Albrecht, Ludwig
Der Islam
BP
53
Der Jslam
Von
Cudwig Hlbrecbt
:: Brauntchweig ::
I^ellmiitb Gttollermannn,
F)of-Bucb- und KunTthandler
19»H
V
Der Islam
=0 0=
Uon
£uöcoig fllbrectit
§
Braun fd)tD dg,
fjcllmutb COollcrmann, fjof = Bud]; unb %nflbänölei
1918.
Sie 3af)feu in ben ftupemerfungen finb bie SBetoeiäfteüen
au§ bcm Äorcm. Sie erfte 3a^ tr>etft jebe§mal auf bie betreffenbe
©uce, bie buttfj ein Äomma baöon getrennte auf ben $er§ ber
©ure.
©ine billige beutfdje Llberfe£ung be§ £orau§ ift bie tu 3ftec[am3-
UmberfaI=33ibItotf)ef erfcfjienene Don Wlax Jpenmng.
5Zi
Der 3slctm.
Jurcf) bas 33ünbnis unfers 9?eid)es mit bei Xür&ei ift
^ nicf)t nur biefes ßanb, Jonbern bie ganße mor)amme=
bamfdje 2Belt mer)r als fonft in unfern (5efirf)tsRreis ge=
treten. 2ßer finb bte 9Kor)ammebaner ? roas glauben fie?
toie fteljen fie sunt Gr)riftentum ? Das finb fragen, bte jetjt
oon manchen geftellt roerben. (£s ift bafjer gans seitgemäß,
roemt rott uns mit 9Kor)ammeb unb ber oon if)m geftifteten
Religion, bem 3stam, etroas nät)er befdjäftigen. 2Bir be=
halten babei bie (£ntfter)ung, bie £er)re, bie ©efcf)id)te unb
bie 33ebeutung bes Sslams.
I. Die Cnffteljung bes 3slams.
Die §eimat bes 3slams ift Arabien. Diefe §albtnfel,
faft oiermal fo groß toie Deutfcfjlanb, aber Raum oon 5
Millionen sJJ?enfcf)en beroofjnt, ift in ir)rem Snnern nod)
tjeute eins ber unbekannteren ßänber ber (Erbe. Die Araber
finb ^actjRommen osmaels, bes älteften 6or)nes 9lbrafjams.
6ie fjaben alfo benfelben Stammoater toie bie Juben unb
gehören gleid) biefen 3U ber femitifcfjen s-ßölRerfamilie. Die
33etDof)neT ftorbarabtens führten fdjon oor 1 7., Jafjrtaufenben
ebenfo toie fjeute meift ein SBanberfeben unb sogen mit ifyren
gerben oon einem itfetbeplat} 3um anbern. $Bo jemanb fein
3elt auffdjlug, ba mar et unumfrfjränRter £>err. Gin feftes
6taatsgefüge toar nict)t ooifjanben. Unter ben einzelnen
6tämmen fjerrjrfjten unabläfrtg Serben, bie nur burcr) geroiffe
rjeilige 9J?onate eingcjtt)ränRt toaren. Die 33tutrad)e galt
als unoerbrüctjlidjes ©efet}. Dbrool)! gaftfrei, ritterlicr) unb
tapfer, toaren bie 3Irabcr anberfeits auet) graufam, getoalt^
— 4 —
tätig unb blutbürftig, basu bem £runu unb Spiel ergeben.
Sie grau galt nidjts, unb bie (Stjen konnten mit größter
£eidjtigueit gefdjieben merben. Söljne galten als Segen,
Xbdjter als ghuf). 3<* nicf)t feiten mürben Xödjter natt) ber
05eburt lebenbig begraben.
(Sbenfo tief roie bie Sittlidjfteit ftanb autf) bie Religion
ber Araber. Urfprünglid) glaubten fie an (Sinen ©otr, t)tn
fie biliär) nannten. Siefer arabiftfje ©ottesname entfprid)t
bem r)ebräifd)en (£loar), ber neben ber 3tter)r3ar)l (Slot)im
im 3llten iefiamente oorfcommt. 5lber bie Kenntnis bes
©inen ©ottes Mar) mar jer)r oerbunuelt morben. 3eber
Stamm oeretjrte feine befonbern ©ötter, unb oon bem ©lau=
hm an ein ^enfeits ^anhm fict) nur fd)mad)e Spuren. 211s
midjtigftes Heiligtum bes ßanbes galt bie fogenannte ftaaba
in ber J>auptftabt 9tteftaa: ein mürfelärjntitöer, uunftlofet
Steinbau, natr) bem jär)rlidj große Pilgerfahrten ftattfanben
unb beffen §auptan5ier)ungsuraft ein fcrjtoarser SKeteorftein
in ber öftlidjen Xempelmanb mar.
3n 9Kenka marb nun SKofjammeb1) um bas 3^r 570
unfrer 3eitredjnung geboren. Sein Sßater 3lbb=5lllar) ftarb
friit; unb hinterließ nur menig. Seine Sttutter SImina oer=
lor 9J?or)ammeb in feinem fed)ften ßebensjaljre. !ftaä) it)rem
£obe foll iljn auetft fein ©roßoater su fict) genommen t)aben,
unb als audj ber smei 3&f)re fpäter ftarb, uam er unter
bie SGormunbfdjaft eines Dfyeims. SBeil biefer aber mittel-
los mar unb eine große gamilie 5U ernähren r)atte, fo
mußte fid} ber junge 3Kor)ammeb bei ben reieben SBemolmern
•ätteunas fein 23rot als Sct)af= unb 3iegenr)irt oerbienen.
5115 er im 25. £ebensjat)re \tant), befferte fidj gan5 un=
ermariet feine äußere £age: eine reidje, oorner)me SBittoe,
namens (£t)abtbfcr)a, nar)m it)n in tl)te Dienfte unb obroor)!
15 3at)re älter als er fd)loß fie mit it)m bie (£r)e. Xrotj
bes großen $lltersunterfd)iebes lebte 9ttor)ammeb mit (£r)a=
bibfdm fet)r glüdiltd). Sie gebar ir)m 6 Äinber, 2 Söljne,
bie früt) ftarben, unb 4 Xöd)ter. 93ei feinen Mitbürgern
mar 9Kor)ammeb fer)r geartet, unb megen feiner 3uoerläffig=
Biett erhielt er ben er)renoollen Seinamen „ber ©etreue".
Seine äußere ©rfdjeinung mirb als ftattlidj unb ansier)enb
gefdjilbert. !Den ftarfcen ftopf bes mittelgroßen Cannes
bebe&ten fer)mar3e, leid)tgemellte §aare. Unter langen, fd)me=
') aftofjammeb, genau 9Wu£)ammeb, fjeifct ber ©e^riefeue. *
— 5 —
ren Cibern funkelte rufjelos ein fdjroaraes 51ugenpaar. (Eine
fdjarfe $lblernaje fprang aus bem r)ellbraunen, oon einem
ftarken Vollbart eingerahmten Slntli^. Xxo^ (eines kräf=
tigen Körperbaus roar 9Kor)ammeb aber oon ftinbljett an
neroenftfjroatt), unb er ftfjeint öfter an epilepfieäfjnlid)en 51n=
fällen gelitten 511 r)aben. 3ur Sdjroermut neigenb, toar er
boer) im 93erker)r liebensroürbig unb berebt.
3n feinem 40. ßebensjatjre geriet 9Kor)ammeb — roir
roifjen nicr)t aus roeltfjen ©rünben — in innere ©etoiffens*
not. 33or allem ber ©ebanke an bas 2BeItgerid)t bemegte
ifjn geroaltig, unb er fragte fid) ooll 21ngft: „2Bas mufc id)
tun, um bem (5ericr)te (Lottes 3U entrinnen unb 5um 2eben
einaugetjen?" Die ©ötter feines Volkes — bas falj er
beuttiä) — konnten irjm nidjt fjelfen; fie oerbltdjen it)m
immer met)r 3U roefenlofen ©öfcen, unb irjre 33erer)rung er=
füllte if)n mit SIbfdjeu. 9UiIjelos burdjftreifte er bie roilb=
jerriffenen 23erge in ber 9iar)e feiner Sßaterftabt. (Eines
Diadjts, im SKonat 5Hamabän, ums %af)X 610 n. (Eljr., toar
er auf bem Serge £ira. Da glaubte er plö^lid) ben (Engel
(Gabriel 3U feljen, ber ir)m mit einem 33udje nar)te unb it)n
aufforberte, es 3U lefen. (Er fragte ben (Engel: „2Bas foll
icr) lefen?" ©abriel erroiberte it)m:
„2ie§! 3tn tarnen betneS öerrn, ber ba ferjuf —
Xie ÜJJtenfrfjen frfjuf au§ jä()em 33fut!
^ie*! 2)enn aügüttg tft betn .£err,
£er ba§ Scrjreibrorjr 311 ßebrauerjen lehrte,
£en sJWenfdjen lehrte, toaS er nierjt ttmfjte."1)
(Entfetjt unb ooller 5urrf)t, ein böfer (Beift fei in ilm
gefahren, eilte 9Kor)ammeb t)inroeg unb teilte feinem SBeibe
(Er)abibfd)a fein (Erlebnis mit! Sie fud)te xt)n 3U tröften unb
auf3urid)ten. 33on trüben ©ebanken gequält, roartete er
nun auf eine neue (Erfdjeinung bes (Engels. Dod) roeil bie
ausblieb, rourbe er immer ftrjroermütiger, unb [d)on toollte
er fid) aus SBergroeiflung oon einem fdjroffen gelfen ftürgen,
als ifjm, etroa brei 3a*)rc fpäter, ©abriel abermals in
bimmlifdjem ©lange erfcr)ien. Der (Engel malmte irjn, feine
£anbsleute 3U roarnen, ©ort ju oerfjerrlidjen unb in ©ebulb
auf ir)n 3U roarten. 9?act) biefer Offenbarung kam 9Ko:
bammeb innerlid) jur 9?uf)e. Senn nun roar er oöllig baoon
überfleugt, ba& ifm nict)t böfe Geifter quälten, fonbern bafe
ifjn Milan, felbft auf ben redeten 5ßeg geführt rjabe.
') 6ure 96, 1
— 6 —
(Ss tft erRtärtict), bafj SJtoljammeb bas SBebürfnis t)atte,
feine (Erfahrungen auct) anbern mitsuteilen. Die erfte, bte
ü)m folgte, roar fein treues SBeib £r)abtbfcf)a. Seine Xöd>
ter aber (bie beiben Sör)ne roaren bamals fct)on geftorben)
traten nidjt Jofort entfcrjieben auf feine Seite, dagegen
folgten it)m 5toei £ausgenoffen, bie er an Sorjnes Statt
angenommen r)atte: fein junger fetter 511t unb fein greige=
lafjener Saib. 2Bicf)tig mar für ir)n ber Slnfctjluß bes etroa
fünfaigjäljrigen 2tbu 23eur, eines angefeljenen SJteRitaners,
ber burct) feinen (Einfluß anbre ©täubige geroann.
Hm bas 3ar)r 613 n. (Er)r. trat SJtofjammeb sum
erften 9Kale öffentlich in 3JteRRa auf. (Er roolite nodj Rein
^rofet, uein ©efanbter ©ottes fein; er nannte ftcf) nur
einen ^ßrebiger unb Sßarner. Vor allem mahnte er hit
9*eid)en feiner Söatetftabt, bie alle 3ttatf)t in §änben rjatten
unb bie tonen unb ©eringen brückten, burct) ben §inroeis
auf bas 2ßeltgerict)t unb 5Ular)s Vergeltung, oon itjrem
böfen Treiben abgulaffen.
Die SKeljraal)! ber 9Jleuuaner roolite aber nicfjts oon
9Jior)ammeb roiffen. 3uerft r)ielten fie üjn für befeffen, bann
oerfpotteten fie ir)n, enbtict) kam es 3U offener geinbfdjaft.
Daju erlitt SJcoljammeb um bas 3af)r 619 einen fdjroeren
Verluft: feine treue £ebensgefä^rtin (Et)abibfct)a ftarb unb
balb nact) U)r aud) fein Dfjeim, ber ü)n exogen fjatte.
Unb roenn auct) ein anbrer Dljeim, namens §amfa, ein
einftu&reidjer, ritterlicher 9Jcann, unt) ber junge feurige
Omar, bisher einer feiner größten 2Biberfacr)er, um jene
Seit au it)m übertraten, fo rourbe feine ßage bod) immer
fdjroieriger. 3<* es fcfjien, als fei es aus mit fetner Sactje.
Da trat mit einem 9Kale eine überrafd)enbe Sßenbung
ein : Unter ^n pigern, bie bie ftaaba 3U befugen pflegten,
lernte 9Jtor)ammeb im Jaljre 621 einige SBeroofjner ber
mehrere lagereifen nörbticr) oon SKeRRa gelegenen Stabt
3atrib Rennen. Diefe fieute nat)men feine £et)re auf unb
oerbreiteten fie in ir)rer §eimat. Scr)on im näct)ften 3al)re
3ät)Ite 3Kor)ammeb bort 75 5lnt)änger. 3ugleict) t)offte man
in Satrib, es rocrbe SKoljammeb gelingen, eine blutige
gerjbe, bie fctjon lange in ber Stabt rjerrfcrjte, burct) feine
Vermittlung beiaulegen. So oerliefs benn 3Kol)ammeb mit
69 it)m ergebenen 9JieRRanern feine iljm feinblict) gefinnte
Vaterftabt unb begab fict) nact) Satrib, roo ifjrn roenigftens
eine freunblictje 2lufnat)me fieser roar. Dieje 3lusroanberung
— 7 —
oon 9KeRRa nad) 3öttib Ijetßt £>ebfd)ra, btc man jpäter
auf bcn 16. Sunt bes Jahres 622 n. (£t)r. anfe^te. Damit
beginnt bie mot)ammebanifd)e 3eitred)nung. 9Kan Tedmet
nad) SWonbjaftren. Die SKonate bauern abtoedjfelnb 29
unb 30 Xage; fie Ijaben nod) itjre alten arabifdjen tarnen,
obwohl fjeute aud) fct)on unfre 9Konatsnamen gebraucht
roerben. Die Stabt ^atxxb erhielt nad) 2Hor)ammebs (Sim
roanberung t)^n tarnen 9Kebinat en-Jlabl, „^rofetenftabt",
ober nuraroeg $ll=9Kebina, „bie Stabt".
2Bäl)tenb 9Kor)ammeb es in 9)?eRRa ntd)t geroagt tjatte,
offen als ©efanbter ©ottes aufautreten, mad)te et in Sttebina
biejen 5lnfprudj oom erften Xage an entfd)ieben geltenb, unb
fein (Erfolg mar fo grofc, bafc in Ru^er 3^it bie 9Ket)r3ar)l
ber SBerooljner auf (einer Seite ftanö. *Kun gab es in 9Kebina
aud) eine kleine d)riftticr)e ©emeinbe unb oiele Suben. 35on
beiben tjat 9Kor)ammeb olme 3roeifel manches gelernt, roas
in (einen SBeftimmungen über bas ©ebet, bas Jaften unb
bie Speifegebote beuttict) 5U Xage tritt. 2lber balb fd)lug
er eine neue 9ttd)tung ein: er roid) nict)t nur in ßeljre unb
2zbzn roieber oon ben djrifttidjen unb jübifdjen ©ebanken
ab, (onbern führte fogar ein Stüd* bes alten arabifdjen
S)eibentums als eine roidjtige ^erorbnung in feine ©e=
meinbe ein, inbem er it)r ben 33efud) ber ftaaba als fjeilige
^fli<f)t auferlegte. Hm bies ©ebot 3U begrünben, bet)aup=
tete er; $lbrar)am unb 3smael, bie Stammoäter ber Araber,
rjätten mit ©ottes §ilfe bie ftaaba in 9J?ekka erbaut, unb
©ott fjabe alle 9Kenfcr)en jur 2Ballfar)rt bortrjin einge=
laben. Daburd) toollte SKoljammeb [eine Mnljänger ,}um
©laubenskriege gegen 9J?ekka roittig madjen. 5lls er fid)
butet) mandjerlei ÜKaubäüge eine it)m treu ergebene Krieger*
i(t)ar gefdmlt r)atte, begann er im Za$x* *>24 ben offenen
5lampf gegen feine Sßaterftabt. ^act) mandjen 3Bed)felfällen
gelang es iljm, im Z**)™ ^30 alle SBerootjner SKebinas
3um Kriege gegen 2Kekka su oereinigen, fobafj er uner=
toartet mit einem ftarken §eere oor ber Stabt erfdjeinen
konnte. (£s kam aber Raum jum SBlutoergiefeen, benn bie
reichen §anbelsleute in SKekka hielten es für bas befte,
fict) 9Kol)ammeb ju unterroerfen. So 30g er benn als
Sieger in feine Sßaterftabt ein. Sein erftes mar, «bie
.Haaba ju befudjen unb bort 3U beten. Dann beftätigte er
- 8 -
in einer 5lnfprarf)e an bas oerfammelte SBolu ben alten
33ot5ug 3Keuuas, ^eiliges unb unoerle^lidjes ©ebiet 3U fein,
überhaupt beroies er aus ©rünben ber £lugt)eit gro&e
9Kilbe unb 2Kä&igung; nur etroa jefm 93erfonen, bie ir)m
befonbers fd>lbig unb gefäf)rlid) fdjienen, erklärte er in
bie 5ld)t unb befahl, fie rjinsuridjten. 3)as Jjeibentum röarb
nad) ber ©innarjtne 9JtefcRas überall in Arabien ausgerottet,
roärjrenb ^vfoen unb (Eljriften als ainspf listige Untertanen
gebulbet trmrben.
9Kor)ammeb mar etroa 60 3<*f)te eilt, als er nad) ©r~
oberung feiner SBaterftabt auf ber §ör)e feiner 2ttad)t ftanb.
5Iber roie r)atte er ftrf) in ben oergangenen 20 3ar)ren ge*
roanbelt! $tus bem oon ©eroiffensangft gequälten ©ott-
[ud)er, ber fid) unb feine Stammesgenofjen oor ben Sd)red\en
ber §ötte betoaljren roollte, mar ein aalt bered)nenber,
blutbeflediter Staatsmann gerootben, ber aud) ^Betrug unb
©eroalttat ntd)t oerfd)mär)te, um feine ^piäne burdjsufüljren.
3m SKära bes 3«^res 632 trat 3ttor)ammeb feine lefcte
Pilgerfahrt oon SKebina nad) 9tteftaa an. 93ieHeid)t in
bem SBerou&tfein, bafc fein ©noe nat)e fei, Ijielt er bei biefer
Gelegenheit 00m SBerge Arafat eine 2lnfprad)e an 40 000
Pilger, roonn er fagte: „§eute r)abe id) meine Religion
für eud) oollenbet unb t)abe bas 3KaJ3 meiner £>ulb gegen
eud) erfüllt; unb es ift mein SßiHe, bajj ber 3slam eure
Religion fei. 3d) tjabe meine Senbung erfüllt; ljinterlaffen
t)abe id) eud) bas SBud) 3War)s unb beutlidje ©ebote; unb
roenn it)r fie r)altet, roerbet tr)r nimmer irreger)n." sJlaä)
9Kebina 5urü<kgeSter)rt, erkrankte er an einem heftigen
gieter unb um bie 3ttittagftunbe bes 8. Sums 632 n. ©r)r.
entfdjlief er, etroa 62jär)rig, in bem Sdjo&e feiner jungen
fiteblingsgatitn 5lifd)a. Xags barauf roarb fein ßeidjnam
oon feinen näcrjften greunben geroafdjen, angekleibet unb
für bie ©emeinbe aur 23efid)ttgung aufgebahrt. Um SKitter*
nadjt begrub man it)n an berfelben Stelle, roo i$n ber
lob ereilt r)atte.
