Sobald die Bildung des Nervenrohrs aus dem Ektoderm erfolgt, zer- 
fallen die Ursegmentplatten in eine Anzahl von würfelförmigen Segmenten 
(segmentum — das abgeteilte Stück), die Urwirbel oder Somiten 
(—Körperabschnitte). Aus diesen gehen später die die Chorda umgebenden 
und allmählich einschnürenden Wirbelkörper und deren Fortsätze, sowie die 
Rumpfmuskulatur hervor. Es entsprechen aber die Urwirbel nicht den em- 
zelnen definitiven Wirbeln, vielmehr entsteht jeder der letzteren aus dem 
hinteren Abschnitt des vorangehenden und dem vorderen Abschnitt des 
folgenden für ihn in Betracht kommenden Urwirbels. 

Jene Segmentierung greift nieht auf die inzwischen völlig von den Ur- 
segmentplatten getrennten Seitenplatten über. In diesen entsteht vielmehr 
rechts und links vom Darm durch Auseinanderweichen ihrer beiden Schichten 
je ein einheitlicher Hohlraum, das Coelom, die sekundäre Leibeshöhle 
im Gegensatz zur primären, welehe in der Furchungshöhle verkörpert war. 
Die beiden Blätter des Mesoderms aber werden zu der Somatopleura und 
der Splanchnopleura. Oberhalb des Darmes und der übrigen sich bildenden 
Eingeweide berühren sich beide inneren Mesodermlamellen und werden zu 


— 106 — 


dem Mesenterium. Ventral bleiben die Seitenplatten zunächst solide, all- 
mählich dringt das Coelom aber auch in diesen Teil. Es wird ebenso wie 
oberhalb des Darmes nun auch unterhalb desselben ein Mesenterium an- 
gedeutet, das aber aufgelöst wird, so daß die rechte und linke Coelomhälfte 
unter dem Darm miteinander in offene Verbindung treten, wie wir es ja 
auch beim ausgewachsenen Frosch vorfanden. 

Aus dem so differenzierten Mesoderm entsteht das Stütz- und Binde- 
gewebe des Körpers, also Knorpel, Knochen, Fettgewebe und eigentliches 
Bindegewebe, die Muskulatur einschließlich der Eingeweidemuskulatur, — 
die Muscularis und die Serosa des Darms sind mesodermaler Herkunft — 
sowie das Herz, die Blutgefäße und der Urogenitalapparat. 


Fig. 68. 


Drei Entwicklungsstadien des Froschherzens (n. Morgan). 


Herz und Blutgefäße. Vor dem Leberblindsack des Darmes ver- 
diekt sich rechts und links von der Mittellinie das den Darm ventral um- 
fassende Mesoderm. In den beiden dadurch entstehenden Zellplatten treten 
Hohlräume auf, die vorn und hinten mit dem Coelom kommunizieren (Fig. 68a). 
Zwischen dem in der Mitte der beiden Zellplatten übrig bleibenden einfachen 
Mesoderm und der ventralen Wand des Darmes liegen zahlreiche Zellen, 
Mesenchymzellen, welche aus dem Entoderm stammen sollen. Sie ordnen 
sich zu einem Rohr an, welches die Grundlage des späteren Herzens abgibt (b). 
Das Rohr wird allmählich umschlossen von den splanchnischen Schichten 
der beiden Zellplatten, welche sich verdicken und zur Muscularis des Herzens 
umbilden. Das von dem Mesenchym gebildete Rohr dagegen wird zum 
Endothel des Herzens. Die beiden Coelomsäcke rechts und links neben dem 
Herzen wachsen immer mehr um dasselbe herum, bis sie es völlig umfassen, 
so daß es nur noch an einem dorsalen Mesenterium aufgehängt erscheint, 
das also ähnlich entsteht, wie das des Darmes. Ventral treten auch hier 
die beiden Leibeshöhlenabschnitte in Kommunikation miteinander, worauf 
der nun einheitliche Coelomsack um das Herz herum das Perikard bildet (e). 


— 17 — 


Wenn das zuerst gerade Herzrohr weiterwächst, reicht der Raum für das- 
selbe nicht mehr aus, und es biegt sich infolgedessen S-förmig, wodurch 


der Grund gelegt wird für die 
spätere Differenzierung in verschie- 
dene Abteilungen (Fig. 66, S. 103). 

Aus dem Dotter kommen zwei 
Darmlebervenen, die sich unter- 
dessen ebenfalls mesodermal ge- 
bildet haben, und vereinigen sich 
vor ihrem Eintritt in das Herz zu 
dem Sinus venosus. Ferner mün- 
den rechts und links in diesen 
Sinus die beiden durch den Zu- 
sammenfluß je einer vorderen und 
hinteren Gardinalvene entstandenen 
Ductus Cuvieri. Von dem Herzen 
wird das Blut nach vorn geführt 


Fig. 69. 


_  VordereGehirnarterie 
„ 


Truncus arteriosus 


- Vorniere 


Aorta 


durch einen zunächst einheitlichen Kopfgefäße der Kaulquappe (n. Marshall). 


Stamm, der sich dann in zwei 


seitliche Äste gabelt, welche ihrerseits wieder Zweige nach der inzwischen 
entstandenen Kieme schicken. Es sind schließlich auf jeder Seite fünf solche 


Kiemenarterien (Aortenbögen) vorhanden, von 
welchen sich die ersten vier innerhalb der 
Kiemen kapillar auflösen und sich dann wie- 
der zu der dorsalen Aorta descendens ver- 
einigen (Fig. 69). Bei den lungenatmenden 
Wirbeltieren werden im allgemeinen sechs 
solcher Arterienbögen angelegt; beim Frosch 
dagegen nur fünf, da der II. völlig fehlt. Der 
VL, also der V. vorhandene, führt nach den 
Lungen und wird nach der Umwandlung der 
Larve in den Frosch zur A. pulmonalis. Der 
V. oblitteriert vollkommen, der IV. rechts und 
links bleiben als Bogen der Aorta descendens 
bestehen, aus dem III. wird die Garotis interna, 
aus dem I., der sich zur ventralen Fortsetzung 
des III. umbildet, die Carotis externa (Fig. 70). 

Verfolgen wir das Schicksal des embryo- 
nalen Venensystems weiter, so sehen wir, daß 
sich die aus dem Dotter kommenden Gefäße 
zurückbilden und Darm- und Eingeweidevenen 
dafür in Kommunikation mit den Darm- 
lebervenen treten. Die letzteren lösen sich 


Fig. 70. 
Car. ext. Car. int. 
me 
NS BR 
Ms - .— ih, 
la au 
III. 
IV. 
aRVE 
N: vı. 


EB: 
B—Aort. sinistr. 


Schema der embryonalen Arte- 
rienbogen und ihrer Umwand- 
lung beim Frosch (n. Boas). 


innerhalb der Leber in ein 


Kapillarnetz auf, so daß von nun ab ihre aus der Leber kommenden Ab- 
schnitte die Lebervenen repräsentieren. Während der in die Leber einmün- 


— 108 — 


dende Teil der rechten Darmlebervene rückgebildet wird, bildet sich der 
entsprechende der linken Seite zur Pfortader aus. Auch der vordere aus 
dem Kapillarnetz der Leber entspringende Venenabschnitt der rechten Seite 
bleibt nicht reine Lebervene, sondern nimmt an der Bildung der V. cava 
posterior teil, deren caudaler Abschnitt durch Verschmelzung der hinteren 
Kardinalvenen in der Gegend der beiden Urnieren entsteht. Die Teile dieser 
Kardinalvenen, welche vor jener Verschmelzungszone liegen, atrophieren, 
doch kann hin und wieder wenigstens die der linken Seite sich als ein 
schwaches Gefäß, sogenannte V. azygos, auch beim erwachsenen Frosch 
erhalten. Die Ductus Cuvieri haben wir bereits beim ausgewachsenen Frosch 
als vordere Hohlvenen angetroffen (Fig. 71). 


Fig. 71. 


V. jugularis V. jugularis 


Duct. Cuvieri 


Darmlebervene Lebervenen 


Hintere Cardinal- 


vr V. portae hepat. 


Urnierenabschn. 
d. V. cava poster. 


Schema der Entwicklung und Umbildung der Hauptvenenstämme im Bereich der 
hinteren Körperhälfte. Ansicht von der Dorsalseite (n. Goette aus Gaupp). 


Die Exkretionsorgane. Die Exkretion der jungen Larve erfolgt 
durch die Vorniere (Pronephros). Diese wird in embryonaler Zeit an- 
gelegt als eine Verdickung der somatischen Schicht der mesodermalen Seiten- 
platten in der Gegend des zweiten Urwirbels. In dieser Verdickung tritt 
ein Hohlraum auf, der sich schließlich in drei vielfach gewundene Kanälchen 
gliedert, die einerseits mit der Leibeshöhle durch Nephrostome in Verbin- 
dung treten, andererseits durch einen horizontalen Sammelkanal in einen 
Ausführungsgang, den Vornierengang (Segmentalgang) münden, der sich 
schließlich in den Enddarm öffnet (Fig. 69 u. 72). Eine Verdiekung der 
Splanchnopleura gegenüber den Nephrostomen der Vorniere wird zum Glo- 
merulus derselben, indem sie sich mit Blut füllt und wahrscheinlich direkt 
in Beziehung zu dem in ihrer Nähe verstreichenden Aortenbogen tritt. Erst 
später entwickelt sich die definitive Niere des Frosches caudalwärts von 
der Vorniere aus der dorsalen Leibeshöhlenwand. Es werden dort eine 
ganze Anzahl von Nierenkanälchen angelegt, welche zuerst alle durch 
Wimpertrichter mit der Leibeshöhle kommunizieren; dann treten aber die 
Glomeruli auf, und es bilden sich die Nierenkörperchen, während die Nephro- 
stomen den Zusammenhang mit den Nierenkanälchen aufgeben und nun in 


— 109 — 


das Venensystem einmünden, wie wir schon bei der Besprechung des Baues 
der Harnkanälchen sahen. Die Harnkanälchen münden mit ihrem distalen 
Ende in Sammelkanäle, welche schließlich das Exkret an den Vornierengang 
abgeben, dessen caudaler Teil so zum Ausführungsgang der definitiven Niere 
wird, während er rostral vor derselben ebenso wie die embryonale Vorniere 
verkümmert. Zum Unterschied von 
dieser nennt man die definitive Niere 
des Frosches auch Urniere (Meso- 
nephros), und es sei hier darauf hin- A 
gewiesen, daß diese auch bei dn ,/ en 
höheren Wirbeltieren nur in der Jugend / „ Aorta 
tätig ist, dagegen später durch die / 
bleibende Niere (Metanephros) mit 
einem eigenen neu entstandenen Aus- 
führungsgang, dem Ureter, ersetzt 
wird. Der Ausführungsgang der Ur- 
niere ist bei ihnen, wie beim Frosch 
derUrnierengang(Wolff’scherGang). 
Die Geschlechtsorgane. Die 
Geschlechtsdrüsen entstehen aus 
dem Mesoderm des Mesenteriums 
ventral der Aorta. Von den Glome- 
ruluskapseln wachsen bei beiden Ge- 
schlechtern eine Anzahl feiner Gänge, 
dieGenitalkanäle,in dieKeimdrüsen. 
Beim Männchen werden diese inner- ! 
I schen. «den im- Vornieren und Urnieren der Kaulquappe 
: (n. Marshall u. Bless aus Gaupp). 
zwischen aufgetretenen Zellnestern 
zu dem intratestikulären, außerhalb desselben aber zum extratestikulären 
Hodennetz, das die Gonade mit der Urniere verbindet. Innerhalb der Niere 
bilden die Genitalkanäle durch Verschmelzung den im medialen Rande ver- 
laufenden Bidder’schen Längskanal. Beim Weibchen liegen die Verhältnisse 
zuerst ähnlich, dann geht das extraovariale Netz der Genitalkanäle zugrunde. 
Der Längskanal in der Niere wird aber trotzdem gebildet. Der Müller’sche 
Gang sollte sich nach älteren Arbeiten von dem Vornierengang herleiten, so 
daß aus diesem also bei beiden Geschlechtern ein Wolff’scher und ein Müller'- 
scher Gang entständen. Neuere Untersuchungen von MacBride und Jungersen 
deuten aber darauf hin, daß der Müller’sche Gang selbständig aus dem Peri- 
toneum hervorgeht. 


Fig. 72. 


Glomerulus 


Vornierengang 


leig und 
Fettkörperanlage 


Urniere 


10. Die fernereEntwicklung derFroschlarve und dieMetamorphose. 


Wir haben gesehen, wie die 1—3 Wochen alten Larven aus den Ei- 
hüllen ausschlüpfen und sich mit Hilfe ihrer unter der Mundöffnung ge- 
legenen Klebdrüsen, den sogenannten Saugnäpfen, an der Gallerte des Laichs 


— 110 — 


anheften. An den Kiemenbögen bilden sich jetzt durch Vorwachsen von 
Hautstellen äußere Kiemen aus, welche zu mehreren Büscheln in das um- 
gebende Wasser hefvorragen. Bei unseren echten Fröschen sind es zwei 
bis drei, beim Laubfrosch nur ein Paar. Innen sind sie von den zu- und 
abführenden Blutgefäßen mit ihren Kapillaren durchzogen. Die Augen werden 
deutlich sichtbar, die Mundöffnung bricht durch, und der seitlich kompri- 
mierte Schwanz nimmt seine definitive Gestalt an, indem ihn ein durch 
Faltung der Haut gebildeter unpaarer Flossensaum umgibt. Über die Kiemen 
wachsen jetzt Hautfalten, so daß sie unter diesen verborgen sind wie die 
Kiemen eines Fisches unter dem Kiemendeckel. Diese Hautfalten schließen 
die Umgebung der Kiemen völlig von der Außenwelt ab, und das durch den 
Mund aufgenommene, die schon seit längerer Zeit durchgebrochenen Kiemen- 
spalten passierende Atemwasser kann nur durch eine rundliche Öffnung, 
das Kiemenloch (Spiraculum), nach außen gelangen. Dieses Kiemenloch 


Fig. 73. 


) 


Die Metamorphose des Frosches (n. Gadow). 


liegt nicht genau in der Mediane des Körpers, sondern ziemlich weit links 
davon, was zur Folge hat, daß sich das Atemwasser der rechten Kiemen- 
höhle durch einen Kanal auf die linke Seite begeben muß. Von dieser 
Asymmetrie des Kiemenloches wird die Afteröffnung insofern in Mitleiden- 
schaft gezogen, als sie nun ihrerseits etwas mehr nach rechts verschoben 
ist. Die äußeren Kiemen bilden sich zurück und werden durch innere, in 
zwei Reihen an jedem Kiemenbogen auftretende ersetzt. 


Die Kaulquappen schwimmen mit Hilfe des Ruderschwanzes jetzt frei 
im Wasser umher und nähren sich von tierischer sowohl als pflanzlicher 
Kost, die sie vermöge eigenartiger Hornränder, die ihre Mundöffnung um- 
säumen, benagen. Der Darmkanal ist zu bedeutender Länge herangewachsen 
und hat sich spiralig aufgerollt. Vielleicht ist der pflanzliche Bestandteil der 
Nahrung der Grund, weshalb der Darm im Verhältnis zur Körpergröße be- 
trächtlich länger ist als bei dem ausgewachsenen Frosche, denn wir finden 


= HI — 


auch sonst im Tierreich bei Pflanzenfressern relativ längere Verdauungskanäle 
als bei Fleischfressern. Es erscheinen nun auch die hinteren Extremitäten 
an der Grenze zwischen Rumpf und Schwanz. Sie werden angelegt als 
kleine Verdickungen der Körperoberfläche und differenzieren sich allmählich 
insedie Teile, die wir am fertigen Hinterfuße des Frosches finden. Von den 
Vorderextremitäten ist an der Kaulquappe äußerlich noch nichts zu sehen. 
Sie entstehen aber gleichzeitig mit den hinteren und auf ähnliche Weise 
in den caudalen seitlichen Winkeln der Kiemendeckel. Schließlich brechen 
sie, wenn sie ebenso wie die Hinterextremitäten ihre definitive Form erlangt 
haben, plötzlich unter Vermittlung von rundlichen, verdünnten Stellen der 
Kiemendeckel, den Opercularlöchern, nach außen durch. Die bis dahin 
noch vorhandene Flimmerung der Epidermiszellen hört jetzt auf. Zu dieser 
Zeit gehen auch die inneren Kiemenblättchen verloren, und die Lungen- 
atmung, die schon etwas vorher eingesetzt hatte, bleibt neben der uns be- 
kannten Hautatmung allein übrig. Der Hornschnabel fällt ab, da an dem 
bis dahin knorpeligen Primordialschädel feste Knochen auftreten, die auch 
die Ränder der Mundspalte stützen. Der Darm verkürzt sich und legt sich 
in die definitiven Windungen. Die für die betreffende Froschart typische 
Zeichnung tritt in der Haut hervor, und nach mehreren Tagen wird endlich 
auch der lange Ruderschwanz verkürzt dadurch, daß seine Zellen einbezogen 
und zum Aufbau anderer Teile des sich vergrößernden Körpers benutzt 
werden. Sobald der Schwanz bis auf einen kurzen Rest absorbiert ist, 
steigen die Tiere als kleine Fröschehen ans Land und wachsen unter wei- 
terer Rückbildung des Schwanzes bis zum völligen Verschwinden desselben 
heran zu ihrer definitiven Größe. 

Diese Umbildung, welche wir nun in ihren wesentlichsten Zügen kennen 
gelernt haben, heißt Metamorphose. Von dem Ausschlüpfen aus dem Ei 
bis zum Verlassen des Wassers brauchen die Frösche durchschnittlich etwa 
drei Monate. Die Metamorphose ist dadurch besonders gekennzeichnet, daß 
das Tier in den ersten Epochen seines Lebens völlig an den Aufenthalt im 
Wasser angepaßt ist, was sich vor allem in der Anwesenheit von Kiemen 
mit ihren Blutgefäßen zeigt, während der Frosch später luftatmend wird, 
wobei die nun in Tätigkeit tretenden Lungen eine völlige Umordnung der 
respiratorischen Gefäße bedingen, die wir ja schon weiter oben kennen ge- 
lernt haben. Aber auch sonst zeigen die im Wasser lebenden Larven große 
Unterschiede gegenüber dem ausgewachsenen Frosch. Es sei hier nur an 
die Extremitätenlosigkeit und den langen Ruderschwanz erinnert, und ferner 
an die Anpassungen der Larve an eine gemischte Kost, die sich in den 
Hornlippen und einem relativ sehr langen Darm kund gibt. Der erwachsene 
Frosch dagegen besitzt keinen Schwanz mehr, ist dafür aber mit um so 
kräftigeren Extremitäten ausgerüstet; als reiner Insektenfresser besitzt er 
einen relativ kurzen Darm und ist durch besondere Einrichtungen seines 
Maules, wie die vorschnellbare Zunge, die zum Festkleben der Beute dienen- 
den Munddrüsen und die als Widerhaken funktionierenden Zähne der neuen 
Art der Ernährung trefflich angepaßt. 


— 12 — 


Technische Bemerkungen. Das Eindringen der Spermatozoen in die 
Eier und die Bildung des II. Richtungskörpers, sowie die darauf folgende Furchung 
kann man sıch leicht zur Anschauung bringen, wenn man aus dem Ovarium 
eines reifen, durch Zerstörung der Medulla oblongata mittels eines Messerstiches 
getöteten Weibchens Eier entnimmt und ihnen unter Wasserin einem Uhrschälchen 
reife Spermatozoen eines ebenso behandelten Männchens zusetzt, (wobei es tyn- 
lich ist, den Hoden vorher in einem besonderen Uhrschälchen mit Wasser zu 
zerschneiden, und nur wenig von diesem zu den Eiern zu bringen, damit nicht 
eine unverhältnismäßige Überzahl von Samenelementen den Versuch problematisch 
macht). Unter mehrmaliger Erneuerung des Wassers kann man dann die befruch- 
teten Eier lange Zeit am Leben erhalten, indem man sie in eine feuchte Kammer 
bringt, um das Wasser vor dem Verdunsten zu schützen. Als feuchte Kammer 
dient ein mit Wasser gefüllter Teller, in den das Gefäß mit den Eiern gesetzt 
wird, worauf man durch eine aufgesetzte Glasglocke die Luft absperrt. Die Ent- 
stehung der Medullarfalten beobachtet man bei auffallendem direktem Sonnenlicht 
mit schwacher Vergrößerung. Die Anatomie der Kaulquappen wird unter der 
Lupe mit Hilfe von Nadeln, Pincette und feiner Schere untersucht. Morgan emp- 
fiehlt zur Konservierung der Eier und Embryonen eine gesättigte Lösung von 
Pikrinsäure in 7Oprozentigem Alkohol mit Zusatz von zwei Prozent Schwefelsäure. 
Bei den Furchungsstadien genügt es, die äußeren Eihüllen mit einer Nadel auf- 
zuschneiden, während die älteren Embryonen mit scharfen Nadeln in der Kon- 
servierungsflüssigkeit von den Hüllen befreit werden müssen. Nach drei bis fünf 
Stunden werden die Objekte in mehrmals zu wechselnden 7Oprozentigen Alkohol 
übertragen, dann in 80prozentigen, in welchem sich die innere Eimembran langsam 
ablöst und entfernt werden kann. Aufbewahrt werden sie dann in 85—90prozen- 
tigem Alkohol. — Für Totopräparate der Furchungsstadien genügt es, dieselben 
in Formol zu bringen, wo sie dann auch aufbewahrt werden. 


III. Die hauptsächlichsten Parasiten des Frosches. 


Wie jeder höhere lebende Organismus, so wird auch der Frosch von einer 
Anzahl Schmarotzern heimgesucht, die in seinem Innern meist auf Kosten irgend- 
welcher Gewebe sich für längere oder kürzere Zeit einnisten. Die hauptsäch- 
lichsten Vertreter dieser Parasiten wollen wir uns im folgenden kurz ansehen. 
Sie rekrutieren sich aus den niedersten Tierstämmen, und zwar eigentlich nur 
aus zweien beim Frosch, aus dem Stamm der Protozoen oder Einzelligen und 
aus dem Stamm der Würmer. Auf die zahlreichen Bakterien, welche im Körper 
des Frosches vorkommen, wollen wir hier nicht eingehen. 


Fig. 74. Fig. 75. 


Trypanosoma san- Trichomonas batrachorum Opalina ranarum 
guinis Gruby Perty (n. Grobben). (n. Zeller). 
(n. Grobben). 


Protozoa. Klasse: Flagellata (Geißelträger). Kernhaltige Zellen mit einer 
oder mehreren Geißeln. 

Trypanosoma sanguinis Gruby. Im Blute. Mit einer Geißel. Aus- 
gezeichnet durch eine längsverlaufende undulierende Membran (Fig. 74). Verwandt 


— 13 — 


mit ihm sind die Trypanosomen, welche in Südafrika die Naganaseuche (Tsetse- 
krankheit) der Huitiere erzeugen, und ebenso die Erreger der jetzt so viel- 
erörterten Schlafkrankheit. Den Fröschen scheint ihre Anwesenheit ıficht allzu 
schädlich zu sein. 

Triehomonas batrachorum Perty. Im Darmkanal. Besitzt drei Geißeln 
und eine undulierende Membran (Fig. 75). Beim Menschen findet sich ebenfalls 
ein unschädlicher Verwandter dieser Form. 

Klasse: Ciliata (Infusoria). Mit zahlreichen Cilien bekleidete hochdifferen- 
zierte Zellen. 

Ordnung: Holotricha. An ihrer ganzen Oberfläche mit in parallelen Reihen 
stehenden Cilien versehene Infusorien. 

Opalina. Besitzt zahlreiche Kerne. Eine kontraktile Vakuole, die den 
freilebenden Ciliaten zukommt, fehlt bei diesem Parasiten. Sehr gemein. 

OÖ. ranarum Ehrbg. (Fig. 76) im Enddarm des Grasfrosches. 

O0. dimidiata 

0. Zelleri 

OÖ, obtrigona im Laubfrosch. 

Ordnung: Heterotricha. Körper mit 
in Längsreihen gestellten Wimpern ganz be- 
deckt. Adorale Wimperzone. 

BalantidiumentozoonClp.u.Ladm. 
Im Darm des Wasser- und Grasfrosches. 
Viel kleiner als Opalina. Am vorderen Ende 
des birnförmigen Körpers eine Zone von 
stärkeren Wimpern, welche nach einer Art 
Mundöffnung der Zelle hinzieht (adorale 
Wimperzone). Zwei kontraktile Vakuolen. 


Vermes (Würmer). Scolecida (niedere 
Würmer). : 

Klasse: Platyhelminthes (Plattwür- 
mer). Ordnung: Trematodes (Saugwürmer). 
Unterordnung: Heterocotylea. Würmer 
mit Haftscheibe. Direkte Entwicklung. 

Polystomum integerrimum Fröl. 
In der Harnblase des Grasfrosches (Fig. 77). 
Platte Würmer von 0,4—0,5 cm Länge, die 
an ihrem Hinterende eine große mit drei 
Paaren von Saugnäpfen (S) ausgestattete 
Haftscheibe tragen. Daneben finden sich Polystomum integerrimum Fröl. 
noch vorn (K') und hinten (K?) an dieser (n.Hertwig). Das Vas deferens 
Scheibe Klammerhaken, mit deren Hilfe die wurde der Deutlichkeit halber 
Tiere sich an den dünnen Wänden der Harn- über die weiblichen Geschlechts- 
blase des Frosches befestigen. Der Mund organe gezeichnet. 
(M) mündet in einen kurzen Oesophagus mit 
muskulösem Pharynx (Ph), hinter welchem der blindgeschlossene, vielfach ver- 
zweigte Magendarm (D) beginnt, der den ganzen Körper des Tieres durchzieht 
und bis in die Haftscheibe hineinragt. Da die Trematoden zu den sogenannten 
parenchymatösen Würmern gehören, so fehlt ihnen eine Leibeshöhle; der Darm 
stößt vielmehr allseitig direkt an die Körperwand, soweit nicht andere Organe 
dazwischen liegen. Das Nervensystem ist sehr einfach; es besteht in der Haupt- 
sache aus einem dorsal vom Oesophagus gelegenen Cerebralganglion, das eine 
Art Gehirn darstellt, und einer Anzahl von diesem ausgehender Nervenstränge, 
welche den Körper durchziehen. Die Bewegungen ermöglicht das Tier durch 
seinen Hautmuskelschlauch, der sich aus Ring- und Längsmuskeln zusammen- 
setzt, welche dicht unter der Körperhaut liegen und mit dieser verwachsen sind. 
Zu den genannten Muskeln kommen noch schräge, welche besonders in dorso- 
8 


im Wasserfrosch. Fig. 77. 


0% 
SEES 


. 
5] 
S 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 


— 114 — 


ventraler Richtung die Spalten zwischen den einzelnen Organen und ihren Teilen 
ausfüllen und zusammen mit wenig Bindegewebe eben jenes Körperparenchym 
bilden, nach dem man die parenchymatösen von den andern Würmern, welche 
eine Leibeshöhle besitzen, unterscheidet. Ein Blutgefäßsystem sowie Atmungs- 
organe fehlen, da einerseits der Darm durch seine Verzweigungen die Nahrung 
überall hinbringt, und andererseits der zur Verbrennung derselben nötige Sauer- 
stoff direkt durch die Haut aufgenommen wird, wie das ja bei den meisten nie- 
deren Tieren der Fall ist. Der Exkretionsapparat besteht aus zwei Kanälen, 
welche in den Seiten des Körpers verstreichen und dorsal durch zwei Poren in 
der Nähe des Vorderendes ausmünden. Auf ihrer ganzen Länge verzweigen sie 
sich in kleine Seitenkanälchen, die an ihren blinden Enden sogenannte Proto- 
nephridien tragen, das sind Zellen mit einer langen Geißel, der Wimperfackel, 
welche in das Innere des Röhrchens hineinragt und durch ihre Undulationen 
einen nach außen gerichteten Strom des durch die Kanalwände diffundierenden 
Exkrets hervorruft. Am kompliziertesten ist der hermaphrodite Geschlechtsapparat 
gebaut. In der vorderen Körperhälfte liegt das Ovar (Ov.), von dem aus ein 
mannigfach differenzierter Ovidukt die Eier nach der ziemlich weit vorn gelegenen 
Geschlechtsöffnung bringt. Bald nach dem Verlassen des Ovars münden in den 
Eileiter zwei Dottergänge (Dg.), welche die Eier mit Dotterzellen versehen, die in 
zwei seitlich gelegenen verästelten Dotterstöcken (auf der Figur der Deutlichkeit 
halber weggelassen) ihre Entstehung nehmen. In die Dottergänge führen zwei 
Kanäle, welche an den seitlichen Rändern des Körpers sich ins Freie öffnen. Das 
sind die sogenannten Begattungsgänge (Vag.), deren Öffnung die Bedeutung einer 
Vagina hat. In ihrem Verlauf sind sie zu einem Receptaculum seminis erweitert. 
Dicht hinter der Einmündung der Dottergänge in den Ovidukt befindet sich der 
Ootyp (Oot.), in welchem die Eier nach Aufnahme des Dotters und der Samen- 
fäden aus dem Receptaculum mit Schalen versehen werden, deren Material aus 
Schalendrüsen stammt, die in den Wänden des Ootyps liegen. Ein in bezug auf 
seine Herkunft und Bedeutung fraglicher Gang, der Canalis vitello-intestinalis 
(C. v.-1.) verbindet diesen Teil des Eileiters mit dem Darm. Einige Autoren fassen 
ihn als Laurer’schen Kanal auf, welcher sich bei anderen Saugwürmern findet; 
andere aber analogisieren die beiden Begattungsgänge des Polystomum mit dem 
Laurer’schen Kanal. Das Endstück des Ovidukts ist zu einem geräumigen, viel- 
fach gefalteten Uterus (Ut.) umgestaltet, der in dem vorn gelegenen Porus geni- 
talis (Pg.) ausmündet. Dort ist auch das Ende des Vas deferens (Vd.), des Samen- 
leiters, welcher das Sperma aus dem hinter dem Ovar gelegenen großen Hoden 
(Hod.) ausleitet. 


Im Frühjahr, wenn auch die Brunstzeit des Frosches kommt, werden die 
Eier des Polystomum reif. Die hermaphroditischen Tiere begatten sich wechsel- 
seitig, indem sie sich mit ihren Geschlechtsöffnungen an- 
Fig. 78. einander legen (Fig. 78). Nach erfolgter Befruchtung der 
Eier legen die Tiere dieselben ab, indem sie ihren Vorder- 
leib aus der Harnblase des Frosches in dessen Kloake 
drängen. So gelangen die Eier schließlich ins Wasser, wo 
sie sich innerhalb einiger Wochen zu Larven entwickeln, 
die, mit einer kleinen Haftscheibe versehen, sich in den 
unterdessen ebenfalls entwickelten Kiemenhöhlen der Kaul- 
quappen festsetzen und zum Polystomum auswachsen. 
Wenn dann nach etwa acht Wochen die Kiemen der Kaul- 
quappen rückgebildet werden, wandern die jungen Poly- 
stomen durch den Verdauungskanal jener in die Harnblase 
ein, wo sie erst nach einer Zeit von mindestens drei 
Jahren geschlechtsreif werden. 


Zwei Exemplare von 
Polystomum in Kopu- 
lation (n. Hertwig). 


Unterordnung: Malacocotylea. Zwei Saugnäpfe. Mit Metamorphose ver- 
bundene Heterogonie. ı 


—- das — 


Distomum clavigerum. Im Darm des Gras- und Wasserfrosches. Bauch- 
saugnapf nur halb so groß als Mundsaugnapf. 

Opisthioglyphe endoloba Duj. Im Darm. Sporocysten in Limnaeus 
(Teichschnecke) und Planorbis (Tellerschnecke). Zugehörig Cercaria armata. 

Gorgodera cygnoides Zed. In der Harnblase. Sporocysten an den 
Kiemen von Cyclas cornea (Kugelmuschel). Zugehörig Cercaria macrocera. 

Paramphistomum subclavatum Goeze. Im Enddarm. Bauchsaugnapf 
sehr groß, am hinteren Körperende. Mundsaugnapf sehr klein. 

Alle diese letztgenannten Würmer sind durch die bei ihnen vorkommende 
Heterogonie in der Entwicklung bemerkenswert. Darunter versteht man das 
Abwechseln von verschieden gestalteten Geschlechtsgenerationen miteinander. 
Die aus ähnlichen, wie die bei Polystomum beschriebenen, hermaphroditen Ge- 
schlechtsapparaten hervorgehenden befruchteten Eier 
dieser Würmer gelangen ins Wasser, wo aus ihnen eine Ar 
völlig mit Wimpern bedeckte Larve, das Miracidium, Fig.79. 
auskriecht. Dieses gerät in ein Wirtstier, meist eine 
unserer Wasserschnecken, wo es sich zu einer Sporo- 
cyste umbildet. In dieser entsteht dann aus Keim- 
zellen eine neue Generation, die völlig anders aus- 
sieht, nämlich sogenannte Redien, in welchen abermals 
aus Keimzellen sogenannte Cercarien heranwachsen. Die 
letzteren sehen schon den Saugwürmern ähnlich, zu 
denen sie sich nach Abwerfen eines langen Ruder- 
schwanzes und nachdem sie ihren Wirt gewechselt 
haben, ausbilden. Als neuen Wirt wählen sie einen 
unserer Frösche. Bei den einzelnen Arten dieser Saug- 
würmer ist .die Entwicklung etwas verschieden von 
der angegebenen (Looss 1894). 

Klasse: Coelhelminthes. Ordnung: Nemato- 
des (Fadenwürmer). 

Angiostomum nigrovenosum Rud. In der 
Lunge. Hermaphrodit daselbst. 

lm Generationswechsel mit einer freilebenden ge- 
trennt-geschlechtlichen Form. Kleine, etwa 3,5 mm 
lange fadenförmige Würmer mit deutlicher Leibeshöhle 
zwischen Darm und Körperwand. Hautmuskelschlauch 
aus Ring- und Längsmuskelschicht. Zum Saugen ein- 
gerichteter Oesophagus mit zwei Anschwellungen; gerade Angiostomum nigroveno- 
gestreckter, ventral ausmündender Darm. Das Nerven- sum Rud. 
system besteht aus einem den Schlund umfassenden 
Nervenring, von dem nach vorn und hinten eine Anzahl 
Nervenfasern ausgehen. Der hermaphrodite Geschlechtsapparat bringt zuerst 
Spermatozoen, dann Eier hervor (Protandrie), die nach ihrer Befruchtung sich in 
dem Elterntier, das also lebendig gebärend (vivipar) ist, zu einer getrennt- 
geschlechlichen, etwas kleineren Form (Fig. 79) entwickeln. Diese wandert in 
den Darm des Frosches, gelangt von da in den Schlamm, worauf die Weibchen 
von den Männchen befruchtet werden. Die Geschlechtsöffnung der größeren 
Weibchen liegt etwa in der Mitte des Körpers, während die der Männchen sich 
am Hinterende befindet, wo auch ein paar Stacheln, die Spicula, als eine Art 
Kopulationsorgane vorgestoßen werden können. Auch durch ihr spitzeres Hinter- 
ende unterscheiden sich die Weibchen von den Männchen. Innerhalb jedes weib- 
lichen Tieres entwickeln sich aus den befruchteten Eiern zwei bis vier Embryonen, 
welche in die Leibeshöhle des Muttertieres gelangen und dasselbe bis auf die 
äußere Cuticula auffressen. Danach wandern sie wieder als hermaphrodite Form 
durch die Mundhöhle in die Lunge des Frosches. Es wechselt also immer eine 
getrenntgeschlechtliche freilebende Form mit einer parasitischen hermaphroditen; 


— 116 — 


ehe man deren Zusammengehörigkeit erkannte, unterschied man erstere als eine 
besondere Art Rhabditis von letzterer, die man Rhabdonema nannte. 

Strongylus auricularis Rud. Im Dünndarm. Getrennt geschlechtliche 
Fadenwürmer. Sechs Papillen um den Mund. Zwei konische Papillen am Hals. 
Hinterende der Männchen zu einer schirmartigen Bursa verbreitert, durch welche 
bei der Kopulation die Anheftung erleichtert wird. Zwei Spicula. 

Oxyuris ornata Dus. Im Darm. Getrennt geschlechtlich, drei Mund- 
papillen. Hinterende des Weibchens spitz ausgezogen, das des Männchens stumpf. 
Ein Spiculum. 


B. Physiologie. 


Wenn wir jetzt dazu übergehen, den Frosch in seiner Lebenstätig- 
keit zu untersuchen, so werden wir am besten damit beginnen, uns zu- 
nächst einmal über die Substanzen des tierischen Organismus Rechenschaft 
zu geben. Wir werden sehen, wie im Stoffwechsel dem Körper ständig 
neue chemische Bestandteile zugeführt werden, wie der Körper seine ein- 
zelnen Teile aus diesen aufbaut, und wie er Stoffe, deren er nicht mehr 
bedarf und die er für seine Zwecke ausgenutzt hat, wieder ausscheidet. 
Im Anschluß hieran werden wir uns mit den Leistungen des Organismus 
beschäftigen, zu denen er durch die aus dem Stoffwechsel gewonnene 
Energie befähigt wird. Da ist es vor allem die Tätigkeit der Muskeln, 
welche die schon äußerlich auffallenden Bewegungen und somit die sinn- 
fälligsten Leistungen des Körpers und seiner Teile bewirkt. Teilweise in 
engem Zusammenhang mit den Muskeln stehen die Nerven, von welchen 
jene zu ihren Kontraktionen veranlaßt werden, sei es spontan oder sei es 
nach Reizung der peripheren sensiblen Nervenenden bezw. der mit ihnen 
verknüpften Sinnesorgane. Manche der äußerlich sichtbaren Leistungen des 
Frosches scheinen auf das Vorhandensein von psychischem Leben zu deuten, 
so daß wir veranlaßt werden, einige die Psychologie des Frosches betreffende 
Erwägungen anzustellen. Endlich bleibt noch übrig, den Vorgängen der 
Entwicklung in bezug auf das physiologische Geschehen einige Beachtung 
zu schenken, zumal ja die ersten Jugendstadien des Frosches zu einem der 
Hauptobjekte für die ebenso junge als bedeutungsvolle Wissenschaft der 
Entwicklungsphysiologie oder Entwicklungsmechanik geworden sind. 


I. Die Substanzen des Organismus. 


Das Material, aus welchem der tierische Körper, also auch der des Frosches, 
aufgebaut ist, bietet uns in seinen Grundelementen keine Besonderheiten gegen- 
über der anorganischen Natur. Die Substanz aller Teile des Froschkörpers be- 
steht in letzter Linie aus einer Anzahl von chemischen Elementen, von welchen 
folgende 12 regelmäßig vorhanden sind: C, O, H, N, S, P, Cl, K, Na, Mg, Ca, Fe. 
Allerdings kommen von diesen nur ganz wenige, und auch diese nur in mini- 
malen Spuren, frei vor; so etwas Sauerstoff und etwas Stickstoff, welche infolge 
der Atmung aus der atmosphärischen Luft in den Körper gelangen. Die übrigen 


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der angegebenen Elemente, zu denen noch J, Fl und Si kommen können, finden 
sich in Form von chemischen Verbindungen, unter denen wir wieder anorganische 
und organische unterscheiden können. Ein wichtiger Vertreter der ersteren ist das 
stets in allen Teilen des Körpers in beträchtlicher Menge vorhandene Wasser, H,O. 
Es dient z. T. als Lösungsmittel der im Körper gelöst vorkommenden Stoffe und 
ist deshalb für den gesamten Stoffwechsel von unendlicher Wichtigkeit. Ferner 
sind es einige Säuren und einige Salze im tierischen Körper, die zu den anorga- 
nischen Verbindungen gehören, von ersteren besonders die Kohlensäure CO,, 
welche den im Körper vor sich gehenden Oxydationsprozessen ihre Entstehung 
verdankt; unter letzteren nimmt das Kochsalz (Chlornatrium NaCl) die hervor- 
ragendste Stellung ein; ferner ist beim Frosch in den Knochen und den Kalk- 
säckchen eine ansehnliche Menge von phosphorsaurem und kohlensaurem Kalk 
vorhanden. Alle diese anorganischen Verbindungen, mit Ausnahme des Wassers, 
treten aber an Bedeutung bei weitem zurück gegenüber den organischen. Be- 
kanntlich meinte man früher, diese seien ein Privilegium der lebenden Wesen, 
weil man sie nirgends in der leblosen Natur fand. Seitdem Wöhler 1828 den 
Harnstoff durch Synthese in der Retorte aus anorganischen Substanzen dargestellt 
hat, ist die Kluft zwischen organischer und anorganischer Materie immer mehr 
überbrückt und endlich ganz beseitigt worden, so daß heute lediglich aus Zweck- 
mäßigkeitsgründen die Chemie noch in eine anorganische und eine Chemie der 
Kohlenstoffverbindungen geteilt wird. Soweit man sie bis jetzt ergründet hat, 
gelten für die organischen Verbindungen dieselben Gesetze wie für die anorga- 
nischen. Es ist deshalb unstatthaft, die Funktionen des Lebens auf andere Kräfte 
zurückzuführen, als auf die auch in der leblosen Natur waltenden Energien. Der 
Lehre von einer besonderen Lebenskraft, dem Vitalismus, welcher in früheren 
Jahrhunderten mehrmals aufgetaucht ist, der bis zur Mitte des vergangenen Jahr- 
hunderts sogar herrschte und der sich auch heute noch hier und da in moder- 
nisierter Form als Reaktion gegen allzu naiven Mechanismus geltend macht, ist 
seit jener Darstellung des Harnstoffes durch Wöhler der eigentliche Boden entzogen. 


Die Kohlenstoffverbindungen, welche wir im tierischen Organismus finden, 
sind fast alle hochkomplizierter Natur, und wenn wir auch die Elemente kennen, 
aus welchen sie zusammengesetzt sind, so ist doch bei vielen von ihnen die 
Struktur noch unbekannt. Begründet ist diese schwere Zugänglichkeit in ihrer 
leichten Veränderlichkeit und den geringen Unterschieden zwischen den einzelnen 
von ihnen. Bei weitem den ersten Rang unter den organischen Verbindungen 
nehmen in dem tierischen Körper die Eiweißstoffe (Proteine) ein, welche vor 
allem in dem Protoplasma der Zellen stets enthalten sind und ohne welche eine 
Lebenstätigkeit nicht existiert. Sie bestehen regelmäßig aus mindestens fünf 
Elementen, nämlich C, H, O, N, S, und zeigen ein sehr hohes Molekulargewicht 
(bis etwa 15000). Ihre Moleküle gehören also zu den größten, die man kennt, 
und reichen beinahe bis in die Sphäre der Sichtbarkeit vermittels unserer optischen 
Instrumente. Ihre Struktur ist nicht bekannt. Die Eiweißstoffe zeichnen sich 
durch einige chemische Eigenschaften vor den übrigen Kobhlenstoffverbindungen 
aus. So sind ihre Lösungen optisch aktiv, das heißt, sie drehen die Pola- 
risationsebene, und zwar nach links. Ferner diffundieren diese Lösungen nicht 
durch tierische Membranen, Pergamentpapier usw., so daß die Eiweißstoffe also 
zu den sogenannten Colloiden gerechnet werden müssen. Die Proteine teilt 
man ein in die eigentlichen oder nativen Eiweißstoffe, in die Proteide 
und die Albuminoide, zu welchen noch die Umwandlungsprodukte der eigent- 
lichen Eiweißstoffe, Albumosen, Albuminate und Peptone kommen. Die meisten 
übrigen Kohlenstoffverbindungen des tierischen Körpers enthalten keinen Stickstofi. 
Sie treten einerseits auf als Kohlehydrate, die aus den drei Elementen G, H 
und O aufgebaut sind und in Mono-, Di- und Polysaccharide eingeteilt werden. 
Es sind bei ihnen meist sechs oder ein vielfaches von sechs Kohlenstoffatomen 
und doppelt soviel Wasserstoff- als Sauerstoffatome vorhanden. Eines der ein- 
fachsten Kohlehydrate ist der im Wasser lösliche, kristallisierbare, die Polari- 


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sationsebene rechts drehende Traubenzucker, die Dextrose, Glukose, von 
der Formel C,H,.0,. Auch gehören die Fette zu den stickstofflosen Kohlenstoff- 
verbindungen. Sie sind Ester, d. h. Stoffe, in denen sich eine Säure mit einem 
Alkohol unter Wasseraustritt vereinigt hat. 


