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Full text of "Der Islam"

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Albrecht,  Ludwig 
Der  Islam 


BP 

53 


Der  Jslam 


Von 

Cudwig  Hlbrecbt 


::         Brauntchweig         :: 

I^ellmiitb  Gttollermannn, 
F)of-Bucb-  und  KunTthandler 

19»H 


V 


Der  Islam 


=0  0= 


Uon 


£uöcoig  fllbrectit 


§ 


Braun  fd)tD  dg, 

fjcllmutb  COollcrmann,  fjof  =  Bud];  unb  %nflbänölei 
1918. 


Sie  3af)feu  in  ben  ftupemerfungen  finb  bie  SBetoeiäfteüen 
au§  bcm  Äorcm.  Sie  erfte  3a^  tr>etft  jebe§mal  auf  bie  betreffenbe 
©uce,  bie  buttfj  ein  Äomma  baöon  getrennte  auf  ben  $er§  ber 
©ure. 

©ine  billige  beutfdje  Llberfe£ung  be§  £orau§  ift  bie  tu  3ftec[am3- 
UmberfaI=33ibItotf)ef  erfcfjienene  Don  Wlax  Jpenmng. 


5Zi 


Der  3slctm. 


Jurcf)  bas  33ünbnis  unfers  9?eid)es  mit  bei  Xür&ei  ift 
^  nicf)t  nur  biefes  ßanb,  Jonbern  bie  ganße  mor)amme= 
bamfdje  2Belt  mer)r  als  fonft  in  unfern  (5efirf)tsRreis  ge= 
treten.  2ßer  finb  bte  9Kor)ammebaner  ?  roas  glauben  fie? 
toie  fteljen  fie  sunt  Gr)riftentum  ?  Das  finb  fragen,  bte  jetjt 
oon  manchen  geftellt  roerben.  (£s  ift  bafjer  gans  seitgemäß, 
roemt  rott  uns  mit  9Kor)ammeb  unb  ber  oon  if)m  geftifteten 
Religion,  bem  3stam,  etroas  nät)er  befdjäftigen.  2Bir  be= 
halten  babei  bie  (£ntfter)ung,  bie  £er)re,  bie  ©efcf)id)te  unb 
bie  33ebeutung  bes  Sslams. 


I.  Die  Cnffteljung  bes  3slams. 

Die  §eimat  bes  3slams  ift  Arabien.  Diefe  §albtnfel, 
faft  oiermal  fo  groß  toie  Deutfcfjlanb,  aber  Raum  oon  5 
Millionen  sJJ?enfcf)en  beroofjnt,  ift  in  ir)rem  Snnern  nod) 
tjeute  eins  ber  unbekannteren  ßänber  ber  (Erbe.  Die  Araber 
finb  ^actjRommen  osmaels,  bes  älteften  6or)nes  9lbrafjams. 
6ie  fjaben  alfo  benfelben  Stammoater  toie  bie  Juben  unb 
gehören  gleid)  biefen  3U  ber  femitifcfjen  s-ßölRerfamilie.  Die 
33etDof)neT  ftorbarabtens  führten  fdjon  oor  1 7.,  Jafjrtaufenben 
ebenfo  toie  fjeute  meift  ein  SBanberfeben  unb  sogen  mit  ifyren 
gerben  oon  einem  itfetbeplat}  3um  anbern.  $Bo  jemanb  fein 
3elt  auffdjlug,  ba  mar  et  unumfrfjränRter  £>err.  Gin  feftes 
6taatsgefüge  toar  nict)t  ooifjanben.  Unter  ben  einzelnen 
6tämmen  fjerrjrfjten  unabläfrtg  Serben,  bie  nur  burcr)  geroiffe 
rjeilige  9J?onate  eingcjtt)ränRt  toaren.  Die  33tutrad)e  galt 
als  unoerbrüctjlidjes  ©efet}.  Dbrool)!  gaftfrei,  ritterlicr)  unb 
tapfer,  toaren  bie  3Irabcr  anberfeits   auet)  graufam,  getoalt^ 


—     4     — 

tätig  unb  blutbürftig,  basu  bem  £runu  unb  Spiel  ergeben. 
Sie  grau  galt  nidjts,  unb  bie  (Stjen  konnten  mit  größter 
£eidjtigueit  gefdjieben  merben.  Söljne  galten  als  Segen, 
Xbdjter  als  ghuf).  3<*  nicf)t  feiten  mürben  Xödjter  natt)  ber 
05eburt  lebenbig  begraben. 

(Sbenfo  tief  roie  bie  Sittlidjfteit  ftanb  autf)  bie  Religion 
ber  Araber.  Urfprünglid)  glaubten  fie  an  (Sinen  ©otr,  t)tn 
fie  biliär)  nannten.  Siefer  arabiftfje  ©ottesname  entfprid)t 
bem  r)ebräifd)en  (£loar),  ber  neben  ber  3tter)r3ar)l  (Slot)im 
im  3llten  iefiamente  oorfcommt.  5lber  bie  Kenntnis  bes 
©inen  ©ottes  Mar)  mar  jer)r  oerbunuelt  morben.  3eber 
Stamm  oeretjrte  feine  befonbern  ©ötter,  unb  oon  bem  ©lau= 
hm  an  ein  ^enfeits  ^anhm  fict)  nur  fd)mad)e  Spuren.  211s 
midjtigftes  Heiligtum  bes  ßanbes  galt  bie  fogenannte  ftaaba 
in  ber  J>auptftabt  9tteftaa:  ein  mürfelärjntitöer,  uunftlofet 
Steinbau,  natr)  bem  jär)rlidj  große  Pilgerfahrten  ftattfanben 
unb  beffen  §auptan5ier)ungsuraft  ein  fcrjtoarser  SKeteorftein 
in  ber  öftlidjen  Xempelmanb  mar. 

3n  9Kenka  marb  nun  SKofjammeb1)  um  bas  3^r  570 
unfrer  3eitredjnung  geboren.  Sein  Sßater  3lbb=5lllar)  ftarb 
friit;  unb  hinterließ  nur  menig.  Seine  Sttutter  SImina  oer= 
lor  9J?or)ammeb  in  feinem  fed)ften  ßebensjaljre.  !ftaä)  it)rem 
£obe  foll  iljn  auetft  fein  ©roßoater  su  fict)  genommen  t)aben, 
unb  als  audj  ber  smei  3&f)re  fpäter  ftarb,  uam  er  unter 
bie  SGormunbfdjaft  eines  Dfyeims.  SBeil  biefer  aber  mittel- 
los mar  unb  eine  große  gamilie  5U  ernähren  r)atte,  fo 
mußte  fid}  ber  junge  3Kor)ammeb  bei  ben  reieben  SBemolmern 
•ätteunas  fein  23rot  als  Sct)af=  unb  3iegenr)irt  oerbienen. 

5115  er  im  25.  £ebensjat)re  \tant),  befferte  fidj  gan5  un= 
ermariet  feine  äußere  £age:  eine  reidje,  oorner)me  SBittoe, 
namens  (£t)abtbfcr)a,  nar)m  it)n  in  tl)te  Dienfte  unb  obroor)! 
15  3at)re  älter  als  er  fd)loß  fie  mit  it)m  bie  (£r)e.  Xrotj 
bes  großen  $lltersunterfd)iebes  lebte  9ttor)ammeb  mit  (£r)a= 
bibfdm  fet)r  glüdiltd).  Sie  gebar  ir)m  6  Äinber,  2  Söljne, 
bie  früt)  ftarben,  unb  4  Xöd)ter.  93ei  feinen  Mitbürgern 
mar  9Kor)ammeb  fer)r  geartet,  unb  megen  feiner  3uoerläffig= 
Biett  erhielt  er  ben  er)renoollen  Seinamen  „ber  ©etreue". 
Seine  äußere  ©rfdjeinung  mirb  als  ftattlidj  unb  ansier)enb 
gefdjilbert.  !Den  ftarfcen  ftopf  bes  mittelgroßen  Cannes 
bebe&ten  fer)mar3e,  leid)tgemellte  §aare.  Unter  langen,  fd)me= 

')  aftofjammeb,  genau  9Wu£)ammeb,  fjeifct  ber  ©e^riefeue.        * 


—     5     — 

ren  Cibern  funkelte  rufjelos  ein  fdjroaraes  51ugenpaar.  (Eine 
fdjarfe  $lblernaje  fprang  aus  bem  r)ellbraunen,  oon  einem 
ftarken  Vollbart  eingerahmten  Slntli^.  Xxo^  (eines  kräf= 
tigen  Körperbaus  roar  9Kor)ammeb  aber  oon  ftinbljett  an 
neroenftfjroatt),  unb  er  ftfjeint  öfter  an  epilepfieäfjnlid)en  51n= 
fällen  gelitten  511  r)aben.  3ur  Sdjroermut  neigenb,  toar  er 
boer)  im  93erker)r  liebensroürbig  unb  berebt. 

3n  feinem  40.  ßebensjatjre  geriet  9Kor)ammeb  —  roir 
roifjen  nicr)t  aus  roeltfjen  ©rünben  —  in  innere  ©etoiffens* 
not.  33or  allem  ber  ©ebanke  an  bas  2BeItgerid)t  bemegte 
ifjn  geroaltig,  unb  er  fragte  fid)  ooll  21ngft:  „2Bas  mufc  id) 
tun,  um  bem  (5ericr)te  (Lottes  3U  entrinnen  unb  5um  2eben 
einaugetjen?"  Die  ©ötter  feines  Volkes  —  bas  falj  er 
beuttiä)  —  konnten  irjm  nidjt  fjelfen;  fie  oerbltdjen  it)m 
immer  met)r  3U  roefenlofen  ©öfcen,  unb  irjre  33erer)rung  er= 
füllte  if)n  mit  SIbfdjeu.  9UiIjelos  burdjftreifte  er  bie  roilb= 
jerriffenen  23erge  in  ber  9iar)e  feiner  Sßaterftabt.  (Eines 
Diadjts,  im  SKonat  5Hamabän,  ums  %af)X  610  n.  (Eljr.,  toar 
er  auf  bem  Serge  £ira.  Da  glaubte  er  plö^lid)  ben  (Engel 
(Gabriel  3U  feljen,  ber  ir)m  mit  einem  33udje  nar)te  unb  it)n 
aufforberte,  es  3U  lefen.  (Er  fragte  ben  (Engel:  „2Bas  foll 
icr)  lefen?"     ©abriel  erroiberte  it)m: 

„2ie§!    3tn  tarnen  betneS  öerrn,  ber  ba  ferjuf  — 

Xie  ÜJJtenfrfjen  frfjuf  au§  jä()em  33fut! 

^ie*!    2)enn  aügüttg  tft  betn  .£err, 

£er  ba§  Scrjreibrorjr  311  ßebrauerjen  lehrte, 

£en  sJWenfdjen  lehrte,  toaS  er  nierjt  ttmfjte."1) 

(Entfetjt  unb  ooller  5urrf)t,  ein  böfer  (Beift  fei  in  ilm 
gefahren,  eilte  9Kor)ammeb  t)inroeg  unb  teilte  feinem  SBeibe 
(Er)abibfd)a  fein  (Erlebnis  mit!  Sie  fud)te  xt)n  3U  tröften  unb 
auf3urid)ten.  33on  trüben  ©ebanken  gequält,  roartete  er 
nun  auf  eine  neue  (Erfdjeinung  bes  (Engels.  Dod)  roeil  bie 
ausblieb,  rourbe  er  immer  ftrjroermütiger,  unb  [d)on  toollte 
er  fid)  aus  SBergroeiflung  oon  einem  fdjroffen  gelfen  ftürgen, 
als  ifjm,  etroa  brei  3a*)rc  fpäter,  ©abriel  abermals  in 
bimmlifdjem  ©lange  erfcr)ien.  Der  (Engel  malmte  irjn,  feine 
£anbsleute  3U  roarnen,  ©ort  ju  oerfjerrlidjen  unb  in  ©ebulb 
auf  ir)n  3U  roarten.  9?act)  biefer  Offenbarung  kam  9Ko: 
bammeb  innerlid)  jur  9?uf)e.  Senn  nun  roar  er  oöllig  baoon 
überfleugt,  ba&  ifm  nict)t  böfe  Geifter  quälten,  fonbern  bafe 
ifjn  Milan,  felbft  auf  ben  redeten  5ßeg  geführt  rjabe. 

')  6ure  96,  1 


—     6     — 

(Ss  tft  erRtärtict),  bafj  SJtoljammeb  bas  SBebürfnis  t)atte, 
feine  (Erfahrungen  auct)  anbern  mitsuteilen.  Die  erfte,  bte 
ü)m  folgte,  roar  fein  treues  SBeib  £r)abtbfcf)a.  Seine  Xöd> 
ter  aber  (bie  beiben  Sör)ne  roaren  bamals  fct)on  geftorben) 
traten  nidjt  Jofort  entfcrjieben  auf  feine  Seite,  dagegen 
folgten  it)m  5toei  £ausgenoffen,  bie  er  an  Sorjnes  Statt 
angenommen  r)atte:  fein  junger  fetter  511t  unb  fein  greige= 
lafjener  Saib.  2Bicf)tig  mar  für  ir)n  ber  Slnfctjluß  bes  etroa 
fünfaigjäljrigen  2tbu  23eur,  eines  angefeljenen  SJteRitaners, 
ber  burct)  feinen  (Einfluß  anbre  ©täubige  geroann. 

Hm  bas  3ar)r  613  n.  (Er)r.  trat  SJtofjammeb  sum 
erften  9Kale  öffentlich  in  3JteRRa  auf.  (Er  roolite  nodj  Rein 
^rofet,  uein  ©efanbter  ©ottes  fein;  er  nannte  ftcf)  nur 
einen  ^ßrebiger  unb  Sßarner.  Vor  allem  mahnte  er  hit 
9*eid)en  feiner  Söatetftabt,  bie  alle  3ttatf)t  in  §änben  rjatten 
unb  bie  tonen  unb  ©eringen  brückten,  burct)  ben  §inroeis 
auf  bas  2ßeltgerict)t  unb  5Ular)s  Vergeltung,  oon  itjrem 
böfen  Treiben  abgulaffen. 

Die  SKeljraal)!  ber  9Jleuuaner  roolite  aber  nicfjts  oon 
9Jior)ammeb  roiffen.  3uerft  r)ielten  fie  üjn  für  befeffen,  bann 
oerfpotteten  fie  ir)n,  enbtict)  kam  es  3U  offener  geinbfdjaft. 
Daju  erlitt  SJcoljammeb  um  bas  3af)r  619  einen  fdjroeren 
Verluft:  feine  treue  £ebensgefä^rtin  (Et)abibfct)a  ftarb  unb 
balb  nact)  U)r  aud)  fein  Dfjeim,  ber  ü)n  exogen  fjatte. 
Unb  roenn  auct)  ein  anbrer  Dljeim,  namens  §amfa,  ein 
einftu&reidjer,  ritterlicher  9Jcann,  unt)  ber  junge  feurige 
Omar,  bisher  einer  feiner  größten  2Biberfacr)er,  um  jene 
Seit  au  it)m  übertraten,  fo  rourbe  feine  ßage  bod)  immer 
fdjroieriger.     3<*  es  fcfjien,  als  fei  es  aus  mit  fetner  Sactje. 

Da  trat  mit  einem  9Kale  eine  überrafd)enbe  Sßenbung 
ein :  Unter  ^n  pigern,  bie  bie  ftaaba  3U  befugen  pflegten, 
lernte  9Jtor)ammeb  im  Jaljre  621  einige  SBeroofjner  ber 
mehrere  lagereifen  nörbticr)  oon  SKeRRa  gelegenen  Stabt 
3atrib  Rennen.  Diefe  fieute  nat)men  feine  £et)re  auf  unb 
oerbreiteten  fie  in  ir)rer  §eimat.  Scr)on  im  näct)ften  3al)re 
3ät)Ite  3Kor)ammeb  bort  75  5lnt)änger.  3ugleict)  t)offte  man 
in  Satrib,  es  rocrbe  SKoljammeb  gelingen,  eine  blutige 
gerjbe,  bie  fctjon  lange  in  ber  Stabt  rjerrfcrjte,  burct)  feine 
Vermittlung  beiaulegen.  So  oerliefs  benn  3Kol)ammeb  mit 
69  it)m  ergebenen  9JieRRanern  feine  iljm  feinblict)  gefinnte 
Vaterftabt  unb  begab  fict)  nact)  Satrib,  roo  ifjrn  roenigftens 
eine  freunblictje  2lufnat)me  fieser  roar.     Dieje  3lusroanberung 


—     7     — 

oon  9KeRRa  nad)  3öttib  Ijetßt  £>ebfd)ra,  btc  man  jpäter 
auf  bcn  16.  Sunt  bes  Jahres  622  n.  (£t)r.  anfe^te.  Damit 
beginnt  bie  mot)ammebanifd)e  3eitred)nung.  9Kan  Tedmet 
nad)  SWonbjaftren.  Die  SKonate  bauern  abtoedjfelnb  29 
unb  30  Xage;  fie  Ijaben  nod)  itjre  alten  arabifdjen  tarnen, 
obwohl  fjeute  aud)  fct)on  unfre  9Konatsnamen  gebraucht 
roerben.  Die  Stabt  ^atxxb  erhielt  nad)  2Hor)ammebs  (Sim 
roanberung  t)^n  tarnen  9Kebinat  en-Jlabl,  „^rofetenftabt", 
ober  nuraroeg  $ll=9Kebina,  „bie  Stabt". 


2Bäl)tenb  9Kor)ammeb  es  in  9)?eRRa  ntd)t  geroagt  tjatte, 
offen  als  ©efanbter  ©ottes  aufautreten,  mad)te  et  in  Sttebina 
biejen  5lnfprudj  oom  erften  Xage  an  entfd)ieben  geltenb,  unb 
fein  (Erfolg  mar  fo  grofc,  bafc  in  Ru^er  3^it  bie  9Ket)r3ar)l 
ber  SBerooljner  auf  (einer  Seite  ftanö.  *Kun  gab  es  in  9Kebina 
aud)  eine  kleine  d)riftticr)e  ©emeinbe  unb  oiele  Suben.  35on 
beiben  tjat  9Kor)ammeb  olme  3roeifel  manches  gelernt,  roas 
in  (einen  SBeftimmungen  über  bas  ©ebet,  bas  Jaften  unb 
bie  Speifegebote  beuttict)  5U  Xage  tritt.  2lber  balb  fd)lug 
er  eine  neue  9ttd)tung  ein:  er  roid)  nict)t  nur  in  ßeljre  unb 
2zbzn  roieber  oon  ben  djrifttidjen  unb  jübifdjen  ©ebanken 
ab,  (onbern  führte  fogar  ein  Stüd*  bes  alten  arabifdjen 
S)eibentums  als  eine  roidjtige  ^erorbnung  in  feine  ©e= 
meinbe  ein,  inbem  er  it)r  ben  33efud)  ber  ftaaba  als  fjeilige 
^fli<f)t  auferlegte.  Hm  bies  ©ebot  3U  begrünben,  bet)aup= 
tete  er;  $lbrar)am  unb  3smael,  bie  Stammoäter  ber  Araber, 
rjätten  mit  ©ottes  §ilfe  bie  ftaaba  in  9J?ekka  erbaut,  unb 
©ott  fjabe  alle  9Kenfcr)en  jur  2Ballfar)rt  bortrjin  einge= 
laben.  Daburd)  toollte  SKoljammeb  [eine  Mnljänger  ,}um 
©laubenskriege  gegen  9J?ekka  roittig  madjen.  5lls  er  fid) 
butet)  mandjerlei  ÜKaubäüge  eine  it)m  treu  ergebene  Krieger* 
i(t)ar  gefdmlt  r)atte,  begann  er  im  Za$x*  *>24  ben  offenen 
5lampf  gegen  feine  Sßaterftabt.  ^act)  mandjen  3Bed)felfällen 
gelang  es  iljm,  im  Z**)™  ^30  alle  SBerootjner  SKebinas 
3um  Kriege  gegen  2Kekka  su  oereinigen,  fobafj  er  uner= 
toartet  mit  einem  ftarken  §eere  oor  ber  Stabt  erfdjeinen 
konnte.  (£s  kam  aber  Raum  jum  SBlutoergiefeen,  benn  bie 
reichen  §anbelsleute  in  SKekka  hielten  es  für  bas  befte, 
fict)  9Kol)ammeb  ju  unterroerfen.  So  30g  er  benn  als 
Sieger  in  feine  Sßaterftabt  ein.  Sein  erftes  mar, «bie 
.Haaba  ju  befudjen  unb  bort  3U  beten.     Dann  beftätigte  er 


-     8     - 

in  einer  5lnfprarf)e  an  bas  oerfammelte  SBolu  ben  alten 
33ot5ug  3Keuuas,  ^eiliges  unb  unoerle^lidjes  ©ebiet  3U  fein, 
überhaupt  beroies  er  aus  ©rünben  ber  £lugt)eit  gro&e 
9Kilbe  unb  2Kä&igung;  nur  etroa  jefm  93erfonen,  bie  ir)m 
befonbers  fd>lbig  unb  gefäf)rlid)  fdjienen,  erklärte  er  in 
bie  5ld)t  unb  befahl,  fie  rjinsuridjten.  3)as  Jjeibentum  röarb 
nad)  ber  ©innarjtne  9JtefcRas  überall  in  Arabien  ausgerottet, 
roärjrenb  ^vfoen  unb  (Eljriften  als  ainspf listige  Untertanen 
gebulbet  trmrben. 

9Kor)ammeb  mar  etroa  60  3<*f)te  eilt,  als  er  nad)  ©r~ 
oberung  feiner  SBaterftabt  auf  ber  §ör)e  feiner  2ttad)t  ftanb. 
5Iber  roie  r)atte  er  ftrf)  in  ben  oergangenen  20  3ar)ren  ge* 
roanbelt!  $tus  bem  oon  ©eroiffensangft  gequälten  ©ott- 
[ud)er,  ber  fid)  unb  feine  Stammesgenofjen  oor  ben  Sd)red\en 
ber  §ötte  betoaljren  roollte,  mar  ein  aalt  bered)nenber, 
blutbeflediter  Staatsmann  gerootben,  ber  aud)  ^Betrug  unb 
©eroalttat  ntd)t  oerfd)mär)te,  um  feine  ^piäne  burdjsufüljren. 

3m  SKära  bes  3«^res  632  trat  3ttor)ammeb  feine  lefcte 
Pilgerfahrt  oon  SKebina  nad)  9tteftaa  an.  93ieHeid)t  in 
bem  SBerou&tfein,  bafc  fein  ©noe  nat)e  fei,  Ijielt  er  bei  biefer 
Gelegenheit  00m  SBerge  Arafat  eine  2lnfprad)e  an  40  000 
Pilger,  roonn  er  fagte:  „§eute  r)abe  id)  meine  Religion 
für  eud)  oollenbet  unb  t)abe  bas  3KaJ3  meiner  £>ulb  gegen 
eud)  erfüllt;  unb  es  ift  mein  SßiHe,  bajj  ber  3slam  eure 
Religion  fei.  3d)  tjabe  meine  Senbung  erfüllt;  ljinterlaffen 
t)abe  id)  eud)  bas  SBud)  3War)s  unb  beutlidje  ©ebote;  unb 
roenn  it)r  fie  r)altet,  roerbet  tr)r  nimmer  irreger)n."  sJlaä) 
9Kebina  5urü<kgeSter)rt,  erkrankte  er  an  einem  heftigen 
gieter  unb  um  bie  3ttittagftunbe  bes  8.  Sums  632  n.  ©r)r. 
entfdjlief  er,  etroa  62jär)rig,  in  bem  Sdjo&e  feiner  jungen 
fiteblingsgatitn  5lifd)a.  Xags  barauf  roarb  fein  ßeidjnam 
oon  feinen  näcrjften  greunben  geroafdjen,  angekleibet  unb 
für  bie  ©emeinbe  aur  23efid)ttgung  aufgebahrt.  Um  SKitter* 
nadjt  begrub  man  it)n  an  berfelben  Stelle,  roo  i$n  ber 
lob  ereilt  r)atte. 