3n feiner legten 2lnfprad)e nennt 9Kor)ammeb felbft
feine Religion mit bem tarnen Ssläm. Sslam Ijeifjt
Eingabe, ©rgebung, unb sroar Eingabe an ©Ott unb ©r=
gebifng in ©ottes 2BiHen. ©tner, ber fid) obllig in ©ottes
2ßiHen ergeben r)at, ift ein 5Jtuslim. SKuslims, nid)t
3Jcor)ammebaner, nennen ftd) besrjalb aud) 2JioI)ammebs
21nr)änger; benn fie roollen foldje fein, bte fid) ganj bem
£errn ber 2ßelten ergeben. 5Kor)ammeb fagt bann roeiter
in feinen 21bfcr)iebstoorten an feine ©laubigen, et r)abe
ir)nen bas 93udj 5111ar)s fjinteilaffen. Dies 93ud) ift ber
Äorän. Das Sßort bebeutet Zorlefung, einer oon ben
oielen 91usbrüeaen, roomit 2Jcor)ammeb bie if)m sutcil ge=
tDorbenen göttlichen „Offenbarungen" beseidjnete. Der
Äoran enthält ausfct)Iic6Iict) Sßorte 2Ror)ammebs oon feinem
erften auftreten an bis 3U feinem Xobe. Da aber
9Kor)ammeb manage feiner urfprüngüdjen Äußerungen fpäter
roeggelaffen, oeränbert unb ergänzt r)at, fo finben fid) im
£oran 3ar)lreicr)e 2Biberfprüd)e, bie bis 3um heutigen Xage
ben mor)ammebanifcr)en (5eler)rten große Sd)tDterigReiten
macr)en; benn es ift ein ©laubensgrunbfatj, ber ftoran enk
r)alte nid)ts als göttliche, oon allen 2Biberfprüd)en freie,
burdjaus unfehlbare 2Bar)rr)eit. 2ßenn aud) ber ftoran
fdjon 3U ;äJior)ammebs ßebseiten niebergefdjrteben fein mag,
fo ift er bod) erft *nad) feinem lobe su einem ©anjen oer~
einigt unb im einseinen georbnet toorben. Cr befter)t aus
114 Suren ober $lbfd)nitten, bie jebesmal roieber in eine
9*eir)e oon Werfen jerfallen. Die Suren folgen per) aber
nid)t nacr) it)rer Gcntfter)ungs3eü, fonbern nad) ir)rem äußern
Umfange, fobaß nacr) einer nur aus toemgen Werfen be=
fteljenben Gingangsfure, bie man als „bie Cffnenbe" be*
3eicb.net, bie längften suerft unb bie Hüpften 3uletjt folgen.
3ebe Sure roirb nacr) einem in ir)r ooiuommenben StidV
roort benannt; fo Ijeißt 3. 93. Sure 2 „hh £ur)", Sure 3
„bas §aus Smrän", Sure 4 „bie SBeiber", Sure 5 ,.ber
Xtfcr)". Die rätfelr)aftin 93ud)ftaben oor einer großem
einsät)! Suren fpotteten bisr)er einer suoerläffigen Deutung;
roar)rf<r)einlid) finb biefe 93ucr)ftaben 9JterR3eid)en, rooburcr)
©nippen oon 3ufammenr)ängenben Suren uenntlidj gemacr)t
roerben follen. 511s (Sanses betrachtet, ift ber ftoran ein
un3ufammenr)ängenbes 93ucr); er enthält bunt burd)einanber=
geroürfelte religiöfe, fittlicrje, bürgerliche unb ftaatlidje 33or=
jcr)riften, baneben Zerreißungen, 9Kat)nungen unb Drohungen,
langatmige, mit mancherlei gabeln bürdete jübifdje, cr)rtft;
ürije unb arabifdje (Eraärjlungen, malerifdje SdjilbeTungen
ber £ölle, bes ^jarabiefes unb bes 2Beltgericr)ts unb SKeben
über ©ottes (£inr)eit, 2Klmacr)t unb 93orfer)ung. Dabei
fer)lt es aber nicr)t an roirRlid) ferjönen Stellen, bie oon
— 10 —
bidjterifdjer Begabung unb ©eftaltungskraft aeugen. Der
ftoran, ntd)t gans fo umfangreidj tüte unfer bleues
Jeftament, mitl bas ganse religtöfe, fittlidje unb bürgerliche
ßeben ber SKuslims orbnen; ei ift aljo bie Quelle, aus
bet mir 3U fdjöpfen fjaben, menn mir jetjt bie ßefjre bes
SsTams in il)ren Hauptpunkten kurj barsulegen t>erfudjen.
Dabei ift inbes gu beadjten, baß es eine oon allen 3JtoIjams
mebanern aljne llnterfd)ieb anerkannte ßel)re bes Sslams
ebenfomenig gibt, roie eine öon allen G^riften anerkannte
&ird)enlel)re. 2ßie aber bie SBibel bie Quelle für t)it
roafjre djriftltdje ßeljre ift, fo muffen mir aud) aus bem
&oran lernen, meldje ßeljre nad) 9Kol;ammebs 3lbfid)t für
ben Sslam binbenb fein foltte.
IL Die £ef)re bes 3slams.
3n feiner ßefjre mar 9Holjammeb nidjt urfprünglidj.
(£r ftütjte fid) nor allem auf bas fpätere Subentum, mie es
fid) Im Xalmub barftellt. Das 2tlte £eftament Ijat er aber
nie gelejen. 5tls (eine öauptquelte ift trielmeljr eine münb=
lidje, mit trielen gabeln ausgefdjmümte Überlieferung ansu=
feljen. SBäljrenb ber SBirkfamkett in Sttekka mifd)ten fid)
in feine jübifdjen ©ebanken anbre bem (£I)rtftentum t>er=
manbte, bie aber aud) aus münblid)er, melfad) getrübter
unb irriger Überlieferung ftammen, ba 9KoIjammeb bas
9?eue Xeftament ebenfo unbekannt geblieben ift mie bas
3llte. 3n SKebina naljm er bann, um feine meltlidjen 3iele
ju erreichen, fdjltefjlidj nod) auf bas alte arabtfdje Reiben-
tum unb bie befonbern Neigungen [einer Sßolksgenoffen
9üidtftd)t: bie Äaaba, ben alten ©ötjentempel feiner SBater-
ftabt, beftimmte erzürn größten Heiligtum bes Sslams, bie
Vielweiberei erlaubte er ausbrücfclid) unb ber ftriegsluft
ber Araber gab er neue üftaljrung buret) bie ^ßrebigt öon
ber ©cttgefäHigkeit bes ©laubenskampfes.
SBetradjten mir jetft nad) Anleitung bes Zorans bas
SBidjtigfte aus ber ©laubensleljre, ber ^flidjtenleljre unb
ber üRedjtsleljre 9Koljammebs.
1. Die ©laubensletjre bes Zorans.
3n Sure 4, 135 Ijeifct es: „2ßer nid)t glaubt an
$lllal) unb feine Gcngel unb bie Sd)riften unb feine ©e=
janbten unb ben Jüngften Xag, ber ift meit abgeirrt." Unb
— 11 —
in Sure 2, 130 mafjnt SKotjammeb bk Seinen: „Sprecht :
2Bir glauben an biliar) unb an bas, roas uns geoffenbart
tft, unb roas geoffenbart ift an 5lbrat)am, 3smael, Sjaafe,
3aftob unb bie Stammesfjäupter (Israels), unb roas 9ttojes
empfangen f)at unb 3efus uno roas oen ^ßrofeten oon
ir)rem §errn gegeben roorben ift. fteinen Unter|rf)ieb
madjen roir 3roifct)en einem oon ifjnen, unb roaljrlicf), roir
[inb Muslims" (b. t). roir ergeben uns in ©ottes SBitlen)1).
„Unb roer eine anbre Religion begehrt als ben 3slam,
nimmer foll [ie ^on ir)m angenommen roerben, unb im
3enfeits roirb er oerloren fein" 2).
9Kit biefen ftoranftellen ftimmt es, roenn nact) ber
2et)re ber morjammebanijdjen Theologen folgenbe ©laubens=
fätje für alle 33enenner bes Islams oerbinblid) finb: 1. ber
©laube an (Sott, 2. ber ©laube an bie (£ngel, 3 ber
©laube an ©ottes Dffenbarungsfctjriften, 4. ber ©laube an
©ottes ^rofeten, 5. ber ©laube an t>en Jüngften Xag.
3)a3u kommt bann nod) als 6. Satj ber ©laube an bie
33orr)erbeftimmung sum ©uten unb 3um 23ö[en.
-Y-
Der ©laube an bie oier erften Sätje, ber ©laube an
©ort, an bie (Sngel, an ©ottes Dffenbarungsidjriften unb
an ©ottes ^rofeten, foll jetjt nacr) bem ftoran ber)anbelt
roerben, inbem roir bas eigentliche ©laubens =
bekenntnis bes 3slams nätjer erläutern. Gs ift feljr
Kurs unb Ijeifct: „(£s gibt Reinen ©ott aufeer ©ott, unb
SKotjammeb ift ber ©efanbte ©ottes."
(Ss gibt nur Ginen ©ott.
Die(er Gine roafjre ©ott ift Mllat). „(Es gibt Reinen
©ott außer ir)m, bem Cebenbigen, bem Gängen. 3t)n er=
greift nicfjt Schlaf nocr) Schlummer . . . (£t ift ber S)or)e,
ber (Erhabene" '■'•). Cr ift ber ^eilige, ber ©etreue, ber
SBejcfjütjer, ber Starke, (fr ift ber Scf)öpfer, ber s2Ulmaä>
tige, ber ^Ittroeife4).
Slllal), ber allmächtige Sct)öpfer, tiat ynmmel
unb (£rbe in fedjs Xagen ins Dafein gerufen ). (£s gibt
lieben Fimmel; im r)öcr)ften Jummel ift ©ottes Xrjron, ber
tieffte fnrnmel fcr)roebt unmittelbar über ber (Srbe6) silhe
roirkt nun aber ©ott oom b,öcr)ften Fimmel aus bis jur
') $gl. aud) 3, 78. ') 3, 79. 3) 2, 256. SDit« ift öer t)od)-.
angefe^cne „fjeüige IfjronberS' be* Koran*. 4) 59, 23. 24
y) 14, ■; 50, 37. ') «',, 12; CT
— 12 —
liefe ber (Erbe? (Er toirkt burd) ben 3lmr unb ben 9üir).
Der 2lmr entjpridjt bem r)ebräifd)en 9Jlemra, bem 2Borte~
©ottes, bas in ber jübifdjen ßer)re als Offenbarer ©ottes
auftritt. Der 5lmr ift ein Slusflufe aus (Sott, ein 2Bort
aus ©ottes 9ttunbe, bas ©ott im Anfang in bie Scppfung
r)ineinge[prod>en fjat1). 9Ius bem 2Imr entfpringt ber ftufj,
ber ebenfo roie ber 5Imr göttlicher 9?aiur ift. Der SRurj,
Jjebräifdj ftuad), ift ber ^eilige ©eift, burct) ben ©ott bie
einaelnen 9Kenfd)en erleuchtet unb ftärkt2). 2ßir fmben in
biefer Sluffaffung 3Kof)ammebs einen mertuoürbigen anklang
an bk djriftlictje fiefjre oon ber Dreieinigkeit, 5umal ba er
3efus ausbrücklid) „2ßort ©ottes" nennt3). 5tber grabe
bie Dreieimgkeitslerjre Ijat 9Kof)ammeb aufs r)eftigfte be*
kämpft, roeü er in einem feltfamen atti&oerftänbnis meinte,
bie Triften gelten ©ott, Jefus unb 3ttaria für bie brei
göttltdjen ^ßerfonen4).
Die Ijtmmlifctjen ©efct)öpfe ©ottes finb bie (Engel,
bie aus geuer erraffen finb unb glügel in oerfdjiebener
3lnaa^l fjaben5). Die (Engel finb ©ottes Diener«); als
fotdje tragen fie nid)t nur ©ottes £rjron 7), fonbern fie um*
geben ifm aud) unb preifen ifjren §errn 8). Die (Engel finb
©ottes 23oten9), bie ausgefanbt roerben, um ben ©laubigen
in irjren STCöten beisuftelm 10). Sie finb ber 3Wenfdjen
2Bäd)ter unb bitten aud) für fie oor ©ottes Iljron11).
Sßenn bie ©eredjten fterben, fo roerben fie oon ben (Engeln
in bas ^arabies geleitet1-). Unter ben (Engeln ragen aroei
als Sßefen Jjöfjerer 5lrt fjeroor: ©abriet (©ibrit), oon bem
Sttorjammeb feine Offenbarungen empfangen t)aben roill, unb
2Wid)aet (ERikäl) 13).
§ör)er als bie (Enget fterjt ber 9JUnfd), bem bie
(Enget nad) feiner (Erfdjaffung auf ©ottes 93efer)t 3U r)ut*
bigen r)atten u). ©ott r)at ben erften 9Kenfdjen, 5Ibam, aus
(Erbe gebübet unb ir)m oon feinem ©eifte eingehaucht l;i);
bann I)at er aus bem SKanne bas 2ßeib gefct)affen lfi). ©ort
I)at bem 9Kenfct)en ben £rieb sum ©uten roie aum SBöfen
eingepflügt17). Der Xrieb gum SBöfen mar aber in bem
0 32,4; 44,1—4.11; 65,12. 2) 2, 81; 17,87; 40,15;.
42, 52. 8) 3, 40; 4, 169. 4) 5, 77—79. 1J6. ö) 35f 1; 38, 77.
•) 19, 94. 7) 40, 7; 69, 17. «) 40, 7; 42, 3; 13, 14. 9) 35, 1.
10) 41, 30. n) 41, 30. 31; 82, 10-12; 40, 7; 42, 3. 12) 16, 34.
13) 2, 91; 2, 92; 66, 4. 14j 38, 71—73. ,s) 38f 71. 72. 1(i) 39, 8.
,7) 91. 7. 8.
— 13
eilten SKenfcrjen nod) unmirRfam, bis es bem Xeufel gelang,
it)n su mecRen unb ben 3Kenfcr)en 3U oerleiten, ba% er in
Ungeljorfam gegen ©ottes Gebot com Saume bes £ebens
aß, ben 9Kor)ammeb mit bem Saume ber (Erkenntnis oer*
mecijfelt1). Der Teufel (3blis) -) mar urfprünglirf) ein
guter (Enget; er mürbe aber oon ©Ott aus bem ^ßarabiefe
oerfto&en unb oerflucr)t, meil er ftd) meigerte, mit ben
anbern (Engeln r)ulbigenb oor $lbam niebersuf allen ;| Der
Xeufet ober Satan r)eißt aud) „ber ©efteinigte* 4), meil
ifjn, nad) einer [päteren $lnfid)t, ^(brarjam mit Steinmürfen
forttrieb, als er ifm oerfür)ren mollte, Tssmael nicr)t 3U
opfern; benn ben Ssmael, nid)t 3faaR follte $lbrat)am, mie
bie 9Kor)ammebaner leljren, nad) ©ottes 93efel)l sum Opfer
barbringen5), tfatf) bem Sünbenfalle mürben bie erften
9Kenjcf)en aus bem ^ßarabiefesgarten oertrieben ,;). 5lbam
bekehrte fid) aber mieber 3U ©ott7). 6eine 6ünbe ift audj
nid)t auf feine ^adjRommen übergegangen, benn Reinem
9Kenfcr)en mirb frembe Sdjutb sugerecr)net s).
kluger (Engeln unb 9ttenfd)en gibt es nod) eine britte
klaffe oon ©ott gefdjaffener oernünftiger SBefen: bie
Dfdjinn, bie bas arabifdje §eibentum als fpukartige böfe
9Käd)te kannte '). Die Djdjinn, als beren mädjtigfte bie
Sftiten gelten, finb aus bem geuer bes glür)enben SBüftem
minbes Samum gefdmffen 10). Sie finb körperliche Sßefen
mie bie DJTenfdjen; beibe merben best)alb „bie Sdjmeren"
genannt, mot)( im ©egenja^ 5U ben leichten Rörperlofen
©eiftern11). (Eine auffallenbe ©emor)nt)eit ber Dfd)inn ift
es, baß fie am unterften Jnmmel entlang ftreifen, um etmas
oon 5lllar)s planen 3U erlaufenen. Dann merben fie aber
oon ben bon aufgefteflten 2Bad)tengeln mit Sternfdjnuppen
befd)ofien unb oertrieben. Die Dfcfjinn finb teils gut, teils
böfe1-). Unter bie böfen Dfdjinn oerjetjt 9Kor)ammeb fpäter
ni(f)t nur bie §eibengötter, fonbern aurf) ben Xeufel unb
feine gefallenen (Engel, 'üflnn gef)t jeber Dfd)inn barauf aus,
als bes Xeufels Sr>e\]ex bie 9ftenfd)en 3U oerfüfjren. s^lber
, 32. 33; 38, 73-85; 20, 118f. ■ £a§ arabifrfje »ort
3&KS ift gebilbet au§ bem qriecfjifcfjen 2)iabolo§ r^erleumber),
tuoraus bc§ bentfrfjc SBort Teufel entftanben ift. ') 38, 73—79.
4) 3, 31; 15, 34. i 33, !»9— 111. Sie mof)ammebanifrf)en Xfjeo*
logen galten ^Smael für ben „trefflichen <Sof)n" in Maat
roirb ja and) erft 8. 112 qenannt ") ",, 2<>. :) 2, , L9;
39, 9; 53, • L00, "') 2-, 89; 15,27. «) 55,31. ■-) togl.
bie ganje Sure 72 mit ber l'lberfrfjrift „£>ie 25fd)inn".
— 14 —
ber Xeufel r)at keine 2Kad)t über foldie, bte ba glauben
unb auf ü)ren £errn uertrauen1).
2)er allmädjtige 2Beltenfcf)öpfer, bct audj alle Singe
erhält2), ift aber 3ugleidj bet ©näbige unb SB arm *
rjersige, ber bie 9Jtenfcr)en beftänbig {eine 2Bot)ltaten ge=
nierjen läßt, für bie fie it)m bankbar fein follten3). „3m
■Warnen 5Illar)s, bes (Erbarmers, bes 93arnu)er3tgen!" fo
lauten, mit einiger Slusnaijme ber neunten, bie (Eingangs*
roorte 5U allen 6uren. Diefe SBesetdjnung ©ottes tjat
5Kor)ammeb roarjrfd)elnlidj aus bem (Er)riftentum entlehnt.
3m gansen nennt ber ftoran 99 (Etgenfdjaften ©ottes.
Dieben ber ßofung: „(Es gibt keinen ©ott aurjer Slllar),"
ftebt in bem ©laubensbekenntnis bes Sslams bie anbre:
„SJtobammeb ift 2lllar)s ©efanbter."
2Betl fidj 5Ibams -ftatykommen immer nrieber 00m
Satan oerfür)ren ließen4), barum janbte i^nen ©ott feine
^rofeten, um bie 5lbgeroid)enen auf ben redjten 2Beg
3urück3ufür)ren unb in ber ginfternis bes £eibentums bas
2id)t bes roabren ©ottesbienftes teuften 3U laffen. 3eö*r
$rofet erhält aber oon ©ott einen befonbem Äorän, ober
ein befonbres £itäb. &oran (Sßorlefung) unb &itab
(Schreibung) finb Slusbrücke für bie Offenbarung ©ottes
an bie 9Kenf<r)en, unb gmar ift jebe göttlidje Offene
barungsfdirift bie 2lbfdjrift eines Xeiles aus bem
bimmtif d)en SBucrje ©ottes5), bie ©ott felbft ofcer fein
(Engel für bie (Erbe angefertigt Ijat6). 3ebe roafjre Offen=
barungsftfjrtft murj baljer, toeil fie göttlidjen Urfprungs ift,
mit allen frühem unb allen fpätern inljaltlidj in ber
£>aupt(ad)e übereinftimmen; kommen Slbroeidmngen oor, [0
können fie nur äufjerlidjer silrt [ein, inbem fie 3. 23. Stellen
einer früb,ern Offenbarungsfdjrift erläutern ober beftätigen7).
