Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at |http: //books. google .com/l
Google
IJber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nu tzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen.
•• •
o O UA/,
iT
i'^nU^^'^l
DER GRIECfflSCHE ALEXANDERROMAN
VON
ADOLF AUSFELD
NACH DES YEBFA8SEBS TODE
HEBAÜSGEOEBEN VON WILHELM EBOLL
LEIPZIG 1907
DRUCK UND VEBLAG VON B. G. TEÜBNER
I
r
t K
7i 5S'6i;
^^
ALLE JBUBGHTX, BINSGHIiIBSSLIGH DBS ÜB£B8BTZ(rK<»8BECHT8, TOBBBHALTEK.
Vorwort.
Als Ausfeld aus einem axbeitreichen Leben abgerufen wurde,
lag der Text des zweiten und dritten Kapitels so gut wie fertig vor,
der des ersten und vierten ließ sich aus dem Konzept herstellen,
eine Arbeit, der sich Herr Dr. U, Bernays in aufopfernder Weise
unterzogen hat. So hätte das Manuskript ohne weiteres in die
Druckerei wandern können, wenn nicht 0. Crusius und die Verlags-
buchhandlung Bedenken gehabt hätten, einmal wegeu des großen
Umfanges des Buches, dann aber, weil Ausfeld sich für den griechischen
Text auf C. Müllers Kollationen verlassen hatte, während doch zu-
verlässigere sich in meinem Besitz befanden. Sie wendeten sich
deshalb an mich mit der Bitte, das Werk für die Herausgabe fertig
zu stellen, und ich habe ihr gern entsprochen. Meine Tätigkeit ist
eine dreifache gewesen: Erstens habe ich die Angaben über den Text
der griechischen Hss. durchweg nach meinen Kollationen verbessert.
Zweitens habe ich gekürzt, wo es mir tunlich schien, da der Verlag
das Werk in dem ursprünglichen Umfange nicht publizieren wollte.
Diese Kürzungen haben besonders die Anmerkungen zum zweiten
Kapitel betroffen, aus denen ich u. a. die zahlreichen Emendationen
zu Julius Valerius gestrichen habe, die im Rhein. Mus. LXI veröffent-
licht sind. Drittens habe ich eine Reihe meist kurzer Zusätze ge-
macht, die durch eckige Klammem — <(> — kenntlich gemacht sind.
Um Mißverständnissen vorzubeugen, bemerke ich, daß meine Auf-
gabe nur die des ÖLogd'cjtTJg^ nicht des xQitLxög war, und daß ich
weder meine Zustimmung noch meine abweichende Meinung zum Aus-
druck zu bringen für richtig hielt. Meine eigenen Anschauungen sind
in der Hauptsache noch immer die, welche ich in der Beilage zur
Allg. Zeitung 1901 Nr. 38 ausgesprochen habe, und ich behalte mir
vor, sie eingehend zu begründen.
Die im zweiten Kapitel am Rande angebrachten Zeichen bedeuten:
'Ar(menische) Übersetzung nach Raabe, M(üllers) Ausgabe des grie-
chischen Textes, S(yri8che) Übersetzung, V(alerius).
Bei der Korrektur haben mir Herr Dr. U. Bernays in Lahr und
Herr Gand. phil. A Tesch in Greifswald in freundlicher Weise ihre
Hilfe geliehen; der erstere hat außerdem den Nachruf auf Ausfeld
beigesteuert.
Münster i. W. W. KpoU.
a*
Adolf Ausfelds Leben.»)
Adolf Aosfeld wurde am 30. Augast 1855 als Sohn des Rechts-
anwalts Adolf Ausfeld und seiner Frau Georgine geb. Henkel zu
Gotha geboren. Im zartesten Kindesalter verlor er. gleichzeitig seine
beiden Eltern^ die vom Typhus weggerafft wurden; daher stammt
vielleicht der melancholische Grundzug seines Wesens. Er wurde
von einem Bruder seines Vaters adoptiert^ der Gutsbesitzer war; auf
dessen schönem Gute in der Nähe von Fulda wuchs er auf. Dort
entstand in ihm die große Liebe zur Natur^ die er sich zeitlebens be-
wahrt hat^ auch verdankt er diesem Aufenthalte eine genaue Kenntnis
der Natur; die bei Vertretern der Geisteswissenschaften nicht allzu
häufig ist. Seine erste Bildung erhielt er auf der Erziehungsanstalt
Schnepfental; deren Zögling er 1866 — 1869 war. Es waren enge
verwandtschaftliche Beziehungen^ die ihn mit dieser Anstalt ver-
banden; drei Brüder Ausfeld waren schon dem Gründer der Schule,
SalzmanU; zur Seite gestanden, der jetzige Leiter der Anstalt ist mit
Ausfelds Schwester vermählt. Von Schnepfental kam Ausfeld auf
das Gymnasium Fulda, wo er bis 1872 verblieb.
Zunächst begab sich Ausfeld nach Jena, um klassische Philologie
und Germanistik zu studieren. Dort blieb er zwei Semester, eins
ging er nach Göttingen, sechs nach Leipzig. Hier hat er den für
seine Studien bestimmenden Grund gelegt, auch promoviert. Aus
den Namen seiner Lehrer, wie er sie in seiner Vita zur Dissertation
aufzählt, und aus seinen Kollegheften, von denen wenigstens aus der
Jenenser und Leipziger Zeit eine ganze Anzahl sauber gebunden er-
1) Da ich Ausfeld persönlich nur im letzten halben Jahre seines Lebens
gekannt habe, war ich namentlich für das Biographische auf Mitteilungen
anderer angewiesen. Neben der Familie waren es besonders die Herren Geh.
Rat Prof. S. v. Biezler und Otto Crusius in München, die mir wertvolle Auf-
schlüsse über Ausfelds Studien und Wesen gaben, deren Verwertung sie mir
gütigst gestatteten.
Ans Aiisfelds Leben. Y
lialten sind, läßt sich erkennen^ daß Aasfeld mit gleichem Eifer
germanistische und klassische Stadien getrieben hat, wie dies in den
siebziger Jahren noch weit gebräachlicher als heate war. Wirklich
bestimmend scheint fdr ihn vor allem der Aafenthalt in Leipzig
gewesen zu sein, und wie auf so viele haben auch auf ihn zwei
Männer besonders gewirkt: ßitschl und Zarncke. Im Jahre 1875 war
er Mitglied in der von Ritschi neben dem eigentlichen philologischen
Seminar gegründeten Societas^), der damals auch 0. Grusius angehörte.
Es wurden damals Ausfelds Oppianstudien behandelt, aus denen 1877
^ine Dissertation hervorging. Bei Zarncke und EUldebrand legte
Ausfeld dann auch den Grund zu seiner genauen Kenntnis der
deutschen, namentlich der mittelalterlichen Literatur und ihrer metho-
dischen Behandlung; gerade für die Stadien, denen er später sein
Leben widmete, war dies von entscheidender Bedeutung. Doch findet
sich in dieser Zeit, soweit mir wenigstens bekannt, nirgends ein
Anzeichen einer speziellen Beschäftigung mit den Problemen des
Alexanderromans. Den Freunden der damaligen Zeit ist Ausfeld als
„eine wahrhaft glänzende Erscheinung^' ') in Erinnerung, sie sahen
in ihm schon „den künftigen Academicus'^ Doch dazu ist es nie
gekommen.
Im gleichen Jahre wie seine Doktorprüfung (1877) hatte Ausfeld
auch sein Staatsexamen abgelegt und sich entschlossen, sich dem
Schuldienste zu widmen. Zunächst diente er von 1877 bis 1878 sein
Freiwilligenjahr in Freiburg i. Br. beim 113. Infanterie-Regiment ab,
dem er auch als Reserveoffizier angehörte. In diesem Jahre lernte
er auch in der Tochter seines Hauswirts, des Kunstmalers Weber,
seine zukünftige Gattin kennen. Im Jahre 1883 konnte er sie heim-
führen. Der außerordentlich glücklichen Ehe sind zwei Söhne ent-
sprossen, von denen der eine sich ebenfalls dem Studium der klas-
sischen Philologie zuzuwenden gedenkt. Für die nächsten zwei Jahre
aber ging Ausfeld als Praktikant an das elsässische öymnasium Saar-
i>urg. Doch scheinen ihm die dortigen engen Verhältnisse nicht
sonderlich zugesagt zu haben, und er entschloß sich daher, im Jahre
1880 in den badischen Staatsdienst überzutreten. Er wurde zunächst
als Praktikant am damaligen Progymnasium Donaueschingen ver-
wendet und 1882 zum Professor an der gleichen Anstalt ernannt.
Hier in Donaueschingen, wo ihm die Bibliothek zur Fortsetzung
1) Siehe Crusius, E. Bohde S. 11 f.
2) Mitteilung von 0. Crusios.
YI AxiB Ansfelds Leben.
naHlentlich seiner germanistischen Studien sicherlich zahlreiche und
erwünschte Hilfsmittd bot^ machte Ausfeld auch die Bekanntschaft
S. RiederS; des damaligen fürstlichen Bibliothekars; heute Professors
der' Geschichte in München. Sehr bald schlössen sich die beiden
Männer immer enger aneinander; auf ^^langen Wanderungen durch
Berg und Tal und durch die einsamen düsteren Waldungen des öst-
lichen Schwarzwalds erschlossen sich unsere Herzen".^) Auch nach
der raumlichen Trennung — im Jahre 1883 verließ Riezler Donau-
eschingen — hat dieses Freundschaftsbündnis in alter Treue und State
fortgedauert bis zu Ausfelds Tode, und in dem sicheren Vorgefühl^
es werde ihm nicht vergönnt sein^ sein Lebenswerk zu vollenden, hat
Ausfeld den Freund zum Bewahrer und Verwalter seines gesamten
literarischen Nachlasses eingesetzt. Auch Ausfeld sollte nicht mehr
lange in Donaueschingen verweilen; 1886 wurde er an das Gymnasium
zu Bruchsal versetzt, wo er bis 1895 blieb. Hier war er einige Zeit
lang Vorsitzender des deutschen Sprachvereins und Pfleger der badi-
schen historischen Kommission für den Bezirk Bruchsal, auch be-
kleidete er das Vorstandsamt der Ortsgruppe Bruchsal des deutschen
Schulvereins.*) Nachdem er 1895 an das Gymnasium zu Baden-Baden
versetzt war, nahm er im Jahre 1896 an der Studienreise badischer
Philologen teil, deren Ziel unter v. Duhns Führung Süditalien, Sizi-
lien und Tunis sein sollte. Ausfeld versprach sich eine große Fülle
neuer Eindrücke, eine erfreuliche Erweiterung seines Gesichtskreises
von diesen Fahrten, doch fanden sie leider für ihn einen allzu frühen
Abschluß. Da er von einem schweren Malariaanfall heimgesucht
wurde, mußten ihn die Genossen in Syrakus zurücklassen; voU treuer
Sorge eilte die Gattin über die Alpen herbei, den Erkrankten zu
pflegen; ihrer und des Reisegenossen Prof. H. Schmidts aufopfernder
Mühe gelang es endlich, die tückische Krankheit zu bannen. Doch
schien auch damals die Wut des Anfalls gebrochen, und die alte
Frische und Straffheit des Körpers sich bald wieder einzustellen,
ganz verwunden hat Ausfeld die Nachwirkungen des Übels wohl nie
mehr, und manches läßt darauf schließen, daß die innersten Keime
seiner Todeskrankheit auf jene Malaria in Syrakus zurückzuführen sind.
Zunächst ließ sich aber noch alles gut an. Durch seine Versetzung
nach Heidelberg (1902) hoffte Ausfeld endlich Gelegenheit und Hilfs-
mittel genug zu finden, um sein Buch über den Alexanderroman, an
1) Mitteilung S. v. Riezlers.
2) Siehe Jahresbericht des Heidelberger Gymnasiums 1904/6 S. 1»
Aus AnafeldB Leben. YII
dem er schon so manche Jahre rastlos gearbeitet hatte, zu vollenden«
Es sollte nicht sein. Anfang August 1904 erkrankte er an einer
Blinddarmentzündung; nachdem er noch kurz vorher den Geburtstag
seines ältesten Sohnes in voller Frische gefeiert hatte. Von qual-
vollen Leiden erlöste ihn am 15. August mitleidig der Tod. Am
17. August wurde, was von ihm sterblich war, den Flammen übergeben*
rvd)(irj inLötrifiTß xb Tcal rivoQCri %Q0(psQ6vxa
Oav^ ÖQvv &g xEificjv ^otQ* eXa ö' i^astvvrjg.
Diese Worte setzte H. Stadtmüller, der nun auch schon dahingegangen,
dem Kollegen und Freunde als letzten Scheidegruß auf das Grab.
In die knappen Formen des griechischen Epigramms hat der feine
Kenner dieser Kunstform all das zu bannen gewußt, was ihm wie
andern an Ausfelds Persönlichkeit als das Bestimmende und Grund-
sätzliche erschien. Wie er sich „die wahrhaft glänzende Erscheinung^
bis in seine letzten Jahre hinein bewahrte — noch am Schlußakte
des Jahres 1904 ragte seine mächtige und vornehme Gestalt mit dem
breiten blonden Barte unter allen anderen hervor — , so war auch
sein Inneres frei von allem Kleinlichen und Unedlen. Schon in
früher Jugend hatte er die Härte des Schicksals kennen gelernt, auch
späterhin mögen Enttäuschungen mancher Art nicht ausgeblieben sein.
Da hat er sich denn daran gewöhnt manches, was ihn tief und nach-
haltig bewegt haben muß, still in sich zu verschließen und die große
Menge durch ein äußerlich rauhes, ja oft absprechendes Wesen von sich
zu halten. Wer ihm näher kam — freilich nicht allzu vielen ist dies
gelungen — , der erstaunte über die Feinheit seines Gefühls, über die
fast physische Abneigung gegen jede Art von Banausentum und
Streberei, deren allzu üppiges Aufblühen zu beobachten er während
seines Lebens nur allzu reichlich Gelegenheit hatte. Da konnte er
aus sich herausgehen und in Ausdrücken von wahrhaft massiver Kraft
und Deutlichkeit seinen Abscheu vor all diesem kimd tun. Damit
verband er ein kindliches Gemüt, das er sich auch in seinen Mannes*
Jahren zu bewahren wußte. Von seiner Freude an der Natur ist
schon gesprochen, sonst ging ihm sein Leben auf im Verkehr mit
den Freunden, in den Pflichten seines Berufs, die er peinlich genau
und streng nahm — wie so mancher seiner Schüler, namentlich der
Baden-Badener, hat von ihm berichtet, wie er erst mit Furcht und
Zittern, dann mit Liebe und Bewunderung zu ihm aufgeschaut habe,
wie er ihm die schönsten und anregendsten Stunden seiner Gymnasial-
zeit verdanke — , der Sorge für das Wohlergehen seiner Familie und
\in, AuB Ansfeldfl Leben.
.der Beschaftignng mit ernster wissenschaftlicher Arbeit, und auch
das gehört mit zu dem Bilde seines Wesens, daß er mit unbeug-
samer Festigkeit an dem einmal begonnenen Werke festhielt. Manch
-einer hätte unmutig die Feder sinken lassen bei den ungeahnten
Schwierigkeiten, die sich der Aufgabe entgegenstellten,^ bei der jahre-
langen Entfernung von Kulturzentren mit ihren gerade für dieses
Werk so nötigen literarischen Hilfsmitteln, bei der anstrengenden
und abstumpfenden Arbeit des tägUchen Berufes. Ausfeld dagegen
arbeitete unermüdlich und unerbittlich auf das einmal gesetzte Ziel
hin. Mit rastlosem Fleiße trug er Stein für Stein zu dem Baue
zusammen, den er aufzuführen gedachte; in allen Lagen seines Lebens
hat ihn diese Arbeit begleitet — manche Bemerkung auf den ver-
schwiegenen Seiten seiner Konzeptheffce gibt davon Kunde — ^ und
schließlich hat er an ihr weitergeschafft in der stillen Resignation,
daß es ihm nicht vergönnt sein werde, das vollendete Werk zu er-
blicken, daß er es anderen überlassen müsse, die Frucht so vieler
arbeitsreicher Jahre zu pflücken.
Diese Arbeit nun konzentrierte sich mit einziger Ausnahme
seiner Dissertation, die von den unter dem Namen Oppian gehenden
Schriften und ihren verschiedenen Verfassern handelt, um ein ein-
ziges Gebiet, das^ allerdings umfassend genug war, die Arbeit eines
Menschenlebens auszufüllen: um den Alexanderroman. Es ist nicht
genau festzustellen, von welcher Seite her Ausfeld die Anregung zu
einer so ausschließlichen Beschäftigung gerade mit diesem Gegen-
stande kam. Am wahrscheinlichsten ist es noch, daß es die germa-
nistischen Studien waren, von denen er zum Alexander getrieben
wurde. Dazu kam femer, daß gegen Ende der siebziger Jahre diese
Probleme anscheinend „in der Luft lagen'^^) Zachers Buch über
Pseudokallisthenes, allerdings schon 1867 erschienen, und Rohdes
Versuch, in seinem Werke über den griechischen Roman (1876) die
nrsprünglichsten Teile des Alexanderromans — nach seiner Ansicht
die großen Briefe — wiederherzustellen, hatten aufs neue die Auf-
merksamkeit auf jene im Orient wie im Okzident so weit verbreitete
sagenhafte Umbildung der Taten des großen Königs gelenkt. Ausfeld
mußte bald einsehen, daß eine wirklich fruchtbringende Behandlung
der sich bietenden Probleme nur dem gelingen könne, der zum
mindesten mit germanischer und klassischer Philologie gleich ver-
traut sei, und auch dann noch brauchte dieser die Hilfe des Orien-
1) Mitteilung von 0. Crusias.
AuB AoBfelds Leben. ÖL
taUsten, am die Sage in all ihren Verzweigungen und Veränderungen
verfolgen zu können. So g^ng er denn zunächst von den deutschen
Fassungen der Sage aus, namentlich Ton der, die sich im ^^Alexander^^
des Rudolf Ton Ems findet^ und imtersuchte das Verhältnis, in dem
diese zu ihren Quellen steht (Programm Donaueschingen 1882/83).
Schon hier stellt er die große Bedeutung fest, welche die aus dem
10. Jahrhundert n. Chr. stammende ,,Historia Alexandri Magni de
preliis^' des Archipresbyters Leo für den gesamten germanisch -roma-
nischen Zweig der Überlieferung besitzt, und erörterte schar&innig
die verschiedenen Textgestaltungen dieses Berichts, sowie die Gründe,
die zu diesen geführt hatten. Schon zu dieser Arbeit hatte Ausfeld
eine genaue Abschrift der Bamberger wie der Münchner Hs. cod.
lat. 23489 Leos vorgenommen und mochte damals bereits an eine
Ausgabe Leos denken, wie er in dem gleichen Programm auch eine
solche von Rudolfs Alexander ankündigte. Aus den Vorarbeiten
hierzu entstammen die Aufsätze über „die Orosius-Rezension der Vita
Alexandri Magni de preliis und Babiloths Alexander-Chronik^' (1886
in der Festschrift der badischen Gymnasien zum Heidelberger üni-
versitäts-Jubiläum) und über „Ekkehards Excerptum de vita Alexandri
Magni und die Historia de preliis^' (1886, Zeitschr. f. deutsche Philologie
XVni 385 — 405), in denen die verschiedenen Bearbeitungen des ur-
sprünglichen Textes und ihr EiufluB auf die abendländische Über-
lieferung immer genauer geschieden und festgelegt wurden. Bei diesen
Untersuchungen war Ausfeld naturgemäß auf die griechische Grund-
lage Leos und überhaupt der gesamten Alexandersage, auf den Roman
des Pseudo-Kallisthenes geführt worden, und die Überzeugung mag
in ihm immer stärker geworden sein, daß die Probleme, die dieses
merkwürdige Werk bietet, noch nicht hinreichend betrachtet, ge-
schweige denn gelöst seien. Dieser Aufgabe also widmete er von
Beginn der neunziger Jahre an fast ausschließlich seine freie Zeit,
wenn er auch schon früher gar manches dafür gesichtet und ge-
sammelt hatte. Als erste Frucht dieser Studien erschien 1892 das
Bruchsaler Gymnasial-Programm ;,Ziir Kritik des griechischen Alexander-
romans'^ Ausfeld zeigte hierin, daß es zunächst darauf ankomme,
aus den so mancherlei Zusätzen früherer und späterer Zeit den ur-
sprünglichsten Kern des Romans herauszuschälen, und bemühte sich,
nachzuweisen, daß ein großer Teil der Stücke, die wir heute im
Pseudo-Kallisthenes lesen, der ersten Fassung völlig fremd gewesen
sein müssen. Hierzu gehören vor allem die großen Briefe, die Rohde
ja für den Ghrundstock des Romans gehalten hatte, der griechische
X Aus Ausfelds Leben.
JPeldzng, die Kandakeepisode^ das Testament des Königs und einige
andere; minder wichtige Zusätze. Am Schlüsse der Abhandlung
spricht Ausfeld dann den Oedanken aus^ den Th. Nöldeke schon
Yor ihm angedeutet^ und den Ausfeld gegen Zacher imd Rohde imd
manche andere streng festgehalten hat, der Pseudo-Eallisthenes sei
kein ;, Volksbuch'', sondern ein literarisches Machwerk, in Alexandrien
entstanden^ und in seinen ältesten TeUen nicht auf TolksmäSigen,
sondern literarischen Quellen beruhend. Den genauen Nachweis hier-
für gedachte er in seinem Buche über Pseudo-Kallisthenes zu geben^
in dem er auch die weitverzweigte Überlieferung in ihrem Ver-
hältnis zum ursprünglichen Text behandeln, diesen Text soweit als
möglich wiederherstellen und Zeit und Persönlichkeit des ersten
Verfassers bestimmen wollte. Leider ist es ihm ja nicht gelungen,
dieses Werk, dem noch die Ausgabe Leos und des „Alexander" des
Rudolf V. Ems folgen sollte, während seines Lebens zu vollenden.
Was er gelegentlieh, besonders im Rheinischen Museum, veröffent-
lichte, sind Untersuchungen teils textkritischer, teils quellenkritischer
Art, wie sie ihm während der Arbeit an seinem Buche vorkamen
und ihm einer ausführlicheren Behandlung wert schienen. Hierher
gehören die Analyse und textkritische Behandlung des Alexander-
testaments (Rh. Mus. L 357 ff. und LVI 517 ff.), sowie die Versuche,
aus den Angaben des Pseudo-Kallisthenes feste Anhaltspunkte für die
Topographie des alten Alexandrien zu gewinnen (Rh. Mus. LV 348 ff.
und Philol. N. F. XVII 481). Zu erwähnen bleibt ferner noch, daß
sich in Ausfelds Nachlaß eine fast druckfertige Bearbeitung „der
Sage vom großen König Alexander" gefunden hat, in der das Wichtigste
aus dem Pseudo-Kallisthenes in einfacher und schlichter Weise für
die Jugend erzählt wird.
In all diesen Arbeiten zeigt sich die peinliche und gewissenhafte
Genauigkeit, mit der Ausfeld wissenschaftlichen Problemen nachzu-
gehen gewohnt war. Als Schüler Ritschis war er von dem großen
Werte, den ein gesicherter und gereinigter Text für jede Unter-
suchung bietet, fest überzeugt. Ein Grund der Verzögenmg seines
Hauptwerkes mag auch darin zu suchen sein, daß er immer auf die
versprochene Neuausgabe der Handschrift A des Pseudo-Kallisthenes
wartete. So half er sich denn mitunter mit eigenen Konjekturen,
wie sie sich ihm aus der Vergleichung der verschiedenen Texte und
nicht selten aus sachlichen Gesichtspunkten ergaben. Daneben be-
mühte er sich, jede noch so verlockende Spekulation und Hypothese
von der Hand zu weisen und nur das historisch Beweisl}are zu bieten.
Aus Ausfelds Leben. XI
Hiermit hängt es auch wohl zusanunen, daß er aus dem Alexander-
roman alles Volkstümliche und Sagenhafte verbannen wollte und es als
einen Hauptzweck seines Buches ansah, nachzuweisen, daß wenigstens
in der illtesten Fassung des Romans sich kaum ein Zug findet, der
nicht auch von irgend einem Historiker von Alexander berichtet werde,
und daß es nur die Zusammensetzung und Verwertung jener histo-
rischen Faktoren sei, die jenes wunderliche Zerrbild des großen Königs
herTorbrachte, das dann durch die Jahrhunderte sich erhalten hat.
Mag man auch Ausfeld in allen Einzelheiten nicht nachfolgen, so
muß man doch zugeben, daß er seine Auffassung wohl begründet
und der Betrachtung des Pseudo-Kallisthenes neue Richtpunkte und
Ziele gewiesen hat.
Lahr, den 4. Dezember 1906.
Ulrich Beniays.
/. ■
Inhaltsverzeichms.
Seite.
Vorwort des Heraiugebers TTT
Adolf Ausfeldfl Leben. Von ü. Bernays IV
Einleitung 1
Eretes Kapitel. Die Überlieferung des AlezanderromanB S
1. Die Handschrift A g
2. Die Übersetzung des Julius Valerius 10
8. Die armenische Übersetzung 12
4. Die Texte ß und y 15
5. Der Text d und seine Bearbeitungen 17
6. Texte, die in einzelnen Stücken die Überlieferung von a ergänzen 28
Zweites Kapitel. Der Text des Romans 29
Drittes Kapitel. Historischer Kommentar 128
Viertes Kapitel. Die Komposition und Entstehnngezeit des ur-
sprünglichen Werkes 214
1. Die überlieferte und die ursprüngliche Erzählung 214
2. Die Quellen 218
8. Titel und Verfasser 232
4. Die Entstehungszeit 237
Fünftes Kapitel. Der Text a 248
1. Die Zusätze von a und ihre Quellen 248
2. Art, Ort und Zeit der Entstehung 249
Einleitung.
Wenn im ganzen die Tatsache nnbestreitbar bleibt^ daß das
Mittelalter den großen Männern der antiken Welt wenig Interesse
entgegenbrachte, so ist doch eine Persönlichkeit auszunehmen, die in
der Gedankenwelt der mittelalterlichen Völker kaum eine geringere
Rolle spielt als bei den Griechen und Römern, die ihrer Zeit noch
näher standen: Alexander der Große. Doch war es nicht der Alexander
der Geschichte, der im Mittelalter fortlebte, sondern der Alexander
eines alexandrinischen Volksbuchs, das man nach dem Verfasser, dem
es in einigen Handschriften irrtümlich zugeschrieben wird, als das
Werk des Pseudo-Kallisthenes, nach seinem literarischen Charakter
als den Alexanderroman zu bezeichnen pflegt. Schon im Altertum
entstanden, fand das Buch erst mit Beginn des Mittelalters größere
Verbreitung und erlangte schließlich durch Übertragung in die Spra-
chen fast sämtlicher Kulturvölker eine Bedeutung für die gesamte
mittelalterliche Literatur, wie sie kein zweites Werk weltlichen Inhalts
gehabt hat. Von Äthiopien bis Skandinavien, von Persien bis Island
erzählte man in Prosa imd Versen nach, was die griechischen und
lateinischen Bearbeitungen des Romans in das Land gebracht hatten.
An der Wahrheit dieser Berichte zweifelten nur wenige, denn die
darin enthaltenen Briefe Alexanders galten natürlich als authentisch
und beglaubigten auch das Übrige. Die Reaktion kam mit der Zeit
der Renaissance.
Curtius und Justin, die sich im Mittelalter neben dem unter-
haltenden Fabelbuch nur notdürftig behauptet hatten, fanden in den
Historikern der neu erwachten griechischen Literatur siegreiche Bundes-
genossen. Der Roman unterlag, wurde als lügenhaftes Schwindel werk
gebrandmarkt und sank für Jahrhunderte in Vergassenheit. Nur
Philologen warfen wohl einen Blick hinein, um dann in der Regel
ihren gebührenden Abscheu vor solchen „ineptiae" zu äußern. Erst
der freie Geist des 19. Jahrhunderts lernte allmählich auch diese
Ansfeld, Der griech. Alexanderroman. 1
2 . Einleitung.
Literaturgattung nach ihrem Werte zu beurteilen. Mußte doch, nach-
dem man angefangen hatte , sich wieder eingehend mit der mittel-
alterlichen Dichtung zu beschäftigen, die historische Bedeutung des
Alexanderromans in die Augen springen. Trotzdem dauerte es recht
lange, bis der Grund zu einer wissenschaftlichen Behandlung des
Gegenstandes gelegt war. Die Hemmnisse waren dieselben, die auch
jetzt den Fortschritt der Forschung beeinträchtigen: einmal das immer
noch nicht ganz beseitigte Vorurteil gegen alles, was außerhalb des
engen Bereichs der sogenannten IQassiker steht, und zweitens die
Schwierigkeit, die drei Faktoren, die auf diesem Gebiet zusammen-
wirken müssen, die griechisch-römische, orientalische und die neu-
sprachliche Philologie, zu gemeinsamer Arbeit zu bewegen. Nach
mehreren Vorarbeiten, unter denen besonders die verdienstvollen
Untersuchungen des französischen Gelehrten Berger de Xivrey über
das handschriftliche Material^) und Theodor Graesses bibliographische
Sammlungen^) hervorzuheben sind, gab endlich 1846 C. Müller den
griechischen Text des Romans nach drei Pariser Handschriften (A,
B, C) heraus, die jedoch drei verschiedene Rezensionen des Werkes
darstellen. Vom philologischen Standpunkt verdient seine Ausgabe
nicht das Lob, das ihr vielfach gespendet worden ist. Denn sie ist
jedenfalls in der Anlage verfehlt. Das Richtige wäre gewesen, die
Texte A und B, die nach Inhalt und Wortlaut erheblich voneinander
abweichen, vollständig mitzuteilen, jedenfalls aber A, den ältesten und
wichtigsten, an erster Stelle zu geben. Da aber A verderbt und
schwer lesbar ist, so hat Müller B zugrunde gelegt und den ab-
weichenden Wortlaut von A nur teilweise unter dem Text angemerkt,
zum Teil aber auch verschwiegen, zum Teil endlich in den Text von
B eingesetzt. So ist ein Bastardtext entstanden, der weder A noch B
richtig zur Anschauung bringt. Eine neue Vergleichung von A hat
obendrein ergeben, daß Müllers Lesung nicht zuverlässig ist.*) Ob-
wohl er seine Sache gegen die herkömmliche Geringschätzung tapfer
verteidigte, war er doch wohl selbst der Meinung, daß er es mit
einem derartigen Werke nicht so genau zu nehmen brauchte. Da-
1) Notices et extraitß Xm S. 162 ff. (Paris 1838); Traditions t^ratologiques
(Paris 1836).
2) Lehrbach einer allgemeinen Literärgeschichte Bd. U. Abt. Hl. 1. Hälfte,
S. 435 ff. (Dresden und Leipzig 1842).
3) Beweise finden sich in den Lesarten, die W. Kroll dem Herausgeber der
Metzer Epitome (s. u.) 0. Wagner aus den Kapiteln UI, 33 — 35 zur Verfügung
stellt; Tgl. Kroll Hermes 30, 462.
Einleitung. 3
gegen verraten seine Erörterungen über die Entstehung und die
Quellen des Romans durchaus den geübten Blick des Historikers.
Die Mühe hat er sich freilich nicht gegeben, das ganze Material
gründlich zu untersuchen. Aber als ausgezeichneter Kenner der Ge-
schichtschreibung über Alexander wußte er trotzdem die Komposition
des Romans vom richtigen Gesichtspunkte aufzufassen und durch
wertvolle Bemerkungen mehrere Eigentümlichkeiten historisch zu er-
klaren.
Müller fand unter seinen Zunftgenossen keine Nachfolger. In-
zwischen machte sich bei den Gelehrten, die sich mit dem Studium
der mittelalterlichen Alexanderdichtung beschäftigten, das Bedürfnis
nach weiterer Belehrung über die griechischen und lateinischen
Quellen immer dringender geltend. Da die Vertreter der berufenen
Disziplinen nichts beisteuerten, so schritten endlich die Germanisten
zur Selbsthilfe. Julius Zachers Pseudokallisthenes ^), ein in seiner
Beschränkung mustergültiges Werk, löste die grundlegende Aufgabe,
das handschriftliche imd literarische Material über Ps.-Kallisthenes,
soweit es damals bekannt und für ihn zugänglich war, zu sichten
und zusammenzustellen. Er nahm dabei als selbstverständlich an^
daß der gemeinsame Grundstock der verschiedenen Texte das ursprüng-
liche alexandrinische Werk darstelle, und betrachtete dieses vom
Standpunkte des Germanisten als eine Aufzeichnung der Alexander-
sage ^ wie sie zu Alexandria um 200 n. Chr. fortgelebt habe. Seine
Auffassung blieb für lange Zeit die herrschende. Die Folge war, daß
die Anregungen, die C. Müller zu einer historischen Untersuchung
imd kritischen Sichtung des Inhalts gegeben hatte, zunächst ohne
Wirkung blieben.^) Tiefer nach den Quellen einer Sage zu forschen,
schien wohl überflüssig und aussichtslos, und die Widersprüche, die
in den verschiedenen Teilen des Werkes begegnen, mochten in den
Sammlungen des alexandrinischen Sagenfreundes nicht allzusehr be-
fremden. So war es ein italienischer Gelehrter, der den ersten sach-
lichen Ertrag aus dem so lange als wertlos verachteten Roman zu
gewinnen wußte: Lumbroso in seinen Untersuchungen über das
antike Alexandria.*) Doch verhinderte damals der Mangel kritischer
1) Halle 1867.
2) Zacher selbst verkannte übrigens die Wichtigkeit einer historischen
Prüfung keineswegs (Einl. S. V), wenn auch seine eigenen größeren Beiträge
zur Sacherklärung bloß in den beiden Abhandlungen über die Riesenschildkröte
und den Odontotyrannus bestanden.
3) Cenni sull' antica Alexandria tratti dal Pseudo-Callistene. Roma 1875.
1*
4 Einleitimg.
Vorarbeiten die volle Ausnutzung des Materials. Die klassische
Philologie verhielt sich trotz Zachers Aufforderung zur Mitarbeit
noch immer ablehnend. Nur E. Rohde zog in seinem Buch über
den griechischen Roman (1876) auch den Ps.-Kall. in den Kreis seiner
Untersuchungen. Auch ihm galt, wie Zacher, der Inhalt im wesent-
lichen als echte Volkssage, aber doch nicht als eine einheitliche Auf-
zeichnung der alexandrinischen Alexandersage. Vielmehr urteilte er
mit Recht, daß die eingeschobenen Briefe Alexanders an Olympias
und Aristoteles ohne Rücksicht auf die fortlaufende Erzählung ver-
faßt und nur notdürftig in sie eingepaßt sind. In diesen Briefen er-
blickte er den ältesten, bereits zur Zeit der Ptolemäer entstandenen
Kern des Werkes und dachte sich den Roman in der Weise ent-
standen, daß sich später, durch weitere Ausbildung der Sage, der er-
zählende Text an diese Briefe angegliedert hätte. Seine Auffassung,
daß im Roman die Briefe die Hauptsache seien, hat bis auf Nöldeke
fortgereicht. Sie allein unterzog er auch einer eingehenden Betrach-
tung, aber weniger nach ihren historischen, als nach ihren sagenhaften
Bestandteilen, die er als einen Reflex indischer Reisepoesie ansah. Die
eigentliche Erzählung berührte er nur beiläufig, fand aber auch hier
die Sonderstellung einer wichtigen Partie, der Abschnitte, die Alexan-
ders Rückzug nach Mazedonien und seinen Feldzug gegen Griechen-
land behandeln (I, 42 — II, 6). Seine geistvollen Bemerkungen bieten
vielerlei fruchtbare Anregungen; aber durch die einseitige Betonung
der sagenhaften und der orientalischen Elemente, die tatsächlich im
Roman eine sehr untergeordnete Rolle spielen, kommen bei ihm
weder der historische Grundcharakter des Werkes noch seine alexan-
drinische Eigenart zu ihrem Rechte.
In der nächsten Zeit wandte sich dann die Forschung von den
ältesten Texten des Romans dem jüngsten, aber für die abendländische
Literatur des Mittelalters wichtigsten zu, der Bearbeitung des Archi-
presbyters Leo, der sogenannten historia de preliis, die durch ihre
fünf verschiedenen Fassungen den Quellenforschungen zu den alt-
deutschen und altfranzösischen Alexanderdichtungen immer neue Rätsel
aufgab. Nachdem 1885 0. Zingerle^) die Handschriften des erweiter-
ten Textes zum Abdruck gebracht, und H. Landgraf^) die unerweiterte
Wiederholt und erweitert in desselben Verfassers Buch L'Egitto dei Greci e dei
Romani. Roma 1882. 2. Aufl. 1895.
1) Im Anhang zu seinem Buche: „Die Quollen des Rudolf von Ems".
Berlin 1885.
2^ Die Vita A. Magni des Archipresbyters Leo. Erlangen 1885.
Einleitung. 5
herausgegeben hatte, versuchte ich auf Grund weiteren handschrift-
lichen Materials das gegenseitige Verhältnis der Rezensionen festzu-
stellen und die Komposition der verbreitetsten Fassung im einzelnen
darzulegen.^) In demselben Jahre brachte Paul Meyer in seinem
Buch ,,Alexandre le Grand dans la litterature fran9aise du moyen äge^'
(Paris 1886) über die Handschriften der lateinischen Quellen, be-
sonders über die historia de preliis weitere dankenswerte Mitteilungen.
Für eine Ausgabe Leos war indessen die Zeit noch nicht ge-
kommen, solange fast nur C. Müllers Texte zur Verfügung standen,
um den Inhalt des griechischen Originals zu erschließen. Denn
Zachers Edition des Auszuges aus Julius Valerius^) und H. Meusels
Abdruck der Leidener Hs.^), beide an sich sehr wichtig, boten für
diesen Zweck wenig Förderung. Auch fehlte es noch an einer kri-
tischen Ausgabe des Julius Valerius. Mit einer solchen beschenkte
uns 1888 Bernhard Kubier, und im folgenden Jahre gab E. A. Wallis
Budge die syrische Übersetzung heraus und machte sie durch Über-
tragung in das Englische allgemein zuzüglich. Eine deutsche Über-
setzung desselben Werkes durch V. Ryssel*) und eine Ausgabe der
äthiopischen Übersetzung durch Wallis Budge ^) folgten nach. Die
Edition des syrischen Romans gab Veranlassung zu einer sehr wert-
Tollen Schrift, die eine Reaktion gegen die von Zacher begründete
Auffassung des Romans einleitete: Th. Nöldekes Beiträge zur Ge-
schichte des Alexanderromans (Wien 1890). Ausgehend von der
Tatsache, daß sehr yieles, was Ps.-KaU. überliefert, auch von den Ge-
schichtschreibem berichtet wird, die doch gewiß nicht aus den Sagen,
sondern aus älteren historischen Quellen schöpften, legte er dar, daß
der Alexanderroman im ganzen und großen nicht das Produkt der
Volksüberlieferung, sondern einer halb gelehrten Schriftstellerei sei.
Zu diesem Zwecke gab er eine kurze, aber sehr reichhaltige Zusammen-
stellung historischer Parallelen, wobei er als Kern des Romans vor-
zugsweise die eigentliche Erzählung ins Auge faßte, nicht, wie Rohde,
die eingeschobenen Briefe. In weiteren Untersuchungen, besonders
1) Festschr. der bad. Gymn. 1886. S. 97 ff. Vgl. Z. f. d. Ph. XVin (1886)
S. 888.
2) Halle 1867.
3) Leipzig 1876.
4) Archiv füi das Studium der neueren Sprachen. Bd. 90 (1898).
6) The life and exploits of Alexander the Great. London 1896. 2 Bde,
äthiopisch und englisch. Die Quellen behandelte neuerdings E. F. Weymann,
Die äth. und arab. Übers, des Ps.-Kall. Kirchhain 1901.
6 Einleitung.
des syrischen Textes, zeigte er, daß dieser nicht, wie die englischen
Gelehrten Wright und Budge angenommen hatten, auf ein arabisches,
sondern auf ein persisches Original zurückgehe, bestimmte seine Zeit
und Herkunft und wies den Einfluß jener yerlorenen persischen Über-
setzung des Romans in der arabischen und persischen Literatur nach.
Zu seinem Schaden ganz unbeeinflußt von Nöldekes Ergebnissen
war der verfehlte Versuch, den 1892 ein italienischer Philolog, Dario
Carraroli, machte, die gesamte Alexandersage nacb ihrer Entstehung,
Entwicklung und Einwirkung auf Literatur und Kunst zur Darstellimg
zu bringen.^) Von vornherein war auf eine gründliche Vergleichung
mit der historischen Literatur verzichtet, und so bewegt sich seine
Erörterung über die Quellen imd die Entstehung des Romans größten-
teils in haltlosen Einfällen imd Vermutungen. Über die Verbreitung
des Romans in der mittelalterlichen Literatur hat er zwar eine Menge
Material zusammengetragen, kann aber auch auf diesem Gebiet nicht
als zuverlässiger Führer gelten.
1894 versuchte ich in einer Abhandlung „Zur Kritik des grie-
chischen Alexanderromans" mehrere Stücke der ältesten Überlieferung,
darunter auch namentlich die großen Briefe, als spätere Zusätze nach-
zuweisen, und so als Kern des Ganzen ein kürzeres erzählendes Werk
von erkennbarer Eigenart auszuscheiden. Dagegen halten E. Schwartz,
der in den „Fünf Vorträgen über den griechischen Roman*^ (189G)
auch den Alexanderroman kurz behandelte, und W. Kroll-) an den
früheren Annahmen fest, daß sich der gemeinsame Inhalt der älteren
Texte im wesentlichen mit dem ursprünglichen Inhalt des Romans
decke, stimmen aber im übrigen nicht mit Zachers Auffassung über-
ein, sondern betrachten den Roman als eine Komposition aus litera-
rischen Quellen.^) 1896 wurde auch die armenische Übersetzung durch
R. Raabe*) zugänglich, nachdem Römheld^) und Vogelreuther*), die
1) La legenda di Alessandro Magno. 1892.
2) Beil. d. Allg. Zeitung 1901 Nr. 38 S. 4 ff.
3) Zu diesen zählt Schwartz allerdings eine alexandrinische Legende von
Alexander, versteht aber darunter ein „Produkt halb volkstümlicher, halb ge-
lehrter Literatur^ das mit teratologischen Briefen und anderen fabelhaften Ab-
legern der Alexandergeschichte zum Alexanderroman zusammengeschweißt wor-
den sei" a. a. 0. S. 97—
4) *IaxoQia 'AXs^dvigov. Leipzig 1896.
5) Erschienen ist von ihm : Beiträge zur Geschichte und Kritik der Alexander-
sage. Hersfeld 1878.
6) Sein Manuskript wurde durch Nöldekes Fürsorge der Straßburger Uni-
versitätsbibliothek übergeben.
Einleitung. 7
eine Übertragung desselben Textes beabsichtigten, vor Vollendung
ikrer Arbeit gestorben waren. Der Versuch, die griechische Vorlage
des Armeniers wiederherzustellen, ist zwar Raabe mißlungen^), trotz-
dem bietet seine Ausgabe ein unentbehrliches Hilfsmittel. Das by-
zantinische Alexandergedicht, das Bikelas 1881 aus W. Wagners Nach-
laß herausgab, wurde 1897 von H. Christensen auf seine Vorlagen
untersucht.^ Endlich brachte 1900 Otto Wagners Edition der Metzer
„Epitome rerum gest. AI. Magni" noch eine wertroUe Ergänzung zur
Überlieferung des schwierigsten Stückes der Schlußkapitel. <Die Ox-
forder Epitome des Julius Valerius, welche Kubier zum großen
Schaden seiner Ausgabe nicht hatte benutzen können, ist 1905 von
G. Cillie in einer Straßburger Dissertation herausgegeben worden.^
Schließlich hat vor kurzem J. Eampers unternommen^ nähere Be-
ziehungen des Romans zur eschatologischen Literatur nachzuweisen.*)
Dadurch sind jetzt die Vorbedingungen zu zwei weiteren Aufgaben
erfüllt, die sich vorher nur unvollkommen erfüllen ließen: zu einer
kritischen Ausgabe des griechischen Textes und zu einer sachlichen
Untersuchung des Inhalts. Die Lösung der ersteren dürfen wir von
W. KroU erwarten; zur Lösung der zweiten soll das Folgende einen
Beitrag bieten. Nach einer Übersicht der Überlieferung des Textes,
auf den die erhaltenen Texte und Bearbeitungen zunächst zurück-
gehen, soU versucht werden, den Inhalt dieser Rezension in der Haupt-
sache festzustellen, daraus den Inhalt des ursprünglichen Romans aus-
zuscheiden, und sowohl diesen, als die Zusätze der ältesten Überlieferung
auf ihre historischen Grundlagen und ihre Quellen zu prüfen. Einzelne
Stücke aus diesen Untersuchungen habe ich schon früher veröffent-
licht, darf aber wohl die Ergebnisse am entsprechenden Orte kurz
wiederholen, damit Lücken im Zusammenhange vermieden werden.
An die fortlaufende Zusammenfassimg des Inhalts schließen sich
unter dem Text kurzgehaltene Vorschläge zur Besserung verderbter
Stellen an.
1) Meine Bedenken habe ich in den Blättern für bayr. Gymn. 1898 ans-
fohrlich dargelegt.
2) Sitzungsber. der bayr. Akad. bist. phil. Kl. 1897, S. 83 ff.
8) Alexander der Gr. und die Idee des Weltimperiums. Freiburg i. Br. 1901.
Soweit die Ausführungen des gelehrten Verfassers die ältesten Rezensionen des
Romans betreffen, scheinen sie mir nicht überzeugend, wie ich in der Besprechung
kurz dargelegt habe.
Erstes Kapitel.
Die Überlieferung des Alexanderromans.
Die erhaltenen älteren Texte des Romans ergeben als gemein-
samen Kern eine Fassung, die man als die Rezension a oder A' zu
bezeichnen pflegt. Sie ist; wie unten gezeigt werden soll, nicht mit
dem ursprünglichen Werke identisch, steht aber diesem am nächsten.
Eine leidlich reine Überlief erimg von a liegt in keinem der uns be-
kannten Texte vor, die verhältnismäßig beste bieten die Pariser Hs. A,
die allein, aber in sehr verderbter Form, den Wortlaut von a über-
mittelt, die lateinische Übersetzung des Julius Yalerius imd die
armenische Übersetzung, die aber auch von /) beeinflußt ist. Die
Rezension /?, die in den meisten griechischen Handschriften überliefert
wird, idt eine stilistische und sachliche Umarbeitung von a. Die
Rezension y, vertreten durch die Pariser Hs. C, ist eine Erweiteruog
von jS. d endlich nennen wir die in ihrem Wortlaut nicht erhaltene
Bearbeitung von a, auf die einerseits das lateinische Konzept des
Archipresbyters Leo, anderseits die syrische Übersetzung zurück-
geht. Zur Ergänzung dieser Überlieferung sind außerdem noch Texte
hinzuzuziehen, in denen verlorene Hss. von a benutzt sind, und ein
Text, der, von a unabhängig, auf eine der Quellen von a zurückgeht,
die lateinische Epistula ad Aristotelem.
1. Die Handschrift A.
Die Pergament-Handschrift Nr. 1711 der Pariser Nationalbiblio-
thek, Müllers Hs. A, stammt aus dem 11. Jahrhundert. Durch Ausfall
zweier Blätter fehlt ein Stück vom Schluß des Kap. I 41 bis zum Anfang
von I 44, eine zum Teil unersetzliche Lücke, da auch die armenische
Übersetzung hier unvollständig ist. Die Überlieferung geht auf ein
weit besseres Original zurück, dessen Text der Schreiber vielfach bis
zur völligen Sinnlosigkeit verderbt hat. Diese Fehler lassen sich aber
1. Die Handschrift A. 9
größtenteils durch Vergleichung der andern Texte beseitigen. Schlimmer
ißt, daß im Original selbst — denn dem Schreiber von A ist die er-
forderliche Tätigkeit nicht zuzutrauen — der Text nicht nur durch
ältere Lücken, sondern auch durch viele willkürliche Kürzungen ent-
stellt war. Besonders tritt dies in den Kapiteln HI 17 und 27, sowie
in den Schlußpartien hervor. In solchen Fällen ist meistens die
Herstellung des ursprünglichen Wortlauts unmöglich. Umgekehrt
zeigen sich vereinzelt Zusätze aus historischen Quellen.^) Nach III 6
ist ohne jede Verbindung der Bericht eines Pseudo-Palladius über
die Brahmanen und ein Bericht über Alexanders Unterredung mit
dem Brahmanen Dandamis eingeschoben, Stücke, die gar nicht zum
Roman gehören, aber von Müller als Kapitel 7 — 16 eingereiht sind.
Eine Erweiterung des Textes durch eigene Ausführungen findet sich
nur ausnahmsweise.^) Besonders schwierig ist die Beurteilung des
Textverhältnisses in den Kapiteln I 1 — 12, die in A, ö und den aus a
entnommenen Kapiteln der Leidener Hs. inhaltlich anders gefaßt sind,
als sie dem armenischen Übersetzer, Valerius und dem Verfasser von ß
vorlagen. Viele Verschiedenheiten sind derart, daß sich nicht von
vornherein entscheiden läßt, welche Fassung die ursprüngliche ist.
Aber es bleiben doch mehrere Fälle übrig, in denen zweifellos die
Gruppe Arm. Val. ß den Vorrang verdient. Unter den Angaben von
A d, die Arm. Val. ß fehlen, erweist sich als jüngerer Zusatz vor
allem Philipps Ausspruch, daß ihm die Schlange im Kampfe geholfen
habe (I 10 A. 2), denn der Gedanke ist erst aus der falschen Lesart
ßorjd-ovvrd fioc für ß, öol hervorgegangen. Unpassende Erweiterungen
sind ferner die Beschreibung der astrologischen Tafel (I 4 A. 2), die
nicht zum Vorhergehenden stimmt (s. z. d. Stelle), und die mytholo-
gischen Verbrämungen in I G (A. 2) und I 12, die den ägyptischen
Charakter der ursprünglichen Erzählung verwischen. Unter den
Kürzungen von A d beruht eine (I 12) nur auf Flüchtigkeit. Von
den sonstigen Besonderheiten verrät die Erwähnung von Engeln
(I 1 A. 4) späten Urspnmg^), die Abweichungen, daß Nectanebus
nicht zunächst nach Olympias' Anliegen fragt (I 4), und daß der Löwe
1) Vgl. in der Übersetzung I 26 A. 2; HI 1 A. 2. 6; III 4 A. 2 und die
Bemerkungen zu den Stellen.
2) I 24.
8) Die Fassung der Offenbarung als Engelsbotscbaft war auf griecbischem
Boden erst in den nachcbristlicben Jahrhunderten gebräuchlich. A. Die-
terich, Eine Mithrasliturgie S. 49. Der ursprüngliche Text des Romans wurde
aber wahrscheinlich im 2. Jahrb. v. Chr. verfaßt. S. u. Kap. IV.
10 Erstes Kapitel. Die Überlieferang des Alexanderromans.
die Sonne hält (I 8 A. 5), sind ungeschickte Änderungen, die Lesarten
q>vkatt€ statt q)vXdrrsLg (I 2 A.17) und KajtnaSoxtag, in Kap. 13 (A. 16),
in denen sich die Verschiedenheit der beiden Gruppen noch in einzelnen
Spuren fortsetzt, sind Textverderbnisse. Einen ursprünglicheren Zug
hat A d gegenüber den andern vorliegenden Texten nur darin bewahrt,
daß die Ägypter nach Nectanebus' Verschwinden zunächst Hephästos-
Ptah befragen (I 3 A. 2), denn der Vorgang spielt in Memphis. Aber
für eine kritische Vergleichung der beiden Gruppen sind nur solche
Stellen zu verwerten, an denen neben Arm. auch Val. wenigstens im
Auszug vorliegt. Die entsprechende Stelle von Val. ist aber nicht
erhalten, auch Arm. scheint in diesem Falle und öfter die jüngere
Lesart von ß zu bieten. Da somit in allen entscheidbaren Fällen, in
denen hier Arm. und Val. gemeinsam von A d abweichen, die Gruppe
Val. Arm. das Bessere überliefert, so wird auch bei den übrigen
Differenzen der ursprüngliche Inhalt von a bei diesen zu suchen und
der Text von Ad I 1 — 12 als das Ergebnis einer jüngeren
Umarbeitung zu behandeln sein.*)
2. Die Übersetzung des Jul. Valerins.
Julius Valerius verfaßte seine res gestae Alexandri Macedonis in
freier Bearbeitung des griechischen Romans um 300 n. Chr.^) Aus
der Art, wie er eigene Bemerkungen über alexandrinische Ortlichkeiten
einflicht ^), läßt sich schließen, daß er sich selbst in Alexandria auf-
1) Man hat früher den Unterschied der beiden Gruppen durch die nahe-
liegende Annahme erklären wollen, daß in diesen Kapiteln Val. und Arm. dem
Text I?, A und d dem Text a folge. Diese Auffassung ist aber nach dem Dar-
gelegten unzulässig; vielinehr liegt die Sache so, daß hier die Bearbeitung ß,
wo sie mit Val. und Arm. übereinstimmt, den Inhalt ihrer Vorlage besser be-
wahrt hat, als A d. Überdies findet sich am Anfang von I 1 die für ß charak-
teristische Einleitung weder bei Arm. noch bei Val. (Epit.) wieder, sondern beide
Übersetzungen stimmen hier mit A und d überein.
2) J. Zacher wies zuerst nach, daß Valerius' Werk im Itinerarium Alexandri
benützt, also um 340 n. Chr. entstanden ist (Pseudokall. S. 84). Kubier, der dann
auch Valerius' Bemerkung über die Erweiterung Roms durch Aurelian (36, 12)
für die Datierung verwertete, bestimmte die Abfassungszeit auf 276 — 330 n. Chr.
(S. VIT). Nach demWortlaut jener Bemerkung {nandum adiectis his partibu^, quae
muhum cofigeminasse maiestatis eins magniftcentiam visxintur) ist wohl anzunehmen,
daß sie unter dem frischen Eindruck der großartigen Neubauten und nach
Kenntnis des früheren Zustandes gemacht ist, daß also Val. noch im 3. Jahrhundert
schrieb.
3) <Die von Ausfeld dafür angeführten Stellen sind nicht stichhaltig. >
2. Die Übersetzung des Jul. Valerius. 11
gehalten hat. Dort hat er wohl den Alexanderroman kennen gelernt
und in seine Muttersprache übertragen. Sein Werk ist keine skla-
vische Übersetzung, sondern ordnet dem Zweck, eine klare, vernünftig
zusammenhängende Darstellung zu bieten, die Rücksicht auf das
Original grundsätzlich unter. Daher werden die Widersprüche, die
durch die Interpolation in a entstanden sind, teilweise beseitigt*),
verderhte Stellen ausgelassen oder geändert.^) Der Stil zeigt die
Färbung antiker Rhetorik, und so fehlt es auch nicht an entsprechen-
der Ausschmückung des Inhalts, besonders in den Reden; doch halten
sich solche Erweiterungen in mäßigen Grenzen, und im ganzen herrscht
eher die Neigung zur Kürzung vor, namentlich am Schluß, wo die
ausführliche Erzählung vom Tode Alexanders in wenige Zeilen zu-
sammengefaßt ist. Die Berichte über die Schlacht bei Issus^) und
über die Erkrankung am Kydnos (II 8) zeigen Spuren einer Ver-
wendung historischer Quellen. Es ist aber zweifelhaft, ob der Ver-
fasser diese selbst hinzugezogen, oder die entsprechenden Ergänzungen
bereits in seiner Quelle vorgefunden hat. Valerius* Vorlage, in der
Unterschrift des zweiten Buches als Aesopus Graecus bezeichnet*),
enthielt einen vollständigen und weniger verderbten Text als die Hs. A.
Die vielen Fälle, wo der ursprüngliche Inhalt bei Val. im Vergleich
zu A gekürzt erscheint, sind größtenteils nicht auf Rechnung eines
lückenhaften Originals zu setzen^), sondern dem freien Verfahren des
Bearbeiters zuzuschreiben, der Unverständliches kurzerhand beseitigte.
Für die Lektüre seines Buches ist diese flotte Art recht angenehm,
wer aber den Inhalt von a ermitteln will, wird die Beschränktheit
des Schreibers von A erwünschter finden. Die Überlieferung ist leider
mangelhaft. Die ersten drei Kapitel sind verloren. Für das Übrige
besitzen wir drei Hss.: einen Turiner Palimpsest aus dem 7. (T), eine
Mailänder Hs. aus dem 9. oder 10. (A) und eine Pariser aus dem
13. Jahrhundert (P), außerdem Bruchstücke aus einer Basier Hs. des
11. Jahrhunderts. Der Turiner Text, der weitaus beste und voll-
ständigste, ist durch die Schuld des ersten Herausgebers, A. Mai, der
1) Vgl. Jul. Val. m 17 A. 39; in 18 A. 4; III 27ii A. 10. Älteren Ursprungs
ist die Korrektur III 33* p. 167, 23, die auch Arm. überliefert.
2) Vgl. z. B. I 26 A. 3; I 31 A. 5; I 39 A. 6; II 6 A. 2; II 14 A. 8; II 16
A. 2; II 17 A. 3; II 20 A. 5 usw.
3) Vgl. I 41 A. 3 und die Bern, zu der Stelle.
4) S. u. Kap. IV § 3.
5) Wie Zacher Ps. S. 44 annahm, der wohl auch hier nach mittelalterlicher
Analogie urteilte.
12 Erstes Kapitel. Die Überlieferung des Alexanderromans.
seinen Wert nicht erkannte, Ton Peyron zum großen Teil zerstört
worden, um den darunterstehenden Text des Codex Theodosianus
lesbar zu machen. Um die Lesung des Erhaltenen hat sich besonders
B. Kubier verdient gemacht, der 1888 Jul. Valerius bei Teubner
herausgab. Eine Vergleichung der Turiner Hs. mit den beiden andern
beweist, daß in diesen der ursprüngliche Wortlaut mehrfach verkürzt
und auch sonst willkürlich entstellt ist. Derartige Fehler lassen sich
natürlich nur in den Partien beseitigen, in denen die Turiner Lesart
zur Verfügung steht. Daneben finden sich viele sonstige Verderbnisse,
aus denen die ursprüngliche Schreibung wiederhergestellt werden kann.
Doch bedarf es freilich manchmal eines Verfahrens, das mit der Über-
lieferung weniger schonend umgeht, als die bisherigen Emendationen.
Eine große Zahl von Fällen^) führt notwendig zu der Annahme, daß
der Archetypus der Hss. eine gedankenlos gefertigte Abschrift aus
einer Vorlage war, die am Rand und zwischen den Zeilen eine Menge
von Korrekturen und Nachträgen enthielt. Indem der Schreiber die
Verbesserungen vielfach am unrichtigen Orte einfügte, entstanden
Fehler, in denen nur das sonst überlebte Mittel der Umstellung Ab-
hilfe zu schaffen vermag.^)
Eine willkommene Ergänzung dieser Überlieferung bietet ein
kurzer Auszug aus Julius Valerius, der im frühen Mittelalter ent-
standen ist und in der mittelalterlichen Literatur viel benutzt wurde.
Er ist in vielen Hss. erhalten. Eine kritische Ausgabe besorgte
Julius Zacher 1867. Ein ausführlicher Auszug, den eine Oxforder
Hs. überliefert^), ist von Cillie 1905 herausgegeben; er bietet wichtige
Handhaben zur Wiederherstellung des ursprünglichen Textes.
3. Die armenische Übersetzung.
Die armenische Übersetzung, betitelt „Geschichte Alexanders des
Makedoniers", ward 1842 von den Mechitaristen in Venedig zum Ab-
1) <(Ich verweise auf die VerbesserangsTorBcblüge Ausfelds, die ich im Rh.
Mus. veröffentlichen werde. )>
2) Über derartige Verderbnisse vgl. die lehrreiche Erörterung von A. Brink-
mann Rh. Mus. LVII (1902) S. 481—97.
3) Coli. Corp. Christ. Nr. 82 (12. Jahrb.). Vgl. besonders Paul Meyer: Alexandre
le Grand II 20 — 26. Meyer nimmt an, daß jener verbreitete kurze Auszug aus
diesem Text, nicht aus dem vollständigen Werke geflossen sei. Mir ist nach
den mitgeteilten Proben, wie an und für sich, wahrscheinlicher, daß hier ein Text
des bekannten A.uszuges vorliegt, der durch HinzufQgung des vollständigen
Werkes erweitert ist. <^Diese Vermutung wird jetzt durch Cilli^ p. VII ff. bestätigt.^
3. Die armenische Übersetzung. 13
druck gebracht. Die älteste Hs. stammt aus dem 12. Jahrhundert^);
die Entstehung des Werkes setzten die Herausgeber in das fünfte.
Für Nicht-Orientalisten wurde das Werk erst durch Rieh. Raabes
Übertragung in das Griechische*) nutzbar, eine Leistung, die noch
willkommener wäre, wenn es Raabe nicht darauf abgesehen hätte^
die griechische Vorlage des Armeniers wiederherzustellen, was bei
seinem Verfahren nicht gelingen konnte. Eine vorderhand unent-
behrliche Ergänzung bietet eine deutsche Übersetzung des armenischen
Textes, die sich der verstorbene H. Vogelreu ther zum eigenen Ge-
brauche niedergeschrieben hatte. Sie ist zwar unfertig, stellenweise
sogar unverständlich, aber wertvoll als Versuch einer ungeschminkten
wörtlichen Wiedergabe. Das Manuskript blieb durch Nöldekes Für-
sorge erhalten und wird jetzt in der Straßburger Universitätsbibliothek
aufbewahrt. Der armenische Text beruht in der Hauptsache auf einer
guten Hs. von a, in der diese Rezension ohne Umarbeitung und ohne
fremde Zusätze überliefert war. So hatten die Kapp. I 1 — 12 hier
nicht die überarbeitete Fassung, die A und Ö zeigen, sondern die
ursprüngliche, die auch von Valerius und dem Verfasser von ß benützt
wurde. In der weiteren Erzählung I 13 — HI 33^ scheint dann durch-
gängig gegenüber Jul. Val. eine nähere Übereinstimmung mit dem
Texte von A stattzufinden, auch in falschen Lesarten und Lücken.^)
Aber meistens liegt die Sache so, daß sich nicht beurteilen läßt, ob
nicht die Vorlage von Valerius dieselben Fehler enthielt, denn Unver-
ständliches und Verderbtes pflegt Valerius wegzulassen oder zu
ändern, während es der Armenier in der Regel gewissenhaft wieder-
gibt. Manchmal allerdings steht einem gemeinsamen Fehler von
Arm. und A die richtige Lesart bei Val."*) gegenüber, vereinzelt aber
auch umgekehrt einem gemeinsamen Fehler von Arm. und Val. die
richtige Lesart bei A.^) Und auch zu andern Texten, die teilweise
1) Vgl. C. F. Nenmann in seiner Anzeige des Werkes Gel. Abh. der bayr. Aka-
demie Bd. XIX 1844 S. 969.
2) ^lerogicc liXs^dvögov. Lpz, 189().
3) Vgl. z. B. II 10 A. 7; II 19 A. 3 [xatetpQOvriös) ; III 17U A. 1 ; III 22 A. 10;
III 24 A. 2 SsdovXaiiivov st. ^edriXmiiivov; III 28 A. 3; III 331 A. 1; ebd. A. 22
(fehlt Arm. = A gegen Val.).
4) lU 17" A. 13; III 18 A. 4 {^vBlveare statt &vsXsv6oiiai). Fälle, wo auch
andere Texte den Fehler von A Arm. teilen, während Val. das Richtige hat,
z. B. n 6 Arm. = A tag vaijg ingriöav (statt ^Ttlriöav) wie auch Byz. 2873, aber
V^al. 81, 4 classem ifiMriixere; 11 8 A. 2 (Arm. = A /? Leo Byz. ; III 1 A. 3 (Arm.
= A ß Byz.); in 21 Anf. (Arm. = A Syr.).
5) Mehreres in III 85 s. u.
14 Erstes Kapitel. Die Überlieferung des Alexanderromans.
den Inhalt von a überliefern — dem byzantinischen Gedicht, der
syrischen Übersetzung^) Leo*), den Excerpta Barbari ^), — findet sich
im Grunde eine engere Übereinstimmung nur in Fehlem, wo A das
Richtige bietet. Dergleichen erklärt sich nicht aus einer Benützung
mehrerer Quellen durch den Armenier, sondern aus der vielfachen
Kontamination, die im Verlaufe der Überlieferung zwischen den Texten
des H Omans stattgefunden hat. — An Vollständigkeit des Inhalts über-
traf seine Hauptquelle im ganzen alle übrigen Texte, namentlich auch
den von A. Erheblichere Lücken finden sich in ihr I 42, 44; II 6, 18;
in 27^, 28, 33^. Anderseits teilt sie weder die Zusätze, die in A
aus historischen Quellen und aus den Traktaten über die Brahmanen
eingefügt sind, noch die historischen Zusätze des Valerius. Erwei-
terungen des Inhalts, die auf die Vorlage zurückgehen, sind selten
und ohne Belang, die umfangreichste ist die Einfügung einer Frage
in in 6. Eine bemerkenswerte Besonderheit ist die Notiz am Schlüsse
des ersten Buches, die Aristoteles als Verfasser des Originals be-
zeichnet. An vielen Stellen bietet der armenische Text unter allen
die beste Überlieferung, besonders in den Kapiteln I 13; III 17; III 27^
und in 31. Am Schlüsse steht er wieder Val. näher als A.*)
Außer diesem Text von a hat aber der Übersetzer auch eine Hs.
von ß benutzt, der er den Brief an Olympias und Aristoteles (II 23 — 41)
und die Erzählung von dem Besuch im Lager des Porus (III 3) ent-
nahm, dazu mehrere einzelne Angaben, die sich an verschiedenen
Stellen zerstreut finden. Endlich hat er für die letzten Kapitel, die
überall besonders stark verderbt sind, offenbar einen zweiten Text
von a hinzugezogen. Denn Alexanders Tod wird hier zweimal er-
zählt: erst in Übereinstimmung mit der Metzer Epitome (III 33^^),
dann in Übereinstimmung mit Val. und ß (III 33^"), und auch im
Testament verrät sich eine doppelte Fassung, indem erst im Abschnitt 2,
entsprechend der Epitome, richtig Ptolemäus (statt Perdikkas A. Val.)
als Inhaber Ägyptens, und Perdikkas (statt Phanokrates A. Val.) als
Oberbefehlshaber der östlichen Satrapien genannt ist, dann aber in
Abschnitt 4 entsprechend A. Val. Perdikkas als König von Ägypten
bezeichnet wird. Doch scheint aus dieser dritten Vorlage kaum mehr
herzurühren als das Stück UI 33^^ und einige Korrekturen in III 33^.^)
1) II 21 A. 1 Arm. = Syr.
2) ni 2 (Dionysios statt Dionysos); III 36 A. 4.
3) m 331 A. 58. 4) Vgl. HI 35 A. 2. 3. 5. 9. 12. 14. 18. 19.
5) Außer den genannten wohl die mit der Metzer Epitome übereinstim-
menden Lesarten, die m 38^ A. 76 und 78 erwähnt sind.
4. Die Texte ß und 7. 15
Diese Quellen hat der Armenier mit gewissenhafter Genauigkeit, aber
schwerfallig und geistlos in seine Muttersprache übertragen. Fehler
und Verderbnisse seiner Texte, selbst völligen Unsinn, gibt er häufig
unverändert wieder, und wenn er ändert, hat er die Sache selten
besser gemacht. Mißverständnisse begegnen ihm öfter, teils infolge
seiner Beschränktheit, teils wegen seiner mangelhaften Kenntnis der
griechischen Sprache und der antiken Verhältnisse.^) Außer solchen
unfreiwilligen Entstellungen hat er nicht viel Eigenes hinzugetan.
Nur vereinzelt erlaubt er sich kleine Zusätze, die den Armenier und
Christen verraten.^)
4. Die Texte ß und y.
Den Text ß kennen wir bis jetzt nur aus zwei Hss. des 15. Jahr-
hunderts, der Pariser (Bibl. nat. Nr. 1685, B), die Müller seiner Aus-
gabe des Romans zugrunde legte, und der Leydener (Cod. Vulc. Nr. 93),
die H. Meusel 1871 herausgab. Das Bild, das diese bieten, wird sich
durch Verwertung der älteren und besseren Handschriften vermutlich
in mehreren Zügen verändern, und so sollen die folgenden Be-
merkungen nur zur vorläufigen Orientierung dienen.^) ß ist eine
Bearbeitung von «, der ein wahrscheinlich schon stark entstellter
Text dieser Fassung zugrunde lag. Der Zweck der Bearbeitung war,
aus diesem verderbten Text mit Hinzufügung anderer Quellen eine
vollständige lesbare Erzählung herzustellen, die zugleich mehr histo-
rische und weniger alexandrinische Färbung haben sollte, als das
Original. Eine geschickte Lösung dieser Aufgabe ist jedoch dem
Verfasser nicht gelungen. Den Verderbnissen sucht er zwar auch
durch Besserungen abzuhelfen, greift aber lieber zu dem Mittel,
Stellen, die ihm nicht klar sind, ja sogar ganze Abschnitte, in denen
sich die Schwierigkeiten häufen, und viele verderbte Namen vor-
kommen, einfach wegzulassen. Dadurch sind namentlich im 3. Buch
» 1) So sind ihm &yxvQa (II 10) und Ttagaedy-yat, (III 2711) Länder; ein Satyr
„ein Prophet des Dionysos mit Namen Satyros" (I 36). Als die Makedonier an
Persepolis vorbeimarschieren, fliegt der Staub bis zum Berg Olympos (IL 13).
7CQ6t6QOv T.7]v ini6roli}v stXr}<pa xov q>aQ^dxov übersetzt er: ,,Zuerst empfing ich
die Schrift über die Arzenei" (II 8) u. ä.
2) Armenisches: II 9. 19; III 17n. Christliches: III ITH; m 33ii. Merk-
würdig ist sein Jubel beim Tode des Königs Porus, der ihm offenbar wegen
seiner großen Überhebung verhaßt ist (III 4).
3) ^Eine Schwesterhs. von B besitzen wir in dem Messinensis; die übrigen
mir bekannten Hss. (vgl. Hermes XXX 462) schwanken zwischen ß und y.y
16 Erstes Kapitel. Die Überlieferung des Alexanderromans.
die Kapitel 17, 27, 32 und 33 beträchtlich verkürzt. Die Beziehungen
auf Ägypten und Alexandrien sind überall eingeschränkt, die ägyp-
tischen Daten (I 32 und III 35) durch römische ersetzt. Anderseits
erweitert der Bearbeiter den Bericht von a, teils durch selbsterfundene
kleine Züge, teils aus andern Quellen. Der bedeutendste Zusatz ist
der große Brief Alexanders an Olympias und Aristoteles, der am
Schluß des 2. Buchs die Erzählung unterbricht. In der Brief-
sammlung, der dieses Stück entnommen ist, stand wohl auch der
Brief an Aristoteles, den « III 17 im Auszug wiedergibt, in einer
vollständigeren Fassung, ähnlich der, welche die lateinische Epistula ad
Aristotelem überliefert (s. u.), woraus in /3 an anderer Stelle (IIT 3)
die Erzählung von Alexanders Botengang zu Porus entnommen wird.
Wahrscheinlich ebenfalls aus einem solchen Briefe stammt das Stück
über Alexanders Abenteuer in Nysa.^) Der Bericht über Alexanders
Unterredung mit Dandamis, der in A nach III 6 eingeschoben ist,
zeigt sich in ß zur Ergänzung von III 5 und 6 benützt. Die bekannte
Geschichte von der Einschließung der unreinen Völker wird nach
III 28 eingefügt*) (bei Müller als Kap. 29 bezeichnet). Anderes weist
auf historische Quellen, so vor allem die hervorstechendste Eigenheit
von ß^ die völlig abweichende Darstellung der ersten Feldzüge Alexan-
ders und der Unterwerfung Griechenlands. Nach a begann Alexander
seine Unternehmungen damit, daß er von Thrakien nach Lukanien
hinüberfuhr — für AevxavCa hatten aber hier auch ältere Texte den
Fehler yivaaovCa und zuerst Italien und Afrika unterwarf, von
wo er dann durch Ägypten und Syrien zur Schlacht bei Issus, von
da durch Kleinasien und Thrakien zum griechischen Feldzug geführt
wird. An die falsche Lesart Avxttovia knüpft die Korrektur von ß
an. Der Bearbeiter erzählt die ersten Unternehmungen Alexanders
bis zum Marsche durch Pamphylien nach einem Historiker (Müll. I
26 — 28)^) und läßt dann die Makedonier von einem Hafenplatz, dessen
Name verderbt, der aber jedenfalls in der Nähe von Lykaonien zu
suchen ist, nach Sizilien übersetzen, worauf sich der Bericht wieder
1) Vgl. daselbst Arm.
2) E. Sackur (Sibyllinische Texte n. Forschungen, Halle 1898, S. 32) nimmt
an, daß das in Ps.-Kall. eingeschobene Stück mit Pseudo-Methodius auf eine
gemeinsame syrische Quelle zurückgehe. Aber die Sache bedarf noch einer
genaueren Untersuchung.
3) Auf eine in diesem Abschnitt erhaltene wertvolle Nachricht (I 26 über
Antipaters Verhalten nach Philipps Ermordung) machte H. Willrich im Hermee
XXXIV (1899) S. 180 f. aufmerksam.
6. Der Text ä und seine Bearbeitungen. 17
an a anschließt. Dafür wird später die Erzählung^ die a Yom griechi-
schen Feldzng gibt, I 45 — U 6 ausgelassen, daneben aber törichter-
weise das Verbindungsstück I 42 — 44; das Alexander von Issus nach
Europa zurückführt, beibehalten, so daß wir Alexander ^ der eben am
Schwarzen Meer war, in Kilikien plötzlich wiederfinden (II 8). Femer
ist die Beschreibung der Schlacht bei Issus (I 41) nach einer histo-
rischen Quelle erweitert und nach derselben der Zug über den Taurus
nach Tarsus, das Bad im Eydnos und Alexanders Krankheit und
Heilung erwähnt, was aber den Verfasser nicht hindert, die letzt-
genannten Ereignisse im Kap. U 8 nach a nochmals zu behandeln.
Von geschichtlichen Eeuntnissen zeugt auch, daß er I 29 und 30 die
Angaben tilgt, die sich auf einen zur Zeit Alexanders bestehenden
Krieg zwischen Römern imd Karthagern beziehen^ und U 13 Alexander
gegen die Perser die List anwenden läßt, durch die sich Hannibal in
Kampanien von der Einschließung durch Fabius befreite. Geogra-
phisches Wissen verrät sich ebenfalls gelegentlich. Aber im ganzen
wird durch die Gelehrsamkeit des Verfassers die Verwirrung nur noch
verschlimmert. Ob einige Einzelheiten, die einen jüdischen oder christ-
lichen Verfasser verraten, bereits dem ursprünglichen Text von ß an-
gehörten, wird wohl KroUs Ausgabe klarlegen.
Der Text y, Zachers Rezension C, ist das Werk eines jüdischen^)
Verfassers, dessen weitschweifige, mitunter auch süßlich sentimentale
Erzählung eine geschmacklose und unförmige Erweiterung von ß
darstellt. Müller hat den Text nach einer Hs. des 16. Jahrhimderts
(Paris. Suppl. graec. Nr. 113) herausgegeben. <C stellt eine späte
Version dar, die in dieser Form wohl erst von dem Schreiber der
Hs. herrührt; ihm lag aber schon eine modifizierte Fassung von ß vor,
wie sie ähnlich viele andere Hss. enthalten.^
5. Der Text c^ und seine Bearbeitungen.
Außer ß gab es noch eine zweite griechische Bearbeitung von a,
von der aber bis jetzt keine Handschrift; bekannt ist. Ihr einstiges
Vorhandensein läßt sich nur aus einer Reihe eigentümlicher Ände-
rungen des Inhalts von a erschließen, in denen Leo mit der syrischen
Übersetzung übereinstimmt.*)
1) Ausführlicheres darüber bei L. Donath ,,Die Alexandersage im Talmud
und Midrasch". Rostocker Diss. Fulda 1873. S. 14—16.
2) Das nahe Verhältnis der syrischen Übersetzung zu Leo hatte schon
A u B f e 1 d , Der grieoh. AlezAnderroman. 2
18 Erstes Kapitel. Die Überlieferang des AlexanderromaDS.
Die Bearbeitung ist späteren ürspmngs als ß, denn sie hat ß
selbst benutzt. Wir nennen sie d. Die Grundlage von d war ein
Text von a, der im allgemeinen A näher stand als Yal. und Arm.
Namentlich enthielt er die ersten zwölf Kapitel in derselben ver-
änderten Fassung.^) Dagegen hatte er gegenüber vielen Kürzungen,
und gegenüber den historischen Zusätzen, die A eigentümlich sind,
das Ursprüngliche besser bewahrt. Die Änderungen und Zusätze des
Bearbeiters tragen nicht wie die Korrekturen von ß den Charakter
einer planmäßigen Umgestaltung, sondern beziehen sich, mit zwei für
die Komposition wichtigen Ausnahmen, nur auf Einzelheiten. Die
wichtigsten sind folgende: 1) I 3 Hephaistos erteilt den Ägyptern das
Orakel über die Wiederkehr ihres Königs (a, ß: Serapis), vgl. unten
A. 3. 2) I 14 bedeutend ausführlicher. 3) I 17 ausführlicher als
in a, /3. 4) I 18 Philipp verspricht Alexander Geld zur Reise nach
Olympia (fehlt a, ß). 6) ebd. Gespräch zwischen Alexander und
Nikolaus abweichend von a, ß. 6) I 20 Alexander sagt Philipp, er
werde ihn zur zweiten Hochzeit der Olympias nicht einladen, vgl. A. 3.
7) I 23 Alexander sagt den persischen Gesandten, seit Philipp
einen Sohn besitze, sei die Henne, die ihnen goldene Eier
gelegt habe, unfruchtbar geworden (a, ß fehlt dies), vgl. A. 6.
Jedoch schließt sich der Gedanke an einen Zusatz von ß an. 8) ebd.
Armenien (!) empört sich gegen Philipp (a, ß eine thrakische Stadt,
vgl. A. 8). 9) I 29 Alexander zieht nach Rom (a, ß nach Italien, vgl.
A. 1). 10) I 33 Serapis verkündet Alexander, er werde in seiner
Jugend an Gift sterben (in a weigert sich der Gott, ihm etwas über
seinen Tod zu sagen). 11) I 34 Alexander schickt sein Heer nach
Askalon voraus (fehlt /3; a: er schickt seine Flotte nach Tripolis,^
vgl. A. 1). 12) I 35 Alexander träumt vor Tyrus, er habe eine Traube
zertreten, und der Traubensaft wird dann als Blut ausgedeutet (nach
a, ß zerdrückte er Käse [Tvpdg], vgl. A. 3, der Bearbeiter hat das
Wortspiel nicht verstanden). 13) ebd. Alexander zerstört mit Tyrus
auch drei benachbarte Ortschaften (a, ß Alexander vereinigt diese zur
Stadt Tripolis). 14) I 36 Darius wird durch ein Bild Alexanders zu
verächtlicher Behandlung seines Gegners veranlaßt (fehlt a, /3, ist aber
durch einen Zusatz von ß in Kap. 23 veranlaßt, vgl. A. 2). 15) ebd.
Darius' Brief, beträchtlich geändert und erweitert. 16) I 37 Die
persischen Gesandten versprechen, Alexander in ihrer Heimat zu
Römheld richtig erkannt, obwohl er Leos Werk nur nach dem schlechten Texte
der alten Drucke beurteilen konnte. (Hersfelder Programm 1878 S. 62.)
1) S. oben zu Abschnitt 1.
6. Der Text 9 und Beine Bearbeitungen. 19
rühmen (fehlt a^ ß). 17) I 40 Darius schickt an Alexander einen
Sack Sesam, daß er dadurch die Menge seiner Soldaten ermesse (fehlt
a, /3, vgl. A. 5; Syr. läßt schon den ersten Brief des Darius von einer
Sendung Sesam begleitet sein). 18) I 41 völlig umgestaltet, vgL
A. 1. Die wichtigste Neuerung von d ist die Begründung von
Alexanders Bückkehr durch eine Erkrankung seiner Mutter. Dieser
Erfindung entspricht dann weiter der unten unter Nr. 20 genannte
Zusatz. Die Gefangennahme der Familie des Darius geschieht
nach Leo II 10, der hier jedenfalls den ursprünglichen Bericht von d
wiedergibt, in Baktra; Syr. läßt sich dazu nicht vergleichen, da die
Kapp, n 7—13 fehlen. 19) I 42 Der Bericht über Darius^ Rüstungen
und Alexanders Schreiben an Skamandros fehlt, ebenso das Wunder-
zeichen des schwitzenden Orpheusbildes in Pierien. 20) ebd. Alexander
kommt nach Makedonien und findet dort seine Mutter genesen (fehlt
a ß] s. o. zu Nr. 18). 21) I 47 Die Prophetin in Delphi trinkt aus
der Quelle Eastalia (fehlt a). 22) ebd. Alexander läßt Kleitomachos
als Thebaner ausrufen (fehlt a). 23) U 15 Alexander erklärt sich
bereit, den Persem die goldenen Becher zurückzugeben (Besserung, nach
a, ß stiehlt er sie, vgL A. 2). 24) II 16 Die Gottheit beschützt Alexan-
der im Kampf (fehlt a, ß), 25) 11 19 Auf die Nachricht vom Heran-
nahen Alexanders gerät Darius in große Angst (fehlt a, ß), 26) U 20
Alexanders Unterredung mit dem sterbenden Darius ausführlicher
(Leos Sätze p. 97, 20 pariter — recesserii und 98, 16 et amodo —
regnum entsprechen nur Syr.; erstere Stelle jedoch dort abweichend).
27) in 17^ In Alexanders Brief an Aristoteles werden nach der
Beschreibung des Kampfes mit Ungeheuern im Süßwassersee (vgl.
A. 26) mehrere Stücke eingeschoben, die in a fehlen, dagegen fast
alle auch in j8, teils im Brief an Olympias und Aristoteles 11 23 — 41,
teils im Brief an Olympias lU 28 enthalten sind: a) Kampf mit
Waldmenschen {ß II 32); b) der Ebermensch {ß 11 33); c) zu- und
abnehmende Bäume, Steine mit wechselnder Farbe (fehlt Leo), feuer-
speiende Vögel {ß II 36); d) Ankunft am Ozean, Versuch eine Insel
zu erreichen, von der man griechische Zurufe vernimmt {ß II 38);
e) Menschen ohne Kopf (xvvoxsfpaXoi ß), die von Seetieren leben
(Syr. ähnlich, ß 11 37, fehlt Leo); f) der Phönix (fehlt /3); g) Er-
legung riesiger Wildesel (Syr. = /3 II 37, fehlt Leo); h) Aufforderung
zur Umkehr durch zwei Vögel mit Menschenantlitz (Syr. = ß 40, fehlt
Leo); i) der Berg und Tempel des Dionysos {ß III 28). Daß diese
Stücke nicht etwa ursprünglich auch in « an diesem Platze standen,
vielmehr hier nachträglich eingeschoben sind, ergibt sich aus Syr.
20 Erstes Kapitel. Die Überlieferang des Alexanderromans.
unzweifelhaft. Hier ist hinter den eingefügten Abschnitten aus a die
Angabe erhalten, daß Alexander die Führer, die ihn in solche Gefahren
gebracht hatten, in den See werfen ließ. Bei Syr. erscheint dies un-
verständlich, da in der unmittelbar vorhergehenden Erzählung von
keinem See und keiner Verschuldung der Führer die Rede ist. Aus
a ersieht man aber, daß sich die Angabe auf den Süßwassersee bezieht,
an dem die Kämpfe mit wilden Tieren stattfanden. So ist durch die
eingeschalteten Kapitel eng Zusammengehöriges auseinandergerissen.
28) in 17 — 18 Der Schluß des Briefes an Aristoteles und der Anfang
von in 18 ging durch Abirren eines Schreibers von inl xa UsfiLQäiisag
ßaölksia in der vorletzten Zeile des Briefes auf denselben Ausdruck
in ni 18 verloren, infolgedessen die Briefform in dem folgenden
Kapitel teilweise weitergeführt wird. Denselben Fehler zeigt der in
Josippons jüdische Geschichte eingeschobene Auszug aus Ps.-Kall.
(Gagniers Ausgabe S. 78). 29) lU 25 Jede Amazone darf ein Jahr
(bis zu ihrer Niederkunft Syr.) bei ihrem Gatten bleiben (fehlt a, ß).
Außer solchen absichtlichen Änderungen sind auch gewisse Flüchtig-
keitsfehler d eigentümlich.
War somit der Inhalt von a schon in 8 selbst stark entstellt,
so haben sich auf dem weiten Wege der Überlieferung, die zu den
Werken des Syrers und Leos geführt hat, die Verderbnisse so gehäuft,
daß aus diesen Texten nur noch wenig Gewinn für die Herstellung
von a zu ziehen ist Beide bieten von d ein verzerrtes Bild, aber
jeder ein ganz verschiedenes, indem in den zugehörigen Entwicklungs-
reihen beiderseits nicht nur Fehler, willkürliche Veränderungen,
Kürzungen und Erweiterungen, sondern auch Kreuzungen mit andern
Textformen des Romans in verschiedener Weise eingewirkt haben. ^)
Die syrische Übersetzimg ist nach Th. Nöldeke*), dessen grund-
legenden Erörterungen ich hier folge, das Werk eines ostsyrischen
Christen und wurde wahrscheinlich im 7. Jahrhundert nach einem
persischen Original verfaßt. Aus der Vieldeutigkeit der Schriftzeichen
des Pehlevi erklärt sich die ungeheure Verstümmelung der Namen.
Auch sonst sind die Verderbnisse sehr beträchtlich, müssen aber zum
Teil dem Umstand zugeschrieben werden, daß die bis jetzt benützten
Hss. des syrischen Textes sehr späten Urspnmgs sind. Die älteste
Hs. stammt aus dem 18. Jahrhundert. Im zweiten Buch ist eine
große Lücke (Kapp. 6 — 14). Die ursprüngliche Erzählung zeigt sich
1) Ausführlicheres über diese sehr verwickelten Verhältnisse siehe in meiner
Ausgabe Leos.
2) Beitr. z. G. d. AI. R. S. 11.
5. Der Text S und seine Bearbeitungen. 21
in der syrischen Bearbeitung ziemligh frei behandelt. Was andere
Texte nur kurz berichten, ist häufig mit orientalischer Genauigkeit breit
ausgemalt^ einigemal eine bloße Andeutung zu einer ganzen Geschichte
erweitert.^) Manches derart mag aber auch auf die Vorlage ^ die
persische Übersetzimg, zurückführen. Jedenfalls enthielt diese bereits
den großen Zusatz , der dem Brief an Aristoteles (UI 17) angehängt
ist^)^ und unter anderm einen' Zug Alexanders nach China, die Grün-
dung der Städte Samarkand, Kusch und Merro und die Yemichtimg
der BAuberbande des Paryog.*) Aus derselben Quelle stammen natür-
lich die persischen Städtenamen in UI 35 imd anderes Persische, was
Nöldeke a. a. 0. erwähnt.
Anfuhrungen aus dem syrischen Text sind in den folgenden
Untersuchungen nach dem Text von Budge*) gegeben, jedoch sach-
liche Abweichungen Ryssels, wenn nötig, angemerkt. Die syrische
Übersetzung wurde im 9. Jahrhundert in das Arabische übertragen.
Dieser arabische Text ging verloren^ wurde aber unmittelbar oder
mittelbar benutzt von Dinawari imd Firdausi, von Mubassir und im
Hauptteil des unten zu besprechenden äthiopischen Alexander-
romans.*)
Leos Natiyitas et victoriae Alexandri Magni regis^) ist
1) So z. B. I 30 die Worte, die Alexander an die Karthager richtet:
7; xQBlrtovsg ylveod's t) tolg xqbItxoölv 'by^v q>6Q0vg rsXshs zur Erzählung eines
unglücklichen Kampfes der Karthager gegen Alexander.
2) Budge S. 107—117.
3) Paryog ist nach Nöldeke (S. 16) ein Reflex des Kuschanischen Häupt-
lings Pariök, der um 595 Vasall des persischen Gegenkönigs Wistahm wurde.
Daraus ¥rürde sich ergeben, daß die persische Übersetzung nicht lange vor der
syrischen, wahrscheinlich ebenfalls im 7. Jahrhundert entstanden ist.
4) Budges Übersetzung ist als besonderes Buch erschienen und darum
leichter zu beschaffen, überdies hat Ryssels sonst sehr verdienstvolle und
brauchbare Übersetzung den Fehler, daß wiederholt verderbte Lesarten des
syrischen Textes stillschweigend nach dem Griechischen korrigiert werden, auch
in Fällen, wo die überlieferte syrische Form richtiger oder sonst kritisch von
Bedeutung ist; z. B. I 26 Fluß Thermodon statt Meer Dishaos (urspr. Lesart:
ObqiucIov 7t6vTov Vgl. Aum. 3); I 29 Karthager statt Chalcedonier (La. von A^
XaXxri^oviois A. 5.); UI 32 Phamocles statt Pinacleos (urspr. La. Peukolaos A. 13).
Meistens ist allerdings die syrische La. nachträglich im Register angemerkt.
5) Vgl. darüber die umsichtige Abhandlung von Weymann: Die äthiopische
und arabische Übersetzung des Ps.-Kallisthenes. Heidelb. Diss. 1901.
6) So lautete vermutlich der ursprüngliche Titel. Über die gewöhnliche
Bezeichnung „historia de preliis'' s. u. Die folgende Darlegung beruht auf
meinen Untersuchungen über Leofi Werk und dessen Bearbeitungen. Meine Aus-
gabe Leos wird eine ausführliche Begründung dieser Aufstellungen bringen.
22 Erstes Kapitel. Die Überlieferung des Alexanderromans.
unter den älteren Texten des Bomans der schlechteste^ aber die wich-
tigste Quelle für die abendländischen Bearbeitungen in den Landes-
sprachen. Der Verfasser, ein Archipresbyter aus Neapel, wurde um
die Mitte des 10. Jahrhunderts von den Herzögen Johannes und
Marinus von Eampanien an den kaiserlichen Hof nach Eonstantinopel
geschickt. Dort fiel ihm eine griechische Hs. des Alexanderromans
in die Hände, aus der er sich einen flüchtigen Auszug machte. Es
war ein stark entstellter und aus anderen Rezensionen interpolierter
Text von d. Längere Zeit nach seiner Rückkehr erhielt er von
Herzog Johannes den Auftrag, diese Geschichte Alexanders in das
Lateinische zu übertragen. So fertigte er denn nach seinen Notizen,
deren Zusammenhang ihm offenbar nicht mehr überall erkenntlich
war, ein ödes, dürftiges Exzerpt, das durchaus nicht dazu angetan
schien, das Interesse für den Alexanderroman in das Abendland zu
verpflanzen. Dieser ursprüngliche Text ist auch nur in einer einzigen
Hs. erhalten, die wahrscheinliclf durch Eaiser Heinrich H. aus Süd-
italien nach Bamberg gebracht wurde. ^) Leos Buch hatte aber das
Glück, einen guten Bearbeiter zu finden, der die Erzählung aus-
schmückte und belebte, den Inhalt durch Hinzufügung vieler anderer
Quellen erweiterte und so ein gefälliges Unterhaltungsbuch herstellte,
das schon in dieser Form große Verbreitung fand. Wir nennen diesen
Text Jj.*) Aus ihm gingen, unabhängig voneinander, zwei weitere
Textformen hervor, die zu noch größerer literarischer Bedeutung ge-
langten: J,, eine sachliche Umarbeitung und Vervollständigung von
J^, die besonders auf Benutzung des Orosius und Januarius Nepotianus
beruht'), und J3, eine vorwiegend stilistische Umarbeitung.*) In
1) Jetzt befindet sie sich in der dortigen kgl. Bibliothek (Bezeichnung:
E IB 14). Daß sie im wesentlichen den ursprünglichen Text Leos überliefert,
nicht, wie Waitz annahm, eine barbarische Umarbeitung desselben, habe ich in
meiner Abhandlung „Die Quellen zu Rudolfs von Ems Alexander*^ (Donau-
eschinger Progr. 1883, S. 2 ff.) nachzuweisen versucht. Nach demselben Grund-
satz ist die Hs. der Ausgabe Landgrafs zagrunde gelegt. (Die Vita Alexandri
Magni des Archipresbyters Leo nach der Bamberger und ältesten Münchener Hs.
Erlangen 1885.)
2) In die Klasse Jj gehören die beiden Hss., nach denen 0. Zingerle in
seinem Buch „Die Quellen zum Alexander des Rudolf von Ems" (Breslau 1885)
die „historia de preliis" zum Abdruck gebracht hat.
8) Ihre Komposition habe ich in der oben erwähnten Festschrift (der ba-
dischen Gymnasien zum Heidelberger Jubiläum 1886) behandelt. Ein später und
geringwertiger Text dieser Klasse ist die Seitenstetter Hs., aus der Zingerle a. a. 0.
Lesarten mitteilt.
4) Eine schlechte Überlieferung von J, bieten die alten Straßburger Drucke.
6. Texte, die in einzelnen Stücken die Überliefenmg yon a ergänzen. 23
diesen verbesserten Fassungen verbreitete sich das Werk über fast
sämtliche Literaturen des Abendlandes. Weit geringeren Einfluß als
die Texte der Klasse J hatten zwei Bearbeitungen^ die in Deutschland
nach der Bamberger Hs. gefertigt wurden: eine in zwei Hss. des
12. Jahrhunderts^) erhalten, die wir M nennen, und das Excerptum
de vita Alexandri Magni, das der gelehrte Ekkehard von Aura seiner
Weltchronik einfügte.^)
6. Texte, die in einzelnen St&cken die Überliefernng von a
ergänzen.
Von Werken, in denen fQr einzelne Teile ein Text von a so be-
nützt ist, daß er die Überlieferung der oben genannten Handschriften
und Bearbeitungen ergänzt, sind in den folgenden Untersuchungen
verwertet: die Metzer „Epitome rerum gestarum Alexandri Magni'^,
die sogenannten „Excerpta latina Barbari% die äthiopische und kop-
tische Übersetzung des Romans, das byzantinische Alexandergedicht
und die jüdische Geschichte des sog. Josippus. Über die Metzer
Epitome und die Excerpta Barbari s. u. zum Inhalt von UI 30 — 33.
Die äthiopische Übersetzung ist in einer Hs. des 19. Jahr-
hunderts erhalten, die im Besitz des Königs Theodorus von Abessinien
war und von den Engländern in Magdala erbeutet wurde. Sie be-
findet sich jetzt im britischen Museum (Orient. 826) und wurde von
Wallis Budge herausgegeben und in das Englische übertragen. Der
äthiopische Text ist die Übersetzung einer arabischen Vorlage und
entstand wahrscheinlich im 14. — 16. Jahrhundert. Der Hauptteil
geht, wie bemerkt, auf eine arabische Bearbeitung des syrischen
Werkes zurück, dessen Inhalt aber so entstellt ist, daß der ursprüng-
AuB ihnen wurde Leos Werk der Neuzeit auch zuerst wieder bekannt und er-
hielt nach ihrem Titel Historia Alexandri Magni regis Macedonie de
prelÜB die übliche Bezeichnung. — Die ältere Einteilung der Texte, die man
auch jetzt noch gelegentlich angewendet findet, stellte ohne Berücksichtigung
des gegenseitigen Verhältnisses nebeneinander: ,,Historia T* = den Bamberger
und Münchner Text; „Historia 11" = J, nach W. Försters Pariser Hs.; „Hist. III"
SS Jj und J, ohne Unterscheidung. Meine Einteilung bestätigt G. Yandelli nach
Untersuchung mehrerer in Italien befindlicher Hss. (N. Festa e G. Yandelli,
Miscellanea, Firenze 189S, S. 25 ff.)
1) Darunter cod. lat. Monacensis 23489, dessen Lesarten in Landgrafs
Ausgabe mitgeteilt sind.
2) Mon. Germ, script. VI (Waitz). Ich habe das oben aufgestellte Ver-
hältnis in der Zeitschrift für deutsche Philologie XVIU (1886) S. 885—406 aus-
führlich begründet.
24 Erstes Kapitel. Die Oberliefenmg des Alexandeiromans.
liehe Bericht kaum noch durchschimmert.^) Dieser Erzählung hat
nun der Verfasser der arabischen Vorlage des Äthiopiers am Anfang
und Schluß je ein Stück zugefügt^ das einem griechischen Text der
Klasse a entnommen ist. Der Eingang (Ath. S. 1 — 15, Budge I 1 — 31)
gibt ziemlich genau den Inhalt von Ps.-K. I 1 — 13 wieder, und zwar
im Anschluß an die Gruppe Arm. Val. Nur im Anfang (Budge S. 1 — 5),
ungefähr bis dahin, wo bei Ps.-Eall. das 2. Kapitel beginnt, sind auch
Angaben aus der Gruppe Ad eingestreut. Die eigenen Zusätze des
arabischen Bearbeiters sind in diesem Teile nicht erheblich. Dann
geht er aber seine eigenen Wege und benützt Ps.-K. nur noch so
frei, daß seine Erzählung für unsere Zwecke nicht mehr in Betracht
kommt. -- Das Schlußstöck (S. 193—205, Budge S. 333 flf.) beginnt
mit Alexanders Brief an Olympias (Ps.-K. III 27° und 28), spiingt
dann auf die Mitte von lU ol über und folgt Ps.-K. bis zum letzten
Satze von III 35. Zugrunde liegt ein Text von a, dessen Bericht
aber nicht unbeträchtlich entstellt ist. Jedenfalls sind Einleitung und
Schluß demselben Exemplar des Romans entlehnt. Es gehörte zu
derselben Klasse der Texte von «, wie die Vorlagen des Armeniers
und des Julius Valerius. Was uns der Äthiopier daraus erhalten hat,
bringt keine neuen Aufschlüsse über schwierige Stellen, dient aber
mehrfach zur Bestätigung einzelner Angaben anderer Texte. Aus
einem koptischen Alexanderroman hat Urbain Bouriant im Journal
Asiatique*) mehrere Bruchstücke mitgeteilt, von denen das letzte'^)
als Überlieferung eines Abschnitts aus III 31 nicht ganz ohne Wert ist.
Das byzantinische Alexandergedicht ist in einer Hs. des
14. Jahrhunderts überliefert, die der Markusbibliothek in Venedig
angehört (Nr. 408). W. Wagner bearbeitete den Text, der aus seinem
Nachlaß von D. Bikelas herausgegeben wurde.*) Die Vorlagen hat
A. Christensen in einer ausführlichen Abhandlung besprochen.^) Das
Gedicht ist das Werk eines byzantinischen Geistlichen. Es erzählt
in politischen Versen Alexanders Leben nach Ps.-Kall., byzantinischer
Art entsprechend etwas weitschweifig, aber verständig und mit ge-
schickter Benutzung der Quellen. Als Hauptquelle ist ein Text von
/8 zugrunde gelegt, der, wie Christensen nachweist, mit der Leidener
1) Nach K. F. Weymann (s. o).
2) Ser. Vin Tom. IX u. X 1887.
3) Tom. X, S. 347. <^WeitereB bei R. Pietachmann, Festschr. f. Wilmanna,
S. 807— 372.>
4) W. Wagner, Trois poemes grecs du moyen äge in^dits. Berlin 1881.
5) S. B. der bayr. Ak. phil.-hist. Kl. 1897, S. 33—118.
6. Texte, die in einzelnen Stücken die Überlief eiong von a ergänzen. 25
Hs. und der Vorlage der altslawischen Übersetzung näher verwandt
war. Daneben hat aber der Verfasser einen guten Text von a hin-
zogezogen^ der zur Gruppe Ad gehörte. Aus diesem sind das ganze
Werk hindurch, besonders im ersten Teile, zahlreiche Zusätze ein-
gefügt^), die eine willkommene Ergänzung der Überlieferung von a
bieten. Die Geschichte des griechischen Feldzugs (I 45 — II 6) ist
vollständig aus a aufgenommen. Außerdem zeigt sich in einigen
Zusätzen die Chronik des Georgios Monachus verwendet.
Der am meisten erweiterte Text der vielformigen jüdischen Ge-
schichte des sog. Josippus oder Josippon oder Joseph ben Gorion^)
enthält einen umfänglichen Auszug aus dem Alexanderroman, in dem
auch a benützt ist. Das Stück beginnt mit einer pomphaften An-
kündigung des Verfassers, daß er die Geschichte Alexanders nach den
Werken des Plutarch, Nikolaus von Damaskus und Titus, sowie nach
dem ^uch der Herkimft Alexanders" erzählen werde, das die ägyp-
tischen Weisen geschrieben hätten. Zum Schluß beruft er sich auf
dieselben Quellen und fügt noch hinzu, daß dieses Buch im Todes-
jahr Alexanders verfaßt sei. In Wirklichkeit beruht der ganze Inhalt
auf Texten des Alexanderromans, über die bisher nicht richtig ge-
urteilt worden ist.^) Es sind dabei folgende Abschnitte zu unter-
1) Die von Christensen S. 6.3 ff. gegebene Liste ist nicht ganz vollständig.
Anch ist nicht völlig richtig, daß das Gedicht von IE 22 an ausschließlich ß
folge (S. 108).
2) Nach J. Wellhausens Untersuchungen (Abh. d. Göttinger Ges. phil.-hist.
Kl. 1897) bestand „der Kern des Josippus in einer Geschichte der Hasmonäer,
welche sich hinsichtlich des Umfangs mit dem arabischen Makkabäerbuche
deckte. Was darüber hinausschießt, am Anfang und am Schluß, ist später hin-
zugekommen, nicht auf einmal, sondern in verschiedenen Abschnitten. Den
Joseph ben Gorion hat das Buch erst zum Verfasser bekommen, nachdem der
jüdische Krieg angehängt war, in welchem durch irgend eine Verwechslung
Joseph ben Gorion an die Stelle des Flavius Josephus getreten ist** (a. a. 0. S. 47).
Zu diesen späten Erweiterungen gehören nun auch die Zusätze aus dem Alexander-
roman, die im Kouötantinopler Druck vom Jahre 1490, auf dem Sebastian Münsters
Ausgabe (Basel 1541) beruht, und im arabischen Makkabäerbuch ganz fehlen
und im arabischen und äthiopischen Josippus weit kürzer gefaßt sind, als im
Venediger Druck vom Jahre 1544. der den gewöhnlich gebrauchten Ausgaben
von Gagnier (Oxonii 1706) und Breithaupt (Gothae et Lipsiae 1710) zugrunde
gelegt ist. Der äthiopische Text, den Wellhausen nicht berücksichtigt, wurde
von Budge zusammen mit der äthiopischen Übersetzung des Ps.-Kall. heraus-
gegeben. Für unsere Zwecke kommt hauptsächlich nur die Venediger Fassnng
in Betracht.
3; Auch von Wellhausen nicht, der a. a. 0. S. 49 „eine späte lateinische
Rezension der Gesta Alexandri'' als Quelle bezeichnet.
^6 Erstes Kapitel. Die Übezlieferoiig des Alezandeiromans.
scheiden: 1) Gagn. 11 6—8, Breithaupt 11 9—14 - P8.-K. I 1—25.
Dieser Teil, der dem arabischen und äthiopischen Josippus fehlt, geht
auf Leos Text J^ zurück.^) Er umfaßt beinahe die Hälfte des Aus-
zugs. 2) Gagn. II 8 Schluß, Br. II 14 Schi.: Notizen über Alexanders
Aussehen u. a. aus einem griechischen Text des Ps.-K., teilweise dem
vorigen Abschnitte widersprechend. 3) G. II 9 Anf., Br. II 15 Anf.:
Auszug aus Ps.-K. a I 26 — 30. 4) Ebenda Fortsetzung aus Ps.-K.
n 7—10. 5) Ebi Forts, aus Ps.-K. a I 40—45. 6) Ebd. Forts.:
ein verworrener Bericht über einen Zug Alexanders nach Ägypten,
Tripolis, Karthago, zum Tigris und zurück nach Ägypten. Daß sich
dieser an das Orakel Apollos (Ps.-K. I 45) anschließt, erklärt sich
aus Leos Text J^, in dem I 45 vor I 29 ff. gestellt ist. 7) Ebd. Forts,
und Schluß: Auszug aus Ps.-K. II 13 — 21. Der Botengang (entspr.
Ps.-K. II Uff.) ziemlich ausführlich. 8) G. H 10; Br. U 16 aus
Ps.-K. ß II 23—41. 9) G. n 11 Anf., Br. ü 17: aus Ps.-K. III 1—6.
10) G. n 11 Forts.; Br. H 18: aus Ps.-K. a HI 17. 11) G. H 11 Schi.;
Br. II 19. 20: aus Ps.-K. IH 18—23. 12) G. U 12; Br. U 21: aus
Ps.-K. m 25-28. 13) G. II 13; Br. II 22: nach einer Notiz über
Alexanders Luftfahrt und Fahrt in die Meerestiefe (vgl. Leo und
Ps.-K. L. C. n 41 u. 38) ein kurzer Auszug aus Ps.-K. III 30—35.
Die fraglichen griechischen und lateinischen Quellen haben jedoch
dem Verfasser nicht unmittelbar vorgelegen, sondern die Art der
Verderbnisse läßt darauf schließen, daß sie ihm direkt oder indirekt
durch arabische Übersetzungen vermittelt wurden.*) Diese Fehler be-
weisen zum Teil eine nahe Verwandtschaft mit dem Werke des Samuel
ben Jehouda ihn Tibbon, der um 1200 eine arabische Übersetzung
des Alexanderromans — wie es scheint, hauptsächlich nach Jg — in
das Hebräische übertrug. Die Alexandergeschichte des angeblichen
Josippus ist literarhistorisch nicht ohne Bedeutung, aber für die
Textkritik von a hat sie nur geringen Wert. Ganz wertlos ist für
diesen Zweck der hebräische Alexanderroman, den Isr. Levi heraus-
gegeben^), A. Gaster nach besserer Überlieferung in das Englische
1) Dies hat bereits Gagnier durch Gegenüberstellung eines Oxforder Textes
von J, nachgewiesen. Da er aber von den sonstigen Fassungen des Romans
nichts wußte, so sah er in diesem Text auch die Quelle der folgenden Abschnitte,
und andere haben diesen Irrtum von ihm übernommen.
2) A. Gaster (Journ. of the Asiatic Society 18ü7, S. 491) setzt das arabische
Original in das 7. oder 8. Jahrhundert. Das kann nicht richtig sein, wenigstens
nicht, wenn die auf Leo zurückgehenden Teile schon im arabischen Text standen,
denn Leos Werk ist erst im 10. Jahrhundert verfaßt worden; s. o.
.S) In der Festschrift zu Steinschneiders 80. Geburtstag (Leipzig 1896).
6. Texte, die in einzelnen Stücken die Überlieferung von a ergänzen. 27
übertragen hat^): eine phantastische Zusammenhäufung von Aben-
teuem, för die^ neben allerlei anderen Quellen^ auch ein Text von y
benützt ist.
Den einzigen Fall^ daß zu einem umfänglichen Stück von a eine
unabhängig von a auf die Quellen zurückgehende Überlieferung vor-
ließ, bietet die lateinische Epistula Alexandri Macedonis ad
Aristotelem magistrum suum de itinere suo et de situ Indiae. Von
einem angeblichen Brief Alexanders^ der dessen baktri sehen und indi-
schen Feldzug behandelte, haben sich zwei voneinander unabhängige
Texte erhalten: ein dürftiger Auszug^ der in a als zweiter Teil von
III 17 eingefügt ist, und die lateinische Übersetzung einer weit
jüngeren Bearbeitung des vollständigen Briefes, die genannte Epistula.
Dazu kommt ein Bruchstück des griechischen Textes, das der Ver-
fasser von /3 in in 3 eingeschoben hat. Von der lateinischen Epistula
gibt es zwei verschiedene Fassungen: eine ältere, die in vielen Hss.
vom 9. Jahrhundert an überliefert und am besten von B. Kubier im
Anhang zu seiner Ausgabe des Julius Yalerius (1888) herausgegeben
ist, und eine jüngere, eine Umarbeitung der älteren in italienisches
Latein, die wahrscheinlich wie das Werk des Archipresbyters Leo auf
Veranlassung des Herzogs Johannes von Benevent im 10. Jahrhundert
verfaßt wurde. Letztere ist vollständig nur in der Bamberger Hs.
erhalten, der wir auch allein den ursprünglichen Text Leos verdanken
(s. o.), und wurde nach dieser von B. Kühler in den „Romanischen
Forschungen" Bd. VI zum Abdruck gebracht.^) Die Bamberger Über-
lieferung wird aber ergänzt durch die Bearbeitung J^ von Leos Na-
tivitas atque v. A. M., deren Verfasser nach einer vom Bamberger
Text unabhängigen Hs. den größten Teil jener italienischen Umarbei-
tung der Epistula zur Erweiterung von Leos Werk verwendet und
ihr dadurch eine weit größere Verbreitung verschafft hat, als sie das
Original jemals erreichte.^) Daß die Epistula gegenüber Ps.-K. HI 17"
eine selbständige Überlieferung vertritt, ergibt, bei Beachtung des
historischen Oehalts, schon eine oberflächliche Vergleichung. Denn
der bedeutend größere Umfang ihrer Erzählung beruht nicht nur auf
einer breiteren Darstellung, sondern auch auf Erhaltung vieler Stücke,
die auf die Quellen des ursprünglichen Briefs, die Geschichte des
baktrischen und indischen Feldzugs, zurückgehen. Da sich in diesen
Stücken der ursprüngliche Zusammenhang in derselben charakteristischen
1) Journal of the Asiatic Society 1897, S. 499—649.
2) Ich zitiere nach meiner eigenen Abschrift der Bamb. Hs.
8) Näheres über diese Fragen in meiner Ausgabe Leos.
k .
28 Entes Kapitel. Die Überliefenmg des Alexanderromans.
Weise entstellt zeigt, wie in den Teilen des Briefes, die auch bei
Ps.-K. überliefert sind, und in den anderen Briefen 11 23 f. und III 27 S.,
so folgt, daß dieser Überschuß nicht durch erneute Benützung der
historischen Quelleu seitens des Verfassers der Epistula oder ihrer
Vorlage hinzugekommen ist, sondern aus dem ursprünglichen Briefe
herstammt.^) Manches in den Texten des Romans wird überhaupt
erst aus der Epistula verständlich, so besonders die Einleitung, die
dort verderbt und zum Teil mit dem vorhergehenden Brief vermischt
ist, die Angaben über die Unterwerfung des Porös (§ 5), die im Boman
nach dem Inhalt von UI 4 ganz sinnlos sind, und die Erzählung von
den Geschenken der Inder (§ 7), die nur in der Epistula (218, 18 f.)
im richtigen Zusammenhang steht.
Anderseits erweist sich aber auch die Überlieferung bei Ps.-K. als
unabhängig von der Ep., denn a hat nicht nur mehrere Angaben aus
den Quellen erhalten, die in der Ep. ausfielen^), sondern auch die
ursprüngliche Reihenfolge der Teile besser bewahrt als der lateinische
Text®), dessen Komposition in völliger Verwirrung ist. Unsere Ver-
mutungen über die ursprüngUche Anordnung sind unten, zum Inhalt
von ni 17^^ dargelegt.