3n  feiner  legten  2lnfprad)e  nennt  9Kor)ammeb  felbft 
feine  Religion  mit  bem  tarnen  Ssläm.  Sslam  Ijeifjt 
Eingabe,  ©rgebung,  unb  sroar  Eingabe  an  ©Ott  unb  ©r= 
gebifng  in  ©ottes  2BiHen.  ©tner,  ber  fid)  obllig  in  ©ottes 
2ßiHen    ergeben    r)at,    ift    ein   5Jtuslim.     SKuslims,    nid)t 


3Jcor)ammebaner,  nennen  ftd)  besrjalb  aud)  2JioI)ammebs 
21nr)änger;  benn  fie  roollen  foldje  fein,  bte  fid)  ganj  bem 
£errn  ber  2ßelten  ergeben.  5Kor)ammeb  fagt  bann  roeiter 
in  feinen  21bfcr)iebstoorten  an  feine  ©laubigen,  et  r)abe 
ir)nen  bas  93udj  5111ar)s  fjinteilaffen.  Dies  93ud)  ift  ber 
Äorän.  Das  Sßort  bebeutet  Zorlefung,  einer  oon  ben 
oielen  91usbrüeaen,  roomit  2Jcor)ammeb  bie  if)m  sutcil  ge= 
tDorbenen  göttlichen  „Offenbarungen"  beseidjnete.  Der 
Äoran  enthält  ausfct)Iic6Iict)  Sßorte  2Ror)ammebs  oon  feinem 
erften  auftreten  an  bis  3U  feinem  Xobe.  Da  aber 
9Kor)ammeb  manage  feiner  urfprüngüdjen  Äußerungen  fpäter 
roeggelaffen,  oeränbert  unb  ergänzt  r)at,  fo  finben  fid)  im 
£oran  3ar)lreicr)e  2Biberfprüd)e,  bie  bis  3um  heutigen  Xage 
ben  mor)ammebanifcr)en  (5eler)rten  große  Sd)tDterigReiten 
macr)en;  benn  es  ift  ein  ©laubensgrunbfatj,  ber  ftoran  enk 
r)alte  nid)ts  als  göttliche,  oon  allen  2Biberfprüd)en  freie, 
burdjaus  unfehlbare  2Bar)rr)eit.  2ßenn  aud)  ber  ftoran 
fdjon  3U  ;äJior)ammebs  ßebseiten  niebergefdjrteben  fein  mag, 
fo  ift  er  bod)  erft  *nad)  feinem  lobe  su  einem  ©anjen  oer~ 
einigt  unb  im  einseinen  georbnet  toorben.  Cr  befter)t  aus 
114  Suren  ober  $lbfd)nitten,  bie  jebesmal  roieber  in  eine 
9*eir)e  oon  Werfen  jerfallen.  Die  Suren  folgen  per)  aber 
nid)t  nacr)  it)rer  Gcntfter)ungs3eü,  fonbern  nad)  ir)rem  äußern 
Umfange,  fobaß  nacr)  einer  nur  aus  toemgen  Werfen  be= 
fteljenben  Gingangsfure,  bie  man  als  „bie  Cffnenbe"  be* 
3eicb.net,  bie  längften  suerft  unb  bie  Hüpften  3uletjt  folgen. 
3ebe  Sure  roirb  nacr)  einem  in  ir)r  ooiuommenben  StidV 
roort  benannt;  fo  Ijeißt  3.  93.  Sure  2  „hh  £ur)",  Sure  3 
„bas  §aus  Smrän",  Sure  4  „bie  SBeiber",  Sure  5  ,.ber 
Xtfcr)".  Die  rätfelr)aftin  93ud)ftaben  oor  einer  großem 
einsät)!  Suren  fpotteten  bisr)er  einer  suoerläffigen  Deutung; 
roar)rf<r)einlid)  finb  biefe  93ucr)ftaben  9JterR3eid)en,  rooburcr) 
©nippen  oon  3ufammenr)ängenben  Suren  uenntlidj  gemacr)t 
roerben  follen.  511s  (Sanses  betrachtet,  ift  ber  ftoran  ein 
un3ufammenr)ängenbes  93ucr);  er  enthält  bunt  burd)einanber= 
geroürfelte  religiöfe,  fittlicrje,  bürgerliche  unb  ftaatlidje  33or= 
jcr)riften,  baneben  Zerreißungen,  9Kat)nungen  unb  Drohungen, 
langatmige,  mit  mancherlei  gabeln  bürdete  jübifdje,  cr)rtft; 
ürije  unb  arabifdje  (Eraärjlungen,  malerifdje  SdjilbeTungen 
ber  £ölle,  bes  ^jarabiefes  unb  bes  2Beltgericr)ts  unb  SKeben 
über  ©ottes  (£inr)eit,  2Klmacr)t  unb  93orfer)ung.  Dabei 
fer)lt    es    aber    nicr)t    an  roirRlid)  ferjönen  Stellen,    bie  oon 


—     10     — 

bidjterifdjer  Begabung  unb  ©eftaltungskraft  aeugen.  Der 
ftoran,  ntd)t  gans  fo  umfangreidj  tüte  unfer  bleues 
Jeftament,  mitl  bas  ganse  religtöfe,  fittlidje  unb  bürgerliche 
ßeben  ber  SKuslims  orbnen;  ei  ift  aljo  bie  Quelle,  aus 
bet  mir  3U  fdjöpfen  fjaben,  menn  mir  jetjt  bie  ßefjre  bes 
SsTams  in  il)ren  Hauptpunkten  kurj  barsulegen  t>erfudjen. 
Dabei  ift  inbes  gu  beadjten,  baß  es  eine  oon  allen  3JtoIjams 
mebanern  aljne  llnterfd)ieb  anerkannte  ßel)re  bes  Sslams 
ebenfomenig  gibt,  roie  eine  öon  allen  G^riften  anerkannte 
&ird)enlel)re.  2ßie  aber  bie  SBibel  bie  Quelle  für  t)it 
roafjre  djriftltdje  ßeljre  ift,  fo  muffen  mir  aud)  aus  bem 
&oran  lernen,  meldje  ßeljre  nad)  9Kol;ammebs  3lbfid)t  für 
ben  Sslam  binbenb  fein  foltte. 

IL  Die  £ef)re  bes  3slams. 

3n  feiner  ßefjre  mar  9Holjammeb  nidjt  urfprünglidj. 
(£r  ftütjte  fid)  nor  allem  auf  bas  fpätere  Subentum,  mie  es 
fid)  Im  Xalmub  barftellt.  Das  2tlte  £eftament  Ijat  er  aber 
nie  gelejen.  5tls  (eine  öauptquelte  ift  trielmeljr  eine  münb= 
lidje,  mit  trielen  gabeln  ausgefdjmümte  Überlieferung  ansu= 
feljen.  SBäljrenb  ber  SBirkfamkett  in  Sttekka  mifd)ten  fid) 
in  feine  jübifdjen  ©ebanken  anbre  bem  (£I)rtftentum  t>er= 
manbte,  bie  aber  aud)  aus  münblid)er,  melfad)  getrübter 
unb  irriger  Überlieferung  ftammen,  ba  9KoIjammeb  bas 
9?eue  Xeftament  ebenfo  unbekannt  geblieben  ift  mie  bas 
3llte.  3n  SKebina  naljm  er  bann,  um  feine  meltlidjen  3iele 
ju  erreichen,  fdjltefjlidj  nod)  auf  bas  alte  arabtfdje  Reiben- 
tum  unb  bie  befonbern  Neigungen  [einer  Sßolksgenoffen 
9üidtftd)t:  bie  Äaaba,  ben  alten  ©ötjentempel  feiner  SBater- 
ftabt,  beftimmte  erzürn  größten  Heiligtum  bes  Sslams,  bie 
Vielweiberei  erlaubte  er  ausbrücfclid)  unb  ber  ftriegsluft 
ber  Araber  gab  er  neue  üftaljrung  buret)  bie  ^ßrebigt  öon 
ber  ©cttgefäHigkeit  bes  ©laubenskampfes. 

SBetradjten  mir  jetft  nad)  Anleitung  bes  Zorans  bas 
SBidjtigfte  aus  ber  ©laubensleljre,  ber  ^flidjtenleljre  unb 
ber  üRedjtsleljre  9Koljammebs. 

1.    Die  ©laubensletjre  bes  Zorans. 

3n  Sure  4,  135  Ijeifct  es:  „2ßer  nid)t  glaubt  an 
$lllal)  unb  feine  Gcngel  unb  bie  Sd)riften  unb  feine  ©e= 
janbten  unb  ben  Jüngften  Xag,  ber  ift  meit  abgeirrt."  Unb 


—    11    — 

in  Sure  2,  130  mafjnt  SKotjammeb  bk  Seinen:  „Sprecht : 
2Bir  glauben  an  biliar)  unb  an  bas,  roas  uns  geoffenbart 
tft,  unb  roas  geoffenbart  ift  an  5lbrat)am,  3smael,  Sjaafe, 
3aftob  unb  bie  Stammesfjäupter  (Israels),  unb  roas  9ttojes 
empfangen  f)at  unb  3efus  uno  roas  oen  ^ßrofeten  oon 
ir)rem  §errn  gegeben  roorben  ift.  fteinen  Unter|rf)ieb 
madjen  roir  3roifct)en  einem  oon  ifjnen,  unb  roaljrlicf),  roir 
[inb  Muslims"  (b.  t).  roir  ergeben  uns  in  ©ottes  SBitlen)1). 
„Unb  roer  eine  anbre  Religion  begehrt  als  ben  3slam, 
nimmer  foll  [ie  ^on  ir)m  angenommen  roerben,  unb  im 
3enfeits  roirb  er  oerloren  fein"  2). 

9Kit  biefen  ftoranftellen  ftimmt  es,  roenn  nact)  ber 
2et)re  ber  morjammebanijdjen  Theologen  folgenbe  ©laubens= 
fätje  für  alle  33enenner  bes  Islams  oerbinblid)  finb:  1.  ber 
©laube  an  (Sott,  2.  ber  ©laube  an  bie  (£ngel,  3  ber 
©laube  an  ©ottes  Dffenbarungsfctjriften,  4.  ber  ©laube  an 
©ottes  ^rofeten,  5.  ber  ©laube  an  t>en  Jüngften  Xag. 
3)a3u  kommt  bann  nod)  als  6.  Satj  ber  ©laube  an  bie 
33orr)erbeftimmung  sum  ©uten  unb  3um  23ö[en. 

-Y- 

Der  ©laube  an  bie  oier  erften  Sätje,  ber  ©laube  an 
©ort,  an  bie  (Sngel,  an  ©ottes  Dffenbarungsidjriften  unb 
an  ©ottes  ^rofeten,  foll  jetjt  nacr)  bem  ftoran  ber)anbelt 
roerben,  inbem  roir  bas  eigentliche  ©laubens  = 
bekenntnis  bes  3slams  nätjer  erläutern.  Gs  ift  feljr 
Kurs  unb  Ijeifct:  „(£s  gibt  Reinen  ©ott  aufeer  ©ott,  unb 
SKotjammeb  ift  ber  ©efanbte  ©ottes." 

(Ss  gibt  nur  Ginen  ©ott. 

Die(er  Gine  roafjre  ©ott  ift  Mllat).  „(Es  gibt  Reinen 
©ott  außer  ir)m,  bem  Cebenbigen,  bem  Gängen.  3t)n  er= 
greift  nicfjt  Schlaf  nocr)  Schlummer  .  .  .  (£t  ift  ber  S)or)e, 
ber  (Erhabene"  '■'•).  Cr  ift  ber  ^eilige,  ber  ©etreue,  ber 
SBejcfjütjer,  ber  Starke,  (fr  ift  ber  Scf)öpfer,  ber  s2Ulmaä> 
tige,  ber  ^Ittroeife4). 

Slllal),  ber  allmächtige  Sct)öpfer,  tiat  ynmmel 
unb  (£rbe  in  fedjs  Xagen  ins  Dafein  gerufen  ).  (£s  gibt 
lieben  Fimmel;  im  r)öcr)ften  Jummel  ift  ©ottes  Xrjron,  ber 
tieffte  fnrnmel  fcr)roebt  unmittelbar  über  ber  (Srbe6)  silhe 
roirkt   nun   aber   ©ott   oom   b,öcr)ften   Fimmel   aus  bis  jur 


')  $gl.  aud)  3,  78.  ')  3,  79.  3)  2,  256.  SDit«  ift  öer  t)od)-. 
angefe^cne  „fjeüige  IfjronberS'  be*  Koran*.  4)  59,  23.  24 
y)  14,  ■;  50,  37.     ')  «',,   12;  CT 


—     12     — 

liefe  ber  (Erbe?  (Er  toirkt  burd)  ben  3lmr  unb  ben  9üir). 
Der  2lmr  entjpridjt  bem  r)ebräifd)en  9Jlemra,  bem  2Borte~ 
©ottes,  bas  in  ber  jübifdjen  ßer)re  als  Offenbarer  ©ottes 
auftritt.  Der  5lmr  ift  ein  Slusflufe  aus  (Sott,  ein  2Bort 
aus  ©ottes  9ttunbe,  bas  ©ott  im  Anfang  in  bie  Scppfung 
r)ineinge[prod>en  fjat1).  9Ius  bem  2Imr  entfpringt  ber  ftufj, 
ber  ebenfo  roie  ber  5Imr  göttlicher  9?aiur  ift.  Der  SRurj, 
Jjebräifdj  ftuad),  ift  ber  ^eilige  ©eift,  burct)  ben  ©ott  bie 
einaelnen  9Kenfd)en  erleuchtet  unb  ftärkt2).  2ßir  fmben  in 
biefer  Sluffaffung  3Kof)ammebs  einen  mertuoürbigen  anklang 
an  bk  djriftlictje  fiefjre  oon  ber  Dreieinigkeit,  5umal  ba  er 
3efus  ausbrücklid)  „2ßort  ©ottes"  nennt3).  5tber  grabe 
bie  Dreieimgkeitslerjre  Ijat  9Kof)ammeb  aufs  r)eftigfte  be* 
kämpft,  roeü  er  in  einem  feltfamen  atti&oerftänbnis  meinte, 
bie  Triften  gelten  ©ott,  Jefus  unb  3ttaria  für  bie  brei 
göttltdjen  ^ßerfonen4). 

Die  Ijtmmlifctjen  ©efct)öpfe  ©ottes  finb  bie  (Engel, 
bie  aus  geuer  erraffen  finb  unb  glügel  in  oerfdjiebener 
3lnaa^l  fjaben5).  Die  (Engel  finb  ©ottes  Diener«);  als 
fotdje  tragen  fie  nid)t  nur  ©ottes  £rjron 7),  fonbern  fie  um* 
geben  ifm  aud)  unb  preifen  ifjren  §errn 8).  Die  (Engel  finb 
©ottes  23oten9),  bie  ausgefanbt  roerben,  um  ben  ©laubigen 
in  irjren  STCöten  beisuftelm 10).  Sie  finb  ber  3Wenfdjen 
2Bäd)ter  unb  bitten  aud)  für  fie  oor  ©ottes  Iljron11). 
Sßenn  bie  ©eredjten  fterben,  fo  roerben  fie  oon  ben  (Engeln 
in  bas  ^arabies  geleitet1-).  Unter  ben  (Engeln  ragen  aroei 
als  Sßefen  Jjöfjerer  5lrt  fjeroor:  ©abriet  (©ibrit),  oon  bem 
Sttorjammeb  feine  Offenbarungen  empfangen  t)aben  roill,  unb 
2Wid)aet  (ERikäl) 13). 

§ör)er  als  bie  (Enget  fterjt  ber  9JUnfd),  bem  bie 
(Enget  nad)  feiner  (Erfdjaffung  auf  ©ottes  93efer)t  3U  r)ut* 
bigen  r)atten  u).  ©ott  r)at  ben  erften  9Kenfdjen,  5Ibam,  aus 
(Erbe  gebübet  unb  ir)m  oon  feinem  ©eifte  eingehaucht l;i); 
bann  I)at  er  aus  bem  SKanne  bas  2ßeib  gefct)affen lfi).  ©ort 
I)at  bem  9Kenfct)en  ben  £rieb  sum  ©uten  roie  aum  SBöfen 
eingepflügt17).     Der  Xrieb  gum  SBöfen  mar  aber  in  bem 


0  32,4;  44,1—4.11;  65,12.  2)  2,  81;  17,87;  40,15;. 
42,  52.  8)  3,  40;  4,  169.  4)  5,  77—79.  1J6.  ö)  35f  1;  38,  77. 
•)  19,  94.  7)  40,  7;  69,  17.  «)  40,  7;  42,  3;  13,  14.  9)  35,  1. 
10)  41,  30.  n)  41,  30.  31;  82,  10-12;  40,  7;  42,  3.  12)  16,  34. 
13)  2,  91;  2,  92;  66,  4.  14j  38,  71—73.  ,s)  38f  71.  72.  1(i)  39,  8. 
,7)  91.  7.  8. 


—     13 

eilten  SKenfcrjen  nod)  unmirRfam,  bis  es  bem  Xeufel  gelang, 
it)n  su  mecRen  unb  ben  3Kenfcr)en  3U  oerleiten,  ba%  er  in 
Ungeljorfam  gegen  ©ottes  Gebot  com  Saume  bes  £ebens 
aß,  ben  9Kor)ammeb  mit  bem  Saume  ber  (Erkenntnis  oer* 
mecijfelt1).  Der  Teufel  (3blis) -)  mar  urfprünglirf)  ein 
guter  (Enget;  er  mürbe  aber  oon  ©Ott  aus  bem  ^ßarabiefe 
oerfto&en  unb  oerflucr)t,  meil  er  ftd)  meigerte,  mit  ben 
anbern  (Engeln  r)ulbigenb  oor  $lbam  niebersuf allen  ;|  Der 
Xeufet  ober  Satan  r)eißt  aud)  „ber  ©efteinigte* 4),  meil 
ifjn,  nad)  einer  [päteren  $lnfid)t,  ^(brarjam  mit  Steinmürfen 
forttrieb,  als  er  ifm  oerfür)ren  mollte,  Tssmael  nicr)t  3U 
opfern;  benn  ben  Ssmael,  nid)t  3faaR  follte  $lbrat)am,  mie 
bie  9Kor)ammebaner  leljren,  nad)  ©ottes  93efel)l  sum  Opfer 
barbringen5),  tfatf)  bem  Sünbenfalle  mürben  bie  erften 
9Kenjcf)en  aus  bem  ^ßarabiefesgarten  oertrieben ,;).  5lbam 
bekehrte  fid)  aber  mieber  3U  ©ott7).  6eine  6ünbe  ift  audj 
nid)t  auf  feine  ^adjRommen  übergegangen,  benn  Reinem 
9Kenfcr)en  mirb  frembe  Sdjutb  sugerecr)net s). 

kluger  (Engeln  unb  9ttenfd)en  gibt  es  nod)  eine  britte 
klaffe  oon  ©ott  gefdjaffener  oernünftiger  SBefen:  bie 
Dfdjinn,  bie  bas  arabifdje  §eibentum  als  fpukartige  böfe 
9Käd)te  kannte ').  Die  Djdjinn,  als  beren  mädjtigfte  bie 
Sftiten  gelten,  finb  aus  bem  geuer  bes  glür)enben  SBüftem 
minbes  Samum  gefdmffen 10).  Sie  finb  körperliche  Sßefen 
mie  bie  DJTenfdjen;  beibe  merben  best)alb  „bie  Sdjmeren" 
genannt,  mot)(  im  ©egenja^  5U  ben  leichten  Rörperlofen 
©eiftern11).  (Eine  auffallenbe  ©emor)nt)eit  ber  Dfd)inn  ift 
es,  baß  fie  am  unterften  Jnmmel  entlang  ftreifen,  um  etmas 
oon  5lllar)s  planen  3U  erlaufenen.  Dann  merben  fie  aber 
oon  ben  bon  aufgefteflten  2Bad)tengeln  mit  Sternfdjnuppen 
befd)ofien  unb  oertrieben.  Die  Dfcfjinn  finb  teils  gut,  teils 
böfe1-).  Unter  bie  böfen  Dfdjinn  oerjetjt  9Kor)ammeb  fpäter 
ni(f)t  nur  bie  §eibengötter,  fonbern  aurf)  ben  Xeufel  unb 
feine  gefallenen  (Engel,  'üflnn  gef)t  jeber  Dfd)inn  barauf  aus, 
als  bes  Xeufels  Sr>e\]ex  bie   9ftenfd)en   3U   oerfüfjren.     s^lber 

,  32.  33;   38,  73-85;   20,  118f.     ■    £a§   arabifrfje  »ort 

3&KS  ift  gebilbet  au§  bem  qriecfjifcfjen  2)iabolo§  r^erleumber), 
tuoraus  bc§  bentfrfjc  SBort  Teufel  entftanben  ift.  ')  38,  73—79. 
4)  3,  31;  15,  34.  i  33,  !»9— 111.  Sie  mof)ammebanifrf)en  Xfjeo* 
logen   galten  ^Smael  für  ben  „trefflichen  <Sof)n"  in  Maat 

roirb  ja  and)  erft  8.  112  qenannt     ")  ",,  2<>.     :)  2,  ,   L9; 

39,  9;  53,  •     L00,     "')  2-,  89;  15,27.     «)  55,31.     ■-)  togl. 

bie  ganje  Sure  72  mit   ber   l'lberfrfjrift  „£>ie  25fd)inn". 


—      14     — 

ber  Xeufel  r)at  keine  2Kad)t  über  foldie,  bte  ba  glauben 
unb  auf  ü)ren  £errn  uertrauen1). 

2)er  allmädjtige  2Beltenfcf)öpfer,  bct  audj  alle  Singe 
erhält2),  ift  aber  3ugleidj  bet  ©näbige  unb  SB  arm  * 
rjersige,  ber  bie  9Jtenfcr)en  beftänbig  {eine  2Bot)ltaten  ge= 
nierjen  läßt,  für  bie  fie  it)m  bankbar  fein  follten3).  „3m 
■Warnen  5Illar)s,  bes  (Erbarmers,  bes  93arnu)er3tgen!"  fo 
lauten,  mit  einiger  Slusnaijme  ber  neunten,  bie  (Eingangs* 
roorte  5U  allen  6uren.  Diefe  SBesetdjnung  ©ottes  tjat 
5Kor)ammeb  roarjrfd)elnlidj  aus  bem  (Er)riftentum  entlehnt. 
3m  gansen  nennt  ber  ftoran  99  (Etgenfdjaften  ©ottes. 

Dieben  ber  ßofung:  „(Es  gibt  keinen  ©ott  aurjer  Slllar)," 
ftebt  in  bem  ©laubensbekenntnis  bes  Sslams  bie  anbre: 
„SJtobammeb  ift  2lllar)s  ©efanbter." 

2Betl  fidj  5Ibams  -ftatykommen  immer  nrieber  00m 
Satan  oerfür)ren  ließen4),  barum  janbte  i^nen  ©ott  feine 
^rofeten,  um  bie  5lbgeroid)enen  auf  ben  redjten  2Beg 
3urück3ufür)ren  unb  in  ber  ginfternis  bes  £eibentums  bas 
2id)t  bes  roabren  ©ottesbienftes  teuften  3U  laffen.  3eö*r 
$rofet  erhält  aber  oon  ©ott  einen  befonbem  Äorän,  ober 
ein  befonbres  £itäb.  &oran  (Sßorlefung)  unb  &itab 
(Schreibung)  finb  Slusbrücke  für  bie  Offenbarung  ©ottes 
an  bie  9Kenf<r)en,  unb  gmar  ift  jebe  göttlidje  Offene 
barungsfdirift  bie  2lbfdjrift  eines  Xeiles  aus  bem 
bimmtif d)en  SBucrje  ©ottes5),  bie  ©ott  felbft  ofcer  fein 
(Engel  für  bie  (Erbe  angefertigt  Ijat6).  3ebe  roafjre  Offen= 
barungsftfjrtft  murj  baljer,  toeil  fie  göttlidjen  Urfprungs  ift, 
mit  allen  frühem  unb  allen  fpätern  inljaltlidj  in  ber 
£>aupt(ad)e  übereinftimmen;  kommen  Slbroeidmngen  oor,  [0 
können  fie  nur  äufjerlidjer  silrt  [ein,  inbem  fie  3.  23.  Stellen 
einer  früb,ern  Offenbarungsfdjrift  erläutern  ober  beftätigen7). 