©ort Ijat manage ^rofeten ausgefanbt 8) ; ja es gibt
kein $olk, unter bem nicr)t ein befonbrer ©ottesbote als
SBarner aufgetreten roäre9). Seber ^ßrofet foll in ber
Spraye feines Volkes lehren, bamit er ©ottes Offenbarung
beuttid) oerkünbigen könne10).
3Ils erfter ^rofet roirb 3lbam genannt, ber oon feinem
Jjerrn „SKitteilungen empfing"11). SBeiter gilt 2Ibel, beffen
") 16, 101 f. *) 56, 58—71. ■) 16, 80—83; 28, 71—73; 59, 22.
4) 7, 26; 14, 26 f. s) 43, 5; 56, 77 f.; 80, 13—15. °) 2, 209; 3, 5;
6, 7. 91; 10, 38; 80, 11—13. 7) 2, 3. 130; 4, 135. ») 40, 48.
ö) 10, 48; 13, 8; 35, 22. ,0) 14, 4. ») 2, 35.
— 15 —
■Kamen freilief) ber &oran oerftf)toeigt, als ©ottes 21us=
ermärjtter unb als Vertreter bes magren ©ottesbienftes :).
Dann mirb §enotf), ben bei Äoran Sbris nennt, als ©e=
ied)ter unb <ßrofet beseirfmet-). 21ls ^ßtofeten ©ottes säfjlt
ber ftoran fetner auf: ftoarj 3), Mbrarjam 4), 2ot5), 3jaak,;),
Ssmael 7), 3a&ob s), 3ojef 9), 9Kofes i<>), Slaron n), Daoib l*)>
Salomo13), Sonas14), §iob15), Glias16) unb (Stija17).
$on 21braf)am mirb gejagt: „Gr mar meber 3ube noef)
Grjrift, fonbern ein £>anff (b. f). geneigt sum ©tauben, oom
^icrjtigen 511m SBarjren jtcf) rjtnnetgenb) unb ein 3Kuslim,
babei ein ©egner ber ©ö^en. 31m näcfjften aber jtefjen
s2lbraf)am bie, bie tf)m natf)folgen, unb bas finb ber prüfet1 8)
unb bie ©laubigen l;,|."
Sieben biefen SKönnem ©ottes aus ber 3^ü bet (5ra=
oäter unb bes eilten Sunbes mirb bas £>aus 3mrän als
befonbers oon ©ott auscrmärjlt beseitet 20). 9?ad)
2Kof)ammebs Meinung ift 3mran ber Sßater ber Jungfrau
SKaria, bie er eine Stfjmefter ber Glijabet, ber grau bes
^ßriefters 3o^orias, nennt. SKaria unb 3eiU5> oct *m
ßoran 3fii Reifet, bilben mit 3atf)arias unb (Elifabet unb
beiber Sorjn Spannes btm läufer'-1) bas §aus 3mran.
Öier oermetf)jelt 3ftof)ammeb jeltjamermeije 9ttaria, bie SKutter
3e[u, mit 3Kirjam, ber Sdjmefter 9Kojis unb Barons. (Er
nennt beibe 9Karjam unb mad)t ben bibtijdjen 51mram
(Smran) --), ben Sßater ber ©ejcfjtoifter SKirjam, s21aron unb
SKofes, sum 53ater ber 3ungfrau 9Karia unb ber Glifabet.
93on größter 2Bid)tigkeit ift nun für uns, roas ber
Äoran über 3 ejus unb feine göitlidje Senbung jagt.
9Karia, bie oon irjrem SBater 3mran f^on oor ir)rcr
©eburt ©ott gemeint mötben ift, mirb im Xempel ju 3eru=
falem aufersogen. 3f)r Pfleger ift ber ^Prieftcr 3ad)arias,
unb fie mirb oon ©ott felbft munberbar ernärjrt. 511s bie 3cit
tfjrer ÜKetfe fcommt, roerben bie fiospfeile über fie gemorfen,
um 5U entfd)eiben, mer ber £>üter ifjrer 3ungfräutirf)Reit
. 3<>-35. ») 19, 57 f. ») 11, 27ff.; 29, LS f.; H !'-lr>-
4) U. a. 3, 60 f. 89; 21, 52—75; 29, Hin.; 87, L9.
37, 133. ,;) 37, L12 L30. 131; 3, 78; 38, 4-. ») 2, 130;
Bure 12 i^ofef). ,0) 7, 138 ff; L8, 59-81; 20,51 (f. 61 (f.;
26, 17 ff-; 28, 3b; 40, 20 n.; 51, 38—40; 53, 37; 87, 19. ") 19. 54;
37, 114-122. ") 4, 161; 38, 16 1, 161; M, 12 f. 36 f.;
* — 39. 14) 21, S7 f.; 37, 13!*— 148. '» 37,123
;;) 0, 86; 38, 48. ") lof)ammcb. '•') 8, 60f. -ü) 6ttW 3. ») 3,
33-36; 19, 1—15; 21, B9 l .' Rof. 6, 20.
— 16 —
roetben [oll. 23alb barauf erfdjeinen t^r ©ngel, bic üjr oer^
Rünbtgen, bafj ©ott fie unter allen 2Beibern auserroärjlt
t)abe, unb oerljeijjen itjr einen 6ot)n, ber „ein SBort oon
©ott" fei; unb „fein 9?ame foll fein Sefus, ber 3Keffias, am
gefet)en r)ienieben unb im Scnfeits unb einet ber (9War))
Taljen". 9Katia fragt: „2ßie [oll mir ein Soljn roerben, \)a
mid) nein Wann berührt t)at?" Darauf roirb ir)r bie 5lnt=
roort: „Slflal) fdjafft, roas er roill; unb befdjliejjt er etroas,
}o fagt er nur: ,©s roerbe', unb es roirb"1). 9laä) einer
altern Darftellung bes Zorans l)at ficf) 9ftaria früb oon ben
3r)rigen getrennt, um in 2tt>geid)lof[enr)ett allein 5U leben.
Da erfdjeint ifyr ber (Seift ©ottes in ber ©eftalt eines
fct)önen Cannes unb oernünbigt it)r t)ie ©eburt eines reinen
Knaben. 311s fie bas £inb in 3ungfräulidjReit empfangen
Ijat, inbem if)r ©ott oon feinem ©eifte einrjaudjt2), 5tel)t fie
fitt) noct) tiefer in bie 2ßüfte aurücu. SOTtt bem STCeugebornen
gu irjrem SBotfte aurücRgeRerjtt, roirb fie mit SBorroürfen emp=
fangen. &ber bas &inb rechtfertigt fie, inbem es fpricr)t:
,,3cf) bin 5111ar)s Diener. Cr r)at mir bas %uä) gegeben
unb mict) aum ^rof eten gemacht" 3).
3lls Sßrofet ©ottes roirb 3efas im ftoran t}ocr) gepriefen.
(Er oereinigt in fict) alle SBorgüge, ^k ©ott einem 9Kenf<i)en
mitteilen Rann : 2ßie 5lbam r)at er keinen menfcr)ticr)en SBaier,
fonbern er ift übernatürltd) burct) bie 2Birftung bes ^eiligen
©eiftes eraeugt4). ©r ift 2Ittar)s Diener, bem ©nabe auteil
getoorben ift, unb ber für bie £inber Israel bas SBetfpiel
ber ©ottesmactjt barfteßen follte5). ©r ift ber SKeffias,6)
SWarjs SBort unb ©eift oon irjm7). Slllar) l)at iljn mit
bem ^eiligen ©eifte gefiärRt, bamit er fcr)on in ber SBiege
3U ben Sttenfdjen rebe8). 3r)m ift bas ©oangelium gegeben,
als eine Leitung unb ein 2id)t, rooburtt) ©ott bas ©efet},
bas oor ir)m roar, beftätigt t)aty). £ein anbrer ^ßrofet roirb
im ftoran in är)nltd)er Sßeife gerühmt. 9?ur einen tarnen,
'öen Warnen „Sot)n ©ottes", roill ülftorjammeb 3efu nid)1 5Us
ernennen. %e\\x Sßunber unb 3et(t)en bagegen gibt er un=
umrounben ju. „Sielje," fo lägt er iljn au ben Zvfoen
fprectjen, ,,iä) Romme au euer) mit einem 3ßicr)en oon euerm
J) 3, 30—32. 37—42. 2) 21, 91; 66, 12. 3) 19, 16—34.
4) 3, 52; 21, 91 ; 66, 12. 5) 43, 59. °) 4, 156. 160. 170; 5, 19.
7) 4, 169. 8) ^cfu ©predjen in ber SBiege roirb in einem aufter.-.
femonifdjen ©bangelimn bon ber Äinb^eit %e\u hexicfytet: 5, 109.
9) 5, 50. 110.
— 17 —
Herrn. Sier)e, idj roill eud) erraffen aus £on bie ©eftalt
eines Sßogels unb min in fie r)audjen, unb fie [oll merben
ein 23ogel mit TOaljs (Erlaubnis1), unb idj milt feilen bcn
SBlinbgebornen unb bcn Slusfätjigen unb toill bie Xoten
lebcnbig madjen mit 5lHar)s (Erlaubnis3)." 93or [einen
Jüngern tut 3efus oas 3eid)en, bafj et einen Xifdj oom
Himmel Ijerabaommen läßt, „bamit es (mie er fagt) ein
gefttag töetbe für bie Giften unb bie Späteften unter uns" '•)
— ein bunfiler ^intoeis auf bie Ginfetmng bes 5lbenbmat)ls.
$lls Hauptinhalt ber £er)re 3eiu ernennt 3Kot)ammeb oor
allem ein Dreifaches: Jefus füllte bie Xtjora, bas Sefetj
bes eilten 33unbes, burd) bas ir)m mitgeteilte Goangelium
beftätigen, bie jübifetjen Speifegefetje teitmeife aufgeben unb
hie 3uoen auf ben graben 2ßeg ber ©ottesfurdjt leiten4).
3efus r)at aud) auf einen ©efanbten 2lHat)s t)ingemiefen, ber
nad) iljm kommen [oltte, „bes D^ame 5lr)meb ift" 5). 5lr)meb
bebeutet ebenfo roie 2Kor)ammeb ber ©epriefene. Die ur=
fprünglidje Sßerljei&ung 3efu °°n bem Rommenben Xröfter
ober ^aranteten mufjte alfo jeber arabifdje §brer als eine
Ißerljei&ung auf bas kommen 9ttot)ammebs auslegen. Sßeil
^Ijmeb bem griecr)ifcr)en 2Borte periklvtos (ber roeit unb
breit 93erür)mte) entfpridjt, besrjalb behaupten bie 2Kor)am=
mebaner, bas neuteftamentlidje 2Bort paräkletos, ber 9tane
bes ^eiligen ©eiftes (3ot). 14, 16), fei aus perfklytos ge=
fätfdjt roorben.
3efu Reiben unb ftreujestob roirb im ftoran nur als
ettoas Scheinbares bargeftellt. „Die 3uben fpratr)en: ,Sier)e,
mir rjaben t)m 9fte[fias 3^fus, ben Sorjn ber 9Karia, ben
©efanbten 5lllat)s, getötet/ Docfj töteten fie nid)t ir)n unb
nreusigten nidjt it)n, fonbern einen ir)m är)nlicr)en. Darum
oerflud)ten mir fie."6) §ier jd)liefjt fidj 3Hor)ammeb ber
3rrler)re ber fog. Dotieren an, bie [djon ber 5lpoftet Spannes
in feinem erften ^Briefe bekämpft. Diefe ßeute unterfct)ieben
amifdjen bem 9Kenfd)en 3efus unb bem t)immlifd)en Crjriftus.
Der t)tmmlifcr)e (£rjriftus — fo ler)rten fie — fei bei ber Xaufe
im 3orban auf ben SKenfdjen 3cfus r)erabgenommen, r)abe
irjn aber oor feinem Reiben mieber oerlaffen, um in öen
Himmel äurütRjuneören. sär)nlid) Iet)rt nun SKorjammeb, bie
3uben hätten 3^fus nidjt in 2Birklid)keit getötet, ba nict)t
1 Tic* sJöunber wirb im s}}feubo:3Jiatit)äu»efcangelium unb im
Xf)oma§eUanc)elium berichtet. -i) 3, 43; üfll. 5, 110. *) 5, 1 12— llä.
5a 110; 3, 43. U. b) 61, 6. ') 1, 166.
Xcr 3«Iain- •>
— 18 —
er felbft, fonbern nut fein Sdjeinbilb am ftreu^e Ijing. 3lHalj
erl)öl)te oielmeljr 3efam p fid)1). Jefus ift atfo, oljne 3U
fterben, in bie £>errlidjkeit ©ottes eingegangen. 3^un Ijei&t
es aber an einer anbern Stefle, ba& alle oon bem SBotke
'ber Sd)tift, b. r). alle Suben unb Triften, t»or feinem Xobe
an if)n glauben toerben2). 2ßann toirb benn nun ber oljne
Xob au ©ott etljöljte 3efus fterben? ^ad) einer fpätern
£er)re bes Islams toirb %z\us nadj {einer Sßieberkunft,
roenn er om SIntidjrift oernidjtet Ijat, fterben unb in SKebina
begraben toerben. Sagt ber &oran aud) Ijieroon nidjls, {0
rebet er bod) met)rfad) oon ber „Stunbe"3). Damit tft bie
6tunbe bes 2Bettgerid)ts gemeint, 3U beffen Sßoraeidjen im
fpätem Sstam unb oielleidjt audj fdjon nadj einer Äoran-
Jtelle4) Seju SBieberkunft geprt.
2Bir feljen mit ©rftaunen, meld) erhabene Stellung
3ftor)ammeb Jefc unter om ^rofeten antoeift. Sein ftoran
letjrt : „Jefus ift ber SKeffias, bas Sßort ©ottes, ©eift oon
©ott, ausgeseidjnet in biefer unb in jener Sßelt. ©r ift auf
übernatürlidje SBeife burd) bte 2ßiruung bes ^eiligen ©elftes
oon ber 3ungfrau 9Karia geboren, ©r ift rein unb fünblos.
©r rjat als ©efanbter ©ottes in oer ftraft bes ^eiligen
©eiftes bas ©oangelium oerkünbigt unb grofje SBunber unb
3etdjen getan, ©ott Ijat iljn oljne Xob 3U fidj genommen
unb iljn baburdj über alle SHenfdjen erljöljt. Die Stunbe
feiner Sßieberkunft ift bas SBorseidjen bes 3Beltgertd)ts." Der
&oran ftellt alfo 3efum ungleich Ijöljer als mandje djrtftltdje
Xljeologen ber ©egentoart, öie oon bem stoeiten Artikel bes
apoftolifdjen ©laubensbekenntniffes nur bie SBorte ftefjen
laffen : 3efUö tft geboren, Ijat gelitten unter Sßontio spilato,
ift gekreugigt, geftorben unb begraben.
2Beld)e Stellung roitl Denn 9ttor)ammeb felbft in ber
9teir)e ber gottgefanbten ^ßrofeten einnehmen? 3n 9JlefiRa
tritt er aunädjft nur als SBarner auf, ber bas göttliche ©e=
rid^t für alle Sßelt oerliünbigt5). ©ott r)at ir)n, ber roie
alle anbern irre ging unb beffen SHü&en fdjtoere ßaft be*
brüdite6), 3U feinem SBoten auserkoren. Seine Offenbarungen
empfängt 2ttor)ammeb burd) befonbre §tmmelstoefen, bie er
jebod) }o unklar fd)itbert, baJ3 mir uns keine beftimmte 33or=
ftellung oon iljnen madjen können. Sie kommen unb geljen
l) 4, 156; 3, 48. *) 4, 157. 3) 3. 33. 30, 54; 40, 49; 43, 61;,
45, 26. 31; 65, 15; 88, 1; 101, 1. *) 43, 61 (tagt. $. ©rimme:
3Kot)auimeÖ II, ©. 95, 2tmn. 3). 5) 81, 27. ü) 93, 7; 94, 1.
— 19 —
in ger)etmnisooller Sßeife: fte roerben in 9teir)en cnt[anbt,
ftürmen gleid) SBinben baljin1), tummeln fid) i)urtig, fd)roe=
ben einher2), jdjnauben roie Kenner unb ftampfen gunken3).
3ugleid) tcbet 9Ji*ol)ammeb baoon, ba& it)m Sßifionen äuteil
roerben. Darin er[d)eint iljm aber nicr)t eine 33icl3at)t oon
SBefen, fpnbern nur ein einziger §tmmelsbote, ber — tote
er fagt — klar unb fd)arf r) er o ortritt, fo baff keine Sinnes=
täufd)ung mögltcf) jei4). Diefe SBifionen oeridjroinben inbes
aus 9ttor)ammebs ^3rebigt am Gnbe feiner Tätigkeit in
SKekka; unb ber UJerkünber bes SBeltgeridjts, ber immer
mefjr bem Spott unb ber geinbfdjaft feiner SJtttbürger oer=
fällt, leitet nun, je nuct)brü<klict)er er bie göttliche ©nabe
unb 33armt)eröigkeit betont, feine Offenbarungen nid)t meljr
aus ißtftonen ab, fonbem aus bem SKur), bem (Seifte, ben
ir)m (Sott aus feinem 51mr mitteilt, fo baß er jetjt aud) roeiß,
roas bie rechte Offenbarung unb ber ©taube ift5).
(£ine grofte 2ßanblung trat bei ÜJKofjammeb roätjrenb
feiner SBirkfamfeeit in SKebina ein. Da beruft er fid) nid)t
met)r auf unbeutlictje ober beutlidje Sßifionen, nodj auf gött-
liche Gingebungen burd) t)cn ©eift, fonbem er behauptet
oielmegr, burd) ben (Stengel ©abriet unmittelbare perfön=
liftje ÜJtttteitungen oon ©ott, felbft über bie allermenjd)Iid)ften
Dinge, $u empfangen6), obroor)! er nicr)t lange oort)er in
Sftekka oon einem 33erker)r mit (Sngeln nid)ts roiffen
roill7J. Daju kommt noct) etroas anbres. 2Bär)renb
SKormmmeb ausbrücklid) betont, im ©lauben folle hein
3roang fjerrfdjen K), unb er fei kein ©eroalttjaber unb
3toingt)err über feine 23rüber!(), übt er in 9Kebina ttn
allerärgften 3a>ctng unb bie rückfid)tsto[efte ©eroaltljerrfdjaft
aus, inbem er in allen gragen, nidjt nur ben religiöjen,
allein unb unbebingt entfdjeiben roill. Denn er erklärt fid)
jetjt nict)t nur für „bas Siegel ber ^rofeten" 10), b. t). für
ben, ber allem früheren ^Profetentum bas Siegel aufbrücfct,
weil if)m, bem legten unb größten unter allen ©ottgefanbten,
©ott fict) aud) am klarften geoffenbart r)abe, nadjbem bie
5ßelt burd) alle oorangegangenen ^rofeten auf fein kommen
»orbereitet roorben [et: nein, er roill ber unfehlbare Stell=
oertreter ©ottes in allen Angelegenheiten fein, beffen $ln=
orbnungen ftets oljne roeiteres 3U geljordjen ift. Damit
: 71, 1—6. ») 79. 1-5. ■) 100, 1— ■). *) 53, 1—12; 81,
19—24. 42,62. ») 2, 91. ') 25, 8— 10. ») 2, 257. »)50
88, 2. w) 32, 40.