So ergibt erst eine Kombination der beiden Überlieferungen die
Lesart des zugrunde liegenden Briefes, wie z. B. § 3 vvxtakanexeg
bei Ps. imd fivaXaxexsg in der Vorlage der Epistula ein ursprüng-
liches fivQfirixcck(07C€g^)
1) Solche Stücke sind z. B. 192, 12 — 198, 15 die Beschreibung von Porös'
Truppenmacht (vgl. An. V 14, 4; Curt. Vm 18, 6; Diodor XVII 87, 2) und
Königsburg (Strabo XV 1, S. 718; Curt. VIII 9, 26 f.); 192, 20 f die fruchtbare
Gegend am kissischen Paß (Diod. XVH 76, 4 f.); 194, 11 die Erwähnung von
Baktrien; 194, 24 f. der Reichtum des makedonischen Heeres (Curt. VI 6, 14;
Just. XVU 7); 195, 10 ff. Alexanders Selbstverleugnung (Arr.VI 26, 1 ff.; Plut. 42;
Curt. VII 6, 10; Polyän IV 8, 25; Frontin I 7, 7); 196, 8 ff. die Menge der Zug-
tiere (Curt. Vni 7, 11); 201, 7 ff. die Beschreibung des Odontotyrannus (Plin.VHI
21, § 72); 204, 16—207, 13 der Zug an den Ozean und zu den Ichthyophagen;
darin 206, 2 ff. die Vertreibung der Elefanten durch grunzende Schweine (Polyän
IV 6, 3; Älian, H. A. XVI 86); 219, 9 ff . die Wasserfrauen (Arr. Ind. 81, 6).
2) So z. B. die Namen der heiligen Bäume in § 6.
3) Vor allem steht hier der Schneesturm (§ 4) noch am richtigen Platze,
in der Erzählung des Vormarsches von Baktrien nach Indien, während dieses
Stück in der Ep. 207, 14 hinter den Zug zu den Ichthyophagen gestellt ist.
Auch ist § 2 nicht durch die Zusätze über Porös entstellt, wie Ep. 192, 10 ff. ;
8. u. zum Inhalt von III 17^1 § 2.
4,. S. u. z. d. St.
Zweites Kapitel.
Der Text des Romans.
Im folgenden Kapitel soll nun versucht werden, aus den oben
besprochenen Texten und Bearbeitungen von a den wesentlichen In-
halt dieser ältesten Fassung zusammenzustellen. Die Teile von a,
die unseres Erachtens dem ursprünglichen Text des Romans nicht
angehörten, sind durch eckige Klammem bezeichnet. Die Recht-
fertigung dieser Ausscheidungen ist im nächsten Kapitel gegeben.
Das Übrige stellt — von Einschaltungen, deren späterer Ursprung
nicht mehr erkennbar ist, abgesehen — den Bericht dar, den wir als
den ursprünglichen der alexandrinischen Lebensbeschreibung Alexanders
betrachten. Nur in einzelnen FäUen, wie in der Erzählung von
Alexanders Tod, sind die Zusätze des Bearbeiters so mit dem ur-
sprünglichen Text verschmolzen, daß sich dieser nicht rein auslösen
läßt. Innerhalb der Zusätze von a sind Interpolationen noch späteren
ürspnmgs durch doppelte Klammern kenntlich gemacht.
Außer dem Inhalt von a sind in die Übersicht noch zwei Stücke
aufgenommen worden, die nicht zu a gehören, aber in allen Bearbei-
tungen von a überliefert werden: Alexanders Brief an Olympias und
Aristoteles (11 23flF.) und der jüngere Bericht über Alexanders Tod
(in 33*^). In der Mitteilung von Abweichungen einzelner Texte
wurde absichtlich möglichst sparsam verfahren, da ja hier nur eine
Übersicht des Hauptsächlichen gegeben werden soll. In der Regel
sind die wichtigeren Besonderheiten der drei Haupttexte A, Arm. und
Val. angemerkt, außerdem Vorschläge zur Verbesserung verderbter
SteUen.
Erstes Buch.
Ml 1. Die weisen Ägypter, Abkömmlinge der Götter, welche die
J j Erde maßen und die Gestirne berechneten, überlieferten der ganzen
Welt die Erafb der Zaubersprüche.^) So soll Nektanebos, der letzte
mm
König Ägyptens, durch Zauberkunst allen überlegen gewesen sein.
Denn griflFen ihn Feinde an, so brauchte er keine Soldaten, Waffen
imd Kriegsmaschinen, sondern er ging allein in seinen Palast, nahm
s s eine Schüssel, füllte sie mit Quellwasser^), bildete aus Wachs kleine
Schiffchen und Menschen und setzte sie in die Schüssel. Alsbald
wurden die Menschen lebendig.^) Dann rief er, einen Stab aus Eben-
M i holz in der Hand haltend, unter Zaubersprüchen die unterirdischen
Götter und die Dämonen der Luft*) an und tauchte die Schiffe'*)
unter; und zugleich gingen auf dem Meer die Schiffe der Feinde zu-
grunde.®) So regierte er durch seine Zauberkunst in Frieden.
2. Nach geraumer Zeit erschien einst einer der Späher [welche
Ar 2 die Römer 'exploratores* nennen] beim König und sprach: ^Eine
Wolke von Feinden rückt gegen dich an. [Es sind die Skythen^),
pissurischen Daher (?)*), Kaukonen'), Iberer*), Sinder ^), Araber*),
Oxydraker, Kausianer '), Appaiten (?)•), Bosporaner^), Agrer^®), Alanen ^^),
1* 1) Dies vermutlich der Sinn des Satzes, dessen ursprüngliche Form sich
nicht mehr herstellen läßt. Vor allem z. 1. Sclx-qv (Arm.), nicht &l%f} (ASyr.).
2) So Arm. Epit. ß; ALS: Regen wasser. 3) Arm. Epit. ß; ALd Aeth. fehlt
der Satz. 4) Arm., ähnl. ß und Epit; ALSyr.: die Engel und Ammon, den
Gott Libyens. 6) In ALd eine Lücke von ycXota bis TfXota^ die bei Leo und
Syr. willkürlich ergänzt ist. 6) ALAeth. fügen hinzu: Ebenso verfuhr er
[z. 1. ixBTi]devs diu st. initijösta A] gegen Landheere.
2* 1) Epit. LLeo. 2) Vielleicht urspr. Juai IIlacovQoi st. JaTilöigts A,
KdvöiQsg L, Lampasidri Leo, Seres Epit. 3) So LEpit.; Leo: Cones, Arm.:
KavavEg Kov^ixtloi. 4) Arm. Epit. LLeo. 6) Zivdoi Müll. st. Zidoi A
ZtodLoi L, Stidi Leo, Indi Epit. = Arm. 6) Epit., d n. A (verd.). — Danach
Epit.: Phoenicesque, Parthos et Assyrios. 7) Kavßucvol wohl z. 1. st.
Kavödvoi A, KvxX(ocdvioi L, Lisanii Leo, Kmvioi Arm. 8) 'Anitalrai vielleicht
z. 1. st. Aandxtg AL, AsXdxaTss Arm., 'AeXioitoäss ß. U) ALeo; L: enOQOi^
Arm.: BoiLTvgatoi. 10) ylyQOi vermute ich st. 'Agyeloi Arm. ALLeo. 11) So
Epit. Syr.; Arm. ß: 'A^avoL
Erstes Bach. 31
die Chalyber, die auch Chaldäer heißen^*), die Agriophager^*) und
Enonymiten^*).] Die zahllosen Völker des Ostens sind mit großen
Heeren gegen Ägypten gekommen.^*) Jetzt gedenke der homerischen
Verse: ^icht durchschlafe die Nacht, wer Rat pflegt über dem
Volke, welcher dem Heere befiehlt und mit vielerlei Sorge beschwert
ist'.'^*) Nektanebos aber lachte und sprach: 'Du hältst auf deinem
Posten gute Wache ^'), aber du hast nicht wie ein Krieger geredet.
Denn die Macht beruht nicht auf der Menge, sondern auf dem Mut.
Ein Löwe ") jagt viele Hirsche und ein Wolf viele Schafe. Geh du s s
nur auf deinen Posten. Ich werde mit einem Wort die Unzahl der
Barbaren in das Meer versenken'. Damit entließ er ihn.
3. Er selbst kehrte in den Palast zurück, entfernte die Anwesen- m s
den, nahm eine Schüssel und verfahr wie gewöhnlich. Da sah er,
daß die ägyptischen Götter die Schiffe der Barbaren lenkten. So er-
kannte er, daß die Königsherrschaft der Ägypter von den Göttern preis-
gegeben war, schor sich Haupthaar und Bart, steckte sich reichlich Gold
ein und entfloh über Pelusion aus Ägypten. Nach vielen Irrfahrten kam
er nach Pella in Makedonien und ließ sich hier als Astrolog nieder^),
in Linnen gekleidet, wie ein ägyptischer Prophet. Als Nektanebos
in Ägypten verschwunden war, befragten die Ägypter ihre Götter'),
was aus ihrem König geworden sei. Der Gott im Heiligtum des
Sinopions') verkündete: *Euer entflohener König wird als Jüngling
nach Ägypten zurückkommen und eure Feinde, die Perser*), unter-
werfen'.*) Sie verstanden das Orakel nicht, ließen es aber auf den
Fuß der Statue des Nektanebos eingraben. s 4
12) XdXvßoi ol Tcal XaXdalot viell. z. 1. st. ZciXßot xal XaXdaloi L,
ZaXßol xal XaXxdXioi A, Chaldei Sarbii Leo, XdXßai Byz., Aov%aXoy Axm. —
Danach A: üfetfosrccre^cg, L: MercoTroi^vpEg. 13) Epit. ALLeo. 14) So
richtig AL; Epit.: Eunoraitae. 15) So Arm. 16) D. B 24 f. Dies nur Arm. L.
17) ALLeo unrichtig (pvXocTXE st. (pvXdTCBi.g (Arm.). 18) LSyr.: xV'tar.
8» 1) In der Fassung von kd nach Leo z. 1.: ro) TtQoaegxofisva) axiTttsßd'cci,
(^um jedem, der sich an ihn wandte, zu weissagen') st. tibv Tcgosgxofuvcav A,
Tov ^QOöBQxoit^vov L. 2) So Ann. (Vogelr.), Byz. ß (ß: tovg möavsl 9'60vg);
Arm. (Raabe), Aeth.: ihren Gott; ALSyr. (ähnl. Leo): Hephaistos, den Ahn-
herrn der Götter. 3) So Arm., ähnl. Aeth.; /?Byz.: D. G. i. H. d. Sara-
peions; d: Hephaistos; AL: Heph. schickte sie zum Unsichtbaren des
Sinopions, der ihnen verkündete. 4) d. P.: nur Arm. ^Byz. 6) Das
Orakel nach Arm. ßBjz.; ALd gehen auf eine metrische Form zurück, die un-
gefähr lautete: Atyvnrov ovtog &Xxniog ngicßvg (pvymv !| ßceöiXsvg dv-
vdoT-qg fterof %Q6vovg ^££t vhog^ || ro yriQaXalov dnoßaXmv eldog
tvycov, II x66y,ov xvxXnvöag, inl ne&lov Alyvnxi.ov, || ix9'Q&v, iTieX^mVy
vxoxayiiv di^ovg 4)iitv.
32 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
M4 Y2 4. In Makedonien hatte sich inzwischen Nektanebos durch seine
Kunst bekannt gemacht^ so daß auch die Königin Olympias wünschte^
sich Yon ihm wahrsagen zu lassen, und ihn zu sich berief, während
ihr Gatte Philipp im Krieg abwesend war. Ak er in den Palast
kam und sah, wie sie schöner war, als der Mond, entbrannte er in
Liebe zu ihr, zumal er überhaupt eine schlimme Neigung zu Frauen
hatte. Er begrüßte sie, aber nicht als Herrin, da er sich noch als
Ar 3 König fühlte. Olympias ließ ihn Platz nehmen und fragte ihn, ob
er der wahrredende Ägypter sei und durch welcherlei Kimst er die
Wahrheit zu verkünden wisse. Nektanebos zählte ihr die vielen Arten
V 3 der Seherkunst auf und schaute sie dabei begehrlich an. Da sie fragte,
8.5 was der Blick bedeute, antwortete er: ^Ich dachte an ein Orakel, das
ich einst von meinen Göttern erhielt, daß ich einer Königin weissagen
müsse, und daß das, was ich sage, wahr befunden werden solle'.^)
Darauf holte er eine kostbare Tafel hervor, die keine Beredsamkeit
8 6 zu beschreiben vermag*), femer die sieben Gestirne und den Horoskop,
aus acht verschiedenen Steinen gefertigt. Olympias ließ nun die
Anwesenden hinausgehen und sprach: ^Untersuche meine und Philipps
Geburtszeichen, denn er soll die Absicht haben, mich zu verstoßen,
wenn er aus dem Krieg zurückkommt, und eine andere zu heiraten.'
Nektanebos ließ sich von beiden die Zeit der Geburt angeben, ver-
glich seine eigene Nativität mit der ihrigen, ob die Zeichen für sein
Vorhaben günstig stönden, und sprach dann: *Das Gerücht ist nicht
M s falsch'), aber als ägyptischer Prophet kann ich dir helfen. Denn
V 4 nach deinen Geburtszeichen ist dir beschieden, einem Gott, der auf
Erden wandelt, beizuwohnen und einen Sohn von ihm zu empfangen,
der dein Rächer werden soll für das, was Philipp an dir fehlt.' Auf
Olympias' Fragen, was das für ein Gott sei, sagte ihr Nektanebos, es
sei der libysche Ammon, der Reichtumspender, von mittlerem Alter,
8 7 grauhaarig, mit Widderhörnem; er werde sie schon in der nächsten
4. Von hier an ist der vollständige Text des Jul. Valerius über-
liefert. 1) Nach Val. Syr. z. 1 : 5ti ßaOiXl9i fis [ALLeo: ßaöiXida tfc] SbI
<s%it\}aa9cci> %al &7C£q Xiyoa [A: Isyei, <[ statt Xdysigy, L: Xiyoiv] Alrid^ivoc Bi)QB9ijviu.
2) ALd fügen hinzu: Drei Ringe waren darin eingegraben: auf dem ersten die
36 Dekane, auf dem zweiten die 12 Zeichen des Tierkreises, auf dem
mittelsten Sonne und Mond. Dann entnahm er einem elfenbeinernen Kästchen
die 7 Gestirne . . . Arm. Val. Aeth. ß fehlt dies. 3) So Val. Arm. Aeth. ß;
AL^: das Gerücht ist für jetzt falsch, aber später wird es geschehen: tfiEv^^ff
•ij (pi^iiri yiyovsv, ßaalUöaa, tov vvv ^(»^ifffioi)' iitrct xaigbv yag Svttog roihro yi-
vstoci A.
Erstes Buch. 33
Nacht im Traum umarmen. Olympias sprach: 'Wemi ich diesen Traum
«ehe^ werde ich dich nicht als Wahrsager, sondern als 6ott verehren.'
5. Darauf verließ Nektanebos den Palast, suchte an einem ein- Ar 4
samen Ort die zum Traumzauber nötigen Kräuter und entnahm ihren
Saft Dann machte er aus Wachs einen weiblichen Körper, schrieb
den Namen Olympias darauf, legte ihn auf ein kleines Bett, zündete
Lichter daneben an, goß den Saft darüber und sagte die Zaubersprüche,
durch die Olympias im Traum erblickte, was er zum Wachsbild
spracL^) So träumte sie, daß ihr Ammon beiwohne und dann zu m «
ihr sprach: *Weib, du hast einen Sohn empfangen, der dein Rächer
wird/
6. Als Olympias aufgestanden war, ließ sie Nektanebos rufen, v 5
erzählte ihm den Traum und verlangte, nun auch in Wirklichkeit
mit dem Gott zu verkehren. Nektanebos antwortete: 'Bloßer Traum
ist freilich etwas anderes, als Wirklichkeit. 6ib mir ein Plätzchen
neben deinem Schlafzimmer, damit ich dir helfe und du nicht er-
flchrickst^), wenn der Gott zu dir kommt'.^) Olympias gewährte dies s s
und versprach, ihn als den Vater des Kindes zu ehren, wenn das
Verheißene geschehe. Nektanebos sagte: 'Wenn eine Schlange als
Vorlaufer des Gottes erscheint, so entferne alle Anwesenden, laß aber
-die Lichter brennen, setze dich auf dein Lager, verhülle dich und
4ichaue den Gott, den du im Traum erblickt hast'.^)
7. Am andern Tag gab ihm Olympias ein Zimmer neben dem m 7
ihrigen.^) Er verschaffte sich ein Widderfell mit Hörnern, einen Stab
und ein weißes Gewand, und ließ vor sich her eine Schlange in v e
Olympias' Schlafzimmer kriechen.^) Olympias tat, wie er sie geheißen
hatte, und Nektanebos bestieg ihr Lager. ^) Als er sie verließ, be-
rührte er ihren Leib und sprach: 'Eine unbesiegbare und imüber-
windliche Frucht. Der Sohn, den du empfangen hast, soll dich rächen
und Herr des Erdkreises werden'.^) Kaum war es Tag geworden, so Ar 5
^üte Olympias zu Nektanebos, erzählte ihm alles und begehrte weiteren
Umgang mit dem Gotte.*) Er versprach, ihr das Gewünschte zu ver-
5* 1) In ALd stark verkürzt.
6* 1) In A z. 1.: S!va . . . (p6ßm ttp ^ri TtsQicxBd'fig st. qp. t^ i^t^ negi-
■cxi^flg. 2) Danach AL^ (Leo verkürzt) Byz.: Der Gott erscheint erst als
Schlange und verwandelt sich dann in den gehörnten Ammoa, in Herakles, in
Dionysos, endlich in eine menschliche Grestalt mit meinen Zügen. Arm. Val. ß
iehlt dies. 8) In ALSyr. nor eine kurze Mahnung, sie solle sich nicht fürchten.
7. 1) AL^ kurz: als das vorher Angegebene geschah, ertrug sie furchtlos
•die Verwandlungen des Qottes. 2) Der Satz nur in Val. Arm. Aeth. ß.
J) Nur Val. Arm. Aeth. ß.
Autfeld, Der griech. Alexanderromftn. 3
34 Zweites Kapitel. Der Text des Bomans.
schaffen, wenn sie ihm nur das Versteck gewähre^ um dort die nötigen
Weihen vorzunehmen.*) Sie ließ ihm die Schlüssel ihres Schlaf- *
Zimmers geben nnd verkehrte weiter mit ihm, in der Meinung, es
sei der Grott Ammon.') Als aber ihr Leib zu wachsen begann, fragte
sie Nektauebos: 'Was soll ich machen, wenn Philipp kommt und mich
V 7 schwanger findet?' Er sprach: 'Fürchte dich nicht, denn^ Ammon
wird dir helfen, indem er Philipp einen Traum sendet, so daß du
ohne Vorwurf bleibst'. So wurde Olympias getäuscht.*)
M 8 8. Nektanebos aber nahm einen Seefalken ^), verzauberte ihn und
sagte ihm den Traum, den er Philipp bringen sollte.') Der Falke
flog zwei Tage und zwei Nächte über Land und Meer zu Philipp und
6 9 gab ihm nachts den Traum ein. Der König erwachte erschreckt,
ließ einen Traumdeuter rufen und erzählte: 'Ich sah im Traum, wie
ein grauhaariger Gott mit Widderhörnem meinem Weib Olympias
beiwohnte und danH zu ihr sprach: ,Du hast einen Sohn empfangen^
der dich schützen') und den Tod seines Vaters rächen soll.' Dann
glaubte ich*) ihren Leib mit Byblosfaden zu vernähen und mit einem
goldenen Bing zu versiegeln, in dem die Sonne, ein Löwenkopf^)
und ein Speer eingegraben war. Darauf schien mich ein Falke durch
Ar 6 seinen Flügelschlag zu erwecken.' Der Traumdeuter sprach: 'Olympias
ist schwanger, denn niemand versiegelt ein leeres Gefäß, sondern ein
volles. Die Frucht aber ist ägyptischen Ursprungs, denn nur in
V 8 Ägypten wächst Byblos, und sie ist von hoher Herkunft, weü der
Ring aus Gold war. Die Zeichen auf dem Ring bedeuten, daß der
Erzeugte bis zum Aufgang der Sonne vordringen wird, kühn wie ein
Löwe, die Städte mit seinem Speer unterwerfend. Der Gott ist der
libysche Ammon.' Philipp aber war traurig, daß Olympias überhaupt
schwanger war, sei es auch von einem Gotte.^)
M 9 9. Als Philipp aus dem Krieg zurückkam, trat ihm Olympiaa
s 10 ängstlich entgegen. Aber er sprach: 'Du bist ohne Schuld.^) Ich
4) &vd'Q(07tlvip d'sm {d'Boü A) (loix^ övvsQXOiidvri A, ähnl. L; z. 1.: &. (t. itg ^. c.
Vgl. Leo.
S« 1) Val. (6: saczum accipitrem) las äyiov st. jttldyuyv. 2) Danach
erzählen ALd den Traum unmittelbar, während Val. Arm. ß unten Philipp er-
zählen lassen. Der folgende Satz nur in Val. Arm. Aeth. ß. 3) Arm. iß7)i
dg iyxaQTCmöu as. Urspr. La. ixitgonsvaet^^'^y. 4) So Arm. ß Byz. entsprechend
Plut. AI. 2, 2; nach Val. ALd verschließt Ammon den Leib. 6) Urspr. La.
der Oruppe AL<^: %B(paXriv Xiovrog ^liov xQaroüvrog st. ijUov xQarog L
(xBffccXriv Uovrog xQoct&v A). 6) In A etwa z. 1.: xotv xi% i% ö'to« [lictv efr
d^Bov A, d. h. xSv ix ^Bov\; L: x^v bUtti ix d^Bov. Val. 18 abw.
9. 1) AL^: afucQti^öaöa oix ^fUKpreg. Danach: ^Denn ein Gk>tt hat diok
Erstes Buch. 35
habe alles im Traum gesehen^ und dich trifft kein Vorwurf. Denn
selbst wir Könige yermögen nichts gegen die Götter.' So wurde sie
wieder guten Mutes.
10.^) £inst hörte Nektanebos, der sich heimlich im Palast auf- v»
hielt^ wie Philipp Olympias vorwarf^ sie habe ihn hintergangen und
nicht mit einem Gott, sondern mit einem Menschen verkehrt. Als
nun ein Festmahl stattfand, yerwandelte sich Nektanebos in eine
große Schlange und bewegte sich mit furchtbarem Zischen mitten
durch den Speisesaal, so daß alle Gäste erschraken. Olympias streckte
ihre Hand nach ihm aus, und die Schlange schmiegte sich an sie
und küßte sie mit der zweigespaltenen Zunge. Während Philipp mio
zwischen Furcht und Verwunderung zuschaute, verwandelte sich Nekta-
nebos in einen Adler und flog weg. Philipp aber sprach: *Weib, ich Ar 7
habe gesehen, wie dir der Gott in der Gefahr geholfen hat.'^) Seit- vio
dem pries er sich glücklich, daß er Vater eines Gottessohnes heißen
sollte.*)
11. Nach einigen Tagen, als Philipp auf einem Platz neben ^)
seinem Palast saß, flog eine Henne auf seinen Schoß und legte ein s 11
Ei; das hinabroUte und zerbrach. Aus der Schale schlüpfte eine kleine
Schlange hervor, umkreiste das Ei und wollte dann wieder hinein-
kriechen, aber ehe sie den Kopf hineingestreckt hatte ^), starb sie.
Bestürzt ließ Philipp den berühmten Zeichendeuter Antiphon rufen
und erzahlte ihm das Geschehene. Dieser sprach: 'Du wirst einen
Sohn haben, der die ganze Welt umkreisen und alle bezwingen wird;
wenn er sich aber heimwärts wendet, wird er draußen einen frühen
Tod finden.'
12. Als die Zeit der Geburt gekommen war, setzte sich Olympias y a
auf den Geburtstuhl. Nektanebos stand bei ihr, beobachtete die
Gestirne und sprach^): 'Halte jetzt an dich, sonst wirst du einen
dazu gezwungen, and seinen Sohn sollst dn als Philipps Sohn benennen.' YgL
Kap. S Anm. 8.
10. 1) Von diesem Kapitel an folgt L dem Text ß. 2) So Val.
Arm. ß, ähnl. Aeth. Durch ein Verderbnis ßorfio^vxd (lot statt 60 1 ist daraus
in Ad geworden: 'Als ich im Krieg war, sah ich diese Schlange meine
Feinde in die Flucht scheuchen.' 8) Nach Arm. Syr. in A etwa z. L:
i^uxxdQiiw .. . kavthv h ^IX. d'soi) önoQäs niXXovta (st. lUlXoiv) xaXtlö^ai anoQia
(st. cxigiia).
11* 1) Ich vermute: iv xivi x6%fp övyysltovi ßaöiXsUov st. cvyx^tp t&i
ßaatXtt A, övyx^ov (auf Phü. bezogen: 'pavens Philippus') Val., öviup^m Arm. ß.
2) So A Leo, ähnl. Val.; Arm. Syr. ß: /3aXa>v iato tifv x8ipccXi^.
12. 1) Das Folgende nach Val. Arm. ß. In A Syr. sind die Konstellationen
8^
36 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
8 IS Sklaven gebären^ der in Gefangenschaft lebt.' Als die Wehen wieder
kamen^ mahnte er sie nochmals ausznhalten^ sonst würde ihr Kind
ein erbärmlicher Kastrat werden; und er war ihr selbst behilflich^
Ar 8 die Geburt za hemmen. Als er aber sah, daB Zeus und der Widder
Ammon in Kulmination standen') und ein Glanz am Himmel war
von der Mittagsonne, sprach er: * Jetzt wirst du einen Weltherrscher
gebären.' Olympias gebar mit lautem Schrei^) ein männliches Kind,
und als es zu Boden fiel, entstand Erdbeben, Donner und Blitz, daß
sich die ganze Welt bewegte.
Y 19 13« Als Philipp das Neugeborene sah, sprach er: ^Ich wollte das
Kind nicht aufziehen lassen, weil es nicht mein Sohn ist. Aber da
ich sehe, daß es von göttlicher Herkunft und seine Geburt durch die
Elemente ausgezeichnet^) ist, so soll es zur Erinnerung an ein Kind,
das ich von meiner früheren Gemahlin hatte, aufgezogen werden und
Alexander heißen.' Daraufhin erhielt das Kind die gebührende Pflege,
und es fand in ganz Makedonien und Pella, in Thrakien und andern
Ländern ein Kranzfest statt. Kurz, das Kind wuchs heran, sah aber
weder Philipp, noch seiner Mutter, noch seinem Erzeuger ähnlich,
sondern war von eigener Art. Sein Haar glich dem eines Löwen.
Seine Augen waren verschieden, das rechte schwarz vrie die Nacht*),
das linke blau, seine Zähne scharf, sein Ungestüm löwenartig, so daß
man deutlich sah, was aus ihm werden sollte.
Mit der Zeit wuchs er heran und übte sich in den Wissen-
schaften und der Regierungskunst. [Seine Amme war Lanike'), die
Schwester des schwarzen Kleitos^), sein Erzieher Leonides^), sein
Schreiblehrer Polyneikes*) aus Pella''), sein Lehrer für Musik Alkip-
pos®) aus Lemnos, für Geometrie der Peloponnesier Menaichmos^),
völlig abweichend and viel ausführlicher angegeben. 2) In A nach Sjr.
etwa z. 1. : 6 yaQ (piXoTtaQd'svog Zbvs . . • ■ iieöovgavlöag ^-i^öag nötigt xal xgibg
uifuuov, yev6iuvog i^l tov 'b6QOx6ov xal Ix^'vatv, . . . xoöfioxQaroQa ßaöilia &xo-
«xa^itfra. Rh. M. 438. Danach vermute ich als urspr. Lesart der Gruppe Arm. ß:
iniyvfo %axa [xuxa Arm. nach Vogelr.] xhv avpLnavta %6cfLov Jla [J. fehlt Arm. ß]
xal xQihv [Arm.: Kq6vov; x. x. fehlt ß] luöovgavo^vta. 3) lul^ov ßohg (tv-
xriaaiiivri.
18. 1) iTcUrinov xoöfiixolg (aroixBloig) nach Arm.; ixtl äk ifpo^ rifv (tkv
tnoQccv ix^iv airchv ^eo{), xov di xox^ov xooiux&v (-xhv cod.) moixBlmv (-«^i cod.)
erifulmöiv xiva A. 2) Ich vermute 6x&fip ifupsQfj statt des sinnlosen neetm-
<pBQfj (Arm. ß). 3) Aavixr\ Müll. st. Asxdvri LG, Lakrine Arm.; die andern
störker verderbt. 4) Der Name Kleitos fehlt überall, steckt aber in der Ang.
von Arm. 'eine Keltin': KbXxi^ aus KXelxov. 6) Arm Bjz. fügen hinsa:
Adxmv. 6) So A ^ Bys.; Val.: Poljnicus, Arm.: Polinikos. 7) Nur A
Syr. By«. 8) So A Val. ; Arm. ß Bys. : Leukippos, Syr. : Apos. 9) So
Erstes Buch. 37
für Rhetorik Anaximenes^ Sohn des Aristokles^ aus Lampsakos^^), für
Philosophie Aristoteles, Sohn des Nikomachos*^), aus Stageira^') i[der
Milesier*')]!. Dies hat Favorinus**) im vierten**) Buch seiner 'Bunten v 15
Geschichten' erwähnt. Ebenda findet man auch den Stammbaum
Alexanders, der durch Philipp auf Okeanos und Thetis, durch Olym-
pias auf Eronos und Poseidon zurückgeht. Alexander aber übte sich,
wie vorher gesagt, in jedem Zweig der Bildung und in der Kegie-
nmgsknnst.] Wenn er von der Schule frei war, sonderte er seine m is
Mitschüler in Abteilungen und fing einen Krieg an, und wenn ein Ar 9
Teil unterlagt trat er zu ihm über und verhalf ihm zum Sieg, so dafi
man sah, dafi von ihm der Sieg abhing. — In dieser Zeit brachten
Philipps Oestütsverwalter*') ein Pferd, das schöner und schneller war, v i4
als Pegasos, aber Menschen fraß. Philipp befahl, es in einem eisernen s u
Eafig zu verwahren und ihm verurteilte Verbrecher zum Fräße vor-
zuwerfen.
14. Als Alexander zwölf Jahre alt war, begleitete er schon seinen m u
Vater, übte sich mit den Soldaten und tummelte sich zu Pferde.
Dabei äußerte einst Philipp: ^Deine Art gefällt mir, aber es kränkt
mich, daß du mir nicht ähnlich siehst.' Darüber war Olympias be-
kümmert^ und als Philipp verreist war, ließ sie Nektanebos rufen,
der ihr die Sterne nach Philipps Absichten befragen mußte. ^) Alexan-
der, der dabei saß, fragte, ob die Sterne, von denen die Rede sei, am v is
Himmel sichtbar wären. Nektanebos versprach, sie ihm abends zu s 16
zeigen, wenn der Himmel hell sei.') Als der Abend kam, gingen
Aim. (Menekhmos) ; Yal..- Menecles, A: MiviJtTcosy ß: MiXaiivog. 10) So richtig
Vftl., ähnl. Ann.; A: *A9irivatoi 'Agiötoftaviig, Byz.: 'Ad'i^viog 'AgiötoxJJrig.
11) Nor L u. Arm. (Nikomitakh). Aus einem Verderhnis von Nixoncixov erklärt
sich, daß in A Syr. Byz. zuletzt ein Lehrer des Kampfes genannt wird. A:
hnXonLxvTCiog (aus 6ytXoxtv7tlag st. bnXoiLa%Lag) dk ^afti/)axi]9 6 öBVQomdg (aus einem
versetzten Aafiip<x%riv6g, Bandkorrektur für das fehlerhafte 'A^vatog bei Anazi-
menes, und 2^tay9iQLxr\g). Byz.: ^XoxxvnLag re ax9QQ&g AufiApaxrivhg E^Qmnrig.
Urspr anglich : Nixofuixovj Aaii,'tl)a%riv6g, JaayBiQlxrig. 12) Nur Arm. ohne Ent-
stellung. 13) So A Val. Syr., ähnl. Arm. Dies hat schon Müller richtig
ans einer auf Anaximenes bezuglichen Randbemerkung erklärt, die an unrich-
tiger Stelle in den Text geriet, wie auch Aaii/il>axriv6g in A. 14) Die Be-
rufung auf Favorinns (Arm.: Paphoranos) nur bei Arm. Yal. erh. 15) Arm.
und Val. 16) So Yal.; lnno(poQßol ß = Arm. Dagegen A, ähnl. 6: ol xijg
KannadoxLag &Qxovxeg. Wohl aus ... xal Inno&oxiag. Das Wort, gebildet wie
i§voSoxla u. dgl., ist freilich m. W. sonst nicht belegt.
14« 1) Zusatz von d: Nekt. sagte, Olympias habe nichts zu befiirohten, da
nur augenblicklich die Sonne dem Zeichen der Yenus gegenüberstehe und Philipps
Liebe ablenke. -2) Danach d: AI. fragt Nekt., ob er auch sein eigenes Schick-
38 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
sie miteinander aus der Stadt^ und Nektanebos zeigte Alexander die
Sterne.^) Alexander aber warf ihn unversehens in eine Grube, so
daß er sich im Sturz tödlich verletzte. Nektabnebos rief: ^Warum
hast du das getan?' Alexander antwortete: 'Das ist deine eigene
Schuld, weil du die Dinge am Himmel erforschen willst, ohne die auf
der Erde zu kennen.' Nektanebos sprach: 'Ich muß sterben. Aber
es kann eben kein Sterblicher das Schicksal überwinden«' 'Wie so?^
*Ich wußte, daß ich durch mein eigenes Kind sterben soll, und dem
s 16 habe ich nicht entrinnen können.' 'Also bin ich dein Sohn?' Da
M 15 erzählte ihm Nektanebos alles, wie er aus Ägypten floh und zu
Ar 10 Olympias kam und sie betrog. Dann starb er. Als Alexander er-
V 16 fahren hatte, daß es sein Vater war, scheute er sich, die Leiche in
der Grube zu lassen, lud sie auf seine Schultern und trug sie in
den Palast zu Olympias.^) Dieser sagte er nun, was er von Nekta-
s 17 nebos gehört hatte, und sie erkannte, wie schmählich sie getäuscht
worden war. Jedoch ließ sie ihn, als Vater ihres Sohnes, würdig
bestatten. So fand der Ägypter Nektanebos in Makedonien sein Grab,
wie der Sfakedonier Alexander in Ägypten.
15, Als Philipp zurückkam, schickte er nach Delphi, um anzu-
fragen, wer sein Nachfolger werden sollte. Nachdem die Pythia vom
Ejkstalischen Quell getrunken hatte, antwortete sie:^) 'Der wird die
Welt beherrschen und alles mit dem Speer bezwingen, der auf Büke-
phalos springt und durch Pella reitet.' Das Pferd hieß Bukephalos,
weil es auf dem Schenkel ein Brandmal in Gestalt eines Ochsen-
kopfes hatte. Als Philipp das Orakel vernahm, erwartet« er einen
neuen Herakles.*)
16.^) Alexander genoß nicht*) allein den Unterricht des Aristo-
V 17 teles aus Stageira^), sondern mit ihm auch andere Knaben und Königs-
sal kenne und welchen Tod er finden werde; Nekt. antwortet, er werde durch
seinen Sohn sterben. 8) Zns. von d: Nekt. beschreibt ihm die einzelnen
Planeten. 4) ß Byz. und Sjr. (verd.): AI. sagt seiner Mutter, er trage hier
als neuer Aineias seinen Anchises.
15. 1) Die metrische Form des Orakels ist überall zerstört. Ich yermate
ungeföhr: Kslvog oltov &Q^Bt xai SovQari, Tcdvd'* 'bitord^stj {j lUllri^
Bov%Bq>dXov imdXiievog og dio&evaBi. 2) So A Arm. /?; Val. 26 f. ^wohl
ans unrichtiger Auffassung): opinionem fovebat praedici sibi Herculem iuniorem
ex famula sibi natum.
16. 1) Kap. 16 steht in Sjr. hinter Kap. 17. 2) ov (i6vog ist die er-
forderliche Lesart, die schon Mensel nach L herstellte; die andern Texte: ii6v^
(A ii6vovy Arm. lUvog) ohne Negation. 8) So richtig Arm.; A Val. nach Kor-
rektur aus Kap. 13 (s. d. Anm. 13"): Arist. aus Milet.
Erstes Buch. 39
BÖline. Diese fragte einst Aristoteles, wie sie ihren Lehrer belohnen s 19
würden, wenn sie Könige geworden wären. Andere machten große m le
Versprechungen, aber Alexander antwortete, eine solche Entscheidung
scheine ihm jetzt nicht vernünftig, er werde seinerzeit nach den Um-
standen handeln. Da begrüßte ihn Aristoteles als künftigen Welt-
herrscher. Alle liebten Alexander wegen seiner IGugheit und kriege-
nschen Tüchtigkeit, nur Philipp schwankte zwischen Freude und Be-
trübnis, weil ihm Alexander nicht ähnlich sah.
*) Was Alexander von seinem Vater erhielt, schenkte er frei-
gebig an andere weiter. Daher schrieb Zeuxis, sein Fürsorger^), an
Philipp und Olympias: 'Der Betrag, den ihr für Alexander bestimmt, Ar n
genügt nicht, weil er viele Geschenke macht. Trefft daher ent- J ^
sprechende Verfügung.' Das Eönigspaar schrieb darauf an Aristoteles,
er solle die Sache prüfen und in Ordnung bringen.^) Aristoteles er-
widerte, Alexander handele niemals seiner Erziehung unwürdig und
sei nicht nach seinem Alter zu beurteilen. Philipp und Olympias
schrieben an Zeuxis zurück und teilten ihm Aristoteles' Brief zur
Kenntnisnahme mit. Darauf schrieb Aristoteles seinerseits an Alexander:
^Deine Eltern schreiben, du verschwendest, was dir geschickt werde;
doch kann ich nicht glauben, daß du unser und ihrer unwürdig
handelst.' Alexander beklagte sich in seiner Antwort, daß er zu ^^ ^i
wenig erhalte und ungerecht getadelt werde. Aber auch Philipp und
Olympias schrieben an Alexander^): 'Den Unterhalt, den wir für dich
bestimmt haben, verschwende und verachte nicht, und stoße das v 19
Zeugnis nicht um^), das dir Aristoteles in seinem Brief ausstellt,
sondern zeige durch Sparsamkeit, daß du brav bist.' Alexander er-
widerte: 'Der Unterhalt, den ihr mir gebt, paßt für mich und euch Ar u
nicht. Aber den Brief meines Lehrers werdet ihr nicht unwahr und
mich seiner Lehren nicht unwürdig finden. Übrigens hättet ihr nicht
schlechten Einflüsterungen euer Ohr leihen und eure Strenge lieber
gegen die wenden sollen, die darauf hinzuwirken wagen, daß ihr nicht
in königlicher Art für mich sorgen wollt.'
17. Als Alexander vierzehn Jahre alt war, ging er eines Tags » i?
an dem Ort vorüber, wo das Pferd Bukephalos eingeschlossen war,
4) Dieser Abschnitt nur in Val. Arm. Syr. 5) So Syr. ; Val. 24 f. : non
celebris illius ad pingendum sed enim adsecnlae regalis. 6) So Arm.; Yal.:
er solle das übersandte Geld in Verwaltung nehmen; Syr. abweichend. 7) Dieser
Brief fehlt in Syr. 8) Val. 2: nee litterarom Aristotelis de te perverteris
(Hss.: praeverteris) testimonium. Daher in Arm. nicht xavafpQ6vsiy sondern xav-
clL6%w9 od. dgl. zu ergänzen.
40 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
H 17 und hörte ein fiirchtbares Wiehern. Ptolemaios^ der später Soter
genannt wurde, sagte ihm auf seine Frage, es sei das menschen-
fressende Pferd, das sein Vater hier verwahrt halte. Als das Pferd
Alexanders Stimme hörte, wieherte es zum zweitenmal, aber ganz.
s 18 sanft und zahm, und als er sich dem Gitter näherte, streckte es die
Vorderfaße aus und schmeichelte ihm demütig. Alexander staunte
über sein Aussehen und die Überbleibsel getöteter Menschen, die vor
V 20 ihm lagen. Er stieß die Wächter auf die Seite ^), öönete das Qitter,,
faßte das Tier an der Mähne, schwang sich hinauf und ritt es ohne
Zügel. Das meldete einer sofort dem König. Da gedachte Philipp
des Orakels und begrüßte Alexander als Weltherrscher.
s 21 18. Als Alexander fünfzehn Jahre alt war, fand er einst seinen
Vater unbeschäftigt, küßte ihn und bat um Erlaubnis, nach Pisa zu
fahren und an den olympischen Spielen teilzunehmen. Philipp meinte,,
er würde wohl als Königssohn nur in kriegerischen Übungen tüchtig
Ar 18 sein, aber Alexander sagte, er wolle als Wagenlenker auftreten und
^ ^ habe sich selbst die Pferde dazu gezogen. Philipp freute sich über
M 18 seinen Mut und entließ ihn freundlich. Er eilte nun zum Hafen, lieft
Pferde und Wagen in ein neues Schiff bringen, begab sich mit seinem
Freund Hephaistion an Bord und gelangte in glücklicher Fahrt nach
Pisa, Dort ließ er die Pferde durch seine Diener versorgen und ging^
selbst mit Hephaistion spazieren. Da begegnete ihnen ein gewisser
Nikolaos, der bereits erwachsen war^), ein König der Akamanen, voll
Hochmut wegen seines Reichtums, seines Ranges und seiner Körper-
stärke. Er redete Alexander an: 'Sei gegrüßt, Bürschchenl' *Sei du
ebenfalls gegrüßt, wer und woher du auch sein magst.' 'Was ist
das für eine Anrede! Ich bin der Akamanenkönig Nikolaos!' 'Brüste
s 28 dich nicht so mit deiner Königswürde, Nikolaos, denn das Glück ist
gar veränderlich.' 'Schön! Aber warum bist du hierher gekommen?*
'Ich will nicht*) als Reiter auftreten, noch mit einem Zweigespann
V 22 oder dergleichen.' 'Was denn?' 'Als Wagenlenker.' Da lief Nikolaos
die Galle über, und er spuckte Alexander in das Gesicht. Alexander,,
der gelernt hatte, sich zu beherrschen, wischte sich ruhig ab und
sprach mit tödlichem Lächeln: 'Ich schwöre, daß ich dich hier mit
17. 1) naQayxoaviadfievog A ß Arm.
18. 1) &v6Q0(pvr\g rfj iiXtxla ßcc6iX{ivg) &ßißaios änaQvavmv A (Arm.); daraus
ß: 'Ardgiov vl6g. Leo: rex Arideorom; Syr.: der König von Areta. 2) o^
Arm.; verdunkelt in A {nagtiiii, &yiovi6o^vov 6ov xhv Innacri^v st. &Y»v^6iU9Qg
01^), fehlt ß^ wodurch der Text bei Müller sinnlos ist.
EiBteB Buch. 41
dem Wagen und in Akamanien mit dem Speer besiege.' So trennten
sie sich erbittert.
19. Nach wenigen Tagen kam die festgesetzte Zeit des Wett- m lo
kampfs. Neun Wagenfahrer traten auf, darunter vier Königssöhne:
NikolaoS; der Böotier Xanthias^ der Korinther Kimon und Alexander, s u
Die andern waren Söhne von Feldherren und Satrapen. Nun wnrde
die Urne aufgestellt, man loste die Plätze aus, die Trompete erscholl, Ar 14
die Schranke wurde geöffnet, imd alle flogen hervor. Nach der vierten s se
Umfahrt fuhr Alexander als vierter, und hinter ihm Nikolaos, der
nicht sowohl den Sieg, als Alexanders Tod im Sinne hatte, weil sein
Vater von Philipp im Krieg getötet worden war. Der kluge Alexander v 2»
merkte das, imd als die Vorderen zu Fall gekommen waren, ließ er m 20
Nikolaos vorüber, der nun auf den Siegeskranz hoffte. Aber nach
etwa zwei Umfahrten strauchelte ein Pferd des Nikolaos, und der
Wagen stürzte samt dem Lenker. Alexander stürmte in vollem s 27
Rennen auf ihn und tötete Nikolaos augenblicklich. So erfüllte sich
an diesem das Sprichwort: 'Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst
hinein, und ein schlimmer Gedanke ist für den, der ihn ersonnen hat^
am schlimmsten.'^) Als dann Alexander mit dem Ölzweig bekränzt
zun olympischen Zeus hinaufstieg, sagte ihm der Priester: ^Der olym- s i%
pisehe Zeus verkündet dir, daß du viele Völker besiegen wirst, wie
du den Volkbesieger *) besiegt hast.'
20. Als Alexander sieggekrönt nach Makedonien zurückkam,
ftnd er seine Mutter verstoßen und Philipp im Begriff, Kleopatra^
die Tochter einer Schwester^) des Attalos ^), zu heiraten. Während
eben die Hochzeit gefeiert wurde, trat Alexander bekränzt herein imd
sprach: ^Vater, nimm hier meinen ersten Siegeskranz, und wenn ich
meine Mutter einem andern König zur Frau gebe, werde ich dich
zur Hochzeit einladen.'^) Damit setzte er sich dem König gegenüber, v 34
Philipp aber ärgerte sich über diese Worte.
21. Ein Spaßmacher Namens Lysias sprach zum König: ^Sei m 21
getrost und freue dich der Jugend deiner Kleopatra, mit der du ehe-
liche Kinder erzeugen wirst, die dir gleichen.' Als das Alexander
hörte, schleuderte er den Becher, den er gerade in der Hand hielt,
19« 1) Ol X uiyrat %axä revxBt^ ScvrjQ &Xl(p xaxä zBv%aiv \*H.dh xaxij ßovXri
Tflo ßavU^isavTi. xaxLcxri aus Hesiod oper. 265 f. Den zweiten Vers hat nur Arm.
2) Wortspiel mit NixoXaog.
20« 1) Ich vermute ^vyaxiQa ädtXtpf^g st. d'vyttxiQa &9tX(prjv (Arm.), ^v-
yatiga (Val. 6), äd8l(pr}v (A ß). Rh. M. 438. 2) Yal.: Apali; Arm.: Assan,
A: al^ov, Leo: cuiusdam hominis, ß: Avölav. 3) d: nicht einladen.
42 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
auf Lysias und tötete ihn. Philipp sprang auf und wollte sich mit
Ar 15 dem Sehwert auf Alexander stürzen, stolperte aber über den Fuß
des Sofas und fiel auf den Boden. 'Seht!' rief Alexander, Thilipp,
der Asien und Europa erobern will, konnte nicht einmal von einer
Bank zur andern gehen !'^) Darauf riß er seinem Vater das Schwert
s S9 weg und schlug die Gäste halb tot. Das war ein Bild, wie der
Kampf der Kentauren imd Lapithen oder der Freiermord des Odysseus.
2*2. Dann ging Alexander zu seiner Mutter^), Philipp aber wurde
krank zu Bette gebracht. Nach einigen Tagen begab sich Alexander
V 26 zu Philipp, setzte sich zu ihm imd sprach: Thilipp — ich rede dich
mit deinem Namen an, weil es dir vielleicht nicht lieb wäre, wenn
ich dich Vater nennte — ich komme nicht als Sohn, sondern als
Freund und Vermittler wegen des Unrechts, das du deinem Weib
H 22 angetan hast. Hatte Alexander nicht recht, daß er Lysias wegen
seiner unziemlichen Worte tötete?*) War es recht von dir, das Schwert
gegen deinen Sohn zu erheben*) und dein Weib ohne Gnmd zu rer-
stoßen? Nun komm wieder zu dir, denn ich weiß, daß deine Krank-
heit nicht im Körper, sondern in der Seele liegt. Ich werde Olym-
pias zureden, daß sie sich mit dir versöhnt, und sie wird ihrem Sohn
s so folgen.' Philipp schwieg beschämt. Alexander aber ging zu seiner
Mutter und sagte: ^Zürne deinem Mann nicht, denn so verborgen
dein Fehltritt ist, so bin doch ich dessen Zeuge. Geh also zu ihm,
denn das Weib soll dem Mann Untertan sein.' So brachte er seine
V 26 Mutter zu Philipp und versöhnte die Gatten miteinander. Der Name
Lysias aber gilt seitdem bei Brautleuten als Unglückswort, das man
nicht genannt haben will, weil es Auflösung der Ehe bedeutet.*)
23. Um dieselbe Zeit hatte sich die Stadt f Mothone^) gegen
Ar 16 Philipp empört. Philipp schickte Alexander mit einem Heer dorthin,
s 91 der die Stadt durch kluge Überredung zum Gehorsam brachte. Als
M 28 er zu seinem Vater zurückkam, traf er bei ihm Männer in fremd-
ländischer Tracht und erfuhr, das seien Satrapen des Perserkönigs
21« 1) In A steht: 6 r/;v *AüLav ^iXinnog ansvdav laßsiv xal zj]v "KiyQmjtiiv
ixßad'Qibaai ovx i)dvviid'ri ßfiiia cclXa^aöO-ai <^mit metrischen Spuren?]).
22. 1) Arm. ß: nnd brachte sie in den Palast. 2) A: slTth di iiof xalmg
TCBnoiriTiBv 'AXi^avÖQog xhv Avcaiav ScvaiQ'qöag, av öh ov xaXmg iTtga^ccg . . .
3) Bei Yal. 9 ist die Lesart von P Epit. ^incursatus' zu bevorzugen; Kubier
nach T: incusatus. 4) Fehlt A Leo.
28* 1) So AYal.ß Bjz. und Arm. nach Yogelr. Mod'mvr] ist aus MB^avri
verderbt (so Syr. und Aim. nach Budge u. Raabe), dies aus Maldav, aber viel-
leicht schon in der Vorlage des Romans ; s. u.
Erstes Buch. 43
Darins, die den gewöhnlichen Tribut von Philipp erheben wollten.
Er fragte sie: *Für wen verlangt ihr Tribut und welchen?'^) ^Von
«ucem Land und Wasser*) für Darius/*) 'Darius fordert also für
sich ein^ was die Götter allen Menschen gegeben haben!' ^) Und er
entließ die Gesandten mit dem Bescheid: 'Als Philipp noch keinen v 21
Sohn hatte^ gab er euch Tribut, seit er aber seinen Sohn Alexander
hat, gibt er euch keinen mehr.*) Und ich werde kommen und nicht
nnr den bereits bezahlten, sondern auch den eigenen Besitz der Perser
wegnehmen/ Die Perser staunten über Alexanders Geist/) Philipp
aber freute sich über seinen Mut, und als sich wieder eine Stadt der
Thrakier^) empörte, schickte er Alexander mit einem Heer gegen sie. m u
24. Ein gewisser Pausanias, ein mächtiger Mann aus Thessa- s ss
lonike, liebte Olympias und hatte sie durch Vermittler zu überreden
yersacht, daß sie Philipp verlasse und sein Weib werde. Aber sie
willigte nicht ein. Als er nun erfuhr, daß Alexander in den Krieg
gezogen war, imd Philipp im Theater ein Festspiel leitete, überfiel
«r mit seinen Genossen den König im Theater, verwundete ihn schwer,
und eilte dann in den Palast, um Olympias zu rauben. Zufällig kam
«n demselben Tag Alexander siegreich aus dem Krieg zurück, yer- v ^8
nahm das Geschehene und fand im Palast Pausanias, wie er Olympias Ar 17
umschlungen hielt und fortschleppen wollte. Er zögerte ihn anzu- m 25
greifen, weil er fürchtete, zugleich seine Mutter zu verwunden. Aber
Olympias rief ihm zu: 'Wirf nur, denn Ammon wird mich schützen!'^)
So warf Alexander und traf ihn.') Dann brachte er Pausanias zu s ss
seinem Vater und gab diesem ein Schwert in die Hand. Philipp
tötete seinen Feind und sprach: 'Ich sterbe ohne Kummer, denn ich
habe mich noch rächen können, und Ammon hatte recht, da er
Olympias verhieß, daß ihr Kind den Tod des Vaters rächen würde.'*)
2) Wie die Antwort ergibt, ist vermutlich z. 1.: 'önkg vlvog .. änaitstTB
tivas (p6Qovg\ statt tohg Val.? A Arm. Syr. — Val. und der Übersetzer, auf den
Syr. zurückgeht, faßten rivog als Neutrum und machten in der Antwort rfjs yljg
von ^BQ abhängig: ^Für euer Land.' 3) %al väcctog aus Val. 22 u. Syr.
zu ergänzen. 4) Arm. = L lückenhaft: vTckg rfjg yi^g Jagslov. 5) Zus. von
fi: AI. fragt weiter nach dem Betrag des Tributs; sie antworten: 100 goldene
Eier von 20 Pfund Gold. Vgl. Anm. 6. 6) Dafür &: Früher hatte Darius
«ine Henne, die ihm goldene Eier legte, seit aber AI. geboren wurde, ist
die Henne unfruchtbar geworden. 7) Nur d, entsprechend Plut. AI. 5, 1.
Danach Syr.= /?: Sie ließen ein Bild Alexanders malen und nahmen es
mit. Vgl. I 36 Anm. 3. 8) So Arm. ß; Val.: vicina civitas; d: Armenien!
24. 1) Val. Arm. B jz. ; fehlt Adß. 2) Arm. nach Vogelr. : "Und AI.
warf und zuversichtlich schlug er den Pausanias.' In A fehlt der Satz.
8) So Val. Arm. Syr. ß; A weicht ab und fügt dann einen 9'Qflvog Alezanders über
44 Zweites Kapitel. Dei Text des Romans.
Mit diesen Worten starb er/) Er wurde königlich bestattet , und
ganz Makedonien nahm an der Trauer teil.
V iü 26. Als die Stadt beruhigt war, trat Alexander zum Standbild
seines Vaters und rief mit lauter Stimme: ^Ihr Söhne Ton Pella und
Makedonien^ Thrakien^ Thessalien und Hellas! Kommt und vertraut
8 34 euch mir an^ daß wir zusammen gegen die Barbaren ziehen, uns von
ihrer Knechtschaft befreien und sie selbst unterwerfen.' Zugleich
M 2r> ließ er auch schriftliche Befehle in alle Städte ergehen^ und alle ver-
sammelten sich willig; wie von einer göttlichen Stimme berufen.
Alexander ließ die Zeughäuser seines Vaters öffnen und jedern^ der
es brauchte^); eine Rüstung geben. Nur die alten Hypaspisten Philipps
baten wegen ihres Alters um Befi'eiung vom Kriegsdienste. Alexander
aber stellte ihnen vor^ daß er die Mithilfe der alten Soldaten nicht
s 95 entbehren könne, denn ihre erfahrene Vorsicht müsse den ungestümen
Ar ih Mut der Jugend ergänzen, damit der Sieg gewonnen werde. So ließen
sie sich überreden, ihm zu folgen.
M2S 26. Alexander zählte nun sein Heer, das von Philipp ererbte
und das neu angeworbene, Makedonier und Hilfsvölker, und fand,
daß es mehr als 70000^) Mann waren. Er nahm über 40000*) Talente
Gold, ließ Schiffe bauen und fuhr von Makedonien über das Ther-
maische Meer') nach dem gegenüberliegenden Thrakien, das bereite
V :u durch seinen Vater unterworfen war. Nachdem er hier wiederum aus-
erwählte Mannschaft^) imd Geld erhalten hatte, begab er sich nach
Lukanien.^)
[37 und 2S enthalten nur Text /3.]
M 31 29. Von dort fuhr er nach Sizilien, unterwarf da einige Un-
gehorsame und setzte dann nach Italien^) über. Die Römer schickten
ihm durch den Feldherm-) Marcus Aemilius den goldenen Kranz dee
9 ȧ Zeus vom Kapitol im Gewicht von 100 Pfund.*) Er nahm ihre Unter-
Philipps Tod hinzu. 4) Zus. von Arm. Bjz.: Die andern Feinde Philipp»
wurden ebenfalls getötet.
25. 1) tote Stoiiivois nach Yal. 19 (his quos inermes viderat) und Leo (quis-
quis ex vobis arma voluerit) etwa z. 1. statt tols vioig A Arm. ß.
26« 1) A {,0^ TLul ,d x) Arm. Val., jedoch nicht ganz ühereinstiminend, eben-
sowenig in den Angaben über die einzelnen Heeresteile. 2) Arm.: 41860, ßi
ö Myriaden. Dafür A nach Korrektur aus einem Historiker: 70. 8) BtQ-
Haiov TtovTov vermute ich st. OsQiimdovxoe noTa^iov (A), Fluß Magon (Axm.X
Meer Dithaos (Syr.). Rh. M. 438. Val. fehlt dies. 4) So Arm. Val.; A: a^oig
{Bt. alQfTove?). 5) So Syr. (nach Budge); Val.: ad Lycaoniam, cui nunc aetas
recens nomen Lucaniae dedit; A Arm.: Avxccovlag st. Asvxavlav.
29. 1) d: Rom. 2} Val.: consulem. 3) So Val. Syr.; A Ann. statt
S 37
Erstes Buch. 45
würfigkeit freundlich an und verhieß^ sie groß zu machen. Außer-
dem gaben sie ihm lOOO^j Soldaten und 400 Talente und sagten,
sie würden ihm noch mehr Soldaten stellen, wenn sie nicht den
Krieg mit den Karthagern^) angefangen hätten.
30. Dann fuhr er über das Mittelmeer nach Afrika, dessen Heer-
führer ihn baten, ihre Stadt von den Römern zu befreien. Er aber
antwortete: ^Entweder werdet die Stärkeren oder zahlt den Stärkeren
Tribut.' Von da durchzog er mit wenigen Soldaten ganz Libyen und
begab sich zum Ammonstempel. Das Hauptheer ließ er unt^erdessen
auf den Schiffen zur Pharischen Insel fahren, mit dem Befehl, ihn
dort zu erwarten. [Er brachte Ammon ein Opfer dar, der Angabe
seiner Mutter^) gedenkend, daß er Ammons Sohn sei, und erbat vom
Gott ein Zeichen, ob sie die Wahrheit spreche. Darauf sah er im
Traum Ammon in enger Umannung mit Olympias^); und so ließ er Ari'j
das Heiligtum ausschmücken und die Inschrift setzen: 'Seinem Vater, s s»
dem Gott Ammon, Alexander.'] Er begehrte ein Orakel vom Gotte,
wo er eine Stadt zum ewigen Gedächtnis seines Namens gründen
BoUe. Der Gott erschien ihm im Traume und antwortete, er solle
die Stadt bei der Insel des Proteus gründen, wo der ewige Pluton
gebiete^), auf fünf Hügeln, die unendliche Welt lenkend. Alexander
machte sich nun auf, die Insel und die Gottheit zu suchen, und kam
zu einem libyschen Dorf*), wo er den Soldaten eine Rast vergönnte.
31. Alexander erblickte dort beim Spaziergang eine Hirschkuh
und befahl einem Bogenschützen, sie zu schießen. Als dieser das Tier
nicht traf, rief ihm Alexander zu: 'Mensch, du hast daneben gezielt.'^)
Danach wurde der Ort Paratonion genannt, und Alexander gründete
daselbst eine kleine Stadt dieses Namens. Weiter kam er nach Tapho-
siris*) und erfuhr, daß der Ort nach dem Grab des Osiris benannt sei.
*i. G. V. h. Pf.': Xiyovreg' TtQOötxiatBtpavo^fiiv öe xocr* hog [A: xa^irosj Arm.:
«cnr* f^og] 'AX4^apdQe ^^vffo^t^ 0t4q>avov 6l%fjs [Arm.: c^;] Xitq&v q\ 4) So A
Aim. Syr. Byz.; Val. ß: 2000. 6) Arm. Val. richtig; A = «>: XaXiiridovloig
ct. KaQxridovioig.
80« 1) So Arm.; tfjg (iririf^g iByovötig i^^ ^° ^ (his aaf rlg st. Tfjg) und ß
auBgefallen; Val. ändert. 2) Nur Val. hat den Widerspruch zu Kap. 7 ff . u.
bes. Kap. 14 empfunden und sucht durch Korrekturen abzuhelfen (Z. 7 f/13).
3) Arm.: ^$ ngond^tirai (ngoKafti^Btat ff) alcnv (so /? = Arm.; a/dbv fehlt A)
«lovrdbi'iOff (-rlvMg A) ainbg &vd66mv {ivagadonv A). Danach Müll.: tjg 9cci(imv
iiqo%AfH};ta^ IIXovTmvBiog &vdcC9av. Ich vermute: rig IIXo'i>t<ov ngoxa^t* alm-
if^og a^og &vac6<»v. 4) Val. 6: apud yicum Ast rata, wohl aus Verderbnis
der Worte: ini riva nmfiriv iv \j tä CXQattvfiMxcL ävinavöBv.
81. 1) So ist wohl 7caQ<itov6p öoi yiyovB (A ß = Arm.) zu verstehen.
2) So A; Val.: Taposiris, Arm.: Posiris.
M Sä
V 33
46 Zweites Kapital. Der Text des Komans.
^) Von da gelangte er auf diesen Boden und fand hier ein großes
s si- Grebiet mit sechzehn Ortschaften.* ) Bakotis war der Hanptort.^ ) Zwölf
V »f Flusse strömten hier in das Meer^ die später überdeckt wurden und
die Straßen der Stadt bildeten. [Nur zwei sind geblieben^ die noch
in das Meer fließen: überdeckt aber sind: der Rakotische Floß,
jetzt der Dromos des großen Sarapis; der Kanal der Markt-
Ar » Straße; der große Fluß Chuleras^)rVjy jetzt Aspendia: der Kanal
beim Tychaion; der große Fluß Kopronikos ' > ; der große Fluß
Nepherotes^ wo jetzt die äußeren Grabstätten^) sind und der Tempel
der Nepherotischen(?j Isis^ der älteste yon Alexandria; der größte
von allen Flüssen, der Argaios, wo das Argaion ist: der Kanal des
Areios^ wo die Säule des Areios ist; der Kanal beim Kanopischen
Fluß, der beim Zephyrion mündet: die Herakleische Mündung. Von
dem Ort, der Pandyta^) heißt, bis zur Herakleischen Mündung be-
zeichnete Alexander die Länge der Stadt, die Breite Tom Mendideion
bis zum kleinen Hermupolis. ^Die Stadt heißt nicht Hermupolis^
M 8Ä sondern Hormupolis, weil jeder, der hinauf- oder herunterfährt, dort
Tor Anker geht.'®)^ Daher wird auch so weit das Land als Gebiet
:i) Das Folgende bis zum Schloß von Kap. 33 ist bereite im Rhein. Maseam.
LV 361—57 abgedmckt. 4;, So A Val; 6: 15, Arm. Byz. /?: 12. Die Namen
der OrtBchafben überall völlig verderbt. 5^ Die Aufdlhlang der Flüase und
Stadtteile bieten nur A n. Arm. einigermaßen brauchbar, außerdem Byz. 1268 ff.
teilweise und Syr. völlig verderbt. A. a. 0. 351 f. habe ich die SteUe im Text
von A etwa so zu verbessern und zu ergänzen versucht: AI ^i ig' xcb/ice» elxo^
naraiiovg i/T i^tQSvyoiuvovg fig rr;r ^alcccxav. xai lUXQi vvv ai duxSQOiud xe-
ifQuyndvai. [&vax. A) Iv^unv ix^ödTtöav ^yccgy oi ^ozaitol xal ai ^yrucl Tfj£
Tcolemg xal td jclaxilai iyspvi^9^6av. ^vo dk ^t^rot diiitBtvaVy oi xcd ^v9wy
äxoQQiovöiv sig riiv ^oXcnrar* imxeinsvoi ^^^' o^ 'Paxiorinjg xorafi^ r6jr
6Q6iiog Tov luydiov 9'sov Sa^d^idog xvyxdvmv sha dt&gvi rfjg &yof^aio9
TclatBiag' xal {Uyi^rog xatafiog 6 xcdoviupog XovUQag{?) rvv 'AcjiBvdia myx^"
V9v6a' sIta Si&Qvi ^iv^ tm Tvxttia»- [Danach Byz. 1307: 'O »arait^g ovw
itBQOg "Egfuciog o^og xZijtfei] xal fUyietog xoraiiog ^Koxgnvixog' xal diAgv^
ILeydlri xal xora^&off^ ystpsgArrigy tä vvv bxtoö^b d-diiaxa^?) o$ icwut
xal "IciSog rQff XBtpBQtoTiSog (?) (^Ibqov} 7tQ(aT6xTKtTOv lAJiBiapdgBlag ' «al
liiyierog Tcavtav <^x&vy notaiiMV 'Agyalog xoXov/Mro^, ov i&civ (lAgyalow' slra
dimgv^jigBiov^ ov iöxiv^ IdgBiov cxvXog' xal dt&gv^ xcera xhv Karmitmiw
^Ttoxaiihpy ixßdXXovöa Tutxä xov ZBtpvgiov xal {Uyi^xog Tcoxafthg (^xh 'HgdxXB^oit
öxona. *A%o yäg x&v xakovfiivotv Havdvxmv img xov^ ^HgccxlBiov 6x6iuexog-
xo iifjxog xflg »6lB0ig ixngoygdtpriöBy xo dk Ttldxog &xo xov MbtSiSbIov Sng trijg
[uxg&g 'Egiiovx6lBmg. Die genaueren Varianten s. a. a. 0. 6) So Arm.; A:
iüiigm. 7) So vermute ich st. Eoponiigu Yogelr., Kavxovixog Raabe.
8) A: ixe-Biiaxa, Arm.: wo jetzt draußen Grabm&ler sind. 9) So veimat»
ich st. Pandita Arm., IlavSvöBmg B Byz., Ilavdvxiag L. 10) Eine in dea
Text geratene Bandnotiz.
Erstes Buch. 47
der Alexandriner bezeichnet. Kleomenes von Naukratis und Deino-
krates von Rhodos rieten jedoch dem König, die Stadt nicht so über-
groß anzulegen. Er ließ sich überzeugen und stellte den Baumeistern
die Begrenzung anheim. So bestimmten sie die Länge vom Drakon v 8&
auf der Taphosirischen Landenge bis zum Fluß Agathodaimon bei
Eanopos, die Breite vom Mendideion^^) bis Eurylochu und Melan-
thion. Alexander ließ nun von 30 Meilen her die dort wohnenden
Dorfleute umsiedeln, schenkte ihnen den Platz für die Stadt und
nannte sie Alexandriner. Oberaufseher ^-) der Dörfer waren damals
Eurylochos und Melanthios, wonach die Benennung blieb. Alexander
faßte auch andere Baumeister für die Stadt ins Auge, darunter
{[Kleomenes von Naukratis ^®)T Krates^^) von Olynth und den Libyer
Heron, dessen Bruder Hyponomos ihm riet, zunächst Wasserleitungen m u
und Abzugskanäle mit Abfluß in das Meer anzulegen. So ließ Alexander Ar n
herstellen, was keine andere Stadt hat, und die Kanäle heißen nach
dem Erfinder vTtövofioL. Keine Stadt ist größer als Alexandria. Denn ^ ^
alle wurden gemessen. Antiochia hat 8 Stadien 72 Fuß^^), Karthago
lOVi Stadien!^), Babylon 12 Stadien 20 Fuß^«), Rom 14 Stadien
120 Fuß^O? Alexandria aber 16 Stadien^») 375 Fuß. Als Alexander
«nf diesen Boden kam, fand er die Flüsse, Kanäle und Dörfer vor-
handen.] '
Da erblickte er eine Lisel im Meer und erfuhr von den Ein-
heimiischen, das sei Pharos, wo sich das bei ihnen verehrte Grabmal
des Proteus befinde. Sie führten ihn auf einen hohen Berg^^) nach
dem jetzt so genannten Heroon und zeigten ihm den Sarg. Er opferte
und befahl, das verfallene Ghrabmal wiederherzustellen.
32. Alexander ließ nun den Umfang der Stadt bezeichnen, was
dnrch Aufstreuen von Weizenmehl geschah. Da kamen allerlei Vögel ^ '^
herbei und fraßen das Mehl. Bekümmert befriste er die Zeichen-
deuter. Diese aber sagten^ die Stadt würde die ganze Welt ernähren^
und ihre Bürger würden überall sein, wie die Vögel die Welt um-
kreisen. Und sie begannen die Stadt Alexandria zu bauen [von der ^ ^
Mitte der Ebene aus, daher der Platz noch jetzt seinen Namen hat].
11) So Arm.; A: MevSrialov. 12) &Q%iq>o9oi. 18) KQOxriv xhv *OX6v'
d'top z. 1. st. KgaraUtv 'Ol. (A), Yal. Arm. ß noch mehr verd. 14) Die Zahlen
nach Yal.; Arm. nennt bloß Antiochia und Karthago. 16) A: 16 St. (die Fuß-
zahl vieldeutig), Arm.: 21 St. 16) noä&v 6r{ A. 17) nod&v % A. Val.
12 ff. fQgt hinzu: ^nondum adiectis hie partibus, quae multum congeminasse
maiegtatis eins magnificentiam visuntur'. 18) A: 12 St. 396 F. 19) Nach
Arm. z. 1. igovg st. 9'q6vov (A).
48 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Da ängstigte die Arbeiter das Erscheinen einer großen Schlange.
Alexander ließ sie toten^ an dem Ort^ wo jetzt die Stoa ist^ und dort
ein Heiligtum erbauen, in dem sie beigesetzt wurde; und er befahl,
daß in der Nähe Kränze gemacht werden sollten, zur Erinnerung an
Ar 23 die gute Gottheit, die man erblickt hatte. Der Bauschutt durfte nur
an einer bestimmten Stelle abgeladen werden, und man sieht da noch
jetzt einen großen Berg, der Eopria heißt. Als die Fundamente
größtenteils fertig waren, bezeichnete Alexander die Stadtteile mit den
Buchstaben ABF^E, die bedeuten: 'j4ke%av8Qog Ba6Lksi)g Favoi
^dio^ "ExziöBv. Beim Bau des Tempelportals kamen yiele Schlangen
hervor und krochen in die Häuser. [Alexander gründete nämUch die
Stadt und das Heiligtum am 25. Tybi.^)] Die Wahrsager erklärten»
auch diese seien Gottheiten des Orts und sollten in den einzelnen
Häusern als Hausgötter verehrt werden. Daher verehren die Türhüter
diese Schlangen als gute Gottheiten; denn es sind keine giftigen
Tiere, sondern sie vertreiben sogar die giftigen. Und es wurde*) dem
Heros selbst, dem vom Schlangengeschlechte^), geopfert. Sie be-
kränzten aber auch die Zugtiere und ließen sie ausruhen, weil sie bei
der Gründung der Stadt mitgeholfen hatten. Und Alexander ließ den
Aufsehern der Häuser Getreide geben, die davon Brotbrei bereiteten
und die darin wohnenden Schlangen fütterten.^) Daher haben die
Alexandriner noch jetzt die Sitte, am 25. Tybi die Zugtiere zu be-
kränzen, dem Gotterzeugten zu opfern^) und den guten Gottheiten,
die für die Häuser sorgen, Verehrung zu erweisen und Brotbrei zu
verteilen.
V 89 33« Er fand über das Land hin fünf hervorragende Hügel ^)y
M SG und suchte nun, nach Ammons Orakel, den mächtigsten Gott. Gegen-
über dem Heroon ließ er einen großen Altar errichten, der noch jetzt
'Alexanders Altar' heißt, und opferte dem unbekannten Gotte. Da
flog ein Adler herab und trug die Eingeweide durch die Luft fort
Ar 88 auf einen andern Altar. Späher folgten und zeigten dem König den
Ort. Er fand ein altes Heiligtum, darin ein [sitzendes] Götterbild
[mit der Rechten ein vielgestaltiges Tier haltend, in der Linken einen
32* 1) Der Satz gehört, wie schon Müll, sah, an das Ende de« Kap.; bei
Val. fehlt er. 2) Die Überlieferung hat in diesem und den beiden folgen-
den Sätsen Praesentia. 8) x& ^pcoi nur A, 'd. v. S.' nur Arm. 4) Nach
Yal. u. Arm. wohl z. 1.: xolg ivoixo^öt, Sgdxovai Q-aXiag (Opferschm&use, Mt-
Xov A) did6a6L0y. Vgl. a. a. 0. 355. A. 8. 5) d. G. z. o.: nur Arm.
88. 1) Zunächst wohl z. 1.: Evqb 6k inl <^Tr}v /f^y) nipta inp. lo^uig. Die
Bezeichnung der Hügel ist völlig verderbt; vgl. a. a. 0. A. 6.
Erstes Buch. 49
Stab. Dessen Art vermochte noch kein Sterblicher zu schildern].
Dabei stand das große Bild einer Jungfrau. Die Einheimischen v 4o
wußten darüber nichts Sicheres anzugeben und hatten nur von ihren
YorfiBkhren gehört, es sei ein Heiligtum des Zeus und der Hera. Dort ^i sd
sah er auch die beiden Obelisken, die noch jetzt im Sarapeion, außer-
halb der jetzigen Ringmauer, stehen. Darauf war in priesterlicher s 4o
-Schrift geschrieben: ^Der König Ägyptens Sesonchosis, der Welt-
eroberer, hat dies dem Lenker der Welt, dem Gott Sarapis, geweiht*.
Da betete Alexander zu dem Gott, er möge ihm offenbaren, ob er
wirklich der Lenker der Welt sei. Im Traum erschien ihm der große V «
Gott und bestätigte das. Als dann Alexander zu wissen begehrte, ob
«eine Stadt ihre Benennung nach seinem Namen behalten würde, sah
er, wie ihn der Gott zu einem großen Berg führte und ihn fragte, ob
«r diesen Berg von seinem Platze verrücken könne; und als er das s 4i
verneinte, sagte der Gott: ^So kann auch hier dein Name nicht mit
4em eines andern Königs vertanscht werden.' Alexander fragte weiter,
wann und wie er sterben würde. Darauf antwortete der Gott*):
'*Für den Menschen ist es das beste, wenn er die Zukunft nicht kennt. Ar u
Doch will ich dir sagen, daß du noch in deiner Jugend alle Stämme
der Barbaren unterwerfen und dann hierher zurückkehren wirst, tot
und doch nicht tot. Die Stadt aber wird glücklich gedeihen, mit v 42
vielen Heiligtümern geschmückt und durch Schönheit, Größe und
Ordnung ausgezeichnet, und wer dahin kommt, wird da bleiben und
sein Vaterland vergessen. Ich werde ewig ihr göttlicher Lenker sein
und sie vor Unheil behüten. Keine schädlichen Winde sollen da
wehen. Erdbeben und Hungersnot sollen nicht lange dauern, der
schlimme Krieg soll nicht viel Blutvergießen bringen, sondern das
:idle8 wird wie ein Traum an ihr vorüberziehen. Viele Könige werden
dich hier als Gott verehren, und du wirst deine Stadt, tot und doch
nicht tot, bewohnen, denn sie wird dein Grab sein.' Schließlich ent- v 4.1
hüllte ihm Sarapis durch ein Rätsel seinen Namen. Alexander befahl x 38
darauf dem Baumeister Parmenion, dem Gott einen Tempel zu bauen
und ein Standbild zu errichten, entsprechend den homerischen Versen: Ar 95
'Also sprach und winkte mit schwärzlichen Brauen Kronion; Und
die unsterblichen Locken des Königs wallten ihm vorwärts Von dem
unsterblichen Haupt; es erbebten die Höh'n des Olympos.'^) Danaeh
wurde der Tempel erbaut, der jetzt Parmenions*) Sarapeion heißt. So
verhält es sich mit der Gründung der Stadt.
2) Die verderbten Verse des Orakels habe ich im Rh M. LII 489 f. wieder-
herzustellen Tersucht. 8) ü. A 628 ff. 4) So Yal. ; A : TlaQ^svlcnov. Fehlt Arm.
Anifeld, Der grieoh. Alexanderroman. 4
50 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
s 49 34, Alexander eilte dann mit seinem Heer auf beschwerlichem
Wege nach Ägypten, während er die SchiflFe nach fTripolis^) voraus-
V 44 schickte. In jeder Stadt zogen ihm die Propheten mit den Götter-
bildern entgegen und begrüßten ihn als den neuen Weltherrscher
Sesonchosis. Als er nach Memphis kam, setzten sie ihn auf den
Thron des Hephaistos und kleideten ihn als ägyptischen König. Dort
erblickte er auch das Standbild des Nektanebos und erfuhr dessen
Schicksal und das Orakel des Gottes im Sinopischen Heiligtum') über
die Wiederkunft des verjüngten Königs. Er umarmte das Bild seines
>* 44 Vaters und sprach: 'Das Orakel täuschte euch nicht. Doch wundert
y 45 mich, daß euch in euerm unzugänglichen Lande die Barbaren unter-
jochen konnten. Aber das entspricht dem Willen der göttlichen Ge-
rechtigkeit, daß ihr, die ihr das fruchtbare Land und den befruchten-
Ar 26 den Fluß besitzt, als Ackerbauer denen dienen müßt, die diese Güter
nicht haben, aber kriegerische Macht.' Darauf begehrte er von ihnen
so viel Steuer, als sie Darius gezahlt hatten, nicht für sich, sondern
für ihr Alexandria, die Hauptstadt der Welt. Die Ägypter gewährten
ihm das Geld gerne und gaben ihm ehrenvoll über Pelusion das
Geleite.
V 46 ;J6. Er marschierte nun nach Syrien, unterwarf die nächsten
Städte, hob Gepanzerte^) aus, und gelangte dann nach Tyros. Die
Tyrier verweigerten ihm den Durchzug, wegen eines alten Orakels,
das ihnen den Untergang verhieß, wenn ein König durch ihre Stadt
komme. Alexander wurde in der Schlacht besiegt und zog sich nach
Gaza zurück. Dort sah er eine Erscheinung im Traum, die ihn
warnte, selbst als Bote nach Tyros zu gehen. So schickte er durch
V 1" Gesandte ein drohendes Schreiben an die Tyrier. Sie aber ließen die
Gesandten geißeln und kreuzigen. Während Alexander auf Rache
Ar 27 sann, sah er im Traum, wie ihm ein Satyr einen Käse*) gab, den er
nahm und mit den Füßen zerstampfte.^) Danach sagte ihm der
s 46 Traumdeuter die Einnahme von Tyros voraus. Er griff die Stadt
mit Hilfe der drei nächsten Dörfer an. Sie öfineten nachts die Tore,.
drangen ein und zerstörten Tyros von Grund aus. Noch jetzt spricht
34. 1) A, entspr. Arm. Val.: sls TglnoXiv, in Widerspruch zu Kap. 86.
d korrigiert: ^nach Askalon\ ß läßt die Angabe weg. Ursprünglich vielleicht:
$ig TvQOv 7c6Xiv; vgl. Arr. III 6, 1. 2) A: ^;|rp7}/iari0£V ... 6 iv xü &dvt^
Toi^ 2i,v(07tslov d'£6g. Arm.: ^aganslov st. I^ivoDTtBiov. Vgl. I 3 Anm. 8.
35. 1) xata<pQdxTovg. Val. 1 fügt hinzu: quod armaturae genus orientii
inventio est. 2) tvqov, Wortspiel mit Tyros. 3) d läßt AL eine Traube
zerstampfen, deren Saft Blut bedeutet.
Erstes Buch. 51
man von dem Unglück in Tyros. Die drei Dörfer vereinigte er zu
einer Stadt und nannte sie Tripolis.
36. Alexander setzte den Satrapen von Phoinikien über Tyros und
zog an Syrien hin^) weiter. Da begegneten ihm Gesandte des Königs s 46
Darius und übergaben ihm einen Brief) folgenden Inhalts : 'Der m 4i
König der Könige und Verwandte der Götter, der Throngenosse des
Mithras, der mit der Sonne aufgeht, ich selbst, der Gott Darius, be-
fehle meinem Diener Alexander: Kehre zurück zu deinen Eltern,
meinen Knechten, an den Busen deiner Mutter, wie deinem Alter zu-
kommt. Ich sandte dir eine Peitsche, weil du noch der Züchtigung
bedarfst, und einen Ball, damit du mit deinen Altersgenossen spielst,
anstatt als Räuber meine Städte zu beunruhigen. Bedenke, daß meine v 48
Heere zahllos sind, wie der Sand, und mein Gold und Silber so viel,
daß man die Erde damit zudecken könnte. Ich sandte dir auch ein
Kästchen voll Gold, damit du für deine Raubgenossen Geld zur Heim- s 4?
reise habest. Gehorchst du aber nicht, so lasse ich dich ergreifen
und nicht als Philipps Sohn erziehen, sondern als Aufrührer und
Rauber kreuzigen.'*)
37. Als dies Alexander seinem Heer vorlas, fürchteten sich alle.
Er aber sprach: * Warum erschreckt ihr über Darius* Prahlerei? Wie Ar 28
kraftlose Hunde recht laut bellen, so zeigt sich Darius in Worten
groß, da er in Taten nichts vermag. Doch wollen wir, was er schreibt,
immerhin als wahr annehmen, damit wir den Gegner nicht unter-
schätzen und tapfer kämpfen.' Darauf befahl er, die Gesandten zu m 48
kreuzigen, und antwortete auf ihre Beschwerde, Darius habe sie ja ^ ^|
zu einem Räuberhauptmann geschickt. Aber als sie um Gnade baten,
ließ er sie frei und sagte, er habe ihnen nur zeigen wollen, wie sich
ein griechischer König von einem barbarischen Despoten unterscheide.
Dann lud er sie zum Mahl. Dabei wollten sie ihm angeben, wie er
Darius durch Hinterlist fangen könnte, aber er lehnte es ab^), weil
Darius davon erfahren und sie bestrafen möchte.
38. Am nächsten Tag schrieb Alexander folgende Antwort, die
er seinem Heer vorlas: *König Alexander, Philipps^) und Olympias' j^'^^J
80« 1) ß: icaqct. tiiv J^vglav. A: ävi^ev^sv ti\v n&öav rvglav Söb^cüv. Arm.:
durch Toiastan. 2) Nach & ist Darius* Brief durch ein Bildnis Alezanders
veranlaßt, das dessen Jugend und Kleinheit erkennen läßt; vgl. o. Kap. 23 A. 7.
8) Bei Val. 11 ist das zweite Satzglied weggefallen; nach Arm. und A {AH' obg
&no&tdxrig &Q%iX'i\iczi]g &vaoxavQm6r\i) etwa, z. erg.: non enim ut Philippi filius
coercebere ^sed ut latro cruciabere^.
87. 1) Bei Val. 23 verm. ich: Id enim denego st. demum ago.
88« 1) Arm. : des Anmion und des Vaters Philippos.
4*
52 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Sohn, dem König der Könige and Throngenossen des Sonnengottes
8 40 Grnß. Es ist eine Schande, daß der Throngenosse der Götter einst
in die niedrige Knechtschaft eines Menschen Alexander kommt. Denn
M 43 die Anmaßung göttlicher Namen bringt den Menschen nicht^) Macht
und Einsicht, sondern den Zorn der Unsterblichen. Ich jeden&Us
kämpfe gegen dich als Mensch gegen einen Menschen. Warum hast
du uns aber von deinen großen Schätzen geschrieben? Wohl um uns
zum Kampfe anzufeuern, damit sie unser werden? Mir wird ein
Sieg über den König der Könige großen Ruhm bringen, du aber
würdest in mir, wie du schreibst, nur einen Räuber besiegen. Die
V 61 Gaben, die du mir zum Spott geschickt hast, sind mir ein gutes
Zeichen. Die Peitsche habe ich genommen, um die Barbaren zu
züchtigen und zu knechten.^) Der Ball bedeutet mir die Herrschaft
s 60 über die Welt, die dieselbe Gestalt hat. Mit dem Gold aber hast du
mir den ersten Tribut entrichtet.'
39. Alexander las den Brief seinen Soldaten vor, beschenkte die
Gesandten mit dem Gold und entließ sie. Er selbst nahm sein Heer
und zog nach f Asien ^), nachdem er ganz Syrien unterworfen hatte.
[Darius aber, aufgebracht über Alexanders Brief, schrieb an seine
Ar 30 Satrapen jenseits des Tauros: ^Man meldet mir, daß Philipps Sohn
Alexander in seiner Tollheit nach Asien übergesetzt ist und mein
Land verwüstet. Ergreift ihn und schickt ihn zu mir, daß ich ihm
sein Purpurgewand ausziehen') und ihn peitschen lasse, und ihn dann,
mit Klappern und Knöcheln zum Spielen, seiner Mutter zurücksende.
s 61 Ich will ihm auch noch einen persischen Lehrmeister mit einer
Peitsche mitgeben. Die Schiffe, die er mitgebracht hat, versenkt
samt der Bemannung, seine Soldaten schickt gefesselt an das rote
Meer, daß sie dort wohnen. Die Pferde samt der übrigen Habe
V 62 gehören euch.' Die Satrapen jener Länder antworteten'): ^Hystaspes^)
2) Bei cc ß Byz. fehlt die Negation. [Die Lesait von a war etwa: cd yof
tmv 9'Bmv Svoiiaöiai elg Av&Qmnovg ;|rci)^0'6tfai ^o^^ nsyaXriv dvvaiuv xal qp^vi]tf»fp
xagixovaiVj &XXä it&XXov &yava%rif^6ov6iv [j-coi6i,v A, -xvrieiv KrollJ Sri eis tp^aiftä
tfcbfurra &9'avdTa}v [so Arm.; A: Scvd'Qmnoiv] öv((furra xatotuBt.] 8) ürspr.
Lesart von a etwa: 6v (tkv i(iol raihra insfiApag mg ;|rXEiHx^((fieyo;, iyd> dk ccirtä
(Off &ya9'ä efiitsla &^Bd8id(iriv. 4) Der unpassende Zusatz tatg ifuctg X&fxeag
Kcd 8itXoig (A Arm. Syr. ß) ist zu tilgen.
89. 1) So A Arm. Val. ; jedoch ist 'Aclccv schwerlich die ursprüngliche Letatt,
sondern Korrektur des Interpolators, der die folgenden Briefe einfugte. 8) So
A ß Arm.; Val. u. 9 gehen auf die Lesart ivivöat st. ixd^üm zurdck. 8) VaL 81
wohl z. 1.: nihil ad impetum . . . moti st. nihilum ad metum. Rh. M. 440.
4) So VaL = Arm. (Vischtasp); A: *Wa««ijff.
Erstes Buch. 53
und SpiÜiridates^) senden dem Gott Darius ihren Groß. Wir wundem
uns, daß dir der Angriff eines solchen Volks entgangen ist. Einige
aufgegriffene Gefangene haben wir dir zugeschickt. Komm uns aber
schnell mit großer Macht zu Hilfe.' Darius erhielt den Brief und
antwortete: ^Von mir habt ihr nichts zu hoffen^ wenn ihr euer Gebiet
verlaßt. Zeigt mir ihn vernichtet und gefangen, das sei der Beweis
eurer Tapferkeit.^) Während ihr seinen Blitz löschen könntet^), habt
ihr nicht einmal seinem Donner standgehalten. Ihr wart feig und s 52
habt meine Eönigswürde entehrt.']
40. Als Darius erfuhr, daß Alexander in der Nähe sei, bezog
er ein Lager am Flusse Pinaros.^) [Und er sandte ihm folgenden
Brief: ^Dir allein ist der Name des Darius, den die Götter zu ihrem m 45
Throngenossen gemacht haben, unbekannt geblieben. Du hast gewagt,
das Meer zu überschreiten, und anstatt dich glücklich zu preisen, daß
du ohne mein Geheiß heimlich über Makedonien herrschen durftest, v 58
hast du dich zum König eines herrenlosen Landes gemacht und mit ^vrsi
deinen Spießgesellen kriegsunkundige griechische Städte überfallen,
die ich für völlig wertlos halte. Aber du wirst dich nicht rühmen
können^), die Länder dauernd zu besitzen. Du solltest vor allem
deinen Unverstand wieder gut machen und zu mir, deinem Herrn,
kommen, nicht aber deine Schuld noch vergrößern.^) Jedoch muß
ich als Gott mit Menschen Nachsicht üben, indem ich sogar so weit
nachgegeben habe, daß du von Darius brieflich ermahnt wirst. ^) So
schreibe ich dir, daß du kommen und dich vor Darius niederwerfen
sollst, widrigenfalls ich dich mit einem unsagbaren Tode bestrafen
werde.^) Ich schwöre, daß ich dann deiner Übeltaten nicht gedenken
wiU.']
5) SniQ'Qidaxrig vermutete schon Nöldeke (Beitr. S. 5) st. Spandiatar u.
Spandiat (Arm), Spinther (Yal. Byz.), Znivx^i^Q A. 6) Überall stark ent-
stellt; urspr. Lesart etwa: Tlag' i^iov (iriSinotB l;i;orr£g iXnldcc rvvdy iäv iiszaßfjtB
tfjg x^^Q^S [iccv'X^Q^S A = Yal., fehlt Arm.], änoltoXSta roi^Tor xofl atxf^^'
Xmtov [A: xal xmv &7toXo}X6taiv ccixit'CcXairiov], roiho di] [dk A] inlörifiov tfjg &v-
dgslag ^ftcov imdBl^ars. Arm. sinnlos; Yal. kürzt. 7) Ol &vvdiiBvoi Raabe
richtig nach Arm. st. ov dw. A.
40* 1) UivaQfü Müll. st. TivdyQ(p A, TIivagLip /?, IlivdaQm Arm. Byz.; Yal.:
propter vicinum flumen. 2) Yon Mull, verkehrt geändert. 8) Yal.: nee
addas huiusmodi facinoribus incrementum. A sinnlos: %al iniataqBVBiv xlBlatag
lirjTQOTiolsig (^xal fii} in. Ifjaxas xal iirjTQOxt6vovs?y 4) A: iKBl dk %al ig
TOthro IIB i]i€£g <^d. i. ri^ccgy &cxb xal iniötolr}v nagä Jagsiov iTtiiritslv.
5) d fügt hinzu: ^Ich schicke dir Samenkörner, an denen du die Menge meines
Yolks ermessen magst; kannst du sie nicht zählen, so kehre heim.'
54 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
s 6s 41« ^) Alexander zog durch Arabien zum Kampfe und stellte sich
M 46 in einer Ebene gegen Darius auf. Die Perser hatten vorher die Ab-
hänge besetzt und stellten ihm ihre Sichelwagen und ihre ganze
Kriegsmacht gegenüber. Aber als die Wagen anfuhren, ließ er sie
V 54 nicht durch, und sie wurden größtenteils yemichtet oder zerstreut.
Alexander glich nun seinen rechten Flügel, bei dem er stand, mit
dem linken der Perser aus^), bestieg sein Pferd Bukephalos imd
ließ zum Angriff blasen. Da erschollen die Trompeten, und die Heere
erhoben ein gewaltiges Geschrei, daß es widerhallte. Darauf ent-
brannte ein farchtbarer Kampf, aber ohne Entscheidung. Endlich
Ar 82 warfen Alexanders Leute die Perser zurück, die durch ihre Menge
einander selbst im Wege waren, und es entstand ein verworrenes
Getümmel, in dem sich vor Staub und Blut nichts mehr unterscheiden
ließ. Selbst die Sonne verhüllte sich, um nicht solche (Jreuel zu
schauen.') Die Perser flohen, und mit ihnen Amyntas, Antiochos'
Sohn, der sich zu Darius geflüchtet hatte, früher aber zu den Make-
donien! gehörte. Den Fliehenden war die Tageszeit günstig, da der
Abend hereinbrach. Darius verließ, um nicht erkannt zu werden,
^ JJ seinen Wagen und floh zu Pferde. Alexander setzte seinen Ehrgeiz
darein, ihn zu fangen, aber er bekam nur den Wagen und die Waffen,
die Gemahlin, die Töchter und die Mutter des Darius, nachdem er
ihn 160*) Stadien weit verfolgt hatte; den Darius selbst rettete die
Nacht und der Wechsel der Pferde. Die Makedonier übernachteten
dann im persischen Lager bei den Leichen, Alexander im Zelt des
41. 1) In d hat dieses Kap. folgenden völlig abweichenden Inhalt: Als
Alexander den Samen erhielt, zerkaute er eine Handvoll nnd sprach: ^Es ist
viel, aber kraffclos/ Da bekam er Nachricht, daß Olympias schwer
erkrankt sei. Darauf schrieb er an Darius, er müsse jetzt wegen der Krank-
heit seiner Mutter heimkehren, werde aber wiederkommen, und sende ihm einst-
weilen als Gregengabe für den vielen Samen einige Pfefferkörner [so Leo;
Syr.: Senfkörner]. Dann trat er den Bückzug nach Makedonien an. In
Arabien lagerte Darius* Feldherr Amyntas [Leo: Amonta, Syr.: Eumenes],
den Alexander in einer dreitägigen Schlacht besiegte. Er floh zu Darius, der
inzwischen Alexanders Sendung erhalten hatte und beim Zerkauen des Pfeffen
mit Tränen ausrief: ^Es ist wenig, aber scharf!' Alexander ließ die Gefallenen
bestatten und zog dann nach Achaia. 2) A: yeoi'qöas i^ Ttfov rh t&v TIsqö&v
Bijmvviiov inl tb ds^ihv %^Qag. Umzustellen: n. i. l. inl r. r. Tl. sifatv. x. d. ».
Val. 6f undeutlich. Arm. verderbt. 3) Statt dieses Satzes Val. 9 — 17: In-
zwischen wurde der linke Flügel der Makedonier vom rechten des
Darius geschlagen, und die Entscheidung schwankte, bis ein plötzlicher
Regenguß die Perser in die Flucht trieb. 4) So nur Byz. 2069; die andern
Texte: 60 Stadien.
Erstes Buch. 55
Darius.^) Trotz seines Siegesrahms zeigte er sich nicht übermütige
«ondem ließ auch die rühmlich gefallenen Perser bestatten, behandelte s 54
die Familie des Darius ehrenvoll und tröstete auch die andern Ge-
fangenen. Es fielen bei den Makedoniem 700®) Fußsoldaten und
160 Reiter und wurden 2000^ verwundet. Von den Barbaren fielen v se
120000. Es wurden 4000 Talente erbeutet.
42'. Darius aber schrieb nach seiner Flucht unter seinen Völkern
eine noch größere Rüstung aus. Als Alexander von einem Kund-
schafter erfuhr, daß Darius am Euphrat ein Heer sammele, schrieb
er an seinen Feldherm Skamandrosf ^), er solle mit seiner Streit- Ar 3»
macht zu ihm stoßen, denn die Barbaren seien nicht weit.
[Alexanders Rückzug nach Makedonien und die Unterwerfung
Griechenlands. I 42"— II 7.]
[42''. Alexander zog dann mit seinem Heer nach Achaia, unter-
warf viele Städte, sammelte dort etwa 170000 Mann und überschritt
•den Tauros. Dann stieß er seine Lanze in den Boden, jeden mit
^em Untergang seiner Stadt bedrohend, der es wt^en würde, sie
herauszuziehen. Und er kam nach Pieria, einer Stadt in Bebrykia,
wo ein Tempel des Orpheus war mit Standbildern des Orpheus, der v 57
Pierischen Musen imd der Tiere, die seiner Musik lauschen. Als
Alexander dies betrachtete, schwitzte das BUd am ganzen Leibe, m as
Daraus verkündete ihm der Zeichendeuter Melampus, daß er viel
Schweiß und Mühe haben werde, indem er die Barbaren und Griechen
untei-werfe und seinen Weg bei wilden Tieren nehme, wie Orpheus
4urch sein Saitenspiel Griechen und Barbaren bezwungen und die
Tiere gezähmt habe. Darauf kam er nach Phrygien, zur Stadt Dion^),
und opferte hier den Heroen.*) Da er sah, daß der Skamandros v 58
nicht einmal fünf EUen breit war, und auch der Schild des Aias')
6) Von hier bis zur Mitte von Kap. 44 fehlt der Text von A, durch
Ausfall eines Blattes {Xslnsi tpvXXa ß' cod.). 6) So Yal.; Arm.: 560.
7) Arm. fehlerhaft: über 160.
421. 1) ZxaiidvdQco ß = Arm. u. Yal., der hinzufügt: qui carabat tunc Mace-
doniam sese profecto (18). Mai: Kaacdvdgip. Ich vermute ein Verderbnis aus xal
^Afivvtoi r& 'Avdgoiiivovg.
42 M. 1) nion nennen nur Arm. u. d. 2) Zus. von Val. 67, 19 — 68, 20:
Besonders ehrte AI. Achilles als seinen Blutsverwandten und betete zu ihm, in-
dem er seine Ahnen aufzählte (Alexanders Gebet in Skazonten ^die wahrschein-
lich entsprechende Verse des Originales wiedergeben^). 8) So Arm. ; Val.
22 f.: clipeumque Achilli templo Hercnlis consecratum.
56 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
niclit der Beschreibung Homers entsprechend ^ pries er die Heldeit
glücklich^ die einen Homer als Herold ihrer Taten gefunden/) Da
s bb trat ein Dichter^) vor und versprach, Alexander noch besser zn be-
Ar »4 singen. Alezander antwortete, er wolle lieber bei .Homer Thersites
y 69 sein, als bei diesem Achilleus.J
[43. Von da kam er nach Pella^) und yereinigte das make-
donische Heer mit den Gefangenen aus dem Krieg gegen Darius.*)
Als er dann nach Abdera zog, verschlossen ihm die Abderiten ihre
Tore. Da er drohte, die Stadt zu verbrennen, ließen sie ihm sagen,
M 49 sie hatten das nur aus Furcht vor Darius' Rache getan. Alexander
lächelte über ihre Angst, und versprach, ihre Stadt jetzt nicht zu
betreten.]
[44. In zwei Tagen gelangte er nach Bottia und Olynth und
verwüstete das ganze Land der Chalkidier.^) Er zog dann zum
Pontos^) Euxeinos und unterwarf alle Städte an der Küste. Nach
einem Opfer, das er Poseidon darbrachte, kam er zur kalten und
unfruchtbaren Gegend der Maiotis.') Hier entstand im Heer eine^
V 6u Hungersnot, der Alexander dadurch abhalf, daß er die Pferde schlachten
ließ. Als die Soldaten darüber murrten, beruhigte er sie, indem er
s 66 ihnen vorstellte, daß leicht andere Pferde zu bekommen seien, nicht
aber, wenn sie verhungert wären, andere makedonische Soldaten.]
V 61 [46. Darauf kam er zu den Lokrern und gewährte dort seinem
Ar S6 Heer eine Rast. Nachdem er alle entlassen hatte ^ ), begab er sich
4) Hier beginnt auch in Arm. eine Lücke, die bis zum Schluß von Kap. 44
reicht. Das folgende Stück gehört daher zu den am schlechtesten
überlieferten. 5) So /? u. ^. ö nennt auch den Namen; Leo: Clitomidis,
d. i. KXvTOfLT^dTig, Syr.: Krintfmos. Val. aber: multi admodum litterati.
43. 1) niXXav verm. ich st. IlvXriv ß; MülL: 'Aii<pinoXiv. 2) So ß. Der
ursprüngliche Inhalt des Satzes ist unsicher. Val. 1 ff. vermischt ihn mit An-
gaben, die offenbar aus einer auf Abdera bezüglichen, einem Historiker ent-
nommenen Randnotiz stammen: Huc usque tamen comes eins itineris ac
laboris mater Olympias fuit. Sed exim participato convivio(?) cum illam
ad Macedoniam romisisset, dat una ducere comitatum spectabilis multitu-
dinis optimatium captivorum; ipseque deverteus iter institit ad Darium(!).
Statt dessen 9: AI. kam nach Makedonien, fand seine Mutter von ihrer
Krankheit genesen (vgl. Kap. 41 A. 1) und verweilte einige Tage bei ihr.
44. 1) Müll.: XaXxMmv st. XaXdaLtov j8 Byz.; Leo: Chaldeopolis. VaL
fehlt der Satz. 2) St. novtov: xotafUv a Byz. d. 3) Nur Val. Byz. und
Jos. S. 03; Leo u. ß fehlt der Satz.
45. 1) So Arm. (Raabe): nagansiitpaiiBvog ndiTag ovg elx^v (d.h.: er gin|^
ohne Truppen und Gefolge zum Heiligtum).
Erstes Buch. 57
zum höchsten Orakel ^)y trat in den Tempel des Apollo und verlangte
von der Priesterin, daß sie ihm weissage. Da sie antwortete, er könne
kein Orakel erhalten, drohte er, er werde den Dreifuß wegnehmen, m öo
wie Herakles getan; und er nahm wirklich den Dreifuß weg'), den
König Eroisos geweiht hatte. Da kam eine Stimme aus dem innersten
Heiligtum: ^Herakles Alexander!^) Das tat ein Gott dem Gotte; du
aber stelle dich als Sterblicher nicht den Göttern entgegen, denn
deine Taten werden bis zu den Göttern gesagt werden.' Danach ver-
kündete ihm die Priesterin, daß er in seinen Taten gewaltiger werden
solle, als alle Menschen, weil ihn der Gott 'Herakles Alexander' an-
gerufen habe.]
[46. Als Alexander dann nach Theben kam und von den The-
banem 4000^) Soldaten verlangte, schlössen sie die Tore und ließen
ihm durch Bewafi&iete von der Mauer zurufen, er habe entweder mit J JJ
ihnen zu kämpfen oder abzuziehen. Alexander erwiderte lachend:
'Was fordert ihr die draußen Stehenden zum Kampf heraus, nachdem
ihr euch in die Mauern eingeschlossen habt? Ich werde also gegen
euch kämpfen, aber nicht wie gegen Städter^) imd Edele, sondern
wie gegen Bauern und Feiglinge. Denn tapferen Männern kommt es
zu, in freiem Felde zu fechten, und es ist Weiberart, sich aus Angst
vor dem Kampf) einzuschließen.' Darauf befahl er, tausend Reiter
sollten die Stadt umreiten und die Leute auf der Mauer beschießen.
Andere tausend Mann mußten mit eisernen Werkzeugen und Widdern
die von Amphion und Zethos durch Saitenspiel zusammengefügten
Mauern zerstören. Er selbst streifte mit tausend Schleuderen! allent- Ar se
halben umher. Feuer, Steine und Geschosse wurden in die Stadt
geworfen, und die Thebaner stürzten von der Mauer.*) In drei s 58
Tagen brannte ganz Theben. Zuerst wurde das kadmeische Tor
eingeschlagen, wo Alexander selbst stand. Alexander drang zuerst m 5i
ein, dann die andern, und es begann ein furchtbares Blutbad.
2) A: nsgl tov 'AuQayavd'ivov. Ungefähr derselbe Fehler in allen Texten.
Müll.: inl t. TeyvQag lucvrelov. Ich vermnte: i. r. &xqov iiavtsiov (Rh. M. 440).
8) Dies ist in A ausgefallen. Arm. vollständig. 4) Bei Val 12 ist nach
'Alexandram' das unentbehrliche 'Hercules Alexander' einzusetzen und Z. 17 die
Lesart des Taur. 'divinatio, quae (te) Herculem Alexandrum vocat' beizubehalten.
Rh. M 441. 'praesagiat' hatte schon Volkmann (Fl. Jahrb. 1890 S. 794) vor-
geschlagen.
46. 1) So Arm. Syr. Byz.; in A also d^ aus ,d verderbt. 2) n{6Xiv) A
xoXsiuxovg Müll. 3) dsdiviccg tovg (liXXovrag <^&y&vagy z. 1. st. dlvag r. fi. (A).
Rh. M. 441. <Eher disi rov fiilXovrog.y 4) Val. u. Arm. fehlt hier vieles;
A wird durch Syr. L Byz. bestätigt.
f)8 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Da gedachte der Thebaner Ismenias, ein Flötenspieler^ dorch Musik
und Bitten Alexander zu besänftigen , fiel ihm zu Füßen und flehte
Ar87f.859f.ihn au^ die Heimat seiner eigenen Vorfahren, die Statten einer so
großen Vergangenheit zu schonen.^) Alexander erwiderte zornig: daß
ArSStJeif.^^ ihr Verwandter sei, hätte Ismenias den Bürgern zu rechter Zeit
vorstellen sollen; jetzt hülfen solche Reden nichts mehr, und Ismenias
müsse nun Thebens Vernichtung mit seinem Flötenspiel begleiten.
So geschah es. Nur Pindars Haus wurde verschont. Theben aber
ging beim Klang der Musik unter, wie es gegründet worden war.
Die überlebenden Thebaner, befahl Alexander, sollten rechtlos und
überall heimatlos sein.]
[47. Die übrig gebliebenen Thebaner fragten in Delphi an, ob
sie jemals ihre Stadt wieder erhalten würden. Apollo antwortete:
Ar 10 S6s 'Hermes, der Alkide und Polydeukes werden durch Eampfspiel Theben
wieder aufrichten.' Alexander aber begab sich nach Eorinth, wo
gerade die isthmischen Spiele gefeiert wurden.^) Auf Bitte der Ko-
rinther übernahm er den Vorsitz. Unter den auftretenden Kämpfern
war auch der berühmte Thebaner Kleitomachos, der sich für das
H M Bingen, das Pankration imd den Faustkampf meldete. Als er für
den Sieg im Ringen seinen Kranz erhielt, versprach Alexander; er
werde ihm jede Bitte gewähren, wenn er auch in den beiden andern
Kämpfen siege. Als er nun auch im Pankration imd Faustkampf
V 65 gesiegt hatte und dem Herold seinen Namen und seine Vaterstadt
nennen sollte, sagte er, er habe keine Vaterstadt. Da sich Alexander
8 rs darüber verwunderte, gab er weiter an, seit Alexander König sei,
habe er sie verloren. Alexander verstand ihn und befahl sofort die
Neugründung Thebens zu Ehren der Götter Hermes, Herakles und
Polydeukes, um Kleitomachos' Bitte zuvorzukommen.^) So gpng das
Orakel in Erfüllung.]
6) Die in A sehr fehlerhaft überlieferten Verse lassen sich mit Hilfe von
Axm. u. Byz. bessern.
47. 1) A: Tcagaylvstai, elg KoQivhov xccl xaxaXcc^LßdvBi ixet rhv "lö&fuov
Tcbv äyrnvciv &y6{i.ivov. Val. (18), der wohl x&v 'lö^^Utav . . äyofiivoiv las, versteht:
com Corintbum devenisset eamque occupavisset. 2) A: iva i^ iita^
yivr\xai 6a}QB&^ xa) iiiöov ahrictg. Nach Arm. (Raabe) z. verb.: dcopea xai fi^
Zweites Buch. 59
Zweites Buch.
[1. Von Eorinth kam Alexander nach Platää^ einer Stadt der s 64
Athener, wo Köre verehrt wird. Als er den Tempel betrat, während ^^ *i
gerade das Gewand für die Göttin gewebt wurde, verkündete ihm
die Priesterin glänzenden Ruhm. Als aber nach einigen Tagen Stasa-
goras, der Feldherr der Platäer, im Tempel erschien, sagte sie diesem
seinen Sturz voraus; denn bei Alexanders Eintritt sei eben Purpur ^ ^^
eingewebt worden, Stasagoras aber sei eingetreten, als das fertige
Gewebe abgenommen^) wurde. Zornig setzte Stasagoras die Priesterin
ab. Alexander aber, der es erfuhr, nahm Stasagoras sein Amt und s 66
gab der Priesterin ihre Würde zurück. Darüber beklagte sich Stasa- ^ &s
goras bei den Athenern, die ihm das Feldhermamt übertragen hatten,
und diese schimpften auf Alexander. Darauf schrieb ihnen Alexander
folgenden Brief*): 'Nachdem ich die Herrschaft übernommen und die
Städte im Westen und noch mehr Länder im Osten unterworfen v 68
hatte, nahm ich es nicht an, als man mir Bundesgenossenschaft an-
bot, sondern begnügte mich mit meinen Makedonien!. Durch ihre
Tapferkeit habe ich die Länder in Europa unterworfen und die
Thebaner vernichtet. Jetzt aber, im Begriff nach Asien zu ziehen"),
hätte ich gemeint, daß mich die Athener willkommen hießen^). Da
ich aber höre, daß ihr statt dessen unverschämt geschimpft habt, so
schreibe ich euch kurz meine Meinung^): Nicht den Untertanen,
1* 1) xad'aiQovfiivov xov larov (Gewebe) nach Arm. z. 1. st. xad'cct.go-
pdvov (A). 2) Dieser Brief, sowie die folgenden Briefe und Reden waren schon
im Archetypus von a stark verderbt, daher die Texte beträchtlich voneinander
abweichen, besonders Val. von A Arm. Meine Besserungsversuche schließen sich
an den Text von A an, dessen viele Lücken ich nar so weit zu ergänzen ver-
suche, als der Sinn unbedingt erfordert; sicher ist aber das Ursprüngliche auch
sonst in A mehrfach verkürzt. Den erstem Satz vermute ich etwa so: 'Eym ftera
rriv xov Ttargog rslexfrriv Xaßmv xr]v ßaüiXslav xccl xaxaöxsllag rag ngog xfj dv6Bi
TtoXitg aal nXelovag x°^9^S i^* iicixoXalg [statt der Lesart von a 'iniCxoXatg^;
vgl. Bii. M. 441], xaixoi {noXXätv? vgl. Bjz. 2510) 6vxaiv ftot kxoLyMv slg avfi(uc-
%iav xovxovg ftr) [st. pikv A Arm.; Val. 1: me . . gratiam reliquis eins studii
fecisse] &7CoSs^dfievog nagfjvovv fislvai, itp' wbxolg [A: slvcci inl aifxolg. Arm.
richtig: 'an ihrem Orte zu bleiben'; ähnl. Byz. 2612] <^&Yccje&vy xolg MaxBd66iv
[nach Val.: contentum his modo, qui mecum a Macedonia ...; Arm. ausführ-
licher]. 3) Wohl z. 1. &vaßriö6ii,£vog st. &vaßccg A Arm. Syr. 4) de£iOt>-
«T'&at z. 1. st. ii^aö^ai Arm., &iiovis9'ai A; vgl. Yal. 6. 5) Das Folgende habe
ich 80 herzustellen versucht: Oh xaO'i{x£t xolg xQaxov^Uvoigy äXXa xolg x^aro^tf»
60 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
sondern den Herrschern geziemt es, zu befehlen^ und das hat man
Ar 4i auszuführen. Nun müßt also entweder ihr die Mächtigeren werden,
oder ihr werdet den Mächtigeren, das heißt mir, gehorchen und jähr-
lich tausend Talente Tribut zahlen.']
[2, Die Athener antworteten: 'Wir, die Stadt der Athener und
die besten zehn Redner erklären Alexander: Als dein Vater lebte,
wiaren wir sehr betrübt, und als er starb, freuten wir uns sehr.
Ebenso müssen wir auch dir gegenüber denken.^) Du verlangst
Tribut von uns, das heißt, du willst den Krieg. Komm nur, wenn
du Mut hast.' Alexander erwiderte*): Ich hatte erst*) unsem Leon-
natos geschickt, um eure Zungen auszuschneiden und zu mir zu
bringen, das heißt um die unvernünftigen Redner von euch fortzu-
8 66 führen, euch, die ich versuchen werde durch Feuer zum Gehorsam
zu nötigen, da ihr auf Worte nicht habt hören wollen. Liefert nun.
eure zehn Redner aus, damit ich mich noch eurer Stadt erbarme.'
V 69 Sie aber schrieben zurück: 'Wir tun es nicht', und berieten in einer
M 66 Volksversammlung^ was zu beginnen sei. Da trat der Redner Aischines
auf und sprach: 'Was bedarf es langer Beratung? Wenn ihr wollig
so gehen wir getrost.*) Denn Alexander ist zwar Philipps Sohn, aber
Philipp wuchs im Übermut der Kriege'*) auf, Alexander dagegen in
der Erziehung des Aristoteles. Er verdankt uns seine Bildung und
wird daher vor seinen Lehrern Ehrfurcht haben.' Demades aber
V 70 unterbrach Aischines und sagte: 'Welcher Dämon hat dich befallen^
Ar 43 so zu reden ?•) Du, der die Athener zum Krieg gegen den Perser-
könig ermutigte, willst sie vor einem eitelen Knaben zittern machen?