©ort  Ijat  manage  ^rofeten  ausgefanbt 8) ;  ja  es  gibt 
kein  $olk,  unter  bem  nicr)t  ein  befonbrer  ©ottesbote  als 
SBarner  aufgetreten  roäre9).  Seber  ^ßrofet  foll  in  ber 
Spraye  feines  Volkes  lehren,  bamit  er  ©ottes  Offenbarung 
beuttid)  oerkünbigen  könne10). 

3Ils  erfter  ^rofet  roirb  3lbam  genannt,  ber  oon  feinem 
Jjerrn  „SKitteilungen  empfing"11).  SBeiter  gilt  2Ibel,  beffen 


")  16,  101  f.  *)  56,  58—71.  ■)  16,  80—83;  28,  71—73;  59,  22. 
4)  7,  26;  14,  26 f.  s)  43,  5;  56,  77 f.;  80,  13—15.  °)  2,  209;  3,  5; 
6,  7.  91;  10,  38;  80,  11—13.  7)  2,  3.  130;  4,  135.  »)  40,  48. 
ö)  10,  48;  13,  8;  35,  22.     ,0)  14,  4.     »)  2,  35. 


—     15     — 

■Kamen  freilief)  ber  &oran  oerftf)toeigt,  als  ©ottes  21us= 
ermärjtter  unb  als  Vertreter  bes  magren  ©ottesbienftes :). 
Dann  mirb  §enotf),  ben  bei  Äoran  Sbris  nennt,  als  ©e= 
ied)ter  unb  <ßrofet  beseirfmet-).  21ls  ^ßtofeten  ©ottes  säfjlt 
ber  ftoran  fetner  auf:  ftoarj 3),  Mbrarjam 4),  2ot5),  3jaak,;), 
Ssmael 7),  3a&ob s),  3ojef 9),  9Kofes  i<>),  Slaron  n),  Daoib  l*)> 
Salomo13),  Sonas14),  §iob15),  Glias16)  unb  (Stija17). 
$on  21braf)am  mirb  gejagt:  „Gr  mar  meber  3ube  noef) 
Grjrift,  fonbern  ein  £>anff  (b.  f).  geneigt  sum  ©tauben,  oom 
^icrjtigen  511m  SBarjren  jtcf)  rjtnnetgenb)  unb  ein  3Kuslim, 
babei  ein  ©egner  ber  ©ö^en.  31m  näcfjften  aber  jtefjen 
s2lbraf)am  bie,  bie  tf)m  natf)folgen,  unb  bas  finb  ber  prüfet1 8) 
unb  bie  ©laubigen  l;,|." 

Sieben  biefen  SKönnem  ©ottes  aus  ber  3^ü  bet  (5ra= 
oäter  unb  bes  eilten  Sunbes  mirb  bas  £>aus  3mrän  als 
befonbers  oon  ©ott  auscrmärjlt  beseitet 20).  9?ad) 
2Kof)ammebs  Meinung  ift  3mran  ber  Sßater  ber  Jungfrau 
SKaria,  bie  er  eine  Stfjmefter  ber  Glijabet,  ber  grau  bes 
^ßriefters  3o^orias,  nennt.  SKaria  unb  3eiU5>  oct  *m 
ßoran  3fii  Reifet,  bilben  mit  3atf)arias  unb  (Elifabet  unb 
beiber  Sorjn  Spannes  btm  läufer'-1)  bas  §aus  3mran. 
Öier  oermetf)jelt  3ftof)ammeb  jeltjamermeije  9ttaria,  bie  SKutter 
3e[u,  mit  3Kirjam,  ber  Sdjmefter  9Kojis  unb  Barons.  (Er 
nennt  beibe  9Karjam  unb  mad)t  ben  bibtijdjen  51mram 
(Smran)  --),  ben  Sßater  ber  ©ejcfjtoifter  SKirjam,  s21aron  unb 
SKofes,  sum  53ater  ber  3ungfrau  9Karia  unb  ber  Glifabet. 

93on  größter  2Bid)tigkeit  ift  nun  für  uns,  roas  ber 
Äoran  über  3 ejus  unb  feine  göitlidje  Senbung  jagt. 

9Karia,  bie  oon  irjrem  SBater  3mran  f^on  oor  ir)rcr 
©eburt  ©ott  gemeint  mötben  ift,  mirb  im  Xempel  ju  3eru= 
falem  aufersogen.  3f)r  Pfleger  ift  ber  ^Prieftcr  3ad)arias, 
unb  fie  mirb  oon  ©ott  felbft  munberbar  ernärjrt.  511s  bie  3cit 
tfjrer  ÜKetfe  fcommt,  roerben  bie  fiospfeile  über  fie  gemorfen, 
um    5U    entfd)eiben,    mer   ber   £>üter   ifjrer   3ungfräutirf)Reit 

.  3<>-35.    »)  19,  57  f.    »)  11,  27ff.;    29,  LS  f.;   H  !'-lr>- 
4)  U.  a.  3,  60  f.  89;     21,  52—75;    29,  Hin.;     87,   L9. 
37,  133.     ,;)  37,  L12  L30.  131;   3,  78;    38,  4-.     »)  2,  130; 

Bure  12  i^ofef).  ,0)  7,  138  ff;  L8,  59-81;  20,51  (f.  61  (f.; 
26,  17  ff-;  28,  3b;  40,  20  n.;  51,  38—40;  53,  37;  87,  19.  ")  19.  54; 
37,  114-122.     ")  4,  161;  38,  16  1,  161;  M,  12  f.  36  f.; 

* — 39.    14)  21,  S7  f.;  37,  13!*— 148.    '»  37,123 

;;)  0,  86;  38,  48.  ")  lof)ammcb.  '•')  8,  60f.  -ü)  6ttW  3.  »)  3, 
33-36;  19,  1—15;  21,  B9  l  .'    Rof.  6,  20. 


—      16     — 

roetben  [oll.  23alb  barauf  erfdjeinen  t^r  ©ngel,  bic  üjr  oer^ 
Rünbtgen,  bafj  ©ott  fie  unter  allen  2Beibern  auserroärjlt 
t)abe,  unb  oerljeijjen  itjr  einen  6ot)n,  ber  „ein  SBort  oon 
©ott"  fei;  unb  „fein  9?ame  foll  fein  Sefus,  ber  3Keffias,  am 
gefet)en  r)ienieben  unb  im  Scnfeits  unb  einet  ber  (9War)) 
Taljen".  9Katia  fragt:  „2ßie  [oll  mir  ein  Soljn  roerben,  \)a 
mid)  nein  Wann  berührt  t)at?"  Darauf  roirb  ir)r  bie  5lnt= 
roort:  „Slflal)  fdjafft,  roas  er  roill;  unb  befdjliejjt  er  etroas, 
}o  fagt  er  nur:  ,©s  roerbe',  unb  es  roirb"1).  9laä)  einer 
altern  Darftellung  bes  Zorans  l)at  ficf)  9ftaria  früb  oon  ben 
3r)rigen  getrennt,  um  in  2tt>geid)lof[enr)ett  allein  5U  leben. 
Da  erfdjeint  ifyr  ber  (Seift  ©ottes  in  ber  ©eftalt  eines 
fct)önen  Cannes  unb  oernünbigt  it)r  t)ie  ©eburt  eines  reinen 
Knaben.  311s  fie  bas  £inb  in  3ungfräulidjReit  empfangen 
Ijat,  inbem  if)r  ©ott  oon  feinem  ©eifte  einrjaudjt2),  5tel)t  fie 
fitt)  noct)  tiefer  in  bie  2ßüfte  aurücu.  SOTtt  bem  STCeugebornen 
gu  irjrem  SBotfte  aurücRgeRerjtt,  roirb  fie  mit  SBorroürfen  emp= 
fangen.  &ber  bas  &inb  rechtfertigt  fie,  inbem  es  fpricr)t: 
,,3cf)  bin  5111ar)s  Diener.  Cr  r)at  mir  bas  %uä)  gegeben 
unb  mict)  aum  ^rof eten  gemacht"  3). 

3lls  Sßrofet  ©ottes  roirb  3efas  im  ftoran  t}ocr)  gepriefen. 
(Er  oereinigt  in  fict)  alle  SBorgüge,  ^k  ©ott  einem  9Kenf<i)en 
mitteilen  Rann :  2ßie  5lbam  r)at  er  keinen  menfcr)ticr)en  SBaier, 
fonbern  er  ift  übernatürltd)  burct)  bie  2Birftung  bes  ^eiligen 
©eiftes  eraeugt4).  ©r  ift  2Ittar)s  Diener,  bem  ©nabe  auteil 
getoorben  ift,  unb  ber  für  bie  £inber  Israel  bas  SBetfpiel 
ber  ©ottesmactjt  barfteßen  follte5).  ©r  ift  ber  SKeffias,6) 
SWarjs  SBort  unb  ©eift  oon  irjm7).  Slllar)  l)at  iljn  mit 
bem  ^eiligen  ©eifte  gefiärRt,  bamit  er  fcr)on  in  ber  SBiege 
3U  ben  Sttenfdjen  rebe8).  3r)m  ift  bas  ©oangelium  gegeben, 
als  eine  Leitung  unb  ein  2id)t,  rooburtt)  ©ott  bas  ©efet}, 
bas  oor  ir)m  roar,  beftätigt  t)aty).  £ein  anbrer  ^ßrofet  roirb 
im  ftoran  in  är)nltd)er  Sßeife  gerühmt.  9?ur  einen  tarnen, 
'öen  Warnen  „Sot)n  ©ottes",  roill  ülftorjammeb  3efu  nid)1  5Us 
ernennen.  %e\\x  Sßunber  unb  3et(t)en  bagegen  gibt  er  un= 
umrounben  ju.  „Sielje,"  fo  lägt  er  iljn  au  ben  Zvfoen 
fprectjen,  ,,iä)  Romme  au  euer)  mit  einem  3ßicr)en  oon  euerm 


J)  3,  30—32.  37—42.  2)  21,  91;  66,  12.  3)  19,  16—34. 
4)  3,  52;  21,  91  ;  66,  12.  5)  43,  59.  °)  4,  156.  160.  170;  5,  19. 
7)  4,  169.  8)  ^cfu  ©predjen  in  ber  SBiege  roirb  in  einem  aufter.-. 
femonifdjen  ©bangelimn  bon  ber  Äinb^eit  %e\u  hexicfytet:  5,  109. 
9)  5,  50.  110. 


—     17     — 

Herrn.  Sier)e,  idj  roill  eud)  erraffen  aus  £on  bie  ©eftalt 
eines  Sßogels  unb  min  in  fie  r)audjen,  unb  fie  [oll  merben 
ein  23ogel  mit  TOaljs  (Erlaubnis1),  unb  idj  milt  feilen  bcn 
SBlinbgebornen  unb  bcn  Slusfätjigen  unb  toill  bie  Xoten 
lebcnbig  madjen  mit  5lHar)s  (Erlaubnis3)."  93or  [einen 
Jüngern  tut  3efus  oas  3eid)en,  bafj  et  einen  Xifdj  oom 
Himmel  Ijerabaommen  läßt,  „bamit  es  (mie  er  fagt)  ein 
gefttag  töetbe  für  bie  Giften  unb  bie  Späteften  unter  uns"  '•) 
—  ein  bunfiler  ^intoeis  auf  bie  Ginfetmng  bes  5lbenbmat)ls. 
$lls  Hauptinhalt  ber  £er)re  3eiu  ernennt  3Kot)ammeb  oor 
allem  ein  Dreifaches:  Jefus  füllte  bie  Xtjora,  bas  Sefetj 
bes  eilten  33unbes,  burd)  bas  ir)m  mitgeteilte  Goangelium 
beftätigen,  bie  jübifetjen  Speifegefetje  teitmeife  aufgeben  unb 
hie  3uoen  auf  ben  graben  2ßeg  ber  ©ottesfurdjt  leiten4). 
3efus  r)at  aud)  auf  einen  ©efanbten  2lHat)s  t)ingemiefen,  ber 
nad)  iljm  kommen  [oltte,  „bes  D^ame  5lr)meb  ift" 5).  5lr)meb 
bebeutet  ebenfo  roie  2Kor)ammeb  ber  ©epriefene.  Die  ur= 
fprünglidje  Sßerljei&ung  3efu  °°n  bem  Rommenben  Xröfter 
ober  ^aranteten  mufjte  alfo  jeber  arabifdje  §brer  als  eine 
Ißerljei&ung  auf  bas  kommen  9ttot)ammebs  auslegen.  Sßeil 
^Ijmeb  bem  griecr)ifcr)en  2Borte  periklvtos  (ber  roeit  unb 
breit  93erür)mte)  entfpridjt,  besrjalb  behaupten  bie  2Kor)am= 
mebaner,  bas  neuteftamentlidje  2Bort  paräkletos,  ber  9tane 
bes  ^eiligen  ©eiftes  (3ot).  14,  16),  fei  aus  perfklytos  ge= 
fätfdjt  roorben. 

3efu  Reiben  unb  ftreujestob  roirb  im  ftoran  nur  als 
ettoas  Scheinbares  bargeftellt.  „Die  3uben  fpratr)en:  ,Sier)e, 
mir  rjaben  t)m  9fte[fias  3^fus,  ben  Sorjn  ber  9Karia,  ben 
©efanbten  5lllat)s,  getötet/  Docfj  töteten  fie  nid)t  ir)n  unb 
nreusigten  nidjt  it)n,  fonbern  einen  ir)m  är)nlicr)en.  Darum 
oerflud)ten  mir  fie."6)  §ier  jd)liefjt  fidj  3Hor)ammeb  ber 
3rrler)re  ber  fog.  Dotieren  an,  bie  [djon  ber  5lpoftet  Spannes 
in  feinem  erften  ^Briefe  bekämpft.  Diefe  ßeute  unterfct)ieben 
amifdjen  bem  9Kenfd)en  3efus  unb  bem  t)immlifd)en  Crjriftus. 
Der  t)tmmlifcr)e  (£rjriftus  —  fo  ler)rten  fie  —  fei  bei  ber  Xaufe 
im  3orban  auf  ben  SKenfdjen  3cfus  r)erabgenommen,  r)abe 
irjn  aber  oor  feinem  Reiben  mieber  oerlaffen,  um  in  öen 
Himmel  äurütRjuneören.  sär)nlid)  Iet)rt  nun  SKorjammeb,  bie 
3uben  hätten  3^fus  nidjt  in  2Birklid)keit  getötet,   ba   nict)t 

1    Tic*  sJöunber  wirb  im  s}}feubo:3Jiatit)äu»efcangelium  unb  im 
Xf)oma§eUanc)elium  berichtet.     -i)  3,  43;  üfll.  5,  110.     *)  5,  1 12—  llä. 
5a  110;  3,  43.   U.    b)  61,  6.    ')  1,  166. 
Xcr  3«Iain-  •> 


—     18     — 

er  felbft,  fonbern  nut  fein  Sdjeinbilb  am  ftreu^e  Ijing.  3lHalj 
erl)öl)te  oielmeljr  3efam  p  fid)1).  Jefus  ift  atfo,  oljne  3U 
fterben,  in  bie  £>errlidjkeit  ©ottes  eingegangen.  3^un  Ijei&t 
es  aber  an  einer  anbern  Stefle,  ba&  alle  oon  bem  SBotke 
'ber  Sd)tift,  b.  r).  alle  Suben  unb  Triften,  t»or  feinem  Xobe 
an  if)n  glauben  toerben2).  2ßann  toirb  benn  nun  ber  oljne 
Xob  au  ©ott  etljöljte  3efus  fterben?  ^ad)  einer  fpätern 
£er)re  bes  Islams  toirb  %z\us  nadj  {einer  Sßieberkunft, 
roenn  er  om  SIntidjrift  oernidjtet  Ijat,  fterben  unb  in  SKebina 
begraben  toerben.  Sagt  ber  &oran  aud)  Ijieroon  nidjls,  {0 
rebet  er  bod)  met)rfad)  oon  ber  „Stunbe"3).  Damit  tft  bie 
6tunbe  bes  2Bettgerid)ts  gemeint,  3U  beffen  Sßoraeidjen  im 
fpätem  Sstam  unb  oielleidjt  audj  fdjon  nadj  einer  Äoran- 
Jtelle4)  Seju  SBieberkunft  geprt. 

2Bir  feljen  mit  ©rftaunen,  meld)  erhabene  Stellung 
3ftor)ammeb  Jefc  unter  om  ^rofeten  antoeift.  Sein  ftoran 
letjrt :  „Jefus  ift  ber  SKeffias,  bas  Sßort  ©ottes,  ©eift  oon 
©ott,  ausgeseidjnet  in  biefer  unb  in  jener  Sßelt.  ©r  ift  auf 
übernatürlidje  SBeife  burd)  bte  2ßiruung  bes  ^eiligen  ©elftes 
oon  ber  3ungfrau  9Karia  geboren,  ©r  ift  rein  unb  fünblos. 
©r  rjat  als  ©efanbter  ©ottes  in  oer  ftraft  bes  ^eiligen 
©eiftes  bas  ©oangelium  oerkünbigt  unb  grofje  SBunber  unb 
3etdjen  getan,  ©ott  Ijat  iljn  oljne  Xob  3U  fidj  genommen 
unb  iljn  baburdj  über  alle  SHenfdjen  erljöljt.  Die  Stunbe 
feiner  Sßieberkunft  ift  bas  SBorseidjen  bes  3Beltgertd)ts."  Der 
&oran  ftellt  alfo  3efum  ungleich  Ijöljer  als  mandje  djrtftltdje 
Xljeologen  ber  ©egentoart,  öie  oon  bem  stoeiten  Artikel  bes 
apoftolifdjen  ©laubensbekenntniffes  nur  bie  SBorte  ftefjen 
laffen :  3efUö  tft  geboren,  Ijat  gelitten  unter  Sßontio  spilato, 
ift  gekreugigt,  geftorben  unb  begraben. 

2Beld)e  Stellung  roitl  Denn  9ttor)ammeb  felbft  in  ber 
9teir)e  ber  gottgefanbten  ^ßrofeten  einnehmen?  3n  9JlefiRa 
tritt  er  aunädjft  nur  als  SBarner  auf,  ber  bas  göttliche  ©e= 
rid^t  für  alle  Sßelt  oerliünbigt5).  ©ott  r)at  ir)n,  ber  roie 
alle  anbern  irre  ging  unb  beffen  SHü&en  fdjtoere  ßaft  be* 
brüdite6),  3U  feinem  SBoten  auserkoren.  Seine  Offenbarungen 
empfängt  2ttor)ammeb  burd)  befonbre  §tmmelstoefen,  bie  er 
jebod)  }o  unklar  fd)itbert,  baJ3  mir  uns  keine  beftimmte  33or= 
ftellung  oon  iljnen  madjen  können.    Sie  kommen  unb  geljen 

l)  4,  156;  3,  48.  *)  4,  157.  3)  3.  33.  30,  54;  40,  49;  43,  61;, 
45,  26.  31;  65,  15;  88,  1;  101,  1.  *)  43,  61  (tagt.  $.  ©rimme: 
3Kot)auimeÖ  II,  ©.  95,  2tmn.  3).    5)  81,  27.    ü)  93,  7;  94,  1. 


—     19     — 

in  ger)etmnisooller  Sßeife:  fte  roerben  in  9teir)en  cnt[anbt, 
ftürmen  gleid)  SBinben  baljin1),  tummeln  fid)  i)urtig,  fd)roe= 
ben  einher2),  jdjnauben  roie  Kenner  unb  ftampfen  gunken3). 
3ugleid)  tcbet  9Ji*ol)ammeb  baoon,  ba&  it)m  Sßifionen  äuteil 
roerben.  Darin  er[d)eint  iljm  aber  nicr)t  eine  33icl3at)t  oon 
SBefen,  fpnbern  nur  ein  einziger  §tmmelsbote,  ber  —  tote 
er  fagt  —  klar  unb  fd)arf  r) er o ortritt,  fo  baff  keine  Sinnes= 
täufd)ung  mögltcf)  jei4).  Diefe  SBifionen  oeridjroinben  inbes 
aus  9ttor)ammebs  ^3rebigt  am  Gnbe  feiner  Tätigkeit  in 
SKekka;  unb  ber  UJerkünber  bes  SBeltgeridjts,  ber  immer 
mefjr  bem  Spott  unb  ber  geinbfdjaft  feiner  SJtttbürger  oer= 
fällt,  leitet  nun,  je  nuct)brü<klict)er  er  bie  göttliche  ©nabe 
unb  33armt)eröigkeit  betont,  feine  Offenbarungen  nid)t  meljr 
aus  ißtftonen  ab,  fonbem  aus  bem  SKur),  bem  (Seifte,  ben 
ir)m  (Sott  aus  feinem  51mr  mitteilt,  fo  baß  er  jetjt  aud)  roeiß, 
roas  bie  rechte  Offenbarung  unb  ber  ©taube  ift5). 

(£ine  grofte  2ßanblung  trat  bei  ÜJKofjammeb  roätjrenb 
feiner  SBirkfamfeeit  in  SKebina  ein.  Da  beruft  er  fid)  nid)t 
met)r  auf  unbeutlictje  ober  beutlidje  Sßifionen,  nodj  auf  gött- 
liche Gingebungen  burd)  t)cn  ©eift,  fonbem  er  behauptet 
oielmegr,  burd)  ben  (Stengel  ©abriet  unmittelbare  perfön= 
liftje  ÜJtttteitungen  oon  ©ott,  felbft  über  bie  allermenjd)Iid)ften 
Dinge,  $u  empfangen6),  obroor)!  er  nicr)t  lange  oort)er  in 
Sftekka  oon  einem  33erker)r  mit  (Sngeln  nid)ts  roiffen 
roill7J.  Daju  kommt  noct)  etroas  anbres.  2Bär)renb 
SKormmmeb  ausbrücklid)  betont,  im  ©lauben  folle  hein 
3roang  fjerrfdjen K),  unb  er  fei  kein  ©eroalttjaber  unb 
3toingt)err  über  feine  23rüber!(),  übt  er  in  9Kebina  ttn 
allerärgften  3a>ctng  unb  bie  rückfid)tsto[efte  ©eroaltljerrfdjaft 
aus,  inbem  er  in  allen  gragen,  nidjt  nur  ben  religiöjen, 
allein  unb  unbebingt  entfdjeiben  roill.  Denn  er  erklärt  fid) 
jetjt  nict)t  nur  für  „bas  Siegel  ber  ^rofeten" 10),  b.  t).  für 
ben,  ber  allem  früheren  ^Profetentum  bas  Siegel  aufbrücfct, 
weil  if)m,  bem  legten  unb  größten  unter  allen  ©ottgefanbten, 
©ott  fict)  aud)  am  klarften  geoffenbart  r)abe,  nadjbem  bie 
5ßelt  burd)  alle  oorangegangenen  ^rofeten  auf  fein  kommen 
»orbereitet  roorben  [et:  nein,  er  roill  ber  unfehlbare  Stell= 
oertreter  ©ottes  in  allen  Angelegenheiten  fein,  beffen  $ln= 
orbnungen    ftets    oljne    roeiteres    3U    geljordjen   ift.     Damit 

:    71,  1—6.      »)  79.  1-5.      ■)  100,  1—  ■).      *)  53,   1—12;  81, 
19—24.         42,62.     »)  2,  91.     ')  25,  8— 10.     »)  2,  257.     »)50 
88,  2.    w)  32,  40. 