— 20 —
ert)ebt er pd) aber, obroor)l er anberfeits bie äRen[d)ltd)keit
bet ^ßrofeten ftark betont unb ftet) felbft nict)t einmal
SBunberkraft auftreibt x), in 2Birklict)keit roeit über alle
Sülenfdjen unb fetjt fid) fo in einen unoeretnbaren 2Biber*
fprucr) mit Jeinen Siujjerungen über 3efus, ben er ot)ne lob
3U (Sott errjöfjt jein lägt, unb ben er best)alb folgerichtig,
befonbers ba er {eine Sünblofigkeit unb feine Sßunber an*
erkennt, ungleich t)öt)er ftetten tnüfjte als fid) felbft.
9ttot)ammeb unb Sefus ! Sßerroeilen nur einen klugen*
blick bei biefem ©egenfatje. 9Kot)ammeb, ein SJtenfd) oott
offenbarer Sd)töäd)en unb Sünben aller 5Irt, ber buret) £rug
unb ßift, ja burd) (Seroalt, Sdjtoert unb 9Keuct)elmorb, fid)
unb feinen ©lauben sum Siege führen rooHte. 3t)m gegen*
über 3*fcs, ber ^eilige unb kleine, hei beffen gtage: „2Ber
unter euer) kann mid) einer Sünbe 5eir)en?a2) {elbft feine
erbittertften 2ßiberfad)er oerftummen mufjten. 3e{u SReici) ift
nidjt oon bie{er Sßelt. Dem Petrus, ber in flei{ct)lia)em
(gifer für it)n bas Sd)roert aier)en roill, befiehlt er, bas
Scfjroert in btc Sdjeibe 5U ftecken3). Denn nid)t burd)
©etoalttat unb 23luto ergießen, fonbern burd) t)elbenmütigen
(Stauben unb ftilles Dulben fott 3*fa (Soangelium ben Sieg
erringen. — 3efus ift oas oollkommenfte Sßorbilb für alle
9ftenfä)en. 9ttot)ammeb kann feinen 2(nt)ängern kein SBor*
bilb fein, benn er t)at ja nid)t einmal bie Äraft gehabt,
guerft felbft na^) feinen 93orfd)riften 5U roanbetn. Der auf=
erftanbene unb ert)bt)te (£t)riftus ift ber 9tttttter 5toifd)en
(Sott unb ben mit ©ott oerföt)nten 3Jtenfd)en unb 00m
§immel aus läßt er feinen ©laubigen noa) allegeit ben
reid)ften Segen sufließen. 9Kot)ammeb roei& nid)ts oon
einer 93erföt)nung ber Sßelt mit ©ott unb er, ber ©eftorbene
unb in aWebina begrabene, ift nid)t imftanbe, für bie
Seinen nod) ettoas 3U toirken. 3efu 2et)re ift bie oolk
kommene 2ßat)rt)eit, bie er in bes 33aters tarnen oer*
künbigt t)at; fie ift ©eift unb Qeben, fie tröftet, ftärkt unb
rjeiligt alle, bie it)r im ©lauben folgen. 2Kot)ammebs
ßet)re ift nur 2ßat)rt)eit, fofern fie aus ber reinen, unoer*
fälfdjten Offenbarung bes 3ubentums unb bes (£t)riftentums
fd)öpft. Dod) roie roenig t)at fie aus biefer Quelle lauter
entlehnt! 2ßie oiel 3rrtum, gabetei, ajti&oerftänbms, Ja
beroujjte Unroat)rt)eit finbet fid) im Äoran! Sold)e ßetjre
») 13, 38; 14, 13; 25, 22. ') 3o$. 8, 46. 3) %o§. 18, lOf.
— 21 —
kann unmöglid) 511 roat)rer Xugenb unb edjter grömmigkeit
fügten.
Sinb benn aber 2ttol)ammebs Offenbarungen, rote man
geroöt)nlid) meint, (ämtlirä weiter nidjts als falfdje 33or=
(piegelungen ober im beften galle ein aus feelijdjen (Er-
regungen t)eroorgegangener Selbftbetrug ? 9Kir fdjetnt es
nidjt unmöglitf), ba& 3ttor)ammeb urfprünglidj oon ©ort j$u
einer befonbern Senbung an bie Araber befttmmt fein
könnte. Denn roie ©ort einft 3smael unb feine 3Kutter
§agar nid)t in ber Sßüfte augrunbe geljen liefe, [onbern
beibe rounberbar am ßeben erhielt1), fo könnte es autf)
[eine gnäbige $lbfid)t geroefen fein, Ssmaels 9totf)kommen,
bie Araber, als fie in ber 2ßüfte bes ©ö^enbienftes unb bes
ftttltdjen Verfalls untersugerjen brol)ten, in SKoljammeb etntn
9Kann aus it)rer 3Jtttte als ÜRetter 5U ertoe&en. Sollte
aber 9Kor)ammeb roirklid) au einer joldjen Senbung aus=
erjet)en geroefen fein, fo ift er als ed)ter Sot)n Ssmaels
burd) feine fteif^Iia^e ©efinnung fet)lgejtf)lagen, 33on 3s=
mael fjei&t es: ,,©r roirb ein 9Kenfd) fein roie ein 2ßUb«
ejel — feine £anb gegen jebermann unb jebermanns §anb
gegen ir)n — unb er roirb allen feinen 53erroanbten auf
bem ftatfeen [\%tn2)." So ift aud) 9Kot)ammeb als SBilb»
e(el feinen eignen 2ßeg gegangen, nid)t ben SBeg bes
©eiftes, fonbern bes gleifdjes, unb r)at feine §anb ju
Äampf unb ©eroalttat gegen feine Sßolksoerroanbten er*
rjoben, um irjnen feinen ©lauben aufauanringen. Damit foll
aber nid)t geleugnet roerben, bafe fid) 9Kof)ammeb anberfeits
aud) gro&e 93erbienfte um bie Araber erroorben r)at. Denn
fie finb burd) lr)n aus ber gtnfternts bes groben Reiben«
tums hinausgeführt unb au einer ftarken Sßolksgemetnfdjaft
oereinigt roorben. * *
Sfteben bem ©inen ©ott oerkünbigt ber ftoran aufs
einbringlidjfte ben Jüngften Xag. 3n 33erbinbung bamit
rebet er oon $luferfter)ung, 2Beltgerid)t, ^arabies unb §ölle.
3ur 5luferftet)ung kommen alle loten. Der Üob
trennt ßeib unb Seele. 9ßär)renb ber £eib roieber jur ©rbe
roirb, kommt über bie Seele, bie 51üar) roieber ju fi$ nimmt 3),
ber Xobes|d)laf4). Diefer 3uftanb ift aroi[d)en Xob unb
Sluferfterjung für ©ute unb SBöje gleid), roenn aud) bie
33öjen gleidjfam roie im Iiaum auf it)re künftige Strafe
1. SRof- 21. 14-20. •) 1. SWof. 16, 11. 12. ■) 89, 48. *\ 50, 18.
— 22 —
rjingetoiejen roerben l). 2tte 5Juferfter)ung ber Xoten ijt eine
Zat ber götttict)en Mtno^t2). 2luf fte folgt bas 2Belt=
geriet. ©eroaltige (Sreigntffe leiten es ein: $)er üRufer,
nadj fpäterer fiepte ber (Stengel 3srafil (ö. i. üRafaeP),
bläft bie ^3ofaune. 2)ann kommen bie £oten, gleict) 5er=
ftreuten §eufcr)re(&en, gefennten §auptes aus itjren ©ruften
unb eilen bem SRufer entgegen, inbem bie Ungläubigen ooll
Gmtfe^en fpred)en: „2)as ift ein fctjltmmer £ag4)." 3)enn
bie Grrbe erbebt5), bie Serge toantien6), bie 9Keere fdjtoetten
an7), bie Sterne erlösen unb falten Ijerab8), ber 9Konfe
oerfmjtert fict)9), bie Sonne roirb 5U| ammeng efaltet 10), ber
£tmmel öffnet fict)11), ber §öltenpfur)t roirb entflammt, bas
^arabies roirb nahegebracht1 2). i)ie Collier (Sog unb
SJlagog eilen oon allen £ör)en t)erbei13), unb aus ber (Erbe
erfjebt fict) ein Xter, bas hm 9ttenfdjen iljren Unglauben
oorptt14). gurctjt unb Dlattofigneit befällt bie 9Jtenfct)en
bei biefen getoattigen (Sreigniffen, fo baft jeber roie trunken
nur an fxdj felbft unb fein eigen Sctjicnfal benut15). 3uni
^Beginn bes 2ßeltgerict)ts enthüllt fict) ber allmächtige (Sott
hm Stuften ber 9Kenfct)en. (£r fttjt auf feinem oon ad)t
©ngeln getragenen £>immelstr)ron, unb Sdjaren oon Engeln
}ct)roeben it)m 5ur Seite16). Sie 9Kenfct)en Kommen t)erbei=
geeilt gerechten £auptes mit ftierem 2lug unb öbem bergen17)
unb roerben oor bem §errn in 9?eir)en aufgefteflt18). £>ann
toägt ©ott aUe Xaten ber 9Kenfct)en auf einer 2ßage; bie
SBage ber ©erect)ten ift ooß unb fct)roer, bie SBage ber
©otttofen leidjt19). „Urit> oergotten roirb jeber Seele naet)
it)rem £un20)." „2ßer ©utes auct) nur im ©eroidjt eines
Stäubct)ens getan, roirb es fet)en; unb roer 93öfes auct) nur
im ©etoidjt eines Stäubdjens getan, roirb es fet)en*2l).a
9?acr) bem Urteilfpruct) bes rjimmlifctjen SHidjters bilben fict) brei
Sparen : 3ur 9?ect)ten bes Xtjrones ©ottes treten t)ie frommen,
3ur ßinnen bie ©ottlofen ; bie auserlefenften frommen aber,
„bie Sorberften auf Qtrben," bilben eine befonbre Sctjar,
bie einen Cttjrenpla^ in 3lttat)s näct)fter STCätje empfängt22).
l) 40, 49. 2) 7, 55; 17, 101; 20, 5 ; 22, 5; 30, 49; 35, 10; 43, 10;
46, 32; 56, 7; 75, 1—4. 3) XobiaS 3, 25; 5, 6. 18; 12, 15.
4) 54, 6-8; 69, 13; 78, 18; 79, 13. 5) 99, 1. °) 77, 10; 78, 20;
69, 14. 7) 81, 6. 8) 71, 8; 81, 2. 9) 75,8. 1U) 81, 1. ») 69, 16;
77, 9; 81, 11. ") 81, 12. 13. 13) 21, 96. »*) 27, 84. 15) 32, 8;
80, 34-37. 10) 69, 17; 78, 38; 89, 23. lT) 49, 44. u) 18, 46.
19) 7, 7. 8; 21, 48; 23, 103—105; 101, 6-9. 20) 39, 70; 69, 18-29;
21) 99, 7. 8. 22) 56, 7—11; 90, 17-21.
— 23 —
Die giommen kommen in einen auf ragenber s£erges=
r)ör)e gelegenen greubenort, ber Gebens ©arten1) ober bas
^arabies2) genannt roiib. Dort finb „eine ftrömenbe
Quelle, errjörjte ^otfter, rjingeftettte SBedjer, aufgereihte ftiffen
unb ausgebreitete £eppid)e"3). 2Beber Sonne noef) ftälte
quält bie Seligen4), ungetan mit Kleibern oon grüner
Setbe unb SBronat unb gejd)müdtt mit filbernen Spangen,
weiten bie grommen unter fcr)attigen Säumen, oon benen
reicf)e Xrauben fjernieberfjangen, unb trinken ftratjtenben
Slngeftcfjts ttöftlicrjes siBaffer ober ebeln 3ßein, roärjrenb un=
fterblict)e Knaben. fcr)ön roie tjingeftreute perlen, gejdjäftig
f)in= unb r)ereilen, um fie 5U bebtenen^). Die britte Sct)ar
aber, bte Scrjar ber auserlefenften grommen, empfängt
außer ben allgemeinen 93arabiefesfreuben nod) ein befonbres
©efdjenu: fie genießt 2ßetn, ber roeber ftopffdjmers noct)
Ärankr)eit er3eugt, grüßte, bie jeber fid) ausmästen barf,
unb gleijcf) oon ©eftüget, roie fie's begehren (ij. 3u ber
^araoiefesroonne ber grommen geprt es auet), bafc ir)nen
großäugige 3un9T*auen, rein roie perlen unb 9J?ujd)eln, als
©attinnen oermärjtt roerben7). Das ^arabies bringt bem=
naefj rjauptfädjlid) \>m gläubigen 9Hännern ein Qehtn in
greube unb ©enufc. 2ßas erroartet benn aber bie gläubigen
grauen unb ftinber? 3f)nen muß, roie es fdjeint, oor allem
ber griebe genügen, ber jebe Seele im s$arabiefe erfüllt, jo
baß ©roll, gurcf)t unb Xraurigtteit auf immer ifjnen fern
bleiben muffen"). 3n biefe irbifct>, ja fleifd)tid>finnltd)e
Sd)ilberung ber s$arabiejesf)errlid)Rett mifdjt fid) ein etroas
fjörjerer 3ug, roenn es 3 93. Reifet, baß alle, bie aus Ciebe
3U 5lllat) t>zn Firmen, bie SBatfe unb ben ©efangenen ge-
fpeift t)aben, 3um £of)n bafür im 3enfeits Röfttid) gefpeift
unb getränkt roerben [ollen •). 3a an einigen Stellen bes
Zorans flimmert jogar bie Sßerrjeifcung burd), baß bie grom=
men im ^arabtefe „bas ^ngefid)t bes §öd)ften, ifyres §errn,"
flauen folten10), roas nact) ber fpätern £er)re ber mor)amme=
banifdjen Xrjeologie bas f)öd)fte ©lücu ber 5ßarabiefes=
beroor)ner fein roirb.
2ßäb,renb bie grommen 5U ben fjerrlicfjften greuben
gelangen, fahren bie ©ottlofen 3U ben fct)rccfeUct)ftcn Qualen
') 40, 8. 8) 18, 107; 23, 11. J) 88, 12—16. 4) 76, 13. 5) 55,
46 ff.; 76, 11—32; 88, 23— 28. ") 56, 10 39. ) 2, 2Sj U
52, 20; 78, 31—85. 0 13, 23. 24; 7, 41. 47; 89, 27. ») 76, 6 ff.
lü) 2, 274; 13. 22; 93, 20.
— 24 —
in ben feurigen Slbgrunb ber ^öife1), bie nad) bem fje*
brätfdjen SBorte ©eljinnom, ©eljenna mit bem tarnen Dfd)e*
ljannam beaeidjnet toitb2). Die <r>ölIenlolje rauft guniten
aus [o grofj nrieXütme3). Die SBerbammten tragen ßleiber
aus geuer; fte empfangen als Xrann übelriedjenbes, peben-
bes 2Baf[er4) unb als Speife (Eitetfluß 5) ober ein Äraut,
bas nidjt näljrt nad) hm junger füllt6), öet&es SBaffer
toirb über iljre §äupter gegoffen, unb iljre baburd) oerfengte
§aut erneuert ftdj Jofott nrieber, bamit fie iljre Strafe un*
aufljörlid) füllen7). §arte unb geftrenge (Engel8), neunseljn
an ber 3al)l9), oeren Dberfter 9KaIia (£errfd)er) l)ct6t^)r
Ijaben bie §öllenbetDoljner 3U peinigen. 3u ben 3Karter*
toernseugen gehören eiferne beulen unb 70 (Ellen lange
Letten11). Die leibltdjen Qualen werben aber nod) erpljt
burd) innere Seelenqualen, bie fidj in Selbftanfclagen unb
SBettoünfdjungen Runbtun12).
Der §bUe toetben außer ben gottlofen üttenfcfjen and)
ber Xeufel unb bie böfen DJdjinn überantwortet13).
SBeibes, bie ^arabiefesfeligneit unb bie §bßenpein, ift
eroig l4), ebenfo nrie ber neue §immel unb bie neue (Erbe
eroig toäljren15); freilidj nrirb Ijter ber 3ufatj gemadjt: „(Es
fei benn, baß bein §err es anbers looHe"16). Sonft Ijeifjt
es aber gans entfdjieben, baß bie Sßerbammten nidjt in bas
^ßarabies eingeben toerben, „elje benn ein Äamel burd) ein
9tobelöl)r geljt"17). Damit nrirb ausgefprodjen, baß fidj iljr
Sdjtdtfal niemals änbern nritb.
* *
3u bem fünften ©laubens[at$e bes Zorans, ber oon
bem Jüngfien iage ijanbelt, fügen bie mofjammebanifdjen
Geologen als fed)ften nod) Ijinsu ben ©lauben an bie
33orljerbeftimmung sum ©uten unb sum SBöfen.
3m Anfang feiner SßtrkfamReit ernannte SKoljammeb,.
(oroeit er fid) überhaupt gu einer ftlarljeit in biefen gragen
burdjgerungen Ijat, bie greiljeit bes menfdjlidjen SßiHens
an. Der 3Kenfdj Rann fidj entfdjeiben, ob er ©Ott für bas
i) 101, 7—9. 2) 3. 33. 7, 39; 67, 6; 78, 21. ») 77, 30—33.
*) 78, 24-26. *) 69, 36. <*) 88, 5—7. 7) 4, 59; 20, 21. 22.
•) 66, 6. 9) 74, 30 f. 10) 43, 77. u) 22, 21; 69, 32. ™) 7, 36.
«) 17, 65; 26, 90-95; 38, 79—85; 6, 128. 14) 2, 73—76; 7,
38—40; 39, 72; 35, 33. «) n, 108—110; 14, 49 (Sertoanbhmg
be§ §tmmelS unb ber @rbc); 21, 104. w) 11, 109 f.; bgL 6, 128.
J7) 7, 37. 38.
— 25 —
©utc bankbar (ein rotH ober nid)t, b. r). ob er ©ortes ©e-
böte erfüllen ober übertreten roil!1). (Sott für)rt ben 5Ken*
fdjen 5U ben betben Sßegen: ju bem 2Bege bes ©uten unb
bes 93öfen, bamtt er gtDtfdjen betben toäljle; aber ber 2TCenfd)
toagt jtd) nidjt auf ben fteiletn 2Beg, ber aum ßeben für)tt2).