II. Der Stoffwechsel. 


Der lebende Körper mit den in ihm enthaltenen chemischen Substanzen 
kann nicht, wie ein anorganischer Körper, ohne Stoffaustausch mit seiner Um- 
gebung existieren, sondern er ist, solange er wirklich „Leben“ zeigen soll, be- 
ständig auf eine Erneuerung seiner Bestandteile angewiesen, die durch die 
Aufnahme von Stoffen aus der Umgebung ins Werk gesetzt wird. Diese neu 
in den Organismus gelangenden Stoffe sind aber meist verschieden von denen, 
welche den Körper aufbauen, und die wir im vorhergehenden wenigstens an- 
deutungsweise kennen gelernt haben. Sie müssen daher erst verwandelt werden 
in die entsprechenden chemischen Verbindungen, welche physiologische Leistung 
des Organismus man Assimilation nennt. Dabei bleiben einzelne der auf- 
genommenen Stoffe unbenutzt, und werden zusammen mit anderen durch die 
Lebenstätigkeit verbrauchten wieder ausgeschieden. Wir beobachten infolge- 
dessen am lebenden Organismus einen beständigen Stoffwechsel, der sich 
in drei Abschnitte, die Stoffaufnahme, die Assimilation und die Stoffabgabe 
gliedert. 

Der Stoffwechsel der Tiere und der Pflanzen ist nun ein verschiedener. 
Die Pflanzen besitzen nämlich durch ihr Chlorophyll die Fähigkeit, mit Hilfe 
der von der Sonne gespendeten Energie niedrig zusammengeseizte aber hoch 
oxydierte anorganische Verbindungen in hoch zusammengesetzte und niedrig 
oxydierte überzuführen. 

Die Tiere dagegen vermögen nicht wie die Pflanzen sich von anor- 
ganischen Stoffen zu nähren, sie sind vielmehr in ihrer Nahrung auf tierische 
oder pflanzliche Stoffe angewiesen, wie sie sich in den hoch zusammen- 
gesetzten und niedrig oxydierten Eiweißstoffen, Kohlehydraten und Fetten 
darbieten. Durch die bei den Tieren so wichtige Atmung wird Sauerstoff 
aufgenommen, und jene komplizierten chemischen Produkte zerfallen, „ver- 
brennen“ unter seiner Einwirkung allmählich in einfachere. 

Wenn wir nun dazu übergehen, den Stoffwechsel des Frosches im ein- 
zelnen näher zu betrachten, so beginnen wir am zweckmäßigsten mit der 
Atmung, um dann die Aufnahme, Verarbeitung und Abgabe der Nahrungs- 
stoffe zu besprechen. 


1. Die Atmung. 


Das Wesen der Atmung besteht darin, daß von den Atmungsorganen 
aus dem umgebenden Medium freier Sauerstoff aufgenommen und durch das 
in dem Blutgefäßsystem kreisende Blut den verschiedenen Teilen des Körpers 
zugetragen wird, während die von dem Organismus gelieferte Kohlensäure von 
den Atmungsorganen ausgeschieden wird. Bekanntlich leben die Frösche so- 
wohl auf dem Lande als auch im Wasser, und da müssen wir zunächst ein- 


— 119 — 


mal sehen, ob auch ihre Atmung unter so verschiedenen Verhältnissen eine 
verschiedene ist, vor allem ob sie unter Wasser überhaupt vor sich geht. Wie 
wir bereits sahen, funktionieren beim Frosch nicht nur die beiden Lungen als 
Atmungsorgane, sondern auch ein großer Teil der Haut, namentlich am Rücken 
und dem Mundhöhlendach, ferner auch die Auskleidung der Paukenhöhle. 
Letztere, welche von einem’Ast der Arteria cutanea magna versorgt wird, ist 
als Respirationsorgan besonders deshalb interessant, weil ihr Lumen die modi- 
fizierte „Hyomandibularspalte“ des Froschembryos ist, und weil wir anderer- 
seits bei den Haien, uralten Vorfahren der Amphibien und damit auch unserer 
Frösche, die Hyomandibularspalte als sogenanntes Spritzloch noch mit einer 
rudimentären Kieme versehen finden. Dagegen erfüllt diese ehemalige Kiemen- 
spalte bereits bei den Knochenfischen nicht mehr die ursprüngliche Atmungs- 
funktion. — Daß eine Atmung vermittels der Lungen unter Wasser nicht mög- 
lich ist, leuchtet ein, und wird bestätigt durch das Verhalten der Frösche im 
feuchten Element. Man kann im Freien oft beobachten, wie die Tiere in ihrem 
Gewässer sich an schwimmenden oder sonst aus dem Wasser ragenden Gegen- 
ständen festhalten und dabei den Kopf ständig in die Luft strecken, um atmen 
zu können; ferner sieht man, daß diejenigen Frösche, welche sich völlig im 
Wasser befinden und darin umherschwimmen, von Zeit zu Zeit an die Ober- 
fläche kommen und Atem schöpfen. Es hat sich gezeigt, daß in der Natur 
kein Frosch, auch nicht der Wasserfrosch, länger als 10 Minuten unter 
Wasser bleibt. Ein Frosch kann direkt ertrinken. Zwar halten sich die 
Tiere, wenn sie keine Gelegenheit haben, sich zu stützen, zunächst durch 
ihre Schwimmbewegungen eine ganze Zeit mit dem Kopf über Wasser, all- 
mählich aber erlahmen sie und gehen dann zu Grunde. Durch Experimente 
hat man bestätigt gefunden, daß Frösche, welche am Atemholen über Wasser 
durch ein Gitter gehindert wurden, ertranken. Dabei zeigte sich, daß die 
Zeit, welche sie unter Wasser aushalten können, abhängig ist von der Tem- 
peratur des Wassers; je kälter dieses ist, desto länger bleiben sie am Leben. 
Das hängt wohl ohne weiteres zusammen mit dem Bedürfnis an Sauerstoff, 
das umso geringer wird, je mehr die gesamte Lebenstätigkeit des Tieres mit 
dem Sinken der Temperatur herabgesetzt wird. So ist es denn auch er- 
klärlich, daß die Frösche die kalte Jahreszeit im Schlamm des Gewässers 
vergraben zubringen und somit auf die Lungenatmung ganz verzichten können, 
weil während des sogenannten „Winterschlafs“ die Lebenstätigkeiten auf ein 
Minimum reduziert sind. 

Anders verhält es sich mit der Atmung durch die Haut. Diese geht 
sowohl im Wasser als auch in der Luft vor sich. Es ist darüber gestritten 
worden, welche von beiden Atmungen die wichtigere sei, doch scheint vieles 
dafür zu sprechen, daß dies die Lungenatmung ist. Das zeigt ja schon jenes 
Ertrinken der unter Wasser gehaltenen Frösche, darauf deuten auch die Er- 
gebnisse der Untersuchungen Marcacci’s, welcher die Lungen entfernte und 
sah, daß die Frösche dann nach einigen Tagen starben. Verhinderte er sie 
außerdem noch durch Zustopfen des Maules an der Mundhöhlenatmung, so 
gingen sie schon nach einigen Stunden ein. 


— 120 — 


Betrachten wir nun den Mechanismus der Lungenatmung, so ist 
dabei als wichtigster Unterschied von der Art, wie wir Menschen und mit 
uns alle Säugetiere die Luft in die Lungen befördern, die Weise zu be- 
achten, auf welche der Frosch seine Lungen füllt. Während bei uns näm- 
lieh die Atmung durch die Erweiterung des von den Rippen versteiften und 
durch das Zwerchfell abgeschlossenen Brustkorbes ermöglicht wird, ist der 
Frosch gezwungen, die Luft zu schlucken, da ihm Rippen und Zwereh- 
fell fehlen. Die Atemluft tritt, da der Frosch bei geschlossenem Maule 
atmet, durch die äußeren Nasenlöcher in die Nasenhöhle und von da durch 
die Choanen zunächst in die Mundhöhle, während der Kehlkopf geschlossen 
ist und der Mundhöhlenboden sich senkt (Aspiration). Darauf wird die bis- 
her in den Lungen enthaltene Luft besonders durch Kontraktion der Bauch- 
muskulatur bei geöffnetem Larynx in die Mundhöhle gepreßt (Exspiration), 
und gleich danach findet die dritte Phase der Atmung statt, indem die 
frische Luft aus der Mundhöhle durch Schluckbewegungen in die Lungen 
gebracht wird, wobei natürlich deren Zugang offen steht, während die äußeren 
Nasenlöcher geschlossen werden (Inspiration). Auf diese drei Phasen folgt 
regelmäßig eine Pause, in welcher der Kehlkopf geschlossen und die Nasen- 
löcher wieder geöffnet sind. Daß das Einströmen der äußeren Luft in die 
Mundhöhle verursacht wird durch die Senkung ihres Bodens und die da- 
durch bedingte Erweiterung der Mundhöhle, ist leicht zu verstehen. Bei der 
Inspiration werden die Nasenlöcher hauptsächlich durch den Druck der Unter- 
kieferspitze auf die Zwischenkiefergegend geschlossen, und so wird ein Ent- 
weichen der Luft aus der sich nunmehr verengernden Mundhöhle nach außen 
verhindert. Die Luft in der Mundhöhle wird durch Hebung des gesamten Mund- 
höhlenbodens komprimiert und durch den geöffneten Kehlkopf in die Lungen 
gepreßt, wobei die Bewegung des Zungenbeinknorpels nach vorn und oben zu- 
gleich den Kehlkopfeingang der Luft gewissermaßen entgegenführt. — Während 
der Pause nach jeder solchen Schluckbewegung sieht man die Kehle des 
Frosches lebhaft vibrieren. Diese „oscillierenden Kehlbewegungen“ verur- 
sachen, da sie bei geöffneten Nasenlöchern und geschlossenem Kehlkopf 
stattfinden, ein Hin- und Herstreichen von Luft aus der Mundhöhle nach 
außen und umgekehrt, sodaß nicht nur für die respirierende Mundschleim- 
haut, sondern auch für die nächste Phasenfolge der Lungenatmung die Luft 
erneuert wird. Es mag zunächst unzweckmäßig erscheinen, daß bei dem 
Atmungsprozeß erst die kohlensäurehaltige Luft aus den Lungen in die 
Mundhöhle gebracht wird und dann sofort aus dieser, die inzwischen nicht 
geöffnet wurde, wieder die Lungen gefüllt werden. Genauere Untersuchungen 
von Seydel und auch von Gaupp haben aber ergeben, daß sich die exspirierte 
Luft in der Mundhöhle nicht mit der dort bereits vorhandenen sauerstoff- 
reichen vermischt, sondern daß jene wahrscheinlich durch Falten und viel- 
leicht unter Beihilfe der Zunge aus dem Kehlkopfeingang sogleich in die 
Seitenteile der Choanen und von da in die Nebennasenhöhlen und das so- 
genannte Jakobson’sche Organ geleitet wird. 

In den Atmungsorganen findet ein Gasaustausch statt, indem das Blut 


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den Sauerstoff der frisch zugeführten Luft aufnimmt und dafür Kohlensäure 
abgibt. Beide Gase durchdringen die Wände der feinen Blutkapillaren, so- 
wohl in den Lungen als auch in den respirierenden Hautstellen. Nicht in 
die gesamte Masse des Blutes geht der Sauerstoff über, sondern nur die 
roten Blutkörperchen sind es, welche sich mit ihm gewissermaßen beladen 
und ihn dann im Blutstrom nach allen Teilen des Körpers führen. In 
den Erythrocyten ist ein besonderer Stoff vorhanden, das Haemoglobin, 
welches eine chemische Affinität zum Sauerstoff zeigt, sodaß er von dem- 
selben, allerdings nur lose, gebunden wird. Es ist einer der wenigen kri- 
stallisierbaren Eiweißkörper und enthält stets eine geringe Menge Eisen. Das 
sauerstoffführende Haemoglobin wird Oxyhaemoglobin genannt im Gegensatz 
zu dem sauerstofffreien „reduzierten“ Haemoglobin des venösen Blutes. Durch 
die Bluteirkulation wird das in den Atmungsorganen arteriell gewordene Blut 
in alle Regionen des Körpers gebracht; daß es sich beim Frosch zum 
großen Teile wieder mit dem venösen vermischt, tut hier nichts zur Sache. 
Auf dem Wege, den die Blutkörperchen im Kreislauf zu beschreiben haben, 
wird ihnen überall von den Geweben der Sauerstoff entzogen und chemisch 
gebunden. Die Sauerstoffabgabe des Blutes an die Gewebe erfolgt ebenfalls 
wieder durch Diffusion, da in den Geweben der O,-Druck minimal ist. In den 
Geweben herrscht aber gleichzeitig eine hohe Spannung von Kohlensäure, welche 
ja eines der Endprodukte der zur Aufrechterhaltung des Lebens nötigen chemi- 
schen Zersetzung der Nahrungsstoffe ist. Während im Blute eine weit ge- 
ringere Kohlensäurespannung vorhanden ist, entsteht also ein Diffusionsgefälle, 
so daß ständig Kohlensäure aus den Geweben in das Blut übertritt. Die 
CO, wird im Blute ebenso wie vorher der O chemisch gebunden, und zwar 
hauptsächlich im Blutplasma. Das venös gewordene Blut gibt dann seine 
Kohlensäure, sobald es wieder in die Kapillaren der Atmungsorgane gelangt 
ist, wahrscheinlich ebenfalls durch Diffusion an die Atemluft ab. Entsprechend 
den beiden Stellen, an denen Sauerstoff und Kohlensäure ins Blut ein- resp. 
austreten, nämlich einerseits den Atmungsorganen, andererseits den Geweben, 
sprieht man auch von einer äußeren und inneren Atmung. 


Anhangsweise sei hier bemerkt, daß das Froschblut ebenso wie das des 
Menschen gerinnt, sobald es mit der Luft in Berührung tritt. Diese Gerinnung 
kommt dadurch zustande, daß sich aus dem Plasma des Blutes ein unlöslicher 
Eiweißkörper, das Fibrin ausscheidet, während der übrige Teil des Plasmas, das 
Blutserum als wasserklare Flüssigkeit durch Zusammenziehung des Gerinnsels 
aus diesem ausgepreßt wird. 


2. Die Nahrungsaufnahme. 


Die Nahrung des Frosches besteht aus Insekten, kleinen Krebsen, 
Schnecken, Würmern und dergleichen, wie wir denn in ihm einen reinen 
Fleischfresser vor uns haben. Außer diesen festen Bestandteilen nimmt unser 
Lurch noch ziemlich beträchtliche Mengen von Wasser auf. Dabei trinkt 
der Frosch niemals, auch nicht wenn er sich im Wasser selbst aufhält, 


— 12 — 


sondern die Flüssigkeit diffundiert durch seine Haut in den Körper. Aus 
Untersuchungen von Marcacci geht sogar hervor, daß bei ständig im Wasser 
gehaltenen Fröschen, wohl infolge einer pathologischen Steigerung dieser 
Haut-Funktion den Geweben der Tiere, besonders den Muskeln, welche durch 
allzu reichliche Wasseraufnahme anschwellen, Gefahr droht. 

Der Frosch fängt eine fliegende Beute, ein Insekt, meist im Sprunge 
vermittels seiner beweglichen Zunge, die er ja aus dem Maule herausklappen 
kann. Die an sich schon klebrige Zunge streift dabei von dem Dache der 
Mundhöhle die Sekrete der dort befindlichen Drüsen, besonders der Glandula 
intermaxillaris ab, wodurch ihre Oberfläche zum Festhalten der Beute noch 
geeigneter gemacht wird. Blitzschnell wird dann das ergriffene Beutetier, 
das an der Oberseite der Zunge klebt und von dieser oft sogar umrollt ist, 
in das weit geöffnete Maul geführt, wo es die nach hinten gerichteten Zähne 
der Kiefer und des Gaumens am Entweichen hindern. Durch Schluck- 
bewegungen wird es alsdann in den Oesophagus und Magen befördert. Die 
Schleimhäute der Rachenhöhle und des Oesophagus scheiden Schleim ab, 
welcher das Gleiten der Nahrung fördert; auch das Sekret der Rachendrüsen, 
welches durch den Druck der Beute auf die Vomerzähne zum Ausfließen ge- 
bracht wird, dient dem gleichen Zwecke. Während der Nahrungsballen 
Schlund und Oesophagus passiert, finden noch keine Veränderungen an ihm 
statt, höchstens daß ein weichhäutiges Insekt durch die das Schlingen ver- 
ursachenden Kontraktionen der Wände des Anfangsdarms etwas zerpreßt wird. 
Ein wirkliches Zerdrücken und Durcheinandermahlen der Speiseteile findet 
erst in dem muskulösen Magen statt. Doch da dessen Wände keine Hart- 
gebilde enthalten, wie wir sie etwa in den Hornplatten des Vogelmagens oder 
in den Chitinteilen des Krebsmagens antreffen, so ist die hier stattfindende 
mechanische Zerkleinerung der Beute doch nur eine ziemlich oberflächliche 
und grobe. 

Um so gründlicher ist dafür die nun stattfindende chemische Zersetzung 
und Umsetzung der Nahrung, die wir als Verdauung bezeichnen. Die 
Drüsen des Magens scheiden Sekrete aus, unter denen das von den Magen- 
saftdrüsen (Fundusdrüsen) produzierte Pepsin das wichtigste ist. Ob die 
Pylorusdrüsen nur Schleim absondern, oder ob sie, wie Oppel meint, ein 
spezifisches Sekret liefern, mag dahingestellt bleiben. Neben dem Pepsin 
enthält der Magensaft vor allem noch Salzsäure (HCl), welcher seine saure 
Reaktion zuzuschreiben ist. Auch schon die Oesophaguswand liefert Pepsin, 
doch reagiert dieses alkalisch und wirkt deshalb noch nicht auf die Nahrung 
ein; erst im Magen des Frosches beginnt es nach erfolgtem Säurezusatz, 
die Speisen zu verdauen. Das Pepsin selbst ist ein chemisch hochorgani- 
sierter Körper, welcher im Wasser löslich ist und nicht diffundiert, also zu 
den Colloiden gehört. Seiner Wirkungsweise nach ist es ein gelöstes Fer- 
ment, ein sogenanntes Enzym, welchen Begriff wir uns zunächst klarmachen 
wollen. Es ist in der Chemie beobachtet worden, daß die Reaktionen 
zwischen zwei Stoffen mitunter beschleunigt oder verlangsamt werden, wenn 
ein dritter Stoff dabei anwesend ist, der sich scheinbar gar nicht an den 


chemischen Umsetzungen beteiligt, da er nach Ablauf der Reaktion unver- 
ändert genauso vorhanden ist, wie zu Beginn derselben. 

Man hat solche nur durch ihre Anwesenheit wirkende Stoffe „Kataly- 
satoren“ und die Vorgänge, bei denen sie sich betätigen, „katalytische Vor- 
gänge“ genannt. Ein bekanntes Beispiel eines solchen katalytischen Pro- 
zesses aus der anorganischen Chemie bietet die Zersetzung des Wasser- 
stoffsuperoxyds in Wasser und Sauerstoff bei Anwesenheit von Platin nach 
der Gleichung H,O,—H,0—+-0. Genau so wie hier das Platin wirken 
nun bei der Zersetzung organischer Substanzen die Enzyme. Obwohl 
letztere in ihrer chemischen Natur noch ziemlich unerforscht sind und eine 
Entscheidung dieser Frage deshalb mit Bestimmtheit nicht zu geben ist, 
nehmen jetzt doch die meisten an, daß diese Enzyme sich durch eine 
Zwischenreaktion an der sichtbaren Reaktion beteiligen, indem sie mit den 
reagierenden Stoffen unbeständige Verbindungen eingehen, aus deren raschem 
Zerfall sie wieder in unveränderter Form hervorgehen. So wird dann auch 
verständlich, daß eine verhältnismäßig kleine Menge von Enzym unbegrenzte 
Mengen von Substanzen spalten kann. 

Die katalytische Wirkung des Pepsins auf die Eiweißkörper äußert sich | 
darin, daß dieses Enzym sie in Formen überführt, die nunmehr von dem 
Epithel des Darmes aufgenommen werden können. Der Magensaft ver- 
wandelt nämlich die Proteine in Peptone, das sind die einfachsten Spal- 
tungsprodukte, die noch zu den Eiweißkörpern gerechnet werden können, 
während bei weiterem Zerfall Körper mit neuen Eigenschaften entstehen. 
Die Peptone sind im Wasser leicht löslich und unterscheiden sich von den 
Eiweißkörpern vor allem dadurch, daß sie leicht durch Membranen diffun- 
dieren. Bei der Einwirkung des Magensaftes auf die Proteine entstehen nicht 
sogleich Peptone, sondern als Zwischenstufen erst Hemi- und Antialbumosen, 
die dann in das Hemi-, resp. Antipepton übergehen. 


Nachdem nun im Magen des Frosches ein Teil der Nahrung, die Eiweiß- 
körper, zu Peptonen umgewandelt ist, gelangt der Speisebrei, der Chymus, 
durch entsprechende Kontraktionen der Magenmuskulatur in den Dünndarm. 
Da in dessen Anfangsteil die Sekrete der großen Darmdrüsen einmünden, 
geht die im Magen begonnene Verdauung hier lebhaft weiter. Gleichzeitig 
rücken die einzelnen Portionen des Speisebreies immer mehr nach dem Ende 
des Darmes zu. Die Ursache dieser Bewegung ist außer in dem Drängen 
der aus dem Magen kommenden neuen Nahrungsmassen vor allem in den 
sogenannten peristaltischen Kontraktionen der Darmmuskulatur zu suchen. Die 
Ringmuskeln ziehen sich nämlich rhythmisch in der Weise zusammen, daß 
ständig Kontraktionswellen von vorn nach hinten über das Darmrohr laufen. 

Wir wollen nun die chemische Wirkung der Sekrete der Darmdrüsen im 
einzelnen besprechen. Der Saft der Leber und der Bauchspeicheldrüse ist 
es, welcher im Dünndarm die Verdauung vollendet; ob dagegen auch die 
Darmwand selbst ein verdauendes Sekret ausscheidet, ist noch nicht mit 


“ 


1 


Sicherheit festgestellt. Es fehlen ja eigentliche Darmdrüsen, wohl aber 
sezernieren die zahlreichen Becherzellen einen Schleim, der vielleicht nicht 
nur dazu dient, das Wandern des Chymus im Darm zu erleichtern. 

Der Lebersaft, die Galle, enthält organische Bestandteile, zu denen sich 
einige anorganische gesellen. Die Bedeutung der Galle ist in erster Linie in 
ihrer emulgierenden Wirkung auf die Fette in der Nahrung zu sehen. 
Unter einer Emulsion versteht man die Vermischung zweier ineinander nicht 
löslicher Flüssigkeiten, von denen die eine in Form feinster kugeliger Tröpfchen 
in der andern suspendiert ist. Man findet denn auch in dem Dünndarminhalt 
des Frosches die Fette in sehr feine Tröpfchen verteilt. Vielleicht regt die 
Galle auch noch die peristaltischen Bewegungen des Darmes an und wirkt 
gewissermaßen antiseptisch auf den Darminhalt, indem sie seine Zersetzung 
durch Bakterien wenn auch nicht verhindert, so doch aufhält. Die Galle, 
zu deren Bildung z. T. auch die roten Blutkörperchen im Leberkreislauf 
Material liefern, enthält als spezifische Bestandteile die Gallensäuren und 
Gallenfarbstoffe; von ihren anderen Elementen ist das Cholesterin bemerkens- 
wert. Daß das Lebersekret auch in den Nahrungspausen kontinuierlich 
fließt und dann in der Gallenblase aufgespeichert wird, erfuhren wir schon 
im anatomischen Teil. Nach der Aufnahme von Nahrung fließt die Galle 
reichlicher, als wenn der Darm leer ist. 

Das weitaus wichtigste Organ für die Lieferung von Verdauungssäften 
ist aber das Pankreas. Das Sekret dieser Bauchspeicheldrüse enthält mehrere 
Fermente und einige andere organische Bestandteile neben wenigen anorga- 
nischen. Im Gegensatz zu dem sauren Verdauungssafte des Magens reagiert 
es stark alkalisch. Die hervorragendste Rolle unter den Fermenten des Pan- 
kreassaftes spielt das Trypsin. Es ist ähnlich wie das Pepsin eine hoch- 
komplizierte stickstoffhaltige Kohlenstoffverbindung, die im Wasser leicht lös- 
lich ist und nicht diffundiert. Das Trypsin verwandelt nun ebenfalls die Ei- 
weißstoffe, die im Magen nicht alle bewältigt werden können, in Peptone, 
und das sowohl in alkalischer als auch neutraler oder schwach saurer 
Lösung. 

Auf die Fette wirkt der Pankreassaft in noch höherem Grade emul- 
gierend als die Galle, ja durch ein besonderes Ferment, das Steapsin spaltet 
er dieselben sogar in Glycerin und Fettsäuren, welch letztere sich mit Alkalien 
zu Seifen verbinden. Glycerin sowohl als Seifen sind aber im Wasser lös- 
lich und können somit von den Darmzellen aufgenommen werden. 

Endlich werden auch die Kohlehydrate, welche bei der Fleischnahrung 
des Frosches gegenüber den Eiweißstoffen und Fetten nur in geringer Menge 
vorhanden sind, durch das pankreatische Sekret für die Aufnahme durch 
die Darmzellen in einfachere Produkte gespalten. Ein Ptyalin genanntes 
Enzym besitzt diastatische Wirkung, d.h. es zerlegt z.B. Stärke in die ein- 
facher gebauten Zuckerarten, wie Traubenzucker, Malzzucker usw., die 
nun ebenfalls im Wasser löslich sind. — Die Sekrete der Bauchspeichel- 
drüse fließen nicht fortwährend wie die der Leber, sondern nur nach er- 
folgter Nahrungsaufnahme. 


# 


-— 125 — 


Nachdem nun durch die Verdauung die Nahrungsbestandteile im Darm 
in lösliche Formen umgewandelt sind, erfolgt ihre Aufnahme durch die Darm- 
zellen und ihre Weitergabe an das Blut und die Lymphe, die Resorption. 
Diese kann man sich bildlich als eine Filtration vorstellen, bei der die 
Darmwand als Filter funktioniert. Die gelösten Stoffe wandern in die Darm- 
zellen ein und werden von diesen wieder wesentlich verändert in die Blut- 
und Lymphgefäße abgegeben, während alles Ungelöste und Unlösliche, also 
das Nicht-Verdaute und Nicht-Verdauliche, im Darm zurückbleibt. Der Ort, 
wo diese Resorption stattfindet, ist beim Frosch der Dünndarm; in geringem 
Grade lassen wohl auch noch die Wände des Enddarms die Nährlösungen 
durchpassieren; Oesophagus und Magen beteiligen sich nicht daran. Be- 
merkenswert ist, daß jener Vergleich mit einem Filter nicht völlig die Sach- 
lage bezeichnet. Während nämlich ein gewöhnliches Filter keine Verände- 
rungen der durch dasselbe gehenden Substanzen hervorbringt, verwandeln 
die Zellen der Darmschleimhaut, welche ja lebende Organismen sind, die 
im Darmlumen gelösten Stoffe abermals weiter und zwar spalten sie dieselben 
wahrscheinlich erst, um sie dann wieder in irgend einer Weise zusammen- 
zusetzen. Die Masse der aus dem Darm ins Blut und in die Lymphe über- 
gehenden Substanzen nennt man Chylus. 


3. Die Verarbeitung der Stoffe. 


Die vom Körper aufgenommenen Stoffe, also der durch die Atmung ge- 
wonnene Sauerstoff, das durch die Haut diffundierte Wasser und die durch 
die Verdauung in Lösung gebrachten Nährsubstanzen, welche, wie wir ge- 
sehen haben, alle in das Blut, teilweise vielleicht auch auf dem Umweg 
über die Lymphe, gelangen, werden nun von diesem nach allen Teilen und 
Organen des Körpers transportiert und dort an die Gewebe abgegeben, in 
deren Zellen sie zum Aufbau des Protoplasmas verwendet, assimiliert 
werden. Über die näheren Einzelheiten dieser Assimilation, der metabolischen 
Prozesse, ist wenig bekannt. Sie beginnt ja eigentlich schon mit der Ver- 
dauung und wird fortgesetzt durch die Tätigkeit der Darmzellen, welche, 
wie wir eben sahen, einzelne der von ihnen aufgenommenen Stoffe, weiter 
verwandeln und zu neuen Produkten zusammensetzen. So treten z. B. die 
Peptone, in welche die Verdauungssäfte die Eiweißkörper umgebildet haben, 
nicht als solche ins Blut über, sondern zerfallen einesteils wahrscheinlich 
in einfachere Stoffe der regressiven Eiweißmetamorphose, andernteils aber 
werden die meisten von diesen Peptonen unter dem Einfluß der Darmzellen 
wieder zurückverwandelt in Eiweißkörper, so daß hier also ein synthetischer 
chemischer Vorgang stattfindet. Es sollen hier nun nicht die doch nur an- 
deutungsweise bekannten Vorgänge in den, einzelnen Geweben besprochen 
werden, sondern es möge der Hinweis genügen, daß in den Geweben die 
Synthese fortgesetzt wird, so daß aus den zugeführten Stoffen eben das 
lebende Eiweiß, das Protoplasma der Zellen resultiert. Dieses wird wohl 
zum größten Teil aus den Eiweißkörpern der Nahrung entstehen. Fett wird 


— 126 — 


aus den Kohlehydraten oder aus Eiweißkörpern, zum größten Teile aber aus 
dem Fett der Nahrung gebilde. Durch das Hinzutreten des Sauerstoffs 
werden aber schließlich alle diese Stoffe wieder oxydiert und gespalten, um 
dann früher oder später aus dem Körper entfernt zu werden. 

Nur von einem Stoff soll hier etwas ausführlicher geredet werden, der 
sich sowohl in den Muskeln des Frosches, als auch besonders in seiner 
Leber findet, das ist das Glykogen, welches die Eigenschaft hat, sich bei 
Gegenwart von Fermenten in Zucker umzubilden. Es ist ein Kohlehydrat 
(Polysaccharid C,H,,0,), das im Wasser im Gegensatz zu Stärke löslich 
ist und die Polarisationsebene nach rechts dreht. Die Anhäufung von Gly- 
kogen in den Muskeln erklärt sich dadurch, daß es einer der Hauptvorrats- 
stoffe ist, aus dessen Verbrennung der Muskel während seiner Tätigkeit 
Energie gewinnt. In frischen Muskeln ist der Glykogengehalt daher höher 
als in ermüdeten. Das in der Leber bereitete Glykogen gelangt in Form von 
Zucker durch das Blut zu den Muskeln und wird dort wieder in Glykogen 
verwandelt. — Es ist von Bedeutung, daß die Pfortader nach dem Verlassen 
des Darms noch die Leber passiert. Dort werden einzelne der eben frisch 
ins Blut gekommenen Stoffe weiter verarbeitet, und das wichtigste Produkt 
der Leber ist neben der Galle das Glykogen. Viele Anzeichen deuten direkt 
darauf hin, „daß sich das Glykogen vorzugsweise aus den Kohlehydraten 
der Nahrung, und zwar direkt aus dem resorbierten Zucker bildet, in ge- 
ringerem Maße aus Eiweiß und Fett.“ (Bernstein). Dadurch wirkt die Leber 
zugleich kompensierend, weil sie den Zuckergehalt des Blutes reguliert; bei 
Zuckermangel gibt sie nämlich das leicht in Zucker umzusetzende Glykogen 
ab, bei zu reichlichem Zuckergehalt des Blutes speichert sie diesen als Glykogen 
auf. Man hat bei Fröschen, die man anhaltend hungern ließ, gefunden, daß 
das Glykogen nach einigen Wochen völlig aus der Leber schwand, womit 
die Tatsache übereinstimmt, daß die Lebern der aus dem Winterschlaf er- 
wachenden Tiere ebenfalls kein Glykogen enthalten. Dieser Stoff wird sehr 
langsam aufgespeichert und dann auch langsam verbraucht, wie denn die 
Froschlebern in den ersten Wintermonaten, wo die Tiere doch bereits 
längere Zeit gehungert haben, noch viel Glykogen aufweisen. Es stellt sich 
somit die Leber des Frosches als ein Nahrungsreservoir dar, das unter 
anderem auch den Tieren über die lange Periode der Nahrungslosigkeit wäh- 
rend der kalten Jahreszeit hinweghilf. Der Gehalt der Leber an Kohle- 
hydraten ist demgemäß periodischen Schwankungen unterworfen. Die Leber 
erreicht das Maximum ihres Glykogengehaltes, wenn die Frösche ihre Winter- 
verstecke aufzusuchen beginnen. 

Ein Reservoir für Fett besitzt der Frosch speziell in seinen Fettkörpern, 
weshalb auch ihr Zustand periodisch wechselt. Den Sommer über wird das 
Fett in ihnen aufgespeichert und bleibt auch während des Winterschlafes 
wohl völlig unangetastet. Erst kurz vor der Laichzeit beginnt es stark ab- 
zunehmen, so daß es wohl sicher ist, daß die Fettkörper in erster Linie 
ein Nahrungsdepot für die Genitalorgane sind und zwar speziell für deren 
Leistungen vor und bei der Begattung. Das schließt aber nicht aus, daß 


das in ihnen gespeicherte Material auch dem ganzen Körper zugute kommt, 
wie denn auch während des Sommers bei Nahrungsmangel ein Schwund 
der Fettkörper eintreten kann. 

Auch an dem Blut des Frosches läßt sich entsprechend den Jahres- 
zeiten eine solche Periodizität nachweisen, denn regelmäßig findet bei ge- 
sunden Tieren im Spätfrühling oder Frühsommer eine Blutregeneration statt, 
nachdem dieselben das Laichgeschäft besorgt und wieder begonnen haben, 
Nahrung aufzunehmen. Während nämlich bei den höheren Wirbeltieren die 
Blutbildung das ganze Jahr hindurch gleichmäßig vor sich geht, ruht sie 
beim Frosch den Winter über und beginnt erst nach dem Laichgeschäft 
im Frühjahr zu der angegebenen Zeit allmählich, worauf sie in kurzer Zeit 
das Maximum des ganzen Jahres überhaupt erreicht. Ein paar Wochen 
bleibt dann die Tätigkeit der blutbildenden Organe in diesem intensiven 
Stadium, um im Laufe des Sommers wieder abzunehmen und bereits einige 
Wochen, bevor die Frösche sich zum Winterschlaf zurückziehen, aufzuhören. 


4. Die Abgabe der Stoffe. 


In den Organen und Geweben werden die dem Körper zugeführten Sub- 
stanzen durch die Lebenstätigkeit der Zellen immer mehr in einfachere Pro- 
dukte zerspalten, die schließlich wieder aus dem Körper entfernt werden 
müssen, um eine etwaige schädigende Wirkung derselben bei zu reichlicher 
Aufspeicherung zu verhindern. Diesen allmählichen Zerfall der lebendigen 
Substanz, der hochkomplizierten Eiweißkörper, in die endgültigen Zersetzungs- 
produkte kann man im Gegensatz zu ihrem Aufbau, der Assimilation, als 
Dissimilation bezeichnen. Auch sie ist heute in ihren Einzelheiten noch 
ein unergründetes Gebiet, es kann aber als ziemlich feststehend angenommen 
werden, daß die Endprodukte des Eiweißzerfalls nicht einfach von den 
Eiweißmolekülen abgespaltene Atomgruppen sind; vielmehr stellen sie Körper 
dar, die wir uns durch Synthese aus solchen Spaltungsprodukten entstanden 
zu denken haben. Dabei kann diese Synthese im Eiweißmolekül selbst „im 
Augenblick des Zerfalls durch Umlagerung der Atome“ vor sich gehen 
(Kohlensäure), oder erst später als eine „Vereinigung mit anderen Spaltungs- 
produkten und gleichzeitige Umlagerung der Atome“ (Verworn) auftreten 
(Harnsäure).. Nach ihrer Bestimmung scheidet man die Produkte, welche 
von den Geweben geliefert werden, in Sekrete und Exkrete, je nachdem sie 
im Organismus noch eine nützliche Funktion zu erfüllen haben oder als 
weiter nicht brauchbar, wenn nicht direkt als schädlich, aus dem Körper 
entfernt werden. 

Bevor wir uns mit diesen Sekreten und Exkreten beschäftigen, sei hier 
noch kurz das Schicksal der im Darm zurückgebliebenen unverdauten Stoffe 
erwähnt. Wie wir sahen, wird der Speisebrei im Darm durch dessen peri- 
staltische Bewegungen immer weiter nach hinten gedrängt, wobei die Wände 
des Dünndarms alle durch die Verdauung in Lösung gebrachten Stoffe auf- 
nehmen. Die unverdauten Reste, beim Frosch vor allem die Chitinteile der 


— 1283 — 


verzehrten Insekten, gelangen dann als Fäkalien in den Enddarm, wo sie 
sich infolge des durch die Schließmuskeln bewirkten Verschlusses anhäufen, 
bis sie als Exkremente ins Freie entleert werden. Die Exkremente enthalten 
neben unverdauten Nahrungsresten, die inzwischen schon stark von Bakterien 
zersetzt worden sind, vor allem auch für den Organismus wertlose Reste 
der Verdauungssäfte. 

Zu den Sekreten müssen wir vor allem die Verdauungssäfte rechnen, 
welche von der Bauchspeicheldrüse, der Leber, den Magen- sowie Oesophagus- 
drüsen abgeschieden werden. Sie nehmen ihren Ursprung aus den in das 
Blut gelangten Nahrungssäften, welche in den entsprechenden Organen um- 
gebildet werden. Der von vielen Zellen des Verdauungstraktus ausgeschiedene 
Schleim, welcher das Gleiten der Nahrung im Darmkanal befördert, ist 
ebenfalls ein Sekret. Die Nebennieren liefern ein Ausscheidungsprodukt, das 
für das Leben des Frosches sehr wichtig ist. Man kennt diesen Stoff zwar 
noch nicht, konnte aber durch das Experiment feststellen, daß bei seinem 
Fehlen im Körper der sichere Tod des Tieres eintritt. Entfernte man näm- 
lich beide Nebennieren, so starben die Frösche stets, und zwar unter Ver- 
giftungserscheinungen. Es muß also die Nebenniere ein Sekret ausscheiden, 
welches gewisse giftig wirkende Stoffwechselprodukte zerstört oder unwirk- 
sam macht. Dagegen bringt die Exstirpation nur einer Nebenniere keinerlei 
Änderung in der Lebenstätigkeit des Organismus hervor. Wir haben schon 
im morphologischen Teil gesehen, daß die Thymusdrüsen neben der Leuko- 
cytenproduktion eine ähnliche Funktion haben müssen, denn auch bei ihnen 
bedeutet die völlige Entfernung den Tod des Frosches. Hier sei nun gleich 
noch der Schilddrüsen gedacht, welche bekanntlich Jod im Organismus zu- 
rückhalten und aufspeichern, wozu auch sie eines bestimmten, in ihnen be- 
reiteten, aber noch nicht näher bekannten Stoffes bedürfen. Auch alle jene 
Stoffe, welche von den Ausführungsgängen der Geschlechtsorgane und deren 
Differenzierungen, wie Uterus und Samenblasen, ausgeschieden werden, um 
das Gleiten der Geschlechtsprodukte zu erleichtern, gehören zu den Sekreten. 
Es sei hier nur an die Gallertsubstanzen der verschiedenen Eihüllen erinnert. 

An dieser Stelle seien auch die Pigmente erwähnt, welche an vielen 
Stellen des Körpers, vor allem in der Haut auftreten. Sie sind Ablagerungen 
von Substanzen, welche durch den Stoffwechsel gebildet in irgendwelche 
Gewebe oder Zellen geführt werden, und dann dort scheinbar zwecklos, wie 
die meisten der inneren Pigmente, liegen bleiben, oder, wie die Pigmente der 
Haut, dem Tiere noch dadurch zum Nutzen gereichen, daß ihre Farben jene 
Schutzanpassung bedingen, die wir gerade bei unseren Fröschen so vortrefl- 
lich durchgeführt finden. 

Auf der Grenze zwischen Sekreten und Exkreten stehen die Schleim- 
absonderungen der Haut des Frosches. Das Hautsekret wird einerseits aus- 
geschieden, um gewisse Stoffe aus dem Körper zu entfernen, andererseits 
aber ist es von großem Nutzen für den Gesamtorganismus, denn es schützt 
ihn einerseits durch seine giftige Wirkung vor Feinden, andererseits ist die 
ständige Durchfeuchtung der Haut eine Grundbedingung für die Hautatmung 


— 1293 — 


des Frosches. Das Hautsekret kann diese nützliche Funktion voll und ganz 
ausfüllen, da es, auch wenn es stellenweise entfernt wird, stets von den Haut- 
drüsen wieder neu gebildet wird. Im Anschluß hieran sei gleich noch be- 
merkt, daß mit den Sekreten der Hautdrüsen auch ein großer Teil des 
Wassers aus dem Körper geschafft wird, das ja auch umgekehrt, wie wir 
sahen, auf dem Wege durch die Haut in den Körper gelangt. 


Wenn wir uns nunmehr den Exkreten zuwenden, so tritt uns zu- 
nächst ein in großer Menge ausgeschiedenes in Gestalt der gasförmigen 
Kohlensäure entgegen, die durch die Atmungsorgane entfernt wird. Wir 
sahen, wie sie von den Geweben an das Blut abgegeben wurde infolge der 
in demselben herrschenden niederen Spannung an Kohlensäure, und derselbe 
Prozeß spielt sich in den Blutkapillaren der Lunge und der Hautatmungs- 
organe zwischen Blut und Luft ab, wobei ebenfalls der geringe Kohlensäure- 
gehalt der Luft die Diffusion von GO, durch die Gefäßwand bewirkt. Damit 
stimmt denn auch überein, daß eine Vermehrung der Kohlensäure in der 
Atmungsluft die Abgabe derselben vermindert. 


Andere wichtige Exkrete sind die von den Exkretionsorganen aus- 
geschiedenen Stoffe, welche den Körper in Wasser gelöst als Harn verlassen. 
Außer verschiedenen organischen Substanzen und zahlreichen stickstoffhaltigen 
organischen Endprodukten des Stoffwechsels sind es vor allem der ebenfalls 
stickstoffhaltige Harnstoff und seine Verwandten, welche dem Harn sein 
typisches Gepräge geben. Der Harnstoff hat die Formel CO (NH,),; es 
wurde erwähnt, daß er der erste organische Stoff war, welcher auf syn- 
thetischem Wege im Laboratorium aus anorganischen Materialien dargestellt 
wurde. Im Organismus wird der Harnstoff nach neueren Angaben wahr- 
scheinlich nicht schon in den Geweben gebildet und von ihnen ins Blut 
ausgeschieden, sondern die Gewebe spalten die Eiweißkörper wohl z. T. bis 
zu kohlensaurem Ammoniak CO, (NH,),, das dann vom Blutstrom nach 
der Leber geführt wird und dort unter Austritt von Wasser Harnstoff bildet. 
Dieser gelangt abermals ins Blut, das ihn nach den Nieren führt, wo er in 
wässeriger Lösung durch die Tätigkeit der Wandzellen der Nierenkanälchen 
in die Lumina der letzteren hineinbefördert wird. Hier mischt er sich mit 
den übrigen im Harn zu findenden Bestandteilen, die ebenfalls aus dem 
Blute stammen und von denen einige durch die Tätigkeit jener Wandzellen 
noch eine letzte Umwandlung (z. B. Hippursäure) erfahren haben. 