—     20     — 

ert)ebt  er  pd)  aber,  obroor)l  er  anberfeits  bie  äRen[d)ltd)keit 
bet  ^ßrofeten  ftark  betont  unb  ftet)  felbft  nict)t  einmal 
SBunberkraft  auftreibt x),  in  2Birklict)keit  roeit  über  alle 
Sülenfdjen  unb  fetjt  fid)  fo  in  einen  unoeretnbaren  2Biber* 
fprucr)  mit  Jeinen  Siujjerungen  über  3efus,  ben  er  ot)ne  lob 
3U  (Sott  errjöfjt  jein  lägt,  unb  ben  er  best)alb  folgerichtig, 
befonbers  ba  er  {eine  Sünblofigkeit  unb  feine  Sßunber  an* 
erkennt,  ungleich  t)öt)er  ftetten  tnüfjte  als  fid)  felbft. 

9ttot)ammeb  unb  Sefus !  Sßerroeilen  nur  einen  klugen* 
blick  bei  biefem  ©egenfatje.  9Kot)ammeb,  ein  SJtenfd)  oott 
offenbarer  Sd)töäd)en  unb  Sünben  aller  5Irt,  ber  buret)  £rug 
unb  ßift,  ja  burd)  (Seroalt,  Sdjtoert  unb  9Keuct)elmorb,  fid) 
unb  feinen  ©lauben  sum  Siege  führen  rooHte.  3t)m  gegen* 
über  3*fcs,  ber  ^eilige  unb  kleine,  hei  beffen  gtage:  „2Ber 
unter  euer)  kann  mid)  einer  Sünbe  5eir)en?a2)  {elbft  feine 
erbittertften  2ßiberfad)er  oerftummen  mufjten.  3e{u  SReici)  ift 
nidjt  oon  bie{er  Sßelt.  Dem  Petrus,  ber  in  flei{ct)lia)em 
(gifer  für  it)n  bas  Sd)roert  aier)en  roill,  befiehlt  er,  bas 
Scfjroert  in  btc  Sdjeibe  5U  ftecken3).  Denn  nid)t  burd) 
©etoalttat  unb  23luto  ergießen,  fonbern  burd)  t)elbenmütigen 
(Stauben  unb  ftilles  Dulben  fott  3*fa  (Soangelium  ben  Sieg 
erringen.  —  3efus  ift  oas  oollkommenfte  Sßorbilb  für  alle 
9ftenfä)en.  9ttot)ammeb  kann  feinen  2(nt)ängern  kein  SBor* 
bilb  fein,  benn  er  t)at  ja  nid)t  einmal  bie  Äraft  gehabt, 
guerft  felbft  na^)  feinen  93orfd)riften  5U  roanbetn.  Der  auf= 
erftanbene  unb  ert)bt)te  (£t)riftus  ift  ber  9tttttter  5toifd)en 
(Sott  unb  ben  mit  ©ott  oerföt)nten  3Jtenfd)en  unb  00m 
§immel  aus  läßt  er  feinen  ©laubigen  noa)  allegeit  ben 
reid)ften  Segen  sufließen.  9Kot)ammeb  roei&  nid)ts  oon 
einer  93erföt)nung  ber  Sßelt  mit  ©ott  unb  er,  ber  ©eftorbene 
unb  in  aWebina  begrabene,  ift  nid)t  imftanbe,  für  bie 
Seinen  nod)  ettoas  3U  toirken.  3efu  2et)re  ift  bie  oolk 
kommene  2ßat)rt)eit,  bie  er  in  bes  33aters  tarnen  oer* 
künbigt  t)at;  fie  ift  ©eift  unb  Qeben,  fie  tröftet,  ftärkt  unb 
rjeiligt  alle,  bie  it)r  im  ©lauben  folgen.  2Kot)ammebs 
ßet)re  ift  nur  2ßat)rt)eit,  fofern  fie  aus  ber  reinen,  unoer* 
fälfdjten  Offenbarung  bes  3ubentums  unb  bes  (£t)riftentums 
fd)öpft.  Dod)  roie  roenig  t)at  fie  aus  biefer  Quelle  lauter 
entlehnt!  2ßie  oiel  3rrtum,  gabetei,  ajti&oerftänbms,  Ja 
beroujjte  Unroat)rt)eit  finbet  fid)  im  Äoran!     Sold)e  ßetjre 


»)  13,  38;  14,  13;  25,  22.    ')  3o$.  8,  46.    3)  %o§.  18,  lOf. 


—     21     — 

kann  unmöglid)  511  roat)rer  Xugenb  unb  edjter  grömmigkeit 
fügten. 

Sinb  benn  aber  2ttol)ammebs  Offenbarungen,  rote  man 
geroöt)nlid)  meint,  (ämtlirä  weiter  nidjts  als  falfdje  33or= 
(piegelungen  ober  im  beften  galle  ein  aus  feelijdjen  (Er- 
regungen t)eroorgegangener  Selbftbetrug  ?  9Kir  fdjetnt  es 
nidjt  unmöglitf),  ba&  3ttor)ammeb  urfprünglidj  oon  ©ort  j$u 
einer  befonbern  Senbung  an  bie  Araber  befttmmt  fein 
könnte.  Denn  roie  ©ort  einft  3smael  unb  feine  3Kutter 
§agar  nid)t  in  ber  Sßüfte  augrunbe  geljen  liefe,  [onbern 
beibe  rounberbar  am  ßeben  erhielt1),  fo  könnte  es  autf) 
[eine  gnäbige  $lbfid)t  geroefen  fein,  Ssmaels  9totf)kommen, 
bie  Araber,  als  fie  in  ber  2ßüfte  bes  ©ö^enbienftes  unb  bes 
ftttltdjen  Verfalls  untersugerjen  brol)ten,  in  SKoljammeb  etntn 
9Kann  aus  it)rer  3Jtttte  als  ÜRetter  5U  ertoe&en.  Sollte 
aber  9Kor)ammeb  roirklid)  au  einer  joldjen  Senbung  aus= 
erjet)en  geroefen  fein,  fo  ift  er  als  ed)ter  Sot)n  Ssmaels 
burd)  feine  fteif^Iia^e  ©efinnung  fet)lgejtf)lagen,  33on  3s= 
mael  fjei&t  es:  ,,©r  roirb  ein  9Kenfd)  fein  roie  ein  2ßUb« 
ejel  —  feine  £anb  gegen  jebermann  unb  jebermanns  §anb 
gegen  ir)n  —  unb  er  roirb  allen  feinen  53erroanbten  auf 
bem  ftatfeen  [\%tn2)."  So  ift  aud)  9Kot)ammeb  als  SBilb» 
e(el  feinen  eignen  2ßeg  gegangen,  nid)t  ben  SBeg  bes 
©eiftes,  fonbern  bes  gleifdjes,  unb  r)at  feine  §anb  ju 
Äampf  unb  ©eroalttat  gegen  feine  Sßolksoerroanbten  er* 
rjoben,  um  irjnen  feinen  ©lauben  aufauanringen.  Damit  foll 
aber  nid)t  geleugnet  roerben,  bafe  fid)  9Kof)ammeb  anberfeits 
aud)  gro&e  93erbienfte  um  bie  Araber  erroorben  r)at.  Denn 
fie  finb  burd)  lr)n  aus  ber  gtnfternts  bes  groben  Reiben« 
tums  hinausgeführt  unb  au  einer  ftarken  Sßolksgemetnfdjaft 
oereinigt  roorben.    *  * 

Sfteben  bem  ©inen  ©ott  oerkünbigt  ber  ftoran  aufs 
einbringlidjfte  ben  Jüngften  Xag.  3n  33erbinbung  bamit 
rebet  er  oon  $luferfter)ung,  2Beltgerid)t,  ^arabies  unb  §ölle. 

3ur  5luferftet)ung  kommen  alle  loten.  Der  Üob 
trennt  ßeib  unb  Seele.  9ßär)renb  ber  £eib  roieber  jur  ©rbe 
roirb,  kommt  über  bie  Seele,  bie  51üar)  roieber  ju  fi$  nimmt 3), 
ber  Xobes|d)laf4).  Diefer  3uftanb  ift  aroi[d)en  Xob  unb 
Sluferfterjung  für  ©ute  unb  SBöje  gleid),  roenn  aud)  bie 
33öjen  gleidjfam  roie  im  Iiaum   auf    it)re   künftige   Strafe 


1.  SRof-  21.  14-20.  •)  1.  SWof.  16,  11.  12.  ■)  89,  48.  *\  50,  18. 


—     22     — 

rjingetoiejen  roerben  l).  2tte  5Juferfter)ung  ber  Xoten  ijt  eine 
Zat  ber  götttict)en  Mtno^t2).  2luf  fte  folgt  bas  2Belt= 
geriet.  ©eroaltige  (Sreigntffe  leiten  es  ein:  $)er  üRufer, 
nadj  fpäterer  fiepte  ber  (Stengel  3srafil  (ö.  i.  üRafaeP), 
bläft  bie  ^3ofaune.  2)ann  kommen  bie  £oten,  gleict)  5er= 
ftreuten  §eufcr)re(&en,  gefennten  §auptes  aus  itjren  ©ruften 
unb  eilen  bem  SRufer  entgegen,  inbem  bie  Ungläubigen  ooll 
Gmtfe^en  fpred)en:  „2)as  ift  ein  fctjltmmer  £ag4)."  3)enn 
bie  Grrbe  erbebt5),  bie  Serge  toantien6),  bie  9Keere  fdjtoetten 
an7),  bie  Sterne  erlösen  unb  falten  Ijerab8),  ber  9Konfe 
oerfmjtert  fict)9),  bie  Sonne  roirb  5U| ammeng efaltet 10),  ber 
£tmmel  öffnet  fict)11),  ber  §öltenpfur)t  roirb  entflammt,  bas 
^arabies  roirb  nahegebracht1 2).  i)ie  Collier  (Sog  unb 
SJlagog  eilen  oon  allen  £ör)en  t)erbei13),  unb  aus  ber  (Erbe 
erfjebt  fict)  ein  Xter,  bas  hm  9ttenfdjen  iljren  Unglauben 
oorptt14).  gurctjt  unb  Dlattofigneit  befällt  bie  9Jtenfct)en 
bei  biefen  getoattigen  (Sreigniffen,  fo  baft  jeber  roie  trunken 
nur  an  fxdj  felbft  unb  fein  eigen  Sctjicnfal  benut15).  3uni 
^Beginn  bes  2ßeltgerict)ts  enthüllt  fict)  ber  allmächtige  (Sott 
hm  Stuften  ber  9Kenfct)en.  (£r  fttjt  auf  feinem  oon  ad)t 
©ngeln  getragenen  £>immelstr)ron,  unb  Sdjaren  oon  Engeln 
}ct)roeben  it)m  5ur  Seite16).  Sie  9Kenfct)en  Kommen  t)erbei= 
geeilt  gerechten  £auptes  mit  ftierem  2lug  unb  öbem  bergen17) 
unb  roerben  oor  bem  §errn  in  9?eir)en  aufgefteflt18).  £>ann 
toägt  ©ott  aUe  Xaten  ber  9Kenfct)en  auf  einer  2ßage;  bie 
SBage  ber  ©erect)ten  ift  ooß  unb  fct)roer,  bie  SBage  ber 
©otttofen  leidjt19).  „Urit>  oergotten  roirb  jeber  Seele  naet) 
it)rem  £un20)."  „2ßer  ©utes  auct)  nur  im  ©eroidjt  eines 
Stäubct)ens  getan,  roirb  es  fet)en;  unb  roer  93öfes  auct)  nur 
im  ©etoidjt  eines  Stäubdjens  getan,  roirb  es  fet)en*2l).a 
9?acr)  bem  Urteilfpruct)  bes  rjimmlifctjen  SHidjters  bilben  fict)  brei 
Sparen :  3ur  9?ect)ten  bes  Xtjrones  ©ottes  treten  t)ie  frommen, 
3ur  ßinnen  bie  ©ottlofen ;  bie  auserlefenften  frommen  aber, 
„bie  Sorberften  auf  Qtrben,"  bilben  eine  befonbre  Sctjar, 
bie  einen  Cttjrenpla^  in  3lttat)s  näct)fter  STCätje  empfängt22). 

l)  40,  49.  2)  7,  55;  17,  101;  20,  5  ;  22,  5;  30,  49;  35,  10;  43, 10; 
46,  32;  56,  7;  75,  1—4.  3)  XobiaS  3,  25;  5,  6.  18;  12,  15. 
4)  54,  6-8;  69,  13;  78,  18;  79,  13.  5)  99,  1.  °)  77,  10;  78,  20; 
69,  14.  7)  81,  6.  8)  71,  8;  81,  2.  9)  75,8.  1U)  81,  1.  »)  69,  16; 
77,  9;  81,  11.  ")  81,  12.  13.  13)  21,  96.  »*)  27,  84.  15)  32,  8; 
80,  34-37.  10)  69,  17;  78,  38;  89,  23.  lT)  49,  44.  u)  18,  46. 
19)  7,  7.  8;  21,  48;  23,  103—105;  101,  6-9.  20)  39,  70;  69,  18-29; 
21)  99,  7.  8.    22)  56,  7—11;  90,  17-21. 


—     23     — 

Die  giommen  kommen  in  einen  auf  ragenber  s£erges= 
r)ör)e  gelegenen  greubenort,  ber  Gebens  ©arten1)  ober  bas 
^arabies2)  genannt  roiib.  Dort  finb  „eine  ftrömenbe 
Quelle,  errjörjte  ^otfter,  rjingeftettte  SBedjer,  aufgereihte  ftiffen 
unb  ausgebreitete  £eppid)e"3).  2Beber  Sonne  noef)  ftälte 
quält  bie  Seligen4),  ungetan  mit  Kleibern  oon  grüner 
Setbe  unb  SBronat  unb  gejd)müdtt  mit  filbernen  Spangen, 
weiten  bie  grommen  unter  fcr)attigen  Säumen,  oon  benen 
reicf)e  Xrauben  fjernieberfjangen,  unb  trinken  ftratjtenben 
Slngeftcfjts  ttöftlicrjes  siBaffer  ober  ebeln  3ßein,  roärjrenb  un= 
fterblict)e  Knaben.  fcr)ön  roie  tjingeftreute  perlen,  gejdjäftig 
f)in=  unb  r)ereilen,  um  fie  5U  bebtenen^).  Die  britte  Sct)ar 
aber,  bte  Scrjar  ber  auserlefenften  grommen,  empfängt 
außer  ben  allgemeinen  93arabiefesfreuben  nod)  ein  befonbres 
©efdjenu:  fie  genießt  2ßetn,  ber  roeber  ftopffdjmers  noct) 
Ärankr)eit  er3eugt,  grüßte,  bie  jeber  fid)  ausmästen  barf, 
unb  gleijcf)  oon  ©eftüget,  roie  fie's  begehren (ij.  3u  ber 
^araoiefesroonne  ber  grommen  geprt  es  auet),  bafc  ir)nen 
großäugige  3un9T*auen,  rein  roie  perlen  unb  9J?ujd)eln,  als 
©attinnen  oermärjtt  roerben7).  Das  ^arabies  bringt  bem= 
naefj  rjauptfädjlid)  \>m  gläubigen  9Hännern  ein  Qehtn  in 
greube  unb  ©enufc.  2ßas  erroartet  benn  aber  bie  gläubigen 
grauen  unb  ftinber?  3f)nen  muß,  roie  es  fdjeint,  oor  allem 
ber  griebe  genügen,  ber  jebe  Seele  im  s$arabiefe  erfüllt,  jo 
baß  ©roll,  gurcf)t  unb  Xraurigtteit  auf  immer  ifjnen  fern 
bleiben  muffen").  3n  biefe  irbifct>,  ja  fleifd)tid>finnltd)e 
Sd)ilberung  ber  s$arabiejesf)errlid)Rett  mifdjt  fid)  ein  etroas 
fjörjerer  3ug,  roenn  es  3  93.  Reifet,  baß  alle,  bie  aus  Ciebe 
3U  5lllat)  t>zn  Firmen,  bie  SBatfe  unb  ben  ©efangenen  ge- 
fpeift  t)aben,  3um  £of)n  bafür  im  3enfeits  Röfttid)  gefpeift 
unb  getränkt  roerben  [ollen  •).  3a  an  einigen  Stellen  bes 
Zorans  flimmert  jogar  bie  Sßerrjeifcung  burd),  baß  bie  grom= 
men  im  ^arabtefe  „bas  ^ngefid)t  bes  §öd)ften,  ifyres  §errn," 
flauen  folten10),  roas  nact)  ber  fpätern  £er)re  ber  mor)amme= 
banifdjen  Xrjeologie  bas  f)öd)fte  ©lücu  ber  5ßarabiefes= 
beroor)ner  fein  roirb. 

2ßäb,renb  bie  grommen  5U  ben  fjerrlicfjften  greuben 
gelangen,  fahren  bie  ©ottlofen  3U  ben  fct)rccfeUct)ftcn  Qualen 


')  40,  8.     8)  18,  107;  23,  11.     J)  88,  12—16.    4)  76,  13.     5)  55, 
46  ff.;  76,  11—32;  88,  23— 28.    ")  56,  10    39.      )  2,  2Sj   U 
52,  20;  78,  31—85.     0  13,  23.  24;  7,  41.  47;  89,  27.     »)  76,  6  ff. 
lü)  2,  274;  13.  22;  93,  20. 


—     24     — 

in  ben  feurigen  Slbgrunb  ber  ^öife1),  bie  nad)  bem  fje* 
brätfdjen  SBorte  ©eljinnom,  ©eljenna  mit  bem  tarnen  Dfd)e* 
ljannam  beaeidjnet  toitb2).  Die  <r>ölIenlolje  rauft  guniten 
aus  [o  grofj  nrieXütme3).  Die  SBerbammten  tragen  ßleiber 
aus  geuer;  fte  empfangen  als  Xrann  übelriedjenbes,  peben- 
bes  2Baf[er4)  unb  als  Speife  (Eitetfluß 5)  ober  ein  Äraut, 
bas  nidjt  näljrt  nad)  hm  junger  füllt6),  öet&es  SBaffer 
toirb  über  iljre  §äupter  gegoffen,  unb  iljre  baburd)  oerfengte 
§aut  erneuert  ftdj  Jofott  nrieber,  bamit  fie  iljre  Strafe  un* 
aufljörlid)  füllen7).  §arte  unb  geftrenge  (Engel8),  neunseljn 
an  ber  3al)l9),  oeren  Dberfter  9KaIia  (£errfd)er)  l)ct6t^)r 
Ijaben  bie  §öllenbetDoljner  3U  peinigen.  3u  ben  3Karter* 
toernseugen  gehören  eiferne  beulen  unb  70  (Ellen  lange 
Letten11).  Die  leibltdjen  Qualen  werben  aber  nod)  erpljt 
burd)  innere  Seelenqualen,  bie  fidj  in  Selbftanfclagen  unb 
SBettoünfdjungen  Runbtun12). 

Der  §bUe  toetben  außer  ben  gottlofen  üttenfcfjen  and) 
ber  Xeufel  unb  bie  böfen  DJdjinn  überantwortet13). 

SBeibes,  bie  ^arabiefesfeligneit  unb  bie  §bßenpein,  ift 
eroig l4),  ebenfo  nrie  ber  neue  §immel  unb  bie  neue  (Erbe 
eroig  toäljren15);  freilidj  nrirb  Ijter  ber  3ufatj  gemadjt:  „(Es 
fei  benn,  baß  bein  §err  es  anbers  looHe"16).  Sonft  Ijeifjt 
es  aber  gans  entfdjieben,  baß  bie  Sßerbammten  nidjt  in  bas 
^ßarabies  eingeben  toerben,  „elje  benn  ein  Äamel  burd)  ein 
9tobelöl)r  geljt"17).  Damit  nrirb  ausgefprodjen,  baß  fidj  iljr 
Sdjtdtfal  niemals  änbern  nritb. 

*  * 

3u  bem  fünften  ©laubens[at$e  bes  Zorans,  ber  oon 
bem  Jüngfien  iage  ijanbelt,  fügen  bie  mofjammebanifdjen 
Geologen  als  fed)ften  nod)  Ijinsu  ben  ©lauben  an  bie 
33orljerbeftimmung  sum  ©uten  unb  sum  SBöfen. 

3m  Anfang  feiner  SßtrkfamReit  ernannte  SKoljammeb,. 
(oroeit  er  fid)  überhaupt  gu  einer  ftlarljeit  in  biefen  gragen 
burdjgerungen  Ijat,  bie  greiljeit  bes  menfdjlidjen  SßiHens 
an.     Der  3Kenfdj  Rann  fidj  entfdjeiben,  ob  er  ©Ott  für  bas 


i)  101,  7—9.  2)  3.  33.  7,  39;  67,  6;  78,  21.  »)  77,  30—33. 
*)  78,  24-26.  *)  69,  36.  <*)  88,  5—7.  7)  4,  59;  20,  21.  22. 
•)  66,  6.  9)  74,  30  f.  10)  43,  77.  u)  22,  21;  69,  32.  ™)  7,  36. 
«)  17,  65;  26,  90-95;  38,  79—85;  6,  128.  14)  2,  73—76;  7, 
38—40;  39,  72;  35,  33.  «)  n,  108—110;  14,  49  (Sertoanbhmg 
be§  §tmmelS  unb  ber  @rbc);  21,  104.  w)  11,  109  f.;  bgL  6,  128. 
J7)  7,  37.  38. 


—     25     — 

©utc  bankbar  (ein  rotH  ober  nid)t,  b.  r).  ob  er  ©ortes  ©e- 
böte  erfüllen  ober  übertreten  roil!1).  (Sott  für)rt  ben  5Ken* 
fdjen  5U  ben  betben  Sßegen:  ju  bem  2Bege  bes  ©uten  unb 
bes  93öfen,  bamtt  er  gtDtfdjen  betben  toäljle;  aber  ber  2TCenfd) 
toagt  jtd)  nidjt  auf  ben  fteiletn  2Beg,  ber  aum  ßeben  für)tt2). 
5lls  jeboct)  2Kor)ammeb  fpäter  far),  baß  bte  SKefjraaljl  fetner 
3Kitbürger  in  ÜDTekka,  barunter  mancher,  bem  er  feine  5Iä> 
tung  nidjt  oerfagen  konnte,  il)n  mit  [einer  ^rebigt  aurück* 
mies,  kam  er,  um  ficr)  bies  au  erklären,  3U  ber  Meinung, 
es  tjange  oon  einer  göttlidjen  93otr)erbeftimmung  ab,  ob  ber 
SKenfdj  sum  ©tauben  komme  ober  nidjt.  Dabei  finben  fid) 
aber  bodj  manct)e  einanber  roiberftreitenbe  3lusfprüdje.  (Ein= 
mal  ljei&t  es:  „2Bas  immer  bir  ©utes  roibetfäljrt,  ift  oon 
biliar),  unb  roas  immer  bir  SBöfes  rotberfäljrt,  ift  oon  bir 
felbft"3).  Dann  roieber  begegnen  toir  folgenben  5Iusfprüd)en : 
„2Ben  5IHab,  leiten  roill,  bem  roeitet  er  bie  93 ruft  für  ben 
Sslam;  unb  roen  er  irreführen  roill,  bem  mad)t  er  bie  23ruft 
gepre&t  unb  eng,  fo  bafc  ir)m  ift,  als  ftiege  er  sunt  §immel 
auf"4),  ©ott  füljtt  3um  ©Iauben,  roen  er  roill,  unb  aud) 
in  bie  £>ötle,  roen  er  roill5).  öeraen  unb  Dr)ren  ber  Un= 
gläubigen  Jjat  biliar)  oerjtegelt,  unb  über  ir)ren  klugen  ift 
eine  §ülle6).  3<*  Sttoljammeb  lägt  ©ott  gerabeau  fagen: 
„2Bit  tjaben  oiele  ber  3)fd)inn  unb  ÜKenfdjen  für  bie  frjölle 
gefdjaffen" 7).  Dtefe  im  Äoran  nodj  nietjt  mit  ootler  Deut* 
lictjkett  ausgekrochene  2er)re  oon  ber  unabänberltdjen  gött- 
Iid)en  93orb,erbeftimmung  Ijat  bann  fpäter  bie  mor)ammeba= 
ntfcfjc  Xrjeologie  mit  einer  Sdjätfe  ausgebilbet,  bafj  babei 
jebes  §anbeln  bes  9Kenfdjen  als  etroas  Unfteitoilliges  unb 
Unoermeiblicfjes  etfdjetnt.  (Es  ift  felbftoetftänblidj,  ba&  eine 
joldje  ßeljre  bie  Xatkraft  aufs  äu&erfie  lähmen,  ja  aerftören 
mufj.  Unb  [0  ift  benn  aud)  ber  3slam  im  allgemeinen  gana 
mit  ftedjt  als  bie  Religion  bes  ausgestochenen  Fatalismus 
bekannt.  Solctje  roillenloje,  knedjtifdje  „Eingebung  an  ©ott", 
roie  fie  ber  Ssfam  prebigt,  ift  rjimmeltoeit  oerjdjieben  oon 
jener  freien,  kinblidjen  Eingebung  an  ©ott,  bte  bas  (£r)riften= 
tum  oetkünbigt.  SJßärjtenb  fidj  ber  SKorjammebaner  ftumpf 
unb  gleichgültig  unter  ein  unabtoenbbares  göttliches  93er= 
r)ängnis  beugt,  ergibt  fid)  ber  gläubige  Gtjrift  freubig  unb 
bankbar   in  ben  gnäbigen,   guten   2BiHen  bes   r)immli(ct)en 


>)  76,  3.     »)  Od,  8^-11.    :*)  4,  81.     *)  6r  125.     »)  10,  10»;    VI, 
13.  ii;   V>,  6;  76,  29  f.;  81,  27-29.    '■)  2,  0.     7    7,  178. 