5lls jeboct) 2Kor)ammeb fpäter far), baß bte SKefjraaljl fetner
3Kitbürger in ÜDTekka, barunter mancher, bem er feine 5Iä>
tung nidjt oerfagen konnte, il)n mit [einer ^rebigt aurück*
mies, kam er, um ficr) bies au erklären, 3U ber Meinung,
es tjange oon einer göttlidjen 93otr)erbeftimmung ab, ob ber
SKenfdj sum ©tauben komme ober nidjt. Dabei finben fid)
aber bodj manct)e einanber roiberftreitenbe 3lusfprüdje. (Ein=
mal ljei&t es: „2Bas immer bir ©utes roibetfäljrt, ift oon
biliar), unb roas immer bir SBöfes rotberfäljrt, ift oon bir
felbft"3). Dann roieber begegnen toir folgenben 5Iusfprüd)en :
„2Ben 5IHab, leiten roill, bem roeitet er bie 93 ruft für ben
Sslam; unb roen er irreführen roill, bem mad)t er bie 23ruft
gepre&t unb eng, fo bafc ir)m ift, als ftiege er sunt §immel
auf"4), ©ott füljtt 3um ©Iauben, roen er roill, unb aud)
in bie £>ötle, roen er roill5). öeraen unb Dr)ren ber Un=
gläubigen Jjat biliar) oerjtegelt, unb über ir)ren klugen ift
eine §ülle6). 3<* Sttoljammeb lägt ©ott gerabeau fagen:
„2Bit tjaben oiele ber 3)fd)inn unb ÜKenfdjen für bie frjölle
gefdjaffen" 7). Dtefe im Äoran nodj nietjt mit ootler Deut*
lictjkett ausgekrochene 2er)re oon ber unabänberltdjen gött-
Iid)en 93orb,erbeftimmung Ijat bann fpäter bie mor)ammeba=
ntfcfjc Xrjeologie mit einer Sdjätfe ausgebilbet, bafj babei
jebes §anbeln bes 9Kenfdjen als etroas Unfteitoilliges unb
Unoermeiblicfjes etfdjetnt. (Es ift felbftoetftänblidj, ba& eine
joldje ßeljre bie Xatkraft aufs äu&erfie lähmen, ja aerftören
mufj. Unb [0 ift benn aud) ber 3slam im allgemeinen gana
mit ftedjt als bie Religion bes ausgestochenen Fatalismus
bekannt. Solctje roillenloje, knedjtifdje „Eingebung an ©ott",
roie fie ber Ssfam prebigt, ift rjimmeltoeit oerjdjieben oon
jener freien, kinblidjen Eingebung an ©ott, bte bas (£r)riften=
tum oetkünbigt. SJßärjtenb fidj ber SKorjammebaner ftumpf
unb gleichgültig unter ein unabtoenbbares göttliches 93er=
r)ängnis beugt, ergibt fid) ber gläubige Gtjrift freubig unb
bankbar in ben gnäbigen, guten 2BiHen bes r)immli(ct)en
>) 76, 3. ») Od, 8^-11. :*) 4, 81. *) 6r 125. ») 10, 10»; VI,
13. ii; V>, 6; 76, 29 f.; 81, 27-29. '■) 2, 0. 7 7, 178.
— 26 —
Baters, tuet! er rocife, bag benm, bic ©ott lieben, alte Dinge
jum Beften bienen.
ÜTCad) ber Betradjtung ber ©taubensleljre bes Lorano
toenben roir uns nun feinet ^ftidjtenterjre gu.
2. SDie Sßflidjtenteljre bes ftorans.
Die allgemeine ^ßftidjt aller ift, 3U glauben unb
gute SBerke §u tun1). Leibes mu& oerbunben fein; benn
2Berke allein oljne ©tauben tjaben keinen 2ßert2). Sein
(Staube unb feine guten Sßerke werben bem Sttenfdjen oon
(5ott gutgef djrieben3). Slber bas ©ute unb bas Böfe be-
regnet ©ott oerfdjieben. Das ©ute fd)toillt mit 3infen g*
boppelter, ja geljnfacfjer §ölje an, roäljrenb bas Böfe im
allgemeinen nur einfadj in 3tnfa^ gebraut roirb. So tjaben
benn bie ©täubigen für iljre Beurteilung im 3*nfeits oon
oornfyerein bie befte 5lusfid)t. Unb bliebe audj in iljrer
9?edjnung roirktidj nodj ein kleiner Soften Böfes fteljn, J*
roirb es ©ott bebedten, roenn fie fidj nur oor ferneren Sün*
ben pten4). Dod) audj alle ferneren Übertretungen taffen
ftd) burdj Buße füfjnen; benn allen, bie fidj bekefjren, glauben
unb gute SBerke tun, roanbett Slltafj in feiner oerjeüjenben
Barmljeraigkeit bas Böfe in ©utes um5).
Slu&er ben allgemeinen *Pflidjten gegen ©ott unb 3Ken=
fd)en, bie 9KoIjammeb am Gmbe feiner SBirkfamkeit in
SJtekka nad) bem Borbilbe ber biblifdjen 3^n ©ebote in
3toötf nuröe Sä^e sufammengefa&t Ijat6), muß jeber edjte
Bekenner bes 3slams nod) fünf befonbre ^ßflid)ten er=
füllen. Diefe fünf ^ftidjten, bie oon ben morjammebanifdjen
Geologen bie ©runbpfeiter ber ©taubensbetätigung genannt
roerben, finb 1. bas Bekenntnis 3U ber GHnfjeit ©ottes unb
3u Httoljammebs ^rofetentum^ 2. bas fünfmalige tägliche
(5ebetf 3. bas gaften im SKonat 9lamabän, 4. bie Gmtrid>
tung ber gefe^tidjen S^resatmofen unb 5. bie Pilgerfahrt
nad) SKekka.
Das Bekenntnis 3U ©ottes (Einfjeit unb ju
9Kot)ammebs ^rofetentum ift bie erfte oon ben fünf
©runbpftidjten, bie jeber efyte Bekenner bes 3stams 3U er*
füllen Ijat. Die ^ßftidjt bes ©laubens an ©ott betätigt fidj
h 5, 12; 19, 61; 41, 7; 84, 25; 85, 11; 95, 6. *) 6, 159; 14, 21;
39, 65. ».) 21, 94. *) 4, 35. *) 25, 70. «1 17, 23-40.
— 27 —
oor allem burd) ben ©er)or[am gegen [einen ©efanbten1).
Dort) ift t)ier nod) etroas anbres not: „©laubig finb nur,
bie an 2lüar) unb Jemen ©efanbten glauben unb Ijernad)
ntd)t 5toeifetn, unb bie mit ©ut unb 33lut in 5lllat)s
sißeg eifern. Das finb bie 2Bat)rr)aftigen."2) „3n 2lllal)s
2Beg eifern" ober „auf bem SBege 5tllar)s Kämpfen" r)eißt
aber im £oran: für bm 3slam kämpfen. So mad)t 9J?o=
rjammeb ben Glaubenskrieg su einer rettgtöfen $fltcf)t. (£r
ift Sßorjdjrift, aud) roenn er SBiberroillen einflößt3). Gr ift
ein notroenbiger ©ortesbienft; benn „33erfür)rung (3um Un-
glauben) ift jcf)limmer als Xötung". ^Darum finb bie Un-
gläubigen 3U bekämpfen, „bis bie 93erfütjrung aufgebort r)at,
unb ber ©taube an 3Illaf) ba ift"4). Die im ©taubens=
kämpfe fallen, erlangen als r)errlicr)en Cofjn Vergebung iljrer
Sünben unb bie Seligkeit bes ^Parabieiesr). Da bie ©tau=
bensftreiter t)m r)öd)ften Dfang bei 2lHat) einnehmen, jo
können fie aud) bes Sieges oerfidjert fein; benn bie Un>
gläubigen geroinnen nidjt unb oermögen biliar) nict)t gu
|d)roädjen,;). Grobert ber oslam ein fianb, [0 gibt es gan3
beftimmte s-Borfd)riften für bie SBefiegten. SKefjmen fie t>en
3slam an, fo bleiben fie freie Bürger. Sinb fie 5lnr)änger
einer ber beiben Dffenbarungsrcligionen, fo 3at)ten fie bie
ftopffteuer. Sinb fie bies nid)t, b. t). finb fie mcr)t Juben
ober (£r)riften, unb roollen fie nierjt 3um 3stam übertreten,
jo muffen fie fterben. Das ift nun oljne 3toeifel ein Stanb=
punkt, roie er graufiger unb unbulbfamer kaum gebadjt
roerben kann. 5lber roollen roir (£r)riften es roagen, tjier
sJKot)ammebs ftrenge 9ftd)ter 3U fein ? §at nidjt aud) bie
(£bri|tenr)cit in it)ren geiftlitfjen unb roetttidjen öäuptern,
freilid) im fcr)neibenbften 2Biberfprud) mit (£r)riftt ©eift unb
2et)re, leiber oft gan3 är)nlicr) gefjanbelt roie 3Kot)ammeb?
9Jtan benke an bie ©eroalttätigkeiten, beren fid) bie 3um
C£r)ri|t?ntum übergetretenen römifcf)en £aijer in ©laubens*
jadjen fdmlbtg gemacht tjaben. 9J?an t>mke an Äarls fces
©rofjen 33err)alten gegen bie r)eibni[tr)en Sadjfen, bie mit
Jeuer unb Sdjroert 3ur Xaufc ge3roungen roerben (outen.
''Man benke an bie blutigen, greueloollen kämpfe ber ftreu3«
3Üge, bie bas rf)riftlirf)e 3lbenblanb als tauige ©laubens=
kriege gegen bas mor)ammebanifcr)e SKorgenlanb füljrte.
l) 4<J, 14; 33, 36. -> 49, '•">. ) %, 212 f. ' •>. 1 -0— 189.
'•) 3, 15] f. L63 f.; 17, 5-7. «) 8, 61. 66.
— 28 —
SKan benke an bie t)tmmel[d)retenben 33erbrect)en, womit bie
fürd)terltd)en ©laubensgeridjte oer Snquifition bie ßänber
bei ^riften^ett erfüllt ljaben. Unb man oergeffe ntrfjt, bafr
au<r) oon ben ^Reformatoren bet äu&ere 3roang in ©laubens-
fadjen gutgeljei&en töotben ift. 3a Äafoin Ijot in ©enf eine
geiftlicr)e Sd)re<kensi)errfd)aft ausgeübt, bie ber 3nquifition
bes Sttiitelalters fidjerlitf) nid)ts nadjgibt. SBieoiel fdjroerer
wiegen aber bie ©reuel bes ©laubensgmanges in ber
(£t)riftenrjett als im Oslam!
Die gweite ©runbpflid)t bes Sslams ift bas fünfmalige
täglidje ©ebet.
Da Sttoljammeb ni(t)ts oon einem &inbfd)aftsoerr)ältms
bes eingelnen 5U ©oit weife, Jo fteljt er audj im ©ebete nein
ßinbesoorredjt, kein freiwilliges, freubiges, bankbares Taljen
gu bem rjimmltfdjen Sßater, fonbern er erkennt barin nur
eine äufjere $fftd)*, rote fte °*r Sklave feinem §erm gegen*
über ju erfüllen r)at. Sßie ber Sklaoe burd) gewiffe äußere
©ebärben bem ©ebieter (Er)rfurtf)t beweift, roie er unterwürfig
oor tljm bafteljt, ben Lücken beugt, nieberkniet unb fein
Slntli^ äu SBoben toenbct, fo gwängt audj SKoljammeb bas
(Sehet für bie 6einen in gang beftimmte SBorte unb ©ebäV
ben. Sogar bie Xonftärke ber Stimme roirb feftgefetjt, wenn
er oorfdjreibt: „23ete nid)t gu laut unb autf) nidjt gu leife,
fonbern t)alte ben 9Jtütelweg inne1)." 5Jls täglidje ©ebet*
ftunben beftimmte 9Kor)ammeb bie 3eit oor Sonnenaufgang,
oor Sonnenuntergang unb in ber erften ÜTCadjtröadje2), unb
gtoar foHten bie SBetenben ber jübifdjen Sitte gemäß ir>x
SIngefidjt nad) Jerufalem roenben3). $lls er Jid) aber mit
b*n %ubtn oerfeinbet Ijatte, orbnete er beim ©ebct bie 9ttä>
tung nadj ber ftaaba, alfo nadj Sttekka an4). Dem ©ebet
Ijat jebesmal bie SBafdjung beftimmter Körperteile ooran*
5uget)en; ift kein Sßaffer gu ljaben, (o kann aud) Sanb gur
Reinigung benutzt werben5). Der wödjentlidje Sßerfamm*
lungstag ift ber greitag, weil 5lbam am 3lbenb bes fedjfien
Sdjöpfungstages erfdjaffen rourbe. Da tjat fid) bie ©emeinbe
in bem ©ottesljaufe, ber jogenannten 9Kojdjee, gum ©ebet
i) 17, 110. -') 11, 116; 50, 38 f. *) $an. 6, 10. 4) % 139.
144 f. 3U 2Wo!jammebS ©djmäfjimgeti ber $uben bgl. 5, 69; 6,
20. 91; 9, 30; 38, 13. 2lnberfeitS rebet er bon ©otte§ ©aben an
3*rael: 45, 15 f. *) 5, 8. 9.
— 29 —
unb aum 5Inr)ören einet ^ßtebigt einjufinben l). Der greitag
ift aber kein r)eiliger 9lur)etag roie ber jübifct)e Sabbat unb
ber cr)riftlicr)e Sonntag, jonbern nact) beenbetem ©ottesbienfie
foll man roieber an bie irbifdje Arbeit ger)en-'). §eute finbet
iDas <5ebtt mit oorausget)enber SBafdjung fünfmal täglicr)
ftatt: oor Sonnenaufgang, roenn ficr) ber erfte, fct)toacf)e ßict)t*
jd)immer im Dften aeigt, am SKittag, am *TCacr)mittag, bei
Sonnenuntergang unb ßtoei Stunben banadj. Diefe ©ebete
oerriajtet ber 9J?uslim, roo immer er fid) befinbet. Sßirb
ba5 ©ebet gemeinjam gehalten, fo ftellen fief) alle r)tnter bem
SBorbeter auf unb roieberljolen bei hm beftimmt oorgefcr)rie=
benen ©ebetsroorten aucr) beffen einaelne ftörperbetoegungen,
bie ebenfalls genau feftgefe^t finb. Unter bie Jen Umftänben
ift aber kaum bie ©efar)r 5U oermeiben, ba& bas ©ebet 3U
einer toten §anblung roirb, befonbers toeil es aucr) ba, roo
bas 33olk eine anbre Sprache rebet, in arabifct)er SKunbart
gehalten roerben (oll. 3um ©ebet roirb eingelaben burd)
ben SKueajin ober ©ebetsrufer, ber jur beftimmten Stunbe
bas 9Kinaret, ben Xurm ber 9Kofcr)ee, befteigt, um bie
9Kenge aum ©ebet ju malmen. Der Caberuf lautet: „biliar)
ift gro&!" (Dreimal roieberr)olt). ,,3tf) begeuge, baJ3 kein
<5ott ift aufeer biliar)" (3toeimal). ,,3d) beaeuge, ba& Wo-
t)ammeb ber ©efanbte Sülarjs ift" (aroeimal). „§erbei 3um
<5ebet!" (3toeimal). „öerbei 3ur Heiligung!" (ätoeimal).
„Ma^ ift grofj!" (breimal). 3ft bie ©emeinbe oerfammelt,
fo roieberrjolen alle bie 2ßorte bes Caberufs mit bem Sdjlufe :
„23ereit jum ©ebet!" ÜTCacr) ber oorgefcf)riebenen ©ebets=
r)anblung roenbet jeber fein £>aupt erft nacl) redjts, bann
nact) links unb jpricrjt babei über bie Schulter einen griebens=
grufj, ber für feine Sdjutjengel beftimmt ift. Danad) er=
t)ebt man bie ööube unb fpricfjt knienb ein freies (S>^hzt.
* *
Die britte ©runbpflid)t bes 3slams ift bas gaften
im SKonat 91 am ab an. 3n biefem neunten arabijerjen
SKonat, in bem 9Kor)ammeb buref) ben (Engel ©abriel bie erfte
Offenbarung empfing, foll 3um 2lnbenken baran jeber Ottuslim
in feiner SBorjnung faften. 2ßer aber krank ober auf Reifen
ift, ber foll bie gleiche ^ln3ar)I oon Xagen nadjfaften3).
anfangs oerorbnete 9Kor)ammeb nacb bem 33orbilbe bes
jübifct)en großen ^erför)nungstages jäfjrlicf) nur einen gaft=
) 1«, 125; 68, 10. :i) 2, 179—183.
— 30 -
tag, ber auf ben sehnten lag bes erften arabifdjen Monats
gelegt roarb. 9Us er fid) aber mit ben 3uben oerfetnbet
Ijatte, fdjlop er fitf) bem 36tägigen gaften an, bas bie
morgenlänbifdje ftirdje bamals beobatf)tete; hahzi mar (£nt=
Haltung oon Spetfe unb Xranit roärjrenb bes £ages ge^
boten, bei (£inbrutf> ber STCadjt aber burfte man ftdj fätttgen.
Dasfelbe beftimmt nun aud) ber &oran: Ue SKuslims
muffen roäljrenb bes gansen 9Konats 9lamabän täglid) oon
ber Sttorgenbämmerung bis gum Slbenb faften, Können aber
roärjrenb ber SKadjt 6peife 3U fid) nehmen, afternroürbig
ift, baß bas gaften hei beftlmmten Sßergeljen als SBufce
auferlegt roirb l).
* * *
Die oierte ©xunbpflidjt bes 3slams ift bie (£nt =
rtd)iung ber gefetjltdjen 3a^te!5atmafen. Sie
fül)tt t)m tarnen 3ctuät, b. r). Reinigung, bemt bie SItmofen
Ijaben nad) SÖTorjammebs ßer)re eine reinigenbe, für)nenbe
Äraft. anfangs röar bie (Entrid)iung ber Sllmofen in bas
SBelieben ber einjelnen geftettt2). 9I(s aber 9Kol)ammeb
fpäter oon StRebina aus feine Sdjaren in t>en Glaubens-
krieg ausfanbte, ermahnte er feine SJnljänger, „in Slllafjs
2ßeg" xi)t ©ut ausgugeben3) ober „5Iftalj ein fd)önes Dar-
leljen oorguftredten," bas er i^nen, oerbunben mit ber 33er=
jeitjung iljrer Sünben, boppelt aurücuerftatten roerbe4). So
rourben 3lImofen unb ^riegsabgaben immermer)r oereinigt5)
unb als eine Steuer für bie Staatsfcaffe erhoben, (£s roar
aber 9ttoljammeb nidjt merjr befd)ieben, bie (£rt)ebung biefer
abgaben eintjeitlid) 3U orbnen.
Die le^te ©runbpflidjt bes Sslams ift bie ^3ilger =
faf)rt nadj SKeuua. Jrier tritt bie enge 23erbinbung
groifdjen bem alten r)eibnifd)en Arabien unb bem neuen
Arabien SKoljammebs beutltcl) sutage. Um aber 'bm alten
Ijeibnifdjen Sempel ber &aaba 3U bem §auptr)eiligtum bes
Sslams roetr)en 3U Rönnen, erfanb 3Jtorjammeb bas 9ttärdjen,
Wbtat)am unb Ssmael Ratten hen ©runb ber ßaaba neu
gelegt, unb (Sott felbft rjabe biefe Stätte 3U einem 23er-
fammlungsorte für bie 9K enf d)en beftimmt8). %et)ex SKuslim
i) 4, 94; 5, 9; 58, 1-5. *) 2, 269; 14, 36. ») 2, 263.
4) 64, 17. 5) 9, 60. «) 2, 119—126; 22, 27—31.
— 31 —
lofl minbeftens einmal in feinem £eben nad) SKefcfca roatts
faulten. So fttömen benn alljär)tlid) in bem ^itgetmonat
3ulljibbfdja, bem sroölften atabifd)en StRonat, große Gcrjaten
oon SkRennern bes Sslams aus allen Xeilen ber Sßelt !)
in SKoljammebs ©eburtsftabt 3ufammen, um boit bie
^eiligen Stalten su befugen unb bie ootgejdjtiebenen
Stäudje mit peinlidjet (Senauigueit 3U oollsterjen. Die
ßaaba Jteljt in ber 9ftofd)ee et=§atam, einem oon gebeerten
fallen umgebenen §ofe mit ©ebäuben in bet 9)tttte. Sie
bilbet ein toütfelälmlidjes 9HauetroetR oon 15 m §bt)e,
12 m ßänge unb 10 m ^Breite mit bem ^eiligen [dnoa^en
Steine, bet oon Roftbaten Xeppidjen umnleibet ift. Dies
„ftleib bet ftaaba" toitb jät)tlid) oon bem Sultan bet
iütuei gefüftet. SBiele tilget frommen 3U gufc unb mittel
los, gang auf bie TOlbtatigRdt bet Sttitieifenben angetoiefen,
unb roetben nitfit feiten butd) 8tanRr)eit unb Gntberjiungen
barjingetafft. Die *ßitgetfal)tt nad) SKeftRa ift ein ioia>
tiges 9Kittel, bie in allet 2Belt jetftreuten 9Kuslims immet
roiebet um einen feften 9Hittelpunkt 3U fammeln.