Zugleich wird durch die Tätigkeit der Nieren dem Körper auch eine 
große Menge Wasser entzogen. Dasselbe diffundiert aus dem Blut durch Ver- 
mittelung der Glomeruli in die Nierenkörperchen und gelangt von da in die 
Harnkanälchen. Natürlich werden leicht lösliche Substanzen auch schon in 
den Nierenkörperchen zugleich mit dem Wasser in die Exkretionsorgane 
gelangen. Das Exkret der Niere wird dann zunächst in der Harnblase auf- 
gespeichert, bis deren Inhalt auf einmal nach außen durch die Kloake 
entleert wird. 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 9 


— 130 — 


III. Die Leistungen des Organismus. 


Im Zusammenhang mit den sich beim Stoffwechsel abspielenden che- 
mischen Vorgängen wird dem Tierkörper eine große Menge von Energie zu- 
geführt. Diese sehen wir sich in mannigfacher Weise äußern. Im folgenden 
sind einige der für den Frosch bemerkenswertesten Leistungen aufgeführt. 


1. Verschiedene Leistungen. (Wärmeproduktion, Farbenwechsel, 
Stimme, Körperbewegungen.) 


Sowohl die Oxydation als auch eine große Reihe anderer chemischer 
Reaktionen sind mit Wärmebildung verknüpft. Trotzdem wir nun an- 
nehmen müssen, daß eine Wärmeproduktion in allen Zellen stattfindet, in 
denen sich solche chemische Prozesse abspielen, so finden wir doch die 
Temperatur des Frosches nicht wesentlich höher als die der Umgebung. 
Der Frosch ist ein wechselwarmes (poikilothermes) Tier, dessen Körper je 
nach der Temperatur des umgebenden Mediums bald wärmer bald kälter ist 
und dessen Eigentemperatur höchstens um ein paar Grad die der Umgebung 
übertrifft. Einen Grund für diese Veränderlichkeit haben wir unter anderem 
auch in dem Fehlen jeglicher Einrichtungen zu sehen, welche wie das Feder- 
oder Haarkleid der Vögel und Säugetiere eine vorzeitige Abgabe der Wärme 
verhindern. Die nackte Haut unseres Lurches ist nicht imstande, die direkte 
Einwirkung der Temperatur der Umgebung auf die des Körpers abzu- 
schwächen, und so erhöht und erniedrigt diese sich mit dem Steigen und 
Fallen der Luft- resp. Wassertemperatur. Ein Mechanismus, welcher die 
Körperwärme regulierte, ist nicht vorhanden, und auch der geringe Wärme- 
verlust, welcher durch die Verdunstung des von der Haut ausgeschiedenen 
Wassers entsteht, vermag nicht, den Körper vor einer starken Erhitzung 
durch die Sonnenstrahlen oder warmen Luft zu schützen. Dabei ist dieser 
Wechsel den Tieren in keiner Weise unbehaglich oder störend, denn wenn 
nur genügend Feuchtigkeit vorhanden ist, um das Austrocknen der Haut 
zu verhindern, geht die Lebenstätigkeit unserer Frösche stets regelrecht vor 
sich. Im Sommer findet man ja die Wasserfrösche oft am Rande ihres 
Tümpels direkt in der Sonne sitzen, wo sie ziemlich hohe Körper- 
temperaturen annehmen können, wie man sich durch einfaches Angreifen 
eines solchen eingefangenen Tieres überzeugen kann. Vielleicht befördert 
dieses Sonnenbad die im vorigen Abschnitt erwähnte Regeneration der Blut- 
körperchen. Umgekehrt sinkt in der kalten Jahreszeit während des Winter- 
schlafs die Temperatur der Frösche sehr tief hinab und hält mit einer Ver- 
minderung der Lebenstätigkeiten auf ein Minimum gleichen Schritt. 

Eine Erscheinung, die wir an allen unseren Fröschen, am besten aber 
am Laubfrosch studieren können, ist der sogenannte Farbenwechsel, jene 
Fähigkeit der Haut, ihre Färbung der Umgebung in kurzer Zeit anzupassen 
oder auch auf andere von außen oder innen kommende Reize hin dieselbe, 
manchmal blitzschnell, zu ändern. Auf die dabei wirkenden Mechanismen 


— 131 — 


sind wir bereits im morphologischen Teile bei der Besprechung der Haut ein- 
gegangen. (Vgl. S.8—10). Es erübrigt hier nur noch, einiges über die Ursachen 
des Farbenwechsels hinzuzufügen. Ein auf dunklem Grund gehaltener Laub- 
frosch, welcher dunkle, schwärzliche Töne in seiner Hautfarbe aufweist, wird 
sehr schnell lebhaft grün, wenn man frisches Blattwerk in seinen Behälter 
bringt. Im allgemeinen kann man sagen, daß heftige Reize, welchen unsere 
Frösche ausgesetzt werden, ein „Hellerwerden“ der Haut verursachen. Dies 
sehen wir eintreten bei Einwirkung von hellem Licht, hoher Temperatur, 
Trockenheit, schmerzhaften Reizungen und auch bei psychischen Erregungen, 
' wie Schreck. Kälte und Feuchtigkeit dagegen veranlassen ein „Dunkeln“ 
der Haut. Dabei ist die Fähigkeit des Farbenwechsels nicht nur bei den 
einzelnen Arten verschieden, unter denen der Laubfrosch an erster Stelle 
steht, sondern auch bei den Individuen einer Art ist sie in ungleichem Maße 
ausgebildet und wechselt mit dem allgemeinen Ernährungszustand der Tiere. 
Es zeigt sich oft, daß die infolge eines starken Reizes angenommene Färbung 
später in das Gegenteil umschlägt, das heißt, auf das Hellerwerden der Haut 
folgt ein Dunkeln der betreffenden Hautpartie. Diese Kontrasterscheinung 
läßt sich wohl auf eine physiologische Ermüdung der Melanophoren zurück- 
führen, die nach anhaltender Pigmentballung eintritt. 

Die dem Farbenwechsel zu Grunde liegenden Pigmentverlagerungen in 
den Chromatophoren gehen nun vor sich durch Vermittelung des Nerven- 
systems, der Zirkulation und durch direkte Beeinflussung der Zellen, wie 
man aus entsprechenden Experimenten ersehen kann. Biedermann (1892) 
hat eine vortreffliche Zusammenstellung aller bis dahin über den Farben- 
wechsel bekannten anatomischen und physiologischen Tatsachen gegeben, und 
Gaupp gibt in seiner Anatomie des Frosches eine klare Übersicht über die- 
selbe Erscheinung. 

Die Untersuchungen Biedermanns haben ergeben, daß der Einfluß des 
Nervensystems in den Melanophoren konzentrierend auf das Pigment 
wirkt, in den Xantholeukophoren dagegen die Lipochromexpansion bedingt. 
Eine Erregung des Nervensystems hat dabei immer zuerst, meist sogar aus- 
schließlich, eine Veränderung in den Melanophoren zur Folge. Als das 
Zentrum, von dem aus die nervöse Beeinflussung der Chromatophoren vor 
sich geht, haben die Thalami optici des Zwischenhirns zu gelten, es scheinen 
aber auch, wenigstens beim Grasfrosch, im Rückenmark derartige Zentren 
zu liegen. Eine Reizung dieser Zentren zieht eine größere oder geringere 
Ballung des Pigments in den Melanophoren nach sich und bewirkt so ein 
mehr oder weniger intensives Hellerwerden der Haut. Die Zerstörung dieser 
Zentren oder der dieselben mit der Haut verbindenden Nerven hat ein nicht 
mehr zu beseitigendes Dunkelwerden der Haut zur Folge. 

Als einen weiteren Faktor für die Pigmentverlagerung und zwar ledig- 
lich in den Melanophoren haben wir dieBlutzirkulation anzusehen. Bieder- 
mann konnte feststellen, daß es der Kohlensäuregehalt des Blutes ist, nach 
welchem sich die Hautfarbe richtet. Dabei wirkt nicht die Kohlensäure selbst 
auf die Melanophoren, sondern die mehr oder weniger starke Verminderung 


a 


des Sauerstoffs. Mangel an Sauerstoff läßt die Pigmentkörnchen in den 
Melanophoren, wenn sie sich gerade im Zustand der Pigmentballung be- 
finden, sich ausbreiten, aber nur bis zu einem gewissen Grade, da sich dann 
eine Lähmung der ganzen Zelltätigkeit geltend macht. So kommt es, daß 
ein hellgrüner Laubfrosch oder auch nur ein frisch abgetrenntes Hautstück 
eines solchen in einer Kohlensäureatmosphäre dunkler wird, ohne jedoch 
den tiefsten sonst möglichen Grad von Schwarz zu erreichen. -Eine Unter- 
brechung der Blutzirkulation bedingt dagegen Pigmentballung in den Melano- 
phoren, woraus sich auch das Hellwerden der Frösche im Tode erklärt. 
Die Abklemmung einer zuführenden Arterie hat ein schnelleres Abblassen 
der Haut zur Folge als die Unterbindung einer Vene der Haut, da im letz- 
teren Falle noch mit dem übrigen zirkulierenden sauerstoffführenden Blut 
eine nahe Kommunikation besteht, im erstern dagegen in den betreffenden 
Hautgefäßen Blutleere eintritt. 

Endlich lassen sich die Pigmentzellen auch direkt beeinflussen nach 
Zerstörung aller zu dem betreffenden Hautstück gehenden Nerven und Ge- 
fäße oder nach dem völligen Herausschneiden eines solchen Stückes. 
Wenn ein abgelöstes Hautstück feucht aufbewahrt wird, reagiert es noch 
lange Zeit hindurch auf jeden ihm zugefügten Reiz mit einer Farben- 
änderung. Es wirken direkt auf die Pigmentzellen mechanische, elek- 
trische, chemische und Lichtreize. Auch der Einfluß der Temperatur auf 
die Hautfärbung scheint auf einer solchen direkten Wirkung auf die Zellen 
zu beruhen. Man beobachtet, daß Kälte ein Dunkeln, Wärme ein Heller- 
werden der Haut zur Folge hat. Viel umstritten worden ist die Frage, 
ob die sicher stattfindende Beeinflussung der Hautfarbe durch das Licht als 
eine direkte Reizung der betreffenden Zellen angesehen werden muß, oder 
ob sich dabei das Reagieren auf Lichtreize durch Vermittelung der Augen 
und des Nervensystems vollzieht, also eine Art von Reflexwirkung ist, 
wie sie für den Farbenwechsel der Fische festgestellt worden ist. Man 
kann aber heute wohl sagen, daß wir es im wesentlichen mit einer direkten 
Einwirkung des Lichtes auf die Pigmentzellen zu tun haben, wenn auch 
manche Tatsachen dafür sprechen, daß wenigstens hier und da die durch 
das Nervensystem vermittelten Lichtreize, welche von den Sehorganen auf- 
genommen wurden, eine gewisse Rolle dabei spielen. Biedermann betont 
aber, daß der Einfluß des Lichtes für den Farbenwechsel überhaupt nicht 
allzu hoch eingeschätzt werden darf, da er leicht durch die vielen andern 
hierbei in Betracht kommenden Faktoren annulliert und überwunden werden 
kann. Für gewöhnlich kann man aber die Beobachtung machen, daß 
unsere Frösche in heller Umgebung hell, auf dunklen Untergrund oder 
im Finstern dunkel gefärbt erscheinen. Man hat in der Haut von dekapi- 
tierten (geköpften) Laubfröschen, die dem Lichte ausgesetzt wurden, nachdem 
man ihnen ausgeschnittene Buchstaben-Schablonen aus schwarzem Seiden- 
papier aufgelegt hatte, richtige Photogramme von ganzen Worten erzeugt, 
entweder hell auf dunklem Grund oder umgekehrt, jenachdem die Buchstaben 
aus dem Papier herausgeschnitten oder selbst aufgelegt wurden. Daß die 


— 135 — 


einzelnen Hautpartien dabei völlig unabhängig von einander reagieren, zeigt 
folgender Kontrastversuch: Ein dekapitierter Laubfrosch, dessen Rücken von 
schwarzem Seidenpapier mit Ausnahme eines in dieses geschnittenen kleinen 
Vierecks völlig bedeckt war, zeigte nach Belichtung das Viereck hell auf 
dunklem Grund. In diffusem, mäßigem Licht dunkelte infolge der früher be- 
schriebenen Kontrastwirkung das Viereck nach, während die Umgebung sich 
aufhellte, sodaß nun ein dunkles Viereck auf hellem Grunde zu sehen war. 
Auf verschiedenfarbiges Licht reagieren die Chromatophoren verschieden; 
weißes und gelbes Licht bewirken rasche, rotes und grünes langsame Pig- 
mentballung, blaues und violettes Licht dagegen Pigmentexpansion. 

Der Feuchtigkeitsgehalt der Luft macht sich in der Weise geltend, 
daß Trockenheit ein Hellerwerden, Feuchtigkeit ein Dunkeln der Haut her- 
vorruft. Daß trotzdem der Wasserfrosch meist eine helle Hautfarbe aufweist, 
auch wenn er sich im Wasser befindet, ist wohl als eine Anpassung an 
seinen ständigen Aufenthalt im feuchten Element anzusehen. — Auch durch 
‘ die Einwirkung chemischer Stoffe läßt sich die Gesamtfärbung des 
Frosches beeinflussen, wie Fuchs (1906) gezeigt hat, indem er durch 
Alkaloide die Hautfärbung änderte. Und zwar haben seine Untersuchungen 
ergeben, daß sich die Haut der verschiedenen, auch nahe verwandter, Frosch- 
arten hierbei verschieden verhält. 

Am interessantesten ist die Abhängigkeit der Färbung von mecha- 
nischen Reizen. Besonders die Berührungs- und Tastreize, welche von 
der Oberflächenbeschaffenheit der unmittelbaren Umgebung ausgehen, sind, 
wenigstens beim Laubfrosch, wie Biedermann gezeigt hat, beinahe allein aus- 
schlaggebend. Rauhe, unebene oder unterbrochene Flächen, an denen sich 
die Haftscheiben der Tiere nicht gut befestigen können, erzeugen das Dunkeln, 
glatte Flächen dagegen die Grünfärbung der ganzen Haut. Natürlich muß 
hier eine Übertragung der Reize durch Vermittelung der Nerven von den 
verhältnismäßig kleinen Berührungsstellen der Zehenunterseite und vielleicht 
auch des Bauches auf die Chromatophoren der ganzen Haut angenommen 
werden. Dunkle Laubfrösche nehmen schnell eine hellgrüne Färbung an, 
sobald sie auf grüne Blätter und Astwerk gesetzt werden. Da dies aber 
auch im Dunkeln und mit künstlichen Blättern, sowie auch bei geblendeten 
Fröschen geschieht, so ist es bewiesen, daß die eigentliche Farbe des Unter- 
grundes keine Rolle dabei spielt. 

Es mögen hier einige Bemerkungen über die Stimmerzeugung des 
Frosches folgen. Es sind nur die Stimmen der Männchen, welche nament- 
lich im Frühjahr zur Brunstzeit in den Gewässern zu vernehmen sind. Am 
lautesten schallt der Gesang der Wasserfrösche und der Laubfrösche, welch 
letztere ihn aber zum Unterschied von ihren Genossen nicht aus dem kühlen 
Element heraus, sondern hoch in den Zweigen der Gebüsche und Bäume er- 
tönen lassen. Im morphologischen Teil wurde schon erwähnt, daß die mehr 
oder weniger stark entwickelten Schallblasen, beim Laubfrosch der unpaare 
Kehlsack, die Funktion haben, den Schall nach dem Prinzip der Resonatoren 
zu verstärken. Die Frösche schreien gewöhnlich mit geschlossenem Maule, 


— 134 — 


nur selten, namentlich bei Äußerung von Schmerz öffnen sie dasselbe. Für 
den Wasserfrosch beschreibt Heinemann (1861) den Vorgang folgender- 
maßen: „Sie schließen die Nasenlöcher, treiben durch den Druck der Bauch- 
presse die Luft durch die Stimmlade in die Mundhöhle und erweitern diese 
allmählich durch Herabziehen der Kehle; gleichzeitig treten bei dem Männchen 
die Kehlblasen hervor; hat die Kehle ihren tiefsten Stand erreicht, so öffnen 
sie auf einen Augenblick die Nasenlöcher, schließen dieselben gieich wieder 
und inspirieren, worauf der Vorgang sich wiederholt.“ Durch ein sehr rasch 
abwechselndes Öffnen und Schließen des Kehlkopfeinganges werden jene be- 
kannten schnellen Stöße in dem Gesang der Frösche hervorgerufen. Auch 
die weiblichen Frösche können Töne hervorbringen, die aber lediglich in 
einem kurzen Schrei bestehen, der meist nur als Außerung des Schmerzes 
ausgestoßen wird. Die Laute selbst werden durch die Schwingungen der 
Stimmlippen erzeugt, indem dabei durch deren Anspannung die Stimmritze 
verengert wird, wobei gleichzeitig der Kehlkopfeingang geöffnet ist. Die 
wechselnde Tonhöhe und Klangfarbe wird durch Modifikation der Stellungen 
der von Muskeln bewegten Knorpelteile des Kehlkopfes und die damit ver- 
bundene Abänderung der Stimmbänderspannung erreicht. 

Wir kommen nun zu den äußerlich am meisten auffallenden Lebens- 
äußerungen des Frosches, das sind die Bewegungen des Rumpfes und 
der Gliedmaßen. Die mit ihren Enden an den Teilen des Knochenskeletts 
ansitzenden Muskeln sind es, welche vermöge ihrer Kontraktilität jene Be- 
wegungen hervorrufen. Im nächsten Abschnitt werden wir uns ausführlicher 
mit der Tätigkeit der Muskeln befassen; hier sei zunächst einiges über die 
Bewegungsarten des Frosches selbst mitgeteilt, von denen auf dem Lande 
das Springen, im Wasser das Schwimmen wichtig sind. Die Fähigkeit, sich 
durch die langen Hinterbeine vom Boden abzuschnellen, ist allen unseren 
Fröschen, wenn auch in verschiedenem Maße eigen. Dabei ist es von In- 
teresse, zu beobachten, auf welche Weise der Frosch es zu regulieren ver- 
mag, ob er hoch oder weit springen will. Schickt er sich nämlich zum 
Hochsprung 'an, so zieht er das den Angriffspunkt der die Bewegung ver- 
ursachenden Hinterbeine bildende Becken dicht unter den Körper, indem er 
die Darmbeinflügel stark gegen die Wirbelsäule einwinkelt, welche durch 
Streckung der vorderen Extremitäten steil aufgerichtet ist. Der Schwerpunkt 
des Körpers kommt so beinahe senkrecht über jene Ansatzstelle der nach 
oben wirkenden Kraft der Hinterbeine zu liegen, und deren Streckung muß 
den Frosch notwendigerweise in die Höhe schleudern. Vor dem Weit- 
sprung dagegen stellt der Frosch seine Darmbeinflügel ziemlich in die Ver- 
längerung der Wirbelsäule, der Ansatzpunkt der Kraft kommt dadurch weit 
hinter den Körperschwerpunkt zu liegen und das Strecken der Hinterbeine 
muß den Körper vor allem nach vorn treiben. Am Ende des Sprunges sind 
es dann hauptsächlich die vorderen Extremitäten, welche den Stoß beim Be- 
rühren des Bodens elastisch auffangen. 

Im Wasser zeigen sich die Frösche als elegante Schwimmer, und wie 
auf dem Lande, sind es auch hier die hinteren Extremitäten, welche als die 


— 1355 — 


eigentlichen Bewegungsorgane wirken. Sie werden mit gespreizten Schwimm- 
häuten kräftig nach hinten gestoßen und dann wieder mit geschlossenen 
Zehen dicht an den Leib gezogen. Die vorderen Extremitäten beteiligen sich 
nicht als aktiv treibende Ruder, sondern werden ruhig in natürlicher Stellung 
unter der Brust gehalten; wohl aber wirken sie durch kleine Bewegungen 
als Steuer, um dem schwimmenden Körper die Richtung zu geben. Die 
Lungen wirken beim Schwimmen als hydrostatische Apparate wie die 
Schwimmblasen der Fische. Marcacci hat gezeigt, daß sich der Lungen 
beraubte Frösche nicht mehr über Wasser halten können, und daß anderer- 
seits solche mit künstlich aufgeblasenen Lungen nicht mehr zu tauchen 
vermögen. 


2. Die Muskeltätigkeit. 


Wie wir im morphologischen Teil sahen, gibt es glatte und quer- 
gestreifte Muskeln, welche beim Frosch beide eine ausgiebige Verwendung 
finden. Da die physiologische Tätigkeit der ausschließlich quergestreifte Ele- 
mente enthaltenden Skelettmuskeln, welche Kopf, Rumpf und Extremitäten 
bewegen, am besten bekannt ist, wollen wir unsere Betrachtung auf sie be- 
schränken. 

Jeder Muskel kann durch äußere oder innere Einflüsse, sogenannte 
Reize, zur Tätigkeit angeregt werden. Diese Tätigkeit eines Muskels äußert 
sich dann in einer als Kontraktion bezeichneten Verkürzung seiner Masse; 
im allgemeinen erfolgt auf einen einzigen Reiz eine einmalige Zuckung. 
Wird ein Muskel an einer beschränkten Stelle gereizt, so läuft die Kon- 
traktion in Form einer sehr raschen Welle nach beiden Seiten über seine 
ganze Länge. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit dieser Welle beträgt beim 
Froschmuskel im Durchschnitt 3—4 m in der Sekunde. Die bei der Zuckung 
eintretende Verkürzung hat man an isolierten, frei an einem Ende auf- 
gehängten Muskeln gemessen und gefunden, daß sie sich bei den verschieden- 
artigsten ungefähr gleich verhält; die Länge eines solchen freien Muskels 
nimmt etwa um ?/, ihrer Ausdehnung ab. Im Körper des Tieres dagegen 
kommen solche gewaltige Zusammenziehungen nicht vor, da die Muskelenden 
an den nur geringe Verkürzungen zulassenden Teilen des Skeletts befestigt 
sind. Im entsprechenden Maße, wie sich ein Muskel verkürzt, nimmt auch 
sein Durchmesser an Ausdehnung zu, sodaß also das Volumen des Muskels 
stets das gleiche bleibt. Die Kraft, mit welcher sich der Muskel kontrahiert, 
hat man physikalisch genau bestimmt und gefunden, daß sie bei allen quer- 
gestreiften Muskeln eines Tieres immer proportional dem Querschnitt des 
Muskels, aber unabhängig von dessen Länge ist. So beträgt die „absolute 
Kraft“, welche man auf den Querschnitt von 1 qcm berechnet, beim Frosch 
2,8—3,0 kg. Der Wadenmuskel des Frosches (M. gastrocnemius) hebt ein 
Gewicht von mehr als 1 kg. Da meist ein geringfügiger Reiz genügt, um 
eine solche im Verhältnis zu ihm gewaltige Leistung hervorzubringen, so ist 
es ohne weiteres klar, daß der Reiz nur als Auslösung von Energien 
wirkt, die im Muskel aufgespeichert sind, so wie etwa ein leichtes Bewegen 


— 136 —. 


des Ventilhebels die viele Zentner schwere Masse des Dampfhammers in Be- 
wegung setzt. 


Die Zusammensetzung eines Muskels aus Fibrillen und deren Aufbau 

aus einzelnen Segmenten wurde früher schon geschildert. (Vgl. S. 28.) Fig. 80 

gibt noch einmal eine Übersicht über ein solches Muskelsegment. In bezug 

auf die verschiedenen Zonen in diesen Segmenten ist nun nachgewiesen, daß 

die Kontraktion eine Volumenzunahme der 

Fig. 80. anisotropen und eine Volumenabnahme der iso- 

Zi tropen Schicht bedingt, obgleich das Volumen 
schen- i » 

scheibe des ganzen Segments für sich betrachtet sich 

nicht verändert. 


Von den Theorien, welche die Kontraktion 
des Muskels zu erklären suchen, seien hier fol- 
gende erwähnt: Nach Engelmann ist die Kontrak- 
tion in einer Quellung zu sehen, indem die ani- 
sotrope Substanz während der Kontraktion aus 
der isotropen Wasser aufnehmen soll. Als Reiz 
soll dabei die durch Oxydation von Kohlehydraten 
Schema eines Muskelsegments. im Muskel gebildete Wärme fungieren. Eine im 

(n. Verworn.) Wasser durch ein Gewicht ausgespannte Darmsaite 
zieht sich infolge Imbibition mit Wasser bei dessen 
plötzlicher Erwärmung zusammen. Bernstein und 

andere sehen die Ursache der Kontraktion in der Wirkung der Oberflächenspannung 
zwischen den Fibrillen und der umgebenden Flüssigkeit. Wie die Physik lehrt, 
strebt in jeder Flüssigkeit die Oberflächenspannung danach, die Oberfläche auf das 
kleinstmögliche Maß herabzusetzen, also die Flüssigkeitsgrenze der Form einer 
Kugel zu nähern. Dasselbe ist der Fall, wenn zwei flüssige Stoffe, die sich nicht 
mischen, einander mit ihren Oberflächen berühren. Beim Muskel haben wir es 
mit den halbflüssigen kolloidalen Eiweißkörpern der Muskelsubstanz und anderen 
dieselben umgebenden Flüssigkeiten zu tun. Nach Bernstein sind die Fibrillen aus 
kleinsten Ellipsoiden zusammengesetzt, deren Längsachse der Richtung der Fibrillen 
parallel läuft. Der die Muskelbewegung verursachende Reiz soll dadurch wirken, 
daß er die Oberflächenspannung dieser Ellipsoide erhöht, worauf sie kugelförmiger 
werden und damit zugleich die Gesamtlänge des Muskels vermindern. — Endlich 
schließt Hermann, daß die Kontraktion in einer Gerinnung ihre Ursache habe. Die 
auch hier wieder supponierte Oberflächenspannung fällt wahrscheinlich die im 
Muskel vorhandenen kolloidalen Eiweißlösungen. 


isotrop anisotrop 


Im Leben wirkt auf den Muskel im allgemeinen stets nur der von den 
Nerven übermittelte Reiz. Es hat sich aber gezeigt, daß die Muskeln auch 
selbst direkt auf die verschiedensten Arten von Reizen reagieren. Sie sind 
irritabel, wie man sagt, und haben diese Eigenschaft mit jeder lebendigen 
Substanz gemeinsam, nur daß die Reizbarkeit bei ihnen in erhöhtem Maße 
auftritt, da sie eben bei der im vielzelligen Organismus eingetretenen Arbeits- 
teilung der Zellen im Zusammenhang mit dem Nervensystem gerade diese 
Funktion übernommen haben. Die Muskelsubstanz selbst kann zu Kontrak- 
tionen veranlaßt werden sowohl durch mechanische, als thermische, chemische 
und elektrische Reize. Als mechanischer Reiz wirkt jedes Drücken, Klopfen, 
Dehnen und Stechen; der Muskel antwortet durch eine meist einmalige Zuckung 
darauf und dehnt sich hierauf sofort wieder zur ursprünglichen Länge aus. 


— MU — 


Ebenso verursacht jede Erhöhung oder Erniedrigung der Temperatur ein 
Zusammenziehen. Die verschiedensten chemischen Stoffe veranlassen den 
Muskel zur Tätigkeit, sowohl in flüssiger Form, wie die Lösungen von Salzen, 
Säuren, Alkalien usw., als auch in Gasform, hier vor allem Ammoniak (NH,). 
Am sichersten aber wird der Muskel zur Zusammenziehung gebracht durch 
die Einwirkung des elektrischen Stromes. Aber nicht der den Muskel 
durchfließende Strom erweist sich hier als Reiz, sondern nur Stromschwan- 
kungen, vor allem das Öffnen und Schließen des Stroms. 

Läßt man ein und denselben Reiz mehrmals hintereinander einwirken, 
so erfolgt, anfangs wenigstens, jedesmal eine Kontraktion des Muskels. Mit 
Hilfe der elektrischen Reizung hat man es nun in der Hand, die einzelnen 
Reize sich beliebig schnell folgen zu lassen, und da zeigt es sich, daß ein 
gewisser Zeitraum zwischen zwei Reizen nötig ist, wenn sich der Muskel 
wieder auf seine gewöhnliche Länge ausdehnen soll. Folgen die einzelnen 
Reizungen schneller aufeinander, als je einmal in jenem zur Erschlaffung 
erforderlichen Zeitraum, so bleibt der Muskel ständig kontrahiert, scheinbar 
bewegungslos in einer Art Starrkrampf, die man Tetanus nennt. Beim 
Froschmuskel genügen rhythmisch intermittierende Induktionsströme von 12 
bis 20 Reizungen in der Sekunde, um einen Tetanus hervorzurufen. Der 
Krampf ist aber nur ein scheinbarer, denn anderweitige Beobachtungen haben 
ergeben, daß der Muskel auf jeden Reiz hin zu einer neuen Tätigkeitsphase 
übergeht, die nur äußerlich nicht sichtbar wird, weil er sich schon auf den 
ersten Reiz hin kontrahiert hatte, und nun nicht mehr die Zeit fand, sich 
auszudehnen. Die Kraft eines tetanisierten Muskels ist entsprechend dieser 
Tatsache auch 2—3mal so groß als die eines nur einmal gereizten. Ebenso 
steht hiermit die beim Tetanus beobachtete Steigerung der Lebenstätigkeit 
des Muskels im Einklang; es wird z. B. mehr Glykogen verbraucht, der Stoff- 
wechsel ist ein intensiverer, die Wärmeproduktion steigt. Auch durch die 
‚vom Nerven ausgehenden Reize kann ein Tetanus hervorgerufen werden, 
so z. B. in den Beugemuskeln der Arme der Froschmännchen bei der Um- 
klammerung des Weibchen zurzeit der Begattung. 

Während einerseits die Tetanisierung gegenüber einer Einzelzuckung 
eine Steigerung der Leistungen des Muskels verursacht, so zeigt sich anderer- 
seits nach oftmaliger Reizung in nicht so rasch aufeinander folgenden Inter- 
vallen eine Abnahme der Leistungsfähigkeit der Muskeln, eine Verminderung 
der Erregbarkeit für Reize, welche wir Ermüdung nennen. Der Reizerfolg 
wird bei gleichbleibender Intensität des Reizes immer geringer und schließlich 
gleich Null. Zur Untersuchung dieser Erscheinungen bedient man sich eines 
Myographions (= Muskelschreiber). Im Prinzip wird bei einem solchen 
die Bewegung des freien Endes eines senkrecht aufgehängten Muskels auf 
einen Hebel übertragen, dessen Ende mit einer Spitze auf einem rotierenden 
berußten Cylinder eine entsprechende Kurve zeichnet. Gewöhnlich wird an 
das untere Ende des Muskels ein Gewicht gehängt, um Schleuderungen 
des Hebels zu vermeiden. Mit diesem Apparat hat man nun nachgewiesen, 
daß infolge der Ermüdung die Arbeitsleistung immer geringer wird, und daß 


— 1383 —. 


die Dauer jeder einzelnen Zuckung immer mehr zunimmt, indem besonders 
die Ausdehnung des Muskels mit fortschreitender Ermüdung immer langsamer 
vor sich geht. — Die Ursache der Ermüdung ist wohl darin zu sehen, daß 
durch den fortgesetzt erhöhten Stoffwechsel im Muskel die Reservestoffe des- 
selben verbraucht werden und deshalb auch der Muskel nicht mehr seine 
normale Leistung vollbringen kann. Es ist sodann auch die Erregbarkeit 
selbst abhängig von einer normalen Ernährung des Muskels, für die wieder 
die Hauptbedingung die ständige Herbeischaffung von Nahrung durch das 
Blut ist. Bei fast völligem Aufbrauch der Reservestoffe in dem Muskel tritt 
„Erschöpfung“ ein. ° Es kann aber auch die Ermüdung möglicherweise z. T. 
darın begründet sein, daß durch die Tätigkeit des Muskels mehr Endprodukte 
des Stoffwechsels entstehen, als das Blut sogleich wegschaffen kann. Diese. 
Zersetzungsprodukte, unter denen die Kohlensäure eine Hauptrolle spielt, 
werden in dieser Hinsicht als „Ermüdungsstoffe“ bezeichnet, deren Anhäufung 
direkt schädlich wirken kann. Die Zersetzung der vorrätigen Nahrungsstoffe 
geht nun schneller oder langsamer vor sich, je nach den Leistungen, zu 
denen der Muskel herangezogen wird. Froschmuskeln sind noch 4—6 Tage 
nach ihrer Entfernung aus dem Körper erregbar, wenn sie bei mittlerer 
Temperatur feucht aufbewahrt werden. 

Der Stoffwechsel im Muskel selbst bietet einiges physiologisch Inter- 
essante. Ein wichtiger Bestandteil der Muskeln ist ein Eiweißstoff, das 
Myosin. Während die untätigen Muskeln neutral oder schwach alkalisch 
reagieren, wird ihre Reaktion bei der Tätigkeit eine sauere. Diese Ver- 
änderung beruht auf der Bildung von sogenannter Fleischmilchsäure auf 
Kosten des im Muskel vorhandenen Glykogens. Wir sahen ja schon, daß die 
Tätigkeit des Muskels mit einer Spaltung und Oxydation der in der Nahrung 
enthaltenen und im Muskel selbst aufgespeicherten organischen Substanzen ver- 
bunden ist. Die Endprodukte dieser Zersetzung sind vornehmlich jene Fleisch- 
milchsäure, ferner Kohlensäure und Wasser. Die Arbeit, welche der Muskel 
leistet, stammt direkt aus der chemischen Energie, welche durch die Um- 
setzung jener Substanzen frei wird; wir haben im Muskel also eine chemo- 
dynamische Maschine vor uns. Vou dem gesteigerten Stoffwechsel während 
der Tätigkeit zeugen der größere Sauerstoffverbrauch, die Abnahme des Gly- 
kogens. Die eigentliche Kraftquelle des Muskels sind die Kohlehydrate, Sie 
sind unbedingt nötig, wenn die Muskeln dauernd arbeitsfähig erhalten werden 
sollen; sie liefern die Energie, welche sich in die Arbeit des Muskels um- 
setzt. Andererseits aber bedarf der Muskel auch stickstoffhaltiger Nahrung, 
um sich selbst, seine Substanz, ständig erneuern zu können. 

Neben den großen in Form von Zuckungen äußerlich sichtbaren Leistungen 
des Muskels treten aber auch noch andere, allerdings weniger sinnfällige auf. 
So wird durch den Stoffumsatz bei der Kontraktion des Muskels Wärme 
produziert. Helmholtz hat am isolierten Froschmuskel während einer 2—3 Mi- 
nuten langen tetanischen Zusammenziehung eine Temperatursteigerung von 0,14 
bis 0,18% beobachtet. Auch bei einer einzelnen Zuckung steigt schon die 
Wärme des Muskels, wie man mit äußerst feinen Thermosäulen aus Wis- 


— 139 — 


muth und Antimon gefunden hat, um 0,001—0,005°C. Viel bedeutender 
als diese thermischen sind die elektrischen Eigenschaften des Muskels. 

Eine längst bekannte Erscheinung ist die Entstehung einer elektrischen 
Spannung zwischen zwei Stellen eines Muskels, an denen sich verschiedene 
chemische Vorgänge abspielen. Man weist diese elektrische Spannung nach, 
indem man an jene Stellen die Enden zweier mit einem Galvanometer 
(Multiplikator) verbundener Kupferdrähte bringst. Es fließt dann in den 
Drähten ein elektrischer Strom, der durch den Ausschlag der Magnetnadel 
angezeigt wird. Es empfiehlt sich, nicht die Drahtenden selbst mit dem 
Muskel in Berührung zu bringen, vielmehr befestigt man an ihnen sogenannte 
„unpolarisierbare Elektroden“, bei denen der Strom eine Strecke weit durch 
eine konzentrierte Zinksulfatlösung geleitet wird, in die einerseits ein amalga- 
mierter Zinkstab taucht, und die andererseits durch einen Thonpfropf mit 
einem spitzen Pinsel in Verbindung steht, der an die betreffende Stelle des 
Muskels angelegt wird. Diese Elektroden verhindern, daß ein Polarisations- 
strom, welcher dem eigentlichen Strom entgegengesetzt gerichtet ist, entsteht 
und die Ergebnisse des Versuchs beeinflußt. Die Versuche mit diesem 
Apparat zeigen nun, daß ein ruhender Muskel, in welchem sich überall die- 
selben chemischen Prozesse abspielen, stromlosist; — daß ferner ein ver- 
letzter Muskel, bei dem die eine Elektrode an den Querschnitt, die andere an 
die Oberfläche angelegt wird, einen Strom ergibt, der von letzterer nach dem 
Querschnitt verläuft, daß dieser also elektronegativ ist, „Längsquerschnitt- 
strom“; — und endlich, daß ein Muskel, über den eine Kontraktionswelle 
"läuft, in dem also ebenso wie im vorigen Falle heftige chemische Umsetzungen 
stattfinden, auch einen solchen Strom gibt, wobei die tätige Stelle negativ ist. 

Während einer Reizung nimmt der Längs-Querschnittstrom ab. Du-Bois- 
Reymond hat diese Erscheinung „die negative Schwankung des Muskel- 
stromes“ genannt. 

Von dem im vorigen erwähnten Krampf, dem Tetanus, ist wohl zu 
unterscheiden die sogenannte Starre der Muskeln, welche aus verschie- 
denen Ursachen eintreten kann. Sie ist begründet durch eine Gerinnung, 
ein wirkliches Festwerden der organischen Substanz, vor allem des 
Myosins. Diese Gerinnung tritt am häufigsten ein bei zu starker Erhöhung 
der Temperatur. Schon durch das Eintauchen in warmes Wasser von 
40°C. kann man Froschmuskeln in den Zustand der „Wärmestarre“ ver- 
setzen. Eine ähnliche Veränderung der Muskelsubstanz findet bei der 
Totenstarre statt, welche einige Zeit nach dem Ableben des Tieres auf- 
zutreten pflegt. Die Muskeln sind dann völlig hart und unbeweglich und 
werden erst nach einiger Zeit wieder biegsam. 


3. Die Nerventätigkeit. 


Physiologisch unterscheidet man bei den centrifugal leitenden Nerven: 
motorische, sekretorische und Hemmungsnerven, je nachdem sie Muskeln oder 
Drüsen zur Tätigkeit veranlassen oder eine Leistung solcher Organe hemmen. 


>. 


Die centripetal leitenden Nerven dagegen sind teils sensible und sensorische 
oder andere Hemmungsnerven, von denen die ersten beiden Gruppen Reize 
von den freien Nervenenden resp. von den Sinnesorganen zum Centralnerven- 
system führen, während die der letzten Gruppe auf bestimmte Nervencentren 
einen hemmenden Einfluß ausüben. 


Die Nerven lassen sich in ähnlicher Weise, wie die Muskeln durch 
Reize zur Tätigkeit anregen. Um diese Nerventätigkeit nachzuweisen, be- 
dient man sich eines sogenannten Nervenmuskelpräparats, das heißt 
eines Nerven mit dem von ihm innervierten Muskel, welcher die einzelnen 
Erregungen des Nerven durch seine Zuckungen markiert. Obgleich die Nerven 
meist aus einer größeren oder kleineren Anzahl von Nervenfasern zusammen- 
gesetzt sind, so werden die Reize doch von jeder einzelnen Faser unabhängig 
von den andern getrennt weitergeleitet. Die Markscheide jeder Faser scheint 
dabei gleichsam als Isolator zu wirken. Die Geschwindigkeit, mit der eine 
Erregung in den motorischen Nerven beim Frosch vorwärts schreitet, hat 


Fig. 81. 


Nervenmuskelpräparat. 


man auf 26,4 m in der Sekunde angegeben. Auch für den Nerven gilt das- 
selbe, was wir bei dem Muskel fanden; die Einwirkung eines Reizes ist ledig- 
lich eine Auslösung von Spannkräften, indem sich hier in der Nervensubstanz 
physikalische und chemische Prozesse miteinander kombiniert abspielen. Sehr 
treffend hat man den Nerven mit einer Zündschnur, den von ihm erregten 
Muskel aber mit der von jener entzündeten Pulvermine verglichen. Beim 
Abbrennen der Zündschnur lösen sich ja ebenfalls von Teilchen zu Teilchen 
die in ihrem Pulver enthaltenen chemischen Spannkräfte nacheinander aus, 
bis sie die in der Mine aufgespeicherte gewaltige Energie zur Auslösung 
bringen. 

Die Reize, welche den Nerven zur Tätigkeit veranlassen, können ähn- 
lich denen, welche die Zuckungen der Muskeln bewirken, verschiedener Natur 
sein. Als mechanische Reize wirken das Dehnen, Drücken, Stechen ete., 
aber immer nur, wenn sie mit einer gewissen mittleren Geschwindigkeit 
appliziert werden. 


— 141 — 


Chemische Stoffe können ebenfalls den Nerven in Erregung versetzen; 
besonders auch die Wasserentziehung z. B. durch Aufhängen über Schwefel- 
säure. Dagegen zeigen sich thermische Reize zwischen —4° bis +54°C. 
als ziemlich unwirksam, vor allem, wenn die Temperatur allmählich ge- 
ändert wird. Erst über und unter diesen Grenzen macht sich eine deutliche 
Erregung des Nerven bemerkbar. Von den elektrischen Reizen berühren 
den Nerven nur Stromschwankungen, die mit mittlerer Geschwindigkeit ein- 
wirken. Bei schneller Aufeinanderfolge rufen sie einen Tetanus des Muskels 
hervor. 

Bekannt ist jene für dıe Elektrizitätslehre so bedeutungsvolle Beobachtung 
Luigi Galvani’s vom 6. Nov. 1780, die der Bologneser Naturforscher an ent- 
häuteten Froschschenkeln machte, welche für seine kranke Gattin bestimmt, zu- 
fällig in der Nähe seiner Elektrisiermaschine lagen und jedesmal in Zuckungen 
gerieten, wenn dem Konduktor ein Funken entnommen wurde. Galvani, welcher 
sofort die Einwirkung der Elektrizität auf Nerven und Muskeln erkannte, suchte 
durch genaue Experimente Klarheit über die Art und Weise dieser Beeinflussung 
zu gewinnen, und hing solche Froschschenkel mittels Kupferdraht an das eiserne 
Geländer seines Balkons, um, wie er meinte, die Luftelektrizität darauf wirken zu 
lassen. So oft nun dieselben durch den Wind gegen das Eisen geschlagen wurden, 
zeigten sich die gleichen Zuckungen. — Wenige Jahre später wies Volta nach, 
daß jene von Galvani gegebene Deutung des Vorgangs falsch war, indem er zeigte, 
daß durch die Berührung zweier Metalle mit einem feuchten Leiter ein elektrischer 
Strom erzeugt wird, und daß dies auch der Fall war bei jenem Experiment Gal- 
vani’s, bei welchem der Kupferdraht und das Eisen des Geländers als Elektroden 
wirkten. Auf alle Fälle ist aber Galvani derjenige, welcher zuerst auf die Reiz- 
barkeit der Nerven und Muskeln durch Elektrizität aufmerksam wurde. Der 
eigentliche Volta’scheFroschschenkelversuch besteht darin, daß man einen 
Kupferdraht mit einem Zinkdraht verlötet oder durch Umwickeln an jenem be- 
festigt und das eine Ende der so entstehenden Stromleitung mit den aus dem 
Rückenmark austretenden Beinnerven des Frosches, das andere Ende aber mit 
den von der Haut entblößten Schenkelmuskeln in Berührung bringt. Sobald die er- 
folgt ist, wird eine Zuckung eintreten und ebenso bei Unterbrechung der Berührung. 