—     26     — 

Baters,  tuet!  er  rocife,  bag  benm,  bic  ©ott  lieben,  alte  Dinge 
jum  Beften  bienen. 

ÜTCad)  ber  Betradjtung  ber  ©taubensleljre  bes  Lorano 
toenben  roir  uns  nun  feinet  ^ftidjtenterjre  gu. 

2.  SDie  Sßflidjtenteljre  bes  ftorans. 

Die  allgemeine  ^ßftidjt  aller  ift,  3U  glauben  unb 
gute  SBerke  §u  tun1).  Leibes  mu&  oerbunben  fein;  benn 
2Berke  allein  oljne  ©tauben  tjaben  keinen  2ßert2).  Sein 
(Staube  unb  feine  guten  Sßerke  werben  bem  Sttenfdjen  oon 
(5ott  gutgef djrieben3).  Slber  bas  ©ute  unb  bas  Böfe  be- 
regnet ©ott  oerfdjieben.  Das  ©ute  fd)toillt  mit  3infen  g* 
boppelter,  ja  geljnfacfjer  §ölje  an,  roäljrenb  bas  Böfe  im 
allgemeinen  nur  einfadj  in  3tnfa^  gebraut  roirb.  So  tjaben 
benn  bie  ©täubigen  für  iljre  Beurteilung  im  3*nfeits  oon 
oornfyerein  bie  befte  5lusfid)t.  Unb  bliebe  audj  in  iljrer 
9?edjnung  roirktidj  nodj  ein  kleiner  Soften  Böfes  fteljn,  J* 
roirb  es  ©ott  bebedten,  roenn  fie  fidj  nur  oor  ferneren  Sün* 
ben  pten4).  Dod)  audj  alle  ferneren  Übertretungen  taffen 
ftd)  burdj  Buße  füfjnen;  benn  allen,  bie  fidj  bekefjren,  glauben 
unb  gute  SBerke  tun,  roanbett  Slltafj  in  feiner  oerjeüjenben 
Barmljeraigkeit  bas  Böfe  in  ©utes  um5). 

Slu&er  ben  allgemeinen  *Pflidjten  gegen  ©ott  unb  3Ken= 
fd)en,  bie  9KoIjammeb  am  Gmbe  feiner  SBirkfamkeit  in 
SJtekka  nad)  bem  Borbilbe  ber  biblifdjen  3^n  ©ebote  in 
3toötf  nuröe  Sä^e  sufammengefa&t  Ijat6),  muß  jeber  edjte 
Bekenner  bes  3slams  nod)  fünf  befonbre  ^ßflid)ten  er= 
füllen.  Diefe  fünf  ^ftidjten,  bie  oon  ben  morjammebanifdjen 
Geologen  bie  ©runbpfeiter  ber  ©taubensbetätigung  genannt 
roerben,  finb  1.  bas  Bekenntnis  3U  ber  GHnfjeit  ©ottes  unb 
3u  Httoljammebs  ^rofetentum^  2.  bas  fünfmalige  tägliche 
(5ebetf  3.  bas  gaften  im  SKonat  9lamabän,  4.  bie  Gmtrid> 
tung  ber  gefe^tidjen  S^resatmofen  unb  5.  bie  Pilgerfahrt 
nad)  SKekka. 


Das  Bekenntnis  3U  ©ottes  (Einfjeit  unb  ju 
9Kot)ammebs  ^rofetentum  ift  bie  erfte  oon  ben  fünf 
©runbpftidjten,  bie  jeber  efyte  Bekenner  bes  3stams  3U  er* 
füllen  Ijat.    Die  ^ßftidjt  bes  ©laubens  an  ©ott  betätigt  fidj 


h  5,  12;  19,  61;  41,  7;  84,  25;  85,  11;  95,  6.    *)  6,  159;  14,  21; 
39,  65.    ».)  21,  94.    *)  4,  35.    *)  25,  70.    «1  17,  23-40. 


—     27     — 

oor  allem  burd)  ben  ©er)or[am  gegen  [einen  ©efanbten1). 
Dort)  ift  t)ier  nod)  etroas  anbres  not:  „©laubig  finb  nur, 
bie  an  2lüar)  unb  Jemen  ©efanbten  glauben  unb  Ijernad) 
ntd)t  5toeifetn,  unb  bie  mit  ©ut  unb  33lut  in  5lllat)s 
sißeg  eifern.  Das  finb  bie  2Bat)rr)aftigen."2)  „3n  2lllal)s 
2Beg  eifern"  ober  „auf  bem  SBege  5tllar)s  Kämpfen"  r)eißt 
aber  im  £oran:  für  bm  3slam  kämpfen.  So  mad)t  9J?o= 
rjammeb  ben  Glaubenskrieg  su  einer  rettgtöfen  $fltcf)t.  (£r 
ift  Sßorjdjrift,  aud)  roenn  er  SBiberroillen  einflößt3).  Gr  ift 
ein  notroenbiger  ©ortesbienft;  benn  „33erfür)rung  (3um  Un- 
glauben)  ift  jcf)limmer  als  Xötung".  ^Darum  finb  bie  Un- 
gläubigen  3U  bekämpfen,  „bis  bie  93erfütjrung  aufgebort  r)at, 
unb  ber  ©taube  an  3Illaf)  ba  ift"4).  Die  im  ©taubens= 
kämpfe  fallen,  erlangen  als  r)errlicr)en  Cofjn  Vergebung  iljrer 
Sünben  unb  bie  Seligkeit  bes  ^Parabieiesr).  Da  bie  ©tau= 
bensftreiter  t)m  r)öd)ften  Dfang  bei  2lHat)  einnehmen,  jo 
können  fie  aud)  bes  Sieges  oerfidjert  fein;  benn  bie  Un> 
gläubigen  geroinnen  nidjt  unb  oermögen  biliar)  nict)t  gu 
|d)roädjen,;).  Grobert  ber  oslam  ein  fianb,  [0  gibt  es  gan3 
beftimmte  s-Borfd)riften  für  bie  SBefiegten.  SKefjmen  fie  t>en 
3slam  an,  fo  bleiben  fie  freie  Bürger.  Sinb  fie  5lnr)änger 
einer  ber  beiben  Dffenbarungsrcligionen,  fo  3at)ten  fie  bie 
ftopffteuer.  Sinb  fie  bies  nid)t,  b.  t).  finb  fie  mcr)t  Juben 
ober  (£r)riften,  unb  roollen  fie  nierjt  3um  3stam  übertreten, 
jo  muffen  fie  fterben.  Das  ift  nun  oljne  3toeifel  ein  Stanb= 
punkt,  roie  er  graufiger  unb  unbulbfamer  kaum  gebadjt 
roerben  kann.  5lber  roollen  roir  (£r)riften  es  roagen,  tjier 
sJKot)ammebs  ftrenge  9ftd)ter  3U  fein ?  §at  nidjt  aud)  bie 
(£bri|tenr)cit  in  it)ren  geiftlitfjen  unb  roetttidjen  öäuptern, 
freilid)  im  fcr)neibenbften  2Biberfprud)  mit  (£r)riftt  ©eift  unb 
2et)re,  leiber  oft  gan3  är)nlicr)  gefjanbelt  roie  3Kot)ammeb? 
9Jtan  benke  an  bie  ©eroalttätigkeiten,  beren  fid)  bie  3um 
C£r)ri|t?ntum  übergetretenen  römifcf)en  £aijer  in  ©laubens* 
jadjen  fdmlbtg  gemacht  tjaben.  9J?an  t>mke  an  Äarls  fces 
©rofjen  33err)alten  gegen  bie  r)eibni[tr)en  Sadjfen,  bie  mit 
Jeuer  unb  Sdjroert  3ur  Xaufc  ge3roungen  roerben  (outen. 
''Man  benke  an  bie  blutigen,  greueloollen  kämpfe  ber  ftreu3« 
3Üge,  bie  bas  rf)riftlirf)e  3lbenblanb  als  tauige  ©laubens= 
kriege    gegen    bas    mor)ammebanifcr)e    SKorgenlanb    füljrte. 


l)  4<J,  14;  33,  36.     ->  49,  '•">.      )  %,  212  f.     '     •>.  1  -0— 189. 
'•)  3,  15]  f.  L63  f.;   17,  5-7.     «)  8,  61.  66. 


—     28     — 

SKan  benke  an  bie  t)tmmel[d)retenben  33erbrect)en,  womit  bie 
fürd)terltd)en  ©laubensgeridjte  oer  Snquifition  bie  ßänber 
bei  ^riften^ett  erfüllt  ljaben.  Unb  man  oergeffe  ntrfjt,  bafr 
au<r)  oon  ben  ^Reformatoren  bet  äu&ere  3roang  in  ©laubens- 
fadjen  gutgeljei&en  töotben  ift.  3a  Äafoin  Ijot  in  ©enf  eine 
geiftlicr)e  Sd)re<kensi)errfd)aft  ausgeübt,  bie  ber  3nquifition 
bes  Sttiitelalters  fidjerlitf)  nid)ts  nadjgibt.  SBieoiel  fdjroerer 
wiegen  aber  bie  ©reuel  bes  ©laubensgmanges  in  ber 
(£t)riftenrjett  als  im  Oslam! 


Die  gweite  ©runbpflid)t  bes  Sslams  ift  bas  fünfmalige 
täglidje  ©ebet. 

Da  Sttoljammeb  ni(t)ts  oon  einem  &inbfd)aftsoerr)ältms 
bes  eingelnen  5U  ©oit  weife,  Jo  fteljt  er  audj  im  ©ebete  nein 
ßinbesoorredjt,  kein  freiwilliges,  freubiges,  bankbares  Taljen 
gu  bem  rjimmltfdjen  Sßater,  fonbern  er  erkennt  barin  nur 
eine  äufjere  $fftd)*,  rote  fte  °*r  Sklave  feinem  §erm  gegen* 
über  ju  erfüllen  r)at.  Sßie  ber  Sklaoe  burd)  gewiffe  äußere 
©ebärben  bem  ©ebieter  (Er)rfurtf)t  beweift,  roie  er  unterwürfig 
oor  tljm  bafteljt,  ben  Lücken  beugt,  nieberkniet  unb  fein 
Slntli^  äu  SBoben  toenbct,  fo  gwängt  audj  SKoljammeb  bas 
(Sehet  für  bie  6einen  in  gang  beftimmte  SBorte  unb  ©ebäV 
ben.  Sogar  bie  Xonftärke  ber  Stimme  roirb  feftgefetjt,  wenn 
er  oorfdjreibt:  „23ete  nid)t  gu  laut  unb  autf)  nidjt  gu  leife, 
fonbern  t)alte  ben  9Jtütelweg  inne1)."  5Jls  täglidje  ©ebet* 
ftunben  beftimmte  9Kor)ammeb  bie  3eit  oor  Sonnenaufgang, 
oor  Sonnenuntergang  unb  in  ber  erften  ÜTCadjtröadje2),  unb 
gtoar  foHten  bie  SBetenben  ber  jübifdjen  Sitte  gemäß  ir>x 
SIngefidjt  nad)  Jerufalem  roenben3).  $lls  er  Jid)  aber  mit 
b*n  %ubtn  oerfeinbet  Ijatte,  orbnete  er  beim  ©ebct  bie  9ttä> 
tung  nadj  ber  ftaaba,  alfo  nadj  Sttekka  an4).  Dem  ©ebet 
Ijat  jebesmal  bie  SBafdjung  beftimmter  Körperteile  ooran* 
5uget)en;  ift  kein  Sßaffer  gu  ljaben,  (o  kann  aud)  Sanb  gur 
Reinigung  benutzt  werben5).  Der  wödjentlidje  Sßerfamm* 
lungstag  ift  ber  greitag,  weil  5lbam  am  3lbenb  bes  fedjfien 
Sdjöpfungstages  erfdjaffen  rourbe.  Da  tjat  fid)  bie  ©emeinbe 
in  bem  ©ottesljaufe,   ber  jogenannten  9Kojdjee,   gum  ©ebet 


i)  17,  110.  -')  11,  116;  50,  38  f.  *)  $an.  6,  10.  4)  %  139. 
144  f.  3U  2Wo!jammebS  ©djmäfjimgeti  ber  $uben  bgl.  5,  69;  6, 
20.  91;  9,  30;  38,  13.  2lnberfeitS  rebet  er  bon  ©otte§  ©aben  an 
3*rael:  45,  15  f.     *)  5,  8.  9. 


—     29     — 

unb  aum  5Inr)ören  einet  ^ßtebigt  einjufinben l).  Der  greitag 
ift  aber  kein  r)eiliger  9lur)etag  roie  ber  jübifct)e  Sabbat  unb 
ber  cr)riftlicr)e  Sonntag,  jonbern  nact)  beenbetem  ©ottesbienfie 
foll  man  roieber  an  bie  irbifdje  Arbeit  ger)en-').  §eute  finbet 
iDas  <5ebtt  mit  oorausget)enber  SBafdjung  fünfmal  täglicr) 
ftatt:  oor  Sonnenaufgang,  roenn  ficr)  ber  erfte,  fct)toacf)e  ßict)t* 
jd)immer  im  Dften  aeigt,  am  SKittag,  am  *TCacr)mittag,  bei 
Sonnenuntergang  unb  ßtoei  Stunben  banadj.  Diefe  ©ebete 
oerriajtet  ber  9J?uslim,  roo  immer  er  fid)  befinbet.  Sßirb 
ba5  ©ebet  gemeinjam  gehalten,  fo  ftellen  fief)  alle  r)tnter  bem 
SBorbeter  auf  unb  roieberljolen  bei  hm  beftimmt  oorgefcr)rie= 
benen  ©ebetsroorten  aucr)  beffen  einaelne  ftörperbetoegungen, 
bie  ebenfalls  genau  feftgefe^t  finb.  Unter  bie  Jen  Umftänben 
ift  aber  kaum  bie  ©efar)r  5U  oermeiben,  ba&  bas  ©ebet  3U 
einer  toten  §anblung  roirb,  befonbers  toeil  es  aucr)  ba,  roo 
bas  33olk  eine  anbre  Sprache  rebet,  in  arabifct)er  SKunbart 
gehalten  roerben  (oll.  3um  ©ebet  roirb  eingelaben  burd) 
ben  SKueajin  ober  ©ebetsrufer,  ber  jur  beftimmten  Stunbe 
bas  9Kinaret,  ben  Xurm  ber  9Kofcr)ee,  befteigt,  um  bie 
9Kenge  aum  ©ebet  ju  malmen.  Der  Caberuf  lautet:  „biliar) 
ift  gro&!"  (Dreimal  roieberr)olt).  ,,3tf)  begeuge,  baJ3  kein 
<5ott  ift  aufeer  biliar)"  (3toeimal).  ,,3d)  beaeuge,  ba&  Wo- 
t)ammeb  ber  ©efanbte  Sülarjs  ift"  (aroeimal).  „§erbei  3um 
<5ebet!"  (3toeimal).  „öerbei  3ur  Heiligung!"  (ätoeimal). 
„Ma^  ift  grofj!"  (breimal).  3ft  bie  ©emeinbe  oerfammelt, 
fo  roieberrjolen  alle  bie  2ßorte  bes  Caberufs  mit  bem  Sdjlufe : 
„23ereit  jum  ©ebet!"  ÜTCacr)  ber  oorgefcf)riebenen  ©ebets= 
r)anblung  roenbet  jeber  fein  £>aupt  erft  nacl)  redjts,  bann 
nact)  links  unb  jpricrjt  babei  über  bie  Schulter  einen  griebens= 
grufj,  ber  für  feine  Sdjutjengel  beftimmt  ift.  Danad)  er= 
t)ebt  man  bie  ööube  unb  fpricfjt  knienb  ein  freies  (S>^hzt. 
*  * 

Die  britte  ©runbpflid)t  bes  3slams  ift  bas  gaften 
im  SKonat  91  am  ab  an.  3n  biefem  neunten  arabijerjen 
SKonat,  in  bem  9Kor)ammeb  buref)  ben  (Engel  ©abriel  bie  erfte 
Offenbarung  empfing,  foll  3um  2lnbenken  baran  jeber  Ottuslim 
in  feiner  SBorjnung  faften.  2ßer  aber  krank  ober  auf  Reifen 
ift,  ber  foll  bie  gleiche  ^ln3ar)I  oon  Xagen  nadjfaften3). 
anfangs  oerorbnete  9Kor)ammeb  nacb  bem  33orbilbe  bes 
jübifct)en  großen  ^erför)nungstages   jäfjrlicf)  nur  einen  gaft= 


)  1«,  125;  68,  10.    :i)  2,  179—183. 


—     30     - 

tag,  ber  auf  ben  sehnten  lag  bes  erften  arabifdjen  Monats 
gelegt  roarb.  9Us  er  fid)  aber  mit  ben  3uben  oerfetnbet 
Ijatte,  fdjlop  er  fitf)  bem  36tägigen  gaften  an,  bas  bie 
morgenlänbifdje  ftirdje  bamals  beobatf)tete;  hahzi  mar  (£nt= 
Haltung  oon  Spetfe  unb  Xranit  roärjrenb  bes  £ages  ge^ 
boten,  bei  (£inbrutf>  ber  STCadjt  aber  burfte  man  ftdj  fätttgen. 
Dasfelbe  beftimmt  nun  aud)  ber  &oran:  Ue  SKuslims 
muffen  roäljrenb  bes  gansen  9Konats  9lamabän  täglid)  oon 
ber  Sttorgenbämmerung  bis  gum  Slbenb  faften,  Können  aber 
roärjrenb  ber  SKadjt  6peife  3U  fid)  nehmen,  afternroürbig 
ift,  baß  bas  gaften  hei  beftlmmten  Sßergeljen  als  SBufce 
auferlegt  roirb  l). 

*  *  * 

Die  oierte  ©xunbpflidjt  bes  3slams  ift  bie  (£nt  = 
rtd)iung  ber  gefetjltdjen  3a^te!5atmafen.  Sie 
fül)tt  t)m  tarnen  3ctuät,  b.  r).  Reinigung,  bemt  bie  SItmofen 
Ijaben  nad)  SÖTorjammebs  ßer)re  eine  reinigenbe,  für)nenbe 
Äraft.  anfangs  röar  bie  (Entrid)iung  ber  Sllmofen  in  bas 
SBelieben  ber  einjelnen  geftettt2).  9I(s  aber  9Kol)ammeb 
fpäter  oon  StRebina  aus  feine  Sdjaren  in  t>en  Glaubens- 
krieg ausfanbte,  ermahnte  er  feine  SJnljänger,  „in  Slllafjs 
2ßeg"  xi)t  ©ut  ausgugeben3)  ober  „5Iftalj  ein  fd)önes  Dar- 
leljen  oorguftredten,"  bas  er  i^nen,  oerbunben  mit  ber  33er= 
jeitjung  iljrer  Sünben,  boppelt  aurücuerftatten  roerbe4).  So 
rourben  3lImofen  unb  ^riegsabgaben  immermer)r  oereinigt5) 
unb  als  eine  Steuer  für  bie  Staatsfcaffe  erhoben,  (£s  roar 
aber  9ttoljammeb  nidjt  merjr  befd)ieben,  bie  (£rt)ebung  biefer 
abgaben  eintjeitlid)  3U  orbnen. 


Die  le^te  ©runbpflidjt  bes  Sslams  ift  bie  ^3ilger  = 
faf)rt  nadj  SKeuua.  Jrier  tritt  bie  enge  23erbinbung 
groifdjen  bem  alten  r)eibnifd)en  Arabien  unb  bem  neuen 
Arabien  SKoljammebs  beutltcl)  sutage.  Um  aber  'bm  alten 
Ijeibnifdjen  Sempel  ber  &aaba  3U  bem  §auptr)eiligtum  bes 
Sslams  roetr)en  3U  Rönnen,  erfanb  3Jtorjammeb  bas  9ttärdjen, 
Wbtat)am  unb  Ssmael  Ratten  hen  ©runb  ber  ßaaba  neu 
gelegt,  unb  (Sott  felbft  rjabe  biefe  Stätte  3U  einem  23er- 
fammlungsorte  für  bie  9K  enf  d)en  beftimmt8).    %et)ex  SKuslim 


i)  4,  94;    5,  9;    58,    1-5.    *)   2,   269;     14,   36.    »)  2,  263. 
4)  64,  17.    5)  9,  60.    «)  2,  119—126;  22,  27—31. 


—     31     — 

lofl  minbeftens  einmal  in  feinem  £eben  nad)  SKefcfca  roatts 
faulten.  So  fttömen  benn  alljär)tlid)  in  bem  ^itgetmonat 
3ulljibbfdja,  bem  sroölften  atabifd)en  StRonat,  große  Gcrjaten 
oon  SkRennern  bes  Sslams  aus  allen  Xeilen  ber  Sßelt !) 
in  SKoljammebs  ©eburtsftabt  3ufammen,  um  boit  bie 
^eiligen  Stalten  su  befugen  unb  bie  ootgejdjtiebenen 
Stäudje  mit  peinlidjet  (Senauigueit  3U  oollsterjen.  Die 
ßaaba  Jteljt  in  ber  9ftofd)ee  et=§atam,  einem  oon  gebeerten 
fallen  umgebenen  §ofe  mit  ©ebäuben  in  bet  9)tttte.  Sie 
bilbet  ein  toütfelälmlidjes  9HauetroetR  oon  15  m  §bt)e, 
12  m  ßänge  unb  10  m  ^Breite  mit  bem  ^eiligen  [dnoa^en 
Steine,  bet  oon  Roftbaten  Xeppidjen  umnleibet  ift.  Dies 
„ftleib  bet  ftaaba"  toitb  jät)tlid)  oon  bem  Sultan  bet 
iütuei  gefüftet.  SBiele  tilget  frommen  3U  gufc  unb  mittel 
los,  gang  auf  bie  TOlbtatigRdt  bet  Sttitieifenben  angetoiefen, 
unb  roetben  nitfit  feiten  butd)  8tanRr)eit  unb  Gntberjiungen 
barjingetafft.  Die  *ßitgetfal)tt  nad)  SKeftRa  ift  ein  ioia> 
tiges  9Kittel,  bie  in  allet  2Belt  jetftreuten  9Kuslims  immet 
roiebet  um  einen  feften  9Hittelpunkt  3U  fammeln. 