3u ben fünf ©tunbpflid)ten bes 3slams Rommen nod)
oetfd)iebne anbte 93otfd)tiften. Daljjin gehört bas ©ebot
fcet SBefdmeibung, oon bet jebod) bet ftotan nicfjt aus=
btüc<d) tebet, bie abet fdjon 00t 9Kof)ammeb bei ben
Sfrabetn übtid) roat. SBeitet gibt es geioiffe Speifeoot=
fd)tiften: fo ift, toie im 3ubentum, bet löenufo oon 2las,
331ut, Sd)toetneftetfd) unb ©öt}enopfetfleijdj oetboten-).
Jßein unb Spiel 3), befonbte gteuben bet Ijeibnifdjen
Sltabet, toetben als Satansgteuel unterjagt4). 3n bem
gtö&ten Xetle bes Sslams f)at man aud) bas nid)t oon
3Jtor)ammeb felbft r)etrür)renbe 33ilbetoetbot beobad)tet.
5ßit bettad)ten nun einige 53eftimmungen aus bet
ftedjtsleljte bes Sslams.
3. Die <Red)tsteljte bes 3slams.
Sßetttäge unb Gibe foflen rjcilig gehalten toetben5).
5ßet roiffentlid) eine faljd)e eiblidie Wusfage gemalt bot,
fcet [oll jut Süljne 3er)n s21tme fpetfen obet behletben obet
einen S&laoen loskaufen0), ißenn aud) ftanbelsgetotnn
») 3m ^aOrc 1900 tooren 150000 tilget in 3Heffa. -) 2
b, 4. :i) ffiörtltdj: Dafl Maiftrfptel, bei Dem um bie Stinte eine«
Wörter gefdjladjteten ftamelft Soßpfeile geworfen tourben. 4i 5, 92f.;
% 816. »j 16, 93—96. •) 5, 91.
— 32 —
erlaubt ift, fo rotrb ber 2Budjer als jünbtjaft oerboten, unb
allen SBudjerern roirb als SBer&seugen Satans ber ßrieg
©ottes unb feines ©efanbten angefcünbigt1). ©egen foldje,
bie in SaJjlungsfdjtoierigftetten fmb, foll man ftadjficrjt
üben2). Einern Diebe [ollen 3ut Strafe bie §änbe abge=
r)auen toerben3). gür 9Korb roirb bie 5Blutracf)e oor*
getrieben*), fobaß bie SBlutfdjutb nidjt nur auf bem 3ttörber
fetbft, fonbern aud) auf {einen Stammesgenoffen ruljt. 33ei
unoorfä^lictjer Xötung foll ber £äter, roenn ber ©etötete
ber ©emeinbe ober einem oerbünbeten Stamme angehört,
3ur Sür)ne einem gläubigen Sfclaoen hu greiljett flennen
unb btn Angehörigen bes ©etöteten ein SBujjgelb saljten,
„es fei benn, fie flennen es als 5tlmofen." ©eprt aber
ber getötete ©täubige einem feinbltcr)en Stamme an, fo
genügt für ben £äter als Süfjne bie ^Befreiung eines
gläubigen Salaoen. 2Bem t>k aKittel 3U biefer Sü§ne=
leiftung feljlen, ber foll ftatt beffen sroei SJlonate t)inter.
einanber faften5).
Das (Erbrecht roirb im &oran genau geregelt. So
follen 3. SB. bie Altern einem Soljne boppelt fo oiel aus*
fe^en roie einer £od)ter. Sinb nur Xödjter ba, unb stoar
metjr als 3toei, fo follen fie 3toei Drittel oon ber §inter=
laffenfcfjaft ber ©Item erhalten. 3ft nur eine Softer ba,
fo bekommt fie bie £älfte bes elterlichen Vermögens. SBon
ber £interlaffenfd)aft einer liinberlofen ©attin erbt ber
3Kann bie Hälfte. <r>at jebocr) bie grau ein ßinb, fo
empfängt ber SOIann nur ben oierten Xeil, nad) 2lb3ug
eines etwaigen SBermäcrjtniffes ober einer Sdjulb ber grau.
Die grau erbt oon bem Sttanne, toenn hie ©fje funberlos
ift, ein Viertel feiner §abe, ift aber ein Äinb ha, nur ein
5ld)tel, nad) 3lbsug eines etroaigen Sßermäcrjtniffes ober einer
Sct)ulb bes 9J?annes6).
Die Sßaifen toerben in if)rem 9ledjte befonbers gefdjü^t,
unb oielleictjt in Erinnerung an feine eigene Sßaifenseit Ijat
9Jlor)ammeb über bie SBertoaltung ber ©üter oon 2ßaifen=
ninbern genaue 33orfcr)tiften gegeben7).
Eigenartig ift bas ©r)ered)t bes Zorans. Die (Slje ift
für 9Kof)ammeb oor allem ein Vertrag, ben ber 3Kann mit
bem Sßater ober bem Sßormunbe ber grau abfdjlie&t. £>at
*) 2, 276-279. 9) 2, 280. ->) 5, 42. 4) 2, 173 f. 5) 4, 94.
6) 4, 12—14. <) 4, 2-7.
— 33 —
i)et 9Kann als $tusfteuer eine beftimmte Summe gesafjlt, fo
getjt bie grau in feinen SBefit^ über. Das 2ßeib ift „ber
s2lc§ter" bes 9J?annes ]) ; fie ift ftets an Ginen (Satten ge*
bunben. Der 9Kann bagegen, ber an fict) t)ör)er ftetjt als
bas 2Beib 2), Rann mehrere rectjtmä&ige ©attinnen, jeboct)
r)öcr)ftens oier, ju gleicher 3^rt t)aben :;) ; baneben aber ftet)t
es itjm frei, roenn es il)m feine SKittel erlauben, gläubige,
ehrbare S&laoinnen mit Erlaubnis ifjrer Ferren unb unter
Darreichung einer SRorgengabe 3U heiraten4). Der ^ßrofet
jebocr) (unb jeber feiner D^adjfolger) r)at allein „als befonbres
33orrecf)t" bie greir)eit, gläubige grauen in beliebiger $ln=
5at)l SU ©attinnen ju nehmen5). Die (£r)e in beftimmten
93enr>anbtfct)aftsgraben, 3. 93. mit ber Xante unb Sftdjte, ift
oerboten'5), ebenfo bie (£t)e mit §eibinnen :), roäljrenb bie
(Sr)e mit Jübinnen unb Gljriftinnen als Senennerinnen einer
oon (Sott geoffenbarten Religion erlaubt ift s). (Sine reti=
giöfe SBeilje ber (£I)e Rennt ber Äoran nict)t. 3a outa) bt*
Erlaubnis ber freilict) jetjt aus bem Sslam faft ganj oer=
jd)tounbenen 3eiter)e gibt er bem Sttanne einen greibrief
für bie sügellofe 33efriebigung ber gleifct)esluft, inbem er
heiraten für eine beftimmt oereinbarte grift geftartet; nur
muß ber SKann in folgern galle bem 2ßeibe eine „9Korgen=
gäbe" reichen9). 3ßenn alfo ber ftoran bie (£r)e „ein
feftes 33ünbnis" nennt1"), fo ift bas nur ein leeres 2ßort.
(Sebunben ift im ©runbe nur bas 2ßeib; ber 9Kann roirb
in feinen 23egierben Raum befcf)ränRt. 2ßär)renb bie grauen
buret) ir)re freilict) fcr)on oor 9Kor)ammeb üblict)e 93er=
jd)leierung unb burd) bie Ginfcfjtiefeung in bas grauen*
gemact)11) in einer entroürbigenben &nect)tfcr)aft gehalten
roeroen, ift ber 9Kann ber freie, feibftfjerrticfje ©ebieter: er
Rann fid) mit £eirf)tigReit oon einer ir)m mißliebigen ©attm
(Reiben, roorüber ber ftoran eine ganse ^Heifje (SinseU
beftimmungen gibt ' -') ; er barf eine roiberfpenftige grau
fct)lagen13), ja er r)at bas 9?ed)t, [eine bes Ctr)ebrucr)s über=
führte ©atrin in bas §aus emaufdjlte&en, „bis ber Xob
ir)r naf)t ober $War) ifjr einen 2Beg gibt" u).
2Bir ferjen, roie tief bas (Er)ered)t bes Sslams ftef)t.
S-U3ir roollen babei aber nicfjt oergeffen, baß SKofjammeb bie
lUelroeiberei bei ben Arabern nicf)t erft eingeführt fjat. Gr
') 2, 2-23. •-') 2, 228; 4, 38. :;) 4, 3. ') 4, 29. I , 19-52.
26—29. 7) 2, 220 f. *) 5, 7. ») 4, 28. >") 4, 25; bgl. audi
59. •-) 2, 226 \1 f. i»)i 3a »♦) l, L9.
— 34 —
fanb fie bei feinen ßanbsleuten oor; unb es ift nidjt 5U
leugnen, t>a^ burdj {ein Grjeredjt bie frühem 3uftänbe enU
Rieben gebeffert morben finb. gerner ift su bebenden, baß
es Ijeute fdjon bex Soften megen im 3slam nur menigen
SKännern möglid) ift, oon bem $l<ia)ti ber Sßietmetberei
©ebraud) 3U madjen.
Jtadjbem mit nun bie ßeljre bes Sslams in iljren
©runbsügen bargefteflt rjaben, motten mir feine ©efdjidjte,
unb strmr bie äußre mie bie innre, in iljrem §aupts
verlaufe fmrs betrauten.
III. Die GefctJtdbte Des 3slams.
1. Die äußre ©efdjid)te.
$ts 9Körjammeb am 8. 3uni 632 ftarb, l)atte er fidj
faft gana Arabien untermorfen. 3n feiner 3ugenb 3iegen^
Ijirt, bis in fein oieratgftes ßebensjaljr Kaufmann, 52 3at)re
alt genötigt, mit einer Kleinen Sd)or oon 2lnr)ängern feine
Sßaterftabt 3U oertaffen, \tax\h er 5ef)n Sa^re fpäter als un=
umfdjränltter öerrfdjer feines §eimatlanbes ba. Unb fdjon
tjunbert 3<*IJ*e barauf geboten feine ÜRadjfoIger über ein
Sßeltreid), mte es feit t>m Sagen bes römifd)en ftaifertums
nid)t mei)r gefeljen morben mar.
Unt) boä) ließ 9ttor)ammeb bie Seinen führerlos surüdt.
Denn ha er alte feine SBefugniffe als unübertragbar anfaf),
fo Ijatte er Reinen -ftadjfotger beftimmt. Darum rief fein
§infd)eiben audj bie größte SBeftürßung unb 9totlofigReit
Jjeroor. 3<* oex ftürmifdje Dmar mottte überhaupt ntd)t
glauben, baß 9Jlor)ammeb mirnltcr) tot fei, unb erklärte foldje
SBet)auptung grabe^u für läfterltd). 2lber ber befonnene 5lbu
SBeiir mahnte bas SÖoIr: „2ßer 9ftor)ammeb anbetet, ber
mag miffen: 9Ko§ammeb ift tot; mer aber (Sott anbetet,
ber miffe: ©ott lebt immer unb mirb nie fterben." 5lbu
S3eftr, einer ber erften 5lnt)änger SJtofjammebs, bagu fein
greunb unb Sd)toiegeroater, mürbe bann oon ber ©emeinbe
gum oortäufigen Kalifen ober Stettoertreter bes ^ßrofeten
ermäljlt. Unb mie er oon ber ©emeinbe in freier SBaljl
erkoren morben mar, fo fottten and) in 3ufcunft alle Kalifen,
bie ben Sßrofeten ©ottes in religio fen unb politifdjen Dingen
gu oertreten Ijatten, burd) bie ©efamtljeit ber ©täubigen 5U
ü)rem 5lmte ernannt merben. Dasu kamen im fiaufe ber
3tit noefj einige befonbre 93eftimmungen : S^oer ftalif fottte
— 35 —
ebenfo rote 9ttot)ammeb bem Stamme Soreifct) ober gar ben
unmittelbaren ÜKact)kommen bes ^ßrofeten angehören ; er fottte
ein gefunber, gottesgetet)rter, geregter 9J?ann fein unb nur
|o lange (eine Stellung beftleiben bürfen, als er in Über=
etnftimmung mit bem £oran unb ber Überlieferung regierte.
51bu 93ckr mar nur oon 632 bis 634 ßatif unb t)atte
in biefen 5mei 3a*)ten einen fd)tüeren Stanb gegen innre
unb äußre geinbe. Sein oon it)m empfohlener ^actjfotger,
ber umfict)tige, tatkräftige Dmar, faßte fein 2tmt roefenttict)
anbers auf als er. 51bu 33ekr fagte in feiner $lntrittss
prebigt 5ur ©emeinbe: ,,3d) bin euer Dbmann gemorben,
roenn ict) auct) nict)t ber 23efte unter euct) bin; tjanble ict)
rectjt, fo unterftütjt mict); t)anbte ict) unrecht, fo roiberftet)t
mir." Dmar bagegen nannte fid) suerft „gürft ber ©läu=
bigen" unb brückte bamit aus, er roolle in ber Gpemeinbe
*ict)t nur ber (Srfte an (Et)re, fonbern auct) an 9Cftact)t fein.
2Bät)renb feiner 3et)njät)rigen £>errfctjaft, oon 634 bis 644,
gerftörte er bas neuperfijctje 9teut), entriß bem oftrömifctjen
ßaifer Sorten unb ^aläftina, beffen §auptftabt 3^tufalem
im Jar)re 637 in feine §änbe fiel, unb getoann burct) fei=
nen gelbt)errn 51mru oier 3af)te fpäter auct) Sigopten. Unter
ben beiben folgenben Saufen Dtijnüin unb 3(lf, 9Kor)ammebs
Sct)roiegerföljnen, brachen fernere innre kämpfe aus. Dtt>
man, ein gutmütiger, aber unfähiger 2ftann, mürbe 656 bü
einem $fufftanbe in 9Kebina ermorbet, unb 3lli fiel 661
einem SBerjdjtoörer sunt Opfer. 9?un Kam bie §errfct)aft für
etroa 90 Jar)re, oon 661 bis 750, an bie Dmaijaben, bie
■KactjRommen Dmaijas, eines Sßerroanbten 9J?ot)ammebs.
Cleict) ber erfte Äalif aus biejem £>aufe oerlegte bie 5Refi=
benj bes 3slams oon 9ttebina nact) Damaskus. Sionftan=
tinopel mürbe oergeblict) belagert, 9?orbafrika aber erobert.
3a im 3a*)tc 711 fe*5te oer 3elbr)err Xarik bei bem nact)
it)m benannten Serge 2)fct)ebel=at=Xarik, bem heutigen ©ib-
raltar, nact) Spanien über unb oernict)tete bas ct)rifttict)e
tßeftgotenreict) in ber blutigen Sct)lact)t bei leres be la
Rrontera, genauer bei bem kleinen gluffe Salabo. 93on
Spanien, bas it)nen bis auf bas kleine ßonigreict) silfturien
im Sorben bes fianbes sur 93eute roarb, brangen bann bie
Araber über bie ^nrenäen nact) grankreict) oor; unb fie
Ratten bamals oietleictjt bem Gfjriftentum im $lbenblanbe
fcen Xobesftoft oerfetjt, menn fie nict)t oon Statt Kartell,
bem ©ro&oater ftatls bes (Sroßen, im 3a*)re 732 burct>
- 36 —
bic fiebentägtge Sct)lad)t atoifdjen £ours unb ^ßoitiers 311*
rümgefdjlagen toorben mären.
5lls bas £>errfd)err)aus bcr Dmaijaben im 3ar)re 750
burdj einen neuen SBruberurieg bes 3slams ausgerottet mar,
riffen bie Slbbafiben, bie ftadjaommen eines Dljeims 3Ko»
r)ammebs, bie 9Jtad)t an fidj unb behaupteten fie bis 5um
3ar)re 1258. Sie oerlegten bie 9tefiben3 oon Damaskus
na<$ SBagbab am Xigrts, bas bamals mit [einen amei 9Kil=
lionen (£inmof)nern bie größte Stabt ber (Srbe mar. §ier
in SBagbab regierte oon 786 bis 809 ber berütjtntefte Slbba*
fibe, ber oon btn Didjtern gepriefene unb aus ben 9Jtärd)en
„Xaufenbunbeine 9faid)t" morjlbeltannte &alif §arun at
9lafd)ib, ber aud) mit bem £aifer £arl bem ©roßen in $er=
binbung trat. (£s bauerte aber nidjt lange, fo aerbtbckelte
bas große 2lbbaftbenreidj im SBeften unb im Dften. 3m
Sßeften, in Spanien, t)atte fd>n im Zäfyxt 755 ber einige
bem Xobe entronnene Dmatjabe 5lbburra^man bas felb=
ftänbtge Äatifat oon (£orbooa begrünbet. 3m Dften gingen
nad) unb nad) bebeutenbe ©ebiete oertoren, bis bas einft
fo glänaenbe ßalifat oon Sßagbab im 3<*f)*e 1258 burd) bie
aftatifdjen 3Kongolen jertrümmert tourbe. Damit Ijörte aud)
bie (Einheit bes 3slams, bie bis 3U biefer 3eit tro^ aller
©egenfätje unb Staatenbübungen menigftens innerltcf) be*
ftanben ljatte, für immer auf, fo baß ber Sßeften unb ber
Dften Ijmfort irjre eignen 5ßege gingen. 3m Sßeften löfte
fidj oon 1031 an bas fpanifd)e Kalifat oon (£orbooa in eine
SKenge kleiner gürftentümer auf, bis enblict) nad) bem Unter«
gange bes legten kleinen arabtferjen £önigretd)s oon ©ranaba
im 3ar)re 1492 ber 3slam in Spanien für immer ausge-
rottet mürbe.
3m Dften traten mit bem Anfang bes oieraetjnten 3afjr*
tjunberts bte osmanifdjen Xüruen auf oen ^ßlan. (Ebenfo
roie bie ginnen, ßappen unb Sttagnaren Slngetjörige bes
mongolifdjen Sßötnerftammes, beffen größter 3umg oon oen
(H)tnefen, Japanern unb Koreanern gebilbet rotrb, lebten
bie Xüruen in alten Seiten als 9?omaben im Dften Slfiens
unb nahmen jdjon im adjten Jarjrljunberi oen 3slam an.