Ein Nerv leitet von der gereizten Stelle aus die Erregung in doppelter 
Richtung weiter, sowohl peripher als auch central. Man macht sich das 
durch den sogenannten „Zweizipfelversuch“ am M. gracilis, einem der Ad- 
duktoren an der Innenseite des Oberschenkels, klar. Der zuleitende 
motorische Nerv gabelt sich in mehrere Enden, und wenn man den Muskel, 
nachdem man ihn zusammen mit dem Nerven isoliert hat, so in zwei Stücke 
zerschneidet, daß jedes von ihnen ein solches Nervenende enthält, der Nerv 
selbst aber bis zur Gabelungsstelle unverletzt bleibt, so zuckt auf die Reizung 
des einen Nervenastes zugleich auch das Muskelstück des andern. 


Die Erregbarkeit der Nerven wird beeinflußt von der Ernährung und be- 
darf eines regelmäßigen Wechsels zwischen Ruhe und Tätigkeit, sowie des 
Zusammenhanges mit einem der Centralorgane. — Von großer Bedeutung 
für physiologische Untersuchungen ist der Einfluß eines unter dem Namen 
Curare bekannten Giftes auf den Nerven. Das Curare ist ein aus dem 
Safte von Strychnosarten gewonnenes Harz, dessen sich die Indianer am 
Orinoko und Amazonenstrom zum Vergiften ihrer Pfeile bedienen. Es hat 
die merkwürdige Eigenschaft, die motorischen Endorgane der Nerven im 


Muskel vollständig zu lähmen. Nach seiner Einwirkung werden deshalb 
sämtliche Muskeln bewegungsunfähig, da die natürlichen Reize durch die 
Nerven ausbleiben; wohl aber behalten sie ihre eigene Irritabilität bei. Die 
übrigen Tätigkeiten des Körpers werden durch das Gift nicht gestört. Die 
Blutzirkulation geht weiter, die sensiblen Nerven und die Centralorgane funk- 
tionieren. Dagegen sistiert die Lungenatmung, da sie ja beim Frosch an 
die durch Muskeln bewirkten Schluckbewegungen usw. gebunden ist. Die 
nicht gestörte Hautatmung kann dem Tier wenigstens für lange Zeit die 
Lungenatmung ersetzen. Wenn die verabreichten Dosen des Giftes nicht zu 
groß waren, kann sich der Frosch wieder erholen, indem das Gift durch die 
Nieren aus dem Organismus entfernt wird. 

An Nerven kann man einen elektrischen Nervenstrom zwischen 
Oberfläche und Querschnitt feststellen, der ebenso wie der Muskelstrom eine 
„negative Schwankung“* zeigt, wenn der Nerv gereizt wird. Ein auf den 
Nerven einwirkender konstanter elektrischer Strom ändert dessen elektro- 
motorischen Kräfte und auch seine Erregbarkeit. ' Über die sich bei der 
Tätigkeit der Nerven abspielenden chemischen Vorgänge haben die 
Untersuchungen bisher so gut wie nichts ergeben. Im Gegensatz zum Muskel 
ist der markhaltige Nerv praktisch völlig unermüdbar. 


Am lebenden Frosch können wir die Nerventätigkeit an den Bewegungen 
seiner Muskeln nachweisen. Je nach den Bedingungen, unter denen solche 
Bewegungen erfolgen, unterscheidet man: automatische Bewegungen, 
wie die Atembewegung, die Herzkontraktion, die Kontraktion der Blut- 
gefäße u. s. w., die durch innere, von den Organen und besonderen CGentren 
ausgehende Reize hervorgerufen werden; Reflexbewegungen, die immer 
auf einen bestimmten den Körper treffenden Reiz genau in der gleichen 
Weise antworten, und spontane Bewegungen, welche man wegen des 
scheinbaren Fehlens einer Ursache als willkürliche bezeichnet hat, das 
heißt als solche, bei denen die materielle Kausalreihe durch das Eingreifen 
eines unmateriellen psychischen Faktors unterbrochen werden soll. 

Die Reize für die automatischen Bewegungen gehen von besonderen 
Centren aus und wiederholen sich entweder „rhythmisch“, wie bei den 
Atembewegungen, oder wir haben es mit einer „tonischen“, d. h. anhalten- 
den Reizung zu tun, wie bei den Blutgefäßen, die zwar erweitert werden 
können, aber sich ständig in einer gewissen Spannung befinden. Die auto- 
matischen Nervencentren, welche die Kontraktion der Herzmuskeln veran- 
lassen, liegen im Herzen selbst am Sinus venosus und im Septum atriorum 
sowie in der Atrioventrikularfurche. Da sie also auch bei der Herausnahme 
des Herzens aus dem Körper mit ihm in Verbindung bleiben, so erklärt 
sich jene Tatsache, daß ein vor dem Austrocknen geschütztes isoliertes 
Froschherz mehrere Tage lang weiterpulsieren kann. 

Die Blutgefäße stehen unter dem Einfluß sogenannter vasomotorischer 
Centren, die in der Medulla oblongata gelegen sind. Durchschneidet man 


— 143 


das Halsmark eines Frosches, so tritt eine Erweiterung der im Rumpf ge- 
legenen Blutgefäße ein, daeben die von jenen Centren ausgehenden Erregungen 
wegen der durch den Schnitt verursachten Unterbrechung sie nicht mehr in 
Spannung halten können. Die Gefäße des Kopfes behalten dagegen ihren je- 
weiligen Durchmesser bei, denn sie stehen ja nach wie vor im Zusammen- 
hang mit ihren Centren. 

Zum Zustandekommen einer Reflexbewegung ist immer nötig, daß 
ein centripetal leitender Nerv an seinem peripheren Ende von einem Reiz 
getroffen wird. Durch Vermittelung centraler Ganglienzellen überträgt sich 
dann der Reiz auf einen motorischen Nerven, der endlich seinerseits die Be- 
wegung des Muskels bewirkt. Die ganze dabei in Mitleidenschaft gezogene 
nervöse Leitungsbahn nennt man einen „Reflexbogen“. Die hauptsächlichsten 
Centren für die Reflexbewegungen liegen im Rückenmark. Es können diese 
Bewegungen aber gehemmt werden durch besondere Gentren, die dann meist 
im Gehirn gelegen sind. So hemmen z. B. einige Äste des Vagus die Herz- 
bewegung. Goltz (1869) — im Jahre 1848 auch schon C. H. Weber — 
zeigte dies, indem er durch starkes Klopfen auf den Bauch eines Frosches 
das Herz zum Stillstand brachte; von den Baucheingeweiden werden dabei 
jene Vagusäste des Herzens reflektorisch erreg. Nach Durchschneidung 
des Vagus trat eine Unterbrechung der Herztätigkeit nicht ein. Zugleich 
fand Goltz, daß die Reflexhemmung auch durch starke Reizung anderer 
Nerven wieder aufgehoben werden könnte. So arbeitete das Herz ebenfalls 
weiter, trotz der Schläge auf den Bauch, wenn G. die Haut oder einen 
Beinnerven des Frosches gleichzeitig durch einen kräftigen elektrischen Strom 
reizte. — Man hat die Dauer des Ablaufs eines Reflexes nach Reizung eines 
sensiblen Nerven mittels eines besonders konstruierten Myographions ge- 
messen und !/,—"/so Sekunde als mittleren Wert erhalten. Diese Zeit 
ist demnach viel länger, als wir für die Reizleitung im einzelnen Nerven 
fanden; die Verzögerung muß wohl während des Passierens der Erregung 
durch die Ganglienzellen der Centralorgane stattfinden. 

Da ständig auf den Organismus eine Fülle von äußeren Reizen ein- 
wirken, zu denen sich noch eine Menge von inneren gesellen, so herrscht 
eine fortwährend wechselnde Erregung und demzufolge auch eine ebensolche 
Spannung der davon betroffenen Muskeln im Körper, welche man den 
Muskeltonus genannt hat. 

Die scheinbar „spontanen Bewegungen‘, durch die sich der Frosch 
von der Stelle bewegt, seiner Beute nachgeht, den Verfolger flieht, in der 
Brunstzeit das andere Geschlecht aufsucht u. s. w., geschehen vor allem 
durch die Vermittelung des Großhirns. Wie wir die automatischen und die 
Reflexbewegungen als Wirkungen von Reizen kennen lernten, so hat man 
auch für diese „spontanen“ Bewegungen mehrfach den Nachweis führen 
können, daß sie nichts weiter sind als höchst komplizierte Reflexe. Wenn 
es auch wegen der überaus komplizierten Beschaffenheit des dabei mit- 
wirkenden Mechanismus nicht möglich ist, alle Bewegungen des Frosches 
auf diese Weise kausal tatsächlich zu erklären, so ergibt sich doch aus 


der Beobachtung der gesamten Tierwelt, daß ihrer Zurückführung auf mate- 
rielle, physiko-chemische Faktoren prinzipiell nichts im Wege steht. Es ist 
für uns einfacher zu denken, daß alle sich an der Materie (zu der ja auch 
der tierische Organismus gehört) abspielenden Vorgänge den gleichen physiko- 
chemischen Gesetzen gehorchen, und wenn diese auch noch so kompliziert in 
Erscheinung treten, als eine Diskontinuität anzunehmen, wie sie ja eine 
Unterbrechung der materiellen Kausalreihe durch das Eingreifen metaphysischer 
(vielleicht psychischer) Faktoren wäre. Da die moderne Physiologie und Tier- 
psychologie gezeigt hat, daß im Prinzip eine kausale Erklärung der Hand- 
lungen der Tiere möglich ist, so sind wir nach jenem Grundsatz der Spar- 
samkeit des Denkens, wie ihn Avenarius 1876 zum ersten Male in seiner 
„Philosophie als Denken der Welt gemäß dem Prinzip des kleinsten Kraft- 
maßes“ in bestimmte Form gefaßt hat, gezwungen, auf das Eingreifen meta- 
physischer teleologischer Prinzipien zu verzichten, auch wenn diese scheinbar 
eine viel einfachere Erklärung zulassen, denn sie müssen stets etwas der 
Materie Heterogenes sein, und ihre Verwendung machte das Denken zwar 
„einfach“, aber nicht „einheitlich“. In dem diesem Abschnitt anhangsweise 
beigefügten Kapitel über die Psychologie des Frosches sollen diese Fragen 
nochmals behandelt werden. Hier folgen zunächst einige der interessantesten 
Experimente, durch die man das Vorkommen von Reflexen nachgewiesen 
hat, wo scheinbar spontane, durch die Willkür geleitete Bewegungen vorliegen. 

Der Verlust des Großhirns macht den Frosch unfähig, sich selbständig, 
spontan zu bewegen; er sucht sich keine Nahrung mehr und würde ver- 
hungern, wenn man ihn nicht regelmäßig fütterte. Geschieht dies aber, und 
hält man ihn auch sonst unter günstigen Bedingungen, vor allem genügend 
feucht, so kann ein solcher Frosch noch sehr lange Zeit leben. Er wird 
auf äußere Reize durch Reflexbewegungen antworten, wie es ein unverletztes 
Tier tut. Goltz hat zahlreiche derartige Versuche angestellt, indem er bei 
Fröschen entweder das Großhirn ganz entfernte oder wenigstens dessen Ein- 
fluß auf das übrige Nervensystem durch einen queren Schnitt hinter den 
Hemisphären unterbrach. Er hat solche Tiere mehr als 10 Monate lang am 
Leben erhalten, wobei er sie sogar auf einer mehrwöchentlichen Reise mit 
sich führte. Die Frösche, welche in der Natur doch scheinbar beliebig, wie 
es ihnen ihre Willkür eingibt, ihre Stimme erschallen lassen, quaken nach dem 
Verlust des Großhirns niemals mehr selbständig. Der genannte Forscher 
konnte aber zeigen, daß auch diese Funktion sich durch Reize nach Art 
eines Reflexes auslösen läßt. Streicht man nämlich mit dem feuchten Finger 
oder sonst einem runden glatten Gegenstand über den Rücken eines solchen 
Tieres, so läßt es jedesmal einen Quakton hören, der genau dem der in der 
Natur lebenden Frösche gleicht. Auch die Schallblasen werden dabei in 
der gewöhnlichen Weise vorgetrieben. Dieser Reflex tritt mit so absoluter 
Sicherheit ein, daß Goltz auf der Naturforscher - Versammlung zu Hannover 
im Jahre 1865 gelegentlich seines Vortrages über diesen Gegenstand eine 
Anzahl von mitgebrachten, von ihm in der angegebenen Weise operierten 
Fröschen genau so oft quaken lassen konnte, als ihm der Vorsitzende 


auf seine Aufforderung hin angegeben hatte. Ein unverletzter Frosch quakt 
nach jenem Reiz nicht so regelmäßig. Es übt das Großhirn also bei ihm 
eine Funktion aus, die man sich als eine die Bewegungen des Körpers ein- 
heitlich regelnde, einander koordinierende vorzustellen hat. Bei den operierten 
Tieren kann der Reflex gehemmt werden durch das Einwirken von anderen 
starken Reizen, wie wir es bereits bei dem gelegentlich der Hemmung der 
Herzbewegungen angegebenen Versuch desselben Forschers sahen. 

Auch jene Vorgänge im Nervensystem, welche das Froschmännchen in 
der Brunstzeit dazu treiben, das Weibchen zu umklammern, vermochte Goltz 
als Reflexe zu erklären, die durch einen verhältnismäßig einfachen Reiz 
unter Vermittlung eines besonderen CGentrums ausgelöst werden. Ein un- 
versehrter Frosch umarmt gewöhnlich nur Weibchen, da diese zur Brunst- 
zeit eine starke Anziehungskraft für ihn besitzen. Goltz zeigte übrigens, 
daß es sowohl Gesichts-, wie Geruchs-, wie Gehörsreize sind, welche dabei 
von dem Weibchen auf das Männchen einwirken; männliche Frösche fanden 
die mit ihnen zusammen in geräumigen Behältern gehaltenen Weibchen stets, 
solange sie noch über einen der drei angegebenen Sinne verfügten, erst als 
man sie aller drei beraubt hatte, vermochten sie nicht mehr, selbständig die 
Vertreterinnen des andern Geschlechts zu finden. Die vom Männchen aus- 
geübte Umklammerung ist eine so intensive, daß keine anderen Reize das Tier 
veranlassen können, seine Arme zu lösen. Schon Spallanzani (1729—1799) 
war dies aufgefallen, und er hatte versucht, die Tiere durch Zufügen von 
allerlei Schmerzen zum Loslassen zu bringen, aber sogar wenn er ihnen beide 
Hinterschenkel abschnitt, hielten sie das Weibchen noch fest. Goltz fand 
nun durch Experimente, daß sogar des ganzen Kopfes beraubte Frösche in 
der Umklammerung beharren, und daß es zur Auslösung dieses Reflexes 
nur einer mechanischen leichten Reizung der Haut an der Brust eines 
Männchens bedarf. Ein dekapitiertes Männchen umarmt dann alles ohne 
Unterschied. Da das Gentrum, welches den Umklammerungsreflex vermittelt, 
im vordersten Rückenmarkabschnitt innerhalb der ersten drei Wirbel liegt, 
so kann man den Reflex sogar noch an dem Bruchstück eines männlichen 
Frosches nachweisen, welches man erhält, wenn man das Tier vor dem 
ersten und hinter dem dritten Wirbel quer durchschneidet. Dagegen um- 
klammert ein Männchen mit unverletztem Zentralnervensystem, dem man mit 
der Brusthaut auch die dortigen Nervenenden entfernt hat, selbst brünstige 
Weibchen nicht mehr. 

Schließlich zeigt das Verhalten von dekapitierten Fröschen, daß sich 
viele äußerst zweckmäßige und darum scheinbar von einer Überlegung des 
Tieres geleitete Bewegungen im Prinzip nicht von jenen einfachen Reflex- 
bewegungen unterscheiden. Derartige Tiere suchen sich intensiv wirkenden 
Reizen, wie einem Drücken mit einer Pincette oder einem Stechen mit einer 
Nadel durch die gleichen Abwehrbewegungen zu entziehen, wie ein unver- 
sehrter Frosch. Oft springen sie sogar mit einem Satz davon. Hängt man 
einen geköpften Frosch an dem Vorderende des Rumpfes auf und betupft 
eine Stelle seines Körpers mit Essigsäure, so macht er sofort mit einer 
10 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 


— 146 — 


Extremität die richtigen Bewegungen, um die Säure abzuwischen. Verhindert 
man ihn daran, diese Extremität zu gebrauchen, so benutzt er eine andere. 


Es mögen hier noch einige Versuche von Yerkes (1904) angeführt 
werden. Dieser amerikanische Forscher studierte die Fähigkeit des Frosches, 
Assoziationen zu bilden zwischen verschiedenartigen und zwischen zu 
verschiedenen Zeiten gesetzten Reizen. Er fand, daß der Frosch im Ver- 
gleich zu anderen Wirbeltieren nur sehr langsam solche Verknüpfungen 
zwischen derartigen Reizen bilden kann. Frösche, welche er in eine Kiste 
gesetzt hatte, deren einziger Ausgang in der unteren Hälfte durch eine Glas- 
scheibe versperrt war, fanden sich wohl aus dieser heraus, lernten jedoch 
nicht bei öfterer Wiederholung des Versuchs, sofort die richtige Öffnung zu 
finden. Es wurden also keine Assoziationen gebildet. Anders verhielten sich 
Frösche, die Yerkes in ein Labyrinth brachte, dessen Ausgang in ein Wasser- 
bassin führte, und dessen richtiger Eingang von dem falschen in einer Sack- 
gasse endenden durch verschiedene Färbung der Wände (weiß resp. rot) unter- 
schieden war. Da den Tieren jetzt die Farben bei der Wahl des Weges 
zu Hilfe kamen, so wählten sie nach 50—100 Versuchen regelmäßig den 
richtigen Weg. Vertauschte Yerkes nun bei sonst gleichen Bedingungen die 
Farben, so zeigte sich wieder eine große Verwirrung. Wurde das alte Ver- 
hältnis wiederhergestellt, so gingen die meisten der Frösche gleich wieder 
richtig. Irgendwelche andere Reize, wie z. B. das Berühren mit einem 
Stock, regte die Tiere auf und störte die Bildung von Assoziationen. End- 
lich modifizierte Yerkes diesen Versuch dadurch, daß er quer über den 
Boden des richtigen und des falschen Weges an identischen Stellen Drähte 
spannte und dem Frosch, wenn er den falschen Weg eingeschlagen hatte, 
mit Hilfe der Drähte einen elektrischen Induktionsschlag versetzte. Nach- 
dem solch ein Frosch ein paar Mal die schmerzhaften Folgen seines Fehl- 
gehens kennen gelernt hatte, hielt er sofort an, sobald er nur die Drähte 
berührte und zwar sowohl an der richtigen wie falschen Seite. Auf dem 
richtigen Wege drehte er sich einige Male um, kehrte aber nicht zurück; 
kam er dagegen auf dem falschen Wege mit den Drähten in Berührung, so 
drehte er sofort um und sprang nach der richtigen Seite, obgleich er gar 
keinen elektrischen Schlag erhielt. — Die einmal gebildeten Assoziationen 
halten wenigstens einen Monat an, 


4. Die Tätigkeit der Sinnesorgane. 


Geschmack? Bereits im morphologischen Teile wurde darauf hin- 
gewiesen, daß es sehr fraglich ist, ob dem Frosch ein besonderer Geschmacks- 
sinn überhaupt zukommt. Als perzipierende Endorgane hat man jene er- 
wähnten „Endscheiben* auf der Zunge und am Mundhöhlendach angesehen. 
Nach Bethe (1895) haben wir es bei ihnen jedoch mit Tastorganen zu tun, 
da sich vielerlei Gründe gegen eine Geschmacksfunktion anführen lassen, 
Gaupp bestätigt diese Ansicht Bethes. 


a 


Geruch. Der Geruchssinn ist nicht sehr hoch entwickelt, wie sich 
schon aus der ganzen Anordnung der in Frage kommenden Zellen schließen 
läßt. Physiologisch bemerkenswert ist die Tatsache, daß der Frosch niemals 
Wasser in seine Nasenhöhle gelangen läßt. Unter Wasser schließt er seine 
äußeren Nasenöffnungen. Der im morphologischen Teile (S. 66) erwähnte 
Abschnitt der Nasenhöhle, welcher dem Jakobson’schen Organ der höheren 
Wirbeltiere entspricht, übt wahrscheinlich vermöge seines Riechepithels eine 
Kontrolle über die aufgenommene Nahrung aus, indem nämlich die Exspi- 
rationsluft, welche die Lungen verläßt und in der Mundhöhle an etwa dort 
befindlichen Beutestücken vorbeistreicht, in ihn hineingepreßt wird, um dann 
nach einiger Zeit durch die äußeren Nasenöffnungen ins Freie zu gelangen. 

Gehör. Da die Frösche selbst Töne hervorbringen, so ist anzunehmen, 
daß sie auch Schallwellen perzipieren können. Trotzdem reagieren sie nie 
auf einen Ton allein. Man kann sich ihnen in der Natur bis auf wenige Meter 
nähern, wenn sie am Ufer ihres Teiches sitzen. Erst, wenn sie eine Be- 
wegung des Kommenden sehen, springen sie ins Wasser, um sich dort zu 
verstecken. Sobald erst einer gesprungen ist, gelingt es nur schwer, sich 
den andern zu nähern. Yerkes (1905) hat nun nachgewiesen, daß es nicht 
der Gesichtssinn ist, welcher die andern nach dem Sprunge des ersten zur 
Aufmerksamkeit reizte, indem er sie von der Flucht ihres Kameraden benach- 
richtigte. Vielmehr konnte Yerkes feststellen, daß auch solche Frösche sofort 
auf eine geringe Bewegung von ihm sprangen, welche den ersten nicht gesehen 
haben konnten. Es muß also der Gehörssinn sein, welcher die Tiere durch 
den wehlbekannten Ton des Hineinplatschens des ersten vor einer Gefahr warnt. 
Auf irgendwelche Geräusche oder Töne reagierten dagegen die Frösche nicht, 
obwohl Yerkes alle möglichen Klangfarben und Tonstärken vom Fallen eines 
Kiesels bis zum Pistolenschuß versuchte. Erst wenn eine Bewegung von 
ihnen gesehen wurde, sprangen sie ins Wasser. Besonders das Platschen 
eines gesprungenen Frosches oder der Schmerzensschrei eines andern dienen 
als Warnung, nach welcher die geringste Bewegung genügt, um sie zur Re- 
aktion zu bringen. Deutlich zeigte dies ein großer Brüllfrosch, dem sich 
Yerkes bis auf kurze Distanz nähern konnte, obwohl schon alle andern im 
Wasser waren. Als er verwundert zusah, zeigte es sich, daß das ihm zu- 
gewandte Auge verletzt war, der Frosch ihn also nicht sehen konnte. So- 
bald er sich jedoch in das Gesichtsfeld des gesunden Auges brachte, war 
der Frosch „off like a flash*. 

Wenn man an einem Teich mit Fröschen vorübergeht, die gerade ihre 
Stimme weithin erschallen lassen, so verstummen sie gewöhnlich. Ein Frosch 
hat die Bewegung am Ufer gesehen und hört auf zu quaken, worauf auch 
die andern schweigen. Sobald aber einer wieder beginnt, fangen alle an. 
Das Aufhören ist eben ein Zeichen von Gefahr. Aus dieser Beobachtung 
geht zugleich hervor, daß die Frösche auch einander hören und eine große 
Stufenfolge von Tönen wahrnehmen, da ja die einzelnen ganz verschiedene 
Stimmen haben. 

Yerkes prüfte den Einfluß des Gehörssinns der Frösche auf den Ablauf 


a 


anderer Reaktionen auch experimentell nach. Er verwendete als Klangreiz 
den Ton einer elektrischen Glocke und als andern Reiz einen Tastreiz, der 
eine genau meßbare Zeit nach dem Klangreiz gegeben werden konnte. Es 
zeigte sich, daß ein Ton, der eine Sekunde vor der Berührung erschallt, 
keinen Einfluß auf die Reaktion hat, daß dagegen ein solcher, der nicht 
länger als 0,35 Sekunden vorher gegeben wird, die Reaktion verstärkt. Er- 
klingt der Ton aber nur 0,4—0,9 Sekunden vor dem Tastreiz, so wird die 
Reaktion auf diesen gehemmt. Yerkes erklärt diese Erscheinungen mit folgen- 
den Worten: „Jeder Reiz veranlaßt einen Teil der Nervensubstanz, aus seinem 
ursprünglichen Zustande durch eine Phase gesteigerter Erregbarkeit, die wir 
als positive Phase bezeichnen können, in einen Zustand herabgesetzter Erregbar- 
keit, die negative Phase, überzugehen. Es folgt auf einen Zustand gesteigerter 
Irritabilität der Gewebe ein solcher von herabgesetzter Irritabilität.. Wenn 
im Laufe der durch einen ersten Reiz hervorgerufenen Veränderungen ein 
zweiter Reiz wirksam wird, so wird sein Einfluß auf die Reaktion von der 
Phase im Zustand der Gewebe abhängen, in welcher er wirksam wird. 
Wenn sich das Nervensystem in einem Zustande gesteigerter Irritabilität be- 
findet, und Reize nicht auf Sinnesgebiete wirken, deren Reaktionen antago- 
nistisch zu einander sind, dann wird, wie gesagt, die Reaktion verstärkt 
werden; wird dagegen der zweite Reiz in der negativen Phase wirksam, so 
tritt partielle oder totale Hemmung ein.“ 

Über die statische Funktion der mit dem Hörorgan verbundenen halb- 
zirkelförmigen Kanäle und der Otolithen wurde das wesentliche bereits bei 
der Anatomie besprochen (s. S.47). Hier sei nur erwähnt, daß nach Ewald 
(1894) die Reize, welche die Nervenenden in dem Labyrinth fortwährend 
treffen, einen beständigen Tonus der Muskulatur zur Folge haben, der als 
Öhrtonus bezeichnet wird. 

Gesicht. Aus der Geschicklichkeit, mit welcher der Frosch seine 
Beute erhascht, aber auch aus dem Bau und der Größe seiner Augen kann 
man folgern, daß sein Gesichtssinn nicht schlecht ausgebildet ist. Im all- 
gemeinen ist der Frosch ziemlich lichtscheu und bevorzugt die schattigen, 
dunklen Plätze, wie er denn auch am liebsten erst in der Dämmerungszeit 
auf den Beutefang ausgeht. Von den verschiedenen Farben bevorzugt er 
die roten. Goltz erzählt, wie sich Knaben dieses zu Nutze machen, indem 
sie die Frösche mit Angelhaken fangen, an denen als Köder Stückchen von 
rotem Zeug befestigt waren. Yerkes bewegte an der gläsernen Außenwand 
seines Froschbehälters ein rotes Papier und sah, wie die Frösche nach 
diesem sprangen. 

Genaue Untersuchungen und Berechnungen haben ergeben, daß das 
Froschauge in der Luft leicht myopisch, d. h. kurzsichtig ist. (Beer 1898). 
Die Fernpunktdistanz bestimmte man auf 216—135 mm, sie kann sogar 
etwas größer sein. Hierdurch wird es dem Frosch ermöglicht, seine Nah- 
rung zu erhaschen, sobald sie auf Sprungweite herangekommen ist. Im 
Wasser dagegen ist sein Auge hochgradig hypermetropisch, d. h. weitsichtig. 
Dies ist darin begründet, daß im Wasser die Brechung der Lichtstrahlen 


an der stark gekrümmten Cornea wegfäll, da deren Lichtbrechnungs- 
koeffizient dem des Wassers beinahe gleich ist. Ein scharfes Einstellen eines 
Bildes auf der Netzhaut, ein Akkommodieren ist dem Frosch wohl nur in 
geringem Grade möglich. Tretjakoff (1906) fand in der hinteren Augen- 
kammer einige Muskeln, welche die Linse bewegen und so den Abstand 
derselben von der Retina ein wenig verändern können. Die Folge davon 
ist, daß der Frosch im Wasser nur undeutlich sehen kann. Da er aber 
das Wasser auch nur aufsucht, um sich zu verbergen, niemals aber um 
dort Beute zu erjagen, und da die Wasseransammlungen, in die er sich 
rettet, meist durch ihre Trübheit ein deutliches Sehen ohnehin nicht ge- 
statten, so scheint dieser Mangel das Tier nicht gerade sehr zu benach- 
teiligen. In der Luft liegen die Verhältnisse für den Frosch bedeutend 
günstiger, denn obwohl die Starrheit des ganzen optischen Apparates zwar 
einen ganz bestimmten Abstand des zu sehenden Objektes vom Auge er- 
fordert, damit ein scharfes Bild von diesem auf der Netzhaut zustandekommt, 
so werden doch durch die kurze Brennweite des Systems der lichtbrechen- 
den Medien auch die Bilder der vor und hinter der Fernpunktsebene ge- 
legenen Objekte, auf eine kurze Strecke der Sehachse zusammengedrängt. 
Das deutliche Sehen ist also nicht an eine allzu begrenzte Zone gebunden, 
in der sich das Objekt befinden muß. Außerdem ist hier zu beachten, daß 
der Frosch, wie alle niedrig stehenden Tiere niemals auf die Bilder ruhen- 
der Objekte reagiert. Er beachtet niemals die Form an sich, sondern ledig- 
lich Bewegungen sind es, welche ihn zu irgend einer Handlung veranlassen 
können, wenn ihr Bild über seine Netzhaut streicht. Damit steht im Ein- 
klang, daß der Frosch nur lebende, fliegende oder zappelnde Beutetiere er- 
greift, aber niemals tote, die man ihm etwa in der Gefangenschaft vorhält, 
es sei denn, daß man sie vor seinen Augen hin und her bewegt. 


Psychologie. 


Auch bei uns in Deutschland beginnt man jetzt, sich mehr und mehr 
für die Psychologie der Tiere zu interessieren, während in Amerika das 
Studium der Tierseele schon viel allgemeiner verbreitet ist. Es seien hier 
einige grundlegende Bemerkungen vorausgeschickt. 

Die Physiologie und die moderne experimentelle Psychologie der Tiere 
haben gezeigt, daß sich die Bewegungen und das Verhalten der Tiere als 
kausal bedingte physiko-chemische Vorgänge erklären lassen. Wenn das bei 
dem geringen Alter dieser Wissenschaft bis jetzt auch nur hier und da an 
einzelnen Erscheinungen in der Tierwelt gelungen ist, so genügen doch die 
gewonnenen Resultate, um im Prinzip alle äußeren Bewegungen und Hand- 
lungen der Tiere als mechanische, das heißt auf dem Ablauf materieller 
Ursachen und Wirkungen beruhende, auffassen zu können (zur Strassen 1907). 
In jene Kausalreihe greift also niemals und nirgends ein immaterielles, nicht 


— 150° — 


auf dem Zusammenhang von Ursache und Wirkung beruhendes seelisches 
Prinzip, ein psychischer Faktor ein, wie man früher so sehr geneigt war 
anzunehmen. Am schwierigsten gestaltet sich die Zurückführung der meist 
durch das Großhirn vermittelten Koordination der Bewegungen auf physiko- 
chemische Vorgänge, und doch ist in neuester Zeit der Weg dazu erfolgreich 
angedeutet worden. Solche Bewegungen, welche auf die Erreichung eines 
bestimmten Zweckes hinzudeuten scheinen, verführten immer am meisten 
dazu, das Eingreifen eines psychischen Faktors, eines teleologischen Prinzips, 
anzunehmen. Aber die Zweckmäßigkeit eines Naturvorganges darf niemals 
als etwas besonders Wunderbares angesehen werden, denn das Zweckmäßige 
läßt sich stets durch Selektion entstanden denken. 

Wenn wir die in dem Benehmen eines Tieres sich äußernden Vorgänge 
von dieser Seite betrachten, so ist nirgends etwas Psychisches wahr- 
zunehmen. Trotzdem legen wir den Tieren gern eine Seele bei. _ Unter 
dieser „Seele“ verstehen wir ein von dem Materiellen gänzlich Verschiedenes, 
ein diesem heterogenes Etwas, das nur insofern mit den materiellen Vor- 
gängen verbunden ist, als es ganze Reihen von solchen Vorgängen in sich 
zu Einheiten zusammenfaßt und in der Form des Bewußtseins gleichsam 
wiederspiegelt. Da also diese Psyche etwas Immaterielles ist, kann man 
sie nicht mit den Sinnen wahrnehmen, sondern jeder weiß nur aus seiner 
ureigensten Erfahrung, daß er ein „Bewußtsein“, besitzt, ein Bewußtsein, 
dessen Negation uns durch den Zustand der „Bewußtlosigkeit“ ebenfalls in 
der Erfahrung gegeben ist. Die Unmöglichkeit, eine fremde Psyche zum 
Objekt der direkten Erfahrung zu machen, hat dazu geführt, daß manche 
Psychologen nur ihre eigene Seele als exakt bewiesen annehmen (Solipsis- 
mus.) Die größte Mehrzahl derer, die sich mit diesen Fragen beschäftigt 
haben, gibt aber eine Seele, ein Bewußtsein, auch für die ganze Menschheit 
zu und befindet sich mit der Annahme, daß somit eine Vielheit von neben- 
einander existierenden im Prinzip aus denselben Elementen zusammen- 
gesetzten Psychen vorhanden ist, in voller Übereinstimmung mit der auch 
außerhalb der Wissenschaft herrschenden Ansicht. Wenn nun aber jeder 
Mensch ein Bewußtsein hat, so ist schon allein im Hinblick auf seine De- 
szendenz kein Grund vorhanden, für die Seele eine scharfe Grenze zu 
ziehen. Vielmehr muß angenommen werden und wird ja auch von den 
meisten angenommen, daß die Psyche des Menschen sich ebenso aus einer 
Tierseele entwickelt hat, wie der leibliche Mensch aus dem Tier. Dazu 
kommt dann noch eine weitgehende Analogie, indem wir Bewegungen, die 
wir beim Menschen als den Ausdruck eines seelischen Vorgangs kennen, 
in fast der gleichen Weise wenigstens bei den höheren Tieren wiederfinden; 
und das stimmt nicht nur für starke Äußerungen z. B. von Schmerzgefühl 
oder Freude u.s. w., sondern besonders auch für jene nur mit den feinsten 
Instrumenten meßbaren Änderungen der Pulsfrequenz, der Spannung in den 
Blutgefäßen, des Tempos und der Intensität der Atmung, welche die psychischen 
Vorgänge des Menschen begleiten. Wie weit in der Tierreihe ein solches 
Bewußtsein vorhanden sein mag, ob es da überhaupt eine Grenze gibt oder 


— 551 — 


nicht, soll hier unentschieden bleiben. Der „Common Sense“ nimmt ja so- 
gar für die niedersten Tiere ein Bewußtsein an, denn es gibt wenige, welche 
bei den auf eine Verletzung eines solchen Tieres folgenden heftigen Be- 
wegungen nicht glauben, daß dasselbe Schmerzempfindungen und starke Un- 
lustgefühle hat. 

Wenn das Vorhandensein einer Tierseele auch niemals exakt bewiesen 
werden kann, (manche Forscher, wie z. B. Beer, Bethe, Uexküll sprechen 
deshalb der Tierpsychologie jede Daseinsberechtigung ab), so liegt für die 
Wissenschaft doch kein Grund vor, ein solches zu leugnen, vielmehr spricht 
die große Wahrscheinlichkeit sehr zugunsten einer tierischen Psyche. So- 
mit wäre eine solche auch ‘dem Frosch, der als Angehöriger des Wirbel- 
tierstammes ja im Verhältnis zu vielen andern Tieren ziemlich hoch ent- 
wickelt ist, zuzuschreiben, und zwar muß diese aus den gleichen Ele- 
menten wie unser Bewußtsein aufgebaut sein. Aber hüten müssen wir uns, 
daß wir nicht dem tierischen Seelenleben Vorgänge unterschieben, die wir 
von uns kennen, die aber bei dem betreffenden Tier wegen der völlig 
andersartig gebauten Sinnesorgane und Nervenzentren ganz unmöglich sind, 
ein Anthropomorphisieren, in das leider die populäre Tierpsychologie so leicht 
verfällt. Man bedenke nur, wie anders dem Frosch nach Maßgabe seiner 
im früheren geschilderten Sinnesorgane und deren Funktion und bei seinem 
durch sein eintöniges Leben beschränkten Erfahrungskreis die Welt aussehen 
muß, als uns. 


IV. Die Physiologie der Entwicklung. 


Die Physiologie der Entwicklung sucht die einzelnen Vorgänge, welche 
sich bei der Entstehung eines Organismus abspielen, auf Ursachen zurück- 
zuführen und sie so im Zusammenhang mit den übrigen Vorgängen der ma- 
teriellen Welt verstehen zu lernen. Es sind dabei jene Faktoren, welche 
bei der Entwicklung überhaupt anwesend sein müssen, weil sie die Vor- 
bedingungen dafür abgeben, wohl zu unterscheiden von denen, welche als 
spezifische Ursachen für den Ablauf der Entwicklung in einer be- 
stimmten Form vorhanden sein müssen. In dem Teich, in welchen unser 
Frosch seine Eier abgelegt hat, entwiekeln diese sich unter denselben Vor- 
bedingungen, wie die gleichfalls dort befindlichen Fisch-, Krebs-, Schnecken- 
eier; denn die Temperatur, der Sauerstoffgehalt usw., sind in einem solchen 
kleinen Wasserbecken fast überall die gleichen. Trotzdem entsteht aus 
jedem Ei stets nur die Tierart, zu der das Ei gehört, aus dem Wasser- 
froschei stets nur ein Wasserfrosch, aus dem Grasfroschei stets nur ein Gras- 
frosch. Für diese spezifische Entwicklung fordert unser Verstand bestimmte 
Ursachen, die entweder in dem Ei selbst, in seiner mikroskopischen oder 
atomistischen Struktur gelegen sein, oder von außerhalb an dasselbe heran- 
treten müßten, oder die sowohl von innen als von außen einwirken könnten. 
Roux gab dem Teil der Physiologie, welcher die Entstehung der Organismen 
experimentell zu ergründen sucht, den Namen Entwicklungsmechanik 


— 152 — 


und teilte die denkmöglichen Arten der Entwicklung entsprechend jener drei- 
fachen Wirkungsweise der spezifischen Ursachen ein in Selbstdifferenzierung, 
passive und abhängige (korrelative) Differenzierung. Die Untersuchungen 
lehren, daß eine passive Differenzierung, bei der nur rein äußere Bedingungen 
auf ein Ei wirken sollen, nicht verwirklicht ist in der Natur; es bleiben also 
nur noch die Selbstdifferenzierung, bei welcher die Entwicklungsursachen 
alle im Ei liegen, und die abhängige Differenzierung, bei der sie teils im 
Ei, teils von außen wirken. Teilweise decken sich diese beiden Begriffe 
mit den seit langer Zeit sich heftig befehdenden Begriffen der Praefor- 
mation und der Epigenese. Wenn nämlich die Ursachen der Entwicklung 
im Ei selbst liegen sollen, so läßt sich leicht damit jene Anschauung ver- 
einigen, welche meint, daß die Anlagen bestimmter Teile des Organismus in 
Form von geordneten Systemen von Teilchen im Ei enthalten sind. Es 
würden demnach also alle Organe des erwachsenen Tiers im Ei präformiert, 
vorgebildet sein und sich während der Umwandlung des Eies zum fertigen 
Tier allmählich entwickeln im eigentlichen Sinn des Wortes. Man nennt 
deshalb auch diesen Modus der Entstehung eines Organismus Evolution 
(Entwicklung). Dem gegenüber steht die Lehre von der Epigenese, nach 
welcher eine solche Vorbildung einzelner Organe im Ei nicht vorhanden ist, 
welche vielmehr annimmt, das Ei bilde sich zum fertigen Organismus um 
durch die ständig wechselnden Bedingungen und Beziehungen seiner Teile 
untereinander und zu der Umgebung. 

An den Eiern der verschiedensten Tiere konnten bis jetzt mikroskopisch 
keine so feinen Differenzierungen aufgefunden werden, welche sich als jene 
von der Präformationslehre postulierten vorgebildeten Anlagen der späteren 
Organe deuten ließen, und es ist heute sicher, daß solche Anlagen nur in 
chemisch molekularen Strukturverhältnissen gesucht werden dürfen. Um 
hier eine Entscheidung zu bringen, müssen wir die rein deskriptive Forschungs- 
methode verlassen und uns dem Experiment zuwenden, welches heute ge- 
rade am Froschei soviele Erfolge erzielte. 


Man hat durch Modifikation der äußeren Bedingungen, unter denen sich 
das Froschei entwickelt, einen Einblick in die Erfordernisse der Entwick- 
lung zu gewinnen gesucht. So hat das Froschei stets eine gewisse Menge 
von Sauerstoff nötig, wenn es sich normal weiterentwickeln soll. Fehlt 
dem umgebenden Wasser jener wichtige Bestandteil, so hört die Entwick- 
lung nach 24 Stunden auf, und die Eier sterben ab. Man hat Eier vier 
Tage lang in einer Wasserstoff- oder Stickstoffatmosphäre aufgezogen und 
sie dann in gewöhnliches Wasser gebracht, worauf aus ihnen abnorme 
Embryonen entstanden. Auf demselben Wege fand man, daß die Wirkung 
von Kohlensäure auf die Eier besonders schädlich ist. 

Während der Entwicklung nimmt das Ei Wasser in sich auf. Diese 
Resorption nimmt in der ersten Zeit von Etappe zu Etappe etwas zu, dann 
fällt sie wieder ein wenig. Sie ist am intensivsten zu der Zeit, in welcher im 
Ei die bedeutsamsten Veränderungen der ersten Entwicklungsepoche stattfinden. 


— 153 — 


Zur normalen Entwicklung ist ferner eine gewisse Wärme nötig, die 
aber nicht ohne schwere Schädigung überschritten werden kann. Für das 
Ei des Grasfrosches beträgt das noch mögliche Temperaturmaximum 25° C. 
Solche Eier vertrugen auch eine allerdings nur sehr kurze Zeit einwirkende 
Temperatur von 40° C. Plötzliches starkes Abkühlen der Eier durch Ein- 
werfen derselben in Wasser von 0° C. schädigt sie schwer; dagegen schadet 
ihnen ein allmähliges Überführen in diese Temperatur nichts, nur geht die 
Furchung immer langsamer und langsamer vor sich, und es ist schwer zu 
sagen, ob bei 0 überhaupt noch Veränderungen am Ei stattfinden. Nach 
Überführung in gewöhnliche Temperaturen entwickeln sich ältere Stadien 
noch normal, auch wenn sie 14 Tage auf 0° gehalten wurden. 

Nach Driesch soll es für die Furchung und die Anlage der Organe 
nicht von Bedeutung sein, ob sich die Froscheier im Licht oder im Dunkeln 
befinden. Jung untersuchte die Einwirkung verschiedenfarbigen Lichts auf 
die Froschentwicklung und fand, daß nach einem Monat die Larven am 
größten waren, welche im violetten Licht aufwuchsen. Dann folgten nach- 
einander die im blauen, weißen und gelben Licht gezogenen. Noch kleiner 
waren die im Dunkeln gehaltenen, und endlich zeigten die im roten und im 
grünen Licht befindlichen das geringste Wachstum. 