3u  ben  fünf  ©tunbpflid)ten  bes  3slams  Rommen  nod) 
oetfd)iebne  anbte  93otfd)tiften.  Daljjin  gehört  bas  ©ebot 
fcet  SBefdmeibung,  oon  bet  jebod)  bet  ftotan  nicfjt  aus= 
btüc&ltd)  tebet,  bie  abet  fdjon  00t  9Kof)ammeb  bei  ben 
Sfrabetn  übtid)  roat.  SBeitet  gibt  es  geioiffe  Speifeoot= 
fd)tiften:  fo  ift,  toie  im  3ubentum,  bet  löenufo  oon  2las, 
331ut,  Sd)toetneftetfd)  unb  ©öt}enopfetfleijdj  oetboten-). 
Jßein  unb  Spiel 3),  befonbte  gteuben  bet  Ijeibnifdjen 
Sltabet,  toetben  als  Satansgteuel  unterjagt4).  3n  bem 
gtö&ten  Xetle  bes  Sslams  f)at  man  aud)  bas  nid)t  oon 
3Jtor)ammeb  felbft  r)etrür)renbe  33ilbetoetbot  beobad)tet. 

5ßit  bettad)ten  nun  einige  53eftimmungen  aus  bet 
ftedjtsleljte  bes  Sslams. 

3.   Die  <Red)tsteljte  bes  3slams. 

Sßetttäge  unb  Gibe  foflen  rjcilig  gehalten  toetben5). 
5ßet  roiffentlid)  eine  faljd)e  eiblidie  Wusfage  gemalt  bot, 
fcet  [oll  jut  Süljne  3er)n  s21tme  fpetfen  obet  behletben  obet 
einen    S&laoen    loskaufen0),     ißenn    aud)    ftanbelsgetotnn 


»)  3m  ^aOrc  1900  tooren  150000  tilget  in  3Heffa.     -)  2 
b,  4.    :i)  ffiörtltdj:  Dafl  Maiftrfptel,   bei  Dem  um  bie  Stinte  eine« 
Wörter  gefdjladjteten  ftamelft  Soßpfeile  geworfen  tourben.    4i  5,  92f.; 
%  816.    »j  16,  93—96.    •)  5,  91. 


—     32     — 

erlaubt  ift,  fo  rotrb  ber  2Budjer  als  jünbtjaft  oerboten,  unb 
allen  SBudjerern  roirb  als  SBer&seugen  Satans  ber  ßrieg 
©ottes  unb  feines  ©efanbten  angefcünbigt1).  ©egen  foldje, 
bie  in  SaJjlungsfdjtoierigftetten  fmb,  foll  man  ftadjficrjt 
üben2).  Einern  Diebe  [ollen  3ut  Strafe  bie  §änbe  abge= 
r)auen  toerben3).  gür  9Korb  roirb  bie  5Blutracf)e  oor* 
getrieben*),  fobaß  bie  SBlutfdjutb  nidjt  nur  auf  bem  3ttörber 
fetbft,  fonbern  aud)  auf  {einen  Stammesgenoffen  ruljt.  33ei 
unoorfä^lictjer  Xötung  foll  ber  £äter,  roenn  ber  ©etötete 
ber  ©emeinbe  ober  einem  oerbünbeten  Stamme  angehört, 
3ur  Sür)ne  einem  gläubigen  Sfclaoen  hu  greiljett  flennen 
unb  btn  Angehörigen  bes  ©etöteten  ein  SBujjgelb  saljten, 
„es  fei  benn,  fie  flennen  es  als  5tlmofen."  ©eprt  aber 
ber  getötete  ©täubige  einem  feinbltcr)en  Stamme  an,  fo 
genügt  für  ben  £äter  als  Süfjne  bie  ^Befreiung  eines 
gläubigen  Salaoen.  2Bem  t>k  aKittel  3U  biefer  Sü§ne= 
leiftung  feljlen,  ber  foll  ftatt  beffen  sroei  SJlonate  t)inter. 
einanber  faften5). 

Das  (Erbrecht  roirb  im  &oran  genau  geregelt.  So 
follen  3.  SB.  bie  Altern  einem  Soljne  boppelt  fo  oiel  aus* 
fe^en  roie  einer  £od)ter.  Sinb  nur  Xödjter  ba,  unb  stoar 
metjr  als  3toei,  fo  follen  fie  3toei  Drittel  oon  ber  §inter= 
laffenfcfjaft  ber  ©Item  erhalten.  3ft  nur  eine  Softer  ba, 
fo  bekommt  fie  bie  £älfte  bes  elterlichen  Vermögens.  SBon 
ber  £interlaffenfd)aft  einer  liinberlofen  ©attin  erbt  ber 
3Kann  bie  Hälfte.  <r>at  jebocr)  bie  grau  ein  ßinb,  fo 
empfängt  ber  SOIann  nur  ben  oierten  Xeil,  nad)  2lb3ug 
eines  etwaigen  SBermäcrjtniffes  ober  einer  Sdjulb  ber  grau. 
Die  grau  erbt  oon  bem  Sttanne,  toenn  hie  ©fje  funberlos 
ift,  ein  Viertel  feiner  §abe,  ift  aber  ein  Äinb  ha,  nur  ein 
5ld)tel,  nad)  3lbsug  eines  etroaigen  Sßermäcrjtniffes  ober  einer 
Sct)ulb  bes  9J?annes6). 

Die  Sßaifen  toerben  in  if)rem  9ledjte  befonbers  gefdjü^t, 
unb  oielleictjt  in  Erinnerung  an  feine  eigene  Sßaifenseit  Ijat 
9Jlor)ammeb  über  bie  SBertoaltung  ber  ©üter  oon  2ßaifen= 
ninbern  genaue  33orfcr)tiften  gegeben7). 

Eigenartig  ift  bas  ©r)ered)t  bes  Zorans.  Die  (Slje  ift 
für  9Kof)ammeb  oor  allem  ein  Vertrag,  ben  ber  3Kann  mit 
bem  Sßater  ober  bem  Sßormunbe  ber  grau  abfdjlie&t.     £>at 


*)  2,  276-279.    9)  2,  280.     ->)  5,  42.     4)  2,  173  f.    5)  4,  94. 
6)  4,  12—14.     <)  4,  2-7. 


—     33     — 

i)et  9Kann  als  $tusfteuer  eine  beftimmte  Summe  gesafjlt,  fo 

getjt  bie  grau  in   feinen  SBefit^   über.     Das  2ßeib  ift  „ber 

s2lc§ter"  bes   9J?annes ]) ;    fie  ift  ftets   an  Ginen  (Satten   ge* 

bunben.     Der  9Kann  bagegen,    ber   an  fict)   t)ör)er  ftetjt  als 

bas  2Beib 2),   Rann   mehrere  rectjtmä&ige  ©attinnen,   jeboct) 

r)öcr)ftens  oier,  ju  gleicher  3^rt  t)aben  :;) ;  baneben  aber  ftet)t 

es  itjm  frei,  roenn  es  il)m  feine  SKittel  erlauben,  gläubige, 

ehrbare  S&laoinnen  mit  Erlaubnis  ifjrer  Ferren  unb  unter 

Darreichung  einer  SRorgengabe  3U  heiraten4).      Der  ^ßrofet 

jebocr)  (unb  jeber  feiner  D^adjfolger)  r)at  allein  „als  befonbres 

33orrecf)t"  bie  greir)eit,   gläubige  grauen   in  beliebiger  $ln= 

5at)l   SU  ©attinnen   ju  nehmen5).     Die  (£r)e  in   beftimmten 

93enr>anbtfct)aftsgraben,  3.  93.  mit  ber  Xante  unb  Sftdjte,   ift 

oerboten'5),   ebenfo  bie  (£t)e  mit  §eibinnen :),   roäljrenb   bie 

(Sr)e  mit  Jübinnen  unb  Gljriftinnen  als  Senennerinnen  einer 

oon  (Sott  geoffenbarten  Religion  erlaubt  ift s).     (Sine  reti= 

giöfe  SBeilje  ber  (£I)e  Rennt  ber  Äoran  nict)t.   3a  outa)  bt* 

Erlaubnis  ber  freilict)   jetjt  aus  bem  Sslam   faft   ganj  oer= 

jd)tounbenen   3eiter)e   gibt  er    bem  Sttanne    einen  greibrief 

für    bie    sügellofe  33efriebigung    ber  gleifct)esluft,   inbem  er 

heiraten  für  eine   beftimmt  oereinbarte  grift  geftartet;   nur 

muß  ber  SKann  in  folgern  galle  bem  2ßeibe  eine  „9Korgen= 

gäbe"    reichen9).     3ßenn    alfo    ber    ftoran    bie    (£r)e    „ein 

feftes  33ünbnis"  nennt1"),   fo  ift  bas  nur  ein  leeres  2ßort. 

(Sebunben  ift  im  ©runbe  nur  bas  2ßeib;   ber  9Kann   roirb 

in  feinen  23egierben  Raum  befcf)ränRt.     2ßär)renb  bie  grauen 

buret)    ir)re    freilict)    fcr)on    oor    9Kor)ammeb    üblict)e    93er= 

jd)leierung    unb    burd)    bie   Ginfcfjtiefeung    in    bas   grauen* 

gemact)11)    in   einer    entroürbigenben    &nect)tfcr)aft    gehalten 

roeroen,  ift  ber  9Kann  ber  freie,  feibftfjerrticfje  ©ebieter:  er 

Rann  fid)  mit  £eirf)tigReit  oon  einer  ir)m  mißliebigen  ©attm 

(Reiben,  roorüber    ber    ftoran    eine    ganse    ^Heifje    (SinseU 

beftimmungen    gibt '  -') ;    er    barf    eine    roiberfpenftige  grau 

fct)lagen13),  ja  er  r)at  bas  9?ed)t,  [eine  bes  Ctr)ebrucr)s  über= 

führte   ©atrin  in   bas   §aus   emaufdjlte&en,   „bis   ber  Xob 

ir)r  naf)t  ober  $War)  ifjr  einen  2Beg  gibt"  u). 

2Bir  ferjen,  roie  tief  bas  (Er)ered)t  bes  Sslams  ftef)t. 
S-U3ir  roollen  babei  aber  nicfjt  oergeffen,  baß  SKofjammeb  bie 
lUelroeiberei  bei  ben  Arabern  nicf)t  erft  eingeführt  fjat.    Gr 

')  2,  2-23.    •-')  2,  228;  4,  38.    :;)  4,  3.     ')  4,  29.         I  ,  19-52. 

26—29.    7)  2,  220  f.    *)  5,  7.    »)  4,  28.     >")  4,  25;  bgl.  audi 

59.     •-)  2,  226  \1  f.     i»)i  3a     »♦)  l,  L9. 


—     34     — 

fanb  fie  bei  feinen  ßanbsleuten  oor;  unb  es  ift  nidjt  5U 
leugnen,  t>a^  burdj  {ein  Grjeredjt  bie  frühem  3uftänbe  enU 
Rieben  gebeffert  morben  finb.  gerner  ift  su  bebenden,  baß 
es  Ijeute  fdjon  bex  Soften  megen  im  3slam  nur  menigen 
SKännern  möglid)  ift,  oon  bem  $l<ia)ti  ber  Sßietmetberei 
©ebraud)  3U  madjen. 

Jtadjbem  mit  nun  bie  ßeljre  bes  Sslams  in  iljren 
©runbsügen  bargefteflt  rjaben,  motten  mir  feine  ©efdjidjte, 
unb  strmr  bie  äußre  mie  bie  innre,  in  iljrem  §aupts 
verlaufe  fmrs  betrauten. 

III.  Die  GefctJtdbte  Des  3slams. 

1.  Die  äußre  ©efdjid)te. 

$ts  9Körjammeb  am  8.  3uni  632  ftarb,  l)atte  er  fidj 
faft  gana  Arabien  untermorfen.  3n  feiner  3ugenb  3iegen^ 
Ijirt,  bis  in  fein  oieratgftes  ßebensjaljr  Kaufmann,  52  3at)re 
alt  genötigt,  mit  einer  Kleinen  Sd)or  oon  2lnr)ängern  feine 
Sßaterftabt  3U  oertaffen,  \tax\h  er  5ef)n  Sa^re  fpäter  als  un= 
umfdjränltter  öerrfdjer  feines  §eimatlanbes  ba.  Unb  fdjon 
tjunbert  3<*IJ*e  barauf  geboten  feine  ÜRadjfoIger  über  ein 
Sßeltreid),  mte  es  feit  t>m  Sagen  bes  römifd)en  ftaifertums 
nid)t  mei)r  gefeljen  morben  mar. 

Unt)  boä)  ließ  9ttor)ammeb  bie  Seinen  führerlos  surüdt. 
Denn  ha  er  alte  feine  SBefugniffe  als  unübertragbar  anfaf), 
fo  Ijatte  er  Reinen  -ftadjfotger  beftimmt.  Darum  rief  fein 
§infd)eiben  audj  bie  größte  SBeftürßung  unb  9totlofigReit 
Jjeroor.  3<*  oex  ftürmifdje  Dmar  mottte  überhaupt  ntd)t 
glauben,  baß  9Jlor)ammeb  mirnltcr)  tot  fei,  unb  erklärte  foldje 
SBet)auptung  grabe^u  für  läfterltd).  2lber  ber  befonnene  5lbu 
SBeiir  mahnte  bas  SÖoIr:  „2ßer  9ftor)ammeb  anbetet,  ber 
mag  miffen:  9Ko§ammeb  ift  tot;  mer  aber  (Sott  anbetet, 
ber  miffe:  ©ott  lebt  immer  unb  mirb  nie  fterben."  5lbu 
S3eftr,  einer  ber  erften  5lnt)änger  SJtofjammebs,  bagu  fein 
greunb  unb  Sd)toiegeroater,  mürbe  bann  oon  ber  ©emeinbe 
gum  oortäufigen  Kalifen  ober  Stettoertreter  bes  ^ßrofeten 
ermäljlt.  Unb  mie  er  oon  ber  ©emeinbe  in  freier  SBaljl 
erkoren  morben  mar,  fo  fottten  and)  in  3ufcunft  alle  Kalifen, 
bie  ben  Sßrofeten  ©ottes  in  religio fen  unb  politifdjen  Dingen 
gu  oertreten  Ijatten,  burd)  bie  ©efamtljeit  ber  ©täubigen  5U 
ü)rem  5lmte  ernannt  merben.  Dasu  kamen  im  fiaufe  ber 
3tit  noefj  einige  befonbre  93eftimmungen :  S^oer  ftalif  fottte 


—     35     — 

ebenfo  rote  9ttot)ammeb  bem  Stamme  Soreifct)  ober  gar  ben 
unmittelbaren  ÜKact)kommen  bes  ^ßrofeten  angehören ;  er  fottte 
ein  gefunber,  gottesgetet)rter,  geregter  9J?ann  fein  unb  nur 
|o  lange  (eine  Stellung  beftleiben  bürfen,  als  er  in  Über= 
etnftimmung  mit  bem  £oran  unb  ber  Überlieferung  regierte. 
51bu  93ckr  mar  nur  oon  632  bis  634  ßatif  unb  t)atte 
in  biefen  5mei  3a*)ten  einen  fd)tüeren  Stanb  gegen  innre 
unb  äußre  geinbe.  Sein  oon  it)m  empfohlener  ^actjfotger, 
ber  umfict)tige,  tatkräftige  Dmar,  faßte  fein  2tmt  roefenttict) 
anbers  auf  als  er.  51bu  33ekr  fagte  in  feiner  $lntrittss 
prebigt  5ur  ©emeinbe:  ,,3d)  bin  euer  Dbmann  gemorben, 
roenn  ict)  auct)  nict)t  ber  23efte  unter  euct)  bin;  tjanble  ict) 
rectjt,  fo  unterftütjt  mict);  t)anbte  ict)  unrecht,  fo  roiberftet)t 
mir."  Dmar  bagegen  nannte  fid)  suerft  „gürft  ber  ©läu= 
bigen"  unb  brückte  bamit  aus,  er  roolle  in  ber  Gpemeinbe 
*ict)t  nur  ber  (Srfte  an  (Et)re,  fonbern  auct)  an  9Cftact)t  fein. 
2Bät)renb  feiner  3et)njät)rigen  £>errfctjaft,  oon  634  bis  644, 
gerftörte  er  bas  neuperfijctje  9teut),  entriß  bem  oftrömifctjen 
ßaifer  Sorten  unb  ^aläftina,  beffen  §auptftabt  3^tufalem 
im  Jar)re  637  in  feine  §änbe  fiel,  unb  getoann  burct)  fei= 
nen  gelbt)errn  51mru  oier  3af)te  fpäter  auct)  Sigopten.  Unter 
ben  beiben  folgenben  Saufen  Dtijnüin  unb  3(lf,  9Kor)ammebs 
Sct)roiegerföljnen,  brachen  fernere  innre  kämpfe  aus.  Dtt> 
man,  ein  gutmütiger,  aber  unfähiger  2ftann,  mürbe  656  bü 
einem  $fufftanbe  in  9Kebina  ermorbet,  unb  3lli  fiel  661 
einem  SBerjdjtoörer  sunt  Opfer.  9?un  Kam  bie  §errfct)aft  für 
etroa  90  Jar)re,  oon  661  bis  750,  an  bie  Dmaijaben,  bie 
■KactjRommen  Dmaijas,  eines  Sßerroanbten  9J?ot)ammebs. 
Cleict)  ber  erfte  Äalif  aus  biejem  £>aufe  oerlegte  bie  5Refi= 
benj  bes  3slams  oon  9ttebina  nact)  Damaskus.  Sionftan= 
tinopel  mürbe  oergeblict)  belagert,  9?orbafrika  aber  erobert. 
3a  im  3a*)tc  711  fe*5te  oer  3elbr)err  Xarik  bei  bem  nact) 
it)m  benannten  Serge  2)fct)ebel=at=Xarik,  bem  heutigen  ©ib- 
raltar,  nact)  Spanien  über  unb  oernict)tete  bas  ct)rifttict)e 
tßeftgotenreict)  in  ber  blutigen  Sct)lact)t  bei  leres  be  la 
Rrontera,  genauer  bei  bem  kleinen  gluffe  Salabo.  93on 
Spanien,  bas  it)nen  bis  auf  bas  kleine  ßonigreict)  silfturien 
im  Sorben  bes  fianbes  sur  93eute  roarb,  brangen  bann  bie 
Araber  über  bie  ^nrenäen  nact)  grankreict)  oor;  unb  fie 
Ratten  bamals  oietleictjt  bem  Gfjriftentum  im  $lbenblanbe 
fcen  Xobesftoft  oerfetjt,  menn  fie  nict)t  oon  Statt  Kartell, 
bem   ©ro&oater  ftatls   bes   (Sroßen,    im   3a*)re   732   burct> 


-     36     — 

bic  fiebentägtge  Sct)lad)t  atoifdjen  £ours  unb  ^ßoitiers  311* 
rümgefdjlagen  toorben  mären. 

5lls  bas  £>errfd)err)aus  bcr  Dmaijaben  im  3ar)re  750 
burdj  einen  neuen  SBruberurieg  bes  3slams  ausgerottet  mar, 
riffen  bie  Slbbafiben,  bie  ftadjaommen  eines  Dljeims  3Ko» 
r)ammebs,  bie  9Jtad)t  an  fidj  unb  behaupteten  fie  bis  5um 
3ar)re  1258.  Sie  oerlegten  bie  9tefiben3  oon  Damaskus 
na<$  SBagbab  am  Xigrts,  bas  bamals  mit  [einen  amei  9Kil= 
lionen  (£inmof)nern  bie  größte  Stabt  ber  (Srbe  mar.  §ier 
in  SBagbab  regierte  oon  786  bis  809  ber  berütjtntefte  Slbba* 
fibe,  ber  oon  btn  Didjtern  gepriefene  unb  aus  ben  9Jtärd)en 
„Xaufenbunbeine  9faid)t"  morjlbeltannte  &alif  §arun  at 
9lafd)ib,  ber  aud)  mit  bem  £aifer  £arl  bem  ©roßen  in  $er= 
binbung  trat.  (£s  bauerte  aber  nidjt  lange,  fo  aerbtbckelte 
bas  große  2lbbaftbenreidj  im  SBeften  unb  im  Dften.  3m 
Sßeften,  in  Spanien,  t)atte  fd>n  im  Zäfyxt  755  ber  einige 
bem  Xobe  entronnene  Dmatjabe  5lbburra^man  bas  felb= 
ftänbtge  Äatifat  oon  (£orbooa  begrünbet.  3m  Dften  gingen 
nad)  unb  nad)  bebeutenbe  ©ebiete  oertoren,  bis  bas  einft 
fo  glänaenbe  ßalifat  oon  Sßagbab  im  3<*f)*e  1258  burd)  bie 
aftatifdjen  3Kongolen  jertrümmert  tourbe.  Damit  Ijörte  aud) 
bie  (Einheit  bes  3slams,  bie  bis  3U  biefer  3eit  tro^  aller 
©egenfätje  unb  Staatenbübungen  menigftens  innerltcf)  be* 
ftanben  ljatte,  für  immer  auf,  fo  baß  ber  Sßeften  unb  ber 
Dften  Ijmfort  irjre  eignen  5ßege  gingen.  3m  Sßeften  löfte 
fidj  oon  1031  an  bas  fpanifd)e  Kalifat  oon  (£orbooa  in  eine 
SKenge  kleiner  gürftentümer  auf,  bis  enblict)  nad)  bem  Unter« 
gange  bes  legten  kleinen  arabtferjen  £önigretd)s  oon  ©ranaba 
im  3ar)re  1492  ber  3slam  in  Spanien  für  immer  ausge- 
rottet mürbe. 