Wir, die Besieger der Perser, Lakedaimonier, Korinther, Megarer^
Tcgenti imraTTuVt xal Ttoiririor rovro. ägrioig ntv rj xgelrtoveg yiveö&i i] rolg
xqbIttoöi, toür' iotiv ifLol 'AXsidvdgoij 4)na%ovCe69's ^vnotdooB69'aL A, d.h.
'69'ey xal SmOetB (pogovg . . . Vgl. Rh. M. 442.
2» 1) A aus Arm. z. erg. : Taiypct %ccl ixl 6ov vevofuxivcci Set. 2) Der erste
Satz ist ganz unsicher. A: nixtiKpe ngoregog xov imitegov iv td%u X6'f0Vy
Zva rag yXmööag vfiwv SiTtOTtiuov xo^iloji iva rovg atpgovag itag ^yXv ^^Qgag
<Sr9ra£^, ovg ot ♦ nhgX tfogovg «xal arcipatfoftac v\iM,g xal xt;\v Cv\i,yMiov *A9ir{vSL9
ntguplsyi) 7toit]aei. Dafür mag man etwa lesen: 'E7CBn6iLtpeiv xgovBgov
t.ii.i.T. Afovvaxov [nach Val.J, Iva . . . xoiilcfj, rovt* ioriVy iva x, &. ^iffxoga^
nag^ viimv (iffa$|;, ovg ov Xoyoig Ttfgl (pogovg ycfi69'tvxag nslcai xsigdöoiuu^
viiäg . . . ntgifpX. noiriöag. Vgl. Syr. 3) Aus ngoxegov ist in Arm. Byz. Syr.
ein Personenname geworden: Proteas, Proteus, Prodis. 4) Val. 12f. z. 1.:
quod intueor spem cupiti firmiorem [st. infirmiorem; Hb. A: formiorem].
5) TCOKi^tov z. 1. st. noXi{LL(ov A. 6) A: Ti nugeiCBXifiXvQ'BV dain6viog
xoiavxu (pd'tyiaöd'ai; Nach Arm. Val. Syr. z. verb.: Tig nagBiöBXriXv^i ob daL\Lmv
mcxB X. (pd".:
Zweites Buch. 61
Phokier und Zakynthier, sollten den Krieg mit Alexander fürchten?
Aiscldnes sagt: ^r wird sich schließlich vor unserm^ seiner Lehrer
Antlitz scheuen/^ Aber er hat uns alle beleidigt, indem er Stasa- v 7i
goras absetzte und unsem Feind Hippothoon®) zum Oberfeldherm s 67
machte. Kämpfen wir also gegen Alexander, und vertrauen wir ihm
nicht, wenn er auch noch jung istl^) Denn die Jugend ist unzu-
verlässig. ,Er hat die Stadt der Tyrier zerstört^, heißt es. Sie waren m 57
eben machtlos. ,Er hat die Thebaner vernichtet^; weil sie von vielen
Kriegen erschöpft waren. ,Er hat die Peloponnesier geknechtet'; nicht
er, sondern Pest und Himger verdarb sie. Wenn^®) Xerxes Meer und
Land mit seinen Schiffen und Heeren bedeckte und Persien mit Ge-
fangenen füllte, und wir ihn trotzdem verjagt haben, damals als
Kynaigeiros, Antiphon und Mnesichares ^^) kämpften, sollen wir uns
da jetzt fürchten*^), gegen Alexander und seine Satrapen Krieg zu
führen? Und da wollt ihr uns zehn Redner ausliefern? Denkt, daß v 72
oft zehn^') Hunde durch ihr Bellen ganze Herden vor den Wölfen
gerettet haben!']
[3. Darauf verlangten die Athener den Rat des Demosthenes.
Dieser sprach: 'Mitbürger! — ich sage nicht ,Athener', als wäre ich ^ J*
ein Fremder und unbeteiligt — Aischines hat als alter ^), erfahrener Ar u
Mann unentschieden gesprochen, indem er euch weder zum Kriege
ermunterte, noch dagegen redete.^) Demades aber, ein junger Mensch,
hat gesagt: ,Wir haben ja auch Xerxes vertrieben, damals als Ky-
naigeiros'), Antiphon, Kleochares*), Boedromios, Erechtheus und
Antimachos kämpften.^ Gib uns diese Männer wieder, so wollen wir
Krieg führen, sonst aber nicht; denn jede Zeit hat ihre eigene Macht m 58
und Aufgabe, und wir Redner können reden, aber nicht die Waffen v u
führen. Xerxes war ein Barbar und unterlag der griechischen Klug-
heit, Alexander aber ist ein Grieche und blieb in dreizehn Kriegen
unbesiegt, ja die meisten Städte empfingen ihn ohne Schwertstreich.
7) Vgl. Rh. M. 442. S) Arm.: 'Inn6»oov, A: Kid'6(ovTa. Z. 1.: '/««o-
d'6ci>vra. 9) Es ist zu verbinden: xal iirj ytKtvB^öaiiBVy ei <(xal^ nsgiTisitcci
'ißixia. Vgl. Arm. 10) El dh verm. ich st. Elra dk A Arm. 11) Arm.:
Mvri6ix6Qovg u. Nriöix^^ovg, die arm. Heraasg. nach Kap. 8: Kleochares, A: Mvj]-
ao%ci^ovgy Val.: Mnesicharmo. 12) vvv fpoßmiud'a vor 'AXBidvdffm nolBfifjöai
ans Aim. Syr. zn ergänzen. 13) A. : ol xvveg, z. 1.: i.
8» 1) yigiovy nicht 6eaq>Qmv, nach Arm. Syr. z. 1. st. liya (A); daher anch
bei Val. 15 z. 1.: senis st. segnis. 2) Z. verb.: ^ijre nQOTQeie6iJt9vog noisiislv
i^ti&g (Li^s &m4ix&v st. icrei&MBlv (A). Richtig Sjr.; ähnl. Bjz. 2668. 8) Die
folgenden Namen nur bei Arm.Syr. (verd.)und Byz. 2679 f.; Boedromios (^Bojidri-
mos') nur Arm. 4) So Arm. ; Bjz. : JClio^^oy.
62 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
,Die Tyrier*, sagte er, ,waren schwach'; sie, die Xerxes besiegten und
seine Schiffe verbrannten. ,Die Thebaner waren kraftlos', die bis
auf Alexander niemals unterlegen sind. ,Die Peloponnesier wurden
s 69 nur durch Hunger bewältigt.' Aber Alexander schickte ihnen damals
V 75 Lebensmittel, und erwiderte auf den Tadel seines Peldherm Antigonos^
sie sollten von Alexander bezwungen werden^), nicht vom Hunger.
Nun seid ihr unwillig, daß er Stasagoras absetzte, der seine Strafe
durch Absetzung der Priesterin selbst verschuldet hat.*) Denn hatte
der König kein Recht zu zürnen? Stasagoras war ihm entgegen-
getreten! Und stehen denn König und Feldherr gleich? Wenn Stasa-
goras ein Athener war, so war die Priesterin eine Athenerin, und
indem sie Alexander rächte und wieder einsetzte, hat er unsere Sache
vertreten.']
[4. Als Demosthenes so gesprochen hatte, entstand großer Bei-
falL Demades schwieg, Aischines, Lysias, Plato, Demokritos^) und
Ar 46 Diogenes *) stimmten bei, die Amphiktyonen und das ganze Volk er-
klärten sich einverstanden.') Demosthenes aber fuhr fort: 'Demades
V 76 rühmt Xerxes' Macht, und daß er Persien mit griechischen Gefangenen
M 59 füllte. Alexander aber machte die gefangenen Griechen zu seinen
Mitkämpfern und sprach: ,Die ganze Welt wird mir gehören, wenn
ich meinen Freunden Gutes tue und meine Feinde zu Freunden
mache.' Und da wollt ihr, Alexanders Freunde und Lehrer, seine
Feinde heißen? Das könnt ihr nicht!*) Denn es wäre eine Schande^
wenn euer Schüler sich klüger zeigte, als seine Lehrer. Alexander
hat als erster griechischer König Ägypten betreten, nicht zum Krieg,
sondern um ein Orakel zu erbitten, wo er eine Stadt zum Gedächtnis
8 70 seines Namens gründen solle. Er hat sie gegründet. Und als die
Ägypter mit ihm gegen die Perser ziehen wollten, riet er ihnen, sich
lieber um das Steigen des Nil und den Landbau zu bekümmern. Sa
unterwarf er sich mit einem Wort Ägypten. Er wird sich aber auch
die ganze Erde unterwerfen.^) Denn ein König ist nichts, wenn er
5) Val. las wohl: tv* iyin [LaxoiUvovg kavtotg (st. ainohg) yixijtfco; daher
Z. 4 der Gedanke entstellt. 6) Im folgenden vermute ich: Oi)% ^v yccg dixaiov
&yava%Tslv thv ßaOiXda [nach Arm. n. Byz. 2720 st. ra ßa6iXBl{A)]; 'AX£ ivccv-
rioSy fp7\ci, 21xaOay6Qag tat ßaöiXsl iylvero. Kai yäg iv töo» [A: ivvrig 6] ßaöi'
Ishe xal 6tQccTriy6g', Vgl. Arm. und Byz. 2721: "leog ietlv jiXiiavdgog airto^ vo^
2ka6ay6Qov\ Damit sei berichtigt, was ich im Rh. M. 442 vorschlug.
4» 1) So Byz.; Arm. nach Vogelr.: Demokiates, nach Raabe: Timokrates;
fehlt A Val. 2) So Byz.; Arm.: Ji6yyivog\ fehlt A Val. 3) A außerdem:
xal ol ^HQaxUsg oi)% itvrilByov, entspr. Syr. 4) A XaXri&i^üsöd't {-ö^ca. cod.);
*AXX' oi) dvvaüQ'B. 5) Dieser Satz ist aus Arm. und Byz. 2774 in A zu eigftnzen.
Zweites Buch. 63
nicht ein Land zur Steuer hat, und Ägypten, das viele Heere er-
nähren und viele leere ^ Städte bevölkern kann, wird Alexander
alles liefern, was er braucht.') Und gegen eine solche Macht wollt
ihr den Kampf aufnehmen? Wenn euch das auch erwünscht wäre, Ar 46
so ist jetzt nicht die Zeit dazu.^)']
[6. Nach dieser Rede des Demosthenes beschlossen sie einstimmig, v 78
Alexander einen goldenen Siegeskranz von fünfzig Pfund nebst einem
Dankbeschluß durch andere angesehene Männer zu übersenden; denn
die Redner schickten sie nicht. Die Gesandtschaft traf ihn in Platää.
Nachdem er von dem Beschluß und den Reden Kenntnis genommen m eo
hatte, schrieb er ihnen folgenden Brief: 'Alexander, der Sohn von s 7i
Philipp und Olympias — denn König will ich mich nicht nennen,
bis ich alle Barbaren den Griechen unterworfen habe. Ich sandte
nach euern Rednern, nicht um sie zu bestrafen, sondern um sie als
meine Lehrer zu begrüßen. Ich hätte mir auch nicht erlaubt, mit
einem Heer zu euch zu kommen, sondern nur mit den Rednern, um
euch von aller Furcht zu befreien. Ihr aber habt euch ohne Grund
gegen mich ereifert, denn eure Torheit überführte euch, wie oft ihr
die Gelegenheit wahrnahmt, den Makedonien! zu schaden.^) Denn v 79
im Krieg meines Vaters Philipp gegen die Zakynthier habt ihr die
Zakynthier unterstützt, als aber ihr von den Korinthem bekriegt
wurdet, halfen euch die Makedonier. Und während wir ein Stand-
bild der Athene in Makedonien errichteten, habt ihr die Bildsäulen
meines Vaters in den Tempeln Athens gestürzt.^) Eine herrliche
Dankbarkeit! Deshalb befürchtet ihr in euerm Schuldbewußtsein, ich
möchte mich mit meiner königlichen Macht an euch rächen; und
schwerlich hätte ich nicht Lust gehabt, das zu tun, wenn ich nicht
selbst Athener wäre.^) Aber ihr habt ja stets gegen eure berühmten
Männer eine schlechte Gesinnung bewiesen. So habt ihr Eukleides,
euern besten Ratgeber, in das Gefängnis geworfen, Demosthenes*)
verbannt, den, der euch als Gesandter bei Kyros nützte, den Feld- v so
6) xsvccs (Arm. u Byz. 2782) steckt in xal vavoovg (A). 7) In A sind
nach sixTalag 9iccdm68i drei Sätze ausgefallen. 8) Ich vermute: bI yccg xal
f^v [A: fiv yocQ xal] 'b^ilv iqdixstov %a\ B'bxtatoVy &XX* 6 xaigbg oix &%dQxi ^ScTtai-
Tst A richtig^.
5. 1) Ich vermute ungefähr: i>fiBlg ih äHmg fiyavaxTtttB nghg ii^k iXBy%6'
tiB90t i)nh rfjg lülag havt&v itßovXLag^ hödxig xaighv Bi)Xaßov\LBVOi dvCzQ'BXBltB
(? A: dUdBöd-E) MaxB&6vag. Rh. M. 443. 2) In A Lücke. S) Überall stark
verderbt. Etwa z. 1.: . . it^rj tfj ßaöiUx^ dvvdiJiBt. inagO'Blg ... äfi'övmfiai'
fi6Xig dh xoifTO ijßovXij^riv (so A) noifitsaiy bI ft^ ^V'fiv xal airrbg 'Ad^valog.
Rh. M. 443. 4) A (ähnl. Leo): 'Innoc^ivriv. Syr.: Tirmastenls.
64 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
herm Alkibiades^ mißhandelt, Sokrates, die Schule von Hellas, getötet.
Gegen Philipp wart ihr undankbar, der euch in drei Kriegen half,
und Alexander tadelt ihr wegen des Stasagoras, der auch an euch
^ *l und eurer Priesterin frevelte. Doch das sei vergessen.^) Ich habe
die Reden eure Redner vernommen. Und so sollt ihr nichts Übeles
mehr von mir besorgen. Es wäre ja widersinnig, wenn ich, der Vor-
kämpfer der Freiheit gegen die Barbaren, Athen, die Bühne der
Freiheit, zerstören wollte.']
M 61 [6. Darauf kam er mit seinem Heer nach Lakedaimon.^) Die
v 81 Lakedaimonier aber wollten die Athener beschämen, schlössen die Tore
und bemannten die Schiffe; denn sie kämpften mehr zur See, als zu
Lande. Als dies Alexander erfuhr, sandte er ihnen zuvor einen Brief:
'Alexander schreibt den Lakedaimoniem: Zuerst rate ich euch, euem
ererbten Ruhm zu bewahren. Denn den Gruß verspare ich für später,
wenn ihr ihn verdient.^) Jetzt aber sehet zu, daß ihr nicht von
euerm Ruhm gestürzt und von den Athenern, denen ihr euere Kraft
zeigen wollt, ausgelacht werdet. Geht also freiwillig von den Schiffen
weg, damit euch nicht das Feuer verbrenne.' Sie gehorchten aber
nicht, sondern fochten zwei Tage lang, bis^) die Kämpfer von den
Mauern herabfielen und die auf den Schiffen verbrannten. Die Über-
lebenden baten um Gnade. Alexander sprach: ^Ihr habt mir nicht
V 82 folgen wollen, und jetzt kommt ihr mit Bitten. Doch ich tadele euch
nicht, denn ihr hattet im Sinn, was ihr Xerxes getan habt^), and
gedachtet, es auch mit Alexander so zu machen.' Er opferte^) dann
mit den Führern der Lakedaimonier und ließ die Stadt ft^i von Ab-
gaben. Von da zog er in das Gebiet der Barbaren durch Kilikien.]
[7. Darius aber versammelte seine Führer und beriet mit ihnen,
was zu tun sei. Er sprach: *Wie ich sehe, wird der Feind ^) in wach-
sendem Maße mächtig. Ich hielt ihn nur für einen Räuber, aber er
unternimmt königliche Taten, und je mehr wir groß zu sein glauben,
Ar 48 um so größer erscheint Alexander. Wir sandten ihm Peitsche und
Ball zu Spiel und Zucht, aber er wird über mich, seinen Lehrmeister,
5) Dies nur bei Val. 10 f. und Leo.
6. 1) Bei Syr. danach eine große Lücke bis Kap. 14. 2) Nur bei
Arm. richtig, von Val. (10) als unverständlich weggelassen. In A: ro y^9 ^xaL^t'v^*
iv iexigcj» ItfTco, &v7t£Q ^e &^u>i * * Danach Arm. nach Raabe: rbv Toif xaL'
QBiv äcnccöyJov TCaQoXonLßdvBiv. '*SlaxB ovv, m yBvvcUoi ... 8) Statt &999
(AArm. Byz.) z. L: i(ogy das in der späteren Literatur öfter mit dem Infinitiv
verbunden wird. 4) Z. 1.: 8xi S^qS^v ixonjcccxs st. iinstXi^öccTB. Rh. M. 443.
6) Z. 1.; öwd-vöag st. ^wdijöag (A); vgl. Byz. 2911 u- Leo.
7. 1) Müll.: 6 x6X9(i4)g. Wohl z. 1.: xoXiiuog. Vgl. Arm. Val. Leo.
Zweites Buch. 65
kommen^), um die ganze Welt zu besiegen. Denken wir also darauf
unsere Sache wieder gut zu machen, damit wir nicht bei unserer m et
Geringschätzung des Gegners und unserem Dünkel überrascht werden.
Ich fürchte, der Große wird noch unter den Kleinen erniedrigt, in-
dem Zeit und Vorsehung einen Wechsel des Diadems gewährt. Jetzt
ist es das beste, ihm Griechenland preiszugeben, damit wir nicht noch
Persien verlieren, wenn wir versuchen, Griechenland zurückzugewinnen.'
Da sprach Darius' Bruder Oxyathres*): *Du machst Alexander Mut, v ss
Persien anzugreifen, wenn du ihm Griechenland preisgibst. Ahme
ihm lieber nach; denn er überläßt nicht, wie du, Feldherren und
Satrapen den Krieg, sondern kämpft allen voran und legt für die
Schlacht seine Königswürde ab.' Darius antwortete: 'Worin soll ich
ihm denn nachahmen?' Ein anderer Feldherr sagte: 'Darauf beruht
Alexanders Überlegenheit, daß er nichts von sich schiebt, sondern
alles mutig unternimmt. Er hat die Kühnheit und das Aussehen
«ines Löwen.' Darius fragte: 'Woher weißt du das?' Er sprach: 'Als ich
von dir zu Philipp geschickt wurde, um die Abgaben zu fordern, lernte
ich ihn kennen. Entbiete also alle deine Völker der Perser, Parther,
Meder*), Elamiten und Babylonier, die von Mesopotamien und Iberien*),
um nicht von den Baktrem und Indem und 4enen vom Palast der v S4
Semiramis zu reden; du hast ja 180 Völker. Von ihnen rüste dein Heer,
und wenn wir die Griechen nicht durch unsere Kraft besiegen können,
80 werden wir sie vielleicht doch durch unsere Menge erschrecken.'®)
Ein anderer Satrap^) erwiderte: 'Dein Rat ist rühmlich, aber nichts
wert, denn die Überlegung der Griechen besiegt fQr sich allein die
Haufen der Barbaren, wie ein lakonischer Hund eine Schafherde vor
sich her scheucht.' Darauf befahl Darius die Heere zu sammeln.] Ar 4»
8. Alexander aber kam auf seinem Zug durch Kilikien^) zum m es
Flusse Kydnos.^ Das reine'), durchsichtige Wasser lockte ihn zum
2) A: in' ifiek xov nad^yritriv i&tai. Nach Arm. Leo und Act. apost. 2, 9
z. 1. 'bnhQ ifU. Ferner z. 1. SXa st. 8nia (A). 8) A: 'O^va^gig, Val.: Oxy-
athniB, Arm. Byz.: Oxydarkea, Leo: Oxiather. 4) M.: |3 Leo; fehlt A Arm.
Val. Byz. 5) 'IßrigLav vermute ich st. 'IXlvglav A (ähnL Byz. 2971 u. Leo);
Arm. : Libyer ; fehlt Val. Vgl. Kap. 23 Anm. 8. 6) Nach Arm. Byz. In A
verstümmelt: ötQotBvaov ii aiyt&v ^%olv dixa i^vri "^^9 9'80^g' dwarol ykg
icidv tf ßaQßagiTi^ dwaiui. %al rm tcXt^bi, {rcc nii/fiiri cod.) ^'a^t^fjöcu xohg sroXe-
liiovg {'novg cod.). 7) So A Arm. Leo; ß Byz.: Jagstog,
8« 1) Val. fugt hinzu: cum multum spatii sub aestivo sole armis onustus
pedibus exegisset (12 ff.). 2) So nur Val. (vielleicht aus anderer Quelle); A ß
Arm. Leo Byz. : k e a n o s. 3) St. xa^ag^v (Müll. u. Arm.) : xatdggavp A L Byz.Leo.
Auif eld, Der grlMh. Alezaiiderroiiuui. 6
66 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Bade; aber durch die Kälte wurde er sofort von Schmerzen befallen und
erkrankte schwer. Die Makedonier litten mit ihm und fürchteten^
Darius möchte die Oelegenheit zu einem Angriff benützen. So hielt
nur die eine Seele Alexanders den Mut so yieler Seelen aufrecht.^)
Da versprach ein Arzt Namens Philippos, den Alexander sehr liebte^
ihn durch einen Trank zu heilen, und Alexander war bereit, diesen
V 85 zu nehmen. Er erhielt aber einen Brief von seinem Feldherm Par-
menion, der ein Feind des Philippos war: Darius habe dem Arzt
seine Schwester Dadipharta^) und Anteil an der Herrschaft ver-
sprochen, wenn er Alexander vergifte, und Philippos habe zugesagt.
Alexander erschrak nicht, denn er kannte Philippos' Gesinnung, und
legte den Brief unter sein Kopfkissen.^) Als Philippos den Becher
brachte, schaute ihn Alexander an und sprach: ^Soll ich trinken?
Soll ich mich dir anvertrauen?'^) Philippos antwortete: 'Trinke ge-
trost, der Trank ist unschuldig.' Da trank Alexander und reichte
dann Philippos den Brief. Dieser las die Anklage**) und sprach: 'Du
wirst mich nicht so finden, wie da geschrieben steht.' Alexander
wurde gesund, und er umarmte den Arzt und sagte ihm, wie sehr
er ihm vertraut habe. Philippos aber verlangte die Bestrafung Par-
menions; denn dieser» habe ihn selbst zum Giftmord zu überreden
versucht, um Dadipharta zur Frau zu bekommen, imd habe sich dann
fQr seine Weigerung rächen wollen. Alexander imtersuchte die Sache
und bestrafte Parmenion mit dem Tode.^)
aI 60 ®' ^^^ ^^^ gelangte Alexander in das Land der Meder, unter-
warf schnell Großarmenien, zog dann viele Tage durch wasserloses
und zerklüftetes GeU,nde und kam durch ^Areiane^) zum Euphrai')
Diesen überbrückte er mit Nachen imd eisernen Ketten.') Da er sah,
4) iQ'gdövvBv A Aim. Leo Bjz., üd'Qccvos Müll, aus ß. 5) So A G; Arm.:
Dagipharta; Byz. 8013 u. 8063: JadSupigrav, 6) inh rh VQoa%sq>aXaiop Bjz.
3022 = Arm., wie Plut. 19, 3 (vgl. Gurt. EI 6, 7); A: Tcgbg K6(paXijvy ß ähnl. Val.:
ngbg tfj xB<paX^ airtoü. 7) Statt des unpassenden ^&g aoi> iiucvthr
mersvöa; (ß) verm. ich: «io>; ool i. n.; Vgl. Byz. 3029 f. und Arm.
8) Avayvohs rce xaz' aiyto^ nach A Arm. ('nachdem er die Anklage gegen sich
gelesen') und Leo. 9) m. d. T.: nur Val. und Leo.
9. 1) So ß\ JaqBiaxfig K\ Arm: Ariake; Leo: Andriaci; fehlt Val. Byz.
ürsprüngl. Lesart vielleicht !(4 9 avTjfi); si.*AQBiavfig. 2) Arm.: 'an den Flnß-
Aradsani, der sich ergießt von den blumigen Bergen der Provinz Angt (? Baabe:
"jiyyXrig) in die Quellen des Euphrat nahe beim Berg Ararat.' 3) Müll. ««
Arm. /? Byz.: tpaXtfftv xal 6idr\Qalg nvijinccig (i^pdXXiCsv x. CL9riQiaig x. A). Dt^.
Val. 26: navibus atqne ponte; vgl. Z. 30 f.; Leo: cum tabulis et catenis fer-
reis. Danach vermute ich: uX^öböiv 6i9riQoclg %al x^ußa^g^ zumal dies deoL
tatsächlichen Vorgang entspricht; s. z. d. St.
Zweites Buch. 67
daß sich seine Soldaten vor dem Übergang fürcliteten^ schickte er den
Troß voraus^ und da sie immer noch Angst hatten, ging er mit seinen
Hypaspisten*) zuerst hinüber. [Tigris und Euphrat sind Flüsse in
Mesopotamien und Babylonien, die sich in den Nil ergießen; denn
man sagt, daß sie sich entleeren, wenn der Nil übertritt, und über-
treten, wenn er zurückgeht.^)] Als alle herüber waren, ließ Alexander
sofort die Brücke zerstören. Die Soldaten aber murrten, daß sie sich v se
nun im Falle einer Niederlage nicht retten könnten. Da rief Alexander
das Heer zusammen und sprach: ^Ihr macht mir schöne Hoffiiungen
auf Sieg! Eben deshalb habe ich die Brücke abbrechen lassen, damit
wir entweder siegen oder untergehen. Denn ich schwöre, daß wir v 87
nicht nach Makedonien heimkehren, wenn wir nicht als Sieger zurück-
kommen.^) Seid nur mutig, dann ist der Kampf ein Spaßl' Sie
riefen ihm Beifall und schlugen das Lager auf.
Ebenso lagerte das Heer des Darius am Tigris. Fünf Satrapen m 65
befehligten es.') Beide Teile stießen zusammen imd kämpften tapfer.
Da schlich sich ein Perser in makedonischer Rüstung von hinten an Ar 6i
Alexander heran und schlug ihn mit dem Schwert auf den Eopf, daß
der Helm zerbrach. Ergriffen und vor Alexander geführt gestand
er, daß er ein Satrap des Darius sei, imd dftß ihm Darius seine
Tochter und königliche Länder versprochen habe, wenn er Alexander
töte. Alexander aber schenkte ihm vor dem ganzen Heer die Frei-
heit und sprach: 'Von solcher Art müssen Soldaten sein!* v 88
10« Die Barbaren zogen sich dann aus Mangel an Lebensmitteln
in das baktrische Land zurück, Alexander aber blieb dort.^) Da kam
ein anderer Satrap des Darius zu Alexander und sprach: 'Ich habe
Darius große Dienste erwiesen, aber er hat mir nicht gedankt. Gib
mir zehntausend Soldaten, so liefere ich ihn samt seinem Heer in
d^ine Hände.' Alexander erwiderte: 'Geh und hiK deinem König.
Denn ich vertraue dir nicht Fremde an, da du die Deinen verrätst.'
[Die Satrapen jener Länder schrieben an Darius: 'Hystaspes und
Spithridat^s*) dem großen Darius. Wir haben dir schon früher
4) So richtig C und Bjz. 3077; A: ^agaonKttagy ß: insgaani^xag. 6) Eine
in den Text geratene Bandnotiz; fehlt Val. ß. 6) Der Sinn nur bei Leo
richtig; danach A ungefähr z. verb.: S^lw^u yag rriv ixdvodov xiiv iv Mansdopl^
fiil yevi^ösöd'ai, iäv fii} vtxi^aavteg [Hb: yivoiiivriv fu>i mg bI viM^Cavxsg] ..
^oargdipaiisv. 7) So Leo u. Bjz. 3120 f.; Arm.: 'ihre Nachhut bildeten 5 Satr.';
fehlt A Val. ß.
10. 1) Yal. 3 ff. erwähnt nichts vom Abzug. Leo (d?) läßt AI. die Stadt
Baktra erobern und dort die Familie des Darius erbeuten; vgl. I 41
Anm. 1. 2) Die Varianten wie I 89 A. 4 u. 6.
6*
68 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Alexanders Angriff gemeldet und teilen dir jetzt mit, daß er unser
Land belagert und viele von uns getötet hat Wir sind in großer
Gefahr. Eile, mit großer Truppenmacht ihm zuvorzukommen, daß er
dich nicht angreife/]
M 66 Darauf sandte Darius an Alexander folgenden Brief): ^Du hast
uns einen anmaßenden Brief geschrieben, durch den du von ims ver-
V 89 langt hast, wir sollten zu dir kommen. Aber die Gotter haben noch
nicht so den Anker gelichtet, daß sie von Osten nach Westen über-
siedeln sollten. Ich rufe sie als Zeugen an für das, was du mir an-
getan hast. Von meiner Mutter nehme ich an, sie wäre zu den
Ar 62 Göttern gegangen, von meinem Weib und meinen Kindern, daß ich
sie niemals besessen hätte, und ich lasse nicht ab, den Frevel zu
rächen. Man hat mir geschrieben, daß du gegen die Meinen rechtlich
gehandelt hast. Tätest du auch gegen mich das Rechte^) imd kämst
zu mir, demütig und reuevoll, so würde ich dir verzeihen und dich
ehren. Geschieht das nicht, so brauchst du den Meinigen nicht Ehre
zu erweisen und sie nicht weiter zu schonen, sondern mißhandele sie
nur als Kinder deines Feindes; denn mir gilt dann fQles gleich. Nun
gib mir zum letztenmal Antwort, damit ich es weiß.'
Als dies Alexander las, lachte er und antwortete: ^Dein eiteles
Geschwätz hat den Göttern mißfallen, und du hörst bis zuletzt nicht
auf, zu lästern. Nicht aus Furcht habe ich die Deinigen geehrt, und
ihnen nicht geschmeichelt, damit du kämest und mir danktest. Bleibe
nur weg<^), da ja meine Krone der deinigen nicht ebenbürtig isi^O
Trotzdem werde ich meine Rechtlichkeit, die allen gilt, nur um so
mehr beweisen, indem ich mich auch der Deinen erbarme^, die vom
Himmel zu Boden gestürzt sind. Das ist der letzte Brief, den ich
V 90 dir schreibe. Einfacher wird es sein, daß ich anders mit dir ver-
kehre, anstatt dir mit Edelmut zu begegnen.'®) ^
3) Der Brief und Alexanders Antwort ist überall stark verderbt. Im An-
fang etwa z. L: ''EyQail>as iifUv i%HixoXr\v 'bnsgijtpavov , di,' ^g ijli&s insiijrug
[iniirivstg A] ivTvxBtv 6oi [so A]. (H% o^roa^ ^df] (fiBol) i^BilxvCav [A: i^sig
^Vy Arm. nach R. : i^vöa] xr\v ayxvQav, &6te oiv &7(' ävaxoX&v [^eo^?] e/( dv6fiicg
xccToixslv. MagtvQoiiai dh d'sovg [so Arm. entspr. Val. om. A; ß: ooi/\ itp* olg
lu elQydöm. 4) Nach roc ^gbg iit^ dlxata itpvtaiag (Müll. S. 66a Z. 12) in A
n. ß große Lücke. Der urspr. Sinn nur ans Val. 89, 10 — 15 u. Byz. 8191 — 96 zu
erkennen. 5) Mr] nagayivov oiv icghg i^Uig ß (nur nagaylvov hat A), fthnl.
Byz. 8216; fehlt Arm. Val. 6) Arm. ß: oi yäg &^i6v ieti, {^v A) xh i^
dukdruux, (ß6y\La A) xov tfot; 9iadi/i^uxxog {om. A). Wohl zA.: &vxd^iov. 7) In
Arm. und A gleich lückenhaft; ich verm. ungefähr: o'6 ^iriv &XXcc [fehlt A]
xiiv Ttsgl üdinag BieißiioLv {xf^g .. BiföBßelag A] nav ipdBiioftai [ans ß eilgftiuit]
%BgiöC&fBQOv %al xovg öohg TtaxsXBijüag [Ä Arm«: %ai4cag'\ ... 8) Der leiste
Zweites Buch. 69
11. Darauf rüstete sieh Alexander und schrieb an seine Satrapen:
'Der König Alexander den Satrapen von Phrygien^), Eappadokien,
Eilikien, Paphlagonien, Arabien und den andern. Schickt je tausend
Kleider nach Antiochia in Syrien und die Felle der gefallenen Tiere
zu Beinschienen und Stiefeln .... Ich habe dreitausend Kamele Yom
Euphrat gegen Antiochia hin bereitstellen lassen ^ und andere drei-
tausend sollen diesen von Antiochia aus entgegenkommen'), damit Ar 5s
wir ohne Verzug das Nötige erhalten.'
') Ein Satrap berichtete an Darius über seine gegenwärtige Lage: m 67
'Madates^) dem Gott Darius. Ich scheue mich, dir solches zu schreiben,
aber die Umstände nötigen dazu. Ich selbst bin verwundet, zwei
Vornehme sind gefallen. Auch Ariobarzanes (?)^) ist verwundet und
hat sich in sein eigenes Land^) zurückziehen müssen. Nanias(?)^)
und seine Untergebenen sind zu Alexander übergetreten, nachdem er
die Pässe genommen hat^), und haben königliche Plätze samt den
darin befindlichen Nebenfrauen übergeben^) und *^)' Darauf
schrieb Darius an einen andern Satrapen ^^) in der Nähe, er solle
sich bereit maehen, und an die nächsten Könige schrieb er, er
gedenke den Kampf gegen die Makedonier wieder aufzunehmen, die
sich ihrer Keckheit schwerlich freuen würden. ^^ Femer befahl er
den Leuten des Ariobarzanes (?), vorzurücken, und schrieb auch an
Porös, den König der Inder, mit der Bitte um Beistand.
12. Porös antwortete auf Darius' Brief: 'Dein Schreiben hat
mich sehr betrübt. Gerne käme ich zu dir, jedoch ich bin durch
^atz ist ganz verderbt. Etwa z. 1.: EimoTCmtsQov ictai ^vielmehr rjvy äiloag
lit 6iiiXstv aoi> [A: elvai aXXog f^ tcoXsiuIv a.] rj yvriol<os [so Arm. ß; A: arXi]-
olov] ^x^iv Ttgbg 6h.
11« 1) A Leo: Zvglag. 2) und andere — kommen: nur Arm. u. Byz.
3247 £f. 3) Vgl. meine Herstellung des Briefes Rh. M. LH 443. Val. u. ß
fehlt er. 4) {'KbqI x&v ivsörmtav) oi' Ma&drrig verm. ich st. oliiritiÜrig A
(Arm.: Notares, Byz.: Noördgrig^ Leo: Nostadi). 5) A: KayMQ^gy unten JBCo-
ßcLQ^riv (Akk.); Arm.: Kosares u. Eos, Leo: Coxari, Byz. 3264: 'O^df^g. ürspr.:
Ka\ 'AQioßagtdvrig? S. z. d. St. 6) So Leo u. Byz. 8266; A Arm.: slg t6
Fdiov öxi^voDiia. 7) A: Navlag, Arm.: Annias, Byz.: 'Avavlag. 8) Wohl
z. 1.: {dUßrioav ngog jiXi^avigov) bMöim (od. sla6äovg) Xaß6vta. A Ann.: Blc6dia
('lag A) Xaß6vrsg. 9) Tcagiicoxav: A, nagi^oixsv (AX.): Leo; Arm.: 'nachdem
sie verbrannt'. 10) Schluß ganz unsicher. A Arm.: xal ['OXviiTfuÜa A] r^v
Tov SgiSdrov [so A ; Arm. : Mid'giddrov] &9eX(p7}v [dnixtsipav Arm.] xal r^ ;i;o9/ov
[so Arm.; A: Flur.] ivenvgiöav. Dag. Leo: civitatem Mitriadis cum templo igne
succendit. Byz. 3272: xccrixavüe d* 'AI. rh (tdya 6ov x<ogiov. 11) Wohl z. 1.:
öcergaTtTfi dlXco st. 6axgditi[i ^flvydXtp A, nirtaxat Oat. Byz.; vgl. Arm. ß.
12) die — würden: nur Arm. Leo; vgl. Byz. 3279.
70 Zweites Kapitel. Der Text des ßomans.
Ej'ankheit yerhindert. Sei aber nur getrost, denn alle meine Streit-
kräfte und auch die noch femer wohnenden Völker stehen dir zur
Verfügung.' Als dies Darius' Mutter erfuhr, schrieb sie ihm heim-
lich einen Brief: ^Rodogune meinem Sohn Darius. Ich höre, daß du
zu einem neuen Krieg gegen Alexander rüstest. Verwirre nicht die
Welt, mein Kind, denn die Zukunft ist unsicher. Laß die Hoffnung
auf Sieg fahren, damit du nicht noch das Leben verlierst. Uns halt
AJexander in großer Ehre, daher ich hoffe, daß ihr zu einem guten
Übereinkommen gelangen werdet.' Darius weinte, als er dies las.
[Zugleich aber geriet er in Sorge und nahm das baktrische Land als
Bollwerk des Krieges.^]
^ ^ 13. Alexander kam nun in die Nähe von Persis, so daß die
M 68 hohen Mauern der Stadt den Makedonien! sichtbar wurden. Da ließ
er die Herden dort von der Weide nehmen und Baumäste an die
Tiere binden. Indem sie hinter den Soldaten gingen und die Aste
nachschleiften, wirbelte der Staub bis zum Himmel auf, so daß die
Perser ein unermeßliches Heer darunter rermuteten und erschraken.
Alexander näherte sich der Stadt auf fünf Meilensteine^) und ge-
dachte, einen Boten an Darius zu schicken, der ihm sagen sollte, er
möge sich bereit halten, und^) wann sie denn kämpfen würden? Im
Traum erschien ihm Ammon in Hermes' Gestalt mit Heroldstab,
Mantel und makedonischem Hut und ermahnte ihn, die Botschaft
nicht einem andern anzuvertrauen, sondern selbst zu gehen, in der
Tracht, die er ihm zeige; er werde ihm beistehen. Alexander erzählte
den Traum seinen Satrapen, und sie rieten ihm, es so zu machen.')
14. Alexander brach mit dem Satrapen Medeios^) und einem
V 92 Ersatzpferd auf und kam zum Fluß Stranga. Dieser gefriert so fest,
daß man ihn mit Wagen befahren kann, taut aber dann plötzlich
Ar w auf und verschlingt die Hinübergehenden. Alexander fand ihn ge-
froren, kleidete sich, wie es ihm Ammon gezeigt hatte, bestieg sein
M 69 Pferd*) und ritt allein hinüber. Medeios' Begleitung lehnte er ab,
da ihm der Gott schon helfen werde. Der Fluß war ein Stadium
12« 1) A: xai Ti}v rtbv BaxTQiavmv x^^Qccv 7CQ0iiaxo)va ^st. -xsmpocy ^axsv.
13« 1) ß: ano örnislov ijiisQmv nivre, A: iniigag ev entspr. Arm. Leo Byz.
Die richtige Lesart ariiiBltov ist in C erhalten. 2) Arm. ß (A) lückenhaft:
firivvovta avzai ♦ ytozB tr]v öviißoXr^v tov jcoXifiov noiTJöovatv. Die Ergänzung
nach Leo: 'ut preparet se et quando exeat' .. Vgl. Val. 18 f 3) So Arm.
Leo Byz. A: övvsßovXevovro vnojtoifjöai, <^d. i. -evov tovto ar.^; ß: fiil noifiaai,
14. 1) Die Überl. Eumelos (-dos) od. Meldaios. 2) ß falsch: xbv Bovxi-
q>aXov tnnov. Vgl. Kap. 15 u. 16.
Zweites Buch. 71
1)reit. An den Thoren von Persis angekommen, ließ er sich von den
Wachthabenden zu Darius führen, der draußen anf einem Hügel den
Truppen seine Befehle erteilte.') Als ihn Darius erblickte*), wäre er s 7t
fast vor ihm niedergefallen, indem er ihn für den Gott Mithras hieli^)
Darius war fremdartig und kostbar gekleidet^) imd von zahllosen
Bewaffneten umgeben. Befragt, wer er sei, antwortete Alexander, er
«ei ein Bote des Königs Alexander, der Darius sagen lasse: ^Wer mit
<lem Kampf zögert, verrät Feigheit; gib also an, wann du die Schlacht
wünschest.' Darius erwiderte: ^Bist du etwa Alexander, daß du so s 7s
keck sprichst? Doch ist jetzt Zeit zum Mahl^, und du sollst mit Ar 66
mir speisen, da es auch Alexander mit meinen Gesandten so gehalten
hat.' Darauf ftlhrte er ihn selbst an der Hand in den Palast, ein
gutes Vorzeichen für Alexander; und sogleich wurde zu Tische ge-
rufen. Den ersten Platz hatte Darius®), dann sein Bruder Oxyathres,
•dann Ochos, der Satrap der Oxydraker, dann Abulites von Susa,
Phrasaortes(?)®), Mithridates, Tiridates, der erste der Bogenschützen,
femer der dunkelfarbige Athiopenkönig Kandaules^®) Diesen
gegenüber erhielt Alexander seinen Platz für sich allein.
15. Die Perser betrachteten verwundert Alexanders kleine Gestalt, m 7o
Als man nun mitten im Gelage war, begann Alexander alle Becher,
die ihm gebracht wurden, einzustecken, sobald er getrunken hatte.
Da dies Darius gemeldet wurde, sprang er auf und fragte, warum er
das tue. Alexander, der die niedrige Gesinnung des Barbaren an
seiner Haltung merkte^), erwiderte: 'Wenn Alexander seine Heer-
führer bewirtet, schenkt er ihnen ihre Becher, und so meinte ich, v 94
du hieltest es ebenso, wie Alexander*).' Die Glaubwürdigkeit dieser
3) öTQatotg {-ovg A) xriQvaötov A Arm Leo. 4) &9'QrJ6ccg z. 1. st. MqoL-
4ag. Ebd. 444. 6) So d Byz. und Arm. nach Vogelr.: 'Da warf Darius dar-
über großes Staunen, und kam und küßte fast den Boden vor ihm, ihn für
«inen Gott haltend, der vom Hinmiel herabgekommen. Und es war Darius mit
Barbarengewändem geschmückt' usw. Nach A Val. ß und Raabe wird umgekehrt
Darius von Alexander für einen Gott gehalten. 6) In der Beschreibung des
Ornats ist der Wortlaut von a nicht mehr herzustellen. 7) A verd.: M ric
4tvvrid'Bg ÖBtnvov rolg &yyiXoig 6iatBXBiov69'ai. Etwa: öbI xcctaxXlvBöd'ai.
8) Über die folgenden Namen s. Rh. M. a. a. 0. Val. fehlt dies. 9) A: ^a-
laQrrig, Arm.: Phavartes, Bjz. 8467: ^aoQTog. 10) Die übrigen Namen ganz
entstellt. Im ganzen sind es mit Alezander zwölf Gäste.
15. 1) ß (om. A): Noi^öag 6h 'AI. &no tov 6xfili>cctog rfjg tpvxfjs (triv 'il>vxrjv C)
«?««. Etwa z. erg.: &. t. 6%. toO ßagfiagov xfiv ta7teiv6t7]ta t. ip. Vgl. Arm.
und Val. 28 (wohl z. verb.r ignobilitatis.) 2) Nach 6 erbietet sich AI., die
Becher zurückzugeben, was er nach Leo auch ausführt; nach Syr. schenkt sie
ihm Darius.
72 Zweites Kapitel. Der Text des Bomans.
Worte machte auf die Perser großen Eindruck. Da erkannte ihn ein
Botschafter'), der seinerzeit von Darius nach Pella geschickt worden
"^s 74 war, um die Abgaben einzufordern, und teilte Darius seine Wahr-
nehmung mit. Als Alexander sah, daß er erkannt war, sprang er
M 71 mit den goldenen Bechern hinaus, bestieg sein Pferd, entriß einem
Wächter die Fackel und ritt davon. Bewafinete Perser verfolgten
ihn, aber während ihm die Fackel den Weg zeigte, verirrten sie sich
V 96 in der Dunkelheit. Unterdessen erblickte Darius ein schlimmes Zeichen;
das Bild des Xerxes, das er sehr wert hielt, fiel von der Decke und
wurde zertrümmert. Als Alexander an das jenseitige Ufer des Stranga
M 7s kam, löste sich das Eis, und sein Pferd versank, während er selbst
noch glücklich das Land erreichte. Die Verfolger mußten am Ufer
Ar 58 umkehren. Alexander aber fand Medeios^) mit den Pferden zur Stelle.
s 76 16. Dann versammelte Alexander sein Heer, und da er fand,
daß es nur 120000 Mann zählte, ermutigte er sie und sprach: ^Unsere
v 96 Zahl ist zwar klein, aber jeder von uns wird tausend Feinde ver-
nichten. Viele tausend Fliegen drängen sich auf den Wiesen^), wenn
aber Wespen kommen, werden sie schon durch ihr Summen ver-
scheucht.' Darauf führte er sein Volk durch ödes und steiles Gelände')
hinter den Stranga. Darius kam von der andern Seite an den Fluß,
fand ihn gefroren und setzte über. Die Herolde riefen zum Kampf.
Darius saß auf einem hohen Wagen, Alexander auf seinem Pferd
V 97 Bukephalos, dem niemand nahen konnte. Als die Trompete erscholl,
s 76 entstand ein ungeheurer Kampfeslärm. Die Geschosse verdunkelten
Ar 69 die Luft, imd Gefallene bedeckten den Boden. ^) Da wendete Darius
seinen Wagen, und mit ihm begann die ganze Menge der Perser zu
fliehen. Durch die dahinfahrenden Sichelwi^en wurde das Fußvolk
niedergemäht, wie Getreide auf dem Feld durch die Bauern. Als sie
an den Stranga kamen, fand ihn Darius noch fest und gelangte hin-
über, unter der nachfolgenden Messe aber brach das Eis, und die Flut
3) Nur Arm. richtig: srapatfayyTj; tig. A: 'Aöagyccg u. IlaQaCaQyäg, Val.:
Pasarges, Bjz. : TlagaadTcrig. Das Wort ist überall als Name aufgefaßt. 4) S. o.
Kap. 14 Anm. 1.
16. 1) Müll, fehlerhaft; vgl. Arm. 2) A.: voXlccg . . xh^ovg xal 6x6-
ßovg SiBvd-vvag. Ich Term.: &noT6iiovg T6novg oder arsvovg r. ^wohl nur
etlßovgy. Val. fehlt dies. 3) Die weitere Schilderung in den Texten ver-
schieden; A: mg ovv txxatigovg ixX^^BV ytoUiuivg ödÜmy^' nolvg di rig ^Qoi^g
&ovt%XovBtTo xal xlayyBloDv öTQax&v ngod^fUa dk '^Xd'Bv slg SfjQiv xal oi fi^r
Xl9'otg 7}nvvavto oi ik Totg ßiXsOiv ioxinaOav tbv äigw aXXoi 9h yiaxaigtug ^|o^
ISTQOÜVTO ' xocl TCoXXol (ikv &XXovro noXvg dk d^vg^ihg dtgmgBi, ' xal oi iikv iatpdiovtOy
^Bgoi dh iniictfayslg ixsivro.
Zweites Buch. 73
yerBchlaiig, was darauf war^ die andern wurden von den Makedoniern
niedergehauen. Darius floh in seinen Palast, warf sich verzweifelt
auf den Boden und jammerte: 'Welcher Unglücksstem hat das per-
sische Königreich gestürzt^), daß Darius, der so viele unterjocht hat, v 88
der ein Throngenosse der Götter war, nun ein einsamer Flüchtb'ng
geworden isti Wahr ist, was meine Mutter sagte ^), daß niemand die
Zukunft sicher kennt. Denn ein kleiner Ausschlag des Schicksals
erhebt die Niedrigen über die Wolken imd wirft die Hohen hinab
in das Dunkel.'
17. Als er wieder zu sich gekommen war, schrieb er einen Brief
an Alexander: ^Meinem Gebieter Alexander Gruß von Darius. Vor
allem bedenke, daß du als Mensch geboren bist! Das genügt, um
vor Übermut zu warnen. So hat auch der stolze Xerxes, dem ich m 74
das Lebenslicht verdanke, in unersättlicher Habgier den Feldzug
gegen Griechenland unternommen, von dem er mit schweren Verlusten s 77
zurückkam.^) Denke also an das Schicksal, habe Mitleid mit uns und
gib mir Mutter, Gattin und Kinder zurück. Dafür verspreche ich, v w
dir die Schätze in Minaia^), Susa und Baktra zu zeigen, die unsere
Vorfahren in der Erde verborgen haben, und wünsche dir, daß du Ar eo
über die Perser, Meder und die andern Völker immer herrschen
mögest/
Nachdem Alexander den Brief gelesen hatte, [befahl er, ihn
seinen Heerführern vorzulesen. Einer von ihnen Namens Parmenion
sprach: ^Ich hätte die Schätze und Länder angenommen und Darius
dafür seine Familie zurückgegeben.' Alexander erwiderte: 'Auch ich
hätte sie angenommen, wenn ich Parmenion wäre.'*) Darauf] befahl
er den Boten, Darius zu sagen*): 'Ich wundere mich, daß Darius
seine Familie mit meinem Geld loskaufen will und mir meine Länder
verspricht. Er scheint nicht zu wissen, daß alles nur dem Sieger
gehört.^) Ich wäre überhaupt nicht nach Asien gekommen, wenn v 100
ich es nicht für mein Land hielte, und Darius soll froh sein, daß er
fremdes Eigentum so lange ungestraft hat benützen dürfen.' Mit
4) So A, ähnl. Syr.; nur z. 1.: xccvißccXev st. ißaUv. 6) w. m. M. s.: nur
Arm. ; vgl. II 12.
17. 1) Letzteres ist in A nach 'AlXd ye (Müll. S. 74 A. 4) ausgefallen. Vor-
her ist nach Arm. z. 1.: xaratpgovijöag ndvxmv. 2) Mivala verm. ich st.
Mi na Arm., Mivvddi A, Miniada Leo, Mrividdt Byz. 3698. 3) Überall ver-
derbt; am wenigsten bei Arm., dessen Vorlage lautete: Kai iym iXaßov, 1^, m
IlaQiievioiv. Z. verb.: K. i. i. {ctv\ I., av üagfievlrnv. Vgl. Diod. XVU 64, 6. Val.
fehlt der Satz. 4) Darauf — sagen: nur Arm. 5^ Die Stelle am voll-
ständigsten bei Arm. u. Leo.
74 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
diesen Worten entließ er die Gesandten ohne schriftliche Antwort. Er
M 76 sorgte auch für Verpflegung der Verwundeten und Bestattung der
Gefallenen. — [Dort verweilte er während der strengsten*) Winterszeit,
opferte den einheimischen Göttern und ließ den schönen Palast des
Xerxes anzünden, den Brand aber alsbald wieder löschen, da es ihn
reute.]
s 78 [18. Er besachte auch die persischen Gräber, die mit Gold-
schmuck und goldenen Gefäßen ausgestattet waren, so daß sie wie
Heroentempel aussahen.^) Er besuchte auch Kyros* Grab. Dies war
ein zehnstöckiger') Turm, und im obersten Stockwerk lag die Leiche
in einem goldenen Sarg, mit Glas umgeben, so daß der ganze Leib
V 101 bis auf das Haar sichtbar war. Hier befanden sich Griechen, schreck-
lich verstümmelt und gefesselt, in Haft^), die nun Alexander zuriefen.
Alexander brach bei ihrem Anblick in Tränen aus und befahl, sie
mit einem Geschenk von tausend Drachmen in ihre Heimat zu bringen.
Sie aber baten Alexander, ihnen lieber dort Land anzuweisen und sie
Ar 61 nicht dem Gespött ihrer Landsleute preiszugeben. So ließ er ihnen
Äcker, Saatfrucht, Vieh und sonstigen Bedarf der Landwirtschaft zuteilen.]
19. Darius aber rüstete sich zu einem neuen Krieg und schrieb
an Porös, den König der Lider: ^Zeige, daß du am Unglück meines
V 102 Hauses Anteil nimmst. \) Denn der Mensch, der mich wie ein wildes
Tier angefallen hat, will mir meine Familie nicht herausgeben und
läßt sich trotz allem, was ich ihm versprochen habe, nicht überreden.
^ ^^ So beginne ich einen neuen Krieg bis zum äußersten. Auch du mußt
empört sein über das, was mir widerfahren ist, und mich rächen,
wenn du unserer Vorfahren gedenkst. Sammle deine vielen Völker
am kaspischen Paß. Ich werde dem Fußgänger drei Goldstücke geben,
dem Reiter fünf, samt der Verpflegung. Du sollst die Hälfte der
ganzen Beute bekommen, femer das Pferd Bukephalos samt der
V 103 königlichen Ausrüstung und den Harem in Susa*), 180 Frauen mit
ihrem Schmuck. Eile, wenn du diesen Brief erhältst.'
6) &xnai6TaTov A u. Bjz. 3746.
18. 1) In ß zA.: aßTB ag ijQfpav elvai xi]v 9sav (Hh. M. 445), bei Val. 20:
conditoria (st. coudita) ad templorum magnificentiam. Der Zusatz von ß übei
das Grab des Nabuchodonosor fehlt in A. 2) So richtig Arm. A {dh xal
ctsyog); ß u. Byz. : dtoösxdaTByos. 3) ävögeg jid'Tivatoi fügt Müll, nach ß hinzu;
vgl. Byz. 3781.
19« 1) Ich verm. etwa: ini r-j yevoiiBvjj xocraCTQoqifj ... xoivmvmv &ijX<o-
60V. ß u. Byz.: aal vvv driXdi öoi, A: lypat|>a(ra öoi 0vyi7id6%(ov i. r. y. x. tov oHxov
(lov inudi] . . . Arm. las: xoivouvttv öriXa oder idiiXmöd coi, Yal. (26 f) xoivaav&v
di^Xog tl. Rh. M. 445. 2) A Arm. verd. ; z. v. : BovxitpaXov . . ohv xolg ßaöiU-
Zweites Buch. 75
[Alexander aber erfuhr dies von einem Überläufer und zog mit
fieinem Heer nach Medien, da er hörte, daß Darins in Ekbatana sei;
denn er glaubte nicht Herr von Asien zu sein, wenn er nicht Darins'
Namen vernichtet hätte.') Da ihm gemeldet wurde, daß jener zum
kaspischen Paß geflohen sei, beschleunigte er die Verfolgung. Dann
hörte er Ton jemand, daß der König in der Nähe sei^), und da er
Tom Eunuchen Bagistanes^), der zu ihm überlief, sichere Nachricht
«rhielt, eilte er noch mehr.J
20. Als Darins' Satrapen erfuhren, daß Alezander heranziehe, Ar es
beschlossen Bessos und Ariobarzanes, Darins zu töten, in der Hoff-
nung, von Alexander dafür belohnt zu werden, und griffen ihn mit
dem Schwerte an. Darins rief ihnen zu: '0 meine Gebieter, die
früher meine Diener waren, was habe ich euch zuleide getan? Ihr
werdet doch nicht schlimmer gegen mich handeln wollen, als die
Makedonier? Laßt mich hier mein Schicksal beweinen. Alexander
aber wird mich rächen, wenn er mich ermordet findet; denn kein König » »o
•darf es mit ansehen, wenn ein anderer König erbarmungslos erschlagen
isi^)' Und er hielt die Hände vor, so daß die Hiebe nur flach trafen.')
Die Makedonier aber überschritten den Stranga, den sie gefroren v io4
fanden, und Alexander drang in Darius' Palast ein. Die Frevler
ließen Darius halb tot liegen und entflohen, um abzuwarten, wie m 77
Alexander die Tat aufnehmen würde. Als dieser Darius in seinem
Blute sah, weinte er, bedeckte ihn mit seinem Mantel, legte die Hände
auf seine Brust und sprach: 'Erhebe dich, König Darius, und herrsche
wieder, wie zuvor. Ich schwöre, daß ich in voller Aufrichtigkeit so
zu dir rede. Ich habe ja als Gast an deinem Tisch gesessen.') Wer Ares
xolg x^Q'ny^^'^S (st- x^^Q^^^s) ^^^ ^^ff ^^ £ov6oig nccXXaxdg. Rh. M. a. a. 0.
8) A Arm. sinnlos: si fii} xaTS<pQ6v7i6e rot) Jagsiov 6v6iLaTog. Etwa z. 1.: c. fi.
xaTet£(pQ(oae t6 J. Svo^ia. Rh. M. 445. 4) In A Lücke; nur Arm. zeigt
•das Richtige. 5) So nach den Historikern z. v. st. Gistanes (Arm.) und
Bazanus (Val.).
20. 1) 'denn — ist': nur A d; in A verm. ich: ov d'itug yctg dipd'fjvai
ßaöiXst ßaöiUa doXotpovrid'ivra ävoiKriörag. Rh. M. 667. 2) Arm. ß Byz.
abw. u. ausführlicher. 8) nach Arm.; weniger deutlich d (Leo verd.). <(In A
stehen folgende Skazonten:
Toiovg iXs^s övfinad'elg iiv^ovg'
*AvdaTa, fpr\cLy rf^g tvxrig^ m ^uqbIs^
xal toav öeavro^ dB6n6trig ndXiv yivov
ds^at 60V t6 SuHrifia Jleptfixoi) nXi^d'ovgf
ix^ 60V t6 itiysd'og tfjg Tvgavvtxfig ä6^rig.
Sfivvfii 601 {6B A) dagsts rohg ^sovg ndvrag,
mg Ott [iy^i dlri^&g xal oi) nBnXa6iUvoi)g XBycD.
76 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
sind deine Mörder? Gib mir sie an^ damit ich dich räche!' Darius
aber zog Alexander an sich, umarmte ihn und sagte: * Werde nicht
stolz auf deine Eönigswürde, und wenn du auch mit den Händen
den Himmel zu berühren meinst, schau auf die Zukunft! Denn das
s 81 Schicksal zieht alles ohne Unterschied in seinen Wirbel. Sieh, was ich
V105 war und was ich bin! Wenn ich sterbe, so begrabe mich. Makedonier
imd Perser sollen mich bestatten und sollen ein Stamm werden.
Meiner Mutter Kodogune nimm dich an, wie der deinigen, meiner
Gattin erbarme dich wie deiner eigenen Schwester*); meine Tochter
M 78 ßoxane gebe ich dir zum Weibe, damit, wenn die Gestorbenen noch
etwas Bewußtsein behalten, beide Väter, Philipp und Darius, auf die
Nachkommenschaft stolz seien ^).' Nach diesen Worten gab Darius
in Alexanders Armen seinen Geist auf.
21. Alexander beweinte Darius und befahl, ihn nach persischer
Sitte königlich zu bestatten. Die Perser und Makedonier ließ er bewa£Fhet
vorangehen, und er selbst trug mit den Satrapen die Leiche, wai^
alle noch mehr rührte, als Darius^ Tod. Er setzte ihn in der Königs-
V106 gruft bei und yeranstaltete ein Opfer und eine Leichenfeier. Dann
Ar 64 [erließ er an die Perser folgende Gebote: ^Der König Alexander, Sohn
des Gottes Ammon und der Olympias, an alle Bewohner des Perser-
landes. Es wäre mir lieb, wenn nicht so viele tausend Menschen
umgekommen wären, doch danke ich den Göttern, daß mir der Sieg
ß 82 beschieden war. Den eingesetzten Satrapen habt ihr zu gehorchen ^),
wie unter Darius, und nur in Alexander euem König zu erblicken.
Behaltet eure Gebräuche, Feste und Opfer, wie unter Darius. Jeder
li6vog nagixfo (^6oi oder fuii^oo naQuxdHQ&y ro 9ux6rnLa t&v ax^XTgoav
lisrä öov yap a'öros xai TQoqffjg ixoivmvovv {-VEt A)
i-jcl ratg {Caig'^) rgandj^atg ai^v (r'qv A) &v' köriav x^^Q^^
(etwa iöxdgav xirfiBig^
ijvixcc TcaQ'/Jiiriv &yy£Xog 'AXs^dvÖQOv.
'AXX' i^avdöra xal XQoirvvs rf^g x^Q^S'
oi) Ssl (6f} A) ßaaiisa dvötvxovvra Xvnslö^ai *
Mrrig {-xriv A) yuQ icvd'Qmnoiöi {äi'öig' ri A) tcbqI rilovg iioigrig
((ivQig A).
TLvsg de e o\ rgmöavteg, sink Jagets,
lir/t'Vöov ai)tovgy ivoc /tc | Ixdtxöi» ^XV^y
4) mg avvaifiov oIkbIuv z. v. st. övveftov o/xcttjv (A) nach Arm. Syr. 6) Über-
all verderbt. In A etwa zu verb. : tv\ st xi x&v q^irolci, XsinBTcci yvauLrigy \ ol
dvo yovBlg iyiL&v iit\ xBxvoig xavxoavxai. ^vielmehr yovfjBg i. xinvoioi^, \ 6o9
lihv ^iXinnog, ^Pta^dvrig 6h JuQBlog < vielmehr ool und *P<o^dvjjy. Val. fehlt dies.
21. 1) So A ^ Val. Leo Byz.; abw. Arm. Syr.: Die Satrapen haben mir zu
gehorchen.
Zweites Buch. 77
soll in seinem Wohnort bleiben; wer ihn verläßt, soll als Abtrünniger
bestraft werden. Über sein Eigentum darf jeder frei verfügen, nur
muß alles Gold imd Silber bei denen, die in unsem Provinzen und
Städten die Verwaltung führen, abgeliefert werden; sonstige Münze
bleibt den Besitzern. Alle Waffen sind in den Zeughäusern abzu-
geben. Für die Satrapen werde ich über die Truppenzahl und Be-
waffiiung Anordnung treffen. Die üblichen Wettkämpfe sollen nach
Bestimmung der Satrapen stattfinden. Ein Verkehr zwischen ver-
schiedenen Völkern ist nur zu Handelszwecken erlaubt, und zwar nur
ohne Waffen und nur bis zu zwanzig Personen, bei Todesstrafe nach vior
persischem Gesetz. Die Eaufleute sollen ihr Gewerbe betreiben wi«
unter Darius. Als Abgabe von Feldern und Gewächsen werde ich
nur zwei Teile nehmen, während ihr ihm drei Teile zinstet.*) Ich m 79
wünsche Wohlstand in euerm Lande und einen friedlichen, unbehin-
derten Verkehr zwischen Griechenland und Persien. ^) Vom Euphrat
aus soll jeder Satrap in Strecken von einem halben Schoinos die
Straßen herstellen, Schoinos um Schoinos anschreiben lassen^), wohin
der Weg führt, und an den Kreuzungen^) Wegweiser anbringen. Die Ar 66
Abgaben, die unter Darius für Wegbauten üblich waren, stifte ich
den Göttern für die Tempel®), besonders . . . imd Zeus.') — [Da ihr,
dem Geburtsfest des Kyros entsprechend, auch das meinige begehen
wollt, so habe ich meinem Satrapen Aischylos^^ Befehl erteilt, damit
ihr beide Feste mit Schmaus und Festspielen begeht. Dann sollen
bei dem Festspiel die Perser Zuschauer und Kämpfer sein.^) Das s ss
Gymnasium und das Festspiel soll an einem besonders günstigen
Platz sein, wie in der Stadt Pella. Die Wahlen werde ich selbst
vornehmen, so lange ich lebe, nach meinem Tode die, denen ich die
Regierung dieses Landes übertragen habe.^^) Für einen Streitwagen
soll eine goldene Schale im Gewicht von tausend Stateren^) gegeben
werden, und fünf silberne ^^, jede ein Maß fassend, daß sich ein
2) So nnr Arm.; in A Lücke. ^Byz.: Ich werde denselben Teil nehmen,
wie Darius. 3) Das Folgende habe ich im Rhein. Mus. LH 668 f. herzustellen
versucht. 4) Z. 1.: xai duc c%oLviiv ^/Qchf^ai. 5) Z. 1.: 9I d^o 69ol xcctä
xainh t^%oav. 6) üg xa Uf^a Arm. (Baabe) st. xicöa^a A. 7) A : naXusta
Ol dts &ßocQtv xccl dlav. Arm.: 'und besonders dem Drosobares.' 8) A:
liov 6%o^Xai xS» öaxQcat^, unten: fi^xvXlog, Arm.: 'Moskyla' u. 'Moschylos'. Als
urspr. Lesart verm. ich: xm aocxQcofjj iiov Alc%vXt^. 9) So Arm; ^A: &^ta.
X9&if^a9xai niifaai hcal ZQ^i^^y» Danach eine Bestimmung, deren urspr. Wort-
laut unsicher ist, über eine jungfräuliche Priesterin. 10) Ich verm.: olg
ffrov xriv x^Q^v XT^vit SiStoxa Svvdcxaig. 11) Z. 1.: i^^vaa arixhv oxecvifQüiv
,a (oder nach Arm. ,atf'). 12) Nach Syr. z. 1.: xol £Ua* s' &QyvQal.
78 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
mäßiger Mensch damit berauschen kann; für ein Streitroß eine Schale
Ton gleichem Gewicht und ein persisches Gewand^') für das Alexander-
mahl, lebenslänglich. Wer nach persischem Brauch siegt, soll einen
goldenen Kranz erhalten . . . .^^) ein einfaches persisches Gewand,
einen goldenen Gürtel und zwei Schalen von je 190^^) Stateren ....
«
Nur sollen die Leiter der Festspiele unsere alexandrinischen Gauvor-
steher sein und der Priester des Alexandertempels. ^^) Aischylos, der
den Alexandertempel gegründet hat, trägt einen goldenen Kranz und
ein Purpurgewand, namentlich an besonderen Tagen. Andere sollen
den Tempel nicht betreten, unter keinen Umständen aber das medische
Volk.]) — Bei Streitigkeiten sollt ihr nicht unter euch selbst gericht-
lich verhandeln, auch nicht vor wem ihr wollt, besonders in einer
Ar 66 Kapitalsache. ^^) Wenn einer außerhalb der Rats Versammlung des
Satrapen Genossen versammelte^), soll er als Feind umkommen.'
Nachdem Alexander diesen Erlaß hatte niederschreiben lassen,]
sprach er^^): ^Ich habe Darius nicht getötet, aber denen, die es getan
haben, muß ich Geschenke und große Länder geben.' Da wurden
die Perser bestürzt. Er aber sagte: ^Was argwöhnt ihr? Darius' Tod
s 84 erspart uns weiteren Kampf.^) Wer es getan hat, Makedonier oder
Perser, komme und empfange seinen Lohn. Ich schwöre, daß ich
sie ausgezeichnet und hervorragend^) machen will.' Da weinte alles
V108 Volk. Die Bösewichte Bessos und Ariobarzanes aber kamen, ihr
Geschenk zu erhalten. Da befahl Alexander, sie zu ergreifen und
M 80 auf Darius' Grab zu kreuzigen. Als sie nun schrieen, er breche seinen
Eid, antwortete er: *Nicht euretwegen, sondern für das Volk recht-
fertige ich mich. Ich hätte die Mörder nicht so leicht entdeckt^
wenn ich nicht für kurze Zeit Darius' Tod gelobt hätte. *^) Ihre Be-
strafung aber war mir erwünscht, weil solche, die ihren eigenen
Herrn getötet haben, mir noch viel mehr gefährlich wären. Euch
Schurken jedoch habe ich nicht falsch geschworen, euch ausgezeichnet
13) Z. 1. : xal tfroX^ Jltgcixi}. Das Folgende ist unsicher. 14) A Arm,
lückenhaft und verderbt. 16) So A. Danach ein völlig verderbter Satz.
16) So Arm. nach Yogelr., nur ohne Interpunktion am Schluß. A Val. abw.;
A: t6aov ol t&v &ymvtov S^eltgonoi iettoaav oi ijiidtBQOi 'AXBiccv9if9lg^ qI %al
Ib^sIs Toi) 'AlB^dv&Qov Ibqo^ (Hs: 'AlBiavägivo^). 17) A: «api xmpal^
xov. 18) A: iav ii t»; fpav^ ixthg ßovlBtnriQlov avvdymv rj öatgdjtag ij
aviiiuHxovs. Wohl z. 1.: ixthg ßovXsvrriQlov caxgdnov övvdymv 6v(nuixovg.
19) A verd.: iicBl dk ndUv ta^a MIbös, 6vviyQai\>Bv 'AX. Uymv. Wohl z. L: M-
Xböb avyygdipag *AX. lUyBv. Leo Byz. ß fehlt dieser Zwischensatz. 20) Nur
Arm. ß Byz.; vgl. VaL 2 f. 21) it^qupavBlg xai ^avitfi^fiovff. 22) Z. 1.: i%iif90a
st. iptBtXriödttriVj wie schon Raabe richtig sah.
Zweites Buch. 79
und hervorragend zu machen; denn das sollt ihr am Kreuze werden.'
Darauf riefen ihm alle Beifall zu^ und es geschah so.
23. Nachdem Alexander die Bürgerschaft beruhigt hatte, fragte
er sie, wer Satrap ihrer Stadt werden sollte. Sie nannten Abulites^), Are?
den Vatersbruder des Darius, und Alexander erklarte sich einver-
standen. Darauf schrieb er einen Brief an Darius^ Mutter und Gattin:
'Der König Alexander grüßt Stateira und Rodogune. Wir haben
uns gegen Darius gewehrt, da er sich uns entgegenstellte, aber ich s 85
hätte ihm gerne das Leben unter meiner Herrschaft gegönnt. Ich
fand ihn von seinen eigenen Untertanen verwundet im Sterben und
bezeugte ihm mein Mitleid. Er gab mir seine Tochter Roxane zum
Weibe. Ich habe die Rache an seinen Mördern vollzogen und ihn
zu seinen Ahnen bestatten lassen. Ihr aber sollt jetzt euem Kummer
ptillen, denn ich werde euch wieder in eure königliche Würde ein-
setzen. Einstweilen bleibt, wo ihr seid, bis ich hier Ordnung ge-
schaffen habe; denn einige Toren verweigern noch den Gehorsam.
Roxane aber soll meinen Thron teilen und, wenn ihr einverstanden
seid, als Alexanders Gemahlin geehrt werden.'
Stateira und Rodogune antworteten: 'Wir flehen zu den Göttern, viog
die Darius und die Perser gedemütigt haben, dir, dem Göttergleichen,
ewigen Ruhm zu verleihen, und wünschen dir das Beste, denn nicht m si
wie Gefangene hast du uns behandelt. Jetzt aber sind wir nicht Ares
mehr Gefangene, sondern Alexander ist unser Darius geworden, und
ihn verehren wir. Wir haben auch dem persischen Volke ge-
schrieben, es solle die persischen Götter bitten, daß du als Thron- s 86
genösse des Zeus eingesetzt und verehrt werdest. Roxane aber, die
du zu deiner Throngenossin bestimmt hast, verehren wir vvie Hera*),
wenn sie Zeus zur Hochzeit führt.' Sie schrieben aber auch an das
persische Volk^): ^Wir kennen jetzt einen neuen Darius, imd Roxane
vröd Alexanders Gemahlin. Nun bringt alle Götter von Persis vor
Alexander und preist ihn, daß er den Ruhm der Perser erhöht hat' viio
Alexander aber sprach: ^Ich verbitte mir göttergleiche Ehren ^), denn ich
bin ein sterblicher Mensch, und dergleichen bringt Gefahr für die
Seele. Doch lobe ich eure Gesinnung.' Er schrieb aber auch an
22. 1) So Nöldeke; A: 'Adovlf^tiiv^ Arm.: Arolites, Byz. C: 'AäovUzfiv^ Leo:
Dnriti. Vgl. n 14 Anm. 8. 2) w. H. ('Anahit'): nur Arm. 8) Nur Val,
(17 f ) und SjT. geben das Folgende als besonderen Brief; bei Arm. gehört es
noch zum Brief an Alezander, infolge einer fehlerhaften Lesart iygd^ec^v st.
iyffatpav. 4) A: t&9 cätv 99&v xi^uL^ st. UtMmv ^-^ov9?> YgL Arm.
80 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Beine Mutter Olympias^ und sie hieß die Heirat willkommen.^) Dann
schrieb er an Roxane: ^Der König Alexander meiner Sdi wester Roxane.
Ich habe meiner Mutter Olympias aufgetragen, uns den Schmuck und
die E^leider der Rodogune und Stateira zu schicken, und Karanos aU
Ar 69 Überbringer abgesandt^) Versuche, in deiner Gesinnung Alexan-
ders würdig zu sein und vor Olympias Ehrfurcht zu hegen, denn so
^ 88 wirst du dich und mich ehren.' Olympias sandte die königliche
Kleidung und den Schmuck aus Makedonien, und sie feierten die
Hochzeit. Und nachdem er den Landesgöttem geopfert und seine
Streitmacht gesammelt hatte, weil er erfuhr, daß sich Porös mit Darias
hatte verbinden wollen, zog er gegen die Inder. ^
[Brief Alexanders an Olympias und Aristoteles.]
n 23. 32. 33. 36—41.
(Zusatz von |?Arm., in d teilweise zur Erweiterung von UI 17 benützt.)
[23. Darauf schrieb Alezander folgenden Brief an seine Mutter:
^Eönig Alexander grüßt seine süße Mutter Olympias und seinen hoch-
verehrten Lehrer Aristoteles. Ich habe es für nötig gehalten, euch
über mein Zusammentreffen mit Darius zu berichten, das jenseits des
Tauros stattfand. Auf die Kunde, daß er mit vielen Königen und
Satrapen am Issischen Meerbusen sei, ließ ich Ziegen Fackehi an die
Homer binden und rückte so nachts gegen sie aus. Da flohen sie,
und ich errichtete ein Siegeszeichen^) und gründete dort eine Stadt,
die ich Aigai nannte; und am Busen von Issos gründete ich die Stadt
Alexandria bei Issos. Von da zogen wir bis zum Eingang*) des
armenischen Landes, wo die Quelle des Euphrat und Tigris ist. Darius
aber wurde von Bessos und Ariobarzanes, den Satrapen von Medien,
getötet. Das war mir sehr leid. Ich fand ihn noch lebend, bedeckte
ihn mit meinem Mantel und erkannte an seinem Beispiel die ün-
6) Überall entstellt. A: "E/pai/^a dk %al r|| firiTQl iiov 'OXviiniddi *al id^llmca
^xo^£ yafMVff. I^efi^sy iv Maxsdovia ^(FWpflodc. 'Emcrolri 'AU^dvdffOV ^Paidpfi,
Ungefähr: "'Eypaif)« d. x. t. ftT^rpl 'OX., xal ids^iwöcevo t. y. xal Isrcfi^cv {thv ywour
xslov %6anov^Podoyovvrig xal ^kccreigag, ov 'JX. I^ff^ev?) slg MccxsdovUev. "'T&vaifov
&k l/^at/)ei/ ini6roli\v 'AUiavdQog *Po)Jai^. In Arm. wird die Übereendung der
Kleider und des Schmucks erst unten erzählt, was wohl das Ursprüngliche
ist. 6) Das Folgende ist überall fehlerhaft überliefert. 7) Schluß des
zweiten Buches in A YaL
28. 1) In I? nach Arm. z. v.: xt^g xcev* txit&v vlxrig XQ6%aioif inmr^cA^f^iß,
2) Z. L: bMSov (Arm.) st. ^do4> (Hss.).
M 86
70
Zweites Buch. 81
Sicherheit des Schicksals. Ich bestattete ihn und ließ den Wächtern
des Grabmals nach persischer Sitte Nase und Ohren abschneiden.
Und ich ließ meine Verordnungen aufstellen'), nachdem ich die Herr-
schaft des Bessos, Ariobarzanes und Mazakes unterworfen hatte,
Medien, Armenien und Iberien und das ganze persische Land, über
das Darius herrschte.']]
[32. ^) ^ Von da wollte ich mit Führern nordwärts in die ent- ^
legeneren Teile der Wüste der Meder^) ziehen. Die Eingeborenen
warnten uns vor wilden Menschen und Tieren, aber ich wünschte
die Gegenden zu sehen. Wir kamen zu einer tiefen Schlucht, die
wir in acht Tagen durchzogen. Am neunten '} fanden wir einen s 99
Wald von dornigen Bäumen*), die gurkenähnliche '^) Früchte trugen.
In dem Walde waren riesige Menschen, die sich die Gewächse sam-
melten, 24 Ellen hoch, mit sägeartigen Händen und Füßen. ^) Sie
griffen uns an, aber als wir mit Geschrei und Trompetenschall los-
brachen, flohen sie. Wir töteten von ihnen 432^), von uns aber
fielen 164 '^) Mann. Wir blieben dann dort®) und nährten uns von
jenen Früchten. ']j
^33. 'Von dort kamen wir zu einer grünen Au*), wo Riesen
waren, so groß wie die vorigen^, zottig, rothaarig, mit Gesichtern
wie Löwen, und anderes Volk*) mit vier EUen langen Haaren, so
dick wie eine Lanze. Sie griffen uns an, mit Fellen umgürtet, oline
Waffen, und hieben mit Knitteln auf uns ein. Da befahl ich, mit
Feuer gegen sie zu kämpfen, worauf sie sich zurückzogen. Es waren
aber 72*) unserer Soldaten getötet worden, deren Gebeine ich in
ihre Heimat bringen ließ.^) Am nächsten Tage fanden wir ihre
Höhlen, an deren Eingang vier Ellen lange, dreiäugige, gefleckte®)
3) B: ix4lsv6d S6y\LccTa ^itordia^ x^v . . . ßaaiXslav. Nach Kap. 21 etwa
z. erg.: S6yii. td^ai. Arm. sinnlos.
32« 1) In Kap. 24—31, 34 und 35 hat Müller Zusätze von C untergebracht
In Kap. 32 beginnt das Stück, das der Verf. von ^ in m 17 ein-
geschoben hat. Vgl. in 1711 Anm. 27. 2) d. M.: nur Arm., &hnl. Josippon.
3) Alle Texte verkehrt: 'um die 9te Stunde'. 4) Vgl. Rh. M. 660f.
5) So L, ahnl. Bjz. 4190. 6) d: mit Fellen bekleidet und mit Spießen be-
waffnet. 7) Die Zahlen nach Arm.; andere Texte abw. 8) d fügt hinzu:
3 Tage.
33. 1) So richtig Arm., ölml. L; B: ils tri» Xtoix^v (Byz.: Xloax^v) xmffav.
2) So Arm. nach Vogelr.; B.: yiyaöi nagB^ufBi^^li xq» fuyi^si. 3) Vgl.
Rh. M. 661. 4) So B Byz.; Arm.: 120000! 6) Nur Arm. B; fehlt L Byz.
Vgl. Christensen Rh. M. LIV S. 140 f. 6) noixtXoi (Arm. Byz.), B: nay%66iuioi
Ausfeld, Der griechische Alexanderroman. 6
82 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Tiere angebunden waren, ähnlich den Hunden^ die man bei uns . . .^)
Ar 71 nennt. Wir sahen dort auch Fiöhe^ so groß wie unsere Frosche.
Von da kamen wir an einen Ort^ wo eine reiche Quelle entsprangt
und ich ließ ein befestigtes Lager aufschlagen ®)y damit sich mein
Heer in Sicherheit ausruhe, indem ich der Fruchtesser gedachte.^)
Um die neunte Stunde erschien ein Mann, dicht behaart wie ein
M 87 Schwein. Ich befahl, ihn zu ergreifen^ doch er zeigte keine Furcht.
Nun ließ ich ein Weib entkleiden und in seine Nähe bringen; er
aber packte es, sprang fort und fraß es. Als man ihn fassen wollte^
schrie er. ^^) Da kamen seine Genossen ^^) aus dem Sumpf hervor,
unzählige; unser aber waren vierzigtausend. Ich befahl, das Dickicht
in Brand zu stecken; darauf flohen sie, und wir fingen Tierhundert
Yon ihnen, die dann^^) aus Nahrungsmangel starben. Sie sprachen
nicht, sondern bellten wie Hunde.'^')]
s^iw |36. ^Von dort kamen wir an einen Fluß, in dem wunderbare
Bäume standen. Diese wuchsen von Sonnenaufgang bis zur sechsten
Stimde, dann aber nahmen sie ab, bis^) gar nichts mehr von ihnen
zu sehen war. Sie hatten Harz wie persischen Balsam^) und den
lieblichsten Duft. Ich befahl, die Bäume zu fällen und das Harz mit
Schwämmen zu sammeln. Da wurden die Leute von unsichtbaren
Dämonen gepeitscht, und eine Stimme bedrohte das ganze Heer mit
Verderben, wenn man nicht aufhöre. Wir gehorchten. In dem Flusse
waren auch schwarze Steine, und wer diese berührte, wurde gleichfalls
schwarz. Es waren auch Schlangen im Wasser und vielerlei Fische^
die nicht auf dem Feuer gekocht wurden, sondern in kaltem Quell-
wasser. So hatte ein Soldat einen gefangenen Fisch gewaschen und
in ein Gefäß gelegt, worauf er ihn plötzlich gekocht fand. Dort
Ar 7« waren auch Vögel, die unsern Vögeln glichen; wenn man sie aber
berührte, kam Feuer heraus.']
7) Dantakes Arm., ddvdriTiss B, ddv^ixag Byz.; C: Ag Uovttg. 8) B: (^x^-
7i,9vaa) e%ototd(povs nsgiti^ivai. Nach Byz. 4238 z. 1. : 6x6ionag xatg xdtpQoi^ sr.
9) So Arm., nur d)fio(pdytov st. fiijloqpaycov. Byz. 4285: luiivriy^vog öwBxätg x^nait
T&v iiriXotpdymv. Eine Beziehung auf das Abenteuer von Eap. 82. L B unrichtig:
Kccl ijXd-oiisv ioag t&v Mriloq>dY<ov. In d fehlt die Erwähnung der Melo-
phagen. 10) itaQtdQias. 11) cvvxonoi L; B Mess. : ndvxoxoi, wohl durch
Yermiflchung mit einer Korrektur ^"xdQoixoi*. 12) L: yi>ixQig ijusQ&v 6xtm.
18) Syr. zählt dann noch weitere Ungeheuer auf: Kampf mit den RiemfOßlem
(in einem andern Land); Menschen mit Eselsiußen, andere mit Löwenköpfea
und Schuppenschwänzen.
86. 1) Z. 1. i(og flt. &6ts. Vgl. II 6 Anm. 8. 2) mg ^eQ6^xriv tfroxr^ richtig
L, ähnl. Arm. (vgl. Josippon S. 70) st. aaneg cvxfjg 6t.
Zweites Buch. 83
J37. ^)'Am folgenden Tage zogen wir in der Irre umher, und
die Führer sprachen: ,Wir wissen nicht, wo wir sind. Wir wollen
umkehren, damit wir nicht an noch schlimmere Orte geraten/ Ich
aber wollte nicht. Dann begegneten uns wilde Tiere mit vielen
Augen und Füßen und andere Arten Ton Tieren, die teils vor uns
flohen, teils uns angriffen. Wir kamen zu einer sandigen G^end,
wo 20 Ellen große Tiere erschienen, die Wildeseln glichen. Sie hatten
sechs Augen, sahen aber nur mit zweien, und waren ganz zahm.
Von da kamen wir an einen Ort, wo Menschen ohne Kopf waren.*) m 89
Sie hatten Augen und Mund auf der Brust') und sprachen nach s loi
Menschenart, waren zottig, in Felle gekleidet, Fischesser. Sie fingen
Meerfische und sammelten Schwämme.*) Wir sahen viele große Robben
auf dem Land kriechen und Krebse, so groß wie Schiffe.*) Meine
Freunde baten mich oft, ich sollte doch umkehren, aber ich wollte
nicht, weil ich das Ende der Erde zu sehen wünschte-^l
38. 'Von da zogen wir durch eine Einöde am Meer*), wo kein
lebendes Geschöpf zu sehen war, nur Himmel und Erde, in Finsternis,
zehn Tage lang. Wir lagerten dann auf einem Platz am Meer und
fuhren von dort nach einer nahe gelegenen Insel, von der wir griechische
Worte vernommen hatten^), ohne die Sprechenden zu erblicken. Einige
Soldaten wollten tollkühn nach der Insel hinüberschwimmen, aber
Krebse kamen hervor und zogen 54^) Männer unter das Wasser. Da
fürchteten wir uns und verließen den Ort*).']j
[39. 'In zwei Tagen gelangten wir zu einem Ort, wo die Sonne
nicht schien. Von dort wollte ich mit meinen Dienern das Land
der Seligen aufsuchen. Mein Freund Kallisthenes aber riet mir, vierzig m 90
treue Freunde, hundert Knaben und 1200 Soldaten mitzunehmen.
Außerdem ließ ich Eselinnen mitführen, deren Fohlen unterdessen im Ar 78
37. 1) Was Sjr. aus diesem Kap. hat, steht hinter dem aus Kap. 88 Ent-
nommenen. 2) C verkehrt: xvvoxitpaXoi. 3) Sie — Bmst: nur Arm. Sjr. Jos.
4) S. Rh. M. 561. Danach Syr. (und Leo hinter Kap. 88): Von da kamen wir
an einen Ort, wo auf einem Baum ohne Früchte und Blätter ein Vogel saß,
genannt Phoenix (Syr: Palmvogel), der leuchtende Strahlen um den Kopf
hatte. 5) und — Schiffe : nur Arm. Jos.
88. 1) ijtl {rriv) tdlacöav 'am Meer'. Vgl. Blaß, Gramm, d. neut. Griech.
S. 132. — Byz. 4326: nXriclov Tfjs 9aXci66rig, 2) L, auch sonst ausführlicher,
gibt eine Ansprache in 9 Versen. 3) So Arm.; Jos.: 50, d: 20, LBC: aiyco^g,
4) und — Ort: Arm. Syr.; ß Bjz.: 'und kehrten an das Land zurück'. Dar-
auf folgt in B Arm. Jos. der Inhalt von Kap. 39; bei Syr. Kap. 87 mit Ein-
fügung einer Notiz über den Phönix, dann Kap. 40; bei Leo nur die Erwähnung
des Phönix. Dafür in L C u. Byz. 4342 — 4404 die Erzählung von Alexanders Fahrt
nach dem Meeresgrund, die Leo m 28 gibt (vgl. Jos. S. 92).
84 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Lager angebunden wurden.^) Nachdem wir 15 Schoinen im Dunklen
vorgedrungen waren'), kamen wir zu einer Quelle^ die leuchtete wie
der Blitz. Ich war hungrig geworden und befahl dem Koch'), mir
Speise zu bereiten. Als dieser einen Salzfisch in der Quelle waschen
wollte^ wurde der Fisch lebendig und enschlüpfte ihm. Er aber sagte
niemand davon.'*)]]
[[40. *Al8 wir dreißig Schoinen weiter gezogen waren^ erblickten
wir einen Glanz, und zwei Vögel mit menschlichem Antlitz riefen
mir in griechischer Sprache zu: ,Was willst du das Land der Götter
betreten? Kehre um. Unglücklicher, denn das Gebiet der Seligen zu
M 91 betreten vermagst du nicht !^ Erschreckt gehorchte ich der Stimme.
Der eine Vogel aber sprach wiederum: ,Der Osten ruft dich und du
sollst über den König Porös siegen.^ Von den Eselinnen geleitet und
nach dem Gestirn des Wagens fanden wir uns in 22 Tagen zurück. *]
|r41. ^)^Was die Leute aus dem dunklen Land mitgenommen
hatten, zeigte sich, als wir an das Licht kamen, in Gold verwandelt
Da erzählte auch der Koch, was ihm mit dem Fisch begegnet war,
und ich ward zornig und bestrafte ihn.*) Lebe wohl.*]]
89. 1) Arm., ähnl. B, stark verderbt. Ich vermute ungefähr: i^d^ai äh
lutä to^xmv %axa tr]v 6^bv [B = Arm.: f£o> dk iistä xiyv hdhv\ insvoi/j^afiep
Svovs ^Xslag [Arm.: Sing.] ixovöag nalagta ^xal ixiXevöa tcc ncoXdgiay (aus
Arm. ergänzt) slg trjv nagsiißoXiiv toü (poßavov natadBd'fjvat [so Arm. st. xga"
trfiijvai B]. Den erforderlichen Sinn zeigt Byz. 4417 ff. Statt dieses Satzes hat
L (ähnl. C) eine ausführliche stark abweichende Erzählung. 2) Bei Arm.
folgt darauf sofort Kap. 40: 'begegneten uns zwei Vögel' ... 3) Namens
Andreas: LC. 4) LC: Er trank selbst von dem Wasser und nahm davon in
einem silbernen Gefäß mit.
41. 1) Statt dieses Kap. hat Arm. als Schluß des Briefes: 'Und ich ließ
Tore machen, die Orte sorgrfUltig versperren und auf einen Felsen schreiben,
was wir gesehen hatten. [Ähnlich schließt Josippon S. 72.] Und ich machte
mich auf, den Göttern des Landes allein Opfer darzubringen.' [Vgl. Kap. 22
Anm. 8.] 2) Schluß des Briefes in B und Byz.; L (ähnl: C) fügt hinzu: 'Der
Koch gab auch meiner Tochter Kaie, die mir ein gewöhnliches Kebsweib [^x
naXXaxfjg xoivfjg verm. ich st. ix rfjg n. o^^»r\g (C) od. o^wag (C) ^d. h. einer
Hunnin^] geboren hatte, von dem Quellwasser zu trinken. Ich mißgönnte ihnen
die Unsterblichkeit und verbannte meine Tochter in die Wüste, daß sie dort
eine Nereide werde. Dem Koch ließ ich einen Mühlstein an den Hals binden
und ihn in das Meer werfen. Er wurde ein Meeresdämon, und der Ort vmrde nach
ihm benannt. Ich nahm an, daß dort das Ende der Erde sei, und ließ einen
großen Torbogen (atprda) erbauen mit der Aufschrift: 'Geht rechts, wer zum
Lande der Seligen gelangen will.' Dann folgt Alexanders Luftreise, die auch
Leo in 28 und Jos. kurz berichten.
Drittes Bnch. 85
Drittes Bach.
1. Alexander zog durch eine große Einöde und durch wasser- s 87
loses, zerklüftetes^) Gelände^ so daß die Führer sprachen: 'Es ist
genug, daß wir Darius bezwungen haben, der von den Griechen Ab-
gaben verlangte. Was mühen wir uns ab, gegen die Inder zu ziehen,
in Länder, die voll wilder Tiere sind und Griechenland nichts an-
gehen? Will Alexander die Barbaren unterwerfen, so soll er den
Krieg allein führen und nicht uns mitnehmen, die wir durch so viele
Kämpfe erschöpft sind.'*) Als dies Alexander hörte, ließ er die Make-
donier und Griechen auf die eine, die Perser auf die andere Seite
treten, und sprach zu ihnen: 'Meine Mitstreiter, ihr Makedonier und
Griechen') und ihr Perser dort, die unsere Feinde waren! Wenn ihr vii2
mich angewiesen habt, daß ich allein gegen die Barbaren ziehen soll,
so sei es. Jedoch erinnere ich euch daran, daß ich jene Feinde allein Ar 74
besiegt habe, und so werde ich wiederum von den Barbaren, welche 8 88
ich will, allein besiegen. Nur mein kluger Kat hat euch zum Kampfe
ermutigt, als ihr schon vor Darius' Menschen massen in Angst wart.
Habe ich nicbt als der erste das Heer mit meinem Schilde beschützt?
Bin ich nicht als mein Bote zu Darius gegangen? Habe ich mich m 95
nicht den Gefahren preisgegeben? Wenn*) ihr aber beschlossen habt,
allein nach Makedonien zurückzukehren, so geht nur fort, geratet
aber nicht untereinander in Streit, daß ihr merkt, wie das Heer ohne
die Einsicht des Herrschers nichts vermag.' Da flehten sie ihn an, vii8
nicht mehr zu zürnen, und sie bis ans Ende als Mitkämpfer zu
behalten. ^)
2. Nach einigen Tagen kamen sie an die Grenzen von Indien,
und hier begegneten ihnen Boten des Königs Porös, die einen Brief
folgenden Inhalts übergaben: Toros, der König der Inder, an Alexander,
der die Städte plündert. Ich befehle dir, dich zu entfernen. Denn
1. 1) Statt (pagccyymdsis las Yal. (2) (paXayytmdsie (voll giftiger Spinnen).
2; A fugt hinzu: Sie warfen sich jammernd zu Boden, zeigten ihre verdor-
benen Waffen und Kleider und zählten ihre zwölf Kriegsjahie auf und
die gefallenen Verwandten. 3) Über die Herstellung vgl. Rh. M. 562.
4) Nach Val. 24 u. Leo z.l bI dk st. «fr« äk (A ß). 6) A fügt hinzu: und
er gestattete denen, die zu alt geworden waren, die Heimkehr
und, sandte den Griechen Nachricht, sie sollten ihm junge Mannschaft
schicken.
86 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
was Termagst du als Mensch gegen die Götter? Weil du, durch
Kampfe mit Schwächeren, Menschen deinesgleichen in Unglück ge-
bracht hast, glaubst du, stärker als die Menschen zu sein?^) Ich bin
unbesiegbar und nicht nur König über die ünsern, sondern auch über
Oötter. Denn als Dionysos, den du einen Gott nennst^, hierher
8 89 kam, haben ihn die Inder verjagt. Kehre also nach Ghiechenland
zurück, denn dein Kampf mit Darius schreckt mich nicht. Hatten
wir Griechenland gewünscht, so hätten es die Inder längst vor Xerxes
viu unterjocht. Weil aber das Volk und alles dort ohne Wert ist, so
verzichteten wir darauf, denn jedermann begehrt das Bessere, nicht
das Geringere. So haben wir Griechenland verschmäht und erfreuen
uns unseres reichen Landes.^) Daher s^e ich dir zum dritten Mal:
Kehre um und begehre nicht, was du nicht beherrschen kannst.'
K 96 Alexander las den Brief öfiTentlich vor und sprach dann zu seinen
Soldaten: 'Laßt euch nicht wieder beunruhigen, und denkt an Darius'
Briefe. Alle Barbaren zeigen den gleichen Stumpfsinn. Wie ihre
Ar 75 wilden Tiere, stolz auf ihre Stärke und ihr buntes Fell^), trotzdem
leicht von menschlicher Klugheit erjagt werden, so unterliegen die
Könige der Barbaren trotz ihres Dünkels der griechischen Einsicht'
Darauf schrieb er an Porös folgenden Brief zur Erwiderung:
'Du hast unsere Kampf begierde erhöht, indem du sagst, Griechenland
v»5 besäße nichts von Wert, sondern ihr Inder hättet alles Gute. Da ja
jedermann nach dem Besseren begehrt, und wir Griechen das nicht
s 90 besitzen, so wollen wir es von euch gewinnen. Du schreibst auch,
du seist ein König über Götter^) und Menschen. Ich aber kämpfe
gegen dich als einen prahlerischen Menschen und Barbaren, nicht als
einen Gott; denn den Waffen eines Gottes, Donner und Blitz, vermag
die ganze Welt nicht standzuhalten. Und wie dich die von mir be-
kriegten Völker nicht schrecken, so schrecken mich deine prahlerischen
Worte nicht.'
3. Als Porös den Brief las, wurde er sehr zornig und sammelte
sein Heer imd die Elefanten und die andern wilden Tiere, die den
2. 1) überall verderbt oder geändert. Ich vermute etwa: "Ori dh to*o^-
rof)i/ Mq(dv [A: W dh totg t&v i.] siyrvxtlti^ ännlsaas . . . ionBtg iavT& a^Mvagm-
tBQog <TÄr> iJftfT^pcöv fA: Mqoj] tlvai; Vgl. Val. 118, 10 ff. Rh. M. 662.
2) Nach Arm. Val. z. 1.: 8v liyBtg 6v 9b6v st. ov Uyovoi ^. (ora^^irra ye^ 8«
Xiyovai Ji6w6ov AToilaöav A). 8) Dieser Satz, auf den in Alexanden Antwort
Bezug genommen wird, nur bei Ann. 4) itoixtXla Tot> catfuictog (A, fthnl. Arm.
n. Vogelr.), was Val. 17 unrichtig ^corporis alacritate' übersetzt. 6) A: ypa-
tpsig di fu>* asavthv xal d'S&v elvat, ßaödia, &6te xal rcbv d'S&v fM^OM^ tfa S^
vaöQ-ai. Ähnlich Arm. Val. d.
Drittes Buch. 87
Indem im Kampfe beistanden. Da nun die Heere einander nahe
kamen, erschrak Alexander über die Tiere, denn er war nur ge- ^ ^^
wohnt mit Menschen zu kämpfen.^) Da ließ er alle ehernen Bild- yue
Säulen, die er hatte, glQhend machen und Yor seiner Schlacht-
reihe ^) aufstellen. Als nun die Elefanten die Bilder ergriffen, ver-
brannten sie sich den Rüssel und stürzten oder flohen zurück. Dann 5^91
wurden die Inder Tollends von den Persem durch Pfeilschüsse und
Yon den Makedoniem^) durch Reitergefecht besiegt. Aber im Hand-
gemenge fiel Alexanders Pferd Bakephalos, von Porös getroffen. Da
verlor Alexander alle Besinnung*), kümmerte sich nicht mehr um den v 117
Kampf und schleppte selbst das Pferd fort, damit es den Feinden
nicht zur Beute würde. So blieben sie zwanzig^) Tage im Gefecht*),
imd Alexanders Leute litten Not, so daß sie an Übergabe dachten.^
4. Als Alexander den Verrat merkte, sprach er zu Porös: 'Darin m 98
zeigt sich die Macht des Königs nicht, wenn das Heer nutzlos um-
kommt, sondern das heißt eigene Tapferkeit, wenn wir beide uns im
Einzelkampf messen, während die Heere ruhen.' Dazu war Porös
gerne bereit, denn er war fünf Ellen hoch, Alexander aber nur drei, v iis
So traten sie sich zum Kampf gegenüber, und die Heere schauten zu.
Als nun in Porös' Heer ein Lärm entstand und sich Porös danach
umwandte, duckte^) sich Alexander, stieß im Sprung seinem Oegner m 99
das Schwert in den Leib und tötete ihn. Darauf erneuerten die
Inder den Kampf, aber Alexander beruhigte sie durch Zusicherung s 92
ihrer Freiheit, da ja nur Porös sein Feind gewesen sei. Er sprach vii9
so, weil er wußte, daß sein Heer den Indern nicht gewachsen war.
Er ließ dann Porös königlich bestatten, nahm alle Kostbarkeiten mit
und zog weiter^ zu den Oxydrakem; nicht wie gegen ein Kriegsvolk, Ar 77
sondern es waren nackte Weise, die in Hütten und Höhlen wohnten.
8. 1) Hier fügt ß (daraus Arm. und Byz. 4608 fif.) aus der Epistola ad
Aristotelem (203, 3 ff. ed. Eübler) einen Zusatz ein. 2) Nach Yal. 5 ff. u. 18 ff.
vielmehr hinter dem Yordertreffen. Nach d wurden die Statuen auf eisernen
Wagen vorausgefahren. 3) Die Erwähnung der Makedonier, wegen des
Folgenden unentbehrlich, nur bei Yal. 26 und Byz. 4634 ; fehlt A Arm. d ß.
4) A: i^ria^ivrias triv yvoayLr\v. 5) So Yal. 9 ß Byz.; A: 26, Arm.: 7. 6) So
A Arm. ^ ß Byz.; Yal. falsch: viginti ferme dies indutiis dantur. 7) Die
Fassung in den Texten verschieden.
4« 1) nvXkdvai xo^^ n6dag A. 2) A schiebt hier aus einer historischen
Quelle einen größeren Bericht ein: wie AI. ^tohg i>n6 Jlavöavlov'Ivdo^g^ (tahg
rXavöavlxag '1.7 vgl. Arr. Y 20, 2; so schon Zacher Ps. 8. 65) unterwarf, den
Felsen ^Aome' (Aomos Arr. lY 28) eroberte und bei der Erstürmung einer in-
dischen Stadt (vgl. Air. YI 9 f ) Yerwundet wurde.
88 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
V120 5. Nachdem sie erfaliren hatten, daß Alexander zu ihnen komme,
schickten sie ihm ihre besten Philosophen mit folgendem Schreiben
entgegen: ^Die Brachmanen, die nackten Philosophen, an den Menschen
Alexander. Wenn du zu uns kommst, um Krieg zu fähren, so gibt
es bei uns nichts zu holen. Willst du aber das gewinnen, was wir
besitzen, so bedarf es keines Krieges; denn wie deine Sache der Krieg
ist, so ist die unsere die Pflege der Weisheit.' So ging Alexander
M 100 in Frieden zu ihnen und fand sie unbekleidet^), in Höhlen und Hütten
wohnend, und getrennt von ihnen ihre Weiber und Kinder an einem
Orte^, wie weidende Herden.*)
6. Alexander fragte einen von ihnen: 'Habt ihr keine Graber?'
Er antwortete: 'Der Ort, in dem wir wohnen, ist unser Grab.'^) Einen
andern fragte er: 'Welche sind zahlreicher, die Lebenden oder die
Toten?' Er antwortete: 'Die Gestorbenen sind zwar zahlreicher; aber
V121 frage nicht nach denen, die nicht mehr sind; denn die man sieht, sind
mehr, als die man nicht mehr sieht.' Einen andern fragte er: 'Was
s 9S ist stärker, der Tod oder das Leben?' 'Das Leben, denn die Sonne
hat beim Aufgang stärkere Strahlen als beim Untergang.' Femer:
'Was ist größer, die Erde oder das Meer?' 'Die Erde, denn das
Meer wird selbst von der Erde getragen.' 'Welches ist das schlimmste
Geschöpf?' 'Der Mensch.'^ 'Wie so?' 'Frage dich selbst und sieh,
wie viele Geschöpfe du mit dir führst, um andere zu berauben.'
Alexander nahm das nicht übel, sondern fragte weiter: 'Was ist
Königsherrschaft?' 'Habgier, ungerechte Macht, Keckheit, die vom
Glücke begünstigt ist.' 'Was war früher, die Nacht oder der Tag?'
'Die Nacht, denn das im Dunkel des Mutterleibs Erzeugte kommt
erst später an das Tageslicht.' 'Wen können wir nicht täuschen?'
'Gott, der alles weiß.' 'Welche Seite ist besser, die linke oder die
V m rechte?' 'Die linke; denn die Sonne geht links auf, wir nähern uns
den Frauen von der linken Seite, die Frau gibt dem Kinde zuerst
Ar 78 die linke Brust, wir tragen die Götterbilder auf der linken Schulter,
und die Könige halten den Herrscherstab in der linken Hand.'^) Nach
M 101 diesen Freien forderte sie Alexander auf, von ihm zu erbitten, was
5. 1) Val. 14 f. aber: reliqna nudos sed amictn simplici superiectos. Vgl.
Epit. Mett. 71. 2) So Arm. (Vogelr.): 'auf einen Ort gebracht und gelassen'.
8) So Syr. Josippon ß: ag %oi{Lvia Ttgoßatdov VBft6fiBva (Müll.: vBiioiidvag). Dag.
Val. 17: 'pascendis pecudibus occupabantur' ; ähnl. Arm. Leo; in A fehlt dies.
6« 1) So kurz A; in Arm. Val. Syr. ß eine Ausdeutung. 2) A übergeht
das Folgende und hat von den weiteren Fragen nur noch die nach dem Wesen,
das man nicht täuschen kann. 3) Arm. fügt einige Fragen hinzu.
Drittes Buch. 89
sie wollten. Sie riefen alle: 'Gib uns Unsterblichkeit!' Er antwortete:
"Das kann ich nicht, denn ich bin selbst sterblich.' Da sprachen sie:
'Warum führst du dann so viele Kriege, um alles*) wegzunehmen?
Mußt du es nicht wieder andern hinterlassen?' Alexander erwiderte:
'Das ist von den Göttern so angeordnet, daß wir Diener ihres Be-
fehls sind. Meer und Bäume bewegen sich nicht ohne Wind; so
wirkt ^) auch der Mensch nicht' ohne göttlichen Antrieb. Ich wünschte s w
wohl mit den Kriegen au&uhören, aber der Gebieter meines Geistes
läßt es nicht zu. Wären wir alle eines Sinnes, so wäre die Welt viss
leblos. Wohl haben viele durch meine Kriege Unglück gehabt,
andere aber auch wiederum durch sie Glück gefunden. Indem wir
alle Yon allen nehmen, überlassen wir das wieder andern, und keiner
hat einen festen Besitz.'
[Alexanders Brief an Aristoteles. III 17.]
[17,^) Alexander zog dann weiter und erlitt viele Mühsal bei dem m 120
Marsch durch unwegsame und unbewohnte Gegenden.^) Über seine
Erlebnisse . schrieb er an Aristoteles folgenden Brief:]
[I. 'Gruß von König Alexander an meinen Lehrer Aristoteles.
Ich muß dir erzählen, was uns im indischen Land Wunderbares vi2i
begegnet ist.') Als wir nämlich in die Prasische Stadt gekommen
waren, welche die Hauptstadt des indischen Landes zu sein schien*)
Wir trafen ein Vorgebirge im Meer, und als ich mich mit wenigen
Begleitern nach dem vorher erwähnten Ort begab, fanden wir, daß dort
Menschen von weiblicher Gestalt^) wohnten, die von Fischen lebten.
Als ich sie anrief, redeten sie in fremdartiger Sprache. Sie zeigten Ar 79
uns eine Insel mitten im Meer, das Grabmal eines alten Königs, s 95
wie sie sagten, in dem viel Gold geweiht sei. Indem wir nun hin-
überzufahren wünschten, verschwanden die Barbaren plötzlich und
ließen uns zwölf kleine Schiffe zurück. Pheidon*), mein bester Freund, v 125
4) uTcavta Arm. L, rairra (st. ndvta) A, anavtag ß. 6) ivegysl nach
Arm. Syr. Byz. z. 1. st. ivegystta^ A ß Val.
17* 1) In Kap. 7 — 16 hat Müller Traktate über Indien und die Brahmanen
untergebracht, die in der Hb. A an dieser Stelle eingeschoben sind. 2) Die
Einleitung fehlt in A. 8) Val. 1 ffigt hinzu: 'Nam cetera tibi ad Bragmanas
usque praemiseram.' 4) Hier eine Lücke, die in A und Arm. (Vogelr.) noch
erkennbar, bei Val. und Syr. verwischt ist. 6) ^riXvn6Q(povg A Arm.. Val. Jos.;
doch beruht diese Lesart zweifellos auf einem Verderbnis aus d'riQioii6Qq>ovs.
Vgl. Kap. 17 n Anm. 18. 6) So A Arm.; Val. Syr.: Philon.
90 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
H m HephaistioDy Erateros und andere wollten nicht dulden, daß ich die
Fahrt unternehme, und Pheidon bat: ,LaB mich zuerst £Ediren; denn
komme ich um, so wirst du andere Freunde finden, wenn aber du,
so wäre die ganze Welt unglücklich/ Ich gab die Erlaubnis.^
Hundert Männer bestiegen die Schiffe, und sie fuhren hinüber zu der
vermeintlichen Insel — so hatten es die boshaften Barbaren genannt,
es war aber ein Seeungeheuer — , landeten und zogen die Schiffe an
einen hafenähnlichen®) Platz. Nach einiger Zeit aber tauchte das
Tier plötzlich in die Tiefe. Während wir laut schrien^) und das Tier Ter-
schwand, waren jene samt meinem Freund schrecklich zugrunde ge-
gangen. Erbittert ließ ich die Barbaren suchen, aber man fand sie
nicht. Wir blieben dann acht Tage an dem Vorgebirge, und am
V 1S6 siebenten sahen wir das Tier auftauchen, das Schuppen an sich
hatte. ^^) Nach mehrtägigem^^) Marsch kamen wir in die Prasische
Stadt zurück.']
pi. 1. 'Ich habe viel Wunderbares gesehen, vielerlei Tiere, Orte,
die eine naturwissenschaftliche Betrachtung verdienten^), und, was
s 96 das merkwürdigste ist, eine Sonnen- und Mondfinsternis; das alles,
ruhmvoUer Lehrer, muß ich dir mitteilen.']
[2. 'Nachdem wir den Perserkönig Darius besiegt und seine Leute
unterworfen hatten, durchzogen wir das ganze Land.*) Da war viel
Gold, mit Edelsteinen geschmückte große goldene Mischkrüge, daß
einer hundert Viertel faßte'), und viele andere Wunderdinge.']
[3. 'Wir begannen unsem Marsch beim kaspischen Paß. *)Um
die zehnte Stunde, nach'^) dem Mahl, ließ ich das Zeichen geben, und
Ar 80 wir marschierten fünf Stunden bis zur dritten Nachtstunde; sechs
7) Das Folgende nur in Arm. so ausführlich, in den andern Texten, be-
sonders A, stark verkürzt. 8) Xiftsvoeidi} z; 1. st. Itiivosidfj (Arm.). 9) Nach
Arm z. 1.: i^ubv xQa^dvtav st. dQcc^dvt(ov (A). 10) Vgl. Rh. Mus. LH S. 663.
11) So A {Ixavccg iifiigag).
17JI. 1) A (ähnl. Arm.): t6novg <pv6ixfjg d-Boaglag. 7jn erg. &^lovg.
2) Nach Arm. z. 1.: xccl tohg a'btQv vitotd^avtsg ti}v x^^Q^^ ^^^^ i 7t snoQBv6(isd'a
[A: i7toQ8v6piB9'a]. 8) A verderbt und lückenhaft. Nach Arm. und Syr. etwa
z. 1.: XQ^^^^ xQccrfiQsg [Uyicxoi Xid'oig xexoöiiriii^ivoi ebff x^Q^^^ Ixar6f [A: inaovog,
Arm. Syr.: 90] xQatfjga iva ij^lvag [A: ijuvai], &lXov dy^oi^xovvoc [A: 6%tAf
Syr. : 60]. — Hiemach vermute ich Ep. 193, 16 f. statt 'Multa gemmea et cry-
stallina, quae potaria fuerunt et sextariola, multa aurea invenimus'
etwa: M. g. et c. potaria, quae fuerunt sextariolum LXXX (oder andere
Zahl). 4) Die Zeiteinteilung am besten bei YaL, aber unvollständig; in A
durch Lücken sinnlos, in Arm. fehlerhaft 6) So Yal. 126, 20; A Arm. ver-
kehrt inl th dslnvov st. &%h xo^ dünrav.
Drittes Buch. 91
Stunden waren zum Schlaf vergönnt^ und mit Sonnenaufgang gab
die Trompete wieder das Zeichen zum Marsch bis zur vierten Stunde.
Jeder trug Schuhe, Beinschienen, lederne Gamaschen und Panzer,
denn die Einwohner hatten uns vorher gesagt, wir sollten wegen der v w?
Menge von Schlangen auf den Wegen besorgt sein*); und ich befahl,
daß niemand ohne diese Ausrüstung sein dürfte. Nachdem wir einen
unermeßlichen Weg"^) von zwölf Tagen zurückgelegt hatten, kamen
^ wir zu einer Stadt, die mitten in einem Fluß lag. Dort waren Rohre
von dreißig Ellen Höhe und vier Ellen Umfang, woraus auch die
Dächer in der Stadt gemacht waren, und sie stand nicht auf dem
Boden, sondern auf diesen Rohren. Aus Rohr gefertigte Boote be-
fanden sich in dem Flusse. Hier ließ ich in der dritten Tagesstunde
das Lager aufschlagen, aber wir fanden das Wasser des Flusses bitterer h la
als Nießwurz. Als einige®) Leute nach der Stadt®), die vier Stadien s 91
entfernt war^®), hinüberschwimmen wollten, tauchten Flußpferde auf
und fielen sie an. An einer andern Stelle ^^) zeigte sich dieselbe
Gefahr. So blieb nur übrig^*), den Platz zu verlassen, und wir
marschierten von der sechsten bis zur elften Stunde weiter, so von
Durst gequält^'), daß manche sogar ihren eigenen Urin tranken.