Chemische Stoffe wirken verschieden auf die Froschentwicklung. 
Bei ihrer reichen Auswahl zeigt sich aber doch, daß sie im allgemeinen die 
normale Entwicklung mehr oder weniger erheblich stören je nach der 
Konzentration, mit der sie einwirken. Da sind zunächst die mannigfachen 
Salze, welche wohl hauptsächlich dadurch auf die Eier einen Einfluß aus- 
üben, daß sie die osmotischen Bedingungen, unter denen jene stehen, stark 
verändern. Sehr häufig tritt nach ihrem Zusatz zu dem die Eier umgeben- 
den Wasser eine Embryonenbildung auf, die man als Spina bifida (= zwei- 
gespaltenes Rückgrat) bezeichnet. Bei dieser bildet je eine seitliche Hälfte 
der Medullarplatten des Embryo einen halbkreisförmigen Wulst in der Gegend 
des Ei-Äquators, beide zusammen also einen ganzen Kreis. Auf einem Quer- 
schnitt sieht man, daß unter jeder der beiden Hälften des Medullarrohres 
eine Chorda dorsalis angelegt ist, deren Durchmesser aber nur der Hälfte 
einer normalen Chorda gleichkommt. Eine solche Spina bifida läßt sich er- 
zeugen durch Einbringen der Eier in eine 6°/,ige Kochsalzlösung, ferner durch 
Einwirkung von Baryum-, Kalium- und Calciumsalzen. Eigenartig wirkt 
Lithiumchlorid auf die Froschentwicklung, wie ja gerade das Lithium auch 
die Entwicklung anderer Eier in merkwürdiger Weise beeinflußt. Lithium- 
chlorid verzögert die Entwicklung der Froscheier und erzeugt seltsame Miß- 
bildungen von Embryonen, die nur im vorderen Teil auftreten, und deren 
Blastoporusspalte ringförmig um den Dotter herumgeht, während eine Seite 
des Eies von der andern verschieden ist. Man hat durch dieses Salz auch 
ein Einsinken des Ektoderms und des Embryos ins Innere des Eies hervor- 
gebracht. — Von den nicht zu den Salzen gehörenden chemischen Stoffen 
verzögern einige die Entwicklung, andere erzeugen einen Dottervorfall. 

Über die Wirkungen des elektrischen Stromes weiß man bis jetzt, 


— 154 — 


daß er die Lage und Anordnung der Furchungsebenen des Froscheies nicht 
beeinflußt. Dagegen geht aus entsprechenden Experimenten hervor, daß die 
Froschlarven durch einen Strom von mittlerer Stärke, der gegen ihren Kopf 
fließt, erregt werden können, so daß sie mit den Köpfen an die Anode zu 
liegen kommen. Ein schwacher Strom dagegen wirkt nur, wenn er gegen 
den Schwanz der Larven fließt, so daß sie mit den Köpfen an die Kathode 
kommen. Ein starker Strom lähmt die Froschlarven. 

Die Schwerkraft läßt normaler Weise im Froschei den schwereren 
Nahrungsdotter nach unten sinken, wie wir ja bei der Besprechung der Ent- 
wicklung gesehen haben. Ihre Einwirkung ist aber nicht von Nöten für den 
normalen Ablauf der Furchung, denn Roux hob sie dadurch auf, daß er 
die Eier auf einer vertikalen langsam rotierenden Scheibe befestigte und sie 
so stetig in andere Lagen zur Richtung der Schwerkraft brachte. Trotz- 
dem furchten sich die Eier und lieferten Embryonen. — Junge Larven zeigen 
das Bestreben, im Wasser in einer der Schwerkraft entgegengesetzten Rich- 
tung zu schwimmen, sie steigen nach oben, sind also negativ geotropisch. 

Die der Schwerkraft verwandte Gentrifugalkraft hat man auch auf 
Froscheier einwirken lassen und gefunden, daß bei hohen Umdrehungs- 
zahlen, also einer starken Kraftwirkung, ungefurchte Eier getötet werden, 
bereits gefurchte sich aber weiter entwickeln. Es werden dabei die Zellen 
am unteren Pol, welche ja den Nahrungsdotter enthalten, beschädigt, was 
zur Bildung eigenartiger Embryonen führt. Es furcht sich meist nur die 
obere Hemisphäre, während die Zellen der unteren degenerieren. Oft ent- 
stehen auch auf diese Weise Embryonen mit Spina bifida. 


Um die Ursachen zu ermitteln, welche die Lage der ersten Furchungs- 
ebenen bestimmen, sind mannigfaltige Experimente angestellt worden. Zu- 
erst war es Pflüger, welcher sich mit diesen Fragen beschäftigte. Er fixierte 
Froscheier vor Beginn der Furchung und brachte sie in verschiedene ab- 
norme Lagen, indem er ihre Achsen willkürlich neigte. Er fand daß- trotz 
Allem die ersten beiden Furchungsebenen stets vertikal standen, wenn nur 
die Schwerkraft wenigstens 1 Stunde auf die Eier eingewirkt hatte. Auch 
die späteren Furchungsebenen sollen sich noch abhängig von dieser Kraft 
zeigen. Hatte Pflüger aber die Eier um volle 180° gedreht, so trat nur 
äußerst selten eine Furchung ein, die dann niemals normal verlief, sondern 
es entstanden mißgebildete Embryonen, die bald abstarben. Pflüger schloß 
aus diesen Ergebnissen, daß die Schwerkraft der richtende Faktor für die 
Lage der Furchungsebenen ist. Demgegenüber zeigte Born, daß ein solcher 
Schluß nicht gerechtfertigt sei, denn er. konnte nachweisen, daß sich der 
Inhalt des Eies innerhalb einer dünnen pigmentierten Haut, welche am oberen 
Pole am dicksten ist, dreht. Es sinkt immer der schwerere Nahrungsdotter 
nach unten, und auch der übrige Eiinhalt ordnet sich wieder in der nor- 
malen Weise an. Daß sich die völlig (um 180°) umgedrehten Eier nicht 
furchten, erklärte Born damit, daß die Spermatozoen nicht die jetzt nach 
oben gekehrte weiße Zone der Pigmenthaut der Eier durchbohren könnten. 


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Pflüger befruchtete nämlich die Eier immer erst nach dem Umdrehen. Da 
nun auch noch jene erwähnten Experimente in Betracht gezogen werden 
müssen, bei denen man die Eier durch ständige Rotation in immerzu 
wechselnde Lagen zur Richtung der Schwerkraft gebracht hatte, sodaß diese 
nicht einwirken konnte, und weil sich auch hierbei die Eier normal furchten, 
so kann man zunächst nur schließen, daß die Schwerkraft keine specifische 
Ursache für die Lage und Anordnung der Furchungsebenen sei, sondern 
daß die ersten zwei Furchungsebenen das Ei immer so durchschneiden, daß 
gerade der Nahrungsdotter und dem entsprechend auch die hauptsächlich 
Bildungsdotter enthaltende Region des Eies genau halbiert werden. Nun ist 
durch die Eiachse allein die erste Furchungsebene noch nicht bestimmt, 
denn man kann sich das Ei bei senkrechter Furchungsebene um seine Achse 
rotierend denken. Roux gibt an, daß ein anderer Faktor für die Lage der 
ersten Furchungsspindel und damit auch der ersten Furchungsebene die Ein- 
trittsstelle des Spermatozoons ins Ei sei. 

Pflüger, dann Born und auch Hertwig komprimierten das sich furchende 
Ei zwischen parallelen Glasplatten. Späteı wurden diese Versuche in modi- 
fizierter Form wiederholt, indem man die Eier zwischen nicht parallele, sondern 
schräg gegen einander geneigte Platten brachte, oder indem man sie in 
Glasröhren aufsaugte. Aus allen diesen Experimenten ergab sich, daß eine 
Veränderung der Form der Eier die Furchung in irgend einer Weise beein- 
flußt und abweichend gestaltet. Es resultierten aber doch stets normale 
Embryonen. Da sich die ersten Furchen hierbei immer in die Richtung des 
Druckes einstellen, so meinte Pflüger, die Teilungsspindel könne sich nicht 
gegen den Druck ausdehnen. Born aber machte dagegen geltend, daß dies 
nicht der wahre Grund für die tatsächliche Stellung der Spindel sein könnte, 
denn innerhalb des ja flüssigen Eies ist der hydrostatische Druck nach allen 
Seiten der gleiche. Hertwig meinte, die Teilungsspindel verlängere sich 
immer nur in der Richtung der größten Protoplasmamasse, woraus sich ja 
tatsächlich jene senkrechte Stellung der ersten Furchungsebenen zu den 
komprimierenden Platten ergeben würde, was auch Morgan für wahrschein- 
lich hält. Besonders interessant war aber bei diesen Versuchen die Tat- 
sache, daß die Reihenfolge der Furchungen eine andere als die normale ist 
und daß trotzdem normale Embryonen entstanden. Mit Morgan müssen wir 
hieraus folgern, daß „die Aufeinanderfolge der Kernteilungen während der 
frühesten Furchungsperiode keine Beziehung zur späteren Bildung der Em- 
bryonen hat, und daß zu dieser Zeit die Kerne alle gleichwertig sind.“ 

An ähnliche Überlegungen schließen sich die Versuche an, welche von 
einer Reihe von Autoren gemacht wurden, um zu sehen, was geschieht, 
wenn Teile des Eies operativ entfernt werden. Roux tötete durch einen 
Stich mit einer heißen Nadel eine der beiden ersten Blastomeren und er- 
hielt aus dem sich ruhig weiterfurchenden Eirest Embryonen, welche genau 
die entsprechende Hälfte eines ganzen Embryos ausmachten. Andererseits 
entstanden aber auch vollständige Embryonen aus derartig beschädigten Eiern. 
Für letztere nahm Roux an, daß die der verletzten Blastomere entsprechende 


BE; 


Hälfte des Tieres durch eine Art Regeneration von den Zellen der unver- 
letzten Eihälfte unter Beihilfe des in ihr erhalten gebliebenen Plasmarestes 
gebildet worden sei. Hertwig beobachtete an in gleicher Weise verletzten 
Froscheiern, daß sich die beschädigte Blastomere nach unten dreht und von 
da aus einen gewissen Einfluß auf die sich weiterfurchende Eihälfte ausübt. 
Er meinte, man würde vollständige Embryonen erhalten, wenn es gelänge, 
die eine Blastomere völlig von der andern zu trennen. Endres und Walter, 
welche Roux’s Experimente ebenfalls wiederholten, erzeugten regelmäßig 
Halbembryonen und konnten zeigen, daß die Zellen, welche sich in der ver- 
letzten Eihälfte fanden, aus der unverletzten in diese eingewandert seien. 
Ziegler wies nach, daß dann, wenn der Kern der einen Blastomere völlig 
getötet wurde, die andere Blastomere niemals mehr als einen Halbembryo 
bildet. Bei seiner geringen Größe wird aber der Kern der beschädigten Ei- 
hälfte selten völlig vernichtet, und daher kommt es, daß sich diese Eihälfte 
weiterentwickeln kann, allerdings immer viel langsamer als die unverletzte. 
Die von Roux angenommene Regeneration der beschädigten Eihälfte von Seiten 
der unbeschädigten sei daher zu verwerfen. Morgan tötete die eine Blas- 
tomere mit einer heißen Nadel, fixierte die Eier und ließ sie sich entwickeln, 
die einen in der normalen Lage mit dem 
b schwarzen Pol nach oben, die andern um- 
ye gedreht mit dem weißen Pol nach oben. 
\ Durch eine sorgfältige Kontrolle der Eier 
NH schied er diejenigen aus, in welchen sich die 
verletzte Blastomere nicht als völlig getötet 
erwies. Die Eier, deren schwarzer Pol oben 
war, lieferten alle Halbembryonen, die, deren 
Doppelmißbildungen vom Gras- weißer Pol oben lag, ergaben Ganzembryonen 
frosch; durch Pressung der sich von halber Größe. O.Schultze endlich fixierte 
furchenden Eier zwischen Deck- nhefruchtete Eier vom Grasfrosch zwischen 
glas und Objektträger unter ab- E = ; : 
normer Einwirkung der Schwer- Deckglas und Objektträger, mit dem weißen 
kraft entstanden (n. O. Schultze.) Pol nach oben, befruchtete sie und drehte 
dann den Objektträger um 180°, so daß die 
Eier also normal den schwarzen Pol nach oben richteten. Sobald die erste 
Furche aufgetreten war, drehte er die Eier wieder um und ließ sie bis 
zum Beginn der Gastrulation in dieser Lage, worauf er sie befreite. Es 
ergaben sich lauter Doppelgastrulae, d. h. je zwei miteinander verwachsene 
Gastrulae. (Vgl. Fig. 82.) 

Roux hatte auf seine Experimente hin die Theorie aufgestellt, daß 
durch die erste Furchungsebene die beiden Körperhälften des Tieres getrennt 
würden, und daß jede Blastomere lediglich einen bestimmten Teil des 
fertigen Organismus zu bilden hätte. Er nahm an, daß in dem Ei die Teile 
des erwachsenen Tieres bereits präformiert enthalten seien und dort durch 
die Furchungen mosaikartig getrennt und an die Stelle ihres späteren Ent- 
wicklungsbereichs gebracht würden. Die oben aufgeführten Ergebnisse der 
Versuche von O. Schultze und Morgan ergeben aber unzweideutig, daß jede 


Fig. 82. 


N... 


der beiden ersten Blastomeren einen ganzen Embryo liefern kann, daß also 
nicht nur die entsprechende Hälfte des fertigen Frosches in ihr vorgebildet 
ist. Noch viel deutlicher ist dieses bei den Eiern anderer Tiere der Fall, 
so bei den Hydromedusen, Echinodermen, Teleosteern, Ascidien, dem Lanzett- 
fischehen und beim Salamander. Bei einer Anzahl dieser Formen hat man 
nämlich die beiden ersten Blastomeren völlig von einander trennen können 
und hat dann stets Ganzembryonen von geringerer Größe enthalten. Bei 
anderen Tiergruppen dagegen, z. B. bei den Rippenquallen, zeigte es sich, 
daß tatsächlich jede der ersten beiden Blastomeren nur die Hälfte des Tieres 
liefert, jede der ersten vier Furchungszellen nur einen Viertelembryo. Bei 
diesen haben wir es also wirklich mit einer Mosaikbildung zu tun. Driesch 
nannte solche Eier, bei denen jede Blastomere sich zu einem ganzen Tier 
entwickeln kann, totipotent (= zum Ganzen fähig). Es ist anzunehmen, daß 
in der Tierreihe alle Übergänge von solchen totipotenten Eiern zu denen, 
welche gewissermassen anisotrop, wie das Ctenophorenei sind, vorhanden sein 
mögen. Das Froschei müssen wir nach dem Vorhergehenden zu den toti- 
potenten Eiern rechnen. 

Geleitet von der Ansicht, daß der Kern es sei, welcher der Zelle ihr 
typisches Gepräge gebe und sie zu ihren Leistungen veranlasse, meinte Roux, 
der Kern des Froscheies teile sich bei der Furchung qualitativ, das heißt 
so, daß die beiden aus ihm hervorgehenden Tochterkerne qualitativ ver- 
schieden seien. Morgan bekämpft diese Ansicht, da keinerlei histologische 
Tatsachen für eine solche Ungleichheit sprechen. Im Gegenteil wird ja 
durch den komplizierten Teilungsmechanismus gerade dafür gesorgt, daß die 
beiden Tochterkerne ganz gleiche Teile des Mutterkerns erhalten. Es muß 
im Gegenteil das Plasma der Eier different sein, wie das ja bei den Mosaik- 
eiern so deutlich zu sein scheint. Driesch konnte zeigen, daß beim Ei des 
Seeigels tatsächlich sich das Plasma der animalen Hälfte anders verhält als 
das der vegetativen. 


Noch in anderer Weise hat man die Anlagen gewisser Teile in frühen 
Stadien der Entwicklung nachzuweisen gesucht. Durch operative Eingriffe 
trennte man bestimmte Teile des entstehenden Tierkörpers von diesem ab 
und überpflanzte, transplantierte sie an andere Stellen oder sogar auf andere 
Tiere. In neuester Zeit hat diese embryonale Transplantation eine An- 
zahl von wirklich lohnenden Erfolgen zu verzeichnen. Man hat die vorderen 
Enden von Froschembryonen mit den hinteren Enden anderer Individuen 
verschmolzen und erhielt daraus lebende Larven, sogar wenn diese infolge 
der Maße der Teilstücke zu kurz oder zu lang wurden. Nur starben diese 
vom Normalmaße abweichenden Larven dann sehr bald, da ihnen entweder 
gewisse Organe fehlten, oder sich gewisse Teile nur mangelhaft hatten ver- 
einigen können. Ergänzten sich dagegen die beiden Stücke ‚in richtiger 
Weise, so vereinigten sich stets die zusammengehörenden Organteile, auch 
wenn sie sich nicht direkt berührten, und die Larven waren völlig lebens- 
fähig. Doppellarven entstanden dadurch, daß man die Ventralseiten zweier 


— 


Eier nach Entfernung der untersten Dotterpartien aneinanderwachsen ließ 
oder dadurch, daß man die dorsalen Flächen der Köpfe zweier Embryonen 
zusammenschweißte (s. Fig. 83). Man hat auf diese Weise Teilstücke ver- 
schiedener Arten und sogar verschiedener Gattungen miteinander zu lebens- 
fähigen Organismen vereinigen können. Ein vorderes Ende von einem Wasser- 
froschembryo, an das man das hintere eines Moorfroschembryos gesetzt hatte, 
lebte und entwickelte sich 17 Tage lang. Obwohl bei solchen Doppel- 
bildungen das Blut gemeinsam zirkuliert und auch oft Nährmaterial aus dem 
einen Teil in den andern übergeht, so behält doch jeder seinen spezifischen 


Fig. 83. 
ar b. (er 


Künstlich zum Verwachsen gebrachte Larven vom Wasserfrosch (nach Born). 
a. Gleichsinnige Bauchvereinigung. 


b. Janusartige Gehirnvereinigung. „15 Wochen nach der Vereinigung meta- 
morphosierte das Exemplar vollkommen. Das große Fröschchen trug das kleine 
dauernd auf dem Rücken, so daß dessen Bauch nach oben gewendet war, und 
hüpfte mit demselben ganz munter umher.“ 


c. „Gleichsinnige Bauchvereinigung, nach 22 Tagen konserviert. Man sieht 
das durchscheinende, wenig gebogene gemeinsame Darmrohr, das in der Ver- 
wachsungsebene gelegen ist, mit den von beiden Partnern herkommenden Zu- 
und Ableitungsrohren.“ 


Charakter bei, auch wenn beide Komponenten sich in Färbung usw., äußer- 
lich stark unterscheiden. Interessant sind die Versuche Harrisons, welche 
beweisen, daß der Zellstrang, aus dem die Seitenlinie der Froschlarve her- 
vorgeht, nicht durch Umbildung der entsprechenden Zellen seines Gebietes 
entsteht, sondern daß er von dem Kopf der Larve aus nach hinten weiter- 
wäehst. Harrison vereinigte den dunklen Vorderkörper der Larve einer 
amerikanischen, unseren Fröschen nahe verwandten Art (Rana silvatica) mit 
dem entsprechenden hellen Hinterkörper der Larve einer anderen, ebenfalls 
in Amerika beheimateten Froschart (Rana palustris).. Wie Fig. 84 zeigt, 
wuchs die dunkle Seitenlinie des Vorderstücks stets in den hellen hinteren 
Körperabschnitt der nunmehr einheitlich verschmolzenen Larven ein und 
drang bis in den Schwanz derselben vor. Da normalerweise die dunkle 


— 159 — 


dieser beiden Larvenformen eine dunkle, die helle aber eine helle Seitenlinie 
hat, so geht aus diesem Verhalten unzweifelhaft hervor, daß tatsächlich die 
Seitenlinie im Zusammenhang mit dem sie versorgenden Ast des Nervus 
vagus nicht an Ort und Stelle entsteht, sondern vom Kopf aus in den Rumpf 


einwächst. — Fig. 85 zeigt das gleiche Resultat unter etwas veränderten 
Bedingungen. 


Fig. 84. 


Larven aus dem Vorderende von Rana sylvatica und dem Hinterende von 
Rana palustris zusammengesetzt. 
a. 2 Stunden, b. 26 Stunden, c. 51 Stunden nach der Operation. Die in a. noch 
fehlende dunkle Seitenlinie des Vorderstücks ist in b. bereits ein großes Stück 
auf den hinteren Komponenten, in c. noch viel weiter auf das Gebiet des Schwanzes 
vom Hinterstück vorgewachsen (nach R. G. Harrison aus Korschelt). 


Fig. 85. 


Ein des Schwanzes beraubter Embryo von Rana sylvatica in eine Rückenwunde 
von Rana palustris eingepflanzt. 
a. 1 Tag, b. 3 Tage nach der Vereinigung. Die dunkle Seitenlinie von Rana 
sylvatica wächst in das entsprechende Gebiet von Rana palustris ein (nach 
Harrison u. Korschelt). 


In der Natur hat man öfters Doppelbildungen an Fröschen gefunden. 
So werden gar nicht selten Fälle erwähnt, wo Frösche mehrere Extre- 
mitäten auf einer Seite, vorn oder hinten besaßen. Ein Grasfroschembryo 
von 7—10 Tagen hatte zwei verkümmerte Köpfe, konnte aber nicht aus 
den Eihüllen ausschlüpfen. Das wird wohl auch der Grund sein, warum 


— 160 — 


wir nicht häufiger ausgebildete Doppeltiere in der Natur vorfinden. Die Ur- 
sache zu solchen natürlichen Doppelbildungen sind teils Verletzungen und 
Verstümmelungen, welche eine derartige Regeneration hervorrufen, oder von 
der Regel abweichende Anlagen im Ei und abnorme Entwicklung infolge 
irgendwelcher, vielleicht von außen wirkender Störungen. 

Braus zeigte, daß die Nerven der Extremitäten des Frosches bereits in 
deren erster Anlage vorhanden sind, und sich unabhängig vom Zentralnerven- 
system entwickeln. Er transplantierte nämlich diese Anlagen an andere 
Stellen des Körpers, wo sie sich normal weiterentwickelten und neben 
Muskeln und Knochen auch Nerven enthielten, die doch nicht vom Rumpf 
aus in sie hineingewachsen sein konnten. Daß aber doch normaler Weise 
der Zusammenhang mit dem Zentralnervensystem wichtig für die Entstehung 
von Nerven ist, konnte dadurch bewiesen werden, daß man ein normal aus- 
sehendes Hinterbein mit Knochen, Knorpeln und Muskeln, aber ohne Nerven, 
also völlig bewegungslos, erzeugte, indem man einen horizontalen Schnitt an- 
brachte, zwischen Rückenmark und Beinanlage, der am Verheilen gehindert 
wurde. 

Von großer Wichtigkeit für die Auffassung der Entstehung von Organen 
aus dem Keim sind die Experimente gewesen, die man angestellt hat, 
um die Ursachen zu finden, welche die Bildung der Linse des Auges ge- 
rade an der Stelle des Ektoderms bewirken, an der das primäre Augen- 
bläschen gegen die Körperwand stößt. Lewis zeigte an einem amerikanischen 
nahen Verwandten unserer Frösche, daß eben jener Berührungsreiz die be- 
treffende Hautstelle zur Linsenbildung veranlaßte, und daß nicht nur die nor- 
maler Weise die Linsen liefernden Hautpartien, sondern auch jeder andere 
Teil der Haut eine solche erzeugen könnte, wenn nur die Augenblase ihn 
berührte. Lewis ersetzte entweder das Hautstück am Kopf, aus welchem 
sonst die Linsen hervorgingen, durch ein Stück der Bauchhaut, oder er 
transplantierte die Augenblasen unter irgend eine Hautstelle des Tieres. 
Immer kam es auf den Berührungsreiz hin zur Bildung einer Linse, und 
andererseits unterblieb diese auch an den typischen Stellen, wenn die Augen- 
blase vorher entfernt wurde. Für unsern Grasfrosch wurde dieses Verhalten 
von Spemann bestätigt. Dagegen ergaben die neuesten Experimente dieses 
genialen Forschers, daß sich beim Wasserfrosch die Linsen auch ohne den 
Anstoß des Augenbechers entwickeln. Es ist dies eine der Tatsachen, welche 
wegen der Harmonie in der Entwicklung zweier sonst völlig unabhängig 
scheinender Organe zu den bis jetzt am schwierigsten auf mechanistische Weise 
zu erklärenden gehört. 

Eine ähnliche Harmonie fand Braus zwischen dem Operculum, jenem 
Loch in dem Kiemendeckel der schwanzlosen Amphibien, durch welches die 
Vorderextremitäten ins Freie durchbrechen, und eben jener Extremität selbst. 
Das Operculum ist zunächst geschlossen; unter dem Druck der darunter 
entstehenden Gliedmaße verdünnt sich die Haut allmählich und reißt endlich 
völlig durch. Bisher schien hier der unmittelbare kausale Zusammenhang 
ganz deutlich zu Tage zu liegen. Da zeigte Braus bei den Larven der 


— 161 — 


Unke, eines nahen Verwandten unserer Frösche, daß sich das Loch auch 
bildete, nachdem er vorher die Anlage des Arms operativ entfernt hatte, so- 
daß keine Gliedmaße entstehen konnte. 


Wir müssen also sowohl hier bei der Opercularbildung als auch bei 
der Linsenbildung annehmen, daß wir es mit Selbstdifferenzierung zu tun 
haben. Es müssen die betreffenden Zellen des Ektodermes in diesem, wie 
in jenem Falle von vornherein dazu prädestiniert sein, die betreffenden Or- 
gane zu liefern, resp. zu degenerieren und das Loch zu bilden. Bei dem 
Opercularloch ließe sich an eine Vererbung erworbener Eigenschaften denken, 
indem sich die betreffenden Zellen des Kiemendeckels im Laufe der vielen 
Generationen, während welcher der Ellenbogen immer gegen sie drückte und 
sie schließlich durchriß, daran gewöhnt hätten, zu der bestimmten Zeit das 
Loch zu bilden. Aber die Vererbung erworbener Eigenschaften ist heute 
eine völlig fragliche Annahme, gegen die sich die meisten wehren. 


Glänzend sind die embryonalen Transplantationen, welche Spemann an 
Embryonen des Wasserfrosches vornahm. Er schnitt aus der Medullar- 
platte derselben bei noch weit offenen Wülsten, also in sehr früher Jugend, 
ein viereckiges Stück heraus und heilte es umgekehrt wieder ein, sodaß das 
früher nach vorn gerichtete Ende desselben nunmehr nach hinten sah. Der 
vordere Schnitt ging etwa durch die Anlage der Augen hindurch. Der in- 
geniösen Methode wegen sei hier erwähnt, daß Spemann sich bei der Aus- 
führung dieser subtilsten Arbeiten selbstgefertigter feinster Glaswerkzeuge 
bediente oder die mannigfaltigen Messerchen, Sägen, Feilen, Häkchen u.s.w., 
welche die Insektenwelt uns darbietet, nach geeigneter Montierung benutzte. 
„Es entstanden Embryonen mit 4 Augen, zwei an ihrer normalen Stelle, 
zwei mehr oder weniger weit hinten, vor oder hinter den Hörblasen“. 
(Spemann). — Auf ähnliche Weise heilte Spemann die Anlagen der Laby- 
rinthorgane in abnormen Stellungen ein. Die aus diesen Embryonen hervor- 
gehenden Larven zeigten alle Merkmale der Desorientierung, sie überschlugen 
sich, machten Manegebewegungen, blieben auf dem Rücken liegen, usw. 


Auch die Lage der Eingeweide konnte Spemann durch derartige Trans- 
plantationen verändern. Er schnitt zugleich mit einem weiter hinten ge- 
legenen Stück der Medullarplatte einen Teil der Urdarmwand heraus und 
heilte ihn umgekehrt ein. Nicht in allen Fällen, aber doch hin und wieder 
erhielt er bei der sich entwickelnden Larve einen Situs inversus viscerum, 
das ist eine verkehrte Lage der Eingeweide, indem der spiralig gerollte Darm 
des Tieres in einer zur normalen spiegelbildlichen Lage auftrat. Gleichzeitig 
zeigte sich dann auch das ja völlig unberührt gebliebene Herz in Mitleiden- 
schaft gezogen, da es ebenfalls spiegelbildlich verkehrt war. 


Es ist hier schon einige Male von Regeneration die Rede gewesen. 
Man versteht darunter die mehr oder weniger ausgebildete Fähigkeit des 
Organismus, Teile, welche ihm durch eine Verletzung abhanden gekommen 
sind, in annähernd gleicher Weise zu ersetzen. Bei höheren Tieren ist diese 
Fähigkeit in weniger ausgedehntem Maße vorhanden als bei niederen. Während 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 11 


— 162 — 


der erwachsene Frosch wenig mehr als seine Haut zu regenerieren vermag, 
so kann seine Larve manche Körperteile, deren sie verlustig gegangen ist, 
wieder neu ausbilden. Schneidet man einer Froschlarve den Schwanz hinter 
dem After ab, so wächst wieder ein neuer mit allen seinen Teilen. Auch 
die abgeschnittenen Stücke selbst regenerieren das Rückenmark und die 
Chorda, sterben aber bald ab,. da ihnen ja die Ernährung fehlt. Morgan 
schnitt, um die Ernährung durch das Blut nicht zu unterbrechen nur ein 
Vförmiges Stück aus dem Schwanz und zwar unter Zerschneidung von 
Rückenmark und Chorda, doch ohne die. Aorta zu verletzen. Von der 
hinteren Schnittfläche wuchs nach vorn zu ein neuer Schwanz, 

Bei älteren Larven ist zum Zustandekommen einer solchen Neubildung 
unbedingt das Vorhandensein der Chorda an der Schnittfläche nötig. Wird 
sie an dem freigelegten Ende nicht entfernt, so entsteht ein neuer vollstän- 
diger Schwanz mit allen Teilen. Wenn das Rückenmark dort entfernt ist, 
so enthält auch das neue Gebilde kein solches. 

Wird der Schwanz einer Froschlarve schräg abgeschnitten und durch 
einen entsprechenden Teil des Schwanzes einer anderen Art ersetzt, nach 
der Verheilung nochmals abgeschnitten, und zwar so, daß die Schnittfläche 
sich über Teile beider Arten erstreckt, so regeneriert jeder Teil für sich 
das hinter ihm liegende Stück des Schwanzes, sodaß man schon äußerlich 
an der Färbung die beiden Teile erkennen kann. 


Wie bei vielen andern Tierarten hat man auch versucht, beim Frosch 
die Eier ohne Beihilfe des Samens zur Entwicklung zu bringen. Solche 
„künstliche Entwicklungserregung“ ist bisher bei Seesternen, Seeigeln, 
Mollusken, Würmern und Insekten gelungen. Beim Frosch ist es sehr 
schwierig, den Eiern auf irgend eine die Furchung anregende Weise beizu- 
kommen. Trotzdem erzeugte Dewitz an den aus dem Uterus entnommenen 
Eiern dreier Froscharten durch Eintauchen in eine Sublimatlösung einige 
Furchen. Noch besser gelang dieses Bataillon, der Wasserfroscheier der 
Reihe nach in eine 10°/,ige Rohrzuckerlösung, in eine 1°/,ige Kochsalz- 
lösung und in frisch bereitetes Blutserum vom Rinde brachte. Die einen 
Eier blieben in jeder Lösung 1 Stunde, die anderen 21/, Stunde; es traten 
in den Eiern Furchen auf, und zwar bei 50°/, aller Eier die ersten beiden 
Furchen senkrecht zu einander, bei den übrigen waren sie unregelmäßig an- 
geordnet. Die untere Hemisphäre zeigte sich nicht gefurcht. Vielleicht waren 
die Veränderungen des osmotischen Druckes die erregenden Ursachen für 
den Beginn einer Entwicklung. 


Geschlechtsbestimmung. Noch nicht abgeschlossen sind die Ex- 
perimente, welche R. Hertwig seit einigen Jahren mit den Eiern von Fröschen 
anstellt, um die Faktoren zu ermitteln, welche das Geschlecht des Embryos 
bestimmen. Indem er durch Anlage elastischer Ligaturen um die Weibchen 


— 1635 — 


des Wasserfrosches, welche den Druck des umklammernden Männchens er- 
setzen sollten, jene zur Ablage der Eier drei Wochen vor der normalen 
Paarungszeit brachte, und indem er die Männchen des viel früher als bei 
uns laichenden italienischen Wasserfrosches mit Weibchen unseres deutschen 
Wasserfrosches paarte, erhielt er beide Male normal abgelegte, aber frühreife 
Eier. Die meisten von diesen gingen zugrunde, aber alle, welche sich 
weiter entwickelten, waren Männchen. Ähnlich erging es ihm mit überreifen 
Eiern. Auch hier wurden die bei weitem meisten Larven zu Männchen. 

Andererseits fand Hertwig, daß die Temperatur von Einfluß auf die Ge- 
schlechtsbildung ist. Mit Wasserfroscheiern erzielte er in einer Temperatur 
von 22—30° C. 1272 und 245 5‘, also beinahe im Verhältnis 1:2; in 
einer Temperatur von 18—21° C. dagegen 54 Q und 282 5', also im Ver- 
hältnis 1:5. Die Kulturen, welche er bei 13—15° C. hielt, starben fast 
ganz aus. Man muß demnach annehmen, daß die Wärme der Entstehung 
von Weibchen günstig ist. 

Später wurde Hertwig darauf aufmerksam, daß es sehr schwer ist, an 
den Jugendstadien unserer Frösche das Geschlecht zu erkennen. Beim 
Wasserfrosch ist das erst möglich, sobald die hinteren Extremitäten ausge- 
bildet sind. Noch ungünstiger liegen die Verhältnisse beim Grasfrosch, denn 
dort fand Hertwig „rudimentäre Protogynäcie*, das heißt die Geschlechts- 
drüsen der Männchen nehmen erst den Typus eines Ovars an, ohne jedoch 
als solches funktionsfähig zu sen. Hertwig meint, daß die Umbildung dieser 
Gonade in den definitiven Hoden wahrscheinlich in der Zeit zwischen der 
Metamorphose und dem folgenden Sommer erfolgt. Durch diese Umstände 
werden also solche Untersuchungen, wie sie Hertwig anstellt, sehr mühsam 
und langwierig. Es sind auch die Eier einunddesselben Geleges verschieden 
unter sich, wie man aus dem Größenunterschied und der Wachstumszeit 
der Larven ersehen kann. Hertwig meint, die verbreitete Ansicht, daß allein 
durch das Ei das Geschlecht des entstehenden Tieres bestimmt werde, so 
daß es schon im Eierstock der Mutter entschieden sei, entspräche nicht den 
Tatsachen; auch dem Spermatozoon komme eine wichtige Rolle bei der Ge- 
schlechtsbestimmung zu. Der genannte Forscher hat außerdem das Gesetz 
der Kernplasmarelation aufgestellt, nach welchem für jede Zelle das Ver- 
hältnis der Kernmasse zur Plasmamasse ein konstantes ist. Wird das Ver- 
hältnis zu Gunsten des Plasmas überschritten, so wird es durch eine oder 
mehrere Teilungen der Zelle wiederhergestellt. Dieses Gesetz bringt nun 
Hertwig auch in Zusammenhang mit der Sexualitätsfrage bei der befruchteten 
Eizelle, in der ja zu dem eignen Kern noch der ganze Spermakern mit einer 
nur minimalen Menge von Plasma kommt. Er meint nämlich, daß die ge- 
schlechtsbestimmenden Faktoren die gleichen seien, welche die Kernplasmare- 
lation verändern. Es würde zuweit führen, hier näher auf diese Fragen 
einzugehen, zumal die Untersuchungen darüber noch im Gange sind. 

Bastardierung. Man hat versucht, die verschiedenen Arten unserer 
Frösche miteinander zu kreuzen, und ist dabei zu interessanten Ergeb- 
nissen gekommen. Grasfroscheier befruchtet mit Wasserfroschsamen ent- 


wickelten sich nicht; dagegen erzielte man bei Kreuzung im umgekehrten 
Sinne Blastulastadien. Grasfroscheier befruchtet mit Moorfroschsamen gingen 
zugrunde, dagegen entwickelten sich mit Grasfroschsamen befruchtete Moor- 
froscheier bis zu Fröschen. Moorfroscheier mit Wasserfroschsamen befruchtet ent- 
wickelten sich ebenso wie Wasserfroscheier nach Befruchtung durch Moorfrosch- 
sperma. Pflüger kreuzte die verschiedenen Varietäten des Grasfrosches er- 
folgreich unter einander, und fand dabei, daß im allgemeinen diejenigen 
Spermatozoen am besten in Eier eindringen, welche die spitzesten Köpfe 
haben, und daß andererseits diejenigen Eier sich am leichtesten besamen 
lassen, welche normaler Weise von Spermatozoen mit dieken Köpfen be- 
fruchtet werden. Die dünnen spitzen Grasfroschspermatozoen dringen, wie 
sich aus dem Vorstehenden ergibt, sehr leicht in die Eier der übrigen 
Froscharten ein. 


Auf den vorhergehenden Seiten haben wir gesehen, daß man die Ent- 
wicklungsstadien des Frosches in der mannigfaltigsten Weise benützt hat, 
um an ihnen in den ursächlichen Zusammenhang der sich abspielenden Vor- 
gänge einzudringen. Wenn diese Bemühungen auch hier und da erfolglos 
gewesen zu sein scheinen, so darf man doch nicht vergessen, daß eine ein- 
zelne Tierform allein niemals völligen Aufschluß über alle Erscheinungen 
gibt und geben kann, und daß die Entwicklungsmechanik erst dadurch ihren 
Wert erhält, daß sie die Ergebnisse, zu denen sie durch die Versuche an 
vielerei verschiedenen Tierarten gelangt, mit einander kombiniert und zu 
einem einheitlichen Ganzen verarbeitet. 

Die verschiedensten Probleme tauchen bei dem Forschen nach einem 
Kausalzusammenhang in der Entwicklung auf, und wenn bei ihrer Fülle auch 
jeder Weg recht ist, den man zu ihrer Lösung einschlagen will, so möchte 
es doch zweckmäßig erscheinen, jene Mechanismen, welche die Bildung der 
einfachsten Gewebeformen, wie z. B. das Epithel der Blastula, die Faltung 
der Gastrula usw. bewirken, etwas mehr zu berücksichtigen, denn sie 
sind es doch, welche auch bei der weiteren Organbildung in Frage kommen, 
aber leider bis jetzt wenig beobachtet, beinahe als selbstverständlich an- 
gesehen worden sind. Einen Weg, in welcher Weise eine Zurückführung 
gerade dieser kompliziertesten Erscheinungen auf kausale Faktoren möglich 
ist, hat neuerdings zur Strassen (1907) an der Entwicklung der Eier des 
Spulwurms gezeigt. 


— 165 — 


C. Biologie. 


Als „Amphibium“ lebt der Frosch bekanntlich teils im Wasser, teils 
auf dem Lande, und zwar verteilen sich die verschiedenen Aufenthaltsorte 
auf die einzelnen Lebensepochen unseres Lurches in der Weise, daß er 
seine erste Jugend ausschließlich in dem feuchten Element verbringt, nach- 
her aber meist auf dem Lande, manchmal in großer Entfernung von jedem 
Wasser lebt, und nur zum Überwintern und zur Vornahme des Laich- 
geschäfts im "Frühjahr jenes wieder aufsucht. Eine Ausnahme hiervon macht 
der Wasserfrosch, der immer im Wasser oder doch in dessen unmittel- 
barer Nähe zu finden ist. Die Frösche haben mit allen andern Amphibien 
das gemein, daß sie wechselwarm (poikilotherm) sind; das heißt, die Tem- 
peratur ihres Körpers ist nicht konstant und erhöht sich nur um ein ge- 
ringes über die des umgebenden Mediums. Daher faßt sich der frisch aus 
dem Wasser genommene Frosch kalt an, wogegen ein solches Tier, das 
lange in der Sonne gesessen hat, ziemlich warm sein kann. Im allge- 
meinen halten sich die Frösche des Tags über, wo die Sonne brennend heiß 
ist, im kühlen Schatten, an feuchten Orten in Schlupfwinkeln verborgen und 
kommen erst mit beginnender Dämmerung hervor. Der Grund hierfür ist 
wohl darin zu sehen, daß sie ja zu einem großen Teile den zur Atmung 
nötigen Sauerstoff durch die Haut aufnehmen und diese deshalb vor Aus- 
trocknung schützen müssen. Allerdings trifft man besonders die Wasser- 
frösche oft an, wie sie sich am Rande ihres Tümpels, Grabens oder Teiches 
den wärmenden Strahlen der Sonne aussetzen, um beim Nahen des Menschen 
mit weitem Sprunge sich in dem schützenden Naß zu verbergen. Auch auf 
schwimmenden Gegenständen, großen Blättern von Wasserpflanzen usw. 
sitzen sie, oder sie hängen einfach an der Oberfläche des Wassers. Die 
braunen Frösche leben mehr auf Wiesen, am Busch- oder Waldrand und am 
Rande von Sümpfen, aber auch auf Äckern und in Gärten; der Laubfrosch 
endlich klettert in das Blattwerk von Gebüschen und Bäumen. Immer aber 
finden wir unsere Frösche in der Färbung ihrer Umgebung so gut ange- 
paßt, daß es oft schwer ist, die still sitzenden Tiere von dem Untergrund 
zu unterscheiden. Da ihnen diese Tatsache sicher nützlich ist, indem sie 
nicht so leicht von ihren Feinden erkannt werden, so spricht man direkt 
von einer Schutzanpassung, Schutzfärbung. Es ist oft erstaunlich, wie 
wenig sich namentlich unsere braunen Frösche von dem Gelände abheben. 
Da gleichen sie auf einem Acker völlig den umherliegenden Erdschollen; in 
einer steinigen Gegend sind sie schwer zwischen dem Geröll zu erkennen; 
der grüne Laubfrosch verschwindet in dem grünen Laubwerk. Diese Schutz- 
anpassung ist den Fröschen sehr von nöten, denn sie besitzen viele Feinde 
und haben nur ein geringes Verteidigungsmittel gegen dieselben. Wenn sie 
nämlich geängstigt oder ergriffen werden, so scheidet ihre Haut mittels der 
in ihr enthaltenen Drüsen ein schleimiges Sekret ab, welches auf kleinere 
Tiere giftig wirkt und diese wohl abhalten kann, den Frosch zu verspeisen. 


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Doch gerade seinen schlimmsten Feinden scheint das Gift nichts zu schaden, 
so daß er ihnen gegenüber einzig und allein durch seine Färbung geschützt 
ist. Das Sekret ist immerhin so scharf, daß es die Haut unserer Hand- 
fläche unter Auftreten eines brennenden Gefühls rötet, wenn man es längere 
Zeit hat einwirken lassen, z. B. dadurch, daß man sich mit einem lebenden 
Laubfrosch zu schaffen macht, wie schon Leydig angiebt. Gleichzeitig er- 
leichtert das Hautsekret auch die Atmung, da es die Haut vor dem Aus- 
trocknen schützt. 