3m  Dften  traten  mit  bem  Anfang  bes  oieraetjnten  3afjr* 
tjunberts  bte  osmanifdjen  Xüruen  auf  oen  ^ßlan.  (Ebenfo 
roie  bie  ginnen,  ßappen  unb  Sttagnaren  Slngetjörige  bes 
mongolifdjen  Sßötnerftammes,  beffen  größter  3umg  oon  oen 
(H)tnefen,  Japanern  unb  Koreanern  gebilbet  rotrb,  lebten 
bie  Xüruen  in  alten  Seiten  als  9?omaben  im  Dften  Slfiens 
unb  nahmen  jdjon  im  adjten  Jarjrljunberi  oen  3slam  an. 
(Einer  it)rer  Häuptlinge  Dsman  I.  (1299—1326)  grünbete 
in  Äleinafien  ein  felbftänbiges  *Reid)  mit  ber  <r>auptftabt 
SBruffa,  unb  if)tn  3U  Gtjren  legten  fid)  feine  banubaren  33olus= 
genoffen  ben  tarnen  Dsmanen  bei.  33on  ftleinafien  brangen 
bie  Xürfcen   balb   fiegreid)   nad)   ©uropa   oor.     Sie   unter* 


roarfen  Bulgarien,  fiegten  im  3a*)re  1389  über  bie  Serben 
auf  bem  SImfelfelbe  unb  begannen  bas  d)riftlid)e  Slbenblanb 
mit  bem  Strecken  itjres  Samens  ju  erfüllen.  Vorüber- 
yet)enb  mürbe  bie  meitere  (Entfaltung  ber  osmanifdjen  3Kacl)t 
gehemmt,  als  bas  SKong  olenreirf)  unter  Ximurleng  in  3lfien 
ju  neuer  93Iütc  kam.  Diefer  geroaltige  §errjct)er  eroberte 
in  unauft)altjamem  Siegessuge  Werften,  bas  3nbuslanb, 
Snrien  unb  ftteinafien,  mo  er  ben  türkifdjen  Sultan  23a= 
jegib  I.  im  3^re  1402  bei  3lngora  befiegte  unb  gefangen* 
nafjm.  5lls  aber  nad)  Üimurs  Xobe  im  3^^e  1405  fein 
9feidf)  5erfiel,  [teilten  bie  Dsmanen  nid)t  nur  it)re  §errfdjaft 
in  ftleinafien  mieber  t)er,  fonbern  oerfettfen  audj  burtf)  bie 
(Eroberung  oon  ftonftantinopel  am  29.  Sftai  1453  bem  ftf)on 
lange  batjinfiedjenben  oftrömifdjen  ftaiferreidje  ben  Xobes= 
ftofj  unb  barmten  fid)  1521  burd)  bie  (Einnahme  93elgrabs 
hm  2ßeg  nad)  Ungarn,  ^idjt  lange  oorfjer,  im  3^re  1512, 
natjm  ber  türkifdje  Sultan  Selim  I.  ben  (Ehrentitel  £alif 
an,  ben  ber  §errfd)er  bes  Dsmanenreidjes  bis  Ijeute  trägt, 
obrootjl  er  nid)t,  mas  für  bieje  SBürbe  eigentlidj  SBebingung 
ift,  bem  Stamme  ber  Äoreifd)  angehört,  jo  bag  bie  mor)am= 
mebanifcr)en  sJted)tslef)rer  feinen  5Infprudj  auf  anbre  Sßeife 
ftütjen  muffen.  Seine  58Iütc3eit  erlebte  bas  osmanifdje  Dreier) 
unter  Selims  I.  Sofjn,  bem  Sultan  Suleiman  IL  (1520 
bis  1566),  bem  bie  Uneinigkeit  ber  abenblänbifdjen  (Er)riften= 
fjett  nict)t  roenig  3uftatten  kam.  Das  3a*Jr  1529  fab,  ir)n 
fogar  oor  ben  Xoren  Sßiens,  bas  er  aber  oergebliä)  be= 
lagerte.  154  Jarjre  fpäter,  1683,  erfd)ienen  bann  bie  «Türken 
abermals  oor  biefer  Stabt,  unb  oielleidjt  Ijätte  bem  d)rift= 
liefen  (Europa,  äfjnlid)  roie  faft  1000  3a*)re  äuoor  in  ben 
Xagen  Äarl  Kartells,  roieber  eine  C5efat)r  burd)  ben  3slam 
gebroljt,  roenn  nid)t  burd)  bie  f)elbenmütige  Sßerteibigung 
Sßiens  unD  ben  Sieg  bes  oereinigten  beutfdjen  unb  polnt- 
fdjen  leeres  bie  ÜTCot  abgeroanbt  roorben  märe.  Seitbem 
ift  es  mit  ber  Xüikei  immer  metjr  abmärts  gegangen,  unb 
r)eute  ift  bie  osmanifdje  §errjd)aft  faft  gan(}  aus  (Europa 
Derbrängt  roorben.  9?ur  ftonftantinopel  mit  einem  formalen 
föebiet  ift  ir)r  in  unferm  (Erbteil  als  letztes  33olltoerk 
geblieben. 

Das  fltoeite  mofjammebanifdje  Staatstoefen,  bas  fief) 
bis  in  bie  (Segenroart  gerettet  r)at,  ift  Werften.  Wls  fid) 
bas  s.Keich,  ber  Mongolen,  bie  großenteils  ben  Csslam  an« 
nabmen,    in    oerfdjiebene    kleine    Staaten    auflöfte,    mürbe 


—     38     — 

Werften  burct)  bie  Sefiben  im  Saljre  1501  toieber  felbftänbig 
unb  erlebte  fogar  unter  bem  Sctjar)  Slbbas  bem  ©rofeen 
(1582—1627)  eine  Rurse  ©lanaaeit.  Die  Serben  gelten 
fict)  länger  als  sroei  3ar)rljunberte.  Dann  aber  fantt  ^ßer= 
fien  immer  tiefer.  51fgljaniftan  riß  fict)  los,  unb  fdjtte&lic^ 
geriet  bas  perfide  9letct)  gans  unter  ben  GHnflufe  Gmglanbs 
unb  SRufetanbs.  2Bas  ber  2Beltkrieg  ber  Xüruei  unb  $er= 
fien  bringen  mag,  bas  liegt  Ijeute  noct)  gan3  im  dunkel. 

Selbftänbige  mot)ammebanifct)e  §errfct)aften  gibt  es 
aufter  ber  £ürfcei  unb  ^ßerfien  noct)  Raum.  Denn  Stgnpten 
ift  in  1)m  §änben  ber  Gcngtänber,  9KarottRo  nrirb  immer 
metjr  oon  granftretct)  umklammert,  unb  2ifgt)aniftan  r)at  im 
Süben  hie  (Snglänber  5U  fürdjten. 

2ßie  bie  äu&re  (5efct)ict)te  bes  Sslams,  }o  bietet  aud) 
bie  innre  ein  roectjfetootles  33ilb :  auf  (Sint)ett  ift  Spaltung, 
auf  SBlüte  ift  SBetfcen,   auf  ©lans  ift  9ttebergang   gefolgt. 

2.  Die  innre  ©efct)ict)te. 
Die  oier  erften  Kalifen,  bie  meift  ununterbrochen  in 
it)rer  §auptftabt  Sttebina  ro eilten,  roaren  SKufter  oon 
mot)ammebani[ct)er  grömmtgneit.  Damals  mürbe  auct)  ber 
ftoran  sufamm eng eft eilt.  5lbu  SBefcr  begann  biefe  Arbeit, 
unb  £)tr)män  oollenbete  fie.  (£r  tiefe  (Sin  (Sjemplar 
bes  Zorans  als  mafjgebenb  anfertigen  unb  alle  anbern, 
bie  in  Umtauf  roaren,  oerbrennen.  Dajj  fein  Xejt  all* 
gemein  angenommen  roorben  ift,  Rann  als  93ürgfct)aft 
für  feine  3uoertäfftgReit  gelten  Denn  es  t)ätten  fict)  fonft 
fict)er  bie  bamals  noct)  tebenben  §örer  ber  ^ßrebigt  9Ho= 
t)ammebs  gegen  fotct)e  Neuerung  aufgelehnt.  3m  ©egen-- 
fat)  3U  ben  oier  erften  Kalifen  gaben  bie  Dmaijaben  in 
it)rer  §auptftabt  Damaskus  bem  altarabtfdjen  §eibentum 
meiten  Spielraum,  ©ans  anbers  mürbe  es  aber  mieber 
unter  ben  5I66afiben,  t)ie  ein  t)atbes  3at)rtaufenb  in  23agbab 
get)errjct)t  t)aben.  3n  2et)re,  Qehen  unb  öffentlichem  9tect)te, 
überall  follten  9ttot)ammebs  Sßorfct)riften  bas  oberfte  ©efetj 
fein.  Dabei  ertjoben  fiel)  jeboct)  grofje  SdjurierigReiten. 
Denn  ber  ftoran  gab  ja  mct)t  auf  alle  ©inselfragen  genügenb 
^tntroort,  obroot)t  9Kot)ammeb  gemeint  §atte,  er  tjintertaffe 
feinen  $tnljängem  beutlict)e  ©ebote.  Sttan  mufete  best)alb 
bie  Sunna,  b.  t).  bie  Überlieferung,  su  §itfe  nehmen.  So  mU 
ftanben  im  9.  ct)riftlict)en  3^r^unbert  6  23üct)er  ber  Über; 
tieferung,  bie  noct)  t)eute  bei  bem  größten  Xeite  ber  9Kor)am- 


—     39     — 

mebaner  als  9ttcf)tfct)nur  gelten.  Dorf)  felbft  bic  Übet* 
lieferung  reichte  nicfjt  immer  aus,  alle  gätle  ftctjer  3U  tnU 
ftfjeiben.  Saturn  ttat  su  bem  £oran  unb  ber  Überlieferung 
als  brities  bie  Übereinftimmung  ber  muslimifdjen  ©emeinbe, 
beren  Gmtfdjeibung  über  bas,  toas  jur  9iect)tgläubigRett 
gefjört,  mafcgebenbe  33ebeutung  r)at  unb  als  beren  3Kunb 
t>ie  anerkannten  9teligionsler)rer  angefet)en  mürben.  2Ber 
jebocf)  su  biefen  gerechnet  merben  (olle,  barüber  gingen  hit 
5lnfid)ten  ausemanber.  So  entftanben  unter  ben  5lnr)ängern 
ber  Überlieferung,  ben  fogenannten  Sunniten,  im  8.  unb 
9.  ct)riftlid)en  3aWunbert  oier  oerfcfjiebene  Spulen,  oon 
benen  jebe  nocf)  beute  in  t>en  einseinen  Cänbern  bes  3slams 
ir)re  beftimmten  $lnf)änger  r)at 

3m  [djroffen  ©egenfatje  5U  ben  Sunniten  fteljen  hk 
Scfjiiten.  Die  Sd)ia,  b.  1).  Partei  ober  Sekte,  bilbete  fict) 
nad)  ber  Srmorbung  bes  Kalifen  Dtr)man;  fie  kämpfte  für 
3lli,  9Jiör)ammebs  fetter  unb  Sdjtoiegerfotm,  unb  oertrat 
ben  ©runbfatj,  bas  Kalifat  muffe  in  ber  gamilie  bes  $ro= 
feten  erblicr)  fein.  Darum  fernen  bie  Sdu'iten  auct)  bie  brei 
erften  Kalifen  als  unredjtmägig  an  unb  beginnen  bie  9?eit)e 
ber  ftadjfolger  9ttor)ammebs  erft  mit  5lli.  gerner  grünben 
fie  it)re  ©laubens=  unb  *Red)tsletjre  auf  anbre  Sammlungen 
als  bie  Sunniten  unb  toeidjen  aud)  fonft  in  einzelnen 
93täud)en  oon  biefen  ab.  3u  ben  Scfjiiten  gehören  nur  bie 
Werfer  unb  bie  9J?ofjammebaner  im  arabifcfjen  3e^en  u^b 
in  einigen  Teilen  3nbiens. 

Die  Spaltung  in  Sunniten  unb  Sdn'iten  ift  inbes  ntdjt 
bie  einzige,  bie  ber  Sslam  erlebt  t)at.  Gs  finb  im  ßaufe 
ber  3eit  immer  neue  SeRten  entftanben,  beren  3^1)1  fid) 
t)eute  oielleidjt  auf  r)unberte  belauft,  unb  oon  benen  jebe 
en^elne  behauptet,  bie  toar)re  £et)re  bes  ^ßrofeten  3U  oer= 
treten.  3m  9.  3a*)rf)unbert  bilbeten  ficr)  bie  9Kuta5tliten 
(b.  b-  bie  Xrenner,  bie  fict)  $Ibfonbemben).  Sie  beftritten 
fmuptfäcfjlict)  bie  bis  bal)in  gültige  £et)re  oon  ber  göttlichen 
93orr)erbeftimmung,  inbem  fie  mit  sJ?ecr)t  betonten,  ber  9Kenfct) 
t)abe  einen  freien  SBillen  unb  trage  best)alb  auet)  bie  oolle 
^ßeranttoortung  für  fein  Xun.  Serner  roanbten  fie  fict)  gegen 
bie  übertriebene  2Bertfcr)ätMng  bes  Zorans.  Dies  Surf)  ift 
ja  su  allen  3eiten  ber  fjeiligfte  Sct)a^  bes  oslams  geroefen. 
3m  Äoran  lernt  bas  Äinb  lefen,  oiele  Rönnen  it)n  aus= 
roenbig,  im  ©ottesbienft  barf  er  nur  in  ber  arabifct)en 
©runbfdjrift  gelefen  toerben,  unb  umfangreiche  (Erklärungen, 


—     40     — 

bis  gu  80  SBänben  unb  met)r,  finb  über  it)n  erfct)ienen.  Die 
Spraye  bes  Zorans  t)ielt  man  für  unerreichbar  unb  uxu 
na<t)at)tnlict);  man  oerftieg  ftct)  [ogar  gu  ber  5Bet)auptung,  bas 
göttliche  Urbilb  bes  Zorans  [ei  eroig.  Das  leugneten  nun 
bie  SKutaailiten,  inbem  fie  geltenb  matten,  ber  ftoran  fei  erft 
5U  9Jtot)ammebs  3eit  oon  ©Ott  erfdjaffen  roorben  unb  be. 
ftelje  besfjalb  aus  oergänglidjen  $Buct)ftaben  unb  ßauten. 
Der  SBiberfpruct)  blieb  jeboct)  hierbei  nidjt  fielen,  fonbern 
richtete  fict)  auct)  gegen  ben  Snljalt  bes  Äoians.  6a  oer^ 
trat  3.  23.  ber  berühmte  <pt)ilofopt)  5Mcenna  (f  1036)  bie 
Meinung,  9Kot)ammeb  t)abe  bie  2luferfiet)ung  bes  gletf<r)es 
nur  bestjalb  im  &oran  gelehrt,  roeil  bie  Araber  bamals 
eine  rein  geifttge  Seligkeit  nidjt  oerftanben  Ratten.  Unb 
31oerroös,  ein  anbrer  berühmter  mot)ammebamfct)er  ßer)rer, 
ber  um  1190  lebte,  fat)  in  ber  Offenbarung  bes  Zorans 
nur  ein  Ceräier)ungsmittel,  aber  faint  ßetjre.  3a  namhafte 
SKänner  behaupteten  fogar,  bie  Religion  fei  nur  für  bm 
gemeinen  Sttann  ba,  bem  fie  aus  M#ict)keitsgrünben  er* 
t)atten  bleiben  muffe. 

Der  toten  9tect)tgtäubigkeit  bes  Islams  gegenüber  er= 
t)ob  fict)  im  SJlittelalter  eine  auct)  noct)  t)eute  roeit  verbreitete 
9lict)tung,  bie  fogenannte  Sufija.  Sufi  ift  urfprünglict)  ber 
in  ein  grobtoollenes  ftleib  gefüllte  SBüfcer.  Die  Sufi's 
lehrten,  ©ott  fei  in  allem,  unb  alles  fei  in  it)m.  Deshalb 
gebe  es  auct)  keinen  Unterfct)ieb  sroifctjen  gut  unb  böfe,  ba 
ja  alles  aus  bem  ©inen  ©ott  ftamme.  (Sott  5U  fuctjen 
unb  fict)  in  it)n  gu  oerfenken,  bas  fei  bie  pct)fte  ßebens* 
aufgäbe  bes  SKenfdjen.  Die  ©emeinfct)aft  mit  ©ott  roerbe 
aber  erlangt  burct)  innre  ^Betrachtung,  nict)t  burct)  äußern 
©efyorfam  gegen  9Wor)ammebs  ©ebote.  33ei  biefer  51m 
jct)auung  kamen  bie  Sufi's  bat)in,  9Jlor)ammebs  2ßort  als 
roertlos  anjufeljen,  ja  es  oöllig  preissugeben.  Unter  t>m 
Sufi's  r)aben  fict)  5at)lreicr)e  Sekten  gebilbet,  bie  5um  Xeil 
als  SBettelmöndje  auftreten  unb  unter  bem  tarnen  Dertoifd)e 
ober  gakire  bekannt  finb.  Diefe  ßeute  toaren  unb  finb 
inbes  otelfacr)  entartet;  obroot)!  fie  nadj  aufcen  ein  über* 
frommes  SJßefen  5ur  Scfjau  tragen,  frönen  fie  im  geheimen 
ben  ßügellofeften  5lusfct)roeifungen,  inbem  fie  oorgeben,  ber 
ßeib  fei  nur  ein  elenbes  ©etoanb  ber  Seele  unb  fein  Xun 
könne  bie  reine  Seele  nict)t  beflecken. 

2Bär)renb  man  in  ben  Greifen  ber  Sufi's  bie  SBebeutung 
3Kor)ammebs  oielfaä)  r)erabfetjte,  rourbe  anberstoo  im  3slam 


-     41     — 

feine  Sßerefyrung  bis  ins  majjloje  geweigert.  2Kor)ammeb 
(elbft  toollte,  roie  roir  Rotten,  nichts  baoon  roiffen,  bafe  er 
ein  (ünblojer  9Ken[d)  (ei,  ober  bafj  ir)m  eine  übernatürliche 
Sßunberkraft  tnneroofjne.  5Iber  jcr)on  bei  (einen  Sebjeiten 
backten  mandje  anbers.  (Es  gab  Ceute,  bie  it)n  gegen  (einen 
SBillen  als  SBunbermann  betrachteten ;  unb  Omar  toollte,  roie 
ertoäljnt  roorben  ift,  anfangs  garniert  glauben,  bafc  9Kob,am^ 
meb  toirRlid)  tot  [ei.  5lllmär)lid)  brang  bann  ber  ©laube 
an  Sttorjammebs  Übermenfcr)lid)Reit  in  immer  weitere  Streife 
unb  fanb  auef)  (Eingang  bei  ben  Xr)eoIogen  bes  3slams. 
33alb  rou&te  man  eine  SKenge  rounbeibarer  Dinge  oon  ir)m 
5U  berichten.  9Kan  behauptete,  SKofjammebs  Seele  (ei  (ctjon 
oor  unenblidjen  3eiten  bagetoefen;  70  000  3<*b,re  lang  Ijabe 
fie  in  ber  ©eftalt  eines  93ogels  auf  ben  3to^9^n  bes 
Raumes  ber  2ßar)rr)eit  im  ^ßarabiefe  gejeffen  unb  unauf= 
Ijörlicr)  ju  ©ottes  ßobpreis  gelungen,  gerner  ergänzte  man, 
bas  £inb  9Kob,ammeb  r)abe  (id)  fofort  nad)  feiner  ©eburt 
3U  $3oben  getoorfen  unb  bie  §änbe  511m  ©ebet  erhoben. 
(Ein  gang  erftaunlidjes  (Ereignis  tjabe  fid)  roäb,renb  9Kot)am= 
mebs  SBirajamueit  in  9tteRRa  öugetragen.  Da  (ei  ber 
^ßrofet  eines  ÜTCadjts  oon  einem  Sßunberrofje  burd)  bie  £uft 
nad)  3eruia^m  getragen  roorben  unb  ftabe  bort  oereint  mit 
5lbrab,am,  SÜtojes  unb  3cIUö  gebetet.  Die  fteife  (ei  (o 
jdmell  oor  fid)  gegangen,  baß  9Kor)ammeb  bei  feiner  9ttidt= 
keftr  nad)  9KeRRa  nid)t  nur  (ein  33ett  nod)  roarm  gefunben 
tjabe,  Jonbern  auet)  ein  baneben  ftet)enber  Sßafferkrug,  ben 
er  bei  (einer  $lbfan,rt  umgeroorfen,  roar  nod)  nid)t  oöllig 
ausgelaufen.  93ei  biefer  überfdjroänglidjen  $3erer)rung 
5Kor)ammeb5  Rann  es  nid)t  rounberner)men,  ba&  man  it)n 
auet)  mit  ben  f)öd)ften  körperlichen  unb  geiftigen  $ollRommen= 
tjeiten  ausftattete,  inbem  man  glaubte,  er  (ei  nid)t  bem 
junger  unterroorfen  geroe(en,  er  r)abe  alles  gemußt  unb  bie 
Grijlüffel  ju  allen  Sd)ätjen  ber  (Erbe  gehabt.  (Es  (oll  fo= 
gar  t)eutigestags  oiele  9Kor)ammebaner  geben,  bie  gana  im 
SBiberfprud)  mit  ber  £er)re  bes  Zorans  eben(o  oft  (}u 
2Kol)ammeb  rote  5U  biliar)  beten.  3u  ben  gefeiertften 
Äleinobten  bes  3slams  gehört  ber  sJJ?antel  bes  s#rofeten, 
ber  im  SBefitje  bes  türRtfdjen  Sultans  i(t  unb  ber  bei  bem 
osmanijdjen  J>errfd)err)auje  eben(o  roie  bie  ©eroalt  über  bie 
beiligen  Stätten  SJieRRa  unb  3Kebina  als  eine  23ürg(ri)aft 
für  bie  5ted)tmäBigReit  ber  ftalifenroürbe  gilt.  „Der  9Kantel 
bes    ^Profeten"    ift    aber    ertoeislid)    unedjt;     benn    ältere 


—     42     — 

mor)ammebanifd)e  ©efd^id)tfcr)reiber  beridjten,  er  fei  im 
3ar)re  1258  bei  bet  (Eroberung  SBagbabs  burd)  bie  3Jc*on= 
golen  in  gtammen  aufgegangen. 

3toei  Statten  roaren  im  Mittelalter  glänjenbe  üeudjten 
bes  Sslams:  SBagbab  in  SJtefopotamien  unb  (Xorbooa  in 
Spanien. 

3n  93agbab  lebte  um  bas  Ja^r  1100  aMSaaält,  ein 
gefeierter  Xl)eotoge  unb  ^ßr)iIofopl),  ber  unter  großem  3u= 
lauf  an  ber  weltbekannten  £odjfcr)ule  lehrte  unb  neben 
einer  tiefen  grömmigltett  aud)  edjte  Dutbfamfcett  gu  förbern 
fudjte.  5Iußer  ber  Xrjeologie  unb  ^r)ilofopr)te  raurbe  in 
Söagbab  namentlich  bie  Literatur  ber  alten  Gmedjen  mit 
(Eifer  getrieben.  3n  Spanien  toar  (Eorbooa  ein  ^Brennpunkt 
aller  SBtffenfdjaft.  Die  Stabt  aärjtte  um  bas  3ar)r  1000 
n.  (Et)r.  eine  SJliEion  (Einroor)ner  unb  r)atte  600  moljam= 
mebanifdje  SBetljäufer  unb  50  tranken*)  auf  er.  5ln  ber  bor* 
tigen  $odjfcr)ute,  außer  ber  es  nodj  16  anbre  in  bem 
fpanifcr)en  Kalifate  gab,  r)errfd)te  bas  regfte  ßeben,  unb 
itjre  große  S8ücr)erei  umfaßte  600  000  SBänbe,  93on  ber 
arabifcfjen  SBaukunft  jener  3ett  legen  nod)  Ijeute  bte  tyrafyU 
paläfte  in  (Eorbooa  unb  Setntta,  befonbers  aber  bie  be= 
rüljmte  2llr)ambra  in  ©ranaba  3eugnis  ab.  5lls  jebod) 
(Eorbooa  im  Jar)re  1236  burct)  gerbinanb  oon  ftaftilien 
erobert  roarb  unb  22  3at)re  fpäter  burct)  ben  Sturg  bes 
5lbbafibenr)aufes  auct)  SBagbabs  |>errlid)Reit  barjinfdjroanb, 
nafjm  nid)t  nur  bie  ©lanaseit  bes  Sslams  in  SDßiffenfdjaft 
unb  Äunft  ein  &nt>z,  fonbern  aud)  feine  innre  Gnnijeit,  bie 
bis  barjin  tro^  aller  ©egenfä^e  unb  33erfcr)iebenr)eiten  nod) 
beftanben  t)atte,  ging  für  immer  oertoren,  unb  fo  ift  es 
bar)in  genommen,  baß  ber  Sslam  faft  700  3at)re  lang  Reine 
roefenttidje  gortbilbung  met)r  erfahren  t)at. 

33et  ber  großen  innern  unb  äußern  3ernlüftung,  bie 
t)eute  im  Sslam  r)errfd)t,  ift  es  batjer  roor)l  oerftänblid), 
baß  in  ben  breiten  Sßolusfdjicfjten  bas  Vertrauen  5U  t)m 
Kalifen  immer  mer)r  gefdjtrmnben  ift  unb  ein  fer)nfüd)tiges 
Verlangen  nact)  einer  beffern  3ett  in  oieler  §erjen  röot)nt. 
2Bär)renb  mand)e  Sttusltms  gu  allen  3eiten  unb  aud) 
tjeute  im  3aubertoefen  SBefriebigung  fuct)en,  flauen  anbre 
fdjon  lange  nad)  einem  gottgefanbten  (Srlöfer  aus,  ber, 
roie  man  r)offt,  aus  9ttor)ammebs  ©efd)lecr)t  erfter)en 
rotrb.  Das  ift  ber  3ttar)bi,  ber  9lecr)igelettete,  ber  nact) 
roeitoerbreiteter  Hoffnung    in    ben    legten   Xagen    oor  bem 


—     43     — 

2Beltgerict)te  er(cr)einen  roirb,  um  hie  ©eredjtigfteit  roieber 
ein3ufüt)ren  unb  ©ottes  ?Keirf)  über  alle  Öanbe  aus3ubreiten. 