Endlich kamen wir zu einem See mit einem üppigen Walde. Dort
fanden wir Wasser, süßer als Honig. Auf einem Vorgebirge stand
eine Säule mit der Inschrift: ,Ich, der Weltherrscher Sesonchosis, v 13»
habe diesen Wasserbehälter für die Schiffer erbaut, die das rote Meer
befahren." Hier ließ ich das Lager zum Übernachten aufschlagen und
Feuer anzünden.']
['Als der Mond hell schien, um die dritte Nachtstimde, kamen
die Tiere des Waldes zur Tränke an den See. Da waren ellenlange
Skorpione imd^*) Sandvipem^^), teils weiße, teils braune, und Hom-
vipem.^^) Wir ängstigten uns nicht wenig, und da schon einige
6) Etwa z. 1.: TCQOsiQ'^söav [A: srt^ii^i^ijxatf»] yccg ol ivt6^Mtf [^4^] '■^^^
iQTCBtäkv iv xaZ^ oiolg [so Arm.; A: xolg Idloig] dtä (pogäv [so A; Arm.: dia-
(pd^ogav] itxoslc^ai [? Aim.: icoutc^aiy fehlt A], %al xctrcxij^vfa [so Arm.; A:
xoTcxijpvgatr] . . . 7) Nach Arm. z. 1.: &,Xoyov 66 ov ijfieQ&v »/T. A: &X6y(ov
<al80 wohl ällriv idhvy ij/t. iß\ 8) Syr.: 86, Leo: 87, Ep.: 200. 9) Val. 14:
alind castmm. 10) 'die — war' nach Val. Leo. 11) So Val.; in S ist von
einer Überschreitung des Flusses die Bede; A Arm. fehlt dies. 12) Z. 1.: ^s-
Ulxno st. &7(8UlnBxo (A). 18) Überall verderbt. Etwa z. 1.: ims mgccg ul ^fup
[Müll.: riiiEv] t^ V dar OS 7c69cp [vgl. Val.; A Arm.: tm ^docri] iyM^nodiOydvoi
ixl toöovTov ... 14) xal fehlt in A vor &(tiiodvt€u, 16) Nur A Arm. und
Ep. 199, 19 (hammodjtarum serpentium z. 1.). 16) Nur Val., Syr., Jos.
und Ep.
92 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Ar 81 Leute getötet waren, erschoU lautes Jammei^esclireL Dann kamen
auch yierfüßige Tiere zur Tränke: Löwen größer als Stiere , Nas-
s 98 hömer, Wildschweine größer als Löwen mit ellenlangen Zähnen,
Luchse, Panther, Tiger, Tiere mit Skorpionschwänzen, Elefanten,
Ochsenwidder, Stierelefanten, Menschen mit sechs Händen, mit Riemen-
füßen, mit Hundsschwänzen ^^), und andere Geschöpfe von tierischer
V129 Gestalt.^«) Mit Eisen ^^) setzten wir uns zur Wehr*^), und ich ließ
den Wald in Brand stecken. Da eilten Schlangen zum Feuer herbei,
die wir zertraten, mit dem Schwert töteten und verbrannten, bis in
der sechsten Nachtstunde der Mond unterging.^) Plötzlich erschien
ein Tier, größer als ein Elefant, das Odontotyrannos heißt. Ich lief
hin und her und ermutigte meine Soldaten zum Widerstand, aber das
einhömige Tier'^) stürzte in das Lager und tötete 26 Leute, bis es
endlich überwältigt wurde. Als es tot war, vermochten es kaum
dreihundert*') Männer von der Stelle zu ziehen. Mit dem Untergang
des Mondes sprangen Nachtfüchse ^) von zehn imd acht Ellen Lange
viso aus dem Sande hervor, Krokodile erschienen, die das Zugvieh an-
fielen, und Fledermäuse, größer als Tauben, die Zähne, wie Menschen,
hatten und den Leuten Nase, Ohren und Finger zerbissen.**) Un-
schädlich waren die Nachtraben; diese saßen am See und fingen
Fische*^), auf die wir, zur Speise für uns, Jagd machten. Mit Tages-
s iM anbruch entfernten sich die Tiere. *^) Die Führer, die uns in solches
Unglück gebracht hatten, fünfzig an Zahl^), ließ ich in das Wasser
werfen. ^^)']
[4. ^) 'Wir gelangten dann durch die Wüste auf den natürlichen
Weg, der nach Prasiake führt. Nach einigen Tagen kamen wir in
eine fruchtbare Gegend'^), wo ich meinem Heer eine fünftägige Rast
17) A: xvXionigdixsg, Arm.: xvvonigdtxsg, Val.-Hss.: cynopendices (z. 1.:
cyiioperdices). Urspr. Lesart wohl: KvvoxtQxideg. 18) &: ^riXv(ioQ(pa.
19) cid'^QO} nach Arm. z. 1. st. ol Sk rjgcag (A). 20) Danach in A größere Lücke.
21) 'die — unterging' nach Arm.; vgl. Val. Syr. 22) d. e. T.: nur Arm.
28) Arm.: 1300. 24) vvxraXmnExeg. Urspr. Lesart wohl iivQiirixccXAnsxsg.
S. z. d. St. 26) und — zerbissen: nur Val. Leo. 26) Ix^i^g &yQBvovtBg
od. dgl. ist in A Arm. nach ixdd'riPTo aus Ep. 201, 24 f. zu ergänzen, denn Alexan-
ders Leute haben schwerlich £ulen geschmaust. — Ep. 201, 22 verm. ich statt
'colore divini, fulvo': colore de vino fulvo (Übersetzung von olp6xQioTBg)\ vgl.
Bamberger Hs. 231^: habebant colorem rubicundum et . . pedes et pizom nigros.
27) Hier schiebt d einen großen Abschnitt aus II 32, 38, 86—40, III 28
ein. 28) f. a. Z.: nur Arm. Syr.; vgl. Ep. 194, 6. 29) Der Satz fehlt A.
80) Dieser Abschnitt nur bei Arm. und Syr. ausführlich; in A dürfbige Trünmier;
Val. kürzt. 31) Syr.: 'in eine Gegend, reich an Bäumen.' Val. 17 (vgL 26),
Drittes Bnch. 93
vergönnte. Als wir am sechsten aufbrechen wollten, da zeigte sich, s 103
am dritten Tage im Monat Dios**), folgendes Schauspiel: Zuerst ent- Ar ss
stand ein heftiger Wind, der die Zelte umwarf und uns zu Boden
schleuderte.^*) Während ich die 2^1te wieder aufrichten ließ, kam
eine so finstere Wolke, daß wir einander nicht mehr sahen. Dann
türmte sich in einer Entfernung von zehn Stadien**) dunkles Gewölk
auf, aus dem fortwährend Feuer blitzte, bis alles in Feuer stand- *^)
Das dauerte ununterbrochen drei Tage, und fünf Tage sahen wir die v isi
Sonne nicht. Dabei schneite es so stark, daß Leute, die sich in das
Freie wagten, aufrecht verschüttet wurden**), und wir fanden dann
mehr als 70 Tote im Schnee.*^) Als die Sonne wieder schien, zeigte
sich, daß*®) wir viel Mannschaft und Habe verloren hatten, und wir
konnten nicht weiter ziehen, da der Schnee drei Ellen tief lag.'
[5. 'Nach einem Aufenthalt von dreißig Tagen machten wir uns
auf den Weg, und nach fünf Tagen schlugen wir die Schlacht*^) und
gewannen die Prasische Hauptstadt der Inder samt Porös und seinen
Leuten und allen seinen reichen Schätzen*^) [[worüber euch bereits m 12s
berichtet ist*^].']
[6. 'Nachdem ich dann das umliegende Gebiet am Hyphasis")
geordnet hatte, kamen die Inder und huldigten mir.**) Ich forderte
sie auf, wenn sie noch etwas wüßten, was meines königlichen Besuchs
würdig wäre, es mir zu zeigen. Da sagten einige von den Kundigen**),
sie würden mir Pflanzen zeigen, die wie Menschen sprächen. Ich s 104
befahl erst, sie als Betrüger zu züchtigen*^), da sie aber die Wahr-
heit beteuerten, ließ ich mich überreden, und wir gelangten nach
einem Marsch von zwölf *^ Tagen zu einem Ort, der, wie sie sagten, Ar ss
nach Osten hin die Grenze der Südseite sei, und darüber hinaus liege
ähnl. Arm.: oppidum, wohl aus Mißverständnis von x^ov. 32) A: fiTjfia/oi
xQitr\^ wohl aus: ^r^vl ^iia (der erste Monat des makedonischen Jahis), xqLxx^
(^fi^pa). £p. 207, 24: octobrio mense. 83) Danach Lücke in A. 34) 10 St.:
Arm. ; Syr. : 2 Meilen. 36) Die Beschreibung am besten bei Sjr. ; vgl. £p.
208, 13 ff.; Arm. verderbt. 36) So Arm.; Yal. 8 ff. sagt dies vom Zugvieh.
37) Arm. 88) idif^haösv Sxi od. dgl. war in der Vorlage von Arm. u. Syr. aus-
gefallen. 39) 8. w. d. S.: nur Arm. 40) A nach Arm. etwa z. verb.: a^v
JIcopo) xccl xolg 6vv airco) nal xots i^Bivov ic&öiv — nanTcXtid'fj {-^kg A) dh {v —
&ya^otg. Rh. M. 668 f. Yal. und d erwähnen Porös nicht. 41) Aus einer Rand-
notiz ^TtBQl a)v yiyganxai^^ die sich auf III 2 — 4 bezog. 42) %axa xhv '^TtpatSiv
vermute ich statt: %axä {xriv) tp^ctv A Arm. 48) Das scheint etwa der Sinn
der verderbt überlieferten Stelle zu sein. 44) nolviÖQioiv Meusel st. noivav^
^glav (A B), noXiSgltov (Arm. Val. C). Ep. : duo senes. 46) So Arm., Syr. u.
Ep. 210, 10. 46) So Arm.; Syr.: 16; Ep. 209, 18: 10.
94 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
nur eine Wüste voll wilder Tiere. *^ Sie brachten uns in einen
Baumgarten; denn der Ort war nicht mit einer Mauer umgeben,
sondern mit Bäumen, und mitten im (harten war ein Tempel der
Sonne und des Mondes. Da standen zwei himmelhohe^) Bäume,
ähnlich unsem Zypressen, und ringsherum die vorher erwähnten
Bäume, die denen glichen, die man in Ägypten Myrobalanos nennt,
auch die Frucht. Von den erstgenannten Bäumen galt ihnen der
eine als männlich, der andere als wei blich .^^ Der Nftme des männ-
lichen war Sonne, der des weiblichen Mond; sie nannten sie, wie sie
sagten, in ihrer eigenen Sprache Mithra und Mao.^) Die Bäume
waren mit Fellen behängt, der männliche mit Fellen männlicher, der
weibliche mit solchen weiblicher Tiere. *^) Ich wünschte den (Jrund
davon zu erfahren. Als ich fragte, was das für Felle seien, sagten
sie: ,Von Löwen und Panthern**) . . .' Eisen, Erz, Zinn, oder auch
viss nur Ton, um etwas zu verfertigen, gab es dort nicht*') Bekleidet
waren die Leute mit Tierfellen. Ich fragte nun, wann die Bäume
8 106 sprächen.**) Sie sagten: ,Wenn die Sonne aufgeht, wenn sie mitten
am Himmel ist, und wenn sie untergehen will, spricht ihr Baum,
und ebenso ist es mit dem Monde.^ Die Männer, die Priester zu
sein schien, forderten mich dann auf, wenn ich rein sei, in das
Heiligtum einzutreten und anzubeten. Ich nahm zehn Freunde mit:
M 124 Parmenion, Krateros, lollas^*)^ Philippos**), Machetes, Thrasyleon,
Machaon*'), Theodektes*«), DiphUos*^) und Neokles. Die Waffen
47) So Arm., ähnl. Syr. 48) Val. Syr. 49) A Ann. verderbt: Trpotfi]-
ySgBvov dk rh fUv &qqsvix6v iggipiov loyia^Mt (-ö^ihv A), tb dh ^Xvxhv ^IvxAv
(P^Xvov d. i. d-rilsloip A). Nach Val. 132, 17 ff. ('Sed ex hisce duabns arboribnB,
de quibus supra locuti Bumus, marem alteram, alteram feminam eise con-
tendunt') yermute ich ungefähr: oav dk %Qor{y6QBvov xo ^t^v &QQBVixhv {bIvccC)
iXoylaavtOf tb Sk 9'riXvx6v. 60) Überall verderbt. A: a HXsyov xfj Iditf (pavfj
liovd'oi) ^fiao {; (Tat = Arm.; Syr.: Mitora, Mayosa. Ich yermnte etwa: & i,
r. l. (f. Mld'gav xal Ma&{7) dvoiidöuL 51) Die beiden folgenden Sätze,
tcbqI dh x&v d"riQl(ov xi}v alxlav i^i^xovv ^lad'slv und 'Efvoü igatx&vxog — TCagdä-
Xbcdv sind in a verschoben. 52) Es fehlt die Angabe, welche Bewandtnis es
mit dem Aufhängen der Felle hatte. Nach der Art der Felle brauchte Alexander
nicht zu fragen. 53) Darauf ein verderbt und abweichend überlieferter Satz,
der Val. fehlt. A Arm. : Oi5x i^BOxt dk wde xdtpov ^x^iv bI iif} xov to-ö "fiXiov
%al xfjg öBXi^vrig. Müll, ergänzt hgia. Eher wäre nach Ep. 216, 14 ('Opobalsamo
et ture vescuntur') zu vermuten: O. i. d. m. xgotpfjv i. st iiij 6nhv x&v x. ii. %.
X. tf. derSgav. 54) So nur Syr. (vgl. Byz. 4948); wohl durch Korrektur, denn
die Frage war jedenfalls schon in a durch jebe Verschiebung verloren gegangen.
66) Müll. : 'lolXav st. "louXov (A), Ullon (Arm.), Ysillum (Val.). 56) Ph. : nur
Syr.; aber unten wird er in allen Texten genannt. 57) Nur Arm. VaL
58) Überl. Theodektos, verb. Müll. 59) A Jäq>dov. Arm.: {9b6Sbxxov) dk tplXov.
Drittes Buch. 95
maßten wir draußen ablegen. Es folgten mir auch dreihundert
Soldaten^ und ich ließ alles durchsuchen^ ob keine Täuschung statt-
finde^ aber es war nichts dergleichen da. Zur Übersetzung des Spruchs
rief ich einen der Inder zu mir, auf dessen Antrieb wir dorthin g^
kommen waren®®), und schwor, ihn zu töten, wenn die versprochene
Antwort ausbleibe. Als die Sonne unterging, sagte der Baum etwas
in indischer Sprache, das mir der Inder nicht übersetzen wollte. Da a^u
ich ihn aber beiseite nahm und mit dem Tode bedrohte, flüsterte er
mir in das Ohr: ,Du wirst bald durch die Deinen sterben.' Bestürzt m 125
befragte ich bei Aufgang des Mondes den andern Baum, ob ich nicht
meine Mutter und meine Verwandten noch einmal begrüßen würde.
Der Baum antwortete in griechischer Sprache: ,Du mußt in Babylon
sterben, und wirst von deinen eigenen Leuten getötet werden und
nicht zu deiner Mutter zurückkehren.' Darauf wollte ich den Göttern s 106
Kranze weihen, aber der Priester sagte: ,Das ist nicht erlaubt; doch
tue, was du willst^ denn für einen König ist das Gesetz ungeschrieben.'
Da ich sehr traurig war, baten Parmenion und Philippos, ich möchte
mich zur Ruhe legen, aber ich wollte nicht, und begab mich um
Sonnenaufgang mit den zehn Freunden wieder in das Heiligtum.
Dort entließ ich sie, und fragte den Baum, ob ich vor meinem Hin-
scheiden®^) noch einmal nach Makedonien zurückkehren imd meine
Mutter®^ wiedersehen würde. Indem die Strahlen der aufgehenden viss
Sonne die Gipfel berührten, ließ sich deutlich eine Stimme ver-
nehmen: ,Vollendet sind die Jahre deines Lebens, und dein Wunsch
wird nicht in Erfüllung gehen. Bald werden auch deine Mutter und
deine Gattin durch die eigenen Leute ^) eines schrecklichen Todes
sterben, und deine Schwestern.**) Nun begehre nichts mehr hierüber,
denn du wirst nichts mehr hören.* So brach ich noch um die erste
Tagesstimde von dort auf**) und gelangte durch einen Marsch von
fünfzehn Tagen zurück nach Prasiake.**)']
[7. *'^'Dort brachten uns die Inder Fischhäute nach Art von Ar es
Pantherfellen*®), große Fischzähne *^), riesige Muscheln und purpurne s 107
Val.-Hss.: difficilique (Abi.). 60) auf — waren: nur Val. 61) Z. 1.: xal rots
itTtavalvCOfiai od. iinoXvaonai (=» &nod'avoviicct) st. &7tavaX^öat (A), inavelBV'
601UCI (Arm. Sjrr.). 62) A Arm. Yal. fflgen unpassend hinzu: 'und meine Gattin'.
68) Val. 9 und L: 'Iv^mv st. iditov. 64) So A; auch Ep. Plural; Arm. Syr.:
Singular. 66) So A Arm.; danach in A eine große Lücke, in Arm. ein ver-
derbter Satz, der sich auf den Inhalt von Ep. 216, 10 ff. zu beziehen scheint.
66) imd — Prasiake: Arm. d. 67) Der Inhalt des nächsten Satzes nur in
Arm. und d; vgl. Ep. 218, 20 ff. 68) So d; Arm. verderbt. 69) Mehrere
96 Zweites Kapitel. Der Text des Bomans.
s 117 und weiße Schwämme.^®) Von Prasiake kam ich nach Persis und eile
s 118 nun^^) zur Königsburg der Semiramis.^^) Dies habe ich für nötig
gehalten dir mitzuteilen. Lebe wohl.']
[Alexanders Besnch bei der Königin Kandake. III 18 — 24.]
[18. Darauf führte Alexander sein Heer nach der Königsburg
der Semiramis. Denn er wünschte sie zu sehen, weil sie in der
ganzen Welt, auch in Griechenland, berühmt war. p)Die Stadt,
dreißig^) Stadien lang und breit, hatte eine Mauer aus natürlichem
Stein mit 120 Toren, die mit Eisen und Erz beschlagen waren, und
war ganz aus Stein erbaut.]] Hier herrschte eine schöne Frau mitt-
leren Alters Namens Kandake, verwitwete Mutter dreier Söhne und
V1S6 Urenkelin') der Königin Semiramis. Ihr sandte Alexander folgenden
Brief:
H 326 ^Gruß Ton König Alexander an die Königin Kandake in Meroe
und die untergebenen Fürsten. Als ich nach Ägypten kam, sah ich
dort eure Gräber und Wohnungen und hörte von den Priestern, daß ihr
eine Zeitlang über Ägypten*) geherrscht habt, und Ammon mit euch
zu Felde zog. ^)Nun werde ich bald in eure Stadt kommen, da mir
Ammon schon längst ein Orakel darüber erteilt hat. ®) Deshalb habe
ich an euch geschickt, damit ihr Ammons Tempel und Bild an die
Grenze bringt, daß wir ihm opfern. Wollt ihr nicht kommen, so
werden wir bald in Meroe zusammentreffen und uns besprechen.
Schickt ims Nachricht hierher, was euch gut scheint.'
Kandake antwortete: 'Damals gab Ammon das Orakel, gegen
Ar 86 Ägypten zu ziehen, jetzt aber, daß man weder ihn selbst in Bewegung
Arten; darunter Arm. nach R.: öaXofivQLvaiv k^anijx^ig^ wofür Leo: pelles mure-
narum long, cubit. sex. 70) Hier folgt in Syr. (Budge S. 107 — 117) der große
Zusatz der persischen Obersetzung. 71) inBiy6n,T\v dk A, fehlt Arm.; nach
Yal. z. 1.: inElyoitai. 72) Durch Abirren von l^E^irgdiismg ßaalleia zu demselben
Ausdruck im Anfang von Kap. 18 ist in d der Schluß des Briefs verloren ge-
gangen, daher bei Syr. und Leo die Briefform in Eap. 18 weitergeführt wird.
18* 1) Der folgende Satz nur bei Arm. u. Syr. vollständig; fehlt A.
2) So etwa nach Curtius ('XXXV Stadium murus') zu vermuten; s. z. d. St. Arm.
(vgl. Syr.): 3 Stadien, was schon wegen der Zahl der Tore unmöglich ist.
a) U.: nur Val. 4) Val. 6 ändert: Indiam, vgl. Z. 15. 6) Der Sinn des
folgenden Satzes nur bei Val. Bf. und Syr. richtig. Etwa z. v.: futä dh 611yo9.
%q6vov, ndXai [A: tcoXiv] xQTifJuxvlöavtog j4(Hi<ovoSy ävelevöofiai [A, &hnl. Arm.:
&veXvüaTB] Big tr\v Idlav n6Uv i>nmv [^fi. fehlt A]. 6) Das Folgende in A ver-
derbt. Vgl. Rh. M. 564.
Drittes Buch. 97
setzen solle ^ noch sonst jemand dorthin ziehen dürfe, wer aber zu
uns komme, den sollten wir als Feind behandeln.') Verachte nicht
etwa unsere Hautfarbe, denn im Geist sind wir beller, als die Hellsten
bei euch. Und wir stehen von jeher, achtzig Völker®), zum Kampfe s ii9
bereit. Darin aber wirst du recht handeln, daß du den großen Gott
Ammon ehrst. Daher bringen dir meine Gesandten 100 massive v is?
Goldbarren, 500 äthiopische Knaben, 200^ Papageien, 200 Sphinx-
Affen; für unsem Gott Ammon an der Grenze Ägyptens einen Kranz
aus Smaragden und Perlen, 10 Ketten mit geschnittenen Steinen^®),
10 Kästchen ^^) Perlen und Edelsteine, 80 Kästchen aus Elfenbein;
außerdem von den wilden Tieren unseres Landes: 350 Elefanten,
300 Leoparden, 80 Nashörner, 4000 Panther, 90 menschenfressende
Hunde, 300 Kampfstiere, 90 Elefantenzähne, 300 Leopardenfelle, 1500
Ebenholzstäbe. Laß dies alsbald abholen und schreibe uns, wann^^
du Herr der ganzen Welt geworden bist.']
[19. Alexander sandte Kleomenes, den Statthalter von Ägypten,
um dies in Empfang zu nehmen, und machte sich selbst auf den
Weg zu ihr. Da aber Kandake erfuhr, wie Alexander Städte angreife
und Könige bezwinge, schickte sie einen ihrer Leute, einen griechi- m 127
sehen Maler, der heimlich ein Bild Alexanders fertigen mußte, das
sie dann in Verwahrung nahm. Nun geschah folgendes. Ein Sohn
der Kandake Namens Kandaules kam mit wenigen Reitern zu Alexanders s iso
Lager. Die Wache führte ihn, da Alexander gerade schlief, zu Ptole- v iss
maios Soter, der die zweite Stelle im Reiche hatte. Auf Befragen
erzählte er: ^Ich ging mit meiner Frau und wenigen Begleitern, um
das jährliche Fest der Weihe bei den Amazonen zu begehen. Da
überfiel mich der Tyrann der Bebryker mit Übermacht und raubte
mir mein Weib. Nun will ich ein größeres Heer holen, um sein
Land zu verwüsten.' Ptolemaios weckte Alexander und sagte ihm
dies. Darauf bekleidete ihn Alexander mit seinem Mantel und Diadem
und sprach: 'Laß, als wärest du Alexander, den Hypaspisten Antigonos
rufen, und wenn ich eintrete, erzähle mir, was du mir eben gesagt hast,
und verlange meinen Rat.' Als Ptolemaios so heraustrat, verwun- L^g?
7) Arm. richtig: xal xQf^^^^ <off TtolBiUoig. 8) Ich vermute: itndgxoiup
. . sig TtXijd'og i% to{) ndlai, [st. öxvtdXriP A, axvtalai Arm. ß; in Arm. aber
daneben richtig: 'seit unendlichen Zeiten'] tpvlal [populos Val. 21; fehlt A
Arm. ß] dy^oijxovta (om. A). 9) Die folgenden Zahlen unsicher wegen ver>
schiedener Überlieferung. 10) iatpQayiaiUvovg A ß Byz. 11) So Yal.
('loculos'); Arm. /? Byz.: etarfjQttg^ Leo: cluvias; fehlt A. 12) d richtig 8t b
8t. 8ti (A Arm. ß).
Ausfeld, Der griechlsohe Alexanderroman. 7
98 Zweites Kapitel. Der Text des BomaDs.
derten sich die Soldaten^ was der kluge Alexander wieder vorhabe,
Eandaules aber fürchtete für sein Leben. Es geschah nun nach der
Verabredung. Alezander wurde als Antigonos herbeigeholt und gab
den Rat; ein Heer zu rüsten und das Weib des Elandaules zu Ehren
8 isi seiner Mutter zu befreien. Ptolemaios befahl^ daß Antigonos dies
besorgen solle.]
[20. So geschah es^ und sie kamen noch bei Tage^) an dem
Orte an.*) Hier riet Alexander, den Angriff auf die Nacht zu ver-
schieben, weil sonst der Tyrann vor dem Kampfe das Weib töten
würde und alles vergeblich wäre. Da warf sich Eandaules vor ihm
nieder und rief: '0 wie klug bist du, Antigonos! Wärst du doch
V 140 Alexander, und nicht sein Hypaspist!' Sie überfielen nun nachts die
Stadt und zündeten die Vorstadt an. Als die Leute erwachten und
fragten, ließ ihnen Alexander zurufen, Kandaules sei mit einem großen
Heer da und würde die ganze Stadt verbrennen, wenn sie das Weib
nicht herausgäben. Da stürzten alle zum Haus des Tyrannen, rissen
das Weib von seinem Lager imd übergaben es dem Eandaules, den
Tyrannen aber töteten sie. Eandaules umarmte Alexander imd bat,
er möchte ihn zu seiner Mutter Eandake begleiten, damit er dort
königliche Geschenke erhalte. Alexander antwortete erfreut: 'Erbitte
mich vom Eönig, denn ich wünsche selbst, eure Stadt zu sehen.'
Ptolemaios, von Alexander vorher verständigt, gab dem Eandaules
den Eönig als seinen Gesandten an Eandake mit und ermahnte Ean-
Ar ^88 <^A^^^^9 B^^^ dankbar zu zeigen und Antigonos wohlbehalten zurück-
V 141 zubringen, was dieser feierlich versprach.]
M 129 [21. Mit einer genügenden Truppenmacht, Zugtieren und Wagen
traten sie die Reise an. Unterwegs staunte Alexander über die eis-
bedeckten Berge des Landes, die bis in die Wolken ragten, und die
eigenartigen Fruchtbäume. Da waren Apfelbäume mit goldfEirbigen
M 180 Früchten, die einen umfang hatten, wie bei den Griechen die Eürbis-
zitronen^), Weintrauben, so groß, daß man eine reife nicht um-
spannen konnte'), und Granatäpfel, die Eeme so groß wie Eicheln,
die Früchte wie Melonen.*) Auf den Bäumen waren viele Schlangen,
Eidechsen, größer als ein Ichneumon, Affen, nicht kleiner als bei den
20. 1) So richtig Syr. und die Vorl. von Arm.; Müll, nach A ß: necgcc ydav
illidgav. 2) Bei Yal. und Leo fehlt dieser Satz^ so daß das folgende Gespr&ch
noch im Lager vor Ptolemaios stattfindet.
21. 1) xlrga. 2) A: ßotQvav ata<pvlal mg nrj d^vac^ai &Qaxov iva ;{;«»-
9i}0ai. Wohl z. 1.: mqixov (^vielmehr Sgay^Lop iva}. Val. 16 f. abweichend, Arm.
sinnlos. 8) Vgl. Rh. M. 666. . .
Drittes Buch. 99
Ghiechen die Bären^ und andere merkwürdige Tiere. Dort befanden
sich auch heilige Stätten^ Felswände mit einem Absti^ in das Innere, v i48
Eandaules sagte, man nenne dies die Oötterwohnnngen und die Götter
zeigten sich in diesen Höhlen oft den Königen, was Alexander auf
dem Rückweg^) selbst erproben könne. Als sie zur Eönigsburg
kamen, wehrte Eandaules die Umarmung der Mutter und der Brüder
ab, ehe sie nicht seinen Wohli^ter Antigonos begrüßt hätten, und er-
zählte ihnen alles. Da umarmten sie Alexander, und es wurde ein
glänzendes Mahl gerüstet.]
[22. Am nächsten Tage erschien Eandake mit dem königlichen m isi
Diadem geschmückt, übergroß und von göttergleicher Gestalt, so daß
Alexander seine Mutter Olympias zu sehen glaubte. In der Eönigs- v lis
bürg glänzten die Decken und Wände von Gold. Da waren Polster
aus Seide und Gold gewoben, Ruhebetten mit Füßen von Perlen^) s iss
und Beryllen, Sessel mit goldenen Gurten, Tische aus Elfenbein, nu-
midische^ Säulen mit Kapitalen aus Ebenholz'), zahllose eherne Ar 89
Statuen, Sichel wagen aus Porphyr mit Pferden und Wagenlenkem,
die sich zu bewegen schienen, Elefanten aus demselben Stein, die v lu
Feinde mit den Füßen zertraten und mit dem Rüssel packten,
ganze Tempel aus einem Stein ausgehauen, Bildnisse barbarischer Götter
von furchtbarem Aussehen, Dachpfeiler so hoch wie Platanen und
Zypressen, und ein Fluß mit goldschimmemdem Wasser, ein zweit.er
Paktolos, an dem reihen weis gepflanzte Bäume standen. Alexander
betrachtete dies mit Staunen. Er speiste an diesem Tage mit den
Brüdern^) des Eandaules, und Kandaules bat seine Mutter inständig, m is2
den Gesandten mit entsprechenden Geschenken zu entlassen. Da^)
nahm Kandake den ^Antigonos' bei der Hand und zeigte ihm durch-
sichtige Gemächer, die aus luftfarbigem ^ Stein gebaut waren, so daß v 145
man von innen durch die Steine^ die Sonne wahrnahm. Dort war
auch ein Speisezimmer aus unverbrennbarem Amiant^) und ein Haus,
4) a. d. R.: nur Arm. Syr.
22. 1) Arm. (Kaabe) : oitvimvmvy A : dtvlovy Müll. : 6v{>%aiv. 2) Nach Arm.
z. 1. : Noiujc6ixol. Müll. : MridtxoL 8) Nach Leo L C Byz. (fthnl. Axm.) z. 1. :
ißevlvaig st. iXetpavrlvoig A B. Val. 18 ff. verderbt. 4) Yal. (22) las MsUpcctg st.
&dsX(polg, Arm. &dsXfp6g. 6) So nur Yal. 26, nach dem Kandake die Bitte des
Sohns alsbald erfüllen will. Die andern Texte schieben ein: *am folgenden Tage',
was vermutlich eine Wiederholung vom Anfang des Kap. ist. 6} Aegltov. So
Arm. A. Nach Val. Leo vielmehr aus leuchtendem Stein (lychnites Yal. 2;^
Leo: ex lapidibus habentes aureum colorem). 7) So Arm.; Yal. d: so da£ es
aussah, als schiene die Sonne darin. 8) A: i^ aliuktov (st. &iudvTmv ß) ^^Unv
{Xld'oDv B Byz. Yal.) ScnsQ icrlv äör^xta nal &xavcta &xh %vq6s. Ähnl. Arm. d.
100 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
das auf Rädern lief und von zwanzig Elefanten, gezogen wurde^ zum
Gebrauch für den König im Kriege. Darauf sagte Alexander: ^Das
verdiente wohl Bewunderung, wenn es bei den Griechen wäre, euch
8 184 aber bieten eure Berge dergleichen ohne Mühe dar.'^) ^Ganz recht,
Alexander!' erwiderte Kandake zornig. Als Alexander seinen Namen
V 146 hörte, wandte er sich ab und leugnete. Kandake aber führte ihn in
ihr Zimmer, zeigte ihm sein Bild und sprach: ^Was zitterst du, Ver-
nichter der Perser und Inder? Jetzt bist du, der Besieger der Meder
und Parther, ohne Kampf in die Hände der Kandake gefallen. Merke
also: wer gar zu klug sein will, findet wohl noch einen E^lügeren.'
M ISS Da knirschte Alexander mit den Zähnen. 'Was kannst du nun
machen, großer König?' fragte sie wieder. 'Hätte ich mein Schwert,
Ar 90 so tötete ich erst dich, damit ich nicht in deiner Gewalt wäre, dann
V 147 mich, weil ich mich selbst verraten habe.' ^°) 'Das ist eines Königs
würdig', sagte Kandake. 'Doch sei imbesorgt. Denn wie du meinen
Sohn und sein Weib gerettet hast, so will ich dich vor den Barbaren
s 185 retten. Wenn sie erfahren, daß du Alexander bist, so werden sie dich
töten, weil du Porös getötet hast, und die Frau meines jüngeren
Sohns eine Tochter des Porös ist. Deshalb werde ich dich Antigonos^*)
nennen und dein Geheimnis bewahren.']
[23. Darauf trat sie mit ihm heraus und sprach: 'Mein Sohn
Kandaules und meine Tochter Marpessa^), Alexander yerdanken wir
eure Rettung. Beschenken wir also seinen Boten, wie es sich ziemt!'
Der zweite Sohn war damit eyi verstanden, aber der dritte*), Karagos'),
sagte: 'Mein Weib will ihren Vater rächen und Alexanders Boten
y 148 töten.' Kandake erwiderte: 'Was hilft das? Alexander hat ja noch
mehr Diener. Auch wäre es ein Frevel.' Kandaules aber sprach: 'Er
M 1S4 ist unser Retter, und ich bin verpflichtet, ihn zurückzubringen.' 'So
wollen wir miteinander um ihn kämpfen.' 'Willst du, so bin ich
bereit.'*) Da fürchtete Kandake für ihre Söhne, nahm Alexander bei-
seite und bat ihn, einen klugen Ausweg zu suchen. Alexander trat
Val. 4 ff. völlig abweichend. 9) Der Sinn nur bei Val. und Syr. deutlich.
10) Vgl. Rh. M. 666. 11) So auch Arm. (Vogeir.); Raabe schreibt aber: xXij-
'd^i jiXi^avägog.
28. 1) Marpesga Arm., Marpisäa Loo, yxitiqca A, Margie Val., Malapsa Syr.,
lAQTtvöa L. 2) Val. d ß nennen nur zwei Söhne, Kandaules und Karagos, Porös'
Schwiegersohn. Den zweiten Alexander freundlich gesinnten Sohn erwähnen nur
A und Arm.; Arm. nennt diesen Earagos. 3) So Arm. neben Karabös; Yal.:
Charagos und Charogos; Epit.: Carogarus; Syr.: Eerator; Leo: Carator. 4) So
die Verteilung der Rollen in d, ähnl. Val. ; A ß abw.. Arm. zweifelbafb.
Dritte» Buch. 101
zu ihnen und sprach : 'Wenn ihr mich tötet, so wird das Alexander s 12«
nicht bekümmern, denn Gesandte gelten einem König nicht viel, und
er hat noch andere. Wenn ihr mir aber guten Lohn versprecht, so
werde ich Alexander überreden, selbst hierher zu kommen, dann könnt
ihr leicht an ihm Rache nehmen.' Dabei beruhigten sich die Brüder, v 149
Kandake aber bewunderte Alexanders Klugheit und sagte heimlich Ar 91
zu ihm: 'Wärst du doch mein Sohn! Dann würde ich durch dich
alle Völker beherrschen. Denn nicht durch Krieg hast du die Welt
unterworfen, sondern durch deinen großen Scharfsinn. Nur wage es
nicht wieder, deinen eigenen Gesandten zu spielen!'^) Nach einigen
Tagen entließ sie ihn mit königlichen Geschenken: einer diamantenen
Krone, einem Panzer mit Perlen und Beryllen und einem golddurch- m is5
wirkten, von Sternen schimmernden Purpurmantel. Und sie schickte
ihn mit ehrenvollem Geleite auf demselben Weg zurück.]
[24. Unterwegs kam Alexander zu den Höhlen, wo sich, wie ihm
Kandaules gesagt hatte, die Götter aufhielten. Nachdem er geopfert hatte,
trat er mit wenigen Begleitern ein, und nahm einen stemschimmernden v iso
Nebel wahr und die Decke von Stemstrahlen funkelnd und drinnen^) die
Erscheinung von Gestalten und ein Gemurmel, das nur durch die Stille
hörbar wurde.') Bange erwartete er das Weitere. Da sah er einige liegen,
deren Augen wie Lichter strahlten, und einer sprach zu ihm: 'Sei ge-
grüßt, Alexander! Kennst du mich?' 'Nein, Herr.' 'Ich bin der welt-
beherrschende König Sesonchosis, der ein Hausgenosse der Götter
ward. Doch war ich nicht so glücklich wie du, dessen Name un- s 127
sterblich ist.'^) 'Warum, Herr?' 'Weil ich, der die Welt unterwarf,
ohne Namen bin; du aber wirst ewigen Ruhm haben, weil du Alexan-
dria in Ägypten gegründet hast.^) Nun tritt näher, und du wirst den
Schöpfer und Lenker des Weltalls erblicken.' Alexander ging weiter
hinein und sah in einem glänzenden Nebel den Gott thronen, den er
einst in Rakotis gesehen hatte, den Gebieter Sarapis. 'Was ist das?'
rief er aus. 'Ich sah dich in Libyen und jetzt sehe ich dich wieder
hier?' Sesonchosis sprach: 'Dieser Gott ist überall gegenwärtig, wie v isi
der Himmel.' [^) Darauf fragte Alexander: 'Wie lange werde ich
leben?' Sarapis ^) antwortete: 'Für den Sterblichen ist es gut, nicht
6) Dieser Satz nur in Arm.
24. 1) A Arm. Syr. ^to^sv st Itfeo^ey, Yal. 149, 26 Interea st. Interias.
2) Vgl. Rh. M. 666. 8) Das Folgende in A/3 gekürzt; vgl. Arm. Val. Syr.
4) Die folgenden Sätze bis 'wie der Himmel' fehlen in A |9; vgl. Arm. Val. ^Byz.
5426 ff. 6) Das Eingeklammerte ist aus I 83 eingeschoben. 6) So nur
Leo; A Arm. Val. Syr. ß: Sesonchosis.
102 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Ar 9B zu wissen, wann er stirbt, sonst ist die Erwartung für Um ein fort-
währender Tod; Unkenntnis aber laßt ihn den Tod vergessen. Du
gründest eine weltberühmte Stadt, und viele Könige werden ihren
Boden betreten, die anbetend vor dir niederfallen, und du wirst sie
tot und lebend bewohnen, denn sie wird dein Grab sein.'J Nachdem
der Gott^ so gesprochen, ging Alexander hinaus. Und er legte seinen
M 136 Weg zurück, und seine Satrapen kamen ihm entgegen und bekleideten
ihn wieder mit der Krone und dem Königsge wände.®)]
25. Darauf zog er zu den Amazonen, und als er in die Nähe
kam, sandte er ihnen folgenden Brief: "König Alezander grüßt die
Amazonen. Von meinem Kampf gegen Darius werdet ihr wohl gehört
haben. Von dort zogen wir gegen die Inder und unterwarfen sie,
von dort zu den Brachmanen, den Gjmnosophisten, die wir in Frieden
V 162 ließen, ohne^) Tribut von ihnen zu erheben. Von dort kommen wir
s 128 nun zu euch. Nehmt uns freundlich auf, opfert für uns*) und geht
uns entgegen, denn wir kommen nur um euer Land zu sehen und
euch Gutes zu erweisen.'
Sie schrieben zurück: "Die Heerführerinnen der Amazonen grüßen
den König Alexander. Wir haben dir geschrieben, damit du vor
deiner Ankunft alles weißt und nicht ruhmlos umkehren mußt, imd
wir unterrichten dich hiermit über unser Land und uns selbst. Wir
wohnen jenseits und in der Mitte des Amazonenflusses auf einer
Insel, deren Umfang eine Jahresreise beträgt. Die Insel ist rings
vom Flusse umgeben, der keinen Anfang und kein Ende') hat, und
es ist nur ein einziger Zugang vorhanden. Darin wohnen unser
200000^) bewaffnete Jung&auen, aber niemand männlichen Geschlechts,
sondern unsere Männer wohnen auf der andern Seite des Flusses.
Jährlich feiern wir ein dreißigtägiges Fest, ein Pferdeopfer für Zeus,
Poseidon, Hephaistos und Ares. ^) Dann kommen wir über den Fluß
V 168 zu unseren Männern und verkehren dreißig Tage mit ihnen. Die
Kinder werden drüben aufgezogen, und die weiblichen, wenn sie sieben
7) A Arm. Sjr.: &Yyi^ov. Vgl. I, 1 Anm. 4. 8) Dieser Satz bei Müll, nn-
richtig eingefugt (Kap. 25).
25* 1) /i7} Xaßovreg (p6Q0vg Ttag* airt&v erfordert der Inhalt von UI 6. Doch
fehlt die Negation A Arm. Syr. ß. 2) So Val. und Byz. 6486 f. Bei Arm. Syr.
heißt es statt dessen, die Brachmanen hätten für AI. geopfert. A: iv bI^vi^
xi]v %6iQav xaraöTi^ßavTBgj oütb iidicag ijiUtg ngoa^i^ao^ai xal dtHflaiß imkif {%s(fl
A) ijiubv ycoifjacci {'öuav A). 3) u. k. E. : nur d u. Byz. 6604. 4) So Arm. VftL
5) Ares nennen nur ß Byz.
Drittes Buch. 103
Jahre alt sind^ zu uns herübergebracht. So oft uns Feinde angreifen,
rücken 120000 Berittene aus, die andern bewachen die Insel. Wir
ziehen ihnen an die Grenze entgegen, und die Männer bilden unsere
Nachhut. Wird eine von uns verwundet, so wird sie hoch geehrt, Tom s m
Opfertisch d^s Zeus^) gespeist und bekränzt.*^ Fällt eine im Kampf,
so erhält sie göttliche Ehre®) und ihre Verwandten viel Geld. Bringt m 137
eine den Leib eines Feindes auf die Insel, so ist dafür Gold und
Silber und lebenslängliche Speisung als Lohn bestimmt. Darum
kämpfen wir tapfer und wenn wir über die Feinde siegen*), so ist
das für sie eine ewige Schande, besiegen sie aber uns, so haben sie eben
nur über Weiber gesiegt. Sieh zu, König Alexander, daß es dir nicht
so ergehe. Doch sollst du jährlich einen Kranz erhalten, so groß du v i5i
ihn wünschest. Überlege nun und schreibe Antwort. Du wirst unser
Lager an der Grenze finden.'
26. Als Alexander den Brief erhielt, lachte er und schrieb
zurück: 'Wir haben die drei Weltteile^) bezwungen, und so wäre es
eine Schande, wenn wir nicht auch zu euch kämen. Wollt ihr also
samt eurem Lande zugrunde gehen, so bleibt bei euren Grenzen*),
wollt ihr aber euer Land behalten, so kommt über den Fluß und
laßt euch vor mir sehen. Ebenso sollen sich eure Männer in der
Ebene aufstellen. Ich schwöre bei meinem Vater Zeus*), bei Hera,
Ares und der siegbriugenden Athene, daß ich euch dann nichts zu-
leide tun werde. Was ihr mir geben wollt, werde ich annehmen, und
nicht in euer Land eindringen. Schickt mir Berittene, die ihr aus-
gewählt habt, und ich werde jeder monatlich fünf Minen Gold*) geben,
abgesehen von dem Übrigen.^) Diese können dann nach eiuem Jahre
heimkehren, und ihr sendet mir dafür andere. Überlegt nun und s iso
sehreibt uns Antwort.' v iss
Darauf berieten sie sich und schrieben wieder: 'Wir geben dir
die Erlaubnis, zu uns zu kommen und unser Land zu sehen. Wir be-
stimmen dir eine jährliche Abgabe von hundert Talenten Gold und
haben dir unsere fünfhundert Tapfersten nach der Grenze gesandt.
ß) V. 0. d. Z. : nur Arm. (vgl. Syr.) 7) Der Text von A Arm. ß und ^
verderbt. 8) e. s. g. E.: nur Yal. u. Byz. 5531. 9) So auch Arm. nach
Vogelr.; nach Raabe: wenn wir besiegt werden.
26* 1) Yal. und Leo fügen hinzu: Asien, Europa und Libyen. 2) So A
Arm. u. B {6Qimv); ^LC: 6q4(ov^ ebenso am Schluß von Kap. 25. 3) So A
Arm.; Val. u. Leo: Ammon. 4) So A Arm. Val.; Syr.: 5 Denare; ß: xqvöIov
ötuziiQoc. 5) So Arm. Val. Leo; ß: %al öitTigdöuCj ähnl. Syr., fehlt A.
104 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
die dir das Geld und hundert edle Pferde^) bringen. Diese sollen
ein Jahr bei dir sein. Wird eine von einem Fremden verführt, so
Ar 94 soll sie dort im Lande bleiben. Die übrigen schicke zurück^ und du
wirst andere dafür erhalten. Wir gehorchen dir^ seist du nahe oder
M 138 fem. Denn was sind wir gegenüber der ganzen Welt'j, daß wir uns
allein dir widersetzen sollten?'®)
M 139 27^. ^) Nachdem dies geordnet war, richtete Alexander seinen Weg
nach dem Lande Prasiake. Dabei verfiel sein Heer in völlige Mut-
losigkeit. Denn mitten im Sommer regnete es vierzig Tage lang*)
ununterbrochen, so daß den Pferden und Zugtieren die Hufe faulten')
und den Leuten das Lederzeug verdarb, daher sich viele beim Mar-
schieren die bloßen Füße beschädigten. Als der Regen aufhörte, kam
eine unerträgliche Hitze mit furchtbaren Gewittern, so daß Stimmen
der Unzufriedenheit im Heere laut wurden.*) Als sie im Begriff
-y 166 waren*), den Fluß Hypanis^), der die Grenze bildet'), zu überschreiten,
erkundigte sich Alexander bei den Eingeborenen nach der Heeres-
macht des Königs, der auf der andern Seite ^) im Land Prasiake am
Ozean ^) herrschte. Diese sagten, der König besitze 5000 Elefanten,
10000 Wagen und viele Myriaden Mannschaft.^®) Als das der kluge")
Alexander hörte, machte er nur einen Plünderungszug im Grenzgebiet
am Flusse^*), ließ dann Altäre bauen ^^) und brachte den Göttern ein
s 131 Opfer dar.
[Hier erhielt er folgenden Brief von Aristoteles: 'Gruß von
Aristoteles an König Alexander. Ich weiß, bei Zeus und Poseidon,
nicht, was ich von deinen Taten zuerst, was ich zuletzt nennen und
loben soll. Vor allem danke ich allen Göttern und Göttinnen, daß
6) So A; vgl. Val. 5 ff.; Leo: poUetros (Fohlen) decem et caballos blancos;
Job.: 120 Pferde. Arm.: itplnxovg. 7) So Arm.; SJml. Syr.; A: sl iii} yuQ iöfikv
^wohl ijiiets y. i. oifikvy nagic xriv olxov[Uvriv jcäaav; ß: i^Lstg yccg oi ytagcc ttjv
olxovpiivriv oUovfisv. 8) So Arm. nach Yogelr.; Raabe und A: ävtinoiBta^ai
%Qay\Ldxoiv.
271. 1) Das dem Brief an Olympias Vorangehende fehlt in A und ist in /},
stark entstellt, in den Brief hineingezogen. 2) Die Zeitangabe nur bei Arm.
3) Dies nur Syr.; vgl. Val. 16 f. 4) Das ist, nach den Historikern zu schließen,
der ursprüngliche Sinn der verderbten Notiz in Arm. und C; Val. (25 £F.) hat dies
mißverstanden. 5) So Arm. /J; Val. und Syr. lassen AI. den Fluß überschreiten.
6) So Val.; Syr.: Zütä, Leo: Titan, /5: IlQvtavts; fehlt Arm. 7) der — bildet:
nur Val. 8) a. d. a. S.: Arm. 9) a. 0.: Arm. Val. (vgl. C). 10) So Arm.; ähn-
lich Val. (gekürzt); d (vgl. C): Alexander ließ sich von den Eingeborenen durch
ein Geschenk von Elefanten und Wagen zur Umkehr bewegen. 11) So
Arm. 12) Arm. Val.
Drittes Buch. 105
du die Gefahren des Kriegs und des Wetters im Land der Inder**)
glücklich bestanden hast. Du warst ein Nestor im Rat^*) und ein Ar 96
Odysseus^ der ^vieler Menschen Städte gesehn und Gesinnung er-
fahren'. Im Alter von dreißig Jahren hast du Osten und Westen
bezwungen. Selbst Athiopen und Skythen haben dir gehuldigt^ ,die, v ist
wo die Sonne versinkt^ und die von den Landen des Aufgangs^ Und
die sich widersetzen wollten, mußten deine Gnade erbitten. Lebe
wohl, göttergleicher König!']
Dann kehrte er mit seinem Heer nach Babylon um. Dort wurde
er mit großen Ehren empfangen und feierte ein Opfer mit Festspielen.
[Alexanders Brief an Olympias. III 27^K 28.]
27^'. Hier schrieb er über seine Erlebnisse folgenden Brief an
seine Mutter Olympias: 'Über meine ersten Taten bis zu dem, was
in Asien geschah, wirst du durch meine früheren Briefe unterrichtet
sein. Ich wollte dir aber auch über meinen Zug landeinwärts Mit-
teilung machen. Nachdem ich nach Babylon gezogen war, unter-
nahm ich mit 100000^) Mann einen andern Zug. Durch einen Marsch
von .... Parasangen^) kam ich in 95*) Tagen zu den Säulen des
Herakles. Diese soll Herakles als Grenzen seiner Wanderung er-
richtet haben, die eine golden, die andere silbern, 12^) Ellen hoch,
2 Ellen breit. Da ich zweifelte, ob sie massiv wären, ließ ich, nach-
dem ich Herakles geopfert, eine durchbohren. Es zeigte sich, daß y i68
sie ganz aus Gold war, und wir brauchten 1500 Goldstücke^), um
das Loch wieder auszufüllen. Von da kamen wir durch ein ödes,
zerklüftetes Land, wo man vor Dunkelheit seinen Nebenmann nicht s iss
erkennen konnte. Hier marschierten wir .. Parasangen*)*) und kamen
in sieben Tagen zum Fluß Thermodon'), der in den Pontos mündet®)
und ein ebenes, finchtbares Land durchströmt. Dort wohnten die
Amazonen, die an Größe und Schönheit alle Frauen übertreffen. Sie h uo
trugen bunte Kleider^ und gebrauchten als Waffen silberne Beile,
18) i. L. d. L: nur Axm. 14) Nor Arm., bei dem übrigens der Text viel-
fach verderbt ist.
27II. 1) So Val. d.; A Arm. abweichend. 2) A Arm.: yeaQacdyyag ohne
Zahl. 3) So Val. Arm. Syr. Aeth.; A: 26. 4) So Arm. d Aeth.; Val.: 16,
A: 18. 6) So A Arm. Leo; Val.: 600 Talente. 6) A fügt hinzu: 9i' imsQ&v b\
7) d: d'BQiUv st. ßsQiiAdovta, 8) Nur Arm. 9) Val. (16) und Leo
106 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Ar 96 denn Eisen und Erz gab es dort nicht. Wir konnten den Floß nicht
überschreiten^ weil er unpassierbar war. Sie jedoch kamen herüber
und stellten sich gegen uns auf^ unterwarfen sich aber schließlich«'^)]
[28. ^Nachdem wir Tribut Ton ihnen erhalten hatten, zogen wir
zum roten Meer, an eine enge Stelle^), wo rechts hohes Gebirge *),
V 169 links das Meer war. Wir opferten Poseidon 10 Pferde, brachen dann
am folgenden Tage auf und gelangten zum Flusse f Atlas.') Dort sah
man weder Himmel noch Erde, und es wohnten dort yielerlei Volker:
Menschen mit Hundsköpfen, solche ohne Kopf ^), die Augen und Mund
M 14J auf der Brust hatten, und Troglodyten, die unter der Erde hausten.^)
Von da fuhren wir zu einer großen Insel, die etwa eine Tagfahrt
vom Lande entfernt war, und fanden dort die Stadt des Helios, die
120^) Stadien im Umfang hatte. Da waren yierzehn Türme aus Gold
und Smaragd. In der Mitte stand ein Altar mit sechzig Stufen^,
darauf ein Wagen mit Wagenlenker und Pferden, alles aus Gold und
Smaragd, aber wegen der Dunkelheit nicht deutlich zu erkennen.
Der Priester war ein Athiope, und wir brachten Helios ein Opfer
dar.*) Als wir weiter zogen ^), kamen wir in völlige Finsternis, so
V leo daß wir Halt machen mußten. ^^) Nachdem wir Helios wiederum ge-
opfert hatten, leuchteten uns göttliche Gestalten ^^) mit silbernen
Lampen, und so wurden wir zum Fluß f Tanais^*) geführt|[, der die
Grenze von Asien und Europa bildet]]. Dann gelangten wir zur
scheinen gelesen zu haben: iöd-i^vag 9k tpogovöai &%av^Lvag SnXoig, i%Q&vto
Sh . . st. Av^ivdg, SitXoig dh i%Q. . Sjr: ävd'Qaxlas ('schwaize') st. Av^ivag.
10) Yal. 21 f. fugt hinzu: comperto, quod ceterae qnoque Amazones de nostra
amicitia coeptassent (compectae essent?).
28. 1) eis t^ov arevbv x6nov A Ann.; x6v zu tilgen; Müll, {ß) verkehrt: dg
xov Tivovxa norcc(i6v. 2) Hier ist bei Leo die Luftfahrt aus 11 41 und die
Fahrt in die Meerestiefe aus 11 38 eingeschoben; bei Josippon (II 13 S. 92) am
Ende des Kap., nach der Erzählung von den Eönigspalästen. 3) So A Arm.;
L: jivtXav^ B: ügaTiov. Gemeint ist vermutlich der Arabis; s. e. d. St.
4) &xE(pciXovg (Arm. Yal. Jos. C) ist in A ^ neben %vvoxe<pdXovg ausgefallen.
5) Müll, fügt aus ß andere Ungeheuer hinzu, die A Arm. Yal. fehlen. — Hier
bricht Yogclreuthers Übersetzung von Arm. unvollendet ab. Das
Folgende nur nach Raabe. 6) Yal. Aeth.: 60. 7) m. s. St.: Arm., C u. Byz.
5603 ; bei Arm. infolge einer Lücke zu Tcvgyovg bezogen. 8) So Arm. Yal. Syr. ;
A^ abweichend. 9) Syr.: eine Tagereise, ß: 7 Tagereisen. 10) Statt des
nächsten Satzes hat ß die Erzählung von dem Dionysostempel in
Nysa, die 6 in III 17U^ g mit Stücken aus II 32 — 40 einschiebt (vgL
III 17^ Anm. 27). 11) So Yal. 5 (quasdam effigies numinum); Arm. Aeih.:
nigeai. Nach Syr. Aeth. ließ Alexander die Lampen anzünden. 12) So A Ami.
Yal.; ursprünglich wohl jivaiitv st. Tdvaiv. S. z. d. St.
Drittes Buch. 107
Eönigsburg des Xerxes und Eyros und sahen dort viele Gebäude
mit kostbaren Schätzen. Da war ein großes Haus, in dem der s iss
König Orakel zu erhalten^') pflegte. Darin hing an der Decke m m
ein goldener Käfig, in dem ein Vogel saß, ähnlich einer Taube, der,
wie sie angaben, den Königen mit menschlicher Stimme weissagte.^^)
Ich wollte ihn mitnehmen, um ihn euch nach Griechenland zu schicken,
aber man sagte mir, er sei heiUg. — Wunderbares sahen wir auch
in der König^urg in Susa. Dort war ein silberner, mit Figuren
verzierter Mischkrug, der 360 Metreten faßte. Es hieß, er sei aus
Diospolis^^) in Ägypten dorthin gebracht worden, als die Perser über
Ägypten herrschten. Wir erprobten das Maß, als wir das Bettungs- v lei
fest^*) mit Opfer und Festmahl begingen. Dort war auch ein großes
Haus, in dem Xerxes' Seeschlacht gegen die Athener abgebildet war.^'^)
Darin stand ein kostbarer goldener Thron mit einem ThronhimmeL^^ Ar 97
Femer war da ein Meisterstück^*), eine Leier, die von selbst spielte,
ein 16 Ellen hoher goldener Schenktisch, daneben ein noch höherer,
den ein goldener Adler Ton oben mit seinen Schwingen überdeckte,
eine Quelle^), ein siebenästiger Weinstock mit Trauben aus Gold
und Edelsteinen^^), ein Myrtenbaum ^) aus Gold, und sonst noch so
viel Prunkstücke, daß ich sie nicht aufzählen kann. Lebe wohl, meine s ^^
Mutterl']
30. ^) Als Alexander in Babylon war und die Zeit seines. Todes ^ 1^
nahte, geschah ein großes Wunder. Eine Frau aus der einheimischen
Bevölkerung gebar ein Kind, das nur oben menschliche Gestalt hatte; ^ i^s
der untere Teil des Leibes aber bestand aus den Yorderkörpem wilder
Tiere, so daß das Ganze der Skylla glich. Die Tiere lebten und m 144
13) z. l.: xorntccrlteö^ai (Arm. Syr.). AVal.: ;|f^7]fMnr/tcty (Orakel erteilen).
14) Die Texte sehr voneinander abweichend. 15) So Syr. (nach BjBsel), Byz.
6692 und Aeth. 8. 838 (Hhe city of Dios'). ß: MiiKpris. Fehlt A Arm. Val.
16) A Arm. 17) So Arm., ähnl. Aeth.; nach Val. auf dem oben genannten
Mischkrug. A: j^v dk [6] oixog xatsönsvaaiiivos bIs xov ^EXXrivixhv (vd'iUvf ivd'a
a^og 6 ßaaiXe^g Bt^uixo xQTnuxtLj^Bw. 18) Nach Val. erteilte auch dieser Thron-
himmel Orakel, nach A Arm. erteilte der König unter ihm Orakel. 19) 171«^-
%ov tixvr\ A Arm.; 8. z. d. St. 20) Nur Val. 20: Ibidem enim (so z. 1. st.
'Ibi demum') et fons fictus est. 21) mit — Edelsteinen: nur Syr. (&hnl. Aeth.).
22) Arm. nennt noch andere Bäume: eine Weißpappel und eine Zypresse. A: xoi
Xbixri %al nXdxavog xal "^ yiBqövviog.
80. 1) Als Kap. 29 beziffert Müller einen Zusatz von /}, die Erzählung von
der Einschließung der unreinen Völker.
108 Zweites Kapitel. Der Text des JElomans.
bewegten sich, der menschliclie Teil aber war schon tot und schwarz.*)
Kaum hatte die Fran das Kind geboren, so barg sie es im Busen,
brachte es verhüllt zu Alexanders Königsburg, und ließ ihm sagen,
daß sie etwas Wichtiges zu zeigen habe. Alexander ruhte gerade,
um die Mittagszeit. Als er erwachte, ließ er sie hereinrufen, und
nachdem die Anwesenden entfernt waren, zeigte sie ihm, was sie
geboren hatte. Alexander berief die chaldäischen Zeichendeuter, be-
fahl ihnen, die Deutung zu geben, und drohte ihnen den Tod an,
wenn sie nicht die Wahrheit sagten. Die berühmtesten Chaldäer
waren fünf an Zahl'), einer aber, der beste*), war zufällig verreist.
Die andern deuteten die gewaltigen Tiere unter dem menschlichen
Leib dahin aus, daß Alexander über die Stärksten Herr sei und stärker
Ar 98 als alle. Als aber dann der vorher abwesende Chaldäer von seiner
Reise zurückkam und das Zeichen erblickte^ schrie er laut auf, zer-
riß seine Kleider und weinte. Alexander erschrak und hieß ihn reden.
Er sprach: *0 König, du wirst nicht mehr unter die Lebenden zählen!'*)
Da Alexander verlangte, den Grund zu hören, antwortete er: *Der
8 136 menschliche Leib bist du, die Tiergestalten sind deine Untergebenen.
Wenn nun der menschliche Teil lebte, so würde das bedeuten, daß
du über alle herrschen sollst. Wie er aber tot ist, so bist auch du
ausgesondert zu denen, die nicht mehr sind. Und wie die wilden
Tiere imter dem menschlichen Leibe dem Menschen feind sind, so
sind es deine Leute gegen dich. Daraus wird nach deinem Tode eine
große Sturmflut in der Welt entstehen, indem die Deinigen einander
bekämpfen und morden.'^) Dann ging er hinaus und ließ das Kind
verbrennen. Alexander aber trauerte und sprach: '0 Zeus, hätte ich
doch meine Pläne in Frieden vollenden können!^ Doch da du es
so beschlossen hast, so nimm mich als dritten^) Sterblichen zu dir
auf.' Er wollte damit sagen, er halte auch sich wegen seiner Taten
2) u. s. : Ann. Val. 3) tc^vte A ß Byz., womit Mett. 92 übereinstimmt ;
bei Arm. ist deutlich eine Zahl aasgefallen. Yal. und d erwähnen die andern
Chaldäer nicht und nennen nur die Deutung des letzten. 4) Mett. 92 nennt
ihn Phi(li)ppus. 5) Val. 26 f., ähnl. Syr. u. Mett. 94, A: oMri cv iv rotg (tfv-
vtrol A) ^&6i %at ccQl^nritog (^sly. 6) A sinnlos: Sts &k nolXots tfvy-
%lBi6ii6g 601 xcttcc TTjv olxov fisvriv 60V tBXBvti^6avtos tmv ^eqI 6h dirEVByxdwav
tä tcbqI a'ÖTOvg &xQO(pmvovv (^&xQoßoXovvTmv == dimicahxmiqxxe Val.?^. Nach Arm.
Val. ungefähr z. verb.: 89'bv noXbg evyxXveiiog l6tai %.x. oU. <y. tcX. t&v n. 6h
diBVByxdvxaiv (im Sinn von difVB%9'ivr(ov) tcbqX iavxohg %al kavxohg <povBv6v'
tmv. 7) So d, ähnl. Mett. 96; <A z. 1.: xriv i^hv i7ti,ßoXf}v dolrig ijitäg inl riXog
&YBIV bI d' {91 A) oxrttog 6oi> ^do|ev)>. Arm. lückenhaft, Val. 16 abweichend.
8) xqLtov {d =a Mett.), xoiovxov. A.
Drittes Buch. 109
für würdig, Hausgenosse der Götter zu werden, wie Dionysos und
Herakles deswegen zu den Göttern gezählt würden.
31. Da seine Mutter Oljmpias oft über Antipatros schrieb und
klagte, daß sie, Alexanders Mutter, beschimpft werde und Antipatros m 145
sage, was ihm beliebe (er hatte sich nämlich in seinen Briefen über
ihre Wunderlichkeit beschwert), und daß sie deshalb — wie sie wieder
einmal angab — nach Epirus habe flüchten wollen, so beschloß Ar 99
Alexander, Antipatros zu sich abzuberufen, und sandte Krateros
nach Makedonien.^) Als Antipatros die Absicht merkte, die Alexander
mit diesem militärischen Dienst im Auge hatte ^), faßte er den Plan,
ihn zu ermorden, weil er Mißhandlung und Strafe befürchtete. Denn
er hatte gehört, daß Alexander durch seine Erfolge sehr übermütig
geworden sei. Er verschaffte sich ein furchtbares Gift, das er in dem
.Huf eines Maulesels'*) verwahrte, weil seine Kraft jedes andere Gefäß
zersprengte. Dies legte er in eine eiserne Büchse und übergab diese
seinem Sohn Kassandros, der sie samt Geschenken für den König^),
nach Babylon bringen und dort mit seinem Bruder lollas^) den Mord-
plan verabreden sollte. Kassandros fand bei seiner Ankunft den König
mit Opfern und Bewirtung von G^stfreunden beschäftigt. Er besprach
sich nun mit loUas, Alexanders Obermundschenk. Dieser war zu- s ise
fällig einige Tage vorher von Alexander wegen eines Vergehens ge-
züchtigt worden und willigte mit Freuden in den Frevel ein. Als
Helfer nahm er sich den Thessalier ^) Medeios, seinen Liebhaber')
und Alexanders Freund, der versprach, die Gelegenheit zur Vergiftung
zu beschaffen.
Alexander war bei einem fröhlichen Mahl mit Freunden und
Dionysischen Künstlern'), die zu seinem Festspiel zahlreich in Babylon
81. 1) Der erste Satz mag nach A Arm. etwa so herzustellen sein: Tfjg dk
lirUTQog avTOv *OXvfiMidSog «XBOvdxig ygatpovarig nsgl roi) IdvTMOTQOv xal deivo-
«ad'ovarigy <^o}gy öxvßaXltBtai iii^riQ o^0a 'AXE^dvögov [so Arm.; A: ävd'Qmjtov]
aal Xiyet fiiv uivtl^atgog a ßovXsrai (xaxo) — xaxiyQatpBv [A: %axayQdtpiC\ yag
aiyxfig &xoniav — xal dia. tavra t^raXiy (paiiivri^ Big "Hnsigov diadgaitelv ißo^^
XstOy jild^avSgog — 9Uyvm yccg . . . iietaniii'tpaöd'ai xhv 'AvxLnaxgov nghg iatnr^v
[so Arm.; A: aiftijv] — e/( Max. äniitreiXs KQaT6g6v. 2) A Arm.: tiiv inL-
voucv lAXB^dvSgov tfjg CTganioTixfjg Xsitovgylccg^ wobei unklar bleibt, ob der von
Antipatros oder der von Krateros verlangte Dienst gemeint ist. Für ersteres
spricht lust. XU 14, 6, für letzteres Gurt. X 10, 15 und ß. 8) So A Arm. (Mett.).
4) samt — König: nur Sjr. Mett., A: xal iiani&retlav TCoifjaai |eWay jÜs^dvigip
X6y<o fSvXXaXT^üavTsg *MXoi &SbX<p^ nsgl tfjg ro^ q)ag(idxov d66smg, 6) Arm.:
BBööaXovixia, ein Fehler f&r BBöaaX6v [Mi^diov SBööalbv A, die Lesart von
Kopt. : M^sios et Thessalos], denn Medeios war ans Larissa (Arr. Ind. 18,7;
succ. fragm. Beitzenst. § 6; Strabo S. 630).
HO Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
eingetroffen waren^ um Kränze zu gewinnen, wobei der König in seiner
Freude auch selbst als Schauspieler auftrat.^ Als er sich dann er-
hob und sich zur Ruhe begeben wollte, kam Medeios zu ihm und
sprach: 'Deine nächsten Freunde sind versammelt und erwarten dich.'
Alexander ließ sich überreden und nahm am Trinkgelage teil. Zwanzig
Personen waren anwesend''): Perdikkas, Medeios®), Mele^ros^), Pei-
thon, Leonnatos, Asandros ^**), Peukestes, Ptolemaios, Lysimachos^^),
Ar 100 [Philippos,] [Holkias ^*),] Eumenes, der Arzt Philippos, Nearchos von
Kreta, Stasanor^*), Herakleides der Thrakier, .... aus Europos**),
Ariston aus Pharsalos, der Ingenieur Philippos, Philotas, Menandros
und f Dardanos.*^) Unter diesen wußten Perdikkas, Ptolemaios,
M 146 [Holkias**),] Lysimachos, Eumenes und Asandros^*) nichts von dem,
was geschehen sollte. Alle übrigen waren loUas' und Kassandros'
Mitverschworene, denn sie begehrten nach Alexanders Macht und
Schätzen. Mitten im Gelage gab ihm lollas das Gift. Als er ge-
v 140 trunken hatte, schrie er plötzlich laut auf, als hätte ihm jemand
mit einem Pfeil ^^) die Leber durchbohrt. Eine kurze Weile bezwang
er den Schmerz, dann zog er sich vom Mahl zurück, indem er die
Anwesenden aufforderte, weiter zu trinken.
32. Diese lösten sofort in großer Erregung das Gelage auf imd
erwarteten draußen das Weitere. Alexander verlangte, nach seiner
Gewohnheit^), eine Feder, um sich zu erbrechen, und lollas reichte
ihm eine mit Gift bestrichene. Daher wirkte das Gift noch stärker,
s 137 und er brachte die Nacht in Schmerzen schlaflos zu. Am Morgen
erkannte er, daß es schlimm um ihn stand, und konnte kaum noch
sprechen, da seine Zimge erstarrt war. Kassandros aber entfloh in
der Nacht nach Kilikien*), erwartete dort, wie verabredet war,
6) xar' IdLav Big thv Siyrnva Uvxog Arm., in A entstellt. 7) Die Liste
nach A Arm. Mett. ; die von Syr. and Aeth. (339 f.) ist unbrauchbar. 8) Me-
deioB: nur Mett. 9) So Arm.; A: ftsXiav6£. 10) Kdcavägog A Arm. Mett.;
daß dafür 'AöavSgog zu schreiben ist, zeigt der Inhalt des folgenden Satzes
und die Lesart von A unter Nr. 16. llj Die drei folgenden Namen fehlen in
A durch Abirren von ^IX. zu ^iX. 6 latgdg. 12) *OX%iag nach Polyaen IV 6, 6
z. 1. st. iolcias, hiolcias (Mett.), 'OXxiag (A Arm.). Val.: olci, orciam, orcion.
18) A'.NiuQxog Kgltiog ävog. Arm. nur: N, 6 Kgijg. Schwartz: N. 6 X^i}^, £ra-
6dv(OQ. 14) 'HQuxXsldrjg E'(}Q07t7calog Arm., 'HgaxXeldrig 6 Sga^ E{}QmnMg A,
Heraclides oratheus Mett. Vor E'ÖQmniog ist m. E. S^Xevnog ausgefallen. S. z.«
d. St. 16) 'Dardanos' nur Arm.; s. z. d. St. 16) jivavigog A; Kdüav&gog:
Arm. Aeth. /?; Byz. 6967 f.: nal Md6avdQog . . &XXog 'H6xd(i4xv^Q0g. 17) So A
Arm. ß Mett.; Leo = Plut. 76, 8: mit der Lanze.
82. 1) A Arm. Syr. 2) So Mett. 100; A Arm.: elg 8Xovg tohg x^Unag
JhiiiteB Buch. 111
lollas^^ und sandte durch Zeichen an Antipatros nach Makedonien die
Nachricht; daß die Tat Yollbracht sei.
Als es Nacht wurde^ schickte Alexander alle hinaus^ auch Koni-
baphes^) und seine Gattin Roxane. Es führte aus dem Haus eine
Tür zum Euphrat^ der mitten durch Babylon fließt. Diese ließ er Arioi
öfiEaen und die Wache dort entfernen. Um Mittemacht erhob er sich
Yon seinem Lager, löschte das Licht und kroch durch die Tür auf
Händen und Füßen zum Fluß. Als er nahe daran war, sah er, daß
ihm Roxane nachlief; denn sie hatte aus dieser Entfernung aller An-
wesenden vermutet, daß er eine kühne Tat beabsichtigte, und war
seinem Stöhnen im Dunklen gefolgt.') Sie warf sich über ihn und
rief: 'Du willst mich verlassen, Alexander, und in den Tod gehenl'
Er antwortete: 'Damit erweisest du dir selbst einen geringen Dienst,
daß du mir meinen Ruhm mißgönnst.^) Doch soll niemand davon
hören!' Darauf ließ er sich von ihr in das Haus zurückführen.^
Als es Tag wurde, ließ er Perdikkas, [Holkias®),] Ptolemaios und
Lysimachos rufen und befahl, daß niemand sonst Zutritt haben solle,
bis er sein Testament verfaßt habe. Diese gingen dann hinaus^, imd
er ließ die Knaben Kombaphes^) und Hermogenes als Schreiber^®)
neben sich Platz nehmen. Perdikkas vermutete, daß Alexander sein
Reich Ptolemaios vermacht habe, weil er oft mit ihm über Ptolemaios'
Abstammung gesprochen, und auch Olympias offen ^^) geäußert hatte,
dieser sei Philipps Sohn. Daher nahm er ihn beiseite und ließ ihnsis»
schwören, das Reich mit ihm zu teilen, wenn er Alexanders Nach-
folger werde. Ptolemaios ging arglos darauf ein, in der Meinung,
Bt. oQovg KlXtxag (Keil); s. Wagner S. 160. Statt dessen Leo Aeth.: Kass. teilte
nachts den Verschworenen den Erfolg mit. H) So A Mett.; Leo verderbt.
4) Nur Arm.; unten: Arm. K6nßafpov, A: Kafißoficupriv; Mett.: Combalum.
6) Überall verderbt and gekürzt. Nach A etwa z. 1.: nQ0CBW'6av dk nXriciov
TtsQiBßU^^axo %al iTtiöxBv [i. od. dgl. z. erg. nach Mett. 101: conquievit at ea se
posset praeterire] Idtbv x. k. y. ^Ptoidvriv TtQOCrgixovöav airca' ij dk [fehlt A] ^o-
vo-qaaöa [^ovoiJ6ag A] iv rj iLBtaördaBt tai&Tfj [rijv a'ötijv A] xdvrmv, ^&y
SisvostTo, iyxBiQBtv [so A] Tt ä^iov rfjg iavtoü t6Xftrigf ixti%ola^Bi r^tr x^tn
tpaiav [so A] l^odov aino^ ... 6) Den erforderlichen Sinn zeigt Mett. 108:
parvum fmctum cum tibi largiris, mihi inmortalitatem ademisti. Arm. nach B.:
\ii,%Qa xoLQig ißtl aoi xr]v ifirjv S6iav &fpaiQBlß^ai tp^voi). A: lumg^v sl(i{7).. öbov-
xriv x^Q*'^ ^' ^' ^' ^' ^S^' ß (dnrch eine große Lücke in anderm Zasammenhang) :
luxQbv i^Lol ;|ra^i0ai öBovtr^v. Danach ungefähr z. 1.: fiix^a col aiftfj x^^S ^- ^•
9. &. 9^. 7) Leo fügt hinzu: Und sie bat ihn, vor seinem Ende über sie Be-
stimmung zu treffen. 8) H. hier nur Mett. 103, unten aber A Arm. Aeth.
9) Nur Arm. Mett. 10) Mett. 108: alterum ad testamentum scribendum, altemm
ad lumen curandum. 11) fpavBQ^v nach Arm. z. 1. st. tpoßsQap A.
112 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Perdikkas sei der Thronfolger, da ihn Alexander weit mehr, als alle
andern, schätzte, nnd er ließ ihn seinerseits denselben Eid schwören.
Alexander aber brachte diesen Tag nnd die folgende Nacht mit der
Niederschrift zu und ließ dann Perdikkas, [Holkias,] Ptolemaios und
Ljsimachos zu sich rufen.
Da entstand plötzlich ein lautes Geschrei und ein Auflauf der
Makedonier im Hof des Palastes. Sie drohten, die Leibwache zu
töten^ wenn man ihnen nicht ihren König zeige. Als Alexander er-
fahr, was sie wollten, befahl er, sein Bett auf einen erhöhten Platz
M 147 zu stellen und die Makedonier im bloßen Unterkleid ^^ hereinzufahren
und durch die andere Tür zu entlassen. So kamen sie herein und
Ar 102 zogen weinend an ihm vorüber. Peukolaos ^^), ein stattlicher**) Mann,
aber nur gemeiner Soldat, trat zu ihm und sagte: 'Dein Vater Philipp
s 189 hat gut geherrscht; aber auch du — da fing er an makedonisch zu
sprechen ^^) — wenn du uns verlassest, dann ist Makedonien verloren,
und wenn du stirbst, so sollten wir mit dir sterben, der du Make-
donien des Zeussohnes ^*) würdig gemacht hast.' Alexander reichte
ihm weinend die Hand und machte das Zeichen des Trostes.
38. I. Nachdem die Makedonier vorbeigezogen waren, brachte
man^) Alexanders Bett in sein Zimmer zurück.
[Er ließ Perdikkas und die andern wieder hereinrufen, übergab
Holkias das Testament und befahl ihm, zunächst folgenden Brief,
den er an die Rhodier geschrieben hatte, zu verlesen*):
'König Alexander, Ammons und Olympias' Sohn, grüßt die Behörden,
den Rat und das Volk der Rhodier.') Nachdem wir die Säulen, die
unser Ahnherr Herakles als Grenzen gesetzt hatte*), überschritten
12) iu)voxltatvag A Arm. Leo = Mett. 105. 18) Vgl. Rh. M. 667.
14) o'ÖTi &7CQ67(i/ig Arm. ß richtig st. oim sifTtgam^s A. Ib) iietaßaXaiv tiiv
(pmvi^v z. 1. st. 6v{m.BraXaßmv (A). 16) ro^ Ji6g.
33« I. 1) Nach iisTB6tiJ6avTo naXiv in A Arm. eine Lücke, die nach Sjr. n,
Mett. 106 etwa zu ergänzen ist: X7]v %llvi]v 'Aktiavdqov elg xov xoir&va' 6 dh
ItetsneiiApccTo TtdXiv. 2) zunächst — verlesen: nach der Epit. Mett. 106, in
der allein der Brief an die Rhodier vom Testament getrennt ist.
A Arm. d gehen ihn ganz oder teilweise als erstes Stück des Testaments, YaL
läßt ihn weg. A hemerkt: 'Das untenstehende ist eine Abschrift der Testaments-
bestimmung über die Verteilung, die Holkias von Alezander erhalten hat.' —
Die folgende Inhaltsangabe des Briefs an die Rhodier und des Testaments habe
ich bereits im Rhein. Museum LVI S. 619 ff. zum Abdruck gebracht. 3) Die
Adresse an die Rhodier haben nur A Arm. Mett., außerdem Aeth. in entstellter
Fassung. 4) ogovg tid'ivtag vermute ich st. <0Qia9' . . . A, Sgovg ^ivr§g Arm.
^dann inictatlai st. ini.oxfivai,y.
Drittes Buch. 113
haben und nun durch die Gnade der Götter erhalten sollen , was uns
beschieden ist, haben wir bestimmt, euch unsere Beschlüsse mitzu-
teilen, weil wir euch am meisten von den Griechen geeignet halten,
darüber zu wachen, und weil wir eure Stadt lieben. Deshalb haben
wir auch angeordnet, daß man die Besatzung aus eurer Stadt ent-
fernen soll, damit sie für immer ihre Freiheit bewahre, zugleich in
dem Wunsche, daß bei euch das Unsere (?) in Ehren gehalten werde.
So wird sich auch zeigen^), daß wir für sie nicht weniger, als für
das eigene Vaterland gesorgt haben. Die VerteDung^) des Reichs haben
wir so vorgenommen, daß wir jedem sein Land zu freier Verfügung')
übergeben, mit unserm Geburtsland beginnend. [®) Wir haben den m i48
Statthaltern der Länder befohlen, aus ihrer Satrapie tausend^) Talente
gemünztes Gold für die TempeP®) in Ägypten zu schicken; denn wir s i40
haben befohlen, daß unser Leib von Ptolemaios ^^) dorthin gebracht
werden soll. Die Anordnung unserer Bestattung heißen wir so gut,
wie sie die ägyptischen Priester bestimmen.^*)] ^Wir haben auch
Auftrag gegeben, Theben in Böotien auf königliche Kosten wieder
aufzubauen (denn wir urteilen, daß sie für das, was sie gegen uns
fehlten, genug gebüßt haben) und daß den zurückkehrenden Thebanern
aus Makedonien Getreide gegeben werde"), bis die Stadt wieder gut
bevölkert ist.] ^Wir haben femer befohlen, euch zur Ausrüstung
eurer Stadt dreihundert^^) Talente Gold und vierzig Trieren zu geben, Arios
damit ihr in Sicherheit frei seid, und freie Getreidelieferung, aus
Ägypten jährlich 200000^*) Scheffel Weizen und aus Asien durch
5) Mett. 107 fügt hinzu: testamento . . cuius exemplar vobis misimus.
<^Dann in A oi)x rirtov st. oix toov.y 6) dialgeaiv z. 1. st. at^QBaiv (A).
7) ßsza nccQfftiölag A Arm.; Mett. 108: iudicio proat cuiusque meritum ac digni-
tas postulabat. 8) Die folgenden Bestimmungen über die Beisetzung Alexanders,
die Wiederherstellung Thebens und die Lieferungen für Rhodos sind Absatz 3
des Testaments entnommen, wo sie in Mett. § 118 ff. (S. 116, 18— 30) ihren
Platz haben. Hier im Brief hat Mett. (108) nui: hisque Omnibus praescripsimus,
ut ex pecunia regia 'quod cuique dari iussimus, dandum curarent, in his vobis
ad urbem omandam auri sign. tal. CCC, in annos singulos tritici medinmum
CCCC milia et naves longas XL. item scripsimus, corpus uti nostrum in Aegyptum
portaretur ibique saoerdotes id componendum curarent'. Darauf folgt unmittelbar
der Schlußsatz. 9) Arm. Leo. 10) f. d. T.: Arm. Aeth., vgl. Mett. 119;
fehlt A. 11) V. Pt.: nur Mett. 109. 12) A ganz verderbt; ich vermute nach
Arm. u. Mett. 119: rrjv dh ^tarafif rijg Idiag raqpjjff, mg ol UqbIs ol %txx* Afy^^"
Ttxov xqIvovöiv, iifistg övyxoiQoi^iuv ^oder 8v äv . . . XQlvwaiv, tovtip ij. a.y.
13) Mett. 120 abw.: exulibus . . . bona sua . . . reddo. 14) So Arm. Syr. Mett.;
A: re und tgn/JQeirg o^'. 16) Die Zahl nach Mett. 108 u. 118 und Aeth. S. 346;
Ansfeld, Der griech. Alexanderroman. 8
114 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
die Verwalter und aus den Nachbarländern 200000*^) Scheffel Weizen,
und daß man euch Land zumesse, damit ihr künftig genug eigenes
Getreide habt und keinen Mangel leidet. Dies haben wir dem Statt-
halter in Makedonien ; Erateros, aufgetragen und dem Satrapen
Ägyptens Ptolemaios und in Asien Perdikkas und Antigonos. ^•)3
Euch aber tragen wir nochmals auf, nachdem ihr den Brief von Holkias
empfangen habt^^) .... und ich bin überzeugt, daß ihr meinen
Worten gehorcht. Ptolemaios, der meine Person bewachte, wird auch
fUr euch sorgen. Und glaubt nicht, daß euch das Testament um-
sonst anvertraut sei und die Verweser der Königswürde zu entscheiden
hätten, sondern wenn unter diesen ein Zwist entsteht, so habt ihr
einzugreifen.'
Darauf ließ er das Testament verlesen^*):
V 166 1. 'König Alexander, Ammons und Olyrapias' Sohn, bestimmt:
König von Makedonien soll einstweilen Philipps Sohn Arridaios sein.
V 166 Wenn mir aber von Roxane ein Sohn geboren wird, so soll dieser
König sein, und man soll ihm einen Namen geben, wie es den
Makedoniern gut scheint. Wird eine Tochter geboren, so sollen die
Makedonier für sie sorgen ^^), und sollen dann als König erwählen^
wen sie wollen^), wenn sie Arridaios nicht wünschen. Der Gewählte
soll die Herrschaft der Argaiaden*^) behalten, und die Makedonier
sollen ihm steuern, wie es für die Argaiaden üblich ist.**) Alezanders
Mutter Olympias soU gestattet sein, in Rhodos zu leben, wenn die
Rhodier einverstanden sind, denn ohne die Rhodier darf nichts ge-
Arm. Syr.: &t6pLVQlovg, A beide Maie: ß". Die weiteren Bestimmungen über
Rhodos fehlen in Mett. 16) So A; jedoch ist nur 'Avti .... lesbar. In
Arm. fehlt der Satz, in Syr. u. Aeth. ist er verderbt; Aeth. (346) nennt Antipater
statt Antigonos. 17) Danach in A u. Aeth. bedeutunglose Ermahnungen, deren
Wortlaut verderbt ist; Arm. fehlt dies. Inhalt des Schlusses in Syr.: Das make-
donische Heer soll 70 Talente Gold erhalten; Archelaus (d. i. Holkias) soll das
Testament zu Ammons Tempel bringen; im Gebiet von Alexandria soll man für
Vorrat an Eom sorgen, und geschickte Werkleute sollen bereit sein, um ein
Grab zur Bestattung herzurichten, wenn Ptolemaios meine Leiche dorthin bringt.
18) So nur die Epit.Mett., in der aber dann zunächst die in Arm. auf das Testa-
ment folgende Erzählung gegeben wird. — Das Testament verliest nach A Arm.
Syr. (Aeth.) Holkias auf Alexanders Befehl vor der Umgebung des sterbenden
Königs, nach Mett. Holkias nach Alexanders Tod vor dem Heer in Babylon,
nach Val. Ptolemaios bei der Bestattung in Alexandria. 19) sollen — sorgen:
nur Aeth. (347) u. Mett. (llö). 20) Danach Mett.: 'valete', mit Weglasaung
der weiteren Bestimmungen über den König. 21) 'AgycciccSöav z. 1. st. ^pyMedc5v
Arm. Val. 22) In A Arm. sind die Worte verschoben.
Drittes Buch. 115
Bchehen'^); wünscht sie das nichts so soll sie leben, wo sie will, mit
denselben Einkünften, wie zu Alexanders Lebzeiten.'
2. ^*) 'König Alexander, Ammons und Olympias' Sohn, ernennt ^^)
zu Verwesern seiner Eönigsherrschafb: ")für Makedonien Erateros
und zu seiner Gemahlin Kynane*^, Tochter des verstorbenen Königs
Philipp*®); für Thrakien Lysimachos und zu seiner Gemahlin Thes-
salonike, Tochter des verstorbenen Königs Philipp; die Satrapie am
Hellespont verleiht er Leonnatos*^) und gibt ihm Kleodike**), die
Schwester des Holkias, zur Gemahlin; Paphlagonien und Kappadokien
dem Geheimschreiber •^) Eumenes; die Inselbewohner läßt er frei unter
Obhut der ßhodier*^; Pamphylien, Lykien'*) und Ghroßphrygien**)
verleiht er Antigonos, Karien Asandros.*^) Über Kilikien, Isaurien
und alle diese Gebiete bis zu den Ländern diesseits des Halys soll
Philotas herrschen.*^*) Zum Statthalter für Syrien bis zu Mesopo-
tamien'^ bestimme ich Peithon*®); für Babylon und das zugehörige sui
Gebiet Seleukos, meinen Waffenträger; für Phoinikien und Koilesyrien
Meleagros; für Ägypten und die Nachbarländer bis zum oberen Libyen
Ptolemaios '^ und zu dessen Gemahlin Kleopatra, die Schwester
23) denn — geschehen: nur A; der folgende Satz nur AVal. Mett.
24) Der Anfang bis zur Bestimmung über Leonnatos fehlt in Mett. 25) A fügt
hinzu: &xQi' toi) d6iat MaxsS66t ßaaiUa äTCodel^ai. 26) Die Bestimmung über
Erateros nur A Arm. Val. 27) Kvvdvrjv z. 1. st. Koivif^v A, Ksvdvriv Arm.
28) Die Best, über Lysimachos nur A u. Syr. (verd.). 29) Nur Mett. richtig; A =
Barb.: X$mva. Val.: Philonam. 30) Mett. 116: Cleonicam. 31) t^ i>xoiivriiia-
toyQdfpco A; so auch in Mett. 116 z. 1.: £umenem, qui mihi hipomnematografus
fuit. 82) u. 0. d. R.: nur A Barb. 83) So Leo Syr. Mett. Barb.; A: KOixlav,
Yal.: Cariae praesit. 34) So z. 1. nach Leo Mett. 36) Barb.: Gaesariam
deasandio (aus Ka{t6a)QLav dk 'Aadvd gqi); Gasander st. ABander: Leo Mett. Val.
(Val.: Gasanderque Boeotiae); fehlt A. 36) Den ursprünglichen Inhalt des
Satzes zeigt am ehesten Barb. 272, 6: Gilicia autem et Isauria et omnia
circuita eins Filone ordinavit. Darauf etwa nach A: Kilmlag xal 'laav-
9 las [K. X. 'I. fehlt A Val., x. 'I. fehlt Leo Syr.] tovtmv %e [Sk A] n<ivtwv (i^XQ^
t&v ivrhs "AXvog ^orafuH; xmQ&v &Q%ittxi [A Leo: xi&Qa icaQB%ixto] ^iX^xas-
Daraus Val. 166, 17: eisque omnibus praeesse Antipstrum oportebit («To^coy —
&Q%iv<o)\ Leo: teneant (die vorher Genannten) usque ad fluvium, qui dicitur Sol
[aus r^Xiog st. &Xvos\ Antipater Giliciam; Syr. nur: 'und über Gilicien Pior';
Mett. 117 mit Korrektur: ager est contra flumen, qui farus vocatur; in eum
agrum Antipatrum imperatorem do, Giliciae imperatorem facio Nicanorem. ^tr
Imtag st. ^Lhov (Barb.) ergeben die Historiker. 37) b. z. M.: Mett. Barb.,
ähnl. Syr.; Leo: Siriam magnam Pithöni. 38) Python Syr., yton u. uton YaL,
tithon Mett.; A fehlt dieser Satz. 39) Auch hier ergibt nur Barb. (272, 13 f.)
die ursprüngliche Lesart: Egyptum autem et quae circa eum usque superiore
Lybia Filippo qui vocabatur Ptolomeus. Yorl. von Barb : Atyvxxov dh xal tä
8*
116 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Alexanders. Für das Land yon Babylonien aufwärts bis zu Baktrien
sollen die bisherigen Heerführer und Satrapen im Amt bleiben.
Perdikkas soll als Oberfeldherr über alle gebieten^) und Roxane,
Oxyartes' Tochter*^) aus Baktrien, Alexanders Gemahlin, zur Frau
erhalten.'
3.** **)'Den Verwesern der Königsherrschaft befehle ich, einen
goldenen Sarg für zweihundert^^) Talente herstellen zu lassen, in den
Alexanders Leiche gelegt werden soll**); ♦♦ femer die älteren und
kränklichen Makedonier und Thessalier in ihre Heimat zu entlassen
V167 und jedem drei Talente Gold*^) zu geben; femer nach Athen ein
Gewand**) und einen goldenen Thron für Athene im Parthenon zu
senden; nach Argos meine gesamte Rüstung ui^d fünfzig Talente^^
Gold als Weihgeschenk für Herakles***); nach Delphi die Elefanten-
^\^ zahne und Schlangenhäute, goldene Schalen und hundert goldene
xegl aircqv lUXQi' tijg &v(o Aißvrig Iltolsiucica ta» ^iXinno) (st. to> ^iXinxoVf denn
Ptol. galt als Sohn des Königs Philipp). Daraus Arm. Leo Syr. Mett. : Ägypten
erhält Ptolemaios. A: atyvnxov 6h Tcegdixxav xal Xißvxriv xal nroXsiiatov.
40; Der ursprüngliche Inhalt nur in Mett. 118: regiones, quae inter Babylonem
et Bactrianos finea intersunt, satrapae, quam quisque obtinet, habeant.
Hisque omnibus summum imperatorem Perdiccam facio. Alle andern Texte
haben in der Mitte eine Lücke; ursprünglich etwa: r^^ dh indvto xf^g BaßvXünvlag
XtoQag nixQf' ''^v BaxtQuxvmv [fi. r. £. : Arm. Leo Aeth.; fehlt A; Barb.: UBqne
Caspiacas portas] OTQaraQxocg xal aargdTtag &yco<palvo> xQaretv [A, &hnl.
Yal. 166, 24: otQotdQxriv xal imiieXrivrjv ^avoxgccTTiv. Arm. nach Raabe: 0cr-
tgdxriv &nof^vdx(06av xal ixiiisXriti^v. Barb.: principes quidem in ea et sa-
trapas] roj^ff a{)Tovgj o^mg xal ng6tsgov xatetxov rd&v dk xgatstv \rohg
aiftovg — xgarstv nach Mett. ergänzt] övimdvroav Uegdixxav &gxi'<itgaxriy6v,
Barb.: archistratig^m autem eorum Perdicum ordinavit; UsgSlxxav Arm., nnd
das zugehörige &gx^otgaTriy6v in den vorhergehenden Satz geraten; ÜBgd. &gx»
fehlt AVal. Leo; Leo: (Ptolomeus) sit princeps super omnes satrapas Babilonie
et usque Bactriam (Schluß des Testaments). 41) 0. T.: nur Mett. 42) Nach
Mett. 118 f. sind die Bestimmungen über die Lieferungen an die Bhodier
(denen Mett. 118 hinzufügt: praesidiumque, quod ibi reliqui, ex oppido
exigere iubeo) und über die Beisetzung Alexanders in Ägypten, die
nach Ps.-Eall. schon oben, im Brief an die Hhodier, mitgeteilt waren (b. o.
Anm. 8), hier einzusetzen. 43) So A = Mett.; Arm.; 20 000; VaL 166,27
verderbt. 44) Syr. fügt hinzu: der Sarg soll mit Honig gefüllt werden. Vgl.
u, Kap. 34 Anm. 5. — Danach ist, zufolge Mett. § 120 (S. 116, 27—80), ans dem
Brief an die Rhodier die Bestimmung über die Wiederherstellung Thebens
einzufügen; vgl. Anm. 8. 45) So A; Yal.: tria milia drachmarum; Leo Syr.
Mett. fehlt dieser Satz. 46) Leo richtig: peplon, also ein Gewand für die
Göttin, nicht, wie Syr. angibt, ein Gewand Alexanders. In A Val. fehlt das Legat
für Athen. 47) Arm.: 160 Tal. für die Stadt; Val.: drachmas st. tal. 48) 'Hga-
xXet A Arm. Val. Aeth. ; Mett. 120: in aedem lunonis Argis.
Drittes Buch. 117
Ringe. *^) Die Milesier sollen zur Herstellung ihrer Stadt 150^®) Ta-
lente Gold erhalten, ebensoviel die Knidier.'
[4. ^^) Terdikkas, den ich als König von Ägypten samt Alexandria
hinterlasse^ soll die Stadt so verwalten, daß ihr mein Name erhalten Ario?
bleibe und sie glücklich gedeihe, wie der große Sarapis, der Gebieter
aller Götter und Menschen, bestimmt hat. Es soll auch ein jährlicher
Vorsteher der Stadt eingesetzt werden. Dieser soll ,Alexanders Priester*
heißen und soll mit der größten Würde in der Stadt auftreten, ge-
schmückt mit einem goldenen Kranz und einem Purpurgewand. Er
soll jährlich ein Talent bekommen und unverletzlich^^) sein und von
jeder Leistung^') befreit sein. Wer diese Stellung erhält, soll von
vornehmstem Geschlecht sein, und was ihm verliehen ist, bleibt ihm
und seinen Nachkommen.']]
5. ^König Alexander ernennt zum König des indischen Gebietes Ario4
am Hydaspes") Taxiles^^), des angrenzenden Landes vom Hydaspes
bis zum Indus ^^) Porös"), über die Paropanisaden^®) den Baktrier
Oxyartes^^), den Vater*®) der Gemahlin Alexanders, Roxane. Femer
verleiht er*^) Arachosien**) und Gedrosien dem Sibyrtios^), dem Sta-
sanor aus Soloi Aria und Drangiane**), Baktrien und Sogdiane**)
dem Philippos, Parthyaia**) und das angrenzende Hyrkanien*^ dem
49) u. h. g. B. : nur Arm. Syr. Aeth. Die folgende Bestimmung fehlt Arm.
60) Yal.: auri sign, drachmas; Mett. 120: argenti tal. (2mal). 51) Der folgende
Absatz nur in A Arm. Yal. — Der größte Teil dieses Absatzes ist in Arm. an den
Schluß von Kap. 84 (Raabe S. 107 oben) geraten. — Statt dessen Syr. : die übrigen
Schätze, die ich aus Indien mitgebracht habe, soll meine Mutter Olympias er-
halten. 62) &v^ßQiötog. 53) UirovQYiag. 64) So A Aim.Val. Barb.; Mett.
121: sec. flumen Indum. 66) So Mett.; AArm.Val.: Ta^iddrjv, Barb.: Taxio
(dat.). 56) b. z. L: nur Mett. Barb. 57) So AMett; Arm. Barb.: Peithon
(Barb.: Pythonae); Yal. 167, 22 f.: Adiacentium vero regionum Apoctronum Bo-
xanes patruum ... 58) Barb.: Parapannisodum, Arm.: IlaQccnXevriöiadmVf A:
SaXiS&v, Mett.: pano. 69) Mett. 121: ozyatrem, A: 'O^vdgdxriv, Arm.: 'O^v-
ddgxriv, Barb. : Oxydarcum. 60) So A Mett. ; Arm. Yal. : Yatersbruder.
61) Yon der folgenden Liste haben Arm. und Syr. nur geringe Trümmer, bei Leo
fehlt sie. 62) A: Jgaxovölav^ Yal.: Racusiam, Barb.: Arachusia, Mett.: Ära-
chois (dat.pl.). Danach AYal. lückenhaft; A: jQaxovclav xal dQaTtvdXriv rf
BantQiav^ xal Zovöucvriv ^iXin^ov. Yal.: Racusiam vero regionem et Bactria-
nam et Susianam Philippo. 68) Barb.: et Gedrusia Sybartum; Mett.: drachotis
(dat. pl.) . . tiburtibus. 64) Mett. : sisandro olearium et dragentanum imperium
do; Barb.: Arabiam autem totam Stasanoro donavit. 66) So Syr. ('S6d') und
Barb. ('Ogdianiam'). 66) A: Tlagovölav. Arm.: das südliche Land der Parther
(erhält auch Phil.; der Rest der Liste fehlt); Mett.: cartusaeuum; Barb. 274, 4:
illam autem qui circuit contra aquilonis partes (daneben ausgefallen: particam).
Syr.: Abaraschahr; fehlt Yal. 67) A: xal tä i%6\uva ainf^q Zv^avlav. Mett.
118 Zweites Kapitel. Der Text des Romans.
Phrataphemes*®), Karnjanien dem Tlepolemos**), Persis dem Peakestes.'®)
Armenien (?) bis zum Halys und zum Herakleion erhält Neoptolemo8(?)^^).
Ihre Gebiete sollen abgeben: Atropates, wie früher Oxydates^ für den
Peithon^ Eratenas' Sohn^ Medien erhält , und Susiane Argaios, an
dessen Stelle Eoinos tritt.''*)
6. 'König Alexander ernennt HoUdas zum König von lUyrien.
Dieser soll 500 Pferde aus Asien und 300 Talente'^) erhalten und
▼ i«8 soll dafür Standbilder von Alexander'*), Ammon, Herakles, Athene,
Olympias und Philipp anfertigen und im olympischen Heiligtum'^)
aufstellen lassen. Es sollen aber auch die Verweser der Königsherr-
schaft Standbilder Alexanders weihen, so groß, wie die von Holkias
errichteten, silberne in Athen und Olympia, goldene in Delphi.'^)
Ptolemaios'') soll in Ägypten Standbilder von Alexander, Ammon,
Herakles, Athene, Olympias und Philipp errichten lassen.'*) Über
dies alles sollen die olympischen Götter'^) wachen: der olympische
ZexiB^), Herakles, der Stammvater des Königs Alexander*^), Athene,
121: quod proximum est intra finem hircaniae; Val. : Hyrcaniam, ähnl. Barb.;
Syr.: Gaigan. 68) Mett.: prataphemen; A, ahnl. Val. : 'AQta(peQvriv. Barb.:
Antigono. 69) A: KccgSavvlav ähv TXriTtoUfim, Syr.: Garmania Thlipaitmos,
Barb. : Gbrmaniam Tripolemo ; fehlt Val. Mett. 70) So A Val. Mett. ; Barb. :
Perco, Syr: Pison. 71) Diesen Satz hat nur Barb. 274, 7 f., als letzte Bestim-
mung des Testaments: 'Span i am autem usque Aljo fluvio et Eracleoticum
terminum Antipalum ordinavit regnare.' Ais ursprüngliche Lesart des grie-
chischen Textes vermute ich etwa: 'Agii^sviag dh fiixQ^ ^^t) ZiXvog notafioif xal
Tov ^HquxXbIov 8qov (od. Sgovg?) NB07cr6Xe iiov frajcv &QXBtv. 72) Von
diesem Satz hat nur A ein Bruchstück: (rrjr dk Tlegaida ilEvxccrr^) aaTQd7t^)y
'O^vvtriv lutaötfjaoci inl tf]g Mr\diag — wofür v. Gutschmid, Gesch. Irans S. 20
vermutete: 'AtgoTcdxriv 'Oivddt7\v ^«ratfr^öat änh x. M. — und Mett. 121 eine
verderbte Fassimg. Der griechische Text des ersten Satzteils mag ursprünglich
gelautet haben: *AtQonaxr]v, maxBQ 'O^vddxriVy nBxaöxfjöai %ccl xaxaßxi^öat in)
X. M. TlBi^mva xhv Kquxbvov. 73) So Mett.; A: 3000 Tal.; Val.: drachm...
tria milia. 74) So Arm. Mett.; fehlt AVal. 75) So Arm. Mett.; stattdessen
A Val.: in einem von ihm zu erbauenden Tempel. 76) A Arm. verderbt, Val.
186, 2 ff. summarisch. A nach Mett. 122 etwa zu ergänzen: &va^ixfoaav 9h xal
ol T^s ßaaiXsiag iniiiBXT]xal Blxovag 'AXB^dvSgov oöovg *OXxiov icvigidvxag Tcsgl-
fiBXQOv, iv 149'rjvaig %al 'OXv^tTcia xal XQ^^^S &Qyvg&g iv JBX<polg. 77) So
Arm. Mett.; A Val. :Perdikkas; vgl. Anm. 39. 78) Hier schließen Arm. u. Val. das
Testament. 79) In A z. 1.: löxcaoav ^bo\ in6itxai st. inoiBi al. 80) d. o. Z.:
Mett., fehlt A. 81) Hier bricht A ab. Der Schluß des Testaments ist nur in
Mett. erhalten. — Syr. schließt nach der Bestimmung über 'Pison' (s. o. Anm. 70):
Von den Dosin (?), die in Zelten wohnen, sollen einige herbeigeholt werden und
Gäste in Alexandria heißen. Meine Leiche soll in einen goldenen Sarg gelegt
und auf einem Wagen von 16 Maultieren gezogen werden; das makedonische
Heer unter Ptolemaios und den andern Generälen soll sie geleiten; für die Reise
Drittes Buch. 119
Ares, Ammon^ Helios und König Alexanders Tyche. Wer gegen mein
Testament handelt^ der soll das, darum bitte ich Zeus und die Götter
im Olymp, nicht ungestraft tun, und bei Göttern und Menschen ein
Frevler und Meineidiger sein.']
|[U.^) Darauf^) übergab er Holkias das Testament und befahl
ihm, einen zuverlässigen Mann zu beschaffen, der den Brief und das
Testament nach Rhodos besorgen sollte. Holkias brachte den The-
baner Ismenias, der den Aufkrag mit Freuden übernahm, als er den
Beschluß der Wiederherstellung Thebens erfuhr. Linderungsmittel,
die Roxane anwendete, erleichterten Alexanders Schmerzen für fünf
Tage. Dann reichte ihm loUas wieder einen Becher mit Gift. Da
erfaßten ihn die Schmerzen von neuem, und er verzweifelte am Leben.
Er ließ Perdikkas, Ptolemaios, Holkias und Lysimachos*) zu sich
rufen und sprach: 'Mein Testament hat Holkias in Verwahrung, und
die Rhodier werden es erhalten. Einstweilen sollen Perdikkas und Arios
Antipatros das Nötige besorgen.' Holkias ging laut weinend hinaus.^)
Dann rief Alexander Lysimachos zu sich und befahl ihm, nach Thra-
kien zu gehen. Lysimachos verließ laut weinend das Zimmer. Dann
rief er Ptolemaios, trug ihm auf, sich nach Ägypten zu begeben und
für seine Leiche zu sorgen, und flüsterte ihm noch geheime Weisungen
in das Ohr. Ptolemaios verhüllte sich und verbarg seine Tränen.*)
Darauf verschlimmerte sich Alexanders Zustand, und er rief: 'Nimm
mich zu dir, Herakles und Athene! Und ihr, Freunde, lebet wohl!'
Er zog seinen Ring ab und übergab ihn Perdikkas. Roxane sank,
laut aufschreiend und sich das Haar zerraufend, zu Boden. Holkias
führte sie zu Alexander, und er umarmte sie imd legte ihre Hand
in Perdikkas' Hand und gab ein Zeichen mit dem Haupte, daß er sie
seiner Obhut anvertraue. Darauf überwältigte ihn der Tod, während
Perdikkas, Ptolemaios und Holkias um ihn standen. So ging der
große König zu den Göttern, nachdem er 33 Jahre gelebt und 13 Jahre
geherrscht*) hatte. *) Und nicht mit Unrecht, meine ich, wird er
Zeus' und Ammons Sohn genannt, denn er ragte weit über mensch-
sollen 1000 Talente, fOi die Maultiere 1600 Talente ausgegeben werden [so Budge;
Ryssel: Man soll ihnen 1600 Maultiere geben].
83« II. 1) Die folgende Erzählung von Alexanders Tod (Abs. 11) haben nur
Arm. und Mett., dagegen den andern Bericht, Abs. m, Ann., Yal. und /}. In A
und & fehlen beide Stücke. 2) Nach Tovroiv ysvofUvmv in Arm eine Lücke,
die aus Mett. 109 (S. 114, 20 — 23) zu ergänzen ist. 8) Die Namen nur Aim.
4) Nur Arm. 5) u. 13 J. g.: nur Mett. 113; der Rest des Kap. fehlt in Mett.
6) Die folgenden Sätze bis zu den Wunderzeichen (Abs. III) nur in Arm.
120 Zweites Kapitel. Der Text des Bomans.
liehe Art hinaus und vollbrachte alles aus eigener Kraft^ wie seine
Taten bezeugen.]
in. ^) Da trat Ptolemaios zu ihm und fragte: 'Alexander^ wem
hinterlassest du die Herrschaft?' Er antwortete: ^Dem, der vermag,
will, bewahrt und vollbringt' Als er so sprach, entstand plötzlich
V i«4 ein dichter Nebel und Finsternis. Die feurige Gestalt einer Schlange^)
flog vom Himmel zum Meer herab und mit ihr ein Adler, und das
Bild des Zeus in Babylon wankte, und die Schlange erhob sich
wieder zum Himmel, und der Adler folgte ihr und trug einen leuch-
tenden Stern, und als der Stern im Himmel verschwunden war, da
hatte Alexander die Augen geschlossen.
M 150 34. ^)Nun kam es zum Streit zwischen den Persern und Make-
donien!. Die Perser wollten den König nach Persis bringen und als
M 161 Mithras verehren, die Makedonier wollten ihn in Makedonien bei den
Gräbern seiner Vorfahren^) bestatten. Ptolemaios gab den Rat, das
Orakel des babylonischen Zeus darüber zu befragen. Der Gott ant-
wortete: ^^Am Nil liegt eine reiche Stadt, die nach dem Namen einer
Amazone^) Memphis heißt. Dort soll er ruhen und verehrt werden.'
V 166 Man gehorchte dem Gotte. Ptolemaios ließ die Leiche in einen
Sarg aus Blei legen imd sie mit Honig ^), Aloe^), und Myrrhen vom
8 142 Troglodytenland') verwahren. Dann brachte er sie auf einem Wagen,
den . .^) Maultiere zogen, nach Ägypten. In Pelusion kamen ihm die
Einwohner von Memphis^) mit ihren Göttern entgegen, begrüßten
Alexander als Sesonchosis und Hephaistos, und führten ihn nach
Memphis. Doch der Oberpriester von Memphis ^^) sprach: 'Bestattet
88. in. 1) Vgl. Abs. 11 Anm. 1. 2) So Val. 7; Ann.: äatganii, ß: äeti^Q.
84« 1) Der Anfang des Kap. nur bei Val., Arm. u. ß erhalten. Statt dessen
Mett. usf.: Im Heer entstand ein Aufruhr; inzwischen bekleideten Perdikkas
und die andern, die im Eönigspalast waren ['qui in regia erant' st. 'grecia'J,
die Leiche mit dem königlichen Schmuck und umgaben sie mit Wohlgerüchen
und Räucherwerk; dann traten sie mit verhülltem Haupt vor das Heer, und
Perdikkas teilte mit, daß Alexander zu den Gröttem gegangen sei; darauf wurde
das Testament verlesen. — Mit dem Testament schließt die Metzer Epitome.
2) bei — Vorfahren: nur Val. 20. 8) Der Inhalt des Orakels nach Val. 24 ff.
Arm. stark verderbt, ß unvollständig. 4) So Val. 27; Arm.: iy/^s tfjg x&v
jifLai6v(ov yfjs. 6) Arm.: iiiXi ^vri6ioi}rix6v. Leo verd.: mel dniosia (od. dino-
sia) terra. Raabe vermutet: tiilt vriaKorix6v, Landgraf: de Mendesia terra.
6) Nur Arm. 7) v. T.: nur Leo, der, ebenso wie Aeth., Alexander noch selbst
diese Anordnungen treffen läßt. 8) Die Zahlangabe ist ausgefallen. 9) So
Aeth. u. Arm. (verd.); Val. 8: omnes eiusce regionis proceres ac sacerdotes.
10) So I?, ähnl. Val.; Arm.: eine Stimme; Syr.: die Priester des Serapis.
Drittea Buch. 121
ihn nicht hier, sondern in der Stadt, die er gegründet hat. Der Ort,
wo seine Leiche ist, wird im Krieg unbezwinglich^*) sein, wie er
selbst.' So brachte ihn Ptolemaios nach Alexandria, ließ ein großes
Gebäude nach Art eines Tempels errichten, das noch jetzt 'Alexanders
Grab'^^) heißt, und setzte hier seine Leiche bei.
[35, Alexander hat nicht so viele Könige durch seine Kriege Atiot
besiegt, als er durch seinen Tod hinterließ.*) Er lebte 32 Jahre v le»
8 Monate.^) Mit 15') Jahren fing er an Krieg zu fahren und führte
17*) Jahre lang Kriege, bis er 32^) Jahre alt war. Die übrigen
8 Monate®) verlebte er in Ruhe und Frieden. Er unterwarf 22') Völker
der Barbaren imd 10®) griechische. Er gründete 12^) Städte, die
noch jetzt bewohnt sind^^: die Alexanderstadt zu Ehren des Pferdes
Bukephalos ^^), die am Pieria-Gebirge ^*) bei Issos^*), die bei Porös, die
am f Granikos^*), die im Skythenland ^^), die am Tigris**), die bei
11) So Yal. ('inexpugnabilem') , der las: ävardötatos • • %oXditoi£ xal
lidxccig. Ygl.Aeth.: without fear and wlthout disturbance and without fighting.
Aus einer Variante &%araatarBt (ß) geht hervor, was Arm. Syr. ^ geben: der
Ort wird vor E^riegen und Kämpfen keine Ruhe finden, wie Alezander. Das
paßt aber nicht aaf Alezandria und widerspricht 1 33. 12) So Syr., was auf
die Lesart 2^^/üa fahrt. Ajrm.ß: £&(La^ yielleicht ein durch das unmittelbar
folgende c&pia veranlaßter Fehler, obwohl auch bei Strabo (S. 794) Zi&fMe als Be-
nennung des Alexandergrabs überliefert ist.