(Einer it)rer Häuptlinge Dsman I. (1299—1326) grünbete
in Äleinafien ein felbftänbiges *Reid) mit ber <r>auptftabt
SBruffa, unb if)tn 3U Gtjren legten fid) feine banubaren 33olus=
genoffen ben tarnen Dsmanen bei. 33on ftleinafien brangen
bie Xürfcen balb fiegreid) nad) ©uropa oor. Sie unter*
roarfen Bulgarien, fiegten im 3a*)re 1389 über bie Serben
auf bem SImfelfelbe unb begannen bas d)riftlid)e Slbenblanb
mit bem Strecken itjres Samens ju erfüllen. Vorüber-
yet)enb mürbe bie meitere (Entfaltung ber osmanifdjen 3Kacl)t
gehemmt, als bas SKong olenreirf) unter Ximurleng in 3lfien
ju neuer 93Iütc kam. Diefer geroaltige §errjct)er eroberte
in unauft)altjamem Siegessuge Werften, bas 3nbuslanb,
Snrien unb ftteinafien, mo er ben türkifdjen Sultan 23a=
jegib I. im 3^re 1402 bei 3lngora befiegte unb gefangen*
nafjm. 5lls aber nad) Üimurs Xobe im 3^^e 1405 fein
9feidf) 5erfiel, [teilten bie Dsmanen nid)t nur it)re §errfdjaft
in ftleinafien mieber t)er, fonbern oerfettfen audj burtf) bie
(Eroberung oon ftonftantinopel am 29. Sftai 1453 bem ftf)on
lange batjinfiedjenben oftrömifdjen ftaiferreidje ben Xobes=
ftofj unb barmten fid) 1521 burd) bie (Einnahme 93elgrabs
hm 2ßeg nad) Ungarn, ^idjt lange oorfjer, im 3^re 1512,
natjm ber türkifdje Sultan Selim I. ben (Ehrentitel £alif
an, ben ber §errfd)er bes Dsmanenreidjes bis Ijeute trägt,
obrootjl er nid)t, mas für bieje SBürbe eigentlidj SBebingung
ift, bem Stamme ber Äoreifd) angehört, jo bag bie mor)am=
mebanifcr)en sJted)tslef)rer feinen 5Infprudj auf anbre Sßeife
ftütjen muffen. Seine 58Iütc3eit erlebte bas osmanifdje Dreier)
unter Selims I. Sofjn, bem Sultan Suleiman IL (1520
bis 1566), bem bie Uneinigkeit ber abenblänbifdjen (Er)riften=
fjett nict)t roenig 3uftatten kam. Das 3a*Jr 1529 fab, ir)n
fogar oor ben Xoren Sßiens, bas er aber oergebliä) be=
lagerte. 154 Jarjre fpäter, 1683, erfd)ienen bann bie «Türken
abermals oor biefer Stabt, unb oielleidjt Ijätte bem d)rift=
liefen (Europa, äfjnlid) roie faft 1000 3a*)re äuoor in ben
Xagen Äarl Kartells, roieber eine C5efat)r burd) ben 3slam
gebroljt, roenn nid)t burd) bie f)elbenmütige Sßerteibigung
Sßiens unD ben Sieg bes oereinigten beutfdjen unb polnt-
fdjen leeres bie ÜTCot abgeroanbt roorben märe. Seitbem
ift es mit ber Xüikei immer metjr abmärts gegangen, unb
r)eute ift bie osmanifdje §errjd)aft faft gan(} aus (Europa
Derbrängt roorben. 9?ur ftonftantinopel mit einem formalen
föebiet ift ir)r in unferm (Erbteil als letztes 33olltoerk
geblieben.
Das fltoeite mofjammebanifdje Staatstoefen, bas fief)
bis in bie (Segenroart gerettet r)at, ift Werften. Wls fid)
bas s.Keich, ber Mongolen, bie großenteils ben Csslam an«
nabmen, in oerfdjiebene kleine Staaten auflöfte, mürbe
— 38 —
Werften burct) bie Sefiben im Saljre 1501 toieber felbftänbig
unb erlebte fogar unter bem Sctjar) Slbbas bem ©rofeen
(1582—1627) eine Rurse ©lanaaeit. Die Serben gelten
fict) länger als sroei 3ar)rljunberte. Dann aber fantt ^ßer=
fien immer tiefer. 51fgljaniftan riß fict) los, unb fdjtte&lic^
geriet bas perfide 9letct) gans unter ben GHnflufe Gmglanbs
unb SRufetanbs. 2Bas ber 2Beltkrieg ber Xüruei unb $er=
fien bringen mag, bas liegt Ijeute noct) gan3 im dunkel.
Selbftänbige mot)ammebanifct)e §errfct)aften gibt es
aufter ber £ürfcei unb ^ßerfien noct) Raum. Denn Stgnpten
ift in 1)m §änben ber Gcngtänber, 9KarottRo nrirb immer
metjr oon granftretct) umklammert, unb 2ifgt)aniftan r)at im
Süben hie (Snglänber 5U fürdjten.
2ßie bie äu&re (5efct)ict)te bes Sslams, }o bietet aud)
bie innre ein roectjfetootles 33ilb : auf (Sint)ett ift Spaltung,
auf SBlüte ift SBetfcen, auf ©lans ift 9ttebergang gefolgt.
2. Die innre ©efct)ict)te.
Die oier erften Kalifen, bie meift ununterbrochen in
it)rer §auptftabt Sttebina ro eilten, roaren SKufter oon
mot)ammebani[ct)er grömmtgneit. Damals mürbe auct) ber
ftoran sufamm eng eft eilt. 5lbu SBefcr begann biefe Arbeit,
unb £)tr)män oollenbete fie. (£r tiefe (Sin (Sjemplar
bes Zorans als mafjgebenb anfertigen unb alle anbern,
bie in Umtauf roaren, oerbrennen. Dajj fein Xejt all*
gemein angenommen roorben ift, Rann als 93ürgfct)aft
für feine 3uoertäfftgReit gelten Denn es t)ätten fict) fonft
fict)er bie bamals noct) tebenben §örer ber ^ßrebigt 9Ho=
t)ammebs gegen fotct)e Neuerung aufgelehnt. 3m ©egen--
fat) 3U ben oier erften Kalifen gaben bie Dmaijaben in
it)rer §auptftabt Damaskus bem altarabtfdjen §eibentum
meiten Spielraum, ©ans anbers mürbe es aber mieber
unter ben 5I66afiben, t)ie ein t)atbes 3at)rtaufenb in 23agbab
get)errjct)t t)aben. 3n 2et)re, Qehen unb öffentlichem 9tect)te,
überall follten 9ttot)ammebs Sßorfct)riften bas oberfte ©efetj
fein. Dabei ertjoben fiel) jeboct) grofje SdjurierigReiten.
Denn ber ftoran gab ja mct)t auf alle ©inselfragen genügenb
^tntroort, obroot)t 9Kot)ammeb gemeint §atte, er tjintertaffe
feinen $tnljängem beutlict)e ©ebote. Sttan mufete best)alb
bie Sunna, b. t). bie Überlieferung, su §itfe nehmen. So mU
ftanben im 9. ct)riftlict)en 3^r^unbert 6 23üct)er ber Über;
tieferung, bie noct) t)eute bei bem größten Xeite ber 9Kor)am-
— 39 —
mebaner als 9ttcf)tfct)nur gelten. Dorf) felbft bic Übet*
lieferung reichte nicfjt immer aus, alle gätle ftctjer 3U tnU
ftfjeiben. Saturn ttat su bem £oran unb ber Überlieferung
als brities bie Übereinftimmung ber muslimifdjen ©emeinbe,
beren Gmtfdjeibung über bas, toas jur 9iect)tgläubigRett
gefjört, mafcgebenbe 33ebeutung r)at unb als beren 3Kunb
t>ie anerkannten 9teligionsler)rer angefet)en mürben. 2Ber
jebocf) su biefen gerechnet merben (olle, barüber gingen hit
5lnfid)ten ausemanber. So entftanben unter ben 5lnr)ängern
ber Überlieferung, ben fogenannten Sunniten, im 8. unb
9. ct)riftlid)en 3aWunbert oier oerfcfjiebene Spulen, oon
benen jebe nocf) beute in t>en einseinen Cänbern bes 3slams
ir)re beftimmten $lnf)änger r)at
3m [djroffen ©egenfatje 5U ben Sunniten fteljen hk
Scfjiiten. Die Sd)ia, b. 1). Partei ober Sekte, bilbete fict)
nad) ber Srmorbung bes Kalifen Dtr)man; fie kämpfte für
3lli, 9Jiör)ammebs fetter unb Sdjtoiegerfotm, unb oertrat
ben ©runbfatj, bas Kalifat muffe in ber gamilie bes $ro=
feten erblicr) fein. Darum fernen bie Sdu'iten auct) bie brei
erften Kalifen als unredjtmägig an unb beginnen bie 9?eit)e
ber ftadjfolger 9ttor)ammebs erft mit 5lli. gerner grünben
fie it)re ©laubens= unb *Red)tsletjre auf anbre Sammlungen
als bie Sunniten unb toeidjen aud) fonft in einzelnen
93täud)en oon biefen ab. 3u ben Scfjiiten gehören nur bie
Werfer unb bie 9J?ofjammebaner im arabifcfjen 3e^en u^b
in einigen Teilen 3nbiens.
Die Spaltung in Sunniten unb Sdn'iten ift inbes ntdjt
bie einzige, bie ber Sslam erlebt t)at. Gs finb im ßaufe
ber 3eit immer neue SeRten entftanben, beren 3^1)1 fid)
t)eute oielleidjt auf r)unberte belauft, unb oon benen jebe
en^elne behauptet, bie toar)re £et)re bes ^ßrofeten 3U oer=
treten. 3m 9. 3a*)rf)unbert bilbeten ficr) bie 9Kuta5tliten
(b. b- bie Xrenner, bie fict) $Ibfonbemben). Sie beftritten
fmuptfäcfjlict) bie bis bal)in gültige £et)re oon ber göttlichen
93orr)erbeftimmung, inbem fie mit sJ?ecr)t betonten, ber 9Kenfct)
t)abe einen freien SBillen unb trage best)alb auet) bie oolle
^ßeranttoortung für fein Xun. Serner roanbten fie fict) gegen
bie übertriebene 2Bertfcr)ätMng bes Zorans. Dies Surf) ift
ja su allen 3eiten ber fjeiligfte Sct)a^ bes oslams geroefen.
3m Äoran lernt bas Äinb lefen, oiele Rönnen it)n aus=
roenbig, im ©ottesbienft barf er nur in ber arabifct)en
©runbfdjrift gelefen toerben, unb umfangreiche (Erklärungen,
— 40 —
bis gu 80 SBänben unb met)r, finb über it)n erfct)ienen. Die
Spraye bes Zorans t)ielt man für unerreichbar unb uxu
na<t)at)tnlict); man oerftieg ftct) [ogar gu ber 5Bet)auptung, bas
göttliche Urbilb bes Zorans [ei eroig. Das leugneten nun
bie SKutaailiten, inbem fie geltenb matten, ber ftoran fei erft
5U 9Jtot)ammebs 3eit oon ©Ott erfdjaffen roorben unb be.
ftelje besfjalb aus oergänglidjen $Buct)ftaben unb ßauten.
Der SBiberfpruct) blieb jeboct) hierbei nidjt fielen, fonbern
richtete fict) auct) gegen ben Snljalt bes Äoians. 6a oer^
trat 3. 23. ber berühmte <pt)ilofopt) 5Mcenna (f 1036) bie
Meinung, 9Kot)ammeb t)abe bie 2luferfiet)ung bes gletf<r)es
nur bestjalb im &oran gelehrt, roeil bie Araber bamals
eine rein geifttge Seligkeit nidjt oerftanben Ratten. Unb
31oerroös, ein anbrer berühmter mot)ammebamfct)er ßer)rer,
ber um 1190 lebte, fat) in ber Offenbarung bes Zorans
nur ein Ceräier)ungsmittel, aber faint ßetjre. 3a namhafte
SKänner behaupteten fogar, bie Religion fei nur für bm
gemeinen Sttann ba, bem fie aus M#ict)keitsgrünben er*
t)atten bleiben muffe.
Der toten 9tect)tgtäubigkeit bes Islams gegenüber er=
t)ob fict) im SJlittelalter eine auct) noct) t)eute roeit verbreitete
9lict)tung, bie fogenannte Sufija. Sufi ift urfprünglict) ber
in ein grobtoollenes ftleib gefüllte SBüfcer. Die Sufi's
lehrten, ©ott fei in allem, unb alles fei in it)m. Deshalb
gebe es auct) keinen Unterfct)ieb sroifctjen gut unb böfe, ba
ja alles aus bem ©inen ©ott ftamme. (Sott 5U fuctjen
unb fict) in it)n gu oerfenken, bas fei bie pct)fte ßebens*
aufgäbe bes SKenfdjen. Die ©emeinfct)aft mit ©ott roerbe
aber erlangt burct) innre ^Betrachtung, nict)t burct) äußern
©efyorfam gegen 9Wor)ammebs ©ebote. 33ei biefer 51m
jct)auung kamen bie Sufi's bat)in, 9Jlor)ammebs 2ßort als
roertlos anjufeljen, ja es oöllig preissugeben. Unter t>m
Sufi's r)aben fict) 5at)lreicr)e Sekten gebilbet, bie 5um Xeil
als SBettelmöndje auftreten unb unter bem tarnen Dertoifd)e
ober gakire bekannt finb. Diefe ßeute toaren unb finb
inbes otelfacr) entartet; obroot)! fie nadj aufcen ein über*
frommes SJßefen 5ur Scfjau tragen, frönen fie im geheimen
ben ßügellofeften 5lusfct)roeifungen, inbem fie oorgeben, ber
ßeib fei nur ein elenbes ©etoanb ber Seele unb fein Xun
könne bie reine Seele nict)t beflecken.
2Bär)renb man in ben Greifen ber Sufi's bie SBebeutung
3Kor)ammebs oielfaä) r)erabfetjte, rourbe anberstoo im 3slam
- 41 —
feine Sßerefyrung bis ins majjloje geweigert. 2Kor)ammeb
(elbft toollte, roie roir Rotten, nichts baoon roiffen, bafe er
ein (ünblojer 9Ken[d) (ei, ober bafj ir)m eine übernatürliche
Sßunberkraft tnneroofjne. 5Iber jcr)on bei (einen Sebjeiten
backten mandje anbers. (Es gab Ceute, bie it)n gegen (einen
SBillen als SBunbermann betrachteten ; unb Omar toollte, roie
ertoäljnt roorben ift, anfangs garniert glauben, bafc 9Kob,am^
meb toirRlid) tot [ei. 5lllmär)lid) brang bann ber ©laube
an Sttorjammebs Übermenfcr)lid)Reit in immer weitere Streife
unb fanb auef) (Eingang bei ben Xr)eoIogen bes 3slams.
33alb rou&te man eine SKenge rounbeibarer Dinge oon ir)m
5U berichten. 9Kan behauptete, SKofjammebs Seele (ei (ctjon
oor unenblidjen 3eiten bagetoefen; 70 000 3<*b,re lang Ijabe
fie in ber ©eftalt eines 93ogels auf ben 3to^9^n bes
Raumes ber 2ßar)rr)eit im ^ßarabiefe gejeffen unb unauf=
Ijörlicr) ju ©ottes ßobpreis gelungen, gerner ergänzte man,
bas £inb 9Kob,ammeb r)abe (id) fofort nad) feiner ©eburt
3U $3oben getoorfen unb bie §änbe 511m ©ebet erhoben.
(Ein gang erftaunlidjes (Ereignis tjabe fid) roäb,renb 9Kot)am=
mebs SBirajamueit in 9tteRRa öugetragen. Da (ei ber
^ßrofet eines ÜTCadjts oon einem Sßunberrofje burd) bie £uft
nad) 3eruia^m getragen roorben unb ftabe bort oereint mit
5lbrab,am, SÜtojes unb 3cIUö gebetet. Die fteife (ei (o
jdmell oor fid) gegangen, baß 9Kor)ammeb bei feiner 9ttidt=
keftr nad) 9KeRRa nid)t nur (ein 33ett nod) roarm gefunben
tjabe, Jonbern auet) ein baneben ftet)enber Sßafferkrug, ben
er bei (einer $lbfan,rt umgeroorfen, roar nod) nid)t oöllig
ausgelaufen. 93ei biefer überfdjroänglidjen $3erer)rung
5Kor)ammeb5 Rann es nid)t rounberner)men, ba& man it)n
auet) mit ben f)öd)ften körperlichen unb geiftigen $ollRommen=
tjeiten ausftattete, inbem man glaubte, er (ei nid)t bem
junger unterroorfen geroe(en, er r)abe alles gemußt unb bie
Grijlüffel ju allen Sd)ätjen ber (Erbe gehabt. (Es (oll fo=
gar t)eutigestags oiele 9Kor)ammebaner geben, bie gana im
SBiberfprud) mit ber £er)re bes Zorans eben(o oft (}u
2Kol)ammeb rote 5U biliar) beten. 3u ben gefeiertften
Äleinobten bes 3slams gehört ber sJJ?antel bes s#rofeten,
ber im SBefitje bes türRtfdjen Sultans i(t unb ber bei bem
osmanijdjen J>errfd)err)auje eben(o roie bie ©eroalt über bie
beiligen Stätten SJieRRa unb 3Kebina als eine 23ürg(ri)aft
für bie 5ted)tmäBigReit ber ftalifenroürbe gilt. „Der 9Kantel
bes ^Profeten" ift aber ertoeislid) unedjt; benn ältere
— 42 —
mor)ammebanifd)e ©efd^id)tfcr)reiber beridjten, er fei im
3ar)re 1258 bei bet (Eroberung SBagbabs burd) bie 3Jc*on=
golen in gtammen aufgegangen.
3toei Statten roaren im Mittelalter glänjenbe üeudjten
bes Sslams: SBagbab in SJtefopotamien unb (Xorbooa in
Spanien.
3n 93agbab lebte um bas Ja^r 1100 aMSaaält, ein
gefeierter Xl)eotoge unb ^ßr)iIofopl), ber unter großem 3u=
lauf an ber weltbekannten £odjfcr)ule lehrte unb neben
einer tiefen grömmigltett aud) edjte Dutbfamfcett gu förbern
fudjte. 5Iußer ber Xrjeologie unb ^r)ilofopr)te raurbe in
Söagbab namentlich bie Literatur ber alten Gmedjen mit
(Eifer getrieben. 3n Spanien toar (Eorbooa ein ^Brennpunkt
aller SBtffenfdjaft. Die Stabt aärjtte um bas 3ar)r 1000
n. (Et)r. eine SJliEion (Einroor)ner unb r)atte 600 moljam=
mebanifdje SBetljäufer unb 50 tranken*) auf er. 5ln ber bor*
tigen $odjfcr)ute, außer ber es nodj 16 anbre in bem
fpanifcr)en Kalifate gab, r)errfd)te bas regfte ßeben, unb
itjre große S8ücr)erei umfaßte 600 000 SBänbe, 93on ber
arabifcfjen SBaukunft jener 3ett legen nod) Ijeute bte tyrafyU
paläfte in (Eorbooa unb Setntta, befonbers aber bie be=
rüljmte 2llr)ambra in ©ranaba 3eugnis ab. 5lls jebod)
(Eorbooa im Jar)re 1236 burct) gerbinanb oon ftaftilien
erobert roarb unb 22 3at)re fpäter burct) ben Sturg bes
5lbbafibenr)aufes auct) SBagbabs |>errlid)Reit barjinfdjroanb,
nafjm nid)t nur bie ©lanaseit bes Sslams in SDßiffenfdjaft
unb Äunft ein &nt>z, fonbern aud) feine innre Gnnijeit, bie
bis barjin tro^ aller ©egenfä^e unb 33erfcr)iebenr)eiten nod)
beftanben t)atte, ging für immer oertoren, unb fo ift es
bar)in genommen, baß ber Sslam faft 700 3at)re lang Reine
roefenttidje gortbilbung met)r erfahren t)at.
33et ber großen innern unb äußern 3ernlüftung, bie
t)eute im Sslam r)errfd)t, ift es batjer roor)l oerftänblid),
baß in ben breiten Sßolusfdjicfjten bas Vertrauen 5U t)m
Kalifen immer mer)r gefdjtrmnben ift unb ein fer)nfüd)tiges
Verlangen nact) einer beffern 3ett in oieler §erjen röot)nt.
2Bär)renb mand)e Sttusltms gu allen 3eiten unb aud)
tjeute im 3aubertoefen SBefriebigung fuct)en, flauen anbre
fdjon lange nad) einem gottgefanbten (Srlöfer aus, ber,
roie man r)offt, aus 9ttor)ammebs ©efd)lecr)t erfter)en
rotrb. Das ift ber 3ttar)bi, ber 9lecr)igelettete, ber nact)
roeitoerbreiteter Hoffnung in ben legten Xagen oor bem
— 43 —
2Beltgerict)te er(cr)einen roirb, um hie ©eredjtigfteit roieber
ein3ufüt)ren unb ©ottes ?Keirf) über alle Öanbe aus3ubreiten.