Aufjer  ber  9J?ar)btberoegung  ift  bic  bcr  2Bar)abiten 
toicr)tig.  3r)r  Urt)eber  9ttol)ammeb,  bei  Sor)n  bes  Abb 
al=2Bar)ab,  1691  in  Arabien  geboren  unb  in  ber  mor)am= 
mebani[cr)en  Xr)eologie  (orgfältig  ausgebilbet,  (at)  auf  aus- 
gebeizten Reifen  in  (einem  ^eimatlanbe  mit  Sdjmerjen, 
roie  roenig  fict)  (eine  £anbsleute  innerlitf)  bic  ßefyre  9fto5 
fyammebs  angeeignet  r)atten.  Der  Aberglaube  unb  t>iz 
übertriebene  Seret)rung  9Jtor)ammebs  roaren  ib,m  ein  ((r)limmer 
Abtoeg,  unb  äugleid)  betrachtete  er  es  als  eine  jcf)roere 
^flict)tü?rletjung,  baß  ber  £rteg  gegen  bie  Ungläubigen  oon 
ben  morjammebanijctjen  Staaten  unterlagen  toerbe.  Um 
alle  Stäben  3U  fjeiten,  roollte  er  bie  3toeifadje  9ttcf)tjd)nur 
bes  roaljren  Islams,  hen  ftoran  unb  bie  alte  Überlieferung, 
um  (eben  ^ßreis  roieber  3ur  ©eltung  bringen.  2Bas  mit 
biejer  9?icf)t(cr)nur  nirf)t  übereinftimmte,  bas  rjielt  er  für 
oerboten,  ja  für  ©ötjenbienft.  So  follten  namentlicr)  ber 
2Bein,  ber  XabaR  unb  bas  Xragen  jeibner  Kleiber  ftreng 
gemieben  roerben.  3m  Anfange  bes  19.  3^rf)unberts  t)atte 
bie  2Bar)abitenberoegung  im  offnen  Kampfe  3unärf)ft  großen 
(Erfolg,  aber  enblid)  gelang  es  bem  türni(d)en  Sultan, 
irjrer  §err  ju  roerben.  3nbes  norf)  t)eute  beftet)t  in  äRtttefe 
arabien   ein   2Bat)abitenftaat  mit  etroa    1    SJttllion   Seelen. 

Gin  3aWauteno  fpäter  als  SKorjammeb,  ber  Sotjn 
SBatjabs,  trat  ein  teuerer  im  3slam  auf,  ber  notf)  oiel 
gröfere  Sebeutung  erlangt  f)at.  Dies  ift  9Jttr3a  Alf  sMo; 
tjammeb,  im  3<**)*e  1820  3U  Scrjiras  in  ^ßerfien  geboren. 
Sdjon  in  früher  3uÖcnb  Ijörte  er  bie  Vorträge  eines  Öefjrers, 
ber  3U  jenen  9ttännern  3äl)lte,  bie  fict)  für  berufen  hielten, 
Sot(ct)aften  bes  noct)  oerborgnen  SKarjbis  an  bas  Sollt  3u 
übermitteln.  Die  2Borte  [eines  9ftet[ters  ergriffen  9Kir3a 
]o  tief,  bafe  er  im  Alter  oon  24  Jansen  eine  r)öf)ere  (£r: 
leurfjtung  3U  empfangen  glaubte  un*>  erhlärte,  er  (ei  ber 
Sab,  b.  t).  bie  Xür,  unb  3toar  bie  Xür  nid)t  nur  3um 
Sernebr  mit  bem  norf)  oerborgenen  sJJ?af)bi,  fonbern  mit 
©Ott  (elbft.  Salb  fanben  firf)  beget(terte  Jünger,  bie  (eine 
^erjre  rings  im  üanbe  oerliünbigten.  5ßeil  aber  ber  s^e= 
gierung  bies  Treiben  gefätjrlirf)  er(rf)ien,  [o  lieg  fte  hen 
Sab  im  Jal)re  1850  erjcfjiefjen.  Dorf)  bie  Setoegung  ging 
nirf)t  unter,  obiool)!  3af)lreirf)e  Anhänger  bes  Sab  r)in= 
gerietet   rourben.     Der    bebeutenbfte  sJ?arf)f olger   bes    Sab, 


-     44     — 

ber  bie  meiften  Junget  getoann,  toat  93er)ci  biliär),  ber 
„©ottesglans",  bei  1892  in  ber  Verbannung  su  5tkko 
ftarb.  Seine  $Int)änger,  bie  fogenannten  33et)a'is,  t)aben 
einen  merkioürbigeu  (Sinfluß  gewonnen.  3n  Xer)erän,  ber 
£>auptftabt  ^erfiens,  gehört  if)nen  ungefähr  ein  Siebtel  ber 
SBeoölkerung  an,  unb  ir)r  Verbienft  tft  es  namentlich,  baß 
ficr)  ber  fctjroffe  ©egenfatj  sroifcrjen  Sct)iiten  unb  Sunniten 
einigermaßen  gemilbert  Ijat.  Die  neue  £et)re  ift  aber  auct) 
toeit  über  bie  ©rengen  ^3erfiens  t)inausgebrungen.  3n 
Amerika  gibt  es  über  eine  t)albe  SJUllion  23et)a'is,  unter 
benen  ficr)  nid)t  ettoa  nur  3J?or)ammebanet  finben,  fonbetn 
auct)  römijcr)e  £att)oliken,  ^ßroteftanten,  Suben,  23ubbr)iften 
unb  jogenannte  greibenker.  5luct)  in  Deutfdjlanb  r)at  ftct) 
etroa  oor  ger)n  3o^c^  eine  93er)aioereinigung  mit  bem 
Vororte  Stuttgart  gebilbet.  Selbftauctjt,  ^ädjftenliebe  unb 
2Birken  5um  atigemeinen  SBeften,  bas  toirb  befonbers  oon 
bm  23er)a'ts  empfohlen.  Quid)  bie  Übung  biefer  Xugenben 
(oll  es  enblict)  bat)in  kommen,  baß  griebe  unb  23tüberlict)keit 
überall  auf  (Srben  r)errfct)en  unb  alle  9Kenfct)en  fict)  3U  (£iner 
gamilie  oereinigen.  Der  Sslam  ift  bm  33et)a'fs  nur  eine 
Durd)gangsftufe  5U  ber  großen  Sßeltreligion  ber  3ukunft. 

2Bie  fet)r  übrigens  im  Sslam  manche  Greife  (5emein= 
fct)ajt  mit  Vekennern  anbrer  ^Religionen  fuct)en,  bas  aeigen  auct) 
jonft  noct)  eine  ÜReit)e  etgentümlidjer  SBetoegungen.  So  gibt  es 
auf  ber  Snfel  3upern  eine  cr)tiftlict>moi)ammebanifcr)e  Sekte, 
unb  in  Snbien  befter)t  jetjt  außer  ber  über  2  Millionen  23e~ 
kenner  äätjlenben  Religion  ber  Sikf)s,  toorin  ber  Sstam  mit 
bem  93rar)manismus  oerfdjmolaen  ift,  eine  (5emeinfcr)aft, 
beren  im  3at)re  1908  oerftorbener  Stifter  SJtträa  ©ulam 
$lr)meb  nict)t  nur  als  ber  9Kat)bi,  fonbern  auct)  als  ber  VolU 
enber  ber  ßet)re  (£r)rifii  ange[et)en  toirb. 

So  geigt  ftct)  im  Sslam  an  oetfdjiebnen  Orten  ein 
Suct)en  nact)  etroas  23efferm,  ein  unbewußtes  Seinen,  bas 
ftcr)etltct)  nict)t  unbefriebigt  bleiben  toirb.  Docr)  es  ift  nur 
einer,  ber  bem  9ftenfct)enr)et5en  oolle  (genüge  fci)enken  kann : 
3efus  (£t)riftus,  ber  §eilanb  unb  ber  gtiebefürft.  Daß  er 
auct)  für  bie  3ünger  ÜJtor)ammebs  ber  einsige  ÜKetter  ift, 
baoon  gu  reben  bietet  fitt)  jetjt  ©elegenljeit  in  bem  kurgen 
Sct)lußtöott  über  bie  Vebeutung  bes  Sslams. 


45 


IV.  Die  Beöeutung  öes  3slctms. 

2Benn  roir  oon  ber  33ebeutung  bes  Islams  in  Ver» 
$angenr)eit,  ©egenroart  unb  3uitunft  etroas  311  oerfterjen 
fucfjen,  [0  finb  roir  babci  fetbftoerftänblidj  3um  gro&en  Xeil 
nur  auf  Sttutmafmngen  angeroiejen.  3)emt  rote  unerfor(cr)licr) 
finb  ©ottes  9totfd)tüne,  roie  unbegreiflich  feine  SBege!  2Ber 
tjat  bes  £>errn  Sinn  oerftanben?  unb  roer  ift  fein  Ratgeber 
geroefen?    (ftöm.  li,  33.  34.) 

3m  93licft  auf  bie  Vergangenheit  bürfen  roir  roof)l 
fagen,  baß  ber  Sslam  jdjon  balb  nact)  feiner  Gntfterjung  bie 
Aufgabe  tjatte,  eine  3ucf)trute  ©ottes  3U  [ein  über  bas  ent= 
artete  Staats=  unb  £ircf)entum  jener  Xage.  ftleinafien, 
Snrien,  Stgnpten,  9?orbafrina,  einft  erfüllt  oon  blüfyenben 
cf)riftlid)en  ©emeinben,  roaren  bereits  100  3a*)re  n^cr)  9tto= 
tjammebs  Xobe  oon  bem  3slam  überflutet.  9Tict)t  nur  ber 
2eucf)ter  oon  Gpljejus  roarb  roeggefto&en  (Dffb.  2,  5),  auet) 
anbre  2euct)ter  in  ber  (£t)riftent)eit,  bie  £ircr)en  3U  J^rufalem, 
2lnttocr)ien  in  Snrien  unb  Mlerjxnbrien,  oerloren  unter  ber 
§errfcr)aft  bes  3slams  ir)re  frühere  33ebeutung.  (Sott  3Üä> 
tigte  fein  Volk  buret)  bie  Söljne  3smaels,  me^  e5  nid)1  *n 
ber  geiftlirfjen  3jaansgefinnung  roanbeln  roollte. 

3lber  ber  Csslam  r)at  in  ber  Vergangenheit  nietjt  nur 
3erftört  unb  Smaben  gebraut,  er  r)at  aud)  aufgebaut  unb 
Segen  geftiftet.  Mus  53agbab  unb  Corbooa,  hm  §ocr)fujen 
moljammebonijcfjer  ©elet)rjamReit,  ift  bem  d)riftlict)en  3lbenb= 
lanbe  retdje  görberung  ^utetl  geroorben;  unb  erft  baburet), 
ba&  fid)  bie  $ircr)e  bes  Mittelalters  biefe  Vilbung  bes  3s* 
lam?  angeeignet  t)at,  ift  fie  3U  it)rer  roiüenjcfjaftudjen  5öt)e 
gelangt.  5luer)  für  Äunft,  §anbel  unb  ©eroerbe  t)at  (Suropa 
buTct)  hen  Verfeefjr  mit  bem  morjammebanijcfjen  SKorgenlanbe 
oiel  gewonnen.  Selbft  in  ber  Didjtkunft  bes  31benblanbes 
finb  arabi(cr)e  (finflüije  nad)3uroeifen.  Dem  europäijcrjen 
§anbel  f)at  bie  Verbinbung  mit  ben  Arabern  neue  2ßege 
gebahnt.  5luct)  bie  (Seroerbe  finb  geförbert  roorben;  man 
benße  nur  baran,  baß  roir  ben  Arabern  bie  Kenntnis  ber 
ipapierbereitung  oerbanken.  (£ine  9?eir)e  oon  tarnen  für 
©egenftänbe,  bie  im  §anbel  unb  üßerketjrsleben  eine  s.Rolle 
jpielen,  finb  uns  burtf)  bie  Araber  oermittelt  roorben1).  Unb 

')  3.  8,  Samt,  .Hattuu,  sJ(tla§,  ftamaft,  öartbeni,  Srfjal,  %oppt, 
Äaffee,  Drange,  Hfuftrf),  ©pinat,  Sirup,  iHIfufjul,  Slnilin,  s)hal, 
kupier. 


—     46     — 

blidien  toir  auf  Spanten,  fo  ift  3U  fagen,  baß  btefes  £anb 
unter  ber  arabifd)en  £errfd)aft  [eine  eigentlid)e  ©lan35cit  er= 
lebt  ijat. 

«.  So  ijat  benn  bas  d)rifiltd)e  SIbenblanb  bem  arabifd)en 
Sslam  mand)es  311  oerbanaen.  ©rabesu  fegensretd)  ift  aber 
ber  Sslam  für  eine  9leüje  oon  §eibenoblRern  geroefen.  (Sine 
Sttenge  roljer  Stämme  in  Elften  unb  Afrika  finb  burd)  ben 
3slam  aus  bem  unfinnigften  unb  fiitenlofeften  ©öfcenbienfte 
3U  ber  Sßereljrung  Ccines  ©oites  geführt  unb  auf  eine  Stufe 
ber  ©efittung  gehoben  roorben,  bie  fie  fonft  nid)t  erreid)t 
t)ätten. 

§eute  5är)lt  ber  Sslam  ungefähr  250  9Killionen  93e^ 
Kenner,  er  umfaßt  alfo  über  ein  Siebtel  ber  ganaen  3Kenfd> 
I)eit.  §alb  Afrika  ift  für  \)m  3slam  geroonnen,  unb  bort 
tote  aud)  in  (£r)ina  unb  Snbien  fammelt  er  oon  Zcifyt  su 
3aljr  neue  Anhänger.  3n  DTorbafrina  ift  bie  im  jetzigen 
Kriege  öfter  genannte  Sefcte  ber  Senuffi  mit  befonberm 
Gifer  für  bie  Ausbreitung  bes  Sslams  tätig.  2Bir  feljen 
aljo,  baß  ber  Sslam  aud)  in  ber  ©egentoart  nod)  oiel  be* 
beutet  unb  eine  große  ßebensfärjigueit  betoeift.  Das  für> 
renbe  SßolR  bes  Sslams   finb  je^t  bekanntlich  bie  Xürken. 

Sßielleid)t  Ijoffen  md)t  roenige  in  unferm  Sßaterlanbe 
barauf,  baß  bie  Xürken  unb  bie  anbern  SBekenner  bes  3s= 
lams  nad)  bem  Kriege  meljr  als  bisher  für  bie  abenb* 
länbifd)e  SBilbung  ber  d)rifttid)en  Völker  augänglid)  fein 
roerben.  §at  fid)  t)mn  aber  biefe  SBtlbung  fo  betDäijrt, 
baß  man  ir)r  Sichtung  unb  Vertrauen  entgegenbringen  Rann? 
Ober  ift  nid)t  oielmeljr  bie  2Belt  bered)tigt,  auf  bie  Triften* 
I)ett  mit  gingern  5U  aeigen  unb  oeräd)tlid)  5U  fpred)en :  Soll 
bie  uns  9ttenfd)lid)keit,  23rüb erlitt) Reit  unb  Sittlichkeit  Ier> 
ten,  roenn  fid)  ir)re  Sßötker  ooll  SBruberr)ctß  unb  tierifd)er 
©raufamkeit  gegenfeitig  311  oernid)ten  fudjen?  -ftur  roenn 
bie  (£r)riftent)eit  bas  Sßorbilb  brüberltdjer  ßiebe  unb  (Einrjeit 
gibt,  nur  bann  Rann  bie  2ßelt  glauben,  baß  Sefus  00m 
Steter  gefanbt  ift  ßof).  17,  21—23),  unb  nur  bann  roirb 
fie  aud)  Verlangen  rjaben,  oon  benen,  bie  (£rjrifti  tarnen 
tragen,  3U  lernen.  (Sine  Gtjrtftenljeit  bagegen,  bie  (Hjrifti 
©ebote  mit  güßen  tritt,  bie  fid)  nid)t  oon  feiner  2ßar)rr)eit 
unb  ßiebe,  fonbern  oon  bem  ©eifte  bes  Cügners  unb  3Kör= 
bers  leiten  läßt,  eine  (£r)riftenr)eit,  bie  ftol3  roar  auf  itjren 
oermeintlidjen  gortfd)ritt  unb  nun  gteid)  einem  roilben  iier 
in  33lut  unb  £etd)en  roatet,   eine  fold)e   (£r)riftenr)eit  Rann 


—     47     — 

nimmermehr  ermatten,  baß  ir)re  kläglid)  gefdjeiterte  33il= 
bung  anbetn  bege&rensroert  ex|ct)etne.  So  roäre  es  henn 
nicr)t  unmöglich,  baß  bei  3sfam,  ftatt  ftcr)  bem  Efjrtftenium 
gu  offnen,  grabe  infolge  biefes  Krieges  als  Religion  innerlid) 
erftarkte.  3ßoer  religiöfe  $luffd)toung  bes  3slams  könnte 
aber  leidet  eine  ©efat)r  für  bie  Er)riftenf)eit  bebeuten. 

5lnberfeits  jeboer)  bürfen  roir  im  $3lick  auf  bie  3ukunft 
r>ielleid)t  ertoarten,  baß  oom  Sslam  nod)  ein  großer  Segen 
ausgebe  auf  bie  gan3e  außerdjrtftlidje  93ölkertoett. 

©ottes  2Bort  fagt  beutlicf),  baß  3efas  Er)rtftus  am 
€nbe  biefer  SBeltjeit  fein  ftönigreid)  auf  unjrer  Erbe  offen= 
baren  roirb.  Die  SReidje  biefer  SBelt,  bie  Daniel  in  Xier= 
geftalt  gefer)en,  eins  graufiger  als  bas  anbre,  unb  als  beren 
letztes  §aupt  „bas  Xier  aus  bem  $lbgrunb",  ber  2Biberd)rift, 
erfdjeinen  roirb,  fie  follen  für  immer  oerfdjroinben,  unb  bann 
roirb  ber  Sftenfdjenfofjn,  roenn  er  feine  fttrdje  burd)  s2lufer= 
fter)ung  unb  33erioanblung  in  bie  §errlid)keü  bes  r)imm= 
lifdjen  3e*ufalems  geführt  t)at,  ber  93ölkerroeIt  auf  Erben 
als  ftönig  bes  Jriebens  unb  ber  ©eredjtigkeit  §eil,  Segen  unb 
Crquiduing  bringen.  Das  aus  ber  3erftreuung  gefammelte, 
3U  Et)rifto  bekehrte  unb  in  fein  £anb  Kanaan  jurüdtgefürjrte 
Ssrael  roirb  in  biefem  künftigen  griebensreidje  3?fu  als  bas 
große  2Kt[fionsootk  roirken,  unb  burd)  Cssraels  Dienft  foll  bann 
bie  §eibenroelt  5U  ber  Erkenntnis  bes  Einen  roabjen  ©ottes 
unb  feines  Sohnes  3e!us  Erjriftus  kommen.  £äßt  fid)  nun 
ntct)t  ettoa  hoffen,  ba$  bann  ber  3slam  in  geroiffem  Sinne 
eine  brücke  sroifdjen  3uben  unb  §eiben  bilben  roirb?  2Bäre 
es  nidjt  möglid),  baß  er  in  3^fu  Sfriebensretd^e  eine  är)n= 
lidje  Stellung  unb  Aufgabe  r)ätte  roie  einft  bie  Samariter 
am  Einfang  ber  ct)riftlicf)cn  §ausr)altung?  Die  roaren  ein 
Skrbinbungsglieb  sroifcrjen  3uoen  unb  Reiben.  Größtenteils 
ytod)kommen  ber  Israeliten  bes  alten  3eljnftämmereid)es, 
glaubten  fie  an  ben  Einen  roabren  (Sott  unb  erkannten  and) 
bie  fünf  93üd)er  9ftofis  als  göttliche  Dffenbarungsurkunben 
an,  obrootjl  fie  bie  Scrjrtften  ber  ^ßrofeten  oerroarfen  unb 
nidjt  an  bem  Xempelbienfte  in  3erufalem  teilnahmen.  $Iber 
fie  roaren  boer)  für  Efjrifti  2Baf)rb,eit  oorbereitet,  unb  ber 
Siegeslauf  bes  Eoangeliums  ging  oon  Jerufalem  über  Sa= 
maria  3U  ber  §eibentoelt.  2Bäre  es  nun  nirf)t  benkbar, 
•aß  einft  in  äfynlidjer  2ßeife  Efjrifti  §eilsbotjd)aft  oon  3eTUi 
falem,  b.  b,  oon  bem  roieberrjergeftellten  unb  an  feinen 
Wefftas  gläubigen  s£olke  Israel  aus,   über  hm  3slam  3U 


—     48     — 

bei  öeibentoelt  gelangte?  Uub  finb  nictjt  bie  treuen  S3c= 
Kenner  bes  3slams  auct)  in  befonberm  attajje  bofür  oorbe* 
rettet?  Sie  glauben  an  ©inen  (Sott,  fte  fetjen  in  3efus 
einen  ^rofeten  ©ottes,  fie  lefen  im  &oran  oon  feiner  über* 
natürlichen  ©eburt,  jeiner  Sünblofigkeit,  feinen  SBunber* 
Seiten,  feiner  (£rpt)ung  ju  ©ott,  ja  fie  ertoarten  audj,  baß 
er  oor  bem  2Beltgerid)te  roieberkommen  roirb.  2ßie  nun, 
roenn  fie  erleben,  öaJ3  bies  gro&e  (Ereignis  eintritt  unb  3toar 
gans  anbers,  als  fie  erroartet  tjaben?  2ßie  nun,  roenn  es 
fid)  jeigt,  baß  3efus  bann  nictjt,  roie  fie  je^t  meinen,  nad) 
ber  Vernichtung  bes  2lntict)rifts  fterben  unb  in  9TCebina  be= 
graben  töirb,  fonbern  als  ber  eroig  lebenbige  £önig  fein 
^tetct)  aufrichtet  unb  als  ber  roat)re  9Jtat)bi  ber  ganjen  (£rbe 
griebe,  §eil  unb  ©eredjtigkeit  bringt?  Sßerben  ba  ntct)t 
große  Sparen  oon  aufrichtigen  Sttuslims  von  9Jlot)ammeb 
gu  3efu  kommen  unb  in  3efu  nidjt  nur  ©ottes  t)öct)ften 
^rofeten,  fonbern  aucfj  ©ottes  emgebornen  Sotjn  unb  ben 
SPelterlbfer  erRennen?  SBeldjer  Segen  könnte  aber  oon 
-einem  3U  Jefu  bekehrten  3slam  in  ©emeinfct)aft  mit  bem 
3U  %t\u  bekehrten  Israel  über  bie  §eibentoelt  kommen! 
Uno  babei  bebenke  man:  es  gibt  jetjt  neben  ungefähr  750 
Millionen  Reiben  nur  etroa  11  9Jttllionen  3uben,  aber  gegen 
250  aittllionen  9ftot)ammebaner.  Vielleicht  kommt  nocf)  bie 
3eit,  roo  ©ott  and)  Ssmael,  ben  nact)  bem  gleifdje  ©ebor= 
nen,  t)errlict)  machen  roirb,  roenn  ber  oon  feinen  ^actikommen 
ausgegangene  Sslam  nact)  3efu  SBieberkunft  auf  ©ottes 
2ßat)r^eit  eingebt  unb  bann  in  ungleict)  tjöljerm  SKafee,  als 
es  bis  je^t  gefct)et)en  ift,  ein  3euge  ©ottes  an  bie  5)t\otn~ 
oölker  roirb.  Dann  roürbe  Slbratjam  nictjt  nur  burct)  3faak, 
fonbern  auct)  burct)  Ssmael  ein  Segenfpenber  für  bie  2Belt. 


«u^övutferei  *e-;  ,tia[1«tf)akie»,  (6.  m.  fc.  &.,  Sremen. 


BP 
53 
A54 


Albrecht,   Ludwig 
Der  Islam 


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