35. 1) So A(Leo); Arm. verderbt. 2) Dies wohl die urspr. Lesart; Syr.:
32 J. 7 M., Arm.yaL Leo: 33 J.,'A: 80 J., ß: 32 .!., Barb. u. Malalas: 36 J.
3) So A, Aeth. und der äthiopische Josippon (S. 427); Arm. Val. Leo: 18 J. (Yal.:
Imperium iniit). 4) So A; Arm. Leo: 7 J., Barb. u. Malalas: 9 J., ß: 12 J.
5) So nach dem vorherigen Angaben von A zu vermuten; aber A: 20, Arm. Yal.:
26, Barb.: 28. 6) A: ra Sk älXu %' (sc. Irt}), die übrigen: 8 Jahre. Nöldeke
(Beitr. S. 8) erkannte zuerst das Richtige. 7) So alle Texte außer Leo (27).
8) So A; Arm.: 12, Syr. Barb. Aeth: 18, ß\ 14, Yal.: 16. Danach Yal.: 'victor
totiens, quotiens bellator, nullo proelio invulneratns.' 9) So Arm. Yal. Leo ß
Barb. Aeth. u. Chron. paschale; A Syr.: 18. 10) So A Arm. Leo Barb.; Syr.:
teils noch blühend, teils aber schon verödet. 11) Fehlt Barb. u. Chron.
pasch. 12) ütBQlag vermute ich st. il^^tfa; A Pasch., Ileglas a, üsgaiav C
Aeth., Persida Barb. ; Arm. Yal. d fehlt der Name. Alexandria am P. und AI. bei
Issos sind in den Texten als verschiedene Städte aufgefaßt, doch sind nur in A L C
die Namen durch andere getrennt. 18) Arm. am besten: Kthttaov, d/JBarb.:
xQdtiatov {xqcctIötti LeoByz.), Pasch.: Kwtov. A: ijtl coücois. Fehlt Yal.
14) So Yal.; ähnl. Arm.; Syr.: im Land von Gelenikös; Leo: aianicon. Stattd.
Pasch.: negl KvtcqISos «orofi^, Barb.: s. Gypridum fl., LG: isrl K^rpitSog «or.,
Byz.: iv noT, r. Fglytidi, 16) Barb. u. Chron. pasch, fügen hinsu: iv AI-
yalots (z. V.: Alyttiaig)^ eine unrichtig eingesetzte Bandnotix, die sich auf
Alexandria bei Issos bezieht. 16) Fehlt Barb. u. Chron. pasch.; Syr. verderbt.
122 Zweites Kapitel. Der Text des Romans. Drittes Buch.
Babylon^ die in Troas^^^ die bei den Massageten^^ am Jaxartes^^),
s 148 die bei den Griten*^), die in Margiane*^) nnd die in Ägypten.*^ Ge-
boren ist er am ersten Tybi^') bei Sonnenaufgang, gestorben am
vierten Pharmuthi^) bei Sonnenuntergang.^^) Sein Todestag wird noch
jetzt in Alexandria heilig gehalten. ^^)]
17) Fehlt Syr. 18) Nur Val. richtig; Arm. Leo |3 Byz. Barb. Pasch, verderbt;
fehlt A Syr. 19) nghg 'la^digtriv vermute ich st. apud Sanctum (Val.), scan-
tum (Val. Epit.), ngbg Sdvd^ov (Arm. Leo); fehlt A Syr. ß Byz. Barb. Pasch. —
Alexandria b. d. Massageten und AI. am Jazartes sind in der Überlieferung als
verschiedene Städte gegeben; doch stehen die Namen bei Arm. und Leo neben-
einander. 20) Nur Leo richtig: iprosoritas ^ ^ jcghs 'Slgsltag. Byz.: nQog rovg
"ÖQTtagy Val. : montuosa, L : nQhg ^Ognäg, C : iv "Ogytjiy Barb. Pasch. : ngog Zignav.
Fehlt A Arm. Syr. 21) Nur Syr. ('MargenSkös, das heißt Mörö' (Merw)) und
Val. (Hss.: ^apud Origala' aus 'in argana', aus 'margianä'). 22) Auf das
ägyptische Alezandria, nicht auf 'AI. apud Sanctum', bezieht sich die Be-
merkung bei Val. 24 — 27 ('cui quinque — condidit'), die auf eine aus I 32 ent-
nommene Randnotiz zurückgeht. — Außer diesen 12 Städten, die jedenfalls die
ursprüngliche Liste von a darstellen, werden noch einzeln genannt: von Arm.:
MBöonora^Llag (neben AI. am Tigris und wohl damit identisch); von Syr.: das
große Alexandria (nach 'the fortified', d. i. AI. bei Issos), dann nach AI. bei
Babylon: 'AI. im Lande Söd, d. i. Samarkand', 'Kusch, d. i. Balkh' und
'AI. am jenseitigen Ufer der Flüsse im Land der Inder'; von Barb. und Chron.
pasch.: an erster Stelle ^. r^i^ nagcc TlBvxdnoXiv (C^on. pasch, fügt hinzu:
ng^tBQov Xbxxo^v xaXoviUvtiv, MEfiqpECDff ovöav iy,n6Qiov) und nach 'nQ.Zignav^ :
Kaßlmaav, d. i. Scabiosam = Alex, bei Issos. 23) So A {ri^vov? rriv vsoiLri-
vlav) Arm. Leo; stattd. ß: 'lavvovaglov vsoiirivLa, 24) So A Arm. Leo; ß:
jiytQLlXlov v£otir]vla. 26) Hier schließt A. 26) So Val.; Arm.: xal
ixdlBöav XT]v inidgav xa^xriv Isqccv &uc xov jiliiavdQOVy Sff viog ^clevTYjtfsy.
Durch Mißverständis wurde aus dem vorhergehenden Satz vBoyLr\vla als vermeint-
liche Bezeichnung des Todestags zum Folgenden bezogen (so Byz. 6112: vBoyLUiv
9h .. xf^g xBXsvxfig ixdleösv ijydQccv) und dann weiter zu vsofta^/av (G, vBOfLiya
BMett.) entstellt. Daraus Syr: der Tag wurde 'der Jünglingstöter' genannt, denn
Alexander war ein Jüngling.
Drittes Kapitel.
Historischer Kommentar.
I !• Die Erfindung der Geometrie wurde den Ägyptern all-
gemein zugeschrieben^), von vielen auch die Erfindung der Astronomie
und Astrologie^). — TCagadidövcfi, hier für die Überlieferung der
Zaubersprüche gebraucht^ ist ^der stehende, offenbar liturgisch feste
Ausdruck von der Übergabe einer Weihe in den Inschriften/*) — Nekta-
nebos U/), der letzte einheimische König Ägyptens, erlag um die
Mitte des vierten Jahrhunderts v. Chr. der Übermacht des Perserkönigs
Artaxerxes IL Ochos und flüchtete nach Äthiopien. Die Erdichtung,
daß der verschollene König stattdessen nach Makedonien geflohen und
dort Alexanders Vater geworden sei, ist echt ägyptisch. Ganz ähnlich
hatten die Ägypter früher ihren Besieger Kambyses zu einem Sohn
ihres Volkes gemacht, indem sie ihn von einer Tochter ihres Königs
Apries abstammen ließen.^) Die Sache stimmte freilich nicht recht
mit der Zeitrechnung; denn wenn auch nicht sicher ist, in welchem
Jahr Nektanebos vertrieben wurde ^, so steht doch fest, daß es mehrere
1) Diod. I 94, 3 (vgl. 81, 1 ff. Her. 11 109). Strabo XVI 2 S. 767. XVII 1
S. 787. Clemens Alex. Protrept. 6, 70. Diog. Laert. I 10 (FEG 11 388). Scamon
fr. 5 (FHÖ rV 490), Suidas u. d. W. yBrniutgla u. a.
2) So schon Herodot (11 82): xccl tdds äXlcc Alyvntloiöl iati iisvQtnidvtic^
UBig TS kxdötfi xal iltidgri ixMSrri ^s&v 8tBv iatl^ xal tf ixactog iiy^Qli yBv6iuvos
Qtioioi iyxvQT^cn xal oxtag rclcvri^tfei xal 6xol6g tig lotai. Femer z. B. Dionys.
Perieg. 236: nff&xoi &h (Aly^ntiot) YQaimfjoi %6Xov diBitBTQi^öavro. Diod.
a. a. 0. Plin. VII 66 § 203. Diog. Laert. u. Scamon a. a. 0. Vgl Strabo S. 806.
3) Alb. Dieterich, Eine Mithraslitnrgie (Leipzig 1903) S. 63.
4) ägypt. Nchtnbf (die Vokale sind zweifelhaft). Der Name wurde von
den CTiiechen sehr verschieden wiedergegeben. Parthey (Ägypt. Personennamen
S. 62 f.) führt 10 Formen an.
6) Her. UI 2: Aly^nvioi dk olxriioijvtai KofußvCsa <pd(uvol fuv ix xa{m\g
^T] Ti)ff 'AytQleoa ^vyccvQ^g ysvia&ai.
6) z. B. setzt Wiedemann Nektanebos' Stnrz 860, Ebers 346, Pietschmann
345/3, Niese 344, Steindorff und Judeich 343.
124 Drittes Kapitel.
Jahre nach Alexanders Geburt geschah. Für die Zauberkunst des
zweiten Nektanebos ist kein historisches Zeugnis überliefert.^) Für
die Zauberei mit Wachsfiguren finden sich in den ägyptischen Denk-
mälern Belege von der ältesten Zeit (3. Dynastie) bis zur griechisch-
römischen Epoche, doch nichts entspricht genau dem, was hier Nekta-
nebos zugeschrieben wird.»)
I 2« Der Zusatz des Titels exploratores zu xatci6xoxot stammt
aus der späteren Kaiserzeit und bezieht sich auf eine Einrichtung des
römischen Heeres, die während der Kriege mit den Neupersem be-
stand.') — Ein späterer Zusatz, der sich schon äußerlich als solcher
yeniit, ist jedenfalls auch das Verzeichnis der angreifenden
Völker. Denn unter den Feinden Ägyptens, an denen nach dem
Orakel in Kap. 3 Alexander die Rache vollziehen soll, kann der Ver-
fasser des Romans doch nicht südrussische Barbarenstömme ver-
standen haben, mit denen Alexander weder in Wirklichkeit noch
nach seiner Erzählung in Berührung gekommen ist, sondern nur die
Völker des Perserreichs. Hätte er die 'Völker des Ostens' aufzählen
wollen, so würde er solche genannt haben, an denen das Orakel in
Erfüllung ging: Perser, Syrer usw. Stattdessen bietet unsere Liste
zunächst deutlich erkennbare Namen von Stämmen aus den Küsten-
ländern des schwarzen und kaspischen Meers: Bosporaner, Sinder
(am kimmerischen Bosporus*)), Iberer, Alanen (oder Albaner?),
Oxydraker (nicht die indischen, sondern die in Sogdiane ^)), Kau-
konen (zwischen Bithynien und Paphlagonien')) und Chalyber oder
(armenische) Chaldäer.^ Ebendahin gehören wohl, nach dem Zu-
sammenhang ihrer Erwähnung bei Nikolaos von Damaskos zu schließen,
1) Budge, Ethiopic text S. X. Von Nektanebos I erwähnt Wiedemann (Äg.
Gbsch. 706), daß die Inschrift der aus seinem Grab stammenden sog. Mettemich-
Säule u. a. die Zauberkraft einer langen Reihe von Beschwörungen und Amu-
letten preist.
2) Vgl. die ausführliche Darlegung von Budge, Ethiop. text S. XI — XVI.
Syr. S. XXXIX f.
8) Suidas u. d. W. i^TcXogarmg: igyov yccQ to&cois to ^BQiegydiBöd'aiy tig
i^ x&v ngayfidtcDV xcetdataötg xal nola vcc xaxa *Ptonai<ov 6%i'xr6{i>Bva iyeo
ÜBgacbv xal dvatpigsiv inl xhv ßccötXia. Procop. bell. Pers. I 21: xccvoc6x6'
novg dh ix naXaiov Iv re ^P(o\ulIoi£ xal IliQötag drifLOöla eni^Böd'a^ v6itog usw.
4) Strabo XI 2 S. 496. Her. IV 28 u. a.
6) Ptol. VI 12 (O^vSQdyxai). Plin. VI 16 § 48 (Jan: 'Oxyttagae').
6) Strabo XII 3 S. 641 f.
7) Strabo XII 8 S. 649 : Ol Sh vvv XaUaloi. XdXvßeg tb naXaibv divoiux-
tovxo (freilich eine irrtümliche Gleichsetzung; vgl. Ed. Meyer, Gesch. d. Alt. I
160). Über die Nebenform XdXvßoi Rüge, PW m 2100.
Historischer Kommentar. 125
die Kausianer, die merkwürdigen Pessimisten, bei denen angeblich
die Neugeborenen beweint, die Verstorbenen mit Jubel bestattet
wurden. ^) Danach mag man bei verderbten Namen an andere Völker
dieser Gegenden denken: die pissurischen Daher^), die Appaiten
(von Strabo S. 548 neben den Chaldäem als Nachbarvölker von
Trapezunt aufgezählt) und die Agrer (ein Stamm der Maioten'), wie
die Sinder). Dazu kommen endlich die Skythen, Araber und zwei
äthiopische Stämme: die Agriophager ("pantherarum et leonum
maxime carnibus viventes'*)) und die Euonymiten.^) In den Meöo-
^dzagsg oder MEtcajtötlfOQSs stecken vielleicht die bei Plinius*) er-
wähnten äthiopischen Mesaches und Hypsodores. Die ganze Liste
mag der Völkertafel einer Chronik entnommen sein. — Nektanebos'
Äußerung, daß es nicht auf die Masse ankomme, ist geschicht-
lich überliefert und soll im Gespräch mit Agesilaos, der sein Heer
befehligte, gefallen sein.^) Der Ausspruch, daß ein Wolf viele Schafe
bezwinge, wird in Apophthegmensammlungen Alexander zugeschrieben.®)
I 3« Daß die ägyptischen Götter Nektanebos, als er sie über die
Zukunft befragte, auf einem Schiff erschienen und ihm ihre Unzu-
friedenheit kund gaben, erzählt ein Leydener Papyrus aus dem zweiten
Jahrhundert v. Chr.^) Eine Übereinstimmung, wie sie C. Müllers
1) Nicol. Damasc. fr. 125 (FHG lU 460); weiteres bei Grusius, Plat.de pro-
verb. Alex. S. 28.
2) Strabo XI 8 S. 611: t&v ^a&v ol it^v ^gocayogs^orrai jinagvoi .. ol dk
nicoovQOi.
3) Strabo XI 2 S. 496. Die Ar giv er, die allerdings nach Diod. XVI 44, 2
tatsächlich mit 8000 M. Hilfstruppen an dem persischen Feldzug gegen Nekta-
nebos teilnahmen, sind doch schwerlich hier mitten unter den Barbarenstämmen
genannt worden. 4) Plin. VI 80 § 196.
6) ^d'vog Alyvxtiov ngog t^ Al&tonla Steph. Byz. nach Alex. Polyhistor.
Plin. VI 29 § 184, 'Euonymiton Aethiopum'.
6) VI 80 § 190.
7) Plut. Agesil. 89, 1 ; Diod. XV 93, 2 läßt umgekehrt Agesilaos dies dem
Nekt. vorhalten: tfjs vlxrig xvy%dvBiv o^ xohg xaxa xh %Xf^^og XQoi-
Xovxag^ äXXcc xo^g naxcc xäg &v&Qaya9lag ngatXBvovxag,
8) Wiener Apophthegmensammlung hg. v. Wachsmuth Nr. 11: jiXi^avdgog 6
ßaöiXB^g xov xaxa6%67tov Xiyovxog a^^ nXslovg slva^ xohg jJuqbIov slns' xal
xä jtQoßaxa nX^iova 6vxa i>tf>* kvhg ^ dBvxigov X^xov xBiQo^vxai. Da-
selbst ist auch auf die andern Stellen verwiesen.
9) Leemans, Pap. Graeci Musei Lugdun. S. 123 f.: Nexxovjuß&g roi) ßaöt-
Xi(og xaxayivofidvov iv MifL^Bi . . xai icinoöavxog xo^g d'Boifg &riX&6ai
ai)x& xä ivBaxrix6xa i^o^BV xtct ivvnvov xXotov nax'bQtvov ... %QOCOQ\i/f^cau
Big Mifitptv, Auf diesem erblickte er ^^I<nv xai xohg iv lAyv%xtp ^Bohg ndv-
xag\ aus denen Onuphris hervortrat und ihn tadelte, daß er sein Heiligtum
126 Drittes Kapitel.
Notiz praef. XX A. 2 vermuten läßt, besteht aber nichi — Nekta-
nebos floh in Wirklichkeit mit seinen Schätzen nach Äthiopien.^)
Über Pelusion konnte er schon deshalb nicht seinen Weg nehmen,
weil diese Stadt gleich anfangs von den Persem genommen war.^ —
Das Scheren des Haupthaars und Bartes gehörte zur Tracht des
ägyptischen Priesters, wie die leinene Kleidung.*) — Das im letzten
Teil des Kap. Erzählte spielt in Memphis, denn dort war der be-
rühmte Tempel des Ptah-Hephaistos und dort das auch von Eusta-
thios*) erwähnte UlvAtciov Sgog, der Apis-Hügel (Sen-Hapi), nach
dem Sarapis der Sinopische Gott hieß.^) In den Resten des Sarapis-
tempels in Memphis fanden sich eine Stele und mehrere Inschrift;-
fragmente aus der Zeit unseres Nektanebos.^ — Daß gerade in
Memphis nach dem Verbleib des Königs geforscht wird, entspricht
der Tatsache, daß Nektanebos von Memphis aus seine Flucht unter-
nahm.*^ Von einer Säule in Memphis, die den Ägyptern künftige
Befreiung verkündete, berichtet Trebellius Pollio.®) Doch sind bei
ihm die Römer die verheißenen Befreier.
I 4. Zu der Aufzählung der verschiedenen Arten der Seherkunsi
vemaclil&SBigt habe. Es ergab sich, daß in dessen Tempel in Sebennytos die
hieroglypbische Inschrift noch nicht fertig war, und es wurde dann entsprechende
Anordnung getroffen. Der Schluß der Geschichte fehlt.
1) Diod. XVI 61, 1: änoyvovg .. Tr)v ßccötXslav %al rcc nlBtcxa r&v ZQ'n~
lidtoDV &valaßatv itpvyev slg r^v Ald'ionlav,
2) Diod. XVI 49, 6.
3) Her. 11 36: ol Igisg tmv Q'b&v . . iv Alyvxxco . . ivg&vxai, 37: i69f^xa
dh tpoQiovciv oi Igisg Xiviriv {i,ovvriv. So war es noch in römischeT Zeit;
z. B. bezieht sich die griechische Pap.-Urk. Nr. 16 des Berliner Museums auf die
Untersuchung gegen einen Priester, der angeklagt war, er lasse sich das Haar
wachsen und trage wollene Kleider.
4) Zu Dionys. Perieg. 266.
5) Daß die von Tacitus (bist. IV 83 f.), Plutarch (Is. 28 und teil, animal.
an aq. s. call. 36) u. a. nacherzählte Geschichte von der Einfährung des Sarapis
aus dem pontischen Sinope eine bloße ErEndung ist, die auf Mißverständnis
jener Benennung des Gottes beruhte, hatte bereits Letronne erkannt, und durch
\msere Stelle erhält diese Ansicht eine nicht verächtliche Stütze. So einfach,
wie es G. Lafaye (Hist. du culte des divinit^s d^Alezandrie, Paris 1883, S. 17)
darstellt, liegt die Sache freilich nicht; auch sind neuere Behandlungen der
Streitfrage zu einem andern Ergebnis gelangt.
6) Wiedemann, Ägypt. G^sch. 718.
7) Diod. a. a. 0.
8) Trig. Tyranni 22, 13: fertur enim apud Memphim in aurea columna
Aegyptiis esse litteris scriptum tunc demum Aegyptum liberam fore,
cum in eam venissent Romani fasces . . . quod apud Proculum grammaticum . .
invenitur.
Histoiischer Kommentar. 127
vgl. z. B. Plin. XXX 1 § 14^ und Clemens Alex. Protrept. 2 (11). —
Die astrologische Tafel ist eine Art Abbild des Himmels. Die Dekane
(dsxavoC) sind die 36 Regenten des Tierkreises^ von denen jeder den
dritten Teil eines Zeichens beeinflußt.
15 — ?• Das Gerücht, daß Ammon in Gestalt einer Schlange
Olympias beigewohnt habe, ist yielleicht von Oljmpias selbst
in Umlauf gesetzt worden, nachdem Alexander in Libyen als Ammons
Sohn erklärt worden war. Bedurfte es doch auch irgend einer Ant-
wort auf die neugierige Frage der Zeitgenossen, wie das zugegangen
sei. Die Auskunft wurde natürlich nicht allzu bestimmt gegeben,
und so gehen die Angaben auseinander. Einige erzählten den Vor-
fall als Tatsache^; andere überließen Olympias die Verantwortung,
wie Eallisthenes, der nach Arr. IV 10, 2 — ^ststsg ikrjdii ^vy^e-
yQcatxaC — prahlte, durch seine Schriften sei Alexander etwas Gött-
liches zuteil geworden, nicht durch Olympias' Lügen über die Geburt*);
wieder andere erklärten das Wunder aus Olympias' Vorliebe für zahme
Schlangen und bacchischen Mummenschanz^) oder aus einem Traum. ^)
Diese Art, große Männer zu Gottessöhnen zu machen, fand Nach-
ahmung und wurde auch auf Scipio Africanus und Augustus an-
gewendet.*)
1) ut narravit Osthanes, species eins (artis mag^cae) plnres sunt, namque
et aqua et sphaeris et aere et stelliB et lucemis ac pelvibus Becuribusque et
multis aliis modis divina promittit, praeterea umbrarum inferorumque coUoquia.
2j Plut. AI. 2, 4: &ip9ri ^^ *<^^ *<^^ dpaxoov xoif&ofi^yf}^ xf^g 'OXvft-
md^og TcaQBxvBtanivos t^ ümnavi. xal toi^o luiXtöta tov ^tXlxxov thv
i(f(oxa nal tag' (p^XoipQOC^vag &iiavif&6ai Üyovötv. 8, 1: oi itr^v &XXä ^i-
XlxTcm iikv iista ro tpcufiux ^ifiApavti ... eis ^sXtpohs XQV^I^''^ xofiiü^ijvai Xiyov€i
xagci toi) 9'soü xBXe^tovtog ^fif^oyi ^6hv' &yfoßccXstv dk x&9 Sipsmv aixhv xiiv
ixiqavy ^v xS> rf); ^{i^ag a^fi^ nQOößcdonv ncexmnxsvösv iv ^i>OQq>f dgdxovxog
6vvBvvai6fisvov xf yvvainl xhv d'86v.
3) Vgl. luflt. XI 11, 8 ff.: Olympias confessa viro suo Philippo fiierat
Alexandrum non ex eo se, sed ex serpente ingentis magnitudinis
concepisse. Denique Philippus ultimo prope vitae suae tempore filium
suum non esse palam praedicaveiat. Qua ex causa Olympiada velnt stupii
compertam repudio dimiserat. — Dio Chiys. de regno lY 19.
4t) Plut. AL 2, 6 f.: (ßtegog dk %8gl xo&cmv iaxl X6yog') StpB^g (isydXoug
XsiQO'qd'eig ifpeiXnsxo xolg d-idaotgj ol noXXdxig ... i^inXrixxov xohg &v9gag
(vgl. Pseudok. I 10). Lucian (pseudomant. 7, 216) gibt an, es würden noch zu
seiner Zeit viele zahme Schlangen in Pella gehalten.
5) lust. Xn 16, 1 (aus anderer Quelle): Qua nocte eum mater Olympias
coneepit, visa per quietem est cum ingenti serpente Yolutari; nam decept»
Bomnio est. — Lucian, diaL mort. 12, 2, 882.
6) Sueton. August. 94 nach Asklepiades* Ton Mendes ^tolo/o^ftci^a : dza-
128 Drittes Kapitel.
1 8, Der Falke galt den AfQrptem als Traumbringer.^) — Phi-
lipps Traum und dessen Ausdeutung erzählt Plutarch sehr ähnlich,
aber kürzer.^) Eustathios (zu Dionys. Perieg. 254 ff.) und Steph. Byz.
(u. d. W. 'Ale^dvdQSL«) haben die sonderbare Angabe, daß Alexandria
wegen dieser Versiegelung der Olympias mit einem Löwenbild auch
jisovrönoXig genannt worden sei. — Über das Vorkommen der Fi-
guren des Rings auf ägyptischen Denkmälern vgl. Budge, Syr. S. LI.
Das Sonnenbild ist übrigens ein hierogljrphisches Zeichen für
Ammon und hat gewiß auch in unserer Fabel ursprünglich diese
Bedeutung.
I 10, Daß Olympias die Leute oft durch zahme Schlangen er-
schreckte, sagt Plutarch AI. 2, 6 (s. o. zu Kap. 5 — 7). — Die Fort-
pflanzung des Fehlers ßorjd'ovvtcc ^oi statt öoi bietet ein bezeichnen-
des Beispiel, welche Wirkimg das Verschreiben eines einzigen Buch-
staben in der Überlieferung haben kann. Der Beistand, den die
Schlange Philipp leistete, wird immer weiter ausgemalt, und Rudolf
von Ems weiß schließlich in seinem 'Alexander' (877 ff.) von dem
Eingreifen des Drachen in Philipps Kampf eine Geschichte von
36 Versen zu erzählen.
I !!• Antiphon war ein berühmter athenischer Traumdeuter
zur Zeit des Sokrates.')
conem repente irrepsisse ad eam (Atiam) paulloque post egressum,
illamque expergefactam quasi a concubitu mariti purificasse se, et atatim in
corpore eius exBtitisse maculam veluti depicti draconis . .; Augustum natum
mense decimo et ob hoc ApoUinis filium existimatum. — Gell. VI 1, 1: Quod de
Olympiade ... in historia Giaeca scriptum est, id de P. quoque Scipionis
matre .. memoriae datum est ... in lecto mulieiis .. visum repente esse
iuxta eum cubare ingentem anguem ... exinde mense decimo peperisse.
1) Aelian h. a. XI 39: AiyovCi &h Alyvnxioi xhv Ugana ^cbvra (Uv xal
in %eQi6vta d'sofpiXlj Sgvtv slvaiy roi) ßlov Sh &7tBX^6ma xal fiavtEvec^at
xal dvelgata i%iniyi%Biv &noSvadiuvov xo c&fia xal 'tl>vxr}v fBysvmUvov
yvii/in^v.
2) AI. 2, 2 f.: 6 dh ^IX. itcxigto XQ^''^^ ^era xhv ydfjLOv eISev Svag aixhv
imßdXXovxa ötpgaytda x^ yaöxgl xfjg yvvaix6s' "4 ^^ yXvtpi} xfjg ctpQa-
ytäog, mg StBXO^ Xiovxog slx^i^ slx6va ... Idglcxavigog 6 TeXfiTicaivg x^biv
itpri xr\v iv^goanopj o4)&hv yäg &no6(pgayl^Bö^ai x&v XEvmv, xal x^Btv
%alda Q'vitOBidfj xal XBovxmdri xqv (pvötv. Vgl. auch Tertullian de anima
46 (FHG UI 311): Philippus Macedo nondum pater Olympiadis uxoris na-
turam obsignasse se viderat anulo. Leo erat signum. Crediderat prae-
clusam genituram; opinor, quia leo semel pater est; Aristodemus [wohl z. 1.
Aristandrus od. Aristander] vel Aristophon [nach unserer Stelle z. verb. : An-
tiphon] coniectans immo nihil vacuum obsignari, filium et quidem
maximi Impetus portendi. 3) Diog. Laert. II 46. Xen. mem. I 6.
Historischer Kommentar. 129
1 12, Von Wunderzeichen bei Alexanders Geburt spricht
auch Justin^), nennt aber andere. Aus einem etwas späteren Jahr
(Ol. 107, 3 = 350 V. Chr.) berichtet Plinius«) furchtbare Blitz-
erscheinungen, die auf die Unterdrückung Griechenlands durch Philipp
bezogen worden seien.
I 13. Kranzfeste (pxsfpavrifpoQCai) aus Anlaß glücklicher Er-
eignisse im Herrscherhause waren in Ägypten sowohl unter den Ptole-
mäern als unter den römischen Kaisern gebräuchlich. Z. B. wird ein
6r€(pavrj(poQ€lv für Ptol. V. im Dekret von Rosette angeordnet'), eine
derartige Feier für Helvius Pertinax im Edikt des Sabinus aus
Alexandria 193 n. Chr.*). Das 6r€(pavriq)0Q€lv scheint zunächst darin
bestanden zu haben, daß das Volk während einer bestimmten Anzfihl
von Tagen in festlicher Bekränzung für den Landesherrn Opfer ver-
richtete. Aber das ^tfvvrelelv xukXa xä xa^ifixovxa\ das außerdem
von den Untertanen erwartet wurde, bedeutet doch wohl, daß dabei
dem Landesherrn auch 6teq)avoi dargebracht wurden, und darunter
verstand man nicht nur wirkliche Kränze aus Edelmetall, sondern auch
Geschenke von Geld und Getreide. Eben das meint ofiFenbar Jul.
Valerius, indem er iydvsro örstpaw^fpogCa überträgt: coronalia obsequia
eidem undique confluebant. .Über diese oxiwavoty die namentlich im
ptolemäischen Ägypten eine große Rolle spielten, vgl. die lehrreiche
Erörterung von Wilcken, Ostraka I 295 ff. — Das Löwenartige in
Alexanders Aussehen und Wesen erwähnt auch Plutarch.*) So, 'truci
fronte', kopierte ihn Caracalla.*) — Über Alexanders Lehrer gibt
nichts so genaue Auskunft, wie das hier erhaltene Fragment aus der
TtavTodaTtii töxoQia des Favorinus, der ein Zeitgenosse und Günstling
Hadrians war. Viel dürftiger sind die Nachrichten bei Plutarch.^)
Alexanders Amme Lanike (oder Hellanike), die Schwester des un-
1) XII 16, 4: Prodigia magnitudinis eius ipso ortu nonnuUa apparuere.
2) n 27 § 97.
3) Z. 50: &y2iv dk kofftr}v . . ßaCiXtt IltoXeiJLalm . . &ith tfjg voviirivlag xov
S'tohd' itp' 'iiii4Qas nivxn^ iv als 6TBq>avriq>OQiJ6ov6iv owxBXoi^wig d'völag xal
ifTiovdäs %al x&XXa tä xa9i/i%ovta. 4) BGU II 646.
5) de fort. Alex. II. Vgl. Aelian v. h. XII 14: rj)v (ikv yccg %6{niv &va69-
a^Qd-ai aix^ (^AXs^dvdQtp), ^av^riv dh elvatj i>Kava(p^BiS^a^ di xi i% xoi> tlSovs
<poßeQ6v. 6) Aurel. Yict. epit. 21, 4.
7) AI. 6, 4 f.: IIoXXol i^hv oiv ntgl xr^v iyHfUXBUcVj &g 9l%6gj i^öav airxoij,
XQOtpBtg xal naidaymyol xal diddöxaXot Xe/dfiM^bi, näa$ d* itpsiCxijxBi
Aamviäag . . . xQoq>Bvg 'AXB^dvdgov xal xadt}yi}T^9 xalo^iiBvos. 6 dk xo
cxfifta xov naidayoiyoi) %al xr}v nQoüTiyoQlav 'heo^oio^itBvog f^v Avölficcxog xm yivBi
jixaQvdv, Letzterer fehlt also hier.
Autfeld, Der griech. AlexanderromAn. 9
130 Drittes Kapitel.
glücklichen Kleitos, der zum Unterschied von einem gleichnamigen
General 'der schwarze' hieß, wird öfter genannt.*) Den berühmten
Mathematiker Menaichmos kennt als Lehrer Alexanders auch die
hübsche bei Stobaeus überlieferte Anekdote.^) Daß Anaximenes
von Lampsakos Alexanders Lehrer war, ist mehrfach bezeugt.*) Ein
Leser, der an den bekannteren Anaximenes von Milet dachte, merkte
das MiXrlöLog an, das in unsem Texten neben den Namen Aristoteles
geraten ist. Von Favorinus stammt, wie der armenische Text zeigt,
die ganze Liste, nicht nur die Erwähnung des Aristoteles, wie Yal.
unrichtig verstanden hat. Daß diese Zitate, nach denen man seit
Zacher die Abfassungszeit des Romans bestimmt hat, späterer Zusatz
sind, ergibt sich schon daraus, daß das zweite Alexanders Stamm-
baum durch Philipp zurückleitet, der ja nach Pseudokall. gar nicht
Alexanders Vater ist. Außerdem widerspricht eine solche gelehrte
Verweisung der volkstümlich erzählenden Art des Romans. Das Ein-
lenken in die unterbrochene Erzählung ist im armenischen Wortlaut
am Schluß noch deutlich erkennbar. — Bukephalos war nach
Diod. XVII 76, 6 ein Geschenk des Damaratos von Korinth, den auch
Plut. AI. 9, 6 als Freund des makedonischen Königshauses erwähnt; nach
Plut. AI. 6, 1 und Plin. VIII 42 § 154 wurde das Pferd von einem
Thessalier Philoneikes gekauft
I 14. Die Geschichte von Nektanebos' Sturz stimmt, auch im
Wortlaut, nahe überein mit der äsopischen Fabel von dem Astrologen,
der immer in den Himmel schaute und darüber in einen Brunnen fieL^)
115. Dieselbe Erklärung des Namens Bukephalos geben Arr. V
19,5 (als keyö^evov) und Plinius a. a. 0. neben einer andern; dagegen
Strabo S. 698: 'änb xov nXdtovs tov fiermscov', und ähnlich Gellius V 2, 1.
I 16, Von Philipps schwankendem Verhältnis zu Alexander ist
ähnlich bei Plutarch die Rede.^) — Der Briefwechsel über
1) Die Stellen bei Nöldeke, Beitr. S. 4.
2) Stob. Flor. ed. Meineke IV S. 205 : Mivaix^v xhv ysmiiitQriv 'AXi^avdQoe
i^^lov 6vvx6iUog airt^t nagadoiivai tr}v yecoiiBtQlav 6 &i' «o ßaöiXeiJ, slxsy xavoc
Itkv Trjv xmgav oöol üciv idimtixal xal ßaöiXixal, iv Sh t^ ysmiistQi^ näclv iativ
6d69 pUa. Vgl. M. C. P. Schmidt, Philol. XUI (1884) S. 72 tf.
3) Suidas u. d. W. : 'Ava^ifiivrig jiQi^aToxXiovg Aa^Ltl>axriv6s . . . Siddaxalog Sh
'iXe^dvdQov ro^ MaxB&6vos. Vgl. Val. Max. VII 3 ext. 4; Paus. VI 18, 3 f.
4) Halm Nr. 72 (schließt: ah rcc iv oifQavcf) ßXinsiv nsigm^svog tcc
ijtl tijg yfjg O'bx ^Qo^s)- Th. Nöldeke machte zuerst auf diese Quelle auf-
merksam (Beitr. S. 10). — Femer stehen zwei Apophthegmen (Nr. 61 u. 172 der
Wiener Sammlung her. v. Wachsmuth).
6) AI. 9, 8: ^iX. 'bneQTjydna tov vlhv mete xal x^^Q^^v t&v Maxei6vmv
Historischer Eommentar. 131
Alexanders Verschwendung enthält zwar keinerlei Widersprüche
zur sonstigen Erzählung, steht aber so außerhalb des Zusammen-
haugSy daß seine Zugehörigkeit zum ursprünglichen Texte zweifelhaft
ist. Alexanders Freigebigkeit scheint ein beliebtes Thema für er-
dichtete Briefe gewesen zu sein. Mehr im Ton philosophischer Tugend-
lehre, als die hier überlieferten Briefe, war offenbar das Schreiben
Philipps gehalten, auf das Cicero^) und Valerius Maximus*) Bezug
nehmen. Der König stellt darin seinem Sohne vor, daß man treue An-
hänger nicht durch Geschenke gewinnen könne. Wieder anderer Art
ist die WamuDg in Olympias' angeblichem Briefe bei Plut. 39, 5.
I 17. Ganz anders erzählt Plutarch(AL G) Bukephalos' Zähmung,
in bekannter Weise. — Ptolemaios gehörte nach Plut. AI. 10,3
tatsächlich zu Alexanders Jugendgefährten, womit allerdings Justins
Angabe, er wäre erst durch AI. aus dem Stande des gemeinen Sol-
daten befordert worden*), in Widerspruch steht.
I 18. 19. Den Ausgangspunkt der Erfindung bot yermutlich
die Überlieferung, daß ein olympischer Sieg mit dem Viergespann
— aber ein solcher Philipps — als Vorzeichen der späteren Siege
Alexanders aufgefaßt wurde.*) Ferner ist, was schon Nöldeke mit
Recht hervorhob^), die bekannte Äußerung Alexanders benutzt, daß
er am Wettkampf in Oljrmpia teilnehmen wolle, wenn er Könige als
Gegner habe.^) Bei einem gewissenhafteren Erzähler würde man
vielleicht auch an eine Verwechslung mit Alexander I. von Makedonien
denken, der wirklich in Olympia auftrat^), oder an eine unrichtige
Deutung des Umstandes, daß sich mehrere Standbilder Alexanders in
Olympia befanden.^) Aber die Hauptzüge unserer Geschichte kenn-
zeichnen sie deutlich genug als eigene Dichtung des Alexandriners,
namentlich auch die hier wieder hervortretende niedrige Tücke seines
AlexaDder; vgl. I 14. lU 4. Der Zweck des Erfinders scheint ge-
wesen zu sein, daß sich sein Held auch in der Sache hervortun soll,
jili^avSgov nkv ßaagUa, ^iXtn^ov dk ctQcctriyhv xccXoiovt<ov. al dk nsgl xr]v olxlav
Tagaxocl . . fiByaXas iiatpoQCcg Tcui^slx^v.
1) de off. II 16, 63; vgl. Zacher, Pseudokall. 92 f.
2) Vn 2, ext. lu. ö) Xm 4, lü.
4) JuBt. XII 16, 6: Eadem quoque die (qua AI. natus est) nantium pater
eius duanim victoriarum accepit, ... alterom certaminis Olympici, in quod
quadrigarum currus miserat, quod omen nniversarum teirarum victo-
riam infanti portendebat. Etwas abweichend Plut. AI. 3, 6; vgl. dagegen
consol. ad Apollon. 6. 6) Beitr. S. 4.
6) Plut. AI. 4, 5, apophtheg^. AI. 2 und bes. de fort. AI. I 9.
7) Her. V 22. Just. VII 2, 14. 8) Paus. V 20, 10. 24, 8. VI 11, 1.
9*
132 Drittes Kapitel.
die den Alexandrinern nächst dem Geschäft die allerwichtigste war,
im Pferderennen. Denn Alexandria war ^^aivofiivri i^tb ögöfimv
l7t7ax&v\^) Selbst Damen des ptolemäischen Eönigshaoses hielten
Rennpferde, und von der unsinnigen Aufregung des Volks bei den
Rennen gibt, aus späterer Zeit, Dion Ghrysostomos eine höchst er-
götzliche Schilderung.*)
I 20—22. Das in Kap. 20 und 21 Erzählte ist in der Haupt-
sache historisch.^) Auch Plutarch und Satyros bezeichnen £[leopatra
als Nichte des Attalos, während sie Justin^) irrtümlich zu dessen
Schwester, Diodor^) sogar zur Tante macht. — Daß in Kap. 21 Lysias,
der 'Löser', an Attalos' Stelle gesetzt ist, geschah wohl, um das Publi-
kum nebenbei mit einer Erklärung des Aberglaubens zu er&euen, der
sich nach Kap. 22 an das Wort Lysias geknüpft zu haben scheint. —
Der Inhalt von Kap. 22 ist erfunden. Li Wirklichkeit verließ
Alexander mit seiner Mutter den Hof und blieb in Illyrien, bis der
Korinther Demaratos eine notdürftige Versöhnung herbeiführte.
Attalos und Kleopatra wurden erst nach Philipps Tode beseitigt.
I 23. Mothonanenut auch Justin*) das von Philipp unterworfene
Methone, und für die gleichnamige messenische Seestadt, die als Aus-
gangspunkt der Überfahrt nach Alexandria dem alexandrinischen
Schreiber vermutlich bekannt war, scheint sogar die Form mit o die
gewöhnliche gewesen zu sein. Aber es handelt sich hier offenbar
gar nicht um Methone, sondern um die Kriegstat des jungen Alexander,
die auch Plutarch als seine erste erzählt^): die Unterwerfung des
1) Dion Chrys. or. XXXTI 41.
2) z. B. a. a. 0. § 46: nvxtsvetSy /Jo&re, ^inretrSy 6qxbIc9s, noitp xQf'<fciy^voi
q)aQiuix<p; — Näheres bei Lumbroeo, L'Kgitto* 111 ff.
8) Plut. AI. 9, 4 f. : ixtpavsötdtriv 6k {dtaqpOQOcv) jittaXog Tcagiöxsv iv TOtg
Klsondtgag ydiiotg, riv 6 ^iXmnog iiydy^xo nagd'svov . . . SbIos y^Q
cav a{)tfjs 6 jixtaXog iv tS) n6t(o fisd'vmv nuQBxdXBi tovg MaxBd6vag al~
tBl69at naQCC 9'ecbv yv^ötov ix ^iXLnnov xal RXeondtgccg ysviad'ai &id-
6oxov xfjg ßaaiXBiag. inl xovx<a naQO^vvQ'Blg 6 jiXi^avSQog xal Blnäiv
'illtBtg 6h 6ol, xaxr} xsfpaXij, v6d'oi, 6oxoviibv^ -, BßaXe öxixpov ix* ai}x6v. *0 6h
^LXmnog in ixslvov i^ocvicxri öjtaodiievog x6 ^itpog^ B'i)xvxl(ji 6' ixccxigov
6icc xhv d'viJMv xal xhv olvov insös atpaXEig. 'O d' l4X. itpvßgi^av 'ovxog
fiivxoi\ slnsv, '&v6Qeg, Big *Aciav i^ Eijgmnrig naQBöxsvdtBxo 6iaßaL'
VBiVj dg inl xXivr]v dnb xXivrig 6iaßaivmv dvaxixganxat,. Kürzer Sa-
tyros bei Athen. XIII 6 S. bbl^ und Just. IX 7, 3 f.
4) IX ö, 9. 6) XVI 93, 9. 6) VH 6, 14.
7) AI. 9, 1: ^xxai6Bxixr}g jiXi^v6Qog . . MaL6(ov xb xohg &q>B6X7\x6xag
xaxBöxgiipaxo xal 7t6Xi,v kXcav aiyx&v xovg likv ßagßdQovg i^-^^Xaoe, av^^
fLlxxovg 6h xaxoi,xlaag jiXB^av6Q6noXiv nQ06riy6QBV6£.
HiBtorischer Kommentar. 133
abgefallenen thrakischen Stammes der Maider und die Er-
oberung ibrer Stadt. Methone hatte Philipp bereits zerstört, als
Alexander noch ein kleines Kind war. Die Lesart ij nöhg Ms^Avrj
ist demnach wohl aus 17 n. Malötov hervorgegangen. — Daß Alexander
einmal am Hof seines Vaters Gesandte des Perserkönigs aus-
fragte, berichtet Plutarch ebenfalls.^) Die Fragen bezogen sich
natürlich nicht auf ein üntertänigkeitsverhältnis Philipps, das nur
im Roman besteht und dazu dient, Alexanders Angriff auf das
Perserreich zu begründen; vgl. I 25. 36. lU 1. Auch waren es nicht
Gesandte des Darius, mit denen sich Alexander damals unterredete,
denn dieser hat schwerlich vor Alexander den Thron bestiegen.*) —
Übrigens zeigt unsere Geschichte deutliche Anklänge an Herodot V
17 — 20, wo erzählt ist, wie Gesandte von Darius I. zum Makedonier-
könig Amyntas kamen, um Erde und Wasser zu fordern, und dessen
Sohn Alexander besser, als der Vater, die Ehre seines Hauses
wahrnahm.
I 24. Daß Pausanias, der nach Diodor^) ein Makedonier aus
der Orestis war, als Machthaber in dem erst nach Alexanders Tode
von Kassandros gegründeten Thessalonike bezeichnet wird, beruht
vielleicht auf Verderbnis einer Stelle, in der Pausanias mit seinem
Mitverschworenen Alexander, Aeropos* Sohn, zusammen genannt
wurde; dieser war aQ^av xf^g ^atJöakixfis wr^ov.*) — Die Zurück-
führung der Mordtat auf das Motiv der Liebe zu Oljmpias sieht aus
wie eine mißverständliche Ausführung der Angabe: rö nlslötov
elg 'OlviiTtidda t^j altlag neQif^k^svy was bei Plutarch*) in
richtigem Sinn und Zusammenhang steht. — Philipps Bestattung:
Diod. XVII 2, 1 ; Just. XI 2, 1 : Prima illi (Alexandro) cura patemamm
exequiarum fuit.
I 26. Das Erzählte beruht teilweise auf Überlieferung der Ge-
schichtschreiber.*) — Ein hervorstechendes Beispiel, wie Philipps
1) AI. 5, 1; vgl. de fort. AI. II 11.
2) Nach Nöldeke (Aufs. z. pars. Gesch. S. 80) und Niese (I 49) 386, nach
Schäfer (Demosthenes UI 111) S86.
3) XVI 93, 8. 4) Arr. I 26, 2. 6) AI. 10, 4.
6) Just. XI 1: eo (Philippo) occiso diversi motus animorum fuere. Alii
quippe , alii taedio longinquae militiae remissam sibi expeditionem
gaudebant . . . Amicos . . metus ceperat. Quis rebus veluti medela quaedam
interventuB Alexandri fuit, qui pro contione ita vulgus omne con-
solatus hortatusque pro tempore est, ut et metum timentibus demeret et
in spem sui omnes impelleret. Und später bezüglich der Rüstungen zum
Perserkrieg 6, 4 f. : Cum ad tarn periculosum bellum exercitum legeret, non iuvenes
134 Drittes Kapitel.
Veteranen eine durch Unbesonnenheit der Jüngeren verlorene Schlacht
in einen Sieg Alexanders verwandelten^ bietet das Gefecht vor Hali-
kamaB bei Diod. XVII 27, If. (im Wortlaut an unsere Stelle er-
innernd); vgl. Curt. VIII 1, 36. In welchem Alter die Makedonier
noch im Heere dienten^ zeigt u. a. Hutarch Eum. 16, 4 wonach von
den Argyraspiden, die Eumenes verrieten, viele 70 Jahre alt waren,
keiner jünger als 60.
I 26. Die Truppenzahl ist stark vergrößert. Von den älteren
Historikern gab nach Plutarch ^) keiner mehr an, als 43000 Fußgänger
und 5000 Reiter. Bezüglich der Kriegskasse stimmt Ps.-K. genau
mit Aristobul überein.*) Aber der Art des Verfassers entsprechen
die hohen Zahlen der andern Texte besser.
I. 29, Von einer Unterwerfung der Römer berichtet auch
Memnon von Herakleia*): ixl r^v ^AcCav ^Akti,dvÖQC3 diaßaCvovxi x(d
yQa^avxi^ ^ TCQaxslv^ iäv &q%£iv Övvmvrai^ ^ rolg xqeCxxoölv
vnsCxevv^ öxitpavov %qv0ovv ano ixaxbv^) xakdvxov^Pofiatoi
i^i^Bfitl;av. Hier ist das, was Alexander bei Ps. Kap. 30 den Karthagern
sagt, auf die Römer bezogen und die Abweichung von der geschicht-
lichen Wahrheit dadurch bedeutend verringert, daß Alexander
wenigstens nicht selbst nach Italien zieht. Übrigens aber besteht,
trotz der Kürzung, eine solche Übereinstimmung im Wortlaut, daß
entweder eine Ableitung beider Angaben aus derselben Quelle oder
eine Benutzung des Romans durch Memnon anzunehmen ist. Im
letzteren Fall würde eines der ältesten Zitate aus dem Roman vor-
liegen. — Es handelt sich nun hier, jedenfalls in der Erzählung des
Romans, schwerlich, wie man gewöhnlich annimmt, um einen Irrtum,
etwa eine Verwechslung mit Alexander von Epirus, sondern um bewußte
Herabsetzung Roms, deren Veranlassung und Tendenz bei Ps.-Kall. die
Person verrät, die zum Überbringer der römischen Huldigung gemacht
wird. Von den vielen Trägern des Namens M. Aemilius kommt für die
Alexandriner keiner in Betracht außer M. Aemilius Lepidus, der
robuBtos nee primum florem aetatis, sed veteranos, pierosque etiam emeritae
militiae, qui cum patre patndsque militaverant, elegit, ut non tarn
milites, quam magistios militiae lectos putares. Vgl. Diod. XVII 2, 1 ff., der
auch einen Aufruf an die Griechen erwähnt, und, wie Ps., Alexanders An-
sprache unmittelbar nach Philipps Bestattung erzählt.
1) AI. 16, 1.
2) Plut. a. a. 0.: i(p6diov &h tovto^s ov nXiov kßdo^Li^xovva xaXdvxmv
%%siv ai}xhv 'AQitstdßovXog laroQst.
3) 26, 3 (FHG III 638).
4) So E. Pridik richtig nach unserer Stelle st. ixccv&v.
Historischer Kommentar. 135
nach Justin^) und Val. Maximus*) vom Senat als Vormund des minder-
jährigen Königs Ptolemaios Y. nach Alexandria geschickt wurde. Da
dies durch eine allerdings erst aus dem folgenden Jahrhundert
stammende Münze bestätigt wird, die M. Aemilius als ^tutor regis'
und auf der Rückseite Alexandria darstellt, so liegt m. E. kein ge-
nügender Grund vor, die Nachricht völlig zu verwerfen*), wenn auch
Polybios und Livius von der Sache schweigen, Tacitus*) von 'liberis'
anstatt von einem Kinde redet und Val. Maximus Lepidus' spätere
Titel vorweg nimmt. Mag Lepidus in Wirklichkeit nicht ganz mit
dem anmaßenden Hochmut gegen das ägyptische Königshaus aufge-
treten sein, den das Bild jener Münze vermuten läßt — hier setzt er
dem jungen König das Diadem auf — ^mag er auch sein Amt nur kurze
Zeit ausgeübt haben ^), so mußte doch eine Bevormundung des Königs
durch einen Fremden in der Zeit des noch imgebrochenen Ptolemäer-
reichs den Nationalstolz empfindlich verletzen, um so mehr, da der
alexandrinische Hof in derselben Politik der Demütigung vor Rom
fortfuhr. So schickte Ptol. V. im Jahre 191 den Römern 1000 Pfund
Gold und 20000 Pfund Silber und versprach für den Krieg gegen
Antiochos Hilfstruppen, Geld und Getreide.*) Dabei mochte man
sich erinnei*n, daß schon Philadelphos sich den Römern allzu gefügig
bewiesen, ihnen Freundschaft angeboten, ihre Gesandten mit goldenen
Kränzen geehrt und die Bitte der Karthager um Unterstützung
abgewiesen hatte.^) Mit derselben diensteifrigen Beflissenheit, die
den Alexandrinern an ihrem König verdrießlich war, läßt nun unser
Verfasser die Römer durch einen gleichnamigen Ahnen des königlichen
'Vormunds' sich seinem Helden gefäUig und unterwürfig bezeugen.
1) XXX 3, 4: Mittitar et M. Lepidus in Aegyptum, qui tutorio nomine
regnum pupilli administret. Vgl. XXX 2, 8. XXXI 1, 2.
2) VI 6, 1: Cum Ptolemaeus rex tutorem populum Bomanum filio reliquis-
set, senatus M. Aemilium Lepidom pont. maz. bis consulem ad pueri tutelam
gerendam Alexandriam misit.
3) So E. Bandelin, De rebus inter Aegjptios et Romanos intercedentibus
(Diss. Halle 1898) S. 11 ff.; Mahaffj, The empire of the Ptolemies S. 296—98;
Niese, Gesch. d. gr. u. mac. St. 11 637 f.
4) ann. II 67.
5) Daß sich Lepidus nicht lange in Ägypten aufhielt, ist allerdings wahr-
scheinlich (vgl. Mahafiy S. 297); aber eben die kurze Dauer und geringe Be-
deutung seiner Tätigkeit mag die Ursache sein, daß Polybios nichts davon
erwähnt. 6) Liv. XXXVI 4.
7) Justin XVni 2, 9. Appian Sic. 1. Vgl. Mahaffy, The emp. of the Ptol.
141 f., Niese II 66. 146.
136 Drittes Kapitel.
und mit derselben wohlwollenden Herablassung^ die sie an den Römern
ärgerte^ seinen Helden den Römern begegnen. — Die Keckheit^ mit
der das in Kap. 29 und 30 Erzählte erfanden ist, wird dadurch ge-
mildert, daß nach den Berichten mehrerer Historiker sowohl die
Römer als die Karthager eine huldigende Gesandtschaft an Alexander
geschickt hatten^), und überdies Alexander tatsächlich beabsichtigt
haben sollte, Rom und Karthago zu unterwerfen.^) Der historische
Schnitzer, daß ein punischer £[rieg in Alexanders Zeit verlegt wird,
ist bei Pseudok. nicht allzu verwunderlich. In der Rolle der Tribut-
zahler, die er den Karthagern durch Alexander zuweisen läßt, er-
schienen nach Livius XXXVI 4 um dieselbe Zeit karthagische Ge-
sandte in Rom, als auch die erwähnte Gesandtschaft von Ptolemaios V.
mit ihren Geschenken und Versprechungen dort eintraf.
I 80. Das erste Orakel Ammons ist zweifellos späterer Zu-
satz. Denn nach I 14 weiß Alexander, daß er Nektanebos' Sohn ist,
kann also unmöglich den Gott Ammon darum angehen, daß ihn dieser
als seinen Sohn bestätige. Auch wird Alexander in den echten
Teilen des Romans nirgends als Ammons Sohn bezeichnet*), noch
legt er sich in den echten Briefen jemals selbst diesen Titel bei.
Schon äußerlich fällt auf, daß Alexander das Orakel zweimal befragt,
und daß der Gott im zweiten Orakel auf seine eben bestätigte Vater-
schaft gar nicht Bezug nimmt, sondern Alexander 'ü ßaöiXsv' an-
redet. — Daß Alexander über die geeignete Stätte zur Gründung
von Alexandria durch einen Traum Weisung erhalten habe, be-
haupten nach Plutarch*) die Alexandriner mit Berufung auf Alexanders
Zeitgenossen Herakleides. Der grauhaarige Mann, den Alexander im
Traum erblickt, ist dort Homer. Bei Ps. erscheint statt dessen
1) Kleitarch Fr. 23; Aristos u. Asklepiades bei Arr. VE 16, 5.
2) AiT. Vn 1 , 2 f. : ol 6h nccl rdSs icviyQai^uVy 8ti insv6ei 'JXd^avdgog . . .
xi]v Atßvr\v TE xataovQit^ouLBVog %al KaQxrid6va ... IvQ'tv 6 k . . ienlstv . .
ig 2i%sXlav re xal äxgav 'lanv/lav ^öri yäg xai i)7to%ivEtv aiytov to *Paiiiccitav
Svoiia ngoxonQOvv inl fisya.
.3) Nur zweimal, III 26 und III 32, als Sohn des Zeus. Der Angabe bei
Val. 164, 29 (III 34) entsprechen die übrigen Texte nicht.
4) AI. 26, 2 f. : Xsyovöt yag (j4Xe^avdgBtg) 8ti ('-^X.) rfjg Aly^nxov xgcevijaag
ißovXBXo 7c6Xiv (Lsydlriv xal ^oXvdv^gmycov * EXXririda inmvviiov havtov nata-
XiyiBiv . . . elta vvxtag xoifidbfiSi'Off Sq>iv elde d'avfiaoxifjv' &vr}g TCoXihg
t^ lidXa rrjv x6iiriv xal ysgagog t6 sl&og ^do^sv wbtm nagaötccg Xiysiv rcc
inri rdö B' Ni)öQg ^Tceitd tig iöti noXvxXvato} M n6vTa) Alyvntov ngondgoiJQ'B^
^dgov 6s s xixXi^öxovöiv. Dasselbe kürzer bei Steph. Byz. s. v. *AXB^dv6gBuic
nach lasen.
HiBtorischer Kommentar. 137
AmmoDy und das Orakel (Od. IV 354f.) ist geändert, um die Ein-
führung des Sarapisdienstes mit der Gründung der Stadt zu verknüpfen;
vgl. Kap. 33. Sarapis wurde von den Griechen vielfach ihrem
Pluton gleichgesetzt^), galt aber schließlich als der oberste aller
Götter und als Lenker des Weltalls.*) — Der Weg, den Ps. Alexander
von Ammonium aus einschlagen läßt, ist der, den er nach Aristobul')
tatsächlich benutzt hat. Alexandria war freilich nach den besseren
Quellen damals schon gegründet, aber Diodor*), Justin '^) und Curtius^)
lassen, mit Ps. übereinstimmend, die Gründung erst nach dem Be-
such des Ammoniums geschehen.
I 31. Den Inhalt von Kap. 31 — 33 habe ich bereits im Rhein.
Museum LV S. 348 — 84 ausführlich behandelt. Hier nur kurz die
hauptsächlichen Ergebnisse und einige Nachträge.
Paratonion ist schwerlich die bekannte Seestadt Paraitonion,
sondern eine kleinere Ortschaft, die näher bei Alexandria lag imd
auch im Bellum Alexandrinum ^ vorkommt. Die Angabe des Eusebius,
daß Alexander Paraitonion gegründet habe®), leitet Droysen^) aus
unserer Stelle her. Doch spricht m. E. die sonderbar damit ver-
bundene Notiz über die Hyrkaner und Marder dagegen. — Tapho-
siris (oder Taposiris) lag eine Tagereise westlich von Alexandria.^®)
Ein gleichnamiger Ort (das 'kleine' Taposiris) befand sich im Osten
der Stadt.^^) — Das eingeschobene Stück in Kap. 31, das die
wichtigsten topographischen Angaben enthält, stammt erst aus der
Kaiserzeit (S. 357f.). Mit den zwölf Flüssen des echten Textes
sind die Kanäle der zwölf großen Querstraßen des ptolemäischen
Alexandria gemeint (S. 3571 Etwas sachgemäßer faßt der Urheber
der Interpolation die 'Flüsse' auf, indem er nur solche Kanäle be-
rücksichtigt, die unmittelbar aus dem großen schiffbaren Kanal
1) z. B. Plut. de Isid. et Osir. 27: oi yag aUov slvai Sagamv rj vhv IIXo^-
TCDvd (paöiv.
2) Plut. ebd. 29 nach Phylarchos: Sdganis Svofia toi) t6 näv xotfftoDv-
T6g iöTiv nagoc toi) aaLgsiv, 8 xaXXvvnv rty^s %al xoöiulv Xiyovöiv.
3) Arr. III 4, ö; vgl. III 8, 3, Diod., Juat. u. Cuxt. setzen denselben Weg
voraus, Ptolemaios ließ AI. vom Ammonium direkt nach Memphis zurückkehren.
4) XVn 62. 6) XI 11, 18. 6) IV 8. 7) 8, 2.
8) n 114 f. Schoene: Alexander Hyrcanos et Mardos [Arm. Übers.: Medos]
cepit revertensque in Ammone condidit Paretonium.
9) Hell, m 2 S. 207.
10) Prokop, de aedificiis VI 1: %6Xig itsxlv 'iifiigas 66a} UXB^avögBlag di-
sxovöa Ta(p66igig ^t^ofia, Tva di\ xafpf^va% xov t&v AlyvnxL(QV d'B^v
'Oöigiv Xeyovöiv. 11) Strabo XVII 1 S. 799 u. a.
138 Drittes Kapitel.
abgeleitet sind, der bei Ghairen und Schedia vom Nil abgezweigt
war' (S. 361 f.). unter diesen sind die sechs ersten, bis znm Nephe-
rotes einschließlich, höchst wahrscheinlich mit den sechs noch jetzt
Torhandenen oder erkennbaren städtischen Hanptkanälen identisch,
die in W. Sieglins Plan von Alexandria ^) eingezeichnet sind, und
danach läßt sich die Lage der in unserer Stelle genannten wichtigen
OrÜichkeiten von Alexandria bestimmen, was ich a. a. 0. S. 366 ff.
versucht habe.*) Zur Umsiedelung der Nachbargemeinden in
die neue Stadt vgl. Ps.- Aristoteles Oeconom. II 33, wo berichtet ist,
wie auf Alexanders Befehl Kleomenes Einwohner von Kanopos zur
Auswanderung nach Alexandria nötigte.
I 32« Das Vorzeichen, das die Mehl fressenden Vögel gaben,
wird sehr oft erzählt.') — Die Lage des Mesonpedion ist zweifel-
haft. Wenn man annimmt, daß mit der Bezeichnung ro %sSCov bei
Achilles Tatius*) und Herodian^) dasselbe gemeint ist, so ist dieser
Platz nach den Angaben bei Achilles allerdings da zu vermuten, wo ihn
W. Sieglins Plan ansetzt, neben dem Hügel Kopria*), den man in dem
heutigen Kom-ed-Dik wiederfindet. Bei dieser Auffassung, der ich
jetzt den Vorzug geben möchte, wird man in unserm Kap. mindestens
den Satz über das Mesonpedion, vielleicht auch noch anderes, was
damit zusammenhängt, dem Bearbeiter zuschreiben müssen, der den
großen Zusatz in Kap. 31 gemacht hat. Denn zur Zeit des Ptolemäer-
1) In Brockhaus' Konversationslexikon Bd. I, in Bädekers Ägypten und
kleiner in Sieglins Atlas antiquus.
2) Bezüglich der Lage des Marktes haben die Untersuchungen F. Noacks
das aus unserer Stelle zu entnehmende Ergebnis bereits bestätigt; s. Noack,
Neue Untersuchungen in Alexandrien, Athen 1900^ S. 271. Betreffs des Argaios
muß ich einen Irrtum berichtigen, auf den mich Th. Nöldeke freundlichst auf-
merksam machte: der Gehon bei Johannes von Nikin S. 407 ist nicht der Argaios,
sondern der Nil, nach gewöhnlicher biblischer Bezeichnung (zu S. 370). Dem-
selben Gelehrten verdanke ich zu S. 874 die Berichtigung, daß Moses von Khorene
nicht, wie man früher annahm, im 5., sondern im 7. oder 8. Jahrh. n. Chr. lebte,
also in einer Zeit, da der Kult des Proteus natürlich längst beseitigt war.
3) z. B. Plut. AI. 26, 5 f.; Arr. 11 2, 1 f.; Gurt. FV 8, 6; Jason bei Steph. Byz.;
Eustath. zu Dionys. Perieg. 264 ff.; Val. Max. I 4 ext. 1; Amm. Marc. XXII 16, 7.
4) y. 1: iv fua<p di] x&v xi6v(ov tfjg noXemg th TCadiov. Ich glaube jetzt,
daß man diese Worte doch nicht tilgen sollte (s. a. a. 0. 365), sondern daß sie
so zu verstehen sind: an der Mitte der Säulenreihe (der Kanopischen Straße)
liegt der 'ebene Platz der Stadt', das Meson pedion.
6) Ab. exe. Divi Marci IV 9, 4: n&accv xr]v vBoXaiav slg vo [so die beste
Hs. st. Ti] Ttediov xeXBilfBt awsld-etv (Caracalla, als er die Absicht hatte, die
waffenfähige Mannschaft von Alexandria niederhauen zu lassen).
6) Sieglin schreibt, m. £. mit Unrecht, Kopron.
Historischer Kommentar. 139
reichs, als die östlichen Stadtteile noch bestanden, kann schwerlich
eine so weit westlich gelegene Ortlichkeit als Zentralplatz bezeichnet
worden sein. — Mit den Buchstaben A — E wurden tatsächlich, noch in
der Kaiserzeit, die fünf Stadtteile benannt. Ihre Anordnung hat man
sich wahrscheinlich nach folgendem Schema zu denken: A-^^ -
1 I lii
Danach umfaßte A das alte Rakotis und BF war Ton ^E durch
die Hauptquerstraße (B, nach Mahmuds Bezeichnung), B^ Ton FE
durch die Kanopische Straße getrennt (S. 378 ff.). — Über den 'guten
Geist' der Stadt und die Genien der einzelnen Häuser, die man sich
in Schlangengestalt dachte, über die danach dya^ol daCfioveg be-
nannten Schlangen, die Fütterung mit Brotbrei {id'ilQa) und die
Bekränzung der Zugtiere S. 380 f.
33.^) Von einem Adler als Wegweiser erzählte fast ebenso
Malalas* Gewährsmann Pausanias bezüglich der Gründung von An-
tiochia: {UslEvxog) fiXd'6 d^öLccöav . . . xal 7cXrjQ(o6ag t^v d^öiav xal
xötl^ag xa xqia rjv^aro^ tcov XQ'^i ^titfcct Ttöhv. xal i^at<pvrig i^QTtaöev
isTog dnb xf^g %v6iag xal xaxijyaysv ixl xijv nakaiäv tcöXlv. xal
xaxedCa^sv inCöco Zskavxog (S. 11)9 Dind. <über das Motiv Gruppe
Mythologie 792®». Das Original ist wohl der alexandrinische Be-
richt; denn die Antiochener haben auch einen anderen Zug, der
zweifellos ursprünglich alexandrinisch war, auf die Gründung ihrer
Stadt übertragen, die obenerwähnte Bezeichnung des Stadtplans durch
hingestreutes Mehl (Liban. S. 300 R.).
Daß schon vor der neuen Einführung des Serapis-Kultus ein
Heiligtum des Serapis und der Isis in Rakotis bestand, bezeugt auch
Tacitus (bist. IV 84). Dieser alte Tempel lag nach der folgenden
Erzählung auf derselben Höhe, wie der Neubau, das große Serapeum,
und war, wie der Ausdruck fuerat schließen läßt, zu Tacitus* Zeit
nicht mehr vorhanden. Ein anderes Heiligtum derselben Gottheiten,
das außer ihnen auch Ptolemäus lY. und Arsinoe geweiht war, ist
1885 an der Eanopischen Straße, zwischen R 5 und R 6, entdeckt
worden.*)
Die Beschreibung des alten ^öavov ist hier durch Hinzufügung
zweier Züge entstellt, die offenbar nicht diesem, sondern dem des
neuen Serapeum zukommen: daß bei ihm ein difjQiov xol'6(ioQ(pov
1) <^Die Bemerkungen zu diesem Kapitel sind aus Ausfelds Aufsatz Rh.
Mus. LY entnommen; A. hatte im Manuskr. eine Lücke gelassen und bemerkt,
sie solle nach dem Erscheinen von Sieglins Werk ausgefällt werden.^
2) Nerutios L*ancienne Alexandrie (Paris 1888) S. 21.
140 Drittes Kapitel.
stand, d. h. der dreiköpfige Zerberus, und daß sich die Art des Bildes
nicht schildern lasse. Über die unbeschreibliche Art des Serapisbildes
äußert sich ganz ähnlich Eustathius (zu Dion. Perieg. 255): ZldgaTtig^
oi (paöL tb &yaX(ia tolg ÖQaölv &Sr}Xov eivav^ oTag (pv6£(og fjv. Der
Grund der Unbeschreiblichkeit war die Zusammensetzung der Statue
aus verschiedenartigem Material, worüber am ausführlichsten Athenodor
belehrt, kürzer Rufinus.^) Bei Rufinus ergibt der Zusammenhang
deutlich, daß diese Eigenschaft dem Haupt-Kultbild beigelegt wird,
der Statue mit dem Kalathos, deren Zerstörung durch die Christen
dann erzählt ist. Athenodor verlegt zwar die Herstellung des Bildes
in die Zeit des Sesostris, zeigt aber durch Nennung des Bryaxis, daß
er ebenfalls den Serapis des Ptolemäischen Tempels im Auge hat.
Jene beiden Angaben unserer Stelle sind also wohl als Zusatz eines
Bearbeiters zu betrachten, der das Werk des Bryaxis kennzeichnen
wollte. Der übrigen Beschreibung entspricht eine 2 m hohe Gruppe
aus grauem Granit, die vor einigen Jahren in den Trümmern des
großen Serapeums gefunden wurde. Botti^) sagt darüber: 'Statue
colossale de roi inconnu derri^re lequel on voit une deesse, Isis ou
Hathor, qui lui pose les mains sur les epaules en signe de protection.*
Ob es möglich ist, die Worte unseres Verfassers auf dieses Werk zu
beziehen, wird eine genauere Untersuchung ergeben.
Die beiden Obelisken des Serapeums werden auch von Aphthonius
erwähnt (II 49, 1 Sp.). — Sesonchosis heißt hier, wie noch öfter im
Roman ^), auch in interpolierten Stücken, der große ägyptische Er-
oberer, den die Griechen sonst Sesostris nennen, Diodor Sesoosis.
Manetho fuhrt Sesonchosis als ersten König der zwölften Dynastie
auf, Usertesen L der Monumente entsprechend, dann Sesostris an Stelle
des zweiten (und dritten?) Usertesen als dritten König derselben
Reihe.*) Es scheint, daß in unserm Sesonchosis die Personen der
drei Usertesen verschmolzen sind, falls überhaupt dieser Gestalt mehr
als eine unbestimmte Erinnerung zugrunde liegt. Sonst gilt be-
kanntlich Ramses U. als der ^Sesostris' der griechischen Historiker.
Dieselbe Auffassung des Sesonchosis, wie unsere Stelle, zeigen aber
die Scholien zu Apoll. Rhod. IV 272 (FHG. I 286): 2:a66yiG}6ig . . .
Tijv fihv ^Aölav 6Q^rlöag(?) jtäöav ycaxB6XQiil>uz0y öfioiog xal rä Tckelöxa
xfig EvQCOTtrjg . . . ^eÖKOfiTtog d' iv xqlxg) 2^b6(o6xqlv aixbv xaksl, —
1) Athenod. bei Clem. Protr. 48, 4 S. 87, 22 St. Rufin. hist. eccl. XI 23. Über
die Bedeutung dieser Stoflfe Schreiber, Verh. d. 40. Phil. Vers. (1889) S. 309.
2) Mus^e gräco-romain d'Alexandrie (1893) S. 64.
3) I 34. lU 17 (S. 122). 24. 4) Wiedemann, Äg. Gesch. 233.
Historischer Kommentar. 141
Die Zurückfuhrung des Serapisdieustes auf den Vertreter des ägyp-
tischen Weltreiches haben auch andere Erfinder Tersucht, wie Athe-
nodor (a. a. 0).
Serapis erteilte seine Orakel regelmäßig durch Träume.^) — Daß
das große Serapeum Tarmenions Serapeum' hieß, ist, soviel mir
bekannt, sonst nirgends bezeugt, aber nicht wohl zu bezweifeln.
Keinerlei Gewähr hat dagegen die vom Verfasser dafür gegebene
Erklärung, ebensowenig die ZurückfQhrung des griechischen Serapis-
Typus auf den angeblichen Baumeister Parmenion, gegenüber der
andern, freilich auch nicht zum besten beglaubigten Überliefenmg,
nach der Bryaxis der Schöpfer dieser berühmten Umbildung von
Phidias' Zeus gewesen ist. Suidas' und Malalas' Angabe^), daß das
Serapeum von Alexander gegründet sei, geht vielleicht auf unsere
Stelle zurück, da ja beide auch sonst manches aus dem Roman ent-
nommen haben. Aphthonius spricht von zwölf Baumeistern des
Serapeums.
I 34. Alexandria wird hier, nach gewöhnlicher Auffassung'),
nicht zu Ägypten gerechnet.*) Denn da man das Gebiet auf der
linken Seite des Nils als libysch betrachtete'^), so galt in der Regel
die Kanopische Nilmündung als westliche Grenze Ägyptens; daher
z. B. Sophronios noch die Ortschaft Menuthis, die 4 Stunden östlich
von Alexandria bei Kanopos lag, nur als j^iyvxrov (läl^ov Ttkrjöial-
TSQog bezeichnet.*) Andere faßten den Kanal von Alexandria auch
als Nilarm auf und zogen demnach die Grenze zwischen Libyen und
Ägypten innerhalb der Stadt. ^) — Daß die Ägypter Alexander als
Befreier von dem persischen Joche freudig aufuahmen, ist bekanntlich
Tatsache. Auch von seiner Bewunderung für die natürliche Sicherheit
1) Plew, De Sarapide 87.
2) Suid. 8. y. Zaganig. Mslal. S. 192 D.
8) Steph. Byz. u. d. W.: 'AXs^dvägsta . . ij Alywnia ijtot Alßvaifay &g ol
noXXoL
4) Ungefähr derselbe Auadmck für dieselbe Sache bei Philostr. vit. Apoll,
y 43: i%aväig d' ix^'^ '^^^ negl 'AXB^dvägeucv iötiXXsto ig Atyvntov.
5) Strabo S. 806: *EvtBv^9v dk 6 Netl6g ictiv 6 inkg toü JÜta' xovtov
xa itkv delta xaXoDtf* Aißvriv &vanXiovtt, &an8(f xa^ tä tcbqI xriv 'AlB^dv-
dgsiav %ai xrjv MaQB&xiv, Vgl. Lumbroso, L'Egitto' S. 80.
6) Miracula SS. Cyri et lohann. 40 (Mai, SpiciL Rom. m 446). Vgl Lum-
biOBO S. 31.
7) Bell. Alex. 14, 6: sie enim praedicant partem esse Alexandriae di-
midiam Africae. Daß hier der Nilkanal als Ghrenze gemeint sei, hat zuerst
H. Schiller (Bl. f. bayr. Gymn, 1888 S. 832 f.) richtig vermutet.
142 Drittes Kapitel.
des Landes wird in den Quellen berichtet.^) Dagegen erfindet der
Verfasser aus den Verhältnissen seiner Zeit, wenn er Alexander durch
die Krönung im Ptah-Tempel zu Memphis als ägyptischen
König legitimieren läßt, wie Ptolemaios Epiphanes. Ebenso chrono-
logisch bedeutsam ist die nachdrückliche Einschärfimg des Prinzips
der ptolemäischen Herrschaft: daß sich die Ägypter nur um den
Ackerbau zu bekümmern und denen, die für sie die Waffen
führen, zu dienen haben. Daß man unter Ptolemaios IV. von diesem
Ghnmdsatz abgegangen war und fQr den Krieg gegen Syrien Ein-
geborene im Heer verwendete, hatte die furchtbaren Bauernaufstände
unter diesem König .und Ptolemaios V. zur Folge.') — Eine Anord-
nung Alexanders, die ägyptischen Steuern zunächst für Ale-
xandria zu verwenden, ist wahrscheinlich in Wirklichkeit ergangen.
Denn Alexander bestimmte bei seinem Aufenthalt in Ägypten, daß
die Steuern an Kleomenes von Naukratis bezahlt werden sollten^),
und dieser war Mitglied, vermutlich sogar Vorsteher der Komission,
die den Bau von Alexandria zu leiten hatte. ^)
I 35. Historisch ist von dem Erzählten nur die Veranlassung
der Belagerung und die Zerstörung der Stadt. Aber vorbedeutende
Träume spielen auch im Bericht der Geschichtschreiber eine Rolle.
Von den beiden Träumen, die Alexander vor Tyros gehabt haben
soll, ist der erste bei Arrian^), Plutarch^) und Curtius^) andern In-
halts (Herakles winkt ihm oder reicht ihm die Hand). Dagegen stellt
der zweite, den nur Plutarch überliefert**), die Grundform der Ge-
schichte dar, die in unserer Stelle verderbt ist. Alexander träumt^
er fange einen Satyr, was natürlich bedeutet: öä [öif) TtJpog. Der
Urheber unserer Version hat die Pointe nicht verstanden, aber die
1) Axt. 111 6, 7: tjJi; ts fpvGiv xf^g %aiQag d^av^aöag xal tr}v 6xvQ6rriva.
2) Polyb. V 107, 1: 6 yäg nffosigruiivos ßaailsijg (Ptol. IV.) xa&oicXUag
jovg Alyvntiovg inl xov ngog 'AvtLo%ov n6XByL0v ngog (ikv t6 nagov ivdsxo-
fiivmg ißovlsvaccTo , xoi) 6h fLÜlovrog i\6x6xriGB' fpgovrifucxiöd'ivxsg yocQ . . .
ovxixi x6 nQoaxaxx6^LBvov oloi x* 7}aav i>7(0fiivsiVj &XX' i^-^ovv ^/e/u^va
UBw. Vgl. Mahaflfy, The empire of the Ptol. S. 264; Niese II 404 f.; Clesa in
Pauly.s Real-Enz. VI 218. 216 f.
8) Arr. III 6, 4; Curt. IV 8, 6.
4) Just. XUI 4, 11: Cleomenes, qui Alexandriam aedificaverat; Ps.-Aristot.
Oecon. n 33 B. 0. zu Kap. 81 ; Diod. XVII 62, 7. Vgl. Mahaflfy, Ptol. S. 9.
5) n 18, 1. 6) AI. 24, 3. 6) IV 2, 17.
8) AI. 24, 4f.: Mgav d' ö'ipiv kX. slöe xaxct xovg vjtvovg' 2dxvQog
aino) (pavslg iäoxei Tcgoöncclj^eiv noggoid'ev, slxa ßovXoiUvov XapBtv ixeiiipevySy
xiXog dk noXXoc Xinagi^aavxog xal nsgt^gaiiovxog '^Xd'ev Big x^^Q^S- ol dh lukwHg
. . . ifpaaccv aijxqt' öi} yBVjf^öBxai T^gog.
HiBtorischer Kommentar. 143
Figur des Satyrs, die für seine Fassung sinnlos ist, aus der ursprüng-
lichen Erzählung herübergenommen. Die Quelle, an der Alexander
vom Satyr geträumt haben sollte, wurde noch zu Plutarchs Zeit ge-
zeigt. — Das Schreiben Alexanders an die Tyrier ist späterer
Zusatz, da Alexander darin, obwohl er Asien noch gar nicht unter-
worfen hat, als Großkönig von Asien, und femer als Ammons Sohn
bezeichnet wird, was in den echten Teilen des Bomans niemals ge-
schieht. — Daß die Tyrier Alexanders Gesandte töteten, sagt auch
Curtius.^) Das nächtliche OflFnen der Tore erinnert an Justins An-
gabe, daß Tyros durch Verrat gefallen sei.*) — Tripolis bestand
schon vor Alexanders Zeit. Es war von den drei Städten Tyros,
Sidon und Arados gegründet.*) — Daß Tyros* Unglück wirklich in
Alexandria sprichwörtlich war, bezeugt das vierte in Plutarchs
Sammlung der alexandrinischen Sprichwörter*), xä ix nakaiäg
(sc. TvQov), das 'inl röv xaxöbg ätaxeLfiavaiv* gebraucht wurde.^)
I 36. Alexander erhielt tatsächlich Darius' erstes Schreiben auf
dem Marsch nördlich von Tyros. ^) Vom Inhalt des Briefs, der
sich auf die Rückgabe der gefangenen königlichen Familie bezog,
war natürlich für den Roman an dieser Stelle die Hauptsache nicht
brauchbar. Doch entspricht der Fassung, die Curtius, abweichend von
Arrian, überliefert, daß Darius mit verächtlichem Hinblick auf
Alexanders Armut Geld anbietet (Gurt. § 8) und Alexander auffordert,
heimzukehren (§ 9). Von einer hochmütigen Zuschrift des Perser-
königs, die Alexander vor der Schlacht bei Issos erhalten hätte, weiß
auch Curtius^), der Alexander während seiner Krankheit in Eilikien
klagen läßt: 'Dareus ergo, cum tam superbas litteras scriberet,
fortunam meam in consilio habuit'. — Daß Darius Alexander wegen
seiner Jugend verachtet habe, sagt Diodor.*) — Eine ähnliche
Verhöhnung durch Kinderspielzeug empfing Demetrios H. Nikator
von Syrien durch den Partherkönig Phraates.*)
1) IV 2, 16. 2) XI 10, 14.
8) Strabo S. 764; Diod. XVI 41, 1; Plin. V 20 § 78; Steph. Byz. u. d. W.
4) her. von 0. Crusius, Tübingen 1887.
ö) Crusius' Kommentar (Tüb. 1895 S. 13) bemerkt dazu: '%fjg T6qov sub-
intelligendum esse conicit magis quam teetatur Plutarchus.' unsere Stelle
macht die Beziehung zweifellos.
6) In Marathos: Arr. II 14, 1 ; vgl. Gurt. IV 1, 7 ff.
7) in ö, 12. 8) xvn 7, 1.
9) Just. XXXVni 9,9: talis aureis in exprobrationem puerilis levitatis
donatuT.
X44 Drittes Kapitel.
I 37« Der Satz^ daß feige Hunde recht lant bellen, er-
scheint bei Curtius^) in anderm Zusammenhang und wird als bak-
trisches Sprichwort bezeichnet.
I 39. Daß die in Kap. 39 und 40 enthaltenen Briefe dem ur-
sprünglichen Text nicht angehörten, habe ich schon an anderm Orte*)
darzulegen yersucht. Sie beziehen sich deutlich auf den wirklichen
Verlauf des Feldzugs — etwa auf die Zeit unmittelbar vor und nach
der Schlacht am Granikos — , nicht auf den im Roman angenommenen,
nach dem Alexander weder griechische Städte unterworfen hat, noch
über das Meer nach Asien gelangt ist'), noch sich jenseits des Tauros
befindet, wie Kap. 39 und 40 voraussetzen. — Ein persischer Heer-
führer Hystaspes wird bei Curtius als Gatte einer gefangenen Enkelin
des Königs Ochus erwähnt*), ein Baktrier Hystaspes bei Arrian*)
unter den persischen Offizieren, die nach Alexanders Rückkehr von
Indien in das Agema aufgenommen wurden. Mit dem andern, verderbt
überlieferten Namen ist wahrscheinlich Spithridates gemeint, der
bedeutendste der Satrapen jenseits des Tauros, der am Granikos
Alexanders Leben bedrohte und durch Kleitos fiel. Sein Name ist
übrigens auch bei Diodor*) entstellt, der ihn Spithrobates nennt. —
Zum Tadel der persischen Führer vgl. Curt. IH 2, 1.^)
I 40. Der Fluß Pinaros durchschneidet die Strandebene, in
der die Schlacht von Issos geschlagen wurde; an diesem lagerte
Darius tatsächlich vor dem Kampf®) — Der Hauptgedanke des ein-
geschobenen Briefs, daß Alexander vor Darius als seinem Herrn
erscheinen solle, und daß ihm dafür freies Geleit zugesichert
wird, stammt aus dem wirklichen Briefwechsel der beiden Könige;
jedoch war es umgekehrt Alexander, der, in seinem ersten Brief, dem
Perserkönig schrieb: 'Slg ovv ifLov r^g 'j^ötag anccörig xvqCov Svrog
'f^xs ^Qbg i[i£, El di q)oßfi fiij ik^hv nd&rig xt ^5 ^fiov &%aQi^ xifixs
XLväg T&v q)ik(üv xä %i6xä Xrjilfoiiavovg,^) Und ähnlich erwiderte
Alexander auf Darius' zweites Gesuch. ^^)
1) Vn 4, 18. 2) Zur Kritik d. gr. Al.-R. S. 28 f.
8) Vgl. Darius' ersten Brief bei Arr. II 14, 2.
4) VI 2, 7: PropinquuB hie Darei fuerat, magni et ipse exercitus
praetor. 6) VII 6, 6. 6) XVII 19 f.
7) Dareus . . . quae per duces suos acta erant cuncta damnabat ratus
pluribus curam, omnibus afuisse fortunam.
8) Arr. 11 7, 1.
9) Arr. II 14, 8. Ebenso Curt. IV 1, 18 f.
10) An. II 25, 3: ixiXsvi tc wbthv ijxeiVy sH ti B'bgiöd'ai i9'dXoi tpUdv^Qmnatf
itag' a^ov. Vgl. Just. XI 12, 4.
HistoTischer Kommentar. 145
I 41. Mit Arabien ist die syrische Wüste gemeint. Der Ver-
fasser läßt Alexander, etwa von Marathos aus, aaf der Ostseite des
Gebirges nach Issos marschieren. — In der folgenden Erzählung ist
die Vernichtung der Sichelwagen ein Zug, der in die Schlacht
bei Arbela gehört^), ebenso die völlige Verfinsterung der Luft durch
Staub *) und die nur bei Val. erwähnte Niederlage des makedonischen
linken Flügels. Übrigens aber zeigt dieses Stück einen so engen
Anschluß an die Darstellung der Historiker, wie kaum ein anderes.
Auch diese berichten die Besetzung der Höhen durch die Perser'),
Alexanders Stellung auf dem rechten Flügel*), das Verlängern der
Phalanx nach rechts, um eine Überflügelung durch die Perser zu ver-
hindern^), das Widerhallen des Trompetentons und Kriegsgeschreis*),
das anfängliche Schwanken des Kampfglücks ^, die Flucht der Perser,
wobei die Fliehenden durch ihre Menge in dem engen Raum be-
hindert wurden**), die Flucht des makedonischen Überläufers Amyntas')
(Oberbefehlshabers der griechischen Söldner, der nach Ägypten ent-
kam), die Erleichterung der Flucht durch die Dunkelheit ^*^), die
Rettung des Darius durch Verlassen des Wagens imd Wechsel der
Pferde ^^), seine Verfolgimg durch Alexander (nach Diodor^*) auf 200
Stadien), die Erbeutung des Wi^ens mit den Waffen des Darius^'),
die Gefangennahme der königlichen Familie (die freilich nicht auf
der Flucht, sondern im Lager geschah)^*), die Benutzung des könig-
lichen Zeltes durch Alexander"), die Bestattung der durch Tapferkeit
1) Arr. lU 13, 6 f. Curt. IV 18, 88. 16, 14 ff., womit Val. noch genauer
übereinstimmt.
2) Gurt. IV 16, 82. 8) Arr. II 8, 7. Curt. m 9, 10.
4) Arr. II 8, 9. 10, 8. Diod. XVII 88, 2. Curt. III 11, 1.
6) Arr. 11 9, 8 f. Plut. AI. 20, 4: airtbg ^h tqt &6^ia>'t6 sitawiiov vn§Qßalav.
Vgl. Curt. m 11, If.
6) Diod. 88, 4. Curt. III 10, 1 f
7) Just. XI 9, 9 (lam diu certamen anceps fuit, quoad fugeret Daraus).
Diod. XVII 83, 6; vgl. Arr. 11 10, 4—7. 11, 2.
8) Arr. 11, 8. Diod. 84, 8.
9) Plut. 20, 1 mit Anklang im Wortlaut; an anderer Stelle: ^Hv &i tig iv
x& JccQslov argar^ netpevYong i% Maxe&ovlas &viiQ Mcmtdcav 'Afi/dvtas. Arr. 11
13, 2 f. Diod. XVn 48, 2. Curt m 11, 18.
10) Diod. 86, 1. Arr. 11, 6.
11) Arr. 11, 6. Diod. 87, 1. Curt. 11, 26. 12) 87, 2.
18) Arr. 11, 6. Plut. 20, 6.
14) Arr. 11, 9. Diod. 86, 2. Curt. 8, 12. Plut. 21, 1. Juet. XI 9, 12. Letztere
beide lassen, wie Ps., Darius' kleinen Sohn unerwähnt.
16) Plut. 20, 6. Diod. 86, 6. Curt. 11, 28.
▲ uifeld, Der grleoh. AlexanderromMk. 10
146 Drittes Kapitel.
ausgezeichneten Perser^) und die Ehrung der Familie des Darius.
Selbst die Angaben am Schluß weichen nicht erheblich Ton der Über-
lieferung ab, besonders die Zahl der gefallenen makedonischen Reiter
(160 statt etwa 150)>), der gefallenen Perser (120000 statt über
110000)») und der erbeuteten Talente (4000 statt 3000)*). Manche
Einzelheiten lassen schließen, daß in der Quelle, wie bei Gurtius»
einiges aus der offiziellen Tradition in den Bericht der Yulgata ein-
gemischt war. Vgl. Karst, Forschungen z. Gesch. Alexanders d. Gr. 46fiF.
I 42'. Das neue persische Heer wurde wirklich am Euphrat,
in Babylon, versammelt. Der Feldherr, der Alexander fiir den Ent-
scheidungskampf gegen Darius Verstärkungen aus Makedonien zu-
führen sollte, war Amyntas, Andromenes' Sohn. Er war, wie
Diodor und Curtius berichten, schon auf dem Weg nach Ägypten,,
von Gaza aus, nach Makedonien entsandt worden^), stieß aber erst
nach der Schlacht bei Arbela, in Susa, mit den neuen Truppen zu
Alexander.*)
I 42" — II 6. Der Bericht über Alexanders Rückzug nach Make-
donien und die Unterwerfung der Griechen kennzeichnet sich als
späterer Zusatz^) sowohl am Anfang, woneben dem Brief Alexanders,
der eine Zuführung Ton Verstärkungen aus Makedonien anordnet, die
Rückkehr nach Makedonien ganz sinnlos erscheint, als auch am SchlaB,
wo Alexander mit der Redensart 'xäxstd^ev oJQfiyjöev elg rä fiegr} röv
ßagßaQGJV äiä tflg KiXixCag' plötzlich aus Lakonien an seinen früheren.
Platz zurückbefördert wird. Außerdem unterscheidet sich das Stück
in seinem Charakter deutlich von den echten Teilen. Gröbste Un-
kenntnis der geschichtlichen und geographischen Verhältnisse, eine
ganz unsinnige Art der Quellenbenutzung, die namentlich auch gegen-
über einer diesem Abschnitt eigentümlichen Quelle, einer kurzen
Chronik, hervortritt (s. zu II 4), dazu rhetorische Kunstleistungen,
die in den Ansprachen der athenischen Redner gegeben werden: das
alles ist von der Art der ursprünglichen alexandrinischen Erzählung
abweichend. Daß indessen das Machwerk eigens zu deren Vervoll-
ständigung verfaßt ist, zeigt die mehrfache Verwertung ihres Inhalts
1) Diod. 40, 1. Curt. 12, 13.
2) Diod. 86, 6. Curt. 11, 27. Just. 9, 10.
3) Plut. 20, 6. Diod. 36, 6. Curt. 11, 27. Arr.: 100000.
4) Arr. 11, 10. ö) Diod. XVIl 49, 1. Curt. IV 6, 30.
6) Arr. III 11, 9. 16, 10 ; nach Curt. V 1, 40 und Diod. XVII 66, 1 etwas
früher, in Babylonien.
7) Als solchen hat ihn zuerst E. Bohde erkannt (Der gr. Roman ' S. 185 A. 2).
Historischer Kommentar. 147
und ein gewisses Bestreben, Bich ihrer Darstellung anzupassen. Dem
Roman geschah aber durch diese Bereicherung ein schlechter Dienst;
denn nichts hat seine Schätzung so herabgesetzt, wie dieser Bestand-
teil, und auch das Urteil über seine Entstehungszeit ist dadurch stark
beeinflußt worden. — Was den Verfasser der Interpolation bewog,
seine Geschichte des griechischen Feldzugs nach der Schlacht bei
Issos einzuschieben, anstatt nach der Thronbesteigung Alexanders, bei
I 25, was ihm die seltsame Zurückführung seines Helden nach Europa
erspart haben würde, war wohl der Inhalt von I 25. Nach Alexanders
begeistert aufgenommenem Aufruf an die griechischen Völker zum
gemeinsamen Befreiungskampf gegen die Barbaren war für einen
Krieg gegen Griechenland kein Platz. So blieb dem Verfasser, wenn
er einmal seine Ergänzung unterbringen wollte, keine andere Mög-
lichkeit, als Alexander später nach Europa zurückkehren zu lassen,
und zum Ausgangspunkt dieses Rückzugs hat er die geographisch
geeignetste Stelle seines Wegs gewählt, dabei aber freilich yersäumt,
auch irgend eine Erklärung dieser plötzlichen großen Diversion ein-
zufügen. Hier hat erst der Verfasser von d durch die Erfindung ab-
geholfen, daß Alexander nach der Schlacht hei Issos von einer
schweren Erkrankung seiner Mutter Nachricht erhalten habe und da-
durch zur Rückkehr nach Makedonien veranlaßt worden sei — Kap.
n 7 ist ebenfalls ein späterer Zusatz, aber andern Ursprungs als
I 42-U 6.
I 42^^. Anstatt Alexanders Zug von Makedonien nach Kilikien
einfach umzukehren, wirft der Interpolator Ereignisse und Ortlich-
keiten in unglaublicher Verwirrung durcheinander. Der erste Absatz
stammt offenbar aus Notizen, die Alexanders Übergang nach
Asien betrafen. Alexander landete nach der Fahrt über den Hellespont
im ^Hafen der Achaier' in Troas^): daraus die Unterwerfung von
Achaia; in der Quelle war hier, ähnlich wie bei Justin und Diodor*),
die Zahl der Truppen und Schiffe angegeben, mit denen Alexander
nach Asien kam: aus einer Vermengung der Zahl der Schiffe (etwa
170) und der Soldaten entsteht die Angabe über die Verstärkung des
Heeres in Achaia; während der Überfahrt über den Hellespont opferte
Alexander dem Poseidon einen Stier^): der Verfasser scheint aus
einem elg jiölav nsgdöat vavQov 6<pdtrovxa od. dgl- ein ns^äöai
TavQov herausgelesen zu haben, was ihn dann veranlaßte, die ganze
1) Arr. I 11, 6. 2) Just. XI 6, 2. Diod. XVII 17, 8 ff.
8) An. a. a. 0.
10*
148 Drittes Kapitel.
Stelle fQr den Beginn von Alexanders Rückzug aus E^ilikien zu Tor-
werten; beim Anlegen schleuderte Alexander seinen Speer in
das Land zum Zeichen, daß Asien ihm gehöre^): dies wird
hier, etwas verändert, auf den Tauros verlegt. Könnte man auch bei
jedem einzelnen dieser Züge die Verwandtschaft bezweifeln, so ergibt
doch wohl das Zusammentreffen aUer die Herkunft der sonderbaren
Angaben ziemlich sieber. — Das darauf berichtete Schwitzen des
Orpheus-Bildes geschah vor dem Aufbruch zum Perserkrieg in
Leibethra^) in der makedonischen Landschaft Pierien'), die der Inter-
polator getrost nach Kleinasien verlegt. Arrian und Plutarch lassen
aber Aristandros, an dessen Stelle unser Verfasser den mythischen
Seher Melampus setzt, das Vorzeichen dahin deuten, daß Alexanders
Taten den Dichtern viele Mühe machen würden. — Die Erzählung
von Alexanders Besuch in llion stimmt in den Grundzügen mit der
gewöhnlichen Darstellung^) überein, enthält aber weitere Einzelheiten
(Alexanders Erstaunen über die Dürftigkeit der homerischen Reliquien),
die jedenfalls auch auf ältere Tradition zurückgehen. Der Dichter-
ling, der Alexanders Homer sein wollte und die bekannte Abfertigung
erfuhr, war nach den Scholien zu Hör. Ep. II 3, 357 der berüchtigte
Choirilos von lasos*), nach der Wiener Apophthegmensammlung
Anaximenes.^) Der Scholiast weiß weiter zu berichten, daß ihm
Alexander für jeden guten Vers ein Goldstück, für jeden schlechten
eine Ohrfeige versprochen habe; da habe er so viele Ohrfeigen be-
kommen, daß er daran gestorben sei. Welche Bewandtnis es mit
den Namen hat, die in den Texten von ä angeführt sind, ist noch
unklar.
I 43. Abdera berührte Alexander zu Beginn des persischen
Feldzugs '^). Auf diese Stadt bezieht sich wohl ursprünglich die bei
VaL 59, Iff. verkehrt angebrachte und verunstaltete Angabe, daß
1) Diod. XYII 17, 2: xcetoaclsvöag ^Qog x-qv Tqcadda %mQav . . &jth tljg va^g
^%6vzi6e fiiy TO d6QVf ni^^ag d' Big ri^v yf^v ... naQct, x&v Q'b&v &nB<pal'
V9X0 xiiv 'Aölav dix^a^ai, doQlxxrixov. Ähnlich Just. XI 6, lOf.
2) Plut. AI. 14, 6. Über das makedonische Leibethia: Strabo S. 410;
Pausan. IX 30, 9.
8) Air. I 11, If.: ol Sk %al xalg Movca^g Xi^ovöiv Sxi &y&va i%olri6s'
%al iv xo^ntp &yyiXX9tai xh 'Ogipioag . . äyaX^Lu x6 iv JIiBQldi läffAcai
4) Arr. I 11, 7. 12, 1 {Uy6ii8va). Diod. XVII 17, 3. 6. 18, 1. Just. XI 6, 12.
Plnt. 15, 4.
6) Vgl. Curt. Vm 6, 8. Crusius bei Patdy-Wissowa III 2862 f.
6) Nr. 28 in Wachsmuths Ausgabe. 7) Arr. I 11, 4.
Historischer Kommentar. 149
Olympias ihren Sohn so weit begleitet habe und dann um-
gekehrt sei. Für den Inhalt des Romans ist das widersinnige für den
tatsächlichen Verlauf des Feldzugs dagegen durchaus glaubhaft. —
Etwas dem hier erzählten Vorfall einigermaßen Ähnliches geschah
mit den Aspendiem in Pamphylien. ^)
I 44. Bottia ist natürlich nicht die makedonische, sondern die
chalkidische Landschaft, die in älterer Zeit Bottike hieß.*) — Der
Feldzug zum schwarzen Meer bedeutet wahrscheinlich Alexanders
Unternehmen gegen die Völkerschaften an der unteren Donau, das
nebst dem illyrischen Feldzug der Zerstörung Thebens voranging.
Dabei fuhr Alexanders Flotte durch das schwarze Meer in die Donau
ein*). Ein Opferfest wurde dort zu Ehren des Zeus, Herakles und
des Flußgottes gefeiert.*) Von einer Hungersnot, bei der die Pferde ge-
schlachtet werden mußten, berichten unsere Quellen nur aus Alexanders
Zug durch Gedrosien.^) — Daß Alexander zur Mäotis gelangt wäre,
behauptet auch Georg. Syncellus^), bei dem aber damit das kaspische
Meer gemeint ist.
I 46. Eine eigenartige Version des bei Plutarch (AI. 14, 4) Er-
zählten. Die Abweichung verrät eine Sachkenntnis, die der Verfasser
der Interpolation schwerlich besessen hat, geht also auf ältere Quellen
zurück. Nach Plutarch wollte Alexander, von Korinth kommend,
das delphische Orakel über seinen Feldzug befragen, aber die Priesterin
weigerte sich, da gerade Unglückstage (astofpQddsg) waren, an denen
keine Orakel erteilt wurden. Als er sie dann mit Gewalt zum Tempel
schleppte, rief sie ihm zu: 'Sohn, du bist unwiderstehlich!', worauf
er erklärte, damit habe er das gewünschte Orakel In unserer Stelle
ist statt dessen auf die bekannte Gewalttat des Herakles, den Raub
des delphischen Dreifußes^), Bezug genommen, aus der man auch das
Sprichwort ovro^ äXXog 'HQaxkr}g erklärte.®) Ein Weihgeschenk
1) AiT. I 26 f.
2) Über die Formen des Namens xmd ihre Anwendung vgl. Oberhnmmer
bei Pauly- Wieso wa UI 796.
8) Arr. I 8, 8. 4) Ajt. I 4, 6. 6) Arr. VI 26, 1.
6) S. 602 ed. Bonn.: ysv6ii8Vog ih xal iv Kcnrndaip xgccrst x&v aiyt^i ßccg-
ßagtav Maiari&og XifLvTis iX^mv. %&%sl&ev (uraxmQijöag M rohg 'Ivdovg nsw.
7) Vgl z. B. Pausan. X 18, 8: Uystat dh i>xh dsltpöv 'Hgaulst xm 'Aiupi^
TQvtovog il^SvTi, ixl t6 ;|r^720ri}9M>y tiiv nQ6[iavxiv !S}sv6xleiav oix ii^Blfjöai ol
XQfjv 9üc rot) *I<pltov t6v (p6vov, thv ik &Q(i(LBvov thv XQixoSa ix xo^ vaoü
tpigsiv ^$00.
8) Zenob. V 48 (FHG 11 820): O^og &XXog *HQaxX^g. KUaQXog iinroviievog
xi^p nagonilav qpijffl xiv BQidgBC» naXo^iuvop ^HgucxUa il^Blv slg Jiltpohg xal
IdO Dritte« Kapitel
in Delphi stellte den Kampf der beiden Götter am den DreifoS dar.^)
— Wenn, wie überdies aosdröcklich gesagt ist, die glückliche Ver-
heißung in nnserm Fall darin liegt, daß Alexander Tom Gbtte 'He-
rakles' genannt wird, so müssen doch wohl die Worte des Gottes
lauten : 'ÜQcixXug 'AXa^avÖQS^ tovro IxolriöB ^ebg ^t^j und nicht, wie
fiberliefert ist, 'H^xkfjg^ ^Ak», r. L ^. ^}) — axQog kommt in der
Bedeutung, die im Ausdruck axQOv [lavtelov Yorliegen würde, auch
sonst in der späteren Prosa vor.') Sollte aber iu dem überlieferten
j^xoayavtLvov ein Ortsname stecken, so wäre am ehesten 'y^xpat^t^^ov
lucvxeCov zu vermuten, woran schon Zacher dachte (Ps. S. 124). In
Akraiphnia (od. Akraiphia) in Boiotien war ein berühmtes Orakel
des Apollo, nach dem der Gott auch den Beinamen 'Ax^cU<ptog
führte.*)
I 46. Die überlieferten Grundlagen der Erzählung treten in
folgenden Zügen hervor: daß die Thebaner von der Mauer aus mit
Alexander verhandeln*), Alexander seine Truppen zum AngriflF in drei
Teile teilt*), die Stadt am dritten Tage erstürmt wird^, wobei die
Makedonier zuerst in der Gegend der Kadmeia eindrangen^), daß
Alexander Pindars Haus verschonte^), und daß die Thebaner für vogel-
frei und heimatlos erklärt wurden.^®) Justin weiß aber auch von
einem Thebaner, Eleadas, der den König um Schonung der Stadt
gebeten habe, indem er auf Alexanders Vorfahren und die große Ver-
gangenheit Thebens hinwies.^^) Für den unbekannten Eleadas ist in
Xaßovta ti tmv ixsl xeniriXloav . . hg^Lfioai . . . Xq6v<p 9k vöttgov rhv Tvqiov
^HQOLxXia iXf^Blv Big ^sXtpo^g xQTiööfiBvov ra (lavTBlca' rhv dh 9'b6v XQOCBiTfetP
ai)thv SiXXov ^HgaxXia.
1) Paus. a. a. 0. § 7.
2) ChristeDsen (Rh. Mus. LIY 139) bemerkt gegen meine Auffassung, daß
damit die Pointe verkannt sei, die er denmach in der Fälschung der Worte
durch die Pythia zu suchen scheint. Die Pointe ist m. E., daß die tadelnde
Anrede 'du Herakles!' als ein günstiges Omen aufgefaßt wird.
8) z. B. Eunap. yit. Aedesii S. 31 ed. Boissonade.
4) Steph. Byz. u. d. W. *AxQaiq>ia. Hirschfeld, Pauly-Wissowa I 1194.
6) Diod. XVn 9, 5.
6) Diod. XVn 11, 1 : tag dvvdiLeig dulXsto Big tgia iiigri — deren Bestimmung
aber dann anders angegeben ist.
7) Diod. ebd.; an den vorhergehenden Tagen wurde aber die Stadt noch
nicht angegriffen.
8) Arr. I 7, 9. 8, 6; nach Arrian zugleich mit den fliehenden Thebanem,
nach Diod. XVII 12, 8 unter Perdikkas' Führung durch ein unbesetztes Tor.
9) Arr. I 9, 10. 10) Diod. XVII 14, 3. Just. XI 4, 9.
11) XI 4, bes. § 4 ff.: Tunc Cleadas unos ex captivis data potestate diceadi:
HistoriBchei Eommentiur. 151
unserer Stelle der berühmte thebanisclie Flötenspieler Ismenias ein-
gesetzt^ wie I 42 Melampus für Aristandros. Ismenias' Kunst war
spriehwörtlich.^)
I 47. Alexanders Aufenthalt in Eorinth erzählt auch Plutarch')
nach der Zerstörung Thebens. Daß sich Alexander von Theben nach
Korinth begab, geschah aber nicht nach dieser Züchtigung der Ab-
gefidlenen, sondern bei seinem ersten Zug nach Oriechenland, vor
der Unterwerfong der nordischen Völker. — Die Geschichte von
Kleitomachos mag eigenes Machwerk des Verfassers sein. Der
dreifache Sieg dieses berühmten thebanischen Athleten bei den Isthmien
ist historisch^), geschah aber ein Jahrhundert nach Alexanders Tod.*)
Theben wurde bekanntlich ebenfalls erst nach Alexanders Tod,
316/5 V. Chr., wieder aufgebaut. Für die Erfindimg scheint außer-
dem eine Notiz verwertet zu sein, wie Plut. AI. 13, S: fjv dh Sr^ßaCmv
ovdelg xCov %BQLyevoiJiivc3v^ 8g kvxv%G)v rt xai ösri%'B\g vöxbqov ov
dtszQci^aro Tta^ avrov (l^ks^dvdQOv).
U 1. Plataiai, wo der Interpolator Alexander verweilen läßt,
lag damals in Trümmern. Gleichzeitig mit der Zerstörung Thebens
wurde auch beschlossen, Plataiai wieder au&ubauen.^) Reste eines
Tempels der Demeter und Eore an der Straße von Plataiai nach
Theben erwähnt Pausanias.^j Die Grundlage des hier Erzählten
bildet offenbar eine Angabe über das Orakel, das die Thebaner in
bezug auf ein Spinnengewebe erhielten, das kurz vor ihrem Unglück
im Tempel der Demeter erblickt wurde: lörbg vipaivönsvog
&lXq) 7Ctt7c6v^ &kkq} afiBivov.'^ — Stasagoras {SrriöayÖQag) ist
. . . nee iam pro civibus se, qui tarn pauci remanserint, orare, sed pro innoxio
patriae solo et pro urbe, qnae non viros tantam, Ternm et deos genu-
er it. Privata etiam regem superstitione deprecatur: genitnm apud ipsos
Herculem, unde originem gens Aeacidarum trahat, actamque The-
bis a patre eius Philippo pueritiam; rogat, urbi parcat, quae maioris
eius partim apud se genitos deos adoret, partim educatos snmmae
maiestatis reges viderit. Sed potentior fuit ira quam preces. Itaque
urbs diruitur.
1) Aelian v. h. IV 16 (Sprichwort: iav 'laiirivla, a-fiXTjriJv;; Anekdoten über
ihn z. B. bei Plut. de fort. AI. 11 1 ; conviv. disp. 11 1, 6.
2) AI. 14, 1 ff.
8) Paus. VI 16, 3: (KXsit6(ucxog Srißalog) iv *l6^{k^ naXaiörccs matsnoL-
Xmöbv avdQag xal inl in^igag rfjg aiftfjg xo^g xb xijv Jtvyiiriv %al xovg ig th
«ayxQcixiov iatl^6vxag ixgcixsi r( {laxfi- Ebenso Suidas s.v. KXBix6iiaxog.
4) Eleitomachos' olympische Siege fallen in die 141. und 142. Olympiade.
5) Arr. I 9, 10. 6) IX 4, 2.
7) Diod. XVn 10, 8; vgl. Paus. IX 6, 6. AeHan v. h. XH 67.
152 Drittet Ki^iteL
wenigstens ein athenischer Name, der s. B. in der Familie des
Miltiades vorkommt. ^) — Ffir Alexanders Mahnung an die Athener
ist wohl ein bekannter Ausspruch Phokions benutzt. Als Alexander
▼on den Athenern Trieren verlangte und Phokion darüber befragt
wurde, antwortete er: Idya toCvw vfilv ^ rotg oxXolq xqaxslv
^ tolg xQutovöt q)CXovg slva^.*) VgL übrigens auch I 30.
n 2 — 5. Alexanders VerhandluDgen mit den Athenern, die in
Wirklichkeit durch deren Beteiligung an der Erhebung Griechenlands
und Aufnahme thebanischer Flüchtlinge veranlaßt waren, werden schon
bei den Geschichtschreibem verschieden dargestellt. Die EnuUilung
des Interpolators hat, trotz ihrer ungeheuerlichen Schnitzer, doch die
Grundzüge übereinstimmend mit historischen Quellen, besonders
Diodor; so: Alexanders Aufforderung an die Athener, ihre zehn
Redner auszuliefern'), die Ratlosigkeit der athenischen Volksver-
sammlung^), das Auftreten dreier Hauptredner, von denen der
eine zum Gehorsam rät"), ein zweiter gegen die Auslieferung
spricht*), wobei er die Redner mit Hirtenhunden vergleicht,
die man nicht den Wölfen preisgeben dürfe ^), ein dritter einen ver-
mittelnden Vorschlag macht®); der Beschluß der Athener, die Aus-
lieferung zu verweigern, sich aber sonst durch eine Gesandtschaft
unterwürfig zu bezeigen^), und Alexanders Verzeihung ^^). Daß die
Athener Alexander goldene Kränze schickten, wird in einer
athenischen Urkunde erwähnt. ^^) Der Redner, der die Volksführer
preisgeben wollte, wA Phokion, ihr Verteidiger Demosthenes, der
Urheber des vermittelnden Beschlusses Demades. Daß stattdessen
hier Demosthenes für Alexander auftritt, erklärt sich wohl daraus.
1) Her. VII 84. 88 f. 108. 2) Plut. Phoc. 21, 1.
8) Diod. XVII 6, 1 ; vgL Plut. Dem. 28, 8 ; Phoc. 9, 6 ; Suidas u. d. W. kvtl-
»axQos. Nach den bessereD Quellen — Arr. I 10, 4 vgl. Plut. a. a. 0. — forderte
AI. nur die Auslieferung von neun oder acht Athenern, nnd diese waren nicht
alle Redner. Die Angabe einer Zehnzahl beruht natürlich auf dem bekannten
Kanon der attischen Redner.
4) Diod. a. a. 0.; Plut. Dem. 28, 6.
6) Diod. XVII 16, 2. Plut. Phoc. 9, 6. 17, 8. 6) Diod. 16, 8.
7) Plut. Dem. 23. 4: 'AI. iiHtBi nifincav x&v drutaymy&v di%a ... Sx%
%al thv ntgl t&v ngoßatav X6yov 6 ^riiioöd'ivrigy tbg tolg Xvxoig tohg
nvvag i^idmnev, diriyriadiievog wbtov ^kv tPxaösv %al rohg cvv a^t^
Kvclv vxkg ro4) Sijiiov iiaxoiiivo^g.
8) Diod. 16, 8. 9) Diod. 16, 4. Arr. I 10, 6.
10) Diod. 16, 6. Arr. Plut. AI. 13, 2. Dem. 28, 6.
11) C. I. Att. U 162; 8. Niese, G. d. g. o. m. St I 68.
Historischer Kommentar. 153
daß der berühmteste Redner als Alexanders Freund erscheinen soll.