Aufjer ber 9J?ar)btberoegung ift bic bcr 2Bar)abiten
toicr)tig. 3r)r Urt)eber 9ttol)ammeb, bei Sor)n bes Abb
al=2Bar)ab, 1691 in Arabien geboren unb in ber mor)am=
mebani[cr)en Xr)eologie (orgfältig ausgebilbet, (at) auf aus-
gebeizten Reifen in (einem ^eimatlanbe mit Sdjmerjen,
roie roenig fict) (eine £anbsleute innerlitf) bic ßefyre 9fto5
fyammebs angeeignet r)atten. Der Aberglaube unb t>iz
übertriebene Seret)rung 9Jtor)ammebs roaren ib,m ein ((r)limmer
Abtoeg, unb äugleid) betrachtete er es als eine jcf)roere
^flict)tü?rletjung, baß ber £rteg gegen bie Ungläubigen oon
ben morjammebanijctjen Staaten unterlagen toerbe. Um
alle Stäben 3U fjeiten, roollte er bie 3toeifadje 9ttcf)tjd)nur
bes roaljren Islams, hen ftoran unb bie alte Überlieferung,
um (eben ^ßreis roieber 3ur ©eltung bringen. 2Bas mit
biejer 9?icf)t(cr)nur nirf)t übereinftimmte, bas rjielt er für
oerboten, ja für ©ötjenbienft. So follten namentlicr) ber
2Bein, ber XabaR unb bas Xragen jeibner Kleiber ftreng
gemieben roerben. 3m Anfange bes 19. 3^rf)unberts t)atte
bie 2Bar)abitenberoegung im offnen Kampfe 3unärf)ft großen
(Erfolg, aber enblid) gelang es bem türni(d)en Sultan,
irjrer §err ju roerben. 3nbes norf) t)eute beftet)t in äRtttefe
arabien ein 2Bat)abitenftaat mit etroa 1 SJttllion Seelen.
Gin 3aWauteno fpäter als SKorjammeb, ber Sotjn
SBatjabs, trat ein teuerer im 3slam auf, ber notf) oiel
gröfere Sebeutung erlangt f)at. Dies ift 9Jttr3a Alf sMo;
tjammeb, im 3<**)*e 1820 3U Scrjiras in ^ßerfien geboren.
Sdjon in früher 3uÖcnb Ijörte er bie Vorträge eines Öefjrers,
ber 3U jenen 9ttännern 3äl)lte, bie fict) für berufen hielten,
Sot(ct)aften bes noct) oerborgnen SKarjbis an bas Sollt 3u
übermitteln. Die 2Borte [eines 9ftet[ters ergriffen 9Kir3a
]o tief, bafe er im Alter oon 24 Jansen eine r)öf)ere (£r:
leurfjtung 3U empfangen glaubte un*> erhlärte, er (ei ber
Sab, b. t). bie Xür, unb 3toar bie Xür nid)t nur 3um
Sernebr mit bem norf) oerborgenen sJJ?af)bi, fonbern mit
©Ott (elbft. Salb fanben firf) beget(terte Jünger, bie (eine
^erjre rings im üanbe oerliünbigten. 5ßeil aber ber s^e=
gierung bies Treiben gefätjrlirf) er(rf)ien, [o lieg fte hen
Sab im Jal)re 1850 erjcfjiefjen. Dorf) bie Setoegung ging
nirf)t unter, obiool)! 3af)lreirf)e Anhänger bes Sab r)in=
gerietet rourben. Der bebeutenbfte sJ?arf)f olger bes Sab,
- 44 —
ber bie meiften Junget getoann, toat 93er)ci biliär), ber
„©ottesglans", bei 1892 in ber Verbannung su 5tkko
ftarb. Seine $Int)änger, bie fogenannten 33et)a'is, t)aben
einen merkioürbigeu (Sinfluß gewonnen. 3n Xer)erän, ber
£>auptftabt ^erfiens, gehört if)nen ungefähr ein Siebtel ber
SBeoölkerung an, unb ir)r Verbienft tft es namentlich, baß
ficr) ber fctjroffe ©egenfatj sroifcrjen Sct)iiten unb Sunniten
einigermaßen gemilbert Ijat. Die neue £et)re ift aber auct)
toeit über bie ©rengen ^3erfiens t)inausgebrungen. 3n
Amerika gibt es über eine t)albe SJUllion 23et)a'is, unter
benen ficr) nid)t ettoa nur 3J?or)ammebanet finben, fonbetn
auct) römijcr)e £att)oliken, ^ßroteftanten, Suben, 23ubbr)iften
unb jogenannte greibenker. 5luct) in Deutfdjlanb r)at ftct)
etroa oor ger)n 3o^c^ eine 93er)aioereinigung mit bem
Vororte Stuttgart gebilbet. Selbftauctjt, ^ädjftenliebe unb
2Birken 5um atigemeinen SBeften, bas toirb befonbers oon
bm 23er)a'ts empfohlen. Quid) bie Übung biefer Xugenben
(oll es enblict) bat)in kommen, baß griebe unb 23tüberlict)keit
überall auf (Srben r)errfct)en unb alle 9Kenfct)en fict) 3U (£iner
gamilie oereinigen. Der Sslam ift bm 33et)a'fs nur eine
Durd)gangsftufe 5U ber großen Sßeltreligion ber 3ukunft.
2Bie fet)r übrigens im Sslam manche Greife (5emein=
fct)ajt mit Vekennern anbrer ^Religionen fuct)en, bas aeigen auct)
jonft noct) eine ÜReit)e etgentümlidjer SBetoegungen. So gibt es
auf ber Snfel 3upern eine cr)tiftlict>moi)ammebanifcr)e Sekte,
unb in Snbien befter)t jetjt außer ber über 2 Millionen 23e~
kenner äätjlenben Religion ber Sikf)s, toorin ber Sstam mit
bem 93rar)manismus oerfdjmolaen ift, eine (5emeinfcr)aft,
beren im 3at)re 1908 oerftorbener Stifter SJtträa ©ulam
$lr)meb nict)t nur als ber 9Kat)bi, fonbern auct) als ber VolU
enber ber ßet)re (£r)rifii ange[et)en toirb.
So geigt ftct) im Sslam an oetfdjiebnen Orten ein
Suct)en nact) etroas 23efferm, ein unbewußtes Seinen, bas
ftcr)etltct) nict)t unbefriebigt bleiben toirb. Docr) es ift nur
einer, ber bem 9ftenfct)enr)et5en oolle (genüge fci)enken kann :
3efus (£t)riftus, ber §eilanb unb ber gtiebefürft. Daß er
auct) für bie 3ünger ÜJtor)ammebs ber einsige ÜKetter ift,
baoon gu reben bietet fitt) jetjt ©elegenljeit in bem kurgen
Sct)lußtöott über bie Vebeutung bes Sslams.
45
IV. Die Beöeutung öes 3slctms.
2Benn roir oon ber 33ebeutung bes Islams in Ver»
$angenr)eit, ©egenroart unb 3uitunft etroas 311 oerfterjen
fucfjen, [0 finb roir babci fetbftoerftänblidj 3um gro&en Xeil
nur auf Sttutmafmngen angeroiejen. 3)emt rote unerfor(cr)licr)
finb ©ottes 9totfd)tüne, roie unbegreiflich feine SBege! 2Ber
tjat bes £>errn Sinn oerftanben? unb roer ift fein Ratgeber
geroefen? (ftöm. li, 33. 34.)
3m 93licft auf bie Vergangenheit bürfen roir roof)l
fagen, baß ber Sslam jdjon balb nact) feiner Gntfterjung bie
Aufgabe tjatte, eine 3ucf)trute ©ottes 3U [ein über bas ent=
artete Staats= unb £ircf)entum jener Xage. ftleinafien,
Snrien, Stgnpten, 9?orbafrina, einft erfüllt oon blüfyenben
cf)riftlid)en ©emeinben, roaren bereits 100 3a*)re n^cr) 9tto=
tjammebs Xobe oon bem 3slam überflutet. 9Tict)t nur ber
2eucf)ter oon Gpljejus roarb roeggefto&en (Dffb. 2, 5), auet)
anbre 2euct)ter in ber (£t)riftent)eit, bie £ircr)en 3U J^rufalem,
2lnttocr)ien in Snrien unb Mlerjxnbrien, oerloren unter ber
§errfcr)aft bes 3slams ir)re frühere 33ebeutung. (Sott 3Üä>
tigte fein Volk buret) bie Söljne 3smaels, me^ e5 nid)1 *n
ber geiftlirfjen 3jaansgefinnung roanbeln roollte.
3lber ber Csslam r)at in ber Vergangenheit nietjt nur
3erftört unb Smaben gebraut, er r)at aud) aufgebaut unb
Segen geftiftet. Mus 53agbab unb Corbooa, hm §ocr)fujen
moljammebonijcfjer ©elet)rjamReit, ift bem d)riftlict)en 3lbenb=
lanbe retdje görberung ^utetl geroorben; unb erft baburet),
ba& fid) bie $ircr)e bes Mittelalters biefe Vilbung bes 3s*
lam? angeeignet t)at, ift fie 3U it)rer roiüenjcfjaftudjen 5öt)e
gelangt. 5luer) für Äunft, §anbel unb ©eroerbe t)at (Suropa
buTct) hen Verfeefjr mit bem morjammebanijcfjen SKorgenlanbe
oiel gewonnen. Selbft in ber Didjtkunft bes 31benblanbes
finb arabi(cr)e (finflüije nad)3uroeifen. Dem europäijcrjen
§anbel f)at bie Verbinbung mit ben Arabern neue 2ßege
gebahnt. 5luct) bie (Seroerbe finb geförbert roorben; man
benße nur baran, baß roir ben Arabern bie Kenntnis ber
ipapierbereitung oerbanken. (£ine 9?eir)e oon tarnen für
©egenftänbe, bie im §anbel unb üßerketjrsleben eine s.Rolle
jpielen, finb uns burtf) bie Araber oermittelt roorben1). Unb
') 3. 8, Samt, .Hattuu, sJ(tla§, ftamaft, öartbeni, Srfjal, %oppt,
Äaffee, Drange, Hfuftrf), ©pinat, Sirup, iHIfufjul, Slnilin, s)hal,
kupier.
— 46 —
blidien toir auf Spanten, fo ift 3U fagen, baß btefes £anb
unter ber arabifd)en £errfd)aft [eine eigentlid)e ©lan35cit er=
lebt ijat.
«. So ijat benn bas d)rifiltd)e SIbenblanb bem arabifd)en
Sslam mand)es 311 oerbanaen. ©rabesu fegensretd) ift aber
ber Sslam für eine 9leüje oon §eibenoblRern geroefen. (Sine
Sttenge roljer Stämme in Elften unb Afrika finb burd) ben
3slam aus bem unfinnigften unb fiitenlofeften ©öfcenbienfte
3U ber Sßereljrung Ccines ©oites geführt unb auf eine Stufe
ber ©efittung gehoben roorben, bie fie fonft nid)t erreid)t
t)ätten.
§eute 5är)lt ber Sslam ungefähr 250 9Killionen 93e^
Kenner, er umfaßt alfo über ein Siebtel ber ganaen 3Kenfd>
I)eit. §alb Afrika ift für \)m 3slam geroonnen, unb bort
tote aud) in (£r)ina unb Snbien fammelt er oon Zcifyt su
3aljr neue Anhänger. 3n DTorbafrina ift bie im jetzigen
Kriege öfter genannte Sefcte ber Senuffi mit befonberm
Gifer für bie Ausbreitung bes Sslams tätig. 2Bir feljen
aljo, baß ber Sslam aud) in ber ©egentoart nod) oiel be*
beutet unb eine große ßebensfärjigueit betoeift. Das für>
renbe SßolR bes Sslams finb je^t bekanntlich bie Xürken.
Sßielleid)t Ijoffen md)t roenige in unferm Sßaterlanbe
barauf, baß bie Xürken unb bie anbern SBekenner bes 3s=
lams nad) bem Kriege meljr als bisher für bie abenb*
länbifd)e SBilbung ber d)rifttid)en Völker augänglid) fein
roerben. §at fid) t)mn aber biefe SBtlbung fo betDäijrt,
baß man ir)r Sichtung unb Vertrauen entgegenbringen Rann?
Ober ift nid)t oielmeljr bie 2Belt bered)tigt, auf bie Triften*
I)ett mit gingern 5U aeigen unb oeräd)tlid) 5U fpred)en : Soll
bie uns 9ttenfd)lid)keit, 23rüb erlitt) Reit unb Sittlichkeit Ier>
ten, roenn fid) ir)re Sßötker ooll SBruberr)ctß unb tierifd)er
©raufamkeit gegenfeitig 311 oernid)ten fudjen? -ftur roenn
bie (£r)riftent)eit bas Sßorbilb brüberltdjer ßiebe unb (Einrjeit
gibt, nur bann Rann bie 2ßelt glauben, baß Sefus 00m
Steter gefanbt ift ßof). 17, 21—23), unb nur bann roirb
fie aud) Verlangen rjaben, oon benen, bie (£rjrifti tarnen
tragen, 3U lernen. (Sine Gtjrtftenljeit bagegen, bie (Hjrifti
©ebote mit güßen tritt, bie fid) nid)t oon feiner 2ßar)rr)eit
unb ßiebe, fonbern oon bem ©eifte bes Cügners unb 3Kör=
bers leiten läßt, eine (£r)riftenr)eit, bie ftol3 roar auf itjren
oermeintlidjen gortfd)ritt unb nun gteid) einem roilben iier
in 33lut unb £etd)en roatet, eine fold)e (£r)riftenr)eit Rann
— 47 —
nimmermehr ermatten, baß ir)re kläglid) gefdjeiterte 33il=
bung anbetn bege&rensroert ex|ct)etne. So roäre es henn
nicr)t unmöglich, baß bei 3sfam, ftatt ftcr) bem Efjrtftenium
gu offnen, grabe infolge biefes Krieges als Religion innerlid)
erftarkte. 3ßoer religiöfe $luffd)toung bes 3slams könnte
aber leidet eine ©efat)r für bie Er)riftenf)eit bebeuten.
5lnberfeits jeboer) bürfen roir im $3lick auf bie 3ukunft
r>ielleid)t ertoarten, baß oom Sslam nod) ein großer Segen
ausgebe auf bie gan3e außerdjrtftlidje 93ölkertoett.
©ottes 2Bort fagt beutlicf), baß 3efas Er)rtftus am
€nbe biefer SBeltjeit fein ftönigreid) auf unjrer Erbe offen=
baren roirb. Die SReidje biefer SBelt, bie Daniel in Xier=
geftalt gefer)en, eins graufiger als bas anbre, unb als beren
letztes §aupt „bas Xier aus bem $lbgrunb", ber 2Biberd)rift,
erfdjeinen roirb, fie follen für immer oerfdjroinben, unb bann
roirb ber Sftenfdjenfofjn, roenn er feine fttrdje burd) s2lufer=
fter)ung unb 33erioanblung in bie §errlid)keü bes r)imm=
lifdjen 3e*ufalems geführt t)at, ber 93ölkerroeIt auf Erben
als ftönig bes Jriebens unb ber ©eredjtigkeit §eil, Segen unb
Crquiduing bringen. Das aus ber 3erftreuung gefammelte,
3U Et)rifto bekehrte unb in fein £anb Kanaan jurüdtgefürjrte
Ssrael roirb in biefem künftigen griebensreidje 3?fu als bas
große 2Kt[fionsootk roirken, unb burd) Cssraels Dienft foll bann
bie §eibenroelt 5U ber Erkenntnis bes Einen roabjen ©ottes
unb feines Sohnes 3e!us Erjriftus kommen. £äßt fid) nun
ntct)t ettoa hoffen, ba$ bann ber 3slam in geroiffem Sinne
eine brücke sroifdjen 3uben unb §eiben bilben roirb? 2Bäre
es nidjt möglid), baß er in 3^fu Sfriebensretd^e eine är)n=
lidje Stellung unb Aufgabe r)ätte roie einft bie Samariter
am Einfang ber ct)riftlicf)cn §ausr)altung? Die roaren ein
Skrbinbungsglieb sroifcrjen 3uoen unb Reiben. Größtenteils
ytod)kommen ber Israeliten bes alten 3eljnftämmereid)es,
glaubten fie an ben Einen roabren (Sott unb erkannten and)
bie fünf 93üd)er 9ftofis als göttliche Dffenbarungsurkunben
an, obrootjl fie bie Scrjrtften ber ^ßrofeten oerroarfen unb
nidjt an bem Xempelbienfte in 3erufalem teilnahmen. $Iber
fie roaren boer) für Efjrifti 2Baf)rb,eit oorbereitet, unb ber
Siegeslauf bes Eoangeliums ging oon Jerufalem über Sa=
maria 3U ber §eibentoelt. 2Bäre es nun nirf)t benkbar,
•aß einft in äfynlidjer 2ßeife Efjrifti §eilsbotjd)aft oon 3eTUi
falem, b. b, oon bem roieberrjergeftellten unb an feinen
Wefftas gläubigen s£olke Israel aus, über hm 3slam 3U
— 48 —
bei öeibentoelt gelangte? Uub finb nictjt bie treuen S3c=
Kenner bes 3slams auct) in befonberm attajje bofür oorbe*
rettet? Sie glauben an ©inen (Sott, fte fetjen in 3efus
einen ^rofeten ©ottes, fie lefen im &oran oon feiner über*
natürlichen ©eburt, jeiner Sünblofigkeit, feinen SBunber*
Seiten, feiner (£rpt)ung ju ©ott, ja fie ertoarten audj, baß
er oor bem 2Beltgerid)te roieberkommen roirb. 2ßie nun,
roenn fie erleben, öaJ3 bies gro&e (Ereignis eintritt unb 3toar
gans anbers, als fie erroartet tjaben? 2ßie nun, roenn es
fid) jeigt, baß 3efus bann nictjt, roie fie je^t meinen, nad)
ber Vernichtung bes 2lntict)rifts fterben unb in 9TCebina be=
graben töirb, fonbern als ber eroig lebenbige £önig fein
^tetct) aufrichtet unb als ber roat)re 9Jtat)bi ber ganjen (£rbe
griebe, §eil unb ©eredjtigkeit bringt? Sßerben ba ntct)t
große Sparen oon aufrichtigen Sttuslims von 9Jlot)ammeb
gu 3efu kommen unb in 3efu nidjt nur ©ottes t)öct)ften
^rofeten, fonbern aucfj ©ottes emgebornen Sotjn unb ben
SPelterlbfer erRennen? SBeldjer Segen könnte aber oon
-einem 3U Jefu bekehrten 3slam in ©emeinfct)aft mit bem
3U %t\u bekehrten Israel über bie §eibentoelt kommen!
Uno babei bebenke man: es gibt jetjt neben ungefähr 750
Millionen Reiben nur etroa 11 9Jttllionen 3uben, aber gegen
250 aittllionen 9ftot)ammebaner. Vielleicht kommt nocf) bie
3eit, roo ©ott and) Ssmael, ben nact) bem gleifdje ©ebor=
nen, t)errlict) machen roirb, roenn ber oon feinen ^actikommen
ausgegangene Sslam nact) 3efu SBieberkunft auf ©ottes
2ßat)r^eit eingebt unb bann in ungleict) tjöljerm SKafee, als
es bis je^t gefct)et)en ift, ein 3euge ©ottes an bie 5)t\otn~
oölker roirb. Dann roürbe Slbratjam nictjt nur burct) 3faak,
fonbern auct) burct) Ssmael ein Segenfpenber für bie 2Belt.
«u^övutferei *e-; ,tia[1«tf)akie», (6. m. fc. &., Sremen.
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53
A54
Albrecht, Ludwig
Der Islam
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