Zur Atmung müssen die Frösche außer im Zustand des Winterschlafs 
unbedingt Luft in die Lungen aufnehmen. Auch der Wasserfrosch muß von 
Zeit zu Zeit an die Oberfläche kommen und seine Nasenlöcher aus dem 
Wasser herausstrecken, um frische Luft einziehen zu können; in der Natur 
bleibt er höchstens 10 Minuten unter Wasser. Wie wir oben sahen (Seite 119) 
müssen die Frösche im Wasser ertrinken, wenn sie nicht dessen Oberfläche 
erreichen können, was man z. B. beachten muß, wenn man sich Frösche 
in der Gefangenschaft halten will. Der Grasfrosch und die braunen Frösche 
überhaupt gehören nicht in ein Aquarium, sondern in ein Terrarium, wo 
ihnen feuchtes Moos zur Verfügung steht. Aber auch Wasserfrösche dürfen 
nicht in Gefäßen mit glatten Wänden gehalten werden, da sie in diesen er- 
trinken, trotzdem sie die Oberfläche erreichen. Sie bedürfen eines Stütz- 
punktes in Gestalt von rauhen Steinen oder starken Pflanzenteilen, an denen 
sie sich halten können. Im kalten Wasser brauchen die Tiere die Atem- 
luft nicht so oft zu erneuern, da mit dem Sinken der Temperatur auch die 
gesamten Lebenstätigkeiten herabgesetzt werden. Im Winter, wo die meisten 
unserer Frösche unter Wasser ihren Winterschlaf durchmachen und ihre Tem- 
peratur nur ein wenig über 0° beträgt, ist die Lebenstätigkeit so gering, 
daß das Lungenatmen ganz unterbleiben kann. Daß die Frösche die bei 
geschlossenem Mund durch die Nasenlöcher aufgenommene Luft durch eine 
Schluckbewegung in die Lungen pressen, wurde schon im physiologischen 
Teil erwähnt. 

Bekannt sind die Konzerte, welche die Männchen unserer Lurche — 
denn nur diese beteiligen sich daran — im Sommer und vor allem im Früh- 
jahr aus den Teichen, Tümpeln und Gräben erschallen lassen. Die Töne 
bringen die Tiere mit Hilfe des Stimmapparates am Kehlkopf bei ge- 
schlossenem Munde hervor. Dabei unterscheiden sich sowohl die Stimmen 
der verschiedenen Altersklassen als auch die der verschiedenen Froscharten. 
Am lautesten sind sie bei dem im Wasser singenden Wasserfrosch und bei 
dem im grünen Laub quakenden Laubfrosch, bei ersterem verstärkt durch 
die paarigen äußeren Schallblasen, bei letzterem durch den unpaaren Kehl- 
sack. Die braunen Frösche besitzen ja höchstens innere Schallblasen und 
vermögen mit den beiden erstgenannten Konzertsängern an Frische und Aus- 
dauer des Gesanges nicht zu wetteifern. Überhaupt lassen sie sich im 
Sommer seltener hören als jene und machen sich mehr in der Brunstzeit 
im Frühjahr bemerkbar. Die Weibchen, denen allen ja die Resonatoren 
fehlen und die auch einen schwächer entwickelten Kehlkopf besitzen, stimmen 


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nicht mit ein in den Wettgesang der Männchen. Nur als Äußerung des 
Schmerzes lassen sie einige grunzende Töne hören. 

In und an dem Wasser finden sich die Frösche immer in ganzen 
Scharen beisammen, und auch die sonst sich auf dem Lande zerstreuenden 
braunen Frösche kommen im Frühjahr in großen Mengen im Wasser zu- 
sammen, um zu laichen. Aber es ist kein Trieb zur Geselligkeit 
welcher sie dort vereinigt, sondern die Notwendigkeit, welche bei den 
Wasserfröschen das ganze Jahr über, bei den Landfröschen wenigstens im 
Frühjahr besteht, die immerhin spärlich verteilten Wasseransammlungen und 
Bäche aufzusuchen, um dort zu wohnen, resp. das Laichgeschäft zu voll- 
ziehen. Da sich die Tiere so von allen Seiten auf die kleinen Tümpel und 
Teiche usw. konzentrieren, so müssen sie notgedrungen in großen Mengen 
in diesen vorkommen, zumal ja ihre sämtlichen Jungen in diesem Wasser 
ihre erste Jugend verleben. Dabei leben die einzelnen Individuen völlig un- 
bekümmert um einander; jeder tut, was ihm behagt, und läßt sich nicht 
durch Freud und Leid seines Nächsten stören. Höchstens schnappt einmal 
ein älterer nach einem schwächeren, kleineren Genossen, selbst wenn das ein 
Artgenosse sein sollte; wenn er ihn nur bewältigen kann, so frißt er 
ihn auch. 

Im Allgemeinen ist der Frosch ein seßhaftes Tier, das nie die Region 
verläßt, in der sein Weiher oder Graben liegt, der ihm in seiner Jugend 
zum einzigen Aufenthaltsort diente. Nur ganz selten ist es in einzelnen 
Fällen beobachtet worden, daß einmal größere Scharen von Fröschen sich 
auf die Wanderung machten, um neue Wohnplätze zu suchen. Die Ursache 
dazu mag in den veränderten Verhältnissen liegen, die z.B. durch ein plötz- 
liches Eintrocknen der Wasserstellen herbeigeführt werden. Auch die Ver- 
unreinigung des Wassers, wie sie die moderne Kultur mit ihrem Fabrik- 
betrieb usw. mit sich bringt, wird öfters für den Beginn solcher Wan- 
derungen ausschlaggebend sein. Aber nicht nur so lokal, sondern auch auf 
breiteren Zonen treten manchmal Verschiebungen in den Wohnsitzen ein, 
indem sich die Arten immer weiter und weiter über ihr Gebiet ausdehnen. 
Da sind es dann wohl vor allem durchgreifende Veränderungen des Klimas, 
denen die Froscharten folgen. So ist, um ein Beispiel zu nennen, wahr- 
scheinlich der Springfrosch vom Süden her in das deutsche Gebiet vor- 
gedrungen, wo er sich noch weiter auszubreiten scheint. Bei ihren Wan- 
derungen legen die einzelnen Tiere natürlich nur verhältnismäßig kurze 
Strecken zurück, aber indem sie ihre Brut in dem neuen Wohngebiet ab- 
legen, ist dieser Gelegenheit gegeben, abermals in derselben Richtung weiter 
zu gehen, und im Laufe nicht allzulanger Zeit kann sich doch eine be- 
trächtliche Verschiebung der Wohnplätze ergeben. Naturgemäß ist dabei 
der Weg, den die vordringenden Scharen einhalten, gewissermaßen vor- 
gezeichnet durch die Wasserläufe, sumpfige oder feuchte Täler usw. In 
der reinen Ebene wird die Wanderung eine allmähliche Ausbreitung über 
ganze Gegenden zur Folge haben. Auch Hügel und Berge bieten der Ver- 
breitung des Frosches keinen Halt, wenigstens finden wir bei uns in Deutsch- 


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land auf unseren mittelhohen Gebirgen überall noch Frösche, und sogar in 
den Alpen steigen einzelne unserer Arten bis über 2000 m empor. 

Sowohl im Wasser als auf dem Lande vermögen sich unsere Lurche 
gleich behend fortzubewegen, wobei aber die einzelnen Arten wieder ver- 
schiedene Befähigung zeigen. Der Wasserfrosch als ständiger Bewohner des 
feuchten Elements schwimmt am elegantesten, während der Springfrosch die 
geschicktesten und größten Sprünge vollführt. Mit den langen, muskulösen 
Hinterbeinen stoßen sich die Tiere kräftig ab und lassen den Satz, den sie 
machen, je nach den Umständen höher oder niedriger, näher oder weiter 
werden, indem sie die Stellung ihrer Darmbeine zur Wirbelsäule entsprechend 
regulieren. Ziehen sie nämlich das Becken dicht an den Vorderkörper her- 
an, dadurch daß sie die Darmbeinflügel mit Hilfe der Muskulatur beinahe 
rechtwinklig zur Wirbelsäulenachse stellen, so wird der Sprung vornehmlich 
ein hoher werden; strecken sie dagegen den ganzen Körper, sodaß die 
Darmbeinflügel etwa parallel mit der Wirbelsäulenachse verlaufen, so wird 
vor allem ein Weitsprung resultieren. Dabei helfen die Vorderextremitäten 
mit, die Bewegung zu regulieren, indem sie den Vorderkörper mehr oder 
weniger aufrichten. Es ist nicht nur der Verfolger, dem der Frosch durch 
seinen Sprung entgehen will, sondern auch die Beute wird oft im Sprunge 
erhascht, wobei es sich zierlich ausnimmt, wenn der Wasserfrosch aus dem 
Wasser heraus sich nach einem vorüberfliegenden Insekt emporschnellt. Beim 
Abstoßen vom Boden zum Sprunge bietet der ja allerdings bei den einzelnen 
Arten verschieden entwickelte Fersenhöcker wahrscheinlich noch einen beson- 
ders festen Halt. Auf dem Lande graben die Frösche nie damit, wie es 
Kröten zu tun pflegen, wohl aber benutzen sie ihn, um sich im Wasser in 
den weichen Schlamm einzupaddeln. Der Moorfrosch verwendet den Mittel- 
fußhöker auch auf dem Lande zum Scharren. Eine besondere Art der Be- 
wegung außer dem Springen und Schwimmen kommt dem Laubfrosch zu, näm- 
lich das Klettern. Mit Hilfe seiner Haftscheiben an den Spitzen der einzelnen 
Zehen vermag er sich überall an Laub und andern Pflanzenteilen festzuhalten. 
Ja auch an den glatten Wänden des Glases, das ihm in der Gefangenschaft 
meist als Aufenthaltsort dient, saugt er sich ohne Schwierigkeiten fest, wo- 
bei ihm das klebrige Sekret der Haut an der Bauchseite und der Unterseite 
der Oberschenkel hilf. Im Wasser sind es ebenfalls die Hinterbeine, welche 
die kräftigen Schwimmstöße ausführen, und zwar dienen sie hier allein als 
Fortbewegungsorgane, denn die vorderen Extremitäten werden beim Schwimmen 
ganz ruhig in natürlicher Lage vor der Brust gehalten. Die Frösche sind 
nicht nur imstande, sich im Wasser schnell und leicht fortzubewegen, sondern sie 
tauchen auch vorzüglich und können lange auf dem Grunde verweilen. Wenn 
sie verfolgt werden, fahren sie in den weichen Schlamm des Wasserbodens 
und graben sich völlig darin ein, um sich vor ihren Feinden zu verstecken. 

Als Nahrung dienen dem Frosch so ziemlich alle kleineren Tiere, die 
in seinen Bereich kommen. Er ist ein reiner Fleischfresser; pflanzliche Kost 
rührt er niemals an. Vor allem sind es die Insekten, welche er im Sprunge 
erhascht. Er bedient sich dabei seiner Zunge als Fangapparat, denn sobald 


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ein Käfer oder eine Fliege ihm in erreichbare Nähe kommt, schleudert er 
sie aus dem Maule heraus, was er ja leicht bewerkstelligen kann, da sie 
vorn angeheftet ist; und während die Zunge im Ruhezustand nur etwa 2cm 
mißt, vermag er sie hierbei bis zu 5 cm zu verlängern. Beim Heraus- 
klappen aus dem Munde streift die Zunge den von den Rachen- und In- 
termaxillardrüsen ausgeschiedenen klebrigen Schleim ab, sodaß das Beutetier 
bei der Berührung sofort daran hängen bleibt. Sobald dies geschehen ist, 
wird die Zunge, die sich mit ihren Vorderenden womöglich noch etwas um 
das gefangene Tier rollt, blitzschnell in das Maul zurückgeschlagen, wo die 
etwa noch zappelnde Beute mit den Zähnen des Öberkiefers und Gaumens 
festgehalten wird, um alsbald ganz und unzerkaut hinabgeschluckt zu wer- 
den. Außer Insekten sind es Würmer, Schnecken mit und ohne Gehäuse, 
junge Fische, junge Angehörige der eigenen Gattung und Art, Teichmolche, 
kleine Eidechsen, junge Nattern, ja selbst kleine Säugetiere, welche dem 
nimmersatten Lurch zum Opfer fallen. Da kann es denn nicht ausbleiben, 
daß sein Verdauungskanal oft strotzend vollgefüllt ist mit allerlei gierig hin- 
abgewurgten Leckerbissen. Manchmal ist aber auch Schmalhans Küchen- 
meister, wenn die Witterung anhaltend ungünstig ist, doch scheint sich unser 
Frosch nicht allzuviel aus einer Hungerperiode zu machen, denn an seinem 
Wesen merkt man keine Veränderung. Er hält auch eine Reihe von Mo- 
naten ohne Nahrung aus, wobei er allerdings merklich abmagert. Während 
der kalten Jahreszeit, wenn er in den Winterschlaf versunken ist, nimmt 
er ja niemals Nahrung zu sich; allerdings ist dann auch die Lebenstätigkeit 
bei ihm auf ein Minimum herabgesetzt. — So unentbehrlich und notwendig 
dem Frosch Feuchtigkeit ist, trinkt er doch niemals das Wasser, sondern 
den ganzen, ziemlich bedeutenden Vorrat davon nimmt er durch die Haut 
direkt aus dem umgebenden Wasser oder der feuchten Luft in seinen 
Körper auf. Dürigen führt als Beispiel einen Laubfrosch an, der halb aus- 
gedörrt war und der, nachdem er in Berührung mit Wasser kam, nach einer 
Stunde ?/; mehr wog als vorher. Konstante trockene Hitze vertragen unsere 
Lurche am wenigsten. Diese trocknet ihnen die Haut aus und macht die 
Hautatmung zur Unmöglichkeit. Die große Harnblase dient auch als Reser- 
voir von Feuchtigkeit, die im Notfalle dem Körper zugute kommen kann. 
Wenn die Frösche den Sommer über gelärmt und sich an der reich- 
lich zur Verfügung stehenden Nahrung delektiert haben, kommt für sie mit 
dem Hereinbrechen der kalten Jahreszeit die Periode, in der ihre Lebens- 
tätigkeit mit zunehmender Kälte immer mehr herabsinkt, bis sie im Winter 
auf ein Minimum reduziert, äußerlich kaum noch wahrnehmbar ist. Im 
Oktober, bei besonders unfreundlicher Witterung auch schon im September, 
verkriechen sich die Wasserfrösche im Schlamm, und auch die Vertreter 
der meisten andern Arten suchen ein gleiches Winterquartier auf. Bei 
milderem Wetter kommen sie noch einmal hervor, bald aber lockt sie auch 
die schwache Sonne nicht mehr aus dem tiefen Schlamm, in dem sie ihre 
Zuflucht gesucht haben. Die alten Frösche gehen am tiefsten, die jungen 
graben sich mehr oberflächlich ein und kommen deshalb eher noch einmal 


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bei wärmerer Witterung hervor, schließlich aber vergraben auch sie sich 
endgültig zum Winterschlaf. Dieser dauert nun verschieden lang bei den 
einzelnen Arten und richtet sich auch innerhalb einer Art nach dem Klima 
des Wohngebietes. Es ist auch nicht ein bestimmter Temperaturgrad, der 
für das Aufsuchen und Verlassen der Winterverstecke maßgebend wäre, 
sondern die gesamten Witterungs- und Temperaturverhältnisse spielen dabei 
eine Rolle. So zeigt sich im Herbst unser Wasserfrosch noch im Freien 
bei einer Temperatur, die ihn im Frühjahr noch nicht wieder zum Been- 
digen des Winterschlafes zwingt. Im Allgemeinen aber kann man sagen, 
daß unsere Frösche im Oktober, spätestens Anfang November sämtlich ihre 
Winterquartiere bezogen haben. Wie schon mehrfach erwähnt, hört während 
dieser Zeit jede intensivere Lebenstätigkeit auf, doch erstarren die Tiere 
nicht etwa vollständig, so daß sie „hartgefroren“ wären. Wenn sie mitten 
im Winter aus ihrem Versteck herausgenommen und in die Wärme gebracht 
worden sind, werden sie nach kurzer Zeit munter und springen davon. So- 
lange nur die Temperatur in dem Wasser, in dessen Grund sie sich vergraben 
haben, noch ein geringes über 0° beträgt, ertragen sie die Kälte, ohne 
Schaden zu nehmen. Auch schwacher Frost schadet ihnen nichts, wie man 
denn Frösche gefunden hat, die mit den Hinterextremitäten und den Händen 
im Eise eingefroren, und deren Kopf, Rücken und Bauch mit einer feinen 
Eiskruste umgeben waren, die aber nach vorsichtigem Auftauen ruhig weiter- 
lebten. (Knauthe 1892). Am meisten widerstandsfähig gegen niedere Tem- 
peraturen ist der Grasfrosch, der denn auch am weitesten nach dem Norden 
zu verbreitet ist, und entsprechend hoch in den Alpen vorkommt. Ebenso 
erwacht er bei uns am frühesten von seinen Artgenossen aus dem Winter- 
schlaf, meist schon bei wenigen Graden über O0, und kommt aus seinem 
Winterasyl hervor. So ist er manchmal schon Ende Februar zwischen den 
noch vorhandenen schwimmenden Eisstückchen der Tümpel und Gräben zu 
finden. Im März und April kommen dann auch die meisten anderen unserer 
Frösche hervor, und alle machen sich alsbald an das Laichgeschäft. Zuerst 
erscheinen die jungen Frösche, die ja im Herbst noch am längsten im Freien 
sichtbar waren, und die sich nur oberflächlich im Schlamm vergraben hatten; 
bald folgen ihnen aber auch die älteren Genossen nach. 

Im März, April und Mai herrscht überall in den Wasseransammlungen, 
Gräben, Weihern und Teichen ein geräuschvolles Treiben. Die Männchen 
stimmen ihre melodischen Gesänge an und suchen sich gegenseitig in der 
Modulation und Stärke ihrer Stimme zu übertreffen, um die Weibchen an- 
zulocken. Der Grasfrosch beginnt am frühesten mit dem Laichen, am 
spätesten vollzieht sich die Paarung der Geschlechter beim Wasserfrosch, 
wo sie manchmal erst im Juni vor sich geht. Da der Grasfrosch oft seinen 
Laich absetzt, während noch Eisschollen auf dem Wasser treiben, so ist es 
klar, daß er sich sofort nach dem Aufgeben des Winterverstecks der Paarung 
hingibt, ohne noch vorher Nahrung aufgenommen zu haben. Es ist denn 
auch beobachtet worden, wie solche Frösche nach dem Laichen trotz des 
warmen Frühlingswetters noch einmal sich im Schlamm verkrochen, um erst 


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nach 14 Tagen etwa endgültig hervorzukommen (Marquis). Wenn dagegen 
der Wasserfrosch zur Begattung schreitet, hat er schon seit langer Zeit das 
Winterlager verlassen und inzwischen ausreichend Gelegenheit gehabt, Nah- 
rung zu sich zu nehmen. 


Übersicht der Laichzeiten. 


Art Monat 
Grasfrosch EndeFebruar| März 
Moorfrosch Ende März ‘ April 
Springfrosch März April 
Laubfrosch Mai 
Wasserfrosch Ende Mai Juni 


Meist häuten sich die Frösche, nachdem sie von der Winterruhe wieder 
ans Tageslicht gekommen sind, und erscheinen dann im frischen, farben- 
prächtigen Kleid zur Paarung. Die Daumenschwielen der Männchen treten 
um diese Zeit deutlich hervor und sind besonders fest. Beim Grasfrosch 
färbt sich die sonst helle weißliche Kehle des Männchens graublau bis 
himmelblau, wozu auch noch der ganze Körper mit einem bläulichen Schein 
überflogen werden kann. Bekannt ist das Hochzeitskleid der Moorfrosch- 
männchen, der sogenannte „blaue Reif* oder „blaue Nebel“, ein intensiv 
blauer Schimmer, welcher überall in der Haut wahrnehmbar ist. Bei den 
Grasfroschweibchen tritt zur Paarungszeit ebenfalls eine Veränderung der 
Haut auf, indem an vielen Stellen der Oberseite ausschlagartig kleine Warzen 
erscheinen, welche Brunstwarzen genannt worden sind. Die stecknadelkopf- 
großen, perlartigen Erhebungen von weißer oder blaßrosa Farbe sind am 
größten und zahlreichsten an den Seiten des Rumpfes; nach vorn werden 
sie kleiner, und ebenso nach hinten, wo sie sich auch auf der Oberseite der 
Ober- und Unterschenkel wahrnehmen lassen. 


Da äußere Gesehlechtswerkzeuge fehlen, so ist die Besamung nur eine 
äußere, das Sperma wird den Eiern erst außerhalb des weiblichen Organis- 
mus zugesetzt. Trotzdem aber findet eine Kopulation statt. Das Männchen 
umklammert das Weibchen mit den vorderen Extremitäten dicht hinter dessen 
Armen. Die Daumenschwielen werden dabei fest von der Ventralseite her, 
in die unmittelbar hinter dem Schultergürtel gelegene Gegend der Bauch- 
wand gepreßt. Wir sahen schon im anatomischen Teil, daß die Vorder- 
arme der Männchen besonders starke Muskeln aufweisen, die an entsprechen- 
den Leisten des Knochenskeletts ihren Stützpunkt finden. Demgemäß ist 
der Druck, welchen das Männchen mit seinen Armen ausüben kann, ein 
ziemlich bedeutender. Es kommt vor, daß dem Weibchen die Brust völlig 
eingeschnürt wird, oder daß die harten Daumenschwielen seine Haut durch- 
bohren, so daß das Weibchen an der Umklammerung zugrunde geht; und 
auch bei minder heftigen Liebesbeweisen von seiten der Männchen tragen 
die weiblichen Frösche oft an den betreffenden Stellen eine mehr oder 


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weniger verletzte Haut davon. Die Brunst der Männchen ist eine so starke, 
daß sie zu dieser Zeit, wenn nicht genügend Weibchen vorhanden sind, 
alles umklammern, dessen sie habhaft werden können. Nicht nur die eigenen 


Geschlechtsgenossen, sondern auch große Wassermolche, Fische und sogar 


tote Gegenstände, wie schwimmende Holzstücke, werden krampfhaft umfaßt, 
und gerade in manchen Fischzüchtereien ist dieses Sichvergreifen an Fischen, 
die infolge der unnatürlichen Pressung eingehen, der Hauptgrund zur Aus- 
rottung der Frösche, die ja allerdings auch die junge Brut der Fische ge- 
fährden. 

Je nach Art und nach der Temperatur dauert die Kopulation verschieden 
lange. Wärme wirkt beschleunigend auf das Laichgeschäft, welches dann 
in wenigen Tagen beendet sein kann. Gewöhnlich jedoch bleiben die 
Männchen viel länger in ihrer Stellung auf dem Rücken der Weibchen sitzen 
und warten auf das Laichen derselben. Auch scheinen die Zeiten bei den 
einzelnen Arten selbst recht verschieden zu sein, denn von Goltz wird zum 
Beispiel für den Grasfrosch 4—5 Tage bei warmer Witterung, 8—10 Tage 
bei kalter Witterung angegeben. Dagegen haben andere wieder die Kopu- 
lation viel länger dauern sehen; danach soll sie beim Grasfrosch wochen- 
lang dauern, Steinach beobachtete einmal 7 Wochen; beim Wasserfrosch 
hat man ebenfalls wiederholt ein und dasselbe Paar 4 Wochen lang in Um- 
armung gefunden. 

Über das Verhalten der Eier und des Samens während der Paarung 
sind Untersuchungen am Grasfrosch mitgeteilt worden (Nussbaum, Lebrun 
1891). Danach befinden sich die Eier zu Beginn der Kopulation alle noch 
im Ovarium. Erst nach einigen Tagen platzen die Follikel, und es fallen 
die reifen Eier in die Leibeshöhle, welcher Vorgang sich wahrscheinlich inner- 
halb einiger Stunden abspielt. Nach Hertwig und Lebrun entstehen durch 
die Kompression der Gefäße Zirkulationsstörungen und bringen die Follikel 
zum Platzen. Aus der Leibeshöhle gelangen die Eier, wie schon im mor- 
phologischen Abschnitt beschrieben wurde, in die Östien der Tuben und 
von da in die Eileiter, deren Kontraktionen sie in die Uteri befördern. Wie 
wir wissen, werden die Eier beim Durchwandern der Eileiter mit den 
sekundären gallertigen Hüllen versehen. In den Uteri bleiben sie einige 
Zeit und sammeln sich dort zu großen Klumpen an, indem sie vermöge 
„der Gallerte miteinander verkleben. Endlich werden sie am Schluß der 
Paarungsperiode auf einmal ins Wasser entleert. Man kann diesen Vorgang 
den „Geburtsakt“ der Eier nennen. Die Zahl der abgesetzten Eier ist 
nach den Arten verschieden, beim Grasfrosch beläuft sie sich auf mehrere 
Tausend. — Beim Grasfroschmännchen befindet sich zunächst kein Sperma 
in den Samenblasen. Erst während der Umarmung des Weibchens gelangen 
die Samenfäden aus dem Hoden hinein und füllen sie bald straff aus. In 
dem Moment, wo das Weibchen seine Eier fallen läßt, ergießt auch das 
Männchen seinen Samen darüber, worauf, wie wir gesehen haben, die Sper- 
matozoen in die einzelnen Eier eindringen und diese nun erst im eigent- 
lichen Sinne befruchten. Nachdem beide Tiere ihre Geschlechtsprodukte 


ZU ee 


entleert haben, läßt das Männchen das so lange festgehaltene Weibchen 
endlich wieder frei. 


Nussbaum (1896) hat auch festzustellen versucht, ob die Umklamme- 
rung der Weibchen durch die Männchen unbedingt zur Eiablage nötig sei, 
und fand beim Grasfrosch, daß auch bei direkt aus dem Winterschlaf iso- 
lierten Weibchen alle Vorgänge, wie Platzen des Ovariums, Wanderung der 
Eier durch die Eileiter, Sammeln derselben im Uterus und schließliche Ent- 
leerung des Laiches durch die Cloake, ähnlich wie auf gewöhnliche Weise 
vor sich gingen, nur wurde mehr Zeit dazu gebraucht, und der Laich kam 
nicht, wie es normal geschieht, auf einmal zum Vorschein, sondern in ein- 
zelnen Portionen; auch wurden die Eier, welche längere Zeit im Uterus ver- 
harrten, absorbiert. Es ist also das Männchen beim Grasfrosch nicht ab- 
solut nötig für die Eiablage der Weibchen, aber seine Anwesenheit läßt die 
einzelnen Vorgänge doch glatter von statten gehen. Von dem Wasserfrosch 
hat schon Spallanzani berichtet, daß die Weibchen auch nach Trennung von 
den sie umklammernden Männchen, wenn ihre Eier schon im Uterus sind, 
dieselben ablegen, daß sie dies aber nicht tun, wenn sie überhaupt nicht 
mit Männchen in Berührung gekommen sind. 


An Fröschen, die in der Gefangenschaft gehalten wurden, hat man oft 
beobachten können, daß die Grasfrösche sich leicht wie im Freien paaren 
und befruchteten Laich liefern, daß dagegen Wasserfrösche nur dann laichen, 
wenn ihre Eier bereits im Uterus waren, als sie gefangen wurden. 


Da die Froschmännchen, wie oben gesagt, in der Brunstperiode bei- 
nahe wahllos alles umklammern, was in ihren Bereich kommt, so ereignet 
es sich auch, daß einmal ein Männchen der einen Art ein Weibchen einer 
andern umfaßt und mit ihm den Begattungsakt ausführt, also seinen Samen 
über den von diesen abgesetzten Laich ergießt. Wenn die Eier von dem 
fremden Samen regelrecht befruchtet würden, so müßten sie sich weiter 
entwickeln und Bastardgeschöpfe entstehen, die Kennzeichen sowohl der 
väterlichen als auch der mütterlichen Art an sich trügen. In der Natur aber 
findet man niemals solche Blendlinge, und das hat seinen Grund, wie man 
aus darauf gerichteten Untersuchungen erfahren hat, darin, daß meist die 
Spermatozoen gar nicht fähig sind, in die Eier einer andern Art einzudringen; 
geschieht dies aber doch, so entwickeln sich die Eier nicht über die ersten 
Furchungsstadien hinaus. Allerdings ist es in manchen Fällen, wie wir 
sahen, gelungen, künstlich Bastarde zu erzeugen. Am meisten sind die 
Spermatozoen des Grasfrosches geeignet, in fremde Eier einzudringen, da 
sie dünn und spitz sind; das Gegenteil ist der Fall mit den plumpen und 
stumpfen Samenfäden des Wasserfrosches (Pflüger und Smith 1883). 


Je nach der Art sind die Laichballen größer oder kleiner, immer aber 
quillt die Gallerte der Eihüllen durch den Zutritt des Wassers gewaltig auf, 
so daß der Durchmesser eines einzelnen Eies die Länge von 1 cm er- 
reichen kann. Die Gallerte schützt nun das verhältnismäßig kleine lebende 
Ei in ihrer Mitte vor Verletzung, vor den Angriffen von allen möglichen 


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Feinden, wie Vögeln, Fischen, Schnecken oder Krebsen, welche alle gern 
das weiche Plasma verzehren möchten, aber durch die schleimige, zähe 
Hülle daran gehindert werden. Auch vor dem Vertrocknen sind die Eier 
durch die Gallerte für einige Zeit gesichert, wenn einmal das Wasser des 
Tümpels oder Grabens, in dem sie sich befinden, verdunsten oder wegfließen 
sollte. Gleich nach der Ablage sinken die Laichklumpen auf den Boden 
der Gewässer nieder, oder sie bleiben in den Verzweigungen und Blättern 
der Wasserpflanzen hängen. Die Eltern kümmern sich in’ keiner Weise 
weder um den abgelegten Laich noch um die später daraus hervorgehenden 
Jungen. Während der in der wärmeren Jahreszeit abgelegte Laich der 
Wasser- und der Laubfrösche auf dem Boden des Wassers liegen bleibt 
und sich dort weiterentwickelt, wo er ja genügend durchwärmt wird, steigen 
die im frühesten Frühling gelegten Eier des Grasfrosches nach einigen Tagen 
an die Oberfläche, wohl hauptsächlich durch den Auftrieb der Gasblasen, 
welche von den Wasserpflanzen unter die Laichballen gesetzt werden. Wie 
wir gesehen haben, kehren sie ihre pigmentierte Seite, die bei ihnen be- 
sonders dunkel ist, nach oben und vermögen so die zu dieser Jahreszeit 
noch spärlichen Wärmestrahlen der Sonne zu absorbieren. 


Übersicht der Eigrößen und Entwicklungszeiten. 


Durchmesser Zahl d. Tage vom Länge d. Larven 
Art des Eiplasmas | der Eihüllen Ben — AUS- pejm Ausschlüpf. 
schlüpfen der 
mm mm | Larven | mm 
Grasfrosch 1,30—2,12 10 21—23 | 6—8 
Laubfrosch 1—1,5 5 10—14 5 
Wasserfrosch 1,5—1,7 6 6—7 | 5—6 
Moorfrosch 0,7 _ _ | 3 


Die Dauer der Entwicklung der Embryonen in den Eischalen schwankt 
bei den einzelnen Arten etwa zwischen einer und drei Wochen. Wie dann 
die jungen Larven heranwachsen und sich allmählich auf dem Wege einer 
Metamorphose zu den typischen Fröschehen umwandeln, haben wir bereits 
erfahren. 

Hier sei noch einiges über die Größe der Kaulquappen bemerkt. Aus 
den kleinen, nur wenige Millimeter langen Larven, als welche sie die Eier 
verlassen, entwickeln sie sich durch reichliche Nahrungsaufnahme zu ganz 
ansehnlichen Tieren, doch ist die größte Länge, welche sie je erreichen, bei 
den einzelnen Arten verschieden, wie wir gleich sehen werden. Dabei liegt 
dieses Stadium nicht etwa am Ende der Metamorphose, sondern wird etwa 
erreicht, wenn die Hinterbeine erscheinen, Von da ab schrumpfen die Tiere 
scheinbar zusammen, indem der mächtige Ruderschwanz allmählich resor- 
biert wird, der vorher lange, spiralig aufgerollte Darm sich verkürzt und 
dadurch der Rumpf schlanker erscheint; vor allem aber sehen sie nun 


— .1 5 — 


deshalb kleiner aus, weil ihre Kiemendeckel schwinden, welche dem ganzen 
Vorderkörper ein so gedrungenes, plumpes Aussehen verliehen hatten, da 
ja die vorderen Extremitäten völlig unter ihnen versteckt waren. So kommt 
es, daß der junge Frosch, der aus dem Wasser ans Land steigt, viel 
schmächtiger und kleiner erscheint, als es vorher die Kaulquappe war. Die 
folgende Tabelle zeigt das durchschnittliche Verhältnis der größten Larven- 
länge zum jungen Frosch, dessen Schwanz eben geschwunden ist; die Zahlen 
sind aus Dürigen entnommen. 


Vergleichende Übersicht der Körperlängen der Kaulquappe und 
des Frosches nach Beendigung der Metamorphose. 


Beh Größte Länge der Kaulquappe| Länge des jungen Frosches 
mm mm 
Wasserfrosch 50—80 18—20 
Springfrosch 45—56 15 
Laubfrosch 43 13—18 
Grasfrosch 40 11—14 
Moorfrosch 32 12 


Diese Maße haben nur annähernde Geltung, denn es kommt vor, daß 
_ sogar die Kaulquappen einer einzigen Brut in ein und demselben Gewässer 
ganz verschiedene Längen aufweisen und auch auf verschieden weit fort- 
geschrittenen Entwicklungsstadien stehen. Das muß natürlich als Ursache eine 
verschiedene Temperatur und Beschaffenheit der einzelnen Regionen des be- 
treffenden Wassers haben, denn im allgemeinen entwickeln sich Tiere gleicher 
Arten unter gleichen Bedingungen auch übereinstimmend mit einander. — 
Die Entwicklung kann auch völlig unterbleiben, wenn das Wasser sich zu 
ungünstig für die Lebensbedingungen der Embryonen zeigt. In salzigem 
oder brackigem Wasser z. B. geht.die Brut, welche dorthin abgesetzt worden 
ist, gewöhnlich zu Grunde. Außergewöhnliche Umstände, anhaltend niedrige 
Temperatur oder schlechte Ernährung, können es mit sich bringen, daß die 
Kaulquappen sich in ihrem Geburtsjahre überhaupt nicht mehr zu Fröschen 
umbilden, sondern als Larven überwintern, um im nächsten Jahr, wenn sie 
den Frost und die Kälte aushalten konnten, erst die Metamorphose zu voll- 
enden (z. B. in Almtümpeln der Hochalpen.) 


Auch schon die Larven der Frösche sind Fleischfresser, wie jetzt fest- 
steht, während man früher allgemein annahm, besonders im Hinblick auf 
ihren langen Darm, daß sie vornehmlich oder sogar ausschließlich von pflanz- 
licher Kost lebten. Allerdings nehmen sie außer allerlei kleinem Getier auch 
Pflanzenteile in sich auf, doch überwiegt die Fleischnahrung bei weitem. 
Durch das Experiment hat man gezeigt, daß sie sich bei rein vegetabilischer 
Ernährung nicht zu Fröschen entwickeln. Es ist zu ihrem Gedeihen also 
unbedingt eiweißhaltige Nahrung, wie sie der Tierkörper bietet, nötig. Die 
Kaulquappen fressen nun Infusorien, Rädertierchen, kleine Krebse und 


— 176 — 


sonstige kleine Organismen, die sie mit ihren Hornschnäbeln von den Was- 
serpflanzen und dem Boden des Gewässers abnagen. Dabei nehmen sie ge- 
legentlich auch die so häufigen kleinen Kieselalgen oder die nicht minder 
verbreiteten Grünalgen in sich auf. 

Nach etwa 3monatlicher Entwicklung klettern die jungen aus der Me- 
tamorphose entstandenen Fröschchen aufs Land und zerstreuen sich in die 
ihnen zusagenden Gebiete in größerer oder geringerer Nähe vom Wasser. 
Daß die Jungen des Wasserfrosches hiervon eine Ausnahme machen und 
dauernd im Wasser oder wenigstens in unmittelbarer Nähe desselben bleiben, 
wurde schon erwähnt. Durch die im Sommer reichlich zu Gebote stehende 
Nahrung fördern die kleinen Fröschchen ihr Wachstum, während dessen sie 
sich mehrmals häuten. 

Je älter die Haut eines Frosches ist, desto unansehnlicher wird sie, 
bis schließlich kurz vor der Häutung die alte Schicht der Oberhaut, welche 
demnächst abgestoßen werden soll, sich von der bereits darunter neu gebil- 
deten etwas abhebt, so daß dadurch die Farben noch mehr getrübt werden. 
Auf der Mittellinie des Rückens platzt endlich die alte Hautschicht, und der 
Frosch schlüpft unter einigen Anstrengungen, die tote Hülle los zu werden, 
aus ihr heraus, wobei sie gewöhnlich in Fetzen reißt, die er meist sogleich 
wieder frißt. Das frisch gehäutete Tier sieht dann farbenprächtiger aus 
als zuvor. Wie erwähnt häuten sich die Frösche nach dem Verlassen des 
Winterlagers, aber auch im Sommer noch wiederholte Male. Nur wenn sie 
krank sind, was besonders in der Gefangenschaft nicht selten vorkommt, 
unterbleibt die Häutung, ein sicheres Zeichen des baldigen Verendens der 
Tiere. 

Die jungen Frösche beziehen im Herbst später als ihre älteren Art- 
genossen das Winterquartier im Schlamm des Gewässers, und graben sich 
auch nicht so tief in diesen ein. Im nächsten Frühjahr werden sie daher 
durch die von oben kommende Sonnenwärme zuerst wieder aus dem Winter- 
schlaf geweckt. Erst im dritten Lebensjahre werden die Frösche geschlechts- 
reif, sind dann aber meist noch nicht ganz ausgewachsen. 

Das Alter festzustellen, welches die Tiere im Freien überhaupt er- 
reichen, ist bei ihrer Lebensweise kaum möglich. Es sind daher nur ein 
paar Daten von Fröschen bekannt, die in der Gefangenschaft lebten. So 
brachte es einer auf 7!/, Jahre, während ein aus der Larve gezogener Laub- 
frosch gar 101/, Jahr alt wurde. 

Schließlich seien hier noch einige Feinde des Frosches erwähnt; das 
sind außer den Parasiten, die wir bereits kennen lernten, vor allem Schlangen, 
insbesondere Ringelnattern, ferner Störche und Iltisse. 


D. Systematik. 


Alle unsere deutschen Frösche gehören mit einer einzigen Ausnahme, 
dem Laubfrosch, der Familie der echten Frösche oder Ranidae an. Der 
Laubfrosch dagegen steht ihnen etwas ferner als Vertreter der Familie der 
Baumfrösche oder Hylidae. Die Unterschiede dieser beiden Familien 
werden wir noch kennen lernen; zunächst wollen wir uns mit den 5 ein- 
zelnen Arten unserer Frösche beschäftigen. (Siehe auch die farbige Tafel 
am Schluß des Buches.) 

Die echten Frösche Deutschlands sind alle Angehörige der Gattung 
Rana, und wir können bei ihnen wieder zwei Gruppen unterscheiden, näm- 
lich die grünen Frösche und die braunen Frösche. Wie ja die Be- 
zeichnung angibt, ist es vor allem die Farbe, welche das Merkmal für diese 
Sonderung abgibt; dazu kommen dann noch einige weitere Merkzeichen, 
die in der nachher wiedergegebenen Bestimmungstabelle unserer einheimischen 
Raniden von Dürigen angeführt sind. 


Grüne Frösche. Nur eine einzige Art. 

Rana esculenta Linne. (esculentus — eßbar) der Wasserfrosch, 
von welchem außer der Stammform noch eine Varietät, der Seefrosch, bei 
uns vorkommt. 

Die Länge des typischen Wasserfrosches beträgt 7—8 cm von der 
Schnauzenspitze bis zum hintern Ende des Rückens. Das Stirnbein ist sehr 
schmal und deutlich gewölbt, der Teil zwischen den nahe beisammen stehenden 
Augen weist eine Längsrinne auf. Die Gaumenzähne, an jeder Seite gewöhn- 
lich 3, stehen zwischen den Choanen; sie sind spitzer und Fig. 86. 
länger als bei dem Gras- und Moorfrosch. Die Längsachsen 
der beiden Gruppen konvergieren nach hinten. Der Fersen- 
höcker ist 1/,—?/, so lang als die 1. Zehe, stark, seit- 
lich zusammengedrückt, scharfkantig, halbmondförmig. Die 
Schwimmhäute sind vollständig, d. h. sie reichen bis an 
die Enden der Zehen. Die in der Brunstzeit auftretenden 
Daumenschwielen des Männchens sind einheitlich, nicht durch 
Einschnitte in Abteilungen gegliedert. Der männliche 
Wasserfrosch ist durch zwei äußere Schallblasen aus- 
gezeichnet, die bis zu Kirschgröße angeschwellt werden 
können. Die Farbe des Wasserfrosches ist immer ein Hand des männ- 


mehr oder weniger deutliches Grün, das nur selten broncee- lichen Wasser- 
farbige, braune, graue oder gar blaue Töne annimmt. Die frosches 
(n. Leydig). 


Oberseite der Oberschenkel ist dunkel marmoriert. In 

der Mittellinie des Rückens findet sich oft ein längs verlaufendes helles Band. 
Bei der Stammart (Rana esculenta typica) ist immer ein dreieckiger Schläfen- 
fleck hinter dem Trommelfell in größerer oder geringerer Schärfe zu sehen, 
der aber zum Unterschied von den braunen Fröschen sich nicht auf das 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 12 


— 1785 — 


Trommelfell erstreckt, sondern dieses hebt sich als helle Kreisfläche deutlich 
von der Umgebung ab. 

Von dieser Stammart unterscheidet sich der Seefrosch, R. escu- 
lanta var. ridibunda, durch seine bedeutendere Größe; er wird 10—12cm 
lang; ferner durch seine einförmiger grüne, matte Haut, die auch warziger 
ist als die ziemlich glatte des typischen Wasserfrosches. Der Fersenhöcker 
des Seefrosches ist klein, elliptisch, seitlich nicht zusammengedrückt, schwach 
wulstartig hervorragend, ziemlich weich und nur !/,—!/, so lang als die 1. Zehe. 

Der Wasserfrosch hält sich das ganze Jahr über im Wasser oder in 
dessen unmittelbarer Umgebung auf. Nur selten wechselt er seinen Wohn- 
platz; höchstens Verschlechterung des Wassers oder völliges Vertrocknen 
desselben treibt ihn dazu. Wir finden ihn überall in Gräben, Tümpeln, 
Teichen und sonstigen Wasseransammlungen, von denen er diejenigen be- 
vorzugt, deren Ufer mit Binsen, Schilf, hohem Gras und dergleichen be- 
wachsen sind. Auch im hügeligen Gelände ist er noch zu Hause und am 
Fuße der Gebirge, nicht aber in den großen Höhen der letzteren selbst. In 
den Alpen ist er selten über 1000 m angetroffen worden. 

Der Seefrosch ist im Gegensatz zu ihm ein Bewohner der reinen 
Ebene, wo er in den größeren Wasseransammlungen, in Seen, im Unterlauf 
langsam fließender Ströme und Flüsse haust. 