— Was sonst an historischem Material in diesem rhetorischen Kunst-
werk steckt^ stammt offenbar größtenteils aus einem kurzen ge-
schichtlichen Abriß von der Art der alexandrinischen Chronik^ die
den sog. Excerpta Latina Barbari zu Grunde liegi Dies zeigt sich am
deutlichsten bei einer Vergleichung von Kap. 4 mit dem, was in den
Excerpta Barbari ^) zu Alexanders Zeit bemerkt ist: 9ik6€o(poL di kv
'/^d-rlvaig inl ^Aksldvögov tov xxCötov ^rjiioö^ivrjg 6 ^t^toq xal
'j^QLörorekr^S ^«^ j^iöxCvrjg xal jdrjitdärjs xal Tlkaxaov xal Avölag
xal ^ri^öxQLtog sxBQog iyvoiQl^BTo. Außer Aristoteles, der natürlich
nicht unter den widerspenstigen Athenern sitzen durfte, sind in un-
serer Stelle alle diese Männer als Teilnehmer an der athenischen
Volksversammlung genannt. Für den weiteren Bedarf werden die
Namen von Heroen, Dichtem, Kriegshelden, Rednern und Staats-
männern in ergötzlichem Durcheinander beliebig verwendet. Manches
Sonderbare erklärt sich auch durch Verwechslung von Alexanders
Vater mit Philipp V. Letzterer war es, der mit den Zakynthiern
Krieg führte^), und dessen Statuen die Athener zerstörten.')
Sachlich ohne Anstoß ist in den Reden und Briefen £Ekst nur All-
bekanntes, wie der Hinweis auf Sokrates' Tod, die Tapferkeit des
Kjnaigeiros u. ä.
II 6. Der Ausgangspunkt der sonderbaren Erzählung ist viel-
leicht eine fehlerhafte Angabe in der Quelle des Interpolators, etwa
von der Art, wie die Notizen bei Suidas u. d. W. ^Ad^vaiog^) und
^AXi^avÖQog^) Übrigens scheint auch hier die Geschichte der Zeit
Philipps V. verwertet zu sein, denn manche Züge erinnern an den
Krieg des T. Quinctius Flamininus gegen den Tyrannen
Nabis von Sparta, den Piratenkönig, unter dem sich wirklich
Sparta mehr zur See als zu Lande betätigte; so: der Beschluß des
spartanischen Kriegsvolks, die Forderungen des Gegners mit Kampf
zu beantworten*), der Doppelkampf zur See und zu Lande), die
1) S. 271, 6 ff. ed. Frick (Chron. minora I).
2) Polyb. V 102, 10.
8) Liv. XXXI 44, 4.
4) 6 ii4yag uiXi^av^gog x&xbIvtiv vi>xi^6ag voLVfkcc%Lav Auxtäai^ito-
vlovg xal Tstxlcag thv üsirQaUi . . Ttdvrag tlmlacsv U^valovg: ein Intum, der
durch eine Lücke im exzerpierten Athenaeus entdtanden ist.
5) ovtog 6 y^yag lAX. vixif^öag vavfLaiUf Accxsdamovlovg . . .
6) Liv. XXXIV 87, 4: prope una voce omnes nihil responderi, bellum geri
iusserunt.
7) Beim Angriff auf Gytheion: Liv. XXXIV M.
154 Drittes Kapitel.
Verwendung von Feuer ^), die fußfälligen Bitten um Frieden und deren
Gewährung ohne Verschärfung der ursprünglichen Bedingungen.')
II 7. Kap. 7 ist ein Zusatz, der offenbar erst nach der Ein-
schaltung von I 42^ — n 6 beigefügt wurde. Das Stück verrät mehr
geschichtliche Kenntnis, als der Abschnitt über den griechischen Feld-
zag, zeigt aber keinerlei Zusammenhang mit den Kapiteln, an die es
sich doch unmittelbar angeschlossen haben müßte, I 41 und 42^.
Denn daß nach I 41 f. Darius selbst mit Alexander gekämpft hat,
besiegt und seine Familie gefangen ist, daß er dann eine neue Ver-
sammlung seiner Völker ausgeschrieben hat, das alles ist hier völlig
vergessen. Bei der Besprechung der Erfolge Alexanders ist davon
keine Rede, und Darius wird von seinen Untergebenen ermahnt, sich
endlich einmal selbst am Krieg zu beteiligen und seine Völker zum
Kampf zu entbieten. Anderseits hat das Kap. Beziehungen zu dem
Bericht über den griechischen Feldzug, denn was Darius im Kriegs-
rat vorbringt, spitzt sich darauf zu, man möge Griechenland Alexander
überlassen und keinen Versuch wagen, es von seiner Herrschaft zu
befreien. — Quelle ist das bei den Vertretern der Vulgata vor der
Schlacht bei Issos Erzählte, speziell was bei Diodor, wie hier, un-
mittelbar vor Alexanders Erkrankung in Kilikien steht: Darius* Be-
ratung mit seinen Freunden, ob er selbst die Führung über-
nehmen solle^), wobei sich einige für persönliches Eintreten des
Königs aussprechen*), der Athener Charidemos aber, der mit Philipp
zusammen gewesen war^), den geringen Wert der persischen
Massen gegenüber der makedonischen Tüchtigkeit hervorhebt*);
Darius* Entschluß, sich Alexander zum Muster zu nehmen^,
die alsbaldige Sammlung seiner Truppen^), wobei auf die ferner
wohnenden Völker verzichtet wird^), und sein Vormarsch nach
1) Liv. 39, lOff. : der Brand von Sjparta, der freilich von den Spartanern
selbst angelegt war. 2) Liv. 40.
3) Diod. XYII 30, 1: övvrJYays x&v (plXatv avvi&giov nal ngoi^rixt
ßovXrjv, n^TEQov SbI ötQarriYohs . . naraTciiiTtsiv . . rj t6v ßaöiXia ^etcc ndcrig
Tfis 9vvdfi6<og . . Siayavii^Bad'ai,.
4) Diod. 2: ivioi fi^r O'iv itpaöav öbZv wbrov xhv ßaeiXia Ttaga-
rdtrsöd'ai,.
6) Diod. ebd.: öwBötgatevro ^iXinnto t^ ßaßiXsl.
6) Diod. 4. Gurt. EI 2, 11 ff.
7) Diod. 1 : tiiv ivigyBiav r^v 'AlB^dvdQOV tcqo 6(p9'aXiimv Xaiißdvcav.
8) Diod. 31, 1: s'hd'vg olv {LBXBni^iMsto rccg navtax69'Bv &vvdiLBig.
9) Gurt, m 2,9: Nam Bactrianos et Sogdianos et In dos ceterosque mbri
maris accolas, ignota etiam ipsi gentium nomina, festinatio prohibebat
acciri.
Historischer Kommentar. 155
Kilikien.^j Während aber bei Diodor und Curtius der persische
Dünkel noch ungeschwächt erscheint und der Warner Charidemos
sogar hingerichtet wird, legt unser Verfasser dem Großkönig selbst
die Äußerungen des Zweifels in den Mund. Übrigens folgt er, gegen-
über Curtius, der ursprünglichen Version, die Diodor überliefert.^)
Einiges findet sich auch bei Arrian in anderm Zusammenhang: der
Wechsel der Herrschaft durch göttliche Fügung^) und die
Nutzlosigkeit der persischen Massen gegenüber Einsicht und Gewandt-
heit.*) — Darius' Bruder wird sonst regelmäßig Oxathres genannt
(bei Plutarch, Diodor, Curtius und Memnon), bei Arrian VII 4, 5
Oxyartes.^) Er focht bei Issos mit und zeichnete sich, nach Diodor
und Curtius, durch Tapferkeit aus®); dem entsprechend hier seine
Rolle. — Der Verfasser der Interpolation war Christ, denn im Ver-
zeichnis der persischen Völker sind die Namen der Parther, Meder,
Elamiten und Mesopotamier der Apostelgeschichte') entlehnt, und
Darius' Außetung, daß der Schüler über den Lehrer kommen werde,
geht auf Luk. 6, 40 zurück.®)
H 8. Abgesehen vom Schluß, Parmenions Mordplan und Be-
strafung, stimmt die Erzählung in allem Wesentlichen und auch in
vielen kleineren Zügen mit der bekannten historischen Anekdote')
überein. Am nächsten verwandt ist Curtius' Bericht, der auch Darius'
Anerbieten einer Heirat mit seiner Schwester erwähnt.^®) Den Namen
gibt nur Ps. an, gewiß nicht aus eigener Erfindung. Bei Val. scheint
der Text aus einer geschichtlichen Quelle ergänzt und berichtigt zu
sein. ^^)
II 9. Was historisch zu Grunde liegt, ist offenbar der Vormarsch
Alexanders über den Euphrat zum Tigris vor der Schlacht bei Arbela;
1) Diod. 31, 2.
2) Vgl. Schwartz bei Panly-Wissowa IV Sp. 1876.
3) Arr. 11 6, 6 f. ; vgl. Plut. 30, 7.
4) Änßening Alexanders vor der Schlacht bei Issos: An. II 7, 8.
6) In Cauers Stammtafel der Achaimeniden bei Pauly-Wissowa Bd. I sind
Oxathres nnd Oxyartes als zwei verschiedene Brüder des Darius aufgeführt.
6) Diod. XVn 84, 2: naroc trjv &vdQBiav iTtaivoviuvog. Ähnl. Gurt. III 11, 8.
7) 2, 9: ndg^oi %al Mfjdot %al 'Elafiltiu xal ol Tuxtoixo^vtsg xriv Mb0o-
8) Oi)% Icxi fiad'7}T^9 vithQ xhv iiddexccXov ainoü.
9) Gurt, m 6 f., Plut. AI. 19, Arr. 11 4, 7—11 als X6y6iuvov, Val. Max. III 8
ext, 6 ; kürzer Diod. XVII 81, 4—6 u. Just. XI 8.
10) m 6, 4; Plut. 19, 8: ydiup d'VY€CVQ6s,
11) Vgl. bes. Gurt, m 6, 1 f. und Arr. 11 4, 7 zu Val. 84, 12 fF.
156 Drittes Kapitel.
daraus: das Überbrücken des Enphrat^); das Aasbiegen gegen das
armenische Gebirge hin^) (was in Wirklichkeit erst nach dem
Übergang über den Euphrat geschah) ^ das Eintreffen der Nachricht,
daß Darius am Tigris lagere'*), der Sieg über die persische Vor-
hut^) und die Zahl der befehligenden persischen Satrapen der Haupt-
macht^), Yon denen Gurtius gerade fünf mit Namen nennt. Aus
dem unbedeutenden Vorgefecht macht der Verfasser einen Sieg über
das ganze Heer der persischen Satrapen, läßt aber die Entscheidungs-
schlacht gegen Darius selbst viel später, in der Nähe der persischen
Hauptstadt, stattfinden. — Bei der geographischen Unwissenheit, die
im Anfang des Kap. hervortritt, mag auch die Erwähnung von Areiane
nicht auffällig erscheinen. Geht aber die Notiz auf eine historische
Quelle zurück, so wird in dieser etwa von der kappadokischen Land-
schaft Arauene®) am oberen Euphrat oder der armenischen Arrhene*^)
die Rede gewesen sein. — Vom Übergang über den Euphrat be-
richten die Quellen nichts Ahnliches; doch erhielt die Stadt Zeugma
die Erinnerung an Alexanders Bröclte.®) Dagegen entstand wirklich
eine Panik, als dann der Tigris auf einer Furt überschritten wurde*),
wobei Alexander dem Fußvolk vorausging.^®) Durch eine Ver-
wechslung von Euphrat und Tigris war übrigens in dieser Partie
schon der ursprüngliche Bericht der Vulgata entstellt.^^) — Von der
Fabel, daß der Euphrat in den Nil fließe, wissen auch Pausanias^)
und Philostratos ^*). — Daß Alexander seinem Heer absichtlich durch
einen Fluß den Rückzug abgeschnitten habe, wollte man nach Diodor^^)
in der Schlacht am Granikos erkennen. Aus derselben Schlacht ist
auch der Kern der Erzählung am Schluß des Kap. entnommen, wobei
die drei angreifenden persischen Führer, Mithridates, der Darius'
1) Arr. in 7, 1 f. Curt. IV 9, 12.
2) Arr. 7, 3; fehlt Diod. Curt. Just. 8) Arr. 7, 4.
4) Arr. 8, 1 f. Curt. IV 9, 28 ff.
5) Arr. 8. 8 ff. Curt. IV 12, 6 ff. 6) Strabo XII S. 634.
7) Oder Archene: Plin. h. n. VI 81 § 128.
8) Plin. XXXIV 16 § 160: fenint . . exstare ferream catenam apud £u-
phratem amnem in urbe, quae Zeugma appeUatur, qua Alexander Magnus
ibi iunxerit pontem. Ähnlich. Steph. Byz. u. d. W. Zsvyiuc. Dio Cass. XL 17.
9) Curt. IV 9, 16 ff. Diod. XVII 66, 8 ff.
10) Curt. § 18.
11) Vgl. Schwartz bei Pauly-Wiss. IV 1886. 12) 11 6, 2.
13) yit. Apoll. I 20, 2: X6yov d* Ivwi d'Qaövrigov itpoLmovtai fpA^xovtBg ainhr
{E{)tpQdtriv) hTCo rfj yj (iovta iß Atyvnxov ävatpalvea^ai xal JVe/X^
IvyxBQdvvvc^ai. 14) XVII 28, 2.
Historischer Kommentar. 157
Schwiegersohn war/ Roisakes^ der Alexanders Helm durch-
schlug, und Spithridates, der Alexander von hinten anfiel^), zu
einer Person verschmolzen sind. Die tückische Art des Angriffs er-
innert auch au die Tat eines persischen Überläufers vor Gaza.*) Be-
zeichnend für Pseudokallisthenes ist, daß das Benehmen des Persers
höchlich gelobt wird.
II 10. Von hier an ist die Erzählung dadurch in Verwirrung,
daß der Verfasser die Entscheidungsschlacht in die Nähe der
persischen Hauptstadt, Darius' Ermordung in diese selbst
verlegt. Denn bei seiner Unwissenheit ist er nicht imstande, die
Ereignisse zwischen der Schlacht von Arbela und Darius' Tod ent-
sprechend umzuordnen. So läßt er die Perser hier bereits nach
Baktrien entfliehen, dessen Lage ihm offenbar unbekannt ist, in
Kap. 13 aber treffen wir sie in der persischen Hauptstadt. — Daß
sich ein Perser bei Alexander erbot, Darius zu verraten, berichtete
nach Ps. Plut. parall. 11 'Aretades von Knidos'. Der Verräter heißt
bei ihm Ariobarzanes und wird als Sohn des Darius bezeichnet. —
Der zweite Brief des Hystaspes und Spithridates ist hier noch un-
passender angebracht, als der erste in Kapitel I 39; s. z. d. St. — Wenn
der Brief des Darius samt Alexanders Antwort nicht ebenfalls
späterer Zusatz ist, so muß entweder, vielleicht durch die Einschaltung
des griechischen Feldzugs, ein vorheriger Briefwechsel der beiden
Könige über die Auslösung der Oefangenen verloren gegangen sein,
oder der Verfasser muß seine Quelle ganz gedankenlos benutzt haben.
Denn mit der Aufforderung, Darius möge persönlich zu ihm
kommen, hat zwar Alexander in Wirklichkeit beide Gesuche des
Darius beantwortet'), aber bei Ps. findet sich keine Äußerung
Alexanders, auf die sich Darius' Worte im Eingang des Briefes be-
ziehen könnten. Übrigens ist dieser Brief des Darius in ähnlicher
Weise, wie die andern, erfunden. In Alexanders Antwort dagegen
stammen die Stichworte der Hauptgedanken aus einer historischen
Quelle und finden sich zum Teil in dem Bescheid wieder, den Justin^)
und Curtius^) Alexander auf ein drittes Friedensgesuch des Darius
erteilen lassen.
1) Arr. I 16, 7 f.; Diod. XVII 20 mit anderer Yerteilung der Rollen.
2) Gurt. lY 6, 16 f.; vgl. Hegesias Magn. fr. 8 (MfilL, scr. rer. AI. S. 142).
8) Arr. 11 14, 8 f.; 26, 8; vgl Plut. 29, 4. Just. XI 12, 4. Cnrt. IV 1, 18. 6, 6.
4) XI 12, 12 ff.: gratiarum aotionem ab hoste tnpervaoaneam esse ...
nee a se quicquam factam in hostis adulationem usw.
6) Cnrt. IV 11, 16: Nnntiate Dareo me, qnae feeerim clementer et
158 Drittes Kapitel.
n 11. Woraus der Erlaß Alexanders erfunden ist, zeigt
Diod. XVn 71,2: ßovXöfievog di r&v XQV^'^^^^ ^ f^^^ f^^"^' iavrov
xofiC^ßtv xgbg rag elg rbv Jtölenov XQ^^^S^ « *' Big Zovöa Tcaxa-
d'^öd'ac . . » (i€r67te(itl;aro ix Baßvlcovog xal Msöaxotafiiag . . ,
xa(ii}kovg äx^oq)6Qovg xQL6xiklag xal dtä tovrov xavta &7tsx6'
(iLöev Big toi)g TCQoxgi^ivxag rÖTtovg. Vgl. Plut. 37, 2. Curt. V 6, 9.
Bei den Historikern bezieht sich aber dies auf den Transport der in
Persepolis erbeuteten Schätze. — Antiochia wurde bekanntlich erst
nach Alexanders Tod (301/00 v. Chr.) von Seleukos gegründet. Ein
Irrtum derselben Art ist die Erwähnung von Thessalonike I 24. —
Das Schreiben des Satrapen habe ich schon früher^) als einen
Bericht über die Ereignisse in Susiane und Persis zu erklären
versucht. Der Brief zeigt sich der Darstellung der geringeren Quellen
näher verwandt. Als Schreiber ist, wie die Überlieferung von A be-
weist, Madates^) gedacht, der von Alexander besiegt wurde, als er
den Paß der Uxier versperrte.*) Demnach ist weiter in Roßccg^rig
Ariobarzanes zu vermuten, der bald darauf bei der Verteidigung
des persischen Passes dasselbe Schicksal hatte, jedoch mit einer Ab-
teilung entkam. Nach Arrian (IDl 18, 9) ging er in die Berge,
Gurtius^) aber läßt ihn nach Persepolis fliehen, also ^in sein eigenes
Land', denn er war Satrap von Persis.^) Den Überläufer 'Nanias*
möchte ich, wegen der abweichenden Namensform, nicht mehr für identisch
mit Mazaios halten. Vielleicht geht der Name auf ein mißverstandenes
VBavCag zurück, das in einer Angabe über den jungen Sohn des
Abulites stand; dieser kam nach Curtius* Bericht •) zu Alexander, um
ihm im Namen seines Vaters die Übergabe von Susa anzubieten.
II 12. Darius' Mutter wird bei Diodor, Curtius und Justin
Sisygambis genannt."') Rodogune hießen mehrere Frauen des per-
sischen Königshauses. Suidas bezeichnet, in einer ganz verkehrten
Notiz, eine Rodogune als Mutter Darius' I.®) — Der Schlußsatz über
Baktrien widerspricht der folgenden Erzählung und rührt von einem
liberaliter, non amicitiae eins tribuisse sed natnrae meae. Diod.
XVn 64, 6 ff. weicht ab.
1) Zur Kritik S. 24. 2) So Curt.; Diod.: Madhris.
3) Diod. XVn 67. 4 f. Curt. V 8, 4 ff. 4) V 4, 38.
6) Act. ni 18, 2.
6) V 2, 8 f. Abweichend Arr. III 16, 6.
7) B. Nieses Angabe, sie habe Parysatis geheißen ((^esch. d. gr. u. mac.
Staat. I 191), ist ein iCTtum, der im 3. Band (S. 876) berichtigt wird.
8) U. d.W.: ^Po^oyo^vri ywi} i^hv ^Tetacnov, IöHq^ov dk xal Jagalov f^iJT?}^
Historischer Kommentar. 159
Bearbeiter her, der den wirklichen Verlauf des Kriegs im Auge hatte.
Vgl. Diod. XVn 64, 2.
II 13. Persis heißt hier die persische Königsburg, die bei
Arrian (nach Ptolemaios) und bei Berosos Persai, sonst gewöhnlich
Persepolis genannt wird.^) — Die Kriegslist, die in unserer Stelle
Alexander zugeschrieben ist, das Verdecken der Truppenzahl
durch eine Staubwolke, stammt aus der Geschichte der Diadochen-
kriege und soll von Ptolemaios I. gegen Perdikkas angewendet worden
sein.*) — Die Erfindung des folgenden Abenteuers ist wohl angeregt
durch die in Alexanders Geschichte vorkommende Erzählung von
einem Traum des Darius, in dem diesem Alexander in der Tracht
eines königlichen Eilboten erschien und dann plötzlich mit
seinem Pferde verschwand-*) Statt der persischen Botentracht
hat hier Alexander die des griechischen Götterboten, die ihm nach
unserer Überlieferung Ammon gezeigt haben soll. In der ursprüng-
lichen Form des Berichts war es aber vermutlich nicht Ammon,
sondern Hermes selbst, der ihm den Traum eingab. Denn in den
echten Teilen des Romans erscheint Ammon nirgends als Alexanders
Vater und Beschützer, und Ammon in Hermes' Tracht ist doch wohl
auch ein Unding. Daß sich Alexander wirklich manchmal als Hermes
verkleidete, überliefert Ephippos*) unter andern Kuriositäten. —
Über Könige in der Rolle ihres eigenen Gesandten vgL Rohde, gr.
Roman S. 188 Anm.
II 14. Medeios wird auch HI 31 als Alexanders Freund er-
wähnt. Ähnlich wie in AVaLd, ist der Name bei Aelian^) zu
Eumaios entstellt. — Über den Stranga wird man nur aus der
orientalischen Literatur eine endgültige Aufklärung erwarten dürfen.
1) Vgl. bes. Th. Nöldeke, Aufs, zur pars. Geschichte S. 189 f. Holms Angabe,,
daß erst Plutarch den Namen Persepolis aufgebracht habe (Gr. Gesch. III 891),.
ist irrtümlich.
2) Frontin IV 7, 20: Ptolomaeus adversus Perdiccam exercitu praevalentem^
ipse invalidus, omne pecudum genus, religatis ad tergum quae tra-
herent sarmentis, agendum per paucos curavit equites; ipse praegres-
BUS cum copiis, quas habebat, effecit, ut pulvis, quem pecora excita-
verant, speciem magni sequentis exercitus moveret, cuius exspectatione
territum vicit hostem. Ähnlich Poljaen IV 19.
8) Plut. 18, 4. Gurt, m 8, 2 f.
4) Athen. S. 687 ef : uiXi^av^Qog xal rag Ugäg iö^fjtag ifp6Q$i iv xolg du-
TCvoig' ork ^ihv rrjv roD jiinifovog ... ivlove dk «al triv toD 'EQiioi)' xa nkv
&U,a 0x^^^^ ^^^ xad"* k%dcxr\v j^UQav^ %Xayii'{)9a re noQf^Q&v . . . iv 6k xf öw-
ovcLfjf, . . xal xhv nixaeov hei xfj %e(paXf xal xh xriQvxBiov iv xjj x^^^-
6) V. h. m 28.
160 Drittes Kapitel.
Schon Mai und Zacher^) wiesen darauf hin, daß der Fluß auch in
den Acta disputationis Archelai Kap. 4 u. 55 yorkommt, außer-
dem, wie Spiegel») bemerkt, bei Epiphanius adv. haereticos 66. Dort
heißt es: Manes 'entfloh aus dem persischen Oebiete' und zog sich
'in die Festung Arabien zurück, welche an dem Flusse Stranga
liegt'. Dort hörte er von einem frommen Christen Marcellus in der
Stadt Easkar und beschloß diesen zu bekehren, um sich 'nicht bloß
in Mesopotamien, sondern in der ganzen Welt einen Namen zu
machen'. Der Fluß gehört also offenbar zum Gebiet des Euphrat
und Tigris, imd so urteilt auch der Urheber der in den Handschriften
6 und G gegebenen Erklärung: rbv SxQdyyav^ tbv xakovfisvov xal
jiQötvÖTjv nota^öv^), in der für ^^QöLvor^v vermutlich ^A^öavCav
(Quellfluß und Nebenfluß des Euphrat) zu lesen ist. Nun zeigen
aber Kap. 14f und Kap. 20 zweifellos, daß bei Ps. der Stranga,
an dem auch die Entscheidungsschlacht geschlagen wird, ganz nahe
bei Persepolis gedacht ist, und zwar nach der Richtung hin gelegen,
aus der Alexander anrückt, also nach Westen. Dem entspricht genau
der Araxes, der 20 Stadien von Persepolis entfernt war*) und von
Alexander beim Anmarsch gegen Persepolis überschritten wurde.*)
Wie kommt nun Ps. dazu, diesem den Namen des mesopotamischen
Stranga beizulegen? Vielleicht war Stranga ein anderer Name für
den vieldeutigen^) Araxes des Euphratgebiets, und die Identität dieses
Araxes mit den Stranga wurde von Ps. irrtümlich auf den persischen
Araxes übertragen. — Die Schilderung des Darius und seiner Um-
gebung zeigt Verwandtschaft mit Curt. III 3, 16 ff. — Daß die Zahl
der Gäste zwölf beträgt, entspricht in bemerkenswerter Weise dem,
was Athenaeus aus den llsQöixoi des Herakleides von Kyme mitteilt.^
Unter den aufgeführten Persem sind mehrere historische Personen:
Darius* Bruder Oxathres (s. o. zu II 7), Abulites, der Satrap von
Susa (s. u. zu II 22), und Tiridates, der bei Curtius®) und Diodor*)
erwähnte Verwalter des königlichen Schatzes in Persepolis. Mithri-
dates ist vielleicht der tapfere Sohn des Ariobarzanes, der später
1) PseudokaU. S. 180. 2) Eranische Altert. II 199.
8) Müll. 8. 71 A. 26 u. S. 77 A. 7. 4) Curt. V 7, 9.
6) Strabo S 729 : nghg ain^ t^ J7cp0fi«({lci xov 'Agdtriv dtißj}. Vgl. Diod.
XVn 69, 2.
6) Vgl. Tomaachek bei PauIy-WisB. II 408.
7) S. 129 f.: "Orav 6 ßaatXBhg fc6tov Ttoifjtcci .. öviixotai a{ft^ alöiv
mg naXiOta dmdena.
8) V 6, 2. 9) XVn 69, 1.
Historischer Kommentar. 161
mit Eumenes gegen Antigonos focht ^), Thavartes' oder Thaortos'
wohl Phrasaortes, den Alexander zum Satrapen YonPersis machte.^)
Andere sind erfunden^ wie der Athiopenkönig mit dem lydischen
Namen Kandaules, der in der Kandake-Episode (IQ 18 — 24) als
Sohn der Königin von Meroe erscheint. Mehrere Namen aus diesem
Kap. sind vom Verfasser des ^Religiousgesprächs am Hof der Sasa-
niden' (s. u. zu III 28 A. 6) zur Benennung persischer Personen ver-
wendet, zeigen aber bei ihm ebenfalls schon stark yerderbte Formen:
IlaadQyaQog (1, 2. 44, 8), '^qqlvcctos, Mtd'Qoßddrig^ 'ÖQCxarog,
II 15. Von Alexanders unansehnlicher Oestalt ist auch bei
Curtius wiederholt die Rede.*) Vgl. Ps. 1114. — Eine Besehen kung
der Gäste mit den benutzten Bechern kam bei besonderer Ge-
legenheit am makedonischen Königshofe wirklich vor; so bei der
Hochzeit des Karanos.*) — IlaQaöayyai, sollen auch Sophokles
und EuripideS; irrtümlich anstatt öayyävdai oder SyyaQOi,, die per-
sischen Königsboten genannt haben. ^) Daß das Wort im ursprüng-
lichen Text sachlich, nicht, wie in der Überlieferung, als Personen-
name gemeint war, ergibt sich daraus, daß oben im Verzeichnis der
Gäste kein Parasanges genannt ist. — Von einem umgestürzten
Standbild des Xerxes in der Königsburg zu Persepolis berichtet
Plutarch^) in anderer Weise.
II 16. Alexanders Heer zählte bei der letzten Schlacht gegen
Darius in Wirklichkeit nur 47000 Mann'); zwölf Myriaden hatte
er beim indischen Feldzug. ^) — Alexanders Rede hat, wie bei
Curtius^) und Justin^®), den Grundgedanken: ^iUinc plures stare, hinc
plures dimicaturos.' "^) Ganz anders Arrian HI 9, 5flF. — Daß der im
folgenden geschilderten Schlacht die Ton Arbela zu Grunde liegt,
1) Diod. XIX 40, 2. 2) Arr. m 18, 11.
3) Vn 8, 9: (Scytharum legati) in yultu regia defixerant ocnlos, credo quis
magnitudine corporiB animum aestiinantibiui modicus habitus handquaquam
famae par videbator. Ähnlich VI 6, 29.
4) Athen. IV 4 S. 129'.
6) 'Lex rhetor ad calc. Photii p. 674 ed. Gaisford' nach Müll. FHG III 14:
Ol tiyBQfitai to^ ßaöiUtos 6QocdyY(u KaXiovtai üigöiatl . . . 6ayydvStu dh ol
&7fo6teXX6iiBvoi nalo^vtai. SotponXfjg 9h iv totg Tlo^Uoi xol EhQi%ldr\q iv
SxvQiaig naqacdyyai aijtohi xsxXifxatfiv. i%lffty 9h »Inttv öayydvdag' 6 yitg
xagaödyyrig V^QOv i<ftlv, jiyyccQOt dh ol XQBaßsvtal.
6) AI. 87, 8. 7) An. m 12, 6.
8) Nach Axt. Ind. 19, 4 (vgl. Plnt. 66, 2) am Ende, nach Gurt VIII 6, 4
am Anfang.
9) IV 14. 10) XI 18, 8 ff. 11) Gurt. 14, 6.
Autfeld, Der gxleoh. AlezMidctxoiiiMk. 11
162 Drittes Kapitel.
trotzdem sie Ps. in die Nähe der persischen Hauptstadt verlegt, er-
gibt sich nicht nur aus ihrer Bedeutung als Entscheidungskampf,
sondern auch aus mehreren einzelnen Zügen: Darius auf einem hohen
Wagen hervorragend^), Alezander auf Bukephalos'j; Darius flieht
zuerst und gibt damit das Beispiel'); die Sichelwagen fahren unter
die Perser selbst*); viele Fliehende ertrinken in einem Pluß.^) —
Wie sich Darius in der Einsamkeit verzweifelt zu Boden wirft,
schildert Curtius ähnlich bei anderer Gelegenheit.^)
H 17. Darius' Brief scheint in der Hauptsache eigenes Werk
des Verfassers zu sein. Die Mahnung 'ivd^itmüCLvag ipi^Hv rrjv
einvxlav^ kommt bei Diodor^ im ersten Brief des Darius vor, den
er gleich nach der Schlacht bei Issos geschickt haben soll. — Auf
welches Land die verderbten Formen 'Mina' und 'Minyas' deuten,
ist zweifelhaft. Vielleicht ist von dem durch seinen Weihrauch be-
kannten Gebiet der arabischen Min ai er ^) die Rede, das Ps. für einen
Teil des Perserreiches und, gemäß dem allgemeinen Glauben der
Alten über Arabien, für ein Land voU ungeheurer Schätze halten
mochte. — Alexanders Antwort ist dem entnommen, was ihn
Aristobul (nach Arrian und Curtius) auf Darius' zweites Friedens-
gesuch, das er vor Tyros erhielt, erwidern läßt.^) — Die Erwähnung
des Parmenion ist hier jedenfalls von demselben Bearbeiter ein-
geschoben, der den unten folgenden großen Zusatz aus einer historischen
1) Plut. 38, 3: xSggmd'sv a^ov (Jagetov) xoctslde ... i(p' ugficcrog ii^riloi^
ptß&ra. Curt. IV 14, 8.
2) Plut 32,7. Curt. 16, 23: curru Daraus, Alexander equo vehebatur.
3) Arr. lU 14, 3 f. : ytg&rog . . ivpsvysv . . . Tavrjj fUv di} x&v Jlsgaätv ffvyii
xagtsga r^v. Ebenso Plut. 33, 6. Nach der Vulgata wird Darius wider seinen
Willen in die Flucht der Übrigen hineingerissen.
4) Diod. X Vn 68, 4 : tcc noXlä t&v agnatoav . . trjv (^{iriv . . ngbg zohg
iilovg ßtaloag &viörg8(p8,
6) Dem 'Lyons': Curt. IV 16, 16. Vgl. Just. XI 14, 4. Nur im Bericht
dieser beiden Quellen spielt ein Fluß bei der Flucht eine Rolle.
6) V 12, 8 f. : als sich D. von Bessos verraten sah.
7) XVn 39, 1. 8) Plin. XH 14 § 64. Strabo S. 768.
9) Arr. 11 25, 3. Curt. IV 6, 7. Vgl. auch Just. XI 12, 4 und Alexanders Antwort
bei Curt. IV 11, 21 auf das dritte Anerbieten, das Darius, nach Justin und Curtius,
vor der Schlacht bei Arbela gemacht haben soll: Ite, nuntiate regi vestro et quae
amisit et quae adhuc habet praemia esse belli. Übrigens ist der Inhalt dieses
dritten Bescheids bei Ps. hauptsächlich in Alexanders Brief II 10 verwertet; s. z.
d. St. Über die verschiedene Art, wie die aristobulische Fassung bei Justin und
Curtius mit der Vulgata verquickt ist: Schwartz bei Pauly-Wiss. IV 1884 f.;
vgl. Karst, Forschungen S. 118 if.
Historischer Kommentar 163
Quelle gemacht hat. Im arsprünglichen Text kann Parmenion hier
nicht genannt gewesen sein, da II 8 seine Hinrichtung erzählt ist.
Daß der Schluß von Kap. 17, Eap. 18 und der Schluß von
Kap. 19 unpassend eingefQgte spätere Zusätze sind, ergibt sich aus
folgender Erwägung: Während der in Eap. 17 erzählten Friedens-
verhandlungen befindet sich Alexander auf dem Schlachtfeld am
Stranga, Darius in seinem Palast, d. h. in Persepolis, das nach Eap.
13 — 16 in geringer Entfernung vom Stranga gedacht ist. Die frag-
lichen Stücke bringen dann in ziemlich engem Anschluß an die ge-
schichtlichen Berichte, wenn auch durch manche Verwirrung und
eigene Erfindung entstellt: Alexanders Aufenthalt in Persepolis
(im Text heißt es unklar 'dort'), Alexanders Aufbruch nach Medien
auf die Eunde, daß Darius inEkbatana sei, und die Verfolgung
des Fliehenden nach dem kaspischen Passe hin. Darauf ver-
setzt, uns plötzlich Eap. 20 in die Situation von Eap. 17 zurück:
Bessos und Ariobarzanes überfallen Darius im Palast und verwunden
ibn. Die Makedonier überschreiten den Stranga, Alexander eilt
in den Palast und findet Darius in den letzten Zügen. Darius wird
dann — ohne daß in der Erzählung von einer Ortsverändeining die
Rede ist — zu seinen Ahnen beigesetzt und 'die Stadt' (Eap. 22)
durch die Hinrichtung der Mörder beruhigt. Es ist klar, daß nach
der Auffassung des Romans, wie sie in Eap. 20 — 22 zutage tritt,
die Ermordung des Darius nicht auf der Flucht nach dem kaspischen
Passe^ sondern im Palast von Persepolis geschieht, daß Alexander
erst unmittelbar vor dem Morde das Schlachtfeld am jenseitigen
Ufer des Stranga verläßt, um die kurze Strecke nach Persepolis zu-
rückzulegen, daß sich also die Ereignisse von der Niederlage bis zur
Ermordung des Darius in rascher Folge, höchstens im Verlauf zweier
Tage, abspielen.
Ein Opferfest erwähnt auch Diodor^) unmittelbar vor der An-
zündung des Eönigspalastes. — Daß Alexander den Palast des
Xerxes in Brand steckte, berichten fast alle Quellen'), daß er
dann bereute und löschen ließ, nur Plutarch*) und Cuiüus,*)
n 18. Von den persischen Eönigsgräbern (in Persepolis) er-
zählt auch Diodor an entsprechender Stelle^), aber anderes; daß
Alexander damals Eyros' Grab in Pasargadai besuchte, nur Strabo^)
1) XVII 72, 1.
2) Arr. TU 18, 11. Diod. 72, 2 ff. Flut. 88, 8 f. Curt V 7, 8 ff.
8) 38, 4. 4) V 7, 11. 6) XVII 71, 7.
6) S. 730: 'Evraifd-a dh %al xhv X^^oi» xdupov »IdBP ... nuQsXd'Btv slöm
11*
164 Drittes Kapitel.
nach Aristobul und Onesikritos^ mit dem unsere Beschreibung auch
in Einzelheiten übereinstimmt. Von einem gläsernen Deckel^ der die
Leiche durchschimmern ließ, wissen die Quellen nichts. Aelian^) sagt
dergleichen vom Grab des Belos^ Herodot^) Ton den Särgen der
Athiopen. — Die bekannte Geschichte von den verstümmelten
Griechen, die Alexander bei seinem Vormarsch gegen Persepolis
angetroffen haben soll, gibt Diodor in fast genauer, zum Teil wört-
licher Übereinstimmung mit unserer Stelle, nur ausführlicher.')
II 19. Im Brief an Porös ist manches aus Darius' Rede Tor
der Schlacht bei Arbela entlehnt.*) — Die Zahl der Nebenfrauen,
180, bedeutet: die Hälfte des königlichen Harems, der 360 oder 366
Frauen enthalten haben soll^), d. h. für jeden Tag des Jahres eine. —
Das eingeschobene Stück über Darius' Verfolgung entspricht im
ganzen der Geschichte.^) Die in den Quellen^ fehlende Angabe^
daß Bagistanes Eunuch war, mag auf guter Überlieferung beruhen.
II 20. Arioba(r)zanes nennt auch die Metzer Epitome (3)
als den, 'qui cum Beso Darium iuterfecerat'. Der Name beruht auf
Entstellung. Geraeint ist jedenfalls der persische Chiliarch Nabar-
zanes, Bessos' Mitverschworener. Daß an den bei Aretades von
Knidos genannten verräterischen Sohn des Darius gedacht sei^), möchte
ich nicht annehmen. — Zum Anfang des Kap. vgl. Gurt. V, 9, 2.*)
Darius' Hinweis auf Alexanders Rache kommt auch im Bericht
der geringeren Quellen vor.^®) Daß Alexander seinen Feind noch
lebend angetroffen hätte, ist ebenfalls nicht Erfindung des Verfassers,
(priölv 'Agiötdßovlog .. idstv dk .. tcvbXov xQ^^^''^ ••• 'OvriölKgitog &h thv
li^v TtvQfov dexdatByov slgrixB %cci iv fihv tf Scvoatatf} öxiyxi nslö^cci
xhv KvQOv.
1) V. h. Xm 3. 2) ni 24; danach Diod. 11 16, 1.
8) XVU 69, 8—9. Cart. V 6, 6—24 mit rhetorischer Ausschmückung; Juet.
XI 14, 11 f. kürzer.
4) Curt. IV 14, 18: Alezander .. animal est .. temerarium et vecors;
§ 22 u. 24; vgl. auch die Ansprache an die Baktrer Y 8, 18 — 16.
5) Dikaiarch bei Athen. XÜI 5 S. 667»». Diod. XVU 74, 6. Plut. Artaxerx.
27, 2 Curt III 8, 2 4.
6) Arr. IH 19, 1 ff. 21, 1 f. Curt. V 7, 12. 8, 1. 13, 1 ff.
7) Arr. 21, 1. Curt. 18, 3.
8) Wie Judeich vermutet (Pauly-Wiss. 11 883). S. o. zu 11 10.
9) Nabarzanes .. cum Besso inauditi antea facinoris societate inita
regem suum . . vincire decreverant, ea mente, ut, si Alexander ipsos insecutos
foret, tradito rege vivo inirent gratiam victoris. Vgl. Arr. (III 21, 1. 6), der
als dritten Beteiligten Barsaentes nennt.
10) Curt. V 12, 6. Just. XI 16, 12.
Historiseber Kommentar. 165
sondern wnrde, g^g^^ ^^^ geschichtliche Wahrheit, auch von andern
behauptet.^) Von Alexanders Mitgefühl erzählt am ähnlichsten
Plutarch.^ Auch Darius^ Mahnung an das Walten des Schicksals
stammt gewiß aus den Quellen, denn sie entspricht ganz der Art
dieser Geschichtschreibung.') Darius' Bitte um Bestattung er-
wähnt Justin.*) — Über Rodogune s. o. zu U 12, über Roxane
unten zu II 22.
H 31. Was über Darius' Bestattung ges^ ist, an der aber
Alexander in Wirklichkeit nicht persönlich teilnahm, zeigt Anklänge
an Justins Bericht.*) — Der merkwürdige Erlaß Alexanders ist
ein späterer Zusatz. Alexander bezeichnet sich hier als Sohn Ammons,
was im echten Text nirgends geschieht. Es kommt wiederholt die
lateinische Form ^y^Xs^avdgtvog vor.*) Das Stück unterbricht überdies
störend den Gang der Erzählung; denn Alexanders Ansprache an das
persische Volk, die zur Entdeckung der Mörder führt, schließt sich
nur an Darius' Bestattung passend an und muß an die Perser, die
Darius zum Grabe geleitet haben, gerichtet sein, während nach der
Überlieferung Alexander etwa aus der Kanzelei zu einer zufällig ver-
sammelten Menge reden würde. — Der Inhalt ist zwar zum Teil aus
Quellen der Alexandergeschichte (Megasthenes s. u.) zusammengetragen,
zum Teil aber auch wirklichen amtlichen Erlassen entnommen. Es
macht den Eindruck, als hätte der Interpolator auf Ägypten bezüg-
liche Dekrete der im Roman gegebenen Situation entsprechend ab-
geändert, seine Absicht aber nicht folgerichtig durchgeführt, indem
er wiederholt rein Alexandrinisches stehen ließ; so besonders die
Bestimmung über die Leitung der Festspiele durch die alexan-
drinischen Nomarchen und den Alexanderpriester und über die
Amtstracht des aufsichtführenden Satrapen, welches genau die des
Alexanderpriesters von Alexandria ist.^ Diese zweifellose Be-
1) Diod. XYII 78, 4: mg d* Iv^oh ysyQdq>aaiv iiiTtvovv iri, xavalaß^v
tolg .. &xv%i^{ta6hv aiyxoü) owi^XyriOB.
2) AI. 43, 3: UXi^av^Qog d' &g iyefli^evy &ly&v ts tcp yed^si tpavBghg liv
%al xriv iavTo{) %laii^da X{t6ag ixißaXe %^ öa^tati xal TCegUatHlsv. Vgl.
de fort. AI. I 11. Just. XI 16, 14.
8) S. z. B. Wachsmuth, Einl. in d. Stud. d. alt. Gesch. S. 673. Schwartz,
Fünf Vorträge üb. d. gr. Roman S. 116. 4) XI 16, 11.
6) XI 16, 16: tarn indignam illo fastigio mortem lacrimis prosecntas
est corpusque regio more sepeliri et reliqnias eins maiornm tumulis
inferri iussit. 6) Müll. S. 79 A. 16.
7) Vgl. Alexanders Testament (in 33 1) § 4 nnd dazu Lnmbroso, L'Egitto
dei Greci e dei Romani' S. 179.
.^ J. LV k «.
166 Drittes Kapitel.
Ziehung auf Alexandria yerhilft dazu, den Namen des zweimal ge-
nannten Satrapen zu berichtigen. Ein Aischylos gehörte zu den
Yon Alexander in Ägypten eingesetzten Befehlshabern.^) Dieser ist
offenbar hier gemeint, und die Überlieferung, daß er den Alezander-
tempel gegründet habe und der erste Alezanderpriester gewesen sei,
verdient immerhin Beachtung. — Alezanders Wünsche für den Wohl-
stand des Landes erinnern an das Dekret von Rosette.^) Die Ver-
wahrung der Waffen in den königlichen Zeughäusern und die Aus-
stattung der Landstraßen mit Meilensteinen und Wegweisern
berichtet Megasthenes als indische Einrichtung.') Der Schoinos
ist aber ein ägyptisches Längenmaß. — Zur Überweisung der Weg-
steuer an die {£(>« ist zu bemerken, daß die ägyptischen Provinzial-
kassen in zwei Abteilungen zerfielen: Staatskasse {dioCxrfiig) und
Tempelkasse {lagd).*') — Die Feier des königlichen Geburtstags
war sowohl persische als ägyptische Sitte, vor wie nach Alexander.*)
Alezanderspiele (^Akei,dvdQsia) sind mehrfach bezeugt, aus ver-
schiedenen Städten.^) Persische Kampfspiele erwähnt Strabo.^)
Persisches Gewand verlieh Alezander wirklich als Siegespreis.®)
Durch seine Erfindung über die Entdeckung und Hinrichtung
der Eönigsmörder erspart sich der Verfasser die Erzählung des bak-
trischen Feldzugs und kann alsbald zum indischen übergehen. Die
Treulosigkeit, mit der er seinen Alexander die Mörder betrügen läßt^
ist für die Anschauung der ptolemäischen Alezandriner sehr be-
zeichnend. Ebenso imbekümmert hatte Ptolemaios V^) den Häuptern
des ägyptischen Aufstands das Wort gebrochen.^®)
II 22. Abulites wurde von Alexander, dem er Susa übergab,
1) An. in 6, 8. Curt. IV 8. 4.
2) Z. 12 f.: Bnoi^ 8 ts Xahg xal ol äXloi Tcdvreg iv Bi)^7\via m6iv i%l xf^g
latnro'D ßaailslag.
3) Strabo S. 709: ßaatXixov dh %al STeiotpvldxiov' nagaäldaoi yag h
ötQocTiwnis tr\v öXBviiv Big tb 6nloq>vXdxiov, S. 708: 6So7ioiov6i dk xal xatit
dixoe ördäia ari^Xriv tid'iaOi rag ixtgonccg xal xa dtaöxi/jtiaxa driXo^öav,
4) Wilcken, Ostraka I 149.
6) S. z. B. Her. I 188: ßaadimg ysvi^Xia anaöa ^6si xal iogxdisi. ^ 'Aela,
Hellanikos v. Lesb. bei Athen. XY 26 S. 680° (aus der Zeit des Amasis). Dekret
von KanopOB: elg r^v iciyMV7\v xov Jlov^ iv ^ dyhxai xa ysvi^Xia Tof) ßaötXimg.
6) ReiBch bei Pauly-Wisß. I 868.
7) S. 784: xld'exai Sh vnh ßaötXitog a^Xa dQ6(u>v xal x&v iv xotg XBV^d^Xotg,
8) Plut. AI. 81, 2: ivlxriösv 6 xaXo^^iBvog kXi^av^Qog (ein Makedonier) xal
dmQBCcv iXaßs dm&Bxa xatfiag xal öroXfj JIbqöix^ ;|f^i}0^ai.
9) Nach Niese 11 406 Ptolemaios lY.
10) Polyb. XXI 19 ed. Dind. (XXTTI 16).
HiBtorischer Kommentar. 167
zum SatrapeD Yon Susiane ernannt.^) Von einer Verwandtschaft des
Mannes mit Darius wissen unsere Quellen nichts. Nach Alexanders
Rückkehr von Indien wurde er wegen schlechter Verwaltung hin-
gerichtet.^) In Persepolis setzte Alexander yielmehr Phrasaortes als
Satrapen ein.*) — Üher Darius' Familie herrscht schon in der
Überlieferung der Historiker Verwirrung. Über seine Mutter s. o. zu
II 12. Darius* Gemahlin wird auch von Plutarch*) und Phylarch^)
Stateira genannt. Nach gewohnlicher Angabe starb sie in Alexanders
Gefangenschaft, kurz vor der Schlacht bei Arbela, wozu aber die
Notiz bei Plutarch®) und Justin^ nicht paßt, daß eine Niederkunft
die Ursache ihres Todes gewesen sei. Jedenfalls hat sie nicht Darius
tiberlebt, wie es Ps. darstellt (vgl. auch Kap. 20). Bei Jul. Valerius,
dessen Text ja auch sonst Spuren historischer Korrektur zeigt, ist
daher ihr Name in den Briefen getilgt. Darius' Tochter, die Ale-
xander heiratete, heißt bei den meisten Historikern ebenfalls Stateira,
bei Arrian^) allein Barsine. Was richtig ist, läßt sich kaum ent-
scheiden, da bei der gewöhnlichen Überlieferung eine Verwechslung
mit Darius' Gattin, bei Arrian eine Verwechslung mit Alexanders
Nebenfrau Barsine, Mentors und Memnons Witwe, nahe liegt. Be-
kanntlich fand Alexanders Heirat mit Darius' Tochter erst nach seiner
Rückkehr aus Indien statt; doch verlegt sie auch Aelian*) in die
Zeit nach Darius' Tod. Roxane, die Tochter des baktrischen Fürsten
Oxyartes, heiratete Alexander während des baktrischen Feldzugs. Da
aus dieser Ehe der Thronerbe hervorging, so gerieten darüber die
andern Verbindungen fast in Vergessenheit, und auch Ps. nennt nur
Roxane als Alexanders Gattin, verzichtet aber dabei nicht auf das
wirkungsvolle Motiv, daß Darius' Tochter Alexanders Frau wird. —
Daß bei Ps. Alexander seine künftige Gemahlin als Schwester an-
redet, entspricht dem Brauch des ägyptischen Königshauses.^®) — Daß
Alexander die Vergötterung ablehnt, ist Erfindung zugunsten des
Helden, den sich der Verfasser auch I 38 in diesem Sinne äußern
läßt. In Wirklichkeit war es nicht seine Ansicht, was Kallisthenes
aussprach: rovg d'eovg dvöxBQalveiv Zöov avd'Qonoi ig tag
1) Arr. m 16, 9. Gurt. V 2, 17.
2) Arr. VII 4, 1. 8) Arr. HI 18, 11. 4) AI. 80, 8.
6) Athen. XIII 89 S. 609»». 6) AI. 80, 1 . 7) XI 12, 6.
8) vn 4, 4.
9) V. h. VIJLL 7: 'AXi^ai^Qog 8t b Jaifstov siX«, yofiovff slfffla %cd icnno^
xal T&v (flXmv usw.
10) Mahaffj, The empire of the Ptolemies S. 87. 140.
168 Drittes Kapitel.
^elaq tv[iäg 6g>ßg £l67tou)v6iv r^ XQog x&v &kX(ov slöytoioiifisvoi
&vi%ovxai.^) — Eine Schenkiing kostbarer Gewänder, die aus Make-
donien gesandt waren, erwähnt Curtius bei anderer Gelegenheit.^
Alexanders Brief an Olympias nnd Aristoteles II 23 — 4L
Der Brief zerfällt in drei verschiedenartige Teile: 1) Kap. 23:
ein kurzer Bericht über Darius' Niederlage und Tod. 2) Kap. 32—38:
Abenteuer bei einem Zug Alexanders durch die Wüste zum Meer.
3) Alexanders Zug zum Lande der Seligen. Das Stück ist an dieser
Stelle sehr unpassend angebracht und unterbricht den Gang der Er-
zählung. Den ursprünglichen unmittelbaren Anschluß von III 1 an
II 22 zeigen die Texte von A, Val. und S. Der Brief wurde jeden-
falls erst vom Verfasser von ß hier eingefügt, und aus ß vom arme-
nischen Bearbeiter und vom Verfasser von 8 übernommen, von jenem
ganz, von diesem nur zur Ergänzung von III 17.
II 23« Aigai oder Aigaiai, eine kleine Stadt bei Issos'), deren
Name durch dieses etymologische Geschichtchen erklärt werden solL
Die bekannte Erzählung von Hannibal, die hier nachgebildet wird,
hat der Verfasser von ß auch in Kap. 13 verwertet. Das Weitere
ist ein Auszug aus Kap. 9 — 21. Die Bezeichmmg von Bessos und
Ariobarzanes als Satrapen von Medien beruht auf Kap. 19 Schluß
und 20 Anfang, die Notiz über die Verstümmelung der Wächter auf
Kap. 18, wo ß angibt, daß die verstümmelten Griechen zum Grabe
des Xerxes gehörten. Die Erwähnung des Mazakes, der unter Darius
Satrap von Ägypten war*), scheint auf eine Randbemerkung zurück-
zugehen, da der Name oben nirgends vorkommt.
II 82—38. Der Inhalt von Kap. 32—38 gibt sich als Fort-
setzung des Perserkriegs und Zug in die 'Wüste der Meder', wonach
man den baktrischen Feldzug als Grundlage vermuten würde. Eine
genauere Prüfung zeigt aber, daß der Kern der Erzählung vielmehr in
1) Arr. IV tl, 6. Vgl. Curt. Vm 6, 19.
2) V 2, 18: Ac forte Macedonicas vestes multamque purpuram dono ex
Macedonia sibi missam cum iis, quae confecerant, tradi Sisigambi iubet
(nach der Einnahme von Susa).
8) Strabo XIV 6 S. 676: Mtta dh MaXkhv Alyatai 7ioU%viov .. Msta dh
AiyaLag 'lööbg 7ioXi%viov .. %a\ noTafihg lUvagos- 'Evtavd'a 6 äyiiiv övvi-
%hCsv jiXBidvdQfo %al dagsioi' xal 6 x6Xnog Bfyrjftat 'l6Ci,%6g' iv a^^ äk
. . . xal !4Xe^dv^QBia xal Ni,x67eoXig.
4) Arr. m 1, 2 n. a.
Historischer Kommentar. 169
Abenteuern besteht, die znm Rückzug der makedonischen Land-
und Seemacht aus Indien gehören. In den Irrfahrten durch
Dunkel und Einöde im Binnenland, dann wieder an der unwirtlichen
Meeresküste hin, erkennt man die Nachtmärsche durch die gedrosische
Wüste und die zeitweilige Verlegung des Wegs an das Gestade des
indischen Ozeans, in den zottigen Wilden und den Fischessern die
Ichthyophagen des gedrosischen Strandes, in den zu- und abnehmen-
den Bäumen und den domigen Pflanzen mit gurkenartigen Früchten
die eigentümliche Vegetation Gedrosiens, in der unheimlichen Insel,
bei der die Leute von Krebsen ertränkt werden, die von Nearch be-
schriebene Zauberinsel im indischen Ozean. Es entspricht ganz der
Art dieser Literatur, daß der Verfasser oder Bearbeiter des Briefs
gerade die Hauptsache, das Verschmachten des Heeres in der Wüste,
verschweigt und nur für wunderbare Pflanzen und Steine, Tiere und
Menschen Interesse hat, die er noch wunderbarer macht und noch
um einige merkwürdige Exemplare bereichert.
II 32. Mit der Schlucht ist vielleicht der Engpaß gemeint,
der vom Land der Oriten nach Gedrosien führt. ^) Über die gedro-
sische Stachelpflanze Strabo S. 720: äXitevt^g iötiv ii x&v '/;|rdt;o-
gxiymv xal HdevÖQog ii jcksCtftrj %kiiv q>OLvCiC(ov xal ixdv^rjg tivbg
xal ^vQlxtjg. S. 722: Sxavd'a di xovg xaQ%ovg inl tfjg yi^g'
iötQ(oiievri xa^dnag ol öCxvoi xki^orig ^i/ ÖTtov. Vgl. Aristobul
bei Arr. VI 22, 7 f. — Daß mit den in Kap. 32, 33 und 37 beschrie-
benen Wilden im Grunde die Bewohner Gedrosiens und des Oriten-
landes gemeint sind, ergibt sich aus folgenden Stellen: Arr. Ind. 24, 9:
^Höav äh ol akovreg (Oriten vom Flusse Tomeros) td xs &kka ödh
lucta Saöisg xal xäg 7C€g)akäg xal xoi)g tiw%ag d-rjQi^mdssg, xotg
y&Q Sil ^vvi,iv oöa 6i,diJQq> diax9ä(f^ai iXiyovxo xal xovg
ijdijag xovxoiiSL TtaQaöxl^ovxeg xaxBQyd^eöd'av xal x&v ^vkiov Zöa
fiaXaxaxsQa . . . öCdrjQog yag a'bxolöiv oi)X f^. ^Eö^f^xa Sh itpö-
QBov ddQfiaxa d"ilQ€ia^ ol dh xal Ijifi^mv x&v fieydXav xä %a%ia.
Gurt. IX 10, 9 f. Diod. XVII 105, 3 flF. Plin. VH 2 § 30 (nach KU-
tarch). Lehrreich für die Entstehung der Wundergeschichten ist hier
namentlich, wie aus Nearchs Oriten, die ihre Fingernägel wie eiserne
Werkzeuge gebrauchen, bei unserem Verfasser bereits Menschen mit
sägeartigen Händen und Füßen geworden sind. — Das Verscheuchen
1) Air. VI 22, 1: (Von Bambakia, der Hauptstadt der Oriten, aus) n^of^s^
mg i%l tcc 8quc t&v t8 PaägmcAv xal *SlQBi,t&v, Tycmrep üxBPij rs i} nd^odog
aift^ Blvai iiriYYilXsTO . .
170 Drittes Kapitel.
YOD Ungeheuern durch Geschrei und Trompetenschall versuchte Nearch,
als er im indischen Meer von Walen bedroht wurde.*)
II 33. Der grunzende Waldmensch erinnert an die indischen
Ghoromander bei PUnius YII 2 § 24: Choromandarum gentem yocat
Tauron silvestrem, sine voce, stridoris horrendi, hirtis cor-
poribus, oculis glaucis, dentibus caninis.
II 36. Die von sechs zu sechs Stunden schwindenden und
wieder auftauchenden Bäume sind offenbar die gedrosischen
Strandgewächse, von denen Arrian (nach Aristobul) und Strabo (nach
Eratosthenes) berichten, daß sie nur zur Ebbezeit sichtbar waren,
von der Flut aber jeweils verdeckt wurden.*) Diesen Bäumen
wird nun noch die Eigenschaft einer andern Wüstenpflanze beigelegt:
daß sie wohlriechendes Harz erzeugen, wie die Myrrhe, deren Saft
auf dem Weg nach Gedrosien von den Phöniziern in Alexanders Heer
eifrig gesammelt wurde.')
II 37« Daß selbst die Führer in der gedrosischen Wüste den
Weg verloren und Alexander darauf zur Meeresküste abbog, ist
historisch.*) — Auf die Ichthyophagen (s. o. zu Kap. 32) sind hier
noch die Eigenschaften der Akephalen übertragen. Von dortigen
Meerungeheuem, die so groß wie Schiffe waren, erzählt auch
Curtius.*)
II 38 — 41. Die Vorstellung, daß in diesen Ländern am Ende
der Erde Finsternis hen-sche, ebenfalls bei Gurtius, der die
Makedonier auf dem Zug zum indischen Ozean klagen läßt: Trahi
extra sidera et solem cogique adire, quae mortalium oculis
natura subduxerit ... Quod praemium ipsos mauere? Caliginem
ac tenebras et perpetuam noctem profunde incuban-
1) Arr. Ind. 80, 6. Diod. XVII 106, 7. Curt. X 1, 12. Strabo S. 726.
2) Strabo XVI 8 S. 766: Ka9' 8Xriv Sk tr}v rfjg 'Egvd'gäg ytagaXiav naric
ßv^o^ (p^Btai divdQa Sitouc ddtpvj] xal iXala talg fihv iuLTtmxBöiv 8Xa i>ye8Q^
(pavfj yi>Yv6fL8vaf tatg dh nXrmiivgeaiv l<s^' 8tB 8Xa %aXv7tt6iisva. Vgl.
Arr. VI 22, 6.
3) Arr. VI 22, 4: Kai iv tfj igiit^p ^ccvrfj Xeyei 'AgiötdßovXog aiLvgvrig
noXXä äiväga netpvxivai . . . xckI toijg ^^olv^xag tovg xar* i^i/Koglav rf etgaxi^
iwBnofUvovg ^vXXiyovvag rh ddxgvov rfjg öftvgvrig . . i^mXi^cavxag tä (>no-
t^yuc äysiv.
4) Arr. VI 26, 4f: Ol yccg iiye(i6vBg t^g 6dov teXBvr&vreg o()xiti
ItBfivfiöd'ai ifpaaxov rriv 6d6v, &XX' &(pavt69'fjvat tcc mnuta a^fjg . . "Ev^u
&ri jiXi^avdgov i,vvivxa 8t i iv ägiOXBga ÜbI ä'XoxXivavtu &yBiv ... BhgBtv x^v
9'dXa66av . . . xal ig knxu iiiiigag livai xagcc xr}v ^dXaöaav. Strabo S. 722.
6) X 1, 12: Plenum esse beluarum mare; aesta secxindo eas ferri magna-
rum navium corpora aequantes
Historischer Kommentar. 171
tem mariy repletum immanium beluarum gregibus fretum.^)
Darauf tröstet sie Alexander: Nihil deinde praeter has gentes obstare^
quominns terrarum spatia emensi ad finem simul mundi laborumque
perveniant. Übrigens marschierte Alexanders Heer damals wirklich
in Finsternis; da in Gedrosien wegen der Hitze die Märsche meist
auf die Nachtzeit verlegt werden mußten.*) Dieselbe Angabe in
bezug auf dieselben Gegenden im Brief an Oljmpias HI 28. — Über
die verderbenbringende Insel s. u. zu HI 17. Der in LCByz. er-
wähnte Riesenkrebs mit undurchdringlicher Schale erinnert an ein
von Nearch beschriebenes Meerungeheuer.') Auch das Auffinden von
Perlen — die freilich nicht in Krebsen steckten — gehört zu Nearchs
Erlebnissen.*)
<^Wer den Inhalt dieser Kapitel auf historische Vorgänge zurück-
zuführen versucht^ wird auch noch andere Ähnlichkeiten namhaft
machen können. So könnte der Gegensatz zwischen der Wüste am
Meer und der Insel der Seligen an den Kontrast zwischen der ge-
drosischen Wüste und dem Gartenlande Pura erinnern, wie ihn z. B.
Curtius IX 10 schildert, und die auf der Meeresinsel verschwindenden
Soldaten an die Fabeleien von der Insel Nosala, die niemand betrat,
ohne zu verschwinden (Arrian Ind. 31). Aber schwerlich wird man
mit solchem Filtrieren historischer Wahrheit aus diesem Teile des
Romans das Richtige treffen; denn während der alte Text den Ge-
setzen der historischen Biographie einigermaßen zu folgen sucht ^),
verlieren sich die späteren Zusätze, zu denen auch unsere Partie ge-
hört, nur zu leicht in die Wundererzählung — Aretalogie wird man
jetzt nach Reitzensteins Forschungen gern sagen — und knüpfen
allerlei mythische Züge, die noch lebendig im Volke umliefen, an
die Person des großen Königs. Die Frage, welchen Ursprungs diese
Züge sind, hat verschiedene Antworten gefunden; während K. Dyroff*)
1) IX 4, 18 <vgl. Norden, Rh. Mus. LIV 469>.
2) Strabo S. 722: &v<ky%ri d* fjv xal cta^fiohs ^outo^ai (ucxgohg ... vvxxo-
noQO^vxag xh TcXiov. Arr. VI 28, 1. 25, 8.
3) Arr. Ind. 39, 4: xcrro; xoijxov xhv %aQ&xXaw Uyn NiaQ%og ö^^i^a» nf^xoq
ixßsßlri^ivov elg xj]v 'f\i6va ... Sigfia dh aifx^ alvai q>oMioxhv o^a XB ig
ßdd'os 71X0V mg xUl inl %fi%vv inixsiv, Soxgsd xe xal Xntddag xal ipvxla
noXXcc %%uv ijfi7csipvx6xa. Vgl. Strabo S. 767.
4) Strabo S. 767. Arr. Ind. 38, 8.
6) Nnr so erklären sich ja die vielen Beden nnd Briefe.
6) Z. f. Assjr. Vn 319. Er (und nicht er allein, sondern selbst Nöldeke
S. 26) begeht den Fehler, nicht blofi den Text von |9Arm., sondern auch den
von C zu verwerten, der ein Sammelsurium aller möglichen Sagen darstellt, das
172 Drittes Kapitel.
die griechisclie Mythologie benutzte, um wenigstens die Geschichte
Yon der Lebensquelle zu erklären, haben besonders Meißner^) und
Lidzbarski') altorientalische Sagenzüge zu finden geglaubt, wie wir
sie zuerst im babylonischen Gilgamosepos nachweisen können (über
dieses Jeremias in Roschers Lex. 11 782). Hier findet sich der
Lebensquell (a. 0. 801. 2355 III 583), die finstere Wüste ohne alles
Getier (Sp. 794), das Gewässer des Todes, der am Meer gelegene
Göttergarten und endlich auch die Insel der Seligen (ygl. Röscher
lU 582). Obwohl man Einzelnes davon auch aus griechischem Glauben
belegen kann, so scheint mir doch die Übereinstimmung in so vielen
Zügen auf einen Zusammenhang mit den orientalischen Vorstellungen
hinzuweisen (vgl. auch Kampers S. 86).*) Aber freilich darf man sich
diesen nicht so mechanisch vorstellen wie Meißner, der womöglich
jedes Motiv des alten Epos in unserer Erzählung wiederfinden möchte,
sondern muß sich die historischen sowohl wie die mythologischen
Beeinflussungen durch viele und zum Teil recht trübe Kanäle ver-
mittelt und verfärbt denken.^
m ]. Die Darstellung der Meuterei ist aus dem zusammen-
gesetzt, was die Historiker über drei solche Vorgänge in Alexanders
Heer berichten: eine erste in Hekatompylos bald nach Darius' Tod,
die nur durch die schlechteren Quellen bezeugt ist, eine zweite am
Hyphasis, durch die Alexanders Umkehr erzwungen wurde, eine dritte
in Opis bei der Entlassung der Veteranen. Ifach dem Zeitpunkt
müßte die erste gemeint sein. Dazu stimmt aber nur der Erfolg der
Rede Alexanders, die Bereitwilligkeit der Soldaten, ihm durch die
ganze Welt zu folgen.*) übrigens ist das meiste der Schilderung
des Aufruhrs am Hyphasis entlehnt mit Einmischung einiger Züge
aus der Meuterei in Opis.*) Bemerkenswert ist die nahe Überein-
erst genauer untersucht werden muß. Die Verwandlung des Koches und der
Töchter Alexanders in Dämonen, welche für seine Konstruktion unentbehrlich
ist, steht nur in C.
1) Alexander und Gilgamos. 2) Z. f. Assyr. VII 104, VIII 266.
3) ^Über die Nachwirkungen gerade dieser Züge in den späteren orien-
talischen Bearbeitungen der Alexandersage vgl. W. Hertz, Ges. Abhdl. 47 ff.^
4) Gurt. VI 4, 1: Summa militum alacritate iubentfum quocumque
vellet ducere oratio accepta est. Ebenso Plut. 47, 2 mit Berufung auf einen
Brief Alexanders an Antipatros.
6) Veranlassung und Ausbruch des Aufruhrs: Arr. V 25, 2 ff. Gurt.
IX 8, 1. Just. XII 8, 10 ff. Gurt. IX 3, 8 f. Indiam quaeris ... inter feras
serpentesque degentes eruere e latebris . . expetis. Just. XII 11, 6: Nee
iam precibus sed convicio agebant, iubentes eum solum cum patre suo Harn-
Historischer Kommentar. 173
Stimmung mit Gurtius. A hat außerdem noch besondere Zusätze aus
einer historischen Quelle.*) Eine Verquickung von Momenten aus
verschiedenen Meutereien zeigt auch der bei Plutarch angeführte an-
gebliche Brief Alexanders an Antipatros.*)
m 2« Alles ohne geschichtliche Orundlage. Einen ähnlichen
Brief des Porös überliefert aber die Metzer Epitome in ihrem ersten
Teil (§ 56f.). Die Figur des Porös ist eine bloße Wiederholung des
dünkelhaften, sich selbst vergöttemden Darius, wie auch im Brief-
wechsel Gedanken aus I 36 u. 38 wiederkehren. — Daß Dionysos
gegen die Inder Krieg führte, ist eine Angabe der Alexandergeschichte
Kleitarchs (Fragm. 10).
III 3. Die Erzählung zeigt einige Verwandtschaft mit Ktesias'
Bericht über den fabelhaften Feldzug der Semiramis gegen die
Inder. '^) Auch dieser schickt der König der Inder Boten mit einem
Schreiben voll Schimpfreden entgegen^), auch sie sucht sich gegen
•die indischen Elefanten durch bewegliche Trugbilder zu helfen
(scheinbare Elefanten aus Rindshäuten, in denen ein Kamel samt
Lenker verborgen ist)^) und stellt diese Popanze ebenfalls vor der
Front ihrer Schlachtlinie auf^), was ihr zu einem augenblicklichen
Erfolg verhilft. — Daß Bukephalos im Kampf gegen Porös , nach
einer Nachricht durch Porös* Sohn, gefallen sei, ist Überlieferung der
geringeren Quellen.'') Daß Ps. gegen jede Überlieferung Alexanders
Heer schließlich in Nachteil kommen läßt, hat wohl den Zweck, der
mone inire bella. — Trennung der persischen and makedonischen
Truppen: Poljaen IV 3, 1 6 dh (JX.) T^odttx^w ^XicaiUvovg IdioL ctijvat
tohg Maxed6vagf elg 9k xoisvavxiov xohg Tligöag. Just. XII 12, 1. —
Mehreres in Alexanders Rede: Gurt. IX 2, 83 f. Sed solus quoque iie
perseverabo Obicite me fluminibus et beluis et illis gentibus, quarum nomina
horretis ... Scythae Bactrianique erunt mecum, hostes paulo ante, nunc
milites nostri. . . . Ite reduces domum! (Vgl. Arr. V 28, 8. VII 9, 1. 10, 6.)
Gurt. IX 2, 29 nihil umquam vobis praecepi, quin primus me periculis obtu-
lerim, qui saepe aciem clipeo meo texi. (Vgl. Air. V 26, 7. VÜ 10, 1 f .)
Ourt. X 2, 29: lam autem scietis, et quantum sine rege valeat exer-
citus, et quid opis in me uno sit.
1) Zum Hinweis auf den Zustand der Wafifen und Kleider und den langten
Kriegsdienst vgl. Diod. XVII 94, 2. Ourt. IX 8, 10 f. Just. XII 8, 18; zur Ent-
lassung der Veteranen und Berufung junger Mannschaft: Arr. VTI 12, 1. 4. Just.
XII 12, 7 ff.
2) S. 0. Vgl. Karst, Forschungen S. 108 f.
8) Diod. n 16 ff. 4) 18, 1 f. 6) 16, 8. 6) 19, 2.
7) Arr. V 14, 4 (als XsydiisvoVf mit dem Ptolemaios nicht übereinstimmt).
Diod. XVn 95, 6. Plut. 61. Strabo S. 698. Just. XII 8, 4. Gurt. Vm 14, 84.
Oell. V 2. Epit. Mett. 62.
174 Drittes Kapitel.
Haupteigenschaft seines Alexander^ der Yerschlagenlieit^ wieder eine
wichtige Rolle zu verschaffen.
m 4. Die Fabel ron Alexanders Zweikampf mit Porös
soll bekanntlich schon Alexander selbst^ während einer Fahrt auf
dem Hydaspes^ von Aristobul (?) vorgelegt worden sein und diesen
veranlaßt haben, das Buch in das Wasser zu werfen.^) Trotz dieser
authentischen Kritik hat sie sich erhalten und wird auch von Justin,
hier in einer fiir Alexander ungünstigen Fassung, wiedererzählt.*)
Aber der bei Ps. berichtete Ausgang, Porös' Tod, verrät sich durch
den Zug niedriger Tücke, der hier wieder Alexander angedichtet wird,
als eigene Erfindung des alexandrinischen Verfassers. Historisch ist
von allem nur die Angabe über Porös' Körpergröße.') — Der
Zug in das Gebiet der Oxydraker fällt erst in die Zeit nach der
Umkehr am Hyphasis; doch hatten sie sich schon früher einem Bund
gegen Alexander angeschlossen.^) Der indische Name des Volkes ist
Xudraka. ^O^vägdixai nennen sie auch Arrian, Diodor und Steph.
Byz., ZvägaTcaL Strabo, Sudracae Curtius und Justin. Über die ihnen
hier zugeteilte Rolle s. z. folg. Kap.
III 5« In der Erzählung von den Oxydrakem sind drei ganz
verschiedene Dinge miteinander vermengt: 1. Alexanders Zug
gegen die Maller und Oxydraker^), die ihm schließlich durch
eine Abordnung ihrer angesehensten Männer ihre Unterwerfung an-
zeigten.*) 2. Alexanders Unterredung mit zehn wegen Auf-
ruhrs gefangenen Brahmanen, die durch ihre klugen Antworten
auf Alexanders verfängliche Fragen ihr Leben retteten.^) 3. Ale-
xanders Verkehr mit den indischen Asketen, die er teils durch
seinen Abgesandten Onesikritos^), teils bei einer zufälligen Begegnung')
kennen lernte. Die Zusammenziehung dieser drei Momente zu einer
Handlung ist nicht erst das Werk unseres Verfassers. Die Vorstufe
seines Berichts zeigt die Metzer Epitome § 71 ff. Danach schickten,
als Alexander auf dem Weg zu den Oxydrakem und Mallern war, die
dort wohnenden indischen Philosophen dem König einen Brief ent-
gegen, in dem sie ihn von nutzlosen Gewalttaten abmahnten: die
1) Lncian, quom. hist. scrib. 12. 2) XII 8, 3 f.
3) Arr. y 19, 1: t6 tb {liysd'og id'aviucSsv i>7chQ nivxB Ttijx^^S iLoXiöta crvfi-
ßalvov %al rh xdXXos ro6 ümgov. Diod. XYII 88, 4. Plut. 60, 6. Epit. Mett. 54.
4) An. V 22, i. 5) Arr. VI 4, 3. 6) Arr. VI 14, 1.
7) Plut. AI. 64.
8) Plut. AI. 66. Strabo S. 714 ff. Arr. VH 2, 2 f.
9) Arr. Vn 1, 6 f.
Historischer Kommentar. 175
Grundlage des in Kap. 5 enthaltenen Schreibens. Darauf griff
Alexander die beiden Völker an, besiegte ihren König Sambus, er-
oberte ihre Stadt und nahm in dieser die zehn Philosophen gefangen,
die er dann wegen ihrer Antworten begnadigte. Wahrscheinlich
hatte Plutarch einen ähnlichen Bericht vor sich, denn er bezeichnet
die zehn Weisen als ^zoig (icckuSta tbv Zaßßav ävaxsLöatrtag
&jco6xfivaC '^\ und Philostratos^) kennt die indischen Philosophen,
die vor Alexander auftraten^ ebenfalls als Oxydraker. — Diese Fassung
finden wir nun bei Ps. besonders dadurch weiter entstellt, daß unter
den indischen Weisen das ganze Volk der Oxydraker verstanden,
und daß diesen, die in Wirklichkeit zu den streitbarsten Indem ge-
hörten^), der Charakter grundsätzlicher Friedfertigkeit beigelegt ist
So wird aus Alexanders Kriegszug eine Reise zum Zweck der Be-
lehrung, und von der Schuld, Gefangenschaft und Lebensgefahr der
Gymnosophisten ist keine Rede. Die Pointe der Geschichte ist da-
mit freilich verdorben. — Der Brief der Brahmanen ist verwandt
mit dem angeblichen Schreiben des indischen Weisen Kalanos, das
Philon in der Abhandlung *quod omnis probus liber' unvollständig
(14) mitteilt.*) In der Metzer Epitome (72—74) ist der Brief voll-
ständiger, aber sehr verderbt, und auf eine sehr verderbte Fassung
geht auch der Text unserer Stelle zurück, in dem der Grundgedanke
— daß dem Weisen äußere Gewalt nichts anhaben kann, weil sie
nur auf den Körper, nicht auf die Seele wirkt — bis zur Unkennt-
lichkeit verwischt ist. — Zur Abtrennung der Frauen vgl. Megasthenes
bei Strabo S. 712.*)
m G. Von den Fragen und Antworten stammt die erste, über
die Gräber, nicht aus der Unterredung mit den gefangenen Auf-
ruhrern, sondern aus dem, was Dandamis, das Oberhaupt der Asketen,
Alexanders Boten geantwortet haben soll: i&vxv (ihv ydg ol xiiv
'Ivd&v yfiv i^aQXBlv . . . a7to^av6vxa öh ixaXXayi^ösöd'ai oix
i%vBixovg l^vvoCxov^ tov öAfiatog,^) Danach ist offenbar der in
den Ausführungen unserer Texte verkannte Sinn der Antwort: unser
Grab ist der Körper, in dem wir wohnen. Zweifellos ergibt diesen
die Fassung bei Josippon (S. 74 bei Gagnier): Sepulchra sunt ipsa
1) 64, 1. 2) Vit. ApoU. n 8S, 1.
8) An. VI 4, 8: fur;|ri/UDT€i^oi;ff t&v ta^tjj *Ivd&v.
4) Dies erkannte zneist £. Pridik: De Alexandri Magni epistolarum com-
mercio S. 169. 162 f.
6) Talg dk yvvai^l ratg yaiistatg f&i) öviupiXocovpelv rohß B^axiiävag.
6) Arr. Vn 2, 4; ähnl. Megasthenes bei Stiabo S. 718.
176 Drittes Kapitel.
Corpora nostra. Com enim animae nostrae a corporibuB separantur,
tum demum yivimus. — Unter den übrigen acht Fragen stimmen
fünf mit denen bei Plntarch Kap. 64 und in der Metzer Epitome
§ 7 9 ff. so ziemlich überein^ doch sind die Antworten zum Teil ab-
weichend, und manches ist bei Ps. treffender gegeben als bei Plutarch.
Bezüglich der Zahl der Lebenden und Toten ist die Antwort bei
Plut. besser: tovg ^Qvtag' ovxixL yäg slvai rovg tad'vrixötag. Bei
der dritten Frage, über die Stärke von Tod und Leben, begründet
Plut. die Antwort tijv gcoi^i/: toöavra xaxä tpiqovöav. Wieder anders
die Epitome (81): ideo quod vita ex nullis ut sint facit, mors autem
ex his, qui sunt, ut nuUi sint efficii Die vierte, über die Größe
von Erde und Meer, ist bei Plut. verderbt: tcoxsqov xi]v yf^v ^
xiiv d'dkaxxav fiel^ova XQStpBiv %'riQla. Denn die Antwort, die
mit der bei Ps. ungefähr gleichbedeutend ist, paßt nur auf die bei
Ps. gestellte Frage. Nach unserer Stelle und der Epitome (§ 79:
marinae an terrenae bestiae plures essent) . ist bei Plut. etwa zu
bessern: %, x. y. r\ x, %•. iiei^ova alvai xal xXiova xQBtpEiv ^r^gCa.
Dasselbe Problem bei Philostratos ^), wo die Frage mit Ps. überein-
stimmt. Die fünfte, über das schlimmste') Geschöpf, wird in unserer
Stelle am besten beantwortet. Dasselbe meint die Antwort der
Epitome: *das weiß jedermann'.') Plutarch unpassend: 8 (idxQ'' ^^^
&vd'Qcmog ovx syifcaxsv, Wohl zu bessern: cjv iiixQi vvv iyvoxOy
äv^Qfonog. Für die siebente, über die Priorität von Tag und
Nacht, lautet bei Plut. die Antwort: xr^v inLigav fifisga yua. Ebenso
Epit. 80. Die übrigen Sophismen haben Plutarch imd die Epitome
nicht, sondern dafür andere. Über andere Fassungen dieser Fragen,
besonders im Talmud (Tamid 32 a), s. Th. Nöldeke Beitr. S. 7, der
den Bericht des Talmud als unabhängig von Ps. bezeichnet. — Was
die Brahmanen zum Schluß Alexander vorhalten, die Zwecklosig-
keit seiner Eroberungszüge, sagten ihm, nach einem kayoyLSvov
bei Arrian*), Gymnosophisten, die er zufällig auf einer Wiese traf. —
Eine ausgiebige Verwertung dessen, was Onesikritos über seine Unter-
redung mit den Brahmanen berichtet hat^), bieten dagegen die Trak-
1) Vit. ApoUon. m 87.
2) Oder '^das schlauste': Tcdvxtov nccvovQy6itBQOv.
3) § 79: ea quicquid hominum qnae sit novit; vom Heraasgeber mit un-
recht geändert.
4) VII 1, 6: &nh tf^^ olxslas toöa&rriv yfjv iyftiiQXJJ ^gdyiueta l%aiv %aX
7(aQi%oiv totg &XXoig' xal o-bv xal Zöxbqov änod'av^v roaovtov xa&i^B^ Tfjg y^g
Söov i^agxBt ivtsd-cup^ai x^ ca>\MXVi. Vgl. 2, 8.
5) Vgl. E. Schwartz, Fünf Vorträge über den gr. Roman S. S8 ff.
Historischer Kommentar. 177
täte über Dandamis, die in der Hs. A des Ps. eingeschoben und bei
Müller als Kap. 11 — 16 des dritten Buches abgedruckt sind. Ihre
lateinischen Bearbeitungen^) wurden im Mittelalter viel gelesen. In
ß ist unsere Stelle durch Zusätze aus diesen Stücken erweitert.
m 17. Der Brief Alexanders an Aristoteles.
Der Brief an Aristoteles besteht, wie ihn a überliefert, aus zwei
Stücken, die nur äußerlich aneinandergeleimt sind und ursprünglich
gar nicht zusammengehören.*) I handelt von Abenteuern im Prasier-
land, n beginnt ganz von frischem mit weit früheren Ereignissen und
erzählt dann von Alexanders Ankunft und Erlebnissen im Prasier-
land, ohne auf den Bericht von I irgendwie Bezug zu nehmen. Diese
beiden Teile sind also für die Erörterung zu trennen. Das zu 11
Gehörige fängt in A mit den Worten an: Tä de xkelöxa xal Ttagd-
do^a . .'), obwohl durch die Zusammenschiebung von I und II der
Inhalt der folgenden Sätze bis Nixyjöavrsg zum Bericht von I ge-
zogen ist; denn eine Vergleichung der lateinischen Epistola ad
Aristotelem (s. u.) lehrt, daß der Satz Tä öi xleiöTa—TtixQÖg eine
verstümmelte Wiedergabe der Einleitung von II darstellt. — Keines
der beiden Stücke kann der ursprünglichen Fassung des Romans an-
gehört haben. Denn beide behandeln Abenteuer Alexanders in
Prasiake, während der ursprüngliche Roman III 27, der Geschichte
entsprechend, Alexander nur bis zum Hypanis (Hyphasis) gelangen
und auf die Unterwerfung des Prasierlandes verzichten läßt; s. u. zu
ni 27. Femer steht der zweite Teil zu der früheren Erzählung von
Alexanders Feldzag nach Indien und der Besiegung des Porös
(III 1 — 4) in schroffem Widerspruch. Endlich erweist Alexanders
Brief an die Amazonen III 25 das ganze Stück DI 17 — 24 als
späteren Zusatz; s. u. zu III 18 — 24.
m 17^. Der eröte Teil ist ein Bruchstück aus einem angeb-
lichen Brief Alexanders, in dem Abenteuer Nearchs, die an der ge-
drosischen Küste spielen, mit entsprechender Verstärkung der Effekte
auf Alexander übertragen und in das Prasierland verlegt sind.
Die 'prasische Stadt' ist Palibothra (Palaliputra) am Ganges,
die Hauptstadt der Prasier, die man durch ihren Verkehr mit den
syrischen Königen, besonders aus den Berichten des Megasthenes,
1) Letzte Ausgabe einea Textes im Anhang zu Kühlers Julius Yalerius.
2) Dies erkannt© zuerst E. Rohde (Gr. Rom.* S. 187 f.).
8) Müll. S. 121» Z. 6 V. u.; Val. 126, 6 per quas ubique vastitates.
Autfeld, Der griech. AlexAnderroman. 12
178 Drittes Kapitel.
den Seleukos als Gesandten an den König Sandrakottos geschickt
hatte^ als das mächtigste Volk Indiens kannte.^) Alexander ist be-
kanntlich in Wirklichkeit nicht bis in das Gebiet des Ganges vor-
gedrungen. Daß aber unser Brief, sowie der, auf den der zweite
Teil des Kap. zurückgeht*), mit dieser Erweiterung seiner Taten
nicht allein stehen, zeigt Strabos Notiz über einen angeblichen Brief
des Krateros.^) Ein Zusammenhang unseres Berichts mit diesem
Machwerk ist nicht unmöglich, zumal Krateros hier unter den Zeugen
des Abenteuers genannt wird. — Daß der Verfasser dem Gebiet der
binnenländischen Prasier ein Vorgebirge am Meer andichtet, beruht
wahrscheinlich auf Verwechslung des indischen Volks mit den An-
wohnern des Kaps Prason an der Ostküste von Afrika.*) — Der
historische Kern der folgenden Erzählung ist ein Erlebnis, das Nearch
von seiner Fahrt durch das indische Meer berichtet hat: das rätsel-
hafte Verschwinden von Leuten aus Alexanders Flotte bei
einer todbringenden Insel am Gestade der Ichthyophagen.^)
Diese Zauberinsel im indischen Ozean, die in den Schiffersagen eine
große RoUe gespielt zu haben scheint und auch in unsem angeblichen
Briefen Alexanders noch öfter vorkommt^), erscheint als Mittelpunkt
verschiedener Abenteuer und unter verschiedenen Namen.'') Mit dem,
was von dieser Insel gilt, finden sieb nun bei Curtius®), wie in der
Vorlage unserer Stelle, die Merkwürdigkeiten einer andern Insel des
indischen Meers vermengt, die das Grabmal des alten Königs
Erythres, des Heros eponymos des erythrischen Meers, enthalten
haben soll imd meist Ogyris^), auch Garakta^^) u. a. genannt wird.
Er sagt: Nearchus et Onesicritus . . . nuntiabant . . plenum esse
beluarum mare . . . Cetera incolis crediderant, iuter quae . . . esse
1) Arr. Ind. 10, öf. : iieylßTTiv di ^rdXti' iv 'Ivöoloiv elvat UaXliißa^'ga
xcdBOiiivriv iv rg Uqaeioiv yy ... xccl Xiysi Meyaa&svrig iifjxog nkv i%i%uv xiiv
n6Xiv . . . ig dySoi/jitovra ataöiovs. Strabo S. 702. Plin. VI 19 § 68.
2) S. u. zu m 17 n 5.
8) S. 702: 'Ey.didotai 8i rig nal Kgarsgov ngbs xr]V ^i^iga jiQiOtondxQav
iTCiöroXi] TCoXXd ra &XXa TCagdöo^a q>QdJ^ovaa xal ovx 6(ioXoyovaa otdsvl xal 6i^
xal t6 iiixQ^ ^®* rdyyov TcgosXd'etv tbv 'AXi^avöqov.
4) Steph. Byz. u. d. W. Ptol. IV 8.
5) Arr. Ind. 31, 1—8. Vgl. Strabo S. 72G. Nearch fuhr aber dann selbst
nach der Insel hinüber und zeigte, daß das Gerücht unbegründet war.
6) n 38; Ep. 219, 9flP. (s. u. zu III 17", 7); IH 28.
7) Tomaschek bei Pauly-Wiss. 11 1789. 8) X 1, 10 ff.
9) Plin. VI 28 § 153. Pomp. Mela III 8 (79). Dionys. Perieg. 607.
10) Arr. Ind. 37, 3.
Historischer Kommentar. 179
haud procul a continenti insulam palmis frequentibus consitam
et in medio fere nemore columnam eminere, Erythri regis monu-
raentum, litteris gentis eius scriptani. Adiciebant navigia, quae
lixas mercatoresque veiissent, famam auri secutis gubernatoribus
in insulam esse transmissa nee deinde ab iis postea visa.
Hier liegt der Zusammenhang mit unserer Stelle klar vor Augen.
Bezeichnend ist namentlich, daß die Widerlegung des unheimlichen
Gerüchts durch Nearch in dieser Darstellung verschwiegen wird.
Der Verfasser des Briefs erhöht aber den Effekt noch durch eine
dritte Zutat, die Fabel von der äöxiSoieXAvri^ der Riesen Schildkröte,
deren inselartiger Rücken die Landenden ins Verderben stürzt.^) Eine
solche Erfindung lag um so näher, da in Nearchs und Onesikritos*
Berichten von riesigen Meerungeheuern viel die Rede war.^) Auch
der kleine Zug, daß sich die Ichthyophagen mit Hinterlassung ihrer
Kähne davonmachen, stammt aus Nearchs Erzählung.*) Daß Erleb-
nisse Nearchs ohne weiteres als solche Alexanders dargestellt werden,
kommt in diesen Briefen wiederholt vor.*) — Alexanders Freund
Pheidon ist vielleicht der höfische Schmeichler Demetrios Pheidon,
einer der Hetairen, der sonst durch seine Hetzereien gegen Kallisthenes
ein übeles Andenken hinterlassen hat.^)
m 17^. Das zweite Stück von IH 17 ist ein dürftiges und
nachlässig gefertigtes Exzerpt aus einem vollständigeren Briefe, der
Alexanders baktrischen und indischen Feldzug vom Einmarsch durch
den kaspischen Paß bis zur Rückkehr nach Persis behandelte. Während
im ersten Stück der ursprüngliche Zusammenhang nicht mehr
erkennbar ist, läßt sich hier die Beschaffenheit des Grundtextes
einigermaßen feststellen, da wir von diesem Brief in der lateinischen
^Epistola Alexandri Macedonis ad Aristotelem magistrum suum de
itinere suo et de situ Indiae'^) eine vom Roman unabhäi^ige weit
vollständigere Überlieferung besitzen. Die historische Grundlage der
Erzählung wird erst aus dieser erkennbar und verständlich. Jedoch
ist der Wert des lateinischen Textes durch mehrere Fehler beträcht-
1) Ansführliche Nachweise bei Zaober, Pseudokail. 147 ff.
2) Arr. Ind. 30. Curt. a. a. 0. Aelian h. a. XVII 6.
3) Arr. Ind. 26, 9.
4) S. 0. zu II 32. 38; u. zu HI 17II, 7.
5) Plut. AI. 54, 4; vgl. quom. adulator. int. 24. Arr. IV 12, 6.
6) Hg. von B. Kubier als Anh. zu Jul. Valerins Leipz. 1888. Eine andere,
von diesem Text unabhängige lat. Bearbeitung des Briefs überliefert die Barn-
berger Hs. E ni 14 fol. 228—236, von Kubier zum Abdruck gebracht in den
Rom. Forschungen Bd. YI. Ich zitiere nach meiner eigenen Abschrift.
12 •
180 Drittes Kapitel.
lieh verringert. Die Übersetzung fußt auf einer späten und schlechten
Überlieferung, was namentlich auch in der groben Entstellung der
Namen hervortritt. Dazu hat ein Bearbeiter durch Umstellung ein-
zelner Abschnitte den ganzen Bericht in Unordnung gebracht und
diese Verwirrung noch durch eigene Angaben über Ort und Zeit ver-
mehrt, die seine völlige Unkenntnis der geschichtlichen und geo-
graphischen Verhältnisse dartun. Auch sonst scheint der ursprüng-
liche Inhalt in der Ep. durch Zusätze entstellt zu sein; seltener sind
Kürzungen und Auslassungen anzunehmen. Als ursprüngliche Reihen-
folge der Hauptteile läßt sich nach den Historikern und den Texten
des Romans etwa folgende vermuten:
A) Der baktrische und indische Feldzug vom Einmarsch
durch den kaspischen Paß bis zur Unterwerfung des Porös:
a) Ep. 192, 3-6 u. 193, 15—17 = Ps. § 2. b) Ep. 193, 18—202,
7 = Ps. § 3. c) Ep. 207, 14—208, 24 = Ps. § 4. d) Ep. 202, 8—
204, ü = Ps. § 5. e) Ep. 193-, 12—193, 15; fehlt Ps.
B) Die Denkmale des Herkules und Liber? (fehlt Ps.).
Zug zu den Bäumen der Sonne und des Mondes: a) Ep. 204,
6—12? b) Ep. 208, 26—209, 8 remitterent? c) Ep. 209, 8 Quam
rem frustra me petere ita cognovi. Dum sciscitor. . — 217, 3 ver-
berabantur = Ps. § 6.
C) Zug an den Ozean und zum Lande der Ichthyophagen
(fehlt Ps.): [a) Ep. 217, 3 Inde a sacro deorum ad oceanum tendebam
* ♦ ♦ dicentes non imparem me quoque esse immortali — 217, 6
gratias agebam: eine verstümmelte Wiederholung von 204, 16 — 205,2.]
b) Ep. 204, 13—207, 11.
D) Rückweg vom Land der Ichthyophagen nach Persis
(in der Ep. Rückweg vom Orakel der Bäume zu Porös): a) Ep. 217,
7—218, 18? fehlt Ps. b) Ep. 218, 18—219, 16 teilweise = Ps. § 7.
c) Ep. 219, 17—220, 11? fehlt Ps.
Auf eine nähere Begründung dieser Anordnung, sowie auf aus-
führliche Erörterung der Angaben der Ep., die bei Ps. fehlen, muß
an dieser Stelle verzichtet werden.^)
§ 1. Ein Flüchtigkeitsfehler des kürzenden Bearbeiters ist, daß
er von der Sonnen- und Mondfinsternis so spricht, als sollte darüber
in diesem Brief erzählt werden. Den richtigen Zusammenhang zeigt
1) In meiner Abhandlung ^z. Erit. d. gi. AI. R.' S. 9 ff. habe ich bereits
einige Nachweise gegeben. Über die ursprüngliche Reihenfolge bin ich aber
jetzt etwas anderer Ansicht, als dort dargelegt ist.
Historischer Kommentar. 181
Ep. 191, 25f.: Prioribus litteris significaveram tibi de solis
lunaeque eclipsi et de constantia sidemm aerisque indiciis.
§ 2. Die Goldschätze, von denen liier die Rede ist, sind in
der Ep. (193, 15ff.) unter den Kostbarkeiten des indischen Königs-
palastes aufgezählt, indem nämlich der Verfasser der Ep. Alexander
gleich nach der Unterwerfung des Darius auch Porös besiegen, dann
aber, als stünde Alexander noch im nördlichen Medien, wo Darius
fiel, seinen Weg durch den kaspischen Paß fortsetzei^läßt, um später
(204, IflF.) die Unterwerfung des Porös an richtiger Stelle nochmals
zu erzählen. Es ist zweifellos, daß die ursprüngliche Fassung des
Briefs diese Verschiebung, deren nachträgliche Entstehung ganz deut-
lich hervortritt, nicht hatte. Wahrscheinlich war aber auch die Vor-
lage des Textes a von diesem Fehler noch frei^), wie ja auch der
Inhalt von § 4, der in der Ep. verschoben ist, in a am richtigen
Platze steht. Es handelt sich also hier wirklich um die Beute, die
Alexander nach der Ermordung des Darius zufiel, worüber Diodor-)
einen kürzeren Bericht hat, in dem auch die Tri nkge fuße ausdrück-
lich hervorgehoben werden. Danach erzählt Diodor Alexanders Zug
durch Hyrkanien zum kaspischen Meer und spricht 75, 3 von der
Menge der Schlangen, 75, 4 von der Fruchtbarkeit des kaspischen
Landes, wovon im folgenden Abschnitt unsers Briefs (§ 3 und Ep.
193, 20 fi".) gleichfalls die Rede ist. — Was diesen Angaben über
Darius' Schätze in der Ep. 192, 12—193, 15 bezüglich Porös' Streit-
macht und der Pracht seines Palastes vorausgeschickt ist, gehörte
jedenfalls zum ursprünglichen Inhalt von § 5, stünde also bei 204,
1 — 6 am richtigen Platze.
§ 3. Daß die Erzählung in § 3 auf Darstellungen aus Alexanders
Feldzug in die nördlichen Provinzen des Perserreichs zurückgeht, er-
gibt sich nicht nur aus den genannten Ortlichkeiten (dem kaspischen
Tor und Ep. 194, 11 Baktrien), sondern auch aus vielen Einzelheiten,
die in der Geschichte jenes Feldzugs vorkommen. Das Ganze ist
freilich bis zur Unkenntlichkeit entstellt, indem aus einem mehr-
jährigen Kriege eine kurze abenteuerliche Entdeckungsreise gemacht
und überdies das Lokalkolorit durch die üblichen Zutaten aus der
1) a. a. 0. S. 14 hatte ich anders geurteilt.
2) XVn 74, 4 f.: fiE/aXaig d^ ^agscclg itliiriöe rove örgaTiooTag .. rj dim^st
rot) ^agsiov tcoXX&v ^pT^fiarooi/ xsxvgtBvxmg. TtuQCc (ikv yccg rmv ya^otpv-
XccKOvvrav TtaQsXaßsv dxraxiaxiXltav TaXdvtcov &qi9'ii,6v, x^Q^^ ^^ ro&coiv tu vefir}-
d'ivTcc tolg öTQUTiaitaig övv rm x66^ xal xotg ix^miiaöiv 'biff^QX^ (i^QUc xal
TQiOxlXicc rocXavTu.
182 Drittes Kapitel.
wirklichen und fabelhaften Tier- und Pflanzenwelt Indiens verdorben
ist. Unter den beschwerlichen Märschen des baktrischen Feldzugs
zeigt besonders der, den Alexander von Baktrien aus durch die Wüste
von Sogdiane zur Verfolgung des Bessos machte, bei Curtius VII 5,
Iff. ähnliche Momente: glühende Hitze des Wüstensandes (Ep. 194, 8f.
Curtius 5, 3), Verdursten der Soldaten, Trinken von Ol (Ep. 196, 16.
Curt. 5, 7), W^erung Alexanders, einen Trunk Wasser, der ihm an-
geboten wird, anzunehmen (Ep. 195, lUff. Curt. 5, 10 ff.).
Das viel erwähnte kaspische Tor ist der Paß von Serdarra^),
der auch andern als der ^Angelpunkt' dieser Züge Alexanders galt.*)
Daß es dort viele Schlangen gebe, sagt Plinius in der Be-
schreibung des Passes.^) Doch waren diese natürlich nicht die Ur-
sache, daß Alexander 'quadrato tum agmine et composito ibat'.*)
Nach Diodor, Curtius imd Strabo (nach Polykleitos) war das kas-
pische Meer von vielen Schlangen bevölkert.^) — Ein zwölftägiger
Gewaltmarsch Alexanders (nach Medien zur Verfolgung des Darius*))
und ein elftägiger (von da nach Ragai*^)) fallen vor den Eintritt in
den kaspischen Paß. Aber der Bericht der geringeren Quellen ist
hier verworren genug, daß einer von diesen Märschen dem Verfasser
vorschweben könnte. — Die riesigen Rohre sind ein Zug aus der
indischen Wunderwelt.**) Daß von diesen ein Glied zwischen zwei
Knoten als Kahn verwendbar sei, erzählte schon Herodot.^) Auch
das Abenteuer mit den Plußpferden ist vermutlich der Geschichte
des indischen Feldzugs entlehnt, denn Onesikritos hatte in seineu
Lügenberichten die indische Tierwelt noch um diese Ungeheuer be-
reichert.^^) Dagegen entspricht die Schilderung der Wüste mit dem
1) Niese S. 100. Karst bei Pauly-Wiss. I 1425.
2) Plin. bist. n. VI 15 § 45: Hunc enim cardinem Alexandri Magni
itinera fecere, ab iis (Caspiis) portis ad Indiae principium stadia XV milia
DCLXXXX prodendo, ad Bactra oppidum ... III milia DCC.
3) VI 14 § 43: serpentium multitudo nisi hieme transitum non sinit.
4) Curt. VI 4, 14.
6) Diod. XVn 75, 3. Curt. VI 4, 18. Strabo XI 7 S. 510.
6) Arr. III 19, 4.
7) Arr. III 20, 2 ; vgl. Plut. 42, 3.
8) Mcgasthenes bei Strabo S. 710 f.: ^aXdfiovg dk ^ifjytog iikv tQtdxovTa
Sgyvtcbv rovg dgd'iovg ... jtdxog dk &6xb ri]v did^sxQOV tolg n^hv slvai rffi'jt'ii%vvy
tolg 6k SinXaöLav. Plin XVI 36 § 162.
9) III 98: "KaXdikov tv y6vv nXoiov fxaöroi» noihrai. Plin. a. a. 0. Pomp.
Mela III 7 (62). Vgl. Lassen, Ind. Altertumskunde^ II 638.
10) Strabo S. 690: xal xmv iv rotg TtOTa^otg 7clr\v iTtnov TCorcciiiov tcc alla
q^igovßi xal ol 'Ivömol' 'OvriöUgirog öh xal tovg initovg ylveöd'ai qpijtft. S. 707.
Historischer Kommentar. 183
brakigen Fluß ganz der wirklichen Natur der turanischen Steppe. —
Der verkehrte Zusatz über das Denkmal des ägyptischen Welt-
eroberers Sesonchosis-Sesostris^), der in der Ep. fehlt, rührt
natürlich von einem alexandrinischen Bearbeiter her. Sesostris soll
zuerst die Küste des roten Meers befahren und später bei jedem
Volk eine Säule mit Inschrift als Denkmal errichtet haben.*) Eine
solche auf dem Vorgebirge Deire am roten Meer erwähnt Strabo.^) —
Die folgende Beschreibung eines großen Kampfes mit wilden Tieren
ist vielleicht durch die Erzählung von der Jagd in Basista oder Ba-
zaira*) angeregt, die nach Diodor und Curtius zu den Ereignissen des
baktrischen Feldzugs gehöi-te. Alexander hielt dort in einem uralten
Wildpark mit dem ganzen Heer eine Jagd ab, wobei er selbst durch
einen Löwen in Lebensgefahr kam, und 4000 Stück Wild erlegt
wurden. Unter den wilden Tieren und Menschen, die der Verfasser
vorführt, sind verhältnismäßig wenige Fabelwesen. Statt der 'Hunds-
rebhühner' (!) des überlieferten Textes, die der Zusammenhang zweifei
los den menschlichen Ungeheuern zuweist, werden wohl xvvoxsQxvdSi;
(weibliche Scheusale mit Hundsschwänzen) zu vermuten sein. Daß
die Gestalten der indischen Volksdichtung als wirklich vorhandene Ge-
schöpfe aufgefaßt wurden, haben die griechischen Berichterstatter über
Indien, wie Ktesias und Megasthenes, verschuldet.^) Über den Odonto-
tyrannos hat sich seinerzeit eine förmliche Literatur entwickelt, die
Zacher (Pseudokall. S. 153 — 158) mit großer Ausführlichkeit be-
handelt. Sein Ergebnis, daß das Nashorn gemeint und der Name
von einer orientalischen Benennung des Tiers (Kerkodon oder Kar-
kadan) abgeleitet sei, wird durch den armenischen Text bestätigt, in
dem der Odontotyrannos ^das einhörnige Tier' genannt wird. Über-
dies zeigt sich die Beschreibung der Ep. (201, öS.) mit dem ver-
wandt, was Plinius^) über das indische Monoceros sagt. Daß der
einheimische Name des Nashorns — aus dem die Namensform odonto-
tjrannos wohl dadurch entstanden ist, daß das Riesentier, wie bei
Arr. Ind. 6, 8. Auch Philostratos (vit. Apoll. 11 19, 1) läßt seinem Helden Fluß-
pferde in Indien begegnen.
1) Über diesen s. o. zu I 83. 2) Her. H 102. Diod. I 66.
5) S. 760: xal (paaiv ivrai^a cx'qXriv slvai I^Bömatgiog roü Alyvittiov
pLTivvovöccv isQOls ygcifLiiocöiv ti}v didßaßiv aijtov.
4) Diod. xvn xg. Curt. vm 1, 11 ff.
6) Ob so bona iide, wie E. Rohde (Der gi. Roman S. 178) annahm, scheint
mir doch zweifelhaft.
6) VIII 76: equo similem ... uno comu nigro media fronte cubitorum
duum eminente.
184 Drittes Kapitel.
VaL 129, 12f., als König der Tiere bezeichnet war — in den Texten
der Alexanderhistoriker vorkam, läßt sich aus Gurt. IX 1,5 schließen.^)
In der Aoffassnng des Palladius'), bei dem der Odontotyrannos als
ein im Ganges lebendes Wassertier genannt ist, sieht Zacher mit
Recht eine 'verunstaltete and ziemlich ungeschickt angebrachte Re-
miniszenz aus Pseudokallisthenes'. — Statt der 'Nachtfüchse' (wxx-
aX(b^8xss) werden in der Ep. (201, 16 ff.) genannt: mures Indici...
vulpibus similes, quorum morsu vulnerata qua^rupedia statim ei-
spirabant, hominibus aut^m morsus non usque ad interitura nocebant.
Dies macht wahrscheinlich, daß fivaXmTcexsg und wxraXfbnexsg aus
livQ(irixaXd}^£X€s entstellt ist, und daß ursprünglich von den viel-
besprochenen indischen 'Ameisen' die Rede war, die so groß wie
Füchse gewesen sein und den Menschen, die ihnen das Gold raubten,
gefährlich zugesetzt haben sollen.')
§ 4. Der Abmarsch nach Prasiake — das heißt für den
Verfasser: nach dem Lande des Porös — bedeutet den Aufbruch
aus dem Winterquartier im Frühjahr*) 327 v. Chr., dem auch Curtius
(VIII 4) den hier geschilderten Schneesturm immittelbar folgen läßt.
Als Aufbruch zum indischen Krieg konnte dieser Abmai'sch tatsäch-
lich angesehen werden, da nach Beseitigung des letzten Widerstandes
in Baktrien und Sogdiane noch in demselben Frühjahr oder Sommer
nach Indien weiter marschiert wurde. Den Schneesturm beschreibt
Curtius in den wichtigsten Zügen übereinstimmend. Das ent-
sprechende Stück bei Diodor ist verloren gegangen. Außerdem be-
richtet davon nur noch die Metzer Epitome § 24 — 27. In unserer
Stelle berührt sich überdies Einzelnes mit Curtius' Darstellung des
ersten Übergangs über den Paropanisus^), und aus einer Erzählung
des letztgenannten Vorfalls mag auch vom Verfasser des Briefs die
1) Ceterum hoc nomen (rhinocerotis) beluis inditum a Graecis; sermonis
eius ignari aliud lingua sua usurpant.
2) Müller Pb. UI 10.
3) Megasthenes bei Strabo S. 706: iv Jigöaig, ed'vsi ... 'Jvötov .., [ivg-
firixeg d^gltov &Xo>7cix(ov oi^x iXdxxovf; . . . dimxovci cpsvyovragy xaraXaßovtsg
Sk ^iciXQobvTcci xal avrovg xal xu. vno^vyta. Arr. Ind. 15, 5 if. Her. III 102 ff.
Plin. XII 31 § 111 u. a. Man hat die Fabel auf das tibetische Murmeltier zu-
rückgeführt, das in der indischen Sage pipilika (Ameise) genannt wird; vgl.
Tomaschek bei Pauly-Wissowa IV 2153.
4) Nach Arr. IV 22, 3 u. Curt. VIII 4, 1. Fränkel (Die Quellen der Alexander-
histonker S. 187) will in Rücksicht auf Strabo S. 691 bei Arrian d'igovg statt
^Qog lesen, wodurch aber m. E. ein Widerspruch zu Kap. 21, 10 entstehen würde.
5) Vn 3, 11 ff.
Historischer Kommentar. 185
Datierung entnommen sein. Denn Alexanders erster Zug durch
das Land der Paropanisaden geschah im Herbst 330.^) Dazu stimmt
die Angabe der Ep. "octobrio mense' und die für a zu vermutende
^\ir^v\ ^C(p*. Der armenische Übersetzer hat für den ersten Monat
des makedonischen Jahres den ersten des armenischen gesetzt.
§ 5. Dieser Abschnitt ist im Roman wegen des Widerspruchs
zu III 2 — 4 stark verkürzt. — Als Gebiet des Porös wird das Land
der Prasier genannt, weil diese das mächtigste Volk Indiens waren;
s. o. zu III 17^. Der dreißigtägige Aufenthalt findet, wie Ep.
202, 20 zeigt, nicht zur Erholung vom Schneesturm statt, sondern
zur Vorbereitung des Kampfes gegen Porös, nachdem Alexander aus
dem Gebirge südwärts vorgerückt ist. Gemeint ist demnach offenbar,
was Diodor (XVII 86, 3) ungefähr an entsprechender Stelle berichtet:
TcaQsX^hv STil xov ^ IvSbv Tcoraiioi' . . . xQidy.ovta rjfi^Qag ävakuße
Ty)v dvvafitv. Der Verfasser der Epistola verlegt dies nach Baktrien,
da sich bei ihm, infolge seiner Umstellung von § 4, § 5 unmittelbar
an § 3 anschließt.
§ 6. Die Erzählung vom Orakel der heiligen Bäume geht auf
Angaben des Ktesias zurück. Er berichtete von einem indischen
Heiligtum der Sonne und des Mondes, zu dem man vom
Sardo-Gebirge aus einen lötägigen Marsch zurückzulegen habe*);
auch, an anderer Stelle, von zypressenähnlichen Bäumen in Indien,
die Tropfen ausschwitzten und einen starken Wohlgeruch verbreiteten.")
Auch Kleitarch hatte dies verwertet, den heiligen Hain aber auf eine
Insel verlegt.^) Daß sich Alexander zu dem Heiligtum begeben und
dort ein Orakel über seinen Tod empfangen habe, hat wohl erst der
Verfasser des Briefs erfunden. — Daß die Inder Bäume als Götter
1) Strabo S. 726: vno UXeidöog övaiv.
2) Fragm. ed. Bahr, Ind. § 8: nsgl tcbv 'IvS&v ori dixavoraroi xai nsgl
rcbv id'<bv xal vo^iiyLfov avrmv' nsQl tov IsQOV x^^Q^ov toü iv rg &oixi^T(p,
8 in 6v6tLaTi, rin&aiv ijXlov xal esXrjvrig, iv « die deicaTcevts ijiisg&v
iiTto xov ÖQOvg Tfjs ^^agdovg ng nccgaylvsTai.
3) ebd. § 28: ort iörl devöga iv rotg 'Ivdolg vipr]Xci möTteg xidgog 7j
xvndQLtrog .... ovoiid^erai, 6k 'JvöiötI fihv y-dgittov, ^EXXriviörl 6k ^vgogSöa.
^öTi, 6k OTcdvicc giovöt 6k i^ avttbv iXcclov CtaySvng ... 6J^bi 6k ytdvrcav
i]6tOTov. o^fir 6i (paatv ccinb xaJ ivcl jtivrs ata6lovg. Von den Tropfen und
dem lieblichen Geruch ist bei Ps. nichts erwähnt, wohl aber in der Epist. ad
Arist.: 211, 9 ff . 212, 8 ff. 217, 2.
4) Plin. VI 31 § 198: Clitarchus vero (tradidit) Alexandro regi renuntiatam
... alteram (insulam Eoi maris esse), ubi sacer mons opacus silva lepertus
esset, destillante arboribus odore mirae suavitatis.
186 Drittes Kapitel.
verehrten, sagt Curtius^), daß sie männliche und weibliche Pflanzen
unterschieden, Plinius.*) Die Namen der beiden Gottheiten sind
nicht indisch, sondern iranisch. Den verderbten Formen des ersteren
liegt deutlich Mithra zu Grunde, denen des zweiten wohl der Name
des iranischen Mondgottes, der altbaktrisch Mao hieß^) und noch
auf den Münzen des indoscythischen Reiches genannt wird.*) Aus
dem Mondgott ist hier, nach griechischer Auffassung, eine weibliche
Gottheit geworden. — Die Prophezeiung über den Untergang der
Mutter Alexanders, seiner Gattin und seiner Schwestern (Kleopatra
und Thessalonike) bezieht sich auf die bekannten Tatsachen.^)
§ 7. Die Darstellung von a, als sei die Beschenk ung Alexanders
mit Fischen, Muscheln usw. in Prasiake geschehen, ist ein Fehler des
kürzenden Bearbeiters. § 7 ist offenbar ein Bruchstück der Abteilung
des ursprünglichen Briefs, die Alexanders Rückkehr von Indien nach
Persis erzählte. Denn die Inder, die in Walfischhäute gekleidet
waren (Ep. 218, 19) und Alexanders Heer mit den Merkwürdigkeiten
ihres Meeres beschenkten, sind zweifellos die Ichthyophagen der
gedrosischen Küste und deren Nachbarn am indischen Ozean und per-
sischen Meerbusen. Daß sich diese in Fischhäute kleideten, wird
in den Quellen mehrfach berichtet^), ebenso, daß sie sich Muscheln
zur Nahrung sammelten^), und daß es dort Muscheln von imgeheurer
Größe gab.^) Daß die Ichthyophagen Nearchs Leuten Geschenke
brachten, sagt Arrian.'^) In das Gebiet der Ichthyophagen führt
aber auch das folgende Stück der Epistola (219, 9 ff.), die Erzählung
von langhaarigen Wasser fr auen, die den Fischern ihre Beute
raubten und Unvorsichtige in die Tiefe zogen oder ihnen durch ihre
verführerische Schönheit gefährlich wurden. Nach Arrian*^) wußte
1) Vin 9, '64c: Deos putant quidquid colere coeperunt, arbores maxime.
2) XVI 36 § 162: Harundini quidem Indicae arborea amplitudo . . . Differre
maris ac feminas in bis quoque Indi tradunt: spissius mari corpus, feminae
capacius.
3) Spiegel, Eran. Altcrtumsk. II 70.
4) V. Gutöcbmid, Geschiebte Irans S. IGo.
6) Die Belegstellen bei Nöldeke, Beiträge S. 7.
6) An. Ind. 24, 9: iöd'fjza dh icpoQhOv dBQfiavu d"i^Q6ia, oi dk xal i%d'vfav
x&v iieydXcov t« itaiia. Plin. VI 109. Pomp. Mela III 8 (75): Carmanii ...
piscium oute se velant. Pbilostr. vit. Apoll. 111 hh u. a.
7) Arr. Ind. 29, 14. Diod. III 16, 5.
8) Arr. Ind. 21, 13: Jar^ea . . atona rb fciysd'os. Plin. XXXII 63: In Indico
mari Alexandri rerum auctored pedalia (ostrea) inveniri prodidere. Diod. a.a.O.
9) Ind. 26, 7. 28, 1. 10) Ind. 81, 6.
Historischer Kommentar. 187
Nearch von einer solchen Lorelei zu fabeln, einer Nereide, die einst
auf einer Insel am Ichthyophagenlande — Nosala, derselben, deren
Geheimnisse in I eine Rolle spielen^) — hauste und den Mäimern,
die in ihre Nähe kamen, ihre Liebe gewährte, sie aber dann in Fische
verwandelte imd ins Meer warf.*) In der verworrenen Erzählung der
Epistola gehören freilich diese beiden Geschichten zu den Abenteuern
des Rückwegs vom Orakel der Bäume nach Prasiake. Daß aber im
ursprünglichen Bericht dieser Rückweg nach Persis führte, beweist
schließlich noch die darauf folgende Angabe der Ep. (220, Uff.), daß
Alexander 'dort' den Legaten von Persis^) beauftragte, Denkmäler
seiner Taten zu erdichten. — Die bevorstehende Reise zur *Königs-
burg der Semiramis' bedeutet Alexanders Rückkehr nach Babylon.
UI 18 — 24. Alexanders Besucli bei der Königin Eandake.
Auch die Erzählung von Alexanders Verkehr mit Kandake hat
dem ursprünglichen Text des Romans nicht angehört. Denn es läßt
sich vom alexandrinischen Verfasser des Romans schwerlich aunehmen,
daß er Ägyptens Nachbarland in Indien gesucht hätte. Auch zeigt
der Aiifan<>' von III 25, daß sich III 25 ursprünglich unmittelbar an
III 6 anschloß oder nur durch ein unbedeutendes Zwischenglied von
diesem Stück getrennt war; denn Alexander führt hier in seinem
Schreiben an die Amazonen als seine letzte Unternehmung den Zug
zu den Brahmanen an und sagt, von diesen komme er jetzt zu ihnen.
Die Geschichte ist da, wo sie steht, so verkehii wie möglich an-
gebracht, denn sie spielt nicht in Indien, sondern in Ägypten und
Äthiopien. In seinem Brief an Kandake (Kap. 18) sagt Alexander,
er habe bei seiner Ankunft in Ägypten gehört, daß das Volk von
Meroe einst AgypteJi beherrscht habe, und fordert deshalb die Königin
zu einem gemeinsamen Opfer für Ammon 'an der Grenze' auf, und
die Königin sendet zur Erwiderung 'uuserm Gott Ammon an der
Grenze Ägyptens' Geschenke, die dann Alexander durch den Statt-
1) S. 0. zu III 171.
2) Von derselben Insel ist bei Philostratos (vit. Apoll. HI 56) die Rede,
der sie Selera nennt. Überhaupt läßt Pbil. seinen Helden auf demselben Weg,
bei der Rückfahrt von der Indusmündung nach Babylon, zum Teil dieselben
Merkwürdigkeiten entdecken (III 63 ff.): Perlen und riesige Muscheln (63), die
in Fischhäute gekleideten Ichthyophagen (56), die verderbenbringende Insel der
Nereide (56), riesige Meerungeheuer (67).
8) ^Persidi' ist nach der Bamberger Hs. zu schreiben statt ^praeBidio\
188 Drittes Kapitel.
halter Ägyptens, Kleomenes, in Empfang nehmen läßt (Kap. 19),
ehe er sich selbst zur Königin begibt. Ferner sind es die ägyptischen
Götter Sesonchosis und Sarapis, die in der Göttergrotte (Kap. 24) zu
ihm reden. Diese Abenteuer hätten also ihren richtigen Platz im
ersten Buch, bei Kap. 34.
Um das Stück in den Zusammenhang des dritten Buchs einzu-
passen, hat der Bearbeiter mehrere willkürliche Änderungen und Zu-
sätze gemacht. In Rücksicht auf den Schluß von III 17 erklärt er
die Residenz der Kandake für die (nach III 17^^, 7 von Alexander
zunächst zu besuchende) ^Königsburg der Semiramis' und Kandake
fiir eine Urenkelin der Semiramis. Femer erfindet er eine Ver-
schwägerung zwischen der Familie der Kandake tfud Porös, und läßt
daraus für Alexander Verwicklungen entstehen, die so in die Hand-
lung eingreifen, daß sich die ursprüngliche Form der Erzählung nicht
mehr ermitteln läßt. So viel ist aber ersichtlich, daß deren Verfasser
über Äthiopien, die dortige Verehrung Ammons, die Tierwelt und die
sonstigen Erzeugnisse des Landes sehr wohl unterrichtet war imd
mit dem unwissenden Bearbeiter, der alles dies Äthiopische und
Ägyptische nach Indien versetzt hat, gewiß nicht identisch ist.
111 18, Die Beschreibung der Stadt der Kandake im Ein-
gang des Kap. ist ofiFenbar ein späterer Zusatz aus einer historischen
Quelle, dessen Urheber — wie der Verfasser des Textes Jg der sog.
Historia de preliis*) — Kandake für dieselbe Person hielt, wie die
tapfere Kleophis, die verwitwete Königin der indischen Assakener, die
Alexander erst durch ihren mannhaften Widerstand, dann, nach den
geringeren Quellen^), auch durch ihre Schönheit gefährlich wurde.
Über diese und ihre Residenz Massaga sagt Curtius^): Nuper Assa-
cano, cuius regnum fuerat, demortuo regioni urbique praeerat
mater eins Cleophis . . . Ad occidentem et a meridie velut de in-
dustria rupes praealtas obmolita natura est ... XXXV Stadium
murus urbem complectitur, cuius inferiora saxo, superiora crudo
latere sunt structa. Und das Aussehen der Kleophis beschreibt die
Metzer Epitome (45) ähnlich, wie III 22 Kandake geschildert ist.
Der Bearbeiter, der dies einschob, hätte seine Notiz wenigstens nicht
hier, wo sie nicht am Platze ist und deshalb auch in A und ß weg-
gelassen wurde, sondern in Kap. 22 anbringen sollen.*)
1) Festschr. der bad. Gjmn. zum Heidelb. Jubiläum 1886 S. 106.
2) Curt. VIU 10, 35. Just. XIT 7, 9. Ep. Mett. 46.
• 3) Vin 10, 22 ff. Vgl. Ep. Mett. 40. [hiermit berichtigt.
4) Meine frühere Auffassung dieser Stelle (z. Krit. d. gr. AI. R. 80 f.) sei
Historischer Kommentar. 189
Kandake ist eigentlich kein Name, sondern ein Titel. Nach
Bion^) hieß so die Mutter des äthiopischen Königs, nach Plinius')
die regierende Königin. Die in der Geschichte vorkommenden äthio-
pischen Königinnen, die Kandake genannt werden, waren Herrscherinnen
des Landes. Die bedeutendste ist die Kandake, die 24 oder 23 v. Chr.
in Ägypten einfiel, trotz ihrer Niederlage durch C. Petronius den
Angriff im folgenden Jahre erneuerte und schließlich ihre Unab-
hängigkeit behauptete, ^ävdQLXT] rig yvvrj',^) Die Kandake unserer
Episode, die auch mannhaft auf ihre Unabhängigkeit hält, scheint
fast nach dem Muster dieser Römerfeindin gezeichnet zu sein. An-
deres erinnert an Plinius' Bericht über die Expedition, die später
Nero, ebenfalls gegen eine Kandake, nach Äthiopien schickte.*) Auf
die Überlieferung unserer Geschichte hat endlich auch die biblische
Kandake eingewirkt.^) Die Vulgata setzte hier für Kavddxrjg (Gen.)
Tandacis', wonach der Name bei Leo und in den Hss. des Jul. Va-
lerius entstellt ist. — Die historisch bekannten Kandake wohnten
übrigens nicht in Meroe, das damals zu einer kleinen Ortschaft
herabgesunken war, sondern in Nabata. Indes war der alte Herrscher-
sitz auch in römischer Zeit noch keineswegs verschollen •), sondern
behielt bei den griechischen und römischen Schriftstellern von früher
her seinen Bubm als Landeshauptstadt.*^) Auf einheimischen Denk-
mälern heißt der Ort Berua. Die Schreibimg von /J, BsQÖrj (LG)
oder BsQoCri (B), hängt jedoch damit schwerlich zusammen, sondern
mag wohl auf einer Verwechslung mit dem aus der Bibel bekannten
Beroia oder Beroe (in Makedonien) beruhen.
Daß Alexander beabsichtigt habe, von Ägypten aus Äthiopien
und seine Königsburg zu besuchen, sagt Curtius (IV 8, 3).
Unsere Erzählung macht aus der Absicht ein wirkliches Unternehmen,
wie Ps. I 29 f. bezüglich der Unterwerfung der Römer und Karthager,
1) F.H.6. IV 861: Kavddxr\v Ald'loTCsg näöav rot) ßaöiXiiog uritiga
xcdovöiv. Ovtm Blcav iv TtQmttp Ald'tonix&v.
2) Yl 186 regnare feminam Candacen, quod nomen mnltis iam
anois ad leginas transiit.
3) Strabo XVII 1 S. 820 f.
4) VI 184 ff.
5) Act. apost. 8, 27: xal iöov &vr}Q Ald'lo^ »-ivaöjjoff dvvdörris KavSdxrig
rfjg ßaöiXlaarig Ald'i67Ca}v ... iXrilvd'si XQOöxvvi^etov Big * hgovßaXi^it.
6) wie man nach Mommsen R. G. V 693 vermuten könnte.
7) Strabo S. 821 : iöti, dk to fUyustov ainolg ßaölXfiov i} M8q671. Diod. 1 88, 2.
Plin. U 184. Aristides H S. 461 D. (H 281, 18 K.): elg MsQ&nv, ?«6^ iatl n6Ug
luylötri ^^^ ^^ Aid-iOTfla xal ov ra ßaölXew x&v Al^Uicmv.
190 Drittes Kapitel.
wie die Briefe III 17 und III 27" betreffs des Zuges zu den Prasiem
und den Säulen des Herakles. Den Alexandrinern wurde Äthiopien
zuerst darch die Expedition eines der ersten Ptolem'aer*) näher be-
kannt. Daß die Äthiopier — das sind im Sprachgebrauch der besseren
Zeit die nubischen Grenznachbarn Ägyptens, nicht auch die Axomiten
in Habesch") — eine Zeitlang über Ägypten herrschten und daß
sie besonders den Gott Ammon verehrten, sind geschichtliche Tat-
sachen, die schon Herodot berichtet hat.') Das berühmte Heiligtum
des Aramon in Meroe erwähnen mehrere Schriftsteller.*) Im Museum
von Bulak befindet sich eine Gruppe aus grauem Granit, die Ammon
mit einer äthiopischen Königin darstellt, ein äthiopisches Werk aus
römischer Zeit.'*) — Alexanders Aufforderung, Ammons Tempel an
die Grenze zu bringen, erklärt sich aus dem Brauch, die Götter
in beweglichen Tempeln reisen zu lassen, der in Ägypten überhaupt
bestand, besonders aber auch für den Grenzverkehr zwischen Ägypten
und Äthiopien bezeugt ist.^) In Philai erhielt sich diese Sitte bis
in das fünfte Jahrhundert nach Christus.^ — Was der Verfasser
Kandake über den Charakter der Äthiopier sagen läßt, ist eine
Entgegnung auf die verbreitete Meinung, daß sie feige seien. So hat
Aristoteles^) an ihrem Beispiel erläutert, daß sehr dunkelfarbige
Menschen diese Eigenschaft besäßen. Dagegen standen sie seit Homer
im Ruf besonderer Frömmigkeit und Rechtlichkeit.^) Deshalb darf
sie Kandake XevxorsQot ratg ifvxat-^ tcbv 7Ca^ v^lv XevxorcctGyv
nennen. — Die Geschenke der Kandake sind so ziemlich die-
selben, die von den Äthiopiern den ägyptischen und persischen
Königen dargebracht wurden. So befanden sich in dem berühmten
Festzug des Ptolemaios Philadelphos: Ai%^Co%eQ S(OQoq>6Qoi^ mv ol
1) Ob Philadelphos, wie Diodor I 37, 5 angibt, ist unsicher; vgl. Mahaffy,
The empire of the Ptolem. 161 f.
2) Mommsen, R. G. V 600. 3) II 29. 137.
4) Strabo S. 822 u. Diod.UI 6,4 (beide ohne Nennung des Gottes); Plin. a. a. 0.
5) Masp^ro, Guide du visit. au Musee de Boulaq S. 8.
6) Diod. I 97, 9. Herod. II 63. Eustathios zu Ilias A 428. Ein Augen-
zeuge aus der Zeit des Augustus berichtet auf einer Inschrift in Philai über
einen solchen Transport des Isistempels: Et^oiisv iv NflX& nota^iM} viag mxv-
TCOQOvaccs 'A^id'Eovg, al vaovg ijyayov Al^i6'JTaiv ?J Talav ig ijiifrbQTiv . . (Le-
tronne, Recueil d. inscr. d'fig. II 174).
7) Letronne, Recueil I 807.
8) physiogn. 812 a^ b^i n. Pietschmann bei Pauly-Wiss. I 1101.
9) Vgl. z. B. Diod. III 2, 2: q)a6l dk tcuq' cciftotg ytQonoLg xatad'BirxQ'fjvai
d-Bohg Tt^&v ... ÖLo xccl xr^v naq' wbtotg s^baeßsiuv 6 LccßBßofjö^at xagcc
n&öiv ävd'QmTtoi^g. Nicol. Damasc. 42 S. 176 Westerm.; Pausan. I 38, 4.
Historische! Kommentar. 191
fihv sfpeQOP odovxag al^axoöCovg^ axBQoi dh ißevov xoQ[iovg di6xL-
klovg . . . €iT kfpBQovxo iv ayyaCoLii \l>ixraxol . . . /Sdfg al%^iomx.ol
oxTO} , , . LÖ' nuQÖdkaig^ iq Tcdvd'tiQsg^ QivoxsQcog Aid'voTCi'nog elgS)
Dem Perserkönig lieferten die Äthiopier jährlich Gold, Ebenholz,
Sklaven und Elefanten zähne.^) Bildliche Darstellungen äthiopischer
Merkwürdigkeiten ans der Zeit des einheimischen Reichs waren in
ägyptischen Tempeln zu sehen. ^)
111 19. Auch die Notiz über Kleomenes zeigt Sachkenntnis,
denn dieser wurde von Alexander sogleich bei der neuen Einrichtung
des Landes mit der Verwaltung der gesamten Einkünfte betraut/)
Der Name Kandaules ist wohl aus II 14 entnommen. Dieser be-
kannte lydische Name oder eine Verwechslung des äthiopischen Meroe
mit der gleichnamigen lykischen Stadt ^) scheint dem Bearbeiter Ver-
anlassung gegeben zu haben, auch anderes Kleinasiatische anzubringen:
die Bebryker, ein in historischer Zeit verschollenes Volk, das in
Bithynien gewohnt haben soll, und die Amazonen. Amazonen gab
es freilich auch in Afrika^), und speziell von den Äthiopiern sagt
Strabo^): o%Xit,ov6v dh xal tag yvvaixag. — Daß Ptolemaios als
der erste nach Alexander hingestellt wird, ist alexandrinisch. In Wirk-
lichkeit hatte Krateros diesen Rang.®) Ds^egen zeigt der kleine Zug,
daß Kandaules den König mitten am Tag schlafend findet, Über-
einstimmung mit beglaubigten Nachrichten über Alexanders Lebens-
gewohnheiten. ^) Vgl. auch m 30. Ein Fall, daß Alexander einen
1) Athen. V 32 S. 201 abc. 2) Her. UI 97.
3) So im Grabtempel der Hatasu bei Theben: 'SchiiFe, die von der Somali-
küste Aifen, Elfenbein, fremdartige Bäume und andere Wunderdinge brachten'
(Mahaffy, Ptol. 129). — t^ber Äthiopiens Goldgruben und seinen Reichtum an
Edelsteinen vgl. u. a. Strabo S. 821. Diod. I 83, 3. Über den Sphinx- Affen:
Plin. VIII 72. Diod. III 35, 4; es ist nach Keller die rote Meerkatze (Oder bei
Pauly-Wißs. I 706). Über die äthiopischen Stiere: Aelian h. a. XVII 46.
Diod. EI 36, 7 fiF. Plin. YIU 74. Gemeint ist der auch in Nubien vorkommende
kajQferiscbe BilfPel, der noch jetzt als das gefährlicbBte und bösartigste Tier
seiner Heimat gilt. Über Stierkampfe in Memphis: Strabo XVII 1 S. 807.
4) Arr. III 5, 4. Später wurde er wahrscheinlich Satrap von Ägypten.
Über die Glaubwürdigkeit der bezüglichen Angabe bei Ps.-Arist. Oecon. 38 vgl.
Wilcken im Hermes XXXVI (1901) 198.
6) Steph. ßyz. u. d. W.: ^ari xal MeQori noXig Avxlccg.
6) S. u. zu III 27.
7) S. 822; ebenso Diod. EI 8, 5.
8} Plut. AI. 47, 5. Suidas u. d. W. KQCct6Q6g.
9) Plut. 23, 5: ixdd'gv^B jeoXXdxtg pi'ixQ^ y^<friS 'fjl'^Qccg, iöTt 6* 3tB xal diij-
IiJqbvsv iv TW xa^'BvSiiv.
192 Drittes Kapitel.
andern seine Rolle als König spielen ließ; kommt bei Curtius
in der Geschichte des Feldzugs gegen Porös vor.^)
m 21, Von Schneebergen in Äthiopien weiß z. B. auch
Philostratos.*)
in 22. Zur Beschreibung der Kandake vgl. Herod. lU 20: of
dh Aid-Loxsg . . . kiyovtai elvai ^aytdtoL xal xdkkiötoi avd'Qfh-
%(ov Tcccvrov. Die Schilderung des Palastes ist natürlich in der
Hauptsache erfunden; doch bezeugen die einstige Pracht von Meroe
die erhaltenen Trümmer und die dort gefundenen Goldschätze, die
einen großen Einfluß hellenistischer Kunst verraten.*) — Daß Porös
zu Meroe in Beziehung gesetzt wird, könnte außer dem Bedür&iis,
die Episode mit dem Roman in Zusammenhang zu bringen, auch
durch Mißverständnis einer Notiz über Porös* Freund Meroes ver-
anlaßt sein, wie Arr. V 18, 7: <pCXov elvai ix naXavov rö ncoQO) rbv
MsQÖVfV ifiad^Bv (l4Xe^avdQog).
111 23. Über Diamanten als Erzeugnis Äthiopiens Plin.
XXXVII 4 § 55: Veteres eum (adamantem) in Aethiopum metallis
tantum inveniri eiistimavere inter delubrum Mercuri et insulam
Meroen.
ni 24, Mit den Göttergrotten sind wohl die Felsengräber
der Könige am oberen Nil gemeint. Hier sucht der Verfasser die
Stätte der Göttermahle, die nach homerischer Vorstellimg bei den
Äthiopiern stattfinden. Über Sesonchosis s. o. zu I 33. Das Orakel
des Sarapis ist eine zum Teil wörtliche Wiederholung aus I 33, hier
um so unpassender angebracht, weil darin von der Gründung
Alexandrias als einem noch nicht vollendeten Akte die Rede ist.
EQ 26. Dieser Bericht über Alexanders Verkehr mit den Ama-
zonen hat keinerlei Beziehung zu dem der Geschichtschreiber
Alexanders.*) Die meisten verwandten Züge finden sich in dem, was
Diodor (III 53) nach Dionysios Skytobrachion über die libyschen
Amazonen und Strabo^) nach Metrodoros von Skepsis und Hypsi-
krates über die Amazonen am Kaukasus erzählt: bei ersterem die
1) Yin 13,21: Attalum .. veste regia exornat praebituram speciem
ipsum regem illi ripae praesidere. Ähnlich Epit. Mett. 58.
2) vit. Apoll. II 18, 2: xi66i d' Ald'tSnmv xb xal KccradovTtoiv 6q&p
&vtikhyEiv fxiv o^x ä^uü Sicc tovg sl7c6vtag.
3) Pictschmann, Pauly-Wiss. I 1100.
4) Arr. IV 15, 4 f. VH 13, 2. Diod. XVH 77, 1. Curt. VI 5, 24 ff. Just.
XII 3, 5 ff. Flut. 46. Strabo S. 605.
5) XI 5 S. 503 f.
Higtorischei Kommentar. 193
Wohnung auf einer großen Insel, die Beschnlnkung des Waffen-
dienstes auf die Jungfrauen (daher erst die Ausgedienten heiraten
dürfen, was auch bei Ps. gemeint ist, aber deshalb nicht klar her-
vortritt, weil für Frauen wie für Jungfrauen der Ausdruck *wir' ge-
braucht wird) und das Aufziehen der Kinder durch die Männer, bei
Strabo das jährliche große Opferfest, während dessen der Verkehr
mit den Männern erlaubt ist. — Der Ausspruch, daß in einem Kampf
mit den Amazonen keinesfalls Ehre zu gewinnen sei, wird in
Apophthegmensammlungen Alexander selbst in den Mund gelegt.^)
m 27^. Im echten Teil von IQ 27 stimmt die Erzählung der
Vorgänge am Hyphasis (Hypanis nennen ihn auch Strabo und Dio-
dor) mit den geringeren Historikern, besonders Diodor, nahe überein.
Nur begründet der Verfasser die Umkehr Alexanders mit der Furcht,
die seinem klugen Helden die Macht des Prasierkönigs einflößte, an-
statt mit einer Meuterei der Truppen, deren Mißstimmung bloß kurz
angedeutet wird. Ebenso erscheint die Sache in der Metzer Epitome
(§ 69), die gleichfalls die Meuterei übergeht. Die abweichende Fassung
von ö und C rührt wohl von einem Bearbeiter her, der fär die Kläg-
lichkeit dieses Motivs eine Empfindung hatte. Übrigens stammen
alle Hauptsachen aus historischer Quelle: der übele Zustand des
Heeres infolge der Regenzeit bei der Ankunft am Hyphasis'), die
Unzufriedenheit der Soldaten'), Alexanders Erkundigung nach der
Macht des Prasierkönigs, über die ihm Einheimische bezüglich der
Zahl der Truppen, Elefanten und Wagen genauere Angaben machten^),
1) C. Wachsmuth, Die Wiener Apophthegmensammlung (Festschr. der
Heidelb. üniveni. zur Phil. Vers. 1882) S. 7 Nr. 5: jiX. 6 ßaüilshs ^ucQoaiccXoviuwog
dnl Tccg ji4ia^6vas ötgccvB^öaö&av sine' vix&v ftkv yvvatxag alöxQ^v, rh dh
vi'X&ad'ai xal ^nb yvvaixmv alcxQ6tSQ0v.
2) Strabo XV 1 S. 697: vevcctog 9* h '^TTCavig' mQaixigm yccg ngotl-
^stv ixalv^ri (^i.) . . . vnb xfjg cxQaxi&g &%riyoQBVxvL«g ^dij n^hg
xohg n6vovg &vayxa6d'Eig . iidliöxa d' ^x x&v ^ädixmv ixafivov 6vv8x&g
^dftevoi. Vgl. ebd. S. 691. Diod. XVII 94, 2 f.: xal x&v fihv init<ov diic xiiv
6vvixiiav xfig hdoiieoQLag xag b^lag 4>7(oxBXQt(p9'ai övvißatve ... natä
xvxyiv dh xal xBUL&vBg äyQioi xaxBQQdyriöav iq>' 'fifiigag ißdonijxovxa
xal ßgovxal övvBxttg xal xBgavvol xaxiöxriytxov. Fehlt Arr. Gort.
3) Act. V 26, 2. Plut. 62, 1. Cnrt. IX 8, 1 ff. Just. XII 8, 10 ff.
4) Diod. XVn 93, 2: äxovöag &k xov ^yimg ... ttigav . . xo6xov (rdyyov)
xaxoixBtv x6 XB x&v Tlgaielmv xal Tavdagid&v l^vog^ rcixatv 9h ßa6i^
Ibvbiv SavägdiiTiv ?;|roi/ra dtöiLvglovg puhv Inotstg^ ^bS&v 9h sixoci {iv-
gid9ag, ag^iaxa 9h 9^6xlliaj iliipavxag 9h itoX9iitx&g xBxo6fikriiik4vovg
XBxgaxtöxillovgf &möx']jcag 9h xolg iByoiUvoig ngoötxaldcaxo x6v Il&gov xal . .
x&xgißhg 9iEJtvv»dvBxo. Ähnlich Gurt. IX 8, S f. Plnt. 62, 2. Epit. Mett. 68 (vgL
Aasfeld, Der griech. Alexanderroman. 18
194 Drittes Kapitel.
der Plünderungszag am Flusse*), die Errichtung von Altären und
das Opferfest. ^). Die ganze Geschichte des Rückzugs von Indien, die
in der Briefliteratur eine solche Rolle spielt, ist dann übergangen.
Doch war daraus die Unterredung mit den Gymnosophisten in Eap. 6
vorweggenommen.
Der hier eingeschobene Brief des Aristoteles geht deutlich
auf das pseudo-aristotelische Schreiben über die Handhabung der
Königsherrschaft zurück, das von J. Lippert nach arabischer Über-
lieferung herausgegeben') und seitdem bezüglich seiner Echtheit mehr-
fach erörtert wurde. Der Anfang lautet dort nach Lipperts Über-
setzimg: ^Admiratio quidem facinorum tuorum paene abolita
est continua eorum serie, qua facta sunt ut res vetus, cui
adsuevimus, non sicat aliquid novi, quod miramur; gaudio vero de
rebus iis, quae tibi contingunt, non vacamus, praesertim si
felicitatis tuae amplitudinem reputemus, cumque sis talis,
de quo recte dicit populus: non mentitur, qui te laudat.
Pervenit autem ad nos nuntius te post morbum, in quem incidisti
Babylone(?), post victorias, quas reportasti de Dario ... post peri-
cula illorum bellorum, quae subiisti, post aerumnas, quas
pertolerasti, coepisse operam navare in aliusmodi rebus'... Die
Verwandtschaft mit dem Eingang unseres Briefs ist unverkennbar.
Die darauf folgenden ausführlichen Belehrungen aber konnte der Be-
arbeiter natürlich nicht gebrauchen und scheint sie durch eine selbst-
verfaßte kurze Lobpreisimg ersetzt zu haben. — Der Brief stand
schwerlich schon im ursprünglichen Text, jedenfalls nicht an dieser
Stelle, wo er nur den Zusammenhang störend unterbricht und zu
Alexanders Rückzug gar nicht paßt. Es scheint, daß er aus einem
Randeintrag unrichtig, um einige Zeilen zu weit oben, in den Text
gesetzt ist und eigentlich als Zusatz zu den im Text berichteten babyloni-
schen Ereignissen bestimmt war. In Babylon erhielt Alexander wirklich
solche Adressen, die ihn zur Rückkehr aus Indien beglückwünschten*),
Plin. VI 19 § 68). Abweichend Arr. V 2ö, 1: ohne Zahlangaben und ohne Er-
wähnung der Völker und ihres Königs.
1) Nur Diod. 94, 4: dionsQ XsriXaTstv fikv atrolg avv6X<oQri6s tr]v
naganota^Liav %aiQav yi^uiveav ytavroiag d}q>BXBlag.
2) Arr. V 29, If. : öm^sxa ßoaiiovg xar aöxEvd^etv ngoardttBi .... 9'vti d»^
in' avzätv mg v6fiog xal &y&va tcoibI yviivixdv te xal innixov. Vgl. Plut. 62, 4.
Diod. 96, 1. Curt. IX 3, 19. Just. XII 8, 17. Epit. Mett. 69.
3) De epistula pseudaristotelica ytegl ßaöiXsiag commentatio. Halle 1891.
4) Arr. VII 19, 1: naQsXd'Ovti, ö' ai)tai ig Baßvimvu ngeöfiBlai naga,
Tc&i; *EX.Xrjvoiv ivixv%ov . . . doxBiv d'lftoiye al ytoXXal 6TB(payovvtmv ts aitov
Historischer Kommentar. 195
und hier sollen damals auch Gesandte der in unserem Brief ge-
nannten Skythen und Athiopen erschienen sein.^)
Der glänzende Empfang Alexanders bei seiner Rückkehr nach
Babylon ist historisch.^) Ein Festspiel mit Opfern fand nachher in
Ekbatana statt. ^) In Babylon war zur Leichenfeier für Hephaistion
ein solches von ungewöhnlichem Umfang in Vorbereitung, aber
Alexander starb vor der Ausführung.*)
lU 27^^ 28. Alexanders Brief an Olympias.
Auch dieser Brief scheint, wie der an Aristoteles (III 17), aus
verschiedenen Stücken hergerichtet zu sein, die ursprünglich nicht
zusammengehörten. Die Abenteuer von Kap. 27 werden als solche
bezeichnet, die nach Alexanders Ankunft in Babylon unternommen
wurden, was jedenfalls für den Zug zu den Säulen des Herakles der
ursprünglichen Fassung dieses Berichts entsprechen wird. Darauf
werden aber in Kap. 28 Ereignisse erzählt, die sämtlich vor Alexanders
Bückkehr nach Babylon fallen. Angesichts der historischen und
geographischen Kenntnis, die sonst bei dem Verfasser dieser Briefe,
und hier auch in Kap. 28, hervortritt, ist daher zu vermuten, daß
Kap. 28 von einem unwissenden Bearbeiter aus einer andern Quelle
entnommen und verkehrterweise als Fortsetzung von Kap. 27 ver-
wendet wurde. Dessen Werk ist wohl auch die unpassende Ein-
leitung, die alle diese Vorgänge, die zu Alexanders letzten Taten teils
wirklich gehören, teils als solche gedacht sind, an den Anfang seiner
Feldzüge verlegt; vielleicht infolge einer Verwechslung der Rückkehr
Alexanders nach Babylon im Jahre 323 mit seiner ersten Ankunft
dort im Jahre 331.
Daß der Brief der ursprünglichen Fassimg des Romans nicht
angehörte, läßt vor allem die von III 25 f. ganz abweichende Er-
zählung von den Amazonen erkennen. Schon Jul. Valerius empfand
diese Unebenheit imd suchte sie dadurch zu beseitigen, daß er die
r^öav xal ixaivovvtav iicl rals vixaig talg re äXlatg xal fniXiaTa ralg
'Ivdixalg xal 8ti 6&og i^ 'Ivd&v iTiavijxBt xalgsiv <paö%6vT(ov.
1) Arr. YII 15, 4: ^ccriövri dk aiftq» sig Baßvlava Aißvav ts Ttgsoßelai
iv9tvy%avov inaivovvtmv xb aal tststpavovvtaiv . . . %ai (Uyttai) dsro Ai9'i6naiv
TtqicßB^g iWßlv xal I^xvQ'&v x&v ix tfjg E'bQtojtrig.
2) Arr. a. a. 0. Diod. XVII 112, 6.
8) Arr. Vü 14, 1. Diod. XVH 110, 7. Plut. 72, 1.
4) Arr. Vü 14, 10.
13*
196 Drittes Kapitel.
erst erwähnten einfacli als 'andere Amazonen' bezeiclinete (158, 22).
Minder wichtig ist der Widerspruch zwischen III 28 und U 17, da
auch letztere Stelle später eingefQgt ist. II 17 f. war der Geschichte
gemäß von Alexanders erstem Aufenthalt in der persischen Residenz
und der von ihm befohlenen Anzündung des Eönigspalastes berichtet;
lU 28 aber wird sein Besuch in Susa und Persepolis so dargestellt,
als ob ihm die dortigen Wunderdinge ganz neu und unbekannt ge-
wesen wären.
m 27^. Der Zug zu den Säulen des Herakles läßt Alexander
den Plan ausf&hren, den man seinen letzten großen Rüstungen in Ba-
bylon unterschob.*) Die Vorstellung, daß Herakles' Säulen aus Edel-
metall gefertigt gewesen seien, zeigt auch Philostratos.^) — Etwa
in dieselbe Zeit — als Alexander kurz vor seiner Rückkehr nach
Babylon Medien bereiste — yerlegten einige Quellen das Eintreffen
Yon 100 Amazonen bei seinem Heer und seine Absicht, deren
Land zu besuchen, die in unserm Bericht verwirklicht wird.*)
m 28. Das Eap. wäre als Fortsetzung von IH 17^, 6 am
richtigen Platze, denn es behandelt denselben Abschnitt der Ge-
schichte Alexanders, der in HI 17^, 7 mit wenigen Worten abgetan,
in II 32 — 38 mit anderer Auswahl dargestellt ist: den Rückzug von
Indien nach Persis. Aus diesem sind folgende Ereignisse mit der
gewöhnlichen Ausschmückung und Umgestaltung, aber in leidlich
richtiger Reihenfolge verwendet: 1. Ankunft in einer Enge (links
Meer, rechts Gebirge) am indischen Ozean. Vom rechten
Mündungsarm des Indus nach Westen hin hat die Küste die be-
schriebene Beschaffenheit. So erwähnt Arrian^) eine solche Stelle in
der Nähe des Alexanderhafens, wo Nearchs Flotte den ersten längeren
Aufenthalt hatte. 2. Opfer für Poseidon: von Alexander dar-
1) Gurt. X 1, 17 ff.: Ipse (AI.) animo infinita complexus statuerat ... ex
Syria petere Africam . . . inde Numidiae solitadinibus peragratis cursum Gadis
dirigere; ibi namque columnas Herculis esse fama vulgaverat . . . Igitux . .
impera^it . . . septingentarum carinas naviam ponere . . . deduciqae Babylo-
niam. Vgl. Arr. VE 1, 2 (iey.). V 26, 2. Plut. 68, 1.
2) vit. Apoll, y 6: ras 6' iv t4> iegm (des Herakles, auf einer Insel bei
Gadeira) ötifjlas XQ^^^^ f'^^ nenotflöd-cci xal ägyvgov . . . slvai d' airckg
vnkg TCfjxw rerpaycbvov ti%vrig, «StfÄgp ol äxiwvsg. Vgl. Malalas VI 20ö (Dind. S. 161).
3) Arr. VII 13, 2 f.: 'Evta^a liyovotv Sti uitgonatrig 6 Tfjg Mr}dLag öccvgdxrig
yvvalxag ixarbv ainSi i&mxsv xa'bxag (pousxav slvai tmv 'AtLa^6voi}v ... xelc'ßtfa»
^k {IdXs^dvdQOv) &nayyBtkai ytghg tt^v ßaöiluJCav 6(pmv Sri aixhg ^S«ft n^hg
ai)ri}v 7taido7toiri66iievog.
4) Ind. 21, 9: 'Ex dk KgeuxtUmv (Insel nahe der Indus-Mündung) iv Ssiifj
Historischer Kommentar. 197
gebracht, als er den indischen Ozean erreicht hatte.') Dies sollte
vor dem in Nr. 1 Erwähnten erzählt sein. 3. Ankanft am Flusse
*Atlas'. Gemeint ist jedenfalls der Arabis (Aravi)^), der Ghrenzfluß
zwischen den Indern und Oriten, an dem sowohl Alexander Halt
machte, um sein Heer zu teilen^), als auch Nearch mit der Flotte
vor Anker ging.*) Der Name des Flusses ist in den Quellen ver-
schieden und mehrfach stark verderbt überliefert. So haben bei
• Amm. Marc. XXIU 6, 73 die Handschriften 'artabio', bei Curt. IX 10, 6
*barbarum', in der Ep. ad. Arist. 205, 17 *buebar'. 4. Marsch durch
Finsternis: Nachtmarsch vom Flusse Arabis durch die Wüste in
das Gebiet der Griten.^) Vgl. übrigens das zu H 38 Bemerkte.
5. Begegnung mit menschlichen Ungeheuern. Ähnlich, wie im
Brief an Olympias H 37, werden die wilden Bewohner der gedrosischen
Küste in die bekannten Schreckgestalten der Akephalen und Ky-
nokephalen verwandelt. So auch bei Aelian*), dessen indische
Kynokephalen, die sich in Felle kleiden und Schafe züchten, offenbar
ebenfalls mit den Ichthyophagen identisch sind. Etwas anders Etesias
bei Plin. VH 2 § 23. Herodot^ verlegt die Kynokephalen und
Akephalen nach Libyen. 6. Fahrt zur Insel des Helios: Nearchs
Fahrt zur Insel Nosala am Gestade der Ichthyophagen, die als Heilig-
tum des Helios galt.^) Es ist die Zauberinsel, die in anderer Weise
in n 38, m 17^ und Ep. 219, 9flf.^) Verwendung findet. Die An-
gabe der Entfernung in ß (150 Stadien) stimmt fast mit Arrian
überein. Eigen ist die Verlegung einer Stadt auf die Insel, denn
nach Nearch und Onesikritos war sie nicht von Menschen bewohnt.
7. Ankunft am 'Tanais*. Ursprünglich war hier wohl der Anamis
(Ananis, Andanis, Hyctanis^^)) genannt, ein Fluß in Karmanien, an
dem Nearchs Leute nach überstandenen Gefahren Rast machten und
lihv ixovtsg Sgog rh xaX66itsvov avrotatv EIqov, iv ägtcregf dk vijaov
äXitBvia EnXmov {oi nsgl NiaQ^ov)' i} 61 vfjöog TtaQocTBtaiitvri tJ iii6vt, xoXitov
atsivbv noUu. ^isxnXmaavreg Sh xavxr\v OQiii^ovtai iv Xt^iivi ... (Niagxog dk)
inovofid^st oc{)r6v ^dXs^dvdQOv Xiitivcc.
1) Arr. VI 19, 5: *Evrai}9'oc (imsQßaXvov tov 'Ivdov tag ixßoXag) ravgovg
C(pd^ag tat lIoöBid&vi ätpfixBv ig trjv d-dXaööav. Vgl. Ind. 20, 10. Diod. XVII
104, 1. Plut. 66, 1. Curt. IX 9, 27. Just. XII 10, 4.
2) Vgl. TomaBchek, Pauly-Wias. 11 864.
8) Arr. VI 21, 3. 4) Arr. Ind. 22, 8. 5) Arr. VI 21, 4.
6) h. a. IV 46. 7) IV 191.
8) Arr. Ind. Ml, 1; s. o. zu III 171. Pün. VI 23 § 97.
9) S. 0. zu m 17n 7.
10) Vgl. Tomaschek, Pauly-Wiss. I 2056.
198 Drittes Kapitel.
mit vieler Mühe Alexanders Landheer auffanden.^) Die verderbte
La. Tanais gab Veranlassung zn der geographischen Anmerkung, die
unzähligemal durch die Nennung dieses Flusses hervorgerufen wird.*)
8. Besuch der persischen Königsburgen. Nach jenem Zusammen-
treflfen mit Nearch begab sich Alexander nach Pasargadai*), wo er
Kyros' Grab besuchte, dann zur Königsburg von Persepolis*),
dann nach Susa.^) Das in nnserm Brief zuerst Gesagte bezieht sich
offenbar auf Persepolis, das sicher auch im ursprünglichen Text ge-
nannt war, wie nachher Susa. Von den angeführten Merkwürdig-
keiten findet sich einiges in Philostratos* Schilderung des babylonischen
Königspalastes ^) wieder: die Darstellung der Taten des Xerxes, der
Himmel und die magischen Vögel, die dem König Rat erteilen. Nach
dieser Stelle wäre mit dem 'taubenähnlichen' Vogel unseres Textes
ein Wendehals (Ivy^) gemeint, ein Tier, das vielfach zur Zauberei
verwendet wurde. — Von den Kostbarkeiten in Susa war der goldene
Weinstock weltbekannt. Daher lobt Plutarch') den jungen Alexander,
daß er die persischen Gesandten, die bei Philipp erschienen, nicht
kindisch nach diesem gefragt habe. Nach Athenaeus®) stand er im
Schlafzimmer des Königs, daneben ein kostbarer Mischkrug. Nach
Herodot®) war der goldene Weinstock nebst einer goldenen Platane
ein Geschenk des Lydiers Pythios an Darius I. Die automatische
Leier wird m. W. sonst nicht erwähnt. Fkavxov xixvt] ist ein
sprichwörtlicher Ausdruck, der etwa 'Meisterwerk' bedeutet. ^^) Er be-
1) Arr. Ind. 33—36. Plin. VI 98.
2) z. B. Strabo S. 310. 490. Curt. VI 3, 14. VII 7, 2. Arr. an. III 30, 8.
peripl. 29. Dion. Perieg. 661. Pomp. Mela I 1, 8.
3) Arr. VI 29, 1. 4) Arr. 30, 1. 5) Arr. VII 4, 1.
6) vit. Apoll. I 25, 2 : öxoal . . xQVGolg itpaßiucöi . . xad'djtsQ ygatpatg riy^d-
i(fra& ... 'Evvtpavrai %ov .. xal tmv &fi(pl Sig^Tiv, a vixäv ^q>aaxEV ....
^aßl &h %al &v9q&vi ivtvxslv, ov rhv dQO(pov ig d'6Xov &vfjx9'at cxfjit'Cc oisgav^
xivi sixaöfi^vov .... dixd^sL iihv dr} 6 ßaßilsvg ivravd'a, ;|rpt;<rar S*
tvyyBg icjtoxQiiLavxai rov 6pO(jpov xixraQBg xr]v*A9Qci6xsiav wötai nagaf-
yv&öai xal xo pii] vnhg xovg Scvd'Qdjjtovg atgsGd'ai . . . xccXo^öt d* cciycccg 9's&v
yXmxxag.
7) de fort. Alex. U 11.
8) XII 9 S. 514': *Hv <5' iv xa xoix&vi xal Xi9'ox6XXrixog &fiytBXog ;upvtf<)
vTtig xijg xXivT}g. Trjv dh &^i7tsXov xavxriv 'Afivvxccg (priölv iv xotg Sxad'nolg xccl
ß6xQvag ?;uctv ix xcbv 7CoXvxtX%oxdx(ov '^ritpiov övvxsd'etiLivovg (vgl.
Syr.), oi) (iccxgdv xs xavxr\g &vccxBtad'ai xgaxf)ga xQ^^ovv BBodmgov rot) Zaidov
9) Vn 27. Ebenso Plin. XXXHI 137. Anders Plin. XXXUI 61.
10) Schol. Piaton. S. 381 ed. Bekk. (FHG 11 288): TXavxov rix^n' V inl
Historischer Kommentar. 199
zieht sich auf den Erzgießer Glaukos von Chios, dessen Kunst sprich-
wörtlich war. — Die nur bei Val. erhaltene Angabe 'ibidem enim
et fons fictus est* wird durch das sog. 'Religionsgespräch am Hof
der Sasaniden' bestätigt, ein Werk des fünften oder sechsten Jahr-
hunderts n. Chr., in dem Ps.-K. mehrfach benutzt ist.^) Hier spielt
eine Statue der Göttin IJrjyrj, die sich im Königspalast des Kyros
befindet, eine wichtige Rolle (Rel.-6espr. 13, 13jBF.). — Das Fest der
Rettung aus den Gefahren Gedrosiens wurde zweimal gefeiert: erst
▼on Alexander in Karmanien ^), dann mit Nearch zusammen am
Pasitigris^). Letzteres ist hier gemeint.
Die in ß hier, in d an anderem Ort eingeschobene Erzählung
von Nysa gehört nicht in diesen Zusammenhang; denn Alexanders
Besuch in der indischen Stadt, die man Nysa nannte, fällt in den
Anfang des indischen Feldzugs, als sich Alexander zwischen dem
Kophen und Indus befand.*) In den Quellen wird der Vorfall wesent-
lich anders berichtet. Doch weiß auch Justin^) von einer Panik des
Heeres, womit der Gott das frevelhafte Betreten seines Berges be-
strafte, und Curtius^) von dem Gelage des Heeres. In unsern Texten
von ß ist die Geschichte durch Zusätze aus der folgenden Erzählung
über die persische Königsburg entstellt. Übrigens trägt das Stück
denselben Charakter, wie der sonstige Inhalt dieser Briefe, und mag
wohl einem solchen entnommen sein.
in 30 — 33. Für die Darstellung von Alexanders Vergiftung
und Tod, III 30 — 33, tritt den Texten des Ps. als ergänzende, teilweise
bessere Überlieferung desselben Inhalts der Schluß der in einer Metzer
Hs. erhaltenen 'Epitome rerum gestarum Alexandri Magni'^) zur
Seite. Die Übereinstimmung zwischen Epitome und Roman ist eine
so wörtliche, daß sie nur auf unmittelbarer Entlehnung des einen
Werkes aus dem andern oder aus einer gemeinsamen Quelle beruhen
tmv firj (adimg xarsgYcc^oiidvatv i) inl xmv ndvv ifLfieX&s xal ivtsxvmg Bloyaöiiivonv.
Vgl. Achill. Tatiufl H 3.
1) her. Y. Ed. Bratke, Leipzig 1899. In Bratkes Liste der Entlehnungen
aus Ps.-K. (S. 280) fehlt die SteUe R.-G. 7, 7 ff., die auf Ps.-K. II 1 zurückgeht.
2) Arr. VI 28, 3. 3) Arr. Ind. 42, 6 ff.
4) Arr. Vif Curt. VÜI 10, 7 ff. Just. XH 7, 8 ff. Strabo XV 1 S. 687.
5) Xn 7, 8: Sed exercitus ubi ad montem (den Berg Meros bei Nysa) ac-
cessit, repentino impetu mentis in sacros dei ululatus instinctus cum stupore
regis sine noxa discurrit. Vgl. Arr. V 2, 7.
6) Vni 10, 17: large ad epulas omnibus praebitis per X dies Libero
patri operatum habuit exercitum. Vgl. Arr. V 8, 6.
7) Incerti auctoris epitome rer. gest. AI. Magni ed. Otto Wagner Lipsiae 1900.
200 Drittes Kapitel
kann. Da die Epitome jünger ist als der Roman ^ und überdies der
Verfasser des RomanB schwerlich lateinische Quellen gebraucht hat^
so stellt sich die Frage so: hat der Verfasser des Romans aus der
Vorlage der Epitome^ die in diesem Fall ein griechisches Geschichts-
werk gewesen sein müßte*), abgeschrieben — oder hat er aus einer
Quelle abgeschrieben, die der Verfasser der Epitome oder ihrer Vor-
lage benutzte — oder hat der Verfasser der Epitome oder ihrer Vorlage aus
dem Roman übersetzt? Für die erstgenannte Möglichkeit hat sich der
künftige Herausgeber des Romans, W. Kroll, entschieden.^) Mir scheint
aber der erste und zweite Fall aus folgenden Gründen ausgeschlossen:
Erstens entspricht es der Art des alexandrinischen Romandichters^
durchaus nicht, eine Vorlage wörtlich abzuschreiben. Vielmehr hat
er gerade den umgekehrten Fehler, mit seinen Quellen in der freiesten
und willkürlichsten Weise zu verfahren. Femer kann Alexanders
Testament, das ein wesentliches Stück dieser dem Roman und der
Epitome gemeinsamen Partie bildet, dem ursprünglichen Text des
Romans nicht angehört haben, da es zum Vorhergehenden und Fol-
genden im schroffsten Widerspruch steht. Denn Porös, der nach III 4
von Alexander im Zweikampf getötet war, wird hier in seiner Herr-
schaft bestätigt; Roxane, die in H 20 — 22 als Tochter des Darius
eine wichtige Rolle spielt, wird hier zweimal als Baktrierin und
Tochter des Oxyartes bezeichnet; imd während nach HI 33^ Alexander
über seinen Nachfolger und über Ort und Art seiner Beisetzung Ver-
fügung getroffen hat und diese in Ptolemaios' Gegenwart verlesen
worden ist, befragt Ptolemaios in HI 33°^ Alexander, wem er da^
Reich hinterlasse, und in lU 34 das Orakel des babylonischen Zeus,
wohin Alexanders Leiche zu verbringen sei. Das Testament kann
also nicht vom Verfasser des Romans, der doch wohl diese ungeheuren
Widersprüche zu seiner eigenen Darstellimg beseitigt haben würde^
sondern nur von einem Späteren, einem gedankenlosen Bearbeiter,
eingefügt sein. Dagegen sind HI 30 — 32 unentbehrliche Bestandteile
der Erzählung. So müßte, wenn die Vorlage der Metzer Epitome oder
ein von dieser benutztes Geschichtswerk die Quelle von UI 30 — 33 wäre,
eine zweimalige Anleihe für den Roman bei dieser Quelle erfolgt
sein: erst durch den Verfasser für Kap. 30 — 32, dann durch einen
späteren Bearbeiter für das Testament; was nicht eben wahrschein-
1) Das ist m. E. an sich nicht sehr wahrscheinlich. Der Titel ^epitome'
deutet doch wohl darauf hin, daß die Schrift ein ^Auszug' aus einem gleich-
artigen Werk, nicht zugleich die Übertragung eines griechischen ist.
2) Beil. zur AUg. Zeitung 1901 Nr. 38 S. 4.
Historischer Kommentar. 201
lieh ist. Dazu kommt endlich die Komposition der Erzählung von
Alexanders Tod (III 33"), die von der Epitome § 109—112 in Über-
einstimmung mit der aimenischen Übersetzung (pos — öx^ gegeben
wird, welch letztere aber in 6na über denselben Gegenstand einen
zweiten, abweichenden Bericht hinzufügt, der mit Jul. Valerius und
Ps. ß übereinstimmt und jedenfalls den ursprünglichen des Romans
darstellt (III 33"^. Jener erste Bericht (III 33^ kann nun nicht
aus der Epitome oder ihrer Vorlage in die Texte des Romans ge-
kommen sein, sondern das umgekehrte Verhältnis ist hier zweifellos,
da das Stück deutlich mit Benutzung des Romans zusammengestoppelt
ist; denn der Thebaner Ismenias, der durch den Befehl der Wieder-
herstellung Thebens erfreut und mit der Überbringung des Briefs
an die Rhodier beauftragt wird, ist doch kein anderer, als der Held
von I 46, und die Angabe über Alexanders Lebens- und Regierungs-
dauer stammt aus III 35. Ist somit in diesem Falle sicher der Ro-
man, nicht der Metzer Bericht oder seine Quelle, das Original, so
wird man, vollends in Erwägung der übrigen Gründe, dieselbe Sach-
lage für den ganzen fraglichen Abschnitt III 30 — 33^ annehmen
müssen.
Die Entstehung des gegebenen Textverhältnisses mag man sich
etwa so denken: Der Verfasser der Epitome oder ihrer Vorlage hatte
vielleicht von Anfang an den Roman zur Hand^), verwendete ihn
aber als Hauptquelle erst für die Darstellung von Alexanders £junk-
heit und Tod, weil hier die Erzählung des Romans viel effekt-
voller ist, als die der historischen Quellen. Daß er auch diese da-
neben gelesen hat, verrät er nur durch eine Bemerkung zum Ver-
zeichnis der Gäste des Medeios: ^quorum Onesicritus fugiens simnltatem
mentionem facere noluit' (§ 97). Übrigens folgt er in dieser Partie
ausschließlich dem Roman, von dem er einen Text besaß, der vor
den uns sonst erhaltenen Texten und Bearbeitungen von a mehrere
Vorzüge hatte; namentlich war hier allein der Brief an die Rhodier
(§ 107 f. vgl. HI 33^) vom eigentlichen Testament getrennt. Aber
auf die gute Überlieferung von III 30 — 33^ folgt in seinem Exemplar,
wie in dem des armenischen Übersetzers, der oben besprochene schlechte
Bericht über Alexanders Ende (§ 109—112 « HI 33"). Daß dieser
1) Schon im ersten Teil des Werks, der sonst geschichtlichen Quellen folgt,
finden sich einzelne Übereinstimmungen: zu Mett. § 3 ^Ariobazanes^ qui cum
Beso Darium interfecerat' vgl. II 20 ; zu Mett. § 66 f. (Porös' Brief) vgl. III 2. In
andern Fällen, die oben erwähnt wurden, ist aber eine (indirekte) Herleitung
aus gemeinsamer Quelle anzunehmen; s. bes. zu III 5.
202 Drittes Kapitel.
nicht der ursprüngliclien Fassung des Romans angehört haben kann,
ergibt sich schon aus seinem untrennbaren Zusammenhang mit dem
Testament (s. o.); femer sind für die Komposition unechte Stücke
des Romans benutzt (I 46 und III 85); lollas, der hier Alexander
eine dritte Dosis des Gifts beibringen muß, befindet sich nach Kap. 32
gar nicht in Babylon, sondern ist nach Kilikien entflohen; endlich
paßt der rührselige Charakter der Erzählung nicht zum Ton des
echten Romans, sondern nähert sich der süßlichen Art der Bearbeitung y.
Dagegen kennzeichnet sich der zweite, von Val., Arm. und ß über-
lieferte Schluß, Kap. 33^^ u. 34, durch die oben angeführten Wider-
sprüche zum Testament als Bestandteil eines Textes, der diesen Zu-
satz noch nicht enthielt, durch die Hervorhebung von Ptolemaios und
Alexandria als alexandrinisch, kurz als der echte Schluß des ursprüng-
lichen Romans. Daß wir außer diesem Schluß noch jenen andern
überliefert finden, der in der armenischen Übersetzung sogar daneben
gestellt ist, erklärt sich wohl einfach aus der Verstümmelung, die
Handschriften so oft durch Wegfall oder Beschädigung der äußersten
Blätter erleiden. Infolge einer solchen gab es Texte von a, wie z. B.
die Handschrift A, in denen hinter dem Testament der Rest von
Kap. 33 und Kap. 34 fehlten. Ein Bearbeiter, dem ein solcher un-
vollständiger Text vorlag, half da ab, indem er mit Benutzung der
in der früheren Erzählung gegebenen Motive und aus geschichtlichen
Erinnerungen (Übergabe des Rings an Perdikkas) einen eigenen Schluß
verfertigte, den in der Epitome und der armenischen Übersetzung er-
haltenen Lückenbüßer. Der Armenier besaß aber — was noch durch
andere Umstände bewiesen wird — außer diesem Text von a einen
zweiten, aus dem er den richtigen Schluß nachtrug. Der Verfasser
des Metzer Berichts dagegen fügte in § 113 und 114 eine kurze
eigene Darstellung des nach Alexanders Tode Geschehenen hinzu und
fand durch Verlegung des Testaments an das Ende einen passenden
Ausgang.
Zur Überlieferung des Testaments bieten außer der Metzer Epi-
tome eine wertvolle Ergänzung die sogenannten Excerpta Latina
Barbari, das Werk eines Galliers, der eine um 500 n. Chr. verfaßte
alexandrinische Weltchronik ^) in sein Latein übertrug. Diese Chronik
enthielt außer andern Stücken des Romans*) auch einen Teil des
Testaments.
1) Vgl. bes. C. Wachsmuth, Einl. in dag Stud. d. alt. Gesch. ISO ff. C. Fricks
Ausgabe in dessen Chronica minora Bd. I.
2) Frick praef. CLXVI f. Von mir ergänzt Rh. M. LVI S. 542.
Historischer Kommentar. 203
III 30. Daß Alexander während seines letzten Aufenthaltes in
und bei Babylon Vorzeichen erhielt, die auf sein nahes Ende hin-
deuteten, daß er die Chaldäer befragte und durch deren Wahr-
sagungen in große Aufregung geriet, entspricht der Erzählung der
Historiker. Jedoch erwähnen diese nichts von dem hier berichteten
Prodigium. Der bedeutendste der Chaldäer, die Alexander weissagten,
hieß nach Diodor^) Belephantes. — Daß Alexander als dritter mit
Herakles und Dionysos zusammengestellt wird, stammt aus der Ge-
schichte des indischen Feldzugs.*)
m 31. 32. Der Verdacht, daß Alexander nicht an Fieber ge-
storben sei, sondern an einem Gift, das ihm Antipatros durch seine
Söhne Kassandros und lollas habe beibringen lassen, soll nach
Plutarch*) im sechsten Jahre nach Alexanders Tod aufgekommen
sein und Olympias veranlaßt haben, loUas' Grab zu zerstören. Schon
frühe muß dann ein Geschichtschreiber, mit dessen Machwerk sich
die Verfasser der uns erhaltenen Berichte sämtlich bekannt zeigen,
die Darstellung von Alexanders Tod danach umgearbeitet und seine
Fassung den tatsächlichen Verhältnissen so geschickt angepaßt haben,
daß die Sache einen glaubwürdigen Eindruck machte, zumal er für
die lange Verheimlichung der Untat und das Schweigen der ältesten
Berichterstatter im Einfluß des Ajitipatros und seiner Söhne eine
leidliche Erklärung zu finden wußte.*) Wer dieser Schriftsteller war,
ist ungewiß. Die Metzer Epitome (§ 97) bemerkt zum Verzeichnis
der Gäste des Medeios: iam non alienum videtur, qui fuerint de-
monstrare, quorum Onesicritus fugiens simultatem mentionem facere
noluit. Danach würde man auf Onesikritos schließen, wenn nicht
andere Umstände dagegen sprächen. Denn wenn Onesikritos in seinem
AJter^j an Lysimachos' Hof lebte*), so ist nicht wahrscheinlich, daß
er gegen Kassandros, Lysimachos' Schwager und Verbündeten, eine
so furchtbare Anklage erhoben hat. Auch würden es unsere Quellen
schwerlich unerwähnt lassen, wenn sich diese Überlieferung auf einen
so namhaften Gewährsmann aus Alexanders Umgebung stützte.
1) XVII 112, 3.
2) Vgl. bes. Gurt. VIII 10, 1: Patrem Liberum atque Herculem fama
cognitos esse, ipsum coram adesse cernique. Ähnlich die Metzer Epitome § 34.
3) AI. 77, 1.
4) Diod. XVII 118, 2. Gurt. X 10, 18. Just. XII IS, 10.
5) Nach Plutarch: ^als Lysimachos bereits König war', also nach 206.
Damals muß aber Onesikritos schon hoch bejahrt gewesen sein, wenn das bei
Diog. Laert. VI 76 Erzählte richtig ist.
6) Plut. 46, 2.
204 Drittes Kapitel
Kleitarch, den man fär den Verfasser gehalten hat^), muß zwar —
Yorausgesetzty daB sein Werk wirklich die gemeinsame Quelle von
Diodor, Justin und Curtius gewesen ist — die Geschichte mitgeteilt
haben^ aber offenbar nur als abweichende Tradition anderer.') Wenn
es seine Darstellung ist, die Diodor wiedergibt') und Plutarch als
theatralisch tadelt^), so wurde nach ihm Alexanders Tod vielmehr da-
durch verursacht, daß er nach einem unmäßigen Gelage zum Schluß
noch den Becher des Herakles leerte. Die Ausarbeitung der Ver-
giftungslegende mag von irgend einem Literaten aus der Partei des
Antigonos^) herrühren, dem niemaud die Ehre antat, ihn zu nennen,
dessen Angaben aber der romanhaften Historiographie willkommenen
Stoff boten und wegen des Aufsehens, das sie erregten, auch von
Besseren nicht verschwiegen werden konnten. Denn die Fabel hat
schon im Altertxmi bei vielen Glauben gefunden*), und auch solche
Geschichtschreiber, die sie grundsätzlich verwerfen, wie Arrian und
Plutarch in seiner Lebensbeschreibung Alexanders, halten es doch
für nötig, mehr oder weniger ausführlich darauf einzugehen. Der
Verfasser des Romans schließt sich ihr nicht nur in den Hauptzügen,
sondern auch in vielem Nebensächlichen genau an; ja es ist zweifel-
los, daß in seiner Erzählung der Inhalt jenes Berichts vollständiger
wiedergegeben wird, als bei unsern Historikern. Nur die Angabe,
daß Aristoteles an dem Mordplan beteiligt gewesen wäre, konnte er,
bei seiner Auffassung des Verhältnisses zwischen Alexander und
Aristoteles, nicht gebrauchen; vielleicht fehlte sie auch in seiner
Quelle, wie bei Diodor, Justin und Curtius. Übrigens stimmt bei ihm
folgendes mit der sonstigen Überlieferung der fraglichen Geschichte
überein:
1. Antipatros' Abberufung und Ersetzung durch Kra-
teros wegen der gegenseitigen Beschwerden und Feindselig-
1) Fränkel, Die Quellen der Alexanderhistoriker S. 80.
2) Diod. XVII 117, 5; vgl. Cort. X 10, Uff.
3) XVn 117, 1 f. 4) AI. 76, 8.
6) Für die Behauptung, daß Aristoteles das Gift beschafft habe, berief
man sich auf einen gewissen Hagnothemis, der dies vom König Antigonos ge-
hört haben sollte (Plut. 77, 2).
6) Gurt. X, 10, 14: veneno necatum esse credidere plerique. Um-
gekehrt fireilich Plut. 77, 3: ot ^k nXslotoi toi^ X6yov oXcog oPovtat TCBjeXda^ai
Tot^ tcsqI ri)g (pag^iaxeias. Justin (XII 14, 1 — 9. XYI 2, 6) erzählt alles als tat-
sächlich. Vgl. femer z. B. Aelian h. a. V 29. Plut. de invidia 6. vit. dec. or. 9.
Lamprid., AI. Severus 02, 3. Tac. ann. II 78 (Germanicus' Zeitgenossen verglichen
dessen Schicksal mit dem Ende Alezanders).
Historischer Kommentar. 205
keiten zwischen ihm und Olympias.^) Olympias floh wirklich
vor Antipatros nach Epirus und wurde erst durch Polysperchon
zurückgebracht.*) Der von Antipatros verlangte ^militärische Dienst'
bestand darin, daß er aus Makedonien Ersatztruppen bringen sollte,
der dem Ejrateros aufgetragene, daß er die Veteranen nach Make-
donien zurückzufuhren hatte.') 2. Antipatros^ Furcht vor
Alexanders Oewalttätigkeit.^) 3. Beschaffung eines Gifts,
das in einem Huf verwahrt wurde. ^) Es soll eiskaltes Wasser
aus der Quelle Styx bei Nonakris in Arkadien gewesen sein.^) In
eine ganz andere Beziehung zu Alexander bringen dieses Gift und
sein Behältnis Philon von Herakleia^ und Aelian*): Alexander habe
das Hom eines skjthischen ^Esels', das allein jenes stygische Wasser
fassen konnte, in Delphi geweiht. Wieder andere schrieben dem Hom
des indischen Wildesels die Eigenschaft zu, gegen Gift zu schützen.^
4. Entsendung des Kassandros nach Babylon, um das Gift
zu überbringen. Kassandros kam wirklich um diese Zeit an den
Hof^®), wahrscheinlich um dort Beschwerden entgegenzutreten, die
gegen seinen Vater erhoben worden waren. Daß er das Gift mit-
gebracht habe, sagen Arrian (als Isy.y^), Curtius^*) und Justin.^')
1) Just. Xn 14, 1 — 5: Auetor insidiarum Antipater fuit, quippe eum
... videret ... a matre quoque eius Olympiade variis se criminatio-
nibus vezatum ... Ex quibus rebus se quoque a Macedonia non ad so-
cietatem militiae, sed ad poenam vocatum arbitrabatur. Arr. YII 12,
5 — 7: A6yog di xig xal ovrog itpolta &fpavijg ... i^rirrmfiBVOV 'AXi^avdQOV
ijSfi Tilg (irirgog tätv & laßoX&v x&v ig jirrlnatgov &7iaXXdiat i^iXeip
i% Maxsdovlag 'Avtlnatgov .... 'E^rel o4>Shv ina4)ovto 'AXB^dvdQip YQ^-
fpovTig 6 iihv zr\v a'b&ddsidv re tflg 'OXvftnuidog xal d^^rrjfva %al tcoXv-
nQayitoövvriv Vgl. Diod. XVII 118, 1. Plut. 39, 7. 68, 3. apophth. AI. 14.
2) Diod. XVm 49, 4. XIX 11, 2. Vgl Plut. 68, 8.
8) Arr. Vn 12, 4. Just. Xu 12, 9. Vgl Curt. X 10, 16.
4) Just. Xn 14, 1—3. Diod. XVII 118, 1.
5) Just. 7: cuius veneni tanta vis fuit, ut non aere, non ferro,
non testa contineretur, nee aliter ferri nisi in ungula equi potuerit.
Ähnl. Curt. X 10, 16. Arr. \1I 21,1: iv iiiii6vov bicX^, Plut. 77, 2: slg 6vov mH'»-
6) Plut. a. a. 0. Plin. XXX 16 § 149. Paus. VIH 18. 6. Vgl. Curt. § 17.
7) Stob, eclog. phys. I 62, 48. Westerm. paradoxogr. S. 179.
8) h. a. X 40.
9) Ktcsias Indica ed. Bahr § 26. Vgl. Philostr. vit. Apoll. lü 2, 1 : die in-
dischen Könige gebrauchen dieses Hom als Becher, der gegen Krankheit, Feuer
und Gift schützt.
10) Plut. 74, 1. 11) vn 27, 1. 12) X 10, 17.
13) § 6: Igitur ad ocoupandum regem Cassandrum filium dato
▼eneno subornat, qui cum fratribus Philippe et lolla ministrare regi
206 Drittes Kapitel.
5. Mitwirkung des Obermundschenks lollas^ wegen einer
Kränkung durch Alexander.^) Das Vorbild der Erfindung ist
wohl die Verschwörung des Pagen Hermolaos, der Alexander wegen
einer Züchtigung ermorden wollte, 'wobei ebenfalls der Liebhaber des
Knabeu eine Rolle spielte.*) C. Beitritt des Thessaliers Medeios,
der lollas' Liebhaber und Alexanders Freund war.*) T.Opfer
und Gelage vor dem Gastmahl bei Medeios. Den Tatsachen
entsprechend.^) Daß bei diesem letzten Mahl der König selbst als
Schauspieler auftrat (in einer Szene aus Earipides' Andromeda),
wird durch ein Fragment der Nikobule bestätigt.^) Nach Plutarch*)
fand das Festmahl zu Ehren Nearchs statt. 8. Alexanders Ein-
ladung durch Medeios, als er sich von diesem Mahl nach
Hause begeben wollte. Daß Alexanders tödliche Ej-ankheit nach
einem Gelage bei Medeios eintrat, ist bekanntlich durch die Ephe-
meriden als tatsächlich erwiesen^); daß aber Medeios den König ge-
wissermaßen wider seinen Willen zur Teilnahme verführte^ ist wohl
ein Zug der Vergiftungsgeschichte.^) 9. Anwesenheit von zwanzig
Personen bei Medeios' Gelage. Durch Nikobule bestätigt.^)
Der Schluß des Fragments, der mit den Ephemeriden übereinstimmt,
zeigt, daß dies nicht zu einer Erzählung der Vergiftungsfabel ge-
hörte. Vielmehr scheint die Angabe über die Zahl der Teilnehmer
auf eine gute Quelle, vielleicht die Ephemeriden selbst, zurückzugehen,
solebat. Die Stelle ist zweifellos verderbt. Ich vermute etwa: qui c. f. Pb. et
lolla, qui m. r. s., instrueret facinus.
1) Arr. VU 27, 2: Jovvai äk airrh *l6lXav rhv &6eX(p6v tov Kacdvägov
tov vemtSQOV elvai yccQ olvoxoov ßaöiXmhv rov *l6XXav %al rt %al XbXv^
TCfjöd'ai jtQog 'AXs^dvdgov dXlym nQ6ad'BV Tf}g tßXsvrfjg. Vgl. Plut. 74, 1 f.,
wonach nicht lollas, sondern Kassandxos von Alexander mißhandelt worden war,
der ihn mit dem Kopf gegen die Wand stieß, weil er über die Proskynesis lachte.
2) Arr. IV 13. Curt. VIÜ 6, 7 ff.
3) Arr. VU 27, 2: ol dk %al Mi^diov fieta^xslv tov tgyov igaatriv
6vxa Toi) *l6XXa' xal ainov yccg slvai rbv slöriyritriv ysv6(iBvov jiXs^dv-
SQ(p tov xcbfiov. 24, 4: Mi^^tov . . räiv krotlQCOv iv tSt t6te xhv iti^avm-
xarov (AXBidvÖQat). Vgl. Plut. quem, adulat. int. § 24.
4) Arr. 24, 4. Plut. 76, 2. Vgl. Diod. XVII 117, 1.
5) Athen. S. 637*: NixoßovXri di (priöiv^ ort. naga xo ÖBinroi' ndvxBg ol
äyaviaxal iönovSal^ov xig^tsiv xov ßaaiXia xal 8xi iv xSi xtXEVxaLfo ÖBinvia
ai)xhg 6 jiXi^avÖQoe i7CBio6dt6v xi iiv7iii>ovEvaag i% xf^g EvQiTcidov 'AvdgofU&ag
ijycavloccxo.
6) 75, 3. 7) Arr. 26, 1. Plut. 76, 3.
8) Arr. VII 24, 4 {Xsy.). Just. XII 13, 7. 14, ö.
9) Athen. X 44 S. 434 ^
Historischer Kommentar. 207
und ebenso das hier im Roman erhaltene Verzeichnis der Gäste.
Denn von einem großen Teil der Genannten wissen wir, daß sie da-
mals wirklich in Babylon waren: Perdikkas, Medeios, Meleagros,
Peithon^), Leonnatos^), Peukestes^), Ptolemaios, Lysimachos*), Phi-
lippos ^), Eumenes^), Nearchos und Menandros. '^) Ein Reiterführer
Namens Herakleides und zwei Namens Ariston kommen in der Ge-
schichte des persischen Feldzugs vor, ohne Angabe ihres Heimatortes.
Vor EvQCiTCvog fehlt ein Name. Vermutlich ist UsXavxog einzusetzen,
denn Seleukos war aus Europos^) und befand sich damals in Babylon.^)
Philotas ist jedenfalls der General, der bei der Reichsteilung
in Babylon, Kilikien, Asandros — dessen Name auch in der
Überlieferung der Historiker gewöhnlich zu Ka6{ö)uvdQos entstellt
ist — derjenige, der Karien erhielt, Stasanor vielleicht ^^) der
Satrap der Arier und Zarangen. Der Name Dardanos beruht wohl
auf Verderbnis, wahrscheinlich durch Vermenguug eines irrtümlich
wiederholten MevavÖQog mit der darübergesetzten richtigen Schreibung
MsvCdag. Menandros und Menidas waren um dieselbe Zeit mit ihren
Truppen in Babylon eingetroflfen.^^) über Holkias, dessen Namen der
Bearbeiter hinzugesetzt hat, der das Testament einschob, s. u. zu
Kap. 33^ Proteas, der Alexander zwei Maß Wein vorgetrunken
und dadurch dessen tödliche Erkrankung hervorgerufen haben soll^*),
scheint nicht zu dieser Liste zu gehören. 10. Alexanders Ver-
giftung, wonach er wie ein Verwundeter aufschrie und das
Gelage verließ. ^^) 11. Lähmung der Sprache; tatsächlich, nach
1) Arr. VII 26, 2. succ. 2. Plut. 76, 4. Curt. X 7, 4. 8.
2) Arr. succ. 2. Curt. X 7, 20. 8, 4.
3) Arr. VIT 23, 1 ff. 26, 2. 4) Arr. succ. 2.
5) Ein Philippos, Ulg r&v (plXmv\ hatte nach Diod. XVII 116. 6 Ammons
Orakel über die Apotheose Hephaistions nach Babylon überbracht. Da ein
Name zu beseitigen ist, damit zwanzig herauskommen, so wird man am besten
den ohne Zusatz genannten Philippos streichen. 6) Arr. succ. 2.
7) Dieser hatte nach Arr. VE 23, 1 eben Truppen von Lydien nach Ba-
bylon geführt.
8) Appian und Steph. Byz. schreiben dafür irrtümlich *SlQci}n6g. Vgl. Niese,
Gesch. d. gr. u. m. St. I 393.
9) Arr. VE 26, 2. Plut. 76, 4.
10) Vgl. aber Arr. VI 29, 1. U) Arr. VH 23, 1.
12) Ephippos bei Athen. S. 484».
13) Just. XII 13, 8: Accepto poculo media potione repente velut
telo confixus ingemuit elatusque convivio semianimis tanto dolore cruciatus
est ... Ähnlich Diod. XVII 117, 2 (aber ohne Bezug auf die Vergiftung). Arr.
•27, 2 (Xsy.). Plut. 76, 3 (mit Tadel gegen diese theatralische Schilderung).
208 Drittes Kapitel.
den Ephemeriden. ^) 12. Alexanders Versuch; sich im Euphrat
zu ertränken, durch Rozane verhindert.') Dieser Zug gehört
offenbar nicht der Vulgata an, wie sein Fehlen in den übrigen
Quellen und die Form des Tadels bei Arrian beweist. Die Erfindung
verrat aber Sachkenntnis, denn Alexander lag wirklich während seinei
letzten Krankheit eine Zeitlang am Euphrat, im ^Haus bei der Bade-
anstalt'.^) 13. Auflauf der Makedonier, die den Zutritt zum
König erzwangen und dann von ihm Abschied nahmen. Die
bekannte historische Szene. ^) Auch Einzelheiten stimmen überein,
wie die Aufstellung des Bettes auf einem erhöhten Platze^), das Er-
scheinen der Makedonier im bloßen Chiton^, ihre Entlassung durch
eine andere Tür.^ — Der Ejiabe Kombaphes, der neben Alexanders
Gemahlin genannt wird, mag ein ^scortum regium', wie Bagoas^), ge-
wesen sein. — Die Verabredung zwischen Perdikkas und Ptole-
maios, der zufolge Perdikkas mit seinen Ansprüchen auf das ganze
Reich und seiner späteren Feindseligkeit gegen Ptolemaios als wort-
brüchig erscheinen mufite, ist gewiß nicht vom Verfasser des Ro-
mans, sondern, wie schon Müller^) mit Recht annahm, in der Zeit
der ersten Diadochenkämpfe erfunden. — Von dem Gerede, daß
Ptolemaios ein Sohn Philipps gewesen sei, wissen auch Curtius^®)
und Pausanias.^^) Damit hängt vermutlich zusammen, daß in Texten
von ß^^) und in den Excerpta Barbari ^') Ptolemaios den Beinamen
1) Arr. 26, 6. Plut. 76, 3.
2) Arr. 27, 3: "Hdri &i rig oim fjOxvvd^ &vaYQdil}aiy Srt al69'6iiBvog o4f
ßiaöiiiov Svta avr^y jili^avdQog ig rhv E'(}q)QdTriv TCotafL^v fjsi iii-
ßaX&v .... 'Pm^ccvfiv Sk rr\v yvvcclxa ois lad'stv i^iövra, &XXa eiQy6'
fiavov yccQ ngog aiyxf^g i^eotum^ocvra sinslv, 8rt itp&ovriOBv &Qa air^
do^Tig Tfjg ig anav mg d'sm dr\ /ero/i^^i/o». Ebenso Zonaras IV 14.
3) Arr. 26, 6. Plut. 76, 2.
4) Arr. 26, 1. Plnt. 76, 4. Cort. X 6, 1 ff. Just. XII 16, 2 ff.
5) Just. 2: eosque omues (milites), cum prolatus in editissimum ur-
bis (!) locum esset, ad conspectum suum admisit.
6) Plut. 76, 4: iv xolg xix&Oi %a^* iva Ttaga xr\v xUvriv TtaQ^^ffl^ov.
7) Lucian pseudom. 16 (224): ixexQvnr^to dh xara xh &vx19'vqov &lXri
i^o&og (für die ßesucher des angeblichen Asklepios), ol6v xi xovg Mans&6'
vag iv BaßvX&vi Tcotfjöai, iic ^AXhidv^^m voco^vxi Xdyog.
8) Curt. X 1, 26 ff. 9) praef. XX.
10) IX 8, 22: quidam Philippo genitum esse credebant; certe pelice eios
ortum constabat.
11) I 6, 2: IIxoXefjLatov Max8&6vsg ^iXi'jt'nov natda slvat xo^ 'A^tvvxov^ X^tp
dk Adyov vofiiioveiv.
12) z. B. L m 34. 13) 272, 14. 318, 2. 820, 7.
Historischer Kommentar. 209
Philipps erhält: infolge einer Entstellung der La. Utokefialog 6
0M7t7Cov zu 77t. 6 (xal) OUiifXog, — Ein Lob, das ein gemeiner
Soldat Alexander spendet, bringt Curtius in anderem Zusammen-
hang.^) Die Angaben über die Aufzeichnung des Testaments
rühren sicher teilweise von dem Bearbeiter her, der das Testament
einfügte. Aber es ist mißlich, hier die Grenze zu ziehen, da die
Anekdote von Perdikkas und Ptolemaios, die doch wohl dem echten
Text zuzuweisen ist, eine Bemerkung über die Abfassung des Testa-
ments voraussetzt.
m 33^ Bezüglich des Testaments sei auf meine Abhandliuig
im Rheinischen Museum LVI S. 517 — 542 verwiesen, wo ich den
Inhalt und die Komposition dieses merkwürdigen Stücks ausführlich
erörtert habe. Hier nur kurz die hauptsächlichen Ergebnisse.
In dem bei Ps. erhaltenen Text des Testaments liegen m. E.
drei Schichten übereinander. Die Grimdlage bildet ein bald nach
Alexanders Tod, noch im vierten Jahrhundert v. Chr., entstandenes
angebliches Vermächtnis Alexanders, das wahrscheinlich auf einer
griechischen Insel aus Antipatros' Machtbereich verfaßt wurde und
den Zweck hatte, dessen Gewaltherrschaft zu bekämpfen. Diese Ten-
denz zeigt sich besonders darin, daß die Verwaltung Makedoniens
Krateros, anstatt Antipatros, übertragen wird, und daß für sämtliche
Statthalter, die Antipatros durch Verheiratung mit seinen Töchtern
auf seine Seite zu ziehen suchte — Krateros, Lysimachos, Leonnatos,
Ptolemaios und Perdikkas — , andere, vornehmere Gemahlinnen be-
stimmt werden, eine Erfindung, die in dieser den Zweck verhüllenden
Form nur von einem Zeitgenossen jener Händel ausgegangen sein
kann. Aus diesem Stück mag der Kern der Abschnitte 1 — 3, viel-
leicht auch 6, entnommen sein. — Im dritten oder zweiten Jahr-
hundert V. Chr., als die rhodische Macht in höchster Blüte stand,
hat dann ein rhodischer Geschichtschreiber, vielleicht Zenon, den
Polybios wegen seiner patriotischen Geschichtsfälschungen tadelt^
dieses angebliche Vermächtnis Alexanders in eine Geschichte seiner
Vaterstadt aufgenommen und zu deren Verherrlichung benutzt, indem
er durch entsprechende Zusätze im Testament und ein beigefügtes Be-
gleitschreiben Alexanders an die Rhodier seine Landsleute als
Alexanders Testamentsvollstrecker und besondere Günstlinge hinstellte.
Wahrscheinlich hat er dabei den Text auch sonst aus historischen
Quellen vervollständigt; so besonders durch Einschaltung des Ab-
1) X 7,1 f.: Si Alexandro similein qnaeritis, nunquam reperietis.
Aasfeld, Der grieeh. AlexAnderrom*n. 14
210 Drittes Kapitel.
schnittB über die östlichen Satrapien (Nr. 5), der dem ursprünglicben!
Text nicht angehörte. Das Werk dieses Rhodiers scheint Diodor
f&r seine Darstellung der rhodischen Geschichte benutzt und aus ihm
die Angabe entlehnt zu haben, daß Alexander Rhodos vor allen
Städten geschätzt und sein Testament dort in Verwahrung gegeben
habe.^) — Vermutlich aus demselben Werk ist später Alexanders
Testament samt dem Brief an die Rhodier in den Roman eingefügt
und in diesem von einem alexandrinischen Bearbeiter durch den Zu-
satz über die Stellung des Alexanderpriesters in Alexandria (Ab-
schnitt 4) erweitert worden. Auf den Roman geht wahrscheinlich
alles zurück, was wir vom Text des Testaments besitzen, auch das
in den Excerpta Barbari erhaltene Fragment.^)
Der Holkias, der das Testament den Rhodiem überbringen
soll und in diesem mit Illyrien bedacht wird, ist wohl mit dem bei
Polyän") erwähnten Holkias identisch. Was Polyän von ihm sagt,,
läßt darauf schließen, daß er wirklich ein Mann von Bedeutung war.
Vielleicht ist der Name seiner Schwester, die in Abs. 2 Eleodike
genannt und den Frauen der königlichen Familie gleichgestellt wird,
aus (xal) EvQvSCxr^(v . . yvvalxa rovrcD dCöcjövv) verderbt, und es
handelt sich hier um Alexanders Nichte Eurjdike, die 322 den König-
Phüipp Arridaios heiratete. Ihre Mutter Eynane war die Tochter
einer Qlyrierin Andata^) und stammte wohl aus illyrischem Königs^
geschlecht, womit sich erklären würde, warum Holkias der illyrische
Königsthron zugesprochen wiri^)
m SS**, Dieser alberne Bericht über Alexanders Ende ist wohl
nur verfaßt, um eine unvollständige Handschrift des Textes a zu er-
gänzen. S. 0. zu HI 30 — 33.
III 3$"*. Alexanders Antwort auf die Frage, wem er das Reich
hinterlasse, ist eine etwas veränderte Fassung der bekannten Äußerung
'dem Besten', die ihm aber nur in den minder glaubwürdigen Quellen,
zugeschrieben wird.^)
m 34. Der Streit zwischen den Persern und Makedoniern war
in Wirklichkeit nur 'certamen quoddam maeroris'.^) Den Plan,
Alexander in Aigai bei den Gräbern seiner Vorfahren beizusetzen,
verfocht Perdikkas.*') Die Überführung der Leiche nach Ägypten
1) XX 81, 3 f. 2) S. o. zu ni 30—88. 3) IV 6, G.
4) Athen. S. 657 ^ 5) Vgl. a. a. 0. 588 A. 6.
6) Arr. VU 26, 3 als lEyOfisvov. Diod. XVU 117, 4. XVIU 1, 4. Ciirt. X 5, 6.
Juet. XII 15, 8.
7) Curt. X 6, 4. 8) Paus. I 6, 3.
Historiacher Kommentar. 211
setzte iu der Tat Ptolemaios durch, aber nicht mit Hilfe eines Orakels,
sondern indem er mit seinem Heer den Leichenzug in Syrien abholte
und nach Ägypten geleitete.^) Das Orakel des babylonischen Zeus,
d. h. des Bei, spielt zwar in der Qeschichte von Alexanders Tod eine
Rolle ^), hat aber unseres Wissens über seine Bestattung keinen Be-
scheid erteilt.
Das Folgende entspricht in der Hauptsache der Geschichte: die
Einbalsamierung der Leiche*), die Überführung des Sargs auf einem
yon Maultieren gezogenen Wagen^) erst nach Memphis, dann nach
Alexandria, wo die Leiche im Sema beigesetzt wurde. ^) Aus der
Abweisung der Leiche in Memphis und I 34 zieht Lumbroso^) den
verfehlten Schluß, daß in unserem Text des Romans eine ältere,
alexandrinische Fassung durch eine provinzial-ägyptische Überarbeitung
verdeckt sei. — Daß Alexanders Leiche ihrer Ruhestätte
1) Diod. XVm 28, 3.
2) Arr. VII 16, 6 ff. Plut. 73, 1. Diod. XVH 112, 2 ff. Just. XII 13, 8.
3) Curt. X 10, 13: Aegyptii Chaldaeique iussi corpns suo more curare ...
porgavere corpus, repletumque est odoribus. Ähnl. Diod. XVIII 26, 8. Daß
Alezanders Leiche in Honig verwahrt wurde, sagt Siatius (Silv. III 2, 117 f.:
Duc et ad Emathios manes, ubi belliger urbis Conditor Hjblaeo perfusus nectare
durat), daß die Babylonier die Leichen in Honig aufbewahrten, Herodot
(I 198) und Strabo (S. 746).
4) Diod. XVni 27, 5. Die Zahl der Maultiere ist in der Überlieferung
unserer Stelle verloren gegangen; nach Diodor waren es 64. Der Sarg war
nicht aus Blei, sondern aus Gold (Diod. XVHI 26, 3), wie auch das Testament
angibt; er wurde später von Ptolemaios PareisaktoB geraubt und durch einen
gläsernen ersetzt (Strabo S. 794).
5) Curt. X 10, 20: Ceterum corpus eins a Ptolemaeo, cui Aegyptus cesserat,
Memphim et inde paucis post annis Alexandriam translatum est. Diod.
XVUI 28, 3 f. Strabo S. 794: Miffog dh t&v ßaaddav (I^efai/dpe/aff) ietl xal th
xaXovfisvov £fnia . . . iv oi al x&v ßaaiXiov Ta(pal xal i) 'AXs^dvdgov iipd^t}
yccQ ro a&na &(pBX6iisvog JlBgdlxxav 6 toü Adyov IlroXsiialog xcctaxoiill^ovta
ix tfjg BccßvXwvog . . . . t6 ih öm(ux roi) jiXs^dv&QOv xoy,lcag o TlxoXa^log ixi^-
&8V6BV iv t^ *AXs^av&Qsla Snov vvv in xelrai. Während so Strabo, Diodor
und Curtius in Übereinstimmung mit unserer Stelle dem ersten Ptolemaios die
Beisetzung Alexanders in Alexandria, Strabo und Diodor demselben auch die
Erbauung des Sema zuschreiben, sagt Pauaanias (I 7, 1), erst Ptolemaios H. habe
Alexanders Leiche von Memphis nach Alexandria bringen lassen, und die Er-
bauung des Sema wird von Zenobius (HI 94) sogar ergt auf Ptolemaios lY. Phi-
lopator zurückgeführt. Ich sehe keinen zwingenden G^rund, mit Niese (Gesch d.
gr. u. m. St. II 113. 361. 403 A. 7. 772. 776) diese Angaben vor jenen älteren
Zeugnissen zu bevorzugen. — Daß Alexanders Grabtempel nicht 2^fjna^ sondern
JS&iia (^Leiche'!) geheißen hätte, ist kaum glaublich.
6) L'Egitto dei Greci e dei Bomani. 2. Aufl. 156 f.
14*
212 Drittes Kapitel.
Macht und Glück bringen würde^ hatte nach Aelian^) Aristandros
geweissagt.
III 35. Die statistischen Angaben am Schluß rühren schwerlich
vom Verfasser des Romans her, denn sie berichten von einer Unter-
werfung Griechenknds und von Stadtegründungen bei Völkern, die
Alexander nach der' Darstellung des Romans überhaupt nicht berührt
hat (Skythen und Massageten). Die Daten stammen wahrscheinlich
aus einer Chronik. Nur die Angabe, daß Alexander mit fünfzehn
Jahren begonnen hätte Krieg zu führen, ist wohl Kap. I 18 des
Romans (Kriegserklärung an Nikolaos von Akamanien) entnommen, und
daraus weiter abgeleitet, daß seine Eriege 17 Jahre gedauert hätten.
Da er dann — nach Nöldekes Besserung des Textes — noch acht
Monate in Frieden gelebt haben soll, so wird seine Lebensdauer, wie
von Aristobul*), auf 32 Jahre 8 Monate berechnet sein, obgleich
keiner unserer Texte genau diese Zahlen überliefert.
Die Liste der Städte hat zuerst Nöldeke^) in bessere Ordnung
gebracht. Droysens Versuch*) beruhte auf unzulänglichem MateriaL
Der sonstigen Überlieferung entsprechen die Alexanderstädte: für
Bukephalos (Bukephaleia oder Bukephala^)); die bei Issos (die
bekannte, noch jetzt erhaltene Stadt ^). Sie lag am Fuß des Pieria-
Gebirges, der südlichen Fortsetzung des Amanos^); darauf gründet
sich meine Vermutung, daß mit der verderbten Bezeichnung JCQbg
IlsgCag^ flsQöag usw. dieselbe Stadt gemeint ist, zumal es keine
Gründung Alexanders in Persis gibt. Zwei zu diesem Alexandria ge-
hörige Notizen sind in den Excerpta Barbari und dem Chronicon
paschale an unrichtigen Ort geraten: scabiosa, ein Beiname, den
die Stadt wegen der Häufigkeit des Aussatzes erhielt^), und iv
AlyaCaig, ein Hinweis auf das benachbarte Aigaiai am issischen
Meerbusen*)); die zum Andenken an den Sieg über Porös (Nikaia^));
die am Tigris (wohl Charax, wie bereits Droysen vermutete, das
Alexander ^militum inutilibus ibi relictis Alexandriam appellari
1) V. h. XII 64. 2) Arr. VH 28, 1. 3) Beitr. S. 8 f.
4) Gesch. d. Hell. III 2 S. 246 f.
6) Arr. V 19, 4. 29, 5. Plut. AI. 61. Diod. XVII 96, 6. Curt. IX 3, 28. Just.
Xn 8, 8. Strabo S. 698 f. Plin. VI 20 § 77 usw. — Vgl. Droysen m 2 22» f.
Tomaschek bei Pauly-Wiss. u. d. W.
6) Strabo S. 676. Ptol. V 14. Herodian III 4, 3. Vgl. Droysen 199 f. Ben-
zinger, Pauly-Wiss. I 1396.
7) Strabo S. 761 : ^ Tlisgla, Sgog övvtx^g töj ji^LavA.
8) Benzinger a. a. 0. 1396. 9) S. o. zu II 23.
10) Arr. V 19, 4. 29, 6. Diod. XVII 89, 6. 96, 6 u. a. Vgl. Droysen 229 f.
Historischer Kommentar. 213
iusserat'^); später verfallen und von den syriBchen Königen neu be-
gründet*)); die bei Babylon (die Gründung Alexanders beim Euphrat-
kanal Pallakopas*)); die in Troas (nicht von Alexander, sondern von
Antigonos, als ^Antigoneia', gegründet, dann von Lysimachos nach
Alexander benannt^)); die am Jaxartes (mit der Bezeichnung ^bei
den Massageten' und der verderbten *am Xanthos', 'Scantus',
^Sanctus', ist vermutlich dieselbe Stadt gemeint, Alexandria Eschate^
die am Jaxartes, an der Grenze gegen die Massageten, lag^)); die bei
den Griten'); die in Margiane (eine Gründung Alexanders, später
von Antiochos wiederhergestellt und danach Antiochia genannt^);
jetzt Merw^); und die in Ägypten (oder 'bei Ägypten', wie A und
das Chronicon paschale überliefeni, denn viele rechneten Alexandria
nicht zu Ägypten^)). — Zweifelhaft ist iv Uxvd'ia: eine der sieben^®)
oder acht") von Alexander in Baktrien und Sogdiane gegründeten
Städte, die an die Steppen der Skythen grenzten. Sicher verderbt
ist die Bezeichnung 'am Granikos'. Was dahinter steckt, ist un-
sicher; nach Leos Lesart 'aranicon' mag man etwa an die Alexander-
stadt am Flusse Areios in Areia (bei Plinius^*) 'Ariana') denken.
Mit den gleichfalls verderbten Namen, die ß, das Chronicon paschale
und die Excerpta Barbari dafür bieten, ist nicht dieselbe Stadt ge-
meint, sondern wohl das auch bei Stephanos von Byzanz aufgeführte
Alexandria in Cypern.^*) Das libysche 'Alexandria bei der Penta-
polis' ist vielleicht die Ortschaft '^isl^ävdQov naQ€[ißoXfj^^) — Be-
merkenswert sind die in der syrischen Übersetzung erhaltenen Er-
gänzungen des persischen Bearbeiters, der auch darin seine Selb-
ständigkeit zeigt, daß er nicht — wie noch Leo im zehnten Jahr-
hundert! — die Angabe über das Fortbestehen aller dieser Städte
gedankenlos nachgeschrieben hat.
1) Plin. VI 138.
2) Vgl. Droysen 287. 247. 316. v. Gutschmid, Gesch. Irans 41 f.
3) Arr. VH 21, 7. Vgl. Droysen 237.
4) Strabo S. 598. Plin. V 80 § 124.
6) Arr. IV 1, 8. 4, 1. Curt. VE 6, 26. Just. XJI 6, 12. Ptol. VI 12. Plin.
VT 49. Amm. Marc. XXIII 6, 69 u. a. Vgl. Droysen 242. Niese II 772.
6) Arr. VI 21, 6. Diod. XVII 104, 8. Curt. EX 10, 7. Plin. VI 97 u. a. Vgl.
Droysen 283 f.
7) Plin. VI 46 f. 8) Droysen 218 ff. 9) S. o. zu I 34.
10) Just. Xn 6, 18. 11) Strabo S. 617. 12) VI 98.
13) Vgl. Droysen 242 f. 247.
14) Ptol. IV 6 S. 282 ed. Wilberg; Oros. I 2, 8.
Viertes Kapitel.
Die Komposition und Entstehungszeit des
ursprünglichen Werkes.
1. Die flberlieferte und die nrsprttngliche Erzählnng.
Im Vorhergehenden wurde versucht^ den gemeinsamen Inhalt der
ältesten Überlieferung im Einzelnen zu zergliedern. Dabei ergab
sich^ daß diese viele Stücke umfaßt^ die den Gang der Erzählung
störend unterbrechen und mit andern Angaben des Berichts nicht
vereinbar sind. Überblicken wir diese Widersprüche nochmals im
ganzen!
Unsem Texten des Romans zufolge wird Alexander von Ammon
ausdrücklich als sein Sohn anerkannt (I 30)^ trotzdem vorher erzählt
ist; daß Alexanders Vater Nektanebos nur betrügerisch die Rolle des
Gottes spielte. Als sich Alexander in Syrien befindet, fordert Darius
die Satrapen von Kleinasien auf, ihn zu ergreifen, und diese bitten
um Hilfe gegen Alexanders Angriffe, während Alexander ihr Land
noch nie betreten hat (I 39). Darauf hält ihm Darius die Unter-
werfung griechischer Städte vor (I 40), während doch Alexander
noch gar nichts gegen Griechenland unternommen hatte.
Nach der Schlacht bei Issos, nachdem sich Alexander eben zur
Fortsetzung des Krieges gegen Darius Verstärkungen aus Makedonien
bestellt hat, kehrt er plötzlich ohne alle Veranlassung nach Europa
zurück und kämpft dort gegen die Hellenen, findet sich dann aber
ebenso plötzlich in Kilikien wieder ein. Hier wird Parmenion als Ver-
brecher hingerichtet (H 8), gibt aber später bei den Verhandlungen
über das Friedensgesuch des Darius sein Gutachten ab (U 17) und
erscheint nochmals in Indien unter den vertrauten Freunden des
Königs (in 17", 6). Nach der Entscheidungsschlacht am Stranga,
in unmittelbarer Nähe von Persepolis, verfolgt Alexander den flüch-
tigen Darius durch Medien nordwärts, aber Darius wird in seinem
1. Die überlieferte und die ursprüngliche Erzählung. 215
Palast in Persepolis ermordet, und Alexander kommt unmittelbar vom
Schlachtfelde am Stranga zu seinem sterbenden Gegner. Nach dem Be-
such bei den Brahmanen schreibt Alexander einen Brief an Aristoteles,
in dem er seine Erlebnisse nach Darius' Tod ganz anders schildert, als
sie im Roman III 1 — 6 berichtet sind, auch viel von seinen Abenteuern
in und bei dem Prasierland zu berichten weiß, während wir III 27 er-
fahren, daß er nur bis an den Grenzfluß dieses Landes gelangte und
auf dessen Unterwerfung verzichtete. Dann finden wir Alexander auf
einmal nach Ägypten entrückt, von wo er eine Reise nach Äthiopien
zur Königin Meroe unternimmt. Gleichwohl schreibt er den Amazonen,
zu denen er sich von dort aus begibt, er ko;nme eben von den Brah-
manen, und erwähnt bei der Aufzählung seiner Taten von den Aben-
teuern, die in III 17. 18 — 24 mitgeteilt sind, nicht das mindeste.
In einem Brief an Olympias, den er von Babylon aus sendet, erzählt
er von den Amazonen ganz anders, als III 25 f. berichtet ist, und
beschreibt die persische Königsburg, als habe er sie bei seiner Rück-
kehr von Indien zum erstenmal gesehen, während II 17 angibt, daß
er schon früher dort war und sie selbst in Brand stecken ließ. In
seinem Testament wird Porös, den er im Zweikampf getötet hat, in
seiner Herrschaft bestätigt, und Yater seiner Gattin Roxane ist nicht
mehr Darius, der sie ihm sterbend verlobte, sondern der Baktrer
Oxyarthes. Auch wird hier die Wiederherstellung Thebens angeordnet,
als ob sie nicht Alexander bereits in Korinth befohlen hätte (I 47).
Und nachdem das Testament in Ptolemaios' Gegenwart verlesen
worden ist, muß dieser schließlich den König noch fragen, wem er
die Herrschaft hinterlasse (lU 33^, und das Orakel des babylonischen
Zeus, wo Alexander zu bestatten sei (HI 34).
Ist der Text, der diese Vermischungen enthält, als der ursprüng-
liche der alexandrinischen Lebensbeschreibung Alexanders anzusehen?
So hat man nach Zachers Vorgang ziemlich allgemein geurteilt ^),
imd neuerdings hat sich auch W. Kroll, der sonst in der Beurteilung
des Romans auf wesentlich anderm Standpunkt steht, an derselben
Meinung festgehalten.*) Was Zacher jene Widersprüche übersehen
ließ, war wohl seine Anschauung, daß der Roman eine Niederschrift
der alexandrinischen Sage sei, bei der mancherlei Unebenheiten, wie
sie die Überlieferung im Volksmund mit sich bringt, begreiflich
erscheinen mochten. Diese Auffassung war aber — wovon unten noch
die Rede sein wird — eine irrige. Und selbst wenn der Inhalt des
1) Siehe 0. Kap. I.
2) Beil. z. Allg. Zeitung 1901 Nr. 38 S. 6.
216 Viertes Kapitel. Die Komposition u. Entstehungszeit des urspr. Werkes.
4
Romans Sage wäre^ so geschah doch seine Auficeichnung nicht durch
einen wissenschaftlichen Forscher, der etwa auch abweichende Ver-
sionen notieren wollte, sondern durch den Verfasser eines Unter-
haltungsbuches, der sich schwerlich fortwährend selbst Lügen strafen-
durfte. Anders stellt sich die Sache für solche Vertreter jener An-
sicht, die mit uns annehmen, daß der Inhalt der Überlieferung au»
sehr verschiedenen Quellen zusammengebracht ist. Diese setzen vor-
aus, daß der Verfasser, den sie der späten Eaiserzeit zuweisen,,
das Material aus seinen Vorlagen nur äußerlich aneinandergereiht
habe und nicht imstande gewesen sei, es zu einer einheitlichen Er-
^hlung zu verarbeiten. Aber selbst wenn der Roman erst so spät
entstanden sein sollte, gelten doch die Kriterien, nach denen man
Echtheit und Unechtheit zu bemessen pflegt, ebenso wie für die Er-
zeugnisse der sogenannten besseren Zeit. Auch einem Schriftsteller
des 3. Jahrhunderts n. Chr. kann man eine so unerhörte Konfusion^
wie sie im überlieferten Texte vorliegt, doch nur dann zumuten, wemr
sein Werk auch sonst von völliger Beschränktheit und Roheit des
Verfassers zeugt. Ist dies nun beim Alexanderroman der Fall?
Unseres Erachtens keineswegs. Die geschickte Anlage des Intrigen-
spiels, das erst mit Olympias, dann mit Philipp gespielt wird, bis
der Betörte glücklich in dem Glauben stirbt, in seinem Sohn Al^
xander den verheißenen Rächer gefunden zu haben; die Steigerung
der Affekte in der Demütigung des hochfahrenden Darius — das sind
doch Beweise einer nicht ganz verächtlichen Darstellungskunst.
Soll nun der Verfasser, der das zu schaffen vermochte, die von ihm
selbst erfundenen Pointen, wie die Züchtigung des Verleumders Par-
menion, die Verlobung Alexanders mit der Tochter des sterbenden^
Feindes, die Überlistung des siegesgewissen Porös, in so plumper und
gedankenloser Weise zerstört haben, daß er Parmenion und Poros^
als Alexanders Freunde Wiederaufleben ließ und Roxane nachträglich:
als Tochter des Oxyarthes bezeichnete? Ich halte das nicht für wahr-
scheinlich, sondern sehe in diesen Widersprüchen das Ergebnis der
Kompilation eines oder mehrerer mechanisch erweiternder Bearbeiter,
die alles mögliche in die Erzählung einschoben, ohne es mit dieser
ordentlich in Einklang zu bringen. Dazu kommt noch ein zweites
Moment. Entfernt man die Stücke, die mit solchen Fehlem behaftet
sind, so ergibt sich eine in der Hauptsache klar und vernünftig fort-
schreitende Handlung, in der auch eine bestimmte schriftstellerische
Individualität erkennbar ist. Wie wäre das möglich, wenn der Ver-
fasser die Quellen, aus denen jene Zusätze stammen, selbst zur Hand
1. Die überlieferte und die ursprüngliche Erzählung. 217
gehabt und diese selbst daraus entDommen hätte? Dann wäre doch
unbegreiflich, daß er seine Erzählung nicht danach einrichtete, sondern
seinen eigenen ganz abweichenden Bericht ruhig weiterführte, als
wären die entlehnten Teile seines Werkes gar nicht vorhanden. Man
müßte höchstens annehmen, daß er die Interpolation erst nachträglich,
nach Vollendung des Ganzen angebracht hätte. Wozu aber eine
solche seltsame Selbstveränderung voraussetzen? Wenn die philo-
logische Kritik in sonstigen Fällen, wo sich eine befriedigend geord-
nete Komposition durch Hinzufügung widersprechender Stücke gestört
zeigt, jene dem Verfasser, diese einem späteren Bearbeiter zuschreibt,
so ist nicht einzusehen, warum man gegenüber der XJberlieferung des
Alexanderromans anders verfahren soll. Ich halte danach an meiner
Ansicht fest, die ich schon in meiner Abhandlung ^zur Kritik des
griechischen Alexanderromans' ^) ausführlich zu begründen gesucht
habe, daß der gemeinsame Kern der ältesten Überlieferung, der Text a^
bereits durch Interpolation stark entstellt, und daß der Inhalt des
ursprünglichen Werkes nur den Teilen zu entnehmen ist, die nach
Ausscheidung dieser späten Zusätze übrig bleiben.^ Auf diese allein
1) Programm des Gymn. Bruchsal. Karlsruhe 1894.
2) Über vereinzelte Fälle, in denen eine scharfe Sonderung des Älteren und
Jüngeren nicht mehr möglich ist, s. oben am Schluß von Kap. I. — F. Kampers
hat in seinem Buche 'Alexander d. 6r. und die Idee des Weltimperiums in
Prophetie und Sage' (Freiberg 1901) S. 184. 188 zwischen der Auffassung Krolls
und der meinigen einen Mittelweg eingeschlagen. Er erkannte an, daß das
Werk, das ich aus den Texten des Romans als die ursprüngliche Fassung heraus-
zuschälen versucht habe, einst wirklich vorhanden war und vom Urheber des
Textes 'zum Gerüst für sein Opus gemacht wurde', aber als Urtext des Romans
will er nicht dieses Werk bezeichnet wissen, sondern den Text a. (S. 186:
Zwingt uns auf der einen Seite die Tatsache, daß es gelungen ist,* ohne den
Texten Gewalt anzutun, aus diesen eine einheitliche Chronik herauszuschälen,
an deren Präexistenz zu glauben, so müssen wir auf der andern Seite Ausfeld
in der Annahme widersprechen, daß alle nunmehr wegfallenden Bestandteile
des Romans dem Urtext desselben nicht angehört hätten . . . usw.) So dankbar
ich für die gute Absicht bin^ so glaube ich doch nicht, daß die Frage dadurch
geklärt wird. Was Kampers aufstellt, scheint mir im wesentlichen nichts anderes
zu sein, als meine Ansicht, nur mit Verschiebung des Namens. Denn ob man
mit Kampers jenes ältere Werk als 'Alexanderchronik' und den Text a ab
Alexanderroman des Pseudokallisthenes benennt, oder mit mir jenes als die
ursprüngliche Form des Alexanderromans und a als deren Bearbeitimg bezeichnet,
macht überhaupt für die Sache wenig aus. Jedenfalls bleibt für Kampers wie
für mich der Satz bestehen, daß dem Texte a eine ältere alexandrinische Lebens-
beschreibung Alexanders zugrunde liegt, die der weiteren Tradition ihr charak-
teristisches Gepräge gegeben hat. Und da uns weder von diesem Werke noch
218 Viertes Kapitel. Die Komposition u. Entstehnngszeit des uispr. Werkes.
also bezieht sich die folgende Untersachong der Komposition und
Entstehung des Romans. Von der Bearbeitung a ist im nächsten
Kapitel die Rede.
2. Die Quellen.
Die vielfachen Abweichungen von den geschichtlichen Tatsachen^
das Hineinspielen übernatürlicher Mächte, die volkstümliche Auf-
fassung und Darstellung der Begebenheiten, das alles mochte, besonders
für eine Beurteilung, die von mittelalterlichen Analogien ausging, die
Annahme nahe legen, daB der Inhalt des Alexanderromans der Volks-
sage entnommen sei. So begreift man wohl, wie J. Zacher dazu
kam, das Werk als eine Niederschrift der alexandrinischen Alexander-
sage zu erklären. Andere haben es sogar mit den homerischen Epen
uad dem Nibelungenlied, mit Ossian und der Edda verglichen.^)
Wäre diese Anschauung die richtige, so wäre freilich eine Unter-
suchung der Quellen ein ziemlich aussichtsloses Unternehmen. Pflegt
man auch alles mögliche ünhistorische kurzweg ^Sage' zu nennen,
so versteht man doch wohl unter Sage in eigentlicher Bedeutung
eine solche Kunde von historischen Vorgängen, die durch Überliefe-
rung im Volksmunde ihre eigentümliche von geschichtlicher Wahr-
heit abweichende Fassung erhalten hat. War in diesem Sinn der
Inhalt des Alexanderromans ^Sage', als er zuerst in Alexandria
niedergeschrieben wurde? So wenig, als das Sage war, was Aristobul
— oder wer es sonst tat — dem Alexander selbst über seinen
Zweikampf mit Porus^j und was Onesikritos dem König Lysi-
machos über die Begegnung der Makedonier mit den Amazonen^)
vorlas. Es ist ein schöner Glaube an die Ehrlichkeit der alten
Schriftsteller, der überall Sage, höchstens Irrtum, vermutet, wo ein
Bericht den geschichtlichen Tatsachen widerstreitet. Aber diese gute
Meinung verdienen die meisten, die im Altertum über Alexander ge-
schrieben haben, durchaus nicht, und am wenigsten unser alexandri-
nischer Verfasser. Die Annahme, daß er nach mündlicher Überlieferung
erzählt, beruht zunächst, wie es scheint, auf unrichtiger Vorstellung
der Verhältnisse in Alexandria. Denn eine Sage von solchem Um-
Yon a der Text und der Verfasser bekannt sind, so bleibt es dem Belieben
eines jeden anheimgestellt, welchem Text er die subsidiären Benennungen
'Alexanderroman' und 'Pseudokallisthenes' zuerkennen will.
1) So Carraroli, La leggenda di A. M. S. 60 f.
2) Lucian, quom. bist, scrib. 12. 3) Flut. Alex. 46^ 2.
2. Die Quellen. 219
fange zu bilden und durch Jahrhunderte — nach Zacher durch ein
halbes Jahrtausend — zu erhalten, dazu gehörte ein anderes Medium,
als die platt nüchterne^), spöttisch kritisierende, ungläubige und pietät-
lose Bevölkerung dieser Weltstadt. Großstädtische Geschäftsleute und
Fabrikarbeiter sind kein Publikum, das geschichtliche Sagen dichtet
und weiter entwickelt. Gewiß hat es, wie gelegentliche Spuren ver-
raten, schon im Altertum eine Volkssage über Alexander gegeben,
und auch der Inhalt des Alexanderromans ist im Mittelalter teilweise
zur Volkssage geworden. Aber daß der Verfasser des Romans sein
Werk aus mündlicher Tradition geschöpft hätte, das durften wir
eigentlich nur glauben, solange das Verhältnis seines Berichts zu den
historischen Quellen noch nicht genau untersucht war. Schon
Nöldekes 'Beiträge zur Geschichte des Alexanderromans' haben den
wahren Sachverhalt klargestellt, und eine eingehendere Prüfung, wie
sie oben gegeben ist, zeigt fast auf Schritt und Tritt, wie der Ver-
fasser nach literarischen Quellen gearbeitet hat, selbst in den Partien,
die der geschichtlichen Überlieferung widersprechen. Dabei hat er
aus seinen Quellen ein umfängliches Detail von Namen, Zahlen und
kleinen Zügen übernommen, wie es eine mündliche Überlieferung nie-
mals hätte festhalten können.^ Und schließlich finden wir wieder-
holt Anklänge an den Wortlaut der uns erhaltenen Geschichtswerke*),
die über die Art seiner Quellen keinen Zweifel mehr übrig lassen.
Auf die Frage freilich, welches nun die Quellen sind, die der
Verfasser benutzt hat, läßt sich nicht mit bestimmten Namen ant-
worten. Denn die gesamte ältere Literatur über Alexander ist ver-
loren gegangen, und die Versuche, ans den erhaltenen abgeleiteten
Darstellungen den Inhalt der älteren Werke zu erschließen, haben
leider nicht zu Ergebnissen geführt, die dem Aufwand an Mühe und
Scharfsinn entsprochen hätten. Man weiß, daß Arrian auf die besten
Gewährsmänner, Ptolemäus und Aristobul, zurückgeht und Angaben,
die bei diesen fehlen, in der Regel als unsicher {leyöfisva) bezeich-
1) Mahaffy verweist zur £rkläriing dieses Charakterzugs nicht unpassend
auch auf die Öde Einförmigkeit der alezandrinischen Landschaft (Greek Life and
thought 1887 S. 165). Wer die alten Alexandriner für phantasievolle Orientalen
hält, verkennt sie gründlich. Aber moderne Anhänger der Sagentheorie sind
deutlich von einer solchen Vorstellung beeinflußt.
2) Vgl. z. B. das Verzeichnis der 20 Gäste des Medeios (III 31), die Schil-
derung der Schlacht bei Issos und die Verlustlisten (I 41).