Von allen unsern Fröschen laicht der Wasserfrosch am spätesten. Erst 
Ende Mai und im Juni finden wir die Geschlechter in Paarung. Das Kon- 
zert der Männchen wird aber nicht nur zu dieser Zeit, sondern den ganzen 
Sommer über bis Anfang September bei günstiger Witterung gehört. Den 
Laich setzen die Weibchen stoßweise in mehreren kleinen Mengen ab, wo- 
rauf er dann zu Boden sinkt und sich am Grunde der Gewässer weiter- 
entwickelt. Der Durchmesser des hellen, unten gelblichen, oben bräunlichen 
Eiplasmas beträgt 1,5—1,7 mm, der der Gallerthüllen 6 mm. Die Larven 
verlassen das Ei nach 6—7 Tagen als winzige Geschöpfchen von etwa 
5mm Länge. Nach 14 Tage erst schwinden bei ihnen die äußeren Kiemen. 
Die Kaulquappen wachsen nun lebhaft heran und erreichen eine Länge von 
50—80 mm. Wenn die Witterung und die sonstigen Verhältnisse ungünstig 
sind, kommt es. vor, daß sie als Larven überwintern, worauf sie dann im 
folgenden Frühjahr als besonders große Kaulquappen den Naturfreund in 
Verwunderung setzen. Die Farbe der Larven ist zuerst grüngelb, geht dann 
aber bald über oliven- oder bräunlichgrau in den grünlichen Ton der Art 
über. Wenn die Vorderbeine durchgebrochen sind, ist auch die typische 
Zeichnung des Frosches vorhanden. 

Gegen Ende August und Anfang September erscheinen dann die Jung- 
frösche, welche 18—20 mm lang sind. Mitte Oktober begeben sich alle 
erwachsenen Wasserfrösche zum Winterschlaf in den Schlamm, die jungen | 
bleiben aber noch im Freien, wo man sie bis zum Eintritt des Frostes 
finden kann. 

Nach 3 Jahren werden die Tiere zum ersten Mal geschlechtsreif. Sie 
haben dann eine Länge von etwa 7 cm erreicht und stehen in Bezug auf 


ea 


Frische der Hautfarben auf dem Höhepunkt. Sie werden aber viel älter 
und wachsen in der Folgezeit auch noch weiter. 

Im allgemeinen ist der Wasserfrosch, ebenso wie seine Verwandten, ein 
harmloser Geselle, der sich dem Menschen in gewisser Hinsicht nützlich er- 
weist durch das Fleisch seiner Schenkel, das namentlich in Frankreich und 
Süddeutschland als Leckerbissen gilt und auch tatsächlich an Zartheit kaum 
von einem andern Fleisch übertroffen wird. Gelegentlich wird der Frosch 
aber der Fischbrut schädlich, da er sich nicht scheut, kleine Fische und 
selbst junge Enten (?) anzugreifen und zu verzehren. 


Synonyma (n. Dürigen) Rana fluviatilis Rondel. 1554. —R. aquatica citrina 
et R. aqu. viridis Schwenckf. 1605. — R. edulis Aldrovandi 1663. — R. aquatica 
Ray 1713. — R..viridis Rösel 1758. — R. esculenta Linn& 1758 (S.N. Edit. X.) 
— R. vulgaris Bonnaterre 1789. — R. palmipes Spix 1840. — Pelophylax escu- 
lentus Fitzinger 1843. — 


Braune Frösche. Drei deutsche Arten, 


Rana muta Laurenti (mutus — stumm, still), der Grasfrosch. 
Die Länge des Grasfrosches beträgt durchschnittlich 6—8 cm, es kommen 
aber auch alte Exemplare von 10 cm vor. Gewöhnlich sind 
die Weibchen etwas größer als die Männchen. Im Gegensatz 
zum Wasserfrosch ist seine Stirn flach und breit, so daß 
die Augen weit voneinander getrennt sind. Die Haut ist 
glatt, nur einige Drüsenreihen, besonders auf der Seitenlinie 
des Rückens, bilden kleine Erhebungen darin. Oft findet sich 
im Nacken der Tiere eine Vförmige Figur, die durch das 
Konvergieren zweier kurzer Drüsenreihen zustande kommt. 
Der Fersenhöcker ist schwach, weich, kürzer als die Hälfte 
der ersten Zehe und bildet einen länglich-runden stumpfen 
Wulst. Die Schwimmhäute sind unvollkommener als beim 
Wasserfrosch. Die Daumenschwielen der Männchen treten in 
vier Abteilungen auf. Die beiden Gruppen der etwas hinter \ 
den Choanen liegenden Gaumenzähne stellen schmale Leisten 
dar, welchesich etwas schräg nach hinten zusammenneigen N 
F B x Hand des männ- 
und zwar mehr als beim Moorfrosch. Die Zähne selbst :chanerasfiosche 
sind auch länger, spitzer und gebogener als bei der ge- (n. Leydig). 
nannten Art. Die Männchen besitzen innere Schallblasen. 
Die Farbe des Grasfrosches ist auf der Oberseite ein Braun, das aber auch 
ins Rotbraun, Gelbbraun und Fleischrot, sowie Schwarzbraun hinüberspielen 
kann. Die Weibchen sind oft heller. Auf dem Grundton finden sich dunkel- 
braune oder schwarze Flecke aufgesetzt. Die Unterseite ist weiß mit einem 
gelblichen, rötlichen oder grauen Anflug und ist getüpfelt mit roten, gelb- 
lichen oder bräunlichen Flecken, die besonders zur Laichzeit deutlich hervor- 
treten. Bekannt ist der bläuliche Schimmer, welcher bei den Männchen 
zur Brunstzeit besonders an der Kehle und Oberkinnlade auftritt und sogar 
blaugrau oder tiefblau erscheinen kann. Bei den Weibchen findet sich zur 
Brunstzeit auf der Haut eine weiße Beperlung in Gestalt von nicht verhor- 


— 180 — 


nenden Wucherungen und Höckerbildungen in der Epidermis. Wie allen 
braunen Fröschen, so kommt auch dem Grasfrosch ein deutlicher Schläfen- 
fleck zu, der im Gegensatz zu dem Verhalten beim Wasserfrosch das Trommel- 
fell mit umfaßt, so daß es hier nicht durch die Farbe von seiner Umgebung 
hervorgehoben ist. Dieser Schläfenfleck ist aber bei den einzelnen Individuen 
verschieden stark ausgeprägt und verblaßt meist im Alter. Durch das Spiel 
der Chromatophoren kann die Farbe der einzelnen Individuen selbst je nach 
der Verfassung derselben und den äußeren Bedingungen sich erheblich ändern. 

Außer diesen Farbenabweichungen, welche der Anlaß zur Aufstellung 
einer ganzen Anzahl von Farbenspielarten waren, die sich aber nicht kon- 
stant erweisen und zwischen denen alle Übergänge vorkommen, — unter- 
scheidet man mehrere Formvarietäten: 


R. muta var. acutirostris, der spitzschnauzige Grasfrosch. 
Er ist kleiner als die typische Form und vor allem durch seinen spitzen 
Kopf ausgezeichnet, was ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Springfrosch 
verleiht. Sonst gleicht er in Körperbau, Fersenhöcker, Daumenschwielen, 
Färbung usw. dem echten Grasfroschh Er wurde gefunden in der 
Schweiz, Baden, Siebengebirge, Linz a. Rh., Offenbach a. M., Schwanheimer 
Wald, Westfalen und sonst noch mehrfach. 


R. muta var. striata, der gestreifte Grasfrosch. Er hat seinen 
Namen von einem hellen Band, das bei ihm ähnlich wie beim Wasserfrosch 
in der Mittellinie des Rückens verläuft. Nicht selten ist dieses Band dunkel 
umsäumt. Dies macht ihn dem Moorfrosch ähnlich, sonst gleicht er völlig 
dem typischen Grasfrosch. Man fing ihn am Nieder-Rhein, in den nassen 
Haidegründen bei Münster i. W., in der Umgebung von Berlin. 

Eine andere Einteilung macht Fatio, der eine var. acutirostris und eine var. 
obtusirostris unterscheidet, welch’ letztere er wieder in drei Serien gliedert nach 
der Färbung, nämlich in flaviventris (gelbbauchig), rubriventris (rotbauchig) und 
viridis (grün). 

Man hat erst in neuerer Zeit begonnen, auf die feineren Unterschiede 
der einzelnen Individuen zu achten, und so kommt es, daß die Einteilung 
der Grasfrösche noch keine sichere ist. Vor allem wird es sich darum 
handeln, ob man alle als Varietäten der einen Art aufzufassen hat, oder ob 
diese in eine Anzahl konstanter Arten zu zerlegen ist. 

Der Grasfrosch ist so recht ein Allerweltbewohner. In Deutschland ist 
er überall in Weihern, Teichen und Gräben anzutreffen, in jedem Staat und 
jeder Provinz. Er wohnt in der Ebene sowohl als im Hochmoor und Hügel- 
land, und auch auf unserem Mittelgebirge und im Hochgebirge ist er heimisch. 
Z. B. fing man ihn im Harz auf dem Gipfel des Brocken, und in den Alpen 
kommt er in Höhen bis über 2600 m vor. Man hat sogar versucht, den 
Frosch der Alpen als eine besondere Art (R. alpestris Schinz) anzusehen, 
aber mehrfache Untersuchungen haben dieses als unhaltbar erwiesen (Zschokke). 
Allerdings gehören die in den Alpen lebenden Frösche alle der var. obtusi- 
rostris von Fatio an, während die var. acutirostris auf die Ebene beschränkt bleibt. 

Da an so verschiedenen Orten das Klima und die Witterung eine ganz 


— 181 — 


verschiedene ist, so ist auch die Zeit, zu welcher sich der Grasfrosch aus 
seinem Winterquartier herausbegibt, um dann sofort mit dem Laichgeschäft 
zu beginnen, überall eine andere. Bei uns in Mitteldeutschland und in der 
norddeutschen Tiefebene findet die Paarung gewöhnlich im März statt, im 
wärmeren Rhein- und Maintal hat man sie schon in der letzten Hälfte des 
Februar beobachtet. Im Gebirge fällt sie dagegen viel später. Der Gras- 
frosch beginnt von allen unsern Fröschen am frühesten mit der Paarung, 
und man hat öfters die sich umklammernden Paare zwischen den Eisschollen 
der eben erst aufgetauten Gewässer schwimmen sehen. Die Männchen lassen 
um diese Zeit ihre Stimme laut erschallen, nachher aber verstummen sie 
und schweigen den ganzen Sommer über. Die Weibchen setzen in einer 
Stunde 600—1000 oder mehrere Tausend Eier ab, welche die Männchen 
in der geschilderten Weise befruchten. Das Eiplasma hat einen Durch- 
messer von durchschnittlich 1,94 mm, die Gallerthülle einen solchen von 
10 mm. Die einzelnen Laichklumpen, welche zunächst auf den Boden des 
Gewässers fallen, werden dort durch das Quellen der Galierte sehr groß, 
indem sie Durchmesser von 15—25 cm erreichen. Nach wenigen Tagen 
steigen sie in die Höhe infolge von Gasblasen, die sich unter sie gesetzt 
haben. Die wärmenden Strahlen der Sonne, welche von dem sehr dunklen 
Pigment der oberen Eipole absorbiert werden, bringen die Embryonen zur 
Entwicklung, und nach 21—23 Tagen verlassen kleine 6—8 mm lange 
Larven die Eihüllen. Diese sind zunächst bläulich schwarz, werden nach 
einigen Wochen dunkelbraun, und schließlich hellt sich ihre Unterseite auf. 
Nach 2—21/, Monaten haben sie ihre größte Länge von 35—40 mm er- 
reicht, um dann allmählich wieder kürzer zu werden und die Froschgestalt 
anzunehmen. 

Im Juni oder Juli ist die Metamorphose beendet, und es verlassen dann 
oft ganze Scharen den bisherigen Aufenthaltsort, um sich über die Gegend 
zu verbreiten. Dieses massenhafte Auftreten von kleinen Fröschen hat 
Veranlassung zu der Fabel vom Froschregen gegeben. Die alten Frösche 
haben sich unterdessen schon gleich nach der Paarung, im März oder April 
aus dem Wasser begeben und auf Wiesen, Feldern, Ackern, im Wald, Park 
und Garten zerstreut. Manchmal trifft man sie sogar am Rande großer 
Städte in ziemlicher Entfernung von jeglichem Wasser. An allen diesen 
Orten gehen sie nun den Sommer über fleißig dem Nahrungserwerb nach, bis 
sie im Spätherbst wieder das Wasser aufsuchen, um in dessen Schlamm 
ihren etwa 4 Monate dauernden Winterschlaf zu halten. Die jungen Frösche 
werden nach 3 Jahren geschlechtsreif. 

Da die Nahrung des Grasfrosches, der übrigens nicht so gut springt 
wie der Wasserfrosch, aus Insekten, Würmern, Asseln, Schnecken usw. 
besteht, ist er für den Menschen von Nutzen. Solche Fälle, wie der er- 
wähnte, daß sich im Frühjahr Grasfroschmännchen auf Fische setzen und 
sie durch ihre Umklammerung töten, sind wohl nur selten. 


Synonyma (n. Dürigen) Rana s. Rubeta gibbosa Gesner 1617. — Rubeta 
gibbosa Aldrov. 1663. — Rana temporaria Charlet 1677. — Rana fusca ter- 


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restris Rösel 1758. — R. muta Laurenti 1768. — R. atra Bonnet 1789. — R. 
temporaria Sturm 1797, Schneider 1800 ete., non Linne. — R. alpina Risso et 
Fitzinger 1826. — R. flaviventris Millet 1828. — R. cruenta Pallas 1831. — R. 
platyrrhinus Steenstrup 1846. — R. Dybowskii Günther 1876. 


Rana arvalis Nilsson, der Moorfrosch. Er wurde von Steens- 
trup 1846 wegen seiner spitzen Kopfform als R. oxyrrhinus beschrieben im 
Gegensatz zu R. muta, den jener Autor R. platyrrhinus nannte. Der Moor- 

frosch ist der kleinste unserer echten Frösche. Er erreicht 

Fig. 8. nur eine Länge von 4—5 cm. Seine Stimm ist schmal, die 
Augen also dicht beisammen. Durch sein spitzes Vorderende 
unterscheidet er sich sogar noch von der var. acutirostris 
des Grasfrosches, wie er ja überhaupt zierlicher, schlanker 
und kleiner als jener ist. Seine Schwimmhäute sind un- 
vollkommen und reichen an der längsten Zehe höchstens 
bis zur Wurzel des vorletzten Gliedes, beim Männchen weiter 
als beim Weibchen. Der Fersenhöcker ist stark, hart, seit- 
lich zusammengedrückt, schaufelförmig (wie beim Wasser- 
frosch), länger als die Hälfte der Innenzehe. Die Gelenkhöcker 

auf der Unterseite der Finger und Zehen sind schwach ent- 
er wickelt. Die Gaumenzähne stehen weiter hinter den Choanen 
frosches als beim Grasfrosch. Beide Gruppen bilden eirunde Inseln, 

(n. Leydig). deren Längsachsen nach hinten konvergieren. Sie bestehen 
aus je 3 größeren und einigen kleineren Zähnen. Die Daumen- 

schwielen der Männchen sind einheitlich, ununterbrochen. Wie beim Gras- 
frosch sind auch hier bei den Männchen innere Schallblasen vorhanden. 
Die Farbe des Moorfrosches ist gelblich braun, rotbraun, beim Männchen oft 
graubraun. Die stark vorspringenden Drüsenwülste an den Seitenlinien des 
Rückens sind hell, weißgelb, und oft von dunklen Tüpfeln begleitet. Die 
eigentliche Rückenzone ist einheitlich gefärbt oder mit dunklen Flecken ver- 
sehen. Oft läuft über sie ein breiter, heller, gelblicher oder bräunlicher un- 
gefleckter Längsstreifen, welcher an den des Wasserfrosches erinnert. Dieses 
Band ist seitlich meist von schwarzen Rändern eingefaßt. Dabei findet sich 
bei den ungebänderten Individuen meist auf dem Nacken die uns vom Gras- 
frosch bekannte Vförmige Figur aus Drüsenwülsten, während diese bei den 
mit Rückgratstreifen versehenen Tieren fehlt. Der Schläfenfleck ist sehr 
dunkel und scharf gegen die Umgebung abgesetzt, zieht sich auch über das 
Trommelfell hin und bleibt selbst im Alter deutlich sichtbar. Auf der Ober- 
seite der Männchen erscheint in der Brunstzeit der bekannte „blaue Reif“. 
Die Weibchen zeigen in dieser Zeit die gleiche Beperlung wie die des Gras- 
frosches. Die Unterseite des Moorfrosches ist ungefleckt, weiß oder gelblich weiß. 

Zu diesen äußeren Abweichungen vom Grasfrosch kommen aber noch 
eine Reihe innerer, anatomischer Unterschiede. So fehlt dem Moorfrosch 
das Tarsale I. Der Kamm seiner Darmbeine ist höher und schärfer als beim 
Grasfrosch und ähnelt mehr dem des Wasserfrosches. Auch die Hoden des 
Moorfrosches sind ähnlich wie die von R. esculenta ohne Pigment und des- 


— 13 — 


halb rein gelb, während sie beim Grasfrosch schwärzlich gelb aussehen in- 
folge des dort vorhandenen Pigments. Daß die Samenblase bei R. arvalis 
klein ist und in der Mitte des Harnleiters liegt, wogegen sie bei R. muta 
groß ist und gleich hinter den Nieren beginnt, wurde schon erwähnt. Am 
deutlichsten aber prägt sich der Unterschied zwischen beiden Arten in der 
Gestalt der Spermatozoen aus. (Vgl. Fig. 49, S. 80). Die des Moorfrosches 
haben kurze, vorn stumpfe Köpfe, die des Grasfrosches dagegen schlanke, 
lange und spitze. Von allen Artcharakteren ist dieser der sicherste. 

Die mit einem hellen Rückgratstreifen versehene Form, die eigentlich 
typische des Moorfrosches, ist von Koch als var. striata beschrieben 
worden. Davon ist zu trennen eine var. maculata (fusca) (= gefleckte), 
welche in ihrer Zeichnung und Färbung dem Grasfrosch näher steht. Sie 
trägt denn auch jene V förmige Figur im Nacken. 

Die Verbreitung des Moorfrosches ist noch sehr ungenau bekannt. Im 
allgemeinen ist er ein Bewohner der nordeuropäischen Tiefebene, wo er mit 
dem Seefrosch vergesellschaftet vorkommt. Nie steigt er in so große Höhen 
wie der Grasfrosch. In Nord- und Mitteldeutschland ist er an vielen Stellen 
gefunden worden. Nach Dürigen bewohnt er da „die sumpfigen Niederungen 
des Schwemmlandes, moorige, tonige, von Gräben und Wasseransammlungen 
unterbrochene Wiesen, torfige Bruchstrecken und Haiden, Schilfteiche, feuchte 
Gründe.“ Nur selten trifft man ihn auf offenem, bebautem Land oder 
trockenen Wiesen. Er hält sich mehr am und im Wasser auf, so daß er 
also in seinem Verhalten ebenso wie in seiner Morphologie zwischen dem 
Wasser- und dem Grasfrosch gerade die Mitte einnimmt. Er ist aber doch 
typischer Landfrosch. Er springt z. B. besser als der Grasfrosch und ist 
auch sonst behender und regsamer als dieser. Allerdings halten sich die 
Männchen mehr im Wasser auf als die Weibchen, wie sie ja auch bessere 
Schwimmhäute haben als diese. 

Die Laichzeit des Moorfrosches soll etwa 14 Tage später fallen als 
die des Grasfrosches. Es liegen aber noch zu wenig Untersuchungen hier- 
über vor, als daß sich schon ein abschließendes Urteil gewinnen ließe. Es 
scheint nicht unmöglich, daß beide Lurche zu gleicher Zeit ihre Eier ab- 
setzen. Der Laich wird wie bei R. muta in Klumpen abgelegt. Die einzelnen 
Eier sind in allen ihren Verhältnissen etwa /, kleiner als die des Gras- 
frosches, sodaß auch ihre pigmentierte Seite nicht so groß ist als bei diesen. 
Dementsprechend schlüpfen auch kleinere Larven aus ihnen. Die größte 
Länge der Larven wird auf 32 mm angegeben. Auf diesem Stadium sind 
die Hinterbeine und der Schwanz relativ länger als bei den Larven des 
Grasfrosches. Die ans Land steigenden jungen Fröschchen sind etwa 12mm 
lang. Auch sie werden erst nach 3 Jahren geschlechtsreif. 

Der Winterschlaf des Moorfrosches beginnt im November und dauert 
bis Februar oder März. Wahrscheinlich überwintern die Weibchen auf 
dem Lande, wo sie sich in Höhlen und unter Steinen oder Reisig verbergen. 
Die Männchen dagegen vergraben sich im Schlamm, wie wir es bei den bis- 
her besprochenen Froscharten auch fanden. 


— 1834 — 


Synonyma (n. Dürigen) Rana temporaria Linn& 1761. — R. arvalis Nils- 
son 1842. — R. oxyrrhinus Steenstrup 1846. 

Rana agilis Thomas (agilis — beweglich), der Springfrosch. Er 
ist unser elegantester Frosch. Seine durchschnittliche Länge beträgt 5,5 —7 cm. 
Die Stirn ist schmal, die Augen also nahe beieinander. Das Trommelfell 
ist sehr groß, sein Durchmesser erreicht beinahe den des Auges. 
Der Rumpf ist sehr schlank und gestreckt. Die Schnauze ist 
lang und zugespitzt. Auffallend lang sind die Hinterbeine. 
Wenn man sie nach vorn umlegt, überragen sie mit dem 
Fersengelenk die Schnauzenspitze oft um 1 cm. Im Nacken 
findet sich auch bei ihm oft jene Vförmige Figur aus Drüsen- 
leisten. Die Gruppen der Gaumenzähne bilden rundliche 
Höcker, die in Höhe der Choanen liegen und nicht zu stark 
nach hinten konvergieren. Die Gelenkhöcker auf der Unter- 
seite der Finger und Zehen springen sehr stark knopfartig 
Hand des männ- hervor. Die Schwimmhäute sind unvollkommen. Der Fersen- 

ri PER höcker ist stark und hart und bildet einen länglichen Wulst. 
Tee! Die Weibchen sind länger als die Männchen. Da diesen die 
Schallblasen fehlen, und auch die einheitlichen Daumen- 

schwielen nur schwach entwickelt sind, so lassen sich die Geschlechter 
schwer unterscheiden. Meist sind die Männchen lebhafter gefärbt. Die Fär- 
bung des Springfrosches ist zart und licht. Er repräsentiert die hellste Art 
unter unsern braunen Fröschen. Die Grundfarbe der Oberseite ist rötlich, 
hell bräunlichgelb, hellgrau, an den Flecken oft mit einer grünlichen Bei- 
mischung. Die Unterseite ist weiß, gelblichweiß und vor allem ungefleckt. 
Der Ohrfleck, welcher auch über das Trommelfell hinzieht, ist tief dunkelbraun. 

Von innern Eigentümlichkeiten sei hier an die Lage der Samenblasen 
erinnert, welche der beim Moorfrosch ähnlich ist; die Vesiculae seminales 
sind also etwas entfernt von den Nieren. Die Spermatozoen dagegen unter- 
scheiden sich kaum von denen des Grasfrosches. Sie sind etwas schlanker 
und feiner. 

Der Springfrosch, der wahrscheinlich von Süden her bei uns einge- 
wandert ist, wurde seither in Deutschland nur an wenigen Orten gefunden. 
So bei Straßburg, Würzburg und Traunstein. Er lebt in der Ebene und am 
Fuße der Gebirge. Dort findet man ihn auf Wiesen, Graslehnen und in 
feuchten Wäldern. Auch bei dieser Art hat das weibliche Geschlecht eine 
größere Vorliebe für den Landaufenthalt. Während der Springfrosch kein 
besonders guter Schwimmer ist, sind die Leistungen, die er uns in seinen 
Sprüngen vorführt, umso erstaunlicher. Sätze von 1!/;—2 m Weite und 
?/, m Höhe sind nichts seltenes. Seine Stimme ist sehr schwach, da ja 
dem Männchen die Resonatoren in Gestalt der Schallblasen fehlen. Sie er- 
tönt auch nur zur Paarungszeit. 

Das Laichgeschäft findet je nach Witterung und Klima des betreffen- 
den Wohngebietes zu verschiedener Zeit statt. Aus manchen Gegenden, so 
aus der Umgebung von Turin, wird von einer Paarung Ende des Februar 


Fig. 89. 


— 15 — 


berichtet, in anderen Örtlichkeiten hat man den Springfrosch erst im März 
oder Anfang April laichen sehen. Die Weibchen begeben sich später ins 
Wasser als die Männchen, welche sie dort bereits erwarten. Die auf dem 
Boden der Gewässer sich entwickelnden Eier werden in Klumpen abgelegt. 
Sie sind zahlreicher, aber kleiner als beim Grasfrosch. Auch unterscheiden 
sie sich dadurch von jenen, daß bei ihnen die pigmentierte Oberseite noch 
dunkler, die helle Unterseite aber noch weißer ist als die entsprechenden 
Teile bei jenen, wodurch der Kontrast zwischen animalem und vegetativem 
Pole bedeutend schärfer hervortritt. Auch die Gallerte der Eihüllen ist 
weniger konsistent als beim Grasfrosch. 

Am 6. Tage nach der Geburt besitzen die Larven keine äußeren 
Kiemen mehr. Ihre Länge beträgt am 8. Tage 12 mm. Im Laufe ihrer 
Entwicklung werden sie 45—50 mm lang. Die Metamorphose ist in 10—12 
Wochen vollendet. Die zuerst nur 15mm langen Jungfrösche sind dunkler 
gefärbt als die alten. 

Im Oktober begeben sich die Springfrösche ins Winterquartier. Auch 
bei ihnen verbleiben die Weibchen auf dem Lande, wo sie sich unter Moos- 
polstern, Erdschollen, Wurzeln, Steinen, Blätterhaufen u. s. w. verstecken. 
Die Männchen dagegen vergraben sich im Schlamm der Gewässer. Im 
Sommer entfernen sie sich nie allzuweit von ihrem Tümpel, wenn sie auch 
immer außerhalb desselben bleiben. Die Weibchen zerstreuen sich viel mehr 
über das ganze Wohngebiet. 


Synonyma (n. Dürigen) Rana temporaria Millet 1828. — R. agilis Tho- 
mas 1855. — R. gracilis Fatio 1862. 


Die Hyliden oder Baumfrösche sind bei uns nur durch den Laub- 
frosch vertreten. 

Hyla arborea Linne, der Laubfrosch hat nach Dürigen folgende 
Art-Kennzeichen: 

„Länge etwa 4 cm; Rücken gewölbt; Schnauze abgerundet; Trommel- 
fell halb so groß wie das Auge; die beiden Gaumenzahn-Gruppen zwischen 
den inneren Nasenlöchern stehend; Zunge ziemlich kreisförmig, hinten aus- 
gerandet und fast bis zur Hälfte frei; zwischen den Fingern nur eine ganz 
kurze Spannhaut, Zehen der Hinterbeine zu Zweidrittel ihrer Länge durch 
Schwimmhäute verbunden; Haftscheiben fast so groß als das Trommelfell. 
Farbe oben blattgrün, unten gelblichweiß, an jeder Seite gewöhnlich ein 
schwarzer Längsstreif.“ 

Das Männchen besitzt einen großen unpaaren dunklen Kehlsack, der 
die Schallblasen der Raniden ersetzt. Eine Daumenschwiele fehlt ihm. Der 
Fersenhöcker ist wenig ausgebildet. Man kann den Laubfrosch auf den 
ersten Blick als solchen erkennen an den tellerförmigen großen Haftscheiben, 
welche sich an den Enden aller Finger und Zehen befinden. Die Haut der 
Oberseite ist glatt, die der Unterseite gekörnelt durch reichliche Drüsen, mit 
deren Hilfe sich das Tier am Blattwerk festkleben kann. Der Laubfrosch 
ist unser kleinster Frosch. Er erreicht nur eine Länge von 35—40 mm; 
im Süden wird er manchmal 50 mm lang. 


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Die Farbe der Oberseite des Laubfrosches ist ein freudiges, lebhaftes 
Blattgrün, das ihm ermöglicht, sich völlig in dem Laub der Büsche und 
Bäume zu verstecken. Die Unterseite ist gelblich weiß. Beim erwachsenen 
Männchen wird dieser helle Ton aber an der Kehle durch schwärzliche, 
olivenfarbene oder schwarzbraune Töne ersetzt. Auf der Grenze zwischen 
Ober- und Unterseite verläuft von dem Nasenloch über das Auge und Trom- 
melfell ein schwärzlicher Streifen nach den Hinterbeinen. 

Während schon bei unsern andern Fröschen ein Farbenwechsel auf 
Grund des Spieles der Chromatophoren beobachtet werden kann, erreicht diese 
Fähigkeit bei dem Laubfrosch ihre höchste Ausbildung. Er ist denn auch 
wegen dieser Eigenschaft häufig zum Gegenstand von Untersuchungen ge- 
macht worden, die wir im physiologischen Teil bereits kennen lernten. Die 
Zeit der Häutung, der Paarung, die Witterung, die Art und der Grad der 
Beleuchtung, die Farbe und Beschaffenheit des umgebenden Mediums, der 
Gesundheitszustand, jede Erregung des Nervenlebens macht sich in einer 
größeren oder geringeren Veränderung der Färbung bemerkbar. Besonders 
bei Mangel an Licht erscheint der Laubfrosch mißfarbig dunkel, während er 
sich lebhaft grün färbt, wenn man ihn zwischen frischgrüne Pflanzen setzt. 
Oft ist beobachtet worden, daß bei plötzlichem Erschrecken graue, blaue 
oder schwarze Töne in seiner Haut auftraten. Daß dieser Farbenwechsel 
ein mechanischer, vom Willen unabhängiger Vorgang ist, der vor allem 
durch Lichtreize, aber auch durch bloße Berührungsreize ausgelöst wird, 
haben wir uns klar gemacht. 

In andern Gegenden kommen ständige Färbungsvariationen des Laub- 
frosches vor, bei uns aber nur die typische Stammform. Wir finden den 
Laubfrosch in Deutschland überall in der Ebene, im Hügel- und Bergland. 
In unsern Alpen steigt er für gewöhnlich kaum bis zu 1200 m. Dagegen 
fehlt er im eigentlichen Hochgebirge, wenn er auch in einzelnen Fällen ein- 
mal noch weit über der angegebenen Höhe gefunden wurde. So trafZschokke 
(1907) hoch oben über dem Lünersee, an der felsigen Flanke der gletscher- 
gekrönten Scesaplana bei 2100 m noch den Laubfrosch an. Im Sommer 
klettert er munter im Laube der Bäume und Sträucher, in Röhricht oder 
Gras, im Getreide oder in den Kohlstauden unserer Wiesen, Auen, Felder 
herum, wenn nur etwas Wasser in der Nähe ist. Am Ufer der Sümpfe und 
an Waldrändern ist er auch zu treffen. Bei ungünstigem Wetter, bei rauhem 
Wind verbirgt er sich unter Steinen, in Mauerlücken oder hohlen Bäumen. 
Nur ausnahmsweise geht er zu dieser Jahreszeit ins Wasser selbst. Beim 
Nahen eines Feindes hält er sich ganz ruhig an ein Blatt angeschmiegt, 
wobei er wegen seiner trefflichen Farbenanpassung leicht dem Verfolger ent- 
geht. Erst beim Hereinbrechen der Dunkelheit wird er beweglich und jagt 
emsig allem möglichen Getier, vor allem Insekten nach. Nicht nur zur 
Laichzeit, sondern auch sonst läßt das Laubfroschmännchen seine Stimme 
ertönen, doch nicht wie der Wasserfrosch aus dem Wasser, sondern von 
seinem hohen Sitz im Geäst und Blattwerk in der freien Luft. So schreit und quakt 
er denn auch im engen Glas, besonders wenn er seine Stimme nachahmen hört. 


— 137° — 


Das Laichen findet gewöhnlich im Mai statt. Die Weibchen gehen 6 
bis 7 Tage nach‘ den Männchen ins Wasser, wo diese bereits ein lautes 
Konzert angestimmt haben. Nach einer meist mehrtägigen Umklammerung 
von Seiten der Männchen setzen die Weibchen ihre Eier gewöhnlich des 
Nachts in unregelmäßigen Klumpen ab, die dann zu Boden sinken. Der 
Durchmesser der schwefelgelben oder gelblichweißen Eidotter beträgt 1—1,5mm, 
der der Gallerthüllen etwa 5mm. Nur ganz oben am animalen Pol befindet 
sich etwas bräunliches Pigment, sodaß man die Laubfroscheier leicht von 
denen der andern Frösche unterscheiden kann. 

Nach 10—14 Tagen schlüpfen die Larven aus den Eihüllen. Sie sind 
dann etwa 5 mm lang, besitzen einen langen Schwanz und sind stark gelb 
gefärbt. Die Kiemen fehlen ihnen noch. Mit 42—43 mm haben die 
Larven ihre größte Länge erreicht. Nach etwa 12 Wochen brechen die 
Arme durch, und die Tiere nehmen allmählich die Farbe des Frosches an, 
bis nach 3 Monaten die Metamorphose vollendet ist. Im August steigen die 
Jungfrösche ans Land, bleiben aber zunächst noch in der Nähe des Wassers. 
Sie sind dann 13—18 mm lang und leuchten an den Seiten goldfarben. 
Ihre Unterseite ist fleischfarben, gelblich oder grau überflogen. Nach der 
ersten Überwinterung messen sie 24 —25 mm; nach 3 Jahren werden sie 
zum ersten Male geschlechtsreif, in welchem Alter sie dann auch im großen 
und ganzen ausgewachsen sind. Daß ein im Zimmer aus der Larve ge- 
zogener Laubfrosch ein Alter von 10!/, Jahren erreichte, wurde schon gesagt. 

Die alten Laubfrösche bleiben nach Beendigung des Laichens noch 
einige Wochen in der Nähe des Wassers, in welches sie an warmen 
Abenden sogar hineinsteigen, um sich als gar nicht üble Schwimmer zu zeigen. 

Ende September wird das Winterversteck aufgesucht in hohlen Bäumen, 
Mauerspalten, Erdlöchern, unter Steinen, Laubanhäufungen, manchmal auch 
im Schlamm. Bis April oder Mai, manchmal auch nur bis in den März 
dauert der Winterschlaf, aus dem die Männchen früher hervorkommen als 
die Weibchen. 


Synonyma (n. Dürigen) Rana arborea Schwenkfeld 1605, Linne 1761. — 


Ranunculus viridis Gesner 1617. — Rana viridis Linne 1746. — Rana Hyla 
Linne 1758. — Hyla arborea Linne& 1766. — Hyla viridis Laurenti 1768. — 
Calamita arboreus Schneider 1799. — Hyas arborea Wagler 1830. — Raganella 


arborea (Hyla viridis) Bonap. [Icon]. — Dendrohyas arborea Tschudi 1839. — 
Dendrohyas viridis Fitzinger 1843. — 


Bestimmungstabelle unserer einheimischen Ranidae 
(n. Dürigen). 

A. Rücken grün ‘oder grünlich; Oberschenkel bezw. Hinterbacken stets 
schwarz und hell (gelblich) marmoriert; kein oder ein ganz undeut- 
licher dunkler Ohrfleck; Männchen mit zwei äußeren Schallblasen. 

Grüne Frösche. 
Zehen mit vollkommenen, d. h. die Spitze der längsten Zehe mit 
den andern Zehen bis zur Spitze verbindenden Schwimmhäuten; 


— 18 — 


die beiden Gruppen der Gaumenzähne zwischen den inneren Nasen- 
löchern stehend. R. esculenta. 


B. Rücken braun, grau- oder gelbbraun; Hinterbacken nie dunkler mar- 
moriert, nur mit braunen Querbinden; ein gut ausgesprochener 
schwarzer oder schwarzbrauner Öhrfleck; Männchen nur mit inneren 
oder ohne alle Schallblasen; Gaumenzähne hinter der Linie der 
inneren Nasenlöcher stehend; Schwimmhäute unvollkommener. 


Braune Frösche. 
a) Hinterbein nach vorn gelegt mit dem Fersengelenk (unteres Ge- 
lenk des Unterschenkels) die Schnauzenspitze entschieden über- 
ragend; an der Wurzel der längsten Zehe ein kleiner warzen- 
artiger Höcker; Fersenhöcker (6. Zehe) groß, stark hervortretend, 
hart, seitlich zusammengedrückt; Gelenkhöcker auf der Unterseite 
der Finger und Zehen sehr stark knopfartig vorspringend; 

Schnauze lang und spitz; Bauch ungefleckt. R. agilis. 
b) Hinterbein nach vorn gelegt, mit dem Fersengelenk die Schnauzen- 
spitze nicht oder kaum erreichend; an der Wurzel der längsten 
Zehe kein warzenartiger Höcker vorhanden; Gelenkhöcker auf der 

Unterseite der Finger und Zehen schwach entwickelt: 

Fersenhöcker (6. Zehe) schwach, weich, kurz, einen länglich- 
runden, stumpfen Wulst bildend; Schnauze kurz, stumpf; 

Bauch grau, rot oder gelblich gefleckt. R. muta. 


Fersenhöcker (6. Zehe) stark, hart, seitlich zusammengedrückt, 
schaufelförmig (wie bei escul.); Schnauze zugespitzt, Oberlippe 
vorgezogen; Bauch ungefleckt. R. arvalis. 


Nachdem wir nun die einzelnen Arten unserer Frösche kennen gelernt haben 
und in ihnen zugleich Vertreter der Gattung Rana und Hyla sahen, wollen wir 
jetzt anhangsweise einen kurzen Überblick über die nächsten Verwandten der 
Frösche geben, soweit sie in unserem Vaterlande heimisch sind. Unsere echten 
Frösche bilden zusammen mit zahlreichen fremdländischen Arten die Familie der 
Ranidae. Eine andere solche Familie sind die überaus artenreichen Hylidae, 
die bei uns nur durch den Laubfrosch vertreten werden. Diese letztere Familie 
zeigt sich eng verwandt mit mehreren anderen Familien, deren Gattungen und 
Arten ebenfalls auf unsern Fluren und in unseren Wäldern angetroffen werden. 
Das sind die Discoglossidae oder Scheibenzüngler), die Pelobatidae oder 
Krötenfrösche und die Bufonidae oder Kröten. 


Die Vertreter dieser letzten drei Familien haben mit den Hyliden das ge- 
meinsam, daß die Anordnung ihres Schultergürtels sich wesentlich von der unter- 
scheidet, die wir im anatomischen Teil bei den echten Fröschen kennen gelernt haben. 
Es ist nämlich der Schultergürtel bei ihnen in zwei nur durch Bindegewebe mit- 
einander in Verbindung stehende annähernd symmetrische Hälften geteilt. Die 
hier bogenförmigen Epicoracoidknorpelspangen jeder Seite, welche das Coracoid 
und das Procoracoid median verbinden, stoßen nicht wie bei den Ranidae in der 
Mitte zusammen, sondern es überlagert die eine von beiden die andere. Man faßt 
deshalb alle diese Familien unter dem Namen Arcifera (= Bogenträger) „Schiebe- 
brüste“ in eine Gruppe zusammen, und stellt dieser die Frösche mit den fest- 
verwachsenen Schultergürtelhälften alsFirmisternia=,„Starrbrüste“ gegenüber. 


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Folgende Tabelle aus Dürigen gibt einen kurzen Anhalt über die Hauptkenn- 
zeichen und die unterscheidenden Merkmale der bei uns heimischen Familien der 
Starrbrüste und der Schiebebrüste: 


Gestalt schlank, gestreckt; Haut glatt, nur stellenweise 
Bil unbeweglich, | warzig; Hinterbeine bedeutend länger als die vorderen; 
starr; Fortsätze Re Zehen gewöhnlich (spitz); Pupille rundlich (queroval); 
benwerbelssiehfnicht Zunge länglich, vorn angeheftet, hinten frei und tief 
rec ausgeschnitten; Ohrdrüsenwulst fehlend; Trommelfell 
Firmisternia. |deutlich: Oberkiefer- und Gaumenzähne vorhanden; 

Wirbel vorn ausgehöhlt; Rippen völlig fehlend. 
Frösche, Ranidae. 
Tracht krötenartig; Haut 
Wirbel hinten ausgehöhlt; | warzig; Hinterbeine wenig 
(rudimentäre Rippen vor- | verlängert; Zehen gewöhn- 
handen; Zunge rundlich !lich; Pupille senkrecht; 
(scheibenf.), nicht ausge- | Oberkiefer- und Gaumen- 
schnitten, mit der Unter-} zähne vorhanden (Öhrdrü- 
fläche ganz oder fast ganz !sen und Trommelfell nach 
an dem Boden der Mund- | den Gattungen verschieden). 
höhle angeheftet. Scheibenzüngler, 
Discoglossidae. 
Tracht mehr frosch- als 
[krötenartig ;‚ Hautglatt, zart 
spiegelnd; Hinterbeine ver- 
längert; Zehen gewöhnlich; 
Pupille senkrecht; Zunge 
rundlich, hinten kaum aus- 
geschnitten; Ohrdrüsenfeh- 
lend, Trommelfell verbor- 
gen ; Oberkiefer-u.Gaumen- 

zähne vorhanden. 


m na m mn an nn nn nn a 


Ordnung: Froschlurche, Anura 


Brustkorb seitlich ver- Krötenfrösche, 
schiebbar; Fortsätze d. | Pelobatidae 
Kreuzbeinwirbelsaußen Tracht froschartig; Haut 
verbreitert: nur am Rücken glatt; Hin- 

Arcifera. terbeine sehr verlängert; 


Zehen an der Spitze mit 
scheibenf. Haftballen; 
Wirbel vorn ausgehöhlt; | Pupille rundlich, quer er- 
Rippen vollständig fehlend ;$ weitert;Ohrdrüsen fehlend; 
Zunge hinten frei. Oberkiefer- und Gaumen- 
zähne vorhanden. 
Baumfrösche, 
Hylidae. 
Tracht gedrungen, plump; 
Haut infolge Warzen und 
Hornhöcker rauh; Beine 
fast gleichlang, dick; Zehen 
gewöhnlich; Pupille quer- 
oval; Zunge länglich, hin- 
ten nicht ausgeschnitten; 
Ohrdrüsen und Trommel- 
fell deutlich; vollständig 
zahnlos, 
| 


Kröten, 
Bufonidae. 


— 1% — 


Wir müssen uns hier damit begnügen, nur die Namen der einzelnen Arien 
jener drei erwähnten Familien der „Schiebebrüste“ anzuführen. 

a) ee er u 

ombinator pachybus Bonap. Die gelbbauchige 
. bombinus L. (igneus Laur.) die nucköen } Wasserunke, 
Alytes obstetricans Wagl. Die Geburtshelferkröte, der Feßler. 
b) Pelobatidae, Froschkröten: 
Pelobates fuscus Laur. Die Landunke, Knoblauchskröte. 
c) Bufonidae, Kröten; 
Bufo vulgaris Laur. Die graue Kröte, die Erdkröte. 
„ viridis Laur. Die grüne Kröte, die Wechselkröte. 
„  calamita Laur. Die Kreuzkröte. 

Im System vereinigt man nun alle bisher genannten 5 Familien mit noch 
einigen anderen, von denen sich bei uns keine Arten vorfinden, zur Unterordnung 
der Phanerglossa oder Froschlurche mit Zunge, welche zusammen mit der 
wenige ausländische Arten enthaltenden Unterordnung der Aglossa oder Zungen- 
losen die große Ordnung der Anura — schwanzlosen Lurche bildet. 

Diese Ordnung der Anura ist eine Unterabteilung der (Wirbeltier-)Klasse 
der Amphibia oder Lurche überhaupt. Zu den Amphibia gehören nur noch 
zwei andere Ordnungen, nämlich die der Gymnophiona oder Blindwühlen, 
Schleichenlurche, und die der Urodela (Caudata) oderSchwanzlurche. 