3) So I 8 zu Plut. AI. 2, 2 f.; I 21 zu Plut. 9, 6; I 41 zu Plut. 20, 1; HI 1
zu Curt. (s. z. d. St.); III 27 I zu Diodor. Das Material ist oben bei den frag-
lichen Kapiteln angeführt.
220 Viertes Kapitel. Die Komposition n. Entstehungszeit des urspr. Werkes.
net^)^ man weiß^ daß Diodors^ Justins und Curtius' Berichten eine
romanhaft entstellte^ von Arrians Quellen abweichende Fassung der
Alexandergeschichte zu Grunde liegt, and es ist wahrscheinlich, daß
diese Fassung das Werk Kleitarchs war.') In welchem Umfang die
Schriften von Kallisthenes, Onesikritos, Ghares u. a. auf die spätere
Tradition einwirkten, welchen Quellen Plutarch in der Hauptsache
gefolgt ist, auf welche Quellen man die Stücke zurückzuführen hat,
die Gurtius und Justin nicht mit Diodor gemeinsam haben, das alles
ist noch zweifelhaft. Nach den ersten stürmischen Anlaufen, die —
weit über das Erreichbare hinaus') — überall zu den primären Be-
richten vordringen und den Bestand der Überlieferung unter diese
verteilen wollten*), haben neuere Untersuchungen, unter denen be-
sonders die von Kaerst und Schwartz hervorzuheben sind, der Un-
sicherheit der kritischen Ausgangspunkte besser Rechnung getragen.
Vor allem ist zu berücksichtigen, daß zwischen den uns bekannten
Historiikem und den ersten Berichterstattern eine jahrhundertlange
Entwicklung der Geschichtschreibung liegt, in deren Verlauf die ver-
schiedenen Überlieferungen in mannigfacher Weise umgebildet und
miteinander vermischt wurden.^) Für diesen Vorgang gibt auch der
Roman durch sein geschichtliches Material ein nicht wertloses
Zeugnis.
Als historische Hauptquelle diente dem Verfasser eine Geschichte
Alexanders, die in ihrem Grundstocke aus derselben Bearbeitung ab-
geleitet war, wie die Werke von Diodor, Justin und Gurtius. Dies
zeigt sich in vielen Zügen, in denen der Roman mit Diodor, der
jene Fassung noch am reinsten erhalten hat, dazu in der Regel auch
mit Gurtius oder Justin gegenüber Arrians Quellen, übereinstimmt.
So besonders: Alexanders Aufrof an die Makedonier und Griechen
und Aufbietung der Veteranen (I 25), die Gründung von Alexandria
1) Einigemale werden aUeidings auch Angaben ans einer Hauptquelle mit
denselben Formeln eingeleitet. Vgl. Arth. Fiilnkel, Die Quellen der Alexander-
historiker S. 67; Schwartz im Artikel ^Arrian' bei Paaly-Wissowa II 1241.
2) Die Begründung am besten bei Kaerst, Forschungen zur Qesch AI. d. Grr.*
S. 74, 140 if. <Kleitarch als QueUe Diodors: E. Schwajrtz bei Pauly-Wiss. V 688>.
Doch ist m. E. das Beweismaterial für ein völlig sicheres Ergebnis nicht aus-
reichend.
3) Wachsmuth, Einleitung in das Stadium der alten Geschichte S. 567.
4) Das Hauptwerk dieser Art ist Arthur Fränkels Buch 'Die Quellen der
Alexanderhistoriker', Breslau 1883.
6) Dies hat namentlich Schwartz mit Recht betont (Artikel Gurtius Rufus
bei Pauly-Wiss. IV 1872, 1876 f.).
2. Die Quellen. 221
nach dem Besuch des Ammon-Tempels (I 30f.), in der Erzählung
des Perserkriegs die Konzentration des Interesses auf den persönlichen
Gegensatz der beiden Könige, der zuletzt in Liebe und Versöhnung
aufgeht^); Alexanders Jugend als Motiv der geringschätzigen Behand-
lung durch Darius (I 36: nur Diodor), mehreres in der Darstellung
der Schlacht bei Issos, wie die ausschließliche Berücksichtigung der
Heeresteile, bei denen sich die Könige befinden; die Schilderung, wie
der Kampfeslärm widerhallt u. ä. (I 41); Panik der makedonischen
Truppen beim Flußübergang (ü 9); Bukephalos im Kampf gegen
Porös gefallen (III 3); Plünderung des Landes am Hyphasis (III 27^:
nur Diodor); Hervorhebung des bedeutendsten chaldäischen Wahr-
sagers (in 30: nur bei Diodor). Fälle dieser Art, bei denen außer
Diodor auch Plutarch und Strabo mit dem Roman zusammen-
treffen: Alexanders Erkrankung und Heilung in Kilikien (II 8:
Plutarch, bei Arrian als Xeyöfisvov erwähnt); schlechter Zustand des
Heeres am Hypanis (die Form Hypanis = Diod. Strabo gegenüber
Arr. Curt.) infolge der indischen Regenzeit (HI 27^: Strabo, fehlt bei
Plut. Curt. Just.), Nachrichten über die große Macht des Prasier-
königs (HI 27^: Plutarch), Überführung der Leiche Alexanders nach
Alexandrien und Beisetzung daselbst (IH 34: Strabo). Angaben, die
in Diodors Auszug und zum Teil auch bei Justin fehlen, aber zu
Curt ins stimmen und wahrscheinlich ebenfalls zum Grundstock jenes
Berichts gehören: Hinweis auf das Sprichwort, daß feige Hunde laut
bellen (I 37); Schilderung des Darius und seiner Umgebung (H 14);
Alexanders kleine Gestalt (H 15, IH 4); Alexanders Äußerung über
die Nichtigkeit der persischen Truppenmassen (H 16); Klagen des
verzweifelnden Darius (H 16), Darius' Hinweis auf Alexanders Rache
(H 20) und seine Bitte um Bestattung (H 20). — Auch mit den
Fragmenten Kleitarchs trifft der Roman in zwei Fallen zusammen.
Die Gesandtschaft der Römer (I 24) ist nach dem im Fragm. 23 Er-
zählten erfunden, und die Angabe aus Fragm. 10, daß Dionysos mit
den Indem Eütieg führte, erscheint in Porös' Brief HI 2. — Aber
der Eleitarchische Bericht — wie wir ihn kurz bezeichnen wollen —
war in der Quelle des Romans so wenig rein bewahrt, als bei Gurtius
und Justin. Er zeigt sich teils erweitert und korrigiert durch Zu-
ziehung anderer älterer Quellen, teils entstellt durch Umarbeitung der
Überlieferung bei späteren Bearbeitern.
Zunächst ist wiederholt eine Einmischung aus den Quellen
1) Vgl. Kaerst, Forschungen S. 88.
222 Viertes Kapitel. Die Komposition u. Entstehnngszeit des urspr. Werkes.
Arrians^ Ptolemäos oder Aristobul zu beobachtea. Diese findet
sich teilweise bei Curtius und Justin wieder^ so namentlich in den
fViedensverhandlungen zwischen Alexander und Darius, in denen auch
Curtius und Justin beide Traditionen miteinander verquicken.^) Darius'
ersten Brief (I 36) erhält Alexander wirklich vor Tyros, wie bei
Arrian und Curtius (anders Diodor und Justin); der Inhalt zeigt
noch Anklänge an Curtius. Der Hauptgedanke des zweiten (ü 10)
stimmt zu Arrian und Plutarch^ Curtius und Justin (bei Diodor nichts
dergleichen). Alexanders Antwoii entspricht dem^ was Alexander bei
Curtius und Justin — abweichend von Diodor und Arrian — auf
Darius' drittes Friedensgesuch erwidert. Darius' dritter Brief (11 17)
enthält einen Satz, der bei Diodor im ersten steht; Alexanders Ant-
wort gibt in der Hauptsache den Bescheid wieder, den Alexander
nach Arrian und Curtius — abweichend von Diodor — auf Darius'
zweites Schreiben erhält. Femer sind in der Schilderung der Schlacht
von Issos (I 41) wie bei Curtius Zusätze aus Arrians Vorlage ein-
gemengt: die Besetzimg der Berge durch die Perser und die Ver-
längerung des makedonischen rechten Flügels. Andere derartige Kon-
gruenzen sind geringfügig, wie die I 38 und U 22 ausgesprochene
Ansicht über die Vergötterung eines Menschen. — Übereinstimmung
mit Arrian in Angaben, die sowohl bei Curtius und Justin als
bei Diodor fehlen: Alexanders Bewunderung für die Sicherheit
Ägyptens (I 34), Erbeutung von Darius' Wagen (I 41 = Arr. Plut.),
Ausbiegen gegen Armenien hin (H 9), Festspiele bei den Altären
am Hypanis (HI 27^). — Übereinstimmimg mit Arrian im direkten
Widerspruch zu Diodor, Justin und Curtius: in der Entscheidungs-
scl^acht lassen Arrian, Plutarch und der Roman (JI 16) Darius das
Beispiel zur Flucht geben, während er nach der kleitarchischen Vul-
gata wider seinen Willen in die Flucht der anderen hineingerissen
wurde.
Ergab sich in einem Teil der genannten Fälle auch eine Über-
einstimmung mit Plutarch, so treffen wir eine solche noch weit
häufiger in solchen Stellen, die keinerlei Beziehung zu Arrians Quellen
aufweisen. Dabei ist freilich zu beachten, daß viele solche nähere
Berührungen mit Plutarch den Erzählungen von Alexanders Geburt
und Jugend angehören, worüber eben nur Plutarch Ausführlicheres
mitteilt, obgleich gewiß Aristobul und Eleitarch diesen Abschnitt
nicht so summarisch behandelt haben, wie die uns erhaltenen auf sie
1) Vgl. Kaerst, Forschungen S. 118 f.; Schwartz bei Pauly-Wiss. IV 1884 f.
2. Die Quellen. 223
zurückgehenden Werke. In dieser Partie (I 7 — 24) können demnach
die mit Plutarch übereinstimmenden Stücke, die bei Arrian und den
drei Kleitarcheem fehlen, in der Regel nicht als Beweise für die
Heranziehung einer dritten Gattung von Quellen dienen. Anders in
den späteren Teilen. Wir zahlen die wichtigsten Kongruenzen mit
Plutarch auf, ohne uns in Vermutungen über ihre Herkunft z\\ er-
gehen: 1. Fälle, in denen weder Diodor noch Arrian, aber in denen
außer Plutarch anch Justin und Curtins mit dem Roman zusammen-
treffen: Olympias' Verkehr mit einer Schlange (I 7, auch Justin u. a.);
ein Olympischer Sieg als Vorzeichen der Weltherrschaft Alexanders
(I 19, auch Justin); die Vorgänge bei Philipps Hochzeit mit Kleo-
patra (1 20 f., auch Justin und Satyros); Alexander als Bote vor
Darius (II 13, auch Curtius); Alexanders Mitgefühl bei Da;rius' Tod
(H 20, auch Justin); Versprechen der Soldaten, Alexander überallhin
zu folgen (UI 1: Plutarch mit Berufung auf einen Brief Alexanders^
in dem ebenfalls verschiedene Meutereien vermengt sind, und Curtius).
2. Fälle, in denen unter den wichtigeren Alexanderhistorikem nur
Plutarch zum Roman stimmt: Philipps Traum von Olympias'
Empfängnis (I 8, auch bei späteren Schriftstellern); Olympias ver-
scheucht die Leute durch zahme Schlangen (I 10); Alexanders löwen-
artiges Aussehen (I 12); Alexanders schwankendes Verhältnis zu
Philipp (I 16); Könige als Gegner Alexanders in Olympia (I 19);
Unterwerfung der Maider (I 23); die persischen Gesandten in Make-
donien (I 23); Olympias Ursache der Ermordung Philipps (I 24);
Traumorakel über die Stötte für Alexandria (I 30, Plutarch nach
Herakleides, Stephanus von Byzanz nach lason); Alexanders Traum
von einem Satyr (I 35); Fall eines Bildes des Xerxes (H 15); Ant-
woi-ten der Gymnosophisten (HI 6, auch in der Metzer Epitome).
Einige weitere Zusätze, deren Ursprung unsicher ist, zeigen am
meisten Verwandtschaft mit den Nebenquellen Arrians; so nament-
lich die Erzählung von Alexanders Vergiftung (HI 31 — 33), die dem
von Arrian mitgeteilten und getadelten Bericht betriLchtlich näher
steht als dem Plutarchs und der Kleitarcheer. ^) Die Darstellung des
Romans ist aber weit vollständiger als alle Übrigen und enthält eigene
Stücke, die auf alte Quellen zurückgehen, wie besonders das Ver-
zeichnis der Gäste des Medeios, das wohl aus den Ephemeriden
stammt. Für die Zahl dieser Gäste und für eine andere, ebenfalls in
diesem Teil des Romans vorkommende Angabe, daß Alexander bei
1) S. o. zu m 31. 32.
224 Viertes Kapitel. Die Komposition u. Entstehungszeit des urspi. Werkes.
dem letzten Gastmahl als Schauspieler auftrat, zitiert Athenaios die
Schrift einer sonst unbekannten Nikobule. Daß nur Justin in Über-
einstimmung mit dem Roman die Vergiftung als Tatsache hinstellt,
beruht schwerlieh auf einem näheren Zusammenhang der QueUen. —
Anderen Notizen, die Arrian aus seinen Nebenquellen anführt, ent-
spricht die Erklärung des Namens Bukephalos (I 15, auch Plinius)
und die Äußerung indischer Weiser über die Zwecklosigkeit der Br-
oberungen Alexanders (IQ 6). Vereinzelt stehen Kongruenzen, wie
mit Echippos bezüglich der Verkleidung Alexanders als Hermes
(11 13) und mit Herakleides von Kyme bezüglich der Zahl der
Gäste des Perserkönigs (H 14). Manches endlich ist uns nur in.
Apophthegmensammlungen erhalten, wie der Vergleich der Perser-
massen mit einer Schafherde, die ein einziges Wort in die Flucht
jagt (I 2), und der Ausspruch, daß bei einem Kampfe mit den Ama-
zonen keine Ehre zu gewinnen sei (IH 25).
Weit stärker als der Einfluß anderer älterer Traditionen tritt im
Roman eine willkürliche Umbildung des Überlieferten hervor.
Daß ein Teil solcher Entstellungen von seiner Quelle herrührt, wird
durch Übereinstimmung mit den Angaben anderer Schriftsteller be-
wiesen. So hat er mit Curtius und Justin gegenüber Arrian
und Diodor gemeinsam, daß nach der Enticheidungsschlacht viele
Perser in einem Fluß ertranken (H 16); ebenso nur mit Justin: die
Einnahme von Tjros durch Verrat (I 35, ein Zug der alexander-
feindlichen Geschichtschreibung ^)); und Alexanders Zweikampf mit
Porös (III 4, angeblich schon von Aristobul erfunden); ebenso nur
mit Curtius: die Ermordung der Gesandten Alexanders durch die
Tyrier (I 35), und daß Alexander schon vor der Schlacht bei Issos
ein hochmütiges Schreiben von Darius erhielt (I 36); ebenso mit
'einigen' Schriftstellern, deren Angaben Diodor erwähnt: daß
Alexander den ermordeten Darius noch lebend traf und ihm sein Mit-
leiden bezeugte (II 20); mit Dionjsius, Metrodorus von Skepsis
und Hypsikrates: Notizen über die Lebensweise der Amazonen
(III 25); mit Aelian, daß Alexander Darius' Tochter gleich nach
dessen Tode heiratete (II 22); mit Memnon von Herakleia: die
Überreichung eines goldenen Kranzes durch die Römer (I 29); und
Alexanders Äußerung, daß man siegen oder sich fügen müsse (I 30);
endlich mehreres aus dem ersten Teil der Metzer Epitome: Arto-
1) Daß diese nicht, wie man annahm, auf Timagenes zurückgeht, sondern
illteren Ursprungs ist, hat m. E. Schwartz überzeugend nachgewiesen (bei Paulj-
Wiss IV 1888 ff.). Vgl. auch Reuß im Rh. Mus. LVII (1902) 569 ff.
2. Die Qttellen. 225
'barzanes (statt Narbazanes) als Mitverschworener des Bessns (U 20);
Porös* Brief an Alexander (UI 2); die Zusammenziehung des Ejriegs-
2ugs gegen die Oxydraker, der Befragung indischer Sophisten und
des Verkehrs mit indischen Asketen in eine Handlung (III 5f.);
der Brief des indischen Weisen an Alexander (III 5, verwandt mit
Ealanos' Brief bei Philon) und die Auslassung der Meuterei am
Hypanis, wonach Alexanders Umkehr durch die Furcht vor der Macht
-der Prasier bedingt erscheint (III 27^).
Bei den drei letztgenannten Quellen könnte man zweifeln^ ob
nicht vielmehr in ihnen der Roman benutzt ist; zumal bei der Metzer
Epitome, deren zweiter Teil fast ganz aus dem Roman stammt. Aber
gerade in dieser scheinen einige der fraglichen Stücke vom Roman
unabhängig zu sein: Porös* Brief, dessen Schluß: 'nam id, quod iubes
faciam, ut tibi armatus in confiniis praesto sim' der geschichtlich
gegebenen Situation entspricht, der Brief des indischen Weisen und
4er Zug zu den Oxydrakem, dessen Entstellung nicht so weit fort-
geschritten ist, wie bei Pseudokallisthenes.
So ergibt sich, daß die Vorlage des Romans ein kleitarchischer
Mischtext schlechtester Gattung war.^) Bemerkenswert ist die nähere
Verwandtschaft; mit Justin und Curtius. Doch darf man nicht etwa
annehmen, daß dem Roman das kleitarchische Material nur durch eine
speziell Justins und Curtius' Werken zugrunde liegende Bearbeitung
zugeflossen wäre. Denn er hat nicht bloß mehreres mit Diodor ge-
meinsam, was bei jenen fehlt, sondern weicht auch zusammen mit
Diodor von beiden ab, wie in der Namensform 'O^vdQäxai (TU 6)
gegenüber Sudracai bei Justin und Curtius. ^ %
Wieviel von den sonstigen Entstellungen der geschichtlichen
1) Mit unrecht hat man kürzlich aus zwei Zitaten in Bearbeitungen des
Romans, in denen wohl historische Vorlagen benützt sind, folgern wollen, daß
Onesikritos die Quelle des Romans gewesen sei : 1. Das byzantinische Alexander-
Gedicht zählt y. 80 den 'Assyrier' Onesikritos zu den ägyptischen Weisen, die
von Nektanebus, dem Vater Alezanders, berichtet hätten. 2. Die Metzer Epitome
bemerkt § 97 zum Verzeichnis der Gäste des Medeios, Onesikritos habe diese
aus Vorsicht nicht nennen wollen (s. o. zu m 31, 32). Von diesen beiden Zitaten
geht sicher keins auf den ursprünglichen Roman zurück, der überhaupt niemals
zitiert. Onesikritos kann in beiden Fällen nicht als Quelle gedient haben, weder
für die Nektanebusfabel — wie sollte er wohl zu dieser ägyptischen Novelle
gelangt sein, und wie sollte es ihm eingefallen sein, seinen griechischen Helden
zu einem ägyptischen Bastard zu erniedrigen? — noch für die Vergiftungs-
geschichte, die ja eben das enthält, was er nicht erwähnt hat (vgl. auch die
oben zu III 31, 32 angeführten Gründe).
Aaifeld, Der grieoh. Alexanderroman. 15
226 Viertes Kapitel. Die Komposition u. Entstehongszeit des urspr. Werkes.
Wahrheit in den historischen Teilen des Romans auf Rechnung der
Quellen kommt^ läBt sich nicht fest begrenzen. Vermutlich wird
ihnen noch folgendes zuzuschreiben sein: Aristoteles' Gespräch mit
seinen Schülern (I 16, yielleicht ein Stück besserer Herkunft); der
Briefwechsel über Alexanders Verschwendung, (I 16, falls dieser nicht^
wie wahrscheinlich, späterer Zusatz ist); die Benennung von Darius'
Mutter (U 12 und 20: Rodogune statt Sisygambis); die eigentümliche
Benennung der persischen Hauptstadt (II 13 f. Persis statt Persepolis,
wie sie bei den Kleitarcheem, oder Persai, wie sie bei Arrian heißt);
der Flußname Stranga (H 14flF.); die Mißgeburt in Babylon (HI 30)
und die Verabredung zwischen Perdikkas und Ptolemaios über die
Reichsteüung (IH 32).
Wiederholt findet sich im Roman eine einzelne geschichtliche
Angabe in einer dem ursprünglichen Zusammenhang widersprechenden
Weise angeführt, wie I 24, daß Olympias an Philipps Ermordung^
schuld war; I 35 der Traum vom Satyr; U 11 die Bestellung der
Kamele. Dies leitet auf die Vermutung, daß die Vorlage des Verf
mindestens teilweise den Charakter eines Exzerptes trug. Dazu paßt
auch manches andere, z. B. daß er nichts vom &ühen Tod der Grattin
des Darius, Stateira, weiß und diese den König überleben läßt (H 20^
22). Jedoch ist bei seiner Art auch wohl möglich, daß er das
Richtige kannte, aber absichtlich durch eigene Erfindung ersetzte.
Noch ist zu entscheiden, ob das fragliche Werk nur das Leben
Alexanders oder die griechisch-makedonische Geschichte in weiterem
umfange behandelte. Aus der älteren Zeit sind verwertet: Ktesias'
Angaben über den indischen Feldzug der Semirarais (III 3) und
Herodots Bericht von der Zurückweisung persischer Gesandter durch
Alexander, Amyntas' Sohn (I 23); von gleichzeitigen, Alexander nicht
betreffenden Ereignissen: der Perserkrieg des Nektanebus (I 2 f.: Dio-
dor näher stehend als Plutarch). Dies alles könnte wohl episodisch
in der Geschichte Alexanders angebracht gewesen sein. Gegen die
Verwendung eines weltgeschichtlichen Werks spricht jedenfalls die
völlige Unsicherheit des Verfassers über die griechischen und römischen
Verhältnisse, die ihn z. B. einen punischen Krieg in Alexanders Zeit
verlegen läßt (s. u.). Über Alexanders Tod weist aber hinaus, was
II 13 aus Perdikkas' Feldzug gegen Ptolemaios^) entnommen ist, dazu
der Inhalt von III 34. Die Quelle war also wahrscheinlich eine
1) Dieses mag derselben Quellenschrift Anlaß gegeben haben^ die in III 32
eingeschobene angebliche Verabredung zwischen Ptolemaios und Perdikkas zu
erwähnen.
2. Die Qnellen. 227
Alexandergeschichte, in der die Erzählung bis zur Beisetzung der
Leiche in Alexandria fortgeführt wurde mit Berücksichtigung des
Krieges, der sich an die Überführung des Toten nach Ägypten
knüpfte.
Außer diesem Geschichtswerk liegen aber dem Roman zweifellos
noch andere literarische Quellen zugrunde. Aus einer alexandrinischen
Ortsgeschichte ^) wird zum größten Teile entnommen sein, was I 30
über das Orakel Ammons und die Gründung von Paratonion, I 31—33
über die Gründung von Alexandria und I 34 über die Schenkimg der
ägyptischen Stämme^) für Alexandria berichtet ist. Sammlungen apo-
krypher Briefe, die eine Hauptquelle der Verf. von a waren, zeigen
sich im ursprünglichen Roman nur in einem, überdies sehr zweifel-
haften Falle verwendet: für einen Briefwechsel über die Verschwendung
des jungen Alexander, der wahrscheinlich dem ersten Texte nicht an-
gehörte. Für die Erzählung von Nektanebus {\ 1 — 12) wurde
zweifellos eine ägyptische Quelle benutzt. Sie ist, im Gegensatz zum
ganzen übrigen Roman, von ägyptischem Nationalgefühl getragen,
das in den Ägyptern das erste Volk der Welt erblickt (I 1) imd
Alexander zu ehren glaubt, indem es ihn zu einem ägyptischen
Bastard stempelt. Sie verrät femer eine Kenntnis des altägyptischen
Rituals*) und der ägyptischen Zauberei und Mantik, wie sie schwer-
lich ein Grieche besaß, imd wie sie auch in den übrigen Teilen des
Romans nirgends hervortritt. Diese echt ägyptische Eigenart hat
sogar zu der Annahme geführt, daß der Roman von einem Ägypter
und ursprünglich in ägyptischer Sprache verfaßt sei.*) Das kann
aber nicht vom Roman gelten, sondern nur von der Vorlage dieses
Abschnitts, die überdies im Roman teilweise nach griechischen
Quellen umgearbeitet ist.^) Daß Nektanebus der Held ägyptischer
Erzählungen war, beweist auch ein Leidener Papyrus des 2. Jhrh.
V. Chr.*) Die häßliche Ermordung des Nektanebus (I 14) stammt
nicht mehr aus jener ägyptischen Quelle, sondern ist nach der
äsopischen Fabel vom Sterngucker erfunden.^) Auch sonst finden
1) Zusammenstellusg antiker Werke über Alexandria bei Lmnbroso TEgitto'
S. 233 ff. Sie sind sämtlich verloren.
2) <Vgl. auch die wertvolle Notiz über den Priester Alexanders III 83
(Mommsen RG V 668).>
3) Vgl. oben zu I 6. 7.
4) So nrteüten die Ägyptologen Wright, Budge (Einl. z. syr. tybers. S. XXXVI,
zur äthiop. Übers. S. IX) und Bouriant, der dies wenigstens vom ersten Bach
behauptete, Journal asiatique Ser. YHl tom. IX S. 24.
6) S. o. zu I 2. 6—7. 6) S. z. I 3. 7) S. z. I 14.
15*
228 Viertes Kapitel. Die Komposition u. Entstehungszeit des urspr. Werkes.
sich Anklänge an äsopische Fabeln^ so I 24 der gleichzeitige Unter-
gang des Feindes ein Trost im Tode (H. 167); lU 2 der Stolz des
Panthers auf sein buntes Fell (H. 42); IQ 6 die Bewegung des
Meeres nur vom Wind veranlaßt (H, 94). Die ganze Erzählung
scheint übrigens im letzten Grunde auf einen Ugog löyog zurückzu-
gehen, der nicht Nektanebus, sondern Ammon selbst Alexanders
Mutter beiwohnen ließ. Das tritt in einigen kleinen Zügen hervor,
die auf eine wirkliche Vaterschaft Ammons deuten: Ammon ist der
Ghreis, der als Jüngling wiederkehrt^), sein Segen verleiht der emp-
fangenen Frucht die Weltherrschaft^), und von ihm hat Alexander
das schwarze Auge.")
Es sind aber nicht die Angaben aus den genannten Quellen-
schriften, durch die der Roman sein charakteristisches Gepräge er-
hält, sondern seine meisten und hervorstechendsten Besonderheiten
sind auf eigene Erfindung des Verfassers zurückzuführen. Sah es
schon in rein griechischen Ländern die romanhafte Geschicht-
schreibung ^als ihr Recht, ja, als ihre Pflicht' an, möglichst viel
unterhaltendes Detail zu ersinnen^), wagten sogar die Zeitgenossen
Alexanders, in die Geschichte seiner Taten die kecksten Erfindungen
einzufiechten und diese den Beteiligten vorzutragen^), wie sollte da
historische Treue von einem alexandrinischen Epigonen zu erwarten
sein, bei dem mit dem schlechten Beispiel der griechischen Quellen
das noch schlechtere der ägyptischen Erzähler zusammenwirkte?
Denn diese wußten überhaupt nichts von einer Pflicht der Wahr-
haftigkeit, sondern pflegten ein jedes historische Ereignis, selbst das
jüngstvergangene, mit vollendeter Gleichgültigkeit gegen Ort und Zeit
durch die groteskesten Farbentöne bis zur Unkenntlichkeit zu ent-
stellen.*) Gegenüber solchen Vorbildern können die Leistungen un-
seres Verfassers nicht eben verwunderlich erscheinen.
Zunächst richtet er die gesamte Komposition der Erzählung ohne
Rücksicht auf die tatsächlichen Folgen der Ereignisse nach seinen
besonderen Zwecken ein, wobei er allerdings bestrebt ist, durch Be-
achtung der geographischen Verhältnisse seinem neu geschaifenen
Wirrwarr eine gewisse Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die Darstellung
1) S. 0. zu I 3. 2) S. o. zu I 6—7. 3) S. 0. zu I 18.
4) E. Schwartz, Fünf Vorträge üb. d. gr. Roman, Berlin 1896, 8. 71.
5) S. 0. über Aristobul und Onesikritos.
6) C. Wachsmuth, 'Alexandria' (Im neuen Reich, 1876, S. 178). Vgl. auch
E. Meyers Charakteristik der ägyptischen Geschichtschieibung (Gesch. d. Altert.
I S. 32).
2. Die QneUen. 229
Yon Alexanders Jugend dreht sich hauptsächlich um den Punkt, daß
diesem trotz seiner unehelichen Geburt sein Beruf als Philipps Nach-
folger und künftiger Weltherrscher gesichert werden soll. Dazu war
die Anregung bereits in der ägyptischen Quelle, sowie in der
historischen Tatsache der ehelichen Zwistigkeiten zwischen Philipp
und Olympias gegeben. Die Anordnung der ersten Feldzüge ist dann
offenbar durch die Tendenz bestimmt, die Römer vor dem griechisch-
ägyptischen Helden zu demütigen. Dies bedingt den Gang der Er-
zählung bis zu Alexanders Erkrankung in Kilikien (II >^), indem der
junge König zuerst nach Italien, von da über Karthago zum Am-
monium und dann, in direkter Umkehrung des Wegs, den er im
Jahre 333 und 332 wirklieh zurücklegte, über Alexandria und Tyrus
zur Schlacht von Issus, von da an den Kydnos geführt wird.
Alexanders Kriege in den Balkanländem, in Griechenland und Klein-
asien kommen damit in Wegfall. Dann wird die Geschichte der
Jahre 331 — 323 summarisch in der Weise behandelt, daß aus den
Quellen folgende Hauptmomente beibehalten, aber zum Teil in anderer
Einkleidung iind in dieser abweichenden Reihenfolge angebracht
werden: Alexanders Vormarsch über den Euphrat und Tigris, Ereig-
nisse in Susiana und Persis, Darius' endgültige Niederlage und ver-
gebliches Friedensgesuch, seine Ermordung, die Bestrafung der Mörder,
Alexanders Einsetzung als Perserkönig und Verheiratung mit Darius'
Tochter, Meuterei der Makedonier, der Feldzug gegen Porös, Alexan-
ders Verkehr mit den Brahmanen und Amazonen, die Umkehr am
Hypanis und Alexanders Tod in Babylon. Das Dazwischenliegende
wird größtenteils entweder ohne weiteres übergangen oder durch
Füllwerk eigener Komposition ersetzt. Eine beträchtliche Verein-
fachung wird endlich dadurch erzielt, daß die Entscheidungsschlacht
gegen Darius in die Nähe der persischen Hauptstadt und, unmittel-
bar darauf folgend, Darius' Ermordung und die Hinrichtung der
Mörder in diese selbst verlegt ist. Dadurch wird der Feldzug nach
Norden zur Verfolgung des Darius und Bessus überflüssig, und in-
dem der Verf. im weiteren Alexander vom Hypanis direkt nach Ba-
bylon zurückkehren läßt, erspart er sich auch die Erzählung des
Zuges zum Ozean und des Rückzugs durch Gedrosien. Mag auch
ein Teil dieser Kürzungen der Quelle zuzuschreiben sein^), so wird doch
die Hauptsache vom Verfasser selbst herrühren.
1; Vgl. das oben liber den exzerptartigen Charakter der Hauptquelle und
betreffs der Übereinstimmung mit der Metzer Epitome Bemerkte.
230 Viertes Kapitel. Die Komposition u. Entstehungszeit des urspr. Werkes.
Dieselbe Willkür, wie in der Anlage des ganzen Berichts, tritt
auch in der Behandlung des Einzelnen hervor. Doch würde sehr
irren, wer etwa in den Erfindungen des Verfassers') das Walten
'einer glühenden orientalischen Phantasie', die überhaupt keineswegs
zu den Gaben der Alexandriner gehörte, bewundern wollte. Für einen
ansehnlichen Teil der Neuigkeiten, die er ersonnen hat, ist eine An-
knüpfung an bestimmte Angaben der Geschichtschreiber noch nach-
weisbar, und wenn wir mehr von den älteren Geschichts werken über
Alexander besäßen, würde sich seine Abhängigkeit von den Quellen in
noch weiterem Maße herausstellen.
Mehrfach verfährt er nach demselben Rezept, wie die römischen
Lügenannalisten. ^) Handlungen und Äußerungen werden auf eine
andere Person, auf eine andere Zeit oder Gelegenheit übertragen. So
die Vergleichung der Barbarenhorde mit einer Schafherde von
Alexander auf Nektanebus (I 2); Alexanders Ausspruch über die Ama-
zonen auf diese selbst (III 25)5 Bemerkimgen von Eobares und
Eallisthenes auf Alexander (I 37, II 22); die Anweisung der Statte
für Alexandria von Homer auf Ammon (I 30); die Täuschung der
Feinde durch Staubwirbel von Ptolemaios auf Alexander (II 13); die
Verwendung von Popanzen gegen die Elefanten von Semiramis auf
Alexander (HI 3); das Schicksal des Sternguckers vom Astrologen
der äsopischen Fabel auf Nektanebus (I 14); so eine Äußerung des
Nektanebus gegenüber Agesilaos auf sein Gespräch mit den Spähern
(I 2); die Panik des Heeres vom Übergang über den Tigris auf die
Überschreitung des Euphrat (H 9); die Bereitstellung von 3000
Kamelen vom Transport der Schätze aus Susa auf die Beschaffung
von Ausrüstungsstücken (H 11); Darius' Klage bei der Entdeckung
von Bessos' Verrat auf seine Verzweiflung nach der letzten Schlacht
(II 16); Alexanders Lob aus dem Munde eines gemeinen Soldaten
von der Beratung nach Alexanders Tod auf den Abschied des
Sterbenden von seineu Kriegern (III 32).
Auch werden, wovon unten weiter die Rede sein soll, Verhält-
nisse und Erlebnisse aus der Zeit des Verf. in die Zeit Alexanders verlegt.
1) Indem wir im folgenden alle nicht anderweit überlieferten Bestandteile
kurzerhand als Werk des Verfassers behandeln, sind wir uns, bei der Lücken-
haftigkeit des historischen Materials, wohl bewußt, daß auch in diesem noch
manches auf ältere Bearbeiter zurückgehen könne. Aber wenn auch der eine
oder der andere Zug in dem Bilde zu tilgen wäre, so würde doch, glauben wir,
der Gesamtcharakter derselbe bleiben.
2) Vgl. Wachsmuth, Einl. in das Studium der alten Geschichte (1896) S. 631.
2. Die Quellen. 231
UnterneLinungeii; die Alexander nach den Quellen beabsichtigt
haben soll, oder die ihm vorgeschlagen wurden, ohne zur Ausführung
zu kommen, werden als wirkliche Geschehnisse dargestellt. Dahin
gehört die Unterwerfung von Rom und Karthago (I 29 f.) und die
Teilnahme Alexanders an den olympischen Spielen (I 18 f.), die ihm
der Vater durch £rfiillung seiner Bitte, durch Beschaffung königlicher
Mitkämpfer in liebender Weise ermöglicht.
Und so vei-steht er noch in mancherlei anderer Art irgend ein
Motiv, das die Quellen bieten, als Ausgangspunkt für neue Gedanken
zu verwerten. War dort von einem olympischen Sieg (Philipps) und
der Bändigung des Bukephalos als Vorzeichen der Weltherrschaft
Alexanders die Rede, so erfindet der Verfasser dazu einen olympischen
Sieg Alexanders über den 'Volksbesieger' (Nikolaos I 19) und ein
Orakel, ^das dem Bändiger des Pferdes die Weltherrschaft verheißt
(I 15). Hieß es dort, daß Olympias an Philipps Ermordung mit
schuld war, so besteht bei ihm die Schuld in der Leidenschaft, die
ihre Schönheit Pausanias einflößte (I 24). Wurde von einem Traum
des Darius berichtet, in dem diesem Alexander in der Tracht eines
Boten erschien und dann plötzlich verschwand, so wird daraus ein
wirklicher Botengang Alexanders zum Großkönig und ein glückliches
Entweichen (11 13—15).
Mehrere Geschichten sind mosaikartig aus Angaben verschiedener
Herkunft zusammengesetzt, so die Schilderung der Schlacht bei Issus
(I 41) mit Einmischung von Zügen aus der Schlacht bei Arbela und
der tückische Angriff eines Persers (11 9) durch Verschmelzung der
Rollen des Roisakes, Mithridates und Spithridates in der Schlacht
am Granikus mit der Tat eines persischen Überläufers vor Gaza.
Eine ganze Gattung von Erfindungen beruht auf der Vorliebe
des Verfassers für die Briefschreiberei. Einem Untertan des ägyp-
tischen Reiches, in dem das schriftliche Verfahren trotz unserer Bureau-
kratie in seltener Blüte stand und selbst die Steuerquittungen in
Briefform mit obligatem xoCqbiv gegeben wurden, mochte freilich eine
Staatsaktion ohne reichlichen Briefwechsel der Regierenden undenkbar
erscheinen.^) So greifen denn auch die Könige des Romans bei jeder
Gelegenheit zur Feder. Alexander schreibt an Darius, an dessen
Mutter und Gattin, an Olympias, an seine Braut, seine Satrapen, an
Porös und die Amazonen; Darius an Alexander und Porös; Porös
1) ^Man braucht kaum darauf aufmerksam zu machen, daß diese Neigung
durch die Pflege des Briefes in der Ehetorenschule bedingt ist; auch hier
scheint mir die Mattigkeit der eingelegten Briefe auf späte Zeit zu weisen.^
232 Vierted Kapitel. Die Komposition n. Entbtehungszeit des urspr. Werkes.
an Daiius und Alexander; Darius' Mutter an Darius; Alexander an
das persische Volk usw. Für den Inhalt der Briefe sind aus den
Quellen viele Einzelheiten , besonders aus Darius' und Alexander»
Briefen und Beden, verwertet.
Ätiologische Erfindungen kommen in größerer Zahl nur in dem
Stück über Alexandria vor und sind hier vermutlich größtenteils aus
den Quellen übernommen. Vom Verfasser selbst mag herrühren^ was
zur Erklärung des Städtenamens Tripolis (I 35) und der abei^läu-
bischen Scheu vor dem Wort Lysias (I 22) erdacht ist. Verwandter
Art sind neue Begründungen für den Zusammenhang der Ereignisse^
wie die Voraussetzung einer Tributpflicht fiir das Unternehmen des
Perserkönigs (I 23. 25; III 1), einer letztwilligen Verfügung des Darius
für Alexanders Verlobung mit Roxane (11 20), einer beabsichtigten
Unterstützung der Perser durch die Inder für den Krieg gegen
Porös (II 22).
In zahlreichen Fällen endlich handelt es sich offenbar bloß darum^
einen neuen Effekt zu bringen, z. B. Bukephalos als Menschenfresser
(I 13. 17); Alexander als Vermittler zwischen Philipp und Olympias
(I 22); Philipps Bache an Pausanias (I 25); Alexanders Trümpfe
gegen Darius' und |Poros' Anmaßung (I 37 f.; III 2 f.); Parmenions
Hinrichtung wegen Verleumdung (II 8); Abbrechung der Brücke hinter
dem Heer (H 9); Alexander als Träger von Darius* Bahre (II 21) f
Porös von Alexander im Zweikampfe getötet (III 4). Zu solchen
neuen Reizen der Erzählung gehört es auch^ wenn zur Abwechslung^
auch einmal der große Alexander selbst gedemütigt wird, vor den
Tyriem bis Gaza zurückweicht (I 35) und die Inder des Porös nicht
besiegen kann (HI 4).
Indem so der Verfasser für seine Lebensbeschreibung Alexanders
Quellen romanhaften Charakters gewählt, unter deren Berichten die
der historischen Wahrheit am fernsten stehenden bevorzugt imd diese
noch durch eine Menge eigener Erfindungen entstellt hat, mußte sich
ein Bild von der Persönlichkeit und den Taten des Helden ergeben,,
das mit dem ursprünglichen kaum noch in den gröbsten Umrissen
übereinstimmt.
3. Titel und Verfasser.
Der Name des Verfassers ist uns ebenso imbekannt wie der Titel
seines Werks. Aber nicht weil das Werk die Dichtung des gesamten
3. Titel und Verfasser. 233
Volkes wäre und darum keinen bestimmten Verfasser hätte ^), sondern
vermutlich deshalb^ weil es uns nur auf Grund einer Bearbeitung er-
halten ist, deren Urheber den Namen des ursprünglichen Verfassers
tilgte und den Titel änderte. Fast denselben Vorgang zeigt die
wichtigste mittelalterliche Fassung des Alexanderromans, Leos ^Nati-
vitas et victoriae Alexandri Magni regis'. Auch bei dieser wurde der
Urtext durch anonyme und anders betitelte Umarbeitungen verdrängt^
und wir würden ohne die zufällig erhaltene Bamberger Hs. und ihre
Ableitungen vom Namen des Verfassers und vom Titel und der Form
des ursprünglichen Textes nichts wissen. Der ursprüngliche Titel
des alexandrinischen Werkes muß eine Beziehung auf Alexandria ent-
halten haben, weil sonst der Ausdruck für Alexanders Ankunft auf
dem Boden der künftigen Stadt TcaQuyCvsrat btcX zovxov rot) hdd-
(povg (I 31) völlig unverständlich wäre. Wahrscheinlich war Alexander
in der Aufschrift als xrCötrjg bezeichnet, wie er z. B. häufig in einer
alexandrinischen Chronik genannt wird, in der auch der Roman be-
nutzt ist.*) Die Titel der Bearbeitungen gehen auseinander. Die Hs.
A hat: BCog 'jiXs^dvÖQOv tov Maycsdövog, Valerius' Übersetzimg: Res
gestae Alexandri Macedonis translatae ex Aesopo ßraeco. Asop ist
natürlich ebensowenig der wirkliche Name des Verfassers wie B^-
listhenes, dem griechische Hss. von ß das Buch zuschreiben. Äsops
Werken mag der Roman deshalb zugeordnet worden sein, weil er
mehrfach mit den Erzählungen und der Lebensbeschreibung des sagen-
haften Fabeldichters überliefert war, wie die Hss. B und L zeigen.')
Woher die Beziehung auf Eallisthenes rührt^ läßt sich aus dem Titel
der Hss. B und Mess. vermuten: KaXXiö^ivr^g [6%oQioyQd(pog 6 xä jcsqI
räv 'EXXtjvov övyyQatlfdiiavog oixog [öxoqbi ^Aksi^dväQiyv TCQd^Big,^)
Danach scheint eine Aufschrift ^AXtldvögov Ttgd^eig, die wohl auch
die Vorlage des Julius Valerius trug, Veranlassung gegeben zu haben^
daß man das Werk dem bekannten Historiker Eallisthenes beilegte,
dessen Buch über Alexander ebenso benannt war.^) Der Urheber
1) LumbroBO, TEgitto* S. 165: Fopere d^un popolo piuttostoch^ di un solo
individuo'. Carraroli, La leggenda di AI. M. S. 60: 'opere si fatte non hanno,
nello Btretto senso della parola, autore'.
2) Derjenigen, die den sogenannten Excerpta latina barbari zugrunde liegt,
8. 0. Kap. I.
8) Zacher, Ps. S. 7. 14.
4) Ähnlich der Codex Yaticanus 1556, 8. Zacher, Pb. S. 17.
5) Die8 scheint mir Yon C. Wachsmath (Bh. Mus. LVI 1901 S. 223 f.) gegen-
über abweichenden Ansichten überzeugend nachgewiesen.
234 Viertes Eapttel. Die Komposition u. Entetehungazeit des urspr. Werkes.
dieser Konjektur wußte offenbar nicht^ daß Alexander Kallisthenes
überlebt hat. Mittelalterlichen Ursprungs sind Erfindungen, wie die
des armenischen Übersetzers, der sich auf ein Original des Aristo-
teles ^), und die des sogenannten Josippon, die sich auf die ägyptischen
Magier beruft.
Müssen wir uns demnach zur Bezeichnung des Verfassers und
seines Werkes mit Findlingsnamen wie 'Pseudokallisthenes' und
^ Alexanderroman' behelfen, so gibt uns doch das Buch selbst hin-
länglich Aufschluß über seine Heimat und Eigenart. Daß es ein
Alexandriner war, folgt schon aus der oben erwähnten Bezeichnung
der Landschaft von Alexaudria. Aber auch ohne eine solche direkte
Hindeutung würde es sein Werk genügend beweisen.*) Indem er
von der Gründung der Stadt berichtet, spricht er von ihr mit der
Ortskenntnis, mit der Liebe und dem Stolz des eingeborenen Bürgers.
Sie ist ihm die 'Hauptstadt der Welt' (I 34). Der Ahnherr ihres
Königshauses wird in der Erzählung nach Möglichkeit hervorgehoben.
Er ist Alexanders Jugendfreund (I 17), sein Vertrauter in der Todes-
stunde, an den er seine letzten Worte richtet (HI 32), der Ordner
seiner Bestattung (UI 34) und hätte gegenüber Perdikkas auf die
Hälfte des Reiches Anspruch gehabt (HI 32).
Das nationale Empfinden des Verfassers entspricht ganz dem,
was Polybius über die griechisch-makedonische Bevölkerung von
Alfexandria mitteilt.^) Er fühlte sich als Grieche gegenüber den
Barbaren.*) Der Gnmdsatz der hellenistischen Reiche, daß die Griechen
zu Freiheit und Herrschaft, die andern zum Dienen bestimmt sind,
ist auch der seinige. Dabei werden natürlich die Makedonier ohne
weiteres zu den Griechen gerechnet, und vor allem gilt Alexander als
der Vertreter des griechischen Königtums.^) Von seinen Kämpfen
mit den Griechen ist nirgends die Rede. Die Ägypter werden ganz
nach dem ptolemäischen System behandelt. Sie gehören zwar auch
zu den Völkeru, die nur zum Steuerzahlen geschaffen sind^), aber
nicht zu den Barbaren^), sondern die neuen Besitzer des Landes
1) Darin trifft er zufällig mit dem deutschen Dichter Rudolf von Ems
zusammen. Alex. Y. 12844 ff.
2) Wenn trotzdem ein Mann wie Letronne sagen konnte: ^celui, qui a ^crit
de telles choses n'a jamais vu Alexandrie\ so zeigt das nur, wie man früher
über den Alexanderroman zu urteilen pflegte, ohne ihn auch nur aufmerksam
durchzulesen.
3) Polyb. 39, 40; Polybius bei Strabo 797.
4) Vgl. I 26, 87, 88. HI 2. 5) I 26, 87. 6) I 84. 7) I 2.
3. Titel und Verfasser. 235
haben sich ihrer Art einigermaßen anbequemt und suchen etwas von
dem Ruhm ihrer alten Weisheit und Größe auf sich überzuleiten. Wie die
Ptolemäer die rechtmäßigen Nachfolger der alten Könige sein wollten,
so ist es im Roman Alexander, als Sohn des letzten großen Vertreters
ägyptischer Königsmacht und Zauberkunst, als der neue Sesonchosis ^),
als legitimer ägyptischer Herrscher, der nach altem Brauch im Tempel
des Ptah zu Memphis eingesetzt und gekrönt wird (I 34). Weit in
die Tiefe reicht jedoch dieser ägyptische Einfluß nicht. Man entlehnt
den Ägyptern ihre stolzen historischen Erinnerungen, ihre Jahres*
rechnung, ihre Zaubereien und Traumorakel, ihre Fertigkeit im Lügen
und Schwindeln, aber im Grunde bleibt doch das Griechentum, wenn
auch ein entartetes*), übrig. So spielt auch die national -ägyptische
Götterwelt im Roman nur eine untergeordnete Rolle. Gott ist der
neue Gott der Ptolemäer, Serapis, hinter dem auch die griechischen
Götter weit zurücktreten.
Folgt somit der Verfasser im ganzen der offiziellen Ordnung, in
der das Verhältnis der Ägypter zur herrschenden Bevölkerung geregelt
war, so gehört er doch sicher nicht zu den Leuten vom Hofe, über-
haupt nicht zu den höheren Kreisen der griechisch-makedonischen
Gesellschaft. Er ist zwar nicht ganz ohne Bildung, kennt einiges
aus der historischen Literatur und besitzt einiges mythologische und
geographische Wissen; er schreibt auch einen erträglichen Stil und
macht leidliche Verse. Aber seine geschichtlichen Kenntnisse reichen
nur so weit, als ihn die Quellen belehrten, die er für die Geschichte
Alexanders zugezogen hat. Wo er darüber hinausgeht, verfällt er
in die schwersten Irrtümer. Als Mitkämpfer Alexanders in Olympia
nennt er Königssöhne von Akamanien, Bootien und Korinth, läßt
Gründungen der Diadochen, wie Thessalonike und Antiochia, schon
zu Alexanders Zeit bestehen, und die Römer einen punischen Erieg
als Entschuldigung anführen, daß sie Alexander nicht eher Hilfs-
truppen stellen könnten. Auch in der Geographie weiß er nicht über
Syrien hinaus Bescheid.
Die ganze Art, wie er die Geschichte Alexanders auffaßt und
darstellt, verrät, daß er zum Volke gehört und für das Volk schreibt.
Allerdings war von einer richtigen Würdigung der Taten des großen
Königs schon in seinen Quellen keine Rede. Aber bei ihm ist
Alexander noch um einige Stufen tiefer auf den geistigen Horizont
1) I 34; m 34.
2) Vgl. Starabo S. 797. Schroffer Livius XXXVm 17: Macedones, qui Ale
xandriam in Aegypto . . . habent, in . . . Aegyptios degenerarunt.
236 Viertes Kapitel. Die KompoBition u. Entstehungszeit des onpr. Werkes.
der Masse herabgedrückt. Es ist fÖr ihn und fQr sein Publikum
bezeichnend, wie er den Stoff seinem Geschmack angepaßt hat. Ehe-
bruch, Zauber- und Mordgeschichten, Rennbericht« (für die Alexan-
driner ein Gegenstand von lebhaftem Interesse), Abenteuer in Ver-
kleidung, wunderbare Traume und Vorzeichen werden eingeschoben.
Die Züge kriegerischen Heldentums, für die es in Alexandria an
jedem Verständnis fehlte, treten zurück. Dagegen findet die echt
alexandrinische Freude an der Herabsetzung der Hochstehenden, der
Opposition gegen das offizielle Dogma von der göttlichen Würde des
Königs schönste Befriedigung, indem der große Alexander selbst zum
ägyptischen Bastard erniedrigt, Darius und Porös als schwächliche
Prahler verhöhnt werden. Dafür wird Alexander mit Eigenschaften
ausgestattet, die den alexandrinischen Handelsleuten vertrauter sind
als Königsstolz und Heldensinn. Er ist klug und schlau wie sie,
versteht zu beschwatzen und zu betrügen^), bricht gelegentlich sein
Wort, stiehlt auch wohl einmal, bringt seine Feinde hinterrücks um,
wenn es nicht anders geht, hat aber dabei guten Humor und Mutter-
witz, weiß Leute, die ihn demütigen wollen, mündlich und schriftlich
gut abzutrumpfen, und seine Soldaten, die in ihren häufigen Angst-
anfällen mehr an die ägyptische Miliz als an Alexanders Makedonier
erinnern, zur rechten Zeit durch einen Spaß aufzumuntern. Auch
den äußeren Umständen des Königs wird nach den Begriffen dieser
Kreise wohlmeinend nachgeholfen, und der Bestand der Truppenzahl
sowohl als der Kriegskasse gehörig erhöht, denn ein Herrscher, der
mit 35000 Mann und 70 Talenten in den Krieg zöge, würde ihnen
verächtlich erscheinen.
So weit geht aber freilich diese Richtung des Verfassers nicht,
daß er das Bild Alexanders nun völlig in dieser Weise umgeschaffen
und damit zur Karikatur verzerrt hätte. Dazu war einerseits die
Macht der Überlieferung zu stark, andrerseits kann man ihm auch
selbst nicht jeden Sinn für das Hohe und Edle, nicht jede Empfin-
dung für Alexanders Größe absprechen. So gerne er die Gelegenheit
benutzt, ihn zum gewöhnlichen Menschen herabzudrücken, so läßt er
ihn doch wie einen Gott in die Welt eintreten und wie einen Gott
aus ihr scheiden. Er bewundert nicht nur seine Klugheit und seine
1) Vgl. die treiFende Darstellung Mahaffys, wie seit dem 3. Jahrh. v. Chr. in
den hellenistischen Staaten mit dem Untergang einer tüchtigen Landbevölkerung
und dem einseitigen Anwachsen der Handelsstädte der kriegerische Geist ver-
schwindet, in StreitfdlleQ die Diplomatie überwiegt, im Krieg Bestechungs-
versuche u. dgl. die wichtigste Rolle spielen (Greek life and thought 326 ff. 403).
4. Die Entfltehungszeit. 237
äußeren Erfolge, sondern auch seine Großmut gegen besiegte Feinde.
Manche religiöse und philosophische Lehren, wie die Resignation vor
dem erbarmungslosen Willen der Tyche, die Warnung vor menschlicher
Überhebung, die Idee der Weltmonarchie ^) hat er aus seinen Quellen
übernommen. Er fürchtet die Götter und eifert nachdrücklich gegen
den Frevel, den er in seiner Vaterstadt taglich begehen sah, die gött-
liche Verehrung sterblicher Menschen. Aber hervorstechende Züge
seines Werkes sind das nicht, und im ganzen ist doch sein Heros
weder der Alexander der Geschichte noch gar der Alexander der
philosophischen Tugendlehre, sondern der Alexander des alexandri-
nischen Plebejers.
4. Die Entstehungszeit.
In welche Zeit wir die Entstehung des ursprünglichen Alexander-
romans verlegen, ist im Vorhergehenden schon angedeutet. Die Her-
vorhebung des Ptolemaios, die Verfechtung der Interessen seines
Hauses, die Übertragung von Anschauungen, Einrichtungen und Sitten
der Ptolemäerzeit auf Alexander^), das noch erhaltene griechisch-make-
donische Nationalgefühl, alles das weist auf die ptolemäische Epoche.
Alexandria nennt sich noch die Hauptstadt der Welt.») Es glaubt
sich noch unter dem Schutze seines Serapis, sicher vor schweren
Heimsuchungen durch Krieg, Hungersnot und andere Übel*), eine
Zuversicht, die schon Cäsars alexandrin ischer Krieg zu schänden
machte, geschweige späterer Schicksalsschläge, wie die Zerstörung der
Oststadt beim Judenaufstand unter Trajan und die Metzelei Cara-
callas.^) Die Römer zählen zu den Barbaren, die durch Alexander
gedemütigt und den Griechen unterworfen werden. •) Die Sprache
1) Die Bedeutung dieses Gedankens hat Franz Eampers in seinem Buche
^Alexander d. Gr. und die Idee des Weltimperiums' (Freiburg 1901) mit großer
Gelehrsamkeit umfassend nachgewiesen. Doch kann ich nicht beistimmen, wenn
er nach Rudolf Hirzels Vorgang am Schlüsse urteilt: 'daß die philosophische
Richtung der Zeit die Abfassung dieser Chronik (des ursprünglichen Alexander-
romans) schon wesentlich beeinflußt hat, indem sie Tugend und göttliche
Vorsehung in gleicher Weise als wirksame Mächte bei Alexanders früh vollen-
detem Lebenswerk hinstellt' (S. 188).
2) Dahin gehört außer dem oben Erwähnten auch die Bezeichnung der
königlichen Gemahlin als Schwester (Dl 22 s. zu d. Stelle).
3) I 84.
4) ösiCiLog yocQ iötai Tcghg 6UyoVj Ufi6g d"* S^teCy oilog dk it6Qi(iog ^6l6fiog
oif ßagvg (povto. Vgl. Rh. Mus. LII 440.
5) Dio Cass. 77, 22. 6) I 26, 29.
238 Viertes Kapitel. Die Eompositiou u. Entfitehungszeit des urspr. Werkes.
zeigt sich noch kaum berührt yon den lateinischen Lehnwörtern^
die massenhaft eindrangen, seit Ägypten unter römischer Herrschaft
stand. ^)
Versuchen wir nun innerhalb der genannten Epoche die Ent-
stehungszeit des Buches genauer zu bezeichnen, so ergibt sich zu-
nächst, daß es nicht unter den ersten Ptolemäern verfaßt sein kann.
Zwar lebt Tyros' Unglück noch im Sprichwort fort*), aber die Er-
innerung an die Taten Alexanders und seiner Nachfolger muß doch
im Volke ziemlich verblaßt sein, wenn man ihm vorfabeln darf,
Alexander habe die Römer und Karthager unterworfen, den Serapis-
dienst eingeführt u. ä. Wenn ferner der Verfasser einen Krieg
zwischen Römern und Karthagern schon zu Alexanders Zeit bestehen
läßt (I 29), so muß er geraume Zeit nach dem ersten punischen
Kriege gelebt haben. Endlich fand der ägyptische Kalender, nach
dem er rechnet (I 31), erst unter dem dritten Ptolemäer neben dem
makedonischen Eingang'), den er dann seit der zweiten Hälfte des
2. Jahrhunderts v. Chr. verdrängte.*)
Mit diesen negativen Momenten treffen mehrere positive zu-
sammen, die bestimmt auf die Zeit des fünften Ptolemäers (Epi-
phanes 205/4 — 181 v. Chr.) deuten. Vor allem kann die Erfindung,
daß ein M. Aemilius Alexander die Huldigung der Römer habe über-
bringen müssen^), auf niemand anders gemünzt sein, als auf M. Aemi-
lius Lepidus, der 201 v. Chr. als römischer Gesandter nach Alexan-
drien geschickt wurde, hier, nach mehreren Nachrichten, als Vormund
des jungen Königs auftrat, und durch seine gönnerhafte Haltung, die
später auch in einer Medaille verewigt wurde, den Zorn der Alexan-
driner erregt zu haben scheint. Dieselbe Stelle enthält offenbar noch
weitere Anspielungen auf die Ereignisse dieser Zeit und das damalige
Verhalten des ptolemäischen Hofes gegen die römische Macht.®)
1) Das läßt sich schon aus den Stücken, die Müller aus dem allein in
Betracht kommenden Text von A mitteilt, mit einiger Zuversicht behaupten,
obwohl die ünvoUständigkeit seiner Varianten ein genaueres Urteil unmöglich
macht. Natürlich sind nur die echten Teile zu berücksichtigen. Interpolationen
kennzeichnen sich manchmal schon durch ihre Latinismen, so I 31 und II 21.
Auch in die älteren Stücke mag bei der Überarbeitung mancher derartige Aue-
druck gelangt sein, wie xceyxsXXog I 17. Xltga (I 29) ist ein älteres Lehnwort.
Vgl. Thumb, Die gr. Sprache im Zeitalter, des Hellenismus S. löS. — Genaueres
wird KroUs Ausgabe lehren. 2) I 34.
H) Mahaffy, The empire of the Ptolemies (London 1895) S. 206.
4) Wilken, Gr. Ostraka I 781. 5) I 29.
6) Das Nähere s. o. zu I 29.
4. Die Entstehungszeit. 239
Wenn ferner der Verfasser Alexander nach ägyptischem Brauch in
Memphis gekrönt werden läßt^), so war Ptolemaios V. wahrscheinlich
der erste griechisch-makedonische König, hei dem, 19G v. Chr., diese
Art der Legitimation zur Anwendung kam.*) In demselben Kapitel
scheint die geflissentliche Betonung des ptolemäischen Regierungs-
prinzips, daß die Ägypter nur das Land zu bebauen, nicht aber die
WaflFe zu führen haben, auf die ägyptischen Bauernaufstände zu
zielen, die unter Ptolemaios IV. und V. durch Verachtung dieses
Grundsatzes entstanden waren. ^) Und die treulose Staatskimst des
Königs, der sich der Häupter des Aufruhrs schließlich durch Wort-
bruch bemächtigte, wird von dem loyalen Verfasser gerechtfertigt,
indem er Alexander ebenso gegen die Mörder des Darius verfahren
läßt.*) Mögen einzelne dieser Ziige für sich allein eine andere Da-
tierung zulassen, so machen sie doch wohl in ihrer Gesamtheit wahr-
scheinlich, daß das Buch um die Zeit des Epiphanes geschrieben
wurde. Danach darf man auch in anderen, minder durchsichtigen
Fällen Beziehungen auf die Zeitgeschichte vermuten. So mag der
Verfasser den römisch-syrischen Krieg der Jahre 191. — 189 im Auge
haben, wenn er Alexander in Syrien Kataphrakten ausheben^) und
die persischen Sichelwagen (U 16), sowie die Elefanten des Porös
(in 2) in der Entscheidungsschlacht den eigenen Leuten gefährlich
werden läßt, wie es die Sichelwagen und Elefanten des Antiochos in
der Schlacht bei Magnesia waren. ^) So mag die Erfindung, daß bei
Alexanders Geburt ein Erdbeben den künftigen Weltherrscher angekündigt
habe^), dadurch angeregt sein, daß man ein Erdbeben zu Anfang des
2. Jahrhunderts v. Chr.*) als Vorzeichen der römischen Weltherrschaft
auslegte.^) Der Zeit des Epiphanes entspricht endlich auch die respekt-
volle Stellung, die der Verfasser im ganzen gegenüber der ägyptischen
Nation und Religion beobachtet. Denn unter diesem König setzte
im ägyptischen Reich gegen den einseitigen Hellenismus der ersten
1) I 34. 2) Diod. XXXm frg. 13; vgl. Polyb. XVni 65 (88), 8 f.
3) S. z. d. St.
4) U 21 siehe z. d. St.
6) I 85; die Innstg Katd(pQa%tot des Antiochos hätten in der Schlacht bei
Magnesia beinahe das römische Lager erobert. Dio. Gass. b. Zonar. IX 20; vgl.
Liv. XXXVn 42 f. Athen. V 22 S. 194 f.
6) Liv. XXXVn 43.
7) I 12.
8) Nach EusebiuB 124 f. 199/98; nach Justin XXX 4, 1 ff . 198/97.
9) Just. a. a. 0. § 4. Quo prodigio territis Omnibus vates cecinisse, oriens
Romanorum imperium vetus Graecorum ac Macedonum voraturum.
240 Viertes Kapitel. Die Komposition u. Entstehungsaeit des urspr. Werkes.
Ptolemäer eine kräftige Reaktion ein^), die am augenfälligsten in der
Inthronisation zu Memphis und in der Begünstigung des einheimischen
Oötterdienstes zutage tritt.
Wenn trotzdem die Entstehung des Alezanderromans in der
Regel*) vier Jahrhimderte später datiert wird — von Zacher*) um
200 n. Chr., von Kroll*) u. a. in das dritte Jahrhundert n. Chr. —
so beruht diese Ansicht hauptsächlich auf den Teilen des überlieferten
Textes, die wir oben als späte Zusätze zu erweisen versucht haben.
Zacher beruft sich auf das Zitat aus Favorin, das in Kap. I 13 ein-
gefügt isf^), Eroll betont den niedrigen Bildungsgrad des Verfassers
und den Bau der im Roman vorkommenden Hinkjamben, trifft aber
damit im wesentlichen die Geschichte des griechischen Feldzugs, die
sich auch durch andere Merkmale als späteren Ursprungs kennzeichnet*)
Choliamben kommen zwar, worauf Kroll mit Recht aufmerksam
macht, au&er I 42^ und I 46, auch in einer sonst echten Partie, am
Schlüsse von 11 20 vor*^, imd es ist gewiß wahrscheinlich, daß alle
diese Verse von demselben Urheber herrühren. Wenn aber die
Kapitel I 42^ — 11 7 eine Interpolation sind, so kann dieser Urheber
nicht der Verfasser des ursprünglichen Textes gewesen sein. Irgend
ein späterer Bearbeiter hat einige rührende Stellen mit Choliamben
verziert, wie ein anderer I 33 mit byzantinischen Z wölfsilbem. ®)
Außerdem könnte man für jene spätere Datierung noch einige Mo-
mente anführen^), die eine Beziehimg des Romans auf die Geschichte
der Kaiser Caracalla, Heliogabalus und Alexander Severus zu beweisen
scheinen. Als Antoninus Greta geboren wurde, soll eine Henne ein
purpurnes Ei gelegt haben, das Bassianus (Caracalla) zerbrach, ein
1) Vgl. Mahaff}', Greek life and tliought fi'om the age of Alexander to the
Roman conqnest (London 1887) S. 436.
2) Doch sprachen sich schon C. Müller, E. Rohde (Der gr. Roman 1. Aufl.
S. 184 A. 1) und F. Susemihl (Gesch. d. gr. Lit. in der Alexandrinerzeit II 578)
für die Zeit der Ptolemäer aus.
3) Pseudok. S. 102.
4) Beil. zur Allg. Zeit. 1901 Nr. 38 S. ö.
6) Siehe z. d. Steile. 6) S. oben zu I 42—11 7.
7) Die oben U 20 A. 10 angeführten Verse, die ich im Rh. Mus. LII 558 noch
nicht als solche erkannt hatte, zeigen ganz deutlich die fragliche Messung.
Deutschmann, der zuerst die Choliamben bei Ps.-Kall. ausführlich behandelt hat,
bezieht sich nur auf I 46 (De poesis Graecorum rhythmicae primordiis, Progr.
Neubrandenburg 1883, S. 16 ff.).
8) "Otfriff «CT* olv Tvy;|rai/Eiff jtQovoov^iEvog usw. Müller S. 86 ^falls es wirk-
lich Yerse sind^.
9) Was m. W. bisher nicht geschehen ist.
4) Die Entstehungszeit. 241
Vorzeichen des Brudermordes*), Heliogabalus soll seinen Gästen das
Silbergeschirr und die Becher geschenkt*), und Alexander Severus'
Mutter am Tage vor seiner Geburt geträumt haben, sie gebäre eine
purpurne Schlange.') Aber das Zusammentreffen dieser biographischen
Angaben mit Zügen der romanhaften Alexandergeschichte erklärt
sich aus der Alexanderschwärmerei dieser Zeit. Namentlich Caracalla
imd Alexander Severus kopierten den großen Makedonier nicht nur
in Tracht, Miene und Handlungen, sondern wollten auch in ihren
Lebensumständen möglichst viel bedeutsame Beziehungspunkte mit
ihm haben. Caracalla benannte seine Offiziere nach Alexanders Feld-
herren*), Alexander Severus beanspruchte, in Alexanders Tempel an
dessen Todestag geboren zu sein^), seine Amme sollte Olympias, sein
Pfleger Philippus heißen*) usw. Indem so die Hofhistoriographie ge-
schäftig war, dem kaiserlichen Vorsatz entgegenzukommen, ge-
wöhnte sie sich überhaupt aus" der Geschichte Alexanders Zeit-
geschichte zu machen, wofür neben der wirklichen auch die apokryphe
benutzt wurde; denn daß die letztere nicht weniger galt, zeigt sich
z. B. darin, daß Caracalla die aristotelischen Philosophen verfolgte,
weil Aristoteles an Alexanders Vergiftung beteiligt gewesen sei.^)
Daraus ergibt sich doch wohl, daß die angeführten Züge aus dem
Leben der Kaiser nicht Quelle der entsprechenden Angaben in den
fabelhaften Alexandergeschichten, sondern umgekehrt aus denselben
entlehnt sind. Für die Anekdote von der Schlange ist das ohnehin
schon dadurch bewiesen, daß diese auch außerhalb des Romans, laugst
vor der Zeit Caracallas, erwähnt und auch auf die Geburt anderer
namhafter Männer übertragen wird.^) Daß der Roman damals auch
außerhalb Ägyptens bekannt und verbreitet war, läßt sich schon nach
sonstigen Spuren vermuten. Memnon von Herakleia zeigt eine auf-
fällige Übereinstimmung mit I 29^), und Tertullian kennt nicht nur
den Inhalt von I 8, sondern versetzt auch, mit I 11, den Zeichen-
deuter Antiphon in die Zeit Philipps und Alexanders.^®) Ob Arrian
mit dem 'jemand', dessen schamlose Lüge über Alexanders Selbst-
mordversuch er tadelt, den Verfasser des Romans gemeint hat, mag
zweifelhaft sein.^^)
1) Spart. Geta 3, 28 f.; vgl. Ps. I 11.
2) Lamprid. Heliogabal 21, 4; vgl. Ps. 11 16.
3) Lamprid. AI. Severus 14, 1 ; vgl. Ps. I 7.
4) Herodian IV 8, 2.
5) Lamprid. AI. Sev. 6, 1. 2. 6) ebd. 18, 8 f.
7) Dio Cass. 77, 7. 8) S. zu I 5—7. 9) S. zu der Stelle.
10) S. o. zu I 8. 11) S. o. zu m 81—88.
Anifeld, Der grieoh. Alexanderroman. 16
242 Viertes Kapitel. Die Komposition u. Entstehungszeit des nrspr. Werkes.
Dürfen wir demnach den Urtext des Pseudo-Eallisthenes wohl
unbedenklich der Zeit der Ptolemäer und zwar mit Wahrscheinlich-
keit dem 2. Jahrhundert y. Chr. zuweisen, so ergibt sich zugleich der
literarische Zusammenhang, in den das Werk gehört. In ihm yer-
quickt sich die schon stark entartete Alexandergeschichte der Nachtreter
Kleitarchs mit der ägyptischen historischen Novelle und Zauber-
geschichte ^), mit der alexandrinischen Lokaltradition über die Gründung
der Stadt, mit dem euemeristischen Rationalismus^), der auch diesen
Gott als gewöhnlichen Menschen und Menschensohn zu enthüllen
lehrte, und endlich mit der Richtung auf das Gemeine und Yolks-
mäßige, die um dieselbe Zeit in der Kunst als ^alexandrinischer Veris-
mus' zutage tritt.') Es ist freilich ein recht seltsames Erzeugnis,
das aus dieser Mischung hervorging. Aber das derb eingreifende
Verfahren, mit dem hier aus einer ganz abweichenden Überlieferung
ein eigenartiges Ganzes von leidlich einheitlicher Form hergestellt
wurde, verrat doch, bei aller Eunstlosigkeit, eine Gestaltungskraft,
die es von den Produkten der späteren Kaiseizeit merklich unter-
scheidet. Den Eindruck eines formlosen Konglomerats nicht zu-
sammengehöriger Bestandteile, das auf kümmerliche Unfähigkeit des
Redaktors schließen läßt, macht der Roman erst im Text a, nachdem
die ursprüngliche Anlage durch eine Menge späterer Zusätze ver-
deckt war.
1) Aus dem 2. Jahrhundert v. Ohr. stammt auch der Papyrus, der die
Novelle von Nektanebos' Traum in Memphis enthält; s. o. zu I 2.
2) Vgl. C. Müller, praef. XIX A. 2. Wie der Euemerismus in Verbindung
mit Zaubergeschichten und ätiologischen Erfindungen im alexandrinischen Roman
des 2. Jahrh. v. Chr. fortlebte, zeigt auch der merkwürdige Dionysius Skyto-
brachion (vgl. den lehrreichen Artikel von Schwartz beiPauly-WissowaV929flF.),
der schon allein beweist, daß der Verfasser des Alezanderromans mit seiner 'Lust
zum Fabulieren' neben seinen Zeitgenossen und Landsleuten keineswegs ver-
einzelt dasteht. (Verwandte Naturen sind die jüngeren Ptolemaios Chennos und
der Verfasser des astrologischen Buches, das sich als Werk des Nechepso und
Petosiris ausgibt.)
8) Vgl. Th. Schreiber in den Verh. der 46. Phil. Vers. Leipz. 1900 S. 88.
Fünftes Kapitel
Der Text a.
1. Die Zusätze yon a und ihre Quellen.
Unter den Zusätzen, durch die wir in den überlieferten Texten
die ursprüngliche Fassung des alexandrinischen Werkes erweitert
finden^ sind die wichtigsten und ausführlichsten: die Geschichte des
griechischen FeldzugS; die Erzählung von Alexanders Reise zu Ean-
dake und die Briefe Alexanders über die Abenteuer des baktrischen
und indischen Feldzugs.
Die Geschichte des griechischen Feldzugs (I 42^ — 11 6)
ist nicht fertig aus einer andern Quelle übernommen, sondern mit
Benutzung des Romans eigens zu dessen Ergänzung hergestellt worden.
Die wichtigste Vorlage des Verfassers scheint ein ziemlich ausführ-
liches Geschichtsbuch gewesen zu sein, das mit Alexander begann,
aber auch noch die Zeit Philipps V. behandelte; denn von der Zeit
Yor Alexander weiß er fast nichts, überti^lgt aber Erlebnisse Philipps V.
auf Alexanders Vater ^) und bereichert auch Alexanders Taten durch
eine See- und Landschlacht gegen die Spartaner, für deren Beschreibung
der Kampf des Flamininus gegen den Tyrannen Nabis verwendet
ist.^) Außerdem gebrauchte er einen chronographischen Abriß, der
ihm wenig Tatsachen — u. a. den dreifachen Sieg des Athleten Kleito-
machus (I 47) — , aber eine schöne Menge athenischer Namen lieferte.
Damit ausgerüstet, erfand er das weitere mit der frohen Zuversicht
gänzlicher Ignoranz. Am ursprünglichen Texte des Romans scheint
er bei der Einschaltung seines Machwerks nichts geändert zu haben.
Der Verskünstler, der die Schilderung der Zerstörung Thebens (I 46)
und Alexanders Gebet an Achilleus (I 42") in Gholiamben um-
setzte, war wohl ein späterer Bearbeiter. C. Müllers Annahme^ daß
1) S. 0. zu n 2—5. 2) S. o. zu II 6.
16
244 Fünftes Kapitel. Der Text <r.
für erstere eine poetische Quelle, etwa Soterichos' TIvd-cDv rijäks^av-
dQLaxög benutzt sei^), widerspricht, wie Kroll mit Recht hervorhebt^,
dem Umstand, daß auch am Schluß von II 20 Choliamben überliefert
sind, denn diese stammen doch wohl — ebenso wie die metrische
Fassung von Alexanders Gebet, die Jul. Valerius sicher aus seiner
Vorlage übernommen hat^) — von demselben Manne.
Die Erzählung von Alexanders Reise zur Königin von
Meroe (III 18 — 24) mag ursprünglich eine selbständige Novelle ge-
wesen sein. Jedenfalls ist sie nicht für den Roman verfaßt. Sie
wurde mit oder nach dem Brief Alexanders an Aristoteles (III 17)
eingeschoben, von einem imwissenden Bearbeiter, der Alexander mit
dieser Reise den nach UI 17, 7 beabsichtigten Zug zur Königsburg
der Semiramis ausführen ließ. Die Änderungen, die mit dem Stoffe
vorgenommen wurden, um ihn enger in das Gefüge des Romans ein-
zupassen^), die augenfällige Verschiedenheit zwischen dem Inter-
polator, der Äthiopien in der Nachbarschaft Indiens vermutet, und
dem Verfasser, der genau über das Land und seine Lage Bescheid
weiß, haben wir oben besprochen.
Die Novelle will die Äthiopier und ihre tapferen Fürstinnen ver-
herrlichen. Wie eine Kandake dem großen Augustus widerstand, so
läßt der Verfasser eine frühere selbst den großen Alexander de-
mütigen und überlisten. Von Alexanders Geschichte, die ihm wohl-
bekannt ist, geht er aus, indem der Besuch der Königsburg von
Meroe, den Alexander während seines Aufenthaltes in Ägypten beab-
sichtigt haben soll, bei ihm verwirklicht wird. Das Übrige erfindet er
frei nach seiner Kenntnis Äthiopiens. Er war zweifellos ägyptischer
Grieche, wenn III 24 von ihm herrührt, natürlich Alexandriner. Aber
gei*ade an dieser Stelle erkennt man in der Verknüpfung mit I 33
die Hand des Bearbeiters, und vielleicht ist auch die Verherrlichung
Alexandrias, wie andere dem Roman entnommene Züge, auf diesen
zurückzuführen.
Die beiden Briefe an Aristoteles und Olympias enthüllen sich
einer näheren Betrachtung als Bruchstücke von mindestens vier ver-
schiedenen Briefen, die wahrscheinlich einer Sammlung^) entnommen
wurden: III 17^ und III 28 aus zwei Briefen über Alexanders Rück-
1) praef. XXIV f.
2) Beil. z. Allg. Zeit. 1901 Nr. 38 8. 6.
8) S. 0. Kap. IV § 4. 4) S. 0. zu IIT 18—24.
5) ZuBammenstellung antiker Zeugnisse über Sammlungen von Briefen
Alexanders bei E. Pridik : De AI. Magni epistolarum commercio (Berol. 1898) S. 9 f.
1. Die Zusätze von a and ihre Quellen. 245
zug von Indien nach Persis, III 17^ Auszüge aus einem Brief über
den baktrischen und indischen Feldzug bis zur Rückkehr nach Persis,
in 27^^ aus einem Brief über Alexanders letzte Abenteuer nach der
Rückkehr aus Indien. Der Bearbeiter, der diese Stücke vereinigte
und in den Roman einfügte, verstand von ihrer Bedeutung nicht das
mindeste, wie die völlig sinnlose Anordnung und ein von ihm ein-
geschobener Zusatz beweist, wonach Alexander in Baktrien einen
Wasserbehälter für die Schiffe des roten Meeres aufdecken läßt
(III 17^, 3). Dagegen arbeiteten die Verfasser der Briefe zum größten
Teil planmäßig nach historischen und geographischen Vorlagen:
III 17^ und in 17^, 2 — 4 folgen denselben Quellen wie Diodor und
Curtius, also wohl Kleitarch. Unmittelbare Übereinstimmung mit
Kleitarchs Fragmenten findet sich hier dreimal in Angaben, die zwar
in der knappen Fassung des Romans übergangen, aber in der la-
teinischen Epistola ad Aristotelem erhalten sind: über die Kostbar-
keiten des indischen Königspalastes ^), über die bunten indischen
Schlangen*) und über die Bäume des heiligen Hains, die wohl-
riechendes Harz ausschwitzen.^) Die Erzählung von Alexanders Be-
such in diesem heiligen Hain weicht aber sonst von Kleitarch ab, äer
ihn auf eine Insel verlegte, und beruht im letzten Grunde auf An-
gaben des Ktesias^) Da uns diese nur in einem dürftigen Exzerpt
erhalten sind, so läßt sich nicht bestimmen, in welchem Umfang auch
die Schilderung im Einzelnen auf Ktesias' Buch zurückgeht. HI 28
und III 17,7 lehnen sich zweifellos nicht an Kleitarchs Bericht an,
sondern folgen in den Hauptsachen Nearch. Woher die Beschreibung
der persischen Königspaläste stammt^ ist unsicher. lU 27" endlich
hängt mit der Geschichte überhaupt nur insofern zusammen, als ein-
zelne Historiker Alexander die Absicht zuschreiben, die Züge zu
unternehmen, die ihn der Verfasser wirklich ausführen läßt. Ein
Stück aus derselben Sammlung, zu der diese Briefe gehörten, sind
vermutlich die Kapitel II 32 — 38 des Briefes an Aristoteles und
Olympias, der in ß am Schluß des zweiten Buches eingeschoben
ist. Sie sind wie HI 17" und HI 28 einem Bericht über Alexanders
Rückzug aus Indien entnommen, den aber der Bearbeiter als einen
Zug 'in die Wüste der Meder' darstellt. Die historische Haupt-
quelle des Verfassers scheint Aristobuls Alexandergeschichte gewesen
zu sein.
1) 192, 19 ff.; vgl. Kleit. fr. 17. 2) 199, 20 ff.; vgl. Kleit. fr. 16.
3) 211, 9 ff.; vgl. Kleit. fr. 22. 4) S. zu Ul 17 u, 6.
246 Fünftes Kapitel. Der Text a.
Mit den echten oder wenigstens von ernsthaften Geschichts-
schreibern als echt angesehenen Briefen Alexanders, aas denen für
den fraglichen Zeitabschnitt einiges erhalten ist^), zeigt keines dieser
Stücke irgend welche Verwandtschaft. Sie waren eben für die Zwecke
der Verfasser nicht brauchbar. Diesen galt es, ans der Geschichte
zweier großer Feldzüge einen unterhaltlichen Reiseroman herzustellen.
So wählten sie aus Alexanders und Nearchs Erlebnissen das Geeig-
nete aus^) und bezogen letztere auf Alexander selbst, machten natür-
liche Dinge zu Wundem*), Wunderbares noch wunderbarer, Unheim-
liches noch unheimlicher, ließen die Ungeheuer der indischen Natur-
und Fabelwelt recht häufig auftreten und erfanden noch neue Züge
Alexanders: in das Prasierland, zum indischen Heiligtum der Sonne
und des Mondes, zu den Säulen des Herkules und zu den Amazonen.
Indem dabei die Unternehmungen vieler Jahre zu einigen kurzen
Entdeckungsreisen zusammengeschrumpft und überdies die orientieren-
den Länder-, Völker- und Flußnamen größtenteils weggelassen oder
verderbt sind^ ist natürlich die geschichtliche Grundlage ganz un-
kenntlich geworden.
Es war aber keine unbedeutende und nur von wenigen gepflegte
Literaturgattung, deren Trümmer wir in diesen Briefen erblicken.
Denn wie viele verschiedenartige Gestaltungen des Stoffes müssen
vorhanden gewesen sein, wenn wir auf so beschränktem Räume das-
selbe Motiv wiederholt und in ganz verschiedener Weise behandelt
finden! Im Vordergrund des Interesses stand offenbar der furchtbare
Bückzug aus Indien, der zwei Dritteile der Sieger unmittelbar vor
dem Ziele der Heimkehr dahinraffte. Viermal begegnet uns das öde
Gestade der Ichthyophagen, viermal die geheimnisvolle Insel, die den
Landenden Verderben brachte, aber jedesmal sind ihre Gefahren anders
dargestellt: III 17 (Abschn. I) entpuppt sie sich als der Rücken eines
ungeheuren Tieres, das mit den Gelandeten in der Tiefe versinkt,
nach der Epist. ad Ar. (Abschn. d) drohen dort verführerische Nixen,
die den betörten Schiffer ins Wasser hinabziehen, IH 28 birgt sie die
1) Plin. VI 61 über das Wasser des kaspischen Meeres. Arr. VI 1, 4 über
die vermeintliche Entdeckung der Nilquellen in Indien (Brief an Olympias);
Plut. 60 über die Schlacht gegen Porös ; Plin. VI 63 über die Umkehr am
Hyphasis; Plut. 66, 1 über die Ankunft am indischen Ozean.
2) Von Darius' Tod an. E. Rohdes These, daß alle hauptsächlichen Aben-
teuer Alexanders in solchen Briefen behandelt gewesen seien (Der gr. Roman
S. 187 A. 1), kann ich nicht beistimmen.
3) Bezeichnende Beispiele: die Menschen mit sägeartigen Händen und
Füßen und die zu- und abnehmenden Bäume (s. zu II 32 u. 86).
1. Die Zusätze Ton a und ihre QnelleD. 247
heilige Stadt des Sonnengottes, II 38 verschlingen Meenmgeheuer
die Unglücklichen, die dem lockenden Zuruf von dem tückischen
Eiland folgten. So mannigfaltige Darstellungen derselben Sache setzen
eine vielseitige Entwicklung durch zahlreiche Verfasser und eine große
Beliebtheit dieser Art von ErzäMungen voraus, die durch Lucians
gegen sie gerichtete Satire nur bestätigt wird.^)
Von wesentlich verschiedenem Charakter sind die an einigen
Stellen eingeschobenen kleineren Briefe: gewöhnliche rhetorische
Stilübuugen ohne bemerkenswerte Eigenart. Der Briefwechsel der
Satrapen Hystaspes und Spithridates mit Darius (I 39) imd der damit
zusammenhängende Brief des Darius an Alexander (I 40) beziehen
sich auf einen Abschnitt des Alexanderzugs, der im Roman gar nicht
vorkommt. Sie mögen ebenfalls aus einer Briefsammlung entnommen
sein. Der zweite Brief der Satrapen (II 10), der auch zur Geschichte
nicht paßt, ist vielleicht erst von dem Bearbeiter gemacht, der die
zur Ergänzung des Romans ganz unbrauchbaren Stücke einfügte.
Eigenes Machwerk eines Interpolators ist wohl auch Alexanders
prahlerischer Brief an die Tyrier (I 35). Aristoteles' Brief an
Alexander (III 27^) ist aus ein paar Sätzen der pseudo-aristotelischen
Schrift über die Königsherrschaft mit Benutzung geschichtlicher An-
gaben über Alexanders Empfang in Babylon hergestellt.
Ferner zeigt sich eine Alexandergeschichte kleitarchischer
Gattung zur Erweiterung des ursprünglichen Textes verwendet.
Aus ihr stammen: Darius* Eriegsrat (II 7), Angaben über Darius'
Plan, sich in Baktrien festzusetzen (U 12), Parmenions bekannte Ab-
fertigung (II 17), Erlebnisse Alexanders in Persis (II 17, 18) und
Darius' Verfolgung über Medien nach Norden (11 19). 11 7 ist yon
einem christlichen Verfasser nach der kleitarchischen Erzählung von
Darius' Kriegsrat vor der Schlacht bei Issos gemacht, unmittelbar
zur Ergänzung des Romans und mit vielfacher Benutzung seines In-
halts, auch der unechten Stücke.') Das Kapitel ist später als die
Geschichte des griechischen Feldzugs eingeschoben; denn der Schluß
von II 6 leitet offenbar direkt auf II 8 über.
Die Zusätze in II 12 und 11 17 — 19 sind ungeschickte Versuche,
den mageren Bericht über die Ereignisse zwischen der Überschreitung
des Tigris und Darius' Ermordung aus einem Historiker zu vervoll-
1) Rohde, Der gr. Roman S. 190.
2) Die Geschichte des griechischen Feldzugs und der Kandake-Episode,
auf die doch wohl die Erwähnung des Volks ^vom Palast der Semiramis' (vgl.
ni 18) hinweist.
248 Fünftes Kapit©!. Der Text a.
standigen. Der Interpolator hat den Inhalt des Romans so wenig
beachtet^ daß die ärgste Verwirrung entstanden ist Die Quelle war
vorwiegend kleitarehisch und stimmt stellenweise mit Diodor wörtlich
überein. Doch ist auch manches anderen Ursprungs, wie die Be-
schreibung von Kyros* Grabmal (11 18). Mit Benutzung der wirk-
lichen Geschichte Alexanders ist auch der Traum erfunden, in dem
sich ihm Ammon als Vater zu erkennen gibt (I 30).
An historischen Quellen ist außerdem fiir die Interpolationen von
a benutzt worden: ein chronographischer Abriß — teilweise
derselbe, der zu der Geschichte des griechischen Feldzugs gebraucht
ist — für das Völkerverzeichnis in I 2 und für die Statistik am
Schluß (III 35), deren ägyptische Daten auf alexandrinischen Ur-
sprung weisen; Favorinus' navroöaTtrj CötoQia für das Verzeichnis
von Alexanders Lehrern und Alexanders Stammbaum (I 13): der einzigen
Fall, daß die Quelle genannt ist; eine rhodische Geschichte, wahr-
scheinlich das Werk Zenons, für Alexanders Testament (HI 33); Me-
gasthenes' Werk über Indien und ägyptische Verordnungen für
Alexanders Erlaß an die Perser (11 21); endlich eine Grund ungs-
geschichte von Alexandria zur Erweiterung der entsprechenden
Erzählung des echten Textes (I 31). An der letztgenannten hat aber
der Bearbeiter offenbar auch aus seiner eigenen Kenntnis der Stadt
manches hinzugefügt über die Kanäle und Straßen (I 31), das Meso-
pedion (I 32) und das Kultbild des Serapis (I 33).
Zu diesen planmäßig eingefügten Zusätzen kommen endlich noch
einige in den Text geratene Randnotizen, wie der Hinweis auf die
römischen exploratores (I 2); die geographischen Notizen über den
Euphrat und Tigris (II 9) und den Tanais (III 28); die Korrektur
der Namensform Hermupolis (I 31) u. ä.
Daß außer diesen Stücken, deren nachträgliche Einreihung noch
erkennbar ist, auch andere Bestandteile des überlieferten Textes
späteren Ursprungs sind, ist wohl möglich. Recht verdächtig und
der Art des ursprünglichen Romans wenig entsprechend erscheint
z. B. der Briefwechsel über Alexanders Vei:schwendung (I 16). Doch
muß man auf subjektive Entscheidungsgründe um so lieber verzichten,
da das, was nach Ausscheidung der besprochenen Zusätze übrig bleibt,
zweifellos im ganzen eine vernünftig fortschreitende Erzählung er-
gibt, die den Inhalt des ursprünglichen Werks, wenn auch nicht rein,
so doch ohne sinnwidrige Entstellung zu bieten scheint.
2. Art, Ort und Zeit der Entstehung. 249
2. Art, Ort und Zeit der Entstehang.
Die Zusätze von a sind also teils eigens zur Ergänzung dgs Ro-
mans hergestellt^ teils als fertige Stücke aus anderen Quellen^ meist
im Auszuge und teilweise mit sonstigen Änderungen verwendet. Das
Verfahren bei der Einfügung war ein sehr oberflächliches und ge-
dankenloses. Eine organische Verbindung zwischen den alten und
neuen Teilen wurde in den meisten Fällen kaum versucht, und die
Zusätze lassen sich fast alle herausschneiden, ohne daß eine Lücke
klaflFt. Nur bei der Einfügung des Testaments (IIl 33) ist die un-
mittelbar vorangehende Erzählung so weit verändert, daß die ur-
sprüngliche Form nicht mehr rein hervortritt. Aber auch hier ist
es dem Bearbeiter nicht eingefallen, die verschiedenen Widersprüche
zum sonstigen Inhalt des Romans zu beseitigen. Die Zusätze wider-
sprechen sich sogar gegenseitig, wie die Bestimmungen über Theben
in der Geschichte des griechischen Feldzugs (I 47) und im Testament
(in 33^). Würde dies bei der ersichtlichen Unfähigkeit der Re-
daktion noch keinen ausreichenden Beweis für eine Mehrheit von
Bearbeitern darstellen, so ergeben doch andere Umstände zweifellos,
daß der vorliegende Text nicht das Werk eines einzelnen Interpolators
ist. So rührt 11 7 von einem christlichen Verfasser her, I 42^—11 6
und andere Abschnitte deutlich von einem heidnischen. Femer
kennzeichnen sich in den eingeschobenen Stücken die Verordnung
über die Alexanderspiele (IE 21) imd die Beschreibung der Stadt der
Eleophis (lU 18) durch unpassende Unterbrechung des Zusammen-
hangs als jüngere Interpolationen, die erst nachträglich in die älteren
Zusätze eingeschaltet wurden.
Beschränkten sieb nun die wiederholten Eingriffe von Bearbeitern
auf eine Erweiterung des ursprünglichen Inhalts? Die meisten scheinen
allerdings nur diesem Zwecke zu dienen. Daß aber auch der Wort-
laut nicht unangetastet geblieben ist, zeigt sich in der Umsetzimg
einiger Stücke in Hinkjamben ^) und byzantinische Zwölfsilber.*) Eine
Umarbeitung sachlicher Airt, die Hermes durch Ammon ersetzte, ist
für n 13 zu vermuten. Die Einteilung des Romans in drei Bücher
wui'de auch erst von einem der Bearbeiter vorgenommen; denn der
Beginn des zweiten Buches fällt mitten in eine Interpolation, und
nur im interpolierten Text haben die Bücher ungefähr gleiche Ch*öße,
während nach Ausscheidung der Zusätze das dritte auf einen unver-
1) I 42n I 46 und II 20 s. o. 2) I 83.
250 Fünftes Kapitel. Der Text a.
hältnismäßig geringen Umfang zusammenschrumpft. Zugleich wurde
auch der ursprüngliche Titel des Werkes geändert.^)
Außer diesen absichtlichen Änderungen und Entstellungen sind
aber im Laufe der Überlieferung, die zum Archetypus unseres ältesten
Textes führte, naturgemäß auch mancherlei Verderbnisse durch Irr-
tum und Nachlässigkeit eingetreten. Von den in den Text geratenen
Randnotizen war oben die Rede. Eine von diesen, ein auf Anaximenes
bezügliches Mikri^io^, das ein Schreiber irrtümlich neben Aristoteles'
Namen einfügte, hat dem Verfasser des Romans den Vorwurf gröb-
licher Unwissenheit eingetragen. In einem anderen Falle ist durch
eine Parallelstelle aus I 33, die ein Leser zu III 24 angemerkt hatte,
in diesem Kapitel eine große Verwirrung entstanden. Dazu kommen
mehrere Lücken und sonstige Schreib- und Lesefehler.^)
Somit ergibt sich, daß zwischen der ersten Erweiterung des ur-
sprünglichen Textes und derjenigen Niederschrift, auf welche die er-
haltenen Texte zunächst zurückgehen, eine längere Entwicklung liegt.
Andrerseits ist nicht eben wahrscheinlich, daß die vielen Zusätze
alle nur auf gelegentliche Einfälle einzelner Schreibe! zurückzuführen
wären. Es hat doch wohl mindestens einmal eine planmäßige, wenn
auch höchst mangelhafte Bearbeitung des ganzen Werks stattgefunden,
durch die der Text a im wesentlichen geschaffen wurde: eine rohe
Komposition, die nur eine Vermehrung des Unterhaltungsstoffes be-
zweckte. Durch sie wurde aus dem charakteristischen Werk eines
bestimmten Verfassers ein anonymer Misch text, ein Volksbuch, dessen
Wortlaut und Umfang durch keine Rücksicht auf die Persönlichkeit
eines Urhebers, durch keine Kontrolle literarischer Sachverständiger
geschützt war, und dieses haben dann kundige und imkundige Leser
und Schreiber weiter behandelt, erweitert und gekürzt, verbessert und
verdorben, nicht nur bis zur Niederschrift unsers Archetypus, der
schon einen ansehnlichen Grad von Entstellung aufweist, sondern
mehr als ein Jahrtausend darüber hinaus, bis zum Ausgang des Mittel-
alters.
Dieser Vorgang, den wir für den ursprünglichen Roman teilweise
nur durch Vermutung erschließen können, liegt bei einer seiner Be-
1) S. 0. Kap. IV § 3.
2) Wie die Auslassungen zu III 17 1 (Anm. 4) und III 17 n (Anm. 62); die
Lesarten d-v/artQU &deXq>i]v st. d". äÖBXcpfjs I 20 (A. 1), rohg (fOQOvg st. rivais cp.
I 23 (A. 2), Stadien und Fuß st. Meilen und Schritte I 31 (A. 14), Tq^oXiv I 84
(A. 1), 'AyLQayavTivov I 45 (A. 2), ixiaroXalg st. imrolatg II 1 (A. 2), at IlaQUSviiov
st. mv n. II 17 (A. 3\ ytvvoTtSQÖixEg st. xvvoxiQxiöss III 1711 (A. 17).
2. Alt, Ort und Zeit der Entetehong. 251
arbeitungen^ Leos Natiyitas atque victoriae Alexandri Magni regia, in
allen einzelnen Stadien klar vor Augen. Nur fällt die Entwicklung
von Leos Werk in eine Zeit fortschreitender Kultur, daher die
späteren Bearbeitungen wohl durchdachte Verbesserungen darstellen,
während der ursprüngliche Roman das Unglück hatte, seine maß-
gebende Redaktion durch gedankenlose Stümper in der Zeit sinkender
Volksbildung zu erhalten.
Zu den ältesten der Zusätze, Änderungen und Verderbnisse, die
jünger sind als der Archetypus unserer Texte, gehören u. a. die Be-
stimmung des Testaments über den Alexanderpriester (III 33^, 4 A
Val. Arm.), der jüngere Bericht über Alexanders Tod (III 33^^,
A Arm. Mett.), die Umarbeitung von I 1 — 12 in Ad; die unrichtigen
Laa: OlXcüv statt Oeld&v (IH 17^ A. 6 Val. Syr.); ikifpavxaq statt
ke%äöag (III 17^ A. 10 A Val.); Atyvjtrov ta JIsQÖCxxa und Oavo-
xgdrrjv statt anofpaCvca XQarelv (III 33^ A. 39, 40. A Val.).
Der Ort, wo der ursprüngliche Roman zum Text a erweitert
wurde, war zweifellos Alexandria. Denn als alexandrinisch erweisen
sich von den vermutlich älteren Interpolationen: die Zusätze in der
Beschreibimg der Gründung von Alexandria (I 31 — 33); die Geschichte
des griechischen Feldzugs durch die Hervorhebung der Stadt Alexandria
und des ägyptischen Reichtums (II 4); der Brief an Aristoteles durch
den Zusatz über die Säulen des Sesonchosis (III 17^, 3); die Eandake-
Episode, in der die Gründung von Alexandria über die Taten des
Sesonchosis erhoben wird (III 24); und die Statistik am Schluß durch
die Angabe, daß Alexanders Todestag noch in Alexandrien gefeiert
werde, und die ägyptischen Daten; von den jüngeren Interpolationen:
die Bestimmung über die Alexanderspiele in Alexandrien (11 21).
Und daß auch nach der Entstehung des Archetypus der Roman a in
Alexandrien noch abgeschrieben, beachtet und gelesen wurde, zeigt
der alexandrinische Zusatz im Testament (III 35^, 4) und die Be-
nutzung des Romans in der alexandrinischen Chronik, aus der die
Excerpta barbari stammen.^)
Die Zeit der Entstehung von a umfaßt natürlich einen größeren
Zeitraum, dessen Endpunkt durch die Übersetzung des Jul. Valerius
gegeben ist, die um 300 n. Chr. verfaßt wurde.*) Alle erkennbaren
Momente deuten auf die Epoche der römischen Kaiser. Die Ge-
schichte der Kandake setzt wahrscheinlich den Einfall der Kandake
unter Augustus, vielleicht auch die römische Expedition nach Äthio-
1) S. 0. zu m 30— 3S. 2) S. 0. Kap. I.
262 Fünftes Kapitel. Der Text o.
pien nuter Nero voraus.^) Die Zusätze zur GründungsgeBcliiclite von
Alexandria erwähnen ein Denkmal des Araios^)^ der unter AugustuB
lebte, versetzen den Mathematiker Heron, der etwa dem 2. Jahr-
hundert T. Chr. angehörte^); in Alexanders Zeit, zahlen Karthago, das
erst in der Kaiserzeit neu aufblühte^), zu den größten Städten, über-
gehen dagegen Seleukia am Tigris, was auf Abfassung der Interpolar
tion nach 168 n. Chr. schließen läßt^), geben für den Umfang Koma
ein Maß, welches über das unter Yespasian bestimmte hinausgeht^,
und rechnen nach römischen Meilen und Schritten.^) Im Verzeichnis
der persischen Völker (I 2) kommen die Alanen vor, die zum ersten-
mal bei Lucan genannt werden.®) Endlich wird I 13 Favorinus
zitiert, ein Philosoph aus der Zeit Trajans und Hadrians.
Von den Erzeugnissen der jüngeren Bearbeiter ist II 7 christ-
lichen Ursprungs, die Verordnung über die Alexanderspiele enthält
lateinische Wortformen, der Zusatz exploratores (I 2) stammt aus der
Zeit der Kriege gegen die Neuperser, also frühestens aus dem 3. Jahr-
hundert, und die .metrischen Umarbeitungen einzelner Stücke (s. o.)
zeigen Versmaße, die erst in der späteren Kaiserzeit gebräuchlich
waren.
So mag wohl das gesteigerte Interesse für Alexanders Leben
und Taten, das seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. hervortritt und zu
Anfang des 3. unter Alexander Seyerus seinen Höhepunkt erreichte,
den Anstoß zu der neuen Bearbeitimg und Erweiterung des alten
alexandrinischen Romans gegeben haben, der wir allein seine Er-
haltung verdanken.^)
Es ist ein Verhängnis in der Geschichte des historischen Wissens,
daß dieses schlechte Bach auf ein Jahrtausend alles unterdrückt und
überwuchert hat, was eine bessere Kenntnis vom gewaltigsten Herrscher
des Altertums hätte vermitteln können, daß nicht die edle Gestalt
des wirklichen Alexander, sondern das Zerrbild des Romans im Mittel-
alter fortlebte. Aber gerade die unschönen Züge, die der Roman
1) S. 0. zu m 18. 2) Vgl. Rh. Mus. LV 370.
3) Nach K. Tittel Rh. Mus. LVI (1901) S. 414.
4) Vgl. Mommsen, R. G. V 647, 666.
6) S. 0. zu I 31.
6) 13200 Stadien nach Plin. 3, 6, 66; Ygl. Mommsen, Abh. d. Sachs. G. d.
W. ph. h. Kl. 1867 Bd. U 273.
7) I 31. 8) A. V. Gutachmid, Gesch. Irans S. 70.
9) Diesen Zeitpunkt hob schon E. Rohde hervor (Der gr. Roman* S. 186 A. 1).
Doch können wir ihm nicht beistimmen, wenn er dessen ßedeutung für den
Roman in der 'lebhaftesten Tätigkeit an der Ausbildung der Sage' erblickt.
2. Art, Ort und Zeit der Entstehung. 253
dem Bild seiner Taten eingemengt hat^ haben die Kunde von ihm
auch in d^n Jahrhunderten tiefsten Niedergangs erhalten. Das Volks-
tümliche, Abenteuerliche und Unterhaltende der alexandrinischen Er-
zählung sicherten ihr Leser und Hörer auch in einer Zeit, die den
klassischen Werken gleichgültig und ohne Verständnis gegenüber-
stand, und pflanzten das Gedächtnis ihrer Helden fort, bis die wach-
sende Bildung des späteren Mittelalters den überlieferten Stoff zu
neuen Dichtungen umzuformen und zu neuer Wirkungskraft zu er-
wecken lernte.
Diesen Vorgang im einzelnen zu verfolgen, den Wurzelfäden
nachzuspüren, die in den Winterzeiten des geistigen Völkerlebens still
fortarbeitend den Zusammenhang mit vergangener Größe bewahrten,
bis sie ein neuer Frühling ausschlagen imd frische Blüten ansetzen
läßt, das darf doch wohl als eine würdige und anziehende Aufgabe
des Literarhistorikers gelten^ wenigstens für den, der das Ziel der
Literargeschichte nicht in einer einseitigen Betrachtung der sogenannten
goldenen und silbernen Zeitalter, sondern in einer Erforschung des
Geisteslebens in seiner gesamten Entwicklung erblickt. Die unent-
behrliche Grundlage jeder solchen Untersuchung ist aber eine genaue
Kenntnis und ein richtiges Verständnis des Urtextes, dessen zahllose
Verwandlungen Schritt für Schritt den Fortgang jener Bewegung
erkennen lassen, und dazu habe ich versucht, in den vorstehenden
Erörterungen einen Beitrag zu bieten.
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig.
Die hellenische Knltur. Dargestellt von Fritz Baumgarten, Franz
Poland, Richard Wagner. Mit 7 farbigen Tafeln, 2 Karten und
gegen 400 Abbildungen im Text und auf 2 Doppeltafeln. [X u. 491 S.]
gr. 8. 1906. geh. JC 10. — , in Leinwand geb. ^iC 12.—
Dem Bedürfnis nach einer zusainmenfasBenden Darstellung der griechischen nnd (in
einem zweiten, in Vorbereitung befindlichen Bande) der römischen Kultur in weiterem
umfange, als sie bisher vorliegt, soll dies Werk Rechnung tragen. Die Verfasser, die
sämtlich im praktischen SchTÜdienst stehen, haben es als ihre Aufgabe angesehen, die
gesicherten Ergebnisse der neueren Forschung in einer ftlr jeden Ge-
bildeten faßlichen und lesbaren Form darzubieten, unter besonderer Be-
rücksichtigung der Bedürfnisse nnd der Ergebnisse des Unterrichts in den Oberklassen
unserer höheren Schulen. Dem geschriebenen Wort tritt ergänzend und weiterführend
ein reichhaltiger Bilderschmuck zur Seite, der um so weniger fehlen durfte, Je lebendiger
und unmittelbarer gerade das Kulturloben des Altertums uns durch seine Denkmäler ver-
anschaulicht wird.
Geschichte des hellenistischen Zeitalters* Von Julius Kaerst.
I. Band: Die Grundlegung des Hellenismus. [X u. 433 S.] gr. 8. 1901.
geh. ^^ 12. — , in Halbfranz geb. „4C 14. —
„Kaerst geht nirgends einer Schwierigkeit aus dem Wege, umiiohtig hat er vor
seiner Entscheidung stets die Möglichkeiten erwogen. Dafi sein Werk ganz ausgereift
ist, zeigt mit am deutlichsten sein Maßhalten. Es ist ein gefährliches Gebiet, die Ge-
schichte Alexanders, wo jeder leicht zeigen kann, was er nicht kann; mit dem Mute der
Jugend ist Kaerst an diese Aufgabe gegangen, um in der Kraft der Mannesjahre sie zu
lösen. Das Urteil über ein Werk, das völlig hat ausreifen können, darf einen hohen
Maßstab anlogen, aber diese Geschichte Alexanders enttäuscht auch die Leser nicht, die
viel erwarten: in Forschung und Darstellung, nach Form und Inhalt ist sie die be-
deutendste, die durchdachteste seit J. G. Droysen." (Liter. Zentralblatt. 1908. Nr. 31.)
Die griechisch-römische Biographie nach ihrer literarischen Form*
Von Friedrich Leo. [VI u. 330 S.] gr. 8. 1901. geh. JC 7.—
Aus einer Untersuchung tlber die literarische Form der biographischen Schriften
Suetons ist ein Buch geworden, das den Versuch macht, die wichtigsten Entwickelungs-
linien der biographischen Literatur des Altertums aufzuzeigen. Diese Linien sind natürlich
nicht durchweg gerade Linien, und die Wege, die der Verfasser gehen mufite, darum
nicht immer gerade Wege; doch darf er hoffen, daß sie zum Ziele fuhren. Vor der
christlichen Biographie hat der Verfasser Halt gemacht, aber die heidnische bis auf ihre
antiken Ausläufer verfolgt.
Studien und Charakteristiken zur g^riechischen und römischen Lite-
raturgeschichte. Von W. S. Teuffei. 2., veränderte Auflage. Mit
einem Lebensabrisse des Verfassers. (XXVI u. 692 S.] gr. 8. 1889.
geh. JC 12.—
Inhalt: I. Die Stellung der Fraaen in der grieohiaohcn Poesie. — II. Zur Ver-
gleiohung antiker und modemer Lyrik. — III. Des Aristophanes Stellung zu seiner Zeit.
— IV. l. Die homerischen Vorstellungen von den Göttern, vom Leben und vom Tode. 2. Die
homerische Gesamtanschnuung vom Leben und vom Tode. — V. Des Aschylos Promethie
und Orestie. — VL Zu des Sophokles König Ödipus. — Vn. Zu Euripides. — VIII. Zu
Flaton. — IX. Kaiser Julianus. — X. Procopius von Cftsarea. — XI. Agathias aus Myrine. —
XII. Zu Plautus. — XUI. Zu Terenz. — XIV. (Cicero (1. Leben. 2. PersönUcher und Staats-
männischer Charakter). — XV. Zu Horaz. (Die horazische Logik und ihre Kritik.) —
XVI. TibulluH. — XVII. Zu Curtius. — XVHI. Zu Petronius. — XIX. A. Persiui Flaccus.
— XX. Juvenalis. — XXI. Tacitus. — XXIL M. Valeriu» Probus. — XXIIL Lukians Lukios
und des Apulejus Metamorphosen. — XXIV. Die Historia Apollonii regis TyrL
Charakterköpfe ans der antiken Literatur. Von Prof. Dr. Ed. Seh wartz.
Fünf Vorträge : 1. Hesiod und Pindar; 2. Thukydides und Euripides;
8. Sokrates und Plato; 4. Polybios und Poseidonios; 6. Cicero. 2. Aufl.
[VI u. 125 S.] gr. 8. 1906. geh. JC2.—, in Leinwand geb. UK 2.60.
„Die Vorträge enthalten vermöge einer ganz nngewöhnlichen Einsicht in das
Staats- und GcisteBleben der Griechen, vermöge einer seelischen FeinfOhligkeit In der
Interpretation, wie sie etwa Burkhardt besessen hat, historisch-psychologische Analysen
von großem Keiz und stellenweise geradezu erhabener Wirkung. . . . Die Verinnerlichung,
die Sohwartz auf diese Weise seinen Gestalten zu geben versteht, ist m. W. bisher nicht
erreicht, und die gedankenschwere Kraft seiner Sprache tritt dabei so frei, ungesncht
und einfach daher, da£ man oft kaum weiß, ob die ernste Schönheit des Ausdrucks oder
die Tiefe des Gedankens höhere Bewunderung verdient. . . .**
(Jahresbericht Hbex das höhere Schulwesen. 1903.)
DIE KULTUR DER GEGENWART
IHRE ENTWICKLUNG UND irfRE ZIELE. TEIL I Abt 8
HERAUSGEGEBEN VON PROF. PAUL HINNEBERG
In 2^ vermehrter und verbesserter Auflage erschien:
DIE GRIECHISCHE
UND LATEINISCHE LITERATUR
UND SPRACHE
BEARBEITET VON U. VON WILAMOWITZ-MOELLENDORFF.
K. KRUMBACHER. J. WACKERNAGEL. FR. LEO. E. NORDEN.
F. SKUTSCH.
[VIH u. 494 S.] Lex.-8. 1907. geh. M. 10.—, in Leinwand geb. M. 12.--
Inhalt: I. Die griechische Literatur und Sprache. Die griechische
Literatur des Altertums: U. v. Wilamowltz-Moellendorfff. — Die griechische
Literatur des Mittelalters: K. Knimbacher. — Die griechische Sprache:
J. Wackemagel. — II. Die lateinische Literatur und Sprache. Die römische
Literatur des Altertums: Fr. Leo. — Die lateinische Literatur im Ober-
gang vom Altertum zum Mittelalter: L Norden. — Die lateinische
Sprache: F. Skutsch.
In dieser bereits nach Jahresfrist erschienenen zweiten Auflage haben
die einzelnen Darstellungen, mit Ausnahme der Arbeit von U. von
Wilamowitz-Moellendorff, die als unveränderter Abdruck der ersten
Auflage zu bezeichnen ist, mannigfache Verbesserungen erfahren.
Besonders gilt das von der Römischen Literatur des Altertums von
Friedrich Leo, die fast volle zwei Jahre vor dem Erscheinen der ersten
Auflage des Bandes geschrieben war: sie zeigt sich in der Neu-
bearbeitung, von vielfachen Textänderungen abgesehen, um ein Drittel
des Umfanges vermehrt Aber auch die übrigen Monographien haben
in reichem Maße Verbesserungen und Zusätze erfahren. So ist zu
hoffen, daß die neue Auflage der gleichen Gunst bei Kritik und
Publikum begegnen werde, deren sich ihre Vorgängerin erfreuen durfte.
,,In großen ZQfl^en wird uns die griechisch-rdmische Kultur als eine kontinuierliche Ent-
wicklung vorgefahrt, die uns zu den Grundlagen der modernen Kultur führt. Hellenistische
und christliche, mitlelgriechische und mittellateinische Literatur erscheinen als Glieder
dieser großen Entwicklung, und die Sprachgeschichte eröffnet uns einen Blick in die un-
geheuren Weiten, die rückwärts durch die vergleichende Sprachwissenschaft^ vorwärts
durch die Betrachtung des Fortlebcns der antiken Sprachen im Mittel- und Neugnechischen
und in den romanischen Sprachen erschlossen sind." (Deutsche Lileraturzeitung.)
Probeheft und Spezial - Prospekt ^^'H^erausIebS^s'dTrSS?
Übersicht des Gesamtwerkes, dem Autoren -Verzeichnis und mit Probestücken aus dem
Werke) umsonst und postfrei vom Verlag.