E. Die geographische Verbreitung unserer Frösche. 


Nachdem in dem vorigen Abschnitt die Wohnbezirke unserer Frösche 
in bezug auf unser deutsches Land angedeutet wurden, sollen jetzt noch 
einige wenige Bemerkungen über die Verbreitung dieser Arten überhaupt ge- 
macht werden. 

Rana esculenta hat ein sehr großes Verbreitungsgebiet. Es reicht 
von 30° n. Br. bis zu 58 oder 60° n. Br. in nordsüdlicher Ausdehnung, 
und in west-östlicher vom Atlantischen bis zum Stillen Ocean. Wir finden 
somit den Wasserfrosch in Afrika, Europa und Asien. In Afrika ist er in 
Marrokko, Algier, Tunis und Ägypten heimisch. Von da erstreckt sich sein 
Wohngebiet über das ganze südliche und mittlere Europa, wo es bis an die 
westlichste Grenze des Kontinents, den Atlantischen Ocean, reicht. In Por- 
tugal ist er noch anzutreffen, und ebenso in Frankreich und Großbritannien. 
Dagegen fehlt er in Irland. Nach Großbritannien wurde er durch den 
Menschen gebracht, und zwar wahrscheinlich durch Mönche, die ihn wegen 
seiner schmackhaften Keulen aus Italien einführten. Ebenso wurde er jeden- 
falls auf den Azoren, Madeira, Teneriffa importiert, wo er sich jetzt überall 
angesiedelt und verbreitet hat. Im Norden reicht das Gebiet des Wasser- 
frosches bis Dänemark, Südschweden, in die russischen Ostseeprovinzen. 
Im Osten erstreckt es sich bis an die Küsten des gelben Meeres, und sogar 
in Japan ist unser Wasserfrosch nicht fremd. 

Daß er die Ebene und das Hügelland vor hohen Gebirgen bevorzugt, 
wurde bereits gesagt. Niemals wohnt er im echten Hochgebirge, und in 


— 191 — 


1000 m Höhe ist er schon selten. Die „Seefrosch* genannte Varietät des 
Wasserfrosches lebt nur in der Tietebene des mittleren und östlichen Eu- 
ropas, wo ihr der Rhein etwa die Westgrenze darstellt. 


Rana muta kommt nicht so weit im Süden vor, als die vorige Art, 
ist dafür aber noch viel nördlicher anzutreffen, denn sogar in der Nähe des 
Nordkaps, auf der Insel Magerö, wohnen noch echte Grasfrösche. Die Ost- 
und Westgrenzen decken sich mit denen, die wir beim Wasserfrosch fanden. 
Da die Rana muta ein kälteres Klima vertragen kann als jener, so gibt es 
bei uns ın Deutschland keine Gegend, in der sie nicht zu finden wäre. Sogar 
im Hochgebirge gibt es noch auf 2600 m Höhe Grasfrösche. Die ost-westliche 
Ausdehnung umfaßt das Gebiet zwischen dem 9. und 160. Grad östlich von 
Ferro, und die nord-südliche die Länder zwischen dem 70. und 42. Gradn.Br. 


Rana arvalis ist in seinem Vorkommen noch zu wenig bekannt, als 
daß sich schon Genaueres über die Grenzen seines Wohngebietes sagen 
ließe. Nach den bis jetzt vorliegenden Befunden kann man angeben, daß 
seine nord-südliche Ausdehnung etwa zwischen dem 70. Grad n. Br. und 
dem 47!/,. oder 461/,. Grad n. Br. liegt; doch sind Moorfrösche im Osten 
aus den Kaukasusländern, Nordpersien und dem süd-östlichen Kleinasien be- 
kannt, woraus sich dort eine südliche Erweiterung ihres Gebietes bis zum 
38.Grad n. Br. ergibt. Im allgemeinen ist er aber doch als eine nördliche Art 
zu bezeichnen. Die Westgrenze liegt für den Moorfrosch wie die des See- 
frosches am Rhein, im Elsaß, Holland, also etwa auf dem 24. oder 25. Grad 
östlich von Ferro; im Osten dagegen erstreckt er sich bis Westsibirien, also 
ungefähr bis zum 110.—115. Grad östlich von Ferro. Der Moorfrosch wird nie 
in so großer Höhe gefunden wie der Grasfrosch (er steigt höchstens bis zu 
700 m), sondern er ist ähnlich wie der Seefrosch ein Bewohner der Ebene. 
In der nordeuropäischen Tiefebene vom Niederrhein bis zur Wolga und Kama 
sowohl, als auch jenseits des Uralgebirges in dem sibirischen Flachland ist 
er zu Hause. 


Rana agilis ist eine südliche Art, deren enges Wohngebiet auf unsern 
europäischen Erdteil allein beschränkt zu sein scheint. Seine nördlichste 
Grenze verläuft durch Nordfrankreich, Mitteldeutschland, Böhmen, Ungarn 
und die Gegend am Kaukasus. In Frankreich kommt er am häufigsten vor, 
sodann in der Schweiz und in Italien, wo er bis nach Sizilien reicht. Im 
Osten hat man ihn in Bosnien, Albanien, Griechenland, im westlichen und 
östlichen Transkaukasien, am schwarzen Meer, am Kaspi-See gefunden. In 
Deutschland kennt man den Springfrosch bis jetzt nur aus der Gegend von 
Straßburg, Würzburg und Traunstein in Oberbayern. Die nord- und süd- 
liche Ausdehnung seines Wohngebietes liegt zwischen dem 48. und 50. Grad 
n. Br. und dem 37.—38. Grad n. Br. In Rußland bildet schon der 43. Grad 
die Nordgrenze. Derselbe Breitegrad stellt in Frankreich die Südgrenze dar. 
Die west-östliche Ausdehnung liegt zwischen dem 13. oder 14. und dem 62. 
Grad östlich von Ferro. Der Springfrosch lebt ähnlich wie der Moorfrosch 
mehr in der Ebene und kommt niemals hoch im Gebirge vor. 


— 192 — 


Hyla arborea hat wieder ein sehr weites Gebiet, ähnlich wie der 
Wasserfrosch. In nordsüdlicher Richtung finden wir ihn vom 58.—28.Grad. 
n. Br., in westöstlicher vom 9.—160. Grad östlich von Ferro. Es gehören also 
Europa, mit Ausnahme seiner nördlichen Teile und Inseln wie Irland, Groß- 
britannien, Norwegen, Nordschweden und das nördliche Rußland, sodann die 
ans Mittelmeer stoßenden Länder von Afrika, die Mittelmeer-Inseln, Madeira, 
die Kanaren, Vorder- und Mittelasien und Japan zum Wohngebiet des Laub- 
frosches. Wenn diese Art auch in unsern Alpen bis 1200 m, in Tirol bis 
1500 m hoch gefunden wird, so bewohnt sie doch lieber die Ebene und 
die kleineren Bodenerhebungen und fehlt auf den rauhen Kämmen unserer 
Gebirge. 


= Hylidae |l|||| Ranidae 


Geographische Verbreitung der Raniden und Hyliden (n. Gadow). 


Wenn sich somit unsere deutschen Frösche über ein ungeheuer großes 
Wohngebiet ausgebreitet finden, so sehen wir doch, daß sie in dem weit- 
aus größten Teile von Afrika, in Australien, in Nord- und Süd - Amerika 
völlig fehlen. Ein ganz anderes Bild jedoch bekommen wir, wenn wir die 
näheren Verwandten unserer Froscharten mit in Betracht ziehen. Rana 
palustris und R. silvatica sind ebenso wie R. virescens sehr nahe Ver- 
wandte unserer echten Frösche aus Nord-Amerika. Dort lebt z. B. auch 
der zu den Raniden gehörige große Ochsenfrosch oder Brüllfrosch (Rana 
catesbyana Shaw); ferner haust ein ebenfalls echter Ranide, welcher nach 
Laubfroschart klettert und vermöge seiner großen Schwimmhäute, die er dabei 
segelartig ausbreitet, sich durch die Luft gleiten lassen kann, Rhacophorus 
Reinwardti Wagl., auf den Sunda-Inseln. Rhinoderma Darwini D. B., eine 
ebenfalls zu den Starrbrustfröschen gehörige Art, die dadurch merkwürdig 
ist, daß bei ihr das Männchen die vom Weibchen abgelegten Eier in einem 
geräumigen Kehlsack bis zur Entwicklung der Jungen bei sich trägt, wohnt 
in Chile. Wenn wir die Schiebebrustfrösche betrachten, so finden wir zwar 
die bei uns einheimischen im vorigen Abschnitt aufgezählten etwa über die 


— 193 — 


gleichen Gebiete verbreitet wie unsere Raniden; eine sehr große Zahl ihrer 
Verwandten aber lebt in den Tropen, also weit südlicher, und beschränkt 
sich nicht nur auf Afrika, sondern bevölkert auch die andern tropischen 
Länder und Nord-Amerika. Von der Gattung Hyla wohnen allein 75 Arten 
in Süd-Amerika. 


F. Paläontologie und Phylogenie. 


Nur wenige Reste von vorweltlichen Fröschen sind uns in Form von 
Versteinerungen überliefert worden. Angehörige der Gattung Rana sind be- 
kannt aus dem oberen Eocän von Quercy, dem unteren Miocän von Weisenau 
bei Mainz, Luschitz in Böhmen, aus der Braunkohle des Siebengebirges und 
der Wetterau, aus dem oberen Miocän von Günzburg und Haslach und aus 
zahlreichen anderen Fundstellen, namentlich aus Höhlen. 

Die Hyliden sind neuere Formen, die sich erst in jüngster Zeit ent- 
wickelt haben. 

Die andern uns fossil erhaltenen Anuren stammen auch aus dem Ter- 
tiär und sind fast alle Angehörige heute noch lebender (rezenter) Arten. 
Im Oligoeän und Miocän war eine Palaeobatrachus genannte Art häufig, die 
heute ausgestorben ist. 

Die übrigen heute lebenden Amphibien, nämlich die Schwanzlurche und 
die Blindwühlen gehen selbst oder in nahe verwandten Formen zurück bis 
in die ersten Zeiten des Tertiär. Berühmt ist ein großer Schwanzlurch 
(Andrias Scheuchzeri) aus dem obermiocänen Süßwassermergel von Öningen, 
den sein Finder, Johann Jakob Scheuchzer, im Jahre 1726 in einer ge- 
lehrten Abhandlung für die Reste eines in der Sintflut umgekommenen 
Menschen hielt. 

In den im Alter vor dem Tertiär kommenden Schichten hören die Am- 
phibienreste ganz auf bis auf wenige Urodelen, die sich noch in die Kreide 
hinein verfolgen lassen. Es fehlt da jeder Zusammenhang mit früheren ähn- 
lichen Wirbeltieren. Um so überraschender ist daher die Tatsache, daß 
aus dem Palaeozoikum, also der ältesten Periode der Erdgeschichte, aus der 
überhaupt Reste von Lebewesen bekannt sind, uns eine reiche Amphibien- 
fauna überliefert ist. 

In der Steinkohlenformation treten jene uralten Amphibien zuerst auf 
und bilden gleich eine ganze Anzahl von Gattungen und Arten, sodaß man 
schließen muß, daß sie schon eine lange Vergangenheit hindurch sich aus 
einfacheren Formen differenziert haben. Man faßt jene ältesten Amphibien 
in eine Ordnung, die Stegocephali, Panzer- oder Schuppenlurche, zusammen, 
die dann neben die übrigen drei Ordnungen gestellt wird. Diese Panzer- 
lurche sind salamanderähnliche Tiere, die besonders durch ein Hautskelett 
aus verknöcherten Schuppen ausgezeichnet sind. Hauptsächlich ihre Bauch- 
seite, oft aber auch ihr Rücken waren auf solche Weise gepanzert. Schon 
13 


Dr. Hempelmann, Der Frosch. 


— 14 — 


bei diesen Stegocephalen war eine deutliche Clavicula vorhanden, bei der 
sich oft der dermale Ursprung noch nachweisen läßt. (Vgl. S. 14 u, 15). 
Die Tiere atmeten im Alter durch Lungen, in der Jugend aber vermittelst 
Kiemen, wie man an ihren versteinerten Larven feststellen konnte. 
Durch das Perm hindurch erhalten sich die Stegocephalen bis in die 
Trias, wo sie ihre höchste Entwicklung erreichten. Aus dieser letzteren 
Oncichteisheiisnenarkehen Epoche sind gewaltige Vertreter der Panzerlurche 
Verbreitung der Amphibien erhalten, so z. B. Mastodonsaurus, Capitosaurus 
(n. Zittel). usw., welche der damals weit verbreiteten Fa- 
milie der Labyrinthodonta angehörten. Ihren 
Namen hat diese Familie nach dem Bau ihrer 
Zähne, welche, äußerlich kegelförmig, im Innern 
eine Pulpahöhle mit zahlreichen radiär angeord- 
neten Aussackungen enthalten, zwischen denen 
vielfach gefaltete Cementleisten stehen. Schließ- 
lich seien hier noch die großen 5zehigen Fuß- 
spuren des Chirotheriums erwähnt, welche man 
im Buntsandstein von Thüringen und Franken 
fand, und deren hypothetische Erzeuger riesige 
salamanderähnliche Tiere gewesen sein müssen. 
Selbst wenn wir von der bis jetzt unaus- 
füllbaren Lücke zwischen den jüngeren Amphi- 
bien und jenen alten Panzerlurchen absehen, so 
können wir diese trotzdem nicht als die Vor- 
fahren der heutigen Lurche betrachten, so groß 
sind die anatomischen Unterschiede. Vielmehr 
müssen beide Gruppen ihren Ursprung genommen 
haben von damals lebenden Fischen, und zwar 
von den Dipnoern (= Doppelatmer), die schon 
eine Lunge besitzen und von welchen heute noch 
einige Arten in verschiedenen Erdteilen verstreut 
leben, — und von den Crossopterygiern (= Quastenflosser), einer Abteilung der 
Ganoiden (=Glanzschupper), von welchen es ebenfalls nur noch wenige 
rezente Arten gibt, denen aber im Devon einst eine ziemlich bedeutende 
Verbreitung zukam. Vor allem die Stegocephalen zeigen in Bezug auf das 
Skelett des Kopfes und des Schultergürtels eine ganze Reihe von Ahnlich- 
keiten mit diesen Lungen-Fischen, welche ihrerseits wieder von uralten Hai- 
fischahnen abgeleitet werden können, von denen es im Devon und Carbon 
wimmelte, und die teilweise bis ins Silur zurückgehen. 


Urodela 


| 
ES 
SS 
SS 
S|ıS 
A| 8 


Anunra 


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A. 

Abgabe der Stoffe 127 

Accessorius 40. ; 

Acetabulum 16. 

Achseneylinder 41. 

Aderhaut 49, 

Adventitia 61. 

Aquatorialplatte 85. 

Akromion 14, 

Ampulle 46, 

analog 14. 

Anaphase 85. 

animaler Pol 88. 

Annulustympanicus20. 
45. 

Anuren, Bestimmungs- 
tabelle der einheimi- 
schen 189. 

Aortenbögen 54, 55. 

Aquaeductus Sylvii 32. 

Archenteron 94. 


Area centralis retinae50. 


arteriell 59. 
Arterien 54. 
Assimilation 125ff. 
Associationszellen 42, 
Asterstadium 85. 
Atlas 11. 19. 
Atmung 118ff. 
Atrien 52. 

Augen 48fi. 
Augenblasen 101. 
Augenhöhle 20. 
Augenkammer 50. 
Axon 41. 


B. 


Basalzellen 45. 
Bastardierung 163. 
Bauchspeicheldrüse 72, 
Becherzellen 71. 
Becken 15. 
Beekengürtel 15. 
Beckenhöhle 16. 
Befruchtung 89ff. 
Belegknochen 19. 


Bewegungen 134. 142-146. 


Bidderscher Längskanal 
75. 
Bildungsdotter 82. 
Bindegewebe 21. 22. 
Biologie 165ff. 
Blastocoel 94. 
Blastoderm 94. 
Blastomeren 91. 
Blastula 94. 
blinder Fleck 50. 
Blutgefäße 52 ff. 106 ff. 


Register. 


Blutkörperchen 63. 64. 
Bögen, obere 12. 
Bogengänge 46. 
Bowmannsche Kapsel 76. 
Brunstwarzen 4. 44. 
Brustbein 15. 
Brustbeinbildungen 13 ff. 
Bulbus cordis 53. 

n  oeuli 48. 


C, 


Canalis centralis 30. 

Canalisneurenterieus 100. 

Cardia 70. 

Carotisdrüsen 55. 61.69. 

Carpalia 16. 

Cartilago epicoracoidea14. 
„ _ Procoracoideal4. 

Cauda equina 35. 

Cavum nasi 66. 

n  tympani 45. 
Cement 66. 

Centralia 16. 
Cerebellum 31. 
Cerebralkranium 19. 
Chiasma 32. 

Choanen 66. 

Chorda dorsalis 97. 
Chorioidea 49. 

Chorion 88. 
chromaffine Zellen 78. 
Chromosomen 85. 86. 
Clavicula 14. 

Coelom 105. 
Collateralen 41. 
Columella auris 20.45.46. 
Commissuren 33. 
Condylus 19. 

Corium 5. 

Cornea 49. 

Corpora adiposa 82. 83. 
Corpus ciliare 49, 

„n  epitheliale 33. 48, 

n striatum 33. 

n vitreum 50. 
Cristae acusticae 47. 
Cutis 5. 

Cylinderzellen 71. 


D. 


Darmbeine 15. 

Darmkanal 65ff. 103. 
Darmlebervenen 107. 
Daumenschwielen 8, 
Deekknochen 19. 21. 


' Delamination 94. 


Dendriten 41. 
Dentin 66. 


Diaphysen 22. 
Diastole 61. 
Diencephalon 32. 
Dornfortsatz 12. 
Dotterhaut 88. 
Dotterkern 88. 
Dotterpfropf 95. 
Drüsenschicht 71. 
Ductus choledochus 71, 
104. 
Ductus eystiei 73. 
n deferens 75. 78. 
„ endolymphaticus46. 
„ hepatiei 73. 
„ Pancreaticus 73. 
» Wirsungianus 73. 
Dünndarm 70. 71. 
Duodenum 70, 
Dura mater 29. 
Dyasterstadium 85. 


E. 


Eibildung 87 ff. 
Eierstock 80, 
Eierstockeier 82. 
Eileiter 82. 
Ektoderm 95. 
elastische Fasern 22. 
Elle 16. 
Embryo 9. 
Endbäumchen 42. 
Enddarm 71. 
Endfaden 29. 
Endocardium 61. 
Endolymphe 46. 
Endorhachis 29. 
Endothel 61. 
Endplatte 32. 
Endscheiben 44, 
Entoderm 95. 
Entwicklungserregung, 
künstliche 162. 
Entwieklungsmechanik 
152. 
Entwiceklungsphysiologie 
151 ff. 
Ependymgewebe 42, 
Epicardium 61. 
Epidermis 5. 103. 
Epiphysen 22. 


, Epiphysis 32. 33. 


Episternum 15. 

Epithelkörperchen 69. 

Ernährungsorgane 65 ff. 

Erythrocyten 63. 

eumitotische Reifungs- 
teilung 87. 


Exkretionsorgane 74 ff, 
108. 109, 

Exkrete 129, 

Externa 61. 

extratestikuläires Hoden- 
netz 79. 

Extremitäten 16. 17. 

Extremitätenskelett 16 ff, 


F. 


Facialis 38. 39, 
Farbe 9. 10. 
Farbenwechsel 9. 130-133, 
Fascia dorsalis 23. 
Fenestra ovalis 45. 
= vestibuli 45. 
Fersenhöcker 3. 19. 
Fettkörper 82. 83. 
Fettzellen 83. 
Filum terminale 29. 35. 
Finger 16. 
Fissura mediana ventralis 
30. 
Fissura sagittalis 32. 
Flügelbein 21. 
Follikelbildung 80. 
Follikelzellen 84. 
Foramen magnum 19, 
- Monroi 33. 
a vertebrale 12. 
Foramina 21. 
Fossa rhomboidalis 30. 
Fovsa germinativa 89,; 
„ .limbica 32, 
Froschlurche, Bestim- 
mungstabelle derein- 
heimischen 189. 
Fundusdrüsen 71. 
Fundusregion 70. 
Furchung 91 ff. 
Furchungshöhle 94. 
Furchungskern 91. 
Fußwurzelknochen 16. 


&. 


Gallenblase 73. 104. 
Gallenkapillaren 73. 
Ganglienzellen 41. 
Ganglion acusticum 38, 
= basale 33. 
n ceiliare 39. 
- Gasseri 38. 39, 
” jugulare33. 39. 
5 prooticum com- 
mune 38. 39. 
Ganglion solare 41. 


5 trigemini 38,39, 


Gastrula 95. 
Gastrulation 94 ff. 
Gaumenbein 21. 
Gehirn 30ff. 100. 101. 
Gehirnnerven 37 ff. 
Gehörorgan 45. 102. 147. 
148, 
Gelenkballen 7. 
Gelenkfortsatz 12. 
Gelenkkopf 19. 
Genitalkanäle 109. 
Geruchsorgan 45. 147. 
Geschlechtsbestimmung 
162. 163. 
Geschlechtsdrüsen 78f. 
109. 
Geschlechtsorgane 78ff. 
109. 
Geschmacksorgane44.146. 
Geschmackssinn 44. 
Gesicht 148. 149. 
Glandula intermaxillaris 
66. 
Glandula pituitaria 34. 
n supravenalis78. 
n thyreoidea 68. 
Glaskörper 50. 
glatte Muskeln 27. 
Gliazellen 42. 
Gliedmaßen 16 ff. 
Glomerulus 76. 
Glomeruluskapsel 76. 
Glossopharyngeus 40. 
Grasfrosch 179-181, 
graue Substanz 30. 
Grenzstrang 40. 


Haarzellen 48. 
Hämatoblasten 64. 
Hämoglobin 63. 
halbzirkelförmige Kanäle 
46. 
Handwurzelknochen16.18. 
Harder’sche Drüse 51. 
Harnblase 71. 72. 
Harnkanälchen 75. 
Haupthörner 20. 
Haut 4fi. 
Hautdrüsen 6. 7. 
Hautsinnesorgane 44. 
Havers’sche Kanäle 22. 
Hensen’scheMittelscheibe 
28. 
Hepar 73. 
Herz 52. 53. 106. 
Herzbeutel 52. 
Herzkammer 52. 
Herzklappen 53. 
Hinterhauptsbeine 19, 
Hirmbläschen,primäre100. 
Hoden 78. 79. 
Hodennetz 79. 
Hörknöchelehen 20. 45. 
Hörorgan 47. 
Hohlvene 57. 
homolog 14. 
Hornhaut 49. 
Hornschicht 5. 
Hüllen des Centralnerven- 
systems 29. 
hyaliner Knorpel 22. 
Hyla arborea 185-187. 
Hypochorda 105. 
Hypophysis 32. 34. 103. | 


I. 


inäquale Furchung 91. 
IndividualitätderChromo- 
somen 86. 
Infundibulum 32. 
Innenepithel 80. 
Inscriptiones tendineae25. 
Integument 4fl. 
Interferenzzellen 9. 
Intermedium 16. 
Intima 61. 
intratestikuläres Hoden- 
netz 79. 
Isthmusgrube 33. 
Isthmus rhombencephali 
31. 


J. 
Jacobson’sches Organ 66. 


RK. 


Kalkknorpel 22. 
Kalksäückchen 35. 46. 48. 
Karyokinese 84. 85. 
Kehlkopf 68. 
Kehlsack 67. 
Keilbein 21. 
Keimbläschen 82. 
Keimblätter 94 ff, 
Keimflecken 82. 
Keimperiode 84. 
Keimschicht 5. 
Keimzone 84, 
Kieferzähne 66. 
Kiemenbögen 104. 
Kiemenplatte 98. 
Kiemenspalten 104. 
Kloake 71. 
Knochen 22. 
Knochenhaut 23. 
Kopfdarm 65. 
Kopulationsbahn 89. 
Kreislauf 59. 60. 


EL. 


Labdrüsen 71, 
Labia vocalia 68. 
Labyrinth 45. 46. 
Labyrinthorgan 45. 
Labyrinthregion 19. 
Lagena 46. 
Lamina terminalis 32. 
Larynx 68, 
Laubfrosch 185-187. 
Leber 73. 104. 
Leberpfortader 59. 
Lederhaut 6. 
Leibeshöhle 52. 105. 
Leistungen des Organis- 
mus 130ff. 


| Leucoeyten 64. 72. 


Lid 51. 

Linea alba 25. 

Linse 50. 101. 

Lobi optiei 31. 
Lobus olfaetorius 32. 
Lungen 68. 104. 
Lymphgefäßsystem 62. 
Lymphherzen 63. 
Lymphkapillaren 63. 
Lymphkörperchen 64. 
Lymphsäcke 7. 62. 


200 


M. 


Macula neglecta 47. 
Magen 70. 
Magensaftdrüsen 71. 
Magenschleimdrüsen 71. 
Makromeren 93. 
Mandibula 20. 
Mantel 33. 
markhaltige Nervenfasern 
42. 
markloseNervenfasern42. 
Markscheide 42, 
Markzellen 78. 
Meckel’scher Knorpel 20. 
21. 
Media 61. 
Medullarfalten 97. 
Medullarfurche 98, 
Medullarplatten 98. 
Medullarrohr 98. 
Melanophoren 9. 
Mesencephalon 31, 
Mesenterium 74. 
Mesoderm 96. 
Mesonephros 109. 
Mesorchium 78. 
Mesovarium 80, 
Metamorphose 109 ff. 
Metaphase 85. 
Metencephalon 31. 
Mikromeren 43. 
Milz 73. 
Milzpulpa 73. 
Mitose 84. 85. 
Mitteldarmdrüsen 72. 73. 
Mittelfußhöcker 3, 19. 
Mittelfußknochen 16. 
Mittelhandknochen 16. 
Moorfrosch 182. 183. 
Morula 94. 
Mucosa 71. 
Müller’scher Gang 82. 
Müller’sche Kapsel 76. 
Muscularis 71. 72. 
Muskelschicht 71. 
Muskeltätigkeit 135 ff. 
Muskulatur 23 ff. 
Myelencephalon 30. 
Myelinscheide 42. 
Myocardium 61. 


N. 


Nahrungsaufnahme 121ff. 
Nahrungsdotter 82. 
Nasenbein 21. 
Nasenhöhle 20. 66. 102. 
Nebennasenhöhlen 66. 
Nebenniere 74. 78. 
Nephrostome 76. 
Nervenhügel 102. 
Nervenleisten 101. 
Nervensystem 28ff. 99f. 
Nerventätigkeit 139 ff. 
Nervenzellen 41. 
Netzhaut 49. 50, 
Neurilemna 42. 
Neurofibrillen 41. 


| Neuroglia 42. 


Neuron 42. 

Nickhaut 51. 

Nieren 74ff. 108. 109. 
Nierenkörperchen 75. 76. 
Nierenpfortader 59. 
Normalsalzwasser 64. 


Nucleoli 82. 
Nucleus 82, 


0. 


Oberarm 16. 

Oberhaut 5. 
Oberkiefer 21. 
Oberlippe 65. 
Oberschenkel 16. 
Odontoblastenschicht 67. 
Oesophagus 70. 
Ohrhöhle 19, . 
Ohrsteine 47, 
Omosternum 15. 
Ontogenie 83 ff. 
Ooeyten 87. 

Oogenese 87 ff. 
Oogonium 87. 
Opereularlöcher 111. 
Operculum 46, 
Orbitalregion 20. 
Osteoblasten 22, 
Osteoblastenschicht 67. 
Ostium abdominale 82. 
Otolithen 47. 

Ovarium 80. 

Ovidukt 82. 


P. 


Palaeontologie 193. 194. 
Pallium 33. 
Pankreas 72. 104. 
Papilla basilaris 47. 

= nervi optici 50. 
Paraphysis 32. 34. 
Parasiten 102. 
Paraxone 41. 
parietal 62. 
Parietalorgan 48. 
Pars basilaris 46. 

„ neglecta 46. 

» Pubica 16. 
Paukenhöhle 45. 
Pedunculi cerebri 32. 
Penetrationsbahn 89. 
pentadaktyl 16. 
Perilymphe 47. 

Periost 23. 
peripheres Nervensystem 
34 


Peritoneum 52. 
Pflugscharbein 21. 
Pfortader 59. 
Pfortaderkreislauf 57. 
Phagocyten 72. 
Phalangen 16. 
Phylogenie 193. 194. 
Physiologie 116 ff. 
Pia mater 29. 49. 
Pigmentblatt 50. 
Pigmentzellen 8. 
Pinealorgan 33. 48. 
Plasma 63. 
Plektrum 46. 
Piexusbildungen 35. 36. 
Plexus chorioideus 32. 
postbranchialerKörper 68. 
Postreduktionsteilung 86. 
Praehallux 19. 
Praereduktionsteilung 86. 
Primitivgrube 97. 
Primordialeranium 19. 
Processus obliquus 12. 
= spinosus 12. 
5 superior 16. 


Processus transversus 12. 
Proctodaeum 103. 
Pronationsstellung 18. 
Pronephros 108, 
Prophase 85. 
pseudomitotisch 86. 
Psychologie 149-151. 
Pulpahöhle 66. 

Pupille 49, 

Pylorusteil 70. 


Q- 
Quadratjochbein 21. 
Querfortsatz 12. 
quergestreifte Muskeln 

238. 135 f. 


R. 


Rabenschnabelbein 14. 
Rachendrüsen 66. 
Rami communicantes 35. 
40. 
Rami intergangliares 40. 
Rana agilis 184. 185. 
„ arvalis 182. 183. 
„  esculenta 177-179. 
„ _muta 179-181. 
Ranidae, Bestimmungs- 
tabelle der 187. 188. 
Ranvier’sche Schnürringe 
42. 
Rauttengrube 30. 
Rectum 71. 
Reduktion 86. 
Reduktionsteilungen 86. 
Regeneration 161. 162. 
Reifungsspindel 88. 
Reifungsteilungen 84. 86. 
Reifungszone 84. 
Rektusscheide 25. 
Remak’scheNervenfasern 
42. 
Retina 49. 50. 
Richtungskörper 88. 89. 
Richtungsspindel 88, 89. 
Riechzellen 45. 
Riesenspermatozoen 80. 
Rindenzellen 78. 


Rückenmark 29.30.43.99. 


Rückenmarksneryven 34ft. 
101. 
Rumpfdarm 70. 


S. 


Sacculus 46. 
Saccus endolymphaticus 
46 


Sagittalnaht 21. 
Samenbildung 83f:. 
Samenblase 78. 
Samenenkelzellen 84. 
Samenfäden 80. 
Samenkanälchen 79. 
Samentochterzellen 84, 
Scapula 14. 

Schädel 19 ff. 


Schallblasen 4. 67. 
Schaltzellen 42. 
Schambein 15. 
Scheitelbeine 21. 
Schienbein 16. 
Schilddrüsen 21. 68. 104. 
Schleimschicht 5. 
Schleimzellen 71. 
Schlüsselbein 14, 
Schlund 70. 
Schmelz 66. 67. 
Schulterblatt 13. 
Schultergürtel 13 ff. 
Schuppenbein 21. 
Schwann’sche Scheide 42. 
Schwanzdarm 104, 
Schwimmhäute 8, 
Selera 48, 
Selerotica 48. 
Segmentalgang 108. 
Sehnengewebe 22. 
Sehorgane 48ff. 101. 
Seitenlinien 102. 
Seitenorgane 102. 
Seitenplatten 105. 
Sekrete 128. 
Septen 63. 
Septum atriorum 53, 
u nasi 66. 
Serosa 71. 72. 
Serosa-Epithel 68. 
Sesambeine 18. 19. 
Sinnesepithel 45. 48. 50. 
Sinnesorgane 44ff. 1011. 
146 ff. 
Sinnesplatte 98. 
Sinneszellen 44. 
Sinus venosus 53. 
Sitzbein 15. 
Skelett 11ff. 
Somiten 105. 
Sommerzellen 78, 
Speiche 16. 
Speiseröhre 70. 
Spermatiden 84. 
Spermatocyten 84. 
Spermatogenese 83 ff. 
Spermatogonien 84. 
Spermatozoen 80. 84. 
Spinalganglien 35. 
Spinalnerven 34. 
Spindel 85. 
Spindelzellen 64. 
Spirem 84. 
Springfrosch 184. 185. 
Stäbchen 50. 
Statolithen 47. 
Steißbein 11. 12. 
Sternum 15, 
Stimmerzeugung 133,134. 
Stimmlade 68. 
Stimmlippen 68. 
Stimmritze 68. 
Stirnbeine 21. 
Stirnorgan 48. 
Stoffwechsel 118 ff, 


201 


Stomodaeum 103. 
Stratum compactum 6, 7. 
„  eorneum 5. 
germinativum 5. 

medium 80. 
mucosum 5. 
proprium 71. 
n _„spongiosum 6. 
Stützzellen 42, 45, 48. 
Submucosa 72. 


3333 


Substantia adamantina 67. 


Substanzen des Organis- 
mus 116 ff. 
Sulcus medianus dorsalis 
29. 
Supinationsstellung 18, 
Suprascapula 13. 
sympathisches Nerven- 
system 40. 43, 
Systematik 177ff, 
Systole 60. 


m 
Tapetum 50. 
Tarsalia 16. 
Tastflecke 44. 
Tastsinn 44. 
Tectum synoticum 19. 
ne vasculosum 

6. 

Tela chorioidea 31. 32, 
Telencephalon 32. 
Telophase 86. 
Temperatursinn 44, 
Testis 78. 
Tetanus 137. 
T'hymusdrüsen 68. 104. 
totale Furchung 91. 
Traetus optieus 32. 
Tränennasengang 51. 
Transplantation 157 ff. 
Trigeminus 38. 39. 
Trommelfell 3. 45. 
Truneus arteriosus 53. 
Tuba Eustachii 66. 
Tympanum 45. 


U. 
Unterarm 16. 17. 
Unterarmknochen 17. 
Unterhautgewebe 7. 
Unterkiefer 20. 
Unterschenkel 16. 18. 
Unterschenkelknochen 

184.19. 
Urdarm 94, 
Urgeschlechtszellen 80. 
83. 

Urmund 9. 
Urniere 109, 
Urnierengang 109. 
Urogenitalsystem 74 ff. 
Ursamenzellen 83. 
Ursegmentplatten 105. 
Urwirbel 105. 
Uterus 82. 88. 
Utrieulus 46. 


Buchdruckerei Julius Klinkhardt, Leipzig. 


Vv. 


Vagus 40. 
Vasa afferentia 55. 
„ .efferentia 75. 
Vas deferens 75. 
Vasothel 61. 
vegetativer Pol 88, 
Venen 56. 57. 
venös 59, 
ventraler Kiemenrest 69. 
Ventrieulus (im Gehirn) 
32. 88, 
Ventriculus (im Herzen) 
52. 
Verbreitung, geograph. 
190-183. 
Verdauung 122, 
Vesica fellea 73. 
Vesicula seminalis 78. 
visceral 62. 
Visceraleranium 19. 
Vorderdarm 70. 
Vorkammer 52. 
Vorkern, d u. 9 
Vorkiefer 21. 
Vorniere 108. 
Vornierengang 108, 


ww. 
Wachstumszone 84, 
Wadenbein 16. 
Wanderzellen 72, 
Wasserfrosch 177-179. 
weiße Substanz 30. 
Wimpertrichter 76. 
Wirbel 11. 
Wirbelkörper 11, 
Wirbelsäule 11. 
Wolff’scher Gang 109. 


x. 
Xantholeukophoren 8. 


2. 


Zähne 66. 67. 
Zahnbein 66. 
Zahneuticula 67. 
Zahnkrone 66. 
Zahnsockel 66. 
Zapfen 50. 
Zehen 16. 
Zellnester 87. 
Zellteilung 84-86. 
Zirbeldrüse 32. 
Zirbelstiel 32. 
Zirkulationssystem 52 ff, 
Zonula ciliaris 50. 

„  Zinnii 50. 
Zunge 20. 
Zungenbein 20. 
Zwergspermatozoen 80. 
Zwischenkiefer 21. 


91. 


ı Zwischenscheiben 28, 


Zwischenstück 16. 
Zwölffingerdarm 70. 


DR. WERNER KLINKHARDT » VERLAG » LEIPZIG 


GESCHICHTE 


der alten Philosophie 
als Weg der Erforschung 
:: der Kausalitält : - 


für Studenten, Gymnasiasten und Lehrer 


dargestellt von 


Professor Dr. ©. BERTLING 
In biegsamem Umschlag M. 2.50 


Dies Werk gibt eine kurze, aber außergewöhnlich klare 
Darstellung der gesamten alten Philosophie und ist so anregend 
geschrieben, daß jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt, es 
gern zur Hand nehmen wird. Besonders als Leitfaden neben 
größeren Werken dieses Gebietes dürfte es allen, die vor dem 
Examen stehen, ganz vorzügliche Dienste leisten. 


„Die Neue Freie Presse“ schreibt: 


„In aller Kürze soll nur auf diese kurze, sehr instruktive Darstellung 
der antiken Philosophie hingewiesen werden. Sie zeugt, von gründlicher 
Beschäftigung mit den Quellen und einschlägigen Gescichtswerken, von selb- 
ständiger, oft recht glücklicher Auffassung strittiger Punkte, ist gut disponiert 
und gibt immer eine scharfe Charakterisierung der typischen Merkmale der 
betreffenden Weltanschauung im Vergleich mit jenen anderer Weltanschauungen. 
Der Fortschritt im Denken und die Ergebnisse desselben im Altertum werden 
herausgescält, so daß, was nicht immer in ähnlichen Arbeiten zu finden ist, 
das historische Material eine gewisse Vereinheitlichung erfährt. Originell 
ist hier besonders die Betonung des Kausalitätsgedankens als Leitmotiv der 
Denkentwicklung und die scharfe Unterscheidung dreier Arten der Kausalität: 
zeitliche, seitlich verbindende, Wesenskausalität. Gymnasiasten und Studenten 
aller Fakultäten ist das Buch wärmstens zu empfehlen, besonders als Leit- 
faden neben größeren Werken dieser Art.“ 


Monographien einheimischer Tiere 
Herausgegeben von Professor Dr. H: BE. Ziegler, Jena 
OO und Professor Dr. R. Woltereck, Leipzig DO 


‚Zugleich eine Einführung in. das 
praktische Studium des Wirbeltier- 


ER Körpers 12] 
“Yon Dr. FRIEDRICH HEMPELMANN 


| Leipzig. 1908 » Verlag von 
Dr. Werner Klinkhardt 


a a v8 z er: RT u FE EEE 

ELSUN A En x U BE, EN 
Monographien einheimischer Tier e % 
Herausgegeben von 7 = Ei a 5; 


Prof. Dr.H, E. Ziegler in Jena u. Prof. Dr. R, Woltereckh in Beine 


Je mehr unser Wissen über die uns kmigehe Tierwelt wächst, ‚um 
so schwerer wird es, "aus «der Fülle von Detailarbeiten systematischer; ; 
anatomisch=histologischer, physiolögischer und embryologischer Art - alles 
zusammenzufinden, was nun ‚über irgend ein Tier oger eine. Tiergrappe an 
wesentlichen Beobachtungen bekannt ist. Ber - 
3 Meistens ist es nötig, aus einer Menge von in- und- sneländischen Zeit- = 
und Gesellschaftsschriften die betreffenden ‚Abhändlungen herauszusuchen; ==; 
nur. für. manche Tiergruppen kommen uns umfassende und dementsprechend 
"umfängliche Monographien und Sammelwerke zu Hilfe; die dann aber meistens. * 
einen hohen Preis haben und deshalb nur beschränkte Verbreitung finden können. . 

Zudem gibt es wenige Monographien, welche . alle Richtungen der = & 
zoologischen Forschung berücksichtigen, demnach sowohl in. systematischer _ 
und morphologischer, als auch in 'histologischer, »embryologischer und ökolo- 
gischer Hinsicht über ihr Objekt Auskunft geben... Allerdings wird die Fauna 
des. Mittelmeeres von der Neapler zoologischen Station in‚einer. ‚solchen um- _ 
fassenden Weise behandelt, aber es_ gibt "keine derartigen, Werke‘ für die 
Fauna der deutschen Wälder, Seen, Flüsse. oder auch Küsten. Die syste- x ei 
matischen. Werke enthalten gewöhnlich sehr wenig über die Anatomie und 
Histologie der’ Tiere, die anatomischen Bearbeitungen lassen die. ee 
und. die Biologie (Ökologie). beiseite. - In der Tat gibt es nur ‚ganz Are 3 
Werke, welche alles Wissenswerte über ein Tier oder eine geschlossene Tier- 
gruppe unserer Heimat bezw. Mitteleuropas im- sich vereinigen,. wie dies = 
z. B. bei dem berühmten Buche von Huxley ‚über den Flußkrebs der Fall 1 

Hier will“unsere- Monographiensammlung einsetzen, 'aber nicht mit kost- BE 
baren, alle Details umfassenden Werken, sondern mit. knappen, nur das o 
Wesentliche herausgreifenden Darstellungen. DEE g En 
“_ . Däs Ziel ist- also: Jedem" Dozenten, - Lehrer, Studierenden, züchten, 2 
Liebhaber -usw., der über ein Tier allseitig Bescheid wissen möchte, auf 
knappem Kocna und für wenige Mark alles: das an die Hand zu: geben, - was 
er braucht, um sich zu "orientieren. 

Zu diesem Zwecke haben die Unterzeiningen in mit dem 
Verleger, Herrn Dr.’ Werner Klinkhardt in Leipzig, den Entschluß gefaßt, 
eine Reihe monographischer Beschreibungen einzelner Tiere der < 
Heimat oder kleiner GEppen einheimischer Tiere in ‚handlichen. 22 


rent 8.3. Umschlgeie) | e 


ne 


Pe 


de on herauszugeben. "Se gehen. von dem: Gedanken aus, daß durch 
h ee reinen die Kenntnis ı der “einheimischen Tierwelt 
hr. verbreitet ‚und die” Freude an der natırwissensohaftlichän ” 
bachtı hlung geweckt und befördert ‚werde. 


re Mleneh Es jadoch zu beachten ist, daß diese Arbeit als 


rk 


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A = 


In eine | breitere | Basis ‚erhälten uud wäiler: ausholen mußte, als das 


+ Ku er 


3 Profeior Dr. He hingen: Der. nn: 
= Oberstudienrat Professor: Dr. Lampert,, Stuttgart: Der. 
= Schmetterling, 
Professor“ Dr-Js Meisenheimer, " Marburg: Die Wein- 
"Dz . bergschnecke. Ser 
pe W. Meyer, ‚Flensburg: Der: Fintenfisch. 
- Dr. ©, Steche, : Gautzsch:; Hydra und: Hydroiden. 
. Privatdozent Dr. P. ‚Steinmann, Basel, und Privatdozent 
 ssDr;.E. Breßlau, Straßburg: Die Strudelwürmer. 
Professor Dr: Urban, -Plan:- Die Spongilliden. 
Du C Walter, Basel: Die Hydracarinen (Hydrachniden). 
| Professor ‚Dr. .R. Woltereck, Leipzig: Daphnia. 
IR Professor Dr. H. E. Ziegler, Jena: Die Flußmuschel. 
RE Professor | Dr. Zschokke, Basel, und Dr. G.Sur beck, München: 
Eee ‚Die Salmoniden. 


= Die Unferzeichneten con die Sammlung der Monographien gemeinsam 
eraus, wobei aber jedes einzelne Bändchen nur einen Herausgeber hat, welcher 
sselbe mit einem. kurzen Vorwort versieht. 


HE; Ziegler. R. Woltereck, 


für die Vertebraten- -Monographien der Sammlung in ‚vielen 


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